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Full text of "Die Verarbeitung der Metalle auf mechanischem Wege : Lehrbuch der mechanisch-metallurgischen Technologie"

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TS 


}• 


DIE 


VEEARBEITUNG  DEE  METALLE 


AUF 


MECHANISCHEM  WEGE. 


Holzatiche 
ans  dem  xylogxaphiflohon  Atelier 
von  Friedrich  Vieweg  und   Sohn 
in  Brannschweig. 

Papier 

aus  der  mechanischea  Papier -Fabrik 

der  Gehrüder  Vieweg  zu  Wendhausen 

bei  Brannsohweig. 


DIE 


VERAEBEITUNG  DEß  METALLE 


AUF 


v;>>^ 


MECHANISCHEM  WEGE. 


LEHRBUCH 


DBB 


MECHANISCH-METALLURGISCHEN 


TECHNOLOGIE 


VON 

At'^LEDEBUp, 

Professor  an  der  Königlichen  Bergakademie  xn  Freiberg  in  Sachsen. 


MIT    ZAHLBBICHBK    IN    DBK    TEXT    BINOBDBUGKTBN 

HOLZSTIGHEN. 


BRAÜNSCHWEIG, 

DRÜCK   UND   VERLAG   VON   FRIEDRICH   VIEWEG   UND   SOHN. 

187  7- 


Die  Herausgabe  einer  Uebersetzung  in  franzosischer  and  englischer  Sprache, 
sowie  in  anderen  modernen  Sprachen  wird  vorbehalten. 


I 


« 


4. 
\ 


VORWORT. 


Idäufig  schreibt  der  Autor  sein  „Vorwort*',  wenn  er  sein  Manuscript 
vollendet  vor  sich  sieht,  und  nun  noch  einmal  einen  Blick  zuriick- 
I«    wirft  auf  das  Ergebniss  seiner  Mühe  und  Arbeit. 

Wenn  ich,  abweichend  hiervon,  schon  der  ersten  Lieferung  des 
von  mir  bearbeiteten  Buches  ein  Vorwort  beizufügen  mir  gestatte, 
so  geschieht  es,  weil  ich  auch  in  anderer  Hinsicht  von  einem  bisher 
befolgten  Gebrauche  abgewichen  bin  und  das  Gefühl  hege,  dass  ein 
solches  Vorgehen  vielleicht  einiger  Rechtfertigung  bedürfen  könnte. 

Zum  ersten  Male  meines  Wissens  erscheint  in  den  nachfolgen- 
den Blättern  ein  Theil  der  gesammten  mechanischen  Technologie, 
die  mechanische  Verarbeitung  der  Metalle,  als  selbstständiges  Ganze 
behandelt.  Wenn  auch  die  erste  Anregung  zu  dem  Entschlüsse, 
eine  derartige  Bearbeitimg  zu  unternehmen,  durch  den  Umstand 
hervorgerufen  wurde,  dass  von  mir  an  hiesiger  königlicher  Berg- 
akademie —  wie  es  dem  Zwecke  einer  solchen  Anstalt  entspricht  — 
nur  der  metallurgische  Theil  der  mechanischen  Technologie  vor- 
getragen wird,  so  kamen  doch  auch  manche  andere  Erwägungen 
hinzu,  bis  der  erste  Gedanke  zur  Ausführung  reifen  konnte. 

Bei  den  verschiedenen  Lebenszielen,  welche  den  auf  polytechni- 
schen Hochschtden  und  Lehranstalten  Studirenden  vorgesteckt  sind, 
dürften  in  den  meisten  Fällen  die  Vorträge,  über  mechanische  Tech- 
nologie an  diesen  Lehranstalten  vorzugsweise  darauf  berechnet  sein, 
in  encyclopädischer  Weise  dem  Hörer  einen  allgemeinen  Ueberblick 


VI  Vorwort. 

über  das  gesammte  Gebiet  der  mechanischen  Technologie  zu  geben ; 
selten  wird  es  möglich  sein,  zu  Gunsten  dieser  oder  jener  Fach- 
wissenschaft einen  oder  den  andern  Zweig  der  mechanischen  Tech- 
nologie besonders  zu  bevorzugen. 

unter  jenen  Studirenden  ist  aber  eine  grosse  Zahl,  für  welche 
die  Verarbeitung  der  Metalle  später  den  eigentlichen  Lebenslauf 
bilden  soll;  die  Maschinenbauingenieure,  die  Hüttenleute  und  alle 
Diejenigen,  welche  wieder  durch  ihre  Lebensverhältnisse  auf  die 
dereinstige  Leitung  ganz  bestimmter  Zweige  des  metallurgischen 
Gewerbes  angewiesen  sind.  Allen  diesen  jungen  Männern  dürfte  es 
erwünscht  sein,  während  ihrer  Studien  oder  beim  Eintritte  in  das 
praktische  Leben  Gelegenheit  zu  einem  tiefer  eingehenden  Studium 
derjenigen  Apparate,  Processe  und  Verfahrungsweisen  zu  finden, 
mit  denen  sie  sich  in  ihrer  einstigen  Berufsthätigkeit  vorzugsweise 
zu  beschäftigen  haben  werden;  und  vielleicht  dürfte  der  Verfasser 
durch  eine  fünfzehnjährige  praktische  Thätigkeit  auf  grösseren  Wer- 
ken Deutschlands  befähigt  worden  sein,  ab  und  an  eine  Erfahrung 
mittheilen  zu  können ,  die  sich  eben  nur  im  praktischen  Leben  er- 
werben lässt. 

Aber  nicht  allein  jenen  angehenden  Praktikern,  auch  älteren 
Fachgenossen  wird  hoflFentlich  der  vorliegende  Versuch  nicht  unvoll- 
kommen sein,  die  Vorgänge  und  Hülfsmittel  bei  der  mechanischen 
Verarbeitung  der  Metalle  in  einem  wissenschaftlichen  Gewände  der 
Beschreibung  zu  imterziehen.  Weiss  ich  doch  aus  eigenster  Erfah- 
rung, welche  Anregung  man  sowohl  im  praktischen  Leben  vrie  im 
Lehrfache  in  dem  Verkehre  mit  Fachgenossen  findet,  selbst  d^n, 
oder  vielleicht  gerade  dann,  wenn  hier  und  da  Meinungsverschieden- 
heiten auftreten  sollten,  sobald  sie  nur  einer  vnssenschaftlichen 
oder  doch  auf  Erfahrung  beruhenden  Unterlage  nicht  entbehren. 

Dass  solche  Meinungsverschiedenheiten  zwischen  manchen  von 
mir  ausgesprochenen  Ansichten  und  denen  anderer  Berufsgenossen 
nicht  ausbleiben  werden,  ja  dass  selbst  hier  und  da  ein  kleiner 
Irrthum  sich  einschleichen  dürfte,  ist  bei  dem  weiten  Umfange  des 
behandelten  Gebiets  wohl  unausbleiblich.  Einer  objectiven  Dar- 
legung von  Meinungsverschiedenheiten  werde  ich  daher  überall 
gern  begegnen,  und  dankbar  werde  ich  jede  Berichtigung  eines  wirk- 
lichen Irrthums  entgegen  nehmen. 


Vorwort  vii 

Es  sei  nocli  eine  Bemerkung  über  die  gewählte  Anordnung  des 
Stoffes  gestattet,  welche  mir  lange  Bedenken  verursachte. 

Niemand,  der  Interesse  für  die  technologische  Wissenschaft  be- 
sitzt, hat  wohl  in  jüngster  Zeit  Exner's  geistreiche  Vorschläge  für 
ein  System  der  vergleichenden  mechanischen  Technologie  in  Ding- 
ler's  polytechnischem  Journal  und  in  Hartig's  Civilingenieur  un- 
beachtet gelassen.  Dennoch  sind,  wiö  jeder  Lehrer  der  Technologie 
bestätigen  wird,  der  Schwierigkeiten  nicht  wenige,  wenn  es  sich 
darum  handelt,  in  jener  von  Exner  angestrebten  ideellen  Weise  die 
Verallgemeinerung  des  Stoffes  durchzuführen,  selbst  wenn,  wie  in 
dem  vorliegenden  Falle,  nur  die  Besprechung  der  Verarbeitung  einer 
einzigen  Gruppe  von  Bohstoffen  vorliegt. 

Anders  erstrebt  Hoyer  in  seinem  noch  im  Erscheinen  begriffe- 
nen Lehrbuche  der  mechanischen  Technologie  die  Verallgemeine- 
rung der  Darstellung,  indem  er  die  Eigenschaften  der  Stoffe  allein 
als  Grundlage  des  Systems  benutzt. 

Ich  glaubte,  besonders  in  Bücksicht  auf  die  Anschauungen  des 
Praktikers,  weder  dem  einen  noch  dem  andern  dieser  Systeme  un- 
bedingt beitreten  zu  sollen,  sondern  befugt  zu  sein,  unbeschadet  der 
Deutlichkeit  der  Darstellung,  dem  üblichen  Verlaufe  der  Arbeiten 
in  den  metallurgischen  Werkstätten  wenigstens  so  weit  Bechnung 
zu  tragen,  dass  ich  nach  Karmarsch's  Vorgange  die  erste  rohe 
Formgebung  von  der  weitern  Verarbeitung  schied,  auch,  wie  es 
früher  allgemein  üblich  war,  die  Beschreibung  des  Arbeitsverfahrens 
thunlichst  mit  der  Beschreibung  des  betreffenden  Apparats  verband 
—  die  Beschreibung  des  Cupolofenschmelzens  mit  der  Beschreibung 
des  Ofens  u.  s.  f.  — ;  strebte  im  Uebrigen  aber  danach,  durch  Gegen- 
überstellung  und  Vergleichung  der  verschiedenen  für  gleichen  Zweck 
dienenden  Mittel  dem  von  Exner  und  Hoyer  angestrebten  Ziele 
mich  nach  Möglichkeit  zu  nähern. 

Wenn  ich  auch  diejenigen  Hülfsmittel  mit  in  den  Bereich  der 
Besprechung  zog,  welche  in  den  metallurgischen  Werkstätten  zum 
Heben  und  Transportiren,  wie  zur  Erzeugung  von  Gebläsewind  be- 
nutzt werden,  so  hoffe  ich,  dadurch  besonders  Manchem  meiner  jün- 
geren Leser  einen  Dienst  erzeigt  zu  haben. 

So  sende  ich  denn  die  nachfolgenden  Blätter  mit  dem  Wunsche 
in  die  Oeffentlichkeit:  möchten   sie  sowohl  bei  den  Freunden  des 


vni  Vorwort. 

Verfassers,  die  schon  zum  Theile  ihn  in  gütigster  Weise  mit  Ratb 
und  That  unterstützten,  als  auch  bei  Femstehenden  eine  freundliche 
und  nachsichtige  Beurtheilung  finden;  möchten  sie  aber  auch 
geeignet  sein,  sich  und  dem  Verfasser  recht  viele  neue  Freunde 
zu  erwerben. 


Freiberg,  im  Juli  1877. 


A.  Ledebur. 


INHALTSVERZEIOHNISS. 


Balte 

Vorwort V 

Binleitang • 1 

Erster  Theil. 

Allgemeine  oder  vergleiohende  Teohnologia 

Erster  Abschnitt. 
Allgemeines. 

X.    Die  Metalle;  ihre  Iieginingen  und  metaUiedhen  Verbindtuigen     5 

Erklärimg  des  Beg^riffs  „Metall"  nnd  „Lef^^inmg' 5 

Beispiele  YonLeg^rangen:  Tombak,  Bothgoss,  Messing  0;  Bronze 
11;  Kensilber  12;  Alnminiombronze ,  Hartblei,  Weissmetall ,  Bri- 
tanniametall  12. 

Yereinigimg  der  Metalle  mit  Nichtmetallen    • 13 

Eisen  mit  Kohlenstoff,  Silicimn,  Mangan  18;  Kupfer  mit  Sauer- 
stoff 15;  Phosphorbronze  15.  Erkennongsmerkmale  för  bestimmte 
fremde  Körper  16.    Zinnprobe  16;  Spiel  des  Ghisseisens  17. 

Gewerbseigenschaften  der  Metalle  nnd  Legirongen  . •    19 

Festigkeit  19.   Widerstandsfähigkeit  gegen  mechanische  Einflüsse 
21.  Specifischee  Gewicht  24.  Farbe  27.  Widerstandsfähigkeit  gegen 
chemische  Einflfisse  28.    Preis  31.    Literatur  über  Eigenschaften 
der  Metalle  32. 
2.    Die  Qerftthe  lur  Beatimwinng  und  Itrkennimff  der  Vorm  und 

Abmeflsongen;  sowie  som  Ameiohnen  derselben 8S 

Geräthe  zum  Messen 82 

Maassstab  32.   Zirkel  33.    Lehren  35.    Schubwinkel  36. 


X  InhaltsYenseichniss. 

Bitte 

Gerftthe  smn  Anzeichneii 86 

Kömer,  Beimnadel,  Streichmaass  86.    GentrirmMohine  86. 

8.    Die  Gtoräthe  nun  Testhalten 89 

Schranbenzwinge  39.  Zangenschraabttook  40.  ParaUebchraubttook  42. 
Feilkloben  42.  Zangen  48. 

4.  Gtoftthe    som   Heben  und    üTranaportiren    der   Kohmetalle^ 

ArbeitMtücke  eto. 44 

^Transportwagen      • 44 

Krahne  und  Brückenwinden 46 

Qebftndekrahne  47.  Freistebende  Krabne  51.  Bewegliche  Krahne  58. 
Brftckenwinden  55.  Vergleichnng  der  Hebeyorrichtongen  60.  An- 
wendung von  Elementarkraft  oder  menfchlicher  Kraft  62.  Krahn- 
balanciere  64. 
Au&üge 66 

5.  Die  GeblAse  der  Werkrtfttten  für  Metailverarbeitun«     ....     73 

Cylihdergeblft8e73.  Oentriftigalgeblftse  74.  Booti*Bche  KapeelgebUUe  77. 
DampfstrahlgeblftM  82. 

Zweiter  Abiehnitt» 
Die   rohe   Formgebung» 

ErlSntermigen 87 

L  Die  Formgebnng  durch  Bohmelflen  und  Giemen  ^  Qieeserei     89 

1.  Die  Arbeitseigensohaften  derMetalle  nndLegirnn- 
gen  hinsichtlich  ihrer  Verwendung  zur  Giesserei    .      89 

a.  Schmelzbarkeit ' 89 

b.  BünnflüBsigkeit 92 

o.  Schwindong 93 

Vermeidang  von  Spannungen  97,  von  Hohlräumen  99. 

d.  Entwickelung  von  Gasen  aus  den  Hetallen 102 

Ursachen  102,  Yerbindenmg  der  Gtasentwickelung  107. 

e.  Die  Eigenschaften  der  Metalle  unter  den  Einflüssen  des  Er- 
starrens  und  Abkühlens 106 

2.  Die  Gussformen  und  ihre  Herstellung 111 

Begriff  der  Gussformen  111,  der  Kerne  111. 
Gussformen  und  Kerne  ans  bildsamem  Hateriale  ...    112 

A.  Die  Formmaterialien 112 

Formsand  112.    Masse  115.    Lehm  117.    Kohle  118. 

Apparate  zur  Aufbereitung  der  Formmaterialien 120 

Trommelapparate  121.    Kollergftnge  124.    Thonschneider  126. 
Stroh  zur  Formerei 127 

B.  Die  formgebenden  Geräthe 129 

Modelle  130.    Theilen  derselben  181.    Kemkasten  und  Kern- 
stücke 138.    Schablonen  134. 

0.  Die  Rüstungen  der  Gussformen  und  Kerne 136 

Formkasten  136.    Büstungen  für  Lehmgussformfin   142,  für 
Kerne  142.    Kemspindeln  143.    Kemeisen  145. 

D.  Die  Werkzeuge  der  Formerei 146 

B.  Das  Arbeitsverfahren  der  Formerei 147 

Herdformerei 147 


Inhaltsyerzeichnisa.  xi 

Seite 

Kastenformerei 151 

EingüsBa  bei  derselben  155.    Stehender  Gubs  156. 

Freie  Formerei  (Lehmformerei) 157 

Beispiele  159.    Vergleich  zwischen  freier  und  Kastenforme- 
rei 165.    Lehmkeme  166. 

Literatur  über  das  Arbeitsverfahren  der  Formerei 169 

1*.  Bas  Trocknen  der  Gussformen  und  Kerne 169 

durch  Körbe 169 

durch  Gase 170 

in  Trockenkanmiern 170 

Thüren  derselben  172.  Feuerung  173.  IMrecte  Erwär- 
mung 174.  Grösse  des  Bostes  176.  Beispiele  ausgeführ- 
ter Trockenkammern  177.  Lidirecte  Erwärmung  183. 
Beispiele  183.  Wirkungsgrad  der  Trockenkammern  188. 
Trockenkammerwagen  190. 

G.  Die  Anwendung  der  Maschinen  zur  Formerei 192 

Formmaschinen  zum  Ausheben  des  Modells 192 

„  .     Einstampfen  des  Bandes 193 

y,  «     Ersatz  von  Modellen 198 

Scott' 8  Bäderformmaschine  193. 

Literatur 198 

Oussformen  und  Kerne  aus  starrem  Materiale 198 

Beispiele  201.  Anwendung  von  Gussschalen  zur  Beeinflus- 
sung der  Eigenschaften  der  Metalle  202.  Hartguss.  Beispiele 
dafür  203.   Hartwalzenguss  205.    Uchatius'  Stahibronze  206. 

Literatur 207 

Die   Fertigstellung   der  Gussformen  für  die  Aufnahme 

des  geschmolzenen  Metalls 207 

Beschwerung  207.    Bammgruben  208. 

8.  Bas  Schmelzen  der  Metalle •  • 211 

Bie  Schmelzapparate 212 

Erste  Gruppe :  Kessel 213 

Einrichtung  derselben  214.     Werkzeuge  216.     Arbeitsver- 
fithren  216.    Wirkungsgrad  217. 

Zweite  Gruppe:  Tiegelöfen •  •  •  • 218 

Allgemeine  Einrichtung  218. 

Tiegelschachtöfen  für  festes  Brennmaterial 220 

Tiegelschachtöfen  for  gasförmiges  Brennmaterial 222 

Tiegelherdöfen 228 

mit  directer  Feuerung  224,  mit  Gasfeuerung  225. 
Werkzeuge  und  Arbeitsyer&hren  beim  Tiegelschmeizon   .   •    228 

Wirkungsgrad  der  Tiegelschmelzöfen 830 

Dritte  Gruppe:  Herdflammöfen  ohne  Tiegel     •••••••..    233 

Allgemeines  233.    Construction  235. 

Oefen  mit  directer  Feuerung 235 

Bost  236.  Flammenloch  237.  Herd  288.  Oefen  mit 
gestrecktem  Herde  238,  mit  vertieftem  Herde  239;  Ver- 
gleich beider  Systeme  240.  Grösse  des  Herdes  242. 
Höhe  der  Feuerbrücke  242.  Fuchsquerschnitt  842. 
Esse  243.  Beispiele  ausgeführter  Flammöfian  243.  Sin- 
bau  247.    Anwendung  von  ünterwind  254. 


Xli  InhaltSYerzeiclmiss. 

8«ito 

Oefen  mit  Gasfeaerang 254 

OHm  von  Deyille  fQr  Flatinschmelzeii  255.    Gewöhn- 
liche Oasflammöfen  255.    SiemenB'sohe  Oefen  256. 

Werkzeuge  beiin  FlAmmofenBchmelzen 260 

ArbeitsTer&hren  nnd  WirknngsgTad 261 

Vierte  Gruppe:  Schachtöfen  oder  Cnpolöfen 264 

AUgemeiaeg  265.     Gichtgaae  266.    ConstmctionfiTegehi  268. 

Aeltere  Cnpolöfen  270.  Befström' scher  oder  Schmahel'- 

Bcher  Ofen    272.     Ireland's  Ofen    264.     Krigar's   Ofen 

276.    Mac  Kensie'fl  Ofen  280. 

Einban  der  Cnpolöfen 281 

Sohomstein  286.    Srhitste  Gebl&selnft  287. 

Werkzeuge 288 

Arbeitsverfehien 288 

Euenmischungen  290. 

Wirkungsgrad 291 

SohluBsbetrachtungen  ...•• 292 

Literatur 294 

4.  Das  Giessen 295 

Apparate •    295 

Giesspfannen  oder  Kellen  295.  Handpfennen  295.  Gtebel- 
pfennen  296.  Erahnpfannen  297.  Kipppfannen  302.  Sümpfe 
und  GtMnen  303.    Giesspumpe  304. 

Arbeitsverfehren 304 

Einflüsse  der  Temperatur  des  Metalls  305.  Entweichende 
Gase  306.  Angiessen  yon  Henkeln,  Walzenzapfen  etc.  307. 
Schwenk-  oder  Stürzguss  308.  Zinnbrillanten  oderFahluner 
Diamanten  309.    Centrifugalguss  309. 

Literatur 309 

5.  Ueber  die  Anlage  und  Einrichtung  der  Giessereien  .   •    311 

Formbänke  312.  Fussboden  812.  Anordnung  der  Trocken- 
kammern oder  Oefen  313.  Tiegelgiessereien  313.  Anord- 
nung der  maschinellen  Apparate  316;  der  Krahne  317.  Dach- 
coustruction  für  Giessereien  mit  Laufbühnen  318.  Damm* 
gruben  320.  Literatur  320. 
IL    Die   Formgebung    im    imgeschmolBenen   Zustande    durch 

Äussere  Krftfte 321 

1.  Arbeitseigenschaften  der  Metalle  und  Legirungen  .   .    321 

A.  Dehnbarkeit  imd  Zähigkeit 321 

Begriff;  Abhängigkeit  von  der  Elasticitätsgrenze  und  Festig- 
keit 322.  Einfluss  der  Temperatur  327.  Einflüsse  chemischer 
Beimengungen  328;  beim  Eisen  329;  beim  Kupfer   330;   bei 

der  Bronze  331;  bei  Messing  und  Tombak  331.  Einfluss  der 
mechanischen  Verarbeitung  332. 

B.  Härte 333 

Begriff  333.   Einfluss  chemischer  Beimengungen  334.  Einfluss 

der  mechanischen  Verarbeitung  335,  beim  Stahle  335.  An- 
wendung der  Härtezunahme  durch  mechanische  Verarbei- 
tung bei  Anfertigung  von  Bronzegeschützen  336.  Einfluss 
rascher  Abkühlung  336.  Härten  und  Anlassen  des  Stahls  338, 
der  Bronze  341. 


Inhaltsyerzeichniss. 

Bette 

0.  Schweißbarkeit  und  Adhänionsencheinangen 342 

Bedingungen    für    das    Schweissen    842.     Erklänmgen    des 
Schweiflsens  345.    Plattdren  346. 

2.  Die  Erhitzung  der  Metalle .•.•••••••    848 

Die  Erhitzungsapparate. 

Erste  Gruppe:  SchmiedefBuer      848 

Allgemeine  Einrichtung  349.  Gekühlte  Formen  850.  Ein- 
führung des  Windes  von  unten  350.  Eiserne  Schmiede- 
feuer 353.  Gebläse  und  Windleitung  355.  Winderwärmung 
856.  Feldschmieden  358. 

ArbeitsTerfahren  und  Brennmaterial 859 

Betriebsresultate  und  Wirkungsgrad 861 

Zweite  Gruppe:  Herdflammöfen      868 

Allgemeines;  Unterschied  zwischen  Beb  weiss-  und  Glühöfen 
863.  Herdflammöfen  mit  directer  Feuerung  363.  Oonstjruo- 
tlonsregeln  364.  Beispiele  ausgeführter  Oefen  367.  Anwen- 
dung von  ünterwind  376.    Benutzung  der  Abhitze  379. 

Herdflammöfen  mit  Gasfeuerung 880 

Bicheroux's  Ofen  381.    Ponsard's  Ofen  383.    Sie- 
men's  Ofen  385. 

Betrieb  und  Arbeitsver&hren ••••.    385 

Betriebsresultate  und  Wirkimgsgrad 886 

Dritte  Gruppe:  Gefässöfen 887 

Beispiele  388.    ArbeitsverÜEthren  und  Wirkungsgrad  391« 

Schlussbetrachtungen 898 

Literatur 394 

8.   Die   formgebenden  Apparate  und   ihre  Anwendung  895 

A.  Hammer  und  Ambos ••»....    895 

Allgemeines  396. 

a.  Stielhämmer 897 

Handhämmer  398.  Verschiedene  Arten  898.  Ambose  399. 
Tritthämmer  400. 

Stimhämmer  401.  Aufwerfhämmer  402.  Schwanzhäm- 
mer 405. 

b.  Bahmen-  oder  Parallelhämmer 407 

Allgemeines  407. 

Transmissionshämmer 408 

Biemenhämmer  409.  Daumenhämmer  412.  Frictions- 
hämmer  413.  Federhämmer  414.  Pneumatische  Häm- 
mer 418. 

Dampfhämmer 418 

Allgemeines  418.  Steuerungen  419.  (Gewicht,  Hubhöhe 
und  Hubzahl  für  bestimmte  Zwecke  420.  Ohabotte  und 
Fundamentirung  421.  Gerüst  421.  Historisches  422. 
Kasmyth'sche  Dampfhämmer  428.  Oondie'soher 
Dampfhammer  484.  Morrison's  Dampfhammer  487. 
Daelen's  Dampfhanmier  489.  Naylor's  Dampf- 
hammer 442.  Brinkmann's  Dampfhammer  444. 
Farcot's  Dampfhammer  446.  Türck's  Dampfham- 
mer 446.  Schnellhämmer 447.  Keller  und  Banning's 
Schnelihämmer  447.    Seiler 's  Dampfhammer  450.  ^ 


XTV  InhaltsverzeichnisB. 

8eit§ 

Idteratar  über  sftimntliche  Gattungen  von  H&nunern    ....    454 

Formgebende  Ergftnzungistäcke  zu  den  H&mmem 455 

Seizhämmer  455.  Gesenke  456.  Schrotmeissel  nnd  Ab- 
sohrot  457.    Durchschlag  und  Lochring  458. 

Schmiedemaschinen 458' 

Bas  ArbeitSTerfahren  bei  der  Formveränderung  dnrch  H&mmem  461 
Ausstrecken  oder  Zainen  462.  Treiben  oder  Anftiefen  463. 
Stauchen  463.  Anziehen  464.  Ansetzen  464.  Biegen  465. 
Ix>chen  und  Aufhauen  465.    Schweissen  466. 
Literatur  über  formgebende  Werkzeuge  und  Arbeitsverfahren 

beim  Hämmern      467 

B.  Piessen 468 

Allgemeines  468.    Haswell*s  Schmiedepresse  468. 
Formgebende  Ergänrnngsstücke  und  Arbeitsverüfthren  ....    476 

literatur  über  Pressen 470 

a  WahEwerke 480 

Allgemeines  481. 

Die  Wabsen 482 

Durchmesser,  Länge  und  Geschwindigkeit  483.  Kaliber 
484.  Gonstruction  von  Spitzbogenkahbem  488,  Quadrat- 
kalibem  489,  BundkaUbem  489,  Eisenbahnschienenkali- 
bem  491,  Wxnkeleisenkalibem  492,  T-  und  Doppelt  T-Eisen- 
kalibem  492.  Periodische  Kaliber  493.  Unterbrochene 
Kaliber  494.    Staffel-  oder  Stufenwalzen  495. 

Abstreifvorrichtungen  und  Walzentisch         496 

Ständer    .   .  • 498 

Kupplungen  503.    Getriebe  oder  Kammwalzen  504.  Schwung- 
rad 505. 

Dreiwalzensysteme  (Triowalzwerke) 506 

Kalibrirung  denelben  506.  Fritz 'sches  und  Holley'- 
scfaes  Walzwerk  508.    Laut'sches  Walzwerk  510. 

Kehrwalzwerke 513 

Universalwalzwerke 515 

Walzwerke  zur  Herstellung  ringförmiger  Körper  oder  Kopf- 
walzwerke (Reifen-,  Tyres-  oder  Bandagenwalzwerke)   .   .    .    520 

Arbeitsverbrauch  beim  Walzen •   .   •    525 

Arbeitsverfahren 526 

Packetiren  526.    Plattirte  Bleche  527. 

Literatur 528 

D.  Ziehbänke 529 

Theorie  des  Ziehens  530.  Schleppzangenziehbänke  531.  Leier- 
ziehbänke 534.  Das  Zieheisen  536.  Arbeitsverfahren  und 
Arbeitsaufwand  536. 

BückbUeke 540 

4.  Einiges    über    die    Anlage    der    Werkstätten    zum 

Schmieden,  Walzen,  Pressen;   Ziehen 541 

Literatur  545. 


Inhaltsyerzeichniss.  XV 

Seite 
Dritter  Abschnitt. 

Die   Vollendung  der  Form. 

Allgemeines 547 

I.  TrennungBarbeiten 549 

1.  Die  allgemeinen  Vorgänge  bei  der  Trennung  nnd  die 
Arbeitseigensohaften  der  Metalle,  hinsichtlich  ihrer 
Theilbarkeit • 549 

Abscheeren  und  Schneiden  549.    Vorgänge  dabei  550.    Span- 
bildung  550.    Form  des  Werkzeugs  551.    Schaben  557.     Ar- 
beitseigenschaften 558. 
Literatur 559 

2.  Die  Bewegung  der  Werkzeuge  und  die  Werkzeug- 
maschinen im  Allgemeinen 560 

Stellung  der  Werkzeuge  561.  Schroppen  und  Schlichten  561. 
Haupt-  und  Schaltbewegung  562.  Bewegungsübertragungen 
bei  Werkzeugmaschinen  562.  Verschiedene  Bewegungsge- 
schwindigkeiten 563.  Beschleunigter  Bückgang  565.  EUip- 
senräder  565.  Goulissenhebel  566.  Ezcentrische  Kurbel- 
schleife  567. 
Literatur  über  Werkzeugmaschinen  und  Werkzeuge 569 

3.  Die  formgebenden  Geräthe  und    das  Arbeitsverfahren   570 

A.  Geräthe  zum  Abscheeren 570 

a.  Scheeren 570 

Bogen  und  Hebelscheeren 570 

Parallelscheeren 574 

Kreis-  oder  Circularscheeren 579 

Schneid-  oder  Eiaenspaltwerke  582. 

b.  Geräthe  zum  Lochen  (Durchstossen)    • 584 

Durchschlag  584. 

Lochmaschine  oder  Durchstoss 585 

Anwendung  der  Schraube  586;  des  Hebels  587;  der  hy- 
draulischen Presse  588;    der  Kurbel   oder    des  Excen- 
ters  590.    Arbeitsverbrauch  592. 
Literatur  über  Scheeren  und  Lochmaschinen 593 

B.  Geräthe  zum  Schneiden 594 

a.  Meissel  und  Grabstichel 594 

Kreuzmeissel  595.    Flachmeissel  59§.     Grabstichel  595. 
Kneif-  oder  Beisszangen  596. 

b.  Der  Hobel  und  die  Hobelmaschinen 596 

Planhobelmaschinen 597 

Feil-  oder  Shapingmaschinen 610 

Nuthenstossmaschinen 620 

Literatur • 625 

c  Die  Säge .  625 

Hand-  oder  Bogensägen  627.    Kreissägen  628. 

Literatur 630 

d.  Die  FeUe 630 


XVI  InhaltsTerzeichniss. 

Seit« 

e*  Geräthe  zum  Drehen 636 

Drehstahl * 636 

Drehbank 637 

Prumadrehbänke  640.    Spindelstock  641.    Beitstock  642. 
Support  oder  Werkzeughalter  643.    Spitzendrehbank  643. 
Flanscheibe  646.    Universalplanscheibe  646.    Plandreh- 
bänke 647.    Bäderdrehbänke  651.   Ourvensupport  652. 
Ovalwerk  653. 

Universaldrehbank  von  Koch  nnd  MüUer 655 

Mitnehmer,  Herz,  Futter  659.     Lünetten  660.     Dreh- 
stahl 660.    Arbeitsyerfahren  661. 

Guiliochiren 662 

Literatur 664 

f.  Fräse  und  Fräsmaschine 665 

Form  der  Fräsen  666.    Fräsmaschinen   667.    Construc- 
tionsregeln  für  Fräsen  672. 
Literatur 673 

g;.  Qeräthe  zum  Ausbohren 673 

Bohrwellen    und  Bohrkopf  674.     Ausbohren    mit    dem 
Wendeeisen  674. 

Horizontalbohrmaschinen 675 

Cylinderbohrmaschinen    .   .   .   .   , 677 

Literatur 681 

h.  Qeräthe  zum  Loohbohren .  682 

Bohrwandbohrer 683 

Bohrspitzen • •  .  684 

Spiralbohrer  686. 

Bohrgeräthe  -für  zweischneidige  Bohrer 686 

Bollenbohrer  687.    Drillbohrer  687. 

Bohrgeräthe  für  einschneidige  Bohrer     . 688 

Brustieier  688.   Bohrkurbel  688.    Druckbaum  688.  •  Bohr- 
gestell 689.    Bohrknarre  689. 

Bohrmaschinen 690 

Handbohrmaschinen 691 

Freistehende  Bohrmaschinen 693 

Badial-  oder  Krahnbohrmaschinen 695 

Wandbohrmaschinen 697 

Duplexbohrmaschinen  698.    Multiplexbohrmaschinen  698. 

Literatur 699 

i.  Langlochbohrapparate 700 

G.  Geräthe  zum  Schaben 705 

a.  Schaber 705 

b.  Beibahle,  Ausreiber 705 

c.  Geräthe  zum  Schleifen 707 

Schleifstein  707.    Poliren  709.    Schleif-  und  Polirmate- 

rialien  710. 
Literatur 713 

n.    Biefirongs-  und  DehntuigsarbeiteJi 714 

a.  Das  Biegen 714 

Allgemeine  Vorgänge  beim  Biegen  715.    Anwendung  des 


InhaltsTerzeichnisB.  XVII 

Seite 
Hammers  imd  des  Amboses  dazu  716;  der  Pressen  717; 
der  Walzwerke  721;  der  Ziehbänke  727. 

Literatur 727 

b.  Das  Treiben  und  Aufziehen,  Stanzen,  Drücken,  Ciseliren, 

Prägen 728 

Allgemeines  728.    Umkrämpen  von  Kesselblechen  728. 
Punzen  729.    Anwendu];^  von  Maschinen  730. 

Drücken  auf  der  Drehbank 732 

CiseUren 733 

Prägen 734 

Literatur • 734 

m.  Die  ZusaixunenfCLgungsarbeiten 735 

1.  Adhäsionsverbindungen 735 

a.  Schweisaen 736 

b.  Löthen •    .    .  736 

Eigenschaften  der  Lethe  737.    SchnelUoth  738.    Schlage- 

loth  739.    Arbeitsverfahren  739. 

c.  Kitten 742 

Bostkitt  743.    Mennigekitt  743.    Siegellack  744.    Käse- 
kitt 744. 

2.  Verbindungen  durch  Beibung  (Zwängverbindungen) .   •  744 

3.  Falzen 746 

4.  Verbindungen  durch  Niete  und  Schrauben 747 

Das  Nieten 747 

Nieten  mit  der  Hand  748;  mit  Nietmaschinen  749. 

Literatur 753 

Vierter  Abschnitt. 
Die  Arbeiten  zur  Verschönerung  und  Erhaltung. 

1.  Beizen  und  Färben 755 

Beizen  des  Eisens 757 

Beizen  und  Färben  der  Kupferlegirungen 758 

9          n          n        »     Silberlegirungen 760 

9          n         n         n    G^oldleglrungen 760 

Aetzen 761 

2.  Poliren 762 

3.  Das  Ueberziehen  der  Metalle 762 

A.    ueberziehen  mit  anderen  Metallen 763 

a.  Das  Ueberziehen  auf  directem  Wege 764 

Das  Verzinnen  des  Eisens 765 

Anfertigung  des  Weissbleohs  766. 

Das  Verzinnen  des  Kupfers  und  Messings 770 

b.  Das  Ueberziehen  auf  nassem  Wege 770 

Durch  Substitution  770;   auf  galvanischem  Wege  771. 

Beispiele.    Verkupfern,  Vermessingeu,  Bronziren    ...  773 

Verzinnen 774 

Vemickehi  .   .   .    .   .^ 775 

Versilbem   .....' 775 

Vergolden 776 


ÄViu  Inhaltsyerzeichniss. 

Saite 

c  Dm  Uebeniehen  durch  Anuügunfttion  (Feaervergoldoiig 

und  Feaeryenflbenmg) 776 

B.    Das  üeberziehen  mit  zosanunengesetzteii  Körpern 777 

a.  Durch  Oxydation 777 

Beispiele:  Eisen  778;  Kupfer  und  Bronze  779;  Patina  780; 

Irisiren  780. 

b.  Durch  Anstreichen,  Firnissen,  Lackiren,  Bekleben,  As- 
phaltiren    781 

c.  Durch  Emailliren 783 

Zveiter  Theil« 

Beispiele  aus  der  speoiellen  Teohnologie. 

Die  Schrotgieeserei 795 

Die  Schriftgiesserei 797 

Anfertigung  der  Bohren 804 

Qusseiseme  Bohren 805 

Schmiedeeiserne  Bohren 810 

Fa^nstücke  zu  denselben  814. 

Kupferröhren ^ 816 

Blei-  und  Zinnröhren 818 

Anflertigung  der  Schrauben  und  Schraubenmuttern 821 

Blattgold  und  Blattsilber 839 

Schneidwaaren 841 

Nägel  und  Drahtstifte 845 

Die  Münzen 856 

Anfertigung  der  StahlschreibfedeiTi 873 

Anfertigung  der  Stecknadeln 875 

Anfertigung  der  Nähnadeln 878 

Die  Schlösser  und  die  Schlüssel 883 


EINLEITUIfG. 


Als  die  Eltern  des  MenscbengeschlechtB  der  biblischen  Ueberliefe- 
rung  zufolge  aus  dem  Paradiese  vertrieben  wurden,  entstand  in  Folge 
der  Drohung:  „im  Schweisse  des  Angesichts  sollst  du  dein  Brot  essen ^ 
der  erste  Anfang  unseres  Culturlebens.  Die  Nothwendigkeit ,  durch  Ar- 
beit das  Leben  zu  fristen ,  durch  Kampf  dieses  Leben  gegen  fremde  An- 
griffe zu  yertheidigen ;  endlich  der  jedem  Menschen  eingepflanzte  Trieb, 
durch  Aeusserlichkeiten  auch  das  Leben  zu  verschönern,  Hessen  den 
Menschen  nach  Hilfsmitteln  sich  umschauen,  jenen  Erfordernissen  zu 
genügen;  und  er  fand  als  eines  der  werthvollsten  Hilfsmittel  dafür  das 
MetalL 

Dank  dem  Umstände,  dass  einzelne  Metalle  sich  gediegen  in  der 
Natur  vorfinden,  ist  die  Verarbeitung  der  Metalle  zu  Geräthen  aller  Art 
alter  als  die  Abscheidung  derselben  aus  den  Erzen. 

So  finden  wir  nicht  nur  in  der  Bibel,  sondern  in  den  Ueberliefe* 
ru^gen  der  meisten  Völker  Spuren  von  ihrer  Bekanntschaft  mit  den  Me- 
tallen bis  in  die  älteste  Sagenzeit  hinaufreichend.  Hesiod  nennt  das 
älteste  Zeitalter  der  Menschheit  das  goldene,  zwar  bildlich,  immerhin 
aber  andeutend,  dass  er  die  Bekanntschaft  der  ersten  Menschen  mit  dem 
Golde  voraussetze.     Ebenso  Ovid  und  Andere. 

Viel  später  noch  fand  man  Spuren,  dass  vor  dem  Zeitalter  der  Me- 
talle noch  ein  älteres  Zeitalter  der  Menschheit  dagewesen  sei  und  nannte 
es  die  Steinperiode.  Die  Seltenheit  gediegen  vorkommender  Metalle 
zwangen  zur  Verarbeitung  roherer  Naturproducte  für  Gegenstände  häus- 
licher und  kriegerischer  Verwendung.  Ueberlieferungen  aus  dieser  Zeit 
aber  haben  wir  nicht. 

Wir  «finden,  dass  die  Gultur  der  Völker  und  die  Anwendung  der 
Metalle  Hand  in  Hand  ging.  Beides  blühte  rasch  empor,  als  man  ge- 
lernt hatte,    aus  Erzen  Metalle  abzuscheiden.     Mehr  und  mehr  wurden 

Lcd«bnr,  inec1iaiiltch-m«talliiTgUcho  Technologie.  \ 


2  Einleitung. 

die  Metalle  unentbehrlich.  Ihre  Benutzung  Hess  hundert  andere  Zweige 
der  Gewerbthatigkeit  emporblühen.  Diese  Benutzung  bildet  einen  der 
Haupttragpfeiler  unserer  jetzigen  Gultur  und  die  Verarbeitung  der  Me- 
talle eine  der  wichtigsten  Triebfedern  im  Gange  des  alltäglichen  Lebens. 

Die  Lehre  von  der  Verarbeitung  der  Rohmetalle  auf  mechani- 
schem Wege  zu  fertigen  Gegenständen  des  Gebrauchs  bildet  den  Gegen- 
stand des  Yorliegenden  Buches.  Wir  nennen  diese  Lehre  mechanisch- 
metallurgische Technologie.  Sie  umfasst  einen  wichtigen  Theil  der 
gesammten  mechanischen  Technologie,  welche  neben  der  Verarbeitung 
der  Metalle  auch  die  Darstellung  von  Gegenständen  aus  Holz  und  Stein, 
Anfertigung  von  Geweben,  von  Papier  u.  s.  w.,  überhaupt  die  mecha- 
nische Verarbeitung  sogenannter  Rohstoffe  zu  Gegenständen  des 
menschlichen  Gebrauchs  beschreibt.  Neben  der  mechanischen  steht  die 
chemische  Technologie,  die  gewerbsmässigen  Darstellungsmethoden  von 
Gebrauchsgegenständen  auf  chemischem  Wege  umfassend. 

Nur  ein  verschwindend  kleiner  Theil  aller  verarbeiteten  Metalle 
wird  gediegen  in  der  Natur  gefunden.  Der  überwiegend  grösste  Theil 
derselben  geht  als  Rohproduct  aus  der  Hand  des  Hüttenmannes  hervor, 
welcher  sie  durch  eine  Reihe  mehr  oder  minder  einfacher  chemischer 
Processe  aus  den  Erzen  abscheidet.  Die  Lehre  von  dieser  Darstellung 
der  Rohmetalle  aus  den  Erzen  nennt  man  die  Metallurgie,  und  wenn  sie 
neben  den  theoretischen  Erörterungen  auch  den  praktischen  Vorkomm- 
nissen gebührende  Berücksichtigung  schenkt,  Hüttenkunde. 

In  gewissem  Sinne  bildet  also  die  Hüttenkunde  einen  Theil  der  che- 
mischen wie  auch  der  mechanischen  Technologie,  wird  jedoch  ihrer  Wich- 
tigkeit und  ihres  Umfangs  halber  meistens  als  selbstständiges  Ganze  be- 
handelt. 

Die  mechanisch -metallurgische  Technologie  im  engem  Sinne  be- 
ginnt da,  wo  die  Hüttenkunde  aufhört  Aus  der  Hand  des  Hüttenmannes 
geht  das  Metall  als  formloser  Barren  oder  Block  hervor ;  es  bildet  so  das 
Material,  den  Rohstoff,  für  die  Verarbeitung  zu  fertigen  Gebrauchs- 
gegenständen in  einer  Reihe  von  Verfahrungsweisen,  deren  Beschreibung 
die  mechanisch-metallurgische  Technologie  umfasst. 

Nicht  immer  ist  jedoch  diese  Grenze  zwischen  dem  Gebiete  der 
Hüttenkunde  und  mechanisch -metallurgischen  Technologie  ganz  scharf 
gekennzeichnet.  Das  Metall,  auch  wenn  es  als  solches  fertig  hergestellt 
ist,  durchläuft  in  vielen  Fällen  eine  Anzahl  von  Zwischenstufen,  die 
chemisch  und  mechanisch  seine  Beschaffenheit  und  Form  verändern, 
trotzdem  aber  wiederum  nur  ein  Material  für  fernere  Verarbeitung  lie- 
fern. Wenn  aus  dem  Roheisen  durch  einen  hüttenmännischen  Process 
sdimiedbares  Eisen  in  rohen  Luppen  oder  Blöcken  dargestellt  worden 
ist,  pflegt  sich  an  diese  Herstellung  in  unmittelbarer  Aufeinanderfolge 
eine  Verarbeitung  des  rohen  Eisens  zu  Stäben  oder  Blechen  von*  bestimm- 
ter Querschnittsform  oder  Stärke  zu  reihen,  die  meistentheils  einer  spätem, 
mannigfachen,    weitern    Verarbeitung    unterliegen,    also    das    Material 


Einleitung.  3 

für  diese  Verarbeitung  bilden.  Es  gehört  dieser  Process,  der  mit  grogs- 
artigen mechanischen  Hilfsmitteln  ausgeführt  za  werden  pflegt,  streng 
genommen  der  mechanischen  Technologie  an  und  wird  demgemäss  in 
Folgendem  seine  Erwähnung  finden.  Da  aber  aus  naheliegenden  Grün- 
den der  Eisenhüttenmann  selbst  die  Verarbeitung  seines  dargesteUten 
Eisens  bis  zu  diesem  Stadium  in  die  Hand  zu  nehmen  pflegt,  und  da 
ausserdem  auch  eine  Reinigung  des  Eisens  von  fremden  Körpern  dabei 
stattfindet,  also  eine  Raffinirung  desselben,  so  ist  man  gewohnt,  die  Be- 
schreibung dieser  Vorgänge  auch  in  die  Eisenhüttenkunde  mit  aufzu- 
nehmen. 

Die  Gruppirung  bei  der  Beschreibung  der  sämmtlichen  in  das  Ge- 
biet der  Metallverarbeitung  und  der  mechanischen  Technologie  überhaupt 
gehörenden  Verfahrungs weisen  und  Apparate  kann  in  zweierlei  Weise 
geschehen. 

Man  kann  erstens  die  Gruppirung  vornehmen  nach  der  Art  der 
Urstoffe  oder  der  fertigen  Producte ,  ohne  Rücksicht  zu  nehmen  auf  die 
gegenseitigen  Beziehungen,  die  etwa  zwischen  der  Benutzung  dieses  oder 
jenes  Rohmaterials,  zwischen  dieser  oder  jener  Anfertigungs weise  eines 
und  desselben  Endproductes  bestehen.  So  z.B.  kann  man  in  gesonderten 
Abschnitten  die  Verarbeitung  des  Eisens,  des  Kupfers,  des  Bleies,  Zinns  etc. 
behandeln ;  oder  auch  man  kann,  um  von  den  Endprodücten  auszugehen, 
die  Anfertigung  von  Schmiede-  und  Schlosserwaaren ,  von  Gusswaaren 
der  verschiedensten  Art,  Münzen,  Nadeln  etc.  etc.  eine  an  die  andere 
reihen  ohne  bestimmtes  Gesetz  oder  Aufeinanderfolge.  Diese  Methode, 
welche  die  ältere  ist,  und  auf  welcher  unser  ganzes  technologisches 
Wissen  ursprünglich  sich  aufbaute,  nennt  man  specielle  Techno- 
logie. 

Man  kann  aber  auch  zweitens  im  Wege  des  Vergleichs  alle  die- 
jenigen Mittel  einander  gegenüber  stellen,  welche  zur  Erreichung  eines 
und  desselben  allgemeinen  Zieles  angewendet  werden  können,  z.  B.  zur 
Veränderung  der  Form  der  sämmtlichen  Rohmetalle  durch  Schmelzen 
undGiessen;  oder,  wie  Exner  sich  ausdrückt,  im  Wege  der  Vergleichung 
die  Gesetze  der  mechanischen  Umbildung  derRohsto£fe  in  systematischer 
Aufeinanderfolge  ermitteln  und  darstellen^}.  Man  nennt  dieses  System 
allgemeine  oder  vergleichende  Technologie. 

Für  eine  wissenschaftliche  Behandlung  des  Lehrstoffes,  für  Ver- 
leihung eines  freien  Ueberblicks  über  das  gesammte  besprochene  Gebiet, 
für  Gewinnung  eines  sichern  Urtheils  über  die  Zweckmässigkeit  der  An- 
wendung dieses  oder  jenes  Mittels  zur  Erreichung  desselben  Zieles  bietet 
die  vergleichende  Technologie  ausserordentliche  Vorzüge  gegenüber  der 
speciellen.  Während  die  letztere  nur  die  Bekanntschaft  mit  ganz  be- 
stimmten Zweigen    der    mechanisch  -  technischen  Gewerbthätigkeit  yer- 

^)  Ezner,  Ein    System    der    vergleichenden    mechaDischen    Technologie. 
Dingler*B  polyt  Journal,  Bd.  214,  8.  410  ff. 


4  Einleitung. 

mittelt,  giebt  uns  die  vergleichende  Technologie  die  Befähigung,  auch 
in  anbekannten  Grebieten  uns  rasch  zu  Orientiren.  Daher  bildet  aie  den 
Hanpttheil  des  vorliegenden  Lehrbuches;  und  die  am  Schlosse  desselben 
aus  der  speciellen  Technologie  gegebenen  Beispiele  sollen  eben  nur 
für  einzelne,  besonders  wichtige  oder  durch  ihre  Anfertigung  besonders 
lehrreiche  Gebrauchsgegenstände  die  nöthigen  Ergänzungen  liefern. 


Erster    Theil. 

Allgemeine  oder  vergleicliexide  Technologie. 


Erster  Abschnitt. 


Allgemeines. 


1.    Die  Metalle,  ihre  Legirungen  und  metalliBchen 

Verbindungen. 

Der  Begriff  des  Ausdrucks  „Metall**  lässt  sich  in  zweierlei  Weise 
erläutern.  Vom  Standpunkte  des  Chemikers  bedeutet  der  Ausdruck 
Metall  einen  einfachen  Körper  (Element),  welcher  in  chemischer  Vereini- 
gung mit  Sauerstoff  vorzugsweise  basische  Yerbindungen  bildet,  zum 
Unterschiede  von  Nichtmetallen  oder  Metalloiden,  welche  mit  Sauerstoff 
vorwiegend  saure  Verbindungen  eingehen. 

Für  den  Gewerbtreibenden  treten  gewöhnlich  die  physikalischen  Eigen- 
schaften der  Metalle  zur  Erläuterung  ihres  Begriffes  mehr  in  den  Vorder- 
grund. Es  sind  dieses  der  eigenthümliche  Metallglanz,  Undurchsichtig- 
keit,  starke  Leitungsfahigkeit  für  Wärme  und  Elektricität.  Während 
man  vom  chemrischen  Standpunkte  unter  „Eisen"  den  reinen  Stoff  be- 
greift, steht  der  Ge werbtreibende  nicht  an,  diese  Benennung  beizu- 
behalten, auch  wenn  die  Analyse  10  Proc.  und  mehr  fremde  Bestand- 
tbeile  nachweisen  sollte ,  so  lange  jene  physikalischen  Eigenschaften  des 
„ Metalls **  gewahrt  bleiben^). 


>)  Spiegeleuen  z.  B.  enthält  oft  über  25  Proc.  fremde,  darunter  6  bis  7  Proc. 
entscliieden  nichtmetalllsclie  Bestandtheile ,  gehört  aber  trotzdem  im  Handel 
und  Gewerbe  unter  die  Classe  der  Metalle  und  unter  die  Benennung  nEisen". 


6  Metalle. 

Alle  Körper,  welche  die  Chemie  unter  die  Metalle  zählt,  liisst  auch 
die  Technologie  als  solche  gelten;  Antimon  und  Arsen,  welche  ihrem  che- 
mischen Verhalten  nach  von  manchen  Chemikern  zu  den  Metalloiden  ge- 
zählt werden,  fügt  man  in  der  Technologie  ihrem  physikalischen  Ver- 
halten and  ihrer  Verarbeitungsfahigkeit  entsprechend  gleichfalla  den 
Metallen  bei. 

Der  Metallarbeiter  würde  nicht  wenig  erstaunt  sein  zu  hören,  dass 
Antimon  kein  Metall  sei. 

Unter  den  49  Metallen,  welche  uns  demnach  unter  Hinzurechnung 
der  beiden  letztgenannten  Körper  die  Chemie  kennen  lehrt,  findet  sich 
jedoch  nur  eine  beschränkte  Anzahl  solcher  Metalle,  welche  sich  für  eine 
gewerbsmässige  mechanische  Verarbeitung  zu  Gebrauchsgegenständen 
eignen. 

Auch  diese 'Metalle  lassen  sich  wieder  in  zwei  Gruppen  sondern: 

1.  solche  Metalle,  welche  für  sich  allein,  ohne  Vereinigung  mit  einem 
andern  Metalle  yerarbeitet  werden  können,  nämlich: 

Eisen, 

Kupfer, 

Zink, 

Zinn, 

Blei, 

Silber, 

Gold, 

Aluminium, 

Platin; 

2.  solche  Metalle,  die  niemals  oder  doch  nur  höchst  selten  für  sich 
allein,  wohl  aber  mit  anderen  Metallen  der  ersten  Gruppe  t er- 
einigt verarbeitet  werden. 

Hierher  gehören  als  häufig  benutzte  Metalle: 

Antimon, 

Wismuth, 

Nickel; 
als  weniger  häufig  benutzte: 

Kadmium, 

Mangan, 

Wolfram, 

Chrom, 

Arsen, 

Iridium. 
Eine  solche  Vereinigung  zweier  oder  mehrerer  Metalle,  durch  Zu- 
sammenschmelzen dargestellt,  nennt  man  eine  Legirung. 

Die  Metalllegirungen  bilden  gewissermaassen  eine  Zwischenstufe 
zwischen  chemischer  Verbindung  und  mechanischer  Mischung  und  bie- 
ten dadurch  dem  Chemiker  besonderes  Interesse.  Während  es  einestheils 
möglich  ist,  die  meisten  Metalle  in  allen  möglichen  Gewichtsverhältnissen 


Legirungen.  7 

zuaammeDznscliinelzen ,  za  legiren,  finden  sich  andererseits  wieder  Ver- 
einigungen der  Metalle  nach  ganz  bestimmten  Gewichtsverhältnissen, 
krystallisationsfähig ,  und  unter  günstigen  Umständen  mit  allen  Kenn- 
zeichen einer  chemischen  Verbindung  aus  einem  grossem  Metallgemische 
sich  aussondernd. 

Wenn  man  z.  B.  silberhaltiges  Blei  schmilzt  und  langsam  erkalten 
lässt,  so  scheiden  sich  allmählig  aus  der  geschmolzenen  Masse  octaedrische 
Krystalle  einer  silberärmeren  Legirung  aus,  die  sich  durch  Ausschöpfen 
entfernen  lassen,  und  es  hinterbleibt  eine  silberreichere  Legirung  «im 
flüssigen  Zustande  (Pattinson'soher  Entsilberungsprocess). 

Wenn  man  gleiche  Theile  Blei  und  Zinn  zusammenschmilzt  und 
langsam  abkühlen  lässi,  so  erstarrt  eine  bleireiohere  Verbindung  zuerst 
und  es  hinterbleibt  eine  zinnreichere  im  flüssigen  Zustande. 

Wenn  man  Legirungen  von  Kupfer  und  Zinn  derselben  Behandlung 
aussetzt,  so  erstarrt  eine  kupferreichere  zuerst  und  eine  zinnreiohere 
bleibt  flüssig. 

Immerhin  finden  sich  aber  auch  einige  Legirungen  nach  ganz  be- 
stimmten Gewichtsverhältnissen,  welche  dieses  Verhalten  nicht  zeigen; 
z.  B.  unter  den  Kupferzinnlegirungen  eine  solche  nach  der  Formel 
SujCuij  zusammengesetzt  (Künzel);  öder  nach  Riebe  die  Legirungen 
SnCtt)  und  SnCoi.     Man  nennt  derartige  Legirungen  constante« 

Solche  Vorkommnisse  sind  ungemein  zahlreich  und  werden  bisweilen 
zur  Ausscheidung  bestimmter  Legirungen  benutzt.  Man  nennt  ein  sol- 
ches Verfahren,  eine  schwerer  schmelzbare  Legirung  von  einer  leichter 
schmelzbaren  zu  trennen  durch  langsame  Erkaltung  oder  auch  durch 
vorsichtiges  Erwärmen  der  starren  Legirung  bis  zu  einem  Punkte,*  wo 
nur  die  leichter  schmelzbare  sich  verflüssigt,  Saigern  (Sickern,  Sichern). 

Je  allmähliger  hierbei  die  Erkaltung  beziehentlich  die  Erwärmung 
vor  sich  geht,  desto  abweichender  pflegt  die  quantitative  Zusammen- 
setzung der  neu  entstandenen  beiden  Legirungen  zu  sein. 

Künzel  ist  der  Ansicht,  dass  zwei  Metalle,  welche  entweder  beide 
leicht  oder  beide  schwer  krystaUisiren ,  constante,  nicht  saigemde  Legi- 
rungen geben,  Metalle,  von  denen  eines  leicht,  das  andere  schwer  kry- 
stallisii-t  (Kupfer  mit  Zinn,  Kupfer  mit  Blei)  leicht  saigemde  Legirungen 
geben  ^),  eine  Theorie,  webhe  nicht  immer  Bestätigung  finden  dürfte. 

Auf  die  Entstehung  wirklicher  chemischer  Verbindungen  beim  Legi- 
ren der  Metalle  deutet  auch  die  mehrfach  beobachtete  Temperaturerhöhung 
im  Augenblicke  der  Vereinigung,  die  bis  zum  Erglühen  sich  steigern  kann. 

Eine  Legirung  im  weitern  Sinne  lässt  sich  also  bezeichnen  als  ein 
Gemisch  chemischer  Vereinigungen  von  Metallen,    meistens    gelöst  im 
Ueberschusse  eines  der  oonstituirenden  Metalle.    Dabei  können  eine  oder . 
mehrere  Verbindungen  gleichzeitig  neben  einander  vorhanden  sein;  ebenso 
kann  die  Anzahl  der  legirten  Metalle  unbegrenzt  sein,  indem  entweder 


^)  Künzel,  Ueber  Bronzelegirangen,  Dresden  1875,  S.  18. 


8  Leginmgen. 

ein  Metall  ein  anderes  in  seiner  Verbindung  sabstitnirt  oder  ancfa,  indem 
ea  aelbstatändig  eine  zweite  oder  dritte  Verbindung  eingeht,  die  sich 
neben  der  schon  Torhandenen  löst. 

Etwas  anders  erkl&rt  A.  Matthiessen  den  Begriff  einer  Legimng  ^). 
Er  nennt  Legimng  ^eine  starr  gewordene  Lösung  eines  Metalls  in  einem 
andern  Metall/  Er  theilt  die  Metalle  in  zwei  Classen;  die  eine,  mit  A 
bezeichnet,  enth&lt  Blei,  Zinn,  Zink,  Kadmium,  die  zweite,  B,  enth&It  alle 
ftbrigen  Metalle«  Legirungen  aus  den  Metallen  A  zeigen  physikalische 
Charaktere,  welche  das  Mittel  der  beiden  Bestandtheile  sind;  die  Eigen- 
schaften der  Metalle  B  dagegen  werden  durch  Zusatz  selbst  geringer 
Mengen  anderer  Metalle  so  gänzlich  verändert,  dass  die  daraus  resulti- 
renden  Legirungen  nur  als  „starrgewordene  Losungen  allotropischer 
Modificationen  der  Metalle  in  einander"  betrachtet  werden  können. 

Wir  werden  später  sehen,  dass  Matt hiessen^s« Behauptung  hin- 
sichtlich der  Metalle  A  auch  nur  hinsichtlich  einiger  physikalischen 
Eigenschaften  zutreffend  sein  kann;  andere  f&r  die  Verarbeitung  der  Le- 
girungen sehr  wichtige  Eigenschaften,  wie  z.  B.  der  Schmelzpunkt,  ver- 
halten sich  Tollständig  anders.  Es  liegt  also  durchaus  kein  Grund  yor, 
an  Stelle  der  einfacheren  Erklärung  des  Begriffs  Legirung  die  ferner^ 
Hegende  durch  allotropische  Modificationen  zu  setzen. 

Für  die  Verarbeitung  der  Metalle  besitzen  die  Metalllegirungen  eine 
ungemeine  Wichtigkeit.  Es  zeigt  sich  nämlich  bei  der  Legirung  ver- 
schiedener  Metalle  häufig  das  überraschende  Ergebniss,  dass  die  physi- 
kalischen Eigenschaften  der  entstandenen  Legirung  —  wie  bereits  an- 
gedeutet wurde  —  erheblich  yon  den  Eigenschaften  der  constituirenden 
Bestandtheile  abweichen.  Aus  zwei  weicheren  Metallen  kann  unter  Um- 
ständen eine  viel  härtere  Legirung  hervorgehen;  aus  zwei  Metallen  von 
hohem  Schmelzpunkte  eine  Legirung  von  niedrigerem  Schmelzpunkte  u.  s.  f. 
In  anderen  Fällen  wieder,  besonders  wenn  Metalle  von  sehr  abweichen- 
den Eigenschaften  vereinigt  werden,  findet  eine  Ausgleichung,  Ab- 
schwächnng  der  Extreme  statt.  Man  ist  im  Stande ,  ein  sprödes  Metall 
durch  Zusatz  eines  andern  in  bestimmten  Verhältnissen  weicher,  dehn- 
barer, ein  weiches  Metall  härter,  widerstandsfähiger  zu  machen. 

Es  geht  aus  dieser  Eigenthümlichkeit  der  Legirungen  ohne  Weite- 
res hervor,  welche  wichtige  Handhabe  die  Darstellung  derselben  für  die 
mechanische  Verarbeitung  der  Metalle  bietet.  Man  ist  bei  Herstellung 
eines  einzelnen  Gegenstandes  nicht  mehr  beschränkt  auf  die  Anwendung 
eines  einzelnen  Metalls  mit  ganz  bestimmten  Eigenschaften,  die  oft  dem 
vorliegenden  Zwecke  keineswegs  ganz  entsprechen,  sondern  man  hat  ein 
Mittel  in  der  Hand,  durch  Zusätze  anderer  Metalle  Eigenschaften  in  der 
entstandenen  Legirung  hervorzurufen,  wie  sie  sich  theils  als  f5rderlich  für 


1)  Chemical  News  1867,  XV,  p.  78;  daraus  in  DingleHs  polyt.  Joum. 
Bd.  184,  8.  241;  Polytechnisches  Centralhlatt  Jahrgang  1867,  S.  914;  Wagner's 
Jahresbericht  Bd.  13  u.  A. 


Legirungen.  9 

die  Verarbeitung,  thoils  als  sweckmässig  für  die  Benntzang  des  fertigen 
Gegenstandes  heraosgestellt  haben. 

Daher  kommt  es,  dass  aach  anter  jenen  in  erster  Gmppe  aufgeführ- 
ten Metallen  mehrere  seltener  allein  als  mit  anderen  Metallen  derselben 
oder  der  später  erw&hnten  Gruppe  legirt  zur  Verarbeitung  gelangen, 
z.  B.  das  Zinn,  Gold,  Silber. 

In  Folge  der  grossen  Wichtigkeit,  welche  die  Legirungen  demnach 
für  die  Praxis  besitzen,  hat  man  bestimmten  vielfach  benutzten  Legirun- 
gen selbstständige  Benennungen  gegeben,  welche  die  Bestandtheile  der- 
selben gar  nicht  mehr  andeuten. 

Tombak  heisst  eine  vorzugsweise  zu  Schmucksachen  benutzte  Le- 
girung  von  Kupfer  und  Zink  mit  einem  Gehalte  von  höchstens  18  Proc. 
Zink,  öfter  bedeutend  weniger,  daneben  als  mehr  zufällige  Beimengungen 
bisweilen  Blei  oder  Zinn  enthaltend,  z.  B. 

Kupfer  Zink  Zinn 

Französischer  Tombak  zu  Gewehrbeschlägen      80  17  3 

Tombak  von  Oker 85  16  — 

Wiener  Tombak      .     , 92  8  — 

Desgl.  rother 97,8  2,2  — 

Rothguss  nennt  man  dieselbe  Legirung,  wenn  sie  —  besonders  im 
Maschinenbau  —  zum  Gusse  benutzt  wird,  zu  Zapfenlagern  und  ähn- 
lichen Gegenständen,  z.  B.  87  Thle.  Kupfer,  13  Thle.  Zink.  Der  Unter- 
schied zwischen  Tombak  und  Rothguss  beruht  also  vorwiegend  in  der 
Art  der  Verwendung  und  man  sucht  durch  bestimmte  Gewichtsverhält- 
nisse zwischen  Kupfer  und  Zink  eben  solche  Eigenschaften  hervorzurufen, 
welche  der  Art  und  Weise  der  Verarbeitung  zu  jener  Verwendung  ent- 
sprechen ^). 

Messing  wird  eine  Legirung  aus  Kupfer  und  Zink  genannt,  wenn 
deren  Zinkgehalt  grösser  ist,  als  der  des  Tombaks.  Die  meisten  Messing- 
sorten enthalten  24  bis  höchstens  37  Proc.  Zink,  häufig  geringere  Men- 
gen von  Zinn  und  Blei,  z.  B. 

Kupfer  Zink  Blei  Zinn 

Gegossene  Uhrräder     ....     60,66  36,88  —  1,35 

Gusswaaren  aus  Iserlohn  .     .     .     63,70  33,50  0,30  2,50 

Französisches  Messingblech  .     .     64,60  33,70  1,40  0,20 

Messingblech  von  Iserlohn    .     .     70,1  29,9             —  — 

Messingdraht  aus  Augsburg      .     71,89  27,63  0,85  — 


^)  Der  Ausdruck  „Rothguss"  pflegt  überhaupt  jede  dunkel  gefärbte,  also 
knpferreiche  Ijegirung  zu  bezeichnen,  sofern  die  daraus  hergestellten  Gegen- 
stände —  meistens  Maschinentheile  —  durch  Giessen  hergestellt  sind;  häufig 
enthält  der  Bothguss  g;rössere  Mengen  von  Zinn,  gehört  also  der  Classe  der 
liCgirungen  an,  welche  wir  Bronzen  nennen  (siehe  unten). 


10  Legirungen.' 

Es  yerdieut  Erwftfanang,  dass  das  MessiDg  weit  früher  uIb  das  Zink 
in  metallischer  Form  bekannt  war.  Während  letsteres  erst  im  15.  Jahr- 
hundert selbstständig  aus  seinen  Erzen  abgeschieden,  im  vorigen  Jahr* 
hundert  aber  zuerst  gewerbsmässig  dargestellt  wurde,  war  das  Messing  — 
das  Aurichalcnm  der  Römer  —  schon  zu  Plinins*  Zeiten  bekannt  und 
wurde  durch  einen  reducirenden  Schmelzprooess  Ton  Kupfer  mit  Zink- 
erzen gewonnen.  Viele  Münzen  aus  der  Zeit  der  römischen  Kaiser  be- 
stehen aus  Messing;  z.  B. 

Kupfer  Zink  Zinn  Blei 
Münze  von  Tiberius  (noch  Goebel)     72,2  27,7         —  — 
Münze  von  Nero  (nach  Klapproth)     80,1  19,9  1,1  — 
Münze  von  Augustus  (nach  Klapp- 
roth)       79,3  20,7        —  — 

Im  Handel  begegnet  man  nicht  selten  Benennungen  von  Metall- 
waaren,  die  im  Grunde  nichts  anderes  sind,  als  schon  unter  anderen 
Namen  bekannte  Legirungen ,  von  den  Fabrikanten  aber  mit  neuen  Be- 
zeichnungen benannt  werden,  theils  um  ein  gewisses  Gewichts verhältniss 
der  Bestandtheile  und  dadurch  die  aus  diesem  Gewichtsverhältnisse  ent- 
springenden Eigenschaften  der  Legirung  zu  kennzeichnen,  häufig  aber 
auch,  um  eine  neue  Waare  mit  dem  Schleier  des  Absonderlichen, 
noch  nicht  Dagewesenen  zu  umgeben  und  ihr  dadurch  bessern  Absatz  zu 
verschaffen.  Solche  in  die  Gattung  ,yMe88ing*'  oder  „Tombak^  gehören- 
den Legirungen  sind  unter  Anderen:  Pinchbeak,  aus  90  Thln.  Kupfer, 
10  Thln.  Zink;  Ghrysochalk,  a^s  90,5  Thln.  Kupfer,  7,9  Thln.  Zink, 
1,6  Thl.  Blei;  Chrysorin,  aus  66Va  Thln.  Kupfer.  33Vs  Thln.  Zink; 
Prinzmetall,  aus  75,7  Thln.  Kupfer,  24,3  Thln.  Zink;  Semilor  oder 
Mannheimer  Gold,  aus  83,7  Thln.  Kupfer,  9,3  Thln.  Zink,  7  Thln. 
Zinn;  Muntzmetall,  in  England  für  Schiffsbeschläge  verwendet  und 
von  dem  Erfinder  Muntz  aus  60  Thln.  Kupfer,  40  Thln.  Zink  zusammen- 
gesetzt; Aiohmetall  oder  Sterrometall,  von  Aich  erfunden  und  den 
Analysen  zufolge  bestehend  aus  60  bis  65  Thln.  Kupfer,  40  bis  35  Thln. 
Zink  u.  a.  m. 

Auch  der  bisweilen  benutzte  Name  Composition  pflegt  irgend  eine 
Messinglegirung  zu  bezeichnen. 

Karmarsch  nennt  alle  Legirungen  aus  Kupfer  und  Zink  „Gelb- 
kupfer^ ;  häufiger  als  diese  sonst  nicht  übliche  Benennung  für  das  Metall 
ist  für  den  Yerfertiger  gegossener  Gegenstände  aus  Kupferzinklegirungen 
die  Bezeichnung  „Gelbgiesser*'  geworden. 

Bronze  bezeichnet  Legirungen  aus  Kupfer  und  Zinn  (reine  Bronze) 
oder  auch  aus  Kupfer,  Zinn  und  Zink  (messingartige  Bronze).  Daneben 
finden  sich  als  nicht  constituirende  Bestandtheile  —  theils  absichtlich 
zugesetzt,  theils  unabsichtlich  hinzugekommen  —  geringere  oder  grössere 
Mengen  von  Blei,  auch  wohl  Eisen  oder  Antimon.  Der  Zinngehalt  steigt 
selten  über  27  Proc.  und  sinkt  für  gewisse  Zwecke  auf  1,5  Proc.    Dieser 


Legirungen.  11 

absichtlich  zageseizte  Zinngehalt  bedingt  die  Benennung  „Bronze ".  Aach 
im  Messing  findet  sich,  wie  oben  mitgetheilt,  nicht  selten  ein  Zinngehalt 
nnd  es  sind  daher  die  üeberg&nge  zwischen  Messing  nnd  messingartiger 
Bronze  zahlreich.  Besonders  enthalten  die  zum  Statnengosse  verwende- 
ten Legirungen  nicht  selten  mehr  Zink  als  Zinn,  wie  sich  aus  folgender 
Zusammenstellang   der  Zusammensetzung   älterer  und  neuerer  Statuen 

ergiebt : 

Kupfer      Zink     Zinn     Blei  Eisen  Nickel  Antim. 

Löwe  auf  dem  Burgplatze 
in  Braunsohweig  (12. 
Jahrhundert)    ...    81,0       10.0       6,5       2,5         —        —       — 

Diana  im  Hofgarten  zu 
Manchen,  1600  ge- 
gossen      77,03     19,12     0,91     2,29     0,12     0,43      — 

Mars  und  Venus  in  Mün- 
chen aus  dem  Jahre 
1586 94,12       0,30     4,77     0,67       —      0,48      — 

Grosser  Kurfürst  in  Ber- 
lin, 1703     ....    89,09       1,64     5,82     2,62     0,13     0,11     0,60 

Bachus  im  sicilianischen 
Garten  in  Sanssouci 
bei  Potsdam  1835      .    89,34       1,63     7,60     1,21     0,18      —       — 

Als  „Normalbronze*'  für  Statuenguss,  ausgezeichnet  durch  eine 
Reihe  vorzüglicher  Eigenschaften  zum  Gusse,  bezeichnet  Elster  eine 
Legirung  aus 

86V3  Thln.  Kupfer, 
6Vs      „      Zinn. 

31/3      n      Blei, 
31/3      „      Zink. 

Reiner  ausgeprägt  zeigt  sich  die  Zusammensetzung  der  eigentlichen 
Bronze  im  sogenannten  Glocken metall,  welches  ann&hemd  aus  75 Thln. 
Kupfer,  25  Thln.  Zinn,  bis  zu  80  Thln.  Kupfer,  20  Thln.  Zinn  zu  be- 
stehen pflegt,  bisweilen  allerdings  auch  Zink  und  Blei  enthaltend  (das 
Gonggong  oder  Tamtam  der  Chinesen  besteht  aus  80  Thln.  Kupfer  mit 
20  Thln.  Zinn)^);  ferner  im  Geschützmetall  oder  Stückgut,  durch- 
schnittlich 10  Thle.  Zinn  auf  90  Thle.  Kupfer  enthaltend.  Zahlreiche 
Analysen  solcher  Bronzen  sind  in  Mnspratt-Kerl's  Chemie,  Braun- 
schweig 1868,  in.  Bd.,  S.  1123  u.  1134,  mitgetheilt. 


^)  Ein  Silbergehalt  der  Glocken,  welchem  Laien  noch  jetzt  bisweilen  Ein- 
wirkung auf  den  Klang  zuschreiben,  ist.  gänzlich  ohne  Einflnsi  und  die  sehr 
geringen  Mengen  von  Silber,  die  überhaupt  in  älteren  Glocken  gefunden  wer* 
den,  beweisen,  dass  auch  die  alten  Giesser  diesen  Umstand  wohl  gekannt  haben 
und  dass  die  vielfitch  dargebrachten  frommen  Silberspenden  wohl  in  die  Tasche 
derselben,  nicht  aber  in  den  Sehmelzofen  geflossen  sind. 


]2  Legirungen. 

Unter  die  Grattnng  „Bronze"  gehört  aach  das  sogenannte  Spiegel- 
metall, neben  ca.  68  Thln.  Knpfer  hauptsächlich  Zinn  und  häufig  einige 
Procente  Arsen  enthaltend  (Analysen  a.  a.  0.  S.  1135). 

Der  im  Altertbnme  häufig  benutzte  Ausdruck  £rz,  Eigenschafts- 
wort ehern,  bezeichnet  nichts  anderes  als  die  heutige  Bronze  aus  Kupfer 
und  Zinn.  Antike  Waffen  enthalten  80  bis  88  Thle.  Kupfer,  daneben 
Zinn  und  bisweilen  Blei ;  antike  Statuen  76  bis  95  Thle.  Kupfer  mit  Zinn 
und  Blei ;  ebenso  zusammengesetzt  sind  antike  Bronzemünzen. 

Neusilber  nennt  man  Legirungen  aus  Kupfer,  Nickel  und  Zink. 
Bisweilen  finden  sich  geringere  Mengen  von  Eisen  oder  Kadmium.  Andere 
Benennungen  des  Neusilbers  sind  Argentan,  Alfenide,  Alpaka,  Chri- 
stoflemetall. 

Das  Mengenverhältniss  der  Metalle  unter  einander  in  diesen  Legi- 
rungen pflegt  derartig  zu  sein,  dass  sich  die  Menge  des  Kupfers  zum 
Zink  annähernd  wie  8  :  3  verhält;  die  Menge  des  Kupfers  plus  Zink 
zum  Nickel  wie  3  :  1  bis  8  :  1.  Doch  finden  sich  auch  hiervon  begreif- 
licherweise zahlreiche  Abweichungen,  je  nachdem  der  Fabrikant  die  eine 
oder  die  andere  Eigenschaft  der  Legirung  mehr  hervortreten  lassen  oder 
mehr  abschwächen  will,  z.  B.  ^): 


Kupfer 

Zink 

Nickel 

Eisen  Kadmium 

Englisches  Neusilber  zu 

Tischgeräthen  .     .     . 

.     63,34 

17,01 

19,13 

0,52        — 

Wiener  desgl 

.     55,6 

22,2 

22,2 

^a^m^                           *         ^^»^ 

Französisches  desgl. .     . 

.     50,00 

31,25 

18,75 



Desgl. 

.     59,1 

30,2 

9.7 

1,0          — 

Desgl.  zu  Löffeln       .     . 

.     69,9 

5,6 

19,8 

4,7           -• 

Aluminiumbronze  nennt  man  eine  zu  Schmucksachen  und  tech- 
nischen Zwecken  verwendete  Legirung  von  Alnminium  und  Kupfer, 
gewöhnlich  90  bis  97  Thle.  Kupfer,  10  bis  3  Thle.  Aluminium  ent- 
haltend. 

Hartblei  sind  Legirungen  von  Blei  mit  Antimon  in  verschiedenen 
Verhältnissen  mit  einem  Antimongehalte  bis  zu  20  Proc,  bisweilen  unter 
Zusatz  von  Zinn,  Wismuth,  Zink  oder  Kupfer. 

Weissmetall,  zu  Zapfenlagern  benutzt,  ist  dem  Hartblei  ähnlich 
und  enthält  Zinn  und  Antimon,  oder  Zinn,  Blei,  Antimon,  oder  Zinn, 
Antimon,  Kupfer.  In  allen  Fällen  wiegt  das  Zinn  vor  oder  ist  durch 
Blei  vertreten;  der  Antimongehalt  beträgt  höchstens  25  Proc.,  selten 
mehr  als  12  Proc. 

Britanniametall,  zu  Haus-  und  Küchengeräthen  benutzt,  besteht 
im  Wesentlichen  aus  85  bis  90  Thln.  Zinn  mit  15  bis  10  Thln.  Antimon, 
auch  wohl  geringere  Mengen  von  Kupfer,  Zink,  Nickel  oder  Wismuth 
enthaltend. 


^)  K arm a räch,  Mechanische  Technologie,  5.  Ausgabe,  Bd.  I,  S.  bS. 


Vereinigung  der  Metalle  mit  Nichtmetallen.  13 

Obgleich  die  Einflüsse,  welche  die  Legirang  eines  Metalls  mit  einem 
andern  anf  die  Eigenschaften  beider  hervorruft,  bereits  zahlrmchen  Ver- 
suchen unterworfen  worden  sind,  so  von  Karsten,  Hallet,  Riebe  und 
Anderen,  so  sind  diese  Versuche  bei  weitem  noch  nicht  ausreichend  ge- 
wesen, um  ein  wissenschafbliches  System  über  diese  gegenseitigen  Einflüsse 
darauf  begründen  zn  können.  Man  hat  sich  bis  jetzt  im  Allgemeinen 
begnügen  müssen ,  festzustellen ,  dass  Legirungen  in  den  und  den  Ge- 
wichtsyerhältnissen  die  und  die  Eigenschaften  besitzen;  man  hat  auch 
wohl  in  einzelnen  Fällen  ermittelt,  wie  das  Hinzutreten  eines  dritten 
Metalls  zu  einer  bekannten  Legirung  deren  Eigenschaften  ändert.  Erwägt 
man  aber,  welche  grosse  Reihe  von  Combinationen  in  dieser  Beziehung 
möglich  ist;  erwägt  man  femer,  dass  die  im  Handel  vorkommenden  Me- 
talle niemals  ganz  rein  sind,  so  dass  man  mit  scheinbar  ganz  gleich  zn- 
sammengesetzten  Legirungen  ganz  abweichende  Erfolge  erzielen  kann; 
und  endlich,  dass  auf  die  Eigenschaften  der  Legirung  auch,  wie  wir 
später  sehen  werden,  das  bei  ihrer  Herstellung  und  Prüfung  beobachtete 
Arbeitsverfahren  von  grossem  Einflüsse  ist,  so  lässt  sich  ermessen,  wie 
ungemein  schwierig  es  ist,  umfassende  systematische  Lehrsätze  für  das 
gegenseitige  Verhalten  der  Metalle  in  den  Legirungen  aufzustellen. 

Man  wird  unter  Beobachtung  bestimmter  Erfahrungsresultate,  auf 
die  wir  bei  Besprechung  der  Eigenschaften  der  Metalle  und  Legirungen 
vielfach  zurückkommen  werden,  es  den  Versuchen  des  Praktikers  über^ 
lassen  müssen,  Legirungen  zu  bilden,  welche  seinem  jedesmaligen  Zwedke, 
seinem  Arbeitsverfahren  und  der  chemischen  Beschaflenheit  der  ihm  zu 
Oebote  stehenden  Handelsmetalle  entsprechen. 


Vereinigung  der  Metalle  mit  Nichtmetallen. 

In  ähnlicher  Weise,  wie  mehrere  Metalle  sich  zu  Legirungen -ver- 
einigen, können  auch  in  einzelnen  Fällen  Nichtmetalle  von  den  Metallen 
aufgenommen  werden  oder  sich  mit  ihnen  vereinigen,  ohne  dass  deren 
Eigenschaft  als  gewerbliches  Metall  ihnen  dadurch  genommen  wird.  Bis- 
weilen kommen  solche  fremde  Körper  zufällig  und  in  geringen  Mengen 
vor,  bisweilen  aber  bilden  sie  absichtlich  zugefügte  Bestandtheile  des 
Metalls  zu  dem  Zwecke,  die  Eigenschaften  desselben  zu  beeinflussen. 

In  dieser  Beziehung  bietet  das  Eisen  höchst  interessante  Erschei- 
nungen. Während  Legirungen  desselben  mit  anderen  Metallen  nur  sehr 
ausnahmsweise  Verwendung  finden ,  bildet  der  Kohlenstoff  einen  steten 
und  für  die  Verarbeitungsfähigkeit  höchst  wichtigen  Begleiter  des  Eisens. 
Mit  der  Höhe  des  Kohlenstoffgehaltes  im  Eisen  ändern  sich  aber  die 
physikalischen  Eigenschaften  desselben  in  auffallender  Weise.  Bei  Be- 
sprechung der  Eigenschaften  der  Metalle  bezüglich'  ihrer  Verarbeitung 
werden  wir  vielfach  Gelegenheit  haben,  auf  diesen  Umstand  zurückzu- 
kommen.    In  Folge  dieser«  durch  verschiedenen-  Kohlenstoffgehalt  verf 


14  Vereinigung  der  Metalle  mit  Nichtmetallen. 

Bchiedenen  Eigensohaften  des  Eiseus  clasuficirt  man  dasselbe  nnter  drei 
Benennongen: 

Schmiedeeisen  mit  einem  Kohlen stoffgehalte  Ton  0,1  bis  0,5  Proc. 
(durchschnittlich) ; 

Stahl  mit  einem  Kohlenstoffgehalte  Yon  0,5  bis  1,5  Proc.  (durch- 
schnittlich); 

Roheisen  mit  einem  Kohlenstoffgehalte  von  1,5  bis  6  Proc. 

Eisensorten  mit  erheblich  höherem  Kohlenstoffgehalte  als  6  Proc. 
lassen  sich  technisch  nicht  darstellen. 

Enthalt  das  Roheisen  nur  Eisen  und  Kohlenstoff,  so  besitzt  es  Eigen- 
Schäften,  die  es  flür  die  Verwendung  zu  Gebrauchsgegenständen  im  All- 
gemeinen unfiähig  machen.  Es  ist  hart,  spröde  und  wird  mit  seltenen 
Ausnahmen  nur  zur  weiteren  hüttenmännischen  Verarbeitung  benutzt 
Man  nennt  es  seiner  weissen  Farbe  wegen  weisses  Roheisen.  Nimmt 
nun  aber  das  Roheisen  neben  Kohlenstoff  noch  gewisse  Mengen  von  Sili- 
cium  auf,  so  tritt  abermals  eine  höchst  wichtige  Aenderung  in  den  Eigen- 
schaften desselben  ein.  Es  verliert  einestheils  die  Fähigkeit,  jenen  Ma- 
ximalgehalt an  Kohlenstoff  aufzunehmen  und  enthält  selten  mehr  davon 
als  4  Proc;  der  aufgenommene  Kohlenstoff  aber  scheidet  sich  bei  all- 
mähliger  Erkaltung  des  erstarrenden  Eisens  selbstständig  aus,  lagert  sich 
als  Graphit  zwischen  die  Krystallflächen  desselben  und  giebt  ihm  eine 
mehr  oder  weniger  dunkele  Färbung,  in  Folge  deren  man  das  Eisen 
graues  Roheisen,  oder,  wenn  es  zur  Verarbeitung  durch  Giessen  be- 
stimmt ist,  Gusseisen  nennt.  Dasselbe  hat  die  Sprödigkeit  und  Härte 
des  weissen  Eisens  verloren  und  bildet  ein  vorzügliches  Material  für  die 
mechanische  Verarbeitung  durch  Giessen.  Diese  Wirkung  des  Siliciums 
auf  die  Eigenschaften  des  Roheisens  kann,  wenn  das  Eisen  übrigens  rein 
ist  und  die  Erkaltung  langsam  vor  sich  geht,  schon  durch  einen  Silicium- 
gehalt  von  0,2  Proc.  hervorgerufen  werden;  sie  steigert  sich  mit  zuneh* 
inendem  Gehalte  an  Siücium ,  welches  in  viel  weiteren  Grenzen  als  Koh- 
lenstoff vom  Eisen  aufgenommen  werden  kann,  obschon  die  wenigsten 
Roheisensorten  Über  2,5  Proc.  zu  enthalten  pflegen.  Legirt  man  nun 
aber  das  Roheisen  mit  Mangan,  so  wird  jener  Einfluss  des  Siliciumgehal- 
tes^  wieder  abgeschwächt  und  bei  reichlichem  Mangangehalte  kann  das 
Roheisen  selbst  mit  1  Proc.  Silicium  noch  den  Charakter  als  weisses 
Roheisen  behalten. 

Käufliches  Kupfer  enthält  stets  gewisse  Mengen  von  Sauerstoff, 
welche  bei  dem  raffinirten  sogenannten  hammergaren  Kupfer  0,04  bis 
0,16  Proc.  zu  betragen  pflegen.  Dieser  Sauerstoffgehalt  tritt  jedoch  nicht 
selbstständig  als  solcher  auf,  sondern  theik  mit  Kupfer  zu  Kupferoxydu] 
▼ereinigt,  theils  —  nach  Hampe  —  an  fremde  Metalle  gebunden,  welche, 
als  saure  und  basische  Oxyde  unter  sich  wieder  zu  Salzen  vereinigt,  als  solche 
in  Kupfer  gelöst  sind.     Solche  Salze  sind  arsensaures  und  antimonsaures 


Vereinigung  der  Metalle  mit  Nichtmetallen.  15 

Wismntboxyd ,  Bleioxyd  u.  a.  ^).  Diese  Met-allsalze  beeinträchtigen  die 
Eigenschaften  des  Kapfera  in  geringerem  Maasse,  als  wenn  sie  reduoirt 
werden  nnd  als  Metalle  sich  mit  dem  Knpfer  legiren.  Schon  ein  sehr  ge- 
ringer Gehalt  derselben  macht  das  Kupfer  brüchig,  untauglich  fär  die 
mechanische  Verarbeitung.  Daher  ist  ein  Sauersto£fgehalt  des  Handels- 
kupfers wichtig,  sobald  es  jene  Bestandtheile  enthält;  unyermeidlich  da- 
bei ist  die  gleichzeitige  Gegenwart  von  £upferoxydnl  neben  den  oxydir- 
ten  fremden  Metallen. 

Eine  weitreichende  praktische  Verwerthung  fand  die  im  letzten 
Jahrzehnt  gemachte  Entdeckung  von  den  Einflüssen  eines  geringen 
Phosphorgehaltes  auf  die  Eigenschafken  der  Bronze.  Obschon  die 
Priorität  der  Ei*findung  nicht  ganz  festgestellt  ist,  so  gebührt  doch  un- 
streitig den  Herren  Monte fiore-Leyi  und  Dr.  Künzel  in  Val-Benoit 
bei  Lüttich')  das  Verdienst,  durch  eine  grosse  Anzahl  von  Versuchen 
die  eigenthümlichen  Eigenschaften  phosphorhaltiger  Bronzen  zuerst  in 
wissenschaftlicher  Weise  ermittelt  und  an  die  Oeffentlichkeit  gebracht 
zu  haben. 

Es  sei  beiläufig  erwähnt,  dass  sich  Phosphorkupfer  mit  14  Proc. 
Phosphor  (welcher  Gehalt  aber  beim  Umschmelzen  niohi  constant  bleibt) 
durch  Erhitzen  im  Tiegel  von  4  Thln.  saurem,  phosphorsaurem  Kalk, 
2  Thln.  granulirtem  Kupfer,  1  Tbl.  Kohle  darstellen  lässt;  dass  Phosphor- 
zinn von  oonstanter  Zusammensetzung  mit  5,6  Proc.  Zinn  (Sn9P)  durch 
Schmelzen  von  Zinn  und  Phosphor  gewonnen  werden  kann.  Der  Phos- 
phorgehalt der  verarbeiteten  „  Phosphorbronze ^  ist  in  allen  Fällen  ein 
sehr  unbedeutender;  der  Zinngehalt  gewöhnlich  8  bis  9  Proc.;  z.  B. 

Kupfer     .... 

Zinn 

Phosphor.     .     .     . 

Dass  ein  so  geringer  Phosphorgehalt  nicht  im  Stande  sein  kann, 
direct  so  tiefgehende  Einflüsse  auf  die  Festigkeit  und  andere  Eigen- 
schaften der  Bronze  hervorzurufen,  wie  sie  in  der  That  nachgewiesen 
worden  sind,  ist  wohl  selbstverständlich.  Künzel  schreibt  wohl  mit 
Recht  die  Wirkung  des  Phosphorgehaltes  dem  Umstände  zu,  dass  der 
Phosphor  reducirend  auf  vorhandene  Oxyde  wirke.  Wie  das  Kupfer 
Kupferoxydul  enthält,  so  enthält  die  bei  Luftzutritt  geschmolzene  Bronze 
Kupferoxydnl  und  Zinnoxyd.  Beide  Oxyde  lösen  sich  in  dem  Metallbade, 
lagern  sich  beim  Erstarren  zwischen  die  Metallmolecüle  und  verringern 
ganz  bedeutend  die  Festigkeit  nnd  Zähigkeit  der  ans  der  Legirung  her- 
gestellten Gussstücke ').     Durch  Bühren  des  Metallbadee  mit  birkenen 


90,34 

90,86 

94.70 

8,90 

8,56 

4,38 

0,76 

0,196 

0,55 

1)  Hampe,  Beiträge  zur  Metftlloi'gie  des  Kupfers.    Zeitschrift  für  Berg-, 
Hütten-  und  Salinenwesen  im  preossischen  Staate,  Bd.  21,  8.  253. 
')  Letzterer  verstarb  kürzlich  in  Blasewitz  bei  Dresden. 
S)  Kanzel,  Ueber  Bronzelegirangen.    Dresden  1875,  8.  20  u.  22. 


16  Ziiinprobe. 

Stangen  (Polen)  l&sst  sich  in  Folge  der  reducirenden  Wirkung  der  dabei 
ans  dem  Holse  sich  entwickelnden  Gase  das  Kupferoxydal  zerstören,  nicht 
aber  das  Zinnozyd^).  I^etzteres  wird  aber  nebst  allen  übrigen  vorhande- 
nen Metalloxyden  sofort  rednoirt,  sobald  eine  entsprechende  Menge  Phos- 
phor in  das  Metallbad  geführt  wird.  Es  entsteht  Phosphorsänre,  welche 
jedenfalls  an  die  Oberflache  des  Metallbades  emporsteigt  und  so  entfernt 
wird.  Auch  Antimon,  Arsen,  Wismuth,  um  derentwillen  ein  Sauerstoff- 
gehalt im  Kupfer  nothwendig  ist,  werden  unstreitig  reducirt,  wenn  sie 
überhaupt  noch  vorhanden  sind.  Ihr  Einfluss  auf  die  Eigenschaften  der 
Bronze  ist  aber  ein  weit  unerheblicherer,  weniger  bemerkbarer  als  beim 
reinen  Kupfer. 


Bei  den  tief  eingreifenden  Einflüssen,  welche  die  Aufnahme  fremder 
metallischer  oder  nicht  metallischer  Körper  auf  die  Eigenschaften  der 
Metalle  ausübt,  ist  es  nicht  ohne  Wichtigkeit,  Merkmale  zu  besitzen, 
nach  welchen  sich  die  Gegenwart  solcher  fremden  Körper  ohne  Weiteres 
erkennen  und  quantitativ  benrtheilen  lässt.  Nicht  immer  ist  dieses  ohne 
eine  zeitraubende  Untersuchung  möglich.  Viele  Metalle  zeigen  jedoch, 
besonders  im  geschmolzenen  Zustande,  gewisse  Erscheinungen  an  der 
Oberfl&che,  die  es  dem  geübten  Auge  möglich  machen,  schon  ohne  Weite- 
res ein  ziemlich  sicheres  Urtheil  über  ihre  Beschaffenheit  zu  gewinnen. 

Nicht  bei  allen  Metallen  sind  diese  Erscheinungen,  die  häufig  aus 
dem  sich  verschiedenartig  äussernden  Krystallisationsbestreben  hervor- 
gehen, mit  dem  ihnen  gebührenden  Interesse  studirt  worden.  Es  mögen 
daher  einige  Beispiele  genügen,  darauf  hinzuweisen,  mit  welcher  Deut- 
lichkeit sich  ofb  verhältnissmässig  unbedeutende  Abweichungen  in  der 
Zusammensetzung  der  Handelsmetalle  und  Legirungen  schon  im  flüssigen 
Metalle  erkennen  lassen. 

Schmilzt  man  reines  Zinn  und  giesst  es  auf  eine  Flache  aus ,  kurz 
bevor  es  erstarrt,  so  gewahrt  man  eine  weisse  glänzende  Oberfläche  ohne 
andere  auffällige  Erscheinungen  als  die  häufig  in  der  Mitte  der  liläcbe 
sich  zeigende  Neigung,  eine  schwache  Einsenkung  mit  Krystallauswüch- 
sen  zu  bilden. 

Legirt  man  das  Zinn  mit  einem  Viertel  seines  Gewichts  Blei  (so 
dass  die  Legirung  80  Thle.  Zinn,  20  Thle.  Blei  enthält)  und  verfährt  wie 
vorhin,  so  zeigen  sich  beim  Erstarren  auf  der  ganzen  Oberfläche  sehr 
feine  nadelförmige  KrystaUbildungen ,  wodurch  der  Glanz  des  reinen 
Zinns  verschwindet,  während  die  Oberfläche  noch  eben  und  glatt  bleibt. 

Erhöht  sich  der  Bleigehalt  der  Legirung  auf  33^3  Proc.,  so  treten 
weissliche,  rundliche,  von  vertieften  Linien  eingefasste  kleine  Flecken 
auf,  knopfartig  oder  warzenartig  die  ganze  Oberfläche  bedeckend, 
Fig.  1. 


^)  Künzel  a.  a.  O.,  8.  22  n.  57. 


Spiel  des  Gusseisens.  17 

Bei  50  Thln.  Blei,  50  Thlji.  Zinn  werden  diese  Flecken  grösser,  die 
einfassenden  Linien  tiefer,  Fig.  2. 

Bei  80  Thln.  Blei,   20  Thln.  Zinn  sind  die  Flecke  vollständig  ver- 
schwanden, die  anfänglich  glänzende  Oberfläche  überzieht  sich  plötzlich  wie 
p.     .  F'     2  ™^^  einem  Hauche  and  wird  glanzlos 

gleich  dem  matten  Silber. 

Reines  Blei  endlich  erstarrt  mit 
glänzender  Fläche,  auf  welcher  deut- 
lich die  krystallinische  Textur  des 
Innern  zu  erkennen  ist. 

Bei  dem  Gusseisen,  dem  für  die 
Giesserei  am  häufigsten  benutzten 
Metalle,  werden  die  Erscheinungen  an  der  Oberfläche  im  flüssigen  Zu- 
stande schon  durch  sehr  geringe  Aendemngen  in  der  chemischen  Be- 
schaffenheit verändert^).  Im  Voraus  muss  bemerkt  werden,  dass  diese 
Erscheinungen  erst  eintreten,  wenn  die  Temperatur  des  geschmolzenen 
Eisens  sich  dem  Erstarrungspunkte  nähert  und  die  Oberfläche  des  Eisens 
unbedeckt  ist.  Am  besten  sind  sie  erkennbar,  wenn  man  eine  Probe  des 
Eisens  in  Form  eines  flachen  Kugelabschnittes  in  Sand  giesst  und  nun 
die  Oberfläche  betrachtet.     Man  nimmt  dann  Folgendes  wahr. 

Enthält  das  Eisen  gleichzeitig  viel  Kohlenstoff  und  Silicium,  wel- 
ches letztere  also  die  graphische  Absondenmg  des  KohlehstofilB  beim 
Erstarren  veranlasst  (hochgares  Roheisen  oder  Roheisen  Nr.  I),  so  bildet 
sich  durch  Oxydation  von  viel  Silicium  und  geringeren  Mengen  metalli- 
scher Bestandtheile  (Eisen,  Mangan)  an  der  Oberfläche  des  flüssigen  Me- 
talls eine  matte,  glanzlose,  dicke  Haut,  und  das  Eisen  erstarrt  ruhig 
unter  derselben,  mehr  oder  minder  viel  Graphit  auch  an  den  Aussen- 
flächen  absondernd. 

Nimmt  der  Silioiumgehalt  ab,  so  gewahrt  man  unter  der  sich  bil- 
denden Haut  Bewegungen  im  flüssigen  Eisen,  in  Folge  deren  die  Haut 
momentan  zerrissen  wird,  so  dass  das  Eij3en  mit  glänzender  Farbe  zwi- 
schen dem  Spalte  sichtbar  wird.  Ist  das  Eisen  noch  ziemlich  silicium- 
und  graphitreich,  so  sind  die  erwähnten  Bewegungen  träge,  der  matte 
Ueberzug  schHesst  sich  bald  un^  das  Eisen  erstarrt  mit  schwach  con- 
vexer  Oberfläche,  bisweilen  noch  eine  schwache  Erhöhung  an  der  Stelle 
zeigend,  wo  der  letzte  Spalt  sichtbar  war  (Fig.  3,  4,  5  a.  f.  S.)  —  gares 
Roheisen  oder  Roheisen  Nr.  II. 

Mit  abnehmendem  Siliciumgehalte  aber  wird  das  entstehende  Haut* 
chen  immer  dünner,  die  Bewegungen  des  Eisens  immer  lebhafter  (hal- 
birtes  Roheisen  oder  Roheisen  Nr.  UI).  Durch  das  stete  Zerreissen  und 
Wiederentstehen  des  Häutchens  bilden  sich  Figuren,  durch  die  Spaltungs- 


1)  Beb  Ott,  Die' Kunstgieaserei  in  Eisen,  Braunschweig  1873,  B.  10.  — 
Ledebnr,  Das  Boheisen  in  Bezug  auf  seine  Verwendung  zur  EiBengiesserei. 
Leipcig  1872,  B.  29. 

Le  d  0  b  a  r ,  mechaniicta-inetallarffiBCho  Technologie.  2 


18  Spiel  des  Gusseisens. 

lioieD  begrenzt,  welche   Tsnchwindeti  nnd  neu  entstehen.     Ea  ist  diese« 
das  gSpiel"  des  GasaeiseDB.     Diese  Figareo  emi  bei  TerachiedeneD  Gase- 


Hg.  8. 


Hg-  4. 


Pig.  s. 


Flüssig. 


Erk&ttet  (Quenchnin). 


eisensorten  verschieden,  kehren  aber  bei  gleichen  Sorten  mit  grosser 
Regelm&Beigkeit  in  derselben  Weise  wieder.  Bei  reinem  Holikohleneisen 
zeigen  sie  sich  gemeiniglich  als  gerade,  sich  rechtwinklich  krenxende 
Linien  (Fig.  6),  bei  Kokeeeiaen,  vennathlich  ab  Kennaeichen  eioee 
geringen  Schwefel  geholtes ,  als  geeohlossene  Dreiecke  oder  Sechsecke 
(Fig.  7).     Die  Oberfläche  ist  nach  dem  Erstarren  mit  «iner  Uenge  klei- 


ner Kügelchen  bedeckt,  inwendig  hohl,  aus  oiydirton  BeBtsndtheilen  des 
Gusaeisens  bestehend  (Fig.  8  nnd  9). 

Nimmt  auch  der  Kohlen atoffgehalt  betrüchtlich  ab  (grelles  Roheisen 
oder  Nr.  IV),  so  wird  das  Spiel  undeutlicher,  das  Eisen  wirft  ab  und  an 
schwirrende  Funken  aus,  erstarrt  bald  und  bedeckt  sich  mit  grossen 
Narben,  unter  welchen  tiefe  Löcher  be&BdIich  sind,  Fig.  10  nnd  11.  Im 
böehaten  Stadium  dieses  kohleustofFarmen  grellen  Znstandea  (hoohgrelles 
Roheisen  oder  Nr.  V)  nehmen  diese  Erkennungszeichen  des  grellen  Eisens 
noch  an  Intensität  zu  nnd  statt  der  tiefen  Locher  unter  den  Narben  er- 
scheinen flache  muldenförmige  Vertiefungen,  wahrend  die  ganze  Ober- 
Fig.  10.. 


üewerbseigenschaften.    Festigkeit.  1 9 

fläche  concave  Form  zeigt,  Fig.  12.  Im  rothglahenden  Zostande  überzieht 
sich  das  grelle  Eisen  plötzlich  vom  Rande  her  mit  einer  dunkeln  Haut, 
die  nach  dem  Erkalten  in  grossen  Stücken  sich  loslöst  und  unter  welcher 
jene  flachen  oder  tiefen  Löcher  dann  sichtbar  werden. 


Die  Gewerbselgensohaften  der  Metalle  und  Le^rirungen. 

Die  sämmtlichen  Eigenschaften  der  Metalle,  sofern  sie  überhaupt 
für  die  Verwendung  derselben  zu  mechanischer  Verarbeitung  Beziehung 
haben,  lassen  sich  in  zwei  Gruppen  sondern:  erstens  solche  Eigenschaften, 
welche  auf  die  Verarbeitung  selbst  beeinflussend  wirken  und  demgemäss 
erst  dann  besprochen  werden  sollen,  wenn  von  dieser  Verarbeitung  die 
*  Kede  sein  wird,  z.  B.  Schmelzbarkeit,  Dehnbarkeit  u.  s.  w.  Wir  nennen 
diese  Eigenschaften  Arbeitseigenschaften.'  Zweitens  solche  Eigen- 
schaften, welche  zwar  nicht  zu  der  Verarbeitung  der  Rohmetalle,  wohl 
aber  zu  der  Verwendung  der  fertigen  Gebrauchsgegenstande  in  Beziehung 
stehen  und  demnach  deren  Zweckmässigkeit  und  Werth  beeinflussen; 
wir  nennen  sie  Gewerbseigenschaften. 

Hierher  gehört  als  erste  Gewerbseigenschaft  die  Festigkeit  der 
Metalle,  welche  bekanntlich  bei  jedem  Gegenstande,  der  überhaupt  auf 
Festigkeit  in  Anspruch  genommen  wird  —  z.  B.  Säulen,  Träger,  Draht- 
seile, Ketten  u.  s.  w.  — ,  zur  Ermittelung  der  Querschnitts  Verhältnisse  in 
Rechnung  gestellt  werden  muss.  Diese  Festigkeit  eines  und  desselben 
Metalls  kann  nun  aber  von  mehreren  Zufälligkeiten  abhängig  sein,  und 
aus  diesem  Gi*unde  können  eine  grössere  Anzahl  Festigkeitsversuche  oft 
sehr  verschiedene  Ergebnisse  liefern.  Zu  diesen  Zufälligkeiten  gehören 
die  unabsichtlich  vorhandenen  fremden  Bestaudtheile  der  Metalle,  die 
Art  und  Weise  der  Behandlung  des  Metalls  bei  der  vorausgegangenen 
Verarbeitung,  die  Temperatur,  bei  welcher  die  Festigkeitsprobe  vorge- 
nommen wird  u.  s.  w. 

Man  kann  desshalb  für  die  praktische  Benutzung  zu  (Instructions - 
zwecken  nur  Durchschnittsresultate  aus  einer  grösseren  Anzahl  Versuchen 
ermitteln,  um  auf  einigermaassen  richtige  Angaben  zu  gelangen. 

Solche  Festigkeitstabellen  finden  sich  in  jedem  Lehrbuche  der  Me* 
chanik. 

Für  die  absolute  oder  Zerreissungsfestigkeit  der  Metalle 
und  Legirungen,  welche  am  häufigsten  ermittelt  worden  ist,  finden  sich 
zum  Zwecke  eines  Vergleichs  im  Folgenden  einige  Angaben  nach  den 
Mittheilungen  von  Karmarsch,  Wertheim,  Künzel  u.  A.  zusammen- 
gestellt. Es  wird  daraus  zugleich  hervorgehen,  welche  grossen  Einflüsse 
die  Art  der  Verarbeitung  auf  die  Festigkeit  ausübt 


2* 


20 


Festigkeit 


Abflolate  Festigkeit  in  Kilogrammen  per  Qnadratcentimeter 

Querschnitt. 


Name  der  Metalle 


Gossstahl 

GusseiBen 

Bronze  mit  10  Proc.  Zinn 

Phosphorbronze 

mit  5  Prcc.  Zinn 

10       .  . 


n 
Knpfer 

Nickelbronze 

ans  90  Kupfer 
„      5  Nickel 
„      5  Zinn 
aufl  80  Knpfer 
,     10  Nickel 
„    10  Zinn 
ans  85  Kapfer 
,     M  Nickel 
,       5  Zinn 

Neusilber  .... 

Zink 

Zinn 

Blei 

HeMing  mit  30  Proc 

Aluminium    . 

SUber     .   .   . 

Gold    .... 

Platin     .   .   . 

Schmiedeeisen 


Zink 


Gegossen 


3000 1) 
1250 
1500 
2000 

3000 
2500 
2000. 
1300 


Geschmiedet,  gewalzt   oder 
gezogen 


im  gewöhnlichen 
Zustande 


in  harten  Drähten 


2000 


2000 


2500 

unbestimmt 

200 

400 

100 
1250 
1100 

750 

750 


4000 


10  000 


4000 


2200 


5000 


8000 


3500 


7200 


5000 
1400 
400 
175 
3300 
1500 
1900 
1800 
3000 
4000 


8000 

4O0 

230 

5000 

3500 
2500 
2800 
9000 


^)  Nach  einer  Mittheilung  des  Bochumer  Verein»  für  Bergbau  nnd  Qnss- 
Stahlfabrikation  in  Bochum  an  den  Verfasser  beträgt  die  Zerreissungsfestigkeit 
des  rühmlichst  bekannten  Gussstahlfa^ougusses  aus  genannter  Fabrik  3500  bis 
4000  Kilogramm  per  Quadratcentimeter. 


Widerstandsfähigkeit  gegen  mechanische  Abnutzung.         21 

Verwandt  mit  der  Festigkeit  ist  die  WiderBtandsf&higkeit  gegdn 
Abnutzung  durch  mechanische  Einflüsse. 

In  Fallen,  wo  diese  Einflüsse  auf  Zerbrechen  des  Gegenstandes  hin- 
wirken, ist  die  Widerstandsfähigkeit  mit  Festigkeit  gleichbedeutend;  es 
treten  jedoch  bei  der  Benutzung  noch  andere,  mannigfache,  eine  Ab- 
nutzung bewirkende  mechanische  Einflüsse  auf,  und  es  ist  desshalb  jener 
Begriff  der  Widerstandsfähigkeit  immerhin  relativ. 

Der  häufigste  und  wichtigste  unter  jenen  Einflüssen  ist  die.  Rei- 
bung. Die  Einwirkung  derselben  aber  ist  wieder  verschieden,  'je  nach- 
dem gleitende  Reibung,  Zapfenreibung ,  rollende  Reibung  u.  s.  w.  statt- 
findet. 

Am  einfachsten  ist  der  Fall,  wenn  es  nur  darauf  ankommt,  den  einen 
von  zwei  reibenden  Gegenstanden  zu  schützen,  und  auf  den  andern  keine 
Rücksicht  genommen  zu  werden  braucht.  So  z.  B.  bei  allen  durch 
menschliche  Hände  vielfach  berührten  Gegenständen,  bei  denen  durch 
die  oft  wiederholte  schwache  Reibung  mit  der  Hand  bald  eine  merkliche 
Abnutzung  sich  zeigt;  oder  in  umgekehrter  Weise  bei  Geräthen,  welche 
unausgesetzt  der  reibenden  Einwirkung  sich  stets  erneuernder  Massen 
ausgesetzt  sind :  die  Pflugschaar,  welche  den  Erdboden  aufwühlt,  die  arhei- 
tendenTheile  der  Zerkleinerungsmaschinen  (Walzwerke,  Pochwerke,  Stein- 
brechmaschinen), Mischmaschinen,  Hechelmaschinen  und  vieler  anderen; 
die  Eisenbahnschiene,  welche  die  rollende  Reibung  der  stets  sich  erneuern- 
den Eisenbahnzüge  nusziihalten  hat  u.  s.  w.  In  dieser  Hinsicht  ist  die 
Widerstandsfähigkeit  ein  Product  aus  Festigkeit  und  Hafte. 

Die  einfachen  für  mechanische  Verarbeitung  benutzten  Metalle  las- 
sen sich  hinsichtlich  ihrer  Widerstandsfähigkeit  gegen  solche  Einflüsse 
folgendermaassen  eintheilen : 

Grosse  Widerstandsfähigkeit  besitzen: 
Stahl,  vorzugsweise  Gussstahl, 

Siliciumarmes  Gusseisen  bei  rascher  Abkühlung  nach  dem  Gusse. 
Mittlere  Widerstandsfähigkeit: 

Schmiedeeisen  (die  Widerstandsfflhigkeit  mit  dem  Kohlenstoff- 

gehälte  steigend), 
Gusseisen  bei  normaler   Abkühlung  (im  umgekehrten  Verhält- 
nisse mit  dem  Kohlenstoffgehalte  steigend  und  abnehmend), 
Platin, 
Silber, 
Gold,   • 
Aluminium. 
Geringe  Widerstandsfähigkeit: 
Zink, 
Blei, 
Zinn. 
Durch  Legirungen   lässt   sich  die  Widerstandsfähigkeit  bedeutend 
steigern.     Man  legirt  zu  diesem  Zwecke  Stahl  mit  geringen  Mengen 


22         Widerstandsfähigkeit  gegen  mechanische  Abnutzung. 

* 

Wolfram,  Chrom,  Mangan;  Kupfer  mit  Zinn;  Gold  und  Silber  mit  Kupfer; 
Blei  mit  Antimon. 

Inwiefern  allein  durch  mechanische  Bearbeitung  die  Widerstands- 
fähigkeit (Härte  und  Festigkeit)  gesteigert  werden  kann,  bleibt  einer 
sp&tern  Erörterung  yorbehalten. 

Weit  verwickelter  wird  aber  der  Fall,  wenn  beide  reibenden  Theile 
der  Abnutzung  unterworfen  sind  und  widerstandsfähig  gegen  dieselbe 
gemacht  werden  sollen.  Die  Harte  und  Festigkeit  des  Metalls  allein  ist 
dann  nicht  mehr  maassgebend ;  denn  in  Folge  der  gegenseitigen  Einwir- 
kung würde,  die  grössere  Harte  des  einen  Theiles  eine  schneUere  Ab- 
nutzung des  andern  zur  Folge  haben.  Es  liegt  hier  also  zunfichst  die 
Aufgabe  vor,  solche  Metalle  zu  wählen,  deren  gegenseitige  Reibongscoef- 
ficienten  möglichst  geringe  sind,  und  dann  erst  durch  passenden  Härte- 
grad die  unTermeidliche  Abnutzung  auf  ein  kleinstes  Maass  zu  rednciren. 
Aus  naheliegenden  Gründen  lässt  man  in  den  meisten  FäUen  zwei  ver- 
schiedene Metalle  auf  einander  wirken,  z.  B.  bei  Zapfen  und  deren  La- 
gern, Gleitbacken  u.  s.  w.  Die  Lösung  der  Aufgabe,  passende  MetaUe 
für  solche  Zwecke  zu  wählen,  wird  dadurch  noch  verwickelter,  dass 
erstens  gewöhnlich  einer  der  beiden  auf  einander  wirkenden  Theile  kost- 
spieliger, schwerer  ersetzbar  ist  als  der  andere,  es  also  auch  darauf  an- 
kommt, nicht  allein  die  Abnutzung  durch  Reibung  thunlichst  zu  verrin- 
gern, sondern  auch  auf  den  leichter  ersetzbaren  Theil  zu  concentriren, 
z.  B.  bei  einem  Zapfenlager  auf  die  Pfanne  des  Lagers,  welche  leichter 
auszuwechseln  i^,  als  der  Zapfen  der  Maschine;  bei  einem  Dampfcylin- 
der,  in  welchem  der  Kolben  hin  und  her  gleitet,  auf  die  Dichtungsringe 
des  letztem,  welche  weit  leichter  sich  ersetzen  lassen  als  der  Dam pfcy lin- 
der, u.  8.  f.;  dass  aber  auch  zweitens  die  Reibung  durch  sogenannte 
Schmiermittel  (Fett,  Graphit)  verringert  zu  werden  pflegt,  deren  Be- 
schaffenheit nicht  ohne  Einfluss  auf  die  Widerstandsfähigkeit  der  reiben- 
den Metalle  bleibt. 

Gewöhnlich  ist  das  Material  des  einen  Theiles  durch  constructive 
Rücksichten  geboten,  und  man  hat  der  Beschaffenheit  dieses  Materials 
entsprechend  das  Material  des  zweiten  Theiles  zu  wählen. 

Hierfür  bieten  wieder  MetalUegirungen  den  weitesten  Spielraum 
und  die  beste  Gelegenheit,  für  bestimmte  Fälle  das  geeignetste  Material 
zu  erlangen. 

Man  hat  durch  zahlreiche  Versuche  eine  Anzahl  geeigneter  Legirnngen 
für  die  verschiedenen  in  der  Praxis  vorkommenden  Fälle  .ermittelt,  ohne 
dass  dieselben  gerade  immer  eine  wissenschaftliche  Begründung  besässen. 

Beispiele. 
Für  Zapfen-  und  Axenlager. 
a.  Bei  niedriger  Temperatur  schmelzbare  Legirungen. 

Dieselben  können  direct  um  die  Zapfen  herum  gegossen  werden  and 
erfordern  keine  weitere  Bearbeitung,  besitzen  aber  nur  einen  mittlem 
Grad  von  Widerstandsfähigkeit. 


Widerstandsfähigkeit  gegen  mechanische  Abnutzung.  23 

Sogenanntes  Antifrictionsmetall :  80  Thle.  Zink,  14Vi  Thle.  Zinn, 
5Vj  Thle.  Kupfer. 

Weissguss : 
42  Thle.  Zinn,  42.  Thle.  Blei,  16  Thle.. Antimon,  —  Thle.  Kupfer,  oder 

®^T»  n      —       n  »11»  »  6»  11  » 

^0        »  n       50        „  „      10        „  „  -        „ 

und  andere  ähnlich  zusammengesetzte  Legirungen. 

b.    Bei  hoher  Temperatur  schmelzbare  Legirungen. 

Die  Lager  aus  diesen  müssen  für  sich  gegossen,  gebohrt  und  ein- 
gepasst  werden,  sind  daher  in  der  Herstellung  weit  kostspieliger,  besitzen 
aber  ungleich  grössere  Widerstandsföhigkeit 

Bronze  oder  Rothguss: 
90  Thle.  Kupfer,    4  Thle.  Zinn,     6  Thle.  Zink,  —  Thle.  Blei,  oder 


86 

» 

n 

14 

» 

» 

— 

» 

— 

» 

82 

» 

n 

10 

» 

n 

8 

n 

— 

ff 

84 

» 

n 

8 

n 

n 

4 

» 

4 

» 

80 

n 

n 

8 

n 

» 

4 

»  • 

8 

ff 

75 

n 

n 

9 

» 

» 

9 

» 

7 

ff 

66 

n 

n 

15 

n 

» 

19 

» 

— 

ff 

Phosphorbronze,  als  vorzügliches  Lagermetall  gerühmt,  mit  4  bis 
5  Thin.  Zinn. 

Für  Dichtungsringe  der  Dampfkolben: 

Kupfer               Zinn  Zink              Blei  Antimon 

88,Ö  Thle.         2,5  Thle.  9  Thle.  —  Thle.  —  Thle.,  oder 

80        „  16        „  —      „              2      „              2      „         „ 

84        ff             3       „  8,5  „              4,5  „  —      ff         ff 
und  ahnliche. 

Zu  Ventilkasten,  Pumpenstiefeln  etc.: 
74  Thle.  Kupfer         22  Thle.  Zink  4  Thle.  Zinn,  oder 

88«         ff  2„„  10      „         „• 

und  yiele  andere. 

Eine  dritte  Art  der  mechanischen  Abnutzung  ist  die  durch  wieder- 
kehrenden Druck  oder  Stoss,  z.  B.  die  Abnutzung  des  Prägstempels  beim 
Prägen  der  Münzen  und  in  anderen  Fällen. 

Die  Widerstandsfähigkeit  ist  hier  gleichfalls  durch  Härte  und  Festig- 
keit bedingt,  und  die  oben  gegebene  Classification  der  Metalle  kann  auch 
für  diesen  Fall  im  Allgemeinen  als  maassgebend  betrachtet  werden. 

Das  Bpeciflsohe  Gewicht  der  Metalle  unterliegt  aus  denselben 
Gründen  wie  die  Festigkeit  erheblichen  Schwankungen.  Als  Durch- 
schnittswerthe  der  specifischen  Gewichte  der  einfachen  Metalle  kann  man 
folgende  annehmen: 


24  Specifisches  (Je wicht. 

Antimon 6,72 

Blei 11,40 

Gold 19,26 

GoBseisen .....  7,25 

Schmiedeeisen  .    .    .  7,78 

Stahl 7,50,  gehämmert  .      7,80 

Knpfer 8,58  „  .      8,94 

Platin 22,70 

Süber 10,47  „  .    10,51 

Wiwnuth 9,83 

Zink 6,80,  gewalat     .    .      7,00 

Zinn 7,29 

Nickel 8,80 

Alominium    ....  2,56 

Kadmium      ....  8,70 

Wolfram 17,50 

Chrom 6,8 

Arsen 5,63 

Das  specifische  Gewicht  der  Legirungen  ist  gewöhnlich  annähernd, 
selten  genau  gleich  dem  arithmetischen  Mittel  zwischen  den  specifischen 
Gewichten  der  Beetandtheile.  Häufig  findet  eine  Verdichtung  beim  Le- 
giren, selten  eine  Ausdehnung  statt. 

Biche  stellte  eine  Beihe  von  Versuchen  über  die  specifischen  Ge- 
wichte von  Kupferzinn-  und  Kupferzinklegirungen  an  und  verglich  die- 
selben mit  den  aus  den  Bestand theilen  berechneten  specifischen  Gewich- 
ten. Um  die  Einwirkung  der  beim  Giessen  zufallig  entstehenden  Un- 
dichtigkeiten zu  vermeiden,  werden  die  Metalle  im  gepulverten  Zustande 
gewogen.     Es  ergab  sich  Folgendes  ^) : 

a.    Kupferzinnlegirungen. 

Dichtigkeit 
Zusammensetzung         ^  DifPerenz 

gefunden       berechnet 

Cn     :    :    1.73)  7'28  7.43  -  0.15 

a^    :    :    l%l]  7.31  7.46  -  0.15 

Si' : :  IUI]     '''ö»     ''^^     +  0'«^ 


^)  Annales  de  Chimie  et  Physiqae,  4  s^rie,  tome  XXX,  p.   351;  daraus  in 
Dingler*8  polytechniscliem  Journal  Bd.  213,  S.  156  ff. 


ZiuammenBetKang 


Specifisches  Gewicht. 
Dichtigkeit 


25 


Sn 
Cu 

CU3 

Sn. 

Sq. 

CU3 

Sn. 

Sn 

Sn 
Cus 

Sn 
Cttj 

Sn  . 

Sn. 
Cuio 

Sn . 
Cnie 


65 
34 

55 
44 

48 
51 


,011 
,99) 

,331 
,67/ 

,161 
.84| 

J8,211 

n,79| 

,721 
,28J 

,091 
,91/ 

,691 
,81/ 


38 
61 


gefunden 
7,90 

8,06 

8,15 

8,91 


berechnet 
7,79 


tHffi 


erenz 


31 
68 

27 
72 

33 
76 


20,98 
79,02 

18 
81 


,851 
,15/ 

,071 
,33/ 

11,001 
89.00/ 


15 

84 


8,76 


8,62 


8,72 


8,72 


8,84 


8,87 


8,84 


7,93 


8,04 


8,21 


8,32 


8,40 


8;46 


8,50 


8,54 


8,60 


8,69 


In  Wirklichkeit  werden  die  specifischen  Gewichte 
rangen  wegen  der  unvermeidlichen  Undichtigkeiten  des 
etwas  niedriger  ausfallen.     Karmarsch  fand  für 

Bronze  mit  50  Proc.  Kupfer 

75 
80 
88 
91 


n 
7» 

9) 


n 


n 
n 


n 


+  0,11 


+  0,13 


+  0,11 


+  0,70 


+  0.43 


+  0,22 

+  0,26 

+  0,22 

+  0,30 

+  0,27 

+  0,15 

gegossener  Legi- 
Geföges  meistens 

8,58 
8,83 
8,95 
8,83 
8,76 


b.    Kupferzinklegirungen  (Biche). 

.  Dichtigkeit 


Znsammensetzung 


Zng 
Oa. 

Zn« 
Cu. 

Zn, 
Cu 


.  89,181 

.  10,82/ 

.  80,481 

.  19,52/ 

.  60,731 

•  39,27/ 


gefunden      berechnet 
7,315  7,315 


Differenz 


7,863 


8,171 


7,478 


8,039 


-f  0,385 
+  0,132 


'gjl  8,367  8,489  —  0,122 

34}  ®'^®^  ®'^^^  *~  ^'^^^ 


26  Specifisches  Gewicht. 

IHchtigkeit 
ZMUBaensetzoDg         ^  SUferais 

gefunden       berechnet 

ä; ;  ;  SSI      ®'^^*     ®'^^^      +  ^«^^^ 

ä; : :  mS)     «»^^g     8.412     -  om 

Zn.    .    .    20 
Cu4    .    .    79 

Zn.    .    .    14 
Co^    •    .    85 

ä;, : :  Ä)     «•««*     »«^^^     +  ».^^^ 

Dorch  Hämmern,  Walzen,  Ziehen  wächst  meiatens  das  specifiache 
Gewicht.     Karmarsch  fand  für  Tombakblech  mit  15,75  Proc.  Zink  das 
^ecifische  Gewicht  zu  8,788;  für  Tombakdraht  mit  12Vs  Proo.  sn  9,00. 
Für  PhoBphorbronze  ist  das  specifische  Gewicht  nach  Kunze] : 
mit-  10  Proc.  2^n  0,25  Phosphor  (gegossen)  8,797 
«5      „         „      1,50         ,  „  8.675  0 

Fflr  sonstige  Legimngen  findet  man  folgende  Angaben  der  specific 
sehen  Gewichte: 

Nensilber 8,4    bis  8,7 

Britanniametall 7,35 

Hartblei 9,33  ,  10,44 

Weiismetall 7,10  „     7,28 

Alnmininmbronze 

mit  90  Proc.  Knpfer 7,69 

n    95      „  ,        8,37 

V    97      „  ,        8.69 

Wenn  vorhin  gesagt  warde,  dass  dos  specifische  Gewicht  eines  und 
desselben  Metalls  ebenso  wie  die  Festigkeit  desselben  erheblichen  Schwan- 
kungen onterliege,  abhängig  yon  der  yoransgegangenen  Behandlang 
sowie  Ton  Terschiedenen  Zufälligkeiten,  so  liegt  der  Schlnss  nahe,  dass 
Festigkeit  und  Widerstandsfähigkeit  mit  dem  specifischen  Gewichte  desselben 
Metalls  in  gegenseitiger  Beziehung  stehen  mflsBen.  Denn  beide  Eigen- 
schaften erfahren  eine  Abnahme  durch  dieselben  Ursachen:  durch  poröse 
oder  blasige  Beschaffenheit,  durch  eingelagerte  fremde  Körper  (Kohlen- 
oder Schlackenpartikelchen  u.  dergl.);  sie  nehmen  zn,  wenn  eine  dichte 
Lagerung    der  Molecüle    des  Körpers  stattgefunden  hat.     In  gewisser 


')  Aoifahrlichere  Mltthenuiigen  über  die  npeciflichen  Gewichte  der  Phoe- 
pborbronzen:  Künzel  a.  a.  0.  8.  52. 


Farbe.  27 

Hinsicht  kann  also  das  speGifische  Gewicht  eines  Metalls  ein  Kiiterinm 
für  die  Festigkeit  desselben  abgeben,  selbstverständlich  immer  nur  in 
Beziehong  auf  andere  specifische  Gewichte  desselben  unter  anderen  Ver- 
hältnissen verarbeiteten  Metalls. 

Die  Farbe  der  Metalle  spielt  für  ihre  Verwendung  zu  Gebrauchs- 
gegenständen eine  nicht  unwichtige  Rolle.  Besitzt  doch  ein  jeder  Mensch, 
auch  der  ungebildetste,  einen  gewissen  Grad  des  Wohlgefallens  am  Schö- 
nen; wird  doch  ein  Jeder  unter  zwei  für  denselben  Zweck  bestimmten 
und  mit  gleicher  Zweckmässigkeit  hergestellten  Gegenständen  stets  den- 
jenigen wählen,  dessen  Aeusseres  ihm  am  schönsten  dünkt.  Und  wel- 
chen Einfluss  besitzt  die  Farbe  eines  Gegenstandes  auf  sein  Aeusseres ! 

Die  einfachen,   für  mechanische  Verarbeitung  geeigneten,  Metalle 
lassen  sich  ihrer  Farbe  ni^ch  wie  folgt  classificiren : 
Weiss:    a.  rein  weiss:  Silber,  Zinn; 

b.  weissgrau:  Gusseisen,  Stahl,  Schmiedeeisen,  sämmtlich 

im  bearbeiteten  Zustande;  Platin; 

c.  bläulich  weiss:  Aluminium^^ink,  Blei; 

d.  gelblich  weiss:  Nickel. 
Grau:  Unbearbeitetes  Gusseisen. 
Gelb:    Gold. 

Roth:    Kupfer. 

Die  Farbe  von  Legirungen  pflegt  aus  den  Farben  ihrer  Bestandtheile 
hervorgegangen  zu  sein;  doch  zeigt  sich  auch  hier,  dass  die  Abstufungen 
der  Färbung  nicht  immer  den  quantitativen  Mischungsverhältnissen  der 
Bestandtheile  proportional  sind. 

Nicht  selten  ist  das  Hervorrufen  einer  bestimmten  Färbung  ein 
Hauptzweck  bei  Bildung  einer  Metalllegirung ;  Berücksichtigung  findet 
die  entstehende  Farbe  fast  immer. 

Meistens  liegt  das  Bestreben  vor,  den  Legirungen  eine  der  Farbe 
des  Goldes  ähnliche  hochgelbe  oder  der  Farbe  des  Silbers  ähnliche  weisse 
Färbung  zu  erth eilen. 

£rsterer  Zweck  wird  durch  Legirung  von  Kupfer  mit  weissen  Me- 
tallen —  Zink,  Zinn,  Aluminium  —  erreicht;  letzterer  durch  Zusatz  von 
Nickel  zu  Kupferzinklegirungen  (Neusilber). 

Unter  den  Kupferzinklegirungen  ist  eine  solche  mit  67  Thln.  Kupfer, 
33  Thln.  Zink  dem  Golde  ähnlich  gefärbt;  diese  goldgelbe  Färbung  bleibt 
bis  zu  einem  Kupfergehalte  von  52,  Zinkgehalte  von  48  Proc.  Bei  stei- 
gendem Zinkgehalte  geht  die  Farbe  ins  Röthlioh weisse,  schliesslich  ins 
Gelblich  weisse  und  Weissgraue  über;  bei  steigendem  Kupfergehalte  tritt 
bräunlich  gelbe  und  schliesslich  röthliche  Färbung  ein. 

Am  reinsten  gelb  sind  die  Legirungen  mit  20  bis  30  Proc.  Zink; 
man  nennt  diese  charakteristische  gelbe  Farbe  bekanntlich  messinggelb. 

Bei  den  Bronzelegirungen  wird  die  rothe  Farbe  des  Kupfers  schon 
durch  bedeutend  geringere  Mengen  von  Zinn  als  beim  Messing  durch 
Zink  abgeschwächt.     Bei  5  Proc.  Zinn  tritt  schon  eine  goldähnliche  Fär- 


28  Farbe. 

bnng  hervor;  noch  mehr,  wenn  daneben  etwas  Zink  vorhanden  ist,  z.  B. 
90  Thle.  Kupfer ,  7  Thle.  Zinn ,  3  Thle.  Zink.  Im  Allgemeinen  ist  der 
Farbenton  der  aus  drei  Metallen  (Kupfer,  Zinn,  Zink)  bestehenden  Legi- 
rungen  voller,  wärmer,  als  der  aus  Kupfer  mit  Zinn  oder  Zink  allein  be- 
stehenden. Ebenso  zeichnet  sich  Phosphorbronze  durch  einen  feuerigem 
Farbenton  vor  der  phosphorfreien  Bronze  aus. 

Mit  zunehmendem  Zinngehalte  geht  die  röthlich-  oder  goldgelbe 
Farbe  der  Bronzen  in  Rdthlicfagrau,  dann  in  Gelblichgrau  und  allmählig 
in  Weiss  über.  Schon  bei  20  Proc.  Zinn  hat  die  goldähnliche  Farbe  voll- 
ständig einer  grauen  Farbe  Platz  gemacht. 

Ein  geringer  Eisengehalt  der  Bronze  giebt  derselben  einen  blassern 
Ton;  wie  Plinius  berichtet,  setzten  schon  die  Alten  Eisen  zur  Bronze 
der  Statuen,  wenn  sie  Todtenblässe  andeuten  wollten. 

Es  verdient  Erwähnung,  dass  diese  Farben  der  Kupferlegirungen 
nur  auf  der  Bruchfläche  oder  auf  bearbeiteten  Stellen  deutlich  hervor- 
treten; unbearbeitete  Messing-  oder  Bronzelegirungen  pflegen  braune 
oder  schwärzliche  Färbung  zu  zeigen. 

Die  weisse  Farbe  der  Neusilberlegirungen  tritt  im  Allgemeinen  um 
so  schärfer,  silberähnlicher  hervor,  je  mehr  der  Nickelgehalt  derselben 
steigt,  während  ein  grösserer  Kupfergehalt  eine  röthliche,  ein  gemein- 
schaftlicher grösserer  Gehalt  an  Kupfer  und  Zink  eine  gelbliche  Färbung 
hervorruft.  Die  färbende  Wirkung  des  Nickels  ist  ebenso  wi^  die  des 
Zinns  sehr  intensiv;  eine  Legirung  von  76  Proc.  Kupfer  und  25  Proc. 
Nickel  (unsere  deutschen  Scheidemünzen)  ist  schon  fast  weiss.  Die  silber- 
ähnlichste Farbe  besitzen  die  Legirungen  mit  50  bis  55  Proc.  Kupfer, 
25  bis  30  Proc.  Zink,  18  bis  22  Proc.  Nickel,  z.  B. 

52  Thle.  Kupfer,  30  Thle.  Zink,  18  Thle.  Nickel,  oder 
55      „  „       24      „         „      22      „  „      u.  8.  f. 

Auch  ein  geringer  Eisenzusatz  erhöht  die  Weisse  der  Legirung,  hat 
aber  andere  unbequeme  Eigenschaften  im  Gefolge. 

Widerstandsf&higkeit  gegen  chemische  Einflüsse.  Solche  che- 
mischen.  Einwirkungen  werden  hervorgerufen  durch  die  Atmosphärilien: 
Sauerstoff,  Kohlensäure  und  Wasserdampf  der  Luft,  Regen  und  Schnee; 
durch  einen  zufälligen  Gehalt  der  Ijuft  an  fremden  Gasen  (Schwefel- 
wasserstoff u.  a.) ;  durch  Speisen  und  Getränke,  welche  in  metallenen  Ge- 
fassen  bereitet  oder  aufbewahrt  werden-  durch  das  Wasser  bei  Gegen- 
ständen, welche  ihrer  Bestimmung  nach  mit  demselben  in  Berührung 
kommen:  Schiffsbeschläge,  Pumpwerke,  Leitungsröhren  u.  v.  a.;  endlich 
durch  wirkliche  Chemikalien  in  Laboratorien  und  Fabriken. 

Die  Einwirkung  der  Atmosphärilien  ist  natürlich  eine  bedeutend  kräf- 
tigere, wenn  die  Gegenstände  im  Freien,  als  wenn  sie  in  geschützten 
Räumen  zur  Anwendung  gelangen  und  aufbewahrt  werden.  Am  em- 
pfindlichsten dagegen  ist  das  Eisen;  es  überzieht  sich  rasch  mit  Rost. 


Widerstandsfähigkeit  gegen  chemische  Einflüsse^  29 

Je  weniger  Kohlenstoff  das  Eisen  enthält,  desto  leichter  wird  es  angegrif- 
fen, daher  Schmiedeeisen  leichter  als  Stahl,  dieser  leichter  als  Gasseisen. 
Graphitisch  ausgeschiedener  Kohlenstoff  erhöht  in  geringerm,  Maasse  die 
Widerstandsfähigkeit  als  gehnndener,  daher  macht  rasche  Ahkühlung 
und  geringer  Siliciumgehalt  das  Gusseisen  widerstandsfähiger. 

Ehenso  verhält  sich  Eisen  gegen  verdünnte  Säuren;  oonoentrirte 
Säuren  zeigen  dagegen  geringere  Einwirkung,  so  dass  man  sogar  guss- 
eiseme  Kessel  und  Pfannen  dazu  benutzt,  andere  Körper  der  Einwir- 
kung dieser  Säuren  auszusetzen. 

Reines  Wasser  greift  Eisen  nicht  au»  wohl  aber,  sobald  dasselbe,  wie 
die  meisten  natürlich  vorkommenden  Wasser,  Kohlensaure  enthält.  Ebenso 
bewirkt  Seewasser  baldiges  Rosten,  wobei  Eisen  aufgelöst  wird. 

Kupfer  und  kupferreiche  Legirungen  werden  unter  Einwirkung  der 
Atmosphärilien  bräunlich  und  überziehen  sich  nach  längerer  Zeit  mit  einer 
grünen,  aus  kohlensaurem  Kupfer  bestehenden  Kruste,  Patina  genannt. 
Diese  Patina  hindert  ein  weiteres  Eindringen  der  chemischen  Einflüsse 
und  wird  ihrer  schönen  Farbe  und  desUmstandes  halber  an  Monumenten 
und  Statuen  geschätzt,  dass  bei  der  Länge  der  Zeit,  die  arur  Bildung  der- 
selben erforderlich  ist-,  sie  im  vorwiegenden  Maasse.  und  besonderer 
Schönheit  an  antiken  Statuen  gefunden  wird.  Man  sucht  sie  desshalb 
vielfach  auf  künstlichem  Wege  auf  modernen  Gegenständen  zu  erzeugen 
oder  nachzuahmen.  Ein  hoher  Zinngehalt  befördert  nach  Elster  die 
Patinabildung. 

Säuren  und  auch  viele  Salze  erzengen  in  Vereinigung  mit  atmosphä- 
rischer Luft  mehr  oder  minder  lösliche  Verbindungen,  den  sogenannten 
Grünspan,  dessen  giftige  Wirkungen  bekannt  sind»  Daher  die  Regel, 
kupferne  Gefasse  zur  Aufbewahrung  von  Speisen  und  Getränken  über- 
haupt nicht  zu  benutzen,  bei  der  Verwendung  zu  Kochgeschirren  aber 
das  bereitete  Nahrungsmittel  sofort  nach  dem  Aufhören  des  Siedens  aus 
dem  Kupfergefasse  zu  entfernen,  um  den  Zutritt  atmosphärischer  Luft 
abzuhalten. 

Dieselbe  Eigenschaft  zeigen  kupferhaltige  Legirungen,  natürlich  um 
so  schwächer,  je  geringer  der  Kupf ergeh  alt  ist. 

Reines  Wasser  greift  Kupfer  nicht  an;  Seewasser  bildet  einen  grün- 
lichen Ueberzug  (nach  Percy  Kupferoxychlorid),  der  allmählig  vom  Was- 
ser abgewaschen '  oder  gelöst  wird  und  für  Entstehung  neuer  Bildungen 
Platz  macht,  so  dass  nach  und  nach  das  ganze  Kupfer  zerfressen 
wird.  Bronzen  sollen  dieser  Einwirkung  länger  als  reines  Kupfer  wider- 
stehen. 

Zink  wird  zwar  von  vollkommen  trockner  Lufb  nicht  angegriffen; 
der  Wasser-  und  Kohlensäuregehalt  der  atmosphärischen  Luft  genügt 
jedoch  zur  raschen  Bildung  eines  kohlensaure-  und  wasserhaltigen  Oxyd- 
überzuges,  welcher,  abweichend  von  dem  Roste  des  Eisens  (der  bekannt- 
lich immer  tiefer  und  tiefer  eindringt),  einen  ziemlich  guten  Schutz  für 
das  darunter  liegende  Zink  bildet,  so  lange  er  nicht  durch  Regen  oder 


30  Widerstandsfähigkeit  gegen  chemische  Einflüsse. 

sonstige  Zufälligkeiten  abgewaschen  oder  zerstört  wird.  Sftnren  and 
alkalische  Flüssigkeiten  lösen  rasch  das  Zink  anf. 

Zifin  wird  von  der  Luft  und  vom  Wasser  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur fast  gar  nicht  oder  nur  sehr  unbedeutend  angegrififen ;  erst  beim 
Schmelzen  tritt  unter  Einwirkung  des  Sauerstoffs  der  Luft  Oxydation  ein. 
Auch  die  Einwirkung  saurer  oder  alkalischer  Flüssigkeiten  auf  das 
reine  Zinn  findet  nur  bei  längerm  Erhitzen  statt,  und  man  benutzt 
desshalb  vielfach  das  Zinn  zu  Ess-  und  Trinkgeschirren,  Aufbewahrungs- 
gefässen  für  Speisen  u.  dergl. 

Blei  wird  von  feuchter  Luft  rasch  an  der  Oberfl&che  oxydirt,  und 
es  schützt  die  Oxydschicht  wie  beim  Zink  das  darunter  liegende  Metall. 
Sauerstoffhaltiges  Wasser  löst  nachweisbare  Mengen  Blei  auf;  ein  gerin- 
ger Gehalt  des  Wassers  an  6yps  verhindert  die  Auflösung;  Chloride  und 
besonders  salpetersaure  Salze  im  Wasser  befördern  dieselbe.  Diese  Um- 
stände sind  von  Wichtigkeit  für  die  Verwendung  des  Bleies  zu  Wasser- 
leitungsröhren,  da  durch  Zersetzung  organischer,  in  die  Erdschichten 
eingedrungener  Substanzen  Salpeters&ure  ein  häufiger  Begleiter  des  Was- 
sers ist. 

Essigsäure  greift  das  Blei  ziemlich  rasch  an  und  löst  essigsaures 
Salz  auf.  Bei  der  höchst  giftigen  Wirkung  der  Bleiverbindungen  auf 
den  menschlichen  Organismus  wird  durch  diesen  Umstand  jegliche  Ver- 
wendung des  Bleies  zur  Bereitung  oder  Aufbewahrung  von  Speisen  und 
Getränken  ausgeschlossen. 

Bleilegirungen  verhalten  sich  ähnlich.  Aus  Bleizinnlegirungen  lost 
Essig  beide  Metalle.  Desshalb  ist  im  Allgemeinen  jeder  Bleizusatz  zum 
Zinn  für  Anfertigung  derartiger  Gerftthe  gefährlich  und  in  vielen  Ländern 
polizeilich  verboten  *). 

Verdünnte  Schwefelsäure  in  Berührung  mit  Blei  erzeugt  einen  fest 
haftenden,  in  Schwefelsäure  unlöslichen  Ueberzng  von  Bleisulfat,  welcher 
das  Metall  vor  weiteren  Angriffen  schützt.  Aus  diesem  Grunde  findet 
das  Blei  eine  vielfache  Anwendung  zu  Apparaten  und  Gelassen  für  die 
Darstellung  und  Verarbeitung  der  Schwefelsäure. 

Reines  Silber  wird  weder  durch  feuchte  Luft  noch  durch  Wasser 
angegriffen  und  widersteht  selbst  in  der  Schmelzhitze  der  Einwirkung 
des  Sauerstoffs  der  Luft.  Höchst  empfindlich  ist  dagegen  das  Silber 
gegen  die  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff.  Silberne  oder  versil- 
berte Gegenstände  überziehen  sich  in  unseren  Wohngebäuden  allmählig 
mit  einem  dünnen  Iläutchen  von  Schwefelsilber  (sie  laufen  an),  welches, 
wenn  sie  rein  erhalten  werden  sollen,  von  Zeit  zu  Zeit  durch  Putzen  ent- 
fernt werden  muss.  Energischer  ist  noch  die  Einwirkung,  wenn  man  sil- 


^)  Versuche  über  die  Widerstandsfähigkeit  der  Bleizinnlegirungen  gegen 
Wasser,  Essig  und  Kochsalzlösung  in  der  Wärme  und  Kälte:  Dingler's  poly- 
technisches Journal  Bd.  220,  S.  446;  daraus  Deutsche  Industriezeitnng  1876, 
S.  266. 


Preis.  31 

beme  Geräthe  mit  schwefelhaltigen  Substanzen  in  directe  Berflhmng  bringt, 
z.  B.  bei  dem  Gebraache  silberner  Löffel  zum  Genosse  yon  Eiern  u.  dergl. 

Oxydirtes  Silber  nennt  man  dasselbe,  wenn  es  anter  dem  Einflüsse 
der  Luft  im  Lanfe  vieler  Jahre  sich  allmahlig  mit  einem  bräunlichen 
zum  Theil  aus  Schwefel silber  bestehenden  Ueberznge  bedeckt  hat,  den 
man  —  ähnlich  wie  die  Patina  bei  Bronzen  —  auch  bei  modernen  Silber- 
waaren  vielfach  nachzuahmen  sucht. 

Gold  wird  weder  durch  Luft,  Wasser,  noch  durch  gewöhnliche  Säu- 
ren oder  Alkalien  angegriffen  und  nimmt  daher  unter  den  sogenannten 
edlen  Metallen  den  ersten  Rang  ein,  wohl  aber  durch  Chlor  und  Königs- 
wasser. In  legirtem  Golde  verhalten  sich  die  legirten  Metalle  (Silber, 
Kupfer)  entsprechend  ihren  specifischen  Eigenschaften,  welche  jedoch 
durch  den  Goldgehalt  um  so  mehr  verdeckt  werden,  je  mehr  derselbe 
vorwiegt.  Während  aus  goldhaltigem  Silber  das  letztere  durch  Behand- 
lung mit  Schwefelsäure  oder  Salpetersäure  vollständig  gelöst  wird,  gelingt 
die  Trennung  um  so  schwieriger  oder  gar  nicht  aus  silberhaltigem  Golde. 

Platin  zeigt  ein  ganz  ähnliches  Verhalten  als  das  Gold.  Daher  die 
Anwendung  desselben  zu  chemischen  Geräthschaften  und  zur  Bereitung 
coucentrirter  Schwefelsäure. 

Aluminium  bleibt  an  der  Luft  unverändert,  wird  aber  von  Säuren 
und  Alkalien  angegriffen  und  zersetzt  in  dünnen  Blättchen  das  Wasser 
schon  bei  100^,  während  stärkere  Aluminiumstucke  erst  bei  Glühhitze 
eine  Wasserzersetzung  bewirken. 

Das  Verhalten  der  übrigen  nur  in  Legirungen  vorkommenden  Me- 
talle gegenüber  chemischen  Einwirkungen  wird  mehr  oder  minder  durch 
die  mit  ihnen  legirten  Metalle  verdeckt.  Es  verdient  nur  noch  der  Er- 
wähnung, dass  das  Nickel  in  trockner  und  feuchter  Luft  unverändert 
bleibt  und  aus  diesem  Grunde  mehrfach  zu  Ueberzügen  leichter  rostender 
Metalle  verwendet  wird,  während  Säuren  dasselbe  rasch  angreifen. 

Der  Preis  der  Metalle  ist  der  letzte,  aber  nicht  der  unwichtigste 
Factor  for  die  Verwendbarkeit  derselben.  In  sehr  vielen  Fällen  muss 
der  Preis  den  Ausschlag  geben,  wenn  es  darauf  ankomnit,  zu  entscheiden, 
welches  Metall  das  geeignetere  für  diesen  oder  jenen  Zweck  sei.  Viele 
Metalle  würden  hinsichtlich  ihrer  übrigen  Eigenschaften  für  manche 
Zwecke  weit  nutzbarer  als  andere  sein  —  so  z.  B.  würden  Gold,  Platin, 
Silber  f&r  viele  Zwecke  der  Technik,  der  Haus-  und  Landwirthschaft 
ausserordentlich  geeignete  Rohstoffe  darbieten  — ,  ihre  Verwendung  ist 
aber  ausgeschlossen,  weil  ihr  Preis  ein  zu  hoher  ist. 

Bekanntlich  sind  die  Metallpreise  steten  Schwankungen  unterworfen, 
die  von  dem  Verhältnisse  zwischen  Angebot  und  Nachfrage  abhängen. 
Ausserdem  bewirken  die  Entfernung  des  Verbrauchsortes  von  dem  Ge- 
winnungsorte, sowie  die  grössere  oder  geringere  Reinheit  der  käuflichen 
Bohmelalle  nicht  unerhebliche  Unterschiede.  Ein  annähernd  richtiges 
Bild  von  dem  Verhältnisse  der  Metallpreise  unter  einander  dürfte  trotz- 
dem  folgende  Zusammenstellung  geben,  in  welchem   der  Preis  besten 


M  Preis. 

englisohent  svr  Oienerei  bestimmten  RoheiBeoB  (welches  in  Deutschland 
billiger  za  sein  pflegt,  als  deatsches  Giessereieisen)  gleich  1  gesetzt  ist: 

(Hessereiroheisen 1 

Rohstahl  nnd  rohes  Schmiedeeisen     .     .  2 

Zink 4V« 

Blei 5Vj 

Antimon   .     .     . •  14 

Kupfer 22 

Zinn 22 

Wismuth 130 

Nickel 260 

Süber 2  000 

Platin 12000 

Gold 34000 


Literatur  über  die  Eigenschaften  der  Metalle  und  Legirungen: 

Karmarsch,  Mechanische  Technologie;  S.  Auflage,  herausgegeben  von 

Hartig.     Hannover  1876.     I.  Bd.,  8.  3  bis  73. 
Hojer,  Mechanische  Technologie.     Wiesbaden  1874.     S.  1  bis  32. 
Bise  hoff,  Das  Kupfer  und  seine  Legirungen.     Berlin  1865. 
Musprat-Kerl,  Chemie.    Braunschweig  1868.    Die  betreffenden  Artikel, 

besonders  Kupfer  (111.  Band). 
Wagner,  Die  Metalle  und  ihre  Verarbeitung.     Leipzig  1866. 
Künzel,  Ueber  Bronzelegirungen.     Dresden  1876. 


2.    Die  Geräthe  zur  Bestinimung  und  Erkennung  der  Form  und 
Abmessungen  sowie  zum  Anzeichnen  derselben. 

Die  wichtigste  Aufgabe  bei  jeder  mechanischen  Verarbeitung  eines 
Metalls  ist  eine  Form?eränderung  desselben.  Aus  dem  formlosen  Metall- 
blocke soll  ein  Gegenstand  von  bestimmt  vorgesohriebener  Form  und  be» 
stimmten  Abmessungen  hervorgehen.  Als  Vorschrift  fQr  Form  und  Ab- 
messungen dienen  Zeichnungen,  Modelle  oder  allgemein  fassliche  An* 
gaben. 

Es  bedarf  also  einer  Zahl  von  Geräthen,^theil8  um  die  Abmessungen 
der  Vorlage  aufzunehmen ,  zu  ermitteln ,  theils  sie  auf  das  zu  verarbei- 
tende Metallstück,  welches  man  Arbeitst&ck  nennt,  zu  übertragen  und 
auf  demselben  sichtbar  zu  machen. 

Geräthe  zum  Messen.  Um  die  Entfeiiiung  zweier  Punkte,  sn 
messen,  die  sich  durch  eine  gerade  Linie  verbinden  lassen,  bedient  man 
sich  des  Maassstabes.  Die  Einrichtung  desselben  ist  eine  so  allgemein 
bekannte,  dass  sie  keiner  femern  Erläuterung  bedarf. 


Zirkel. 


33 


Will  man  eine  angegebene  Abmessung  direct  anf  das  Arbeitsstück 
übertragen,  oder  gestattet  die  Form  des  zu  messenden  Gegenstandes  es 
nicht,  den  stabformigen  Maassstab  anzulegen,  so  benutzt  man  den  in  sei- 
ner allgemeinen  Einrichtung  gleichfalls  bekannten  Zirkel  zum  Messen, 
Die  Zirkel  der  Metallarbeiter  sind  aus  Eisen  oder  Stahl  gefertigt  und  mit 
starker  Stahlspitze  versehen,  um  gegen  Abnutzung  möglichst  geschützt 
zu  sein. 

Die  Figuren  13  bis  21  veranschaulichen  die  üblichsten.  Sorten  der 
von  Metallarbeitern  benutzten  Zirkel.  Fig.  13  und  14  sind  Scharnier- 
zirkel.     Bei  Fig.  14  ist  an  dem  einen  Schenkel  a  der  Bogen  c  befestigt, 

Fig.  13.  Fig.  14.  Fig.  15.  Fig.  16. 


um  auf  demselben  den  Schenkel  h  vermittelst  der  kleinen  Druckschraube 
d  feststellen  zu  können  und  dadurch  jede  Verschiebung  nach  genomme- 
ner Abmessung  zu  verhüten.     Man  nennt  ihn  deshalb  Bogenzirkel. 

Der  Zirkel  Fig.  1 5  trägt  statt  des  Scharniers  zum  Oeffnen  eine  Feder 
mit  dem  Bestreben,  die  Schenkel  stets  geöfiPnet  zu  erhalten;  statt  des 
Bogens  eine  Schraube  mit  Flügelmutter,  welche  die  Schenkel  in  bestimm- 
ter Lage  erhält.  Hierdurch  ist  die  grösste  Sicherheit  gegen  eine  selbst- 
thätige  Verschiebung  der  eingestellten  Schenkel  gegeben.  Dieser  Zirkel 
heisst  Federzirkel. 

Es  kann  aber  der  Fall  eintreten,  dass  ein  Zirkel  mit  geraden  Schen- 
keln nlbht  ausreicht,  eine  genaue  Abmessung  festzustellen,  z.  B.  bei  Er- 
mittelung der  Durchmesser  oder  Querschnitte  von  Körpern,  deren  Stirn- 
flächen nicht  zugänglich  sind  (Kugeln,  Cylinder  etc.).  Hierzu  dient  der 
Taster,  Dickzirkel  oder  Greifzirkel,  Fig.  16,  der  sich  als  Scharnier- 
zirkel und  als  Federzirkel  herstellen  lässt,  auch  leicht  mit  Bogen  und  Stell- 
schraube (wie  der  Zirkel  in  Fig.  14)  zu  versehen  ist. 

Handelt  es  sich  darum,  die  Abmessungen  dünnerer  Querschnitte  zu 
ermitteln,  die  von  stärkeren  begrenzt  sind,  z.  B.  die  Stärke  a  des  Stegs 
einer  Eisenbahnschiene,  Fig.  17  (a.  f.  S.),  welcher  oben  vom  Kopfe,  unten 
vom  Fusse  begrenzt  ist,  so  reicht  ein  einfacher  Taster  nicht  aus,  weil  er 
sich  nicht,  ohne  geöffnet  zu  werden,  vom  gemessenen  Querschnitte  ab- 

licdebur,  meoliftiilich-mtttalliirglsche  Technologie.  3 


34 


Zirkel 


nehmen  l&sst,  and  man  wendet  den  doppelten  Taster,  Fig.  18  nnd  19, 
an,  dessen  Einrichtung  darauf  hegründet  ist,  -dass  heide  Schenkelpaare 
stets  genan  gleiche  Oefinang  zeigen. 

Die  umgekehrte  Form  des  einfachen  und  doppelten  Tasters  kommt 
unter  dem  Namen  Hohlzirkel  in  Anwendung,  wenn  die  lichten  Durch- 
messer Yon  Hohlkörpern  gemessen  werden  sollen.  Gewöhnlich  benutzt 
man  die  Taster  als  Hohlzirkel,  indem  man  ihre  Schenkel  in  verkehrter 
Richtung  über  einander  schiebt,  Fig.  20 «  wobei  allerdings  die  Schenkel 
sich  nicht  wie  bei  Schamierzirkeln  in  einer  Ebene  bewegen  dürfen,  son- 
dern neben  einander  vorbeigehen  müssen.  Benutzt  man  bei  dem  Doppel- 

Fig.  17.  Fig.  18.  Fig.  19. 


Fig.  20. 


taster,  Fig.  19,  die  Schenkel  a  zum  Messen  innerhalb  der  Höhlung,  die 
Schenkel  b  zum  Ablesen,  so  kann  auch  dieser  ohne  Weiteres  als  Hohlzir- 
kel dienen. 

Wenn  wegen  der  Grösse  der  Abmessung  die  Scham ierzirkel  oder 
Federzirkel  nicht  mehr  zureichen,  oder  wenn  es  darauf  ankommt,  grösserer 
Genauigkeit  der  Abmessung  halber  die  Zirkelspitzen  genau  parallel  zu 
behalten,  so  benutzt  man  den  Stangen zirkel ,  Fig.  21  a,  b  und  c,  dessen 
Einrichtung  ohne  Weiteres  aus  der  Zeichnung  ersichtlich  sein  wird. 

Fig.  21. 


Lehren.  85 

Wean  auch  die  bisher  beschriebenen  Ger&the  fär  die  meiBten  Fälle 
der  Praxis  anareichende  Genaaigkeit  des  Messens  ermfiglichen ,  so  genü- 
gen sie  doch  nicht  f^r  solche  Fälle,  wenn  es,  wie  in  den  Werkstätten 
der  Mechaniker,  Ubrmacher  a.  e.  w.,  darauf  ankommt,  sehr  kleine 
AhmesBnngen  festzastellen.  Man  gebraucht  dann  sogenaunt«  Mikro- 
meterzirkel,  welche,  bei  sonst  veracbiedener  Einrichtang ,  darin  über- 
einstimmen, dasB  das  genommene  Maass  bedeutend  vergrössert  dargestellt 
nnd  dadnrch  znm  beqnemen  Ablesen  gebracht  wird.  Die  einfachste  Form 
eine?  solchen  Inetrumentee  ist  die,  wenn  man  bei  einem  Doppelzirkel 
das  eine  Schenkelpaar  am  ein  bestimmtes  Vielfaches  l&nger  macht  als 
das  andere.  Es  wird  dann  jede  Oeffnung  der  kleineren  Schenkel  nm 
eben  so  viel  in  den  längeren  Schenkeln  vergrössert  anftreten  ;  ist  beispiels- 
weise das  Verhältniss  wie  1  ;  50,  so  erscheint  '/so  ^"imet^r  Oeffnung 
der  kleinen  Schenkel  in  den  grösseren  als  1  Millimeter.  Ein  Gradbogen 
verbindet  die  längeren  Schenkel  und  erleichtert  dtts  genaue  Ablesen. 

In  der  Praxis  kommt  es  häufig  vor,  dass  Querschnitte  der  Arheits- 
stQcke  allmälig  bis  auf  bestimmt  vorgasoh riebe nes ,  häufig  henutites 
Maass  verkleinert  werden  sollen  und  daher  während  der  Arbeit  von  Zeit 
zu  Zeit  geprQfl  werden  mOssen.  So  z.  B.  bei  Anfertigung  von  Di-ähten 
und  Blechen.  Statt  des  Zirkels  benutzt  man  in  solchen  Fällen  zweck- 
mässiger Lehren,  d.  h.  Blechtafeln ,  einige  Gentimeter  lang  und  breit, 
mit  Einschnitten  am  Rande,  deren  Breite  der  herzustellenden  Abmessung 
entspricht.  Fig.  22  stellt  eine  derartige  Lehre  für  Bleche,  Fig.  23  fflr 
Pig.  22.  Fig.  23. 


llllllf 


Drähte  dar.  und  es  wird  die  Anwendung  derselben  ohne  Weiteres  ver- 
ständlich sein. 

Statt  dieser  unveränderlichen  Lehrten  hat  man  auch  verschiebbare 
sogenannte  Schnblehren,  nach  Art  der  Stangenzirkel  constrnirt,  um 
beliebige  Maosse  einstellen  nnd  messen  zn  können. 

Neben  dem  Messen  von  Entremongen,  wozu  die  bis  jetzt  beschriebe- 
nen Geräthe  benutzt  worden,  kommt  in  den  WerkatKtten  der  Metall- 
arbeiter nicht  selten  die  Aufgabe  vor,  die  Grösse  von  Winkeln  zu  messen 
oder  zn  pröfen.  Der  häufigste  Fall  ist  der ,  dass  ein  Winkel  geprüft 
werden  soll,  oh  er  gleich  einem  rechten  sei;  auch  Winkel  von  45  Grad 
sind  nicht  s?lten.  Man  gebraucht  dazu  den  Winkel  oder  das  Winkel- 
maass,  ans  zwei  unter  dem  zn  messenden  Winkel  (also  gewöhnlich  nnter 
90  Grad)  zusammenstOBSenden  Linealen  bestehend ,  aus  Holz  oder  Einen 
dargestellt. 


36  Qeräthe  zum  Anzeichnen. 

Gonsimirt  man  den  Winkel  wie  eine  ReiBsschiene,  bei  welcher  der 
kürzere,  dickere  Theil  (der  Anschlag)  sich  auf  dem  langem,  schw&chem 
Theile  verschieben  nnd  durch  eine  Klemmschraube  an  beliebiger  SteUe 
einstellen  lässt,  so  heisst  das  Werkzeug  Schub winkel,  Lochwinkel, 
nnd  dient  bei  Vertiefungen  sowohl  zur  Prüfung  des  Winkels  zwischen 
Oberkante  und  Seite  der  Vertiefung,  als  zum  Messen  der  Tiefe  der 
letztern. 

Verbindet  man  die  Schenkel  eines  Winkels  dnrch  ein  Scharnier,  so 
dass  sieb  derselbe  wie  ein  Zirkel  öffnen  lässt,  um  Winkel  in  jeder  Grosse 
damit  messen  zu  können,  so  heisst  derselbe  Schrägmaass  oder  Schmiege. 

Um  eine  Ebene  auf  ihre  horizontale  Lage  zu  prüfen ,  findet  die  be* 
kannte  Setzwage  mit  Senkblei  oder  auch  die  Wasserwage  vielfache 
Anwendung. 

Gerät  he  zum  Anzeichnen.  Zum  Anzeichnen  eines  Punktes  auf 
einem  Arbeitsstücke,  nachdem  die  Lage  dieses  Punktes  mit  Hülfe  eines 
der  beschriebenen  Instrumente  ermittelt  worden  ist,  dient  der  Körner, 
ein  Stahlstabchen  mit  konischer  Spitze,  mit  welcher  eine  schwache  Ver- 
tiefung in  das  Metall  eingeschlagen  wird. 

Um  ganze  Linien  zu  ziehen,  wird  statt  des  Kömers  die  Reissnadel 
benutzt,  ein  spitziger  Stahlstift,  in  ein  hölzernes  Heft  gefasst.  Soll  die 
Linie  deutlicher  hervortreten,  so  wird  sie  durch  Punkte,  die  mit  dem 
Kömer  eingeschlagen  worden,  bezeichnet 

Soll  eine  Linie  parallel  einer  vorhandenen  Kante  gezogen  werden, 
so  dient  dazu  das  Streichmaass,  Streichnadel,  Reissmaass,  dessen 
Einrichtung  ans  Fig.  24  hervorgeht.  Die  Flache  a  des  Kopfes  oder  An- 
schlags A  gleitet  an  der  gegebenen  Kante  hin,  dabei  zieht  die  Spitze 
5,  welche  im  Riegel  B  festsitzt,  auf  dem  Arbeitsstücke  die  parallele  Linie 

Fig.  24. 


in  dem  vorher  richtig  eingestellten  Abstände.  D^r  Kopf  A  mit  der 
Klemmschraube  pflegt  aus  Metall,  der  Riegel  B  aus  Holz  oder  Metall  zu 
bestehen. 

Lässt  man  zwei  parallele  Riegel  durch  einen  gemeinschaftlichen 
Kopf  gehen,  um  zwei  Linien  zugleich  anzeichnen  zu  können,  so  erhält 
man  das  doppelte  Streichmaass. 

Wenn  eine  Kante,  an  welcher  das  Streichmaass  geführt  werden  kann, 
nicht  vorhanden  ist,  die  gerade  Linie  vielmehr  parallel  einer  ausserhalb 
des  Arbeitsstückes  vorhandenen  ebenen  horizontalen  Fläche  vorgezeicb- 
net  werden  soll,  so  bedient  man  sich  einer  gusseisernen  vollständig  eben 
gehobelten  Richtplatte  und  des  stehenden  Streichmaasses,  Fig.  25  a  und  b 
welches  mit  dem  metallenen  Fusse  a  auf  der  Richtplatte  steht  und  ver- 


Stehendes  Streichmaass. 


37 


_f— «f^  i^ 


schoben  werden  kann.     Die  Hülse  b  ist  mit  einer  Klemmaohraube  an  der 
senkrechten  Stange  C  befestigt  und  trägt  die  horiEontala  Reissnadel,  die 
in  der  Hälse  verscbieb- 
'^'  barunddurcheinezweite 

Klemmschraube  gleich- 
falls festzcstellen  ist. 
Das  stehende  Streich - 
m&oss  kann  ebeuBOWobl 
anm  Anreissen  gerader 
Linien,  als  zum  Anzeich- 
nen von  Punkten  in  be- 
stimmtem Abstände  Ton 
der  horizontalen  Bicht- 
platte  gebrancht  werden. 
Wenn  der  Mittelpunkt 
einer  gegebenen  Kreis- 
fläche gesncht  und  an- 
gezeichnet werden  boU 
—  ein  Fall,  der  sehr 
häufig  bei  den  Endflä- 
chen cylindrischer  Kör- 
per vorkommt,  welche 
bearbeitet  werden  sol- 
len — ,  SD  kann  man  sich 
^ "■"  "'^  ~!         dazu  eines  rechten 'Win- 

kels bedienen ,  auf  wel- 
chem ein  Lineal  ao  auf- 
geschraubt ist,  dass  die  eine  Kante  den  Winkel  halbirt,  Fig.  26.     Legt 
man  den  Winkel  so  an  das  Arbeitastück,  data  das  Lineal  auf  der  Endfläche 
aufliegt,  die  Schenkel  des  rechten  Winkuls  aber  den  Umfang  an  je  einem 
Punkte  (also  tangential) 
'^'      '  berübren,  und  zieht  mit 

der  Reissnadel  am  Lineal 
entlang  eine  Linie,  so 
bildet  diese  einen  Dnrch- 
meeaer;  wiederholt  man 
dasselbe  Verfahren  in 
einer  andern  Lage,  bo 
erhält  man  einen  zwei- 
ten Durchmesser  und  im 

Durch  Bchni  ttspunkt  e 

beider  Durchmesser  den 

MittelpUDkt  des  Kreises. 

In    Werkstätten,    wo 

diese   Aufgabe  häufiger 


38  Centrirmascliine, 

Torkommt,  bedieot  man  sich  zur  BeBtimmnDg  des  Mittulponkta  Ton  Wel- 
len, Acbsen  und  ähnlichen  Körpern  sogenannter  Centrirmaechinen. 

Eine  von  der  Chemnitzer  We rkzeugm aschine nfabrik ,  Tormals  Joh. 
Zimmermann  in  Chemnitz,  gebaute  Centrirmaschine  zeigen  uns  die 
Abbildungen  Fig.  27  a  and  b.  Auf  dem  einen  Ende  des  gosseieeroeu 
Bettes  A  ist  das  Dopellager  (Spinde letcck)  B  befestigt,  und  in  letzterm 
ist  die  scbmiedeeieenie  Spindel  a  derartig  gelagert,  dass  sie  sich  hori- 
zontal um  ein  gewisses  Maass  nach  rechts  verscbieben  l&Bst.  An  dem 
in  Fig.  27  b  rechte  liegenden  Ende  trägt  die  Spindel  eine  kleine  Bohr- 
spitze  b,  links  endigt  sie  in  einem  QnerstQcke  c,  in  welchem  sie  sich  frei 
Fig.  27  a.  Fig.  87  b. 


drehen  kann.  Anf  der  Spindel  und  mit  dieser  verschiebbar  befindet  sich 
eine  Riemen  rolle  r,  um  sie  von  einer  Transmissionswelle  aus  in  Umdrehnng 
versetzen  zu  können. 

Rechts  (Fig.  27  b)  von  dem  Lager  B  ist  ein  Rahmen  C  befestigt,  in 
welchem  sich  zwei  Gleitstücke  h  h  befinden.  Jedes  dieser  Gleitstücke 
trägt  ein  Muttergewinde,  in  welchem  eine  horizontale  Schranbe  sich 
dreht;  die  Schrauben  sind  mit  ihrem  glatten  Ende  im  Rahmen  C  f est 
gelagert,  so  dass  durch  Drehung  der  Schrauben  eine  Verschiebung  der 
Gleitstücke  bewirkt  wird,  und  zwar,  da  die  Schrauben  entgegengesetztes 
Gewinde,  aber  vollständig  gleiche  Ganghöhe  besitzen,  nähern  oder  ent- 
fernen sich  die  Gleitstücke  vollständig  symmetrisch,  sobald  die  Schrauben 
gleichmiaaig  nach  derselben  Richtung  gedreht  werden.  Diese  Drehung 
der  Schranben  wird  von  dem  Doppelhebel  t  aus  mit  Hülfe  der  Räder- 


Geräthe  zum  Festhalten.  39 

paare  de^fg  bewirkt,  von  denen  d  nnd  /auf  einer  gemeinschafllichen 
Welle  befindlich  sind.     Die  Gleitstücke  endigen  an  ihrer  innern  Seite  in 


zwei  einander  zugekehrte  gleich  grosse  stumpfe  Winkel       \  y     ,  welche 

gefmeinschaftlich  zum  Festhalten  des  dazwischen  geschobenen  Arbeits- 
stücks dienen.  Die  Scheitelpunkte  dieser  Winkel  liegen  in  derselben 
Horizontalebene  mit  der  Bohrspitze  h  und  besitzen  iki  jeder  Stellung  der 
Gleitstücke  gleichen  Abstand  von  det  durch  die  Bohrspitze  in  der  Rich- 
tung der  Spindel  gelegten  Verticalebene.  Es  ist  einleuchtend,  dass, 
wenn  ein  cylindrischer  Körper  zwischen  die  Gleitstücke  gelegt  und  durch 
Näherung  derselben  erfasst  und  in  feste  Lage  gebracht  wird,  die  Achse 
desselben  mit  der  yerlängerten  Achse  der  Spindel  a  und  mithin  der  Bohr- 
spitze zusammenfallen  muss.  Um  das  hintere  Ende  des  eingelegten  Kör- 
pers zu  stützen  dient  das  Terstellbare  kleine  Lager  D, 

Drückt  man  non,  nachdem  die  Spindel  a  in  Umdrehung  versetzt 
worden  ist,  nach  dem  Einlegen  des  zu  centrirenden  Körpers  die  Bohr- 
spitze h  gegen  die  Endfläche  desselben,  indem  man  den  Hebel  k  und 
somit  durch  Yermittelung  des  Kettchens  l  und  des  Querstücks  c  die  Spin- 
de) a  nach  rechts  verschiebt,  so  wird  die  Bohrspitze  genau  in  der  Mitte 
der  Endfläche  eine  kleine  kegelförmige  Vertiefung  bohren  und  dadurch 
die  Mitte  bezeichnen.  Lässt  man  den  Hebel  h  los,  so  schiebt  die  Spiral- 
feder den  Apparat  sofort  in  die  frühere  Stellung  zurück. 

Literatur  über  Geräthe  zum  Messen,  Anzeichnen  etc.: 

Karmarsch,  Mechanische  Technologie,  5.  Aufl.,  L  Band,  S.  231  if. 

Hoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  58  ff. 

Prechtl,  Technologische  Encydopädie.     Stuttgart  und  Wien  1830  bis 

1869,  die  betreffenden  ArtikeL 

Ueber  Theilmaschinen,  welche  hier  nicht  beschrieben  wurden, 

siehe  auch 
Rühlmann,  Maschinenlehre,  I.  Bd.,  2.  Aufl.,  Braunschweig  1875,  S.248. 

8.    Qerftthe  Bum  Festhalten. 

Bei  jeder  Gattung  von  Metallarbeiten  tritt  mehr  oder  minder  häufig 
die  Nothwendigkeit  ein,  Gegenstände  für  kurze  Zeit  in  unverrückbarer 
Lage  festzuhalten,  sei  es  das  Arbeitsstück  selbst  (z.  B.  beim  Befeilen), 
oder  seien  es  andere  zur  Arbeit  in  Beziehung  stehende  Apparate. 

Das  einfachste  Geräth  hierzu  ist  die  Schraubenzwinge,  Fig.  28 
(a.  f.  S.)*  Dieselbe  wird  durch  einen  U-förmigen  Bügel  aus  Holz  oder 
für  Metallarbeiter  häufiger  aus  Eisen  gebildet.  In  dem  Schenkel  a  ist 
ein  Loch  mit  Gewinde  eingeschnitten,  um  eine  Schraube  h  aufzunehmen, 
welche  bei  ihrer  Drehung  das  Arbeitsstück  zwischen  sich  und  dem  andern 
Schenkel  erfasst. 


40 


Geräthe  zum  Festhalten. 


Um  an  einer  bestimmten  Stelle,  z.  B.  an  dem  Arbeiteiiscbe  des  Me- 
tallarbeiters, Arbeitsstücke  in  bestimmter  Lage  einzuspannen,   ist    der 


Fig.  28. 


Schraubstock  das  am  häufigsten  be- 
nutzte Geräth.    Jeder  Schraubstock  be- 
steht im  Wesentlichen  aus  zwei  Backen, 
die  sich  mit  Hülfe  einer  Schraube  ö&en 
und  schliessen  lassen  und  zwischen  sich  das 
Arbeitsstück  fassen.  Geschieht  das  OefT- 
nen  durch  Drehung,  wie  in  Fig.  29  a  und  b, 
so    heisst    der  Schraubstock  Zangen - 
Schraubstock.      Es    ist    hier  Ä  eine 
bewegliche  Backe,  drehbar  um  den  Bol- 
zen a,  B  ist  eine  feste  Backe.     Beide 
Backen  zusammen  bilden  das  Maul  des 
Schraubstockes.     Die  Backen  sind  aus 
Schmiedeeisen  gefertigt;    die    einander 
zugekehrten  Flächen    des    Mauls    sind 
Yerstahlt    und    feilenartig    aufgehauen, 
um  die  dazwischen  geklemmten  Gegen- 
stände   fester    zu    halten«      Wenn   der 
Schraubstock  ganz  geschlossen  ist,  so  divergiren  diese  Flächen  etwas  nach 
unten;  man  bezweckt  hierdurch  eine  mehr  parallele  Stellung  der  Flächen, 
sobald  der  Schraubstock  geöffnet  wird,  um  einen  Gegenstand  zu  erfassen. 
Durch  eine  Oeffnung  der  Yordem  Backe  Ä  geht  die  Schraube  b  hindurch, 
deren  Drehung  mit  Hülfe  des  Hebels  oder  Schlüssels  c  erfolgt.      Das 
andere  Ende  der  Schraube  dreht  sich  in  der  langen  Hülse  d,  welche  ent- 
weder selbst  mit  Muttergewinde  versehen  ist  oder  in  deren  Oeffnung  man 
eine  aus  Rothguss  gefertigte  Schraubenmutter  eingelöthet  hat.     An  der 
festen  Backe  ist  schlieslich  die  Feder  e»  befestigt  und  drückt  gegen  die 
vordere  Backe.    Wird  nun  die  Schraube  nach  aussen  gedreht,  so  folgt  in 
Folge  des  Druckes  dieser  Feder  die  Backe  nach  und  das  Maul  öffnet  sich ; 
wird    die   Schraube   einwärts  gedreht,    so  wird    die  Feder    zusammen- 
gedrückt  und   das    Maul    schliesst    sich.      Als   Verbindungstheile    zwi- 
schen beiden  Backen  dienen  die  starken  Blechplatten  C,  welche  an  der 
hintern  Backe  befestigt  sind  und  in  welchen  der  Bolzen  a  seine  feste 
Auflage  hat. 

Damit  die  Schraube  beim  Oeffnen  der  Backe  A  stets  eine  normale 
Richtung  gegen  dieselbe  behalte,  ist  einestheils  die  Durcbgangsöffnuug 
für  die  Schraube  in  der  Backe  Ä  länglich  geformt,  wie  ans  Fig.  29b  er- 
sichtlich ist,  andemtheils  sitzt  die  Hülse  d  nicht  fest,  sondern  hat  soviel 
Spielraum  in  der  Backe  B,  um  ihre  Richtung  etwas  ändern  zu  können, 
und  ist  nur  durch  eine  einspringende  Nase  oder  Leiste  vor  dem  Dreben 
gesichert. 

Zur  Befestigung  des  Schraubstocks  am  Arbeitstische  dient  einestheils 
die  an  der  festen  Backe  befindliche  Scheere  /,  ein  flaches  Eisenstück, 


welcbea  mit  Sobrauben  am  Holae  befestigt  ist,    tmdemtheita  der  in  den 
Fussboden  tretende  Fuss  g.     Bei  kleineren  Schraubstöcken  fehlt  letzterer 


nnd  wird  dnroh  eine  Nmc  an  der  Rüclueite  der  festen  Backe  ersetzt,  die 
in  das  Holz  eingelasBen  ivird;  oder  man  versieht  den  Schranbatock  mit 
einer  Ai-t  Si:hraubenzwinge,  die  ihn  am  Tische  festhält  wie  in  Fig.  30. 

Pj^  ^Q  Die  Grösse    der    Zangenschraubstdcke    ist, 

dem  Zwecke,  dem  sie  dienen  sollen,  entspre- 
chend ,  eine  sehr  renichiedeDe.  Die  kleinsten 
Schraub  Btöcke  der  Goldarbeiter,  Uhrmacher, 
Mechaniker  haben  kanm  1  Kilo  Gewicht;  die 
grÖBsten  Schraabstdcke  für  sehr  grobe  Arbeiten 
haben  ein  Gewicht  bis  zn  100  Kilo. 

Die  ZangenscbranbstiJoke  haben  denUebel- 
stand,  dasB  die  Fl&chen  des  Mauls  nnr  in  einer 
einzigen  Stellung  vollständig  parallel  stehen 
nnd  heim  weitem  Oefinen  immer  mehr  diver- 
giren,  das  Arbeitsstück  also  bei  grosser  Oeff- 
nnng  nnr  noch  mit  den  Kanten  fassen.      Dieser 


42  Gerätfae  zum  Festhalten. 

beBODders  beim  KinspsDnen  groewr  Arbeiintficke  Ifcrtige  ümatftnd  wird 
beim  Parallelscbranbatocke  vermieden,  dessen  beweglicbe  Bftcke  at*tt 
der  bogenfSrmigen  Bewegung  eine  geradlinige  besitzt.  In  Fig.  31  ftimd  b, 
welche  die  Conatruction  eines  aolclien  ParBlIebchraabBtocIu  dantellt ,  ist 
Pig.  31. 


A  die  feate,  B  die  bewegliche  Backe,  c  eine  mit  B  in  feet«  Terbindting 
gebrachte  Schrauben Bpindel,  d  eine  Schraubenmutter,  auf  der  untem 
Platte  festgeschraubt.  Es  ist  leicht  einzusehen,  wie  durch  Drehung  der 
Spindel  c  die  Backe  B  von  A  entfernt  oder  gegen  A  geuKhert  werden  kum. 

A  und  B  sind  aoa  Guaseiaen  mit  eingesetzten  Stahlbacken  ee; 
Schraubenapiudel  und  Schlflaael  aua  Schmiedeeisen.  Abweichende  Con- 
atructionen  Ton  Farallelachraabstöcken  sind  zahlreich.  Häufig  ist  die 
Backe  A  beweglich  tind  B  stabil.  Man  erreicht  diesen  Zweck  ein^Mb 
dadurch,  daaa  man  statt  der  featatehenden  Mutter  d  eine  solche  in  der 
Terachiebbaren  Backe  A  anbringt,  B  aber  sammt  der  Spindel  vor  Yer- 
Bchiebung  bewahrt  Letztere  Oonatmction  dütfie  ihrer  etwas  gröaseren  Ein- 
fachheit halber  fast  noeb  häufiger  vorkomroen,  als  die  oben  gezeichnete. 

Für  kleine  ArbeiteatQcke ,  welche  man  einspannen  will,  um  sie  in 
der  Hand  halten  und  beliebig  wenden  zu  können,  gebraucht  man  statt 
dea  Scbraubstocka  den  Peilkloben,  Fig.  32.  Derselbe  hat  Aebnlichkeit 
mit  einem  Zangeneobranbatocke ;  seine  Länge  beträgt  70  bis  150  Hilli- 
meter.  Man  unterscheidet  schmalm aulige  und  breitmäulige  Feilkloben, 
je  nachdem  die  Backen  achmal  oder  breit  sind. 

Sehr  kleine  Feilkloben  Tersiebt  man  mit  einem  Stiele  zum  Anfassen 
und  nennt  sie  Stielkloben;  sehr  grosse  befestigt  man  nach  Art  eines 
kleinen  Schraubstocks  am  Tiscbe  und  nennt  sie  Tischkloben. 

Eine  letzte Qattung  tou Gerätben  znmFesthalten bilden  dieZangen. 

Alle  Zangen  stimmen  darin  flberein ,  dass  der  festzuhaltende  Gegen- 
stand durch  zwei  Schenkel  ergriffen  wird,  welche  sich  durch  Drehung 
um  eine  gemeinschaftliche  Achse  dffiaen  und  schliessen  lassen.  In  Form 
und  Grösse  aber  zeigen  sie  erhebliche  Abweichungen. 


Zangen. 


43 


Die  kleinste  Art  der  Zangen,  zum  Ergreifen  ganz  zarter  Gegenstande 
bestimmt,  wird  durch  die  bekannten  Pinzetten  gebildet,  nach  dem 
Principe  des  einarmigen  Hebels  constroirt.  Der  Druck  des  Fingers  wirkt 
in  einem  kürzern  Abstände  vom  Drehungspunkte  als  der  Gegendruck  des 
mit  den  Spitzen  der  Pinzette  zu  erfassenden  Körpers,  wird  also  nur  in 
dem  Verhältnisse  der  Länge  dieser  Abstände  übertragen. 

Alle  übrigen  Zangen  entsprechen  dem  zweiarmigen  HebeL  Der  Druck 
der  Hand  wirkt  an  den  längeren  Hebelsarmen,  mit  den  zwei  kürzeren 
wird  das  Arbeitsstück  erfasst.  Man  nennt  die  längeren  Hebelsarme 
Griffe  oder  Schenkel,  die  kürzeren  Backen,  und  beide  Backen  zu- 
sammen bilden  das  Maul. 

Nach  Form  des  Mauls  unterscheidet  man  Beiss-  oder  Kneip  Zan- 
gen, Fig.  33  A,  deren  Backen  halbkreisförmig  gekrümmt  sind  und  schnei- 
denformig    zusammengreifen;    Flachzangen,    Fig.   33 B,    mit    flachen 

Fig.  32.  Pig.  33.  Fig.' 34.  Fig.  35. 

A 


Backen;  nach  Form  der  Schenkel  unterscheidet  man  geradschenklige, 
wie  die  soeben  erwähnten,  und  krummschenklige,  wie  in  Fig.  34.  Die 
grösseren  Zangen  pflegen  alle  geradschenklig  zu  sein.  Um  bei  diesen, 
wenn  sie  das  Arbeitsstück  längere  Zeit  gefasst  halten  sollen,  das  er- 
müdende Zusammendrücken  der  Schenkel  mit  der  Hand  zu  ersparen, 
schiebt  man  einen  Ring  oder  eine  Klammer  aus  Schmiedeeisen,  Fig.  35, 
über  die  Schenkel  und  drückt  sie  dadurch  zusammen. 

Auch  bei  Bearbeitung  zarter  Arbeitsstücke  kommen  kleine  Zangen 
mit  übergeschobenem  Ringe  in  Anwendung ,  deren  Schenkel  nach  dem 
Hinaufschieben  des  Ringes  durch  eine  Feder  geöffnet  werden.  Diese 
Zangen,  welche  Schiebzangen  genannt  werden,  dienen  als  Ersatz  des 
Feilklobens  in  Fällen,  wo  durch  das  Anziehen  der  Schraubenmutter  des 
letztern  eine  Beschädigung  des  schwachen  Arbeitsstückes  zu  befürchten 
sein  würde.  % 


44  Geräthe  zum  Heben  und  Transportiren. 

Noch  Art  d«r  Tarweadung  unterscheidet  m«n  TM-scbiedene  Gattun- 
gen von  Zangen:  SchmiedeaaiigeD,  Walssaagen,  Rohnangen,  DrehtBaogen 
and  TeracHedene  andere,  deren  wir  Eom  Theil  bei  Beaprechnng  der  betref- 
fenden Arbeitoreriahren  eingehender  ra  erv&hnen  Gelegenheit  finden  werden. 

läterstnr  Aber  Geräthe  nun  Festhalten: 
Earmarsch,  MechaniKbe  Technologie.     £  Aofi.     I.  Bd.,  S.  225  n.  ff. 
Hojer,  Mechanische  Technologie,  S.  48  o.  ff. 
Prechtl,  Tecbnologiache  Encj'clopädie,  die  betreffenden  ArtikeL 

4.    Q«Tfttlie  xom  Heben  und  TransportiTen  der  Bobmetalle, 

Arbeitsstücke  etc. 

Da  die  Herstellong  eines  Gebraachsgegenstandee  selten  durch  ein 
einziges  Arbeitsverfahren  bewirkt  wird,  sondern  meistens  eine  grössere 
Anaahl  verschiedener,  in  bestimmter  Reihenfolge  einander  abwechselnder 
Arbeiten  dam  erforderlich  ist;  da  femer  diese  verschiedenen  Arbeiten 
oft  in  getrennten  Localen  vorgenommen  werden  mfiasen;  und  da  endlich 
anch  bei  der  Arbeit  selbst  dch  öfter  sowohl  ein  Anheben,  Umdrehen  des 
Arbeitsstücks,  als  ein  Herbeischaffen  von  Materialien  und  schwerer  Arbeits- 
geräthe,  sowie  ein  An&t«llen  der  letzteren  erforderlich  macht,  so  sind  zur 
Erleichtening  dieser  Arbeiten  verschiedenartige  Apparate  in  Gebraach. 

Transportwagen.  Zum  unfachen  Transportiren  gebraucht  man 
Wagen  oder  Karren.  In  Fabriken,  wo  schwere  Stücke  gefertigt  wer- 
den, pflegt  man  mehrere  starke  Wagen,  für  bestimmte  Belastung  berech- 
net, in  Bereitschaft  an  haben.  DieseU>en  bestehen  ans  einen  Rahmen 
ans  Eisen  oder  Holz  auf  starken  schmiedeeisernen  Achsen  ruhend  und 
F^.  M. 


Tratisportwagen.  45 

VOD  niedrigeii  Rädern  getragen,  nm  daa  An-  nnd  Abheben  der  zu  trane- 
portirenden  Gegenstände  nicht  nnn&thiger  Weise  sn  en>chweren.  Damit 
die  Wagen  «elbat  nicht  nnnöthiger  Weise  Banm  beengen,  giebt  man 
ihnen  eine  nicht  gm  grosie  Oberfläche  nnd  legt  znr  Vergrösserung,  wo 
es  nöthig  ist,  lieber  Schienen  oder  hQlaeme  Balken  auf.  Fig.  36  ver- 
anschanlicbt  einen  solchen  von  der  Actiengesellschaft  Hamboldt  in 
Kalk  bei  Dente  gebauten  Wagen,  der  snm  Transport  grösserer  Gnssstflcke 
und  dergleichen  sehr  geeignet  ist.  Der  Rahmen  ist  ans  festem  Bolze 
nnd  mit  Flacheisen  besclilagen ;  dieser  Rahmen  mht  auf  zwei  starken 
Doppelt- T-TrSgem  nnd  bewegt  sich  auf  vier  gosseisernen  Rädern. 

F^g.  37  stellt  einen  kleinen  Wagen  aus  derselben  Fabrik  dar,  wel- 
cher zum  Transport  von  Roheisen  u.  dergl.  bestimmt  ist. 
Tig.  37. 


Zum    Transporte    gewisser    Matprialien,    z.  B.   von    Kokes,    Kalk- 
stein u,  dergl,  können  sogenannte  Kippwagen,  wie  sie  durch  Fig.  38  ver- 
anschaulicht werden,  recht  zweckmässig  sein. 
Flg.  38. 


46  Geräthe  zum  Hehen  und  Transportiren. 

Wo  man  einen  tind  denaelbeii  grossem  Weg  vielfach  mit  beUdenen 
Wagen  zorückznlegen  hat,  empfiehlt  sich  sehr  die  Anlage  eines  Schienen- 
gleises,  nnd  es  müssen  dnnn  dementsprechend  die  Räder  der  Wagen 
profilirt  sein.  Man  kann  Aneachussschienen  von  den  Walzwerken  be- 
nntzen;  in  Eisen giessereien  gieest  man  auch  wohl  gasseiserne  Schienen  in 
UerdgDBS,  die  wie  in  Fig.  39  profilirt  sind  nnd  befeBtigt  werden.  Soge- 
Fig.  39. 


Pig,  40. 


nannte  Grubenschienen  sind  weniger  empfehlenswerth ,  wo  grössere  Be* 
lastnngen  transportirt  werden. 

Um  bei  diesen  einfachen  Eisenbahnen  an  Wendestellen  die  immerhin 
kostspieligen  Drehscheiben  zn  sparen,  kann  man  einfache  gegosaene 
Wendeplatten,  wie  in  Fig.  40,  einlegen,  anf  denen  der  Wagen  ohne  grosse 
Anstrengang  sieb  drehen  lässt. 

Auf  sehr  grossen  Werken  kann  es  vortbeilhalt  nein,  statt  der  Men- 
schen- oder  Pferdekrftfte  znm  Transportiren  der  Lasten  eine  eigene 
I.ocomotive  einzustellen. 
Scihxtverst&odlich  müssen 
in  diesem  Falle  alle  Schie- 
ncngleise  den  Regeln  des 
Locomotivenbetriebea  ent- 
sprechend constrtiirt  nnd 
mit  DrehscheilMn  an  den 
entsprechenden  Stellen  ver- 

KrahneundBrQcken- 
winden.  Wenn  eine  Last 
gehoben  and  nar  inner- 
halb eines  abgegrenzten 
Raumes  transportirt  wer- 
den soll,  so  bedient  man 
sich  der  Krahne  nnd 
Brücken  winden. 

Wir  verstehen  unter 
Kraha  jede  maschinelle 
Vorrichtung,  geeignet,  mit 
geringenn  Kraftaufwande  eine  grössere  Lant  zn  beben  nnd  auf  gewisse 
Entfernungen  zn  transportiren ,  wobei  die  Last  dnrcb  einen  schräg  oder 
horizontal  gerichteten  Ann,   den  Krahnnrm  oder  Aasleger,  getragen 


Krahne. 


47 


wird.  Ist  dieser  Arm  um  seinen  einen  Endpunkt  drehbar,  so  dase  ds- 
dnrch  eine  Fortbewegung  der  Last  im  Kreise  ermöglicht  wird  —  wie 
es  fast  immer  der  Fall  ist  — ,  so  heisst  der  Krahn  Drehkrahn. 

Brflckenwinde   —  auch  wohl  Laafkrahn,      Brückenkrahn, 

Rollkrahn  —  nennen  wir  eine  auf  fahrbarem  Hochgerüste,  der  Lanf- 

bübne,  angebrachte  Windevorrichtung,   welche  gewöhnlich  auf  dieser 

Lanfbäbne    in    einer  Bewegnngsricbtnng    und  mit  der  LaufbObne  in 

einer  zweiten   Bewegungarichtung 

m  und 

la  Fl»- 
dieser 
n  allen 
nur  in 
ich  um 

cb  liebe 
*  Hmpf- 


48  Geräthe  zum  Heben  und  Transportiren. 

krahne)  oder  hydraulischer  Druck  (hydraulische  Erahne).  Handkrahne 
sind  die  am  häufigsten  benutzten,  hydraulische  die  seltensten. 

Die  eigentlichen  Erahne  mit  Ausleger  zerfallen  in  feststehende 
und  bewegliche  Erahne. 

Unter  den  feststehenden  unterscheidet  man  Gebäudekrahne  und 
freistehende. 

Der  Typus  eines  Gebäudekrahns  ist  durch  die  Figuren  41  und  42 
(a.  V.  S.)  gegeben^). 

Die  Säule  a  (Erahnsäule,  Mönch)  ist  mit  Zapfen  an  beiden  Enden 
in  Theilen  des  Gebäudes  eingelassen  und  um  diese  Zapfen  drehbar.  An 
derselben  ist  der  wagerechte  Ausleger  h  befestigt  und  durch  die  Streben 
c  und  (2.  gestützt.  Um  die  am  Ausleger  hängende  Last  geradlinig  in  der 
Richtung  des  Auslegers  verschieben  zu  können,  ist  der  zum  Anheben 
dienende  Flaschenzug  an  einem  kleinen  yierr&drigen  Wagen  (Eatze)  auf- 
gehängt und  mit  diesem  yerschiebbar. 

Die  Verschiebung  kann  in  mehrfacher  Weise  bewirkt  werden: 

1)  durch  Verbindung  des  Wagens  mit  einer  verschiebbaren  Zahn- 
stange, welche  durch  Drehung  eines  festliegenden  Getriebes  verschoben 
wird.  Die  Drehung  des  Getriebes  erfolgt  von  einer  mit  Eurbel  versehe- 
nen Welle  tp  aus  (Fig.  42); 

2)  durch  Verbindung  der  beiden  Enden  des  Wagens  mit  einem 
Seile  oder  einer  Eette,  welche  durch  irgend  eine  einfache  Vorrichtung 
hin-  und  herbewegt  wird  und  den  Wagen  nach  sich  zieht,  Fig.  43,  44 
und  45; 

-3)  durch  ein  auf  die  Verlängerung  einer  Achse  des  Wagens  ge- 
stecktes Eettenrad  oder  Seilrad  mit  herabhängender  Eette  oder  Seil  ohne 
Ende,  durch  dessen  Bewegung  der  Wagen  fortgerollt  wird,  Fig.  46  a  und  b 
(a.  S.  50).  Es  ist  hier  a  das  Eettenrad;  auf  der  Achse  desselben  sitzen  die 
Getrieberäder  hb,  welche  sich  auf  den  festliegenden  Zahnstangen  cc  dre- 
hen und  dadurch  die  Fortbewegung  der  Eatze  bewirken,  dd  sind  die 
mit  ihren  Achsen  in  der  Eatze  gelagerten  Rollen  für  das  Seil  oder  die 
Eette  des  Flaschen zugs. 

Unter  diesen  drei  Vorrichtungen,  welche  nur  die  üblicheren  Systeme 
darstellen,  dürfte  die  in  den  Figuren  43  bis  45  gegebene  die  empfehlens- 
wertheste  sein. 

Um  das  Aufhängen  der  Last  in  der  Mittellinie  des  Auflegers  zu 
bewirken,  ist  dieser  sowie  die  Streben  getheilt  und  zwischen  den  beiden 
Theilen  hängt  der  Flaschenzug  mit  der  Last,  wie  aus  den  Figuren  41 
bis  45  ersichtlich.  Seltener  greift  ein  Bügel,  an  dem  die  Last  hängt, 
um  den  aus  einem  Stücke  bestehenden  Ausleger  herum. 

Zum  Anheben  dient  eine  Winde  mit  Eetten-  oder  Seiltrommel. 

Als  Material  für  diese  Art  Erahne  dient  Holz  oder  Eisen.  Gusseisen 
ist  wegen  der  unvermeidlichen  Erschütterungen  weniger  empfehlenswerth, 


^)  Nach  den  Zeichnungen  der  „Hütte*',  Jahrgang  1874,  Tafel  2  c. 


Gebäudekrahne.  49 

Mihnii«deeiaerne  Krahne    dagegen    aehr    brauchbar,  jedoch    theurer    als 
hdlzerse. 

BeiAnwendnng  von  Datnpfkraft  pflegt  man  den  oder  (bei  Zwillings- 
maBchineo)  die  Dampfcjliuder  an  der  Krabosänle  zu  befestigen  und  durch 


ein  eatgprechend  gebogenes  DarapfleituugBrohr  und  Stopfbüchse  mit  dei 
station&ren  Dampfleitnog  zu  verbinden,  wie  ana  Fig.  43  ersichtlich. 

Ladabii,  niHhurfHli-iutaUairlHlH  Ttuhnolagt«.  4 


50  Geräthe  zum  Heben  und  Transportiiren. 

Statt  die  KrahnsÜale  nm  Zapfen  drehbnr  zu  mnchen ,  kann  man 
auch  eine  feststehende  Säule  anwenden,  nm  welche  der  Krahnarra  nehtt 
Strebe  allein  sich  drehen,   wie  bei  dem  Krahne  in  Fig.  46.     Die  Säule 


pflegt  aus  Gnsseisen  zn  bestehen,  ist  an  den  Angrifl'sstellen  für  Ausleger 
nnd  Strebe  abgedreht  nnd  wird  von  zwei  gnsaeisemen ,  inwendig  ana- 
gedrebten   Hülsen   mit   angegossenen  Schuhen    umschlossen,   in  welchen 


FreiBtehende  Krahne.  51 

jene  befestigt  sind.  Ausleger  und  Strebe  eind  aus  Holz  oder  häufiger 
KOS  SchmiedeeiBen.  Eine  derartige  Conatruction  ist  aehr  leicht  nnd  in 
allen  Fällen  empfehlenawerth ,  wo  gnsaeiBeme  Säulen  als  Bestan  dt  heile 
des  Gebäuden  vorhanden  aind,  Aach  die  Belastung  des  Krahns  nicht  eefar 
hoch  iet,  weil  nnter  Umstfinden  durch  einen  Brach  der  Sänle  das  ganze 
Gebende  geiahrdet  werden  kann. 

Solche  Krahne  für  Belastungen  bis  5000  Kitngramm  haben  sich  in 
grösseren  Giemereien  und  Montir Werkstätten  (Chemnitzer  Werkzeug- 
maschinen fabrik ,  Sächsische  Maschinenfabrik  in  Chemnitz,  Kölnische 
Maschinenbaugesell  Schaft  in  Bayenthal,  Berliner  Mascb  inen  bau  actien- 
gesellachaft  und  andere)  als  höchst  zweckmässig  erwiesen. 

Unter  allen  Krahngattungen  sind  die  Gebäudelcrahne  für  Metall- 
verarbeitung die  häufigsten  und  zweckdienlichsten.  Sie  bedürfen  wenig 
Fundamentirnng,  beengen  den  Platz  nicht  erheblich  und  gewähren  die 
Möglichkeit,  innerhalb  der  Kreisfläche,  deren  Halbmesser  durch  die 
Länge  des  Auslegers  gegeben  ist,  jeden  Punkt  zu  erreichen.  Nur  allein 
der  kleine  Kreis,  soweit  KrAhnsäule  und  Winde  reichen T  mues  von  der 
Benutzung  ausgesohlossen  bleiben.  Gruppirt  man  m ehrer«  derartige 
Krahne  zu  einem  Systeme,  indem  man  ihre  Kreise  sich  berühren  lAsst, 
so  kann  mau  Lasten  auch  auf  verbältnissmÄssig  weite  Entfernungen 
mit  alleiniger  Hülfe  dieser  Krahne  transportiren ,  und  bei  Anordnung 
mehrerer  Krahne  sollte  dieser  Umstand  nie  ausser  Acht  gelassen 
werden. 

Als  Beispiel  hierfür  mag  die  Skizze  Fig.  47  dienen,  bei  welcher  drei 
Krabne  von  gleicher  Ausladung  zusammenwirken  und  dadurch  den  Trans- 
Fig-  47. 


port  eines  GegeDstandee  von  einem  PJude  des  Gebäudes  bti  a  bis  zum 
anders  bei  b  ermßglicben;  und  Fig.  48  (a.  f.  S.),  bei  welcher  swei  kleine 
mit  einera  grössern  Krahne  in  Zusammen  Wirkung  gebracht  sind. 

Die  allgemeine  Anordnung  eines  freistehenden  Krnhns  ist  dnrcb 
Fig.  49  (a.  f.  S.)  gegeben. 

Gegenüber  den  Gebaudekrabnen  haben  sie  den  Nachtheil,  dass  der 
Abstand  ihres  AnfhängepnnkteB  vom  Drehpunkte  gewöhnlich  unveränder- 
lich ist,  mithinihreWirksamkeitsich  auf  eine  einzige  Kreislinie  beschränkt. 
Ein  anderer  Nacbth eil  ist  das  kostspit^l ige  Fundament,  wodurch  die  ganze 


52  Geräthe  zam  Heben  und  TransportireD. 

Anlage  erheblich  vertheaert  wird.  Sie  finden  deshalb  nur  da  Aowendnng, 
wo  die  ÄnfatelloDg  eines  Gebäude  kräh  ns  anmöglich  ist,  im  Freien  zam 
Aaf-  und  Abladen  n.  dergl. 

Fig,  48.  Pig.  49. 


Die  beweglicheD  Krahne    sind    in    ihrer  gewöhn lichBten  nnsaem 
Form  den  freistehendea  Krahnen  ähnlich,  wie  Fig.  60.     Sie  halien  vor 


diesea  den  Vortheil  voraus,  daas  sie,  auf  einem  viorrädertgen  Wagen 
rnhend,  anf  Schienen  geradlinig  fortbewegt  werden  and  dadarcb  eine 
weit  gröasere  Fläche  bedienen.  Innerhalb  der  Gebäude  wird  man  sie 
nar  in  solchen  Fällen  anwenden,  wenn  ein  feststehender  GebAudckrahn 


Bewegliche  Krabue.  53 

sich  ftOB  anderen  GrÜDdea  nicht  aufstellen  läset;  wohl  aber  sind  sie  im 
Freien  geeignet,  nm  anf  grösseren  Lagerplätzen  für  schwere  Geräthe 
—  E.  B.  für  grusBe  Formkasten  bei  Giessereien  —  diese,  wenn  sie  !n 
Benutzung  genommen  w^den  sollen ,  anf  Wagen  zu  laden ,  umgekehrt 
wieder  abzuladen,  und  für  ähnliehe  Zwecke. 

Bei  Anwendung  von  Dampfkraft  zum  Betriebe  dieser  freistehenden 
Krahne  stellt  man ,  wenn  der  Krahu  zur  Arbeit  im  Freien  bestimiut  ist, 
den  Kessel  anf  den  Wagen  neben  den  Krahn  und  befestigt  den  Dampf- 
cylinder  an  tetzterm,  Fig.  51. 

Fig.   .^I. 


Wird  der  Krahn  dagegen  innerhalb  eines  Gebäudes  benutzt,  wo  eine 
stationäreDarapfmaschinemitTransmissionTOrhanden  ist,  Fig.  52, so  betreibt 

Fig.  &2. 


öi  Geräthe  zum  Heben  und  Transportiren. 

man  den  Krahn  lieber  durch  ein  von  der  Tranamission  am  bewegtes  Seil 
ohn«  Ende  (wie  in  Fig.  53,  wo  a,  b,  c  die  betreffenden  Seilioheib«D  dea 
Fig.  5S. 


Er»hns  bedeuten),  oder  auch  durch  eine  Welle.  Wir  kommen  später  auf 
diese  Art  der  Bewegnngaübertragnng  bei  Besprechung  der  Brückenwin- 
den eingehender  zurück. 

Es  sei  Doch  erwähnt,  dase  die  heideu  Skizzen,  Figuren  51  und  52, 
einem  Prospecte  der IVIaBchinenfabrik  von  Ludw.  Stuckenbols  in  Wetter 
a.  d.  Ruhr  entnommen  sind.  Beide  Krsbne  verdienen  durch  die  eigen- 
thümliche  Form  des  Auslegers  Beachtung,  welche  auch  eine  Horizontal- 
bewegung  der  Katze  gestattet. 

Unter  den  BebevorrichtuDgen ,  welche  auf  erhöhter  Laufbahn  be- 
weglich sind,  ist  wohl  die  einfachste  die  in  Fig.  53  skizzirte.     Auf  einer 
flg    53_  hochkantig    stehenden   EisenBcbiene    läuft 

die  Rolle  nnd  trägt  vermittelst  eines  Bü- 
gels den  aus  einem  Kieenetabe  bestehenden 
Hebel,  an  der  einen  Seite  mit  Zugstange, 
'■  an  der  andern  mit  Kette  versehen,  welche 
'  zum    Aufhängen    der   Last    dient.      Eine 
Q    Kraftersparang  beim  Heben  findet  natür- 
I    lieh,  so  lange  der  Hebel,  wie  in  Fig.  53, 
J^  i    gleicharmig  ist,  nicht  statt;  trotzdem  kann 

diese  einfache  Vorrichtung  sich  in  vielen 
Fällen  recht  natzlicb  erweisen,  wenn  glü- 
hende Gegenstände  rasch  traneportirt  werden  sollen.  Man  erfaaet  die- 
selben mit  einer  Zange  und  hängt  diese  in  die  Kette  ein,  z.  B.  beim 
Transporte  der  Tiegel  in  Gnasstahlgiessereien ,  grosser  Eisenstaoke  in 
Walzverken  u-  dergl. 


ÜL 

--3,139«'=- 


Brückeowinden. 

Die  einfachste  Form  einei:  eigentlichen  Brückenwinde  ist  dii 
9  Winde  bot  in  einer  Richtung  beweglich  ist.     Fig.  54  stellt  e 
Kg.  54. 


artige  kleine  fahrbare  Wiude  fQr  1250  Kilo  Belaetnng  aas  der  Chem- 
nitser  'Werkzeagmaschinenfabrik  dar,  deren  Einrichtung  ohne  Weiteres 
Teratändlich  sein  wird.  Zwei  schmiedeeiserne  parallele  Schienen  tragen 
die  auf  vier  Rollen  bewegliche  Laufkatie. 

Derartige  kleine  Bräckenwinden  finden  mannigfache  and  zweck- 
mässige Verwendang  in  allen  Werkstitten ,  wo  h&afig  kleine  Lasten  zu 
hebt-D  nnd  auf  geringe  Entfernungen  zu  transportiren  sind,  in  Schmie- 
den, Schtosserwerkstätten,  Drehereien  nnd  anderen. 

Eine  grössere  Sorte  derartiger,  nnr  in  einer  Richtung  beweglicher 
BrQcken winden  mit  Dampfbetrieb  findet  in  vielen  nenen  Röhren- 
giessereien  Anwendung ,  am  Modelle  aoezobeben ,  Abgäase  hoch  zu 
heben  n.  dergl. 

Weit  bSnfiger  ist  jedoch  die  Anwendung  deijenigen  Brückeowinden 
oder  Laofkrabne,  bei  denen  die  Laufkatze  mit  der  Winde  nach  einer 
Richtung  und  die  ganze  Lanfbüfane  sammt  der  Winde  nach  einer  zwei« 
teo  normal  gegen  die  Richtong  der  Katze  gerichteten  Linie  bewegt  wer- 
den kann.  Während  die  soeben  beschriebenen  Winden  nur  eine  einzige 
gerade  Linie  zu  bestreichen  yermögen,  ist  in  dem  letztern  Falle  die 
Möglichkeit  gegeben,  die  ganze  Räche  eines  Rechtecks  zn  bedienen, 
dessen  Breite  gleich  der  Breite  der  Bühne  und  dessen  Länge  gleich 
der  Länge  der  Fahrbahn  derselben  ist.  Letztere  aber  lässt  sich  be- 
greiflicherweise soweit  ausdehnen,  als  es  die  Baulichkeiten  überhaupt 
gestatten. 

So  einftkch  dieses  Princip  im  Allgemeinen  ist,  so  verschiedenartig 
sind  die  Ausführungen  desselben  in  den  Einzelnheiten. 

Figuren  55  und  56  {a.  f.  8.)  stellen  eine  mit  Dampf  betriebene  Brflcken- 
winde  in   der  Mootirwerkstatt  der  Chemnitzer  Werkzeugmaschinenfabrilc 


56  Geräthe  zum  Heben  und  Transportiren. 

dar').  DieMlbe  ist  im  Stande,  Lasten  in  heben,  za  senken,  io  d«r  Lftn- 
genricbtung  und  in  der  Breitenrichtnng  des  Gebändei  fortEobewegen. 
Die  ganze  Masohiiie  bewegt  eicli  auf  den  Eisenbaliaschienen  //.  Die  auf 
dem  FabrgerüBte  m  befindliche  Winde  n  mit  Terscbiedenen  Vorgelegen 
und  Vorrichtongen  zum  £iD-  und  Auarfloken  iet  in  der  Breitenriobtung 
des  Gebäudes  beweglicb.  Von  einer  stationären  Dampfmaschine  wird  die 
Pig.  55. 


fang  zanScbst  aof  eine  Riemenscheibe  s,,  von  hier  ans  durch  einen 
Riemen  aufwärts  nach  der  Scheibe  Sj  übertragen,  deren  Welle  auf  den 
Böcken  q  gelagert  ist.  Anf  derselben  Welle  mit  der  Riemenacheibe  s^ 
sitzt  die  1  Meter  im  DurchmeBser  haltende  Schnurscheibe  p,  über  welche 


')  BUblmann,   Maaoliinenlehre,  Braoiucbweig  1875,   IV,  Bd.,    B.  480  ff. 
irnemann'B  CivUingeniaur,  Bd.  XVII  (Jeep). 


Brückenwinden.  67 

du  zum  Betriebe  deiKrtihns  dienende  Seil  ohne  Ende  yy.  gelegt  ist,  nad 
mit  welcher  eine  zweite  eben  so  grosse  Scheibe  am  andern  Ende  des 
Gebfindes  correspoodirt ;  h  ist  eine  Spannrorrichtang  Eam  Straff  halten 
des  Seiles.  Anf  der  Fahrbühne  werden  die  Scheiben  v  nod  w  sur  Füh- 
mag  des  Treibseilea  beoatzt,  während  die  Scheibe  u  die  Bewegung  des 
Krahiw  vermittelt. 

Fig.  Sfi. 


I)ie  Bühnen  der  Laufkrahce  sind  ans  Holz  oder  Schmiedeeisen,  sel- 
tener ans  Gntseiaen  gebaut.  Schmiedeeisen  dtkrfte  in  den  meisten  Fäl- 
len daa  geeignetste,  wenn  auch  theuerste  Material  sein;  Gusseisen  macht 
die  Constroction  schwerföllig,  besondera  wenn  die  Spannweiten  bedeutend 
sind;  Hols  ist  der  Abnutzung  anagesetzt,  verringert  aber  das  Gewicht, 
WAS  bei  kleinen,  durch  Manschenkraft  bewegten  Bühnen  immerhin  in 
Betracht  zu  oiehen  ist. 


58  Geräthe  zum  Heben  und  Transportiren. 

Der  Mechanismns  der  Bewegungstheile  ist  ein  verhältniaBmäwig  ein- 
facher für  Handbetrieb,  ein  oft  recht  complicirter  fär  Dampfbetrieb. 

Bei  Betrieb  durch  Dampf  kraft  lässt  sich  die  von  einer  stationären 
Dampfmaschine  ausgehende  Arbeit  ebensowohl  durch  ein  Seil  ohne  Ende 
(wie  in  dem  gegebenen  Beispiele  Figuren  55  und  56),  als  durch  eine  lange, 
in  der  Bewe^ungsrichtung  der  Bühne  gelagerte,  durch  eine  entsprechende 
Anzahl  schwingender  Lager  gestützte  Welle  auf  den  Lanf  krahn  übertragen. 
Ein  auf  der  Welle  befindliches  Getnebe,  welches  Yon  einem  an  der  Bühne 
befindlichen  Mitnehmer  gezwungen  wird,  die  Längsbewegung  derselben 
mitzumachen ,  mit  einem  Schlüssel  (Nase ,  Feder)  aber  in  eine  auf  die 
ganze  Länge  der  Welle  eingearbeitete  Längsnute  derartig  eingreift,  dass 
es  auch  während  der  Verschiebung  die  Drehungen  der  Welle  mitmacht, 
treibt  die  Hauptwelle  des  Krahns  und  von  dieser  aus  die  verschiedenen 
Bewegungsmechanismen. 

Drei  Stück  derartige  Laufkrahne  mit  Wellenbetrieb,  einer  für 
500  Ctr.,  zwei  für  je  300  Ctr.  Belastung,  von  L.  Stuckenholz  in  Wet- 
ter a.  d.  Ruhr  gebaut,  befinden  sich  in  der  neuen  Eisen giesserei  der 
Chemnitzer  Werkzeugmaschinenfabrik  zu  Chemnitz. 

Nach  den  Beobachtungen  des  Verfassers  dürften  Krahne  mit  Wellen- 
betrieb denen  mit  Seilbetrieb  im  Allgemeinen  vorzuziehen  sein.  Ab- 
gesehen von  dem  grössern  Arbeitsverbrauche,  den  der  Leergang  bei  Sei- 
len unzweifelhaft  verursacht  ^) ,  ist  ein  öfters  Schadhaft  werden  der  Seile 
in  Folge  der  raschen  Bewegung  derselben  (2  bis  4  Meter  per  Secunde) 
und  dadurch  eintretende  Betriebsstörungen  unausbleiblich.  Auch  wenn 
man  die  Kosten  für  den  Ersatz  oder  die  Reparatur  der  Seile  unbe- 
rücksichtigt lässt,  können  solche  Betriebsstörungen  recht  empfindliche 
Folgen  haben. 

Weit  seltener  als  die  Uebertragung  der  Arbeitsleistung  einer  sta- 
tionären Maschine  durch  Welle  oder  Seil  auf  den  Lauf  krahn  und  auch 
jedenfalls  weniger  zweckmässig  ist  die  Aufstellung  einer  eigenen  Ma- 
schine mit  Kessel  auf  der  Bühne  selbst. 

Um  bei  gleichem  Arbeitsaufwande  durch  eine  und  dieselbe  Hebe- 
vorrichtung sowohl  schwerere  Lasten  mit  geringer  Geschwindigkeit  als 
leichtere  Lasten  mit  grösserer  Geschwindigkeit  heben  und  fortbewegen 
zu  können,  ohne  die  normale  Geschwindigkeit  des  Motors  (Menschenkraft 
oder  Dampfmaschine)  verändern  zu  müssen,  versieht  man  jede  dieser 
Maschinen  mit  mindestens  zwei  verschiedenen,  ausrückbaren  Getriebe- 
systemen.  Bei  Krahnen  und  Winden  für  Handbetrieb  erreicht  man  die- 
sen Zweck  gewöhnlich  auf  die  in  Fig.  57  skizzirte  Weise;  steckt  man 
die  Kurbel  auf  die  Welle  des  Rades  c ,  so  findet  einmalige  Uebersetzung 


^)  Ueber  den  Arbeits  verbrauch  im  Leergang  bei  Beilbetrieb  siehe:  H  artig, 
Versuche  über  Leistung  und  Arbeitsverbrauch  von  Werkzeugmaschinen,  Leip* 
zig  1873,  S.  43  u.  226.  Bei  zwei  Krahnen  mit  Seilbetrieb  betrag  der  Arbeits- 
verbrauch im  Leergange  4,18  und  3,04  Pferdestärken. 


Krahne  und  Brückenwinden.  69 

statt,  (gewdlmlich  annihernd  nach  dem  Verhftltniasa  1  :  6);  at«ckt_mMi 
sie  sof  die  Welle  toh  a,   ao  findet  sweim&liga  Uebersetzung  statt     Im 
Pig.  57, 


erstem  Falle  wird   a  eiDhch    durch   seitliche  Verschiebaog  der  ganten 
Weite  auegerückt. 

Die  Geschwindigkeit  der  horizontalen  Bewegung  wird  bei  Hand- 
betrieb leicht  durch  die  Hand  selbst  geregelt ;  bei  BrQcken winden  mit 
Dampfbetrieb  und  groBser  Spannweite  richtet  man  anch  für  die  Hori- 
zontal bewegnng  der  Katze  bisweilen  zwei  Geschwindigkeiten  ein ,  wäh- 
rend die  Bewegang  der  ganzen  Bühne  ohnehin  nur  eine  ziemlich  lang- 
same sein  darf. 

AU  zweckmässige  Geschwindigkeiten  der  verschiedenen  Bewegungen 
wird  man  rechnen  könneo : 

Für  den  Hnb  Hozi mal gesch windigkeit     3,6  m  per  Hinute 

Hinimolgescb windigkeit     0,6  „      n  • 

Horiaontal-Querbewegung,  maximAl       20     „     ,  „ 

minimal  Sun  n 

Horizontal-Längebewegang  S     n     «  n 

Häufig  tritt  aber  der  Fall  ein ,  dass  —  besonders  bei  der  Vertical- 
bewegnng  —  eise  momentane  Veriangaamung  der  geringsten  Normal- 
gescbwiudigkeit  nöthig  wird-  Wenn  z.  B.  zwei  Theile  eines  schweren 
Arbeitsstücks  in  genau  Torgeschrie bener  Lage  auf  einander  gesetist  wer- 
den sollen,  wenn  ein  Modell  aas  derGussform  gehoben  werden  soll,  wenn 
Kerne  in  dieselbe  gelegt  werden  sollen,  und  in  &bnlichen  F&lleu  wird 
in  dem  Augenblicke,  bevor  die  Berübnuig  stattfindet,  eine  sehr  lang- 
same Bewegung  nöthig,  nm  BeschSdigungen  des  Arbeitsstücks  tu  ver- 
hüten. 

Bei  Handbetrieb  ist  eine  solche  Verlangsamung  ohne  Schwierigkeit 
durch  langsameres  Kurbeln  zn  erreichen ;  bei  Dampfbetrieb  mit  stationä- 
rer HMcbine  mass  eine  geeignete  Bremsvorriobtung  vorhanden  und  die 
Kupplnngsvorrichtungen  derartig  besobaffen  sein,  doss  nur  die  Bewegung 


60  Geräthe  zum  Heben  und  Transportiren. 

der  HebeTorrichtang  gehemmt  werden  kann,  ohne  die  Geschwindigkeit 
des  Motors  zu  beeinflussen. 

Eine  BremsYorrichtang  darf  übrigens  auch  bei  Handkrahnen  und 
Winden  niemals  fehlen,  um  beim  Niederlassen  schwerer  Lasten  der  Be- 
schleunigung der  Schwere  entgegen  zu  wirken. 

Für  völligen  Stillstand  mit  schwebender  Last  —  ein  Fall , .  welcher 
Öfter  vorkommt  —  wird  die  Bremse  zweckmässig  durch  eine  Sperrvor- 
richtung  ergänzt,  falls  nicht  die  Construction  der  Winde  an  und  für  sich 
ein  selbstthätiges  Abrollen  der  Last  unmöglich  macht  (Betrieb  durch 
Schraube  und  Schneckenrad). 

Hinsichtlich  der  Einzelheiten  in  der  Construction  der  yerschiedenen 
Bewegungsmaschinen  der  Brücken  winden,  welche  eingehender  zu  erläu- 
tern hier  nicht  der  Ort  sein  kann,  muss  auf  die  unten  angegebene  Lite- 
ratur verwiesen  werden. 

Wenn  die  Frage  zu  beantworten  ist,  ob  Drehkrahn  oder  Brücken- 
winde für  einen  vorliegenden  Zweck,  d.  h.  zur  Unterstützung  der  Arbei- 
ten innerhalb  eines  geschlossenen  Raumes  vortheilhafler  sei  (von  den 
freistehenden  und  beweglichen  Krahneu ,  welche  nur  für  besondere  Fälle 
geeignet  sind,  sehen  wir  von  vornherein  ab),  so  kommen  dabei  folgende 
Umstände  in  Betracht. 

Die  Yortheile  einer  Brückenwinde  gegenüber  einem  Drehkrahne  sind: 
die  Möglichkeit,  eine  grössere  Fläche  zu  bestreichen,  wenn 
die  Laufbahn  entsprechend  weit  ausgedehnt  wird; 

der  Wegfall  jeder  Platzbeengung  im  Arbeitsraume ,  während 
bei  einem  Drehkrahne    eine  Fläche   von  ungefähr   IV3  Meter 
Durchmesser,  die  von  der  Säule  und  Winde  eingenommen  wird, 
für  die  Arbeit  unbenutzt  bleiben  muss. 
Diesen  Lichtseiten  der  Brückenwinden  stehen  aber  auch  Schatten- 
seiten gegenüber. 

Je  länger  der  Raum  ist,  welcher  von  der  Brücken  winde  be- 
dient werden  soll,  desto  grösser  ist  der  Arbeitsaufwand  und 
Zeitverlust,  um  sie  von  einem  Ende  dieses  Raumes  zum  andern 
zu  transportiren.  Je  häufiger  dieselbe  daher  benutzt  werden 
soll,  auf  einen  desto  kleinern  Raum  darf  ihre  Thätigkeit  sich 
erstrecken. 

Die  Heretellong  der  Laufbahn  in  ausreichender  Höhe  beein- 
flusst  gewöhnlich  die  Gebäudeconstruction  in  erheblicher  Weise 
und  vertheuert  die  ganze  Anlage  nicht  unerheblich. 

Die  Bedienung  einer  Brückenwinde  pflegt  umständlicher  als 
die  eines  Drelikrahns  zu  sein,  selbst  in  solchen  Fällen,  wo  die 
Bewegung  vom  Boden  des  Arbeitslocals  aus  mit  Hülfe  von  Ket- 
tenrädern mit  endlosen  Ketten  —  also  durch  Menschenkraft  — 
erfolgen  kann,  was  jedoch  nur  bei  den  kleinsten  Brückenwinden 
ausfiihrbar  sein  dürfte.  Geschieht  die  Bedienung  von  oben,  so 
ist  der  totale  Arbeitsaufwand  und  Zeitverlust  schon  in  Folge  des 


Krahne  und  Brückenwinden.  61 

nothwendigeA  Hinauf-  und  Hinabsteigens  der  Arbeiter  ein  gpr^se- 
rer.  Je  öfter  dieses  Auf-  und  Absteigen  erfolgt»  d.  b.  je  öfter 
der  Krabn  ausser  Tbätigkeit  kommt  nnd  die  Eur  Bedienung  des- 
selben erforderlicben  Arbeiter  sieb  anderweitig  bescbäftigen  (was 
bei  Drebkrabnen  sebr  leicbt  zu  erreicben  ist),  desto  grösser  ist 
der  Zeitverlust. 

Der  Vortbeil  des  gi'össern  Wirkungsfeldes  einer  Brückenwinde 
für  das  Fortscbafien  von  Lasten  lässt  sieb  annäbernd,  wie  früber 
gezeigt,  aucb  durcb  ein  System  mebrerer  Drebkrabne  erreicben, 
deren  Anlagekosten  in  Summa  oft  diejenigen  einer  einzigen 
Brückenwinde  nicbt  übersteigen  dürften. 

Wenn  es  sieb  also  darum  bandelt,  entweder  eine  oder  die  andere 
Yorricbtung  zu  wäbleH,  wird  man  sieb  nur  dann  für  eine  Brücken  winde 
entscbeiden,  wenn  es  die  Hauptaufgabe  ist,  im  Arbeitslocale  einen  durcb-« 
aus  unbeengten  grossem  Raum  zu  scbaffen,  dessen  gesammte  Grund- 
fläcbe  von  der  Hebevorricbtnng  bestrieben  werden  kann.  Dieser  Fall 
kommt  z.  B.  in  Montirongsräumen  vor,  wo  Drebkrabne  im  Wege  steben 
nnd  das  öfter  vorkommende  Fortscbaffen  der  Lasten  auf  längere  Entfer- 
nungen nur  in  umstftndlicberer  Weise  ausfübren  würden. 

Wo  dagegen  eine  leicbte,  durcb  den  Metallarbeiter  selbst  auszufüb- 
rende  Bedienung  die  Hauptsacbe  ist,  und  wo  der  Kostenpunkt  der  An- 
lage mitspricbt,  z.  B.  in  kleinen  Giessereien,  wird  man  meistens  den 
Drebkrabn  vorzieben. 

Recbt  zweckmässig  aber  kann  für  grosse  Fabriken,  insbesondere 
Giessereien,  bei  deren  Anlage  auf  Vertbeuerung  der  baulieben  Anlagen 
weniger  Rücksiebt  genommen  zu  werden  braucbt,  die  jetzt  vielfacb  an- 
gewendete Einricbtung  sein,  bei  welcber  man  die  Arbeit  kleinerer  Dreb- 
krabne durcb  eine  oder  mebrere  grosse  Brückenwinden  unterstützt  und 
ergänzt,  derartig,  dass  erstere  für  die  kleineren  fortlaufenden  Arbeiten 
an  bestimmten  Plätzen}  letztere  zum  Transportiren  grosser  Lasten  auf 
weitere  Entfernungen  benutzt  werden.-.  Die  zum  Tragen  der  Laufbabn 
für  die  Brüokenwinde  dienenden  Säulen  bilden  in  diesem  Falle  zugleicb 
die  Stützen  der  Drebkrabne. 

Aus  Fig.  58  (a.  f.  S.),  welcbe  den  Querscbnitt  der  sebon  erwäbnten 
Giesserei  der  Cbemnitzer  Werkzeugmascbinenfabrik  in  Vs60  der  wirk- 
lieben Grösse  darstellt,  ist  eine  solcbe  Anordnung  ersicbtlicb.  Es  ist 
bier  Ä  der  Lauf  krabn  mit  Wellenbetrieb,  BB  die  Drebkrabne. 

Auch  die  Frage,  ob  Menscbenkraft  oder  Dampfkraft  für  die  Anlage 
eines  oder  mebrerer  Krahne  oder  Brückenwinden  in  Betracht  zu  ziehen 
sei,  kann  mannigfachen  Erwägungen  unterliegen. 

Wenn  es  anerkannt  ist,  dass  ein  Betrieb  mit  Dampfkraft  im  Allge- 
meinen gegenüber  der  Anwendung  menschlicher  Arbeit  um  so  vortbeil- 
bafter  erscheint,  je  vollständiger  die  Ausnutzung  der  Dampfmaschinen- 
anlage  und  je  grösser  die  zu  leistende  Arbeit  ist,  so  erscheint  diese  That- 


63  ßeräthc  zum  Heben  und  Traneportiren. 

■sehe  in  doppelt  hellem  Lichte,  wenn  Dampf  Icraft  fftr  Knthn-  nnd  Winden- 
betrieb angewendet  werden  solL  ^ 


ninnius  dpr  Maschine  wird  coinplicjrter,  die  Bedienung 
<  Reparatnren  häufiger,  die  Unterhaltungskosten  hfiher. 
le  tritt  am  so  greller  hervor,  je  einfacher 


Krahne  und  Brückenwinden.  63 

die  Gonstruction  und  Bedienung  bei  dem  Handbetriebe  sein  würde.  Ans 
diesem  Grande  finden  wir  die  an  und  für  sich  einfachen  stabilen  Dreh* 
krahne  für  Handbetrieb,  deren  Bedienung  durch  den  arbeitenden  Hand- 
werker selbst  geschehen  kann,  nur  selten  durch  Drehkrahne  mit  Dampf- 
betrieb ersetzt.  Nur  in  Fällen,  wo  die  Anzahl  der  bei  der  Verarbeitung 
des  Metalls  beschifkdgten  Arbeiter  zur  Bedienung  des  Krahns  nicht  aus- 
reicht, oder  wo  sich  die  erforderliche  Leistung  des  Krahns  auf  solche 
Zeitabschnitte  concentrirt,  in  denen  jene  Arbeiter  ihre  Kräfte  gerade  der 
eigentlichen  Verarbeitung  des  Metalls  zuwenden  müssen,  mithin  die  An- 
stellung besonderer  Krahnarbeiter  erforderlich  sein  würde,  kann  die  An- 
wendung von  Dampfkraft  für  feststehende  Krahne  erspriesslich  sein.  So 
in  grossen  Schmiedewerkstätten,  beispielsweise  für  Grussstahlblöcke,  wo 
der  Krahn  das  schwere  Arbeitsstück  zu  heben  und  zu  wenden  hat,  wäh- 
rend es  bearbeitet  wird,  wo  es  dann  rasch  vom  Hammer  in  den  Ofen 
und  aus  dem  Ofen  unter  den  Hammer  geschafft  werden  muss,  und  in 
ähnlichen  Fällen. 

Häufiger  begegnen  wir  der  Anwendung  von  Dampfkraft  bei  dem 
Betriebe  der  Brückenwinden,  deren  Bedienung,  wie  erwähnt,  auch  bei 
Handbetrieb  schwieriger  zu  sein  pflegt,  als  die  der  feststehenden  Krahne. 
Je  unausgesetzter  die  Brückenwinde  in  Thätigkeit  ist,  je  schwerer  die 
damit  zu  hebenden  und  transportirenden  Lasten  sind,  als  desto  vortheil- 
hafter  wird  sich  ein  Betrieb  mit  Dampfkrafb  herausstellen.  Denn  auch 
hierbei  darf  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden,  dass  die  Anlagekosten 
durch  Einrichtung  für  den  Betrieb  mit  Dampf  erheblich  wachsen;  dass 
zur  Führung  der  Dampfwinde  mindestens  ein  erfahrener  Mann  erforder- 
lich ist,  welcher  seine  ganze  Zeit  dieser  Obliegenheit  widmen  muss,  ab- 
gesehen von  den  zur  Bedienung  des  Kessels  und  der  Betriebsdampf- 
maschine erforderlichen  Leuten;  dass  endlich  die  Gesammtkosten  für 
Schmiermaterial,  Ersatzstücke  an  den  Theilen  der  Maschine  und  Trans- 
mission höher  ausfallen,  als  bei  dem  einfachem  Betriebe  durch  Men- 
schenkraft. 

Man  kann  daher  als  Endresultat  dieser  Erwägungen  und  der  aus 
der  Wirklichkeit  entnommenen  Erfahrungen  den  Schluss  ziehen: 

dass  für  kleine  Anlagen  der  Betrieb  der  Krahne  und  Winden 
durch  Meuschenkraft  fast  ohne  Ausnahme  den  Vorzug  verdient; 
dass  für  Anlagen  mittlerer  Grösse  auch  in  den  meisten  Fällen 
sich  Menschenkraft  als  die  billigere  herausstellen  wird; 

dass  für  grosse  Anlagen  Dampfkraft  zur  Förderung  der  Ar- 
beit beitragen,  dadurch  indirect  ersparend  wirken  und  aus 
diesem  Grunde  zweckmässig  sein  kann,  eine  directe  Erspa- 
rung aber  kaum  dadurch  erreicht  werden  wird. 


64 


Balanciere 


Wenn  man  lange  Gegenstände  in  horisontaler  Lage  emporenEiehen, 
niederzulassen  nnd  fortzubewegen  hat  —  ein  Fall,  welcher  besonders  in 
Giessereien  häufig  yorkommt  — ,  so  würde  das  Aufhängen  dieser  langen 
Arbeitsstücke  unmittelbar  an  dem  Haken  des  Krahns  oder  der  Winde 
Unbequemlichkeiten  yerursaohen  und  die  horizontale  Lage  schwierig  zu 
erhalten  sein.  Man  hängt  in  solchen  Fällen  zwischen  Krahnhaken  und 
Arbeitsstück  ein  Zwischenstück  ein,  welches  Balancier  genannt  wird 
und  besonders  in  Giessereien  ein  unentbehrliches  Ergänznngsstück  zu 
den  Krahnen  und  Winden  bildet. 

Die  Figuren  59  und  60  yeranschaulichen  die  üblichste  Form  solcher 
Balanciers;  sie  werden  gewöhnlich  aus  Eisen  gegossen,  die  Vorrichtung 
zum  Aufhängen  natürlich  geschmiedet;  nur  für  sehr  grosse  Lasten  fertigt 
man  die  Balanciers  aus  Schmiedeeisen. 

Fig.  59. 


Bei  dem  stabilen  Gleichgewichtszustände  des  Balanciers,  insbeson- 
dere des  in  Fig.  59  gezeichneten,  erträgt  derselbe  ziemlich  ungleich- 
massige  Belastungen,  ohne  aus  der  horizontalen  Lage  gebracht  zu  werden. 
Die  lüinschnitte  an  der  Oberkante  dienen  zur  Verhütung  des  Gleitens  der 
aufgehängten  Last. 

Für  die  Querschnittsberechnung  gusseiserner  Balanciers  kann  man 
folgende  Formel  anwenden.     Wenn 

P  die  gesammte  am  Balancier  hängende  Last  in  Kilogrammen, 

L  der  Abstand  eines  Angriffspunktes  der  Last  von  dem  zunächst 
gelegenen  Aufhängepunkte  des  Balanciers  in  Metern,  Fig.  61, 

h  die  Breite  und 

/*  die  Höhe  des  rechtwinkligen  Balancierquerschnittes  in  Centimetern 
bedeutet,  so  nehme  man  für  den  gefährlichen  Querschnitt 


P=  1,6 


L 


oder  6Ä«  = 


P  .L 

1,6 


Beispiel.  Ein  Balancier  habe  als  grösste  Last,  der  Tragfähigkeit 
des  Krahns  entsprechend,  2000  Kilo  zu  tragen;  er  sei  in  der  Mitte  auf- 
gehängt (Fig.  62)  und  seine  ganze  Länge  (durch  die  Länge  der  zu  heben- 
den Arbeitsstücke  gegeben)  sei  3  m,  also  L  =  1 ,5  m,  so  ist 


Balanciers. 
2000  .  1,5 


Nimmt  man  nun  6  =  4  cm,  bo  erhält  mnn 
.  1875 


A  =  21  om. 
Um  UnglöokaftUe  dnrch  zu  Bchwere  Belastung  von  Balanciers  zn 
verhüten,  deren  jede  Oiesserei  eine  gröeaere  Anzahl  verechiedener 
GrÖBW  in  Bereitschaft  bu  halten  pflegt,  sollte  man  nie  versäumen,  die 
znUesige  Belaatnng  eines  jeden  derselben  mit  grosBen  Schriftzeichen  anf 
denselben  aofEngiessen  (siehe  die  Fignren  69  und  60). 
Fig.  60. 

Fig.  62. 


Zum  Anfhängen  der  Last  am  Balancier  dienen  sogenannte  Krahn- 
gehinge,  knrze  Seile  ohne  Ende  ans  Hanf  oder  Draht,  oder  anch  ent- 
sprechend gebogene  Gehänge  aas  Schmiedeeisen,  Fignren  63  nnd  64. 

Ds  die  Balaneiers  (tib  anch  manche  andere  Geräthe  der  Hetall- 
verarbeitnng)  nur  einen  einzigen  Anfbangepnnkt  zur  Befestigung  am 
Flasohenznge  des  Krahns  oder  der  Winde  besitxen,  so  ist  die  Anwen^ang 
von  Doppelhaken,  Fig.  64,  die  fQr  andere  Zwecke,  x.  B.  für  I^ekrahne, 
recht  zweckmässig  sein  können ,  für  Gieseereikrahne  und  Winden  durch- 
aus nnzweckmissig,  ein  Umstand,  der  ron  den  Constmctenren  dieser 
Maschinen  nicht  selten  unbeachtet  gelassen  wird. 

Literatur  über  Erahne  und  Brflckenwiaden: 
Weisbach,  Lehrbuch  der  Ingenieur*  uad  Maschinen mechanik,   Braun- 

schweig  1860,  Bd.  lU. 
Rahlmann,  Uaschinenlehre,  Brannsohweig  1875,  Bd.  IV. 

l»d*bmT,  DMbMinh-ncliUntilMlH  Twbiiolo(l*.  5 


66  Aufzüge. 

Abbildungen  ausgefübrter  Anlagen: 
Zeichnungen   der  Hütte,  Jahrgang  1864,  Tafel  16  (GieBsereikrahn  von 
200  Ctr.  Tragkraft). 
Jahrgang  1867,  Taf.  3. 
Jahrgang  1874,  Taf.  2  g. 

Jahrgang  1868,  Taf.  1  d  (Laufbühne  der  Kölnischen  Maschinenbau- 
gesellschaft). 
Jahrgang  1860,  Taf*  2  a  b  (Lanfkrahn  für  Handbetrieb  von  Wedding 

in  Berlin,  höchst  zweckmässig  construirt). 
Jahrgang  1868,  Taf.  23  ab,  Laufkrahn  der Montirungswerkstait  von 
Hoppe  in  Berlin. 
Wiebe,  Skizzenbuch,  Hefb  1,  2,  6,  9,  16. 

Le  Blanc,  Recueil  des  machines,  4  Partie,  Pag.  39  (beweglicher  Erahn). 
Engineer,  Oct.  1867  und  Juli  1870  (beweglicher  Dampf krahn  mit  eige- 
nem Kessel,    auch   in    Rühlmann*s  Maschinenlehre  Bd.  IV, 
S.  472. 
GiyiMngenieur  Bd.  17  (Zimmermann'scher  Lanfkrahn). 


Aufzüge.  Wenn  Lasten  auf  einer  und  derselben  Stelle  auf  grössere 
und  dabei  stets  gleiche  Höhe  gehoben  werden  sollen,  bedient  man  sich 
der  Aufzüge. 

In  den  Fabriken  der  Metallverarbeitung  werden  die  Aufzüge  ange- 
wendet, theils  um  Geräthe  und  Materialien  in  hoch  gelegene  Aufbewah- 
rungsr&ume  zu  schaffen  (z.  B.  die  Modelle  der  Giessereien) ,  theils  um 
schachtförmigen  hohen  Schmelzöfen  (den  Cupolöfen  der  Giessereien) 
den  Bedarf  an  Schmelzmaterialien  zuzuführen.  Da  die  hoch  gelegene 
£in8chüttöffnung  dieser  Oefen  „ Gicht ^  genannt  wird,  so  heissen  die  f£kr 
diesen  besonderen  Fall  bestimmten  Aufzüge  Gichtaufzüge. 

Diese  Gichtaufzüge,  als  die  am  meisten  gebräuchlichste  Gattung 
der  Aufzüge  überhaupt,  sollen  in  Folgendem  vorzugsweise  ins  Auge 
gefasst  werden. 

Die  einfachste  Form  ist  der  Handhaspel  mit  zwei  Kurbeln.  Die 
stündliche  Leistung  eines  Arbeiters  an  einem  zweckmassig  angelegten 
Handhaspel  ist  auf  22  950  Meterkilogramme  berechnet. 

Dürre  weist  nicht  mit  Unrecht  darauf  hin^),  dass  der  Haspel  gegen- 
über dem  einfachen  Hochziehen  am  Seile  nicht  viel  Nutzen  bringe ,  weil 
eine  eigentliche  Ersparung  an  Arbeit  nicht  stattfindet.  Der  einzige 
Vortheil  des  Haspels  liegt  darin,  dass  man  schwerere  Lasten  mit  einem 
Male,  jedoch  immerhin  in  dem  bestimmten  Verhältnisse  langsamer,  empor- 
zuziehen im  Stande  ist.  Dadurch  verringert  sich  die  Zahl  der  leeren 
Niedergänge,  also  des  unvermeidlichen  Zeitverlustes. 

Aus  diesem  Grunde  findet  man  weit  häufiger  die  Anwendung  der 
durch  Elementarkraft  —  meistens  Dampfkrafb  —  betriebenen  Aufzüge. 


^)  Dürre,  Handbuch  des EisengiessereibetriebeB,  Leipzig  1870,  I.Bd.,  8.648. 


Gichtau&üge.  67 

Mit .  den  grossen  Aufsügen  der  Hochöfen  haben  die  Gichtanßsüge 
der  Cupolöfen  das  gemein,  dass  eine  Plattform  —  Förderschale  ge* 
nannt  —  zur  Aninahme  der  Last  dient  und  in  geeigneter  Weise  empor- 
gehoben wird;  sie  unterscheiden  sich  von  jenen  gemeiniglich  dadurch, 
dass  sie  in  Anbetracht  geringerer  Habhöhe  nur  eine  einzige  Förderschale 
za  besitzen  pflegen,  während  die  Hochofenaufzüge  meistens  doppelt  wir- 
kend, d.  h.  mit  zwei  Förderschalen  versehen  sind,  Yon  denen  die  eine 
aufsteigt,  während  die  andere  sinkt 

Eine  übliche  Gonstruction  der  Gichtaufzüge  entsteht,  wenn  die  Förder- 
schale an  einem  Seile  oder  einer  Eetie  emporgezogen  wird,  welches  über  eine 
oben  befindliche  Trommel  oder  Scheibe  geschlungen  ist  und  durch  deren 
Drehung  nach  rechts  oder  links  aufwärts  oder  abwärts  bewegt  wird.  Um 
das  Gewicht  der  Förderschale  auszugleichen,  empfiehlt  sich  die  Anwen- 
dung einer  Scheibe  (statt  der  Trommel)  und  die  Belastung  des  zweiten 
Endes  der  Kette  oder  des  Seiles  mit  einem  Gegengewichte.  Ist  in  dem 
Arbeitslocale  eine  yon  einer  stationären  Dampfmaschine  (Wasserrad, 
Turbine)  betriebene  Transmissionswelle  vorhanden,  so  wird  sich  meistens 
ohne  Schwierigkeit  ein  Anschluss  von  dieser  an  die  Welle  der  Seil-  oder 
Eettenscheibe  erreichen  lassen,  so  dass  der  Betrieb  des  Aufzuges  von  der 
Transmission  aus  bewirkt  wird.  In  den  meisten  Fällen  wird  sich  eine 
solche  Einrichtung  als  recht  zweckmässig  erweisen.  Einen  derartigen 
Aufzug  stellen  die  Abbildungen  Figuren  66  bis  68  (S.  68  bis  70)  in  Yeo  der 
wirklichen  Grösse  dar^).  Die  Förderschale  Ä  wird  durch  die  zwei  Ket- 
ten XX  getragen  und  zwischen  den  vier  Führungen  BB..  senkrecht  auf 
und  nieder  bewegt.  Die  Ketten  gehen  Über  die  Kettenräder  CC  und 
tragen  an  ihrem  andern  Ende  das  Gegengewicht  D.  Yon  der  vorhande- 
nen Transmission  aus  geht  ein  offener  und  ein  gekreuzter  Kiemen  nach 
den  Riemenscheiben  A;,  Z,  m,  von  denen  h  und  I  lose,  m  fest  auf  der  hori- 
zontalen Welle  p  angebracht  sind.  Zur  Verschiebung  der  Riemen  dienen 
die  Riemengabeln  n  und  o.  Je  nachdem  also  der  eine  oder  der  andere 
Riemen  auf  m  geschoben  wird,  erfolgt  Drehung  nach  einer  oder  der 
andern  Seite;  Stillstand  tritt  ein,  wenn,  wie  in  Fig.  66,  beide  Riemen 
auf  den  Losscheiben  laufen.  Auf  der  Yerlängemng  der  Welle  p  befindet 
sich  die  Schnecke  g  und  überträgt  die  Bewegung  auf  das  Schneckenrad 
Hj  welches  auf  der  Welle  der  Kettenscheibe  befestigt  ist,  somit  auch 
diese  in  Umdrehung  versetzt  und  dadurch  die  Förderschale  hebt  oder  senkt. 

Die  Ein-  und  Ausräckung  erfolgt  in  folgender  Weise,  lieber  das 
verzahnte  Rädchen  s  ist  eine  kurze  Kette  gelagert,  an  deren  Enden  zwei 
Stangen  vvi  herabhängen.  Diese  Stangen  sind  so  lang  wie  das  Aufzug- 
haus hoch  und  sind  auch  unten  durch  eine  Kette  verbunden,  welche  um 
ein  gleiches  Zahnrad  als  8  herumgeführt  ist.  Wenn  eine  dieser  Stangen 
gehoben  oder  gesenkt  wird,  muss  die  andere  sich  natürlich  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  bewegen,  und  es  erfolgt  eine  entsprechende  Drehung 


1)  Von  der  Chemnitzer  Werkzeugmaschinen&brik  in  Chemnitz  gebaut. 


6S  Gichtaufzüge. 

des  Rädchens  S,  Diese  Drebung  wird  durch  die  zwei  kleinen  Rieinenacheiben 
rr  mit  dem  Riemen  r,  auf  da«  Teriahat«  Rädchen  a  übertragen  (Fig.  68) 
a  greift  aber  in  entsprechende  Zähne  der  Schien«  h,  bewirkt  also  eine 

Fig.  se. ' 


Verschiebnng  derselben  and  somit  der  Riemengaheln  n  nnd  o.  Dia  Ein- 
räckuDg  der  Riemen  fOr  Aaf-  and  Niedergang  der  Förderschale  wird  also 
in  ein^bster  Weiae  durch  die  Hand  des  Arbeiters  mit  Hülfe  der  Stan- 
gen V  und  Vi  besorgt.  Eine  selbstthätige  Ausrüokang  dea  Riemens  mit 
Beendigung  des  Hubes  erfolgt  mit  Hälfe  der  Naae  e  an  der  Stange  tj, 
welche  von  der  Förderschale  ergriffen   wird ,  kurz  bevor  dieselbe  ihren 


Gichtaufzüge.  69 

hdohst«D  Stftnd  erreicht  hat,  wodurch  eine  Verechiebong  der  Stange  be- 
wirkt wird.  Eine  gleiche  Vorrichtung  am  nntem  Ende  der  Stange  be- 
wirkt AoBrQckang  bei  Beendigung  des  Niedergange. 

Endlich  sitzt  noch  auf  der  Riemenscheiben  well  e  p  eineBremsscheibe 
/  mit  d&raber  liegendem  Bremabande  d.     Das  eine  Ende  dieses  Brems- 
jfj-_  fj^  bandes  ist  an  dem  Lagerstuhle  der  Welle, 

das  andere  an  der  Schiene  e  befestigt 
(Fig.  68,  a.  f.  S.).  Diese  Schiene  dreht  sich 
mit  einem  Ende  in  einem  Scharnier,  das 
andere  ruht  anf  der  exaeDtrischen  Scheibe 
c,  welche  mit  dem  Rfidchen  a  anf  der- 
selben Welle  sitzt.  Die  Stellung  Ton  c 
ist  eine  solche,  dass  in  dem  Augeublicke, 
wo  die  Riemen  auf  die  I.oBscheibe  ge- 
schoben werden,  die  Maschine  also  lam 
Stehen  kommt,  das  Bremsband  durch 
Niederfallen  der  Schiene  angezogen  wird, 
es  sich  aber  hebt  und  die  Bremsscheibe 
freiläest,  sobald  Einrückung  der  Riemen 
erfolgt. 

Statt  der  bölzemen  Förderschale  und 
FOhrnngsstangen  wendet  man  zweck- 
mässig eiserne  Theile  an,  wenn  der  Auf- 
zug znr  Forderung  von  Roheisen,  Koks 
und  dergleichen,  also  zur  Bedienung  von 
Gnpolöfen  bestimmt  ist.  _ 

Wenn  eine  Transmission  nicht  vor- 
handen oder  mit  dem  Aufzuge  nicht 
ohne  Schwierigkeit  in  Verbindung  eu 
bringen  ist,  wohl  aber  ein  im  Betriebe 
erhaltener  Dampfkessel  in  der  Nähe  des 
Aufzuges  sich  befindet  und  im  Stande 
ist,  den  erforderlichen  Dampf  für  den 
Betrieh  des  Aufzuges  ahaugefaen,  so  kann 
man,  wie  es  bei  Hochöfen  üblich  und 
durch  Fig.  69  (a.  f.  3.)  Teranschaulioht 
ist,  eine  kleine  zum  Umsteuern  einge- 
richtete Dampfmagcliine  ausschltesBlich 
für  den  Betrieb  der  am  Seile  oder  an 
der  Kette  hängenden  Förderschale  auf- 
stellen und  durch  Kurbel  und  Schub- 
stange die  Seilscheibe  bewegen. 
Bei  der  geringen  Hubhöhe  jedoch,  welche  die  Aufzüge  für  Cnpol- 
dfen  und  mechanische  Werkstätten  zu  beaitien  pflegen,  dürfte  eine  der- 
artige Errichtung  weniger  zweckmissig  sein,  als  eine  solche,  bei  welcher 


Gichtaafzäge. 

Fig.  08.  mit  Umgehung  der'Seil- 

oder  Kettetucheibe,  der 
SchnbaUnge  and  Ear- 
bel,  die  Bewegung  direct 
▼on  der  Kolbenstange 
dea  D»ropfcylindera  ttaf 
da«  Seil  oder  die  Kette 
flbertrAgen  wird.  Die 
Ein  rieh  ta  Dg  eines  sol- 
chen AufaugM  für  den 
Betrieb  der  Cnpolöfen 
in  Usenbarg ')  ist  durch 
di«  Figuren  70  und  7 1 
gegeben. 

ng-  <B-  A  ist  ein  einfach  wir- 

kender Dam  pfcy  linder, 
welchem  der  Dampf 
dnrch  den  Schieber- 
kästen  B  zugeführt  wird. 
Die  nach  unten  gerich- 
tete Kolbenstange  trägt 
an  ihrem  Ende  die 
Flaschenzogrolle  C,  mit 
zwei  Klauen  'in  senk- 
rechte FOhrongen  grei- 
fend, um  sie  vor  Schwan- 
kuDgen  2U  schütsen. 
Um  die  Rolle  C  ist  das 
hei  a  befestigte  Seil 
(Kette)  geschlungen, 
welches  von  hier  aus 
über  die  feste  Rolle  E, 
dann  nach  obea  über 
eine  zweite  feste  Rolle 
F  läaft,  nm  mit  dem 
andern  Ende  d  an  der 
Förderschale  befestigt 
xa  werden.  Es  ist  leicht 
ersichtlich,  dasa,  sobald 
Dampf  unter  den  Dampf- 
kolben  tritt  iind  diesen 


>)  Ton  der  OrXfiioh 
Stolberg'ichen  Haschüien- 
fabrik  zu  Ibenbnrg  getraut. 


Gicbtaulzüge.  71 

hebt,  aach  die  Förderscbale  g«lioben  werden  mnss,  aber  in  Folge  der 

Wirkung  der  RuUe    C  mit  doppelter  Geschwindigkeit   nnd  daher   auch 

den   doppolten   Weg  lorücklegend  ala    der  Dampfkolben.      Ein  Gegen- 

Pig.  70. 


gewicht  H  gleicht  du  Gewicht  der  FSrderscbale  annähernd  ans ,  so  dasa 
dieselbe,  wenn  man  den  Dampf  anter  dem  Kolben  entweichen  lässt,  lang- 
sam sinkt.  Dnrch  Regalimng  dea  Dampfaugflnssee  Uast  sich  abrigens 
der  Niedergang  der  Schale  beliebig  TerzQgern.     Die  Dampfeinströmong 


72  Gichtaufzüge. 

ist  bei  X,  die  Aautrftmang  boi  jr.      Der  Hebel  q  dient  cnr  Stenerong, 
welche  mit  Hülfe  eines  gewShnliobeo  MiucbelBckiebera  bewirkt  wird. 

Sogenannt«  WuaertonnenaufsQge ')  kommen  bei  CapolAfen  oder  för 
andere  Zwecke  der  Uetallverarbeitnng  sehr  aelten  vor,  würden  auch  ans 
jii__  7i_  verechiedenen  Gründen   kei- 

nesfalle  empfehlenawerth  da- 
I  für  sein. 

<  Hftnfiger  finden  eich  wirk- 

liche hydranliache  Au&ftge, 
bei  denen  die  Förderschale 
an  dem  obem  Ende  «ines 
hydranliflcken  Kolben«  be- 
festigt ist,  der  durch  Wasaer- 
druck  in  einem  Cylinder  ge- 
hoben  wird.  Der  hydrau- 
lische Cylinder  steht  also 
»ertiefl  und  der  Kolben  hat 
dieselbe  Hnbhöhe  wie  die 
Schale,  wenn  man  nicht  vor- 
zieht, die  Schale  an  ein  Seil 
zu  hängen,  und  in  ähnlicher 
Weise  wie  bei  dem  beschrie- 
benen Ilsenbnrger  An&uge, 
dnroh  Einschaltung  einer  oder 
mehrerer  Flaschen  Zugrollen 
den  Weg  des  Kolbens  abzu- 
kürzen. Denkt  man  sich  an 
Stelle  des  Dampfcylinders  in 
Fig-  70  einen  bjdranlischen 
Cylinder,  so  ergiebt  sich  von 
selbst  die  Construction  eiaee 
solchen  hydraulischen  Auf- 
zugs mit  Seil. 

Die  hydraulischen  AufzAge 
ermöglichen  einen  sanften 
Gang  und  besitzen  den  Vor- 
theii,  dass  man  mit  Hülfe 
eines  Accumulatorg  *)  im 
Stande  ist,  eine  onnnter- 
brochene  sehr  geringe  Ar- 
beitsleistung einer  Pumpe  für 
die  periodische  grössere  Lei- 


')  Fercy-Wedding,  Eiaenhüttenkuude ,   Braunscliweig    1S68,   iwaite   Ab- 
theUang,  8.  623.       ')  Ebendaselbst,  B.  628. 


Gebläse.  73 

Btmig  des  Aufzugs  zu  benutzen,  geben  aber  in  unseren  nordischen  Kli- 
mmten sehr  leicht  zu  Betriebsstoekungen  durch  Einfrieren  bei  grosser 
Kftlte  Veranlassung,  wenn  sie  nicht  in  einem  Tor  der  ELälte  gehörig  ge- 
schützten Baume  aufgestellt  werden  können. 

Es  dihüe  daher  in  den  allermeisten  Fällen  den  früher  beschriebenen 
und  durch  die  Figuren  66  bis  71  erläuterten  Aufzügen  der  Vorzug  ein- 
zuräumen sein. 


Literatur  über  Aufzüge: 

Weisbach,  Ingenieur-  und  Maschinenmechanik,  Bd.  III,  S.  452. 
Haner,  Hüttenwesensmaschinen,  zweite  Auflage,  Leipzig  1876,  S.  260. 
Percy-Wedding,  Eisenhüttenkunde,  zweite  Abtheilung,  S.  612. 
Rühlmann,  Maschinenlehre,  IV.  Bd.,  S.  370,  417. 


5.    Die  Gebläee  der  Werkstätten  für  Metallverarbeitung. 

• 

Gebläse  werden  bei  der  Verarbeitung  der  Metalle  gebraucht: 
zum  Betriebe  schachtförmiger  Schmelzöfen  (Cupolöfen), 
zum  Betriebe  Yon  Flammöfen  und   Gasgeneratoren  für  Erzeu- 
gung Yon  Ünterwind  (also  zum  theil weisen  Ersätze  der  Essen- 
wirkung), 
zum  Betriebe  you  Schmiede-  und  Sohweissfeuem, 
zur  Ventilation  (als  Ezhaustoren). 
In  keinem  dieser  Fälle  liegt  die  Aufgabe  yor,  eine  starke  Verdich- 
tung der  Gebläseluft  henrorzubringen ;  selbst  beim  Schmelzen  der  Metalle 
in  Schachtöfen  übersteigt  die  Windpressung  selten  den  Druck  von  400 
Millimeter  Wassersäule  =  30  Millimeter  Quecksilbersäule  =  40  Gramm 
per  Quadratcentimeter  und  bleibt  in  den  meisten  Fällen  erheblich  hinter 
dieser  Zahl  zurück^). 

Dieser  Umstand  schliesst  von  yornherein  die  Anwendung  yon  Cylin- 
dergebläsen  aus  oder  kennzeichnet  dieselbe  wenigstens  als  unzweck- 
mäsfiig;  denn  die  Zwekmässigkeit  eines  Apparats  ist  nicht  allein  yon  dem 
Wirkungsgrade  desselben  abhängig,  sondern  auch  yon  dem  Verhältnisse 
zwischen  dem  Betrage  der  Anlage-  und  Unterhaltungskosten  zu  dem  Um- 
fange seiner  Totalleistung. 

Ein  Cylindergebläse  aber  besitzt  allerdings  bei  den  für  Hochöfen 
üblichen  Windpressungen  unter  allen  Gebläsen  den  günstigsten  Wir- 
kungsgrad bezüglich  des  Verhältnisses  zwischen  aufgewendeter  und  theo- 


1)  Zum  Vergleiche  möge  die  Notiz  dienen,  dass  man  bei  grossen  Hochöfen 
mit  durchschnittlich  200  Gramm,  bei  Bessemer- Apparaten  mit  1500  Gramm 
Windpressong  per  Quadratcentimeter  arbeitet,  bisweilen  aber  diese  Pressung 
noch  erheblich  steigert. 


74  Gebläse. 

retisch  erforderlicher  Betriebsarbeit;  dieser  Wirkungsgrad  aber  wird  in 
Folge  der  bedeutenden  zu  überwindenden  Beibongswiderstande  um  so  un- 
günstiger ausfallen,  je  geringer  die  Verdichtung  des  angesaugten  Windes, 
je  unbedeutender  also  die  theoretisch  erforderliche  Arbeit  des  Gebläses 
überhaupt  ist.  In  den  Anschaffungskosten  wie  in  der  Wartung  ist  aber 
das  Cylindergebl&se  den  einfacheren  Gebläsen  gegenüber  ungemein  kost- 
spielig und  beansprucht  einen  ungleich  grossem  Raum  als  diese. 

Für  kleine  Werkstätten  waren  bis  Yor  Kurzem  zum  Betriebe  von 
Schmiedefeuern,  selbst  von  kleinen  Schmelzöfen  die  Balggebläse  —  Blase- 
bälge —  die  üblichsten  Gebläsemaschinen,  welche  meistens  durch  Men- 
schenkraft bewegt  werden.  Erst  seitdem  die  kleinen  Werkstätten  mehr 
und  mehr  in  den  grossen  Fabriken  aufgegangen  sind,  seitdem  man  es  in 
Folge  dieser  Concentration  der  Arbeit  vortheilhaft  fand,  die  Menschen- 
krafb  zum  Betriebe  der  Gebläse  durch  Elementarkraft  zu  ersetzen  und 
die  Gesammtmenge  des  für  zahlreiche  Apparate  (z.  B.  Schmiedefeuer)  er- 
forderlichen Windes  durch  eine  einzige  Gebläsemaschine  zu  ersetzen,  tra- 
ten die  Balggebläse  mehr  und  mehr  vom  Schauplatze  ab  und  werden 
heut  zu  Tage  selbst  in  der  Werkstatt  des  Kleinschmieds  nicht  selten 
durch  andere  Apparate  ersetzt^). 

Unter  den  häufiger  benutzten  Geblasen  der  Neuzeit  verdient  das 
Centrifugalgebläse  —  häufiger  noch  mit  dem  allgemeinen  Ausdrucke 
Ventilator  bezeichnet  —  in  erster  Reihe  Erwähnung. 

Jedes  Centrifugalgebläse  besteht  aus  zwei  Haupttheilen :  dem  Ge- 
häuse aus  Gusseisen  oder  Eisenblech  und  dem  Flügelrade,  welches  sich 
innerhalb  des  Gehäuses  dreht  und  aus  Eisenblech,  Gusseisen  oder  Bronze 
besteht. 

Durch  die  rasche  Drehung  der  Flügel  wird  die  zwischen  denselben 
befindliche  Lufb  in  Folge  der  Centrifnlgalkraft  nach  dem  Umfange  hin 
verdichtet  und  gemäss  dieser  Verdichtung  durch  einen  am  Umfange  be- 
findlichen Auslass  entfernt,  während  durch  Oeffnungen  um  die  Drehungs- 
achse herum  zur  Ausgleichung  der  naturgemäss  dort  entstehenden  Lufb- 
verdünnung  frische  Luft  nachströmt. 

Die  Constructionen  von  Centrifugalgebläseo  sind  zahlreich,  die 
Hauptunterschiede  finden  sich  in  der  Form  und  Anordnung  der  Flügel. 
Die  geradfiächigen ,  mehr  oder  minder  radial  stehenden  Flügel  der  älte- 
ren Ventilatoren  sind  bei  neueren  Constructionen  meistens  durch  gebogene 
Flügel  ersetzt,  wodurch  an  Kraftaufwand  erspart  und  das  unangenehme 
Heulen  der  älteren  Ventilatoren  zum  grossen  Theile  vermieden  worden  ist. 
Als  Beispiel  einer  derartigen  Construction  möge  die  in  Fig.  72  I.  und  IL 
gegebene,  aus  Weisbach's  Ingenieur-  und  Maschinenmechanik  entnom- 
mene Abbildung  eines  Lloyd' sehen  Ventilators  dienen.  Der  äussere 
Mantel  HR  besteht  aus  Gusseisen  und  ist  aus  vier  Theilen  derartig 


^)  Beschreibung    und  Abbildung    eines  solchen  Schmiedeblasbalges  findet 
sich  unter  Anderm  in  Bühlmann^s  MaBchinenlehre,  IV.  Bd.,  S.  729. 


Ventilatoren.  75 

verschrMibt,  dass  di«  beiden  oberen  Theile  leicbt  Ton  den  unteren  abge- 
nommen  werden  können. 

Eine  solche  Thülnng  des  Gehänsee  in  eine  obere  lösbare  und  eine 
untere  festatehende  Hftlfte  (die  Theilong  in  vier  Segmente  ist  wohl  nur 
BOT  Erleichterung  des  Gnases  gewählt)  ist  in  allen  Fällen  rathsam ,  um 
bei  vorkommenden  Beschädigungen  des  Flügelrades  ohne  Schwierigkeit 
zu  demselben  gelangen  zu  köunen.  Die  Flügelrad  welle  lagert  in  ange- 
gossenen Bügeln  L  und  Xi  and  tr&gt  ausserhalb  derselben  die  zum  Be- 
Y\a.  78.  triebe    dienende    Riemen- 

scheibe S.  Auf  der  Welle 
sitzen  die  sechs  Stück  ge- 
krümmten gegossenen 
Schienen  E,  gestützt  durch 
die  Arme  Q,  und  auf  diesen 
Schienen  sind  die  Flügel  Ä 
festgenietet.  Das  ganze 
in  solcher  Weise  herge- 
stellte Flügelrad  ist  in 
einem  linsenförmigen  Ge- 
hänse  aus  Eisenblech  D  Di 
eingeschlossen ,  welches 
sich  mit  demselben  dreht, 
um  die  Achse  hemm  die 
zwei  kreisförmigen  Ein- 
strömnngsSf&iangen ,  am 
Rande  aber  die  schlitzför^ 
mige,  rings  hemm  lanfeude 
AuBströmongsöffnung  be- 
sitzt. Ein-  und  Ansströ- 
mungsöfihuugen  dieses 
innem  Gehäuses  sind  gleich 
gross,  die  Form  des  Qebäa- 
ses  überhaupt  so  gewählt, 
dassdie  nach  dem  Umfange 
hin  getriebene  Luft  an 
jeder  Stelle  im  Innern 
desselben  gleiche  Quer- 
schnitte zu  passiren  hat. 
Die  inneren  Ränder  EEi  des  Blechgebänses  sind  mit  metallenen 
Ringen  bekleidet,  die  entgegenstehenden  Ränder  FFy  des  Gusseisen- 
gehäuses  mit  abgedrehten  Gusseisenringeu  und  die  Abstände  zwischen 
den  Ringen  beider  Gehäuse  möglichst  klein,  um  einen  dichten  Ahschlnss 
henostellen. 

Es  ist  leicht  eimsoBehen,  dass  diese  Umsobliessung  der  Flügel  mit 
einem  GehJUue  (Sofailde)  in  wohlthfttiger  Weise  anf  Termindenmg  des 


76  Ventilatoren. 

Krafkbedarfa  und  veranachten  Ger&iuchB  wirken  muss.  Denn  w&hrend 
ohne  dasselbe  eine  stete  gegenseitige  Einwirkung  der  zwischen  den  Flü- 
geln in  Bewegung  befindlichen  Luft  und  der  im  Räume  zwischen  äusserm 
Gehäuse  und  Flügeln  vorhandenen  Luft  stattfinden  muss,  Reibung  und 
Wirbel  verursacht,  sind  jetzt  beide  Luftschichten  getrennt,  und  die  Flü- 
gel bewegen  sich  ohne  jede  Störung  ^). 

Die  Leistung  eines  Ventilators  ist  im  Allgemeinen  um  so  günstiger, 
je  grösser  die  Windmenge  ist,  welche  verlangt  wird,  oder  mit  anderen 
Worten,  je  bedeutender  die  Umlaufsgeschwindigkeit  der  Flügel  ist.  Diese 
Umlaufsgeschwindigkeit  pflegt  nicht  unter  50  und  nicht  über  80  Meter 
per  Secunde  zu  betragen.  Der  durchschnittliche  Wirkungsgrad  des  Gen- 
trifugalgebl&ses  ist  immerhin  gering  und  höchstens  zu  0,30  anzunehmen, 
d.  h.  die  wirklich  aufgewendete  Arbeit  des  Motors  verhält  sich .  zu  der 
theoretisch  erforderlichen  Arbeit,  die  gegebene  Luftmenge  zu  verdichten, 
wie  1  :  0,30. 

Diese  Leistung  ist  allerdings  bedeutend  ungünstiger  als  bei  CyUnder- 
geblasen,  bei  welchen  ein  Wirkungsgrad  von  mindestens  0,50  angenommen 
zu  werden  pflegt.  Man  darf  hierbei  jedoch  nicht  ausser  Acht  lassen,  dass,  wie 
schon  erwähnt,  jener  Wirkungsgrad  des  Cylindergebläses  bei  höheren  Wind- 
pressungen sich  herausstellt,  als  von  einem  Centrifugalgebläse  überhaupt 
erreichbar  sind,  und  dass  aus  den  schon  angeführten  Gründen  jene  Lei- 
stung sich  verringern  muss,  wenn  die  Windpressung  abnimmt.  Gerade 
der  umgekehrte  Fall  tritt  bei  Gentrifugalgebläsen  ein,  deren  Wirkungs- 
grad im  Allgemeinen  mit  steigender  Pressung  abnimmt,  und  welche 
überhaupt  nicht  Ülhig  sind,  hohe  Windpressungen  zu  liefern;  denn  mit 
abnehmendem  Ausflussquerschnitte  verringert  sich  mehr  und  mehr  die 
Windmenge,  und  die  Windpressung  ist  fast  allein  von  der  Umlaufs- 
geschwindigkeit der  Flügel,  nicht  aber  von  dem  Ausflussquerschnitte  ab- 
hängig. 

Seit  den  dreissiger  Jahren  dieses  Jahrhunderts  bis  gegen  das  Ende 
der  sechsiger  Jahre  gewannen  die  Gentrifugalgeblase  eine  immer  weitere 
Ausbreitung,  wurden  in  ihrer  Gonstruction  mehr  und  mehr  verbessert 
und  verdrängten  in  Giessereien,  Schmieden  und  anderen  Werkstätten 
zum  grössten  Theile  die  bis  dahin  üblichen  älteren  Gebläse. 

Im  Jahre  1866  erfanden  F.  M.  Roots  und  P.  H.  Roots  in  Conners- 


1)  Biese  Wirktmg  der  UmBchliesaung  der  Flügel  wird  durch  Hartig*« 
Versuche  bestätigt  (Hart ig,  Versuche  über  Leistung  imd  Arbeitsverbrauch 
von  Werkzeugmaschinen,  Leipzig  1873,  8.  230  bis  240).  Bei  unbedecktem 
Blashalse  des  Ventilators  betrug  der  Arbeitsverlust  durch  Luftrexbnng,  Schall- 
erzeugung  und  unregelmässige  Bewegung  der  Luftschichten :  a)  bei  drei  Lloyd '• 
sehen  Ventilatoren,  von  der  Chemnitzer  Werkzeugmaschinenfabrik  erbaut,  das 
0,98fache,  l,15fache  und  l,38fache,  durchschnittlich  das  l^lTfache  von  der 
aufgewendeten  Nutzarbeit  zur  Verdichtung  des  Windes;  bei  einem  von  Chr. 
Schiele  in  Frankftirt  a.  M.  gebauten  Ventilator  ohne  Flügelbekleidung  aber 
das  12,7fache  dieser  Nutzarbeit. 


Roets'sches  Gebläse.  77 

Title  im  Staate  Indiana  ein  Gebl£ae,  dessen  allgemeine  Einrichtnng  aiu 

den  Figunm  73  nnd  74  herrorgett,    nnd   welchea  unter  dem   Namen 

Fig.  73.- 


RootB'acher  Venti1at«r,  Roote'sches  Kapaelg«bläse  oder  Roots'  blower 
aach  bald  in  Europa  Eingang  fand.  Es  ergiebt  eich  ans  der  Zeichnnng, 
daaa  das  Geblfise  im  Weaent- 
lichen  ans  zwei  Windflügeln  B 
nnd  Bi  besteht,  «eiche  sich 
innerhalb  eines  gnsseisemen 
Gehäases  Ä  nm  horitontale 
Achsen  in  entgegengesetzter 
Ric;htnng  drehen.  Dabei  greifen 
die  beiden  nach  Kreisbögen  ab- 
gerundeten Flügel  ähnlich  wie 
Zahnräder  in  einander;  es  be- 
rühren sich  immer  die  convexen 
Theile  des  einen  Flügels  mit 
den  coDcaren  des  andern.  Die 
Folge  davon  ist,  dass  zwischen 
beiden  Flügeln,  stets  ein  annä- 
hernd dichter  LnftabschlDss  anf- 
recht  erhalten  wird,  während 
die  swisohen  je  einem  Flügel  and  der  Gehäosewand  eingeschlossene  Lnft 
(swischen  AB  in  Fig.  74)  nnnnterbrochen  nach  einer  Richtung  hinaus- 
befördert und  Ton  der  andern  Seite  frische  Luft  angesaugt  wird.  Zur 
Entielung  «nes  dichtem  AbschlusBes  sowohl  zwischen  den  Flügeln  nnter 
sich,  als  zwischen  Oeh&asewand  und  Flügeln  sind  die  letzteren  mit  einem 
Ueberxnge  aus  Talg  und  Graphit  versehen. 

Bei  den  alteren  Gebläsen   dieser  Art  bestehen  die  Flügel  aus  einem 


78  RootB'sches  Gebläse. 

gosseisemen  Gerippe  mit  Holzbekleidoiig  (wie  in  der  Abbildnng);  neaer- 
diogB  liefert  die  Chemnitzer  WerkzeugmaschineDfabrilc  Roota'sche  Ge- 
bläse mit  ganz  aas  Eisen  bestehenden  Flügeln.  Eine  andere  Terbesse- 
mng  ist  hinsichtlich  der  Lagerung  der  Achsen  getroffen,  welche  an  bei- 
den Enden  feetgelagert  (so  dass  der  Antrieb  zwischen  Lager  undGehänae 
liegt)  nnd  dadurch  vor  dem  Vibriren  gescbfltzt  sind;  auBserdem  hat  man 
die  Windein  Strömung  in  den  Scheitel,  die  Aasströmung  an  den  Boden 
yerlegt  nnd  endlich  das  Gehänse  so  eingerichtet,  dass  bei  vorkommenden 
Reparaturen  das  Obertheil  eich  mit  Leichtigkeit  abnehmen  lässt. 

Ein  Vergleich  der  in  den  Figuren  75  und  70  in  '/jo  der  wirklichen 
Grösse    gegebenen   Abbildung    eines    solchen  verbesserten  Gebläses  mit 
Fig.  75. 


dem  älteren  Gebläse,  Fig.  74, 
wird  sofort  diese  Verbeese- 
mngen  erkennen  lassen.  Die 
Getriebe  sind  in  Holzkäaten 
eingeschlossen,  um  Unglücks- 
falle za  verhüten  und  Staub 
abzuhalten. 

Da  die  WirkungderRoo  ts'  - 
sehen  Gebläse  nicht,  wie  bei 
den  CentrifagalgeblSsen,  auf 
der  Centrifagalkraft  beruht, 
sondern  vielmehr  auf  einem 
Fortdrücken  eingeschlossener 
Luft  (also  ähnlich  wie  bei 
Cflindergebläsen),  so  ist  man 
im  Stande,  bei  viel  geringe- 
rer Drehnngszafal    erheblich 


BootB'sches  Gebläse.  79 

hShere    WindpreBanngeu     als    mit   dem    CeDtrifugalgebläse    herrorzu' 

Kleineren  Roots'scfaen  Oebläaen  pflegt  man  300  bis  320,  grÖsBeren 
260  bis  300  Umdrehungen  per  Minute  zu  geben. 

Von  Hartig  sind  über  die  Leistung  der  Roots'schen  Gebläse  Er- 
mittelnngen  angestellt  and  in  dem  schon  citirten  Werke  S.  241  veröffent- 
licht worden. 

Kr  fand  bei  normaler  Geecbwindigkeit  nnd  gänzlich  geöffnetem 
Blashalee,  wobei  sich  eine  PreBBung  von  nur  38  Uillimeter  Waaseraänle 
ergab,  einen  Wirkungsgrad  von  0,405,  welcher  sich  auf  0,143  verringerte, 
als  die  Pressnug  durch  Verengung  des  Ausflussqnerschnitts  anf  820  Milli- 
meter gesteigert  wurde.  Eine  ähnliche  Abnahme  des  Wirkungsgrades 
erfolgt  anch  bei  Centrifngalgebl&sen  mit  steigender  Pressung,  aber,  wie 
Hartig  bemerkt,  bei  letüteren  ausschliesslich  wegen  Abnahme  der  ge- 
forderten Windmenge,  bei  den  Roots'schen  Gebläsen  zugleich  wegen 
unverhältnissmässiger  Zunahme  der  Betriebsarbeit,  borvorgernfen  durch 
das  mit  Zunahme  der  Pressung  immer  stärker  auftretende  Biemenmtschen. 

Dieses  abweiehende  Verhalten  beider  Sorten  Gebläse  wird  auch  in 
interessanter  Weise  gekennzeichnet,  wenn  man  die  Ausflussöffunngea 
mehr  und  mehr  scbliesst.  Bei  den  Centrifugalgebläsen  nimmt  die  er- 
forderliche Arbeitsleistung  des  Motors  mit  dem  Querschnitte  dar  Aus- 
Pig    77. 


80  Roots'sches  Gebläse. 

flassdffiliuigen  ab,  weil  in  gleicher  Weise  die  gef5rderte  Windmenge  sich 
yerringert,  und  beschränkt  sich  bei  gänzlich  geschlossenem  Ausflüsse  fast 
anf  Ueberwindong  der  Zapfenreibnng;  bei  den  Roots'schen  Gebläsen 
steigt  die  erforderliche  Arbeitsleistung  mit  Verengung  des  Ansflussquer- 
schnitts,  weil  die  Windpressung  mehr  und  mehr  wächst. 

Auch  Ton  dem Maschineninspector  Heim  anf  dem  königlich  würtem- 
bergischen  Eisenhüttenwerke  Wasseralfingen  wurden  Versuche  über  die 
Leistung  eines  von  der  Chemnitzer  Werkzeugmaschinenfabrik  in  Chem- 
nitz gelieferten  Roots' sehen  Gebläses  angestellt,  deren  Mittheilnng  Ver- 
fasser der  Güte  der  Direction  genannter  Werkzeugmaschinenfabrik  ver- 
dankt. Die  Querschnitisverhältnisse  des  von  Heim  benutzten  Gebläses 
sind  durch  die  Skizze,  Fig.  77  (a.  v.  S.)*  veranschaulicht;  die  Länge  der 
Windflügel  betrug  1,250  M.  Bei  jeder  Umdrehung  beider  Flügel  wird  also 
theoretisch  das  Luftvolumen  Ä  einmal  fortgeschafft.  Während  H artig 
das  factisch  ausgeblasene  Windquantum  aus  Pressung  und  Ausstromnngs- 
querschnitt  ermittelte,  berechnet  Heim  dasselbe,  indem  er  annimmt, 
dass  einestheils  von  dem  Volumen  A  nur  0,96  A  wirklich  angesaugt 
werde;  dass  andemtheils  wegen  undichten  Anschlusses  der  Flügel  an 
den  Stellen  C,  D  und  E  Windverluste  entstehen ,  welche  er  aus  der 
Windpressung  und  dem  Querschnitte  dieses  Spielraumes  berechnet  und 
von  dem  angesaugten  Windquantum  in  Abzug  bringt.  Jenen  Spielraum 
nimmt  er  bei  2  Millimeter  Abstand  zwischen  den  Flächen  zu  0,0075 
Quadratmeter  an.  Es  ergiebt  sich  demnach  aus  den  Heimischen  Ver- 
suchen das  Verhältniss  der  factischen  Windmenge  Wi  zur  theoretischen 
W,  d.  h.  zu  dem  vierfachen  Volumen  A: 

beim  Betriebe  Umdrehungen         Windpressung  W^ 

von  per  Minute  Wassersäule  W 

28  Schmiedefeuern  ...  210  61  Mm  0,82 

desgl.  ...  374  172    „  0,82 

5  Schmiedefeuem  ...  148  70   ,,  0,74 

desgl.  .     .     .360  360   „  0,78 

Alle  Feuer  geschlossen, 
Sicherheitsventil  geöfliiet, 
dessen   Querschnitt  nicht 

angegeben  ist     ....  174  ll>S   „  0,73 

desgl.  ...  322  357   „  0,74 

Dagegen  fand  Hartig  aus  Windpressung  und  Ausströmungsquerschnitt 

-=^  bei  geöffnetem  Blashalse  und  36  Mm  Pressung  =  0,79 
^  bei  820   ,  „  =  0,12 

schreibt  jedoch  die  Schuld  des  so  viel  ungünstigem  Ausfalls  des  letz- 
tem Resultats  wenigstens  theilweise  dem  schon  erwähnten  Riemen- 
rutsohen  zu. 


Roots'sches  Gebläse.  81 

J^ür  mittlere  Pressungen  dörfte  man  als  durchschnittliches  Ergebniss 
der  Heim 'sehen  und  Hartig'schen  Versuche  immerhin  ein  Verhältniss 

—-y  =  0,75  annehmen  können. 

Die  zum  Betriebe  aufgewendete  Arbeitsleistung  ermittelte  Heim 
ans  der  durch  Rechnung  gefundenen  Leistung  der  Dampfmaschine,  nach- 
dem vermittelst  des  Indicators  zuvor  der  für  den  Betrieb  des  Vorgeleges 
erforderliche  Kolbendruck  (nach  Ausruckung  des  Gebläses)  gemessen  und 
von  dem  totalen  Kolben  drucke  beim  Betriebe  des  Gebläses  in  Abzug  ge- 
bracht wordeil  war. 

Heim  fand  den  Wirkungsgrad  — ,  d.  h.  das  Verhältniss  der  tbeo- 
retisch  erforderlichen  zn  der  aufgewendeten  Leistung: 


beim  Betriebe               Umdrehungen 

Pressung 

L 

von                          per  Minute 

Wassersäule 

In 

28  Schmiedefeuem  .     .     .     210 

61  Mm 

0,616 

desgl.               .     .     .     374 

•       172  „ 

0,580 

5  Schmiedefeuern        .     .     148 

70  « 

0,490 

desgl.               .     .     :     360 

360  „ 

0,528 

Alle     Feuer     geschlossen, 

Sicherheitsventil  offen    .     174 

118  „ 

•0,528 

desgl.               ...     322 

357  „ 

0,513 

während  Hartig,  wie  oben  bemerkt,  mit  Hülfe  des  Dynamometers  einen 
Wirkungsgrad  von  nur  0,405  beziehentlich  0,143  fand. 

Als  Durchschnitts werth  zwischen  den  Ermittelungen  von  Hartig 
und  Heim  wird  man  den  Wirkungsgrad  des  Koots 'sehen  Gebläses 
=  0,45  setzen  können. 

Jedenfalls  geht  soviel  aus  den  angestellten  Versuchen  hervor,  dass 
das  Roots'sche  Gebläse  unter  erheblich  günstigeren  Verhältnissen  arbei- 
tet, als  das  Centrifugalgebläse,  dessen  Wirkungsgrad  die  Zahl  0,30  höchst 
selten  übersteigt;  dass  femer  das  Roots'sche  Gebläse  im  Stande  ist, 
noch  ohne  erheblichen  Arbeitsverlust  Windpressnngen  zu  liefern ,  für 
welche  das  Centrifugalgebläse  nicht  mehr  ausreicht;  dass  aber  endlich 
für  hohe  Pressungen  (über  600  Mm.  Wassersäule)  sich  bei  dem  Roots'- 
schen  Gebläse  ein  Arbeitsverlust  herausstellt,  welcher  die  Anwendung 
desselben  für  mittlere  und  grosse  Hochöfen  kaum  räthlich  erscheinen 
lassen  wird ,  während  für  kleine  Holzkohlen hochöfen ,  die  oft  mit  einem 
Winddrucke  nicht  über  400  Mm.  Wassersäule  (40  Grm.  per  Quadratcen- 
timeter)  arbeiten,  die  Anwendung  des  Roots' sehen  Gebläses  in  Anbe- 
tracht seiner  viel  biUigeren  Anschaffnngskosten  wohl  eines  Versuchs 
werth  sein  dürfte,  sobald  in  Rücksicht  auf  erforderlich  werdende  Repa- 
raturen ein  Reservegebläse  in  Bereitschaft  steht.  Zwei  Roots'sche  Ge- 
bläse dürften  zusammen  kaum  ein  Drittel  so  viel  kosten  als  ein  Cylinder- 
gebläse  von  entsprechender  Grösse. 

Ledebar,  meohMiisch-inetelliirgisoha  Teehaologl«.  Q 


82 


Dampfstrahlgebläse. 


Diese  Eigenschaften  des  Roots^ sehen  Gebläses  lassen  es  aber  voll- 
ständig begründet  erscheinen,  dass,  nachdem  die  ihm  anfanglich  anhaf- 
tenden Mängel  (häufige  Reparaturen,  nervenerschütterndes  Geräusch) 
durch  die  früher  erwähnten  Verbesserungen  der  Construction  glücklich 
beseitigt  Bind,  dasselbe  gerade  fär  die  MetaU Verarbeitung  —  Giessereien, 
Schmiedewerkstätten  u.  s.  w.  —  einen  immer  ausgedehntem  Eingang 
findet. 

Als  dritte  Gattung  von  Gebläsen  für  Werkstätten  der  Metallver- 
arbeitung, auf  einem  vollständig  andern  Principe  als  die  beiden  bisher 
besprochenen  beruhend,  verdienen  die  Dampfstrahlgebläse  Erwähnung. 

Es  ist  ein  bekanntes  Gesetz,  dass  durch  seitliche  Oeffnungen  eines 
Rohres  Gase,  Flüssigkeiten,  selbst  feste  Körper  angesogen  und  ins  Innere 
geführt  werden  können ,  wenn  in  dem  Innern  sich  ein  Strahl  eines  mit 
grosser  Geschwindigkeit  fortbewegten  Körpers  befindet.  Auf  dieser  That- 
Sache  beruht  die  Construction  der  längst  bekannten  Wassertrommelgebläse, 
der  Blasrohre  an  Locomotiven  zur  Erzeugung  von  Luftzug,  der  Giffard- 
Injectoren  zur  Speisung  der  Dampfkessel,  und  ebenfalls  der  erwähnten 
Dampfstrahlgebläse. 

Im  Jahre  1870  nahm  der  durch  so  manche  segensreiche  Erfindun- 
gen auf  dem  Gebiete  der  Pyrotechnik  bekannte  C.  W.  Siemens  in  Lon- 
don ein  Patent  auf  die  Fortführung  von  Luft  vermittelst  Ansaugen s 
durch  einen  Dampfstrahl  (Engineering,  Nov.  1871,  S.  344).  Das  Sie- 
mens^sche  Gebläse  scheint  jedoch  in  seiner  ersten  Form  wenig  Erfolg 
gehabt  zu  haben.  Den  Gebrüdern  Koerting  in  Hannover  gebührt  das 
Verdienst,  dasselbe  mit  Verbesserungen  versehen  zu  haben,  die  ihm  eine 
dauernde  Stellung  in  der  Technik  verschaflBten.  Nebenbei  sei  erwähnt, 
dass  die  Gebrüder  Koerting  das  dem  Gebläse  zu  Grunde  liegende  Prin- 
cip  bald  und  mit  Erfolg  auch  zum  Heben  und  Fortführen  von  Wasser, 
Kohlensäure,    verbrauchtem   Dampf    aus    Condensationsdampfmaschinen 

Fig.  78. 


Dampfstrahlgebläse. 


8S 


darcli  Ansangen  nnd  Verdichten  yermittelst  eines  Wasserstrahls,  und  zu 
noch  verschiedenen  anderen  Zwecken  anwendeten. 

Die  Skizze,  Fig.  78,  stellt  ein  Eoerting'sches  Dampfstrahlgebläse 
in  seiner  einfachsten  Form  dar,  wie  es  z.  B.  für  Erzeugung  von  Unter- 
wind bei  Gasgeneratoren,  Flammöfen,  Dampf kesselfeuerun gen  benutzt 
werden  kann.  Ä  ist  ein  Dampfleitungsrohr,  durch  den  Hahn  h  verschliess- 
bar,  welches  in  einem  engen  konischen  Mundstücke  a  endigt  und  beim 
Oeffnen  des  Hahns  Dampf  durch  dieses  Mundstück  ausbläst.  Zum  An- 
saugen der  Luft  dienen  die  Saugdüsen  h  und  c,  zwei  his  drei  an 
ZaMy  aus  Bothguss  gefertigt  und  innerhalb  eines  gusseisemen  durch- 
brochenen Gehäuses  in  der  gezeichneten  Stellung  befestigt.  Jede  folgende 
Saugdüse  ist  etwas  weiter  als  die  vorhergehende.  Dampf  und  Luft 
mischen  sich,  ein  Theil  des  Dampfes  wird  condensirt  und  kann  durch  eine 
Ablassvorrichtung  an  geeigneter  Stelle  entfernt  werden;  die  Luft  wird 


Fig.  79. 


I  i 


durch  die  freiwerdende  Wärme  erwärmt,  der  übrig 
bleibende  Dampf  strömt  mit  fort. 

Die  aus  dem  Ende  der  Leitung  austretende  Luft 
ist  also  ^tark  mit  Wasserdampf  gesättigt. 

Will  man  die  Dampfausströmung  in  genauer 
Weise  reguliren,  was  durch  alleinige  Anwendung 
des  Hahns  nicht  gut  möglich  sein  würde,  so  kann 
dieser  Zweck  durch  Anbringung  eines  Ventils  mit 
Schraubenspindel  und  Handrädchen  in  vollkommen- 
ster Weise  erreicht  werden ;  auch  dürfte  es  in  den 
meisten  Fällen  bequemer  sein,  dem  Gebläserohre  eine 
verticale  statt  einer  horizontalen  Stellung  zu  geben. 
Fig.  79  veranschaulicht  diese  Anordnung  und  giebt 
zugleich  eine  äussere  Ansicht  des  Gebläses,  a  ist 
hier  das  Dampfzuleitungsrohr,  h  ein  Ablassrohr  für 
condensirtes  Wasser,  e  die  Regulirspindel,  c  Wasser- 
sack, //..  die  Saugdüsen. 

Zur  Verdeutlichung  der  ganzen  Anordnung 
diene  Fig.  80  (a.  f.  S.),  einen  Flammofen  mit  dem 
daneben  stehenden  Dampfstrahlgebläse  zur  Erzeu- 
gung   von  Unterwind  darstellend. 

Um  in  solchen  Fällen,  wo  der  roitgefährte  Was- 
serdampf nachtheilig  wirken  würde,  z.  B.  bei  Schmiede- 
feuem,  einen  trocknern  Lufistrom  hervorzubringen, 
verbinden  die  Gebrüder  Koerting  mit  dem  Gebläse 
den  in  Fig.  81  (a.  f.  S.)  skizzirten  Apparat.  Es  ist 
'hier  a  das  Dampfzuleitui\gsrohr,  h  das  Gehäuse  für 
die  Saugdüsen,  c  das  Leitungsrohr  für- die  Luft  und 
den  nicht  condensirten  Dampf.  Beide  treten  ver- 
einigt in  den  obern  Theil  des  gusseisemen  senk- 
rechten Rohres  d  ein,  welches  einen  länglich  recht- 

6* 


DampfstrahlRebläse 

Pig,  80. 


Dampfstrahlgebläse.  85 

eckigen  Querschnitt  besitzt  und  nach  oben  durch  einen  Deckel  e  luftdicht 
verschlossen  ist.  Unmittelbar  unter  der  Einmündung  des  Rohrs  c  in  d 
befindet  sich  eine  siebartig  durchlöcherte  Platte  zur  möglichsten  Verthei- 
lung  des  hindurch  eilenden  feuchten  Lufbstroms  und  unterhalb  dieses 
Siebes  ist  das  ganze  Bohr  d  durch  eine  grössere  Anzahl  senkrechter 
Scheidewände  in  lauter  einzelne  schmale  Rohre  getheilt,  um  die  in  gleich- 
massigster  Weise  vertheilte  dampfhaltige  Luft  hindurch  zu  führen.  Da 
der  gesammte  Querschnitt  dieses  Rohrsystems  ein  verhältnissmässig 
grosser,  die  Bewegung  innerhalb  desselben  also  eine  langsame  ist,  so  kann 
beträchtliche  Abkühlung  stattfinden.  Unterhalb  des  Rohrsystems  befin- 
det sich  ein  zweites  Sieb  g^  um  das  Mitreisen  condensirter  Wassertheil- 
chen  zu  hindern;  i  ist  eine  Ablassschraube  für  das  condensirte  Wasser. 
Die  Luft  steigt  nun  aufwärts  im  Rohre  h  und  passirt  bei  h  eine  noch- 
malige Saugdüse,  durch  welche  noch  mehr  Luft  angesogen  werden  soll, 
und  zwar  wird  hierzu  diejenige  Luft  benutzt,  welche  an  den  Seitenwän- 
den des  Rohrs  d  dieses  gekühlt  und  sich  selbst  dabei  erwärmt  hatte.  Zu 
diesem  Zwecke  ist  das  Rohr  d  mit  einem  Kasten  umkleidet,  welcher 
ebenso  wie  das  Rohr  selbst  dnrch  Scheidewände  in  einzelne  Abtheilungen 
getheilt  ist.  Die  fnsche  Luft  strömt  bei  l  ein,  steigt  empor,  gelangt  in 
das  ringsum  geschlossene  Gehäuse  m  und  aus  diesem  in  das  Blaserohr. 
Es  wird  also  eben  so  wohl  der  Luftwechsel  an  den  Aussenwänden  des 
Condensators  d  befördert,  als  das  eingeblasene  Luftquantum  vermehrt. 

Ueber  die  Leistung  der  Dampfstrahlgebläse  sind  theoretische  Be- 
rechnungen durch  V.  Reichenbach  angestellt  worden^).  Es  ergiebt 
sich  hieraus,  dass  die  Leistung  eine  um  so  günstigere  ist,  je  grösser  die 
Dampfspannung  und  je  geringer  die  Windpressung,  ein  Resultat,  welches 
auch  die  Praxis  bestätigt.  Den  Effect  der  Gebläse,  d.  h.  das  Verhältniss 
zwischen  aufgewendeter  und  verbrauchter  Arbeit  berechnet  v.  Reichen- 
bach zu  0,67  bis  0,97;  praktische  Ermittelungen  zur  Bestätigung  dieser 
Rechnung  scheinen  bislang  nicht  angestellt  worden  zu  sein. 

Die  Dampfstrahlgebläse  besitzen  vor  allen  übrigen  Gebläsen  den 
grossen  Vortheil  der  Billigkeit,  des  äusserst  geringen  Raumes  zur  Auf- 
stellung, der  einfachen  Bedienung,  der  directen  Wirkung,  wobei  alleVor- 
und  Zwischengelege  wegfallen,  somit  auch  die  zur  Ueberwindung  der 
Reibungswiderstände  derselben  erforderliche  Arbeit  erspart  wird,  und 
Schmiermittel  überhaupt  nicht  gebraucht  werden. 

Ihre  schwache  Seite  liegt  in  dem  Umstände,  dass  sie  nur  fär  sehr 
geringe  Pressungen  guten  Effect  geben,  und  dass  der  erfolgende  Wind 
stets  mit  Wasserdampf  gesättigt  ist,  von  den  mechanisch  mitgerissenen 
Nebel th eilchen  ganz  abgesehen.  Auch  der  vorhin  beschriebene  sinnreiche 
Apparat  zur  Entziehung  des  Wasserdampfs  vermag  naturgemäss  immer 
nur  einen  zwar  abgekühlten  Wind  zu  liefern ,  welcher  aber  seiner  Tem- 


1)  Zur  Theorie  des  Dampfslrahlgebläses  von  B.  v.  Beichenbach.    Jahr- 
buch der  Bergakademien  zu  Leoben ,  Pf  ibram  und  Schemnitz,  Bd.  23,  8.  322  ff. 


86  Gebläse. 

perator  entsprechend  so  lange  mit  Dampf  geafittigt  bleibt,  bis  durch  die 
Yermischung  mit  frischer  Luft  in  dem  Nachgebläse  dieser  vollständige 
Sättigungsgrad  etwas  verringert  wird.  Feucht  wird  die  Luft  immer 
bleiben. 

Aus  diesen  Gründen  sind  die  Dampfstrahlgebläse  vorzügliche  Appa- 
rate in  solchen  Fällen,  wo  eine  geringe  Pressung  verlangt  wird  und  der 
Dampfgehalt  des  Windes  nicht  schadet,  insbesondere  also  für  Erzeugung 
von  Unterwind  bei  Flammöfen,  Gasgeneratoren,  Kesselfeuerungen  xl  dgl. 

Weniger  vortheilhaft  wirken  sie,  wo  die  Feuchtigkeit  Nachtheile 
bringt,  z.  B.  bei  Schmiedefeuem ;  unvortheilhaft ,  wenn  nicht  unbrauch- 
bar, würden  sie  nach  des  Yft-fassers  Urtheil  in  allen  Fällen  sein,  wo 
höhere  Pressung  und  Trockenheit  der  Luft  gleichzeitig  Bedingung  sind, 
also  für  Schmelzprocesse  in  Cupolöfen  und  für  ähnliche  Zwecke. 


Literatur, 
lieber  Centrifugalgebläse : 

Dürre,  Handbuch  des  Eisengiessereibetriebes,  I.  Bd.,  Leipzig  1870, 
S.  577  ff.,  enthält  eine  übersichtliche  Zusammenstellung  der  wichtigeren 
Theorien  und  Erfahrungsresultate  über  Centrifugalgebläse  von  Redten- 
bacher,  Wiebe,  Rittinger,  Tunner  und  Anderen. 

von  Hauer,  Die  Hüttenwesensmaschinen,  2.  Auflage,  S.  231  ff. 

lieber  Roots'sche  Gebläse  und  Dampfstrahlgebläse  ist  bei  der  Neu- 
heit des  Gegenstandes  die  Literatur  noch  sehr  spärlich.  Ausser  den 
schon  gegebenen  Citaten  und  einigen  unwichtigeren  Notizen  in  perio- 
dischen Zeitschriften  finden  sich  die  ausführlichsten  Mittheilungen  in 

von  Hauer  op.  cit.  S.  208  und  226. 


Zweiter  Abschnitt. 


Die  rohe   Formgebung. 


Wenn  aus  einem  rohen  Metallblocke  ein  Gebrauchsgegenstand  her- 
gestellt werden  soll,  so  bat  derselbe  gewöhnlich  mehrere  Stadien  der 
Formveränderung  zu  durchlaufen.  In  dem  ersten  Stadium  ist  die  Haupt- 
aufgabe die,  einen  Gegenstand  von  solchen  Querschnitten  .herzustellen, 
welche  den  Querschnitten  des  fertigen  Gegenstandes  genau  oder  doch 
möglichst  annähernd  entsprechen.  Das  £rg^bnis8  dieser  ersten  Form- 
gebung, welche  wir  als  „rohe  Formgebung^  bezeichnen,  ist  also  entweder 
schon  ein  Körper,  dessen  sämmtliche  äussere  Formen  annähernd  genau 
mit  den  Formen  des  vollendeten  Gegenstandes  übereinstimmen,  oder  es 
ist  ein  Zwischenproduct  für  weitere  Verarbeitung,  bei  welcher  aber  er- 
hebliche Aenderungen  in  den  Hauptabmessungen  der  Querschnitte 
nicht  mehr  eintreten  (Blech,  Draht,  stabförmige  Körper  etc.).  Als  solche 
Hauptabmessungen  gelten  beim  Bleche  die  Stärke  (nicht  die  Breite),  beim 
Drahte  der  Durchmesser,  bei  stabförmigen  Körpern  sämmtliche  Quer- 
schnittsdimensionen (Quadrat-,  Flach-  und  Bundstäbe,  Winkeleisen,  ein- 
fach und  doppelt  T-Eisen,  Eisenbahnschienen  u.  s.  w.). 

Jene  rohe  Formgebung  kann  in  zweierlei  Weise  bewirkt  werden. 

Entweder  das  Rohmetall  wird  durch  Erhitzung  in  den  flüssigen  Zu- 
stand übergeführt  (geschmolzen)  und  dann  unter  Einflüssen  erstarren  ge* 
lassen,  welche  seine  Neugestaltung  bewirken  und  ihm  dadurch  eine  blei- 
bende Form  geben.     Man  nennt  diese  Arbeit  Giessen. 

Oder  man  lässt  mechanische  Kräfte  (Stoss,  Druck,  Zug)  auf  das  nicht 
geschmolzene,  häufig  aber  durch  Erhitzung  in  einen  weichern,  dehnbarem 
Zustand  versetzte  Metall  wirken,  bis  die  Elasticitätsgrenze  überschritten 
ist,  und  ruft  in  solcher  Weise  eine  Querschnittsveränderung  hervor 
(Hämmern,  Walzen,  Pressen,  Ziehen). 

Je  nachdem  die  Metalle  und  Legirungen  ihren  Eigenschaften  nach 
sich  mehr  für  die  eine  oder  die  andere  dieser  beiden  Yerarbeitungs* 
methoden  eignen,  sondern  sie  sich  in  mehrere  Gruppen« 


88  Rohe  Formgebung. 

Nur  giessbar  sind: 

Gnsseisen, 

Bronzen  mit  einem  Zinngehalte  von  ungefähr  25  bitf^75Proc., 

Antimonblei  mit  reichlichem  Antimongehalte. 
Vorwiegend  giessbar,  aber  auch  zur  Formveränderung  durch  mecha- 
nische Kraft  geeignet  sind: 

Zink, 

Zinn, 

Blei, 

Messing, 

Bronzen  mit  einem  Zinngehalte  unter  25  oder  über  75  Proc. 

Legirungen  des  Zinns  mit  Antimon  und  Blei. 
Vorwiegend  zur  Form  Veränderung  durch  mechanische  Kraft  geeig. 
net,  daneben  aber  noch  giessbar  sind: 

Stahl  (um  so  giessbarer,  je  reicher  der  Kohlenstoffgehalt), 

Aluminium, 

Kupfer, 

Platin,  ^ 

^,.„  '     I  und  deren  Legirungen  mit  Kupfer, 

Neusilber. 

Nicht  giessbar  ist: 

Schmiedeeisen. 

Der  Umstand,  dass  bei  jeder  Formveränderung  durch  mechanische 
Kraft  Arbeit  aufgewendet  wird,  und  dass  jede  mechanische  Arbeit  einer 
bestimmten  Wärmemenge  äquivalent  ist  (1  Wärmeeinheit  =  423,5  Kilo- 
grammeter); der  fernere  Umstand,  dass  zum  Schmelzen  und  Giessen 
gleichfalls  ganz  bestimmte  Wärmemengen  erforderlich  sind,  lässt  bei  allen 
Metallen,  die  durch  beide  Arbeitsmethoden  verarbeitbar  sind,  einen  Ver- 
gleich zu,  bei  welcher  der  beiden  Verfahmngsweisen  der  Aufwand  an 
Arbeit  beziehentlich  Wärme  der  grössere  sei.  Selbstverständlich  muss  die- 
jenige Wärme,  welche  zum  Erhitzen  des  Metalls  bei  der  Verarbeitung  durch 
Einwirkung  mechanischer  Kräfte  dazu  verbraucht  wird,  das  Metall  durch 
Erhitzung  dehnbarer  zu  machen,  gleichfalls  in  Rechnung  gestellt  werden. 

Solche  Ermittelungen,  die  —  soweit  des  Verfassers  Kenntniss  reicht  — 
bislang  noch  nicht  angestellt  worden  sind,  durften  recht  interessante 
Ergebnisse  liefern ,  jedoch  fast  immer  darauf  hinauslaufen ,  dass  der  ge- 
ringere Aufwand  beim  Giessen  zu  Tage  tritt.  Denn  durch  das  Schmel- 
zen und  Giessen  ist  man  im  Stande,  vielfach  gegliederte  Formen 
durch  eine  einmalige  Wärmeentwickelung  hervorzubringen,  während 
die  Verarbeitung  im  un geschmolzenen  Zustande  gewöhnlich  eine  grössere 
Anzahl   einzelner  auf  einander  folgender  Arbeitsleistungen  erheischt. 

Aus  diesem  Grunde  zieht  man  in  allen  Fällen,  wo  durch  Giessen 
der  Zweck  zu  erreichen  ist  und  die  Eigenschaften  des  gegossenen  Metalls 
den  Anforderungen  der  Verwendung  entsprechen,  das  Arbeitsverfahren 
durch  Giessen  dem  Arbeitsverfahren  im  ungeschmolzenen  Zustande  vor. 


L    Die  Formgebung  duroli  Sohmel^en  und  OieBsen  — 

Glesserel. 

1.    Die  Arbeitseigensohaften  der  Metalle  und  Legirungeo 
hinsichtlich  ihrer  Verwendung  Bur  Giesserei. 

a.     Die  Schmelzbarkeit. 

Wir  nennen  einen  Körper  um  so  leichter  schmelzbar,  je  weniger 
Wärme  er  verbraucht,  um  aus  dem  festen  Aggregatzustande  und  zwar 
aus  einer  Temperatur  von  Nullgrad  in  den  flüssigen  Zustand  überzugehen. 

Daher  ist  die  Schmelzbarkeit  der  Körper  von  drei  Factoren  abhängig: 

erstens  von  der  specifischen  Wärme,  welche  angiebt,  wie  viel 
Wärme  der  Körper  bedarf,  um  auf  eine  bestimmte  Anzahl  Grade  erwäi'mt 
zu  werden; 

zweitens  von  dem  Schmelzpunkte  des  Körpers,  welcher  angiebt, 
um  wie  viele  Temperatur  grade  die  Erwärmung  stattfinden  muss,  bis 
Ueberg^ng  in  den  flässigen  Zustand  stattfindet; 

drittens  von  der  Schmelzungswärme  (latenten  Wärme),  welche 
bei  dem  Uebergange  in  den  flüssigen  Zustand  verbraucht  wird. 

Sind  diese  drei  Werthe  bekannt,  so  würde  es  nicht  schwierig  sein, 
daraus  die  Schmelzbarkeit  zu  ermitteln.  Ist  z.  B.  die  specifische  Wärme 
=  s,  der  Schmelzpunkt  =  tj  die  Schmelzungswärme  =2 ,  so  ist  die  er- 
forderliche Wärmemenge,  um  1  Kilogramm  des  Metalls  zu  schmelzen, 

W=8t  +  h 

und  da  die  Schmelzbarkeit  sich  umgekehrt  wie  die  zum  Schmelzen  ver- 
brauchte Wärmemenge  verhält,  so  würde  sich  die  Schmelzbarkeit  durch 
die  Formel 

S-i--— i— 

W  8t  +  l 

ausdrücken  lassen. 

In  der  That  ist  für  mehrere  Metalle  die  im  flüssigen  Zustande  auf- 
genommene Wärme  in  der  soeben  beschriebenen  Weise  berechnet  worden. 

Da  jedoch  die  specifische  Wärme  der  Körper  sich  mit  der  Tempera- 
turzunahme ändert  und  ein  Durchschnittswerth  zwischen  den  Tempera- 


90  Giesserei.    Arbeitseigenschaiten. 

tnren  von  Nullgrad  bis  zam  Schmelzpunkte  nicht  immer  bekannt  ist, 
ond  da  ebenfalls  die  Schmelzungswärme  nur  bei  einzelnen  Metallen  er- 
mittelt worden  ist,  so  hat  man  in  anderen  Fällen  durch  ein  einfaches 
Verfahren  ohne  Weiteres  die  Gesammtmenge  der  vom  schmelzbaren  Me- 
talle aufgenommenen  Wärme  ermittelt,  indem  man  eine  bestimmte  Menge 
des  flüssigen  Metalls  in  Wasser  von  ermittelter  Menge  und  Temperatur 
abkühlt  und  aus  der  Temperaturznnahme  des  Wassers  die  abgegebene 
Wärmemenge  des  Metalls  berechnet,  welcher  sich  mit  Hülfe  der  für  nie- 
drige Temperaturen  bekannten  specifischen  Wärme  der  Metalle  leicht 
noch  diejenige  Wärmemenge  hinzuaddiren  lässt,  die  zur  völligen  Abküh- 
lung des  Metalls  auf  Nullgrad  entzogen  werden  müsste. 
Formel ; 

worin  s  die  specifische  Wärme  des  Metalls  in  niedriger  Temperatur,  ^i  die 
Temperatur  des  Wassers  nach  dem  Eingiessen,  t^  die  Temperatur  vor 
dem  Eingiessen,  V  das  Gewicht  des  Wassers  in  Kilogrammen,  G  das  Ge- 
wicht des  Metalls  in  Kilogrammen  bedeutet^). 

Man  hat  theils  durch  diesen  directen  Versuch,  theils  durch  Berech- 
nung nach  der  frühern  Formel  folgende  Werthe  gefunden,  denen  wir  die 
Schmelzpunkte  der  Metalle  gegenüber  stellen  wollen : 

Wärmemenge.        Schmelzpunkt. 

Gussstahl 300  W.  E.  13750  C«) 

Graues  Roheisen      .     .  245    „     „  12750  „ «) 

Weisses  Roheisen    .     .  230   „     „  1075«  „ «) 

Kupfer 165    „     „  1200°  „ ») 

Silber •  .       77   „     „  1000^  „ 

Gold nicht  ermittelt  1200»  „ 

Zink 71W.  E.  415«  „ 

Zinn 27   „     „  233«^ 

Wismuth 22   „     „  267«  „ 

Blei 16   „     „.  326«  „ 

Ueber  die  zum  Schmelzen  der  übrigen  Metalle  erforderliche  Wärme- 
menge fehlen  noch  ausreichende  Ermittelungen. 


1)  Grüner  benutzt  zu  solchen  Ermittelungen  bei  schwer  schmelzbaren 
Körpern  einen  kupfernen  Wasserbehälter  von  20  Liter  Inhalt,  300  Mm.  im 
Quadrat ,  240  Mm  hoch ,  umgeben  von  einer  mit  Flanell  umgebenen  Holzkiste, 
um  jeden  Wärmeverlust  zu  vermeiden.  In  der  Mitte  dieses  Behälters  ruht  ein 
kleineres  Gefäss  aus  Kupferblech  auf  Füssen  und  dient  zur  Aufnahme  des 
heissen  MetaUs.  Basselbe  ist  200  Mm.  im  Quadrat,  60  Mm.  hoch,  die  Füsse  50  Mm. 
hoch.  Ein  kupferner  Spatel  mit  Glasgri£f  dient  zum  Umrühren  des  Wassers, 
ein  in  V^q  Grade  getheiltes  Thermometer  zum  Messen.  Grüner,  Analytische 
Studien  über  den  Hochofen,    üebersetzt  von  Steffen,  Wiesbaden  1875,  8.  106. 

')  Nach  Grüner. 


Schmelzbarkeit.  91 

Häufig  yerwecbMlt  man  den  Begriff  „Scbmelzbarkeit^  mit  niedriger 
Schmelztemperatur.  Obschon  die  Schmelzbarkeit  im  Allgemeinen  mit 
der  steigenden  Schmelztemperatur  eines  Körpers  abnimmt,  lehrt  uns  doch 
ein  Blick  auf  obige  Tabelle,  dass  diese  Abnahme  nicht  etwa  in  einem 
stetigen  Verhältnisse  stattfindet,  sondern  dass  sogar  einzelne  Metalle  mit 
höherm  Schmelzpunkte  leichter  schmelzbar  sein  können,  als  andere  mit 
niedrigerm  Schmelzpunkte,  weil  ihre  specifische  und  Schmelzungswärme 
eben  geringer  sind.  So  ist  z.  B.  das  Blei  leichter  schmelzbar  als  Wis- 
muth  und  Zinn,  obgleich  es  eine  höhere  Temperatur  zum  Schmelzen  als 
diese  Metalle  erfordert ;  Zink  ist  nur  wenig  leichter  schmelzbar  als  Sil-, 
ber,  schmilzt  aber  bei  einer  um  fast  600  Grad  niedrigem  Temperatur 
als  dieses,  denn  die  specifische  Wärme  des  Zinks  ist  0,0927,  diejenige 
des  Silbers  nur  0,0557. 

Die  Gegenüberstellung  der  yom  schmelzenden  Metalle  aufgenomme- 
nen Wärme  und  des  Schmelzpunkts  desselben  Metalls  ist  nicht  ohne 
Nutzen,  und  es  ist  zu  bedauern,  dass  in  dieser  Beziehung  nicht  noch 
umfassendere  Versuche  angestellt  worden  sind.  Denn  ein  leicht  schmelz- 
bares Metall,  dessen  Schmelzpunkt  aber  hoch  liegt,  erfordert  zum  Schmel- 
zen immerhin  ein  Brennmaterial,  welches  im  Stande  ist,  bei  der  Ver- 
brennung eine  entsprechend  höhere  Temperatur,  als  der  Schmelzpunkt 
des  Metalls  ist,  zu  entwickeln,  also  eine  relativ  geringe  Menge  eines 
Brennstoffs  mit  hohem  Wärmeeffecte;  im  umgekehrten  Falle  aber  kann 
ein  Brennmaterial  von  geringerm  Wärmeeffecte,  sobald  es  nur  in  ge- 
nügender Menge  verbrannt  wird,  die  zum  Schmelzen  eines  schwerer 
schmelzbaren  Metalls  erforderliche  Wärmemenge  liefern,  wenn  der 
Schmelzpunkt,  also  die  zu  entwickelnde  Temperatur,  nicht  hoch  liegt. 

Ueber  die  von  Legirungen  aufgenommenen  Wärmemengen  liegen 
keine,  über  die  Schmelzpunkte  derselben  verhältnissmässig  wenige  Er- 
mittelungen vor.  Das  Saigem  der  meisten  Legirungen  macht  oft  ge- 
naue Ermittelungen  unmöglich ;  denn  in  allen  Fällen,  wo  aus  der  flüssigen 
Masse  sich  schon  feste  Legirungen  ausscheiden,  wird  Wärme  frei  und  es 
ändert  sich  die  Zusammensetzung  der  zurückbleibenden  flüssigen  Legi- 
rung,  so  dass  die  aus  den  Versuchen  hervorgehenden  Ergebnisse  ihre 
Richtigkeit  einbüssen. 

Gewöhnlich,  doch  nicht  immer,  liegt  der  Schmelzpunkt  der  Legi- 
rungen tiefer  als  der  Schmelzpunkt  der  legiiien  Metalle. 

Beispiele. 
1  Tbl.  Blei,  1  Tbl.  Zinn  schmilzt  bei  189^0. 
l»i»3„„  „  „    180®  „ 

1     «        «     6     ,       „  ,  „    1900  „ 

3n»2„„  „  „    211®  „ 

6      «  n      1      «         n  »  n    270«  „ 

8     „       »     3     „       n       8  Thle.  Wismuth  schmelzen  bei    94V3®C. 
16     ,        .  12     „       ,       8      «  .  «  «    UO«C. 


92  Giesserei.    Arbeiiseigenschaften. 

Für  Bronzen  yermittelte  Künzel  folgende  Schmelzpunkte: 
95  Thle.  Kupfer,    5  Thle.  Zinn  schmelzen  bei  1369<>C. 


92 

» 

n 

8 

n 

n 

n 

„  1290«  „ 

90 

n 

n 

10 

n 

» 

TJ 

»  1250«  „ 

89 

n 

» 

11 

n 

n 

n 

„  1220«  „ 

86 

n 

n 

14 

» 

n 

n 

„  "50«  , 

84 

7i 

T) 

16 

n 

ff 

»» 

n  noo" , 

80 

» 

» 

20 

n 

n 

n 

„  10200 „ 

Für  Phosphorbronzen: 

mit  9,97  Thln.  Zinn,  1,17  Thln.  Phosphor  schmelzen  bei  12420C. 
„   10,15       ,        „      1,08       „  „  „  «    1233«  „ 

Messing  mit  gleichviel  Zink  nnd  Kupfer  soll  nach  Daniell  bei 
912®  C.  schmelzen,  mit  zunehmendem  Kupfergehalte  steigt,  mit  zuneh- 
mendem Zinkgehalte  fällt  der  Schmelzpunkt. 

Bei  diesen  Ermittelungen  über  die  Schmelzpunkte  der  Legirungen 
sind  jedoch  Zweifel  an  der  absoluten  Richtigkeit  um  so  mehr  gerecht- 
fertigt, je  höher  der  Schmelzpunkt  liegt;  theils,  wiesoeben  erwähnt,  wegen 
des  Saigerns  der  Jjegirungen,  theils  wegen  der  Unzuverlässigkeit  der  vor- 
handenen Pyrometer,  und,  wenn  man  den  Schmelzpunkt  durch  Eingiessen 
in  Wasser  ermittelt,  wegen  der  schon  erwähnten  Veränderlichkeit  der 
specifischen  Wärme  der  Metalle  in  höheren  Temperaturen. 


b.     Die  Dünnflüssigkeit. 

Je  mehr  die  Cohärenz  der  Molecüle  eines  Metalls  oder  einer  Legi- 
rung  bei  dem  Uebergange  in  den  flüssigen  Zustand  aufgehoben  wird, 
desto  dünnflüssiger  ist  dasselbe.  Als  höchstes  Stadium  der  Dünnflüssig- 
keit  kann  man  den  gasförmigen  Zustand  des  Metalls  betrachten. 

Je  dünnflüssiger  ein  Metall  ist,  in  desto  schwächere  Querschnitte 
lässt  sich  dasselbe  giessen.  Daher  befördert  die  Dünnflüssigkeit  erheb- 
lich die  Verwendbarkeit  des  Metalls  oder  der  Legirung  zur  Giesserei. 
Im  Allgemeinen  steigt  die  Dünnflüssigkeit  mit  der  Temperatur,  auf 
welche  das  Metall  oberhalb  seines  Schmelzpunkts  erhitzt  wird.  Deshalb 
wird  sich  ein  Maass  zur  sichern  Vergleichung  der  Dünnflüssigkeit  kaum 
flnden  lassen.  Je  geringer  der  Querschnitt  ist,  welchen  das  flüssige  Me- 
tall beim  Giessen  ausfüllen  soll,  desto  stärker  erhitzt  muss  es  in  dieGuss- 
form  gegossen  werden. 

In  gewisser  Hinsicht  ist  mithin  die  Dünnflüssigkeit,  wenn  wir  die 

Kleinheit  des  Gussquerschnitts  als  Maass  für  dieselbe  annehmen,    von 

ihrer  specifischen  Wärme  abhängig ;  denn  je  grösser  die  letztere  ist,  desto 

angsamer  wird  das  eingegossene  Metall  abgekühlt  und  zum  Erstarren 

ebracht  werden,  desto  leichter  wird  es  den  Querschnitt  ausfüllen. 


Dünnflüssigkeit.    Schwindung.  93 

Aach  die  Art  nnd  Weise  des  Flüssig^erdens  spricht  jedoch  hierbei 
mit.  Manche  Metalle  durchlaufen  einen  breiartigen  Zustand,  andere 
gehen  gans  plötzlich  aus  dem  festen  in  den  flüssigen  Zustand  über. 
Letztere  pflegen  dünnflüssiger  zn  sein  als  entere.  Oft  beeinflussen  ge- 
ringe Beimengungen  fremder  Körper  die  Dünnflüssigkeit  in  erheblichem 
Grade.  Graues  Roheisen,  obschon  schwerer  schmelzbar  als  weisses,  ist 
dünnflüssiger  als  dieses.  Ein  Schwefelgehalt  des  Eisens  verringert  dio 
Dilnnflüssigkeit  betrachtlich,  Phosphor  erhöht  sie.  Legirungen  des  Kupfers 
mit  Zinn  und  Zink  sind  dünnflflssiger  als  reines  Kupfer,  insbesondere 
wächst  die  PünnflüBsigkeit  mit  dem  Zinkgehalte.  Ebenso  erhöht  ein 
Bleizusatz  zur  Bronze  deren  Dünnflüssigkeit  (jedoch  gleichfalls  die  Saige- 
mngsfähigkeit).  Auch  bei  den  Nensilberlegirungen  wächst  die  Dünn- 
flüssigkeit  mit  dem  Zinkgehalte.  Zinn  ist  im  reinen  Zustande  weniger 
dünnflüssig,  als  mit  Blei  und  Antimon  legirt.  Die  Beeinflussung  der 
Dünnflüssigkeit  durch  solche  Zusätze  und  Legirungen  ist  jedenfalls  in 
vielen  Fällen  eine  Folge  der  Erniedrigung  des  Schmelzpunkts.  Wird 
das  Metall  auf  gleiche  Temperatur  als  vorher  erhitzt,  so  fUllt  es  dünn- 
flüssiger aus. 

Der  Begpriff  der  Dünnflüssigkeit  bleibt  deshalb  immerhin  ein  nicht 
ganz  genau  bestimmter,  nicht  messbarer,  und' ein  von  der  persönlichen 
Beurtheilung  abhängiger. 


c.     Die  Seh  Windung. 

In  Folge  des  bekannten  Gesetzes  von  der  Ausdehnung  der  Körper 
durch  die  Wärme  nehmen  die  Abmessungen  derselben  bei  der  Erwär- 
mung bis  zum  Schmelzpunkte  stetig  zu.  Die  Ziffer,  welche  angiebt,  um 
wie  viel  seiner  ursprünglichen  Abmessungen  ein  Körper  bei  der  Er- 
hitzung um  eine  gewisse  Anzahl  Wärmegrade  sich  aasdehnt,  nennt  man 
den  Ausdehnungscoefficienten.  Derselbe  beträgt  z.  B.  für  eine  Wärme- 
zunahme von  0  bis  100  Grad  Celsius  fUr  die  linearen  Abmessungen 
der  Metalle: 

für  Blei  Vssi, 

„    Gold   1/689, 

„  GuBseisen  1/900» 

„  Schmiedeeisen  Vshi 

„  Stahl,  ungehärtet  VsiTt 

„        „     gehärtet  Vso?» 

„  Kupfer  V5821 

„  Messing  Vssö» 

„  Platin  Vuoo, 

„  Silber  V524, 

„  Zink  Vs4o» 

y,  Zinn  Vsie- 


<g 


94 


GiessereL    Arbeitseigenschaften. 


Diese  AuBdehnangscoefficienten  ändern  sieb  aber  in  höherer  Tempe- 
ratur. Meistens  wachsen  sie,  je  näher  dem  Schmelzpunkte  das  Metall 
erhitzt  wird.  Bei  einzelnen  Körpern  tritt  auch  bei  fortschreitender  Er- 
wärmung eine  Unterbrechung  der  Ausdehnung  durch  plötzliche  Verdich- 
tung ein.  So  zeigt  z.  B.  das  sogenannte  Rose^sche  Metall  aus  8  Thln. 
Wismuth,  8  Thln.  Blei,  3  Thln.  Zinn  das  Maximum  seiner  Dichtigkeit 
bei  69^  C,  und  es  lässt  sich  die  Zu-  und  Abnahme  seiner  Dichtigkeit 
durch  die  Curve  Fig.  82  veranschaulichen ,  welche  uns  zeigt ,  dass  von 


Fig.  82. 


0  bis  44  Grad  das  Vo- 
lumen stetig  zunimmt, 
dann  plötzlich  sich  stark 
verringert,  von  69  Grad 
an  wieder  zunimmt  und 
bei  der  Schmelzung 
(94Vs  Grad)  dasselbe 
Maass  erreicht,  als  hätte 
die  Ausdehnung  von 
0^  an  ununterbroche- 
nen gleichmässigen  Fort- 
gang erfahren. 
Wenn  es  schon  ans  diesem  Grunde  unmöglich  ist,  die  totale  Zunahme 
der  Abmessungen  bis  zum  Schmelzpunkte  mit  Hülfe  des  Ausdehnungs- 
coefficienten  zu  ermitteln,  so  kommt  noch  ein  zweiter  Umstand  hinzu, 
welcher  die  Benutzung  jener  Ausdehnungscoefficienten  für  Ermittelung 
der  Abmessungen  des  flüssigen  Metalls  verbietet.  Es  ist  dieses  die 
Thatsache,  dass  einzelne  Körper  bei  einer  gewissen  Temperatur  des  flüs- 
sigen Zustandes  dichter  sind  als  unmittelbar  bei  und  nach  dem  Erstar- 
ren ,  sich  also  ausdehnen ,  wenn  sie  starr  werden.  Vom  Wasser  ist  mit 
Sicherheit  festgestellt,  dass  es  bei  -f~  4^C.  seine  gprösste  Dichtigkeit  be- 
sitzt; es  dehnt  sich  beim  (jefri^ren  aus,  zersprengt  seine  G^fasse  und 
das  Eis  schwimmt  auf  dem  Wasser.  Aehnlich  verhält  sich  nach  Schott 's 
Versuchen  Gusseisen,  höchstwahrscheinlich  auch  mehrere  andere  Metalle. 
Es  folgt  aber  hieraus,  dass  bei  allen  jenen  Metallen,  welche  sich  beim 
Erstarren  ausdehnen,  die  Abnahme  des  Volumens  vom  flüssigen  Zustande 
bis  zum  erkalteten  um  so  geringer  ausfallen  muss,  je  grösser  die  Ausdeh- 
nung beim  Erstarren  war.  Wenn  diese  momentane  Ausdehnung  sehr 
gross  ist,  kann  möglicherweise  die  totale  Abnahme  der  Abmessungen  vom 
flüssigen  bis  zum  erkalteten  Zustande  Null  werden,  ein  Fall,  welcher 
wenigstens  annähernd  bei  einigen  graphitreichen  Gusseisensorten 
zutrifft. 

Es  muss  also  ein  neuer  Coefflcient  ermittelt  werden,  welcher  an- 
giebt,  um  wie  viel  der  Körper  im  Ganzen  seine  Abmessungen  beim  Ueber- 
gange  aus  dem  flüssigen  bis  zum  vollständig  erkalteten  Zustande  ver- 
kleinert, und  diesen  Coefßcienten  nennen  wir  den  Schwind ungscoef- 
ficienten,  den  ganzen  Inbegriff  der  Volumenverkleinerung    oder    die 


Schwindung.  95 

Differenz  zwischen  den  Abmessnngen  im  flüssigen  nocl  erkalteten  Zu- 
Stande  die  Schwindnng. 

Die  Kenntniss  des  Schwindnngscoefticienten  eines  zu  giessenden  Me- 
talls ist  von  Wichtigkeit,  denn  jener  Coefficient  giebt  an,  um  wie  viel 
die  Abmessungen  des  zur  Aufnahme  des  geschmolzenen  Metalls  bestimm- 
ten bohlen  Raumes,  der  die  Gestalt  und  Grösse  des  Abgusses  bestimmt 
UAd  Gussform  genannt  wird,  grösser  sein  muss,  als  die  Abmessungen 
des  erkalteten  Körpers. 

Man  unterscheidet  einen  linearen  Schwindungscoefficienten,  wel- 
cher angiebt,  um  wie  yiel  die  einzelnen  Abmessungen  eines  Körpers 
beim  Schwinden  kleiner  werden  und  einen  cubischen  Schwindungscoef- 
ficienten, welcher  die  Abnahme  des  Volumens  angiebt.  Der  cubische 
Schwindungscoeffioient  ist  fast  genau  gleich  dem  dreifachen  linearen 
Schwindungscoefficienten^).  In  der  Praxis  kommt  fast  nur  der  lineare 
Schwindungscoefficient  zur  Anwendung. 

Auch  bei  einem  und  demselben  Metalle  ist  der  Schwindungscoeffi- 
cient nicht  immer  derselbe.  Er  ist  abhängig  yon  den  Erstarrungsver- 
h&ltnissen,  Ton  zufälligen  Beimengungen  des  Metalls.  Um  jedoch  dem 
Arbeiter,  welcher  die  Gussform  herstellt,  ein  wenigstens  annähernd  zn- 
treffidndes  Yerhältniss  zu  geben,  um  welches  er  die  Abmessungen  grösser 
zu  nehmen  hat,  wenn  der  Abguss  richtig  ausfallen  soll,  hat  man  mittlere 
Durchschnittswerthe  fär  die  Schwindungscoefficienten  der  einzelnen  Me- 
talle ermittelt,  bei  deren  Benutzung  man  sicher  sein  kann,  in  den  ge- 
wöhnlichen Fällen  wenigstens  nicht .  erheblich  von  der  Wahrheit  abzu- 


1)  Es  sei 
V  der  Ranminhalt  des  Körpers  vor  dem  Schwinden, 
«'i     »  i>  »  I»        na<Jh    y,  r, 

a  eine  Seite  des  Körpers  vor  dem  Schwinden, 
«1     *i        »       j»  n        nach    „  „ 

*,     r  cnbTs^e    1  Schwindungscoefficient, 

so  ist 

1)  a,  =  a  (1  —  «). 

2)  die  gesammte  cubische  Schwindung 
8iV  =  V  —  «1,  also 

i>  —  f^i        ^        «, 

Da  sich   die  Cubikinhalte  ähnlicher  Körper  wie  die  Guben  gleichhegender 
Seiten  verhalten,  so  ist 


3)S=fi;=iiii^ii)ü=(i_,)8 


8  4"  3«^  —  *'; 

also  nach  Gleichung  2) 

«1  =  1  —  £l  =  3s  —  3ä«  4-  «». 

Bei  der  Kleinheit  von  8  kann  man  den  Werth  —  33^4"^^  =  ^^  setzen; 
es  ist  dann 

Sj  =  S8, 


96  Giesserei.     Arbeitseigenschaften. 

weichen.      Solche  Darchschnittawerthe    der    linearen  Schwindungs- 
coefficienten  sind  folgende: 

Ottsseisen  V969 

Gussstahl  ^/7s, 

Zink  Vso, 

Messing  mit  30  Proc.  Zink  y^q, 

Geschützbronze  mit  10  Proc.  Zinn  Viso« 

Glockenbronze  mit  20  Proc.  Zinn  ^$5, 

Statuenbronze  mit  86  Proc.  Kupfer,  übrigens  Zinn  und  Zink  1.^77, 

Zinn  Vi47i 

Blei  V9f. 
Auf  die  Schwindung  ist  l>ei  der  Formgebung  der  Metalle  durch 
Giessen  in  vielfacher  Beziehung  Rücksicht  zu  nehmen,  und  manche  auf 
den  ersten  Blick  yielleicht  rftthselhafte  Erscheinungen  beim  Giessen  fin- 
den eine  natürliche  Erklärung,  wenn  man  sie  auf  die  Folgen  der  Schwin- 
dung zurückführt. 

Giesst  man  einen  Abgnss,  welcher  mehrere  ungleich  starke  Quer- 
schnitte in  solcher  Anordnung  vereinigt,  dass  die  einen  nicht  schwinden 
können,  ohne  die  anderen  zu  beeinflussen  —  z.  B.  ein  Rad  mit  starkem 
Kranze  und  schwachen  Armen  — ,  so  erstarren  und  erkalten  die  schwäche- 
ren Querschnitte  rascher  als  die  stärkeren.  In  dem  hocherhitzten  Zn- 
stande des  Metalls  ordnen  sich  die  Molecüle  desselben  diesen  Verhält- 
nissen entsprechend;  aus  den  stärkeren  Querschnitten,  die  zum  Theil 
noch  flüssiges  Metall  enthalten,  wird  auch  wohl  Metall  zur  Ausgleichung 
der  Verkürzung  der  Theile  mit  schwächeren  Querschnitten  abgegeben. 
Diese  erkalten  also  unbehindert,  und  es  würde  vollständiges  Gleichgewicht 
im  Abgüsse  herrschen,  wenn  nunmehr  die  Schwindung  unterbrochen 
werden  könnte.  Nun  aber  beginnen  erst  die  Theile  mit  stärkeren  Quer- 
schnitten zu  schwinden,  sich  zu  verkürzen,  dadurch  einen  Zug  oder  Druck 
auf  die  schon  erkalteten  Theile  auszuüben.  Das  Gleichgewicht  in  dem 
Zusammenhange  der  Molecüle  wird  gestört,  es  tritt  Spannung  ein  ^).  Ein 
geringes  äusserliches  Ereigniss,  ein  Stoss,  eine  ungleichmässige  Erwär- 
mung genügt,  eine  Zerreissung  herbeizuführen.     Die  Zerreissung   erfolgt 


^)  AuR  der  Tinvenneidlichen  Folgte  dieses  Yorg^ang^B,  dass  nämlich  in  einem 
und  demselben  Abgüsse  die  Theile  mit  stärkeren  Querschnitten  nach  dem  Er- 
kalten kürzere  Abmessungen  zeigen,  als  die  früher  erkalteten  Theile  mit  schwäche- 
ren Abmessnngen,  sobald  ihr  Zusammenhang  ein  solcher  ist,  dass  durch  Schwin- 
dung der  einen  ein  Zug  oder  Dinick  auf  die  anderen  entsteht,  hat  man 
vielfach,  insbesondere  für  Gusseisen,  den  Schluss  gezogen:  rasch  erkaltendes 
Metall  schwindet  weniger  als  langsam  erkaltendes,  schwache  Querschnitte  we- 
*niger  als  starke,  eine  Folgerung,  die  in  dieser  abstracten  Form  unrichtig  int. 
Man  braucht  nur  zwei  Stäbe  von  genau  gleicher  Lä^ge,  aber  sehr  verschiede- 
nen Querschnitten  ohne  Znsammenhang  mit  einander  zu  giessen,  um 
den  Beweis  zu  erhalten.  Ueber  hierauf  bezügliche,  später  mehrfach  wieder- 
holte Versuche  des  Verfassers  siehe  Berg-  und  Hüttenmännische  Zeitung,  Jahr- 
gang 1869,  8.  50. 


Schwindung.  97 

um  8o  rascher,  je  spröder  das  Metall  an  und  für  sich  ist,  je  weniger  es 
den  auf  eine  Verschiebung  seiner  Theile  hinwirkenden  Kräften  nachzu- 
geben vermag.  Gusseisen,  welches  unter  den  znr  Giesserei  benutzten 
Metallen  das  am  wenigsten  dehnbare  ist,  zeigt  daher  am  meisten  Neigung, 
Spannnngpen  zu  erzeugen;  nnd  unter  den  Gusseisensorten  zeichnen  sich 
die  ans  Rasenerzen,  Minette  und  ähnlichen  Erzvorkommnissen  erblaseneu 
phosphorreichen  Sorten  vorzugsweise  durch  die  beim  Schwinden  ent- 
stehende Spannung  unvortheilhaft  aus. 

In  gleicher  Weise  wie  die  durch  verschiedene  Querschnittsstärken 
hervorgerufene  ungleichmässige  Abkühlung  kann  auch,  wenn  die  Quer- 
schnitte gleich  sind,  eine  durch  äussere  Einflüsse  bewirkte  ungleichzeitige 
Erkaltung  des  Gussstücks  wirken.  Ein  Entblössen  des  Gussstücks  an 
einer  Stelle  von  der  schützenden  Sanddecke,  während  die  andere  bedeckt 
bleibt,  Regentropfen,  welche  den  heissen  Abguss  treffen,  und  andere  Zu- 
fälligkeiten können  Spannung  und  späteres  plötzliches  Zerspringen  des 
GusBstücks  herbeiführen,  dessen  Ursache  dann  häufig  nicht  mehr  zu  er- 
forschen ist. 

Man  hat  verschiedene  Mittel,  die  Entstehung  von  Spannungen  zu 
vermeiden.  Das  einfachste  Mittel  ist  die  Anwendung  gleich  starker  Quer- 
schnitte in  einem  und  demselben  Abgüsse  und  gleichmässiges,  durch  Um- 
geben des  heissen  Abgusses  mit  schlechten  Wärmeleitern  bewirktes  Er- 
kaltenlassen desselben.  Die  Anwendung  gleichmässig  starker  Querschnitte 
ist  eine  Regel,  auf  welche  die  Constructeure  von  Maschinentheilen,  archi- 
tektonischer Gegenstände  u.  s.  w.  nicht  genug  aufmerksam  gemacht  wer- 
den können. 

Die  Bestimmung  des  Gussstücks  gestattet  jedoch  nicht  in  allen  Fäl- 
len die  Anwendung  solcher  ganz  gleichmässiger  Querschnitte.  Das  als- 
dann zunächst  liegende  Mittel  ist,  durch  längeres  Bedeckthalten  der 
schwächeren  Theile  nach  dem  Abgiessen  mit  schlechten  Wärmeleitern, 
woza  man  gewöhnlich  Saud  benutzt,  und  durch  beschleunigte  Abkühlung 
der  stärkeren,  indem  man  sie  der  Luft  aussetzt  oder  bei  sehr  grossen 
Querschnittsdifferenzen  auch  wohl  mit  Wasser  besprengt,  ein  möglichst 
gleichzeitiges  Erkalten  aller  Theile  des  Abgusses  zu  bewirken.  Eine 
solche  Beeinflussung  der  Abkühlung  muss  mit  grosser  Umsicht  geschehen, 
und  k«nn  dann  einen  gewünschten  Erfolg  liefern,  ist  jedoch  um  so 
schwieriger  durchzuführen,  je  grösser  der  Unterschied  in  den  Querschnitts - 
Verhältnissen  ist. 

Man  sucht  deshalb  wohl  von  vornherein  dem  Abgüsse  eine  derartige 
Form  zu  geben,  welche  ein  leichtes  Verziehen  einzelner  Theile  ohne  Gefahr 
für  das  Zerspringen  ermöglicht,  und  vermindert  dann  ausserdem  ein  zu 
starkes  Verziehen  durch  die  soeben  erwähnte  Regelung  der  Abkühlung. 

Ans  diesem  Bestreben  ist  die  Form  der  Riemenscheiben  und  Räder 
mit  gebogenen  Armen  hervorgegangen.  Es  ist  sehr  leicht  einleuchtend, 
dass  die  gebogenen  Arme  der  Riemenscheibe,  Fig.  83  (a.  f.  S.),  weit 
leichter  ein  Zusammenziehen  des  Kranzes  gestatten,  als  wenn  sie  radial 

Ledebar,  mcohanlich-meteUiiTgltcbe  Technologie.  7 


98  Schwindung. 

gegen  denselben  gerichtet  wären ,  und  es  bedarf  keiner  Erklärung  dafür, 
dass  ibre  Spannung  um  so  geringer  ausfallt,  je  kleiner  ihr  Krummungs- 
balbmesser,  je  grosser  ibre  Krümmung  ist. 

Fig.  83. 


Bei  sebr  grossen  Querscbnittsdifferenzen   in  solcben  gescblosseneu 
Formen  ist  jedocb  das  wirksamste  Mittel  einer  Dnrcbtbeilung  des  stärkern 


Fig.  84. 


Gliedes  in  zwei  Theile, 
welcbe  später  durch  me- 
chanische Bearbeitung 
vereinigt  werden.  Wenn 
man  z.  B.  bei  dem 
Sohwungrade,  Fig.  84, 
den  starken  Kranz,  wie 
bei  ah  angedeutet  ist, 
durch  ein  in  die  Guss- 
form eingesetztes ,  mit 
Graphit  bestrichenes 
Blechstückcben  tbeilt, 
also  dort  einen  durch- 
gehenden Spalt  eingiesst 
(der  sich  später  leicht 
durch  ein  eingesetztes 
Metallstückchen  schlies- 
sen  lässt),  so  wird  der 
Kranz  nicht  mehr  in  ra- 
dialer Richtung,  sondern  nach  der  Richtung  der  Pfeile  sich  zusammen- 
ziehen; die  Arme  werden  ein  wenig,  jedoch  weit  weniger  dadurch  ver- 
bogen werden,  als  wenn  die  Schwindung  nach  dem  Mittelpunkte  zu  statt- 


Schwindimg.  99 

fönde.     Derselbe  Fall  zeigt  sich  bei  dem  Fenster,  Fig.  85.     Sind  die 
Unterschiede  in  den  Querschnittsabmessangen  massig,  so  genügt  eine 

Fig.  85. 


einmalige  Theilung  des  Fensterrabmens,  bei  grosseren  Unterschieden 
heilt  man  wie  in  der  Figur  zweimal,  bei  sebr  grossen  unterschieden 
wohl  an  allen  vier  Ecken. 

Bei  grossen  Abgüssen,  welche  eine  Menge  Metall  an  einer  Stelle 
vereinigen,  entstehen  in  Folge  der  Schwindung  im  Innern  hohle,  mit  kry- 
stallinischen  Bildungen  erfüllte  Räume  von  oft  beträchtlicher  Grösse. 
Die  Erstarrung  der  Metallmasse  schreitet  nämlich  von  aussen  nach  innen 
fort.  Der  äussere  Mantel  ist  schon  zum  Theil  geschwunden,  während 
der  Kern  noch  flüssig  ist.  Erstarrt  und  schwindet  dieser,  so  muss  schliess- 
lich ein  Yacuum  zurückbleiben  und  zwar  an  derjenigen  Stelle,  wo  das 
letzte  flüssige  Metall  sich  befand«  Solche  Höhlungen  können  die  Brauch- 
barkeit eines  Abgusses  yollständig  in  Frage  stellen.  Sie  entstehen  um 
so  leichter,  je  stärker  der  Querschnitt  und  je  grösser  der  Schwindungs-' 
coefflcient  des  Metalls  ist.  Bei  Messingguss  treten  sie  wegen  des  grossen 
Scbwindungscoefßcienten  (Vea)  niit  Vorliebe  auf  und  finden  sich  häufig 
auch  in  weniger  starken  Querschnitten.  Es  ist  daher  zur  Erzielung 
dichten  Gusses  von  Wichtigkeit,  solche  Legirungen  zu  wählen,  deren 
Schwindung  möglichst  wenig  bedeutend  ist,  und  zwar  muss  diese  Rück- 
sicht um  so  thehr  befolgt  werden,  je  grösser  der  Rauminhalt,  je  langsamer 
also  die  Erstarrung  des  Gussstücks  in  seinen  innersten  Theilen  ist.  Der 
Schwindungscoefficient  dürfte  sich  verringern  lassen  durch  möglichst  ge- 
ringen Zinkzusatz;  soll  eine  zu  kupferreiche  Legirung  vermieden  werdeui 
durch  theilweisen  Ersatz  des  Zinks  durch  geringere  Mengen  Zinn  n|id 


100  Scbwindung. 

Blei,  wodnrch  die  ZusAmmeDaetzung  sich  derjenigen  der  zinkhaUi^en 
Stntnen bronzen  (S.  11)  nähert.  Gründliche  Ermittelungen  hierüber  wür- 
den nicht  ohne  Nutzen  för  die  Praxis  aein.  Bei  sehr  starken  GnsBetOcken 
vermeidet  man  diese  Höhlungen  oder  „Änssangungen"  durch  Anbringen 
einea  sogenannten  „verlorenen  Kopfes".  Der  verlorene  Kopf  ist  ein  Auf- 
aatzatück  anf  dem  beim  Giessen  za  oherst  befindlichen  Theile  des  Gnea- 
etücks  von  eolcher  Form  nnd  Grösse,  daaa  es  später  erstarrt  als  das  eigent- 
liche GnasatQck  nnd  dadurch  gewiasermaassen  ala  ein  Behälter  fQr  das 
6flaaige  Metall  dient,  aoa  welchem  die  beim  Schwinden  des  Abgnsaea 
entstandenen  Hohlränme  aich  wieder  anfallen.  Der  Kopf  enthält  also 
nach  dem  Erstarren  den '  Hohlranm ,  welcher  eben  durch  Anwendong  dea 
Kopfes  im  eigentlichen  GnssstOcke  vermieden  iat.  Fig.  86  veranschan- 
licht  einen  hjdraalischen  Presscylinder  mit  solchem  verlorenen,  vollen 
Kopfe,  Fig.  87  einen  Dampfcylinder  mit  ringförmigem  Kopfe.  In  beiden 
Fig.  8S. 


Figuren  ist  die  Stelle  angedeutet,  wo  sich  die  Hohlnng  nach  dem  Erstar- 
ren befindet. 

Eb  ist  also  die  Aufgabe  des  Giessers,  erstens  dem  Kopfe  eine  der 
obigen  Bestimmung  entsprechende  Form  eu  geben;  zweitens  auch  durch 
qtö^lichst  langes  Warmhalten  eine  frühzeitige  Ergtaming  des  im  Kopfe 


Schwindaiig.  101 

b«finiUicben  flfLaaigen  Metalls  sa  Termeiden.  Man  sacht  diesen  Zweck 
dnrch  Bedecktlutlten  des  Kopfes  mit  schlechten  W&rmeleitern  (Kohlen- 
lösche,  Asche)  und  fleissiges  Nachgiessen  frischen  heissen  Metalls  zu  er- 
reichen- Sehr  bald  erkennt  man  au  einer  Senkung  der  Oberfläche,  wie 
das  Metall  aus  dem  Kopfe  in  den  Abgnss  „ nachgesogen "  wird,  die  ent- 
standenen Hohlräume  des  Abgusses  aasfollend. 

Die  richtige  Constraction  eines  verlorenen  Kopfes  ist  nicht  immer 
leicht  und  erfordert  manniohfache  Erwägaag.  Als  Hauptsiel  moss  man 
dabei  stets  im  Auge  bebalten,  dass  der  Kopf  später  als  das  eigentliche 
GoBsstflck  erBtarren  soll.  Desbalb  würde  z.  fi.  ein  verlorener  Kopf  aul' 
einem  Cf linder,  wie  in  Fig.  88,  gerade  den  entgegenge setzten  Erfolg 
fj-^  gg^  haben.   Das  Metall  würde  in  dem  schwa- 

chen Querschnitte  ab  früher  erstarren, 
als  in  dem  darunter  liegenden  starkem ; 
in  der  Mitte  des  letztem,  also  gerade 
da,  wo  der  Kopf  entfernt  wird  und  der 
Ouss  dicht  sein  soll,  würde  eine  Hühlnng 
entstehen. 

Da  die  Hohlräume  um  so  leichter  ge- 
bildet werden  und  um  so  grösser  ausfal- 
len, je  länger  das  Metall  im  Innurn  flDs- 
Big  bleibt,  so  ist  es  Rege!,  das  Mebtll 
um  so  weniger  über  seinen  Schmelzpunkt 
erhitzt  in  die  Gnssfurm  zu  giessen,  je 
compacter  das  Gussstück  ist. 

Nach  dem  Erkalten  des  Abgusses 
sammt  Kopf  wird  letzterer  von  dem 
erstem  dnrch  mechanische  Bearbeitung 
losgelöst  und  als  Rohmaterial  weiter  ver- 
wendet. 

Eine  andere  Folge   der  Scbwindnng 
bt  das  leichte  Krummzieben  quadratischer 
oder  kreisrunder  Platten.     Bei  einem  jeden  plattenfbrmigen  Körper  be- 
ginnt die  Scbwindnng  vom  Rande  und  schreitet  nach  der  Mitte  hin  fort, 
Fig.  89.    Je  weiter  der  Mittelpunkt  der  Platte  vom  Rande  entfernt  liegt, 
Fig.  HB.  Pig.  90. 


102  Gasentwickelung  aus  den  Metallen. 

je  weniger  ungleich  also  die  Achsen  der  Platte  sind,  desto  langsamer 
wird  die  Abkühlung  bis  zur  Mitte  vordringen,  desto  ungleichmässiger 
wird  die  Sohwindnng  sein.  Die  schwindenden  Theile  veranlassen  ein 
Ausweichen,  Krummziehen  der  anderen.  Die  Platte  wird  ,| windschief^. 
Man  vermeidet  deshalb  nach  Möglichkeit  solche  regul&ren  Formen  für 
flache  Körper  und  wählt  lieber  oblonge  oder,  wo  es  angeht,  rahmen- 
förmige  (Fig.  90,  a.  v.  S.). 

Aehnliche  Folgen  der  Schwindung  sind  zahllos  und  täglich  in  den 
Giessereien  zu  beobachten.  Auch  dem  erfahrensten  Giesser  kann  es  bis- 
weilen geschehen ,  dass  er  diese  Folgen  nicht  richtig  voraus  berechnet 
hat  und  erst  durch  das  Misslingen  des  Gussstücks  seinen  Irrthum  erkennt. 


d.    Die  Entwickelung  von  Gasen  aus  den  Metallen. 

Das  vielfach  zu  beobachtende  Aufsteigen  von  Gasblasen  in  den  flüs- 
sigen Metallen  ist  eine  Erscheinung,  welche  trotz  ihrer  Wichtigkeit  ftLr 
die  Technik  erst  in  den  letzten  Jahren  sich  eine  etwas  eingehendere 
Beachtung  seitens  der  Metallurgen  und  Chemiker  erringen  konnte.  Die 
Schwierigkeit,  Gase  dem  flüssigen  Metalle  zu  entziehen  und  zu  sammeln, 
die  Umständlichkeit  der  Gasuntersuchung  nach  den  älteren  Methoden, 
endlich  vielleicht  auch  der  Umstand,  dass  man  die  Wichtigkeit  solcher 
Untersuchungen  nicht  gebührend  schätzte,  vereinigten  sich,  von  er- 
Bchöpifenden  Versuchen  in  dieser  Beziehung  abzuhalten.  Daher  kommt 
es,  dass  unser  Wissen  auf  diesem  Gebiete  noch  sehr  klein  im  Verhältnisse 
zu  dem  ist,  was  wir  nicht  wissen,  und  dass  wohl  in  keinem  andern  Ga- 
pitel  der  metallurgischen  Chemie  so  viele  ungelöste  Fragen  der  Beant- 
wortung harren,  als  gerade  hier. 

Man  kann  jenes  Aufsteigen  von  Gasbläschen  in  irgend  einem  ge* 
schmolzenen  Metalle  auf  zwei  Hauptnrsachen  zurückführen : 

1)  auf  einen  chemischen  Process,  welcher  innerhalb  des  flüssigen 
Metalls  vor  sich  geht  und  die  Entstehung  eines  gasförmigen  Körpers 
veranlasst; 

2)  auf  ein  einfaches  Entweichen  von  Gasen,  die  in  dem  flüssi- 
gen Metalle  eben  so  gelöst  waren,  wie  sich  Kohlensäure  und  Sauerstoff 
im  Wasser  lösen  und  eben  so  aus  den  Metallen  wie  diese  Gase  aus  dem 
Wasser  entweichen,  wenn  ein  verringerter  Druck,  heftige  Bewegung,  Er- 
starrungsverhältnisse oder  sonstige  ZufäUigkeiten  dieses  Entweichen  ver- 
ursachen. Besonders  häufig  wirkt  der  Uebergang  aus  dem  flüssigen 
in  den  festen  Zustand  auf  das  Entweichen  gelöster  Gase  hin,  obschon  ein 
Theil  derselben  fast  immer  auch  im  festen  Zustande  gelöst  bleibt. 

Findet  die  Gasentwickelung  statt,  während  das  Metall  noch  voll- 
ständig flüssig  war,  und  finden  die  Gasbläschen  Zeit,  an  die  Oberfläche 
zu  steigen  und  dort  zu  entweichen,  so  bleibt  der  ganze  Vorgang  ohne 
besondere  Folgen  für  die  Eigenschaften  des  Arbeitsstücks;  anders  ist  es 


Gasentwickelung  aus  den  Metallen.  103 

aber,  wenn  das  Metall,  dem  Erstarren  nahe,  bereits  in  einem  so  dick-* 
flüssigen  Znstande  sich  befand,  dass  die  Gasblase  in  demselben  suspendirt 
blieb,  oder  wenn  die  ringsum  geschlossene  Gnssform  das  völlige  Entwei- 
chen hindert.  Sie  zeigt  sich  alsdann  selbstverständlich  auf  der  Bruch- 
fl&che  des  erkalteten  Metalls  als  ein  Hohlraum,  der  sich  durch  seine  glat- 
ten Wände  deutlich  von  den  durch  Schwindung  entstandenen  mit  Kry- 
stallanhäufungen  angefOllten  Höhlungen  unterscheidet.  Ben  Eigenschaf- 
ten des  Metalls  und  den  Entstehungsursachen  entsprechend  finden  sich 
solche  hohlen  Stellen  theils  in  mikroskopischer  Kleinheit  zahUos  auf  der 
ganzen  Bruchfläche  vertheilt  (in  den  meisten  Bronzen,  im  Kupfer  u.  a.), 
theils  in  einzelnen  grösseren  Blasen  bis  zu  Haselnussgrösse  an  dieser 
oder  jener  Stelle  des  Arbeitsstücks.  In  beiden  Fällen  beeinträchtigen 
sie  das  speciflsche  Gewicht  (die  Dichtigkeit)  und  die  Festigkeit  des  Arbeits- 
stücks und  wirken  in  dieser  Beziehung  um  so  gefahrlicher,  da  ihre  An- 
wesenheit oft  gar  nicht  anders  als  nach  erfolgtem  Bruche  bemerkt  weiv 
den  kann;  treten  sie  aber  an  der  Oberfläche  eines  Arbeitsstücks  auf,  wel- 
ches bearbeitet  wird  und  vollständig  glatt,  eben  sein  muss  —  z.  B.  an 
der  Innenfläche  eines  Dampf-  oder  Gebläsecylinders,  an  der  Aussenfläche 
von  Walzen  für  Metalle,  Papier  und  andere  Zwecke  — ^  so  können  sie 
ebenso  wie  die  in  Folge  der  Schwindung  entstandenen  Höhlungen  die 
Brauchbarkeit  des  ganzen  Gussstücks  unmöglich  machen. 

Da,  wie  erwähnt,  die  Eigenschaften  der  Metalle  in  dieser  Beziehung 
erst  in  sehr  geringem  Maasse  der  Forschung  unterzogen  worden  sind, 
lässt  sich  die  Entstehungsursache  solcher  Gasblasen  oft  nur  auf  Muth- 
maassungen  zurückfuhren. 

Wenn  man  schwefelhaltiges  Kupfer  (Schwarzkupfer)  im  geschmolze- 
nen Zustande  der  Einwirkung  von  Sauerstoff  der  atmosphärischen  Luft 
aussetzt,  so  steigen  nach  einiger  Zeit  Blasen  auf,  die  an  der  Oberfläche 
zerplatzen,  die  ganze  Oberfläche  kommt  in  Wallung,  es  werden  selbst 
Kupfertheilchen  umhergeworfen  (Spratzen  oder  Sprühen  des  Kupfers). 
Es  entweicht  schweflige  Säure.  Giesst  man  eine  Probe  des  Kupfers  aus, 
so  bläht  sich  dieselbe  beim  Erstarren  auf,  zeigt  kraterartige  Auswüchse 
und  eine  blasige  bis  schwammformige  Beschaffenheit.  Das  Entweichen 
des  Gases  wird  durch  Rühren  mit  birkenen  Stangen  (Polen)  befördert 
und  lässt  nach  Verlauf  einiger  Zeit  nach.  Das  Kupfer,  welches  jetzt  viel 
Kupferoxydul  enthält,  fliesst  ruhig,  zeigt  aber  auf  der  erkalteten  Bruch- 
fläche immerhin  eine  grosse  Anzahl,  wenn  auch  oft  sehr  kleiner  Bläschen, 
die  seine  Dichtigkeit  beeinflussen  und  höchst  wahrscheiiilich  noch  von 
schwefligsaurem  Gas  herrühren.  Denn  das  Kupfer  enthält  immer  noch 
Spuren  von  Schwefelkupfer,  und  so  lange  gleichzeitig  Kupferoxydul  vor- 
handen ist ,  findet  eine  stete  Reaction  beider  Körper  auf  einander  unter 
Bildung  von  schwefliger  Säure  statt.  In  der  hohen  Schmelztemperatur 
des  Kupfers  vergrössert  sich  aber  das  Yolnmen  der  entwickelten  schwef- 
ligen Säure  auf  mehr  als  das  Fünffache,  und  es  sind  deshalb  nur  ver- 
schwindend kleine  Gewichtsmengen  von  Schwefelkupfer  bei  Gegenwart 


104  Gasentwickelung  aus  den  Metallen. 

von  Eüpferozydul  nötbig,    um  schon  ansehnliche  Volumina  schwefliger 
Säure  zu  erzeugen. 

Setzt  maD  nun  zur  Entziehung  des  für  die  Brauchbarkeit  des  Kupfers 
allzu  reichlich  vorhandenen  Kupferoxyduls  das  Schmelzen  unter  redaci- 
renden  Einflüssen,  insbesondere  unter  stetem  Polen  fort  (Zähpolen),  so  ent- 
steht das  hammergare  Kupfer,  welches  zwar  den  erreichbar  höchsten  Grad  von 
Dichtigkeit  zeigt,  auf  dessen  Bruchfläche  man  jedoch  mit  dem  Mikroskop 
immerhin  noch  zahlreiche,  von  Gasbläschen  herrührende  sehr  kleine  Hohl- 
räume entdeckt,  welche  nach  Ansicht  des  Verfassers  theils  von  noch  ent- 
wickelter schwefliger  Säure,  theils  von  gelösten  und  wieder  entlassenen 
Polgasen  herrühren  dürften.  Auch  durch  Umschmelzen  des  Kupfers 
unter  den  gewöhnlichen  Einflüssen  ist  es  nicht  möglich,  diese  poröse  Be- 
schaffenheit des  hammergaren  Kupfers  völlig  zu  beseitigen. 

Setzt  man  nun  das  Polen  noch  weiter  fort,  so  nimmt  die  blasige 
Beschaffenheit  des  Kupfers  wieder  in  auffallendem  Maasse  zu  (überpoltes 
Kupfer).  Der  Grund  hierfür  mag  in  dem  Umstände  liegen,  dass  mit  dem 
Verschwinden  des  Kupferoxyduls  die  Fähigkeit  des  Kupfers  wächst,  Pol- 
gase, insbesondere  Wasserstoffgas  zu  lösen,  welche  bei  Gegenwart  von 
Kupferoxydul  zu  Kohlensäure  und  Wasser  —  beide  unlöslich  in  Kupfer  — 
oxydirt  sein  würden,  und  dass  diese  gelösteirGase  beim  Erstarren  wieder 
gasförmige  Gestalt  annehmen^). 

Zur  Beurtheilung  der  Verwendbarkeit  des  Kupfers  für  die  Giesserei 
wird  man  deshalb  die  Thatsachen  im  Auge  behalten  müssen, 

dass  schwefelhaltiges  Kupfer  bei  Gegenwart  von  Kupferoxydul 
schwefligsaures  Gas  entwickelt; 

dass  vom  reinen  (kupferoxydulireien)  Kupfer  Wasserstoff  in  grosser 
Menge,  Kohlenoxyd  in  geringerer  Menge  gelöst  ^) ,  ölbildendes  Gas  unter 
Ausscheidung  von  Kohle  und  Lösung  von  Wasserstoff  zersetzt  werde ; 

dass  schweflige  Säure  sowohl  von  reinem  als  oxydulh altigem  Kupfer 
gelöst,  und 

dass  endlich  die  gelösten  Gase  beim  Erstarren  des  Kupfers  wieder 
zum  grossen  Theile  entlassen  werden. 

Diese  Umstände  machen  es  äusserst  schwierig,  wenn  nicht  unmög- 
lich, vollständig  dichte  Güsse  aus  Kupfer  zu  erzielen. 

Aeltere  Metallurgen,  neuerdings  auch  Künzel  in  Bezug  auf  die 
Bronze,  nehmen  an,  dass  neben  Knpferoxydul  freier  Sauerstoff  vom 
Kupfer  gelöst  werde,  ohne  in  chemische  Verbindung  zu  treten,  und  beim 


1)  Ueber  die  Gase  im  Kupfer  siehe:  Hampe,  Beiträge  zur  Metallurgie 
des  Kupfers.  Zeitschrift  für  Berg-,  Hütten-  uud  Salinenwesen  'im  preussischen 
Staate,  Bd.  21  und  22. 

^)  Die  Löslichkeit  von  Wasserstoff  und  Kohlenoxyd  im  Kupfer  wurde  ausser 
von  Hampe  auch  von  Caron  nachgewiesen,  Dingler's  polyt.  Journal, 
Bd.  183,  S.  384. 


Ga8ent?äckelimg  aus  den  Metallen.  105 

Erstarren  gasförmig  entweiche,  dadaroh  die  poröse  Beschaffenheit  des 
Kupfers  yeranlassend.  So  leicht  man  mit  Hülfe  dieser  Theorie  im  Stande 
sein  würde ,  das  Blasigwerden  des  Kupfers  zu  erklären ,  so  ist  doch  bis 
jetzt  durch  Versuche  ein  Gehalt  an  freiem  Sauerstoff  im  flüssigen  Kupfer 
oder  dessen  Legirungen  nicht  nachgewiesen  worden,  und  es  hat  aus  meh- 
reren anderen  Gründen  jene  Annahme  durchaus  keine  Wahrscheinlichkeit 
für  sich. 

Die  Legirung  des  Kupfers  mit  geringen  Mengen  Zinn,  Zink,  Blei 
verändert  sein  Verhalten  gegen  Gase  in  bemerkenswerther' Weise.  Die 
Gasentwickelung  (beziehentlich  Gasaufnahme)  nimmt  ab,  die  Legirung 
wird  dichter  und  zum  Giessen  geeigneter.  Zum  Theile  Hegt  die  Ursache 
dieser  günstigen  Einwirkung  eines  fremden  Zusatzes  wohl  in  dem  Um- 
stände, dass  das  Metall  dadurch  dünnflüssiger  wird,  in  diesem  dünnflüssi- 
gem Zustande  aber  die  Suspension  yon  aufsteigenden  Gasbl&schen 
weniger  gestattet,  als  in  dem  dickflüssigem  des  reinen  Kupfers.  Aus  dem- 
selben Grunde  verhalten  sich  frisch  bereitete  Legirungen  in  dieser  Hin- 
sicht im  Allgemeinen  günstiger  als  ältere,  schon  mehrfach  umgeschmol- 
zene, auf  deren  Bruchfläche  oft  massenhafte  kleine  Hohlräume  auftreten, 
welche  das  specifische  Gewicht  und  die  Festigkeit  der  liCgirung  beein- 
trächtigen. Durch  die  Lösung  grösserer  Mengen  Metalloxyde,  die  beim 
Schmelzen  sich  bilden,  werden  nämlich  die  Legirungen  wieder  dickflüssi- 
ger,  breiartiger,  und  befördern  dadurch  die  Suspension  der  Gasbläschen, 
also  die  Entstehung  blasigen  Gusses. 

Silber  nimmt  im  geschmolzenen  Zustande  Sauerstoff  in  Lösung  und 
entlässt  denselben  beim  Erstarren  mit  grosser  Lebhaftigkeit  (Spratzen 
des  Silbers).  Legiren  des  Silbers  mit  Kupfer  verringert  diese  Eigen- 
schaft, wohl  in  Folge  der  Bildung  von  Kupferoxydul,  welches  sich  in  der 
Legirung  löst. 

Gnsseisen  und  Gussstahl  besitzen  ebensowohl  die  Eigenschaft, 
in  Berührung  mit  gewissen  Körpern  Gase  zu  bilden ,  als  auch  gewisse 
Gase  zu  lösen  und  beim  Erstarren  theilweise  zu  entlassen.  Auf  die  Gas- 
erzeugung wirkt  vorzugsweise  der  Kohlenstoffgehalt  beider  Eisensorten, 
welcher  zu  Kohlenoxyd  oxydirt  wird,  sobald  er  mit  sauerstoffabgebenden 
Körpern  zusammenkommt  Zu  den  letzteren  zählt  hauptsächlich  das 
Eisenoxyduloxyd,  welches  sich  sofort  bildet,  sobald  das  glühende  Eisen 
der  Einwirkung  der  Luft  ausgesetzt  ist  Es  entsteht  nun  eine  wechsel- 
seitige Einwirkung  zwischen  diesem  und  dem  Kohlenstoff  des  Eisens; 
Eisenoxydnloxyd  wird  reducirt,  Kohlenoxyd  entweicht  Die  Reactiou  ist 
um  so  starker,  je  silioiumärmer  das  Eisen  ist,  denn  bei  grossem  Silicium- 
gehalte  entsteht  statt  des  Eisenoxyduloxyds  kieselsaures  Eisenoxydul,  dessen 
Einwirkung  auf  den  Kohlenstoff  bedeutend  geringer  ist  Jedoch  kann 
selbst  freie  Kieselsäure  durch  den  Kohlenstoff  des  Eisens  unter  Kohlen- 
oxydbildung  reducirt  werden,  wie  sich  beim  Schmelzen  von  Gussstahl  in 
quarzhaltigen  Tiegeln  gezeigt  hat 


106  GasentwickeloDg  aus  den  Metallen. 

So  lange  dieser  abweohBelnde  Oxydation»-  nnd  Redactionaproceu 
nur  an  der  Oberfläche  des  der  Lnfl  aiugeHetzteu  flOsBigen  Eiseas  vor  aich 
geht,  Beigen  dch  die  Folgen  desselben  nar  in  jenen  früher  erwähnten 
Bläschen  ,and  Blattern  mit  darunter  liegenden  Vertiefungen  (8.  18); 
wenn  aber  der  oxjdirende  Körper  sieh  in  tieferen  Schichten  des  Metalls 
befindet,  ao  mnse  das  gebildete  Gas  in  die  H&he  steigen  und  kann,  wenn 
es  nicht  mehr  Zeit  zum  völligen  Entweichen  findet,  znr  Entstehung  eines 
Hohlraomes  YeranlasBong  geben.  Dieser  Fall  tritt  b.  B.  ein,  wenn  das 
mit  ozydirten  Beetandtheilen  bedeckte  flüssige  Metall  beim  Eingiessen 
in  die  Gnssform  Theilchen  jener  Bestandtheile  mit  hinabreiest.  Ein« 
sorgfältige  Reinigung  der  Oberfläche  des  Metalls  von  allen  jenen  Terbin- 
dangen  im  Augenblicke  des  Giesaens  ist  daher  eine  wichtige  Bedingung 
f&r  die  Erzielnng  dichten  Gnases. 

Es  kann  aber  auch  in  der  Gnssform  selbst  in  gewissen  Fällen  noch 
Oxydation  eintreten.  Wenn  e.  B.  im  ersten  Augenblicke  des  Giessetu 
das  Metall  beim  Niederfallen  aus  beträchtlicher  Höhe  spritzt,  so  bilden 
sich  KOgelchen,  die  sich  rasch  mit  «nero  H&utohen  osydirter  Bestand- 
theile übersieheD.  Sie  werden  nun  vom  nachströmenden  Eisen  empor- 
gehoben,  das  Oxydhäntchen  wird  reducLrt  nnd  es  entsteht  ein  Kohlen- 
oxydbläschen.  Gewöhnlich  ist  aber  inzwischen  die  Temperatur  so  weit 
gesunken ,  dsss  dieses  nicht  mehr  entweichen  kann  und ,  wie  in  Fig.  9 1 
in  natärliober  Grösse  dargestellt  ist,  oberhalb  des  KQgelchens  suspendirt 
bleibt. 

Gase,  welche  vom  flflssigen  Eisen  gelöst  nnd  kurz  vor  dem  Erstar- 
ren zum  Theil  wieder  entlassen  werden,  sind  nach  den  Ermittelnngen 
Fig.  Sl.  ^"^^  Cailtetet,  Troost    nnd  Hautefeuille  Wasser- 

stoff,  Eohlenoxyd  in  reichlichen  Mengen,  weniger  reich- 
lich Stickstoff.  Wasserstoff  findet  sich  vorwiegend  in 
koblenstoE&eicben ,  Kohlenoxyd  in  kuhlenstofi'armen 
Eisensorten.  Das  LSsnngsvermÖgen  des  Eisens  für  Gase 


vermindert  sich 
mehr  aber  noch  mit  stei 
vermag  deshalb 
Mengen  Gase  als  Roht 


«igendem  Kohlenstoffgehalte,  weit 
eigendem  Silicinmgehalte.  Stahl 
«igen  Zustande  erheblich  grössere 
eisen  zu  lösen,  nnd  unter  den 
Robeisensorten  löst  das  silioinm-  nnd  kohlenstofireiche 
graue  Roheisen  die  geringste  Menge,  ist  also  in  dieser 
Hinsicht  am  leichtesten  znr  Darstellung  dichten  Gusses 
zu  verwenden. 

Unter  den  Obrigen  Metallen  ist  noch  das  Nit^el 
als  ein  solches  zu  nennen,  welches  gern  Gase  in  höherer  Temperatur  löst 
nnd  beim  Erstarren  entlässt  Man  findet  das  gegossene  Nickel  mit  zahl- 
reichen Blasenräumen  durchsetzt.  Anch  die  Nickelknpferlegirungen  ver- 
halten sich  ebenso.  Erhitzt  man  eine  Legirung  von  80  Thln.  Nickel 
und  20  Thln.  Kupfer  znr  Weissglnth  und  läset  die  geschmolzene  Masse 
rasch  abkühlen,  so  entsteht  eine  so  heftige  Gaaentwickelung ,  daas  ein 


Gasentwickelung  aus  den  Metallen.  107 

mit  der  Leginmg  nur  halb  gefällter  Tiegel  übersteigt.  Künzel  nimmt 
an,  dass  das  gelöste  Gas  freier  Sauerstofif  sei,  eine  Ansicht ,  welche  wenig 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat^). 

Die  bei  niedrigerer  Temperatur  schmelzbaren  Metalle  —  Zink,  Blei, 
Zinn  —  scheinen  die  Eigenschaft,  Gase  zu  lösen  oder  zu  entwickeln, 
wenig  oder  gar  nicht  zu  besitzen  und  liefern  blasenfreien  Guss.  Jeden- 
falls spricht  jedoch  hierbei  auch  die  schon  oben  erwähnte  bedeutende 
YolameuYergrössemng  mit,  welche  alle  Gase  mit  zunehmender  Tempera- 
tur erleiden,  und  die  in  der  Schmelztemperatur  des  Gusseisens,  Stahls, 
Kupfers,  der  Bronze  und  anderen  das  Fünf-  bis  Sechsfache  des  Volumens 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  beträgt.  Jedes  unbedeutende,  in  den  bei 
niedriger  Temperatur  schmelzenden  Metallen  vielleicht  unbeachtet  blei- 
bende Gasbläschen  zeigt  sich  also  in  den  höheren  Schmelztemperaturen 
jener  Metalle  in  beträchtlicher  Yergrösserung ,  die  Dichtigkeit  merklich 
beeinflussend. 

Bei  dem  überaus  nachtheiligen  Einflüsse,  welchen  die  Gasentbindung 
aus  dem  flüssigen  Metalle  auf  das  Gelingen  des  Gusses  ausübt,  liegt  dem 
Giesser  die  wichtige  Aufgabe  ob,  diese  Gasentbindung  nach  Möglichkeit 
zu  verhindern  oder  einzuschränken. 

War  dieselbe  Folge  einer  Gaserzeugung,  also  einer  chemischen  Action 
innerhalb  des  Metallbades,  so  muss  eben  darauf  hingewirkt  werden,  die- 
jenigen Körper  fem  zu  halten,  welche  diese  Gaserzeugung  bewirken. 
Verarbeitet  man  Kupfer  —  sei  es  für  sich  oder  in  Legirungen  — ,  so  ist 
offenbar  dasjenige  am  geeignetsten  zur  Erzielung  dichten  Gusses,  wel- 
ches seines  Schwefelgehalts  am  vollständigsten  beraubt  ist,  ohne  überpolt 
zu  sein.  Giesst  man  Gusseisen  oder  Stahl,  so  hat  man  darauf  zu  halten, 
dass  im  Augenblicke  des  Eingiessens  alle  gebildeten  Oxyde  von  der  Ober- 
flache mit  Sorgfalt  entfernt  werden. 

Ist  die  Gasentwickelnng  als  Folge  einer  vorausgegangenen  Lösung 
zu  betrachten,  so  muss  die  erste  Sorge  die  sein,  diese  Lösung  zu  verhin- 
dern, indem  man  die  Berührung  des  schmelzenden  oder  geschmolzenen 
Metalls  mit  dem  löslichen  Gase  unmöglich  macht;  also  indem  entweder 
das  schmelzende  Metall  in  eine  schützende  Hülle  eingeschlossen  wird 
(z.  B.  beim  Schmelzen  in  Tiegeln),  oder  indem  man  die  Erzeugung  lös- 
licher Gase  überhaupt  ausschliesst  (z.  B.  durch  Wahl  geeigneten  Brenn- 
materials: schweflige  Säure,  aus  mineralischen  Brennstoffen  entwickelt, 
lost  sich  im  Kupfer  und  dessen  Legirungen,  daher  die  Anwendung  von 
Holz  beim  Schmelzen  u.  s.  f.).  Vollkommen  wird  jedoch  auf  solche  Weise 
der  Zweck  selten  erreicht;  es  steht  diesem  Mittel  dann  das  andere  gegenüber, 
das  Löslichkeitsvermögen  des  Metalls  durch  geeignete  Legirung  zu  ver- 
ringern, gleichzeitig  die  Dünnflüssigkeit  erhöhend  und  dadurch  die  Sus- 


1)  Der  häufige  Oebalt  des  Nickels  an  Kohlenstoff  lässt  eher  auf  Kohlen- 
ozyd  scfaliessen*,  unter  Einwirkung  vorhandenen  Kupferozydols  oder  Nickel- 
Oxyduls  entstanden. 


108  Gasentwickelung  aus  den  Metallen. 

penaion  von  Gasbl&sohen  erschwerend  (Silber  mit  Kupfer,  Kupfer  mit 
Zink  oder  Zinn,  Nickel  mit  Kupfer  und  Zink  u.  8.  f.).  Lässt  sich  auch 
auf  diese  Weise  eine  Aufnahme  gasförmiger  Körper  durch  das  flüssige 
Metall  nicht  ganz  verhindern ,  so  ist  ein  höchst  wichtiges  und  von  allen 
einsichtsvollen  Giessern  benutztes  Mittel  zur  Erzielung  dichten  Gusses 
das  Befördern  des  Entweichens  der  Gase,  bevor  das  Metall  in  die  Guss- 
form  gelangt  Zu  diesem  Zwecke  dient  ein  fleissiges  Durchrühren  des 
geschmolzenen  Metalls  mit  hölzernen  oder  eisernen  Stangen;  ferner  ein 
langsames  Erkaltenlassen  desselben  vor  dem  Eingiessen  auf  eine  Tempe- 
ratur, die  nur  eben  noch  für  den  erforderlichen  Flüssigkeitsgrad  ausreicht, 
damit  die  Gase  Zeit  finden,  zu  entweichen.  Giesst  man  stark  überhitz- 
tes Metall  in  die  Gussform,  so  findet  rasche  Abkühlung,  rasche  und  reich- 
liche Gasentwicklung,  aber  auch  rasche  Erstarrung  statt,  in  Folge  deren 
die  gebildeten  Gasblasen  suspendirt  bleiben. 

Wenn  eine  dickflüssige  Beschaffenheit  des  geschmolzenen  Metalls  das 
Aufsteigen  der  bereits  gebildeten  Gasbläschen  erschwert,  so  sind  Mittel 
anzuwenden,  welche  das  Metall  dünnflüssiger  machen,  also  die  schon  er- 
wähnte Legirung  mit  anderen  Metallen,  oder,  wenn  die  Dickflüssigkeit 
von  gelösten  Metalloxyden  hervorgerufen  ist,  die  Reduction  derselben 
vermittelst  Polens  oder  Phosphorzusatz  bei  Bronzen. 

Da  alle  innerhalb  der  Gussform  noch  ausgeschiedenen  Gase  selbst- 
verständlich nach  oben  steigen,  so  kann  in  vielen  Fällen  die  Anbringung 
eines  verlorenen  Kopfes  (S.  100)  an  geeigneter  Stelle,  welcher  die  Gas- 
blasen (und  auch  ausgeschiedene  oder  mechanisch  mit  in  die  Gussform 
gelangte  feste  Körper)  aufnimmt,  die  Gefahr  des  Misslingens  des  Gusses 
durch  solche  Körper  beseitigen.  Kommt  es  nur  darauf  an,  dass  vor- 
zugsweise eine  Seite  des  Gussstücks  dicht  werde,  so  wird  man  aus  dem- 
selben Grunde  diese  zu  unterst  giessen. 

Ein  letztes,  aber  am  schwierigsten  durchführbares  Mittel,  einen  von 
Gasblasen  freien  Guss  zu  erhalten,  ist  das  Giessen  und  Erstarrenlassen 
unter, starkem  Drucke.  Wie  jede  andere  Flüssigkeit  behalten  auch  die  ge- 
schmolzenen Metalle  um  so  reichlichere  Mengen  Gas  in  Lösung,  je  stärker 
der  auf  ihnen  lastende  Druck  ist.  Wenn  aber  die  im  Metalle  gelösten  (also 
flüssig  gewordenen)  Gase  verhindert  sind,  wieder  Gasform  anzunehmen, 
bevor  das  Metall  völlig  starr  geworden  ist,  so  ist  ihnen  eben  dadurch  jede 
Möglichkeit  benommen,  als  Bläschen  im  Gussstücke  suspendirt  zu  bleiben. 

Am  einfachsten  sucht  man  diesen  Zweck  durch  Anbringung  eines 
hohen  verlorenen  Kopfes  zu  erreichen,  dessen  Gewicht  auf  dem  darunter 
befindlichen  flüssigen  Metalle  lastet.  Man  macht  sich  jedoch  vielfach 
übertriebene  Vorstellungen  von  dieser  Wirkung  des  Kopfes  durch  mecha- 
nischen Druck.  Um  nur  einen  Ueberdruok  gleich  einer  Atmosphäre  aaf 
das  Metall  hervorzubringen,  würde  bei  Gusseisen  und  Gussstahl  ein  Kopf 
von  ca.  1,4  M.  Höhe,  bei  Bronze  und  Messing  von  ca.  1,2  M.  Höhe  er- 
forderlich sein.  Dadurch  würde  eine  Menge  flüssiges  Metall  für  den  Kopf  er- 
forderlich werden,  welches  nach  dem  Erstarren  schwierig  zu  zex^einem 


Einflüsse  der  Erstarrung  und  Abkühlung.  109 

und  deshalb  nur  mit  erheblichen  Kosten  wieder  verwendbar  zu  machen 
sein  würde.  Deshalb  findet  man  selten  so  hohe  verlorene  Köpfe  angewendet. 
Mechanische  Vorrichtungen,  um  einen  Druck  auf  das  in  der  Guss- 
form  befindliche  Metall  (insbesondere  Gussstahl)  hervorzubringen,  sind 
mehrfach  angewendet  worden  und  bestehen  in  den  meisten  Fällen  in 
einer  hydraulischen  Presse,  deren  Kolben  auf  das  flüssige  Metall  drückt. 
Es  ist  jedoch  leicht  einzusehen,  dass  jede  Anwendung  solcher  Vorrich- 
tungen mit  grossen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen  haben  wird,  und  es  be- 
schränkt sich  daher  dieselbe  fast  gänzlich  auf  die  Herstellung  roher,  für 
weitere  Verarbeitung  bestimmter  Blöcke.  Näheres  hierüber  siehe  Wed- 
ding,  Darstellung  des  schmiedbaren  Eisens,  Braunschweig  1876,  S.  683. 

e.     Die  Eigenschaften  der  Metalle  unter  den  Einflüssen  des 

Erstarrens  und  Abkühlens. 

Wenn  ein  Metall  aus  dem  flüssigen  Zustande  in  den  festen  übergeht 
und  ihm  dabei  mehr  und  mehr  Wärme  entzogen  wird,  so  lagern  sich  die 
kleinsten  Theilchen  des  Metalls  entsprechend  den  auf  sie  wirkenden  Ein- 
flüssen, und  es  entsteht  auf  diese  Weise  das  Gefüge,  die  Textur  des 
Metalls.  Da  ein  jedes  Metall  das  vBestreben  zu  krystallisiren  besitzt, 
dieses  Bestreben  aber  durch  entgegen  wirkende  Einflüsse  bei  der  Erstar- 
rung und  Abkühlung  nur  in  mehr  oder  minder  beschränktem  Maasse  zur 
Ausführung  gelangen  kann,  so  kann  das  Gefüge  des  erstarrten  Metalls 
gewissermaassen  als  ein  sichtbarer  Ausdruck  des  Krystallisationsbestre- 
bens  sowohl,  als  der  diesem  Bestreben  entgegen  wirkenden  Einflüsse  be- 
trachtet werden. 

Je  rascher  die  Wärmeentziehung  vor  sich  geht,  desto  kleiner  sind 
im  Allgemeinen  die  krystallinischen  Flächen,  desto  „dichter"  das  Gefüge. 
Von  dem  GefUge  des  Metalls  ist  aber  zum  grossen  Theile  das  Maass  sei- 
ner Festigkeit,  Härte,  Widerstandsfähigkeit  u.  s.  w.  abhängig. 

Am  wenigsten  erkennbar  ist  diese  Beeinflussung  des  Gefüges  durch 
langsamere  oder  raschere  Erkaltung  bei  den  leichtschmelzigeren  Metal- 
len, am  wichtigsten  beim  Gusseisen  und  der  Bronze. 

Lässt  man  geschmolzenes  silicium-  und  kohlenstoffreiches  Gusseisen 
langsam  abkühlen,  so  zeigt  die  Bruchfläche  ein  grossblättriges  Gefüge 
mit  reichlicher  Graphitbildung.  Das  Eisen  ist  weich ,  leicht  bearbeitbar, 
aber  weniger  fest. 

Wird  dasselbe  Eisen  rasch  abgekühlt,  so  wird  das  Grefüge  feinkör- 
niger, Festigkeit  und  Härte  sind  beträchtlicher. 

Ist  das  Eisen  weniger  reich  an  Silicium ,  so  findet  bei  rascher  Ab- 
kühlung keine  Graphitausscheidung  mehr  statt,  die  Bruchfläche  ist  weiss, 
die  Härte  bedeutend.  Das  Eisen  ist  äusserst  schwierig  bearbeitbar, 
spröde,  aber  ungemein  widerstandsfähig  gegen  Einflüsse  der  Reibung. 
Ein  Mangangehalt  des  Eisens  erhöht  diese  Einwirkung  rascher  Abkühlung. 

Wird  endlich  demselben  Eisen  nur  von  einer  Seite  her  rasch  Wärme 


110  Einflüsse  der  Erstarrang  und  Abkühlung. 

entzogen,  so  zeigt  es  auf  dieser  Seite  die  zuletzt  beschriebenen  Eigen- 
schaften, auf  der  langsamer  erkaltenden  Seite  die  Eigenschafben  des  nor- 
malen grauen  Ousseisens.  Dem  von  Sir  Robert  Hallet  zuerst  auf- 
gestellten Gesetze  über  die  Molecularaggpregationen  krystallisirbarer  Kör- 
per zufolge  grnppiren  sich  an  der  rasch  erkaltenden  Seite  die  Atome  zu 
krystallinischen  Bildungen,  deren  Hauptachsen  rechtwinklig  gegen  die 
Abkühlungsfl&che  gerichtet  sind,  strahlenförmig  von  dieser  ausgehend 
und  ganz  allmiüig  in  das  kömige  OefOge  des  grauen  Eisens  übergehend. 

Durch  diese  Eigenschafk  des  grauen  siliciumärmem  Gusseisens  ist 
die  für  die  Praxis  wichtige  Möglichkeit  gegeben,  in  einem  und  demselben 
Arbeitsstücke  an  einzelnen  Stellen  die  Härte  und  Widerstandsfähigkeit 
des  weissen  Roheisens,  an  anderen  die  Bearbeitungsfahigkeit  und  gerin- 
gere Sprodigkeit  des  grauen  Gusseisens  heryorzurufen. 

Aehnlich  dem  Gusseisen  verhält  sich  die  gegossene  Bronze.  Auch 
bei  dieser  ist  das  Gefüge  im  Allgemeinen  feiner,  dichter,  die  Festigkeit 
und  Widerstandsfähigkeit  grösser  bei  rascher  als  bei  langsamer  Abkühlung. 
Wird  die  flüssige  Bronze  aber  einer  plötzlichen  sehr  intensiven  Wärme- 
entziehung  ausgesetzt,  so  grnppiren  sich,  wie  beim  Gusseisen,  die  Mole- 
cüle  zu  grösseren  Krystallrudimenten  zusammen,  deren  Hauptachsen  pa- 
rallel der  Richtung  der  Wärmebewegung,  also  rechtwinklig  gegen  die 
abkühlende  Fläche  gerichtet  sind,  and  es  verringert  sich  durch  diesen 
Vorgang  die  absolute  Festigkeit. 

Fast  wichtiger  noch  als  diese  directe  Beeinflussung  des  Gefüges  ist 
für  die  Beschafienheit  der  Gussstücke  aus  Bronzen  und  Legirungen  über- 
haupt der  Einfluss  rascher  oder  langsamer  Abkühlung  auf  die  Saigerungs- 
fahigkeit.  Es  wurde  schon  früher  (S.  7)  erwähnt,  dass  die  Saigemng 
durch  langsame  Abkühlung  der  geschmolzenen  Legirung  befördert  werde; 
wird  dagegen  die  Legirung  rasch  bis  unter  denjenigen  Temperaturgrad 
abgekühlt,  bei  welchem  die  leichtschmelzigste  der  aussaigemden  Verbin- 
dungen erstarrt  (bei  Bronzen  auf  ÖOO^'  G.),  so  kann  keine  Saigemng  mehr 
stattfinden  und  die  Bruchfläche  zeigt  völlig  gleichartiges  Gefüge.  Wie 
sehr  aber  von  dieser  Gleichartigkeit  des  Gefüges  die  Festigkeit  des  Me- 
talls abhängt,  wird  kaum  eines  Hinweises  bedürfen. 

Beiläufig  sei  erwähnt,  dass  man  denselben  Zweck  grösserer  Gleich- 
mässigkeit  und  Dichtigkeit  des  Gefüges  der  Legimngen  häufig  auch  durch 
mehrmaliges  Umschmelzen  zu  erreichen  sucht.  Man  nimmt  gewöhnlich 
an ,  dass  ein  solches  öfteres  Umschmelzen  die  innigere  „Mischung*'  der 
legirten  Metalle  befördere.  Den  Charakter  einer  Mischung  können  nnn 
allerdings  die  Legirungen  insofern  besitzen,  als  in  denselben  mehrere 
chemische  Verbindungen  der  Metalle  neben  einander  vorzukommen  pfle- 
gen; vielfach  mag  aber  die  Wirkung  des  öftem  Umschmolzens  auch  in 
dem  Umstände  zu  suchen  sein,  dass  durch  die  sich  mehr  und  mehr  bil 
denden  und  im  Metallbade  lösenden  Oxyde  dieses  eine  breiartige  Gonsi 
stenz  annimmt,  durch  welche  die  Saigemng  erschwert  wird. 


2.    Die  Oussformen  und  ihre  Herstellung. 

Gassform  im  Allgemeinen  nennen  wir  jeden  Apparat,  dasa  bestimmt, 
das  fldssige  Metall  zum  Zwecke  seiner  Formgebung  aofzonehmen  nnd 
erstarren  zu  lassen.  In  allen  Fällen  besteht  also  die  Gnssform  ans  einem 
hohlen  Räume  von  genau  derselben  Form  als  das  herzustellende  Arbeits- 
stück, in  allen  Abmessungen  aber  um  das  Schwindmaass  grösser  als  die- 
ses; umgeben  von  einer  Masse,  welche  geeignet  sein  muss,  sowohl  dem 
mechanischen  Drucke  des  Metalls  als  den  Einflüssen  der  hohem  Tempe- 
ratur Widerstand  zu  leisten.  Die  Gussformen  sind  entweder  an  der  nach 
oben  gekehrten  Seite  offen  (offene  Gussformen)  oder  ringsum  geschlossen 
und  nur  mit  den  erforderlichen  Canälen  zum  Einströmen  des  Metalls 
(Eingüsse),  Entweichen  der  Luft  (Windpfeifen)  etc.  yersehen  (geschlossene 
Giissformen).  Im  erstem  Falle  besteht  die  Gussform  gewöhnlich  aus 
einem  einzigen  Ganzen,  geschlossene  müssen  mindestens  aus  zwei  H&lften, 
häufig  aus  drei  oder  vier  Theilen  bestehen,  damit  man  bei  der  Herstel- 
lung zu  dem  Innern  gelangen  kann. 

Wenn  der  Abguss  an  irgend  einer  Stelle  eine  Höhlung  erhalten  soll, 
einen  Raum  also,  der  vom  flüssigen  Metall  nicht  ausgefüllt  wird,  so  muss 
selbstverständlich  das  Material  der  Gussform  diesen  Raum  ausfüllen. 
Sofern  nun  diese  Ausfüllung  des  hohlen  Raumes  nicht  mit  der  Gussform 
aas  einem  Stücke  besteht  (was  oft  unausführbar  sein  würde),  sondern  als 
besonderer  Theil  eingelegt  wird,  nennen  wir  dieselbe  Kern. 

Daher  wird  die  Höhlung  eines  Rohrs,  die  Nabenöffnung  eines  Rades, 
die  Dampfcanä]^.  der  Dampfcylinder  u.  s.  w.  durch  eingelegte  Kerne 
gebildet. 

Die  Gussformen  (und  Kerne)  lassen  sich  hinsichtlich  der  zu  ihrer 
Anfertigung  verwendeten  Materialien  in  zwei  grosse  Gmppen  sondern. 

Die  eine  dieser  Gruppen  umfasst  alle  diejenigen  Gussformen,  welche 
ans  bOdsamem  Materiale  geformt  sind.  Obschon  sie  bis  nach  Beendi- 
gung des  Erstarrens  des  Metalls  ihre  Form  beibehalten,  sind  sie  doch 
nioht  dauerhaft  genug,  um  für  mehr  als  einen  Guss  zu  dienen  und  müs- 
sen deshalb  jedesmal  neu  angefertigt  werden.  Man  nennt  sie  wohl  ver- 
lorene Gnssformen,  Gnssformen  für  einmalige  Benutzung, 
nnd  das  gesammte  Arbeitsverfahren  ihrer  Herstellung  die  Formerei 


112  Gussformen. 

Die  Gnssformen  der  zweiten  Gruppe  sind  aas  starrem  Materiale 
hergestellt  (gegossen,  grayirt,  gepresst  n.  dergl.).  Sie  sind  deshalb  theu- 
rer  in  ihrer  Herstellang,  können  aber  für  eine  grosse  Anzahl  von  Güssen 
dienen.  Man  nennt  sie  beständige  Gassformen,  Schalen,  oder, 
nnnöthigerweise  mit  einem  Fremdworte,  Coqaillen. 


Oussformen  und  Kerne  aus  bildsamem  Materiale. 

A.     Die  Formmaterialien. 

t 

Jedes  Formmaterial  für  einmalige  Gassformen  muss  im  Wesentlichen 
vier  Eigenschaften  besitzen,  am  als  solches  gelten  za  können: 

es  mnss  bildsam  sein ,  d.  h.  es  mass  sich  mit  Leichtigkeit  in  be- 
stimmte Formen  drücken  lassen; 

es  mnss  trotzdem  genag  Zosammenhang  —  Cohärenz  —  besitzen, 
am  den  mechanischen  Einflüssen  beim  Giessen  and  Erstarren  Widerstand 
zu  leisten,  ohne  dass  Beschädigung  der  Gassform  eintreten  kann; 

es  muss  in  der  Temperatur  des  eingegossenen  Metalls  unschmelzbar 
sein  und  darf  auch  keine  solchen  chemischen  oder  physikalischen  Aende- 
rungen  in  jener  Temperatur  erleiden,  welche  den  Zusammenhang  der 
Gussform  stören  würden;  gegen  das  Metall  selbst  muss  es  sich  chemisch 
indifferent  verhalten; 

es  muss  porös  genug  sein,  um  den  beim  Giessen  sich  entwickelnden 
Dämpfen  und  Gasen  Abzug  zu  gestatten. 

Ein  Formmaterial,  welches  zum  Ghisse  eines  schwerschmelzbaren 
Metalls  geeignet  ist,  eignet  sich  auch  für  alle  leichter  schmelzbaren; 
nicht  immer  ist  aber  das  für  leichter  schmelzbare  Metalle  geeignete  Form* 
material  auch  für  schwerer  schmelzbare  geeignet. 

Häufig  werden  die  Eigenschaften  der  natürlich  vorkommenden  Form* 
materialien  durch  entsprechende  Znsätze  jenen  Erfordernissen  entspre- 
chend verändert. 

In  allen  Fällen  werden  die  Formmaterialien  in  einem  mit  Wasser 
angefeuchteten  Zustande  zur  Formerei  verwendet.  Das  Wasser  dient 
dabei  vermöge  der  Adhäsion  als  Bindemittel  zwischen  den  einzelnen 
Theilchen  des  Materials,  macht  dasselbe  also  bildsam  und  zusammenhän- 
gend. Um  die  Wirkung  der  Feuchtigkeit  zu  verstehen,  braucht  man  nur 
trocknen,  losen  Sand  mit  Wasser  zu  befeuchten,  um  ihn  bildsam  zu 
machen. 

Formsand.  Wenn  man  aUgemein  unter  dem  Ausdrucke  „Sand*'  den 
Inbegriff  einer  grossen  Menge  durch  Zerfallen  oder  künstliche  Zerkleinenmg 
von  Gesteinen  entstandener  kleiner  quarzreicher  Theilchen  versteht,  so  sind 
nur  wenige  Sande  geeignet,  als  Formsande  zu  dienen.  Denn  wenn 
auch  vielen  Sauden  durch  einen  richtigen  Feuchtigkeitsgrad  die  erfor* 


Formsand.  113 

derliche  BildBamkeit  gegeben  werden  kann,  so  fehlt  ihnen  doch  häufig 
die  Porosität,  um  den  sich  beim  Giessen  bildenden  Dämpfen  ungehinder- 
ten Abzug  zu  lassen;  und  diese  Porosität  ist  um  so  nothwendiger ,  da 
man  das  Aussige  Metall  in  die  noch  feuchte  Gussform  zu  giessen  pflegt 
(Guss  in  grünem  Sande),  sich  also  reichliche  Wasserdämpfe  aus  derselben 
entwickeln.  Um  mit  den  bezeichnenden  Worten  eines  englischen  Schrift- 
stellers zu  reden,  müssen  die  Wände  einer  Gussform  einem  uuschmelz- 
baren  Siebe  gleichen,  welches  die  Fähigkeit  besitzt-,  Luft  und  Wasser- 
dampf entweichen  zu  lassen,  seien  die  Wände  auch  noch  so  dick,  wel- 
ches dagegen  dem  flüssigen  Metalle  den  Zugang  durch  seine  engen 
Maschen  verwehrt,  unter  welchem  Drucke  das  Metall  auch  gegossen 
werde. 

* 

Diese  Porosität  wird  hauptsächlich  durch  Form  und  Grösse  der 
einzelnen  SandkSrnchen  bedingt  Je  sch&rfer  gezackt  dieselben  sind, 
desto  mehr  Zwischenräume  bleiben  zwischen  zwei  an  einander  gedrück- 
ten Sandkömchen,  und  desto  poröser  ist  also  der  Sand.  Je  feiner  aber 
die  einzelnen  Körnchen  sind ,  desto  dichter  werden  sie  auf  einander  lie- 
gen, desto  weniger  „durchlässig"  wird  der  Sand  sein.  Da  nun  aber  be- 
greiflicherweise die  Flächen  der  Gussform  um  so  sauberer,  glatter  aus- 
fallen werden ,  je  feinkörniger  der  zu  ihrer  Herstellung  benutzte  Form- 
sand war,  so  wird  man  um  so  mehr  Bedacht  nehmen  müssen,  einen 
scharfkantigen ,  zackigen  Formsand  zu  erhalten ,  je  mehr  Werth  auf  säu- 
bern Guss  und  deshalb  feines  Korn  des  Sandes  gelegt  wird.  Die  meisten 
Formsande  besitzen  eine  Komgrösse  yon  0,04  bis  0,1  Millimeter  im 
Durchmesser. 

Ist  die  Komgrösse  sehr  ungleich,  so  lagern  sich  die  feineren  Körner 
zwischen  die  Zacken  und  Kanten  der  gröberen  und  benachtheiligen  da- 
durch die  Durchlässigkeit. 

Die  Bildsamkeit  und  Festigkeit  des  Sandes  pflegt  man  zusammen 
mit  dem  Namen  „Bindekraft''  zu  bezeichnen.  Dieselbe  ist  sowohl  von 
der  chemischen  Znsammensetzung  als  der  Form  der  Sandkörnchen  ab- 
hängig. Die  Untersuchung  der  Formsande  ergiebt  als  Grundbestandtheil 
einen  Kieselsäuregehalt  von  86  bis  95  Proc.  und  einen  Thonerdegehalt 
von  4  bis  10  Proc.  Thonerdereiche  Sande  nennt  man  fette  Sande,  kiesel- 
säurereiche magere. 

Die  Bmdekraft  wächst  im  Allgemeinen  mit  dem  Thonerdegehalte, 
die  Durchlässigkeit  aber  nimmt  mit  steigendem  Thonerdegehalte  ab. 

Unwichtigere  Bestandtheile  des  Formsandes  sind  Eisenoxyd,  Galcium- 
nnd  Magnesiumcarbonat,  Hydratwasser.  Eisenoxyd  in  geringeren  Men- 
gen ist  unsohädlich,  in  grösseren  Mengen  befördert  es  die  Schmelzbarkeit 
des  Sandes  und  wirkt  dadurch  nachtheilig.  Hydratwasser  und  Kohlen- 
säure bewirken  durch  ihr  Entweichen  in  höherer  Temperatur  ein  Zerfal- 
len des  Sandes  und  verändern  dadurch  seine  Beschaffenheit.  Bisweilen 
kann  durch  ein   solches  Zerfallen  die   Bindekraft    geschwächt  werden, 

Ledebur,  meohmniscli-nietallargttcho  Teebnologle.  3 


114  Formsand. 

bei  fetten  Sanden  pflegt  aber  die  Durchlässigkeit  fflr  Gase  und  Dämpfe  da- 
darch  erhöht  zu  werden,  nnd  man  unterwirft  deshalb  in  einzelnen  Fällen 
den  Formsand  vor  seiner  Benutzung  einer  Erhitzung  zu  diesem  Zwecke. 

Zackige  Sandkömchen  werden,  obschon  sie  mehr  ZwiBchenräume 
zwischen  sich  lassen,  doch  bei  dem  Aneinanderdrücken  fester  zusammen- 
halten und  dadurch  dem  Sande  grössere  Bindekraft  yerleihen  als  rund- 
liche Sandkömchen,  welche  wenig  Berührungsfläche  besitzen  und  gar 
nicht  zu  gebrauchen  sind.  Splittrige,  längliche  Körnchen  ohne  Zacken 
werden  zwar  Bindekrafb,  aber  keine  Porosität  besitzen. 

Für  die  öftere  Benutzung  eines  nnd  desselben  Formsandes  ist  es 
von  Wichtigkeit,  dass  die  Sandkömchen  frei  sind  von  Spalten  und  Rissen, 
welche  ein  Zerspringen  derselben  bei  der  Erhitzung  herbeifilhren. 
Durch  solches  Zerspringen  wird  die  Korngrösse  verändert,  es  entsteht 
„Schlaff"  oder  ,,1^18^,  der  Sand  wird  undurchlässig.  Aus  diesem  Grunde 
sind  Formsande  von  der  Oberfläche  der  Erdschicht,  welche  der  Verwitte- 
rung lange  Zeit  ausgesetzt  waren,  häufig  weniger  brauchbar,  als  die  tiefer 
liegenden. 

Dieses  Zerspringen  einzelner  Sandkömchen  in  Vereinigung  mit  der 
erwähnten  Zersetzung  chemischer  Verbindungen  (Hydrate  und  Carbonate) 
durch  die  Erhitzung  beim  Giessen  hat  die  Folge,  dass  ein  anfanglich 
brauchbarer  Formsand  durch  öftere  Benutzung  stets  an  Brauchbarkeit 
verliert,  an  Bindekraft  und  häufig  an  Durchlässigkeit  einbüsst  und  daher 
von  Zeit  zu  Zeit  durch  Zusatz  frischen  Sandes  aufgefrischt  werden 
muBs. 

Da  nach  dem  Vorausgegangenen  die  Brauchbarkeit  eines  Sandes  als 
Formsand  weit  weniger  von  seiner  chemischen  Beschaffenheit  als  von 
seinen  physikalischen  Eigenschafben  abhängt,  so  ist  es  ein  völlig  nutz- 
loses Beginnen,  durch  Analysen  auf  die  Güte  des  Formsandes  Schlüsse 
ziehen  zu  wollen.  Das  einzig  sichere  Mittel  zur  Beurtheilung  der  Eigen- 
schaften des  Formsandes  ist  die  Anstellung  eines  Versuchs  durch  einen 
einsichtsvollen  Former,  ihn  zum  Formen  und  Giessen  zu  benutzen.  Der 
Sand  muss  gut  „stehen'',  der  Guss  muss  ruhig,  ohne  Kochen  des  Metalls 
von  Statten  gehen,  der  Abguss' sauber  und  scharf  ausfallen.  Es  giebt 
jedoch  eine  Reihe  Vorprüfungen,  durch  welche  man  vorläufig  festzustel- 
len pflegt,  ob  der  Sand  überhaupt  auf  den  Namen  Formsand  Anspruch 
zu  machen  berechtigt  ist. 

Wenn  man  den  Sand  zwischen  den  Fingern  reibt,  erhält  man  durch 
das  Gefühl  ein  Urtheil  über  die  Grösse  und  Gleiohmässigkeit  der  Sand- 
kömchen. 

Wenn  man  den  angefeuchteten  Sand  in  der  Hand  zusammenbaUt 
und  den  entstandenen  Ballen  aus  einander  bricht,  so  erhält  man  durch 
den  grossem  oder  geringern  Zusammenhang  desselben  ein  Maass  für  die 
Bindekrafl  des  Sandes.  Regel  ist,  dass  der  Ballen  sich  in  zwei  Hälften 
theilen  lassen  muss,  ohne  zu  zerfallen.  Ein  zu  reichlicher  Thonerdegehalt 
des  Sandes  lässt  sich  hierbei  mit  einiger  Uebung  durch  das  fettige  Gefühl 


Formsand.  115 

zwischen  den  Fingein  und  auch  an  der  allza  bedeutenden  Festigkeit  des 
Sandballens  erkennen. 

Die  Durchlässigkeit  des  Sandes  prüft  Schott,  indem  er  von  eiuem 
Sande  bekannter  Beschaffenheit  und  yon  dem  zu  prüfenden  Sande  Wür- 
fel Yon  gleicher  Grösse  formt  und  dieselben  so  lange  mit  Wasser  befeuch- 
tet, bis  sie  i^ichts  mehr  davon  aufnehmen,  ohne  zu  zerfliessen.  Das  Was- 
ser lässt  man  aus  einer  graduirten  Bürette  zutropfen,  um  die  Menge  des- 
selben ermitteln  zu  können ;  oder  man  wägt  vor  und  nach  dem  Annässen. 
Die  Menge  des  von  jedem  der  beiden  Würfel  aufgenommenen  Wassers 
giebt  ein  Yerhältniss  für  die  Durchlässigkeit  der  Sande ;  denn  in  gleichem 
Maasse,  wie  das  Wasser  sich  in  den  Zwischenräumen  zwischen  den  Sand- 
kömchen  vertheilt,  werden  auch  die  Gase  und  Dämpfe  dort  Auswege 
finden. 

Bisweilen  kann  man  durch  Vermischen  zweier  oder  mehrerer  Sande, 
deren  jeder  für  sich  allein  als  Formsand  unbrauchbar  sein  würde ,  einen 
vortrefflichen  Formsand  herstellen.  In  diesem  Vermischen  von  Sand- 
arten verschiedener  Beschaffenheit  liegt  eine  höchst  wichtige  Handhabe 
für  den  Former  zur  Herstellung  brauchbarer  Gussformen.  So  vermischt 
man  in  vielen  Berliner  Giessereien  die  fetteren  Sande  mit  scharfkantigem 
sogenanntem  Maurersande,  um  sie* durchlässiger  zu  machen;  mageren 
aber  durchlässigen  Sauden  setzt  man  fettere  zu,  um  ihre  Bindekraft  zu 
erhöhen  u.  g.  f.  Uebrigens  ist  einer  und  derselbe  Formsand  auch  nicht 
für  alle  Verhältnisse  geeignet,  sondern  es  muss  sich  die  Beschaffenheit 
desselben  nach  der  jedesmaligen  Beschaffenheit  —  Grösse  und  Form  — 
des  herzustellenden  Gussstücks  richten.  Wenn  z.  B.  eine  grosse  Menge 
Sand  in  der  Gussform  von  dem  flüssigen  MetaUe  eingeschlossen  wird  und 
nur  ein  verhältnissmässig  geringer  Querschnitt  für  das  Entweichen  der 
Gase  und  Dämpfe  übrig  bleibt,  so  muss  der  Sand  weit  durchlässiger  sein, 
als  wenn  dieselben  nach  allen  Richtungen  entweichen  können;  wenn  in 
der  Gussform  schmale  Rippen  aus  Sand  vorstehen,  z.  B.  Zähne  fär  die 
Zahnlücken  von  Zahnrädern,  welche  durch  die  Bewegung  des  fliessenden 
Metalls  leicht  fortgespült  werden  können ,  so  bedarf  man  eines  Sandes 
von  grösserer  Festigkeit  n.  s.  f. 

Nur  sehr  wenige  vorzügliche  Formsande  vereinigen  die  erforder- 
lichen Eigenschaften  des  Formsandes  in  solchem  Maasse,  dass  sie  für  fast 
aUe  Fälle  der  Formerei  ausreichen. 

Brauchbare  Formsande  finden  sich  in  allen  Erdschichten.  Vorzüg- 
liche Formsande,  besonders  für  säubern  Guss  geeignet  und  sehr  durch- 
lässig, finden  sich  im  Buntsandstein,  z.  B.  der  rothe  auch  in  deutschen 
Giessereien  benutzte  englische  Formsand,  der  Formsand  von  Bsenburg 
am  Harze  und  andere  mehr. 

Masse.  Wenn  ein  grösserer  Thonerdegehalt  des  Formsandes- dessen 
Bindekraft  zwar  erhöht,  die  Durchlässigkeit  aber  in  solchem  Maasse  verrin- 
gert, daes  der  Wassergehalt  des  Formmaterials  beim  Giessen  nicht  mehr 

8* 


116  Masse. 

rasch  genug  entweichen  würde  and  deshalb  vor  dem  Gasse  durch  eine 
künstliche  Trocknung  ganz  oder  theilweise  entfernt  werden  muss,  so 
nennt  man  den  Formsand  Masse. 

Die  Masse  ist  demnach  dem  gewöhnlichen  oder  grünen  Formsande 
gegenüber  gekennzeichnet  durch  grossere  Bindekraft  and  geringere  Dnrch- 
lässigkeit. 

Im  allgemeinsten  Sinne  versteht  man  bekanntlich  nnter  dem  Ans- 
druck  „Masse  **  einen  feuerfesten  Thon,  dem  man  durch  Zusatz  eines  so- 
genannten „Magerungsmittels"  oder  „Cements^  die  Eigenschaft  genom- 
men hat,  beim  Trocknen  und  Brennen  Risse  zu  bekommen.  Als  solche 
Magerungsmittel  dienen  gröbere  Körner  von  Quarz  oder  Ghamotte,  also 
Substanzen,  welche  sowohl  für  sich  als  mit  dem  Thone  in  gewöhnlichen 
Feuernngsanlagen  unschmelzbar  sind ;  ihre  Wirkung  ist  eine  rein  mecha- 
nische und  beruht  auf  dem  Umstände,  dass  eine  jede  solche  Unterbrechnng 
der  dichten  Thonsubstanz  durch  einen  eingelagerten  fremden  Körper 
auch  die  weitere  Ausbreitung  eines  in  Folge  des  Zusammenschwindens 
entstehenden  Risses  verhindert.  Sofern  die  Masse  für  die  Griesserei  be- 
nutzt wird,  bezwecken  die  Magerungsmittel  zugleich  eine  Auflockerang 
des  gesammten  Formmaterials  zum  bessern  Entweichen  von  Gasen,  also 
die  Erreichung  grösserer  Durchlässigkeit.  Beide  Aufgaben  der  Mage- 
rungsmittel werden  um  so  besser  erreicht  werden,  je  scharfkantiger, 
zackiger  die  Körner  sind.  Je  grösser  der  Gehalt  der  Masse  an  solchen 
Quarzkömem  (beziehentlich  Chamottekömem)  ist,  d^sto  durchlässiger 
wird  sie  sein,  desto  weniger  starke  Trocknung  der  Gussform  ist  erforder- 
lich, aber  desto  geringere  Festigkeit  wird  sie  auch  besitzen  und  desto 
leichter  wird  sie,  besonders  unter  dem  Einflüsse  starker  Erhitzung,  sich 
als  unbeständig  erweisen  oder  anch  zusammensintern.  Denn  alle  feuer- 
festen Thone  werden  bekanntlich  schmelzbar,  sobald  in  dem  Gemische 
das  Verhältniss  der  vorhandenen  Kieselsäure  zur  Thonerde  ein  gewisses 
Maass  übersteigt. 

Hieraus  folgt  aber,  dass  die  Beschaffenheit  der  zur  Formerei  benatzten 
„Masse**  sich  um  so  mehr  derjenigen  des  eigentlichen  Formsandes  nähern 
kann,  und  gleichzeitig  die  Trocknung  derselben  vor  dem  Gusse  um  so 
unbedeutender  sein  darf,  je  weniger  Wärme  beim  Gusse  abgegeben  wird, 
je  schwächer  also  die  Abmessungen  des  Gussstücks  und  je  leichtschmelssi- 
ger  das  Metall  ist;  dass  aber  andemtheils  die  Beschaffenheit  der  Masse 
sich  um  so  mehr  der  für  feuerfeste  Waaren  benutzten  thonreichen  Masse 
nähern  muss  und  um  so  stärkeres  Trocknen  beziehentlich  Brennen  ver- 
langt, je  stärker  die  Abmessungen  des  GnssstÜcks  und  je  höher  die 
Schmelztemperatur  des  Metalls  ist  (z.  B.  beim  Griessen  von  Gassstahl). 

Reichlicher  Zusatz  von  schon  gebrauchter  Masse  zur  frischen  (aach 
alter  Ghamottesteine  im  zerkleinten  Zustande,  Tiegelsoherben  o.  s.  w.) 
erhöht  wesentlich  die  Durchlässigkeit  der  Masse  und  verhindert  die  Ent- 
stehung von  Rissen,  vermindert  aber  die  Bindekraft.  Für  die  meisten 
Fälle  dürfte  letztere  jedoch  immerhin  noch  gross  genug  bleiben,   wenn 


Lehm.  117 

man  grössere  Mengen  gebrauchter  Masse  mit  geringeren  Mengen  frischer 
vermischt. 

Die  chemische  wie  physikalische  Beschaffenheit  der  für  die  Formerei 
benatzten  Masse  liegt  also  innerhalb  noch  weiterer  Grenzen  als  die 
des  „grünen*',  d.  h.  im  angetrockneten  Zustande  benutzbaren  Sandes. 
Denn  wenn  die  für  hohe  Wärmegrade  und  grosse  Güsse  taugliche 
Masse  im  Allgemeinen  zwar  auch  für  leichter  schmelzbare  Metalle 
und  kleinere  Güsse  tauglich  bleibt,  so  lange  sie  hinreichender  Trock- 
nung unterworfen  wird,  so  wird  man  doch  zur  Umgehung  eben  dieser 
starkem  Trocknung  nach  Möglichkeit  dahin  streben,  eine  quarzreichere, 
durchlässigere  Masse  anzuwenden,  wo  irgend  die  Umstände  es  ge- 
statten. 

Bisweilen  findet  sich  eine  für*die  Formerei  geeignete  Masse  in  der 
Natur,  häufiger  wird  sie  durch  Vermischung  geeigneter  Substanzen  be* 
reitet.  Man  setzt  zu  diesem  Zwecke  zu  einem  grobkörnigen,  für  grünen 
Guss  geeigneten  Formsande  einen  thonigern,  fettem  Sand,  oder  man 
untermischt  ein  fettes^  thoniges  Material  mit  groben  Quarzkömem,  Gha- 
mottekömern,  Kokes-  oder  Holzkohlenstückchen  oder  ähnlichen  unschmelz- 
baren Substanzen.  Ein  Zusatz  von  Eokesklein  ist  der  porösen  Beschaf- 
fenheit dieses  Materials  halber  besonders  bei  sehr  dichter,  undurchlässiger 
Masse  in  vielen  Fällen  wohl  zu  empfehlen. 

Iiehm.     Man  nennt  im  Allgemeinen  jeden  sandigen  Thon  Lehm, 
sobald  die  Sandkörner  desselben  nicht  die  Grösse  und  sonstigen  Eigen- 
schaften besitzen,  um  die  Aufgabe  jener  der  Masse  beigefügten  Mage- 
rongsmittel  erfüllen  zu  können.    Ohne  Weiteres  zu  Bauzwecken  oder  zur 
Formerei  verwendet  würde  der  Lehm  also  böim  Trocknen  Risse  bekom- 
men  und  unbrauchbar  werden.     Wollte  man   diese  Eigensöhaft  durch 
fernem  Zusatz  von  Quarz,  Chamotte  oder  dergleichen  aufheben,  so  würde 
der  Lehm  bei  seinem  ohnehin  grossen  Sandgehalte  an  Bindekraft  verlie- 
ren.    Man  muss  also  Zusätze  wählen,  welche  diese  Bindekraft  nicht  be- 
einträchtigen, sondern  eher  noch  erhöhen,  und  als  solche  Zusätze  dienen 
in  der  Formerei  vorzugsweise  Pferdedünger;  auch  Kuhdünger  (selten), 
Kälberhaare,  Torfgms,  Spreu,  Gerberlohe  und  ähnliche,  in  feinen  läng- 
lichen Stückchen  vorkommende  organische  Substanzen.  Alle  diese  Körper 
schwinden  beim  Trocknen  zusammen  oder  werden  bei  stärkerer  Erhitzimg 
unter  Zersetzung  verflüchtigt,  hinterlassen  also  kleine  Hohlräume,  welche 
wieder  die  Ausbreitung  entstehender  Risse  im  Lehme  unterbrechen,  ein 
Zusammenziehen  desselben  gestatten  und  ihn  durchlässiger  für  Gase  und 
Dämpfe  machen.     Pferdödünger  hat  vor  den  übrigen  Zusätzen  den  Yor- 
theil  voraus,  dass  er  neben  der  Erfüllung  seiner  eigentlichen  soeben  ge- 
schilderten Aufgabe  auch  die  Bindekraft  des  Lehms  erhöht  und  dadurch 
die  Anwendung  eines  quarzreichem,  durchlässigem  Materials  ermöglicht. 
Er  wird  deshalb  in  den  meisten  grösseren  Giessereien  in  beträchtlicher 
Menge  verbraucht  und  dem  Lehm  in  Quantitäten  von  60  bis  100  Volum- 


1 18  Lehm.    Kohle. 

procenten  zagesetzi.  Nur  für  sehr  feioe  Güsse  ersetzt  man  ihn  durch 
den  kostspieligem  Kuhdunger.  Kälberhaare  werden  gleichfalb  als  Zusatz 
für  feinere  Arbeiten  gewählt,  die  Übrigen  Substanzen  nur  für  sehr  grobe 
ArtikeL 

Der  Lehm  ist  weniger  feuerbeständig  als  die  eigentliche  feuerfeste 
Masse,  dagegen  fester,  widerstandsföhiger  beim  Gusse,  als  die  quarz- 
reicheren, in  ihrer  Beschaffenheit  dem  Formsaüde  sich  nähernden 
Massen. 

Während  Formsand  und  Masse  beim  Gebrauche  nur  mit  so  viel 
Wasser  befeuchtet  werden,  dass  sie  Bindekrafb  erlangen,  aber  nicht  an 
anderen  Gegenständen  (den  Werkzeugen,  Händen  u.  dgl.)  kleben  dürfen, 
wird  der  Lehm  aus  Gründen ,  die  in  dem  Arbeitsverfahren  beruhen  und 
erst  bei  Beschreibung  desselben  verständlich  werden  können,  mit  so  viel 
Wasser  angerührt,  dass  er  die  Form  eines  dicken  Breies  erhält  and  an 
den  Händen  wie  an  den  Werkzeugen  klebt.  Dieser  reichliche  Wasser- 
gehalt, welcher  dem  Lehme  grosse  Bildsamkeit  verleiht ,  und  der  Zusatz 
organischer  Substanzen  als  Magerungsmittel  sind  die  kennzeichnenden 
Eigenthümlichkeiten  desselben  gegenüber  der  Masse. 

Gewöhnlich  verarbeitet  man  den  Lehm  ohne  Weiteres  in  jener  breii- 
gen Form ,  für  gewisse  Zwecke  fertigt  man  jedoch  durch  Einschlagen  in 
hölzerne  Kasten  Lehmsteine  in  Form  und  Grösse  von  Ziegelsteinen  dar- 
aus, welche  erst  an  der  Luft,  später  in  der  Wärme  getrocknet  werden 
und  als  Material  für  Herstellung  von  Gussformen  dienen. 

Es  bedarf  der  Erwähnung,  dass  die  Begriffe  Formsand,  Masse  und 
Lehm  nicht  immer  so  streng  wie  in  Vorstehendem  unterschieden  werden. 
In  einzelnen  Gegenden  nennt  man  jede  Masse  „Formsand  für  getrocknete 
Formen''  nnd  ist  durch  den  Umstand  dazu  berechtigt,  dass  in  der  That 
die  Beschaffenheit  der  benfutzten  Masse  wenig  von  der  Beschaffenheit  des 
Formsandes  fCb*  grünen  Guss  abweicht ;  in  anderen  Gegenden  oder  Giesse- 
reien,  wo  die  vorhandene  Masse  gleichzeitig  als  Grundbestandtheil  für 
die  Lehmbereitung  dient,  nennt  man  diese  rohe  Masse  wohl  gleichfalls, 
wenn  auch  unrichtiger  Weise,  Lehm. 

Kohle.  Man  verwendet  Steinkohle,  Graphit,  Koks,  Holzkohle,  zwar 
niemals  als  selbstständige  Formmaterialien,  vielfach  aber  als  Zusätze  und 
Ueberzüge.  Sofern  nicht  in  der  früher  beschriebenen  Weise  eine  einfache 
Auflockerung,  Erhöhung  der  Durchlässigkeit  durch  den  Kohlenzusatz  be- 
zweckt wird  (wozu  Koke  und  Holzkohle  allein  brauchbar  sein  würden), 
erfüllt  die  Kohle  als  Zusatz  wie  als  Ueberzug  der  Gussformwände  den 
Zweck,  ein  Zusammenfritten  des  Formmaterials  unter  sich,  wie  mit  dem 
Metalle  in  der  hohen  Giesstemperatur  zu  verhüten. 

Mischt  man  Kohle  in  feinster  Vertheilung  dem  Formmateriale  bei, 
so  entwickeln  sich  in  der  hohen  Giesstemperatur  theils  direct  durch  Zer- 
setzung (bei  der  Steinkohle),  theils  indirect  durch  Einfluss  von  Sauerstoff 
und  Wasserdampf   auf  den  Kohlenstoff  Gase,  umhüllen  die  einzelnen 


Kohle  in  der  Formerei.  119 

Körnchen  und  schützen  sie  in  dieser  Weise  gerade  in  dem  Augenblicke, 
wo  die  Gefahr  des  Znsammenfrittens  am  grössten  ist,  vor  inniger  Berührung 
unter  sich  wie  mit  dem  Metalle.  Es  folgt  hieraus,  dass  für  diesen  Zweck 
diejenige  Kohle  am  geeignetsten  sein  wird,  welche  rasch  und  reichlich 
Gase  entwickelt,  also  Steinkohle,  und  unter  den  Steinkohlen  am  geeignet- 
sten die  gasreichste. 

Zu  gleichem  Zwecke  und  gleichzeitig  zur  Erhöhung  der  Bindekraft 
benutzt  man  bisweilen  als  Zusatz  zur  Masse  Sjrup,  Bier  und  ähnliche 
organische  Substanzen.  Sehr  dichte  Masse  und  Lehm  vertragen  weniger 
als  durchlässiger  Formsand  gasreiche  Zusätze,  welche  bei  rascher  Gas- 
entwickelung ein  Zerreissen  der  dichten  Gussformwände  zur  Folge  haben 
könnten.  Wenn  daher  bei  diesen  Materialien  überhaupt  ein  solcher  Zu- 
satz erforderlich  ist,  beschränkt  man  sich  auf  weniger  energisch  wirkende: 
Koks,  Holzkohle.  Für  Lehm  ist  Graphit  aus  Gasretorten  ein  sehr  brauch- 
barer und  wirksamer  Zusatz. 

Die  Menge  der  dem  Formsande  zugesetzten  Kohle  muss  sich  nach 
der  Beschaffenheit  des  Sandes  richten;  einige  Formsande  und  Massen 
können  ohne  jeden  Zusatz  verarbeitet  werden,  bei  anderen  ist  ein  Zusatz 
bis  zu  30  Yolumprocenten  zweckmässig. 

Magere  Sande  vertragen,  da  sie  leichter  die  Gase  abziehen  lassen, 
grössere  Zusatzmengen  als  fettere,  daher  ist  vielfach  die  irrige  Meinung 
entstanden,  dass  der  Steinkohlenzusatz  eine  Erhöbung  der  Bindekraft 
magerer  Formsande  bezwecke.  Ist  der  Zusatz  zu  reichlich,  so  entstehen 
auch  beim  Gusse  in  grünem  Sande  Spalten  und  Risse  in  dem  Materiale, 
welche  rechtwinklig  gegen  die  Wandfläche  gerichtet  sind;  das  flüssige 
Metall  dringt  hinein,  erstarrt  und  lässt  den  zu  reichlichen  Kohlenzusatz 
durch  die  dadurch  auf  der  Oberfläche  des  Abgusses  entstandenen  Grate 
erkennen. 

Anders  ist  die  Wirkung  der  Kohle,  wenn  sie  nur  als  Ueberzug, 
nicht  als  Beimengung  benutzt  wird.  Sie  dient  hierbei  als  isolirende, 
unschmelzbare  Schicht  zwischen  Metall  und  Formmaterial,  verhindert 
also  ein  Zusammenschmelzen  beider,  welches  immerhin,  wenn  nicht  direct, 
ao  doch  zwischen  der  Kieselsäure  des  Formmaterials  und  der  an  der 
Aussenfiäche  des  glühenden  Metalls  sich  bildenden  Oxjdschicht  leicht 
stattfinden  kann.  Es  wird  leicht  begreiflich  sein,  dass  nur  möglichst 
reine  Kohle  (Holzkohle,  Koks,  Graphit)  für  diesen  Zweck  geeignet  sein 
kann,  Steinkohle  nur  nachtheilig  wirken  würde. 

Der  Ueberzug  wird  entweder  in  feinem  Pulver  trocken  aus  Staub- 
beuteln aufgepudert  —  beim  grünen  Gusse  — ,  oder  er  wird  bei  zu 
trocknenden  Gussformen  —  Masse-  und  Lehmguss  —  mit  Wasser  zu 
einem  dünnen  Brei  angerührt,  mit  Pinseln  aufgetragen,  und  heisst  dann 
„Schwärze". 

Das  geeignetste  Material  zum  Aufstäuben  ist  Holzkohle,  und  zwar 
wirkt  die  Laubholzkohle  am  kräftigsten;  weit  weniger  geeignet  ist  Kokes« 


120  Foimmaterialien.    Aufbereitung. 

staub ,  durch  Zusatz  von  Thonmehl  haftend  gemacht  ^) ;  Graphit  haftet 
einestheils  schlecht,  legt  sich  anderntheils  in  die  Poren  des  Formmaterials 
und  macht  dieses  undurchlässiger. 

Zur  Bereitung  der  Schwärze  dient  Holzkohle,  Graphit  oder  beide 
Substanzen  vermischt.  Der  Graphit  muss  geschlämmt  sein,  und  es  zeigt 
sich  gewöhnlich  beim  Ankaufe  desselben  die  oft  gemachte  Erfahrung, 
dass  das  am  theuersten  bezahlte  Material  schliesslich  die  geringsten  Aus- 
gaben verursacht,  indem  man  mit  geringeren  Mengen  desselben  den 
Zweck  vollkommener  erreicht,  als  mit  grösseren  Mengen  eines  gering- 
werthigem  Materials. 

Je  höher  und  andauernder  die  Temperatur  beim  Giessen  ist,  also  je 
grösser  die  Querschnitte  des  Gussstücks  und  je  schwerschmelzbarer  das 
Metall,  desto  reichlicher  muss  in  der  Mischung  der  schwer  verbrennliche, 
aber  dichte  und  theurere  Graphit  gegenüber  der  leicht  verbrennlichen, 
aber  porösen  und  billigen  Holzkohle  vertreten  sein.  Manche  andere  Zn- 
sätze kommen  bei  der  Bereitung  der  Schwärze  in  Anwendung.  Um  sie 
consistenter,  an  der  Gussform  haftender  zu  machen,  pflegt  man  das  Was- 
ser mit  feinem  Thonmehl  anzurühren,  wodurch  das  Ganze  syrupartige 
Consistenz  erhält.  Besser  noch  als  Thon  wirkt  ein  Zusatz  von  Boggen- 
mehl, in  das  Wasser  eingerührt  und  mit  demselben  nach  Zusatz  der 
Kohle  gekocht.  Becht  zweckmässig  ist  auch  als  Zusatz  ein  wässeriger 
Auszug  von  Pferdedünger.  Derselbe  ist  reich  mit  Ammoniaksalzen  ge- 
sättigt, welche  beim  starken  Trocknen  entweichen  und  die  Schwärze  in 
einem  porösen  Zustande  zurücklassen.  Statt  dessen  benutzt  man  auch 
wohl  eine  Lösung  von  Salmiak. 

Die  fertig  gemischte  Schwärze  lässt  man  durch  ein  Sieb  laufen,  um 
entstandene  Klumpen  und  dergleichen  zurückzuhalten,  und  bewahrt  sie 
zum  Gebrauche  auf. 

Apparate  zur  Aufbereitung  der  Formmaterialien. 

Da  di^  Formmaterialien  nur  in  einzelnen  Fällen  in  einem  solchen 
Zustande  in  der  Natur  vorkommen,  um  ohne  Weiteres  verwendbar  zu  sein, 
so  erfordern  sie  in  allen  übrigen  Fällen  eine  Aufbereitung,  die  in  einer 
Zerkleinerung,  oder  eiaer  Mischung,  oder  in  beiden  Arbeiten  zugleich 
besteht.  In  kleinen  Giessereien  wird  diese  Aufbereitung  durch  Hand- 
arbeit bewirkt;  Zerkleinern  durch  Stossen  im  Mörser,  Mischen  durch 
Umschaufeln,  die  Lehmbereitung  durch  Schlagen  des  auf  einer  Eisenplatte 
ausgebreiteten  groben  Gemischs  mit  hölzernen  breiten  Stäben,  Umschau- 
feln, abermaliges  Schlagen  u.  s.  f. 

In  mittleren  und  grösseren  Giessereien  wird  die  Handarbeit  zur 
Aufbereitung  zweckmässig  durch  Maschinenarbeit  ersetzt. 


^)  Holzkohle  nimmt  rasch  aas  den  Wänden  der  Oussform  etwas  Feuchtig- 
keit auf  und  wird  dadurch  haftend  ohne  weitem  Zusatz. 


EohlenmühleD.  121 

Znm  erstell  Zerkleinern  groBSstückiger  H«terialieii,  z.  B.  der  Sond- 
steioe,  alter  ChamotteBteine  n.  B.  £,  ist  ein  Pochwerk,  Walzwerk  oder 
Steinbrecher  von  bekannter  Congtruction  recht  zweckmässig.  Solche 
grosBstflckigen  Materialien  kommen  jedoch  nur  ausnahmsweise  zur  Ver- 
wendong,  meistens  finden  sie  sich  schon  in  einem  feiner  sertheilten  Zu- 
stande in  der  Natur. 

Zdt  weitem  Zerkleinemug  des  Sandes,  der  Steinkohlen  n.  s.  w.  die- 
nen die  sogenannten  Trommelapparate  und  die  Eollermahlon. 

Ein  Trommelapparat  besteht  ans  einem  um  seine  Achse  rotirenden 
hohlen  Körper  ans  Gasseiaen  —  die  Trommel  — ,  in  welcher  der  xa  zer- 
kleinernde Stoff  durch  einen  ü-ei  laufenden  Stein  oder  Gusseisenkörper 
zermahlen  wird.  Die  Trommel  hat  meistens  Cylinderform  und  dreht 
eich  um  eine  horiEontale  Achse ;  die  Stirnflächen  sind  durch  aofgeschraubte 
Deckel  verschloasen;  znm  Mahlen  dient  ein  kleinerer  massiver  gnsseiser- 
ner  Cylinder  {oder  zwei  dergleichen),  welcher  bei  dem  Drehen  der  Trom- 
mel Innerhalb  derselben  rollt.  Znm  Ein-  und  Ausbringen  der  Materia- 
lien dient  eine  Oeffoung,  welche  durch  einen  mit  Keilen  angezogeneu 
Deckel  TerflchloBsen  ist.  Der  Durchmesser  der  Trommel  pflegt  600  bis 
1000  Hm.  zu  betragen,  die  Länge  '/i  bis  l'/t  des  Durchmesaers.  Die 
Anzahl  der  Umdrehungen  per  Minute  40  bis  60.  Die  Figuren  92  und 
93  stellen  einen  solchen  Trommelapparat  (Kobleumflhle)  der  Chemnitzer 
Werkiengmaschinenfabrik  in  '/jo  der  wirklichen  Grösse  dar.  Es  ist  hier 
A  der  VerschluBsdeckel ,  a  der  Kegel  znm  Festhalten  desselben ,  welcher 
seinerseitfl  wieder  in  den  Oefaren  ii  festgehalten  wird. 
Fig.  92. 


^ 


Eine  derartige  Trommel  genügt  sura  Mahleii  der  Steinkohle  nnd  dee 
feinern  Sftndes  für  eine  tätliche  Prodaction  von  ca.  3000  bis  40UO  Kilo 


GueewaarL-n  und  erfordert  zum  Betriebe  einen  Arbeitsaufwand  von  ca. 
Vi  Pfei-dekraft 

Ein  weniger  einfacher  Trommelapparat  ist  neuerdings  von  Uanctin 
in  St.  Denis  in  die  Praxis  eingeführt  worden  und  durch  die  Figuren  94 
und  95  veranschaulicht ').  , 

In  der  guBseiaernen ,  an  beiden  Enden  durch  Deckel  verschlossenen 
Trommel  bewegt  sich  um  eine  Achse  ein  gusseiserner  Cylinder.  Der 
letztere  ist  auf  seinem  Umfange  mit  einer  Anzahl  von  Löchern  besetzt, 
in  welchen  massive  Kugeln  liegen.  Die  Wandung  einer  jeden  OefTnong 
entspricht,  wie  in  Fig.  95  in  grösserm  Maassstabe  dargestellt  ist,  einer 
Kngelzone  mit  einem  Radius,  welcher  den  der  Kugeln  selbet  etwas  über- 
trifft. Die  Kugellager  sind  nach  einer  um  den  Umfang  des  innem  Cf- 
linders  laufenden  Schneckenlinie  angeordnet.  An  den  beiden  Verschluss- 
deckeiu  der  Trommel  sind  Kreuzkörper  angegossen,  durch  deren  Mittel- 
stück die  Achse  des  Innern  Cylinders  in  mit  Scbmiervorrichtuug  versehe- 
nen Lagern  läuft,  w&hrend  die  in  den  Deckeln  für  den  Durchgang  der 
Achse  vorhandene  Bohrung  mit  Gummiringen  staubdicht  abgeschlossen 
ist.  Bei  kleineren  Apparaten  fallen  die  Krenzkörper  weg,  und  es  ist  die 
Achse  dircct  in  den  Deckeln   mit  Stopfbüchse  gelagert.     Der  auf  der 


')  Deutsche  Inäostriemitun^  1876,  8.  i 


Hanctin's  Kohlenmühle.  123 

linken  Seit«  der  Fig.  94  eraicbtliche  Trichter  dient  znm  Aufgeben  des 
Materials,  die  TIiQr  im  Boden  an  der  rechten  Seite  zum  Entleeren,  und 
es  besitzt  die  Trommel  eine  schwache  Neigung  nach  dieser  Seite. 

Der  Abstand  des  innern  von  dem  &usBem  Cylinder  ist  so  bemessen, 
dasB  die  Kugeln  den  innern  Cylinder  nie  ganz  Terlasaen  können,  daher 
die  rotirende  Bewegimg  mitmachen  müssen.  Hierbei  rollen  sie  in  dem 
untern  Theile  ihres  Weges  anf  der  Innenfläche  der  äussern  Trommel, 
werden  vom  innern  Cylinder  allmälig  gehoben,  fallen  endlich  in  das  zn 
ihrer  Aufnahme  vorhandene  Loch  und  verlassen  dasselbe  auf  der  andern 
Seife  wieder,  am  sich  neoerdings  rollend  anf  der  Innenseite  der  Trom- 
■nel  weiter  zn  bewegen.  Zwischen  Cylinder  und  Trommel  befindet  sich 
der  za  zerkleinernde  Körper  nnd  wird  durch  die  rollenden  Kugeln  im 
nntem  Theile  des  Apparats  alluiälig  zermahlen ;  und  da  die  Kugeln  nach 

Tig.  94.  Fig.  95. 


einer  Schraubenlinie  im  Apparate  angeordnet  sind,  so  findet  gleichzeitig, 
nnterstlttzt  durch  die  geneigte  Lage  der  Trommel,  eine  allrnftlige  Vor- 
wärtsbewegung des  Mehls  gegen  die  rechts  liegende  Stirnseite  hin  statt. 

Bei  grösseren  Apparaten  dieser  Art  ist  die  Länge  des  innern  Cylin- 
ders  2  M.  bei  einem  Durchmesser  von  700  Mm. ,  die  Anzahl  der  Kugeln 
300  bei  je  80  Mm.  Durchmesser  und  2  Kilo  tiewicht,  die  Entfernung  der 
Seh  necken  gänge  unter  einander  Bowie  der  Kugeln  von  Mitte  zu  Mitte 
gemessen  100  Mm.,  die  Anzahl  der  Umdrehungen  60  bis  65  per  Minute. 
Die  erforderliche  Betriebskraft  f&r  eiuen  Apparat  in  dieser  Grösse  ist 
4  bis  6  Pferdestärken,  die  Production  pro  Stunde  150  Kilo  Holzkohlen- 
staab.  .  FOr  kleine  Giessereien  genügt  ein  Apparat  von  650  Mm.  L6nge, 
400  Mm.  Durchmesser  mit  70  Kugeln  von  40  Mm.  Durchmesser,  welcher 
stfindliob  45  Kilo  Kohlenstaub  liefert. 

Znm  Mahlen  von  Formsand  statt  der  KShle  ist  der  Apparat  aufrecht 


124  Eollermühlen. 

gestellt,  die  Zuffihroog  erfolgt  »m  ganzen  Umfange  des  Cyliadera  and  die 
Btündliche  Prodnction  ist  bei  4  Pferdekrftflen  2,5  Gnbikmeter  FornuAnd. 
Eine  KollermAhle  oder  ein  Kollergang  für  Gieasereien  ist  in 
den  Fignren  96,  97  und  98  in  Vis  ^^^  virktlchen  Grüeee  dargestellt.  Es 
sind  hier  AÄ  Ewei  gosseiserne  Walzen  (Läafer),  welche  aof  der  horison- 
tolen  Achse  B  in  angleichen  Ahständen  von  der  Mittellinie  des  Appa- 
rats befestigt  sind.  Die  Achse  B  steckt  in  der  HOlse  G  derartig,  dass 
sie  sich  innerhalb  des  Schlitzes  C  heben  kann,  sobald  die  Walzen  über 
harte  Körper  hinweggehen,  während  sie  vor  seitlicher  Verschiebung  durch 
Pig.ee. 


den  hindorcb  gesteckten  Bolzen  tl  gesichert  ist.  Die  Hülse  C  bildet 
einen  Theil  der  verticalen  Spindel  J),  welche  durch  die  Getrieb«  EF 
sowie  die  Kiemensoheibe  Q  ihren  Antrieb  erhält. 

Als  Unterlage  dient  die  starke  gosseiserne  Platte  S  mit  aufrecht 
stehendem  Borde.  An  derselben  sind  die  zwei  guBseiBeruen  Btänder  KK 
angeacbranbt,  welche  den  Balken  L  tragen,  der  zur  Unterstützung  der 
Lager  für  die  Spindel  nud  Getriebewelle  dient  Au  der  senkrechten 
Spindel  sind  die  Arme  J  und  Ji  befestigt,  als  Führung  für  die  Schaufeln 
S  SiSi  und  T  dienend,  welche  tbeila  den  Zweck  haben,  das  vou  den  Wal- 
zen   znr  Seite  gedrückte  Mai<erial  wieder  denselben   zuzulilhreu,  theils 


such,  eine  innige  HiBohang  zn  bewirken.  Durch  Hebel  Z  und  Z\,  welche 
an  det  Conliaae  F  feetgestellt  werden  kSnnen,  laseen  aioh  die  Schaufeln 


senken  und  heben,  je  nachdem  eie  in  Tbfitigkeit  kommen  oder  ansgerückt 
werden  sollen.    Endlich  befindet  sich  in  der  Grondplatte  der  Schieber  Q, 


12ß  Kollergänge.    Thonschneider, 

durch  dessen  Aufziehen  die  Eotleernng  des  Apparats  bewirkt'  wird.  Es 
wird  dann  S  am-,  T  eingeschaltet,  wodurch  das  gesammte  Material  nach 
dem  Rande  der  Platte  hingeschoben  nnd  BchliesBÜch  dnrch  die  Schieber- 
offnang  entrernt  wird. 

Die  Anzahl  der  Umdrehangen  der  Kollergänge  beträgt  10  bis  20 
per  Minute,  das  Gewicht  ihrer  Läufer  500  bis  1000  Kilo  per  StQck.     Da 
Pjg_  99_  ein  Kollergang  in  deroben- 

gezeichneten  Form  ebenso- 
wohl geeignet  ist,  Sand 
und  KoUe  zn  mahlen  nls 
Lehm  zn  mahlen  nnd  mit 
seinen  Znsfitzen  zn  ver- 
tniachen,  so  bildet  derselbe 
einen  sehr  geeigneten  Ap- 
parat fdr  grössere  Giesae- 
reien.  Es  kommt  hinzu, 
daes  die  Leistung  dessel- 
ben eine  recht  beträcht- 
liche and  ein  einziger  Kol- 
lergang im  Stande  ist, 
Kohlenstaub  and  Sand  für 
eine  tägliche  Production 
von  durchschnittlich  1 5000 
Kilo  GusBwaaren  zn  liefern, 
wenn  nicht  eben  der  rela- 
tive Bedarf  an  jenen  Ma- 
terialien ein  ansnahms- 
weiae  hoher  ist  Ein  Nach- 
theil desKolIerganges  liegt 
in  dem  hohen  Arbeitsver- 
brauche, der  in  Folge  des 
Gewichts  der  Läufer  schon 
im  Leergange  ein  beträcht- 
licher ist  und  während  der 
Arbeit  nicht  unter  4  bis 
5  PferdekräRe  betragen 
darfte,  wenn  harte,  grob- 
körnige Materialien  ver- 
arbeitet werden,  beim  Mi- 
schen von  Lehm  aber  jedenfalls  sich  noch  etwas  höher  beziffern  wird. 

Wenn  es  sich  nur  darum  handelt,  Lehm  zu  mischen ,  nicht  zu  mah- 
len, finden  sogenannte  Thonschneider  vielfache  Anwendung. 

Fig.  99  stellt  die  innere  Einrichtung  eines  solchen  Tbonschneiders 
dar.  Der  Betrieb  erfolgt  durch  ein  am  obem  oder  untern  Ende  der 
verticalen    Spindel    aufgestecktes  Getriebe  von    einer  Transmission   ans. 


Stroh  zur  Formerei.  127 

Auf  der  Spindel  sind  die  Bchranbenartig  gekrümmten  Messer  befestigt, 
welche  den  yon  oben  eingeschütteten  Lehm  durcharbeiten  und  nach  unten 
drücken,  so  dass  er  in  ununterbrochener  Folge  aus  den  am  nntem  Ende 
des  gusseisemen  Gehäuses  befindlichen  Auslassöfinungen  herausgequetscht 
wird.  Ist  nach  einmaligem  Durchgange  die  Mischung  noch  nicht  innig 
genug,  wird  der  Lehm  zum  zweiten  Male  eingeschaufelt. 

Eine  derartige  Maschine^),  oben  520  Mm.,  unten  260  Mm.  weit, 
1640  Mm.  hoch,  liefert  in  zehnstündiger  Arbeitszeit  ca.  10  Gubikmeter 
Lehm  bei  einem  Arbeitsaufwande  von  3  bis  4  Pferdekräften  und  60 
Umgängen  per  Minute. 

Stroh.  Das  Stroh  bildet  zwar  kein  eigentliches  Formmaterial,  wohl 
aber  findet  es  in  Form  von  Strohseilen  vielfache  Anwendung  bei  Anferti- 
gung von  Kernen  in  der  später  zu  erörternden  Art  und  Weise.  Aus 
dieser  Art  der  Verwendung  folgt,  dass  nnr  langhalmiges ,  biegsames 
Stroh  zu  gebrauchen  ist. 

In  den  meisten  Oiessereien  geschieht  das  Spinnen  des  Strohs  zu 
Seilen  noch  durch  die  Hand  mit  Hülfe  des  sogenannten  Schlüssels,  an 
welchem  das  eine  Ende  des  Seils  befestigt  ist  und  welchen  ein  Arbeiter 
dreht,  während  ein  anderer  das  Stroh  am  entgegengesetzten  Ende  einflicht. 

Wo  man  jedoch  viele  solche  Strohseile  gebraucht,  empfiehlt  sich 
sehr  die  Anwendung  einer  Spinnmaschine,  wie  sie  von  der  Königin- 
Marien-Hütte  bei  Zwickau  gebaut  wird.  Die  Einrichtung  derselben  ist  in 
den  Figuren  100  und  101  (a.  f.  S.)  in  Vso  <ler  wirklichen  Grösse  dargestellt. 

Von  einer  Transmission  aus  wird  zunächst  die  Riemenscheibe  a  in 
Umdrehung  versetzt  und  überträgt  durch  die  Welle  d  ihre  Bewegung 
auf  die  Riemenscheiben  b  und  c,  welche  wieder  vermittelst  der  Riemen 
g  und  A  die  Riemenscheiben  e  und /bewegen.  Nebenjeder  dieser  Riemen- 
scheiben ist  eine  Losscheibe  befindlich,  um  durch  Vesschiebung  der  Rie- 
men in  jedem  Augenblicke  den  Gang  der  Maschine  unterbrechen  zu  kön- 
nen; zur  Ausrückung  dient  die  Stange  f,  mit  entsprechenden  Riemen- 
gabeln versehen.  Die  Riemenscheibe  /  sitzt  fest  auf  der  Spindel  hy  deren 
entgegengesetztes  Ende  bedeutend  verstärkt  und  cylindrisch  ausgebohrt, 
zugleich  mit  einem  der  Achse  parallelen  Schlitze  versehen  ist.  Auf  dem 
hohlen  Theile  der  Spindel  Je  ist  die  rinnenformig  ausgeböhlte  Gabel  L 
venuittelst  der  Hülse  m  derartig  befestigt,  dass  sie  die  Drehungen  der 
Spindel  mitmachen  muss,  sich  aber  in  der  Achsenrichtung  der  Spindel 
verscl^eben  lässt;  die  Höhlung  der  Gabel  findet  ihre  Fortsetzung  in  dem 
erwähnten  Schlitze  der  Spindel,  so  dass  das  Strohseil,  wie  in  der  Fig.  100 
gezeichnet,  sich  durch  Spindel  und  Gabel  hindurchführen  lässt  und  bei 
jeder  Drehung  der  Spindel  eine  einmalige  Zusammendrehung  erföhrt. 

Die  Riemenscheibe  e  sitzt  auf  einer  zweiten  hohlen  Welle  v,  welche 
auf  h  aufgeschoben  ist  und  sich  lose  auf  derselben  dreht.     Auf  dieser 


1)  In  ähnlicher  Aasfährang  vielfach  von  G.  Schlickeisen  in  Berlin  gefertigt. 


128  StrohspinnmaschiDe. 

Welle  V  ist  die  Spnle  N  befestigt.     Da  nan  die  Riemensobeibeii  e  und 
/gleich  groBB,  e  &ber  etwu  gröaaer  im  Darobniesser  ist  als  b,  ao  dreht 


sieb  in  dem  gleicbpn  VerhöltDisBe  die  Spule  rascber  ali  die  Spindel  mit 
der  Gabel.     Die  Folge  davon  ist,  daBs,  sobald  das  Kade  des  Seils  aof  der 


Formgebende  Geräthe.  129 

Spule  befestigt  und  nun  die  Maschine  in  Umdrehung  versetzt  wird,  das 
Strohseil  gleichzeitig  zusammengedreht  und  auf  die  Spule  mit  einer  Ge- 
schwindigkeit aufgewickelt  wird,  welche  der  Differenz  der  Geschwindig- 
keiten von  Spule  und  Spindel  gleich  ist.  Damit  nun  aber  dieses  Auf- 
wickeln gleichmässig  auf  der  ganzen  Länge  der  Spule  Tor  sich  gehe,  be- 
findet sich  auf  der  Verlängerung  der  Arbeitswelle  d  die  Schnecke  o, 
welche  das  Schneckenrad  p  dreht  und  von  diesem  aus  vermittelst  Schub- 
stange q  dem  an  der  horizontalen  Führungsstange  x  aufgehängten  Arme 
r  eine  langsame  hin-  und  hergehende  Bewegung  ertheilt.  r  aber  steht 
durch  den  Bügel  8  mit  der  Gabel  L  in  Verbindung  und  überträgt  also 
ohne  Weiteres  dieselbe  Bewegung  auf  L. 

Eine  solche  Maschine  liefert  bei  130  Umdrehungen  der  Antriebswelle 
d  per  Minute  9  bis  10  Meter  Strohseil  von  15  Mm.  Stärke. 

B.     Die  formgebenden  Geräthe. 

.Um  eine  Crussform  aus  bildsamem  Materiale  herzustellen,  bedarf 
es  eines  Apparates,  durch  dessen  Hülfe  die  inneren  Begrenzungen  der- 
selben, also  des  formgebenden  hohlen  Baumes,  genau  festgelegt  werden. 
Dieser  Apparat  hat  gewöhnlich  schon  im  Grossen  und  Ganzen  die  Umrisse 
and  Grösse  des  herzustellenden  Abgusses,  so  dass  die  Gussform  gewisser- 
maassen  als  ein  Abdruck  desselben  im  Formmateriale  erscheint,  und  heisst 
dann  Modell.  In  Fällen,  wo  die  Umrisse  des  Abgusses  einen  Rotations- 
körper vorstellen,  z.  B.  bei  Cy lindem,  Glocken  n.  dgl.,'  oder  in  solchen 
Fällen,  wo  sich  der  Körper  durch  Fortbewegung  eines  und  desselben 
Querschnitts  nach  einer  geraden  oder  gekrümmten  Leitlinie  entstanden 
denken  lässt,  kann  das  Modell  durch  eine  Schablone  aus  Holz  oder 
Eisen  ersetzt  werden,  welche  das  genaue  Profil  des  herzustellenden  Ab- 
goBses  enthält  und  durch  deren  Drehung  um  die  Rotationsachse  beziehent- 
lich Fortbewegung  nach  der  Leitlinie  die  Umrisse  der  Gussform  gewisser- 
maassen  aus  dem  weichen  Formmateriale  heri^sgeschnitten  werden. 

Zur  Herstellung  der  Gussformen  in  Sand  und  Masse  kommen  fast 
nnr  Modelle,  zur  Herstellung  von  Lehmgussformen  grossentheils  Scha- 
blonen in  Anwendung. 

Es  ist  leicht  einzusehen,  dass,  wenn  man  einen  Kern  fertigen  will, 
das  formgebende  Geräth  ähnlich  wie  eine  Gussform  eingerichtet  sein 
niiisa,  also  hohl,  im  Innern  entsprechend  der  Form  des  Kerns  profilirt 
und  gewöhnlich  aus  mehreren  Theilen  bestehend,  um  das  Herausnehmen 
des  Kerns  zu  ermöglichen.  Ein  derartiger  Apparat  heisst  Kernkasten 
oder  Kerndrücker;  ausserdem  bedient  man  sich  besonders  fär  L^hm- 
kerne  wie  bei  Anfertigung  von  Gussformen  der  Schablonen  ^  um  durch 
Drehen  oder  Ziehen  die  Kerne  herzustellen. 

Da  bei  Anfertigung  der  Modelle,  Schablonen  und  Kernkasten  selbst- 
verständlich die  Schwindung  zu  den  Abmessungen  des  herzustellenden 

Lf Adebar,  mechamitcb-neUlhirgiiche  Technologie.  9 


130  Modelle. 

AbgQBBes.  zugegeben  werden  mnsB,  bedient  man  sich  bei  dieser  Anferti- 
gang  solcher  M&aBsstftbe,  deren  Länge  nnd  Theilung  acbon  nm  das 
MaosB  dieser  Scbwindnng  grösser  ist,  ab  bei  NormalmaassBUben.  Wenn 
z.  B.  die  Scbwindnng  des  Metalls  gleicb  Vm  >Bt.  wie  für  Gnseeisen,  so  ist 
1  Meter  de«  SchwindmaaaastabeB  gleich  "/m  =  1,0104  M.  Nonnal- 
maassstab. 

Um  daa  genane  Einlegen  der  Kerne  in  dieGnssform  za  ermöglichen, 
nnd  zugleich  nm  ihre  Stellung  dem  Drucke  des  Metalla  gegenüber  zu 
richem,  macht  man  die  Kerne  an  einem  oder  zwei  Enden  etwas  länger 
nnd  läsat  sie  mit  dieser  Verlingemng  wie  mit  Zapfen  in  entsprechende 
Vertiefangen  der  Gnasform  eintreten.  So  s.  B.  mbt  der  Nabenkem  A 
der  in  Fig.  102  skdzzirten  GnEsform  einer  Riemenscheibe  bei  a  nnd  b  in 
Fig.  102.  Fig.  103. 


Vertiefungen  der  Gaseform.  Das  Modell  oder  die  Schablone  aber  moss, 
nm  diese  Vertiefungen  hervorzubringen,  mit  entsprechenden  Ansätzen 
versehen  sein,  welche  Kernmarken  beissen  nnd  in  Fig.  103,  das  Model] 
zur  Gnesfonn  in  Fig.  102  darstellend,  gleichfalls  mit  a  und  b  bezeicb- 
net  sind. 

Die  Modelle.  Das  zur  Anfertigung  der  Modelle  am  bftnfigsten 
benatzte  Material  ist  das  Holz,  vorzugsweise  Kiefern-  and  Tannenholz, 
daneben  Erlenholz,  wenn  die  Modelle  sehr  sanber  nnd  glatt  werden  sol- 
len ;  Aepfel-,  Birnbaum-,  Eschenholz  für  omamentale  Gegenstände  n.  s.  w. 

Die  Anfertigong  der  Holümodelle  geschieht  tu  der  Modelltiecfalerei, 
welche  demnach  einen  nnentbehrlichen  Begtandtheil  jeder  gröasern  Giesse- 
rei  bildet. 

Durch  sorg^tiges  Äastrocknen  dea  za  benutzenden  Hokes  vor  der 
Verarbeitung,  durch  zweckmässige  Anordnung  der  Famrrichtungen  in 
den  Holzarbeiten,  durch  Znsammen  leimen  der  Stücke  aus  kleinen  Thei- 
len,  endlich  durch  Anbringung  sogenannter  Hirn-  oder  GraÜeisten  bei 
groaaen  Flächen,  deren  Fasern  rechtwinklig  gegen  die  Faserrichtung  der 
Fläche  laufen,  sucht  der  Modelltischler  das  Modell  vor  dem  Kmmmxiehen 
(Werfen)  zu  schützen.  Schliesslich  wird  das  flolzmodell  durch  einen 
Lacküberzag  (gewöhnlich  Schellack)  vor  dem  Eindringen  von  Feuchtig- 
keit nach  Möglichkeit  geschätzt'). 

')  Ueber  Anfbrtignng  hölzerner  Modelle  Riebe  Snrre,  Ramlbnch  dea  Eiaen- 
giemereibolriebe»,  Bd.  II,  B.  409. 


Modelle.  131 

Werden  die  Modelle  vielfacher  Benutzang  nnterworfen,  so  ersetzt 
man  die  Holzmodelle  durch  metallene,  ans  Gasseisen,  Zink,  Zinn,  Bronze, 
Messing  gegossen,  oder  ans  Eisenblech,  Knpferblech,  Zinkblech  gefertigt. 
Gasseiseme  Modelle  sind  die  dauerhaftesten  and  billigsten  unter  den 
Metallmodellen,'  gestatten  aber  bei  omamentalen  Gegenständen  nar  an- 
bedeatende  Nachhülfe,  wenn  der  Gass  nicht  scharf  genug  ausgefallen  sein 
sollte;  für  solche  Fälle  zieht  man  deshalb  die  ciselirfahigere  Bronze  oder 
Messing  yor;  Zink-  und  Zinnmodelle  sind  leichter  als  letztere  herzustel- 
len, aber  weniger  dauerhaft. 

Seltener,  und  nur  für  omamentale  Modelle,  welche  nicht  mehr  als 
ein-  oder  zweimal  benutzt  werden  soUen,  wählt  man  Modellirwachs,  Thon 
oder  Gyps  als  Material. 

Um  das  Herausnehmen  des  Modells  aus  der  Gussform  zu  ermöglichen, 
genügt  nicht  immer  das  schon  erwähnte  Zerlegen  der  Gussform  in  meh- 
re!^ Theile,  sondern  es  muss  in  den  meisten  Fällen  auch  das  Modell  in 
mehrere  genau  zusammen  passende  Theile  zerlegt  sein.  Das  richtige 
„Theilen"  des  Modells  erfordert  viel  Umsicht  und  genaue  Eenntniss  des 
Formereiverfahrens. 

Als  Regel  gilt,  dass  das  Modell  aus  der  Gussform,  nicht  aber  die 
GuBsform  von  dem  liegen  bleibenden  Modelle  abgehoben  wird,  weil  in 
letzterm  Falle  viel  leichter  eine  Beschädigung  der  Gassform  eintritt. 

Damit  die  einzelnen  Theile  des  Modells  stets  in  genau  richtiger 
La^e  auf  und  neben  einander  zu  liegen  kommeD,  versieht  man  die  Thei- 
lungsfläche  des  einen  Modelltheils  mit  kleinen  Dübeln,  die  des  andern 
mit  entsprechenden  DübeUöchem,  in  welche  jene  Dübel  hinpinpassen. 

Beispiele.  Das  Modell  Fig.  104  zu  einem  Scheibenrohre  ist  ver- 
mittelst eines  durch  seine  Achse  gehenden  Schnittes  AB  in  zwei  gleiche 

Fig.  104. 


Hälfien  getheilt.  Dieselbe  Schnittebene  theilt  auch  die  Gussform,  so  dass 
beim  Auseinandernehmen  der  letztem  in  jeder  Hälfte  der  Gussform  eine 
Hälfte  des  Modells  liegen  bleibt  und  mit  Leichtigkeit  herausgenommen 
werden  kann,     aa  sind  Kemmarken. 

Das  Modell  Fig.  105  (a.  f.  S.)  zu  einem  Scheibenrohre  mit  zwei 
rechtwinldig  gegen  einander  gerichteten  Stutzen  ist  durch  zwei  Schnitte 
A  B  und  CD  in  drei  Theile  getheUt.  Eine  gleiche  Theilung  erleidet  die 
GoÄsform.  Zuerst  wird  der  Theil  E  der  Gussform  mit  dem  Theile  e  des 
Modells  abgenommen  und  letzteres  herausgezogen,  dann  nimmt  man  F 
nnd  ö  i»it  /  und  g  auseinander  und  kann  nun  die  Modelltheile  ohne 
Weiteres  aus  der  Form  ausheben. 

Bei    dem  U-förmigen  Träger  Fig.  106  (a.  f.  S.)  ist  das  Modell  nach 

9* 


denliinieo  ab  und  cd  in  eiDcn  H&npttheil  y  nnd  zwei  Leisten  XX  getheilt. 
Zuerst  wird  der  llaapttheil  y  dee  Modells  bentuBgesommen ,  daan  die 


beiden  Leisten  in  die  entatandeoe  Oefinnng  hinein  nnd  nocb  oben  hiaans- 
geiogen. 

£b  verdient  Erwähnang,  data  jedes  Modelltbeil,  welches  ans  dem 
Formmaterial e  heransgezogen  werden  mnss,  in  Rücksicht  auf  die  starke 
Reibung  zwischen  Modell  und  Formmateriale  eine  schwache  Conrergcnz 
besitzen  rnnss,  am  das  Heransziehen  za  erleichtern  nnd  die  Gnssform 
nicht  zu  bescbÄdigen.  Statt  eines  Cylinders,  der  nach  der  Richtung  sei- 
ner  Achse  heransgezogen  werden  mnss,  erh&lt  man  streng  genommen 
einen  abgestumpften  Kegel,  statt  des  PrismaB  eine  abgestumpfte  Pyra- 
mide. Die  Convergenz  ist  so  nnbedentend,  daas  sie  dem  Aage  kaum 
sichtbar  wird;  kommt  es  auf  dnrcbans  genaue  cylindrische  etc.  For- 
men an,  so  müssen  diese  eben  darch  spätere  Bearbeitung  hergestellt 
werden. 

Wenn  die  Form  eines  Modells  genan  gleich  derjenigen  des  Abgusses 
(also  nicht  durch  Kemmarken  verändert)  and  das  Modell  nicht  etwa  im 
Innern  hohl  ist,  so  lässt  sich  im  Voraus  aus  dem  Gewichte  des  Modelb 
und  dem  Yerhältnisse  der  specifischen  Gewichte  des  Modell-  und  Gnss- 
materialB  das  annähernde  Gewicht  des  AbgaBses  und  somit  des  tu 
schmelzenden  Metalls  berechnen.  Man  hat  in  diesen  Fällen  erfah- 
mngsmässig  das  Gewicht  des  Modells  mit  folgenden  Ziffern  zu  mntti-  ' 
pliciren :  I 

Wenn  das  Modell  besteht  Wenn  der  Abgass  besteht  ans: 

Zink  Blei    I 


ans: 

Gnsseisen 

Bronze 

oder 

oder 

Zinn 

Messing 

Kiefern-  oder  Tannenholz 

.     13 

16 

Pichtenhola  (Rothtanne)    . 

.     16 

18,5 

Kemkasten  und  Kernstücke. 


nkasten  and  Kernetücke. 


Für  die  Anfertigang  der  Kemkasten  gelten  dieselben  Regeln  wie 
fOr  Modelle.  Gewöhnlich  genügt  eine  Theilnng  des  Kemkaatens  in  swei 
Hälften,  un  den  Kern  heransnehmen  za  können.  Die  Hälften  sind  wie 
beim  Modelle  4nrch  IKlbel  rerbanden. 

Für  figürliche  Gegenstände,  welche  bohl  gegossen  werden  sollen, 
Tersdlafit  man  sich  häufig  einen  Kemkasten  in  der  Weise,  dass  man  die 
Wände  der  Gnsefonu  mit  gewalzten  Platten  feuchten  Thons  von  solcher 
Stärke  anekleidet,  als  die  Üetallstärke  des  Abgusses  werden  soll,  trock- 
net, den  Kern  in  dieser  verkleinerten  Gossfonn  fertigt  und  dann  die  Tbon- 
platten  herausnimmt,  um  die  Gussform  zum  Gusse  zu  benatzen. 

In  manoken  Fällen  kann  übrigens  durch  geschickte  Tbeilung  des 
Modells  und  der  Gussform  die  Anwendung  eines  Kernkostens  vermieden 
werden.  Wenn  z.  B.  eine  Seilscheibe,  Fig.  107,  geformt  werden  soll,  so 
Fig.  107. 


gestattet  begreiflicherweise  der  Querschnitt  des  Kranzes  wegen  der  ein- 
springenden Winkel  nicht  das  Herausnehmen  des  Modells  aus  dem  Form- 
materiale,  wenn  man  dasselbe  genau  wie  den  Abguss  einrichten  wollte. 
£a  kann  nnn  allerdings  diese  Aufgabe  gelöst  werden,  indem  man  das 
Modell  mit  einer  ringsherum  laufenden  Kernmarke  a  a  (durch  die  pnnk- 
tirten  Linien  angedeutet)  versieht,  nach  der  Linie  AB  schneidet,  nach 
derselben  Linie  die  Gussform  theilt,  dieselbe  auseinander  nnd  das  Modell 
faeraosnimmt  (was  nunmehr  ohne  Schwierigkeit  möglich  ist),  und  die  in 
einem  Kemkasten  geformten  segmentförmigen  Keme,  welche  das  äussere 
Profil  begrenzen,  einlegt. 

Ohne  Anwendung  eigenttioher  Keme  gelangt  man  aber  folgender- 
maassen  zum  Zwecke-     Das  Modell,  welches  die  genaue  Form  des  Ab- 
guBsee  erhält,  wird  nach  ab,  Fig.  108,  geschnitten,  die  Gnssform  aber 
Fig.  108. 


nach  den  Linien  cAahef  aad  ghabik  getbeilt,  so  dass  sie  aosdenThei- 
len  A,  B  und  dem  ringförmigen  Tbeile  C  C  besteht    Zuerst  wird  A  ab- 


134  Kernstücke. 

genommen,  die  Uodellhllfle  dabe  berauagenommen  nnd  A  ohne  diese 
Hil&e  wieder  aufgelegt.  Dann  dreht  man  die  ganae  Goaaform  lun,  bo 
daas  der  sn  oberst  liegende  Theil  nnten  m  liegen  kommt,  nimmt  B  ab, 
holt  die  Bweite  Hodellhätfte  kaib  heran*  nnd  setzt  B  wieder  aof. 

Aehnlioh  verfahrt  man  bei  der   Anfertigung  der  Gassform  flir  ao- 
genannte  Bingelwalzen ,  Fig.  109.    Die  Theilong  der  Gosafonn  und  des 
Pj„  ]Qg_  Modells  ist  ans  der  Zeichnung  ersicht- 

liob.  Der  Theil  Ä  wird  abgehoben,  die 
ModellhtUfte  abcd  heransgenonimen, 
Ä  wieder  aufgesetzt,  die  Form  gewen- 
det und  mit  B  and  der  Hälfte  aefd 
dasselbe  Verfahren  wiederholt. 

Uan  nennt  solche  Theile  der  GasB* 
form  (also  in  diesem  Falle  den  Theil 
CC  in  Fig.  108,  den  Theil  B  in  Fig.  109),  welche  die  Stelle  eines  Kerns 
rertreten,  Kernstücke.  In  sehr  ansgebildeter  Weise  kommt  die  An- 
wendong  solcher  Kernstücke  beim  Gnsse  nnregelmSsaig  gebildeter  Kör- 
per, z.  B.  beim  OromnentgOBS  and  noch  mehr  heim  Statnen-  and  Knnst- 
gnss,  vor.  Denkt  man  sich  z.  B.  eine  menschliche  Fignr,  vielleicht  mit 
faltenreichem  Gewände  bekleidet,  und  das  Modell  hierEn  vom  Formmate- 
riale  eingeacblossen ,  so  ist  es  begreiflich,  dass  eine  Theilong  der  Guss- 
form  in  swei,  drei  Theile  nicht  ausreichen  würde,  das  Modell  heraos  zu 
bekommen.  Man  umgiebt  deshalb  das  ganze  Modell  mit  einer  ent- 
sprechenden Ansahl  einzeln  geformter  Stütze,  die  sich  einzeln  loslösen 
lassen,  nimmt  das  Modell  heraus,  wenn  diese  sämmtlichea  Kernstücke 
entfernt  sind,  und  setzt  dann  die  letzteren  in  der  gehörigen  Reihenfolge 
wieder  zusammen. 

Je  mehr  Kernstücke  aber  eine  Form  besitzt,  desto  mühseliger  wird 
ihre  Anfertigung,  desto  leichter  misslingt  der  Qusa,  desto  höher  werden 
die  Kosten  desselben.  Daher  sucht  man  für  die  Gegenstände  gewöhn- 
licher Verwendung  im  Maachinenbaofache ,  der  Architektur,  Haus-  und 
Landwirthschaft  etc.  Formen  sn  wählen,  die  sich  „ gussgerecht "  durch 
ein  einfaches  Verfahren  formen  lassen;  uad  es  sollte  jeder  Constmcteur 
solcher  Gegenstände  wenigstens  soweit  mit  der  Technik  der  Formerei 
vertraut  sein,  dass  er  neb  die  Frage  zu  beantworten  vermag,  in  welcher 
Weise  dieses  oder  jenes  von  ihm  entworfene  Gnssstück  zn  formen  ist. 

Schablonen.  W&hrend  dss  Modell  und  die  Kemkaeten  Form  und 
Grösse  der  Gussform  oder  des  Kerns  nach  jeder  Richtung  hin  besitzen, 
zeigt  die  Schablone  nnr  den  Umriss,  das  Profil  der  herzustellenden  Gass- 
form oder  des  Kerns.  Bei  Schablonen  zu  Gnssformen,  welche  einen  Ro- 
tationskörper darstellen,  also  für  Cylinder,  Kessel  u.  dergl.,  genügt  ea, 
der  Schablone  das  halbe  Profil  xa  geben,  da  sie  um  die  Achse  der  Guss- 
form gedreht  wird  nnd  auf  diese  Weise  das  volle  Profil  erzengt.  So 
vergegenwärtigt  uns  Fig.  110  die  Schablone  zum  Aosdreben  der  Guss- 


Schablonen.  1 35 

form  eines  Cylinders  mit  Flantechen  und  Terlomem  Kopfe.  Häufiger 
noch  aU  die  SctiAblona  aom  Ausdrehen  der  GoBaform  kommen  die  Scha- 
blonen sum  Drehen  ron  Kernen  in  Anwendon'g.  Dabei  steht  entweder 
der  Kern  fest  nnd  die  Scbahlooe  wird  gedreht,  oder  der  Kern  liegt  hori- 
zontal (seltener  vertical)  mit  Zapfen  in  Lagern  nnd  wird  dabei  gedreht) 
während  die  Schablone  roht.  Letzter  Fall  ist  der  häufigere.  Als  Bei- 
spiel kann  die  in  Fig.  111  gezeichnete  Sobablone  fOr  den  Kern  einer 
Fig.  110.  Fig.  na. 


Säule  dienen.  Der  Kern  wird  am  die  Achse  AB  gedreht  und  erhält  da- 
durch sein  Profil  entsprechend  der  Kante  bcdep  der  Schablone. 

Die  Schablonen  sind  gewShnlich  aus  einem  trocknen  Brette  geschnit- 
tea  oder  auch  für  öftem  Gebrauch  ans  GoBseisen  hergestellt.  Die  profi- 
lirte  Kante  ist  etwas  zngeschärft,  am  mit  gröeserer  Leichtigkeit  scharfe 
Umrisse  hervorzubringen. 

Wird  die  Schablone  gedreht,  und  die  Gnssform  oder  der  Kern  steht 
fest,  so  mnes  sie  au  einer  verticolen  Spindel  befestigt  werden.     Dieselbe 


136  Schablonen. 

besteht  aas  ScbmiedeeiBen  oder  GaBS^sen  und  geht  entweder  oben  und 
nnten  mit  Zapfen  in  Lagern ,  so  dasa  sie  eelbet  aioh  mit  der  Scbftblone 
dreht  (Fig.  112,  a.  t.  S>);  oder  sie  ist  mnd,  steht  fest  nnd  dient  ala  Achse 
fOr  die  mit  Ringen  an  ihr  befestigte  und  nm  sie  drehbare  Schablone  wie 
in  Fig.  110.  Im  letztem  Falle  werden  die  Spindel  und  die  InnenflSchen 
der  lÜnge  gedreht,  wenn  es  anf  genaues  Innehalten  Torgeachriebener 
Maasaen  ankommt;  man  wendet  daher  dieses  Verfahren  gewöhnlich  nur 
bei  freistehenden  Spindeln  an,  bei  welchen  eine  Befestigong  an  dem  obem 
Ende  nicht  mSglich  bt. 

Die  Schablonen  zum  Ziehen  statt  znm  Drehen  werden  auf  einer 
eisernän  Platte  gefUhrt,  welche  Ziehplatte  genannt  wird  und  als  Unter- 
lage für  den  herzustellenden  Gegenstand  dient,  deshalb  dem  Grundrisse 
desselben  entsprechend  gef&rmt  ist.  Dadurch  wird  es  nothwendig,  die 
zu  ziehenden  Gegenstände  aus  zwei  Hälften  zusammenzusetzen,  wenn  sie 
nicht  eine  ebene  BegrenznngsflScbe  besitzen,  welche  der  Ebene  der  Leit- 
Fig.  113.  Fig.  114. 


linie  parallel  ist,  z.  B.  den  Kern  zu  einem  Krümmer  ans  zwei  Theilen 
Ton  halbkreisförmigem  Querschnitte,  welche  mit  Hülfe  der  Schablone  A, 
Fig.  113,  und  der  Ziehplatte  B,  Fig.  113  und  114,  gezogen  werden. 

C.    Die  Rüstungen  der  Gussformen  nnd  Kerne. 

Nnr  in  den  wenigsten  Fällen  besitzt  das  Material  der  Gussformen 
oder  Kerne  eine  solche  Festigkeit,  nm  ohne  Weiteres  ein  Heben,  Wenden, 
FortschatTen  der  Gnasformen  oder  Kerne  ohne  Gefabr  der  Beschädigung 
zu  gestatten  und  .den  mechanischen  Einflüssen  Widerstand  zu  leisten, 
welche  beim  Eingiessen  des  Metalls  auf  Gussform  und  Kern  wirken. 

Zur  Verleihung  dieser  grösHem  Festigkeit  nnd  WiderstandsiUbigkeit 
bedarf  es  der  Rüstungen. 

Formkuten.  Für  Gussformen  besteht  die  gebräuchlichste  ROstong 
in  den  Formkasten  nnd  es  kennzeichnet  die  Anwendung  derselben  eine 
ganz  bestimmte  Gattung  der  Formerei,  Eastenformerei  ^nannt. 

Unter  Formkasten  versteht  man  eine  kastenlSrmige,  ans  Gasseisen, 


Formkasten.  137 

Schmiedeeisen  oder  Holz  hergeBt«lIte  Ensammenhängendu  Umhüllung  der 
Gussform ,  welche  dieselbe  ringsherum ,  die  oberen  and  unteren  Flächen 
ansgenommen,  einachliesst ,  es  gestattet,  sie  zn  truisportiren  und  einen 
Schutz  bildet  gegen  äussere  Einflüsse  sowohl  sla  gegen  die  beim  Gasse 
von  innen  Üt&üg  werdenden,  aaf  Ansein&ndertreiben  gerichteten  Er&fte. 
Wie  dieGiusform,  um  das  Modell  entfenien  zu  kftnnen,  hftnfig  in  mehrere 
Tbeile  zerlegt  werden  muss,  so  pflegt  anoh  der  Formkasten  aas  gleich 
vielen  Theilen  wie  die  Gussfonn  susammengesetzt  zu  sein.  Ist  der  Form- 
kasten zweitheilig,  so  nennt  man  die  obere  Hälfte  Oberkasten,  die  untere 
Unterkasten.  Bei  grossen  Onssstücken,  welche  einen  entsprechend  grossen 
nnd  deshalb  kostspieligen  Formkasten  erfordern,  ersetzt  man  den  Uater- 
kasten,  ftdla  derselbe  nicht  tranaportirt  oder  nmgewendet  zu  werden 
braucht,  biBweilen  durch  die  Wände  des  Erdreichs,  indem  man  in  der 
H&ttensohle  eine  entsprechend  grosse  Oefi'nong  ausschachtet  und  das  Form- 
material  hineinbringt.     Man  gebraucht  dann  onr  einen  Oberkasten. 

Die  Gestalt  der  Formkasten  ist  gewöhnlich  Tierseitig,  seltener  und 
nur  filr  bestimmte  Zwecke  mnd  oder  polygonal.  Sie  stellen  Rahmen 
von  grösserer  oder  geringerer  Höhe  vor,  Figuren  115,  116  nnd  117,  Die 
Flächen,  mit  denen  sich  zwei  Formkastenhälften  berühren,  müssen  gat 
auf  einander  schliessen  nnd  sind  deshalb  fllr  genaue  Arbeit  gehobelt. 

Fig.  115.  w«.  iie. 


Um  die  Formkasteatheile  zur  Herausnahme  des  Uodells  anaeinander 
nehmen  und  dann  in  genaa  derselben  Weise  wieder  zusammensetzen  zu 
können,  ist  der  eine  Form  kästen  theil  mit  Dübeln  ee,  der  andere  mit 
Dübellöchem  versehen,  in  welche  diese  Dübel  hineintreten.  Bei  grösse- 
ren Formkasten  werden  die  Dübel  genau  gedreht  nnd  die  Löcher  gebohrt, 
auch  pflegt  man  bei  diesen  grösseren  Formkasten  die  Dübel  mit  Schlitzen 


138  Formkasten. 

zu  Teraehen,  dnrcli  welche  Splinte  gesteckt  werden  können,  am  Ober- 
kaeten  nnd  Unterkasten  fest  za  Terbinden.  Ist  der  Formkasten  drei- 
tbeilig,  so  werden  alle  drei  Theile  dnrcb  Dübel  verbunden,  Fig.  118. 

Um  das  Heraosfallen  des  Formmateriab  beim  Abheben  des  Ober- 
kaateoB  zn  rerbäten,  ist  derselbe  an  dem  Rande  ringsberom  mit  einer 
achmalen,  nach  innen  vorspringenden  Leiste,  der  Sandleiste,  verseben. 
Zum  Tronsportiren  des  Formkasteiu  dienen  Handbaben  gg,  Fig.  115, 
an  zwei  gegen ttberliegenden  Seiten,  die  bei  schweren  Kasten  darcb  starke 
Zapfen  som  Umscblageu  von  Seilen  oder  schmiedeeisernen  Gebangen  er- 
setzt werden. 

Gewöbnlicb  bildet  jeder  Formkastentheil  ein  nntheilbares  Ganze  nnd 
wird  nur  in  senkrechter  Riobtnng  von  seiner  andern  Hälfte  entlernt. 
Es  kann  aber  ancb  der  Fall  yorkommen,  dass  man  einzelne  Formkasten- 
theile  in  seitlicher  Richtnng  auseinander  nehmen  mass,  wenn  sieb  das 
Modell  in  anderer  Weise  nicht  entfernen  lässt.  Man  wendet  dann  ge- 
wöbalicb  einen  dreitbeiligen  Formkasten  an,  dessen  mittlerer  Tbeil  sieb 
seitlich  zerlegen  lässt  und  durch  Klammem  zosammengebalten  wird.  Als 
Beispiel  hierfär  kann  der  in  Fig.  119  gezeichnete  Formkasten  zum  Eio- 
formen  von  Eisenbahn bnfferholsen  dienen.  Ein  nnd  derselbe  Farmkasten 
kann    natQrlicb   zar  Anfertigung  der  verschiedenartigsten  Gegenstände 

Tis.  118.  "'■  '"■ 


gebraucht  werden.  Werden  jedoch  nach  einem  Modelle  sehr  viele  Ab- 
güsse gefertigt,  so  pflegt  man  sich  einen  genau  passenden  Formkasten 
eigens  dazu  herzustellen,  um  an  Formmaterial  zu  sparen  and  die  Arbeit 
abzukürzen.  So  z.  B.  wird  man,  wenn  viele  cjlindrische  Säulen  nach 
einem  Modelle  zu  gieseen  sind,  dem  Formkasten  nicht  einen  vierseitigen, 
sondern  einen  sechsseitigen  Querschnitt  geben,  wie  in  Fig.- 120;  Form- 
kasten zu  Grabkreazen  wird  man  im  Grandrisse  gleichfalls  kreozförmig 
herstellen  u.  s.  f.  In  der  richtigen  Constntction  der  Formkwten  liegt 
ein  wichtiges  Mittel,  bei  massenhafter  Production  die  Selbstkosten  eines 
Fabrikats  zu  erniedrigen. 


Fonukaaten.  13d 

Das  Haterial  zu.  den  Formkaatea  ist  fast  Bt«tH  Gnaseiaen.  Holz  ist 
dem  Terbrenaen  zu  sehr  aasgesetzt,  rerzieht  sich  nnd  besitzt  za  wenig 
Steifigkeit.  Nor  in  Aosnahmei^llen ,  wenn  zu  einem  einzelnen  AbgusBe 
kein  eiaemer  Formkasten  vorhanden  ist,  kann  man  der  grÖBaem  Billig- 
keit  halber  Holz  verwenden.  Die  Anwendung  von  Schmiedeeisen  ist 
mehrfach  versnobt  worden,  um  bei  den  Formkasten  an  Gewicht  za  spa- 
ren. Uan  nietete  die  Kasten  anz  Flacheisen  oder  Winkeleiaen  znsam- 
men.  Zwei  Eigenschaften  des  Schmiedeeisens  machen  es  jedoch  als  Ma- 
terial für  Formkasten  weniger  als  Guaseisen  geeignet,  n&mlich  die  gerin- 
gere Steifigkeit,  in  Folge  deren  die  Fonnkastenwände  beim  Drucke  von  innen 
oder  aussen  nachgeben  nnd  die  Gnssform  Gefahr  Iftnft,  beeoh&digt  zu 
werden,  und  die  geringere  WideretandsfUiigkeit  gegen  Rostbildung.  Beim 
Giessen  werden  eine  Menge  Dämpfe  entwickelt,  welche  sich  auf  den  kal- 
ten Formkastenwänden  niederschlagen  und  Rost  erzeugen ;  wenn  die 
Formkasten  aber  ausser  Gebranch  sind,  werden  sie  meistens  im  Freien, 
den  Witterungseinfittssen  ausgesetzt,  aufbewahrt  Theils  in  Folge  der 
schon  früher  erw&hnten  starkem  Neigung  des  Schmiedeeisens,  Rost  an- 
zusetzen, theib  in  Folge  der  geringeren  Wandstärken,  welche  eben  den 
Hanptvorzug  der  schmiedeeisernen  Kasten  ausmachen  sollen,  tritt  also 
eine  Zerstörung  erheblich  Bchneller  ein,  als  bei  den  gusseisemen. 

Die  FormkaBtendabel,  die  Handhaben,  Haken  und  Klammem  werden 
stets  aus  Schmiedeeisen  hergestellt  und  heiasen  zusammen  der  Beschlag 
des  Formkastens. 

Wenn  der  Formkasten  eine  grosse  Fläche  bietet,  so  wOrde  das  Form- 
material  nicht  genug  Festigkeit  besitzen,  am  nicht  beim  Abheben  des 
Oberkastena  durch  sein  eigenes  Gewicht  heraasznfatlen  oder  beim  Ab- 
giessen  durch  den  Druck  des  flOssigen  Metalls  gehoben  za  werden.  Zur 
Vermeidung  dieser  Uebebtände  bringt  man  in  dem  Oberkasten  durch- 
laufende Scheidewände  in  Abständen  von  100  bis  200  Hm.  an,  welche 
den  ganzen  Kasten  gitterfSrmig  eiutheilen.  Diese  Zwischenwände  sind 
fast  immer  ans  Guaseisen  nnd  bei  Kasten  mittlerer  GrOsse  gewöhnlich 
.  mit  eingegossen,  bei  gräaseren  entweder  durch  angegossene  Flantsohen 
angeschraubt,  wie  in  Fig.  121,  oder  in  verticale  Nuten  eingesetit,  welche 
an  der  Innenseite  des  Kastens  angegossen  sind,  wie  in  Fig.  122  (a.  f.  S.). 
Kg.  lao.  PiR.  121. 


I  140  Formkasten. 

Diese  Zwiaohea wände  dtkrfen  nicht  bis  anmittelbar  auf  dos  Modell  her- 

onterreiuben ,   sondern   es   mosa   cwisohen  ihnen  nnd  dem  Modell  ein 

Pig.  122. 


Zwischenranm  von  20  bis  30  Mm.  zur  Ansfüllnng  mit  Formmuse  blei- 
ben. Wenn  nun  also  ein  Theil  des  Modells  in  den  OberkaBt«n  hinauf- 
.  ragt,  BO  müssen  die  ZwischenwAnde  dementsprechend  ansgeschnitten  sein. 

Uierdurch  kann  für  gewisse  Formen  der  Abgüsse  die  Notb wendigkeit 
entstehen ,  jeder  Zwischenwand  ein  anderes  Profil  geben  xa  müssen  und 
man  wendet  in  solchen  Fällen  wohl  hölzerne  Zwischenwände  an,  die  jedoch 
selten  mehr  als  einen  bis  swei  Güsse  aushalten. 

Besitzt  der  Formkasten  eine  bedeutende  Breite,  so  müssen  die  Zwi- 
schen- oder  Scheidewände  auch  unter  sich  noch  eine  Versteifung  erhalten. 
Man  schiebt  zn  diesem  Zwecke  zwischen  je  awei  Scheidewände  QuerstQcke 
ein ,  welche  senkrecht  auf  der  Richtung  der  Scheidewände  stehen  und 
gewöhnlich  nur  durch  Holskeile  nnd  den  Druck,  den  sie,  in  gerader  Linie  ■ 
fortlaufend,  eins  auf  das  andere  ausüben,  festgehalten  werden  (Fig.  122). 
Diese  Querstücke  werden  gewöhnlich  aus  Holz,  seltener  aus  Gusseisen 
hergestellt ,  da  sie  nur  aus  kurzen  Stücken  bestehen,  die  eich  aus  Holz 
ohne  grosse  Kosten  beschaffen  lassen. 

Kleinere  Formkastenhälften  gieest  man  in  einem  Stücke,  bei  grösse- 
ren vierseitigen  Formkasten  giesst  man  die  Giebelstücke  und  die  Seiten- 
wände  getrennt  und  schraubt  sie  zosammen  wie  in  dem  Formkasten  Fig.  122. 

Der  Guss  der  Kasten  nnd  etwaige  Reparaturen  werden  durch  diese 
Einrichtung  erheblich  erleichtert;  fertigt  man  aber  mehrere  Kasten  in 
dieser  Weise  von  gleichen  Höhenabmessungen ,  so  erhält  man  daneben 
noch  den  Vortbeil,  mit  wenigen  Formenkastentheilen  durch  Combination 
derselben  eine  grössere  Anzahl  Kosten  verschiedener  Dimensionen  her- 
stellen SU  können.     Hat  man  z.  B. 


Formkasten.    Unterlagen.  141 

1  Paar  Längstheile  3  M.  lang,  1  Paar  Giebelstücke  1  M.  breit, 
1     n  ff  4   n      «       1     n  «  IVjM.  breit, 

80  kann  man  ans  diesen  zwei  Paar  completten  Formkasten theüea  vier 
verscbiedene  Formkasten  herstellen ;  n&mlicb 

1  Formkasten  3  M.  X  1  M., 

1  „  3  M.  X  IV«  M., 

1  „  4  M.  X  1  M., 

1  „  4  M.  X  IV«  M. 

Allgemein  ans  den  completten  Theilen  zn  a  Formkasten,  also  a  Paar 
Giebeltheilen  und  a  Paar  Seitentheilen  lassen  sich  a'  verschiedene  Form- 
kastengrössen  herstellen. 

Endlich  giebt  man  langen  Formkasten,  um  ihre  Seitenwände  vor 
dem  Auseinanderbiegen  zn  bewahren,  noch  qnerhindnrchgehende  Ver- 
ankerungen ans  Rnndeisen  a,  Fig.  122.  Bei  Formkasten,  welche  ein- 
geschraubte oder  eingegossene  Zwischenwände  besitzen,  dienen  diese, 
wenn  sie  stark  genug  sind,  meistens  schon  zur  grossem  Steifigkeit  der 
Seitenwände  und  machen  die  Anwendung  besonderer  Verankerungen  ent- 
behrlich. 

Ein  letztes  Mittel,  das  Formmaterial  vor  dem  Herausfallen  aus  dem 
Oberkasten  zu  bewahren,  sind  die  sogenannten  Gehänge.  Dieselben 
bestehen  aus  gusseisernen  oder  schmiedeeisernen  S-f5rmig  gebogenen 
Stäben,  welche  mit  einem  Ende  auf  den  Zwischenwänden  ruhen,  mit  dem 
andern  Ende  bis  kurz  über  das  Modell  herunterhängen.  Sie  werden 
vorzugsweise  dann  angewendet,  wenn  ein  Theil  des  Formmaterials,  wel* 
ches  mit  dem  Oberkasten  emporgehoben  wird,  weit  unter  der  Kante  des- 
selben hervorragt,  wenn  also  das  Gussstück  eine  im  Unterkasten  befind- 
liche Vertiefung  erhält.  Diese  Gehänge  erschweren  allerdings  das  Her- 
ausfallen des  Formmaterials,  machen  dagegen  ein  Umwenden  des  Form- 
kastens unmöglich ,  weil  sie  nur  lose  auf  den  Zwischenwänden  aufliegen 
und  beim  Wenden  also  herausfallen  würden.  Bei  gutem  Formmateriale 
und  zweckmässig  construirten  Zwischenwänden  sind  sie  gewöhnlich  ent- 
behrlich und  werden  nur  ausnahmsweise  verwendet. 

Ergänzungsstücke  zu  den  Formkasten  bilden  die  Formbretter, 
Lehrbretter  oder  Unterlagen,  einfache  mit  Querleisten  an  der  untern 
Seite  versehene  Bretter  oder  Tafeln  aus  trocknem  Holze,  welche  sowohl 
als  Unterlage  bei  Herstellung  der  Gussform  als  beim  Abgiessen  derselben 

Fig.  128. 


142  Rüstongen  der  Lehmgussformen. 

zu  dienen  pflegen.  Dieselben  eind  besonders  dann  erforderlich,  wenn 
der  untere  Formkasten  gewendet  werden  muss;  man  spannt  denselben 
in  diesem  Falle  beim  Wenden  zwischen  zwei  Formkastenbretter  a  und  b, 
Fig.  123  (a.  T.  S.)*  am  das  Herausfallen  des  Formmaterials  zu  verhüten, 
und  nennt  das  Brett  &,  auf  welchem  das  Modell  beim  Einformen  liegt, 
Modellbrett,  das  andere  a,  auf  welchem  gegossen  wird,  Unterlage.  Letz- 
teres muss  bei  grösseren  Formkasten  mit  zahlreichen  kleinen  Löchern 
versehen  sein,  um  das  Entweichen  der  beim  Giessen  sich  entwickelnden 
Gase  und  Dämpfe  zu  ermöglichen.  Beim  Wenden  des  Oberkastens  macht 
die  Anbringung  der  erwähnten  Zwischenwände  an  und  ftlr  sich  das  Her- 
ausfallen des  Sandes  unmöglich* 

BüBtungen  der  Iiehmgussformen.  Nur  in  seltenen  Fällen  be- 
dient man  sich  fOr  Herstellung  der  Lehmgussformen  eines  Formkastens. 
Da,  wie  später  eingeBender  besprochen  werden  soll,  die  Lehmgussformen 
ohne  Formkasten  vor  dem  Gusse  in  den  Erdboden  eingegraben  werden, 
um  ein  Auseinandertreiben  durch  den  Druck  des  flüssigen  Metalls  zu 
verhüten ,  so  bedarf  es  nur  solcher  Rüstungen ,  welche  ein  Auseinander- 
nehmen, Transportiren  u.  s.  w.  der  Gussform,  nachdem  sie  getrocknet 
worden  ist  und  dadurch  Steifigkeit  erlangt  hat,  ermöglichen.  Vielfach 
dienen  hierzu  eingelegte,  entsprechend  gebogene  Flacheisenstäbe ,  welche 
mit  darüber  gelegten  Querstäben  durch  Draht  zusammengebunden  und 
in  dieser  Weise  zu  einer  Art  Gerippe  der  ganzen  Gussform  vereinigt 
werden.  Um  die  dem  Profile  der  Gnssform  genau  entsprechende  Biegung 
der  Stäbe  ohne  grossen  Zeitverlust  bewirken  zu  können,  benutzt  man 
Bleistäbe  als  Modell,  welche  sich  mit  Leichtigkeit  zuvor  biegen  und  an- 
passen lassen. 

In  anderen  Fällen  mauert  man  die  Umfassungen  der  Lehmgussfor- 
men aus  Lehmsteinen,  Ziegelsteinen  oder  Ghamottesteinen  in  kunstgerech- 
tem Verband  auf,  so  dass  diese  gemauerte  Umfassung  als  Rüstung  dient, 
und  bekleidet  sie  nur  an  den  Innenwänden  mit  Lehm.  Wenn  es  aber 
erforderlich  wird,  die  Gussform  in  sehr  viele  einzelne  Theile  zu  zerlegen, 
z.  B.  beim  Statueng^ss,  so  umkleidet  man  sie  mit  einem  Gypsmantel  von 
200  bis  500  Mm.  Stärke,  der  in  eben  so  viele  Theile  als  die  Gussform 
zerlegt  ist  und  dessen  einzelne  Stücke  sorgsam  in  einander  gefugt  und 
mit  je  einem  zugehörigen  Theile  der  eigentlichen  Gussform  fest  verbun- 
den sind.  Das  Ganze  wird  schliesslich  nach  dem  Zusammensetzen  der 
Gussform  durch  umgelegte  schmiedeeiserne  Anker  fest  verbunden. 

Büstungen  der  Kerne.  Bei  allen  Kernen,  welche  durch  Drehen 
mit  der  Schablone  ihre  Form  erhalten,  bildet  die  Eernspindel  die  starre 
Achse,  den  innersten  Theil  des  Kernes.  Sie  ragt  an  beiden  Enden  über 
den  eigentlichen  Kern  hinaus  und  endigt  in  Zapfen,  mit  denen  sie  beim  Dre- 
hen in  Lagern  ruht.  Gewöhnlich  endigt  der  eine  Zapfen  in  einem  Vierkant, 
über  welches  eine  Kurbel  zum  Drehen  des  Kerns  geschoben  werden  kann. 


Eerndpindeln. 


143 


Die  Kemspindel  hat  Tomehmlich  zwei  Bedingungen  zu  erfüllen: 
sie  muBs  dem  Kerne  Steifigkeit  genug  geben,  um  ihn  vor  beträcht- 
licher Durchbiegung  zu  bewahren; 

sie  muss  derartig  con^truirt  sein,  dass  sie  das  Entweichen  der 
beim  GKessen  aus  dem  Kerne  entwickelten  Gase  und  Dämpfe  gestattet, 
ohne  dass  dieselben  in  die  Gussform  treten. 

Die  erste  Bedingung  wird  auch  bei  sorgfältigster  Construction  und 
zweckmässigstem  Materiale  nicht  immer  in  ausreichender  Weise  erfüllt, 
und  man  ist  dann  genöthigt,  bei  der  Verwendung  des  Kerns  denselben 
durch  äussere  Mittel  zu  stützen;  die  Erfüllung  der  zweiten  Bedingung 
ist  aber  unerlässlich,  wenn  nicht  das  Gelingen  des  Gusses  gefährdet  wer- 
den soll. 

Als  Material  zu  den  Kemspindeln  dient  Schmiedeeisen  oder  Guss- 
eisen, Holz  nur  ausnahmsweise  für  ungewöhnliche  Formen  der  Kerne. 

Die  Construction  des  Spindelsquerschnitts  ist  verschieden  nach  dem 
Durchmesser  desselben.  Dünnere  Kemspindeln  bis  zu  25  Mm.  Durch- 
messer stellt  man  häufig  aus  Rundeisen  mit  eingehobelten  Längsnuten  her, 
welche  als  Abzugscanäle  für  die  Gase  dienen,  Fig.  124;  oder  man  benutzt 

Fig.  124. 

schmiedeeiserne  gezogene  Röhren,  welche  mit  zahlreichen  durchbohrten 
Lochern  versehen  werden,  um  den  Gasen  den  Zutritt  in  das  Innere  zu 
gestatten,  von  wo  sie  ungehindert  entweichen  können,  Fig.  125. 

Fig.  125. 


Bei  etwas  grösserem  Durchmesser  pflegt  man  Gusseisen  als  Material 
zu  benutzen  und  den  Spindeln  einen  sternförmigen  Querschnitt  zu  geben, 
Fig.  126,  wobei  der  Zwischenraum  zwischen  den  Strahlen  denselben - 
Zweck  erfüllt»  wie  die  eingehobelten  Nuten  der  schwächeren  Kerne. 

Fig.  126. 


Noch  stärkere  Kemspindeln  giesst  man  hohl  aus  Gusseisen  und  ver- 
sieht sie  wie  die  schwachen  Schmiedeeisenröhren  mit  zahlreichen  Oeff- 
nungen  zum  Entweichen  der  Luft,  Fig.  127. 

Fig.  127. 


141  Kenispindeln. 

Für  einzelne  GnssBtQcke,  wenn  eine  passende  Spindel  nicht  vorräthig 

ist,  hilft  man  sich  dnrch  ein  etarkei  Qa^drateiseo,  auf  dessen  vier  Seiten 

schwächere  aufgelegt  nnd  durch  Draht  verbiinden  werden,  Fig.  128.  Die 

Enden  des  QnadrateiseiiB  sind  mnd  geschmiedet,  nni  als  Zapfen  zn  dienen. 

Fig.  I2S.  Fig.  130. 


Orosae  Spindeln  (über  500  Mm.  im  Dnrch messer)  fertigt  man  wohl 
des  geringern  Gewichts  halber  ane  Eisenblech  oder  Flachstäben,  welche 
anf  gnsseisenie  Scheiben  aafgescbrsnbt  oder  aufgenietet  sind,  Fig.  139. 

Endlich  wendet  man  bisweilen  fSr  sehr  grosse  Cylinder  (über  1  H- 
im  Durchmesser)  sogenannte  Differenzialspindeln  mit  Teretellbarem 


Kernspindeln.  145 

Darcbmesser  an,  um  der  Schwindung  nach  dem  Erstarren  Rechnung  zu 
tragen.  Eine  solche  Differenz] alspindel  ist  in  den  Figuren  130  und  131 
abgebildet.  Die  eigentliche  Spindel  besteht  aus  vier  gusseisernen  Seg- 
mentstücken aa^  deren  Berührungsflächen  auf  einander  gleiten,  sobald 
die  Segmente  in  radialer  Kichtung  verschoben  werden,  so  dass  in  solcher 
Weise  eine  Vergrösserung  und  Verkleinerung  des  Durchmessers  bewirkt 
werden  kann.  Die  Segmentstücke  sind  durch  Schraubenbolzen  2)2)  mit 
zwei  gusseisemen  Ringen  cc  derartig  verbunden  und  vor  dem  Ausein- 
anderfallen  gesichert,  dass  eine  radiale  Bewegung  der  Segmente  in  sol- 
cbem  Maasse  erfolgen  kann,  als  es  einerseits  der  äussere  Durchmesser 
der  Ringe  cc,  andererseits  die  Länge  der  Schraubenbolzen  b  gestattet. 

Die  durch  die  ganze  Länge  der  Kernspindel  hindurchgehende  schmiede- 
eiserne Achse  d  trägt  die  beiden  Gusseisenkegel  ee,  welche  mit  Nuten 
längs  der  an  den  Segmentstücken  angegossenen  Längsrippen  //  geführt 
und  dabei  gegen  die  keilförmigen  Nasen  gg.,  der  Segmentstücke  gedrückt 
werden.  Es  ist  klar,  dass  bei  Fortschiebung  der  Kegel  e  nach  rechts 
die  Segmentstücke  auseinander  geschoben,  der  Durchmesser  der  Kern- 
spindel  also  vergrossert  wird,  dass  aber  bei  Fortschiebung  nach  links 
eine  Verkleinerung  des  Spindeldurchmessers  eintreten  muss,  sobald  ein 
Druck  auf  die  Segmentstücke  von  aussen  stattfindet.  Um  diese  Ver- 
schiebung zu  ermögliohem ,  sind  die  Kegel  e  auf  der  Achse  d  durch  die 
Splinte  h  und  Bunde  i  festgehalten,  während  sich  d  frei  drehen  kann; 
d  aber  ist  mit  Schraubengewinde  h  versehen  und  in  der  Schraubenmutter 
l  drehbar^  welche  ihrerseits  in  der  aus  der  Zeichnung  ersichtlichen  Art 
und  Weise  mit  den  Segmentstücken  verbunden  ist.  Durch  Drehung  der 
Achse  nach  rechts  oder  links  wird  demnach  diese  selbst  und  mit  ihr 
die  Stücke  ee  nach  vorwärts  bewegt,  dadurch  eine  Vergrösserung  oder 
Verkleinerung  des  Spindeldurchmessers  bewirkt. 

Neben  den  Kemspindeln  mögen  sogleich  als  einfache  aber  unent- 
behrliche Hülfsapparate  bei  Anfertigung  gedrehter  Kerne  die  Kerndreh- 
bänke Erwähnung  finden,  welche  den  Zweck  haben,  eine  Auflage  für  die 
Kernspindel  wie  für  die  formgebende  Schablone  beim  Drehen  des  Kerns 
zu  bilden.  Meistens  stellt  man  sie  aus  zwei  hölzernen  Böcken  her,  auf 
welchen  je  zwei  im  Winkel  eingeschlagene  eiserne  Stifte  die  Kernspindel 
vor  dem  Verschieben  sichern,  während  die  übrige  Fläche  als  Auflage  für 
die  Schablone  dient,  Fig.  132  (a.  f.  S.).  Seltener  ist  die  Anwendung  guss- 
eisemer  Kerndrehbänke,  und  nur  in  sehr  vereinzelten  Fällen  hat  man 
die  Kemdrehbänke  ähnlich  den  Drehbänken  zum  Metalldrehen  mit  Spin- 
delstock und  Riemenscheiben  versehen,  um  den  Antrieb  von  einer  Trans- 
mission aus  zu  bewirken  und  die  Arbeit  des  Kurbeins  zu  sparen. 

Für  alle  nicht  durch  Rotation  entstandenen  Kerne  dienen  die  Kern- 
eisen als  Ersatz  der  Kerpspindel.  Diese  Kerneisen  sind  Stäbe  aus  Guss- 
oder Schmiedeeisen,  in  der  ganzen  Länge  des  Kerns  eingelegt,  jeder 
Krümmung  desselben  folgend ,  häufig  in  grösserer  Anisahl  parallel  neben 
einander    liegend    und  durch   Querstäbe  zu   einem  Systeme  verbunden, 

XAtdebiir,  »«chanlMh-metaUorgisctae  Technologie.  JQ 


146 


Werkzeuge  der  Formerei. 


Fig.  133,  also  den  Eisen  der  Lehmgussformen  entsprechend  nnd  ebenso 
wie  diese  gemeinschaftlich  ein  Gerippe  des  Kerns  bildend,  welches  dem- 


Fig.  132. 


■.\x  Nv^  -^S5^v;.\>\VV^\^  \    \N^  nvXnsV^ 


Fig.  133. 


selben  Festigkeit  giebt.  Für  die  S-formigen  Kerne  zu  den  Dampfcanälen 
der  Dampfcylinder  z.  B.  wird  man  eine  Anzahl  ebenfalls  S-förmig  ge- 
bogener Kern  eisen  einlegen  und  dieselben  durch  einzelne  Querstäbe  ver- 
binden, welche  mit  Draht  an  den  ersteren  befestigt  werden. 


D.     Die  Werkzeuge  der  FormereL 


Hierher  gehören: 

Siebe  zum  Durchsieben  der  Formmaterialien,  feinere  mit  Messing- 
drahtböden,  gröbere  mit  Eisendrahtböden,  Maschen  weite  Vj  bis  5  Mm. 

Stampfer  zum  Feststampfen  von  Sand  ui^d  Masse.  Die  kleineren 
sind  aus  Gusseisen  mörserkeulenartig  gefertigt,  Fig.  134,  die  zugeschärfte 
Kante  am  obem  Ende  dazu  dienend,  auch  in  schmalen  Fugen  das  Form- 
material feststampfen  zu  können.  Die  grösseren  Stampfer  haben  einen 
gusseisernen  Fuss  und  hölzernen  Stiel,  dessen  Länge  der  Tiefe  der  Guss- 
form entspricht,  Fig.  135. 

Schaufeln  zum  Einschaufeln  des  Formmaterials. 

Besen  zum  Zusammenkehren  desselben. 

Richtscheite  von  Holz  und  Eisen. 

Schrauben  verschiedener  Grösse  zum  Herausheben  der  Modelle 
(welche  mit  entsprechendem  Muttergewinde  versehen  sein  müssen);  für 
Holzmodelle  Holzschrauben;  zu  einem  Auge  an  dem  einen  Ende  umge- 
bogen, um  einen  Querstab  hindurch  stecken  und  dadurch  das  Heraus- 
heben leichter  bewirken  zu  können,  Fig.  136. 

Werkzeuge  zum  Glätten  und  Ausbessern  der  Gussform,  ge- 
wöhnlich bestehend  in  Streichblechen,  Fig.  137,  mit  glatt  polirter 
Fläche,  Putzhäkchen  oder  Spatel,  winkelförmige,  Fig.  138,  und  ge- 
bogene, Fig.  139. 

Ein  Blechlöffel. 

Pinsel  verschiedener  Grösse. 


Arbeitsverfahren  der  Formerei. 


147 


Ein  Blasebalg  zum  Entfernen  kleiner  hineingefallener  Körper  aus 
der  GuBsform. 

Ein  Wassergefäss. 

Hammer  ans  Holz  und  Eisen. 

Staubben tel  in  Sackform  aas  Leinwand  oder  Shirting  zum  Auf- 
stäuben von  Kohlenstaub,  ca.  400  Mm.  lang,  200  Mm.  breit. 

Flg.  134.  Fig.  137. 


Fig.  135. 


Fig.  136. 


L 


Fig.  138. 


Fig.  139, 


Lange  Nadeln  (Luftspiesse)  zum  Luftstechen,  d.h.  zur  Anbringung 
von  Canälen  für  die  entweichenden  Gase  und  Dämpfe  innerhalb  der  Formmasse. 

Gabeln,  zweizinkig,  von  starkem  Bleche  zum  Aufspiessen  und  Be- 
wegen kleiner  Kernstücke. 

Schraubzwingen  aus  Holz  und  Eisen  bis  zu  600  Mm. Spannweite 
für  verschiedene  Zwecke. 

Zirkel. 

•  

E.     Das  Arbeitsverfahren   der  Formerei. 


Die  Herdformerei. 

Herd  nennt  man,  in  der  Giesserei  eine  natürliche  oder  künstlich 
hergestellte  Lage  porösen  Formsandes,  deren  Oberfläche  im  Niveau  der 
Hüttensohle  zu  liegen  pflegt,  und  welche  eine  solche  Stärke  besitzt,  dass 
man  im  Stande  ist,  einfache,  oben  ganz  oder  theilweise  offene  Gussformen 
durch  Eindrücken  eines  Modells  in  derselben  herzustellen.  Das  Metall 
erstarrt  in  der  oben  offenen  Gussform  mit  horizontaler  Oberfläche,  und 
diese,  nur  in  Folge  der  bei  der  Erstarrung  eintretenden  physikalischen 
und  chemischen  Vorgänge  etwas  von  einer  genauen  Ebene  abweichende 
Oberfläche  kennzeichnet  den  offenen  Herdguss. 

Da  beim  Giessen  im  Herde  die  entwickelten  Gase  und  Dämpfe  in 
senkrechter  Richtung  keinen  Ausweg  finden,  so  ist  ein  sehr  durchlässiges 

10* 


148  Herdformerei 

Material  erforderlich,  um  dieses  Entweichen  der  unterhalb  des  Metalls 
entwickelten  Dämpfe  nacli  allen  Seiten  hin  zn  gestatten.  Bei  dichtem, 
thonigem  Boden  gräbt  man  denselben  1  bis  IVi  Meter  tief  ans,  bringt 
zu  uaterst  eine  Lage  Rohlenlösche,  daranf  einen  sehr  durchlässigen  Sand. 

Bei  weniger  dichtem  Boden  nnd  gntem  porSsem  Sande  Iftsst  man 
die  RohlenlöBche  weg  nnd  lässt  den  Herd  nur  aus  Sand  bestehen. 

Besteht  das  Knlreich  schon  an  nnd  fär  sich  aus  einem  grobkörnigen, 
scharfen  Sande,  so  hat  man  nur  nöthig,  da  wo  die  Gnssform  hergestellt 
werden  soll,  den  eigentlichen  Formaand  darauf  zu  bringen. 

Um  eine  Gnssform  herzustellen,  gräbt  man  den  vorher  benntzten 
Herd  anf,  siebt  den  Sand  durch  nnd  ebnet  die  Oberfläche  genau  nach 
der  Horizontalen,  indem  man  zwei  lange  Holzleisten  wagerecht  und  pa- 
rallel einklopft,  so  dsss  ihre  Oberkante  etwas  tiefer  als  die  Oberkante 
des  Herdes  liegt,  sie  mit  der  Setzwage  genau  richtet  nnd  nun  ein  hoch- 
kantig  gehaltenes  Richtscheit  Dber  beide  hinwegfflhrt,  allen  über  die  Lei- 
sten emporstehenden  Sand  abstreichend. 

In  dieses  So  geebnete  Sandbett  wird  das  Modell  nnter  steter  Be- 
nntznng  der  Setzwage  mit  einem  Holzhammer  eingeklopft,  dann  die  Rän- 
der desselben  mit  gntem  Formsande  nmstampft  nnd  abgestrichen  nnd 
endlich  das  Modell  herausgezogen. 

Zur  Ableitung  der  Gase  sticht  man  mit  dem  Lnftspiesse  rings  am 
das  Moilell  nnd  in  schräger  Richtnng  möglichst  weit  anter  dasselbe  Lnfl- 
canSle.  Bei  sehr  grossen  Gegenttänden  legt  man  zur  Bildung  dieser 
LuflcanSle  dttnne  Seile  in  den  Herd  ein,  welche  von  den  Seiten  her  bis 
unter  die  Mitte  des  Modells  reichen,  mit  dem  andern  Ende  znTage  mQn- 
den,  und  zieht  sie,  nachdem  das  Modell  eingeklopft  ist,  vorsichtig  her- 
aus; oder  man  benutzt  locker  geflochtene  Strohseile  zu  demselben  Zwecke, 
welche  poräs  genug  sind,  am  den  Gasen  in  ihrem  Innern  Abzug  zu  ge- 
währen, nnd  deshalb  liegen  bleiben  können. 

Das  Modell  wird  entweder  nur  so  tief  eingeklopft,  als  die  Stärke 
des  Abgusses  werden  soll,  oder  man  macht  die  Gnssform  etwas  tiefer,  als 
es  die  Stärke  des  Abgasses  erfordert,  nnd  schneidet  an  den  Rändern  so- 

Fig.  140. 


genannte  Niveaus  aa,  Fig.  140,  ein,  dnrch  welche  das  überflOssig  zuge- 
gossene Mrtatl  ablaufen  kann. 


Herdfonnerei.  149 

Um  einfache  Sachen  ein^oformeu  bedarf  es  iiivht  inmer  eines  voll- 
stAndigeu  Modells,  soadera  man  hilft  sich  in  billigerer  Weise. 

Um  z.  B.  eine  vierseitige  Platte  in  giessen,  bezeichnet  man  auf  einem 
glatt  geh(ibell«n  Brette  die  Grösse  dieser  Platte  dorch  aufgeheftete 
Hchoiale  Leistchen,  legt  nnn  das  Brett  aof  den  vorher  geeboeten  Herd 
mit  den  Leisten  nach  nnten,  so  dass  sie  sich  im  Sande  abdrücken,  und 
stampft,  nachdem  das  Brett  entfernt  Ist,  rings  um  die  in  ihrer  Grösse 
auf  solche  Weise  beieiohnete  Fläube  einen  Rand  auf,  indem  man  dorch 
Gegenhalten  einer  einfachen  Leiste  dem  Rande  beim  Aufstampfen  Gegeu- 
drndt  hält. 

Oeffnnngen  in  einer  Platte  stellt  man  her,  indem  man  da,  wo  die 
Oefihung  angebracht  werden  soll,  einen  kleinen  Rahmen  in  die  vurher 
hergerichtet«  Guseform  einlegt  und  den  Raum  innerhalb  des  Rahmens 
mit  Sand  volletampft,  so  dass  nach  dem  Wegnehmen  des  Rahmens 
dieser  SondlcÖrper  eine  Erhöhung  bildet,  welche  das  Zutreten  des 
Metalls  verhindert.  Ist  die  OefTnung  vierseitig,  so  kann  man  die  Lage 
derselben  in  gkicher  Weise  bezeichnen,  wie  die  äussere  Umgrenznug  der 
Platte  nnd  dann  mit  einer  einzigen  Leiste  die  vier  Seiten  nach  einander 
abgrensen. 

Um  einen  grnssen  Ring  herzustellen,  bedient  man  sich  eines  Seg- 
meats,  welches  sich  an  einem  hölzernen  Arme  um  einen  im  Mittelpunkte 
des   Kingea  auf  einem  Brett«  eingeschlagenen  Nagel  dreht,  Fig.    141. 
P)g    j^j.  Nachdem  beide  Ränder  des  Segments 

nmstampft  sind,  wird  dasselbe  wei- 
ter bewegt,  bis  der  Ring  fertig  ist. 
Gitter*  and  Fenstermodelle  rich- 
tet man  vollstftndig  her,  macht  sie 
aber  der  bessern  Haltbarkeit  wogen 
gewöhnlich  stärker,  als  der  Abguss 
werden  soll,  and  klopft  sie  nur  bis 
zu  der  vorgeschriebenen  Stärke  in 
den  Sand  ein,  oder  bezeichnet  die 
Stärke  des  Abgusses  durch  Nivunns. 
Kleine  Oeffnungen    in  den    Ab- 
gössen werden   durch   Masse-   oder 
Lehmkerne  hergestellt,    %ielche    in 
die    Gnssform  eingesetzt    and  durch   darüber  gelegte  Leisten  vor  dem 
Auftriebe  dnreh  das  flüssige  Metall  geschützt  werden,  Fig.  142  (a.  f.  S.). 
Die  Stellung  dieser  Kerne  wird  durch  auf  dem  Modelle  befindliche  Kem- 
marken  bezeichnet. 

Sehr  stark  einspringende  Kauten  der  Gnssform  werden  durch  ein- 
gedrückte Drahtstifte  vor  dem  Foi-treiesen  durch  das  Metall  gesichert. 

Durah  gewisse  Kunstgrifie  ist  mau  im  Stande,  auch  der  Oberfläche 
geringe  Abweicbungen  von  einer  horizontalen  Fläche  zu  geben.  Um 
z.  B.  Platten  mit  Falz,  Fig.  143  (a.f.S.),  zu  giessen,  legt  man  an  der  Stelle, 


150  Herdformerei. 

wo  die  Tertiefuug  angebracht  werden  hoU,  eine  eiserne  mit  Lehm  be- 
strichene Leiste  a  in  die  Gossforni,  unter  welcher  dann  das  Metall -hiD- 
laufen  musa. 

Das  Einlaufen  des  flüssigen  Metalls  in  die  Gassform  geschieht  durch 
den  „EiDguss",  eine  schmale  mnldenformige  Rinne,  welche  an  einer  Seite 
Pi      n2  in  die  Gussform,  an  d«r 

andern  in  eine  etwas 
höher  gelegene  Bnmpf- 
artige  Unlde  mündet, 
in  welche  das  flOssige 
Metall  zuu&chet  ausge- 
gossen wird.  Der  Einguss 
mass  erheblich  schwä- 
cher in  der  Stärke  als 
der  Abgase  sein,  um 
nach  dem  Erkalten  mit 
*  Leichtigkeit    abgeschla- 

gen werden  zu  können, 
ohne  eine  Beschädigung 
des  GuBsatäckB  fürchten 
zu  müssen. 
Je  grösser  die  Oberfläche  des  Abgusses  im  Verhältnisse  zu  seiner 
Stärke  ist,  desto  mehr  EingUsse  bringt  man  an,  um  ein  rasches  Anfüllen 
pj^    J43  der  Gnssform  mit  flüssigem  Metalle 

zu  erreichen,  bevor  dasselbe  erstarrt. 
Als  Beispiel  hierfür  möge  Fig.  144 
dienen. 

Bei  flachen  Gegenständen    lässt 
man  den  Eingnsa  stets  an  dem  obem 
Rande  der  Gussform   münden   und 
das  Metall  von  oben  bineinfliessen, 
wie  in  Fig.  144;  bei  hohen  Körpern 
lässt  man  das  Metall  bisweilen  von 
unten  aufsteigen,  indem  man  das- 
selbe durch  eine  in  dem  Herdsande 
angebrachte  Rinne  nach  unten  führt,  Fig.  145.     Man  bezweckt  dadurch 
dieErzielung  eines  dichtem,  von  den  Ansscheidungen  des  Metalls  freiern 
Gusses.     Denn  da  der  EinguHS  stets  voll  flüssigen  Metalls  erhalten  wird, 
bleiben  die  spocifisch  leichteren  ausgeschiedenen  Körper  (Oxyde,  Graphit) 
an  der  Oberfläche  desselben  zurück,  ohne  in  die  Gussform  zu  gelangen. 

Die  Ilerdformerei  ist  für  einfach  gestaltete  Gegenstände  die  ein- 
fachste und  deshalb  billigste  Herstellnngsmethode.  Sie  erfordert  die  ge- 
ringsten Modellkosten,  das  geringste  Inventar  an  Geräthen  nnd,  so  lange 
die  Form  des  Abgusses  der  Eigenthümlicbkeit  des  Verfahrens  entspricht, 
die  geringsten  Löhne.     Die  Löhne  wachsen  aber,  je  mehr  die  Form  des 


Modells  von  j«aen  Regeln  t&r  gewöbnlicben  Herdgass  sich  eutfeint ,  Dnd 
können   bei  schwierigen  Aufgaben  eine  Grenze  erreioben,  wo  es  nicht 

Fig.   U4. 


mehr  räthlicb  erscbemt,  Ilerdgnss  anzuwenden      Oft  giebt  der  Mangel 
eines  pasEenden  Formkastens  den  Ausschlag  für  die  V^ahl  des  Hei-dgusses 
Y       ^^^  EmNachtbeil  desselben  hegt  in  der 

stets    undichten  Besi.baffenbeit    des 
Abgasses    in    den    der    Oberfläche 
zonacbst  liegenden  Theilen,  ein  Um- 
stand,   hervorgerofen    theile  durch 
das  ohne  jeden  äussern  Druck  statt- 
findende Erstarren,  in  Folge  dessen 
Oasblasen  unterhalb  der  raaoh  starr 
werdenden  oheisten  Schicht  zurQck- 
gehalten  werden ,  tbeils  auch  durch 
die  an  jeder  freien  Oberfläche  flusstgoQ  Metalls  entstehenden  Aiuscbei- 
duDgen   und  Ozydationsproducte      Soll    daher   em  Herdgussstück   auch 
an  der  Oberflache  dicht  werden,  ao  moss  man  bei  Gnsseisen  mindestens 
5  Mm.  der  St&rke  des  Abgasses  zugeben  und  dieses  liebermaass,  welches 
den  grössten  Theil  jener  Gasblasen  und  Ausecheidnogen  enthält,  durch 
spätere  mechanische  Dearbeitung  entfei-nen. 

Die  Eastenformerei. 

Kastenformerei  nennt  mau  diejenige  Art  und  Weise  der  Herstellung 
voD  Gussformen,  bei  welcher  man  sich  der  Formkasten  bedient,  um  die 
Guesformen  heben ,  wenden  nnd  fortschaflen  zu  können.  Das  üblichste 
Material  für  die  Kastcnformerei  bildet,  wie  schon  früher  erwähnt,  der 
Sand   und  die  Masse,  weit  seiteuer  Lehm. 


152  KastenformereL 

Der  einfachste  Fall  bei  der  Kastenfonnerei  ist  der,  wenn  ein  einfach 
gegliedertes  Modell  ohne  Kernstücke  in  einem  zweitheiligen  Kasten  ein- 
geformt  wird.  Das  ModeU,  oder,  wenn  es  getheilt  ist,  die  in  den  Unterkasten 
kommende  Hälfte  des  Modells,  wird  in  umgekehrter  Lage  auf  ein  Lehr- 
brett gelegt,  der  Unterkasten,  gleichfalls  in  umgekehrter  Lage,  darüber 
gestülpt,  Sand  aofgesiebt,  gestampft,  bis  der  Sand  über  den  Rand  des 
Kastens  heraosragt,  mit  dem  Richtscheite  glatt  abgestrichen;  dann  wird 
ein  zweites  Lehrbrett  (Unterlagsbrett)  darauf  gelegt,  um  das  Herausfallen 
des  Sandes  beim  Wenden  des  Kastens  zu  verhüten,  der  Kasten  mit  bei- 
den Brettern  gewendet ,  so  dass  die  vorher  untere  Seite  jetzt  oben  liegt, 
das  oben  liegende  Lehrbrett  entfernt  und  der  Oberkasten  aufgesetzt. 
Vorher  bestreut  man  die  Oberfläche  des  Sandes  dünn  mit  Ziegelmehl  oder 
scharfkantigem,  grobem,  trocknem  Saude,  um  das  Zusammenkleben  der 
Sandfiächen  des  Ober-  und  Unterkastens  zu  verhindern.  Besteht  das 
Modell  aus  zwei  Hälften,  so  setzt  man  nun  die  obere  auf  die  untere. 
Bevor  man  den  Oberkasten  voll  Sand  stampft,  setzt  man  das  Modell  zum 
„Eingüsse*',  d.  h.  zu  dem  Giessloche,  durch  welches  das  Metall  in  die 
Form  strömt,  an  seine  Stelle,  ein  schwach  konisches,  gewöhnlich  im  Quer- 
schnitte kreisrundes  Holzmodell,  mit  dem  stärkern  Ende  aussen  mün- 
dend. Der  Einguss  wird  entweder  unmittelbar  auf  das  Modell  gesetzt, 
so  dass  das  Metall  unmittelbar  durch  den  Einguss  in  die  Gussform  ein- 
strömt,  oder  in  einiger  Entfernung  davon ,  und  wird  dann  mit  der  Form 
durch  einen  nach  dem  Einstampfen  des  Oberkastens  mit  dem  Löffel  an- 
geschnittenen „Einlauf*'  verbunden. 

Bei  grossen  Gussformen,  welche  eine  Menge  atmosphärischer  Luft 
eingeschlossen  enthalten,  bringt  man  dem  Eingüsse  gegenüber  zum  Ent- 
weichen dieser  Luft  „Windpfeifen**  an,  welche  aus  leicht  erklärlichen  Ur* 
Sachen  auf  dem  höchsten  Punkte  der  Gussform  münden  müssen.  Wird 
die  Gussform  mit  verlorenem  Kopfe  versehen,  so  dient  dieser  gleichzeitig 
als  Windpfeife. 

Der  Oberkasten  wird  nun  in  gleicher  Weise  wie  der  Unterkasten 
eingeformt,  abgehoben,  gewendet  und  neben  dem  Unterkasten  aufgestellt. 

Es  folgt  nun  das  Herausheben  des  Modells  und  Ausbessem  der 
GuBsform  au  den  Stellen,  wo  sie  etwa  beschädigt  worden  ist.  Bis  hierher 
unterscheidet  sich  das  Verfahren  bei  Herstellung  von  Sand-  und  Masse- 
gussformen  nur  durch  die  Art  des  Einstampfens.  Sandformen  werden 
weniger  fest  gestampft,  damit  sie  für  die  entweichenden  Dämpfe  durch- 
lässig bleiben ;  Masseformen  werden  fester  gestampft,  weil  diese  Rücksicht 
wegfallt  und  die  Gussform  durch  festeres  Stampfen  widerstandsfähiger 
wird.  Das  Einstampfen  des  Formsandes  erfordert  um  so  mehr  Umsicht 
und  Uebung,  je  höher  die  Temperatur  des  eingegossenen  Metalls  ist 
—  ein  zu  festes  Einstampfen  würde  die  Durchlässigkeit  der  Gussform 
beeinträchtigen  und  ein  Kochen  des  Metalls  zur  Folge  haben;  ein  zu 
loses  Einstampfen  würde  ein  „Treiben"  des  Gusses,  d.  h.  eine  Vergrösse- 


Kastenformerei. 


153 


ning  der  AbniessuDgeD  der  Gassform  durch  den  hydroBtatischen  Druck 
des  Metalls  ermöglichen. 

Die  Form  im  grünen  Sande  wird  nun,  wenn  nöthig,  mit  Kohle  aas- 
gestäubt und  ist  dann  zur  Zusammensetzung  fertig.  Die  Form  in  Masse 
wird  mit  der  früher  beschriebenen  Schwärze  geschwärzt  und  kommt  nun 
erst  zum  Trocknen. 

Bei  grossen  Gussformen  erleidet  dieses  soeben  beschriebene  Verfah- 
ren häufig  insofern  eine  Abweichung,  dass  man  den  Unterkasten  nicht 
über  das  Modell  einformt  und  dann  wendet,  sondern  das  Modell  von  oben 
her  in  den  vorher  mit  Sand  oberflächlich  gefüllten  Unterkasten  wie  bei 
der  Herdformerei  einklopft.  Dadurch  spart  man  allerdings  ein  Um- 
wenden des  schweren  Kastens,  es  wird  aber  auf  diese  Weise  weit  schwie- 
riger, den  Sand  um  das  Modell  herum  überall  gleichmäsdg  fest  zu  stam- 
pfen, und  die  Folge  jeder  Ungleichmässigkeit  ist  ein  Treiben  an  dieser 
Stelle. 

Man  lässt  auch  häufig  bei  Anwendung  dieses  letztem  Verfahrens 
den  Unterkasten  ganz  fort,  formt  die  untere  Hälfte  des  Modells  in  den 
Herd  ein,  setzt  den  Oberkasten  darauf  und  nennt  diese  Art  der  Forme- 
rei wohl  verdeckten  Herdguss.  Dieselbe  bietet  durch  Ersparung  des 
Unterkastons  grosse  Vortheile  für  den  Guss  grosser  Gegenstände  und  ist 
deshalb  besonders  in  Maschinenfabriken,  welche  grosse  Stücke  giesseui 
viel  im  Gebrauch. 

Aus  jenem  einfachen  Verfahren  beim  £infonaen  eines  'zweitheiligen 
Kastens  lassen  sich  alle  zusammengesetzteren  Methoden  bei  mehrtheiligen 
Kasten  ableiten. 

Um  z.  B.  den  vierseitigen  ornamentirten  Kasten  eines  gusseisernen 


Fig.  146. 


Etagenofens  zu  formen,  verfahrt  man  in  folgen- 
der Weise. 

Das  Modell  ist  in  vier  Theile,  den  vier 
Seiten  des  Kastens  entsprechend,  durch  senk- 
rechte Fugen  getheilt  und  durch  Dübel  lose 
zusammen  gehalten.  Der  Formkasten  besteht 
aus  dem  Unterkasten,  dem  Mitteltheile,  welches 
die  Höhe  des  zu  formenden  Ofenkastens  besitzt 
und  gleichfalls  in  vier  Theile  zerlegt  werden 
kann,  und  einem  flachen  Oberkasten. 

Das  Modell  wird  aufrecht  auf  einen  Lehr- 
klotz gestellt,  welcher  die  Höhe  des  Unterkastens 
besitzt  und  diesen  voll  ausfüllt,  Fig.  146,  dann 
Unter-  und  Mittelkasten  aufgesteUt  und  zunächst 
der  Raum  a  zwischen  Modell  und  Kasten  wän- 
den, dann  der  Raum  h  innerhalb  des  Modells 
voll  Sand  gestampft.  Von  den  Ecken  des  Ka- 
stens nach  den  Ecken  des  Modell  legt  man  vor 
dem  Einstampfen  ganz  schwache  Bleche  cc  ein, 


154  Eastenformerei. 

am  eine  Trennung  des  Sandes  nach  den  vier  Theilen  des  Kastens  herbei- 
zuführen. Nun  wird  der  Kasten  sammt  dem  Untertheile  umgedreht,  der 
Lehrklotz  l  herausgenommen,  trockner  Sand  oder  Ziegelmehl  auf  die 
Flächen  xx  der  Seitentheile  gestreut,  um  diese  später  abnehmen  zu  kön- 
nen, und  das  Untertheil  voll  Sand  gestampft.  Dann  abermaliges  Wenden 
beider  Kasten theile,  Anbringen  des  Eingusses,  Aufstampfen  des  Obei*theils. 
Hierauf  wird  das  Obertheil  abgehoben,  die  Einlaufe  angeschnitten,  dann 
die  vier  Seitentheile,  aus  denen  der  Mittelkasten  besteht,  mit  je  dem  zu- 
gehörigen Theile  des  Modells  behutsam  abgelöst,  während  das  Untertheil 
mit  dem  Kerne  stehen  bleibt.  Nun  folgt  Abheben  der  Modelltheile,  Stäu- 
ben und  Zusammensetzen  der  Gussform. 

Werden  bei  irgend  einer  Gussform  Kerne  gebraucht,  so  legt  man 
dieselben  ein,  nachdem  alle  Arbeiten  vor  dem  letzten  Zusammensetzen 
der  Form  beendet  sind.  Die  Kernmarken  geben  die  genaue  Lage  des 
Kerns  an.  Dennoch  erfordert  das  Einlegen  grosse  Aufmerksamkeit,  und 
die  richtige  Lage  muss  mit  Zirkel  oder  Schablone  geprüft  werden.  Lange 
dünne  Kerne  biegen  sich  durch  den  Auftrieb  des  Metalls  wie  auch  durch 
ihr  eigenes  Gewicht  und  müssen  deshalb  eine  unverrückbare  Unterstützung 
erhalten.  Diese  Unterstützung  wird  durch  sogenannte  «Kernsteifen^ 
oder  „Kemstützen''  bewirkt;  man  fertigt  dieselben  aus  Blech,  und  zwar 
Fig.  147.  n^^oppelte",  Fig.  147,  welche  zwischen  zwei  Kerne  oder  auch 
zwischen  Kern  und  Formwand  sich  einlagern  und  deren 
Höhe  also  gleich  der  Wandstärke  des  Gussstücks  ist;  oder 
„einfache*'  mit  langem  Stifte,  Fig.  148,  dessen  Ende  in  das 
Formkastenbrett  eingeschlagen  wird  oder  sich  auf  einen 
Tis.  148.  ^^d^^Q  festen  Gegenstand  stützt  und,  da  es  aus  dem  Ab- 
güsse hervorragt,  später  abgefeilt  wird.  Auch  starke  Nägel 
dienen  zur  Unterstützung  kleinerer  Kerne.  Bei  Eisenguss, 
wo  diese  Kernsteifen  am  häufigsten  gebraucht  werden,  ver- 
zinnt man  sie,  um  eine  Gasentwickelnng  zu  vermeiden, 
welche  die  Folge  der  Berührung  des  kohlenstoffhaltigen 
Gusseisens  mit  dem  Oxydhäutchen  des  Blechs  ist;  aber  auch  dieses  Mittel 
schützt  nicht  immer  vor  Entstehung  von  Blasenräumen  in  der  Nähe  der 
Kernsteife. 

Von  Wichtigkeit  für  das  Gelingen  des  Gussstücks  ist  meistens  die 
Wahl  der  Stelle,  welche  man  dem  Eingüsse  giebt.  Einestheils  muss  der 
Einguss  nach  dem  Gusse  entfernt  werden  und  pflegt  an  der  Stelle,  wo 
er  gesessen  hat,  eine  Narbe  zu  hinterlassen;  folgenreicher  für  das  Gelin- 
gen des  Gusses  ist  noch  der  Umstand,  dass  da,  wo  der  Einguss  befind- 
lich ist,  das  letzte  flüssige  Metall  in  die  Form  strömte  und  also  dort  auch 
die  Erstarrung  ihr  Ende  fand.  Hierdurch  wird  die  Schwindung  des 
Metalls  beeinflusst.  In  der  Nähe  des  Eingusses  pflegen  sich  Hohlräume 
zu  bilden,  welche  den  Guss  undicht  machen.  Man  bringt  ihn  daher  an 
solchen  Stellen  an,  wo  solche  Undichtigkeiten  am  wenigsten  schaden. 
Auch    die  Richtung    des  Strahls    des    einfliessenden  Metalls    gegen   die 


EastenformereL 


155 


Wände  der  Form  ist  ins  Auge  zu  fassen.  Meistens  lässt  man  das  Metall 
Yon  oben  in  die  Gnssform  hineinfallen,  in  einzelnen  Fällen  von  unten 
aufsteigen,  wie  es  schon  bei  der  Herdformerei  erwähnt  wurde.  Bei 
Walzen,  welche  eine  reine,  dichte  Oberfläche  erhalten  sollen  und  in 
stehender  Lage  gegossen  werden ,  führt  man  häufig  das  Metall  unten  in 
tangentialer  Richtung  in  die  Form  Fig.  149.  Man  bezweckt  dabei,  durch 


Fig.  149. 


die  Centrifngalkrafb  des  in  wirbelnder  Bewe- 
gung aufsteigenden  Metalls  das  specifisch  schwe- 
rere, reine  Metall  yon  seinen  leichteren  Verun- 
reinigungen (wozu  auch  Gasblasen  gehören)  zu 
sondern,  ersteres  nach  dem  Umfange,  letzteres 
nach  der  Achse  der  Gussform  hinzudrängen. 

Auch  die  Stärke  des  Eingusses  ist  von 
Wichtigkeit.  Dieselbe  muss  derartig  bemessen 
sein,  dass  der  Einguss  im  Stande  ist,  der  Guss- 
form in  genügender  Geschwindigkeit  das  Metall 
zuzuführen,  während  er  anderntheils  nicht  rascher 
das  fliessende  Metall  durchlassen  darf,  als  das 
Nachgiessen  erfolgt,  weil  es  besonders  bei  schwer- 
schmelzigen  Metallen  eine  Bedingung  für  das 
Gelingen  des  Gusses  ist,  dass  der  Einguss  bis 
nach  beendetem  Gusse  stets  gefüllt  bleibe.  Man 
hat  Eingüsse  von  5  bis  200  Millimeter  im 
Durchmesser.  Der  Flüssigkeitsg^d  des  Metalls 
spricht  bei  Bemessung  des  Eingussdurchmessers 
erheblich  mit.  Niemals  aber  darf  man  den  Um- 
stand aus  den  Augen  verlieren,  dass  der  Ein- 
guss nach  dem  Erkalten  von  dem  Abgüsse  ohne 
Schwierigkeit  getrennt  werden  muss,  ohne  dass 
letzterer  beschädigt  wird,  und  dass  er  also 
immer  schwächer  sein  muss  als  die  Metallstärke 
des  Abgusses  an  der  Berührungsstelle.  Die 
Höhe  des  Eingusses  richtet  sich  meistens  nach 
der  Höhe  des  Oberkastens,  ist  aber  ebenfalls 
nicht  ohne  Einfiuss  auf  das  Gelingen  des  Gusses«  Denn  der  Druck,  wel- 
cher auf  dem  in  der  Gussform  befindlichen  flüssigen  Metalle  lastet,  und 
welcher  von  diesem  wiederum  an  die  Wände  der  Gussform  übertragen 
wird,  rührt  von  der  Höhe  des  Eingusses  her  und  wächst  mit  dieser.  Bei 
einer  geschlossenen  Form  wirkt  der  Einguss  wie  das  Pressrohr  eines  hy- 
draulischen Presscylindera  und  pflanzt  den  Druck,  welchen  die  flüssige 
Metallsäule  oberhalb  der  Form  ausübt,  auf  die  Wände  der  letztem  fort. 
Je  höher  also  der  Einguss  ist,  mit  desto  grösserm  Drucke  wird  das  flüs- 
sige Metall  in  alle  Theile  der  Gussform  getrieben,  desto  schärfer  fallt  im 
Allgemeinen  der  Abguss  aus,  desto  mehr  ist  aber  auch  die  Form  dem 
Treiben  ausgesetzt«     Mau  pflegt  deshalb  den  Einguss  um  so  höher  zu 


156  KasteuformereL 

machen,  je  mehr  Werth  auf  Erzielung  eines  scharfen  und  dichten  Gusses 
gelegt  wird;  und  wenn  die  Höhe  des  Oberkastens  nicht  aasreicht  oder 
der  Abgass  hoch  in  dem  Oberkasten  hinaufreicht,  so  erhöht  man  den 
Eingoss  auch  wohl  durch  einen  aufgesetzten  kleinen  Kasten  (wie  in 
Fig.  149). 

Häufig  muss  man  f&r  einen  Abguss  mehrere  Eingüsse  an  verschiede- 
nen Stellen  anbringen,  wenn  die  Oberfläche  des  Gassstücks  so  bedeatend 
ist,  dass  ein  einziger  Einguss  nicht  ausreichend  ist,  die  Gussform  rasch 
genug  zu  füllen. 

Giesst  man  cylindrische  oder  prismatische  Körper  in  horizontaler 
Lage,  so  sammeln  sich  aUe  beim  Gusse  entstehenden  festen  oder  gafiför- 
migen  Ausscheidungen  in  der  Nähe  der  Soheitellinie  auf  der  ganzen 
Länge  des  Abgusses  und  machen  denselben  dadurch  völlig  ungleichartig 
in  seiner  Dichtigkeit.  Hierher  gehören  Säulen,  Walzen,  Röhren.  Soll 
dieser  Uebelstand  vermieden  werden,  so  muss  der  Körper,  wie  die  Walze 
in  Fig.  149,  mit  stehender  Achse  gegossen  werden,  wodurch  die  An- 
sammlung der  fremden  Körper  auf  einen  kleinen  Querschnitt  concentrirt 
wird  und  sich  nöthigenfalls  in  den  verlorenen  Kopf  verlegen  lässt;  oder 
wenn  dieser  stehende  Guss,  wozu  getrocknete  Gussformen  wegen  des 
hohen  Drucks  in  dem  untern  Theile  unerlässlich  sind,  wegen  grosser  Lange 
der  Abgüsse  nicht  gut  ausführbar  ist,  so  bringt  man  gern  die  Gussfor- 
men  wenigstens  in  schräge  Lage,  um  das  Aufsteigen  jener  Körper  nach 
einem  einzigen  Punkte  zu  erleichtern,  und  nennt  diese  Art  des  Gusses 
„halbstehenden  Guss^. 

Nur  selten  wendet  man  bei  der  Kastenformerei  statt  des  Modells 
eine  Schablone  zur  Herstellung  der  Gussform  an.  Dieser  Fall  kommt 
z.  B.  vor  bei  Rotationskörpern,  insbesondere  grossen  Walzen  für  Walz- 
werke, für  welche  man  die  Kosten  des  Modells  ersparen  will,  bisweilen 
auch  bei  Röhren  von  grossem  Durchmesser.  Als  Formmaterial  dient 
alsdann  gewöhnlich  Lehm.  Die  Schablone  ist  an  einer  Spindel  befestigt, 
welche  in  einfachen,  an  den  Stirnseiten  des  Formkastens  befestigten 
Lagern  ruht,  so  dass  die  Achse  der  Spindel  genau  mit  der  Achse  des 
Formkastens  zusammenfallt.  Jede  der  beiden  Hälften  der  Gussform  wird 
für  sich  dargestellt,  indem  man  das  horizontal  gelegte  Formkastentheil 
zunächst  mit  Lehmziegeln  ausfütterti  bis  die  rohen  Umiisse  der  Gussform 
hergestellt  sind,  alsdann  den  Formlehm  darauf  bringt  und  nun  mit  der 
Schablone  die  genauen  Umrisse  ausdreht.  Dann  wird  getrocknet,  ent- 
standene Risse  ausgebessert,  geschwärzt  und  abermals  gelinde  getrocknet. 
Wenn  Alles  fertig  ist,  werden  beide  Formkastenhälften  zusammengesetzt 
und  nach  Erforderniss  in  senkrechte  Stellung  gebracht.  Die  in  Fig.  149 
auf  Seite  155  gezeichnete  Gussform  einer  Walze  kann  mau  sich  in  dieser 
Weise  entstanden  denken. 

Mit  der  Kastenformerei  ist  die  Anfertigung  solcher  Kerne  verwandt, 
zu  deren  Herstellung  ein  Kernkasten  benutzt  wird.  Das  Arbeitsverfah- 
ren hierbei  beruht  im  Wesentlichen  auf  einem  Einstampfen  des  Form- 


Freie  Formerei.  157 

materials  in  den  Kernkasten,  welcher  während  desselben  durch  Schrauben - 
swingen  Busamm engehalten  wird;  Heransnebmen ,  Verputzen,  Schwärzen 
und  Trocknen. 

Bei  den  Kernen  pflegt  grösste  Durchlässigkeit  des  Materials  unum- 
gänglich zu  sein ;  man  bereitet  sich  daher  häufig  eigens  hierzu  besondere 
Mischungen,  die  sich  ebensowohl  durch  Bindekrafb  als  Durchlässigkeit  aus- 
zeichnen, setzt  auch  in  einzelnen  Fällen  zur  Erhöhung  dieser  Eigenschaften 
Pferdedünger  zu.  Ausserdem  sucht  man  durch  fleissigen  Gebrauch  des  Luft- 
spiesses  beim  Einstampfen  für  eine  ausreichende  Ableitung  der  Gase  und 
Dämpfe  nach  aussen  zu  sorgen.  Nicht  immer  ist  jedoch  die  Aufgabe, 
das  Eintreten  der  Gase  in  die  Gussform  zu  verhindern,  eine  ganz  leichte 
nnd  kann  öfter  nur  durch  besondere  Kunstgriflfe  erreicht  werden.  Wenn 
z.  B.  die  gebogene  Form  eines  Kerns  die  Anwendung  des  Luftspiesses 
unmöglich  macht,  stellt  man  Luftcanäle  her,  indem  man  dilnne  Wachs- 
lichte beim  Einformen  einlegt,  deren  Enden  aus  den  Enden  des  Kerns 
herausragen;  beim  Trocknen  schmelzen  dieselben  und  hinterlassen  die 
durchgehenden  Canäle  (z.  B.  bei  den  S-Kemen  für  die  Dampfcanäle  der 
Dampfcylinder).  In  anderen  Fällen  genügt  ein  Einlegen  von  Strohseilen  u.  s.  f. 

Freie  Formerei. 

Wir  begreifen  unter  diesem  Ausdrucke  alle  diejenigen  Formmetho- 
den, welche  die  Anfertigung  von  Gussformen  ohne  Formkasten,  wohl 
aber  mit  Rüstungen  aus  Eisenstäben,  Mauerwerk  oder  Gyps  bezwecken. 
Sofern  das  üblichste  Material  hierfür  der  Lehm  ist,  pflegt  man  diese 
Art  der  Formerei  in  der  Praxis  mit  dem  Ausdrucke  Lehm  formerei  zu 
bezeichnen,  obgleich  einestheils  Lehm  auch  zur  Kastenformerei  bisweilen 
verwendet  wird,  wie  wir  gesehen  haben,  andemtheils  statt  des  eigent- 
lichen Lehms  filr  diese  freie  Formerei  mitunter  auch  Masse  benutzt  wird. 

Man  formt  entweder  nach  einem  Modelle  oder  in  viel  zahlreicheren 
Fällen  nach  Schablonen  ohne  Modell.  Bei  der  Schablonenformerei  ist 
liohm  das  ausschliesslich  benutzte  Material. 

Zu  dieser  Gattung  der  Formerei  lässt  sich  auch  die  Anfertigung 
aller  deijenigen  Kerne  zählen,  welche  durch  Drehen  oder  Ziehen  mit 
Schablonen  ohne  Hülfe  eines  Kemkastens  hergestellt  werden  müssen. 
Auch  für  diese  ist  der  Lehm  das  einzige  benutzt«  Formmaterial. 

Meistentheils  sind  diese  freien  Gussformen  zerlegbar  und  bestehen, 
sofern  die  Anfertigung  eines  Hohlkörpers  (Cylinder,  Glocke,  Statuen  und 
verschiedene  andere)  der  Zweck  ist,  aus  einem  innem  Stücke»  welches 
Kern  genannt  wird,  and  einem  äussern  Stücke,  welches  Mantel  heisst. 
Nur  bei  dem  Gusse  grosser  voller  Körper,  z.  B.  massiver  Hammerchabot- 
ten,  besteht  die  Gussform  lediglich  ans  dem  Mantel. 

Die  Anfertigung  der  Gussformen  mit  Kern  kann  im  Wesentlichen 
in  dreierlei  Weise  bewirkt  werden. 

Bei  der  ersten   dieser  drei  Methoden  fertigt  mi^n  zuerst  den  Kern, 


158  Freie  Formerei. 

überzieht  ihn  mit  einer  trennenden  Schicht  aas  dünner  Schwärze, 
Asche  oder  dergleichen,  am  das  Ankleben  der  folgenden  Lehmschicht  zn 
verhindern,  and  trägt  zunächst  auf  demselben  in  Lehm  eine  Schicht  von 
deijenigen  Stärke  anf,  welche  der  Abguss  bekommen  soll.  Dieser  Ueber- 
zag,  welcher  also  genau  die  Form  und  Stärke  des  herzustellenden  Guss- 
stücks besitzt,  heisst  Hemde,  Modell,  oder  Metalldicke.  Das  Hemde 
wird  gleichfalls  getrocknet  und  geschwärzt,  über  demselben  der  Mantel 
in  Lehm  gefertigt  und  wiederum  getrocknet.  Hierauf  wird  letzterer  ab- 
gehoben, das  Hemde  zerschlagen.  Kern  und  Mantel  verputzt,  zusammen- 
gesetzt und  zum  Giessen  fertig  gemacht. 

In  ähnlicher  Weise  wurde  in  früheren  Zeiten  der  Statuenguss  aus- 
geführt. Der  Bildhauer  modellirte,  nachdem  der  Kern  fertig  gestellt  war, 
das  Hemde  aus  Wachs  über  den  Kern,  so  dass  letzterer  mit  dem  Wachs- 
überzuge das  eigentliche  und  einzige  Modell  bildete,  formte  nun  Über 
diesem  Modelle  den  Mantel  und  entfernte  dann,  ohne  die  Form  aus  ein- 
ander zu  nehmen,  das  Wachshemde  durch  Erhitzen  der  ganzen  Form, 
wobei  es  wegschmolz  und  den  Hohlraum  zur  Aufnahme  des  Metalls 
zurückliess.  Diese  Anfertigungsmethode  macht  es  erklärlich,  dass  in  da- 
maliger Zeit  Bildhauer  und  Erzgiesser  in  einer  Person  vereinigt  zu  sein 
pflegten.  Sie  hatte  jedoch  den  Uebelstand,  dass  es  schwer  war,  dem  Ab- 
güsse gleichmässige  Wandstärken  zu  geben,  unmöglich,  Ausbesserungen 
der  unzerlegbaren  Gussform  vorzunehmen  und  vor  allen  Dingen,  dass  bei 
einem  Misslingen  des  Gusses  auch  die  Arbeit  des  Bildhauers  verloren 
war.  Deshalb  ist  heut  zu  Tage  dieses  Verfahren,  soweit  es  für  Statuen- 
formerei angewendet  wurde»  überall  durch  die  unten  beschriebene  neuere 
Methode  der  Statuenformerei  verdrängt  worden. 

Nach  der  zweiten  der  drei  Methoden  für  freie  Formerei  stellt  man 
Kern  und  Mantel  einen  jeden  selbstständig  für  sich  dar,  indem  man  sich 
zu  beiden  besonderer  Schablonen  bedient,  und  setzt  sie  nach  beendigter 
Herstellung  zusammen.  Die  Arbeit,  welche  die  Anfertigung  des  Hemdes 
verursacht,  fallt  hierbei  weg;  und  die  Anfertigung  geht  rascher  von 
Statten,  da  die  beiden  Theile  der  Gussform  —  Kern  und  Mantel  —  gleich- 
zeitig fertiggestellt  werden  können.  Diese  Methode  ist  sehr  zweckmässig, 
wenn  eine  einfache  Form  des  Abgusses  die  von  einander  unabhängige 
Anfertigung  von  Kern  und  Mantel  gestattet;  sie  würde  unzweckmässig 
für  figürliche  und  ähnliche  Gegenstände  sein,  zu  deren  Anfertigung  die 
Schablone  nicht  ausreicht,  sondern  Modelle  benutzt  werden  müssen. 

Die  dritte  Methode  der  freien  Formerei  erfordert  die  Anwendung 
eines  Modells  und  ist  in  jetziger  Zeit  die  üblichste  für  den  Guss  grosser 
Statuen.  Üeber  das  vom  Bildhauer  gelieferte,  gewöhnlich  in  Gyps  gefer- 
tigrte  Modell,  fertigt  man  zunächst  den  Mantel  der  Gussform.  Derselbe 
wird  getrocknet,  in  geeigneten  Stücken  aus  einander  genommen,  und  das 
Modell  entfernt.  Nun  kleidet  man  die  Mantelstücke  aus  mit  schmieg* 
Samen  Thon platten  von  der  Stärke,  welche  das  Metall  im  Abgösse  erhal- 
ten soll,  setzt  den  Mantel  sammt  diesen  Thonplatten  aus  seinen  einzelnen 


Freie  Formerei.    Beispiele.  159 

Stücken  zoniDmen  uod  gieaet  diese  Gnsarorm  mit  KeromasBe  aus,  so  Arne 
m&n  «nf  solche  Weiae  etnea  Tollständig  genauen  Kern  erhält.  Der  Man- 
tel wird  wieder  aiueinander  genoramen,  die  Thonplatten  entfernt,  das 
Ganze  verputzt,  ziuamnien gesetzt  and  zum  Gusse  fertig  gemacht. 

Einige  Beispiele  werden  dieEinzetbeiten  der  drei  VerfahmngsweiBen 
näher  erlfiutem. 

Flg,  150,  Ein  einfaches  Beispiel  der 

ersten  Methode  bietet  die  For- 
merei eines  gassei seroen 
ScbarnsteinBDfsatses,  Fig.  1 60 
and  161. 

Aaf  einem  goMeieemen 
Ringe,  der  zur  Erleichterung 
dea  Transports  der  GuBsform 
mit  angegossenen  Ansfitien 
hh  Terseben  ist,  wird  mit 
Hülfe  der  Schablone,  deren 
Gestalt  ane  Fig.  112,  S.  135, 
ersichtlich  ist,  der  Kern  a 
aus  Lehmziegeln  aafgefflhrt, 
mit  Lehm  ttmtleidet,  ge- 
schlichtet und  getrocknet.  Die 
Schabtone  ist  hierbei  am 
obem  Ende  in  der  „Scheere" 
s  befestigt  und  wird  am  untern 
Ende  auf  dem  vorher  glatt 
gedrehten  Sockel  b  des  Kerns 
geführt.      Der    Kern    «rhält 

....  oben  nnd  nnten  einen  Anaatz, 

welcher    den    richtigen   An- 
schlnss  des  Mantels  beim  Zu* 
^'        '  Bammensetzen  bewirken  soll, 

also  gewisaermaftssen  die 
Kern  marke  vertritt  und 
„Schloss"  genannt  wird.  Der 
getrocknete  Kern  wird,  nach- 
dem entstandene  Risse  mit 
Lehm  verstrichen  worden 
sind,  mit  dünner  Schw&rze, 
Asche  oder  dergl.  überzogen, 
die  Schablone  soviel  ansge- 
schnitten,  als  die  Wandstärke 
des  Gossstflcks  beträgt,  nnd 
das  Hemde  in  Lehm  anfge- 
_  tragen.      Es  folgt  ein  aber- 


160  Freie  Formerei 

maliges  Trocknen ,  Ueberziehen  des  getrockneten  Hemdes  mit  Asche  etc., 
dann  Auftragen  einer  dünnen  Schicht  magern,  feinen  Lehms  mit  star- 
kem Zusatz  Yon  Pferdedünger.  Die  Schablone  wird  vorher  abgenommen 
und  das  Auftragen  erfolgt  aus  freier  Hand.  Auf  diese  untere  Schicht 
Lehm  kommt,  nachdem  sie  oberflächlich  getrocknet  ist,  eine  obere 
Lage  aus  fetterm  Lehm.  Zwischen  beide  Lagen  werden  die  Anker  oder 
Eisen  cc  eingelegt,  aus  Yerticalstäben  bestehend,  welche  der  Form  des 
Schornsteins  entsprechend  gebogen  sind,  100  bis  150  Mm.  von  einander 
entfernt  und  durch  horizontal  liegende  Ringe  verbunden.  Jeder  dieser 
horizontalen  Ringe  besteht  aus  zwei  Hälften,  deren  Enden  nach  aussen 
umgebogen  sind  (wie  im  Grundrisse  ersichtlich)  zu  dem  Zwecke,  den 
Mantel  in  zwei  Hälften  aus  einander  nehmen  und  später  wieder  durch 
Draht  zusammenheften  zu  können,  welcher  ufti  die  umgebogenen  Enden 
geschlungen  wird.  Um  den  Mantel  heben  und  transportiren  zu  können, 
werden  auch  einige  der  senkrechten  Stäbe  mit  vorstehenden  Oesen 
versehen. 

Die  horizontalen  Stäbe  müssen  so  gelegt  werden,  dass  die  umgeboge- 
nen Enden  senkrecht  über  einander  liegen  und  zwischen  denselben  eine 
verticale  Schnittfuge  an  jeder  Seite  angebracht  werden  kann.  Man  kratzt 
nun,  um  das  Zerlegen  des  Mantels  in  zwei  Hälften  zu  erleichtern,  vor 
dem  Trocknen  den  fetten  Lehm  zwischen  den  umgebogenen  Enden  her- 
aus und  verstreicht  die  dadurch  entstehende  senkrechte  Fuge  mit  ganz 
magerm,  sandreichem  Lehm. 

Nun  wird  getrocknet  und  der  Mantel  getheilt,  indem  man  vorsieh* 
tig  Holzkeile  oder  eine  breite  Messerklinge  in  die  eben  erwähnte  Fuge 
eintreibt.  Der  Mantel  wird  auseinander  genommen,  bei  Seite  gestellt 
und  zunächst  das  Hemde  durch  ein  starkes  Messer  oder  einen  Meissel 
und  Klopfen  mit  dem  Hammer  entfernt.  Grewöhnlich  fallt  dasselbe  in 
grossen  Stücken  ab,  wenn  erst  einige  Fugen  entstanden  sind.  Es  folgt 
das  Verputzen  des  Kerns  wie  des  Mantels  durch  Abscheuem  mit  Sand- 
stein oder  Bimsstein  und  Nachreiben  mit  feinem  Lehm,  dann  das  Schwär- 
zen beider  Theile  mit  der  früher  beschriebenen  Schwärze  und  ein  aber- 
maliges Trocknen.  Alsdann  wird  die  Form  zusammengesetzt  und  durch 
Draht  zusammengebunden.  Die  Eingusstrichter  e  werden  für  sich  ge- 
fertigt und  an  geeigneten  Stellen  angebracht,  nachdem  der  Mantel  an 
diesen  Stellen  mit  einer  entsprechend  grossen  Oeffnung  versehen  ist. 

In  ähnlicher  Weise  verfahrt  man  bei  Anfertigung  einer  Glockenguss- 
form.  Der  Mantel  wird  hierbei  nicht  getheilt,  sondern  kann  ohne  Wei- 
teres vom  Hemde  abgehoben  werden. 

Dieselbe  Methode  lässt  sich  auch  für  solche  Gussstücke  anwenden, 
deren  Kern  nicht  gedreht  werden  kann,  sondern  gezogen  werden  muss. 
Hierher  gehören  z.  B.  die  La ming 'sehen  Reinigungsgefässe  der  Gas- 
anstalten, grosse  viereckte  Kasten  mit  angegossenem  Boden  und  Wasser* 
verschluss,  deren  Gussform  in  Fig.  152  abgebildet  ist.  Man  mauert  auf 
der  rechtwinkligen  gusseisernen  Grundplatte  a  einen  niedrigen  Sockel  l#. 


Freie  Fonnerei.  IGl 

aaf  demselben  den  inwendig  hohlen  Kern  aas  Lehm-  oder  Ziegelsteinen 
auf,  deckt  ihn   in  entsprechender  Höbe  mit  Eisenschienen  d  ah,  welche 
•    die  Decke  des  Eerne  tra- 
^'  gen ,    Überzieht    ihn    mit 

Lehm   and  ecblicbtet  mit 
der  ringshemm  gefAhrten 
Schablone.  Bei  Kasten  von 
groBser  Lunge  giebt  man 
dem  Kerne  einige  dnrcb- 
Uafende  Querwände,  um 
dem  Drucke  beim  Giessen 
Widerstand      xa     leisten. 
Nach  dem  Trocknen  setzt 
man  die  für  sieb  gefertig- 
ten Kerne  ee  für  den  Was< 
serrerscbinsB    ein,     stellt, 
wie    vorbin     beschrieben, 
die  Hetalldicke  her,  ebenso  den  Mantel/.     Alle  übrigea  Arbeiten  gehen 
in    der  bereits  bescbriehenen  Art  und  Weise  vor  sich.     Der  Kern  wird 
vor  dem  Gasse   mit  Sand  vollgestampft,  zu  welchem  Zwecke  man  in  der 
Decke  desselben  einige  OefTnnngen  lässt,  welche  nach  dem  Anfüllen  mit 
Sand  dnrcb  Lehm  geschlossen  werden.     Ohne  diese  Vorsichtsmaassregel 
kann  in  dem  hohlen  Räume  durch  die  Mischung  der  reichlichen  Menge 
vorhandener  Lnft  mit  den  zuströmenden  brennbaren  Gasen  Knallgas  ent- 
stehen, durch  dessen  plötzliche  Entzündung  Beschädigungen  der  GnsB- 
form  hervorgerufen  werden. 

Verzierungen  auf  den  Gnssstücken ,  Inschriften,  Ansfitze  u.  s.  w., 
welche  mit  Hülfe  der  Schablone  sieb  nicht  herstellen  lassen,  werden  bei 
dieser  Art  der  Formerei  für  sich  in  Wachs,  Zinn,  Holz  modellirt  und  auf 
das  Hemde  an  den  betreffenden  Stellen  aufgesetzt,  bevor  der  Mantel  aaf- 
gntragen  wird,  so  dass  dieser  auch  die  Abdrücke  der  anfgi^setzten  Modelte 
enthftlt.  Wachs  schmilzt  schon  beim  Trocknen  des  Mantels  weg,  andere 
Modelle  werden  nach  dem  Losnehmen  des  Mantels  entfernt. 

Als  Beispiel  für  die  zweite  Methode  der  freien  Formerei  kann  die 
dorch  die  Fig.  153  (a.  f.  S.)  veranschaulichte  Anfertigung  eines  Gebläse- 
oylindeTB  dienen.  Für  den  Kern  wird  eine  Schablone  benotzt,  welche 
auf  der  der  Spindel  zagekehrten  Seite  nach  der  Linie  abcd  profilirt  ist; 
die  Schablone  znm  Mantel  bat  die  Profilirung  am  äassem  Rande  wie  in 
Fig.  1 10  auf  Seite  135.  Der  Kern  wie  der  Mantel  mhen  jeder  auf  einer 
besonders  ringfarmigen  Grundplatte,  werden  beide  ans  Mauerwerk  anf- 
gefahrt,  mit  Lehm  geschlichtet,  getrocknet,  geschwärzt  nnd  in  einander 
gestellt.  Zar  Fährang  dient  das  Schloss  bc.  Ansätze  nnd  Verzie- 
roagen«  die  aich  mit  der  Schablone  nicht  ausprägen  lassen,  werden 
auch  hier  besonders  modellirt  und  in  den  weichen  Lehm  eingedrückt, 
nachdem    die  betreffende  Stelle    mit  Hülfe  von  Maassstab   oder  Zirkel 

Iicdebar.  mKhMiliFh'iiiatallarBUche  Teclmalogle.  JJ 


162  Freie  Formerei. 

ermittelt  worden  ist.     Allea  Uebrige  dürfte  ans  der  Figur  selbst  ersichtr 
lieh  sein. 

Bei  Gnasformen    von  ein&cher  Oeatalt,    die  sich  dnrch   rotirende 
Scliablonen  herstellen  lassen,  und  deren  Kern,  wie  in  obigem  Beispiele, 
Flg.  153. 


sich  in  den  Mantel  einsetzen  lässt,  ohne  das«  dieser  getheilt  zu  werden 
braucht  (was  bei  dem  Schornsteinanfsatze ,  Fig.  150,  nicht  der  Fall  sein 
würde),  gewährt  diese  Formmethode  den  Tortheil  vor  der  Euerst  be- 
schriebenen, dasB  der  Mantel  stete  genau  kreisrund  ausftUlt,  während  der 
nur  ans  Lehm  bestehende  Mantel  des  erstbeschriebenen  Verfahrens  sich 
häufig  etwas  verzieht,  besonders  wenn  er  aus  zwei  Theilen  besteht;  bei 
cylindrischen  Gegenständen,  deren  Mantel  bei  dem  ersten  Verfahren  stets 
getheilt  werden  muss,  um  ihn  vom  Hemde  abzuziehen,  entsteht  in  Folge 
dieser  Theilnng  eine  unschöne  Gussnaht  auf  dem  Abgüsse,  welche  bei 
der  zwejten  Methode  wegfallt.  Ebenso  kommt  dieses  Verfahren  mit  Recht 
mehr  und  mehr  in  Aufnahme  bei  Herstellung  von  Kesseln ,  Pfannen  und 
ähnlich  gestalteten  Gossgegenständen.  Da  bei  derartigen  Apparaten  der 
Boden  der  Zerstörung  am  meisten  ausgesetzt  zu  sein  pflegt,  so  stellt  man 
die  Gussformen  gern  in  einer  Weise  her,  dass  derselbe  zu  unterst  gegos- 
sen wird,  um  ihm  durch  diesen  Ennstgiiff  die  grösstmöglichste  Dichtig- 
keit und  Widerstandsfähigkeit  zu  verleihen.  Der  Kern  der  Gnssform 
moBS  demnach  von  oben  in  den  conoaven  Mantel  eingehängt  werden. 
Letzterer  wird,  wie  aus  Fig.  164  ersichtlich  ist,  ans  Lehm,  Ziegel-  oder 
Chamottesteinen  gemauert,  innen  mit  Lehm  bekleidet  und  mit  der  Scha- 
blone ausgedreht.  Der  Kern  hängt  an  einem  gnsseisemen  Ringe,  welcher 
mit  einer  aus  Eisenstäben  bestehenden  korbartigen  Rüstung  versehen  ist, 
die  dem  Kerne  den   nöthigen  Halt  giebt.     Man   ist  dadnreh  in  Stand 


Freie  Formerei.  16S 

geMtsi,  den  Kern  in  Btehender  Lage  aniziidreheii ,  was  jedenfalls  die  An- 
ferdgnng  erleichtert,  nnd  braucht  ihn  errt  nach  dem  Trocknen  za  wenden, 


um  ihn  einzuhängen.  Der  Mantel  bedarf  nach  dorn  Oosse  gewöhnlich 
nar  eines  emenerten  Lehmaberzagee,  nm  fQr  einen  zweiten  Gnas  branch- 
bar  zn  sein;  dadurch  ist  dieses  Verfahren  fOr  eine  gröesera  Anzahl  glei- 
cher Abgüsse  erheblich  billiger  ausführbar  als  das  ältere,  bei  welchem 
Kern,  Hemde  und  Hantel  flher  einander  hergestellt  nnd  der  Boden  dieser 
Anfertigung  entsprechend  zn  oberst  gegossen  wnrde. 

Weniger  zweckmässig  wQrde  diese  Formmethode  in  allen  denjenigen 
Fällen  sein,  wo  der  Mantel  ohnehin  ans  zwei  TheUen  ensamm  enge  setzt 
werden  mflsste,  nm  ihn  über  den  Kern  zn  bringen,  also  bei  allen  Gegen- 
ständen, welche  an  den  Enden  schwachem  Durchmesser  besitzen  als  in 
der  Mitte. 

Für  die  dritte  Formmethode  giebt  die  Herstellung  der  Gnssform  für 
eine  grosse  Statne  ein  Beispiel. 

Von  dem  Gypsmodelle  der  Statne  trennt  man  zunächst  einzelne 
stark  Torstehende  Theile  ab,  z.  B.  den  Schweif  eines  Pferdes,  Beine,  so- 
fern sie  nicht  znm  Tragen  dienen,  den  Kopf  n.  a.  m.,  formt  dieselben  für 
sich  nnd  setzt  sie  später  mit  dem  Rumpfe  zusammen.  Alsdann  stellt  man 
den  übrig  gebliebenen  Theil  des  Modells  auf  eine  Kemunterlage ,  die 
gewShnlich  ans  einem  gemauerten  Sockel  besteht.  Auf  dem  Modelle 
zeichnet  der  Oiessermeister  mit  Kohle  die  Abmessongeu  der  einzelnen 
Kernstücke  vor,  ans  denen  der  Mantel  bestehen  mnss,  nm  ihn  vom  Mo- 
deUe  löseb  to  können,  nnd  die  Arbeiter  beginnen  dann,  von  nnten  anfan- 
gend, die  Arbeit  des  Ummantelns  des  Modells  ans  freier  Hand.  Die 
Kernstücke  werden  ans  feinstem  magern  Lehm  oder  Masse  gebildet.  Die 
Seiten-  nnd  Rückflächen  derselben  werden  mit  feingesiebter  Asche  oder  mit 
Hexenmehl  (Semen  lycopodü)  bestrent,  damit  sie  unter  einander  nnd  an 
der  später  darüber  gebrachten  Schicht  nicht  haften.  Das  Formen  dieser 
Kernstücke  kann  von  einer  oder  von  mehreren  Stellen  aus  gleichzeitig 
geschehen,  indem  fortschreitend  Stück  an  Stück  angeformt  wird.  Die 
Grösse  der  Stücke  hängt  von  der  Gestalt  des  Modells  ab  nnd  ist  durch- 


164  Statuenformerei. 

scbnitilicb  100  bis  200  Mm.  lang  und  breit,  30  bis  40  Mm.  stark.  Sobald 
ein  Stück  fertig  ist»  wird  es,  wenn  man  Lebm  anwendete,  durcb  Anhalten 
von  Eoblenpfannen  leicht  getrocknet.  Um  das  Abfallen  der  einzelnen 
Stücke  zn  verhüten,  befestigt  man  sie  mit  feinen  Drahtstiften  am  Modelle. 
Anf  diese  Kernstücke  kommt  nun  eine  zweite  Lage  ans  fetterem  Lehm 
oder  Masse,  jedoch  in  so  grossen  Stücken,  dass  eine  grössere  Anzahl  der 
inneren  Kernstücke  zusammen  durch  ein  einziges  äusseres  Stück  gedeckt 
wird,  während  die  seitlichen  Umrisse  des  äussern  Stücks  genau  mit  den 
Begrenzungen  des  Complexes  der  gedeckten  inneren  Stücke  zusammen- 
fallen. Ein  solches  äusseres  Stück  pflegt  durchschnittlich  700  Mm.  bis 
1000  Mm.  lang  und  breit  zu  sein.  Die  Seitenflächen  dieser  grösseren 
Stücke  werden  wieder  gepudert,  die  nach  aussen  gerichteten  Flächen 
dagegen  nicht  und  man  bringt  auf  diese  letzteren  nun  unmittelbar  einen 
Gypsmantel,  40Ö  bis  700  Mm.  stark,  in  Stücken  von  genau  derselben 
Grösse  wie  die  Stücke  der  darunter  liegenden  zweiten X«ehm-  oderMasse- 
Bchicht.  Der  Gyps  wird  zu  diesem  Zwecke  mit  Wasser  angerührt,  in 
Form  eines  dünnen  Breies  schichtenweise  aufgetragen,  und  die  seitlichen 
Flächen  während  des  Erstarrens  glatt  gestrichen.  Erst  wenn  ein  Stück 
fest  geworden  ist,  wird  das  daneben  liegende  geformt.  Je  zwei  an  ein- 
ander liegende  Stücke  greifen  mit  Nuthen  zusammen  und  werden  mit 
Nummern  sorgfaltig  gezeichnet.  In  den  Gypsmantel  werden  nach  aussen 
stehende  Eisen  eingegossen,  welche  theils  zum  Abnehmen  und  Transpor- 
tiren des  Mantels,  hauptsächlich  aber  für  die  spätere  Verankerung  dienen. 
Die  Theile  des  Gypsmautels  bilden  nun  mit  den  darunter  liegenden  Thei- 
len  der  zweiten  Schicht  zusammenhängende  Stücke  und  werden,  wenn 
Alles  soweit  fertig  und  fest  geworden  ist,  behutsam  nach  und  nach  mit 
diesen  zusammen  von  den  auf  dem  Modelle  liegen  bleibenden  Kernstücken 
abgenommen  und  bei  Seite  gelegt.  Erst  dann  schreitet  man  dazu,  auch 
diese  eins  nach  dem  andern  mit  Hülfe  der  Kerngabel  abzunehmen.  Jedes 
Kernstück  wird  nach  dem  Losnehmen  wieder  auf  die  betreffende  Stelle  des 
Mantelstücks  gelegt;  wenn  alle  zusammengehörigen  Kernstücke  eines 
Mantelstücks  beisammen  sind,  werden  sie  mit  Drahstiften  an  dieses  an- 
geheftet und  nun  verputzt.  Vorher  schneidet  man  aber  auf  der  Innen- 
fläche der  Mantelstücke  (also  zwischen  den  beiden  Lehmschichten)  die 
aufsteigenden  Canäle  für  das  Entweichen  der  Luft  und  das  Zuströmen  des 
Metalls  an  und  versieht  die  Kernstücke  mit  den  entsprechenden  nach 
innen  laufenden  Mündungen  für  die  ausströmende  Luft  und  das  ein- 
fliessende  Metall.  Die  ganze  Gussform  wird  auf  diese  Weise  mit  einem 
vollständigen  Systeme  von  Eingüssen  und  Luftcanälen  umgeben. 

Man  troknet  nun  die  Mantelstücke  bei  gelinder  Wärme,  entfernt  in- 
zwischen das  Modell  und  stellt  an  Stelle  desselben  ein  Kerngerippe  aus 
starken  Eisenstäben  auf.  Nun  legt  man  Platten  aus  feuchtem,  bildsamem 
Thone  von  der  Stärke,  die  der  Abguss  erhalten  soll,  in  die  Kernstücke  ein 
und  drückt  sie  mit  der  Hand  oder  mit  starken  Borstenpinseln  in  alle 
vertieften  Stellen  der  Form  fest  ein.     Wenn  dieses  geschehen  ist,  setzt 


Statuenformerei.  1 65 

man  den  Mantel  um  das  fertig  aufgestellte  Eisengerippe  zusammen,  sorg- 
faltig prüfend,  ob  letzteres  die  richtigen  Abmessungen  erhalten  hat. 

Es  folgt  nun  das  Eingiessen  der  Kernmasse  durch  eine  zu  oberst 
befindliche  Oeffnung  des  Mantels,  bei  einer  Reiterstatue  z.  B.  durch  den 
Rompf  des  Reiters,  von  welchem  der  Kopf  getrennt  war.  Die  Kernmasse 
besteht  aus  einem  Gemenge  von  Gyps  mit  Ziegelmehl  oder  Formsand, 
mit  Pferdemist  oder  Kuhhaaren  vermischt  und  mit  Wasser  zu  einem  laug- 
sam fliessenden  Breie  angerührt.  Diese  Masse,  welche  rasch  erstarrt, 
wird  bei  grossen  Statuen  in  einzelnen  Portionen  angefertigt  und  einge- 
gossen. 

Nach  einigen  Stunden  kann  man  den  Mantel  abnehmen,  die  Thon- 
platten  loslösen  und  die  schadhaften  Stellen  des  Mantels  ausbessern,  wor- 
auf derselbe  nochmals  getrocknet  wird.  Der  Kern  wird  scharf  getrocknet 
und  ausgebessert,  dann  der  Mantel  wieder  um  den  Kern  zusammen- 
gestellt, verankert  und  die  ganze  Form  zum  Gusse  fei*tig  gemacht. 

Das  über  die  Grosse  und  Stellung  der  Eingüsse,  über  die  Anwen- 
dung eines  verlornen  Kopfes  und  der  Windpfeifen  bei  Besprechung  der 
Kastenformerei  Gesagte  gilt  in  gleichem  Maasse  auch  von  der  freien 
Formerei.  Windpfeifen  sind  bei  jedem  grössern  Abgüsse  um  so  noth- 
wendiger,  da  der  fast  immer  benutzte  Lehm  ein  ziemlich  undurchlässiges 
Material  bildet,  ein  Entweichen  der  eingeschlossenen  Luft  durch  das 
Formmaterial  also  nur  in  sehr  geringem  Maasse  stattfindet. 

Die  freie  Formerei  ist  der  Kastenformerei  gegenüber  im  Allgemeinen 
kostspieliger,  erfordert  geübte,  umsichtige  Arbeiter  und  die  dafür  gezahl- 
ten Löhne  pflegen  das  Doppelte  bis  Dreifache  der  für  Herstellung  gleicher 
Abgüfise  durch  Kastenformerei  gezahlten  Löhne  zu  betragen.  Dennoch 
giebt  es  zwei  Gründe,  welche  die  Anwendung  dieser  Formerei  für  viele 
Fälle  vortheilhaft,  wenn  nicht  unerlässlich  erscheinen  lassen  können  und 
derselben  Eingang  in  allen  grösseren  Giessereien  verschafft  haben.  Die- 
ses sind 

1)  die  in  vielen  Fällen  gegebene  Möglichkeit,  ohne  eigentliches 
Modell,  nur  mit  Hülfe  der  einfachsten  formgebenden  Apparate,  die  Guss- 
form herzustellen.  Je  weniger  Abgüsse  von  gleicher  Form  verlangt  wer- 
den, desto  schwerer  fallen  die  Kosten  des  Modells  für  den  einzelnen  Ab- 
guss  ins  Gewicht,  um  so  mehr  Veranlassung  ist  also  gegeben,  ohne  Modell 
die  Gussform  herzustellen; 

2)  der  oft  vorliegende  Mangel  eines  passenden  Formkastens  und  die 
höhereu  Anfertigungskosten  eines  solchen  gegenüber  den  Mehrkosten  der 
freien  Formerei;  bei  grossen  Gussstücken,  z.  B.  Statuen,  Gebläse-  und 
Dampfcylindem  u.  s.  w.  aber  auch  die  mit  dem  Umfange  der  Gussform 
wachsende  Schwierigkeit,  sie  zu  bewegen,  aus  einander  zu  nehmen  und 
wieder  zusammen  zu  setzen,  welche  Arbeiten  sich  bei  dem  leichtern  Ge- 
wichte der  frei  gefertigten  Gussformen  und  der  grössern  Zerlegbarkeit 
derselben  weit  weniger  umständlich  ausführen  lassen,  als  es  bei  Anwen- 
dung ungeheurer  Formkasten  möglich  sein  würde. 


166  Lehmkeme. 

Einen  yielfach  geübten  Zweig  dieser  Formerei  bildet  scbliesslich  die 
Anfertigung  gedrehter  oder  gezogener  Lehmkeme. 

Diese  Lehmkeme  sind  hohl,  und  man  gebraucht  sie  überall  da,  wo 
entweder  ein  im  Kemkasten  gefertigter  massiver  Kern  zu  schwer  ausfal- 
len würde,  oder  wo  die  Anfertigung  des  Eemkastens  erspart  werden  soll, 
oder  endlich,  wo  der  Kern  eine  solche  Form  besitzt,  dass  die  Herstellung 
in  genau  yorgeschriebenen  Abmessungen  durch  Drehen  leichter  zu  be- 
werkstelligen ist,  als  durch  Einstampfen  in  einen  Kemkasten.  Zu  letz- 
terer Gattung  gehören  alle  grösseren  Kerne  mit  kreisrunden  Querschnit- 
ten und  gerader  Achse. 

Zum  Drehen  eines  Kerns  ist  eine  starre  Kemspindel  von  der  früher 
beschriebenen  Gonstruction  erforderlich.  Dieselbe  ruht  mit  ihren  Enden 
in  den  Lagern  der  Kerndrehbank,  yor  der  Spindel  liegt  in  horizontaler 
Lage  die  Schablone.  Auf  der  Bank  sind  Marken  angebracht  —  ein- 
geschlagene Stifte  oder  dergleichen  — ,  welche  die  Lage  der  Schablone 
für  einen  bestimmten  Durchmesser  des  Kerns  angeben. 

Zunächst  wird  die  Kernspindel  mit  Strohseilen  umwickelt.  Je  grosser 
der  Kern  im  Durchmesser  ist,  desto  sorgfältiger  muss  diese  Umwickelung 
geschehen.  Meistens  genügt  eine  einmalige  Umwickelung,  und  nur,  wenn 
der  Durchmesser  der  Spindel  etwas  klein  im  Verhältnisse  zu  dem  des  Kerns 
ist,  giebt  man  eine  doppelte  oder  dreifache  Umwickelung.  Dieses  Um- 
wickeln der  Spindeln  mit  Stroh  hat  einen  zweifachen  Zweck.  Erstens 
würde  der  Lehm,  unmittelbar  auf  die  Spindel  aufgetragen,  schlecht  haf- 
ten und  vor  allen  Dingen  sämmtliche  Abzugsöffiiungen  und  Canäle  für 
die  Gase  verschmieren;  diese  würden  statt  durch  die  Spindel  durch  den 
Kern  und  die  Gussform  entweichen  müssen,  den  Kern  beschädigen  und 
das  Gelingen  des  Gusses  vereiteln.  Ein  anderer  Zweck  ist  der,  durch 
das  elastische  und  in  der  Wärme  rasch  schwindende  und  verkohlende 
Material  der  Znsammenziehung  des  Abgusses  beim  Erkalten  Rechnung 
zu  tragen.  Ein  Abguss  Über  einer  durchaus  unnachgiebigen  Spindel 
würde  Gefahr  laufen,  beim  Schwinden  zu  zerreissen;  und  wenn  auch  im 
günstigsten  Falle  nicht  gerade  ein  Zerreissen  eintrete,  so  würde  der  Ab- 
guss doch  so  fest  sich  um  die  Spindel  zusammenziehen,  dass  eine  Entfer- 
nung derselben  aus  dem  Abgüsse,  ohne  ihn  zu  zertrümmern,  unmöglich 
sein  würde. 

Das  Umwickeln  der  Spindel  geschieht,-  indem  ein  Arbeiter  mit  der 
über  das  eine  Ende  der  Spindel  gesteckten  Kurbel  dieselbe  dreht,  wäh- 
rend ein  anderer  das  Stroh seü,  nachdem  es  mit  einem  Ende  an  der  Spin- 
del befestigt  ist,  sich  auf  dieselbe  aufwickeln  lässt.  Bei  kleinen  Kernen 
benutzt  man  statt  der  gesponnenen  Strohseile  lange  Strohhalme  oder  auch 
Heu,  bei  sehr  kleinen  Werg. 

Die  mit  Stroh  bekleidete  Spindel  pflegt  man  nun  mit  Thon-  oder 
Lehmwasser  zu  bestreichen  und  dann  die  erste  Schicht  Lehm  mit  der 
Hand  aufzutragen,  während  die  Spindel  langsam  gedreht  wird.  Zu  die- 
ser   untern  Schicht   benutzt  man    gewöhnlich  der  bessern  Haltbarkeit 


Lehmkeme. 


167 


wegen  einen  fettem  Lehm,  während  die  obere  Schicht  des  Kerns  aas 
undreichenn ,  darohlassigerm  Lehme  gebildet  werden  mnas.  Ist  der 
Dnrohmesaer  der  Kemepindel  gross  genug  tind  der  Lehm  hinreichend 
feet,  so  genügt  eine  totale  Lehmetärke  von  15  bis  20  Mm.  auch  fDr 
grössere  Kerne,  für  kleine  reicht  oft  schon  5  Um.  St&rke  ans,  und  man 
tr&gt  diese  ganze  Lehmschicht  in  einmaliger  Arbeit  unter  stetem  Drehen 
der  Spindel  und  Abschlichten  mit  der  Schablone  nach  einander  aof;  ist 
die  Lehmetärke  bedeutender,  so  trftgt  man  znn&chst  eine  untere  Schicht 
auf,  trocknet  und  bringt  dann  erst  eine  zweite  Schicht  auf  die  erste, 
wobei  der  Kern  nun  den  erforderlichen  Durchmesser  erhält.  Der  ge- 
trocknete Kern  wird  mit  der  Schablone  nochmals  geschlichtet,  der  Durch- 
messer geprüft  und  ndthigenfalls  berichtigt,  entstandene  Risse  ausgebes- 
sert, mit  Sandstein  und  Wasser  abgescheuert,  dann  gescbw&rzt  und  ooch- 
mab  getrocknet.  Derselbe-  ist  nunmehr  zum  Einsetzen  in  di«  Gosb- 
fbnu  fertig. 

Soll  der  gedrehte  Kern  Längsfnrchen  erhalten,  um  dem  Abgüsse 
Rippen  zu  geben ,  so  lassen  sich  dieselben  durch  Einlegen  entsprechend 
geformter  Holitmodelle  in  die  Lehmbekleidungdes  Kerns  herstellen.  Ebenso 
lassen  sich  Knaggen,  Wülste  und  andere  Ansätze  bilden. 

Gezogene  Kerne  stellt  man  stets  ans  zwei  Hälften  dar,  deren  Schnitt- 
flache  dnroh  die  Achse  des  Kerns  geht,  und  heftet  diese  Hälften  mit 
Draht  oder  dflnnem  Bandeisen  zosammen.  Als  Führung  filr  die  Scha- 
blone dient  das  „Ziehbrett",  in  Eisen  auf  dem  Herde  gegossen,  und  es 
ist  demnaoh  ftkr  jede  Hälfte  des  Kerns  ein  besonderes  Ziehbrett  erforder- 
lich. Die  Schablone  steht  senkrecht  gegen  die  Achsenrichtang  (die  Leit- 
linie) des  Ziehhrette  und  wird 
längs  dieser  fortbewegt. 

Da  der  Kern  bohl  werden 
soll,  bildet  man  auf  dem  ho- 
rizontal liegenden  Ziehbrotte 
ans  Sand  mit  freier  Hand 
zunächst  rinen  sogenannten 
yerlomen  Kern  a,  Fig.  155, 
mnen  Kern  im  Kerne.  Auf 
diesen  tr&gt  man  eine  Schicht 
fetten  Lehm  auf,  darüber  eine 
Schicht  magern,  feinen  Lehm 
und  zieht  mit  der  Schablone 
den  Kern  glatt  Zur  Erhaltung 
der  nötbigen  Steifigkeit  des 
Kerns  legt  man  eiae  Anzahl 
entsprechend  geformter  Kem- 
eisen  in  der  Längenrichtnog 
wie  in  der  Qaerrichtnng  ein. 
Bei  grossen  Kernen  trocknet 


168  Lehmkeme. 

man,  nachdem  die  erste  Lehm  schiebt  gegeben  ist,  und  trägt  dann  erst 
die  zweite  auf;  kleine  Kerne  werden  in  einem  Male  getrocknet.  Nach 
dem  Trocknen  wird  der  Kern  ausgebessert,  wozu  man  sich  einer  Raspel 
und  des  Messers  bedient,  vom  Ziehbrette  und  dem  Standkerne  abgenom- 
men, und  die  Abmessungen  mit  denjenigen  des  Modells  verglichen,  was 
am  zweckmässigsten  durch  Auflegen  der  Kernhälfte  mit  der  inn^m  Seite 
auf  die  innere  Seite  der  Modellhälfte  geschieht.  Hat  man  sich  von  dem 
Passen  des  Kerns  überzeugt,  so  legt  man  beide  Hälften  zusammen,  prüft 
mit  dem  Zirkel  die  Abmessungen  des  nun  vollständigen  Querschnitts, 
heftet  die  Hälften  mit  Bindedraht  an  einander,  verstreicht  die  Fugen  mit 
Lehm,  schwärzt  und  trocknet  nochmals  gelinde. 

Kommen  in  einem  und  demselben  Kerne  verschiedenartige  Quer- 
schnitte  vor,  wie  z.  B.  in  Fig.  155  der  Querschnitt  h  für  die  Muffe  des 
Krümmers,  so  benutzt  man  für  jeden  dieser. Querschnitte  eine  besondere 
Schablone  und  stellt  die  Uebergänge  aus  einem  in  den  andern  Querschnitt 
aus  freier  Hand  her. 

Seitliche  Ansätze  an  die  Kerne,  z.  B.  Stutzen  bei  Leitungsrohren, 
werden  füi'  sich  geformt  und  angesetzt.  Ist  der  Stutzen  kreisrund  und 
geradachsig,  so  kann  man  ihn  auf  einer  Spindel  drehen,  dann  von  dieser 
abziehen  und  die  Durchdringungslinie  mit  dem  Hauptkern  durch  Feilen 
und  Raspeln  unter  stetem  Anpassen  ausarbeiten.  Die  beiden  sorgfältig 
zusammengepassten  Kerne  werden  erst  in  der  Gussform  zusammengesetzt 
und  mit  kleinen  Drahtstiften  an  einander  verbunden. 

Da  sich  im  Innern  hohler  Kerne  leicht  explosive  Gasgemische  bilden, 
so  darf  man  die  schon  früher  erwähnte  Vorsichtsmaassregel  niemals  ausser 
Acht  lassen,  die  Kerne  vor  dem  Gusse  mit  irgend  einem  porösen  Mate- 
riale  anzuHillen,  durch  welches  der  grösste  Theil  der  atmosphärischen 
Luft  aus  dem  Kerne  verdrängt  und  eine  Mischung  der  noch  verbleiben- 
den Luft  mit  dem  eintretenden  brennbaren  Gase  erschwert  wird.  Bei 
stehenden  Kernen,  welche  am  untern  Ende  au£ruhen,  ist  das  geeignetste 
Material  hierfür  ein  magerer,  scharfkantiger  Formsand;  bei  liegenden 
Kernen  von  grossem  Durchmesser,  deren  Gewicht  nicht  allzu  sehr  ver- 
grössort  werden  daif,  um  nicht  eine  Durchbiegung  herbeizuführen,  kann 
map  Holzkohlen-  ödes  Kokeslösche,  Asche  oder  dergleichen  zum  Füllen 
des  Kerns  benutzen. 

Kerne,  welche  auf  einer  gusseisernen  Spindel  befindlich  sind,  bedür- 
fen dieser  Vorsichtsmaassregel  nicht  oder  nur,  wenn  ihr  Durchmesser  ein 
sehr  grosser  ist,  da  die  Gewalt  der  Explosion  selten  so  gross  ist,  dass 
die  Spindel  beschädigt  werden  könnte.  Auch  ist  die  Gefahr  geringer  bei 
stehenden,  unten  offenen  Kernen,  z.  B.  bei  Röhrenguss,  in  welchen  in 
Folge  des  Aufsteigens  der  erwärmten  Luft  bald  ein  lebhafter  Luftwech- 
sel stattfindet,  als  bei  liegenden  Kernen,  in  denen  dieser  Luftwechsel  er- 
schwert ist. 


Trocknen  der  Gussformen.  169 

Vorstehend  gegebene  Beispiele  für  die  verschiedenen  Arbeitsverfah- 
ren der  Formerei  dürften  in  Vereinigung  mit  den  über  Einrichtung  der 
Modelle  gegebenen  Erläuterungen  ausreichend  sein,  ein  einigermaassen 
anschauliches  Bild  von  dem  zur  Herstellung  von  Gussformen  aus  bild- 
samem Materiale  im  Allgemeinen  benatzten  Verfahren  zu  ^eben.  Ab- 
weichungen in  den  Einzelheiten,  theils  als  unwesentlich  dorch  die  Ge- 
wohnheit gerechtfertigt,  theils  durch  besondere  Eigenthümlichkeiten  der 
Abgüsse  nothwendig  gemacht,  sind  zahlreich.  Verfasser  glaubte  jedoch, 
sich  in  der  Beschreibung  auf  die  einfacheren  Fälle  des  Betriebes  be- 
schränken zu  sollen;  denn  für  den  Laien  dürfte  eine  noch  so  sorgfältige 
Beschreibung  eines  verwickeiteren  Falles  nicht  genügen,  ihm  ohne  eigene 
Anschauung  ein  vöUig  klares  Bild  von  den  Vorgängen  der  Formerei  zu 
geben;  für  den  Fachmann  aber,  dessen  eigenem  Nachdenken  das  Verfah- 
ren in  besonderen  Fällen  entspringen  soll,  oder  der  wenigstens  Gelegen- 
heit hat,  durch  eigene  Beobachtung  zu  lernen,  haben  solche  Beschreibun- 
gen erst  recht  wenigen  Werth.  Formereimethoden  aber,  welche  zu  mas- 
senhafter Darstellung  einzelner  Specialartikel,  z.  B.  Muffenröhren,  beson- 
dere Ausbildung  erfahren  haben,  werden  im  zweiten  Theile  dieses  Buches, 
der  speciellen  Technologie,  einer  Besprechung  unterliegen.  Es  möge  da- 
her genügen,  für  jetzt  noch  auf  die  empfehlenswertheste  Literatur  über 
diesen  Gegenstand  hinzuweisen. 

Karsten,  Eisenhüttenkunde,  3.  Auflage,  Berlin  1843,  Bd.  III,  S.  398 

bis  503. 
Dürre,    Handbuch   des  Eisengiessereibetriebes,    Leipzig   1875,  Bd.  U, 

S.  538  bis  611. 
Abbas,  Metallgiesserei,  Weimar  1875,  S.  26  u.  ff. 
Kar  marsch,  Mechanische  Technologie,  Hannover  1875,  Bd.  I,  S.  74u.  ff. 


F.     Das  Trocknen  der  Gussformen  und  Kerne. 


In  dem  Vorhergehenden  wurde  bereits  mehrfach  erwähnt,  dass  alle 
Gussformen  und  Kerne,  sofern  sie  nicht  aus  durchlässigem  Formsande 
hergestellt  sind,  vor  dem  Gusse  einer  Trocknung  bedürfen,  damit  das 
ihnen  zur  Verleihung  der  Bildsamkeit  beigemengte  Wasser  ganz  oder 
theilweise  verflüchtigt  werde.  Die  Trocknung  muss  um  so  vollständiger 
sein,  je  andurchlässiger  das  Material  und  je  höher  die  Temperatur  des 
eingegossenen  Metalls  ist. 

In  solchen  Fällen,  wo  ein  Transport  der  Gussform  oder  des  Kerns 
nicht  zulässig  ist,  dient  meistens  ein  Feuer  aus  Holz,  Holzkohlen  oder 
Koks   zum  Trocknen,  welches  in  unmittelbarer  Nähe  der  Gussform  (des 


170  Trocknen  der  Gussformen. 

Kerns)  unterhalten  wird.  Ist  der  Körper  hohl  mit  grösserm  Durchmes- 
ser und  von  ohen  her  zugänglich ,  so  bilden  Körbe  aus  Flacheisenstaben 
zusammengenietet,  die  mit  glühenden  Koks  oder  Holzkohlen  gefüllt  und 
von  oben  eingehangen  werden,  einen  geeigneten  Apparat,  um  von  innen 
die  Trocknung  auszuführen.  In  manchen  Fällen  werden  diese  Körbe 
besser  durch  transportable  kleine  Oefen  ersetzt,  welche  oben  offen,  unten 
mit  Rost  versehen  sind  und  mit  Koks  oder  unter  Umständen  auch  mit 
flammendem  Brennmaterial  geheizt  werden. 

In  Königin  -  Marienhütte  zu  Gainsdorf  bei  Zwickau  benutzt  man 
Gase  zum  Trocknen  der  Röhrengussformen,  welche  in  Generatoren  mit 
Unterwind  (Körting'sches  Dampfstrahlgebläse)  erzeugt,  in  Leitungen 
bis  in  die  Gussform  geführt  und  dort  verbrannt  werden.  Diese  Methode 
hat  den  Vortheil,  dass  auch  geringwerthiges  Brennmaterial  (Abfalle  von 
Koks,  Braunkohlen  u.  dergl.)  Verwendung  finden  kann,  sie  hat  den  Nach- 
theil, dass  die  Benutzung  des  Gases  an  eine  bestimmte  OerÜichkeit  ge* 
bunden  und  die  Anlage  kostspieliger  ist,  als  die  Anschaffung  kleiner 
Oefen. 

In  der  grossen  Röhrengiesserei  zu  Marquise  bei  Boulogne  benutzt 
man  zu  demselben  Zwecke  erhitzte  Gebläseluft.  Heisse  trockne  Luft 
hat  ein  grösseres  Sättigungsbestreben  für  Wasserdampf  als  die  mit  Was- 
serdampf bereits  mehr  oder  weniger  gesättigten  Verbrennungsproducte 
der  directen  oder  Gasfeuerung  und  wird  deshalb  den  Trocknungsprocess 
gewiss  in  kürzester  Zeit  ausführen ;  die  Erzeugung  erhitzter  Grebläseluft 
ist  aber  sehr  kostspielig  und  mit  mancherlei  Uebelständen  verknüpft, 
wenn  man  nicht,  wie  es  in  Marquise  der  Fall  sein  soll,  dieselbe  mit  der 
für  die  Hochöfen  bestimmten  heissen  Gebläseluft  darstellen  und  von  die- 
ser abzweigen  kann.  Denn  ganz  abgesehen  von  den  directen  Ausgaben 
für  den  Betrieb  des  Gebläses,  Erhitzung  der  Apparate  u.  s.  f.  giebt  es 
keinen  Winderhitzungsapparat,  welcher  die  periodenweise  Erhitzung  and 
Abkühlung,  wie  sie  für  den  Betrieb  einer  Giesserei  unvermeidlich  ist, 
ertrüge,  ohne  fortwährender  Reparaturen  und  Ergänzungen  zu  be- 
dürfen. 

Bei  allen  Gussformen  und  Kernen,  welche  sich  ohne  Schwierigkeit 
transportiren  lassen,  bildet  die  Trockenkammer  den  zweckmässigsten 
Apparat  zur  Durchführung  der  Trocknung. 

Dieselbe  besteht  aus  einem  geschlossenen  Räume  aus  Mauerwerk 
aufgeführt,  mit  einer  Thür  zum  Ein-  und  Ausbringen  der  zu  trocknenden 
Gegenstände  und  mit  einer  Feuerungsanlage  zur  Entwickelang  der  für 
den  Trocknungsprocess  nöthigen  Wärme. 

Der  Grundriss  der  Trockenkammern  pflegt  rechteckig  oder  quadraidach 
zu  sein,  die  Grösse  dieser  Grundfläche  sowie  die  Höhe  der  Kammer  abhän^g 
von  der  Anzahl  und  der  Grösse  der  zu  trocknenden  Gegenstände.  Man  hat 
Trockenkammern  von  I  bis  50  Quadratmeter  Grundfläche.  In  sehr  klei- 
nen Trockenkammern  sind  die  Wärmeverlaste  durch  Ausstrahlung  u.  s,  w, 
relativ  höher;  für  sehr  grosse  liegt  die  Gefahr  nahe,  dass  ihr  räum- 


Trockenkammern.  171 

lieber  Inhalt  nicht  imm^r  voll  aosgenntzt  werden  könne,  während  doch 
die  zu  ihrer  Erwärmung  erforderliche  grössere  BrennstofPmenge  auch  bei 
geringerer  Ausnutzung  des  vorhandenen  Raums  annähernd  dieselbe  blei- 
ben mus8.  Deshalb  pflegt  man  den  meisten  Trockenkammern  der  Giesse- 
reien  eine  Grundfläche  mittlerer  Grösse  (15  bis  30  Quadratmeter)  zu  geben 
und  nur  für  besondere  Zwecke  eine  einzige  grosse  (für  Lehmgussformen) 
und  häufig  auch  eine  ganz  kleine  Trockenkammer  (für  kleine  Kerne) 
anzulegen.  Die  Höhe  der  Trockenkammern  lässt  man  nicht  gern  unter 
Mannshöhe  betragen,  um  nicht  das  Ein-  und  Ausbringen  zu  er- 
schweren. 

Die  Lage  der  Trockenkammer  sei  eine  geschützte.  Je  grösser  der 
Unterschied  in  den  Wärmegraden  innerhalb  und  ausserhalb  der  Kammer 
ist,  desto  grösser  ist  die  Wärmetransmission,  desto  reichlicher  sind  die 
Wärmeverluste.  Deshalb  ist  es  entschieden  fehlerhaft,  einzelne  Wände 
der  Trockenkammer  ins  Freie  zu  legen  und  den  Wärme  entziehenden 
Einflüssen  der  winterlichen  Kälte,  des  Windes,  Regen  und  Schnees  preis- 
zugeben. 

Die  Wände  der  Trockenkammer  werden  aus  Ziegel-  oder  Bruchstein- 
mauerwerk aufgeführt.  Um  allzu  grosse  Verluste  durch  Wärmetransmis- 
sion zu  vermeiden,  dürfen  dieselben  nicht  zu  schwach,  mindestens  250  Mm. 
stark  sein;  liegen  mehrere  Trockenkammern  in  einer  Reihe  neben  ein- 
ander, 80  können  die  Scheidewände  zwischen  je  zwei  Kammern  schwächer 
gehalten  werden.  Nicht  selten  hat  man  mit  gutem  Erfolge  auch  doppelte 
Wände  mit  einer  Luftschicht  dazwischen  in  Anwendung  gebracht.  Die 
dicken  Umfassungswände  der  Trockenkammern  nehmen  allerdings  bei 
ihrer  verhältnissmässig  grossen  speciflschen  Wärme  beim  Anheizen  der 
Kammer  ein  ziemliches  Theil  Wärme  auf,  dienen  dann  aber  gleichsam 
als  Wärmespeicl^er  und  geben  allmälig  ihre  aufgenommene  Wärme 
wieder  an  die  Kammer  ab,  wenn  die  Feuerung  unterbrochen  wird,  so  dass 
längere  Zeit  hindurch  eine  gleichmässige  Temperatur  in  der  geschlosse- 
nen Kammer  herrscht.  Hieraus  folgt  aber  die  Regel,  dass  man,  je  dicker 
die  Wände  der  Kammer  sind,  zur  Ersparung  an  Brennstoff  erstens  um 
so  früher,  nachdem  die  erforderliche  Temperatur  erreicht  ist,  die  Feue- 
rung einstellen,  und  zweitens  um  so  mehr  Bedacht  auf  eine  ununterbro- 
chene Benutzung  der  Kammer  nehmen  soll;  denn  je  länger  sie  leer  und 
ungeheizt  steht,  desto  mehr  der  aufgenommenen  Wärme,  geht  verloren 
und  desto  mehr  Brennstoff  muss  später  verbraucht  werden,  um  diese  von 
den  dicken  Wänden  inzwischen  abgegebene  Wärme  zu  ersetzen. 

Die  Decke  der  Trockenkammer  besteht  meistens  aus  einem  gemauer- 
ten flachen  Gewölbe,  dessen  Achse  in  der  Längenrichtung  der  Kammer 
liegt  und  dessen  Widerlager  demnach  von  den'Seitenwänden  der  Kammer 
gebildet  werden.  Kammern  von  grosser  Breite  dagegen  überspannt  man 
wohl,  nm  nicht  zu  schwerfällige  und  hohe  Gewölbe  zu  bekommen,  statt 
dieses  einzigen  Gewölbes  mit  einer  grossem  Anzahl  kleinerer  quer- 
laufender  Bögen  und  benutzt  eiserne  Balken  —  gewöhnlich  alte  Eisen- 


172  Trockenkammern. 

bahnschienen  — ,  deren  Enden  auf  den  Seitenwänden  der  Kammer  ruhen, 
zum  Tragen  dieser  Gewölbe.  Eine  solide  Verankerung  der  Kammern 
durch  schmiedeeiserne  Anker  ist  in  allen  Fällen  unerlässlich ,  um  dem 
Gewölbeschub  und  den  Einflüssen  der  Ausdehnung  beim  Erwärmen 
Rechnung  zu  tragen. 

Weniger  häufig  benutzt  man  eiserne  Platten  zum  Abdecken  der 
Kammern.  Eine  solche  Einrichtung  kann  alsdann  Begründung  haben, 
wenn  die  Platten  zum  Wegnehmen  eingerichtet  sind  und  man  die  Absicht 
hat,  mit  Hülfe  eines  höher  befindlichen  Krahns  —  meistens  Brücken- 
krahns —  von  oben  her  Arbeiten  in  der  Kammer  selbst  vornehmen  zu 
lassen,  wie  es  bei  Anfertigung  grosser  Lehmgussformen  zweckmässig  sein 
kann.  Während  des  Heizens  sollten  jedoch  in  solchen  Fällen  die  eiser- 
nen Platten  stets  mit  einem  schlechten  Wärmeleiter  bedeckt  gehalten 
werden,  um  die  reichliche  Wärmetransmission  abzuschwächen. 

Die  Thür  der  Kammer  besteht  aus  Gusseisen  oder  Eisenblech  und 
befindet  sich  meistens  an  der  einen  Stirnseite  der  Kammer,  fast  die  ganze 
Breite  und  Höhe  derselben  einnehmend,  um  das  HineinschafTen  grösserer 
Gegenstände  zu  ermöglichen.  Nur  bei  Kammern,  welche  ausschliesslich 
zum  Trocknen  kleiner  Kerne  oder  Gussformen  bestimmt  sind,  macht  man 
die  Thür  schmaler  und  legt  sie  nach  Maassgabe  der  Oertlichkeit  in  eine 
der  langen  oder  der  breiten  Seiten.  Gewöhnlich  sind  die  Thüren  doppel- 
flügelig,  drehen  sich  in  eisernen  Angeln,  welche  an  einem  starken,  guss- 
eisernen, an  der  Trockenkammer  durch  Ankerschrauben  befestigten  Thür- 
rahmen  befindlich  8\nd,  öffnen  sich  nach  aussen  und  werden  durch  Riegel 
und  Klinke  verschlossen.  Will  man  das  Beengen  des  Platzes  vor  der 
Trockenkammer  vermeiden,  so  wendet  man  Schiebethüren  an,  die  sich 
meistens  senkrecht  auf  jund  nieder  bewegen  lassen.  Sie  hängen  an  einer 
starken,  über  eine  feste  Rolle  geführten  Kette,  deren  anderes  Ende  mit 
einem  Gegengewichte  versehen  ist,  um  das  Gewicht  der  Thür  auszuglei- 
chen. Es  ist  beim  Aufziehen  alsdann  nur  die  Reibung  zu  überwinden 
und  die  Thür  bleibt  in  jeder  Stellung  schwebend.  Die  Thüröffnung  der 
Kammern  muss  auch  bei  derartigen  ThÜren  durch  einen  eisernen  Rah- 
men mit  Führungsleisten  vor  Beschädigungen  des  Mauerwerks  geschützt 
sein.  Durch  Vorreiber,  die  am  Rahmen  angebracht  sind,  kann  man  ein 
dichtes  Anlegen  der  Thür  bewirken. 

Bei  der  grossen  Wärmeleitungsfahigkeit  des  Eisens  und  der  gerin- 
gen Wandstärke  der  verhältnissmässig  grossen  Thüren  geht  ein  beträcht- 
licher Theil  Wärme  durch  Transmission  verloren.  Wie  bei  einem  Stubenofen 
findet  in  unmittelbarer  Nähe  der  Thür  ein  ununterbrochener  Luftwechsel 
statt,  indem  die  kälteren  Luftschichten  sich  erwärmen,  aufsteigen  and 
frischen  Schichten  Platz  machen.  Es  ist  leicht  zu  ermessen,  welche  er- 
hebliche Menge  Brennmaterial  erforderlich  sein  wird,  um  diesen  Wäi'me- 
verlust  zu  decken.  Recht  zweckmässig  ist  daher  die  in  einigen  Giesse- 
reien  angewendete  Construction  der  Thüren  aus  doppeltem,  dünnem 
Eisenbleche,  an  den  Rändern  durch  zwischengelegtes,  rings  hemm  lau- 


Trockenkammern.  173 

rendes  Ü-Eieen  oder  doppelt  T-Eisen  Terbnnden  nnd  mit  einer  Lnftschiclit 
Ewischen  eich,  wie  ea  Fig.  156  veranachaulicbt.  Solche  Thüren  sind  nicht 
schwerer  an  Gewicht  als  die  aus  Gnsseisen  oder  stärkerm  Eieenblech 
gerertigten,  ebenso  haltbar  ata  diese,  nnd  die  höheren  Anfertigunf^e- 
kosten  werden  jedenfalls  bald  dnroh  ErBparniaa  an  Brennstoff  gedeckt 
werden. 

Die  Fenernng  der  TrookeBkammem  besteht  meistens  aus  einem 
Roste  mit  nstQrlichem  Luftzüge,  welcher  durch  eine  Eaae  hervorgebracht 
wird,  Selt«ner  iat  man  in  der  Lage,  statt  der  Roatfeuemng  die  abzie- 
hende Warme  anderer  Proceeae  znni  Erhitzen  der  Kammer  benntzen  zo 
können.  So  kann  man  z.  B.  in  Measinggiessereien  nnd  kleinen  Eisen- 
giesaereien  die  abziehenden  Gaae  des  Tiegelachmelzofena  in  zweckmässi- 
ger Weise  dazu  benutzen,  die  zwiachen  Ofen  und  Schomatein  angelegte 
Trockenkammer  za  heizen  und  aof  diese  Weise  bei  jedem  Schmelzen  die 
Fig.  156. 


Oassforraen  und  Kerne  für  den  folgenden  Tag  ohne  beaondern  DrennstofT- 
aufwand  za  trocknen. 

Beeflglich  der  Art  nnd  Webe,  in  welcher  die  entwickelte  oder  vorhan- 
ilene  Wärme  an  die  Trockenkammer  abgegeben  wird,  unterscheidet  man 
Trockenkammern  mit  directer  Erwärmung,  bei  welchen  die  Fene- 
mngBgase  dnrch  die  Kammer  selbst  hindurchziehen  und  in  Gemeinachaftmit 
dem  verdampften  Waaser  aus  der  Kammer  darch  einen  Canal  nach  der  Ease 
entweichen;  und  Trockenkammern  mit  indirecter  Erwärmung, 
bei  welchen  die  Gase  durch  ein  System  eiserner,  in  der  Trockenkammer 
befindlicher  Röhren  oderCnnäle  hindurcbgeföhrt  werden  und  ihre  Wärme 
in  Folge  der  Transmiiiaion  der  Röhrenwände  an  die   Kammer  abgeben. 


174  Trockenkammern  mit  directer  Erwärmnng. 

Die  entwickelten  WasBerd&mpfe  mOssen  also  in  die»em  Fiüle  dnrch  eine 
besondere  Vorrichtung  abgeleitet  werden,  wenn  nicht  der  Trocknnngs- 
procesa  nnTerhältniB  am  aasig  verlangsamt  werden  soll. 

Die  directe  Erwärmnog  ermöglicht  die  Erreichong  hoher  Wärme- 
grade in  der  Trockenkammer,  bewirkt  eine  rasche  Ableitung  des  gebilde* 
ten  Wasserdampfs  nnd  igt  daher  die  geeignetste  Methode  in  denjenigen 
Fällen,  wo  eine  scharfe  Trocknnng  erforderlich  ist,  alao  bei  dichtem 
Fonnmat«riale  nnd  grossen  Gnsaformen,  welche  schwieriger  ihren  Feuch- 
tigkeitsgehalt entlassen  als  kleinere.  NatQrlich erweise  kann  aar  ein  sol- 
ches Brennmaterial  bei  dieser  Art  der  Fenerungseinrichtnngen  eine  gute 
Leistung  geben,  welches  nicht  selbst  beträchtliche  Hengen-von  Wasser- 
dampf  bei  der  Verbrennung  entwickelt,  also  Torzugsweise  yerkohlt«a 
oder  doch  sehr  trocknes  Brennmaterial.  Aas  diesem  Grunde  sind  Koks 
das  am-häufigsten  benutzte  und  zweckmKssigste Brennmaterial  in  solchen 
Trockenkammern;  Qaskoks,  wo  solche  zu  Gebote  stehen,  empfehlen 
sich  durch  Billigkeit  und  sind  hinsichtlich  ihrer  Brennkraft  völlig  aua- 
reiobend. 

Die  Abbildung,  Fig.  167,  giebt  die  Einrichtung  einer  derartigen 
kleinen,  durch  die  abziehenden  heissen  Gase  eines  Tiegelschacbtofens  ge- 
beizten Kammer,  t  ist  hier  die  Trockenkammer,  mit  gitterartig  eingeleg- 
Fis.  157.  ^°  horizontalen  Stäben   zur  Anihahme 

der  Formkasten  versehen-;  o  der  Schmelz- 
ofen mit  dem  Verschlnssdechel  d,  8  der 
Schomatein. 

Heizt  man  die  Trockenkammer  durch 
eigene  Roetfenerung,  so  ist  bei  Anlage 
des  Rostes  zu  beachten,  dass  in  Folge 
des    Bestrebens    der    erwKrmten    Luft- 
schichten,   nach  oben  zu  steigen,    die 
Sohle  der  Trockenkammer  und  die  der- 
selben zonäohst  liegenden  Luftschichten 
Gefahr  laufen,  kalt  zu  bleiben,  wenn  der  Rost  hoch  liegt;  dass  Csmer 
jede  Einwirkung  strahlender  Wärme  auf  die  Gnssformen  und  Kerne  ge- 
fUbrtich  ist,  weil  durch  die  in  Folge  derselben  bewirkte  übermässige  Er- 
hitzung   leicht    Zersetzungen    des  Formmaterials  hervorgerufen  werden 
können,  wodurch  dasselbe  mürbe,  zum  Zerfallen  geneigt  wird;  und  dass 
mithin  der  Rost  eine  solche  Lage  erhalten  muss,  welche  diese  Einwirkung 
strahlender  Wärme  ansschliesst.      Ans  diesen  Grflnden   bringt  man  den 
Rost  am  zweckmäsaigsten  möglichst  vertieft  und  zwar  in  einer  Ecke  oder 
doch  an  einer  der  schmalen  Seiten  der  Trockenkammer  an.     H&nfig  nm- 
giebt  man  ihn  zum  Schutne  der  Gnssformen  gegen  die  strahlende  Wärme 
mit  einer  Umfassungsmauer  aus  feuerfesten  Steinen,  welche  gitterartig 
durchbrochen  ist,  um  die  Gase  hindurchziehen  zu  lassen ;  oder  man  über- 
wölbt ihn,  wie  in  Fig.  168,  und  lässt  die  Gase  unter  dem  Gewölbe  hin- 
dnrch  in  die  Kammer  treten. 


Trockenkammem  mit  directer  Erwärmang.  175 

Dft  rieb  kleinatückigeB  6reiinmat«rial  weoiger  als  grobetSckigea  zar 
Benntanng  filr  diracte  Erwirmnng  eignet,  ist  ein  Planrost  der  geeigDetet«. 
Unterhalb  desselben  befindet  rieb  der  nacb  anssen  mündende  Ascbenfall, 
oberbalb  des  Roetes  gewöbnticb  eine  Tbür  znr  Bedienung  desselben.  Nur 
in  wenigen  Fällen  wendet  man  Rosten  obne  Feuertbür  an,  die  alsdann 
▼or  dem  Schliessen  der  Trockenkammer  gefOIlt  werden  and  so  gross  sein 
mBssen,  dass  die  einmalige  Füllang  fär  den  Trocknungsprocess  ansreicht. 

Je  grösser  die  Rostfläcbe  ist,  desto  rascher  wird  man  im  Stande  sein, 
eine  höbe  Temperatur  in  der  Kammer  zn  entwickeln,  aber  desto  mehr 
Brennmaterial  wird  auch  verbrancht  werden,  wenn  nicht  rinerseits  sehr 

Fig.  158. 


starke  W&nde  vorbanden  sind,  den  vorhandenen  Ueberschnaa  an  Wärme 
anfzanebmen ,  and  andererseits  die  Feaening  rechtzeitig  unterbrochen 
wird,  um  diesevon  den  Wänden  aufgenommene  Wärme  auszunatsen.  So 
günstig  auch  im  AUgemeinen  eine  solche  rasche  WBrmeentwickelung 
wirken  kann,  wenn  eben  jene  Bedingungen  erflült  werden,  dürfte  man 
doch  Bedacht  nehmen  müssen,  ein  Uebermaass  zn  vermeiden.  Viele  vor- 
handene Trockenkammern  würden  mit  kleineren  Rosten  sicherlich  weni- 
ger Brennmaterial  verbranchen,  als  es  in  Wirklichkeit  der  Fall  ist. 

FOr  je    100  Cubikmeter   räumlichen  Inhalt   der  Trockenkammer 


176  Trockenkammern. 

kann  man  Erfahrnngsresultaten  znfolge  bei  Koksfeuerung  und  mittel- 
starken Wänden  an  totaler  Rostfläclie  rechnen : 

bei  grossen  Kammern  von  mehr  als  lOOGnbikmeter  Inhalt  0,6  Qna- 
dratmeter, 

bei  mittelgrossen  Kammern  von  25  bis  100  Cabikmeter  Inhalt  0,6 
bis  1  Quadratmeter, 

bei  kleinen  Kammern  mit  weniger  als  25  Cubikmeter  Inhalt  1  bis 
2  Quadratmeter. 

Die  Abzngsöfihong  für  die  Gase  und  Dämpfe  ans  der  Kammer  pflegt 
an  der  Sohle  der  letztern  dem  Roste  diagonal  gegenüber,  also  in  den 
meisten  Fällen  unmittelbar  hinter  der  Thür  in  der  einen  Ecke  der  Kam- 
mer zu  liegen.  Nicht  selten  wendet  man  zwei  Abzngsöfihungen  an,  um 
eine  bessere  Yertheilung  des  Gasstroms  zu  erzielen,  welche  alsdann  an 
beiden  Seiten  der  Thür  befindlich  sind.  Für  das  Yerhältniss  des  Quer- 
schnitts dieser  Abzug8ö£fnung  zu  der  totalen  Bostfiäche  findet  man  bei 
ausgeführten  Anlagen  Werthe  von  Vio  his  Vi*  Sofern  die  Esse  im  Stande 
ist,  auch  bei  kleiner  Abzugsöfifnung  den  erforderlichen  Luftwechsel  her- 
vorzurufen  und  die  Verbrennung  auf  dem  Roste  in  ausreichender  Weise 
zu  unterhalten,  dürfte  ein  kleinerer  Querschnitt  einem  grossem  vorzu- 
ziehen sein,  weil  man  bei  ersterem  wenigstens  nicht  so  leicht  Gefahr 
läuft,  durch  übermässig  rasche  Entziehung  der  Yerbrennungsgase  nn- 
nöthige  Wärmeverluste  hervorzurufen.  Von  dieser  Abzugsöifnung  aus 
führt  gewöhnlich  ein  horizontaler  Ganal  nach  dem  Schornsteine.  Zweck- 
mässig ist  jedenfalls  die  in  vielen  Trockenkammern  angewendete  Ein- 
richtung, den  Canal  dicht  unter  der  Sohle  der  Kammer  hin  nach  rück- 
wärts zu  führen  und  nur  mit  eisernen  Platten  abzudecken,  so  dass  noch 
Wärmetransmission  von  den  abziehenden  heisseren  Gasen  nach  der  Kam- 
mer hin  stattfinden  kann.  Zwischen  Trockenkammer  und  Schornstein 
muss  der  Canal  mit  einem  Schieber  versehen  sein,  um  den  Luftzug  regn- 
liren  und  nach  Erforderniss  ganz  abstellen  zu  können.  Durch  richtige 
Benutzung  dieser  einfachen  Vorrichtung  lässt  sich  viel  Brennmaterial 
ersparen.  Denn  sobald  das  Brennmaterial  auf  dem  Roste  verzehrt  ist, 
tritt  kalte  Luft  durch  den  Rost  in  die  Kammer,  erwärmt  sich  durch  einen 
Theil  der  in  den  Wänden  aufgespeicherten  Wärme  und  entführt  diese 
aufgenommene  Wärme  nach  dem  Schornsteine,  die  Kammer  mehr  und 
mehr  abkühlend.  .  Sobald  dieser  Luftwechsel  stärker  ist,  als  zur  Unter- 
haltung des  Verdunstungsprocesses  nöthig  ist,  findet  unnöthiger  Wärme- 
verlust statt;  je  weniger  Wasser  also  überhaupt  noch  in  der  Kammer  zu 
verdunsten  ist,  desto  mehr  muss  der  Schieber  geschlossen  werden.  Mei- 
stens wird  man  den  Schieber  schon  bald  nach  Beendigung  des  Verbren- 
nungsprocesses  auf  dem  Roste  völlig  schliessen  können,  da  die  in  der 
Kammer  alsdann  befindliche  Luft  in  Folge  ihres  hohen  Wärmegrades 
ausreichend  beföhigt  zu  sein  pfiegt,  den  noch  zu  verflüchtigenden  Wasser- 
gehalt aufzunehmen. 

Die  Esse    vereinigt    meistens    die  Gase    sämmtlicher  vorhandenen 


Trockenkammeni.  177 

Trookenkttminem  und  mtiBa  dieser  Aufgabe  entaprechead  hoch  and  weit 
Min.  Ein  Querschnitt  gleich  Va  bis  Ve  der  totalen  Rostfläche  sämmt- 
liefaer  Ksmmem  bei  einer  Höhe  von  mindeBtens  15  Meter  dürfte  für  alle 
Fälle  ansreiohen. 

Beispiele  ansgeftibrter  Trockenkammern  mit  Rost feuemng  nnd  direc- 
ter  Erwärmung. 

Die  Figuren  159  bis  161  stellen  eine  kleine  Trockenkammer 
in  der  Gieasei-ei  des  Herrn  R.  Ph.  Waagner  in  Meidling  hei  Wien 
dar,  welche  hauptsächlich  zum  Trocknen  kleiner  Gassformen  für  die 
Metall gieaserei    bestimmt    ist.      Zur    Aarstellnng    der    zu    trocknenden 


Gassformen  dienen  die  schmiedeeisernen  Queretangen  a  a . . ,  welche  in 
den  gnsaeiBemen  Lagern  bb  ruhen  und  sich,  der  Grösse  der  einzusetzen- 
den GuBsformen  entsprechend,  leicht  auBwechseln  lassen.  Um  die  Gnss- 
formem  vor  der  strahlenden  Hitze  zu  schützen ,  ist  der  Rost  mit  der 
Maaer  C  amgeben;  die  Gase  ziehen  über  dieselbe  hinweg,  werden  dann 
dtu-cfa  die  Abzngsöfinungen  dd  .  .  .  . ,  deren  Querschnitt  aus  leicht 
ersichÜicben  Gründen  mit  ihrer  Entfemnng  vom  Roste  wächBt,  nach 
nnten  gezogen  nnd  durch  einen  gemeinBohaftlichen  Canal  /  nach  der 
Esse  geführt. 

In  den  Figuren  162  bis  165  sind  swei  grössere  Trockenkammern 
deraelben  Giecserei  abgebildet.  Die  äusseren  Wände  derselben  sind  doppelt 

LidabBT,  m*ehuilKh-iiwtalinrBiH>H  TeehoologlB.  jq 


178  Trockenkammern. 

md  sehr  stark ');  die  Decke  besteht  aas  eiaielDen Qn^rbugeii,  auf  doppelt 


'I  Die  Mittlieiliiug  Jieiwr  wia  Jer  in  den  l'igm'üii  ljMbi»l«l  t;egel>eneu  Zaieh- 
nungeu  yerdankt  d«  VerfnsserderGütede»  Herrn DirectorOüntherEaMeidlüig. 


1 80  Trockenkammern. 

T-Trügern  mliend  nud  oben  mit  eino-  Schicht  Lehm  überdeckt,  nm  die 
Wärm  everlaste  möglichst  einznBcbrinken.  Die  Gue  entwfflchen  dnrch  zwei 


Trockenkammern.  181 

AbingsOSimsgen  in  jeder  Kammer  and  vereinigen  aicb  dann  in  einem  ge* 
meiagamen  SohoruBteine ;  die  sus  Eisenblech  gefertigten,  zum  Änfziehen 
eingerichteten  Thüren  werden  vermittelst  der  Winden  u  a  geöffnet  and 
niedergelassen. 

Die  in  den  Figaren  166  bis  168  abgebildete  Trockenkammer  der 
Chemnitser  Werkzeagmaschinenfabrik  bietet  Tornehmlich  durch  die  Art 
ihrer  Ueberdeckung  Interesse.  Dieselbe  besteht  aas  eisernen  Platten, 
■of  einer  Balkenlage  mhend  aad  mit  einer  dünnen  Steinlage  abgedockt, 
la  der  Hitt«  der  Decke  befindet  sich  die  schlitzaitige  Oeffnnog  a,  nur  dorch 
Platten,  die  sieb  leicht  entferaen  lassen,  geschlossen.  Dnrch  diese  Oeffnang 
Fig.  isa. 


hiDgt  der  Kloben  des  Brackeekrahns  (Fig.  53  auf  S.  62)  in  die  Kammer 
hinab,  wenn  schwere  Gassformen  hineia-  oder  hinaosgescbnfil  werden 
sollen.  Die  Decke  der  ganzen  Kammer  wird  nan  zum  Trocknen  des 
Formmaterials  benatzt.  Dasselbe  wird  dorch  einen  mechanischen  Aufzug 
auf  den  obern  Boden  h  geschafft,  auf  welchem  sich  die  Zerkleinerungs- 
maschinen befinde!);  von  hier  aas  durch  die  Latten  ccc  anf  die  Trocken- 
kammerdecke  gestürzt  and  aasgebreitet  nnd  nach  dem  Trocknen  auf  dem 
Boden  d  vom  Gebrauche  aufbewahrt.  Die  senkrechten  Lutten  e  dienen 
■am  Hiuabatürsen  solchen  Materials ,  welches  einer  Trocknung  nicht  be- 
darf (Kohlenstaab),  der  Kasten  /  zur  Aufnahme  desselben. 


162  Trockenkammeni. 

Die    TrockenkAmmer    ist    mit    zwei    diagonal    gegenüberliegenden 
Rosten  gg  versehen,  welche,  da  sie  eine  Fenerthilr  nicht  beaitEen,  in 


Trockenkammern.  163 

einem  Male  gefUllt  werden  nifiBsen.  i  ist  ein  eiserner  Kasten  oberhalb 
dea  Rostes  mit  Höndung  nach  aussen,  um  darin  kleine  Kerne  und  der- 
gleichen trocknen  zn  können.  Die  Tbfir  ist  in  horizontaler  Uichtung 
verschiebbar  und  zu  dieaem  Zwecke  mit  Rollen  h  (Fig-  167)  versehen. 

Die  indirecte  Heizung  der  Trockenkammern  ist  weniger  geeig- 
net, als  die  directe,  sehr  hohe  Wärmegrade  hervorzurnfen,  gewährt  aber 
den  Vortheil,  dass  man,  da  die  Yerbrennuugsgaee  nicht  in  die  Kammer 
selbst  eintreten,  jedes  nnverkohlte  Brennmaterial,  selbst  mit  hohem  Wasser- 
gehalte (Braonkohlen  etc.),  zum  Feuern  verwunden  kann,  und  dass  die 
schAdliche  Einwirkung  strahlender  Hitze  volbtftndig  vermieden  ist.  In 
Giessereien,  wo  solche  gerin gwerthigeren  Brennmaterialien  zu  einem  re- 
lativ hilligem  Preise  als  Koks  und  ähnliche  wei-thvollere  BrennstofTe  zu 
haben  sind,  empfehlen  sich  deshalb  derartige  Feaeningsanlagen  vorzugs- 
weise S&r  solche  Trockenkammern,  die  zum  Trocknen  von  Lehmkeruen 
bestimmt  sind,  weniger  für  grössere  fiuBsformen  in  Masse,  welche  zam 
völligen  ÄUBtrockoen  eines  höheren  W&rmegrades  zu  bedürfen  pflogen. 
Die  Einrichtung  einer  solchen  indirecten  Trockenkammerhetzung  kann 
durch   die  Figuren  169  bis  171   erläutert  werden,  welche  die  Trocken- 


kanunem  der  neuerbanten  Röhren  giesaerei  zu  GrÖditz  darsteUen. 
Daa  Brennmaterial  —  meistens  böhmiBche  Braunkohle  oder  auch  Lig- 
nit« ana  der  Niederlauaits  —  wird  auf  dem  Treppenroste  a  verbrannt. 
Die  VerbrennongsgaBe  dorchitreichen  die  Canäle  t>,  c,  d  und  e  in  der 
Riebtang  der  Pfeile  und  entweishen  schliesslich  aus  e  nach  dem  Schors- 


Trockenkammern, 


Trodcenkammem, 
Pig.  171. 


186  Trodtenkammem. 

Bteioe.  Der  Theü  b  dieses  Canalaystema  ist  gemauert  nnd  in  RflckBicht 
aof  die  hohe  in  der  Nähe  der  Feuerung  herrechende  Temperatnr,  welch« 
GoBseisen  bald  zerstören  würde,  mit  Platten  aus  feaerfeBtem  Thone  ab- 
gedeckt, welche  in  eisernen  R&hmen  liegen  und  Blch  leicht  aoBwechaeln 
lasBen ;  die  Theile  c,  d  und  e  bestehen  ans  gusseisemen  Röhren  von  350  Hm. 
Weite;  nur  die  gekrümmten  Verbindungsstücke  zwischen  den  einselnen 
geraden  Bohrsträngen  sind  der  leichtem  Uerstellimg  halber  gemauert 
and  mit  gusseisemen  Platten  abgedeckt  (siehe /in  Fig.  170).  Die  gnss- 
eisernen  Röhren  liegen  mit  ihren  Enden  in  eingemauerten  schmalen  Rin- 
gen gg,  F'ig.  17t,  in  denen  sie  eich  bei  der  Erwärmung. ohne  UiuderaiBS 
ausdehnen  können,  übrigens  aber  Tollstäudig  frei,  um  die  Wärme  an 
ihrem  ganzen  Umfange  an  die  Kanuner  abgeben  zu  können.  Zwischen 
Trockenkammer  und  Schornstein  (bei  A  in  Fig.  171)  ist  die  Rohrleituog 
mit  einem  Schieber  versehen,  um  den  Zng  regalireu  und  nach  VerEehrong 
de«  Brennstofis  ganz  abstellen  SU  können.  Die  in  der  Trockenkammer 
entwickelten  Wasserdämpfe  werden  durch  kleine  Oeffnangen  in  der  Lei- 
Kg.  172. 


HorizoDtstochDitt  aacb  AB. 


TrockeDkammern.  187 

ttuif^  in  Folge  dt»  EBBenzogea  Iwgierig  »ngeeaagt ;  zum  Ersätze  d«r  ab- 
ziehenden feuchten  Lnft  kann  durch  dos  kleine  Rohr  i  (Fig.  t69)  frische 
trockne  Luft  zugeführt  Verden ,  die   sich  beim  Aufsteigen  zwischen  den 
Pig.  it:i. 


Verticalachiiitt  nach  £F. 
Heizrohren  c  und  d  erw&nnt.      Wenn  der  Schieber  geschlossen  ist  und 
mitbin  kein  Luftzug  mehr  stattfindet,  können  die  noch  gebildeten  Dämpfe 
durch  das  Rohr  h  (Fig.  170)  ins  Freie  entweichen. 

Kg.   174 


VerticHlsclinitt  uacU  CD. 


188  TrockenkammerD. 

Die    Einrichtong     tob     Trockenkammern     mit    indirecter    Erwär- 
nmng,     geheist     durch     die     abgehenden     Gase    sweier     Tiegelflamm* 
Öfen,     iflt    endlich     durch    die     Figuren     172     bii     175     veranschan- 
j<j~   |75_  licht').     Die  Gaee  kommen  bei  aa  von  den 

Flammöfen,  streichen  in  den  Can&len  bb.. 
unter  dem  ana  gasaeiBeraen  Platten  bestehen- 
den Boden  der  Kammern  bin  und  ziehen 
dann  nach  dem  gemeinechoftlicben  Schorn- 
steine. Die  kleinen  Schornsteine  dienen 
zur  Entfemting  des  verdampften  Wassers- 
Die  Heisfläcbe  jeder  Kammer  beträgt  4,25 
Quadratmeter,  die  BodenSäcbe  5  Quadrat- 
meter, der  ränmliche  Inhalt  10,5  Cubik- 
meter.  Durch  eingelegte  Qneratäbe  ist  jede 
Anrieht.  Kammer  in  drei  Stookwerke  h  700  Mm.  Höhe 

getheilt.  Die  Wärmeabgabe  ist  eine  HO  bedetttende,  dass  die  Temperatur  in 
den  Kammern  gegen  Ende  des  Trocknens,  welches  acht  Stunden  währt, 
auf  200'*  C.  steigt,  nnd  es  läset  sich  hieraus  ecblieesen,  dass  jene  Heizfläche 
auch  für  einen  noch  gröaeern  Trockenraum  ausgereicht  haben  würde. 


Sie  relative  Leistung  oder  der  Wirkungsgrad  einer  Trockenkam- 
mer läset  sieb  ermitteln,  wenn  man  die  Menge  des  durch  eine  verbrauchte 
Menge  Brennmaterial  yerdampften  Wassers  ermittelt  und  diese  Wasser- 
menge  durch  diejenige  dividirt,  welche  das  gleiche  Quantum  Brennmate- 
rial  bei  vollständiger  Ausnutzung  seiner  Brennkraft    theoretiach  hätte 

W 
verdampfen  können.     Es  ist  £  ^  ^,  worin  Ifdae  wirklich  verdampfte 

Wasser,  Wi  diejenige  Wassermenge  bezeichnet,  welche  sich  tbeoretisoh 
hätte  verdampfen  lassen. 

Dieser  Wirkungsgrad  ist  abbäugig  von  der  Construction  und  Lage 
der  Kammer,  daneben  aber  auch  von  der  Dichtigkeit  des  Formmaterials, 
der  Wandstärke  der  zu  trocknenden  Gegenstände,  der  mehr  oder  minder 
umsichtigen  Art  und  Weise  der  Gruppirung  derselben  in  der  Kammer 
(je  grftsser  die  frei  liegende  Oberfläche,  desto  günstiger  die  Verdampfung) 
und  von  anderen  Neben  umständen.  Um  daher  aus  dem  Wirkungsgrade 
verschiedener  Trockenkammern  Schlüsse  auf  die  Zweckmässigkeit  der 
Einrichtung  ziehen  zu  können,  muss  man  solche  wählen,  die  unter  äho- 
lichen  Verhältnissen  arbeiten. 

Leider  liegen  sehr  wenige  Resultate  hierüber  vor,  und,  wie  Verfasser 
mehrfach  erfahren  musste,   findet  sich  nur  in  sehr  wenigen  Giessereien 


')  Pär  eine  Wiener  Msisinggiesierei  durch  Herrn  Iigeuieur  C.  A.  Hei 
1  Freiberg  {Sachsen)  erbaut. 


Wirkungsgrad.  189 

Ndgang,  Yersnohe  über  diesen  immerhin  för  sie  selbst  nicht  unwichtigen 
Gegenstand  anzustellen^). 

Erstes  Beispiel.  In  der  in  den  Figuren  162  bis  165  (S.  179  und 
180)  abgebildeten  Trockenkammer  zu  Meidling  wurden  mit  einem  Brenn* 
materialaufwande  yon  136  Kilogramm  Koks  Lehmkeme  getrocknet  und 
dabei  innerhalb  3^]  Stunden,  während  welcher  Zeit  sie  yollstandig  trocken 
geworden  waren,  95  Kilogramm  Wasser  verdampft. 

Wenn  die  bei  yollst&ndiger  Verbrennung  eines  Brennstoffs  für  den 
Yerdampfungsprocess  the<»«tisch  gewinnbare  Wärmemenge  =  tv  ist,  und 
wenn  man  annimmt,  dass  durchschnittlich  600  Wärmeeinheiten  erforder- 
lich sind,  um  1  Kilogramm  des  in  den  Gussformen  und  Kernen  enthalte- 
nen Wassers  zu  erwärmen  und  zu  yerdampfen  ^ ,  so  kann  1  Kilogramm 

des  Brennstoffs  theoretisch  -r—  Kilogramm  Wasser  yerfl&chtigen.  1  Kilo- 

gramm  Koks  mit  15  Proc.  Asche  und  5  Proc.  hygroskopischem  Wasser 
yerdampfi  hiemach,  wenn  man  die  geringe  Wärmemenge  unberücksich- 
tigt lAsst,  die  zur  Verdampfung  des  hygroskopischen  Wassergehaltes  und 
zur  Erwärmung  der  Asche  des  Brennstoffs  yerbraucht  wird: 

0,8  X  8080        ,  ^ «  rr.,  T^ 
— r =  10,7  Kilogramm  Wasser. 

Jene  y erbrauchten  136  Kilogramm  Koks  hätten  demnach  bei  yölli- 
ger  Ausnutzung  1455  Kilogramm  Wasser  yerflüchtigen  müssen,  während 
nur  95  Kilogramm  in  Wirklichkeit  yerdampft  worden  sind.  Es  ist  dem- 
nach der  Wirkungsgrad  der  Kammer; 

E  =  -^  =  0,065. 
1455 

Zweites  Beispiel.  In  Eisenwerk  Gröditz  trocknet  man  in  den 
anf  Seite  183  bis  185  in  den  Figuren  169  bis  171  abgebildeten  Trocken- 
kammern Lehmkeme  für  die  Röhrengiesserei  und  benutzt  als  Brennmate- 
rial böhmische  Braunkohlen,  bestehend  aus: 

Kohlenstoff 50  Proc. 

Wasserstoff 4       „ 

Sauerstoff 14       „ 

Asche 3V3  » 

Wasser 281/,  „ 

^)  An  aUe  Oiessereient  welche  sich  für  eine  wisflenschaftliche  Behandlung 
dieser  Frage  interessiren,  richtet  YerfSuser  hierdurch  das  Ersuchen,  etwaige 
Ermittelungen  über  die  Leistungen  ihrer  Trockenkammern  nebst  Angaben  über 
die  Constructionsverhältnisse  etc.  derselben  ihm  zu  einer  vergleichenden  Zu- 
sammenstellnng  zugehen  zu  lassen.  Nur  in  solcher  Weise  wird  man  zu  greif- 
baren Resultaten  für  die  Oonstmction  dieser  wichtigen  Apparate  jeder  Oiesse- 
rei  gelangen  können. 

^  Da  die  Wasserverdampfüng  bei  einer  niedrigen  Temperatur  beginnt, 
häufig  aber  erst  bei  einer  Temperatur  der  Trockenkammer  über  lOO*'  ihr  Ende 
erreicht,  so  Iftsst  sich  eben  nur  ein  annfthernder  Durchschnittswerth  für  die 
nitgenommene  Wärme  der  Berechnung  zu  Grunde  legen. 


190  Trockenkammern. 

Die  Kerne  bleiben  von  Abends  bis  Morgens  in  der  Kammer;  zar 
einmaligen  Heizung  einer  Kammer  werden  darchscbnittlich  400  Kilo- 
gramm Brannkohlen  verbrancht  und  nach  dem  Verbrennen  derselben  der 
Schieber  geschlossen.  Es  wurde  ermittelt,  dass  durchschnittlich  100 
Kilogramm  Braunkohlen  erforderlich  sind,  um  91  Kilogramm  Wasser 
aus  den  Kernen  zu  verdampfen. 

Die  theoretische  Yerdampfangsfahigkeit  der  böhmischen  Braunkohle 
ist  obiger  Zusammensetzung  zufolge 

0,50  X  8080  +  (o,04  —  ^\  34  462 

— r ~ =  7,99  Kilogramm  Wasser. 

Es  würden  demnach  100  Kilogramm  Braunkohlen  theoretisch  799 
Kilogramm  Wasser  verdampfen  können,  und  es  ist 

E  =  ^  =  0,114. 
799 

Vorstehende  beiden  Ermittelungen  sind  natürlich  noch  nicht  aus- 
reichend, ein  endgültiges  Urtheil  über  die  Zweckmässigkeit  des  einen 
oder  andern  Trockenkammersystems  zu  fällen.  Das  günstigere  Resultat 
der  Gröditzer  Trockenkammer  rührt  unstreitig  zum  Theile  davon  her, 
dass  dieselbe  für  eine  einzige  Specialität  der  Formerei,  Röhrenkeme,  von 
vornherein  eingerichtet  und  deshalb  mit  Einrichtungen  versehen  ist, 
welche  die  günstigste  Ausnutzung  des  vorhandenen  Raumes  gestatten. 
Immerhin  ist  der  auf  diese  Weise  erlangte  Vergleich  zwischen  den  Lei- 
stungen beider  Trockenkammern  in  mancher  Beziehung  lehrreich  und 
beweist  wenigstens,  dass  die  bis  jetzt  seltener  übliche  indirecte  Trocken- 
kammerheizung recht  günstige  Ergebnisse  zu  liefern  im  Stande  ist»  Viel- 
leicht sind  die  durch  die  Berechnung  gewonnenen  Resultate  geeignet, 
auch  andere  Giessereien  zu  Ermittelungen  in  dieser  Richtung  anzuregen. 


Die  in  den  Kammern  zu  trocknenden  Gegenstände  werden,  wenn  ihr 
Umfang  und  Gewicht  nicht  zu  bedeutend  ist,  auf  Stäben,  Consolea 
und  dergleichen,  wie  aus  den  Figuren  160,  161  und  174  ersichtlich 
ist,  in  geeigneter  Weise  aufgestellt.  Ist  ihr  Gewicht  dagegen  ein 
solches,  dass  das  HineinschafiPen  und  Aufstellen  innerhalb  der  Kammer 
unbequem  sein  würde,  so  benutzt  man  meistens  einen  eisernen  Wagen, 
welcher  vor  der  Kammer  mit  sämmtlichen  zu  trocknenden  Gegenständen 
beladen  und  dann  hineingerollt  wird.  Diese  Trockenwagen  bestehen  ans 
einem  gusseisemen  oder  schmiedeeisernen  Rahmen  auf  zwei  Achsen  mit 
niedrigen  Rädern,  Fig.  176.  Die  Räder  laufen  meistens  auf  gusseisemen 
oder  schmiedeeisernen  Schienen;  die  Länge  der  Wagen  entspricht  an* 


Wagen.  191 

nähernd  der  Läoge  der  Trookenkammer  im  Lichten,  die  Breite  mnsa 
mindeBtens  einige  Ceatimeter  geringer  aein  als  diqenige  der  Thüröffnnng 
der  Kammer. 

In   Folge   der   in    den  Trockenkammern    herrBchenden    Hitze   nnd 
Fenclttigkeit  pfiegt  die  Zapfenreibnng  bei  diesen  Trockenkainmerwagen 
Pig.  176. 


eine  recht  beträchtliche  und  die  Fortbewegnng  dadurch  sehr  erschwert 
in  »ein.  Da  nun  aber  der  vom  Wagen  zurückzulegende  Weg  immer  die- 
*elbe  Länge  gleich  der  Länge  der  TrockcDkamnier  za  besitzen  pflegt,  so 
kann  man  die  Fortheiregung  sehr  erleichtern ,  wenn  man  durch  die  in 
Fig.  177  dargestellte  Construotion  die  Zapfenreibnng  des  Wagens  in  eine 
Fig.  177. 


rollende  Reibung  verwandelt.  Die  Laufbahn  des  Wagens  ist  hier  durch 
die  angegossenen  Knaggen  a  a  begrenzt,  welche  sich  einem  weitem 
Fortrollen  entgegen  stellen  and  dadurch  ein  Kippen  des  Wagens  numdg- 
lich  machen,  welches  eintreten  würde,  sobald  bei  fortgesetzter  Bewegung 
der  Schwerpunkt   des  Wagens    ausserhalb  der  Achsen  zn  liegen  käme. 

Wenn 

A  die  Lauge  des  vom  Wagen  zurückzulegenden  Weges  ist, 

a  der  Abstand  zwischen  einem  Paar  Knaggen, 

D  der  Durchmesser  der  Rftder, 

d  der  Durchmesser  der  Zapfen, 
to  iat 

a:  A=:d:  ß. 
Ad 

d.  h.  je  grüsaer  der  Raddurchmeaaer  im  Verhältnisse  zum  Zapfendurch- 
messer  ist,  desto  kleiner  kann  fikr  eine  gegebene  Laufbahn  der  Abstand 
zwischen  zwei  Knaggen  sein,  desto  weniger  Gefahr  für  das  Kippen  des 
Wagens  ist  vorhanden. 


!  Trockenkammern. 

Mitnnt«r  bring:!  man  auf  dem  Wagen  noch  besondere  GerOste  an, 
die   HU  trocknenden  Geganatände  anfsunehmen  nnd  eine  mSgUohBt 
Fig.  178. 


grosse  Ansafal  derselben  unterzabringen.  Als  Beispiel  möge  die  in  den 
Figuren  178  nnd  179  abgebildete  Vorricbtung  zur  Anfiagemng  von 
Röhrenkemen  dienen. 

G.     Die   Anwendung  von  Hasobinen  anr  Formerei. 

Das  der  gesammten  modernen  Fabrikation  eigenthOmliche  Bertreben, 
dnrcb  Massenanfertignng  von  Specialartikeln  deren  Selbstkosten  nnd 
Verkanfaprös  berabmdracken,  gab  anoli  YeranlaBsnug  snr  ConstmctioD 
einer  AnsabI  verscbieden  eingerichteter  Haschinen  in  der  Formerei, 
grösstentheils  dam  bestimmt,  bei  der  Anfertigung  solcher  Specialartikel 
die  Handarbeit  des  Formers  theilweiee  an  ersetsen  nnd  dadurch  die 
Arbeit  tu  beochlennigen;  bisweilen  anch  mit  der  Aufgabe,  ein  kostspieli- 
ges, fllr  die  Handarbeit  unentbehrliches  Modell  durch  einen  einCsche- 
ren  Apparat  sn  ersetien. 

Es  lassen  sich  demnach  sämmtliche  für  die  Formerei  benntst«  Ma- 
schinen in  folgende  Gruppen  theilen ; 

1)  Formmaschinen,  welche  das  Modell  aus  der  Gnssfbrm  heben. 

Wenn  diese  Arbeit  durch  eine  Maschine  rasch  and  sicher  attsgef%hrt 
wird,  kann  dadurch   erhebliche  Zeit  gewonnen  werden.     Denn  ea  wird 


Fonomaschmen. 


193 


nicht  allein  direct  der  grössere  Zeitanfvrand  beim  Aasheben  mit  der 
menschlichen  Hand  gespart,  sondern  bei  der  grossem  Sicherheit  und 
Gleichmässigkeit  der  Maschinenarbeit  fallen  die,  meistens  noch  beträcht- 
licheren, ZeitYcrloste  fast  gans  fort,  welche  durch  das  Ausbessern  der 
beim  Heransnehmen  mit  der  Hand  entstandenen  Beschädigungen  der 
Gosdbrm  veranlasst  werden.  Die  Zeiterspamiss  wird  um  so  grösser, 
wenn  in  einem  und  demselben  Formkasten  mehrere  Modelle  eingeformt 
sind,  welche  durch  die  Maschine  mit  einem  Male  herausgeholt  werden, 
während  bei  Handarbeit  nur  eins  nach  dem  andern  gelöst  werden  kann. 
Der  Vorgang  bei  den  zahlreichen  hierher  gehörigen  Gonstructionen 
von  Formmaschinen  ist  im  Wesentlichen  derselbe.  Das  Formkastentheil 
c,  Fig.  180,  befindet  sich  in  der  zum  Einstampfen  richtigen  Lage  auf 
einem  gusseisernen  gehobelten  Tische  d,  der  mit  Oeffnungen  versehen 
ist,  um    die  Modelle  a  hindurch   zu  führen.     Diese  Oe£Fnungen  müssen 

Fig.  180. 


sehr  genau  gearbeitet  sein,  so  dass  weder  ein  Klemmen  der  Modelle  ein- 
treten kann,  noch  ein  Zwischenraum  bleibt,  in  welchen  Sand  hineinfallen 
konnte.  Die  Modelle  sind  auf  einer  Platte  h  befestigt,  welche  mit  Hülfe 
der  Schraubenspindel  e,  der  Getriebe  /  und  g  (deren  ersteres  mit  Mutter- 
gewinde &kr  die  Spindel  e  versehen  und  durch  ein  über  seine  Verlange- 
rang  übergeschobenes  Halslager  s  vor  Verschiebung  gesichert  ist),  und 
der  Handradspindel  k  in  genau  senkrechter  Richtung  auf-  und  abbewegt 
werden  kann.  Die  Fühningsstangen  II  dienen  ausserdem  zur  Vermei- 
dung von  Schwankungen  beim  Auf-  und  Niedergehen.  Durch  Drehung 
des  Handradchens  m  nach  dem  Einformen  des  Kastens  werden  also 
sämmtliche  auf  der  Platte  h  befindliche  Modelle  rasch  und  sicher  aus  der 
Gusaform  herausbewegt.  Ist  das  Modell  getheilt,  so  dass  ein  Theil  im 
Oberkasten  liegt,  so  bedarf  man,  wenn  nicht  beide  Hälfben  ganz  gleich 
sind,  zweier  Formmaschinen  für  Ober-  und  Unterkasten;  ist  dagegen, 
wie  in  dem  vorstehend  gegebenen  Falle  (Schienenstuhlmodell),  das  Modell 

liedebar,  meoliAuisch-meteUiurgiMhe  Teohnologi«.  X3 


194  Formmaschinen. 

nur  im  Unterkasten  befindlich  und  der  Oberkasten  ganz  glatt,  bo  bedarf 
es  nar  einer  gehobelten  Platte  zum  Einformen  dee  letztem. 

Statt  der  Bewegung  durch  Schraubenspindel  und  drehbare  Schrau- 
benmutter kann  man  auch  durch  Zahnstange  mit  Getriebe,  Kniehebel 
oder  andere  Maschinenelemente  die  Bewegung  des  Modells  bewirken. 
In  einzelnen  Fällen  kann  auch  eine  solche  Abänderung  der  Constmction 
zweckmässig  sein,  bei  welcher  das  Modell  stehen  bleibt,  der  Tisch  mit 
dem  Formkasten  aber  gehoben  wird. 

Je  zeitraubender  die  Arbeit  des  Heraushebens  mit  der  Hand  ist, 
und  je  weniger  bei  dieser  Manipulation  Beschädigungen  zu  vermeiden 
sind,  desto  hoher  werden  die  Ersparnisse  durch  Anwendung  solcher  Form- 
maschinen sein.  Beim  Einformen  von  Schienenstühlen,  deren  vier  zu- 
sammen in  einen  Formkasten  eihgeformt  wurden,  hatte  Verfasser  vor 
einigen  Jahren  Gelegenheit,  eine  totale  Mehrprodnction  von  30  Procent 
gegenüber  der  alleinigen  Handarbeit  zu  constatiren. 

Ausserdem  findet  man  solche  Maschinen  angewendet  bei  Herstellung 
von  kleinen  Maschinentheilen  fclr  landwirthschafbliche  und  andere  Ma- 
schinen, Geschossen,  Röhren. 

2.  Formmaschinen,  welche  das  Einstampfen  beziehentlich  Fest- 
drücken  des  Formmaterials  besorgen,  besonders  für  den  Röhrenguss  in 
Anwendung. 

In  der  Mitte  des  cylindrischen ,  senkrecht  stehenden  Formkastens 
dreht  sich  bei  der  Röhrenform maschine ,  von  einer  Transmission  atis  be- 
trieben, eine  verticale  Spindel,  auf  welcher  das  Modell  und  die  Vorrich- 
tung zum  Einformen  befindlich  ist.  Letztere  besteht  entweder  aus  einem 
kurzen  Cylinder  von  dem  Durchmesser  des  Formkastens  im  Lichten  mit 
Rollen  am  untern  Rande  oder  mit  flachen  Schraubengängen  zum  Fest- 
drücken des  von  oben  eingeschaufelten  Sandes  (Sheriff'sche  und 
Steward^ sehe  Formmaschine),  oder  aus  Stampfern,  welche  während  des 
Rotirens  durch  Excenter  gehoben  werden  und  durch  ihr  Gewicht  nieder- 
fallen ,  oder  aus  ähnlichen  drückend  oder  stampfend  wirkenden  Werkzeu- 
gen. In  allen  Fällen  wird  diese  Vorrichtung  von  dem  eingeschaufelten, 
sich  mehr  und  mehr  häufenden  Sande  selbst  allmälig  gehoben  und  zieht 
dabei  auch  das  Modell  nach  sich. 

3.  Maschinen,  welche  ein  grösseres,  aus  einer  Anzahl  gleicher 
Theile  bestehendes  Modell  durch  ein  einziges  dieser  Theile  ersetzen.  In 
gewisser  Hinsicht  gehören  auch  die  sub  2  erwähnten  Röhrenform- 
maschinen  hierher,  indem  bei  denselben  nur  ein  kurzes  Rohrende,  welches 
allmälig  aufwärts  bewegt  wird,  statt  des  Modells  erforderlich  ist  Deut- 
licher ist  jedoch  dieses  System  der  Formmaschinen  in  der  vielfach  be- 
nutzten Räderformmaschine  für  Zahnräder  vertreten,  deren  erste  Gob- 
struction  sich  G.  M.  Scott  im  Jahre  1865  patentiren  liess^. 


1)  In  Deutschland   werden  Bäderformmaschinen   verbesserter  Constmction 
durch  die  Chemnitzer  Werkzeugmaschinen&brik  in  Chemnitz  erbaut,   welcher 


Räderformmaschine.  1 9S 

Auf  dem  ^aseiBernen,  in  den  Erdboden  eingegrabenen  and  unfeiner 
Boüden  Fnndamentplatt«  angesoliraabten  Fuaae  a^  Fig.  181,  welcher  mit 
einem  (pnnktirt  gezeichneten)  heraasnehmbaren  sapfen artigen  Fortsätze 
TereeheniBt,  steckt  der  hohle  gnsHeiseme  Schaft  b,  durch  die  Schrauben  cc 
vor  Drehung  gesichert.  Der  obere,  pnnktirt  gezeichnete  Theil  dieses 
Fig.  lei. 


Schaflis  ist  schwächer  im  Dnrcbmesser ,  ringsam  gedreht,  nnd  trägt  die 
geschmiedete  Oese  d  za  demZwecke,  den  Schaft  I>  mit  HUlfe  einesKrahns 
leicht  Ton  dem  Fnsae  abnehmen  und  wieder  anfstecken  zu  können.    Un- 


Ver&Mer  die  gegebene  Äbbildaug  dieser  Maschine  verdankt.  —  £b  Bei  eine 
Bcschreibang  dieser  Maschine  —  obschon  streng  genomniei]  in  das  Qebiet  der 
■p«ciellen  Technologie  gehörend  —  schon  hier  gestattet,  um  ein  BeiBpiel  für 
dtrartige  Formmaschineu  zu  geben. 


1 96  Räderformmaschine. 

mittelbar  unter  d  befindet  sich  das  Schneckenrad  e  fest  mit  dem  Schafte 
h  verbunden,  also  wie  dieser  nicht  drehbar,  lieber  diesen  obern  schwa- 
chem Theil  des  Schaftes  h  ist  nun  die  Hülse  /  gesteckt,  innen  ausgedreht 
und  um  h  drehbar.  An  diese  Hülse  ist  zunächst  das  consolformige  La- 
ger g  angegossen,  welches  zum  Tragen  einer  in  das  Rad  e  eingreifenden 
Schneckenspindel  i  dient  (in  der  Abbildung  nur  in  der  Stirnfläche  sichtbar), 
auf  deren  einem  Ende  das  Getriebe  h  befestigt  ist  Wenn  h  und  dadurch  die 
Spindel  i  gedreht  wird,  so  muss,  da  das  Rad  e  fest  liegt,  die  Spindel  sich 
um  e  herumbewegen  und  dadurch  auch  die  Hülse /in  Drehung  versetzen. 
Etwas  weiter  unten  befindet  sich  an/  angegossen  das  Führungsstück  &  für 
den  horizontalen  rahmenformigen  Arm  Z,  welcher  zwischen  diesem  Füh- 
rungsstücke nach  beiden  Seiten  in  horizontaler  Richtung  verschoben  wer- 
den kann.  Zur  Bewirkung  dieser  Verschiebung  träg^  das  Stück  k  die 
Schraubenmutter  i»,  durch  welche  die  in  dem  Arme  fest  gelagerte  und 
an  dem  einen  Ende  mit  dem  Handrädchen  n  versehene  Schraubenspin- 
del 0  hindurchgeht.  An  der  andern  Seite  des  Arms,  parallel  mit  o,  liegt 
die  glatte  Spindel  p,  auf  der  einen  Seite  die  Kurbel  g,  auf  der  andern  das 
Getrieberad  r  tragend,  r  ist  durch  die  Zwischenräder  s  und  /,  welche 
beide  in  dem  Bügel  u  befestigt  sind,  mit  dem  Stirnrade  h  in  Verbindung 
gesetzt,  so  dass  durch  Drehung  der  Kurbel  q  auch  die  Spindel  i  bewegt 
und  somit  die  ganze  Hülse  /  sammt  dem  Arme  l  in  Umdrehung  um  den 
Schaft  der  Maschine  versetzt  wird.  Es  ist  klar,  dass  man  im  Stande  sein 
wird,  durch  die  Wahl  bestimmter  Grössenverhältnisse  zwischen  den  Zahn- 
rädern s  und  t  jedes  beliebige  Maass  für  die  Drehung  des  Arms  2  bei 
einer  ganzen,  halben  oder  viertel  Drehung  der  Kurbel  g  hervorzubrin- 
gen; mit  anderen  Worten,  wenn  ein  Rad  mit  N  Zähnen  geformt  werden 
soll,  man  solche  Räder  8  und  t  einschalten  kann,  dass  jede  ganze,  halbe 

oder  viertel  Drehung  von  q  den  Arm  l  um  —  des  ganzen  Kreises  dreht, 

entsprechend  der  verlangten  Zahntheilung  —  • 

Zu  diesem  Zwecke  wird  der  Maschine  eine  grössere  Anzahl  solcher 
Getriebe  von  verschiedenen  Durchmessern  und  gleicher  Zahntheilung,  zum 
Auswechseln  eingerichtet,  beigegeben,  und  eine  gleichfalls  beigegebene 
Tabelle  erleichtert  die  Wahl  der  Räder  für  eine  gegebene  Anzahl  Zähne 
des  zu  formenden  Rades.  Damit  aber  das  Einstellen  der  Kurbel  q  mit 
Genauigkeit  erfolgen  kann,  dreht  sich  dieselbe  auf  einer  Scheibe  r  mit 
Einschnitten  am  Rande  für  ganze,  halbe  und  viertel  Drehungen,  und  eine 
kleine  Feder  x  bewirkt  ein  sofortiges  Einschnappen  der  Kurbel  in  einen 
solchen  Einschnitt,  sobald  der  betrefiPende  Stand  erreicht  ist,  und  die 
Kurbel  nicht  mehr  mit  der  Hand  angezogen  wird. 

An  dem  einen  Ende  des  Arms  {  befindet  sich  nun  eine  gnsseiBerne 
Führung  w,  in  welcher  das  gusseiserne  Prisma  y  auf-  und  abwärts  be- 
wegt werden  kann.  Zur  Hervorbringung  dieser  senkrechten  Bewegnxiff 
dient  die  Kette  a,  welche  in  das  Prisma  eingreift  und  um  daa  Ketten- 


Räderformmaschine.  1 97 

rftdchen  «  geschlungen  ist;  letzteres  wird  durch  Vermittelang  des  auf 
seiner  Welle  befindlichen  Schneckenrädchens  ß  und  der  Schnecke  y  von 
dem  Handrade  d  ans  bewegt.  Zur  Begrenzung  des  Hinabgehens  dient 
der  verstellbare  Anschlag  6,  zum  Feststellen  des  Prismas  die  Drock- 
schranbe  (. 

Dieses  Prisma  trftgt  nun  an.  seinem  untern  Theile  den  eigentlichen 
formgebenden  Apparat,  das  Modell  17  zu  einem  Zahne  nebst  zwei  Zahn- 
lücken, welches  sich  also  mit  Hülfe  der  beschriebenen  Einrichtungen 
in  den  vorgeschriebenen  Abstand  vom  Drehungspunkte  bringen; 
im  Kreise  herumführen  und  derXheilung  des  anzufertigenden  Rades 

entsprechend  für  jeden  zu  formenden  Zahn  einstellen ; 
über  die  Gussform  erheben  und  in  dieselbe  einsenken  lässt. 
Die  Arbeit  beim  Einformen  beginnt  damit,  dass,  nachdem  der  Schaft 
h  nebst  der  Hülse  /  von  dem  Fusse  abgehoben  worden  sind,  eine  Hülse 
mit  Scheere  wie  für  die  Lehmformerei  über  den  stehen  bleibenden  Zapfen 
des  Fusses  geschoben  und  mit  einer  Schablone  in  dem  Formsande  das 
Modell  für  die  obere  Begrenzungsflfiche  des  Rades  gedreht  wird ;  bei  cylin- 
drischer  Form  des  Rades  wie  in  vorliegender  Figur  also  eine  horizontale 
Ebene.  Dann  wird  nach  dem  Bestreuen  mit  Ziegelmehl  der  Oberkasten 
aufgesetzt,  voll  Sand  gestampft,  die  Eingüsse  an  ihre  Stelle  gesetzt  und 
der  Oberkasten,  welcher  nun  fertig  ist,  abgehoben  und  vorläufig  bei  Seite 
gestellt.  Die  genaue  Stellung  desselben  auf  der  Gussform  wird  vorher 
durch  eingeschlagene  Holzpflöcke  markirt,  auch  die  Fläche  des  Oberkastens 
selbst  wohl  nach  dem  Abheben  mit  einer  besondem  Schablone  und  mit 
Hilfe  einer  im  Mittelpunkte  eingeformten  Hülse  nochmals  nachgedreht, 
besonders  wenn  die  Fläche  nicht  eben,  sondern  wie  bei  konischen  Rädern, 
winkelförmig  profilirt  ist. 

Nun  wird  der  Sand  rings  um  den  Zapfen  aufgegraben  und  mit  einer 
zweiten  Schablone  das  Profil  des  Untertheils  der  Gussform  in  der  ganzen 
Höhe  eines  Zahns  ausgedreht,  so  dass  der  Durchmesser  der  Gussform 
nunmehr  gleich  dem  grössten  Durchmesser  des  Zahnrades  bis  an  die 
Aussenkante  der  Zähne  gemessen  ist  (wie  bei  ^i9  in  Fig.  181),  und  die 
Trennnungsfläche  zwischen  Ober-  und  Unterkasten  mit  dem  obern  Rande 
der  Zähne  zusammenfUlt.  Dann  wird  die  Maschine  auf  den  Fuss  ge- 
steckt, Durchmesser  und  Theilung  richtig  gestellt  und  nun  Zahn  an  Zahn 
angeformt  9  wie  ans  der  Abbildung  ersichtlich  ist.  Arme  und  Nabe  des 
Rades  müssen  durch  später  eingelegte  Kerne,  die  im  Kernkasten  geformt 
werden,  gebildet  werden.  Endlich  wird  die  Maschine  wieder  abgehoben, 
auch  der  Zapfen  aus  dem  Fusse  gezogen,  das  dadurch  entstehende  Loch 
der  Gussform  (bei  ^)  mit  Sande  zugeformt,  die  erwähnten  Kerne  einge- 
legt und  der  Oberkasten  aufgesetzt. 

Eine  eigentliche  Ejrsparung  an  Arbeit  in  der  Formerei  wird  durch 
die  Räderfbrmmaschinen  nicht  erreicht,  wie  aus  vorstehender  Beschreibung 
des  Arbeitsverfahrens  sich  ergeben  dürfte,  und  wie  es  die  Erfahrung  be- 
stätigt.    Im  Gegentheile  pflegen  die  mit  der  Maschine  geformten  Räder 


198  Starre  Gussformen. 

im  Gusse  —  abgesehen  von  den  Modellkosten  —   theurer  auszufallen  als 
die  nach  einem  vollständigen  Modelle  gefertig^n. 

Diese  Mehrkosten  können  aber  gedeckt  werden  durch  die  grossere 
Genauigkeit  der  mit  der  Maschine  geformten  Räder,  welche  ein  Nach- 
arbeiten der  Zähne  entbehrlich  macht,  und  durch  die  Ersparung  an 
Modellkosten.  Letztere  stellen  sich  um  so  höher,  je  grösser  das  Etad  ist 
und  je  weniger  Abgüsse  davon  verlangt  werden.  Mit  der  Grösse  des 
Rades  wächst  auch  die  Gefahr  des  Verziehens  des  Modells,  wodurch 
selbstverständlich  der  Abguss  ungenau  ausfallt.  Diese  Gründe  lassen  die 
Anwendung  von  Räderformmaschinen  für  grosse  Räder  zweckmässiger  als 
für  kleine  erscheinen :  Räder  unter  500  Mm.  Durchmesser,  auf  gewöhnliche 
Weise  geformt,  werden  sich  auch  unter  Berücksichtigung  der  Modell- 
kosten fast  immer  so  erheblich  billiger  stellen,  dass  für  diese  die  Anwen- 
dung der  Formmaschinen  kaum  noch  als  zweckmässig  bezeichnet  wer- 
den kann. 


Literatur  über  Formmaschinen: 

Dürre,  Handbuch  des  Eisengiessereibetriebes ,  IL  Bd.,  Leipzig  1875, 
S.  471  bis  514,  520  bis  538. 

H.  Stentz,  Ueber  die  Anwendung  von  Maschinen  in  der  Formerei.  Zeit- 
schrift für  JBerg-,  Hütten-  und  Salinenwesen  im  preussischen  Staate. 
Bd.  XII  (Jahrgang  1864),  S.  324  u.  ff. 


aussformen  und  Kerne  ans  starrem  Materiale. 

Die  Anwendung  derselben  ist  eine  weit  beschränktere  als  diejenige 
der  Gussformen  aus  bildsamem  Materiale.  Denn  einestheils  pflegt  die 
Anfertigung  solcher  starren  Gussformen  (Schalen)  erheblich  kostspieliger 
zu  sein,  als  die  Herstellung  der  Gussformen  aus  Sand,  Masse  oder  Lehm 
und  kann  fast  immer  nur  für  solche  Fälle  lohnend  erscheinen,  wo  eine 
grosse  Anzahl  gleicher  Abgüsse  in  derselben  Form  gefertigt  werden 
soll;  andemtheils  werden  die  Eigenschaften  mancher  Metalle,  z.  B.  des 
Gusseisens,  durch  die  raschere  Abkühlung  in  den  metallenen  Gussformen, 
welche  für  diese  schwerschmelzigen  Metalle  allein  benutzbar  sein  wür- 
den, so  erheblich  verändert  (Seite  109),  dass  die  Abgüsse  in  vielen  Fäl- 
len ihre  Benutzbarkeit  einbüssen  würden,  obschon  allerdings  in  einzel- 
nen Fällen,  welche  unten  Erwähnung  finden  werden,  gerade  diese  Verän- 
derung der  Eigenschaften  durch  Anwendung  metallener  Gussformen  be- 
zweckt wird;  endlich  ist  die  Form  des  herzustellenden  Abgusses  nicht 
immer  eine  solche,  dass  die  unvermeidliche  Schwindung  nach  dem  Giessen 
innerhalb  der  starren  Gussform  stattfinden  kann,  und  in  diesem  Falle 


Starre  Gussformen«  199 

tritt  ein  Z^rreisseu  des  Abgusses  ein,  wenn  nicht  das  verwendete  Metall 
sehr  dehnbar  ist  and  einen  geringen  Schwindangscoef&cienten  besitzt 
(Zinn,  Blei).  So  z.  B.  würde  ein  Rad  mit  Nabe  und  Armen,  aus 
Giuseisen,  Messing,  Bronze  in  einer  durchaus  metallenen  Gussform 
gegossen,  im  Kranze  und  den  Armen  reissen  oder  sich  doch  im  gün- 
stigsten Falle  so  fest  um  das  zwischen  den  Armen  befindliche  Mate- 
rial der  Gussform  zusammenpressen,  dass  es  nicht  möglich  wäre,  den 
Abguss,  ohne  ihn  zu  zerbrechen,  herauszunehmen;  aus  demselben  Grunde 
lassen  sich  Kerne  aus  starrem  Materiale  fast  nur  bei  weichen ,  dehnbaren 
Metallen  anwenden.  Das  bildsame  Material  der  einmaligen  Gussformen 
gestattet  eben  eine  der  Schwindung  des  Metalls  entsprechende  Zusam- 
mendrückung, und  in  den  wenigen  Fällen,  wo  ein  grösserer  Widerstand  des 
Formsandes  etc.  ein  Zerreissen  des  stark  schwindenden  Abgusses  befürch- 
ten lässt,  kann  man  durch  schleuniges  Freimachen  des  letztern  in  der 
zerstörbaren  Gussform  diese  Gefahr  beseitigen. 

Das  üblichste  Material  für  die  starren  Gussformen  ist  das  Gusseisen ; 
anentbehrlich  für  die  bei  höherer  Temperatur  schmelzenden  Metalle: 
Gassstahl,  Gusseisen,  Bronze,  Messing,  sofern  dieselben  in  Schalen  ge- 
gossen werden  sollen;  seiner  Billigkeit  und  Dauerhaftigkeit  halber  auch 
häufig  für  die  in  niedrigerer  Temperatur  schmelzbaren  Metalle,  Zinn,  Zink 
Blei  u.  a.  benutzt.  Wenn  die  Gussformen  sorgfaltiger  Bearbeitung  durch 
€iseliren  zu  ihrer  Herstellung  bedürfen,  so  wählt  man  wohl  der  leichtern 
Anfertigung  halber  Bronze,  Rothguss  oder  Messing  als  Material  für  die- 
selben« Die  leichtschmelzigeren  Metalle  giesst  man  bisweilen,  obwohl 
seltener,  in  Gussfomen  aus  demselben  Metalle,  als  man  zum  Giessen  be- 
nutzt, natürlich  niemals  in  einem  bei  niedrigerer  Temperatur  schmelzen- 
den. Für  Zinn-  und  Bleigüsse  ist  ein  nicht  selten  benutztes  Material  der 
Schiefer  (z.  B.  för  die  bekannten  Zinnsoldaten),  welcher  das  Eingraviren 
der  Gussform  leicht  gestattet;  für  grosse  plattenf5rmige  Körper  wird  bis- 
weilen Sandstein  oder  Granit  benutzt;  für  die  Stereotypplatten  der  Let- 
temgiessereien  dient  gepresstes  Papier  als  Material  der  Gassform. 

Die  Gussformen  müssen  natürlich  so  eingerichtet  sein,  dass  ein  Her- 
aasnehmen  des  Abgusses  ohne  Schwierigkeit  möglich  ist.  Hierdurch 
wird  bei  weniger  einfachen  Formen  der  Abgüsse  eine  Zerlegung  der 
Gussformen  in  oft  viele  Theile  erforderlich.  Sämmtliche  Theile  müssen 
dabei  mit  Vorrichtungen  versehen  sein,  welche  ein  genaues  Zusammen- 
schliessen  derselben  bewirken. 

Wenn  die  Gussform  nicht  etwa  oben  offen  ist,  ein  Fall,  der  nur 
beim  Gusse  der  einfachsten  Formen  vorkommt,  so  muss  sie  mit  einem 
Eingüsse  versehen  sein,  durch  welchen  das  flüssige  Metall  in  die  Guss- 
form gelangen  kann  und  welcher  später  entfenit  wird.  Da  das  Material 
der  Gussform  völlig  undurchlässig  für  Gase  ist,  so  muss  bei  allen  ge- 
schlossenen Gussformen  dieser  Art  Sorge  getragen  werden,  dass  die  inner- 
halb derselben  eingeschlossene  Luft  entweichen  kann,  ehe  das  Metall  er- 
starrt   Man  bringt  zu  diesen  Zwecke  feine  Luftcanäle  an,  gewöhnlich 


200  Starre  Gassformen. 

auf  den  Trennmigflächea  der  einzelnen  GaBsfonntbeile,  weldie  das  Innere 
derselben  mit  der  'änssern  freien  Loft  in  Verbindung  eetzen. 

Der  einfacIiBte  Fall  der  Änwendong  starrer  Gnseformen  iet  der, 
wenn  stnbformige  oder  platt enförmige  Körper  gegossen  werden  sollen, 
welche  die  erste  Stufe  für  die  weitere  Verarbeitong  bilden;  so  ans  Gusb- 
atahl,  Knpfer,  Messing,  Brouse,  Gold,  Silber,  Blei  u.  b,  w.  Diese  Gnss- 
formeu  sind  stete  oben  offen,  und  zwar  entweder  mit  einer  der  breiten 
Seiten  oben  (liegende  oder  offene  Gnsaformen),  oder  hänfiger  mit  einer 
der  schmalen  Seiten  oben  (stehende  Gaesformen),  je  nachdem  die  sp&tere 
Verweudang  des  Gossstflcks  das  eine  oder  andere  Verfahren  sweckmassi- 
ger  erscheinen  lässt.  Denn  auch  hier  pflegt,  zumal  bei  den  schwerer 
schmelzbaren  UetaUea,  die  beim  Gusse  zu  oberet  liegende  Seite  undich- 
ter zu  sein  als  die  untere.  Hau  nennt  diese  einfachen  Gussformen,  dazu 
bestimmt,  einem  rohen  Metalle  eine  erste  Form  zu  gehen,  bisweilen 
schlechtweg  Eingüsse  (Ingots.)  Ein  vierkantiger  Eieenstab,  mit  einem 
Handgriffe  und  auf  einer  Fläche  mit  einer  langen  sobm&len  Höhlung 
versehen,  wird  zum  Eingiessen  von  Gold  und  Silber  gebraucht,  welche 
Metalle  dann  zu  Dräihteu,  Blechen  etc.  weiter  verarbeitet  werden,  und 
stellt  wohl  die  einfachste  Form  solcher  ofi'enen  EingOsae  dar.  An  diese 
Bchliessen  sich  die  sogenannten  Rohreingasse,  fOr  den  stehenden  Guss 
Yig.  182.  bestimmt,  schwach  konische  Kohre  mit  mn- 

der  oder  viereckiger  Oeffiinug,  deren  unteres 
Ende  während  des  Gieseens  durch  einen 
Stöpsel  verschlossen  wird.  Grössere  der- 
artige GaSBformen  bestehen  fast  immer  aus 
zwei  Tkeilen.  Fig.  182  stellt  eine  solche 
zweitheilige  Gussform  fOr  StablgOBse  dar, 
welche  während  des  Giessana  durch  aber- 
gelegte SchmiedeeiseDrioge  eosammengehal- 
ten  wird. 

Für  den  Guss  plattenformiger  Körper 
benutzt    man  bisweilen  zwei  aufrecht  ge- 
stellt« Gusseisenplatten,  zwischen  denen  man 
Leisten  von  der  St&rke  der  herzustellenden  Platte  derartig  einlegt,  daas 
sie  drei  Seiten  der  Gassform  begrenzen ,  während  die  vierte  obere  Seite 
offen  bleibt. 

Weniger  einfach  ist  die  Einrichtung  der  Gussformen,  wenu  die  her- 
zustellenden Abgüsse  gegliederte  Form  besitzen,  und  besonders,  wenn  de 
hohl  sind.  Wie  bei  Hohlkörpern,  welche  im  bildsamen  Materiale  gegos- 
een  werden  sollen,  ist  alsdann  ein  Kern  und  eine  äossere  Umhüllung 
erforderlich,  welche  bei  dieser  Art  von  Gussformen,  voreugsweise  für  die 
Zinngieaserei  verwendet,  Hobel  genannt  wird. 

Fig.  183  stellt  eine  Gnseform  zum  Goese  cylindrischer  Hohlgefiste 
dar,  wie  sie  zum  Messen  von  Flüssigkeiten  benutzt  werden,  a  ist  der 
gUBseiserne  cjUndrische  Kern,    b  der  gleichfalls  gusseiseme  Hobel,  ans 


Starre  Gossfonneo.  201 

zwei  Theilen  beatehend,  um  Um  vom  AbgoBse  lösen  m  kOnnen ,  and  mit 
dem  EingoMe  c  veraehen.  Oben  greift  4er  an  dem  Kerne  angegosaene 
Deckel,  ttntan  der  Untersatz  d  über  den  Rand  der  beiden  Tbeile  des 
Hobela  and  hftlt  ihn  zusammen,  während  auf  diese  Weise  lagleioh  die 
conoentrisohe  Lage  des  Kerns  gesicbert  ist  Mit  einer  Angel  tritt  der 
Tbnl  d  in  den  Holzfnse  e.  Bei  der  Debnbarkeit  des  Zinns  and  dem  ge- 
ringen Durcbmesser  des  Geiaases  ist  ein  Zerreissen  desselben  durch  das 
Schwinden  nm  den  starren  Kern  a  nicht  zu  fürchten,  wohl  aber  preast 
Fig.  1S3.  Fig.  1B4. 


sich  in  Folge  der  Schwindang  der  Abgofis  so  fe«t  am  den  Kern,  das» 
letsterer  sich  dnroh  einfaches  Ziehen  mit  der  Hand  nicht  mehr  heraoe- 
bringen  lisst.  Ans  diesem  Grunde  ist  der  Kern  mit  dem  Haken  /  ver- 
■ehen,  nm  mit  Bfllfe  einer  Winde,  deren  Kette  oder  Seil  in  /  eingreift, 
während  der  Abgnss  in  eine  hölzerne  festliegende  Büchse  eingespannt 
ist,  den  Kern  herauszuziehen. 

Die  OoBsform  f&r  eine  gesobweifte  Kanne  mit  angegossenem  Fusse 


202  Schalenguss. 

(in  Zinn  oder  Britanniametall)  ist  in  Fig.  184  (a.  t.  S.)  abgebildet^).  Der 
Hobel  a  besteht  auch  hier  wieder  ans  zwei  Theilen  und  lässt  sich  auf 
diese  Weise  ohne  Weiteres  yom  Abgüsse  losen;  oben  wird  derselbe 
durch  den  über  das  „Schloss"  greifenden  Deckel  c,  unten  durch  den  Fuss 
d  zusammengehalten.  Weniger  einfach  ist  der  Kern  construirt,  welcher, 
wenn  er  nur  aus  einem  oder  zwei  Stücken  bestände«  nicht  aus  dem  Ab- 
güsse herauszubringen  sein  würde.  Er  ist  deshalb  durch  Yerticalschnitte, 
von  denen  die  das  Stück  »  begrenzenden  etwas  nach  innen  divergiren,  in  fünf 
Theile  zerlegt,  welche  oben  in  den  Deckel,  unten  in  das  Stück  y  mit 
Schloss  eingreifen,  y  ist  Yon  beiden  Seiten  mit  Muttergewinde  yersehen, 
so  dass  nun  mit  Hülfe  der  Schrauben  8  und  i  die  ganze  Form  fest  zu- 
sammengeschlossen werden  kann.  Nach  dem  Abgüsse  werden  zunächst 
die  Schrauben  gelöst,  Boden,  Deckel  und  Hobel  entfernt,  dann  das  Stück 
X  des  Kerns  nach  innen  herausgenommen,  worauf  die  übrigen  Theile  yon 
selbst  losgehen.  Ausguss  und  Henkel  werden  bei  allen  derartigen  Ge- 
issen in  besonderer  Form  gegossen  und  entweder  angelöthet  oder  auch 
wohl  angegossen,  indem  man  die  Gussform  für  diese  Theile,  welche  an  den 
Berührungsstellen  mit  dem  Gefösse  oflfen  sein  muss,  gegen  die  Wand  des 
Gefösses  in  richtiger  Lage  drückt  und  nun  das  flüssige  Metall  eingiesst, 
welches  dann  mit  dem  Metalle  des  Gefasses  zusammenschmilzt. 

Anwendung  von  Gussschalen  zur  Beeinflussung  der 

Eigenschaften  der  Metalle. 

Inwiefern  die  Eigenschaften  der  Metalle,  insbesondere  des  Guss- 
eisens und  der  Bronze,  durch  rasche  Wärmeentziehung  beeinflusst  werden, 
wurde  auf  Seite  109  erörtert.  Da  nun  jene  durch  rasche  Abkühlung  her- 
vorgerufenen Eigenschafben  —  grosse  Härte  des  Gusseisens,  Dichtigkeit 
und  Zähigkeit  der  Bronze  —  für  viele  Verwendungen  sehr  zweckmässig 
sein  können,  so  bewirkt  man  die  für  solche  Fälle  erforderliche  rasche 
Wärmeentziehung  durch  Anwendung  von  metallenen,  gewöhnlich  guss- 
eisemen  Gussschalen  statt  der  Gussformen  aus  schlecht  wärmeleitendem, 
bildsamem  Formmateriale.  Gussstücke  aus  Gusseisen,  welche  durch  Ein- 
giessen  in  Schalen  eine  harte  Oberfläche  erhalten  haben,  nennt  man 
Schalenguss  oder  Hartguss. 

Die  Einwirkung  der  Gussschale  auf  die  Eigenschafben  des  eingegos- 
senen Metalls  ist  im  Allgemeinen  um  so  kräftiger,  je  grösser  das  Ver- 
hältniss  zwischen  dem  Gewichte  der  Schale  und  demjenigen  des  ein- 
gegossenen Metalls,  und  je  grösser  der  Temperaturunterschied  beider  in 
dem  Augenblicke  ist,  wo  das  eingegossene  Metall  anfangt,  starr  zu 
werden  ^). 


1)  Nach  Abbaß,  Handbuch  der  Metallgiesaerei.    Weimar  1875,  Taf.  XIX, 
Fig.  259  und  260. 

^)  Deshalb  ist  die  Einwirkung  starker,  wenn  das  Metall  wenig  über  seinen 


Schalenguss.  '  203 

Wenn  man  ein  GuautQck  tod  einsr  Seite  her  während  des  Erstar- 
rens  abkühlt,  bo  pflanzt  sich  diese  AbkAblang  Dicht  rasch,  eondera  all- 
milig  durch  das  gMise  Uetall  fort.  Die  Folge  davon  ist,  dase  dasHaaeB 
der  Beeinflanimg  der  Eigenschaften  durch  jene  WärmeeDtziebang  um 
so  mehr  abnimmt,  je  weiter  die  Theile  des  Abgusses  von  der  Abkühlosga» 
fliehe  entfernt  liegeo.  Fflr  die  Anwendung  von  Gnaaeiaen  als  Gussmate- 
rial für  SohalengnsB  ist  dieser  Umstand  von  hober  Wichtigkeit;  denn 
das  durch  plötzliche  Abkflhlang  weiss  gewordene  Gnsseiaen  besitzt  aller- 
dings eine  aosserordentlicbe  Härte  und  dadurch  eine  grössere  Wider- 
standeßUiigkeit  gegen  Einflösse  der  Reibung  etc.,  ist  aber  in  gleichem 
Haasse  spröder  und  weniger  bearbeitungst^hig  geworden,  und  letztere 
Eigenscbaften  würden  ein  Gassstück  tüx  die  meisten  Verwendungen  nn- 
bnuchbar  maoheu,  wenn  es  durch  nnd  durch  jene  Veränderung  seiner 
Beschaffenheit  durch  die  rasche  Wärmeentaiehnng  erfahren  h&tte.  Man 
beschrftnkt  also  beim  sogenannten  Hartgnsse  die  Anwendung  der  Gusa- 
schalen  auf  dl^enigen  Theile  der  Oberfl&che ,  bei  welchen  grössere  Härte 
kervorgerofen  werden  soll,  und  alle  Übrigen,  entfernter  liegenden  Theile 
des  Abgusses  behalten  ihre  normale  Beachaffeuheit. 

Diesem  Umstände  zufolge  bestehen  die  Ousafcrmeu  für  Hart-  oder 
Schalenguss  fast  immer  ans  mehreren  Theileu,  von  denen  eins  oder  einige 
den  einmaligen  Gussformen  zugehftreo  und  durch  Formerei  mit  Hülfe 
eines  Hodelli  hergestellt  werden,  während  die  für  öftere  Benutsung  die- 
nende GnssBohale  als  besonderer  Tbeil  mit  jenen  verbunden  wird. 

Beispiele.  Bei  einem  guBaeisemen  Laufrade  für  Eisenbahnwagen 
(besonders  für  kleine  Transportkarren,  Hunde  etc.  benutzt)  soll  der  Um- 
fang des  Radkranzes  hart  sein,  während  für  alle  Übrigen  Theile  dio  nor- 
male Beschaffenheit  des  Guaseisens  nothwendig  ist,  um  bearbeitnngsfahig 
und  den)  Zerspringen  weniger  ausgesetzt  zu  sein.  Die  Gnssform  eines 
Yig,  185.  solchen   Rades  hat  also  die  in 

Fig.    185    gezeichnete  Einrich- 
tung.    Es  tat  hier  a  das  Ober- 
tbeil    der    Gossfonn    mit    dem 
Eingüsse  e,  b  das  Untertbeil,  c 
die  gusseiserne  Schale ,  mit  den 
Formkastentheilen  durch  Diibel 
verbunden,  d  ist  der  Kern  für 
die  Nabenöffnung.    Wenn  die  Wandstärke  der  Schale  gleich  der  zwei- 
bis  sweiondeinhalh&chen  Wandstärke  des  Radkranzes  ist,  so  wird  bei 
richtig  gewählter  Beschaffenheit  des  Gusseisess ')  der  Abgoss  an  dem 

Schmelcpnukt  erhitit,  ata  wenn  ei  hoch  erhitit  in  die  Oiuafomt  eingegossen 
wird ;  denn  in  lettterm  Falle  erwärmt  e«  auf  Kosten  eine«  Tbeiles  seiner  eige- 
nen Wäraie  die  Schale,  bevor  eine  fieeindiiseung  Miner  Eigenscbaftan  durch 
die  W&rmeentxiehung  ttattfluden  kann. 

■)  Ueberdi^enigenBeBtandUieiledBsOaweiseii«,  welche  diene  Neigung,  durch 
raache  Abkühlung  weiss  zuweiden,  erhüben  oder abiohwüchen,  siehe  B.  14  u.  109, 


204  HartguBB. 

Umfange  weiss,  strahlig,  hart,  ao  der  Innen eeite  gran,  kömig,  weich 

ADBfaUen. 

Bei    einem    sogenannten    HerzatQcke    für    KiBenbahukrenznngen 

(Fig.  186)  Bollen  die  Schienen  an  der  Oberfläche  Härtung  erhalten,  alles 
jijl^  lgg  Uebrige  weich  bleiben.  £b 

ist  noch  darauf  Rückeicht 
zu  nehmen,  daes  bei  der 
langgestreckten  Form  des 
AbguBses  ein  Em  mm  zie- 
hen in  Folge  der  raschem 
Abkühlong  der  einen  Seite 
zu  befdrobteu  ist,  und  die- 
BCB  eich  nur  Yermeiden 
läBst,  wenn  der  Abgnse 
Fig.  IST.  bis  zum  vöUigen  Erkalten 

durch  festes  Anspannen 
in  gerader  Lage  erhalten 
wird.  Die  Figuren  187 
und  188  stellen  die  Gusb- 
form  für  ein  solches  Herz- 
stück dar.  a  ist  die  Gubb- 
schale,  nngeiahr  100  Um. 
stark,  mit  vielen  kleinen 
durcbgehendeaOe£hungen 
versehen,    um    Gase    and 

Dämpfe,  die  sich  aus  dem  Formsande  entwickeln,  nach  unten  entweichen 

zu  lassen.     Ausserdem   ist  die   obere  Seite  der  Schale  mit  zahlreichen, 
Fig.  188. 


etwa  20  Mm.  heransragenden  Drahtstiften  besetzt,  welche  einen  Halt  für 
das  auf  derselben  liegende  Formmaterial  bilden.  An  der  unteren  Seite 
ruht  die  Gussscbate  auf  Torspringenden  gehobelten  Leisten  des  Form- 
kastens, wie  ans  Fig.  167  ersichtlich  ist.  Um  diese  Lage  zu  aichem, 
sind  zwei  Paar  scbmiedeelBerne  Bügel  tow  in  die  Schale  eingegossen,  um 
starke  gusseiseme  Balken  VC  hindurchzustecken  und  durch  Keile  mit 
Formkasten  b  nnd  Gnasschale  a  in  feste  Verbindung  zu  bringen.     Alles 


Hartwalzenguss.  205 

Uebrige  dOi-fle  einer  Erläaterung  nicbt  bedürfen.  Das  erwähnte  Gerade- 
spannen  des  AbgosseB  gescbieht,  indem  man  sofort  nach  dem  Gnase  den 
Obarkaaten  abhebt,  qner  über  das  GasBstück  swei  gnsBeiaenie  Balken 
von  gleicher  Grösse  ah  v  and  parallel  mit  denselben  legt  und  nun  durch 
ftbergeschobene  starke  schmiedeeiserne  Bflgel  und  dazwischen  geschlagene 
Keile  je  einen  oberen  mit  einem  nuteren  Salken  fest  verbindet,  bis  der 
Abgnss  erkaltet  ist. 

Bei  Walzen  znm  Poliren  von  gewalzten  Eisenstaben  and  zq  aade- 
ren  Zwecken  soll  die  Oberö&che  des  Mittelstacks  (des  Walzenkörpers) 
hart  werden,  die  Zapfen  aber  weich  bleiben.     Deshalb  wird  die  Onsaform 
zu  einer  solchen  Hartwalze,  wie  aus  Fig.  189  ersichtlich  ist,  hergestellt. 
Pj-    j  gg  Der  tangential  im  unteren  Zapfen 

mündende  EinguBs  muss  in  die- 
sem Falle  für  sich  angefertigt 
und  mit  der  Oaesform  in  Ver- 
bindung gebracht  werden;  häu- 
fig nimmt  man  gusseiseme  Rohr- 
stücke dazu,  welche  inwendig 
mit  Masse  bekleidet,  getrocknet 
and  an  den  Formkasten  ange- 
schraubt werden. 

Bei    dem    Terhältnissmässig 
grossen  Gewichte   des  Walzen- 
körpers im  Yerh&ltmsse  zu  sei- 
ner Oberfläche  mttss   die  Guss- 
schale  eine  beträchtliche  Stftrke 
besitzen,  wenn  die  Härtnag  tief 
genug   eindringen  soll,  nnd  es 
beträgt  das  Gewicht  der  Schale 
aus  diesem  Grande  nicht  selten 
das  Drei-  bis  Vierfache  des  Ab- 
gusses.   Diese  starke  Guasschale 
dehnt  sich  nun  selbstreratänd- 
lich  ans,  sobald  sie  Wärme  von  dem  Abgüsse  au&immt,  nnd  es  bildet 
sich  zwischen  diesem  und  der  Schale  ein  Zwischenraom,  welcher  eines- 
theils  die  fernere  Abkühlung  beeinträchtigt,  zugleich  aber  zarEntstehnog 
sogenannter  Hartborsten    (Hartrissen)  Gelegenheit    giebt,    d.  h.  von 
Rissen  in  dem  Umfange ,  welche  durch  die  nngleichartige  and  ungleich- 


zeitige EiBtarraog  der  Rinde  und  des 


nnem  Kerns  hervorgerufen  « 


den.     Zur  Vermeidong  dieser  Uebelstände  wendet  man  neuerdings  nach 


einem  dem  Giessmeister  Anton  Tark  i 

ren  Gnssschalen   mit  Wasserkühlung  : 

sind  nur  etwa  20  Mm.  stark,   dagegen  . 

100  Hm.   mit  einem  Blechmantel   umgeben,  und  zwischen   diesem  und 

der  Schale  oircolirt  nun  das  Kühlwasser,  welches  ununterbrochen  eroeoert 


in  Doaavitz  patentirten  Verfah- 
Walzen gusse  an.  Dieselben 
einem  Abstände  von  80  bis 


206  Geschützguss. 

wird.  Es  findet  begreiflicher  Weise  hierdurch  eine  kräftigere  Abküh- 
lung des  eingegossenen  Metalls  statt,  als  durch  noch  so  starke  eiserne 
Schalen ;  die  Gusssch^le  dehnt  sich  nicht  aus,  und  man  vermeidet  dadurch 
nach  Angabe  des  Erfinders  die  in  Folge  dieser  Ausdehnung  entstehenden 
erwähnten  Uebelstande,  insbesondere  die  Entstehung  der  Hartborsten  ^). 

Jener  bei  Verarbeitung  des  Gnsseisens  wohlthätige  Umstand,  dass 
der  Einfluss  der  raschen  Wärmeentziehung  durch  die  Gussschale  mit  der 
Entfernung  von  der  Abkühlungsfläche  allm&lig  sich  verliert,  wirkt  bei 
BronzegüBsen  nachtheilig;  denn  bei  den  Bronzen  stellen  sich  nicht  wie 
beim  Gusseisen  durch  rasche  Abkühlung  neben  den  erstrebten  Eigen- 
schaften auch  solche  ein,  welche  die  Verarbeitung  und  Verwendung  be- 
einträchtigen (Sprödigkeit  des  gehärteten  Gusseisens  u.  s.  w.),  sondern 
der  Hauptvortheil  der  raschen  Abkühlung  liegt  bei  den  Bronzen  in  der 
Verhinderung  des  Saigems  und  in  der  durch  diese  Einwirkung  erreich- 
baren hohem  Festigkeit  und  Widerstandsfähigkeit. 

Giesst  man  z.  B.  ein  Geschützrohr  ohne  Kern  (also  voll  und  für 
späteres  Ausbohren  berechnet),  so  findet  man,  dass  die  Beschaflenheit  der 
Bronze  um  die  Achse  herum  eine  ganz  andere  ist,  als  am  äussern  Rande. 
Es  ist  dieses  offenbar  ein  Nachtheil,  welcher  sich  bei  der  Verwendung 
des  Geschützes  in  empfindlicher  Weise  geltend  macht.  Nach  mehrfachen 
Versuchen  hat  Generalmajor  von  Üchatius,  Director  der  k.  k.  Geschütz- 
giesserei  in  Wien,  eine  gleichmässige  Beschaffenheit  der  Gussbronze  in 
den  Geschützrohren  dadurch  erreicht,  dass  in  der  Mitte  der  zum  Gusse 
dienenden  Gussschale  eine  massive  Eupferstange  von  50  Mm.  Durchmes- 
ser als  Kern  eingesetzt  und  um  diese  herum  das  Metall  gegossen  wird« 
Das  Kupfer  wirkt  wärmeentziehend  auf  die  Bronze  und  wird  später 
durch  Ausbohren  entfernt.  Die  in  solcher  Weise  gegossenen  Geschütz- 
rohre bilden  die  erste  Anfertigungsstufe  für  die  in  neuerer  Zeit  mehrfach 
in  politischen  und  wissenschaftlichen  Blättern  besprochenen  Stahlbronze- 
geschütze, von  deren  weiterer  Anfertigung  später  (unter  dem  Abschnitte 
„Form Veränderung  durch  mechanische  Kraft")  die  Rede  sein  wird  ^). 

Die  Gussschalen,  sie  mögen  nun  für  sich  allein  die  vollständige 
Gussform  (bei  Zink,  Zinn  und  Bleiguss)  oder  nur  Theile  der  Gussform 
bilden,  erhalten  gewöhnlich  vor  dem  Gusse  einen  dünnen,  isolirenden 
Ueberzug,  um  ein  Anschmelzen  des  eingegossenen  Metalls  zu  verhüten. 
Gusseiseme  Schalen  reibt  man  mit  Oel,  Talg,  Wachs  oder  Graphit  ein, 
Messingformen  für  Zinkguss  erhalten  durch  Bestreichen  mit  einer  Lösung 
von  Silbernitrat  in  verdünnter  Salpetersäure  einen  schwachen  Silberüber- 
zug, Zink-,  Zinn-  und  Bleiformen  werden  mit  Bolus  oder  Kienruss  bestrichen 
oder  über  einer  qualmenden  Oel-  oder  Kienflamme  angeblakt  u.  s.  f. 


^)  OeBterreichisclie  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenwesen,  Jahrgang  1875, 
8.  174. 

^)  Dingler's  polytechnisches  Jonmal,  Bd.  217,  S.  122. 


Beschwerung  der  Gussformen.  207 

Literatur  über  Gussformen  aus  starrem  Materiale: 
Abbas,  Handbuch  der  Metallgiesserei ,  Weimar  1875,  enthält  auf  Seite 
100  u.  ff.,  sowie  Taf.  XVIII  und  XIX  Beschreibung  und  Abbil- 
dung von  Grussformen  für  Gold,  Silber,  Zink,  Zinn  und  Blei. 
Dürre,  Handbuch  des  Eisengiessereibetriebes ,  2.  Bd.  (Leipzig  1875), 
S.  613  bis  627  (Mittheilungen  und  theoretische  Betrachtungen 
über  Anwendung  von  Gussschalen  bei  Verarbeitung  des  Gusseisens). 


Die  FerÜKstellting  der  Oussformen  für  die  Aufiiahme 

des  ^esclmiolzenen  Metalls. 

In  dem  Vorstehenden  wurden  die  Gussformen  und  ihre  Herstellung 
bis  zu  dem  Punkte  einer  Besprechung  unterzogen,  wo  sie  hinsichtlich 
ihrer  äussern  Form  eben  geeignet  sind,  als  formgebende  Apparate  zu 
dienen.  Bevor  jedoch  das  flüssige  Metall  in  die  fertig  zusammengestellte 
Gussform  eingegossen  werden  kann ,  sind  noch  gewisse  Vorsichtsmaass- 
regeln  erforderlich,  welche  den  Zweck  haben,  ein  durch  den  hydrostatischen 
Druck  des  flüssigen  Metalls  bewirktes  Auseinandertreiben  der  Gussform 
—  besonders  wenn  sie  aus  mehreren  Theilen  zusammengesetzt  ist  — 
und  ein  dadurch  unfehlbar  eintretendes  Ausströmen  des  flüssigen  Metalls 
durch  die  entstandenen  Fugen  zu  verhindern.  Dieser  Druck  des  flüssi- 
gen Metalls  kann  bei  hohen  Eingüssen  und  grossem  Querschnitte  der  Guss- 
form ein  recht  beträchtlicher  werden.  Wenn  h  die  Höhe  der  über  einem 
beliebigen  Punkte  der  Gussform  stehenden  Metallsäule  bezeichnet,  g  das 
Gewicht  des  Metalls  pro  Volumeneinheit  (z.  B.  Cubikmeter),  so  ist  der 
vom  Metalle  an  jenem  Punkte  ausgeübte,  auf  Auseinandertreiben  der 
Gussform  gerichtete  Druck  pro  Flächeneinheit  (Quadratmeter)  I>  =  hg. 

Bei  Herdgussformen  ist  die  Gussform  durch  ihre  Lage  in  dem 
Herde  gegen  diesen  Druck  hinreichend  geschützt;  bei  Kastengussformen 
wird  der  I>mck,  sofern  der  Formkasten  solide  genug  gearbeitet  ist,  in- 
soweit von  den  Formkastenwänden  aufgenommen,  als  seine  Richtung  nor- 
mal gegen  dieselben  trifft;  alle  Druckkräfte  aber,  welche  nicht  normal 
gegen  diese  Wände  gerichtet  sind,  streben  entweder,  das  Formmaterial  aus 
den  offenen  Stellen  des  Kastens  herauszudrücken  oder  die  ganzen  Theile 
der  Gussform  aus  einander  zu  treiben.  £s  sei  z.  B.  eine  gusseiseme  Platte 
3  Meter  lang,  2  Meter  breit  zu  giessen  und  in  einem  zweitheiligen  Form- 
kasten in  horizontaler  Lage  eingeformt.  Die  an  verschiedenen  Stellen 
angebrachten  Eingüsse  seien  0,25  M.  hoch  von  der  Oberkante  der  Platte 
aus  gemessen.  Ein  Cubikmeter  Grusseisen  wiegt  7250  Kilogramm,  dem- 
nach ist  der  Druck  gegen  die  Wände  der  Gussform  pro  Quadratmeter 
^^=0,25  X  7250  =  1812,5  Kilogramm,  und  der  totale  Druck,  welcher 
gegen  den  Oberkasten  der  Gussform  wirkt  und  diesen  emporzuheben  strebt: 

3  X  2  X  1812,5  =  10  875  Kilogramm. 


208  DammgmbeiL 

Es  leacbtet  ein ,  dass  bei  solchem  Dmcke  weder  das  eigene  Gewicht 
der  Gnssfonn  sammt  ihrer  Röstimg,  noch  die  bisher  beschriebenen  Yer- 
bindnngsweisen  der  einssebien  Gnssformtheile  ansreichend  sein  werden, 
ein  Auseinandertreiben  derselben  zn  yerhaten.  Kleine  Formkasten  spannt 
man  in  solchen  Fällen  zwischen  Lehrbretter  (Seite  141),  die  durch 
Schraabenzwingen  zusammengehalten  werden;  grössere  belastet  man  mit 
angelegten  BeschwenmgBeisen,  welche  mit  den  Enden  auf  den  Rändern 
des  Kastens  anfliegen  müssen.  Gewöhnlich  benutzt  man  dazu  prisma- 
tische Gusseisenstacke,  auch  Roheisenbarren  eignen  sich  för  diesen  Zweck. 
Grosse  Formkastentheile  werden  ausserdem  mit  Hülfe  von  Splinten, 
welche  durch  die  Dübel  gesteckt  werden ,  mit  einander  fest  verbunden. 
Die  Bemessung  der  richtigen  Belastung  eines  Formkastens  gegen  das 
Auseinandertreiben  ist  eine  wichtige  Bedingung  für  das  Gängen  des 
Gusses. 

Damm  gruben.  Bei  aUen  freien  Gussformen  ist  natürlich  ein  ein- 
seitiges Beschweren  wie  bei  Eiastengussfonnen  nicht  ausreichend,  dem 
Drucke  des  Metalls  hinreichenden  Widerstand  zn  leisten ,  da  die  in  seit- 
licher Richtung  th&tigen  Kräfte  hier  nicht  wie  bei  letzteren  in  dem  Form- 
kasten einen  soliden  Widerstand  finden.  Man  richtet  deshalb  für  solche 
Gussformen  eine  vor  Feuchtigkeit  geschützte  Vertiefung  in  dem  Erd- 
boden des  Giesslocals  her,  in  welcher  dieselben  völlig  in  porösen  Sand  ein- 
gegraben und  auf  solche  Weise  gegen  den  Druck  des  Metalls  geschützt 
werden  können.     Diese  Vertiefung  heisst  Damm  grübe. 

Dieselbe  hat  cylindrische,  bisweilen  auch  prismatische  Form  und  ist 
durch  einen  wasserdichten  Mantel  aus  Eisenblech,  Gusseisen  oder  Maue- 
rung gegen  das  Eindringen  von  Feuchtigkeit  von  aussen  her  geschützt. 
Die  cylindrische  Form  leistet  dem  Erddrucke  den  grössten  Widerstand 
und  ist  deshalb ,  wo  nicht  ganz  besondere  Gründe  dagegen  sprechen ,  die 
geeignetste;  je  tiefer  die  Dammgrube,  je  grösser  also  der  Elrddruck  ist, 
desto  weniger  geeignet  ist  eine  prismatische  Form. 

Der  Durchmesser  und  die  Tiefe  der  Dammgruben  sind,  den  verschie- 
denen Bedfirfiiissen  entsprechend,  sehr  verschieden;  f^die  meisten  reicht 
eine  Tiefe  von  4M.  bei  einem  Durchmesser  von  3  bis  4M.  aus,  und  wo 
nur  kleine  Abgüsse  gefertigt  werden,  sind  jene  Abmessungen  nicht  selten 
erheblich  geringer. 

Die  Wahl  des  Materials  zu  den  Dammgrabenmänteln  ist  von  ver- 
schiedenen Umständen  abhängig.  Schmiedeeiserne  Mäntel  sind  am  bil- 
ligsten herzustellen,  widerstehen  aber  am  wenigsten  den  chemischen  Ein- 
flüssen der  Feuchtigkeit.  Enthält  das  Grundwasser  freie  Säuren  oder 
saure  Salze,  so  ist  nicht  zur  Anwendung  von  Schmiedeeisen  zu  rathen. 
Gasseisen  hat  eine  längere  Dauer  als  Schmiedeeisen,  eignet  sich  aber 
weniger  für  cylindrische  Form  der  Grube  wegen  der  Schwierigkeit  des 
Gusses,  erfordert  eine  umständlichere  Verdichtung  und  ist  aus  diesen  Grün- 
den nur  für  flache  Gbuben  mit  quadratischem  oder  rectangulärem  Grundrisse 
in  Anwendung.  Bei  viel  benutzten  Grruben  veranlasst  die  geringere  Wider- 


Dammgruben.  209 

standsfihigkeit  des  GnaaeiBena  gegen  Zerspringen  gerechte  Bedenken 
gegen  dessen  Verwendang,  da  bei  w&sserhaltigem  Boden  ein  einziger 
Sprung  die  ganse  Dammgnibe  nnbraachbar  machen  kann. 

Qemanerte  Dammgraben  gehen  bei  gnter  AnsfOhrnng  die  bei  Wei- 
tem gr58ste  Sicherheit  gegen  Beschädigimgen  aller  Art  und  warden  nn- 
bedingt  allen  übrigen  vorzuziehen  aeia,  wenn  nicht  ihre  höheren  Her- 
etellimgakoBten  in  der  Regel  erheblich  hierbei  in  die  Wagechale  fielen. 
Dennoch  sollte  bei  viel  benutzten  Dammgmbea  in  wasaerreichem  Erd- 
reiche dieses  Bedenken  der  Gefahr  gegenüber  anaaer  Acht  fallen,  bei 
Anvendnng  Ton  Schmiedeeisen  oder  GasaeiBen  kostspielige  Reparaturen 
oder  gar  eine  Emeuenuig  der  Dammgraben  Tomehmen  zn  müsaen. 

Die  Anlage  groaaer  Dammgruben  ist  besonders  bei  wasserreichem 
Boden  eine  nicht  leichte  Aufgabe  und  erfordert  Ueberlegimg  nnd  Sorg- 
falt H&nfig  iat  man  genöthigt,  nach  dem  Ansachacbten  des  BodeuB  eine 
Holzwand  zn  ziehen,  nm  das  Nacbatürzen  des  Erdreichs  zu  verhüten, 
bevor  der  Hantel  eingebracht  ist.  Ist  der  Wasserandrang  stark,  so  müs- 
aen Pumpen  aufgestellt  and  Tag  and  Nacht  in  Tbätigkeit  erhalten  wer- 
den, um  das  Ersaafen  der  Grube  zn  verhüten. 

Den  Dammgmbenmantel  lässt  man  entweder  im  Ganzen  hinunter 
oder  maQ  arbeitet  ihn  in  der  Grabe  zusammen,  nachdem  die  Stücke  vor- 
her zasamtnengepasst  waren.  Blechcjlinder  von  mittlerer  GröBse  läast 
man  gewöhnlich  im  Ganzen  hinunter;  bei  sehr  tiefen  Graben  kann  man 
vorher  einzelne  Ringe  des  Mantels  zaaainmeiiarbeiten  nnd  sie  in  der 
Grabe  mit  Schrauben  oder  Nieten  an  einander  befestigen.  Mäntel  aus 
gosseiaernen  Platten  schraubt  man,  um  aie  vor  dem  Zerbrechen  zu  be- 
p^_  igQ  wahren,  am  besten  in  der 

Grabe  seihst  zusammen. 
Man  versieht  aie  za  die- 
sem Zwecke  mit  ansprin- 
genden Flantachen,  welche 
durch  Hanfeinlage  mit 
eingegossenem  Blei  oder 
auch  durch  eingetriebene 
HolzstOckchen  gedichtet 
werden. 

Gemaaerte  Dammgrn- 
benm&ntel  werden  gleich- 
falls am  sichersten  an  Ort 
nnd  Stelle  selbst  anfge- 
fahrt  Alle  Fugeu  mOs- 
'  Ben  auÜs  Sorgfältigste  mit 

Cement  gemauert  werden, 
um    das  Eindringen  von 
Feuchtigkeit  za  bindern.     Der  Boden  der  Grabe  besteht,  wenn  der  Man- 
tel gemauert  ist,    gewöhnlich  aus  einer  Betonschicht ;  dieaelbe  kann  mit 

LidtbBT,  mrchknUch-inaUlliirRliebs  TechnoJoglr.  Jf 


210  Dammgruben. 

einer  starken  gosseisemen  Platte  abgedeckt  werden,  Über  welche  der 
Rand  der  Mauemng  übergreift,  und  darüber  kommt  eine  starke  Lage 
von  Cement  (Fig.  190,  a.  v.  S.). 

Bei  der  Aofführong  der  Dammgmben  darf  man  niemals  vergessen, 
dass,  wenn  das  Gewicht  des  hohlen  verdichteten  Dammgrubenmantels 
kleiner  ist,  als  das  Gewicht  des  verdrängten  Grundwassers,  der  Mantel 
von  dem  Wasser  gehoben  wird  und  schwimmt.  Während  des  Aufbaues 
muss  derselbe  deshalb  entsprechend  beschwert  werden,  wenn  es  nicht 
möglich  ist,  das  Wasser  durch  Pumpen  zu  entfernen;  und  wenn  auch 
nach  der  Vollendung  sein  eigenes  Gewicht  und  die  Reibung  des  Erdreichs 
noch  nicht  ausreicht,  ihn  vor  dem  Auftriebe  zu  schützen,  so  muss  er  an 
eingerammten  Pfählen  verankert  oder  in  irgend  einer  Weise  beschwert 
werden. 


8.    Das  Schmelzen  der  Metalle. 

Wenn  die  Fertigstellang  der  Gnssformen  yoUendet  ist  oder  sich  ihrem 
Ende  naht,  beginnt  das  Schmelzen  des  för  den  Abgnss  bestimmten  Metalls. 
Entweder  wird  nur  ein  einziges,  in  seinen  Eigenschaften  den  ge- 
stellten Erfordernissen  schon  entsprechendes  Metall ,  eine  bereits  fertige 
Legirung  geschmolzen ;  oder  man  benutzt  den  Schmelzprocess  dazu,  neue 
Metallgemische  oder  Legirungen  zu  bilden,  wie  sie  eben  iiLr  den  vor- 
liegenden Zweck  geeignet  sind.  Bisweilen  kann  auch  die  Bildung  sol- 
cher Legirungen,  welche  fiir  spätere  Verwendung  in  Yorrath  gehalten 
werden  sollen,  der  alleinige  Zweck  des  Schmelzens  sein. 

Selten  oder  nie  geht  jedoch  das  Metall  völlig  unverändert  aus  dem 
Schmelzprocesse  hervor.     Schon  die  Berührung  des  flüssigen  Metalls  mit 
den  Wänden  des  Schmelzapparats  vermag  in  manchen  Fällen  chemische 
Veränderungen,   wenn   auch  unerhebliche,  hervorzurufen.     Kommt  der 
Brennstoff  oder  dessen  Verbrennungsproducte  mit  dem  Metalle  zusammen, 
so  finden  nicht  selten  recht  wahrnehmbare  chemische  Einwirkungen  statt. 
Fast    niemals  ist  auch   ein  Oxydationsprocess  des  Metalls  oder  dessen 
fremder  Bestandtheile  völlig  vermeidlich.     Unter  Umständen  kann  diese 
Wirkung  einem  Raffinationsprocesse  gleich  sein,  und  das  Metall  geht 
veredelter  aus  dem  Schmelzprocesse  hervor;  in  anderen  Fällen  zeigt  sich 
diese  ozydirende  Wirkung  einfach  als  Verlust,  indem  die  entstandenen 
Oxyde  verschlackt  und  entfernt  werden;  man  nennt  diese  durch  Oxyda- 
tion beim  Schmelzen  entstandene  Einbusse  am  Gewichte  des  ursprünglich 
vorhandenen  Metalls  „Abgang*'  oder  „Abbrand^.    Bei  manchen  Metallen 
losen  sich  die  entstandenen  Oxyde  im  flüssigen  Metalle  und  beeinflussen 
dessen  Eigenschaften  (Eupferoxydul,  Zinnoxyd).     Endlich  kann  aber  der 
Oxydationsprocess  auch  solche  Körper  betreffen,  deren  Anwesenheit  im 
Metalle  für  die  Verwendbarkeit  desselben  noth wendig  war,  und  dadurch 
die  letztere  beeinträchtigen.     Wenn  Gusseisen  im  flüssigen  Zustande  der 
Einwirkung  von  freiem  Sauerstoff  ausgesetzt  wird,  so  oxydirt  sich  zu- 
nächst   das  Silicium    desselben.     Ein  Uebermaass    des  Siliciumgehaltes 
macht  das  Gusseisen  allerdings  grobblättrig,  brüchig ;  ein  gewisses  Maass 
desselben  ist  aber  erforderlich,  ihm  den  Charakter  als  graues,  bearbeitbares 
Eisen  za  wahren.    Entzieht  man  ihm  diesen,  so  entsteht  hartes,  sprödes, 
weisses  Eisen.  Je  weniger  siliciumreich  das  Gusseisen  vor  dem  Schmelzen 
war,  desto  nachtheiliger  wirkt  demnach  jede  Oxydation. 

Kommt   geschmolzenes  Messing  mit  atmosphärischer  Luft  in  Be- 
rührung, so  oxydirt  sich  zuerst  das  Zink  und  es  hinterbleibt  eine  zink- 

14* 


212  Schmelzen  der  Metalle. 

ärmere  Legimng.  Selbst  die  Eohlensäare  der  Yerbrennangsgase  vermag 
eine  Oxydation  des  Zinks  anter  Bildnng  von  Kohlen ozyd  hervorznmfen. 
Aehnliche  Fälle  der  veränderten  Beschaffenheit  von  Legirangen  and  Me- 
tallen dorch  Oxydation  sind  zahlreich. 

Aach  darch  einfache  Yerflüchtigang  einzelner  Bestandtheile,  insbe- 
sondere von  Zink,  in  hoher  Schmelztemperatar  der  Legirangen  kann 
deren  Zasammensetzang  geändert  werden. 

Meistens  nimmt  die  Dichtigkeit  der  Metalle  darch  das  Umschmelzen  zu. 
Dieses  Erfahnrngsresoltat  gründet  sich  in  einigen  Fällen  aaf  den  soeben 
erwähnten  Kaffinationsprocess,  anderntheils  aach  aof  die  Yerflüchtigang 
gelöster  Gase  darch  öfteres  Schmelzen  and  Erstarrenlassen,  sofern  nicht 
der  Schmelzprocess  Gelegenheit  za  emeater  Aa&iahme  von  Crasen  giebt. 
Man  nimmt  gewöhnlich  an,  dass  Legirangen  darch  öfteres  Umschmelzen 
gleichmässiger  werden.  Wie  schon  früher  erwähnt,  ist  es  jedoch  keines- 
wegs erwiesen,  ob  diese  grössere  Gleichmässigkeit  eine  directe  Folge  des 
Umschmelzens  oder  durch  die  Aainahme  von  Metalloxyden  hervorgerafen 
sei,  deren  Anwesenheit  die  Saigerang  erschwert. 

Die  Schmelzapparate. 

Zur  Darchführang  des  Schmelzprocesses  ist  ein  Apparat  erforderlich, 
in  welchem  Brennstoff  verbrannt  and  die  dabei  entwickelte  Wärme  an 
das  Metall  abgegeben  wird.  Die  Leistung  oder  der  Wirkungsgrad  eines 
Schmelzapparats  lässt  sich  demnach  ermitteln,  indem  man  die  vom  ge- 
schmolzenen und  auf  die  zum  Giessen  erforderliche  Temperatur  erhitzten 
Metalle  wirklich  aufgenommene  Wärme  dividirt  durch  diejenige  Wärme- 
menge, welche  der  verbrauchte  Brennstoff  bei  vollständiger  Yerbrennung 
zu  entwickeln  föhig  ist. 

Eine  Ermittelung,  ob  oder  in  welchem  Grade  jene  Yollständigkeit 
der  Yerbrennung  in  dem  Schmelzapparate  erreicht  wurde,  ist  hierbei 
nicht  erforderlich;  denn  der  Wirkungsgrad  des  Apparats  pflegt  eben 
wenigstens  zum  Theile  auf  der  vollständigeren  oder  weniger  vollständi- 
gen Yerbrennung  zu  beruhen,  welcher  derselbe  den  ihm  zugewiesenen 
Brennstoff  zu  unterziehen  fähig  ist.  Je  unvollständiger  die  Yerbrennung 
ausföllt,  desto  niedriger  wird  sich  natürlich  der  Wirkungsgrad  des  Appa- 
rats beziffern ;  für  den  abstracten  Yergleich  verschiedener  Apparate  kann  es 
aber  nicht  berücksichtigt  werden,  ob  die  ungünstigere  Leistung  durch  unvoll- 
ständige Yerbrennung  oder  andere  Ursachen  hervorgerufen  worden  ist^). 


^)  Dem  Verfasser  scheint  es,  als  sei  in  ähnlichen  Ermittelungen  der  Unter- 
schied nicht  immer  scharf  genug  henrorgehoben  worden,  ob  es  sich  um 
Brenn 8t Offausnutzung  oder  Wärmeausnutzung  in  einem  pyrotechnischen 
Apparate  handelt.  Den  auf  ersterer  beruhenden  Wirkungsgrad  könnte  man 
vielleicht  den  absoluten,  den  auf  letzterer  beruhenden ,  dessen  Berechnung 
erst  die  Ermittelung  vorausgehen  muss,  welche  Wärmemenge  der  Brennstoff 
thatsächlich  entwickelt  hat,  den  relativen  Wirkungsgrad  nennen.  FürOegen- 
überstellung  von  Vergleichsresultaten  dürfte  der  erstere  wichtiger  als  letzterer 


Kessel  213 

Nach  der  Art  nnd  Weise,  in  welcher  jene  für  den  Schmelzprocess  er- 
forderliche Wärme  entwickelt  und  an  das  zu  schmelzende  Metall  abgegeben 
wird,  lassen  sich  die  Schmelzapparate  in  vier  Hanptgrnppen  eintheilen. 

Erste  Oruppe.    Kessel. 

Das  zu  schmelzende  Metall  befindet  sich  in  einem  oben  o£fenen  Geflü^se, 
dessen  Boden  und  Seiten  erhitzt  werden  nnd  durch  Leitung  (Transmission) 
die  Wärme  an  das  Metall  übertragen.  Die  obere,  offene  Seite  des  Ge- 
fasses  kann  weder  mit  dem  Brennmateriale  noch  mit  den  lYerbrennungs- 
producten  in  Berührung  kommen,  so  dass  das  Metall  jeder  Einwirkung 
dieser  Körper  entzogen  ist;  wohl  aber  ist  die  Oberfläche  desselben  der 
atmosphärischen  Luft  ausgesetzt,  sofern  sie  nicht  durch  einen  Deckel 
oder  eine  Decke  indifferenter  Körper  (Kohlenlösche)  geschützt  ist. 

Daa  Schmelzgefäss  (der  Kessel)  ist  fast  immer  mit  der  darunter  be- 
findlichen Feuerungsanlage  durch  Einmauerung  fest  verbunden  und  wird 
nur  behuf  der  Auswechselung  beim  Schadhaftwerden  daraus  entfernt.  Die 
Entleerung  yon  dem  geschmolzenen  Metalle  erfolgt  daher  entweder  durch 
Ausschöpfen  mit  Kellen  oder  durch  Oe&en  einer  während  des  Schmelzens 
verschlossen  gehaltenen  Abfiussöfinung  ajn  Boden  des  Kessels. 

Die  Wärmeabgabe  an  das  Metall  geht  um  so  günstiger  vor  sich ,  je 
grösser  die  Wärmeleitungsfähigkeit  des  Kesselmaterials  ist.  Deshalb  be- 
nutzt man  am  üblichsten  Ousseisen.  Die  Wärmeausstrahlung  von  der  ver- 
hältnissmässig  grossen  Oberfläche  des  Metallbades  aus,  gleichbedeutend  mit 
Wärmeverlnst,  ist  um  so  beträchtlicher,  je  höher  das  Metall  erhitzt  ist. 

Aus  diesen  Eigenthümlichkeiten  der  Kessel  folgt,  dass  sich  nur 
solche  Metalle  zum  Schmelzen  in  Kesseln  eignen,  welche  einestheils  keine 
hohe  Schmelztemperatur  besitzen  und  andemtheils  mit  dem  Materiale 
des  Kessels  nicht  leicht  Verbindungen  eingehen.  Man  schmilzt  in  eiser- 
nen Kesseln  Zinn,  Blei,  auch  vielfach  Zink,  obgleich  dieses  gern  eine 
EisenzinUegirung  bildet,  welche  sich  am  Boden  des  Kessels  als  schwer- 
flüssige, krystallinische  Masse  sammelt  und  von  Zeit  zu  Zeit  entfernt 
werden  moss;  femer  die  Legirungen  jener  drei  Metalle  unter  sich  und 
mit  Antimon  und  Wismuth. 

Die  Form  der  Kessel  ist  meistens  annähernd  halbkugelförmig ,  weil 
das  GeÜJaa  bei  dieser  Form  weniger  als  bei  grösserer  Tiefe,  welche  aller- 
dings eine  günstigere  Wärmeausnutzung  gestatten  würde,  dem  Zersprin- 
gen ausgesetzt  ist,  während  eine  flachere  Form  ebensowohl  die  Wärme- 
anfaahme  beeinträchtigen,  als  den  Wärmeverlust  durch  Ausstrahlung 
begünstigen  würde. 

Da  jede  Einwirkung  des  Brennstoffs  und  der  Verbrennungsproducte 
auf  das  Metall  ausgeschlossen  ist,  lässt  sich  zur  Erhitzung  der  Kessel 


sein.    YergL  n.  A«  Dürre,  Stadien  über  die  Ausnutztmg  der  Wärme  in  den 
Oeüen  der  Hüttenwerke,  Dingler's  polyt.  Joamal,  Bd.  220,  S.  247. 


iU  Kessel. 

jedes  beliebige  Breniimaterial  beoatzen,  Bobold  es  die  nöÜiige  Wärme- 
menge und  deu  ndthigen  Wärmegrad  zu  entwickeln  im  Stande  iat.  Mei- 
stens benutzt  man  flammende  Brennmaterialien;  Steinkohle,  Braunkohle, 
Torf,  Holz;  verkohlte  nnr  da,  wo  sie  als  Nebenproducte  billig  zn  be- 
schaffen sind  (Gaskoks),  gasfSrmige  Brennmaterialien  —  Leuchtgas  oder 
Generatorgase  —  nur  selten. 

Die  Figoren    191,   192   und    193  steUen   sogenannte    Pattineon- 
Kessel  zom  Schmelzen  silberhaltigen  Bleies  dar  ^). 
Fig.   191. 


Fig.  191  ist  der  senkrechte  Durcbachnitt  durch  einen  Kessel    und 
die  vordere  Ansicht  des  Ofens  für  den  daneben  liegenden  Kessel,  Fig.  193 
pjg    ,g2.  der    senkrechte  Schnitt    nach    der 

b  b  Linie  CD;  Fig.  193  der  Grnndriss 

'  einer  Fenernng  und  eines  Kessels. 

Die  Kessel  sind  mit  angegossenem 
Borde  C  versehen,  wodurch  die  Feue- 
rung in  zwei  Abtheilungen  getheilt 
wird;  die  Flamme  erhitzt  zuerst 
den  Boden,  steigt  dann  bei  O  empor 
in  den  Canal  /,  umstreicht  den  Kes- 
sel in  beiden  Richtungen  und  ent- 
weicht schliesslich  durch  g. 

DieFignren  194,195,196  undl97 

stellen  einen  Kessel  mit  EntleeningB- 

vorrichtong  undGussform  zum  Ein- 

giessen  des  flüssigen  Bleies  dar^). 

a  ist  der  gosseiseme  Kessel,  im  Boden  40  Mm.,  am  Rande  20  Mm. 

stark.    Darunter  befindet  sich  die  Feuerung,  und  die  Gase  werden  durch 

')  AuB  Percy,  Metallurgie  Bd.  m,  bearbeitetvonKammeUberg,  Braun- 
scbweig  IB73,  S.  77.       <)  Ebenduielbst  B.  340. 


EeBBeL  215 

den  angegOBaenea  Bord  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  der  vorhin  beschriebe- 
nen Anlage  am  den  Keasel  henirogeitkhrt.   Der  Ofen  ist  mit  EisenpUtten 

Fig.  163. 


^~i^ 


and  amgelegten  KbrniedeeiBemeii  Ankern  armirt.    6  ist  das  AnsflasBrohr 
von  75  Mm.  DurcbraesBer,    dnrch  den  achmiedeeisernen ,  in  die  Oeffiinng 


genau  passenden  Stopfen  c  rerBchlosBea,  dessen  Stellung  durch  den  Bflgel 
d  regulirt  wird  (g.  Fig.  197).  h  ist  eine  Rinne  aas  12  Mm.  starkem 
Eisenblech,  vor  der  Uündnng  des  Ansflussrohrs  beginnend  tind  dazn  be> 
stimmt,  das  fläasige  Blei  bis  in  die  Mitte  der  Gussform  zu  führen;  g  ist 
eine  zweite  lUnne,  ebeofalla  aus  Eisenblech,  zu  dem  Zwecke,  das  aas  h 
Hberfliesaende  Blei  aufennehmen.  I  (Fig.  195)  ist  eine  Haube  aus  dün- 
nem Eisenblech  zum  Schutze  der  Oberfläche  gegen  die  Einwirkung  der 
atmosphärischen,  ozydirend  wirkenden  Luft  and  gegen  reichliche  Wärme- 
ausstrahlung, mit  einem  Abzugsrohre  für  entweichende  Gase  versehen,  wel- 
ches sich  teleskopenartig  in  einem  feststehenden  Rohre  verschiebt,  and 
mit  Gegengewichten  zor  Ausgleicbong  des  eigenen  Gewichts,  m  Ist  eine 
Scbutzwand  ans  Eisenblech  zur  Yermeidang  von  Bleiverlusten  beim  Ein- 
werfen der  Bleistücke.  Die  Qnsaform  (das  Gossbett)  besteht  ans  der 
Bodenplatte  k,  ein  wenig  concav  geformt,  2,16  M.  lang,  2,13  M.  breit, 
75  Mm.  stark,  und  den  vier  Seitenplatten  t,  180  Um.  hoch,  welche  be- 
weglich und  an  den  Ecken  durch  Schraubenbolzen  verbanden  sind. 

Die  Werkzeuge  und  Ger&the  beim  Eeaaelschmelzen  beachränken 
sich  auf  die  zur  Wartung  des  Feuers  und  Aosschßpfen  des  Metalls  ba- 
D  atzten. 

Das  ArbeitsverfUiren  ist  ein  sehr  einfaches  and  besteht  in  der 
Unterhaltung  des  Feuers,  Einsetzen  des  Metalls,  Entleeren  des  Kessels. 
In  Giessereien,  wo  der  Betrieb  unanterbrochen  fortgeht,  pflegt  man  den 
Inhalt  dea  Eesaels  etwas  reichlich  zu  nehmen  und  frisches  Metall  nach- 
zusetzen, bevor  daa  geschmolzene  völlig  verbraucht  ist,  so  dass  ersteres 
schon  dnrch  die  überschüssige  Wärme  dea  letztern  zum  Schmelzen  kommt. 
Schmilzt  man  mehrere  Metalle  zn  Legimngen  zusammen,  ao  setzt  man 
gewöhnlich  diqenigen  zuerst  ein,  welche  die  höhere  Schmelztemperatur 


Wirkungsgrad.  217 

beaitsen,  und  erst,  wenn  diese  in  FIuss  gekommen  sind,  setzt  man  die 
bei  niedrigerer  Temperatur  schmelzbaren  Metalle  hinzu. 

Zur  Berechnung  des  Wirkirngsgrades  der  Eesselöfen  dienten  dem 
Verfasser  folgende  Ermittelungen. 

1.  Bei  den  königlich  sächsischen  Muldener  Hütten  bei  Freiberg 
wurden  14  650  Kilogramm  Weichblei  in  Gestalt  von  Blöcken  in  den  kal- 
ten Kessel  eingesetzt  und  geschmolzen  und  dazu  270  Kilogramm  Braun- 
kohlen, bestehend  aus: 

Kohlenstoff 49  Proc. 

Wasserstoff 4      „ 

Sauerstoff 12       „ 

Wasser 30       „ 

Asche 5       „ 

und  81  Kilogramm  Steinkohlen,  bestehend  aus: 

Kohlenstoff 65  Proc. 

Wasserstoff 3       „ 

Sauerstoff SVj  „ 

Wasser öVj  n 

Asche 18      „ 

verbraucht. 

Die  theoretische  Wärmeleistung  der  Brennmaterialien  berechnet  sich 
dieser  Zusammensetzung  zufolge: 
Yon  1  Kilogrami]|  Braunkohlen 

0,49  X  8080  4-  ^0,04  —  ^~\  34 462  =  4820  Wärmeeinheiten, 

Yt>n  1  Kilogramm  Steinkohlen: 

0,65  X  8080  +  (ofid  —  9:^\  34  462  =  5940  Wärmeeinheiten. 

1  Kilogramm  Weichblei  enthält  im  geschmolzenen  Zustande  bei  der 
in  den  Kesseln  erreichten  Temperatur  nach  den  Versuchen  des  Verfassers 
(dorch  Eingiessen  in  Wasser)  durchschnittlich  20  Wärmeeinheiten,  dem- 
nach ist  der  Wirkungsgrad  des  Schmelzapparates 

14  650  X  20 

JE  = =  0.164. 

270  X  4820  -I-  81  X  5940  ' 

2.  Bei  demselben  Hüttenwerke  wurden  14  000  Kilogramm  Antimon- 
blei, 16Vs  Proc.  Antimon  enthaltend,  geschmolzen  und  dazu  150  Kilo- 
gramm Braunkohlen  von  der  oben  gegebenen  Zusammensetzung,  und 
180  Kilogramm  Steinkohlen,  bestehend  aus: 

Kohlenstoff 69  Proc. 

Wasserstoff 3       „ 

Sauerstoff 9»/«  w 

Wasser 2       „ 

Asche 16Vs  „ 

yerbraucht. 


218  Wirkungsgrad  der  Kessel. 

Die  theuretische  Leistang  der  Braunkohlen  beträgt  nach  Obigem  per 
1  Kilogramm  4820  Wärmeeinheiten,  die  theoretische  Leistung  der  Stein- 
kohlen berechnet  sich  per  1  Kilogramm: 

(0  095\ 
0,03 ^j  34  462  =  6195  Wärmeeinheiten. 

1  Kilogramm  Antimonblei  enthält  im  geschmolzenen  Zustande  bei 
der  dafür  üblichen  Temperatur  nach  den  Ermittelungen  des  Verfassers 
30  Wärmeeinheiten,  demnach  Wirkungsgrad  des  Apparats: 

14  000  4-  30 

150  X  4820  +  180  X  6195  ~  ^'^^®* 

Der  Wirkungsgrad  der  Kesselöfen  wird  ein  geringerer,  wenn  das 
Metall  lange  Zeit  flüssig  erhalten  werden  muss.  Um  auch  einen  in  die- 
ser Beziehung  sehr  ungünstigen  Fall  der  Berechnung  zu  unterziehen, 
wurde  das  Schmelzen  der  beim  Pattinsoniren  fallenden  Bleikrystalle  be- 
nutzt, welche  in  den  nächst  niedrigen,  vorher  erhitzten  Kessel  über- 
geschöpfb  werden. 

Man  schmolz  95  475  Kilogramm  Weichblei  und  gebrauchte  dazu 
2550  Kilogramm  Braunkohlen  und  990  Kilogramm  Steinkohlen,  beide 
von  derselben  Zusammensetzung,  wie  bei  dem  unter  1  gegebenem  Bei- 
spiele.    Es  berechnet  sich  hiernach  der  Wirkungsgrad  des  Kesselofens: 

E  =       95  475  X  20       ^ 

2550  X  4820  +  990  X  5940    '   ' 

Als  durchschnittliches  Resultat  aus  allen  drei  Versuchen  ergiebt  sich 
ein  Wirkungsgrad  E  =  0,165. 


Zweite  Gruppe:    Tiegelöfen. 

Das  Metall  befindet  sich  in  einem  Gelasse,  dem  Tiegel,  welches 
rings  von  dem  Brennmateriale  oder  den  bereits  entwickelten  brennenden 
Producten  desselben  (der  Flamme)  umgeben  ist.  Die  Wärmeabgabe  fin- 
det auch  hier  grösstentheils  durch  die  Wände  des  Tiegels  hindurch  statt, 
die  Wärmeverluste  durch  Ausstrahlung  von  der  freien  Oberfläche,  wie 
bei  den  in  Kesseln  geschmolzenen  Metallen,  fallen  dagegen  weg.  Das 
Metall  ist  während  des  Schmelzens  der  Einwirkung  atmosphärischer 
Luft  gänzlich  entzogen,  das  Brennmaterial  aber  kann  auf  die  Oberfläche 
des  Metalls  Einwirkungen  ausüben,  sofern  der  Tiegel  nicht,  wie  es  zur 
Vermeidung  dieses  Einflusses  häufig  geschieht,  durch  einen  Deckel  ge- 
schlossen ist.  Der  Tiegel  und  der  zur  Wärmeentwickelung  dienende 
Ofen  bilden  jeder  für  sich  ein  selbstständiges  Ganze  ohne  feste  Verbin- 
dung, und  der  erstere  wird  zur  Entleerung  nach  dem  Schmelzen  aus  dem 
Ofen  herausgenommen.  Diese  Eigenthümlichkeit  beschränkt  die  Grösse 
und  den  Fassungsraum  eines  einzelnen  Tiegels,  weil  die  Beschwerlichkeit 


Tiegelöfen. 


219 


des  HersüshebenB  und  die  Gefahr,  den  hoch  erhitzten  und  mit  Metall 
belasteten  Tiegel  zn  beschädigen,  mit  der  Grösse  desselben  wächst.  Der 
Inhalt  eines  Tiegels  ist  daher  selten  grösser  als  30  Kilogramm,  doch 
kommen  Fälle  vor,  z.  B.  in  Münz  Werkstätten,  wo  ein  einziger  Tiegel 
1100  bis  1200  Kilogramm  fasst,  weil  bei  einer  Vertheilang  des  zn  schmel- 
zenden Metalls  in  mehrere  Tiegel  es  schwieriger  sein  würde,  die  uner- 
lässliche  durchaus  gleichartige  Zusammensetzung  und  Beschaffenheit  des 
geschmolzenen  Metalls  zu  erlangen. 

Die  Form  der  Tiegel  ähnelt  der  eines  Cylinders  mit  geschlossenem 
Boden,  gewöhnlich  in  der  Mitte  der  Höhe  mit  mehr  oder  minder  starker 
Ausbauchung.  Ganz  kleine  Tiegel  besitzen  bisweilen  gleichseitig-drei- 
eckige Grundform  mit  Erweiterung  nach  oben.  Das  Yerhältniss  zwischen 
innerem  Durchmesser  und  Höhe  pflegt  Vs  bis  V2  zu  betragen,  ohne  dass 
hierfür  eine  bestimmte  Regel  gegeben  wäre. 

Sehr  grosse  Tiegel  fertigt  man  bisweilen  aus  Guss-  oder  Schmiede- 
eisen; bei  der  verhältnissmässig  geringen  Widerstandsfähigkeit  des  Eisens 
gegen  die  Einflüsse  des  Brennmaterials  und  der  Yerbrennungsproducte 
in  hoher  Temperatur  und  bei  der  Neigung  der  geschmolzenen  Metalle, 
Eisenlegirungen  zu  bilden,  ist  ein  weit  häufiger  verwendetes  Material 
der  feuerfeste  Thon.  Man  verarbeitet  ihn  entweder  für  sich  (Thontiegel) 
oAer  unter  Zusatz  reichlicher,  ^is  50  Proc.  des  Gemischs  betragender 
Mengen  von  Graphit  (Graphittiegel). 

6ewöhnlicl\.  wird  der  Tiegel  beim  Schmelzen  auf  einen  niedrigen 
Untersatz,  gleichfalls  aus  feuerfester  Masse  bestehend,  gestellt,  den  man 


Fig.   198. 


Käse  nennt  (s.  Fig.  198,  einen  Tiegel  nebst 
Käse  zum  Gussstahlschmelzen  darstellend). 

Die  Tiegel  eignen  sich  zum  Schmelzen  aller 
nur  bei  hoher  Temperatur  schmelzbaren  und 
deshalb  fär  Kesselschmelzen  nicht  mehr  geeig- 
neten Metalle,  welche  vor  den  Einwirkungen 
des  Brennmaterials,  der  Yerbrennungsproducte 
und  der  atmosphärischen  Luft  geschützt  werden 
müssen:  Gussstahl,  Kupfer,  Tombak,  Messing, 
Silber,  Nickel,  Neusilber  und  andere;  oder  bei 
denen  wegen  ihrer  Kostbarkeit  jeder  mecha- 
nische Verlust  möglichst  vermieden  werden  soll, 
z.  B.  Gold;  oder  endlich  solcher  Metalle,  die 
zwar  auch  in  Apparaten  der  dritten  und  vier- 
ten Gruppe  geschmolzen  werden  könnten,  deren 
Menge  aber  so  unbedeutend  ist,  dass  die  An- 
wendung eines  grossem  Schmelzapparats  nicht 
zweckdienlich  erscheinen  kann.;  hierher  gehören 
kleine  Mengen  von  Bronze,  Gusseisen  und  andere. 
Man  verwendet  zum  Erhitzen  der  Tiegel  festes  verkohltes  Brenn- 
material (Koks  oder  Holzkohlen),  flammendes  Brennmaterial  (Holz,  Torf, 


220  TiegelBchachtofen. 

Braonkohlea,  Steinkohlen),  gasiSnoigea  BreoDinaterial  (Generstorgue 
oder  Leuchtgas).  Hiernaoh  lassen  sich  die  Tiegelöfen  falgendermaasBeo 
eintheilen : 


alsohachtdfen  für  festes  BrennmateriaL 


ihsm  Loftzuge. 


Der  Tiegel  steht  innerhalb  eines  schachtfSrm igen  Raumes  auf  einem 
Plauiroste,  welcher  zur  Zuf&hrong  der  Verbrennnngaloft  dient,  wfihrend 
die  Verbren  nnngsgase  im  obere  Theile  des  Schachts  durch  einen  Fuchs 
nach  der  Esse  entweichen ,  welche  znr  Hervorbringotig  des  Lnftzngea 
dient.     Die  Figuren  199  und  200  stellen   einen  solchen  Tiegelschacht- 


Fig.  199. 


ofen  dar.  C  ist  der  Rost,  G  die  £in- 
schüttSffnong  fUr  die  Kohlen',  durch 
einen  Deckel  geschloasen,  der  ans  einem 
goBseisemen  Rahmen  mit  Chamotte- 
futter  besteht,  zum  Aufklappen  ein- 
gerichtet und  mit  Gegengewichten 
an  einer  Kette  versehen  ist.  f  ist 
eineOeffnung  zum£insetzen  und  Her- 
ausnehmen kleiner  Tiegel,  während 
grössere  durch  die  obere  Oeffnong 
hinein-  and  hinausgebracht  werden. 
/  ist  der  Aschenfall,  E  die  Esse.  Dnrch 
umgelegte  Anker  ist  der  Ofen  vor  dem 
Aaseinandertreiben  geschOtst. 

Ein  derartiger  Ofen  im  Eisenhüt- 
tenlaboratorinm  der  königlichen  Berg- 
akademie znFreiberg  hat  einen  Schacht 
mit  quadratischem  Querschnitte  von 
350  Mm.Seitenlänge,  Höhe  des  Schachts 
von  Oberkante  des  Rosts  bis  Unter- 
kante des  Fuchses  350  Mm.,  bis  nir 
Mitte  der  Einschttttöffnung  665  Mm., 
Höhe  des  Fuchses  125  Mm.,  Breite 
desselben  250  Mm.,  Weite  der  Esse 
350  Mm.  im  Qradrate,  Essenhöhe 
Gnmdrias  AB  CD.  ,a   -u      i?         ■  /      •       t<-       i      • 

19  U.     Es  wird   ein    Tiegel    emge- 

aotst,  welcher  ca.  G  Kilogramm  Metall  (Gosseisen ,  Gassstahl,  Kupfer  and 
dergleichen)  faset    (Siebe  auch  Fig.  157  auf  S.  174.) 

Sollen  zwei  Tiegel  in  einen  gemeinschaftliohea  Ofen  eingesetst  «er- 
den, so  giebt  man  dem  Schachte  gern  eine  oblonge  Form.  Durch  Einsetzen 
mehrerer  Tiegel  in  einen  gemeinschaftlichen  grossem  Ofen  l&Ut  der  rela- 


Fig.  200. 


Tiegelschachtöfen.  221 

tive  Brenn stoffreTbrandt  im  Allgemeinen  geringer  ane,  als  wenn  fitr  je 
einen  Tiegel  ein  besonderer  Ofen  angewendet  wird;  denn  die  Wärmever- 
Inste  Terringem  eich,  wenn  du  Verhältoiss  zwischen  der  zu  erhitzenden 
Oberfl&che  des  Ofens  nnd  derjenigen  der  Tiegel  kleiner  wird.  Man 
wendet  deshalb  anch  wohl  Oefen  ^  vier  bis  acht,  selten  aber  für  mehr 
Tiegel  an ,  denn  je  grösser  der  Durchmesser  des  Ofens  ist,  desto  schwie- 
riger wird  die  Bediennng,  desto  ongleiohmSsaiger  die  Erhitzung  und 
desto  grösser  die  Abnntznng  der  Tiegel  in  Folge  jener  nngleicbm&ssigen 
GrhitEung. 

Bei  allen  Oefen  moes  die  Unterkante  des  Fachses  höher  liegen  als 
die  Oberkante  des  grössten  einzusetzenden  Tiegels  nnd  zwischen  Tiegel- 
wand nnd  Innenseite  des  Schachts  mindestens  50  Mm.  Abstand  bleiben, 
damit  dos  Niedersinken  des  Brennmaterials  nicht  behindert  werde. 

Unter  Umständen  kann  es  Eweckmissig  sein,  den  Tiegelofen  so  ver- 
tieft einzubauen,  dass  die  Fflllöfinung  mit  dem  Boden  der  Oiesserei  in 
gleicher  Horizontalebene  oder  nur  wenig  höher  liegt,  die  FOllöffnnng 
mnss  in  diesem  Falle  auch  zum  Einsetzen  und  Herausnehmen  der  Tiegel 
benutzt  werden,  und  es  ist  Sorge  zu  tragen,  dass  die  Luft  ungehinderten 
Zutritt  zum  tiefiiegenden  Roste  erhält,  nnd  der  Aschenfoll  zugäng- 
lich bleibt. 

b.    Mit  Gebläseluft 

Zur  Ersparung  der  Esse  wendet  man  bisweilen  Oefen  mitUnterwind 
an,  welche  sich  in  ihrer  Construction  von  den  oben  beschriebenen  nur 
dadurcb  unterscheiden,  dass  der  Ascheniall  durch  eine  Thür  möglichst 
luftdicht  geschlossen  ist  nnd  unter  den  Rost  Gebläsewind  (von  einem 
Ventilator  oder  Dampfstrahlgebläse)  gef^rt  wird. 

Bei  den  eigentlichen  Gebläsetiegelöfen  f&llt  jedoch  der  Rost  weg 
nnd  der  Wind  wird  durch  eine  Anzahl  Düsen  in  den  Ofen  geführt.  Der 
üblichst«  dieser  Oefen  ist  der  Sef- 
ström'sche  GeblAseofen,  welcher  in 
Fig.  201  abgebildet  ist.  Ein  mif 
feuerfestem  Thone  ausgekleideter 
Eisenblechcylinder  b,  welcher  den 
eigentlichen  Schacht  bildet,  ist  con- 
centrisch  von  einem  zweiten  Eisen- 
bleohcylinder  a  umgeben,  so  dsss 
zwischen  beiden  der  von  allen  Sei- 
ten Inftdicht  abgeschlossene  Wind- 
behiÜter  C  bleibt.  Der  Wind  strömt 
durch  /  nach  c,  Tertheilt  sich  ringe 
um    den   Gelinder  b    nnd    gelangt 

dann  dnrch  die  6  bis  8  Düsen  nach 

,  ^  ,  ■  .  ■  1  »Ctm.  f  in  ^en  Sohmelsraum. 


222  Tiegelschachtöfen. 

Der  HfttiptDacbtbeil  der  GebläeetiegelÖfeD  liegt  in  der  Mehrausgabe, 
welche  darch  die  BeBchafhog  des  Gebläsewindes  allemal  veranlaast  wird; 
dagegen  ist  die  Esse  entbehrlich  oder  nnr  so  weit  erforderlich,  als  eie 
einfach  zar  Ableitnng  der  Verbrenn nngaprodncte  dient.  Sie  sind  im 
Allgemeinen  weit  weniger  in  Anwendung,  als  die  Oefen  mit  natfirlichem 
Loftznge. 

TiegeUchachtÖfen  für  gfiaförmiges  Brennmaterial 

Man  benutzt  ausachliesalich  Lenchtgas.     Die  Verbren nnngalnft  wird 

durch  eine  Esse  angesaugt,  seltener  durch  ein  GeblSae  zugeführt     Der 

üblichste  Apparat  dieser  Art  ist  von  Perrot  in  Genf  erfänden  und  in 

Fig.  202  abgebildet.      Der  Tiegel  a  steht  auf  einem  Untersatze,    der 

Fig.  202. 


auf  einer  senkrechten  Stange  befindlich  und  in  seiner  Höhe  verstellbar 
ist,  um  Tiegel  verschiedener  Höbe  anwenden  zu  können.  Das  Gae  kommt 
durch  das  mit  einem  Hahn  c  and  Manometer  d  zur  Regnlirnng  versebene 
Znflussrohr  l,  tritt  in  den  ringfärmigen  Behälter  und  von  diesem  durch 
die  Bohre  g  und  die  Oeffnung  b  in  den  Ofen,  nachdem  an  der  AusSuss- 


^  Tiegelherdöfen.  223 

mündimg  der  Rohre  die  Entzündung  stattgefdnden  hat.  Die  Verbren-. 
nongsloft  tritt  bei  /  zn  nnd  mischt  sich  innerhalb  der  Rohre  g  mit  dem 
6aae.  Der  eigenÜiche  Ofen  wird  gebildet  durch  den  innem  Cylinder, 
welcher  oben  durch  eine  kleine  bewegliche  Kuppel  b  abgedeckt  wird, 
und  den  äuBsem  Mantel  m.  Oben  ist  der  Ofen  durch  den  Deckel  n  yer- 
schloflsen,  in  dessen  Mitte  sich  das  durch  einen  Stopfen  verschlossen  ge- 
haltene Schauloch  e  befindet,  um  das  Schmelzen  beobachten  und  nach 
Bedürfniss  Metall  nachsetzen  zu  können.  Die  Gase,  nachdem  sie  den 
Tiegel  umspfilt  haben,  ziehen  in  dem  ringförmigen  Räume  zwischen 
dem  innem  Ofen  und  dem  Mantel  m  abwärts  und  entweichen  schliess- 
lich durch  das  Rohr  p  nach  der  Esse  ^). 

Die  Tiegelschachtöfen  für  gasförmiges  Brennmaterial  haben  den 
Vorzug,  dass  ihre  Bedienung  einfach  ist,  die  lästige  Anhäufung  von 
Aschen  und  Schlacken  gänzlich  fortfallt,  das  Schmelzen  sich  leicht  über- 
wachen und  mit  dem  Auge  verfolgen  lässt.  Der  ganze  Betrieb  zeichnet 
sich  durch  Eleganz  gegenüber  dem  Betriebe  mit  festem  Brennmateriale 
aus.  Leuchtgas  ist  aber  überall  ein  kostspieliges  Brennmaterial  und 
nicht  einmal  in  jeder  Werkstatt  zu  haben.  Für  einen  Betrieb  aber  von 
solchem  Umfange,  dass  die  Anlage  eines  Gasgenerators  zweckmässig  er- 
scheinen könnte,  wird  man  kaum  noch  Tiegelschachtöfen  benutzen,  son- 
dern die  sogleich  zu  beschreibenden  Herdöfen  anwenden.  Diese  Umstände 
lassen  die  Schachtgasöfen  für  Tiegelschmelzen  nur  in  solchen  Fällen 
zweckmässig  erscheinen,  wo  es  darauf  ankommt,  rasch  kleinere  Mengen 
Metall  zu  schmelzen,  in  Laboratorien,  in  den  Werkstätten  der  Gold-  und 
Silberarbeiter,  Juweliere  u.  s.  w. 


Tiegelherdöfen  (Tiegelflammöfen). 

Man  vereinigt  gewöhnlich  vier  bis  acht  Tiegel  in  einem  gemein- 
schaftlichen Ofen.  Aus  diesem  Grunde  eignen  sich  diese  Oefen  vorzugs- 
weise f^  einen  Betrieb  in  grösserm  Umfange.  Die  Tiegel  stehen  auf 
dem  horizontalen,  von  einem  Crewölbe  überspannten  Herde  (Tische)  und 
werden  von  den  brennenden  Gasen  umspült,  welche  auf  der  einen  Seite 
ded  Herdes  zuströmen,  auf  der  andern  Seite  durch  einen  Fuchs  abziehen. 
Bestehen  die  Gase  aus  der  Flamme  des  dicht  neben  dem  Herde  auf  einem 
Roste  verbrennenden  Brennmaterials,  so  nennt  man  die  Feuerung  direct; 
werden  sie  in  einem  Generator  entwickelt  und  in  Leitungen  dem  Ver- 
brennnngsherde  zugeführt :     G  a  s  f e  u  e  r  u  ng. 

Der  Hauptvortheil  der  Tiegelflammöfen  liegt  in  der  Benutzung  unver- 
kohHen,    also    billigem  Brennmaterials   als  bei  den  Tiegelschachtöfen; 


^)Ueber  einen  von  Wieasnegg  in  Paris  gebauten  Gebläse-Gasofen  zurEr- 
zangmig  sehr  hoher  Temperaturen  siehe  Dingler ^s  Pol^^technisches  Journal 
Bd.  189,  S.   376. 


224  Tiegelherdöfen.  , 

denn  wenn  anch  der  absolute  W&rmeeffeot  von  1  Eilogramm  verkoUtem 
Materiale  grösser  ist  als  von  1  Kilogramm  nnverkoliltem ,  eo  gebt  dock 
bei  jedem  Verkohlangeprooesse  eine  niclit  unerhebliche  Menge  der  brenn- 
baren Beatandtheile  des  Brennstofie  verloren;  und  natürlicbemeise  kann 
die  ans  einem  gegebenen  Quantum  rohen  BrennmaterialB  dargestellte 
Kohle  (also  z.  B.  0,60  Kilogramm  Koks,  velche  ans  1  Kilogramm 
Steinkohle  gewonnen  waren)  nicht  mehr  die  gleiche  W&rmemenge  ent- 
wickeln als  jener  rohe  Brennstoff. 

Die  Skizze  Fig.  203  wird  aosreichend  sein,  die  einfachste  Constmc- 
tion  eines  Tiegeläammofens  mit  directer  Feoenmg  zu  Teranschaolichen. 
Fig.  303. 


Die  Tiegel  stehen  in  zwei  oder  drei  Reihen  neben  einander;  nicht  selten 
sind  die  Reihen  dnrch  Zwischenwände  getrennt,  am  eine  gleich  massigere 
Berührung  der  Tiegel  durch  die  Flamme  zn  bewirken;  auch  leitet  man, 
besonders  in  Kessingschmelzereien,  die  Flamme  wohl  in  Windnngen  um 
die  Tiegel  hemm,  nm  ihre  Wärme  desto  besser  aaszanutsen. 

Die  Vortheile  der  Anwendung  von  Gasfenernng  statt  der  directen 
sind  hauptaächlich:  die  geringere  Abkahlnng  des  Ofens  beim  Schüren 
oder  Nachschütten  von  Brennstoff;  die  grössere  Leichtigkeit,  durch  Ver- 
mindernng  oder  Vermehrung  des  Luftzutritts  nach  Erforderoiss  redu- 
cirende  oder  oxydirende  Flamme  hervorenbringen ,  ein  umstand,  welcher 
beim  Einschmelzen  von  sperrigen  Abfällen  (beim  Messing,  Neusilber), 
die  oft  vor  dem  FlOssigwerden  ungeschützt  aus  dem  Tiegel  beraosragen,  nicht 
ohne  Wichtigkeit  ist;  die  Thatsache,  dasa  man  im  Stande  ist,  Unterbrechun- 
gen des  Betriebes  durch  einfaches  Absperren  der  Gasleitung  ohne  jene 
Abkühlung  des  Ofens  eintreten  zu  lassen,  welche  bei  directer  Feuerung 
eine  unabwendbare  Folge  des  Eintretens  kalter  Luft  durch  den  Rost 
nach  dem  Einstellen  des  Feuers  sein  würde;  endlich  die  Möglichkeit  auch 
solche  Brennmaterialien,  die  in  Folge  ihres  beträchtlichen  Wassergehaltes 
eine  ungenügende  Verbrenn ungstemperatur  besitzen  würden,  zu  einem 
branchbaren  Gase  zn  verarbeiten,  wenn  man  durch  eine  Condensations- 


Tiegelherdöfen«  225 

▼onicbtang  srwischen  Generator  und  Yerbrennnngsraiun  den  gebildeten 
Wasserdampf  zmn  grossen  Tbefle  entfernt;  im  Ganzen  also  eine  Ersparung 
▼on  Brennstoff,  obscbon  nicbt  zn  verkennen  ist,  dass  bei  jeder  Yergasnng 
Wärme  verbraucht  wird,  und  jede  absicbtlicbe  oder  unabsichtliche  Ab- 
kühlung der  Gase  auf  ihrem  Wege  auch  einen  Wärmeverlust  bedeutet. 

Der  hauptsächlichste  Nachtheil  der  Gasfeuerung  liegt  in  den  höheren 
Anlagekosten,  welche  die  Anwendung  derselben  nur  bei  einem  Betriebe 
in  grosserm  Maassstabe  zweckmässig  erscheinen  lassen  können. 

Die  Gonstruction  der  Gasgeneratoren  ist  mannigfaltig,  und  es  kann 
hier  nicht  der  Ort  sein,  dieselbe  einer  eingehenden  Besprechung  zu  unter- 
ziehen, sondern  es  muss  vielmehr  auf  die  betreffende  Literatmr  über  die- 
sen Gegenstand  verwiesen  werden^). 

Da  die  Verbrennung  des  Gases  um  so  schwieriger,  unvollständiger 
vor  sich  geht,  je  weniger  erwärmt  Gas  und  Luft  sich  mischen,  so  sucht 
man  wenigstens  die  Verbrennungsluft  in  allen  Fällen  auf  eine  höhere 
Temperatur  zu  erwärmen,  bevor  sie  in  den  Yerbrennungsraum  gefuhrt 
wird«    Diese  Erwärmung  geschieht  entweder,  indem  die  atmosphärische 
Luft  durch  Canäle  innerhalb   deijenigen  Theile  des   Ofens   hindurch- 
geführt  wird,  welche  vorzugsweise  durch  die  Hitze  zu  leiden  haben,  und 
dadurch  gleichzeitig  als  Eühlungsmittel  für  diese  Theile  dient  (Biche- 
ronx's  Ofen);  oder,  indem  man  die  abziehende  Wärme  des  Ofens  zur 
Yorwärmung  der  Luft  (beziehentlich  auch  der  Gase)  benutzt,  und  dadurch 
einen  Theil  derselben  wieder  in  den  Ofen  zurückführt.    Diese  letztere 
Aufgabe  kann  in  zweierlei  Weise  gelöst  werden«    Entweder  man  erhitzt 
durch  die  abziehenden  heissen  Gase  in  einem  besondem  Räume  zwischen 
Herd  und  Esse  ein  System  von  Bohren,  durch  welche  die  Yerbrennungsluft 
hindarchgeführt  wird  (Oefen  mit  eisernen  Winderhitzungsapparaten  und 
Geblfisewind,  Ponsard's  Ofen  mit  Ganälen  in  feuerfesten  Steinen  und 
natürlichem  Luftzuge);  oder  die  abziehenden  heissen  Gase  werden  durch 
zwei  Kammern  hindurchgeführt,  welchen  durch  gitterartig  aufgestellte 
Steine  eine  sehr  grosse  Oberfläche  und  dadurch  die  Fähigkeit  ertheilt 
ist,  reichliche  Wärmemengen  aufzunehmen,  und  wenn  diese  als  Wärme- 
speicher dienenden  Kammern  (Regeneratoren)  hoch  erhitzt  sind,   wird 
der  Gas-  und  Luftstrom  umgeschaltet,  die  zu  erhitzenden  Körper  (Gase 
und  Lnft)  werden  durch  jene  Wärmespeicher  hindurchgefuhrt,  dabei  er- 
hitzt und  mischen  sich  nach  dem  Heraustreten  unmittelbar  vor  demYer- 
brennungsherde,   dabei  in  Folge  ihrer  Erhitzung  die  grösstmöglichste 
Wärmeentwickelung  veranlassend  und  die  dem  Ofen  verloren  gegangene 
Wärme  diesem  zum  'grossen  Theile  wieder  zurückbringend.    Die  abzie- 
henden  Yerbrennungsproducte   aber   erhitzen   inzwischen    zwei  andere 


1)  Siehe  u.  A.  Stein  mann,  Compendinm  der  Gasfeuerung,  2.  Auflage, 
Freiberg  1876;  Wedding,  DarBtellung  des  sohmiedbaren  Eisens,  S.  159  ff., 
8.  6S0  und  715;  Berg-  und  Hüttenmännische  Zeitung  von  Kerl  und  Wimmer, 
Jahrgang  1874,  8.  180. 

JLedebar,  aMduuüadi-mtttaUiirgiaoliB  TMliaologie.  26 


226  Tiegelherdöfen. 

Regeneratoren,  welche  nach  abermaligem  Umschalten  wieder  zur  Er- 
hitzung von  Gas  nnd  Loft  dienen.  Es  ist  dieses  das  Princip  der  Sie- 
mens^schen  Regenerativfeuerang,  welche  nnter  allen  bis  jetzt  be- 
kannten Fenerungsanlagen  am  vollkommensten  die  Aufgabe  lost,  die  vom 
Ofen  abziehende  Wärme  fftr  denselben  wieder  nutzbar  zu  machen  und 
gleichzeitig  dadurch  eine  yollkommenere  Verbrennung  zu  erzielen ,  also 
die  Leistung  des  Brennmaterials  in  höchster  Vollständigkeit  auszunutzen. 

Wie  aber  auf  Erden  nichts  vollkommen  ist,  so  hat  auch  die  Sie- 
mens'sche  Regenerativfeuerung  ihre  schwachen  Seiten,  nnd  dieselben  be- 
stehen einestheils  in  der  erheblich  grosseren  Kostspieligkeit  der  Anlage, 
obgleich  dieselbe  bei  grossem  Betriebe  bald  durch  Ersparungen  im 
Brennstoffverbrauche  ausgeglichen  werden  kann;  andemtheils  in  dem 
Umstände,  dass  die  Regeneratoren  sich  sehr  bald  verstopfen  oder  doch 
an  Wirksamkeit  verlieren,  sobald  mit  dem  hindurchziehenden  ^trome 
der  Verbrennungsgase  fortgerissene  feste  oder  verflüchtigte  und  conden- 
sirbare  Theilchen  mitgefährt  werden  und  sich  in  den  Regeneratoren  ab- 
setzen. Hierher  gehören  beim  Metallschmelzen  verflüchtigte  Metalle 
und  Oxyde.  Eine  Reinigung  der  Regeneratoren  ist  aber  ohne  grossen 
Zeitverlust  und  Kosten  nicht  möglich.  Endlich  ist  die  Thatsache  nicht 
zu  unterschätzen,  dass  nach  dem  Beginne  des  Betriebes  eines  Ofens  mit 
Sie men Bischer  Feuerung  bei  der  grossen  Wärmecapacität  des  Materials 
zu  den  Regeneratoren  naturgemäss  erst  längere  Zeit  —  gewöhnlich  12 
bis  24  Stunden  —  verstreichen  muss,  bevor  dieselben  hoch  genug  erhitzt 
sind,  uro  ihre  volle  Wirkung  zur  Geltung  bringen  zu  können. 

Für  alle  Metalle,  welche  flüchtige  Verbindungen  entlassen  (Messing, 
Neusilber  und  andere)  dürften  daher  Oefen  mit  gewöhnlicher  Gasfeuerung 
oder  auch  mit  directer  Feuerung  vor  dem  Siemens'schen  den  Vorzug  ver- 
dienen; ebenso  für  jeden  Betrieb  in  kleinerem  Maassstabe,  welcher  nicht 
ununterbrochen  fortgeht;  sehr  gebräuchlich  sind  dagegen  die  Siemens- 
Flammöfen  für  TiegelguBsstahlgiessereien  von  grösserem  Umfange  ge* 
worden ,  wobei  ausserdem  die  durch  dieselben  erreichbare  hohe  Tem- 
peratur besonders  günstig  in  die  Wagschale  f&llt. 

Auch  Gusseisen  wird  bisweilen  in  Tiegelflammöfen  mit  Siemen Bi- 
scher Feuerung  geschmolzen,  wenn  es  darauf  ankommt,  die  Eigenschaften 
desselben  in  möglichst  geringem  Maasse  beeinflussen  zu  lassen  (z.  6.  bei 
der  Darstellung  sogenannten  schmiedbaren  Gusses). 

Ein  derartiger  Ofen,  ursprünglich  für  Gusseisenschmelzen  bestimmt, 
ebensowohl  aber  auch  zum  Schmelzen  anderer  Metalle  brauchbar,  ist  in  den 
Figuren  204  und  205  in  V^o  der  wirklichen  Grösse  abgebildet  ^).  Der  Ofen 
besteht  aus  drei  Abtheilungen  mit  je  6  Tiegeln,  fasst  also  im  Ganzen 
18  Tiegel.  Die  Einsatzöffnungen  für  die  Tiegel  befinden  sich  in  der 
Decke  des  Gewölbes  und  sind  durch  passende,  mit  Eisenrahmen  ausg^e* 


1)  Ans  Pract.  Mechan.  Jonmal   1868,   S.  132;  daraus  in  Wedding,  Dar> 
Btellung  des  schmiedbaren  Eisens,  S.  471. 


Tiegelherdöfen.  227 

röstete  Chamotteplatteo  abgedeckt.    Der  Herd,  ans  Qnarzeand  beeteheod, 
wird  von  einer  eisernen  Platte  getragen,  nnter  ve Icher  die  atmoephärisohe 


Fig.  20«. 


228  Tiegelschmelzen. 

Luft  freien  Zutritt  hat,  um  sie  zn  kühlen.  Wie  ans  der  Zeichnung  er- 
sichtlich ist,  sind  die  Regeneratoren  für  die  Verhrennnngsluft  etwas 
grösser  hemessen  als  für  das  Gas,  entsprechend  dem  grossem  Volnmen 
der  erforderlichen  atmosphärischen  Lnfb.  Gas  und  Luft  kommen  durch 
die  beiden  links  gelegenen  Regeneratoren,  gelangen  dann  in  die  horizon- 
talen Ganäle.  oberhalb  der  Regeneratoren,  deren  Anordnung  aus  Fig.  204 
ersichtlich  ist,  vereinigen  sich  unmittelbar  vor  dem  Herde,  und  die  Ver- 
brennungsproducte  entweichen  nach  dem  Verlassen  des  Herdes  durch  die 
rechts  gelegenen  Regeneratoren,  diese  erhitzend.  Nach  dem  Umschalten 
tritt  entgegengesetzte  Bewegnngsrichtung  ein. 

Der  Mechanismus  für  das  Umschalten  ist  ausführlich  erläutert  in 
Steinmann,  Compendium  der  Gasfeuerung,  2.  Aufl.,  Freiberg  1876;  fer- 
ner in  Wedding,  Darstellung  des  schmiedbaren  Eisens,  S.  179  u.  £F.; 
Kerl,  Grundriss  der  allgemeinen  Hüttenkunde,  Leipzig  1875,  S.  130; 
Er  ans,  Etudes  sur  les  fours  ä  gaz,  Bruxelles  1869,  u.  y.  a. .  Sehr  schöne 
Abbildungen  von  Siemens'schen  Regenerati vöfen  für  Gussstahlschmel- 
zen finden  sich  in  Wedding's  genanntem  Werke  S.  654,  auch  Jordan, 
Cours  de  metallurgie,  Paris  1874,  Taf.  38. 

Die  Werkzeuge  der  Tiegelschmelzerei  best-ehen  ausser  den  zur  Unter- 
haltung des  Feuers  erforderlichen  Geräthen  hauptsächlich  in  Zangen 
zum  Herausheben  der  Tiegel  und  Abheben  der  Deckel. 

Das  Arbeitsverfialiren  umfasst  die  Wartung  des  Feuers,  das  Be- 
schicken der  Tiegel,  das  Einsetzen  und  Herausheben  derselben. 

Von  der  richtigen  Beschickung  hängt  zum  grössten  Theile  die  Be- 
schaffenheit des  erhaltenen  Products  ab.  Zuerst  ist  eine  richtige  Zer- 
kleinerung des  Rohmetalls  erforderlich,  um  die  Tiegel  in  angemessener 
Weise  füllen  zu  können ;  besonders  dann,  wenn  der  Tiegel  von  vornherein 
bedeckt  gehalten  werden  muss  und  ein  Nachfüllen  unthunlich  ist,  wie 
beim  Gussstahlschmelzen.  Schmilzt  man  mehrere  Metalle  zu  Legirungen 
zusammen  oder  von  einem  im  Allgemeinen  gleichartigen  Metalle  mehrere 
Sorten  (z.B.  weichen  und  harten  Stahl,  siliciumreiches  Koksroheisen  und 
siliciumärmeres  Holzkohlenroheisen  u.  dergl.),  so  ist  die  Gattirung  dieser 
verschiedenen  Metalle  nach  entsprechenden  Gewichtsverhältnissen  eine 
in  hohem  Grade  wichtige  Aufgabe.  Denn  nicht  allein  verändern  die 
Metalle  ihre  specifischen  Eigenschafken  durch  die  Legirung,  wie  früher 
erörtert,  sondern  es  ist  auch  Rücksicht  darauf  zu  nehmen,  dass  von  meh- 
reren in  einen  und  denselben  Tiegel  eingesetzten  Metallen  das  eine  häufig 
durch  den  Schmelzprocess  ganz  anders  beeinflusst  wird  als  das  andere. 
So  z.  B.  verflüchtigt  sich,  wenn  man  Kupfer  und  Zink  zu  Messing  zu- 
sammenschmilzt, von  dem  Zink  ein  Theil,  es  erfolgt  eine  zinkärmere  Le- 
girung als  nach  der  durchschnittlichen  Zusammensetzung  des  Einsatzes, 
und  es  muss  von  vornherein  eine  so  viel  reichlichere  Menge  Zink  (etwa 
3  Proa)  zugesetzt  werden,  dass  dieser  Gewichtsverlust  ausgeglichen 
wird.  Ebenso  verhält  sich  das  Zink  im  Neusilber  und  anderen  Legirun- 
gen.   Durch  bestimmte  Kunstgriffe  ist  man  im  Stande,  einer  allzu  reich- 


Tiegelschmelzen.  229 

liehen  Yerflüchtignng  heziehentlioh  Oxydation  vorzubengen.  So  z.  B. 
hiin^^  man  beim  Einsetzen  die  verschiedenen  Metalle  in  abwechselnden 
Schichten  über  einander  in  den  Tiegel,  zu  oberst  eine  Schicht  des  schwe- 
rer oxydirbaren  oder  schwerer  flüchtigen  Metalls,  so  dass  rasch  Legimng 
eintreten  mnss;  schliesslich  bringt  man  wohl  eine  Decke  von  Holzkohlen- 
stanb  als  Rednctionsmittel  darauf  und  auf  diese  den  Deckel;  oder  man 
schmilzt  erst  das  weniger  leicht  zu  beeinflussende  Metall,  zumal  wenn 
dieses  auch  schwerer  schmelzbar  ist  (Kupfer)  und  setzt  erst  dem  geschmol- 
zenen das  andere  (2^k,  Zinn)  hinzu.  Bei  letzterem  Verfahren  darf  man 
nicht  ausser  Acht  lassen,  dass  durch  das  Einwerfen  kalter  Stücke  ge- 
wisser Metalle  in  ein  flüssiges,  hocherhitztes  Metallbad  gefahrliche  Ex- 
plosionen entstehen  können  (wahrscheinlich  durch  Entweichen  von  Oasen), 
so  beim  Zink  und  Eisen.  Deshalb  ist  ein  vorheriges  Erhitzen  solcher 
zuzusetzenden  Metallstücke  unerlässliche  Regel. 

Bisweilen  verflJirt  man  noch  umständlicher  und  gebraucht  mehrere 
Schmelzen,  um  die  fertige  Legirung  zu  bilden,  besonders  wenn  mehr 
als  zwei  Metalle  legirt  werden  sollen.  Man  schmilzt  dann  nicht  selten 
in  eiuem  Tiegel  die  Hälfte  eines  Metalls  mit  dem  zweiten  Metalle,  in  einem 
andern  die  zweite  Hälfke  des  ersten  Metalls  mit  dem  dritten  Metalle  zu- 
sammen und  vereinigt  nun  erst  beide  Legirungen.  So  z.  B.  wird  in  ein- 
zelnen Fabriken  bei  der  Neusilberdarstellung  in  einem  Tiegel  die  Hälfte 
des  Kupfers  mit  dem  Zink,  in  einem  zweiten  die  andere  Hälfte  des 
Kupfers  mit  dem  Nickel,  dann  die  Kupferzinklegirung  zur  Kupfemickellegi- 
rung  gesetzt.  Aehnliche  Vorschriften  für  Darstellung  von  Neusilber  und 
anderen  Legirungen  sind  nicht  selten,  werden  auch  bisweilen  als  Fabrik- 
geheimniss  betrachtet  und  mögen  wohl  ihre  Berechtigung  durch  die  Be- 
einflussung des  Schmelzpunkts  beim  Legiren  in  dieser  oder  jener  Weise 
finden.  Es  wird  jedenfalls  geringerer  Metallverlust  stattfinden,  wenn 
man  im  Stande  ist,  die  leicht  flüchtigen  Metalle  durch  geeignetes  allmä- 
liges  Vermischen  mit  anderen  indifferenteren  Metallen  in  niedrigerer  Tem- 
peratur zu  legiren  und  dann  erst  als  Legirung  der  höhern  Schmelztemperatur 
des  Endproducts  auszusetzen,  als  weun  von  vorn  herein  dieser  hohe  Wärme- 
grad auf  jene  verdampfungs-  und  oxydationsfähigen  Metalle  einwirkt. 

Das  Einbringen  der  Metalle  in  den  Tiegel  geschieht  meistens,  wäh- 
rend dieser  kalt  ist,  und  man  pflegt  dann  erst  den  gefüllten  Tiegel  in 
den  Ofen  zu  stellen,  bevor  dieser  geheizt  ist;  in  Oussstahlgiessereien,  wo 
man  die  Tiegel  selbst  fertigt,  bringt  man  auch  wohl  die  aus  dem  Olühofen 
kommenden  heissen  Tiegel  unmittelbar  in  den  vorher  angewärmten 
Schmelzofen  und  schüttet  dann  erst  das  Metall  mit  Hülfe  eines  Blech- 
trichters hinein. 

Wenn  eine  ganz  bestimmte  Beschaffenheit  und  Zusammensetzung 
der  geschmolzenen  Legirung  oder  des  Metalls  von  Wichtigkeit  ist,  so 
nimmt  man,  bevor  der  Tiegel  mit  seinem  Inhalte  aus  dem  Ofen  genom- 
men wird,  eine  Probe  durch  Schöpfen  mit  einem  löffelartigen,  langstieli- 
gen Werkzeage  oder  auch  nur  durch  Eintauchen  einer  eisernen  Stange,  an 


230  Tiegelschmelzöfen. 

welcher  dann  Eügelchen  des  Metalls  haften  bleiben,  und  prüft  dieselbe 
anf  ihre  Beschaffenheit;  so  bei  den  Legirungen  für  die  MünzdarBteSang, 
beim  Gussstahl  n.  a.  Die  Prüfang  kann  geschehen  durch  einfache  Be- 
nrtheilung  nach  äusseren  Kennzeichen  (Bruchfläche,  Erscheinungen  an 
der  Oberfläche  beim  Erstarren);  durch  gewisse  mechanische  Untersuchun- 
gen (Breitschlagen  der  Metallkügelchen  auf  einem  Ambos  zur  Beur- 
theilnng  der  Härte  beim  Stahle  u.  dergL);  oder  durch  ein  chemisches, 
rasch  ausführbares  Probirverfahren  (bei  den  Münzlegirungen).  Durch 
geeignete  Zusätze  dieses  oder  jenes  Metalls  lassen  sich  in  den  meisten 
Fällen  erkannte  Mängel  beseitigen. 

Wirkungsgrad  der  Tiegelschmelzöfen. 

Zur  Berechnung  desselben  können  folgende  Ermittelungen  dienen : 

a.    Tiegelschachtöfen. 

1.  Auf  dem  königlich  sächsischen  Hüttenwerke  zu  Halsbrücke  bei 
Freiberg  wurden  742,467  Kilogramm  Silber  bei  7  Grad  Wärme  in  einen 
bereits  zu  mehreren  Schmelzungen  benutzten  Tiegel  eingesetzt  und  zum 
Schmelzen  201  Kilogramm  Koks  mit  6,6  Proc  hygroskopischer  Feuch- 
tigkeit und  13,5  Proc.  Asche,  also  79,9  Proc.  Kohlenstoff  yerbraucht. 
Die  theoretische  Leistung  der  Koks  beträgt  bei  vollständiger  Verbren* 
nung  per  1  Kilogramm  Koks 

0,799  X  8080  =  6455  Wärmeeinheiten, 
und  jene  wirklich  verbrauchten  201  Kilogramm  Koks  würden  demnach 
bei  völliger  Verbrennung 

201  X  6455  =  1  297  455  Wärmeeinheiten 
zu  entwickeln  im  Stande  gewesen  sein. 

Zur  Bestimmung  der  vom  flüssigen  Silber  aufgenommenen  Wärme 
wurden  338,900  Kilogramm  desselben  in  914,9  Kilogramm  Wasser  von 
8,9®  C.  eingegossen,  wobei  die  Temperatur  des  Wassers  auf  37,0®  C, 
also  um  28,1®  C.  stieg. 

Es  wurden  also  vom  Silber  für  diese  Erwärmung  abgegeben 

914,9  X  28,1  =  25  708  Wärmeeinheiten 

Bei  der  Temperatur  von  37,0®  C.  besass 

das  Silber    noch    Überschüssige   Wärme   über 

seine  ursprüngliche  Temperatur  von  7®,  wenn 

man  die  specifische  Wärme  desselben  =  0,057 

setzt  : 

338,90  X  30  X  0,057  =  680  „ 

Es  enthielten  338,90  Kilogramm  Silber  26  288  Wärmeeinheiten, 
mithin  die  geschmolzenen  742,467  Kilogramm  Silber  57  592  Wärmeein- 
heiten ^),  und  es  ist  der  Wirkungsgrad  des  Schmelzofens 


i)  1  Kilogramm  Silber  demnach  78  Wärmeeinheiten. 


Wirkungsgrad.  231 

^         67  692 

Ä» ■  =  0  044. 

^  -  1  297  455        "•*'**• 

2.  Der  Wirkungsgrad  der  Tiegelschmelsdien  fiUlt  günstiger  aus, 
wenn  statt  des  schon  gebrauchten  Tiegels  ein  neuer  mm  Schmelzen  be- 
nutzt wird.  Bei  demselben  Hüttenwerke,  wie  in  dem  vorigen  Beispiele, 
schmolz  man  im  neuen  Tiegel  unter  sonst  ganz  gleichen  Yerhältnissen 
als  bei  dem  ersten  Versuche  1190,740  Eologramm  Silber  und  gebrauchte 
dazu  285  Kilogramm  Koks.  Demnach  ist  der  Wirkungsgrad  des 
Schmelzofens 

_        1190,740  X  78        ^  ^^^ 

E  = • =  0.060. 

286  X  6465  * 

3.  Beim  Gusseisenschmelzen  in  Tiegelsohachtöfen  rechnet  man 
gewöhnlich  auf  100  Kilogramm  Gusseisen  einen  Kokayerbrauch 

in  eintiegeligen  Oefen  bis  zu  200  Kilogramm, 
in  mehrtiegeligen  Oefen  mindestens  80  Kilogramm, 
also  durchschnittlich  140  Kilogramm  Koks. 

Nimmt  man  die  Zusammensetzung  derselben  gleich  der  bei  den  yor- 
hin  beschriebenen  Versuchen  benutzten  Koks  an,  so  entwickeln  sie  Wärme 

.  140  X  6455  =  903  700  Wärmeeinheiten. 
Gnsseisen,  auf  eine  zum  (Hessen  geeignete  Temperatur  erhitzt,  be- 
sitzt nach  Gruner's  Ermittelungen  durchschnittlich  250  Wärmeeinhei- 
ten ^),  100  Kilo  also  25  000  Wärmeeinheiten,  und  es   ergiebt  sich  die 
Leistung  der  Oefen 

X.        25  000 
E  =  ^^o  »^^  =  0,027. 
903  700 

Nimmt  man  dagegen  den  günstigsten  Koksrerbrauch  von  80  Kilo- 
gramm Koks  per  100  Kilogramm  Gusseisen  an,  so  berechnet  sich  der 

Wirkungsgrad 

25  000 

^  =  8Ö^r6465  =  *>•«*«• 

4.  Um  100  Kilogramm  Gussstahl  in  Tiegelschachtöfen  zu  schmel- 
zen und  auf  die  zum  Vergiessen  geeignete  Temperatur  zu  erhitzen ,  ge- 
braucht man  200  bis  400  Kilogramm,  durchschnittlich  300  Kilogramm 
Koks^).  Dieselben  entwickeln  bei  gleicher  Zusammensetzung  wie  bei 
den  bisher  besprochenen  Versuchen:  300  X  6455  =  1  936  500  Wärme- 
einheiten; 1  Kilogramm  des  flüssigen  Metalls  besitzt  nach  Grüner  350 
WärmeeinheiteUi  es  ist  also  der  Wirkungsgrad  des  Ofens 

_,       350X100        ^^,^ 
1 936  500  '       ' 


1)  Annales  des  mines,  Serie  VII,  Tome  YIII,  p.  168  et  169. 

^  YergL  Q runer,  De  ratilisation  de  la  chaleur  dans  les  foomeaaz  des 
usinet  m^taUargiqaes.  Annales  des  mines  Serie  VII,  Tome  YSl,  p.  175;  auch 
Wedding,  DarsteUnng  des  schmiedbaren  Eisens,  S.  646. 


232  Tiegelschmelzöfen« 

im  günstigsten  Falle  bei  dem  BrennstoffVerbranohe  von  200  Kilogramm 

200  X  6455 

Ziehen  wir  aas  den  gegebenen  Berechnungen  ein  Durchschnittsresul- 
tat  fitr  den  Wirkungsgrad  der  Tiegelschachtöfen  mit  Eoksfenerong ,  so 
ergiebt  sich  als  mittlerer  Werth  die  Ziffer 

E  =  0,086. 

Die  Leistung  wird  im  Allgemeinen  günstiger  bei  mehrtiegeligen  als 
bei  eintiegeUgen,  bei  grossen  Eins&tzen  als  bei  kleinen,  bei  neuen  Tiegeln 
als  bei  alten  Tiegeln  sein. 

Bei  Anwendung  yon  Holzkohlen  ergiebt  sich  ein  ungleich  ungünsti- 
geres Resultat  in  Folge  der  durch  die  grössere  Porosität  des  Brennmate- 
rials beförderten  Bildung  von  Eohlenoxyd,  also  der  unvollständigen  Ver- 
brennung. Man  gebraucht  das  doppelte  bis  vierfache  Gewicht  Holzkoh- 
len als  Koks  und  der  durchschnittliche  Wirkungsgrad  des  Ofens  ist  höch- 
stens auf  0,01  zu  berechnen.  Daher  ist  die  Anwendung  von  Holzkohlen 
zum  Tiegelschmelzen  sehr  selten  und  nur  gebräuchUch ,  wo  man  eine 
Einwirkung  der  von  den  Koks  entwickelten  schwefligen  Säure  auf  das 
Metall  fürchtet. 

b.    Tiegelherdöfen. 

5.  Zur  Berechnung  des  Wirkungsgrads  von  Tiegelherdöfen  mit 
directer  Feuerung  fEÜirt  Grüner  an,  dass  in  den  Stahlwerken  von  Assailly 
bei  Rivede  Gier  beim  Flammofenschmelzen  zu  100  Kilogramm  Gussstahl  270 
Kilogramm  gewöhnliche  Steinkohle  mit  einem  Aschengehalte  von  15  Proc. 
gebraucht  werde  ^).  Der  Wärmeeffect  dieser  Kohlen  wird  sich  demnach 
auf  ca.  6300  Wärmeeinheiten  beziffern').  Es  beträgt  demnach  der  Wir- 
kungsgrad des  Ofens 

350  X  100         ^^„^ 

^  =  i:;^ :r^:7:;:  =  0,020. 

270  X  6300  • 

6.  Beim  Schmelzen  von  Tiegelgussstahl  in  Regeneravtiflammöfen 
beträgt  nach  Grüner  der  Brennstoffverbrauch  180  Kilogramm  gewöhn- 
liche Steinkohle,  nach  Wedding  155  Kilogramm  gute  aschenarme  Gas- 
kohle per  100  Kilogramm  GussstahL  Setzt  man  die  Wärmeleistung  der 
erstem  wieder  =  6300  Wärmeeinheiten  per  Kilogramm,  diejenige  der 
Gaskohle  =  7000,  so  ergiebt  sich  im  erstem  Falle  ein  totaler  Wärme- 
aufvfand  =  1  134  000,  im  letztem  =  1085000,  durchschnittlich  circa 
=  1 100  000  Wärmeeinheiten.  Der  Wirkungsgrad  der  Oefsn  beträgt 
demnach 

350  X  100  ^ 

1100  000 


1)  Log.  cit.  8.  176. 

>)  Siehe  die  Berechnungen  des  Wärmeeffects  von  Steinkohlen  auf  S.  217. 


Herdilammöfen.  233 


Dritte  Oriippe.    Herdflammöfen  ohne  Tiegel. 

Das  Metall  befindet  flach  unmittelbar  auf  dem  mit  einem  Gewölbe 
überspannten  Herde  des  Ofens,  wird  bier  von  der  vorüber  ziehenden 
Flamme  an  seiner  Oberflache  bestrichen  und  verflüssigt.  Es  sammelt 
sich  an  dem  tiefsten  Punkte  des  Herdes  und  wird  von  dort  durch  eine 
wfthrend  des  Schmelzens  mit  einem  Thonpfropfen  verschlossen  gehaltene 
Oeffnung,  das  Stichloch,  abgelassen.  Das  Metall  ist  daher  den  etwai- 
gen chemischen  Einwirkungen  der  Verbrennungsgase  ohne  Schutz  preis- 
gegeben. Diese  Gase  bestehen  vorwiegend  aus  Eohlens&ure,  Wasser, 
Stickstoff  und  Sauerstoff  bei  vollständiger  Verbrennung;  aus  Kohlen - 
Store,  Eohlenoxyd,  Kohlenwasserstoffen,  Wasser  und  Stickstoff  bei  un- 
vollständiger Verbrennung.  Je  weniger  vollständig  die  Verbrennung,  je 
reducirender  also  die  Flamme  ist,  desto  weniger  hoch  ist  die  erreichbare 
Temperatur;  eine  annähernd  vollständige  Verbrennung  lässt  sich  kaum 
ohne  einen  üeberschuss  an  freiem  Sauerstoff  erreichen,  dessen  Menge 
von  der  Construetion  der  Feuerungsanlage  und  der  Beschaffenheit  des 
Brennstoffs  abhängig  bleibt.  Ausserdem  wird  aber  freier  Sauerstoff 
durch  die  unvermeidlichen  Fugen  an  den  Arbeitsthüren  etc.  angesogen. 
Hierans  folgt,  dass  bei  denjenigen  Metallen,  welche  eine  hohe  Temperatur 
zu  ihrer  Schmelzung  verlangen,  die  Erzeugung  einer  mehr  oder  minder 
oxydirenden  Flamme  kaum  vermeidlich  ist.  Enthält  das  Brennmaterial 
Schwefelkies  (Stein-  und  Braunkohlen),  so  findet  sich  in  dem  Gasgemische 
auch  schweflige  Säure. 

Als  Brennstoffe  können  sämmtliche  flammenden  Brennstoffe  dienen, 
sobald  die  bei  ihrer  Verbrennung  entwickelte  Temperatur  zum  Schmel- 
zen des  Metalls  hoch  genug  ist. 

In  Folge  jener  directen  Einwirkung  der  Flamme  und  Verbrennungs- 
gase auf  das  Metall  sind  alle  diejenigen  von  dem  Schmelzen  in  Flamm- 
ofen ausgeschlossen,  welche  eine  wesentliche  Beeinflussung  ihrer  Eigen- 
schaften durch  diese  Einwirkung  erfahren;  auch  solche  Legirungeu, 
welche  zwar  nur  in  geringerm  Maasse  beeinflusst  werden,  bei  denen  aber 
eine  durchaus  unveränderte  Zusammensetzung  Bedingung  ist  (z.  B.  die 
Legirungen  der  MünzwerkstättenX  schmilzt  man  nicht  ohne  TiegeL  um- 
gekehrt sucht  man  beim  Schmelzen  von  Metallen,  welche  von  bestimmten 
Gasen  leicht  beeinflusst  werden  (Kupfer  von  schwefliger  Säure ,  Zink  von 
freiem  Sauerstoff  u.  s.  f.),  den  Verbrennungsprocess  derartig  zu  leiten 
oder  ein  derartiges  Brennmaterial  zu  wählen,  dass  eben  jene  Gase  in  dem 
Gasgemische  in  möglichst  geringer  Menge  auftreten. 

Die  vorzugsweise  in  Herdflammöfen  geschmolzenen  Metalle,  sofern 
wir  von  den  für  rein  hüttenmännische  Zwecke  vorgenommenen  Schmel- 
zungen absehen,  sind  Gusseisen  und  Bronze.  Gusseisen  erfordert  eine 
hohe  Schmelztemperatur,    und    es  ist  deshalb  eine  gewisse  Oxydation 


234  Herdflammöfen. 

anvermeidlich,  durch  welche  hauptsächlich  SQiciom  entfernt  wird.  Ist 
das  Gnsseisen  reich  an  diesem  Körper,  so  beeinträchtigt  der  Ozydations- 
process  die  Güte  desselben  nicht,  soBdem  erhöht  sie  sogar  in  vielen  Fäl- 
len, wenn  ein  dichtes,  festes,  von  allzu  reichlicher  Grraphitausscheidung 
freies  Product  erzielt  werden  soll.  Gegen  die  übrigen  Gase  des  Yer* 
brennungsprocesses,  insbesondere  gegen  schweflige  Säure,  verhält  sich 
das  Gusseisen  ziemlich  indiflereut,  und  daher  ist  die  Steinkohle  das 
üblichste  Material  zum  Gusseisenschmelzen  in  Flammöfen. 

Bronze  unterliegt  leicht  dem  Ozydationsprocesse,  es  entsteht  Kupfer- 
oxydul und  Zinnoxyd,  welche  sich  im  Metalle  lösen  und  dessen  Eigen- 
schaften beeinflussen.  Durch  Polen  kann  eine  theilweise  Reduction  des 
Kupferoxyduls,  durch  Zusatz  von  Phosphor  (Phosphorzinn,  Phosphorkupfer) 
eine  Reduction  beider  Metalloxyde  bewirkt  werden  (S.  15).  Die  Ein- 
wirkung freien  Sauerstoflis  ist  um  so  bedeutender,  die  Schmelztemperatur 
der  Legirung  um  so  weniger  hoch,  je  zinnreicher  die  Bronze  ist.  Des- 
halb wird  die  Flamme  um  so  reducirender  gehalten,  je  stärker  der  Zinn- 
gehalt vertreten  ist  (Glockenbronze).  Als  Brennmaterial  zum  Bronze- 
schmelzen benutzt  man  fast  ausschliesslich  Holz  in  der  Annahme,  dass  die 
schweflige  Säure  der  verbrennenden  mineralischen  Kohlen  nachtheilig  auf 
den  Kupfergehalt  der  Legirung  wirke. 

Stärker  als  Bronze  wird  Messing  durch  das  Flammofenschmelzen 
auf  freiem  Herde  beeinflusst.  Bei  der  grossen  Oberfläche  des  Metall- 
bades wird  ein  Theil  des  leicht  flüchtigen  Zinks  in  der  Schmelztemperatur 
des  Messings  entweder  direct  als  Dampf  fortgeführt  und  als  solcher  gröss- 
tentheils  oxydirt;  oder  es  findet  auch  Oxydation  im  Bade  selbst  statt. 
Schon  die  Kohlensäure  des  Gasgemisches  kann  oxydirend  auf  das  Zink 
wirken.  Deshalb  erfordert  das  Messingschmelzen  auf  freiem  Herde 
grösste  Vorsicht  und  ist  wenig  üblich. 

Beim  Neusilber  würden  die  nachtheiligen  Einflüsse  des  Flammofen - 
schmelzens  auf  freiem  Herde  sich  in  noch  höherm  Grade  geltend  machen 
können  als  beim  Messing,  und  es  ist  deshalb  für  dieses  nur  allein  das 
Tiegelschmelzen  in  Gebrauch. 

Die  in  niedriger  Temperatur  schmelzbaren  Matalle  —  Zink,  Zinn, 
Blei  —  werden  bisweilen  in  solchen  Fällen  im  Flammofen  geschmolzen, 
wenn  bedeutende  Mengen  derselben  im  Flusse  erhalten  werden  sollen; 
z.  B.  für  den  Guss  der  als  erste  Verarbeitungsstufe  der  Darstellung  von 
Blechen  dienenden  Platten  in  grossen  Walzwerken  ^).  Da  eine  hohe 
Temperatur  nicht  eiforderlich  ist,  kann  man  auf  reducirende  Flamme 
halten,  um  den  reichlichen  Abgang  durch  Oxydation  zu  verhüten. 


^)  Ueber  das  Schmelzen  des  für  Bleche  bestimmten  Zinks  in  Flammöfen 
siehe  Berg-  xmd  Hüttenmännische  Zeitmig,  redigirt  von  Kerl  and  Wimmer, 
Jahrgang  1873,  S.  290. 


Herdflammöfen.  235 


Gonstraction  der  Herdflammöfen. 

Man  unterscheidet  auoli  hier  Oefen  mit  directer  and  mit  Gasfeue- 
nmg.  Es  kann  im  Voraus  bemerkt  werden,  dass  erstere  Feuerung  weit 
häufiger  in  Anwendung  ist  als  letztere.  Ein  Hauptgrund  hierfür  liegt 
in  dem  schon  beim  Tiegelschmelzen  im  Gasflammofen  erwähnten  Um- 
stände, dass  die  Yortheile  der  Gasfeuerung  sich  hauptsächlich  bei  einem 
grossem  Betriebe  geltend  machen,  welcher  eine  ununterbrochene  oder 
doch  tägliche  Benutzung  des  Schmelzapparats  erheischt.  Insbesondere 
ist  dieses  bei  den  Oefen  mit  Sie  mens 'sehen  Regeneratoren  der  Fall,  welche 
letztere  in  den  ersten  Stunden  des  Betriebes  allerdings  eine  Menge 
Wärme  aufnehmen,  so  lange  aber  verhältnissmässig  wenig  derselben 
abgeben,  bis  sie  selbst  auf  eine,  hohe  Temperatur  gelangt  sind.  Nur 
wenige  Giessereien  sind  aber  in  der  Lage,  ihre  Herdflammöfen  unausgesetzt 
zu  benutzen;  gewöhnlich  liegen  mindestens  einige  Tage  zwischen  zwei 
auf  einander  folgenden  Schmelzen,  während  welcher  der  Ofen  sich  völlig 
abkühlt.  Die  höheren  Kosten  der  Anlage  für  Gasfeuerung,  zumal  für 
Siemens'sche  Feuerung,  würden  also  nicht  im  Verhältnisse  zu  den  zu 
erwartenden  Vortheüen  stehen.  Bei  Legirungen,  aus  denen  in  der 
Temperatur  des  Schmelzherdes  sich  einzelne  Körper  verflüchtigen,  welche 
in  niedrigerer  Temperatur  wieder  fest  werden,  z.  B.  Messing,  Bronze, 
würden  die  Siemens 'sehen  Feuerungsanlagen  auch  aus  dem  Grunde 
nicht  gut  anwendbar  sein,  weü  man  eine  baldige  Verstopfung  der  Rege- 
neratoren durch  jene  mitgerissenen  oder  verflüchtigten  Körper  zu  befürch- 
ten hätte.  Deshalb  beschränkt  sich  die  Anwendung  der  Gasfeuerung 
zum  Herdschmelzen  fast  allein  auf  solche  Fälle,  wo  Metalle  mit  sehr 
hoher  Schmelztemperatur  geschmolzen  werden  sollen,  zu  deren  Erzeu- 
gung gewöhnliche  Feuerung  nicht  ausreicht. 

Da  die  Oefen  mit  Gasfeuerung  in  ihrer  innem  Einrichtung  bisweilen 
erhebliche  Abweichungen  von  den  für  directe  Feuerung  eingerichteten 
Oefen  aeigen,  so  wird  es  sich  empfehlen,  in  Folgendem  die  Besprechung 
beider  zu  trennen. 

Herdflammöfen  mit  directer  Feuerung. 

Dieselben  enthalten  als  HauptbestandtheUe:  den  Feuerungsraum 
mit  Rost;  den  Herd,  von  der  Feuerung  durch  die  Feuerbrücke  ge- 
trennt; den  Fuchs  (Abzugscanal  für  die  verbrauchten  Gase);  und  die 

Esse. 

Die  Feuerung  unterscheidet  sich,  sofern  Steinkohlen  als  Brenn- 
material dienen,  nicht  erheblich  von  den  Feuerungen  der  für  andere 
metallnrgisehe  Zwecke  benutzten  Flammöfeu ,  wie  aus  den  weiter  unten 
gegebenen  Abbildungen  solcher  Oefen  hervorgehen  wird.  Ein  Rost,  mei- 
stens Planrost,  dient  zur  Unterhaltung  des  Verbrennungsprocesses»     Je 


236  Herdflammöfen  mit  directer  Feuerung. 

freier  derselbe  liegt,  d«  h.  je  weniger  der  Zufluss  der  ftossem  Luft  unter 
den  Rost  gehindert  ist,  desto  günstiger  ist  seine  Wirkung.  Wo  es  mög- 
lich ist,  lässt  man  deshalb  den  Aschenfall  ausserhalb  des  Grebäudes  mün- 
den, nur  vor  Wind  und  Regen  geschütast.  Oberhalb  des  Rostes  befindet 
sich  an  der  einen  langen  Seite  des  Ofens  die  Schüröffhung  (Feuerthür), 
durch  einen  gusseisemen  trichterartigen  Rahmen  vor  Beschädigungen 
geschützt  (siehe  unten  Fig.  209).  Dieselbe  wird  während  des  Schmel- 
zens  mit  Steinkohlen  verschlossen  gehalten  und  dadurch  das  Eindringen 
frischer  Luft  verhindert. 

Da  bei  Holzfeuerung,  wozu  man  längere  Scheite  benutzt,  ein  solcher 
Verschluss  nicht  erreichbar  und  auch  die  Bedienung  des  Rostes  durch 
eine  seitliche  Oefifhung  nicht  gut  ausführbar  sein  würde,  versieht  man 
derartige,  meistens  für  Bronzeschmelzen  bestimmte,  Oefen  statt  jener 
Thüröffhung  häufig  mit  senkrechtem,  durch  die  Decke  gehendem  Füll- 
schachte, wie  z.  B.  in  Fig.  206  (Seite  2^38),  welcher  durch  einen  Schie- 
ber oder  eine  sonstige  geeignete  Vorrichtung  verschlossen  gehalten  wer^ 
den  kann. 

Je  mehr  man  auf  eine  reducirende  Flamme  zu  halten  gezwungen 
ist,  desto  tiefer  muss  der  Rost  unter  der  Oberkante  der  Feuerung  liegen, 
damit  eine  hohe  Brennmaterialschicht  das  Durchdringen  freien  Sauer- 
stoffs verhüte.  Wii*  finden  diese  Abmessung  bei  Oefen  f&r  Holzfeuerung 
=  0,6  bis  1,0  m,  bei  Oefen  far  Steinkohlen  =  0,3  bis  0,6  m. 

Die  Grösse  der  Rostfläche  ist  insofern  eine  der  wichtigsten  Abmes- 
sungen des  Ofens,  als  von  derselben  zum  grossen  Theile  der  Brennstoff- 
verbrauch und  die  Zeitdauer  des  Schmelzens  abhängig  ist. 

Am  besten  macht  man  die  Rostfiäche  von  den  in  bestimmten  2ieit- 
räumen  zu  schmelzenden  Metallmengen  abhängig.  Wiebe  giebt,  auf 
praktische  Erfahrungen  sich  stützend,  die  Regel,  dass  pro  100  Kilogramm 
stündlich  zu  schmelzendes  Metall  bei  Steinkohlenfeuerung  eine  freie  Rost- 
fläche von  0,127,  eine  totale  von  0,21  Quadratmeter  erforderlich  sei^), 
und  man  findet  seitdem  diese  Angabe  in  zahlreichen  Hand-,  Lehr-  und 
Taschenbüchern  wiederholt.  Bei  vielen  ausgeführten  Oefen  mit  guten 
Betriebsresultaten,  von  denen  unten  einige  Beispiele  gegeben  werden  sol- 
len, finden  wir  die  totale  Rostfiäche  allerdings  diesem  Verhältnisse  an- 
nähernd entsprechend,  das  Verhältniss  der  freien  zur  totalen  aber  minde- 
stens wie  1  :  2,  nicht  selten  wie  1  :  3,  also  die  freie  Rostfiäche  erheblich 
kleiner  als  nach  Wiebe's  Vorschrift  In  der  Wirklichkeit  lässt  sich  übri- 
gens, wenn  nur  die  totale  Rostfläche  dem  Bedürfiusse  entspricht,  durch 
Einlegen  anderer  Roststäbe  oder  durch  Vergrösserung  oder  Verkleine- 
rung der  Anzahl  derselben  sehr  leicht  das  Verhältniss  der  totalen  zur 


^)  Wiebe,  Die  Maschinenbamnaterialien ,  B.  510.  Unter  fireier  Rostfiäche 
versteht  man  bekanntlich  den  Zwischenraum  zwischen  den  Boststäben,  soweit 
die  Luft  bindurchtreten  kann. 


Herdflammöfen  mit  directer  Feuerung.  237 

freien  RoBtfläche  &ndem,  wenn  sich  eine  Bolche  Aenderong  als  zweck- 
mässig herausstellen  sollte. 

Nimmt  man  als  Zeitdauer  des  Schmelzens  eines  einmaligen  Einsatzes 
5  bis  6  Stunden  an  und  bezieht  die  Grösse  der  Rostfl&che  nicht  auf  das 
stündlich  zu  schmelzende  Metall,  sondern  auf  die  Grösse  des  ganzen  Ein- 
satzes, so  findet  man  bei  den  besseren  Oefen  fürje  100  Kilogramm 
des  überhaupt  zu  schmelzenden  Metalls  die  Grösse  der  Rostflache 
zwischen  folgenden  Werthen: 


Freie 


Rostfläche 

in  Quadratmeter 
per  100  Kilogramm  Metall 


A.  Einschmelzen  mit  Steinkohlen. 

Oefen  mit  mehr  als  5000  Kilogramm  Einsatz 
,       mit  2000  —  5000  ,  „ 

B.  Bronzeschmelzen  mit  Holz. 

Oefen  mit  mehr  als  5000  Kilogramm  Einsatz 
Oefen  mit  2000  —  5000 


0,015  —  0,03 
0,03   —0,04 

0,010  —  0,015 
0,015  —  0,020 


0,0075  —  0,015 
0,015    —  0,02>) 

0,002    —0,003 
0,003    —0,004 


Der  Gmndriss  des  Rostes  pflegt  der  bequemem  Bedienung  halber 
annähernd  quadratisch  zu  sein,  oder  es  verhält  sich  die  Länge  (von 
Rückwand  bis  Feuerbrücke)  zur  Breite  (von  einer  Langseite  des  Ofens 
zur  andern  gemessen)  wie  4  :  5. 

DieOefifoung  oberhalb  der  Feuerbrücke,  durch  welche  die  Flamme  in 
den  Herd  gelangt,  heisst  das  Flammenloch.  Die  Breite  desselben  (gleich 
der  Länge  der  Feuerbrücke)  ist  gleich  der  Breite  des  Rostes;  das  Yer- 
hältniss  des  totalen  Querschnitts  dieser  Oeffiiung  zur  totalen  Rostfläche 
findet  man  bei  ausgeführten  Oefen  zwischen  den  Werthen  von  0,3  bis 
1,0,  meistens  0,5  bis  0,7.  Hieraus  ergiebt  sich  alsdann  die  Höhe  des 
Gewölbes  über  der  Feuerbrücke,  welche  bei  kleinen  Oefen  ca.  400 mm, 
bei  mittleren  und  grossen  600  bis  700  mm,  selten  darüber  zu  betragen 
pflegt.  Im  Allgemeinen  wird  bei  Oefen  mit  niedrigem  Gewölbe  die 
Wärme  bessere  Ausnutzung  finden  als  bei  hohen;  nicht  selten  sprechen 
aber  Nebennmstände  bei  Bemessung  der  Gewölbhöhe  mit,  insbesondere 
die  Gröese  der  zu  schmelzenden  Einsatzstücke  und  die  dadurch  bedingte 
Höhe  der  Einsatzthür  an  der  Seite  des  Herdes. 


1)  Dürre  ermittelt  anf  theoretischem  Wege  far  einen  Ofen  mit  3750  bis 
6000  Kilogramm  Einsatz  die  zweckmässige  Areie  Bostfläche  =  1,01 ,  die  totale 
^:  2,02  Quadratmeter  (Dürre,  Handbach  des  Eisengiessereibetriebes ,  n.  Bd., 
8.  358). 


238  Deutsche  Flammöfen. 

Der  Herd  pflegt  to  ringericbtet  m  Min,  dan  du  tmgeBchiDolxeiie 
Het«U  anf  einer  hocfagelegeaen  Stelle  von  den  Guen  snm  Schmetsen  erhitzt 
wird,  das  geachmolsene  aber  «ich  an  einer  tiefer  gel^^nen,  vorher  freien 
nnd  Ton  den  TOr&ber  nehenden  Gasen  erhitzten  Stelle  sammelt,  stets 
aber  an  seiner  Oberfläche  der  Einwirkung  der  Wftnne  Misgeaetat  Ueibt 
Diese  Einrichtung  ist  nothweodig,  um  eine  frOhseitige  Abkühhing  des 
geschmolzenen  Metalls  während  der  Schmelsdaoer  m  TeriiSten,  welche 
mindestens  einige  Stunden  zn  beanspruchen  pflegt.  Je  nachdem  jene 
höchste  St«lle  des  Herdes,  anf  der  das  nngeschmolsene  Metall  sieh  befin- 
det, der  Fenernng  näher  oder  derselben  entfernter  als  der  Sammelranm 
des  flässigen  Metalls  liegt,  onterscheidet  man  zwei  verschiedene  Ofensysteme : 

1.  Dentsche  Flammöfen,  Flammöfen  mit  gestrecktem 
Herde,  Figuren  206  nnd  207  (Flammöfen  zum  Schmelzen  von  ca.  11  200 
Kilogranun  Bronze  in  der  königlichen  Oeschützgieaserei  zu  Spsndftn ')). 


'}  Terf^Mer   verdankt   die  Hittheilung   dieaer   Zeiclumngeii  der  Gate  der 
königlictien  Direction  genannter  Anetalt    Aeltere  AbbUduDgen  derselben  Oefen 


Sampröfen.  239 

Dos    ongescbmolsene  ItCetall  befindet  sich   onmittelbar  hinter   der 
FenerbrBoke,  flieset  beim  Schmelzen  in  der  Richtung  des  Gasstromea  den 

Fig.  207. 


etwu  geneigten  Herd  hinab  nnd  gammelt  aicb  an  dem  der  FenerbrQcke 
«ntgegengesetsten  Ende  des  Ofens  (diso  in  der  N&he  des  Fnchses),  tod  wo  es 
dnmb  ein,  gewöhnlich  an  der  Stirnseite  des  Ofens  befindliches,  Stichloch 
e  abgelassen  wird.  Das  Gewölbe  überspannt  den  Herd  von  einer  Längs- 
sate  des  Ofens  zar  andern  mit  annäbernd  gerader  Achse ,  beaitzt  aber 
«twM  stärkere  NeigQDg  als  dieser,  so  dsas  beide  nm  so  mehr  convergiren, 
je  mebr  sie  sich  dem  Endpunkte  des  Herdes  (dem  Fnchse)  näbern. 

3.  Staffordsbire-Oefen,  FranzöBiscbe  Oefen,  Oefen  mit 
Tertieftem  Herde,  Snmpföfen.  Die  Figuren  208  nnd  209  (a.  f.  S.)  stellen 
einen  Flammofen  der  KönigsbOtte  in  Schlesien  ans  dem  Jahre  1868,  zum 
Sohmelsen  von  5000  Kilo  Robeisen  bestimmt,  in  i/|g  der  wirklichen 
GrOne  dar'). 


findea  sieb  in  Wiebe'x  Skiztenbnch,  Heft  X,  nnd  in  Dürre'*  Handbach  der 
Eimigien«rei,  Bd.  I.  Bei  rollern  Einsätze  oben  augenUirtaii  Quantum«  werden 
die  Feaerbrncke  und  iftmmtliohe  ThärCffkmn^n  um  eine  Bache  Btainschicht 
erhöbt. 

')  PrennUche   ZeilJ«brift  für   Berg-,  Hütten-  und  8alinenwe«en ,   Bd.  XVI, 
Tat  X,  Fig.  8  nnd  9. 


240  Herdflammofen. 

Unmiitolbar  hinter  der  Fenerbrflcke  Üegt  der  vertiefte  Sammeb-anm 
(SnmpO  fOr  das  geachmolzene  Metall  mit.  dem  Stichloche  an  einer  der 
Fie-  208. 


beiden  Langseiten ;  von  da  ab  steigt  die  Herdeoble  stetig  bis  zun  Fnchse 
empor  and  das  nngescbmolzene  Hetall  wird  in  der  Nähe  des  letztem 
eingesetzt.  Das  Gewölbe  bat  gebrochene  Gestalt,  zieht  sich  zneret  tief 
über  den  Snmpf  hinab,  stAtzt  sich  dort  senkrecht  oberhalb  des  Sticblochs 
anf  einen  qnerlanfenden  Gnrtbogen  und  schwingt  sich  von  da  ab,  der 
Steigung  der  Herdeoble  entsprechend,  in  einem  zweiten  Bogen  bis  sam 
Fachse  empor. 

Wie  man  sieht,  ist  bei  beiden  Ofensystemen  das  Bestreben  vorlian» 
den,  dorcb  geeignete  Form  des  Gewölbes  einestheile  die  Flamnie  auf  das 
Metall  niederzassiehen ,  anderntbeils  aber  auch  die  vom  Gewölbe  aoT- 
genommene  Warme  anf  das  darunter  befindliche  Metall  zurückstrahlen 
za  lassen.  Ton  letzterem  Gesichtspankte  ans  nennen  die  Franzosen  die 
Flammöfen  foars  h  r^verbSre,  die  Engländer  reverberatory-fnmaces  — 
Rückstrahlun  gsöfen. 

Der  Unterschied  in  der  Wirkung  jener  beiden  Ofensysteme  ist  fol- 
gender.  Bei  den  dentechen  Flammöfen  befindet  sich  das  eingesetzte 
Metall  hinter  der  Feuerbrücke,  dnrch  diese  um  so  mehr  geschätzt,  je 
höher  dieselbe  ist,  aber  in  gleichem  Maasse  auob  der  Einwirkung  der 
Wärme  entzogen.  Die  Folge  davon  ist,  dass  das  Hetall  verfaältnissmissig 
langsam  einschmilzt,  sobald  es  aber  einmal  geschmolzen  ist,  sich  leicht 
in  ausreichend  hoher  Temperatur  erhalten  lässt,  während  zugleich  die 
grosse  Oberfläche    des  Metallbades    etwaigen  chemischen  Einwirkungen 


Herdflammöfen.  ,        241 

des  Gassiromes  die  beste  Oelegenheit  bietet.  Es  kommt  hinzu,  dass  das 
geschmolsene  Metall  erst  Yon  der  Spitze  der  Flamme.,  also  von  dem 
heissesten,  aber  auch  am  kr&ftigsten  oxydirend  wirkenden  Theile  dersel- 
ben erreicht  wird,  nachdem  die  durch  Thürspalten  etc.  angesogene  atmo* 
spänsche  Lull  sich  bereits  mit  derselben  vermischt  hat.  Ist  das  Metall 
also  zur  Oxydation  geneigt,  so  kann  nur  durch  eine  stark  reducirende 
Flamme  eine  reichliche  Sauersto£faufnahme  beziehentlich  Yerschlackung 
vermieden  werden,  während  anderntheils  für  ein  raffinirendes  Schmelzen, 
z.  B.  Gewinnung  eines  silicium&rmem  Gusseisens  aus  siliciumreicherm 
Materiale,- gerade  diese  Ofenconstruction  vortheilhaft  erscheinen  muss. 

Bei  den  Staffordshire-Oefen  ist  das  ungeschmolzene  Metall  der  Ein- 
Wirkung  der  Flamme  in  der  heissesten  Zone  des  Ofens  ungeschützt  preis- 
gegeben und  das  geschmolzene  sammelt  sich  in  einem  Baume,  welcher 
in  gewissem  Maasse  durch  die  davor  liegende  Feuerbrücke  einen  gewis- 
sen Schutz  gegen  die  directe  Einwirkung  der  Flamme  erh&lt,  eine  ver- 
hältnissmissig  geringe  Oberfläche  besitzt  und  sich  in  einer  Gegend  des 
Ofens  befindet,  wo  die  oxydirende  Wirkung  der  Flamme  überhaupt  ^e 
geringere  ist,  als  in  der  Spitze  derselben.  In  Folge  dieser  Umstände 
ist  der  Staffordshire-Ofen  durch  rasches  Einschmelzeü  und  verh&ltniss- 
mässig  geringe  Oxydation  gekennzeichnet.  Die  tief  niedergezogene  Form 
des  Gewölbes  ermöglicht  eine  ausreichende  Yorwärmung  der  Herdober- 
flache in  dem  Sumpfe  vor  dem  Schmelzen  und  befördert  die  spätere 
Einwirkung  der  Wärme  auf  das  geschmolzene  Metall  in  genügendem 
Maasse,  um  eine  vorzeitige  Erkaltung  des  Metallbades  zu  verhüten. 

Werfen  wir  die  Yortheile  und  Nachtheile  beider  Ofensysteme  ein- 
ander gegenüber  in  die  Wagschale,  so  düiite  das  Zünglein  wohl  in  den 
meisten  Fällen  zu  Gunsten  der  Staffordshireöfen,  dem  neueren  Systeme,  hin- 
überschlagen. In  der  That  verdrängt  dieses  System  in  den  meisten  Giesse- 
reien  mehr  und  mehr  das  andere  und  selbst  da,  wo  man,  an  alten 
Yomriheilen  klebend,  die  C!on8truction  für  diese  oder  jene  Legirung  nicht 
geeignet  hält  (z.  B.  in  Glockengiessereien)  düiile  das  Yorurtheil  schwin- 
den, wenn  man  erst  einmal  den  Yersuch  gewagt  hat. 

Werfen  wir  einen  Blick  auch  auf  denGrundriss  des  Herdes,  so  finden 
wir  in  den  beiden  oben  gegebenen  Beispielen  (Fig.  207  und  209),  dass 
derselbe  «n  der  Feuerbrücke  so  breit  ist  als  diese  lang  (also  die  gleiche 
Breite  des  Rostes  besitzt)  und  sich  nach  dem  Fuchse  hin  zusammenzieht 
in  Folge  des  Umstandes,  dass  der  Querschnitt  des  Fuchses  ein  erheblich 
kleinerer  sein  muss  als.  der  Querschnitt  des  Flammenlochs.  Die  Zusam- 
menziehong  findet  entweder  vollständig  gleichmässig  in  der  ganzen  Lauge 
des  Herdes  statt  wie  in  dem  Ofen  Fig.  207  oder  erst  in  dem  letzem  Theile 
desselben ,  während  der  vordere  Theil  durch  annähernd  parallele  Wände 
begrenzt  ist.  Eine  stärkere  Ausbauchung  des  Herdes  nach  der  Mitte 
zu,  wie  man  es  hier  und  da  findet,  und  wie  es  für  andere  metallurgische 
Processe  zweckmässig  sein  kann,  ist  völlig  zwecklos  und  beeinträchtigt 
nur  die  Wirkung  der  Flamme. 

L«d«bar,  mechanisch'meUJlargisclie  Technologie.  16 


242  Herdflammöfen. 

An  der  einen  Seite  des  Herdes  befinden  sich  die  Tbüröffniingen 
(Fenster),  gewöhnlich  zwei,  eine  zum  Einsetzen  des  Metalls,  die  andere 
über  dem  Sammelraome  fftr  das  fifissige  Metall,  un  zu  diesem  gelangen 
zu  können,  wenn  es  nöthig  werden  sollte,  erstarrte  Ansätze  loszubrechen, 
zu  polen  (S.  16),  Leginingen  durchzurühren  und  dergleichen.  Die  Thär- 
ö&ungen  sind  mit  starken  gusseisemen  Thürzargen  ausgerüstet  und 
werden  durch  gusseiseme  Thüren  (die  gewöhnlich  zum  Aufziehen  ver- 
mittelst Kette  und  Hebel  eingerichtet  sind)  verschlossen  gehalten.  Die 
Einsatzöfihungen  werden  bei  Bronzeschmelzöfen,  wenn  der  Einsatz  beendet 
ist,  vermauert  Bei  dem  in  den  Fig.  206  und  207  auf  S.  238  abgebil- 
deten Ofen  befindet  sich  ausser  der  kleinem  Einsatzöfi&iung  a  noch  eine 
grosse  dergleichen  b  jenseits  des  Rostes,  welche  zum  Einbringen  grosser 
bronzener  Geschützrohre  dient;  femer  findet  sich  ausser  der  Arbeitethür 
c  eine  zweite  d  auf  der  Stirnseite,  welche  gleichfalls  zum  Rühren,  Polen, 
Aufbrechen  etc.  benutzt  wird. 

Die  grösste  Breite  des  Herdes  befindet  sich  nach  Obigem  unmittel- 
bar hinter  der  Feuerbrücke;  die  totale  Fläche  des  Herdes  muss  in  einem 
gewissen  Verhältnisse  zu  der  Rostfläche  stehen.     Ist  die  Herdfläche  zu 
gross,  so  wird  zur  Erwärmung  derselben  in  überschüssiger  Weise  Wärme 
verbraucht;  ist  sie  zu  klein,  so  ist  das  Metall  in  hoher  Schicht  auf  einem 
engen  Räume  zusammengedrängt  und  wird  schwieriger  erwärmt.     Nach 
Wiebe's  Erüahrungsresultaten  soll  bei  Steinkohlenfeuerung  das  Yerhält- 
niss  der  Grösse  der  Herdsohle  zur  freien  Rostfläche  =  6,66  :  1,  zur 
totalen  =  4:1  sein.    Prüfen  wir  jedoch  dieses  Yerhältniss  bei  den  aus- 
geführten besseren  Oefen,  so  finden  wir  nur  bei  den  kleinsten  derselben 
das  Verhältnis  der  totalen  Rostfläche  zur  Herdfläche  wie  1:4,  bei  den 
mittleren  Oefen  fast  immer  wie  1  :  3,  bei  sehr  grossen  wohl  nur  wie 
1  :  2.     Die  weiter  unten  gegebenen  Beispiele  ausgeführter  Oefen  werden 
ein  deutlicheres  Bild  hiervon  geben.     Da  eine  wissenschaftlich  begrün- 
dete Regel  fehlt,  muss  man  sich   eben  auf  Erfahrungsresultate  stützen. 
Man  darf  nicht  ausser  Acht  lassen,  dass  bei  gegebener  Breite  und  be- 
rechnetem Querschnitte  des  Herdes  die  Länge  desselben  zum  Theile  aus 
diesen  Factoren  hervorgeht;  dass  aber  diese  Länge  zweckmässigerweise 
auch  von  der  Beschaffenheit  des  Brennmaterials  abhängig  bleibt.     Kurz- 
flammiges  Brennmaterial  erfordert  einen  kurzem  Herd,  langflammi^es 
einen  langem.    Diese  Länge  beträgt  meistens  3  bis  4  Meter,  nur  bei 
ganz  kleinen  Oefen  mit  Holzfeuerung  finden  sich  kürzere  Herde,  während 
längere  als  4  Meter  äusserst  selten  und  gewiss  nicht  zu  empfehlen  sind. 
Durch  trapezförmige  Gestalt  des  Grundrisses  lässt  sich  die  Länge  Ter- 
grössem,  wenn  dieselbe  für  die  berechnete  Fläche  nicht  ausreichend  er- 
scheinen sollte. 

Die  Höhe  der  Feuerbrücke  über  dem  höchsten  Punkte  des  Herdes, 
also  deijenigen  Stffle,  auf  welcher  das  ungeschmolzene  Metall  sich  befin- 
det, wird  um  so  reichlicher  bemessen,  je  mehr  das  Metall  vor  den  chemi- 
schen Einwirkungen  der  Flamme  geschützt  werden  soll.     Besonders  ist 


Beispiele.  243 

dieses  bei  Oefen  mit  gestrecktem  Herde  der  Fall,  wo  jene  Stelle  unmittel- 
bar hinter  der  Feuerbrücke  liegt,  während  bei  Snmpfofen  die  Gonstrution 
des  Gewölbes  und  höhere  oder  tiefere  Lage  des  Fuchses  mehr  als  die 
Höhe  der  Feuerbrücke  die  Wirkung  der  Flamme  beeinflusst.  Je  mehr 
aber  das  Metall  den  chemischen  Einflüssen  der  Flamme  durch  eine  hohe 
Feuerbrücke  entzogen  wird,  desto  mehr  wird  auch  die  Wärmeabgabe 
an  dasselbe  erschwert,  desto  mehr  Brennsto£f  muss  also  aufgewendet 
werden,  um  die  gleiche  Menge  Metall  zu  schmelzen.  Aus  diesem  Grunde 
legt  man  die  Oberkante  der  Feuerbrücke  bei  Bronzeöfen  gewöhnlich 
nicht  höher  als  200  bis  250  Mm.  bei  Eisenschmelzöfen  100  bis  200  Mm. 
über  die  höchste  Stelle  des  Herdes. 

Der  Neigungswinkel  des  Herdes,  beziehentlich  die  Tiefe  des  Sumpfs 
muss  bei  gegebener  Herdfläche  von  der  anzusammelnden  Menge  flüssigen 
Metalls  abhängig  sein. 

Der  Fuchs  (g  in  Fig.  206)  muss,  wie  aus  praktischen  Erfahrungen 
hervorgeht  und  sich  theoretisch  nachweisen  lässt,  bei  jedem  Flammofen 
einen  bedeutend  verengten  Querschnitt  besitzen,  wenn  die  Wärme  der 
durch  den  Ofen  hindurchziehenden  brennenden  Gase  in  gehöriger  Webe 
ausgenutzt  werden  soll.  Wie  jede  unter  Einwirkung  eines  gleichmässigen 
Luftzages  brennende  Flamme  in  eine  Spitze  endigt,  so  müssen  auch  die 
Abmessungen  des  Ofens  in  ganz  gleicher  Weise  nach  dem  Fuchse  zu 
mehr  und  mehr  verengt  werden  und  die  Verbrennungsgase  müssen 
schliesslich  durch  den  Fuchs  mit  grosser  Geschwindigkeit  entweichen. 
Nach  einer  empirischen  Regel  giebt  man  dem  Fuchsquerschnitte  Vio  der 
totalen  Bostfläche  und  findet  bei  den  meisten  Oefen  wenigstens  an- 
nähernd dieses  Yerhältniss  innegehalten. 

Die  erforderliche  Geschwindigkeit  der  Gase  bei  ihrem  Hindurch- 
gehen durch  den  Fuchs  wird  durch  die  Esse  hervorgerufen.  Daher 
mosii  dieselbe  hoch  genug  sein,  und  ihr  Querschnitt  muss  in  einem  be- 
stimmten Verhältnisse  zur  Rostfläche  stehen,  wenn  die  Verbrennung  auf 
dem  Roste  richtig  von  Statten  gehen  und  die  erforderliche  Wärmemenge 
entwickelt  werden  soll.  Nach  Wiebe  soll  der  Querschnitt  der  oberen 
Essenmündnng  gleich  0,45  der  freien  Rostfläche  sein.  Auf  die  totale 
Rostfläche  bezogen  würde  man  demnach  den  Essenquerschnitt  annähernd 
gleich  0,20  derselben  zu  construiren  haben,  eine' Regel,  welche  bei  aus- 
geführten Anlagen  Bestätigung  findet.  Die  Höhe  der  Esse  sei  nicht  zu 
gering  bemessen;  nach  Wiebe  findet  man  eine  zweckmässige  Höhe  der- 
selben durch  die  Formel 

25 

jff  =  19  -I =—- Meter, 

^  15  d  —  0,30  ' 

worin  d  die  lichte  Essenweite  in  Metern  bedeutet  ^). 

« 

1)  Die   von  Wiebe  für  rheinländinche  Fiuse  aufgestellte,  vom  Ver&sser 
fnr  Metermaass  umgerechnete  Formel  lautet: 

80 

if  =  60  4-  T-^ 7  rhnl.  Fusse. 

'     o  (k  —  1 

16* 


244 


Herdflammöfen. 


Als  Belege  für  die  vorstehend  gegebenen  Erörternngen  über  die 
innere  Constraction  der  Herdflammöfen  mögen  ausser  den  bereits  ge- 
gebenen Abbildnngon  einige  weitere  Beispiele  ausgeführter  Anlagen, 
durch  Skizzen  yeranschaulicht,  dienen. 

Sämmtliche  eingeschriebenen  Maassen  bedeuten  Millimeter. 

Fig.  210.  Flammofen  zum  Roheisenschmelzen  in  der  Kanonen- 
giesberei  der  Vereinigten  Staaten  zu  Westpoint  ^).     Der  Ofen  schmilzt 

Fig.  210. 


-609  ->**-609  -**♦  009->t*-fl09— -_, 
«  S  8 


08»-- 


^-^*'" 


in  ÖYs  Stunden  5000  Kilogrampi  Gusseisen,  welche  nach  dem 
Schmelzen  noch  weitere  2^2  Stunden  der  Einwirkung  der  Hitze  aus- 
gesetzt werden.  Charakteristisch  ist  die  schwache  Gonvergenz  des 
Gewölbes  gegen  den  Herd,  herrorgernfen  durch  geringe  Höhe  des 
Flammenlochs,  und  das  Fehlen  der  Feuerbrücke.  Es  wird  dadurch 
ein  Einsetzen  sehr  starker  Roheisenstücke  (Ausschussstücke)  unmöglich 
gemacht,  und  es  werden  nur  Roheisenbarren  und  schwache  Stücke  Ter- 
schmolzen. 

Fig.  211,  Flammofen  zu  Mariazell  in  Steyermark  zum  Gusseisen- 
schmelzen  mit  Holz ').  Die  Bedienung  des  Rostes  geschieht  durch  zwei 
Füllschächte  von  oben;  hinter  dem  Roste  befindet  sich  in  der  Rückseite 
des  Ofens,  wie  bei  den  Spandauer  Flammöfen,  eine  Oeffnung  zum  Ein- 
bringen grosser  Eisenstüoke,  welche  ihrer  Grösse  halber  durch  die  ge- 
wöhnliche Einsatzthür  nicht  einzubringen  sein  würden.     Der  Grundriss 


1)  Nach  Barre,  Handbuch  Taf.  Xm,  Fig.  8  und  9;  uraprangUch  aas: 
Beports  of  experiments  on  the  properties  of  Metals  for  Gannon  etc.  by  T.  J. 
Bodman.    Boston  1861,  Taf.  I. 

«)  Dürre,  op.  cit.  Taf.  XIV,  Fig.  1. 


Beispiele.  245 

des  Herdes  ist  trapezförmig,  an  der  Feuerbrücke  1160  Mm^,  am  Fuchse 
945  Mm.  breit.    Auffallend  ist  die  beträchtliche  Höhe  des  Flammenlochs, 

Fig.  211. 


*"- 9iO 

DCaOQDC 


welche  schwerlich  durch  die  Anwendung  von  Holz  genügende  Begrün- 
dung finden  dürfte  und  nicht  zu  billigen  ist. 

Fig.  212.  Flammofen  in  Königin -Marienhütte  bei  Cainsdorf  in  Sach- 
sen zum  Gusseisenschmelzen  mit  Steinkohlen.    Der  Ofen  schmilzt  in  fünf 

Fig.  212. 


Stunden  5000  Kilogramm  Gusseisen,  welche  in  Blöcken  von  circa  350 
Kilogramm  Gewicht  eingesetzt  werden.  Das  Einbringen  dieser  grossen 
Stücke  erheischt  die  Anwendung  einer  grossen  Einsetzthür  (830  Mm. 
hochf  660  Mm.  breit),  und  hierdurch  stellt  sich  wieder  die  Nothwendig- 
keit  heraus,  das  Gewölbe  an  dieser  Stelle  entsprechend  hoch  zu  legen, 
wie  aus  der  Skizze  ersichtlich  ist,  ein  Umstand,  der  zwar  unvermeid- 
lich ist ,  obschon  er  nicht  gerade  günstig  auf  Ausnutzung  der  Wärme 
wirken  dürfte. 


246 


Herdflammöfen. 


Fig.  213.  Kleiner  Bronzescbmelzofen  mit  Holzfenemng  för  einen 
Einsatz  ron  2500  Kilogramm  Metall  in  der  Statnengiesserei  von  C.  Alb. 
Bierling  in  Dresden.  Es  ist  dieses  ein  Staffordshireofen  der  kleinsten 
Art  nnd  beweist  dnrcb  die  mit  demselben  erlangten  günstigen  Resultate, 

Fig.  213. 


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.ft«». 


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dass  dieses  Ofensystem  auch  für  kleinere  Oefen  und  für  andere  Metalle 
als  Gnsseisen  sehr  geeignet  sei. 

Da  auch  solche  Constructionen  unter  Umstanden  Interesse  verdienen 
und  lehrreich  wirken  können,  welche  als  verfehlt  bezeichnet  werden 
müssen,  so  möge  als  solches  Beispiel  die  in  Fig.  214  gegebene  Skizze 
des  Flammofens  einer  norddeutschen,  dem  Verfasser  befreundeten  Eisen- 
giesserei  dienen,  deren  Firma  hier  unerwähnt  bleiben  kann.  Eine  Be- 
leuchtung der  Gonstructionsverhältnisse  dieses  Ofens  besitzt  um  so  mehr 
Berechtigung,  als  derselbe  offenbar  genau  nach  einer  im  Jahrgange' 1868 
der  Zeichnungen  des  Vereins  „Hütte''  auf  Blatt  1  b  befindlichen  Abbildung 
gebaut  ist,  welche  die  Flammöfen  der  Kölnischen  Maschinenbau- Actien* 
gesellschafb  zu  Bayenthal  bei  Köln  darstellt,  und  Mancher,  in  der  Vor- 
aussetzung, dass  in  solcher  Sammlung  nur  bewährte  Constructionen  auf- 
genommen würden,  in  Versuchung  gerathen  könnte,  den  Ofen  abermals 
nachzubilden. 

Der  Ofen  ist  für  einen  Einsatz  von  ca.  5000  Kilogramm  Boheisen 
bestimmt.  Die  Grösse  der  totalen  Rostfläche  ist  1,33  Quadratmeter,  ent- 
spricht also  ungefähr  den  oben  aufgestellten  Regeln.  Der  Querschnitt 
des  Flammenlochs  =  0,562  Quadratmeter,  obschon  im  Allgemeinen  etwas 


Beispiele.  247 

klein,  würde  trotzdem  noch  als  znlässig  gelten  können,  wenn  nunmehr 
die  daraus  sich  ergebende  Höhe  des  Gewölbes  über  der  Herdsohle  sich 
annähernd  gleich  bliebe.  Während  aber  letztere  sofort  einen  tiefen 
Sumpf  bildet,  läuft  das  Gewölbe  in  fast  horizontaler  Richtung  weiter,  so 

Kg.  214. 


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g 

dasB  sich  die  Höhe  desselben  über  der  tiefsten  Stelle  des  Ofens  auf 
863  Mm.  und  der  Querschnitt  des  letztem  auf  1,35  Quadratmeter  erwei- 
tert, und  es  wird  in  Folge  eines  spätem  Ansteigens  des  Gewölbes  dieser 
QnerBcbnitt  bis  gegen  das  Ende  des  Herdes  beibehalten ,  wo  dann  eine 
albnälige  Verengung  stattfindet.  Eine  derartige  Gewölbeconstruction 
mnas  eine  ungenügende  Yorwärmung  des  Sumpfbodens,  eine  schwache 
Wärmeabgabe  an  das  sich  sammelnde  flüssige  Metall  zur  Folge  haben 
und  als  fehlerhaft  bezeichnet  werden.  Die  totale  Herdfläche  ist  7,2  Qua- 
dratmeter gross,  die  Länge  des  Herdes  4,5  M.,  also  beides  nicht  im  Ein- 
klänge mit  den  gleichen  bei  anderen  Oefen  als  zweckmässig  befundenen 
Abmessnngsyerhältnissen ,  sondern  zu  gross.  Grossem  Tadel  aber  ver- 
dient die  Gonstruction  des  Fuchses  und  der  Esse.  Ersterer  besitzt  einen 
Quersclmitt  von  0,37  Quadratmeter,  also  circa  Y«  der  totalen  Rostfläche  und 
somit  Tiel  zu  gross;  der  Essenquerschnitt  aber  ist  0,27  Quadratmeter, 
also  kleiner  als  der  Querschnitt  des  Fuchses,  während  er  in  Bezug  auf 
die  Grösse  der  Bostfläche  ausreichend  gross  gewesen  sein  würde. 

Die  Folgen  dieser  fehlerhaften  Abmessungen  des  Ofens  zeigen  sich 
bei  dem  Betriebe.  Das  Schmelzen  geht  matt  und  langsam  yon  Statten 
und  beansprucht  7  bis  8  Stunden;  das  erfolgende  Eisen  ist  wenig  hitzig 
und  der  BrennstofiPverbrauch  um  circa  50  Proc  höher  als  bei  zweckmässi- 
ger constroirten  Oefen. 


Einbau  der  HerdflsmmÖfeD. 

Für  die  Beschreibnng  desselben  mögen  wieder  die  SpandanerFt&miD- 
5fen  benntzt  werden,  deren  frflher  gegebene  Abbildnngen  in  den  Figuren 
215  und  216  wiederholt  sind,  und  weiter  unten  in  den  Figuren  217, 
218  und  219  durch  Ansichten  der  äusseren  Tbeile  weitere  Terrollst&ndi- 
gang  finden  werden. 

Wie  bei  Jedem  andern  Bauwerke  bildet  das  unter  der  Hüttensoble 
aus  Bruch-  oder  Ziegelsteinen  aufgeführte,  den  EigenthSmlicbkeiten  des 
Erdreichs  entsprechend  mehr  oder  minder  starke  Fundament  die  Grund- 
lage des  Ofens.  Auf  demeelben  baut  sich  rahmenartig  der  Fnss  des  Ofens 
auf,  an  der  Rückseite  mit  der  Aussparung  für  den  Aschenfall  versehen 

Fig.  215. 


Einbau.  249 

und  mebtena  ans  Ziegelstemmaaerwerk  errichtet.  In  Fig.  216  ist  der- 
selbe mit  k  bezeicluiBt.  Er  beginnt  am  so  viel  unterhalb  der  Sohle  der 
Giesaerei,  als  der  Aschenrall  vertieft  liegt,  und  ragt  bis  zur  Hohe  des 
Herdes  anB  dem  Boden  heraus.  Dieser  Fobs  trägt  sowohl  daa  ans  ge- 
wöfanlichem  Mauerwerk  bestehende  äussere  Rauhgemäner  des  Ofeus 
ii,  Fig.  216,  ab  das  ans  feuerfestem  Materiale  hergestellte  Futter  kb, 
und  es  niiiss  deshalb  die  Stärke  des  Fusaes  mindest«nB  gleich  der  Stärke 
dieser  beiden  Ofentheile  zusammen  genommen  sein.  Das  Folter  macht 
man    126  bis  250  Mm.  stark;    den  äusseren  Begrenzungen  des  Rauh- 

Fig.  216. 


gemauert  giebt  man  einen  rechteckiges  Grundriss,  so  dosa,  wenn  nicht 
du  Ofeninnere  gleichfalU  rechteckige  Verticalprojection  zeigt,  sich  «n 
Terscfaiedenen  Stellen  verschiedene  Wandstärken  des  Raubgemäuers  er- 
geben; an  den  schwächeren  Stelleo  pflegt  dasselbe  120  bis  125  Mm. 
(eine  Steinbreite)  stark  zu  sein,  doch  kommt  es  bei  stark  heraustretenden 
Theileo  des  Ofens  auch  wohl  vor,  dass  das  feuerfeste  Futter  dort  die 
alleinige  Umgrenzung  bildet  und  das  Rauhgemäner  an  diesen  Stellen 
ganz  verschwindet  (z.B.  an  derStim-  und  Rückseite  des  Ofens,  Fig.  215). 
Das  Futter  wird  erst  eingesetzt,    wenn  das  Ranhmauerwerk  fertig  ist. 


250  HerdöammÖfeD. 

Zwischen  beiden  wird  ein  ZwiBcheDraam  von  5  bis  10  Millimeter  gelas- 
sen, damit  das  sE&rker  erhitzte  Fntter  sich  frei  aasdehDen  kann.  Da 
das  Futter  von  den  sämmtlichen  in  dem  Ofen  th&tigen  Einflüssen  zuerst 
nnd  am  stärksten  in  Anspruch  genommen  wird,  erfordert  die  Heratellnng 
desselben  besondere  Sorgfalt.  Das  äblicbste  Material  dafür  sind  Cha- 
mottesteine,  seltener  natürlich  Torkommende  feuerfeste  Steine.  Die 
Steine  werden  genau  zusammen  gepasst  (am  besten  zusammen  geschlif- 
fen) nnd  mit  möglichst  wenig  Bindemittel  vermauert,  welches  zweck- 
mSssig  aus  gemahlenen  Abföllen  der  Steine  mit  etwas  feuerfestem  Thone 
vermischt  besteht.  Je  schwächer  die  Fugen  ausfallen ,  desto  besser  hält 
das  Mauerwerk,  denn  da  das  benutzte  Bindemittel  im  Allgemeinen  weni- 
Fig.  SI7. 


ger  wideratandsföhig  gegen  die  Hitze  ist,  als  die  Steine  selbst,  so  pflegt 
an  den  Fugen  das  Wegschmelzen  bu  beginnen;  nnd  wenn  dieselben  so 
dick  mit  dem  Bindemittel  verstrichen  sind,  dass  eine  wirkliche  LOcke 
entsteht,  so  wird  nicht  allein  der  Znsammenhang  des  Manerwerks  ge- 
lockert, sondern  auch  die  Fläche  fOr  den  Angriff  des  Schmelzens  erheb- 
lich vergrSssert.  Es  würde  deshalb  durchaus  onzulfissig  sein,  wenn  der 
Maurer  den  Stein,  wie  es  bei  gewöhnlichem  Manerwerke  üblich  ist,  in 
eine  dicke  Schicht  des  Bindemittels  einbetten  wollte;  man  taucht  densel- 
ben vielmehr  nur  in  die  dünne  breiartige  Masse  ein,  reibt  ihn  auf  seiner 
Unterlage  fest  nnd  passt  in  gleicher  Weise  einen  Stein  neben  den 
andern. 


Da  jede  ^forderlich  werdende  nene  Ausföttemng  des  Ofena  erbeh- 
Uche  ArbeitalöhDe  and  UaterialanfirMid  erheischt ,  so  pflegt  das  beste 


feuerfeste  Material  anch  das  relativ  hilligste  ztt  sein.  "Eb  sei  jedoch  hier- 
bei die  Bemerknng  gestattet,  dass  aach  die  Güte  der  feaerfcBten  Steine 
insofern  dn  relativer  Begriff  ist,  als  dieselbe  zam  grossen  Theile  von  der 
Art  der  Verwendung  abhängt.     Ein    Material,  welches   in   Schachtöfen 


252  HenJflammöfen. 

sieb  als  ausgezeichnet  bew&hrt,  kann  nnter  Umstinden  im  Flammofen  in 
Folge  der  ToUstäadig  verachiedenen  EinflOsae  eich  nor  als  mittelrnftamg 
erweisen  und  umgekehrt.  Deshalb  ist  eine  Prüfung  der  Steine  mit 
besonderer  Rücksicht  auf  die  jedesmalige  Verwendung  erforderlich,  beror 
ein  Urtheil  über  ihre  Beechaffenheit  möglich  ist. 

Weder  eine  sehr  geringe,  noch  eine  übermässige  Stärke  des  Futtars 
ist  von  Vortheil.  Fratere  macht  ein  Öfteres  Auswechseln  erforderlich, 
womit  jedesmal  ein  Verlust  an  Material  verbunden  ist,  da  natürlicher- 
weise die  Steine  niemals  völlig  weggesohmolzen  werden  dürfen;  letztere 
hat  bei  längerer  Benutzung  eine  mehr  und  mehr  fortschreitende  Aende- 
mng  der  Ofenabmessungen  durch  Wegschmelzen  zur  Folge,  die  eine 
Fig.  219. 


Grenze  erreichen  kann,  wo  eine  neue  Ansfuttemng  erforderlich  wird, 
ohne  dass  die  Steine  bereits  an  und  für  sich  unbrauchbar  geworden  wären. 
Der  etwa  erhoffte  Vortheil  aber,  durch  dickeres  Futter  nnd  dickere 
Ausseuwäude  die  Wärmeausstrahlung  zu  mindern,  wird  immerhin  durch 
den  Umstand  zum  Theil  ausgeglichen  werden,  dass  die  dickeren  Steine 
bei  ihrer  verhältnissmätaig  grossen  Wärmecapacität  auch  eine  beträcht- 
lich grössere  Wärmemenge  verschlncken,  bevor  der  Ofen  die  zum  Schmel- 
zen erforderliche  Temperatur  erlangt,  und  dass  diese  Wärme  völlig  ver- 
loren ist,  sobald  der  Ofen  kalt  gelegt  wird,  wie  es  besonders  bei  den 
Oiessereiflammöfen  meistens  nach  einmaligem  Schmelzen  zu  geschehen 
pflegt.  Deshalb  dürften  die  oben  gegebenen  Ziffern  für  die  Stärke  des 
Futters  als  Grenzwerthe  zu  betrachten  sein. 


Einbau,  253 

In  dem  Futter  und  Rauhgemäuer  werden  die  durchgebenden  Oeff- 
nungen  zum  Einbringen,  Schüren,  Abstechen  etc.  ausgespart. 

Ton  den  Seitenwänden  des  Futters  wird  die  gewölbte  Decke  des 
Ofens,  gleichfalls  aus  feuerfesten  Steinen  hergestellt,  getragen.  Die  Her- 
stellung derselben  ist  bei  den  Oefen  mit  gestrecktem  Herde  einfacher  als 
bei  den  Sumpfafen,  wo  sie  aus  zwei  im  Winkel  zusammenstossenden  Bogen 
besteht  und  an  der  Durchschnittslinie  derselben,  der  tiefsten  Stelle  des 
Gewölbes  oberhalb  des  Sumpfs,  in  hohem  Maasse  der  Einwirkung  der 
niedergedrückten  Flamme  ausgesetzt  ist.  Es  dürfte  deshalb  die  in 
Fig.  208  auf  S.  240  gezeichnete  Einrichtung  nicht  unzweckmässig  sein, 
bei  welcher  die  beiden  Bogen  sich  an  dieser  Stelle  auf  einen  querlaufen- 
den Gurtbogen  stützen,  der  aus  Steinen  mit  hindurchgehendem  Luffc- 
canale  gebildet  ist,  um  durch  hindurchstreichende  Luft  (die  vermittelst 
einer  Esse  angesaugt  werden  kann)  eine  Kühlung  dieser  am  meisten  dem 
Wegschmelzen  ausgesetzten  Stelle  zu  bewirken. 

Die  Wände  des  Rauhgemäuers  pflegt  man  bis  mindestens  zur  Höhe 
des  Gewölbescheitels,  häuflg  noch  etwas  darüber  hinaus,  aufzuführen  und 
den  dadurch  gebildeten  Raum  oberhalb  des  Gewölbes  mit  Sand,  Asche 
oder  sonstigen  schlechten  Wärmeleitern  auszufüllen. 

Futter  und  Gewölbe  setzen  sich  bis  zum  Ende  des  eigentlichen  Ofens 
fort  und  gehen  dann  gewöhnlich  in  einen  aufsteigenden  Canal  über; 
welcher  frei  in  die  Jßsse  hineinragt  (s.  Fig.  215)  und  als  feuerfestes  Fut- 
ter des  untern  Theils  der  Esse  betrachtet  werden  kann.  Von  dem  eigent- 
lichen Essengemäuer  muss  dieser  Canal  in  Rücksicht  auf  seine  Ausdeh- 
nung durch  die  Wärme  ebenso  unabhängig  bleiben,  wie  das  Futter  des 
Ofens  vom  Rauhgemäuer  desselben. 

Die  Esse  wird  deshalb  gewöhnlich  von  einem  gusseisernen  Rahmen 
getragen,  welcher  auf  gemauerten  oder  gusseisernen  Pfeilern  ruht,  und 
bleibt  somit  ohne  jede  feste  Verbindung  mit  dem  eigentlichen  Ofen ,  wie 
aus  Fig.  215  ersichtlich  ist. 

Der  Herd  des  Ofens  lässt  sich  auf  mehrfache  Weise  herstellen.  Man 
kann  den  Raum  zwischen  den  ümfassungswänden ,  welche  den  Fuss  des 
Ofens  bilden,  mit  einem  porösen  Materiale  (Sand,  Brocken  von  Ziegel- 
steinen oder  Chamottesteinen  oder  dergleichen)  ausfeilen,  nachdem  zuvor 
gegen  den  Aschenfall  hin  eine  abgrenzende  Querwand  gezögen  worden  ist, 
und  auf  diese  Unterlage  den  eigentlichen  Herd  aus  einer  mindestens 
150  Mm.  starken  Lage  von  Masse  (feuerfestem  Thone  mit  Quarz-  oder 
Ghamottekömen  vermengt)  aufstampfen;  auch  statt  der  Masseschicbt 
wohl  nur  eine  Schicht  Quarzsand  benutzen.  Um  ein  Durchfressen  des 
flüssigen  Metalls  durch  den  Herd  zu  verhüten,  bringt  man  auch  wohl 
unter  die  obere  Schicht  eine  Lage  Chamottesteine  auf  die  vorher  ein- 
gebrachte Unterlage  von  Sand  oder  Brocken. 

Bei  den  Bpandauer  Oefen,  Fig.  215  und  216,  dient  ein  Gewölbe 
zwischen  den  Fussmauern  zum  Tragen  des  Herdes.     Der  letztere  .besteht 


254  Herdflammöfen  mit  Unterwind. 

auB  Chamottesteinen.  Statt  des  Gewölbes  dienen  bisweilen  starke  gnss- 
eiseme  Platten  als  Unterlage  för  den  Herd,  welche  von  querlaofenden, 
auf  den  Fasswänden  nutenden  Trägem  gestützt  werden«  Auf  den  Plat- 
ten wird  der  Herd  ans  Masse,  Sand  oder  feuerfesten  Steinen  hergestellt, 
so  dass  die  Constmction  der  in  den  Figuren  204  und  205  (S.  227)  far 
einen  Tiegelflammofen  gegebenen  Herdconstmction  dadurch  ähnlich  wird. 
Um  das  Mauerwerk  gegen  das  Reissen  in  Folge  der  Erhitzung  zu 
schützen  und  dem  Gewölbeschub  Widerstand  zu  leisten,  fasst  man  den 
Ofen  gewöhnlich  durch  starke  guaseiseme  Platten  ein,  welche  durch  quer- 
laufende Anker  Ih  Fig.  215,  oben  und  gewöhnlich  auch  unten  zusammen- 
gehalten werden,  wenn  man  es  nicht  vorzieht,  sie  unten  einzumauern. 
Die  Figuren  217,  218  und  219  geben  die  äussere  Ansicht  der  Spandauer 
Oefen  mit  der  gusseisemen  Umfassung.  Um  nicht  zu  grosse  Platten  zu 
erhalten,  welche  sich  schwieriger  giessen  lassen  und  leichter  zerspringen 
als  kleine,  lässt  man  gewöhnlich,  wie  es  auch  bei  Flammöfen  far  andere 
metallurgisc}ie  Zwecke  üblich  ist,  die  Einfassung  an  den  langen  Seiten 
aus  drei  bis  fünf  Paar  einzelner  Platten  bestehen,  welche  mit  ihren  senk- 
rechten Kanten  stampf  gegen  einander  stossen  oder  auch  einigen  Zwischen- 
raum zwischen  sich  lassen  können.  Eine  Verbindung  der  Platten  unter 
sich  durch  angegossene,  nach  aussen  gerichtete  Ränder  mit  hindurch- 
gesteckten Schraubenbolzen ,  wie  man  es  hier  und  da  findet,  ist  nicht 
allein  überflüssig,  sondern  giebt  bisweilen  bei  der  Ausdehnung  des  Ofens 
sogar  zu  Brüchen  Veranlassung.  Zweckmässiger  ist  es,  die  Fuge  zwischen 
je  zwei  Platten  durch  eine  darüber  gelegte  Eisenschiene  zu  decken, 
welche  als  Ankei-platte  dient,  so  dass  die  Gusseisenplatten  nur  durch  diese 
letztere  zusammengehalten  sind,  sich  frei  ausdehnen  und  zusammen- 
ziehen können. 


Eine  Abart  von  den  bisher  besprochenen  Flammöfen  mit  directer 
Feuerung  entsteht,  wenn  man,  statt  den  Luftzug  durch  Ansaugen  Ter- 
mittelst  der  Esse  herrorzubringen.  Unterwind  anwendet,  d.  h.  einen  ge- 
pressten  Luftstrom  unter  den  Rost  führt,  während  der  Aschenfall  luft- 
dicht abgeschlossen  ist. 

Es  ist  zu  verwundern ,  dass  über  (jiessereiflammöfen  mit  Unterwind 
bislang  wenige  oder  gar  keine  Resultate  in  die  OeffenÜichkeit  gelangt 
sind ,  und  es  ist  anzunehmen ,  dass  man  beti*effende  Versuche  noch  sehr 
wenig  angestellt  hat.  Nach  des  Verfassers  Ansicht  dürfte  die  Anwen- 
dung von  Unterwind,  welche  bei  Flammöfen  für  andere  Processe  (Schweiss- 
öfen,  Glühöfen  und  anderen)  bereits  günstige  Ergebnisse  geliefert  hat, 
bei  Giessereiflammöfen  schon  deshalb  vortheilhaft  wirken,  weil  das  An- 
saugen unverbrannter  Luft  durch  die  Fugen  der  ArbeitsthÜren,  also  auch 
die  Oxydation  des  Metalls,  yerhütet  oder  verringert  werden  muss,  sobald 


Gasfeuerung.  255 

die  Easrawirkiuig  dnroh  Anwendung  des  Cntfirwinds  abgeaebwAoht  werden 
kann;  eine  Eraparwig  an  Brauustoff  ist  auMerdem  den  bei  anderen  Flamm- 
öfen mit  Unterwind  erlangten  Reanltaten  infolge  nicbt  nn wahrscheinlich. 
Biaher  scheute  man  sich  jedenfalla  vor  den  Kosten  mnes  Gebläses  mit 
Windleitung;  die  Anwendung  eines  Körting'schen  Damp&trahlgeblisesi 
allen  Erfahrungen  Bufolge  fOr  Erseugung  von  Unterwind  Torzüglich  ge- 
eignet, wttrde  die  Anlage-  und  Betriebshosten  auf  ein  sehr  geringes  Ilaass 
r«duciren,  sobald  in  der  Giesserei  in  der  Nähe  der  Flammofen  ein  im 
Betriebe  befindlicher  Damptkeasel  vorhanden  ist. 

Ein  Versuch,  Qieesereiflammöfen  mit  Unterwind  sn  betreiben,  dürfte 
deshalb  im  Interesse  aller  deigenigen  (jiessereien  liegen,  deren  Flamm- 
öfen öfter  bcnutat  werden  und  deren  innere  Einrichtung  die  Aufstellung 
eines  Damp&trahlgabläBes  ermCglicht. 

Herdflammöfen  mit  Gasfenernng. 

Die  kleinste  Art  dieser  Oefen  wird  angewendet,  um  Platin  und 
dessen  Legimngen  zu  schmelien.  Ab  Brennmaterial  dient  Wasserstoff- 
gas  oder  Leuchtgas;  nur  Verbrennung  Sauerstaffgas,  wenn  es  sich  um 
Erreichung  der  höchsten  Temperatur  handelt. 

Fig.  220  stellt  einen  derartigen  kleinen,  von  Deville  und  Debray 
constmirten  Ofen  fOr  kleine  Mengen  (unter  4  Kilogramm)  Platin  dar.  Als 
pig.  220.  Material  dient  Kalkstein,  welcher  auf  der 

Drehbank  ausgedreht  wird.  Der  Ofen 
besteht  ans  dem  Untertheile  B,  dem  eigent- 
lichen Herde,  und  dem  Deckel  Ä.  An 
der  Seite  befindet  sich  der  Ausguag  D 
zum  Entleeren  des  Ofens  und  zum  Ent- 
weichen des  verbrannten  Gases.  In  dem 
Deckel  ist  dsj9  in  einem  Platinansatze 
E' E'  endigende  Kupferrobr  ££  be- 
festigt, durch  welches  nach  dem  Oefihen 
des  Hahns  JI  das  Gas  anströmt;  in  dem 
Bohre  EE  liegt  ein  sweites  Kupferrohr 
C,  TOni  in  einem  Platinknopfe  von  2 
j.  bis  3  Mm.  Durchmesser  im  Lichten  endi- 

gend tud  mit  dem  Hahne  0  versehen, 
welches  zur  Zuführung    des   Sauerstoffs 
dient.  Die  Schraube  P  dient  zur  Befesti- 
gung Ton  C  in  £  und  zur  Verstellung 
der  Höhe. 
Zorn  Schmelzen  grösserer  Mengen'  Platin  als  4  Kilogramm  gebraucht 
mau  den  in  Fig.  221  (a.  f.  S.)  abgebildeten  Ofen.    Die  Einrichtung  des- 
selban  im  WeaenUlohen  ist  die  nämliche,  wie  die  des  kleinen  Ofens;  nur 


256  HerdÜammöfen. 

ist  der  gröBBere  Ofen  mit  einem  Blechmantel  und  einer  Torrichtong 
zDm  Kippen  yersehen ,  nm  dits  AaagiesHen  des  Hetallfl  ohne  Gefahr  und 
ohne  Schwierigkeit  ausführen  zn  können. 

Es  sei  nebenbei  bemerkt,  dass  man  im  Stande  ist,  in  letzterem 
Ofen  in  42  Minuten  11,5  Kilogramm  Platin  mit  einem  Verbrauche  Ton 
1200  Liter  Sauerstoffgas  zu  schmolzen. 

Grössere  Herdflammöfen  mit  Gasfeuerung  znm  Schmelzen  von  Stahl, 
Gusseisen,  Bronze  und  dergleichen  werden  stets  mit  Generatorgasen 
geheizt.  Bei  gewöhnlichen  Oefen  dieser  Art  w&rde  die  innere  Ein- 
richtung sich  nur  hinsichtlich  der  Feuerung  von  der  Einrichtung  der 
Oefen  mit  Rost  zu  onterscheiden  brauchen,  indem  statt  des  letzteren 
Fig.  221, 


eine  Kammer  vorhanden  sein  mnss,  in  welcher  das  Gas  mit  der  Ver- 
hrennungsluft  gemischt  wird.  Verfasser  bekennt,  dass  ihm  Notizen 
über  ausgeführte  Anlagen  dieser  Art  nur  in  sehr  geringem  Umfange 
bekannt  geworden  sind.  Hierher  gehört  ein  zu  KönigsbtUte  in  Schle- 
sien zum  raffinirenden  Schmelzen  von  Gusseisen  im  Jahre  1843  im  Be- 
triebe gewesener  Ofen  (Eck'acher  Feinofen),  welcher  in  Karsten's 
Archiv  fiir  Mineralogie  etc.,  Bd.  XVH,  S.  795,  sowie  in  Wedding's 
Darstellnng  schmiedbaren  Eisens,  S.  36,  abgebildet  und  ausfOhrlich  er- 
läutert worden  ist.  Da  die  ConBtruction  jenes  Ofens  für  jetzige  Verhält- 
nisse kaum  irgend  einen  andern  als  historischen  Wertb  besitzen  kann, 
sehen  wir  von  einer  Wiedergabe  jener  Abbildungen  und  Erläntentngen 


Siemens'sche  Herdflammöfen.  257 

ab.  Aasserdem  ist  ein  mit  Holzgasen  betriebener  Sampfofen  zu  Perm 
za  nennen,  für  den  Guss  eiserner  Kanonen  bestimmt  nnd  von  Tann  er 
in  seinem  Werke:  Rasslands  Montanindastrie,  Leipzig  1871,  S.  125, 
beschrieben. 

Wendet  man  statt  der  gewöhnlichen  Gasfeaerang  Siemens^ sehe 
Regenerativfenerang  an,  so  mOBs  sich  die  Form  des  Ofens  dem  Umstände 
entsprechend  ändern,  dass  der  Gasstrom  den  Herd  in  abwechselnd  am- 
gekebrter  Richtang  bestreicht.  Der  Grundriss  und  das  Yerticalproül  er- 
halten dadarch  eine  mehr  symmetrische  Gestalt:  in  der  Mitte  liegt  der 
Sumpf  für  das  geschmolzene  Metall,  zu  beiden  Seiten  die  Canäle,  welche 
sowohl  zur  Einströmung  von  Gas  und  Luft,  als  zur  Ausströmung  der 
Yerbrennungsproducte  dienen.  In  einer  Berliner  Sisengiesserei  soll  ein 
derartiger  Ofen  zum  Grusseisenschmelzen  eingerichtet  worden  sein.  Nähe- 
res ist  darüber  nicht  bekannt  geworden,  yermuthlich  weniger  aus  Furcht 
vor  Concurrenz,  als  wegen  der  damit  erlangten  negativen  Resultate.  Die 
Gründe  für  diese  Ansicht  wurden  theilweise  schon  früher  dargeleg^t. 
Auch  für  den  beständigen  Betrieb  einer  Eisengiesserei  ist  ein  Flamm- 
ofen mit  Siemens 'scher  Feuerungsanlage  ein  weniger  geeigneter  Appa- 
rat und  in  seinen  Leistungen  weniger  vollkommen  als  der  die  unten  zu 
besprechende  vierte  Gruppe'  der  Schmelzapparate  repräsentirende  Cupol- 
ofen;  in  solchen  Fällen  aber,  wo  der  Ofen  nach  dem  Ealtliegen  zu  einem 
einzigen  Gusse  in  Betrieb  gesetzt  wird,  leistet  ein  gewöhnlicher,  in  sei- 
ner Anlage  billigerer  und  in  seiner  Bedienung  einfacherer  Flammofen 
mit  direeter  Feuerung  annähernd  dasselbe  als  ein  Siemens' scher  Ofen, 
dessen  Brennstofferspamiss  aus  nahe  liegenden,  schon  früher  berührten 
Gründen  erst  dann  zu  Tage  tritt,  wenn  in  anderen  Oefen  das  Schmelzen 
bereits  sein  Ende  erreicht  hat. 

Vereinzelte  Anwendung  Siemens' scher  Flammöfen  zum  Roheisen- 
schmelzen findet  sich  wohl  in  Verbindung  mit  Bessern  er -Werken,  wo 
also  das  geschmolzene  Eisen  nicht  zum  Giessen,  sondern  für  die  Stahl- 
darstellung verwendet  wird.  So,  nach  Grüner,  in  Terre-Noire.  Die 
Anwendung  der  Siemens' sehen  Feuerung  hat  hier  wenigstens  insofern 
ihre  Berechtigung,  als  das  Schmelzen  ununterbrochen  fortgeht;  immerhin 
zieht  man  in  den  überwiegend  meisten  Fällen  auch  für  den  genannten 
Zweck  das  Schmelzen  im  Cupolofen  dem  Flammofenschmelzen  wegen  des 
günstigem  Wirkungsgrades  des  erstem  vor. 

Weit  wichtiger  ist  aber  die  Anwendung  von  Flammschmelzöfen  nach 
Siemens'  System  in  neuerer  Zeit  für  solche  Werke  geworden,  auf  denen 
man  in  nnonterbrochenem  oder  doch  mehrtägigem  Betriebe  Abfalle  der 
Stahlverarbeitnng  einschmilzt,  um  daraus  Gegenstände  zu  fertigen,  bei 
denen  die  durchaus  gleichartige  Zusammensetzung,  wie  sie  nur  der  in 
Tiegeln  geschmolzene  Gussstahl  besitzen  kann,  weniger  schwer  in-  die 
Wagschale  Wlt  Die  in  einem  Flammofen  mit  direeter  Feuerung  erreich- 
bare Temperatur  genügt  nur  unvollkommen  zur  Durchführung  eines  sol- 
chen Gusastahlschmelzens ,  während  die  Siemens'sche  Gasfeuerung  in 

I«f4tbar,  iD«cbmuiBob-metaIIai|{iBche  Technologie.  \y 


258  SiemenB-Martin-Oefen. 

Folge  des  UmstandeB,  daBs  dem  Ofen  ein  groBser  Thail  W&rme  durch 
die  Erhitzung  von  Gm  and  Luft  ohne  Vermehrung  dee  GasqnantmnB 
zageführt  wird,  die  Möglichkeit  gieht,  weit  höhere  Wärmegrade  als  in 
jenem  herrorzarafen '). 

Man  nentit  diese  OefenSiemens-Hartin-Oefen  nach  den  Erfindern 
der  FeaernngBsnlage  and  des  Verfahrens.    Da  die  nämlichen  Oefen  nicht 
Fig.  222. 


allein  znm  Einschmelzen  von  Stahl,  eondem  vorzugsweise  auch  cnm  Zo- 
samraenschmelzen  von  Stahl-  nnd  Schmiedeeisenbrocken  mit  Roheisen   zn 

Fig.  223. 


dem  Zwecke  der  Stahldar stell ttng  benutzt  werden,  so  gehören  sie  von 
diesem  Gesichtspunkte  aus  eher  der  Eisenhütteakonde  als  der  Technolo- 

1)  Bekanntlich  ist  der  tbeorstiscbe  Wünnegrad  bei  irgend  einer  Terbr«n- 
nnng  gleich  dem  Qaotienten  aas  der  erzeugten  WäiTnejnenge  dividirt  darob  dii> 
Uenge  der  Verbrenn ungsprodncte  mal  ihrer  specifischen  Wärme.  Je  weniger 
Verbrenn ungsproducte  bei  gleicher  erzeugter  Wärmemenge  also  erfolgen,  desto 
höher  mnas  der  Wärmegrad  sein. 


SiemenB-Martin-Oefen,  259 

gie  an,  nnd  wir  begnügen  nns  in  den  Figuren  222  bis  226  Abbildoogen 
eines  derartigen  Ofens  mit  wenigen  Erläuterungen  zn  geben  '). 

Ea  befindet  sich  in  der  Mitte  des  Ofens  der  Herd,  aas  Sand  herge- 
stellt nnd  von  gnsseisemen  Platten   getragen,  an   deren  unteren  Seite 
die  Lnft  snr  KOblung  freien  Zutritt  hat.    Durch  senkrechte  Canale  treten 
Luft  nnd  Gas,  ans  einem  Regeneratorpaar  aufsteigend,  in  die  Mischungs- 
Fig.  224. 


kammer,  streichen  brennend  Qber  den  Herd  hinweg  nnd  ziehen  schliess- 
lich am  entgegengesetzten  Ende  des  Herdes  durch  gleiche  Canäle  nach 
dem  zweiten  Regeneratnrpaare  ab.  An  den  Langseiten  des  Ofens  befinden 
sieb  ThOren  zum  Einsetzen  des  rohen  Metalls  sowie  das  Stiohloch,  entweder 
Fig.  225. 


sänuntlicb  anfeiner  einzigen  Seite  oder,  wie  in  den  gegebenen  Abbildungen, 
das  Stichloch  der  Einsatzthür  gegenüber.  Der  Herd  ist  nach  der  Seite 
des  StiohlochB  hin  geneigt,  um  das  Ansäiessen  des  Metalls  za  erleich- 

I)  Wedding,  Darstellung  des  gchmiedbaren  EIhus  Fig.  Ibl  bis  155;  Beyne 
nniTCmlle  t.  2B,  p.  ISi,  PI.  IX. 


260  FlammofenschmelzeD,  Arbeitsverfabren. 

torn.  Vor  dem  Stichloclie  ist  eine  eiserne  mit  Sfasse  ansgeacliliigene 
Ausflasarinne  b  angebraclit,  durch  welche  daa  Uetoll  in  die  bereit  gehal- 
tenen GaBsformen  nbl&nft  (Fig.  232  and  223). 

Die  Aoordnang  der  Citn&le  für  Gas  nsd  Luft  sowie  der  Wechsel- 
veutile  dQrfte  ans  den  Figuren  224,    225  and  226  TerstSodlich  sein. 


Der  mittlere  der  unter  jedem  Ventile  befindlichen  drei;CanSle  dient  in 
allen  Fällen  zur  Fortf^hmog  der  verbrauchten  Gase  nach  dem  Schom- 
steine,  welche  bei  der  in  Fig.  225  gezeichneten  Stellung  der  Ventile 
dnrcb  die  beiden  äusserstAn  rechts  und  links  gelegenen  Can&le  Ton  den 
Begeneratoren  herzuströroen ;  wird  nmgeschaltet,  d.  h.  die  Ventilklappen 
um  90  Grad  gedreht,  so  dienen  jene  Canäle  zur  Zuleitung  von  Gas  nnd 
Luft  nach  den  Regeneratoren,  während  die  verbrauchten  Gase  durch  die 
beiden  innersten  Canäle  davon  gefithrt  werden. 

Werkzeuge  beim  Flammschmelzofen. 

Dieselben  bestehen  vornehmlich  ans  breiten  Schanfeln  zum  Einsetzen 
der  Metallatücke;  aus  schmiedeeisernen  Stangen  (Spiessen  oder  Spetten) 
von  verschiedener  Länge,  an  dem  vorderen  Ende  verstahlt,  theils  meissel- 
artig  zugeBchärft  (BrechBtangen ,  Ueisselspiesse)  znm  Losbrechen  und 
Wenden  der  am  Boden  festschmelzenden  Metallstücke,  tbeils  mit  Spitze 
znm  Oeffnen  des  Stichs;  aas  starken  hölzernen  Stangen  bei  Legirnngen 
znm  Umrühren  nnd  Polen. 

Das  Arbeitsverfahren  heim  FlammofenBchmelzen 

beruht  auf  dem  Einsetzen,  dem  Schmelzen  und  dem  Abstechen.  Das  Ein- 
setzen geschieht  entweder,  bevor  der  Ofen  angefeaert  worden  ist,   nnd 


Wirkungsgrad  der  Herdflammöfen.  261 

zwar  befolgt  man  diese  Methode  als  die  bequemere  stets  dann,  wenn  eine 
Oxydation  weniger  zu  befürchten  ist;  oder  man  setzt  erst  ein,  wenn  der 
Ofen  zar  Schmelztemperatur  erhitzt  worden  ist.  Schmilzt  man  mehrere 
Metalle  zu  Legirungen  zusammen,  so  pflegt  man  auch  hier  wie  beim 
Tiegelschmelzen  das  bei  höherer  Temperatur  schmelzende  Metall  zuerst 
einzuschmelzen  und  dann  dem  Metallbade  das  vorher  angewärmte  leichter 
schmelzbare  (und  leichter  flüchtige)  Metall  (Zinn,  Zink,  Blei)  zuzusetzen. 
Während  des  Schmelzens  wird  die  Sohle  des  Herdes  mit  der  Brechstange 
untersucht,  ob  nicht  Stücke  Metalls  festgeschmolzen  sind,  und  es  werden 
dieselben  in  diesem  Falle  sofort  losgebrochen  und  umgewendet. 

Ist  das  sämmtliche  Metall  in  Fluss  gekommen,  und  hat  man  sich 
durch  eine  genommene  Probe  von  der  richtigen  Beschaffenheit  überzeugt, 
so  schliesst  man,  bevor  zum  Abstiche  geschritten  wird,  sämmtliche  Thüren 
und  giebt  kurze  Zeit  recht  intensive  Hitze,  um  das  Metall  in  die  zum 
Giessen  erforderliche  Temperatur  zu  versetzen.  Das  Oeffnen  des  Stichs 
geht  meistens  ohne  Schwierigkeit  durch  Fintreiben  der  spitzen  Eisen- 
stange in  das  mit  einem  Thonpfropfen  verschlossene  Stichloch  vor  sich; 
nur  wenn  bei  kaltem  Gange  des  Ofens  sich  metallische  Ansätze  gebildet 
haben,  wird  ein  Losmeissein  derselben  durch  Ansetzen  der  geschliffenen 
Meiaaelspiesse  und  kräftige  Hammerschläge  auf  den  Kopf  derselben  er- 
forderlich. 

Wirkungsgrad  der  Herdflammöfen. 

1.  In  Eönigin-Marienhütte  gebraucht  man  in  dem  in  Fig.  212  auf 
S.  245  akizzirten  Ofen  zum  Einschmelzen  von  5000  Kilogramm  Roheisen, 
welches  in  grossen  Blöcken  (Ausschuss-  und  Bruchstücken)  eingesetzt 
wird,  800  Kilogramm  böhmische  Braunkohle  von  der  auf  S.  217  gegebe- 
nen Zusammensetzung  nebst  1700  Kilogramm  Zwickauer  Steinkohle  mit 
4  Proc.  Asche,  4  Y^  Proc.  Wasser  und  einer  Wärmeleistung  von  7300  Wärme- 
einheiten. 

800  Klgr.  Braunkohlen  geben  Wärme  800  X  4820  =    3  856  000  W.-E. 
1700  Klgr.  Steinkohlen  geben  Wärme  1700  X  7300  =  12  410  000  W.-E. 

Summa     16  266  000  W.-E. 

5000  Kilogramm  Boheisen  enthalten  im  geschmolzenen  Zustande 
5000  X  250  =  1  250  000  Wärmeeinheiten,  also  Wirkungsgrad 

._  J^50000  _ 
16  266  000 

Obiger  in  Königin-Marienhütte  stattfindende  Brennstoffverbrauch 
würde  noch  etwas  günstiger  ausfallen,  wenn  das  Roheisen  in  kleineren 
Stücken  zum  Schmelzen  gebracht  werden  könnte.  Er  entspricht  trotz- 
dem dem  durchschnittlichen  Brennstoffverbrauche  der  meisten  gut  con- 
stmirten  Flammöfen  mit  directer  Feuerung  zum  Roheisenschmelzen. 
Erheblich  günstigere  Resultate  dürften  kaum  irgendwo  nachgewiesen 


262  Herdflammöfen. 

worden  sein.  Unter  ungünstigen  Yerbältnissen ,  woza  besonders  eine 
nnzweckmässige  Ofenconstruction  und  kleines  Gewicht  des  Einsatzes  im 
Yerbältniss  zur  Grösse  des  Ofens  zu  rechnen  ist,  steigt  dagegen  der 
BrennstofiVerbraucb  auf  75,  mitunter  sogar  bis  auf  100  Kilogramm  Stein- 
kohlen per  100  Kilogramm  zu  schmelzenden  Eisens,  und  es  yerringert  sich 
demnach  der  Wirkungsgrad  des  betreffenden  Ofens;  doch  das  sind  Fälle, 
die  nicht  als  Regel,  sondern  als  Ausnahme  gelten  sollten. 

2«  Zur  Berechnung  des  Wirkungsgrades  der  Spandauer  Bronze- 
Schmelzöfen  wurden  auf  Ersuchen  des  Verfassers  durch  die  königliche 
Direction  der  Geschützgiesserei  folgende  Ermittelungen  veranlasst. 

Erster  Versuch.  Es  wurden  10  600  Kilogramm  Bronze  mit 
10  Proc.  Zinngehalt  zu  einem  Geschützgusse  eingesetzt  und  geschmolzen. 
Von  der  geschmolzenen  Bronze,  welche  zwei  angestellten  Messungen  zu- 
folge eine  durchschnittliche  Temperatur  von  1530^  C.  besass,  wurde  eine 
Schöpfprobe  im  Gewichte  von  2,48  Kilogramm  in  40  Kilogramm  Wasser  ge- 
gossen und  erhöhte  die  Temperatur  desselben  von  7,5<^R.  auf  14,55^  R.,  also 
um  7,05<*  R.  =  8,80  c.;  demnach  aufgenommene  Wärme  des  Wassers 
40  X  8,8  =  352  Wärmeeinheiten.  Hierzu  die  Wärmemenge,  um  2,48 
Kilogramm  Bronze  von  Nullgrad  auf  18^  C.  (14,55<^  R.)^  zu  erwärmen, 
welche  bei  der  specifischen  Wärme  der  Bronze  =  0,0913  vier  Wärme- 
einheiten beträgt,  giebt  als  Totalmenge  der  von  2,48  Kilogramm  flüssiger 
Bronze  aufgenommener  Wärme  356  Wärmeeinheiten;  also  von  10  600  Kilo- 
gramm 1  621  612  Wärmeeinheiten  ^). 

Verbraucht  wurden  lufttrockenes  Kiefernholz  12  Kubikmeter  ä  304 
Kilogramm  =  3648  Kilogramm,  1  Kilogramm  Holz  besitzt  bei  1  Proc. 
Asche  und  18  Proc.  Wasser  eine  Wärmeleistung  von  circa  3500  Wärme- 
einheiten, demnach  Wirkungsgrad  des  Ofens 

„  1621612  ^-  ,^ 

^==3648  X  3500  =  ^>^^^ 

Zweiter  Versuch.  9600 Kilogramm  Bronze  inSpähnen  wurden  ge- 
schmolzen, davon  1,633  Kilogramm  in  40  Kilogramm  Wasser  gegossen,  dessen 
Temperatur  dabei  von  6,50R.  auf  11,7»R.,  also  um  5,2»  R  gleich  6,5»  C. 
stieg,  während  zwei  Temperaturmessungen  des  Metallbades  eine  durch- 
schnittliche Temperatur  desselben  von  1623^0.  ergaben.  Hieraus  ergiebt 
sich  die  Totalmenge  der  von  9600  Kilogramm  Bronze  aufgenommenen  Wärme 

r6,5  X  40     ,    ^^     ^  1 

I      ^  g33       +  0,0913  X  14,6      9600  =  1540  800  Wärmeeinheiten»). 

1)  1  Kilogramm  Bronze  enthielt  also  143,5  Wärmeeinheiten.  Bei  der  Be- 
rechnung ist  angenommen,  dass  die  Bronze  mit  einer  Temperatur  von  NuUgrad 
eingesetzt  worden  sei;  da  das  Schmelzen  im  Winter  geschah,  dürfte  diese  An- 
nahme nicht  erhehlich  von  der  Wahrheit  abweichen. 

2)  1  Kilogramm  flüssige  Bronze  enthielt  160,5  Wänneeinheiten,Durch8clmitts- 
resultat  beider  Versuche  für  die  bei  der  Giesstemperatur  der  10  Proc.  Zinn 
haltenden  Bronze  von  derselben  aufgenommenen  Wärme  157  Wärmeeinheiten. 


Wirkungsgrad.  263 

Verbraucht  wurden  15  Gnbikmeter  =  4560  Kilogramm  Holz,  also  Wir- 
kungsgrad des  Ofens 

1  540  800 
^  =  4560  X  3500  =  ^'^^^- 

Aehnliche  Resultate  liefert  der  in  Fig.  213  skizzirte  Bronzeschmelzofen 
des  Herrn  F.  A.  Bierling.  Man  gebraucht,  um  2500  Kilogramm  Bronze 
zu  schmelzen,  3  Cubikmeter  Holz,  also  pro  100  Kilogramm  Bronze 
0,12  Cubikmeter,  was  dem  Spandauer  Holzyerbrauche  zum  Geschützgusse 
gleich  kommt. 

Die  in  Spandau  angestellten  Temperaturmessungen  geben  uns  einen 
Fingerzeig  für  die  Ursachen  der  ungünstigeren  Resultate  des  dortigen 
zweiten  Schmelzens.  Je  höher  ein  Metall  erhitzt  wird,  je  mehr  sich  seine 
Temperatur  also  derjenigen  der  wärmeabgebenden  Factoren  nähert^  desto 
langsamer  findet  Wärmeaustausch  statt,  desto  mehr  Wärme  entweicht 
ungenutzt  und  desto  ungünstiger  wird  sich  der  Wirkungsgrad  des  Ofens 
beziffern.  Bei  dem  ersten  Schmelzen  war  das  Metall  auf  1530^  bei  dem 
zweiten  auf  1623^,  also  fast  100^  höher,  erhitzt.  Hierbei  waren  aber, 
was  ausdrücklich  henrorgehoben  zu  werden  yerdient,  dem  ersten  Metallbade 
bereits  2080  Kilogramm,  dem  zweiten  Metallbade  3600  Kilogramm  kalter 
Metallspähne  zur  Abkühlung  der  überhitzten  Bronze  zugesetzt  worden 
(welche  in  dem  angegebenen  Einsätze  inbegriffen  sind);  bei  dem  relativ 
grossem  Zusätze,  welchen  das  zweite  Metallbad  erhielt,  ehe  es  auf  1623^ 
abgekühlt  worden  war,  lässt  sich  mit  Sicherheit  schliessen,  dass  die  Tem- 
peratnrdifferenz  vor  dem  Zusätze  eine  noch  beträchtlichere  als  100^  ge- 
wesen sein  muss. 

Unter  demselben  Umstände  leidet  jedenfalls  auch  der  Wirkungsgrad 
der  Eisenschmelzöfen  (vergL  Ermittelung  1),  welche  gewungen  sind,  ihr 
Metall  auf  noch  höhere  Temperaturen  als  jene  Bronzeschmelzöfen  zu 
erhitzen. 

Als  Durchschnittsresultat  der  Ermittelungen  sub.  1  und  2  ergiebt 
sich  ein  Wirkungsgrad  der  Herdflammöfen  mit  directer  Feuerung: 

E  =  0,097. 

3.  Grüner  giebt  an,  dass  bei  dem  schon  erwähnten  Siemens'schen 
Flammofen  zu  Terre-Noire  während  eines  ununterbrochenen  Betriebes 
zum  Schmelzen  von  100  Kilogramm  Roheisen  20  Kilogramm  Steinkohlen, 
bei  einem  Gasofen  mit  Ponsard' scher  Feuerung^)  die  gleiche  Menge 
Steinkohlen  mit  einem  Aschen-  und  Wassergehalte  yon  in  Summa 
10  Proc.  Terbraucht  werde.     Die   nutzbare  Leistung  jener  Kohlen  wird 


^)  Ueber  Poniard'Bohe  Feuerungsanlagen  siehe:  Dingler's  polytechni- 
flcbes  Journal  Bd.  219,  S.125;  Wedding,  DarsteUnng  des  schmiedbaren  Eisens 
8.  716;  Kerl,  Grandriss  der  Eigenhüttenkunde ,  Leipzig  1875,  S.  805.  Wir 
werden  bei  Besprechmig  des  Schweissens  tmd  Glühens  der  dehnbaren  Metalle 
eingehender  anf  diese  Feaenmgen  zurückkommen. 


264  Cupolöfen. 

sich  auf  annähernd  7000  Wänneeinheiten  bezi£fern;  demnach  Wirkungs- 
grad der  Oefen 

100  .  260    ^ 

20  X  7000 

Dieser  erheblich  günstigere  Wirkungsgrad  jener  Gusöfen  mit  Sie- 
mens'scher  oder  Ponsard* scher  Feuerung  im  Vergleiche  zu  dem  Wir- 
kungsgrade der  Oefen  mit  directer  Feuerung  rührt  aus  zwei  Ursachen 
her;  erstens  aus  der  den  beiden  ersteren  Feuerungssystemen  eigenthüm- 
lichen  Ausnutzung  beziehentlich  Zurückführung  der  abziehenden  Wärme, 
die  aber  erst  nach  Ifingerm  Betriebe  zur  Geltung  kommt,  zweitens  aus 
dem  Fortfallen  derjenigen  Brennstoffmenge  während  des  ununterbroche- 
nen Betriebes,  welche  bei  einmaligem  Schmelzen  zum  Anheizen  des  Ofens 
bis  zur  Schmelztemperatur  des  Metalls  verbraucht  wird  und  nach  ange- 
stellten Ermittelungen  26  bis  33  Procent  der  für  ein  einmaliges  Schmel- 
zen erforderlichen  totalen  Brennstoffmenge  zu  betragen  pflegt. 


Vierte  Gruppe.    Schaclitöfen  im  engem  Sinne 

oder  Cupolöfen. 

Wie  der  Name  andeutet,  besteht  der  Schmelzraum  des  Ofens  ans 
einem  Schachte  mit  senkrechter  Achse.  Oben  ist  der  Schacht  offen,  und 
diese  Oeffnung  heisst  die  Glicht.  Das  zu  schmelzende  Metall  wird  in 
abwechselnden  Schichten  mit  dem  Brennmateriale  in  die  Gicht  eingeftült; 
Verbrennung  und  Schmelzung  finden  im  untern  Theile  des  Schachtes 
statt,  die  Yerbrennungsgase  steigen  aufwärts,  um  aus  der  Gicht  zu  entwei- 
chen, die  Schmelz-  und  Brennmaterialien  sinken  in  Folge  der  unten 
thätigcn  Vorgänge  allmälig  abwärts  und  werden  so  lange  durch  frisch 
aufgeschüttete  ersetzt,  als  das  Schmelzen  dauern  soll.  Diese  entgegen- 
gesetzte Bewegungsrichtung  der  Schmelzmaterialien  —  also  der  wärme- 
aufnehmenden  Körper  —  und  der  Verbrennungsgase  -^  also  der  wärme- 
abgebenden Körper  —  ist  von  grosser  Wichtigkeit  für  den  Wirkungs- 
grad des  Ofens.  Sie  ermöglicht  es,  einen  grossen  Theil  der  aus  dem 
eigentlichen  Schmelzraume  im  untern  Theile  des  Ofens  abziehenden 
Wärme  durch  die  niedersinkenden  Schmelzmaterialien  wieder  zurück- 
führen zu  lassen,  und  hat  also  eine  ganz  ähnliche  Wirkung  wie  die  Sie- 
mens^ sehen  Regeneratoren;  aber  erreicht  dieses  Ziel  in  viel  einfacherer 
Weise. 

Das  geschmolzene  Metall  sammelt  sich  entweder  in  dem  untern 
Theile  des  Schachtes,  den  man  in  diesem  Falle  den  Herd  nennt,  und 
welcher  natürlich  unterhalb  der  Einströmungsöffnungen  für  die  Ver- 
brennungsluft  liegen  muss;  oder  in  einem  besondem,  durch  einen  Ganal 
mit  dem  Schachte  verbundenen  Sammelraume,  welcher  alsdann  Vorherd 
genannt  wird.     Durch  das  am  tiefsten  Punkte  des  Herdes  beziehentlich 


Allgemeines.  265 

Vorherdes  aagebrachte  Stichloch  wird  schliesslich  das  Metall  abge- 
lassen. 

Als  Brennmaterialien  dienen  wie  bei  allen  Schachtöfen  vorwiegend 
verkohlte  Brennstoffe:  Holzkohlen  oder  häufiger  Koks.  Rohe  Brenn- 
materialien würden  die  Gefahr  nahelegen  ^  dnrch  starke  Gasentwickelung 
eine  übermässige  Spannung,  auch  wohl  Explosionen  im  Schachte  hervor- 
zurufen und  dadurch  den  Betrieb  zu  stören,  magere  Steinkohlen  würden 
leicht  zerdrückt  werden,  fette  zusammenbacken  und  zu  Versetzungen  im 
Schachte  Veranlassung  geben.  Der  grössere  Schwefelgehalt  aber  der 
rohen  Steinkohlen  im  Vergleiche  mit  dem  Schwefelgehalte  der  aus  ihnen 
dargestellten  Koks  würde  leicht  nachtheilig  auf  die  Beschaffenheit  des 
Metalls  wirken.  Deshalb  ist  die  Verwendung  roher  Brennstoffe  beim 
Gupolofenbetriebe  äusserst  selten  und  beschränkt  sich  höchstens  auf  einen 
Zusatz  derselben  zu  den  verkohlten. 

Aus  dem  oben  allgemein  geschilderten  Vorgange  beim  Schmelzen  in 
Schachtöfen  folgt,  dass  das  Metall  ununterbrochen  bis  nach  beendigter 
Schmelzung  in  innigster  Berührung  mit  dem  Brennstoffe  bleibt.  Diese 
Berührung  und  deren  Einfluss  auf  das  Metall  ist  um  so  wirkungsreicher, 
weil  das  letztere  gezwungen  ist,  bei  dem  Schmelzen  Tropfenform  anzu- 
nehmen und  so,  also  mit  ausgedehntester  Oberfläche,  über  die  weiss« 
glühenden  Kohlenstücke  hinabzusickem.  Da  ferner  die  Schmelzung  na- 
tnrgemäss  in  einiger  Entfernung  oberhalb  der  Lufteinströmungsöffnun- 
gen stattfindet,  so  bleibt  das  niederträufelnde  Metall  auch  in  gewissem 
Maasse  der  Einwirkung  der  noch  unverzehrten  Verbrennungsluft,  in  allen 
Fällen  der  Verbrennungsgase  —  Kohlensäure,  Eohlenoxyd,  Stickstoff  — 
ausgesetzt,  sofern  es  nicht  durch  den  Brennstoff  vor  dieser  Einwirkung 
geschützt  wird.  Diese  Thatsachen  beschränken  in  grossem  Umfange  die 
Zahl  der  im  Cupolofen  schmelzbaren  Metalle.  Alle  leicht  ozydirbaren 
und  leicht  flüchtigen  Metalle,  alle  diejenigen,  welche  leicht  Gase  lösen 
(wozu  sich  bei  der  Vertheilung  des  Metalls  in  Tropfenform  die  reich- 
lichste Gelegenheit  bietet),  oder  solche,  welche  durch  die  Berührung  mit 
glühendem  Kohlenstoff  beeinfiusst  werden  können,  dürfen  nicht  im  Cupol- 
ofen geschmolzen  werden.  Demnach  ist  das  Kupfer  und  dessen  Legirun- 
gen,  das  Zink,  Zinn,  Blei,  Nickel,  Silber,  der  Stahl  vom  Schmelzen  im 
Cupolofen  ausgeschlossen;  sehr  werthvoUe  Metalle,  wie  z.  B.  Gold,  schmilzt 
man  aber  schon  deswegen  nicht  im  Cupolofen,  weil  die  Eigenthümlich- 
keiten  dieses  Schmelzapparats  immer  schon  die  Verarbeitung  grösserer 
Mengen,  als  sie  von  jenen  Metallen  überhaupt  verwendet  werden,  erfor- 
dern, und  weil  geringe  mechanische  Verluste  an  Metall  beim  Cupolofen- 
schmelzen  kaum  vermieden  werden  können.  Als  einziges  im  Cupolofen 
mit  gutem  Erfolge  schmelzbares  Metall  bleibt  demnach  das  Gusseisen 
übrig,  dessen  physikalische  Eigenschaften  weniger  durch  die  Berührung 
mit  dem  Brennstoffe,  den  Verbrennungsproducten  und  der  atmosphärischen 
Luft  beeinfiusst  werden,  auch  wenn  geringe  chemische  Aenderungen 
nachweisbar  sind,  und  bei  dem  man  von  vornherein  durch  Auswahl  ge- 


266  Cupolöfen. 

eigneter  Sorten  auf  die  Wirkung  jener  Einflüsse  Rücksicht  nehmen  kann. 
Weiss  man  z.  B.  aus  Erfahrung,  dass  ein  Theil  des  Siliciumgehalts  des 
Gusseisens  heim  Cupolofenschmelzen  verschlackt  wird,  so  ist  nichts 
leichter,  als  durch  Wahl  eines  entsprechend  siliciumreicheren  Roheisens 
zum  Schmelzen  das  richtige  Product  zu  erzielen. 

Da  aher  unter  den  giessharen  Metallen  das  Gusseisen  in  weit  grösse- 
rem Umfange  benutzt  und  geschmolzen  wird,  als  sämmtliche  übrigen  Me- 
talle und  Legirungen  zusammengenommen,  so  bildet  der  Cupolöfen,  ob- 
schon  nur  für  dieses  einzelne  Metall  verwendbar,  doch  unter  sämmtlichen 
Schmelzapparaten  den  am  häufigsten  benutzten. 

Die  Yerbrennungsluft  wird  dem  Ofen  durch  Gebläse  zugeführt. 
Ein  vor  mehreren  Jahren  in  England  durch  die  Gebrüder  Woodward  in 
Manchester  bei  mehreren  ausgeführten  Anlagen  angewendetes  System, 
durch  Einblasen  eines  Dampfstrahles  in  den  verengten  Schornstein  des 
Ofens  Luft  durch  den  letztem  hindurchzusaugen ,  so  dass  derselbe  ge- 
wissermaassen  ein  Dampfstrahlgebläse  in  grossem  Maassstabe  dar^ellt, 
verdankte  den  im  Anfange  theilweise  gefundenen  Anklang  wohl  mehr 
der  Originalität  des  Gedankens  als  wirklicher  Zweckmässigkeit. 

Als  Gebläse  dienen  Centrifugalgebläse  (Ventilatoren)  oder  noch 
besser  gut  construirte  Eapselgebläse  (Roots'sche  Ventilatoren).  Wenn 
man  hier  und  da  Cylindergebläse  angewendet  oder  als  zweckmässigste 
Gebläse  für  Cupolöfen  empfohlen  findet,  so  ist  das  wohl  aus  früher  er- 
örterten Gründen  eine  Verkennung  der  Wirkung  eines  solchen  Gebläses 
bei  niedrigen  Windpressungen  und  der  Ansprüche,  welche  ein  Cupolöfen 
an  die  Leistung  des  Gebläses  stellt. 

Da  der  einzige  Zweck  des  Cupolofens  eine  Erhitzung  des  Metalls 
auf  die  Giesstemperatur  ist,  so  kommt  es  beim  Cupolofenschmelzen  dar- 
auf an ,  das  vorhandene  Brennmaterial  in  solcher  Weise  zu  verbrennen, 
dass  die  grösstmöglichste  Wärmeentwickelung  innerhalb  des  Schmelz- 
raums  erreicht  wird;  oder  mit  anderen  Worten,  dass  eine  völlige  Ver- 
brennung durch  atmosphärischen  SauerstofiP  innerhalb  des  Ofens  bewirkt 
wird.  Hierdurch  unterscheidet  sich  der  Cupolöfen  zum  Roheisenschmel- 
zen wesentlich  von  dem  Hochofen  zur  Roheisen  dar  Stellung;  in  letzte- 
rem dienen  die  Brennmaterialen  als  Reductionsmittel  und  eine  vollstän- 
dige Verbrennung  derselben  durch  atmosphärischen  Sauerstoff  würde  den 
Hochofenprocess  unmöglich  machen. 

Da  bei  vollständiger  Verbrennung  von  Kohlenstoff  Kohlensäure,  bei 
unvollständiger  Kohlenoxyd  gebildet  wird,  und  beide  Gase  mit  dem 
Stickstoff  der  Luft  aus  der  Gicht  entweichen,  so  giebt  das  Verbältniss 
zwischen  der  in  den  Crichtgasen  vorhandenen  Kohlensäure  zum  Kohlen- 
oxyd einen  Maassstab  zur  Beurtheilung  der  Ausnutzung  des  Brennstoffs. 
Wenn  bei  voUem  Betriebe  des  Ofens  (also  mindestens  20  Minuten  nach 
dem  Anblasen)  Kohlenoxyd  in  so  reichlicher  Menge  vorhanden  ist,  dass 
das  Gasgemenge  lebhaft  brennt,  so  kann  man  mit  Sicherheit  den  SohluBs 
ziehen,    dass    entweder    eine    falsche  Ofenconstruction ,    eine  unrichtige 


Brennmaterialien.  267 

Betriebsfühning    oder    die    Benutznng    nn geeigneter    Brennmaterialien 
Torliegt. 

Ans  diesem  Grunde  sind  alle  Notizen  über  Verwendung  der  Cupol- 
ofengichtgase  zu  FeuerungBzwecken ,  wie  man  sie  selbst  noch  in  ganz 
modernen  Lehrbüchern  findet,  yöllig  gegenstandslos.  Vorschläge  zur 
Benutzung  der  Brennkrafb  der  Cupolofengichtgase  sind  ein  eben  solches 
Unding  als  es  etwa  ein  Vorschlag  sein  würde,  .wie  man  den  aus  undichten 
Stellen  eines  Dampfcylinders  entweichenden  Dampf  nutzbar  machen  könnte. 

Die  Erfahrung  lehrt  nun ,  dass  jene  Verbrennung  des  Kohlenstoffs 
zu  Kohlensäure,  welche  das  Hauptziel  bei  jedem  Gupolofenbetriebe  sein 
muss,  um  so  vollständiger  erreicht  wird,  je  grosser  das  Verhältniss  der 
Oberfläche  der  eingeblasenen  Verbrennungsluft  zu  der  Oberfläche  des 
Brennstoffs  ist;  also 

je  dichter,  weniger  porös  der  letztere  ist; 

je  weniger  gepresst  und  je  mehr  yertheilt  die  Lufb  mit  den  Kohlen 
in  Berührung  gelangt. 
Hieraus  folgt  zunächst,  dass  dichte,  feste  Koks  das  geeignetste  Brenn- 
material für  Cupolöfen  sind.  Mit  Holzkohlen  ist  es  wegen  ihrer  porösen 
Beschaffenheit  äusserst  schwierig,  wenn  nicht  unmöglich,  eine  ToUstän- 
dige  Verbrennung  zu  erreichen,  da  die  anfänglich  gebildete  Kohlensäure 
rasch  wieder  reducirt  wird.  Cupolöfen,  mit  Holzkohlen  gespeist,  geben 
deshalb,  wie  wir  es  auch  schon  bei  den  Tiegelschachtöfen  gesehen 
haben,  eine  weit  ungünstigere  Leistung  als  mit  Koksbetrieb.  Die  früher 
vielfach  gehegte  Ansicht,  dass  die  Anwendung  von  Koks  zum  Schmelzen 
nachtheilig  auf  die  Beschaffenheit  des  Eisens  wirke,  kann  zwar  insofern 
Begründung  haben,  als  einestheils  das  kohlensäurereichere  Gasgemisch 
der  Koksschmelzöfen  leichter  oxydirend  wirkt  als  die  kohlenoxydreicheren 
Gase  der  Holzkohlencupolöfen;  sodass  also,  wenn  man  ein  reines,  silicium- 
armes,  bei  Holzkohlen  erblasenes  Boheisen  einschmilzt,  durch  Oxydation 
des  geringem  Siliciumgehalts  ein  nachtheiliger  Einfluss  auf  die  Eigen- 
schaften, insbesondere  den  Graphitgehalt  und  die  davon  abhängige  Be- 
arbeitnngsföhigkeit  des  erfolgenden  Gusseisens  geübt  wird;  und  als  andern- 
theils  eine  Aufnahme  von  Schwefel  aus  dem  Brennmateriale  wenigstens 
möglich  ist.  Diese  TJebelstände  lassen  sich  aber  ohne  Schwierigkeit  ver- 
meiden, indem  man  bei  der  Wahl  der  einzuschmelzenden  Eisensorten 
von  vornherein  auf  jene  stärker  oxydirenden  Einflüsse  der  Kokscupol- 
öfen  Bedacbt  nimmt,  die  Anwendung  schwefelreicher  Koks  ausschliesst 
und  den  Uebergang  von  Schwefel  an  das  Gusseisen  durch  geeignete  Zu- 
schläge (insbesondere  Kalk)  verhindert,  welche  eine  basische  Schlacke 
mit  der  Asclie  der  Koks  bilden  können. 

Ans  diesen  Gründen  würde  die  Anwendung  von  Holzkohlen  zum  Gu- 
polofenbetriebe nur  in  solchen  gewiss  äusserst  seltenen  Fällen  zu  recht- 
fertigen sein ,  wo  ihr  Preis  sich  im  Vergleiche  mit  dem  der  Koks  so  viel 
niedriger  stellt,  dass  die  Kosten  des  unvermeidlichen  Mehrverbrauchs 
dadurch  gedeckt  würden. 


268  Gupolöfen. 

Construction  der  Capolöfen. 

Da  die  Form  der  Capolöfen  eine  weit  einfachere  als  die  der  Herd- 
flammdfen  ist,  lassen  sich  die  Regeln  für  die  Constructionsverhältniase 
derselben  auch  leichter  als  bei  jenen  begründen. 

Der  Schacht  bildet  den  hauptsächlichsten  Theil  des  Ofens.  Der 
Horizoutalschnitt  durch  den  Schacht  zeigt  fast  immer  kreisförmigen 
Querschnitt  aus  mehreren  Gründen.  Die  Kreisform  besitzt  anter  allen 
geometrischen  Figuren  den  geringsten  Umfang  bei  gleichen  Flächeninhal- 
ten; deshalb  geben  Oefen  mit  kreisförmigen  Querschnitten  die  geringste 
Veranlassung  zu  Wärmeyerlusten  durch  Erhitzung  der  Umfassungswände 
und  Transmission  durch  dieselben.  £in  kreisförmiger  Querschnitt  ge- 
währt aber  auch  den  Yortheil,  dass  das  Aufsteigen  der  wärmeführenden 
Gase,  welche  aus  nahe  liegenden  Gründen  stets  an  dem  Umfange  zu 
entweichen  streben,  an  keiner  Stelle  desselben  mehr  als  an  der  andern 
begünstigt  wird.  Finden  sich  £cken  in  dem  Querschnitte,  so  werden  die- 
selben Yon  den  Schmelzmaterialien  unyoUkommen  ausgefüllt,  die  Gase 
finden  dort  einen  geringem  Widerstand,  entweichen  demnach  reichlicher 
an  diesen  Stellen  and  geben  weniger  Wärme  ab. 

Ein  oblonger  Querschnitt  kann  trotzdem  in  solchen  Fällen  zweck- 
mässig sein,  wenn  bei  sehr  grossen  Oefen  zu  beförchten  ist,  dass  es  der 
Yerbrennungsluft  bei  kreisfömigem  Querschnitte  anmöglich  sein  würde, 
bis  in  den  Mittelpunkt  vorzudringen.  Man  legt  dann  die  Windein- 
strömungen an  die  langen  Seiten  des  Ofens  und  verkürzt  dadarch  dem 
Winde  den  Weg. 

Der  Yerticalschnitt  durch  den  Ofen  zeigt  vielfache  Abweichungen 
in  der  Form  des  Schachtprofils.  Wir  werden  einzelne  derselben  sogleich 
bei  Besprechung  der  verschiedenen  „Gupolofensjsteme^  zu  erwähnen  Ge- 
legenheit haben.  Besonders  hat  man  mehrfach  durch  Verengung  des 
Schachts  im  Schmelzraame  geglaubt,  eine  günstigere  Wärmeausnatzung 
herbeizuführen.  Diese  Wirkung  kann  wohl  nur  insofern  erzielt  werden, 
als  durch  jene  Verengung  ein  Vordringen  der  Verbrennungsluft  bis  zum 
Mittelpunkte  des  Ofens  erleichtert  wird.  Nach  den  Erfahrungen  des 
Verfassers  ist  auch  bei  den  Schachtprofilen  der  Gupolöfen  die  einfachste 
Form  die  zweckmässigste;  also  eine  cylindrische  ohne  jede  Verengung 
oder  eine  schwach  conische  mit  dem  engsten  Durchmesser  an  der  Gicht, 
wodurch  das  Aufhängen  der  Schmelzmaterialien  an  den  Seitenwänden 
erschwert  wird. 

Der  Durchmesser  des  Ofenschachts  mass  in  einem  gewissen  Verhält* 
nisse  zu  der  Menge  des  in  bestimmten  Zeiträumen  durchzusetzenden 
Eisens  stehen.  Ist  der  Durchmesser  zu  gross,  so  wächst  mit  demselben 
der  Umfang  des  Ofens  and  mit  diesem  die  Wärmeverluste  durch  Erwär- 
mung der  Wände  und  Transmission;  ist  derselbe  zu  klein,  so  steigt  die 
Spannung  der  Gase  im  Innern  des  Ofens,  das  Gebläse  muss  zur  Ueber- 


Construction.  269 

windmig  derselben  übermässig  in  Anspruch  genommen  werden,  die  Gase 
verlassen  den  Ofen  in  bocherhitztem  Zustande  nnd  Entführen  eine  ent- 
sprechend grössere  Menge  ungenutzter  Wärme. 

Man  kann  rechnen,  dass  bei  Koksbetrieb  und  richtiger  Windf&hrung 
för  jedes  Kilogramm  stündlich  zu  schmelzenden  Metalls  ein  Schachtquer- 
schnitt an  der  engsten  SteUe  yon  1  bis  IV4  Quadratcentimeter  erforder- 
lich ist.  Poröse  Koks  erfordern  grössere  Schachtquerschnitte  als  dichte; 
überhaupt ,  je  weniger  geeignet  das  Brennmaterial  zum  Cupolofenschmel- 
zen  ist  und  je  weniger  zweckmässig  die  Ofenconstruction  im  Uebrigen, 
desto  grösser  muss  der  Schachtquerschnitt  sein. 

Kleinere  Durchmesser  als  0,50  m  erschweren  jedoch  die  nach  jedem 
Schmelzen  vorkommenden  Reparaturen  des  Schachts  und  das  Nieder- 
gehen der  Schmelzsäule  in  solchem  Maasse,  dass  man  jenen  Durchmesser 
als  kleinstes  zulässiges  Maass  zu  betrachten  pflegt. 

Je  höher  der  Schacht  des  Gupolofens  ist,  desto  mehr  Gelegenheit 
finden  die  aufsteigenden  Gase,  ihre  Wärme  an  die  ihnen  entgegen  kom- 
menden Bestandtheile  der  Schmelzsäule  abzugeben.  Auch  hierbei  tritt 
jedoch  eine  Grenze  ein,  über  welche  hinaus  eine  Erhöhung  des  Ofen- 
schaohts  nicht  mehr  geeignet  erscheint;  denn  einestheils  geht  der  Wärme- 
ausgleich immer  langsamer  vor  sich,  je  näher  die  Wärmegrade  der 
wärmeabgebenden  und  wärmeaufnehmenden  Körper  bei  einander  liegen, 
je  abgekühlter  die  Gase  also  bereits  sind;  andemtheils  wächst  mit  der 
Höhe  des  Ofens  die  Gasspannung  im  Innern  desselben  und  somit  die  er- 
forderliche Leistung  des  Gebläses;  und  endlich  steigert  sich  in  gleichem 
Maasse  die  Schwierigkeit,  den  Ofen  zu  bedienen.  Eine  Höhe  des  Ofen- 
schaohtes  von  mindestens  2,5  m,  höchstens  3,5  m  oberhalb  der  Windein- 
strömungen dürfte  als  Ghrenze  bezeichnet  werden  können.  Bei  übrigens 
richtigen  Abmessungs-  und  Betriebsverhältnissen  besitzen  die  entweichen- 
den Gase  in  dieser  Höhe  des  Ofens  keine  höhere  Temperatur  als  50 
bis  60  Grad  Celsius. 

unstreitig  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  bei  der  Construction  eines 
Gupolofens  ist  die  Anordnung  der  Windeinströmungen.  Erwägt  man, 
dass  bei  der  Verbrennung  von  Kohle  zu  Kohlensäure  8080  Wärmeein- 
heiten, bei  der  Verbrennung  zu  Kohlenoxyd  aber  nur  2473  Wärmeeinhei- 
ten, also  nicht  einmal  der  dritte  Theil  jener  Wärmemenge,  entwickelt 
werden,  erwägt  man  ferner,  dass  bei  gleichen  Brennstoflen  das  Ergeh- 
niss  der  Verbrennung  fast  nur  von  der  Art  der  Windzuführung  abhän- 
gig ist,  wie  oben  bereits  erläutert  wurde,  so  wird  ohne  Weiteres  die 
Wichtigkett  einer  richtigen  Construction  derselben  erklärlich. 

Hieraus  ergiebt  sich  auch,  weshalb  man  im  Stande  war,  mit  der 
Hälfte  bis  einem  Drittel  der  früher  benutzten  Brennstoffmenge  Eisen  zu 
Bchmelsen ,  nachdem  man  auf  Grund  des  oben  aufgestellten  Lehrsatzes, 
dass  eine  grosse  Oberfläche  des  eingeblasenen  Windvolumens  die  voll- 
ständige Verbrennung  befordert,  angefangen  hatte,  den  Wind  in  mög- 
lichster Vertheilung  und  mit  schwacher  Pressung,  jedoch  in  ausreichen- 


270  Cupolöfen. 

der  Menge  zur  Unterhaltung  einer  Terhältnissmässig  raschen  Verbren- 
nung in  den  Ofen  zu  führen.  Diese  letztere  Bedingung  erfüllt  man 
durch  einen  grossen  Querschnitt  der  EinstrÖmungsöfifnungen.  Letzterer 
muBS  so  beträchtlich  sein,  dass  die  durch  das  Manometer  erkennbare 
Spannung  in  der  Windleitung  nicht  durch  den  Ausstromungsquerschnitt, 
sondern  lediglich  durch  den  Widerstand  hervorgerufen  wird,  welchen  die 
Schmelzsäule  den  im  Ofen  aufsteigenden  Gasen  entgegensetzt. 

Man  findet  bei  zweckmässig  ausgefiUirten  Oefen  jenen  totalen  Quer- 
schnitt der  WindeinstrÖmungsö£fnungen  mindestens  gleich  Vs  d^s  engsten 
Schachtquerschnitts,  gewöhnlich  noch  reichlicher,  nicht  selten  bis  Vs  ^^^ 
Schachtquerschnitts  und  darüber  steigend.  Wird  diese  Bedingung  eines 
grossen  Einströmungsquerschnitts  erfüllt,  und  trägt  man  Sorge,  dass 
der  Wind  Gelegenheit  findet,  sich  möglichst  gleichmässig  im  Ofen  zu 
▼ertheilen,  so  kommt  im  Grunde  wenig  darauf  an,  wie  die  Einströmungs- 
öffnungen angeordnet  sind.  Wir  werden  unten  Gelegenheit  finden,  eine 
Anzahl  Ofenconstructionen  zu  beschreiben,  bei  denen  diese  Yertheilung 
in  abweichendster  Weise  bewirkt  ist,  und  welche  dennoch  gleich  befrie- 
digende Resultate  liefern. 

Unmittelbar  unter  den  Windöffnungen  beginnt  ^er  Herd  des  Ofens, 
unten  durch  die  HerdBohle  abgeschlossen.  Je  höher  daher  jene  Oeffnun- 
gen  über  der  Sohle  liegen ,  desto  mehr  Metall  kann  im  Herde  gesammelt 
werden,  desto  schwieriger  ist  es  aber  auch,  bei  der  grossem  Entfernung 
der  heissesten  Ofenzone  yon  der  Sohle  das  angesammelte  Metall  in  der 
erforderlichen  hohem  Temperatur  zu  erhalten,  und  desto  grösser  sind 
die  Unregelmässigkeiten,  welche  durch  die  Abweichungen  in  dem  Höhen- 
stande des  flüssigen  Metalls  hervorgerufen  werden.  Zur  Vermeidung 
besonders  des  letztem  Uebelstandes  legt  man  vielfach  die  Sohle  unmittel- 
bar, d.  h.  100  bis  150  Mm.,  unter  die  Windeinströmungen  und  lässt  die 
geschmolzenen  Massen  sofort  in  den  schon  erwähnten  Vor  her  d  ablaufen, 
einen  ringsum  geschlossenen,  tiefer  liegenden  Behälter,  dessen  übliche 
Construction  sogleich  besprochen  werden  wird. 

Aus  dem  Bestreben,  die  günstigste  Ausnutzung  des  Brennmaterials 
im  Cupolöfen  hervorzurufen,  sind  nun  eine  Anzahl  verschiedenartiger 
Ofenconstructionen  oder  „Ofensysteme"  hervorgegangen,  deren  bessere 
sämmtlich  in  verschiedenartiger  Ausführung  das  Ziel  verfolgen,  die  Zu- 
führung reichlicher  Windmengen  in  grosser  Vertheilung  zu  ermöglichen. 
Die  haupsächlichsten  dieser  Ofensysteme  sollen  in  Folgendem  ihren  Ei- 
genthümlichkeiten  entsprechend  charakterisirt  werden. 

1.     Aeltere  Cupolöfen,  Fig.  227i). 

Der  Schacht  hat  cylindrisches,  conisches  oder  auch  den  Eisenhochöfen 
ähnliches  Profil  mit  Rast  und  engem  untern  Theile.     Der  Wind  wird 


*)  Unter  dem   Ausdruck   „Aeltere   Cupolöfen"    sind    solche   ConstmctioneQ 
verstanden,  welche,  bis  vor  etwa  10  Jahren  noch  vielfach  üblich,  jetzt  in  Folge 


Aeltere  GonstractioBen.  271 

durch  eine  oder  häufiger  zvei  mehr  oder  minder  enge  OeCTnongen  ein- 

geblsaen.    Zn  diesem  Zwecke  ist  die  Windleitong  mit  ooniachen,  seltener 

Pig.  227. 


cylindriechen  Ansatzstücken  a  a  —  Düsen  —  versehen,  die  sich  leicht 
loenebmen  lassen,  und  in  die  entsprechenden,  mit  gusseisemen,  schmiede- 
eiaemen  oder  kapfernen  Hülsen  —  den  Formen,  Windforroen  — 
Tersehenen  Oeffanngen  in  der  Ofenwand  hineinragen.  Die  Düse  ist  mei- 
etena  an  einem  Düsenständer  b  befestigt,  welcher  ein  teleskopenartiges 

ihree  hohem  BremHtoffverbranchB  selten  geworden  sind.  Ton  einer  Beicbrei- 
bnng  noch  ftlterar  Formen  sehen  wir  zur  Vermeidung  nnnäthiger  Weitschwei- 
figkeit ab,  welche  nur  wenigen  unserer  Leser  willkonunen  sein  dSrfte.  Biehe 
hierüber  Dürre,  Handbuch  dea  Eisengiessereibetriebes ,  Bd.  I,  S.  310;  auch 
Kerl,  Grondriu  der  Eisenhüttenkunde  8.  323. 


272  Cupolöfen. 

Zarückziehen  derselben  gestattet,  wenn  Reinigungen  der  Form  etc.  vor- 
genommen werden  sollen;  ansserdem  befindet  sich  an  der  Bückseite  des 
Ddsenständers  in  der  yerl&ngerten  Achse  der  Düse  gewöhnlich  ein  mit 
Glas-  oder  Glimmerplatte  versehenes  Yisir  c  c  ^) ,  durch  welches  das 
Schmelzen  beobachtet,  auch  nach  dem  Oeffnen  desselben  eine  Reinigung 
der  Form  vorgenommen  werden  kann,  ohne  dass  man  die  Düse  zurück- 
zuziehen braucht.  Bisweilen  —  und  jedenfalls  mit  gutem  Erfolge  — 
sind  die  Oefen  mit  zwei  oder  drei  Formen  übereinander  ausgerüstet  (wie 
in  der  gegebenen  Abbildung),  um  den  Veränderungen  beim  Ansammeln 
grösserer  Eisenmengen  Rechnung  zu  tragen  und  nicht  von  vornherein 
durch  zu  hoch  gelegene  und  dadurch  eine  ausreichende  Erwärmung  des 
Herdes  unmöglich  machende  Formen  blasen  zu  müssen.  Für  diese  Fälle 
muss  der  Düsenständer  auch  eine  Verschiebung  in  senkrechter  Richtung 
ermöglichen.  Man  bläst  zuerst  durch  die  untersten  Formen,  während 
die  oberen  durch  einen  Thonp&opfen  verschlossen  gehalten  werden;  wenn 
das  Eisen  steigt,  schliesst  man  die  unteren  Formen  und  legt  die  Düsen  in 
die  zunächst  folgenden. 

Diese  Oefen  erfordern  im  Allgemeinen  einen  um  so  hohem  Eohlen- 
verbrauch,  je  enger  die  Formen  sind.  Benutzt  man,  wie  üblich,  ein  Cen- 
trifugalgebläse,  so  nimmt  die  Menge  des  gelieferten  Windquantums  auch 
bei  gleicher  Tourenzahl  des  Gebläses  proportional  der  Grösse  des  Aus- 
flussquerschnitts ab,  das  Schmelzen  geht  langsam  von  Statten  und,  ab- 
gesehen von  der  geringem  Wärmeentwickelung  in  Folge  reichlicher 
Eohlenoxydgasbildung  sind  die  Wärmeverluste,  durch  Transmission  auf 
die  gleiche  Menge  durchgesetzten  Eisens  bezogen,  grösser  als  bei 
rascherem  Schmelen. 

2.  Sefström^scher  oder  S chm ah eT scher  Cupolöfen,  Fig.  228  (auf 
den  ehemals  königlich  preussischen  Eisengiessereien  zu  Berlin,  Sayn ,  Glei- 
witz  zuerst  in  Anwendung).  Der  Schacht  hat  gewöhnlich  conische  Form. 
Statt  der  zwei  Düsen  der  älteren  Oefen  sind  8  bis  16  Windeinströmungen 
von  ä  60  bis  80  Mm.  Durchmesser  vorhanden.  Da  die  Anbringung  von 
eigentlichen  Düsen  in  dieser  grossen  Anzahl  zu  Unbequemlichkeiten 
führen  würde,  ist  um  den  Ofen  herum  ein  gusseiserner  oder  ans  Eisen- 
blech gefertigter,  ringförmiger  Canal  a  gelegt,  in  welchem  die  durch  das 
Windrohr  h  kommende  Gebläseluft  circulirt,  um  durch  die  einzelnen  OefF- 
nungen  c  c  in  den  Ofen  zu  gelangen;  damit  nicht  diese  Oeffnungen  zu 
nahe  bei  einander  zu  liegen  kommen,  hat  man  sie  in  zwei  Reihen  in 
einem  Verticalabstande  von  etwa  80  Mm.  vertheilt,  die  entweder,  wie  in 
der  Abbildung,  horizontale  Richtung  haben  oder  auch  beide  zusammen 
in  Form  einer  Schraubenlinie  mit  zweimaligem  Umgange  angeordnet 
sind.     Hinter  jeder  Windöflnung  befindet  sich  in  der  Aussenwand  des 


')  Glimmerplatten  für  solche  Visire  bei  älteren  und  neueren  Cupolöfen, 
jedenfalls  ungleich  geeigneter  als  Glasplatten,  werden  in  jeder  Grösse  und  zu 
billigen  Preisen  von  Max  Baphael  in  Breslau  geliefert. 


SchmaheTB  Ofen.  273 

Windcankk  ein  sm  9&iendes  Yisir  zur  BeobachtuDg  nnd  ReiniguDg  der- 
Belben. 

Man  sieht,  dass  durch  diesen  schon  Tor  mehreren  Jahrzehuten  angewen- 
deten Ofen  Enerst  die  Aufgabe  gelöst  Turde,  welche  allen  modernen  Con- 
atmctionen  zn  Grande  liegt,  reichliche  Windmengen  in  grosser  Verthei- 
long  dem  Ofen  zuzuführen.  Der  Erfolg  dieser  Construction  würde  ein 
viel  durchschlagenderer  gewesen  sein,  wenn  man  die  errnngenen  Yor- 

Fig.  22g. 


tbeilfl  anszunstzea  verstanden  h&tte.  Bei  gleichem  OnrohmesBer  des 
Schacht«  als  bei  den  älteren  Oefen  erhielt  man  aber  in  Folge  der  günsti- 
gem und  raBcbem  Yerbrennung  die  doppelte  bis  dreifache  Uenge  £isen 
in  gleichen  Zeiträomen,  mit  der  man  nichts  anzuiangen  wnaste,  weil 
die  in  den  meisten  modernen  Eisengiessereien  getroEFenen  Einrich- 
tungen,   rasch    grosse  Mengen  Eisen    za  vergiessen,    nicht   vorbanden 

Iicdibar,  mtchuiiHh-raeUUDrgiKtu  Tsclmologie.  lg 


274  Cupolöfen. 

waren ').  Snchte  man  durch  verringerte  TonrenEafal  der  GeblAsemuchiae 
oder  dnrcb  Verklemenmg  der  Wind&flhongen ,  deren  DnrchmeaBer  bis 
auf  25  Mm.  rerriagert  wsrde  —  in  beiden  Fällen  also  durch  Scbm&lemiig 
der  Windmenge  —  den  Scbmelzgang  zu  rerzOgem,  so  entsprach  eben 
die  Windmenge  nicht  mehr  dem  Darchmesaer  des  Ofens  und  die  erlang- 
ten Yortheile  gingen  wieder  verloren.  Auf  den  allein  richtigen  Ge- 
danken, durch  Verkleinerung  dea  SohachtdurchmcBsen  das  Schmelzqnan- 
tum  zu  Terringem,  scheint  man  nicht  gekommen  zn  sein.  So  fanden 
diese  Oefen  wenig  Eingang  und  sind  in  der  nreprüngliohen  Form  erst 
in  neserer  Zeit  hier  und  da  wieder  aufgenommen. 

Die  Fühmng  des  Winden  durch  einen  ringförmigen  Canal  um  den 
Ofen  an 'der  heisseaten  Zone  deaaelben  hat  bei  diesen  wie  bei  allen' fol- 
Fig.  220.  genden  Ofensyatemen  neben  der  Ver- 

theilnng  des  Windes  noch  den  Er- 
folg, daas  der  Ofen  an  dieser  Stelle 
gekühlt ,  vor  rascher  Abnntziuig 
durch  Wegschmelzen  geschOtet  und 
die  dorchgelaagene  Wärme  von  dem 
Winde  anfgenommen  und  in  den 
Ofen  wieder  zurückgeführt  wird. 
Die  Winderwftrmnng  betrSgt  nach 
Beobachtungen  des  Terfaaseri  60 
bia  80"  C,  nachdem  der  Ofen  längere 
Zeit  (1  bia  2  Stunden)  im  Betriebe 
gewesen  iat.  Die  Wirkung  iat  keine 
bedeutende,  immerhin  aber  erwäh- 
nen awerth. 

3.  Ireland-CDpoIofen,Fig.229, 
im  Anfang  der  aechziger  Jahre  die- 
se« Jahrhunderts  dem  EngUnder 
Ireland  patentirt  and  bis  jetzt 
noch  in  zahlreichen  Eiaengiesaereien 
in  Anwendung. 

Der  Wind  tritt  durch  Bwei  ho- 
rizontale Reihen  von  Oeffnungen 
(Formen)  in  den  Ofen,  welche  450 
bie  750  Um.  senkrechten  Abatand 
von  einander  besitzen,  also  beträcht- 
lich mehr  ala  die  Formenreihen  des 
Schmahel'achen  Ofena.  Der  totale 
Querschnitt  derWindformenist  gleich 


■)  Zur  Erläuterung  hierfür  möge  die  Notiz  dienen,  daeB  man  in  den  m 
jetiigen  Oieaseraien  erst  dann  in  Bchmelzen  und  zu  gieesen  pflegt,  veiin  si 
liehe  an   einem  Tage   abzugiessende  QuMformen  fertig  hergestellt  aind. 


Ireland's  Ofen.  275 

V4  bis  Vs  des  engsten  Schachtquerschnitts,  der  Querschnitt  der  sämmtlichen 
unteren  Windformen  ist  annäbemd  doppelt  so  gross  als  der  der  sämmt- 
lichen oberen;  die  Anzahl  der  unteren  (3  bis  4)  aber  halb  so  gross  als  die 
der  oberen  (6  bis  8).  Hieraus  folgt,  dass  der  Durchmesser  der  obern 
Formen  beträchtlich  kleiner  als  der  der  unteren  ausfallen  muss.  0£fenbar 
liegt  dieser  Anordnung  der  Windzulässe  die  Absicht  zu  Crrunde,  Eohlen- 
ozyd,  welches  sich  Tor  den  unteren  Formen  bilden  könnte,  durch  Zufüh- 
rung einer  fernem,  stark  vertheilten  Luftmenge  in  der  höher  gelegenen 
Ofenzone  Yollständig  zu  Kohlensäure  zu  verbrennen. 

Der  Schacht  ist  zwischen  den  beiden  Formenreihen  cylindrisch,  er- 
weitert sich  unterhalb  derselben  zu  einem  geräumigen  Sammelherde  für 
die  flüssigen  Massen,  oberhalb  derselben  durch  ein  conisches  Uebergangs- 
glied  (Rast)  zu  einem  cylindrischen  oder  nach  oben  sich  wieder  verengen- 
den   obern    Theile    von    grösserm  Durchmessen     Andere  Schriftsteller 
drücken   sich  bei  der  Beschreibung  des  Schachtsprofils  umgekehrt  aus, 
indem  sie  anführen,  der  Schacht  sei  zwischen  den  Formen  zusammen- 
geschnürt Diese  Ausdrucksweise  ist  kaum  ganz  logisch;  denn  die  Menge 
des  vom  Ofen   in  bestimmten  Zeiträumen  geschmolzenen  Eisens  hängt 
nicht    von    dem    obern    oder   untern  Durchmesser,    sondern    von  dem 
Durchmesser  zwischen  den  Formen  ab,  so  dass  dieser  als  der  normale 
Schachtdnrchmesser  bezeichnet  werden  muss.     Man  hat  vielfach  diese 
sogenannte  Einschnürung  des  Ofenschachts  als  ein  Mittel  bezeichnet,  die 
Temperatur  zu  steigern  tind  die  Leistung  des  Ofens  zu  erhöhen,  und  hat 
gerade  diese  Eigenthümlichkeit  des  Ireland-Ofens  als  besonders  maass- 
gebend    für    die  'unleugbar    günstigen  Resultate    desselben   bezeichnet. 
Diese  Behauptung  ist  nur  in  sehr  beschränktem  Sinne  richtig.     Sofern 
der  Querschnitt  der  Windeinströmungen  und  die  Menge  des  zugefuhrten 
Windes  dem  normalen  Durchmesser  des  Ofens  entspricht,  als  welchen  wir 
den  Durchmesser  innerhalb  jener  Verengung  bezeichnet  haben,  entsteht 
eine  hohe,  dem  Schmelzgange  günstige  Temperatur;  dieselbe  würde  aller- 
dings sinken,  wenn  man  den  Ofen  erweitem  wollte,  ohne  auch  die  Wind- 
menge zu  vermehren;  der  grössere  Durchmesser  des  obern  und  untern 
Theüa   des  Schachts,   welcher  erst  jenen  mittlem  Theil  als  „Einschnü- 
rung" hervortreten  lässt,  hat  aber  begreiflicherweise  keine  Mitwirkung 
bei  der  Erzeugung  der  Temperatur  innerhalb  der  letztem.     Man  würde 
durch  einen  völlig  cylindrischen  Schacht  mit  dem  kleinern  Durchmesser 
dieaelben  Resultate  erlangen  können,  wenn  man  nur  Sorge  trägt,  durch 


diefiem  Falle  also  nur  vortheilhafb  ist,  rasch  das  erforderliche  Eisen  zu  be- 
s<-haffeD ;  in  älteren  und  auch  noch  in  einigen  unter  besonderen  Verhältnissen 
arbeitenden  modernen  Eisengiessereien  goss  man  dagegen  jede  Gussförm  ab, 
unmittelbar  nachdem  sie  hergestellt  war,  konnte  also  nur  jedesmal  so  viel  Guss* 
eisen  verwerthen  als  der  betreffende  Guss  erforderte.  Man  sparte  dadurch 
an  Formkasten  und  an  Platz,  schmolz  aber  unter  entschieden  ungünstigeren 
Verhältnissen.  ' 

18  ♦ 


276  Cupolöfen. 

entsprechend    grössere  Höhe   einer  Verringerung   des  Schachtvolamens 
Torznbengen. 

Die  eigenthümliche  Schachtform  giebt  nun  Gelegenheit  zur  Anbrin- 
gung des  ringförmigen  Windcanals  in  der  aus  der  Abbildung  ersichtlichen 
Art  und  Weise.  Dadurch  wird  der  Schacht  gekühlt  und  der  Wind  vor- 
gewärmt. Der  Ganal  ist  durch  eine  horizontale  Scheidewand  in  eine 
obere  und  untere  Hälfte  getheilt,  der  Gebläsewind  gelangt  durch  das 
Rohr  c  zuerst  in  die  untere  Hälfte  und  aus  dieser  durch  Oefinungen  in 
der  Scheidewand,  die  durch  Schieber  g  g  yerschliessbar  sind,  in  die  obere. 
Man  ist  dadurch  in  Stand  gesetzt,  nur  durch  die  unteren  Oeffianngen 
allein  zu  blasen,  was  im  Anfange  des  Betriebes  zur  bessern  Anwärmung 
des  Sammelherdes  zweckmässig  sein  kann,  oder  durch  beide  Reihen  zu- 
gleich, aa  sind  Visire  mit  Vorrichtung  zum  Oefinen,  wie  früher  be- 
schrieben. 

Der  Irel  and -Cupolöfen  liefert,  wie  erwähnt,  in  Folge  der  zweck- 
mässigen Anordnung  der  Windzuf&hrung  recht  günstige  Erfolge  hinsicht- 
lich des  relativen  Brennstoffverbrauchs,  unter  allen  bis  zu  seiner  Erfin- 
dung bekannten  Ofenconstructionen  unleugbar  die  günstigsten.  Die  Er- 
weiterung des  Schachts  unterhalb  der  Formen  giebt  die  Möglichkeit, 
dass  man  grössere  Mengen  geschmolzenen  Gusseisens  ansammeln  kann,  die 
obere  Erweiterung  hat  als  einzigen  Vortheil  eine  verringerte  Gasspannung 
bei  gleichem  Ofenvolumen  und  gleicher  Windmenge  und  deshalb  gerin- 
gere Leistung  der  Gebläsemaschine. 

Die  dadurch  entstehende  Schachtform  erschwert  aber  einestheils 
durch  Aufsetzen  auf  der  Rast  das  Niedersinken  der  Schmelzsäule  und 
giebt  zu  Stockungen  Veranlassung;  anderntheils  sind  Beschädigungen  des 
verengten  Theils  durch  Wegschmelzen  und  mechanische  Einflüsse  häufi- 
ger und  schwerer  zu  repariren.  Deshalb  hat  man  mehrfach  die  Ire- 
1  and' sehe  Windzuführung  mit  der  einfachem  cylindrischen  oder  schwach 
conischen  Schachtform  (wie  bei  dem  oben  abgebildeten  Schmäh  ersehen 
Ofen)  combinirt  und  recht  gute  Resultate  damit  erzielt. 

4.  Krigar-Cupolofen,  Fig.  230  und  231,  durch  H.  Krigar  (Firma 
Erigar  und  Ihssen)  in  Hannover  in  den  sechziger  Jahren  eHunden  und 
seitdem  durch  unausgesetzte  Verbesserungen  vervollkommnet.  Der  Wind 
circuUrt  in  dem  Canale  d  rings  um  den  Ofenschacht  und  gelangt  durch 
zwei  einander  gegenüberliegende  senkrechte  Ganäle  ff  in  die  grossen 
überwölbten  Oeffnungen  ii  und  durch  diese  in  den  Ofen.  Die  Breite 
jedes  dieser  beiden  Gewölbe  nimmt  ungefähr  Vs  bis  Ve  <^^b  ganzen  üm- 
fanges  des  Ofenschachts  im  Lichten  ein,  die  Höhe  der  Gewölbe  schwankt 
zwischen  400  bis  700  Millimeter,  je  nachdem  man  das  flüssige  Eisen  im 
Ofen  selbst  sammelt  oder  in  einen  Vorherd  ablaufen  lässt.  Der  Quer- 
schnitt der  beiden  Ganäle  //  zusammengenommen  beträgt  Vs  ^is  Va  des 
horizontalen  Schachtquerschnitts.  Durch  diese  eigenthümliche  Construc- 
tion  wird  eine  sofortige  Vertheilung  des  einströmenden  Windes  auf  eine 
grosse  Fläche  bewirkt,  und  es  entsteht  eine  sehr  intensive  Verbrennung, 


Krigar's  Ofen.  277 

ftlso  reichliche  Wärmeentwickelang.  Wenn  von  anderer  Seite  die  gün- 
stigen Reraltate  dea  Erigar-Ofens,  insbesondere  die  Thatsache,  dass  das 
niederschmelzende  Eisen  sehr  wenig  dnrch  Oxydation  zn  leiden  hat,  dem 
Umstände  zugeschrieben  wird,  dasB  die  weiasgl übenden  Koks  in  die 
grOBsen  Windznlässe  hinein  vorzarollen  pflegen  and  dort  bereits  den 
freien  Saneratoff  rerbranchen,  so  bemht  eine  solche  Anschauung  doch 
wohl  anf  einer  Verkennnng  des  Terbrennnngs-  .und  Schmelzprooessea, 
Fig.  230.  Fig.  231. 


Wie  aich  an  länger  beuntzteo  Krigar'sohen  Cupolöfen  an  den  am  mei- 
sten weggeschmolseneD  Stellen  zeigt,  liegt  die  Zone  der  grössten  Wärme- 
entwickelnng  —  also  der  Verbrennung  —  nicht  innerhalb,  sondern  einige 
Centimeter  oberhalb  der  Gewölbe. 

Der  Schacht  desKrigar'achen  Gapolofens  ist  mCglichBt  einfach  pro- 
Blirt.  Die  Verengung  in  dem  nntem  Schachte  des^abgebildeten  Ofens 
rührt  nicht  etwa  ans  der  Absicht  her,  dadurch  eine  besondere  Einvir- 


278  Copolöfen. 

knng  auf  den  SdimelzproceBs  berrorziirnfen,  Bondem  luit  allein  den 
Zweck,  demjenigen  Tbeile  des  Ofens,  welcher  dem  Wegaclimelsen  am 
meisten  aoegesetzt  ist,  dorch  eine  grössere  Wandstärke  längere  Dauer 
zn  geben.  Haa  findet  ancb  bei  anderen  Ofensystemen  dasselbe  Schacbt- 
profil  angewendet,  ohne  irgend  einen  andern  Gmnd  als  den  genannten. 

Eine  gleichfalls  durch  Erigar  getroffene  VerbeBsemng  iet  die  Ein- 
richtung des  Yorherdea  (g  in  Fig.  230).     Eisen  und  Schlacke  fliesaen  in 
denselben  dnrcb  den  in  der  Äbbitdang  ersichtlichen  Canal  ab,   und  die 
Scbmelzsfiule  im  Ofen  bleibt  durch  den  höhern  oder  tiefem  Stand  des 
Fig.  232. 


SIetallbades  nnbeeinflusst.  t  nnd  S  sind  Äblassöffnangen  fär  die  auf  dem 
Eisen  sich  sammelnde  Schlacke,  p  die  Aosflnesrinne  für  das  Eisen,  r  r 
Visir-  nnd  ReinigangsöS'nnngen.  Krigar  giebt  seinen  Vorherden  recht- 
eckigen Grnndrisa  nnd  nmgiebt  dieselben  mit  starken  gnsseisernen  Platten 
als  Rüstung.  Zweckmässiger  igt  Jedenfalls  die  Kreiaform ,  welche  eines- 
theils  die  geringste  Anssenfläche  besitzt  nnd  deshalb  die  geringsten 
Wärmeverlnste  durch  Transmission  verursacht ,  andemtheils  aber  dorch 
ein  umgelegtes  schwaches  Eesselblech  sich  in  billigerer  nnd  sicherer 
Weise  zusammenhalten  lässt  als  der  viereckte  Vorherd  durch  die  sohwe- 


Krigar'e  Ofen.  279 

Platten.  Einen  Bolchen  Capolofen  nach  Krigar'a 
Sjriam,  aber  mit  nmdem  Vorherde,  fOr  ein  stttndliclieB  Schmelzen  von 
3000  bis  4000  Kilogramm  GnsBeiaen  geeignet,  zeigen  die  Figuren  232 
bis  23&  in  '/so  der  wirklichen  Grösse  >). 

Als  leiste  and  in  vielen  Fftllen  recht  zweckmässige  Eigentbümlich- 
keit  der  Krigar'schen  Capolofen  moas  noch  die  in  dem  freigelegten  Boden 
dea  Ofens  angehrachte  Klappe  it  (Fig.  230  und  232)  Erw&hnaag  finden, 

Fig.  234. 


welche  während  deaBetriabes  durch  einen  Voireiber  geachloBsen  gehalten 
wird,  nach  beendigtem  Schmelzen  aber  eine  leichte  Entleerung  des  Ofens 
Ton  zorOckgebliebenen  Koks  und  Schlacken  ermöglicht. 

Der  Krigar'ache  Capolofen  gehört  unatreitig.  Dank  dem  unermüd- 
lichen Bestrebeo  seines  Erfindere,  neue  Verbeaserungen  anznbringen,  zu 


*)  In  Bbenwerk  Oroeditz  im  Betrieb«. 


280  Mac  Kensie's  Capolofen. 

den  TollkommeiiBtflD  Schmelupparaten  der  Jetztzeit.  Er  vereinigt  mit 
dem  Vortheile  einei  geringen  Telstiren  Brennstoffrerbranoha  eine  rer- 
hältnissmätsig  grosse  Daaerhafligkeit,  erfordert  wenig  Bedienung  nnd  giebt, 
wie  erw&hnt,  nur  wenig  Gelegenheit  zn  einer  OxTdation  dee  Bchmelzen- 
den  GoBseiBenB,  dnrch  welcbe  dessen  Eigenschaften  geändert  Verden 
konnten. 

5.  Uac-Kensie-Ofen,  durch  die  Skizse  in  Fig.  236  erlfintert. 
Der  ganze  untere  Theil  des  Schachts  schwebt,  von  einem  nngfönuigen 
Winkeleisen  b  getragen,  frei  über  dem  Herde  nnd  giebt  dadurch  Ranm 
fOr  den  ringshemmlanf enden  Windeinatrömnngecsnal  b.  Der  Boden  liegt, 
wie  bei  dem  Krigar-Ofen,  frei  und  igt  durch  eine  Klappe  geschlossen, 

Pig.  236. 


deren  Scharniere  in  dd  angedentet  sind.  Dem  der  Krigar'schen  Con- 
stmction  zn  Grunde  liegenden  Bestreben,  dem  Windstrome  eine  mög- 
lichste Vertheilnng  zu  geben,  wird  hei  diesem  Ofen,  wie  man  siebt,  in 
noch  ausgiebigerer  Weise  genügt.  Ein  Uebelstand  ist  die  jeden&Us 
geringe  Danerfaaftigkeit  des  schwebenden  Theils  des  Schachts  als  Folge 
der  auf  den  untern  Eisenring  wirkenden  EinflSsse.  Ahgeschwäcbt 
werden  diese  Einflüsse,  wenn  der  untere  Theil  des  Ofenschachts  nicht  als 
Sammelraum  für  doa  geschmolzene  Metall  benutzt  wird,  sondern  mit 
einem  Krigar'schen  Vorherde  verbunden  ist. 

Der  Mac-Kensie-Ofen  ist  besonders  aufElaen  werken  der  Vereinigten 
Staaten  Nordamerikas  (in  dem  Vaterlande  des  Erfinders)  vielfach  in  An- 
wendong,  in  Dentschland  scheint  er  bislang  keine  Verbreitung  gefunden 
EU  haben  ')■ 

AoBser  diesen  genannten  Capolofensystemen  giebt  es  eine  Anzahl 
Constructionen ,  die  sich  nur  in  unwesentlichen  Dingen  von  diesem  oder 

I)  Den  neuesten  Hittheilungsn  znfolge  igt  der  Mac-Keusie-Ofen  in  jeaer 
ursprünglichen  Form   aach   in  Nordamerika   nicht  mehr  üblich,   was   die  oben 


Einbau  der  Gupolöfen.  281 

jenem  äJet  beschriebenen  Oefen  nnterscbeiden ,  gleichwohl  aber  unter  be- 
sonderen Benennungen  in  di«  Oeffentlichkeit  eingeführt  worden  sind,  sei 
es  AUS  ünkenntniss  der  früheren  Constructionen,  oder  um  Capital  daraus 
SU  schlagen. '  Hierher  gehört  z.  B.  der  vor  einiger  Zeit  in  mehreren 
Zeitschriften  besprochene  Yoi  sin 'sehe  Cupolofen  ^),  welcher  nichts  Ande- 
res ist  als  die  schon  erwähnte  Combination  d^r  Ireland'schen  Windzu- 
f&hmng  mit  einem  einfacher  profilirten  Schachte,  also  eine  Construction, 
welche  iii  Deutschland  schon  seit  langer  Zeit  ohne  besonderes  Aufhebens 
ui  Gebranch  gewesen  ist,  und  verschiedene  andere. 

In  mannigfaltiger  Weise  aber  lassen  sich  bei  neuen  Constructionen 
die  Vorzüge!  des  einen  Ofensystems  mit  denen  eines  andern  vereinigen, 
wie  es  soeben  bereits  angedeutet  wurde.  So  z.  B.  kann  man  selbst- 
verständlich den  Kr igar 'scheu  Vorherd  nebst  Bodenklappe  anch  bei 
jedem  andern  Ofensysteme  anwenden,  und  fälschlicherweise  nennt  man 
aach  wohl  solche  andere  Oefen  mit  Krigar'schem  Yorherde  Erigar- 
Oefen. 

So  zeigen  uns  die  Abbildungen  Fig.  237,  238  und  239  (a.  f.  S.)  in 
Vso  der  wirklichen  Grösse  einen  in  Eisenwerk  Groeditz  erbauten,  zum  stünd- 
lichen Schmelzen  von  ca.  4000  Kilogramm  Gusseisen  geeigneten  Cupolofen. 
Die  Windzuftkhrung  entspricht  dem  Ireland-Ofen  mit  der  Abänderung, 
dass  der  Windcanal  wie  beim  Schmäh  einsehen  Ofen  ausserhalb  befind- 
lich ist,  einfach  profilirter  Schacht  und  Krigar'scher  Vorherd  nebst 
Bodenklappe.  Das  in  Fig.  238  und  239  sichtbare,  an  dem  Windcanale 
angebrachte  Rohrstück  mit  Drosselklappe  dient  zur  Verbindung  des 
untern  Canals  mit  dem  obem  statt  der  in  der  frühem  Abbildung  eines 
Ireland-Ofens  (Fig.  230  und  231)  angegebenen  Schieber,  welche  schwer 
dicht  zu  erhalten  sind. 

■ 

Einbau  der  Cupolofen. 

Bei  den  folgenden  Erörterungen  mögen  die  bereits  gegebenen  Ab- 
bildungen von  Cupolofen  als  Anhalt  dienen. 

Das  Fundament  der  Cupolofen  wird  ohne  besondere  Abweichungen 
von  den  allgemein  gültigen  Regeln  für  die  Fundamentirung  von  Bau- 
werken —  gewöhnlich  ca.  1  M.  tief  —  in  den  Erdboden  eingebaut.     Bei 


auflgesprochene  Ansicht  des  Verfassers  über  die  geringe  Dauerhaftigkeit  dessel- 
ben zu  bestätigen  scheint.  Man  hat  den  ringförmigen  Schlitz  durch  sechs 
elliptische  Einströmungsöfßiungen  ersetzt,  wodurch  der  Ofen  aber  sein  Haupt- 
merkmal verliert  und  sich  langst  benutzten  Constructionen  nähert.  Vergleiche 
Wedding,  Das  Eisenhüttenwesen  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika, 
Zeitschrift  für  Berg-,  Hütten-  und  Salinenwesen  im  Preussischen  Staate  Bd.  24 
(Jahrgang  1877),  8.  58  (nebst  Abbildung  des  neuern  Ofens). 

^)  Armengaud,  Publication  industrielle,  Vol.  22,  pag.  185;  daraus  in  ver* 
schiedenen  deutschen  Zeitschriften. 


282  Capolöfen. 

GapolSfen  oboe  Vorberd  wird  auf  diesem  Fandamente  der  Sockel  s  (Fig. 
227,  228  and  229)  in  einer  Hebe  von  750  bis  900  Um.  ron  der  Ober 
kante  des  Erdbodens  an  gerecbnet  ans  guten  daaerbaften  Brocbsteinen 
Pj^  J3J  aafgefübrt.   ImGmndrisse 

bat  der  Sockel  qoadra- 
tiaohe,  Mcbs-  oder  acbt- 
eckige,  seltener  kretsrnnde 
Form.  Zweckm&ssig  ist  es, 
denselben  nicbt  als  mas- 
airen  Maaerkörper,  son- 
dern ringförmig  anfzolikb- 
ren,  wie  in  Fig.  227  nnd 
228  angedentet  ist,  and 
den  im  Innern  bleibenden 
boblen  Raum  mit  Sand 
oder  Koblenlöicbe  ansza- 
iiUlen.  Man  vermeidet 
dadorcb  weit  leicbter  die 
Entstehung  von  Rissen. 
Zum  Scbntze  gegen  Äussere 
Beschädigungen  nmgiebt 
man  den  Sockel  gewöbn- 
licb  mit  gnsseisemen  Plat< 
ten,  die  am  geeignetsten 
ebne  sonstige  Terbindang 
nnter  einander  nur  dnrcb 
zwei  nmgelegt«  schmiede- 
eiserne Bänder  sosammen 
gebalten  werden ,  damit 
sie  bei  der  Erwärmung 
sieb  frei  aasdebnen  kännen 
nnd  bei  Bescbädignngen 
leicbt  answecbseln  lassen. 
Anf  den  Sockel  legt 
man  gewöhnliob  eine 
starke  gusseiseme  Platte 
als  Unterlage  fQr  den 
Schacht 

Giebt  man  den  Oefen 

einen   Vorberd,    so    baut 

man   zuniobst  diesen  auf 

einem  Sockel  auf,  wie  ans 

den  Abbildungen  ersichtlich  ist,  nmgiebt  ihn  mit  einer  UmbüUang  ans 

gaBseisemen  Platten  oder  bei  runder  Grundform  aas  zusammengenietete m 

Kesselbtecb  nnd  legt  die  erwähnte  gnsseiserne  Platt«  anm  Tragen  des 


Einbaa.  283 

Ofenschachts  mit  der  einen  Seite  anf  die  Küokeowand  des  Vorherds,  mit 
der  andern  anf  ein  Paar  gnsseiseme  Sänlen  m,  Fig.  230  etc. 

Der  Schacht  wird  durch  die  ans  fenerfoBtem  Matariale  —  meistens 
Fig.  338.  Fig.  239. 


Chamottesteinen,  seltener  natürlich  vorkommeoden  fenerfeaten  Steinen  — 
hergestellte  Schachtmanerang  gebildet,  welche  in  fost  allen  Fällen  durch 
einen  Hantel  ans  Eisenblech  von  cylindrischer  Form,  weniger  hinfig  nnd 


284  Cupolöfen. 

weniger  zweckmässig  ans  gusseisemen  Platten  in  prismatischer  Form 
eingeschlossen  ist  Zur  hessem  Befestigung  des  Mantels  pflegt  man  die 
gosseiseme  Bodenplatte  mit  einem  angegossenen  aufwärts  gerichteten 
Borde  zu  versehen,  an  welchem  der  Mantel  durch  ein  paar  Schrauben  be- 
festigt wird.  Bei  Eisenblechmänteln  genügt  eine  Blechstärke  ron  8  bis 
10  Mm.,  nicht  selten  benutzt  man  alte  Dampfkessel,  um  aus  ihnen  einen 
Cupolofenmantel  herzustellen. 

Die  Wandstärke  der  Schachtmauerung  beträgt  nicht  unter  150  Mm. 
und  nicht  über  300  Mm.,  wenigstens  würde  ein  Ueberschreiten  dieser 
Grenzen  nicht  empfehlenswerth  sein.  Eine  zu  geringe  Wandstärke  macht 
ein  öfteres  mit  Kosten  verknüpftes  Auswechseln  erforderlich,  eine  zu  be- 
trächtliche Wandstärke  gestattet  aus  dem  Grunde  keine  volle  Ausnutzung, 
weil  mit  dem  fortschreitenden  Wegschmelzen  der  Steine  der  Durchmesser 
und  somit  auch  die  Betriebsverhältnisse  des  Ofens  mehr  und  mehr  sich 
von  den  normalen,  beabsichtigten  Beziehungen  entfernen.  Nicht  unge- 
eignet ist  dagegen  die  bei  den  in  Fig.  230,  232  und  238  abgebildeten 
Oefen  getroffene  und  bereits  erwähnte  Einrichtung,  die  Abmessungen  der 
Steine  in  dem  untern  Theile  des  Ofens,  wo  sie  dem  Wegschmelzen  am 
meisten  ausgesetzt  sind,  etwas  reichlicher,  in  dem  obem  kaltem  Theile 
des  Ofens  schwächer  zu  nehmen.  Dadurch  entsteht  das  im  untern  Theile 
verengte  Schacbtproiil  jener  Oefen ,  welches  aber  bei  längerem  Betriebe 
mehr  und  mehr  in  die  cjlindrische  Form  übergeht. 

Die  in  früherer  Zeit  vielfach  gehegte,  auf  theoretischen  Erwägungen 
fussende  Annahme,  dass  dicke  Schachtwände  durch  verhinderte  Wärme- 
transmission im  Stande  seien,  erheblich  brennstoffersparend  zu  wirken, 
ist  nicht  im  Stande  gewesen,  vor  den  Erfahrungen  der  Praxis  Stand  zu 
halten.  Man  ist  thatsächlich  nicht  im  Stande,  hinsichtlich  des  Brenn- 
stoffverbrauchs irgend  einen  zu  Gunsten  dickerer  Schachtwände  sprechen- 
den Unterschied  zu  bemerken.  Deshalb  ist  es  auch  überflüssig,  wie  es 
ab  und  an  wohl  noch  geschieht,  mehrere  concentrische  Schächte  zur 
bessern  Zusammenhaltung  der  Wärme  anzuwenden,  eine  Einrichtung, 
welche,  ursprünglich  der  Construction  der  Eisenhochöfen  entnommen, 
auch  bei  diesen  mehr  und  mehr  ausser  Gebrauch  kommt. 

Zwischen  Mantel  und  Schachtgemäuer  muss  ein  Zwischenraum  von 
einigen  Millimetern  Stärke  bleiben,  damit  letzteres  sich  frei  innerhalb 
des  erstem  in  der  Höhenrichtung  ausdehnen  kann.  Dieser  Zwischenraum 
kann  mit  Sand  ausgefüllt  werden. 

Da  der  obere  Theil  des  Schachts  auch  bei  geringerer  Wandstärke 
der  Steine  eiiler  seltenem  Auswechselung  bedarf  als  der  untere,  so  ist 
die  bei  den  Oefen  Fig.  232  und  238  getroffene  Einrichtung  recht  zweck- 
mässig, welche  eine  Auswechselung  des  untern  Theils  gestattet,  ohne  dass 
der  obere  mit  herausgeschlagen  zu  werden  braucht.  Letzterer  wird  hier 
von  einem  aus  Winkeleisen  gefertigten  Ringe  getragen,  welcher  am  besten 
nur  lose  in  den  Mantel  eingelegt  und  beim  Herausnehmen  des  untern 


Einbau.  285 

Schaohta  darch  ontergeatelltfl  Streben  gestütst  wird,  bis  der  neae  Schacht 
eingeaetst  ist. 

Bei  Auünaaening  des  Schachts  sind  dieselbeii  Torsich temaassregeln 
zu  beachten,  welche  bei  dem  Einbau  des  feuerfesten  Futters  für  Flamm- 
öfen Erwähnang  fanden. 

Um  den  Schacht  gegen  BeschfidiguDgen  darch  das  Einwerfen  der 

Schmelzniat«rialien  ed  schätzen,  declct  man  denselben  schliesslich  oben 

dnrch  eine  starke  ringförmige  Platte  ab, 

^'  welche  mit  einem  Borde  über  den  Mantel 

Übergreift. 

Um  in  den  Ofen  zur  Auafühmng  von 
Reparaturen  gelangen  zu  können,  und 
zur  Entleerung  desselben  von  zurückblei- 
benden Eoks  and  sonstigen  erstarrten 
Massen  muss  der  Schacht  wie  auch  der 
Vorherd,  falls  ein  solcher  vorhauden  ist, 
mit  einer  Thüröffnung  versehen  sein, 
welche  wfthrend  des  Schmelzens  durch 
eingesetzte  Chamottesteine  nnd  eine  davor 
befestigte  Thür  aas  Eisenblech  verschlDs- 
Ben  gehalten  wird.  Die  Befestigong  der 
Thür  kann  in  einfacher  Weise  durah 
Riegel,  Vorreiber  oder  dergleichen  wie 
in  den  Figuren  235  und  239  bewirkt 
werden.  Damit  ein  erwacheener  Mann 
im  Stande  ist,  durch  die  Thüröffnung 
einzOBteigen ,  mnss  dieselbe  mindestens 
360  Mm.  breit,  500  bis  600  Mm.  hoch  sein. 
In  der  Tbflr  pflegt  sich  das  60  bis 
80  Mm.  weite  Stichloch  und  vor  demsel- 
ben die  gewöhnlich  aus  Blech  gefertigte 
und  mit  feuerfester  Masse  ausgekleidete 
Gussrinne  zu  befinden,  in  welcher  das 
flüssige  Eisen  beziehentlich  die  Schlacke 
abfliesst.  Meistens  nietet  oder  sohraabt 
man  die  Rinne  an  der  eisernen  Thür  fett, 
BD  dasB  sie  mit  dieser  vom  Ofen  entfernt 
wird. 

Bevor  der  Ofen  in  Betrieb  kommen 
kann,  mnss  noch  die  aus  feuerfestem  Ma- 
terials bestehende  Sohle  desselben,  der  Herd,  hergestellt  werden.  Ge- 
wöhnlich besteht  derselbe  aas  einer  festgestampften ,  mindeBtens  70  Mm. ' 
starken  Lage  aus  feuerfester  Masse  oder  Sand  mit  thonigem  Bindemittel, 
aoch  wohl  ans  Chamottesteinen ,  mit  einer  Neigung  gegen  das  Stichloch 
so,  am  das  Ansfliessen  der  flüssigen  Schlacke  zu  erleichtem. 


OupolofeneBse, 

Bei  Oefen  mit  Torherd  erhUt  die- 
ser wie  jener  eine  in  solcher  Weise  her- 
gestellte Uerdsohle,  welche  nach  jedem 
Schmelzen  reparirt  oder  erneuert  werden 

Zn  jedem  Cnpolofen  gehört  schliess- 
lich noch  eis  Schornstein,  nicht  sowohl  znr 
Erzeagang  von  Lnftzng,  sondern  allein 
ZOT  Abführung  der  Verbrennongsgase  ans 
dem  Gebände.  Deshalb  ist  die  Höhe 
desselben  ganz  allein  von  der  Höhe  des 
letztem  nnd  etwaigen  polizeilichen  Vor- 
schriften abhängig. 

Die  Constmction  des  Schornsteins 
l&sst  sich  in  Eweierlei  Weise  ansfOhren. 
Man  kann  ihn  erstens  wie  in  der  Skizze 
Fig.  240(a.T.S.)  unmittelbar  auf  den  Ofen 
stellen,  ihn  von  diesem  tragen  lassen,  so 
dass  das  ganze  Gewicht  des  Schornsteins 
auf  dem  Ofen  raht.  Ist  der  Ofen  mit  Blech- 
mantel Tersehen,  so  büUt  man  am  besten 
anch  den  Schornstein  in  einen  Blechman- 
tel, welcher  eine  unmittelbare  Fortset- 
zung des  Ofenmantels  bildet,  und  giebt 
ihm  eine  kegelförmige  Gestalt  In  dem 
Fnsse  des  Schornsteins  befindet  sich  ober- 
halb des  Ofenschachts  eine  Oeffnnng  a 
zum  Einfüllen  der  Schmelzmaterialien. 
Diese  Constmction,  so  einfach  sie  an  nnd 
iur  sich  ist,  hat  den  Nachtheil,  dass  der 
Schornstein  jede  Bewegung  des  Ofens 
bei  der  Ansdehnnng  und  Zusamm zieh ung 
mitmacht,  dass  femer  die  bei  Beendigung 
des  Schmelzens  sich  stets  entwickelnde 
starke  nnd  heisse  Flamme,  indem  sie  in 
dem  engen  Schornsteine  emporbläst,  die- 
sen stark  erhitzt  und  die  Anwendung 
feuerfester  Steine  für  denselben  erforder- 
lich macht. 

Bei  der  zweiten  Constmction,  durch 
die  Skizze  Fig.  241  veranschaulicht,  stellt 
man  den  Schometein  völlig  unabhängig 
vom  Cnpolofen  auf  einen  geeigneten 
Cnterbao.  Meist«ns  ISsst  sich  die  £in- 
richtnng  recht  bequem  in  der  Art  and 


Winderhitzung.  287 

Weise  bewerkstelligen,  wie  sie  die  Abbildung  darstellt.  Es  ist  hier  a 
eine  Geb&adewand,  hinter  welcher  die  Cnpolöfen  aufgestellt  sind,  h  ist 
ein  gusseisemer  Rahmen,  mit  zwei  Enden  in  der  Wand  a  ruhend,  wäh- 
rend die  beiden  entgegengesetzten  Enden  durch  Säulen  getragen  werden, 
an  deren  Stelle  in  manchen  Fällen  eine  zweite  Gebäudewand  dienen 
kann.  Auf  dem  Rahmep  ist  der  Schornstein  aufgeführt.  Da  zwischen 
Ofen  und  Schornstein  die  frische  Luft  stets  Zutritt  hat  und  sogar  an- 
gesaugt wird,  bleibt  der  Schornstein  kalt  und  kann  ganz  leicht  aus 
dünnem  Ziegelmauerwerk  (ca.  120  Mm.  stark)  aufgeführt  und  durch  einige 
umgelegte  schmiedeeiserne  Anker  gesichert  werden.  Die  Säulen,  welche 
den  Schornstein  tragen,  können,  wie  in  der  Abbildung;  gleichzeitig 
zur  Unterstützung  der  Gichtbühnen  benutzt  werden.  Die  (Jnterkante 
des  Schornsteins  legt  man  so  hoch  über  die  Oberkante  des  Ofens,  dass  das 
Aufschütten  der  Schmelzmaterialien  bequem  von  Statten  geht,  also  etwa 
1  bis  iVa  Meter. 

Um  die  umliegenden  Theile  des  Gebäudes  vor  der  strahlenden  Hitze 
zu  schützen,  welche  von  der  beim  Niedergehen  der  letzten  Gichten 
wachsenden  Flamme  ausgeht,  versieht  man  den  Ofen  wohl  mit  einem  Auf- 
sätze e  aus  dünnem  Bleche  mit  Futter  aus  feuerfesten  Steinen  bis  in  den 
Schornstein  hineinragend  und  mit  einer  Thüröfifnung  zur  Bedienung 
des  Ofens. 

Es  sei  schliesslich  an  dieser  Stelle  noch  eine  Bemerkung  über  die. 
Anwendung  erhitzter  Gebläseluft  für  die  Gupolöfen  gestattet.  Als  man 
bei  Eisenhochöfen  durch  Erhitzung  des  Windes  überraschend  günstige 
Resultate  hinsichtlich  des  Brennstoffverbrauchs  erhalten  hatte,  lag  der 
Gedanke  nahe,  dieses  wirksame  Mittel  auch  fär  Cupolöfen  in  Anwendung 
zu  bringen.  Da  man  in  damaliger  Zeit  —  gegen  die  Mitte  dieses 
Jahrhunderts  —  nur  einen  solchen  Gupolofenbetrieb  zu  führen  yer- 
stand,  bei  welchem  eine  Menge  brennbaren  Eohlenoxyds  der  Gicht 
entströmte,  so  war  nichts  einfacher,  als  einen  eisernen  Röhrenapparat 
für  den  Wind  über  die  Gicht  zu  legen  und  durch  die  Gichtflamme 
erwärmen  zu  lassen.  Es  ist  nicht  zweifelhaft,  dass  sich  gewisse  Men- 
gen von  Brennstoff  dadurch  sparen  Hessen,  wenn  auch  nicht  in  dem 
Maasae  wie  beim  Hochofenbetriebe,  wo  der  erhitzte  Wind  in  ganz 
anderer  Weise  wirksam  ist.  Es  stellte  sich  aber  der  Uebelstand  heraus, 
dass  die  Apparate  in  Folge  des  häufigen  Temperaturwechsels  sehr  bald 
undicht  wurden,  und  ausserdem  will  man  eine  Verschlechterung  der 
Gusaeisenqualität  durch  Anwendung  erhitzten  Windes  constatirt  haben. 
Verfasser  ist  nun  zwar  der  Ueberzeugung ,  dass  letzter  Umstand,  falls  er 
nicht  etwa  auf  Vorurtheilen  beruhte,  sich  durch  einfache  Mittel  hätte 
beseitigen  lassen;  da  jedoch  richtig  gebaute  und  geführte  Gupolöfen  über- 
haupt keine  brennbaren  Gase  mehr  entlassen ,  und  da  man  mit  Sicher- 
heit berechnen  kann,  dass  die  Heizung  eines  Winderhitzungsapparats  mit 
fremdem  Brennmateriale  beim  Gupolöfen  nicht  lohnend  sein  würde, 
80  sieht  man  bei  jetzigen  Anlagen  mit  Recht  von  jeder  andern  Wind- 


288  CupolöfeiL 

erwärmung  ab,  als  sie  in  bereits  erwähnter  Weise  durch  einzelne  Oefen 
selbst  bewirkt  wird  (Schmahel-Ofen,  Ireland-Ofen,  Erigar-Ofen). 

Di'e  Werkzeuge 

beim  Cupolofenschmelzen  sind  fast  die  nämlichen  süß  beim  Flammofenbetriebe. 
Spiesse  mit  yerstahlten  Spitzen,  Brechstangen,  eiserne  Krücken  mit  lan- 
gem Stiele  zum  Entleeren  des  geblasenen  Ofens;  auf  der  Gicht  darf  eine 
Wage  — '  am  besten  Decimalwage  —  nicht  fehlen,  um  die  Eisengichten 
abzuwägen,  während  die  Brennmaterialgichten  meistens  gemessen  werden. 

Das  Arbeitsverfahren. 

Wenn  der  Cupolofen  in  Betrieb  gesetzt  werden  soll,  beginnt  man 
einige  Stunden  bevor  das  eigentliche  Schmelzen  seinen  Anfang  nehmen 
soll,  mit  dem  Anwärmen,  indem  man  auf  dem  Herde  ein  Feuer  aus  Holz, 
Torf  q^er  dergleichen  entzündet.  Die  Thüren  sind  währenddem  geöffnet 
oder  nur  durch  eingesetzte  grössere  Eoksstücke  verschlossen,  welche  der 
Luft  Durchzug  gestatten.  Nach  und  nach  schüttet  man  Koks  nach  und 
füllt  damit  den  Ofen  bis  zu  etwa  einem  Drittel,  bei  niedrigen  Oefen  bis 
zur  Hälfte  seiner  Höhe.  Vorher  schliesst  man  die  Thüren  und  lässt  nur 
noch  durch  das  Stichloch  Luft  zutreten.  Wenn  die  Gluth  soweit  durch- 
gedrungen ist,  dass  vor  den  Windeinströmungsöfi&iungen  glühende 
Koks  sichtbar  sind,  und  das  Schmelzen  beginnen  soll,  schüttet  man  nun- 
mehr abwechselnd  Koks  und  Eisengichten  nach,  bis  der  Ofen  bis  zum 
Rande  gefüllt  ist,  und  kann  nun  das  Gebläse  anlassen.  Das  Stichloch 
bleibt  geöffnet,  bis  das  erste  Eisen  im  Herde  erscheint.  Man  veranlasst 
dadurch  einen  Theil  der  Yerbrennungsgase ,  durch  das  Stichlooh  zu  ent- 
weichen, wodurch  der  Herd  beträchtlich  vorgewärmt  und  eine  schädliche 
Abkühlung  des  geschmolzenen  Eisens  verhütet  wird. 

Man  pflegt  mit  einer  Windpressung  von  200  bis  350  Mm.  Wasser- 
säule zu  blasen,  je  nachdem  die  Leistung  des  Gebläses  eine  höhere  Pres- 
sung gestattet  und  der  Schmelzgang  mehr  oder  weniger  beschleunigt 
werden  soll.  Im  Allgemeinen  ist  aus  naheliegenden  Gründen  der  Ofen- 
gang um  so  heisser,  also  die  Brennstoffausnutzung  um  so  günstiger,  je 
rascher  die  Yerbrennung  vor  sich  geht,  je  mehr  Wind  der  Ofen  also  er- 
hält. Zur  Ueberwachung  der  Windznführung  dient  das  Manometer 
Fig.  242,  welches  bei  keinem  Oapolofen  fehlen  sollte  und  welches  man 
auf  der  Windleitung  unmittelbar  vor  dem  Ofen  anbringt.  Auch  die  Aufstel* 
lung  eines  zweiten  Manometers  in  der  Gebläsestube  ist  recht  zweckmässig. 

Während  des  Schmelzens  schüttet  man  nun  stets  frische  Mengen 
von  Koks  und  Eisen  nach,  sobald  die  Oberfläche  der  Schmelzsäule  ent- 
sprechend gesunken  ist,  zu  unterst  die  Koks,  zu  oberst  das  Eisen.  Die 
Grösse  dieser  jedesmaligen  „Gichten^  ist  nicht  ohne  Wichtigkeit  Je 
grösser  dieselben  bemessen  werden,  desto  tiefer  muss  die  Schmelzsäule 


Arbeitsverfahren. 


289 


Fig.  242. 


Binken,  bevor  Mach  aufgegeben  werden  kann,  desto  grösser  ist  auch  die 
Abküblong    beim  Anfgeben    und    desto  weniger    vorgewärmt  gelangen 

die  Materialien  in  den  untern  Raum.  Man  erhält 
ein  zweckmässiges  Yerhältniss,  wenn  man  pro 
1  Quadratmeter  Fläche  der  Gichtdffnung  circa 
80  Kilogramm  Koks  auf  eine  Gicht  rechnet  und 
die  Eisenmenge  der  Leistung  des  Ofens  und  der 
Koks  entsprechend  bemisst.  Bei  gut  construirten 
Oefen  und  dichten  Koks  mit  höchstens  12  Proc 
Asche  kann  man  durchschnittlich  auf  1  Gewichts- 
theü  Koks  15  bis  l'6  Gewichtstheile  Roheisen 
setzen. 

Beispiel  Für  einen  Ofen  mit  einer  Gicht^ 
öffiiung  von  600  Mm.  Durchmesser,  also  0,28 
Quadratmeter  Gichtfläche,  würde  man  die  Grösse 
der  Gichten  bemessen  können: 

Koksgichten  0,28  x  80  =  22,4,  abgerundet  25  Kilogramm, 
Eisengichten    16  X  25 400  „  i). 

Jeder  Gicht  setzt  man  eine  gewisse  Menge  Kalkstein  zu  —  ungefähr 
15  bis  20  Proc.  vom  Gewichte  der  Koks  — ,  um  mit  der  Asche  derselben 
und  dem  den  Roheisenstücken  anhaftenden  Sande  eine  leichtflüssige 
Schlacke  zu  bilden. 

SoU  das  Schmelzen  beendet  werden,  so  hört  man  mit  Aufgeben  auf, 
stellt  das  Gebläse  ab,  sobald  sich  kein  Eisen  mehr  vor  den  Windformen 
zeigt,  sticht  das  letzte  geschmolzene  Eisen  ab,  öfiFnet  die  Thür  des  Ofens 
oder  Yorherds  und  entleert  denselben  von  den  zurückgebliebenen  Koks 
und  Schlacken.  Dann  wird  der  Ofen  bei  geöfineten  Thüren  der  Abküh* 
lung  überlassen. 

Wie  nun  das  Schmelzen  der  Metalle  in  den  früher  beschriebenen 
Apparaten  Gelegenheit  giebt,  durch  Legirung  verschiedener  Metalle 
die  Eigenschaften  derselben  zu  Terändem,  so  ist  auch  das  Schmelzen  im 
Gupolofen  ein  bequemes  Mittel,  durch  Vermischung  verschiedener  Roh- 
eisensorten eine  neue  Eisensorte  darzustellen,  deren  Eigenschaften  den 
jedesmaligen  Erfordernissen  entspricht,  wie  sie  aus  den  Eigenthümliah- 
keiten  jedes  Gussstücks  entspringen. 

Die  in  der  Eisengiesserei  zum  Schmelzen  vorzugsweise  benutzten 
Eisensorten  haben  folgende  allgemeine  Benennungen: 


^)  Es  würde  yollständig  falsch  and  einer  nutsslosen  BrennstoITvergeadung 
gleichbedeutend  sein,  wenn  man,  wie  es  in  älterer  Zeit  geschah,  mit  einem 
kleinen  Boheisensatze  auf  die  gleiche  Menge  Brennstoff  heginnen  und  denselben 
erst  nach  und  nach  steigern  wollte.  Gerade  im  An&nge  des  Sohmelzens  ver- 
trägt der  Cupolofen  den  höchsten  Eisensatz. 

Ledebnr,  meebanitch-meUllargiioh«  Technologie.  |9 


290  Gupolöfen. 

Koksrobeiseii  Nr.  I.     Grrobkörnig  mit  reicher  Graphitanssclieidazig. 

EoksroheiBeii  Nr.  III  ^).  Feinkörniger,  graphitärmer.  Umgeschmol- 
zen  nnd  in  dünnere  Stücke  ansgegossen  wird  dasselbe  hart,  in  grösseren 
Stücken  bei  sehr  allmäliger  Abkühlung  behält  es  seine  graae  Bmch- 
fläche  und  bleibt  bearbeitbar. 

Koksroheisen  Nr.  IV  (selten  yerwendet).  Dasselbe  zeigt  auf  dem 
Brache  eine  weisse  Grundfläche  mit  dünneren  Graphitausscheidungen. 
Ist  für  sich  verarbeitet  hart,  spröde. 

Vorstehend  genannte  Boheisensorten  werden  zum  grossen  Theile 
Ton  englischen  und  schottischen  Eisenwerken  auch  nach  dem  Continente 
geliefert  und  nach  dem  betrefPenden  Eisenwerke  benannt;  z.  B.  schot- 
tisches: Coltness,  Langloane;  englisches:  Newport,  Claylane,  Clarence 
und  andere.  Die  besseren  schottischen  Boheisensorten  („Marken^) 
zeichnen  sich  durch  grössere  Festigkeit,  aber  auch  hohem  Preis  vor  den 
genannten  englischen  Sorten  aus. 

Holzkohlenroheiden ,  feinkörnig  grau.  Besitzt,  sofern  es  nicht  aus 
phosphorreichen  Erzen  dargestellt  war,  bedeutende  Festigkeit,  aber  auch 
grössere  Härte  als  das  weniger  reine  Eoksroheisen  (steyrisches ,  schwe- 
disches, Harzer  Holzkohlenroheisen). 

Brucheisen.  Man  begreift  unter  dieser  Benennung  Gusseisenstücke, 
welche  bereits  einmal  umgeschmolzen  worden  waren;  also  zerbrochene 
Maschinentheile  und  Geräthe  aUer  Art,  Ausschussstücke,  Eingüsse  etc. 
Da  das  Brucheisen  meistens  in  kleinen  Stücken  vorkommt ,  so  schmilzt 
es  leicht  ein ,  nimmt  reichlich  Wärme  auf  und  erhöht  dadurch  die  Tem- 
peratur des  Eisengemisches;  auch  schreibt  man  ihm  vielfach  die  Eigen- 
schaft zu,  in  Folge  des  schon  durchlaufenen  einmaligen  Schmelzprocea- 
ses  blasenfreiern ,  dichtem  Guss  zu  liefern.  Beim  Ankaufe  solchen 
Brucheisens  muss  man  sich  hüten,  sogenanntes  Brandeisen  mit  in  den 
Kauf  zu  bekommen,  Gussstücke,  welche  längere  Zeit  der  Einwirkung  der 
Luft  in  Glühhitze  ausgesetzt  worden  waren  und  dadurch  chemisch  ver- 
andei*t  sind:  Boststäbe,  Glühcylinder  u.  v.  a.  Durch  ihre  rothe  Farbe 
und  ihre  eigenthümliche  Bruchfläche  zeichnen  sich  derartige  Theile  sofort 
von  dem  normalen  Brucheisen  aus.  Solches  Brandeisen  kann  einen  förmlichen 
Entkohlungsprocess  des  übrigen  Eisens  bewirken  und  darf  deshalb,  wo  sein 
Zusatz  unvermeidlich  ist,  nur  in  den  kleinsten  Mengen  zugesetzt  werden. 

Aus  vorstehend  charakterisirten  Boheisensorten  lassen  sich  für  die 
meisten  Fälle  geeignete  Eisengemische  zusammenstellen.  Die  gewöhn- 
lichste Aufgabe  ist  die,  ein  leicht  bearbeitbares,  dichtes  Gusseisen  dar- 
zustellen. Es  genügt  dazu  eine  Mischung  von  Eoksroheisen  Nr.  I  mit 
Nr.  III  oder  Brucheisen ,  in  welchem  die  eine  oder  andere  Art  um  so 
mehr  vorwaltet,  je  nachdem  das  Gussstück  stärker  oder  schwächer  in 
seinen  Abmessungen  ist,  also  langsamer  oder  rascher  erkaltet.    Für  sehr 


^)  Koksroheiaen  Nr.  II  kommt  als  solches  nicht  oder  nur  äusserst  selten 
in  den  Handel. 


Arbeitsyerfahren.    Wirkungsgrad.  291 

grosse  Stftcke  reicht  auch  wohl  Nr.  HI  allein  oder  mit  Nr.  lY  vermischt 
aus.  Kommt  es  auf  grossere  Festigkeit  an ,  so  setzt  man  Holzkohlenroh- 
eisen zn;  o.  s.  f. 

Um  Hartgüsse  darzostellen  ist  gewöhnlich  der  Zusatz  eines 
weissen  Roheisens  zn  den  genannten  Sorten  erforderlich.  Am  besten 
geeignet  ist  sogenanntes  weissstrahliges  Boheisen  mit  reichlichem  Man- 
gan- und  Kohlenstoffgehalte,  aber  frei  von  Phosphor.  Der  Zusatz  kann 
bis  zu  50  Proc.  des  ganzen  Gemisches  betragen,  je  nachdem  das  graue 
Roheisen  reicher  oder  ärmer  an  Silicium  ist  und  die  Härtung  tiefer  oder 
weniger  tief  ausfiallen  soll. 

Wirkungsgrad  der  Cupolöfen. 

Bei  Anwendung  mittelguter  Koks,  z.  B.  schlesischer  Schmelzkoks, 
mit  einem  Aschengehalte  yon  llVs  Proc,  Wassergehalte  von  1  Proc, 
ist  man  im  Stande,  bei  richtiger  Ofenconstruction  und  Betriebsführung 
auf  100  Kilogramm  Kokitf  mindestens  1500  Kilogramm  Roheisen  zu 
setzen  und  dieses  Verhältniss  während  des  Schmelzens  beizubehalten. 
Hiensa  kommen  noch  die  zum  Anheizen  und  Füllen  des  Ofens  benutzten 
Koks.  Bei  mittelgrossen  Oefen  pflegt  man  dazu  fär  ein  einmaliges 
Schmelzen  höchstens  450  Kilogramm  Koks  zu  yerwenden:  rechnet  man, 
daas  durchnittlioh  in  einem  solchen  Ofen  10  000  Kilogramm  Roheisen 
in  eineni  Schmelzen  durchgesetzt  werden  und  hieraus  bei  5  Proc.  Ab- 
brand  9500  Kilogramm  Gusseisen  erfolgen,  so  erhält  man  als  totalen 
Koksrerbrauch,  um  100  Kilogramm  Gusseisen  zu  schmelzen: 

/lOO    ,     450\  100 

Vir  +  TOOJ  ■9r=  ^^  Kilogramm, 

ein  Resultat,  welches  dem  wirklichen  durchschnittlichen  Verbrauche  der 
beaaeren  Oefen  mit  raschem  Schmelzen  thatsächlich  entspricht.  Nicht 
selten  sind  die  Resultate  noch  etwas  günstiger. 

1  Kilogramm  Koks  mit  llVs  Proc.  Asche  und  1  Proc.  Wasser  be- 
ntast  eine  theoretische  Wärmeleistung  ^  0,875  X  8080  Wärmeeinheiten. 
1  Kilogramm  geschmolzenes  Roheisen  besitzt  nach  Früherem  250  Wärme- 
einheiten, mithin  der  Wirkungsgrad  des  Cupolofens 

^         100   X   250  ^no.  ,v 

^=12  X  0,875  X  8080  =  ^''^''>' 


1)  Will  man  den  Wirkungsgrad  noch  genauer  ermitteln,  so  kann  man  eines- 
theÜi  dem  Ofen  auch  diejenige  Wärmemenge  gut  schreiben,  welche  von  den 
Schlacken  aufgenommen  worden  ist,  und  ihm  andererseits  die  Wärme  zurechnen, 
welche  bei  der  Verbrennung  yon  Eisen  und  Süicinm  entwickelt  wird.  Auf  je 
100  Kilogninun  Boheisen  kommt  eine  Schlackenmenge  yon  ca.  6  Kilogramm, 
entstehend  aus  der  Asche  der  Koks,  dem  zugeschlagenen  Kalksteine,  dem  an 
den  Boheieenstücken  haftenden  Sande,  den  weggeschmolzenen  Theüen  des  Ofens 
und  den  oxydirten  und  yerschlackten  Bestandtheilen  des  Boheisens.  Die  Wärme, 

19* 


292  Schmelzöfen. 


SoMiissbetrachtimgen. 

Stellen  wir  die  in  Früherm  ermittelten  Wirkungsgrade  der  einzel- 
nen Schmelzapparate  zur  hessem  Uehersicht  einander  gegenüber,  so 
ergiebt  sich  Folgendes: 

Wirkungsgrad  der  Kessel 0,165 

„  „   Tiegelschachtöfen  mit  Koksfeuerong     0,035 

„  ^   Tiegelherdöfen  mit  directer  Feuerung     0,020 

„  „   Tiegelherdöfen  mit  Regenerativfeue- 

rung 0,032 

„                    „    Herdflammöfen    mit  directer  Feue- 
rung   0,104 

„  „    Herdflammöfen  mit  Regenerativieue- 

rung 0,170 

„  „    Schacht-  oder  Cupolöfen     ....     0,294 

Die  durchschnittlichen  Wirkungsgrade  der  einzelnen  Schmelzofen* 
gmppen  liegen  demnach  im  Allgemeinen  so  weit  aus  einander,  dass  schon 
sehr  erhebliche  Abweichungen  Ton  den  zu  Grunde  gelegten  Betriebs- 
resultaten  der  Schmelzöfen  erforderlich  sind,  um  den  Wirkungsgrad 
einer  Gruppe  demjenigen  einer  andern  nahe  zu  bringen.  Am  nächsten 
stehen  sich  die  Wirkungsgrade  der  Kessel  und  Herdflammöfen  ohne 
Tiegel;  doch  sind  erstere  immer  noch  erheblich  günstiger  als  letztere, 
wenn  nicht  bei  diesen  Regenerativfeuerung  angewendet  werden  kann. 
Sehr  ungünstig  ist  die  Wärmeausnutzung  beim  Tiegelschmelzen,  die  bei 
Weitem  am  günstigste  Ausnutzung  findet  im  Cupolöfen  statt. 

Die  Ursachen  dieser  Erscheinungen  dürften  nicht  schwer  zu  er- 
kennen sein.  Bei  dem  Tiegelschmelzen  ist  das  gesammte  zu  schmelzende 
Metall  auf  einen  yerhältnissmässig  kleinen  Raum  des  ganzen  Apparats 
zusammengedrängt.  Die  Oberfläche  des  Metalls  ist  gering  im  Yergleiche  zu 
der  gleichfalls  zu  erhitzenden  Oberfläche  des  Schmelzofens.  Die  Wärme- 
abgabe an  das  Metall  findet  nicht  direct  statt,  sondern  durch  Yermittelung 
der  Tiegel  wände  und  wird  dadurch  erheblich  erschwert.  Die  Gase  des  Yer- 
brennungsprocesses  werden,  sobald  sie  durch  Abgabe  eines  Theils  ihrer 


menge,  welche  die  flüssige  Schlacke  enthält,  beträgt  pro  Kilogramm  nach 
Minary  und  B^sal  336  Wärmeeinheiten.  Bei  Verbrennung  von  Siliciom  zu 
Kieselsäure  findet  eine  Wärmeentwickelung  von  7830  Wärmeeinheiten,  bei  der 
Verbrennung  von  Eisen  zu  Eisenozydul  eine  Wärmeentwiokelung  von  1200 
Wärmeeinheiten  pro  1  Kilogramm  des  verbrennenden  Körpers  statt.  Grüner 
nimmt  an,  dass  4  Proc.  Eisen  und  ^/^  Proc.  Silicium  ozydirt  werde,  eine  Ziffer, 
die  in  den  meisten  Fällen  zu  hoch  gegiiffen  ist,  wenn  man  erwägt,  dass  der 
durchschnittlich  sich  ergebende  Abgang  von  5  Proc  zum  grossen  Theile  durch 
mechanische  Verluste,  durch  den  mitgenommenen  Sand  und  dergleichen  herbei- 
geführt ist.  Das  totale  Resultat  der  Berechnung  des  Wirkungsgrades  wird 
immerhin  durch  Berücksichtigung  dieser  Werthe  nicht  erheblich  verändert 


Schlttssbetrachtungen.  293 

Wärme  an  die  Tiegel  auf  eine  Temperatur  abgekühlt  sind,  welche  immer 
Doch  höher  als  die  Schmelztemperatur  des  Metalls  sein  mnss,  unbrauchbar 
für  den  Schmelzprocess  nnd  müssen  rasch  mit  noch  dem  grössten  Theile 
ihrer  ursprünglichen  Wftrme  ungenutzt  abgeführt  werden.  Es  ist  klar, 
dass  unter  solchen  Verhältnissen  die  Wärmeansnutzung  nur  eine  sehr 
geringe  sein  kann. 

Auch  bei  den  Flammofen  mit  gewöhnlicher  directer  Feuerung  leidet 
der  Wirkungsgrad  unter  dem  Umstände,  dass  die  Verbrennungsgase 
iDuerhalb  des  Schmelzraums  nur  so  viel  Wärme  abgeben  dürfen,  um  nicht 
unterhalb  des  Schmelzpunkts  abgekühlt  zu  werden.  Dadurch  geht  der 
grösste  *Theil  der  entwickelten  Wärme  ungenutzt  verloren  und  lässt  sich 
bei  den  Oefen  mit  Siemens'scher  Regen eratiyfeuerung  nur  theilweise 
dem  Ofen  wieder  zuführen.  Die  durch  diesen  Umstand  hervorgerufenen 
Wärmeverluste  sind  begreiflicherweise  bei  den  Tiegelschmelzöfen  wie  bei 
den  Flammöfen  um  so  höher,  eine  je  höhere  Temperatur  das  Metall  zum 
Schmelzen  verlangt;  wir  finden  deshalb,  in  beiden  Apparaten  im  All- 
gemeinen eine  um  so  günstigere  Wärmeausnutzung,  je  weniger  hoch  die 
Schmelztemperatur  des  MetaUs  ist.  Die  wärmeabsorbirende  Oberfläche 
des  Schmelzapparats  ist  dagegen  bei  den  Herdflammöfen  relativ  kleiner 
als  bei  sämmtlichen  Tiegelöfen,  und  das  Hinderniss,  welches  die  Tiegel- 
wände der  Wärmeabgabe  entgegen  setzen,  fällt  bei  ersteren  vollständig 
weg;  daher  ist  ihr  Wirkungsgrad  drei-  bis  fünffach  so  günstig  als  bei 
letzteren. 

Der  Yortheil,  welchen  eine  niedrige  Schmelztemperatur  des  Metalls 
für  die  Ausnutzung  der  Wärme  bietet,  zeigt  sich  in  recht  deutlicher 
Weise  bei  den  Kesseln.  Da  die  in  denselben  schmelzbaren  Metalle  bei 
einer  bedeutend  niedrigem  Temperatur  flüssig  werden  als  die  Yerbren- 
nungstemperatur  auch  eines  gering werthigem  Brennstoffs  beträgt,  so  ist 
es  möglich,  die  Wärme  der  Verbrennungsgase  durch  grössere  Abkühlung 
reichlicher  auszunutzen,  und  vorzugsweise  hierdurch  erklärt  sich  die 
Thatsache,  dass  die  Kesselöfen,  obschon  in  der  Art  der  Wärmeüber- 
tragung den  Tiegelöfen  ähnlich,  eine  günstigere  Leistung  als  selbst  die 
Herdfiammöfen  mit  directer  Feuerung  gewähren. 

Der  Schachtofen  ist  endlich  der  einzige  Apparat,  in  welchem  auch 
die  abziehende  Wärme  in  Folge  der  entgegengesetzten  Bewegungsrich- 
tung Ton  Gasen  und  Schmelzmaterialien  in  regelmässiger  Weise  für  den 
Schmelzprocess  nutzbar  gemacht  werden  kann,  indem  sie  in  stetem 
Kreisläufe  von  der  Schmelzsäule  selbst  in  den  Schmelzraum  zurück- 
geführt wird.  Diesem  Umstände  und  der  verhältnissmässig  geringen 
Aussen  fläche  des  Ofens  verdanken  wir  den  so  viel  günstigem  Wirkungs- 
grad dieser  Apparate. 

Mit  dem  Wirkungsgrade  eines  Schmelzapparats  stehen  die  Kosten 
des  Schmelzens  in  annähernd  gleichem  Verhältnisse.  Die  Ursachen,  wes- 
halb trotzdem  auch  die  am  ungünstigsten  arbeitenden  Schmelzapparate 
vielfache   Verwendung  finden  und  weshalb  der  die  günstigsten  Erfolge 


294  Schmelzöfen.    Literatar. 

liefernde  Schachtofen  nur  allein  für  OuBseisen  benatzt  zu  werden  pflegt, 
sind  grösstentheils  in  den  Eigenschaften  der  einzehien  Metalle  begründet 
und  bereits  früher  besprochen  worden.  Auch  die  Menge  and  die  Grösse 
der  za  schmelzenden  Metallstücke  spricht  jedoch  hierbei  mit.  Trotz  der 
günstigeren  Ergebnisse  des  Oapolofenschmelzens  kann  ein  Flammofen- 
schmelzen für  Gasseisen  dann  yortheilhafb  erscheinen,  wenn  grosse 
Stücke  eingeschmolzen  werden  sollen,  deren  Zerkleinenmg  mühselig  sein 
würde,  and  die  im  anzerkleinerten  Zustande  im  Gnpolofen  zu  langsam 
schmelzen  würden,  um  nicht  durch  vorzeitiges  Niederrücken  eine  Ab- 
kühlang  des  Schmelzraams  unter  die  Schmelztemperatur  und  dadurch 
einen  Tölligen  Stillstand  des  Betriebes  befürchten  zu  lassen;  selbst  ein 
Tiegelschmelzen  kann  für  Gusseisen  als  das  geeignetste  erscheinen,  wenn 
es  sich  darum  handelt,  nur  wenige  Kilogramm  des  Metalls  zu  yerflüssigen« 


Literatur  über  Schmelzen  und  Schmelzapparate. 

Karsten,  Metallurgie,  Berlin  1831,  Bd.  III,  S.  287  ff. 

Karsten,  Eisenhüttenkunde,  Berlin  1841,  Bd.  III,  S.  295  ff. 

Wiebe,  Die  Maschinenbaumaterialien,  Stuttgart  1858,  S.  485  ff. 

Kerl,  Metallurgische  Hüttenkunde ,  Freiberg    1861,  Bd.  I,  S.  349  ff.; 

Bd.  III,  S.  345  ff. 
Guettier,  Traite  de  la  fonderie,  Paris  1858,  S.  113  ff. 
Dürre,    Handbuch    des  Eiseugiessereibetriebes,    Leipzig    1875,   Bd.  I, 

S.  299  ff.,  Bd  n,  S.  5  bis  152,  S.  277  bis  370. 
Wedding,  Darstellung  des  schmiedbaren  Eisens,  Braunschweig  1876, 

S.  606  ff.  (Gussstahlerzeugung). 
Wagner,    lieber    den    Bau    von    Gussflammofen    und    deren    Betrieb, 

Oesterreichische   Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenwesen,  Jahrgang 

1857,  S.  115.  • 

R.  Mallet,   One   some   points   of  Practice  in  iron   founding,    Pratical 

Mechanics  Journal,  3.  Serie,  Yol.  I,  p.  354  ff.;  Vol.  II,  p.  229  ff. 


4.    Das  Glessen. 

Apparate. 

Nachdem  das  Metall  im  Schmelzapparate  in  den  flüssigen  Zustand 
übergeführt  worden  ist,  kann  das  Eingiessen  desselben  in  die  vorgerich- 
tete Gnssform  vor  sich  gehen,  wodurch  nunmehr  in  Folge  des  Erstarrens 
des  eingegossenen  Metalls  der  Process  der  eigentlichen  Formgebung  sein 
Ende  erreicht.  Nun  sind  aber  die  Schmelzöfen,  in  welchen  das  Metall 
verflüssigt  wird,  stabile  Apparate,  häufig  weit  entfernt  von  dem  Platze, 
wo  das  flüssige  Metall  seine  Verwendung  finden  soll,  und  nur  in  sehr 
wenigen  Ausnahmefällen  ist  es  möglich,  bei  dem  Entleeren  des  Ofens 
das  Metall  direct  in  die  zu  seiner  Aufnahme  bestimmte  Gussform  ein- 
treten zu  lassen. 

Es  bedarf  also  eines  Apparats  zur  Au&ahme  des  Metalls ,  nachdem 
dasselbe  den  Schmelzofen  verlassen  hat,  um  es  entweder  sammt  diesem 
Apparate  durch  fremde  Arbeit  an  seinen  Bestimmungsort  zu  transpor- 
tiren  und  dort  auszugiessen  —  Pfannen  oder  Kellen  — ,  oder  innerhalb 
des  Apparats  durch  sein  eigenes  Gewicht  in  geregelter  Weise  und  be- 
grenzter Laufbahn  dorthin  abfliessen  zu  lassen  —  Sümpfe  und  Gossen. 

Bei  den  Tiegelöfen  ist,  wie  wir  gesehen  haben,  der  Tiegel  selbst 
beweglich  und  macht  dadurch  die  Anwendung  eines  besondern  Apparats 
zum  Fortschaffen  und  Ausgieesen  des  Metalls  entbehrlich. 

Die  Giesspfannen  oder  Kellen. 

Die  Giesspfannen  sind  hohle,  aus  Schmiede-  oder  Gusseisen  her- 
gestellte Gefllsse  von  verschiedener  Grösse  und  einer  Form ,  dass  sie  sich 
bequem  transportiren  und  durch  Kippen  entleeren  lassen.  Nach  der 
Grösse  der  Pfannen  unterscheidet  man: 

1.  Handpfannen,  welche  sammt  ihrem  Inhalte  durch  eine  Person 
getragen  und  entleert  werden  können.  Die  kleinsten  Geräthe  dieser 
Art  nennt  man  richtiger  Kellen.  Sie  sind  einer  gewöhnlichen  Suppen- 
kelle ähnlich  geformt  (Fig.  243  a.  f.  S.),  fassen  Vs  ^^^  ^  Kilogramm 
Metall  und  dienen  zum  Ausschöpfen  der  in  Kesseln  geschmolzenen  Me- 
talle, nicht  selten  auch  zum  Schmelzen  kleiner  Metallmengen  über  einer 
Gas-  oder  Spiritusfiamme. 


Grössere  H&ndpfaniiea  werden  vorwiegend   znm  Transportiren  toh 
Gnsseieen   in  Qewichtsmengen  tob    10  bis  15  Eilogramm  benutzt,  wel- 


cbes  mftn  aus  dem  Stichtocbe  des  Ofens  in  die  antergehaltene  Pfanne 
einlftnfen  lässt.  Dieselben  beHtahen  ans  dem  schmiedeeiBemen  Stiele  nnd 
der  gewAhnlicb  halbkagelßnnigen,  meistens  gescbmiedeten,  Kelle,  Fig.  244. 
Sie  werden  mit  beiden  Händen  erfust  und  getragen,  indem  die  linke, 
dnrcb  einen  Handachah  oder  ein  umgewickeltes  Tuch  gescb&tzte  Hand 
am  Bosgestreckten  Arme  das  nntere  Ende,  die  rechte  Hand  am  eingebo- 
genen Arme  das  obere  Ende  des  Stiels  erfasst. 

2.  Gabetpfannen.  Sie  baben  ihren  Namen  von  dem  znm  Tragen 
and  Kippen  dienenden  Instnunente,  welches  Gabel  genannt  wird.  Klei- 
nere Gahelpiannen  pflegt  man  ans  Gasseisen,  grössere  aus  Eisenblech  zu 
fertigen,  um  an  Gewicht  zu  sparen.  'Der  Inhalt  derselben  ist  für  20  bis 
höchstens  100  Eilogramm  berechnet. 

Die  Form  der  Gabelpfanne  ist  gewöhnlich  der  eines  Eimers  ähnlich, 
Fig.  245,  seltener  halbkugel  förmig ,  an  dem  obem  Rande  sind  sie  mit 
einer  oder  auch  zwei  gegenüberliegenden  Tüllen  versehen,  am  das  Aus- 
giessen  za  erleichtem.     Diese  Tflllen  müssen,  wenn  sie  ihren  Zweck  er- 

Fig.  245,  Fig.  248. 


fOllen  sollen,  tief  genug  eingebogen  and  nicht  zu  schmal  sein,  auch  darf 
die  Spitze  der  Tülle  nicht  niedriger  liegen  als  der  Rand  der  Pfanne, 
weil  sonst  die  Pfanne  selbst  dadurch  an  nutzbarem  Inhalte  verliert. 

Die  zum  Tragen  dienende  Gabel,  auch  wohl  Bügel  genannt,  ist  aas 
Schmiedeeisen,  wie  in  Fig.  246  oder  247  abgebildet,  hergestellt.     Der 


GiesBpfannen.  297 

innere  Ring,  welcher  nch  nm  den  Banoh  der  Pfanne  legt,  i>t  ans  Bterkem 
Flacheisen  gebogen  und  hat  einen  solclien  DnrchmeBser,  dass  die  hinein- 
gehängte Pfanne  bis  etwas  Über  die  Mitte  einsinkt,  so  dass  sie  beqnem 
darin  getragen  and  durch  Hippen  entleert  werden  kann,  ohne  dass  ein 
Heraasfallen  za  befürchten  w&re.  Die  Gabelpfannen  werden  dnrcb  min- 
destens zwei,  hei  gr&aseren  Gewi chtsmen gen  des  Metalle  dnrch  vier  bis 
■ecba  Arbeiter  getragen; 

3.  Erahnpfannen.  Dieeelben  dienen  snm  Tnutsportirea  nnd 
Ansgieeaen  grftsserer  Mengen  Metall  als  100  Kilogramm  mit  Hülfe  des 
Krahns.  Ihre  Fenn  ist  meistens  cylindrisch,  häufig  mit  ansgebanchtem 
Boden  nnd  stets  mit  Tüllen  znm  Ansgiessen.  An  den  Seiten  sind  sie 
mit  EWei  gegenüberstehenden  Zapfen  versehen ,  mit  denen  sie  in  einen 
Tom  Krahne  getragenen  Bügel  geh&ngt  werden  (Fig.  248).  Die  Zapfen 
ng.  248. 


1 


haben  an  den  Enden  nerkantig  gMchmiedete  Ana&ize,  über  deren  jeden 
eine  Hülse  sich  schieben  ISsst,  welche  wiederum  mit  einer  gabelförmigen 
Handhabe  znm  Kippen  der  Pfanne  versehen  ist  (Fig.  249). 

Denkt  man  sich  dnreh  die  Mitte  der  beiden  Zapfen  der  Pfanne 
eine  gerade  Linie  gelegt,  so  bildet  diese  die  Drehnngsaxe  beim  Kippen 
der  Pbnne.  Das  Kippen  lässt  sich  am  leichtesten  bewirken,  wenn  die 
Drehnngsaxe  dnrcb  den  Sohwerpnnkt  der  Pfanne  sammt  ihrem  Inhalte 
geht  Di«  Lage  dieses  Schwerpunkts  verändert  eich  aber  mit  der  Menge 
des  flüBsigeD  Metalls  in  der  Pfanne;  nnd  da  eine  und  dieselbe  Pfanne  nicht 
immer  mit  der  gleichen  Menge  Metall  geftllU  ist,  sondern  die  letzt«re 
sieh  nach  der  GrOsse  des  Gnssstücks  richten  mnss,  auch  beim  Äusgiessen 
•etbst  der  Schwerpunkt  sich  verändert,  so  legt  man  die  Drehungszapfen 
gern  etwaa  tiefer,  als  die  Lage  des  Schwerpunkts  bei  rdllig  gefüllter 
Pfanne  sein  würde.     Liegt  nSmlich   die  Drehnngsaxe  über  der  Schwer- 


298  Das  Giessen. 

pnnktsaxe,  bo  moss  beim  Kippen  begreiflicherweise  das  Gewicht  cier 
Pfanne  gehoben  werden,  liegt  sie  unter  der  Schwerpnnktsaze,  so  befindet 
sich  die  Pfanne  im  labilen  Oleichgewichte,  so  lange  beide  Linien  in  einer 
und  derselben  Verticalebene  liegen,  die  Pfanne  also  senkrecht  steht;  so- 
bald das  Kippen  beginnt,  hört  das  Gleichgewicht  auf  und  die  Pfanne 
würde  von  selbst  umschlagen,  wenn  sie  nicht  mit  Hülfe  der  angesteckten 
Gabeln  davor  bewahrt  würde.  In  beiden  Fällen  wirkt  beim  Kippen  das 
Gewicht  der  Pfanne  an  einem  Hebelarme,  Welcher  gleich  dem  Abstände  h 
Fig.  250.  (F^fiT*  ^^0)  Yom  Drehungspunkte  bis  zu  der 

,  durch  den  Schwerpunkt  gelegten  Yertical- 

y(\i^  ebene  ist,  und  es  ist  das  statische  Moment, 

N.  welches  man  in  dem  einen  Falle  überwinden 

^v^^        muss,  um  die  Pfanne  zu  kippen,  und  wel- 
U^      chem   man  in  dem  andern  Falle  entgegen 
/  wirken    muss,     um    ein    Umschlagen    der 

/  Pfanne  zu  verhüten: 

/  M  =:^  a  sin  a  .  &y 

worin    a    den  Abstand   des   Schwerpunkts 

von  der  Drehungsaxe,  a  den  Drehungswin- 

kel,&  das  Gewicht  der  Pfanne  nebst  ihrem 

Inhalte  bezeichnet. 

Werden  also  a,  a  und  Cr  sehr  gross,  so  kann  es  in  dem  zweiten 

Falle  geschehen,  dass  die  vorhandene  Krafb  nicht  mehr  ausreicht,  die 

Pfanne  vor  dem  Umschlagen  zu  sichern,  das  Metall  also  in  Folge  davon  mit 

einem  Male  ausgeschüttet  wird,  wodurch  nicht  allein  das  Gelingen  des 

Gusses  unmöglich  gemacht,  sondern  durch  das  heftige  Umherspritzen 

auch  Gestindheit  und  Leben  der  Arbeiter  gefährdet  werden  können,  wenn 

die  Metallmenge  bedeutend  war. 

Um  nun  aus  zwei  Pfannen  von  gleichem  Inhalte,  aber  verschiedenem 
Durchmesser,  die  gleiche  Menge  flüssigen  Metalls  auszugiessen,  braucht 
diejenige  die  geringste  Neigung  zu  erhalten,  welche  den  grossem 
Durchmesser  und  die  geringere  Höhe  besitzt,  denn  die  Menge  des  bei 
bestimmter  Neigung  der  Pfanne  ausfliessenden  Metalls  ist  ann&hemd 
proportional  ihrem  Durchmesser.  Der  Winkel  a  wächst  also  mit  der 
Höhe  der  Pfanne,  wenn  gleiche  Metallmengen  ausgegossen  werden  sollen. 
Ausserdem  aber  wird  der  Werth  a,  der  Abstand  des  Schwerpunkts  von 
der  Drehungsaxe,  immerhin  um  so  geringer  ausfallen,  je  geringer  die 
Höhe  der  ganzen  Pfanne  ist,  bei  flachen  Pfannen  also  kleiner  als  bei 
hohen.  Hieraus  folgt  nun,  dass  man  zweckmässigerweise,  um  das  Kippen 
der  Pfanne  zu  erleichtem  und  die  Gefahr  für  selbstthätiges  Umschlagen 
zu  vermindern,  die  Pfanne  um  so  flacher  construiren  wird,  je  grossem 
Inhalt  dieselbe  besitzt,  obschon  die  Abkühlung  durch  die  grössere  der 
Luft  ausgesetzte  Oberfläche  mit  dem  Durchmesser  der  Pfanne  wächst. 
Für  Pfannen  von  5000  Kilogramm  Inhalt  und  darüber  ist  ein 
m  Verhältniss  zwischen  Durohmesser  und  Höhe  =  4:3 


Gieaspfiuineii.  299 

oder  6  :  4}  Ar  veniger  gnwse  Pfannen  nimmt  man  DurchmeBser  and 
Hdbe  gleich;  nnd  bei  den  kleinsten  Eralinp&nnen  kann  man  obne  Ge- 
fahr die  Höhe  gtiaaer  ab  den  OarchmeBBer  annehmen,  wodurch  die  Con- 
atmctäoB  erleichtert  nnd  die  AoBstrahlnng  verringert  wird. 

Die  Krabnpfannen  werden  fast  obne  Atunahme  nnd  jedenfalls  am 
Bweokm&ssigBten  aus  KesBelblech  zusammengenietet.  Für  kleinere  Pfan- 
nen genügt  Blech  von  4  bis  5  Mm.  Stärke;  für  grössere  nimmt  man 
7  bis  8  Hm.  starke  Bleche.  Die  Zapfen  der  Pfanne  sind  geschmiedet 
nnd  entweder  mit  Laschen  an  die  Pfanne  angenietet,  oder  b%  grösseren 
Pfannen  wie  in  Fig.  248  an  einem  hob  zwei  Theilen  bestehenden  Ringe 
angeacbmiedet,  welcher  am  die  Pfanne  gelegt  und  zusammeDgeBchraobt 
wird.  Dadurch  erb&lt  gleichzeitig  die  Pfanne  eine  grössera  Steifigkeit 
gegen  das  Ansbanchen.  Der  Ring  wird  mit  einigen  Nieten  an  die  Pfanne 
befestigt,  grosse  Pfannen  sichert  man  ausserdem  durch  zwei  krenzfSrmig 
über  den  Boden  der  Pfanne  gelegte  nnd  mit  überstehenden  Nasen  ver- 
sehen«  Bänder  vor  dem  Hinuntermtschen  (siehe  unten  Fig.  252). 

Ein  gewölbter  Bodeu  erhöht  die  Festigkeit,  hat  aber  die  Unannehm- 
lichkeit, dass  die  Pfanne  weniger  sicher  auf  ebenem  Boden  steht  nnd  in 
Sand  eingegraben  werden  mnss. 

Dm  die  beim  Transporte  firei  an  dem  Erahnbügel  hängende  Pfanne 
vor  dem  Umschlagen  zu  sicbem,  ist  die  einfachste  Torrichtung,  die  An- 
bringung zweier  kleiner,  in  Sohamieren  beweglicher,  gabeliormiger 
Ueberwürfe,  Fig.  251,  welche  sich  Über  denBQgel  legen  und  dadurch  die 
Pfanne  in  senkrechter  Lage  erhalten. 

Der  Krahnbügel  besteht  bei  kleineren  und  mittleren  Pfannen  am 
Fig.  351.  Fig.  252. 


i 


300  DoB  GiesseD. 

einfachBten  aaa  einem  U-fdnnig  gebogenen  Stücke  Btorlran  Rundeisens 
(Fig.  248),  an  den  Enden  der  Schenkel  aafv&rts  gebogen,  nm  die  Zapfen 
der  Pbnne  xa  erfassen. 

FOr  schwere  Pfannen  Bchmiedet  man  den  Bügel  ans  Btarkem  Flach- 
eiaen  unter  Berfldisichtigang  seiner  Belastung  nnd  giebt  ihm  wohl  statt 
der  anfgebogenen  Enden  ein  Schloas  mit  EeilverBchlaM  Fig.  252,  am  die 
Pfanne  ror  dem  Heranafallen  au  sichern,  obachon  das  eigene  Gewicht 
der  Pianne  anch  bei  den  einfacher  gestalteten  Bügeln  dieses  Herausfallen 
nn  mdglicb^acht. 

ZorVerhütnog  des  Unglücks,  welches  durch  ooTOrhergesebeneB  Um- 
schlagen  einer   sehr  grossen,    mit  flüsBigem  Metalle   gefüllten,  Pfanne 
entstehen  kann,  sowie  sur  sicherem  Uandiiabnng  des  allmftligen  Eippena 
and  Ansgiesaens  giebt  es  verschiedene  VorsichtBrnaassregeln. 
Pig.  SS3. 


Das  einfachste  Mittel  dieser  Art  ist  ein  langer  Hebelarm,  dessen 
eines  Ende  mit  der  Pfanne  in  Verbindong  gesetzt  wird,  während  das 
andere  mit  Hülfe  einer  Zugstange  dnrch  eine  Anzahl  Arbeiter  gehand- 
habt  wird,  Fig.  253.  Die  Befestigung  geschieht  durch  einen  an  der 
Pfanne  befindlichen  Zapfen,  welcher  an  dem  Ringe,  der  die  Drehunga- 
zapfen  tr&gt,  angeschweiast  sein  kann,  and  einer  an  dem  Hebel  be- 
findlichen ttber  den  Zapfen  geschobenen  nnd  featgekeilteu  Hülse,  wie  bei 
den  Gabeln  an  den  Drehungszapfen. 

Bequemer,  wenn  anch  etwas  kostspieliger,  iat  die  Bewegung  durch 
Schnecke  und  Schneckenrad,  wie  in  Fig.  254  und  255.  An  dem  einen 
verlängerten  Zapfen  der  Pfanne  sitzt  das  Schneckenrad  a ,  an  dem  mit 
Schloas  über  die  Zapfen  greifenden  BOgel  ist  das  Lager  c  befestigt, 
in  welchem  die  Schnecke  d  gelagert  ist.  An  dem  verlftngerten  Zapfen 
der  Schnecke  greift  mit  einer  Obergeachobenen  nnd  dnrch  KeilTorschlass 


Giesepfannen.  301 

befestigten  Hülse  das  Erenz  e  an,  durch  dessen  Drähong   du  Kippen 
erfolgt. 

Die  zum  Änigiessen  Ton  Bessemer-Hetall  benntxten  Giessphnnen 


DDterscheiden  eich  von  den  bisher  beschriebenen  Erahnpraonen  dadurch, 
dass  eie  am  Boden  eine  Oeffnnng  haben,  welche  durch  einen  eogeoannten 


302  Das  Gieseen. 

Stopfen  mit  langem  Stiele  ventilartig  TerschloBsen  gehalten  wird,  sie 
also  nicht  gekippt  zu  werden  brauchen,  tun  entleert  zd  werden.  Eioe 
Bolche  Einrichtung  ist  jedoch  nur  da  anwendbar,  wo  das  Hetall,  wie  es 
beim  BesBemer-Proceaee  der  Fall  ist,  hoch  über  Beinen  Schmelspnnkt 
erhitzt  ansgegoBsen  wird.  In  gewöhnliehen  GieBsereien,  wo  das  Hetall 
niemala  in  «inem  eo  hoch  erhitzten  Znatande  ansgegoBaen  werden  darf, 
würde  der  Sl«pfea  eich  leicht  in  der  AnaflaBSöffniing  feetaetzen  oder  letz- 
tere vom  erstarrenden  Metalle  verstopft  werden,  eine  Regnlimng  dea  ana- 
flieasenden  UetallstromB  daher  nnmöglich  sein. 

4.     Kipppfannen.     Dieselben  bilden  den  Uebergang  von  den  bis- 
her boBprochenen  transportabeln  Pfannen  zu  den  feBtatehenden  Sfimpfen 
nnd  sind  in  Fig.  256  abgebildet.    Sie  werden  in  Giessereien  becntEt, 
Fig.  356. 


welche  mit  maschinellen  Torrichtangen  zum  Heben  nnd  Tranaportiren 
grosser  Lasten  nur  in  nnznreicbender  Weiae  Tersehen  sind,  wenn  ein 
grösseres  Gnssstück  an  einer  Ton  den  Scbmelsöfen  entfernten  Stelle  inm 
Abgnase  gebracht  werden  soU.  Kipppfannen  dienen  dann  zur  Anlnahtne 
und  znm  Ansammeln  des  fiüsaigen  Metalls,  welches  ihnen  in  Gabelpf&n- 
nen  allnjftlig  zugetragen  wird;  und  de  mOssen  eine  solche  Form  haben, 
dass  sie  sich  ohne  Krahn  und  ohne  Gefahr  für  plötzliches  Umschlagen 
allmälig  entleeren  laaaen. 

Zu  diesem  Zwecke  sind  sie  halbkugel-  oder  oalottenfltrmig  gestaltet, 
an  der  dem  Ausguase  gegenüberliegenden  Seite  mit  einem  langen  Stiele 
versehen,  durch  desaen  Hebung  das  Anagiessen  erfolgt,  w&farend  die 
Pfanne  mit  dem  Boden  auf  einer  Sandnnterlage  ruht. 

Man  fertigt  die  Eipppfannen  gewöhnlich  ana  Gneaeiaen  und  armirt 
sie  zur  Beseitigung  jeder  Gefahr  beim  etwaigen  Zerspringen  des  Guas- 
eisena  mit  umgelegten  Bchmiedeeiaemen  Bändern.  Man  hat  Kipppfannen 
von  ISOO  bis  5000  Kilogramm  Inhalt. 

S&mmtliche  beschriebenen  Giesapfannen  mOssen,  bevor  sie  benutzt 
werden,  einen  gegen  die  Einwirkung  des  heisBen  Metalls  schfltzen- 
den  Uebersug  erhalten.  Je  mehr  Metall  de  aufnehmen  und  je  höher 
erhitzt  dasselbe  ist,  desto  sorgfaltiger  mnss  der  Ueberzng  hergestellt 
werden. 

Kleine  HandpÜanuen  brauchen  nur  durch  Lehmwasser  gesogen  and 
getrocknet  zu  werden;  grossere  Pfannen  tZe  Gnsseisen  werden  an  ihrer 
Innenseite  20  bis  30  Mm.  stark  mit  Lehm  ausgekleidet,  flSr  sehr  grosse 


Sümpfe  und  Gossen.  303 

Pfannen  nnd  insbesondere  fOr  solche  zu  Stahlgüssen  benatzt  man  statt 
des  Lehms  fenerfeste  Masse.  Stets  mnss  der  Ueberzug  sorgf&ltig  ge* 
trocknet  werden,  ehe  die  Pfannen  benutzbar  sind.  Bleibt  etwas  Fench* 
tigkeit  zurück,  so  geräth  das  Metall  in  der  Pfanne  in  wallende  Bewegung, 
wird  auch  wohl  herausgeworfen  und  rasch  abgekühlt.  Man  gebraucht 
deshalb  bei  grossen  Pfannen  die  Vorsicht,  einige  Locher  durch  den  Mantel 
zu  bohren,  durch  welche  der  etwa  noch  sich  entwickelnde  Wasserdampf 
Abzug  finden  kann.  Das  Trocknen  wird  über  einem  Rostfeuer  oder 
durch  ein  in  der  Pfaüne  selbst  unterhaltenes  Feuer  aus  leicht  brenn- 
barem Materiale  bewirkt. 


Die  Sümpfe  und  Gossen. 

Sumpf  oder  Teich  nennt  man  einen  auf  der  Hüttensohle  aufgemauerten 
oder  durch  Aufschichtung  von  Roheisenbarren  hergestellten  und  mit  Sand 
ausgeschlagenen  schalenförmigen  Behälter  für  das  flüssige  Metall  zu  dem 
Zwecke,  dasselbe  anzusammeln  und  dann  durch  eine  in  ähnlicher  Weise 
hergestellte  Gosse  oder  Rinne  in  einem  genau  regulirbaren  Strome  der 
Ckissform  zuzufiOiren.  Besonders  wichtig  sind  also  diese  Sümpfe,  wenn 
es  darauf  ankommt,  das  in  mehreren  Schmelzöfen  gleichzeitig  geschmol- 
zene Metall  zunächst  zu  yereinigen. 

Zu  diesem  Zwecke  muss  also  der  tiefste  Punkt  des  Sumpfs  höher 
liegen  als  der  höchste  Punkt  der  Gussform ,  aber  auch  das  Niveau  des 
flüssigen  Metalls  im  Sumpfe  niedriger  als  das  Stichloch  der  Schmelzöfen, 
damit  das  Metall  von  selbst  in  den  Sampf  und  aus  diesem  in  die  Guss- 
form laufen  kann.  Man  legt  also  bei  Benutzung  eines  Sumpfs  die  Guss- 
form so  tief,  dass  ihre  Oberfläche  im  Niveau  der  Hüttensohle  zu  liegen 
kommt.  Es  muss  femer  eine  Vorrichtung  vorhanden  sein,  um  den  Aus- 
fluss  des  Metalls  ganz  abzusperren,  oder  in  beliebiger  Menge  stattfinden 
zu  lassen. 

Der  Sumpf,  Fig.  257,  ist  oben  offen  und  hat  runden  oder  länglichen 
Grundriss.     Die  Seitenwände  müssen  stark  genug  sein,  um  dem  Yer- 

Pig.  257. 


schieben  durch  den  Druck  des  Metalls  genügend  zu  widerstehen.  An 
der  der  Gussform  zugekehrten  Seite  befindet  sich  eine  schmale  Anslass- 
öflnung,  welche  duroh  eine  Schutzvorrichtung  geschlossen  ist  nnd  geöffnet 
werden  kann«     Der  Schütz  ist  aus  Gusseisen,  mit  Lehm  sorgfältig  be- 


304  Das  Giessen. 

kleidet  und  an  einer  horizontülen  Stange  befestigt,  dorch  deren  Heben 
oder  Senken  also  der  Aasflnas  des  Metalls  aus  dem  Sompfe  regnlirt  wird. 
Durch  diese  Oeffnnng  gelangt  das  Metall  in  die  schwach  geneigte  Gosse, 
welche  es  der  Gtissform  znf&hrt. 


In  ToUständig  abweichender  Weise  als  durch  die  beschriebenen 
Apparate  geschieht  der  Transport  des.  flüssigen  Metalls  durch  die  beim 
Lettern gusse  benutzte  Giesspumpe.  Eine  kleine  Druckpumpe  steht 
innerhalb  des  mit  dem  Metalle  gefüllten  Kessels  und  drückt  bei  jedem 
Niedergange  des  durch  die  Hand  mit  Hülfe  eines  Hebels  bewegten  Kol- 
bens eine  entsprechende  Menge  Metall  durch  ein  kurzes  Rohr  mit  Mund- 
stück in  die  vorgehaltene  Gussform.  Hienron  eingehender  im  speciellen 
Theile. 


ArbeitBverfi&lireiL  Das  Giessen  erfolgt  in  der  schon  angedeuteten 
Weise  durch  Kippen  der  Giesspfanne  (des  Tiegels)  oder  durch  Oeffnen 
des  Schützes.  Diese  Arbeit  muss  in  solcher  Weise  ausgeführt  werden, 
dass  das  Metall  in  ununterbrochenem  Strahle  in  die  Gussform  ein- 
tritt, und  dass  bei  geschlossenen  Gussf^rmen  der  Einguss  mit  flüssigem 
Metalle  angefüllt  bleibt.  Die  Erfüllung  dieser  Bedingungen  ist  um  so 
wichtiger,  je  höher  die  Schmelztemperatur  des  Metalls  und  je  leichter 
oxydationsföhig  dasselbe  ist.  Vernachlässigt  man  dieselben,  so  tritt  bei 
einer  Unterbrechung  des  Metallstrahls  eine  Oxydation  oder  Erstarrung 
an  der  Oberfläche  ein,  und  es  entstehen  unganze  Stellen,  sogenannnter 
Kaltguss,  an  welchen  das  nachfliessende  Metall  nur  über  das  vorher  aus- 
gegossene hinweg  geflossen  ist,  ohne  sich  mit  demselben  zu  vereinigen« 
Daher  ist  die  Ausführung  dee  Giessens  um  so  leichter,  je  weniger  Ge- 
lasse in  eine  gemeinschaftliche  Gussform  entleert  werden  sollen;  sie  ist 
schwierig,  wenn,  wie  in  Gussstahlgiessereien ,  das  Metall  aus  einer  An- 
zahl kleinerer  Gefasse  (Tiegel)  in  einer  grössern  Gussform  vereinigt 
werden  soll.  Die  Tiegel  müssen  in  solchen  Fällen  in  genau  vorgezeich- 
neter Ordnung  und  Beihenfolge  einer  nach  dem  andern  in  eine  nach  der 
Gussform  führende  Rinne  ausgegossen  und  das  Ausgiessen  des  folgenden 
Tiegels  stets  in  dem  Augenblicke  begonnen  werden,  wo  der  vorausgehende 
fast  entleert  ist.  Zur  Ausführung  grosser  Güsse  in  solcher  Weise,  wel- 
cher die  Krupp 'sehe  Gussstahlfabrik  in  Essen  zum  Theil  ihre  ausser- 
ordentlichen Erfolge  verdankt,  ist  ein  streng  geschultes  Arbeiterpersonal 
unentbehrlich,  unter  welchem  jeder  Einzelne  mit  grösster  Pünktlichkeit 
den  richtigen  Zeitpunkt  zu  treffen  und  jeden  Wink  des  leitenden  Mei- 
sters zu  befolgen  weiss.  / 

Eine  andere  Bedingung  für  das  Gelingen  des  Gusses  ist  die  Rein- 
heit der  Oberfläche  des  einzugiessenden  Metalls.  Fast  immer  schwimmen 


Arbeitsyerfahren.  305 

auf  derselben,  bo  lange  das  Metall  sich  im  Sammeigefasse  befindet,  ein- 
zelne fremde  Körper,  seien  es  Schlacken  vom  Scbmelzprocesse ,  Reste 
Ton  Brennstoffen,  Aasscheidungen  und  Oxydationsprodncte  des  Metalls 
selbst.  Gerathen  diese  Körper  in  die  Gussform,  so  stören  sie  natürlich 
die  Gleichmässigkeit  und  Dichtigkeit  des  Gefüges,  wenn  sie  nicht,  was 
nur  ausnahmsweise  der  Fall  ist,  Gelegenheit  finden,  in  einem  vorhandenen 
verlorenen  Kopfe  emporzusteigen.  Deshalb  wird  die  Oberfläche  des  in 
der  Pfanne,  dem  Tiegel  etc.  befindlichen  Metalls,  bevor  das  Ausgiessen 
beginnt,  sorgfältig  von  allen  jenen  fremden  Körpern  gereinigt,  und  die 
sich  inzwischen  etwa  wieder  bildenden  Ozydationsproducte  und  Aus- 
scheidungen werden  beim  Ausgiessen  durch  einen  Arbeiter  zurückgehal- 
ten. Man  bedient  sich  dazu  des  „Krampstockes^ ,  in  einzelnen  Fällen 
aus  einer  hölzernen  Latte  bestehend  i  in  anderen  aus  einem  Eisenstabe 
gebildet,  welcher  an  seinem  Ende  schaufelartig  ausgesohmiedet  und  mit 
Lehi|}  überzogen  ist,  um  jene  fremden  Körper  vor  dem  Giessen  damit 
über  den  Band  des  Gefässes  durch  Abwerfen  zu  entfernen  und  beim 
Giessen  von  dem  Eintritt  in  die  Gussform  zurückzuhalten. 

Die  schon  mehrfach  hervorgehobenen  Einflüsse  der  Temperatur  des 
flüssigen  Metalls  auf  das  Gelingen  des  Gussstücks  sind  wohl  zu  beachten. 
Diese  Temperatur  muss  zwar  so  hoch  sein,  dass  das  Metall  auch  unter 
den  abkühlenden  Einflüssen  der  Gussform  lange  genug  flüssig  bleibt,  um 
alle  Theile  der  letztem  voll  und  scharf  auszufüllen.  Je  schwächer  also 
die  Abmessungen  des  Gussstücks  sind,  desto  höher  erhitzt  muss  das  Me- 
tall eingegossen  werden;  jedes  Uebersteigen  dieses  Maasses  der  Temjpera- 
tur  befördert  aber  die  Entstehung  von  Hohlräumen  durch  Schwindung 
(S.  93),  von  Blasenräumen  durch  Gasentwickelung  (S.  102),  eines  un- 
gleichartigen Gefüges  durch  Saigerung  bei  Legirungen  (S.  7  und  110).  Ist 
daher  das  Metall  hoch  über  seinen  Schmelzpunkt  erhitzt  —  und  eine 
solche  Ueberhitznng  wirkt  im  Allgemeinen  günstig  für  die  Eigenschaften 
des  Metalls  — ,  so  ist  vor  dem  Gusse  grosser  Stücke  eine  entsprechende 
Abkühlung  durch  längeres  Stehenlassen  im  Sammelbehälter  nöthig,  be^ 
▼or  der  Gnss  beginnen  kann.  Man  unterstützt  zweckmässigerweise  die 
Abkühlung  durch  öfteres  Bühren  mit  Holz-  oder  Eisenstangen,  wodurch 
zugleich  das  Entweichen  gelöster  Gase  befordert  und  der  Neigung  ge- 
wisser Legirungen  entgegen  gearbeitet  vdrd,  bei  ruhigem  Stehen  zu 
Unterst  specifisch  schwerere,  zu  oberst  specifisch  leichtere,  abweichend 
xiuammengesetzte  Legirungen  abzusetzen.  Die  Farbe  des  flüssigen  Me- 
talls mnss  dem  erfahrenen  Giesser  einen  Maassstab  geben,  wann  der  für 
den  jedesmaligen  Guss  geeignete  Wärmegrad  eingetreten  ist. 

Je  geringere  specifische  Wärme  ein  Metall  besitzt,  je  rascher  also 
durch  Wärmeentziehung  seine  Temperatur  sinkt,  in  einem  desto  höher  über 
seinen  Schmelzpunkt  erhitzten  Zustande  kann  es  begreiflicherweise  in  die 
Gassform  gegossen  werden  ohne  Gefahr  für  das  Gelingen  des  Gusses. 
Zinn  besitzt  eine  ziemlich  geringe  specifische  Wärme  (0,05),  und  lässt 
sich   durch  Wärmeentziehung   rasch    zum  Erstarren    bringen;   hierauf 

Z««d6bnr,  meohuiisdi-metalliirgische  Technologie.  20 


306  Das  Giessen. 

benilien  bei  Anwendung  metallener  Gnssformen  zwei  abweichende  Giess- 
methoden  in  der  Zinngiesserei ,  welche  man  Heissguss  nnd  Kaltgnss 
nennt.  Bei  dem  enteren  ist  die  Onssform  durch  Eintauchen  in  das 
flüssige  Metall  Torgewärmt  und  dasMetaU  bedeutend  über  seinen  Schmelz- 
punkt erhitzt.  Sobald  aber  das  Eingiessen  beendet  ist  oder  noch  während 
desselben  wird  die  Gussform  durch  umgelegte  nasse  Lappen  gekühlt. 
Dadurch  bringt  man  das  Metall  rings  an  den  Wänden  zum  Erstarren, 
während  der  Einguss  noch  flüssig  bleibt,  dem  dort  befindlichen  Metalle 
also  Gelegenheit  gegeben  ist,  die  beim  Erstarren  und  Schwinden  des 
Abgusses  entstehenden  Hohlräume  durch  Nachfiiessen  auszufüllen.  Dieses 
Verfahren  wird  Yorzugsweise  für  die  Herstellung  scharfer  und  dichter 
Abgüsse  benutzt  (Schrauben  mit  scharfkantigem  Gewinde  und  dergleichen) ; 
es  erhöht  durch  die  rasche  Wärmeentziehung  zugleich  die  Härte  und 
Steifheit  des  Metalls. 

Beim  Kaltgiessen  wird  das  Metall  nur  so  stark  erhitzt,  dass  es  auf 
der  Oberfläche  noch  keine  Anlauflarben  zeigt,  und  in  diesem  Zustande 
in  die  yorher  angewärmte  Gussform  gegossen. 

Bei  GuBsformen  aus  bildsamem  Materiale  und  Metallen,  die  in  hoher 
Temperatur  schmelzen  (Gusseisen,  Gussstahl,  Bronze),  entweichen  aus  den 
Luftcanälen  und  Windpfeifen  beim  Gusse  brennbare  Gase  (Kohlenoxyd, 
Kohlenwasserstoffe,  Wasserstoff),  welche  beim  Heraustreten  durch  einen 
vorgehaltenen  brennenden  Spahn  entzündet  werden ,  um  Explosionen  zu 
verhüten,  welche  durch  Ansammeln  und  plötzliche  Entzündung  derselben 
entstehen  könnten. 

Ist  der  Abguss  mit  verlorenem  Kopfe  versehen  (S.  100),  so  ist  fleissi- 
ges  Nachgiessen  frischen,  heiss^n  Metalls  in  den  Kopf  durchaus  erforder- 
lich, so  lange  es  noch  möglich  ist,  die  zuerst  starr  werdende  obere  Kruste 
mit  einem  Spiesse  zu  durchstossen  und  dadurch  Oefinung  für  das  Ein- 
giessen herzustellen. 

Hinsichtlich  der  Wichtigkeit,  welche  bei  spröden  Metallen  (z.  B. 
Gusseisen)  die  Regelung  der  Abkühlung  eines  Gussstücks  nach  dem 
Gusse  zur  Vermeidung  von  Spannungen  besitzt,  kann  auf  das  früher 
hierüber  Gesagte  (S.  97)  verwiesen  werden. 

Je  kleiner  das  Gussstück  ist,  desto  einfacher  gestaltet  sich  im  Gan- 
zen die  Ausführung  des  Giessens  und  der  damit  zusammenhängenden 
Arbeiten;  während  ein  einziger  Arbeiter  im  Stande  ist,  ohne  fremde 
Hülfe  eine  grosse  Anzahl  kleinerer  Gnssformen  nach  einander  abzugiessen, 
müssen  zu  dem  Gusse  eines  grossen  Gussstücks  nicht  selten  zwanzig 
und  mehr  Arbeiter  angestellt  werden,  um  das  Kippen  der  Giesspfannen, 
das  Abstreichen  der  Metalloberfläcfae,  das  Entzünden  der  entweichenden 
Gase  u.  s.  w.  auszuführen. 


Kimstgrifife.  307 

Durch  gewisse  Kunstgriffe  beim  Giessen  lassen  sich  in  einzelnen 
Fällen  £rfolge  erreichen,  welche  auf  anderm  Wege  eine  erheblich  grössere 
Menge  Arbeit  erfordert  haben  würden. 

Giesst  man  anf  eine  Stelle  eines  Metallstücks  mit  metallisch  reiner 
Oberfläche  so  lange  einen  Strahl  flüssigen  Metalls  gleicher  Beschaffenheit, 
bis  jene  Stelle  znm  beginnenden  Schmelzen  erhitzt  ist,  und  lässt  dann 
das  znletzt  aufgegossene  Metall  erstarren,  so  vereinigt  sich  dasselbe  mit 
dem  Torhandenen  Metallstücke  zu  einem  Ganzen  in  derselben  Weise  als 
seien  beide  Theile  schon  ursprünglich  in  einem  einzigen  Stücke  gegossen. 
Es  ist  dieses  der  nämliche  Vorgang,  welcher  sich  täglich  auch  bei  anderen 
Körpern  beobachten  lässt;  wenn  man  Wasser  auf  Eis  giesst ,  und  es  mit 
demselben  zusammenfriert;  wenn  an  unseren  Kerzen  geschmolzenes  Stea- 
rin etc.  herabläuft  und  an  dem  untern  Theile  grosse  Ansätze  bildet  u.  s.  f. 
In  der  Metallgiesserei  findet  dieser  Vorgang  mehrfache  Anwendung.  In 
den  Werkstätten  der  Zinngiesser  werden  sehr  häufig  auf  diese  Weise  an 
Gefasse  Henkel  angegossen,  wenn  die  Form  des  Gefässes  die  Herstellung 
desselben  sammt  Henkel  in  einem  einzigen  Gusse  nicht  gestattet,  lieber 
die  Einrichtung  der  hierfür  benutzten  metallenen  Gussformen  wurde 
schon  firüher  (S.  202)  Näheres  mitgetheilt.  Bei  dem  Zinn  wird  ein  sol- 
ches Angiessen  einzelner  Theile  an  Torhandene  Abgüsse  erheblich  durch 
die  Leichtschmelzbarkeit  und  geringe  Oxydationsfahigkeit  desselben  er- 
leichtert. Weit  schwieriger  wird  das  Gelingen,  wenn  das  Metall  schwer- 
schmelzbar und  zur  Oxydation  geneigt  ist.  Beide  Eigenschaften  besitzt 
das  Gusseisen,  trotzdem  gelingt  es  unter  Anwendung  besonderer  Vor- 
sichtsmaassregeln,  auch  an  Gusseisenstüoke  Theile  anzugiessen,  wenn  sie 
entweder  beim  Gusse  mangelhaft  ausgefallen  oder  bei  der  Verwendung 
beschädigt  worden  waren  und  die  Anfertigung  eines  neuen  Abgusses  er- 
hebliche Mehrkosten  yemrsachen  würde.  Man  nennt  in  der  Eisengiesse- 
rei  dieses  Angiessen  neuer  Theile  an  bereits  vorhandene  mit  einem  nicht 
gerade  gut  gewählten  Ausdrucke  ,Anschweissen". 

Den  in  dieser  Beziehung  vollkommensten  Erfolg  zeigt  das  nicht 
selten  vorkommende  Anschweissen  eines  neuen  Zapfens  an  Stelle  eines 
abgebrochenen  an  eine  grosse  Walze  für  Metallwalzwerke;  und  es  möge 
deshalb  die  Beschreibung  des  Verfahrens  hierbei  als  Beispiel  fOr  das  Ar- 
beitsverfahren im  AUgemeinen  dienen. 

Ist  der  Bruch  der  Walze  erfolgt,  so  ist  es  zunächst  erforderlich,  die- 
selbe bis  zur  Vornahme  der  Arbeit  an  einem  trocknen  Orte,  also  nicht  etwa 
im  Freien,  aufzubewahren,  um  die  Bruchfläche  vor  Kost  zu  schützen. 
Hat  sich  trotzdem  ein  Rostüberzug  gebildet,  so  wird  er  mit  Meissel  und 
Feile  sorgfältig  entfernt.  Die  Walze  wird  nun  in  senkrechter  Lage,  die 
Bruchfläche  nach  oben,  in  die  Dammgrube  eingegraben,  so  dass  die 
Bruchfläche  annähernd  horizontale  Lage  Erhält.  Vorher  ist  bereits  eine 
Gussform  aus  Lehm  oder  Masse  für  den  anzugiessenden  Zapfen  nebst  ver- 
lornem Kopfe  gefertigt  und  sorgfaltig  getrocknet  worden.  Für  das  Gelingen 
des  Ang^essens  ist  es  nothwendig,  dass  der  Durchmesser  dieser  Gussform 

20* 


308  Das  Giessen. 

mindestens  30  Mm.  grösser  sei  als  der  Darcbmesser  des  fertig  bearbeite- 
ten Zapfens,  dass  also  die  Gassform  ringsherum  über  die  Brachfiäcbe 
vorsteht,  weil  die  Erfahrung  lehrt,  dass  erst  in  einigem  Abstände  vom 
Rande  des  angegossenen  Theils  völlige  ,ySchweissung'^  stattfindet.  Am 
untern  Rande  der  Gnssform  befindet  sich  eine  Oefinung  zum  Einfliessen 
und  einige  Oe&ungen  zum  Abfliessen  des  zuerst  eingegossenen  Metalls, 
derartig  vertheilt  und  von  solcher  Grösse,  dass  beim  Griessen  das  flüssige 
Metall  von  der  Seite  des  Eingusses  her  sich  über  die  Bruchfläche  hin 
vertheilt,  diese  völlig  bespült,  aber  zugleich  rasch  auf  der  andern  Seite 
abfliessen  kann,  ohne  dass  an  irgend  einer  Stelle  Ansammlungen  erkal- 
tenden Metalls  stattfinden  können.  Die  in  solcher  Weise  hergerichtete 
Gussform  wird  also  an  ihre  Stelle  gebracht,  mit  Sand  umstampfb,  und  in 
diesem  die  Can&le  fOr  Ein-  und  Ausfliessen  des  Metalls  angebracht. 
Selbstverständlich  muss  in  dem  Dammgrubensande  an  geeigneter  SteUe 
ein  tiefer  gelegener  Sumpf  zur  Aufnahme  des  abfliessenden  Metalls  an- 
gelegt werden. 

Man  beginnt  nun  mit  dem  Erhitzen  der  Bruchfläche  durch  ein  über  der* 
selben  angebrachtes  und  mehrere  Stunden  unterhaltenes  Holzkohlenfeuer 
bis  zur  Rothgluth,  dann  entfernt  man  Holzkohlen,  Asche  u.  s.  w.  und 
giesst  nun  in  ununterbrochenem  Strahle  möglichst  stark  erhitztes  Metall 
in  der  vorhin  beschriebenen  Weise  über  die  Bruchfläche  hinweg,  so  lange 
bis  diese  an  der  Oberfläche  zu  erweichen  beginnt.  Gewöhnlich  ist  die 
drei-  bis  vierfache  Menge  Metall  von  dem  Gewichte  des  anzugiessenden 
Zapfens  erforderlich.  Ist  dieser  Zeitpunkt  eingetreten,  so  verstopft  man, 
ohne  das  Giessen  zu  unterbrechen,  die  Abflussöffnungen,  wodurch  nun- 
mehr das  Metall  gezwungen  wird,  in  der  Gussform  aufzusteigen  und 
diese  anzufüllen.  Man  bedeckt  dann  den  Kopf  mit  Kohlenlösche,  giesst 
von  Zeit  ssu  Zeit  frisches  Metall  durch  den  Kopf  nach  und  lässt  langsam 
erkalten.  Der  Zapfen  wird  später  auf  seinen  normalen  Durchmesser  ab- 
gedreht. Ist  das  Angiessen  gelungen,  so  pflegt  die  Festigkeit  an  der 
Verbindungsstelle  grösser  sls  vorher  zu  sein,  so  dass  ein  neuer  Bruch  an 
derselben  Stelle  kaum  zu  befürchten  ist. 

Ein  Giessverfahren ,  zur  Ersparung  von  Kernen  fär  Hohlkörper  an- 
gewendet, ist  der  sogenannte  Schwenk-  oderStürzguss.  Man  giesst  die 
Gussform  zunächst,  ohne  einen  Kern  einzulegen,  mit  Metall  voll  aus,  wendet 
sie  nach  einigen  Augenblicken,  wenn  man  annehmen  kann,  dass  sich 
rings  an  den  Wänden  eine  hinlänglich  starke  Kruste  erstarrten  Metalls 
angesetzt  hat,  der  Kern  aber  noch  flüssig  ist,  derartig  um,  dass  die  Mün- 
dung des  zu  bildenden  Hohlraums  nach  unten  steht,  und  lässt  nun  das 
noch  flüssige  Metall  auslaufen,  indem  man,  wenn  es  nöthig  ist,  die  vor- 
handene Kruste  an  dieser  Stelle  mit  einem  spitzigen  Werkzeuge  durch- 
stösst. 

Dieser  Sturzguss  findet  in  der  Zinngiesserei  bei  Anfertigung  von 
Statuetten,  ornamentalen  und  überhaupt  solchen  Gegenständen  öftere  An- 
wendung, für  welche  ein  genau  passender  Kemkasten  schwierig  herzu- 


Stürzguss.    Zinnbrülanten.  309 

stellen  sein  würde,  also  aaoh  bei  dem  Gosse  hohler  Knöpfe,  £inderservice, 
Hedkel  and  dergleichen  mehr,  wenn  es  nicht  darauf  ankommt,  dass  die  Innen- 
fläche YoUständig  glatt  und  eben  sei.  Seltener,  aber  doch  in  einzelnen 
Fällen,  macht  man  auch  in  der  Zink-,  Bronze-  und  Eisengiesserei  von 
dieser  Griessmethode  Gebrauch.  So  giesst  man  z.  B.  in  der  durch  ihre 
Leistungen  auf  dem  Gebiete  des  Kunstgusses  berühmten  Eisengiesserei 
zu  Ilsenbnrg  am  Harze  auf  diese  Weise  Hirschgeweihe ,  welche  statt  der 
natürlichen  Geweihe  zur  Decoration  von  Jagdhäusern  u.  s.  w.  gebraucht 
werden  und,  voll  gegossen,  zu  schwer  ausfallen  würden;  das  flüssige  Me- 
tall lässt  man  an  der  Wurzel  des  Geweihes  auslaufen. 

Mit  dem  Stürzgusse  verwandt  ist  die  Anfertigung  der  sogenannten 
Zinnbrillanten  oder  Fahluner  Diamanten,  ein  Arbeitsverfahren, 
welches  schon  hier  Erwähnung  finden  möge,  obschon,  streng  genommen, 
die  Beschreibung  desselben  in  das  Gebiet  der  speciellen  Technologie  ge- 
hört. Diese  zu  Theater-  und  Maskenschmuck  benutzten  Zinnbrillanten 
bestehen  aus  dünnen  Metallblättchen  in  grösseren  oder  kleineren  Flächen, 
unter  verschiedenen  Winkeln  zusammenstossend  und  mit  ausserordentlich 
starkem  Glänze.  Die  Legirung  zu  ihrer  Anfertigung  besteht  aus  3  Thln. 
Zinn  und  2  Thln.  Blei.  Man  benutzt,  gewissermaassen  als  Modell,  Glas- 
körper, facettirt,  geschliffen  und  polirt,  welche  in  die  geschmolzene  Legi- 
rung eingetaucht  werden.  Die  Erwärmung  der  letztern  darf  nur  wenig 
den  Schmelzpunkt  übersteigen,  so  dass  beim  Eintauchen  des  kalten  Glas- 
körpers sich  an  demselben  sofort  eine  erstarrte  dünne  Kruste  bildet, 
welche  mit  demselben  herausgezogen  wird,  nach  dem  Erkalten  von  selbst 
abfallt,  äusserlich  rauh,  glanzlos  ist,  an  der  Innenfläche  aber  jenen  spie- 
gelnden Glanz  besitzt,  welcher  ihr  die  Wirkung  eines  im  Relief  geschliffe- 
nen Körpers  verleiht.  Ein  Giessen  im  engem  Sinne  findet  also  hierbei 
gar  nicht  statt. 

Die  durch  Anwendung  des  Stürzgusses  erzielte  Ersparung  eines 
Kerns  bei  dem  Gusse  von  Hohlkörpern  hat  man  in  anderer  Weise  bei 
Gussstücken  mit  kreisförmigen  Querschnitten  —  Röhren,  Gefössen  etc.  — 
durch  den  Gentrifugalguss  zu  erreichen  gesucht,  jedoch,  wie  im  Vor- 
aus bemerkt  wird,  mit  weniger  genügendem  Erfolge.  Die  Gussform 
wird  mit  einem  Apparate  in  Verbindung  gebracht,  durch  welchen  sie  in 
rasche  drehende  Bewegung  um  ihre  Achse  versetzt  werden  kann.  Man 
giesst  so  viel  Metall  ein,  als  zur  Erzielung  der  vorgeschriebenen  Wand- 
stärke erforderlich  ist,  und  setzt  den  Apparat  in  Bewegung.  Das  Metall 
vertheilt  sich  vermöge  der  Centrifugalkraft  an  den  Wänden  der  Gussform 
und  kommt  dort  zum  Erstarren. 


Literatur. 

Ueber  Geräthe  zum  Giessen: 
Dürre,  Handbuch  des  Eisengiessereibetriebes,  Bd.  I,  S.  746  ff. 
Guettier,  Traite  de  la  fonderie,  p.  253. 


310  Das  Giessen.    Literatur. 

lieber  geeignete  GieBBtemperatur  der  Metalle. 
Künzel,  Ueber  BroBzeleginmgen,  S.  93. 

lieber  Stürzgnss  und  Centrifugalguss: 

Dürre,  Handbuch  des  EiesengiesBereibetriebes ,  Bd.  II,  S.  489  und  500. 
Karmarscb-Hartig,  Mechanische Tecbnologie,  5.Afl.,BdI,  S. 97u.  132. 
Dingler,  Polytechnisches  Journal,  Bd.  114,  S.  326;  Bd.  141,  S.  100. 

lieber  Zinnbrillanten: 
Kar  marsch -Hartig,  Mechanische  Technologie,  Bd.  I,  S.  41. 


6.    üeber  die  Anlage  und  Elnriohtnng  der  Oiegserelen. 


Für  die  Anlage  einer  jeden  Giesserei  —  sie  möge  sich  anf  das 
Giessen  Ton  Metallen  beschränken,  die  nur  einen  Kessel  fOr  den  Schmelz- 
process  erfordern,  oder  aach  in  höherer  Temperatur  schmelzbare  Metalle 
in  ihr  Bereich  ziehen  —  liegt  die  Aufgabe  yor,  einen  yor  den  Unbilden 
der  Witterung  geschützten  Raum  herzustellen,  in  welchem  die  Arbeiten 
der  Giesserei,  beziehentlich  auch  der  Formerei,  in  geordneter  Reihenfolge 
yorgenommen  werden  können. 

Der  Raum  muss  also  ringsum  geschlossen  und  überdacht  sein,  um 
Regen,  Schnee  und  Winden  den  Eingang  zu  yerwehren,  er  muss  yon 
unten  her  trocken  sein;  er  muss  hell  sein,  um  die  oft  feinen  Arbeiten 
genau  erkennen  zu  können,  er  muss  dagegen  —  wenn  es  möglich  ist  — 
yor  den  directen  Sonnenstrahlen  geschützt  sein,  welche  durch  Blendung 
der  Augen  die  Arbeit  erschweren  und  im  Sommer  oft  durch  übermässige 
Wfirme  die  Arbeiter  belästigen. 

Die  Losung  der  Aufgabe  ist  um  so  leichter,  je  kleiner  der  Umfang 
der  Giesserei  werden  soll,  je  weniger  Arbeit  die  Herstellung  der  Guss- 
formen yerursacht,  und  je  einfacher  der  Schmelzprocess  des  zu  yergiessen- 
den  Metalls  yor  sich  geht* 

Kleine  Giessereien  für  Metalle  mit  niedrigem  Schmelzpunkte  be* 
schränk^i  sich  auf  die  Benutzung  eines  Raums  im  Wohnhause,  in  wel- 
chem ein  oder  mehrere  Kessel  zum  Schmelzen  des  Metalls  eingemauert 
sind,  während  der  Arbeiter  die  yorhandenen  constanten  Gussformen  nur 
zusammenzusetzen  und  neben  dem  Schmelzkessel  aufzustellen  braucht,  um 
den  Guss  yomehmen  zu  können.  An  den  Wänden  des  Raums  pflegen 
sich  Holzgerüste  —  Repoeitorien  —  zu  befinden,  welche  zur  Aufbewah- 
rung der  nicht  in  Gebrauch  befindlichen  Gnssformen  dienen.  In  sol- 
cher Weise  sind  die  kleinen  Giessereien  für  Zinn-  und  Bleiwaaren  ein- 
gerichtet. 

Die  Anlage  wird  umfangreicher,  sobald  die  Anfertigung  yon  Gnss- 
formen auB  bildsamem  Materiale  erforderlich  wird,  mit  der  Giesserei  also 
die  Formerei  yerbunden  ist.  Kommt  die  Nothwendigkeit  hinzu,  die 
Guasformen  yor  dem  Gusse  zu  trocknen,  so  tritt  durch  die  Anlage  der 
Trockenkammern  eine  fernere  Erweiterung  des  Giessereiraums  hinzu. 

Kleinere  Gegenstände  pflegt  man  auf  gusseisemen  Formbänken  ein- 
zuformen,  welche  dicht  unter  den  Fenstern  des  zur  Formerei  benutzten 


312  Giessereien. 

Raums  befindlich  sind,  am  den  heÜBten  Platz  zn  der  Arbeit  des  Einfor- 
mens  zu  benutzen.  Die  Formbänke  bestehen  aus  gusseisemen  Herdguss- 
platten, welche  in  der  Höhe  von  65  Centimeter  auf  gusseisemen  Böcken 
aufruhen  und  festgeschraubt  sind.     Die  Bank  ist  etwa  2  Meter  lang  und 

1  Meter  breit.  An  den  Seiten  ist  sie  durch  'emporstehende  GiebelsttLcke 
aus  Gusseisen  begrenzt.  In  den  beiden  Ecken  nach  der  Wand  zu  hat 
der  Former  seinen  Formsand  liegen,  und  zwar  in  der  einen  Ecke  gesieb- 
ten, in  der  andern  ungesiebten. 

Sind  mehrere  Formbänke  vorhanden,  so  bilden  sie  an  der  Wand 
des  Gebäudes  fortlaufend  eine  zusammenhängende  Reihe. 

Grössere  Gegenstände  formt  man  auf  dem  Erdboden  des  Formerei- 
raums ein.  Derselbe  muss  daher  vor  allen  Dingen  eben  und  trocken 
sein.  Will  man  für  sehr  grosse  Gegenstände  den  Unterkasten  sparen 
und  direct  in  den  Erdboden  einformen,  so  hebt  man  wohl   auf  1  bis 

2  Meter  Tiefe  den  ganzen  Erdboden  heraus  und  füllt  die  Vertiefung  mit 
porösem  Formsande  aus. 

Eisengiessereien ,  welche  sich  ihr  Roheisen  in  eigenen  Hochöfen  er- 
zeugen, sind  bisweilen  mit  gusseisemen  Platten  als  Fussboden  ausgelegt. 
Man  erhält  dadurch  eine  ebene  Fläche  und  den  Yortheil,  dass  von  dem 
beim  Giessen  vorbeigegossenen  flüssigen  Metalle  nichts  verloren  gehen 
kann.  Solche  Platten  pflegt  man  direct  aus  dem  Hochofen  zu  giessen 
und  als  Roheisen  zu  betrachten;  in  Giessereien,  welche  ihr  Roheisen 
kaufen  müssen,  ist  die  Anwendung  solcher  Platten  weniger  üblich. 

Die  Arbeiten  des  Formens,  Trocknens  und  Giessens  kann  man  ent- 
weder in  einem  einzigen  Räume  vereinigen  oder  in  mehreren  Räumen ' 
getrennt  vornehmen.  Gussformen  in  grünem  Sande  pflegt  man  in  einem 
und  demsellen  Räume  einzuformen  und  abzugiessen,  um  unnöthigen 
Transport  derselben  zu  ersparen,  bei  Gussformen  in  Masse  und  Lehm 
aber,  welche  ohnehin  in  die  Trockenkammern  geschaflt  werden  müssen, 
ist  die  Arbeit  gleich  grross,  ob  man  sie  zum  Abgüsse  in  das  Formerei- 
local  zurück  oder  in  einen  andern  nur  zum  Giessen  bestimmten  Raum 
schaflt;  und  es  ist  dann  diese  letztere  Einrichtung  in  manchen  Fällen 
vorzuziehen,  weil  dadurch  die  Arbeiten  des  Einformens  und  Giessens 
weniger  einander  gegenseitig  behindern.  Man  findet  sie  daher  in  vielen 
grösseren  Messing-  und  Bronzegiessereien ,  welche  nur  in  getrockneten 
Formen  giessen;  und  in  Eisengiessereien  legt  man  bisweilen  die  Masse- 
und  Lehmformerei  in  ein  Local,  die  Sandformerei  und  Giesserei  in  ein 
zweites,  obschon  allerdings  für  eine  solche  Trennung  weniger  Veran- 
lassung vorliegt. 

Die  Trockenkammern  liegen  in  solchen  Fällen  zwischen  demFoime- 
reilocale  und  dem  Giessraume,  gewöhnlich  wie  in  Fig.  258  angeordnet 

In  Giessereien,  welche  grösstentheils  in  grünem  Sande  formen,  dabei 
aber  viele  getrocknete  Kerne  gebrauchen,  trennt  man  häufig  die  Kern- 
macherei von  der  Formerei,  legt  die  Kernmacherei  neben  die  Trocken- 
kammern, die  Formerei  neben  die  Schmelzapparate  und  lässt  die  Trocken- 


Anlage  imd  Einrichtung.  313 

kammerD    mit   beiden  Localen  -in   Verbindung.     Wenn    man    sich    in 
Fig.  258  im  Ranme  a  die  Formerei  und  Giesserei  yereinigt,  den  Baum  e 

Fig.  258. 


c 


1 


aber  für  Anfertigung  von  Eemen  benutzt  denkt,  so  erhält  man  ein  Bild 
dieser  Einrichtung. 

Bie  Schmelzapparate  legt  man  so,  dass  sie  yon  keinem  Punkte  des 
Giessraumes  unverhältnissmässig  weit  entfernt  bleiben.  Am  einfachsten 
würde  nun  zwar  diese  Aufgabe  gelöst  werden,  wenn  man  die  Schmelz* 
apparate  in  die  Mitte  der  Giesserei  verlegte,  zugleich  wurde  aber  viel 
Platz  dadurch  in  Anspruch  genommen  und  das  Begichten  der  Oefen  un- 
gemein erschwert  werden.  Man  legt  delshalb  die  Oefen  lieber  an  die 
ümfassungswände  und  zwar  gewöhnlich  in  die  Mitte  einer  der  längeren 
Seiten  des  Gebäudes. 

In  grösseren  Tiegelgiessereien  empfiehlt  es  sich,  die  Tiegelschmelz- 
öfen vertieft  anzulegen,  oder,  wo  dieses  nicht  angeht,  den  Fussboden  des 
Giesslocals  so  viel  über  die  Sohle  des  Erdbodens  zu  erhöhen,  dass  der- 
selbe mit  der  Oberkante  der  Schmelzöfen  in  einer  Horizontalebene  liegt. 
Dadurch  wird  das  Herausnehmen  der  Tiegel  wesentlich  erleichtert.  Um 
nun  aber  die  Wartung  der  tiefer  liegenden  Boste,  das  Herausschaffen 
der  Aschen  und  Schlacken  u.  s.  w.  durch  diese  Einrichtung  nicht  zu  er- 
schweren, verbindet  man  die  Aschenfälle  sämmtlicher  Oefen  mit  über- 
wölbten Bäumen  von  solcher  Höhe,  dass  ein  Arbeiter  sich  bequem  darin 
bewegen  und  von  hier  jeden  einzelnen  Best  überwachen  kann.  Die  Ab- 
bildungen Fig.  259,  260  und  261  (a.  f.  S.),  eine  engliche  Gussstahlgiesse- 
rei  mit  Schachttiegelöfen  darstellend  ^),  können  zur  Erläuterung  hierfür 
dienen,  aa  sind  die  Schmelzöfen,  in  zwei  Beihen  angeordnet.  Jeder 
derselben  hat  seine  eigene  Esse,  und  die  sämmtlichen  Essen  einer  Ofen- 
reihe sind,  wie  aus  Fig.  261  ersichtlich  ist,  durch  ein  gemeinschaftliches 
Bauhgemäuer  umgeben.  Zwei  Hauptgewölbe  laufen  unterhalb  der. 
Hfittensohle  in  der  Bichtung  der  Ofenreihen  und  von  diesen  aus  führt 
je  ein  kleines  Seitengewölbe  nach  jedem  Aschenfalle. 

Einfacher  kann  bei  Tiegelflammöfen  die  Einrichtung  sein,  weil  für 
die  gleiche  Anzahl  Tiegel  hier  weniger  Besten  zu  bedienen  sind;  und 


^)  TergL  Peroy,  MetaUurgy:  Iron  and  Steel,  London  1864, 


/  Tiegelloch 

/  □ 


Anlage  und  Einrichtung.  315 

wenn  man  Gasfenerang  für  dieselben  verwendet,  so  leg^t  man  gern 
die  Gasgeneratoren  noch  etwas  tiefer  bIb  die  Oefen,  um  das  Zuströmen 
der  Gase  nacli  den  Oefen  zu  erleiohtem. 


Bei  Auistellung  von  HerdflammSfen  (zum  Schmelzen  ohne  Tiegel) 
tnuBB  das  Schürloch  und  die  Einsetzthür,  bei  Cupolöfen  die  Gichtbühne 
von  aussen  her  leicht  zugänglich  und  zu  bedienen  sein,  um  nicht  daa 
Herbeischaffen  der  Materialien  durch  das  Arbeitslooal  hindurch  bewir- 
ken zu  müssen. 

Es  ist  deshalb  zweckmissig,  wenn  man  diese  letztgenannten  Oefen 
ausserhalb  des  eigentlichen  Giesslocals  aufstellt  und  nur  diejenige  Seite 
derselben,  au  welcher  der  Abstich  befindlich  ist,  durch  eine  Überwölbte 
Oefinung  der  Umfassungsmauer  des  Gebftudes  mit  dem  Innern  desselben 
in  directs  Yerbindnng  setzt,  wie  es  in  Fig.  262  (a.  f.  S.)  für  eine  Flanun- 
ofenankge  (Stsffordshireofen)  und  in  Fig.  263  und  261  für  eine  Cnpol- 
ofenanlage  slcizzirt  ist. 

Um  die  beim  Aufgeben  der  Schmelzmaterialien  beschäßigteu  Arbei- 
ter —  besonders  bei  CupolÖfen,  wo  sie  viele  Stunden  die  Gichtbühne 


>}  TJeber  eine  derartige  Anlage  mit  BegeneraÜTfbuemng  siehe  Wedding, 
Santellimg  des  schmiedbaren  Eisens  8.  649  ff. 


316 


Giessereien. 


Fig.  263. 


nicht  Tsrlassen  dOrfen  —  vor  Regen  nnd  Wind  zn  BchQtaen,  nmgiebt 

man  gewöhnlich  den  oder  die  Cnpolöfen  mit  einem  beBonderen  GebSnde, 

welches  sich   an  das  Hauptgebäude  ansohliesit  und  in  welchem  dann  die 

Gichtbahne    nebat    Gichtanfzug 

^'^-   ^"*-  befindlich  Bind  (Fig.  264). 

In  den  meisten  grösseren 
Giessereien  macht  sich  die  Auf- 
atelluDg  verschiedener  Maschi- 
nen erforderlich.  Hierher  zählen 
die  Zerkleinerungamaachinen 
flir  die  Formmat«nalien ,  Ge- 
bläBomascbitten  für  die  Cnpol- 
Öfen,  nnd  als  Motor  ffkr  diesel- 
ben gewöhnlich  eine  Dampiina- 
Bchine  nebst  Kessel,  welche  zu- 
*~  gleich  zum  Betriebe  des  Gicht- 
aufzuges, vorhandener  Dampf- 
krabneu  u.  s,  w.  benutzt  zu 
werden  pflegt.  Für  die  Aof- 
stellung  dieser  Maschinen  em- 
pfiehlt sich  die  Anlage  beson- 
derer Räumlichkeiten,  von  den 
Arbeitslocalen  der  Giesserei  und 
Formerei  getrennt. 

Vor  Allem  darf  die  Betriebs- 
dampfmaschine  niemals  in  der 
Giesserei  (beziehentlich  Forme- 
rei) selbst  anfgestellt  werden,  wo 
sie  durch  den  in  diesem  Räume 
stets  herrschenden  Staub  sehr 
bald  empfindlich  leiden  würde. 
In  Rücksicht  auf  die  nachtheiligs 
Wirkung  dieses  Stanbes  auf  die 
Betriebs maschi ne  unterlässt  man 
es  auch  besser,  eine  Verbindong 
zwischen  Giesserei  und  Maschi- 
nenraum durch  eine  Thür  faer- 
zastellen,  sondern  verlegt  den 
Eingang  zn  letzterm  lediglich 
nach  anssen.  Die  OeblSaema- 
Bcbine  dagegen  kann  in  dem 
Dampfmaschinenraum  e  ihren 
Platz  erhalten,  und  es  ist  diese  Einrichtung  der  leichtem  Ueber- 
waobong  halber  sogar  sweckm&asig;  alle  übrigen  maschinellen  Yorrich- 
tongen  aber,    insbesondere   die   zum  Zerkleineren   der  Materialien   be- 


Vig.  284. 


Anlage  und  Einrichtung.  817 

stimmten,  müssen  ausserhalb  der  Maschinenstnbe  aufgestellt  und  durch 
eine  Transmission  von  der  Dampfmaschine  aus  betrieben  werden. 

Ist  die  Giesserei  zum  Ousse  von  so  grossen  Gegenständen  bestimmt, 
dass  die  Aufstellung  eines  oder  mehrerer  Erahne  erforderlich  wird,  so 
übt  dieser  Umstand  einen  erheblichen  Einfluss  auf  die  Construction  des 
Gebäudes  aus. 

Die  Seitenmauem  desselben,  die  Balkenlagen,  müssen  stark  genug  sein, 
den  Druck  aufzunehmen,  den  der  Krahn  auf  die  einen  oder  anderen  ausübt. 

Ueber  die  Vortheile  und  Nachtheile  der  stabilen  Drehkrahne  im 
Vergleiche  mit  denen  der  Laufkrahne  (Brückenwinden)  wurde  schon 
früher  (S.  60)  das  Erforderliche  mitgetheilt. 

Bei  Anwendung  einer  Brückenwinde  kann  entweder  die  Aufgabe  yor* 
liegen,  den  ganzen  Raum  der  Giesserei  oder  nur  einen  Theil  derselben  von 
der  Winde  bedienen  zu  lassen.  Im  erstem  Falle  verstärkt  man  die 
Seitenwände  des  Gebäudes  bis  zu  der  Höhe  der  Laufebene  und  lässt  das 
Fahrgerüst  des  Erahns  auf  den  durch  diese  Verstärkung  gebildeten  und 
mit  eisernen  Laufschienen  belegten  Vorsprüngen  laufen.  Um  hierbei 
einen  möglichst  grossen  Flächenraum  durch  den  Erahn  bedienen  zu 
lassen,  ohne  die  Spannweite  des  Fahrgerüstes  allzu  sehr  erhöhen  zu  müssen 
—  wodurch  seine  Anlagekosten  sich  beträchtlich  vertheuem  würden  — , 
giebt  man  dem  Grundrisse  des  Gebäudes  gewöhnlich  eine  langgestreckte 
Gestalt. 

Soll  nur  ein  Theil  der  Giesserei  durch  den  Lauf  krahn  bedient  wer- 
den, so  pflegt  man  das  Gebäude  zu  verbreitem,  das  Fahrgerüst  mit  einer 
oder  auch  mit  beiden  Seiten  auf  schmiedeeiserne  Träger  zu  stellen,  welche 
von  Säulen  gestützt  werden,  und  auf  solche  Weise  das  Gebäude  durch 
jene  Säulenreihen  in  zwei  oder  drei  Längsschiffe  zu  zerlegen,  von  denen 
eins  (bei  drei  Schiffen  das  mittlere)  von  der  Brückenwinde  bedient  wird 
(siehe  Fig.  265  a.  f.  S.). 

Bei  einer  solchen  Theilung  des  Arbeitsraumes  in  mehrere  Schiffe  er- 
hält derselbe  gewöhnlich  eine  beträchtliche  Breite,  und  es  entsteht  die 
Aufgabe,  dem  mittlem,  von  den  Fenstern  in  den  Umfassungswänden 
ziemlich  weit  entfernten  Theile  das  nöthige  Licht  zu  verschaffen.  Man 
erreicht  diesen  Zweck  entweder  durch  die  Anbringung  von  Dachfenstern 
oder  durch  eine  mit  Seitenfenstem  versehene  Erhöhung  des  mittleren 
Theils  des  Dachs,  eine  sogenannte  Laterne. 

Dachfenster  besitzen  eine  Reihe  von  Uebelständen,  welche  ihre  An- 
wendung nicht  gerade  räthlich  erscheinen  lassen.  Hierher  gehört  die 
Schwierigkeit,  eine  vollständig  dichte  Verbindung  zwischen  dem  Dache 
und  den  Fenstern  sowie  zwischen  den  einzelnen  Scheiben  der  letzteren 
herzustellen;  die  häufige  Zertrümmerung  der  Scheiben  bei  Sturm  durch 
umhergeschleuderte  losgerissene  Theile  der  Dachbekleidung,  die  Noth- 
wendigkeit,  bei  Schneefall  die  Dachfenster  von  dem  darauf  liegenden 
Schnee  zu  befreien,  wenn  sie  ihre  Bestimmung  erfüllen  sollen.  Man 
zieht  daher  die  Anbringung  einer  Laterne  mit  senkrechten  Fenstern  im 


318  GieBsereien. 

AUgemeiaen  vor.  Die  Dacboonatmction  kann  in  diesem  Falle  eine  sehr 
mannigfaldge  sein.  Ale  Beiepiel  hierfür  kAon  die  achon  früher  mit- 
getheilte  und  in  Fig.  265  wiederholte  DarchscbnitiBzeichuang  der  Eisen- 


giesserei  der  Chemnitzer  Werkzeagmaechinenfabrik  dienen.  Das  Dach 
des  Mittelechifia  wird  hier  von  zwei  Sftulenreihen  getragen,  au  welche 
die  Poltdäcber  der  beiden  SeitenBchiffe  gelehnt  sind.   Die  Zwiacbenräome 


Anlage  nnd  Einrichtong.  319 

swiBchen  den  eimselnen  S&nlen  oberhalb  jener  SeiteDdächer  sind  dnrcb 
Fenster  geechloBMn,  darch  welche  das  Licht  in  das  MittelscbifF  ßÜlt. 
Macht  man  diese  Fenster  am  senkrechte  Aehseu  drehbar  und  Ton  einer 
Bühne  aiu  engängUch,  so  ist  dadurch  eine  vortreffliche  Gelegenheit  enr 
Ventilation  des  gansen  Ranms  gegeben,  welche  in  Rflcksicht  auf  die  beim 
Gieseeu  sich  entwickelnden  Gase  und  DSmpfe  oft  dringend  nöthig  ist. 

Zur  weitem  Grlänt«rung  der  gegebenen  Abbildung  m6gen  folgende 
Notizen  dienen.  Die  L&nge  der  Formerei  nnd  Oiesshalle  ist  im  Lichten 
150  Meter,  die  Breite  des  Mittelschias  ist  16,50  Meter,  jedes  Seitenschifb 
5,75  Meter,  also  totale  Breite  des  Gebäudes  im  Lichten  28  Meter.  Jede 
SAnlenreihe  enthilt  Ifi  Skulen.  C  sind  die  Cnpolftfen,  von  denen  vier  neben 
«inander  in  der  Mitte  der  L&nge  des  Gebäudes  aufgestellt  sind.  DJ)  sind 
Trockenkamniem,  deren  Special zeichanng  schon  früher  (Fig.  166  bis  168  auf 
S.  181  und  182)  gegeben  wurde.  E  ist  die  BetriebsdampfmKSchine  nebst 
Roots'schem  Geblftse,  F  der  Dampfkessel.  Die  Zerkleinerungsmaschinen 
fikr  Sand  und  Kohlen  befinden  eich  auf  der  Buhne  oWbalb  des  rechten  Sei- 
tenschiffs, welche  von  den  unteren  S&ulen  und  der  Umfassungswaad  ge- 
tragen wird,  und  von  der  eiuTheil  zugleich  als  OichtbDhne  fürdieCupol- 
6fen  dient;  die  Hinauf befSrdernng  geschieht  dnrch  einen  mechanischen 
Aufang,  die  zerkleinerten  Materialien  werden,  wie  schon  früher  beschrie- 
ben wurde,  durch  Lutten  cum  Trocknen  auf  die  Decke  der  Trockenkam- 
mern oder  direct  in  den  Giessereiraum  befSrdert. 

Da  bei  Giessereien,  welche  mitErahnen  (oder  Brücken  winden)  arbei- 
ten, sich  die  AnUgekosteu  dee  Gebäudes  durch  die  grössere  HShe  und 
weniger  einfache  Dacbconstructioti  erheblich  steigern,  so  ist  es  im  All- 
gemeinen Regel,  in  diesem  Falle  alle  sonstigen  ftir  die  Giesserei  erforder- 
lichen Apparate,  Maschinen  nnd  dergleichen  iu  besondere  Baulichkeiten 
zu  verlegen,  welche  einfacher  oonstruirt  und  deshalb  billiger  anfgeflÜirt 
werden  kSnnen  als  die  eigentliche  Formerei  nnd  Giesshalle. 

So  s.  B.  lassen  sicü  Trockenkammern  in  der  Weise  anlegen,  dasfl 

Pig.  266. 


320  Einrichtung  der  Giessereien. 

ihre  ThÜr  nach  der  Formerei  zn  mündet,  die  Kammer  selbst  aber  ausser- 
halb derselben  liegt  und  durch  einen  besondern  leichten  Ueberbau  vor 
der  Abkühlung  yon  aussen  geschützt  ist  (Fig.  266). 

Gebraucht  man  Dammgruben,  so  legt  man  dieselben  gern  in  der 
Nähe  der  Schmelzöfen  an,  um  das  flüssige  Metall  unmittelbar  aus  die- 
sen nach  der  in  der  Dammgrube  eingegrabenen  Gnssform  hinleiten  zu 
können. 

Giessereien,  welche  besonderen  Specialitäten  gewidmet  sind,  können 
dementsprechend  mit  besonderen  eigentbümlichen  Einrichtungen  ver- 
sehen  sein.  So  z.  B.  die  modernen  Giessereien  für  RöhrengusSy  von  wel- 
chen unten  in  dem  speciellen  Theile  die  Rede  sein  wird. 


Literatur  (beziehentlich  Abbildungen  ausgeführter  Anlagen). 

Wiebe,  Maschinenbaumaterialien,  S.  525. 

Dürre,  Handbuch,  Bd.  II,  S.  861. 

Fank,  die  Georgs-Marienhütfce  bei  Osnabrück.  Zeitschrift  des  Architek- 
ten- und  Ingenieurrereins  in  HannoTer,  Bd.yil,  S.  321,  Abbildungen 
der  Giesserei,  Taf.  506  und  508. 

Ledebur,  Skizzen  fEbr  die  Anlage  und  Einrichtung  von  Eisengiessereien. 
Berg-  und  Hüttenmännische  Zeitung,  Jahrgang  1871,  S.  197  ff. 

Wiebe,  Skizzenbnch  etc.,  Berlin  159.  Heft  IX  (königl.  Geschützgiesserei 
in  Spandau). 

Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrgang  1868,  Taf.  1  a  und  b;  Jahrgang  1874, 
Taf.  2  a  und  b. 


n.    Die  Formgebung  im  ungesohmolzenen  Zustande 

duroli  äussere  Kräfte. 


1«    Arbeitseigensohaften  der  Metalle  und  Itegirungen  hinsicht- 
lich ihrer  Formveränderung  durch  äussere  Kräfte. 


A.     Dehnbarkeit  und  Zähigkeit. 

unter  der  Einwirkung  einer  äuBseru  Kraft  anf  einen  festen  Körper 
wird  stets  eine  momentane,  wenn  auch  oft  unmerkliche',  Formyerän- 
derung  desselben  heryorgerufen.  Dieser  Vorgang  lässt  sich  nach  den 
Theorien  der  Physik  folgendermaassen  erklären. 

Jeder  Körper  besteht  aus  einer  Anzahl  kleinster  Theilchen  —  Atome  — 
welche  sich  bei  festen  Körpern  in  bestimmter  gegenseitiger  Lage  zu  ein- 
ander befinden.  Diese  Atome  sind  in  ihren  Eigenschaften  nnd  ihrer 
Form  unyeränderlich.  Dieselben  ber&hren  sich  aber  nicht  gegenseitig, 
sondern  ein  jedes  derselben  ist  von  einer  Hülle  eines  unwägbaren  Stoffs 
umgeben,  welchen  man  Aether  nennt.  Zwischen  den  einzelnen  Atomen 
ist  eine  gegenseitige  Anziehungskraft  wirksam,  welche  Cohäsionskraft 
genannt  wird  und  den  Zusammenhang  des  Körpers  bedingt;  sie  hört  auf, 
wenn  zwei  Atome  über  eine  bestimmte  Grenze  hinaus  von  einander  entfernt 
werden;  es  tntt  dann  Bruch  oder  Zerreissung  ein.  Zwischen  den  ein-' 
zelnen  AetherhüUen  findet  dagegen  das  Bestreben  gegenseitiger  Ab- 
stossung  statt,  durch  welches  erst  ein  Gleichgewichtszustand  in  dem  Kör- 
per hergestellt  nnd  es  verhindert  wird,  dass  durch  die  ununterbrochen 
tbätige  Cohäsionskraft  eine  fortschreitende  Verdichtung  des  Körpers  ein- 
trete. Diese  gegenseitig  wirkenden  anziehenden  und  abstossenden  Kräfte 
nennt  man  Molecularkräfte,  und  das  Atom  sammt  seiner  AetherhüUe 
MolecüL  Wenn  nun  auf  den  durch  diese  gegenseitige  Ausgleichung 
der  Molecularkräfte  im  Gleichgewichtszustande  befindlichen  Körper  eine 
dritte  äussere  Kraft  wirkt,  so  wird  jenes  Gleichgewicht  gestört;  es  tritt 

Ledebar,  meohiuiladi-neteUaTgische  Technologie.  21 


322  Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

eine  Nähernng  oder  EntferauDg  einzelner  Atome  nnd  dadurch  eine  Ver- 
änderung der  Form  des  Körpers  ein.  Der  Widerstand  gegen  diese  Form- 
veränderung wächst  mit  dem  Fortschreiten  derselben,  so  dass  auch  unter 
der  Einwirkung  jener  Kraft  sich  bald  ein  Gleichgewichtszustand  her- 
stellt, so  lange  dieselbe  ein  gewisses  Maass  nicht  überschreitet.  Diesen 
Gleichgewichtszustand  sehen  wir  z.  B.  bei  allen  Belastungen  entstehen, 
welche  der  Tragkraft  des  belasteten  Körpers  entsprechen;  es  tritt  eine 
Zusammendrückung,  Durchbiegung  oder  Verlängerung  des  letztem  ein, 
welche  so  lange  fortschreitet,  bis  der  wachsende  Widerstand  gleich  dem 
ausgeübten  Drucke  oder  Zuge  ist  Wenn  also  die  thätige  Kraft  jenes 
erwähnte  Maass  nicht  überschreitet,  so  nimmt  der  Körper  seine  ursprüng- 
liche Form  wieder  an,  sobald  die  Kraft  aufhört,  thätig  feu  sein.  Diese 
Eigenschaft  der  Körper  nennen  wir  bekanntlich  Elasticität.  Ist  aber 
die  Kraft  grösser  als  jenes  Maass,  so  tritt  eine  bleibende  Aenderung  in 
der  Lage  der  Molecüle  gegen  einander,  also  gewissermaassen  eine  Ver- 
schiebung derselben  ein,  welche  beim  Aufhören  der  Krafb  nicht  wieder 
verschwindet;  es  entsteht  eine  bleibende  Form  Veränderung.  Das 
Maass  der  Kraft,  über  welches  hinaus  dieser  Vorgang  sich  zeigt,  ist  die 
Elasticitätsgrenze. 

Steigert  die  Kraft  sich  noch  mehr,  so  wird  schliesslich  die  Cohä- 
sionskraft  überwunden,  der  Zusammenhang  des  Körpers  hört  auf,  es 
tritt  Bruch  oder  Zerreissung  ein.  Der  Festigkeitsmodul  des  Körpers 
giebt  uns  das  Maass  der  Kraft  für  diesen  letztern  Vorgang.  Derselbe 
wird  auch  ohne  Steigerung  der  Kraftintensität  fast  immer  eintreten, 
wenn  eine  und  dieselbe  Kraft,  welche  ausreichend  ist  eine  bleibende 
Formveränderung  hervorzurufen,  anhaltend  auf  den  Körper  wirkt. 
Deun  da  der  Widerstand  des  Körpers  gegen  diese  bleibende  Form- 
veränderung nicht  in  einem  dem  Fortschreiten  derselben  entsprechenden 
Maasse  zunimmt,  und  da  mit  jeder  solchen  Formveränderung  unter  Ein- 
wirkung einer  äussern  Kraft  nothwendigerweise  auch  eine  Verdünnung 
wenigstens  eines  Querschnitts  des  Körpers  verbunden  ist,  so  muss  mit 
zunehmender  Querschnittsverkleinerung  und  gleichbleibender  Kraft  die 
Trennung  erfolgen.  Daher  die  wichtige  Regel,  bei  Constructionstheilen 
niemals  einen  Körper  auf  seine  Widerstandsfähigkeit  über  die  Elasticitäts- 
grrenze  hinaus  in  Anspruch  zu  nehmen. 

Jene  Eigenschaft  der  Körper,  unter  Einwirkung  einer  Krafb  von 
bestimmter  Intensität  eine  bleibende  Form  Veränderung  anzunehmen, 
ist  die  Dehnbarkeit.  Da,  wie  soeben  schon  hervorgehoben  wurde,  bei 
jeder  solcher  Formveränderung  eine  Querschnitts  Verdünnung  stattfindet, 
so  giebt  die  Abmessung  des  geringsten  Querschnitts,  auf  welchen  sich 
ein  Körper  verdünnen  lässt,  ohne  seinen  Zusammenhang  zu  verlieren, 
gewissermaassen  einen  Maassstab  für  die  Dehnbarkeit  desselben. 

Verwandt  mit  der  Dehnbarkeit  ist  die  Zähigkeit.  Wir  verstehen 
unter  diesem  Ausdrucke  das  Maass  des  Widerstandes,  welchen  ein  Kör- 
per,   nachdem    die    Elasticitätsgrenze    überschritten  ist,    der 


Dehnbarkeit  und  Zähigkeit  323 

Trennung  entgegensetzt.  Der  Gegensatz  der  Zähigkeit  ist  die  Sprö- 
digkeit.  Man  misst  die  Zähigkeit  gewöhnlich  durch  Hin-  und  Her- 
biegen eines  an  einem  Ende  eingespannten  Stabes  von  bestimmtem  Quer- 
schnitte; je  mehr  Biegungen  derselbe  erträgt,  ohne  zu  zerbrechen,  desto 
grösser  ist  seine  Zähigkeit. 

Die  Einwirkung  der  erwähnten  formverändernden  Kräfte  auf  einen 
Körper  kann  in  mehrfacher  Weise  erfolgen.  Denkt  man  sich  von  zwei 
neben  einander  befindlichen  Molecülen  des  Körpers  das  eine  festliegend, 
während  auf  das  andere  eine  Kraft  in  der  Richtung  der  durch  die  Schwer- 
punkte beider  Molecüle  gelegten  geraden  Linie  in  solcher  Weise  wirkt, 
dass  eine  Entfernung  beziehentlich  Trennung  der  Molecüle  in  der  an- 
gegebenen Richtung  ei*folgen  muss,  so  entsteht  Zug,  und  der  Körper  setzt 
der  Trennung  der  Molecüle  seine  Zugfestigkeit,  Zerrreissungs- 
festigkeit  oder  absolute  Festigkeit  entgegen^). 

Wirkt  die  Kraft  in  derselben  Linie,  aber  umgekehrter  Richtung, 
also  dem  ersten  Molecüle  zustrebend,  so  wird  eine  Näherung  der  Mole- 
cüle bewirkt,  es  entsteht  Druck  und  der  Körper  setzt  einer  Trennung 
(welche  übrigens  in  diesem  Falle  niemals  direct,  sondern  nur  in  Folge 
einer  seitlichen  Verschiebung  der  gedrückten  Molecüle  erfolgen  kann) 
seine  Druck-  oder  rückwirkende  Festigkeit  entgegen'). 

Wirkt  eine  Kraft  auf  das  eine  Molecül  in  tangentialer  Richtung 
gegen  die  durch  die  Schwerpunkte  gelegte,  als  Halbmesser  gedachte,  Linie, 
während  das  andere  Molecül  als  festliegend  gedacht  wird,  so  erfolgt  Yer* 
Schiebung  ohne  Entfernung  der  Molecüle:  Biegung.  Bei  der  Ein*- 
Wirkung  einer  solchen  Kraft  auf  ein  Aggregat  von  Molecülen,  als  wel- 
ches wir  uns  jeden  festen  Körper  denken  müssen,  werden  jedoch  nur  die 
in  der  sogenannten  neutralen  Faser  befindlichen  Molecüle  in  dieser 
Weise  in  Anspruch  genommen,  während  zu  beiden  Seiten  dieser  neu- 
tralen Faser  die  Kraft  sich  zerlegt,  auf  der  einen  Seite  zerreissend,  auf 
der  andern  drückend  wirkt.  Die  Festigkeit,  mit  welcher  ein  Körper  der 
Trennung  durch  Biegung  widersteht,  heisst  Biegungs-  oder  relative 

Festigkeit 

Wirkt  diflse  Kraft  nicht  tangential,  sondern  normal  gegen  die  Schwer- 
punktslinie, ändert  sie  also  nicht  ihre  Richtung  bei  eintretender  Verschie- 
bung der  Molecüle,  so  erfolgt  eine  Entfernung  der  letzteren,  beziehentlich 
Trennung,  durch  Abscheerung  (Abscheerungsfestigkeit). 

Wirkt  endlich  die  Kraft  in  solcher  Weise,  dass  sie  das  eine  Molecül 
um  eine  Linie  zu  drehen  sich  bestrebt,  welche  den  Schwerpunkt  des  fest- 
liegenden Molecüls  schneidet,  das  bewegliche  tangirt,  so  tritt  Ver- 
drehung oder  Torsion  ein  (Torsionsfestigkeit). 


*)  Statt  eines  festliegenden  Molecüls  und  einer  auf  ein  zweites  Molecül  wir- 
kenden Kraft  kann  man  auch  zwei  in  gleicher  Linie  aber  entgegengeseta^er 
Biehtung  thätige  Kräfte  annehmen,  von  denen  ajif  jedes  Molecül  eine  wirkt. 

a)  Wie  ad  1. 

21* 


324  Formgebung  durch  äussere  Kraft 

Bei  der  roben  Formgebung  kommen  vorwiegend  die  beiden  ersAeren 
Fälle,  bei  der  Vollendung  der  Form  die  drei  letzteren  in  Betraobt. 

Aufl  der  eben  gegebenen  Frklämng  des  Begriffs  ,,Debnbarkeit**  und 
Zabigkeit''  folgt,  dass  beide  Eigenschaften  in  dem  Augenblicke  beginnen, 
wo  unter  Einwirkung   einer  Kraft    die  Elasticjtätsgrenze  überschritten 
wird;  dass  ihre  Wirkung  erschöpft  ist,  wenn  Trennung  erfolgt,  dass  also, 
wenn  man  bei  einem  Körper  für  beide  Vorgänge  Zahlenwertbe  kennt,  die 
Differenz  derselben  ein  Maass  für  die  Zähigkeit  und  auch  wenigstens  einen 
wichtigen  Factor  für  die  Dehnbarkeit  abgiebt.  Denn  je  grösser  jene  Diffe- 
renz ist,  desto  weniger  Gefahr  ist  vorhanden,  dass  bei  der  Formverände- 
rnng  eine  Trennung  eintrete,  und  mit  desto  grösserer  Beschleunigung 
kann  dieselbe  vorgenommen  werden.     Die  Dehnbarkeit  ist  hier  gewisser- 
roaassen  die  Folge  der  Zähigkeit.     Für  die  erstere  muss  aber  noch  die 
Fähigkeit  des  Körpers  hinzutreten,  eine  möglichst  grosse  bleibende  Ver- 
dünnung der  Querschnitte  unter  entsprechender  Ausdehnung  der  Länge 
—  Strecken  genannt  —  zu  ertragen.     Diese  Fähigkeit  wird  durch  meh- 
rere Umstände  beeinflusst.     Hierher  gehört  zunächst  die  Beschaffenheit 
des  Gefüges.     Ein  Metall  mit  grob  krystallinischem  Gefüge  wird  im  All- 
gemeinen weniger  geeignet  sein,  starke  Verdünnungen  zu  ertragen,  als 
ein  fein  krystallinisches;  ein  sehniges  Metall,  z.B.  sehniges  Schmiedeeisen, 
weniger  als  kömiges  (Feinkomeisen ,  Stahl).     Aber  auch  die  Reinheit 
des  Gefüges    von    mechanisch   eingelagerten    fremden  Körpern  ist  von 
hoher  Wichtigkeit  für  die  Dehnbarkeit.     Denn  da  der  Querschnitt  jener 
fremden  Körper  bei  der  fortschreitenden  Verkleinerung  des  Metallstück- 
Querschnitts  unverändert  bleibt,  so  wächst  mit  dieser  Verkleinerung  die 
Benachtheiligung  der  Festigkeit;   und   als  extremsten  Fall    kaun    man 
sieh  die  Verkleinerung  soweit  fortgeschritten  denken,  dass  der  unver- 
ändert gebliebene  Querschnitt  des  fremden  Körpers  gleich  dem  verdünnten 
Querschnitte  des  Metallstücks  ist,  er  also  den  Zusammenhang  völlig  un- 
möglich macht     Jedenfalls  wird  schon  weit  früher  in  Folge  der  ver- 
ringerten Festigkeit  Trennung   erfolgen.      Solche   fremde  Körper   sind 
Schlackenpartikelchen,  Oxydationsproducte,  Kohlenstückehen  und  derglei- 
chen. Aber  auch  Hohlräume  —  entstanden  durch  Gasblaseik  oder  in  Folge 
der  Schwindung  —  können  ähnlich  wirken.    Denn  wenn  auch  der  Quer- 
schnitt  dieser  Hohlräume    sich    mit  der  fortschreitenden  Querschnitts- 
verdünnung des  Metallatücks  gleichfalls  verkleinert,  so  beeinträchtigen 
sie  die  Festigkeit  in  dem  Verhältnisse  ihres  eigenen  Querschnitts  zu  dem 
totalen ;  und  ein  völliges  Verschwinden  tritt  nicht  immer  ein. 

Hieraus  folgt,  dass  die  Art  der  Metalldarstellung  und  die  etwa  schon 
vorausgegangene  Verarbeitung  durch  Giessen  von  nicht  geringem  Ein- 
flüsse auf  die  Dehnbarkeit  ist.  Je  mehr  das  Arlieitsverfahren  bei  diesen 
vorausgegangenen  Arbeiten  die  Abscheidung  fremder  Stoffe  gestattet, 
und  je  freier  von  Hohlräumen  das  Metall  aus  dem  meistens  stattgehabten 
Giessprocesse  hervorging,  desto  grösser  ist  im  Allgemeinen  seine  Dehn- 
barkeit.   Daher  finden  wir,  dass  durch  jeden  Process,  welcher  eine  solche 


Dehnbarkeit  und  Zähigkeit  325 

Abscheidang  fremder  Körper  mit  sich  bringt,  die  Dehnbarkeit  gesteigert 
wird;  und  dass  nnr  solche  Met^Ue  den  höchsten  Grad  der  Dehnbarkeit 
besitzen,  deren  Preis  ihre  Darstellung  in  grösster  Reinheit  gestattet 
(Gold,  Silber) ;  dass  aber  anch  bei  dem  Yorausgehenden  Gtiessen  die  Dehn- 
barkeit dnrch  solche  Kunstgriffe  erhöht  werden  kann,  welche  die  Bildung 
von  Hohlräumen  verhüten  (Anwendung  eines  verlorenen  Kopfes;  Giessen 
unter  Druck,  beim  Neusilber  Giessen  in  grossen  Blöcken,  die  man  in 
kleinere  zertheilt,  weil  grössere  erstarrende  Metallmassen  aus  nahe- 
liegenden Gründen  relativ  weniger  Gasblasen  suspendirt  behalten  als 
kleinere,  u.  s.  f.). 

Da  für  die  Elasticität  und  Festigkeit  der  Körper  ganz  verschiedene 
Werthe  entfallen,  je  nachdem  dieselben  durch  Zug  oder  Druck  in  An- 
spruch genommen  werden,  so  ist  auch  die  Zähigkeit  und  Dehnbarkeit 
f&r  beide  Fälle  eine  verschiedene.  Im  Allgemeinen  ist  die  Dehnbarkeit 
der  Metalle  grösser  bei  Druck  als  bei  Zug,  und  es  liegt  diese  Thatsache 
zum  Theil  darin  begründet,  weil  anch  die  Dimckfestigkeit  eine  grössere 
als  die  Zerreissungsfestigkeit  ist. 

So  einfach  es  nun  auch  auf  den  ersten  Blick  erscheinen  mag,  durch 
Gegenüberstellung  der  Zahlenwerthe  für  Elasticitätsgrenze  und  Festigkeits- 
modul der  Metalle  Resultate  für  die  Zähigkeit  derselben  aufzustellen,  so 
erhebliche  Schwiengkeiten  stellen  sich  doch  einer  solchen  genauen  Be- 
rechnung entgegen.  Denn,  wie  schon  im  ersten  Abschnitte  erwähnt 
wurde,  liegt  die  Festigkeit  eines  und  desselben  Metalls  oft  zwischen  sehr 
weiten  Grenzen  und  ist  nicht  allein  von  chemischen  und  mechanischen 
Beimengungen,  sondern  auch  von  der  vorausgegangenen  Bearbeitung  ab- 
hängig. Noch  grösser  zeigt  sich  der  Einfluss  dieser  letzteren  auf  die 
Elasticitätsgrenze  der  Metalle ;  wie  unten  ausführlieher  erwähnt  werden 
soll,  steigt  die  Elasticitätsgrenze  fast  immer  mit  fortschreitender  Form- 
Veränderung  durch  äussere  Kraft  und  föllt  wieder,  wenn  der  bearbeitete 
Körper  einer  Erhitzung  ausgesetzt  wird. 

Wertheim  hat  über  die  Elasticitätsgrenze  und  Zerreissungsfestig- 
keit  einzelner  Metalle  Versuche  mit  Drähten  von  1  Millimeter  Duroh- 
messer angestellt,  deren  Ergebnisse  in  der  folgenden  Tabelle  angegeben 
sind  und  denen  wir  die  Differenzwerthe  gegenübergesteUt  haben.  Die 
Versuche  wurden  sowohl  mit  frisch  gezogenen  als  mit  solchen  Drähten 
angesteUt,  welche  nach  der  Verarbeitung  zuvor  erhitzt  (angelassen) 
worden  waren. 


326                      Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

Ela8ticität.8-  Gewicht 

grenze  beim  Zerreissen 

Kilogramm        Kilogramm 

TO.;                    /gezogen                 0^5  2,07 

^^^^ \  angelassen             0,20  1,80 

„,                      j  gezogen                 0,45  2,45 

^*°^ [  angelassen             0,20  .                1.70 

Gold                  (gezogen               13,50  27,00 

^^^^ \  angelassen             3,00  10,08 

ffilW                I  gezogen               11,25  29,00 

"^'^^^"^ \  angelassen            2,75  16,02 

Zink ««^T^                 ^/^i  ^2'^^ 

[  angelassen             1,00  — 

KuDfer              (gezogen               12,00  40,30 

^      \  angelassen             3,00  30,54 

Platin ««^«f "              ?KS  im 

\  angelassen           14,60  23,60 

Sofamiedeeisen     «^'T"              l^'^n  ?Ao 

l  angelassen            5,00  46,88 

Gnssstahl  ...     ««^T''              ^H  f  ^'^n 

\  angelassen             5,0  65,75 

Stahldraht  .  .      «^"T''              ^^'^^  ^^'^^ 

\  angelassen           15,00  40,00 


Differenz 
Kilogramm 

1,82 
1,60 

2,00 
1,50 

13,50 
7,08 

17,75 
13,27 

12,05 

28,30 
27,54 

8,10 
9,00 

28,60 

41,88 

24,40 
60,75 

27,50 
25,00 


Hiemach  besitzen  angelassene  Drähte  aus  Gussstahl  und  Schmiede- 
eisen die  bedeutendste  Zähigkeit  bei  der  Wirkung  durch  Zug,  ein  Ergeb- 
niss,  welches  den  Erfahrungen  der  Praxis  entspricht,  während  manche 
andere  der  gefundenen  Verhältnisszahlen  kaum  durchaus  stichhaltig  sein 
dürften.  Man  darf  jedoch  nicht  vergessen,  dass  diese  Werthe  nur  für 
Inanspruchnahme  durch  Zugkraft  Geltung  haben  können,  und  dass  bei 
der  oben  erwähnten  Prüfung  der  Zähigkeit  durch  Biegen  vollständig 
andere  Werthe  in  Rechnung  treten  müssen. 

Für  die  Zerreissungsfestigkeit  von  1  Millimeter  starken  Drähten 
giebt  auch  Earmarsch  Werthe  i),  welche  jedoch  von  den  oben  mit- 
getheilten  erheblich  abweichen,  ein  Beweis,  wie  schwierig  es  ist,  zu  nur 
annähernd  übereinstimmenden  Resultaten  zu  gelangen. 

Künzel  misst  die  Zähigkeit  der  Metalle  (insbesondere  der  Bronze) 
durch  die  Grösse  der  bleibenden  Ausdehnung,  welche  das  Metall  erträgt, 
ohne  zu  zerreissen  ').  Auch  auf  diesem  Wege  lassen  sich  aber  nur  solche 
Metalle   vergleichen,    deren    vorausgegangene   Bearbeitung   eine    ganz 


1)  Karmarsch,  Mechanische  Technologie,  5.  Auflage,  8.  196. 
*)  Künzel,  üeber  Bronzelegirungen,  B.  28. 


Dehnbarkeit  und  Zähigkeit.  327 

gleiche  war,  und  der  Auffindung  zuverlässiger  Durchschnittswerihe  für 
alle  Metalle  stellen  sich  hier  die  nämlichen  Schwierigkeiten  entgegen 
als  der  Berechnung  aus  Elasticitätsgrenze  und  Festigkeit. 

Noch  weniger  lässt  sich  durch  Rechnung  oder  einzelne  Versuche  die 
Dehnbarkeit  ermitteln,  bei  welcher  noch  die  oben  erwähnten  Neben- 
umstände mitwirken.  Nur  eine  grosse  Anzahl  von  Beobachtungen  wird 
im  Stande  sein,  die  Aufstellung  einer  annähernd  richtigen  Stufenleiter 
der  Dehnbarkeit  der  Metalle  zu  ermöglichen. 

Unter  Benutzung  einer  solchen  vonPercy  gegebenen  Stufenleiter  i) 
sind  in  folgender  Tabelle  die  wichtigeren  Metalle  und  Legirungen  ihrer 
abnehmenden  Dehnbarkeit  entsprechend  geordnet: 

Dehnbar durchStossundDruck  -«x  t     i        i        ^    r, 

/TT»  Ti  xxr  ^      \  Dehnbar  durch  Zug: 

(Hämmern,  Pressen,  Walzen):  ^ 

Gold,  Gold, 

Silber,  Silber, 

Kupfer,  Platin, 

Aluminium,  Aluminium, 

Phosphorbronze  (?),  Phosphorbronze, 

Messing  und  Tomback,  mit  einem    Feinkorn  eisen  und  Stahl, 

Zinkgehalte  bis  etwa  30  Proc.         Messing  und  Tomback,   mit  einem 

Neusilber,  Zinkgehalte  bis  30  Proc. 

Zinn,  Neusilber, 

Platin,  Kupfer, 

Blei,  Nickel  (?), 

Feinkorneisen  und  Stahl,  Sehniges  Schmiedeeisen, 

Zink,  Gewöhnliche  Bronze,  mit  höchstens 

Gewöhnliche    Bronze,     mit  einem         6  Proc.  Zinn, 

Zinngehalte  bis  6  Proc.  Zink, 

Sehniges  Schmiedeeisen,  Zinn, 

Nickel.  Blei. 

Einfluss  der  Temperatur  auf  die  Dehnbarkeit. 

Wenn  ein  Metall  erwärmt  wird,  so  verändert  sich  dadurch  seine 
Elasticität  und  seine  Festigkeit,  und  zwar  findet  fast  immer  eine  Ver- 
ringerung des  Maasses  beider  Eigenschaften  statt.  Gewöhnlich  wird 
aber  die  eine  derselben  in  stärkerm  Maasse  als  die  andere  durch  die 
Erhitzung  beeinflusst,  und  demzufolge  ändert  sich  alsdann  auch  die 
Dehnbarkeit.  Wenn  die  Elasticität  in  stärkerm  Maasse  geschwächt  wird 
als  die  Festigkeit,  so  wird  die  Dehnbarkeit  gesteigert;  im  umgekehrten 
Falle  nimmt  die  Dehnbarkeit  ab.  Wenn  schliesslich  die  Erhitzung  bis 
zu  einem  solchen  Grade  gesteigert  wird,  dass  Schmelzung  eintritt,  so 
verschwinden  beide  Eigenschaften  ganz. 


1)  Percy-Knapp,  MetaUurgie,  Band  I,  Seite  8. 


328  Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

Viele  Metalle  nehmen  bei  der  Erhitzung  an  Dehnbarkeit  zu.  Hier- 
her gehören  im  Allgemeinen  Schmiedeeisen  und  Stahl,  Kupfer,  Messing 
mit  35  bis  40  Proc.  Zink,  Bronzen  u.  a.  Beim  Zink  nimmt  die  Dehn- 
barkeit beim  Erwärmen  bis  auf  150^0.  zu,  dann  aber  ra^ch  ab  und  ist 
bei  200®  soweit  verschwunden,  dass  es  sich  durch  Stossen  in  Polver  yer- 
wandeln  lässt.  Man  nennt  solche  Metalle,  welche  in  der  K&lte  spröde,  in 
der  Wärme  dehnbar  sind,  kaltbrüchig  und  die  betreffende  Eigen- 
schaft Kaltbruch;  solche  Metalle  dagegen,  deren  Dehnbarkeit  bei  der 
Erwärmung,  insbesondere  bei  Rothgluht,  verschwindet,  rothbrüchig  und 
die  betreffende  Eigenschaft  Rothbruch. 

Bisweilen  übt  eine  rasche  Abkühlung  des  auf  eine  bestimmte  Tem- 
peratur erhitzten  Metalls  (z.  B.  durch  Eintauchen  in  kaltes  Wasser)  be- 
merkenswerthe  Einflüsse  auf  die  Dehnbarkeit  aus.  Sfcahl  verliert  da- 
durch an  Dehnbarkeit,  Bronze  nimmt  an  Dehnbarkeit  zu.  Bei  dem 
erstem  liegt  der  Grund  für  die  Abnahme  der  Dehnbarkeit  höchstwahr- 
scheinlich in  dem  Umstände,  dass  Kohlenstoff  bei  plötzlicher  Abkühlung 
chemisch  gebunden  bleibt,  wie  wir  es  früher  auch  bei  plötzlicher  Abküh- 
lung flüssigen  GusBeisens  gesehen  haben,  das  Kohlenstoffeisen  aber  spröde, 
undehnbar  ist;  bei  der  Bronze  beruht  die  Zunahme  der  Dehnbarkeit 
durch  plötzliche  Abkühlong  auf  der  verhinderten  Saigerung,  durch 
welche  zinnreichere  spröde  Legirungen  sich  selbstständig  auscheiden  und 
dadurch  die  Gleichmässigkeit  der  Zusammensetzung  und  somit  auch  die 
Dehnbarkeit  des  Ganzen  beeinträchtigen. 

Aehnlich  wie  die  Bronze,  doch  in  schwächerm  Maasse  soll  sich  auch 
Kupfer  verhalten,  wohl  in  Folge  des  Umstandes,  dass  das  Gefüge  bei 
rascher  Abkühlong  ein  feinkörnigeres  wird. 

Einflüsse  chemischer  Beimengungen  auf  die  Dehnbarkeit. 

Diese  Einflüsse  sind  ungemein  zahlreich  und  nur  bei  wenigen  Me- 
tallen in  annähernd  vollständiger  Weise  erforscht  worden.  Oft  genügen 
sehr  geringe  Beimengungen  eines  fremden  Körpers,  erhebliche  Aende- 
rungen  hervorzurufen;  und  nicht  selten  ist  der  Fall,  dass  diese  Einflüsse 
wieder  vollständig  geändert,  auch  wohl  ganz  aufgehoben  werden,  wenn 
ein  zweiter  fremder  Körper  zu  dem  ersten  hinzutritt. 

Welche  Einflüsse  beim  Eisen  durch  den  Kohlenstoffgehalt  hervor- 
gerufen werden,  ergiebt  sich  schon  aus  der  früher  gegebenen  Nomencla- 
tur  als  Gusseisen,  Stahl  und  Schmiedeeisen,  unterschieden 
durch  das  Maass  des  Kohlenstoffgehalts,  und  ans  den  über  die  Dehnbar- 
keit dieser  Körper  gegebenen  Mittheilungen.  Während  das  kohlenstoff- 
reiche Boheisen  gar  nicht  dehnbar  ist,  wächst  im  Aligemeinen  die  Yer- 
arbeitungsfähigkeit  durch  Zug-  und  Druckkräfte  mit  abnehmendem 
Kohlenstoffgehalte;  d.  h.  während  eine  Veränderung  der  Form  und  eine 
Verdünnung  der  Querschnitte,  so  lange  die  letztere  nicht  ein  gewisses 
Maass  übersteigt,  am  leichtesten  bei  den  kohlenstofißlrmsten  Eisensorten 


Dehnbarkeit  und  Zähigkeit.  329 

in  höherer  Temperatur  ausführbar  ist,  gelingt  die  Verdünnung  auf  die 
kleinsten  Querschnitte  nur  bei  den  Eisensorten  mit  mittlerm  Kohlen- 
stoffgehalte  (Stahl  und  Feinkorneisen)  in  weniger  hoher  Temperatur, 
weshalb  wir  diese  in  der  obigen  Stufenleiter  der  Dehnbarkeit  auch  dem 
kohlen stoffarmern  Eisen  (sehniges  Schmiedeeisen)  vorangestellt  haben. 

Ein  Phosphorgehalt  macht  das  Eisen  kaltbrüchig,  d.  h.  verringert 
die  Festigkeit  in  der  Kälte.  Nach  Styffe  steigert  sich  durch  den  Phos- 
phorgehalt  die  Elasticitätsgrenze;  die  Folge  beider  Einwirkungen  ist  die 
Abnahme  der  Zähigkeit  und  Dehnbarkeit,  welche  durch  praktische  Er- 

e 

fahrungen  vielfach  bestätigt  wird.  Nach  Akerman  liegen  bei  phos- 
phorreichem Eisen  Elasticitätsgrenze  und  Festigkeit  oft  so  nahe  bei  ein- 
ander, dass  das  Eisen  schon  in  dem  Augenblicke  bricht,  wo  die  Elasti- 
citätsgrenze überschritten  ist. ' 

In  massiger  Glühhitze  verliert  sich  dagegen  diese  Einwirkung  des 
Phosphorgehalts  und  die  Dehnbarkeit  nimmt  durch  einen  massigen  Phos- 
phorgehalt eher  zu  als  ab. 

Der  erwähnte  £^nfluss  des  Phosphors  wächst  mit  steigendem  Eohlen- 
stoffgehalte,  so  dass  ein  weniger  hoch  gekohltes  Eisen  mit  demselben 
Phosphorgehalte  noch  völlig  brauchbar  sein  kann,  welcher  es  bei  höherm 
Kohlenstoffgehalte  völlig  unbenutzbar  macht  ^).  Ein  geringer  Mangan- 
gehalt scheint  den  Einfluss  des  Phosphors  abzuschwächen. 

Ein  Schwefelgehalt  macht  das  Eisen  rothbrüchig,  verringert  aber 
die  Festigkeit  in  der  Kälte  weniger.  Der  Einfluss  ist  am  stärksten  in 
dunkler  Bothgluth,  weniger  stark  in  höherer  wie  in  niedrigerer  Tempe- 
ratur. Schon  ein  Gehalt  von  0,01  Proc.  Schwefel  übt  einen  merkbaren 
Einfluss  in  dieser  Hinsicht  und  ein  Eisen  mit  0,05  Proc.  ist  in  den  mei- 
sten Fällen  kaum  noch  verarbeitbar,  wenn  die  Verarbeitung  bis  zur 
dunkeln  Rothgluht  fortgesetzt  wird,  wohl  aber  in  heller  Bothgluht,  wo 

nach  Akerman  ein  Schwefelgehalt  von  selbst  0,1  Proc.  noch  unschäd- 
lich wirken  kann. 

Silicium  verringert  die  Festigkeit,  dadurch  auch  die  Dehnbarkeit  in 
der  Kälte  und  in  höherm  Maasse  in  der  Wärme.  Nach  Mräzek  wirkt 
ein  Mangangehalt  des  Eisens  diesen  nachtheiligen  Einflüssen  des  Silioiums 
entgegen,  so  dass  ein  Eisen  selbst  mit  mehr  als  1  Proc.  Silicium  noch 
bearbeitbar  sein  kann,  wenn  es  daneben  noch  entsprechende  Mengen 
von  Mangan  enthält. 

Nach  Gautier  hat  ein  Mangangehalt  von  1  bis  1,4  Proc.  ausser 
den  soeben  erwähnten,  die  nachtheiligen  Einflüsse  von  Phosphor  und 
Silicium,  vielleicht  auch  des  Schwefels,  abschwächenden  Einwirkungen 
bei  kohlenstoffarmen  Eisensorten  eine  Erhöhung  der  Elasticität  und  Festig- 
keit zur  Folge,  ohne  die  Dehnbarkeit  zu  benachtheiligen,  giebt  also  dem 


^)  Ein  kohlenstofifarmeres  Eisen  erträgt  bisweilen  einen  Phosphorgebalt  bis 
zn  0,75  Proc,  während  ein  kohlenstoinreicheres  schon  durch  einen  Phospbor- 
gehalt  von  0,06  Proc.  unbenutzbar  werden  kann. 


V 


,* 


330  Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

kofalensioficirmeni    Eisen    ähnliche    Eigenschaften    als    in    gewöhnlichen 
Fällen  ein  gesteigerter  Eohlenstoffgehalt  ^). 

üeber  die  Einflüsse,  welche  fremde  Körper  auf  die  Dehnbarkeit  des 
Kupfers  ansahen,  sind  yon  Hampe  eingehende  und  lehrreiche  Unter» 
suchnngen  angestellt  worden  ^). 

Hiemach  verringert  ein  Gehalt  von  Kupferoxydul  von  0,45  Proc. 
(entsprechend  0,05  Proc.  Saaersto£f)  die  Zähigkeit  des  reinen  Kapfers 
merklich,  nicht  aber  die  Dehnbarkeit  (?).  Bei  0,90  Proc.  Kupferoxydul 
(0,10  Proc.  Sauerstoff)  wird  die  Dehnbarkeit  in  der  Kälte  verringert, 
weniger  in  der  Rothgluth.  Bei  2,25  Proc.  Kupferoxydul  (0,25  Proc 
Sauerstofif)  im  reinen  Kapfer  ist  die  Dehnbarkeit  in  der  Kälte  merklich 
verringert;  und  erst  bei  6,70  Proc.  Kupferoxydul  zeigte  sich  entschiede- 
ner Rothbruch. 

Während  man  früher  annahm  (Karsten,  Percy  u.  A.),  dass  metal- 
lisches Arsen  schon  bei  einem  Gehalte  von  0,15  Proc.  die  Dehnbarkeit 
des  Kupfers  in  der  Kälte  und  noch  mehr  in  der  Wärme  benachtheilige, 
erhöht  nach  Hampe  ein  Arsengehalt  von  0,55  Proc.  sogar  die  Zähig- 
keit und  Dehnbarkeit  in  der  Kälte,  sobald  es  im  metallischen  Zu- 
stande vorhanden  ist,  und  erst  bei  einem  Gehalte  von  1  Proc.  zeigt 
sich  Rothbruch  und  Abnahme  der  Dehnbarkeit  in  der  Kälte.  Im  oxydir- 
ten  Zustande  dagegen  macht  das  Arsen  als  arsensaures  Kupferoxydul 
schon  bei  0,55  Proc.  Arsen  (entsprechend  2  Proc.  arsensaurem  Kupfer- 
oxydul) das  Kupfer  znr  Verarbeitung  in  der  Kälte  unbrauchbar,  in  der 
Rothgluth  schwer  bearbeitbar. 

Ein  Gehalt  von  Antimon  übt  ähnliche  Einflüsse  als  Arsen;  d.  h. 
metallisches  Antimon  erhöht  in  geringen  Mengen  die  Dehnbarkeit,  wäh- 
rend antimonsaures  Kapferoxydul  sie  benachtheiligt,  jedoch  in  geringerm 
Maasse  als  die  arsensaure  Verbindung. 

Blei  übt  auf  die  Dehnbarkeit  des  Kupfers  höchst  nachtheilige  Ein- 
flüsse und  beeinträchtigt  dieselbe  in  höherer  Temperatur  mehr  noch  als 
in  niedriger«  Ein  Gehalt  von  0,4  Proc.  Blei  macht  schon  das  Kupfer 
bei  allen  Temperataren  schwer  verarbeitbar,  während  nach  Hampe  die- 
selbe Menge  Blei  im  oxydirten  Zustande  weit  weniger  nachtheilig  wirkt. 

Ein  Gehalt  an  Wismuth  im  metallischen  Zustande  beeinträchtigt 
in  den  kleinsten  Mengen  die  Dehnbarkeit  des  Kupfers  in  nachtheüigster 
Weise,  mehr  in  der  Wärme  als  in  der  Kälte.  Schon  bei  0,05  Proc.  Wis- 
muth zeigt  sich  deutlicher  Rothbruch,  bei  0,1  Proc.  ist  das  Kupfer  in 
der  Hitze  unbearbeitbar ,  in  der  Kälte  nur  noch  wenig  dehnbar.  Weni- 
ger schädlich  wirkt  das  oxydirte  Wismuth,  und  eine  gleichzeitige  An- 
wesenheit von  Antimon  schwächt  gleichfalls,  so  lange  beide  Metalle  im 


^)  Oesterreicbische  Zeitschrift  für  Berg-  and  Hüttenwesen,  Jahrgang  1876, 
Seite  380. 

^  Zeitschrift  für  Berg-,  Hütten-  and  Salinenwesen  im  preossischen  Staate, 
Band  22,  Seite  94  ff. 


Dehnbarkeit  und  Zähigkeit  331 

metaUischen  Zustande  yorfaanden  sind,  die  nachtheiligen  Einflüsse  des 
Wismuths  merklich  ab,  viel  betrachtlicber  aber,  wenn  eine  Verbindung 
als  antimonsaures  Wismuthoxyd  entstanden  ist,  wobei  selbst  Mengen 
Ton  0,2  Proc.  dieses  Salaes  (enthaltend  0,06  Proc.  Wismuth)  kaum  ver- 
ändernd auf  die  Eigenschaften  des  Kupfers  einwirken. 

Zinn  unter  1  Proc  beeinflusst  die  Dehnbarkeit  des  Kupfers  nicht 
merklich,  wohl  aber  bei  steigendem  Grehalte,  weshalb  die  Bronzen  weni* 
ger  dehnbar  als  Kupfer  sind.  Ein  Zinngehalt,  welcher  6  Proc.  über- 
steigt, benimmt  der  Bronze  in  Folge  der  Steigerung  der  Elasticität  die 
Dehnbarkeit  in  der  Kälte  fast  vollständig,  in  der  Rothgluth  bleibt  sie 
verarbeitbar  bis  zu  einem  Zinngehalte  von  15  Proc.  Erst  wenn  der 
Zinngehalt  bis  über  50  Proc.  steigt,  zeigt  sich  wieder  etwas  Dehnbarkeit, 
jedoch,  da  bei  diesem  hohem  Zinngehalte  nunmehr  mit  der  Elasticität 
auch  die  Festigkeit  abnimmt,  in  geringerm  Grade  als  bei  den  zinnärmeren 
Bronzen. 

Kupferoxydul  und  Zinnoxjd  beeinträchtigen  die  Zähigkeit  der 
Bronze ,  Phosphor .  erhöht  sie  in  beträchtlichem  Maasse  in  Folge  dei*  Re- 
duction  der  genannten  Oxyde.  Zufolge  der  durch  Künzel  mitgetheilten, 
in  der  Yersuchsanstalt  von  D.  Kirkaldy  in  London  angestellten  Zer- 
reissungsversuche  wurde  bei  Anwendung  alter  oxydreicher  Bronze, 
welche  einem  Schmelzprocesse  unterworfen  wurde,  die  Zähigheit  dersel- 
ben durch  Polen  um  40  Proc.,  durch  Phosphorzusatz  um  240  Proc. 
erhöht  ^). 

Blei  verringert  die  Zähigkeit  und  Dehnbarkeit  der  Kupferzinnlegi- 
rungen  in  ähnlicher  Weise  wie  die  des  reinen  Kupfers;  Arsen  und  Anti- 
mon sollen  nach  Künzel  schon  in  Mengen  unter  0,19  Proc.  den  glei- 
chen Erfolg  haben,  wahrscheinlich  ist  es  nachHampe's  oben  mitgetheil- 
ten Ermittelungen  über  die  Einwirkungen  dieser  Metalle  auf  das  reine 
Kupfer,  dass  auch  hier  ihre  Oxyde  nachtheiliger  wirken  als  die  metal- 
lischen Körper.  Dadurch  wäre  gleichzeitig  ein  neuer  Grund  für  die 
wohlthätige  Wirkung  des  reducirenden  Phosphorzusatzes  gefunden. 

Zink  bis  zu  20  Proc  dem  Kupfer  zugesetzt  (Tomback)  benachtheiligt 
die  Dehnbarkeit  desselben  in  der  Kälte  weniger  als  das  Zinn,  wohl  aber 
in  der  Wärme.  Bei  mehr  als  20  Proc.  Zink  nimmt  die  Dehnbarkeit  in 
der  Kälte  ab,  bei  35  bis  40  Proc.  Zink  verringert  sich  dagegen  nach 
Kar  marsch  der  Rothbruch,  und  das  Metall  ist  in  der  Kälte  wie  in  der 
Wärme  verarbeitbar  (schmiedbares  Messing);  bei  mehr  als  25  Proc.  Zink 
verliert  sich  die  Dehnbarkeit  in  allen  Temperaturen,  und  erst  bei  einem 
Zinkgehalte  von  mehr  als  90  Proc.  nähert  sich  das  Verhalten  der  Legi- 
rung  mehr  und  mehr  dengenigeu  des  reinen  Zinks. 

Kupferoxydul,  Blei,  Zinn,  Arsen,  Wismuth,  Antimon  wirken  den 
allgemeinen  darüber  gemachten  Erfahrungen  zufolge  ähnlich  auf  die 
Kupferzinklegirungen  als  auf  reines  Kupfer ,  eingehende  Untersuchungen 


^)  Künzel,  op.  cit.  p.  30. 


332  Formgebung  durch  äussere  Kraft« 

darüber  wurden  bislang  nicht  angestellt.  Ein  Zusatz  von  Zink  zur 
Bronze  erhöht  nach  Künzel  Festigkeit  und  Elasticität  derselben,  so 
lange  derselbe  weniger  als  2  Proc.  beträgt;  in  grösseren  Mengen  aber 
verringert  derselbe  die  Zähigkeit  in  beträchtlichem  Maasse. 

Nickel,  zum  Kupfer  oder  zu  den  Kupferzinklegirungen  gesetzt, 
scheint  in  ähnlicher  Weise  wie  das  Zink  allein  die  Dehnbarkeit  des 
Kupfers  zu  beeinflussen,  bei  gleichen  Gewichtsmengen  aber  in  geringerm 
Maasse.     Ausreichende  Ermittelungen  liegen  auch  hierüber  nicht  vor. 

Die  Zähigkeit  und  Dehnbarkeit  des  Goldes  und  Silbers  wird  durch 
Legirung  mit  anderen  Metallen,  inbesondere  mit  Kupfer,  im  Allgemeinen 
verringert,  und  dieser  Zusatz  wird  nur  angewendet,  um  die  (Hessbarkeit 
und  die  Wideratandsfähigkeit  zu  erhöhen,  häufig  auch  zur  Yerriogerung 
des  Preises. 

Ein  Zusatz  von  Eisen  benachtheiligt  die  Dehnbarkeit  der  meisten 
Metalle  und  Legirungeh. 

EinflusB  der  mechanischen  Verarbeitung  auf  die  Zähigkeit 

und  Dehnbarkeit. 

Bei  vielen  Metallen  steigert  sich,  wenn  durch  Zug-  oder  Druckkräfte 
eine  Veränderung  ihrer  Form,  insbesondere  eine  Verdünnung  der  Quer- 
schnitte hervorgerufen  wird,  die  Elasticität  und  die  Festigkeit,  die  erstere 
aber  in  höherm  Grade  und  rascher  als  die  letztere.  Die  Folge  davon  ist, 
dass  die  Zähigkeit  und  Dehnbarkeit  mit  fortschreitender  Formverände- 
rung abnimmt,  und  dass  schliesslich  ein  Punkt  eintritt,  wo  Elasticitäts- 
grenze  und  Festigkeitsmodul  annähernd  gleich  sind,  die  Dehnbarkeit 
also  verschwunden  ist.  Je  niedriger  die  Temperatur  des  Metalls  bei  der 
Verarbeitung  ist,  desto  rascher  geht  diese  Abnahme  der  Dehnbarkeit  vor  sich. 

Das  Metall  würde  demnach  in  diesem  Zustande  ohne  Weiteres  un- 
verarbeitbar  sein,  wenn  uns  nicht  glücklicherweise  die  Erfahrung  ein 
Mittel  an  die  Hand  gegeben  hätte,  ihm  die  frühere  Dehnbarkeit  —  häufig 
sogar  eine  grössere  —  zurückzugeben.  Erhitzt  man  nämlich  das  durch 
die  Verarbeitung  spröde  gewordene  Metall,  so  wird  dadurch  die  Elastici- 
tät auf  ihr  ursprüngliches  Maass  zurückgeführt;  die  Festigkeit  wird 
gleichfalls  verringert,  bleibt  aber  meistens  höher  als  sie  vor  der  Form- 
veränderung war,  mithin  ist  durch  diese  Erhitzung  die  ursprüngliche 
Zähigkeit  entweder  wieder  hergestellt  oder  noch  gesteigert  worden. 

Interessant  ist  die  Beobachtung,  dass  oft  schon  ein  längeres  ruhiges 
Liegen  des  bearbeiteten  Metalls  ohne  Erhitzung  ausreicht,  ihm  einen 
Theil  seiner  Sprödigkeit  zu  nehmen.  Wenn  Eisendraht  gezogen  ist,  so 
besitzt  er  unmittelbar  darauf  bisweilen  eine  solche  Sprödigkeit ,  dass  er 
schon  bricht,  wenn  man  ihn  mit  freien  Händen  unter  einem  stumpfen 
Winkel  biegt.  Derselbe  Draht  nach  mehrwöchentlichem  ruhigen  Liegen 
lässt  sich  oft  ganz  zusammenbiegen  ohne  zu  brechen.  Die  beim  Ziehen 
des  Drahts  durch  eine  enge  Oeffnung  zusammengepressten  Elisentheilchen 


Härte.  333 

neliinen  offenbar  bei  längerm  Liegen  mehr  und  mehr  ibre  normale  Lag^ 
wieder  an,  and  damit  verliert  sich  mehr  und  mehr  die  sogenannte  Spanu- 
sprödigkeit '). 

Jene  Eigenschaft,  durch  fortgesetzte  Verarbeitnng  an  Dehnbarkeit 
zu  verlieren,  kommt  fast  allen  Metallen  zu.  Vorwiegend  ist  dieselbe  er- 
kennbar beim  Stahl  und  Schmiedeeisen,  beim  Kupfer,  bei  der  Bronze, 
beim  Tomback  und  Messing,  beim  Neusilber,  beim  Golde  und  Silber,  und, 
zwar  nm  so  mehr,  je  reichlicher  die  letzteren  mit  Kupfer  legirt  sind. 
Bei  dem  Zink  steigt  die  Festigkeit  bei  der  Verarbeitung  annähernd 
gleichmässig  mit  der  Elasticität  nnd  macht  dadurch  ein  Erhitzen  (Aus- 
glühen) während  der  Verarbeitung  unnöthig,  dagegen  findet  dasselbe 
nach  der  Verarbeitung  statt,  wodurch  die  Elasticität  mehr  als  die  Festig- 
keit verringert,  die  Zähigkeit  also  gesteigert  wird. 

Beim  Zinn  und  Blei  findet  eine  Abnahme  der  Dehnbarkeit  durch 
die  Verarbeitung  nicht  in  solchem  Grade  statt,  dass  eine  Erhitzung 
nöthig  würde. 

B.     Härte. 

unter  diesem  Ausdrucke  verstehen  wir  im  Allgemeinen  das  Maass  des 
Widerstandes,  welchen  ein  Körper  einer  bleibenden  Aenderung  in  der 
Lagerung  seiner  Molecüle  entgegensetzt.  Daher  nennt  man  Härte  eben- 
sowohl den  Widerstand,  welchen  ein  Körper  dem  Eindringen  eines  andern 
entgegensetzt  —  so  beim  Schneiden,  Sägen,  Bohren,  Feilen  — ,  als  auch 
den  Widerstand  gegen  eine  bleibende  Formveränderung  durch  Drnck- 
oder  Zugkräfte. 

Wirken  zwei  Körper  von  verschiedenem  Härtegrade  auf  einander, 
so  wird  am  meisten  der  weniger  harte  Körper  in  seiner  Form  geändert. 
Die  Aenderung  ist  um  so  beträchtlicher,  je  grösser  der  Unterschied  in 
dem  Härtegrade  beider  Körper  und  je  grösser  die  einwirkende  Kraft  ist. 

Die  Härte  ist  häufig  der  Elasticitätsgrenze  der  Körper  proportional, 
so  dass  Körper,  deren  Elasticitätsgrenze  hoch  liegt,  auch  bedeutende 
Härte  zeigen.  Liegen  in  diesem  Falle  auch  die  Elasticitätsgrenze  und 
Festigkeit  nahe  bei  einander,  so  ist  der  Körper  hart  und  spröde,  z.  B. 
weisses  Roheisen,  liegt  dagegen,  wie  z.  B.  beim  geglühten  Stahle, 
zwischen  Elasticitätsgrenze  nnd  Festigkeit  noch  ein  grosser  Zwischen- 
raum, so  ist  der  Körper  hart  und  z&h. 

Aus  dieser  Erklärung  des  Begriffs  „ Härte **  folgt,  dass  die  Kraft- 
wirkung, welche  zur  Hervorbringung  einer  bleibenden  Formveränderung 
aufgewendet  werden  mnss,  in  gleichem  Verhältnisse  zu  der  Härte  des 
Körpers  steht.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  betrachtet  ist  die  Härte 
eines  Körpers  fGkr  die  Verarbeitung  desselben  durch  Druck  oder  Stoss 


^)  Jahrbach    der  Bergakademien    seu  Leoben,    Pvibram    und    Schemnitz, 
Band  XXII,  Seite  179  (Tanner). 


334  Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

von  nicht  geringer  Wichtigkeit.  Eine  Platte  Blei  auf  die  Hälfte  ihrer 
Stärke  zusammenzudrücken  und  dadurch  in  ihrer  Flächenausdehnung 
entsprechend  zu  vergrössem,  erfordert  einen  geringern  Kraftaufwand  als 
derselbe  Vorgang  mit  einer  Platte  Kupfer;  denn  das  Blei  ist  weniger 
hart  als  Kupfer,  es  setzt  der  Formveränderung  einen  geringem  Wider- 
stand entgegen. 

Die  Härte  des  Metalls  ändert  sich  mit  der  Temperatur.  Alle  Me- 
talle, deren  Uebergang  in  den  flüssigen  Zustand  nicht  plötzlich,  sondern 
allmälig  stattfindet,  z.  B.  Schmiedeeisen  und  Stahl,  verlieren  in  steigen- 
der Temperatur  mehr  und  mehr  ihre  Härte,  werden  völlig  weich  und 
beginnen  endlich  zu  fliessen.  Es  geht  hier  die  Härteabnahme  mit  der 
Verringerung  der  Elasticität  Hand  in  Hand.  Im  flüssigen  Zustande  ist 
die  Härte  gleich  Null.  Auch  bei  manchen  Metallen,  welche  plötzlich 
schmelzen,  nimmt  die  Härte  mit  der  steigenden  Temperatur  ab,  jedoch 
pflegt  in  diesen  Fällen  die  Härteabnahme  weit  weniger  allmälig  und 
bis  gegen  den  Schmelzpunkt  gering  zu  sein,  wo  dann  eine  plötzliche 
A ender ung  in  dem  Härtegrade  eintritt. 

Je  allmäliger  demnach  der  Uebergang  aus  dem  festen  in  den  flüssi- 
gen Zustand  der  Metalle  stattfindet,  in  einen  desto  weichern,  bildsamem 
Zustand  lässt  sich  das  Metall  versetzen«  Beim  Eisen  sinkt  der  Schmelz- 
punkt und  der  Uebergang  tritt  um  so  plötzlicher  ein,  je  mehr  der 
Kohlenstoffgehalt  zunimmt,  daher  lässt  sich  kohlenstoflarmes  Schmiede- 
eisen in  einen  weichern  Zustand  versetzen  und  erfordert  in  diesem  Zu- 
stande einen  geringern  Kraftaufwand  zur  Verarbeitung  als  der  kohlen- 
stoflreichere  Stahl. 

Einfluss  chemischer  Beimengungen  auf  die  Härte. 

Wie  die  Dehnbarkeit,  so  wird  auch  die  Härte  durch  einen  Gehalt 
an  fremden  Körpern  erheblich  beeinflusst.  Während  aber  die  Dehnbar- 
keit unter  dem  Einflüsse  dieser  fremden  Körper  häufiger  geschwächt  als 
vergrössert  wird,  nimmt  umgekehrt  die  Härte  durch  fremde  Bestand- 
theile  häufiger  zu,  als  ab;  und  nicht  selten  ist  der  Fall,  dass  man  ab- 
sichtlich zur  Erhöhung  der  Härte  und  dadurch  der  Widerstandsfähig- 
keit Metalle  mit  anderen  legirt,  wenn  auch  auf  Kosten  ihrer  Dehnbarkeit. 

Bei  dem  schmiedbaren  Eisen  steigt,  wie  erwähnt,  die  Härte  mit 
dem  Kohlenstoflgehalte ,  deshalb  ist  Stahl  härter  als  Schmiedeeisen. 
Auch  ein  Siliciumgehalt  macht  das  Eisen  härter.  Zur  Hervorbringung 
von  ausnahmsweise  grossen  Härtegraden  legirt  man  den  Gnssstahl  in 
neuerer  Zeit  mit  geringeren  Mengen  Chrom  oder  Wolfram  (Chrom  bis 
2  Proc,  Wolfram  bis  8  Proc),  z.  B.  wenn  es  sich  darum  handelt,  Werk- 
zeugstahl zur  Bearbeitung  sehr  harter  Körper  hervorzubringen. 

Auf  dem  Umstände,  dass  beim  schmiedbaren  Eisen  die  Härte  mit 
dem  Kohlenstoflgehalte  steigt,  beruht  das  Verfahren  der  Oberflächen- 
härtung    oder    Einsat zhärtung.      Gegenstände,    z.    B.    Werkzeuge, 


Härte.  335 

welche  nnr  an  der  Oberfläche  Hartwerden  sollen,  werden  mit  Holzkohle  oder 
noch  besser  mit  Körpern,  welche  neben  Kohle  auch  Stickstoff  enthalten 
—  thierische  Kohle,  Homspähne,  auch  Blntlangensalz  als  Zusatz  — ,  in 
Blechkästen  eingesetzt,  Theile  der  Oberfläche,  welche  nicht  gehärtet 
werden  sollen,  zuvor  mit  Thon  überstrichen,  und  das  Ganze  nunmehr  in 
einem  Holzkohlen-  oder  Koksfeuer  zur  hellen  Rothgluth  erhitzt.  Es  tritt 
ein  Cementationsprocess  ein,  in  Folge  dessen  das  geglühte  Eisenstück  an 
der  Oberfläche  kohlenstoffreicher  und  dadurch  härter  wird.  Es  wird 
dann  glühend  herausgenommen  und  in  Wasser  abgelöscht. 

Solche  Einsatzhärtung  kann  aus  mancherlei  Ursachen  zweckmässig 
sein.  Kohlenstoffarmes  Eisen  ist  nicht  allein  billiger,  sondern  auch  leich- 
ter verarbeitbar  als  kohlenstoffreicher  Stahl,  daher  kann  unter  Umständen 
die  Anfertigung  in  der  beschriebenen  Weise  bequemer  von  Statten  gehen 
als  wenn  der  betreffende  Gegenstand  von  vornherein  aus  härterm  Stahle 
gefertigt  würde.  Vielfach  liegt  aber  auch  der  Zweck  vor,  bei  einem 
Gegenstande  die  geringere  Sprödigkeit  des  kohlen stoffärmem  Eisens  mit 
der  grössern  Härte  des  kohlenstoffreichem  zu  vereinigen,  welche  letztere 
für  viele  Verwendungen  nur  an  der  Oberfläche  vorhanden  zu  sein  braucht, 
z.  B.  bei  manchen  Werkzeugen  u.  dergl. 

Beim  Kupfer  steigert  besonders  ein  Zusatz  von  Zinn  die  Härte  in 
bedeutendem  Grade. 

Dem  Golde  und  Silber  giebt  man  durch  Legirung  mit  Kupfer 
eine  grössere  Härte,  dem  Blei  durch  Zusatz  von  Antimon,  dem  Zinn 
durch  Zusatz  von  Blei,  Antimon  oder  Kupfer. 

Geringe  Mengen  von  Eisen  erhöhen  die  Härte  fast  aller  Metalle  und 
Legirungen. 

Einfluss  der  mechanischen  Verarbeitung  auf  die  Härte. 

In  den  meisten  Fällen,  wo  durch  die  Verarbeitung  die  Elasticität 
eines  Metalls  gesteigert  wird,  wächst  auch  seine  Härte,  bei  dem  einen 
Metalle  in  stärkerm,  bei  dem  andern  in  weniger  merkbarem  Grade. 
Durch  Erhitzung  geht  auch  diese  Steigerung  des  Härtegrades  wieder 
verloren;  es  folgt  aber  hieraus,  dass  bei  der  Bearbeitung  durch  Druck, 
Stoss  oder  Zug  die  Härte  sich  um  so  racher  steigern  wird,  in  je  kälterm 
Zustande  des  Metalls  die  Bearbeitung  stattfand. 

Vorzugsweise  wichtig  und  für  die  praktische  Verwendung  von  Be- 
lang ist  diese  Härtesteigerung  beim  Stahle.  Je  kohlenstoffreicher  der- 
selbe ist,  desto  rascher  nimmt  die  Härte  mit  der  Elasticität  bei  der  Ver- 
arbeitung zu.  Selbst  wenn  die  stattfindende  Formveränderung  eine  kaum 
noch  merkliche  ist,  lässt  sich  durch  fortgesetzte  Bearbeitung  —  ins- 
besondere durch  Hämmern  —  des  Stahls  im  kalten  Zustande  eine  be- 
deutende Steigerung  jener  genannten  Eigenschaften  hervorrufen.  Bei 
Anfertigung  von  Stahlwaaren,  welche  neben  grosser  Härte  auch  grosse 
Elasticität  besitzen  sollen,  findet  daher  dieses  Mittel,  den  in  seiner  rohen 


336  Formgebong  durch  äussere  Kraft. 

Form  fertigen  Gegenstand  einer  fortgeaetxten  Bearbeitung  durch  Häm- 
mern im  kalten  Zustande  zu  unterwerfen,  yielfache  Anwendung,  so  bei 
der  Darstellung  yon  Federn,  Sensen,  Säbelklingen  u.  dergL 

Bei  der  Bronxe  wirkt  der  höhere  Zinngehalt  in  ähnlicher  Weise  auf 
die  Steigerung  der  Härte  durch  Verarbeitung  im  kalten  Znstande  wie 
beim  Stahle  der  Kohlenstoff.  Je  höher  der  Zinngehalt  ist,  desto  rasdier 
nimmt  die  Härte  der  Bronze  mit  der  Verarbeitung  zu,  und  Bronzen  mit 
mehr  als  6  Proc.  Zinn  erlangen  durch  Hämmern  sehr  bald  die  Härte  des 
Stahls.  Bei  diesen  zinnreicheren  Bronzen  steigert  sich  aber  durch  die 
Verarbeitung  die  Festigkeit  in  weit  schwächerm  Maaase  als  die  ElastiGi- 
tat  und  die  Härte,  und  die  Legirung  wird  um  so  schneller  ^röde,  je 
grösser  ihr  Zinngehalt  ist 

Eine  praktische  Verwendung  findet  die  Härtezunahme  der  «Bronze 
durch  mechanische  Formveranderung  bei  der  Anfertigung  der  neueren 
Brona^^eschütze.  In  der  Geschütsgiesserei  zu  Luttich  werden  die  ans 
Phosphorhronze  mit  5  Proc.  Zinn  gegossenen  G^sch&tae  durch  Schmieden 
im  kalten  Zustande  gehärtet,  dann  durch  umgelegte  glühende  Eiaenringe 
an  der  Aussenflache  auf  300  bis  360®  erwärmt.  Dadurch  wird  dem 
Metalle  an  dem  umfange  seine  Härte  genommen  und  die  gegen  dma  Zer- 
reissen  schützende  Zähigkeit  wieder  ertheilt,  während  in  der  weniger 
erwärmten  Creschntzseele  die  künstlich  erzeugte  grössere  Härte  als  Sdiutz 
gegen  Abnutzung  zurückbleibt^).  Bei  d«*  Anfertigung  der  sogmannten 
Stahlbronzegeschütze  des  General  t.  Uchatius  in  \¥ien  wird  das  aus 
gewöhnlicher  Bronze  mit  B  Proc  Zinn  in  der  auf  S.  206  beechnebe- 
nen  Weise  g^oesene  und  auf  einen  geringem  als  den  eigentlichen  Durch- 
messer ausgebohrte  Geschütz  durch  auf  einander  folgendes  Eintreiben 
von  sechs  Stahlkolben,  deren  Durchmesser  jedesmal  etwas  grösser  als  bei 
dem  Toransgegangenen  Kolben  genommen  wird,  allmälig  bis  auf  den 
normalen  Durchmesser  erweitert.  Das  Durchpressen  dieser  Kolben  ge» 
schiebt  mit  einer  starken  hydraulisch^i  Presse.  Durch  dieses  Pressen 
wird  die  Härte  der  Bronze  innerhalb  der  Goschützseele  beträchtlich  ge- 
steigert, während  das  Metall  an  dem  Um&nge  in  weit  unerheblicherm 
Grade  beeinflusst  wird  und  s^e  ursprüngliche  Zahigkot  behält '). 

Einfluss  racher  Abkühlung  auf  die  Härte. 

Schon  bei  der  Besprechung  der  Formgebung  durch  Giessen  wurde 
mehrfach  des  Einflusses  gedacht,  welchen  eine  rasche  Wärmeentziehung 
auf  die  Härte  der  gegossenen  Metalle  übt.  Bei  ^nigen  steigert  sich  die 
Härte  durch  rasdie  Abkühlung  in  erheblichem  Maasse  —  Gusseisea  — , 
bei  andern  Terringert  sie  sich. 


1)  Kaherea  hierübo*:  Kanzel,  op.  cit.,  Seite  114  ff. 

')  Vergleich«  Dingler's  polytechnisches  Jontnal,  Band  217,  Sttte   122; 
auch  KöDzel,  op.  <ät^  Seite  117. 


Härte.    Härten  des  Stahls.  .  337 

Aehnliche  Einflüsse  seigen  sich  hei  den  schmiedharen  Metallen,  und 
anter  diesen  igt  wieder  der  Stahl  durch  eine  ausserordentlich  grosse 
Empfindlichkeit  gegen  die  Einflüsse  der  Ahkühlung  charakterisirt.  Durch 
rasche  Ahkühlung  des  auf  eine  Temperatur  yon  ca.  500^  C.  erwärmten 
Stahls  wird  die  Härte  desselhen  gesteigert  und  zwar  in  um  so  höherm 
Grade,  je  reicher  er  an  Eohlensto£F  ist;  durch  Erwärmung  des  in  solcher 
Weise  gehärteten  Stahls  und  langsame  Ahkühlung  wird  diese  Härte 
wieder  auf  ihr  früheres  Maass  zurückgeführt.  Man  nennt  den  in  solcher 
Weise  gehärteten  Stahl  glashart. 

Diese  Eigenschaft  der  Härtharkeit  hildet  das  hauptsächlichste  Untere 
Scheidungsmerkmal  des  Stahls  von  dem  Schmiedeeisen,  welches  letzteres 
dieselhe  nicht  besitzt. 

Während  durch  fortgesetzte  Bearbeitung  des  Stahls  im  kalten  Zu- 
stande neben  der  Härte  auch  Elasticität  und  Festigkeit  in  beträchtlichem 
Grade  gesteigert  werden,  wächst  durch  rasche  Abkühlung  des  heissen 
Stahls  nur  die  Härte;  die  Festigkeit  verringert  sich,  und  nähert  sich  der 
Elasticitätsgrenze,  der  Elasticitätscoefflcient  —  die  erforderliche  Kraft 
zur  Hervorrufung  einer  vorüber  gehenden  Formverändernng  —  wächst, 
der  Stahl  wird  äusserst  spröde. 

Diese  durch  das  Härten  erzeugte  Sprödigkeit  des  Stahls  ist  jeden- 
falls zum  Theile  die  Folge  einer  Spannung,  d.  h.  unnatürlichen  Lagerung 
der  Molecüle,  hervorgerufen  durch  die  rasche  Abkühlung  und  Zusammen- 
ziehung einzelner  Theile,  während  andere,  z.  B.  die  inneren  Theile 
eines  Stahlkörpers,  auf  welche  die  Abkühlung  erst  allmälig  wirken  kann, 
langsamer  erkalten. 

Eine  andere  bisweilen  eintretende  Folge  dieser  ungleichmässigen 
Zusammenziehung  beim  Härten  ist  die  Entstehung  sogenannter  Hart- 
risse  oder  Hartborsten  an  der  Oberfläche,  welche  sogar  mit  der  völli- 
gen Abtrennung  einzelner  Stückchen  verbunden  sein  kann.  Sehr  häufig 
tritt  auch  ein  Krummziehen,  Werfen,  als  Folge  ungleichmässiger  Ab- 
kühlung ein,  Vorgänge,  die  wir  auch  früher  schon  bei  der  Abkühlung 
der  Metalle  nach  dem  Giessen  kennen  gelernt  haben. 

Durch  vorsichtiges  Erwärmen  —  Anlassen  —  des  gehärteten,  glas- 
harten Stahls  lässt  sich  ihm  jene  übermässige  Sprödigkeit,  die  ihn  inr 
die  Verwendung  unbrauchbar  machen  würde,  nehmen,  zugleich  ver- 
schwindet aber  auch  ein  Theil  seiner  Härte,  und  bei  der  Erwärmung  bis 
zum  Glühen  und  langsamer  Abkühlung  würden  Härte  und  Sprödigkeit 
wieder  verschwunden  sein.  Beschränkt  man  das  Anlassen  jedoch  auf  ein 
geringeres  Maass,  so  hat  man  dadurch  ein  vortreffliches  Mittel  in  der 
Hand,  einen  Stahl  zu  erlangen,  der  bei  nicht  zu  grosser  Sprödigkeit 
einen  bestimmten  Härtegrad  —  abhängig  von  der  Temperatur  beim  An- 
lassen —  besitzt.  Für  die  Benrtheilung  dieser  Temperatur  geben  uns 
nun  die  an  der  Oberfläche  des  Stahls  sich  beim  Anlassen  bildenden  An- 
lauffarben —  durch  eine  geringe  fortschreitende  Oxydation  der  Ober- 
fläche entstanden   —   ein  bequemes  ^Mittel  an   die  Hand,  obschon   die 

üedebnr,  mechaiÜBch-inetalliiTgiBohe  Technologie.  22 


338  FormgebuDg  durch  äussere  Kraft. 

Temperatur,  bei  welcher  jene  Anlauffarben  erscheinen,  nicht  bei  allen 
Stahlsorten  ganz  genau  übereinstimmt  und  man  deshalb  den  Stahl  erst 
in  dieser  Beziehung  erproben  muss.  Zuerst  erscheint  die  blassgelbe 
Farbe,  wird  dann  dunkler,  geht  in  Rothgelb  und  dann  in  Purpurroth  über, 
dann  folgt  Violett,  Hellblau,  Dankelblau,  zuletzt  Schwarzblau.  Sodann 
wild  der  Stahl  wieder  hellgrau,  kurz  darauftreten  die  ersten  Anlauffar- 
ben noch  einmal  in  der  nämlichen  Reihenfolge ,  jedoch  nur  sehr  yorüber- 
gehend  auf,  endlich  beginnt  das  Glühen  und  der  Stahl  wird  ganz  weich. 
Nur  die  erste  Reihenfolge  der  Anlauffarben  wird  jedoch  zum  Anlassen 
benutzt. 

Folgende  Tabelle  giebt  eine  ungefähre  Üebersicht  über  die  für  ver- 
schiedene Verwendungen  des  Stahls  benutzten  Temperaturen  beim  An- 
lassen und  dabei  sich  zeigenden  Anlauffarben: 

220^  Celsius     blassgelb chirurgische  Instrumente, 

230^       „  strohgelb Rasirmesser,  Federmesser,  Grab- 

stichel, 
2550        „  braungelb 

(morgenroth)  .  .  .  Scheeren  und  harte  Meissel, 
265**        „           braun  mit  Purpur- 
flecken    Aexte,  Hobeleisen,  Messer, 

277^        „  purpurfarbig  .  .  .  Tischmesser, 

2880        „  hellblau Säbelklingen,  Uhrfedern, 

293<^        „  kornblumenblau  .  feine  Sägen,  Rapiere,  Bohrer,  Dolche, 

316^        „  schwarzblau  ....  Hand-  und  Stichsagen. 

Das  Härten  wie  das  Anlassen  ei-fordem  zur  Erzielung  eines  guten 
Erfolgs  Umsicht  und  mancherlei  Kunstgriffe.  Denn  da  Härtung  über- 
haupt nur  eintritt,  wenn  der  Stahl  über  eine  gewisse  Temperatur  erhitzt 
war  (450  bis  500^0.)  und  rasch  unter  diese  Temperatur  abgekühlt  wird; 
da  aber  die  Härte  zum  grossen  Theile  Ton  der  Schnelligkeit  der  Ab- 
kühlung und  diese  wieder  von  verschiedenen  Nebenumstauden  —  Grösse 
des  Stahlstücks,  Wärmeleitungsfahigkeit  und  Temperatur  der  Abkühlungs- 
flüssigkeit etc.  etc.  —  abhängig  ist,  so  folgt,  dass  ein  zu  hoch  erhitzter 
Stahl  sich  schwierig,  ein  zu  gering  erhitzter  Stahl  sich  gar  nicht  härten 
lassen  wird,  und  dass  das  Maass  der  erfolgenden  Härte  ein  sehr  ver- 
schiedenes sein  kann.  Die  geeignetste  Temperatur,  auf  welche  der  zu 
härtende  Stahl  erhitzt  worden  muss,  ist  Kirschrothgluth ,  braunrothe 
Glühhitze  erzeugt  oft  gar  keine  Härtung  mehr,  und  eine  Erhitzung  auf 
eine  noch  geringere  Temperatur  hat  oft  den  entgegengesetzten  Erfolg 
als  beabsichtigt  war;  der  Stahl  wird  durch  Anlassen  weich. 

Das  gewöhnlichste  Mittel  zur  Wärmeentziehung  ist  das  Wasser,  für 
geringere  Härtegrade  benutzt  man  Fette,  Seife,  Wachs  oder  dergleichen; 
für  stärkere  Härtungen  Lösungen  von  Kochsalz,  Salmiak  und  anderen  Sal- 
zen in  Wasser,  durch  welche  man  offenbar  die  Wärmeleitungsfahigkeit 
der  Härtungsflüssigkeit  erhohen  will. 


Härten  des  Stahls.  339 

Nach  Jarolimek^)  sind  es  ausser  Temperatur  und  Wärmelei tnngs- 
föhigkeit  auch  die  Wärmecapacität,  Hohe  des  Siedepunkts  und  die  latente 
Wärme  der  Abkühlungsflüssigkeit,  welche  den  Grad  der  Härtung  des  Stahls 
beeinflussen.  Benutzt  man  nun  Wasser  als  Härtungsmittel  und  taucht  den 
selbst  nur  auf  ÖOO^'  erhitzten  Stahl  hinein,  so  wird  in  unmittelbarer 
Nähe  desselben  in  Folge  der  Wärmeeausstrahlung  sofort  eine  ununter^ 
brocbene  Dampfbildung  eintreten,  welche  eine  directe  Berührung  zwischen 
Stahl  und  flüssigem  Wasser  unmöglich  macht,  so  dass  eine  Wärmeabgabe 
durch  Leitung  nicht,  sondern  nur  durch  Strahlung  stattfinden  kann. 
Hieraus  folgt,  dass  die  Härtung  befördert  wird,  wenn  die  gebildeten 
Wasserdämpfe  rasch  abziehen  können,  um  Gelegenheit  zu  neuer  Dampf- 
bildung zu  geben,  also  durch  rasches  Fortbewegen  des  Stahls  im  Wasser 
und  langsames  Eintauchen,  so  dass  nur  die  Oberfläche  des  Wassers  in 
Berührung  mit  dem  noch  heissen  Stahle  gelangt. 

Ein  anderes  Mittel  ist  die  Anwendung  eines  Wasserstrahls,  welcher 
durch  ein  Rohr  mit  Mundstück  auf  den  darunter  befindlichen  Stahl  ge- 
richtet wird  (Strahlhärtung),  und  wobei  die  sich  bildenden  Dämpfe 
durch  den  vordringenden  Wasserstrahl  mitgerissen  werden. 

Wendet  man  statt  eines  einzelnen  stärkern  Wasserstrahls  eine  An- 
zahl feiner  aus  einer  Brause  kommenden  Strahlen  an,  so  heisst  die  Me- 
thode Spritzhärtung.  Hierbei  bleibt  der  ganze  Raum  zwischen  den 
Wasserföden  zum  Entweichen  des  Dampfs  offen.  Da  dieser  Abflussraum 
um  80  grösser  wird,  je  geringem  Raum  das  zuströmende  Wasser  be- 
ansprucht,  so  folgt,  dass  zur  Erzielung  der  grössten  Härte  die  geringst 
zulässige  Menge  und  awar  heisses  Wasser  anzuwenden  ist,  da  kaltes 
langsamer  verdampft,  dadurch  in  der  Nähe  der  heissen  Fläche  sich  staut 
und  die  Wirkung  abschwächt,  dass  aber  auch  zweitens  ein  hoher  Druck 
des  ausfliessenden  Wassers  Bedingung  ist,  damit  die  entstehenden  etwas 
gepressten  Dämpfe  überwunden  werden. 

Ausser  diesen  von  Jarolimek  angeführten  Gründen  für  die  Wir- 
kung der  Strablhärtung  und  Spritzhärtung  dürfte  nach  Ueberzeu- 
gung  des  Verfassers  auch  der  von  Karmarsch  angeführte,  von  Jaro- 
limek bestrittene  Umstand  für  jenen  Erfolg  von  Bedeutung  sein,  dass 
bei  beiden  Härtungsmethoden  eine  augenblickliche  directe  Berührung  der 
unter  Druck  zuströmenden  frischen  Wassermassen  mit  dem  Stahle  stattfindet. 

Bei  der  Schwierigkeit,  bei  der  Spritzhärtung  dünne  Strahlen  mit 
hohem  Drucke  zu  erzengen,  empfiehlt  schliesslich  Jarolimek  Härten 
mit  Wasserstaub  durch  einen  der  gebräuchlichen  Zerstäubnngsapparate, 
wodurch  rasche  Verdampfung  und  rasches  Hinwegreissen  der  entstehen- 
den Dämpfe  bewirkt  wird,  so  dass  dadurch  die  Möglichkeit  einer  ausser- 
ordentlichen und  —  was  jedenfalls  noch  wichtiger  ist  —  einer  sehr 
gleichmässigen  Härte  gegeben  ist. 


1)  Oesterreichische  Zeitscfarift   far  Berg-  mid  Hütten wesen,  Jahrgang  1876, 
S.  69  ff.    (Ueber  das  Härten  des  Stahls.) 

22* 


340  Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

Wenn  es  beim  Anlassen  darauf  ankommt,  eine  recht  gleichmässige 
Erwärmung  des  Stahls  hervorzurufen,  so  taucht  man  ihn  wohl,  statt  ihn, 
wie  gewöhnlich,  im  Kohlen feuer  zu  erhitzen,  in  ein  Bad  schmelzenden 
Metalls  von  bestimmtem  Schmelzpunkte.  Für  die  Temperatur  von  220^ 
(blassgelbe  Anlaufifarbe)  benutzt  man  eine  Legirung  aus  7  Thln.  Blei, 
4  Thln.  Zinn;  für  230<>  (strohgelb)  aus  8  Thln.  Blei,  4  Thln.  Zinn;  für 
2550  (braungelb)  aus  14  Thln.  Blei,  4  Thln.  Zinn;  für  265»  (braun  mit 
Purpurflecken)  aus  19  Thln.  Blei,  4  Thln.  Zinn;  für  277°  (purpurfarbig) 
aus  84  Thln.  Blei,  4  Thln.  Zinn;  für  288»  (hellblau)  aus  48  TUn.  Blei, 
4  Thln.  Zinn;  für  293»  (kornblumenblau)  aus  50  Thhi.  Blei,  2  Thln. 
Zinn;  für   316^  (schwirzblau)  aus  Blei  ohne  Zusatz. 

Um  yiele  kleine  Gegenstände,  z.  B.  Stahlschreibfedem ,  mit  einem 
Male  anzulassen,  erhitzt  man  sie  auf  einem  Eisenbleche  oder  in  einer  um 
ihre  Achse  gedrehten  Eisentrommel,  bis  sie  die  gewünschte  Anlauffarbe 
erhalten  haben. 

Hat  der  Stahl  eine  bestimmte  Wärme  angenommen,  so  ist  es  un- 
erlässlich,  ihn  sofort  abzukühlen,  damit  nicht  der  Process  des  Anlassens 
weiter  als  beabsichtigt  war  fortschreitet;  denn  auch  wenn  der  Stahl  sofort 
von  der  Wärmequelle  entfernt  wird,  verursacht  doch  die  ihm  noch  inne- 
wohnende Wärme  das  Erscheinen  der  nächstfolgenden  Anlauffarben,  und 
der  Stahl  verliert  mehr  an  Härte  als  beabsichtigt  war.  Er  wird  also 
abermals  in  Wasser  abgekühlt.  Eine  nochmalige  Härtung  kann  dadurch 
nicht  eintreten,  weil  der  Stahl  in  keinem  Falle  so  hoch  erhitzt  war  als 
erforderlich  ist,  um  durch  Wärmeentziehung  Härtung  hervorzurufen. 

Jarolimek  schlägt  vor,  zur  Umgehung  des  Anlassens  dem  Stahle 
von  vornherein  eine  geringere  Härte  zu  geben, 

erstens,  indem  er  überhaupt  langsam  abgekühlt  wird,  oder 

zweitens ,  indem  er  anfanglich  bis  auf  400^  rasch ,  dann  langsam 
gekühlt  wird. 

Diese  letztere  Wirkung  soll  man  erhalten,  wenn  man  den  glühenden 
Stahl  in  ein  Metallbad  mit  einem  Schmelzpunkte  unter  400^  (z.  B.  Blei) 
eintaucht.  Bei  der  grossen  Wärmeleitungsfahigkeit  des  Metalls  wird  dem 
Stahle  rasch  so  viel  Wärme  entzogen,  dass  er  unter  jene  Grenztemperatur 
abgekühlt  wird,  mithin  Härtung  erfolgt,  andererseits  verhindert  aber  die 
hohe  Temperatur  des  Härtungsmittels  die  Erhärtung  bis  zur  Glashärte 
und  bewirkt  also  gewissermaassen  ein  gleichzeitiges  Anlassen. 

In  der  Praxis  haben  jedoch  diese  Mittel,  das  Anlassen  entbehrlich 
zu  machen,  sich  bis  jetzt  kaum  als  durchaus  zuverlässig  bewährt,  und 
wenn  es  auch  in  einem  Experimente  gelingt,  in  solcher  Weise  einen 
Stahl  von  gewünschten  Eigenschaften  zu  erhalten,  so  dürfte  doch  in  den 
meisten  Fällen  der  Praxis  der  nur  wenig  umständlichere  und  immerhin 
zuverlässigere  Weg  des  Anlassens  vorzuziehen  sein. 

Es  verdient  noch  Erwähnung,  dass  durch  das  Härten  des  Stahls  das 
specifische  Gewicht  desselben  verringert,  das  Volumen  also  vergrössert 
wird.     Bei  Gegenständen,  die  nach  dem  Härten  genau  vorgeschriebene 


(  o 


Härten  und  Anlassen.  341 

Abmessungen  besitzen  sollen,  ist  dieser  Umstand  beachtnngswortb ,  denn 
man  muss  sie  von  vornberein  um  so  viel  kleiner  machen,  als  die  Zn- 
nabme  des  Volumens  beim  Härten  beträgt.  Diese  Zunahme  ist,  wie 
auch  die  Härtung,  nicht  bei  allen  Stahlsorten  die  nämliche.  Caron  ver- 
minderte durch  dreissig  auf  einander  folgende  Härtungen  das  specifische 
Grewicht  von  7,817  auf  7,743,  was  einer  Zunahme  des  Volumens  von 
0,95  Froc.  entspricht;  nach  Riebe' s  Versuchen  verminderte  sich  das  spe- 
cifische  Gewicht  durchschnittlich  von  7,841  auf  7,740 ,  wobei  also  das 
Volumen  um  1,30  Proc.  sich  vergrösserte  ^).  Nach  Earmarsch  beträgt 
die  Volumenvergrösserung  0,3  bis  4,16  Proc,  nach  den  meisten  Beobach- 
tungen durchschnittlich  1,5  Proc,  was  den  Ermittelungen  von  Riebe 
annähernd  entspricht.  Die  einzelnen  Abmessungen  des  Arbeitsstücks 
würde  man  demnach  bei  der  Anfertigung  um  durchschnittlich  0,5  Proc. 
oder  Y200  kleiner  zu  nehmen  haben  als  sie  nach  dem  Härten  werden  sollen  ^). 

Durch  das  Anlassen  des  gehärteten  Stahls  wird  das  specifische  Ge- 
wicht wieder  auf  annähernd  das  ursprüngliche  Maass  zurückgeführt. 
Das  specifische  Gewicht  der  von  Riebe  benutzten  Stahlstäbe  betrug  nach 
dem  Anlassen  durchschnittlich  7,831. 

Wie  eine  rasche  Wärmeentziehung  im  glühenden  Zustande  bei  der 
Bronze  hinsichtlich  der  Dehnbarkeit  den  umgekehrten  Erfolg  hervorruft 
als  beim  Stahle ,  so  auch  hinsichtlich .  der  Härte.  Glühende  Bronze  im 
Wasser  abgelöscht  wird  weicher.  Man  nennt  daher  in  Rücksicht  auf 
diese  übereinstimmende  Wirkung  entgegengesetzter  Verfahrungsweisen 
das  Ablöschen  der  Bronze  Anlassen.  Das  specifische  Gewicht  der  Bronze 
vergrössert  sich  demgemäss  bei  rascher  Abkühlung,  und  zwar  bei  den 
zinnreichen  Bronzen  stärker  als  bei  den  zinnärmeren  Geschützbronzen,  wo 
diese  Wirkung  des  Ablöschens  nur  unerheblich  ist. 

G.     Schweissbarkeit  und  Adhäsionserscheinungen. 

Sofern  die  Schweissbarkeit  der  Metalle  ein  Mittel  ist,  zwei  oder 
mehrere  in  ihrer  rohen  Form  bereits  fertige  Theile  mit  einander  zu 
einem  Ganzen  zu  verbinden,  bildet  sie  eine  Arbeitseigenschaft  für  die 
Vollendungsarbeiten,  welche  den  Gegenstand  des  dritten  Abschnitts  die- 
ses Buches  bilden  werden.  Da  aber  auch  bei  der  rohen  Formgebung 
durch  Druckkräfte  nicht  selten  der  Fall  vorkommt,  dass  formlose  Metall- 
stücke —  Abfalle  bei  anderen  Arbeiten,  Ausschussstücke  und  dergleichen  — 
während  der  Formgebung  selbst  vermöge  ihrer  Schweissbarkeit  zu  einem 
Ganzen  vereinigt  werden,  und  da  ferner  bei  der  rohen  Formgebung  so- 
gar Fälle  vorkommen,  wo  Metalle  verschiedener  Art  durch  die  Wirkung 
der  Schweissbarkeit  —  es  sei  dieser  Ausdruck  auch  für  diesen  Vorgang 


1)  Annales  de  Chimie  et  Physique,  4  s^rie,  t.  XXX,  p.  351;  Dingler 's 
Polytechnisches  Journal,  Band  213,  Seite  348. 

^  Vergleiche  die  Beziehungen  zwischen  linearen  und  cuhischen  Schwin- 
gungsooef&cienten  Seite  95. 


342  Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

gestattet,  da  leider  eine  genauere  Bezeichnung  der  betreffenden  Eigen- 
schaft fehlt  —  zu  einem  Ganzen  vereinigt  werden,  so  ist  es  unerlässlich« 
die  Besprechung  dieser  wichtigen  Eigenschaft  schon  hier  einzureihen. 

Wie  schon  früher  erwähnt,  besteht  zwischen  den  Atomen  eines 
festen  Körpers  eine  Anziehungskraft,  welche  den  Zusammenhang  des 
Körpers  sichert  und  Cohäsionskraft  genannt  wird.  Diese  Cohäsionskraft 
verliert  ihre  Wirkung,  wenn  durch  irgend  eine  äussere  Ursache  eine 
Entfernung  der  Atome  von  einander  über  ein  gewisses  Maass  hinaus  her- 
vorgerufen wird,  es  tritt  alsdann  Bruch  oder  Zerreissung  an  der  Stelle 
ein,  wo  diese  Entfernung  oder  Trennung  stattfand.  Bei  vielen  —  viel- 
leicht bei  allen  Körpern  —  tritt  aber  die  Cohäsionskraft  wieder  in  Wir- 
kung, wenn  es  möglich  ist,  zwischen  den  getrennten  Atomen  wieder  eine 
Annäherung  in  gleichem  Maasse  herbeizuführen,  als  sie  während  des  un- 
getheilten  Zustandes  bestand. 

Es  darf  sich  jedoch  diese  Annäherung  nicht  auf  einzelne  wenige 
Atome  der  getrennten  Körper  beschränken,  sondern  muss  begreiflicher- 
weise zwischen  den  sämmtlichen  Atomen  zweier  sich  berührenden  Flächen 
eintreten ,  wenn  die  dadurch  hervorgerufene  Cohäsion  wahrnehmbar 
und  insbesondere,  wenn  sie  deijenigen  Cohäsion  gleich  werden  soll, 
welche  zwischen  den  Atomen  des  ungetheilten  Körpers  besteht. 

Der  Aufgabe,  eine  Annäherung  in  dem  soeben  beschriebenen  Grade 
herbeizuführen ,  stellen  sich  jedoch  mancherlei  Schwierigkeiten  entgegen, 
die  in  vielen  Fällen  unüberwindlich  sind.  Denn  erstens  ist  dazu  er- 
forderlich, dass  die  zu  vereinigenden  Flächen  mathematisch  genau  auf 
einander  schliessen.  Selbst  wenn  aber  die  zu  vereinigenden  Körper  vor- 
her aus  einem  Ganzen  bestanden,  welches  durch  äussere  Kräfte  getrennt 
wurde,  findet  ein  solches  genaues  Aufeinanderschliessen  nicht  mehr  statt; 
durch  die  trennende  Kraft  treten  gleichzeitig  Formveränderungen  beider 
Theile  ein,  in  den  meisten  FäUen  sogar  Entfernung  kleiner  Theilchen 
an  der  Trennungsfläche  als  Splitter  oder  Späne,  und  durch  diese  Vor- 
gänge nehmen  die  Berührungflächen  Gestaltungen  an,  welche  nicht  mehr 
genau  einander  entsprechen,  wenn  auch  das  Auge  oft  nicht  im  Stande 
ist,  die  Unterschiede  wahrzunehmen. 

Ein  zweites  Hinderniss  für  die  erforderliche  Annäherung  der  Atome 
sind  die  chemischen  Aenderungen,  die  unter  dem  Einflüsse  der  atmo- 
sphärischen Luft  vielfach  an  der  Aussenfläche  der  Körper  sich  vollziehen. 
Vorzugsweise  häufig  werden  unter  allen  Körpern  die  Metalle  von  dieser 
Einwirkung  betroffen,  und,  wie  auch  früher  besprochen  wurde,  sind  es 
sehr  wenige  derselben,  welche  nicht  von  irgend  einem  constituirenden 
oder  zufalligen  Bestandtheile  der  atmosphärischen  Luft  chemisch  be- 
einflusst  werden.  Sobald  aber  die  Atome  der  Oberfläche  eines  Körpers 
in  solcher  Weise  neue  Gruppirung  annehmen,  müssen  auch  ihre  Bezie- 
hungen zu  den  unverändert  gebliebenen  andere  werden,  und  in  allen 
Fällen  bilden  sie  in  ihrer  neuen  Grnppirung  eine  fremde  Schicht,  welche 
die  Annäherung  der  zu  vereinigenden  Atome  hindert. 


Schweissbarkeit  nnd  Adhäsionserscheinungen.  343 

Drittens  ist  es  in  einem  hohen  Grade  wahrscheinlich,  dass  auch  die 
GashüJle,  mit  welcher  jeder  feste  Körper  sich  nmgieht,  von  welcher  er 
an  seiner  Oberfläche  gewisse  Mengen  verdichtet,  erschwerend  für  die 
Annäherung  der  Atome  wirkt.  Eine  solche  Gashülle,  besonders  im  ver- 
dichteten Zustande,  muss  genau  so  wirken  und  die  Annäherung  ver- 
hindern wie  ein  fremder  anderer  Körper,  und  nicht  immer  dürfte  es  mög- 
lich sein,  diese  Gashülle  zu  entfernen. 

Das  erstgenannte  Hinderniss  der  Vereinigung  würde  in  Wegfall 
kommen,  wenn  man  im  Stande  wäre,  zwei  genau  auf  einander  passende 
Flächen  herzustellen.  Am  leichtesten  würde  dieses  durch  zwei  vollstän- 
dig ebene  Flächen  zu  erreichen  sein ,  aber  selbst  die  mit  dem  höchsten 
Grade  der  Vollendung  geschliffene  Fläche  irgend  eines  Körpers  ist  nie- 
mals mathematisch  eben,  43ondern  besitzt  Erhöhungen  und  Vertiefungen, 
die  sich  mit  unseren  mechanischen  Hülfsmitteln  nicht  mehr  beseitigen 
lassen.  Trotzdem  tritt  bei  der  Berührung  sehr  glatter  Flächen  gleich- 
artiger Körper  bisweilen  schon  wahrnehmbare  Cohäsion  ein.  Legt  man 
zwei  Spiegelscheiben  auf  einander,  so  verbinden  sie  sich  oft  so  fest,  dass 
eine  Trennung  ohne  Zerbrechen  kaum  möglich  ist. 

Ist    der   betreffende  Körper   jedoch    durch  Druck    dehnbar  genug 
—  bildsam  — ,  so  hat  man  dadurch  ein  leichteres  Mittel  zur  Herstellung 
zweier  genau  auf  einander  schliessender  Flächen,  indem  man  nämlich 
die  beiden  Hälften  so  fest  auf  einander  drückt,  dass  die  Berührungsstellen 
genau  correspondirende  Form  annehmen.  Zwei  Stückchen  Wachs  oder  Pech 
werden  in  dieser  Weise  mit  einander  verbunden.     Zwei  Stücke  Blei,  mit 
metallisch  reiner  Oberfläche  auf  einander  gelegt  und  gehämmert,  lassen  sich 
gleichfalls  verbinden.     Die  Verbindung  wird  natürlich  unmöglich,  wenn 
der  betreffende  Körper  eher  zerdrückt  wird,  als  er  eine  entsprechende 
Formveränderung  annimmt.  Bei  einigen  Körpern  ist  es  deshalb  nöthig,  sie 
durch  Erhitzung    zuvor    in    einen    dehnbarem,    bildsamem  Zustand  zu 
versetzen  ^).     Hierher  gehört  Glas ,  welches  sich  bekanntlich  in  dem  wei- 
chen Zustande,  welchen  eine  starke  Erhitzung  hervorruft,  sehr  leicht  ver- 
binden lässt,  unter  den  Metallen  vorzugsweise  das  schmiedbare  Eisen,  auch 
Kupfer,  Platin,  Gold  und  andere.    Je  kohlenstoffarmer  das  Eisen  ist,  eine 
desto  höhere  Erhitzung  erträgt  es,  in   einen  desto  bildsamem  Zustand 
lässt  es  sich  versetzen,  bevor  Schmelzung  eintritt.     Deshalb  ist  kohlen- 
stoffarmes Schmiedeeisen  im  Allgemeinen  leichter  schweissbar  als  kohlen- 
stoffreicher Stahl.     Ersteres  wird  am  besten  in  heller  Weissgluth  ge- 
schweisst,  letzterer  in  Rothgluth,  welche  um  so  dunkler  ist,  je  höher  der 
Kohlenstoffgehalt.  Der  kohlenstoffreichste  Stahl  —  mit  ca.  2  Proc.  Kohlen- 
stoff und  darüber   —  ist  nicht  mehr  oder  doch  nur  noch  mit  grösster 


^)  Es  darf  wohl  die  Vermuthung  ausgesprochen  werden,  dass  diese  Er- 
hitzung neben  der  Veränderung  des  Aggregatztistandes  auch  auf  die  einschliea- 
sende  verdichtete  Gashülle  des  Körpers  einwirkt,  dieselbe  verflüchtigt  oder 
mindestens  verdünnt  und  auch  dadurch  das  Gelingen  des  Schweissens  befördert. 


344  Formgebung  durch  äussere  Kraft. 

Vorsicbt  ecbweissbar.  Den  Wärmegrad,  bei  welcbem  Scbweissung  des 
Eisens  möglich  ist,  nennt  manSchweiBsbitze.  Platin  erfordert  stärkste 
Weissglatb  um  gescbweisst  zu  werden,  Kupfer,  dessen  Scbweissung  bis- 
her der  Schwierigkeit  der  Darchfübrung  halber  verbaltnissmässig  wenig 
Anwendung  gefunden  hat^  jedenfalls  helle  Rotbglutb. 

Das  zweite  Hinderniss  der  Verbindung  durch  Schweissen   —   die 
Entstehung  chemischer  Verbindungen,  meistens  Oxydationsproducte  an 
der  Oberfläche  —  lässt  sich  bisweilen  durch  mechanische  Reinigung  der 
letzteren  vermittelst  Schabens,  Feilens  und  dergleichen  beseitigen.  Schwie- 
riger ist  die  Beseitigung,  wenn  die  Metallstücke  zu  dem  Zwecke  der  Ver- 
einigung erhitzt  werden  müssen  und  diese  Erhitzung  einen  neuen  Oxyda- 
tionsprocess  hervorruft.    Eisen,  im  erwärmten  Zustande  der  atmosphäri- 
schen Luft  ausgesetzt,  überzieht  sich  augenblicklich  mit  einer  Decke  von 
Oxyduloxyd,  Hammerschlag  genannt,  welche  die  Vereinigung  hindert. 
Eine  mechanische  Reinigung  der  Oberfläche  würde  keinen  Erfolg  haben, 
weil  der  üeberzug  sich  schon  wieder  gebildet  haben  würde,  bevor  die  Ver- 
einigung bewirkt  werden  kann.     Die  enstandenen  Oxyde  müssen  deshalb 
aus  der  Fuge  zwischen  beiden  Stücken  herausgequetscht  werden,  wäh- 
rend man  die  Stücke  behuf  ihrer  Vereinigung  an  einander  presst,  so  dass 
derselbe  Druck,  welcher  die  Verbindung  bezweckt,  auch  die  Entfernung 
jener  Oxyde  bewirkt,  und  der  Zutritt  atmosphärischer  Luft  zu  der  Ver- 
bindungsfuge völlig  abgehalten  ist.     Damit  jenes  Herausquetschen  mög- 
lich werde,  müssen  die  gebildeten  fremden  Körper  sich  begreiflicher  Weise 
in  einem  dünnflüssigen  Zustande  befinden,  und  von  diesem  Herausdrücken 
der  eingelagerten  Oxyde  in  Tropfenform  rührt  jedenfalls  der  Ausdruck 
Schweissen  her.     Eisenoxyduloxyd  aber  ist  an  und  für  sich  schwer 
schmelzbar  und  dickflüssig.     Man  muss  also  vor  der  Vereinigung  durch 
Bestreuen    der  Oberfläche   mit   einem    geeigneten  fremden  Körper   das 
Oxyduloxyd  in  eine  Verbindung  überführen,  welche  jene  Eigenschaft  der 
Leichtflüssigkeit  besitzt.     Diese  zum  Bestreuen  der  Oberfläche  für  den 
genannten  Zweck  benutzten  Körper  sind  die  sogenannten  Scbweisspul- 
ver.      Das  üblichste  derselben  ist  feiner  Quarzsand  (Kieselsäure),  mit 
den  Eisenoxyden  zu  einem  Silicate,  einer  wirklichen  Schlacke,  zusammen- 
schmelzend.    Statt  der  Kieselsäure  wird  auch  Borsäui'e  benutzt.     Da  die 
Schlackenaberum  so  leichter  schmelzbar  zu  sein  pflegen,  eine  je  grössere 
Anzahl  basischer  Bestandtheile  in  ihnen  neben  einander  vertreten  sind, 
so  fügt  man  ausser  den  genannten  Säuren  nicht  selten  dem  Eisenoxydul- 
oxyd noch  eine  zweite  und   dritte  Base  hinzu  und  benutzt  hierzu  Glas, 
Potasche,   Kochsalz,    Schwerspath,  Flossspath,  Braunstein,  Borax    und 
andere.  Solche  Zusätze  sind  besonders  beim  Schweissen  des  Stahls  üblich 
in  Rücksicht    auf  die  niedrigere  Schweisstemperatur  desselben.      Auch 
setzt  man  beim  Schweissen  des  Stahls  bisweilen  Körper  zu,  welche  offen- 
bar den  Zweck  haben,  einer  Entkohlung  desselben  vorzubeugen,  also  koh- 
lenstoffhaltige Verbindungen.  So  empfiehlt  Karmarsch  zum  Schweissen 
von  Stahl  auf  Eisen  eine  Mischung  von 


Schweissbarkeit  und  Adhäsionserscheinimgen.  345 

Borsäure 36,6  Theile, 

Kochsalz 30,1       „ 

Blutlaugensalz 26,7       „ 

Colophoniam        7,6      , 

oder  zum  Seh  weissen  von  Stahl  aaf  Stahl: 

Borsäure 41,5  Theile 

Kochsalz 35         „ 

Blutlaugensalz 15,5      „ 

Calcinirtes  kohlensaures  Natron.     .8         ,  u.  a.  m. 

Wie  das  Eisen,  so  überzieht  sich  auch  das  Kupfer  in  Glühhitze  an 
der  Luft  rasch  mit  einer  Hülle  yon  oxydirtem  Metalle.  Eine  Yer- 
Bchlacknng  durch  Kieselsäure  würde  hier  unzureichende  Resultate  geben, 
wohl  aber  gelingt  die  Entfernung  durch  Lösung  in  einem  leichtflüssigen 
Salze.  Rust  empfiehlt  als  vorzüglich  geeignetes  Schweisspulver  zum 
Schweissen  des  Kupfers  phosphprsaures  Natron- Ammoniak  (das  Phosphor» 
salz  bei  Lothrohranalysen),  oder  eine  Mischung  von  35,8  Thln.  phosphor- 
saurem  Natron  mit  12,4  Thln.  Borax  ^). 

Das  erwähnte  dritte  Hindemiss  für  die  Schweissung,  die  den  Körper 
umgebende  und  theilweise  verdichtete  Gashülle,  wird  der  schon  oben  aus* 
gesprochenen Yermuthung  zufolge  höchstwahrscheinlich  durch  Erhitzung 
entfernt  oder  verringert.  Die  Ermittelungen  über  das  Vorhandensein 
dieser  GashüUe,  über  das  Maass  ihres  Auftretens,  über  die  Umstände, 
welche  ihre  Gegenwart  begünstigen  oder  erschweren,  sind  jedoch  noch 
so  unvollkommener  Natur,  dass  es  unmöglich  ist,  bestimmte  Schlüsse 
für  die  Einwirkung  derselben  auf  das  Gelingen  des  Schweissens  zu  ziehen. 

Statt  den  Vorgang  beim  Schweissen  einfach  auf  die  Wirkung  der 
Cohäsionskraft  zurückzuführen,  hat  man  vielfach  höchst  künstliche  Er- 
klärungen dafür  gesucht,  indem  man  allein  die  Schweissbarkeit  des 
Eisens  ins  Auge  fasste  und  ausser  Acht  liess,  dass  dieselbe  Eigenschaft 
in  oft  noch  höherm  Grade  zahlreichen  anderen  metallischen  und  nicht- 
metallischen Köi-pem  zukommt,  von  welchen  wir  bereits  oben  einige  er- 
wähnten. So  glaubt  Scheerer  das  Schweissen  einer  Reduction  des  ge- 
bildeten Eisenoxyduloxyds  durch  den  Kohlenstoff  des  Eisens  zuschreiben 
zu  sollen,  wobei  das  entstehende  kohlenstofffreie  Eisen  ein  Bindemittel 
zwischen  den  Berührungsflächen  bilde;  Jordan  hält  das  Schweissen  für 
eine  dem  Frieren  des  Wassers  ähnliche  Erscheinung  und  vergisst,  dass 
bei  dem  Schweissen  ein  Uebergang  aus  dem  flüssigen  in  den  festen  Zu- 
stand gar  nicht  stattfindet');  Williams  räumt  der  durch  die  Reibung 

^)  Bayerischea  KnD8i>  und  Gewerbeblatt,  Jahrgang  1868;  Seite  527. 

*)  Bas  von  Jordan  als  Analogon  für  das  Schweissen  angefahrte  Formen 
von  Schneebällen  bei  eintretendem  Thauwetter  beruht  auf  der  Yermischang 
fester  Körper,  der  Eiskrystalle ,  mit  einer  Flüssigkeit,  ähnlich  wie  Formsand 
durch  Befeuchten  mit  Wasser,  Kitt  durch  Befeuchten  mit  Glycerin  bildsam 
wird,  hat  also  mit  dem  Schweissen  keine  Aehnlichkeit. 


346  Formgebung  durch  äussere  Kraft 

nnd  den  Druck  an  den  Berührungsflächen  erzeugten  Wärme,  wodurch 
eine  augenblickliche  Flüssigmachung  hervorgerufen  wurde,  einen  Einfluss 
ein  und  Wedding  scheint  sich  dieser  Ansicht  anzuschliessen  ^).  Auch 
diese  Ansicht  ist  jedoch  viel  zu  gekünstelt,  um  wahrscheinlich  zu  sein, 
abgesehen  davon,  dass  der  zur  Hervorrufung  des  Schweissens  beim 
Eisen  und  anderen  Körpern  factisch  erforderliche  Druck  viel  geringer 
zu  sein  pflegt,  als  dass  er  eine  solche  Wärmeerzeugung  zur  Folge  haben 
könnte,  und  Williams  selbst  findet,  dass  die  einfachere  Erklärung  die 
bessere  sei. 

Wenn  bisher  nur  derjenige  Fall  ins  Auge  gefasst  wurde,  wo  zwei 
Stücke  eines  und  desselben  Metalls  zu  verbinden  waren,  so  ver- 
dient es  nicht  minder  Erwähnung,  dass  in  ganz  ähnlicher  Weise 
und  auf  ähnlichen  Ursachen  beruhend  auch  verschiedenartige  Körper 
eine  Verbindung  mit  einander  gestatten.  Der  Physiker  nennt  in  diesem 
Falle  die  thätig  werdende  Anziehungskraft  nicht  mehr  Cohäsion,  sondern 
Adhäsion.  Gewöhnliche  Beispiele  von  nichtmetallischen  Körpern  für  diese 
Adhäsion  geben  Wachs,  Pech,  Siegellack  und  andere,  welche  an  gewissen 
anderen  Körpern  so  fest  adhäriren  können,  dass  sie  eher  eine  Trennung 
ihrer  eigenen  Moleküle  gestatten  als  an  der  Verbindungsstelle.  Eine 
ähnliche  Fähigkeit  zeigen  gewisse  Metalle  unter  einander,  und  man  be- 
nutzt diese  Eigenschaft  derselben  zu  dem  sogenannten  Plattiren, 
einem  Ueberziehen  eines  weniger  werthvoUen  Metalls,  meistens  Kupfer, 
mit  einem  Edelmetalle  (Gold,  Silber,  Platin)  durch  einfache  Adhäsion, 
wobei  eine  ebenso  feste  Verbindung  beider  Metalle  entsteht,  als  bestän- 
den sie  aus  einem  einzigen  Stücke  desselben  Metalls. 

Die  Hindemisse  für  die  Entstehung  einer  solchen  mechanischen  Ver- 
bindung zweier  Metalle  und  die  Bedingungen,  welche  demgemäss  zur 
Hervorbringung  einer  solchen  Verbindung  erfüllt  werden  müssen,  sind 
im  Wesentlichen  die  nämlichen  wie  bei  der  Verbindung  gleichartiger 
Metallstücke  durch  Schweissen.  Als  Hauptbedingungen  gelten  auch  hier 
ausreichende  Dehnbarkeit  zur  Ermöglichung  eines  dichten  Zusammen- 
pressens,  und  metallisch  reine  Oberfläche.  Erstere  wird  durch  mög- 
lichste Reinheit  der  zu  verbindenden  Metalle  von  fremden,  ihre  Dehnbar- 
keit beeinträchtigenden,  Körpern  und  durch  Erhitzung  wie  beim 
Schweissen  befördert,  die  Reinheit  der  Oberfläche  durch  mechanische 
und  chemische  Hülfsmittel  hervorgerufen.  Die  Vereinigung  wird  beför- 
dert, wenn  man  die  Berührungsfläche  des  leichter  oxjdirbaren  Metalls 
vor  der  Erhitzung  auf  chemischem  Wege  mit  einer  dünnen  Schicht  des- 
jenigen Metalls  überzieht,  mit  welchem  die  Vereinigung  bewirkt  werden 
soll.  So  giebt  man  dem  Kupfer  durch  Bestreichen  mit  einer  Lösung  von 
salpetersaurem  Silber  einen  schwachen  Silberüberzug,  von  Goldchlorid 
einen  Goldüberzug,  von  Platinchlorid  einen  Platinüberzug,  und  entfernt 
dann  die  Lösung  durch  Abwaschen  und   Trocknen.      Zur  Vermeidung 


')  Weddiog,  DarsteUung  des  schmiedbaran  Eisens  Seite  699. 


Plattiren.  347 

der  Oxydation  werden  die  zn  verbindenden  Flächen  yor  der  Erhitzung 
dicht  auf  einander  gelegt  und  später  durch  Druck  wie  beim  Schweissen 
▼ereinigt. 

Ausser  den  genannten  Metallen  werden  auch  Zinn  und  Blei  mit  ein- 
ander auf  solche  Weise,  jedoch  ohne  Erhitzung,  vereinigt.  Die  vereinig- 
ten Metalle  werden  in  allen  Fällen  einer  gemeinschaftlichen  Querschnitts- 
verdünnung (Verarbeitung  zu  Blechen  und  Drähten)  unterworfen  und 
dienen  dann  erst  als  Zwischenproducte  für  die  Anfertigung  von  Ge- 
brauchsgegenstän  den. 


Literatur  über  die  Arbeitseigenschaften  der  Metalle  hinsicht- 
lich ihrer  Verarbeitung  durch  mechanische  Kräfte. 

Ausser  den  schon  gegebenen  Citaten: 

Karmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  1  Bd.,  S.  7,  9  bis  14, 
35,  47,  52,  60,  66,  71,  140,  158,  186,  194  bis  199. 

Hoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  127  ff.  (Theorie  der  Dehnbarkeit). 

Mnspratt-Kerl,  Chemie,  Bd.  lU,  Artikel  Kupfer  und  Legirungen  (Dehn- 
barkeit und  Harte). 

Wagner,  Die  Metalle  und  ihre  Verarbeitung. 

Wedding,  Darstellung  des  schmiedbaren  Eisens,  S.  696  (Schweissen). 

Percy,  Metallurgie,  I  Bd.,  deut43ch  von  Knapp,  S.  6  bis  10. 

Kerl,  Metallurgie,  Bd.  Ul,  8.  583,  749. 

Kerl,  Grundriss  der  Eisenhüttenkunde,  8.  448  (Härt^  und  Anlassen 
des  Stahls). 

Kerpely,  Fortschritte  des  Eisenhüttengewerbes,  Bd.  VllI  bis  X,  8.  587 
(Härten). 


2.    Die  ErMtziing  der  Metalle. 


Aus  der  Besprechang  der  Arbeitseigenschaften  der  Metalle  geht  her- 
vor, dasB  die  Erhitzung  derselben  einen  doppelten  Zweck  verfolgen  kann: 

entweder  soll  das  Metall  für  die  Arbeit  der  Formverändemng  selbst 
erhitzt  und  dadurch  in  einen  weichem  und  dehnbarem  Zustand  ver- 
setzt werden; 

oder  es  soll  demselben  die  bei  der  bereits  vorgenommenen  Form- 
veränderung entstandene  Härte  und  Sprödigkeit  durch  das  Erhitzen 
wieder  genommen  und  es  dadurch  zu  weiterer  Verarbeitung  tauglich 
gemacht  werden. 

Ist  die  Querschnittsverdünnung  eine  bedeutende  und  das  Metall 
geneigt,  seine  Dehnbarkeit  zu  verlieren,  so  ist  nicht  selten  eine  zwei-, 
drei-  und  mehrmalige  Unterbrechung  der  Arbeit  zum  Zwecke  der  Er- 
hitzung erforderlich. 

Jenachdem  die  Metalle  eine  directe  Berührung  mit  dem  Brenn- 
stoffe vertragen  «oder  von  jeder  Berührung  desselben  ausgeschlossen  wer- 
den müssen,  sowie  nach  Form  und  Grösse  der  zu  erhitzenden  Metall- 
stücke unterscheidet  man  eine  Anzahl  verschiedener  Constructionen  der 
Erhitzungsapparate,  die  sich  im  Wesentlichen  in  drei  Hauptgruppen 
sondern  lassen. 

Erste  Gruppe.    Schmiedefeuer. 

Als  Erhitzungsapparat  dient  ein  kästen-  oder  rinnenförmiger  Be- 
hälter mit  dem  stückförmigen  Brenn materiale  gefüllt,  welches  das 
Arbeitsstück  umgiebt.  Die  Verbrennung  erfolgt  durch  Gebläsewind, 
welcher  durch  eine  Oeffnung  (Windform)  am  Boden  oder  an  einer  Seite 
zugeführt  wird.  Zur  Bequemlichkeit  des  Arbeiters  ist  die  Oberkante 
des  Feuers  750  bis  900  Mm.  über  den  Erdboden  erhöht  und  das  ganze 
Feuer  demnach  in  einen  gemauerten  oder  gusseisernen  Herd  eingebaut 
Die  kleineren  Schmiedeherde  erhalten  nur  ein  Feuer,  grössere  zwei  bis 
vier,  deren  Verbrennungsproducte  gewöhnlich  durch  eine  gemeinschaft- 
liche darüber  angebrachte  Schmiedeesse  entweichen. 

Es  folgt  aus  dieser  allgemeinen  Einrichtung  der  Schmiedefeuer  von 
selbst,  dass  sie  einestheils  nur  zum  Erhitzen  von  Metallstücken  sich  eig- 
nen, deren  Querschnitt  und  Länge  nicht  allzu  beträchtlich  sind,  weil  mit 


Schmiedefeuer.    '  349 

der  Grösse  derselben  die  Schwierigkeit  wftchst,  eine  gleichm&ssige  Er- 
hitzung hervorzubringen,  und  dass  andemtheils  nur  solche  Metalle  zum 
Erhitzen  in  Schmiedefeuem  geeignet  sind,  welche  durch  die  Berührung 
mit  dem  Brennmateriale  keine  chemische  Veränderung  erleiden.  In  der 
That  bedient  man  sich  der  Schmiedefeuer  fast  nur  zum  Erhitzen  von 
Schmiedeeisen  und  Stahl  und  benutzt  als  Brennmaterial  für  ersteres 
Steinkohlen,  für  letzteren  Holzkohlen. 

Fig.  267    stellt   ein   gewöhnliches  Schmiedefeuer  mit  gemauertem 

Herde  dar^).  Es  ist  hier  Ä  ein  hohler 
Raum  unterhalb  des  Feuers,  zur  Erspa- 
rung von  Baumaterial  angelegt  und  sehr 
zweckmässig  zur  Aufbewahrung  von 
Kohlen  benutzt.  F  ist  die  Feuergrube 
von  feuerfesten  Steinen  eingefasst,  ge* 
wohnlich  200  bis  400  Mm.  lang  und 
breit,  100  bis  150  Mm.  tief,  B  eine 
Brandmauer,  d  ist  die  Windform,  auch 
Esseisen  genannt,  d.  h.  die  gusseiseme 
Hülse,  in  welcher  das  conische  Endstück 
der  Windleitung  mündet  und  durch 
welche  der  Gebläsewind  in  das  Feuer 
geführt  wird,  g  ist  ein  aus  Eisenblech 
gefertigter  Rauchfang  zum  Auffangen  der  Yerbrennungsproducte,  welche 
von  hieraus  nach  der  Esse  e  entweichen.  L  ist  der  bei  keinem  Feuer 
fehlende  Lösch  trog,  ein  eiserner  mit  Wasser  gefüllter  Behälter,  auf 
einem  Vorsprunge  der  Herdmauerung  ruhend,  zum  Ablöschen  der  ge- 
schmiedeten Gegenstände  und  zu  anderen  Zwecken  dienend,  m  ist  ein  Raum 
unterhalb  des  Löschtrogs  für  die  aus  dem  Feuer  gezogenen  Schlacken, 
welche  über  den  Herd  hin  weggezogen  und  durch  den  senkrechten  Canal 
nach  unten  geworfen  werden.  Die  obere  Fläche  des  Herdes  wird  zum 
Schutze  gegen  Beschädigungen  des  Mauerwerks  zweckmässig  mit  guss- 
eisernen Platten  abgedeckt. 

Enthält  der  Schmiedeherd  mehr  als  ein  Feuer,  so  vereinigt  man 
dieselben  unter  einem  gemeinschaftlichen  Rauchfange,  zwei  Feuer  ord- 
net man  gewöhnlich  in  solcher  Weise  neben  einander  an,  dass  die  Rich- 
tungen der  einströmenden  Gebläseluft  parallel  laufen,  mehr  als  zwei 
Feuer  legt  man  nicht  selten  kreisförmig  um  die  in  der  Mitte  stehende 
Esse. 

Die  Form  (Windform)  hat  meistens  eine  kreisrunde,  seltener  eine 
halbkreisförmige  Oeffnung  zum  Ausströmen  des  Windes,  welche  sich  nach 
hinten  conisch  erweitert.  Zum  Schutze  gegen  die  Hitze  versieht  man 
die  Schmiedeform  nicht  selten  mit  einer  Wasserkühlung.  Zu  diesem 
Zwecke  ist  sie  hohl  gegossen  und  man  lässt  den  Wasserstrom  ähnlich 


')  Nach  Hoyer,  Mechanische  Technologie,  Seite  136. 


350  Schmiedefeuer. 

wie  bei  Bocbofenformen  in  der  Höhlung  circnliren ,  darcb  einen  Rohr- 
Btntzen  ein-,  ilaroli  einen  zweiten  ausströmen,  oder  man  wählt  eine  Ein- 
richtung wie  in  Fig.  268  skizzirt  iat,  wo  das  Wasser  den  Ranm  zwischen 
Fig.  268.         Form  und  BQse  ansfilllt,  auf  diese  Weise  auch  die  letz- 
tere kohlend  i). 

Der  vordere  DurchmesBer  der  Form  im  I.iohten 
pflegt  bei  den  kleineten  Feuern  10  bis  15  Um.  zn  sein 
nnd  bei  den  grössten  höchstens  30  Mm.  zu  betragen. 

Fflr    langgestreckte  Fener    aum   Erhitzen  langer 
Stangen  bringt  man  bisweilen  mehrere  Formen  neben 
einander  an,  seltener  ist  die  Anwendung  zweier  gegen- 
aberliegend er  Formen,  nm  auf  starke  Stücke  von  beiden 
Seiten  Hitze  zn  geben,  denn  die  Hinübertegung  des  Windrohrs  ist  immer- 
hin nicht  gut  ohne  Beengung  des  Raums  auf  dem  Herde  zn  bewerkstelligen. 
Um    die  Form    festzulegen,    dnrchhricht    man  die  Brandmauer  an 
der  Seite,  wo  die  Form  liegt,  mit  einer  Oeffnung,  welche  dnrch  eine 
starke  gnsseiserne  Platte,  Fig.  269,  geschlossen  wird.     Diese  Platte  hat 
Fig.  269.  an  den  viel'  Seiten  Ausschnitte,  durch  deren  untern 

die  Form  hindnrchreicht;  ist  die   Platte  an   dieser 
Stelle  ausgebrannt,  so  drtht  man  sie  so,    dass  ein 
anderer  Ausschnitt  nach  unten  kommt,  nnd  so  fort. 
Die  Achse  der  Form  liegt  eotweder  horizontal 
oder  sie  hat  eine  geringe  Neigung  gegen  die  Sohle 
der  Feuergrnbe  (Stechen  der  Form),  um   die  Hitze 
mehr  in  dem  untern  Theile  des  EohlenhaafenB  2a 
concentriren. 
Die  seitliche  Zuführang   des  Gebläsewindes   hat    mancherlei  Nach- 
theile.      Der  hauptsächlichste  Uebelstand  liegt  in  dem  Umstände,  daaa 
eine  eioeeitige  Erhitzung  des  Metallstücks  stattfindet,  was  besonders  bei 
der  Erhitzung  grosser  StQcke  ins  Gewicht  fallt,  verlangsamend  auf  die 
Arbeit  and  ungünstig  safdenKoblenverbranch  wirkt.    Ausserdem  kommt 
hierbei  in  Betracht,  dass  die  nach  der  Brandmauer  zugekehrte  Seite  des 
Feuers,  von  welcher  der  Wind  eingeführt  wird,  völlig  unzugänglich  für  den 
Arbeiter  bleibt.     Es  verdient  deshalb  die  mehr  und  mehr  Anklang  fin- 
dende Einrichtnng  der  Schmiedefeuer  volle  Beachtung,  bei  welcher  der 
Gebläsewind  in  senkrechter  Richtung  von  unten  her  in  das  Fener  ge- 
führt wird.     In  richtiger  Erkenntniss  der  Vortheile,  welche  eine  solche 
Einrichtung  gewährt,  sind  schon  seit  einer  Reihe  von  Jahren  vereohie- 
denc  Constmcttonen  in  Ausfühning  gebracht  worden,   um  die  senkrechte 
Windfilhrnng  in  möglichst  zweckmässiger  Weise  anzuordnen  ohne  eine 
Verstopfung  derEinströmangBöfi^nungen  durch  Schlacke,  Kohlen  oder  der- 
gleichen hefQrchten  zu  mOssen.     Alle  diese  Einrichtungen  laufen  darauf 
hinaus,  dass  ein  gnsseiserner  Wiiidkasten  mit  ebener  oder  kuppeiförmiger 


')  MechanicsMaeaiin  lBr.5,Nr,  leST;  Diogler,  Polyt.  Journ.M.  137,S.  417. 


Windfonnen.  351 

Decke  unter  der  Sohle  des  Feuers  angebracht  wird  und  der  Wind  durch 
runde  oder  schlitzförmige  Oeffunngen  in  dem  höchsten  Th eile  desDeokela 
in  das  Feuer  atrCmt.  Bei  solcher  Einrichtang  wird  es  nan  allerdings 
unYerm eidlich  sein,  dass  ab  nnd  an  Theilchen  der  am  Boden  sich  sam- 
melnden  und  erstarrenden  Schlacke,  KohlenstQckchen  etc.,  in  die  Wind- 
Öffnungen  gerathen  und  sich  am  Buden  des  Windkastens  anhänfen;  des- 
halb  muBS  dort  ein  leicht  zu  öffnender  Versohlnss  angebracht  sein,  nm 
diese  fremden  Körper  zu  entfernen.  Gl flcklicber weise  ist  die  erkaltete 
Schlacke  änsseret  spröde  and  läset  sieb,  auch  wenn  sie  die  Windöfiiina- 
gen  verstopß  haben  sollte,  leicht  mit  Hülfe  einer  eisernen  Stange  los- 
brechen. Damit  das  Windzuleitungarobr  nicht  von  eintretender  Schlacke 
verstopft  werde,  mnse  dasselbe  in  einer  Seitenwand  des  Kastens  in  eini- 
ger Höhe  über  dem  Boden  desselben  angebracht  werden.  Um  nicht  den 
g.tnzen  Windkaston  herausnehmen  zu  müssen,  wenn  die  WindeinstrÖ- 
ninngsöffnungen  durch  Ausbrennen  sich  erweitert  haben  and  einer  Reparatur 
bedürfen,  hat  man  die  letzteren  in  zweckmässiger  Weise  auch  wohl  mit 
leicht  auszuwechselnden  knrzenDOsen  versehen  (vergleiche  unten  Fig.  272). 
Mehrfach  hat  man  mit  dieser  Windzuleitung  von  unten  eine  mehr 
dler  minder  einfache  Vorrichtung  zur  Regulirung  des  eintretenden  Wind- 
Btromes  in  Verbindung  gebracht.  Bei  den  Schmie deformen  von  Scheller 


Fig.  270. 


dient  hierzu  eine  an  einer  verticaler 


Sohraubenspindel    befindliche    Ventil- 
scheibe mit  kleinen  Oeffnnngen,  welche 
bei  Drehnng  der  Spindel  die  grossere 
Oeffnung    an    der    oberen   Seite    des 
Windkastens  allmälig  scbliesBt,  so  dass 
der  Wind  nur  noch  durch  die  kleinen 
Oeffnnngen  des  Ventils  ins  Feuer  ge- 
langen knnn')i  zweckmässiger  dient 
bei  denSchmiodeformen  von  Webers 
zu  demselben  Zwecke  eine  horizontale 
Spindel  mit  kreuzförmig  aufgegosse- 
nen Rippen,  welche  bei  ihrer  Drehnng 
vermittelst  dieser  Rippen  die  schlitz- 
förmige   Oeffnnng    des    Windkastens 
nnch  Belieben  geöffnet  Iftsst,  ganz  oder 
theilweise  scbliosBt*).     In    recht  ein- 
facher und  jedenfalls  zweckraäEsiger  Weise  erfüllt  als  eine  der  neaesten 
Constmctionen  dieser  Art  die  in  Fig.  270  nnd  271  abgebildete  patentirte 
Schmtedeforra  von  Dr.  Ebbinghaus  den  munlicben  Zweck.    Das  Gehäuse 
derselben  ist  ans  Gasseisen  in  zwei  Theilen  als  Unterthcil  und   Deckel 
gegossen  und   durch   Schrauben  zusammengehalten.     An  der  einen  Seite 

I,  Jabrg.  1834,  B.  449. 


352  Schmiedefener. 

befindet  sich  der  s,a  dem  Obertheile  angegOBsene  Rohretatzen  a,  an  wel- 
clieo  die  Windleitong  uiBchlieBet ;  »n  dem  Boden  des  GehÄuseB  dient  der 
mit  einem  Schieber  verechloBsene  BhIb  b  zam  Entleeren  desBelben  von 
Schlacke.  Der  Deckel  ist  noch  oben  glockenförmig  gewölbt  nnd  an  dem 
hochBten  Punkte  mit  einem  länglichen  Schlitze  versehen,  durch  welchen 
der  Wind  in  das  Feaer  gelangt.  Eine  keillormige  eieerne  Zange  c, 
welche  in  senkrechter  Richtnng  bewegt  werden  kann ,  vermag  den  er- 
wähnten Schlitz  ganz  oder  theilweiae  za  BchliesBen  und  ragt  bei  völligem 
Verscblasse  noch  nm  1  bis  2  Centimeter  aus  demselben  hervor;  man  ist 
dnrcb  diese  Einrichtung  im  Stande,  etwaige  Schlacken  an  aätze  oberhalb 
der  Oefinnng  vermittelst  Hebens  der  Zunge  ohne  Weiteres  loszustoBBen. 
Das  entgegen  gesetzte  Ende  der  Zange  geht  dnrch  eine  OeETnang  im 
Boden  des  Gehäuses  hindurch  und  ist  mit  einem  Schlitze  versehen,  in 
welchen  der  von  der  Spindel  d  mit  Hülfe  der  Kurbel  e  bewegliche  Hebel 
/  eingreift  und  so  ein  Heben  oder  Senken  der  Zunge  veranlasst '). 

Derartige  Constrnctionen  der  Windformen  gestatten  nun,  den  Herd 
des  Feuers    ohne  Brandmauer   lingsam    freizulegen  und  das  Feaer  in 

Fig.  271. 


')  Aabnliehe  Constrnctionen  nind  in  neuerer  Zeit  m^lirfach  entstanden. 
Sieli«  nnter  Auderen  Morgan'«  Sdimieilefeiier  in  Eoglneering,  Bd.  20,  S.  47.'), 
auch  Dingler'd  polj-t.  JntirnftI ,  Bd.  221,  8.  81;  Steinecker'»  Scbmiedefener, 
Deutsche  Industriezeitnng,  Jahrg.   1H76,  8.  242;  Dingler's  poly t.  Joura.,  Bd,  22i. 


Windzufiihrung. 


353 


der  lütte  des  Herdes  einsabauen,  wodurch  dem  Arbeiter  manche  Bequem- 
lichkeit erwächst.  Fig.  271  stellt  ein  solches  frei  stehendes  Schmiede- 
fener  mit  £ bbingh au s^ scher  Windform  dar.  a  sind  zwei  parallele  in 
das  Mauerwerk  eingelassene  Flacheisenschienen,  auf  welchen  der  am  Ge- 
häuse der  Form  angebrachte  Hantsch  ruht,  so  dass  dadurch  eine  sichere 
Unterstützung  der  ganzen  Windform  gegeben  ist;  h  ist  die  an  Ketten 
aufgehängte  Esse  mit  Rauchfang.  Zur  Stellung  der  Kurbel  wird  eine 
Schiene  mit  einigen  Löchern  am  Herde  angebracht,  um  mittelst  eines  in 
die  Locher  passenden  Vorsteckers  die  Zunge  in  jeder  beliebigen  Stellung 
festhalten  zu  können.  Für  gewöhnliche  Zwecke  wird  die  Kurbel  in  der 
in  Fig.  270  ersichtlichen  Stellung  festgehalten,  wobei  ihre  Oberkante  mit 
der  Oberkante  des  Schlitzes  gleich  hoch  steht  und  ein  hinreichend  weiter 
Zwischenraum  zwischen  beiden  zum  Austreten  des  Windes  bleibt.  Die 
gewölbte  Form  des  Gehäusedeckels  bewirkt,  dass  die  sich  bildende  Schlacke 
stets  nach  der  am  Bande  befindlichen  concentrischen  Vertiefung  abläuft, 
von  wo  sie  yon  Zeit  zu  Zeit  entfernt  wird.  Der  Deckel  selbst  wird  durch 
die  von  unten  zuströmende  Gebläseluft  gekühlt  und  dadurch  vor  Beschädi- 
gung durch  die  Hitze  des  Feuers  geschützt. 

Statt  der  schwerfälligen  gemauerten  Schmiedeherde  wendet  man  in 
neuerer  Zeit  mehrfach  gusseiseme  an ,  welche  vor  jenen  den  Vortheil 
voraus  haben,  leicht  transportirt  und  an  einem  beliebigen  Orte  aufgestellt 
werden  zu  können ,  und  ein  gefälligeres  Aeussere  besitzen.  Sie  haben 
die  Form  eines  Tisches  mit  Füssen  und  eingehängtem  gusseisemem 
Feaerkasten.  Die  Abbildungen,  Figuren  272  und  273,  stellen  ein  sol- 
ches   gusseisemes    freistehendes    Schmiedefeuer   (Construction  Botter) 


Fig.  272. 


10 


■---lTi..     I  il.      -1 


■  *73 


Ledebnr,  in<ch>iiitch-mctiütttrgiiche  Technologie. 


23 


354 


SchnuedefeueT. 


dar^).     Der  Fenerkasten  hat  eine  pyramidal  tierseitige  Gestalt  und  er- 
hält seinen  Wind  von  unten  durch   die  leicht   auszuwechselnde  Düse  c 

Fig.  273. 


(System  Rathgeb)  mit  schlitzförmiger  Ausströmungöffnung,  dd  sind 
Kohlenkasten  zur  Aufnahme  von  Yorräthen,  e  der  Löschtrog.  Der  Feuer- 
kasten ruht  in  Torspringenden  Leisten  des  gusseisemen  Rahmens  h^  wel- 
cher letzterer  von  sechs  gusseisemen  Füssen  getragen  wird.  Bei  /  ist 
in  der  Windleitung  ein  Schieber  zur  Regulirung  des  Windes  angebracht. 
Rauchfang  und  Esse  werden  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  dem  in  Fig.  271 
abgebildeten  Schmiedefeuer  angebracht. 

Wenn  es  bei  der  Erhitzung  grösserer  Stahlstücke  mit  Holzkohlen  darauf 
ankommt,  die  Lufi;  abzuhalten  —  z.  B.  beim  Ausschmieden  des  in  Frischfeuern 
gewonnenen  Rohstahls  — ,  so  wendet  man  statt  der  oben  offenen  Feuer 
überwölbte  Feuer  von  beträchtlicher  Tiefe  an,  bei  denen  eine  einzige 
Oefinung  an  der  Vorderseite  zum  Einbringen  des  Stahls  und  zum  Ent- 
weichen der  Verbrennungsgase  dient.  Die  Figuren  274  und  275  stellen 
einen  solchen  Schmiedeherd  mit  zwei  Feuern  zum  Erhitzen  yon  Stahl- 
staben dar'),  a  ist  das  Feuer,  rings  yon  feuerfesten  Steinen  eingefasst, 
und  nur  mit  der  in  dem  links  gezeichneten  Feuer  ersichtlichen  Oeffnang 


1)  Amtlicher  Bericht  über  die  Wiener  Aasstellung  im  Jahre  1873,  Gruppe 
13,  S.  68  (Berichterstatter  Hart  ig). 

2)  Kerl,  Metallurgie,  Bd.  IH,  Tafel  7. 


zum  Einbringen  Teraehen.     d  ist  die  WinddQae,  c  ein  Schlackenabflnas, 
b  eine  Arbeitaplatte,  von  wo  ans  der  Stahl  in  die  Oeffnong  geschoben  wird. 
Fig.  274.  Fig.  275. 


Für  gewisse  Zwecke  erhalten  die  Schmiedefener  «ine  ton  der  bii- 
her  beBchriebenen  mehr  oder  minder  abweichende  Form.  Ein  Beispiel 
hierfiir  geben  die  Feuer  zam  Erhitzen  tod  Radreifen ,  welche  der  Form 
des  Reifens  entsprechend  ringförmig  eingebaut  und  mit  mehreren  Wind- 
formen versehen  sind  (Circularfeuer) '),  und  andere  mehr. 

Als  Gebisse  für  die  Schmiedefener  benutzt  man  CentrÜngalgebl&se, 
Roots'sche  Ventilatoren  oder  DampfstrahlgeblSse.  Seltener  sind,  wie 
schon  froher  erwähnt,  jetzt  die  Balggebl&ee  geworden.  Von  den  beiden 
erst  genannten  Gehläsen  reicht  ein  einziges  zum  Betriebe  einer  gressem 
Anzahl  Ton  Schmiedefenem  aus,  von  den  letzteren  erhält  jedes  Feuer 
sein  eigenes  Gebläse.  Hat  man  mehrere  Feuer  mit  einem  einsigen  Ge- 
bläse EO  betreiben,  so  kommt  dabei  der  Umstand  in  Betracht,  dass  der 
Betrieb  jedes  einzelnen  Feuers  ein  intermittirender  ist;  denn  während 
das  Eisen  ans  dem  Feuer  genommen  wird,  nm  bearbeitet  zu  werden, 
würde  es  eine  durchaus  sträfliche  Eohlenvergendung  sein,  wenn  der  Af 
heiter  nicht  sofort  den  Windstront  abstellen  wollte.  Fördert  das  Oebl&se 
also  ununterbrochen  dieselbe  Windmenge ,  so  wird  die  Windpressnng  in 
der  Leitung  und  bei  den  im  Betriebe  befindlichen  Fenem  sofort  steigvn, 
wenn  ein  oder  einige  Feuer  zum  Stillstande  kommen.  Zur  Vermeidung 
einer  abennäsgigen  Windpressnng  in  solchen  Fällen  bringt  man  deshalb 
auf  den  Leitungen  Sicherheitsventils  an  (nach  Art  der  Sicherheitsven- 
tile   bei  Bampfkesseln  constniirt),   welche  sich  selbatthätig  dfi^neu  und 


I)  Zeichunngen  der  „Hätte',  Jahrgang  1SS5,  Blatt  S. 


356  Schmiedefeuer. 

den  überschüssigen  Wind  entweichen  lassen,  sobald  im  Innern  der  Leitnng 
die  normale  Spannnug  überschritten  wird.  Trotz  der  bei  derartiger 
Einrichtung  unvermeidlichen Yergendang  derAi*beit  der  Betriebsmaschine 
pflegt  bei  dem  Betriebe  mehrerer  Feuer  doch  eine  solche  Centralisation 
der  Winderzeugung  in  einer  einzigen  Maschine  yortheilhafter  und  zweck- 
mässiger zu  sein,  als  wenn  man  jedem  Feuer  ein  eigenes  Gebläse  geben 
wollte,  welches  mit  dem  Feuer  in  und  ausser  Betrieb  gestellt  werden  kann. 

In  allen  Fällen,  auch  wenn  ein  einzelner  Blasbalg  den  Wind  liefert, 
ist  unmittelbar  hinter  der  Düse  eine  Absperrungsvorrichtung  —  Schie- 
ber, Hahn  oder  Drosselklappe  —  anzubringen,  um  sowohl  in  jedem 
Augenblicke  den  Wind  abstellen  zu  können,  als  auch  das  Zurücktreten 
brennbarer  Gase  in  die  Leitung  zu  yerhöten. 

Die  von  einem  Feuer  beanspruchte  Windmenge  richtet  sich  begreif- 
licher Weise  nach  der  Menge  des  verbrauchten  Brennmaterials,  und  dieses 
nach  der  Art  der  Arbeit  und  Grösse  des  Arbeitsstücks.  Die  kleinsten 
Feuer  gebrauchen  circa  0,3  Cubikmeter,  die  grössten  2,6  Oubikmeter 
Wind  per  Minute.  Die  Windpressung ,  mit  welcher  der  Wind  in  das 
Feuer  geführt  wird,  pflegt  150  bis  200  Mm.  Wassersäule  zu  betragen. 
Bei  Feuern  mittlerer  Grösse  rechnet  man  für  den  Betrieb  des  Gebläses 
einen  Arbeitsaufwand  von  1  bis  1 V4  Pferdekraft  pro  10  Feuer  jncl.  der 
Arbeitsverluste  durch  Reibung  etc. 

Häufig  hat  man  versucht,  bei  dem  Betriebe  der  Schmiedefeuer  er- 
hitzte Gebläseluft  zur  Erspamng  von  Brennmaterial  anzuwenden;  und 
zwar  gelangte  die  Erhitzung  des  Windes  bei  Schmiedefeuern  fr&her  zur 
praktischen  Anwendung,  als  bei  den  Eisenhochöfen,  wo  sie  später  so 
durchschlagende  Erfolge  erzielte.  Vielfach  benutzte  man  das  Gusseisen- 
stück  in  der  Brandmauer,  welches  zur  Befestigung  der  Form  dient, 
als  Winderhitzungsapparat,  indem  man  es  hohl  goss,  den  Wind  in  dem- 
selben circuliren  Hess,  und  auf  solche  Weise  gleichzeitig  eine  Kühlung 
des  Gussstückes,  wie  eine  Erhitzung  des  Windes  hervorrief.  Bei  anderen 
Schmiedefeuern  legte  man  ein  System  von  Röhren,  durch  welches  der 
Wind  hindurchgeführt  wurde,  in  die  Esse,  und  Hess  es  von  den  abzie- 
henden Gasen  des  Schmiedefeuers  erwärmen. 

Wenn  es  unleugbar  ist,  dass  die  Erwärmung  der  Gebläseluft  in  ge- 
wissem Grade  brennmaterialersparend  wirkt,  so  ist  doch  bei  den  in  älte- 
ren Zeitschriften  und  Lehrbüchern  gegebenen  Angaben  über  die  günsti- 
gen Erfolge  der  Winderhitzung  bei  Schmiedefeuem,  wonach  ausser  einer 
„reinem  Hitze**  (d.  h.  grösserer  Dünnflüssigkeit  der  Schlacke)  und  ver- 
ringerter Zeitdauer  der  Erhitzung  auch  eine  Kohlenerspamiss  von  30  (!) 
Procent  und  eine  Verminderung  des  Verlustes  durch  Abbrand  erzielt 
werde,  die  günstig  gef&rbte  Beleuchtung  unverkennbar,  unter  welcher 
die  meisten  Menschen  unbewusst  ihre  eigenen  Einrichtungen  und  Erfin- 
dungen zu  betrachten  pflegen.  Mindestens  hätten  diesen  Vortheilen  der 
Winderhitzung  auch  die  grossen  Nachtheile  derselben  gegenüber  gestellt 
werden  sollen,  welche  den  früher  geschilderten  Uebelständen  der  Wind- 


Winderwsrmuog.  357 

erhitenng  bei  Cnpoldfen  (S.  267)  ganz  Sholicli  sind;  wir  neBnen  nur  die 
häufig  erforderliob  werdenden  Reparaturen  der  Erhitcongsapparate, 
durch  die  abwechselnde  Eriütsniig  nnd  Erkaltung  hervorgemfen,  ein 
Uehelfltand,  welcher  sich  bei  Anwendung  erhitzten  Windes  fflr  alle  Bolohe 
Erhitzung«-  und  Schroelzapparate  herausstellen  wird,  welche  nicht,  wie 
U[>chöfeD,  auaiit«rbrochen  im  Betriebe  sind.  Wiebe  sagt  mit  Recht  in 
seinein  schon  im  Jahre  1858  erschienenen  Werke:  „Die  Maschinenban- 
materialien"  (S.  353): 

Alle  diese  Vortheile,  welche  man  durch  die  Windbeizimgs- 
apparate  zn  erzielen  geglaubt  bat,  sind  mehr  oder  weniger 
problematisob.  Versuche,  die  man  angestellt  bat,  haben  nicht 
immer  zu  Gunsten  der  erhitzten  Luft  entsobieden,  und  mau  fin- 
det gegenwärtig,  seihst  in  sehr  grossen  und  mit  Intelligenz  ge- 
leiteten Werkstätten  die  Winderhitzungsapparate  fast  gar  nicht 
in  Anwendung,  und  wo  man  sie  eingefllbrt  hatte,  sind  sie  zum 
grossen  Tbeile  wieder  aufgegeben. 
Fig.  276. 


356  Schmiedefener. 

Als  (jrändfl  hierfUr  neant  Aach  Wiebe  noter  Andenn  die  häufigen 
Rep*r«turei)  and  den  UmEtond,  dssB  aaa  eiaem  gut  coastrnirten  aod 
gut  geleit«ieD  Schmiedefeaer  überhaupt  keine  flberfl&Bsige  Wärme  zur 
Erbitzang  der  Luft  abgegeben  wird,  weil  die  B&tnmtliche  Wärme  voll- 
Btändig  im  Innern  des  Fenera  concentrirt  nud  verbraucht  wird. 
Rg.  277. 


Bei  MoDtirtiDgBarbeiten  aller  Art,  anf  Bauplätzen,  beim  Legen  von 
Röhren  u.  b.  w.  tritt  häufig  die  Notbwendigkeit  ein,  EiseuBtücka  sn  er- 
hitzen, ohne  dasB  ein  stabilea  Schmiedefeuer  der  bisher  beachriebeDen 
Conatmction  in  der  N&he  ist  Für  solche  Zwecke  werden  vielfach 
transportabele  Schmiedefener  oder  Feldschmieden  benutst. 
SelbatTersi&ndlicb  muss  bei  denselben  das  Gebläee  mit  dem  Schmiede- 
fener fest  verbunden  und  trauBportabel  sein.     Man  bat  kleinere  tragbare 


Betrieb  und  Arbeitsverfahren.  359 

und  grössere  fahrbare  Schmiedefeaer.  Beide  Sorten  sind  aas  Gnsseiseu 
erbaat  und  das  Gebl&se  ist  unterhalb  des  Tisches  augebracht,  um  den 
Platz  möglichst  wenig  sbu  beengen.  Im  Uebrigen  zeigen  die  hierher  ge- 
hörigen Gonstructionen  yielfache  Abweichungen.  Fig.  276  (a.  S.  357) 
stellt  ein  solches  kleines  tragbares  Schmiedefeuer,  von  der  Mannheimer 
Maschinenfabrik  Schenck,  Mohr  und  Elsässer  in  Mannheim  gefertigt, 
dar.  a  ist  ein  Boots' sches  Gebläse,  durch  Drehung  einer  an  dem  Bade 
b  befestigten  Kurbe]  in  Bewegung  gesetzt,  c  ist  das  FeuerbeckeD,  520  Mm. 
lang,  370  Mm.  breit,  durch  den  Schirm  ä,  welcher  zugleich  zum  Tragen 
des  Ltagerarms  fflr  das  Bad  h  dient,  gegen  den  •  herrschenden  Wind 
geschützt  Der  Gebläsewind  steigt  durch  das  Bohr  e  empor  und  tritt 
von  unten  in  das  Feuer,  während  der  kleine  Hals  /  zum  Entleeren  von 
den  in  die  Form  gefallenen  Schlacken  dient.  Das  Gewicht  des  Feuers 
beträgt  80  Kilogramm. 

In  Fig.  277  ist  ein  fahrbares  Schmiedefeuer  grösster  Sorte 
(Montirungsschmiede)  aus  derselben  Fabrik  abgebildet,  a  ist  hier  das 
Boots' sehe  Gebläse,  mit  Hülfe  des  Trittsbretts  b,  der  Schubstange  c 
und  des  Bades  d  durch  Biemenübertragung  betrieben.  Der  Wind  tritt 
durch  das  Bohr  e  in  das  Feuer.  Die  Entfernung  von  Schlacken,  welche 
in  die  Form  fallen  könnten^  erfolgt  bei  /.  g  ist  der  Bauchfang,  h  ist 
ein  verschliessbares  Schränkeben  mit  Thüren  auf  der  dem  Beschauer  ab- 
gewendeten Seite  zur 'Auf be Wahrung  von  Werkzeugen.  Jenseits  des 
Gebläses  befindet  sich  ein  Löschtrog,  i  ist  ein  Tisch  zur  Aufstellung 
eines  Ambosses.  Zur  Ausführung  kleinerer  Schlosserarbeiten  ist  bei  k 
ein  Schraubstock  und  bei  I  eine  Vorrichtung  •  zum  Bohren  angebracht. 
Die  Schmiede  ist  1140  Mm.  lang,  700  Mm.  breit,  900  Mm.  hoch  und 
wiegt  mit  Schraubstock  und  Bohrvorrichtung  390  Kilogramm. 

Betrieb  und  Arbeitsverfahren. 

Zum  Erhitzen  des  Eisens  sind,  wie  erwähnt,  Steinkohlen  das  geeig- 
netste Brennmaterial,  und  unter  diesen  die  backenden  Kohlen  von  Erbsen- 
bis  Nnssgrösse,  welche  bei  der  Aufbereitung  der  Steinkohlen  unter  dem 
Namen  „  Schmiedekohlen  **  sortirt  werden.  Je  weniger  Asche  sie  geben 
und  insbesondere  je  weniger  reich  sie  an  schwefelhaltigen  Mineralien 
sind«  desto  besser.  Bei  grossem  Schwefelgehalte  —  meistens  von  Schwe- 
felkies herrührend  —  wird  das  zu  erwärmende  Eisen  angegriffen  und 
erhält  eine  löcherige,  rauhe  Oberfläche.  Gute  Kohlen  dürfen  kaum  mehr 
als  10  Proo.  Asche  enthalten.  Die  Asche  verschlackt  sich  mit  dem  Glüh- 
span des  Eisens,  wird  oft  recht  zähflüssig,  überzieht  das  Eisen,  beein- 
tarächtigt  dadurch  die  Erhitzung  desselben  und  verzögert  die  Arbeit. 

Diese  Nachtheile  fallen  allerdings  bei  Anwendung  von  Holzkohlen 
weg ;  letztere  aber  sind  wegen  ihrer  porösen  Beschaffenheit  weit  geneig- 
ter,  Kohlenoxydgas  zu  bilden ,  wie  bei  Besprechung  der  Sohmelzapparate 
ausführlicher  erörtert  wurde,  und  geben  in  Folge  dieser  weniger  voll- 


360  Schmiedefeuer. 

ständigen  Verbrennang  eine  nngüuBÜgere  relative  Wärmeleistang  sowohl 
hinsichtlich  der  erzeugten  Wärmemenge  ab  des  Wärmegrades;  sie  sind 
bedeutend  specifisch  leichter  als  Steinkohlen,  nehmen  also  einen  relativ 
grossem  Raum  als  diese  ein  und  sind  dadurch  weniger  geeignet,  grössere 
Wärmemengen  in  einem  kleinem  Räume  zu  concentriren,  was  für  die 
günstige  Leistung  eines  Schmiedefeuers  immerhin  Bedingung  ist.  Am 
meisten  für  ihre  geringere  Verwendung  entscheidend  ist  jedoch  ihr  hoher 
Preis. 

Wo  es  aber  weniger  darauf  ankommt,  starke  Hitzen  als  gleich- 
massige  Hitzen  hervorzurufen;  wo  die  reichliche  Schlackenbüdung  nach 
Möglichkeit  vermieden  werden  muss  —  also  beim  Schmieden,  Härten 
und  Anlassen  des  Stahls,  bei  der  seltener  vorkommenden  Erhitzung  von 
Kupfer  im  Schmiedefeuer  und  in  ähnlichen  Fällen  — ,  sind  die  Holz- 
kohlen entschieden  das  geeignetste  und  oft  unentbehrliche  Material. 

Die  backende  Eigenschaft  der  Schmiedesteinkohle  gewährt  einen 
eigenthümlichen  Vortheil.  Da  nämlich  das  zu  erhitzende  Eisen  in  dem 
o£fenen  Schmiedefeuer  mit  einer  dicken  Schicht  Kohlen  bedeckt  gehalten 
werden  muss,  damit  die  Wärme  zusammengehalten  und  Oxydation  ver- 
hindert werde,  so  backen  nun  alsbald  die  über  dem  Eisen  befindlichen 
Kohlen  zu  einer  gewölbeartigen  Decke  zusammen,  welche  das  Feuer  ab- 
schliesst  und  fest  genug  ist,  dass  das  Eisen  herausgenommen  und  hinein- 
gelegt werden  kann,  ohne  dass  ein  Einstürzen  zu  bef^chten  wäre.  Da- 
durch wird  es  möglich,  die  entwickelte  Wärme  aufs  Günstigste  auszu- 
nutzen. Denn  die  nicht  zum  Erhitzen  des  Eisens  verbrauchte  Wärme 
wird  von  der  Decke  aufgenommen  und  kommt  so  dem  Feuer  wieder  zu 
gut.  Müssen  frische  Kohlen  aufgeschüttet  werden,  so  schlägt  man  die 
Decke  des  Gewölbes  ein,  so  dass  die  bereits  vorgewärmten  Kohlen  des- 
selben zunächst  ins  Feuer  kommen,  und  bringt  die  frischen  zu  oberst, 
ein  neues  Gewölbe  aus  denselben  bildend. 

Es  geht  hieraus  hervor,  dass  der  Schmied  durch  eine  mehr  oder 
minder  umsichtige  Wartung  des  Feuers  und  insbesondere  durch  Erhal- 
tung jener  Kohlendecke  im  Stande  ist,  den  Kohlenverbrauch  in  nicht  un- 
erheblicher Weise  zu  beeinflussen. 

Zum  Schutze  der  Kohlendecke  gegen  vorzeitiges  Verbrennen  benutzt 
er  den  Löschwedel,  ein  Reisigbündel  an  einem  eisernen  Stiele,  welches 
in  das  Wasser  im  Löschtroge  getaucht  wird  und  mit  dem  die  Kohlen  bei 
eintretender  Erhitzung  besprengt  werden.  Ein  richtiger  Gebrauch  die- 
ses einfachen  Geräths  ist  nicht  ohne  Wichtigkeit»  Werden  die  Kohlen 
übermässig  befeuchtet,  so  entzieht  man  dem  Feuer  unnöthig  Wärme; 
wird  gar  durch  Unvorsichtigkeit  mit  den  Kohlen  auch  das  Eisen  be* 
sprengt,  so  vnrd  dieses  abgekühlt,  die  Arbeit  verzögert  und  der  Kohlen- 
verbrauch erhöbt. 

Um  die  Vortheile  dieser  natürlichen  Decke  auch  bei  Anwendung 
von  Holzkohlen  benutzen  zu  können,  verf&hrt  man  bisweilen  in  solcher 
Weise,  dass  man  zunächst  ein  Steinkohlenfeuer  anfacht,  um  die  Decke 


ArbeitSTerfahren.    Wirkungsgrad.  361 

zu  bilden,  diese  dann  darcbstdsst,  um  Holzkoblen  hineinzuschütten,  nnd 
nun  wieder  mit  frischen  Steinkohlen  schliesst.  Jedenfalls  wird  auf  solche 
Weise  die  vollständige  Verbrennung  der  Holzkohlen  erleichtert  und  die 
Wärme  besser  zusammmigehalten,  als  im  Feuer  aus  Holzkohlen  allein. 

Wenn  die  Erhitzung  Yor  sich  gehen  soll,  wird  das  Eisen  ins  Feuer 
geschoben  und  das  Gebläse  angelassen.  Kleine  Arbeitsstücke  werden 
mit  einer  Zange  erfasst,  deren  Schenkel  durch  einen  übergeschobenen 
Ring  geschlossen  gehalten  werden  (Fig.  35  auf  S.  43)  und  mit  derselben 
ins  Feuer  gelegt,  selbstverständlich  so,  dass  die  Schenkel  frei  heraus- 
ragen und  nur  das  Eisenstück  die  grösste  Hitze  erhält.  Zu  jedem  Feuer 
gehören  eine  Anzahl  Schmiedezangen  von  verschiedener  Grösse  und  ver- 
schieden geformtem  Maule ;  die  Schenkel  sind  immer  geradlinig  gestaltet. 
Abbildungen  der  gebräuchlichsten  Formen  fiSac  Schmiedezangen  finden 
sich  in  Wiebe's  citirtem  Werke  Taf.  IX,  Fig.  17  bis  25. 

Längere  Stücke  legt  man  ohne  Zange  ins  Feuer  und  lässt  das  eine 
Ende,  welches  nicht  erhitzt  wird  und  später  dem  Schmiede  statt  der 
Zange  zum  Festhalten  dient,  aus  dem  Feuer  herausragen.  Von  kleineren 
und  mittelgrossen  Stücken  legt  man,  wo  es  angeht,  mehrere  zugleich  • 
in  das  Feuer,  welche  der  Reihe  nach  herausgenommen  und  verarbeitet 
werden,  so  dass  immer  ein  Stück  den  richtigen  Hitzgrad  erhält,  während 
das  vorige  herausgenommen  ist.  An  der  Farbe  des  herausgenommenen 
Arbeitsstücks  erkennt  der  Schmied ,  ob  der  richtige  Temperaturgrad  er- 
reicht ist. 

Eine  richtige  Lage  des  Eisenstücks  im  Feuer,  so  dass  es  der  Er- 
hitzung am  besten  ausgesetzt  ist,  ohne  vom  Windstrahle  direct  getroffen 
zu  werden,  eine  geeignete  Regnlirung  der  Windmenge,  so  dass  weder 
durch  za  reichlichen  Wind  übermässiger  Kohlenverbrauch  entsteht,  noch 
durch  zu  schwachen  Wind  die  Erhitzung  verlangsamt  wird;  endlich  das 
Abpassen  des  geeignetsten  Zeitpunkts  zum  Herausnehmen  des  Eisens, 
sind  neben  der  oben  erwähnten  Regulirung  des  Feuers  mit  Hülfe  des 
Loschwedels  die  Hauptpunkte ,  auf  welche  der  Schmied  während  der  Er- 
hitzung sein  Augenmerk  zu  richten  hat. 

Betriebsresultate  und  Wirkungsgrad. 

Bei  den  Apparaten  zum  Erhitzen  der  dehnbaren  Metalle  ist  es  weit 
schwieriger,  als  bei  den  Schmelzapparaten  für  giessbare  Metalle,  einen 
durchschnittlichen  relativen  BrennstoffviBrbrauch  zu  ermitteln.  Denn  der- 
selbe ist,  abgesehen  von  der  Zweckmässigkeit  des  Apparates  und  der 
Umsicht  des  Arbeiters,  hier  nicht  allein  von  der  Grösse  der  zu  erhitzen- 
den Gegenstände  abhängiger,  sondern  auch  von  der  grossem  oder  gerin- 
gem Schwierigkeit  der  Formgebung  etc.;  manche  Stücke  erhalten  in 
einer  einzigen  Hitze  ihre  Formgebung,  bei  anderen  sind  eine  grössere 
Anzahl  Erhitzungen  des  während  der  Formgebung  sich  abkühlenden 
Arbeitsstücks  erforderlich;  femer  auch  von  dem  Grade  der  Erhitzung; 


362  Schmiedefeuer.    Resultate. 

in  manchen  Ffillen  genügt  eine  ganz  schwache,  nicht  einmal  bis  sar 
Rothglath  sich  steigernde  Erhitzung;  filr  andere  Zwecke  ist  helle  Weiss- 
glnth  erforderlich. 

Nach  Prechtl^)  betragt  der  stündliche  Yerbranch 
bei  Schmiedefenem  der  kleinsten  Art  1   bis  1^/4  Kilogr.  Steinkohlen 

oder  1      11  IV4       fi       Holzkohlen, 
bei  gewöhnlichen  kleinen  Schlosser- 
fenern,  in  welchen  Eisen  Yon  IV2 
bis  3  Qoadratcentimeter  Querschnitt 

verarbeitet  wird 2      „3  „       Steinkohlen 

oder  1^4  n  2Vs       „       Holzkohlen, 
bei  Schmiedefeuern  für  Stäbe  ton  6  bis 

12  Quadratcentimeter  Querschnitt.  SVi  n  ^Va       n       Steinkohlen 

oder  2V4  n  4  n       Holzkohlen, 

bei  grossen  Feuern  für  Stäbe  bis  zu 

30  Quadratcentimeter  Querschnitt    7      „  9  „       Steinkohlen 

oder  6  n  '^Vs  n  Holzkohlen. 
*  Auf  das  Gewicht  des  zu  Terschmiedenden  Eisens  bezogen  beträgt 
die  Menge  des  erforderlichen  Brennmaterials  nach  Angaben  von  Wiebe« 
Prechtl,  Kar  marsch  pro  100  Kilogramm  Eisen:  bei  kleineren  Stäben, 
welche  nur  einer  Hitze  bedürfen,  60  bis  80  Kilogramm  Steinkohlen  oder  50  bis 
70  Kilogramm  Holzkohlen ;  bei  grösseren  Stäben,  welche  nur  einer  Hitze 
bedürfen,  kann  sich  dieser  Verbrauch  auf  30  Kilogramm  ven'ingern,  und 
in  anderen  Fällen,  wenn  mehrere  Erhitzungen  nöthig  werden,  bis  auf 
150  Kilogramm  Steinkohle  steigern. 

Dieselben  Gründe,  welche  die  Ermittelung  eines  normalen  Brenn- 
stoffTerbrauchs  bei  Schmiedefenem  unmöglich  machen,  erschweren  auch 
die  Berechnung  eines  Wirkungsgrades,  wie  wir  ihn  für  die  Schmelzappa- 
rate als  Quotient  aus  der  Yom  Metall  aufgenommenen  Wärme  dividirt 
durch  die  vom  Brennstoffe  entwickelbare  Wärmemenge  gefunden  hatten. 
Nimmt  man  einen  durchschnittlichen  Brennstoffverbrauch  pro  100 
Kilogramm  Eisen  von  100  Kilogramm  Steinkohlen  mit  einem  Wärme- 
effecte  =  7000  Wärmeeinheiten  an;  nimmt  man  ferner  an,  dass  das 
Eisen  bei  seinem  Herauskommen  aus  dem  Feuer  bei  einer  Erhitzung  auf 
1100  Grad  durchschnittlich  210  Wärmeeinheiten  aufgenommen  habe, 
was  immerhin  annähernd  der  Wirklichkeit  entsprechen  wird,  so  ergiebt 
sich  ein  Wirkungsgrad  des  Ofens 

E  =  rT^T -— :;r  =  0,03. 

100  X  7000  ' 

Mit  der  Höhe  des  relativen  Kohlenverbrauchs  ändert  sich  auch  bei 
den  Schmiedefeuern  der  Metallverlust  durch  Abbrand.  Je  mehr  Hitzen 
das  Eisenstück  auszuhalten  hat  und  je  grösser  das  Yerhältniss  einer  er- 
hitzten Oberfläche  zu  seinem  Gewichte  ist,  desto  beträchtlicher  wird  der 


1)  Prechtl,  Technologische  Encydopädie  Bd.  13,  8.  22. 


Herdflammöfen.  363 

procentale  Abbrand  sein.  Man  rechnet  fEir  gewöhnliche  Fälle  6  bis 
10  Proc  Abbrand  vom  Gewichte  des  erhitzten  Eisens;  unter  Umstanden 
kann  derselbe  jedoch  mehr  als  die  doppelte  Höhe  erreichen. 


Zweite  Gruppe.    Herdflammöfen. 

Das  za  erhitzende  Metall  befindet  sich  anf  dem  überwölbten  Herde 
des  Ofens  und  wird  durch  die  darüber  hinstreichende  Flamme  erhitzt. 
Die  Erzeugung  der  Flamme  geschieht  entweder  durch  directe  Feuerung 
oder  durch  Verbrennung  von  Gasen.  Die  Einrichtung  im  Allgemeinen  ist  also 
die  nämliche  wie  bei  den  Herdflammöfen  zum  Metallschmelzen,  und  wir 
haben  hier  dieselben  Hauptconstructionstheile  wie  dort  zu  unterscheiden. 

Das  Metall  ist  vor  directer  Berührung  mit  festem  Brennmateriale 
geschützt,  dagegen  etwaigen  Einwirkungen  der  verbrennenden  und  ver- 
brannten Gase,  sowie  der  durch  die  Thürspalten  etc.  angesaugten  atmo- 
spärischen  Luft  ungeschützt  preisgegeben.  Da  aber  die  Metalle  in  den 
Oefen  stets  im  festen  Zustande  verharren,  so  zeigen  sich  diese  Einwir- 
kungen weniger  intensiv  als  bei  dem  Schmelzen  und  können  höchstens 
an  der  Oberfläche  der  Metallstücke  sich  geltend  machen.  Daher  werden 
diese  Herdflammöfen  zum  Erhitzen  fast  sämmtlicher  Metalle  imd  Legi- 
rungen  vor  oder  nach  der  Verarbeitung  benutzt,  sobald  sie  in  grösseren 
Stücken  erhitzt  werden:  Eisen  und  Stahl,  Kupfer,  Messing,  Bronze,  Neu- 
silber und  anderer. 

Dem  Temperaturgrade  zufolge,  welcher  in  den  Oefen  erreicht  wer- 
den soll,  unterscheidet  man  Schweissöfen  (nur  für  die  Erhitzung  des 
Eisens  zur  Schweisshitze  vor  der  Verarbeitung  bestimmt)  und  Glüh- 
öfen« Der  Hauptunterschied  beider  liegt  in  der  Anordnung  der  Feue- 
rung; während  dieselbe  bei  den  Schweissöfen  ausreichend  sein  miiss,  helle 
Weissglnt^  im  Ofen  hervorzurufen  und  diese  hohe  Temperatur  nur  mit 
oxydirender  Flamme  zu  erreichen  ist,  genügt  für  die  Glühöfen  Rothgluth, 
und  man  hält  auf  schmauchende  Flamme,  um  unnöthigen  Abbrand  zu 
vermeiden. 

Herdflammöfen  mit  directer  Feuerung. 

Die  Anordnung  im  Allgemeinen  ist  die  nämliche  wie  bei  den  früher 
beschriebenen  Herdflammöfen  zum  Schmelzen  der  Metalle  (S.  235  ff.). 
Auf  der  einen  Seite  des  Ofens  liegt  der  Rost,  davor  der  Herd,  durch 
den  Fuchs  mit  der  Esse  verbunden.  Als  Brennmaterialien  dienen  für 
Schweissöfen  vorwiegend  Steinkohlen;  für  Glühöfen  auch  Braunkohlen 
und  Torf,  seltener  Holz,  welches  höher  im  Preise  zu  stehen  pflegt  Diesen 
verschiedenen  Brennstoffen  entsprechend  ist  auch  die  Rostconstruction 
eine  verschiedene;  während  fär  Schweissöfen  Planroste  die  üblichsten 


364  Herdflammöfen. 

sind,  benutzt  man  bei  Glühöfen  nicht  selten  Treppenroste,  um  gering- 
werthigere  kleinstückige  Brennstoffe  benutzen  zu  können. 

Die  Grösse  der  Rostfläche  moss  —  abgesehen  von  der  Beschaffenheit 
des  Brennmaterials  —  von  der  Grösse  des  Herdes  und  yon  der  auf  dem 
Herde  hervorzubringenden  Temperatur  abhängig  sein.  Je  höher  die  letz- 
tere, desto  grösser  im  Allgemeinen  d^r  Rost.  Bei  einer  grössern  Anzahl 
erprobter  Schweissöfen  für  Steinkohlenfeuerung  findet  man  ein  Verhält- 
niss  der  totalen  Rostfläche  zur  Herdfläche  wie  1  :  2  bis  1  :  3,  abwei- 
chend nach  Beschaffenheit  der  Steinkohlen  und  dem  Yerhältnisse  zwischen 
totaler  und  freier  Rostfläche.  Für  Steinkohlen  mittlerer  Qualität  wird 
man  als  geeignete  Yerhältnisse  annehmen  können: 
Totale  Rostfläche:  Herdfläche  =  1  :  2,5, 
Freie  Rostfläche:    Totale  Rostfläche  =  1  :  2,5  bis  1  :  3. 

Bei  Glühöfen  dagegen,  in  denen  höchstens  helle  Roth gluth  erzeugt 
werden  soll,  ist  das  Yerhältniss  des  Rostes  zur  Herdfläche  bedeutend  ge- 
ringer und  beträgt  V4  bis  Vs»  ^^  fertige  Producte,  welche  nur  noch 
ausgeglüht  werden,  um  ihre  Zähigkeit  wieder  zu  erhalten,  welche  schwache 
Querschnitte  und  grosse  Oberfläche  bieten ,  ist  jenes  Yerhältniss  kleiner, 
als  für  rohe  Blöcke  und  halbfertige  Producte. 

Im  Uebrigen  gelten  für  die  Construction  des  Rostes  die  für  Giesserei- 
flammöfen  gegebenen  Regeln. 

Der  Herd  ist  zum  Schutze  des  Metalls  gegen  die  directe  Einwirkung 
der  Flamme  meistens  durch  eine  Feuerbrücke  von  der  Feuerung  getrennt. 
Die  Tiefe  des  Rostes  unterhalb  der  Oberkante  der  Feuerbrücke  beträgt 
bei  Schweissöfen  0,3  bis  0,8  Meter,  bei  Glühöfen  bis  zu  1  Meter.  Je 
grössere  Oberfläche  die  zu  erhitzenden  Metallstücke  darbieten,  je  leich- 
ter sie  also  der  Oxydation  ausgesetzt  sind ,  und  je  leichter  sie  überhaupt 
oxydirbar  sind,  desto  tiefer  legt  man  im  Allgemeinen  den  Rost;  daher 
findet  man  bei  Schweissöfen  für  dicke,  massive  Stücke  (Brammen  und 
Packete  für  Eisenbahnschienen!  starke  Bleche  u.  s.  w.)  die  geringste 
Tiefe  des  Rostes,  für  dünnere  Querschnitte  (Packete  für  Feineisen  und 
Walzdraht)  eine  grössere,  für  bereits  fertige  Gegenstände,  welche  aus- 
geglüht werden  sollen  (z.  B.  Bleche),  die  grösste. 

Die  Feuerbrücke  wird  aus  feuerfestem  Materiale  erbaut;  bei  Schweiss- 
öfen nicht  selten  durch  einen  eingemauerten,  quer  durchlaufenden  und  an 
beiden  Seiten  des  Ofens  mündenden,  gusseisernen  Canal,  durch  welchen 
atmosphärische  Luft  hindurchstreichen  kann,  gekühlt  und  vor  raschem 
Wegschmelzen  bewahrt. 

Die  Grösse  des  Flammenlochs  —  des  Ofenquerschnitts  über  der 
Feuerbrücke  —  beträgt  circa  0,4  der  totalen  Rostfläohe,  woraus  sich  die 
Höhe  des  Gewölbes  über  der  Feuerbrückenoberkante  ergiebt,  welche  sel- 
ten unter  300  Mm.,  selten  über  450  Mm.  beträgt. 

Je  mehr  das  Metall  vor  den  Einwirkungen  der  Gase  geschützt  wer- 
den soll,  desto  tiefer  legt  man  die  Herdoberfläche  unter  die  Feuerbrüoken- 
oberkante,  desto  schwieriger  findet  aber  begreiflicher  Weise  die  Wärme- 


Constnictionsregeln.  365 

abgäbe  an  das  Metall  statt.     Bei  Schweissöfen  sind  die  üblichsten  Ab<* 
messnngen  hierfür  100  bis  150  Mm^  bei  Glühöfen  300  bis  500  Mm. 

Die -Ermittelang  einer  geeigneten  Grösse  der  Herdfläche  ist  insofern 
eine  der  wichtigsten  Aufgaben  bei  der  Constmction  eines  Herdflamm- 
ofens, als  von  dieser  nicht  allein  die  quantitative  Leistung  des  Ofens, 
sondern  auch  die  Grösse  des  Rostes  und  somit  aller  übrigen  Hanptcon- 
stmctionstheile  abhängt.  Diese  Grösse  richtet  sich  nnn  nicht  allein  nach 
dem  Gewichte  der  einzusetzenden  Metallstücke,  sondern  auch  nach  dem 
Platze,  welchen  dieselben  in  Anspruch  nehmen,  also  nach  Form  und  Quer- 
schnitt derselben.  '  Die  relativ  geringste  Herdfläche  werden  daher  jene 
Metallblöcke  beanspruchen,  welche  Yor  der  Verarbeitung  eingesetzt  wer- 
den; Bleche  und  andere  in  ihren  Querschnittsabmessungen  bereits  fertige 
Gegenstände,  welche  ausgeglüht  werden  sollen,  erheischen  die  relativ 
grösste  Fläche.  Bei  Schweissöfen  giebt  man  für  je  1000  Kilogramm 
Einsatz  in  12  Stunden  eine  Herdfläche  von  0,8  bis  0,45' Quadratmeter, 
woraus  sich  also  die  Grösse  des  Herdes  für  eine  tägliche  Production  er- 
giebt,  auf  den  einmaligen  Einsatz  bezogen  kann  man  pro  1000  Kilo- 
gramm 1,5  bis  3  Quadratmeter  Herdfläche  rechnen,  wobei  5  bis  8  Ein- 
sätze in  12  Stunden  gemacht  zu  werden  pflegen,  die  bei  sehr  schwachen 
Abmessungen  auf  10  steigen  können.  Der  einmalige  Einsatz  pro  Ofen 
beträgt  kaum  jemals  weniger  als  250  Kilo  und  selten  mehr  als  1500 
Kilo;  die  Grösse  der  Packete  und  der  ins  Auge  gefassten  totalen  Pro- 
duction ist  hierfür  entscheidend.  Bei  den  Glühöfen  muss  sich  die  Herd- 
grösse  fast  immer  nach  Länge  und  Breite  der  zu  glühenden  Metallstücke 
richten,  und  es  ist  deshalb  nicht  möglich,  aus  dem  Gewichte  derselben 
eine  Beziehung  für  die  geeignete  Herdfläche  ausfindig  zu  machen. 

Yon  ähnlichen  Umständen  wie  die  Grösse  des  Herdes  hängt  auch 
die  Gestaltung  seiner  Grundfläche  ab.  Bei  Schweissöfen  giebt  man  zur 
bessern  Wärmeausnutzung  dem  Herde  gern  eine  gestreckte  Form,  setzt 
die  kalten  Eisenstücke  in  der  Nähe  des  Fuchses  ein  und  rückt  sie  all- 
mälig  der  heissesten  Stelle  näher,  sobald  die  doift  befindlichen  Stücke 
aus  dem  Ofen  entfernt  sind;  doch  giebt  man  dem  Herde  selten  eine 
grössere  Länge  als  3  Meter  im  Lichten  von  Feuerbrücke  bis  FuchsöfiPnung 
gemessen,  während  beiOefen  mittlerer  Grösse  2,5  Meter  als  durchschnitt- 
liche Abmessung  angenommen  werden  kann. 

Bei  Glühöfen  aber,'' in  welchen  Metalle  von  langgestreckter  Form  ver- 
arbeitet werden  sollen,  z.  B.  Bleche,  ist  ein  solches  Vorrücken  derselben 
nicht  thunÜch,  sondern  es  bleibt  die  Rücksicht  maassgebend  fOr  die  Form 
des  Herdes,  dass  an  allen  Stellen  desselben  eine  möglichst  gleich - 
massige  Erwärmung  stattzufinden  hat.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus 
giebt  man  dem  Herde  sogar  bisweilen  eine  grössere  Breite  als  Länge  und 
lässt  so  die  Flamme  quer  über  das  zu  erhitzende  Metallstück  hinwegziehen. 

Der  Form  der  Flamme  und  dem  Umstände  entsprechend ,  dass  nach 
dem  Fuchse  hin  eine  fortschreitende  Verengung  des  Ofenquerschnitts 
stattzufinden  hat,  pflegt  bei  Schweissöfen  der  Grundriss  des  Herdes  sich 


366  Herdflammöfen. 

—  wie  es  auch  bei  GiesBereiflammöfen  der  Fall  ist  —  nach  dem  Fachse 
hia  Biisammenziiziehen,  so  dass  eine  annähernd  trapezförmige  Gestalt  ent- 
steht; bei  Glfthöfen  znm  Glühen  rechtwinkliger  Tafeln  ist  eine  solche 
Verengung  nnthnnlich  und  der  Herd  bekommt  rechteckige  Grandform. 

Die  Oberfläche  des  Herdes  ist  eben;  bei  Schweissöfen  mit  einer  Nei- 
gung nach  der  Rückseite  des  Ofens  und  dem  Fuchse  zu,  um  das  Abfliessen 
der  aus  dem  oxydirten  Eisen  mit  dem  Herdmateriale  und  Sohweisspulyer 
entstandenen  Schlacke  zu  befördern,  welche  sich  an  dem  tiefsten  Punkte 
sammelt  und  dort  durch  ein  Schlackenloch  austritt;  bei  Glühofen  gewöhn- 
lich vollständig  horizontal.  Als  Material  für  den  Herd  dient  bei  Schweiss- 
öfen kieselsäurereicher  feiner  Sand  von  gleichmässigem  Korne,  frei  von 
Alkalien,  Schwefelkies  und  organischen  Bestandtheilen ,  in  einer  Stärke 
Yon  circa  200' Mm.  entweder  auf  querlaufenden,  freiliegenden,  gusseiser- 
nen Platten  aufgeschüttet,  welche  von  unten  her  durch  das  Zutreten  fri- 
scher Luft  kühl  erhalten  werden;  oder,  wo  man  die  dadurch  entstehen- 
den Wärmeverluste  vermeiden  will,  auf  eine  zwischen  den  Fussmauern 
des  Ofens  festgestampfte  oder  gemauerte  Lage  von  Steinen  oder  der- 
gleichen aufgebracht,  wie  es  auch  bei  den  GiessereiflammÖfen  beschrieben 
wurde.  Bei  Glühöfen  dagegen  mauert  man  den  Herd  meistens  aus  feuer- 
festen Steinen  und  versieht  ihn  mit  hochstehenden  Längsrippen  aus  dem- 
selben Materiale  (s.  unten  Fig.  289),  um  die  zu  glühenden  Theile  hoKL  zu 
legen  und  dadurch  die  gleichmässige  Erwärmung  derselben  zu  befördern. 

Dieser  einfachen  Herdform  entspricht  eine  eben  so  einfache  Form 
des  Gewölbes,  welches  sich  mit  ganz  oder  fast  geradliniger  Achse  Über 
den  Herd  hinzieht  und  sich  von  der  Feuerung  bis  zum  Fuchse  hin  der 
Herdoberkante  mehr  und  mehr  nähert.  Das  Längenprofil  der  Schweiss- 
und  Glühöfen  wird  dadurch  demjenigen  der  GiessereiflammÖfen  mit  ge- 
strecktem Herde  ähnlich. 

An  der  Seite  des  Herdes  befinden  sich  die  Arbeitsthüren.  Bei 
Schweissöfen  pflegt  man  eine  oder  zwei  Tfaüren  neben  einander  von  aus- 
reichender Grösse  an  der  langen  Seite  des  Ofens  anzubringen;  bei  Glüh- 
öfen für  Bleche  verlegt  man  meistens  die  Thür  an  die  Stirnseite,  dem 
Roste  gegenüber,  und  giebt  ihr  die  ganze  Breite  des  Ofens,  um  das 
Hinein-  und  Hinausschaffen  der  Blechtafeln,  welche  die  Breite  des  Ofens 
einnehmen,  ohoe  Schwierigkeit  bewirken  zu  können.  In  beiden  Fällen 
sind  natürlich  die  Oefen  so  gestellt,  dass  die  Thürseite  dem  Arbeitsraume 
zugekehrt  ist.  Die  Schwelle  der  Arbeitsthür  liegt  in  gleicher  Höhe  mit 
der  Herdsohle. 

Das  Yerhältniss  zwischen  Fuchsquerschnitt  und  totaler  Rostfläche 
beträgt  bei  den  meisten  Schweiss-  und  Glühöfen  1  :  7,5  bis  1  :  9 ;  doch 
finden  sich  auch  Oefen,  bei  denen  der  Fuchs  erheblich  weiter  ist  und 
jenes  Yerhältniss  bis  auf  1  :  4  steigt;  obgleich,  nach  Ansicht  des  Verfas- 
sers, nicht  ohne  Benachtheiligung  der  Wärmeausnutzung,  vorausgesetzt, 
dass  die  Esse  ihre  Schuldigkeit  thut.  Der  Fuchs  liegt  bei  Schweissöfen 
meistens  in  der  verlängerten  Herdachse,  so  dass  er  die  Fortsetzung  des 


Constmctionsregeln.  367 

Herdes  bildet;  bei  Glühöfen  dient  bisweilen  eine  Oeffnung  im  Gewölbe 
als  Fachs,  und  die  Gase  entweichen  durch  diese  nach  oben,  wenn  man 
durch  das  Niederziehen  derselben  eine  zu  intensive  Einwirkung  auf  das 
zu  glühende  Metall  fürchtet  (yergl.  unten  Fig.  290);  häufiger  wird  jedoch 
bei  Glühöfen,  wo  jene  Einwirkung  weniger  nachtheilig  ist,  z.  B.  beim 
Glühen  Ton  Eisenblechen,  der  Fuchs  durch  eine  oder  zwei  Oeffnungen 
an  der  Herdsohle  gebildet,  wodurch  die  Gase  auf  den  Herd  niedergezogen 
werden,  und  oft  führt  man  in  diesem  Falle  die  letzteren  durch  einen 
überwölbten  Canal  unter  der  Herdsohle  hin  nach  dem  Schornsteine* 
(s.  unten  Fig.  286).  Man  bezweckt  dadurch  eine  Tollständige  Wärme- 
ausnutzung und  gleichmässigere  Erwärmung  des  Herdes.  Für  die  höhere 
Temperatur  der  Schweissöfen  würde  eine  solche  Erwärmung  des  Herdes 
Yon  unten  kaum  ohne  Benachtheiligung  der  DauerhaftigkiBit  desselben 
durchzufahren  sein;  in  der  niedrigem  Temperatur  der  Glühöfen  hat  sie 
sich  recht  gut  bewährt.  Zwei  nach  utiten  führende  Fuchsöffnungen  statt 
einer  bringt  man  bei  sehr  breiten  Herden  der  Glühöfen  an  und  verlegt 
sie  in  die  beiden  Ecken  des  Herdes;  bei  weniger  breiten  Herden  giebt 
man  der  Fuchsöfinung  die  Form  eines  langen  schmalen  Spalts,  dessen 
Länge  gleich  der  Herdbreite  ist. 

Zwischen  Fuchs  und  Esse  ist  bei  allen  Oefen  ein  Sphieber  (Register) 
zur  Regulirung  des  Zuges  einzuschalten,  wenn  man  nicht  vorzieht,  die 
Elsse  mit  einer  RegulirungsUappe  auf  der  Ausmüudung  zu  versehen. 

Hinsichtlich  des  Aufbaues  und  der  Rüstung  der  Herdflammöfen  zum 
Schweissen  und  Glühen  gelten  die  für  die  Giessereiflammöfen  gegebenen 
Regeln. 

Die  Figuren  278  bis  285  stellen  die  Einrichtung  eines  engli- 
schen Schweissofens  dar^).  Links  befindet  sich  der  Planrost  mit  dem 
darüber  liegenden  Schürloch  a  an  der  einen  Langseite  des  Ofens 
(Fig.  283  Yerticalschnitt  durch  das  Schürloch).  Die  Feuerbrücke  ist 
massiv  aus  feuerfesten  Ziegeln  ohne  Kühlung  erbaut.  An  derselben  Seite 
mit  dem  Schürloche  sind  die  zur  Bedienung  des  Herdes  bestimmten  zwei 
Arbeitsthüren  hV  angebracht;  der  Herd  c'  ruht  auf  einer  Aufschüttung 
von  feuerfesten  Ziegeln  d  (Figuren  282  und  284).  Die  Verbreiterung 
des  Herdes  nach  den  Arbeitsthüren  zu,  wodurch  von  diesen  aus  Abschrä- 
gungen nach  der  Feuerbrücke  und  dem  Fuchse  hin  entstehen,  hat  ihre 
Berechtigung  durch  den  Umstand,  dass  es  erforderlich  ist,  von  der  Arbeits- 
thür  aus  mit  den  Werkzeugen  (Zangen  und  Brechstangen)  jeden  Punkt 
des  Herdes  leicht  erreichen  zu  können.  Es  würde  dieses  unmöglich  sein, 
wenn  die  vordere  Seite  des  Herdes  sich  in  gerader  Linie  von  der  Feuer- 
brücke bis  zum  Fuchse  erstreckte. 

Die  Schlacke  fliesst  den  geneigten  Herd  abwärts  bis  zur  Oe&ung  e, 
durch  welche  sie  aus  dem  Ofen  austritt  und  sich  in  dem  vor  demselben 


1)  Ans  Percy,  Metallurf^y,  Iren  and  Steel',  p.  713;  Wedding,  Dantel- 
Inng  des  schmiedbaren  Eisens,  B.  708. 


368  HerdäammöfeD. 

Angebrachten  Sampfe  sammelt  (vergl.  Fig.  278,  279,  280,.  231).  Der 
VerticalBcbnitt ,  Fig.  284,  zeigt  die  erwähnte  Neigang  das  Herdes  nach 
der  Rückseite  (am  zn  Terhftten,  dass  die  Schlacke  nach  der  ArbeitathQr 
fliesst)  nnd  eine  Arbeitithflr  im  DnrchBchnitte.     Die  Bezeichnung  /  —  h 


in  sämmtlichen  Abbildangen  ist  der  eugUscfaen  Originalbe Zeichnung  ent- 
nommen and  bedeatet  firebrickB  —  feaerfest«  Steine.  Wie  aas  den  Fign- 
ren  278,  279  nnd  282  hervorgeht,  wird  dos  Ranhgemäaer  der  Esse  von 
guBBeisernen  Säalen  getragen,  and  das  feuerfeste  Fatter,  welches  die 


Beispiele.  369 

FortsetBUBg  des  Fuchses  biiaet,  lAgt  frei  in  dasselbe  hinein,  eine  Con- 
Btmctionsregel ,  welche  wir  anoh  für  die  ÜiessereiflammofeD  als  uquid' 
gänglich  hingestellt  hatten. 


DieFigaren  28Ö  bis  289  (a.  S.  271  ff.)  stellen  in  Vi«  der  wirklichen 
Grösse  einen  GlQhofen  des  Eisenwerks  zu  Riesa  zum  Glaheu  von  Bisen- 
blechen in  einer  Grösse  bis  sn  1,5  Meter  Breite  and  3,2  Meter  LBnge 
dar,  und  xwar  Fig.  286  einen  Längsschnitt  durch  die  Mitte  des  Herdes, 
Fig.  287  GrandrisB  (zur  Hälfte  Ansicht  von  oben,  zur  Hälfte  Horizontal- 
schnitt oberhalb  der  Uerdsohle),  Fig.  283  auf  der  linken  Hälfte  einen 

34 


370  HerdHamniöfen. 

vertioalen  Qaerschnitt  durch  den  Herd  nach  d^r  I>mie  AB  in  Fig.  286. 
aaf  der  rechtsD  Seite  einen  Verticnlschnitt  in  drr  Richtung  des  Faehsea; 
Fig.  289  eine  Ansicht  äps  Otena  vnn  der  Stirnseite  mit  der  Arbeitsthür. 
a  ist  ein  Treppeuroat  fikr  BraunkoblenfeuerDug,  b  die  Ftuerhrücke,  c  dtr 
homontnle  Herd  mit  den  Längerippen  dd  zur  Anfl&gening  der  lilfvhp 


versehen.  Die  Gnse  fallen  dnrch  den  Fuchn  e,  welcher  die  ganRO  Breite 
defl  Hordea  einnimmt,  in  den  untnr  dem  Herde  hinatreicb enden  Canal  /, 
nnd  ziehen  von  hier  nna  sclilieasüch  durch  den  mit  einem  Schieber  A 
vergeh liessbaren  Canal  (f  noch  dem  Schürnsteine.  Der  Schieber  i^t  ans 
ChMnotte  hergestutll  und  mit  ein-  and  umgelegten  Schmiedeeisen»!  Qcken 


?t72  Herdflainmöfen. 

armirt.  Der  in  Fig.  286  ersichtliche  Canal  x  steht  ohne  Beziehnng  za 
dem  Ofen  nnd  ist  nur  in  Rücksicht  auf  anderweitige  bauliche  Verhält- 
nisse unter  demselben  durchgeführt.     Der  Herd  wird  dnrch  die  an  der 


Beispiele.  373 

ganzen  Stinreeit«  dnrchlanfeDde  Thür  i  TerscbloBsen,  welche  kaBteDformig 
ana  GuBseiaen  gebildet  und  nach  der  lonenseite  mit  Chamotte  gefüttert 
ist,  theils  um  der  Abnutzung,  tbeiU  um  der  Wärmetran  am  iseioii  TOrzn- 
beugen.  Zwei  Ketten  kk,  welche  an  einem  He  bei  werke  l  hängen,  dienen 
zum  Aufziehen  nnd  Niederlaaaen  der  Thür.  Vor  der  Thür  ist  die  hori- 
zontale Rolle  m  angebracht,  am  das  Hinein  schieben  and  Herausholen  der 
Blechtafelo  zu  erleichtern.  Die  mit  einem  Chamotte  et  eine  /ngesetEt« 
Oeffnnng  n  dient  zam  Reinigen  des  Canals  /  von  Flagasche.     Der  Ofen 

Fig.  S8g. 


ist  aas  Ziegelsteinen  mit  eingesetztem  feuerfestem  Futter  erbaut  und  mit 
Eisenplntten  und  alten  Eieenbahnschienen  gerflatet,  welche  durch 
schmiedeeiBorne  Queranker  zusammengehalten  werden. 

In  den  Figuren  290  bis  296  ist  ein  Glühofen  zum  Glühen  von 
Neneilberblechen ,  welche  durch  die  Verarbeitung  hart  geworden  sind, 
in  der  Fabrik  Ton  Jürst  in  Berlin  dargestellt'),  nnd  zwar  in  Fig.  290 


')  AiiB    Wiebe'a    Skizzeiibuch    Tür   i]en    Ingenieur   uud    MsRcbinenbauer. 
BerliD,  Jnbrgung  18S7,  Heft  I,  Blatt  4. 


371  HerdäammÖfen. 

ein  Mnkrecfater  LäDgaschnitt  dnrch  den  Ofen  in  der  Richtung  der  Berd- 
acbae,  in  Fig.  291  ein  senkrechter  Qoeractinitt  dorch  den  Rost,  io 
Fig.  292  Henkrechter  Querschnitt  durch  den  Fachs,  in  Fig.  293  Stim- 
ansicht  des  Ofens,  in  Fig.  2Ü4  und  295  Ansicht  der  Tronsportwagea 
in  grösserra  Mnassstabe.  Nachdem  die  Gase  den  Herd  bestrichen 
haben,  entweichen  sie  durch  den  iu  der  Decke  des  Ofens  angebracht 
t«s  Fuchs,  welcher  sieb  über  die  ganze  Breite  des  Ofens  hinzieht.  Eigen- 
thOnlich  und  der  Beachtung  werth  int  die  Vurrichtung  zum  Hioein- 
und  HinaasschafTen  der  Bleche.     Auf  der  Sohle  des  horizuntalen  Herdes 


befinden  sich  Schienen ,  auf  welchen  zwei  eiserne  Wagen  mit  durch- 
brocheneD  Böden  laufen,  die  nur  Aufnahme  der  Bleche  dienen.  Diese 
n  Ei  u  schiebe  wagen"  werden,  sobald  sie  deu  Ofen  Terlaasea,  von  einen 
grossem  T ran spoii wagen  aufgenoinmen,  gleichfalls  anf  Schienen  laufend, 
welcher  das  Walzwerk  mit  dem  Glühofen  verbindet.  Indem  man  auf 
diese  Weise  die  vorher  beladenea  Wagen  in  deu  Ofen  einschiebt,  ver- 
meidet man  eioestheils  den  WärmeverluBt  bei  dem  längeren  Oeffnen  des 
Ofens,  Buseerdem  aber,  wob  der  Hauptzweck  sein  wird,  die  Entstehung 


Beispiele.  375 

jeoer  kleiaen  Kritzeln  und  Riefea  auf  der  blftüben  Oberfläche  darch  das 
Scheuem  nnf  der  Uerdsohle,  welche  bei  dem  Hineiu schieben  und  UerauB- 


ziehen  der  Bleche  ohne  Wagen   anvermeidlicb  sein  würde.     Die  ThQr 
befindet  sich  wie  gewöhnlich  anf  der  Stiruseite  des  Ofana  und  wird  ver- 


376  Herdflaminöfen. 

mittelst  einer  Kette  bewegt,  welche  über  zwei  aa  der  Stirnplatte  auf 
einem  gemeinschaftlichen  goBseisernen  Träger  (vergl.  Fig.  293)  gelagerte 
Rollen  geführt  ist  und  an  dem  andern  Ende  ein  Gegengewicht  znr  Ans- 
gleichnng  des  Thürgewichts  trägt. 

Fig.  291. 


Als  zweckmässig  darf  bei  Schweiss-  und  Glöhöfen  die  Anwendung 
von  Unterwind  bezeichnet  werden,  wenn  die  Erzeugung  desselben  io 
billiger  Weise  zn  bewirken  ist.  Man  bezeichnet  mit  dem  Ausdrucke 
„Unterwind",  wie  schon  früher  erwähnt,  einen  Windstrom,  welcher 
anter  den  Rost  in  den  in  diesem  Falle  luftdicht  verschlossenen  Aschen- 
fall  geleitet  wird.  Nach  den  in  die  Ocffentlichkeit  gelangten  Resultaten 
über  den  Erfolg  dieser  Einrichtnng  htit  sich  die  Prudnction  der  Oefen 
vergrössert,  nnd  es  darf  nogenommen  werden,  dass  aach  eine  Ersparung 
an  Brennmaterial ,  anf  die  Gewichtseinheit  dee  erhitzten  Eisens  bezogen, 
damit  erzielt  worden  sei;  ans  den  früher  hervorgehobenen  Ursachen 
(vergl.  S.  254)  dürfte  auch ,  besonders  bei  Schweissöfen ,  eine  Verringe- 
rung des  ÄbbrandeB   zu   erwarten   sein.     Wie  auch  Wedding  hervor- 


Herdflammöfen. 
Fig.  SM. 


Anwendung  von  Unterwind.  379 

hebt^),  ist  man  bei  Anwendung  von  ünterwind  im  Stande,  stärkere 
Brenn materialschichten  auf  dem  Roste  za  erhalten,  also  den  Rost  tiefer 
zu  legen  und  eine  reducirende  Flamme  zu  erzengen,  ein  Umstand,  welcher 
besonders  bei  Glühöfen  für  die  Anwendung  von  Unterwind  sprechen  dürfte. 

Die  einfachste  und  billigste  Erzeugung  von  Unterwind  wird  nun 
dui'ch  ein  DampfstrahlgeBläse  bewirkt,  welches  unmittelbar  neben  dem 
Ofen  aufgestellt  ist  (vergl.  Fig.  80  auf  S.  84) ;  und  da  die  erforderliche 
Windpressung  kaum  jemals  höher  als  60  Mm.  Wassersäule  steigen  wird, 
meistens  sich  zwischen  30  bis  &0  Mm.  Wassersäule  bewegt  (man  stingert 
so  lange  die  Pressung,  als  die  Arbeiter  nicht  von  den  aus  den  Arbeits- 
thüren  tretenden  Gasen  belästigt  werden),  so  entspricht  eine  solche  Ver- 
wendung des  Dampfstrahlgebläses  gerade  der  früher  erörterten  Eigen- 
thümlichkeit  desselben,  einen  um  so  günstigem  Effect  zu  liefern,  je  nie- 
driger die  hervorzubringende  Windpressung  ist.  Nun  beftndet  sich  aber 
in  der  Nähe  jedes  Schweiss-  oder  Glühofens  irgend  eine  grössere  maschi- 
nelle Vorrichtung  für  die  Ai'beit  der  Formveränderung  des  Metalls,  zu 
deren  Betriebe  Dampf  kraft  benutzt  zu  werden  pflegt,  so  dass  auch  ge- 
heizte Dampfkessel  in  der  Nähe  sind;  und  hierdurch  fallt  von  selbst  die 
Schwierigkeit  hinweg,  welche  sich  der  Anwendung  von  Unterwind,  ins- 
besondere auch  eines  Dampfstrahlgebläses,  bei  Giessereiflammöfen  bis- 
weilen entgegenstellt. 

Aus  der  Art  und  Weise  der  Wirkung  der  Ilerdflammöfen  folgt  — 
und  es  wurde  dieser  Umstand  bei  Besprechung  der  Giessereiflammöfen 
mehrfach  hervorgehoben  — ,  dass  die  Verbrennungsgase  den  Ofen  mit 
einer  hohen  Temperatur  verlassen  müssen  und  demgemäss  beträchtliche 
Wärmemengen  ungenutzt  mit  fortführen.  Bei  den  Giessereiflammöfen 
erschwert  der  Umstand,  dass  die  meisten  derselben  nur  sehr  unterbrochen 
im  Betriebe  zu  sein  pflegen,  eine  weitere  Ausnutzung  dieser  entweichen- 
den Wärme;  bei  den  Schweiss-  und  Glühöfen,  welche  ununterbrochen 
während  der  sechs  Wochentage  im  Betriebe  zu  sein  pflegen ,  fällt  jenes 
Bedenken  fort,  und  vom  ökonomischeu  Standpunkte  ans  ist  deshalb  eine 
möglichst  vernunftgemässe  Ausnutzung  jener  Wärme  dringend  geboten. 

Ueberall,  wo  Dampf  kraft  zum  Betriebe  der  zu  den  Oefeu  gehörenden 
formgebeuden  Maschinen  benuzt  wird,  ist  die  Heizung  der  dafür  erfor- 
derlichen Dampfkessel  die  einfachste  und  deshalb  auch  zweckmässigste 
Lösung  der  Aufgabe,  die  abziehende  Wärme  (Abhitze)  der  Oefen  zu  be- 
nutzen, vorausgesetzt,  dass  dieselbe  nicht,  wie  bei  einigen  sogleich  zu 
besprechenden  Oefen  mit  Gasfeuerung,  durch  Erhitzung  der  frisch  zuströ- 
menden Brennstoffe  (Gase  und  Luft)  wieder  in  den  Ofen  zurückgeführt 
und  somit  zur  Erhöhung  der  Temperatur  in  demselben  benutzt  wird. 

Ueber  die  Anordnung  der  Kessel  und  Oefen  gegen  einander  in  sol- 
chen Fällen  werden  unten  bei  Besprechung  der  Anlagen  der  Werkstätten 
einige  Mittheilungen  gegeben  werden. 


1)  Darstellung  des  schmiedbaren  Eisens,  S.  173, 


380  Herdflammöfen. 


HerdflammöfeD  mit  Gasfeuerung. 

Wie  bereits  mehrfach  hervorgehoben  wm-de,  treten  die  Vorzüge  der 
Gasfeuerungen  bei  technischen  Anlagen  den  Schwächen  und  Nachtheilen 
derselben  gegenüber  in  ein  um  so  günstigeres  Licht,  je  ununterbrochener 
der  Betrieb  des  zu  heizenden  Apparats  vorwärts  geht;,  sie  verschwinden 
zum  grossen  Theile,  wenn,  wie  bei  den  meisten  Giessereiflamniöfen ,  ein 
nur  periodischer  und  kurze  Zeit  andauernder  Betrieb  erforderlich  «rird. 

Bei  den  meisten  Schweiss-  und  Glühöfen  aber  pflegt  der  Betrieb  un- 
unterbrochen während  mindestens  sechs  Tagen  und  Nächten  anzudauern, 
und  aus  diesem  Grunde  bat  sich  die  Anwendung  der  Gasfeuerungen 
gerade  bei  diesen  Apparaten  meistens  in  glänzender  Weise  bewährt. 

Die  hierher  gehörigen  Einrichtungen  sind  zahlreich.  Bei  den  älte- 
ren derselben  wurden  die  Gase  vom  Generator  in  mehr  oder  minder  lan- 
gen Leitungen  nach  dem  Ofen  geführt  und  hier  gewöhnlich  durch  einen 
gepressten,  von  oben  zugeführten  Luftstrom  verbrannt,  welcher  hänfig 
in  einem  eisernen  Winderhitzungsapparate  durch  die  abziehenden  Gase 
erhitzt  wurde  und  dadurch  einen  Theil  der  entweichenden  Wärme  wieder 
in  den  Ofen  zurückführte.  Dieses  System  hatte  zwei  grosse  Uebelstände. 
Erstens  fand  in  Folge  der  Zuführung  der  Verbrennungsluft  oberhalb  der 
Feuerbrücke  die  grösste  Wärmeentwickelung  erst  ungeiahr  in  der  Mitte 
des  Herdes  oder  noch  darüber  hinaus  statt,  und  somit  blieb  die  Aus- 
nutzung der  Wärme  eine  ungünstige,  zweitens  bedurften  die  eisernen 
Winderhitzer  sehr  häufiger  Reparaturen. 

Unter  den  Feuerungssystemen,  welche  eine  Beseitigung  dieser  Nacb- 
theile  anstrebten,  mögen  nur  die  in  jetziger  Zeit  für  Schweiss-  und  Glüh- 
öfen üblichsten  Erwähnung  finden. 

Am  einfachsten  unter  diesen  ist  die  Construction  des  Bicheroux- 
Ofens,  dessen  Generator  und  Gasleitung  nebst  dem  hintern  Theile  des 
Schweissofens  in  der  ursprünglichen  Anordnung  in  Fig.  296  und  297 
abgebildet  ist^«  Es  ist  hier  Ä  der  geräumige  Generator  (2,5  Meter 
breit,  2  Meter  lang)  mit  geneigtem  Planroste,  B  ein  langer  sich  allmälig 
verengender  Canal  zur  Fortleitung  der  Gase,  C  ein  verticaler  Canal,  in 
welchem  die  Gase  mit  atmosphärischer,  durch  die  Esse  angesaugter  Luft 
gemischt  werden,  um  dann  brennend  über  die  Feuerbrücke  hinweg  nach 
dem  Herde  des  Ofens  zu  ziehen.  Die  Verbrennungsluft  wird  —  wie 
auch  in  Fig.  296  angedeutet  ist  —  ,  bevor  sie  in  den  Raum  C  gelangt, 
durch  ein  System  von  Canälen  innerhalb  des  Ofenmauerwerks  hindurch- 
geführt, in  welchem  sie  vorgewärmt  wird. 

Die  B icher oux-Oefen  unterscheiden  sich  demnach  von  den  älteren 
Gasöfen  vornehmlich  durch  die  Form  und  insbesondere  den  grossen  Fas- 


^)  Berg-  und  Hüttenmännische  Zeitung  1874,  S.  434;  Wedding,   Barstel- 
lung des  schmiedbaren  Eisens,  S.  715. 


Gaafeaeruni;.  381 

sungBraom  des  Oeueratora,  wodurch  ein  gleioli massiger  BetrieB  erzielt 
wird,  femer  durch  die  jedenfalU  zweckinässige  Mischaag  der  Gue  mit 
VerbreDDangaloft,  bevor  sie  dea  Herd  eireiohen,  so  daaa  die  nach  der 
Mischung  eintretende  Wärmeentwickelung  dem  letztem  zu  gnte  kommt. 
Nach  dem  Verlaasen  des  Ofens  werden  die  Gase  zar  Eesselfeuerang  benutzt. 
In  neuerer  Zeit  hat  man,  wie  dem  Verfasser  von  befreundeter  Seite 
mitgetheilt  wurde,  mehrere  bemerkenswerthe  Verbesserungen  jener  altem 
Fig.  2iP6. 


oben  abgebildeten  Cunatruction  angebracht,  oder  richtiger  ansgedrOckt, 
man  bat  die  nrsprungliche  Conetruction  der  jedesmaligen  Beschaffenheit 


der  zar  Verwendung  kommenden  Koblen  (Stein-  and  Braankohlen)  ent- 
sprechend vnnirf.  Besonders  scheint  man  auf  Eisenhüttenwerken  Oester- 
reiobs  und  Ungarns,  für  welche  Länder  das  Patent  durch  A.  Pro- 
cbaska  n.  Co.  in  Wien  erworben  wnrde,  eifrig  in  dieser  Richtung  vor- 
gegangen zn  sein  (Johann -AI dolfbütte  in  Steyermark,  Alt«ohl  beiSchem- 
nitz  in  Ungarn,  Grazer  Eisenwaarenfabrik,  Grazer  Südbahu  walz  werk  and 
verschiedene  andere). 


382  Herdflammöfen. 

Diese  Veränderangeo  beziehentlich  VerbeBsernngen  des  nreprüng- 
lichen  Ofens  besteben: 

1)  in  der  Anbringung- eines  Treppen rootes  von  45  Grad  Neigung  in 
der  Rilckwand  den  Ofens,  besonders  für  ßrnunkohlenfeuerung  geeignet; 

2),  und  diese  Aendemng  verdient  vorzugsweise  Reftchtting,  in  der 
Weglassnng  des  langen  Canals  C,  welcher  wärmeentziebend  wirkt,  nnd 
unmittelbarer  Verbindung  des  Generators  mit  dem  ScIiweiRsoren.  Zn 
diesem  Zwecke  wird  der  Generator  vertieft  unter  die  Hilttensohle  gelegt, 
und  man  Inast  aus  demsellien  da,  wo  in  Fig.  39G  der  Cnnnl  Ti  beginnt, 
die  Gase  unmittelbar  durch  den  senkrechten  Cnnal  C  nach  dem  darüber 
liegenden  Scbweissofeii  emporsteigen  (vergl,  Fig.  298).  Erwilgt  mflo, 
dnSB  die  Bildung  gewisser  Procente  Kohleiisfiure  im  Generator  unvermeid- 
lich ist,  dass  dadurch  Wärme  erzeugt  wird,  welche  in  der  langen  Leitung 
zum  grossen  Tbeile  verloren  geht,  bei  unmittelbarer  Verbindung  des  Ofens 
mit  dem  Generator  aber  ansgenutzt  werden  kann,  so  dürfte  das  Zweck- 
mässige dieser  Einrichtung  für  alle  solche  Falle  einleuchten,  wo  nicht  etwa 
■  eine  Condensation  reicbllcb  entwickelter  Wasserdämpfe  beabsichtigt  wird  ')■ 
Fig.  298. 


')  Dnitli  rliene  AenJerniiK  wird  der  Bicliermix-Ofen  dem  sclion  fVüher 
bekannten  «ml  auch  jetzt  noch  mehrfach  angewendeten  Buetjun-Ofen  sehr 
ähnlich;  vnrgl.  Kerl,  QmndriHB  der  EiseubütteDkunde ,  B.  301;  Berg-  und 
Hättenniännische  Zeitnng  ISSe,  S.  4^2, 


Gasfenemng.  383 

Die  Fig.  298  kann  znr  Verftoschsalichang  eines  eolcfaen  (ilr  Brann- 
kohlenfeaemng  beBtimmten  Bicfaeroaz -Ofens  zu  Johann  -  Adolfhülle 
dienen.  Der  Generator  ist  2050  Mm.  breit,  während  ilie  Breite  des  Ca- 
nftls  C  1420  Mm,  Beträgt.      XX  sind  CanÄle  für  die  Verbrennnn'gxInfL 

Eine  ansseixleni  mit  gntem  Erfolge  dnrchgeföhrte  Neaemng  ist  die 
Zaieitnng  tob  Unterwind  nnter  den  Rost  bei  geschlossenem  Aschenfsll, 
besonders  dann  empfehlenswerth,  wenn  man  Klarkohle  2a  verarbeiten  hat. 

Der  HauptTortheil  der  Bicfaeronx-Oefen  liegt  in  einer  Verringe- 
rnng  des  Brenn stoflyerbraachB  im  Vergleiche  zn  den  Oefen  mit  directer 
Feaernng,  hauptsächlich  als  Folge  einer  Tollständigern  Verbrennung 
des  Materials.  Denn  einestheils  werden  durcb  Anwendung  des  ge- 
räamigen  Gasgenerators  jene  Abkäblnngen  beim  Schären  anf  ein  ge- 
ringstes Maass  redocirt,  welche  bei  directer  Feaernng  sich  jedesmal 
darch  die  Entwicketaug  eines  dicken  Qualms  aus  dem  Schornsteine  be- 
merkbar machen;  and  andemtbeils  wirkt  unstreitig  die  Zuführung  er- 
wärmter Luft  za  dem  bereite  vergaatcn  Brennstoffe  nngemein  günstig 
anf  die  Verbrennung,  welche  an  der  för  die  Wärmeausnutzang  geeignet- 
sten Stelle  vor  eich  geht. 

Fig.  29». 


Weniger  einfach  ist  die  Ponsard'sche  Feuerung,  dnreh  die  Figu- 
ren 299  nnd  300,  einen  mit  dieser  Feuerung  versehenen  Schweissofen 
darstellend,  erläutert'). 


384  Herdflammüfen. 

Die  ans  dem  Generator  kommenden  Gaee  werden,  bevor  sie  über  die 
FeuerbrOcke  gelangen,  mit  Lnft  gemiacht,  streicben  demgemäas  brennend 
aber  den  Herd  hinweg  nnd  treten  nun  in  einen  Raum  ein,  welcher  zur 
Erwärmung  der  Verbrenn  an  gBlaft  dient.  Ponaard  nennt  diesen  Luft- 
erbitsEnngaapparat  einen  beständig  wirkenden  Regenerator,  obschoD  die 
Art  der  Wirkung  eine  völlig  andere  ist,  als  bei  den  Kegeneratoren 
der  SiemenB-Pcuerungen ').  Derselbe,  ana  feuerfeBteiQ  Materials  erbant, 
enthält  nämlich  eine  grosse  Anzahl  Canäle  BB,  welche  von  der  atmo- 
sphärischen Lnft  durchstrichen  werden,  während  die  beiBsen  Verbren- 
nungsgase durch  die  Canäio  A  abwärts  ziehen  nnd  dabei  jene  von  anssen 
erhitzen.  Die  Erhitzung  der  Luft  findet  also  durch  Wärmetransmission 
statt  und  ist  in  Folge  der  reichlichen  Oberfläche  der  Luftcanäle  eine 
Fiff.  :ioo.  nicht  uol)eträchtliche.     Die  erhitzte 

Luft  streicht  dann  in  der  Richtung 
des  Pfeils   in  Fig.  299    weiter  und 
trifft  nun,  wie  oben  beschrieben,  die 
unmittelbar  aus  dem  Generator  kom- 
menden, also  noch  ziemlich  beissen 
Gase.  In  Folge  dieser  vorausgehen- 
den Erhitzung    der   Luft  ist  nicht 
nnr  die  Verbrennung  eine  sehr  voll- 
ständige, sondern  es  wird  anch  jener 
Theil  Wärme,  welchen  die  Lnft  in 
dem  Erliitznngsapparate  aufnimmt, 
dem    Ofen    wieder    zurückgebracht 
und  dadurch  nicht  allein  die  gleiche 
Menge  Wärme  erspart,  sondern  anch 
die   Temperatur    höher    gesteigert, 
als   wenn   diese  Wärme  durch  eine 
äquivalente    Menge    Brennstoff    er- 
zeugt worden  wäre,  so  dass,  wenn 
jene     Temperatursteigemng     nicht 
beabsichtigt  war,  thatsächlich  mehr  Brennstoff  erspart  werden  kann,  als 
2Dr  Entwickelung  der  in  den  Ofen  zurückgeführten  Wärme  erforderlich 
gewesen  sein  würde*).   In  dieser  Hinsicht  geben  also  die  Ponsard'schen 
Feuerungen  eine  ähnliche  Wirkung  als  die  früher  erfundenen  Siemens'- 
scben,  deren  allgemeine  Einrichtnng  schon  hei   den  GiessereiflammöfeD 
beschrieben  wnrde,  sind  aber  in  ihrer  Anlage  wie  in  der  Wartung  ein- 
facher, da  statt  der  vier  Siemens'schen  Regeneratoren  nur  ein  einziger 
vorhanden  ist  nnd  das  Umschalten  des  Gas-  uad  Luftstromes  vollsttndig 
wegtSilt.      Diese  Vortbeile   haben   den   Ponsard'schen   Feuerungen   für 
Schweisa-  and  Glühöfen  in  Belgien,  Frankreich  und  im  westlichen  Dentsch- 

')  Besser  dürfte  der  neuerilings  augenomnieoe  Name  ,Recuperator*    fQr 
diesen  Apparat  sein.         ')  Vergl.  B.  ibH. 


Gasfeuerung.  385 


'O 


land  manche  Freande  und  eine  nicht  unerhehliche  Verhreitung  verschatft. 
Als  Hanptnachtheil  derselben  gilt  der  Umstand,  dass  es  schwierig  ist, 
die  Lnftcanäle  unter  den  Einwirkungen  der  Erhitzung  so  dicht  zu  er- 
halten, dass  nicht  aus  denselben  Luft  direct  in  die  Feuercanäle  übertritt, 
also  nicht  allein  ungenutzt  entweicht,  sondern  obenein  Warme  entführt 
und  den  Apparat  abkühlt.  Dieser  Uebelstand  und  die  damit  verknüpf- 
ten Reparaturen  können  allerdings  nach  Ueberzeugung  des  Verfassers 
schwer  genug  wiegen,  um  gerechtfertigte  Bedenken  gegen  die  Einführung 
des  Ponsar duschen  Feuerungssystems  wach  zu  rufen. 

Eine  dritte  Gattung  der  Oasfeuerungen  für  Schweiss-  und  Glühöfen 
wird  durch  die  bereits  vielfach  erwähnten  Siemens'schen  Regenerativ- 
öfen  gebildet,  unter  den  drei  genannten  die  ältesten,  in  den  Anlagekosten 
theuersten,  in  der  Construction  und  Wartung  schwierigsten,  in  der  Lei- 
stung aber  auch  wohl  unerreichten  Feuerungsanlagen  darstellend.  Denn 
da  hier  sowohl  Gas  als  Verbrennungsluft  in  den  Regeneratoren  auf  eine 
hohe  Temperatur  erwärmt  werden,  bevor  sie  sich  zum  Zwecke  der  Ver- 
brennung mischen,  so  kann  jene  bei  den  Ponsard-Oefen  besprochene 
Temperatursteigerung  beziehentlich  Brennstoffersparung  in  erhöhtem 
Maasse  stattfinden;  eben  diese  Erhitzung  des  Gases  gleicht  aber  auch 
die  Vortheile  aus,  welche  bei  den  Ponsard-  und  neueren  Bicheroux- 
Oefen  die  Benutzung  der  aus  dem  Generator  mitgenommenen  Wärme 
bietet,  und  lässt  es  in  vielfachen  Verhältnissen  zweckmässig  erscheinen, 
auch  ein  geringwerthigeres ,  wasserreicheres  Brennmaterial  durch  Ein- 
schaltung eines  Gondensationsapparates  in  die  Gasleitung  zu  einem  Gase 
von  ausreichend  hohem  Brennwerthe  zu  verarbeiten.  Diese  Anwendung 
einer  längern  Gasleitung  macht  es  aber  andererseits  möglich,  in  grösse- 
ren Anlagen  den  einzelnen  Ofen  unabhängig  von  einem  bestimmten  Gas- 
generator zu  machen  und  die  gesammte  Gaserzeugung  gewissermaassen 
zu  centralisiren,  indem  man  die  Gase  sämmtlicher  vorhandenen  Gasgene- 
ratoren in  ein  gemeinschaftliches  Sammelrohr  und  aus  diesen  den  einzel- 
nen Oefen  zuführt. 

Die  allgemeine  Einrichtung  eines  Sie  mens' sehen  Schweiss-  oder 
Glühofens  wird  sich  ohne  Weiteres  aus  den  früher  gegebenen  Abbildun- 
gen (Figuren  222  bis  226  auf  S.  258  ff.)  herleiten  lassen,  wenn  man  sich 
anstatt  des  vertieften  Herdes  dieses  letztem  einen  flachen  nach  der  Rück- 
seite des  Ofens  geneigten  und  an  der  tiefsten  Stelle  mit  Schlackenabfluss 
versehenen  Sandherd  vergegenwärtigt.  Im  Uebrigen  verweisen  wir  auf 
die  unten  gegebene  Literatur  und  Nachweisung  von  Abbildungen. 

Betrieb  und  Arbeitsverfahren. 

Bei  Schweiss-  und  Glühöfen  für  rohe  Blöcke  bedient  man  sich  ge- 
wöhnlich einer  breiten  Schaufel,  um  die  zu  schweissenden  Metallstücke 
in  den  Ofen  zu  schieben.  Man  legt  das  Metall  auf  die  Schaufel,  während 
diese  auf  der  Thürschwelle  ruht,  dann  wird  die  Thür  aufgezogen,  der 

Ledebur,  mechanisch •motallurgischc  Technologie.  25 


386  Herdflammöfen.    Wirkungsgrad. 

Block  (Bramme)  oder  die  za  einem  „Packeie"  zusammengelegten  Metall - 
stücke  in  den  Ofen  gestossen,  die  Schaufel  rasch  zurückgezogen  und  die 
Thür  geschlossen. 

Zur  günstigem  Warmeausnntzung  bringt  man,  wie  schon  erwähnt, 
auf  manchen  Werken  die  letzten  Stücke  an  die  weniger  erhitztei)  Stellen 
des  Ofens  und  schiebt  sie  allmälig  nach  den  heisseren  Stellen  vor,  wenn 
die  dort  befindlichen  früher  eingesetzten  Stücke  herausgenommen  sind. 
Dadurch  wird  allerdings  ein  öfteres  und  längeres  Oeffnen  der  Thüren  er- 
forderlich, welches  unter  Umständen  erhöhten  Abbrand  und  Abkühlung 
des  Ofens  zur  Folge  haben  kann.  Wenn  der  Arbeiter  erkennt,  dass  die 
richtige  Erhitzung  erreicht  ist,  werden  bei  Schweissöfen  die  Stücke  mit 
Hülfe  einer  breiten  Brechstange  gewendet ,  so  dass  die  bis  dahin  auf  der 
Sohle  des  Herdes  befindlichen  und  weniger  stark  erhitzten  Theile  gleich- 
falls der  starkem  Erhitzung  ausgesetzt  werden.  Beim  Glühen  von  halb- 
fertigen oder  fertigen  Gegenständen  ist  ein  solches  Wenden  unthunlich. 
Schliesslich  wird  nach  dem  Oeffnen  der  Thür  das  Metallstück  mit  einem 
Haken  auf  die  Thürschwelle  gezogen,  dort  mit  einer  entsprechend  grossen 
Zange  erfasst  und  mit  Hülfe  eines  zweirädrigen  eisernen  Wagens  nach  sei- 
nem Bestimmungsorte  geschaffb.  Bei  Oefen  mit  stark  saugender  Esse,  ins- 
besondere also  bei  allen  Schweissöfen  ohne  Unterwind,  belegt  man  die 
Thürschwelle  und  Fugen,  so  lange  die  Thür  geschlossen  ist,  mit  Stein- 
kohlen, um  das  Eindringen  unverzehrten  Sauerstoffs  zu  hindern. 

Betriebsresultate  und  Wirkungsgrad. 

Der  Abbrand  ist  wie  bei  den  Schmiedefeuern  ein  sehr  verschiedener, 
je  nachdem  grössere  oder  kleinere  Metallstücke  erhitzt  werden,  höhere 
oder  weniger  hohe  Temperatur  gegeben  wird.  Bei  Schweissöfen  rechnet 
man  etwa  8  bis  20 Proc.  Abbrand; beim  Glühen  von  Kupfertafeln  1  bis3Proc.; 
beim  Messing,  welches  erst  nach  der  Verarbeitung  geglüht  wird,  ^/j  Proc. 

Der  Brennstoffaufwand  in  Schweissöfen,  um  100  Kilogramm  Eisen 
zu  erhitzen,  schwankt  nach  Art  des  Fabrikats  bei  directer  Feuerung  von 
40  bis  100  Kilogramm  Steinkohle,  im  Gasschweissofen  erheblich  weniger. 
Im  Bicheroux-Ofen  wird  der  Brennstoffaufwand  ein  höherer  sein  als 
in  den  Ponsard-  und  Siemens- Oefen,  doch  giebt  ersterer  bei  Anwen- 
dung von  Dampf  kraft  den  nicht  zu  unterschätzenden  Vortheil,  dass  die 
abziehenden  Gase  zur  Kesselfeuerung  benutzbar  bleiben,  ein  Umstand, 
der  in  vielen  Fällen  den  höhern  Brennstoffaufwand  beim  Schweissen  und 
Glühen  ausgleichen  dürfte. 

Nach  Grüner  gebraucht  man,  um  im  Ilerdflammofen  mit  directer 
Feuerung  Eisenstäbe  auf  helle  Rothgluth  (1100  Grad  Celsius)  zu  er- 
hitzen, 40  bis  50  Kilogramm  Steinkohlen,  in  den  günstigsten  Fällen  30 
Kilogramm,  während  die  aufgenommene  Wärme  200  bis  210  Wärmeein- 
heiten beträgt.  Bei  einer  Wärmeleistung  der  Kohlen  von  7000  Wärme- 
einheiten würde  demnach  der  Wirkungsgrad  des  Ofens,   einen  durch* 


Gefässöfen.  387 

schnitt  liehen  Kohlenverbraach  von  40  Kilogramm  angenommen,  sich 
beziffern  auf 

210  X  100  ^ 

40  X  7000  • 

In  den  Siemens-Oefen  zu  Bbchnm  gebraucht  man  zum  Wärmen 
des  Stahls  17  Kilogramm  Steinkohlen,  während  dieser  180  bis  200  Wärme- 
einheiten aufnimmt;  demnach  Wirkungsgrad  bei  Siemens-Oefen: 

17  X  7000  • 

In  Seraing  gebraucht   man   im   Ponsard-Ofen   zum  Erhitzen   des 

Stahls  18  bis  20  Kilogramm  Steinkohlen;  demnach  Wirk^ngsgrad  des 

Ponsard-Ofens: 

_        190  X   100        ^,^ 

E  = =  0,14. 

19  X  7000  * 


Dritte  Gruppe.     Gefössöfen. 

Das  Metall  befindet  sich  in  einem  geschlossenen  Behälter,  welcher 
Ton  aussen  erhitzt  wird.  Daher  ist  die  Einwirkung  des  Brennmaterials 
und  der  aus  demselben  entwickelten  Gase  völlig  ausgeschlossen;  die  Ein- 
wirkung der  atmosphärischen  Luft  wenigstens  auf  diejenige  Menge  der- 
selben beschränkt,  welche  mit  dem  Metalle  in  dem  Gefässe  eingeschlossen 
ist.  Die  Wärmeabgabe  an  das  Metall  geschieht  in  Folge  einer  Trans- 
mission durch  die  Gefasswände,"  geht  also  langsamer  und  unvollkommener 
vor  sich,  als  in  den  zuerst  beschriebenen  beiden  Gruppen  von  Erhitzungs- 
apparaten. Man  benutzt  deshalb  diese  Gefässöfen  nur  zum  Glühen  in 
Rothgluth  oder  geringerer  Temperatur;  entweder  f&r  solche  halbfertige 
Gegenstände,  bei  denen  durch  die  Entstehung  chemischer  Bildungen  an 
der  Oberfläche  unter  Einfluss  der  Flamme  und  atmosphärischen  Luft, 
insbesondere  aber  durch  die  Ablagerung  staubförmiger,  mechanisch  nieder- 
fallender Körper  (Asche,  Kohlenpartikdchen),  welche  sich  festsetzen  und 
bei  der  nachfolgenden  Einwirkung  von  Stoss-  oder  Druckkräften  in  die 
Oberfläche  eingedrückt  werden  können,  eine  Beeinträchtigung  der  Be- 
schaffenheit des  Fabrikats  zu  befürchten  ist  (Bleche  aus  Zink,  Neusilber 
und  anderen  Metallen,  welche  mit  möglichst  glatter  Oberfläche  aus  dem 
forrogebenden  Processe  hervorgehen  sollen),  oder  für  fertige  Gegenstände 
mit  so  geringen  Querschnitten,  dass  die  Anwendung  eines  Herdflamm- 
ofens  für  diesen  Zweck  nicht  ausreichende  Begründung  findet  (Drähte). 

Die  benutzten  Gefasse  und  Feuemngseinrichtungen  sind  den  ver- 
schiedenen Zwecken  entsprechend  sehr  mannigfacher  Art.  Für  die  klein- 
sten Gegenstände  dienen  cylindrische  Kessel  aus  Gnsseisen  oder  Eisen- 
blech mit  senkrechter  Achse,  welche  zur  Rothgluth  durch  ein  unter  den- 
selben angebrachtes  Feuer  erhitzt  werden;  statt  der  Kessel  benutzt  man 

26* 


ä88  GefässÖfen. 

auch,  beBondera  für  einen  nnnnterbrochenen  Betrieb,  horizontale  Bebalter 
von  verhältnisamiisaig  geringem  Querschnitt  nnd  grosser  Länge,  vorn 
durch  einen  Deckel  geschlosson,  aOs  GuBaeisen  oder  Cbamottemasse  her- 
gestellt und  den  Retorten  der  Gasanstalten  in  Form  und  Einmanernng 
ganz  ähnlich;  für  grossere  Gegenstände  dienen  Muffelöfen  oder  kasten- 
förmige Behälter,  welche  von  der  Flamme  umspült  werden. 

Die  Figuren   301  bis  304  stellen  einen  Muffelofen  zum  Glühen  von 
Neuailberblechen  in  der  Fabrik  von  Jürst  in  Berlin  dar').     Die  Muffel 

Fig.  301. 


Lj 


J^ 


besteht  aus  Guaseisen,  ruht  auf  einer  feuerfesten  Wölbung  oberhalb  des 
Fenorraums  und  wird  von  allen  Seiten  von  den  Feueruugsgasen  umspült. 
Dieselben  steigen  durch  die  in  dem  Gewölbe  angebrachten  Can&le  aa 
aufwärts,  dringen  durch  die  kleineren  Oefibungen  tib  in  den  Raum,  wel- 
cher die  eigentliche  Muffel  eiüBchUesst,  nnd  ziehen  längs  dieser  nach  dem 
Schornsteine.  Wie  die  verschiedene  Schraffirong  andentet,  beat«ht  das 
ganz»  Fntter  des  Ofens,  soweit  es  von  dem  Feuer  berührt  wird,    ans 

■)  Wiebe,  Hki/zenliur,]!,  Jahrgang  1687.  Heft,  1,  Blatt  5. 


Beispiele.  389 

feuerfesten  Steinen.  Der  VerBchlosa  der  Mnflel  geschieht  auf  der  Torder- 
aeite  durch  eine  Tbür,  welche  in  Fflhrongea  auf-  nnd  abgleitet  nnd  mit 
Hülfe  einer  Kette  hoch  geiogen  wird;  aof  der  Rückseite  dnrch  eine  der 
Thür  ähnliche  Scbiel>erplatte,  welche  noch  durch  Schraabenholzen  ange- 
drückt werden  kann.  Unterhalb  der  Beschicknngsthür  befindet  sich  die  . 
Heizthür  and  die  ThOr  für  den  Äschenfall.  Die  Canäle  d  (Figuren  302 
Fig.  302. 


und  303)  haben  den  Zweck,  dnrch  Zuführnog  erwärmter  atmosphärischer 
Luft  über  den  Rost  die  Vollständigkeit  der  Verbrennung  zu  befördern, 
cc  In  Fig.  302  sind  gemauerte  Consolen  zur  Unterstützung  des  Ge- 
wölbes. 

Ein  Ofen  zum  Wärmen  Ton  Zinkblechen  in  einem  englischen  Zink- 


390  Gefässöfen, 

blechwalzwerke  lat  in  den  Figuren  305  bis  309  (S.  393  ff.)  abgebUdet  »)- 

Der  zur  Änfnahme  der  Zinkbleche  dienende  Behälter  ist  hier  Bcbrank- 

Fig.  303. 


artig  eingerichtet  und  ans  Gusaeieea platten  zusiiininungtiiii'tzt.  Senkrechte 
Scheidewände  thi'ilen  den  ganzen  Behälter  iu  drei  Huuptabtheilungen, 
deren  jede  durch  eine  besondere  Thür  vorHchloaaeu  uud  durch  ein~ 
gescliobone,  horizontale,  durchbrochene  Flutten t  welche  zur  Auibahmo 
der  Dleche  dienen  (Figuren  305  und  306),  noch  ntiseerdcm  in  drei  klei- 
nere Fächer    getbeilt    wird.      Die   auf  dem   Beate   cntwiekelte   Flamme 

')  Berg-  uud  HütteniiiänniBchc  Zeitung,  Jalirgiiiig  1B73,  Trtf.  8. 


Arbeitsverfahren,     Wirkungsgrad.  391 

streicht  üun&chet  unter  dem  Kasten  hin ,  welcher  lum  Schutze  gegen  die 

Stichflamme  anf  einem  Gewölbe  ruht,  steigt  dann  an  der  Stirnseite  empor, 

Fig.  304. 


nnd  aiebt  oberhalb  des  Kastens  rückwärts  nach  dem  Scbornateine.  Die 
darcb  Thüren  Terschtoasene  Seite  des  Kastens  liegt  frei  und  vor  dersel- 
ben befindet  sich  eine  Plattform  zur  Erl eichte mng  des  Ein-  und  Aus- 
bringens, die  entgegengesetzte  Seite  ist  durch  Mauerung  vor  Abkühlung 
geschützt.  Die  in  Fig.  305  auf  der  linken  Seite  des  Ofens  ersichtlichen 
Oeffnungen  in  der  Umfassnngsmaner  dienen  zum  Reinigen  der  Canäle 
und  werden  durch  gewöhnliche  eiserne  Schieber  verschlossen  gehalten. 

Arbeitsverfahren  und  Wirkungsgrad. 

Ersteres  bedarf  kaum  einer  Beschreibung,  da  es  eich  im  Wesent- 
lichen neben  der  Wartung  des  Feuers  auf  das  Einbringen  der  kalten 
und  Ausbringen  der  erwärmten  Metalle  beschränkt. 


Gefässöfen. 

Die  Ermittelnng  eines 
dnrchschDittlichen  Wir- 
kungsgrades dieser  Oefen 
ist  fast  noch  schwieriger 
und  OD  zuverlässiger,  als 
bei  den  frOher  beschrie* 
benen,  weil  die  mannig- 
üsldge  CoDstmctioD,  das 
Terscbiedene  Material  zu 
dem  GlQhgefasse,  die  ab- 
weichende Temperatar, 
auf  welche  die  verschie- 
denen Metalle  erhitzt 
werden  müssen,  die  Er- 
zielung  sehr  abweichen- 
der Reaaltate  zulassen. 

Wiebe  giebt  an,  dasa 
der  in  den  Figuren  301 
bis  304  abgebildete  Ofen 
in  24  Stunden  mit  160 
Centner  Steinkohlen  60Ö 
Cüatner  glühendes  Neu- 
silber liefere,  wobei  die 
abziehenden  Gase  noch 
den  Betrieb  eines  Kes- 
sels von  44  Quadrat- 
meter feuerbewährt«r 
Fläche  bei  einer  Span- 
nung Ton  4  Atmosphä- 
ren gestatte.  Um  100 
Kilogramm  Neusilber  zu 
glühen,  würden  also  27 
Kilogramm   Steinkohlen 


Wirkangsgrad,  393 

erforderlich  Bein.      Leider  iat  die  von  glühendem  NeasUber  aufgenom- 
iDBDe  Wärme  nicht  bekannt.    Setzt  man  die  apecifisohe  Wärme  desselben 
Fig.  308.  Fig.  309. 


^=  0,96 ,  nnd  nimmt  man  an ,  dass  eine  Erwärmung  aaf  600  Grad  statt- 
finde, Bo  beträgt  die  aufgenommene  Wärme  58  Wärmeeinheiten,  and  der 
Wirkungsgrad  des  Ofens 

58  X  100  „„„ 

E  ^ =  0.03, 

27   X  7000  '     ' 

ein  Reenltat,  dessen  annähernde  Richtigkeit  durch  den  Umstand  wahr- 
scheinlich gemacht  wird,  dass  die  Wärmeabgabe  immerhin  schwieriger 
alsbeiOefen  mit  freiem  Herde  von  Statten  geht,  und  daher  der  Wirknogs- 
grad  ein  nngüDstigerer  sein  mnes,  als  bei  diesen- 


SchluBsbetracbtiingeu. 

W&hrend  bei  den  Schmelzöfen  die  Gegenflberstellnng  der  berechne- 
ten Wirkungsgrade  eine  scharfe  Charakteristik  jener  Oefen  bildete,  sehen 
wir  bei  den  Oefen  ssam  Glühen  der  Metalle,  daes  jene  Wirkungsgrade 
sehr  relativ  sind  nn^  ans  den  angeführten  Gründen  sich  innerhalb  sehr 
weiter  Grenzen  bewegen. 

Während  wir  für  die  Schmiedefeuer  einen  ei-hebÜcfa  nngünstigern 
Wirkungsgrad  ermittelten ,  als  für  die  Herdflaramöfen  —  auch  für  die- 
jeuigen  mit  directer  Feuerung  —  ,  lehrt  der  Augenschein ,  dass  bei  den 
erstercD  durch  die  abziehenden  Gase  verhält nisBinäsaig  weniger  Wärme 
entführt  wird,  als  bei  den  letiteren.  Die  Ursachen  dieser  ungünstigem 
Brennatoffausnutznng  liegen  hanptBächHch  in  der  geringem  Orösse  der 
Schmiedefeaer ,  weil  mit  der  zunehmenden  Grösse  eines  Erhitzungsappa- 
rata  sich  bei  ansreichender  Aasnntznng  desselben  die  relativen  Wärme- 
verlnste  verringern,  sowie  in  den  öfteren  Stillständen  der  Schmiedefeaer 


394  Literatur  über  Schweissen  und  Glühen. 

während  des  Schmiedens,  wobei  Abkühlung  eintritt  und  Wärme  verloren 
geht.  Trotz  des  berechneten  ungünstigen  Wirkungsgrades  werden  die 
Schmiedefbuer  unentbehrliche  Apparate  bleiben,  wo  einzelne  und  kleine 
Metallstücke  erhitzt  werden  sollen. 

Aehnlich  verhalten  sich  die  Geiassöfen  zu  den  Herdflammöfen.  Wäh- 
rend ihr  Wirkungsgrad  im  Allgemeinen  ein  ungünstigerer  sein  muss,  ist 
ihre  Anwendung  doch  häufig,  und  die  Gründe,  welche  fiir  dieselbe  spre- 
chen, wurden  bereits  hervorgehoben. 


Literatur  über  Schweissen  und  Glühen  der  Metalle. 

lieber  Schmiede feuer  und  deren  Betrieb: 

Wiebe,  Maschinenbaumaterialicn  (1.  Band  des  Handbuchs  der  Maschi- 
nenkunde), Stuttgart  1858,  S.  342  fi".;  Atlas  Tafel  111,  IV,  VI,  VII. 

Karmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  Bd.  I,  S.  175. 

Petzhold,  Fabrikation  von  Eisenbahnmaterial.  Wiesbaden  1872,  S.  142, 
Taf.  XX,  Fig.  5  und  6  (Schweissfeuer  für  Eisenbahn räder). 

Wedding,  Darstellung  des  schmiedbaren  Eisens,  S.  700  ff. 

Wiebe,  Skizzenbuch  Jahrgang  1869,  Heft  3,  Blatt  3;  Jahrgang  1872, 
Heft  7,  Blatt  1  und  2. 

Ueber  Herdflammöfen: 

Wiebe,  Maschineubaumaterialien,  S.  36G,  Atlas  Taf.  V. 

Petzhold,  op.  cit.S.34,  37,  50,  54,  81,  202,  213;  Abbildungen  Taf.  XII, 

Fig.  4  und  5,  Taf.  XIV,  Fig.  1  bis  11,  Taf.  XX,  Fig.  1  bis  4,  Taf. 

XXI,  Fig.  10  bis  12,  Taf.  XXVI,  Fig.  1  und  2. 
Wedding,  op.  cit.  S.  707  ff. 
Kerl,  Grundriss  der  Eisenhüttenkunde,  S.  414. 
Jordan,  Album  du  conrs  de  Metallurgie,  Taf.  78  bis  83  (Abbildungen 

von  Schweissöfen  mit  directer  und  Siemens' scher  Feuerung),  Taf. 

111  und  112  (Blechglühöfen). 
Wiebe,  Skizzenbuch,  Jahrgang  1875,  Heft  5,  Blatt  6  (Messingglühöfen 

mit  Siemens'scher  Feuerung). 

Ueber  Gefässöfen: 

Zeitschrift  deutscher  Ingenieure,  Band  11,  Taf.  18,  Fig.  1  und  2  (Glüh- 
öfen für  Draht). 
Dingler's  poljrtechnisches  Journal,  Band  202,  S.  190  (desgl.). 
Kerl,  op.  cit.,  S.  440  (desgl.). 

Jordan,  op.  cit,  Taf.  113  (Blechglühöfcn). 

i 
I 


8.    Die  formgebenden  Apparate  und  ihre  Anwendung. 


A.    Hammer  und  Ambos. 


Hammer  wird  ein  jedes  Werkzeug  genannt,  welches  geeignet  ist, 
durch  ansgeühte  Schläge  auf  einen  andern  festen  Körper  eine  Formver- 
änderung desselben  zu  bewirken,  ohne  dass  jedoch  diese  Formverände- 
rung  stets  der  Zweck  der  vollführten  Schläge  zu  sein  brauchf.  Die  Ar- 
beit heisst  Hämmern,  und  wenn  der  gehämmerte  Gegenstand  aus  einem 
Metallstucke  besteht,  welches  zur  Verleihung  einer  grössern  Dehnbarkeit 
für  die  beabsichtigte  Form  Veränderung  erhitzt  worden  ist  (Eisen,  Stahl, 
Kupfer  und  andere),  so  nennt  man  diese  Art  der  Formgebung  insbeson- 
dere Schmieden. 

Bei  jedem.  Hämmern,  welches  eine  Form  Veränderung  durch  Quer- 
schnittsverdünnung zum  Zwecke  hat,  muss  der  wirksame  'Theil  des 
Hammers  härter  als  der  gehämmerte  Gegenstand  sein^).  Der  letztere 
muss  aber  auch  eine  feste  Unterlage  erhalten,  theils  um  ein  Ausweichen 
desselben  zu  verhindern,  theils  um  di^'enige  lebendige  Kraft  des  Ham- 
mers aufzunehmen,  welche  nicht  zur  Formveränderung  verwendet  wird; 
diese  Unterlage  nennen  wir  Ambos.  Auch  der  Ambos  muss  härter  als 
der  zu  bearbeitende  Gegenstand  sein,  um  nicht  selbst  Eindrücke  beim 
Hämmern  zu  erhalten.  Derselbe  wird  in  einer  stabilen  Unterlage  be- 
festigt, welche  bei  kleinen  Hämmern  aus  einem  schweren,  in  die  Erde 
eingerammten  Holzklotze  besteht  und  Hammerstock  genannt  wird,  bei 
schweren  Hämmern  aber  aus  einem  Gusseisenkörper  —  der  Chabotte  — 
gebildet  wird,  welcher  gewöhnlich  auf  einem  elastischen  Holzfunda- 
mente ruht. 


1)  Wenn  im  Oegentheile  die  Qaerschnittsverdnnnung  vermieden  werden 
soll,  also  z.  B.  bei  der  Anwendung  der  Hämmer  znm  Biegen,  wovon  in  dem 
folgenden  Abschnitte  die  Bede  sein  wird,  sind  häufig  die  Hämmer  aus  weicberm 
Materiale  als  das  zu  biegende  Metall  gefertigt. 


396  Hammer  und  Ambos. 

Meistens  erfolgen  die  Schläge  von  oben  nach  unten  in  einer  Verti- 
calebene.  Es  ergiebt  sich  bei  dieser  Art  der  Bewegungsrichtnng  der 
Yortheil ,  dass  die  Schwerkraft  als  beschleunigende  Kraft  auf  den  Ham- 
mer wirkt  und  dadurch  die  Wirkung  des  Schlages  erhöht;  ja,  in  vielen 
Fällen  ist  es  die  Schwerkraft  allein,  durch  welche  die  Bewegung  des 
Hammers  hervorgerufen  wird. 

Die  Wirkung  eines  Schlages,  d.  h.  das  in  dem  Augenblicke  des  Auf- 
schlagens  in  dem  Hammer  angehäufte  und  auf  den  gehämmerten  Gegen- 

stand  übertragene  Arbeitsquantum  ist  theoretisch  —^ ,  worm  M  die  so- 
genannte Masse  des  Körpers,  v  die  Endgeschwindigkeit  bezeichnet.  Dem- 
nach ist  man  im  Stande,  mit  einer  kleinen  Masse,  welche  mit  grosser 
Geschwindigkeit  bewegt  wird,  theoretisch  dieselbe  Wirkung  hervorzu- 
bringen, als  mit  einer  grössern  Masse,  die  eine  geringere  Geschwindigkeit 
besitzt.  Diese  Thatsache  ist  insofern  von  Wichtigkeit,  als  es  in  Wirk- 
lichkeit weniger  umfangreiche  mechanische  Hülfsmittel  erfordert,  einer 
geringen  Masse  grosse  Geschwindigkeit  zu  verleihen,  als  umgekehrt. 

Nun  lehrt  uns  aber  die  Erfahrung,  dass  die  physikalischen 
Wirkungen  des  Hämmems  auf  das  Metall  sich  doch  erheblich  abweichend 
gest-alten,  ob  man  ein  grosses  Hammergewicht  mit  geringerer  —  nur  dem 
freien  Falle^  entsprechender  —  Geschwindigkeit  oder  ein  geringeres  Ge- 
wicht mit  grösserer  Geschwindigkeit  wirken  lässt.  In  ersterm  Falle  er- 
streckt sich  die  Wirkung  sowohl  auf  die  äusseren  als  auch  die  inneren 
Theile  des  Metallstückes ;  schmiedet  man  einen  erhitzten  Metallblock  mit 
verticalen  Seitenflächen  (also  von  prismatischer  Form),  so  nehmen  beim 
Schmieden  jene  verticalen  Seitenflächen  convexe  Form  an,  ein  Beweis, 
dass  die  inneren,  heisseren  und  deshalb  dehnbareren  .Theile  stärkere 
Querschnittsverdünnung  und  dadurch  Streckung  erfahren,  als  die  äusseren 
kälteren;  in  dem  zweiten  Falle  werden  vorzugsweise  die  äusseren  Theile 
beeinflusst,  gestreckt,  und  die  verticalen  Seitenflächen  erhalten  in  Folge 
dessen  concave  Form. 

Wenn  es  also  nur  darauf  ankommt,  die  äusseren  Begrenzungen 
eines  Metallstücks  in  andere  Form  zu  bringen  —  wie  es  freilich  bei  der 
Metallverarbeitung  meistens  der  Fall  ist  — ,  so  wird  ein  weniger 
schwerer  Hammer  mit  grosser  Geschwindigkeit  den  Zweck  eben  so  gut 
und  in  kürzerer  Zeit  erfüllen,  als  ein  schwererer  Hammer  mit  geringerer 
Geschwindigkeit;  wenn  aber  neben  der  Formgebung  gewisse,  das  ganze 
Metallstück  durchdringende  physikalische  Aenderungen  hervorgerufen 
werden  sollen,  deren  Totalwirkung  man  mit  dem  Ausdrucke  „Verdich- 
tung" zu  bezeichnen  pflegt,  so  ist  es  unerlässlich ,  dass  das  Fallgewicht 
des  Hammers  der  Stärke  des  zu  bearbeitenden  Metallstücks  angemes- 
sen sei. 

Die  verschiedenen  Arten  der  für  die  Metallverarbeitung  benutzten 
Hämmer  lassen  sich  entweder  gemäss  der  für  den  Betrieb  verwend>eten 
Betriebskraft  als  Ilandhämmer  (Fusstritthämmer)  und  Maschinen- 


Stielhämmer.  397 

hämmer  (Dampfhämmer,  Wasserhämmer  etc.)  eintheilen,  oder  gemäss 
ihrer  Constraction  als  Stielhämmer  und  Rahmen-  oder  Parallel- 
hämmer. Wir  werden  für  die  folgenden  Besprechungen  die  letztere 
Eintheilung  als  Grandlage  nehmen. 

a.    Stielhänimer. 

Dieselben  bestehen  ans  zwei  Ilanpttheilen :  dem  Stiele  oder  Helme, 
welcher  meistens  ans  zähem  Holze  gefertigt  ist,  nnd  dem  Hammer- 
kopfe, gewöhnlich  aas  Schmiedeeisen  mit  verstahlter  Arbeitsfläche  her- 
gestellt, in  welchem  das  Hauptgewicht  des  Hammers  concentrirt  ist.  Nur 
solche  Hämmer,  welche  weniger  zum  Strecken  als  zum  Biegen  benutzt 
werden  soUen,  haben  einen  Kopf  aus  Holz  oder  für  zarte  Gegenstände 
aas  Hörn. 

Der  Stiel  hat  oblongen  Querschnitt,  dessen  grossere  Abmessung  in 
der  Beweguugsricbtnng  des  Hammers,  also  senkrecht,  gerichtet  ist.  Er 
wird  durch  eine  entsprechend  geformte  Oeffnung  des  Hammerkopfs  hin- 
durchgesteckt,  welche  das  Auge  desselben  genannt  wird,  und  mit  Keilen 
befestigt. 

Die  arbeitende  Fläche  des  Hammers  nennt  man ,  wenn  ihre  Länge 
und  Breite  nicht  sehr  abweichend  sind,  Bahn,  Hammerbahn;  wenn 
sie  dagegen  im  Verhältnisse  zu  ihrer  Länge  sehr  schmal  ist,  also  die 
Form  eines  abgestumpften  Rückens  oder  Keils  besitzt,  Finne.« 

Bei  den  Handhämmem  wird  der  Stiel  sammt  Kopf  erhoben  und  aus 
der  Höbe  niedergeschwungen;  bei  den  durch  Elementarkraft  bewegten 
Stielhämraern  ist  der  Stiel  in  einem  bestimmten  Punkte  seiner  Länge 
an  einer  horizontalen  Achse  befestigt  und  drehbar,  so  dass  der  Hammer- 
kopf bei  dem  Anhubo  und  Niederfallen  sich  innerhalb  einer  Kreislinie 
bewegt.  Der  Anhub  erfolgt  in  letzterm  Falle  durch  Hebedaumen,  welche 
auf  einer  in  Umdrehung  versetzten  Daumentrommel  angebracht  sind  und 
den  Hammerstiel  erfassen;  geschieht  der  Angriff  am  Kopfe  des  Hammers, 
so  heisst  derselbe  Stirnhammer;  geschieht  er  zwischen  Kopf  und 
Drehpunkt:  Aufwerfhammer;  geschieht  er  jenseits  des  Drehpunkts, 
so  dass  dieser  zwischen  Kopf  und  Angriffspunkt  liegt:  Schwanzham- 
mer. Selbstverständlich  muss  in  letzterm  Falle,  um  ein  Heben  des 
Kopfes  zu  bewirken,  die  Bewegungsrichtung  der  Daumen  abwärts  gerich- 
tet sein. 

Die  lebendige  Kraft  beim  Niederfallen  eines  solchen  Stielhammers 
mit  festliegender  Drehungsachse  lägst  sich  durch  die  Formel 

L=  GH^ 
r 

ausdrAcken,  worin  G  das  Gesammtge wicht  des  Hammers,  H  die  Hubhöhe 
des  Kopfes,  S  die  Entfernung  des  Schwerpunktes  und  r  die  des  Kopfes 
von   der  Drehungsachse  bezeichnet.      Hieraus  folgt,   dass  die  Wirkung 


398  tiammer  und  Ambos. 

eine  am  so  grössere  ist,  je  näher  der  Schwerpnnkt  des  ganzen  Hammers 

mit  dem  des  Kopfes  znsammenföllt,  je  mehr  sich  abo  das  Verhaltniss 

g 

—  der  Zahl  1  nähert. 
r 

Handhämmer. 

Die  Grösse  derselben  ist  durch  das  Gewicht  begrenzt,  welches  ein 
Arbeiter  mit  beiden  Händen  zu  schwingen  vermag  and  welches  höchstens 
10  Kilogramm  beträgt.  Diese  grössten  Handhämmer  haben  einen  Stiel 
von  500  bis  600  Mm.  Länge  and  heissen  Zuschlagehämmer,  weil 
sie  beim  Schmieden  des  Eisens  durch  den  Gehülfen  des  Schmieds  gefuhrt 
werden,  welcher  Znschläger  genannt  wird;  die  znm  Schmieden  be- 
nutzten kleinsten  Hämmer  heissen  Schmiedehämmer  und  haben  ein 
Gewicht  von  1  bis  2  Klgr.  bei  einer  Länge  des  Stiels  von  etwa  400  Mm. 

Da  der  Kopf  des  Hammers  annähernd  prismatische  Form  besitzt, 
so  lassen  sich  beide  Endflächen  desselben  zum  Hämmern  benutzen,  je 
nachdem  man  die  eine  oder  andere  derselben  nach  unten  kehrt.  Man 
kann  deshalb  dem  Hammer  entweder  eine  Bahn  und  eine  Finne  oder 
auch  zwei  Bahnen  oder  zwei  Finnen  geben.  Der.  erstere  Fall  ist  der 
gebräuchlichere.  Gewöhnlich  läuft  hierbei  die  Längenrichtung  der  Finne 
rechtwinklig    gegen    die    Richtung    des    Stiels    wie    bei    dem    Hammer 

Piff.  310.    *  Fig.  310,  und  zwar  liegt  sie  in  die- 

sem  Falle  entweder  wie  in  der  Ab- 

BJ^  bildung  über  der  Mitte  der  Bahn 

I^B^BHBHHHHHHB     oder  mit  der  äusseren  Stirnfläche 
^H  des  Hammers  büudig. 

Bei    einzelnen  schweren  Häm- 
mern liegt  die  Richtung  der  Finne 
mit  der  Richtung  des  Stiels  parallel,  Fig.  311,  und  man  nennt  diese  Art 
Hämmer  Kreuzschläge. 

Nach  der  Form  der  Bahn  und  Finne  unterscheidet  man  eine  grosse 
Anzahl     verschiedener   Benennungen    des  Hammers.      Der  gewöhnliche 

•pig,  311.  Schmiedehammer  (wenn 

er  für  Schlosserarbeiten 
benutzt  wird,  Bank- 
hammer genannt)  hat 
eine  Finne  und  eine 
flache  oder  ganz  schwach 
convexe  Bahn ;  mit  zwei 
Bahnen  von  quadratischer,  runder  oder  rechteckiger  Form  heisst  er 
Abschlichthammer;  mit  zwei  Finnen,  quer  gegen  den  Stiel  gerich- 
tet, Abspinnhammer,  Abbindhammer,  Schweifhammer; 
mit  stark  gewölbter  Bahn  Schlichthammer  oder  Ansschlicht- 
hammer.  Die  meisten  dieser  Hämmer  dienen  weniger  zum  eigentlichen 
Schmieden,  als  für  die  spätere  Vollendung  der  Form. 


Handhämmer.  399 

Der  Ambos  für  Handhämmer  wird  gewohnlich  aus  Schmiedeeisen 
mit  verstahlter  oberer  l'läche  dargestellt,  selteDer  ans  Gasseisen  mit 
gehärteter  Fläche  oder  aua  Gaasstahl.  Diese  obere  Fläche,  aaf  welcher 
das  Arbeitsstück  robt  nnd  welche  deshalb  geBchliifen  sein  muss  (damit 
nicht  vorhiindene  Unebenheiten  sich  im  ArbeitsHtQcke  abdrücken),  heisst 
die  Bahn  des  Ambos. 

Die  Form  der  Ambose  iet  mannigfaltig,  thcila  von  der  Beschaffen- 
heit der  zu  schmiedenden  Gegenstände,  theiU  aber  AQch  von  Herkommen 
nnd  Gebräachen  abhängig. 

Der  sogenannte  Amhos  ohne  Hörn,  Fig.  312,  bat  eine  rechtwink- 
lige Bahn  von  400  bis  450  Mm.  Länge,  100  bis  120  Mm.  Breite.  Die 
OefTnnng  a  dient  znm  Einstecken  besonderer  Schmiedeunterlagen  ver- 
mittelat  eines  an  denselben  befindlichen  Zapfens,  wenn  es  sich  um  Her- 
stellnng  bestimmter  Formen  handelt,  die  eich  anf  der  glatten  Amboababn 
nicht  wurden  erzengen  lassen.  An  der  nntern  Seite  des  Ambos  befindet 
sich,  wenn  nicht  das  Gewicht  desselben  ein  grosses  ist,  ein  pyramidaler 
Zapfen  (Angel)  znm  Einstecken  in  den  Ambosstock;  grosse  Ambose  ver- 
Pig.  312.  Fig.  313. 


sieht  man  mit  einer  Oeffnnng  an  der  nntern  Seite,  in  welche  ein  in  den 
Ambosstock  eingeschlagener  Zapfen  hineinpassL 

FQr  gewisse  Zwecke  kann  es  dienlich  sein,  den  Ambos  mit  einem 
kegelförmig  zulaufenden  Ansätze  zu  versehen;  es  entsteht  dann  die  Form 
des  Ambos  mit  einem  Hörn,  Fig.  313. 

Bringt  man  dem  kegelförmigen  Hörne  gegenüber  ein  zweites  Hom 
an,  welches  jedoch  alsdann  nicht  abgerundeten,  sondern  vierseitigen 
Querschnitt  und  keilförmige  Gestalt  besitet,  so  dass  die  obere  Fläche 
eine  ebene  Bahn  bildet,  so  entsteht  der  Ambos  mit  zwei  Hörnern, 
Fig.  314  (a.  f.  S.). 

Ausser  diesen  scharf  gekennzeichneten  Gattnngen  der  Ambose  unter- 
scheidet man  nach  der  Form  des  Fusses  und  dar  sonstigen  für  die  Ver- 
wendung weniger  wichtigen  Ei genthümlichkeiten  deutsche,  englische, 
fransösische,  schweizer,  luxemburger  nnd  andere  Ambose.  Dar 
in  Fig.  312  abgebildete  ist  ein  deutscher,  in  Fig.  313  ein  englischer, 
in  Fig.  314  ein  französischer  Ambos. 

Bilden  die  beiden  Homer  den  Hauptbnstandtheil  des  Ambos  der- 


400  Hammer  und  Ambo3. 

artig,  daas  der  mittlere  Tbeil  auf  eine  quadratische  Griuldform  zurück- 
geführt wird,  so  eutsteht  das  Sperrhorn,  Fig.  315. 

Fift-  31*.  Kg-  315. 


Daa  Gewicht  des  Ambos  mnsB  von  der  Wucht  der  geführten  Schläge 
□nd  mithin  hauptsächlich  von  dem  Gewichte  des  benutzten  Hammers 
abbfingig  sein.  Bei  den  für  die  rohe  Formgebung  benutzten  Amboaen 
betrügt  daa  Gewicht  der  Grösse  der  za  schniiedenden  Stücke  entsprechend 
20  bis  300  Kilogramm;  für  andere  Zwecke,  z.  B.  in  den  Werkstätten  der 
Uhrmacher,  Mechaniker  u.  s.  w-,  werden  jedoch  auch  Arabose  benutzt, 
welche  nicht  schwerer  als  '/g  Kilogramm  sind. 

Für  die  Darstellung  der  feinsten  Bleche  aus  Gold,  Silber,  Tombak, 
Neusilber,  des  sogenannten  echten  und  unechten  ßintigoldes  und  Blatt- 
silbers werden  statt  eiserner  Ambose  geschliffene  Blöcke  aus  Granit  oder 
Marmor  mit  ebener  Bahn  benutzt. 

Als  eine  besondere  Gattung  der  durch  menschliche  Kraft  bewegten 
Stielbämmer  verdienen  die  in  kleinen  Werkstätten  bisweilen  benutzten 
Tritthämmer  oder  Fnsshämmer  Erwähnung.  Der  Hammerstiel 
hat  bei  diesen  einen  festliegenden  Drehungspnnkt ;  eine  Feder,  welche 
mit  dem  Hammer  in  Verbindung  gebracht  ist,  giebt  demselben  daa  Be- 
streben, sich  zu  heben,  so  dass  der  Kopf  in  der  Buhe  den  höchsten  Stand 
einnimmt;  ein  Hebel,  der  durch  Fusstritt  und  Schubstange  bewegt  wird 
nnd  mit  der  Drehungsachse  des  Hammers  verbunden  ist,  schnellt  ihn 
bei  jedem  Drucke  des  Fusses  auf  den  Ambos  nieder.  Eine  Eniparung 
an  Arbeit  ßndet  natürlich  hierbei  nicht  statt,  sondern  es  wird  sogar 
durch  Ueberwindnng  des  Fedardracks  die  erforderliche  Arbeitsleistung 
erhöht;  dennoch  kann  in  solchen  Fällen,  wo  beim  Schmieden  kleiner 
Stücke  ein  einziger  Arbeiter  sowohl  die  Schläge  auszuführen,  als  das 
Arbeitsstück  zu  halten  nnd  zu  wenden  hat,  der  Tritthammer  recht  zweck- 
massig  sein,  weil  ein  sonst  ruhender  Theil  des  Körpers,  der  Fnss,  für  die 
Bewegung  benutzt  wird  und  der  Schmied  nnn  beide  Hftnde  für  die  Hand- 
habung des  Arbeitsstücks  benutzen  kann. 


Stirnhäramer. 

Die  Fignren  316  and  317  atellcn  einen  gewähnlioben  Stimhammer 

dar  uod  zwar  Fig.  316  im  Anfrisse,  Fig.  317  im  Grundrieae ^).     Stiel 

und  Kopf  sind  in  einem  Stücke  ans  Gaeseisen  gefertigt.    An  ersteren  igt 

die  DrehnngaachBe  C  0  angegossen,  deren  Enden  in  den  Lagern  L  mben. 

Fig.  316. 


An  der  Stirn  ist  die  znm  Auswechseln  eiogerichtete  Streichplatte  A  ein- 
gesetzt, welche  von  den   Hebedaaraen  £  ergi-iffen  wird.     Die  Hammer- 

Pig.  317. 


bahn  ist  gleichfalls  für  sich  gegossen  and  steckt  mit  einem  couischen 
Zapfen  in  dem  Kopfe,  wo  sie  darch  einen  Keil  oder  dnrch  Schranben 
festgehalten  wird.  In  ähnlicher  Weise  ist  der  Ambos  in  der  gnsseisemen' 
Chabotto  befestigt,  welche  durch  starke  Schrauben  auf  der  durch  ein 
hölzernes  Schwellwerk  gebildeten  Unterlage    des  ganzen  Haromerwerkfl 


1)  Am  Weisbach,  Lalirbuch  der  Mechanik,  HI.  Tbeil,  B.  1307. 
Lsdabur,  nitchaiilKli.iMUllurgluhii  T<ichnnlu(lB.  26 


402  Hammer  und  Ambos. 

festgehalteil  wird.  Die  Bahn  des  Hammers  und  Ambos  hat  kreuzförmigen 
Grandriss. 

Das  Gewicht  solcher  Stirnhämmer  ist  2500  bis  8000  Kilogramm, 
die  Hubhöhe  des  Hammerkopfes  0,3  bis  0,6  Meter,  die  Zahl  der  Schlage 
50  bis  100  per  Minute. 

Da  jedoch  ein  grosser  Theil  jenes  totalen  Hammergewichts  in  dem  Stiele 
vertheilt  ist,  uud  der  Schwerpunkt  des  Ganzen  mithin  ziemlich  weit  nach 
der  Drehungsachse  zu  liegt,  so  ist  die  Wirkung  des  Hammers  im  Ver- 
hältnisse zu  seinem  Gewichte  und  seinen  Anlagekosten  eine  geringe,  und 
es  ist  diese  Art  Hämmer  nur  zur  ersten  Formgebung  und  Verdichtung 
roher  Puddelluppen  in  solchen  Hüttenwerken  in  Gebrauch,  wo  eine  reich- 
liche Wasserkraft  zu  Gebote  steht. 

Eine  Uebergangsform  der  Stirnhämmer  zu  den  Aufwerfhämmern 
bilden  die  Brusthämmer,  bei  denen  eine  ähnliche  Daumentrommel  wie 
beim  Stirnhammer  hinter  der  Hammerbahn  liegt  und  von  unten  her 
den  Hammer  vermittelst  einer  an  diesen  angegossenen  und  nach  unten 
gerichteten  Nase  mit  Streichbahn  hebt.  Dadurch  wird  der  Platz  vor  dem 
Hammer  frei. 

Aufwerfhämmer. 

Ein  solcher  ist  in  Fig.  818  abgebildet.  Das  HammergerQst  besteht 
hier  aus  Gusseisen,  der  Stiel  A  ans  Holz,  der  Kopf  B  aus  Schmiedeeisen 
mit  verstahlter  Bahn.  Der  Hammerstiel  ist  mit  einer  umgelegten  schmiede- 
eisernen Streichbahn  versehen;  die  Hebedaumen  EE  sind  mit  dem  auf 
der  Wasserradwelle  befestigten  Daumenringe  aus  einem  Stücke  gegossen 
und  mit  aufgelegten  und  durch  einen  schmiedeeisernen  Ring  festgehalte- 
nen Holzstücken  (sogenannten  Fröschen)  versehen,  um  den  Holm  gegen 
zu  rasche  Abnutzung  zu  schützen.  Der  Angriff  erfolgt  ungefähr  in  ein 
Drittel  der  Länge  des  Hammerhelms,  vom  Kopfe  an  gemessen. 

Bei  raschem  Gange  des  Hammers  würde  die  ihm  durch  die  rasche 
Bewegung  der  Hebedaumen  ertheilte  lebendige  Kraft  ein  Aufsteigen  zu 
einer  solchen  Höhe  bewirken,  dass,  bevor  das  Niederfallen  und  Aufschla- 
gen erfolgt,  schon  der  folgende  Hebedanmen  wieder  in  die  Angriffsstel- 
lung  vorgerückt  ist,  der  Hammer  also  gefangen  würde,  ohne  aufzu- 
schlagen. Um  diesen  Uebelstand  zu  vermeiden  und  eine  grosse  Anzahl 
Schläge  in  der  Zeiteinheit  zu  ermöglichen,  bringt  man  eine  Prellvor- 
richtung an,  gegen  welche  der  Hammer,  unmittelbar  nachdem  der 
Hebedaumen  den  Helm  verlassen  hat,  anschlägt,  und  von  dem  er  mit  an- 
nähernd gleicher  Geschwindigkeit  zurückgeworfen  wird,  welche  er  er- 
langt haben  würde,  wenn  er  zu  voller  Hubhöhe  emporgeworfen  worden 
wäre.  Je  elastischer  die  Prellvorrichtung  ist,  je  weniger  Effectverlust 
also  durch  den  Stoss  stattfindet,  desto  vollständiger  ist  ihre  Wirkung 
hinsichtlich  der  Ertheilung  eines  beschleunigten  Niederfallens ;  anderer- 
seits, je  grosser  die  Geschwindigkeit  der  Hebedanmen  ist,  je  rascher  also 
die  Welle  umläuft,  desto  höher  würde  der  Hammer  ohne  Prellvorrich- 


Aufwerfhämmer.  403 

toDg  emporgeworfen  sein,  desto  grösser  ist  also  aach  die  Geschwindigkeit 

beim  Niederfallen  und  desto  grösser  die  Wirkung  des  ScLlsges;  oder 

Pig.  318. 


wenn  man  letztere  als  gegeben  ansieht,  desto  kleiner  braucht  das  Gewicht 

des  Hammers  zn  sein. 

Als    solche  Prellvorrichtung    dient  bei  dem  vorliegenden  Hammer 

der  horizontale  Baum  H,  Eeitel  genannt,  welcher  oberhalb  desHammer- 

tielms   in   der  ans   der  Abhildung  ersichtlichen  Art  nnd  Weise  fest  ge- 
_,.  lagert    und   mit   Keilen  befestigt  ist. 

Das  hintere  Ende  des  Hammer- 
helms steckt  in  einer  gnaseisernen 
„Hülse"  D  mit  einem  langem  Zapfen 

^  Ci    und   einem  kurzem  C  (Fig.  319), 

welche  zusammen  die  Drehungsachse 
bilden.  Diese  Zapfen  mhen  in  „BDch- 
sen"  ans  Guseeisen  oder  RothgosB, 
welche  in  den  gnsseisernen  Säulen 
2"  r  festgekeilt  sind.  Letztere  beiden 
SKnlen,  welche  BOchsensänlen  ge- 
nannt    werden,     stecken     mit    ibren 


404 


Hammer  und  Ambos. 


unteren  Enden  in  Schnhen  t  auf  der  Sohlplatte,  oben  in  einer  gemein- 
schaftlichen Kopfplatte  SS,  welche  an  die  dahinter  stehende  sogenannte 
Reitelsänle  ^7  angegossen  ist.  Die  zu  hiuterst  stehende. Säule  F  heisst 
Drahmsäule.  Reitel-  und  Drahmsäule  sind  in  den  auf  der  Grundplatte 
des  eisernen  Fundamentkastens  angegossenen  Schuhen  M  und  i^  fest- 
gekeilt. 

Der  Ambos  ruht  in  einem  gusseisemen  Rahmen  und  mit  diesem  auf 
dem  eisernen  Hammerstocke  X, 

Die  Hubhöhe  der  Aufwerf hämmer  beträgt  500  bis  700  Mm.,  die 
Anzahl  der  Hübe  pro  Minute  80  bis  100,  das  Gewicht  des  Hammerkopfs 
150  bis  280  Kilogramm  und  die  Betriebskraft  7  bis  12  Pferdekräite. 

Man  benutzt  sie  bei  dem  Vorhandensein  einer  ausreichenden  Wasser- 
kraft zum  Schmieden  von  Eisen ,  Kupfer,  Messing  etc.     Die  Form  der 


Fiisr.   320: 


Hammerbahn  ist  dem  verschiedenen 
Zwecke  entsprechend  eine  sehr  ab- 
weichende ;  zum  Schmieden  von  stab- 
förroigen  Körpern  ist  sie  rechteckig 
und  schwach  convex,  um  so  schmaler 
und  der  Form  der  Finne  ähnlicher, 
je  rascher  gestreckt  werden  soll 
und  je  schmaler  die  zu  schmieden- 
den Stabe  sind;  für  Bleche  ist  sie 
breit ;  für  die  Herstellung  von  Hohl- 


gefassen    (z.  B.   kupfernen  Kesseln 

in    den   „Kupferhämmern '')  ist   sie 

>    kreisförmig  60  bis  80  Mm.  im  Doroh- 

messer,  flach  oder  cpnvex,  und  da  der  Hamraerkopf  sich  ganz  allmälig 

zu  dem  kleinsten  Durchmesser  der  Bahn  verjüngt,  so  erhält  dadurch  der 

untere  Theil  desselben  ein  rüsselförmiges  Aenssere  (Fig.  320). 


Schwanzhämmer. 

Ein  solcher  ist  in  Fig.  321  abgebildet  Es  ist  hier  AB  der  Hani- 
merhelm,  C  der  Ambos,  D  der  Hammerstock,  ^R  die  eine  von  den  guss- 
eisemen Büchsensäulcu ,  welche  durch  ein  eisernes  Querhaupt  JK,  einen 
Querbalken  F  und  eine  schmiedeeiserne  Gabel  G  H,  deren  Zinken  die 
Enden  des  Balkens  T  erfassen ,  mit  einander  verbunden  sind.  Auf  dem 
Balken  ruhen  die  Brückenhölzer  KK  und  zugleich  dienen  die  Spreizen 
JJ  zur  Erhöhung  der  Stabilität  der  Büchsensäulen.  In  LL  sieht  man 
die  Enden  der  Büchsen,  in  welchen  die  Zapfen  der  Hammerhülse  lagern. 
An  dem  Ende  des  Hammerhelms  sitzt  der  sogenannte  Schwanzring  iJ, 
welcher  von  den  Daumen  NN  niedergedrückt  wird.  Als  Prellvorrich- 
tung dient  hier  die  eiserne  Platte  P  (Reitelplatte)  in  dem  hölzernen 
Reitelstocke  S.  Zum  Betriebe  ist  das  Wasserrad  T  mit  den  gekröpften 
eisernen  Schaufeln   V  bestimmt. 


Scfawanzhämmer.  40  & 

Die  Schw&nzhSmmer  baben  im  AllgemeiaeD  die  nämliclie  Verwen- 
dung ala  die  Anfwerfhämmer,  and  es  besitzen  deshalb  die  Hammer-  und 
Ambosbahaen  eben  so  abweicbeude  Formen  als  bei  jenen.  Dagegen  ge- 
sUttet  die  Eigeatbümlichkeit  der  Construction  leichter  als  bei  den  Auf- 
werf b&mmem  eine  Vermebruag  der  Hubzahl,  indem  man  den  Daumen- 
kreiadnrcbmesser  klein,  dieUmgangszablderDanmenwelle  groaa  annimmt 
nnd  die  Drehungsachse  des  Helme  (die  HOlse)  entsprechend  nahe  an  das 
Scbvsnzende  verlegt,  am  trotz  der  geringen  Hubhöhe  des  Scbwaiizringes 
eioe  Bosreioliende  Hubhöbe  des  Kopfes  za  erhalten.  Bei  der  groBsen  Ge- 
schwindigkeit solcher  Schwanzhämmer  mit  grosser  Hubzahl  braocht  des- 
halb das  Gewicht  desselben  ein  verbältnissmfisaig  geringes  xa  sein,  um 
Fig.  321. 


einen  bestimmten  theoretischen  Efieet  hervorzubringen  ;  nnd  den  frQher 
gegebenen  Erläuterungen  über  die  verechiedeno  physikalische  Wirkung 
schwererer  und  leichterer  Hämmer  zufolge  eignen  sich  deshalb  solche 
leichte  Schwanzbammer  mit  grosser  Hubzahl  vorzugsweise  für  solche 
Zwecke,  wo  es  nicht  auf  eine  Verdichtung,  sondern  lediglich  auf  Form- 
gebung ankommt.  Je  nachdem  der  eine  oder  andere  Zweck  vorwiegend 
in'a  Auge  gefasst  ist ,  besitzen  die  Schwanzhgmmer  ein  Gewicht  von  60 
bis  350  Kilogramm,  eratore  mit  einer  Anzahl  Habe,  welche  bis  auf  300 
per  Minute  gesteigert  werden  kann,  jedoch  einer  Hubhöhe  oft  nicht  über 
150  Mm.;  letztere  mit  120  Hüben  per  Minute  und  einer  Hubhöhe  bis 
za  480  Mm. 


406  '    Hammer  und  Ambos. 

Vor  den  Aafwerf  hämmern  haben  die  Scbwanashämmer  noch  den  Vor- 
theil  voraus,  dass  der  Raum  um  den  Kopf  herum  nicht  durch  die  Daumen - 
welle  beengt  und  daher  an  drei  Seiten  frei  ist;  ferner  dass  ihre  Fundamen- 
tirung  im  Allgemeinen  einfacher  und  leichter  als  bei  jenen  ist.  Für 
grössere  Anlagen  fclllt  auch  der  Umstand  ins  Gewicht,  dass  man  bei  An- 
wendung von  Schwanzhämmern  von  einer  und  derselben  Welle  aus  eine 
grössere  Anzahl  derselben  betreiben  kann,  welche  mit  parallelen  Helmen 
in  einer  Reihe  neben  einander  liegen.  Dadurch  wird  die  ganze  Anlage 
einfach  und  für  die  Benutzung  bequem,  während  für  den  Betrieb  von 
Aufwerf  hämmern  jeder  derselben  seine  eigene  Betriebswelle  und  meistens 
auch  seine  eigene  Betriebsmaschine  erhält. 

Der  Wirkungsgrad  der  Schwanzhämmer,  d.  h.  das  Verhältniss  der 
geleisteten  Arbeit  zur  aufgewendeten,  ist  dagegen  nach  Hauer  etwas 
ungünstiger  als  derjenige  der  Aufwei*fhämmer,  und  verhält  sich  zu  letz- 
teren wie  0,75  :  0,80.  Der  Unterschied  ist  zu  unerheblich,  als  dass  er 
gegenüber  den  erwähnten  Vorzügen  der  Schwanzhämmer  einen  Ausschlag 
zu  Gunsten  der  Aufwerfhämmer  zu  geben  vermöchte. 

Die  üblichste  Betriebskraft  für  die  Schwanzhämmer  ist  das  WasseV. 
Die  Yortheile  dieses  Hammersystems,  wozu  ausser  den  schon  geschilder- 
ten auch  die  verhältnissmässige  Billigkeit  der  Anlage  und  Einfachheit 
der  Bedienung  gehören ,  haben  jedoch  mehrfach  auch  in  solchen  Fällen 
Veranlassung  zur  Anwendung  desselben  gegeben,  wo  Wasserkraft  nicht 
zu  Gebote  steht  und  Dampfkraft  benutzt  werden  musste.  Dient  dieselbe 
Dampfmaschine  auch  zum  Betriebe  anderer  Maschinen,  so  ist  es  leicht, 
von  einer  gemeinschaftlichen  Transmissionswelle  aus  durch  eine  Riemen- 
übertragung die  Daumenwelle  des  Dampfhammers  in  Bewegung  zu  setzen, 
wobei  jedoch  die  Einschaltung  eines  Schwungsrades  unerlässlich  ist,  um 
die  Rückwirkung  der  vom  Anschlagen  der  Hebedaumen  herrührenden 
StÖBse  auf  die  Transmissionswelle  abzuschwächen. 

Bisweilen  verbindet  man  auch  eine  eigene  Dampfmaschine  mit  dem 
Schwanzhammer  und  wählt  dazu  meistens  eine  Maschine  mit  oscilliren- 
dem  Cylinder.  Für  grössere  Leistungen  eines  Hammers  würde  allerdings 
einer  solchen  Anordnung,  falls  man  überhaupt  Dampf  kraft  anwenden 
will,  ein  direct  wirkender  Dampfhammer  vorzuziehen  sein,  welcher  eine 
Menge  Vorzüge  vereinigt  und  von  welchem  unten  die  Rede  sein  wird; 
wo  jedoch  nur  kleine  Leistungen  verlangt  werden,  entscheidet  die  grössere 
Billigkeit  und  einfachere  Bedienung  nicht  selten  für  den  Schwanz- 
hammer. 

Da  ein  solcher  kleiner  Schwanzhammer  mit  Dampf maschinenbetrieb 
und  grosser  Hubzahl  die  Aufgabe  erfüllt,  die  Handarbeit  des  Zuschlägers 
beim  Schmieden  entbehrlich  zu  machen,  nennt  man  die  hierher  gehöri- 
gen Constructionen  Dampfzuschläger  (Steamstriker).  Erwähnens- 
werth  ist  ein  solcher  Dampfzuschläger  von  I).  Davies  iuNewport,  welcher 
nicht  allein  Schläge  von  verschiedener  Hubhöhe,  sondern  auch  von  ver- 


RahmeBbämmer.  407 

schiedener  St&rke  and  Richtung  (vertical,  schräg  und  horizontal)  ge- 
stattet und  durch  Drehung  des  Hammers  nm  eine  Achse  es  auch  ermög- 
licht, mehrere  in  einem  Kreise  angeordnete  Ambose  nach  einander  zu  be- 
dienen ^). 

b.    Bahmen-  oder  Farallelhämmer, 

Der  bewegliche  Theil  des  Hammers,  welcher  hier  Hamm  erblock 
oder  Bär  genannt  zu  werden  pflegt,  gleitet  geradlinig  entweder  zwi- 
schen Führungen,  welche  den  Kahmen  des  Hammers  bilden,  oder  auch 
nur  mittelst  einer  mit  demselben  verbundenen  Stange  in  Stopfbüchsen. 
Die  Bewegungsi'ichtung  ist  fast  immer  eine  senkrechte,  und  in  diesem 
Falle  erfolgt  der  Schlag  bei  dem  Niedergange  des  Bars.  Unter  der  An- 
nahme, dass  der  Fall  nur  durch  die  Schwerkraft  bewirkt  wird,  lusst  sich 
die  lebendige  Kraft  des  Hammers  durch  die  Formel  ausdrücken 

L=  GH, 
worin  G  das  Gewicht  des  Bars,  H  die  Hubhöhe  des  Hammers  bezeichnet. 
Vergleicht  man  hiermit  die  für  die  lebendige  Kraft  der  Stielhämmer  ge- 
gebene  Formel  (S.  397),  so   ergiebt  sich,  dass  bei  gleichem   Hammer- 
gewichte die  Leistung  des  Rahmenhammers  eine  grössere  sein  muss,  weil 

der   Werth  —  in  der  Formel  für  Stielhämmer  stets  kleiner  als  1  ist.    Sie 
r 

haben  femer  vor  den  letzteren  den  Yortheil  voraus,  dass  die  Hammer- 
und  Ambosbahu  in  jeder  Stellung  parallel  bleiben ,  während  sie  bei  den 
Stielhämmern  um  so  mehr  divergiren,  je  dicker  das  zu  schmiedende  Stück 
ist;  und  endlich  ist  es  bei  den  meisten  dieser  Hämmer  möglich,  die  totale 
Hubhöhe  der  verschiedenen  Stärke  der  zu  schmiedenden  Stücke  ent- 
sprechend zu  verändern,  während  die  Stielhämmer  bei  unveränderlicher 
totaler  Hubhöhe  eine  um  so  geringere  Fallhöhe  besitzen,  je  dicker  das 
zwischen  Ambos  und  Hammerkopf  befindliche  Arbeitsstück  ist. 

Bei  fast  allen  diesen  Hämmern  besteht  der  Bär  aus  Gusseisen  und 
trägt  an  seinem  uniern  Ende  die  gewöhnlich  gleichfalls  aus  Gusseisen 
gefertigte,  mittelst  eines  prismatischen  Zapfens  und  durchgesteckten 
Keils  oder  mit  Schwalbenschwanz  in  dem  Bär  befindliche  Hammerbahn. 
Der  Ambos  aus  Gusseisen  oder  Gnssstahl  ruht  in  der  gusseisemen  Gha- 
botte.  Im  Grundrisse  zeigen  die  Hammer-  und  Ambosbahn,  wenn  nicht 
besondere  Zwecke  vorliegen,  gewöhnlich  eine  T-förmige  Gestalt,  wodurch 
die  Möglichkeit  gegeben  ist,  sie  ebensowohl  als  Finne  wie  als  Bahn  zu 
benutzen,  je  nachdem  das  Arbeitsstück  quer  über  einen  der  schmalen, 
mit  der  Arbeitsseite  parallel  laufenden  Schenkel  oder  der  Länge  nach 
auf  den  mittlem  breitern  Theil  gelegt  wird,  welcher  von  der  Arbeitsseite 
nach  der  Rückseite  des  Hammers  gerichtet  ist. 


1)  Bingler'B   polytechnisches   Journal   Bd.   206,   8.251;   Bd.  210,   B.  6. 
£.  A.  V.  Hesse,  Die  Werkzengmaschinen.    Leipzig  1874,  8.  31. 


408  Hammer  und  Ambos. 

Nach  der  Art  des  Bewegangsmechanismas  für  diese  Hämmer  unter- 
scheidet man  eine  grössere  Anzahl  verschiedener  Arten  derselben,  die 
sich  jedoch  in  zwei  Hanptgruppen  eintheilen  lassen,  je  nachdem  die 
zum  Betriebe  dienende  Kraft  durch  eine  Transmission  oder  direct  auf 
den  Hammer  übertragen  wird.  Im  erstem  Falle  nennt  man  die  Hämmer 
allgemein  Transmissionshämmer,  und  es  kann  selbstverständlich  jede 
Elementarkraft,  selbst  menschliche  Arbeit  für  den  Betrieb  verwendet 
werden.  Diese  Transmissionshämmer  eignen  sich  also  für  solche  Fälle, 
wo  entweder  Dampf  kraft  überhaupt  nicht  vorhanden  ist,  oder  wo  die 
Arbeit  einer  schon  vorhandenen  Dampfmaschine  mit  Kesselanlage  und 
Transmission  benutzt  werden  soll,  und  die  Anlage  einer  Dampfleitung 
nach  dem  Standorte  des  Hammers  vielleicht  mit  Schwierigkeiten  ver- 
knüpft sein  würde;  und  eine  solche  Benutzung  einer  schon  vorhande- 
nen Transmission  wird  um  so  zweckdienlicher  erscheinen,  je  geringer  die 
auszuübende  Wirkung  des  Hammers  sein  soll,  je  schwerer  die  höheren 
Anlagekosten  eines  direct  wirkenden  Hammers  also  in  die  Wagschale 
fallen. 

Für  die  zweite  Gattung,  die  direct  wirkenden  Hämmer,  dient  allein 
Dampf  als  Betriebskraft  und  bewirkt  ohne  weitere  Zwischenmaschinen 
die  Bewegung  des  Hammerbärs.  Daher  nennt  man  diese  Gattung  ins- 
besondere Dampfhämmer.  Jeder  derselhen  muss  dem  soeben  ange- 
gebenen Principe  entsprechend  seinen  eigenen  Dampfcylinder  nebst 
Steuerung  und  Zubehör  erhalten,  wird  dadurch  kostspieliger  in  seiner 
Anlage  und  schwieriger  in  seiner  Wartung,  als  ein  Transmissionshämmer; 
dagegen  fallen  alle  bei  Hämmern  der  ersten  Gattung  unvermeidlichen 
Arbeits  Verluste  zur  Ueberwindung  der  Reibung  in  der  Transmission  fort; 
Hubhöhe  und  Intensität  des  Schlages  sind  leicht  regulirbar,  und  die 
Totalleistung  des  Hammers  lässt  sich  sowohl  durch  Erhöhung  des  Ge- 
wichts als  durch  Beschleunigung  des  Niederfallens  auf  ein  Maass  steigern, 
welches  durch  andere  Hammerconstrnctionen  unerreichbar  ist.  Diese 
Vorzüge  haben  den  Dampfhämmern  unter  allen  Hammersystemen  den 
ersten  Rang  und  die  weiteste  Verbreitung  verschafil  und  haben  sie  un- 
entbehrlich gemacht,  wo  es  sich  um  grosse  Leistungen  handelt. 

Transmissionshämmer. 

Dieselben  zerfallen  wieder  in  eine  grössere  Anzahl  verschiedener 
Systeme. 

Fallwerke.  Ein  prismatischer  Bär  aus  Gusseisen,  welcher  bis  zu 
100  Kilogramm  Gewicht  besitzt,  bewegt  sich  zwischen  zwei  senkrechten 
Gleitstangen  und  wird  entweder  durch  ein  Seil  oder  einen  Riemen, 
welche  über  eine  feste  Rolle  gehen,  500  Mm.  bis  2  Meter  hoch  gehoben 
und  dann  frei  fallen  gelassen.  Das  Anheben  geschieht  entweder  durch 
einen  Arbeiter,  welcher  das  andere  Ende  des  Seils  erfasst  oder  mit  Hülfe 
eines  Trittbretts  niederdrückt,  in  welchem  Falle  der  Hammer  allerdings 


Riemenhämmer.  409 

nicht  die  Benennung  ak  TransmisBionshammer  verdient;  oder  von  einer 
Transmission  ans ,  welche  die  Riemenwelle ,  anf  welcher  in  diesem  Falle 
das  Ende  des  Riemens  befestigt  ist,  in  Umdrehung  setst.  Solche  durch 
Elementarkraft  betriebenen  Fallwerke  mit  Riemen  heissen  insbesondere 
Riemenhämmer.  Nach  dem  Niederfallen  hat  der  Hammer  in  Folge 
der  Elasticität  der  Ambosunterlage  das  Bestreben,  emporzuschnellen  und 
sofort  einen  zweiten  schwächern  Schlag  auszuführen.  Wo  dieses  verhütet 
werden  soll,  kann  man  einen  am  Bär  befindlichen  Sperrkegel  in  eine  an 
der  Führungsstau  ge  befestigte  Zahnstange  einschnappen  lassen  und  da- 
durch das  Zurückspringen  des  Bars  unmöglich  machen. 

Einen  von  einer  Transmission  aus  betriebenen  Fallhammer  mit  sinn- 
reichen Einrichtungen  zur  Regulirung  des  Hiibes  und  der  Schlagstärke, 
von  der  Stiles  and  Parker  Press  Company  in  Middletown  (Connecticut) 
gebaut,  zeigen  die  Figuren  322  (a.  f.  S.)  in  perspectivischer  Ansicht  und 
323  bis  325  in  den  Einzelheiten  ^). 

Der  Hammerbär  wird  hier  durch  den  Riemen  A  gehoben,  der  mit 
seinem  obern  Ende  an  einer  ringförmigen  Spule  0  befestigt  ist.  Letztere 
spielt  lose  auf  der  Hauptwelle,  so  lange  als  sie  nicht  in  Eingiiff  mit  einer 
der  beiden  Kupplungsklauen  Bi  und  B^  (Fig.  323)  gebracht  ist.  Dieser 
Eingriff  erfolgt  mit  Hülfe  der  kleinen,  an  beiden  Seiten  der  Spule  hex 
findlichen  Zapfen,  sobald  eine  geringe  Verschiebung  nach  rechts  oder 
links  bewirkt  wird.  Mit  den  Kupplungsklauen  stehen  die  beiden  Riemen- 
scheiben (Fig.  322)  in  fester  Verbindung,  welche  sich  —  und  somit  auch 
die  Klauen  —  in  entgegengesetzter  Richtung  drehen. 

An  dem  Gerüste  des  Hammers  ist  vermittelst  des  Bolzens  G*der 
Klinkhebel  F  —  um  G  drehbar  —  befestigt  und  an  seinem  andern  Ende 
mit  der  Stange  G  durch  die  Schraube  H  verbunden.  Dieser  Klinkhebel 
trägt  an  der  nach  innen  genchteten  Seite  eine  Zunge  I  (Fig.  323  und 
325),  welche  beim  Heben  und  Senken  des  Hebels  die  Verschiebung  der 
Spule  nach  rechts  oder  links  bewirkt.  Zu  diesem  Zwecke  ist  nämlich  die 
Spule  mit  einer  herumlaufenden  Rinne  versehen,  in  welche  die  metalle- 
nen Backen  NN  (Fig.  325)  derartig  eingreifen,  dass  die  Spule  sich  frei 
drehen  kann,  aberjede  seitliche  Verschiebung  der  Backen  mitmachen  muss. 
Diese  Backen  sind  in  einem  eisernen  Ringe  L  eingelassen,  dessen  Durch- 
messer gross  genug  ist,  dass  er  eine  entsprechende  Drehung  um  den  Befesti- 
gungspankt  M  verträgt  und  bei  dieser  Drehung  also  die  Backen  und  somit 
auch  die  Spule  0  seitlich  verschiebt.  Um  diese  Drehung  des  Ringes  aus« 
zuführen,  greift  die  Zunge  I  in  eine  curvedförmige  Nuth  an  der  Aussen- 
Seite  desselben,  welche  in  solcher  Weise  gestaltet  ist,  dass,  wenn  der 
Klinkhebel  gehoben  wird,  die  Spule  abwechselnd  nach  rechts  und  links 
verschoben  und  in  Eingriff  gebracht  wird,  so  dass  nach  jedem  Auf-  und 


1)  Scientific  American,  Mai  1872,  8.  287;  Polytechnisches  Centralblatt  1872, 
S.  772;  Bin  gier' 8  polytechnisches  Jouraal  Bd.  205,  8.  23. 


410  Hammer  und  Ambos. 

Niedergange  der  StAoge  C  eioe  entgegengesetzte  Bewegung  der   Spule 
als  vorher  eintritt. 

Pim,  322. 


Damit  der  Klinkhebel  F  nicht  zu  weit  ausschlage,  greift  derselbe 
mit  einem  klauenartigen  Ansätze  S  an  dem  linken  Ende  Aber  einen  am 
Gerüste  angegosaenen  Knaggen  K,  welchor  den  Hub  begrenzt.     Una  den 


Riemenbämmer.  411 

Hab  des  Klinkhebela  F  autsnAhren ,  befindet  sich  an  der  StaDge  C  eio 
RingZ),  durch  eine  KlemmBchraube  veratellbar,  uod  an  dem  Bär  ein  gleich- 
fallg  über  die  Stange  geschobener  and  loae  auf  derselben  gleitender  Ring 
E.  Es  ist  leicbt  ersichtlich,  das«  beim  Aurgteigeu  des  I&ra  der  Ring  E 
den  Ring  D  treffen  und  dadurch  die  Stange  anheben,  somit  auch  den 
Klinkhebel  empordrücken  and  dadurch  ADsrückung  der  Spnle  bewirken 
tnass;  es  ist  femer  ersichtlich,  dass  durch  Höher-  oder  Niedrigerstellen 
des  Ringes  D  dieses  Äusrfloken  beschleanigt  oder  verzögert  und  dadurch 
der  Hnb  des  Hammers  verkleinert  oder  vergrössert  werden  kann;  und 
endlich,  dass  bei  dem  Niederfallen  des  Hammers  aaoh  die  Stange  nebst 
Klinkhebel  vermöge  ihres  eigenen  Gewichte  wieder  sinken  and  dass  in 

Pig.  32S.  Pig.  324. 


dieser  Weise  eine  Einrückung  der  Spule  an  der  entgegengesetzten  Seite 
als  vorher  bewiikt  werden  mnss. 

SchlieBBÜch  dient  zum  Festhalten  der  Spule  tiei-  durch  den  Bi-eras- 
hebel  P  bewegte  und  mit  diesem  verschraabte  Bremsbacken  R  (Fig- 
324)  i  in  der  geseichneten  Stelluug  hält  der  Klinkbebel  F,  welcher  sich 
zwischen  den  Bremshebel  und  dib  guBBoiserne  Kippe  T  des  Hammer- 
gerüsts  legt,  die  Bremse  geöffnet;  sobald  dieser  sich  bebt,  wird  der  Hebel 
P  frei  und  drückt  vermöge  des  grossem  Gewichts  aeiues  horizontalen 
Arms  die  Backe  R  fest  gegen  0;  die  Spule  wird  jedoch  frei ,  sobald  der 
Tritthebel  T  niedergedrückt,  dadurch  die  mit  demselben  verbnadene 
Stange  iS  gehoben  and  somit  auch  der  Horizontalarm  des  Bremshebela 
emporgedrückt  wird. 

Uer  Gaag  der  Maschine  wird  nun  ohne  Weiteres  verständlich  sein. 

Wenn  die  Spule  mit  einer  der  Kupptangsklauen  in  EingrifT  gebracht 
worden  ist,  wird  sie  von  dieser  in  Drehung  versetzt,   wickelt  dabei  den 


412  Hammer  und  Ambos. 

Riemen  auf,  und  der  Hammer  steigt.  Sobald  der  Ring  E  des  Hammers 
den  Ring  D  der  Stange  trifft,  wird  diese  und  der  Klinkhebel  F  gehoben, 
es  erfolgt  Ansrücknng,  und  der  Hammer  würde  ohne  Weiteres  nieder- 
fallen, wenn  nicht  in  demselben  Augenblicke  auch  der  Bremshebel  P 
durch  das  Anheben  von  F  frei  würde  und  nun  durch  Andrücken  der 
Backe  B  an  die  Spule  diese  fest  und  somit  den  Hammer  schwebend  er- 
hält. Der  Schlag  erfolgt,  sobald  durch  Niederdrücken  des  Trittes  T  die 
Spule  frei  gemacht  wird.  Der  Riemen  wickelt  sich  von  der  Spule  ab 
und  versetzt  diese  in  rasche,  der  vorausgegangenen  Bewegungsrichtung 
entgegengesetzte  Drehung.  Der  Hammer  prallt  nach  erfolgtem  Schlage 
zurück  und  die  Spule  dreht  sich  vorläufig  vermöge  ihrer  lebendigen 
Kraft  in  gleicher  Richtung  als  beim  Abrollen  weiter. 

Inzwischen  ist  aber  auch  die  Stange  C,  nachdem  sie  von  dem  Bär 
frei  geworden  war,  wieder  niedergegangen,  hat  den  Klinkhebel  F  nach- 
gezogen und  bringt  die  Spule  mit  der  zweiten  Klaue,  welche  sich  in  der- 
selben Richtung  als  diese  dreht,  in  Eingriff,  während  die  Bewegung  der 
Spule  sich  schon  verlangsamt,  aber  bevor  ein  zweites  Zurückfallen  erfolgt. 
Durch  diese  einfache  Einrichtung,  dass  die  abwechselnd  zum  Eingriff  ge- 
langenden Kupplungen  stets  dieselbe  Drehungsrichtung  besitzen  als  die 
!  beim  Niederfallen  desHaniröers  umlaufende  Spule,  wird  sowohl  ein  zwei- 

I  ter  Schlag  des  Hammers  als  auch  jeder  Stoss  und  jedes  Zerren  des  Rie- 

I  mens  verhütet,   welches  eine  Beschädigung  desselben    zur  Folge  haben 

{  könnte. 

I  Hält  man   den   Tritt   niedergedrückt,   so   folgt   Schlag   auf  Schlag, 

dessen  Hubhöhe  von  der  Stellung  des  Ringes  D  abhängig  ist;  ebenso  ist 
ein  ganz  allmäliges  Niederlassen  des  Fallbärs  durch  Benutzung  der 
Bremse  ermöglicht. 

Endlich  giebt  der  Haupthebel  U,  welcher  unter  die  Stange  C  greift, 
die  Möglichkeit,  die  selbstthätige  Steuerung  in  eine  Steuerung  von  Hand 
umzuwandeln ,  den  Hub  in  jedem  Augenblicke  zu  unterbrechen  und  da- 
durch die  Wirkung  jedes  einzelnen  Schlages  schwächer  oder  stärker  aus- 
fallen zu  lassen. 

Bei  einer  Hubhöhe  von  300  Mm.  macht  der  Hammer  100  Schläge 
per  Minute. 

Daumenhämmer.  Der  Anhub  erfolgt  durch  einen  auf  einer  Welle 
befindlichen  Daumen.  Um  eine  vermehrte  Hubzahl  mit  grösserer  Inten- 
sität jedes  Schlages  hervorzubringen,  ist  die  Bewegung  des  Daumens 
rasch,  und  eine  Prellvorrichtung,  bestehend  aus  einer  Feder,  aus  Buffern 
mit  Kautschukeinlagen  oder  aus  comprimirter  Luft,  dient  zur  Begrenzung 
der  Hubhöhe  und  zum  Zurückwerfen  des  Fallblocks  mit  beschleuuigt^r 
Geschwindigkeit. 

In  den  Figuren  326  und  327  ist  ein  solcher  Daumenhämmer  älterer 
Construction    mit  Lüftbuffer    abgebildet  0-       G  Q-    ist    das    gnsseiseme 


1)  Weisbach,  Mechanik,  III.  Theil,  B.  1229. 


Daumentiänuiier.  413 

Hammergerüat,  CD  die  Umtriebswelle  mit  dem  Schwnngrade  B  nnd  der 
festen  nnd  Iobcd  Riemeascheibe  S  und  S|,  sowie  dem  Danmen  H.  A  ist 
der  gnsaeiserue  Hammerbär,  B  die  Hammerbahn,  E  der  Ambos  nnd  F 
die  Chabotte.  Der  Hammerstiel  K  ist  geschlitzt  nnd  tn  demselben  die 
Fig.  827.  Fig.  336. 


Frictionsrolle  L  angebracht,  welche  vom  Danmen  ergriffen  wird.  Auf 
dem  Hammergerüste  beGndet  sich  der  Cylinder  M,  in  welchem  sich  der 
anf  dem  obem  Ende  des  HsrnmerBtiela  befestigte  Kolben  N  bewegt,  so 
dsss  bei  dem  Aufsteigen  des  Hammers  die  in  dem  Cylinder  befindliche 


414  Hammer  und  A.mbos. 

Lnft  compiimirt  wirJ.  Um  die  Federkraft  der  im  Cylinderranm  NO 
abgeBchloBsenen  Loft  regoliren  zu  können,  ist  noch  ein  zweiter  Kolben 
0  angebracht,  welcher  mit  Schraube  und  Handrad  veratellbar  gemacht 
ist;  za  demselben  Zwecke  dienen  die  Hähne  V  nod  W,  welche  sich  mit- 
telst der  Stange  Z  öffnen  und  schliessen  lassen,  und  endlich  ist  der  Stell' 
kotben  0  mit  dem  sich  nach  nnten  äfTnenden  Ventile  Q  veraehen. 

Hinsichtlich  anderer  Constructionen  solcher  Daumenh&mmer  miiea 
auf  die  unten  gegebene  Literatur  verwiesen  werden ;  es  sei  nnr  noch  er- 
wähnt, dass  die  bewährteste  derselben  Ton  Jean  Schmerber  herrührt 
und  man  deshalb  diese  Art  Hämmer  auch  wohl  Schmerber'sche  Stem- 
pelhümmer  nennt.  Die  Prellung  wird  bei  den  letzteren  durch  Kantaclmk- 
platten  hervorgerufeu.  •■ 

Frictionehämmer.     Der  Nachtlieil  der  Daumenbämmer,  dass  ihre 
Habhöhe  nur  eine  sehr  beschränkte  ist,  führte  zu  der  Constmction  der 
Frictionshämmer.     Zwei  Frictionsrollen ,  von  denen  die  eine  durch  die 
Umtriebskraft  in  Drehung  rersetzt,  die  andere  durch  die  Hand  des  Ar- 
Fig.  aau.  beiters,  durch  eine  Feder  oder 

durch  ein  Gewicht  gegen  den 
Stiel  gedrückt  wird,  heben  den- 
selben vermittelst  der  erzengten 
Reibung  empor;  sobald  die  be- 
wegliche Rolle  zurückgezogen 
wird,  erfolgt  das  Niederfallen. 
Die  Figuren  328  und  329  stel- 
len den  obern  Theil  eines  aol- 
chen Hammers  dar').  AA  ht 
der  Kopf  dea  Hammergerüste, 
B  C  das  obere  Ende  des  Ham- 
merstiels, E  die  Frictionsrolle 
mit  beweglicher  Achse.  Die 
Zapfenlager  LL  der  letztem 
Fig.  321)  ruhen    vermittelst    der   TrSger 

FG  in  den  testen  Lagern  G 
und  lassen  sich  mit  Hülfe  dea 
Kniehebels  KHG  undderSchuh- 
stange  S  nm  F  drehen.  Da  mit 
einer  solchen  Drehung  anch 
eine  Verschiebung  in  horizonta- 
ler Richtung  verbonden  ist,  so 
wird  die  Frictionsrolle  E  an 
den  Stiel  des  Hammers  ange- 
drückt und  letzterer  gehoben,  sobald  sich  D  in  entsprechender  Rich- 
tung dreht 

')  Weisb'acli,  op.  cit.  S.   12*4  ff. 


Frictionshämmer.    Federhämmer,  415 

Bei  den  FrictioDshämmern  läast  sich  die  Habhöhe  beliebig  steigern 
nnd  dadarch  eine  Prell  varrichtang  oder  ein  groaeea  Hamm  ergewicht  er- 
setzen, velches  beträcbtliche  Keibong  zwischen  Frictionsrntlen  und  Ham- 
meratange  erfordern  würde.  Dnrch  die  grössere  Hubhöhe  wird  aber  die 
Hubzahl  natürlich  entsprechend  vermindert.  In  Folge  der  Reibang  zwi- 
schen FrlctionsroUe  und  Hammerstiel  ist  der  letztere  einer  raschen  Ab- 
nutznDg  unterworfen. 

FederhSmmer.     Die  Bewegung  erfolgt  durch  Kurbel  nnd  Schub- 
stange.    Zwischen  der  letztern  nnd  dem  Hammerbär  ist  eine  Feder  ein- 
geschaltet, welche  die  dnrch  einfache  Kurbelbewegung  erzeugte,  gegen  das 
'  Ende  des  Auf-  niid  Nie- 
'^'  "   *  dergangs  sich  dem  Kur- 

beige setze  entsprechend 
verlangsamende  Bewe- 
gung des  Hammers  iu 
eine  Schlagwirkung  um- 
wandelt, gleichzeitig  den 
Stoss  beim  Anhübe  und 
die  Rückwirkung  der 
Schläge  nuf  den  Bewe- 
gangsmecbanismus,  wie 
sie  bei  den  übrigen 
TraDsroissionshämniern 
unTermeidlich  ist,  auf- 
hebt oder  abschwächt. 
Diese  Vortheile  haben  in 
neuerer  Zeit  den  Feder- 
hämmern  in  solchen 
Schm  iede  Werkstätten 
u.  s.  w.  eine  ziemlich  häu- 
fige Verwendung  ver- 
BchaFFt,  wo  man  nicht 
in  der  Lage  war,  einen 
eigentlichen  Dampfham- 
mer zu  benutzen.  Eine 
der  besten  hierher  ge- 
hörigen Constructionen 
ist  der  Federhammer 
Ton  Shaw  and  Ju- 
stice in  Philadelphia, 
der  mit  einigen  Vec- 
beseemngen  auch  von 
L.  A.  Riedinger  in 
Augsburg  gebaut  wird. 
Die  Figuren    330    und 


416  Hammer  und  Ambos. 

331    zeigen   einen  Bolchen  Riedinger'schen  Federhammer  in   Vis  der 
wirklichen  Grösse*). 

Es  ist  hier/  die  halbkreisförmige,  aus  Stahl  gebildete  Feder,  durch 
zwei  radiale  Stahlschienen  rr  zuHnnimengehalteD,  welche  im  Mittelpunkte 
des  Hnlbkreises  durch   ein  charnierartiges  Gelenk  nnter  sich   und  mit 
Fig.  331. 


dem  Ilnmmei-bär  t  verbnnden  sind,  so  das»  letzterer,  der  übrigens  in 
senkrechten  Führnngcn  des  Ilammerständers  gleitet,  während  der  Rahe 
in  der  ans  Fig.  330  ersichlJichen  Stcllnng  an  der  Feder  hangt.  Die  Feder 


Federhämmer.  417 

ist  in  der  ans  den  Abbildungen  ersicbtlichen  Art  and  Weise  mit  der 
Schubstange  s  verbunden;  damit  aber  die  Feder,  entsprechend  der  ver- 
schiedenen Starke  der  Schmiedestücke,  höher  und  niedriger  gestellt  wer- 
den kann,  besteht  die  Schubstange  ans  zwei  Theilen,  deren  oberer  ge- 
schlitzt ist,  durch  einen  Schraubenbolzen  zusammengedrückt  wird  und 
den  untern  Theil  hülsen  artig  umschliesst.  Mit  dem  obem  Ende  ist  die 
Schubstange  an  den  Kurbelzapfen  angeschlossen,  welcher  in  der  guss- 
eisemen  Schwungscheibe  S  befestigt  ist  und  sich  mit  dieser  dreht. 

Wird  nun  durch  Umdrehung  der  Kurbel  die  Feder  rasch  angehoben, 
so  vermag  der  Fallblock  vermöge  seiner  Trägheit  dieser  Bewegung  nicht 
so  rasch  zu  folgen,  die  beiden  Schienen  rr  bilden  einen  stumpfen  Winkel 
gegen  einander  und  die  Enden  der  Feder  werden  zusammengebogen. 
Hierdurch  vergrössert  sich  die  Federspannung;  es  tritt  in  Folge  davon 
nunmehr  eine  beschleunigte  Bewegung  des  Hammers  ein,  und  die  Schie- 
nen gelangen  wieder  in  geradlinige  Lage.  Gleichzeitig  ist  aber  die  Kur- 
bel auf  dem  höchsten  Punkte  angelangt  und  beginnt  ihren  Lauf  abwftrts. 
Der  Hammer  steigt  indessen  vermöge  seiner  lebendigen  Kraft  noch  auf- 
wärts, die  Schienen  bilden  einen  stumpfen  Winkel  nach  oben,  die  Feder 
wird  abermals  gespannt. 

Sobald  aber  jene  lebendige  Kraft  überwunden  ist,  wirken  auf  den 
Fallblock  vereint  sein  eigenes  Gewicht ,  der  Druck  der  Schubstange  und 
die  hervorgerufene  Federspannung;  es  tritt  also  ein  lebhaft  beschleunig- 
ter Niedergang  ein ,  und  der  Hammer  schlägt  mit  dieser  beschleunigten 
Geschwindigkeit  auf.  Dadurch  gehen  die  Schienen  wieder  durch  die 
geradlinige  in  die  umgekehrte  Lage  über,  die  Feder  wird  abermals  ge- 
bogen, und  ein  neuer  Hub  beginnt  unter  den  für,  die  Wirkung  günstig- 
sten Verhältnissen. 

Zur  Erzeugung  der  Kurbelbewegung  ist  die  Scheibe  S  auf  einer 
borizoutalen  Welle  befestigt,  auf  welcher  sich  gleichzeitig  der  Frictions- 
conus  c  und  die  zugleich  als  Frictionsscheibe  dienende  Riemenrolle  d 
befinden,  d  dreht  sich  lose  auf  der  Welle,  c  ist  durch  Nuth  und  Feder 
mit  derselben  verbunden  und  versetzt  sie  also  in  Umdrehung,  sobald 
der  Conus  mit  Hülfe  des  Winkelhebels  g  mit  d  in  Eingriff  gebracht 
wird.  Zur  Bewegung  des  Hebels  g  dient  die  senkrechte  Zugstange, 
welche  sowohl  von  dem  Tritthebel  t  als  dem  Handhebel  i  aus  gehoben 
und  gesenkt  werden  kann.  Schliesslich  dient  eine  Bremsvorrichtung  zur 
Regulirung  des  Ganges  und  zum  raschen  Innehalten  der  Bewegung.  Die- 
selbe wird  gebildet  durch  den  Bremsklotz  h,  welcher  durch  den  Brems- 
bügel a  gegen  die  Scheibe  S  gedrückt  wird.  Der  Bügel  a  dreht  sich  an 
dem  einen  Ende  um  einen  an  dem  Gerüstatänder  befindlichen  Bolzen, 
das  andere  Ende  ist  durch  eine  schmiedeeiserne  Zugstange  mit  dem  ver- 
längerten Arme  des  Hebels  g  verbunden,  so  dass,  wenn  man  die  Zugstange 
abwärts  bewegt  und  dadurch  den  Frictionsconus  c  gegen  die  Scheibe 
d  drückt,  gleichzeitig  die  Bremse  gelöst  wird,  umgekehrt  aber  die  Bremse 

LedebuT,  maohBuisoh-metttUiugiMhe  Technologio.  27 


418  Hammer  und  Ambos. 

in  demselben  Augenblicke  angezogen  wird,  wo  man  durch  Empordrücken 
der  Stange  die  Frictionskupplung  löst. 

Der  Ständer  des  Hammers  ist  als  Hohlguss  gefertigt. 

Solche  Hämmer  werden  in  Grössen  von  7,5  Kilo  bis  400  Kilo  Bär- 
gewicht ausgeführt,  die  Hubhöhe  der  ersteren  beträgt  150  Mm.  bei  450 
Hüben  per  Minute,  die  Hubhöhe  der  letzteren  775  Mm.  bei  100  Hüben 
per  Minute.  Die  erforderliche  Betriebskraft  ist  nach  Angabe  des  Fabri- 
kanten bei  der  kleinsten  Sorte  V4  Pferdekrafb,  bei  der  grössten  8  Pferde- 
kräfte. 

Pneumatische  Hämmer.  Statt  einer  Transmissionswelle  dient 
Luft,  welche  in  einer  Röhrenleitung  eingeschlossen  ist,  zur  Transmission 
der  Arbeit  der  Betriebsmaschine  auf  den  Hammer.  Zu  diesem  Zwecke 
endigt  der  Hammerstiel  in  einem  geliderten  Kolben,  welcher  in  einem 
gusseisernen  Cylinder  sich  bewegt  Entweder  wird  durch  eine  Compres- 
sionspumpe  die  Luft  unterhalb  des  Kolbens  verdichtet,  dadurch  der  Ham- 
mer gehoben  und  durch  Oefifnung  eines  Ventils,  welches  die  eingeschlos- 
sene Luft  entweichen  lässt,  zum  Niederfallen  gebracht;  oder  es  wird 
durch  eine  Luftpumpe  die  Luft  oberhalb  des  Kolbens  verdünnt  und  da- 
durch ein  Steigen  desselben  bewirkt. 

Die  Anwendung  pneumatischer  Hämmer  ist  selten;  denn  während 
bei  den  übrigen  Transmissionshämmern  die  grössere  Einfachheit  und 
Billigkeit  der  Anlage  und  Wartung  gegenüber  den  direct  wirkenden 
Dampfhämmern  für  ihre  Wahl  mitsprechen  kann,  dürften  bei  einem 
pneumatischen  Hammer  diese  Vorzüge  nur  dann  sich  darthun  lassen, 
wenn  nicht  gerade  Dampf,  sondern  die  billigere  Wasserkraft  als  Betriebs- 
kraft gebraucht  wird  und  eine  Transmission,  von  welcher  aus  ein  Ham- 
mer betrieben  werden  könnte,  nicht  zu  Gebote  steht.  Wir  glauben  daher, 
uns  auf  vorstehende  Angaben  beschränken  und  hinsichtlich  des  Weitem 
auf  die  unten  gegebene  Literatur  verweisen  zu  dürfen. 

Dampfhämmer.  Der  Hammerbär  ist  mit  der  Kolbenstange  eines 
Dampfcylinders  fest  verbunden  und  wird  also  von  dem  Kolben  aus  direct 
bewegt.  Bei  einer  einzigen  Construction  (Gondie's  Dampfhammer)  fin- 
det hiervon  insofern  eine  Ausnahme  statt,  als  der  Cylinder  beweglich 
ist  und  den  Bär  trägt,  während  der  Kolben  feststeht.  Die  Bewegung 
erfolgt  fast  immer  in  senkrechter  Richtung;  die  Geschwindigkeit  beim 
Niederfallen  wird  entweder  durch  den  "freien  Fall  aUein  hervorgerufen 
(einfach  wirkende  Dampfhämmer),  wobei  die  Hubzahl  durch  Anwendung 
einer  Prellvorrichtung  vergrössert  werden  kann,  als  welche  meistens 
Dampf  oder  atmosphärische  Luft  dient,  welche  von  dem  aufsteigenden 
Kolben  eingeschlossen  und  zusammengedrückt  wird,  oder  die  Fall- 
geschwindigkeit wird  durch  Dampf  beschleunigt,  welcher  über  den  Kol- 
ben geleitet  wird,  sobald  derselbe  seinen  höchsten  Stand  erreicht  hat 
(doppelt  wirkende  oder  Hämmer  mit  Oberdampf).  Giebt  man  nun  bei 
den  letzten  Hämmern  dem  Kolben  einen  verhältnissmässig  grossen  Quer- 
schnitt im  Vergleiche  zu  dem  Gewichte  des  Hammers,  steigert  also  hier- 


Dampfhämmer.  419 

durch  die  Geschwindigkeit;  gieht  man  ferner  dem  Hammer  eine  geringe 
Hubhöhe  und  verleiht  ihm  durch  diese  beiden  Mittel  die  Möglichkeit, 
eine  grosse  Anzahl  Schläge  in  gewisser  Zeit  auszuführen,  deren  Wirkung  • 
hei  geringem  Gewichte  des  Hammers  vorztrgsweise  auf  der  grossen  End- 
geschwindigkeit beruht,  so  nennt  man  solche  kleinen  Hämmer  mit  grosser 
Hubzahl  (bis  zu  400  Schlägen  per  Minute),  welche  sich  nach  Früherm 
durch  Beschleunigung  der  Arbeit  vorzugsweise  zur  formgebenden  Ver- 
arbeitung, nicht  aber  zur  Verdichtung  der  Metalle  eignen,  Schnell- 
hämmer. 

Zur  Regulirung  des  Dampf- Zuflusses  und  -Abflusses  muss  jeder 
Dampfhammercy linder  mit  einer  Steuerung  versehen  sein,  welche  ebenso 
wie  bei  anderen  Dampfmaschinen  aus  Schieber,  Ventilen,  Hähnen  oder', 
Kolben  bestehen  kann  und  nach  denselben  Regeln  wie  bei  jenen  con- 
strnirt  wird.  Hier  wie  dort  besitzt  ein  jeder  dieser  Steuerungsmecha- 
nismen seine  Vor-  und  Nachtheile. 

Die  gewöhnlichen  Muschelschieber  sind,  zumal  wenn  die  Bewegung 
von  der  Hand  des  Maschinenwärters  zu  geschehen  hat,  schwer  beweglich, 
um  so  schwerer,  je  grösser  die  Dimensionen  und  also  auch  der  auf  dem 
Schieber  lastende  Dampfdruck  ist.  Schon  bei  Hämmern  von  2500  Kilo- 
gramm Fallgewicht  macht  sich  dieser  Uebelst^nd  fühlbar.  Man  kann 
denselben  verringern,  indem  man  die  Muschelschieber  durch  getrennte 
Plattenschieber  für  Ein-  und  Ausgang  ersetzt,  dadurch  also  die  dem 
Dampfdrucke  ausgesetzte  Schieberfläche  verringert;  oder  indem  man  so- 
genannte entlastete  Schieber  anwendet,  obgleich  diese  sich  am  wenigsten 
bewährt  haben  dürften;  oder  indem  man  statt  der  Muschelschieber  Röh- 
renschieber (N a p i  e r '  sehe)  anbringt  ^). 

Ventile,  als  Doppelsitz  ventile  construirt,  unt«r  denen  sich  die  Glocken - 
Ventile  durch  Zweckmässigkeit  auszeichnen,  sind  leichter  beweglich  als 
Schieber,  werden  aber  bei  raschem  Gange  des  Hammers  bald  undicht 
und  sind  aus  diesem  Grunde  bei  Schnellhämmem  weniger  verwendbar 
als  letztere,  zumal  da  die  Nachtheile  der  Schieber  gerade  bei  den  kleinen 
Sohnellhämmern  am  wenigsten  bemerkbar  auftreten.  Dagegen  sind  die 
Ventile  bei  grossen  Hämmern  vielfach  mit  bestem  Erfolge  in  Anwendung. 
Unter  den  Hähnen  für  Dampfsteuerung  wird  der  Wilson 'sehe 
Hahn  für  Dampfhämmer  mittlerer  und  kleiner  Grösse  häufig  benutzt  und 
besitzt  den  gewöhnlidhen  Hahnsteuerungen  gegenüber  den  Vortheil  leich- 


^)  Die  allgemeine  Einrichtung  der  Steaerungsmechanismen  für  Dampf- 
Tnascbinen  wird  als  bekannt  vorausgesetzt.  Belehrung"  darüber  giebt  jedes  Lehr- 
bucli  der  Maschinenlehre,  unter  anderen  auch  Weisbach's  Mechanik,  Bd.  2; 
Zeuner,  Die Schiebersteaerungen,  4. Aufl.,  Leipzig  1874;  Bernoulli,  Dampf- 
maschinenlehre,  bearbeitet  von  Böttcher,  Stuttgart  1865,  8.  268  bis  316; 
31  ii  Her-Melchior,  Die  Dampfinaschinensteuerungen  auf  der  Wiener  Welt- 
auHstellnng,  Separatabdruck  aus  Dingler's  polytechnischem  Journal,  Bd.  212 
bis  214;  Geschichtlicher  üeberblick  über  die  Steuerungen  der  Dampfmaschinen, 
U  lil  and 's  Maschinenconstructeur,  Jahrgang  1874,  S.  89. 

27* 


420  Hammer  and  Ambos. 

terer  Beweglichkeit,  zugleich  aber  den  allen  Hähnen  gemeinsamen  Nach- 
theil, dafis  bei  verschiedener  Ausdehnung  des  Gehänses  nnd  Hahns  eine 
Klemmnng  oder  eine  Undichtigkeit  einb^en  mnss. 

Eolbensteaemng  ist  heiklen  Dampfhämmern  im  Allgemeinen  wegen 
rascher  Abnutzung  nnd  mangelhaften  Dichtens  wenig  in  Gebranch. 

Diese  sogenannte  innere  Steuerung  wird  durch  die  äussere 
Steuerung  bewegt,  welche  aus  einem  Systeme  von  Hebeln,  Zugstan- 
gen u.  s.  £  zu  bestehen  pflegt  und  entweder  von  Hand  oder  selbstthätig 
Tom  Fallblocke  aus  bewegt  wird,  sobald  derselbe  das  Ende  seiner  Bahn 
erreicht  hat.  Selbstthätig  pfl^t  die  Steuerung  bei  allen  Hämmern  nach 
Beendigung  des  Au£steigens  auf  die  grösste  zulässige  Hubhöhe  zu  sein,  um 
Beschädigungen  durch  versäumtes  Umsteuern  zu  vermeiden ;  eine  Verkür- 
zung des  Hubes  lässt  sich  in  den  meisten  Fällen  durch  früheres  Umsteuern 
von  Hand  oder  durch  eine  Veränderung  des  Steuerungsmechanismus  (wo- 
durch frühere  selbstthätige  Umsteuerung  erfolgt)  erreichen;  bei  kleinen 
Hämmern  ist  dagegen  auch  eine  selbstthätige  Umsteuerung  nach  beendigtem 
Niederfallen  gebräuchlich.  Bei  fast  allen  Dampf  hämmern  ist  es  ausser- 
dem möglich,  durch  Zuleitung  von  Dampf  unter  den  Kolben  während 
des  Niederfallens  die  Wirkung  des  Schlages  abzuschwächen  oder  ganz 
zu  unterbrechen;  es  ist  ein  bekanntes  Kunststückchen  der  Maschinen- 
wärter, durch  Knacken  einer  Nuss  unter  einem  schweren  Dampfhammer, 
ohne  sie  zu  zerquetschen,  zu  zeigen,  wie  genau  die  Stärke  jedes  Schlages 
sich  regeln  lässt. 

Das  Fallgewicht  beträgt  bei  den  kleinsten  Dampfhämmern  50  Kilo- 
gramm nnd  steigt  bei  einem  in  der  Gussstahlfabrik  zu  Perm  angelegten 
Dampfhammer,  dessen  Wirkung  noch  durch  Oberdampf  verstärkt  wird, 
auf  50  000  Kilogramm;  die  Hubhöhe  bei  kleinen  Schnellhämmem  150 
bis  200  Mm.,  bei  schweren  Hämmern  (Krupp  in  Essen,  Arsenal  in 
Woolwich  nnd  andere)  3,2  Meter. 

Hauer  giebt  für  Ermittelung  einer  zweckmässigen  Hubhöhe  die 
empirische  Formel: 

H  =  0,026  \~G, 
worin  //  die  Hubhöhe  in  Metern,  G  das  Fallgewicht  in  Kilogramm  be- 
deutet, und  fugt  hinzu,  dass  die  dadurch  erhaltenen  Resultate  besonders 
bei  kleinen  Hämmern  ziemlich  genau  mit  der  Wirklichkeit  übereinstim- 
men ,  es  jedoch  durchaus  nicht  geboten  sei ,  sich  streng  an  obige  Formel 
zu  halten. 

Folgende  Tabelle  kann  eine  ungefähre  Uebersicht  der  Fallgewichte, 
Hubhöhen  nnd  Anzahl  der  Höbe  von  Dampfhämmern  für  die  verschiede- 
nen Verwendungen  derselben  geben: 


Dampfhämmer. 


421 


■ 

Anzahl 

Fallgewicht 
Kilogramm 

Hubhöhe 
Millimeter 

der   Hube 

per 

Minute 

In  Sohmiedewerkstätten 

für  kleine  Gegenstände 

50—      500 

150—    600 

200  —  400 

„    grössere  Gegenstände  .... 

500—   1000 

600  —  1000 

100  —  200 

In  Puddelwerken 

zum  Verdichten  der  Luppen  .    .    . 

1500—  2  500 

1000  —  1500 

80—100 

In  Eiaenwalzwerken 

zum  Schweiasen  und  Verdichten 

* 

für  Gegenstände  mittlerer  Grösse 

„  gi*öbere  Gegenstände  (Bram- 

meuhämmer) 

2  500—  5000 
5000  —  10000 

1250—1800 
1500  —  2400 

80  -  100 
60—    80 

Tn  Bessemerwerken*  und    Guss- 

atahlfabriken 

für  Gegenstände  mittlerer  Grösse 

10000  —  20000 

2000  —  3000 

60—    80 

In  Gussstahlfabriken 

für  grössere  Blöcke 

20000  —  50000 

3000  —  3200 

60 

Für  die  Form  des  Amboses  gelten  die  oben  für  die  Ambose  der 
Rahmenhammer  im  Allgemeinen  gegebenen  Regeln.  Die  Cliabotte  be- 
steht aus  Gusseisen  und  erhält  in  Anbetracht  der  bedeutenden  Wirkung 
des  Hammers  ein  oft  ungeheures  Gewicht.  Haußr  giebt  für  die  Be- 
rechnung des  Cbabottengewichts  die  Regel,  dass  bei  Hämmern  ohne  Ober- 
dampf dasselbe  gleich  4:  G  H  his  6  G  H  zu  nehmen  sei ,  worin  G  das 
Fallgewicht  und  H  die  Hubhöhe  in  Metern  bedeutet;  bei  doppelt  wir- 
kenden Hämmern  würde  man  das  Gewicht  um  so  viel  grösser  zu  nehmen 
haben,  als  die  Wirkung  des  Schlages  durch  die  Anwendung  des  Ober- 
dampfs yerstärkt  wird;  und  beim  Schmieden  von  Stahl  soll  die  Chabotte 
um  die  Hälfte  schwerer  gemacht  werden,  als  beim  Schmieden  von  Eisen. 
Im  Allgemeinen  findet  man  das  relative  Chabottengewicht  um  so  kleiner, 
je  grösser  der  Hammer  ist.  Wo  es  irgend  angeht,  giesst  man  die  Cha- 
botte in  einem  Stücke,  und  ist  bei  grossen  Hämmern  oft  zur  Herrichtung 
besonderer  Schmelzvorrichtungen  dafür  genöthigt^). 

Diese  Chabotte  wird  nun*  bei  den  grösseren  Hämmern  auf  ein  höl- 
zernes, am  zweckmässigsten  aus  verticalen,  durch  eiserne  Ringe  zu  einem 
Ganzen  verbundenen  Balken  bestehendes  Fundament  gestellt,  welches 
mehrere  Meter  tief  zu  sein  pflegt  und  auf  einem  soliden  Baugrunde  ruht; 
und  um  die  Fortpflanzung  der  Erschütterungen  auf  das  umliegende  £rd- 


*)  Heber  den  Guss  einer  685  000  Kilogramm  schweren  Hammerchabotte  zu 
Penn  siehe  Berg-  und  Hüttenmännische  Zeitung  1874,  8.  1. 


422  Hammer  und  Ambos. 

reich  abzaschwächen ,  wird  dieses  Holzfundameni  mit  eifern  gemanerien 
Schachte  amgeben,  weit  genug,  däss  zwischen  Mauer  und  Holz  ein  ziem- 
lich grosser  Zwischenraum  bleibt,  der  mit  Eies  oder  ähnlichem  Materiale 
ausgefüllt  wird. 

Das  Hammergerüst  wird  bei  allen  grösseren  Dampfhämmern  neue- 
rer Construction  unabhängig  von  der  Chabotte  fundamentirt,  um  es  mög- 
lichst gegen  die  von  den  Hammerschlägen  ausgeübten  Erschütterungen 
zu  sichern;  nur  bei  Schnellhämmern  stellt  map  Chabotte  und  Hammer- 
ständer auf  ein  gemeinschaftliches  Fundament  und  auch  wohl  eine  ge- 
meinschaftliche Grundplatte. 

Dieses  Hammergerüst,  welches  den  Dampfcylinder  und  die  Steue- 
rungstheile  trägt,  besteht  gewöhnlich  aus  zwei  gusseisernen  Ständern, 
bei  kleinen  Hämmern  auch  häufig  nur  aus  einem  einzigen  Stander,  wo- 
durch der  Ambos  von  drei  Seiten  zugänglich  wird  (yergleiche  die  unten 
gegebenen  Abbildungen  von  Dampfhämmern).  Bei  sehr  grossen  Häm- 
mern construirt  man  die  Ständer  aus  Eisenblech. 

Unter  allen  für  die  Verarbeitung  der  Metalle  dienenden  Maschinen 
tritt  kaum  eine  andere  in  so  mannigfachen  und  so  erheblich  unter 
sich  abweichenden  Constructionen  auf  als  der  Dampfhammer.  Die  Haupt- 
unterschiede dieser  Constructionen  wurden  bereits  in  Vorstehendem  her- 
vorgehoben j  sie  beruhen  in  der  Art  und  Weise,  wie  der  Dampf  zur  Wir- 
kung gelangt,  wie  die  Steuerung  bewirkt  wird  u.  s.  f.  Aus  diesen 
Unterschieden  gingen  nun  jene  Dampf hammersysteme  hervor,  aus 
denen  wir  im  Folgenden  diejenigen  hervorheben  und  charakterisiren  wol- 
len, welche  als  Typen  einer  grössern  Gruppe  oder  durch  besondere  Con- 
structionsverhältnisse  hervorragendes  Interesse  verdienen. 

Die  erste  Idee  der  Construction  eines  Dampfhammers  inihrt  von 
James  Watt  her,  welcher  im  Jahre  1784  ein  Patent  auf  einen  Hammer 
nahm,  dessen  Bär  mit  der  Kolbenstange  eines  darüber  stehenden  Dampf- 
cylinders  in  Verbindung  stand,  durch  Dampfdruck  gehoben  wurde  und 
durch  sein  eigenes  Gewicht  wieder  niederfiel.  Watt  erlebte  jedoch  nicht 
die  Ausführung  seiner  Erfindung.  Das  Bedürfniss  für  Anwendung  von 
Dampf  kraft  zur  Form  Veränderung  der  Metalle  lag  noch  nicht  vor,  da  die 
letztere  in  ihrem  Umfange  wie  ihrer  Totalleistung  bei  Weitem  nicht  dem 
jetzigen  Stande  nahe  stand,  und  die  damals  in  Anwendung  befindlichen, 
jedenfalls  billigeren,  Stielhämmer  allen  Ansprüchen  genügten. 

Auch  eine  dem  Ingenieur  W.  Deverell  in  London  1806  patentirte 
Dampf  hammerconstruction,  bei  welcher  eingeschlossene  Luft  als  Prellung 
diente,  blieb  vorläufig  unausgeführt. 

Erst  in  den  dreissiger  Jahren  dieses  Jahrhunderts  wurde  auf  Grund- 
lage der  Ideen  Watt's  und  DeverelTs  der  erste  durchaus  brauchbare 
Dampfhammer  durch  den  Ingenieur  Nasray  th  inPatricoft  bei  Manchester 
construirt  und  im  Jahre  1842  durch  die  Gebrüder  Schneider  in  Creu- 
zot  erbaut,  während  fast  zu  gleicher  Zeit  ein  ähnlicher  Dampfhammer 


Dampfhämmer  von  Cave  und  Nasmyth.  423 

auf  der  Eonigin-Marienhütte  bei  Zwickau  nach  einer  Zeichnung  des  dor- 
tigen Directors  Dorning  ins  Leben  trat. 

Diese  ersten  Dampfhämmer  hatten  einen  oben  offenen  Cylinder, 
Schiebersteuerung  von  Hand,  einen  langgestreckten  Bär  mit  kreuzförmi- 
gem Grundrisse,  welcher  zwischen  vier  unter  sich  verbundenen  Ständern 
geführt  wurde. 

Gaye  schloss  den  obem  Theil  desCylinders  durch  einen  mit  Sicher- 
heitsventil versehenen  Hut,  stellte  die  Ständer  auf  einen  schweren  guss- 
eisemen  Fundamentblock,  welcher  auch  Ambos  und  Chabotte  trug,  und 
fnndamentirte  das  Ganze  durch  ein  Bostwerk  hölzerner  Balken,  welche 
auf  einem  darunter  befindlichen  starken  Mauerkörper  gelagert  waren  ^). 

Auch  der  Cave'sche  Hammer,  welcher  seiner  Zeit  sich  vielfacher 
Anwendung  erfreute,  wurde  jedoch  durch  neuere  Constructionen  überholt. 
Es  war  wieder  Nasmyth,  welcher  nicht  allein  die  erste  Selbststeuerung 
an  den  Dampfhämmern  anbrachte,  sondern  sie  auch  in  anderer  Weise 
mit  Verbesserungen  versah,  welche  den  Nasmyth 'sehen  Dampfhammer 
in  seinen  Hauptzügen  bis  heute  als  Typus  einer  in  zahlreichen  Nachbil- 
dungen vertretenen  Gruppe  erscheinen  lassen. 

Nasmyth'sche  Dampfhämmer  neuerer  Construction. 
Der  Hammerbär  ist  durch  eine  dünne  Kolbenstange  mit  dem  Dampfkol- 
ben verbunden,  und  es  concentrirt  sich  daher  das  Gewicht  sämmtlicher 
gehobener  Theile  im  Bär.  Der  Anhub  erfolgt,  indem  Dampf  unter  den 
Kolben  tritt,  der  Fall  durch  die  Wirkung  der  Schwere,  häufig  verstärkt 
durch  eine  Prellvorrichtung,  als  welche  comprimirter  Dampf  oder  Luft 
in  dem  obem  Theile  des  Cylinders  benutzt  wird.  Bei  Anwendung  von 
Dampf  als  PreUkissen  erhöht  man  nicht  selten  die  Wirkung  desselben, 
indem  man  durch  den  im  höchsten  Stande  angelangten  Kolben  ein  Ven- 
til öfinen  lässt,  durch  welches  Oberdampf  einströmt;  es  erfolgt  aber 
Dampfabsperrung  und  Entweichen  des  eingeschlossenen  Dampfes,  sobald 
der  Kolben  seinen  Rückgang  antritt,  und  hierdurch  unterscheiden  sich 
diese  Hämmer  von  den  eigentlichen  doppeltwirkenden  Dampfhämmern. 
Das  Hammergerüst  besteht  aus  zwei  Ständern,  zwischen  denen  der  Bär 
in  allen  Stellungen  geführt  ist.  Als  Steuerung  dienten  ursprünglich  Schie- 
ber, in  neuerer  Zeit  vielfach  Ventile.  Die  äussere  Steuerung  ist  bei  den 
modernen  Hämmern  selten  ganz  selbstthätig,  wie  es  von  Nasmyth  zuerst 
eingeführt,  bei  öfterer  Anwendung  jedoch  für  diese  grösseren  Hämmer, 
bei  denen  eine  häufige  Regulirung  der  Schlagstärke  erforderlich  ist,  als 
nicht  zweckmässig  befunden  wurde;  häufiger  ist  die  selbstthätige  Steue- 
rung auf  die  Begrenzung  des  Hubes  und  Bewirkung  einer  Dampfexpansion 
beschränkt. 

Es  folgt  aus  dieser  Charakteristik  der  Nasmyth -Hämmer,  dass  die- 
selben eine  um  so  stärkere  Wirkung  liefern  und  um  so  geringere  Hub- 
zahl besitzen  werden,  je  grösser  ihre  Hubhöhe  und  ihr  Gewicht  ist;  sie 


1)  Vgl.  Weisbach,  Mechanik,  lU.  TR,  S.  1256. 


424  Hammer  und  Ambos. 

sich  deshalb  rorzagsweise  zam  Schmieden  Bolcber  Gegeastäade  eignen, 
bei  denea  neben  einer  FormTeräodening  auch  eine  Verdichtang  beab- 
sichtigt wird. 

In  den  Figuren  332  und  333  ist  ein  Nasmyth'scher  Dampfhammer 
mit  selbattbätiger  Schieberetenerung  beim  Anf-  und  Niedergänge  und  mit 


Hubbegrenzung  darch  Oberdampf  abgebildet.  Ubschon  die  von  Nasmjth 
erfanden«  Constmction  dieses  Hammers  nnd  seiner  Stenemng  in  der- 
selben Form  bei  neueren  Hämmern  vielfach  abgeändert  worden  ist,  iet 
dieselbe  doch  wohl  geeignet,  die  Vorgänge  bei  dem  Gange  eines  Dampf- 


Nasmyth' scher  Dampfhammer.  425 

bammers  im  Allgemeinen  sa  TeranHchanlichen ,  and  wurde  deslmlb  als 
Gnindlage  fttr  die  apäteren  Beaprechangeii  gewShlt. 

Es  sind  hier  AÄ  ^q  goBseiBerneD ,  mit  Rippen  Tersehenen  GertUrt- 
ständer,  mit  Fflhrangen  ffg  an  der  nach  innen  gerichteten  Seite,  welche 
in  entsprechende  Nuthen  des  Hammerb&ra  B  eingreifen.  Oben  werden 
die  Ständer  durch  den  jiolm  H  zusammengehalten,  welcher  den  Boden 
des  Dampfcylindeni  C  nebst  Stopfbüchse  fOr  die  Kolbenstange  enthält 
(Fig.  333)  nnd  somit  den  Dampfcjlinder  trägt.  An  letzterem  ist  der 
ScbieberkaMen  T  mit  dem  Schieber  S  und  dem  Znleitongsrohr  ^befestigt, 
während  der  verbrancbte  Dampf  durch  den  ringförmigen  Canal  d  und 
das  Ansblaserohr  e  entweicht  In  Fig.  332  befindet  sieb  der  Steuerunga- 
scbieber  in  seiner  tiefsten,  in  Fig.' 333  in  seiner  höchsten  Stellung.  Die 
entgegengesetzten  Stellungen  sind  in  beiden  Figuren  durch  pouktirte 
Fig.  33.').  Linien  angedeutet.     Steht  der  Schieber 

nnten,  wie  in  Fig.  333  pnnktirt,  so  tritt 
Dampf  unter  den  Kolben  and  der  Hub 
beginnt.     Die   Ober  dem  Kolben  befind- 
liche Iiuft  entweicht  durch  die  Oeffuun- 
gen  r  in  den  ringlBrmigen  Canal  q  und 
von  hier   durch  den  senkrechten  Canal 
p  nach  dem  Ausblaserohre  e  (Fig.  333). 
Die  Scbioberatange  ist  durch  ein  Ge- 
lenk mit  dem  Hebel  k  und  dieser  durch 
eine  Zugstange  t  mit  dem  Winkelbebel 
K  verbunden  (Fig.  332),  welcher  bei  W 
seinen  festen  Drehpunkt  hat  und  an  dem 
andern  Ende  dos  Röllchen  r  trägt.     An 
-  dem  Bär  ist  ein  an  der  linken  Seite  cur- 
venf3ruiig    begrenzter  Anschlag  u  fest- 
geacbranbt.     Wenn  nun  der  Bär  steigt, 
trifft  dieser  Anschlag  die  Rolle,  drückt 
den  betreffenden  Arm  des  Winkelbebels 
empor,  wodurch  in  Folge  des  Zusammenwirkens  von  w,  t  und  h  auch  der 
Stenerungssehieber  aufsteigt  and  den  Canal  b  verschliesst.     Der  Dampf' 
wird  abgesperrt  und  der   im  Cylinder  eingeschlossene  Dampf  arbeitet 
durch   Expansion.     Der  Bär  steigt  weiter,  das  Röllchen   wird   allmälig 
von  der  äuasersten  Kante  des  Anschlags  u  erfaast,  dadarch  in  die  höchste 
Stellung  gebracht,  der  Schieber  rückt  in  Folge  dessen  gleichfalls  in  sei- 
nen hSchsten  Stand  nnd  der  dampferfüllte  Raum  anter  dem  Kolben  coro- 
monicirt  nun   mit  dem  Canale  d  nnd  dem  Ausblaserobre.     Inzwischen 
ist  aber  der  Dampf kolben  K  soweit  gestiegen,  dass  er  die  Oeffnungen  rr 
verachliesst,  ea  kann  alao  oberhalb  deaaelben  keine  Luft  mehr  entweichen 
and 'OB   entsteht  durch  Znsamme ndrQcknng    der  im  obern   Tbeile  ein- 
geschlossenen Lnft  (beziehentlich  Dampfes)   ein    elaatiscbes  Prellkissen. 
In  seinem  höchsten  Stande  stösst  endlich  der  Kolben  das  im  Qflinder- 


426  Hammer  und  Ambos. 

decke!  befindliche  Ventil  v  auf,  darch  welches  ans  der  Dampfleitang  a 
frischer  Dampf  Aber  den  Kolben  tritt,  eine  Zertrummening  des  Cylinder- 
deckels  durch  Ueberschreitang  des  normalen  Habes  verhütend.  Nun 
beginnt  der  Bückgang  unter  dem  Einflüsse  des  eigenen  Gewichts,  der 
Prellung  und  des  momentanen  Dampfdrucks  mit  beschleunigter  Geschwin- 
digkeit. Das  Ventil  v  schliesst  sich,  die  Oeffnungen  rr  werden  frei  und 
durch  dieselben  strömt  aus  dem  Ausblaserohre  p  verbrauchter  Dampf  zu, 
den  entstehenden  luftverdünnten  Raum  föllend. 

Die  Schieberstange  besitzt  oberhalb  des  Angriflbpunktes  des  Hebels 
h  eine  Verlängerung,  welche  mit  einem  Kolben  h  innerhalb  eines  kleinen 
Cylinders  c  endigt.  Der  Raum  oberhalb  dieses  Kolbens  lasst  sich  durch 
Oeffnung  des  Ventils  Vy  mit  der  Dampfleitung  in  Verbindung  setzen, 
und  diese  Oefihung  erfolgt  selbstthätig  durch  den  Kolben  X;,  sobald  der 
Schieber  seinen  höchsten  Stand  erreicht.  Aus  Fig.  333  ist  ausserdem 
ersichtlich,  wie  der  Raum  unterhalb  des  kleinen  Kolbens  mit  dem  Canale 
pqm  Verbindung  steht,  um  beider  Bewegung  des  Kolbens  eine  Luit- 
verdünnung  und  Zusammendrückung  zu  vermeiden. 

Damit  nun  nicht  der  durch  das  geöffnete  Ventil  V\  eintretende 
Dampf  den  Schieber  sofort  in  seinen  tiefsten  Stand  zurückführt,  wodurch 
ersichtlicher  Weise  frischer  Dampf  unter  den  Kolben  geleitet  und  das 
Niederfallen  verhindert  werden  würde,  schnappt  der  Winkelhebel  to  in 
dem  Augenblicke,  wo  der  Schieber  seinen  höchsten  Stand  erreicht,  unter 
die  Klinke  des  Hebels  i,  dessen  oberer  Arm  durch  eine  Feder  nach  rechts 
gedrückt  wird,  wodurch  ein  Zurückgehen  des  Schiebers  unmöglich  ge- 
macht wird.  Hält  man  den  Hebel  i  geöffnet,  so  spielt  der  Hammer  auf 
und  nieder,  ohne  niederzufallen;  öffnet  man  ihn,  ehe  der  Schlag  erfolgt 
ist,  so  tritt  vorzeitig  Dampf  unter  den  Kolben  und  die  Wirkung  des 
Schlages  wird  abgeschwächt. 

Eine  selbstthätige  Auslösung  des  Hebels  w  aus  der  ihn  festhaltenden 
Klinke  des  Hebels  %  erfolgt  durch  Vermittelung  der  Schiene  z^  welche 
durch  den  Hebel  v  und  die  Zugstange  o  mit  i  verbunden  ist,  und  des 
am  Hammerbär  befindlichen  Prellhebels  y.  Das  beschwerte  Ende  des- 
selben wird  durch  eine  Feder  nach  oben  gedrückt;  im  Augenblicke  des 
Aufschiagens  aber  dreht  sich  dieses  Ende,  dem  Beharrungsvermögen  fol- 
gend, abwärts,  und  das  Ende  desselben  drückt  in  Folge  dessen  die 
Schiene  Z  nach  links.  Es  ist  leicht  einzusehen,  wie  diese  Bewegung  der 
Schiene  sich  auf  die  Klinke  des  Hebels  %  überträgt  und  somit  w  frei  wird. 
Der  Steuerungsschieber  wird  nach  unten  gedrückt  und  ein  neuer  Hub 
beginnt,  z  muss  deshalb  so  lang  sein,  dass  der  Hebel  y  bei  jeder 
Stärke  des  zu  bearbeitenden  Stücks  sie  erreichen  kann. 

Die  Hubhöhe  ist  bei  dieser  selbstthätigen  Steuerung  stets  gleich; 
bringt  man  jedoch  an  der  Drehungsachse  des  Winkelhebels  w  einen  Hand- 
hebel an,  dessen  Bewegung  durch  die  Drehungsachse  sich  auf  ao  überträgt, 
so  ist  man  im  Stande ,  in  jedem  Augenblicke  Umsteueiung  von  Hand  zu 
bewirken  und  dadurch  die  Hubhöhe  beliebig  abzukürzen. 


Naemytb'scher  Dampfhammer.  427 

Die  Pigaran    334   bis  342    atellen  einea   Nasmyth' sehen  Dampf- 
hammer  des  k.  k.  Eisenwerks  in  Neaberg  mit  eiaem  Hamm  ergewichte 
Fig.  334. 


428  Hammer  und  Ambos. 

TOD  17  500  Kilograinm ,  Hubhfihe  2,68  Meter  asd  Yentilsteaeriuig  von 

Hand  dar').     Fig.  334  ist  links  Ansicht  des  Hammers  von  vorn,  rechts 


ein  Verticalechuitt  durch  die  Ständer  nach  der  in  Fig.  335  angedeuteten 
gebrochenen  Linie  Z  y  bis  TZ;  Fig.  335  ist  Ansicht  von  oben  (Gn 


Fig.  336. 


B8)i  Fig.  336  VerticalBchnitt  durch  dos 
EinströmungsTentilgehauBB  und  dmi 
Dam pfcf linder  nach  der  gehrocbenon 
Linie  CD  bis  DE  (Fig.  335);  Fig.  337 
dient  zur  Erläuterung  des  StenernngE- 
raechanismue;  Fig.  338  ist  ein  senkrech- 
ter Querschnitt  durch  beide  Ventile  nach 
der  Linie  MN  (Fig.  335  und  339);  Fig. 

339  eine  Ansicht  der  Ventile  von  oben 
und  ein  Horizontal  schnitt  durch  die  Stän- 
der nach  Linie  KL  (Fig.  334  und  340) 
mit  Ansicht  des  Hammerbärs  von  oben; 
Fig.  340  ist  ein  senkrechter  Querschnitt 
durch  den  Cylinder  und  das  Gerüst; 
Fig.  341  ein  Querschnitt  durch  das  Fun- 
dament und  die  Chahotte  und  Fig.  342 
ein  GrnndrisB  dieser  Xheile. 

Die  Figuren  334  bis  336,  sowie  Fig. 

340  sind  in  '/*o  der  wirklichen  Grösse, 
Fig.  337,  338  und  339  in  V«  der  wirk- 


Nasmytli'Bcher  Dampfhammer.  429 

lieben  Grösae,    Fig.   341    nnd    342   in    '/so   ^^'  wirklichen  Grösse  ge- 
zeichnet. 

Der  Dampf  gelangt  durch  das  Rohr  a,  Fig.  334,  in  den  Ventilkaaten 
des  Dampfe jlindorB,  nachdem  der  Uaschinenführer  durch  Empordrücken 
Fiir.  336.  ^^^  Hebels  m  den  Znlasa- 

schieber  («i  geöffnet  hat 
(vergl.  Fig.  334  und 
335).  Je  nachdem  dieee 
Oeffnang  Tollat&ndig 
oder  nur  theilweise  etatt- 
findet,  tritt  mehr  oder 
weniger  Dampf  zd,  und 
die  Bewegung  de«  Ham- 
mers ist  eine  raacbore 
oder  weniger  rasche, 
nachdem  die  Ventile  in 
Tbütigkeit  gesetzt  sind. 
Die  Einriebtang  dieser 
Ventile  ergiebt  sich  nnn 
ans  Fig.  338.  Rechts 
ist  das  Einlass-,  links 
das  Attslassventil.  Beidea 
sindsogenannteGIocken- 
ventile  aus  Rothgaaa, 
ringiurmig ,  darch  vier 
Rippen  mit  einer  Nabe 
verbunden,  durch  welche 
die  dnrch  einen  Keil  befestigte  Ventilstange  hindurchgeht-  Letztere  ist 
an  ihrem  obem  Ende  in  einer  Stopfbüchse  geführt  and  mit  einer  Spiral- 
Fig.  .S3fl, 


fcdcr  versehen,  welche  gegen  einen  auf  dem  Gebänse  befestigten  Bügel 
drückt  nnd  dadurch  das  Ventil  schliesst,  so  lange  nicht  Gegendruck  statt- 


430  Hammer  und  Ambos. 

findet.      Die  gleichfalla    ringförmigen  Ventilsitze  raben  mit  Flantecben 

&nf  der  Wand  des  GehäaBee;  vier  Rippen  verbinden  den  Ring  mit  der 

Fig.  340. 


Nasmyth'scher  Dampfhammer.  4SI 

tnlpenfSnaigen  Nabe,  deren  oberer  Theil  als  FQhrnng  ßtr  die  Ventil- 
Btange  dient,  während  die  nntere  Hälfte  einen  hindnrchgesteckten  Schran- 
benbolzen  nmacblieBBt,  welcher  die  feste  Stellnng  des  Ventilsitzee  im  Ge- 
hänae  sichert.     Damit  beim  Heben  und  Senken  des  Ventils  die  in  der 


Nabonuffnung  unterhulb  der  Ventitstange  eiiigeschloSBene  Luft  weder  yer- 
dünnt  noch  zaanrainengepreSBt  werde,  steht  dieser  Raum  durch  eine» 
Canal  mit  dem  Ilnume  oberhalb  des  Ventilsitzee  in  Verbindung. 

In  enteprechende  Schlitse  der  Ventilstangen  greifen  die  beiden  an 
einer  boriEontalen  Welle  ^  befindlichen  Hebelarme  'i  ein.     In  der  ge- 


432  Hammer  und  Arobos. 

zeichneten  mittlem  Stellimg  sind  beide  Ventile  gescbloasaD;  QDterbalb 
der  Hebel  muas  in  dem  Schlitze  hinreichender  Spielraam  vorhanden  sein, 
dasB,  während  der  eine  Arm  emporgeht  und  daa  Ventil  hebt,  der  »ndere 
eich  frei  nach  nnten  bewegen  kann,  ohne  durch  die  Stange  behindert  zn 
werden.     Befindet  sich  in  der  Ventilatange  eines  der  Ventile  aach  ober- 


halb des  Hebele  ein  Spielranm,  eo  wird  das  Einlassrentil  geschlosson, 
bevor  dns  AnsUssventil  geöffnet  wird,  und  der  Dampf  wirkt  inzwischen 
dnrcb  Expansion. 

In  den  Ranm  oberhalb  des  Einlassventils  mKndet  das  Dampfznlei- 
tnngsrobr,  der  Raum  unterhalb  desselben  commtinicirt  durch  den  Ganal  0 


Nasmyth'scher  Dampfhammer.  433 

mit  dem  Dampfcylinder  (vergl.  Fig.  336),  der  Ranm  anterhalb  des  Aub- 
strömangBventilB  steht  durch  einen  in  dem  Holme  des  Gerüsts  befind- 
lichen Canal  P  (Fig.  336  and  338)  mit  dem  Ansblaserohre  e  in  Yer* 
bindong. 

An  der  Welle,  welche  die  beiden  Hebelarme  li  li  trägt,  befindet  sich 
der  senkrechte  Hebel  h  welcher  durch  ein  Grelenk  mit  der  horizontalen 
Zugstange  X  yerbunden  ist.     Ueber  die  letztere  ist  eine  Spiralfeder /^ 
geschoben,  deren  stärkeres  Ende  an  einer  feststehenden  Platte  pi  befestigt 
ist  (Fig.  334,  338,  339),  während  das  schwächere  Ende  gegen  einen  ring- 
förmigen Ansatz  der  Zugstange  x  drückt.    Dadurch  erhält  diese  das  Be- 
streben, das  Einlassyentil  zu  öffnen,  das  Auslassyentil  zu  schliessen ,  also 
den  Hammer  zum  Steigen  zu  bringenj  wenn  nicht  diesem  Bestreben  ent- 
gegen gewirkt  wird.     Die  Zugstange  x  ist  nun  an  ihrem  zweiten  Ende 
mit  dem  einarmigen  Hebel  h  verbunden,   der  auf  dem  obern  Ende  der 
langen  senkrechten,  am  linken  Hammerständer  befestigften  Welle  b  durch 
Nuth  und  Feder  festgehalten  wird  (vergl.  Fig.  334,   335  und  339)  und 
mithin  seine  Drehung  auf  diese  überträgt.     An  dem  untern  Theile  der- 
selben Welle  ist  der  einarmige  Hebel  p  befestigt  (Fig.  834,  335  und  337). 
In  der  Stellung  wie  in  Fig.  337  ist  derselbe  durch  den  Hebel  g,  dessen 
Drehungspunkt  am  Hammergerüste  befestigt  ist,  eingeklinkt,  in  seiner 
Stellung  festgehalten,  und  verhindert  somit  auch  die  Drehung  der  senk- 
rechten Welle  b,  des  obern  Hebels  h  und  dadurch  das  Oeffnen  des  Ein- 
lassventils.    Schiebt  man  nun  aber  den  Elinkhebel  g  nach  rechts,  wozu 
die  Zugstange  n  mit  dem  Hebel  ni  benutzt  wird  (vergl.  Fig.  334  und 
335),  so  wird  der  Hebel  p  frei  und  gelangt  in  die  Stellung  wie  in  Figur 
335,  die  Welle  dreht  sich,  das  Einlassventil  wird  geöfifhet,  der  Hub  be- 
ginnt.    Zur  selbstthätigen  Beendigung  des  Hubes  befindet  sich  an  dem 
Hammerbär  B,  welcher  in  den  Führungen  gg  gleitet  (Fig.  334  und  339), 
eine  Nase  u  angegossen;  an  der  mehrfach  erwähnten  senkrechten  Welle 
b  ist,  ungefähr  in   Ys  ihrer  Höhe,  der  Hebelarm  c  mit  dem  BöUchen  r 
am  Ende  befestigt,  welches  von  der  aufsteigenden  Nase  des  Bars  ver- 
schoben wird.     Es  erfolgt  eine  Drehung  der  Welle  von  rechts  nach  links; 
der  Hebel  p  wird  wieder  in  -  seine  frühere  Stellung  zurückgeführt   und 
kann  durch  Anziehen  der  Stange  n  in  g  eingeklinkt  werden;  das  Einlass- 
ventil ist  wieder  geschlossen,  die  Hebelarme  li  li  (Fig.  338)  gehen  durch 
die  mittlere  Stellung  in  die  entgegengesetzte  über,  das  Auslassventil 
öffnet  sich.     Je  weiter  der  Dampfschieber  mi  geöfihet  war,  je  mehr 
Dampf  also  in  der  Zeiteinheit  unter  den  Kolben  gelangte,  und  je  rascher 
der  letztere  demnach  stieg,  desto  grösser  ist  die  in  ihm  angehäufte  leben- 
dige Kraft  und  desto  höher  wird  er  mithin  noch  steigen ,  nachdem  Um- 
steuerung stattgefunden  hat,  desto  grösser  wird  also  auch  die  Wirkung 
des  Schlages  sein. 

Der  Raum  oberhalb  des  Kolbens  steht  durch  den  Rohrstutzen  w 
mit  dem  Ausblaserohre  in  Verbindung.  Zur  Verhütung  von  Unglücks- 
fallen, wenn  der  Kolben  zu  hoch  emporsteigen  sollte,  ist  der  Cjlinder 

liedebur,  mechanisch'metallnTgiaohe  Technologie.  28 


434  Hammer  und  Ambos 

am  obern  Ende  statt  durch  einen  gewöhnlicben  Deckel  durch  eine  Haabe 
aus  Eisenblech  geschlossen,  deren  Durchmesser  im  Lichten  etwas  grösser 
ist,  als  der  Durchmesser  des  Dampfcylinders.  Steigt  der  Kolben  also  bis 
in  diese  Haube  empor,  so  findet  sofort  Ausgleichung  des  Dampfdracks 
unter  und  über  dem  Kolben  statt. 

Hält  man  nun,  nachdem  das  Einlassyentil  geschlossen,  das  Auslass- 
yentil  geöffnet  ist,  die  Steuerungshebel  in  der  Stellung  Fig.  337  fest,  so 
erfolgen  Schläge  mit  Toller  Wucht,  und  der  B&r  verharrt  so  lange  in 
seiner  tiefsten  Stellung,  bis  Ausklinkung  des  Hebels  p  erfolgt;  bewirkt 
man  die  Ausklinkung  früher  als  der  Schlag  beendet  ist,  so  schliesst  sich 
das  Auslassyentil ,  es  tritt  frischer  Dampf  unter  den  l^olben,  der  Schlag 
wird  verhindert  oder  abgeschwächt,  je  nachdem  der  Zulassschieber  Mi 
mehr  oder  minder  weit  geöffnet  war  und  die  Ausklinkung  früher  oder 
später  bewirkt  wurde.  Gewöhnlich  versieht  man  die  Zugstange  n  mit 
einer  Feder,  welche  sie  nach  links  oder  rechts  zu  verschieben  strebt, 
ihr  also  entweder  das  Bestreben  giebt.  Einklinkung  (für  starke  Schläge) 
oder  Ausklinkung  (für  schwache  Schläge)  hei-vorzubringen ,  und  der  Ma- 
schinenwärter hat  dann  nur  nöthig,  die  entgegengesetzte  Bewegung  aus- 
zuführen. 

Eine  Kegulirung  der  Hubhöhe  lasst  sich  bewirken,  indem  man  den 
Arm  C  höher  oder  niedriger  stellt.  Zu  diesem  Ende  ist  derselbe  mit  sei- 
ner Hülse  nur  durch  eine  Schraube  an  der  Welle  h  befestigt,  ausserdem 
aber  mit  einer  Kette  ohne  Ende  K  verbunden,  durch  deren  Bewegung 
die  Verstellung  stattfindet.  Ein  durch  einen  Plebel  d  bewegtes  Ketten- 
rädchen, mit  Sperrklinke  versehen,  dient  zur  Bewegung  der  Kette. 

Die  gegebenen  Abbildungen  können  zugleich  als  ein  Beispiel  für 
die  Construction  eines  grossen  Hammergerüstes  aus  Schmiedeeisen  dienen. 
Die  oberen  hohlen  Ständer  NNj  an  denen  die  Führungen  für  den  Bär 
befindlich  sind,  werden  durch  das  breite,  aus  genieteten  Doppel-T-Trägern 
gebildete  Längsstück  M  (Fig.  340)  getragen ,  in  dessen  Mitte  die  Oeff- 
nung  zum  Hindurchlassen  des  Bars  ausgespart  ist.  Diese  Längsbalken 
ruhen  auf  zwei  Querstücken  LL,  welche  wieder  von  den  vier  hohlen 
Ständern  AÄ  getragen  werden.  Die  von  einer  Blechwand  umschlossene 
Plattform  Q  dient  für  den  Aufenthalt  des  Maschinenwärters  und  ist  durch 
eine  eiserne  Treppe  von  unten  her  zugänglich. 

Die  Figuren  341  und  342  werden  nach  dem  schon  über  die  Funda- 
mentirung  von  Dampfhämmern  im  Allgemeinen  Gesagten  kaum  einer 
Erläuterung  bedürfen.  Es  sei  nur  erwähnt,  dass  je  zwei  schmiedeeiserne 
Säulen  des  Gerüsts  auf  einer  gemeinschaftlichen  Sohlplatte  befestigt  sind, 
und  dass  die  170  000  Kilogramm  schwere  Schabotte  aus  vier  Stücken 
gegossen  und  in  der  aus  Fig.  341  ersichtlichen  Art  und  Weise  zusammen- 
gesetzt ist. 

Condie^s  Dampfhammer.  Derselbe  wurde  im  Jahre  1846  dem 
Mechaniker  Co n die  in  Glasgow  patentirt.  Die  Kolbenstange  dieses 
Hammers  ist  unbeweglich  und  hohl;  der  Kolben  sitzt  fest  auf  der  Kolben- 


Condie's  Dampfhammer.  435 

Stange;  der  Cylinder  ist  beweglich  und  dient  als  Hammerbär,  indem 
durch  das  Steigen  und  Fallen  desselben  die  Schläge  erfolgen;  der  Hub 
des  Cylinders  wird  bewirkt,  indem  Dampf  durch  die  hohle  Kolbenstange 
über  den  Kolben  zugeleitet  wird,  das  Niederfallen  erfolgt  durch  Unter- 
brechung der  Dampfzuleitung  und  durch  Ausströmen  des  zwischen  Kolben 
und  Cylinderdeckel  befindlichen  Dampfes. 

Die  Figuren  343  I,  II  und  III  stellen  einen  solchen  Condie'schen 
Dampfhammer  mit  Ventilsteuerung  von  Hand  beim  Beginne  desSteigens 
und  selbstthätig  zur  Begrenzung  des  Hubes  dar.      C  ist  der  Dampfcjlin- 
der,  zwischen  den  Führungen  FF  gleitend  und  an  der  untern  Seite  die 
Hammerbahn  B  tragend;  M  ist  die  hohle  Kolbenstange,  oben  mit  dem 
gnsseisemen  Gerüste  auf  die  in  Fig.  343  I  und  II  ersichtliche  Art  und 
Weise,  unten   mit   dem  Kolben  KK  (Fig.  343  I)  durch  Schraube  und 
Mutter  Terbunden.     Der  Form   des  Kolbens  entsprechend  hat  der  Cylin- 
derboden  bei  D  eine  kesselartige  Vertiefung,  in  welche  beim  Aufsteigen 
des  Cylinders  der  Kolben  hinein passt.     Unmittelbar  über  den  Kolben  ist 
die  Kolbenstange  mehrfach  geschlitzt,  um  den  Dampf  in  den  geschlosse- 
nen Raum  einzuführen,  wodurch  der  Cylinder  gehoben  wird.    Der  Raum 
unterhalb   des  Kolbens    steht   mit    der   äussern  Luft  durch  OefiPnungen 
in  Verbindung,  welche  in  der  Abbildung  nicht  ersichtlich   sind.      Die 
Steuerung    ist    derjenigen  des  oben  beschriebenen  Nasmyth -Hammers 
ganz  ähnlich.     Der  Hebel  N  dient  zunächst  zum  Oeffnen  eines  Schiebers 
oder  Hahns  in   der  Dampfleitung  vom  Kessel  nach  dem  Hammer.      H 
und   J  sind  die  Stangen   der   Glocken ventile  für  Ein-  und   Auslass   des 
Dampfe?,  durch  zwei  an  der  horizontalen  Welle  0  befindliche  Hebelarme 
in  entgegengesetztem  Sinne  bewegt.     Die  Drehung  der  Welle  0  erfolgt 
durch  einen  dritten  (punktirt  gezeichneten)  Hebelarm  R,  dessen  Ende 
mit   der  Zugstange  /  und  durch  diese  mit .  dem   Hebel  P  (vergl.  Figur 
343  III)  an  dem  obern  Ende  der  senkrechten  Steuerungs welle  PQ  ver- 
bunden ist.     Eine  über  /  übergeschobene  Spiralfeder  giebt  diesem  Me- 
chanismus das  Bestreben  einer  Bewegung  nach  links,  wodurch  dlis  Ein- 
lassventil H  geöffnet ,  das  Auslassventil  J  geschlossen  wird.     Zur  selbst- 
thätigen  Umsteuerung  befindet  sich  am   Cylinder  die  Nase   ü,  an  der 
Steuerungs weUe  der  verstellbare  Arm  F,   welcher  beim  Aufsteigen  des 
Cylinders  von   ersterer  ergriffen  wird  und  dabei   die  Welle  in   solcher 
Richtung  dreht ,  dass  das  Ventil  H  geschlossen,  /  geöffnet  wird.     Damit 
nicht  durch  die  Feder  /  vorzeitige  abermalige  Umsteuerung  bewirkt  und 
dadurch  das  Niederfallen  verhindert  werde,  ist  an  dem  untern  Theile  der 
Welle   PQ  eine  Einklinkung   angebracht,  welche  in  Fig.   343  III  im 
Grundrisse  abgebildet  ist.    T  ist  hier  ein  Sperrhaken  an  einer  stehenden 
Welle  X,  welcher  hinter  die  Sperrklinke  W  fasst  und  das  Zurückgehen 
derselben  und  somit  auch  des  ganzen  Steuepungsmechanismus  so  lange 
hindert»  bis  er  vermittelst  der  Zugstange  Z  ausgelöst  wird.     Wird  diese 
AoslÖBung  bewirkt,  bevor  der  Cylinder  niedergefallen  ist,  so  erfolgt  ein 
schwacher  Schlag  oder  eine  völlige  Unterbrechung  des  Schlages ;  geschieht 

28* 


436  Hammer  und  Ambos. 

Bie  erst  nach  beendigtem  Niederfallen,  bo  bleibt  während  desselben  das 

Auslassventil  ge&ffnet,  das  EinlaBsreutil  geflchlosaen,  and  ea  erfolgt  ein 

Fig.  343. 

I 


Htarkor  Sohlag.     Stellt  man  endlich  den  Arm  F  höher,  so  wird  die  Hub- 
höhe grösser,  stellt  man  ihn  niedriger,  so  wird  sie  geringer. 

XHe  Con  die -Hämmer  verdankten  dem  Bestreben  ihr  Entstehen,  die 


Morrison^s  Dampfhammer.  437 

unvermeidlichen  Stösse,  welche  bei  den  N asm yth -Hämmern  auf  Kolben 
und  Kolbenstange  ausgeübt  werden  und  diese  verhältnissmässig  schwa- 
chen Theile  der  Gefahr  der  Beschädigung  aussetzen ,  durch  Festlegung 
derselben  unwirksam  zu  machen.  Sie  gewähren  ausserdem  den  geringen 
Yortheil,  dass  von  der  Totalhöhe  der  Maschine  die  Höhe  des  Dampf- 
cylinders  erspart  wird.  Statt  der  verminderten  Gefahr  des  Bruches  der 
Kolbenstange  »tritt  aber  die  Gefahr  für  den  Bruch  des  Cylinders  auf, 
welcher  einen  kostspieligeren  und  schwerer  zu  ersetzenden  Theil  der  Con- 
strnction  als  jene  bildet,  und  man  hat  demnach  ein  geringeres  Uebel 
durch  ein  grösseres  verdrängt.  In  diesem  Umstände  ist  wohl  haupt- 
sächlich die  Thatsache  begründet,  dass  das  Con  die 'sehe  Hammersystem, 
welches  anfänglich  mit  einem  lebhaften  Beifalle  begrüsst  wurde,  den  es 
zum  Theile  jedenfalls  der  Originalität  des  Gedankens,  zum  andern  Theile 
auch  der  damals  geringern  Anzahl  guter  Hammerconstructionen  ver- 
dankte, mehr  und  mehr  vom  Schauplatze  abtritt  und  bei  neuen  Anlagen 
schwerlich  noch  Benutzung  finden  dürfte. 

Morrison's  Dampfhammer.  Derselbe  stammt  aus  dem  Jahre 
1854.  £r  ist  charakterisirt  durch  eine  dicke  Kolbenstange,  welche 
oberhalb  des  Kolbens  fortgesetzt  ist  und  im  Boden  wie  im  Deckel  des 
Dampfcylinders  in  Stopfbüchsen  gefuhrt  wird.  Das  Totalgewicht  des 
beweglichen  Theils  vertheilt  sich  also  zum  grossen  Theile  auf  die  Kolben- 
stange. Die  obere  Kolbenstange  ist  bei  älteren  Hämmern  dieser  Art 
mit  einem  Gleitstücke  versehen,  welches  in  senkrechten  oberhalb  des 
Cylinders  befindlichen  Schienen  geführt  ist;  bei  neueren  Morrison - 
Hämmern  lässt  man  diese  Führung  weg  und  die  Kolbenstange  wird  nur 
in  den  zwei  Stopfbüchsen  geführt. 

Diese  Anordnung  macht  eine  Führung  des  eigentlichen  in  Rücksicht 
auf  die  schwere  Kolbenstange  ohnehin  leichteren  Hammerbärs  entbehr- 
lich; der  Gylinder  kann  deshalb  mit  angegossenen  Platten  zwischen 
den  beiden  Ständern  statt  auf  denselben  befestigt  werden ,  wodurch  das 
Gerüst  einfacher,  niedriger  und  sehr  solide  wird;  der  Raum  um  den 
Ambos  herum  wird  aber,  da  die  Führungen  wegfallen  und  man  den 
Ständern  in  Folge  dessen  eine  grössere  Ausladung  geben  kann,  freier, 
was  jedenfalls  von  Yortheil  ist.  Die  äussere  Steuerung  ist  bei  älteren 
Hämmern  selbstthätig,  bei  neueren  vielfach  von  Hand.  Als  Prellung  dient, 
wie  bei  ien  Nasmyth -Hämmern,  gewöhnlich  Luft  oder  Dampf,  welcher 
aus  dem  Ausblaserohre  über  den  Kolben  tritt,  sobald  dieser  niedergeht. 

Als  charakteristisches  Merkmal  aller  Morrison -Hämmer  ist  dem- 
nach die  dicke,  an  beiden  Seiten  des  Kolbens  befindliche  und  an  zwei 
£nden  in  Stopfbüchsen  gefühi*te  Kolbenstange  zu  betrachten. 

In  den  Figuren  344  I,  H  und  UI  ist  ein  älterer  Morrison'scher 
Dampfhammer  mit  selbstthätiger  Steuerung  abgebildet.  Die  Theile  der 
innern  Steuerung  liegen  in  dem  Gehäuse  h  (Fig.  344  IH),  die  Ventil- 
oder  Schieberstange  steht  in  Verbindung  mit  der  Stange  OF,  welcher 
durch  eine  Feder  das  Bestreben  ertheilt  ist,  sich  zu  heben,  dabei  den 


438  Hammer  und  Ambos. 

Dampfeiolasa  za  ölfuea  und  den  Auslass  zu  echlieBBen.     Die  Stange  wird 
niedergedrückt  und  die  DampfzuströmuDg  abgesperrt,  wenn  der  Arm  S 
Fig.  344. 

I  n 

D  U 


von  dem  Querhaupte  M  Buch  links  hinüliergedrückt  wird,  dadurch  die 
horizontale  Welle  W  W  (Fig.  344  II)  dreht  und  den  auf  derselben 
Welle  befiudlichen  Hebel  P,  welcher  in   einen  Schlitz  der  Stange  greift. 


'  Daelen^s  Dampfhammer.  439 

bewegt.  £ine  EinkÜDkung,  deren  Einrichtong  ans  der  Abbildung  nicht 
deutlich  erkennbar  ist,  hält  die  Steuerung  in  dieser  Stellung  fest,  bei 
welcher  der  Auslass  geöffnet  ist,  bis  der  Schlag  erfolgt  ist.  In  diesem 
Augenblicke  wirkt  ein  Prellhebel  an  dem  Querhaupte  M  in  ähnlicher 
Weise,  wie  es  oben  bei  dem  Nasmyth 'sehen  Hammer  mit  selbstthätiger 
Steuerung  (Fig.  332  auf  Seite  424)  beschrieben  wurde,  auf  die  in  Figur 
344  I  punktirt  gezeichnete  Schiene  ü  ü,  welche  ihrerseits  durch  die  Hebel 
XX  die  erhaltene  Bewegung  auf  die  Stange  XH  überträgt.,  dadurch 
Auslösung  der  Klinke  und  Umsteuerung  bewirkend. 

Das  Rädchen  B  dient  vermittelst  eines  in  der  Abbildung  nicht  an- 
gegebenen Mechanismus  zum  Höher-  und  Niedrigerstellen  der  Welle  W 
und  gleichzeitiger  Verlängerung  oder  Verkürzung  der  aus  zwei  Theilen 
bestehenden  Stange  FO,  wodurch  der  Hub  also  vergrössert  oder  verklei- 
nert werden  kann  ^). 

Die  bisher  besprochenen  Dampfhämmer  waren  einfach  wirkend,  d.  h. 
ihre  Hauptwirkung  wurde  durch  den  freien  Fall  hervorgerufen  und 
Oberdampf,  wenn  überhaupt  solcher  zur  Anwendung  gelangte,  diente 
nur  zur  Verstärkung  der  Prellung.  In  Folgendem  sollen  einige  Hammer* 
Systeme  mit  Oberdampf  zur  Verstärkung  des  Schlages  besprochen  werden. 

Daelen's  Dampfhammer.  Derselbe  wurde  im  Jahre  1852  durch 
den  Ingenieur  Da  eleu  in  Horde  construirt  und  fand  seitdem  unter  Bei- 
behaltung des  ursprünglichen  Princips,  aber  mannigfachen  Abweichungen 
in  den  Einzelheiten,  ziemlich  vielseitige  Nachahmung. 

Die  nur  am  untern  Theile  des  Kolbens  befindliche  Kolbenstange  ist 
sehr  dick  und  häufig  mit  Kolben  und  Bär  in  einem  Stücke  gefertigt. 
Der  Querschnitt  der  Kolbenstange  nimmt  des  grossen  Durchmessers  hal- 
ber einen  verhältnissmässig  grossen  Theil  des  gesammten  Cylinderquer- 
schnitts  ein  und  um  eben  so  viel  ist  deshalb  der  freie  Cylinderquer- 
schnitt  oberhalb  des  Kolbens,  wo  die  Kolbenstange  fehlt,  grösser  als 
der  freie  Querschnitt  unterhalb  desselben.  Der  Anhub  erfolgt,  indem 
frischer  Dampf  unter  den  Kolben  tritt  und  der  oberhalb  des  Kolbens  be- 
findliche verbrauchte  Dampf  ins  Freie  entweicht.  Bei  einer  gewissen 
Höhe  des  Kolbens  hört  die  Aus-  und  Einströmung  auf,  und  der  mit 
gepresstem  Dampfe  erfüllte  Raum  unterhalb  des  Kolbens  tritt 
durch  einen  Canal  mit  dem  Räume  oberhalb  desselben  in  Ver- 
bindung. Der  Dampf  ist  demnach  bis  zur  Beendigung  des  Fallens  im 
Cylinder  eingeschlossen,  während   die  beiden  Hälften   des  Cylinders  in 


^)  Schöne  Abbildungen  Morrison*  scher  Dampfhämmer  neuerer  Con- 
struction  finden  sich  in  der  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure,  Jahr- 
gang 1865,  Taf.  XXI,  Text  8.  622;  ein  von  der  Sächsischen  Maschinenfabrik 
in  Chemnitz  (vormals  Hartmann)  gebauter  Dampfhammer  mit  Morrison'- 
scher  Kolbenstange,  von  dem  eigentlichen  Morrison-Hammer  aber  durch  die 
Anwendung  von  Oberdampf  abweichend,  ist  abgebildet  und  beschrieben  in 
Uhland's  praktischem Maschineuconstinicteur,  Jahrgang  1872,  Taf.  29  und  30, 
Text  S.  113. 


440  Hammer  und  Ambos. 

VerbinduDg  stehen.     Ble  DampfspaDiinag  gleicht  eich  also  ans,  w&cfast 
aber  noch,  bo  lange  der  Kolben  steigt,  in  Folge  der  Verengung  de«  Vo- 
Fig.  345. 


Inmena  durch  die  eintretende  Kolbenstange,  der  Totaldruck  anf  den  Kol- 
ben von  oben  verhält  sich  aber  zu  dem  Totaldmcke  von  nntea  wie  die 


Daelen'B  Dampfhammer.  441 

freien  Cylinderquerachnitte  oben  nnd  nuten.  Ea  erfolgt  mitluD  in  Folge 
dieses  grossem  Dmcks  von  oben  inVereinigDDgmitdemHammergewichte 
Hobbegrenzangnnd  beschleanigter  Niedergang.  Während  des  Niedergangs 

Fig.  348.  Pig,  347.  Pig.  348. 


äesert  sich  in  Folge 
tens  der  Kolben- 
freie  C^plinderrola- 
r  Dampf  expaud  irt. 
.e  eigenthüm  liehe 
lieilnng  der  Dae- 
Hämmer  eignet 
^weiseHahn-  oder 
luerung. 

:nren  345  bis  348 
/jo  der  wirklichen 
:.347u.348in'/)!.) 
len'pchen  Dampf- 
n  1350  Kilogramm 
»50  Mm.  Unb  mit 
hem      entlasteten 
dandateuerung  bei 
iger    Hubbegren-  . 
Ganal  b  des  Hahn- 
Figuren  346,  347 
verbindet  die  hei- 
Q    desselben    und 
.  mit  dem  innem 
des  Hahns  in  Ver- 
Ho    dass   letzterer 
espaantem  Dampfe 
lieser  innere  Ranm 
DU  i.utuii    •»aen    hohlen    qiier- 
dnrchlaofenden  Steg,  welcher 
die   beiden  änsBeren  Räume  ee  des  Gehäuses  in  Verbindung  setrt,  so 
daas  zwischen  denselben  stets  Ansgleicbnog  des  Dampfes  stattfindet  and 
ein  einseitiger  Druck  vermieden  wird. 


442  Hammer  und  Ambos. 

In  der  Stellung  des  Hahns,  Fig.  346,  gelangt  der  durch  das  Zulei- 
tungsrohr  a  kommende  Dampf,  nachdem  er  durch  den  Canai  h  in  das 
Innere  d  des  Hahns  getreten  ist,  unter  den  Kolben,  der  über  dem  Kolben 
befindliche  Dampf  kann  entweichen,  der  Kolben  steigt.  Beim  Aufsteigen 
trifft  die  am  Bär  befestigte  Rolle  /  den  Arm  des  Hebels  g,  drückt  diesen 
empor  und  bewirkt  durch  Yermittelung  der  Stange  i,  des  Hebels  h  und 
der  Zagstange  k  Drehung  des  Hahns.  Zuerst  gelangt  derselbe  in  die 
Stellung  Fig.  347;  Ein-  und  Ausgang  sind  abgesperrt,  der  Hammer 
steigt  noch  vermöge  seiner  lebendigen  Kraft  und  der  Expansion  des  Unter- 
dampfes und  comprimirt  dabei  den  oberhalb  des  Kolbens  eingeschlosse- 
nen Dampf.  Beim  weitern  Aufsteigen  gelangt  der  Hahn  in  die  Stellang 
Fig.  348;  beide  Hälften  des  Dampfcylinders  sind  nun  verbunden,  wäh- 
rend Ein-  und  Ausgang  noch  abgesperrt  ist ;  der '  Unterdampf  strömt 
nach  oben  und  bewirkt  dort  in  der  oben  geschilderten  Weise  Hubbegren- 
zung und  beschleunigten  Niedergang.  Indem  der  Maschinen wäHer  den 
Handhebel  h  nach  unten  drückt,  erfolgt  erneueter  Hub,  und  durch  vor- 
zeitiges Umsteuern  von  Hand  wird  die  Stärke  der  Schläge  geschwächt. 

Die  Stange  i  besteht  aus  zwei  Theilen,  welche  durch  eine  Doppel- 
mutter mit  Rechts-  und  Linksgewinde  verbunden  sind,  so  dass  durcb 
Drehung  der  letztern  eine  Verkürzung  und  Verlängerung  der  Stange 
und  dadurch  Regulirung  der  Hubhöhe  bewirkt  werden  kann. 

Ans  Fig.  346  ist  zugleich  die  Verbindung  der  Kolbenstange  mit 
dem  Bär  und  der  Ständer  mit  der  Fundamentplatte  ersichtlich. 

Die  Hämmer  nach  Daelen's  System  haben  den  Vortheil,  dass  auch 
bei  Handsteuerung  der  ganze  aufgewendete  Dampf  mit  Expansion  wirkt, 
wodurch  der  Dampf  verbrauch  sich  verringert,  und  dass  die  einzelnen 
Gonstructionstheile ,  insbesondere  auch  die  Kolbenstange,  recht  stabil 
sind;  ein  Nachtheil  liegt  nach  Hauer  in  der  Schwierigkeit,  die  Stopf- 
büchse der  dicken  Kolbenstange  dicht  zu  erhalten,  was  übrigens  bei  anderen 
Hämmern  mit  dicker  Kolbenstange  in  gleichem  Maasse  der  Fall  sein  wird 

Naylor^s  Dampfhammer,  vom  Ingenieur  Naylor  in  Norwich 
im  Jahre  1857  construirt.  Der  Hub  erfolgt  wie  beim  Nasmyth-Ham- 
mer  durch  frisch  zuströmenden  Unterdampf;  nach  beendigtem  Hube  ent- 
weicht derselbe  und  der  Niedergang  wird  beschleunigt,  die  Schlagwirkung 
verstärkt,  indem  frischer  Oberdampf  eintritt  und  während  der  ganzen 
Periode  des  Niederfallen s  thätig  bleibt. 

Dieses  Pnncip,  die  Wirkung  frisch  zugeleiteten  Oberdampfs  mit  der 
Wirkung  des  frei  fallenden  Ilammergewichts  zu  vereinigen,  findet  sich 
seit  der  Erfindung  des  Naylor -Hammers  bei  zahlreichen  Ilaramercon- 
structionen  vertreten;  da  indessen  Naylor  zuerst  mit  der  Anwendung 
desselben  hervortrat,  so  erscheint  es  berechtigt,  wenn  man  alle  jene 
Hammerconstructionen ,  deren  Wirkung  in  gleicher  Weise  hervorgerufen 
wird,  diesem  Systeme  einreiht,  wenn  auch  in  den  Einzelheiten  der  Aus- 
führung, insbesondere  auch  in  der  Art  und  Weise  der  Steuerung  keine 
Uebcreinstimmung  mit  dem  ursprünglichen  Naylo  r- Hammer  stattfindet. 


Naylor^s  Dampfhammer.  443 

Der  von  Naylor  erbaute  Hammer  besass  eine  eigenthümliche  Selbst- 
stenemng  und  eine  massig  dicke  Kolbenstange  ^).  Wie  schon  oben  er- 
wähnt wurde,  ist  man  in  der  Neuzeit  von  der  Anwendung  der  Selbst- 
steuerung bei  grossen  Hämmern  mehr  und  mehr  abgegangen  und  hat 
dieselbe  auf  selbstthätige  Hubbegrenzung  beschränkt,  während  bei  klei- 
neren Hämmern  mit  Oberdampf  die  mannigfachsten  anderen  Selbststeue- 
rungen ins  Leben  getreten  sind,  so  dass  die  Naylor 'sehe  Steuerung 
in  ihrer  ursprünglichen  Form  nicht  gerade  häufig  mehr  in  Anwen- 
dung ist. 

*In  Folge  der  Anwendung  frischen  Oberdampfs  fällt  bei  diesen  Häm- 
mern für  eine  gegebene  Schlagwirkung  die  Hubhöhe  geringer  und  die 
Anzahl  der  Schläge  in  gleichen  Zeiträumen  grösser  aus,  als  bei  den 
einfach  wirkenden  Uämmern.  Hierin  liegt  wohl  der  Hauptyortheil  dieses 
Systems,  welcher  demselben  eine  grosse  Verbreitung  yerschaffb  hat;  denn 
die  grössere  Hubzahl  befördert  nicht  allein  direct  die  Arbeit  der  Form- 
veränderuDg,  sondern  begünstigt  auch,  sofern  das  Metall  im  erhitzten 
Zustande  verarbeitet  werden  muss,  in  Folge  jenes  raschern  Vorschreitens 
der  Arbeit  die  Ausnutzung  des  zur  Erhitzung  verbrauchten  Brennstoffs 
und  verringert  mit  der  Anzahl  der  erforderlichen  Erhitzungen  den  dabei 
unvermeidlichen  Abbrand.  Hieraus  folgt,  dass  die  doppelt  wirkenden 
Naylor'schen  und  ähnlichen  Hämmer  für  die  Formveränderung  der  Me- 
talle im  Allgemeinen  geeigneter  sind,  als  die  einfach  wirkenden  Nasmyth - 
Hämmer;  es  wurde  aber  schon  früher  erwähnt,  dass,  sofern  es  sich  um 
Verdichtung  schwerer  Metallkörper  handelt,  die  durch  Oberdampf  und 
leichteres  Fallgewicht  erzielte  Wirkung  nicht  im  Stande  sei,  ein  schweres 
Fallgewicht  zu  ersetzen,  und  für  letztere  Fälle  bleiben  deshalb  die 
Nasmyth-Hämmer  oder  doch  solche  doppeltwirkenden  Hämmer  unent- 
behrlich, bei  denen  der  Oberdampf  höchstens  zur  Verstärkung  der  durch 
ein  grosses  Fallgewicht  hervorgebrachten  Leistung  benutzt  wird. 

Der  Totaleffect  der  Hämmer  mit  frischem  Ober-  und  Unterdampf 
wird  sich  um  so  mehr  auf  die  Wirkung  des  Oberdampfs  concentriren ,  je 
dicker  die  Kolbenstange,  je  grösser  also  das  Verhältniss  der  obern  freien 
Kolbenfläche  zur  untern  ist.  Für  eine  gegebene  theoretische  Leistung 
wird  also  mit  Zunahme  des  Kolbenstangendurchmessers  Gewicht  und 
Hubhöhe  immer  mehr  sich  verringern,  die  Hubzahl  sich  vermehren 
können,  und  es  werden  dann  jene  Hammer  in  solcher  Weise  zu  eigent- 
lichen Schnellhämmern,  von  denen  unten  noch  eingehender  die  Rede 
sein  wird. 

Man  findet  für  die  innere  Steuerung  der  modernen  Hämmer  nach 
diesem  Systeme  sämmtliche  Steuerungsarten  vertreten  ;*  für  Hämmer  mit 

^)  Eine  Abbiklung  des  Hammers  findet  sich  in  den  Proceediugs  of  the  Bir- 
mingham Institution  of  Meclianical  EDgineers  Jahrgang  1R57,  8.  233;  eine 
recht  gute  Skizze  in  den  Mittheilangen  des  Hannoverschen  Gewerbevereins 
Jahrgang  1863,  8.  238.  Hämmer  nach  Naylor^s  Patent  liefert  jetzt  noch 
die  Firma  Kirkstall  Forge  Co.  in  Leeds  (Yorkshire). 


444  Hammer  und  Ambos. 

schwerem  Fallgewichte  vorwiegend  Ventile;  fär  kleinere  Schieber  und 
Hähne.  Bei  schweren  Hämmern  ist  mehrfach  die  Einrichtung  vorhan- 
den, dass  man  nach  Belieben  mit  und  ohne  Oberdampf  arbeiten  kann, 
indem  man  für  den  letztern  Fall  den  Fintrittscanal  filr  den  Oberdampf 
abgesperrt,  den  Austrittscanal  geö&et  erhält.  Sie  wirken  dann  gerade 
so  wie  Nasmyth -Hämmer. 

Einen  Hammer  der  letztern  Art  von  5000  Kilogramm  Fallgewicht, 
1800  Mm.  Habhöhe  mit  abstellbarem  Oberdampfe  und  Ventilsteuerung 
von  Hand,  aber  selbstthätiger  Begrenzung  des  grössten  zulässigen  Hubes, 
aus  der  Fabrik  von  G.  Brinkmann  u.  Co.  in  Witten  a.  d.  Ruhr,  zeigen 
die  Figuren  349  und  350. 

Die  Ständer  dieses  Hammers  sind  aus  Gusseisen,  ruhen  auf  guss- 
eisernen Fussplatten  und  sind  zwischen  den  Knaggen  derselben  —  wie 
aus  Fig.  349  zu  ersehen  —  festgekeilt.  Jeder  Ständer  ist  durch  vier 
starke  Fundameutanker  gg^  welche  durch  die  Fussplatten  hindurchgehen, 
und  jede  Fussplatte  ausserdem  noch  durch  zwei  dergleichen  Anker  ^i^ 
befestigt;  die  Fussplatten  sind  ausserdem  unter  einander  durch  horizontale, 
unterhalb  der  Flurlinie  liegende,  schwere  schmiedeeiserne  Anker  derartig 
mit  einander  verbunden,  dass  sie  sich  weder  einander  nähern,  noch  von 
einander  entfernen  können.  Endlich  wird  eine  wichtige  Verankerung 
der  Ständer  durch  zwei  schmiedeeiserne  Schienen  a  gebildet,  welche,  ab- 
sichtlich so  lang  als  möglich  gemacht,  an  beiden  Seiten  des  Gerastes  von 
einem  Ständer  zum  andern  hinübergehen  und  mittelst  schmiedeeiserner 
gedrehter  Scheiben,  die  halb  in  die  Ständer,  halb  in  die  Schienen  ein- 
gefräst sind,  die  seitlichen  Prellschläge  des  Bars  auf  beide  Ständermassen 
übertragen.  Als  Führungen  für  den  Bär  dienen  zwei  gusseiserne  Schie- 
nen mit  T-förmigem  Querschnitte,  welche  auf  die  gehobelten  Flächen  der 
Ständer  aufgepasst  und  an  jeder  Seite  mittelst  vier  auf  seitlich  angegos- 
sene Knaggen  der  Ständer  und  Führungen  warm  aufgezogener  schmiede- 
eiserner Ringe  {cc  in  Fig.  349)  befestigt  sind.  Etwas  oberhalb  der 
Führungen  gewahrt  man  über  jeder  derselben  ein  am  Ständer  be- 
festigtes Ilolzstück  b,  welches  den  Zweck  hat,  bei  einem  durch  un- 
aufmerksame Steuerung  veranlassten  zu  hohen  Aufsteigen  den  Bär  abzu- 
fangen. 

Oben  sind  die  Ständer  durch  das  gusseiserne  Kronstück  (Holm)  ver- 
bunden, welche^  die  Canäle  für  Ein-  und  Ausströmung  enthält,  sämmt- 
liche  Steuerungsmechanismen  trägt  und  durch  starke  Schrauben  wie 
durch  zwei  Stück  an  jeder  Seite  warm  aufgezogener  Ringe  äd  (Fig.  349) 
auf  den  Ständern  befestigt  ist. 

e  ist  das  Gehäuse  des  Zulassventils  für  den  frischen  Dampf,  welches, 
wie  aus  beiden  Abbildungen  erkennbar  ist,  von  dem  Stande  des  Maschi- 
nenwärters aus  mit  Hülfe  eines  Handrädchens  geöffnet  und  geschlossen 
^wird,   und   dessen   Einströmung  in  die  beiden   Dampfeinlassventile  für 
Unter-  und  Oberdampf  führt. 


Brinkmann's  Dampfhammer.  445 

Von  den  vier  in  Fig.  349  ersichtlichen  Steuernngsventilen  ist 
das  mit  Ä  0  bezeichnete  Anslassyentil  für  den  Oberdampf, 
jy      ^    EO  „  Einlassventil    n      n  n 

„      n    EU  „  „  „„    Unterdampf, 

ff      „    ÄU  „  Aaslassventil    „      „  „ 

Es  wird  femer  ohne  Weiteres  verständlich  sein,  wie  die  Ventile 
durch  die  in  Fig.  349  erkennbare  horizontale  Zugstange  und  durch 
Hebel  mit  einander  verbunden  sind,  so  dass  das  Einlassventil  für  den 
Unterdampf  E  U  und  das  Auslassventil  für  den  Oberdampf  Ä  0  gleich- 
zeitig geöfihet  werden,  und  sobald  diese  Oefinung  durch  Empordrücken 
des  am  Rande  des  Hammerführers  angebrachten  Steuerungshebels  /  be- 
wirkt wird,  steigt  der  Hammer. 

Nun  ist  dem  Hebelarme,  welcher  dasVentil  E  0  ö&et,  in  der  Yentil- 
stange  ein  solcher  Spielraum  gegeben,  dass  dieses  Ventil,  dessen  Oeffnung 
durch  dieselbe  Bewegung  der  Zugstange  erfolgt,  welche  A  ü  öffnet,  noch 
in  Ruhe  verharrt,  während  A  ü  schon  gehoben  wird  und  der  Unterdampf 
entweicht.  Wird  also  die  Bewegung  der  Steuerung  in  diesem  Stande 
unterbrochen,  so  bleibt  das  Oberdampfventil  geschlossen,  und  der  Ham- 
mer fäUt  nur  durch  sein  eigenes  Gewicht.  Wie  leicht  erkenntlich  ist, 
geschieht  das  Oeffnen  des  Unterdampfauslassventils  beziehentlich  Ober- 
dampfeinlassventils  durch  Niederdrücken  des  schon  erwähnten  Handhebels 
/;  beim  Niederdrücken  bis  zu  einem  gewissen  Stande  wird  nur  das  erstere 
geöffnet ,  beim  tiefern  Stande  des  Hebels  erhält  auch  der  Oberdampf  Zu- 
tritt. Zur  Regelung  dieser  verschiedenen  Steuerung  befindet  sich  unter- 
halb des  Handhebels,  an  dem  Ständer  befestigt,  eine  excentrische  Scheibe 
c,  durch  eine  Klinke  Je  drehbar,  auf  deren  Rand  der  Steuerungshebel  beim 
Niederdrücken  aufschlägt.  Steht  die  Scheibe  so,  dass  der  grösste  Ab- 
stand ihres  Randes  vom  Drehungspunkte  nach  oben  gerichtet  ist,  so 
schlägt  der  Steuerungshebel  auf^  bevor  das  Oberdampfventil  geöffnet  ist 
und  der  Hammer  arbeitet  nur  mit  Unterdampf;  dreht  man  die  Scheibe 
so,  dass  ihr  Rand  tiefer  liegt  und  drückt  den  Hebel  nieder,  so  wird  auch 
das  Oberdampfventil  geöffnet. 

Bei  regelrechter  Steuerung  soll  der  Hammerführer  die  Steuerung 
für  Auf-  und  Niedergang  von  Hand  bewirken;  um  jedoch  Unglücksfalle 
durch  versäumte  Umsteuerung  beim  Aufsteigen  zu  vermeiden,  trägt  der 
Bär  ein  Röllchen  r,  welches  gegen  eine  Verlängerung  des  Steuerungs- 
hebels/trifft  und  dadurch  im  höchsten  Stande  selbstthätige  Umsteuerung 
bewirkt. 

Die  auf  den  Abbildungen  ersichtlichen  Röhren  min,  welche,  aus  dem 
Kronstücke  kommend,  auf  der  rechten  Seite  des  Hammers  sich  in  einem 
g^sseren  Rohre  n  vereinigen,  dienen  zum  Ablassen  des  condensirten 
Wassers. 

Von  anderen  Dampfhämmern,  welche  mit  frischem  Unter-  und  Ober- 
dampfe arbeiten,  hinsichtlich  der  Steuerung  und  sonstigen  Einzelheiten 
aber  charakteristische  Unterschiede  zeigen,  nennen  'wir  unter  anderen 


446  Hammer  und  Ambos. 

Schwartzkopff's  Hammer  (abgebildet  und  beschrieben  in  Wiebe's 
Skizzenbucb,  Jahrgang  1870,  Heft  4,  Blatt  1;  auch  sehr  gut  abgebildet 
in  den  Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrgang  1869,  Blatt  26);  die  Hämmer 
von  Massey,  Varrall,  £llwe'll  u.  Paulot,  Seilers,  Banning,  deren 
wir  zum  Theil  noch  unter  der  üeberschrift  „Schnellhämmer"  erwähnen 
werden  ^). 

Farcot's  Hammer.  In  den  fünfziger  Jahren  dieses  Jahrhunderts 
durch  den  Ingenieur  Farcot  in  Paris  erfunden.  Die  Stander  sind  hohl 
und  dienen  als  Dampf behälter  für  den  Unterdampf,  welcher  von  bier 
freien  Zutritt  unter  den  Kolben  bat.  Der  Znfluss  des  Dampfes  in  die 
Stander  erfolgt  durch  einen  selbstthätig  wirkenden  Röhrenschieber,  wel- 
cher nur  so  viel  Dampf  zuströmen  lässt,  als  zur  Aufrechterhaltung  einer 
Dampfspannung  erforderlich  ist,  wie  sie  eben  zum  Heben  des  Kolbens 
ausreicht  (1  Atmosphäre  Ueberdruck);  welcher  sich  selbstthätig  schliesst, 
sobald  diese  Dampfspannung  unter  dieses  Maass  sinkt.  Da  jener  Raum 
innerhalb  der  Ständer  in  ununterbrochener  Verbindung  mit  dem  Räume 
unterhalb  des  Kolbens  steht,  so  verharrt  letzterer  so  lange  in  seinem 
höchsten  Stande,  bis  ein  stärkerer  Gegendruck  geübt  wird-  Dieses  ge- 
schieht, und  das  Niederwerfen  des  Hammers  erfolgt,  indem  der  Abzugs- 
canal  für  den  verbrauchten  Dampf  im  obern  Räume  geschlossen  und 
stark  gepresster  Oberdampf  zugeleitet  wird;  der  Schlag  ist  eine  Folge  der 
verschiedenen  Pressung  unterhalb  und  oberhalb  des  Kolbens.  Die  Kol- 
benstange ist  dünn  und  verringert  den  totalen  Querschnitt  nur  unbedeu- 
tend; da  aber  der  Druck  per  Flächeneinheit  zum  Heben  des  Dampf kol- 
bens  gering  ist,  fällt  die  Kolbenfläche  selbst  verhältnissmässig  gross  aus, 
und  die  Schläge  erhalten  durch  den  Oberdampf  eine  bedeutende  Stärke. 
Die  Steuerung  erfolgt  von  Hand  und  ist  meistens  Schiebersteuerung  ^). 

Der  zum  Anheben  des  Kolbens  benutzte  Dampf  der  Farcot- Häm- 
mer wird  beim  Niedergange  in  die  Ständer  zurückgedrückt  und  bleibt 
somit  für  die  weitere  Benutzung  unverloren ;  .  dagegen  wird  bei  der 
grossen  Oberfläche  der  dampferfüllten  Ständer,  obschon  dieselben  mit 
schlechten  Wärmeleitern  eingehüllt  sind,  jedenfalls  viel  Dampf  condensirt, 
und  die  Wärme  der  Ständer  dürfte  für  den  Maschinenwärter  nicht  selten 
Belästigungen  herbeiführen. 

In  Deutschland  sind  die  Farcot- Hämmer  selten  zur  Anwendung 
gekommen,  häufiger  in  Frankreich,  obschoü  auch  dort  in  neuerer  Zeit  die 
Anzahl  derselben  eher  im  Abnehmen  als  im  Zunehmen  begriflen  sein  dürfte. 

Türck's  Dampfhammer,  vom  Ingenieur  Türck  inChartres  1855 
construirt.    Die  Kolbenstange  ist  dick  und  bewirkt  dadurch  einen  erheb- 


^)  Vergi.  A.  V.  Hesse:  Die  Werkzeugmaschinen  nach  den  Ergebnissen  der 
Wiener  Weltausstellung,  Leipzig  1874.  —  Die  Steaemngsmechanismen  der  mei- 
sten oben  genannten  Hammerconstructionen  sind  eingehend  beschrieben  in 
V.  Hauer,  Hütten wesensmaschinen,  2.  Aufl.  (vergl.  Literatur  über  Hämmer). 

2)  Abbildung  eines  Farcot -Hammer  sielie  Dingler's  polyt.  Journal,  Band 
152,  8.  403;  ferner  Mallet,  Becord  of  the  Great  Exhibition  1862,  S.  313. 


Schnellhämmer.  447 

liehen  Unterschied  in  dem  freien  Gylinderqaerschuitte  anter  und  über 
dem  Kolben.  Der  Hub  erfolgt,  indem  frischer  Dampf  vom  Kessel  her 
anter  den  Kolben  tritt  and  der  Dampf  oberhalb  des  Kolbens  entweicht; 
der  Niedergang,  indem  nach  Abschlass  des  Abzagscanals  oberhalb  des 
Kolbens  frischer  Oberdampf  zugeleitet  wird ,  ohne  dass  der  Unterdampf 
ins  Freie  entlassen  wird.  Mit  dem  Far cot- Hammer  stimmt  derT&rck'- 
sche  Hammer  darin  überein,  dass  der  zum  Abheben  benutzte  Dampf 
nicht  yerloren  geht,  sondern  bei  ersterem  in  die  Ständer,  bei  letzterem 
nach  dem  Kessel  zurückgedrückt  wird,  and  der  Kolben  sofort  wieder 
steigt,  wenn  der  Oberdampf  entweichen  kann;  der  wesentliche  Unter- 
schied beider  Systeme  liegt  darin,  dass  das  Niederwerfen  bei  dem  Far- 
cot -Hammer  durch  die  verschiedene  Dampfspannung,  bei  dem  Türck- 
Hammer  durch  die  verschiedene  Grösse  der  freien  Kolbenfläche  oben 
und  unten  bewirkt  wird. 

Die  Steuerung  ist  selbstthätig  mit  entlastetem  Schieber  und  bewirkt 
Expansion  des  Oberdampfs  ^). 

Die  Türck' sehen  Hämmer  sind,  obschon  sie  die  Nachtheile  der 
Far  cot' sehen  theilweise  vermeiden,  in  ihrer  ursprünglichen  Form  selten 
in  Anwendung;  doch  finden  sich  hier  und  da  Ck>mbinationen  der  Eigen- 
thümlichkeiten  des  Systems  mit  anderen  Systemen. 

Schnellhämmer.  Die  allgemeinen  Grundzüge  der  Schnellham- 
mersysteme wurden  bereits  oben  gegeben.  Ihrer  Aufgabe  gemäss,  eine 
grosse  Anzahl  Schläge  in  gegebener  Zeit  auszuführen,  werden  sie  nie- 
mals in  grossen  Abmessungen  ausgeführt  und  bilden  daher  diesen  Eigen- 
thümlichkeiten  zufolge  in  Schmiede  Werkstätten  zur  Formgebung  für 
mittelgrosse  Gegenstände  einen  höchst  wirksamen  und  nützlichen  Ersatz 
des  Handhammers. 

Sofern  es  sich  nur  um  die  Art  der  Dampfwirkung  und  Vertheilung 
handelt,  bilden  die  Schnellhämmer  kein  selbstständiges  Hammersystem, 
sondern  lassen  sich  den  früher  beschriebenen  Systemen  einreihen;  die 
meisten  erhalten  frischen  Unter-  und  Oberdampf  und  würden  demnach 
denjenigen  Hämmern  beizugesellen  sein,  welche  wir  unter  der  Ueber- 
Schrift:  Naylor^s  Hammer  besprochen  haben,  auch  Daelen's  System 
ist  mehrfach  vertreten  und  Combinationen  des  Systems  Daelen-Morri- 
son  und  Daelen-Türck^).  Sie  bilden  kleinere  Formen  jener  Hämmer 
mit  besonderen  Steuerungsvorrichtungen. 

Die  Steuerung  ist  fast  immer  selbstthätig,  was  schon  wegen  der 
grossen  Hubzahl  unerlässlich  ist;  die  Umsteuerung  geht  nicht  momentan, 
sondern  während    eines    gewissen  Theils  des  Kolbenlaufs   von  Statten. 


^)  AbbilduDg  des  Türck 'sehen  Hammers,  Annales  des  mines^  5.  Serie, 
8.  Band,  Seite  533,  Tafel  IX. 

^)  Letztere  Combination  bei  Schwartzkopf.f*8  Schnellbammer;  siebe 
Wiebe's  Skizzenbuch,  Jahrgang  1870,  Heft  4,  Blatt  2. 


448  Hammer  und  Ambos. 

Zur  inneren  Steuerung  dienen  vorwiegend  Schieber.  Die  Scblagstarke  läast 
sich  durch  Begolimng  des  Dampfzuflusses  und  Verstellung  des  selbstthäti- 
gen  Steuerungsmechanismus  innerhalb  gewisser  Grenzen  beliebig  ändern. 
Das  Hammergerüst  ist  bei  der  geringen  Grosse  einstandrig  (yorhängendes 
Gerüst);  die  Chabotte  meistens  mit  dem  Gerüste  fest  yerbunden  und 
gemeinschaftlich  mit  demselben  fundamentirt. 

Der  Hauptimterschied  der  yerschiedenen  Schnellhammersysteme 
liegt  also  in  der  Anordnung  und  Wirkung  der  Steuerung,  und  da  die 
grosse  Anzahl  Schläge  leicht  aufBeschadigangen  dieser  Steuerung  hinwir- 
ken kann,  und  andererseits  die  Wirkung  des  Hammers  eben  zum  grossen 
Theile  yon  der  richtigen  Thätigkeit  dieser  Steuerung  abhängig  ist,  so 
läset  sich  leicht  folgern,  welche  grosse  Wichtigkeit  gerade  eine  zweck- 
mässige Steuerungsconstruction  für  die  Zweckmässigkeit  eines  Schnell- 
hammers besitzt. 

Unter  den  zahlreichen  hierher  gehörigen  Constructionen  können 
nur  wenige  als  Beispiele  heryorgehoben  werden. 

Schnellhammer  yon  Keller  und  Banning^).  Fig.  351  zeigt 
eine  perspectiyische  Ansicht  des  Hammers.  Der  Ständer  ist  hohl  und 
auf  dem  Untersatze  aufgeschraubt,  die  innere  Steuerung  besteht  aus 
einem  Mnschelschieber,  welcher  in  seinem  höchsten  Stande  den  Einstro- 
mungscanal  für  den  Unterdampf  geöffnet  halt,  den  Raum  über  dem  Kol- 
ben aber  mit  dem  Ausblaserohre  yerbindet.  Der  Schieberkasten  ist  dem 
Beschauer  zugewandt.  Die  Zuleitung  des  Dampfes  in  den  Kasten  erfolgt 
yon  oben  durch  den  aufwärts  gerichteten  Rohrstutzen  und  wird  yer- 
mittelst  eines  durch  Drehung  der  dem  Beschauer  zugewendeten  Hand- 
kurbel bewegten  Schiebers  regulirt,  beziehentlich  ganz  abgesperrt.  Das 
Ausblaserohr  befindet  sich  an  der  entgegengesetzten  Seite,  durch  einen 
ringförmigen  Canal  mit  dem  Schieberkasten  yerbunden,  und  ist  deshalb 
in  der  Abbildung  nicht  zu  sehen.  Die  nach  abwärts  gerichtete  Schiebor- 
stange  endigt  in  einem  klauenartigen,  nach  rechts  offenen  Schlitze, 
dessen  innere  Flächen  mit  Stahlplatten  armirt  sind,  und  in  welchen  ein 
an  der  dahinter  liegenden  horizontalen  Welle  befindlicher  Daumen  (Hebel- 
arm) eingreift  (letzterer  ist  in  der  Abbildung  nicht  deutlich  ersichtlich). 
An  dem  rechten  Ende  dieser  Welle  befindet  sich  ein  zweiter  längerer 
Hebelarm,  welcher  mithin  mit  jenem  kurzen  zusammen  einen  Winkel- 
hebel bildet.  Das  Ende  des  langem  Armes  steckt  yerschiebbar  in  einer 
Hülse,  welche  um  einen  an  dem  Hammerbär  befestigten  eisernen  Bolzen 
drehbar  ist.  Es  ist  einleuchtend,  dass,  sobald  der  Bär  steigt,  die  Hülse 
sich  drehen,  der  Arm  in  derselben  sich  yerschieben,  dabei  ebenfalls  eine 
entsprechende  Drehung  erlangen  und  diese  durch  die  Welle  auf  den 
kurzen  Hebelarm  übertragen  wird.  Wie  erwähnt  befindet  sich  der 
Steuerungsschieber    bis    dahin    in    seiner    höchsten  Stellung.      Da    der 


^)  Alis  der  Maschinenfabrik  von  J.  Banning,  früher  Keller  nnd  Ban- 
ning  zu  Hamm  in  Westphalen. 


Keller's  und  Banning's  Dampfhammer.  449 

Schlitz  am  untern  Ende  der  Schiebe rstange  breiter  ist,  als  der  in  densel- 
ben eingreifende  Daumen,  bo  hat  dieser  im  Beginne  des  Hnbes  Spielraum 
für  die  Drehung  und  der  Schieber  bleibt  während  dieses  sogenannten 
„todten  Gangs"  oder  „Leergangs"  unbewegt.  Sobald  aber  bei  vorgeschritte' 
nem  Hube  der  Hebel  die  untere  Fläche  des  Schlitzes  erreicht,  wird  die 
Fig.  3r.l. 


Scbieberstange  abwärts  bewegt  und  zuerst  yermittelst  des  uutem  Schie- 
berlappens  die  Einströmung  abgesperrt;  die  Expansion  beginnt.  Dann 
wird  auch  der  Ansstrdmungscanal  durch  den  oberen  Schieberlappeu  ge- 
schlossen, und  der  über  dem  Kolben  befindliche  Dampf  eingeschlossen 
und  zusammengedrückt;    endlich  tritt  bei  weiterm   Aufsteigen  des  Kol- 


450  Hammer  und  Ambos. 

benB  nnd  bei  weiierm  Hinabrücken  des  Scbiebers  der  antere  Dampf- 
canal  mit  dem  inneren  Räume  des  Schiebers  und  dem  Ausblaserohre,  der 
obere  Dampfcanal  dagegen  mit  dem  dampferfüllten  Räume  des  Schieber* 
kastens  in  Verbindung;  es  tritt  Oberdampf  ein  und  wirft  den  Kolben 
abwärts.  Es  folgt  nun  das  umgekehrte  Spiel  der  Steuerung  als  beim 
Aufsteigen;  zuerst  Leergang,  dann  Expansion  u.  s.  w.,  schliesslich  wie- 
der Umsteuerung. 

Da  beim  Aufsteigen  des  Bars  sich  die  Länge  des  in  der  Hülse  ver- 
schiebbaren Hebelarms  mehr  und  mehr  verkürzt,  so  bewirken  in  dem 
oberen  Theile  des  Hubes  gleiche  Kolbenwege  grössere  Schieberwege  als 
in  dem  untern.  Daher  wird  beim  Steigen  des  Hammers  der  Eintritt  des 
Gegendampfs  rascher,  beim  Fallen  langsamer  geöffnet,  und  die  Wirkung 
des  Schlages  durch  letztem  Vorgang  weniger  benachtheiligt. 

Ausser  durch  Regulirnng  des  Dampf  Zuflusses  vermittelst  der  er- 
wähnten Handkurbel  lässt  sich  der  Hub  und  die  Schlagstärke  auch  in 
folgender  Weise  verändern.  Die  horizontale  Drehungsachse  der  beiden 
Hebelarme  ist  excentrisch  mit  einer  andern  Welle  verbunden,  welche  in 
einer  an  den  Ständer  angegossenen  Hülse  gelagert  und  durch  einen  an 
einem  Gradbogen  stellbaren  Handhebel  drehbar  ist  (vergl.  Abbildung). 
Diese  Einrichtung  ermöglicht  eine  höhere  und  tiefere  Stellung  der  Dre- 
hungsachse. Stellt  man  sie  tiefer,  so  wird  auch  der  Steuerungsschieber 
eine  tiefere  Stellung  erhalten,  die  Umsteuerung  findet  beim  Aufsteigen 
des  Hammers  früher  statt,  der  Hub  wird  verkürzt,  beim  Fallen  tritt 
früher  Gegendampf  ein  und  die  Schlagstärke  wird  geschwächt. 

Kolben  und  Kolbenstange  sind  bei  den  Banning'schen  Schnellhäm- 
mem  aus  einem  Gussstahlstücke  geschmiedet;  das  Bärgewicht  beträgt 
75  bis  750  Kilogramm  bei  einer  Hubhöhe  von  200  bis  870  Mm.  und  einer 
grössten  Hubzahl  von  500  Hüben  per  Minute  bei  den  kleinsten,  150  Hü- 
ben bei  den  grössten  Hämmern. 

Sellers'scher  Dampfhammer.  Bei  demselben  ist  die  Steuerung  an 
einer  oberhalb  des  Dampf  kolbens  befindlichen  Verlängerung  der  Kolben- 
stange angebracht,  welche  in  Stopfbüchsen  geführt  ist  und  eine  Führung 
des  Bars  entbehrlich  macht.  Diese  dem  Morrison-Hammer  entlehnte 
Einrichtung  vermeidet  die  Beengung  des  Raums  durch  die  Führungen 
um  den  Ambos  herum  und  verringert  die  Gefahr  für  Beschädigung  des 
Steuerungsmechanismus.  Der  Querschnitt  der  obern  Kolbenstange  ist 
schwächer  als  der  der  untern,  dem  Oberdampfe  also  eine  grössere  Fläche 
gegeben  als  dem  Unterdampfe,  wie  es  der  Wirkung  der  Schnellhämmer 
entspricht. 

Die  Bewegung  der  Steuerung  erfolgt  durch  eine  Gleitbacke,  welche 
in  einer  schräg  ansteigenden  Nuth  der  Kolbenstange  gleitet  und  bei  dem 
Aufsteigen  der  letztern  in  horizontaler  Richtung  verschoben  wird.  Zum 
Schutze  gegen  Staub  und  sonstige  äussere  Einflüsse  ist  die  obere  Kolben- 
stange sammt  der  erwähnten  Gleitbacke  durch  einen  gusseisemen  Hut 
abgedeckt. 


Seilers'«  Dampfhammer.  iTA 

In  Fig.   352  bis  35&  ist  ein  derartiger  Dam pfh (immer  abgebildet, 

TOB  der  Chemnitzer  Werkzengmaschinenfabrik  in  Chemnitz  gebaut,  in 

dem  Hanptprincipe  mit  dem  nrBprOnglichen  SellerB'achen Dampfhammer 


452  Hammer  und  Ambos. 

übereiDBtiramend^),  in  deo  Einzelheiten  aber   mehrfach  abgeändert  nnd 
verbessert.     Fig.  352  ist   äoBsere  Ansicht  and  Schnitt  dtirch  den  Hut 
Pig.  3S3.  s'"'      BloBslegnng     der 

Stenernng;  Fig.  353  ist 
ein  Bcnkrechter  Schnitt 
dürchCylindernndSehie- 
berkastenmitte  \  Figar 
354eiaHoHzontal3chnitt 
dnrch  die  obere  Kolben- 
stange nach  der  Linie  I, 
II  inFig  352;  Fig.  355 
endlich  ein  Horizontat- 
Bchnitt  durch  Cylinder 
nnd  Schieberkastfin  nach 
der  Linie  III,  IV. 

Ans  Fig.  352  nnd 
354  ergiebt  Bich  die 
Einrichtung  des  für  die 
Steuerung  dienenden 
metallenen  Gleitstücks 
Ä.  Dasselbe  greift  an 
zwei  gegenüberliegen- 
den Seiten  in  die  schrä- 
gen Nathen  der  Kolben- 
stange (wodurch  die 
letztere     zugleich      vor 

Drehung  geschützt 
wird)  und  an  der 
Aassenseite  mit  an* 
gegossenen  Zapfen  in 
entsprechende  Führan- 
gen  des  Gehäuses ,  so 
dasB  beim  Ansteigen 
nnd  Fallen  des  Kolbens 
nur  eine  seitliche  Vor- 
Bchiebung  des  Gleit- 
•  Stücks    eintreten    kann. 

Es  ist  ans  Fig.  352  er- 
sichtlich, dass  beim 
des    Hammers 


')  Abbildung  Bftd  Be- 
■cbreibnng  den  uraprüng- 
liehen  Hammers.  Foljl. 
Cantralbtatc  lü7*,   6.  *-2e. 


Sellerä'  Dampfhammer.  453 

das  Gleitstück  nach  links,  beim  Fallen  nach  rechts  gleiten  rnnss.  Diese 
Bewegung  wird  durch  die  kleine  in  einer  Stopfbüchse  geführte  Schub- 
stange /,  den  Winkelhebel  g,  Schubstange  h  und  Hebel  i  auf  die 
Stange  k  des  entlasteten  SteuerungsschieberB  (vergl.  Fig.  353)  übertra- 
gen, derartig,  dass  der  Schieber  die  entgegengesetzte  Bewegangerichtnng 
aU  der  Kolben  annimmt.  Der  Gang  des  Hammers  findet  nun  folgender- 
maassen  statt.  Das  Dampfeinlassventil  Z  wird  geöffnet,  der  Dampf  tritt 
in  den  Schieherkasten.  In  der  gezeichneten  Stellung  des  Schiebers 
(Fig.  353)  ist  der  EiolasBcanal  für  den  Unterdampf  noch  geschlosseD, 
der  Hammer  verharrt  noch  in  Ruhe.  Dreht  man  nun  aber  den  Winkel- 
hebel ffi  vermittelst  des  an  seinem  Ende  befindlichen  Handgriffs  nach 
der  PfeilricbtuDg  in  die  durch  eine  pnnktirte  Linie  angedeutete  Stellnngj 
so  wird  die  Zugstange  {  und  somit  aacb  der  an  dem  Ende  derselben  be- 
findliche ÄngriSsponkt  deg  Hebeb  i  abwärts  bewegt,  die  Schieberstsnge 
gebt  aufwärts,  der  Eintritt  für  den  Unterdampf  wird  geöffnet,  der  obere 
Canal  communicirt  mit  dem  Aasblaserohre ,  der  Hanimer  steigt.  Es  ist 
hierbei  zu  beachten,  dass  der  Hebel  t,  je  nachdem  die  Hebel  m  oder  g 
Fig.  354.  Fig.  355. 


bewegt  werden,  ab  doppelarmiger  oder  als  einarmiger  Hebel  thätig  wird; 
in  dem  ersten  Falle  fallt  der  Drehongspunkt  mit  dem  Angriffspunkte 
der  Stange  h,  in  dem  andern  mit  dem  Angriffspunkte  der  Stange  l  zu- 
sammen, m  und  somit  auch  die  Stange  l  wird,  nm  jede  selbstthätige 
Verschiebung  während  des  Ganges  zu  vermeiden ,  durch  die  Sperrfeder 
X  in  dun  Gradbogen  y  eingeklinkt. 

Während  nun  der  Hammer  steigt,  geht  der  Schieber  abwärts.  Zu- 
nächst wird  der  untere  Canal  geschlossen,  der  Dampf  ezpandirt.  Dann 
wird  auch  der  obere  Canal  geschlossen,  der  eingeschlossene  Dampf  ober- 
halb des  Kolbens  wird  zusammengedrückt;  nun  tritt  der  untere  Canal 
mit  dem  Aasblaserohre,  Bchliesslich  der  obere  mit  dein  dampferfflllten 
äussern  Räume  im  Schieberkasten  iu  Verbindung,  es  tritt  Oberdampf 
ein,  während  der  Unterdampf  entweicht  und  der  Hammer  fällt.  Es  be- 
ginnt dann  die  Umsteuerung  in  gleicher  Reihenfolge.  Der  Oberdampf 
wird  abgesperrt  und  expandirt;  dann  wird  der  untere  Canal  abgesperrt, 
schliessfioh  der  Eintritt  für  den  Unterdampf  geöfiiiet.  Durch  Bewegung 
des  Hebels  m  liegt  es  in  der  Hand  des  Maschinenwärters,  die  Schläge 


454  Hammer  und  Ambos. 

zn  reguliren.  Je  weniger  weit  nach  rechts  der  Handgriff  desselben  ver- 
schoben wird,  desto  weniger  hoch  rückt  der  Schieber  hinauf ,  desto  frü- 
her erfolgt  Umsteuerung,  desto  weniger  hoch  ist  der  Hub;  dreht  man 
den  Hebel  nach  links,  während  der  Hammer  in  der  Höhe  ist,  so  bleibt 
der  Oberdampfcanal  geöi&iet,  und  es  erfolgen  starke  Schläge;  dreht  man 
ihn  nach  rechts,  so  wird  der  Oberdampf  vorzeitig  abgesperrt,  der  £in- 
lasscanal  für  Unterdampf  geö&et,  es  erfolgen  schwache  Schläge  oder  der 
Schlag  wird  ganz  unterbrochen. 

Der  Hebel  C  dient  zur  Regulirung  des  Ausflusses  für  den  Unter- 
dampf. Je  nachdem  die  Ausflussoffnung  durch  Drehung  des  Hebels  ver- 
engt oder  erweitert  wird,  fallt  der  Schlag  schwächer  oder  stärker  aus. 

Die  pnnktirten  Linien  in  Fig.  352  geben  die  äussersten  Grenzen  für 
die  Bewegungen  der  Steuerungstheile  an.  Als  besonderer  Vorzug  dieser 
Hammerconstruction  verdient  der  Umstand  Erwähnung,  dass  diese  Be- 
wegungen, wie  aus  der  Abbildung  hervorgeht,  und  somit  auch  die  aus 
den  Bewegungen  entspringende  Abnutzung  der  Steuerungstheile  auch 
bei  vollem  Hube  des  Hammers  nur  äusserst  geringe  sind. 

Kolben  und  Kolbenstange  sind  in  einem  Stücke  aus  Gussstahl  ge- 
fertigt. Der  Bär  aus  Schmiedeeisen  ist  durch  eine  gespaltene  conische 
Stahlbüchse  (r  in  Fig.  352)  mit  der  Kolbenstange  verbunden;  man  um- 
geht hierdurch  die  unangenehme  Nothwendigkeit ,  den  Cylinderboden 
und  die  Stopfbüchse  aus  zwei  Theilen  fertigen  zu  müssen,  was  wegen 
des  Einbringens  des  Kolbens  unerlässlich  ist,  wenn  derselbe  mit  Stange 
und  Bär  in  einem  Stücke  gefertigt  ist '). 


Literatur  über  sämmtliche  Gattungen  von  Hämmern. 

J.  V.  Hauer:     Die  Hüttenwesensmaschinen,  2.  Aufl.,  Leipzig  1876,  ent- 
hält von  S.  290  bis  468  Beschreibung  und  Constructionsregeln  für 
die  üblichsten  Hammersysteme  in  klarer,  fasslicher  Darstellungsweise. 
Ueber  Stielhämmer: 
Tunner:     Die  Stabeisen-  und  Stahlbereitung  in  Frischherden. 
Karsten:    Eisenhüttenkunde,  4.  Thl.,  S.  9,  327. 

Ueber  Schwanzhämmer  und  Zuschlaghämmer: 
Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure,  Bd.  10,  S.  251;  Dingler^s 
polytechnisches  Journal,  Bd.  206,  S.  251,  Bd.  210,  S.  6,  Bd,  220, 
S.  404;  Polytechnisches  Centralblatt,  Jahrgang  1872,  S.  1334. 
Ueber  Transmissions-  und  Dampfhämmer: 
Fallhämmer:     Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure,  Jahrgang 
1870,  S.  751;   Dingler's  polytechnisches  Journal,  Bd.  144,  S.  7, 
Bd.  147,  S.  255,  Bd.  160,  S.  5. 


1)  Beschreibung  und  Abbildung  dieser  Befestigung  siehe  Dingler's  polytech- 
nisches Journal,  Bd.  215,  B.  101. 


Setzhämmen  455 

Feder hämmer:  Dingler's  polytechnisches  Journal,  Bd.  213,  S.  194, 
Bd.  214,  S.  429;  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure,  Bd.  13, 
S.  242;  Polytechnisches  Gentralblatt,  Jahrgang  1873,  S.  1445,  Jahr- 
gang 1875,  S.  93. 

Friotionshämmer:  Dingler^s  polytechnisches  Journal,  Bd.  123,  S.  329; 
Polytechnisches  Gentralblatt,  Jahrgang  1874,  S.  1007. 

Pneumatische  Hämmer:  Dingler^s  polytechnisches  Journal,  Bd.  215, 
S.  397,  Bd.  176,  S.  176;  Preussische  Zeitschrift  für  Berg-,  Hütten- 
und  Salinenwesen,  Bd.  15,  S.  220. 

Dampfhämmer:  Dingler's  polytechnisches  Journal,  Bd.  189,  S.  93; 
Bd.  213,  S.  286  (Massey's  Dampfhammer);  Mittheilungen  des  6e- 
werbeyereins  für  Hannover,  Jahrgang  1863,  S.  236  (kurze  Beschrei- 
bung und  Kritik  der  üblichsten  Hammersysteme,  von  Rühlmann); 
Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrgang  1873,  Taf.  6  (Keller  und  Ban- 
nin g's  Hammer);  Jordan,  Album  du  cours  de  Metallurgie,  Taf. 
78,  79,  82;  Wieb e,  Skizzenbuch,  Jahrgang  1865,  Heil  2,  Jahrgang 
1872,  Heft  2;  Zeitschrift  des  bergmännischen  Vereins  für  Kärnthen, 
Jahrgang  1874,  S.  338,  361. 


Formgebende  Ergänzungsstücke  zu  den  Hämmern. 


Von  der  Form  der  Hammer-  und  Ambosbahn  ist  die  Gestaltung  der 
Begrenzungsflächen  eines  geschmiedeten  Arbeitsstücks  abhängig.  Zwar 
lässt  sich  durch  geeignetes  Drehen  und  Wenden  des  Arbeitsstücks  zwi- 
schen den  einzelnen  Schlägen  die  Formgebung  in  mannigfachster  Weise 
Tariiren;  immerhin  wird  eine  breite,  flache  Bahn  immer  nur  eine  eben 
solche  Fläche,  eine  gekrümmte  Bahn  eine  im  entgegengesetzten  Sinne 
gekrümmte  Flache  des  Arbeitsstücks  hervorbringen  können. 

Um  trotzdem  mit  einem  und  demselben  Hammer  und  Ambos  auch 
mannigfacher  gegliederte  Formen  hervorbringen  zu  können,  bedient  man 
sich  besonderer  Geräthe,  welche  in  jenen  besonderen  Fällen  zwischen 
Hammer  und  Ambos  eingeschaltet  werden  und  die  Schlagwirkung  des 
Hammers  erst  auf  das  Arbeitsstück  übertragen. 

Setzhämmer. 

Wie  der  Name  andeutet,  versteht  man  unter  diesem  Ausdrucke  ham- 
merartige Werkzeuge,  welche  auf  das  zu  bearbeitende  Schmiedestück 
gesetzt  werden  und  den  Schlag  des  Hammers  auf  dieses  fortpflanzen. 
Sie  werden  ebensowohl  angewendet,  wenn  es  bei  genauer  Arbeit  darauf 
ankommt,  Schläge  auf  eine  ganz  bestimmte  Stelle  zu  führen,  als  wenn 
man  durch  eine  besondere  Profilirung  des  Setzhammers  Eindrücke  her- 


456  Hammer  und  Ambos. 

Turbriogcn  will,  die  »icb  durch  den  Hammer  nicht  geben  lassen.  Dem- 
uach  hat  ein  Setzhamnter  entweder  eine  Finne  oder  eine  Bahn,  und  die 
entgegen  stehe  od  1!  Fläche  wird  Ton  dem  Hammer  getroffen.  Wie  die 
Handbämmer  werden  sie  mit  Hülfe  eines  hölzernen  Stiels  gehalten;  nicht 
selten  benutzt  man  auch  statt  des  letztem  eine  um  den  Setzbammer  ge- 
schlungene Haseln nssgerte,  wodurch  das  unangenehme  Prellen  der  Ham- 
merschläge anf  die  Hand  des  den  Stiel  haltenden  Arbeiters  vermie- 
den wird. 

Fig.  356  zeigt  einen  solchen  Setzbammer  mit  langer,  schmaler 
Finne,  Fig.  357  einen  solchen  mit  halbrunder  Bahn,  um  Hohlkehlen  und 
dergleichen  anzuschmieden. 

Als  Unterlage  beim  Scbmiedeu  mit  dem  Setzhammer  dient  in  man- 
chen Fällen  das  Stöckchen,  ein  paralleleptpedisch  geformtes  StQck 
Fig.  a56.  Fig.  a57. 


Ifr 


Gusseiaon  oder  Stahl  mit  flacher  oder  profilirter  Oberfläche,  welches 
mit  einem  vierkantigen  Zapfen  in  dem  Ambos  befestigt  wird.  Schmiedet 
man  z.  B.  mit  dem  Setzbammer,  Fig.  357,  auf  einem  Stöckcheu,  wel- 
ches eine  eben  solche  convexe  Oberfläche  bat,  so  entstehen  zwei  Hohl- 
kehlen einander  gegenüber. 

Gesenke. 

Dieselben  sind  wie  die  metallenen  Goesformen  des  Giessers  hohle, 
aus  Gassstahl ,  Gnsseisen ,  seltener  Schmiedeeisen  hergestellte  Formen, 
deren  Innenfläche  genan  der  Ansseufläche  des  herzustellenden  Schmiede- 
stücks entspricht.  Wie  man  beim  Giessen  offene  und  gesoblossene  Gnss- 
formeu  unterscheidet,  so  bat  man  beim  Schmieden  einfache  Gesenke, 
bei  walchen  die  offene  Fluche  darch  die  Bahn  des  Hammers  geschloBseo 
wird,   and  doppelte  Gesenke,  ans  Ober-  und  Untergesenk  bestehend. 

Das  Untergesenk  erhält  einen  vierkantigen  Zapfen  und  wird  mit 
demselben  in  ein  Loch  der  Ambosbabn  gesteckt;  das  Obergesenk  wird 
entweder  an  einem  Stiele  befestigt  und  mit  demselben  ähnlich  wie  ein  Setz- 
hammer gebandhabt;  oder  bei  grossen  Schmiedestücken  nnd  Anwendung 
von  Mascbiaenhämmern  statt  derHnmmerbabn  in  dem  Kopfe  oder  Bär  des 
Hammers  befestigt.  Fig.  356  stellt  Ober- und  Untergesenk  zum  Schmieden 
von  cjliudriscben  Stäben  mit  Banden  dar  und  wird  einer  Erläuterung 
nicht  bedürfen.  Damit  das  Obergesenk  beim  Schmieden  in  genau  rich- 
tiger Lage  auf  das  Untergesenk  eu  stehen  kommt  und  eine  Verschiebung 


Gesenke.    Schrotmeissel.  457 

beider  Theib  vennieden  wird,  versieht  asa  letzteres  bisweilen  mit  einem 
hemmlaufenden  Kande,  in  welchen  das  Obertheit  sieb  hineinlegt. 

Die  in  den  Sobmiedewerkstätten  üblichsten  Formen  der  einfachen 
Gesenke  vereinigt  DWn  bisweilen  —  jetzt  seltener  als  früher  —  in  einem 
sogenannten  Gesenkstocke,  Fig.  359,  einem  gasseisernen  oder  gass- 
atählerneu  Blocke  von  der  Grandform  eines  halben  Würfels,  an  dem 
Umfange  mit  Einacbnitten  der  verscbiedensten  Querschnittsformen  und 
auf  den  breiten  Flächen  mit  durchgehenden  quadratischen  und  kreis- 
runden OefTunngen  versehen,  welche  gleichfalls  verschiedene  Durchmesser 
besitzen.  Der  Block  rnbt  ia  einem  gnsseisernea  Untersatze  und  wird, 
Fig.  358.  Pig.  359, 


je  nachdem  der  Gebrauch  es  erfordert,  entweder  hochkantig  gestellt, 
wenn  die  eine  der  SeitenflAchen  beuntzt  werden  soll,  oder  flach,  wenn 
man  die  durchgehenden  Oeffnungen  benutzen  will. 

Schrotmeissel  und  Äbschrot. 

Der  Schrotmeissel  hat  die  Form  eines  Setzhainniers  mit  verstAhlter 
and  meisselartig  geschürfter  unterer  Kante,  welche  zum  Abtrennen 
einzelner  Theite  des  Schmiedestücks  benutzt  wird,  indem  man  den 
Scbrotmeissel  aufsetzt  und  mit  dem  Bammer  einen  Schlag  auf  den  Kopf 

Fig.  360.  Fig.  361. 


f    ^^ 


458  Hammer  und  Ambos. 

desselben  fuhrt.  Kleinere  Schrotmeissel  sind  ohne  Stiel,  wie  ein  gewöhn- 
licher Meissel  geformt,  und  werden  mit  der  Zange  festgehalten. 

Der  Abschrot  dient  als  Unterlage  für  den  Schrotmeissel,  hat  dem- 
nach eine  nach  oben  gekehrte  Schneide  und  wird  wie  ein  Gesenkunter- 
theil  mit  einem  vierkantigen  Zapfen  im  Ambos  befestigt.  Die  Abbildung 
Fig.  360  (a.y.S.)  stellt  einen  derartigen  Schrotmeissel,  Fig.  361  (a.Y.S.) 
den  zugehörigen  Abschrot  dar. 

Durchschlag  und  Lochring. 

Dieselben  dienen  zum  Hervorbringen  von  durchgehenden  Löchern 
im  Schmiedestücke  durch  Abscheeren,  also  durch  Herausschlagen  eines 
so  grossen  Stückes  („Putzen^  genannt)  aus  dem  vollen  Metalle ,  als  die 
betreffende  Oeffnung  werden  soll.  Demnach  besteht  der  Durchschlag 
aus  einem  Stahlstempel,  dessen  untere  geschliffene  Fläche  gleich  dem 
Lochquerschnitte  ist,  und  der  Lochring  aus  einem  Ringe,  in  welchen  der 
Stempel  hineinpasst.  Der  Durchschlag  ist  entweder  wie  ein  Setzhammer 
mit  einem  Stiele  versehen  oder  wird  mit  der  Zange  gehalten.  Zur  Er- 
leichterung des  Herausziehens  ist  derselbe  gewöhnlich  nach  oben  conisch 
erweitert. 

Statt  des  Lochrings  kann  auch  bisweilen  der  Gesenkstock  benutzt 
werden. 

Schmiedemaschinen. 

Wenn  man  eine  Ad  zahl  Gesenke  oder  sonstiger  formgebender  Werk- 
zeuge beim  Schmieden,  durch  deren  aufeinander  folgende  Benutzung  ohne 
Weiteres  eine  bestimmte  Formgebung  erfolgt,  mit  eben  so  vielen  in 
einem  gemeinschaftlichen  Gerüste  gelagerten  und  durch  eine  gemein- 
schaftliche Elementarkraft  betriebenen  Hämmern  verbindet,  so  entsteht 
eine  Sohmiedemaschine.  Meistens  benutzt  man  allerdings  statt  der 
eigentlichen  Hämmer  Stempel,  welche  von  einer  gemeinschaftlichen  Welle 
aus  durch  Excentriks  ihre  auf-  und  niedergehende  Bewegung  erhalten, 
so  dass  die  Wirkung  jedes  derselben  bei  langsamem  Gange  der  Maschine 
eher  ein  Pressen  als  ein  Schlag  zu  nennen  sein  würde,  bei  der  raschen 
Bewegung  aber,  welche  diese  Maschinen  besitzen  (200  bis  400  Hübe  per 
Minute)  der  Wirkung  des  Hammers  sehr  ähnlich  wird. 

In  den  Figuren  362  bis  364  ist  eine  Schmiedemaschine  einfacher 
Construction  aus  der  Chemnitzer  Werkzeugmaschinenfabrik  in  Chemnitz 
abgebildet.  Dieselbe  enthält  vier  Ober-  und  vier  Unterstempel,  deren 
jeder  mit  einem  formgebenden  Werkzeuge  (Gesenk,  Meissel  und  Ab- 
schrot etc.)  versehen  wird.  Letzteres  wird  in  eine  Oeffnung  des  Stem- 
pels eingesetzt,  mit  einer  Schraube  befestigt,  und  kann  demnach  mit 
Leichtigkeit  ausgewechselt  werden.  Die  Oberstempel  hängen  an  einer 
gemeinschaftlichen  Welle,  welche  excentrisch  mit  der  Antriebswelle  ver- 


Schmiedemaschinen.  459 

banden  iat,  so  daas  bei  der  Drehung  der  letztem  die  Achse  der  eratern 
Enrbelbewegung  beschreibt  Damit  nnn  diese  Kurbelbe wegnng  der  Welle 
eine  senkrecht  auf-  und  niedergebende  Bewegung  der  Stempel  bewirke, 
sind  diese,  wie  aus  den  Figuren  363  and  361  (a.  f.  S.)  hervorgeht,  einestheils 
in  dem  gusseisernen  Gerüste  der  Maschine  in  solider  Weise  geführt,  mit 
det  excentrischen  Welle  aber  durch  ein  metallenes  Gleitstück  verbanden, 
welches  in  dem  Kupfe  der  Stempel  aasreichenden  Spielraum  besitzt,  um 

Fig.  362, 


die  resaltirende  Horizontalbe  wegnng    allein    auszafDbren    und    nur  die 
Verticalbewegung  auf  die  Stempel  zn  übertragen. 

Die  Unterstempel  sind  gleichialls  in  dem  GerflBte  geführt  und  stecken 
mit  einer  metallenen  Hälse  auf  dem  obern  glatten  £nde  je  einer  schmiede- 
eiaernen  Schranbenspindel,  welche  sich  in  dieser  Hülse  frei  drehen  kann. 
Die  Schraubenspindel  geht  durch  eine  im  Gerüste  fest  gelagerte  metallene 
Schranbenmatter  hindurch,  so  daes  hei  einer  Drehung  der  Schraube  diese 
und  somit  auch   der  Stempel  auf-  oder  abwSrts  bewegt  wird ,  letzterer 


460  Hammer  und  Ambos. 

ohne  sich  zu  drehen,  da  Beine  achteckige  Form  diese  Drehung  verhin- 
dert.     Die   Bewegung  der  Spindel  geEchiebt  vermittelst  des  au   ihrem 
Pj     ggg  untern  Ende  bt;festigteu  Stirn* 

i'adeB  von  solcher  Breite,  um 
auch  bei  senkrechter  Bewegung 
der  Spindel  im  Eingriffe  ^it 
dem  davor  liegenden  Getriebe 
zu  bleiben.  Aus  Fig.  362  ist 
ersichtlich,  wie  dieses  vordere, 
an  einer  senkrechten  Achse 
befindliche  Getriebe  durch 
Fig.  364.  Vermittlung  eines  Paares  co- 

nischer  lUder  von  einer  hori- 
zontalen WeUe  aus  von  Hand 
bewegt  wird,  bo  dasa  durch 
Drehung  des  an  der  Maschine 
befindlichen  linken  Handrades 
die  beiden  linken  Stempel, 
durch  Drehung  des  rechten 
die  beiden  rechten  Stempel 
immer  gleichzeitig  gehoben 
und  gesenkt  werden. 

Vor  den  Stempeln  befindet 
sich  ein  eiserner  Tisch  am 
Gerüste  befestigt  als  Unter- 
lage und  Führung  für  die  ein- 
zubringenden  Schmiedestücke. 
Auf  der  Autriebwelle  ist  neben 
der  festen  Riemenscheibe  eine 
LoBscheibe  angebracht ,  uin 
die  Maschine  rasch  ein-  und 
ausrücken  zu  können;  zwei 
'  Schwungräder  an  den  beideu 
Seiten  der  Maschiae  sicbera 
die  Gleichförmigkeit  der  Be- 
wegung und  schützen  die 
Transmission  und  Betriebs- 
maschinevorderRackwirkuDg 
der  von  der  Maschine  aus- 
geübten Stöase.  Die  Welle 
der  Maschine  macht  per  Mi- 
nute 350  Drehnngeu  und  somit  jeder  Stempel  die  gleiche  Anzahl 
Hübe. 

In  dem   Principe   stimmen   die   sämmtlicben   bekannten   und  ange- 
wendeten ScbmtedemBEcbinen  mit  der  beschriebenen  überein  und  zeigen 


Schmiedem^chinen.  46 1 

nur  Abweichungen  in  der  Aasfübrnng  der  einzelnen  Theile.  Solche 
Schmiedemascbinen  sind  u.  A.  die  von  Ryder,  im  Jahre  1851  auf  der 
LfOndoner  Industrieausstellung  ausgestellt  und  noch  jetzt  vielfach  in  An- 
wendung (vergl.  Wiebe,  Maschinenbaumaterialien,  S.  406,  Taf.  VIII, 
Fig.  2;  Uoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  160;  Dingler's  polytechni- 
sches Journal,  Bd.  123,  S.  351);  femer  die  Schmiedemaschine  von 
Johnson  (DingWs  polytechnisches  Journal,  Bd.  129,  S.  426);  von  Hat- 
tersley  (Dingler^s  polytechnisches  Journal,  Bd.  135,  S.  171);  von  Wal- 
ker (Dingler's  polytechnisches  Journal,  Bd.  194,  S.  390);  von  Wright 
(Dingler's  polytechnisches  Journal,  Bd.  181,  S.  345;  von  Reed  and 
Bowen  (Dingler's  polytechnisches  Journal,  Bd.  197,  S.  319). 

Die  Schmiedemaschinen  sind  sehr  geeignete  Apparate,  wenn  die 
Aufgabe  vorliegt,  eine  grosse  Anzahl  gleicher  und  einfach  gestalteter 
Körperformen  durch  Schmieden  herzustellen ,  denen  mit  Hülfe  einer  ge- 
ringen Anzahl  formgebender  Werkzeuge  ihre  Form  sich  ertheilen  lasst. 
Der  rasche  Gang  der  Maschine  und  die  durch  Anwendung  von  Gesenken 
erzielte  Verringerung  menschlicher  Arbeitsleistung  beschleunigen  dabei 
gemeinschaftlich  die  Vollendung  jedes  einzelnen  Stücks;  und  da  unter 
den  verschiedenen  Stempeln  der  Maschine  stets  mehrere  Arbeitsstücke 
gleichzeitig  bearbeitet  werden  können,  so  dass  ein  ununterbrochener 
Verlauf  der  Arbeit  stattfindet,  so  ist  die  Stückzahl  der  in  bestimmten 
Zeitabschnitten  fertig  werdenden  Fabrikate  eine  verhältnissmässig  grosse. 

Eine  solche  Gattung  von  Gegenstanden,  für  deren  Anfertigung  sich 
die  Schmiede maschinen  eignen,  sind  z.  B.  Schienennagel,  aus  Quadrat- 
stäben geschmiedet  und  gewöhnlich  in  Anzahl  von  vielen  Tausenden 
gefertigt. 

Das  Arbeitsverfahren  bei  der  Formveränderung  durch 

Hämmern. 

In  den  meisten  Fällen  wird  dem  Hämmern  eine  Erhitzung  des  Me- 
talls in  einem  der  früher  beschriebenen  Apparate  vorausgehen.  Wenn 
es  den  gehörigen  Hitzegrad  erreicht  hat,  nimmt  der  Schmied  es  aus  dem 
Feuer,  bringt  es  nach  dem  Ambos,  entfernt  den  Glühspan  durch  Reiben 
an  der  Amboskante  oder  durch  Abfegen  mit  einem  Besen  bei  weniger 
erhitzten  Metallen,  und  nun  beginnt  das  Schmieden. 

Gegenstände  der  kleinsten  Art  können  von  einem  einzigen  Arbeiter 
gefertigt  werden,  welcher  mit  der  linken  Hand  das  Metallstück  hält, 
während  die  rechte  den  Hammer  fuhrt. 

Bei  den  meisten  Gegenständen,  welche  mit  Handhämmern  geschmiedet 
werden,  ist  ausser  dem  eigentlichen  Schmiede  noch  mindestens  ein  Zuschläger 
erforderlich,  für  grössere  Gegenstände  oft  zwei  bis  drei,  welche  die  schweren 
Zuschlaghämmer  schwingen,  während  der  Schmied  mit  der  linken  Hand  das 
Eisen  hält,  dieses  so  wendet  und  dreht,  dass  die  Schläge  auf  die  richtige  Stelle 
fallen,  mit  der  rechten  Hand  aber  einen  kleinen  Hammer  führt,  theils  zu  dem 


462  Hammer  und  Ambos. 

Zwecke,  hier  and  da  beim  Schmieden  luchziihelfea,  haoptsichlich  aber,  um 
den  Ziucblägem  die  Stelle  anzudenten,  auf  welche  sie  achlagen  sollen,  and 
ihnen,  je  nachdern  er  Finne  oder  Bahn  des  Hsrnmen  gegen  das  Arbeits- 
stOck  wendet,  dadurch  anzngeben,  ob  sie  mit  dieser  oder  jener  za  schmie- 
den haben.  Schliesslich  Issst  der  Schmied  seinen  Hammer  klingend  auf 
den  Ambos  fallen  nnd  giebt  dadurch  das  Zeichen  zom  Anfhören. 

Bei  Anwendnog  Ton  Haeefainenhämmem  sind  die  eigentlichen  Za- 
■cbUger  entbehrlich  nnd  statt  ihrer  hat  der  Maschinenwärter  die  Zeichen 
dee  Schmieds  zn  beachten,  darnach  die  Stärke  der  Schläge  zn  regeln  ete. 
Nnr  bei  den  kleinsten  Mascbinenhäinniem  wird  der  Schmied  selbst  den 
Gang  der  Uaschine  zn  führen  im  Stande  sein.  Bei  allen  grösseren 
Gegenständen  aber,  welche  der  Schmied  alleio  zn  regieren  nicht  im 
Stande  ist,  sind  ein  oder  mehrere  Geh&lfen  erforderlich,  welche  ihn  mit 
Zangen  nnd  eisernen  Haken  unterstützen. 

So  mannigfach  nnn  anch  die  Formen  der  Gegenstände  sein  können, 
welche  sich  durch  diese  TerhältniBsmässig  einfache  Arbeit  nnd  mit  Hülfe 
der  beschriebenen  Geräthe  herstellen  lassen,  so  kann  man  doch  eine  An- 
zahl bestimmter  Terfabnugsweisen  kennzeichnen,  ans  deren  Anwendung 
im  Einzelnen  oder  in  geeigneter  Reihenfolge  jene  Formen  hervorzugehen 
pflegen. 

Die  hauptsächlichsten  dieser  VerfahrDUgsweisen  sind  folgende: 
Das  Ausstrecken  oder  Zainen,  in  einer  Verdflnuang  des  Quer- 
schnitte und  dadurch  bewirkten  Ausdehnung  der  Länge  bestehend.  Je- 
der Schlag  des  Hammers,  auf  das  dehnbare  Metall  geführt,  ruft  in  ge- 
wissem Maasae  eine  solche  Änadehnang  hervor;  da  aber  bei  gleicher 
Wocht  der  Schläge  derjenige  der  wirksamste  sein  nnd  die  stärkste  Ver- 
dünnung hervorbringen  wird,  bei  welchem  diese  Schlagwirknng  auf  die 
kleinste  Fläche  concentrirt  wird,  so  geschieht  das  Ausstrecken  am 
fiirderlichsten  mit  der  Finne  des  Hammers,  indem  man  Schlag  neben 
Schlag  mit  derselben  anf  die  Oberfläche  des  Metallstücks  ^hrt.  Je 
_,  schmaler  die  Finne  ist,  desto  rascher 

wird  die  Arbeit  vor  eich  gehen.  Durch 
ein  solches  Arbeitsverfahren  wird 
aber  nicht  eine  glatte  Oberfläche  er- 
zengt werden  können,  sondern  es 
wird  eine  Vertiefung  neben  der  an- 
dern entstehen,  zwischen  welchen  er- 
habene Stellen  stehen  bleiben  (Tergl. 
Fig.  365).  Zar  Ausgleichang  dieser 
Unebenheiten  wird  dann  die  ge- 
streckte Fläche  mit  der  Bahn  des 
Hammers  nachgeschmiedet ,  welche 
Arbeit  Schlichten  genannt  wird. 

Bei  Anwendung  von   Masohinen- 
hämmem,    welche  nur   eine  einzige 


Arbeitsverfahren.  463 

schmale  Bahn  besitzen,  wie  es  z.  6.  bei  vielen  Aufwerf-  und  Schwanz- 
hämmern der  Fall  ist,  streckt  man,  indem  man  das  schmalere  Arbeits- 
stück quer  über  den  Ambos  legt,  und  schlichtet  dann  durch  Drehung  in 
der  Horizontalebene  um  90  Grad,  so  dass  nunmehr  die  Bahn  mit  ihrer 
ganzen  Länge  auf  das  Schmiedestück  fallt. 

Das  Treiben  oder  Auftiefen,  eine  dem  Strecken  verwandte  Ar- 
beit, welche  vorzugsweise  zur  Anfertigung  von  Hohlgefässen  aus  Eisen, 
Kupfer,  Messing  benutzt  wird.  Das  durch  Treiben  in  einen  Hohlköi'per  zu 
verwandelnde  Metallstück  wird  zunächst  durch  Strecken  (welches  ebensowohl 
unter  Hämmern  als  unter  Walzen  geschehen  kann)  in  eine  plattenartige  Form 
gebracht.  Wird  nun  auf  eine  solche  Metallplatte  an  irgend  einer  Stelle 
ein  Hammerschlag  ausgeführt,  so  entsteht  an  dieser  Stelle  eine  Quer- 
schnittsverdünnung und  ein  Strecken  des  Metalls;  da  aber  die  umgeben- 
den, vom  Hammer  nicht  getroffenen  Metalltheile  nicht  ausweichen  können, 
so  muss  sich  eine  Beule,  d.  i.  Vertiefung,  bilden*  Denkt  man  sich  nun  statt 
des  einen  Hammerschlags  eine  grosse  Menge  Schläge  in  regelmässiger 
Reihenfolge  auf  den  mittlem  Theil  einer  Metallplatte  geführt,  während 
der  Rand  unberührt  bleibt,  so  muss  durch  diese  Querschnittsverdünnung 
der  ganze  mittlere  Theil  ausgebaucht  werden,  und  die  Gestalt  einer 
Schale  oder  eines  Kessels  annehmen.  Je  nachdem  man  die  Hammer- 
schläge mehr  oder  weniger  stark  und  mehr  oder  weniger  häufig  auf  be- 
stimmte Stellen  fallen  lässt,  kann  man  in  solcher  Weise  verschieden- 
artig geformte  Hohlkörper  erzeugen. 

Wie  das  Strecken  am  'raschesten  mit  der  schmälsten  Finne  vor  sich 
geht,  so  wird  das  Auftiefen  durch  einen  kleinen  Durchmesser  der  calot- 
tenförmigen  Hammerbahn  befordert  und  es  erklärt  sich  hieraus  die 
Form  des  auf  Seite  404 ,  Fig.  320 ,  abgebildeten  Hammers  zur  Herstel- 
lung von  HohlgefUssen. 

Bei  der  fabrikmässigen  Anfertigung  von  Kesseln,  Schalen  u.  s.  f. 
aus  den  eben  genannten  Metallen  legt  man  eine  grössere  Anzahl  Metall- 
Bcheiben  (4  bis  18)  auf  einander,  biegt  den  Rand  der  untersten,  grössten 
Scheibe  durch  Hämmern  um,  so  dass  sämmtliche  Scheiben  durch  densel- 
ben zusammengehalten  werden,  und  unterwirft  nun  sämmtliche  Scheiben 
zusammen,  deren  Inbegriff  ein  Gespann  genannt  wird,  der  Bearbei- 
tung, indem  man  die  Schläge  in  spiralförmiger  Linie  vom  Mittelpunkte 
nach  dem  Umkreise  hin  und  in  gleicher  Linie  zurück  ausführt,  und  zwar 
wird  das  Gespann  zu  diesem  Zwecke  mit  einer  entsprechend  geformten 
Zange  erfasst  und  unter  dem  Hammer  langsam  gedreht.  Nach  beendigter 
Formgebung  wird  das  Gespann  durch  Aufbiegen  des  Randes  wieder  gelöst 
und  zur  Vollendung  der  Form  jedes  einzelnen  Stückes  (welche  in  der 
Werkstatt  des  Kupferschmieds  etc.  bewirkt  wird)  aus  einander  genommen. 

Das  Stauchen.  Man  versteht  hierunter  eine  derartige  Bearbei- 
tung, durch  welche  das  Metall  in  seiner  Längenrichtung  zusammenge- 
drückt, verkürzt,  in  seiner  Stärkeabmessung  verdickt  wird.  Das  Stau- 
chen  ist  also  die  entgegengesetzte  Arbeit  des  Streckens.     Zweck  des 


464  Hammer  und  Ambos. 

Stauchens  ist  die  [leryorbringnng  von  Verdickungen  in  aer  Mitte  oder 
am  Ende  von  Metallstücken.  Kleine  Stucke  werden  gestaacht,  indem 
man  sie  senkrecht  auf  den  Ambos  stellt  und  mit  dem  Hammer  dar- 
auf schlägt,  nachdem  die  zu  stauchende  Stelle  erwärmt  ist;  grosse 
Stücke  staucht  man,  indem  man  sie  heftig  gegen  den  Ambos  oder  einen 
grossen  Stein  in  der  Sohle  der  Schmiedewerkstatt  stösst.  <  In  manchen 
Schmiedewerkstätten  benutzt  man  einen  schweren  Gusseisenklotz  zum 
Stauchen,  welcher  an  einer  Kette  von  der  Decke  der  Werkstatt  herab- 
hängt. An  einer  zweiten  Kette  hängt  das  zU  stauchende  Metallstück, 
so  dass  es  mit  dem  Gusseisenblocke  in  gleicher  Höhe  sich  befindet.  Man 
schwingt  sowohl  den  Gusseisenblock  als  das  Metallstück  pendelartig  aus 
einander  und  lässt  sie  dann  heftig  zusammenschlagen. 

Stets  muss  der  gestauchte  Theil  später  überschmiedet  werden,  um 
die  Gestalt  gehörig  auszubilden,  verzogene  Theile  zu  richten  und  fehler- 
hafte Stellen  zu  verbessern. 

Eine  besondere  Art  des  Stauchens  zu  dem  Zwecke,  den  Durchmesser 
ringförmiger  Arbeitsstücke,  z.  B.  Spurkranzreifeu ,  zu  verkleinem,  er- 
wähnt Karmarsch.  Der  Reifen  wird  in  einem  Glühofen  rothwarm  ge- 
macht, dann  rasch  zur  Hälfte  seiner  Breite  in  kaltes  Wasser  getaucht 
bis  er  erkaltet  ist.  Da  der  eingetauchte  Theil  sich  hierbei  zusammen- 
zieht, muss  der  noch  heisse  dehnbare  Theil  dieser  Zusammenziehung  fol- 
gen und  wird  gestaucht;  nun  wird  das  Verfahren  wiederholt  und  der 
vorher  gestauchte  Theil  in  das  Wasser  getaucht,  wodurch  auch  die  an- 
dere Hälfte  des  Ringes  eine  Stauchung  erfährt. 

Wenn  man  eine  flache  Scheibe  rings  mit  dem  Hammer  derartig 
bearbeitet,  dass  eine'  Auf  biegung  des  Randes  erfolgt,  so  entsteht  offenbar 
ein  Hohlkörper,  dessen  Durchmesser  kleiner  ist  als  derjenige  der  ursprüng- 
lichen Platte.  Diese  Verkleinerung  des  Durchmessers  äussert  sich  bei 
fehlerhafter  Arbeit  durch  eine  Faltenbildung,  bei  normalem  Verlaufe  durch 
eine  Zunahme  der  Querschnittsstärke  als  Folge  der  Zusammendrückung, 
welche  einem  wirklichen  Stauchen  gleichkommt.  Diese,  dem  Treiben  ent- 
gegengesetzte Methode,  hohle  Formen  zu  bilden,  nennt  man  Aufziehen. 

Das  Ansetzen  Man  versteht  unter  diesem  Ausdrucke  die  Bil- 
dung eines  Ansatzes,  d.  h.  eines  vorspringenden  durch  eine  plötzliche 
Verminderung  des  Querschnitts  entstandenen  Theils  des  Schmiedestücks. 

Fig.  366.  Fig.  367. 


Arbeitsverfahren.  465 

Für  diese  Arbeit  sind  vorzugsweise  die  Setzhämmer  geeignet.  Die 
Figuren  366  und  367  werden  ohne  Weiteres  die  Bildung  eines  einfachen 
und  doppelten  Ansatzes  erläutern  können.  Für  den  erstem  Zweck 
ragt  der  Setzhammer  etwas  über  die  Amboskante  hinaus,  für  den  dop- 
pelten Ansatz  schneidet  die  äussere  Kante  des  Setzhammers  genau  mit 
der  Amboskante  ab.  Die  Form  des  Ansatzes  kann  sehr  mannigfaltig 
sein,  und  wird  durch  die  Form  des  Setzhammers  wie  der  Unterlage  (als 
welche  fiir  besondere  Formen  das  Stöckchen  benutzt  wird)  bedingt. 

Das  Biegen.  Man  gebraucht  zu  runden  Biegungen  das  Hom  des 
Amboses  oder  Sperrhoms,  indem  man  das  Schmiedestück  quer  darüber 
legt  und  auf  die  nicht  unterstützte  Stelle  hämmert.  Statt  des  Horns 
dient  häufig  ein  Dorn,  d.  h.  ein  Eisen-  oder  Stahktab,  um  welchen  das 
Metall  herumgeklopft  wird.  Scharfe  Winkelbiegungen  werden  durch 
Umklopfen  über  die  Kante  des  Amboses  oder  eines  Stöckchens  hervorge- 
bracht. Yon  dem  Biegen  grösserer  Gegenstände  in  besonderen  Appara- 
ten ( Biegemaschinen )  wird  unten  bei  den  YoUendungsarbeiten  die 
Rede  sein. 

Das  Lochen.  Die  Anwendung  des  oben  beschriebenen  Durch- 
schlags nebet  Lochrings  zur  Hervorbringung  von  durchgehenden  Oeff- 
nnngen  ist  zwar  eine  sehr  einfache,  bedarf  jedoch ,  um  genaue  Arbeit  zu 
geben,  mancherlei  Kunstgriffe.  Wenn,  wie  es  häufig  der  Fall  ist,  das 
Loch  auf  einer  ganz  bestimmten  Stelle  des  Arbeitsstücks  angebracht 
werden  soll,  so  bezeichnet  man  diese  zuvor  mit  dem  Körner  (vergleiche 
S.  36)  und  setzt  nun  den  Durchschlag  auf  die  angezeichnete  Stelle.  Beim 
Durchtreiben  des  Durchschlags  durch  dicke  Metallstücke  entsteht  statt 
eines  cylindrischen  Lochs  ein  conisches,  in  Folge  der  etwas  conischen 
Form  des  Werkzeugs.  Man  locht  also  von  einer  Seite  bis  zur  Hälfte  und 
treibt  dann  von  der  andern  Seite  den  Putzen  heraus.  Das  Loch  ist  nun- 
mehr in  der  Mitte  am  engsten.  Man  treibt  deshalb  nunmehr  einen  prisma- 
tischen Stahlstab  von  entsprechender  Dicke  und  Querschnittsform  in  das 
entstandene  Loch  und  hilft  dadurch  diesem  Uebelstande  ab.  Der  Stahlstab 
heisst  Dorn  und  die  beschriebene  Arbeit  Ausdornen.  Dieselbe  wird 
auch  angewendet,  wenn  ein  genau  passender  Durchschlag  nicht  vorhan- 
den ist.  So  z.  B.  kann  man,  um  Löcher  von  dreiseitiger,  quadratischer, 
sechseckiger  u.  s.  w.  Form  anzubringen,  zunächst  ein  rundes,  entsprechend 
kleineres.  Loch  mit  dem  Durchschlage  einschlagen  und  es  dann  durch 
Eintreiben  eines  entsprechend  geformten  Doms  auf  seine  richtige  Form 
aufweiten. 

In  manchen  Fällen  dient  zur  Hervorbringung  von  Löchern  statt 
des  Durchschlags  der  Schrotmeissel ,  mit  dem  man  in  das  Metallstüok 
einen  Schlitz  haut,  welcher  dann  mit  Hülfe  eines  Doms  aufgeweitet  wird. 
Diese  Arbeit  nennt  man  Aufhauen,  zum  Unterschiede  vom  Lochen  mit 
dem  Durchschlage.  Sie  wird  angewendet,  wenn  es  darauf  ankommt, 
die  durch  das  Herausschlagen  des  Putzens  hervorgerufene  Schwächung 

Iiedabur,  maohanisch-inetaUuigiflclie  Teohnologie.  qq 


466  Hammer  und  Ambos. 

des  Materials  zu  vermeiden,  es  findet  hierbei  eine  Stauchung  des  Metalls 
rings  um  das  Loch  statt. 

Das  Schweissen.  Der  Zweck  des  Schweissens  und  die  Bedingun- 
gen, welche  zum  Gelingen  der  Schweissung  erfüllt  werden  müssen,  fan- 
den bereits  oben  (S.  342  ff.)  Erwähnung.  £s  geht  aus  jenen  Bespre- 
chungen hervor,  dass  die  Ausfuhrung  des  Schweissens  um  so  leichter  sein 
wird,  je  grösser  die  zu  schweissenden  Flächen  sind.  Man  sucht  deshalb 
die  zu  schweissenden  Stücke  von  vornherein  so  zu  gestalten,  dass  die  Be- 
rührungsflächen möglichst  gross  ausfallen,  und  wendet  dazu  verschiedene 
Kunstgriffe  an.  Wenn  z.  B.  zwei  stabförmige  Körper  oder  zwei  Enden 
eines  zu  einem  Ringe  zusammengebogenen  Stabes  zusammengeschweisst 
werden  sollen,  so  wird  man  sie  in  der  Regel  nicht  stumpf  zusammenstossen 

Fig.  368.  lassen,    sondern    mit    schräger 

Fuge  verbinden  (Fig.  368);  oder 
man  spaltet,  besonders  wenn 
^Stahl  und  Eisen  zusammenge- 
'  schweisst  werden  sollen ,  das 
eine  Stück  auf  und  steckt  das 
^'^'  ^^^'  andere  Stück  mit   einem   keü- 

formigen  Zapfen  in  den  Spalt 
(Fig.  369).  Wo  es  angeht, 
bringt  man  die  zu  schweissen- 
den Stücke  schon  in  der  für  die 
Schweissung  erforderlichen  Lage  zusammen  in  das  Feuer  und  erhitzt  sie 
gemeinschaftlich,  nur  beim  Zusammenschweissen  von  Stahl  und  Eisen 
erhitzt  man  beide  Metalle  getrennt  in  Rücksicht  auf  die  verschiedene  Tem- 
peratur, welche  sie  zur  Schweissung  bedürfen.  Anfanglich  giebt  man  einige 
rasche,  aber  weniger  kräftige  Hammerschläge,  indem  man  an  der  von 
dem  Ausgange  der  Fuge  entferntesten  Stelle  beginnt  und  rasch  gegen  den 
Ausgang  fortschreitet,  um  die  eingeschlossene,  flüssige  Schweissschlacke 
mehr  und  mehr  aus  dem  Innern  nach  dem  Ausgange  hin  zu  treiben; 
hat  die  Schweissung  begonnen  und  das  Metall  in  Folge  der  Abkühlung 
einen  etwas  weniger  weichen  Zustand  angenommen,  so  führt  man  kräf- 
tigere Schläge. 

Müssen  die  Enden  der  zu  schweissenden  Stücke  stumpf  vor  einan- 
der gestossen  werden,  so  geschieht  die  Verbindung  durch  Schläge  in  der 
Längenrichtung  wie  beim  Stauchen.  Um  die  Schweissschlacke  bei  die- 
sem letztern  Verfahren  besser  zu  entfernen,  giebt  man  den  Enden  gern 
schwach  convexe  Form,  so  dass  rings  herum  eine  anfänglich  offene  Fuge 
bleibt,  die  erst  beim  Zusammenstauchen  sich  schliesst.  Wenn  die 
Schweissung  beendet  ist,  wird  das  Arbeitsstück  durch  fortgesetztes 
Schmieden  in  die  richtige  Form  gebracht. 

Wenn  die  Schweissung  den  Zw^ck  hat,  aus  einer  Anzahl  formloser 
Körper  ein  einziges  Stück  als  Material  für  die  weitere  Formgebung  her- 
zustellen, so  legt  man  jene  Körper  (Rohschienen,  Abfalle,  Alteisen)  zu  so- 


Arbeitsverfahren. 


467 


genannten  Packeten  zusammen  und  bringt  sie  als  solches  in  den 
Schweissofen.  Diese  Packete  haben  parallelepipedische  Form  von  qua- 
dratischem oder  rechteckigem  Querschnitte;  die  einzelnen  Stücke,  welche 
das  Packet  bilden,  sind  in  demselben  derartig  zusammengelegt,  dass  ihre 
Flächen  sich  möglichst  innig  berühren.  Durch  umgelegten  Draht  pflegt 
man   das  ganze  Packet  zusammenzuhalten.     Fig.  370  stellt  den  Quer- 


Fig.  370. 


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SV    ^^^^^S^^ 


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schnitt    eines    solchen    Packets,     aus    einzelnen 

Eisenschienen  gebildet  und  für  die  Darstellung 

von  Eisenblechen  bestimmt,  dar,  in  welchem  die 

Stäbe  kreuzweis  über  einander  gelegt  sind.  Wenn 

das  Packet  schweisswarm  geworden  ist,  wird  es 

zum  Hammer  gefahren,  der  für  diesen  Zweck  ein 

bedeutendes  Gewicht  besitzt,  durch  einige  schwache 

Schläge  zunächst  vorsichtig  zusammengeschweisst* 

dann  durch  kräftigere  Schläge  weiter  verdichtet 

und  ausgereckt. 

Es   verdient  jedoch  Erwähnung,    dass   nur   solche  Packete    unter 

Hämmern  (zu  sogenannten  „Brammen '^)  geschweisst  und  ausgeschmiedet 

werden,    bei   denen    eine    grosse  Dichtigkeit  Erforderniss  ist,  z.  B.  für 

Bleche;  ein  grösserer  Theil  wird  zwischen  Walzen  geschweisst,  wie  unten 

besprochen  werden  wird. 

Bei  der  Eaffination  und  Verarbeitung  des  Stahls  nennt  man  die  zu 
schweissenden ,  aus  Stahlstäben  gebildeten  Bündel  „Garben",  und  das 
Verfahren  des  Zusammenschweissens  und  Ausreckens  „Gärben". 


Literatur  über  formgebende  Werkzeuge   und  Arbeitsverfah- 
ren beim  Schmieden. 

Prechtl-Karmarsch,  Technologische  Encyclopädie ,  Bd.  IX,  S.  550, 
Bd.  IV,  S.  478,  Bd.  XII,  S.  568. 

Karmars€h-Hartig,  Mechanische  Technologie,  Bd.  I,  S.  180  £f. 

Wiebe,  Maschinenbaumaterialien,  S.  370,  376,  405  ff. 

Karsten,  Eisenhüttenkunde,  Th.  IV,  S.  327  ff. 

Petzhol  dt,  Fabrikation  von  Eisenbahnmaterial,  Taf.  V,  Fig.  8  bis  11, 
Text  S.  37  (Schienennägel);  S.  130  ff.,  (Anfertigung  schmiedeeiser- 
ner Räder);  S.  153  ff.  (Anfertigung  schmiedeeiserner  Dampfcylin- 
derkolben  und  Achsbüchsen);  S.  191  ff.  (Anfei*tigung  der  Achsen); 
S.  207  ff.  (Kuppelstangen). 


30* 


468  Pressen. 


B.     F  r  e  8  B  e  n. 

Die  FormgebuDg  durch  Pressen  erfolgt  durch  einen  ruhigen,  aber 
mit  der  vorschreitendenFormyeränderung,  dem  wachsenden  Widerstände 
des  Arbeitsstücks  gegen  die  Formyeräuderung  entsprechend  wachsenden 
Druck.  Gewöhnlich  wird  die  Formgebung  durch  einen  einzigen  Druck 
ausgeführt;  in  allen  Fällen  wird  dieselbe  Arbeit,  welche  nur  zahlreiche 
Hammerschläge  nach  und  nach  bewirken  können,  hier  mit  einem  Male 
durch  den  Druck  verrichtet,  und  es  muss  deshalb  die  Grösse  des  Druckes 
eine  in  gleichem  Verhältnisse  beträchtlichere  sein. 

Da  ein  Drehen  und  Wenden  des  Arbeitsstücks  während  der  Arbeit, 
wenn  sie  durch  einen  einzigen  Druck  verrichtet  wird,  nicht  möglich  ist, 
so  hat  man  für  jede  herzustellende  Form  ein  formgebendes  Ergän- 
zungsstück nöthig  —  Gesenk  oder  Matrize  — ,  welches,  wie  eine 
Gussform  beim  Giessen,  die  Umrisse  des  Arbeitsstücks  bestimmt. 

Zur  Hervorbringung  des  erforderlichen  hohen  Drucks  dient  der 
Hebel  oder  die  Schraube  in  solchen  Fällen,  wo  es  sich  vorzugsweise  um 
Erzielung  einer  Formveränderung  der  Oberfläche  bei  einem  in  seinen 
allgemeinen  Umrissen  bereits  fertigen  Gegenstande  handelt,  also  bei  der 
unten  zu  besprechenden  Vollendung  der  Form;  Dampfdruck  auf  einen 
Kolben  mit  grosser  Oberfläche  wirkend;  hydraulischer  Druck. 

Für  eine  durchgreifende  Form  Veränderung  der  Metalle,  also  für 
die  erste  rohe  Formgebung,  ist  die  hydraulische  Presse  wegen  der  mit 
derselben  erreichbaren  Totalleistung  jedenfalls  der  wirksamste  und 
zweckentsprechendste  Apparat,  und  wenn  man  den  Betrieb  der  Druck- 
pumpen für  die  Presse  durch  eine  kräftige  Dampfmaschine  geschehen 
lässt,  so  kann  man  Leistungen  hervorrufen,  wie  sie  kein  anderer  Appa- 
rat zu  liefern  im  Stande  ist. 

Eine  hervorragende  Wichtigkeit  haben  die  Pressen  erlangt,  indem 
man  sie  benutzte,  Stahl  und  Schmiedeeisen  in  Formen  zu  pressen,  welche 
durch  Schmiedearbeit  gar  nicht  oder  doch  nur  mit  bedeutend  grösserem 
Aufwand  von  Zeit  und  Arbeit  sich  würden  herstellen  lassen.  Hierher 
gehören  z.  B.  Maschinentheile  von  complicirter  Form:  Ereuzköpfe,  Achs- 
lager, Dampfcylinderkolben  u.  dergl.,  insbesondere  für  denLocomotivbau; 
Radnaben  nebst  Speichen,  u.  v.  a. 

Unter  den  mehrfachen  hierher  gehörigen  Constructionen  von  hy- 
draulischen Pressen  möge  als  Beispiel  diejenige  einer  eingehendem  Be- 
schreibung unterzogen  werden ,  welche  hinsichtlich  der  Vollkommenheit 
und  Grossartigkeit  ihrer  Leistung  wohl  allen  anderen  voranzustehen  be- 
rufen ist.  Es  ist  dieses  die  nach  ihrem  Erfinder  benannte  HaswelT- 
sche  Schmiedepresse,  auch  wohl  Presshammer  genannt,  von  John 
Haswell  in  Wien  im  Jahre  1861  construirt. 

Die  Abbildungen  Fig.  371  bis  375  mögen  hierbei  zur  nähern  Er- 
läuterung dienen. 


Haswell's  Schmiedepresse.  469 

Der  horizont^e  Dam pfcjli oder  a  mit  einem  DnrcbmeSBer  von  1,3  1/1. 

und  oft  dflrüber  ruht  in  der  Mitte  etnea  Boliden  gnsseisemen  Rahmens, 


Ant  deaaen  beidea  Enden  zwei  direct  wirkende  Sang-  and  Dmckpnni' 
pen  pp  derartig  angebracht  sind,  dua  beide  Pampen  mit  dem  Dampf- 


Haswell's  Schmiedeprease.  471 

eylinder  eine  gemeinachaftliche  Mittellinie  besitzen.    Die  Kolbenstange  C 
ist  in  beiden  Stopfbacbsen  des  DEnnpfcylindera  gefillirt  nnd  nnmittelbar 

Fig.  373. 


mit  dem  Hönchekolben  der  Pampen  verbandeD.    Znr  festem  Terbindang 
dea  Dampfcjlindera  mit  den  Pnmpencjlindem  dienen  aniBer  dem  Fnnda' 


HasweH's  Schmiedepresse.  473 

m entrahmen  je  zwei  Bchniiedeeiaeme  Schienen ,  welche  zogleich  Gleit- 
Bchienen  fUr  die  an  den  Verbindangsatellen  zwischen  den  Kolbenstangen 
eingesohalteten  Qaeretnoke  bilden,  nnd  somit  die  horizontale  Bewe^fang 
der  Kolbenstangen  Bichern.  1 1  sind  die  Saagröbren,  fi  f  i  die  Dmckröhren 
der  Pumpen  ans  Schmiedeeisen,  deren  Ventile  in  dem  Darchschnitte  dea  lin- 
ken Pampen cylinders  in  Fig.  372  zu  erkennen  sind.  Jede  Pumpe  ist  ansser- 
dem  mit  einem  Windkessel  r  r  in  Verbindung  gesetzt,  um  die  nachtheiJigen 
Einwirkungen  des  Stosses  der  Pumpen  auf  die  Maacbioe  abzuschwächen. 
Der  Dampfoylinder  hat  Schieb ersteuerun g ;  da  jedoch  die  Umstenemng 
bei  der  Grösse  des  auf  dem  Schieber  lastenden  Dampfdrucks  aus 
freier  Hand  nicht  gnt  erfolgen  kann ,  so  wird  die  Schieberstange  von 
einem  kleinen  Dampfcylinder  K  aus  bewegt,  welcher  leicht  Ton  Hand 
gesteuert  werden  kann,  wenn  die  Maschine  in  Betrieb  kommen  soll, 
während  des  Ganges  aber  selbsttbätig  vermittelBt  das  an  der  rechten 
Kolbenstange  C  befestigten  Horizontalarms  gesteuert  wird,  welcher  hei 
Beendigung  des  Hubes  mit  Hülfe  eines  Hebelwerks  den  kleinen  Steue- 
nmgsBchieher  rerscbiebt  und  da- 
^'        ■  durch  auch  Umsteuerung  des  groeeen 

Cylinders  bewirkt  (vergl.  Fig.  372). 
Die  Dampfznströmnng  erfolgt   von 
oben  durch  das  auf  dem  Schieber- 
kasten  angebrachte  Dampfrohr  (Fi- 
gur 371)  aud  wird  durch  ein  Ventil 
I        regulirt;  der  verbrauchte  Dampf  ent- 
«.^     weicht    durch     das    unterhalb    des 
Schiebe  rkastens    ersichtliche    Rohr. 
Zum     Schatze     gegen     Abkühlung 
ist   der  Dampfcyliuder   mit  einem 
Dampfinantel  und  ausserdem  einer  Holzbekleidung  umgeben.  In  Fig.  373 
und  374  ist  Q  der  Kolben  des  hydraulischen  Cylinders  P,  welcher  letz- 
terer durch  vier  starke  schmiedeeiserne  S&olen  mit  dem  Untersatze  Q  — 
ähnlich  der  Cbabotte  bei  Hämmern  —  verbunden  ist.  Die  Oberkante  von 
Q  liegt  im  Niveau  der  Hüttensohle.    An  dem  untern  Ende  ist  der  Kolben 
mit  einer  Bahn  oder  einem  Obergesenke  ausgerüstet,  der  Form  der  zu  pres- 
senden Gegenstände  entsprechend.     Es  ist  leicht  ersichtlich,  wie  durch 
Zuleitung   von  Druckwasser   über   den    Kolbeo    derselbe    gesenkt  wird. 
Um  aber  nach  Tollbraohtem  Drucke  den  Kolben  wieder  emporziehen  zu 
können ,  befindet  sich  dem  Presscylinder  entgegengesetzt  und  mit  dem- 
selben in  einem  Stücke  gegossen  ein  zweiter  Cylinder  mit  einem  Gegeo- 
kolben  C,  welcher  an  seinem  obem  Ende  ein  starkes  Querbanpt  trägt 
und  von  diesem  aus  durch  zwei  Zugstangen//mitdem  Kolben  0  verbunden 
ist,  so  dase  ein  Kolben  nicht  ohne  den  andern  bewegt  wird.    Der  Durch- 
messer des  Gegenkolbens  ist  eben  so  gross,  dass,  wenn  der  Druck  auf  Q 
unterbrochen    und    dem  Wasser    oberhalb  desselben  Abfluss    verschafft, 
unter  den  Kolben  C  aber  Wasser  geleitet  wird,    letzterer  sammt  dem 


474  Pressen. 

Presskolbcn  emporsteigt.  Der  Einfachheit  der  Construction  halber  lässt 
man  w&hrend  des  Ganges  den  Wasserdruck  ununterbrochen  auf  den 
Kolben  C  wirken ,  und  macht  den  Kolben  &  so  viel  grösser  im  Durch- 
messer, als  dem  Querschnitte  des  erstem  entspricht,  so  dass  aus  der 
Differenz  beider  Kolbenquerschnitte  der  nutzbare  Querschnitt  für  einen 
zu  erzielenden  Druck  hervorgeht.  Man  wird  also  den  Durchmesser  von 
C  nicht  grösser  nehmen  als  zum  Anheben  der  Gewichte  von  G  und  Q 
und  zur  Ueberwindung  der  Reibung  bei  einem  gegebenen  Wasser- 
drucke erforderlich  ist. 

Die  Steuerung  für  die  Bewegung  der  beiden  Kolben  erfolgt  nun  in 
folgender  Weise. 

Das  durch  die  beiden  Druckröhren  ^i  fi  abwechselnd  zuströmende 
Wasser  gelangt  durch  den  concentrischen  Ganal  Z,  Fig.  375  (a.v.S.),  nach 
dem  gemeinschaftlichen  Druckventile  s,  und  von  hier  aus  sowohl  ununter- 
brochen unter  den  Kolben  C  als  auch,  sobald  s  geöffnet  ist,  durch  den 
Ganal  d  über  den  Kolben  Q.  Der  Canal  di  steht  durch  das  Ventil  $i 
(Fig.  374  und  375)  mit  dem  Ausflussrohre  v  in  Verbindung.  Wenn 
also  das  Ventil  $i  geschlossen,  s  geöffnet  ist,  und  die  Pumpen  in  Bewe- 
gung gesetzt  werden,  so  strömt  Druckwasser  über  den  Kolben  und  der- 
selbe fällt;  wenn  Si  geöffnet,  s  geschlossen  ist,  und  die  Pumpen  arbeiten, 
so  strömt  Druckwasser  unter  den  Gegenkolben  C,  während  das  über  G 
beündliche  Wasser  abfliessen  kann  und  der  Kolben  steigt^). 

Die  Bewegung  der  beiden  Steuerungsventile  s  und  Si  iut  aber  des 
hohen  Wasserdrucks  halber  aus  freier  Hand  nicht  möglich,  sie  sind  des- 
halb durch  starke  Hebel  i  und  h  und  zwei  senkrechte  Zugstangen  (vergl. 
Fig.  371)  mit  den  Kolbenstangen  zweier  Hilfsdampfmaschinen  h  und  hi 
verbunden,  deren  Bewegung  die  Bewegung  der  beiden  Stangenventile  s 
und  S|  bewirkt.  Beide  Hilfsdampfmaschinen  stehen  auf  dem  Hauptdampf- 
cy linder,  damit  sie  aus  freier  Hand  von  dem  Maschinenführer  gesteuert 
werden  können.  Zur  selbstthätigen  Hubbegrenzung  beim  Niedergange 
des  Kolbens  befindet  sich  jedoch  an  der  Zugstange  /  ein  verstellbarer 
KnAggen,  welcher  im  beabsichtigten  niedrigsten  Stande  des  Kolbens  Um- 
steuerung bewirkt. 

Da  bei  dem  grossen  Durchmesser  des  Dampf cjlinders  jeder  Hub  des 
Dampfkolbens  eine  grosse  Menge  Dampf  verbraucht,  so  ist  noch  eine 
Vorrichtung  angebracht,  um  ein  Niedergehen  des  hoch  stehenden  Press- 
kolbens ohne  Mitwirkung  des  Dampfcylinders  zu  bewirken,  so  lange 
nicht  Druck  ausgeübt  werden  soll,  also  bis  zu  dem  Augenblicke,  wo  die 
Bahn  des  Presskolbens  die  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  berührt.  Zu 
diesem  Zwecke  enthält  der  Cjlinder  7,  welcher  das  aus  dem  Presscylinder 
abfliessende  Wasser  aufnimmt,  ein  Ausflussventil,  welches  in  solcher 
Weise  belastet  wird,  dass  aus  dem  Cylinder  das  Wasser  in  den  Press- 


1)  Es  ist  zu  beachten,  dass  die  Abbildung  Fig.    374  einen   Schnitt  durch 
beide  Ventile,  aUo  nach  einer  gebrochenen  Linie  darstellt. 


Haswell's  Schmiedepresse.  475 

cylinder  zurücksteigt ,  wenn  in  dem  letztern  der  Gegendruck  aufgehoben 
wird.  Oeffnet  man  also  beide  Ventile  des  Presscylinders ,  während  die 
Pumpen  in  Ruhe  verharren,  so  wird  der  Druck  unter  C,  welcher  die 
Kolben  in  der  Höhe  erhielt,  aufgehoben,  das  Wasser  unter  C  kann  in 
den  untern  Presscylinder  gelangen,  die  Kolben  sinken  vermöge  ihres 
eigenen  Gewichts  und  durch  v  strömt  Wasser  über  den  Kolben  G  nach. 
Hat  nunmehr  der  Presskolben  das  Arbeitssttick  erreicht,  so  wird  Si 
geschlossen  und  die  Pumpen  in  Thatigkeit  versetzt,  das  in  l  überschüs- 
sig angesammelte  Wasser  fliesst  durch  das  erwähnte  Ventil  in  den  da- 
neben stehenden  Behälter  fn  ab,  aus  welchem  die  Druckpumpen  wieder 
ihr  Speisewassef  entnehmen. 

Wenn  die  auf  den  Kolben  des  Dampfcylinders  wirksame  Dampf- 
spannung und  die  Durchmesser  der  einzelnen  Cylinder  bekannt  sind, 
lässt  sich  leicht  der  ausgeübte  Totaldruck  der  Presse  ermitteln. 

Bei  einer  in  den  Schmiedewerkstätten  der  k.  k.  Staatsbahn  zu  Wien 
befindlichen  Presse  beträgt  z.  B. 

der  Durchmesser  des  Dampfkolbens  126,4  Cm,  also  Querschnitt  dessel- 
ben 12  560  Quadratcentimeter; 
der  Durchmesser  der  Pumpenkolben  10,5  Cm,  also  Querschnitt  dersel- 
ben 86,6  Quadratcentimeter; 
der  Durchmesser  des  Presskolbens  52,5  Cm,  also  Querschnitt  dessel- 
ben 2165  Quadratcentimeter; 
der  Durchmesser  des  Gegenkolbens  15,7  Cm,  also  Querschnitt  dessel- 
ben 194  Quadratcentimeter; 
daher  nutzbarer  Querschnitt  des  Presskolbens    2165  —  194  =  1971 
Quadratcentimeter. 
Der  Dampfdruck  im  Dampfcylinder  beträgt  3  Kilogramm  per  Qua- 
dratcentimeter, mithin  der  Druck,  welcher  vom  Dampf kolben  auf  jeden 
der  beiden  Pumpenkolben  übertragen  wird:  12  560  X  3  =  37  680  Kilo- 
gramm.     Dieser  Druck    pflanzt    sich  von  den  Pumpenkolben  auf  den 
Presskolben  fort  in  dem  Verhältnisse  der  Querschnitte,  und  es  beträgt 

demnach  der  von  letzterem  ausgeübte  Druck  theoretisch  — 

oo,6 

=  857  580  Kilogramm. 

Nimmt  man  einen  Nutzeffect  der  Maschine  von  0,85  an,  so  beträgt 
der  effective  Druck  ppr.  700  000  Kilogramm. 

Solche  Pressen  für  Herstellung  von  Maschinentheilen ,  theils  mit 
ähnlichen ,  theils  mit  noch  grösseren  Abmessungen ,  durch  welche 
man  den  Druck  bis  auf  3  000  000  Kilogramm  gesteigert  hat,  sind 
auf  verschiedenen  österreichischen  Eisenwerken ,  in  zwei  Berliner  Fa- 
briken, bei  Fr.  Krupp  in  Essen  und  in  mehreren  anderen  Werkstätten 
in  Thatigkeit. 


Formgebende  Ergänznngsatücke   nnd  Arbeitaverfahreti. 

Es  wnrde  schoD  darauf  hingewiesen ,  daas  zar  Heratellnng  bestimmt 
abgegrenzter  Formen  mit  der  SchmiedepreBse  Gesenke  erforderlich  sind, 
ähnlich  wie  beim  Schmieden  mit  dem  Hammer ,  aber  weniger  einfach  ab 
diese.  Man  nennt  sie  anch  Matrizen  oder  Modelle.  Dieaelben  werden  ans 
Gasseisen  oder  gegoBsenem  Stahle  hergestellt,  hinreichend  stark  con- 
stmirt,  damit  rie  dem  ungeheuren  Drucke  der  Presse  Widerstand  zn 
leisten  vermögen,  und  zu  demselben  Zwecke  niit  umgelegten  Schmiedeeisen- 
ringea  aasgerüstet.  Um  das  Herausnehmen  des  gepressten  Arbeitsstücks 
möglich  zu  machen,  bestehen  diese  Gesenke  nicht  allein  ans  Ober-  und 
Untertheil,  sondern  das  letztere  ist  wieder  in  eine  grössere  Anr^hl  ein- 
zelner T  heile  zerlegbar. 

Fig.  376. 


Gesenke.  477 

Die*  iD   den  obigen  Abbildungen  Fig.   373  nnd  374  gezeicbneten 
Einsatzstficke  für  FreBskolben  nnd  Ämbos  sind  nar  zum  Zusammenpres- 
_.     „  aen  (Verdichten)  roher  Lnppen   oder 

Packet«      zu      pitrallelepipedischen 
Eiaenblöcken  geeignet.     Als  Beispiel 
für  die  Heratellung  weniger  einfacher 
nnd  Bcbärfer  begrenzter  Formen  möge 
die  in  Fig.   376   und   377   gegebene 
Abbildung    der    Vorrichtung    zum 
Pressen  von  schmiedeeisernen  Krenz- 
kSpfen  für  Locomotiven   dienen.      A 
ist    der    Kolben     des     hydrauUaoben 
Cylinders,   B  der   nntere  Theil  .des 
Presscjlinders,     et    die    Zugatougen 
zum  Anheben  des  Kolbens  nach  be- 
endigtem Dmcke,   ss  die  schmiede- 
eiaemen  Säulen  zum   Tragen  des   Presscy linders.     Der  Oberstempel  G 
besteht  in  seiner  obem  Hälfte  aus  Gusseiaen,  in  dem  nntem  Theile  aus 
Gnssstah].     Das  Untergesenk  besteht  aus  dem  obem  Theile  a,  auf  dem 
untern  Theile  b  ruhend,    dnrcb  zwei  Dübel  mit  demselben  Tcrbunden 
nnd  vor  Verschiebung  gesichert,     a  enthält  das  Profil  des  obern  Kreuz* 
kopftbeils,  h  nmacblieaat  zunächst  den  Fuss  d  des  Gesenks,  in  welchem 
wieder  die  zwei  Backen  c  nnd  Ci  eingesetzt  werden ,  welche  später  mit 
dem  Kreuzkopfe  ans  dem  üntergesenke  herausgezogen  und  dann  seitlich 
entfernt  werden.     Die  Scheibe  /  bedingt  endlich  die  Höhe  des  cylindri- 
Bchea  Ansatzes    für   die  Befestigung  der  Kolbenstange  nnd  kann  nach 
BedürfnisB    höher    oder    niedriger    genommen    werden,      g  q  sind  zwei 
Unterlagen,  welche  den  Niedergang  des  Presskolbeos  begrenzen  und  so- 
mit die  Höhe  des  Krenzkopfea  beatimmen. 

Der  Stempel  0  passt  genau  in  den  obern  Theil  von  a,  und  bildet 
demnach  mit  dem  Untergesenke  zusammen  ein  sogenanntes  geschlosse- 
nes Kaliber,  zum  Entweichen  der  eingeschlossenen  Luft  befinden  sich  je- 
doch an  den  Seitenflächen  des  Stempels  vier  (in  Fig.  376  punktirt  ge- 
zeichnete) Canäle  als  Fortsetzungen  der  vier  Fühmngleisten  des  Kreaz- 
kopfs.  rrr  sind  starke  ach  mied  eeiseme  Ringe,  welche  das  ganze  Ge- 
senk einfassen  nnd  vor  Zertrümmerung  schützen.  Die  Theile  des  Unter- 
gesenks bestehen  aus  Guaaeiaen. 

Dae  Gesenk  wird  auf  einem  Untergeatelle  0  zusammengesetzt,  wel- 
ches auf  einem  Schlitten  P  (oder  auch  einem  Wagen)  befestigt  ist,  und 
wird  mit  diesem  zwischen  den  Säulen  der  Presse  hindurch  an  seine  Stelle 
gebracht.'  Dann  stellt  man  die  Spreizen  xx  auf,  welche  den  Zweck 
haben,  das  Gesenk  während  des  Fressens  und  Herausziehens  des  Kotbens 
in  seiner  Lage  festzuhalten,  streicht  die  Innenflächen  mit  Graphit  aus, 
nnd  nun  kann  daa  Pressen  beginnen. 

Als  Rohmaterial  ittr  die  Verarbeitung  dient  ein  Eisenstück  von  etwa 


478  Pressen. 

360  Mm  Länge,  230  Mm  Breite,  180  Mm  Stärke,  seinem  Gewichte  nach 
dem  Gewichte  des  Kreazkopfe  entsprechend.  Znr  Heratelliiii^  deaeelben 
wird  ein  Packet  unter  dem  Hammer  zu  einer  „Bramme"  von  gleicher 
Breite  und  Stärke  aber  gröBserer  Länge  anageachmiedet  als  das  erforder- 
liche Arbeitsstück,  und  die  Eieenstücke  in  der  richtigen  Länge  davon  ab- 
gehauen. Dann  werden  sie  im  Schweissofen  znr  Weissgluth  erhitzt,  mit 
der  Zange  in  das  Gesenk  eingesetzt,  nnd-  ntm  mit  einem  einsigen 
Drucke  in  die  Form  des  Kreuzkopfa  gepresst. 

Um  nun  den  fertigen  Kreuzkopf  ans  dem  Gesenke  heranazunehmen, 
befeatigt  mau  vermittelst  der  Haken  h  h  das  Tbeil  a  des  Untergesenka 
mit  zwei  Ketten  an  dem  Presakolben,  entfernt  die -Spreizen  XX.  und 
hebt  somit,  indem  man  den  Kolben  emporgehen  lässt,  das  Tbeil  a 
sammt  dem  Krenzkopfe  nnd  den  beiden  Backen  C  von  dem  liegen  blei- 
benden Theile  b  und  d  ab.  Die  Backen  werden  dnrch  schwache  Ham- 
merachläge  seitlich  entfernt,  b  und  d  mit  dem  Schlitten  fortgezogen. 
Der  Kolben  wird  nun,  nachdem  die  Ketten  entfernt  sind,  aus  dem  Kreuz- 
kopfe und  Gesenktheile  a  herausgezogen,  dann,  nachdem  das  Theil  a 
unterstützt  iat,  der  Kreuzkopf  mit  Hülfe  von  zwischen  gelegten  Schienen 
durch  einen  schwachen  Druck  dea  Kolbens  nach  unten  beransgedrückt. 

Man  stellt  in  zehn  Stnnden  25  bia  30  Stück  solcher  Kreuzköpfe  dar 
und  gebraucht  dazu  zwei  Schweissofen,  den  einen  für  die  Packete,  den 
andern  für  doa  eigentliche  Materialeiaen. 

Wie  man  mit  der  Haswell'schen  Sobmiedepresae  durch  einen 
einzigen ,  kräftigen  Druck  das  durch  starke  Erhitzung  völlig  plastisch 
gewordene  Metall  in  eine  völlig  neue  Form  überführt,  ao  iat  auch  der 
Fall  nicht  selten,  daas  plattenförmige  Metallstücke  im  kalten  oder  we- 
niger hoch  erhitzten  Zustande  mit  Hülfe  ähnlicher  Pressen  in  Hohl< 
körper  umgewandelt  werden,  wobei  die  Vorgänge,  welche  die  Form - 
Veränderung  begleiten,  ganz  ähnliche  sind  ala  beim  Treihen  und  Auf- 
tiefen. Wenn  z.  B.  die  kreisrnnde  Platte  Fig.  378  durch  Preseen  mit 
entsprechend  geformtem  Stempel  und  Matrize  in  den  Hohlkörper  Fig.  379 
umgewandelt  werden  soll,  ao  muss  der  Rand  beim  Aufbiegen  eine 
Stauchung  erfahren,  dicker  werden.     Ea   muss  deshalb  das   Maoss  der 

Fig.  378.  Fig.  379. 


Arbeitsverfahren. 


479 


jedesmaligen  Formveränderung  abhangig  sein  von  der  Dehnbarkeit 
des  verarbeiteten  Metalls,  and  wenn  die  Formveränderung  eine  be- 
trächtliche, also  der  Durchmesser  des  Hohlkörpers  gering  im  Verhält- 
nisse zu  dem  Durchmesser  der  ursprünglichen  Platte  sein  soll,  so  sind 
oft  vier  bis  sechs  auf  einander  folgende  Pressungen  mit  immer  kleiner 
im  Durchmesser  werdenden  Gesenken  erforderlich,  um  die  endliche 
Form  zu  erlangen,  ohne  eine  Faltenbildung  im  Bande  eintreten  zu 
lassen.  Das  Untergesenk  (die  Matrize)  ist  für  solche  Zwecke  nicht 
voll,  sondern  ringförmig  gestaltet,  wie  es  die  Skizze  Fig.  380  veran- 
schaulicht, und  das  Arbeitsstück  wird  völlig  durch  dasselbe  hindurch- 
gedrückt. 

Anders  ist  der  Vorgang,  wenn  der  äusserste  Rand  des  Arbeitsstücks 

auf  dem  obern  Rande  der  Matrize  durch  einen  aufgeschraubten  Stahl- 

Fig.  380.  ring    festgespannt    wird   und  der  dünnere 

Kolben  nun  in  der  Art,  wie  man  ein  über 
einen  Ring  gespanntes  weiches  Leder  in 
denselben  hineindrücken  könnte,  das  Metall 
auf  eine  gewisse  Länge  in  die  Matrize 
hineintreibt.  Eine  Verringerung  des  Durch- 
messers kann  dann  nicht  eintreten,  und 
statt  der  Stauchung  des  Randes  findet  eine 
nach  dem  Boden  des  entstehenden  Gefas- 
ses  fortschreitende  Querschnittsverdünnung 
statt. 

Beide  Verfahrungsweisen  finden  nicht 
seltene  Anwendung  zur  fabrikmässigen  An- 
fertigung von  Hohlgefössen  in  Eisen,  Kupfer, 
Messing,  Neusilber  und  anderen  Metallen; 
von  kupfernen  Röhren  ohne  Löthnaht  (welche  nach  dem  Pressen  auf  dem 
Ziehwerke  gestreckt  werden),  Flaschenkapseln  aus  Zinn,  Zündhütchen  und 
manchen  anderen  Gegenständen,  und  werden  bei  Besprechung  derjenigen 
Arbeiten,  welche  zur  Vollendung  der  Form  dienen,  wie  in  der  speciellen 
Technologie  noch  öftere  Erwähnung  finden. 


Literatur  über  Pressen. 

Fr.  KupelwkBser,  Die  Pressen  in  ihrer  Anwendung  bei  Verarbeitung 
des  Eisens,  Jahrbuch  der  k.  k.  Bergakademien  zu  Leoben,  Schem- 
nitz  und  Pribram,  Bd.  15,  S.  166  ff.;  enthält  eine  Beschreibung  der 
wichtigsten  Systeme  grösserer,  durch  Elementarkraft  betriebener 
Pressen. 

Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure,  Jahrgang  1863,  S«  287 
(Beschreibung  der  HaswelT  sehen  Schmiedepresse). 


480  Walzwerke. 

R.  L.  Haswell,  Fabrikation  von  LocomotiTbestandtheilen  dnrch  Pressen, 
System  Haswell.  Zeitsclirift  des  österreichischen  Ingenieur-  nnd 
Architektenvereins,  Jahrgang  1872,  S.329  (auch  als  Separatabdruck 
erschienen).  Diese  Abhandlung  enthält  eine  durch  Abbildungen  er- 
läuterte Beschreibung  der  Gesenke  und  Stempel,  des  Arbeitsverfah- 
rens, und  Angabe  der  Selbstkosten  für  zahlreiche  beim  Locomotiv- 
bau  gebrauchte,  durch  Pressen  darstellbare  Maschinentheile. 

Dingler's  polytechnisches  Journal  Bd.  178,  S.  430:  Wilson's  hydrau- 
lische Presshämmer. 


C.    Walswerke. 

Man  nennt  Walzwerk  im  Allgemeinen  jeden  Apparat,  bei  wel- 
chem das  Arbeitsstück  zwischen  zwei  parallelen,  sich  in  entgegengesetzter 
Richtung  drehenden  Walzen  hindurchgeführt  und  dabei  in  Folge  des 
Umstandes,  dass  die  Entfernung  zwischen  beiden  Walzen  kleiner  ist  als 
die  betreffende  Querschnittsabmessung  des  Arbeitsstücks,  entsprechend 
yerdünnt  und  in  seiner  Länge  ausgedehnt  —  gestreckt  —  wird. 

Das  Hindurchgehen  des  Arbeitsstücks  zwischen  den  Walzen  erfolgt 
in  Folge  der  Reibung  zwischen  den  sich  berührenden  Oberflächen  beider 
Theile,  die  Querschnittsyerdünnung  theils  in  Folge  des  Drucks  der  Wal- 
zen, theils  in  Folge  des  Zuges,  mit  welchem  die  sich  fortbewegenden 
Walzenflächen  den  zwischen  ihnen  beflndlichen  zusammengepressten 
Theil  des  Arbeitsstücks  von  dem  dickern,  noch  vor  den  Walzen  befind- 
lichen Theile  zu  trennen  bestrebt  sind. 

In  Folge  dieses  letztern  auf  das  Metall  ausgeübten  Zuges  wird  die 
bedeutendste  Streckung  stets  nach  der  Bewegungsrichtung  der  Walzen 
und  des  Arbeitsstücks  hin  stattfinden,  auch  wenn  eine  hinreichende  Ge- 
legenheit zur  seitlichen  Ausbreitung  (in  der  Richtung  der  Walzenachse) 
gegeben  ist.  Erfahrungsgemäss  ist  die  Ausbreitung  bei  harten  Metallen 
grösser  (und  die  Streckung  in  die  Länge  geringer)  als  bei  weichen;  bei 
Stahl  ist  die  Ausbreitung  grösser  als  bei  Schmiedeeisen;  bei  schwach  er- 
hitztem Eisen  grösser  als  bei  stark  erhitztem.  Dagegen  ist  die  Streckung 
grösser  und  die  Ausbreitung  geringer  bei  Walzen  mit  kleinerm  als  mit 
grösserm  Durchmesser,  wenn  ihre  Umfangsgeschwindigkeit  gleich  ist. 

lieber  die  Vorgänge  beim  Walzen  sind  eine  Anzahl  Theorien  auf- 
gestellt worden,  ohne  dass  der  Gegenstand  bis  jetzt  völlig  erschöpfend 
behandelt  worden  wäre.  Insbesondere  scheint  der  Umstand  bisher  we- 
nig Beachtung  gefunden  zu  haben,  dass  beim  Walzen  hoch  erhitzter 
Metalle  eine  rasche  Abkühlung  an  den  von  den  Walzen  berührten  Anssen- 
flächen  stattfindet,  während  die  inneren  Theile  noch  heiss  bleiben.    Die- 


Allgemeines.  481 

aer  umstand  dürfte  aber  zamTheOe  die  an  nnd  fO^sich  anfRÜIige  That- 
saohe  erklilreii,  dasa  die  Kandflficben  heiss  gewalzter  Metalle,  des  EiBens, 
Kupfers  o.  a^  conveze  Form,  die  Kandflächen  kalt  gewalzter,  dea  Bleies, 
Zinns  n.  a.,  concave  Form  zeigen.  Ebenso  wenig  ist  meines  Wissens  die 
soeben  erwähnte  Thatsauhe  der  grossem  Ausbreitung  härterer  Metalle 
bislang  einer  genOgendea  Erklärung  unterzogen  worden. 

Von  der  allgemeinen  Einrichtung  eines  W&lzwesks  kann  zunächst 
die  Abbildung  Fig.  381  einen  Begriff  geben,  d  ist  hier  die  Antriebs* 
welle  mit  dem  Scbwongrade;  ce  ist  eine  Klaaenknppelnng  zum  Ein- 
nnd  Ansracken,  FF  sind  zwei  Ge- 
triebe oder  Ramm  walzen  (Kräuseln), 
mit  Zapfen  in  den  Getriebeständem 
ffg  gelagert,  deren  unteree  durch  eine 
Kupplungsmuffe  mit  der  Welle  d  ver* 
banden  ist,  und  die  Bewegung  dnroh 
das  obere  Getriebe  auch  auf  die  obere 
WalzFerkswelle  fiberträgt.  Diese 
Uebertragnng  erfolgt  durch  die  zwei 
Spindeln  r/,  welche  durch  die  Über- 
gescbobeuen  Kupplungsm  offen  t»  m 
mit  den  Zapfen  der  Getriebe  einer- 
seits und  den  Zapfen  der  Walzen 
B  B'  andererseits  verbanden  sind,  a  a 
sind  die  Walzenständer,  in  welchen 
die  Zapfen  der  Walzen  gelagert  sind; 
zwei  zusammengehörige  Walzenstän- 
m  der  sind  durch  horizontale  Schrauben- 

bB  bolzen  mit  einander  verbunden   und 

^  bilden  gemeinschaftlich  ein  Walzge- 

rfist.  In  derselben  Weise,  wie  die 
Bewegung  von  den  Getrieben  nach 
dem  ersten  WalzgerÜste  fortgepflanzt 
wird,  lässt  sich  dieselbe  von  diesem 
auch  nach  einem  zweiten  und  dritten 
Walzgerüste  übertragen,  seltener  ist 
die  in  der  Abbildung  gezeichnete 
Einrichtung,  bei  welcher  zunächst 
nur  die  Bewegung  der  untern  Walze 
durch  die  Spindel  d"  mit  der  Muffe  p 
und  q  auf  die  Walze  A  und  erst  jen- 
seits durch  ein  zweites  Paar  Getriebe 
C  und  C*  auf  die  Oberwalae  fortge- 
pflanzt wird. 

1  ist  eine  Wasserrinne  und  t  sind 
Wasserrohre  zur  Zuleitung  von  Kühl- 


482  Walzwerke. 

vasser  auf  die  anil«ufenden  Walzen.  Dae  ganze  Walzwerk  steht  auf 
gOBseisemen  Sohlplatten,  welche  darch  starke  Ankerschrauben  aof  einem 
Fundamente  aus  Holz  oder  Stein  festgehalten  werden. 

Nach  der  Art  des  Fabrikats  unterscheidet  man  eine  Anzahl  ver- 
Bchiedener  Gattungen  von  Walzwerken.  Znnächst  trennt  man  Blech- 
walzwerke (fOr  Eieen  and  Stahl,  Kupfer,  Meseing,  Neusilber,  Gold,  Sil- 
ber, Ziuk,  Zinn,  Blei)  von  den  Walzwerken  für  stabförmige  Körper  mit 
beetimmtem  Qnerachnittepvofile.  Letztere  Walzwerke  dienen  vorzugs- 
weise zar  Verarbeitung  des  Eisens  und  Stahls,  und  sondern  sich  nach 
der  Grösse  der  herzustellenden  Querschnitte  in  Grobeisen-  and  Pein- 
eisenwalzwerke  mit  einer  Zwischenstafe ,  welche  man  Mittel- 
Btrccken  nennt'),  ferner  hat  man  für  ganz  bestimmte  Zwecke:  Schie- 
nenwalzwerke, Fa^joneisen  walz  werke  u.  s.  f.  In  den  einzelnen  Con- 
structionsth eilen  zeigen  die  Walzwerke  diesen  verschiedenen  Zwecken 
entepreohend  mehrfache  Ahweicbnngen. 

Es  sollen  demnach  in  Folgendem  zunäuhat  diese  einzelnen  Theile 
des  Walzwerks  in  ihren  abweichenden  Formen  besprochen  und  daran 
eine  Beschreibung  solcher  Walzwerkaconstructionen  gereiht  werden, 
welche  auch  in  ihrer  ganzen  Einrichtung  bemerken swerthe  Abweichun- 
gen von  der  oben  (Fig.  381)  abgebildeten  einfachsten  Construction  eines 
Walzwerke  zeigen. 

Die  Walzen.  Dieselben  sind  aus  Gusseisen,  für  sehr  genaue  Ar- 
beit aus  Gussstahl  gefertigt  (z,  B.  bei  den  Walzwerken  der  Münzwerk- 
stätten zum  Auswalzen  der  Metall  platten).  Den  mittlem  Haupttheil  der 
Walze  nennt  man  Walzenbnnd,  an  diesen  scbliessen  sich  an  jeder 
Seite  die  schwachem,  cylindrisch  gedrehten  Laufzapfen,  welche  in  den 
Lagern  der  Walzenständer  sich  drehen;  und  diese  finden  ihre  Fort- 
setzung in  denKupplnngszapfen,  welche  mit  den  Kiipplungsspindeln 
durch  die  MufTe  verbunden  werden  (vergl.  u,  a.  unten  Fig.  394).  Damit 
nicht  die  Kupplungszapfen  in  den  Muffen 
Fig.  saa.  sich  drehen    können ,    muss    der   Quer- 

schnitt beider  entsprechend  profilirt  sein; 
gewöhnlich  wählt  man  die  in  Fig.  382 
skizzirte  F'orm,  wobei  a  den  Kupplnngs- 
zapfen,  (t  die  Muife  vorstellt. 

Der  Durchmesser  der  Walze  (des 
Buuiles)  muss  von  der  Stärke  des  swi- 
schen  beiden  Walzen  hindurch/.ufah- 
rcnden  Arbeitsstücks  abhängig  sein. 
Ist  der  Dnrchmcsser  zu  klein,  so  gleitet 
die  Walze,  ohne  das  Arbeitsstück  zu  er- 


')  Die  Grenzen  für  diene  BeneiimnigBn  giuil  nicht  immenlieselben;  aUilurcli- 
schnitUichen  kleiusten  Qiierscliiiitl  der  in  OiuliMtrecken  gsferligten  Stäbe  kann 
man  7  Qnadratcentimeter  recliuen. 


Die  Walzen. 


483 


fassen.     Es  lässt  sich  dieser  Vorgang  durch  die  Skizze  Fig.  383  yeran- 
Bchanlichen.    Das  Arbeitsstück  Ä  mnss,  um  zwischen  den  beiden  Walzen 

p-     3g2  B   xmd    C  hindnrchzugehen, 

auf  den  Abstand  zwischen 
den  beiden  Walzenflächen  zu- 
sammengedrückt werden,  zu 
welchem  Zwecke  diese  letz- 
teren mit  einer  entsprechend 
grossen  Kraft  gegen  einan- 
der gepresst  werden  müsseu. 
In  dem  Berührungspunkte  c 
des  noch  nicht  erfassten  Ar- 
beitsstücks mit  der  Walze  B 
zerlegt  sich  nun  die  radiale 
Druckkraft  R  in  die  Kräfte 

N  =  R  tos  q)  und 
M  =  R  sin  9?. 

Wenn  /  der  Reibungs- 
coefßcient  ist,  muss,  damit 
kein  Zurückstossen  des  Ar- 
beitsstücks oder  Gleiten  der 
Walzen  stattfindet, 

Nf  >  M,  also 
f  R  cos  q>  >  R  sin  q> 
f>t9  9 
sein;  oder  mit  anderen  Worten,  es  muss  der  Centriwinkel  9  kleiner  als  der 
Reibangswinkel  sein.     q>  wächst  aber  mit  abnehmendem  Durchmesser 
der  Walzen,  so  lange  das  Arbeitsstück  gleiche  Stärke  behält,  und  es  wird 
demnach  ein  Punkt  eintreten,  wo  es  nicht  mehr  möglich  ist,  das  Arbelts- 
stück A  zwischen  den  Walzen  hindurchzubringeu  ^). 

Erfahrungsgemäss  darf  beim  Walzen  von  Eisen  der  Querschnitt  des 
Arbeitsstücks  höchstens  auf  die  Hälfle  vermindert  werden,  und  seine 
Uöhenabmessnng  vor  dem  Durchgange  nicht  mehr  als  Y101  nach  dem 
Durchgange  nicht  mehr  als  ^/jo  des  Walzen  durchmessen^  betragen.  Dem 
grrössem  Walzendurchmesser  pflegt  auch  eine  grössere  Länge  des  Wal- 
eenbundes  zu  entsprechen,  weil  mit  dem  zunehmenden  Durchmesser  die 
Gefahr  für  den  Bruch  sich  verringert. 

Demnach  finden  wir  bei  den  kleinsten  Walzwerken,  wie  sie  die 
Goldarbeiter  zum  Walzen  ihrer  feinen  Bleche  gebrauchen,  Walzendurch- 
messer von  40  bis  50  Mm.  bei  einer  Länge  von  etwa  75  Mm.,  bei  den 
Feineisen  walz  werken  Durchmesser  von  150  bis  270  Mm.  bei  Längen  von 


^)  ^cfgl*  Hoyer,  Mechanisclie  Technologie,  S.   174. 


31* 


484  Walzwerke. 

300  bis  800  Mm.;  bei  Grobeisen-  und  gewöhnlichen  Blechwalzwerken 
steigt  der  Durchmesser  bis  zu  500  Mm.  und  die  Bandlange  bis  1  Meter, 
bei  den  grössten  Blechwalzwerken  für  Panzerplatten  hat  man  endlich 
Walzen  mit  800  Mm.  Durchmesser  und  bis  zu  3  Meter  Bundlange. 

Die  Anzahl  der  Umdrehungen  per  Minute  beträgt  bei  den  kleinsten 
Feinwalzen  (Schnellwalzen)  bis  zu  500,  bei  Grobeisenwalzen  bis  80,  bei 
schweren  Blechwalzen  30  bis  60,  woraus  eine  Umfangsgeschwindigkeit 
von  1,5  bis  4  Meter  per  Seounde  sich  ergiebt. 

Wenn  zwischen  den  Walzen  stabförmige  Körper  mit  bestimmt  be- 
grenzten Querschnitten  hergestellt  werden  sollen,  so  muss  die  Oberfläche 
der  Walzen  diesen  Querschnitten  entsprechend  mit  herumlaufenden  Pro- 
filbegrenzungen versehen  sein,  welche  man  als  Gesenke  ohne  Ende  be- 
trachten kann  und  Kaliber  nennt  (vergl.  Fig.  388).  Es  folgt  hieraus 
von  selbst,  dass  nur  die  Ober-  und  Unterwalze  zusammen  das  volle  Ka- 
liber bilden  können,  wie  beim  Schmieden  und  Pressen  die  Form  durch 
Ober-  und  Untergesenk  hergestellt  wird. 

Nur  solche  Erzeugnisse  der  Walzarbeit  gestatten  die  Anwendung 
von  Walzen  ohne  Kaliber ,  bei  welchen  es  allein  auf  genaue  Innehaltung 
einer  einzigen  Querschnittsmessung  ankommt  —  also  die  Bleche  — ,  oder 
solche  Arbeitsstücke,  welche  schon  vorher  in  Kaliberwa}zen  ihre  Gestal- 
tung erhalten  hatten,  und  nur  noch  eine  letzte  Vollendung  der  Ober- 
fläche durch  das  Hindurchgehen  durch  ein  Paar  harte,  glatte  Walzen 
(Hart-  oder  Polirwalzen)  empfangen  sollen  (sogenanntes  Bandeisen). 

In  Rücksicht  auf  die  Durchbiegung  langer  Blechwalzen  bei  dem 
auf  das  hindurchgehende  Arbeitsstück  ausgeübten  Drucke  fertigt  man 
dieselben  jedoch  nicht  genau  cylindrisch,  sondern  verstärkt  sie  ein  wenig 
nach  der  Mitte  zu. 

Je  zwei  Kaliber  sind  durch  einen  dazwischen  liegenden  „Ring^ 
oder  „Rand"  getrennt.  Man  macht  die  Ringe  gewöhnlich  10  bis  25  Mm. 
breit.  Je  schmaler  sie  sind,  desto  leichter  brechen  sie  an  den  Kanten 
aus,  eine  übermässige  Breite  nimmt  dagegen  einen  unnöthigen  Raum 
weg  und  verringert  die  Anzahl  der  Kaliber  auf  einer  vorhandenen  Länge 
der  Walze. 

Wenn  nun  jede  der  beiden  Walzen  die  Hälfte  des  Kalibers  als 
furchen  artigen  Einschnitt  enthält  und  die  dazwischen  liegenden  Ringe 
auf  einander  laufen,  so  nennt  man  die  Kaliber  offene  (wie  bei  den  Wal- 
zen AA*  in  Fig.  381);  wenn  dagegen  das  Kaliber  vorwiegend  in  einer 
Walze  angebracht  ist  und  die  zweite  (gewöhnlich  die  Oberwalze)  mit 
einem  entsprechend  profilirten  Rande  in  das  Kaliber  eingreift,  um  es 
zu  schliessen,  so  nennt  man  solche  Kaliber  geschlossene  (vergl.  die 
Walzen  BJ?  in  Fig.  381).  In  diesem  Falle  laufen  die  Ringe  der  Unter- 
walze in  Furchen  der  Oberwalze. 

Um  in  Kaliberwalzen  aus  einem  Rohproducte  ein  fertiges,  bestimmt 
profilirtes  Fabrikat  herzustellen,  muss  dasselbe  mehrere  verschiedene 
Kaliber  in  bestimmter  Reihenfolge    passiren,    welche    lauter    allmälige 


Kaliber.  485 

UebergaDgsformen  von  dem  ersten  rohen  bis  z.a  dem  yoUendeten  Qaer- 
scbnitte  darstellen  nnd  demgemäss  eine  stete  Querschnittsverringernng 
aufweisen.  Die  Differenz  zwischen  der  Grösse  zweier  auf  einander  fol- 
gender Kaliberquerschnitte  nennt  man  Abnahme  oder  Druck  des 
Kalibers. 

Nor  in  einzelnen  Fällen  and  bei  Anwendung  geschlossener  Kaliber 
ist  es  möglich,  durch  allmälige  Näherung  der  beiden  Walzen  eine  Quer- 
schnittsverkleinerung bei  einem  und  demselben  Kaliber  herbeizuführen, 
also  mit  weniger  Kalibern  die  fertige  Form  herzustellen. 

Eine  jede  kalibrirte  Walze  enthält  demnach  eine  grössere  Anzahl 
Terschiedener  Kaliber;  da  jedoch  die  ersten  Stadien  der  Umformung 
eines  rohen  Metallstücks  auch  für  verschiedene  Querschnittsformen  des 
Endproducts  häufig  in  ganz  gleichen  Kalibern  erfolgen  können,  so  unter- 
scheidet man  Vor  walzen,  welche  jene  ersten  für  verschiedene  Endfor- 
men dienende  Kaliber  enthalten,  und  Fertigwalzen,  deren  Kaliber 
nur  für  einen  einzigen  ganz  bestimmten  Querschnitt  dienen  können. 

Die  Construction  der  Walzenkaliber  ist  eine  um  so  wichtigere 
Aufgabe  und  bedarf  um  so  mehr  Uebnng  und  Erfahrung,  als  dabei 
nicht  allein  die  Form  des  Fertigprofils  zu  berücksichtigen  ist,  sondern 
auch  die  specifischen  Eigenschaften  der  zu  verarbeitenden  Eisen-  und 
Metallsorten  (insbesondere  Dehnbarkeit  und  Härte).  Dieses  abweichende 
Verhalten  beim  Walzen  lässt  für  gleiche  Endformen,  aber  verschiedene 
Eisensorten,  oft  die  Anwendung  erheblich  abweichender  Vor-  und 
Zwischenkaliber  zweckmässig  erscheinen,  denn  wenn  es  einestheils  wün- 
Bchenswerth  ist,  in  möglichst  wenigen  Kalibern  den  Walzprocess  durch- 
zuführen, den  Druck  also  möglichst  gross  zu  nehmen,  so  muss  doch  diese 
Abnahme  stets  in  directem  Verhältnisse  zur  Dehnbarkeit  und  in  indirec- 
tem  Verhältnisse  zur  Härte  stehen.  So  z.  B.  wird  man  bei  Anfertigung 
von  Eisenbahnschienen  eine  abweichende  Kalibrirung  der  Walzen  an- 
wenden müssen,  je  nachdem  die  Schienen  aus  Stahl,  aus  Feinkorneisen 
oder  aus  zwei  zusammengeschweissten  Eisensorten  (sehniger  Fuss  und 
Feinkorn-  oder  Stahlkopf)  dargestellt  werden  sollen. 

Theoretische  Berechnungen  helfen  hierbei  weniger  als  praktische 
Erfahrung.  Von  vornherein  muss  bei  der  Construction  der  Kaliber 
darauf  Bedacht  genommen  werden,  dass  eine  Verkleinerung  der  Quer- 
schnittsabmessungen  nur  durch  den  von  den  Walzen  gegen  das  Arbeits- 
stück ausgeübten  Druck,  also  bei  Walzwerken  mit  horizontalen  Walzen 
nur  in  senkrechter  Linie  bewirkt  werden  kann,  während  die  wage- 
rechte Abmessung  gleichbleibt  oder  meistens  eine  geringe  Ausbreitung 
erfährt,  um  das  Einstecken  zu  erleichtern.  Es  darf  also  das  einzufüh- 
rende Arbeitsstück  in  seiner  Breitenabmessung  niemals  grösser  sein  als 
das  Kaliber  selbst,  es  würde  unmöglich  sein,  dasselbe  in  das  Kaliber 
zu  bringen.  Die  Kaliber  und  demnach  auch  das  Arbeitsstück  würden 
demnach  immer  breiter  und  breiter  werden  müssen,  wenn  letzteres  stets 
in  derselben  Lage  die  Kaliber  paasirt.     Wenn  demnaeh  symmetrische 


486  Walzwerke. 

Qaerschnitte  mit  gleichen  L&ngen-  nnd  Breitenabmessongen  auf  geome- 
trisch ähnliche  kleinere  Querschnitte  verdünnt  werden  sollen,  so  kann 
dieses  nur  geschehen,  indem  man  oblonge  Kaliber  anwendet,  jedem  fol- 
genden Kaliber  die  Höhe  des  vorausgegangenen  zur  Breite  giebt,  die 
Höhenabmessung  aber  verringert  und  den  Stab  nach  jedem  Durchlange 
um  90  Grad  dreht;  bei  weniger  regelmässigen  Querschnittsformen  aber, 
welche  diese  stete  Drehung  nicht  gestatten,  schaltet  man  ab  und  an 
zwischen  jenen  eine  Verbreiterung  bewirkenden  Streckkalibern  soge- 
nannte Stauchkaliber  ein,  in  denen  nach  der  einmaligen  Drehung 
um  90  Grad  nun  eine  Verringerung  der  übermässig  ausgedehnten  Breite 
stattfindet. 

Je  weniger  Gelegenheit  nun  dem  Walzstücke  zur  Ausbreitung  ge- 
geben ist,  während  durch  den  senkrechten  Walzendruck  seine  Höben- 
abmessung  verkleinert  wird ,  je .  enger  mit  anderen  Worten  das  Kabliber 
ist,  desto  grösser  fallt  der  Seitendruck  aus,  welcher  zwischen  den 
Seitenwänden  des  Kalibers  und  dem  Arbeitsstücke  in  Folge  der  verhin- 
derten Ausbreitung  erzeugt  wird ,  desto  schärfer  wird  zwar  das  ^rofil 
des  Arbeitsstücks  an  den  Seitenflächen  ausgebildet  werden,  desto  mehr 
wird  aber  auch  das  Walzen  erschwert  werden,  und  desto  leichter  wer- 
den sich  an  den  Theilungsstellen  zwischen  Ober-  und  ünterwalze«  die 
niemals  vollkommen  auf  einander  schliessen  dürfen,  sogenannte  Barte, 
Nähte  oder  Grate  durch  das  Herausdrücken  des  weichen  Metalls 
bilden,  welche  sich  oft  nur  schwierig  und  unvollkommen  entfernen 
lassen. 

Es  folgt  hieraus  zugleich,  dass  wenn  der  Durchmesser  und  die  Um- 
fangsgeschwindigkeit der  Walzen  gegeben  ist,  das  durch  den  Höhendruck 
bewirkte  Strecken  um  so  mehr  beschleunigt  werden  kann,  je  weniger 
das  Kaliber  zur  Entstehung  von  Seitendruck  Veranlassung  giebt.  Auf 
dieser  Thatsache  beruht  die  Einschaltung  von  sogenannten  Ovalkali- 
bern O  mit  starkem  Höhendrucke  und  fast  unbegrenzter  Ausbreitung 
für  solche  Zwecke,  wo  eine  rasche  Streckung  Haupterforderniss  ist, 
also  bei  Vorwalzen  und  insbesondere  bei  Herstellung  sehr  dünner  Eisen- 
stäbe, welche  rasch  abkühlen. 

Eine  horizontale  Linie,  durch  die  Mitte  der  Kaliber  gelegt,  nennt 
man  die  Walzlinie.  Wollte  man  diese  Walzlinie  genau  in  die  Mitte 
zwischen  die  Achsen  der  Ober-  und  Unterwalze  legen,  so  würden  beide 
Walzen  gleiche  Durchmesser  erhalten  und  der  Kaliberquerschnitt  gleich- 
massig  auf  Ober-  und  Unterwalze  vertheilt  werden.  Es  würde  aber 
auch  das  Arbeitsstück  bei  dem  Austreten  aus  dem  Kaliber  eine  gleich 
grosse  Neigung  besitzen,  sich  um  die  Ober-  wie  Unterwalze  herumzulegen, 
und  dieser  Neigung  ohne  Regel  Folge  geben,  je  nachdem  die  eine  oder  die 
andere  der  Walzen  die  grösssere  Veranlassung  durch  Reibung  etc.  dazu  giebt; 
man  müsste  dieses  Umbiegen,  beziehentlich  Umwickeln  des  Walzstücks,  wel- 
ches nicht  allein  dasselbe  verderben,  sondern  auch  zu  Walzenbrüchen  leicbt 
Veranlassung  geben  würde,  durch  geeignete  Vorrichtungen   an  beiden 


Kaliber.  487 

Walzen  verhindern.  Zar  Beschränkung  dieser  Vorkehrungen  (von 
denen  unten  die  Rede  sein  wird)  auf  die  Unterwalze,  wo  sie  am  wenig- 
sten im  Wege  sind,  legt  man  die  Walzlinie  etwas  tiefer,  als  die  Mittel- 
linie der  beiden  Walzen;  dadurcb  wird  der  Durchmesser  der  den  Höhen- 
druck  ausübenden  Kaliberfläche  der  Oberwalze  etwas  grösser  als  der  der 
Uuterwalze,  die  Umfangsgeschwindigkeit  und  demnach  auch  die  Streckung 
in  der  obern  Kaliberhälfte  etwas  beträchtlicher  als  in  der  untern,  und  in 
Folge  hiervon  auch  das  Bestreben  des  austretenden  Walzstücks  grosser, 
sich  nach  unten  als  nach  oben  zu  biegen.  Man  nennt  diese  stärkere 
Streckung  durch  die  Kaliberfläche  der  Oberwalze  „Oberdruck^. 

Aus  demselben  Grunde  giebt  man  gewöhnlich  bei  glatten  Walzen 
(Blechwalzen}  der  Oberwalze  einen  etwas  grössern  Durchmesser  als  der 
Unterwalze.  Die  Differenz  der  Walzendurchmesser  bei  die86n  wie  bei 
Kaliberwalzen  mit  getheilten  offenen  Kalibern  beträgt  IV2  bis  3  Mm. 
bei  flachen  geschlossenen  Kalibern  pflegt  der  Durchmesser  der  wirksa- 
men Kaliberflächen  um  2  bis  8  Mm.  abzuweichen,  bei  weniger  einfachen 
Formen  erscheint  oft  mehr  als  ^/s  der  Kaliberhöhe  unter  der  Mittellinie 
und  bei  grossen  Stauchkalibern  steigt  die  Differenz  der  Kaliberflächen- 
durchmesser bis  auf  25  Mm.  und  darüber. 

Für  die  ersten  Kaliber  der  Yorwalzen  wendet  man  naturgemäss 
möglichst  einfache  Querschnitte  an  und  entwickelt  aus  diesen  allmälig 
die  verlangten  Formen.  Wenn  mit  der  ersten  Formgebung  in  diesen 
Kalibern  zugleich  eine  Schweissung  von  Packeten  verbunden  ist,  wählt 
man  gern,  wo  es  die  spätere  Form  des  Arbeitsstücks  zulässt,  diagonal 
stehende  Kaliber,  von  flachen  Kreisbogen  begrenzt,  und  nennt  dieselben 
Spitzbogenkaliber;  für  die  Fertigwalzen  hat  man  dem  Querschnitte 
des  Fabrikats  entsprechend  Flacheisenkaliber  (mit  rechteckigem 
Querschnitte),  Quadrateisenkaliber,  Polygonkaliber,  Rundeisen- 
kaliber und  Fagoneisenkaliber  der  mannigfachsten  Art. 

Bei  Construction  des  Fertigkalibers  muss  den  Abmessungen  des 
Querschnitts  so  viel  zugegeben  werden,  als  die  Zusammenziehung  des 
hciss  gewalzten  Eisens,  Stahls  oder  Metalls  überhaupt  beträgt.  Diese 
Differenz  nennt  man  das  Schwind-  oder  Schrumpfmaass.  Dasselbe 
ist  nicht  nur  von  den  Eigenthüralichkeiten  des  verarbeiteten  Metalls, 
sondern  auch  von  der  Temperatur  abhängig,  mit  welcher  dasselbe  die 
Walzen  verlässt,  und  beträgt  beim  Eisen  gewöhnlich  Vso  bis  7^4  der 
linearen  Abmessungen. 

Hinsichtlich  des  Abnahmeverhältnisses  der  Kaliber  ist  durch  Erfah- 
rung festgestellt,  dass 

kaltbrüchiges  (phosphorhaltiges)  Eisen  die  stärkste  Abnahme  ver- 
trägt; 

gutes  sehniges  oder  körniges  Eisen,  auch  weicher  Stahl,  ein  mittle- 
res Abnahmeverhältniss  verlangen; 

rothbrüchiges  (schwefelhaltiges)  Eisen  sich ,  sobald  es  bis  zur  Roth- 


488 


Walzwerke. 


glath  abgekühlt  ist,  nar  in  Kalibern  mit  geringem  Abnahmeverbältnisee 
aas  walzen  läset;  und 

harter  Stahl  die  geringste  Abnahme  verträgt. 

Bei  den  Yorwalzen  mit  Spitzbogenkalibern  pflegt  die  Abnahme  der 
linearen  Höhenabmessung  Vs  ^^^  Vis  ^^  betragen,  wobei  in  Folge  des  er- 
wähnten Umstandes,  dass  eine  Drehung  des  Arbeitsstücks  um  90  Grad 
nach  jedem  Durchgange  stattfindet,  die  thatsächliche  Verkleinerung  der 
betreffenden  Abmessung  des  Arbeitsstücks  das  Doppelte  beträgt;  bei 
flachen  Kalibern,  bei  deren  Anwendung  jene  Drehung  nicht  stattfindet, 
wohl  aber  eine  jedesmalige  Ausbreitung,  beträgt  die  Abnahme  V4  ^^^  Vs- 
In  Bücksicht  auf  die  Abkühlung  des  Arbeitsstücks  bei  fortgesetztem 
Walzen  muss  die  Abnahme  um  so  geringer  worden,  je  weiter  die 
Vollendung  Torrückt. 

Zur  Construction  eines  Spitzbogenkalibers  kann  man  z.  B.  nach 
Da  eleu  in  folgender  Weise  verfahren.   Es  sei  in  Fig.  384  AB  oder  CD 

Fig.  384.  ^^   Diagonale    des    zu 
.   I                                         walzenden,  vierkantigen, 
K*— -..                                 rohen  Metallblocks  (be- 
ziehentlich Packets);  1/3 
das  Abnahmeverhältniss ; 
man  mache  also  EF  = 
Vs  ÄEy  beschreibe  mit 
dem  Radius  FJ  =  V4 
Ä  B ,     die     Kreisbogen 
-     ÄF,  FB,   BH,  AH 
und  runde  beiJ.  und  B 
die  scharfen  Ecken  mit 
einer  schwachen  Erwei- 
terung    ab,     um     eine 
geringe  Ausbreitung  zu 
ermöglichen     und     die 
Walzen    vor  Rissen   zu 
schützen.    Die  Erweite- 
rung  beträgt   Vs   bis   Vio   des   Halbmessers.      Für   das  zweite  Kaliber 
nimmt  man  EK  =  EF,  EL=  '^/^  ÜK  und  verfährt  wie    bei  dem 
ersten  u.  s.  w. 

Um  die  aus  den  Spitzbogenkalibern  hervorgehenden  Stäbe  in  ge- 
schlossenen Kalibern  zu  Flachstäben  auszuwalzen,  kann  die  Kalibrirung, 
wie  in  Fig.  385  veranschaulicht,  ausgeführt  werden.  JPQB8  ist  das 
letzte  Spitzbogenkaliber,  e  d  der  Durchmesser  des  in  dasselbe  ein- 
geschriebenen Kreises.  Man  macht  CD  =  cd  =  -AC;  E F  =  (p  A  C; 
GH=ilfEF,  worin  9  =  %  bis  Vi,  *  =  V*  bis  Ve;  jedes  folgende 
Kaliber  um  ca.  2  Mm.  breiter  als  das  vorausgegangene.  Unter  Umständen 
kann  auch  das  grosse  Kaliber  AB  CD  ganz  wegfallen  und  man  aus 
dem  Spitzbogenkaliber  sofort  in  das  Kaliber  EF  übergehen. 


■^- — CL.— -- 


Kaliber. 


489 


Qaadratst&be  kann  man  diagonal  stehend  in  offenen  Kalibern  wal- 
zen, und  zwar  zunächst  in  Spitzbogenkalibern  und  erst  zur  Vollendung 

in  2  bis  4  Qnadratkalibern.     Da  die  Kanten  des  Stabes  rascher  erkalten 

* 

Fig.  385. 


IL 


"Gi 


Fig.  386. 


als  die  Seitenflächen  und  demnach  weniger  schwinden,  würde  ein  Stab 
in  einem  vollständig  quadratischen  Fertigkaliber  ausgewalzt  nach  dem 
Erkalten  eine  Querschnittsform,  wie  in  Fig.  386  zeigen.  Erfahrungsge- 
mäss  läsat  sich  nun  dieser  Uebelstand  vermeiden,  wenn  man  auch  in  dem 

Vollendkaliber  den  Querschnitt  schwach  rhombisch 
construirt,  den  obem  und  untern  Winkel  etwas 
grösser,  die  beiden  Seitenwinkel  etwas  kleiner,  als 
90  Grad  nimmt.  Die  Grösse  des  obem  und  untern 
Winkels  pflegt  demnach  92  bis  92  V^  Grad  zu  be- 
tragen, woraus  sich  die  Grösse  der  Seitenwinkel  von 
selbst  ergiebt.  Der  Stab  muss  in  diesem  Falle  das 
letzte  Kaliber  zwei  Mal  passiren  und  wird  dabei  um 
90  Grad  gedreht.  Oder  man  vermeidet  das  Zusammenziehen  der  flachen 
Seiten,  indem  man  im  letztern  Kaliber  die  vier  Eokwinkel  zwar  gleich 
90  Grad  macht,  den  Seitenlinien  des  Quadrats  aber  eine  geringe  Aus* 
bauchung  giebt,  welche  beim  Schwinden  in  die  gerade  Linie  übergeht. 

Rundstabe  erhalten  gewöhnlich  in  Spitzbogen-  oder  Ovalkalibem 
der  Vorwalzen  ihre  Streckung  und  erst  ihre  Vollendung  in  einem  oder 
einigen  Bundkalibem  der  Fertigwalzen«  Diese  Rundkaliber  sind  offene 
Kaliber,  niemals  vollständig  kreisrund,  sondern  in  Rücksicht  auf  die 
Ausbreitung  etwas  breiter  als  hoch.  Sind  hierbei  die  Kaliberhälften  gar 
zu  flach  und  nähern  sich  der  elliptischen  Form,  so  entsteht  statt  eines 
Rundstabes  ein  Polygon  mit  abgerundeten  Ecken;  sind  sie  annähernd 
halbkreisförmig,  so  entsteht  ein  zu  grosser  Seitendruck  und  es  bilden 
sich  Nähte,  die  in  dem  folgenden  Kaliber  nach  dem  Drehen  des  Stabes 
um  90  Grade  leicht  zur  Entstehung  von  Längsrissen  Veranlassung 
geben.  Folgende  (üonstruction  von  Rundkalibem  wird  als  zweckmässig 
empfohlen  (Fig.  387  a.  f.  S.): 


490 


Walzwerke. 


CD  und  NO  sind  YiertelkreisbogeD,  deren  Darchniesser  CO  gleich 
dem  Durcbmesser  des  herzastellenden  Rundeisens  plas  dem  Schwind- 
maasae  ist.  Mit  der  Seite  CD  des  eingeschriebenen  Quadrats  beschreibt 
man  you  den  Ecken  C,  D,  Ny  O  aas  Bogen ,  und  in  den  Durchschnitts- 
pnnkten  L  etc.  derselben  mit  den  Durchmessern  C  0  und  D  N  liegen  nun 

Fig.  387.  die  Mittelpunkte    för    die 

Kreisbogen  CI.DK,  IN 
und  KOy  welche  die  Ver- 
breiterung der  Kaliber 
bilden*  Die  Ecken  der 
halben  Kaliber  werden 
abgerundet,  und  das  fol- 
gende Kaliber  in  ganz 
pK...  gleicher  Weise' construirt. 
Durch  das  Schlusskaliber 
wird  der  Rundstab  meh- 
rere Male  unter  steter 
<0  Drehung     um     90     Grad 

hindurchgeführt. 

Kaliber  fftr  sogenann- 
tes Fagoneisen ,  unter 
welchem  Ausdrucke  wir 
alle  solche  Eisensorten  verstehen,  deren  Querschnitte  weder  ein  Recht- 
eck oder  Quadrat,  noch  ein  Polygon  oder  einen  Kreis  yorslellen,  sind 
um  so  schwieriger  herzustellen,  je  weniger  einfach  der  Querschnitt  des 
Fertigfabrikats  ist.  In  fast  allen  Fällen  müssen  die  Kaliber  der  Vor  wal- 
zen zu  den  verschiedenen  Fagoneisensorten  von  einem  annähernd  qua- 
dratischen Querschnitte  ausgehen,  der  also  während  des  Walzens  um  so 
grössere  Veränderungen  erfahren  mnss,  je  weiter  sich  die  Form  des  fer- 
tigen Querschnitts  von  der  quadratischen  Form  entfernt.  Wenn  es  für 
einzelne  Querschnitte  erforderlich  ist,  tief  eingeschnittene  Kaliber  an- 
zuwenden, so  erhöht  sich  die  Schwierigkeit  der  Anfertigung  in  Folge 
des  Umstandes,  dass  die  Umfaugsgesch windigkeit  an  den  verschieden 
tief  eingeschnittenen  Stellen  des  Kalibers  verschieden  gfross  ist ,  also  eine 
ungleiche  Streckung  an  den  verschiedenen  Stellen  erfolgt  und  dadurch 
Spannung  in  dem  fertigen  Eisenstabe  hervorgerufen  wird.  Da  femer 
die  Querschnittstheile  eines  Eisenstabes  um  so  rascher  abkühlen,  je 
schwächer  sie  sind,  und  da  sie  um  so  weniger  gestreckt  werden,  je  wei- 
ter die  Abkühlung  vorschreitet,  so  würde  bei  Profilen,  welche  an  ver- 
schiedenen Stellen  erhebliche  Abweichungen  in  den  Querschnittsverhält- 
nissen  zeigen,  leicht  eine  ungleiche  Streckung  oder  gar  ein  Zerreissen 
des  früher  erkaltenden  Theils  herbeigeführt  werden  können.  Zur  Ver- 
meidung dieses  üebelstandes  befolgt  man  die  Regel,  die  stärkeren  Theile 
des  Querschnitts  zuerst,  die  schwächeren  zuletzt  auszubilden.  Je 
schwächer  ein  Theil  des  Profils  im  Verhältnisse  zu  den  übrigen  Xheilen 


Kaliber. 


491 


ist,  desto  grösser  mnss  aus  diesem  Grande  das  Abnahme verhältniss  für 
diesen  Theil  sein,  um  durch  rasche  Querschnittsverdünnung  einer  yor- 
zeitigen  Erkaltung  vorzabeugen. 

Bei  Aufzeichnung  der  Kaliber  fangt  man.  mit  dem  Fertigkaliber  an, 
indem  man  dem  Querschnitte  des  Fabrikats  das  Schwindmaass  zugiebt. 

Fig.  388. 


Die  Abbildungen  Fig.  388  •  und  389  können  beispielsweise  zur  Ver- 
anschaulichung der  allgemeinen  Einrichtung  von  Eisenbahnschienenwal- 
zen dienen.  Fig.  388  sind  die  Vorwalzen,  welche  nach  den  drei  yoraus- 
gegangenen   sogenannten    Schweisskalibem   schon   zwei   Entwickelungs- 

Fig.  389. 


kaliber  enthalten;  Fig.  389  stellt  die  Vollendwalzen  dar.  Auch  bei  der 
Schienenfabrikation  sucht  man  den  Kalibern  der  Vorwalzen  eine  solche 
Form  zu  geben,    dass  sie  für  mehrere  Schienenprofile  benutzbar  sind. 


492 


Walzwerke. 


Fig.  390. 


Zwischen  je  sswei  Schweisskalibem  wird  das  Packet  oder  Eisenetück  am 
90  Grad,  zwischen  je  zwei  Entwickelangskalibem  um  180  Grad  gedreht, 
um  beiden  Seiten  abwechselnd  Oberdmck  zu  geben.  Wie  man  sieht, 
sind  die  Kaliber  der  Vorwalzen  offen,  jedoch  mit  ziemlich  bedeutendem 
Oberdmck,  and  zur  Verhinderung  eines  seitlichen  Yerschiebens  der 
Walzen  gpreifen  die  meisten  ihrer  Ringe  conisch  in  einander.  Die  Kali- 
ber der  Fertigwalzen  sind  dajgegen  sämmtlich  geschlossen,  nur  die  bei- 
den letzten  in  ihrer  Form  übereinstimmenden  Kaliber  (von  denen  selbst- 
yerständlich  nur  ein  einziges  jedesmal  benutzt  wird  und  das  zweite  als 
Reserve  dient)  sind  an  dem  Kopfe  der  Schiene  getheilt,  wodurch  eine 
bessere  Abrundung  desselben  erzielt  wird.  Aus  den  Abmessungen  des 
letzten  Yorwalzenkalibers  und  des  ersten  Streckkalibers  der  Fertigwalze 
ergiebt  sich,  dass  in  Folge  der  stattgehabten  Ausbreitung  der  Stab  sich 
nicht  ohne  Weiteres  in  letzteres  einführen  lassen  würde.  Deshalb  ist 
zwischen  beiden  ein  Stauchkaliber  eingeschaltet.  Diese  Stauchkaliber 
haben  vornehmlich  den  Zweck,  den  Fuss  der  Schiene  auszubilden,  welche 

Aufgabe  in  den  liegenden  Kalibern  um  so 
unvollkommener  erreicht  werden  würde, 
je  breiter  der  Fuss  ist.  Mit  zunehmen- 
der Fussbreite  muss  daher  auch  die  An- 
zahl der  erforderlichen  Stauchkaliber  sich 
vergrö8sem>  Ausserdem  wird  aber  in  den 
Stauchkalibem  (in  welchen  natnrgemäss 
in  der  umgekehrten  Lage  der  Schiene  der 
Oberdmck  auf  den  Fuss  wirkt)  bei  Anwen- 
dung von  Schmiedeeisen  die  Entstehung 
einer  sehnigen  Textur  befördert,  was  dem 
Zwecke  der  Schiene  entspricht.  Die  Ab- 
nahme aus  dem  vorletzten  in  das  letzte 
Kaliber  macht  man  gewöhnlich  etwas 
schwächer,  als  bei  den  vorhergehenden, 
um  nicht  durch  zu  starken  Druck  eine 
Naht  auf  dem  Scheitel  des  getheilten 
Schienenkopfs  entstehen  zu  lassen. 

Winkeleisen  wird  gewöhnlich  mit 
dem  Winkel  nach  unten  und  gleichmässi- 
gem  Drucke  auf  beide  Schenkel  darge- 
stellt und  aus  einer  quadratischen  oder 
rechteckigen  Form  entwickelt.  Die  Kali- 
ber der  Fertigwalze  sind  natürlich 
s&mmtlich  geschlossen  und  der  eingi*ei- 
fende  Rand  der  Ober  walze  bildet  die 
innere  Fläche  des  Winkels  aus.  Fig.  390 
veranschaulicht  die  Entwickelang  der 
Kaliber    einer     Fertigwalze,     nachdem 


in  der  Vorwalze  die  Auabildnng  dar  rechteckigen  Form  stttttgefau- 
deo  hat. 

T-förmiges  Eisen  wird  in  ähnlich  cooBtrairteDK&Iibern  alfiEiaeii- 
bahüBchienen  gewalzt;  znr  Darstellung  von  doppelt  TEieen  benutzt  man 
Packete ,  welche  schon  einen  ähnlich  profilirten  Querschnitt  besitzen 
(siehe  nnten  Fig.  415),  und  walzt  ans  diesen  das  fertige  Eisen  mit  jedes- 
maliger geringer  Ansbreitung  nnd  ohne  Anwendung  von  Stancbkali- 
bern  ans. 

Wenn  man  auf  der  Oberfläche  der  Walze  oder  innerhalb  eines  ge- 
wöhnlichen, ringrörmigen  Kalibers  einzelne  bestimmt  profilirte  Vertie- 
fungen  beziehentlich  Erhabenheiten   anbringt,    so    wird   ein  dnrch   die 


Walzen  hindurchgehender  Stab  eine  Reihe  Vorsprünge  beziehentlich  Ein- 
drücke erhalten ,  deren  Abstände  Ton  einander  durch  die  Abstände  jener 
Vertiefangen  oder  Erhabenheiten  bestimmt  sind.  Man  nennt  solche  Rä- 
uber periodische.  Sie  werden  u.  a.  angewendet  zor  Anfertigung  von 
Nageleisen  zn  Schienennägeln,  welches  einen  langen  Eisenstab  Ton  dem 
Querschnitte  der  Nägel,  nnd  in  den  Abständen  der  Nagellänge  mit  aus- 
geprägten Köpfen  vorstellt,  so  dass  man  die  Nägel  nur  abznhanen,  den 
Kopf  etwas  nacbznschmieden  und  die  Spitze  auszubilden  braucht. 

Fig.  391  veranschaulicht  die  Form  einer  solchen  Nageleisenwalze  in    ' 
der  Ansicht  und  im  Querschnitte,  Fig.  392  A  (a.  f.  S.)  die  Form  des  abgehaue- 
nen, Fig.  392  B  des  fertig  geschmiedeten  Nagels.     Die  Kaliber  aa  der 


494  Walzwerke. 

Walze  sind  sämmtlich  gleich,  und  es  wird  immer  nur  eines  derselben 
gebraucht,  während  die  übrigen  als  Reserve  dienen;  das  breite  Kaliber  h 
Fig.  392  A.  Fig.  392  B. 

A  B 


hat  den  Zweck,  das  fertig  gewalzte  Nageleisen  nach  einer  Drehung  von 
90  Grad  hindnrchzuführen ,  um  die  entstandenen  Barte  einzuwalzen. 
Wie  aus  dem  Querschnitte  in  Fig.  391  hervorgeht,  hat  der  auB  den  Yor- 
walzen  kommende  Stab  den  Querschnitt  der  Nagelköpfe,  und  wird  dem- 
nach innerhalb  des  Nagelkalibers  auf  den  Querschnitt  des  Nagelschafts 
gestreckt,  wobei  nur  der  Kopfquerschnitt  unverändert  bleibt. 

In  ähnlicher  Weise  walzt  man  Eisenstäbe  für  Hufeisen  mit  den  er- 
forderlichen Buckeln  etc.  und  andere  Formen.  Selbst  solche  Gegenstände 
hat  man  durch  periodische  sich  ergänzende  Kaliber  in  Ober-  und  Unter- 
walze aus  vollen  Stäben  oder  Blechen  ihren  Umrissen  und  ihren  Stärkeab- 
messungen nach  hergestellt,  welche  mit  ihrem  ganzen  Umfange  aas  der 
ursprünglichen  Stabform  heraustreten,  z.  B.  Löffel  und  Gabeln  aus  Neu- 
silber. Man  benutzt  dazu  Bleche  von  derjenigen  Stärke,  welche  der 
fertige  Löffel  oder  die  Gabel  an  der  stärksten  Stelle,  also  an  dem  An- 
satzpunkte des  Stiels,  erhalten  soU.  Diese  Blechstreifen  werden  in  so- 
genannten Yordruckwalzen  durch  periodische  Einwirkungen  derartig 
umgeformt  —  gestreckt  — ,  dass  sie  im  Längsschnitte  mit  dem  Längen- 
durchschnitte  einer  Anzahl  an  einander  gereihter  Löffel  oder  Gabeln  über* 
einstimmen;  in  einem  folgenden  Walzenpaare  erhalten  sie  nunmehr  auf 
der  Oberfläche  die  Ornamentirungen ,  Inschriften  u.  s.  w.  des  fertigen 
Fabrikats.  Auch  aus  diesen  Walzen  geht  das  Arbeitsstück  als  ebener 
Streifen  hervor,  der  aber  den  vollständigen  Umriss  nnd  die  Oberfläche 
einer  Reihe  von  Löffeln  oder  Gabeln  zeigt. 

Durch  eine  YoUendungsarbeit  wird  aus  dem  inzwischen  hart 
gewordenen  Blechstreifen  das  Arbeitsstück  ausgelöst,  getieft  u.  s.  w.  ^). 

Nahe  verwandt  mit  diesen  periodischen  Kalibern  sind  die  sogenann- 
ten unterbrochenen  Kaliber,  in  welchen  nur  auf  eine  bestimmte  Stelle 
des  eingesteckten  Arbeitsstucks  eine  Wirkung  ausgeübt  wird,  indem 
man  an  der  übrigen  Länge  des  Umfangs  einen  Ausschnitt  anbringt, 
welcher  das  Einstecken  gestattet,  ohne  dass  eine  Berührung  mit  den 
Walzenflachen  stattfindet.  Wenn  z.  B.  die  in  Fig.  393  im  Durchschnitte 
gezeichneten  Walzen  sich  in  der  Richtung  der  Pfeile  drehen ,  so  lasst 
sich  der  Stab  a  von  der  rechten  Seite  her  in  dem  Augenblicke  zwischen 
dieselben  einstecken,  wo  der  Ausschnitt  der  obern  Walze  unten   steht. 


^)  Näheres  über  die  Anfertigung  neusilberner  Löffel  durch   Walzen    nebst 
Abbildung  der  Walzwerke  siehe  Wiebe,    Skizzeubuch,  Jahrgang  1867,  Heft  2. 


Kaliber.  495 

Bei  fortgesetzter  Drehung  der  Walzen  wird  nnn  aber  alsbald  der  Stab 

ergrifien  und  wieder  nach  rechts  heraosge walzt,  dabei  aber  eugleich 

Pj      jgg  in   Folge    der   ezcentriachen 

Purm     dei    obera     Ealibera 

nach  dem  Ende  zn  mehr  und 

mehr  zDsammengedrQckt 
werden,  wie  es  die  pnnktir- 
ten  Linien  andeuten.  Solche 
Walzen  werden  n.  a.  benutzt, 
um  Drahtenden  anznapitzeu 
I  (für  die  Drahtzieherei),  Feder- 

schienen auBsnkeilen  d.  b.  f. 
Bei  den  beschriebenen 
Kaliber  walzen  nehmen  die 
Ringe  oder  Ränder  zwischen 
den  einzelnen  Kalibern  einen 
nicht  unbeträchtlichen  Tbeil 

der  Gesammtlänge  einer 
Walze  in  Ansprach.  Für 
Anfertigung  solcher  Eisensorten  mit  rechteckigem  Querschnitte  (Flach- 
eisen),  welche  keine  scharf  ansgehildeten  Kanten  zu  besitzen  brauchen, 
bei  denen  also  starker  Seitendruck  nicht  erforderlich  ist,  wendet  man 
deshalb  wohl  zur  Umgehung  dieBcs  fflr  die  AnsnutzoDg  der  Walzenlänge 
offenbaren  Nachtheils  Walzen  an ,  bei  denen  eine  Reihe  immer  engerer 
Kaliber  ohne  dazwischen  liegende  Ringe  auf  einander  folgen,  and  nennt 
diese  Walzen  ihrer  Form  halber  Staffel-  oder  Stufenwalzen.  Die 
Abbildung  Fig.  39i  stellt  ein  Paar  solcher  Staffelwalzen  dar. 
Fig.  384. 


Es  wurde  bereits  oben  erwähnt,  dass  die  Unterwalze  mit  einer  Vorrich- 
tung versehen  sein  müsse,  um  das  Umwickeln  des  ans  den  Walzen  kommen- 
den Stabes  um  die  Walze  unmöglich  zu  machen.  Als  solche  Vorrichtung 
dient  eine  horizontale  Abstreifplatte  aus  Blech  oder  Gasseisen,  welche  hin- 
ter den  Walzvn  mit  dem  einen  Kode  auf  einer  zwischen  den  Ständern  be- 


496  Walzwerke. 

festigten  Querstange,  mit  dem  andern  Ende  auf  der  Anssenfläcbe  der 
Walze  aufruht,  der  Ealiberform  entsprechend  aasgeschnitten  und  vom 
zngeschärfb  ist,  so  dass  ihre  Oberfläche  eine  Tangentialebene  gegen  die 
Walze  bildet.  Statt  der  ganzen  Platte  erfüllen  auch  einzelne  Stäbe,  so- 
genannte Abstreifm eissei,  den  Zweck,  welche  die  Breite  der  Kaliber  be- 
sitzen, an  die  Innenfläche  derselben  genau  anschliessen  und  ebenso  wie 
die  Platte  auf  einem  Querstabe  ruhen.  Bei  Kalibern,  deren  Form  die 
Gefahr  für  das  Festklemmen  der  Stabe  besonders  gross  erscheinen  lässt, 
bringt  man  unter  den  Abstreifmeissein  noch  besondere  Abstreifeisen  an, 
die  mit  ihrem  untern  Ende  schamierartig  an  der  Sohlplatte  des  Walz- 
werks befestigt  sind,  sich  schräg  gegen  die  Walze  neigen,  und  mit  dem 
obern  entsprechend  geformten  Ende  in  das  Kaliber  eingreifen. 

Zur  Erleichterung  des  Einlassens  der  Arbeitsstücke  befinden  sich 
an  der  vordem  Seite  der  Walzen  der  horizontale  Walzentisch  oder 
Walztisch  aus  Gnss-  oder  Schmiedeeisen,  ebenfalls  auf  einem  Querstabe 
zwischen  den  Ständern  befestigt  und  mit  dem  andern  Ende  auf  dem  Um- 
fange der  Unterwalze  ruhend.  Vielfach  bringt  man,  um  die  richtige  Ein- 
führung zu  erleichtern ,  senkrechte  Wände  auf  dem  Walztische  an,  sol- 
cherart Rinnen  bildend,  welche  in  die  einzelnen  Kaliber  führen  und  nach 
der  dem  Arbeiter  zugekehrten  Seite  sich  erweitem. 

Wenn  das  Walzstück  die  Walzen  verlassen  hat,  so  muss  es,  sofern 
es  in  seiner  Form  noch  nicht  vollendet  ist,  wieder  an  die  entgegen- 
gesetzte Seite  des  Walzwerks  geschafft  werden,  um  von  Neuem  durch  die- 
Walzen  hindurchzugehen.  Dieses  Hinüberschaffen  wird  durch  ein  An- 
heben bis  zur  Oberkante  der  Oberwalze  bewirkt,  und  es  veranlasst  als- 
dann die  Reibung  der  sich  in  der  -entsprechenden  Richtung  drehenden 
Oberwalze  das  Hinübergleiten.  Kleine  Stücke  werden  ohne  Weiteres 
mit  der  Hand  emporgehoben,  mittelgrosse  werden  mit  Hülfe  eines  Appa- 
rats gehoben,  welcher  aus  einer  Stange  oder  Gabel  besteht,  hebelartig 
mit  ihrem  Drehungspunkte  an  einer  herabhängenden  Kette  befestigt, 
deren  oberes  Ende  an  einer  Laufrolle  auf  einer  am  Dachgerüste  an- 
gebrachten Schiene  befestigt  ist,  mit  deren  Hülfe  sie  in  der  ganzen 
Längenansdehnung  des  Walzwerks  bewegt  werden  kann. 

Für  schwere  oder  sehr  breite  Walzstücke  (z.  B.  Bleche)  reicht  je- 
doch diese  einfache  Vorrichtung  zum  Ueberheben  nicht  ans,  man  bedient 
sich  eines  beweglichen  Tisches,  welcher  das  herauskommende  Walzstück 
aufiiimmt  und  alsdann  mit  diesem  auf  die  erforderliche  Höhe  gehoben 
wird.  Gewöhnlich  ist  die  den  Walzen  abgewendete  Seite  des  Tischs  mit 
Drehungszapfen  befestigt  und  nur  die  den  Walzen  zugekehrte  Seite  wird 
gehoben,  wobei  der  Tisch  entsprechend  lang  sein  muss,  um  nicht  beim 
Anheben  einen  allzu  steilen  Neigungswinkel  zu  erhalten.  Das  Anheben 
erfolgt  bei  kleineren  Walzwerken  mit  Hülfe  eines  Hebels  durch  Men- 
Bchenkraft  (vergl.  unten  Fig.  407),  bei  grosseren  durch  eine  kleine, 
neben   den   Walzen   aufgestellte   Dampfmaschine,    durch   hydraalischen 


Vorrichtungen  zum  Ueberheben.  497 

Druck,    durch  eine  Frictionsvorrichtung ,    welche  mit  dem  Walzwerke 
selbst  in  Verbindung  steht  ^)  oder  dergleichen. 

Um  den  Stoss  zu  vermeiden,  welchen  das  überhobene  und  von  der 
Walzenoberkante  auf  den  Walzentisch  niedergleitendcT  Walzstück  auf 
letztem  ausüben  würde,  macht  man  bei  Walzwerken  für  schwere  Bleche 
und  dergleichen  auch  den  vor  den  Walzen  befindlichen  Tisch  beweglich  und 
lässt  beide  Tische  von  einem  gemeinschaftlichen  Bewegungsmechanismus 
aus  sich  gleichzeitig  heben  und  senken. 

Zur  Verminderung  der  Reibung,  welche  die  Arbeitsstücke  beim  Vor- 
schieben auf  den  Walztischen  hervorrufen,  und  durch  welche  ihre  Bewe- 
gung beträchtlich  erschwert  werden  würde,  versieht  man  die  Walztische 
mit  einer  Anzahl  Rollen,  deren  Achsen  parallel  der  Walzwerksachse  lau- 
fen, und  deren  Oberkante  ein  wenig  über  die  Oberkante  des  Tischs  her- 
vorragt (vergl.  unten  Figur  407  und  408).  Letzterer  wird  aus  Winkel- 
oder Flacheisenstaben  gitterartig  zusammengesetzt,  und  in  den  Zwischen- 
räumen zwischen  den  Gitterstäben  sind  die  Rollen  gelagert.  Das  Arbeits- 
stück ruht  nunmehr  lediglich  auf  den  neben  einander  befindlichen  Rollen 
und  die  beträchtliche  gleitende  Reibung  beim  Vorschieben  verwandelt  sich 
dadurch  in  die  weit  unerheblichere  rollende. 

Sinnreiche  Constructionen  beweglicher  Walztische  sind  auf  nord- 
amerikanischen Eisenwalzwerken  in  Anwendung  unter  der  Bezeichnung 
„Fritz 'scher  Walztisch",  von  G.  Fritz  erfunden,  von  J.  Fritz  und 
A.  Holley  verbessert.  Dieser  Walztisch,  aus  zwei  an  beiden  Seiten  des 
Walzwerks  befindlichen  selbständigen  Hälften  bestehend,  wird  mit  Hülfe 
eines  Hebelwerks  gehoben  und  gesenkt,  welches  von  einem  hydraulischen 
Gy linder  aus  bewegt  wird,  und  verrichtet  somit  das  Anheben  des  Walzstücks ; 
er  ist  in  beiden  Hälften  mit  Rollen  versehen,  ähnlich  den  oben  erwähnten, 
welche  aber  unter  sich  durch  Zahnräder  verbunden  und  von  einem  Motor 
aus  in  beiden  Richtungen  drehbar  sind,  so  dass  durch  diese  Drehung 
der  Rollen  eine  Zuführung  des  auf  ihnen  ruhenden  Walzstücks  gegen 
die  Walzen  bewirkt  wird;  er  besitzt  endlich  eine  Vorrichtung,  welche 
eine  Drehung  des  Walzstücks  um  90  Grad  und  eine  seitliche  Verschie- 
bung nach  dem  folgenden  Kaliber  ermöglicht.  Diese  letztere  Aufgabe 
erfüllt  ein  Wagen  unterhalb  des  Tischs  auf  Schienen ,  parallel  der  Walz- 
werksachse laufend ,  und  von  einem  dritten  Motor  (hydraulischem  Cylin- 
der)  aus  bewegt.  Auf  dem  Wagen  sind  vier  aufrecht  stehende  Arme 
befestigt ,  deren  obere  freie  Enden  zwischen  den  Rollen  des  Walztischs 
vorstehen,  wenn  dieser  in  seiner  tiefsten  Lage  sich  befindet,  in  solcher 
Lage  also  das  Walzstück  ergreifen  und  seitlich  verschieben  können;  die 
aber,  in  geeigneter  Stellung  unter  das  Walzstück  geschoben,  wenn  der. 
Tisch  hoch  steht,  beim  Niederlassen  des  letztern  ein  Wenden  des  Walz- 
stücks bewirken  müssen.  Zur  Steuerung  dieser  verschiedenen  Be- 
wegungsmechanismen   sind    zwei    bis    drei  Arbeiter  erforderlich.      Die 


*)  Jahrbuch  der  Bergakademieen  zu  Leoben  etc.,  Bd.  IX.,  S.  188(Tunner). 
li edebar,  meohauisoh - metaUaigische  Technologie.  32 


498  Walzwerke. 

hauptsächlichste  —  wie  es  scheiat  bis  jetzt  aasacblieBaliche  —  Anwen- 
dung findet  der  Fritz'sche  Walztisch  beim  Vorwalzen  aod  Verdichten 
schwerer  Bessemerblöcke  in  Bogenannten  Blooming  mills,  grossen  Walz- 
werken mit  drei  über  einander  liegenden  Walzen  (vergl.  anten:  Drei- 
walzen Systeme).  Abbildungen  und  BeBchreibungen  deeselben  finden  sieb 
in:  Wedding,  Das  Eisenhüttenwessen  der  Vereinigten  Staaten  von  Nord- 
amerika (Zeitscbriil  fQr  Berg-,  Uütten-  nnd  Salinenwesen  im  preussi- 
acbea  Staate,  Bd.  24),  S.  70;  Tnnner,  Das  Eisen  hätten  wesen  der  Ver- 
einigten Staaten  von  Nordamerika,  Wien  1377,  S.  95  nnd  159. 

Die  St&uder.  Dieselben  baben  die  Form  eines  aofrecht  atehen- 
den,  starken  gosseisemen  Rahmens,  welcher  die  Lager  der  Walaeo  ent- 
hält. Die  Unterwalze  bedarf  nnr  eines  Unterlagers  da  der  Tom  Walz- 
stücke ausgeübte  Drnck  jedes  Heben  derselben  verhindert;  sie  rabt  mit 
ihrem  Lager  in  dem  Fasse  des  Ständers  nnd  kann  also  ihre  Lage  wäh- 
rend der  Arbeit  nicht  verändern.  Auf  die  Oberwalze  dagegen  wirken 
zwei  entgegengesetzte  Kräfte;  ihr  eigenes  Gewicht  zieht  sie  während  der 
Ruhe  nach  nnten,  der  Dmck  des  durchgehenden  Walzstücks  hebt  sie 
empor.  Sie  moss  also  mit  Ober-  nnd  Unterlager  versehen  sein;  und 
das    erstere  mnss  in   seiner  Höhenlage  stellbar  gemacht  sein,  am   den 

Fig.  ae.i.  Fig.  396. 


Ständer.  499 

Abstand  zwischen  beiden  Walzen  regnliren  zn  können.  Als  Bolche  Vor- 
riehtnng  dient  eine  senkrechte  Druck-  oder  Stellachranbe ,  welche  von 
oben  anf  das  Lager  drückt  and  somit  daa  Anheben  der  Walze  aaf  ein 
grösseres  Haass  verhindert.  So  lange  die  Oberwalze  sich  selbst  über- 
lassen ist,  mlit  sie  dagegen  im  Unterlager  oder  aof  der  Unterwalze;  sie 
wird  während  des  Durchgangs  des  Walzstücks  gehoben  und  fSllt,  sobald 
dasselbe  die  Walzen  verlasBen  bat,  wieder  Enrück.  Die  dnrch  dieses 
Empordrücken  nud  Niederfallen  verursachten  Stösse  werden  nm  so  em- 
pfindlicher sein,  je  schwerer  die  Walze  and  je  beträchtlicher  die  jedes- 
malige Querschnitts  Verkleinerung  des  Arbeitsstücks  ist.  Zar  Vermei- 
dung der  dnrch  diese  Stösse  erzeugten  Gefahr  f^r  Beschädigongeu  des 
Walzwerks  hat  man  deshalb  bei  schweren  Walzwerken,  insbesondere 
auch  bei  vielen  Blechwalzwerken,  das  Gewicht  der  Ober  walze  dnrch  Gegen- 
gewichte ausgeglichen  oder  auf  ein  sehr  geringes  Maass  redncirt,  und 
unterscheidet  demnach  Walzenständer  mit  und  ohne  Gewichtsansgleichnng 
der  Oberwalze. 

Die    Figuren    395    bis    398    veranschaulichen    in    7s4    <'^''   wirk- 
lichen   Grösse    die    übliche 
'*■        ■  Construction    eines    Walzen - 

Ständers  ohne  Gewichtsans- 
gleichnng.  a  ist  der  in 
einem  Stücke  gegossene  Rah- 
men, unten  zur  bessern  Auf- 
lage mit  angegossenen  Lap- 
pen versehen ,  welche  mit 
sogenannten  Arbeitsleisten, 
d.  h.  gehobelten  vorstehenden 
^'«  ■''**  Flachen,  auf  der  Fundament- 

platte ruhen  und  zwischen 
Nasen  derselben  festgekeilt 
werden,  m  ist  das  Lager 
der  Unterwalze ,  mit  der 
Innern  Rahmenfiäche  zu- 
sammengepasst  und  durch 
Keile  ein  wenig  in  seiner 
Höhenlage  verstellbar,  d  ist  das  Uaterlager  und  c  das  Oberlager  der 
Oberwalze.  Sämmtliche  Lager  sind  mit  Lagerschalen  aus  Rolhguas 
oder  Hartblei  versehen,  und  um  eine  seitliche  Verschiebung  zu  vermei- 
den, greifen  sie  an  der  den  Walzen  zugekehrten  Seite  mit  einem  Vor- 
sprunge in  den  Falz  t  derselben ,  während  die  Walzen  selbst  eine  Ver- 
schiebung nach  dieser  Seite  hin  unmöglich  machen.  Das  Lager  d  ist 
durch  die  beiden  Schraubenbolzen  h  h  getragen,  welche  durch  Bohrungen 
des  Lagerdeckels  c  hindurch  gehen;  dieStellnng  des  Lagers  ist  gewöhnlich 
eine  solche,  das«  während  des  Stillstandes  and  Leerganga  die  Oberwalze 
aof  der  Unterwatze  ruht.     Die  Druckschraube  e,  welche  durch  eine  in 


dem  obem  TeratSrkten  Theile  des  Stinders  befestigte  metallene  Schran- 
benmntter  hiodarchgelit,  bestimmt  die  Höhe,  auf  welche  sieb  beim  Durcb- 
gange  des  Walzstttcks  die  Oberwalze  za  heben  vermag,  und  somit  die 


GröBse  des  Kalibeiqaerschnitts ;  es  iat  einleucbtead ,  dass  man  dnrch 
Höher-  nnd  Niedrigerstelle n  der  Schraube  denselbeii  iDnerhalb  gewisser 
Grenzen  verändern  kann.  Um  nun  aber  Mr  den  Fall ,  daaa  der  durch 
die  Schraube  ausgeübte  Druck  zu  beträchtlich  im  VerhältniBse  zur  Dehn- 
barkeit und  Härte  des  Metalls  sein  sollte,  «in  Zerbrechen  koatspielig-erer 


Ständer.  501 

Theile,  insbesoDdere  derW&lxen,  m  verhilten,  ütswischen  Drnckschranbe 
nnd  OberUger  die  Brecbkftpsel  >  eiDffescIudtet,  ein  Giuseisenstdck, 
welches  sertrütnmert  wird,  sobald  ein  anberechneter  Widerstand  eintritt 
Bei  neueren  Walswerken  bat  man  mehrfach  das  Oberlager  c  an 
die  Schrauben  h  gehängt  nod  das  I>ager  d  dnrcb  ein  Paar  besonderer 
Schrauben  mit  C  verbanden.  Man  beabsichtigt  damit,  die  Verstärkung 
der  Zapfenreibnng  sn  vermeiden ,  welche  durch  festes  Ansiehen  der 
Stellachranhe  in  der  obem  Lagerschale  herrorgernfen  wird;  denn  da  in 
der  geänderten  ConstroctioD  die  Entferaung  der  Lagerecbalen  von  ein- 
ander durch  die  Drnokschranbe  nnbeeinflnsst  ist,  so  bleibt  auch  die 
ZaprenreibuDg  die  gleiche,  ob  die  Scbranbo  fest  oder  weniger  fest  ao- 
Pig.  400. 


gezogen  ist  Je  it&rker  der  Dmok  der  Schraube  e  aber  ist,  desto  ge- 
nauer werden  die  Kaliber  auf  einander  schliessen,  desto  weniger  wird 
eine  Erweitenmg  des  Kalibers  eintreten  kSnnen '). 

Die  Nuthen  bb  dienen  znr  Anbringung  der  Qnerstäbe  f&r  die  Unter- 
statzung der  Einläse-  und  AnalaasTorricbtungen ;  nn  sind  vier  Scbranben- 
Idcber  fOr  die  vier  AnkerschraubeD,  welche  je  ein  Paar  zusammengehöri- 
ger Walsenständer  verbinden. 

Das  GerOst  eines  Blech waltwerks  mit  Gewicbtansgleicbnng  der  Ober- 
walzo  ist  in  den  Figuren  399  bis  402  abgebildet  Der  Ständer  an  nnd  filr 


>)  Zeitschrift  dentsohet  Ingenienre,  Jahrgang  IBT8,  8.  661. 


Walzwerke. 
Fig.  401, 


Ständer.  503 

sich  ist  im  Wesentlichen  ebenso  geformt,  als  der  vorhin  beschriebene. 

Die  Unterwalze  ruht  hier,  was   auch  bei  jenem   zulässig  gewesen  sein 

wurde,  ohne  Weiteres  in  dem  Ständer,  nur  muss  in  diesem  Falle,  damit 

man  die  Höhenlage  der  Walze  regeln  könne,  die  Lagerschale  yerstell- 

bar  sein.     Das  Unterlager  der  Oberwalze  wird  in  jedem   Ständer  von 

zwei    starken,    senkrechten,    schmiedeeisernen    Stangen    a  a    getragen, 

welche  durch   entsprechende  Oeffnungen    desselben    hindurchgehen  und 

unterhalb  der  Fundamentplatte  sich  auf  die  kürzeren  gabelförmigen  Arme 

hhi  und  cci  zweier  ungleicharmigen  Hebel  stützen,  deren  längere  Arme 

mit  Gewichten  derartig  beschwert  sind,  dass  das  Gewicht  der  Lager  mit 

der  Walze  eben  ausgeglichen  wird.     Man  versieht  entweder  jeden  der 

beiden  Hebelarme  mit  einem  besondern  Gewichte,  oder  man  beschwert 

sie  wie  in  der  vorliegenden  Abbildung  (Fig.  402)  gemeinschaftlich;  auch 

der    Fall    ist   nicht    sel- 
Fig.  402.  .  -        .  j       j 

*  ten,   dass  jeder   der  vier 

schmiedeeisernen  Tragbol- 
zen einen  besondern  Hebel 
mit  Gegengewicht  erhält. 
Um  die  Gewichtsausglei- 
chung reguliren  zu  kön- 
nen, bestehen  die  Gewichte 
aus  einzelnen  gusseisemen 
kreisrunden  Scheiben  mit  einem  bis  zur  Mitte  reichenden  Schlitze  ver- 
sehen, die  sich  leicht  abnehmen  und  auflegen  lassen.  Die  Druckschrauben 
und  Brechkapseln  haben  die  gleiche  Einrichtung  als  bei  dem  oben  be- 
schriebenen Walzenständer  ohne  Gewichtsausgleichung.  In  Rücksicht  auf 
den  Umstand  jedoch ,  dass  bei  Blechwalzen  nach  jedem  Durchgange  des 
Walzstücks  eine  Näherung  der  Walzen  bewirkt  werden  muss,  um  zwi- 
schen denselben  Walzen  eine  Querschnittsverkleinemng  zu  bewirken; 
und  dass  diese  durch  Anziehen  der  Druckschrauben  bewirkte  Näherung 
durchaus  gleichmässig  an  beiden  Ständern  geschehen  muss,  sind  die 
Druckschrauben  an  ihren  Köpfen  mit  zw«i  gleich  grossen  Zahnrädern 
gg  versehen,  welche  von  einer  über  den  Ständern  gelagerten  horizon- 
talen Welle  aus  gleichzeitig  in  Drehung  versetzt  werden  können  und 
diese  Drehung  den  Schrauben  mittheilen.  Für  die  Uebertragung  der 
Drehung  aaf  die  Zahnräder  benutzt  man  wie  im  vorliegenden  Falle 
Schnecken,  häufiger  noch  Winkelräder.  Die  Drehung  der  horizontalen 
Antriebswelle  erfolgt  durch  das  Rad  h  und  die  Kurbel  i. 

In  Fig.  401  sieht  man  den  Walzentisch  l  und  die  Abstreifvorrich- 
tung  m. 

Kupplungen.  In  Rücksicht  auf  das  unvermeidliche  Heben  und 
die  bei  Blechwalzwerken  sogar  erforderliche  Veränderlichkeit  der  Höhen- 
lage der  Oberwalze  ist  eine  Vorkehrung  nöthig,  um  den  Einfluss  dieser 
Vorgänge  auf  die  Getriebe  sowohl  als  die  benachbarten  Walzenpaare 
mögliebst  abzuschwächen  und  dadurch  die  Gefahr  eines  Bruchs  zu  ver- 


504  Walzwerke. 

meiden.  Als  solche  Vorkehrung  dient  die  Einschaltung  einer  Kupp- 
lung zwischen  je  zwei  Walzenpaaren  oder  einem  Walzenpaare  und  den 
Getrieben,  bestehend  aus  einer  Spindel,  deren  beide  Enden  durch  über- 
geschobene Muffen  mit  den  Walzen-  beziehentlich  Getriebezapfen  verbunden 
sind  und  innerhalb  der  Muffen  einen  hinreichenden  Spielraum  finden,  um 
ein  einseitiges  Anheben  aus  der  Horizontalen  zu  gestatten.  Je  langer  die 
Spindeln  sind,  desto  kleiner  wird  der  Neigungswinkel  der  Spindel  beim 
Heben  der  Walze  ausfallen  und  desto  weniger  Spielraum  innerhalb  der 
Muffen  ist  demnach  erforderlich;  desto  besser  schliessen  die  letzteren  mit 
den  Spindeln  zusammen. 

Die  Kupplungsspindeln  erhalten  natürlich  an  den  Enden  den  näm- 
lichen Querschnitt  wie  die  Kupplungszapfen  der  Walzen  und  Getriebe, 
den  man  nach  der  Mitte  zu  nicht  selten  noch  schwächt  (vergl.  unten 
Fig.  406),  so  dass  bei  ungewöhnlichem  Widerstände  gegen  die  Drehung 
eher  die  Kupplungsspindeln  als  die  kostspieligeren  Walzen  zerbrechen. 
Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  nennt  man  sie  auch  Brechspindeln. 
Ihre  Länge  ist  mindestens  doppelt  so  gross  als  die  der  Muffen,  um  die 
Einschaltung  zwischen  die  festliegenden  Zapfen  möglich  zu  machen,  und 
beträgt  gewöhnlich  das  15-  bis  20 fache  der  Höhe,  auf  welche  die  Ober- 
walze gehoben  wird.  Der  Querschnitt  der  Kupplungsmuffen  ist  gleich- 
falls so  bemessen,  dass  sie  leichter  als  die  Walzenzapfen  zertrümmert 
werden.  Um  eine  selbstthätige  Verschiebung  der  übergeschobenen  Muffen 
zu  verhüten,  legt  man  zwischen  dieselben  an  den  Umfang  der  Spindeln 
Holzstücke  von  der  Länge  des  Abstandes  der  Muffen  von  einander  und 
bindet  diese  durch  Riemen  fest  (vergl.  Fig.  381). 

Die  Getriebe  oder  Kamm  walzen.  In  Rücksicht  auf  die  Stösse, 
welche  vom  Walzwerke  ausgeübt  und  auf  die  Zähne  übertragen  werden, 
müssen  dieselben  äusserst  stark  construirt  sein.  Sie  sind  wie  die  Wal- 
zen mit  Lauf-  und  Kupplungszapfen  versehen.  Bei  den  bis  jetzt  be- 
schriebenen Walzgerüsten  mit  zwei  Walzen  wird  stets  das  untere 
Getriebe  mit  der  Antriebswelle  verbunden.  Die  Einrichtung  eines 
Getriebeständers  wird  durch  die  Figuren  403  und  404  erläutert.  Der 
Hauptunterschied  gegenüber  dem  Walzenständer  liegt  in  dem  Weg- 
fallen der  Druckschraube  und  in  der  zur  Erleichterung  des  Einlegens 
dienenden  Theilung  des  Ständers  in  Untertheil  und  aufgeschraubten 
Deckel.  Die  beiden  Getriebe  laufen  gewöhnlich  mit  abgedrehten,  an- 
gegossenen Ringen  rr^  Fig.  405,  welche  genau  den  Durchmesser  des 
Theilkreises  besitzen,  auf  einander,  so  dass  das  untere  Getriebe  durch 
das  obere  in  seiner  Lage  festgehalten  wird  und  ein  Lagerdeckel  für 
ersteres  entbehrlich  wird. 

Es  sei  bei  dieser  Gelegenheit  erwähnt,  dass  bei  einzelnen  Walzwer- 
ken, besonders  bei  Blechwalzwerken,  bisweilen  die  Getriebe  weggelassen 
und  die  Oberwalze  nur  durch  die  vom  hindurchgehenden  Bleche  her- 
vorgerufene Reibung  gedreht  wird.  Man  nennt  diese  Walzen  Schlepp- 
walzen. 


Getriebe.     Schwungrad.  505 

Schwungrad.     Dasselbe  bat  nicht  allein   den  Zweck  zu  erfüllen, 
die  UngleichmäsBigkeiten  im  Gonge  der  Dampfmosuhine  wie  jedes  andere 
.  Schwungrad    auBzngl  ei- 

chen, sondern  es  soll  die 
Rückwirkung  der  hefti- 
gen Stösse  aof  die  Be- 
triebanuMchine  abschwä- 
chen, welche  beim  Ein- 
bringen des  Walz  Stücks 
QQTermeiillich  sind,  nnd 
es  soll  aiich  Tomehmlich 
den  Ueberschuss  an  Ar- 
beit aufnehmen,  welchen 
die  Betriebsmaecbine  wäh- 
rend des  LeergangB  lei- 
stet, und  an  das  Wnlz- 
Btflck  abgeben,  sobald  die- 
ses von  den  Walzen  er- 
fasst  ist. 
_.  Da  also   die   für  die 

Form  Veränderung  des 
Walzstücks  aufgewendete 
Arbeit  ans  der  direc- 
ten  Leistnng  der  Dampf- 
maschine und  der  im 
Schwnngrade  aufgesam- 
melten Arbeit  sich  zu- 
sammensetzt ,     so    folgt, 

dosB     bei     Anwendung 
eines    genügend     grossen 
Schwungrades     die     Lei- 
stung  des  Motors  um  so 
geringer    sein    kann,    je 
länger    die  Perioden    des 
Leergangs    zwischen    den 
Durchgängen    des    Metalls    sind;     und     daes     umgekehrt    ein    um    so 
schwereres  Schwungrad   erforderlich   ist,  je  geringer  die  Leistung   des 
Motors  ist. 

Andererseits  geht  um  so  mehr  Arbeit  durch  Reibung  in  den  Schwung- 
rad-Wellen lagern  verloren,  je  gröeser  das  Schwungrad  ist,  und  ebenso 
verlängert  sich  die  Zeitdauer  für  In-  und  Auaaergangsetznng  der  Ma- 
schine mit  zunehmendem  S oh wungradge wicht«.  Daher  giebt  es  auch 
hier  eine  Grenze  der  Zweckmässigkeit. 

Ab  geringstes  Seh wnngradge wicht  bei  kleinen  Walzwerken  kann 
man  10  000  Kilogramm  annehmen;  hei  den  Walzwerken  mittlerer  Grösse 


506  Walzwerke. 

ist  das  üblichste  Gewicht  15  000  bis  20  000  Kilogramm;  bei  Blechwalz- 
werken und  Grobeisenwalz werken  bis  30  000  Kilogramm. 

Bei  einer  besondern  Gattung  von  Walzwerken,  welche  unten  ein- 
gehender erwähnt  werden  wird,  arbeitet  man  ohne  Schwungrad,  um  die 
Bewegungsrichtung  der  Walzen  rasch  umkehren  zu  können,  und  wendet 
bei  Anwendung  von  Dampfkraft  Zwillingsmaschinen  an,  deren  Kurbeln 
um  90  Grad  gegen  einander  gestellt  sind,  um  die  Unregelmässigkeiten 
des  Ganges  auszugleichen. 

Drei  Walzensysteme   (Trio  Walzwerke). 

Die  Zeit,  welche  bei  den  bisher  besprochenen  Walzwerken  mit  zwei 
Walzen  darauf  verwendet  wird,  das  Walzstück  über  die  Oberwalze  zu- 
rückzureichen,  lässt  sich  für  die  Walzarbeit  nutzbar  machen,  wenn  man 
statt  zweier  Walzen  deren  drei  über  einander  anlegt  und  das  zwischen 
Unter-  und  Mittelwalze  hervorkommende  Walzstück  zwischen  Mittel- 
und  Oberwalze  zurückgehen  lässt.  Es  wird  dabei  nicht  allein  direct 
Zeit  gewonnen,  sondern  es  wird  in  Folge  der  raschern  Arbeit  auch  die 
Wärme  des  Metalls  besser  ausgenutzt.  Letzterer  Umstand  war  es 
hauptsächlich,  der  den  Triowalzwerken,  wie  man  dieses  Walzwerk- 
system zum  Unterschiede  von  den  Duowalzwerken  mit  zwei  Walzen 
benennt,  schon  in  älterer  Zeit  für  kleinere  und  mittlere  Eisensorten, 
welche  rasch  abkühlen,  ausgebreitete  Anwendung  verschaffte,  während 
sie  in  neuerer  Zeit  auch  für  die  schwersten  Gegenstände  vielfach  mit  Vor- 
thoil  benutzt  werden.  Für  das  Anheben  der  letzteren  auf  die  Höhe  der 
Mittel  Walzenoberkante  benutzt  man  alsdann  die  schon  früher  beschriebe- 
nen Ueberhebvorrichtungen  (bewegliche  Walztische). 

Da  das  Kaliber  der  Mittelwalze  ebensowohl  dem  Kaliber  der  Unter- 
walze als  auch  dem  Kaliber  der  Oberwalze  zu  entsprechen,  mit  diesen 
zusammen  erst  die  vollen  Kaliber  zu  bilden  hat,  so  ist  die  Kalibrirung 
weniger  einfach  als  bei  den  Zweiwalzensystemen.  Oft  hat  man  sich,  ins- 
besondere bei  symmetrischen  Formen,  die  Lösung  der  Aufgabe  dadurch 
sehr  leicht  gemacht,  dass  man  das  obere  Kaliber  gerade  so  formte  als 
das  untere,  mithin  zwei  gleiche  Kaliber  oben  und  unten  erhielt;  so  z.  B. 
bei  Rund-  und  Quadrateisenkalibem ;  oder  auch,  indem  man  bei  un- 
symmetrischen Querschnitten  abwechselnd  oben  und  unten  nur  je  ein 
benutztes  Kaliber  anbrachte,  über  das  untere  benutzte  Kaliber  und  unter 
das  obere  benutzte  Kaliber  dagegen  sogenannte  blinde  Kaliber  verlegte. 
Dadurch  wird  aber  für  die  gleiche  Zahl  verschiedener  Kaliber  das 
anderthalbfache  Inventar  an  Walzen  für  das  Triowalzwerk  gegenüber 
dem  Zweiwalzensysteme  erforderlich. 

Am  wenigsten  schwierig  gestaltet  sich  die  I^ösung  der  Aufgabe, 
fortschreitend  streckende  Kaliber  in  den  Triowalzen  anzubringen,  wenn 
das  Arbeitsstück    nach  jedem  Durchgange  um   90  Grad  gedreht  wird, 


Dreiwalzensysteme.  507 

and  es,  wie  bei  Spitzbogenkalibem ,  nicht  daranf  ankommt,  dass  der 
Querschnitt  durchaus  symmetrisch  sei.  Bei  diesen  letztgenannten  muss 
die  obere  Hälfte  des  untern  Kalibers  und  die  untere  Hälfte  des  obern 
Kalibers  in  die  Mittelwalze  fallen,  also  einander  gleich  sein;  wenn  man 
demnach  die  dazu  gehörige  zweite  Kaliberhälfte  der  Unterwalze  ent- 
sprechend höher  macht  als  die  zweite  Kaliberhälfte  der  Oberwalze,  so 
wird  bei  gleichbleibender  Breite  des  untern  und  obern  Kalibers  auch 
die  totale  Höhe  des  Kalibers  in  dem  obern  sich  ebenso  verringern  als 
die  Höhe  zweier  neben  einander  liegender  Kaliber  des  Zweiwalzensystems, 
demnach,  wenn  der  Stab  gedreht  wird,  sowohl  Streckung  als  seitliche 
Ausbreitung  stattfinden,  vorausgesetzt,  dass  die  Breite  beider  Kaliber 
betrachtlicher  ist  als  die  Höhe  des  untern. 

Weniger  einfach  lässt  sich  die  Kalibrirung  des  Dreiwalzensystems 
für  Anfertigung  von  Fa^onstücken ,  z.  B.  Eisenbahnschienen,  doppelt 
T-Trägern  und  dergleichen,  ausführen,  weil  hier  eine  seitliche  Ausbrei- 
tung innerhalb  des  zweiten  der  zusammengehörigen  Kaliber  nicht  mög- 
lich ist,  und  in' Folge  des  Umstandes,  dass  die  obere  durch  die  Mittel- 
walze gegebene  Profilirung  des  untern  Kalibers  der  durch  dieselbe 
Walze  gegebenen  untern  Profilirung  des  obeni  Kalibers  gleich  sein  muss, 
auch  nur  eine  einseitige  Ausbildung  des  Querschnitts  bei  dem  Durch- 
gange durch  das  zweite  der  in  gleicher  Yerticalebene  liegenden  Kaliber 
möglich  ist.  Wir  verweisen  hinsichtlich  der  Art  und  Weise,  wie  man 
eine  solche  Kalibrirung  für  drei  Walzen  zweckmässig  ausführt,  auf  die 
unter  „Literatur"  angeführte,  vom  Vereine  zur  Beförderung  des  Gewerb- 
fleisses  in  Preussen  preisgekrönte  Abhandlung:  R.  Daelen,  Die  Kalibri- 
rung der  Walzen,  S.  11  ^). 

Die  drei  Walzen  des  Trio  Walzwerks  erhalten  ihre  Bewegung  durch 
drei  Getriebe,  deren  mittleres  mit  der  Antriebswelle  des  Motors  ge- 
kuppelt ist. 

Bei  Schnellwalzwerken  für  Darstellung  der  feinsten  Eisensorten, 
welche  rasch  strecken  müssen,  pflegt  man  das  vordere  Ende  des  zwi- 
schen den  Walzen  hervorkommenden  dünnen  und  langen  Stabes  umzu- 
biegen und  schon  durch  ein  folgendes  Walzenpaar  zurückgehen  zu  las- 
sen, während  er  noch  in  dem  vorausgegangenen  gestreckt  wird,  so  dass 
derselbe  Stab  gleichzeitig  in  drei  bis  fQnf  Kalibern  bearbeitet  wird.  In 
Rücksicht  auf  den  für  das  Umbiegen  nöthigen  Raum  benuzt  man  hier- 
bei zum  Zurückgeben  stets  die  Walzen  des  folgenden  (beziehentlich  voraus- 
gegangenen) Walzgerüsts,  lässt  demnach  in  dem  Triowalzwerke  abwech- 
selnd Ober-  und  Unterwalze  fort  und  ersetzt  dieselbe  durch  eine  Kupp- 
lungsspindel ,  welche  die  Bewegung  auf  das  folgende  Walzgerüst  fort- 
pflanzt. Nur  bei  den  Vorwalzen  sind  alle  drei  in  einem  Gerüste  vereinigt 
und  der  noch  kurze  Stab  wird  erst  wie  bei  gewöhnlichen  Triowalzwer- 


^)  Bdilage  zu  den  Verhandlungen  des  genannten  Vereins  Jahrgang  1869; 
auch  als  Separatabdruck  erschienen. 


508  Walzwerke. 

ken  durch  ein  neues  Kaliber  zurückgegeben,  wenn  er  das  vorhergehende 
verlassen  hat.  Für  das  Fertigwalzen  pflegen  zwei  bis  vier  Gerüste  in 
der  geschilderten  Anordnung  vorhanden  zu  sein,  bei  neuen  nordameri- 
kanißchen  Walzwerken  (System  Johnson)  zur  Darstellung  von  so- 
genanntem Walzdrahte,  dessen  Durchmesser  ca.  4  Mm.  beträgt,  sind  mit 
Finrechnung  der  Yorwalzen  sogar  16  Walzenpaare  von  ca.  200  Mm. 
Durchmesser,  abwechselnd  mit  horizontalen  und  verticalen  Achsen,  in 
gleichzeitiger  Wirksamkeit,  deren  erstes  16,  deren  letztes  450  Umdre- 
hungen per  Minute  macht,  und  welche  binnen  neun  Stunden  15  300  Ki- 
logramm Stäbe  von  30  Mm.  Durchmesser  auf  jene  erwähnte  kleine  Ab- 
messung auswalzen  ^). 

Die  Ständer  der  mittelgrossen  und  kleinen  Triowalzwerke,  wie  sie 
zur  Darstellung  des  Feineisens  seit  langer  Zeit  in  Anwendung  waren, 
unterscheiden  sich  von  den  Ständern  des  Zweiwalzensystems  ohne  ent- 
lastete Oberwalze  vornehmlich  durch  die  erforderlichen  drei  Lager, 
welche  meistens  durch  Stellschrauben  auch  in  horizontaler  Richtung  — 
parallel  der  Walzwerksachse  —  sich  vei^stellen  lassen,  um  eine  ganz  ge- 
naue Lage  der  Walzen  zu  ermöglichen.  Auf  dem  Oberlager  der  Unter- 
walze ruht  das  Lager  der  Mittelwalze  und  auf  diesem  gewöhnlich  das 
Lager  der  Oberwalze,  ohne  ^n  Scb raubenbolzen  aufgehangen  zu  sein, 
wie  das  Oberwalzenl^ger  der  Duowalzwerke  ohne  Gewichtsausgleichung. 
Damit  der  zwischen  zwei  Walzen  beim  Durchgehen  des  Walzstücks  er- 
zeugte Druck  nicht  auf  den  Zapfen  der  dritten  Walze  übertragen  werde 
und  dadurch  einen  vergrösserten  Reibungs widerstand  hervorrufe,  sind 
zwischen  die  Lagerhälften  aller  drei  Walzen  Holzstücke  eingeschoben, 
welche  deren  Näherung  verhindern  und  den  entstehenden  Druck,  er 
möge  zwischen  Ober-  und  Mittelwalze  oder  zwischen  Mittel-  und  Unter- 
walze hervorgerufen  sein ,  durch  die  Lager  nach  der  Druckschraube 
und  dem  Ständerfusse  hin  fortpflanzen,  ohne  den  dritten  Zapfen  zu 
beeinflussen. 

Bei  Triowalzwerken  für  schwere  Gegenstände,  deren  Anwendung 
erst  in  der  neuern  Zeit  sich  mehr  und  mehr  Bahn  gebrochen  hat,  macht 
man  vielfach  die  Entfernung  der  Walzen  unter  einander  verstellbar,  wie 
es  bei  den  Duo  walz  werken  für  Bleche  bereits  beschrieben  wurde.  Jus- 
besondere  sind  derartige  Walzwerke  auf  nordaroerikanischen  Eisenwerk 
ken  für  die  erste  Formveränderung  und  Verdichtung  der  für  Anfertigung 
von  Eisenbahnschienen  bestimmten  Bessemerblöcke  (Ingots)  als  die  schon 
erwähnten  Blooming-mills  (Luppenwalzwerke,  vergl.  S.  497)  in  Gebrauch 
und  man  unterscheidet  dabei  zwei  Systeme: 

Die  mittlere  Walze  liegt  fest,  die  obere  und  untere  sind  verstell- 
bar —  System  Fritz; 

die  obere  und  untere  Walze  liegen  fest,  die  mittlere  wird  ver- 
stellt —  System  Ho  Hey. 


')  Vergl.  Tunner:  Das  Eisenhüttenwesen  der  Veremigten  Staaten,  S.  134. 


Fritz'sches  und  Holley's  Walzwerk.  509 

Letzteres  System  ist  einfacher  and  deshalb  das  häufiger  angewen- 
dete ^).  Das  Fritz^sche  Walzwerk  hat  diesem  gegenüber  den  Vortheil, 
dass  in  Folge  des  Festliegens  der  Mittelwalze  die  mit  dieser  verkuppelte 
Antriebswelle  durch  die  Verstellung  der  Walzen  gänzlich  unbeeinflusst 
bleibt;  der  dadurch  vermiedene  Uebelstand  des  Holley' sehen  Walzwerks 
dürfte  jedoch  nicht  schwer  genug  sich  geltend  machen ,  um  den  Yoi^theil 
grösserer  Einfachheit  auszugleichen. 

Das  Heben  und  Senken  der  Walzen  erfolgt  bei  beiden  Walzwerks- 
systemen  durch  starke  Schraubenspindeln.  Bei  dem  Fritz 'sehen  Walz- 
werke sind  die  Gewichte  der  Ober-  und  Unterwalze  durch  Gegen- 
gewichte in  der  früher  beschriebenen  Anordnung  für  Duowalzwerke 
ausgeglichen;  die  metallene  Schraubenmutter  für  die  Schraube  der  Ober- 
walze befindet  sich  wie  gewöhnlich  im  Kopfe  des  Ständers,  die  für  die 
Stellung  der  Unterwalze  bestimmte  Schraube  ist  aber  nach  unten  ge- 
richtet und  ihre  Schraubenmutter  befindet  sich  in  dem  entsprechend 
construirten  Ständerfusse.  Durch  zwei  Stirnräder  an  einer  senkrechten, 
am  Ständer  befestigten  Welle  erhalten  die  auf  den  Enden  der  Schrauben - 
spindein  befindlichen  Getriebe  eine  gleichzeitige  Drehung,  so  dass  Ober- 
und  Unterwalzenlager  gemeinschaftlich  der  Mittel  walze  genähert  oder  da- 
von entfernt  werden ;  die  Bewegung  jener  senkrechten  Welle  kann  sowohl 
von  Hand  als  durch  Frictionskupplungen  von  der  Welle  der  Betriebs- 
maschine aus  in  beiden  Richtungen  bewirkt  werden.  Von  dem  einen 
Stander  aus  wird  die  Bewegung  der  Schrauben  durch  eine  horizontale 
Welle  mit  Winkelrädem  in  der  früher  geschilderten  Weise  auf  den 
zweiten  Ständer  des  Walzgerüsts  übertragen^). 

Bei  dem  Holley 'sehen  Walzwerke  wird  das  zweitheilige  Lager 
der  Mittelwalze  durch  zwei  Schraubenspindeln  mit  rechtem  und  linkem 
Gewinde  bewegt,  welche  durch  Bohrungen  des  Oberwalzenlagers  hin- 
durchgehen, in  dem  Ständerkopfe  wie  in  dem  festliegenden  Unterwalzen- 
lager drehbar  und  ohne  Gewinde  befestigt  sind,  so  dass  sie  sich  zwar 
drehen,  aber  nicht  in  ihrer  Achsenrichtung  verschieben  lassen,  innerhalb 
der  beiden  Lagerhälften  der  Mittelwalze  aber  von  Muttergewinden  der- 
artig umschlossen  sind,  dass  bei  Drehung  der  Schraubenspindeln  das 
Mittelwalzenlager  in  der  Achsenrichtnng  der  Schrauben  bewegt  werden 
musB.  Zur  Bewirkung  dieser  Drehung  (welche  beide  in  einem  Ständer 
befindliche  Schrauben  in  entgegengesetzter  Richtung  auszuführen  haben, 
weil  sie  entgegengesetzte  Gewinde  besitzen)  sind  ihre  Enden  oberhalb 
der  Ständer  wieder  mit  Stirnrädern  versehen;  zwei  parallele,  mit  ein- 
ander verbundene  horizontale  Zahnstangen  werden  in  der  Richtung  der 
Walzwerksachse  zwischen  den  Schraubenspindeln  durch  einen  hydrau- 
lischen Cylinder  bewegt,  während  jede  derselben  die  zwei  einander  ent- 


1)  Tunner:     Das  Einenhüttenwesen  der  Vereinigten  Staaten,  8.  94. 
3)  Abbildung  des  Fritz* sehen  Walzwerkes,  siehe  Journal  of  the  Iron  and 
Steel  Institute,  Jahrgang  1874,  Kr.  IL 


510  Walzwerke, 

sprechenden  Spindeln  zweier  zoeammengehöriger  WAlzwerkaständer 
vermitUlst  Eingriff  in  die  aofgekeilten  Stirnräder  erfasst  nnd  dreht. 
Das  Gewicht  der  Oberwalze  ist  in  gewöhnlicher  Weise  ausgeglichen  '). 

Unter  dar  BeaenDOngLanth'sches  Walzwerk  istseit  einigen  Jahren 
zum  Walzen  von  Blechen  ein  Triowalzwerk  in  Anwendnng,  bei  welcher  die 
Fig.  406. 


MittelwalzG  nar  ungefähr  den  halben  Üarchmeeser  der  Ober-  und  Unter- 
walze besitzt.  Die  Mittelwalze  ist  Scbleppnalze  nnd  wird  durch  die 
Reibung  der  andern  mitgenommen;  um  der  Ober-  nnd  Unterwalze  die 
gleiche  Bewegnngsrichtung  zu  geben,  muss  das  Walzwerk  wie  jedes 
andere  Tripwalzwerk  drei  Kammwalzen  besitzen,  Ton  denen  die  obere 
nnd  untere    mit  Ober-   and  Unterwalze  gekuppelt  sind,    während    die 


Lauth'sches  Walzwerk. 


511 


mittlere  nar  als  Zwisolienrad  dient,  oder  man  koppelt  auch  nar  eine  der 
Walzen,  und  zwar  die  untere,  ohne  EinecIialtDng  von  Getrieben  an  die 
Betriebswelle  nnd  läset  die  beiden  anderen  darch  die  Reibang  mitneh- 
men. Barch  eine  aolche  Anordnung  einer  kleinern  Mittelwalze  wird 
die  Constroction  des  Ganzen  vereinfacht  und  die  Höhe  für  das  Anheben 


Fig.  407. 


dea  Waizatficka  beim  Znraokgeben  verringert.  Das  Gewicht  der  Ober- 
walze ist  wie  gewöhnlich  ansgeglicben ,  die  Mittelwalze  kann  entweder 
durch  einen  beaondem  Bewegungamechaniamna  gehoben  werden,  wenn 
das  Blech  nnterhalb  desselben  durchgeht,  und  ea  hat  aich  die  Anwen- 
dung von  Seit  Verbindungen  für  dieeea  Heben  der  Mittelwalze  recht  gnt 


512  Walzwerke. 

bewührt,  oder  sie  mht  mit  ihrem  Tollen  Gewichte  auf  der  Dnterwalze, 
and  wird  allein  doroh  das  bindarchgehende  Blech  gehoben,  was  bei 
Fein  blech  Walzwerken  mit  Walzen  von  geringerm  Gewichte  immerhin  die 
zweckmäßigste  Einrichtnng  sein  dürfte.  Beim  Anheben  drückt  die 
Mitt«Iwalze  gegen  die  Oberwalze,  und  die  DmckBchraabe  der  letztem 
regalirt  somit  anch  den  erreichbaren  Abstand  zwischen  Uittel-  und 
Unter  walze. 

Ein  Walzwerk  der  letztem  Art  in  der  Blech walzhütte  de«  Eisenwerks 
in  Riesa,  von  der  Märkischen  Maschinenbananstalt  in  Wett«r  a.  d.  Rabr 
gebaut,  ist  in  den  Figuren  406  bis  408  in  '/e4  der  wirklichen  Grösse  ab- 

Fig.  408. 


gebildet.  Die  Unterwatze  ist  gekuppelt,  Mittel-  und  Oberwalze  werden 
geschleppt.  Die  Mittelwalze  bewegt  sich  mit  ihren  Lagern  frei  in 
einem  Rahmen;  wird  das  Blech  zniscben  Unter-  und  Mittelwalze  ein- 
gest«ckt,  so  hebt  sich  die  letztere  und  legt  sieb  gegen  die  Oberwalze, 
deren  Gewicht  durch  die  in  den  Figuren  406  und  407  ereichtlicheu  Gegen- 
gewichte theilweiee  ausgeglichen  ist;  geschieht  das  Einstecken  zwischen 
Mittel-  und  Oberwalze ,  so  wird  die  erstere  nach  unten  gedrückt  nnd 
durch  die  Reibung  der  Unterwalze  geschleppt '). 

1}  AbbildQDg  einea  Laatli'acben  Walzwerke«  mit  Anhab  der  Hittalwalxe 
durdi  Seilnufzug :  Revue  anivernelle,  Tome  37,  PI.  28;  daraus  Oeiterreiubiwbe 
Zeitxchrin  fär  Berg-  und  HüttenweKen,  Jahrgang  IST 5,  Nr.  44. 


Kehrwalzwerke.  513 

Für  ganz  feine  Bleche  unter  Vj  Mm.  Stärke  hat  man  aachLauth'- 
sche  Walzwerke  mit  vier  Walzen  in  Anwendung  gebracht,  deren  beide 
mittlere  schwächer  im  Durchmesser  sind  und  von  Ober^  und  Unterwalze 
geschleppt  werden. 

Die  Lauth'schen  Walzwerke  haben  sich  als  recht  zweckmässig 
zum  Walzen  feinerer  Bleche  erwiesen ;  f&r  stärkere  Blechsorten  (Eessel- 
bleche)  dagegen  scheinen  sie  sich  besonders  in  Rücksicht  auf  die  raschere 
Abnutzung  der  schwachem  Mittelwalze  weniger  bewährt  zu  haben. 

Kehrwalzwerke. 

Wenn  man  dem  Walzenpaare  eines  Duowalzwerks  eine  entgegen- 
gesetzte Bewegungsrichtung  ertheilt,  nachdem  das  Walzstück-  die  Walzen 
verlassen  hat,  so  ist  man  im  Stande,  das  letztere  abermals,  ohne  es 
überheben  zu  müssen,  zwischen  den  Walzen  hindurchzuführen.  Solche 
Walzwerke  mit  abwechselnder  Bewegungsrichtung  zu  dem  Zwecke,  vor- 
wärts und  rückwärts  zu  walzen,  nennt  man  Kehrwalzwerke,  Rever- 
sirwalzwerke,  Walzwerke  mit  Wechseldrehung.  Vor  den  Trio- 
walzwerken haben  sie  den  Yortheil  voraus,  dass  die  Zeit  und  Arbeit  für 
das  Anheben  des  Walzstücks  sowie  der  bei  schweren  Stücken  für  dieses 
Anheben  erforderliche  Apparat  erspart  wird;  femer,  dass  die  Erhitzung  und 
Abnutzung  der  Walzen  eine  gleichmässige  ist,  während  bei  den  Trio- 
walzwerken die  Mittelwalze,  welche  doppelt  so  oft  als  die  beiden  anderen 
mit  dem  Walzstücke  in  Berührung  kommt,  stärker  als  diese  erhitzt 
und  rascher  abgenutzt  wird.  Sie  würden  jedenfalls  wegen  dieser  un- 
leugbaren Yortheile  eine  viel  ausgedehntere  Anwendung  gefunden  haben 
und  der  Ausbreitung  der  Triowalzwerke  viel  hinderlicher  gewesen  sein, 
wenn  nicht  eben  die  rasche  Ausführung  jener  Umkehr  mit  mancherlei 
Schwierigkeiten  verknüpft  wäre,  wie  sich  leicht  bei  Betrachtung  des  Gan- 
ges eines  Walzwerks  von  selbst  ergeben  wird.  Denn  in  den  sich 
drehenden  Theilen  des  Walzwerks  ist  eine  beträchtliche  lebendige  Kraft 
enthalten,  welche  bei  dem  plötzlichen  Stillstände  vernichtet  und  bei  dem 
Beginne  der  entgegengesetzten  Drehung  von  Neuem  erzeugt  werden 
muss.  Insbesondere  ist  es  vor  Allem  unmöglich,  auch  dem  Schwnngrade 
entsprechend  rasch  .die  Wechseldrehung  mitzutheilen ,  und  man  steht 
daher  bei  Anwendung  solcher  Kehrwalzwerke  vor  der  Wahl,  entweder 
ohne  Schwungrad  zu  arbeiten  oder  zwiBchen  Schwungrad  und  Walzwerk 
eine  derartig  construirte  doppelte  Kupplung  einzuschalten,  welche  die 
Umkehr  der  Walzwerksbewegung  gestattet,  ohne  dass  die  Bewegung  des 
Schwungrads  geändert  zu  werden  braucht. 

In  dem  erstem  Falle  mnss  die  Betriebsmaschine  selbst  umgesteuert 
werden  t  wodurch  für  die  Construction  derselben  besondere  Erfordemisie 
sich  geltend  machen.  Wegen  des  fehlenden  Schwungrads  benutzt  man 
eine  Zwillingsmaschine  mit  zweiDampfcyUndem,  deren  Kurbeln  in  einen 
rechten  Winkel  gegen  einander  gestellt  sind*    Die  Steuerung  muss  ver- 

liedebiir,  numhantirJi-iBetaUnigüwhe  Teohnologle.  33 


514  Walzwerke 

stellbar  aein,  so  dasa  eine  beiden  Drebnogsricbtongen  entsprechende  Dampf- 
Tertbeilnog  hervorgernfen  Verden  kann;  da  bei  der  Grösse  des  auf  dem 
SteuemngBschieber  lastenden  Dampfdrucks  ein  Umstenern  von  Hand  hd- 
mCglioh  sein  würde,  mnss  der  Steuemngsbebel  dnrcb  eine  besondere 
kleine  Damp&nasebine  bewegt  werden ,  welche  nnn  ihrerseits  Ton  Hand 
gesteuert  wird.  Die  Leistung  der  Betriebsmasohine  mnsa  in  Rflcksicbt 
darauf,  dass  dieselbe  die  voüe  Arbeit  wahrend  des  Durchganges  des 
WaliBtCtaks  durch  die  Walzen  sn  leisten  hat,  und  die  wohlthätige  Wir- 

Fig.  4og. 


kung  des  Schwungrads  als  Arbeitnammler  fehlt,  gegen  dreimal  so  be- 
trächtlich sein,  als  bei  Walswerken  mit  Schwungrad.  Hieriu  liegt  die 
sofawilchste  Seite  dieser  Art  Walzwerke,  denn  mit  der  Grösse  der  Dampf- 
maschine wachsen  die  Anlage-  nnd  Betriebskosten  in  hetr&chtlicfaer 
Weise.  Endlich  wächst  der  Dampfverbrauch  noch  durch  den  Dmatand, 
daSB  man  Expansion  des  Dampfs  nur  in  beschränktem  Uaasse  anwenden 
kann,  um  nicht  hei  Umsteuening  an  bestimmte  Kurbelstellungen  gebun- 
den zu  sein. 

Die  Art  und  Weise,  in  welcher  in  dem  zweiten  Folie  —  bei  An- 
'  ine  mit  Schwungrad  —  die  Umkehr  der  Wala- 


Kehrwalzwerke.  515 

Werksbewegung  erfolgt,  wird  darch  die  Abbildung  Fig.  409  erläutert. 
Auf  der  rechts  ersichtlichen  Schwungradwelle  sitzt  das  Getriebe  B  mit 
15  Zähnen.  Dieses  greift  in  ein  Zahnrad  C  mit  60  Zähnen,  welches 
auf  einer  Yorgelegewelle  D  befestigt  ist,  und  in  ein  drittes  Bad  E  von 
gleicher  Grösse  eingreift,  welches  lose  auf  seiner  Welle  jP  sitzt.  Letz- 
tere ist  zugleich  die  Triebwelle  des  Walzwerks.  Auf  der  Vorlegewelle 
J>  ist  femer  ein  zweites  Kad  Q  mit  30  Zähnen  befestigt,  welches  in  ein 
Kad  H  von  derselben  Grösse  eingreift;  dasselbe  sitzt  auf  einer  beson- 
dern Welle  und  dient  zur  Üebertragnng  der  Bewegung  auf  ein  drittes 
Zahnrad  J  von  derselben  Grösse,  welches  ebenso  wie  E  lose  auf  der 
Welle  F  sich  dreht. 

An  den  Naben  der  Räder  E  und  J  sind  Klauen  K  angegossen. 
Zwischen  denselben  sitzt  auf  der  Welle  jP  ein  verschiebbarer  Klauen- 
mufF  2/,  welcher  wie  gewöhnlich  durch  Nuth  und  Feder  mit  der  Welle 
verbunden  ist,  diese  also  beim  Umdrehen  )nitnimmt,  und  mit  Hülfe 
eines  Hebels  M  seitwärts  verschoben,  werden  kann.  Je  nachdem  der 
Muff  L  mit  dem  Rade  E  oder  cT*  verbunden  ist,  muss  daher  die  Welle 
F  der  Bewegung  des  einen  Rades  in  einer  Richtung  oder  derjenigen  des 
andern,  welches  durch  Allwendung  des  Zwischenrads  H  sich  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  dreht,  folgen. 

Die  ümkehrung  der  Walzwerksdrehung  in  der  zuletzt  geschilder- 
ten Weise  besitzt  den  Yortheil  der  Einfachheit  in  der  Anlage  und  Hand- 
habung, und  dem  gewöhnlich  geringern  Dampfverbrauche  gegenüber 
der  Anwendung  von  Zwillingsmaschinen  ohne  Schwungrad.  Sie  ist  des- 
halb die  für  Kehrwalzwerke  gebräuchlichere.  Ihre  schwache  Seite  liegt 
in  den  unvermeidlichen  heftigen  StÖssen,  welche  bei  dem  Umsteuern 
vermittelst  der  Klauenkupplung  erzeugt  werden  und  nicht  selten  Brüche 
in  den  Kupplungs-  oder  anderen  Theilen  der  Maschine  zur  Folge  haben. 
Die  Stösse  werden  um  so  heftiger,  die  Gefahr  für  den  Bruch  um  so 
grösser  werden ,  je  rascher  die  Drehung  und  je  grösser  das  Gewicht  der 
in  Umtrieb  befindlichen  Theile  ist.  Man  hat  in  Rücksicht  hierauf  statt 
der  Klauenkuppelungen  verschiedene  andere  Kuppelungsvorrichtungen 
vorgeschlagen,  meistens  Frictionskuppelnngen,  ohne  dass  jedoch,  wie  es 
scheint,  bis  jetzt  eine  allseitig  befriedigende  Lösung  der  Aufgabe  gefun- 
den wäre,  eine  rasche  und  sichere  Umsteuerung  ohne  Stösse  zu  bewirken. 

Universal  Walzwerke. 

Die  unangenehme  Nothwendigkeit,  für  Anfertigung  von  Eisensorten 
mit  abweichenden  Querschnitten  eine  grosse  Anzahl  entsprechend  kali- 
brirter  Walzen  inVorrath  halten  zu  müssen,  gab  dem  Ingenieur  Daelen 
in  Hoerde Veranlassung  zur  Erfindung  eines  Walzwerks,  dazu  bestimmt, 
Eisensorten  mit  rechteckigem,  aber  beliebig  grossem,  Qaerschnitte  ohne 
besondere  Kaliber  fertig  zu  walzen.     Dasselbe  enthält  wie  ein  gewöhn- 

33  ♦ 


516  Walzwerke. 

liches  Blechwalzwerk  zwei  horizontale  glatte  Walzen,  dereo  obere  ver- 
stellbar ist,  und  welche  die  horizontalen  Begrenzungsfläohon  des  Walz- 


stQcka  anszabilden  haben;  namittelbar  vor  oder  hinter  denselben  ImSd- 
den  sich  zwei  reridcale,  ebenfalls  glatte  nnd  Teratellbare  Walzea  sor 
Ausbildung  der  senkrechten  Begrenzangsfl&chen.     Es  ist  einleuchtend. 


UniverBalwalzwerk.  517 

dua    man    mit  Hülfe  dieser  vier  Walzen  jeden   Qaergchnitt  darstellen 

kann,    desBen  UmrisBe    parallel  den   Walzenachsen ,    dessen  Form  also 

Fig.  «1. 


qoadratiscli  oder  rechteckig  ist;  ja  man  ist  im  Stande,  selbst  fagonnirte 
Eisensorten  darzusteUen,  wenn  man  die  eine  oder  andere  der  Walzen 
mit  einer  entsprechenden  Kalifarimng  versieht 

Die  Abbildongen  Fig.  410  bis  412  steUen  ein  solches  Walzwerk  in 
Vj]  der  wirklichen  Qrösae  dar.  AA.  sind  die  horizontalen,  BB  die  Ter- 
tioalen  Walzen.  Die  Bewegung  der  ersteren  erfolgt  durch  die  beiden 
Getriebe  C  C.  Das  obere  derselben  greift  in  ein  drittes  grösseres  Zahn- 
rad B  und  dieses  wieder  in  ein  viertes,  E,  dessen  Achse  in  der  Vertioal- 


518  Walzwerke. 

ebene  mit  den  Achnen  der  beiden  Walzen  BB  in  einem  seitlich  angegosse- 
nen Anaatza  des  GetriebeatänderB  gelagert  ist.  Von  £  aas  erfolgt  durch 
die  in  Fig  410  eraichtliche  horizontale  Welle  Termittelat  der  Winkel- 
räder n  and  m  die  Uebertragang  der  Bewegung  anf  die  Benkrechten 
Walzen.  Letztere  sind  ana  Guasatabl  gefertigt  and  sof  den  aenkrecfaten 
Wellen  in  der  aas  der  Abbildang  ersichtlichen  Weise  befeatigt.  Die 
horizontalen  Schrauben apindelo  //  sind  darch  Bügel  and  Keile  mit  den 
Lagern  aa  verbnndeu,  welche  jene  Wellen  atQtzen,  und  stecken  in  me- 
tallenen Hülsen  mit  Uattergewinde,  welche  in  den  Walzenai^deiii  be- 
festigt sind.  Durch  Drehnng  der  Schrauben  erfolgt  mithin  Terstellong 
der  Walzen.  Dieselbe  wird  durch  die  gekröpften  Spindeln  c  c  bewirkt, 
welche  rermittelat  zweier  Schnecken  dd  die  auf  den  Enden  der  Schrau- 
ben befindlichen  SchneckenrSdchen  ee  und  somit  die  Schrauben  selbst  in 
Drehung  versetzen.  Damit  bei  der  horizontalen  Fortbewegung  der 
Schraube  die  Schnecken  nicht  ausser  Eingriff  kommen,  sind  die  Luger 
Fig.  412. 


der  Spindeln  CC  mit  einer  Hfllae  über  die  Enden  der  Schranbenspindeln 
geschoben  und  machen  die  üorizontalbewegung  derselben  mit  (vergl. 
Fig.  412).  Die  Winkelräder  nn  sind  durch  Nath  und  Feder  mit  der 
horizontalen  Welle  verbunden  und  werden  auf  derselben  durch  die  Ach- 
sen der  Walzen  verschoben,  sobald  eine  Verstellung  der  letzteren  eintritt. 
Die  Verstellung  der  horizontalen  Walzen  erfolgt  in  gevöbnlicher  und 
aus  den  Abbildungen  ersichtlicher  Weise. 

Bei  anderen  Universalwalzwerken  bat  man  die  Trans missions welle 
für  die  Bewegung  der  senkrechten  Walzen  an   den  Fuss  des  St&ndera 


Universalwalzwerk.  519 

verlegt  nnd   den  Antrieb  derselben   unmittelbar   von   einem   auf  dem 
Zapfen  der  Unterwalze  befestigten  Stimrade  aus  bewirkt  ^). 

Ob  die  senkrechten  Walzen  vor  oder  hinter  den  wagerechten  an- 
gebracht sind,  darüber  ist  keine  feststehende  Regel  vorhanden,  Stehen 
sie  vor  denselben,  so  mnss  ihre  Umfangsgeschwindigkeit  sich  zu  deijeni- 
gen  der  wagerechten  Walzen  annähernd  verhalten,  wie  die  kürzere 
Lftnge  des  eintretenden  Stabes  zu  der  grossem  des  austretenden;  stehen 
sie  hinter  denselben,  so  müssen  sie  ein  wenig  rascher  umlaufen  als  die 
horizontalen  Walzen,  weil  das  austretende  Ende  des  Stabes  der  Walze 
um  ein  Geringes  vorauseilt.  Bei  zu  rascher  Bewegung  im  erstem,  bei 
zu  langsamer  im  zweiten  Falle  würde  demnach  ein  Stauchen  oder  Bie- 
gen des  Stabes  eintreten.  Zur  Regelung  dieser  Bewegungsverhältnisse, 
welche  bei  verschiedenen  Querschnitten  erheblich  abweichen  können,  ist 
das  Getriebe  E  mit  seiner  Welle  nicht  fest,  sondern  nur  durch  zwei 
seitliche  Frictionsscheiben  verbunden  (vergl.  Fig.  410),  welche  eine  Ver- 
langsamung  der  Bewegung  eintreten  lassen,  sobald  der  Widerstand 
zwischen  den  Walzen  wächst.  Im  Allgemeinen  zieht  man  die  Anord- 
nung der  senkrechten  Walzen  vor  den  horizontalen  vor,  weil  in  diesem 
Falle  die  durch  den  Druck  der  ersteren  Walzen  etwa  enstandenen  Wulste 
an  den  langen  Kanten  des  Walzstücks  in  den  horizontalen  Walzen  wie- 
der ausgeglichen  werden. 

Das  Universalwalzwerk  dient  vornehmlich  zur  Anfertigung  der 
gröbsten  Sorten  Flacheisen  bis  zu  solcher  Breite,  dass  sie  schon  den 
Uebergang  zu  den  Blechen  bilden,  oder  auch  als  solche  gezählt  werden.  Es 
erfordert  geschicktere  Handhabung  als  ein  gewöhnliches  Ealiberwalz- 
werk,  ist  aber  besonders  da  vielfach  in  Anwendung,  wo  sehr  verschie- 
dene Abmessungen  von  groben  Flacheisen  hergestellt  werden  müssen. 
Bei  den  breiteren  Sorten  desselben,  welche  man  sonst  in  Blechwalzwer- 
ken fertigt,  spricht  der  Umstand  fCür  das  Universalwalzwerk,  dass  die 
Bleche  oder  Stäbe  bei  der  ersterwähnten  Anfertigung  unregelmässig  ge- 
formte Ränder  besitzen,  welche  durch  Abschneiden  entfernt  werden 
müssen,  auf  dem  Universalwalzwerke  aber  regelmässig  ausgebildet  wer- 
den können. 

Für  Anfertigung  kleinerer  Sorten  Flacheisen  zieht  man  durchweg 
Staffelwalzen  oder  Kaliberwalzen  vor. 

Jedes  Universalwalzwerk  dient  nur  zum  Fertigwalzen  nnd  muss 
demnach  durch  ein  Walzgerüst  mit  einem  Paar  gewöhnlicher  Yorwalzen 
ergänzt  werden. 


^)  Abbildung  emes  BOlchen  UniversalwalzwerkB  siehe  Petzholdt,  Eisen- 
bahnmaterial, Taf.  Xn,  Fig.  1  bis  3. 


520  Walzwerke. 


Walzwerke  zur  Herstellung  ringförmiger  Körper  oder 

Eopfwalzwerke. 

Um  einen  gezchloseenen  ringi5rmigen  Körper  auf  dem  Walzwerke 
zu  strecken,  seinen  Querschnitt  zu  yerringem,  seinen  Durohmesser  zu 
yergrössem ,  muss  offenbar  die  Bearbeitung  in  solcher  Weise  stattfinden, 
dasB  der  Körper  über  die  eine  von  zwei  Walzen  übergeschoben ,  Ton  die- 
ser an  der  Innenseite,  yon  der  andern  an  der  Aussenseite  bearbeitet 
wird.  Dieses  Ueberschieben  wurde  nun  nicht  möglich  sein,  wenn  die 
Walzen,  wie  die  bisher  beschriebenen,  mit  beiden  Enden  in  Gerüststän- 
dem  auflagern ,  und  das  Walzwerk  muss  schon  in  Rücksicht  hierauf  eine 
Yon  den  bisher  besprochenen  Walzwerken  erheblich  abweichende  Ein- 
richtung erhalten. 

Nun  wird  man  zwar  im  Allgemeinen,  wo  es  irgend  angeht,  ring- 
förmige Körper  in  solcher  Weise  herzustellen  suchen,  dass  ein  zu  dem 
Querschnitte  des  fertigen  Gegenstands  ausgewalzter  Stab  zu  einem 
Ringe  zusammengebogen  und  die  beiden  Enden  durch  Schweissen,  Lothen 
oder  dergleichen  vereinigt  werden;  es  kommt  aber  auch  vor,  dass  ent- 
weder der  geschweisste  Ring  doch  noch  einem  Yollendungprocesae  zwi- 
schen Walzen  unterworfen  werden  muss,  oder  auch,  dass  man  in  Rück- 
sicht auf  die  Verwendung  des  Gegenstandes  jene  Vereinigung  durch 
Schweissen  u.  s.  w.  überhaupt  zu  vermeiden  sucht,  es  vielmehr  vorzieht, 
diesen  aus  einem  Metallstüdce  herzustellen,  welches  entweder  ringförmig 
gegossen  oder  -durch  Lochen  (Aufhauen),  Weiten  und  Schmieden  über 
den  Dom  vermittelst  des  Dampfhammers  in  Ringform  gestreckt  worden 
war.  Diese  Fälle  sind  vorzugsweise  häufig  bei  Anfertigung  der  eiser- 
nen oder  stählernen  Radreifen  für  Eisenbahnfahrzeuge,  und  man  nennt 
deshalb  derartige  Walzwerke  dieser  speciellen  Bestimmung  zufolge  Rei- 
fenwalzwerke, leider  und  unnöthigerweise  noch  häufiger  mit  einem 
Fremdworte  Tyres-  oder  Bandagenwalzwerke. 

Die  eine  der  beiden  Walzen  eines  solchen  Walzwerks  ist  verstell- 
bar, um  durch  allmälige  Näherung  die  Querschnittsverkleinerung  und 
Streckung  ausssuführen;  diese  Näherung  wird  durch  hydraulischen  Druck 
bewirkt. 

Meistens  sind  zwei  Walzgerüste  vorhanden,  von  denen  das  eine 
zum  Vorwalzen,  das  andere  zum  Fertigwalzen  dient,  sofern  nicht  der 
Reifen  durch  den  Dampfhammer  mit  entsprechend  profilirter  Bahn  auf 
einem  geeignet  geformten  Amboshome  vorgeschmiedet  wird. 

Bei  den  Vollendwalzen  pflegt  nur  die  eine  Walze  mit  der  Betriebs- 
welle gekuppelt,  die  andere  Schleppwalze  zu  sein,  da  es  hier  von  Wich- 
tigkeit ist,  dass  die  Umfangsgeschwindigkeiten  jeder  der  beiden  Walzen 
den  (etwas  verschiedenen)  Umfangsgeschwindigkeiten  der  Innen-  und 
Aussenseite  des  Reifens  gleich  seien;  die  Vorwalzen  dagegen,  sind  ge- 
wöhnlich beide  gekuppelt,  da  der  rohe  Reifen  nicht  in  die  Kaliber  passt. 


Eopfwalzwerke.  521 

unrund  und  ongleicli  dick  ist,  und  deshalb  von  einer  einzigen  Walze 
nicht  gern  mitgenommen  wird. 

Man  unterscheidet  horizontale  und  yerticale  Reifenwalzwerke.  Bei 
den  horizontalen  dienen  zwei  Gerüstständer  zur  Unterstützung  der 
Walzen;  in  Folge  des  schon  erwähnten  ümstandes  aber,  dass  der  Reifen 
nicht  über  die  Walzen  geschoben  werden  könnte,  wenn  dieselben,  wie 
bei  gewöhnlichen  Walzwerken,  zwischen  den  Ständern  befindlich  wären, 
befinden  sich  die  ohnehin  kurzen  Walzen  kopfartig  an  den  frei  aus  den 
Ständern  herausragenden  Enden  der  Wellen,  und  man  nennt  in  Folge 
dieser  Anordnung  solche  horizontale  Reifen  Walzwerke  Torzugsweise  Eopf- 
walzwerke. 

Aus  dieser  Einrichtung  folgt  aber,  dass  nicht,  wie  bei  anderen  Walz- 
werken, mehrere  Walzgerüste  mit  einander  gekuppelt  werden  können, 
sondern  ein  jedes  derselben  durch  eine  besondere  Wellenleitung  mit  der 
Betriebsmaschine  verbunden  werden  muss. 

Häufiger  als  die  horizontalen  Reifenwalzwerke  sind  im  Ganzen  die 
Torticalen,  und  man  findet  mehrfache  Gonstructionen  derselben.  Ent- 
weder man  hat,  wie  bei  dem  oben  abgebildeten  Horizontalwalzwerke, 
zwei  getrennte  Gerüste,  von  denen  das  eine  zum  Yorwalzen,  das  andere 
zum  Fertigwalzen  dient;  oder  man  versieht  die  Walze,  welche  zur  Aus- 
bildung der  Aussenfläche  des  Reifens  dient,  mit  mehreren  Kalibern  über 
einander  zum  Vor-  und  Fertigwalzen  (während  die  zweite  Walze  glatt 
ist) ;  der  Reifen  liegt  auf  einem  durch  hydraulischen  Druck  in  der  Höhen- 
richtung verstellbaren  Tische  und  wird  mit  diesem  in  die  verschiedenen 
Kaliber  gehoben;  oder  endlich,  man  hat  neben  einer  flachen  Walze 
mehrere  Kaliberwalzen ,  welche  der  Reihe  nach  mit  jener  in  Zusammen- 
wirkung gebracht  werden  können. 

Ein  Walzwerk  der  zweiten  Art,  von  Tarrot,  Walker  u.  Co.  in 
Leeds  im  Jahre  1872  für  die  Eisenhütte  Phoenix  zu  Laar  bei  Ruhrort 
gebaut,  zeigen  die  Abbildungen  Fig.  413  und  414  ^). 

a  und  b  in  Fig.  413  sind  die  beiden  Walzen,  von  denen  die  erstere 
ihren  Antrieb  durch  ein  Paar  Winkelräder  von  der  unten  befindlichen 
horizontalen  Welle  aus  erhält,  während  h  Schleppwalze  ist  Das  auf 
der  horizontalen  Welle  sitzende  Winkelrad  ist  durch  lange  Nuth  und 
Feder  mit  dieser  verbunden,  so  dass  es  sich  auf  der  Welle  verschieben 
lässt,  ohne  in  der  Drehung  beeinflusst  zu  werden.  Die  Walzen  haben 
zwei  Kaliber;  das  untere  dient  zum  Yorwalzen,  das  obere  zum  Fertig- 
walzen. Die  Walze  a  ist  nun  in  einem  gusseisemen  Schlitten  c  gela- 
gert ,  welcher  mit  Führungsleisten  in  dem  Gehäuse  d  in  wagerechter 
Richtung  verschiebbar  ist  und  dessen  Bewegung  durch  den  Kolben  des 
hydraulischen  Gylinders  e  erfolgt  Es  kann  somit  die  Walze  a  gegen  h 
genähert  und  von  derselben  entfernt  werden.    Bei  der  Verschiebung  des 


^)  Nach  einer  von  derDirection  genannter  Eisenhütte  dem  Verfasser  gütigst 
überlassenen  Zeichnung. 


522  Walzwerke. 

Sohlittens  nimmt  derselbe ,  wie  aoa  der  Abbildung  ersichtlich  ist,  das 
auf  der  Betriebswelle  befindliche  Winkelrad  mit.  Der  obere  Zapfen  der 
Walae  b  dagegen  ist  drehbar  in  einem  gosseisemen  Lager  befestigt, 
welches  mit  einem  darüber  befindlichen  Qaentflcke  /  in  einem  Stücke 
gegossen  ist  nnd  mit  demselben  in  senkrechten  Fahrongen  auf  nnd 
nieder  bewegt  werden  kann,  welobe  an  der  Stirn  des  Gehänses  d  an- 

Fig.  413. 


gegossen  sind  (vergl.  Yig.  414).  Der  ontere  Zapfen  von  b  rnht  in  einem 
feststehenden  mit  d  verbundenen  Lager  derartig,  dass  die  Walze  sieb 
ohne  Schwierigkeit  ans  dem  Lager  emporheben  and  wieder  einsetzen 
läset.  Das  senkrechte  Anheben  der  Walze  iat  erforderlich,  um  den 
Reifen  ein-  nnd  ausbringen  zu  kSuuen.  Die  Bewegung  wird  durch  den 
Kolben  des  hydraulischen  Cylinders  g  bewirkt,  der  mit  angegoBsenea 
Leisten  auf  zwei  schmiedeeisernen  [S&ulchen  ruht  nnd  mit  denselben  rom 


Reifenwalzwerk.  523 

Guflsatacke  d  getragen  wird.  In  dem  Aufriese  Fig.  413  iat  daa  eine 
dieser  Saalchen  durch  die  Kolbenstange  des  hydraulischen  Cylinders 
Terdeclct;  im  Grundrisse  Fig.  414  erscheinen  sie  durchschnitten  als  zwei 
kleine  Kreise. 

Vor  den  Walzen  befindet  sieb  nun  der  gueseiseme  Tisch  h,  getragen 
TOD  dem  Kolben  eines  dritten  hydraolischen  Cylinders  und  mit  demsel- 

Fig.  tu. 


ben  in  senkrechter  Richtung  beweglich,  um  den  Reifen  aus  dem  Vor-  in 
das  Fertigkaliber  beben  zu  können,  nachdem  die  Walze  a  znrack- 
gezogen  worden  ist  Znr  Nonnirong  der  richtigen  Stellang  des  Tischs 
für  das  Fertigkaliher  befindet  sich  an  dem  hydraulischen  Kolben  eine 
drehbare  Stütze  t,  welche  mit  Uiklfe  einer  horizontalen  Zugstange  nnd 
einOB  an  dem  Ende  derselben  befindlichen  in  Fig.  413  pouktirt  gezeich- 
net«n  Handhebels  in  senkrechte  Stellung  gebracht  wird,  sobald  der  Kol- 
ben seines  höchsten  Stand  erreicht,  und  sich  hierbei  anf  einen  am 
bydranliscben  Cylinder  angegossenen  Bord  aufstellt,  somit  das  Zurück- 
sinken des  Kolbens  verhindemd  nnd  die  genaue  Höhenlage  des  Tischs 
bestimmend.  Zur  Verhindernng  einer  seitlichen  Drehung  des  Tischs 
wird  derselbe  an  zwei  senkrechten  in  dem  Gussatücke  d  befestigten 
gnsseisemen  Stangen  kk  (Fig.  414)  geführt.  Auf  der  Tischplatte  sind 
zwei   Leisten  aufgegossen,    auf    welchen   der  Reifen  vorgeschoben  und 


524  Walzwerke. 

zorückgefOhrt  wird,  tun  die  Berähnrngsflache  mit  dem  Tische  und  somit 
die  Reibung  zu  yerringem;  während  dee  Walzens  ruht  derselbe  auf 
zwei  horizontalen,  neben  den  Leisten  gelagerten,  radial  gerichteten  Wal- 
zen (yergL  Fig.  414),  deren  Oberkante  ein  wenig  höher  liegt  ab  die 
Oberkante  der  Leisten,  so  dass  bei  der  kreisförmigen  Bewegung  des 
Reifens  die  gleitende  Reibung  in  rollende  yerwandelt  wird.  Zur  Verhin- 
derung einer  Hebung  des  Reifens  während  des  Walzens  dient  endlich 
der  horizontale  Hebel  2,  welcher  über  denselben  geschoben  wird,  sobald 
er  seine  richtige  Lage  erhalten  hat,  an  dem  einen  Ende  sich  um  einen 
senkrechten  Bolzen  dreht  und  bei  m  (Fig.  414)  durch  eine  Flügelmutter 
auf  einem  zweiten  Bolzen  festgeklemmt  wird.  Um  die  horizontale  Be- 
wegung dieses  Hebels  zu  sichern,  ruht  das  äusserste  Ende  desselben  mit 
einem  Bügel  auf  der  Achse  eines  Laufrads  n. 

Die  oben  erwähnten,  eine  Drehung  des  Tischs  verhindernden 
senkrechten  Stangen  kk  dienen  ausserdem  als  Drehungsachsen  für  die 
gusseisemen  Lagerböcke  oo  der  zwei  Centrirrollen  jp|>  (Fig.  414).  Die 
Centrirrollen  haben  300  Mm.  im  Durchmesser.  Jeder  Lagerbock  enthält, 
wie  in  der  Abbildung  zu  ersehen  ist,  zwei  Lager,  um  nach  Maass- 
gabe des  Durchmessers  des  auszuwalzenden  Reifens  die  Rolle  in  das  eine 
oder  andere  derselben  einsetzen  zu  können.  Das  andere  Ende  der 
Lagerböcke  o  o  trägt  eine  Schraubenmutter,  welche  die  auf  beiden  Enden 
des  Tischs  gelagerte,  in  der  Abbildung  ersichtliche  Schraubenspindel  mit 
rechtem  und  linkem  Gewinde  umschliesst.  Durch  Drehung  der  Schrau- 
benspindel, welche  mit  Hülfe  der  auf  ihrem  einen  Ende  befestigten 
Arme  bewirkt  wird,  erfolgt  also  Näherung  oder  Entfernung  der  Cen- 
trirrollen von  einander.  Da  aber  die  Drehung  der  Lagerbocke  um  die 
festen  Achsen  kk  nicht  möglich  ist,  ohne  eine  geringe  Verschiebung  der 
Schraubenspindel  normal  gegen  ihre  Achsenrichtung  zu  be¥rirken,  so  ist 
der  Fuss  jedes  der  beiden  Spindellager  in  einem  Schlitze  der  Tischplatte 
in  der  angegebenen  Richtung  verschiebbar.  Aus  einem  ähnlichen,  leicht 
erkennbaren  Grunde  sind  die  fär  die  Bewegung  der  Lagerböcke  dienen- 
den Schraubenmattem  mit  Drehungszapfen  in  denselben  befestigt.  Es 
ist  selbstverständlich,  dass  sowohl  die  Centrirrollen  als  die  Schrauben- 
spindel mit  dem  Tische  gehoben  und  gesenkt,  und  deshalb  ebensowohl 
für  die  Arbeit  im  untern  als  obem  Kaliber  benutzt  werden. 

Die  Walzen  dieses  Walzwerks  machen  50  Umdrehungen  per  Minute. 
In  einer  1 2  stündigen*  Schicht  walzt  man  mit  Benutzung  eines  Sie- 
mens'schen  Gasofens  55  Stück,  mit  Benutzung  zweier  Oefen  70  bis  80 
Stück  Reifen  (Normalbandagen)  aus.  Das  Walzen  eines  Reifens  ind.  der 
Pause  zum  Anheben  aus  dem  untern  in  das  obere  Kaliber  dauert  sy^ 
Minuten.  Die  hydraulischen  Cylinder  werden  mit  Wasser  von  45 
Atmosphären  Druck  betrieben. 

Als  Betriebsmaschinen  für  die  Reifenwalzwerke  pflegt  man  in  Bück- 
sicht auf  den  Umstand,  dass  das  Auswalzen  eines  eingebrachten  Reifens 


Arbeitsverbrauch.  525 

zwisoben  zwei  Walzen  ohne  Untärbrechnng  fortgeht,  das  Schwungrad 
also  sehr  bald  seine  Leistung  erschöpft  haben  würde  und  demnach  seine 
eigentliche  Bestimmung  nicht  erfüllen  kann,  Zwillingsmaschinen  ohne 
Schwungrad  zu  benutzen.  Das  in  den  Figuren  413  und  414  abgebildete 
Walzwerk  der  Eisenhütte  Phoenix  besitzt  eine  Zwillingsmaschine  mit  einem 
horizontalen  und  einem  yerticalen  Dampfcylinder  von  658  Mm.  Durch- 
messer, 324  Mm.  Hub,  deren  Schubstangen  auf  einen  gemeinsamen  Eur- 
belzapfen  arbeiten.  Die  Normaldampfspannung  beträgt  ca.  drei  Atmo- 
sphären. 

Arbeitsyerbrauch  beim  Walzen. 

Derselbe  und  somit  die  von  der  Betriebsmaschine  zu  leistende 
Arbeit  ist  nach  Vorausgehendem  yon  sehr  vielen  Umständen  abhängig. 
Für  den  Arbeitsverbrauch  entscheiden  zunächst  die  Härte  des  Metalls 
auf  der  einen  und  das  Maass  der  Querschnittsverkleinerung  beim  ein- 
maligen Durchgange  zwischen  den  Walzen  auf  der  andern  Seite ;  für  die 
Arbeitsleistung  der  Betriebsmaschine  sprechen  ausserdem  noch  mit:  die 
Grösse  der  Pausen  zwischen  den  einzelnen  Durchgängen,  die  Anzahl  der 
Walzgerüste,  welche  zu  einem  gemeinschaftlichen  Walzwerke  gehören, 
da'  mit  der  Anzahl  derselben  die  Widerstände  durch  Reibung  wachsen, 
die  Anzahl  der  Durchgänge,  welche  gleichzeitig  in  mehreren  Walz- 
gerüsten stattfinden,  die  Grösse  des  Schwungrads  ü.  a. 

Es  würde  ein  nutzloses  Beginnen  sein,  durch  theoretische  Berech- 
nungen aus  allen  diesen  Factoren  die  erforderliche  Arbeitsleistung  der 
Betriebsmaschine  ermitteln  zu  wollen.  Man  kann  lediglich  auf  prak- 
tischen Erfahrungsresultaten  fassen. 

Man  rechnet  an  erforderlicher  Betriebskraft  ^Pfö^to!' 

fiir  Grobeisen-  und  Mittelstrecken  mit  drei  Walzgerüsten  und 

75  Umgängen  per  Minute 75 

n    Feineisenwalzwerke  mit  drei  bis  fOnf  Walzgerüsten  und 

200  Umgängen  per  Minute 50 

„    Schnellwalzwerke  mit  fünf  bis  sieben  Walzgerüsten  und 

400  Umgängen  per  Minute 130 

n    Schienenwalzwerke  mit  100  Umgängen 250 

„    kleine  Blechwalzwerke  zu  Schwarzblech  bis  zu  5  Mm.  Stärke 

mit  40  Umgängen  per  Minute 20 

jf    Kesselblechwalzwerke  mit  30  Umgängen  per  Minute  .     •      70 
9    Walzwerke  zu  Panzerplatten,  30  Mm.  stark,  2,5  M.  breit, 

mit  30  Umgängen  per  Minute 250 

jf    £upferblechwalzwerke  mit  Walzen  von  450  Mm.  Durch- 
messer 2  M.  lg.,  40  Umgänge  per  Minute 20 

n    Messingwalzwerke  mit  Walzen  von  400  Mm.  Durohmesser, 

IM.  Länge 30 


Dnrchsch. 
Pfditkn. 
für  Kehrwalzwerke    mit  ZwiUingsmaschiDe    zum    Urastencm 

und  ohne  Schwnngi-ad 600 

„    Reifenwalzwerke  mit  Zwillingsm aachin e  ohne  Sohwnngrad     350 


Das  Arbeitsverfahren. 

Da  die  Formgeljnng  beim  Walzen  lediglich  Ton  der  Form  der  Wal- 
zen nnd  Kaliber  abhangig  igt,  so  ist  der  manuellen  GeBchicklichkeit  des 
Arbeiters  in  dieser  Beziehung  ein  geringerer  Spielraum  gegeben  als  bei 
der  Formgebung  durch  Hämmern.  Die  Arbeiten  bestehen  im  Wesent- 
lichen ans  der  Vorbereitung  des  Materials  (Sortiren,  Packetiren,  Erhitzen), 
dem  Einbringen  in  die  Walzen,  wobei  eine  der  Bescbaffeuheit  des  Mat«- 
rials  entsprechende  Wahl  in  der  Aufeinanderfolge  der  Kaliber  erheblich 
zur  Beschleunigung  des  Processes  beizutragen  vermag,  dem  Ergreifen 
nnd  Zurflckgeben  des  herauskommenden  Walzstücks,  Drehen  desselben 
nnd  Wieder  einbringen. 

Bei  dem  Waisen  von  Schmiedeeisen  verbindet  man  einen  Schweiss- 
und  Verdichtungsproceas  mit  der  Formgebung,  indem  man  aus  schon 
roh  bearbeiteten  Stäben  (Rohichienen) ,  Ab^en  und  Alteisen  Packete 
in  der  schon  beim  H&mmem  beschriebenen  Art  nnd  Weise  zusamoien- 
legt,  diese  zanScbst  in  Vorkalibem  (Scbweisskalibem)  zusammenschweisst 
und  dann  weiter  aosrecki  Meistens  ist  der  Querschnitt  des  Packets 
quadratisch,  nnd  zum  Zusammenschweissen  dienen  Spitzbogenkaliber;  bis- 
weilen  giebt  man  auch  dem  Packete  schon  einen  dem  fertigen  Gegen* 
stände  ähnlichen  Querschnitt  und  erleichtert  dadurch  die  Kalibrirung 
der  Walzen.  Ein  Beispiel  hierfür  kann  die  Abbildung  Fig.  415  geben, 
Fig.  415.  welches    die  Packetirung    fftr  grosses  Doppelt- 

T-Eisen  in  zweierlei  Weise  ausgeführt  zeigt. 
Ebenso  giebt  Fig.  416  ein  Beispiel,  wie  man 
AbfSlle  von  fagonnirtem  Eisen  mit  anderen  zu- 
sammenlegen und  wieder  verarbeiten  kann. 

Wie  schon  früher  erwähnt,    wird  io  sol- 
chen Fällen,  wo  es  auf  grosse  Dichtigkeit  an- 
kommt,   das  Schweissen    unter  Hämmern  und 
erst  die  eigentliche  Formgebnng  unter  Walzen 
ausgeführt,  z.  B.  bei  Anfertigung  von  Eisen- 
blechen. 
Ebenso  wird  Stahl  unter  Hämmern  geschweisst.    Auch  gegoesener 
Stahl  (Tiegelgassstohl,  Bessemer-  und  Martinstahl)  erhält  auf  deutschen 
Eisenwerken   meistens    erst  einen  Verdichtungsprocess  nuter  H&mmem, 
ehe  er  den  Walzen  flbergeben  wird;   anf  nordamerikanischen  Eisenwer- 
ken werden  dagegen  die  gegossenen  Stahlblöcke  fllr  die  Schienenfabrika- 


Arbeitsverfahren.  527 

tion  ohne  Weiteres  in  den  beschriebenen  grossen  Yorwalzwerken  (Bloo- 
ming-mills)  ausgewalzt. 

Andere  Metalle  als  Eisen  nnd  Stahl  pflegt  man  nnr  höchst  selten 
in  kalibrirten  Walzen  zu  verarbeiten,  sondern  beschränkt  sich  auf  die 
Fig.  416.       Herstellung  von  Blechen  ans  diesen  Metallen,  welche  nach 
Erforderniss  durch  Zerschneiden  in  Stabform  gebracht  wer- 
den können.     Alle  diese  Metalle  werden  aus  gegossenen 
Platten  in  den  Walzwerken  weiter  verarbeitet,  entweder 
ohne  sonstige  Zwischenarbeit,  oder,  wie  es  z.  B.  bei  Her- 
stellung von  Kupfer-,   Messing-,  Neusilberblech   biswei- 
len geschieht,  nach  vorausgegangener  Verdichtung  unter 
dem  Hammer. 
Kupfer  und  Bronze  werden  in  dunkler  Bothgluth,    Gold,  Silber, 
Messing,  Neusilber,  Blei,  Zinn,  Zink  kalt  gewalzt^).     Bei  den  kalt  ge- 
walzten Metallen    ist   zwischen    den  einzelnen  Durchgängen  ein  um  so 
öfteres  Ausglühen  erforderlich,  je  rascher  sie  ihre  Dehnbarkeit  verlieren. 
Messing  und  Neusilber  müssen  anfänglich  nach  jedem  Durchgange  ge- 
glüht werden;  Gold  und  Silber  um  so  öfter,  je  stärker  sie  legirt  sind; 
Zink  wird  nach  beendigtem  Walzen  auf  150  Grrad  erwärmt.     Blei  und 
Zinn  bedürfen  keines  Ausglühens. 

Bei  sämmtlichen  Metallen ,  welche  zu  Blechen  verarbeitet  werden, 
pflegt  man,  wenn  die  Verdünnung  einen  gewissen  Grad  erreicht  hat,  zur 
Beschleunigung  der  Arbeit  zwei  oder  auch  mehrere  Tafeln  auf  einander 
zu  legen  oder  eine  lange  Tafel  in  der  Mitte  zusammenzubiegen  und  so 
gedoppelt  zwischen  den  Walzen  hindurchgehen  zu  lassen. 

Zur  Ausführung  der  Arbeiten  pflegen  mindestens  fünf  Arbeiter  er- 
forderlich zu  sein ,  welche  das  Einstecken ,  Zurückreichen  und  die  Ver- 
stellung der  Walzen  besorgen. 

Wie  schon  bei  den  Arbeitseigenschaften  der  Metalle  hervorgehoben 
wurde,  lassen  sich  verschiedenartige  Metalle  mit  einander  vereinigen, 
wenn  sie  mit  metallisch  reiner  Oberfläche  auf  einander  gepresst  werden. 
Diese  Eigenschaft  findet  Anwendung  bei  der  Anfertigung  plattirter 
Bleche. 

Der  am  häufigsten  in  dieser  Beziehung  vorkommende  Fall  ist  die 
Herstellung  von  Kupferblechen,  welche  mit  Gold  oder  Silber  plattirt 
sind.  Eine  auf  eine  Stärke  von  12  bis  20  Mm.  ausgewalzte  Platte  aus 
dem  reinsten  Kupfer  wird  durch  Schaben  an  der  Oberfläche  vollständig 
gereinigt  und  mit  einer  ebenfalls  vollständig  reinen  Gold-  oder  Silber- 
platte aus  möglichst' feinem  Metalle  belegt,  deren  Ränder  um  die  Ränder 


^)  Zink  wird  nicht  selten  schwach  angewärmt;  da  die  Temperatur  beim 
Walzen  sich  gteigert,  würde  man  bei  zn  starker  vorausgegangener  Erwärmung 
Gefahr  laufen,  dass  eine  Erhitzung  über  jene  Grenze  eintritt,  wo  das  Zink 
seine  Dehnbarkeit  verliert. 


528  Walzwerke. 

der  Knpferplatte  umgeklopft  werden.  Die  mechanische  Reinigung  an  den 
Berührungsflächen  muss,  wenn  Vereinigung  stattfinden  soll,  mit  äusserster 
Sorgfalt  bewirkt,  jede  Berührung  mit  den  Fingern  vermieden  worden  sein. 
Zur  Erleichterung  der  Vereinigung  giebt  man  der  Eupferoberfläche  vor  dem 
Auflegen  der  Gold-  und  Silberplatte  einen  dünnen  Gold-  oder  Silberüberzug 
durch  Bestreichen  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  Goldchlorid,  be- 
ziehentlich Silbemitrat.  Die  beiden  aufeinander  gelegten  Metallplatten 
werden  vorsichtig  zur  Rothgluth  erwärmt  und  dann  die  Oberfläche  an- 
haltend mit  einer  eisernen  Krücke  gerieben,  um  ein  dichtes  Aneinander- 
legen  zu  bewirken.  Wenn  man  sich  durch  Anschlagen  mit  einem  Ham- 
mer an  die  herausgenommene  Platte  überzeugt  hat,  dass  in  solcher 
Weise  alle  hohlen  Stellen  beseitigt  sind,  lässt  man  sie  rasch  mehrere 
Male  durch  das  Walzwerk  unter  jedesmaliger  Näherung  der  Walzen 
hindurchgehen,  wodurch  eine  vollständig  feste  Verbindung  erreicht  wird, 
und  walzt  sie  später  kalt  zu  der  verlangten  Stärke  aus. 

Ebenso  kann  man  Blei  mit  Zinn  plattiren,  indem  man  zwei  gans 
reine  Platten  dieser  Metalle  auf  einander  legt  und  zusammen  in  dem 
Walzwerke  ausstreckt. 


Literatur. 

lieber  sämmtliche  Arten  von  Walzwerken : 

J.  V.  Hauer,  Die  Hüttenwesensmaschinen,  2.  Auflage,  enthält  von  S.  478 
bis  572  für  die  verschiedenen  Arten  und  einzelnen  Theile  der  Walz- 
werke in  klarer  DarsteUungsweise  Beschreibungen  und  Gonstruc- 
tionsregeln,  welche  in  Vorstehendem  mehrfach  benutzt  wurden. 

Abbildungen  ausgeführter  Walzwerke: 

Jordan,  Album  du  cours  de  m6tallurgie,  Taf.  89  bis  103;  Blechwalz- 
werke, Taf.  114  bis  117,  119,  120. 

Zeichnungen  der  „Hütte',  Jahrgang,  1861,  Blatt  18  a  bis  x,  1863, 
Blatt  4  a  bis  d,  1864,  Blatt  3,  1865,  Blatt  2. 

Wiebe,  Skizzenbuch,  Jahrgang  1867,  Heft  2  (Neusilberwalzwerk),  Jahr- 
gang 1868,  Heft  1  (Messingwalzwerk),  Jahrgang  1875,  Heft  5 
(Messingwalzwerk). 

Ueber  Walzenkalibrirung : 

Tunner,  Ueber  die  Walzenkalibrirung  fGbr  die  Eisenfabrikation,  Leipzig 
1867  (nebst  Atlas  von  10  Tafeln). 

Daelen,  Hollenberg  und  Diekmann,  Die  Ealibrirung  der  Eisenwal- 
zen.  Drei  von  dem  Vereine  zur  Beförderung  des  G^werbfleisses  in 
Preussen  gekrönte  Preisschriften;  abgedruckt  in  den  Verhandlungen 
des  genannten  Vereins,  Jahrgang  1869,  und  im  Separatabdrucke 
bei  Nicolai  in  Berlin  in  mehreren  Auflagen  erschienen. 


Literatur.  529 

Abbildungen  ansgefilhrter  Kalibrirnngen  auBserdem  in  den  Zeichnungen 
der  „Hütte^,  Jahrgang  1864,  Blatt  37;  Jahrgang  1862,  Blatt  8, 
a  bis  c;  in  Petzoldt,  Eisenbahnmaterial,  Taf.  6,  7,  8,  9,  10, 
11,  23,  24. 

.     üeber  Vor-  und  Rüokwärtswalzen: 

Oesterreichische  Zeitschrift  fOr  Berg-  und  Hüttenwesen,  Jahrgang  1872, 
S.  49  (Tanner);  Zeitschrift  deutscher  Ingenieure,  Jahrgang  1875, 
Seite  98. 

üeber  Radreifenwalzwerke  und  deren  Anwendung: 

Y.  Rittinger,  Erfahrungen  im  berg-  und  hüttenmännischen  Maschinen- 
wesen,   Jahrgang   1867,    S.  28  (Schmidthammer);  Jahrgang 
1869,  S.  15  (derselbe). 
y.    Eerpelj,    Fortschritte    der    Eisenhüttentechnik,    Jahrgang    1870, 
S.  359  bis  364. 

Ueber  das  Arbeitsverfahren  beim  Walzen  geben  die  Lehrbücher  der 
Eisenhüttenkunde  von  Karsten,  Flachat,  Valerius  u.  A.  meistens 
ausführliche  Beschreibungen;  ebenso  Ansiaux  und  Masion,  Handbuch 
über  die  Fabrikation  des  Puddeleisens  und  Puddelstahls ,  deutsch  von 
Hartmann.  Verfasser  hält  es  jedoch  für  geboten,  auch  hier  wieder 
seine  Ansicht  dahin  auszusprechen,  dass  das  eigentliche  Arbeitsverfah- 
ren sich  niemals  aus  Lehrbüchern,  sondern  nur  durch  eigene  praktische 
Thätigkeit  erlernen  lassen  wird,  und  ho£Pt  daher,  dass  die  oben  gegebene 
allgemeine  Darstellung  desselben  für  das  erste  Yerständniss  der  vor- 
kommenden Arbeiten  genügen  dürfte. 


D.    Ziehbänke* 

Die  formver&adernde  Arbeit,  welche  man  mit  dem  Namen  Ziehen 
bezeichnet,  entsteht,  wenn  ein  stabf5rmig6r  Körper  mit  seinem  einen  etwas 
zugespitzten  Ende  durch  eine  engere  Oeffnnng  als  sein  eigener  Querschnitt 
ist,  hindurchgesteckt  und  nun  durch  eine  an  dem  durchgesteckten  Ende 
angreifende  Zugkraft  in  seiner  ganzen  Länge  durch  jene  Oeffnung  hindurch- 
gezogen wird,  wie  es  Fig.  417  a.  f.  S.  darstellt.  Es  findet  also  auch 
hier  eine  Querschnittsverdünnung  und  eine  entsprechende  Längenaus- 
dehnung statt;  die  Molecüle  verschieben  sich  in  solcher  Weise,  dass  die 
nach  dem  Mittelpunkte  zunächst  liegenden  Theile  den  übrigen  voran- 
eilen, welche  zurückgedrängt  werden,  und  der  Körper  setzt  einer  Tren- 
nung seiner  Theilchen  in  dem  durchgezogenen  Ende  seine  Zerreissungs- 
festigkeit  entgegen.  Aber  auch  ein  Zusammendrücken  innerhalb  der 
verengten  Oefinung  ist  unvermeidlich,  und  vermöge  der  ElasticHät  des 

Iiedebar,  neofaanlaoh-mttallargtMlM  Ttohnologl«.  34 


530  Ziehbänke. 

gezogenen  Körpers  ist  der  Qnerscbnitt  deaaelben,  nachdem  er  die  Zieh* 
Öffhnng  passirt  hat,  stets  ein  wenig  gröseer  als  diese. 

I>ie  Kraft,  welche  erforderlich  ist,  jene  QaerschnitteverdQnnnng  beim 
Ziehen  herrorzabringen ,   wächst  mit 
^'  der  Differenz    der    Qaerscbidtte    Tor 

and  noch  dem  Ziehen;  sie  ist  abhän- 
gig Ton  der  Härte  des  zu  ziehenden 

^       Körpers  (welche  mit  der  Formver&nde- 

rung  Eonimmt),  toh  der  GMchwindig- 
keit  der  Bewegung,    von   der   Form 
and     Beschaffenheit     des     Ziehlochs. 
Ein  schlank  konisches,  trichterförmi- 
ges Looh  wii^  das  Hindnrcbziehen  leichter  machen ,  als  ein  solches ,  bei 
welchem  die  QnerschnittsTerengnng  in  plötzlichem  Uebergange  stattfin- 
det; ein  Loch,  dessen  Innenfläche  glatt  aasgearbeitet  and  mit  Fett  Aber- 
zogen ist,  wird  dem  Hindarchziehen  einen  geringem  Reibnngswiderstand 
entgegensetzen  als  eins  mit  ranhen  Flächen. 

Wenn  jene  Kraft  zam  Hindarchziehen  grösser  als  die  Zerreissongs- 
festigkeit  des  Stabes  in  dem  hindurchgezogenen  Theile  ist,  so  tritt  Zer- 
reissnng  ein.  Hieraus  folgt,  daas  die  Qaerschnittsabnahme  in  einer 
Ziehöffnnng  in  erster  Reihe  von  der  Zerreissangsfestigkeit  des  Metalls, 
in  zweiter  von  der  verfügbaren  Zagkraft  abhängig  sein  mnss,  dass  also 
fOr  erheblichere  Qner Schnitts verkleinemngen  viele  Ziehlöcher  nach  ein- 
ander angewendet  werden  mOsaen,  wie  man  bei  der  Formveräoderang 
durch  Walzen  das  Arbeitsstück  durch  eine  grSssere  Anzahl  Kaliber  hin- 
dnrchgehen  lassen  musste.  Das  lineare  Abnahmeverbältniss  der  Zieh- 
löcher (der  Terdünnongsfactor)  beträgt  durchschnittlich 

bei  Schmiedeeisen 0,90 

„    Stahl 0,95 

,    Messing  und  Kupfer 0,925 

„    Silber 0,85 

d,  h.  der  Durchmesser  jeder  folgenden  Oefinnng  verkleinert  sich  um  so 
viel  ab  die  obige  Zahl  angiebt,  wobei  angenommen  ist,  dass  das  Zie- 
hen —  wie  es  meistens  der  Fall  ist  —  in  der  Kälte  geschiebt. 

Ein  Ziehen  des  erhitzten  Metalls  findet  nur  in  besonderen  Fällen 
statt  (sobmiedeeiseme  Röhren,  welche  beim  Ziehen  geschweisst  werden), 
weil  durch  die  Erhitsang  die  Zerreissungsfeatigkeit  in  beträcbtlicherm 
Maasse  abzanehmen  pfiegt,  als  der  Widerstand,  den  das  Metall  dem 
Ziehen  entgegensetzt. 

Wenn  —  wie  es  annähernd  stets  tlblich  ist  —  das  obige  Abnahme- 
Terbältniss  in  den  Ziehöf&iimgen  auch  bei  fortschreitender  YerdCümung 
das  nämliche  bleibt,  so  folgt;  dass  die  aufzuwendende  Kraft,  sofern  alle 
fibrigen  Terhältniaae  die  nämlichen  bleiben,  immer  gannger  wird.  Denn 
wenn  i.  B.  jenes  AbnahmererhältnisB  0,9  ist,  und  der  Dorchmesser  eines 


Theorie  des  Ziehens.  531 

krdismnden  Stabes  von  6  Mm.  sich  demnach  auf  0,9  X  6  =  5,4  Mm 

verringert,  so  findet  eine  Qnerschnitts^erdünnnng  von  6* 5,4^  —  =  5,37 

4  4 

Qoadratmillimeter  statt;  verringert  sich  aber  der  Durchmesser  eines 
kreisrunden  Stabes  von  nur  2  Mm.  Durchmesser  auf  0,9    X   2  =  1,8 

Millimeter,  so  ist  die  Querschnittsverdünnung  nur  2'  --  —  1,8*  —  =  0,6 

4  4 

Quadratmillimeter,  und  die  erforderlichen  Zugkräfte  würden  sich  dem- 
nach annähernd  wie  5,37  :  0,6  verhalten  können.  - 

Da  nun  aber  die  aufgewendete  Zugkraft  bei  einem  und  demselben 
Ziehwerke  unveränderlich,  ein  wachsendes  Abnahmeverhältniss  der  Zieh- 
löcher ebenfalls  nicht  thunlich  ist,  so  wächst  dementsprechend  die 
Schnelligkeit  des  Hindurchziehens  mit  abnehmendem  Durchmesser  und 
schwankt  nach  dem  Querschnitte  des  Arbeitsstücks  von  0,2  bis  2  M. 
per  Secunde. 

Man  zieht  entweder  volle  Stäbe,  meistens  mit  kreisrundem  Quer- 
schnitte und  nennt  das  Endproduct  Draht;  oder  man  zieht  hohle,  mei- 
stens cylinderformige  Körper  —  Röhren. 

Aus  dem  Vorausgegangenen  folgt,  dass  der  zum  Ziehen  der  Metalle 
dienende  Apparat  als  wichtigsten  Theil  eine  aus  genügend  hartem  Mate- 
riale  gefertigte  Platte  mit  den  Oefinungen  zum  Ziehen  —  Ziehlöchem  — 
enthalten  muss;  diese  Platte  wird  das  Zieheisen  genannt;  dass  ferner 
eine  —  meistens  durch  Elementarkraft  betriebene  —  Vorrichtung  vor- 
handen sein  muss,  um  den  Metallstab  durch  die  Oe&ung  hindurch- 
zufnhren.  Das  Ziehen  wird  stets  in  horizontaler  Bichtung  bewirkt  und 
muss  genau  in  der  Achsenrichtung  des  Ziehloches  erfolgen,  wenn  nicht 
Gefahr  für  das  Abreissen  entstehen  und  ein  einseitiges  Ausschleifen  des 
Loches  die  Folge  sein  soll.  Das  Zieheisen  wie  die  erwähnte  Vorrich- 
tung für  die  Arbeit  des  Ziehens  sind  gemeiniglich  auf  einer  hölzernen 
oder  eisernen  Bank  angebracht,  und  den  InbegrifiP  des  Ganzen  nennt 
man  Ziehbank. 

Nach  der  Art  und  Weise,  wie  der  Zug  auf  das  Metall  ausgeübt 
wird,  unterscheidet  man  Schleppzangen -Ziehbänke  und  Scheiben- 
oder Leier-Ziehbänke. 


Schlepp  Zangen -Ziehbänke. 

In  den  Figuren  418  und  419  (a.f.S.)  ist  eine  Schleppzangen-Ziehbank 
zum  Ziehen  von  Kupfer  und  Messingröhren  in  der  Fabrik  der  Herren 
Florian  Liebelt  u.  Comp,  in  Chemnitz  abgebildet. 

Die  endlose  ISIette  aa  ist  auf  der  einen  Seite  über  das  verzahnte 
Bad  h  geführt,  welches  durch  die  Getriebe  c  und  d  in  Umdrehung  ver- 
setzt wird,  und  somit  auch  der  Kette  ihre  Bewegung  ertheilt;  auf  der 
andern  Seite  ist  die  Kette  einfach  über  das  Bad  ohne  Zähne  e  geführt 
Die  Lagerböcke    fär   die  Wellen  der  beiden  genannten  Bäder  dienen 

34* 


Scbleppzangenziehbänke.  533 

zugleich  zur  Unterstützung  zweier  horizontaler  hölzerner  Balken  //, 
welche  die  eigentliche  Bank  bilden.  Dieselben  sind  jenseits  der  Lager 
des  Rades  e  fortgesetzt  und  endigen  in  einem  dritten  Paar  Lager  auf 
der  rechten  Seite.  An  der  obem  Seite  sind  sie  mit  Flacheisenschienen 
beschlagen  und  auf  den  letzteren  läuft  ein  kleiner  gusseisemer,  yier- 
rädriger  Wagen  g.  Durch  einen  Bolzen  und  Splint  ist  der  Wagen  mit 
der  Zange  i  verbunden,  deren  Maul  sich  schliesst,  sobald  der  Wagen 
nach  links  bewegt  wird,  und  dadurch  einen  Zug  auf  die  Schenkel  der 
Zange  ausübt.  Auf  der  andern  Seite  des  Wagens  befindet  sich,  durch 
ein  Gelenk  mit  demselben  verbunden ,  der  gekrümmte  Finger  A;,  welcher 
die  Verbindung  des  Wagens  mit  der  umlaufenden  Kette  bewirkt,  sobald 
er  über  eins  der  mittleren  Kettenglieder  übergeworfen  wird.  Wenn 
aber  das  Kettenglied,  auf  dem  Rade  h  angelangt,  abwärts  gehende  Be- 
wegungsrichtung annimmt,  löst  sich  der  Finger  in  Folge  dieser  ver- 
änderten Lage  aus  der  Verbindung,  das  Gegengewicht  {  wirft  ihn  sofort 
empor  und  macht  dadurch  den  Wagen  völlig  von  der  Kette  frei,  ein 
Hinabziehen  desselben  verhütend.  Letztere  Gefahr  wird  ausserdem  da- 
durch vermieden,  dass  der  Wagen  im  letzten  Stande  an  eine  Platte  der 
gusseisemen  Schuhe  stösst,  in  welchen  die  Balken  //  lagern.  Der 
Wagen  sammt  der  Zange  kann  nun  leicht  von  Hand  zurückgeführt  und 
am  Anfange  der  Bahn  aufs  Neue  in  die  umlaufende  Kette  eingeklinkt 
werden. 

Unmittelbar  hinter  dem  äussersten  Angriffspunkte  der  Zange  befindet 
sich  das  Zieheisen  nt,  mit  breiter  gusseiserner  Platte  auf  den  Holzbalken 
festgeschraubt,  und  in  dasselbe  hinein  ragt  der  an  einer  schmiede- 
eisernen Stange  befindliche  „Dom*'  n  zur  Begrenzung  der  lichten  Weite 
der  zu  ziehenden  Röhren.  Es  ist  aus  den  Abbildungen  ersichtlich, 
wie  die  Stange  des  Doms  mit  dem  andern  Ende  in  einem  Schlitze  des 
Lagers  o  aufruht,  so  dass  sie  sich,  um  das  zu  ziehende  Rohr  einzubrin- 
gen, nach  rechts  zurückziehen  lasst.  Dieser  ganze  rechts  befindliche 
Theil  der  Bank  ist  natürlich  entbehrlich  und  kann  wegfallen,  wenn  die 
Anwendung  des  Doms  beim  Ziehen  nicht  erforderlich  ist,  also  auch  bei 
allen  Drähten  und  auch  bei  solchen  Röhren,  die  ohne  Dorn  gezogen  wer- 
den (z.  B.  eiserne  Röhren). 

Bei  den  Schleppzangen-Ziehbänken  ist  die  Länge  jedes  Zuges  durch 
die  Länge  der  Bank  bestimmt;  sollen  längere  Gegenstände  gezogen 
werden,  so  muss,  nachdem  das  entsprechende  Stück  durchgezogen  wor- 
den ist,  die  Zange  zurückgeführt,  und  aufs  Neue  an  dem  aus  dem  Zieh- 
loche hervorragenden  Ende  angesetzt  werden.  Dadurch  entsteht  ein 
Zeitverlust  und  auf  den^  gezogenen  Arbeitsstücke  zeigen  sich,  in  den 
bestimmten  Abständen  wiederkehrend,  deutlich  sichtbar  die  Spuren  der 
Zangenbisse. 

Beide  Umstände  vereinigen  sich,  die  Schleppzangen-Ziehbank  zu 
einem  ungeeigneten  Geräthe  zum  Ziehen  dünnerer  Drähte  zu  machen, 
zum  Drahtziehen  ist  sie  nur  dann  in  Anwendung,  wenn  ein  sehr  be- 


534  Ziehbänke. 

tr&ohtlicher  DnraluneBser  des  Arbeitsat&cka  die  Anwendung  der  BOgleicb 
zn  beschreibenden  Scheiben ziehbaok  nicht  gestattet,  bei  welcher  ein  Bie- 
gen detselben  in  Ringfonn  Erforderniss  ist.  Drftbte  mit  solchen  grossen 
Durchmessern  werden  Jedoch  überhaupt  nnr  ansDahmsweise  dorch  Ziehen 
dargestellt  werden.  Ans  demselben  Grunde  ist  aber  die  Scbleppzangen- 
Ziehbank  unentbehrlich  zum  Ziehen  von  RShreD,  deren  L&nge  ohnehin 
eine  sehr  beschränkte  ist,  so  dass  hier  die  Länge  der  Bank  ohne  Schwie- 
rigkeit dem  BedOrMsse  angepasst  werden  kann. 

Scheiben-  oder  LeiereiehbSnke. 

Eine  solche  ist  in  perspectirischer  Ansicht  in  Fig.  420  abgebildet. 
Auf  der  hölzernen  Bank  G  befindet  sich  an  der  einen  Seite  der  Haspel 
Fig.  420. 


oder  Hut  F,  welcher  den  Ring  des  zn  ziehenden  Drahts  trägt,  und  um 
eine  senkrechte,  in  der  Bank  befestigte  eiserne  Achse  sich  dreht  Auf 
der  andern  Seite  der  Bank  ist  die  Leier,  Trommel  oder  Rolle  C  au 
Gnsseuen  befindlich,  gleichfalls  drehbar  und  Ton  der  unterhalb  der 
Bank  gelagerten  Betriebswelle  a  aas  Termittelst  der  Winkelräder  p  und 
q  bewegt,  deren  letzteres  auf  der  Achse  der  Leier  C  befestigt  ist.  Ud> 
geftbr  in  der  Uitte  zwischen  Haspel  und  Leier  steht  der  Ständer  D  mit 
dem  Zieheisen  B,  welches  innerhalb  desselben  verschiebbar  ist,  nm 
noch    Erforderniss    die    BenntzDSg    verschiedener    Löcher    möglich    aa 


SelhstversUlndlich  wird,  wenn  das  eine  Ende  des  Drahts  angespitit, 
dorch  das  Zieheisen  hindorchgeBteckt  und  an  C  befestigt  wird,  der 
ganze  Draht  sich  allmälig  von  F  ah  und  auf  G  aufwickeln,  und  dabei 
eine  entsprechende  Streckung  und  Qaersohnitteverdünnung  erfahren, 
sobald  0  in  Bewegung  versetzt  wird. 

Die  Trommel  C  pflegt  mit  einer  Vorrichtung  versehen  zu  sein ,  um 


sie  leicht  nusBcr  nnd  in  Bewegung  setzen  zn  können,  ohne  dasB  die  Dre- 
hung der  Welle  a,  welche  gewöhnlich  eine  grössere  Anzahl  Trommeln 
j>ig,  421.  ^^  treiben  hat,    dadurch 

beeiaflusst  wird.  Die 
Einrichtung  ist  eine  solche, 
dass  nach  beendigtem 
DnrchgaDge  des  Drahts 
durch  das  Ziehloch  aelbst- 
th&tige  Ausrücknng  er- 
iblgt 

Die  Figuren  421,  422 
und  423   zeigen   eine  der 
für  diesen  Zweck  tlblichen 
Constmctionen  ia  '/ii  <l^r 
wirklichen    Grösse.       Die 
gOBseiseme  Trommel  dreht 
sich   lose    auf  der  senk- 
rechten   Welle,    0.       Un-' 
mittelbar  unter  der  Trom- 
mel ist  die  Scheibe  p  auf 
der  Welle  befestigt,  deren 
Form  im  Grundrisse  sich  ans  Fig.  423  ergiebt.     Die  Trommel  tr&gt  den 
Stift  n  mit  einer  Spiralfeder  versehen,  welche  ihm  das  Bestreben  ertheilt, 
den  höchsten  Stand  wie  in  Fig.  422  einzunehmen.     In  dieser  Stellung 
Fig.  422.  dreht  sich  nur  die  WeUe  0 

mit  der  Scheibe  p  und  die 
Trommel  steht  still.    Drückt 
man    aber    den    erwähnten 
Fig.  *23. 


Stift  mit  Hilfa  des  an  seinem 
obern  Ende  befindlichen 
Enopfo  nach  unten,  so  wird 
das  andere  Ende  desselbeo 
alsbald  von  einer  der  beiden  auf  p  anfgegossenen  Bippen  erfasst  und 
die  ganze  Trommel  eomit  in  Umlauf  veraetit  werden.    Die  Spannung, 


536  Ziehbänke. 

welche  der  durch  das  Ziehloch  hindnrohgehende  Dtraht  gegen  die  Trom- 
mel ansübii  ruft  dabei  eine  so  beträchtliche  Reibung  zwischen  dem  Stifte 
und  der  Rippe  p  herror,  dass  ersterer  in  seiner  Stellang  yerharrt,  auch 
nachdem  die  Hand  den  Knopf  losgelassen  hat;  sobald  aber  das  Ende  des 
Drahts  das  Ziehloch  verlassen  hat,  hört  die  Spannung  anf,  der  Sfcifl 
schnellt  empor  und  die  Trommel  steht  still. 

Zur  Befestigung  des  Drahts  an  der  Trommel  dient  gewöhnlich  eine 
kleine  Zange  oberhalb  des  untern  Randes  derselben,  welche  in  ganz 
ähnlicher  Weise  wie  die  Zange  der  oben  beschriebenen  Schleppsangen- 
Ziehbank  das  Drahtende  erfasst  und  hinter  dch  drein  zieht,  so  lange 
durch  Drehung  der  Trommel  die  zum  Schliessen  der  Zange  erforderliche 
Spannung  erzeugt  wird  (vergl.  Fig.  421). 

Das    Zieheisen. 

« 

Dasselbe  pflegt  für  das  Ziehen  von  Dr&hten  aus  einer  Gnssstahl- 
platte  zu  bestehen,  in  welcher  die  Ziehlöcher  von  yerschiedener  Grösse 
.eingearbeitet  sind.  £s  wurde  schon  erwähnt,  dass  diese  Ziehlöcher  genau 
gearbeitet  und  innen  glatt  sein  müssen,  damit  die  Arbeit  erleichtert 
werde  und  ein  fehlerfreies  Product  entstehen  könne.  Nach  hinten  erwei- 
tem sie  sich  in  schlank  konischer  Form,  in  der  Mitte  befindet  sich  ein 
kurzes  cylindrisches  Stück,  dessen  Durchmessei^  die  erfolgende  Verdün- 
nung bewirkt,  nach  vom  findet  wieder  eine  kürzere  Erweiterung  statt, 
um  das  Austreten  zu  erleichtern  (vergl.  Fig.  417).  Die  vordere  Oeffiiung 
heisst  das  Auge  des  Zieheisens.  Die  Stärke  des  Zieheisens  betragt 
nach  dem  Durchmesser  der  Drahtsorten  4  bis  25  Mm.;  ein  einziges 
Zieheisen  enthält  oft  bis  100  Löcher. 

Für  sehr  feine  Drähte  aus  (xold  und  Silber  benutzt  man  bisweilen 
statt  des  Zieheisens  eine  Messingplatte,  in  welche  ein  entsprechend  durch- 
lochter  Rubin  oder  Saphir  eingelassen  ist,  und  nennt  diese  Vorrichtung 
Steinloch.  Solche  Steinlöcher  sind  dauerhafter  als  die  aus  Gueastahl 
gefertigten  Zieheisen. 

Beim  Ziehen  von  Röhren  auf  der  Schleppzangen-Ziehbank,  insbeson- 
dere, wenn  mit  dem  Ziehen  ein  Schweissen  verbunden  ist,  es  also  darauf 
ankommt,  rasch  die  Löcher  zu  wechseln,  benutzt  man  statt  des  Zieh- 
eisens mit  vielen  Löchern  ein  solches  mit  nur  einem  Loche,  welches  mit 
einem  konischen,  leicht  auszuwechselnden  Einsatzstücke  versehen  ist,  so 
dass  nach  jedem  Durchgänge  rasch  ein  anderes  Einsatzstück  ein- 
gesteckt werden  kann.  Diese  Einsatzstücke  sind  aus  Gusseisen  oder 
Stahl  gefertigt  und  werden  Ziehtuten  (Ziehdüten)  genannt. 

Arbeitsverfahren    und    Arbeitsaufwand. 

Für  das  Ziehen  von  Drähten  benutzt  man  Stäbe,  welche  durch 
einen  vorbereitenden  Process  schon  zu  einem  möglichst  geringen  Quer- 


Arbeitsrerfahren.  537 

Bchnitte  aiugearbeitet  worden  sind.  Das  Material  för  Eisen-  und  Stahl- 
draht ist  der  sogenannte  Walsdraht,  d.  h.  Rondeisen  von  4  bis  10  Mm. 
Durchmesser,  welches  im  Schnellwalzwerke  —  seiner  Bestimmung  nach 
auch  wohl  Drahtwakwerk  genannt  —  gefertigt  wird. 

Ffkr  Drtiite  ans  allen  übrigen  Metallen  werden  ans  Blechen  Strei* 
fen  geschnitten,  deren  ursprünglich  quadratischer  Querschnitt  im  Zieh- 
eisen in  den  runden  umgewandelt  wird;  seltener  schmiedet  man  unter 
dem  Hammer  Kundstäbe  (beim  Kupfer),  oder  walzt  sie  in  Rundkalibem 
(beim  Golde  und  Silber),  in  welchen  Fällen  das  Metall  ursprünglich 
schon  in  cylindrische  Form  gegossen  wurde.  Die  gegossenen  Rundstäbe 
ohne  Weiteres  auszuziehen  ist  eine  Methode,  welche  nur  für  die  aller- 
dicksten  Drahtsorten  geeignet  sein  dürfte. 

Je  rascher  die  Metalle  durch  das  Ziehen  an  Härte  zunehmen,  desto 
öfter  müssen  sie  geglüht  werden,  wozu  man  Gefässöfen  zu  be- 
nutzen pflegt. 

Nach  dem  Glühen  ist  eine  Reinigung  von  Glühspan  erforderlich, 
bevor  das  Ziehen  wieder  beginnen  kann;  Eisen  und  Stahl  reinigt  man 
durch  Beizen  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  darauf  folgendes  Scheuem 
unter  Wasserzufluss  auf  dem  sogenannten  Polterwerke,  welches  aus 
einem  ähnlich  wie  ein  Schwanzhammer  wirkenden,  doppelarmigen,  stoss- 
weise  bewegten  Hebel  besteht,  an  dessen  längerm  Arme  die  Drahtringe 
aufgehängt  sind ,  um  durch  die  Erschütterung  beim  Aufschlagen  auf  eine 
feste  Unterlage  ihren  durch  das  Beizen  schon  gelockerten  Glühspan 
fahren  zu  lassen.  Dann  kommen  die  Drähte  in  eine  verdünnte  saure  Lo- 
sung von  Kupfervitriol,  in  welcher  sie  einen  schwachen  Kupfeniberzug 
annehmen,  aus  dieser  in  Kalkwaiser  zur  Entfernung  der  Säure,  und  sind 
nun,  nachdem  sie  getrocknet  sind,  zum  weitem  Ziehen  bereit. 

Kupfer  bedarf  gewöhnlich  keines  Glühens  während  des  Ziehens; 
Messing  wird  nach  dem  Ziehen  geglüht,  und  entweder  als  weicher 
„schwarzer  Draht"  in  den  Handel  gebracht,  oder  mit  Schwefelsäure  ab- 
gebeizt, dann  mit  einer  Auflösung  von  Weinstein  gekocht,  und  noch- 
mals durch  ein  Zieheisen  gezogen,  um  Glanz  zu  erhalten. 

Gold-  und  Silberdräthe  bedürfen  um  so  weniger  des  Glühens,  je 
reiner  das  Metall  von  fremden  Metallen  und  Beimengungen  ist. 

Aehnlich  wie  man  plattirte  Bleche  anfertigt,  stellt  man  auch 
Kupferdrähte,  welche  mit  Gold  oder  Silber  plattirt  sind,  dar,  indem  man 
die  sorgfältig  gereinigte  Kupferstange  mit  dünn  geschlagenen  Gold-  oder 
Silberblättem  belegt,  diese  durch  Umwickeln  mit  schmalem  Bande  be- 
festigt, erwärmt  (wobei  das  Band  wegbrennt),  mit  einem  Blutsteine  an- 
reibt und  dann  nach  dem  Erkalten  zusammen  auszieht. 

Der  Arbeitsverbrauch  beim  Ziehen  von  Drähten  wird  im  Allgemei- 
nen um  so  geringer  ausfallen,  je  geringer  der  Durchmesser  des  Drahts 
ist.  Es  folgt  dieses  aus  dem  schon  früher  mitgetheilten  Umstände,  dass 
das  Abnahmeverhältniss  der  Durchmesser  der  Ziehlöcher  annähernd 
gleich  bleibt,  demnach  die  Abnahme  des  totalen  Querschnitts  um  so  un- 


538  Ziehbänke. 

bedeutender  ansfillli,  je  kleiner  der  Durohmesser  wird.  Es  kommt  hinzu, 
dass  mit  Yerringerang  des  Durchmessers  auch  die  Beibung  im  Ziehloche 
abnimmt,  und  die  mit  abnehmender  Stärke  des  Drahts  zunehmende  Ge- 
schwindigkeit beim  Ziehen  reicht  nicht  immer  aus,  diesen  überschüssig 
werdenden  Arbeitsverbrauch  zu  decken. 

Karmarsch  giebt  an,  dass,  um  per  Secunde  1,5  M.  Eisendraht  Yon 
1  Mm.  Durchmesser  zu  ziehen,  iVe  Pferdestarken,  um  dagegen  in  der- 
selben Zeit  0,2  M.  Draht  von  8  Mm.  Durchmesser  zu  ziehen ,  7  Pferde- 
stärken erforderlich  seien,  und  dass  der  Arbeitsverbrauch  zum  Ziehen  yon 
Eupferdraht  etwa  das  Vs  fftche ,  zum  Ziehen  von  Messingdraht  das  Vs" 
fache  des  zum  Ziehen  von  Eisendraht  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen 
erforderlichen  Arbeitsverbrauchs  betrüge. 

Es  würde  demnach,  um  in  derselben  Zeit  die  gleiche  Menge  Draht 
von  8  Mm.  wie  von  1  Mm.  Durchmesser  zu  ziehen,  ungefähr  der  50- 
fache  Arbeitsaufwand  für  erstem  als  fOr  letztern  erforderlich  sein,  und 
es  entspricht  dieses  Verhältniss  annähernd  dem  Unterschiede  in  dem 
Maasse  der  stattfindenden  Querschnittsverdünnung  bei  beiden  Draht- 
Borten. 

Zum  Ziehen  von  Hohlkörpern  (Bohren)  benutzt  man  dicke,  hohle 
Cylinder  des  betreffenden  Metalls,  welche  entweder  durch  Griessen  (beim 
Kupfer,  Blei,  Zinn,  Messing)  oder  durch  Zusammenbiegen  eines  flachen 
Streifens  und  Verbinden  der  Fuge  durch  Schweissen  (beim  Eisen)  oder 
Löthen  (beim  Kupfer  und  Messing)  hergestellt  worden  waren,  oder  man 
fertigt  den  rohen  Cylinder  durch  Pressen  einer  cylindrisohen  Scheibe  in 
einer  Beihe  von  Gesenken,  welche  deren  Band  allmälig  aufbiegen  und 
sie  in  Bührenform  verwandeln  (beim  Kupfer,  vergl.  Seite  479). 

Bei  dem  Ziehen  der  Bohren  wird  ebensowohl  die  Wandstärke  als 
der  innere  Durchmesser  verringert.  Wird  eine  Verkleinerung  des  Durch- 
messers nicht  beabsichtigt,  so  steckt  man  in  die  Oefihung  einen  eisernen 
glatt  abgedrehten  Stab  (Ziehen  über  den  Dorn).  Näheres  hierüber  siehe 
im  letzten  Abschnitte  unter  Anfertigung  der  Bohren. 


Literatur  über  Ziehen  der  Metalle. 

Karmarsch-'Hartig,    Mechanische   Technologie,    5.  Auflage,  S.   191 

bis  220. 
Hoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  167  £P. 
Karsten,  Eisenhü^nkunde,  Bd.  IV,  S.  360. 
Polytechnisches  Centralblatt,  Jahrgang  1874,  S.  1047  (Anfertigung  von 

fagonnirtem  Drahte). 


539 


Büokblioke. 


In  YorBtehendem  wurde  gezeigt,  wie  man  mit  verscliiedenartigen 
Hilfsmitteln  einem  dehnbaren  Metalle  eine  bestimmte  Form  ertheilen 
kann;  und  zwar  lässt  sich  frir  denselben  Zweck  nicht  selten  jeder  der 
besprochenen  formgebenden  Apparate  mit  gleich  gutem  Erfolge  verwen- 
den, sofern  man  die  verschiedenen  Kosten  der  Herstellung  ausser  Acht 
lässt.  Letztere  aber  bilden  den  empfindlichsten  Prüfstein  für  die  Zweck- 
mässigkeit eines  Arbeitsverfahrens,  und  werden  daher  meistens  ent- 
scheiden müssen,  welche  der  beschriebenen  Methoden  die  geeigne- 
tere seL 

Zieht  man  zuvörderst  den  erforderlichen  Arbeitsaufwand  bei  den 
vier  besprochenen  Gattungen  formgebender  Apparate  in  Betracht,  welche 
Bämmtlich  die  Aufgabe  erfüllen,  Querschnittsveränderungen  ungeschmol- 
zener Metalle  hervorzurufen,  so  dürfte  die .  nämliche  Form  Veränderung 
den  grössten  Arbeitsaufwand  durch  Ziehen  verursachen,  theils  wegen  der 
Beibung  im  Ziehloche,  theils  wegen  des  Umstandes,  dass  das  Ziehen  fast 
immer  kalt  geschehen  muss,  um  nicht  die  Zerreissungsfestigkeit  des 
Metalls  zu  schwächen;  hieran  reiht  sich  das  Hämmern,  dann  das  Wal- 
zen, den  geringsten  relativen  Arbeitsaufwand  wird  das  Pressen  er- 
fordern ^). 

Wenn  es  sich  um  Herstellung  einfacher  gestreckter  Formen  von 
unbegrenzter  Länge  und  gleichbleibendem  Querschnitte  (Stäbe  und 
Bleche)  handelt,  liefert  das  Walzwerk  in  der  Zeiteinheit  die  grösste 
Production,  eine  geringere  der  Hammer,  die  unbedeutendste  das  Zieh- 
werk. Ist  die  Form  ringsum  abgeschlossen,  insbesondere  also  die  Länge 
begrenzt  und  der  Breite  und  Stärke  gegenüber  nicht  sehr  beträchtlich, 
so  verliert  die  Anwendung  des  Walzwerks  an  Zweckmässigkeit,  das 
Ziehwerk  wird  überhaupt  unbenutzbar,  sobald  der  Querschnitt  des  Fa- 
brikats an  verschiedenen  Stellen  ein  verschiedener  sein  soll;  für  ein- 
fachere Formen  tritt  der  Hammer,  für  weniger  einfache  die  Presse  in 
den  Vordergrund.  Zieht  man  endlich  die  Kosten  der  Anschaffung,  den 
erforderlichen  Platz  für  die  Aufstellung  und  Bedienung  der  vier  Appa- 
rate in  Betracht,  so  zeichnet  sich  vor  allen  der  Handhammer  und  Am- 
bos  durch  Einfachheit  aus  und  eignet  sich  trotz  dieser  Einfachheit  zur 
Anfertigung  mannigfach  gegliederter,  in  ihrer  Grösse  aber  immerhin 
durch  das  Maass  der  aufzuwendenden  menschlichen  Kraft  beschränkter 
Formen;  hieran  reihen  sich  die  verschiedenen  Maschinenhämmer  bis  zu 
den  grossen  Dampfhämmern,  deren  Anlagekosten  durch  die  nothwendig 
werdende  kostspielige  Chabotte  und  Fundamentirung  für  grössere  Lei- 
stungen sich  in  zunehmendem  Maasse  steigern;  Pressen  erfordern,  um 


i)yergL  Fr.  Kick,  Ueber  die  Beziehungen  von  Stoss  und  Druck,  Dingler 
Journal,  Band  216,  Seite  378. 


540  Rückblicke. 

bestimmte  Formen  heryorsabringeo,  starke  Gesenke,  welche  bei  Hämmern 
wenigstens  nicht  in  der  gleichen  Zahl  nnd  Stärke  vorhanden  zn  sein 
brauchen;  nnd  Walzwerke  beanspruchen  einestheüs  in  ihrer  Längen- 
ausdehnung den  grossten  Raum,  und  andemtheils  ein  erhebliches  Inven- 
tar kostspieliger  Walzen,  wenn  es  sich  um  Herstellung  verschiedener 
Formen  handelt. 

Aus  diesen  Erwägungen  folgt  aber,  dass  man  Ziehwerke,  welche 
hinsichtlich  ihrer  Leistung  in  fast  jeder  Beziehung  den  übrigen  Appa- 
raten nachstehen,  nur  da  anwenden  wird,  wo  die  Eigenthümlichkeiten 
der  letzteren  ihre  Benutzung  ausschliessen,  also  bei  Anfertigung  von  Kör- 
pern mit  gleichbleibenden  dünnen  Querschnitten,  die  in  der  erforder- 
lichen Gleichmässigkeit  und  Vollendung,  wie  sie  das  Ziehwerk  liefert, 
nur  in  dieser  Weise  herzustellen  sind  —  Drähte  und  Röhren; 

dass  man  Hämmer  überall  da  am  zweckmässigsten  anwenden  wird, 
wo  täglich  verschiedenartige  Gegenstände  in  einfachen  und  weniger 
einfachen  Formen  hergestellt  werden  sollen;  in  der  Werkstatt  des  Elein- 
schmieds,  in  Maschinenfabriken,  in  Eisenwerken,  in  Kupferschmie- 
den u.  s.  £; 

dass  Pressen  vorzugsweise  da  am  Platze  sein  werden,  wo  grössere 
Mengen  gleicher  Gegenstände  von  gegliedeter  Form  gefertigt  werden 
sollen,  welche  sich  unter  dem  Hammer  nur  durch  eine  längere  fort- 
gesetzte Bearbeitung  hervorrufen  lässt; 

dass  endlich  Walzwerke  wegen  ihrer  raschem  Production  trotz 
ihrer  hohen  Anlagekosten  in  allen  dei^'enigen  Fällen  die  am  billigsten 
und  am  genauesten  arbeitenden  Apparate  sein  Werden,  wo  es  sich  darum 
handelt,  grosse  Mengen  Metall  zu  stabformigen  Körpern  von  bestimmter 
Querschnittsform  oder  zu  Blechen  zu  verarbeiten,  und  dass  sie  selbst  f&r 
Anfertigung  weniger  einfacher,  flacher  Gegenstände  (keilartige,  periodische 
und  unterbrochene  Formen,  vergl.  S.  494)  sehr  geeignet  sind,  wenn  nur 
die  Bedingung  einer  grossen  Production  erfCQlt  wird. 


4.    Einiges  über  die  Anlage  der  Werkstätten  zum 
Schmieden,  Walzen,  Pressen,  Ziehen. 

Bei  den  erheblichen  Yerachiedenheiien ,  welche  die  Apparate  und 
Yerfahmngsweisen  der  in  der  Uebenchrift  genannten  Arbeiten  dar- 
bieten, lassen  sich  nur  wenige  allgemeine  Regeln  für  die  Anlage  der 
Werkstätten  daftUr  anfistellen. 

Wo  ffir  die  Arbeit  der  Formgebung  mehrere  Apparate  gemein- 
schaftlich in  Anwendung  kommen  müssen,  z.  B.  Oefen  zum  Vorwärmen 
oder  Ansglühen  neben  dem  eigentlichen  ibrmgebenden  Apparate,  wird 
man  Sorge  tragen,  dieselben  so  zu  vertheilen,  dass  der  Transport  von 
dem  einen  zum  andern  nicht  nnnöthig  erschwert  wird. 

Für  die  Anordnung  einer  grossem  Anzahl  Schmiedefeuer  in  einer 
Werkstatt  giebt  es  zwei  Systeme.  Bei  dem  einen  legt  man  die  Schmiede- 
feuer entweder  einzeln,  oder  häufiger  je  zwei  und  zwei  unter  einer 
Esse  und  in  einem  Herde  vereinigt,  an  die  Wände  des  Gebäudes.  Hat 
dasselbe  einen  oblongen  Grundriss,  so  pflegen  die  Feuer  an  der  einen 
langen  Wand,  dem  Haupteingange  gegenüber,  zu  liegen;  bei  quadra- 
tischer Form  des  Gebäudes  sind  auch  wohl  an  drei  Seiten  Feuer  an- 
geordnet, während  die  vierte  gewöhnlich  frei  bleibt,  und  zur  Aufstellung 
von  Geräthen  etc.  benutzt  wird.  In  sehr  grossen  und  weiten  Schmiede- 
werkstätten legt  man  die  Feuer  auch  wohl  an  beide  Langseiten  und 
lässt  die  Giebelseiten  frei. 

Zwischen  je  zwei  Herden  muss  ein  Zwischenraum  von  2,5  bis  3  M« 
frei  bleiben ,  um  dem  Schmiede  Raum  zur  Bewegung  zu  lassen ;  in  den 
nach  aussen  gerichteten  Wänden  des  Gebäudes  bringt  man  zweckmässig 
in  diesen  Zwischenräumen  je  ein  Fenster  an,  um  das  erforderliche  Licht 
herein  zu  lassen. 

Bei  dem  zweiten  Systeme  der  Anordnung  stellt  man  die  Schmiede- 
feuer in  der  Mitte  des  Gebäudes  auf,  entweder  zu  zwei  und  zwei  mit 
gemeinschaftlicher  Esse  und  sämmtliche  Herde  in  eben  solchen  Abstän- 
den von  einander,  wie  bei  der  erstbeschriebenen  Yertheilung,  in  einer 
geraden  Linie  angeordnet,  welche  das  Gebäude  in  zwei  HiÜften  theilt 
und  wobei  dieses  oblonge  Grundform  erhält,  oder  auch  wohl  eine 
grössere  Anzahl  Feuer  (4  bis  6)  um  eine  gemeinschaftliche  Esse  grup- 


542  Anlage  der  Werkstätten. 

pirt.  Durch  letztere  Einrichtimg  spart  man  an  Essen,  die  Feuer  sind  aber 
weniger  zugänglich  und  aus  diesem  Grunde  ist  eine  solche  Anordnung 
nur  da  anwendbar,  wo  lediglich  kleine  Gegenstände  zur  Verarbeitung 
gelangen. 

Bei  der  Verlegung  der  Schmiedefeuer  in  die  Mitte  des  Gebäudes 
bleiben  die  Wände  frei,  und  können  zur  Aufteilung  anderer  Apparate 
und  Geräthe  benutzt  werden.  Dieser  umstand  kann  in  solchen  Fällen  den 
Ausschlag  für  dieses  System  geben,  wo  die  Wände  zur  Anbringung  von 
Aufbewahrungsbehältem  für  Materialeisen  oder  zur  Befestigung  von 
Wellenlagem  einer  Transmission  dienen  sollen,  Ton  welcher  auB  Häm- 
mer oder  Maschinen  zum  Zertheilen  (Scheeren,  Durchstossmascbinen 
u.  a.)  betrieben  werden  sollen;  doch  wird  immerhin  die  freie  Bewegung 
innerhalb  der  Schmiede  durch  letzteres  System  erschwert,  und  es  dürfte 
auch  in  dem  letzterwähnten  Faüe  meistens  vorzuziehen  sein,  die  Feuer 
an  eine  lange  Wand  und  die  Transmission  an  die  gegenüberliegende 
zu  verlegen. 

Beim  Schmieden  mit  Handhämmem  erhält  jedes  Feuer  seinen  eige- 
nen Ambos,  welcher  in  unmittelbarer  Nähe  desselben  aufgestellt  wird. 
Auch  dann,  wenn  Maschinenhämmer  zur  Verwendung  stehen,  ist  ein 
Schmiedeambos  f&r  jedes  oder  für  je  zwei  Feuer  nicht  wohl  entbehrlich, 
um  kleine  Arbeiten  darauf  auszufOhren ,  für  welche  der  Maschinenham- 
mer weniger  geeignet  ist. 

Ein  einziger  Maschinenhammer  pflegt  für  drei  bis  sechs  Schmiede- 
feuer auszureichen.  Die  Anordnung  der  Transmissionshämmer  ist  häufig 
durch  die  erforderliche  schon  erwähnte  Anbringung  der  Transmissions- 
weUe  an  einer  der  Seitenwände  bedingt,  wodurch  eine  derartige  (xruppi- 
rung  entsteht,  dass  die  Hämmer  auf  der  einen  Seite  des  Gebäudes,  die 
Feuer  an  der  gegenüberliegenden  aufgestellt  sind;  bei  Dampf hänunem 
lässt  sich  die  Dampfleitung  eher  als  eine  Transmissionswelle  der  geeignet- 
sten Stellung  des  Hammers  anbequemen,  und  es  ist  deshalb  Kegel,  die 
Dampfhämmer  frei  und  von  allen  Seiten  zugänglich  in  der  liGttellinie 
des  Gebäudes,  und,  falls  mehrere  vorhanden  sind,  sie  parallel  den  Lang- 
seiten des  Gebäudes  aufzustellen.  Die  Schmiedefeuer  werden  alsdann  an 
den  Wänden  nach  dem  erstbeschriebenen  Systeme  gruppirt. 

Der  freibleibende  Raum  zwischen  dem  Schmiedeherde  und  dem 
Hammer  beziehentlich  dem  zunächst  gelegenen  Apparate  oder  der 
gegenüberliegenden  Wand  muss  mindestens  4  M.  betragen;  an  totaler 
Grundfläche  der  Schmiede  rechnet  pro  Feuer  man  bei  alleiniger  Anwen- 
dung von  Handhämmem  oder  kleinen  Maschinenhämmern  15  bis  25  Qua- 
dratmeter (verschieden  nach  der  Länge  der  zu  schmiedenden  Gegenstände), 
bei  Anwendung  von  Dampfhämmern  25  bis  30  Quadratmeter  ^). 

Bei  der  Anordnung  von  Schweissöfen  (beziehentUcK  Glühöfen)  in  den 
Gebäude  sind  ganz  ähnliche  Rücksichten  als  für  Schmiedefeuer  maassgebend. 


^)  Yergl.  Wiebe,  Maschinenbaamaterialien,  S.  413. 


Walzhütten.  543 

Da  ein  Schweissofen  stets  grössere  maschinelle  Apparate  —  Dampfhämmer, 
Pressen  oder  Walzwerke  —  zu  bedienen  hat,  so  empfiehlt  sich  die  Ver- 
legung der  Oefen  in  die  Mitte  des  Gebäudes  noch  weniger  als  bei 
Schmiedefeuem  und  ist  nur  dann  zu  rechtfertigen,  wenn  die  durch  eine 
solche  Anordnung  enstehenden  zwei  H&lften  des  Gebäudes  vollständig 
unabhängig  von  einander  und  eine  jede  mit  ihren  eigenen  formgebenden 
Maschinen  versehen  ist  In  weniger  grossen  Baulichkeiten  wird  man  die 
Oefen  an  die  eine  Seite  des  Gebäudes  verlegen  und  den  übrigen  Raum  für 
die  Aufstellung  der  Maschinen  benutzen.  Dadurch  wird  ebensowohl  die  Zu- 
gänglichkeit und  Bedienung  der  letzteren  als  die  Zufuhr  des  Brennmaterials 
von  aussen  her  nach  den  Oefen  erleichtert,  bei  Gasfeuerungen  die  Länge 
der  Gascanäle  verkürzt,  die  Reparaturen  und  das  Reinigen  derselben 
erleichtert.  Bei  einer  solchen  Anordnung  lassen  sich  die  Oefen  ent- 
weder mit  gemeinschaftlicher  Achsenrichtung  in  gerader  Linie  parallel 
der  Gebäudewand  aufstellen,  so  dass  ihre  Arbeitsseiten  dem  Innern  des 
Gebäudes  zugewendet  sind,  oder  man  kann  je  zwei  und  zwei  mit  dem 
Rücken  aneinander  und  mit  ihrer  Achsenrichtung  normal  gegen  die 
Richtung  des  Gebäudes  gekehrt  aufstellen.  In  diesem  Falle  werden  also 
bei  Anlage  von  mehr  als  einem  Paar  Oefen  je  zwei  und  zwei  derselben 
ihre  Arbeitsseiten  einander  zukehren,  und  es  muss  zwischen  ihnen  ein 
entsprechend  grosser  Zwischenraum  bleiben  (4  bis  5  M.),  um  eine  gegen- 
seitige Behinderung  der  an  den  Oefen  beschäftigten  Arbeiter  zu  ver- 
meiden. Die  Form  der  Grundfläche  des  Gebäudes  wird  meistens  ent- 
scheiden, welche  Anordnung  vorzuziehen  sei. 

Die  Maschinen  für  die  Formgebung  stellt  man  nun,  wo  es  angeht, 
in  eine  gerade  Linie  parallel  der  Reihe  der  Schweissofen  auf,  wobei  ein 
Abstand  von  mindestens  5  M.  zwischen  Oefen  und  Maschinen  bleiben  muss. 
Walz-  und  Hammerwerke,  welche  zum  Schweissen  von  Packeten  benutzt 
werden,  erfordern  in  Rücksicht  auf  das  dabei  stattfindende  Ümherschleu- 
dem  glühender  Schlackentheilchen  einen  grossem  Abstand,  als  Pressen; 
Walzwerke  für  lange,  dünne  Gegenstände  einen  grossem,  als  solche  für 
kürzere  Stücke  (Bleche). 

Legt  man  mehr  als  eine  Walzstrecke  an,  so  reicht  gewöhnlich  die  Länge 
des  Gebäudes  nicht  aus,  sie  in  einer  gemeinschaftlichen  geraden  Linie 
aufzustellen,  und  man  ordnet  sie  in  entsprechenden  Abständen  hinter 
einander  meistens  derartig  an,  dass  ihre  Achsen  rechtwinklig  gegen  die 
Linie  der  Schweissofen  gerichtet  sind  und  somit  ein  jedes  Walzwerk 
gleich  weit  von  den  Oefen  entfernt  bleibt. 

Ein  Walzwerk  mit  3  bis  4  Walzgerüsten  pflegt  zur  Verarbeitung 
der  Lieferung  von  2  bis  3  Schweissofen  auszureichen,  denen  als  Reserve 
ein  dritter  oder  vierter  beigegeben  zu  werden  pflegt;  Walzwerke  für 
dünnere  Eisensorten  (Feineisen-  und  Sohnellwalzwerke)  besitzen  eine  ge- 
ringere Production  und  es  genügt  für  ein  Walzwerk  mit  5  bis  7  Walz- 
gerüsten die  Anlage  von  zwei  Schweissofen. 


544  Anlage  der  Werkstatten. 

Für  Blechwalzwerke  pflegt  man  höchstenB  swei  Schweissöfen  (Glfih- 
öfen  för  Kupfer  etc.)  pro  Walzwerk  anzulegen,  zu  denen  bei  Walz- 
werken lEUr  feine  Eisenbleche  noch  ein  Glühofen  zum  Ausglühen  hin- 
zutritt ^). 

Eine  wichtige  Frage  bei  Anwendung  von  Schweiss-  und  Glühofen 
bleibt  die  Ausnutzung  der  abziehenden  Wärme,  und  in  allen  Fällen,  wo 
dieselbe  bei  directer  Feuerung  der  Oefen  nicht  wie  bei  modernen  Gas- 
feuerungen wieder  zurfickgefUirt  werden  kann  (vergLS.  380),  wird  man 
sie,  vorausgesetzt,  dass  Dampf  als  Betriebskraft  für  die  formgebenden 
Maschinen  dient,  zur  Heizung  der  Dampfkessel  benutzen,  indem  man  sie 
zunächst  unter  dieselben  und  erst  dann  nach  der  £2sse  führt. 

Unzweckmässig  ist  es,  wie  man  es  in  älteren  Werken  bisweilen  findet, 
die  Kessel  auf  die  Oefen  zu  legen,  wodurch  die  Reparaturen  häufiger  und 
schwieriger  ausführbar  werden.  l)agegen  pflegt  man  die  Gase  von  zwei, 
bisweilen  auch  von  drei  oder  vier  Oefen  einem  gemeinschaftlichen  Keeael 
zuzuführen.  Hierbei  erweist  sich  jene  oben  beschriebene  Anordnung 
der  Oefen  mit  parallelen,  normal  gegen  die  Gebäudewand  gerichteten 
Achsen  als  zweckmässig,  bei  welcher  es  leicht  ist,  die  Gase  der  neben 
einander  liegenden  Oefen  in  einem  gemeinschaftlichen  Ganale  zu  ver* 
einigen  und  dem  ausserhalb  des  Gebäudes  in  einem  beeondem 
Kesselhause  befindlichen  Kessel  zuzuführen.  Liegen  die  Oefen  dagegen 
in  einer  geraden  Linie  paraUel  der  Gebäudewand,  so  pflegt  man  den 
Kessel  zwischen  je  zwei  Oefen  innerhalb  des  Gebäudes  anzulegen. 

In  allen  Fällen  reicht  eine  einzige  grosse  Esse  für  die  Gase  einer 
grossem  Anzahl  Oefen  aus,  die  ihr  Ton  den  Dampfkesseln  aus  durch 
Gan&le  zugeführt  werden. 

Man  benutzt  stehende  (senkrechte)  und  liegende  Dampfkessel. 
Erstere  haben  den  Yortheil  der  geringsten  Platzbeengung,  besitzen  eine 
günstige  Leistung  hinsichtlich  der  Yerdampfungsfähigkeit,  lassen  sich 
aber  schwieriger  als  die  liegenden  bedienen,  und  erfordern  meistens 
die  Anlage  einer  hochgelegenen  Bühne  für  den  Aufenthalt  des  Kessel- 
wärters. 

Nach  Kupelwieser^s  Ermittelungen  beträgt  die  Heizfläche  der  durch 

die  abziehenden  Gase  geheizten  Dampfkessel  durchschnittlich: 

bei 

liegenden  stehenden 

Kesseln. 

pro  Quadratmeter  Rostfläche 16     Qm.         19,8    Qm. 

„    geleisteter  Pferdekraft  der  Dampfimaschine  .     1,86    „  1,66    „ 

Je  mehr  Wärme  und  Rauch  durch  Yorhandene  Oefen  in  dem  Ar- 
beitslocale  entwickelt  wird,  desto  grösser  muss  die  Höhe  des  Gebäudes 
bemessen  sein,  und  desto  mehr  Sorgfalt  muss  auf  ausreichende  Yenti- 
lation    verwendet   werden.     Für  Walzwerksgebäude    mit   Schweissöfen 


^)  Ueber  die  quantitative  Leistung  der  Schweissöfen  vergl.  8.  365. 


Drahtziehereien.  545 

rechnet  man  als  zweckmässige  Höhe  der  Umfassüngswände  6  M.  (ohne 
das  Dach);  um  den  Gasen  und  Dämpfen  Abzug  zu  schaffen,  giebt  man 
dem  Dache  eine  Laterne  (Reiter).  Die  Umfassungsmauer  lässt  man 
zweckmässiger  Weise  mindestens  an  einer  Seite  aus  einer  Reihe  von 
Mauerpfeilem  in  Abständen  von  2,5  bis  3  Metern  bestehen,  welche  durch 
Bögen  verbunden  sind;  die  dadurch  entstehenden  Zwischenräume  bleiben 
im  Sommer  offen,  um  der  freien  Luft  möglichsten  Durchzug  zu  ge- 
statten, und  lassen  sich  während  der  rauhen  Jahreszeit  durch  ein- 
gesetzte Bretterwände  leicht  schliessen. 

In  den  Röhrenziehereien  pflegt  man  die  Glüh- beziehentlich  Schweiss- 
öfen  in  die  Nähe  der  Ziehbänke  zu  legen,  welche  parallel  neben  einander 
aufgestellt  werden,  um  von  einer  gemeinschaftlichen  Welle  aus  betrie- 
ben werden  zu  können. 

Die  Leierwerke  der  Drahtziehereien  dagegen  befinden  sich  in  einer 
oder  mehreren  Reihen  auf  entsprechend  vielen  und  langen  Tafeln  an- 
geordnet, unterhalb  welcher  die  Transmissionswellen  gelagert  sind;  und 
zwar  pflegt  man  in  Rücksicht  auf  die  erheblich  abweichende  Geschwin- 
digkeit, mit  welcher  grobe  und  feine  Drähte  gezogen  werden,  mindestens 
zwei  Reihen  Ziehbänke  anzuordnen,  deren  Betriebswellen  von  der  ge- 
meinschaftlichen Betriebsmaschine  aus  mit  entsprechend  verschiedenen 
Umlaufsgeschwindigkeiten  bewegt  werden.  Da  die  Uebertragung  der 
Bewegung  von  der  Betriebswelle  auf  die  Spindeln  der  einzelnen  Leiern 
durch  Winkelräder  zu  geschehen  pflegt  (vergl.  Fig.  420),  so  ist  man  in 
der  Lage,  durch  ein  verschiedenes  Umsetzungsverhältniss  bei  diesen 
Winkelrädem  auch  einzelne  Leiern  rascher,  andere  langsamer  umlaufen 
zu  lassen,  begnügt  sich  jedoch  meistens,  in  dem  Grobzuge  und  Fein- 
zuge je  zwei  bis  drei  verschiedene  Geschwindigkeiten  anzuordnen. 
Wo  es  angeht,  benutzt  man  gern  in  Rücksicht  auf  die  geringe  Arbeit, 
welche  das  Transportiren  der  leicht  wiegenden  Drahtringe  erheischt, 
getrennte  Locale  für  die  Anlage  der  Ziehbänke,  der  Glühöfen  und  der 
Apparat«  zum  Reinigen  des  Drahts,  um  nicht  gegenseitige  Belästigungen 
der  Arbeiter  durch  diese  verschiedenen  Arbeiten  herbeizuführen. 

Um  an  Grundfläche  zu  sparen  baut  man  die  Drahtziehereien  nicht 
selten  zweistöckig,  legt  in  den  untern  Stock  die  Rärumlichkeiten  zum 
Glühen,  Reinigen  und  die  Ziehbänke  für  die  gröberen  Drahtsorten;  in 
den  obem  Stock  die  Feinzüge, 


Literatur  und  Abbildungen  ausgeführter  Anlagen. 

Ueber  Schmiedewerkstätten: 

Wiebe,  Mascbinenbaumaterialien,  S.  413,  Atlas  Taf,  III.  VI,  VIL 
Dingler's  polytechnisches  Journal,  Bd.  211,  S.  419« 

Ledftbnr,  mechuiiMfa - meUlluigiBcbe  T«chtologie.  85 


546         Literatur  und  Abbildungen  ausgeführter  Anlagen. 

Ueber  Walzwerksanlagen  : 

Tann  er,  Ueber  Hüttenanlagen,  insbesondere  von  Paddel-  nnd  Walzwer- 
ken; Jahrbach  der  Bergakademien  zu  Leoben  etc.,  15.  Bd.,  Jahr- 
gang 1866. 

Wiebe,  Skizzenbach,  Jahrgang  1868,  Heft  1  (Messingwalzwerk). 

Dasselbe,  Jahrgang  1875,  Heft  5  (Messingwalzwerk,  Drahtzieherei  and 
Kupferschmiede). 

Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrgang  1861,  Blatt  18  a  und  b  (Walzwerks- 
gebäude zu  Neustadt  a.  Rübenberge). 

Ueber  Drahtziehereien: 
Zeichnongen  der  Hütte,  Jahrgang  1862,  Tafel  17  a  und  b. 


Dritter  Abschnitt. 


Die  Yollendnng  der  Form. 


Nur  in  seltenen  Fällen  ist  nach  der  ersten  rohen  Formgebung  durch 
Giessen  oder  durch  äussere  Kräfte  im  ungeschmolzenen  Zustande  die 
Form  des  hergestellten  Gegenstandes,  wenn  auch  die  Querschnitte  dessel- 
ben in  ihren  Hauptabmessungen  richtig  sind,  schon  eine  solche,  welche 
ihn  ohne  Weiteres  zur  Benutzung  befähigt.  Gussstücke  aller  Art  z.  B. 
sind,  wenn  sie  aus  der  Gussform  hervorgehen,  noch  mit  den  Eingüssen 
und  verlorenen  Köpfen  versehen,  welche  entfernt  werden  müssen;  an  den 
Stellen,  wo  die  Gruasform  zusammengesetzt  war,  zeigen  sie  sogenannten 
Grat,  welcher  gleichfalls  entfernt  werden  muss;  kleine  Fehlstellen,  durch 
Beschädigung  der  Gussform  oder  aus  anderen  Ursachen  entstanden,  müs- 
sen nachgearbeitet  werden;  häufig  müssen  Löcher  durch  besondere 
Arbeit  hergestellt  werden,  welche  beim  Giessen  sich  nur  mit  grösserer 
Schwierigkeit  hätten  anbringen  lassen;  ganze  Flächen,  für  welche  der 
höchste  Grad  von  Genauigkeit  Erfordemiss  ist,  ebene  und  gekrümmte, 
müssen  nachgearbeitet  werden,  so  z.  B.  bei  Maschinentheilen,  welche  auf 
einander  gleiten  oder  überhaupt  genau  auf  einander  passen  sollen,  bei 
Kunstgegenständen ,  welche  durch  glattes,  regelmässiges  Aeussere  dem 
Auge  gefällig  werden  sollen,  u.  s.  f.  Nicht  selten  ist  auch  der  Fall,  dass 
die  Anfertigung  eines  Gegenstandes  aus  einem  einzigen  Stücke  grössere 
Schwierigkeiten  verursacht,  als  wenn  dasselbe  ursprünglich  in  zwei  oder 
mehreren  Stücken  hergestellt  wird,  welche  dann  durch  ein  geeignetes  Ver- 
fahren (Schrauben,  Nieten,  Löthen,  Kitten)  zu  einem  Ganzen  verbunden 
werden,  und  dass  man  deshalb  dieses  letztere  Verfahren  vorzieht. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  den  aus  der  Hand  des  Schmieds  her- 
vorgegangenen Gegenständen. 

Die  durch  Walzen  oder  Ziehen  hervorgebrachten  Erzeugnisse  endlich 
bilden  an  und  für  sich  nur  höchst  selten  (regenstände  für  sofortige  Be- 
nutzung,   sondern  sie  dienen  als  Zwischenerzeugnisse  für  die  weitere 

35* 


548  Die  Vollendung  der  Form. 

Verarbeitung,  deren  HaaptquerschnittBabmesBang  im  Wesentlichen  zwar 
unverändert  bleibt,  deren  Form  aber  durch  Zerschneiden,  Lochen,  Biegen, 
Vereinigen  mit  anderen  Theilen  noch  vielfach  sich  ändert;  so  das  Blech, 
der  Draht,  die  Rohren. 

Jene  aus  der  ersten  Formgebung  hervorgegangenen  und  für  wei- 
tere Verarbeitung  bestimmten  Roherzeugnisse  nennt  man  Werkstücke 
oder  Arbeitsstücke. 

Die  Lehre  von  der  Verarbeitung  der  Werkstücke  in  die  endgiltigen 
Formen  der  herzustellenden  Fabrikate  bildet  den  Gegenstand  dieses 
Abschnitts. 

Bei  dieser  Vollendung  der  Form  ergänzen  sich  häufig  mehrere  ver- 
schiedene Arbeiten.  Die  erste  besteht  fast  immer  in  einer  mechanischen 
Trennung  einzelner  Theile  oder  Theilchen  des  Werkstücks  vom  Ganzen, 
theils  zu  dem  Zwecke,  glattere,  genauere  Flächen  oder  Kanten  durch 
die  Bearbeitung  zu  erzielen,  als  sie  die  rohe  Formgebung  zu  erzeugen 
vermochte,  z.  B.  bei  'dem  Beschneiden  der  Enden  an  Stäben  und  Blechen, 
bei  der  Bearbeitung  der  niemals  genauen  Oberfläche  roher  gegossener 
oder  geschmiedeter  Stücke;  theils ^um  wirkliche  Vertiefungen  und  Löcher 
hervorzubringen,  welche  sich  bei  der  ersten  Formgebung  nicht  geben 
liessen;  theils  auch,  um  ein  aus  dem  Grunde  der  billigem  Herstellung 
in  einem  einzigen  langen  Stücke  angefertigtes  Werkstück  in  mehrere 
kürzere  zu  zerlegen  (Bleche,  Stäbe,  Röhren). 

Eine  zweite  Arbeit  besteht  in  der  Veränderung  der  Oberfläche  oder 
der  Achsenrichtung  des  Körpers  durch  Druck-  oder  Zugkräfte  ohne  er- 
hebliche Veränderung  der  Stärkeabmessungen;  also  einestheils  Prägen 
u.  dergl.,  andemtheils  Biegen. 

Eine  dritte  Gattung  von  Arbeiten  umfasst  das  Zusammenfügen  sol- 
cher Theile,  die,  obwohl  sie  zu  einem  Ganzen  gehören,  bei  der  ersten 
Formgebung  getrennt  angefertigt  werden  raussten. 


1.    Die  Trennungsarbeiten. 

1.    Die  allgemeinen  Vorgänge  hA  der  Trennung  und  die  Arbeits- 
eigensohaften  der  Metalle^  hinsichtlich  ihrer  Theilbarkeit« 

Wenn  ein  Metalktück  in  mehrere  Theile  zerlegt,  oder  auch,  wenn  von 
der  Oberflftche  desselben  zu  ihrer  yeryoUkommnuDg  kleine  Theilchen  ent- 
fernt werden  sollen,  so  ist  es  zur  Erlangung  einer  vollendeten  Form  erfor- 
derlich, dass  ein  fremder  Körper  —  das  Werkzeug  —  durch  Eindnngen  big 
zu  eiqem  durch  die  Grösse  der  Trennungsfläche  vorgeschriebenen  Grade  in 
das  Werkstück  die  Cohäsion  seiner  Molecüle  an  der  vorgeschriebenen  Stelle 
und  somit  den  Zusammenhang  aufhebe.  Eine  solche  Trennung  kann  in 
verschiedener  Weise  erfolgen.  Geschieht  das  Eindringen  des  Werkzeugs 
und  somit  die  Trennung  in  Folge  einer  durch  das  Werkzeug  bewirkten 
Verschiebung  zweier  Molecüle  normal  gegen  die  durch  ihre  Schwer- 
punkte fallende  Linie,  wobei  also  das  abgetrennte  Stück  vor  dem 
Werkzeuge  hergeschoben  wird,  so  wird  die  Trennung  durch  Abschee- 
ren  bewirkt,  und  es  setzt  sich  derselben  die  Abscheerungfestigkeit  des 
Materials  entgegen;  wird  aber  ein  zwischen  die  Molecüle  des  Werkstücks 
eingedrungenes  Werkzeug  innerhalb  desselben  nach  einer  bestimmten 
Linie  weitergeführt,  dabei  also  das  losgetrennte  Theil  abhebend,  so  fin- 
det ein  Vorgang  statt,  welchen  man  Schneiden  nennt  und  bei  welchem 
ebensowohl  die  Abscheerungs-  als  rückwirkende  Festigkeit  des  Materials 
in  Frage  kommen.  Um  dieses  Schneiden,  d.  h.  das  Einschieben  des 
Werkzeugs  zwischen  die  Molecüle,  möglich  zu  machen,  muss  das  schnei- 
dende Werkzeug  an  der  Angnffsstelle  keilartiges  Profil  besitzen,  und 
man  nennt  den  Winkel,  unter  welchem  die  Flächen  des  Keils  zusammen- 
stossen,  Zaschärfungswinkel  (a  in  Fig.  424  und  425);  diejenige 
gerade,  gebrochene  oder  gekrümmte  Linie  aber,  welche  durch  das  Zu- 
sammenstossen  der  Keilflächen  gebildet  wird,  die  Schneidkante  oder 
Schneide. 

Die  eine  Fläche  des  schneidenden  Keils  kann ,  wie  in  Fig.  424 ,  auf 
der  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  gleiten;  häufiger  lässt  man  dieselbe  aber 
aus  sogleich  zu  erörternden  Gründen  mit  der  Oberfläche  einen  kleinen 
Winkel  ß,  Fig.  425,  einschliessen ,  welchen  man  Anstellungswinkel 
oder  Ansatzwinkel  nennt;  die  beiden  Winkel  a  plus  ß  zusammen 
bilden  endlich  einen  Winkel,  welcher  Schneidwinkel  genannt  wird, 


550  Trennungsarbeiten. 

und    von    dessen  Grösse    sehr    wesentlich    der  Verlauf  der  Arbeit   ab- 
hängt. 

Zur  Veranschaulichung  des  Vorgangs  beim  Schneiden  und  Abscbee- 
ren  und  der  aus  demselben  hervorgehenden  Folgerungen  für  die  Con- 


Fi^.  424. 


Fig.  425. 


struction  des  Werkzeugs  ist  in  Folgendem  grösstentheils  die  von  Hoyer 
in  seinem  Lehrbuche  der  mechanischen  Technologie  gegebene  übersicht- 
liche Erläuterung  dieses  Vorgangs  benutzt. 

Wenn  das  keilförmige  Ende  eines  Werkzeugs  in  das  Metall,  also 
zwischen  zwei  Reihen  von  Molecülen  eindringt,  so  werden  die  letzteren 
längs  der  Schneidkante  von  einander  gerissen.  Es  entsteht  also  ein 
losgetrenntes  Stück ,  welches .  beim  Vorwärtsbewegen  des  Keils ,  wie  in 
Fig.  424,  an  der  divergirenden  Fläche  desselben  ausweicht  und  durch 
dieselbe  mehr  und  mehr  von  der  ursprünglichen  Stelle  entfernt  wird. 
Dieses  losgetrennte  Stück  heisst  Span.  Denkt  man  sich  die  Kraft, 
welche  den  Keil  vorwärts  schiebt,  in  zwei  gegen  die  Keilflächen  normal 
gerichtete  Kräfte  zerlegt,  so  wird  dieses  Ausweichen  des  Spans  unmittel- 
bar an  der  Schneide  des  Keils  durch  einen  Theil  der  gegen  die  obere 
Keilfläche  gerichteten  Normalkraft  hervorgebracht;  in  weiterer  Entfer- 
nung von  der  Schneide  durch  ein  Biegmoment,  welches  das  abgetrennte 
Stück  an  der  schrägen  Keilfläche  emporbiegt. 

Ist  deshalb,  wie  bei  dem  Werkzeuge  in  Fig.  425  die  eigentliche 
Keilfläche  kürzer  als  die  Länge  des  losgetrennten  Spans,  und  endigt  in 
einer  normalen  gegen  die  Bewegungsrichtung  stehenden  Fläche  des 
Werkzeugs  (wie  es  bei  den  Werkzeugstählen  der  Werkzeugmaschinen 
vielfach  vorkommt),  so  wird  das  Abfliessen  des  Spans  durch  diese 
senkrechte  Fläche  erschwert,  lässt  sich  aber  erleichtem,  wenn  man,  wie 
in  der  Abbildung,  einen  curvenförmigen  Uebergang  (Schwanenhals)  aus 
der  schrägen  Keilfläche  in  die  senkrechte  Fläche  anbringt. 

Neben  dem  Abscheeren  des  Spans  durch  die  Schneide  des  Werk- 
zeugs findet  in  demselben  Augenblicke  durch  einen  andern  Theil  der 
zum  Vorwärtsbewegen  des  Werkzeugs  benutzten  Kraft  auch  ein  Stau- 
chen des  Spans  in  seiner  Längenrichtung  statt.  Seine  Länge  verkleinert 
sich  entsprechend  dem  Materiale  und  dem  Materialquerschnitte  um   10 


Spanbildung.  661 

bis  30  Proc;  seine  Dicke,  d.  b.  der  Abstand  zwischen  TrennungaflScbe 
und  OberflScbe,  nimmt  in  gleichem  Maasse  zd,  während  die  Breite  die- 
selbe bleibt. 

Hieraus  erklart  es  sieb,  dass  ein  Span,  von  einem  Arbeitsstücke  mit 
kreisrunder  Oefiaung  abgenommen,  diese  Oe&iinDg  als  Ellipse  seigt, 
deren  kleinerer  Durchmesser  in  der  Bewegnngsrichtnng  des  Werkzeugs 
liegt.  Auch  die  eigenth  um  liehe  Form  der  Metallspäne  (Fig.  i'2G)  findet 
hierdurch  eine  aasreiehende  Erklärung.  Die  Trennungafläche  zwischen 
fig.  *26.  Span   Qud  Arbeiteetilek 

ist  glatt  nnd  eine  ge* 
naue  Nachbildung  der 
wirksamen  Fläche  des 
Werkzeugs ;  die  ent- 
gegengesetzte Fläche 
ist  nach  der  Mittellinie 
zu,  wo  die  staachende 
Wirkung  des  Werkzeugs 
allein  thätig  war,  ge- 
baucht nud  mit  zahlreichen  Qnerrissen  bedeckt,  welche  um  so  zahlreicher 
und  feiner  sind,  je  dünner  der  Span  ist,  und.  der  Fläche  feiner  Spfine 
ein  sammetartiges  Aeossere  verleihen.  Diese  Querrisse  entstehen  offenbar 
dnrob  das  ungleichmäsaige  Aueweichen  des  Materials  bei  der  gleich- 
zeitigen, aber  an  verschiedenen  Stellen  des  Spanquerschnitts  verschieden 
auftretenden  Wirkung  des  Abscheereus  an  der  Schneidkante  nnd  des 
Staacbens  an  der  Oberfiäche.  Endlich  ist  der  Span  spiralförmig  ge- 
krümmt in  Folge  des  Anfsteigens  an  der  Fläche  des  Werkzeuge. 

Der  Widerstand  des  Spans  gegen  dieses  ztUetzt  erwähnte  Aufbiegen 
ruft  einen  Druck  des  Werkzeugs  gegen  das  Arbeitsstück  und  dadurch 
hei  der  Bewegung  des  Werkzeugs  eine  Reibung  hervor,  zu  deren  Ueber- 
windang  Arbeit  erforderlich  ist,  Demnach  setzt  sieb  die  gesammte 
mechanische  Arbeit  bei  der  Erzeugung  eines  Metallspans  zusammen  aus 
der  Arbeit  zum  Eindringen  des  Werkzeugs  (Abscheeren  und  Stauchen), 
zum  Aufbiegen ,  und  zur  Ueberwindung  jener  Reibung.  Hieraue  laseen 
eich  Regeln  flir  die  zweck  massigste  Form  des  Werkzeugs  ableiten, 
bei  welcher  die  geringste  Arbeit  zur  Abnahme  des  Spans  erforder- 
lich wird. 

Zunächst  ist  ohne  Weiteres  ersichtlich,  dose  die  Grösse  des  erforder- 
lichen Kraftaufwandes,  sowohl  zum  Eindringen  des  Werkzeugs  in  das 
^letall  als  zum  Aufbiegen  des  Spans,  mit  der  Grösse  des  Zuschärfnnge- 
winkele  a  (Fig.  424  and  423)  steigt  nnd  fällt.  Je  kleiner  dieser  Winkel 
ist,  desto  vortheilhafter  im  Allgemeinen  ist  demnach  die  Wirkung  des 
Werkzeugs;  die  Beschaffenheit  des  Werkzeugmaterials  wie  des  zu 
schneidenden  Metalls  setzen  jedoch  bald  der  Verkleinerung  dieses  Win- 
kels eine  Grenze,  deren  Ueberschreitnng  nnzw  eck  massig  sein  würde.  Da 
nämlich    die    Widerstandsfähigkeit    des   Werkzeugs    gegen    Zerdrücken, 


552  Trennungsarbeiten. 

Abbrechen  and  Beschädigungen  überhaupt  durch  den  Yom  Arbeitastücke 
ausgeübten  Gegendruck  begreiflicherweise  mit  der  Grösse  des  Zaschär- 
fungswinkels  wächst  und  abnimmt,  so  muss  diese  immerhin  zu  der  Be- 
schaffenheit des  Materials  in  einem  bestimmten  Verhältnisse  stehen ,  and 
muss  um  so  beträchtlicher  sein^  je  grösser  der  vom  Metalle  ausgeübte 
Widerstand,  je  härter  mit  anderen  Worten  das  letztere  ist.  Andererseits 
wird,  wie  sich  aus  der  Theorie  des  Keils  leicht  ableiten  lässt,  derjenige 
Druck,  welcher  bei  dem  Aufbiegen  des  Spans  Reibung  zwischen  Werk- 
zeug und  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  hervorruft ,  wachsen ,  wenn  die 
Grösse  des  Schneidwinkels  (a  in  Fig.  424,  a  -|-  /}  in  Fig.  425)  ab- 
nimmt; umgeicehrt  gleich  Null  werden,  wenn  jener  Schneidwinkel 
==  90  Grad  ist ;  und  es  steht  demnach  die  Grösse  der  erforderlichen  Arbeit 
zur  Ueberwindung  jener  Reibung  im  annähernd  umgekehrten  Verhält- 
nisse zur  Summe  der  Arbeit  für  das  Lostrennen  und  Aufbiegen  des 
Spans. 

Aus  diesen  Betrachtungen  lässt  sich  zunächst  folgern,  dass  die- 
jenige Grösse  des  Schneidwinkels,  bei  welcher  die  Gesammtarbeit  am 
kleinsten  ausfällt,  zwischen  den  Werthen  von  Null  und  90  Graden  lie- 
gen muss. 

Es  folgt  ferner  daraus,  dass  die  Reibung  zwischen  Werkzeug  und 
Arbeitsstück  eine  ungleich  grössere  ist,  wenn,  wie  in  Fig.  424,  die  ganze 
untere  Fläche  des  Werkzeugs  auf  der  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  glei- 
tet als  wenn,  wie  in  Fig.  425,  nur  die  Schneidkante  allein  das  Arbeitsstück 
berührt,  was  durch  Anstellung  des  Werkzeugs  unter  dem  Anstellungs- 
winkel  ß  erreicht  wird.  Da  nun  aber  für  einen  gegebenen  Schneid- 
winkel a  -{-  ß  das  Werkzeug  um  so  mehr  geschwächt  werden  muss,  je 
grösser  ß  ist,  so  nimmt  man  diesen  letztern  Winkel  zweckmässiger 
Weise  nicht  grösser  als  3  bis  4  Grade. 

Aus  einer  grossen  Reihe  von  Versuchen  über  diesen  Gegenstand 
ergeben  sich  als  Erfahrungsresultate  für  die  zweckmässigste  Grosse  der 
Winkel  «  und  ß  folgende  Werthe: 

a 

für  Bearbeitung  von  Schmiedeeisen  .  .  .  51^ 
„  „  „  „  Gusseisen  .  .  .  .  51  o 
n      n         V         n    Bronze 66<^ 

Bringt  man  die  Schneidkante  eines  Werkzeugs  Fig.  427  in  eine 
gegen  die  Bewegungsrichtung  schräg  gestellte  Lage,  so  ändert  sich,  wie 
leicht  nachzuweisen  ist,  dadurch  die  Grösse  des  wirksamen  Schneidwin- 
kels. Ist  a  der  Schneidy^inkel  bei  normaler  Stellung  der  Schneide,  ß 
die  Abweichung  der  Schneidkante  von  der  normalen  Richtung,  so 
ergiebt  sich  zur  Berechnung  des  wirksamen  Schneidwinkels  ct|  in  der 
Ebene  xx  der  Kraftrichtung  gemessen  die  Beziehung 

tgUi  =  fgacosß, 


ß 

a  +  ß 

30 

540 

4« 

550 

30 

69» 

Construction  der  Werkzeuge.  553 

Dieser  Umstand  gewährt  also  den  Vortlieil,  dass,  indem  durcb  die  ver- 
änderte Stellang  des  Werkzeugs  der  wirksame  Schneidwinkel  verklei- 
nert wird,  auch  der  Arbeitsaufwand  beim  Schneiden  sich  verringert, 
ohne  dass  der  Zuschärfungswinkel  und  somit  die  Widerstandsfähigkeit 
des  Werkzeugs  verringert  zu  werden  braucht;  es  gleitet  aber  auch  bei 
einer  solchen  schräg  gestellten  Schneide  der  Span  seitlich,  mithin  leich- 
ter ab  als  bei  einer  geraden ,  und  statt  der  in  Fig.  426  abgebildeten 
Spanform  entsteht  eine   schraubenartig  gewundene  Form  der  Späne  wie 

Fig.  427.  •  Fig.  428. 


::^ 

..-'-'/'! 


in  Fig.  428.  Ein  dritter  Yortheil  der  schräg  gestellten  Schneide  ist  die 
Verringerung  des  Stosses  beim  Angriffe,  weil  hier  die  ganze  Schneide 
nicht  mit  einem  Male,  sondern  ganz  allmälig  zur  Wirkung  gelangt 

Diese  Gründe  lassen  die  Anwendung  schräg  gestellter  Schneiden  für 
sehr  viele  Zwecke  geeignet  erscheinen. 

Aus  den  Formeln  der  Mechanik  für  das  Widerstandsmoment  bei 
der  Biegung  prismatischer  Körper  folgt,  dass  der  Widerstand  des  Spans 
gegen  das  Aufbiegen  mit  seiner  Breite  im  einfachen  Verhältnisse,  mit 
seiner  Dicke  im  Verhältnisse  des  Quadrats  wächst.  Hierbei  ergiebt  sich, 
dass  es  im  Allgemeinen  vorth eilhafter  ist,  breite  als  dicke  Spälie  ab- 
zunehmen, und  bei  der  Metallbearbeitung  pflegt  deshalb  die  Dicke  eines 
Spans  höchstens  2  Mm.  zu  betragen.  Sollen  demnach  dickere  Schichten 
als  diese  grösste  zulässige  Spanstärke  entfernt  werden,  so  sind  mehrere 
auf  einander  folgende  Schnitte  dazu  erforderlich. 

Wenn  ein  Werkzeug,  wie  z.  B.  das  in  Fig.  425  abgebildete,  die 
Breite  der  ganzen  Metalloberfläche  besitzt ,  so  findet  ein  Lostrennen  des 
Spans  vom  Arbeitsstücke  nur  in  einer  einzigen  Fläche  und  zwar  in 
seinef  Breitenabmessung  statt.  Dieser  Fall  ist  jedoch  der  seltenere.  Wie 
unten  ausführlicher  besprochen  werden  wird,  ist  das  Werkzeug  gewöhn- 
lich schmaler  als  die  Fläche  des  Arbeitsstücks,  auf  welcher  das  Werkzeug 
zum  Angriffe  kommt;  und  der  Span  muss  ausser  an  der  eigentlichen 
Schneidfläche  auch  mindestens  an  einer  Seite  —  an  zwei  Seiten,  wenn 
der  Schnitt  aus  dem  Vollen  genommen  wird  —  in  der  Abmessung  seiner 


n 


[2i 


554  Trennungsarbeiten. 

Dicke  vom  Metalle  getrennt  werden.  Diese  Trennung  wärde  ancfa  hier 
dnrch  Schneiden  et&ttfinden,  wenn  das  Werkzeng  eine  entsprechende  Zn- 
schärfung  erhielte.  Dadurch  würde,  wie  man  sich  leicht  vergegenwärti- 
gen kann,  das  Werkzeug  eine  rinneaartige  Form  annehmen,  nud  der 
Span  würde  jetzt  auch  nicht  allein  in  seiner  Lftngenrichtong ,  sondero 
auch  in  der  Breitenrichtung  gestancht  nnd  das  AbfliesBen  erschwert 
werden.  Deshalb  läset  man,  wenn  nicht  das  bearbeitete  Material  ein 
sehr  weiches,  nachgiebiges  ist  (Holz,  Blei),  den  Span  in  seiner  Dioken- 
abmesBung  dnrch  einfaches  Äbscheeren  mit  stumpfer  Kante  des  Werk- 
zeugs lostrennen.  Um  jedoch  die  Reibung  des  Werkzeugs  anch  an 
Pig.  428.  Yig.  *30.  dieser  Schnittfläche   des  Arheits- 

stäcks  auf  ein  geringstes  Uaass 
zurückzuführen,  giebt  man  dem- 
selben statt  eines  rechteckigen 
Quersohnitti  einen  trapezförmi- 
gen wie  in  Fig.  429,  so  dass  nur 
die  Kante  desselben  an  der 
Schnittfläche  gleitet.  Derselbe 
Zweck  wird  durch  einen  dreiseiti- 
gen Querschnitt  des  Werkzeugs 
erreicht;  bildet  man  nun  die  Zn- 
scharfang  eines  solchen  dreisei- 
tigen Stahls  wie  ans  Fig.  430  ersichtlich  ist,  aus,  so  erhält  man 
einen  sogenannten  Spitzstahl  mit  zwei  Schneiden,  dessen  Schneidwin- 
kel zwar  nicht  günstig  ist,  der  aber  an  jeder  Berühmngsstelle  schnei- 
dend wirkt  und  ein  leichtes  Äosweichen  des  Spans  gestattet.  Die 
Wirkung  dieser  Schneidkanten  des  Spitzstahla  wird  sogleich  ersichtlich, 
wenn  man  sich  jede  Kante  bestehend  denkt  aus  unendlich  vielen  kleinen 
trapezförmig  über  einander  liegenden  horizontalen  Kanten,  deren  jede 
schneidend  wirkt,  während  in  den  nnendlich  kleinen  Abständen  swiecheo 
je  zwei  Horizontalschneiden  daa  Material  dnrch  Abscheernng  entfernt 
wird.  Die  schräge  Richtung  der  Schneidkanten  aber  erleichtert  das 
Abfliessen  des  Spans  nnd  dadurch  die  Arbeit  selbst. 

Zwischen  der  geradlinigen  Schneide,  Fig.  429,  und  derSchneide  des 
Spitzstahls,  Fig.  430,  steht  die  gekrümmte  Schneide,  Fig.  431,  entweder 
gebildet  durch  Ansach mieden  nnd  Anschleifen  eines  trapezförmigen 
Stabes  oder  in  ähnlicher  Form,  nur  mit  couvexer  Vorderfläche,  durch 
schräges  Abschneiden  und  Umbiegen  eines  cylinderförmigen  Stabes 
(Rundstahl).  Es  ist  leicht  einzusehen,  dass  der  Schneidwinkel  desselben 
am  günstigten  an  der  tiefsten  Stelle  der  Schneidkante  ist  nnd  däas,  je 
weiter  nach  oben,  um  so  mehr  die  Wirkung  des  Schneidens  in  ein  Äb- 
scheeren übergeht. 

Wenn  der  Znschärfnngswinkel  eines  Werkzeugs  90  Grad  ist  nnd 
die  vordere  Werkzengfläche  normal  zur  Kraftrichtnng  K  steht  (Fig.  432), 
so  kann  ein  Abheben,  ein  Aufbiegen  des  Spans  nach  oben   nicht  mehr 


Conatnzction  der  Werkzeuge.  555 

atattfinden ,  und   die  ganze  Kraft  K  wirkt  nanmehr  abacheerend  auf  das 
«ich  ihr  entgegenstellende  MetallstQck  S.  Denkt  man  sich  dieses  Metall- 

Rg.  «l.  Kg.  432. 


'wi' 


etaok  nun  ala  einen  vollständig  etarren  Körper,  so  würde  der  ausgeübte 
Drack  sich  sofort  von  Motecül  zu  Motecül  fortpflanzen  und  das  Abschee- 
ren  mit  einem  Male  in  der  ganzen  Länge  erfolgen.  Sobald  aber  das 
Uetall  eine  gewisse  Dehnbarkeit  besitzt  (welche,  wenn  auch  oft  in  gerin- 
gem Uaasae,  ateta  vorhanden  ist),  wird  der  Torgang  ein  anderer.  Die 
vorderen  Molecflle  werden  zunächst  zusammengedrückt  und  leisten  dem 
Vordringen  des  Werkzeugs  einen  mehr  und  mehr  wachsenden  Wider- 
stand, so  dasB  vorläufig  nur  auf  detjenigen  Länge  des  Arbeitsstücks 
Abscheerung  erfolgt,  auf  welcher  Zusammendrückung  stattfindet.  Es 
musB  nun  aber  ein  Zeitpunkt  eintreten ,  wo  in  Folge  des  wachsenden 
Widerstandes  gegen  ein  ferneres  Zusammendrücken  die  Festigkeit  des 
Afaterials  kleiner  als  jener  Widerstand  wird,  und  in  diesem  Augenblicke 
musa  plötzlich  das  Abscheeren  in  der  ganzen  noch  übrigen  Länge  erfol- 
gen, vorausgesetzt,  dass  nicht  vorher  schon  ein  Zerdrücken  des  Arbeits- 
stücks stattfand.  Mau  wird  also  auf  einer  solchen  dnrch  Abscheeren 
entstandenen  Fläche  einen  vordem  glattem  Theil,  entstanden  bei  dem 
Zusammendrücken  des  Materials,  und  einen  hintern  ranhem  Tbeil,  ent- 
standen dnrch  das  stossartige  Lostrennen,  deutlich  unterscheiden  können. 
Ob  Zerdrücken  oder  Abscheeren  eintritt,  ist  von  dem  Verhältnisse  zwi- 
schen rückwirkender  und  Abscheerungsfestigkeit  wie  von  den  Abmes- 
sungen des  Arbeitest ücks  abhängig.     Wenn: 

B  die     Widerstandsfähigkeit     gegen      Zerdrücken     (rückwirkende 

Festigkeit), 
A  die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Abscheerung, 
d  die  Söhe  (Dicke)  des  Arbeitsstücks, 
l  seine  Länge  in  der  Bewegunggrichtnng  des  Werkzeugs, 
b  seine  Breite 
bezeichnet,  so  ist  im  Gleichgewichtszustände 
Rdb  =  Abi, 


556  Treunmigsarbeiten. 

worsnB  sich  für  den  Fall,  dsBs  AbBcheerong  ohne  Zerdrücken  erfolgen 
Boll,  bei  gegebener  Dicke  die  Länge 

und  bei  gegebener  Länge  die  Dicke 

theore  tisch  berech  neu  läBat. 

Eine  Znsuitiinendrückaug  eiuea  MetalhtUckB  (oder  Eörpere  über- 
haupt) lässt  sich  nan  aber ,  wie  achon  bei  Besprechung  der  Dehnbarkeit 
der  Metalle  im  vorigen  Abschnitte  erwäbnt  Vnrde,  niemalB  ausführen 
ohne  eise  seitliche  Verschiebung  einzelner  Molecüle,  dnrch  welche  ein 
Druck  nach  dieser  Seite  hin  ausgeübt  wird.  In  dem  vorliegenden  Falle 
entsteht  ako  dnrch  diesen  Vorgang  ein  Druck  senkrecht  gegen  die  Ab- 
■cheerungs fläche  und  wachsend  mit  der  fortschreitenden  Zusammen- 
drflckuog,  in  Fig.  432  dargestellt  durch  die  Linien  nKittjnj,  und  dieser 
Druck  ruft  wieder  einen  Reibuugswiderstaud  hervor,  den  man,  wenn  der 
Reibnngscoefficieut  tp  ist,  mit  q>  E  (»)  bezeichnen  kann. 

Die    abscheerende  Kraft    hat    demnach   ueben   dem   Abscheerungs- 
widerstände  Ä  b  t  auch  diesen   Reibungswiderstsnd   ip  £  (rt)   zu    über- 
winden; dieser  letztere  aber  lässt  sich  verringern,   wenn  man,  wie  z.  B. 
in  Fig.  433  die  Drnckfläche  unter  einem  etwas  kleineru  Winkel  gegen 
Fig.  433.  ^'S  Kraftrichtung  als  90  Grad  an- 

greifen lässt,  dadurch  die  Richtung 
der  stauchenden  Kraft  ablenkt  und 
durch  diese  Ablenkung  die  Grösse 
der  Kräfte  n  »i  k^  verringert;  denn 
in     dem    vorliegenden    Falle    wird 
nunmehr  die  Ausweichung  des  Ma- 
terials beim  Zusammendrücken  vor- 
wiegend    nach     der     Richtung     F 
erfolgen    und    dadurch    der   Druck 
auf  die  Abscheemngsfiäche  kleiner 
werden.      Allerdings    wird    nunmehr   bei    einem  kleinern  Zuschärfungs- 
winkel  als  90  Grad  der  Begriff  des  Äbscheerens  dem  oben   erläuterten 
Begriffe  des  Schneidens  sehr  ähnlich,   und  der  Sprachgebrauch,  welcher 
häufig  den   letztern  Ausdruck   an  Stelle   des  erstem  setzt,  ist  deshalb 
nicht  ganz  anrichtig. 

Unter  allen  Umständen  ist  jenes  Aueweichen  des  losgetrennten 
Stückes  nach  der  der  Abscheerungsfläche  entgegengesetzten  Seite  mög- 
lich, wenn,  wie  z.  B,  beim  Abtrennen  von  Blechstücken ,  die  Trenoungs- 
linie  das  losgetrennte  Stück  nur  an  einer  Seite  begrenzt  und  die  gegen- 
überliegende Seite  frei  lässt;  stellt  aber,  wie  beim  Durcbstossen  von 
Löchern  la  Blechen,    die   Trennnngslinie  eine  gescbloBsene  Figur   dar, 


Construction  der  Werkzeuge.  557 

welche  mit  einem  Male  ans  dem  vollen  Metalle  ansgestossen  wird,  so 
kann  das  Ausweichen  nur  dann  stattfinden,  wenn  der  Durchmesser  des 
ansgestossen en  Stücks  ein  solcher  ist,  dass  nicht  die  Ton  allen  Seiten  her 
wirksame  Zasammendrückung  gegenseitig  das  -Ausweichen  verhindert. 
In  dem  letztern  Falle  dagegen  würde  eine  Verkleinerung  des  Abscheer- 
winkels  zwecklos  sein. 

Aus  dieser  Stauchung  und  dem  dadurch  hervorgerufenen  seitlichen 
Ausweichen  des  Materials  beim  Abscheeren  erklärt  sich  auch  die  Er- 
scheinung, dass  die  Abscheerungsflächen  um  so  weniger  mit  der  Ober- 
fläche des  Werkzeugs  übereinstimmen,  je  grössern  Widerstand  das  Ma- 
terial dem  Abscheeren  entgegensetzt.  Denn  in  gleichem  Maasse  findet 
Zusammendrückung  und  seitliches  Ausweichen  statt,  welches  mehr  und 
mehr  zunimmt,  je  mehr  das  Werkzeug  in  dem  Materiale  vorschreitet. 
Wenn  daher  ein  cylindrischer  Stempel  Bj  Fig.  434,  gegen  eine  Metall- 
platte A  geführt  wird,  welche  auf  einer  Unterlage  mit  gleich  grosser 
Fig.  434.  cylindrischer  Oeffnung   C  ruht,  so  erzeugt 

der  Stempel  in  Folge  jenes  zunehmenden 
Widerstandes  gegen  das  Zusammendrücken 
eine  Kegelfläche,  deren  Durchmesser  in  der 
Richtung  der  Kraft  wächst;  ebenso  bildet 
aber  die  kreisringförmige  Unterlage  ein 
Werkzeug,  welches  das  Material  an  der 
Aussen  fläche  der  Cylinderöfifnung  beim 
Abscheeren  zusammendrückt  und  daher 
einen  Kegel  erzeugt,  dessen  Durchmesser 
sich  verkleinert,  je  mehr  die  Entfernung  von  der  Unterlage  zunimmt. 
Statt  einer  cylindrischen  Abscheerungsfläche  erhält  man  demnach  zwei 
in  einander  geschobene  Kegelflächen,  welche  beim  Durchstossen  von 
kaltem  Eisenbleche  etwa  83  Grad  Neigung  besitzen.  Zur  Vermeidung 
dieses  Uebelstandes  giebt  man  dem  Stempel  B  einen  etwa  um  I/4  der 
Blechdicke  kleinern  Durchmesser  als  der  Oeffnung  C,  so  dass  beim 
Durchstossen  nunmehr  beide  Kegelflächen  zusammenfallen;  und  zwar, 
wenn  d  der  mittlere  Durchmesser  der  durchzustossenden  Oeffnung  sein 
soll,  d  die  Blechdicke  bedeutet,  so  macht  man: 

Wenn  endlich  der  Schneidwinkel  (X,  welchen  die  Werkzeugfläche 
gegen  die  Kraftrichtung  beschreibt,  grosser  ist  als  90  Grade,  so  wird 
ein  Abfliessen  des  Spans  unmöglich,  und  ein  Schneiden  im  engem 
Sinne  findet  nicht  mehr  statt.  Das  Material  wird  beim  Vorrücken  des 
Werkzeugs  gestaucht,  abgescheert  und  vor  demselben  hergeschoben. 
Das  Werkzeug  wirkt  schabend.  Es  ist  leicht  einzusehen,  dass  für  grosse 
Späne  ein  höchst  nachtheiliger  Reibungswiderstand  hierbei  entstehen 
würde;  zum  Abnehmen  sehr  feiner  Späne  jedoch,  also  zur  letzten  Voll- 


558  Trennungsarbeiten. 

endang  der  Form  sind  die  schabenden  Werkzeuge  sehr  gut  geeignet 
und  werden  daher  den  schneidenden  für  diesen  Zweck  vielfach  vor- 
gezogen. 


Aus  den  vorstehenden  Erörterungen  lässt  sich  für  die  Arbeitseigen- 
schaften der  Metalle  hinsichtlich  ihrer  Theilbarkeit  Folgendes  ableiten. 

Die  wichtigste  dieser  Eigenschaften  ist  die  Härte,  welche  wir  be- 
reits oben  (S.  333)  als  das  Maass  des  Widerstandes  bezeichnet  haben, 
welchen  ein  Körper  einer  bleibenden  Aenderung  in  der  Lagerung  seiner 
Molecüle,  also  auch  dem  Eindringen  des  trennenden  Werkzeugs  entgegen 
setzt.  Je  grösser  aber  dieser  Widerstand  ist,  desto  grösser  muss  natür- 
lich der  Arbeitsaufwand  sein,  um  die  Trennung  durchzuführen.  Alle 
die  a.  a.  0.  über  die  Härte  der  Metalle  gegebenen  Erörterungen  behalten 
deshalb  auch  für  die  Trennungsarbeiten  ihre  Geltung. 

Beim  Lostrennen  eines  Spans  wächst  mit  dem  Widerstände  desselben 
gegen  das  Aufbiegen,  wie  oben  gezeigt  wurde,  auch  der  gegen  die  Ab- 
scheerungsfläche  durch  das  Werkzeug  ausgeübte  Reibungswiderstand; 
jener  Widerstand  aber  ist  grösser  bei  einem  langen  Spane  und  aus 
einem  stark  elastischen  Materiale,  als  bei  einem  kurzen  oder  aus  einem 
Materiale,  dessen  Elasticitätsgrenze  nicht  hoch  liegt.  Durch  Abbrechen 
des  entstehenden  Spans  lässt  sich  der  Widerstand  desselben  vernichten; 
und  dieses  Abbrechen  erfolgt  rasch  von  selbst,  wenn  Elasticitätsgrenze 
und  Festigkeit  nahe  bei  einander  liegen,  das  Metall  also  wenig  biegsam 
und  wenig  dehnbar  ist.  Aus  diesen  Gründen  lässt  sich  erklären,  wes- 
halb beim  Schneiden  von  Spänen  Gusseisen,  welches  in  Folge  der  ge- 
ringen Dehnbarkeit  nur  ganz  kurze  Späne  liefert,  einen  geringern 
Arbeitsverbrauch  für  die  gleiche  Menge  abgenommenen  Metalls  erfordert 
als  Schmiedeeisen  trotz  seiner  oft  grössern  Härte,  Schmiedeeisen  einen 
geringern  Arbeitsverbrauch  als  der  harte,  elastische  und  doch  dehnbare 
Stahl. 

Bei  Werkzeugen,  welche  abscheerend  wirken,  ohne  eigentliche 
Späne  zu  bilden  —  z.  B.  beim  Durchstossen  von  Blechen  — ,  tritt  als 
förderlich  für  die  Arbeit  eine  geringe  Abscheerungsfestigkeit  des  Mate- 
rials neben  grosser  Widerstandsfähigkeit  gegen  das  Zerdrücken  —  Dehn- 
barkeit durch  Druck  —  in  den  Vordergrund,  wie  aus  der  oben  ent- 
wickelten Theorie  dieser  Werkzeuge  hervorgeht.  Metalle,  welche  beim 
Zusammenstauchen  durch  das  Werkzeug  zerdrückt  werden  —  z.  B.  Guss- 
eisen  — ,  sind  deshalb  nicht  für  solche  Bearbeitung  geeignet.  Durch 
Erhitzung  lässt  sich  häufig  die  Abscheerungsfestigkeit  verringern  und 
die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Zerdrücken  (unter  Steigerung  der  Dehn- 
barkeit) erhöhen,  dadurch  also  die  Arbeit  fordern. 

In  Rücksicht  auf  den  Umstand,  dass  ein  Werkzeug  um  so  besser 
arbeiten  und  um  so  weniger  rasch  abgenutzt  werden  wird,  je  grösser 
einestheils   der  Unterschied   in    seiner  Härte  gegenüber  der  Härte  des 


Construction  der  Werkzeuge,  559 

Arbeitsstücks,  je  grösser  aber  auch  andemtheils  neben  dieser  Härte  seine 
Widerstandsfiahigkeit  gegen  Biegen  und  Abbrechen  ist,  verwendet  man 
zur  Anfertigung  der  Werkzeuge  fast  ohne  Ausnahme  besten  Gusstahl  in 
Form  von  prismatischen  Stäben,  an  den  Enden  in  geeigneter  Weise  aus- 
geschmiedet, angeschlifiPen  und  gehärtet. 


Literatur. 

£.  Hoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  206  bis  218. 

Tresca,  Ueber  das  Hobeln  der  Metalle,  Bulletin  de  la  societe  d^encourage- 
ment,  1873,  S.  584;  daraus  in  den  Verhandlungen  des  Vereins  zur 
Beförderung  des  Gewerbfleisses  in  Preussen,  Jahrg.  1873,  S.  370, 
1874,  S.  189. 

Joessel,  Versuche  über  Gestalt  und  Benutzungsweise  der  Arbeitsstahle, 
Bulletin  de  la  societe  d^enoouragement ,  1864,  S.  595;  daraus  Poly- 
technisches Gentralblatt,  1865,  S.  353;  auch  Zeitschrift  des  öster- 
reichischen Ingenieur-  und  Architektenvereins ,  Jahrg.  1865,  S.  82. 

Monbro,  Ueber  Gestalt  der  Stähle  für  Drehbänke,  Hobelmaschinen  und 
dergleichen ,  Monatsbericht  der  Societe  des  anciens  eleves  des  Ecoles 
imperiales  de%  arts  et  metiers,  Nov.  1868;  daraus  Polytechnisches 
Gentralblatt  1869,  S.  1483« 

V.  Reiche,  Ueber  Lochen  der  Metallplatten,  Civilingenieur ,  X.  Band, 
S.  235. 

Judenfeind -Hülsse,  Ueber  Spanbildung  beim  Hobeln  der  Metalle, 
Givilingenieur,  Jahrg.  1877,  S.  615. 


2.   Die  Bewegung  der  Werkzeuge  und  die  Werkzeug- 

masohinen  im  Allgemeinen. 


Wie  aus  den  anter  1  gegebenen  Erlaaterangen  hervorgeht,  mass 
das  abscheerende,  schneidende  oder  schabende  Werkzeug  eine  bestimmte 
Bewegung  gegen  das  Arbeitsstück  erhalten,  oder,  was  fü.r  die  Wirkung 
dasselbe  ist,  das  Arbeitsstück  gegen  das  Werkzeug,  damit  dieses  seine 
Bestimmung  erfüllen  kann.  Diese  Bewegung  erhält  das  Werkzeug  be- 
ziehentlich das  Arbeitsstück 

entweder  unmittelbar  durch  die  Hand  des  Arbeiters  (Grabstichel, 
Feile  etc.), 

oder  durch  Hilfe  eines  Geräths,  welches  die  vom  Arbeiter  durch 
Schlag,  Stoss,  Druck  oder  in  anderer  Weise  geleistete  Arbeit  auf  das 
Werkzeug  überträgt  (Meissel  und  Hamjjjier,  Bohrrolle  und  Drehbogen 
und  andere  mehr), 

oder  endlich  durch  Yermittelung  einer,  meistens  durch  Elementar- 
kraft betriebenen  Maschine,  Werkzeugmaschine  genannt. 

Die  Länge  der  erforderlichen  Bewegung  beim  Schneiden  ist  durch 
die  Länge  der  zu  bearbeitenden  Fläche  gegeben  (beim  Abscheeren  durch 
die  Dicke,  oder  Stärke  des  abzuscheerenden  Stücks);  nur  selten  aber 
lässt  sich  beim  Schneiden  die  Breite  des  abgenommenen  Spans  so  be- 
trächtlich nehmen,  dass  mit  einem  einzigen  Schnitte  die  ganze  Fläche 
ihre  Bearbeitung  erhält.  Es  sind  alsdann  eine  mehr  oder  minder  grosse 
Anzahl  auf  einander  folgender  Parallelschnitte  erforderlich,  um  die  Be- 
arbeitung zu  vollenden;  und  es  wurde  schon  oben  erwähnt,  dass  auch 
die  Dicke  der  abzunehmenden  Schicht,  sobald  sie  ein  gewisses  Maass 
übersteigt,  in  mehrere  Parallelschichten  zerlegt  werden  muss.  Fig.  435 
kann    diesen  Vorgang   erläutern.      Es  sei  hier  eine  Schicht  von    dem 

Fig.  435. 


m 


h      FT 

k 


Bewegung  der  Werkzeuge.  561 

Querschnitte  ahed  in  Fig.  435  A  abzunehmen,  die  Breite  des  Werk- 
zeugs sei  gleich  a  m ,  die  zulässige  Dicke  des  Spans  gleich  m  o.  Man 
wird  also  zunächst  einen  Span  von  dem  Querschnitte  amlo  abnehmen, 
dann  nmop  und  mhpk.  Nun  folgen  die  darunter  liegenden  Schichten 
in  gleicher  Weise  u.  s.  f.,  bis  das  ganze  Stück  ah  cd  entfernt  ist.  In 
manchen  Fällen  wird  sich  das  Werkzeug  auch  so  einrichten  lassen,  dass, 
wie  in  der  Abbildung  B,  die  Schneidkante  senkrecht  steht  und  die  Späne 
seitlich  abfliesseu,  wobei  ebenso  grosse  Spanquerschnitte  und  Spanstärken 
'«riblgen,  mithin  auch  fär  das  Abheben  jedes  Spans  die  gleiche  Arbeit 
aufgewendet  wird,  als  in  dem  ersten  Fcdle,  das  Werkzeug  aber,  welches 
so  viel  schmaler  zu  sein  braucht,  bei  gleicher  Festigkeit  weniger  Mate- 
rial erfordert,  wie  sich  aus  einem  Vergleiche  der  Widerstandsmomente 
der  Werkzeugquerschnitte  gegen  Durchbiegung  ergiebt. 

Endlich  erleichtert  eine  etwas  geneigte  Stellung  der  Schneide  wie  , 
in  Fig.  435  C  das  Ablösen  des  Spans  und  ist  deshalb  häufiger  noch  als 
die  Stellung  B  in  Anwendung,  sei  es,  dass  das  Werkzeug  selbst  in 
schräge  Lage  gebracht  oder  mit  schräger  Schneide  versehen  wird  (vergl. 
Fig.  430  und  431). 

In  dem  letztem  Falle  entsteht  eine  Oberfläche,  welche,  statt  völlig 
eben  zu  sein,  mit  einer  Reihe  paralleler  Furchen  bedeckt  ist;  und  je 
grösser  die  Breite  jedes  einzelnen  Schnittes  war,  desto  weniger  eben  föllt 
die  Oberfläche  aus.  Eine  genaue  Fläche  würde  sich  in  solcher  Weise 
nur  herstellen  lassen,  wenn  jeder  folgende  Parallelschnitt  unendlich  nahe 
neben  dem  vorausgegangenen  läge;  und  je  geringer  der  Abstand  zwi- 
schen zwei  Schnitten,  oder  mit  anderen  Worten,  je  geringer  die  Schnitt- 
breite ist,  desto  mehr  nähert  sich  die  Beschaffenheit  der  erzeugten 
Fläche  jener  ideellen  Vollkommenheit.  Je  schmaler  aber  die  Schnitte  sind, 
desto  mehr  wird  die  Arbeit  verzögert.  Zur  Bearbeitung  grösserer 
Flächen  ist  deshalb  das  Verfahren  üblich,  zunächst  mit  breiten  Schnitten 
vorzuarbeiten  und  dann  durch  nahe  bei  einander  liegende  Schnitte  mit 
passend  geformter  schmaler  Schneide  die  stehen  gebliebenen  Ränder 
abzunehmen.  Die  erste  Arbeit  aus  dem  Groben  heisst  Schroppen,  die 
letzte  Vollendung  Schlichten. 

Wenn  die  Bewegung  des  Werkzeugs  beziehentlich  des  Arbeitsstücks' 
durch  ein^  Werkzeugmaschine  ausgeführt  wird,  so  müssen  selbstverständ- 
lich beide  Gegenstände  in  bestimmter  gegenseitiger  Lage  auf  der  Ma- 
schine festgespannt  werden  können,  und  die  letztere  muss  in  allen 
Theilen  genügend  stark  gebaut  sein,  um  während  der  Bewegung  jedes 
durch  den  Widerstand  des  Materials  hervorgerufene  Zittern  des  einen 
oder  andern  Theils  unmöglich  zu  machen.  Die  Standfestigkeit  der  Ma- 
schine steigert  man  vielfach  durch  Ausführung  der  Häupttheile  oder 
Ständer  in  sogenanntem  Hohlgusse  (hohle  Formen  zum  Unterschiede  von 
Rippenguss  mit  T-ibrmigen  Querschnitten),  welcher,  obgleich  schwieriger 
in  der  Herstellung,  doch  bei  richtiger  Materialvei*theilung  sich  durch 

Lsdcbur,  mcchanfsch-metallurgitohe  Toohnologie.  3Q 


562  Trennungsarbeiten. 

nngleich  grössere  Widerstandsfähigkeit  gegen  Erschütterangen  aus- 
zeichnet. 

Das  Werkzeug  muss  nach  und  nach  die  ganze  zu  bearbeitende 
Fläche  des  Arbeitsstücks  bestreichen.  Wie  schon  erwähnt  ist  aber  mei- 
stens diese  Fläche  breiter  als  die  Breite  eines  Spans  und  es  sind  deshalb 
mehrere  auf  einander  folgende  Parallelschnitte  erforderlich.  Die  Aus- 
führung derselben  wird  ermöglicht,  wenn  zwischen  Arbeitsstück  und 
Werkzeug  eine  doppelte  Bewegung  stattfindet: 

Die  Hauptbewegung  oder  Arbeitsbewegung  in  der  Längen- 
richtung  des  Schnitts; 

die  Fortrückungs-  oder  Schaltbewegung  in  der  Breitenrich- 
tung des  Schnitts. 

Die  Hauptbewegung  geschieht  entweder  durch  Drehung  im  Kreise 
oder  geradlinig  hin  und  zurück;  die  Schaltbewegung  wird  meistens  in 
gerader  Richtung  ausgeführt  und  erfolgt  entweder  periodisch  (ruckweise) 
Torzugsweise  bei  den  Maschinen  mit  geradliniger  Hauptbewegnng  nach 
jedem  beendigten  Hin-  und  Rückgange;  oder  unausgesetzt  bei  den  Ma- 
schinen mit  kreisförmiger  Hauptbewegung. 

Je  nachdem  die  beiden  Bewegungen  durch  das  Arbeitsstück  oder 
Werkzeug  ausgeführt  werden,  sind  folgende  vier Combinationen  möglich: 

1.  Das  Arbeitsstück  macht  die  Hauptbewegung,  das  Werkzeug  die 
Schaltbewegnng  (Drehbänke,  Planhobelmaschinen  u.  a.). 

2.  Das  Werkzeug  macht  die  Hauptbewegung,  das  Arbeitsstück  die 
Schaltbewegung  (Stossmaschinen,  Rundhobelmaschinen  u.  a.). 

3.  Das  Werkzeug  macht  beide  Bewegungen,  das  Arbeitsstück  steht 
still  (Bohrmaschinen,  grosse  Feilmaschinen  u.  a.). 

4t,  Das  Arbeitsstück  macht  beide  Bewegungen,  das  Werkzeug  ruht 
(selten). 

Zur  Ausführung  jener  ununterbrochenen  oder  periodisch  eintreten- 
den Bewegungen  muss  nun  jede  Werkzeugmaschine  mit  bestimmten 
Mechanismen  versehen  sein,  welche  in  fast  allen  Fällen  von  einer  um- 
laufenden Welle  aus  —  der  Gegentransmission  oder  dem  Decken- 
vorgelege —  ihren  Antrieb  erhalten,  indem  zunächst  durch  Riemen- 
übertragung die  Bewegung  jener  Welle  auf  einer  in  der  Maschine  liegen- 
den Antriebswelle  und  von  dieser  aus  theils  mittelbar,  theils  unmittelbar 
auf  jene  Mechanismen  übertragen  wird.  Es  handelt  sich  also  in  diesen 
Fällen  um  Verwandlung  der  gleichförmigen  Drehungsbewegung  der  in 
der  Maschine  liegenden  ersten  Antriebswelle  in  die  verschiedenen  Bewegun- 
gen der  einzelnen  Theile. 

Zur  einfachen  Uebertragung  der  Drehungsbewegung  jener  Antriebs- 
welle auf  einen  sich  gleichfalls  drehenden  Theil  der  Maschine  dienen 
Riemenscheiben  mit  Riemen,  Schnurläufe,  Zahnräder  oder  Schnecken- 
getriebe. Um  hierbei  auch  für  verschiedene  Durchmesser  und  verschie- 
denes Material  des  Arbeitsstücks  die  günstigsten  Geschwindigkeitsver- 
hältnisse  zu   erhalten,    die    Umdrehungszahl    des  Maschinentheils    also 


Werkzeugmaschinen. 


563 


verändern  zu  können,  ohne  die  Winkelgeschwindigkeit  des  Vorgeleges 
ändern  zu  müssen,  gehraucht  man  statt  der  einfachen  Riemen-  oder 
Schnurscheihen ,  Stufenscheihen  statt  eines  Paares  Zahnräder  mehrere 
ausrückhare  mit  verschiedenen  Umsetzungsverhältnissen.  Eine  häufig 
angewendete  Comhination  von  Stufenscheihe  und  ausrückharen  Zahn- 
rädern  wird    durch   die  in  Fig.  436   dargestellte  Anordnung  gehildet. 

Der  Antrieh  erfolgt  hier  vom  Decken- 
vorgelege aus  auf  die  Stufenscheihe  A, 
welche  drehhar  auf  der  Antriehs- 
welle  C  sitzt.  Mit  Ä  ist  das  Rad  tti 
fest  verbunden,  auf  der  Welle  sitzt 
das  Rad  h^  fest  und  empfangt  seine 
Bewegung  durch  Yermittelung  der 
Räder  &i  und  Os  von  Oi  aus.  Für 
jede  Umdrehung  der  Stufenscheibe  Ä 

macht   demnach    die  Welle    C    ,    - 

Dl  Da 

Umdrehungen,  wenn  die  Buchstaben 
Gl  02  u.  8.  f.  zugleich  die  Durchmesser  der  Räder  im  Tbeilkreise  bedeu- 
ten. Bringt  man  jedoch  die  Räder  &i  und  a^  durch  seitliche  Verschie- 
bung ausser  Eingriff  mit  ai  und  h^  und  verbindet  die  Stufenscheihe 
durch  eine  Schraube  oder  einfachen  Mitnehmer  unmittelbar  mit  bj,  so 
wird  deren  Umdrehungszahl  ohne  Weiteres  auf  C  übertragen.  Je  nach- 
dem man  den  Riemen  über  die  eine  oder  andere  der  vier  Scheiben  von 


Fig.  437. 


Ä  legt  und  die  Zwischengelege  ein-  oder  ausrückt, 
erhält  man  demnach  für  C  acht  verschiedene 
Geschwindigkeiten. 

Die  Anwendung  mehrerer  Paare  auswechsel- 
barer Räder,  sogenannter  Versatzräder  oder 
Wechselräder  ist  durch  Fig.  437  veranschaulicht. 
Die  Bewegung  soll  hier  von  der  Antriebswelle  Ä 
aus  auf  die  Welle  C  übertragen  werden,  und  es 
erfolgt  die  Uebertragung  nach  dem  Verhältnisse 

Ol   02 


h  h 


durch  die  vier  mit  den  betreffenden  Buch- 


staben bezeichneten  Räder.  Um  nun  diese  Räder 
mit  vier  anderen  von  beliebiger  Umsetzungszahl 
vertauschen  zu  können,  ist  die  Achse  der  Räder 
O2  und  &i  in  einem  drehbaren,  geschlitzten  Bügel 
B  befestigt,  wodurch  ihr  Abstand  von  Ä  und  C 
beliebig  und  der  Durchmesser  der  eingeschalteten 
Räder  der  verlangten  Uebersetzung  entsprechend 
geändert  werden  kann. 

Schneckengetriebe    dagegen    sind    nur    bei 
constanten  Bewegnngsverhaltnissen  gebräuchlich. 

36* 


564  TrennungBarbeiten. 

Dm  die  Drehnngebewegung  in  eine  hin*  and  hergehende  zn  verwan- 
deln, dienenQetriebe  mitZahustange,  Schranbenspindel  mit  Mnt- 
ter,  Schneckengetriebe  und  Zahnstange,  Kurbel  nnd  Schub- 
stange oder  Earbel  mit  Gleitstttck  nnd  Schleife. 

Bei  Anwendung  des  Getriebes  mit  Zahnstange  erfolgt  bei  dem  An- 
griffe jedes  nenen  Zahns  ein  kleiner  Stoss  und  die  Bewegung  wird  da- 
durch ungleichförmig.  Zur  Verringerung  dieser  Ungleichförmigkeil, 
welche  in  gleicher  Weise  die  Genauigkeit  des  Schnittes  beeinträchtigt, 
bringt  man  hfiu£g  zwei  neben  einander  sitzende  Getriebe  mit  Zahn- 
stangen in  solcher  Anordnung  an,  dass  jeder  Zahn  des  einen  Getriebes 
beziehentlicb  der  einen  Zahnstange  einer  Zahnlücke  des  daneben  liegen- 
den Getriebes  (Zahnstange)  gegen  aberliegt;  oder  für  einen  noch  regel- 
mässigem Eingriff  drei  Getriebe  mit  drei  Zahnstangen,  deren  Zähne 
jedesmal  um  '/i  der  Theilnng  gegen  die  Zähne  des  daneben  liegenden 
Getriebes  mit  Zahnstange  Terschoben  sind. 

Für  die  Rückwärtsbewegung  des  Arbeitsstücks  oder  Werkzeugs  nach 
einmaligem  Schnitte  muss  bei  Anwendung  der  drei  erstgenannten  Ue- 
chanismen  Umsteuerung  der  Maschine  stattfinden;  bei  Anwendung  einer 
Kurbel  mit  Schubstange  oder  Schleife  fflhrt  diese  selbst  den  Tor-  oder 
Rückwärtsgang  aus,  giebt  aber  nicht,  wie  die  ersteren,  eine  gleichför- 
mige, Bondem  die  bekannte  ongleichformige  Bewegung,  vom  todten 
Punkte  bis  zur  Mitte  des  Hubes  mit  wachsender,  von  da  bis  zum  zwei- 
ten todten  Pnnkte  mit  abnehmender  Geschwindigkeit.  Darin  bemht 
ein  für  die  Leistung  der  meisten  Maschinen  filblbarer  Uebelstand. 
Derselbe  wird  abgeschwächt  nnd  eine  annähernd  gleichförmige  Bewegung 
erzielt,  wenn  man,  wie  in  Fig.  438  skiszirt  ist,  auf  der  Antriebswelle 
ein  excentrischea  Getriebe 
'^'    '    ■  anbringt,   welches   in  ein 

um     seinen     Mittelpunkt 
drehbares  Ellipse urad  ein- 
..A'.j  greift,    dessen    Zäbneznfal 

-"-■'-'■'5\\  doppelt    so    gross    ist  aU 

^  die     des    excentrischen 

B    <|  I..'       Radesandauf desseuAchse 
die  Kurbel  befindlich  ist. 
i^:'-'-'--'''  9  üt  bier  das  excentrische 

Getriebe,  r  das  EUipsen- 
rad,    S  die   KurbeL      Die 

^ ■'*+ '■  Winkelgeschwindigkeit 

des  Ellipsenrades  ist  offen- 
bar am  grösaten,  wenn  der  grSsste  Theilkreishalbmesier  des  Rades  q  mit 
dem  kleinsten  EllipsenhalbmesBer  im  Eingriffe  steht,  eine  Stellnng, 
welche  während  einer  vollen  Drehung  von  r  zweimal  eintreten  wird; 
und  in  diesem  Angenblioke  muss  sich  die  Kurbel  im  todten  Punkt«  ihrer 
Bahn  befinden.      Die   Winkelgeschwindigkeit  des  Ellipsenrades    ist  da- 


Werkzeugmaschinen.  565 

gegen  am  geringsten  in  der  gezeichneten  Stellung  heim  Eingriffe  des 
kleinsten  Theilkreishalhmessers  des  Bades  q;  die  Eurhel  hat  nunmehr 
einen  Bogen  Yon  90  Graden  vom  todten  Punkte  ab  beschrieben  und 
befindet  sich  in  derjenigen  Stellung,  bei  welcher  die  erfolgende  gerad- 
linige Bewegung  die  grösste  Beschleunigung  erhält. 

Eine  gleiche  Wirkung  wird  erreicht,  wenn  man  statt  des  elliptischen 
Bades  ein  rundes  Bad  anwendet,  welches  in  der  Bichtung  der  durch  die 
Drehungspunkte  beider  Bäder  gelegten  Linie  verschiebbar  ist. 

Bei  diesen  soeben  beschriebenen  Mechanismen  findet  der  Bückgang 
in  gleicher  Geschwindigkeit  als  der  Vorwärtsgang  statt.  Bei  Maschinen, 
welche  nur  beim  Yorwärtsgange  schneiden  und  leer  zurückgehen,  kann 
es  jedoch  zweckmässig  sein ,  nach  einem  gleichmässigen  Yorwärtsgange 
einen  beschleunigten  Bückgang  eintreten  zu  lassen.  Bei  Anwendung 
der  Kurbel  zur  Bewegungsübertragung  giebt  es  hierfür  verschiedene 
Hilfsmittel. 

Wenn  man  z.  B.  statt  des  Ellipsenrades  mit  excentrischem  Getriebe, 
wie  es  in  Fig.  437  skizzirt  war,  zwei  Ellipsenräder  von  gleicher  Grösse 
anwendet,  die  sich  jedes  um  einen  ihrer  Brennpunkte  drehen,  so  er- 
hält man  die  kleinste  Winkelgeschwindigkeit  des  Eurbelrades,  wenn  der 
kleinste  Badiusvector  der  treibenden  Ellipse  mit  dem  grössten  Badius- 
vector  der  getriebenen  im  Eingriffe  steht;  und  wenn  die  Kurbel  hierbei 
auf  der  Mitte  zwischen  den  todten  Punkten  sich  befindet,  so  fällt  diese 
geringste  Winkelgeschwindigkeit  der  Kurbel  zusammen  mit  der  relativ 
grössten  Beschleunigung  der  geradlinigen  Bewegung.  Bei  weiterer  Dre- 
hung nimmt  die  Winkelgeschwindigkeit  zu,  die  Kurbelbewegung  ab; 
nach  einer  Drehung  um  90  Grade  ist  die  Kurbel  auf  dem  todten  Punkte 
angelangt,  die  beiden  Ellipsen  greifen  in  gleichen  Abständen  von  den 
Drehnngspunkten  zusammen,  besitzen  also  gleiche  Geschwindigkeit. 
Nun  wächst  aber  die  Winkelgeschwindigkeit  des  getriebenen  Bades,  zu- 
gleich auch  die  Entfernung  der  Kurbel  vom  todten  Punkte,  es  tritt 
somit  in  zweifacher  Hinsicht  Beschleunigung  der  geradlinigen  Bewegung 
ein.  In  dieser  Hälfte  des  Kurbelwegs  muss  mithin  der  leere  Bückgang 
stattfinden.  Die  Beschleunigung  erreicht  ihren  höchsten  Stand,  wenn 
die  Kurbel  in  der  Mitte  zwischen  beiden  todten  Pui^kten  angelangt  ist; 
der  grösste  Badiusvector  der  treibenden  Ellipse  greift  jetzt  in  den 
kleinsten  der  getriebenen;  nun  beginnt  allmälig  Yerlangsamung ,  bis  die 
Kurbel  wieder  auf  dem  todten  Punkte  angelangt  ist,  hier  in  die  zweite 
Hälfte  ihrer  Bahn  eintritt  und  diese,  während  die  Maschine  ihren  Yor- 
wärtsgang  ausführt,  in  der  oben  geschilderten  Weise  mit  anfanglich 
abnehmender  Winkelgeschwindigkeit  bis  zur  Mitte,  dann  mit  zunehmen- 
der Winkelge8ch?nndigkeit  durchläuft  und  dabei  eine  annähernd  gleich- 
mäaaige  Bewegung  der  Schubstange  bewirkt.  Man  wird  leicht  im  Stande 
sein,  durch  Skizziren  der  einzelnen  Kurbelstellungen  sich  diese  Yor- 
gänge  zu  veranschaulichen. 

In  anderer  Weise  wird  ein  gleicher  Erfolg  durch  Einschaltung  eines 


566  Treimuiig8arbeiten. 

CouliaseahebeU,  Fig.  439,  zwischeu  Kurbel  und  Schnbatange  erreicht, 

welcher  in  der  Ebene  der  Kurbelbewegnng  um  einen  festen  Drehungs- 

Fig.  43S. 


pnnkt  schwingt.  Die  Kurbel  greift  vermittelst  eines  Oleitstflcks  in  die 
Cualisse  (Schleife)  ein  und  bewirkt  hierdurch  Hin-  and  Herbewegung. 
Die  todt«n  Punkte  liegen  offenbar  da,  wo  der  Kurbelarm  rechtwinklig 
gegen  den  Hebel  gerichtet  ist.  Nun  ist  aber  der  Weg  zwischen  den 
beiden  todten  Punkten  in  dem  untern  Theile  der  Knrbelbahn  kleiner  als 
in  dem  obem,  bei  coustanter  Winkelgeschwindigkeit  der  Kurbel  wird 
also  auch  der  nntere  Weg  rascher  als  der  obere  zurückgelegt,  and  es 
ist  leicht  einziuefaen ,  doss  die  resoltirende  geradlinige  Bewegung  der 
Fig.  440.  Schabstange    annähernd  gleichförmig 

erfolgt,  so  lange  die  Kurbel  in  der 
grossem  Hälfte  ihrer  Bahn  verweilti 
dass  aber  eine  annehmende  Beschleu- 
nignng  eintritt,  sobald  die  Kurbel 
nach  Ueberschreitung  des  todten 
Punktes  in  die  andere  Wegeshälft« 
eingerückt  ist,  nnd  dass  diese  Be- 
schleunigung ihr  Mazimnm  erreicht, 
wenn  die  Kurbel  sich  in  der  Mitte 
I  zwischen  beiden  todten  Punkten  be- 
findet. Dann  tritt  VerzägeroQg  ein, 
I  bis  beim  zweiten  todten  Punkt«  wie- 
der jene  langsamere  gleichförmige 
Bewegung  ihren  Anfang  nimmt,  wäh- 
rend welcher  der  Vorwärtagang  der 
Maschine  stattfindet. 

Aehnlich  dem  Conliseenhebel  wirkt 
die  in  Fig.  440  nnd  441  abgebildete 
excentrlsche    Knrbelschleifc. 


Werkzeugmaschinen.  567 

In  dem  festotehendeo  Geh&nse  a  der  Mascbine  steckt  der  goaeeiBeme 
Zapfen  b,  bohl  gegoaseo  und  mit  excentrischer  Bohro&g  Teraehen,  wie 
E^,  441,  in    der    Stimansicht, 

Fig.  441,  durch  pnnk- 
tirte  Linien  angedeutet 
ist.  Um  diesen  feat- 
liegenden  Zapfen  dreht 
sich  oentriBch  das  Stirn- 
rad c,  welches  durch 
ein  in  der  AbbUdong 
nicht  gezeichnetes  Ge- 
triebe seine  Drehung 
I  erhält.      In    der  excen- 

trischen     Bohrung     des 
Zapfens  b  steckt    ein 
zweiter  masÜTer  Zapfen, 
welcher  die  Schlitzkur- 
bei    d    trägt.      An    der 
Rückseite     derselben, 
dem    Rade  zugewendet, 
befiudetsich  eine  radiale 
coulissen  artige  Führung 
(Schleife)  e  für  ein  Gleitstück/,  welches  in  bestimmter  Entfernung  vom 
Radmittel    an    die   Badscheibe  angesohraubt   ist,    also  gewiseermaaeeen 
die  Warze    eines    zweiten  Eurbelarms    bildet.      Bei    der  Drehung    des 
Radea  C  nimmt  das  Stück  /  die  Kurbel  d  mit  und  gleitet  dabei  inner, 
halb  des  Schlitzes  e  um  die  doppelte  fkcantricität  aus  and  ein.      Die 
todten  Pnnlite  der  Eurbelbabn  liegen  bei  der  abgebildeten  Anordnung 
in  der  durch  die  Achse  des  Eurbelzapfens  d  gelegten  Horizontalebene;  da 
aber/  eine  Kreislinie  um  den  Mittelpunkt  des  Rades  C  beschreibt,  so  fallen 
die  todten  Punkte  ebenfalls  in  diese  Kreislinie  und  theilen  dieselbe  in  einen 
grossem  und  einen  kleinem  Bogen,  deren  jeder  einem  einmaligen  Hube 
der  Maschine  entspricht.     Das  Gleitstück/  bewegt  sich  aber  mit  con- 
stanter  Winkelgeschwindigkeit  um  den  Mittelpunkt  seiner  Bahn;  es  ver- 
halten sich  demnach  die  Zeiten  zum  Durchlaufen  jener  Bögen  wie  die  Bogen- 
längen,  und  demzufolge  wird  der  Hub,  während  die  Kurbel  sich  im 
untern,    langem  Bogen    bewegt,    eine    entsprechend  längere  Zeitdauer 
beanspruchen,  als  während  der  Kur belbewe gang  im  obem  Bogen.     Die 
Maschine  wird  nun  durch  die  Scbubetange  (deren  Angriffspunkt  inner- 
halb des  Kurbelscblitzes  zur  Aendemng  der  Hublänge  veränderlich  ist) 
derartig  mit  der  Kurbel  rerbunden,  daae  sie  während  der  langsamem 
Bewegung  schneidet,  während   der  raschem  leer  zurückläuft;  nnd  ans 
denselben  Gründen  wie  bei  der  Bewegung  durch  einen  Coulissen hehel 
wird  die  erstere  Bewegung  annähernd  gleichförmig,  die  andere  ungletch- 
förmig  ausfallen.     Die  beiden  Schrauben  xF  dienen  zum  Festhalten  und 


568  Trennungsarbeiten. 

Einstellen  einer  zum  Aiiswechseln  eLagerioliloten  metalleiten  Gleitbacke 
innerhalb  des  Schlitzes  e. 

Der  Umstand,  dass  bei  der  BewegnngsÜbei*tragung  durch  eine 
Eorbel  die  Länge  des  Hubes  der  Maschine  von  der  Länge  des  Kurbel- 
arms  abhängig  bleibt  und  dieselbe  sich  begreiflicherweise  nicht  über 
ein  gewisses  Maass  ausdehnen  lässt  ohne  die  Construction  schwerfallig  zu 
machen,  beschränkt  die  Anwendung  der  Kurbel  för  die  Hauptbewegung 
nur  auf  Maschinen  für  geringere  Schnittlängen. 

Der  Antrieb  der  Mechanismen  für  die  Schaltbewegung  pflegt  von 
einer  der  umlaufenden  Hauptwellen  der  Maschine  aus  zu  geschehen, 
und  zwar  durch  zwischengeschaltete  Riemenscheiben,  Zahnräder  oder 
Schneckengetriebe,  falls  die  Schaltbewegung  ununterbrochen  fortgehen 
soll;  durch  Kurbelscheiben,  Excenter,  Nuthenscheiben  oder  Hebedaumen, 
falls  dieselbe  ruckweise  geschieht.  In  letzterm  Falle  befindet  sich  zwi- 
schen diesem  die  Bewegung  übertragenden  Mechanismus  und  dem  für 
die  Schaltbewegung  bestimmten  Theile  ein  Sperrzeug  oder  Schalt- 
werk, meistens  durch  Hebel  und  Zugstangen  mit  jenem  verbunden, 
um  die  ununterbrochene  Bewegung  der  Maschine  in  die  ruckweise  der 
Schaltung  zu  verwandeln.  Meistens  besteht  dieses  Schaltwerk  aus  Zahn- 
rad mit  Sperrklinke. 

Als  Umsteuerungsmechanismen  für  solche  Werkzeugmaschi- 
nen, deren  geradlinige  Bewegung  nicht  durch  eine  Kurbel  erzeugt  wird, 
dienen  ein  offener  und  ein  gekreuzter  Riemen  mit  einer  festen  und  zwei 
losen  Riemenscheiben;  oder  ein  Riemen  mit  einer  losen  und  zwei  festen 
Scheiben,  von  denen  die  eine  direct,  die  andere  durch  Zwischengelege 
den  Antrieb  bewirkt;  oder  dergleichen.  Bei  der  letzterwähnten  Anordnung 
lässt  sich  mit  Leichtigkeit  veränderte  Geschwindigkeit  für  Hin-  und  Rück- 
gang einrichten. 

Die  Verschiebung  der  Riemen  in  diesen  Fällen  geschieht  fast  immer 
selbstthätig  bei  beendigtem  Hube  durch  die  Werkzeugmaschine  selbst, 
indem  dieselbe  vermittelst  eines,  beziehentlich  zweier,  an  dem  bewegten 
Theile  befindlichen  verstellbaren  Stossknaggen  durch  Vermittelung  eines 
Systems  von  Hebeln  und  Zugstangen  die  Riemengabel  vorschiebt. 

Die  meisten  dieser  der  bessern  Uebersicht  halber  schon  hier  er- 
wähnten Bewegungs-  und  Steuerungsmechanismen  werden  durch  die  unten 
folgenden  Abbildungen  ausgeführter  Werkzeugmaschinen  fernere  Er- 
läuterung finden. 


Werkzeugmaschinen.  569 


Literatur  über  Werkzeugmaschinen  und  Werkzeuge. 

Ausser  den  unten  für  jede  besondere  Gattung  von  Werkzeugmaschi- 
nen gegebenen  literarischen  Nachweisen  sind  folgende  Werke  für  das 
Studium  der  Werkzeugmaschinen  im  Allgemeinen  wie  im  Besondern 
empfehlenswerih  und  für  die  unten  folgenden  Besprechungen  mehrfach 
benutzt  worden: 

J.  Hart,  Die  Werkzeugmaschinen  für  den  Maschinenbau  zur  Metall- 
und  Holzbearbeitung.  Zweite  umgearbeitete  Auflage,  Mit  einem 
Atlas  von  72  lithographirten  Tafeln,  Heidelberg  1874. 

Earmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  5.  Aufl.,  S.  225  ff. 

Hoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  218  ff. 

Wiebe,  Die  Maschinenbaumaterialien,  S.  529  ff. 

Hart  ig,  Versuche  über  den  Arbeitsyerbrauch  der  Werkzeugmaschinen. 
Leipzig  1873. 

£.  A.  Y.  Hesse,  Die  Werkzeugmaschinen  auf  der  Wiener  Ausstellung, 
Leipzig  1874. 

Wencelides,  Hilfsmaschinen  und  Werkzeuge  für  Eisen-  und  Metall- 
bearbeitung (Bericht  über  die  Weltausstellung  in  Philadelphia). 
Wien  1877. 


570  Trennungsarbeiten« 


3.    Die  formgebenden  Geräthe  tmd  das  Arbeitsverfahren. 


A.    Ger&the  zum  Absoheeren. 

a.    Scheeren. 

Wenn  die  Abscheerung  in  einer  o£Penen  Linie  erfolgt,  so  heisst  das 
Werkzeug  Sc  beere.  In  den  meisten  Fällen  wird  eine  Scbeere  zur  Zer- 
tbeilung  eines  Stücks  in  zwei  nach  einer  geraden  Trennungslinie  be- 
nutzt werden,  zum  Abtrennen  der  Rander  u.  s.  w.;  es  ist  dabei  aber 
nicht  ausgeschlossen,  dass  durch  Aneinanderi'eihen  mehrerer  solcher 
nach  einander  herrorgebrachter  Schnitte  eine  geschlossene  Figur  — 
Dreieck,  Polygon,  selbst  ein  Kreis,  sofern  man  sich  denselben  als  ein 
Polygon  mit  unendlich  vielen  kleinen  Seiten  denken  kann,  aus  einem 
vollen  Metallstüoke  losgetrennt  werde. 

Der  wirksame  Theil  der  Scheere  besteht  aus  zwei  Stahlbl&tiern 
(Schneiden),  welche  in  Parallelebenen  an  einander  vorbei  geführt  werden 
und  deren  gegen  das  Arbeitsstück  gerichtete  Flächen  aus  früher  ent- 
wickelten Gründen  um  einen  Winkel  von  75  ^is  85  Grad  gegen  die  Be- 
wegungsebene geneigt  sind  (Fig.  442).  Ob  bei  den  Scheeren  beide 
Fi     442  Schneiden  bewegt  werden,  oder  ob  die  eine  ruht  und 

nur  die  zweite  in  Bewegung  gegen  die  erstere  versetzt 
wird,  ist  natürlich  für  den  Erfolg  gleichgültig,  und 
man  findet  deshalb  beide  Anordnungen  vertreten. 
a^,..  Die  Schneiden  bilden  einen  Theil  der  Soheeren- 

7  '/''A  backen  oder  Scheerenblätter  und  sind  mit  den- 
selben entweder  im  Ganzen  gefertigt  oder  bei  grösseren 
Scheeren  für  sich  aus  Gussstahl  hergestellt  und  in  jene 
eingesetzt.  Nach  der  Art,  wie  die  Bewegung  der 
Schneiden  erfolgt,  unterscheidet  man  folgende  Gattun- 
gen von  Scheeren: 


UL- 


'\t 


Bogenscheeren,  Hebelscheeren  oder  Maulscheeren.  Wie  der 
Name  Hebelscheeren  andeutet,  erfolgt  die  Bewegung  durch  die  Wirkung 
des  Hebels;  und  zwar  ist  bei  diesen  Scheeren  ebensowohl  das  Princip 
des  einarmigen  als  des  zweiarmigen  Hebels  in  Anwendung. 


Scheeren. 


571 


Eine  Hebelscheere  der  letztern  Art  in  der  einfachsten  Form  ist  in 
Fig.  443  abgebildet.  Dieselbe  ist  zweischenklig,  und  das  Schneiden 
erfolgt  durch  Zusammendrücken  beider  Schenkel  mit  der  Hand.     Man 

Fig.  443.  nennt  sie  Hand  scheeren.  Die  Länge 

der  Schenkel  beträgt  100  bis  300  Mm., 
die  Länge  der  Schneiden  30  bis  100 
Millimeter  Diese  Scheeren  eignen  sich 
nur  zum  Zerschneiden  feiner  Bleche 
und  Stäbe.  Um  den  durch  mensch- 
liche Kraft  ausgeübten  Druck  wirksamer  zu  machen,  verlängert  man  wie 
bei  der  in  Fig.  444  abgebildeten  Scheere  den  obern  Schenkel  und  be- 

1^  festigt  den   untern   mit 

Hilfe  einer  angeschmie- 
deten oder  angenieteten 
Angel  in  einem  Holz- 
blocke oder  im  Schraub- 
stocke und  nennt  die 
Scheeren  von  dieser  Form 
Stockscheeren  oder 
Bockscheeren.  Bei 
denselben  ist  nur  die 
untere  Schneide  beweg- 
lich und  der  ganze  Druck, 
welchen  der  Arbeiter 
auszuüben  fähig  ist,  und 

welcher  ersichtlicher 
Weise  bei  dieser  Anord- 
nung erheblich  beträcht- 
licher ausfallen  muss, 
als  bei  dem  Zusammen- 
drücken beider  Schenkel  mit  der  Hand,  wird  nunmehr  durch  den  langem 
Hebelarm  c  auf  die  Schneiden  übertragen.  Um  jedoch  beim  Schneiden 
stärkerer  Bleche  oder  Eisenstücke  (bis  2  Mm.  Stärke)  den  ausgeübten 
Druck  noch  mehr  verstärken  zu  können ,  lässt  sich  bei  der  abgebildeten 
Scheere^)  der  Hebel  c  durch  den  Bügel  h  mit  einem  einarmigen  Hebel  a 
verbinden ,  so  dass  bei  Benutzung  dieses  letztem  der  Druck  durch  eine 
doppelte  Hebelübersetzung  auf  die  Schneiden  übertragen  wird.  Die 
Länge  der  Scheerenblätter  der  abgebildeten  Stockscheere  ist  200  Mm. 

E^e  Scheere  nach  dem  Principe  des  einarmigen  Hebels,  an  einem 
Tische  mit  gusseisemer  Platte  befestigt  und  deshalb  Tafelscheere  ge- 
nannt, zeigt   die  Fig.  445')  (a.  f.  S.).      Die   Schneide  derselben  ist  er- 


1)  Aus  der  durch  ihre  Werkzeugmaschinen  für  Blecharbeiter  lühmlichst 
bekannten  Fabrik  von  Erdmann  Kircheis  in  Aue  (Sachsen). 
^  Eben&lls  von  E.  Kiroheis  in  Aue. 


572  Trennuiigsarbeiten. 

beblicb  lioger  als  b«i  den  zweiarmigen  Hebelscheeren ,  so  dass  man  mit 

grösseren  Scheeren  dieser  Art  im  Stande  ist  Schnitte  bis  sä  1  M.  Länge 

Fig.  445. 


anaznfübren.  Die  untere  Scbneide  ist  an  der  vor  dem  Tische  befind- 
lichen eisernen  Wange  angeschranbt.  Die  Tischplatte  trägt  zwei  eiserne 
rechtwinklig  gegen  die  Messer  gerichtete  Lineale  aa  und  zwischen 
denselben  ein  verstellbares,  den  MesHern  paralleles  Lineal,  welche  fär 
die  BlecbstQcke  als  Anlage  dienen,  wenn  Schnitte  rechtwinklig  oder 
parallel  zu  einer  vorhandenen  Kante  ansgeftlbrt  werden  sollen.  Das  am 
Hebel  befindliche  Gegengewicht  hält  denselben  während  der  Rahe  in 
.  seiner  höchsten  Stellung,  damit  die  Bleche  beqnem  eingelegt  werden 
können. 

Zum  Schneiden  stärkerer  MetallstQcke  werden  die  Uebelscheeren 
fUr  den  Betrieb  durch  Elementarkraft  eingerichtet  nnd  beisten  dann 
Mascbinenscbeeren.  Sie  finden  vorzugsweise  zum  Zerschneiden  stab- 
förmiger,  in  Walzwerken  dargestellter  Körper  in  bestimmte  Längen, 
ausserdem  aber  auch  zum  Zerschneiden  von  Blechen  viel&cbe  Anwen- 
dung. 

Meistens  ist  bei  ihnen  der  zweiarmige  Hebel  vertreten;  nur  in 
seltenen  Fällen  finden  Scheeren  nach  Art  der  in  Fig.  415  abgebildeten 
einarmigen  Scheeren  mit  Maschinenbetrieb  Yerwendung.  Die  Soheeren- 
backen  wie  der  Hebel  besteben  meistens  ans  Gusseisen  nnd  die  Schnei- 
den (Messer)  sind  durch  Schrauben  an  denselben  befestigt.  Scheeren, 
welche  znm  Zerschneiden  bestimmter  Speciolartilcel  dienen,  erhalten  bis- 
weilen Schneiden  mit  entspreobeod  geformten  Schneidkanten;  so  s.  B. 


Scheeren.  573 

giebt  man  der  obem  Schneide  einer  zum  Zertheileo  von  Winkeleisen 
dienenden  Soheere  einen  ans  der  geraden  Unie  vorspringenden  Zabn, 
der  untern  eine  entsprechende  Vertiefung.  Die  untere  Backe  ist  fest, 
die  obere  beweglich,  und  die  Anordnung  demnach  umgekehrt  als  bei 
der  in  Fig.  444  abgebildeten  Bockscbeere.  Die  Bewegung  des  Scheeren- 
hebels  erfolgt  von  einer  sich  drehenden  Welle  ans  entweder  durch  eine 
excentrische  Scheibe,  welche  unter  dasEnde  des  Hebels  fasst  und  diesen 
empordrQckt,  somit  die  Backen  schliesst,  w&hreDd  das  eigene  Gewicht 
bei  der  Drehnng  des  Excenters  das  Hebelende  wieder  sinken  läest  und 
dadurch  die  Backen  SfTnet;  oder  durch  Kurbel  und  Zugstange,  in  wel- 
chem Falle  der  Hebel  vom  Drehnngspunkte  ab  ann&hernd  senkrechte 
Lage  erhält  und  demnach  mit  der  Richtung  der  Schneiden  im  Winkel 
steht  (Winkelscheeren). 

Fig.  44S  giebt  eine  Abbildung  einer  Scheere  der  erstem  Art     Die 
bewegliche  Backe  ist  aus  Gusseiseu  mit  dem  Hebel  ans  einem  Stücke 
gefertigt,  während  die  gossstählerne  Schneide  durch  Schrauben  mit  ver- 
Fig.  449. 


senkten  coniechen  Köpfen  an  der  Backe  befestigt  ist.  Mit  gswei  Zapfen 
ruht  der  Hebel  in  den  gusBeisernen  Lagern ,  welche  aof  einer  Sohtplatte 
aufgegossen  und  mit  dieser  auf  einem  Fundamente  befestigt  sind.  Das 
eine  der  Lager  trägt  die  feststehende  Schneide  und  dient  zugleich  als 
feste  Auflage  für  das  Arbeitsstück ;  in  dem  gegenüberliegenden  ist  eine 
senkrechte  Metallplatte  mit  Stellschrauben  "befestigt,  welche  gegen  den 
Scbeerenbebel  drückt  und  denselben  in  naher  Berühmng  mit  der  fest- 
stehenden Schneide  erhält,  um  eine  Klemmung  des  Arbeitsstücks,  her* 
vorgerufen  durch  ein  Auseinandergehen  der  Schneiden,  zn  yermeiden. 

In  der  abgebildeten  Scheere  muss  die  Befestigung  des  Hebels  Ter- 
mittelst  Darchsteckens  und  Verkeilens  des  Zapfens  von  auHsen  durch 
die  Bohrungen  der  Lager  und  des  Hebek  geschehen,  nachdem  der  Hebel 
an  seine  Stelle  gebracht  worden  ist;  häufiger  dürft«  die  Einrichtung 
sein,  dass  nur  eins  der  beiden  Lager  angegossen,  das  andere  in  Nasen 
der  Sohlplatte  verkeilt  ut. 


574  Trennungsarbeiten. 

Damit  der  Schnitt  allmälig  vor  sich  gehe,  giebt  man  dem  Drehangs- 
ponkte  eine  solche  Lage,  dass  bei  horizontaler  Stellung  der  beweglichen 
Schneide  dieselbe  etwas  tiefer  (20  bis  30  Mm.)  als  die  feste  zu  liegen 
kommt;  insbesondere  legt  man  bei  Blechscheeren,  wie  die  yorstehend  ab- 
gebildete, den  Drehungspunkt  so  tief,  dass  das  Blech  oberhalb  des 
Zapfens  zu  liegen  kommt  und  der  letztere  mithin  den  Vorschub  des 
Blechs  nicht  behindert.  Sind  dagegen  die  zu  schneidenden  Arbeits- 
stücke schmal  und  dabei  starker  als  gewöhnliches  Blech  —  z.  B.  Qua- 
drat- und  Rnndstäbe  — ,  so  macht  man  die  Schneiden  kürzer,  wodurch 
ein  günstigeres  Verhältniss  der  Hebelarmlängen  entsteht,  legt  den  Dre- 
hnngspunkt  höher  und  schwächt  dadurch  die  Neigung  der  geöffneten 
Schneide,  das  Arbeitsstück  in  horizontaler  Richtung  herauszudrücken. 
Dieses  Herausdrücken  wird  stets  eintreten,  sobald  der  Winkel,  welchen 
die  geöffneten  Schneiden  einschliessen,  grösser  ist  als  der  Reibungswinkel 
zwischen  Arbeitsstück  und  Schneide;  mithin  um  so  leichter,  je  weiter 
die  Schneiden  geöffnet  sind.  Hieraus  ergiebt  sich  für  geradlinig  ge- 
formte Schneiden,  um  das  übermässige  Oefinen  des  Scheerenmauls  zu 
vermeiden,  die  Nothwendigkeit,  das  Arbeitsstück  um  so  entfernter  Tom 
Drehungspunkte  zwischen  die  Schneiden  zu  bringen,  je  beträchtlicher 
seine  Dicke  ist;  um  so  ungünstiger  fällt  aber  auch  die  Hebelwirkung 
beim  Schneiden  aus  und  um  so  kürzer  die  Schnittlänge.  Der  Uebel- 
stand  lässt  sich  beseitigen,  wenn  statt  der  geradlinigen,  beweglichen 
Schneide  eine  gekrümmte  angewendet  wird  (wie  es  z.  B.  bei  der  in  Figur 
445  abgebildeten  Tafelscheere  geschehen  ist),  deren  Radiusvector  mit 
der  Tangente  einen  gleichbleibenden  Winkel  beschreibt,  während  die 
feststehende  Schneidkante  durch  den  Anfangspunkt  der  Curve  geht. 
Für  kurze  Schneiden  erfüllt  ein  flacher  Kreisbogen  annähernd  genau  diese 
Bedingung;  vollständig  wird  der  Zweck  erreicht,  wenn  die  obere  Schneide 
die  Form  einer  logarithmischen  Spirale  besitzt. 

Die  Anzahl  der  von  einer  durch  Elementarkraft  betriebenen  Hebel- 
scheere  ausgeführten  Schnitte  schwankt  nach  der  Stärke  des  Materials 
und  Länge  der  Schneiden  zwischen  25  bis  60  per  Minute;  als  erforder- 
liche Betriebskraft  rechnet  man  für  Scheeren  zum  Zerschneiden  kleinerer 
Gegenstände  (Bleche,  Feineisen  etc.)  2  bis  3  Pferdekräfte,  für  grössere 
Scheeren,  zum  Zerschneiden,  von  groben  Eisenstäben  bestimmt,  4  bis 
6  Pferdekräfte. 

Parallelscheeren  (Rahmenscheeren).  Der  bei  geradlinigen 
Schneiden  der  Bogenscheeren  hervortretende  Uebelstand  eines  veränder- 
lichen Scheerwinkels  wird,  ausser  durch  die  schon  erwähnte  Formung 
der  Schneide  nach  einer  Curve,  vermieden,  wenn  die  bewegliche  Schneide 
statt  der  bogenförmigen  Bewegung  eine  geradlinige,  normal  gegen  die 
festliegende  gerichtete  Bewegung  erhält.  Dadurch  wird  zugleich  die 
Möglichkeit  gegeben,  auch  sehr  breite  Stücke,  z.  B.  breite  Bleche,  mit 
einem  einzigen  Schnitte  zu  trennen,  falls  die  Schneiden  lang  genug  sind, 
während  bei  den  Hebolscheeren  in  Folge  des  Umstandes,  dass  die  Wir- 


Scheeren.  575 

knng  mit  dem  zunehmenden  Abstände  vom  Drehnngspnnkte  sich  Ter- 
ringert, ein  Zertheilen  sehr  breiter  Arbeitsstücke  nur  durch  mehrere  auf 
einander  folgende  Schnitte  unter  stetem  Vorschieben  des  Arbeitsstücks 
zu  ermöglichen  ist. 

Die  untere  Schneide  liegt  auch  hier  fest  und  besitzt  eine  horizontale 
Oberkante,  die  obere  wird  zwischen  zwei  senkrechten  Führungen  auf 
und  nieder  bewegt.  Damit  der  Schnitt  nicht  auf  die  ganze  Länge  in 
einem  einzigen  Augenblicke  erfolge,  sondern  der  Widerstand  gegen  das 
Abscheeren  allmälig  überwunden  werde,  besitzt  die  obere  Schneide  eine 
Neigung  gegen  die  Horizontale  von  7  Grad  bei  kürzeren,  von  Z'^j^  Grad 
bei  sehr  langen  Schneiden;  oder  man  giebt,  um  den  erforderlichen  Hub 
(dessen  Höhe  natürlich  mit  dem  Neigungswinkel  und  der  Länge  der 
Schneide  wächst)  nicht  allzu  sehr  zu  yergrössem,  sehr  langen  Schneiden 
auch  wohl  die  Form  eines  stumpfen  Winkels,  dessen  Scheitelpunkt  in  der 
Mitte  liegt  und  dessen  Schenkel  von  den  Endpunkten  nach  dem  Scheitel  unter 
jenem  Winkel  ansteigen.  Die  Bewegung  erfolgt  gewöhnlich  durch  £xcenter 
und  Druckstange;  und  zwar  pflegt  bei  kleinen  Scheeren  mit  Schneiden 
bis  zu  600  Mm.  Länge  eine  einzige  Druckstange  auf  die  Mitte  eines 
Gleitstücks  zu  wirken,  welches  die  Schneide  trägt,  während  die  Achsen- 
richtung der  Betriebswelle  parallel  der  horizontalen  Schneide  Hegt,  und 
demnach  die  Bewegung  des  Fxcenters  und  der  Drückstange  in  einer 
normal  gegen  die  Schneidenrichtung  gerichteten  Verticalebene  erfolgt. 

Bei  grösseren  Parallelscheeren  jedoch  zum  Zerschneiden  starker  und 
breiter  Bleche  würden  durch  den  Antrieb  an  nur  einer  Stelle  in  der 
Mitte  der  Schneide  sehr  leioht  Klemmungen  an  den  Enden  hervorgerufen 
werden.  Man  befestigt  deshalb  diese  langen  Schneiden  in  einem  ent- 
sprechend starken  Horizontalbalken,  welcher  durch  Gegengewichte  das 
Bestreben  erhält,  emporzusteigen,  und  bewirkt  das  Niedergehen  durch 
zwei  an  den  Enden  des  Balkens  angreifende  Druckstangen,  welche  ent- 
weder von  einer  gemeinschaftlichen  doppelt  gekröpften  Welle  aus  in  glei- 
cher Weise  wie  die  Druckstangen  der  kleineren  Scheeren  oder  auch,  da 
eine  solche  Welle  mit  zwei  Kröpfungen  schwieriger  herzustellen  ist, 
häufiger  von  zwei  parallelen  Achsen  aus  bewegt  werden,  deren  Richtung 
normal  gegen  die  Bichtung  der  Schneiden  gerichtet  ist,  und  an  deren 
freien  Enden  die  Excenter  befindlich  sind. 

Der  Betrieb  der  Parallelscheeren  erfolgt  entweder  von  einer  Trans- 
mission aus  oder  direct  durch  eine  Dampfmaschine;  während  des  Leer- 
gangs  überträgt  die  Maschine  ihre  Arbeit  an  ein  Schwungrad  und  die 
in  solcher  Weise  angesammelte  Arbeit  ist  es  hauptsächlich,  durch  welche 
der  Schnitt  erfolgt. 

Um  das  Einlegen  der  Arbeitsstücke  zu  erleichtern,  ist  bei  den 
meisten  Parallelscheeren,  insbesondere  allen  grösseren,  Vorkehrung  ge- 
troffen, durch  welche  die  Druckübertragung  ausgerückt  werden  kann, 
während  die  Antriebswelle  ununterbrochen  ihre  Bewegung  behält;  erst 


h'G  Trenniingsarbeiten. 

wenn  das  Blecb  die  richtige  Lage  erhalten  hat,  wird  eingerückt  nnd  der 
Schnitt  aoBgeführt. 

Zur  ErUntcrnng  hierfür  möge  die  in  den  Hgnren  447  bia  450  gegebene 
Abbildung  einer  groaaen  Blechtcheere  dienen  i);  and  zwar  ist  Fig.  447 
Vorderanricht,  Fig.  448  Seitenansicht  beziehentlich  senkrechter  Schnitt 
dnrch  die  Mitte  der  Maschine,  Fig.  449  Ansicht  von  hinten  nnd  Figar 
450  Schnitt  nach  der  Linie  JUN.  Der  Betrieb  erfolgt  hier  dnrch  den 
an  der  Rückseite  des  Scheerengerüstes  angeschraubten  Dampfcj-l Inder  p, 
Fig.  4*7. 


welcher  vermittelst  Schabstange  and  Kurbel  die  Welle  a  des  Schwaograds 
S  in  Drehnng  versetzt.  Anf  derselben  Welle  befindet  sich  das  kleine  ver- 
zahnte Rad  b,  welches  die  Bewegung  zunächst  auf  das  Rad  c  nnd  vermittelst 
des  auf  derselben  Welle  mit  c  sitzenden  Getriebes  d  auf  die  beideo  Stirn- 
räder ee  fortpflanzt.  Die  Achsen  dieser  letzteren  tragen  die  Excenter, 
welche  auf  die  mit  ihnen  verbnndenen  Dmckstangen //  wirken.  Beim 
Niedergange  drücken  die  letzteren  gegen  zwei  Untersätze  uu,  welche  ans- 
weohaelbar  auf  der  Platte  g  befestigt  sind,     g  trägt  an  der  untern  Seite 


ParalleUcheeren. 

Pig.  4*8. 


r,  HMchuilKb-inatallnTgiKhe  T«hiH)losia. 


578  TrennungBarbeiteu. 

die  obere  Schneide  und  wird  theila  zwischen  zwei  gehobelten  BchrSgen 
LeiBten  bb,  welche  stellbar  in  dem  Rahmenstücke  befestigt  rind,  geführt, 
iheils  schleift  sie  mit  ihrer  Rückaeite  an  dem  Gerüste.  Beide  Drücker  // 
sind  durch  eine  horizontale  in  Fig.  447  ereichtliche  Traverse  n  anter  sich 
nnd  dnrch  eine  Zugstange  n  mit  dem  an  der  linken  Seite  der  Scbeere 
befindlichen ,  mit  einer  Fallkogel  beschwerten  Winkelhebel  t»  verbunden. 
Dnrch  Niederdrücken  des  Handgriffs  erfolgt  in  leicht  erkennbarer  Weise 
Ansrücknng  nnd  die  Drücker  gleiten  nunmehr  in  echriger  Lage  neben 
den  Untersätzen  u  u  aof  und  nieder.  Ein  am  Winkelhebel  befestigter 
Bügel  o,  welcher  bei  der  Ansrücknng  gegen  einen  am  Ständer  befind- 
Fig.  450. 


liehen  Anschlag  trifit,  begrenzt  die  Bewegung  nach  beiden  Seiten  hin, 
während  zugleich  eine  an  der  linken  Seite  jedes  Drückers  angegossene 
Nase  die  richtige  Stellung  desselben  beim  Wiedereinrücken  sichert.  Der 
Anhnb  der  Platte  g  erfolgt  dnrch  zwei  Hebel  1,  deren  kürzere  Enden  anter 
eine  an  der  Platte  angegossene  Rippe  oder  Nase  greifen,  während  die  län- 
geren Enden  an  schmiede  eisernen  Stangen  Gegengewichte  tragen,  eben  aus- 
reichend schwer,  um  dos  Gewicht  der  Platte  sammt  Reibang  zu  überwinden. 
In  dem  höchsten  Stande  der  Platte  setzen  die  Gewichte  auf  Untersätze  anf, 
somit  den  Hab  beendigend.  Ansser  diesen  Gegengewichten  bewirken 
aaoh  die  an  den  Excentem  aufgehängten  Zngstangen  mit  Bügeln  ht  ein 
Emporziehen  der  Platte,  falls  jene  Gewichte  nicht  aasreichend  sein  soll- 
ten, die  Reibnog  zn  überwinden;  in  dem   hücbsten   Staude  der  Platte 


Ereisscheereii. 


579 


dagegen  geBtatten  die  erwähnten  Bügel,  wie  leicht  ersichtlich  ist,  eine 
freie  Bewegung  der  Excenter,  ohne  dass  ein  Dmck  ansgeübt  wird. 

Ein  je  grösseres  Gewicht  das  Schwnngrad  der  Parallelscheeren  be- 
sitzt nnd  je  weniger  Schnitte  in  gegebener  Zeit  ansgef&hrt  werden,  desto 
geringer  braucht  die  erforderliche  Betriebskrafb  za  sein.  Nach  Hauer 
giebt  man  den  grosseren  Scheeren  für  Bleche  bis  zu  2  M.  Lange  einen 
Dampfcylinder  von  200  bis  300  Mm.  Durchmesser  bei  3  Atmosphären 
Dampfüberdruck,  400  bis  600  Mm.  Hub  und  100  bis  150  Doppelhübe  per 
Minute  mit  6-  bis  18-focher  Umsetzung,  während  das  Schwungrad  bei 
1,6  bis  2  M.  Durohmesser  800  bis  1200  Kilogramm  Gewicht  erhält. 

KreisBCheeren  (Circularscheeren).  In  einer  von  der  bisher  be- 
schriebenen Art  und  Weise  abweichenden  Form  lässt  sich  die  Aufgabe, 
die  Schneiden  unt«r  einem  constanten  Winkel  gegen  das  Arbeitsstück 
wirken  zu  lassen ,  auch  erreichen ,  wenn  man  der  beweglichen  Schneide 
Kreisform  giebt  und  sie  um  ihren  Mittelpunkt  dreht,  so  dass  nach  und 
nach  jeder  Punkt  des  Umfange  zum  Schneiden  gelangt,  während  das 
Arbeitsstück  stetig  gegen  die  Schneide  yorgeschoben  wird.  Je  weiter 
hierbei  die  beiden  Schneiden  über  einander  greifen  und  je  kleiner  der 
Durchmesser  der  Scheibe  ist,  desto  grösser  wird  natürlicherweise  der 
Scheerwinkel  (aus  Tangente  an  der  Angriflfsstelle  und  Bewegungsrichtung 
des  Arbeitsstücks)  und  desto  leichter  erfolgt  ein  Znrückstossen ,  sobald 
dieser  Scheerwinkel  grösser  wird  als  der  Reibungswinkel.  Hierbei  kann 
die  eine  Schneide,  wie  bei  den  bisher  besprochenen  Scheeren,  fest  sein; 
zweckmässiger  ist  es  in  diesem  Falle,  beide  Schneiden  kreisförmig  zu 
machen  und  sich  in  entgegengesetzter  Bichtung^ehen  zu  lassen,  wodurch 
eine  selbstthätige  Verschiebung  des  Arbeitsstücks  erleichtert'  wird. 

Da  die  Länge  der  Schneiden  einer  solchen  Kreisscheere  endlos  ist,  so 
ist  auch  die  Länge  der  mit  derselben  zu  schneidenden  Arbeitsstücke  unbe- 
grenzt, und  hierin  liegt  ein  wesentlicher  Vortheil  derselben;  leider  ist  jedoch 

aus  sogleich  zu  erörternden 


Fig.  451. 


Gründen  nicht  dasselbe 
mit  der  Dicke  der  Ar- 
beitsstücke der  Fall,  und 
es  beschränkt  sich  des- 
halb die  Anwendung  der 
Kreisscheeren  auf  das 
Zerschneiden  dünnerer 
Gegenstände,  insbesondere 
Bleche. 

Es  seien  in  Fig.  45 1 
ÄnndB  die  beiden  kreis- 
förmigen Schneiden  mit 
den  Halbmessern  r,  Durch- 
messern d^  C  das  gegen 
dieselben  vorgeschobene 
37* 


580  Trennungsarbeiten. 

Arbeitsstück  von  der  Starke  Ö,  a  der  Winkel  zwischen  Tangente  an  der 
Angriffsstelle  und  Bewegnngsrichtnng  des  Arbeitsstücks  (da  zwei  kreis- 
förmige Schneiden  vorhanden  sind,  ist  in  diesem  Falle  cc  gleich  dem 
halben  Scheerwinkel) ,  ß  der  Tangentenwinkel  an  derjenigen  Stelle,  wo 
die  beiden  Kreislinien  sich  schneiden,  so  hat  man  folgende  Beziehungen: 

8 

—  =  ab  =  rcosß  —  rcosa 

8  =z  2r  (coaß  —  cosa)  ^=  d  (cosß  — cosa). 
Hieraus  folgt  ohne  Weiteres ,  da  der  Werth  cos  cc  mit  zunehmendem 
Werthe  von  8  abnimmt,  cos  ß  um  so  grösser  ausfällt,  je  weniger  die  Schnei- 
den über  einander  greifen,  dass  mit  zunehmender  Stärke  des  Metallstücks 
auch  der  Durchmesser  d  der  Scheiben  wachsen  oder  ß  verkleinert  werden 
muBS.  Nun  soll  aber,  damit  nicht  ein  Zurückstossen  des  Arbeitsstücks 
eintrete,  a  kleiner  als  der  Reibungswinkel  sein,  und  selbstverständlich 
muss  ß  immer  noch  grösser  als  0,  cosß  <  1  sein,  weil  sonst  das  Schee- 
ren  überhaupt  nicht  mehr  vollständig  erfolgt,  und  man  setzt  erfahrungs- 
mässig  oe  höchstens  =  12^  ,  ß  mindestens  =  4^;  daraus  ergeben  sich 
dann  die  Beziehungen: 

8  =  d  (cös40  —  cos  120)  =0,019  d 
d  =  53  a. 
d.  h.  der  Durchmesser  der  Scheiben  muss  mindestens  das  Ö3-fache  von 
der  Starke  des  zu  schneidenden  Arbeitsstücks  betragen. 

Bezeichnet  man  das  Maass,  um  welches  die  beid^en  Schneiden  über 
einander  greifen,  mit  e,  so  ist: 

e  =2  (r  —  rcosß)  =  d  {1  —  cos  4^)  =0,0024  d 

=  PP''  4Ö0  ^- 

Aus  der  erörterten  Thatsache,  dass  der  Durchmesser  der  Schneid- 
scheiben  mit  der  Starke  des  Arbeitsstücks  um  ein  Vielfaches  wachsen 
muss,  und  zugleich  aus  dem  Umstände,  dass  grosse  Schneidscheiben  sich 
nur  schwierig  herstellen  und  vor  dem  Verbiegen  (Federn)  behüten  lassen, 
folgt,  dass,  wie  schon  erwähnt  wurde,  die  Kreisscheeren  zum  Schneiden 
von  Gegenständen  mit  stärkeren  Querschnitten  nicht  geeignet  sind,  und 
die  Anwendung  von  Scheiben  mit  mehr  als  200  Mm.  Durchmesser  — 
geeignet  für  Bleche  von  mehr  als  4  Mm.  Dicke  —  ist  deshalb  selten. 

Die  Schneiden  der  Kreisscheeren  sind  unter  demselben  Winkel  wie 
die  der  früher  beschriebenen  Scheeren  zugeschärft.  Die  Umfangs- 
geschwindigkeit der  Scheiben  und  somit  die  Bewegungsgeschwindigkeit 
des  Arbeitsstücks  kann  eine  ganz  beträchtliche  sein  und  beträgt  durch- 
schnittlich 600  Mm.  per  Secunde,  bisweilen  noch  mehr. 

Da  bei  den  Kreisscheeren  der  bei  Hebel-  und  Parallelscheeren  nn- 
vermeidliche  leere  Rückgang  wegfällt,  ist  die  Ausnutzung  der  Arbeit 
eine  günstige,  und  für  die  meisten  Fälle  genügt  —  da  nor  dünne  Ar- 
beitsstücke mit  der  Kreisscheere  getrennt  werden  —  Handbetrieb  mit 
Kurbel-  und  Zahnrad  Übersetzung. 


KreisBcheeren.  581 

Eine  besondere  Eigenthümlichkeit  der  KreisBcheeren  liegt  in  dem 
Umstände,  doas  sie  auch  cnrveulSrniige  Schnitte  gaBtatt«n,  wenn  m&n 
das  Arbeitsstack  während  des  Schneidens  entsprechend  wendet;  und  je 
kleiner  die  Scheiben  sind  nnd  je  weniger  sie  über  einander  greifen, 
desto  kleiner  kann  der  KiQmninngahalbineBser  der  Cnrve  aasfallen. 
Spannt  man  ein  Blech  in  bestimmtem  Abstände  von  den  zwei  Schneiden 
einer  Kreisscheera  zwischen  Spitzen  derartig  ein,  dass  es  sich  in  seiner 
Horizontalebene  drehen,  aber  nicht  verschieben  l&sst,  so  wird  bei  der  Be- 
wegung der  Schneiden  ein  Kreis  ansgeschnitten,  dessen  Halbmesser  gleich 
dem  Abstände  zwischen  Schneide  und  jenem  Drebangspunkte  des  Blechs 
ist.  Hierauf  beruht  die  Constmction  der  in  den  Werkstätten  der  Blecb- 
arbeiter  vielfach  benutzten  in  Fig.  452   abgebildeten  Kreisgcheere  ').     a 

Fig.  4b2. 


nnd  b  sind  hier  die  beiden  kreisförmigen  Scheerblätter,  deren  Achsen 
anter  einem  Winkel  von  20  bis  30  Grad  gegen  einander  geneigt  sind, 
um  zu  vermeiden,  dass  die  Abfälle  sich  gegen  das  untere  ScheerbUtt 
sperren.  Beide  Wellen  sind  in  einem  gasseisernen  Rahmen  gelagert 
und  die  gbere  durch  die  Schranbe  m  in  ihrer  Lage  verstellbar,  um  rich- 
tige Einstellung  beider  Scheiben  gegen  einander  an  erhalten,  n  ist  eine 
Gegenschraube  znr  Verhütung  eines  icu  starken  Uebereinandergreifens  der 
Scheiben.  Der  Betrieb  erfolgt  darcb  die  Handkurbel  h  nnd  die  Be- 
wegnngsübertragung  dnrch  die  beiden  Kegelräder  d  and  i.    Auf  dem 

')  An»  der  Fabrik  von  E.  Kirchei«  in  Aue. 


582  Trennungsarbeiten. 

horizontalen  Prisma  H  ist  der  gusseiBeme  Bügel  B  verschiebbar  auf- 
gesteckt. An  seiner  untern  Seite  trägt  derselbe  eine  Zahnstange,  in 
welche  ein  anf  dem  Ende  des  Prismas  gelagertes  Getriebe  eingreift;  auf 
der  verlängerten  Welle  des  letztem  ist  die  Eorbel  0  befestigt,  so  dass 
durch  Drehung  derselben  di^  Verschiebung  des  Bügels  erfolgt.  Zar 
Feststellung  desselben  in  dem  richtigen  Abstände  von  den  Scheiben  dient 
die  Spannschraube  n.  Das  Blech  wird  nun  in  dem  Mittelpunkte  des 
auszuschneidenden  Kreises  zwischen  die  untere  Körnerplatte  und  die  ver- 
stellbare Stahlspitze  s  eingespannt  und  mit  seiner  Kante  der  Scheere 
entgegengeführt,  welche  hierauf  in  Thätigkeit  versetzt  wird.  Hierbei  darf 
jedoch  der  Mittelpunkt  des  Blechs  nicht  in  der  durch  die  beiden  Achsen 
der  Scheerenblätter  gelegten  Verticalebene,  sondern  muss  in  der  dieser 
parallelen  Ebene  liegen,  welche  durch  den  Angriffspunkt  (Durchschnitts- 
punkt der  Kreise)  gelegt  ist,  damit  nicht  die  Entfernung  des  Mittelpunkts 
von  den  Scheibenflächen  kleiner  sei  als  von  dem  Eintrittspunkte  und 
dadurch  ein  Stauchen  des  geschnittenen  Blechs  gegen  die  Scheiben  bei 
seiner  Drehung  veranlasst  werde.  Ist  umgekehrt  diese  Entfernung  zu 
gross,  liegt  also  der  Mittelpunkt  jenseits  jener  Parallelebene,  so  wird 
durch  die  Bewegung  der  Scheerblätter  ein  Zug  gegen  das  Blech  aus- 
geübt und  der  Rand  fällt  unsauber  ans.  Um  nun  demzufolge  den  durch 
die  Spitze  s  gegebenen  Mittelpunkt  genau  einstellen  zu  können,  ist  das 
Prisma  H  in  der  Horizontalebene  drehbar  und  wird  erst  durch  das  An- 
ziehen der  in  der  Abbildung  erkennbaren  Befestigungsmutter  in  der 
gegebenen  Stellung  festgehalten,  wobei  ein  auf  dem  Ansatzbunde  des 
Prismas  angebrachter  Zeiger  und  zwei  Kömerpunkte  am  Gestelle  als 
Merkmale  dienen. 

Wenn  gerade  Streifen  geschnitten  werden  sollen,  wird  der  Bügel  B 
zurückgeführt  und  das  auf  einem  Querstabe  o  verstellbare  Lineal  x  als 
Führung  (Anlage)  für  das  Blech  benutzt. 

Wenn  man  auf  zwei  horizontalen,  entgegengesetzt  gedrehten  Wellen 
eine  Anzahl  grösserer  Schneidscheiben ,  von  denen  je  zwei  und  zwei  be- 
nachbarte durch  eine  kleinere  Mittelscheibe  getrennt  sind,  so  anbringt, 
dass  die  obere  und  untere  mit  einem  gleichen  üeberstande  wie  bei  einer 
gewöhnlichen  Kreisscheere  in  einander  greifen,  so  ifit  man  damit  im 
Stande,  einen  Streifen  von  der  Breite  sämmtlicher  Scheiben  in  so  viele 
einzelne  Streifen  zu  zerschneiden  als  Scheerblätter  vorhanden  sind.  Man 
nennt  diese  Vorrichtung,  welche  in  den  Figuren  453  und  454  abgebildet 
ist,  Schneidwerk  oder  Eisenspaltwerk  und  benutzt  dasselbe  zur 
Darstellung  der  feinsten  Sorten  Quadrateisen  vermittelst  Zerschneidens 
von  Flachstäben.  Die  Wellen  ah  und  cd  des  Schneidwerks  sind  in  star- 
ken gusseisernen  Ständern  gelagert,  auf  denselben  sind  die  in  einander 
greifenden  Scheiben  aufgeschoben  und  durch  einen  Keil  und  Nuth  mit 
der  Welle  verbunden.  Zwei  Paar  starke  gusseiseme  Ringe,  von  denen 
je  einer  auf  der  Welle  festsitzt,  während  der  andere  durch  Schrauben 
mit  ihm  verbunden  ist,  sichern  die  fest«  Lage  der  Schneidscheiben«     Die 


Schneidwerke.  583 

Scheiben  sind  ans  Schmiedeeiseii  mit  Terstahlteo  RAndern  gefertigt;  da 
sie  mit  beiden  Kanten  schneiden  müssen,  bt  eine  Zuschärfnog  des  Ran- 
ng.  453, 

Fig.  tu. 


des  nicht  möglich.  Tor  and  hinter  den  Schneiden  befinden  sich  Tische, 
/and  g,  mit  ZniUhnuig  ftlr  den  einzubringenden  Stab,  zwischen  den 
Scheiben  sind  Abstreifmeissal  t>0|  (Brillen)  angebracht,  nm  das  Aufwickeln 
der  heranskommenden  Streifen  um  die  kleinen  Zwischenscbeiben  zn  rer- 
hindem. 

Die  Anwendung  solcher  Sobnaidwerke  ist  ftlter  als  die  der  Wala- 
werke,  und  man  benutzt«  dieselben  früher  zur  Darstellung  feinen  Qua- 
drateisens  aus  geschmiedeten  Stäben.  Seit  EinfQhruug  der  Walzwerke 
verbindet  man  die  —  übrigens  nicht  gerade  häufig  angewendeten — Schneid- 
werke durch  KupplungBspindeln  mit  dem  Walzwerke,  welches  die  als  Ma- 
terialeisen für  das  Schneidwerk  dienenden  Flachstftbe  liefert,  so  dass  die  Be- 
wegung Ton  jenem  ohne  Weiteres  auf  das  Schneidwerk  übertragen  wird, 
nnd  zerschneidet  die  gewalzten  Stftbe  sofort  nach  ihrer  Vollendong  im  roth- 
glühenden  Zustande.  Selbstveretändlich  ist  die  Breite  jedes  geschnittenen 
StreifeuB  durch  die  Dicke  der  Scheiben  gegeben  und  für  jede  Sorte  fertigen 
Sobneideisens  ist  deshalb  eine  eigene  Qamitar  Scheiben  erforderlich.  Der 
Durchmesser  der  Schneidsoheiben  für  feines  Quadrateisen  pflegt  durch- 
schnittlich 360  Mm.  zu  betragen,  Anzahl  der  Umgänge  per  Minute  50 
bis  60.  Zum  Betriebe  sbd  noch  Uaner  10  bis  12  Pferdekräfte  erfor- 
derlich, eine  Angabe,  welche  etwas  hoch  gegriffen  erscheint,  wenn  man 


584  Trennungsarbeiten. 

erwägt,  dasB  das  Eisen  nur  im  glühenden  Zustande,  also  mit  geringer 
Abscheerungsfestigkeit,  gesohnitten  wird. 

b.  Geräthe  zum  Lochen  (Durchstossen). 

Man  nennt  die  Arbeit  des  Abscheerens  Lochen,  wenn  dabei  eine 
geschlossene  Figur  durch  eine  entsprechende  Gestalt  der  Schneiden  — 
also  nicht  durch  allinäliges  Vorrücken  des  Arbeitsstücks  oder  der  Schnei- 
den wie  bei  der  Ereisscheere ,  welche  gleichfalls  geschlossene  Figuren 
aaszuschneiden  fähig  ist  —  ausgestossen  wird;  und  zwar  kommt,  ab- 
weichend von  den  Scheeren,  die  Schneide  fast  immer  auf  ihrer  ganzen 
Ausdehnung  mit  einem  Male  zum  Angriffe.  Hoyer  nennt  bezeichnend 
ein  Lochw^rkzeug  eine  in  sich  zurückkehrende  Scheere,  bei  welcher  das 
eine  Blatt  an  dem  andern  so  hinstreifb,  dass  sie  sich  umhüllen.  Das 
eine  Blatt  verwandelt  sich  dadurch  in  einen  prismatischen  Stempel,  nach 
seiner  Grösse  und  Bestimmung  Durchschlag,  Lochstempel,  Schneid- 
stempel, Mönch  genannt,  das  andere  in  eine  mit  Loch  versehene  Scheibe, 
welche  Lochscheibe,  Lochring,  Matrize  genannt  wird.  Hierbei  wird 
also  ein  Metallstück  ausgestossen ,  dessen  Umrisse  denen  des  Lochstempels 
beziehentlich  Lochs  der  Lochscheibe  gleich  sind  (nach  Maassgabe  der  auf 
S.  557  erläuterten  Vorgänge  und  Veränderungen).  Der  Zweck  dieser 
Arbeit  kann  ein  zweifach  verschiedener  sein:  entweder  die  Herstellung 
des  herausgeschlagenen  Stücks,  wobei  die  zurückbleibenden  durchlochten 
Metallstücke  Abfälle  bilden  und  Schroten  genannt  werden;  oder  die 
Herstellung  von  entsprechend  geformten  Löchern  in  dem  vollen  Metalle,  wo- 
bei die  herausgeschlagenen  Stückchen,  welche  man  in  diesem  Falle  Patzen 
nennt,  den  Abfall  bilden.  Um  in  dem  letztern  Falle  die  richtige  Stellung 
des  Lochs  festzulegen,  pflegt  man  den  Mittelpunkt  desselben  zuvor  mit 
dem  Körner  anzuzeichnen;  und  bei  Stempeln  von  beträchtlichem  Quer* 
schnitte  bringt  man  wohl  in  der  Mitte  der  untern  Fläche  eine  kleine 
Spitze  an,  welche  nun  genau  in  dem  Kömerpunkte  einsetzen  muss. 

Damit  das  ausgeschlagene  Stück  leichter  durch  die  Lochscheibe  hin- 
durchfalle, erweitert  man  gern  den  Durchmesser  des  Lochs  derselben 
etwas  nach  unten,  wodurch  es  alsq  eine  conische  Form  erhält,  und  be- 
wirkt ausserdem  dadurch  eine  Zuschärfung  der  Schneidkante,  welche 
das  Lostrennen  erleichtert.  Aus  demselben  Grunde  empfiehlt  es  sich, 
auch  dem  Stempel  eine  schlank  conische  Form  zu  ertheilen.  Seltener 
erhält  die  Schneidkante  des  Stempels  durch  Aushöhlung  der  untern 
Fläche  eine  Zuschärfung.  Dass  in  Rücksicht  auf  die  vorgehenden  Aende* 
rangen  im  Materialquerschnitte  es  zweckmässig  sei,  dem  Stempel  einen 
um  ein  bestimmtes  Maass  kleinern  Durchmesser  zu  geben  als  dem  Loche, 
wurde  schon  oben  (S.  557)  durch  theoretische  Beweisführung  erörtert. 

Des  Durchschlags  und  Lochrings,  wie  ihn  der  Schmied  gebrauch^ 
um  in  geschmiedeten  Metallstücken  Löcher  anzubringen,  während  die- 
selben noch  glühend  sind,  wurde  bereits  bei  Besprechung  des  Schmiedens 


Lochmaschinen.  585 

gedacht.  Ganz  ähnliche  Werkzeuge  werden  gebraucht,  um  in  kaltem 
Metalle  von  geringer  Starke  Locher  durch  Ausschlagen  hervorzubringen, 
und  man  nennt  sie  zum  Unterschiede  von  jenen  Bankdurchschläge. 
Ein  Stahlstäbchen,  nach  dem  einen  Ende  schwach  conisch  zulaufend, 
dieses  Ende  flach  geschlififen,  entsprechend  profilirt  und  gehärtet;  dazu 
eine  im  Schraubstocke  befestigte  Lochscheibe  bilden  das  ganze  Ge- 
räth.  Das  Hindui'chtreiben  des  Durchschlags  erfolgt  auch  hier  durch 
einen  Schlag  mit  dem  Hammer.  Für  sehr  dünnes  Metall  und  kleine 
Locher  lässt  sich  die  Lochscheibe  sogar  durch  eine  Unterlage  aus  Blei, 
Zinn  oder  Holz  entbehrlich  machen,  welche  durch  den  ausgeübten  Schlag 
oder  Druck  einen  jedesmaligen  Eindruck,  eine  Vertiefung  erhält  und 
somit  die  Lochscheibe  ersetzt. 

Durch  regelmässige  Gruppirung  mehrerer  Löcher  von  bestimmter 
Form  lassen  sich  in  Metallblecben  auch  grössere  durchbrochene  Muster 
in  dieser  einfachen  Weise  herstellen. 

Geschieht  die  Bewegung  und  Führung  des  Stempels  nicht  unmittel- 
bar durch  Handarbeit,  sondern  durch  eine  Maschine  (welche  allerdings 
in  vielen  Fällen  ihren  Antrieb  durch  menschliche  Arbeit  erhält),  so  heisst 
der  Apparat  Lochwerk,  Lochmaschine,  Durchstoss  oder  Durch- 
schnitt. Zum  Durchlochen  dickerer  Bleche  ist  dieselbe  unenthehrlich, 
und  überall  da  der  Handarbeit  weit  vorzuziehen ,  wo,  auch  bei  Verarbei- 
tung dünnerer  Bleche,  eine  Anfertigung  in  grossem  Maassstabe  statt- 
findet. 

Die  Form  des  Lochstempels  und  Lochringes  ist  bei  diesen  Maschinen 
im  Wesentlichen  die  nämliche  wie  vorhin  beschrieben;  die  Mechanismen, 
durch  welche  die  durch  Menschenkrafb  oder  Elementarkraft  geleistete 
Arbeit  auf  den  Stempel  übertragen  wird,  sind  zahlreich.  Häufig,  und 
zwar  fast  stets  bei  den  grösseren  Durchschnitten,  wird  die  ununter- 
brochen geleistete  Arbeit  in  einem  Schwungrade  aufgespeichert,  und 
dann  im  Augenblicke  des  Durchstossens  zur  Ueberwindung  des  Abschee- 
rungs Widerstandes  verbraucht;  in  diesem  Falle  ist  eine  Einrichtung  er- 
forderlich, welche  eine  augenblickliche  Ein-  und  Ausrückung  derStempel- 
beweguQg  gestattet,  ohne  die  Bewegung  der  ganzen  Maschine  ändern 
zu  müssen,  also  im  Wesentlichen  mit  deijenigenAusrüokungsvorrichtung 
übereinstimmend,  welche  bei  Besprechung  der  Parallelscheeren  beschrie- 
ben wurde. 

Bei  Anwendung  menschlicher  Elrait  zieht  man  es  im  Allgemeinen 
vor,  durch  eine  rasche,  stossartige  Wirkung  des  Stempels  das  Durch- 
stossen  auszuführen,  bei  dem  Betriebe  durch  Elementarkraft  dagegen, 
wo  eine  stärkere  Betriebskraft  zu  Gebote  steht ,  empfiehlt  sich  mehr  eine 
langsame,  drückende  Bewegung,  wodurch  die  Maschine  weniger  leicht 
Beschädigungen  ausgesetzt  ist. 

Für  den  erstem  Fall  findet  die  Schraube  zur  Erzeugung  der  Stem- 
pelbewegung vielfache  Anwendung.  Man  benutzt  eine  starke  Schrauben- 
spindel mit  zweifachem  Gewinde  von  solcher  Steigung,  dass  ein  Viertel 


58fl  TrennongsarbeiteiL 

bia  ein  Drittel  eiDer  Umdrehung  zun  DarchstosBen  ausreicht.  Ein  atsr- 
ker  gaweiserner  Ständer,  entweder  rahmenformig  wie  ein  W«lzw«rk»- 
Ständer  oder  einarmig,  F-ßrmig,  tragt  in  dem  obem  Qaeratege  die 
Schraubenmutter,  an  den  leakreehten  Seiten  die  Pährnngen  &a  einen 
mit  der  Schraube  verbundenen  Schieber  oder  Rahmen ,  in  welchem  der 
IiOchBt«mpel,  and  nnter  welchem  im  Fasse  des  Ständers  die  Locbsoheibe 
befestigt  ist.  Die  Drebnng  der  Schraube  erfolgt  dnrch  einen  Hebel  mit 
Schwanggewichten. 

In  Fig.  45ö  ist  eine  derartige  kleinere  Maschine  aus  der  Fabrik 
von  £.  Kircheis  in  Aue  abgebildet     A  ist  der  gnsseiseme  Ständer,  anf 
einem  stark  gebauten  Tische  festgeschraubt.    Zwischen  den  beiden  pris- 
¥ig.  455. 


matischen  Fühnmgen  m  m  desselben  gleitet  ein  Rahmenstück,  bestehend 
ans  den  seukrecbten  Prismen  bb,  dem  obem  QuerstUcke  g,  welohes  deo 
Hals  der  Bewegangsschranbe  h  umechliesst,  und  dem  untern  Querstücke 
d.  Da  die  Schraube  h  sich  innerhalb  d  und  g  &ei  drehen,  aber  nicht  ver- 
schieben kann,  so  ist  der  Rahmen  gezwungen,  jede  geradlinige  Bewegung 
der  Schraube  in  der  Acbsenricbtong  mitzumachen.  Diese  senkrechte  Be- 
wegung wird  durch  Drehung  der  Schraub enspindel  in  einer  festliegenden 
Schraubenmutter  aus  Rothguss  hervorgerufen,  welche  in  der  am  Ständer 
angegossenen  und  zwischen  die  beiden  Prismen  des  RahmenstOcks  hin* 
«nragenden  starken  Hülse  e  befestigt  ist.  In  solchsr  Weise  ist  eine  in 
hohem  Grade  sichere  Bewegung  des  Rahmens  und  Lochstempels  erreicht. 
Letzterer  wird  durch  die  Klemmschraube/  in  dem  Stempelkopfe  s  fest- 


LochmaBchinen. 


587 


gehalten,  welcher,  am  Stempel  yon  yerschiedener  Grösse  anwenden  zu 
können,  auswechselbar  in  dem  Qaerstücke  d  eingesetzt  ist.  In  dem 
Fnsse  des  Ständers  sind  die  vier  Knaggen  verstellbar  befestigt,  am  in  der 
leicht  verständlichen  Art  and  Weise  zor  Befestigung  der  Loohscheibe  zu 
dienen.  Die  ausgestossenen  Putzen  fallen  durch  die  Oeffnung  im  Fasse 
und  der  Tischplatte  hindurch  in  den  Schubkasten  des  Arbeitstischs. 

Bei  einiger  Uebung  ist  man  leicht  im  Stande,  60  Durchschnitte  per 
Minute  mit  einer  solchen  Maschine  auszufUhren. 

Eine  häufige  Anwendung  fär  die  Bewegung  des  Lochstempels  findet 
aach  der  Hebel  als  Kniehebel  wie  als  gerader  ein-  und  zweiarmiger 
Hebel.  Die  Einrichtung  eines  solchen  Durchschnitts  für  Handbetrieb, 
zugleich  verbunden  mit  einer  kleinen  Parallelscheere ,  beide  durch  einar- 
mige Hebel  bewegt,  ist  durch  die  Skizze  Fig.  456  veranschaulicht  0. 

Fig.  456. 


a  ist  ein  cylindrischer  Schieber,  in  dessen  unterm  Ende  der  Stempel  be- 
festigt ist,  h  ein  Schieber  mit  dem  beweglichen  Scheerenblatte;  beide 
sind  in  dem  Gestelle  c  geführt  und  jeder  durch  eine  Schelle  d  e  und  ein 
Gelenk  mit  einem  einarmigen  Hebel  fg  verbunden,  deren  jeder  durch 
ein  Zahnradsegment  hi  mit  einem  auf  der  Achse  k  sitzenden  Getriebe 
im  Eingriffe  steht.  Durch  einen  auf  die  Achse  Je  aufgesteckten  Hand- 
hebel von  angemessener  Länge,  welcher  durch  ein  Gewicht  m  ausbalan- 
drt  ist,  wird  das  Getriebe  bewegt,  und  je  nachdem  der  Arbeiter  den 
Durchschnitt  oder  die  Scheere  in  Benutzung  nehmen  will,  steckt  er  den 
Hebel  an  der  einen  oder  andern  Se^te  auf. 

Auch  fär  Maschinenbetrieb  ist  die  Benutzung  des  doppelarmigen 
Hebels  als  Durchstoss  nicht  selten,  obgleich  derselbe  fiir  grössere  Lei- 


1)  Amtlicher  Bericht  über  die  Wiener  Weltausstellung,  Bd.  H,  8. 73  (Hart ig). 


588  Trennungsarbeiten. 

stnngen  erheblichen  Platz  beanspracht;  dagegen  besitzt  er  den  Vortheil 
geringer  ReibungsTerloste ,  und  somit  günstiger  Ausnutzung  der  Ar- 
beit; und  durch  eine  entsprechende  Form  des  hebenden  Excenters  oder 
Daumens  ist  man  im  Stande,  die  Maschine  mit  beschleunigtem  Rück- 
gange arbeiten  zu  lassen.  Der  Hebel  dieser  Maschinen  einfacherer  Art 
ist  in  seiner  äussern  Form  dem  in  Fig.  446  abgebildeten  Scheerenhebel 
ähnlich,  das  Yerhältniss  der  Hebelarmlängen  aber  grösser,  und  das  Ge- 
rüst mit  einer  Führung  für  den  durch  den  kürzern  Hebelarm  bewegten 
Lochstempel  versehen.  Die  Bewegung  des  langen  Hebelarms  pflegt  zur 
EIrzielung  eines  beschleunigten  Rückgangs  durch  ein  herzförmiges  Excen- 
ter  bewirkt  zu  werden  ^). 

Für  grosse  Leistungen  findet  man  auch  die  hydraulische  Presse  zur 
Bewegung  des  Lochstempels  in  Anwendung.  Ein  solcher  hydraulischer 
Durchschnitt,  aus  der  Fabrik  von  M.  Hasse  u.  Comp,  in  Berlin,  ist  in 
Fig.  457  abgebildet.  Von  einer  Dampfmaschine  oder  Transmission  aus 
wird  die  Bewegung  durch  die  eine  der  beiden  Riemenscheiben  (deren 
zweite  als  Losscheibe  für  längere  Ausrückung  benutzt  wird)  auf  die 
horizontale  Welle  und  von  hier  durch  Kurbel  und  Schubstange  auf  die 
Saug-  und  Druckpumpe  h  übertragen,  welche  ihr  Wasser  unmittelbar 
aus  dem  Wasserbehälter  a  —  der  zugleich  als  Untersatz  der  Maschine 
dient  —  entnimmt.  Ein  Sicherheitsventil  mit  Federbelastung  c  dient 
zur  Regulirung  des  Drucks.  Bei  geöffnetem  Sicherheitsventile  fliesst 
das  Wasser  durch  das  Rohr  x  nach  a  zurück.  Von  der  Pumpe  wird 
das  Wasser  zunächst  durch  das  gebogene  Rohr  nach  dem  mit  entlaste- 
tem Steuerungsventile  versehenen  Steuerungscylinder  h  gedrückt,  wel- 
cher durch  das  Rohr  v  mit  dem  Controlmanometer  g  in  Verbindung 
steht.  Ein  Handhebel  i  dient  zur  Bewegung  des  Steuer ungsventils  ver- 
mittelst der  horizontalen  Steuerungswelle  und  einer  an  dieser  befind- 
lichen kleinen  Kurbel  mit  Schubstange,  welche  an  die  Yentilstange  an- 
geschlossen ist.  Der  Steuerungscylinder  h  ist  mit  dem  Druckcylinder  d 
durch  ein  kurzes  Rohr  mit  Flantsch  verbunden.  So  lange  das  Steue- 
rungsventil geöffnet  erhalten  wird,  fliesst  das  Wasser  durch  das  unter- 
halb des  Steuerungscy linders  befindliche  Rohr  in  den  Behälter  a  zurück; 
schliesst  man  nun  das  Ventil ,  so  tritt  das  Wasser  in  den  Druckcylinder 
d  unter  den  Kolben  und  dieser  steigt.  Auf  dem  Kolben  ist  die  stählerne 
Lochscheibe  e  auf  einem  durchbrochenen  gusseissemen  Untersatze  der- 
artig befestigt,  dass  die  ausgeschnittenen  Stücke  ohne  Schwierigkeit  unter- 
halb derselben  entfernt  werden  können ;  oberhalb  der  Lochscheibe  in  ihrer 
verlängerten  Achsenrichtung  befindet  sich  der  Stempel  /  an  den  Stander 
befestigt.     Diese  Abweichung  von  der  sonst  üblichen  Methode,  bei  wel- 


^)  Abbildungen  von  Hebeldurchschuitten  mit  Maschinenbetrieb  in  Petz- 
hol  dt,  Eisenbahnmaterial,  Taf.  XV I,  Fig.  1  bis  4;  ferner  Wencelides,  Be- 
richt über  die  Weltausstellung  in  Philadelphia,  B.  91  ff. 


DurchstosB.  589 

cber  die  Bewegung  durch  den  Stempel  aiiBgefQhrt  wird  nnd  die  Loch- 
Bcheibe  raht,  ist  lediglich  ans  conatmctiTen  RflckBiohten  hervor- 
gegangen. Nach  beendigtem  Schnitte  wird  das  StenornngBrentU  ge- 
Sfinet,  der  Kolben  sinkt  in  Folge  seines  eigenen  Gewichts  nnd  drOckt 
Fig.  457. 


das  Wasser  ans  dem  Dmckcylinder  durch  den  St^nernngacylinder  in  den 
Behälter  a  znrück.  Um  das  Niedergehen  des  Kolbens  der  Stärke  der 
ZD  durchstossenden  Bleche  entsprechend  za  begrenzen,  legt  man  ein 
eieemea  Band  um  denselben,  welches  nach  Bedflr&iss  höher  oder  tiefer 
gestellt  werden  kann. 

Diese  Presse  liefert  einen  Maximaldruck  von  60  000  Kilogramm  nnd 
wird  znm  Änastossen  der  mannigfachsten  Gegenstände  aas  Blechen  he- 
natzt.     Starke  Bleche  werden  im  glühenden  Zustande  dnrchstoBsen ,  nnd 


590  Treonungsarbeiten. 

pro  Stande  können ,  wenn  du  Einlegen  der  Bleche  ruoh  genng  folgt, 
bis  in  150  Darchsolmitte  gemacht  werden.  Durch  die  geringe  rftnmliche 
Ausdelinnng,  leichte  Anfatelliing  nnd  Fondamentimng  bei  grosser  Lei- 
stung zeichnet  tdch  diese  Presse  Tortheilhaft  aus. 

Bei  der  Aebnlichkeit,  welche  die  Stempelbewegnng  einer  EK>ch- 
maschine  mit  der  Bewegnng  einer  Parallelscheere  besitzt,  sind  auch  die 
für  letztere  angewendeten  Bewegungamechanismen ,  insbesondere  die 
Oebertragung  der  Bewegung  durch  Kurbel  (Excenter)  nnd  Drackstange 
auf  das  Werkzeug,  vielfach  fSr  jene  in  Anwendung  und  zeichnen  sich 
durch  geringe  Ranminansprachnahme  und  leichten  Anschlnss  an  eine 
vorhandene  Transmission  ans,  während  allerdings  ihr  Arbeitsverlnst  durch 
Reibung  denjenigen  der  Hebeldnrchschnitte  übertreffen  dürfte.  Wegen 
jener  Vorzüge  jedoch  sind  die  Darchschnitte  dieser  Art  in  fast  jeder  grossem 
Maschinenfabrik  znm  Lochen  von  Blechen  und  Stäben  zu  finden;  nnd 
nicht  selten  ist  die  Einrichtung,  dass  man  znr  Raum-  und  Materialerspa- 
rung  Ähnlich  wie  bei  der  in  Fig.  456  abgebildeten  kleinen  Maschine  für 
Fig.  45S. 


DurchstosB.  591 

Handbetrieb  anoh  einen  groasen  DmchBtOBe  and  Scbeere  in  einem  ge- 
mein BchafUichen  Gerüste  mit  gemeinsobafüichem  Antriebe  vereinigt 

Einen  soloben  DnrchstOBs  nnd  Scbeere  mit  gemeinacbafElicbeni  Hohl- 
gossgeetelle  ans  der  Maschinenfabrik  ron  Collet  nnd  Engelhard  in 
Offenbach  zeigen  die  Abbildungen  Fig  456  bis  461  ').  Die  Scbeere 
befindet  sich  anf  der  einen,  der  DnrcbBtoas  anf  der  andern  Seite  dea  in 
einem  Stftcke  gegoBsenen  GestelU  a.  Die  SchneideD  der  Scheere  stehen 
Bchrig  gegen  die  Acbsenricbtnng  der  Arbeitswelle  imd  der  Geetellwan- 
dnngen ,  wodnrch  es  möglich  wird ,  ancb  lange  Schienen  und  Stangen  zu 
zerschneiden.  Hinter  den  Werkzeugen  befinden  sich  tiefe  und  durch 
Rippen  gut  verstärkte  EinkrSpfungen  b  nnd  &i ,  welche  ein  entsprechend 
weites  Einbringen  der  zu  Bchn eidenden  oder  za  lochenden  Bleche  er- 
möglichen. Der  Antrieb  geschieht  von  der  im  Gestelle  gelagerten  Welle 
d  ans ,  welche  die  zwei  Riemenscheiben  //i ,  die  Schwungräder  g  gi  and 
das  kleine  Getriebe  h  trügt,  von  welchem  aus  durch  eine  einfache  Ueber- 
setzung  die  Arbeitswelle  e  betrieben  wird.     Letztere  robt  in  Lagern  der 

Fig.  459.  Fig.  460.  Fig.  461. 


Tbeile  c  and  Cj,  nnd  endigt  in  den  beiden  excentrischen  Zapfen  Ci  and  e^ 
(Fig.  469,  460,  461),  von  denen  der  erste  den  Darchstoss,  der  zweite 
die  Scheere  bewegt.  Beide  Zapfen  Bind  so  gegen  einander  angeordnet,  dasB, 
während  das  eine  Werkzeug  arbeitend  niedergeht,  das  andere  leer  empor- 
steigt. Der  Lochstempel  n  ist  vermittelst  einer  Klemmschranbe  in  dem 
Rahmen  oder  Schlitten  m  befestigt,  welcher  auf  der  senkrechten  Bahn  c 
und  Ewisohen  zwei  senkrechten  Führungsleisten  anf  und  nieder  geht. 
Dieser  Rahmen  ist  mit  einer  rechteckigen  Aussparung  (Schleife)  ver- 
sehen (vergl.  Fig.  460),  in  welcher  das  auf  dem  Zapfen  e^  befestigte 
Gleitstück  k  den  nötbigen  Spielraum  fttr  die  seitliche  Bewegung  findet, 
während  unterhalb  k  durch  ein  eingeschobenes  Beilagestück  l  eine  enge 
Verbindung  mit  dem  Schlitten  m  hergestellt  ist,  so  dass  letzterer  sammt 
dem  Lochstempel   von  dem  sich  im  Kreise  bewegenden  Zapfen   «i   anf 

>)  Hart,  WerkzeuKnuucbiaen,  2.  AtLOnge  Tat.  62, 


592  Trennungsarbeiten. 

und  nieder  bewegt  wird.  Soll  Anarflckang  des  Lochstempels  stattfinden, 
so  wird  vermittelst  des  Handgriffs  7i  d«s  Stück  l  so  weit  herausgezogen, 
dass  das  Gleitstück  h  auch  Spielraum  für  die  senkrechte  Bewegung  des 
Schlittens  innerhalb  m  erhält.  Eine  Gewichtsansgleichnng  des  letztem, 
wie  sie  bei  grossen  ParaUelscheeren  zum  Emporhalten  in  der  höchsten 
Stellung  sich  erforderlich  macht,  ist  bei  dem  geringem  Gewichte  dieses 
Schlittens  nicht  erforderlich,  und  die  Reibung  an  den  Führungen  reicht 
ans,  ein  selbstthätiges  Niedergehen  vor  beendigtem  Umgange  des  Excen- 
ters  zu  verhindern. 

Der  unter  dem  Stempel  befindliche  Lochring  o  steht  auf  dem  mit 
senkrechter  Bohrung  versehenen  Vorsprunge  des  Gestells  und  wird  durch 
drei  radial  gerichtete  Stellschrauben  Oi  centrirt  und  gehalten.  Endlich 
dient  die  Gabel  (Froschplatte)  rii  dazu,  ein  Emporziehen  der  durchloch- 
ten Bleche  durch  den  zurückgehenden  Stempel  unmöglich  zu  machen. 
Der  BewegungsmechaDismus  für  die  Scheere  hat  dieselbe  Einrichtung 
wie  der  soeben  beschriebene  für  den  Lochapparat  und  ist  in  Fig.  460 
im  senkrechten  Durchschnitte  abgebildet 

Die  beiden  Werkzeuge  der  vorstehend  beschriebenen  Maschine  be- 
sitzen einen  Hub  von  40  Mm.,  die  grösste  Dicke  der  zu  schneidenden 
Bleche  beträgt  20  Mm.,  die  Breite  der  Scheere  (Länge  der  Scheerblätter) 
230  Mm.,  die  Anzahl  der  Hübe  per  Minute  13. 

Nach  Hartig's  Ermittelungen  über  den  Arbeitsverbranch  bei 
Werkzeugmaschinen  lässt  sich  für  Durchschnitte  der  totale  Arbeitever- 
brauch nach  der  Formel: 

N  =  No  +  SJl  F   .a  Pferdestärken 

berechnen,  worin: 

^0  der  Arbeitsverbrauch  der  Maschine  im  Leergange  (zur  Ueber- 

windung  der  Keibungswiderstände); 
JP  die  stündliche  Schnittfläche  in  Quadratmetern; 
a  eine  Ziffer  bedeutet,  welche  aus  der  sogleich  folgenden  Tabelle 

zu  entnehmen  ist  und  den  Arbeitsverbrauch  pro  1  Qnadratmilli- 

meter  Schnittfläche  in  Meterkilogrammen  angiebt.     Es  beträgt 

erfahrungsmässig 

für  eine  grösste  Blechdicke 

von 10 

der  Arbeitsverbrauch  iVo  im 

Leergange 0,16 

der    Arbeitsverbrauch    pro 

1     Quadratmillimeter 

Schnittfläche  a    .    .    .    .     0,395 
die  zweckmässigste  Anzahl 

der  Schnitte  per  Minute      10 


20 

30 

40  Mm. 

0,32 

0,55 

0,82Pfdai 

0,540 

0,685 

0,830 

9,2 

8,3 

7,5 

Durchstoss.  69S 

Wenn  z.  B.  bei  einem  Bleche  von  10  Mm.  St&rke  stündlich  0,5  Qm. 
Schnittfläche  ansgestossen  werden,  so  berechnet  sich  der  gesammte  Ar- 
beitsverbraach  zn:  ' 

^'rr:  0,16  +  3,71  .  0,395  .  0,5  =  0,9  Pferdestärken. 

Die  Anwendung  der  Dnrohschnitte  oder  Lochmaschinen  ist  eine 
ungemein  häufige.  Zum  Lochen,  d.  h.  fGLr  Herstellung  von  Löchern  in 
Gegenständen,  wobei  der  ausgestossene  Putzen  Abfall  ist,  dienen  sie  in 
den  Dampf  kesselfabriken ,  in  den  Schienenwalzwerken  zum  Lochen  der 
Schienen ,  in  jeder  Maschinenfabrik  bei  den  verschiedenartigsten  Gegen- 
ständen aus  schmiedbarem  Eisen,  Messing,  Kupfer;  in  den  Klempner- 
werkstätten bei  Anfertigung  durchbrochener  Arbeiten  in  mannigfachen 
Mustern;  zum  Ausstossen  von  plattenfSrmigen  Körpern  mit  bestimmten 
umrissen  dienen  sie  beispielsweise  bei  der  Darstellung  verschiedener 
Gegenstände  für  Eisenbahnzwecke  (Schienenlaschen  u.  dergl.),  von  Mün- 
zen, von  Stahlschreibfedem,  von  Blechlöffeln,  von  Uhrzeigern,  von  Messer- 
and Scheerenklingen ,  von  Schlosstheilen ,  von  Metallknöpfen,  zum  Aus- 
schneiden der  Zähne  an  Sägen,  und  in  sehr  vielen  anderen  Fällen. 

Für  solche  besondere  Zwecke  sind  oft  die  Durchschnitte  mit  noch 
besonderen  Einrichtungen  versehen,  welche  die  Arbeit  fordern  helfen, 
indem  sie  z.  B.  die  Metallplatten,  aus  denen  die  betreffenden  Gegenstände 
ansgestossen  werden  sollen,  nach  jedem  Schnitte  selbstthätig  um  so  viel 
vorschieben,  als  erforderlich  ist,  um  einen  neuen  Schnitt  auszuführen  ^); 
oder  indem  man  mehrere  Stempel  neben  einander  wirken  lässt,  um  die 
Arbeit  zu  beschleunigen ,  u.  dergl.  Häufig  sollen  auch  die  ausgestosse- 
nen  Arbeitsstücke  noch  Oeffnungen  erhalten;  welche  wieder  durch  Lochen 
hergestellt  werden  müssen.  Zur  Ersparung  an  Arbeit  und  zur  grossem 
(renauigkeit  lässt  man  hierbei  wohl  einen  Stempel,  welcher  das  innere 
Loch  ausstösst,  in  dem  andern  gehen,  so  beim  Ausstossen  von  sechs- 
eckigen Schraubenmuttern  mit  rundem  Loche,  von  Blechknöpfen  mit 
Löchern,  von  Gliedern  zu  Uhrketten  u.  s.  w. 


Literatur  über  Scheeren  und  Lochmaschinen. 

Ausser  den  oben  (Seite  569)  angeführten  grösseren  Werken  über 
Werkzeugmaschinen: 

V.  Haner,  Hüttenwesensmaschinen,  2.  Auflage,  S.576  bis  592  (Scheeren). 
Mittheilungen  des  Hannoverschen  Gewerbevereins,  Jahrgang  1862,  S.  137 

(Hebelscheeren). 


^)  Dieser  Vorschub  kann  z.  B.  durch  ein  neben  der  Matrize  stehendes 
Paar  kleiner  Walzen  ausgefülirt  werden,  welche  das  unter  dem  Stempel  her- 
vorkommende Ende  des  Arbeitsstücks  erfasst,  und  durch  ein  Schaltwerk  bei 
jedem  Stempelaufgange  um  so  viel  gedreht  wird,  als  erforderlich  ist,  um  das 
Arbeitsstück  für  den  folgenden  Schnitt  in  die  richtige  Lage  zu  bringen, 
liedebnr,  medumifch-iiieteUnTgiMhe  Tsehnologle.  3Q 


594  Trennungsarbeiten. 

Dingler,  Polytechnisclies  Journal,  Bd.  186,  S.  117,  Bd.  197,  S.  398, 
Bd.  204,  S.  20,  Bd.  207,  S.  451  (Looh-  und  Scheermaschinen). 

Wiebe,  Skizzenbnch,  Jahrg.  1873,  Heft  2,  Jahrg.  1869,  Heft  5  (Loch- 
und  Scheermaschinen). 

Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1858,  Bt.  19,  Jahrg.  1861,  Bt.  6,  Jahr- 
gang 1861,  Bt.  18k,  Jahrg.  1864,  Bt.  21,  Jahrg.  1865,  Bt.  23ab, 
Jahrg.  1872,  Bt.  6  (Scheeren).  Jahrg.  1862,  Bt.  12 ab,  Jahrg. 
1868,  Bt.  32  b  (Lochmaschinen). 

Zeitschrift  deutscher  Ingenieure,  Jahrg.  1862,  S.  589,  Jahrg.  1867,  S.  9. 

Engineering,  Jahrg.  1871,  S.  399;  daraus  im  Polytechnischen  Central- 
blatt  1872,  8.  227. 

Deutsche  Industriezeitung,  Jahrg.  1865,  Nr.  18. 

Rittinger,  Erfahrungen,  Jahrg.  1865,  S.  13. 


B.    Geräthe  zum  Sohneiden. 

a.    Meissel  und  Grabstichel. 

Ein  vierkantiges  Stück  Stahl,  der  bessern  Handhabung  halber  mit 
gebrochenen  Kanten,  an  einem  Ende  keilförmig  unter  einem  Winkel  tod 
15  bis  30  Grad  ausgeschmiedet  und  in  eine  unter  einem  Winkel  von  45 
bis  70  Grad  angeschliffene  Schneide  endigend,  bildet  den  gewöhnlichen 
Meissel.  Ist  derselbe  durch  den  Gebrauch  stumpf  geworden,  werden 
die  Schneidflächen  von  Neuem  angeschliffen;  und  wenn  man  durch  öfter 
wiederholtes  Anschleifen  zu  weit  in  den  starkem  Theil  kommt,  die 
Schneidflächen  also  zu  lang  werden,  wodurch  das  Abfliessen  des  Spans 
behindert  ist,  so  wird  der  Meissel  von  Neuem  schlank  ausgeschmiedet 

Nach  jedem  Schmieden  wird  der  Meissel  an  der  Schneide  gebartet 
und,  der  Härte  des  zu  bearbeitenden  Materials  entsprechend,  gelb  bis 
blau  angelassen.  Der  der  Schneide  entgegengesetzte  Theil  des  Meiasels, 
der  Kopf,  bleibt  ungehärtet. 

Die  gröbste  Form  des  Meissels  wird  durch  den  früher  (Seite  457) 
beschriebenen  Schrotmeissel  mit  Abschrot  gebildet. 

Die  bei  der  Vollendung  der  Form  gebräuchlichen  Meissel,  welche 
man  zum  Unterschiede  von  jenen  Bank-  oder  Kaltmeissel  nennt, 
werden  ohne  Stiel  mit  der  linken  Hand  schräg  gegen  die  zu  bearbeitende 
Metallfläche  aufgesetzt  und  mit  Hammerschlägen,  durch  die  rechte  Hand 
ausgeführt,  vorwärts  getrieben,  dabei  Späne  vom  Metalle  ablosend.  Han- 
delt  es  sich  hierbei  darum,  mit  wenigen  Schlägen  eine  tief  einschneidende 
Wirkung  hervorzubringen  —  eine  Arbeit,  welche  wir  früher  als  „Schrop- 
pen^  bezeichnet  haben  — ,  so  wendet  man  einen  Meissel  mit  schmaler 
Schneide  an,  bei  dem  also  die  Wucht  jedes  Schlages  auf  eine  geringere 
Spanbreite  concentrirt  ist  und  somit  eine  grössere  Spandicke  zur  Folge 
hat.    Ein  solcher  Meissel  wird  hergestellt,  indem  man  einen  rechteckigen 


Meissel,  Grabstichel. 


595 

oder  entspreohend  aosgeBcbmiedeteu  qnadratischen  Stahl  von  den  Bchma- 
len  Seiten  her  znsch&rft,  Fig.  462,  so  dasa  also  die  Schnei dkante  normal 
gegen  die  breite  Seite  gerichtet  ist,  nnd  man  nennt  den  MeisBel  der  eich 
kreuzenden  Richtung  von  Schneidkante  und  breiter  Seite  halber  Krens- 
meiasel,  Derielhe  findet  yielbohe  Anwendung  znm  Atuhauen  von 
Nntben,  Furchen,  Loatrenuen  einzelner  Stücke  vom  Ganzen  n.  a.  w. 

Wenn   dagegen  die  Aufgabe   vorliegt,    von    einer .  groesen  Fläche 
Späne  von  geringerer  Dicke  abzunehmen  —  eine  Arbeit,  dem  frflher  be- 
Fig.  462.  ■pig,  4S3.  aprochenen  Schlichten  ähnlich  — ,  ao 

eignet  sich  daza  beaaer  ein  Meiaael 
mit  breiter  Schneide,  Fig.  463,  wel- 
eher  dnrch  Zuschärfen  der  breiten 
Seiten  einea  rechteckigen  Stabes  ge- 
bildet wird.  Dieser  Meiasel  heisat 
Flaohmeisael  and  findet  die  mannig- 
fachate  Verwendung  bei  der  Vollm- 
dong  der  Oberfläche  gegoaaener,  ge- 
Bchmiedeter  oder  gepreaster  Metall- 
gegenstände, ZOT  EDtfemiuig  stehen 
gebliebener  Qrate  oder  nnabsichtlich 
entstandener  Unebenheiten,  znr  Be- 
richtigung TOD  QuerBchnittsabmesaungen,  welche  bei  der  rohen  Formgebung 
nicht  in  höchster  Genauigkeit  herznatellen  nnd  deshalb  absichtlich  etwas 
zu  reichlich  hergestellt  waren  (in  welchem  Falle  der  Meissel  die  rascher 
arbeitenden  aber  kostspieligeren  Werkzeugmaschinen  ersetzt),  und  in  vie- 
len anderen  F^en. 

Die  flblichste  Länge  der  Meissel  ist  100  bis  250  Mm.,  ihre  Stärke 
und  Breite  6  bis  40  Mm.,  die  Breit«  der  Schneiden  bei  Krenzmeisseln  oft 
nicht  mehr  als  2  Mm. 

Seltener  als  jene  Meissel  mit  geradlinigen  Schneidkanten  nnd  nur 
für  ganz  bestimmte  Zwecke  werden  Meissel  mit  bogenförmig  ausgehöhl- 
ten Schneiden  angewendet 

Wenn  der  Meissel  statt  durch  Hammerschläge  sicherer  aber  weniger 
kräftig  allein  durch  den  Druck  der  Hand  bewegt  wird,  so  heisat  er  Grab- 
stichel (Fig.  464).  Er  ist  kleiner  als  der  gewöhnliche  Meiasel  und 
am  Kopfe  znr  bequemem 


Fig.  464. 


•X3 


Handhabung  mit  einem 
hölzernen  Hefte  versehen. 
Da  die  Schneide  des  Grab- 
stichels in  mannigfachen 
Formen  hergestellt  werden 
mosB,  so  fertigt  man  den- 
selben ans  Stahlstähchen 
von  dreiseitigem,  quadra- 
tischem, rundem,  trapez- 


596  Treimungsarbeiteii. 

formigem,  rechteckigem  oder  elliptisobem  Querschnitte  und  bildet  die 
Schneide  durch  Anschleifen  nach  bestimmten  Flächen.  Die  durch  das 
Anschleifen  entstehende  schräge  Fläche  a  nennt  man  Kappe  oder  Schild 
und  diejenige  Fläche  oder  Kante  b,  welche  nach  unten  gerichtet  ist  und 
im  Profile  der  Schneide  mit  der  Kappe  zusammen  den  Schneidwinkel  ein- 
schliesst,  heisst  Bahn.  Wenn  man,  wie  in  der  Abbildung,  die  Schneide 
durch  Anschleifen  eines  quadratischen  oder  trapezförmigen  Stäbchens, 
bei  dem  die  Bahn  durch  eine  der  Kanten  gebildet  ist,  herstellt,  so  erhält 
sie  die  Form  einer  durch  drei  Flächen  gebildeten  Spitze,  und  das  Werk- 
zeug heisst  Grabstichel  im  engern  Sinne;  wird  bei  demselben  Stäbchen 
die  Kappe  in  solcher  Richtung  angeschliffen,  dass  die  Bahn  durch  eine 
der  Flächen  gebildet  wird,  so  erhält  man  eine  geradlinige  Schneide 
(Flachstichel};  aus  Rund-  und  elliptischen  Stäbchen  entstehen  bogenför- 
mige Schneiden  u.  s.  f. 

Die  Länge  der  Grabstichel  pflegt  80  bis  100  Mm.  ohne  das  Heft, 
ihre  Stärke  2  bis  6  Mm.  zu  betragen.  Die  Schneide  wird  wie  bei 
Meissein  gehärtet  und  angelassen. 

Man  benutzt  die  Grabstichel  in  allen  Fallen,  wo  kleine  Metalltheil- 
chen  weggenommen  werden  sollen,  denen  mit  gröberen  Werkzeugen  nicht 
beizukommen  ist,  immer  also  für  die  letzte  Vollendung  der  Form.  So  in 
den  Werkstätten  der  Kupferstecher,  beim  Grayiren  von  Zeichnungen, 
Inschriften,  bei  Herstellung  von  Petschaften,  Prägstempeln  für  Münzen, 
beim  Nacharbeiten  sehr  feiner  Metallwaaren,  die  erst  dadurch  ihre  künst- 
lerische Vollendung  erhalten;  u.  s.  f. 

In  ihrer  Wirkung  derjenigen  des  Meisseis  ähnlich  sind  auch  die 
bekannten  Kneif-  oder  Beisszangen,  sobald  sie  zum  Abtrennen  von 
Drahtenden  u.  dergl.  gebraucht  werden.  Man  kann  sich  ihre  Schneiden  als 
zwei  gegen  einander  gerichtete  Meissel  vorstellen,  welche  durch  doppel- 
armige  Hebel  ihre  Bewegung  erhalten. 

b.    Der  Hobel  und  die  Hobelmaschinen. 

Wenn  man  ein  meisselartiges  Werkzeug,  welches  durch  die  freie 
Hand  geführt  nur  sehr  allmälig  und  in  unvollkommener  Weise  eine  vor- 
geschriebene Bahn  zurücklegt,  mit  einer  Vorrichtung  versieht,  welche 
seine  Bewegung  sichert  und  das  mit  jedem  Hammerschlage  stossartig 
eintretende  Vorrücken  des  Meisseis  in  ein  auf  der  ganzen  Bahn  ununter- 
brochen thätiges  Schneiden  in  geradliniger  Richtung  verwandelt,  so 
erhält  man  den  Begriff  des  Hobels;  und  wenn  die  Bewegung  durch  eine 
Maschine  geschieht,  der  Hobelmaschine. 

In  den  meisten  Fällen  beruht  die  Wirkung  des  Hobels  in  der  Er- 
zeugung gerader  Flächen;  wenn  jedoch  die  Schnittbreite  gering  ist  und 
das  Arbeitsstück  nach  jedem  Schnitte  um  eine  der  Schnittrichtung  pa- 
rallele Achse  um  so  viel  gedreht  wird,  als  die  Schnittbreite  beträgt,  so 


Hobelmaschinen.  597 

entsteht  ein  vielseitigeB  Prisma,  dessen  Umfang  jedoch  bei  der  geringen 
Breite  jedes  Schnitts  als  Gylinderfläche  betrachtet  werden  kann. 

Während  ftlr  die  Holzbearbeitung  der  bekannte  Handhobel,  bei 
welchem  der  Meissel  (Hobeleisen  genannt)  in  dem  Hobelkasten  geführt 
ist,  ein  fast  unentbehrliches  Werkzeug  bildet,  ist  derselbe  für  die  Metall- 
bearbeitung nur  äusserst  selten  in  Anwendung,  für  die  Bearbeitung 
härterer  Metalle  sogar  unhenutzbar  und  wird  bei  diesen  durch  die  Hobel- 
maschine ersetzt. 

Wie  sich  schon  aus  der  gegebenen  allgemeinen  Erklärung  des  Be- 
gi'iffs  „Hobelmaschine^  ergeben  dürfte,  beschreibt  bei  derselben  das 
Werkzeug  —  Meissel,  Hobelstahl  oder  allgemein  Stahl  genannt  —  auf 
dem  Arbeitsstücke  eine  geradlinige  Bahn,  indem  entweder  dieses  oder 
jenes  bewegt  wird;  und  es  muss  demnach  bei  Bearbeitung  breiterer 
Flächen,  als  die  Breite  der  Schneide  beträgt,  nach  Beendigung  jedes 
Schnitts  eine  Zurückfuhrung  des  bewegten  Theils  an  den  Anfangspunkt 
der  Bahn  stattfinden,  damit  dort  nach  erfolgter  ruckweiser  Schaltbewe- 
wegung  ein  zweiter  Schnitt  neben  dem  ersten  beginnen  kann.  Diese  Zu- 
rückführung  kann  schneidend  geschehen,  wobei  der  Stahl  eine  Drehung 
um  seine  Achse  von  180  Grad  machen  muss,  um  seine  Schneide  der  ent- 
gegengesetzten Bewegungsrichtung  entsprechend  zu  wenden;  oder,  was 
bei  Weitem  häufiger  ist,  der  RQckgang  kann  leer  stattfinden.  In  letzterem 
Falle  ist  die  Einrichtung  eines  beschleunigten  Rückgangs  zweckmässig, 
um  Zeit  zu  ersparen. 

Nach  der  verschiedenartigen  Ausführung  der  Haupt-  und  Schalt- 
bewegung theilt  man  die  Hobelmaschinen  für  Metallbearbeitung  in  drei 
Gattungen  ein. 

Planhobelmaschinen.  Das  Arbeitsstück  macht  die  Hauptbewe- 
gung, in  horizontaler  Richtung  hin-  und  zurückgehend,  das  Werkzeug 
macht  die  Schaltbewegung  normal  gegen  die  Hauptbewegung,  meistens 
gleichfalls  in  horizontaler  Richtung.  Es  entsteht  also  in  allen  Fällen 
eine  gerade  Fläche,  wagerecht,  senkrecht  oder  geneigt,  je  nachdem  die 
Schaltbewegung  die  eine  oder  andere  Richtung  besitzt. 

Durch  die  Figuren  465  bis  469  (Ys  d«  w.  Gr.)  kann  die  Einrichtung 
einer  Planhobelmaschine  mittlerer  Grosse  erläutert  werden  ^). 

Das  Arbeitsstück  wird  auf  dem  „Tische"  C|  welcher,  sofern  er,  wie 
bei  den  Planhobelmaschinen,  beweglich  ist,  auch  „Schlitten"  genannt 
wird,  befestigt.  Zur  Ermöglichung  dieser  Befestigung  ist  der  Tisch  mit 
drei  Längsnuthen  (deren  Querschnitt  in  Fig.  465  punktirt  gezeichnet  ist) 
versehen,  in  welche  von  den  beiden  an  den  Enden  des  Tischs  befind» 
liehen  breiten  Quemuthen  her  die  Köpfe  senkrecht  stehender  Schrauben- 
bolzen eingeschoben  werden  können;  ausserdem  aber  sind  eine  grosse 
Anzahl  quadratischer  oder  rechteckiger  durchgehender  Oefinungen  yor- 
handen,  durch  welche  man  hakenförmig  gebogene,  über  den  Rand  des 


1)  Yergl.  Hart,  Werk^seugmaschinen,  Taf.  36. 


598  TrenDimgBarbeiteiL 

Ärl>eitietückB  hinflbergreifeode  SchmiedeeUenstAoke  hindarcli  rteckeii 
and  mittelst  Schraubengewinde  und  Matter  ni)t«rlialb  der  Tischplatte 
ajiziehea  kann, 

Fig.  4S5. 


Flanhobelmascbinen.  599 

An  der  Dnterseite  der  Tüchplatte  befinden  sicli  zvei  angegossene,  pa- 
rallele, prismatische  und  sauber  abgehobelte  Leisten  (vergl.  Fig.  465),  welche 
in  entsprechend  geformten  Führungen  des  unterhalb  des  Tischs  befind- 

Fig.  466. 


600  Trennongsarbeiten. 

liehen  rabendes  Theils  <H  der  Haaohine  gleiten.  Dieeer  letstere  Tbeil 
heisat  das  „Bett"  und  wird  meutens  von  gnsseiMmen  „FfiBien"  a  O)  ge- 
bagen,  welche  bei  aehr  grosseD  Mucbiuen  mit  etarkem  Bette  ondTiaciie 


auf  niedrige  B5oke  oder  Untersätze  zusammenschrompfes,  damit  eine. 
für  den  Arbeiter  bequeme  Höbe  der  Tiscboberkante  innegehaltea  werde. 
Die  Bevegtmg  der  abgebildeten  Maecbine  wird  dnrcb  den  Eingriff 
eines  doppelten  Getriebes  k  in  eine  Zahnstange  l  bewirkt,  welche  unter- 
halb des  Tiscbs  angeschraubt  ifit.  Für  den  Antrieb  dient  ein  Riemen  mit 
drei  Biemen Scheiben  ddiäi,  von  denen  die  zuletzt  genannte  in  der 
Uitte   zwischen   d  und  di   liegende  eine  Losscbeibe  ist.     Die  Riemen- 


PlanhobelmascliiiieD.  601 

■chflibe  d  und  das  Getriebe  /  sitsen  feat  auf  der  Welle  e  (vergL  die  Figuren 
466  nnd  468) ,  und  es  wird  somit,  wenn  der  Riemen  auf  d  liegt,  die  Be- 
wegung Eunftclut  auf/,  von  hier  auf  das  dahinter  liegende  Getriebe  g 


übertragen)  dann  durch  die  Welle  des  Getriebe«  g  auf  du  kleinere  Ge- 
triebe h  fortgepflanzt  und  von  k  dem  grossen  Getriebe  i  mitgetbeilt, 
welches  auf  der  Welle  des  mit  der  Zahnstange  im  Eingrifie  stehenden 
Rades  k  befindlich  ist.  Es  findet  also  incl.  der  letztem  BewegungsOber- 
tragnng  ^ne  dreifache  Uebersetzung  statt;  der  Tisch  mnss  sieh  hierbei 
gegen  die  Schneide  des  Werkzeugs,  also  Torwarts  bewegen  (in  Fig.  466 
von  links  nach  rechts);  und  wenn  z.B.,  wie  bei  der  abgebildet«n  Uaachine, 


602  TrennimgBarbeiten. 

die  Ansahl  der  Zftlme  des  Getriebes/  =  18 

„    Rades       y  =  36 

„    Getriebes  fc  ==  18 

„    Rades        t  ^  45 

ist,  so  beträgt  die  Uebersatzang: 

/Ä  _  18  ■  18  _  1^ 
fl-t  ~  36  .  45  ~  ö' 
Macht  nun  die  Biemeuscheibe  65,7  Umdrehimgen  per  Hinnt«,  eo 

machen  die  Räder  t  und  k  -~-  =  13,14  Umdrebangen.     Ist  demnach 

der  Durchmesser  des  Getriebes  &   138  Mm.,    so    ist  dessen    Umfangs- 
geschwindigkeit im  TbeilkreiBe  and  Bomit  die  Bewegungagesch windigkeit 
des  Tiachs  beim  Vorwärtegange; 
13,14  .  3,14  .  188 

T- =^  95  Mm.  per  Secunde. 

60  *^ 

Die  Riemenscheibe  c^i  ist  mit  dem  Getriebe  hi  fest  verbunden,  and 
beide  drehen  sich  lose  auf  der  Weite  e.     Ai  aber  steht  im  Eingriffe  mit 


Fig.  . 


dem  Rade  i;   nnd 


demnach  der  Riemen  auf 
dl  liegt,  BO  erfolgt  dir 
BewegongBübertragoiig 
ohne  Weiteres  darcb  A] 
and  i  aof  h  und  die  Zahn- 
stange l.  £s  findet  also 
nnr  zweifache  Ueber- 
setzung  statt;  die  Räder 
t,  k  and  der  Tisch  bew^en 
sich  demzufolge  in  ent- 
gegengesetzter Richtong 
ab  wenn  der  Antrieb 
durch  die  Riemenscheibe 
d  erfolgt,  und  zwar  ge- 
schieht dieser  Räckgaog 
mit  beschleunigter  Ge- 
schwindigkeit, Denn  da  das  Rad  Ai  ebenso  gross  ist  als  ft,  so  ist  dai 
U  oberse  tzunga  verhftltnies : 

Ä,  __  18  _2 

i   ~  45  "~  B ' 

mitbin  hei  65, 7  Umdrehungen  der  Riemenscheibe  die  Umdrehungen  der  Ridtt 

»und  Ä  =  — — —  =  26,28  perMinnte,  und  die  Geschwindigkeit  des  Tiwii: 

26,28  .  3,14.  138        ,„.  ..  _        , 

— : ^  190  Mm.  per  Secunde. 

60  ^ 

Die  Umsteuernng  erfolgt  also  durch  YerBchiebung  des  RiemMu  tod 
der  Scheibe  d  auf  di-    Um  dieselbe  selbstthätig  durch  die  Haachine  sns- 


Planhobelmaschinen.  603 

fähren  zu  lassen,  befinden  sich  an  einer  Seite  des  Schlittens  zwei  Knag- 
gen, Ton  denen  der  eine  m  in  Fig.  466  ersichtlich  ist,  während  der 
zweite,  am  andern  Ende  befindliche,  durch  das  davor  liegende  Gussstück 
verdeckt  wird.  Beide  sind  an  einer  Leiste  verschiebbar  und  durch  eine 
Klemmschraube  in  jeder  beliebigen  Stellung ,  der  Länge  des  beabsichtig- 
ten Hubes  entsprechend,  festzustellen.  Zwischen  beiden  Knaggen  in  der 
Mitte  der  Bettseite  ist  der  gabelförmige  Steuerungshebel  n  mit  dem 
Brehungspunkte  x  befindlich,  welcher  bei  der  Bewegung  der  Maschine 
abwechselnd  von  den  beiden  Knaggen  erfasst  und  nach  links  oder  rechts 
hinübergedrückt  wird.  Der  entgegengesetzte  Hebelarm  pfianzt  nun 
durch  die  Yerbindungsstange  fii  die  Bewegung  auf  den  Winkelhebel  o  Oi 
fort ,  welcher  mit  der  Biemengabelschiene  p  verbunden  ist.  Wenn  dem- 
nach bei  dem  Yorwfirtsgange  der  Maschine  der  Knaggen  m  den  Hebel 
n  ergreift,  so  wird  der  Riemen  auf  die  Scheibe  di  geschoben  und  es  er- 
folgt Rückgang;  bei  der  nun  eintretenden  Bewegung  des  Hebels  durch 
den  zweiten  Knaggen  rückt  der  Riemen  auf  d,  und  ein  neuer  Schnitt 
beginnt.  Die  Bewegung  der  Steuerung  wird  durch  d^n  Kipphebel  q 
mit  Gewicht  q^  unterstützt,  welcher  durch  die  Stange  n^  mit  dem 
Steuerungshebel  n  verbunden  ist.  Zum  Abstellen  der  Maschine  wird 
der  Riegel  o^  eingelegt,  welcher  den  Hebel  o  und  die  Schi^iie  p  in  der 
mittleren  Stellung,  den  Riemen  demnach  auf  der  Losscheibe  d^  festhält. 
An  beiden  Seiten  des  Betts  sind  die  Ständer  bh  angeschraubt,  oben 
durch  ein  Querstück  verbunden  und  mit  diesem  zusammen  in  einem 
einzigen  Stücke  gegossen;  zweckmässiger  dürfte  es  in  Hinsicht  des  be- 
deutend erleichterten  Gusses  und  der  Bearbeitung  gewesen  sein,  jeden 
Ständer  wie  das  Querstück  für  sich  zu  giessen  und  durch  Verschraubung 
zu  verbinden,  wie  es  fast  immer  üblich  ist.  Die  consolartige  Form  der 
Ständer  entspricht  ihrer  Aufgabe,  bei  dem  Vorrücken  des  Arbeitsstücks 
gegen  den  schneidenden  Stahl  letzterm  eine  durchaus  sichere,  jede 
zitternde  ^Bewegung  verhütende  Unterstützung  zu  geben.  Vor  den  Stän- 
dern und  in  senkrechten  Nuthen  derselben  geführt  befindet  sich  der 
wagerechte  gusseiseme  Balken  a,  durch  zwei  Schraubenspindeln  ff0u 
welche  durch  Muttergewinde  des  Balkens  hindurchgehen,  getragen  und 
in  senkrechter  Richtung  verstellbar  gemacht.  Aus  Fig.  465  ist  leicht 
erkennbar,  wie  die  Schraubenspindeln  von  einer  Querwelle  w  aus  mit 
zwei  Paar  Winkelrädern  eine  gleichzeitige  und  durchaus  gleichmässige 
Drehung  erhalten,  um  die  wagerechte  Lage  des  Balkens  zu  sichern  und 
jedes  Ecken  und  Klemmen  bei  der  Bewegung  zu  vermeiden.  Die  Dre- 
hung der  Welle  w  und  die  dadurch  erzielte  Höhenverstellung  des  Bal- 
kens nebst  Werkzeug  erfolgt  stets  von  Hand  durch  Aufstecken  einer 
Kurbel  auf  den  an  einem  Ende  der  Welle  angeschmiedeten  vierkantigen 
Zapfen.  Diese  Höhenstellung  hat  den  Zweck,  den  Stahl  in  einer  der 
Dicke  des  auf  dem  Tische  befestigten  Arbeitsstücks  entsprechenden  Höhe 
einzustellen  und  wird  in  allen  FäUen  vor  dem  Beginne  der  Arbeit  be- 
werkstelligt,    während    geringe    erforderlich    werdende   Verschiebungen 


604  TrennungsarbeiteiL 

des  Werkzeugs  in  anderer,  sogleich  zn  besprechender  Weise  ansgeföhrt 

werden. 

Dieser  Balken  a  trägt  nun  den  Apparat,  welcher  zum  Festhalten 
wie  zur  Yerstellung  des  Stahls  dient  and  welchen  man  Stichelhalter 
oder  Snpport  nennt.  Derselbe  ist  in  Fig.  465  in  der  vordem  Ansicht, 
in  Fig.  466  in  der  Seitenansicht,  in  Fig.  469  in  yergrössertem  Durch- 
schnitte zu  ersehen  und  besteht  ans  vier  einzelnen,  selbstständigen  Thei* 
len.  An  zwei  prismatischen  wagerechten  Fühmngsleisten  des  Balkens  a 
gleitet  zunächt  der  Schlitten  /3,  mit  auszuwechselnden  Gleitbacken  ver- 
sehen. '  An  der  Rückseite  dieses  Schlittens  befindet  sich  eine  Lasche  ßi 
mit  Muttergewinde,  und  eine  hindurchgehende,  in  einer  Aushöhlung  des 
Balkens  a  gelagerte  Schranbenspindel  v  bewirkt  durch  ihre  Drehung  die 
wagerechte  Verschiebung  des  Schlittens  ruckweise  nach  jedem  Hin-  und 
Rückgange  der  Maschine. 

Auf  der  vordem  sauber  bearbeiteten  Fläche  des  Schlittens  ist  die 
Scheibe  y  befindlich,  durch  eine  Schraube  mit  versenktem  Kopfe  auf 
jenem  festgehalten  und  um  dieselbe  wie  um  einen  Zapfen  drehbar.  Da* 
durch  ist  die  Möglichkeit  gegeben,  das  Werkzeug  auch  in  jede  beliebige 
schräge  Stellung  zu  bringen,  und  zwei  Schrauben,  deren  Köpfe  in  kreis- 
bogenförmigen  Ausschnitten  des  Schlittens  verschiebbar  sind  (in  Figur 
469  ist  der  Durchschnitt  dieser  Ausschnitte,  in  Fig.  465  sind  die  auf  der 
Scheibe  hervortretenden  Schraubenmuttern  erkennbar),  dienen  zum  Fest- 
stellen der  Scheibe  in  der  gewünschten  Stellung. 

In  senkrechten  Prismenführungen  dieser  Scheibe  gleitet  als  drittes 
Theil  des  Supports  der  Schlitten  d,  in  einer  rinnenformigen  Aushöhlung 
seiner  Rückseite  eine  Schraubenmutter  tragend,  durch  welche  eine  senk- 
rechte Schraubenspindel  Xi,  ia  y  befestigt  und  mit  dem  Handrädchen  l 
versehen,  hindurchgeht.  Die  Drehung  des  Handrads  bewirkt  also  Ver- 
stellung des  Stahls  in  senkrechter  (beziehentlich  schräger)  Richtung. 

Endlich  ist  das  Stichelhäuschen  6  mit  zwei  wagerechten  Zapfen  in 
d  befestigt,  derartig,  dass  es  beim  leeren  Rückgange  durch  eine  schwache 
Drehung  ein  leichtes  Heben  der  Stahlschneide  über  die  Arbeitsfläche  ge- 
stattet und  dadurch  ein  vorzeitiges  Stumpfwerden  derselben  verhütet, 
während  es  beim  Vorwärtsgange  sich  unten  fest  gegen  d  anlegt.  Bei 
schweren  Maschinen  wird  diese  kleine  Drehung  des  Stichelhäuschens  nicht 
mehr  durch  die  Reibung  der  Schneide,  sondern  selbstthätig  durch  die 
Maschine  ausgeführt;  ein  nach  oben  gerichteter  auf  dem'  Stichelhäuschen 
befestigter  Hebelarm  ist  mit  einer  Kette  verbunden,  welche  mit  Hülfe 
eines  einfachen  Steuerungsmechanismus  den  Hebel  zurückzieht,  die 
Schneide  hebt,  wenn  der  Rückgang  beginnt,  sie  fallen  lässt,  sobald  das 
Schneiden  seinen  Anfang  nehmen  soll. 

Die  Befestigung  des  Stahls  geschieht  durch  die  beiden  in  Fig.  469 
ersichtlichen  Klemmschrauben. 

Von  den  Bewegungen  des  Supports  geschieht  bei  der  abgebildeten 
Maschine  die  wagereohte  selbstthätig,  die  übrigen  von  Hand.     Soll  dem- 


Planhobelmaschinen.  605 

nach  die  Schaltbewegung  nicht,  wie  es  meistens  der  Fall  ist,  wagerecht* 
sondern  senkrecht  oder  schräg  stattfinden  (beim  Bearbeiten  senkrechter 
oder  schräger  Flächen),  so  mass  dieselbe  durch  jedesmalige  Drehung  des 
Handrads  k  ausgeftihrt  werden.  Ausserdem  dient  aber  das  erwähnte 
Handrad  dazu,  beim  Beginne  des  Hobelus  wagerechter  Flächen  den  Stahl 
entsprechend  der  Dicke  des  zu  nehmenden  Spans  genau  einzustellen, 
also  sowohl  bei  dem  Beginne  der  Arbeit  überhaupt  als  auch  bei  Beginn 
einer  folgenden  Spanschicht. 

Der  selbstthätige  Vorschub  des  Supports  in  wagerechter  Richtung, 
durch  Drehung  der  Schraubenspindel  v  bewirkt,  erfolgt  folgendermaassen. 
Auf  dem  Ende  der  Spindel  v  ist  das  Sperrrädchen  u  befestigt  xmd  neben 
demselben  die  Schaltscheibe  ^  drehbar  aufgesteckt.  Ein  mit  letzterer 
verbundener  doppelter  Schalthaken  greift  in  die  Zähne  des  Rades  u  ein, 
dreht  dasselbe,  wenn  die  Scheibe  ti  nach  einer  Richtung  gedreht  wird, 
und  gleitet  leer  über  die  Zähne  hinweg,  wenn  die  Drehung  nach  der 
entgegengesetzten  Richtung  erfolgt.  In  einem  bogenförmigen  Schlitze 
der  Scheibe  sind  zwei  Zapfen  befestigt,  deren  oberer  yerstellbar  ist;  und 
zwischen  denselben,  auf  der  Verlängerung  der  Spindel  v  drehbar,  be- 
findet sich  der  kleine  Schalthebel  t,  durch  dessen  Drehung  ersichtlicher 
Weise  auch  die  Scheibe  ti  in  Mitleidenschaft  gezogen  wird,  sobald  er 
gegen  einen  der  beiden  Zapfen  stosst;  und  je  näher  diese  an  einander 
gerückt  sind,  desto  grosser  wird  der  Bogen  sein,  welchen  die  Scheibe 
beschreibt,  desto  grösser  also  auch  der  jedesmalige  Vorschub  des  Werk- 
zeugs. Der  Hebel  t  ist  durch  die  Zugstange  ^i  mit  der  senkrechten 
Stange  s,  diese  aber  durch  den  Winkelhebel  qgti  und  die  Stange  n^  mit 
dem  Steuerungshebel  H  verbunden,  so  -dass  bei  jedesmaliger  Umsteuerung 
der  Maschine  eine  Auf-  und  Abwärtsbewegung  der  Stange  s,  somit  abwech- 
selnd ein  Eingriff  des  Schalthakens  mit  einem  Vorschübe  des  Werkzeugs 
und  ein  leeres  Zurückgehen  eintritt.  Ist  das  Werkzeug  am  Ende  seiner 
Querbewegung  angelangt,  so  wird  durch  Umschlagen  des  doppelten 
Sohalthakens  sofort  die  entgegengesetzte  Bewegungsrichtung  eingeführt; 
ein  leeres  rasches  Zurückführen  von  Hand  kann  geschehen,  indem  man 
nach  Auslösung  des  Sohalthakens  eine  Kurbel  auf  den  am  linken  Ende 
der  Schraubenspindel  befindlichen  Zapfen  steckt  und  nun  dreht. 

Soll  der  selbstthätige  Vorschub  ganz  ausser  Thätigkeit  kommen 
(bei  Bearbeitung  senkrechter  oder  schräger  Flächen),  so  stellt  man  den 
Support  vermittelst  zweier  an  seiner  Oberkante  befindlichen  Klemm- 
schrauben auf  dem  Balken  a  fest  und  löst  die  Klemmschraube  in  der 
kleinen  Hülse,  welche  die  Stange  Si  mit  8  verbindet  Letzterer  bewegt 
sich  nun  leer  auf  und  ab,  und  die  Schaltung  steht  still. 

Bei  grossen  Hobelmaschinen  pflegt  auch  die  senkrechte  Schaltung 
selbstthätig  durch  die  Maschine  bewirkt  zu  werden,  wie  durch  die  Figuren 
470  bis  473,  den  Support  einer  solchen  grossem  Maschine  darstellend, 
veranschaulicht  ist.  In  dem  Balken  ff,  welcher  den  Support  trägt,  ist  pa- 
rallel mit  der  für  die  wagereehte  Schaltung  bestimmten  Schraubenspindel 


606  Trennirngsarbeiten. 

t  eine  zweite  SclinKibeiiapindel  t^  mit  dorchgehendeT  L&ngsnuth ,   aber 
ohne  Scbranbengewinda ,  gelagert     Anf  derselben  sitzt  das  Winkelräd- 
Fig,  470.  <^cii  ßi  gezwungen  die 

Drehang  der  Spindel 
mitzumachen  und  da- 
neben auch  einer  wage- 
reohten  Verschiebung 
des  Schlittens  v  zu  fol- 
gen. Tor  letztem)  dtzt, 
wie  bei  dem  frfllier  be- 
schriebenen Sapporte, 
die  Scheibe  u>,  drehbar 
nm  einen  starken  an* 
gegossenen  hohlen  Zap- 
fen. Dnrcb  dieHöhlnng 
desselben  hindurch  geht 
die  Achse  zweier  Eegel- 
rädcben  ßi  nad  y,  deren 
erateres  im  Gingriffe  mit 
ß  steht,  und  welche  so- 
mit die  Drehnag  dessel- 
ben anf  ein  viertes  Bfid- 
chen  /]  übertragen, 
dessen  Nabe  mit  einem 
Muttergewinde  versehen  und  welches  so  in  w  gelagert  ist,  dass  es  sich 
drehen,  aber  nicht  verschieben  kann.  In  dem  vor  der  Scheibe  w  senk- 
Fig,  471,  recht  gefflhrten  Schlitten  x  ist  die 

Schraubenspindel  S  gelagert  nnd 
durch  das  Rädchen  y  hindurohge- 
fflhrt,  so  das«  durch  die  Drehung 
desselben  eine  Veretellnng  der 
Schraube  nnd  somit  anch  des  Tbeils 
X  und  des  Stahls  in  senkrechter 
Richtung  erfolgen  musa.  Die  Zn- 
rflckf[lhrung  des  Schlittens  x  wird 
von  Hand  durch  Drehung  des  Rads 
S,  ansgeführt.  Da  die  geometrische 
Achse  der  Getriebe  ßi  und  y  mit 
derjenigen  des  Drehzapfens  der 
Platte  w  zusammenfällt,  so  k&on  die 
Spindel  S  auch  in  schr&ger  Stellung 
der  Scheibe  u>  geschaltet  werden. 
Die  Ueb  ertragung  der  selbst- 
thütigen  Scbaltbewegung  auf  die  Spindel  f,  ist  nun  sehr  einfach.  Die 
Figuren   472   und  473  bringen  diesen  Mechanismos    zur  Ansobaavng. 


Flauhobelmaschinen.  607 

An  der  Stange  q,  welche  bei  jeder  Umstenening  der  Uaschine  abwech- 
selnd auf-  and  niedergehende  Bewegung  erh&lt,  wie  früher  beschrieben 
worde,  sitzt,  mit  einer  Elemmhülae  befestigt,  die  Zngatange  gi  and  über- 
trägt die  schwingende  Bewegung  anf  den  Schalthebel  r,  welcher  an  einer 
angegossenen  Scheibe  den  anf  das  Schaltrad  s  einwirkenden  doppelten 
Sobalthaken  fi  trSgt.  s  ist  mit  dem  davor  liegenden  Zahnr&dchen  8| 
ans  einem  Stücke  gegossen  and  Si  steht  in  beständigem  Eingriffe  mitdem 
daraater  befindlichen  ZahnrSdchen  s^.  Die  Scheibe  des  Hebels  r,  die 
Räder  s  und  S|  stecken  gemeinachartlich  anf  dem  Ende  der  für  die  senk- 
rechte Scbaltang  bestimmten  Spindel  f^ ,  Sj  auf  dem  Ende  der  Schrau- 
henepindel  t  nnd  durch  Klemmschrauben  können  die  Räder  anf  ihren 
Fig.  «a. 


Spindeln  befestigt  werden,  während  sie  sich  leer  aof  denselben  dre- 
hen ,  wenn  die  Klemmschraabeo  gelöst  werden.  Je  nachdem  daher  das 
eine  oder  das  andere  der  Rädchen  befestigt  wird,  erfolgt  Drehung  der 
obem  oder  nptem  Spindel.  Das  Maass  der  Schaltang  lässt  sich  ver- 
äodem,  indem  man  die  Stange  qi  näher  oder  entfernter  vom  Drehungs- 
panhte  des  Hebels  angreifen  l&sat,  welcher  für  diesen  Zweck  mit  einem 
langen  Schlitze  versehen  ist. 

In  dem  abgebildeten  Supporte  ist  zwischen  dem  senkrechten  Gleit- 
stück» X  nad  dem  StichelhäuscheD  s  noch  ein  gleichfalls  drehbares  StQck 
jf  eingeschaltet,  welches  benntzt  wird,  wenn  mit  schräg  stehendem  Stahle 
(unabhängig  von  der  Richtung  der  Schal tbewegnng)  gearbeitet  werden 
aoll,  wie  es  nach  FrOherm  oft  zweckdienlich  sein  kann. 


608  TrennnngsarbeiteD. 

Sehr  grosse  HobelmaschineD  erhalt«!!  mitnnter  zwei  Snpporte  an 
eioem  geniMDschaftlichen  Qaerb&Iken,  oid  an  zwri  Stellen  des  Arbeita- 
stadcB  zDgleicfa  arbeiten  zn  können.  Gewöhnlich  sind  in  diesem  Falle 
drei  Spindeln  Enr  Uebertragnng  der  Schaltbewegnng  auf  die  Snpporte 
in  dem  Balken  gelagert;  swei  davon  mit  Schranbengewinde  dienen  dam, 
jeden  der  Sapporte  wagerecht  za  schalten,  nnd  jede  beliebige  Entfemang 
derselben  von  einander  berzostellen;  die  dritte  mit  zwei  Winkelr&dcben 
bewirkt  die  senkrechte  Schaltung  beider  Werkxenge.  Dm  jedoch  ancb 
Fig.  473. 


diese  Bewegung  nicht  anf  beide  Snpporte  gleichzeitig  fibertragen  zn 
müssen,  sind  die  Winkelrftdchen  nicht  dnrch  Nnth  und  F«wler,  sondern 
dnrch  Elemmschranben  mit  der  Welle  verbanden  nnd  somit  leicht  ausser 
Thätigkeit  gesetzt.  Dnrch  eine  ähnliche  Einrichtnng,  als  soeben  ffir 
zwei  Spindeln  beschrieben  wnrde,  lässt  sich  die  Bewegung  beliebig  anf 
alle  drei  oder  anf  einzelne  Übertragen;  und  man  ist  dadurch  in  Stand 
gesetzt,  nicht  allein  eine  einzige  Fläche  an  zwei  Stellen  zugleich  zn  be- 
arbeiten, sondern  auch  eine  wagerechte  und  eine  senkrechte  oder  geneigte 
Ebene  mit  einem  Male,  indem  man  fEkr  jedes  der  beiden  Werkienge  die 
betreffende  Schal tbewegung  einrückt. 


Planhobelmaschinen.  609 

Wenn  die  Hobehnaschine  beim  Vor-  und  Büdcwätisgange  schneiden 
soll,  so  muBS  der  Support  mit  einer  Einrichtung  versehen  sein,  welche 
den  Stahl  bei  jeder  Umstenenmg  am  180  Grad  dreht.  Zn  diesem 
Zwecke  befindet  sich  der  letztere  in  einer  oonischen  Hülse,  welche  in 
einer  entsprechend  aasgedrehten  Hülse  des  Sapports  am  ihre  Achse  dreh- 
bar ist  and  am  andern  Ende  eine  Schnarrolle  tragt,  welche  durch  einen 
Schnurlauf  und  Steuerungsmechanismus  nach  jeder  Wendung  des  Tischs 
jene  Drehung  um  180  Grad  erhält  und  auf  den  Stahl  überträgt. 

Solche  doppelt  arbeitenden  Hobelmaschinen  haben  jedoch  mancher- 
lei Nachtheile.  Das  Werkzeug  muss  mit  vollkommenster  Symmetrie 
aller  seiner  Theile  gearbeitet  sein ,  und  seine  geometrische  Achse 
mit  der  Drehungsachse  voUst&ndig  zusammenfallen,  wenn  nicht  nach- 
theilige Abweichungen  in  den  Schnitten  beim  Vor-  und  Rückwärts- 
gange entstehen  sollen.  Sodann  sind  aber  auch  die  Träger,  Schlit- 
ten u.  s.  w.  einer  Hobelmaschine  in  allen  ihren  Formen  ausschliess- 
lich far  den  Widerstand  in  einer  einzigen  Richtung  gebaut;  sobald  sich 
der  Stahl  umkehrt,  um  beim  Rückwärtsgange  zu  schneiden,  wirkt  der 
ganze  Druck  und  die  Inanspruchnahme  der  Festigkeit  der  Maschine 
gerade  in  entgegengesetzter  Richtung  zu  derjenigen,  für  welche  sie  con- 
struirt  ist,  und  eine  viel  geringere  Dauerhaftigkeit  ist  die  natürliche 
Folge.     Deshalb  sind  diese  Hobelmaschinen  wenig  mehr  im  Gebrauche. 

Die  Bewegung  des  Tisches  durch  Kurbel  und  Schubstange  —  mei- 
stens durch  einen  der  oben  erwähnten  Mechanismen  in  eine  gleichför- 
mige Vorwärtsbewegung  mit  beschleunigtem  Rückgange  verwandelt  — 
ist  wegen  der  beschränkten  Hablänge  nur  bei  den  kleinsten  Planhobel- 
maschinen vertreten,  bei  diesen  aber  sehr  gebräuchlicL  Die  Kurbel  ist 
zur  Veränderung  der  Hublänge  geschlitzt;  um  nun  auch  bei  veränderter 
Kurbellänge  die  zweckmässigste  Arbeitsgeschwindigkeit  herstellen  zu 
können,  erfolgt  die  Bewegungsübertragung  von  der  Deckentransmission 
durch  ein  Paar  Stufenscheiben  statt  der  einfachen  Riemenscheiben  der 
Maschinen  mit  Zahnstangen-  oder  Schraubenbetrieb. 

Die  Bewegung  durch  Schraubenspindel  und  Matter,  erstere  im  Bette 
der  Maschine  mit  Zapfen  drehbar  gelagert,  letztere  am  Tische  befestigt, 
findet  sich  bei  einzelnen  Ausführungen,  immerhin  aber  wegen  des 
grossem  Arbeitsverlustes  durch  Reibung  erheblich  seltener  als  die  be- 
schriebene Bewegung  durch  Zahnstange  mit  Getriebe. 

Die  Planhobelmaschinen  in  der  geschilderten  Anordnung  haben  den 
Nachtheil,  dass  ihre  Länge  doppelt  so  gross  sein  muss  als  die  Länge  des 
grössten  auf  ihnen  zu  bearbeitenden  Gegenstandes  und  sie  deshalb  ver- 
hältnissmässig  viel  Platz  beanspruchen.  Dagegen  sind  sie  äusserst  stabil, 
geben  einen  sichern  festen  Schnitt  und  eignen  sich  mithin  ebensowohl 
für  die  Bearbeitung  kleinerer  als  auch  ganz  besonders  grosser  und  schwe- 
rer Gegenstände,  welche  leicht  ein  Zittern  des  Stahls  hervorrufen. 

Die  Länge  des  Tischs  pflegt  ca.  Vs  ^on  der  Länge  des  Bettes  zu 
betragen;  die  BetUänge  besagt  bei  den  kleinsten  Planhobelmaschinen 

Ledebar,  neohanisch-metallnrgische  Technologie.  39 


610  Trennangsarbeiteii. 

0,75  M.  nnd  steigt  bei  den  grössten  bis  auf  18  M.  Die  Yortheilhaffceste 
Geschwindigkeit  des  Tisches  beim  Schneiden  ist  SO  bis  100  Mm.  per 
Secnnde,  der  Rückgang  2  bis  3  mal  so  rasch  als  der  Yorwärtsgang ,  die 
Grosse  der  Schaltung  (Spanbreite)  0,25  bis  2  Mm.  per  Schnitt,  je  nach- 
dem geschroppt  oder  geschlichtet  wird,  and  aach  abhängig  von  der  Grösse 
der  Maschine.     Die  Spandicke  höchstens  2  Mm. 

Die  Bewegung  erfolgt  nur  bei  den  ganz  kleinsten,  wenig  gebranch- 
lichen  Maschinen  durch  Handbetrieb,  sonst  stets  von  einer  durch  Ele- 
mentarkraft betriebenen  Transmission  aus. 

Den  Arbeitsverbrauch  bei  den  Planhobelmaschinen  berechnet  H ar- 
tig nach  der  Formel: 

N=No  +  sO, 
worin  ^o  ^^ii  Arbeitsverbrauch  im  Leergange; 

Cr  das    Gewicht    des    stündlich   abgehobelten    Metalls    in    Kilo- 
grammen ; 
s   für  Gusseisen  bei  einem  Spanquerschnitte  von 
0,5  1  5  10         20     Qmm. 

0,294     0,164     0,050     0,047     0,041  Pferdestärken, 
für  Bronze  durchschnittlich    .    .    .    0,028  Pferdestärken 

y,    Schmiedeeisen 0,114  „ 

„    Stahl *  0,264  „ 

beträgt. 

Für  den  Arbeitsverbrauch  im  Leergange  wird  man  0,4  bis  0,6 
Pferdestärken  annehmen  können;  fär  Veranschlagung  der  zum  Betriebe 
überhaupt  erforderlichen  Leistung  der  Arbeitsmaschine  wird  man  nicht 
fehlgehen,  wenn  man  für  die  kleinsten  Maschinen  0,5  bis  1  Pferdestärke, 
für  mittlere  1  bis  1,5,  für  die  grössten  1,5  bis  2  Pferdestärken  annimmt 

Feilmaschinen  oder  Shapingmaschinen.  Das  Werkzeug  macht 
die  Hauptbewegung,  wagerecht  und  geradlinig  hin-  und  hergehend;  die 
geradlinige  Schaltbewegung  wird  bei  kleinen  Maschinen  häufig  durch 
das  Arbeitsstück,  bei  allen  grösseren  und  bei  vielen  kleinen  Maschinen 
neuerer  Construction  aber  gleichfalls  durch  das  Werkzeug  ausgeführt 
£s  entstehen  also  bei  diesen  Bewegfungscombinationen  ebenfalls  gerade 
und  fast  stets  wagerechte  Flächen;  die  meisten  Maschinen  sind  jedoch 
mit  einer  Einrichtung  versehen,  um  statt  der  geradlinigen  Schaltbewe- 
gung auch  eine  stets  durch  das  Arbeitsstück  ausgeführte  ruckweise 
Drehung  desselben  um  seine  Achse  zu  ermöglichen,  wobei  dann  selbst- 
verständlich Cylinderflächen  (polygonale  Querschnitte  mit  sehr  vielen 
Seiten)  entstehen  müssen;  und  man  nennt  die  Maschinen  in  diesem  Falle 
auch  Rundhobelmaschinen. 

Die  Bewegungsübertragung  auf  das  Werkzeug  erfolgt  stets  durch 
Schlitzkurbel  und  Schubstange  (oder  Schleife),  wobei  ebenso  wie  bei  den 
Planhobelmaschinen  mit  Enrbelbetrieb  ein  Paar  Stufenscheiben  für  den 
Antrieb  erforderlich  sind,  um  auch  bei  veränderter  Hublänge  die  geeig- 


netri«  Ärbeitsgeacbwindigkeit  ione  zn  halten.  Baa  WerkieDg  schneidet 
nar  beim  Torwärtegange  und  der  Rückgang  findet  bei  grösBereu  Ha- 
schinen  mebtentheila  mit  beschleanigter  Geschwindigkeit  statt. 


tUne  kleine  Feilmaschine ,  bei  welcher  die  Schaltbewegung  durch 
das  Arbeitsstück  aasgeßkhrt  wird,  von  der  Deutschen  Werkzeugmaschin ea- 
fabrik,  TOrmals  SoadermaDn  u.  Stier,  in  Chemnitz  erbaut,  ist  iu  den 
Figuren  474  bis  476  abgebildet. 


612  Trennimgsarbeitcn. 

Die  Bevegnng  wird  von  der  Stofensclieibe  E  ans  zanäcbst.  aof  «ine 
horizontale  Welle  nnd  ron  dieser  anf  die  mit  Radialachlitz  versehene 
Enrbelscheibo  F  übertragen.     Dieselbe  trägt  in  dem  erwähnten  SchUtise 

Fig.  475. 


verstellbar  ein  Gleitstück  O,  welches  in  der  Schleife  K  aenkrecht  gei&hrt 
ist  (wie  in  Fig.  474  durch  panktirte  Linien  angedeutet  ist)  nnd  dem- 
nach bei  Drehung  de*  Scheibe  F  die  Schleife  K  in  wngerechter  Rieht nng 
mitführt.     K  ist  durch  zwei  Schrauben  an  dem  Prisma  (Stöasel)  /  be- 


Feilmaschinen. 


613 


festigt,  welches  wie  der  Querschnitt  in  Fig.  476  aasweist,  in  einer  Füh- 
rung des  gusseisernen,  auf  dem  Bette  der  Maschine  aufgegossenen  Bocks 
H  in  wagerechter  Richtung  gleitet  und  somit  auch  die  Bewegung  der 
Schleife  K  sichert.  Die  Köpfe  der  Befestigungsschrauhen  für  die  letz- 
teren befinden  sich  in  einer  wagerechten  Nnth  des  Prismas,  wodurch  es 
möglich  ist,  die  Stellung  des  letztem  gegen  den  Tisch  A  zu  verändern, 
den  Angriff  des  Werkzeugs  in  geringerm  oder  grösserm  Abstände  vom 
Bette  beginnen  zu  lassen.  Die  Grösse  des  Hubes  lässt  sich,  wie  leicht 
einzusehen  ist,  durch  Yerstellung  des  Gleitstücks  a  in  der  Scheibe  F 


Fig.  476. 


verändern;  die  Zeitdauer  des  Hubes  des  Stössels 
J  ist  beim  Vor-  und  Rückwärtsgange  gleich 
und  die  Geschwindigkeit  ungleichförmig.  Bei 
dem  geringen  Hube  (die  Maximalausladung 
beträgt  150  Mm.)  fallen  jedoch  diese  ungün- 
stigen Yerhältnisse  wenig  ins  Gewicht.  An 
dem  Kopfe  des  Stössels  ist  der  Werkzeughalter, 
aus  drei  Theilen  bestehend,  befestigt.  Der  hin- 
terste Theil  besteht  aus  einer  drehbaren  Scheibe 
zum  Schrägstellen  des  Werkzeugs  und  durch 
die  in  Fig.  474  an  der  Rückseite  der  am  Stössel 
angegossenen  Scheibe  ersichtliche  Schrauben- 
mutter verstellbar;  dann  folgt  ein  senkrechter 
Schlitten,  durch  Schraubenspindel  mit  Hand- 
kurbel L  beweglich;  endlich  am  vordem  £nde 
das  Stichelhäuschen ,  an  zwei  horizontalen 
Zapfen  befestigt,  um,  wie  früher  beschrieben 
wurde,  beim  Rückwärtsgange  ein  geringes  An- 
heben des  Stahls  zu  ermöglichen. 
Das  Bett  der  Maschine  ruht  auf  zwei  Füssen,  ist  an  der  vordem 
Seite  gehobelt  und  mit  Prismenführung  für  den  in  wagerechter  Richtung 
beweglichen  Schlitten  B  versehen,  vor  welchem  der  consolenartige  Tisch 
A  znr  Au&ahme  des  Arbeitsstücks  befestigt  ist.  Zur  selbstthätigen  mck- 
weisen  Verschiebung  des  Tisches  nach  jedem  Hube  dient  eine  an  der  Rück- 
seite des  Schlittens  befindliche  Schraubenmutter,  durch  welche  die  im 
Bette  der  Maschine  gelagerte  Schraubenspindel  C  (Fig.  475)  hindurch- 
geht. Das  auf  der  rechten  Seite  vorstehende  glatte  Ende  der  Spindel 
trägt  ein  mit  ihr  festverbundenes  Schalträdchen  (vergl.  Fig.  474)  und 
einen  um  die  Spindel  drehbaren  zweiarmigen  Hebel  mit  Schalthaken, 
welcher  in  das  Rädchen  eingreift.  Eine  Stange  verbindet  den  Hebel 
mit  einem  auf  dem  Ende  Q  der  Antriebswelle  befindlichen  ezcentrischen 
Zapfen  und  erhält  ihn  dadurch  iu  stetiger  auf-  und  abgehender  Bewe- 
gung; die  eine  Hälfte  dieser  Bewegung  bleibt  ohne  Einfluss  auf  die 
Schraubenspindel,  da  der  Schalthaken  während  derselben  über  die  Zähne 
des  Rädchens  gleitet;  während  der  andern  Hälfte  wird  das  letztere 
sammt  der  Spindel  gedreht  und  der  Tisch  mit  dem  Arbeitsstücke  macht 


614  Trennungsarbeiten. 

die  Schaltbewegnng.  Die  Stellung  der  Mechanismen  für  Haupt-  und  Schalt- 
beweguDg  gegen  einander  muss  eine  solche  sein,  dass  die  letztere  während 
des  leeren  Rückgangs  des  Stössels  stattfindet;  die  Grösse  der  Schaltung 
lässt  sich  yerändem,  wenn  man  den  Abstand  des  excentrischen  Zapfens 
bei  G  vom  Mittelpunkte  durch  Verstellung  in  einem  Radialschlitze  ver- 
grössert  oder  verkleinert.  Die  Rückführung  des  Tischs  wird  durch  Dre- 
hung der  Schraubenspindel  von  Hand  bewirkt. 

Zum  Festhalten  sehr  kleiner  Gegenstande  während  der  Bearbeitung 
schraubt  man  auf  dem  Tische  Ä  einen  kleinen  Parallelschraubstock  fest, 
in  welchen  dieselben  eingespannt  werden. 

Soll  die  Maschine  zum  Rundhobeln  benutzt  werden,  so  wird  auf 
der  obem  Seite  des  Schlittens  B  eine  gusseiseme  Platte  mit  kleinem 
Lager  für  eine  kurze  wagerechte  Welle  befestigt,  welche  rechtwinklig 
gegen  die  Bewegungsrichtung  des  Schlittens  gerichtet  ist,  und  auf  ihrem 
über  den  Schlitten  nach  rückwärts  vorstehendem  Ende  ein  Schnecken- 
rädchen trägt.  Dasselbe  und  somit  auch  die  WeUe  wird  durch  eine 
Schnecke  bewegt,  welche  auf  der  wagerechten  Welle  jp  (in  Fig.  475  in  ihrer 
obem  Hälfte  sichtbar)  befestigt  ist.  Jene  kurze,  auf  dem  Schlitten  gelagerte 
WeUe  ist  hohl  und  kann  zur  Aufnahme  eines  nach  vorn  heransstehenden 
Doms  dienen,  auf  dem  nun  das  mit  einer  entsprechenden  Oefifnung  ver- 
sehene Arbeitsstück  übergeschoben  und  befestigt  wird.  Die  Einrichtung 
dieses  Doms  ist  im  Wesentlichen  die  nämliche  wie  desjenigen,  welcher 
unten  in  Fig.  479  abgebildet  und  näher  beschrieben  ist.  Wird  die 
Welle  p  gedreht,  so  macht  das  Arbeitsstück  ebenfalls  eine  Drehung  um 
seine  Achse.  Jene  ruckweise  Schaltung  erfolgt  in  der  aus  Fig.  474  er- 
sichtlichen Art  uud  Weise.  Wenn  die  Welle  mit  dem  Dome  und  Arbeits- 
stücke an  Ort  und  Stelle  und  der  Schlitten  in  die  richtige  Stellung  gegen 
das  Werkzeug  gebracht  ist,  wird  der  untere  für  die  Bewegung  des  Tischs 
dienende  Schalthaken  ausgelöst  und  die  Schaltung  nun  durch  eine  kurze 
Stange  h  einem  zweiten,  auf  p  drehbaren  einarmigen  Hebel  mit  Schalt- 
haken mitgetheilt,  welcher  während  des  Rückgangs  des  Stahls  durch 
Eingri£F  des  Schalthakens  in  das  auf  jp  befestigte  Rädchen  die  Drehung 
ausführt. 

Eine  grössere  Feilmaschine,  bei  welcher  beide  Bewegungen  durch 
das  Werkzeug  ausgeführt  werden,  von  Sigl  u.  Co.  in  Berlin  erbaut  *), 
zeigen  die  Figuren  477  bis  480.  Das  auf  zwei  starken  gusseisemen 
Füssen  ruhende  Bett  C  trägt  den  Querschlitten  B,  auf  dem  sich  die  ver- 
schiedenen Bewegungsmechanismen  für  das  Werkzeug  befinden.  Der 
Antrieb  erfolgt  zunächst  von  der  an  der  Seite  des  Betts  gelagerten 
Stufenscheibe  Ä  aus  durch  die  mit  durchgehender  Längsnuth  versehene 
Welle  h  auf  das  Getriebe  c,  welches  von  dem  Schlitten  bei  seiner  Bewe- 
gung längs  der  Welle  h  mitgeführt  wird,  c  überträgt  die  Bewegung  auf 
das  im  Schlitten  gelagerte  Getriebe  d,  welches  durch  excentrische  Kurbel- 


1)  Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrgang  1867,  Tafel  11< 


FeilmaBchinen.  615 

Hchleife  (vergl.  Figur  440  und  441  auf  S.  566  nnd  567)  und  Schnbatange  h 
mit  dem  Stösael  p  verbanden  ist,  so  dass  letzterer  beeohleimigteii  Rück- 
gang erhält  Der  Fius  des  Stössels  gleitet  mit  Prismen fahmng  in  einer 
entsprechenden  Nnth  am  FnSBe  des  Schlittens.  Am  Kopfe  ist  der  Werk- 
zeughalter angeschranbt,  ans  vier  Tbeilen  bestehend,  nnd  dadnrch  eine 


Yerrtelliuig  des  Werkzeags  in  senkrechter  wie  in  bogenförmiger  Sich- 
tnng  ermöglichend.  Letztere  wird  dorch  die  Schnecke  m  bewirkt,  welche 
in  einen  verzahnten  Bogen  des  DrehstScks  eingreift,  unterhalb  des 
Schlittens  trägt  derselbe  eine  Schraabenmntter  e  (Fig.  478),  durch 
welche  die  zwischen  beiden  Wangen  des  Bette  gelagerte  lange  Schrauben- 
Spindel  mit  doppeltem  Gewinde  /  hindurchgeht,  durch  ihre  ruckweise 


616  Trennungsarbeiten. 

Drehnog  die  Fortbewegaag  des  SchlittesB  sammt  Werkzeughalter  und 
BewegnugBmecbanUmaB  bewirkend. 

Die  Art  der  Schaltnug  ist  io  Fig.  480  in  TergrösBertem  Maasaatabe 
abgebildet.  Auf  der  verläugerten  Welle  Ii  Bitzt  das  Getriebe  t  (Tergl.  auch 
Fig.  479),  welohea  in  daa  Rad  k  greift-,  dieses  trägt  eine  ponlctirt  ge- 
zeichnete herzförmige  Nntb ,  in  welche  das  eine  Ende  des  zweiarmigen 
Schlitzhebeb  l  mit  einem  Gleitstücke  eingreift ,  somit  nach  jeder  Um- 
drehung Ton  k  eine  einmalige  Auf-  and  Niederbewegong  erhaltend. 
Daa  UebenetznngsrerbSltnisB  zwischen  i  und  k  ist  gleich  dem  Ueber- 
setznngsverbiUtnisBe  zwischen  den  Bädern  c  und  d,  so  dass  eine  ein- 
malige Drehong  von  k  einem  Doppetbnbe  des  Stössele  entspricht.  Der 
Hebel  l  überträgt  seine  Bewegung  durch  die  Stange  ffl  auf  den  zwei- 
armigen Hebel  n ,  welcher  sich  lose  anf  der  Achse  des  SchaltrSdcheus  o 
dreht  nnd  mit  doppeltem  Schaltbaken  in  dasselbe  eingreift,  somit  Dre- 

Fig.  478. 


hnng  nach- einer  odefv-der' andern  Seite  bewirkend,  je  nachdem  der  Schalt- 
haken nmgeschtagen  Hat;  o  ist  aber  auf  der  verlängerten  Achse  der 
Schraubenspindel  /  befestigt  und  überträgt  demnach  die  empfangene 
Drebnng  ohne  Weiteres  auf  diese. 

Zur  Befestigung  des  Arbeitsstücks  befinden  sich  zwei  Tische  an  der 
Vorderseite  des  Betts.  Jeder  derselben  besteht  ans  zwei  Stücken,  wo- 
durch eine  Verstellung  in  wagerechter  Richtung  ermöglicht  ist.  Für  die 
erstere  dienen  die  am  Bette  befindlichen  zwei  Längsnatben,  in  welchen 
die  Köpfe  der  zur  Befestigimg  dienenden  Schraube nbolzen  verschiebbar 
Bind,  nachdem  man  die  Muttern  gelöst  hat}  die  senkrechte  Verstellung 
wird,  wie  aus  Fig.  478  hervorgeht,  durch  eine  Schraubenspindel  nnd 


FeilmaBchinen.  617 

Matter  ausgeführt,  aobttld  die  erat«re  vermittelst  einer  auf  die  nnterhalb 
der  Tischplatte  gelagerte,  wagerechte,  mit  der  Schraube  durch  ein 
Paar  Winkelrädchen  yerbundene  Welle  aufgesteckte  Handkurbel  ge- 
dreht wird. 


Die  erhebliche  Breite  dieser  Maschine ')  macht  sie  vorzngaweiae  znr 
Bearbeitnng    langer    schmaler    Gegen stfinde    (z.    B.    Balanciers)    durch 


1)  Unter  „Breite"  die  Bichtnng  der  Bclialtbewegaog  verstaudea,   in  dieaem 
Falle  gleichbedeutend  mit  Bettlänge. 


618  Trennungsarbeiten. 

SohuiUe  in  der  Qnenichtang  Qber  das  ArbeitsBtQck  geeignet,  welches 

dann  auf  beiden  Tischen  Beine  Auflage  findet. 

Eine  solche  Schaltang  des  WerkzengB  vürde  aach  bei  einer  bedeu- 
tend kurzem  Breite  der  Maschine  anwendbar  gewesen  sein  nnd  zeichnet 
sich  theila  durch  die  grössere  Sicher- 
°'  heit  der  Bewegung,    hauptsächlich 

aber  durch  den  Umstand  TorÜieilhaft 
aus ,  dass ,  wShreud  bei  der  Schal- 
tung des  Tischs  die  Breite  der  Ma- 
schine  gleich  der  doppelten  Breite 
(Länge)  des  Arbeitsstäcks  sein  mnss, 
bei  der  Scbaltbewegnng  durch  das 
Werkzeug  die  einfache  Breite  aus- 
reicht, oder  man  umgekehrt  ein  an- 
nähernd doppelt  so  breites  (langes) 
Arbeitsstück  in  diesem  als  in  jenem 
Falle  hobeln   kann.      Daher  ist  bei    neuei-en   Feilmaschinen    die    letzt- 
beschriebene Einrichtung  bei  Weitem  häufiger  in   Anwendung  als  die 
früher  beschriebene. 

Nicht  selten  findet  man  für  Maschinen  mit  sehr  beträchtlicher  Bett- 
lAnge  zwei  Supports  in  Anwendung,  welche  gleichzeitig  an  verschiede- 
denen  Stellen  arbeiten  kennen;  man  kann  dadurch  nicht  allein  direct  an 
Zeit  sparen,  sondern  kürzt  auch  die  Länge  des  Schaltnngswegs.  Jedes 
der  beiden  Werkzeuge  besitzt  in  diesem  FaUe  seinen  eigenen  Bewegungs- 
mechsnismus  und  Schlitten;  und  damit  auch  ein  jedes  Töllig  unabhängig 
von  dem  andern  sei,  pflegt  für  jeden  Schlitten  eine  besondere  Triebwelle 
mit  Stufenscbeibe  and  eine  besondere  Schaltangsspindel  vorhanden  zu  sein. 
Die  abgebildete  Maschine  besitzt  endlich  auch  einen  Apparat  zum 
Rundhobeln,  dessen  Einrichtung  aus  Fig.  479  hervorgeht.  Die  horizon- 
tale Spindel  c  trägt  die  beiden  Conusse  u  und  tii,  deren  ersterer  fest  anf 
V  sitzt,  während  der  andere  znm  Losnehmen  eingerichtet  ist  und  durch 
die  davor  gesteckte  Schraubenmutter  gegen  das  über  die  Spindel  über- 
geschobene Arbeitsstück  (welches  zu  diesem  Zwecke  hohl  sein  mass)  fest- 
gedrückt  wird,  dadurch  die  Feststellung  und  Centrimng  desselben 
bewirkend,  v  steckt  in  einer  hohlen  gusseisemeti  Welle  nnd  ist  am 
andern  heransragenden  Ende  durch  eine  Schraubenmutter  in  derselben 
festgehalten,  lässt  sich  also  ohne  Schwierigkeit  entfernen.  Um  fUr  Arbeits- 
stücke von  verschiedenen  Durchmessern  die  geeignete  Höhenlage  zu  erhal- 
ten, sind  zwei  solche  ganz  gleiche  Wellen  über  einander  angebracht,  wie  in 
Fig.  477  ersichtlich  ist,  und  im  Bette  der  Maschine  gelagert,  so  dass  die 
Spindel  nach  Erfordemiss  in  die  obere  oder  untere  gesteckt  Verden 
kann.  Jede  der  beiden  Wellen  trägt  ein  Schneckenrad,  welches  dnrch 
eine  zwischen  beiden  Rädern  befindliche,  auf  der  wagerechten  Welle  8 
(Fig.  479)  befestigt«  gemeinschaftliche  Schnecke  gedreht  wird.  Die 
Schaltung  der  Welle  8  ist  wieder  in  Fig.  480  ersichtlich.    Anf  dem  Ende 


Feilmaschinen.  619 

der  Welle  5  ist  das  verzahnte  Rad  r  befestigt  and  zugleich  der  einarmige, 
mit  Schalthaken  versehene  Hebel  z  drehbar  aufgesteckt;  darch  eine 
Stange  q  ist  der  zweiarmige  Hebel  n  mit  dem  Hebel  jer  verbanden.  Soll 
der  Randhobelapparat  benutzt  werden,  so  wird  der  Sperrhaken  des  He- 
bels n  aus  dem  Rade  o  ausgelöst,  um  die  Schaltung  des  Werkzeugs  ausser 
Thätigkeit  zu  setzen ,  der  Sperrhaken  bei  z  eingeklinkt  und  somit  die 
Schaltung  der  Welle  8  in  Wirksamkeit  gesetzt. 

Die  Geschwindigkeit  des  Schnitts  ist  bei  den  Feilmaschinen  meistens 
erheblich  beträchtlicher  als  bei  Planhobelmaschinen ,  entsprechend  dem 
geringem  Gewichte  des  bewegten  Theils,  und  pflegt  100  bis  150  Mm. 
per  Secunde  zu  betragen,  während  das  Maass  der  Schaltbewegung  zwi- 
schen Vi  his  IV2  Mm.  pro  Schnitt  sich  bewegt. 

Der  Umstand,  dass  die  Hauptbewegung  aller  Feilmaschinen  durch 
Kurbel  oder  Excenter  bewirkt  wird,  beschränkt  ihre  Hublänge  auf  ein 
erheblich  geringeres  Maass  als  bei  Planhobelmaschinen,  und  während  die 
kleinsten  Maschinen  oft  nicht  mehr  als  100  Mm.  Hublänge  besitzen, 
dürfte  als  Maximum  der  Hublänge  bei  den  grössten  Maschinen  500  Mm. 
anzusehen  sein. 

Der  Arbeitsverbrauch  der  Feilmaschinen  wird  sich  in  ähnlicher 
Weise  wie  f&r  Planhobelmaschinen  ermitteln  lassen;  zur  Veranschlagung 
der  erforderlichen  Betriebskraft  wird  man  für  kleine  Feilmaschinen  0,5, 
für  grosse  1  Pferdestärke  rechnen  können. 

Den  Planhobelmaschinen  gegenüber  besitzen 'die  Feilmaschinen,  ins- 
besondere diejenigen  mit  Schaltung  durch  das  Werkzeug,  den  Vortheil, 
dass  sie  für  gleiche  Hublängen  geringem  Platz  beanspruchen,  da  ihre 
Längenausdehnung  im  einfachen ,  nicht  wie  bei  jenen  im  doppelten  Ver- 
hältnisse zur  Hublänge  steht.  Während  daher  diese  geringere  Hublänge 
und  die  leichtere  Construction  die  Anwendung  der  Feilmaschinen  für 
sehr  grosse  und  schwere  Gegenstände  ansschliesst,  lässt  die  oben  er- 
wähnte Eigenschaft,  sowie  die  grossere  Arbeitsgeschwindigkeit  und  ein 
geringerer  relativer  Arbeitsverbrauch  sie  als  ausserordentlich  zweck- 
mässig zur  Bearbeitung  weniger  schwerer  Gegenstände  erscheinen,  die, 
falls  sie  eine  geringe  Breite  bei  beträchtlicher  Länge  besitzen,  der  Quere 
nach  bearbeitet  werden. 

Letzterer  Eigenthümlichkeit  der  Maschine,  durch  welche  ihre  Schnitte 
dieselbe  Richtung  erhalten,  als  wäre  das  Arbeitsstück  durch  Feilstriche  be- 
arbeitet worden,  und  dem  Umstände,  dass  sie  thatsächlich  bei  vielen  Ge- 
genständen  die  Bearbeitung  durch  Feilen  ersetzt,  verdankt  sie  wohl 
ihren  Namen  als  Feilmaschine. 

Mit  dem  Rundhobelapparate  versehen  ist  sie  im  Stande,  rasch  und  mit 
wenig  Arbeitsaufwand  Gylinderflächen  an  manchen  kleineren  Gegenstän- 
den herzustellen ,  die  auf  der  Drehbank  einen  grossem  Zeitverlust  erfor- 
dert haben  würden. 


620  Treuuungsarbeiten. 

Stoumaschinen ,  iVutlieiiatOBsituucIiinen  ,  stanzmaschinan, 
Vertic  alhobelmaaoli  Inan.  Das  Werkzeug  macht  die  Haaptbewegong 
in  eenVrecbter  Richtung,  und  zwar  schneidend  beim  Niedergänge  and 
leer  beim  Aofgange;  dax  ArbeitasttLck  fast  immer  die  Schaltbewegnng 
dnrch  geradlinige  Fortbewegnng  oder  durch  Drehong.  Zur  Bewegung  des 
Werkzeuge  dient  fast  anaschliesstioh  die  Kurbel  mit  oder  ohne  Zwiscben- 
mechanismen  für  beschleanigten  Rückgang. 

Die  Arbeit  der  Stossmaschinen  ist  daher  de^'enigen  der  Feilmaschi- 
nen  mit  beweglichem  Arbeitsstücke  ähnlich,  und  der  Unterschied  liegt 
in  der  Richtung  der  Hauptbewegnng  Gerade  hierdurch  aber  wird  eine 
durchaus  geänderte  Anordnung  der  ganzen  Haschine  nothwendig. 

Elg.  <8l. 


KutbenstossmaschineiL  621 

In  den  Fignren  481  bis  484  ist  in  '/}|,  der  wirklichen  Orosae  eine 
NnthenstosBinafichine  für  Stücke  von  1200  Mm.  grÖsHtem  Darchmesser 
and  400  Mm.  Höhe  ans  der  Deatachen  Werkzengmaackinenfabrik  in 
Chemnitz  abgebildet.  Der  Ständer  der  Maschine  ist  in  einem  Stflcke  in 
HohlgoBs  gefertigt  and  trägt  die  gleichfalla  angegoBBenen  FtthrangBleisten 
d  fOr  den  Stöseel  (Priama)  k.  a  iat  die  Stafenacbeibe  für  den  Antrieb. 
Vor  derselben,  für  den  Arbeiter  leicht  zn  erreichen,  befindet  aich  auf  der- 
selben Welle  daa  Schwangrad  q,  zngleich  dazu  dienend,  den  Stösael  von 
Hand  in  die  richtige  Stellnng  za  bringen,  bevor  die  Maschine  angelaaaen 
wird.  Die  Bewegung  wird  von  a  durch  das  Getriebe  tn  anf  daa  kräftig 
gebaute  Rad  b  Qbertragen     b  ist  durch  excentriache  Korbelachleife  mit 

Fig.  482. 


622  TrennungsarbeiteD. 

der  Kurbelwelle  /  verbuDdeQ  and  ertheilt  der  Haachioe  dadorch  beschlen- 
nigten  Rückgang  (Aofgang).  Die  Eiurichtang  der  excentrischeD  (With- 
wortb' sehen)  Kurbelaebleife  wird  aus  Fig.  484  verständlich  sein,  h  iat 
der  im  Rode  h  befestigte  Mitnehmerzapfen ,  welcher  in  einer  radialen 
Fähning  der  gegen  b  excentrischen  Scheibe  g  gleitet;  g  fibertrAgt  die 
empfangene  nngleichfQrmige  Bawegnng  anf  die  Welle  /.  Auf  dem  vor- 
dem Ende  von/  sitzt  die  warm  aufgezogene  rechteckige  Scheibe  e,  anf 
welcher  vergtellbar  die  Scheibe  p  mit  dem  excentrischen  Zapfen  für  den 
Angriff  der  Schubstange  befestigt  ist.  Die  Schraube  o  dient  zur  Ver- 
eteUnng  der  E^cantricitat  zwischen  diesem  Zapfen  und  der  Welle  /  und 
somit  zur  Vergröseening  oder  Verkleinerung  der  Kurbellänge  und  des 
Hubes  der  Maschine.  Der  gröeste  erreichbare  Hub  (gleich  der  doppelten 
Excentricit&t)  ist  250  Mm.;  stellt  man  den  Korbelzapfen  genau  centrisch 
zur  Welle  /,  so  ist  der  Hub  gleich  Null.  Durch  die  Zugstange  l  wird 
die  Kurbelbewegnng  anf  den  StAesel  A  abertragen.  Wie  aus  Fig.  482 
nnd  484  hervorgeht,  ist  letzterer  durch  eine  Schraubenmutter  und  starke 
Fig,  433.  Schraabeuspindel  n  mit   der    Zug- 

stange yerbunden,  wodurch  es  mög- 
lich wird,  die  Höhenlage  desselben, 
je  nachdem  die  zu  bearbeitende 
Fläche  höher  oder  tiefer  liegt,  in 
ziemlich  weiten  Grenzen  za  ver- 
stelleu.  Da  der  grösste  Zapfendruck 
der  Welle  /  nach  oben  gerichtet  ist, 
so  ist  die  obere,  ans  Hartrothgnsa 
gefertigte  Lagerhälfte  i  derselben, 
(Fig.  484)  durch  einen  quer  durch 
das  Gerüst  hinduixhgehenden  Keil 
t'i  nachstellbar  gemacht. 

Unterhalb  des  Stössels  befindet 
sich  anf  dem  angegossenen  Fusse 
der  Maschine  der  Tisch  y  mit  Yor- 
richtting  zur  Längen-  und  Quer- 
Verschiebung,  sowie  zur  Kreisbe- 
wegung yerseben.  Anf  der  mit 
T-förmigen  Qoerschlitzen  versehenen 
Tischplatte  wird  das  Arbeitsstdck 
aufgespannt.       Dieselbe     trägt     an 

"■•- --■  ihrer  nntem  Seite  den  mit  ihr  in 

einem  Stücke  gegossenen  Schneoken- 
kranz  e,  vollständig  innerhalb  des  Tische  liegend,  y  ist  drehbar  aof 
dem  Mittelstücke  r;  die  Drehung  erfolgt  von  einer  in  der  Abbildung 
nicht  oraichtlichen  Schnecke  auf  der  horizontalen  Welle  p,  durch  Langa- 
nnth  und  Feder  mit  einander  verbunden ,  so  dass  bei  Verschiebung  des 
Mittelstacks  r  auch  die  Schnecke  mitgenommen  wird,    r  macht  die  Quer- 


Nuthenstos3maschiiien.  623 

verschieboDg  des  Tiacha,  gleitet  za  dieaem  Zwecke  mit  Prismenführan- 
gen  traf  dem  Untertheile  S  und  erhält  seine  Bewegung  durch  eine  hori- 
zontale Schranbenspindel  rj ,  welche  in  8  gelagert  ist  and  durch  eine  an 
r  befestigte  Mntter  hindnrcbgebt.  Der  Schlitten  s  bewegt  dch  auf  Füh- 
rungen des  FuBBes  der  Maschine  in  der  Längen richtnng  und  erhält  diese 
Bewegung  yon  einer  Schranbenspindel  Si  ans.  Jede  dieser  drei  Bewe- 
gungen kann  mit  Hälfe  einer  aof  das  Ende  der  betreffenden  drei  Spin- 
deln aofgesteckten  Kurbel  von  Hand  bewirkt  werden,  während  des  Gan- 
ges der  Maschine  aber 
*^-  *8*-  pflegt    die    Schaltung 

oelbsttbätig  in  folgender 
Weise  vor  sich  zu  gehen. 
In  dem  Rade  b  (vergl. 
Fig.  483   und  484)   ist 
eine  curvenfSrmige  Nuth 
u  eingegossen,  in  wel- 
cher ein  an  dem  Ende 
des  Steuemngsbebels  a 
befestigter  Zapfen  glei- 
tet.    Die  Curve  besitzt 
einen  leicht  erkennbaren 
Punkt,  wo  ihr  Abstand 
vom  Radmittel  am  gröss- 
ten  ist;    von    hier   ans 
nimmt    dieser   Abstand 
innerhalb  eines  Bogens 
von    40   Graden    rasch 
ab    und    bleibt    dann 
während  eines  Bogens  von  140  Graden  gleich,  so  dass  die  Curve  inner- 
halb des  letztem  als  concentrischer  Kreisbogen  erscheint.     Befindet  sich 
der  Zapfen  des  Hebels  a  nun  in  dem  grdssten  Abstände  vom  Radmittel, 
so  wird  er  bei  Drehnng  des  Rads  b  in  der  Pfeilriohtnng  rasch  in  der 
Richtung  saoh  links  hinQbergedrflckt  werden  und  bewirkt  während  dieser 
Periode  Schaltung;  alsdann  gelangt  er  in  den  concentrlschen  Theil  der 
Curve,  and  die  Schaltung  ruht;   endlich,  in  einem  dritten  TheUe  der 
Gurve,  welche  den  noch  tkbrig  bleibenden  Bogen  von  180  Graden  ein- 
nimmt, wächst  der  Abstand  vom  Radmittel  ganz  allmälig,  bis  er  wieder 
auf  dem  höchsten  Stande  angelangt  ist;  a  enthält  demnach  eine  entgegen- 
gesetzte Bewegung  und  bewirkt  langsamen  Rückgang  des  Steuerunge- 
mecbanismns. 

Die  Bewegung  des  Hebels  a  wird  durch  die  Zugstange  v  zunächst 
auf  einen  einfacben  Sperrkegel  x  übertragen,  welcher  in  das  Sperrrädchen 
u  eingreift,  bei  der  Hinaofbevegung  (während  des  ersten  Theils  der 
Scbaltungacurve)  dasselbe  dreht,  bei  der  Himmterbew^oDg  leer  gleitet. 
Der  Angriffspunkt  der  Zogstange  t>  am  Hebel  oi  ist  in  einem  Schlitze 


624  Trennnngsarbeiten. 

yerstellbar,  um  das  Maass  der  Schaltnng  grösser  oder  kleiner  zu  machen. 
Das  Rädchen  to  überträgt  die  empfangene  Bewegung  zunächst  auf  das 
daneben  sitzende  Winkelrädchen  y  nnd  von  diesem  auf  ein  zweites  oder 
drittes  Winkelrädchen  £  und  8.  y  und  d  sitzen  lose  auf  der  Schaltungs* 
welle  i\  zwischen  beiden  befindet  sich  auf  derselben  Welle,  durch  Kuth 
und  Feder  mit  ihr  yerbunden,  die  Klauenkupplung  tt,  durch  den  in 
Fig.  482  ersichtlichen  Handhebel  bewegt.  Wird  dieselbe  mit*  9/  ein- 
gerückt, so  erhält  die  Welle  t  ohne  Weiteres  von  diesem  Rädchen  seine 
Bewegung,  während  i  und  £  leer  gehen;  wird  u  mit  i  eingerückt,  so 
erfolgt  die  Bewegungsübertragung  durch  alle  drei  Rädchen,  mithin  in 
umgekehrter  Richtung.  Auf  dem  vordem  Ende  yon  i  befindet  sich  ein 
Stimrädchen  im  Eingriffe  mit  einem  zweiten  auf  der  Schraubenspindel 
Si  sitzenden  Rädchen,  wodurch  Schaltung  desTischs  in  der  Längsrichtung 
bewirkt  wird.  Durch  Verschiebung  des  letztgenannten  Rädchens  auf 
seiner  Spindel  kann  dasselbe  ausser  Eingriff  und  somit  diese  Schaltung 
ausser  Thätigkeit  gesetzt  werden.  Femer  befindet  sich  auf  i  ein  Winkelräd- 
chen, durch  Nuth  und  Feder  verschiebbar  mit  i  verbunden,  welches  durch 
ein  zweites,  in  Fig.  482  erkennbares  Winkelrädchen  und  eine  kurze  im 
Schlitten  s  gelagerte  Welle  seine  Bewegung  auf  das  Getriebe  17  überträgt  und 
dabei  gezwungen  ist,  jede  Längsbewegung  des  Schlittens  mitzumachen. 
Von  17  aus  erfolgt  nun  die  Bewegungsübertragung  auf  die  beiden  Stim- 
rädchen, welche  auf  den  Enden  der  Spindeln  |7  und  rx  befindlich  sind 
und  deren  jedes  durch  Verschiebung  auf  seiner  Spindel  in  und  ausser 
Eingriff  gebracht  werden  kann.  Es  wird  also  Längs-,  Quer-  und  Rund- 
bewegnng  des  Arbeitertücks  bewirkt 

Die  Befestigung  des  Werkzeugs  am  Stössel  pflegt  bei  den  Nuthen- 
stossmaschinen  in  einfachster  Weise  durch  Klemmschrauben  bewirkt 
zu  werden;  bei  der  abgebildeten  Maschine  dient  ein  Paar  geschmiedeter 
Bügel,  welche  in  T-förmige  Schlitze  des  Stössels  eingeschoben  sind,  zum 
Tragen  der  Klemmschrauben. 

Als  vortheilhafteste  Schnittgeschwindigkeit  gilt  bei  den  Nuthenstoss- 
maschinen  100  bis  150  Mm.  perSecunde,  und  dieGrrösse  der  Schaltung  ist 
Vs  bis  iVs  Mm.  per  Schnitt.  Die  üblichste  Hublänge  ist  100  bis  300  Mm. 

Wie  der  Name  andeutet  verdanken  die  Nuthenstossmaschinen  ihre 
Entstehung  der  Aufgabe,  senkrechte  Nuthen,  insbesondere  Keilnuthen  in 
Radnaben,  einzuarbeiten,  wobei  die  Schneide  des  Werkzeugs  die  Breite 
der  Nuth  erhält,  und  das  Arbeitsstück  nach  jedem  Schnitte  gegen  das 
Werkzeug  vorgeschoben  wird,  bis  die  erforderliche  Tiefe  der  Nuth  er- 
reicht ist.  Die  grossen  Annehmlichkeiten  aber,  welche  die  Maschine 
überhaupt  bei  der  Bearbeitung  senkrechter,  nicht  sehr  hoher  Flächen 
darbietet  und  wozu  namentlich  ihr  rascher  Gang  und  ihre  einfache  Bedie- 
nung gehört,  haben  ihr  längst  eine  weit  ausgedehntere  Anwendung  ver- 
schafft; die  Schaltbewegung  in  der  Kreislinie,  durch  welche  cylindriscbe 
Flächen  erzeuget  werden,  macht  sie  vorzugsweise  geeignet  zur  Bearbeitung 
von  Flächen,  wie  sie  an  der  Aussenseite  von  Kurbeln,  Hebeln  und  ahn- 


Sägen.  625 

liehen  Gegenständen  häufig  sind,  und  deren  Herstellnng  anf  der  Rnnd- 
hobelmaschine  oder  Drehbank  wegen  des  langen  Armes  jener  Arbeits- 
stücke schwierig  oder  unmöglich  sein  würde. 

Der  Arbeitsrerbrauch  wird  in  gleicher  Weise  wie  bei  den  früher 
besprochenen  Hobelmaschinen  berechnet  und  kann  bei  den  grösseren 
Maschinen  auf  ca.  1  Pferdestärke,  bei  kleinen  auf  V»  ^^^  V«  Pferde- 
stärken veranschlagt  werden. 


Literatur  und  Abbildungen  aller  Sorten  Hobelmaschinen. 

Ausser  den  auf  S.  569  genannten  Werken: 
Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1856,  Nr.  4  ef;  Jahi^.  1858,  Nr.  42; 

Jahrg.  1859,  Nr.  8;  Jahrg.  1862,  Nr.  21  ab;  Jahrg.  1864,  Nr.  18; 

Jahrg.  1867,  Nr.  4;  Jahrg.  1871,  Nr.  10;  Jahrg.  1872,  Nr.  4. 
Wiebe,  Skizzenbuch,  Jahrg.  1869,  Heft  5;  Jahrg.  1871,  Heft  1. 

Femer  finden  sich  Besprechungen  und  Abbildungen  ausgeführter 
Hobelmaschinen  in  den  meisten  Jahrgängen  aller  grosseren  technischen 
Zeitschriften;  so  in  Dingler's  Journal,  im  Polytechnischen  Gentralblatt, 
im  Praktischen  Maschinenconstructeur  u.  v.  a. 


o.     Die     Säge. 


WenA  man  eine  Anzahl  Meissel  von  sehr  geringer  Breite  und  Höhe 
in  der  Bewegungsrichtung  hinter  einander  anordnet  und  durch  einen 
Quersteg  verbindet,  so  erhält  man  den  Begriff  einer  Säge.  Die  geringe 
Höhe  ist  erforderlich,  um  bei  der  schwachen  Stärke  der  Meissel  ein  seit- 
liches Verbiegen  zu  vermeiden;  und  da  die  gewonnenen  Späne  nur  sehr 
dünn  sind  und  bald  abbrechen,  so  ist  das  Abfliessen  derselben  durch  die 
geringe  Höhe  nicht  behindert. 

Die  einzelnen  Meissel  nennt  man  die  Zähne,  den  zwischen  zwei 
Zähnen  befindlichen  Zwischenraum  die  Zahnlücke,  denjenigen  Theil 
der  Säge,  welcher  die  einzelnen  Zähne  verbindet,  das  Blatt.  Gewöhnlich 
bestehen  die  Zähne  und  das  Blatt  aus  einem  Stücke,  und  die  Säge  wird 
durch  Ausfeilen  oder  Ausstossen  der  Zahnlücken  an  der  Kante  des  Blatts 
hergestellt;  nur  für  sehr  grosse  Sägen  fertigt  man  die  Zähne  einzeln 
und  verbindet  sie  mit  dem  Sägeblatte  ^). 

Damit  jeder  folgende  Zahn  nicht  etwa  leer  in  der  von  dem  voraus- 
gegangenen geschnittenen  Furche  sich  vorwärts  bewege,  sondern  gleich- 
falls schneidend  wirke,  muss  derselbe  relativ  tiefer  liegen,  als  der  voraus- 


^)  Deutsche  IndoBtrieKeitung ,   Jahrg.  1867,   S.  343  und  403;  Jahrg.   1878, 
S.  484;  Jahrg.  1875,  8.  254;  Jahrg.  1877,  S.  337. 

JLedebar,  meoluuiiich-motaUnigiMtk«  Technologie.  4Q 


626  Trennungsarbeiten. 

gegangene.  Wenn  nnn  die  Schneidkanten  sämmtlicher  Zähne  sich  in 
einer  geraden  Linie  befinden,  so  wird  diese  tiefere  Lage  der  folgen- 
den Zähne  dnrch  eine  gegen  die  Bewegongsrichtung  geneigte  Lage 
dieser  geraden  Linie  hervorgerufen,  vorausgesetzt,  dass  die  Länge  des 
Schnitts  grösser  ist  als  der  Abstand  zweier  Zähne  von  einander.  Dnrch 
diese  geneigte  Lage  kommen  also  so  viele  Zähne  mit  einem  Male  zum 
Schneiden  als  der  Länge  der  Schnittlinie  entsprechen;  und  während 
jeder  einzelne  Zahn  nur  einen  Span  von  sehr  geringer  Dicke  abnimmt, 
ist  die  Dicke  der  bei  einem  einmaligen  Durchgänge  der  Sägen  abgenom- 
menen Schicht  gleich  der  Summe  aus  den  Dicken  der  von  jedem  Zahne 
einzeln  abgenommenen  Späne.  Aus  den  früher  gegebenen  allgemeinen 
Erörterungen  über  das  Schneiden  (S.  550)  folgt  aber,  dass  es  bedeutend 
weniger  Kraftaufwand  erfordert,  viele  dünne  einzelne  Schichten  als  eine 
einzige  dicke  Schicht  abzuheben;  und  demnach  genügt  bei  Anwendung 
der  Säge  eine  geringere  Arbeit  zum  Lostrennen  einer  gleich  grossea 
Schicht,  als  wenn  derselbe  Erfolg,  mit  einem  einmaligen  Durchgange 
eines  einzigen  Meisseis  hervorgebracht  werden  sollte. 

Eine  gleiche  Wirkung  wie  durch  jene  Neigung  der  Säge  gegep,  die 
Bewegungsrichtung  wird  nun  offenbar  hervorgebracht  werden,  wenn 
neben  einer  Hauptbewegung,  welche  in  der  Richtung  der  durch  die 
Schneidkanten  der  Säge  gelegten  Linie  stattfindet,  eine  ununterbrochene 
Schaltbewegung  in  der  Schnittebene  normal  gegen  jene  Hauptbewegung 
eingerichtet  wird;  denn  die  Resultante  aus  beiden  Bewegungsrichtungen 
ist  offenbar  wieder  eine  gegen  die  Hauptbewegung  geneigte  Linie,  und 
jeder  folgende  Zahn  wird  demnach  in  dem  der  Grösse  der  Schaltbewegung 
entsprechendem  Maasse  tiefer  in  das  Arbeitsstück  eindringen  als  der 
vorausgegangene  und  demzufolge  dickere  oder  weniger  dicke  Späne  los- 
trennen. 

Durch  diese  doppelte  Bewegung  wird  thatsächlich  fast  stets  jene 
Aufgabe  gelöst,  die  Yorwäiisbewegung  in  einer  gegen  die  Eantenebene 
geneigten  Linie  vor  sich  gehen  zu  lassen;  und  insbesondere  ist  dieselbe 
unerlässlich,  wenn,  wie  bei  vielen  durch  Elementarkraft  bewegten  Sägen, 
die  Zähne  entweder  in  einer  Kreislinie  angeordnet  sind  (Kreissägen)  oder 
das  bandförmige  Sägeblatt  sich  ununterbrochen  in  einer  Linie  ohne  Ende 
bewegt  (Bandsäge). 

Die  geschilderte  Wirkung  der  Säge,  insbesondere  auch  die  sehr  ge- 
ringe Breite  ihrer  Zähne,  lässt  sie  nicht  sowohl  zur  Bearbeitung  breiter 
Flächen,  als  vielmehr  zur  Hervorbringung  tiefer  Einschnitte  geeignet 
erscheinen,  und  man  benutzt  sie  deshalb  vorwiegend  zum  Zert heilen 
der  Arbeitsstücke,  wobei  alsdann  eine  Schicht  von  der  Breite  der  Zähne 
als  „Sägespäne"  verloren  geht. 

Während  bei  Bearbeitung  des  Holzes  uns  die  Säge  in  den  mannig- 
fachsten Formen  und  für  die  mannigfachsten  Verwendungen  begegnet^ 
finden  wir  bei  der  Verarbeitung  der  Metalle  nur  zwei  Hauptformen  der- 
aelhen  vertreten.     Der  Grund  hierfür  ist  leicht  aufzufinden;  er  liegt  in 


Sägen.  627 

dem  grössern  Widerstände  des  h&rtern  Metalls,  welcher  ein  leichteres 
Verbiegen  der  schmalen  Zähne  der  Säge  zur  Folge  hat.  Wollte  man 
aber  durch  grössere  Breite  der  Zähne  diesen  Nachtheil  abschwächen,  so 
würde  nicht  allein  ein  grösserer  Metallyerlust  durch  Spanbildung,  son- 
dern auch  ein  mit  der  Breite  in  geradem  Verhältnisse  wachsender  Arbeits- 
yerbranch  die  Folge  sein,  und  dadurch  ein  Hauptyortheil  der  Säge  gegen- 
über anderen  zum  Trennen  geeigneter  Apparate  verloren  gehen.  Diese 
grössere  Härte  des  Metalls  macht  auch  einige  Abweichungen  in  der  Con- 
stmction  der  Zähne  erforderlich.  Je  härter  nämlich  der  zu  sägende  Körper 
ist,  desto  geringer  wird  der  Unterschied  in  dem  Maasse  des  Eindringens 
zweier  auf  einander  folgender  Zähne  sein,  mit  anderen  Worten,  desto 
geringer  wird  die  Schaltbewegung  und  desto  schwächer  werden  die 
Späne  sein.  Die  letzteren  werden  aber  um  so  leichter  abbrechen,  um  so 
kürzer  ausfallen,  je  dünner  sie  sind.  Daher  können  bei  Metallsägen 
die  Zähne  näher  an  einander  stehen  und  geringere  Höhe  besitzen,  als 
bei  Holzsägen,  wodurch  wieder  eine  grössere  Sicherheit  gegen  das  Ver- 
biegen gegeben  ist. 

Bei  den  Holzsägen  werden  die  Zähne  ein  wenig  aus  der  Ebene  des 
Blattes  abwechselnd  nach  der  einen  und  andern  Seite  abgebogen  (ge- 
schränkt), um  ein  seitliches  Schneiden  zu  bewirken  und  dadurch  die 
Reibung  zwischen  Schnittfläche  und  Sägeblatt  aufzuheben;  bei  den 
MetaUsägen  würde  dieses  seitliche  Schneiden  einen  grossen  Widerstand 
verursachen,  und  die  Zahnschneiden  liegen  deshalb  in  einer  Ebene  mit 
dem  Sägeblatte.  Um  trotzdem  die  Beibung  zu  verringern,  macht  man 
wohl  die  Sägeblätter  der  Metallsägen  am  Rücken  dünner  als  an  der  ge- 
zahnten Seite  oder  bildet  durch  Behämmem  längs  der  Kanten  des  Zahns 
einen  Grat,  welcher  die  Breite  des  Schnitts  vergrössert. 

Die  Form  der  Zähne  ist  die  eines  Keils  mit  sehr  schmalem  Rücken 
dessen  Zuschärfungswinkel  65  bis  70  Grad  und  Anstellungswinkel  20  bis 
25  CFrad  zu  betragen  pflegt,  so  dass  der  Schneid winkel  meistens  ein 
wenig  kleiner  als  90  Grad  ausföllt. 

1«  Hand-  oder  Bogensägen.  Das  Blatt  derselben  ist  250  bis 
350  Mm.  lang,  10  bis  20  Mm.  breit.  Die  Zähne  stehen  in  einer  geraden 
Linie  in  Abständen  von  V2  bis  2  Mm.,  von  Spitze  zu  Spitze  gemessen, 
von  einander;  bisweilen  jedoch  ordnet  man  sie  bei  neuen  Sägen  in  einer 
schwach  convexen  Linie  an ,  um  der  nach  der  Mitte  zu  wachsenden  Ab- 
nutzung Rechnung  zu  tragen.  Um  dem  Sägeblatte  die  nöthige  Steifig- 
keit zu  verleihen,  ist  dasselbe  in  einem  eisernen  „Bogen"  von  bekannter 
Form  eingespannt,  und  zur  Führung  dient   ein  am  Bogen  befestigter 

Handgnfi; 

Die  Handsäge  wird  zum  Zertheüen  kleinerer  Metallstücke  benutzt 
Dieselben  werden  gewöhnlich  in  den  Schraubstock  eingespannt,  der  Ar- 
beiter bewegt  mit  der  rechten  Hand  die  Säge  vorwärts  und  leer  zurück 
und  übt  mit  der  linken  Hand  bei  der  schneidenden  Vorwärtsbewegung 
einen  Druck  auf  den  Bogen  normal  gegen  das  Arbeitsstück  aus.     Da« 

40* 


G28  Trennungsarbeiten. 

Werkzeug  fuhi-t  demnach  beide  Bewegungen  aus;  eine  hin-  und  her- 
gehende Hanptbewegung  und  die  während  des  Schneidens  nnaosgesetzt 
aber  in  sehr  kleinem  Maasse  thätige  Schaltbewegong  durch  den  Druck 
der  linken  Hand. 

Das  Sägeblatt  wird  aus  bestem  Stahl  gefertigt,  die  Zähne  eingefeilt, 
bei  sehr  kleinen  Sägen  mit  dem  Meissel  eingehauen,  dann  gehärtet  und 
gelb  angelassen. 

Die  kleinsten  Handsägen,  welche  bei  der  Anfertigung  ornamentaler 
Gegenstände  dazu  benutzt  werden,  gekrümmte  Linien  auszuschneiden, 
heissen  Laubsägen.  Man  pflegt  das  Blatt  derselben  aus  einer  Uhrfeder 
zu  fertigen  und  giebt  ihnen  eine  sehr  feine  Theilung  (0,4  bis  1  Mm. 
Zahnabstand).  Der  Bogen  dieser  Laubsägen  zeigt  eine  etwas  abweichende 
Form  von  dem  Bogen  fär  grössere  Sägen.  Er  ist  höher  als  dieser,  am 
auch  in  grösserem  Abstände  vom  Rande  des  Arbeitsstücks  sägen  zu  kön- 
nen ;  der  den  Handgriff  tragende  Schenkel  bildet  gewöhnlich  ein  selbst- 
ständiges, auf  dem  langen  Mittelstücke  des  Bogens  mit  einer  Hülse  ver- 
schiebbares und  durch  eine  Klemmschraube  zu  befestigendes  Stück,  um 
mit  Sägeblättern  von  verschiedenen  Längen  arbeiten  zu  können. 

Um  mit  der  Laubsäge  aus  einer  vollen  Metallplatte  auch  solche 
Oeffnungen  auszuschneiden,  welche  nicht  nach  dem  Rande  auslaufen,  son- 
dern ringsum  eingeschlossen  sind,  wird  an  einer  geeigneten  Stelle  inner- 
halb der  Platte  ein  Loch  durchgeschlagen,  das  Sägeblatt,  nachdem  es 
aus  dem  Bogen  an  einem  Ende  losgemacht  ist,  hindurchgesteckt,  dann 
wieder  in  demselben  befestigt  und  so  nach  der  betreffenden  Linie  herum- 
geführt, während  der  Sägebogen  ausserhalb  des  Randes  mitgeht. 

2.  Kreissägen.  Die  Zähne  sind  nach  einer  Kreislinie  auf  dem 
Rande  einer  kreisförmigen  Stahlscheibe  angeordnet  Diese  Scheibe  ist 
auf  einer  horizontalen  Welle  befestigt,  welche  zugleich  die  Antriebs- 
riemenscheibe trägt  und  mit  ihren  Enden  in  Zapfenlagern  ruht.  Die 
Hauptbewegung  wird  durch  Drehung  jener  Welle  bewirkt;  die  Schalt- 
bewegung wird  entweder  durch  das  Arbeitsstück  ausgeführt,  indem  das- 
selbe fortschreitend  der  Scheibe  genähert  wird;  oder  durch  die  Säge, 
welche  in  diesem  Falle  gleichzeitig  mit  ihrer  Drehung  sammt  ihren 
Lagern  gegen  das  Arbeitsstück  vorgeschoben  wird,  und  zu  diesem  Zwecke 
gewöhnlich  pendelartig  in  zwei  schwingenden,  durch  Getriebe  und  ver- 
zahntes Bogenstück  bewegten  Rahmen  aufgehängt  ist. 

Der  Betrieb  aller  für  Metallbearbeitung  dienenden  Kreissägen  erfolgt 
durch  Elementarkrafb ;  man  giebt  ihnen  eine  bedeutende  Umfangs- 
geschwindigkeit, nicht  allein,  um  direct  die  Arbeit  zu  beschleunigen, 
sondern  auch,  um  während  des  Leergangs  desto  mehr  lebendige  Kraft 
zu  sammeln,  welche  während  des  Schneidens  verbraucht  werden  kann. 
Erfahrungsgemäfis  liefern  alle  Sägen  bei  raschem  Gange  einen  reinem 
glattem  Schnitt  als  bei  langsamem,  w«ts  eben  mit  der  grossem  Gleich- 
mässigkeit  der  Bewegung  bei  raschem  Gange  zusammenhängt. 


Sägen.  629 

Eine  vorwiegend  häufige  Verwendung  finden    die  Kreissägen    zum 
Zerschneiden  Ton  stangenfotmigen  Körpern  ans  Eisen  und  Stahl  (Eisen- 
bahnschienen, Trägem  und  verschiedenen  anderen),  welche  im  Walzwerke 
ihre  Querschnittsvollendung    erhielten  und  nun  auf  bestimmte  Längen 
getheilt  werden    sollen.     Die  Arbeitsstücke  werden  hierbei  unmittelbar 
von  dem  Walzwerke  kommend,  also  im  rothglühenden  Zustande,  zur  Säge 
gebracht;  der  geringere  Widerstand,    welchen    das  erhitzte  Metall  der 
Trennung  seiner  Theilchen  entgegensetzt,  ermöglicht  es,  zur  Beschleuni- 
gung der  Arbeit  grössere  Späne  zu  nehmen,  und  die  Zähne  dieser  Kreis- 
sägen sind  aus  diesem  Grunde  beträchtlich  grösser,  als  die  der  oben  be- 
schriebenen Handsägen.     Die  Zahntheilung  (der   Abstand  zweier  Zahn- 
spitzen)  pflegt  15  bis  30  Mm.,  die  Höhe  der  Zähne  10  bis  20  Mm.  zu 
betragen.     Die  Sägeblätter    haben    0,8    bis    1,5  M.    Durchmesser   und 
machen  800  bis  2000  Umläufe  per  Minute,  so  dass  sie  eine  Umfangs- 
geschwindigkeit von  60  bis  80  M.  per  Secunde  besitzen.     Das  Sägeblatt 
ist  entweder  ringförmig  in  einem  Stücke  gefertigt   oder  aus  mehreren 
Segmenten  zusammengesetzt;  die  Befestigung  geschieht  durch  Einklem- 
men zwischen  zwei  auf  der  Welle  befindlichen  Gusseisenscheiben,  welche 
durch  Schrauben  zusammengepresst  werden,  und  von  denen  die  eine  fest 
auf  der  Welle  sitzt,  während  die  andere  verschiebbar  ist.     Die  Stärke 
des  Sägeblatts  beträgt  2  bis  4  Mm.     Damit  die  Erhitzung  beim  Zer- 
schneiden der  heissen  Stäbe  nicht  eine  Erweichung  des  Sägeblattes  her- 
beiführe, lässt  man,  wo  es  angeht,  dasselbe  in  eine  mit  Wasser  gefCdlte 
Schale  tauchen ,  benutzt  aber  auch ,  wo  eine  solche  Erhaltung  der  Härte 
durch  Abkühlung  von  vornherein   aussichtslos  ist,   wohl  nur  schmiede- 
eiserne Sägeblätter,  deren  grosse  Umfangsgeschwindigkeit  ihren  Mangel 
an  Härte  ersetzen  muss^). 

Wenn  es  sich  darum  handelt,  eine  grosse  Anzahl  Arbeitsstücke, 
z.  B.Eisenbahnschienen,  nach  gleichen  Längen  abzuschneiden,  pflegt  man 
zwei  parallele  Kreissägen  auf  gemeinschaftlicher  Welle  anzuwenden, 
deren  Abstand  von  einander  verstellbar  ist,  und  so  mit  einem  Male  beide 
Enden  des  Arbeitsstücks  abzuschneiden.  Letzteres  ruht  hierbei  auf  einer 
Tischplatte  mit  Knaggen,  welche  ein  Ausweichen  vor  dem  Drucke  der 
Säge^  verhüten ;  der  Vorschub  wird  stets  von  Hand  mit  Hülfe  eines  Hebels 
—  häufig  mit  Einschaltung  von  Getriebe  und  Zahnstange  —  bewirkt, 
welcher  entweder  den  Tisch  (welcher  in  diesem  Falle  schlittenartig  ge- 
führt ist)  gegen  die  Sägen  oder  die  Sägen  sammt  Lagern,  Welle  und 
Riemenscheibe  in  der  oben  geschilderten  Weise  gegen  das  Arbeitsstück 
vorschiebt. 

Für  die  Berechnung  des  Arbeitsaufwandes  für  den  Betrieb  einer 
Kreissäge  giebt  Hart  ig  die  Formel: 


')  E8  ist  eine  interessante  Erscheinung,  dass  man  mit  einer  sich  sehr 
rasch  drehenden  Schmiedeeisenscheibe,  selbst  ohne  Zähne,  im  Stande 
ist,  weit  härtere  Stahlstäbe  im  kalten  Zustande  zu  zertheilen. 


630  TrennuDgsarbeiten. 

JV^=0,62  +  bF, 
worin  F  die  leicht  za  beobachtende  Schnittfläche  in  Quadratmetern  per 
Stunde  bedeutet,  und 

e  für  rothwarmes  Schmiedeeisen  =    7,56  Pferdestärken, 
„     rothwarmen  Stahl      .     .    =  10,9  „ 

beträgt^ 

Der  durchschnittliche  Arbeitsverbrauch  für  Sägen  mittlerer  Grösse 
kann  zu  5  Pferdestärken  angenommen  werden ,  wobei  eine  Eisenbahn- 
schiene in  etwa  10  Secnnden  durchschnitten  wird. 


Literatur  über  Sägen. 

Ausser  den  oben  (S.  569)  gMiannten  Werken: 
Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1859,  Nr.  12;  Jahrg.  1861,   Nr.   16 p; 

Jahrg.  1867,  Nr.  18;  Jahrg.  1868,  Nr.  18. 
Petzholdt,  Fabrikation  von  Eisenbahn material,  S.  15,  Taf.  I. 
y.  Hauer,  Hüttenwesensmaschinen,  S.  593. 


&.    Die  Feile. 


Wenn  man  sich  mehrere  Sägen  mit  gleich  grossen  Zähnen  so  neben 
einander  gelegt  und  zu  einem  Ganzen  yerbunden  denkt,  dass  sämmtliche 
Zahnspitzen  in  eine  Fläche  «fallen,  so  erhält  man  den  Begriff  der  Feile. 
Während  die  Säge  aber  vornehmlich  den  Zweck  hat,  schmale  und  tiefe 
Einschnitte  zu  machen,  dient  die  Feile  vermöge  ihrer  beträchtlichen 
Breite  dazu,  ganze  Flächen  durch  Abnahme  von  dünnen  Spänen  zu  be- 
arbeiten. Jene  Fläche  der  Zahnspitzen  kann  sowohl  gerade  als  gekrümmt 
sein;  es  können  mehrere  solcher  mit  Zahnspitzen  besetzter  Flächen 
unter  beliebigen  Winkeln  zusammenstossen  und  in  solcher  Weise  die 
mannigfachsten  äusseren  Formen  für  die  Feile  bilden. 

Ordnet  man  nun  die  Zähne  der  Feile  in  solcher  Weise  an,  dass 
jeder  derselben,  quer  über  die  Feile  hinweggehend,  die  ganze  Breite 
derselben  einnimmt,  so  besitzen  natürlich  die  genommenen  Späne  gleich- 
falls dieselbe  beträchtliche  Breite,  brechen  in  Folge  dessen  schwer  ab 
und  verursachen  beträchtlichen  Arbeitsaufwand.  Deshalb  sind  solche 
Feilen  nur  für  sehr  weiche  Metalle  verwendbar.  Man  nennt  dieselben 
aus  einem  sogleich  zu  erörternden  Grunde  einhiebig.  Legt  man  hier- 
bei die  Breitenrichtung  der  Zähne  (die  Schneidkante  derselben)  nicht 
genau  rechtwinklig,  sondern  schräg  gegen  die  Bewegungsrichtung,  so 
erleichtert  man  dadurch  nach  den  früher  gegebenen  Erörterungen  das 
Abfliessen  der  Späne  und  erhält  einen  scharfem  Schneidwinkel,  bef5rdert 


Feilen. 


631 


also  die  Wirkung  der  Feile,  und  daher  ist  diese  schräge  Lage  der 
Schneidkanten  BegeL 

Jene  bei  harten  Metallen  nachtheilige  Breite  der  Zähne  wird  ver- 
ringert, "wenn  man  sie  in  der  Breitenrichtnng  theilt,  statt  eines  durch- 
gehenden Zahns  also  mehrere  schmale  anbringt.  Solche  Feilen  mit  schma- 
len Zähnen  nennt  man  zweihiebig.  Wollte  man  nun  diese  Zähne 
hinter  einander  in  durchgehenden  Längsreihen  parallel  der  Bewegungs- 
richtung anordnen,  so  würde  bei  der  Benutzung  jede  Zahnreihe  eine 
einzige  Furche  auf  der  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  ziehen,  und  zwischen 
zwei  solchen  Furchen  würde  eine  erhabene  Bippe  stehen  bleiben,  ent- 
sprediend  dem  Abstände  zweier  neben  einander  befindlicher  Zahnreihen. 
Zur  Vermeidung  einer  solchen  mangelhaften  Wirkung  der  Feile  und  zur 
Erzielung  einer  yollständig  gleichmSssigen  Oberfläche  giebt  man  deshalb 
auch  den  Zahnreihen  in  der  Längenrichtung  eine  gegen  die  Bewegungs- 
richtung der  Feile  schräge  Lage;  es  tritt  dann  jedesmal  ein  folgender 
Zahn  in  den  zwischen  zwei  vorausgegangenen  neben  einander  befind- 
lichen Zähnen  gelassenen  Zwischenraum  und  nimmt  das  von  diesen  stehen 
gelassene  Metall  hinweg. 

Aus  diesem  Verhalten  der  Feile  erklärt  sich  die  Art  und  Weise 
ihrer  Anfertigung.  Man  stellt  die  Zähne  durch  Beihen  paralleler  Ein- 
schnitte dar,  welche  mit  Hülfe  eines  Meisseis  unter  bestimmtem  Winkel 
gegen  die  vorher  glatte  Oberfiäche  angebracht  werden  und  dadurch  die 
Zähne  aufwerfen.  Die  Einschnitte  heissen  der  Hieb,  die  Arbeit  der 
Herstellung  das  Hauen  der  Feile. 

Eine  einhiebige  Feile  besitzt  nur  eine  Beihe  solcher  quer  durch- 
laufender Hiebe,  welche  einen  Winkel  von  ca.  70  Grad  (beziehentlich 
110  Grad)  gegen  die  Achse  der  Feile  beschreiben. 

Bei  zweihiebigen  Feilen  sind  zwei  Beihen  sich  kreuzender  ParaUel- 
hiebe  vorhanden  (Fig.  485).  Dadurch  entsteht  jene  Theilung  der  brei- 
ten Zähne  in  mehrere  schmale;  und  indem  man  der  zweiten  Hiebreihe 

Fig.  485. 


eine  andere  Neigung  gegen  die  Feilenachse  g^ebt  als  der  ersten,  wird 
jene  Bedingung  erf&llt,  dass  die  Zähne  nicht  in  Längsreihen  angeordnet 
sein  dürfen,  welche  der  Bewegnngsrichtung  parallel  sind.  Bei  der  An- 
fertigung werden  zuerst  diejenigen  Einschnitte  angebracht,  welche  von 
oben  rechts  nach  unten  links  laufen,  wenn  man  die  Feile  quer  vor  sich 
hinlegt.     Dieselben  heissen  Grundhieb  oder  Unterhieb  und  pflegen 


632  Trennungsarbeiten. 

mit  der  Mittellinie  der  Feile  Winkel  von  ungefähr  52  besiehentlich 
128  Graden  zu  bilden.  Die  dnrch  den  Unterhieb  aufgeworfenen  Kanten 
werden  durch  Schleifen  etwas  abgestumpft  und  dann  die  andere  Reihe 
Einschnitte  angebracht,  welche  Oberhieb  oder  Kreuzhieb  genannt 
werden  und  mit  der  Mittellinie  Winkel  von  etwa  70  beziehentlich  110  Gra- 
den einschliessen.  Die  Kanten  des  Oberhiebes  bleiben  scharf  und  bilden 
die  eigentlichen  Schneidkanten. 

Wie  bei  den  Sägen  müssen  die  Abstände  der  Zähne  von  einander 
um  so  gröBser  sein,  je  weniger  spröde  das  Metall  ist,  je  längere  Späne 
also  entstehen.  Andererseits  aber  können  die  Zähne  um  so  grösser  (der 
Hieb  um  so  tiefer)  sein,  je  grösser  ihr  Abstand  ist;  und  je  grösser  die 
Zähne  sind,  desto  stärkere  Späne  können  genommen  werden,  desto  mehr 
wird  die  Arbeit  gefördert.  Mit  der  Grösse  und  dem  Abstände  der  Zähne 
von  einander  wachsen  aber  naturgemäss  auch  die  Abstände  zwischen  je 
zwei  von  der  Feile  gezogenen  Parallelschnitten  auf  der  Oberfläche  des 
Arbeitsstücks,  und  desto  deutlicher  erkennbar  werden  deshalb  diese  fur- 
chenartig neben  einander  hinlaufenden  Einschnitte  —  Feilstriche  ge- 
nannt —  erscheinen.  Je  genauer  die  Oberfläche  daher  bearbeitet  werden 
soll,  und  je  weniger  erkennbar  die  Feilstriche  sein  dürfen,  desto  feiner 
und  näher  bei  einander  liegend  müssen  die  Zähne  der  Feile  sein;  und 
man  pflegt  deshalb  bei  der  Bearbeitung  zuerst  mit  einer  groben  Feile 
zu  schroppen  und  dann  durch  Schlichten  mit  allmälig  feiner  werdenden 
Feilen  die  Spuren  des  Schroppens  wegzunehmen. 

Um  die  Arbeit  mit  jenen  gpröberen  Feilen  noch  mehr  zu  fördern, 
pflegt  man  ihnen  etwas  schärfere  Schneidkanten  als  den  zum  Schlichten 
bestimmten  zu  geben.  Nach  Karmarsch  setzt  man  bei  dem  Hauen 
jener  den  Meissel  unter  einem  Winkel  von  78  Graden  gegen  die  Feilen- 
oberfläche ein,  bei  den  feinsten  Feilen  unter  einem  Winkel  von  86  Grraden. 

Das  Material  zu  den  Feilen  ist  Tiegelgussstahl,  nach  dem  Hauen 
gehärtet  ohne  angelassen  zu  werden,  also  glashart.  Nur  die  ganz  gröb- 
sten Feilen  werden  aus  Schmiedeeisen  mit  verstahlter  Oberfläche  gefer- 
tigt. Da  die  Feile  an  und  für  sich  genug  Steifigkeit  besitzt,  ist  der  bei 
der  Säge  erforderliche  Bogen  entbehrlich,  und  zur  Handhabung  dient 
ein  hölzerner  Griff*,  welcher  über  eine  am  Ende  der  Feile  angeschmiedete 
spitzige  Angel  gesteckt  wird.  Damit  diese  schwächere  Angel  nicht  in 
Folge  der  grossen  Sprödigkeit  des  gehärteten  Stahls  abspringe,  lässt  man 
sie  an,  bevor  man  die  neue  Feile  in  Gebrauch  nimmt,  indem  man  sie 
mit  dem  glühend  gemachten  Maule  einer  Schmiedezange  erfasst. 

Ist  die  Feüe  durch  langem  Gebranch  stumpf  geworden,  so  wird  sie 
geglüht,  die  Zähne  werden  abgeschliflen  und  neue  Zähne  eingehauen 
(Aufhauen  der  Feilen),  bis  schliesslich  die  immer  mehr  abnehmende 
Stärke  diesem  erneuten  Aufhauen  ein  Ziel  setzt. 

In  der  Mitte  ihrer  Länge  sind  die  meisten  Feilen  ein  wenig  ge- 
baucht, theils  weil  dort  die  grösste  Gefahr  hinsichtlich  des  Zerbrechena 
vorhanden  ist,  dann  auch,  weil  die  grösste  Abnutzung  in  der  Mitte  statt- 


Feilen.  633 

findet,  endlich,  weil  solche  in  der  Mitte  etwas  stärkeren  Feilen  sich  beim 
Härten  weniger  leicht  krumm  ziehen  als  ganz  flache. 

Nach  der  Grosse  der  Zähne  nnd  ihrem  Abstände  von  einander  unter- 
scheidet man: 

Groben  Hieb  (grobe  Feilen,  Armfeilen,  Strohfeilen;  letztere  so  ge- 
nannt, weil  sie  in  Stroh  verpackt*  in  den  Handel  kommen). 

Mittelhieb  (Bastardfeilen  oder  Yorfeilen). 

Feinen  Hieb  (Schlichtfeilen  und  Feinschlichtfeilen). 

Vorstehende  Abstufungen  sind  jedoch  relative  Begriffe  und  von  der 
Länge  der  Feilen  abhängig.  Während  eine  Feile  von  500  Mm.  Länge  excl. 
der  Angel  schon  zu  den  Schlichtfeilen  gezählt  zu  werden  pflegt,  wenn 
sie  auf  25  Mm.  Länge  60  Oberhiebeinschnitte  enthält,  bedarf  eine  nur 
100  Mm.  lange  Feile  fast  der  doppelten  Zahl  Einschnitte,  um  als  Schlicht- 
feile gelten  zu  können,  und  enthält  als  Feinschlichtfeile  sogar  mehr  als 
200  Einschnitte  in  derselben  Länge ;  während  eine  Armfeile  von  500  Mm. 
Länge  oft  nicht  mehr  als  20  Oberhiebeinschnitte  auf  25  Mm.  Länge 
aufweist,  wird  eine  100  Mm.  lange  Feile  schon  zu  den  Grobfeilen  ge- 
zählt, wenn  sich  noch  60  Hiebe  auf  jener  Länge  befinden ,  u.  s.  f.  Auch 
die  Gewohnheiten  der  einzelnen  Länder  und  selbst  Fabriken  sind  häufig 
für  die  Classification  entscheidend. 

Auf  1  Qcm.  Fläche  bezogen  ergiebt  sich  die  Anzahl  der  Zähnchen 
bei  groben  Feilen  60  bis  450  (je  länger  die  Feile,  desto  geringer  die 

Anzahl); 
bei  Bastardfeilen  160  bis  800. 
bei  Schlicht-  und  Feinschlichtfeilen  450  bis  6500. 

Man  sieht  aus  allen  diesen  Angaben,  dass  obige  Begriffe  ziemlich 
dehnbar  sind  und  es  unmöglich  ist,  eine  scharfe  Grenze  zwischen  den 
einzelnen  Gattungen  zu  ziehen. 

Weit  zahlreicher  und  dennoch  schärfer  einzelne  Sorten  kennzeich- 
nend sind  die  Benennungen  der  Feilen  hinsichtlich  ihrer  äussern  Form. 
In  Folgendem  mögen  die  wichtigsten  derselben,  welche  für  allgemeine 
Verwendung  dienen,  unter  Benutzung  einer  von  Karmarsch  gegebenen 
Zusammenstellung  kurz  charakterisirt  werden;  eine  grosse  Anzahl  nicht 
genannter  Sorten  dienen  lediglich  speciellen  Zwecken  (z.  B.  Uhrmacher- 
feilen, Goldarbeiterfeilen,  Messerschmiedfeilen  u.  a.). 

Viereckige  oder  vierkantige  Feilen.  Der  Querschnitt  ist  qua- 
dratisch ,  alle  vier  Flächen  sind  gehauen.  Zu  dieser  Sorte  gehören  die 
schon  erwähnten  Armfeilen ,  die  gröbsten  aller  Feilen ,  300  bis  600  Mm. 
lang,  in  der  Mitte  25  bis  50  Mm.  im  Quadrate  stark,  nach  beiden  Enden 
hin  verjüngt  und  vom  in  eine  Spitze  auslaufend.  Auch  Bastard-  und 
Schlichtfeilen  von  dieser  Form  und  bis  zu  75  Mm.  Länge  hinab  finden 
Verwendung  zur  Ausarbeitung  viereckiger  Ausschnitte  und  Oefinungen. 

Flache  Feilen,  Ansatz-  oder  Handfeilen,  mit  rechteckigem 
Querschnitte,  wenig  gebaucht  und  fast  in  der  ganzen  Länge  gleich  breit. 
Die  beiden  breiten  und  eine  schmale  Seite  sind  gehauen,   die  zweite 


634  Trennungsarbeiten. 

schmale  Seite  ist  dagegen  ohne  Hieb.  Es  ist  diese  Eigenthümlichkeit 
der  Ansatzfeilen  dadnrch  begründet,  dass  dieselben  zum  Ausfeilen  recht- 
winkliger Ansätze  gebraucht  werden,  wobei  die  nicht  gehauene  Seite 
deijenigen  Fläche  des  Arbeitsstücks  zugekehrt  ist,  welche  nicht  beschä- 
digt werden  dar£  Die  meisten  dieser  Feilen  sind  Bastard-  und  Schlicht- 
feilen von  75  bis  400  Mm.  Länge.  Zur  Bearbeitung  weicher  Metalle 
(Blei,  Zinn,  Zink)  benutzt  man  einhiebige  Feilen,  deren  Hieb  weniger 
leicht  durch  die  Späne  jener  Metalle  verstopfk  wird.  Dieselben  werden 
Zinnfeilen  genannt. 

Spitzfeilen.  Der  Querschnitt  ist  ebenfaUs  rechteckig,  die  Form 
bauchig  und  vom  spitz  zulaufend.  Alle  vier  Seiten  pflegen  gehauen  zu 
sein.  Hierher  gehören  die  grob  gehauenen  flachen  Strohfeilen,  in 
kleinen  Grossen  auch  Bastard-  und  Schlichtfeilen. 

Dreieckige  oder  dreikantige  Feilen  mit  gleichseitig-dreiecki- 
gem Querschnitte,  Hieb  auf  allen  drei  Flächen,  vom  spitz  zulaufend. 
Solche  dreieckige  Feilen  kommen  vorwiegend  als  Bastard-  und  Schlicht- 
feilen in  kleinen  Grössen  vor,  bisweilen  werden  jedoch  auch  grossere 
dreieckige  Strohfeilen  gebraucht.  Ihre  hauptsächliche  Verwendung  finden 
sie  beim  Ausfeilen  spitzer  Winkel.  Wenn  man  den  dreieckigen  Feilen 
statt  der  scharfen  Kanten  schmale  gebrochene  Kanten  giebt,  welche  ein- 
hiebig  gehauen  sind  (so  dass  der  Querschnitt  durch  ein  Sechseck  mit  drei 
langen  und  drei  kurzen  Seiten  gebildet  wird),  so  nennt  man  sie  Säge- 
feilen  und  benutzt  sie  zum  Schärfen  der  Sägezähne. 

Halbrunde  Feilen.  Der  Querschnitt  hat  die  Form  eines  Kreis- 
abschnitts, dessen  Bogen  90  bis  120  Grad  gross  zu  sein  pflegt;  seltener 
ist  ein  Halbkreis  oder  ein  Bogen  von  erheblich  geringerer  Grösse  als  90 
Grad.  Feilen  der  letztem  Art  heissen  wegen  der  geringen  Krümmung 
flach-halbrunde  Feilen.  Beide  Seiten  der  halbrunden  Feilen  sind  ge- 
hauen; auf  der  gekrümmten  Seite  besteht  der  Hieb  nicht  wie  auf  ebenen 
Flächen  aus  durchlaufenden  Linien,  sondern  aus  einzelnen  kürzeren  Ein- 
schnitten; und  bei  Schlichtfeilen  meistens  nur  aus  dem  Oberhiebe.  Vom 
endigen  die  halbrunden  Feilen  in  eine  Spitze.  Man  hat  halbrunde  Feilen 
in  allen  Abstufungen  des  Hiebes,  vorwiegend  jedoch  mit  Mittel-  und  fei- 
nem Hiebe  und  benutzt  sie  zum  Ausfeilen  concaver  Flächen.  Kleine  halb- 
runde Feilen,  bei  denen  nur  die  flache  Seite  gehauen,  die  runde  platt  ist, 
benutzt  man  zum  Ausfeilen  der  Zähne  an  kleinen  Rädern  und  nennt  sie 
Wälzfeilen. 

Runde  Feilen  mit  kreisförmigem  Querschnitte,  in  der  Mitte  ge- 
baucht, vom  spitz.  Der  Hieb  ist  wie  auf  der  gekrümmten  Fläche  der 
halbrunden  Feilen  nur  aus  einzelnen  kurzen  Einschnitten  zusammenge- 
setzt und  bei  Schlichtfeilen  nur  einhiebig.  Grosse  Rundfeilen  (Strohfeilen) 
sind  selten;  ganz  kleine  werden  Rattenschwänze  genannt.  Im  All- 
gemeinen finden  runde  Feilen  seltenere  Verwendung  als  die  halbrunden, 
und  es  beschränkt  sich  dieselbe  auf  das  Ausfeilen  runder  Oeffnungen. 


Feijen.  635 

Sämmtliche  Feilen  dienen  aasschlieBslich  als  Werkzeuge  für  Hand- 
arbeit. Beim  Gebrauche  derselben  wird  das  Heft  mit  der  rechten  Hand 
gehalten  und  die  linke  Hand  drückt  mit  dem  Ballen  oder  einzelnen  Fingern 
bei  der  Vorwärtsbewegung  auf  das  andere  Ende ,  um  den  erforderlichen 
Druck  und  somit  eine  während  des  Schneidens  ununterbrochen  thätige  ge- 
ringe Schaltbewegung  hervorzubringen.  Beim  leeren  Rückgange  lässt  man 
natürlich  die  Feile  leicht  über  die  Arbeitsfläche  hinweggleiten.  Das  Ar- 
beitsstück wird  dabei  im  Schraubstocke  oder  Feilkloben  eingespannt.  Beim 
Feilen  ganz  feiner  Arbeiten  in  Stahl  und  Schmiedeeisen  wendet  man  bis- 
weilen Oel  an,  um  glattere  Flächen  zu  erzeugen.  Das  Oel  setzt  sich  hier- 
bei mit  den  feinen  Spänchen  in  den  Einschnitten  des  Hiebes  fest  und  lässt 
nur  die  äussersten  Spitzen  der  Zähnchen  zum  Angriffe  kommen. 

unter  den  Werkzeugen  des  Metallarbeiters  für  Vollendung  der  Form 
bildet  die  Feile  das  am  häufigsten  benutzte.  Ueberall,  wo  bei  Bearbei- 
tung Yon  Flächen  der  Meissel  zu  unvollkommen,  der  Stichel  zu  langsam 
arbeitet;  wo  eine  Werkzeugmaschine  entweder  nicht  zur  Verwendung 
steht  oder  die  Oestalt  der  Flächen  ihre  Benutzung  unthunlich  erscheinen 
lässt;  endlich  auch  in  allen  denjenigen  Fällen,  wo  die  Grösse  des  Arbeits- 
stücks oder  der  zu  bearbeitenden  Fläche  und  somit  die  für  die  Bearbei- 
tung aufzuwendende  Arbeit  nicht  mit  dem  immerhin  unvermeidlichen 
24eitverln8te  des  Einspannens  auf  der  Werkzeugmaschine  im  Verhältnisse 
steht,  greifk  der  Arbeiter  zur  Feile  und  vollendet  in  verhältnissmässig 
kurzer  Zeit  und  mit  grosser  Sicherheit  seine  Aufgabe.  Andererseits  aber 
sind  die  Feilen  unter  allen  Werkzeugen,  welche  an  ihrer  Stelle  benutzt 
werden  können,  die  kostspieligsten  durch  ihr  Material,  ihre  Herstellung 
und  verhältnissmässig  rasche  Abnutzung;  und  wo  deshalb  jene  Gründe 
für  Benutzung  der  Feile  nicht  vorhanden  sind,  insbesondere,  wo  grössere 
Flächen  bearbeitet  werden  sollen,  oder  wo  bei  massenhafter  Anfertigung 
gleicher  Gegenstände  die  Einrichtung  geeigneter  Werkzeugmaschinen  für 
Specialzwecke  beträchtliche  Ersparnngen  an  Werkzeugmaterial,  Zeit  und 
Arbeit  erwarten  lässt,  wird  man  die  Feile  bei  Seite  legen  und  billiger 
dabei  arbeiten. 

Dass  für  eine  grosse  Anzahl  Vorkommnisse  besonders  die  als  Feil- 
maschine benannte  Hobelmaschine  die  Feilarbeit  in  vorzüglicher  Weise  zu 
ersetzen  im  Stande  ist,  wurde  schon  bei  Besprechung  dieser  Maschine 
hervorgehoben. 


Literatur  über  Feilen. 

Karmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  Bd.  I,  S.  345. 
Hoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  350. 


636  Trennungsarbeiten. 


e.    Gerftthe  zum  Drehen. 

Wie  der  Ausdruck  „Drehen"  andeutet,  findet  bei  den  hierher  ge- 
hörigen Arbeiten  eine  umlaufende  Bewegung  um  eine  Achse  statt;  und 
zwar  macht  in  allen  Fällen  das  Arbeitsstück  diese  als  Drehung  auftre- 
tende Hauptbewegung,  das  Werkzeug,  welches  in  einem  mit  entsprechend 
geformter  Schneidkante  versehenen  Stahle  —  Drehstahl  oder  Meissel  ge- 
nannt —  besteht,  die  Schaltbeweguug.  Wird  diese  letztere  parallel  der 
Richtung  der  Drehungsachse  des  Arbeitsstücks  ausgeführt,  so  entsteht  ein 
Cylinder,  dessen  Halbmesser  gleich  dem  Abstände  der  Schneidkante  von 
der  Drehungsachse  ist,  und  man  nennt  diese  Arbeit  Runddrehen;  erfolgt 
die  Schaltbewegung  in  einer  rechtwinklig  die  Drehungsachse  schneidenden 
Ebene,  den  Stahl  mehr  und  mehr  der  Achse  näher  führend,  so  entsteht 
eine  ebene  Fläche,  welche  gleichfalls  rechtwinklig  gegen  die  Drehungs- 
achse gerichtet  ist  (Plandrehen);  durch  Combination  beider  Bewegun- 
gen, also  indem  das  Werkzeug  in  einer  durch  die  Drehungsachse  geleg- 
ten Ebene  nach  einer  sich  derselben  beliebig  nähernden  oder  von  der- 
selben entfernenden  Linie  fortbewegt  wird,  entstehen  Rotationskörper 
der  mannigfachsten  Art,  deren  Profil  durch  die  Form  jener  Linie  gegeben 
ist.  Wird  ein  hohler  Rotationskörper  (Cylinder,  Kegel  etc.)  an  seiner 
Innenfläche  durch  entsprechende  Führung  des  Werkzeugs,  während  sich 
der  Körper  um  seine  Achse  dreht,  bearbeitet,  so  heisst  die  Arbeit  Aus- 
drehen. Endlich  ist  noch  der  Fall  denkbar,  dass  auch  während  eines 
Umlaufs  des  Arbeitsstücks  der  Abstand  des  Werkzeugs  von  der  Dre- 
hungsachse nicht  oonstant  bleibt,  also^z.  B.  eine  Ellipse  um  die  Achse 
beschrieben  wird,  wobei  dann  ein  Körper  entsteht,  dessen  Querschnitt 
nicht  mehr  kreisrund,  sondern  jener  Bewegpong  entsprechend  gestaltet  ist; 
diese  Art  des  Drehens  heisst  allgemein  Passigdrehen  und  für  jenen 
besondem  Fall  Ovaldrehen. 

Bei  allen  hierher  gehörigen  Geräthen  liegt  die  Drehungsachse  hori- 
zontal, und  ebenso  erfolgt  die  Bewegung  des  Werkzeugs  in  horizontaler 
Richtung.  Die  Schaltbewegung  geschieht  nicht  ruckweise  nach  einmali- 
gem Umgänge,  sondern  ununterbrochen  so  lange,  bis  das  Werkzeug  am 
Ende  seiner  Bahn  auf  der  Bearbeitungsfläche  angelangt  ist;  daher  be- 
schreibt die  Spitze  desselben  eine  Schraubenlinie  beim  Runddrehen,  eine 
Spirale  beim  Plandrehen. 

Das  kleinste  der  zum  Drehen  dienenden  Geräthe  ist  der  yon  Uhr^ 
machem  und  Mechanikern  zum  Runddrehen  sehr  kleiner  Gegenstände  be- 
nutzte DrehstuhL  Figur  486  zeigt  eine  Abbildung  eines  solchen  in 
ungeführ  Vs  ^^^  wirklichen  Grösse.  Auf  dem  prismatischen  Stahl-  oder 
Eisenstäbchen  C  befinden  sich  die  zwei  „Docken"  Aund  B,  die  erste  mit 
Hülfe  einer  Hülse  verschiebbar  und  mit  einer  Klemmschraube  zum  Fest- 
stellen Yersehen,  die  andere  mit  dem  Prisma  fest  verbunden  und  einen 
Ansatz  h  tragend,  vermittelst  dessen  der  ganze  Apparat  in  den  Schraub- 


Drehstuhl  637 

stock  eingespannt  wird.    Jede  der  beiden  Docken  trägt  ein  Stahlstäbchen 

mit  conischer  einander  zugekehrter  Spitze  a  and  &;  beide  Stäbchen  be- 

p.     ^gg  finden  sich  in  durchaus  gleicher  Höhe  über 

dem  Prisma,  sind  in  entsprechenden  Boh- 
^  ^  rnngen  der  Docken  in  horizontaler  Rich- 

tung Terschiebbar  und  werden  durch  Klemm- 
schrauben festgestellt.  Zwischen  beiden 
Spitzen  wird  das  Arbeitsstück,  welches  zu- 
vor an  den  entsprechenden  Stellen  mit  dem 
Kömer  zwei  schwache  Grübchen  erhalten 
hatte,  eingeklemmt  und  die  durch  die  Spitzen  gelegte  Linie  bildet  die 
Drehungsachse  desselben.  Es  kommt  also  nun  darauf  an ,  die  Drehung 
hervorzubringen.  Zu  diesem  Zwecke  versieht  man  das  Arbeitsstück  mit 
einem  Schnurröllchen  aus  Messing  oder  Eisen,  sei  es,  dass  dieses  mit 
einer  Hülse  über  das  Ende  des  Arbeitsstücks  geschoben  ist,  oder  dass 
es  mit  Loth  oder  Klebstoff  an  der  Stirnseite  des  Arbeitsstücks  befestigt 
wird;  oder  in  anderer  Weise.  Um  dieses  Röllchen  wird  eine  feine  Schnur 
geschlungen  —  bei  den  feinsten  Arbeiten  ein  Rosshaar,  bei  weniger  fei- 
nen eine  Darmsaite  — ,  deren  beide  Enden  in  einem  kleinen  Bogen  aus 
Fischbein,  Rohr  oder  dergleichen  befestigt  sind.  Durch  Hin-  und  Herbewe- 
gung des  Bogens  mit  der  einen  Hand  wird  demnach  das  Röllchen  mit  dem 
Arbeitsstücke  abwechselnd  vorwärts  und  rückwärts  gedreht,  während 
die  andere  Hand  den  Schneidstafal  führt.  Nur  bei  einer  der  beiden 
Drehungsrichtungen  kann  der  Stahl  schneiden;  während  der  andern 
wird  er  zurückgezogen  und  der  Rückgang  findet  leer  statt. 

Zwischen  beiden  Docken  ist  zur  Unterstützung  des  Werkzeugs  die 
„Auflage"  D  mit  einer  Hülse  auf  das  Prisma  aufgeschoben  und  durch 
eine  Klemmschraube  festgestellt.  Dieselbe  enthält  die  „ Krücke''  d,  auf  einem 
senkrechten  Stifte  befestigt,  welcher  in  einer  Bohrung  des  Gussstücks  be- 
weglich, mit  Schraubengewinde  versehen  ist  und  mit  Hülfe  einer  kleinen, 
vor  Verschiebung  gesicherten  Schraubenmutter  höher  und  niedriger  ge- 
stellt werden  kann. 

Der  Drehstuhl  ist  einfach  in  seiner  Anordnung,  beansprucht  sehr 
wenig  Platz,  und  ist  deshalb  besonders  in  solchen  Werkstätten  ein  un- 
entbehrliches Geräth,  wo  —  wie  z.  B.  in  den  meisten  Uhrmacherwerk- 
stätten —  der  Platz  beengt  ist,  und  es  darauf  ankommt,  feine  Dreh- 
arbeiten am  Schraubstocke  selbst  auszuführen. 

Von  dem  Drehstuhle  unterscheidet  sich  die  Drehbank  im  Wesent- 
lichen dadurch,  dass  bei  ihr  die  Hauptbewegung  (Drehung)  ununter- 
brochen in  gleicher  Richtung  fortgeht,  jene  Pausen  bei  der  Arbeit  also 
in  Wegfall  kommen,  welche  beim  Drehstuhl  während  des  Rückgangs 
eintreten.  Hierin  liegt  ein  erheblicher  Vortheil  der  Drehbank,  welcher 
im  Allgemeinen  um  so  mehr  Bedeutung  erlangt,  je  grösser  das  zu  dre- 
hende Stück  ist;  aber  diese  stetige  Bewegung  erfordert  auch  in  der  aller- 
einfaohsten  Anordnung  einen  etwas  weniger  einfachen  Mechanismus,  in 


638  Trennungsarbeiteu. 

Folge  desBen  die  Drehbank  kostspieliger  wird  und  auch  in  kleinen  Aus- 

fülimngen  etwas  mehr  Raam  ala  jener  beanepmcht. 

Wenn  daher  die  Drehbank  für  jene  feinsten  Arbeiten  nicht  immer 
den  Drehstnhl  zn  ersetzen  im  Stande  ist,  so  bildet  sie  andererseits  ein 
anentbehrlicbes  Hölfamittel  in  den  weit  zahlreicheren  Fällen,  wo  Gegen- 
etfinde  gedreht  werden  sollen,  deren  Grösse  der  zarten  Constraction  des 
Drehstnhls  nicht  mehr  entspricht. 

Anch  anf  der  Drehbank  werden  beim  Rnnddrehen  die  Arbeitsstücke 
zwischen  zwei  Spitzen  wie  beim  Drehstuhle  eingespannt;  w&hrend  aber 
Fig.  487,  bei    letzterm     — 

wenigstens     bei 
dem    oben    abge- 
bildeten   —    die 
Spitzen  fest  liegen 
und  nnr  das  Ar- 
beitsstQ  ck  sich  zwi- 
schen  ihnen  dreht 
(todte  Spitze),  wird 
bei  der  Dretibank 
fast  immer  die  eine 
der  beiden  Spitzen 
(d.  h.  der  horizon- 
talen St&bchen  mit 
coniecher    Spitze) 
gedreht  und  über- 
trftgt     mit     Hälfe 
eines  sogenannten 
Mitnehmers ,    des- 
sen    Einrichtnng 
unten        ansföhr- 
licher  besprochen 
werden  wird,  ihre 
Drehung  anf  das 
:  Arbeitsstück.   Da- 
;  durch  wird  aller- 
dings die  Genauig- 
keit der  Arbeit  erschwert;  denn  jede  kleine  Aenderong  der  Spitzenlage  hei 
der  Drehung  Überträgt  sich  sofort  auf  das  Arbeitsstück,  und  das  geringste 
„Schlottern"  der  Spitze  in  ihrem  Lager  hat  eine  excentrisohe  Bewegung 
des  Arbeitsstücks  zur  Folge.    Wenn  es  deshalb  auf  sehr  genaue  Arbeit 
ankommt,  werden  auch  bei  den  Drehbänken  beide  Spitzen  festgestellt 
und  die  Bewegung  von  einer  Rolle  mit  Hülfe  des  Mitnehmers  auf  das 
Arbeitsstflck  übertragen,  welches  sieb  zwischen  den  Spitzen  dreht. 

Bei  den  kleinsten  Drehbänken  wird  wie  bei  dem  Drehstuhle  die  Hanpt- 
bewegung  durch  die  eine  Hand  des  Arbeiters  und  zwar  durch  Drehung 


Drehbänke.  639 

einer  Kurbel  bewirkt,  während  die  andere  Hand  die  Sohaltang  des  Werk- 
zeuge anaführt;  bei  grösseren  Drehbänken  erfolgt  die  Hanptbewegnng  von 
einem  Trittbrette  ans,  welches  dnrob  Schnbstange  nnd  Kurbel  eine  Sohnnr- 
roUe  mit  Schwangrad  treibt,  nnd  es  bleiben  beide  Hände  znrFühmng  des 
Werkzeugs  verwendbar  (Fusstrittdrehbänke);  bei  noch  grösseren,  nnd 
diese  bilden  die  Mehrzahl  aller  Drehb&nke,  erfolgt  die  Hauptbewegung 
von  einer  durch  Elementarkraft  betriebenen  Transmission  aus,  die 
Bewegung  des  Werkzeugs  entweder  von  Hand  (Handsupportdreh-, 
b&ake)  oder  häufiger  durch  die  Maschine  selbst  (Leitspindelsupport- 


drehb&nke  und  Zabnstangensupportdrehbänke,  je  nachdem  die 
üebertragnng  durch  diesen  oder  jenen  Mechanismos  ausgeführt  wird). 

Jede  Drehbank  enthält  folgende  Hanptthaile  (vergl.  Fig.  487  nnd 
488,  eine  Fosstrittdrehbank  ans  der  Chemoitzer  Werkzengmascbinea- 
fabrik  darstellend): 

Das  Bett  A,  ans  zwei  gnsseisemen  Wangen  bestehend,  welche  an 
den  Stirnseiten  und  bei  grösseren  Drehbänken  auch  zwischen  denselben 
in  entsprechenden  Abständen  dnrch  QneratQcke  verbunden  nnd  mitdiesea 
in  einem  Stfloke  gegossen  sind.     Dia  oberen  Flächen  des  Betts  sind  glatt 


640  Trennungsarbeiten. 

gehobelt,  mit  den  unteren  ruht  es  anf  gasseiBemen  Füssen,  die  bei  sehr 
grossen  Drehbänken  durch  einen  gemauerten  Untersatz  ersetzt  werden. 
Bei  den  kleinsten  Drehbänken  ist  das  Bett  durch  einen  prismatischen 
gusseisemen  Stab  ersetzt,  ganz  so  geformt  wie  bei  den  Drehstühlen, 
welcher  in  zwei  auf  den  Füssen  befestigten  Lagern  ruht,  und  auf  welchem 
die  übrigen  für  die  Bewegung  des  Arbeitsstücks  und  Unterstützung  des 
Werkzeugs  dienenden  Drehbankstheile  ebenso  aufgeschoben  sind,  als  es 
bei  den  Drehstühlen  beschrieben  wurde.  Solche  Drehbänke  heissen 
Prismadrehbänke. 

Auf  dem  Bette  befinden  sich  zunächst  die  beiden  Docken  B  und  C 
Diejenige  derselben,  welche  sich  zur  linken  Seite  des  vor  der  Drehbank 
stehenden  Arbeiters  befindet  (jB),  trägt  eine  horizontale  kurze  Welle,  die 
Drehbankspindel  oder  kurz  Spindel  genannt,  auf  welcher  die  für 
den  Antrieb  dienende  Stufenscheibe  oder  Schnurrolle  befestigt  ist;  und 
man  nennt  deshalb  diese  Docke  Spindeldocke,  Spindelkasten  oder 
Spindelstock.  Die  rechts  von  dem  Arbeiter  befindliche  Docke,  zur 
Aufnahme  eines  kurzen  mit  conischer  Spitze  versehenen  cylindrischen 
oder  prismatischen  Stabes,  welcher  Reitnagel  oder  Pinne  genannt  wird, 
dienend,  heisst  Spitzdocke  oder  Reitstock. 

Damit  die  Spindel  in  der  Docke  B  eine  durchaus  feste  Auflagerung 
erhalte,  besteht  die  letztere  aus  zwei  in  einem  Stücke  gegossenen  Lager- 
böcken mit  Metalllagern,  in  welchen  die  abgedrehten  Enden  der  Spindel 
ruhen ;  und  zwischen  beiden  Lagern  in  der  Mitte  befindet  sich  die  Scheibe 
für  den  Antrieb.  Eine  Stufenscheibe  ist  erforderlich,  um  für  die  ver- 
schiedenen Durchmesser  der  Arbeitsstücke  die  geeignetste  Umfangs- 
geschwindigkeit einrichten  zu  können;  gewöhnlich  bringt  man  in  der 
schon  früher  (Seite  563)  geschilderten  Art  und  Weise  neben  der  Stufen- 
scheibe zwei  Paar  Getriebe  an,  um  die  Umdrehungszahl  der  Spindel 
noch  veränderlicher  zu  machen.  Auch  die  abgebildete  Drehbank  enthält 
diese  Einrichtung.  Auf  der  Drehbankspindel  /  befindet  sich  einestheils 
das  Stirnrad  ^,  fest jnit  ihr  verbunden,  und  daneben,  drehbar  auf/,  die 
Stufenscheibe  mit  langer  Nabe,  auf  welcher  ein  Getriebe  k  festsitzt.  Pa- 
rallel mit  der  Drehbankspindel  ist  eine  kurze  Welle  in  dem  Spindel- 
stocke gelagert,  welche  ein  mit  h  im  Eingrifie  stehendes  Zahnrad  i  und 
ein  mit  g  zusammen  greifendes,  in  der  Abbildung  nicht  ersichtliches  Ge- 
triebe trägt.  Das  Rad  g  lässt  sich  durch  eine  Schraube  mit  Flügel- 
mutter mit  der  Stufenscheibe  in  feste  Verbindung  setzen  und  wird  dann 
die  Bewegung  der  letztern  ohne  Weiteres  auf  die  Spindel  übertragen, 
während  das  Rad  i  mit  dem  dahinter  liegenden  Getriebe  durch  eine  Ver- 
schiebung ihrer  Welle  ausser  Eingriff  gebracht  werden;  wird  aber  die 
Verbindung  zwischen  Stufenscheibe  und  Rad  g  durch  Herausnehmen  des 
Schraubenbolzens  gelöst  und  die  Zwischenräder  eingerückt,  so  wird  die 
Bewegung  erst  durch  der  letzteren  Vermittelung  auf  das  Rad  g  und  die 
Drehbankspindel  übertragen,  mithin  die  Bewegung  verlangsamt.  Die 
Spindel  wird  aus  Schmiedeeisen  oder  Stahl  gefertigt  und  sorgfaltig  ge- 


Drehbank.  641 

dreht.  Baa  rechte  Ende  deraelben,  Spindelkopf  geDatmt,  rfigt  am 
einige  Centimeter  ans  der  Docke  hervor  nnd  trägt  einen  knrzen,  mit  Ge- 
winde genau  centrisch  eingeschraabten  Stahlkegel,  die  Spitze,  der  Bohon 
erw&hnten  zweiten  Spitze  dee  Rbitatocks  zngekehrt  nnd  mit  ihr  genan 
in  gleicher  Achsen richtong  und  Höhenlage  über  der  Oberkaute  desBetta. 
Dieser  Abstand  zwischen  Bettoberkante  nnd  der  dnrch  beide  Spitzen 
gehenden  geraden  Linie  bestjuinit  den  Halbmesser,  welchen  das  grSsste 
anf  der  Drehbank  zu  drehende  Arbeitsstück  besitzen  kann  und  heiget 
Spitzenhöbe.  DerSpindelkopf  ist  an  seiner  Aussenfl&che  mit Schraaben- 
gewinde  versehen  und  anf  demselben  ist  eine  Scheibe  oder  ein  Arm  mit 
einem  parallel  der  Drehbanksacbse  gerichteten  schmiedeeisernen  Stifte  anf- 
geschraubt  (vergl.  Fig.  488),  welcher  als  Mitnehmer  für  das  Arbeitsstück 
dient,  indem  er  hinter  einen  angegoseenen  (angeschmiedeten  etc.)  oder 
einen  besonders  zn  diesem  Zwecke  aufgesteckten  Knaggen  desselben  greift. 
Soll  die  Drehbank  zum  Plandrehen  benatzt  werden,  d.  h.  zur  Her- 
stellung einer  grCssem  senkrechten  und  gegen  die  Achsenrichtang  der 
Drehbank  rechtwinklig  gerichteten  Ebene,  wobei  das  Einspannen  zwi- 
schen Spitien  gewöhnlich  nicht  mehr  thnnlich  ist,  so  wird  an  Stelle  die- 
ser Mitnehmerscheibe  eine  grössere,  znm  Aufspannen  des  Arbeitsstücks 
dienende  Scheibe  auf  den  Spindelkopf  aufgeschraubt,  welche  Plan- 
scheibe genannt  wird  und  weiter  nnten  aasführlicher  besprochen  wer- 
den soU.  Die  Planscheibe  dient  ansserdem  zur  Befestigung  beim  Rnud- 
drehen  solcher  Arbeitsstücke,  deren  Durchmesser  gross,  deren  Länge  in 
der  Achsenrichtung  kurz  ist,  z.  B.  RSdera^  u.  dergl. 

Um  jeder  Verschiebung  der  Drebbanksspindel  nach  links  vorzubeugen, 
durch  welche  das  eingespannte  Arbeitsstück  seinen  Halt  verlieren  würde, 
ist  an  der  linken  Seite  der  Spindeldocke  ein  Bügel  k  mit  Druckschraube 
angebracht,  welche  mit  stumpfer  Spitze  gegen  das  Spindeleude  drückt 

Die  Spind  eil  ager  sind  bei  vielen  Drehbänken  wie  gewöhnliche 
Zapfenlager  conatruirt  und  werden  durch  anf  geschraubte  Deckel  in  der 
Docke  festgehalten,  wobei  jedoch  beim  Auslaufen  der  Lagerschalen  leicht 
ein  Schlottern  der  Spindel  eintritt  Grössere  Sicherheit  für  das  Qond- 
lanfen  des  Arbeitsstücks  giebt  daher  die  in  Fig.  489  in  grösserm  Maass- 
Stabe  abgebildete  Con- 
*'^-  *^*-  struotion  einer  Spindel- 

docke. Beide  Lager- 
zapfen der  Spindel  sind 
conisch ,  nnd  zwar  ist 
der  rechte  ohne  Weiteres 
oonisch  angedreht,  der 
linke  dagegen  mit  einer 
aufgesteckten,  aussen 
oonischen  Hülse  ver- 
sehen, weil  es  sonst  nn- 
mSglioh  sein  würde,  die 

Iisdabnr.  in«luiilKb-m«UUntvluha  Ttclinolocie.  f\ 


642  Trennungsarbeiten. 

Spindel  in  die  Docken  und  Lagerschalen  hineinzubringen,  welche  hier 
nicht  wie  gewöhnliche  Lager  getheilt  und  mit  Deckel  versehen  sind,  son- 
dern aus  ganzen  Stücken  bestehen.  Durch  eine  Mutter  q  wird  das  Zu- 
rückgehen des  übergeschobenen  Conus  verhindert  und  derselbe  so  fest 
in  das  conische  Lager  hineingedrückt,  dass  jedes  Schlottern  der  Spindel 
unmöglich  wird,  p  ist  ein  kleines  Getriebe,  um  eine  selbstthätige  Schal- 
tung auf  das  Werkzeug  zu  übertragen;  r  der  oben  erwähnte  Steg  mit 
Druckschraube. 

Der  dem  Spindelstocke  gegenüberstehende  Reitstock  0,  Fig.  488,  be- 
steht aus  einer  gusseisemen  ausgebohrten  Hülse,  in  welcher  der  Reitnagel  in 
wagerechter  Richtung  verschoben  werden  kann,  mit  angegossenem  Fasse. 
Der  Reitnagel  passt  genau  in  jene  Bohrung  hinein  und  wird  durch  Dre- 
hung eines  Handrads  vor-  und  rückwärts  bewegt,  um  das  Arbeitsstück 
einspannen  oder  losnehmen  zu  können.  Bei  dem  abgebildeten  Reitstocke 
ist  die  nach  dem  Ende  der  Drehbank  zugekehrte  Hälfte  des  Reitnagels 
mit  Schraubengewinde  und  die  Nabe  des  Handrädchens  mit  Mutter- 
gewinde versehen;  bei  einer  andern  gebräuchlichen  Einrichtung  ist  der 
Reitnagel  hohl  und  trägt  eine  Schraubenmutter,  während  das  Handrad 
auf  dem  Ende  einer  Schraubenspindel  befestigt  ist,  deren  Drehung  die 
Horizontalbewegung  des  Reitnagels  bewirkt.  Selbstverständlich  muss  in 
beiden  Fällen  das  Handrad  durch  einen  an  seiner  Nabe  vorstehenden 
Rand  mit  übergreifendem,  am  Reitstocke  befestigtem  Deckel,  welcher 
seine  Drehung  nicht  behindert,  vor  geradliniger  Fortbewegung  geschützt 
sein.  Eine  Klemmschraube  x  verhindert  während  der  Arbeit  ein  selbst- 
thätiges  Zurückgehen  des  Reitnagels.  Die  Stahlspitze  des  Reitnagels  ist. 
bei  der  abgebildeten  Drehbank  mit  Schraubengewinde  in  demselben 
befestigt. 

Um  Arbeitsstücke  von  verschiedener  Länge  zwischen  den  Spitzen 
einspannen  zu  können,  lässt  sich  der  Reitstock  in  der  Achsenrichtung  der 
Drehbank  verschieben  (wobei  ihm  durch  Führungsleisten  seine  richtige 
Stellung  gewahrt  bleibt)  und  wird  durch  eine  Schraube,  deren  breiter 
Kopf  unter  angegossene  Leisten  der  Wangen  greift  oder  in  ähnlicher 
Weise  in  der  geeigneten  Stellung  festgehalten,  während  die  Spindeldocke 
naturgemäss  ihren  der  Bewegungsübertragung  entsprechenden  Platz  un- 
verändert beibehält. 

Es  bedarf  kaum  einer  Erwähnung,  dass  der  Reitstock  entbehrlich 
wird,  wenn  die  Drehbank  zum  Plandrehen  benutzt  werden  soll«  Man 
nennt  Drehbänke  wie  die  abgebildete,  welche  vorzugsweise  zum  Rund- 
drehen zwischen  Spitzen  bestimmt  sind,  Spitzendr  ebb  änke,  solche,  die 
ausschliesslich  oder  doch  hauptsächlich  zum  Plandrehen  bestimmt  sind,  bei 
denen  also  der  Reitstock  fehlt  oder  doch  nur  ausnahmsweise  benutzt  wird, 
Plandrehbänke,  solche  endlich  die  ebensowohl  zum  Plan-  als  Rund- 
drehen benutzt  werden  können,  Plan-  und  Spitzendrehbänke  oder 
combinirte  Drehbänke. 


^v 


Drehbank.  643 

Zwischen  beiden  Docken  oder  bei  Planscheibendrehbänken  neben 
der  Spindeldocke  befindet  sich  als  dritter  Haupttheil  jeder  Drehbank  der 
Snpport  oder  Werkzeughalter  D«  Bei  den  kleinsten  Drehbänken  ist  der- 
selbe durch  eine  krückenformige  Auflage  oder  Vorlage  ersetzt,  ähn- 
lich wie  sie  bei  dem  Drehstnhle  beschrieben  wurde,  nur  als  Unterstützung 
für  das,  übrigens  in  freier  Hand  geführte,  Werkzeug  dienend;  bei 
der  abgebildeten  Drehbank  ist  das  Werkzeug  fest  eingeklemmt  und  auf 
Schlitten  in  zwei  Richtungen  in  horizontaler  Ebene  von  Hand  beweglich. 
Auf  dem  Bette  ruht  zunächst  der  langgestreckte  Fuss  l  des  Werkzeug- 
halters, zum  Verschieben  eingerichtet  und  durch  eine  Schraube,  deren 
nach  unten  stehender  breiter  Kopf  in  Fig.  487  zu  sehen  ist,  auf  dem 
Bette  festgehalten.  Der  Bolzen  der  soeben  erwähnten  Schraube  dient 
zugleich  als  Drehungsachse,  um  den  Fuss  auch  im  Winkel  gegen  die 
Achsenrichtung  der  Drehbank  anstellen  zu  können,  wobei  dann  natürlich 
auch  die  Bewegungsrichtung  des  Werkzeugs  unter  entsprechendem  Win- 
kel erfolgt;  und  zwei  kleinere  Schrauben,  deren  eine  in  Fig.  488  zu 
sehen  ist,  bewirken  erst  nach  erfolgter  richtiger  Einstellung  des  Fusses 
das  Festklemmen  desselben.  Auf  dem  Fusse  gleitet  in  Prismenführung 
der  Schlitten  m,  durch  Schraubenmutter  und  Spindel  bewegt,  welche 
letztere  in  dem  Fusse  gelagert  ist  und  durch  eine  Handkurbel  gedreht 
wird.  In  dem  obem  mit  starker  seitlicher  Ausladung  versehenem  Theile 
des  Schlittens  m  ist  eine  zweite  Schraubenspindel  mit  Handkurbel  be- 
festigt, welche  den  gleichfalls  in  Prismenführungen  gleitenden  zweiten 
Schlitten  n  in  einer  normal  gegen  die  Bewegungsrichtung  von  m  gekehr- 
ten Richtung  bewegt.  In  den  meisten  Fällen  wird  der  Fuss  l  so  ein- 
gestellt sein,  dass  m  genau  rechtwinklig,  n  parallel  zu  der  durch  die 
Drehbanksachse  gelegten  Verticalebene  geführt  ist.  Solche  Supporte  mit 
zwei  rechtwinklig  gegen  einander  in  Horizontalebenen  verschiebbaren 
Schlitten  werden  allgemein  „Kreuzsupporte"  genannt.  Auf  n  befindet 
sich  endlich  der  Deckel  o,  durch  eine  starke  Druckschraube  auf  den 
zwischen  Deckel  und  Schlitten  gesteckten  Drehstahl  gepresst  und  an 
seiner  Unterseite  mit  Zähnchen  versehen,  um  den  Stahl  desto  sicherer 
festzuhalten. 

Die  Bewegung  der  abgebildeten  Drehbank  erfolgt  von  dem  Tritt- 
brette aus,  welches  durch  eine  einfach  geformte  Zugstange  die  gekröpfte 
horizontale  Welle  betreibt,  auf  welcher  das  hinreichend  schwer  con- 
struirte,  zugleich  als  Schwungrad  dienende  Schnurrad  befindlich  ist.  Von 
hier  aus  wird  die  Bewegung  auf  die  schon  erwähnte  kleinere  Schnurrolle 
(Wirtel)  der  Drehbanksspindel  übertragen. 

Zur  Erläuterung  der  Einrichtung  einer  grössern  Spitzendrehbank  mit 
selbstthätiger  Schaltung  können  die  in  den  Figuren  490  bis  493  gegebenen 
Abbildungen  dienen  i).  Der  Antrieb  geschieht  hier  von  einer  Deckentrans- 
mission aus  auf  die  Stufenscheibe  e  und  von  dieser  aus  wieder,  je  nach- 


^)  Hart,   Werkzeugmasohinen,  Taf.  5. 

41* 


644  Trennongsarbeiten. 

dem  das  Arbeitsstück  grösser  oder  kleiner  im  Durchmesser  ist,  entweder 
direct  auf  die  Drehbanksspindel ,  nachdem  das  auf  derselben  festsitzende 
Rad  «  mit  e  gekuppelt  worden  ist;  oder  für  langsamen  Gang  durch 
Uebertragung  vermittelst  der  Räder/,  g^  h  auf  i.  Die  Ausrückung  der 
Bewegung  für  langsamen  Gang  geschieht  hier  nicht,  wie  hei  der  früher 
beschriebenen  Maschine  durch  Verschiehung  der  Rader  in  der  Achsen - 
richtung,  sondern  in  folgender  Weise.  Die  Welle  der  Räder  g  und  h  ist 
hohl  und  steckt  drehbar  auf  einer  Spindel  mit  excentrischen  Zapfen. 
Der  eine  dieser  beiden  Zapfen  endigt  in  einem  aus  dem  Lager  vorstehenden 
Vierkant,  welches  mit  Hülfe  eines  übergesteckten  Schlüssels  gedreht 
werden  kann.  In  Folge  der  Excentricität  der  Zapfen  aher  macht  bei 
der  Drehung  des  Zapfens  die  Welle  sammt  den  Rädern  eine  Bogenbewe- 
gung,  und  hei  einer  Drehung  um  180  Grade  werden  die  Räder  völlig 
ausser  Eingriff  kommen ,  sobald  die  Excentricität  der  beiden  Mitteüinien 
etwas  mehr  als  die  Hälfte  des  Zahneingriffs  beträgt. 

Die  auf  dem  Spindelkopfe  sitzende  Mitnehmerscheibe,  welche  beim 
Plandrehen  durch  eine  Planscheibe  ersetzt  wird,  zeigt  keine  Abweichung 
gegen  die  früher  beschriebene.  Der  Reitstock  dagegen  steht  nicht  un- 
mittelbar auf  dem  Bette,  sondern  auf  einem  mit  Querführungen  versehe- 
nen Untertheile  li  und  ist  mit  Schraubenspindel  und  Mutter  versehen, 
um  eine  Verstellung  in  der  Querrichtung  der  Drehbank  erleiden  zu 
können.  Eine  solche  Verstellung,  durch  welche  natürlich  der  Reitnagel 
samrat  Spitze  ausserhalb  der  Drehbanksachse  zu  liegen  kommt  und  durch 
welche  demnach  auch  die  Drehungsachse  des  Arbeitsstücks  in  eine  gegen 
die  Achsenrichtung  der  Drehbank  schräge  Lage  gebracht  wird,  ermög- 
licht es,  die  Drehbank  zum  Abdrehen  conischer  Arbeitsstücke  zu  ver- 
wenden, während  die  Schaltung  des  Werkzeugs  paredlel  der  Drehbanks- 
achse vor  sich  geht. 

Zur  Schaltung  des  Werkzeugs  dient  die  an  der  vordem  Seite  der 
Drehbank  gelagerte,  mit  Schraubengewinde  versehene  Leitspindel  m. 
Dieselbe  empfängt  ihre  Bewegung  von  der  Drehbanksspindel  aus  in  folgen- 
der Weise.  Auf  einer  Verlängerung  der  letztern  sitzt  die  kleine  Stufen - 
Scheibe  n,  welche  durch  einen  Riemen  mit  der  am  Fusse  der  Drehbank  be- 
jfindlichen  grössern  Stufenscheibe  o  verbunden  wird.  Auf  der  langen  Nabe 
dieser  Scheibe  o  sitzt  ein  kleines  Getriebe  p  (Fig.  492),  welches  mit 
einem  zweiten.  Rade  q  und  durch  dessen  Vermittlung  mit  einem  dritten 
Rade  qi  von  gleicher  Grösse  als  q  im  Eingriffe  steht.  Auf  dem  Ende 
der  Leitspindel  sitzt  das  Rad  r  mit  gleicher  Zahntheilung  als  q  und  gi. 
Die  kurzen  Wellen  der  Riemenscheibe  o  wie  der  Räder  q  und  qi  sind  in 
einem  Hebelstücke  s  gelagert,  welches  um  einen  zwischen  q  und  qi  be- 
findlichen, an  dem  Bette  der  Maschine  befestigten  Bolzen  schwingen 
kann.  Durch  eine  am  obern  Ende  des  Hebels  befindliche  horizontale 
Schiene  mit  Handgriff  kann  derselbe  um  jenen  Bolzen  gedreht  und  mit 
Hülfe  von  drei  Einschnitten  in  der  Schiene  und  einem  Stellstifle  in  drei 
verschiedenen  Lagen  festgestellt  werden.     Stellt  man  auf  dem   rechten 


Drehbank.  645 

Einschnitte  ein,  so  kommt  das  untere  Rad  q  mit  r  in  Eingriff  und  qi 
geht  leer;  stellt  man  auf  dem  linken  Einschnitte  ein,  so  kommt  das  obere 
Rad  qi  mit  r  in  Eingriff  und  die  Leitspindel  erhält  entgegengesetzte 
Drehung  als  im  ersten  Falle;  stellt  man  endlich  auf  dem  mittleren  Ein- 
schnitte ein,  wie  in  der  Abbildung,  so  sind  beide  Rader  ausgerückt,  und 
die  Leitspindel  steht  still. 

In  anderer  Weise  kann  eine  Bewegungsübertragung  auf  die  Leit- 
spindel durch  Wechselräder  bewirkt  werden,  deren  Achsen  in  dem  an 
dem  Lager  der  Leitspindel  drehbar  befestigten  Bügel  ri  festgeschraubt 
werden.  An  Stelle  der  kleinen  Stufenscheibe  auf  der  Drehbanksspindel 
wird  dann  ein  kleines  Getriebe  aufgesteckt,  welches  die  Wechselräder 
und  vermittelst  dieser  das  Zahnrad  r  der  Leitspindel  treibt.  Durch  Aus- 
wechselung der  Räder  lässt  sich  natürlich  jedes  beliebige  Uebersetzungs- 
verhältniss  zwischen  Drehbanksspindel  und  Leitspindel  einrichten.  Man 
benutzt  diese  Vorrichtung  zum  Gewindeschneiden  auf  der  Drehbank,  auf 
welches  wir  bei  Beschreibung  der  Schraubenanfertigung  im  speciellen 
Theile  zurückkommen  werden. 

Die  Leitspindel  trägt  nun  das  Kegelrad  w  mit  langer  Nabe,  Figur 
491,  welche  eine  die  Leitspindel  umBchliessende  Schraubenmutter  bildet 
und  in  einem  mit  dem  Untertheile  des  Supports  verlnindenen  Lager  sich 
dreht.  Das  Rad  i€  greift  in  ein  zweites  Kegelrad  X^  Fig.  493,  welches 
die  empfangene  Bewegung  durch  zwei  Stirnräder  y  und  z  auf  eine  im 
Untertheile  des  Supports  gelagerte,  quer  gegen  die  Drehbanksachse  ge- 
richtete Schraubenspindel  überträgt.  Das  Kegelrad  iv  kann  durch  eine 
Klemmschraube  iCi  auf  der  Leitspindel,  und  die  Welle  der  Räder  x  und 
y  kann  durch  die  Klemmschraube  Xi  in  dem  kleinen  zugehörigen  Lager- 
stuhle festgehalten  werden.  Zieht  man  die  Schraube  Xi  an  und  löst  «^j, 
so  wird  dui'ch  die  Feststellung'  des  Rades  x  auch  die  Drehung  des  Rades  w 
unmöglich  gemacht,  letzteres  wirkt  lediglich  als  Schraubenmutter  und 
führt  demnach  den  Support  bei  der  Drehung  der  Leitspindel  in  der 
Längenrichtung  vorwärts«  Wie  sich  aus  Fig.  493  ergiebt,  gleitet  hier- 
bei der  Support  auf  gehobelten  Führungen  der  Drehbankswangen.  Löst 
man  dagegen  die  Schraube  Xi  und  dreht  Wi  fest,  so  muss  das  Rad  w  die 
Drehungen  der  Spindel  mitmachen ,  ohne  sich  auf  derselben  verschieben 
zu  können,  überträgt  diese  Drehung  auf  die  Räder  x,  y  und  0  und  be- 
wirkt somit  durch  Bewegung  des  auf  dem  Fusse  des  Supports  gleitenden 
Schlittens  ^  Schaltung  in  der  Querrichtung,  wie  sie  für  das  Plandrehen 
erforderlich  ist. 

Auf  den  beid^i  erwähnten,  selbstthätig  bewegten  Supporttheilen 
befindet  sich  noch  ein  Drehstück  u  zur  Verstellung  des  Werkzeugs  in 
schräge  Lage;  auf  diesem  ein  Handkreuzsupport  für  Längs-  und  Quer- 
bewegung, aus  den  beiden  Schlitten  v  und  i^i  bestehend  und  zur  genauen 
Einstellung  des  Drehstahls  dienend;  und  endlich  der  zweitheilige  Deckel 
mit  Klemmenschrauben  zum  Festspannen  des  Stahls. 


646  Treimungsarbeiten. 

Wie  eich  aus  den  Fignren  490  nnd  491  ergielit,  ladet  der  Fase  l  des 
Supports  im  beiden  Seiten  breit  aus  and  ist  an  der  Ireiliegenden  Oberfläcbe 
links  and  rechte  vom  Schlitten  fi  mit  parallelen  Qnematben  Tersehen. 
Diese  Einrichtung  findet  Benatznng,  wenn  die  Drehbank  zasa  Bohren 
statt  zum  Drehen  dienen  soll,  eine  Anwendung  derselben,  welche  bei  Be- 
sprechung der  Bohrmaschinen  ausführlichere  Erwähnung  finden  wird. 

Zorn  Zurückfahren  des  Stahls  nach  beendigtem  Durchgänge  dient  der 
oben  beschriebene  Mechanismus  für  die  BewegongBumkehr  der  Xieitspin- 
del;  soll  der  Rückgang  dagegen  leer  nnd  demnach  rasch  stattfinden,  so 
bewirkt  man  die  Zurückführung  des  Snpporbi  in  der  Längsrichtung  durch 
Drehung  der  Welle  des  Rädchens  y  mittelst  einer  auf  die  vierkantige 
Verlängerung  derselben  anfgesteckten  Handkurbel,  nachdem  die  Klemm- 
schrauben Zj  nnd  tfi  gelöst  worden  sind;  leerer  Rückgang  beim  Plan- 
drehen  kann  durch  die  in  gleicher  Weise  ausgeführte  Drehung  der 
ScbranbeDSpindel  «|  erzielt  werden,  nachdem  das  Rad  p  durch  Verschie- 
bung in  seiner  Achsenrichtung  ausser  Eingriff  mit  b  gebrächt  worden  ist. 
Die  mehrfach  erwähnte  Planscheibe,  welche  auf  den  Spindelkopf 
der  beiden  abgebildeten  Drehbänke  statt  der  Mitneb  merBobeibe  aufge- 
schraubt wird,  wenn  ebene  Flächen  oder  auch  solche  Gegenstände  rund 
gedreht  werden  sollen,  welche  bei  Terbältnissmässig  grossem  DurchmesBer 
geringe  Länge  besitzen  —  Riemenscheiben,  Räder  o.  a.  — ,  besteht  aus 
einer  gegossenen ,  kreisrunden ,  glatt  bearbeiteten  Scheibe  mit  einer  An- 
zahl tiieils  länglicher,  radial  gerichteter,  theib  einfach  quadratischer, 
durchgehender  OeCEnungen,  um  Klammem  oder  Schraubenbolzen  zur  Be- 
festigong  des  Arbeitestücks  hin  durchzustecken.  Eine  sehr  häufig  an- 
gewendete Einrichtung  der  Planscheibe,  um  Gegenstände  von  verschieden 
grossem  Durchmesser  mit  Leichtigkeit  aufzuspannen  und  festzuhalten, 
Fig.  494.  "eigt    ^8    ">   Fig.  494 

abgebildete,  welche  den 
Namen  UniTersal-Plan- 
Scheibe  führt  In  vier 
radialen,  unter  Winkeln 
Ton  90  Graden  gegen 
einander    gerichteten 

Schlitzen     sind     ebenso 

viele  Scbraubenspindeln 
gelagert,  deren  vierkan- 
tig geschmiedete  Enden 
ein  wenig  aber  dem  Cm- 
£uig     der     Planscheibe 
vorstehen.      Jede   Spin- 
del trägt  eine  Schrauben- 
mutter mit  einem    an  der  Aussenfläcbe  der  Planscheibe   vorstehenden, 
stählernen  Winkel,  dessen  dem  gegenüberliegenden  Winkel  zugekehrte 
zum  Erfassen  des  Arheitsetücks  dienende  Fläche  zum  bessern  Festhalten 


Drehbank.  647 

feilenaiüg  raub  gemacht  ist  Dnrch  Drehung  der  Schraubenspindeln 
können  sämmtliche  Winkel  entsprechend  der  GröBse  des  Arbeitsstücks  in 
beliebigen  Abstand  vom  Mittelpunkte  gebracht  und  durch  Näherung  wie 
die  Backen  eines  Schraubstocks  gegen  das  Arbeitsstück  gepresst  werden. 

Die  Planscheiben  für  Spitzendrehbänke  sind  gewöhnlich  nur  zum 
Abdrehen  kleinerer  Gegenstände,  deren  Halbmesser  nicht  grösser  als  die 
Spitzenhöhe  ist,  bestimmt.  In  manchen  Fällen  jedoch,  insbesondere  auch 
für  solche  Werkstätten,  deren  Betrieb  nicht  umfangreich  genug  ist,  um 
eine  grössere  Zahl  verschieden  eingerichteter  Drehbänke  aufzustellen, 
kann  es  zweckmässig  sein,  wenn  man  im  Stande  ist,  eine  Spitzendreh- 
bank auch  mit  einer  grossem  Planscheibe  —  600  Mm.  und  darüber  — 
zu  versehen.  Ist  nun  in  solchem  Falle  die  Spitzenhöhe  kleiner  als  der 
Planscheibenhalbmesser  —  so  dass  bei  der  bisher  besprochenen  Dreh- 
banksconstruction  die  Planscheibe  nicht  Raum  haben  würde  — ,  so  hilft 
man  sich,  indem  man  dem  Drehbanksbette  unmittelbar  vor  der  Spindel- 
docke eine  U-formige  Kröpfung  von  solcher  Tiefe  giebt,  dass  sich  inner- 
halb derselben  die  Planscheibe  frei  drehen  kann. 

Für  Drehbänke  mit  Planscheiben,  deren  Durchmesser  beträchtlich 
grösser  als  1  M.  ist,  und  welche  demnach  zum  Drehen  von  grossen  und 
schweren  Arbeitsstücken  benutzt  werden  sollen,  macht  sieht  dagegen  in 
Folge  der  durch  diese  Eigenschaften  der  Arbeitsstücke  bedingten 
grösseren  Abmessungen  aller  betre£fenden  Drehbankstheile  eine  geänderte 
Anordnung  erforderlich.  Statt  der  Füsse,  welche  bei  der  grossem 
Dockenhöhe  ohnehin  entbehrlich  werden,  dient  ein  gusseisemer,  auf  ge- 
mauertem Fundamente  verankerter  Rahmen  zum  Tragen  der  Drehbanks- 
theile. Soll  die  Drehbank  zum  Plan-  und  Runddrehen  benutzt  werden 
und  demzufolge  mit  Reitstock  versehen  sein ,  so  stellt  man  die  Spindel- 
docke ohne  Weiteres  auf  diesen  Rahmen,  den  Reitstock  und  Support 
dagegen  auf  ein  Bett,  welches  sich  gewöhnlich  in  der  Achsenrichtung 
der  Drehbank  verschieben  lässt  und  demzufolge  in  Führungen  gleitet, 
um  erforderlichen  Falls  den  Raum  vor  der  Planscheibe  vergrössem  zu 
können. 

Da  jedoch  mit  der  Grösse  der  Planscheibe  auch  die  Breite  des  Betts 
und  Supports  zunehmen  muss,  wenn  das  Werkzeug  im  Stande  sein  soll, 
vor  der  ganzen  Hälfte  der  sich  drehenden  Planscheibe  vorbeizugehen, 
so  würde  für  sehr  grosse  Planscheibenhalbmesser  eine  Anordnung  in  der 
soeben  beschriebenen  Weise  äusserst  schwerfällig  ausfallen.  Dieselbe 
lässt  sich  dagegen  erheblich  vereinfachen,  wenn  man  davon  absieht,  die 
Drehbank  auch  zum  Spitzendrehen  zu  benutzen,  und  es  entsteht  hier- 
durch die  Einrichtung  der  eigentlichen  Plandrehbänke.  Der  Reitstock 
kommt  gänzlich  in  Wegfall:  statt  des  in  der  Achsenrichtung  der  Dreh- 
bank liegenden  Betts  erhält  die  Drehbank  ein  Querbett,  auf  welchem  der 
Support  parallel  zur  Ebene  der  Planscheibe  vor  derselben  hindurohge- 
führt  wird;  in  einzelnen  Fällen  dient  statt  des  Betts  eine  einfache  Boden- 
platte mit  Führungen,  auf  welchen  beim  Drehen  der  grössten  Stücke  der 


648  Trennungsarbeiten. 

ganze  Sapport  von  Hand  verschoben  wird,  während  bei  geringerm  Durch- 
messer  der  Arbeitsstücke  die  Bewegung  seines  Querschlittens  allein  aus- 
reichend ist,  das  Werkzeug  vorbeizufahren. 

Eine  grosse  Plandrehbank  aus  der  Chemnitzer  Werkzeugmaschinen- 
fabrik  (vormals  J.  Zimmermann)  ist  in  Fig.  495  bis  497  abgebildet. 

Die  grosse,  mit  zahlreichen  Oeffnungen  zur  Befestigung  des  Arbeits- 
stücks versehene  Plauscheibe  Ä  sitzt  auf  der  hohlen  gusseisemen  Welle  B^ 
welche  in  dem  Spindelstocke,  dessen  Form  in  Fig.  497  punktirt  gezeich- 
net ist,  in  der  ans  Fig.  496  ersichtlichen  Art  gelagert  und  vor  Verschie- 
bung gesichert  ist.  An  der  dem  Spindelstocke  zugekehrten  Seite  der 
Planscheibe  sind  zwei  concentrische  Zahnkränze  ^i  und  a^  mit  nach 
innen  gerichteten  Zähnen  angeschraubt,  welche  die  Bewegung  der  Plan- 
scheibe mit  verschiedenen  Geschwindigkeiten  in  folgender  Weise  ver- 
mitteln. Seitlich  von  der  Planscheibenwelle  ist  die  horizontale  Antriebs- 
welle b  gelagert,  auf  welcher  die  Stufenscheibe  l»i  nebst  dem  Getriebe  b^ 
drehbar  aufgeschoben,  das  Stirnrad  h^  und  das  Getriebe  5«  befestigt  sind. 
Die  Welle  h  ist  an  ihrem  linken  Ende  mit  einer  Schraubenspindel  derartig 
verbunden,  dass  sich  b  frei  drehen  kann,  während  die  Schraubenspindel 
durch  einen  Längskeil  vor  eigener  Drehung  gesichert  ist,  wohl  aber  eine 
Verschiebung  in  der  Achsenrichtung  erfahrt,  sobald  das  mit  Mutter- 
gewinde versehene  Handrad  c  gedreht  wird.  Jede  geradlinige  Verschie- 
bung der  Schraube  wird  auf  die  Welle  b  und  durch  diese  auf  die  Räder 
&3  und  bi  übertragen,  während  die  Stufenscheibe  bi  und  das  Gret riebe  b^^ 
deren  Naben  lose  auf  b  sitzen,  in  ihrer  Lage  nicht  dadurch  beeinflusst 
werden. 

Parallel  mit  b  zwischen  derselben  und  der  Planscheibenwelle  be- 
findet sich  die  Welle  d,  auf  derselben  eine  zweite  hohle  Welle  verschieb- 
bar mit  den  Rädern  di  und  dg;  ferner  mit  ihr  verbunden  das  Getriebe 
dj.  Die  Welle  d  ist  durch  eine  gleiche  Einrichtung  als  b  verschiebbar 
gemacht,  wobei  das  Getriebe  d^  mitgenommen  wird,  während  die  Räder 
dl  und  d^  mit  Hülfe  eines  Mitnehmers  e  und  Handrädchens  ei  selbststän- 
dig auf  der  Welle  d  verschoben  werden  können. 

Hierdurch  sind  drei  verschiedene  Räderübersetzungen  für  die  Bewegung 
der  Planscheibe  möglich.  Wenn  das  Rad  b^  mit  der  Stufenscheibe  bi  gekup- 
pelt, dl  und  di  mit  Hülfe  des  Handrädchens  ei  ausgerückt  werden,  so  wird 
die  Bewegung  der  Stufenscheibe  unmittelbar  auf  die  Welle  b  und  durch  das 
Getriebe  b^  auf  den  grossem  Zahnkranz  Oi  übertragen;  also  findet  eine 

einmalige  Uebersetzung  -^  statt. 

öl       ^ 

Wenn  b^  ohne  feste  Verbindung  mit  bi  ist,  das  Getriebe  b^  mit  di 
und  d^  mit  b^  im  Eingriffe,  wie  in  der  Abbildung,  so  wird  die  Bewegung 
durch  jene  Räder  auf  die  Welle  b  und  von  dieser  wieder  durch  b^  auf  ai 
übertragen;  mithin  dreimalige  Uebersetzung 

bi  d^  b^ 

dl  b^  ai 


H 


Drehbank.  649 

Wird  die  Welle  b  mit  Hülfe  des  Handrads  c  nach  links,  die  Welle  d 
mit  Hülfe  des  Handrads  Ci  nach  rechts  verschoben,  so  kommt  das  Ge- 
triebe hi  ausser  Eingriff  mit  ai ,  während  das  auf  d  befindliche  Getriebe 
d^  Eingriff  mit  dem  Zahnkranze  a^  erhält.  Das  Rad  di  ist  hierbei  wie- 
der in  Eingriff  mit  dem  Getriebe  h^  gebracht;  das  Rad  h^  ist  mit  seiner 
Welle  nach  links  verschoben  und  dadurch  gegen  d^   ausgerückt.     Es 

findet  mithin  zweimalige  Uebersetzung  durch  die  Räder  ~  —  statt;  bei 

dl  02 

gleicher  Umdrehungsriohtung  der  Antriebsstufenscheibe  würde  demnach 
die  Planscheibe  eine  entgegengesetzte  Drehung  annehmen  als  in  den 
beiden  ersten  Fällen.  Um  dieses  zu  vermeiden,  ist  in  der  Deckentrans- 
mission ein  Zwischengelege  mit  offenem  und  gekreuztem  Riemen  ein- 
geschaltet, um  nach  Erfordemiss  diese  oder  jene  Bewegungsrichtung  der 
Stufenscheibe  hervorzubringen.  (7  ist  eine  auf  der  Welle  feste  Riemenscheibe, 
Ci  und  Q  sind  Losscheiben  mit  offenem  und  gekreuztem  Riemen.  Die  Ver- 
schiebung des  Riemens  erfolgt  durch  Drehung  der  Stange  D  vermittelst 
des  an  ihr  befestigten  Handgriffs.  An  ihrem  obem  Ende  trägt  dieselbe 
einen  einarmigen  geschlitzten  Hebel,  welcher  die  Riemengabelstange  E 
erfasst  und  bei  der  Drehung  nach  links  oder  rechts  verschiebt.  In  der 
in  Fig.  495  gezeichneten  Stellung  ist  Stillstand.  Um  das  für  die  Ein- 
oder  Ausrückung  der  Bewegung  erforderliche  Maass  der  jedesmaligen 
Drehung  der  Stange  kenntlich  zu  machen,  ist  am  Fusse  derselben  ein 
Arm  befestigt,  der  auf  drei  durch  Grübchen  markirten  Punkten  eines  am 
Boden  befindlichen  Kreisbogens  —  für  Stillstand,  Rechts-  und  Links- 
drehung —  eingestellt  wird. 

Quer  vor  der  Planscheibe  liegt  das  zur  Aufnahme  des  Supports 
dienende  Bett  auf  zwei  Fundamentplatten  mm.  Um  das  Bett  entspre- 
chend der  Stärke  der  zu  drehenden  Arbeitsstücke  in  verschiedenen  Ab- 
stand von  der  Plansoheibe  bringen  zu  können,  tragen  die  Stücke  m  m  an 
den  einander  zugekehrten  Seiten  Zahnstangen,  in  welche  zwei  unter- 
halb des  Betts  befindliche  Getriebe  eingreifen. 

Die  gleichzeitige  Drehung  der  Getriebe,  durch  welche  die  Fortbewe- 
gung des  Betts  bewirkt  wird,  erfolgt  durch  die  von  Hand  bewegte  hori- 
zontale Welle  0  mit  Hülfe  der  in  Fig.  496  erkennbaren  zwei  Paar  Win- 
kelräder. Das  Bett  mi  trägt  den  Supportschlitten  inj,  parallel  der  Plao- 
scheibe  bis  über  den  Mittelpunkt  derselben  hinaus  beweglich;  auf  diesem 
den  parallel  der  Drehbanksachse  verschiebbaren  Schlitten  m^  mit  dem 
Stücke  m4,  welches  die  Unterlage  für  den  gewöhnlichen,  aus  zwei  Stücken 
m^  und  t9te  bestehenden  Handkreuzsupport  bildet.  Auf  diesem  befindet 
sich  das  nm  seine  Achse  drehbare  Theil  m^  zur  Befestigung  des  Dreh- 
stahls. 

Von  diesen  Supporttheilen  dient  m^  fOr  die  Veränderung  des  Abstandes 
des  Werkzeugs  von  der  Planscheibe  gemäss  der  Stärke  des  Arbeitsstücks 
(sofern  nicht  eine  Verschiebung  des  ganzen  Betts  hierfür  erforderlich  ist^ 
und  wird  mit  Schrauben  in  der  entsprechenden  Stellung  von  m^  befestigt; 


650  Trennungsarbeiten. 

die  drei  oberen  Theile  ms,  mg  und  nij  dienen  für  die  feinere  Einstellung  des 
Werkzeugs  vor  dem  Drehen;  der  Schlitten  m^  dagegen  ist  für  die  Schalt- 
bewegung des  ganzen  Supports  parallel  der  Pianscheibenebene  bestimmt 
und  wird  demgemäss  selbstthätig  bewegt.  Für  diesen  Zweck  sitzt  auf 
der  Planscheibenwelle  B  eine  Stufenscheibe  F,  ihr  gegenüber  auf  einer 
horizontalen  Welle,  welche  in  zwei  selbstständigen  Lagerböcken  ruht, 
eine  Stufenscheibe  G^  Durch  die  beiden  Riemenscheiben  HJ  und  die 
Winkelräder  KL  wird  die  Bewegung  von  der  erwähnten  Welle  aus  auf 
die  Schaltspindel  M  übertragen.  Die  auf  M  vermittelst  Längsnuth  imd 
Keil  verschiebbar  befestigte  und  bei  der  Verschiebung  des  Schlittens  m^ 
von  diesem  mitgenommene  Schnecke  o  treibt  ein  in  m^  gelagertes 
Schneckenrad,  auf  dessen  Welle  das  Getriebe  |)  sitzt,  welches  die  empfangene 
Bewegung  auf  das  Rad  q  fortpflanzt.  Auf  der  Welle  von  q  sitzt  endlich 
ein  in  Fig.  496  punktirt  gezeichnetes  Getriebe  ff,  welches  im  Eingriffe 
mit  der  im  Drehbanksbette  festliegenden  Zahnstange  x  steht  und  somit 
bei  seiner  Drehung  den  Schlitten  w^  veranlasst,  auf  dem  Bette  fiti  sich 
fortzubewegen. 

Zur  Zurückführung  des  Schlittens  nach  beendigtem  Schnitte  wird 
das  Rad  q  durch  Verschiebung  auf  seiner  Welle  aus  dem  Eingriffe  mit 
p  ausgerückt  und  eine  Handkurbel  auf  das  vierkantige  Ende  der  Welle 
des  Rads  q  aufgesteckt,  um  die  Rückwärtsdrehung  derselben  von  Hand 
auszufahren. 

Drehbänke,  welche  ganz  bestimmten  Zwecken  gewidmet  sind,  er- 
leiden nicht  selten  diese  und  jene  Abweichungen  von  der  bisher  bespro- 
chenen allgemeinen  Form.  Beim  Abdrehen  von  Läufrädem  für  Loco- 
motiven  und  Eisenbahnwagen  ist  es  noth't^endig,  sie  paarweise  und  gleich- 
zeitig zu  drehen,  nachdem  sie  auf  ihre  Achse  aufgezogen  worden  sind, 
damit  sie  vollständig  gleiche  und  zu  den  Achsen  concentrische  Lauf- 
flächen erhalten.  Es  kommt  aber  bei  solchem  gleichzeitigen  Abdrehen  bei- 
der Räder  darauf  an,  sie  so  einzuspannen,  dass  jedes  selbstständig  seinen 
Antrieb  erhält  und  derselbe  nicht  etwa  durch  die  Radachse  von  einem  Rade 
auf  das  andere  übertragen  wird,  wodurch  leicht  eine  Verdrehung  eines 
Rades  gegen  das  andere  entstehen  könnte.  Man  giebt  demnach  diesen 
Raderdrehbänken  zwei  Spindelstöcke  mit  einander  zugekehrten  Spitzen, 
zwischen  welchen  die  Räderachse  eingelegt  wird;  der  Reitstock  kommt 
als  solcher  in  Wegfall.  Der  eine  der  Spindelstöcke  steht  fest,  der  andere 
ist  auf  dem  gemeinschaftlichen  Bette  in  der  Achsenrichtung  verschiebbar, 
um  Achsen  von  erheblich  verschiedener  Länge  einspannen  zu  können; 
ausserdem  stecken  beide  Spitzen  in  Domen,  welche  in  ganz  gleicher  Weise 
wie  der  Reitnagel  einer  gewöhnlichen  Spitzendrehbank  innerhalb  der  hohlen 
Drehbanksspindel  durch  eine  Schraubenspindel  verschoben  werden  können, 
um  die  Achsen  einzuspannen.  Jede  Drehbanksspindel  trägt  eine  Planscheibe, 
an  welcher  ein  Mitnehmer  befestigt  ist,  um  die  Räder  zu  bewegen.  Der 
Antrieb  von  der  Deckentransmission  wird  durch  eine  einzige  Riemenscheibe 
(Stufenscheibe)  aufgenommen,  welche  die  Bewegung  auf  eine  parallel  der 


Drehbank.  651 

Drehbanksacbse  gelagerte  Hauptwelle  überträgt,  von  wo  sie  dann  durch 
Zahnradübersetzungen  auf  beide  Planscheiben  fortgepflanzt  wird.  Zum 
Abdrehen  jedes  Rades  ist  ein  eigener  Support  erforderlich  und  beide 
Supports  erhalten  von  einer  gemeinschaftlichen  Welle  aus  ihre  Schaltung. 
Liegen  die  Laufstellen  der  Achsen  ausserhalb  der  Rader,  nicht  zwischen 
denselben,  so  steckt  man  diese  vorstehenden  Zapfen  häufig  in  oonische 
Büchsen  mit  genau  abgedrehtem  Metallfutter,  welche  an  den  Planschei- 
ben genau  centrisch  befestigt  sind  und  jedenfalls  eine  sicherere  Unter- 
stützung gewähren,  als  es  die  Drehbanksspitzen  im  Stande  sein  würden. 

Eine  andere  Abweichung  von  den  bisher  besprochenen  Anordnungen 
der  Drehbänke  ist  die  Anbringung  zweier  einander  gegenüberliegender 
Supports,  deren  Werkzeuge  gleichzeitig  schneiden.  Man  nennt  diese 
Drehbänke  Duplezdrehbänke.  Einestheils  will  man  durch  die  An- 
wendung zweier  einander  zugekehrter  Stähle  das  Ausbiegen  des 
Arbeitsstücks  aus  der  Drehbanksacbse  unter  dem  Drucke  eines  ein- 
seitig wirkenden  Stahls  vermeiden;  andemtheils  wird  die  Arbeit  be- 
schleunigt. Selbstverständlich  müssen  die  Schneiden  entgegengesetzt 
gerichtet  sein.  Räderdrehbänke  nach  diesem  Systeme  erhalten  demnach 
vier  Supports.  Der  Erfolg  hat  jedoch  diese  theoretisch  begründeten  Yor- 
theile  der  Duplezdrehbänke  nicht  im  vollem  Maasse  bewahrheitet.  Denn 
da  fast  niemals  ein  auf  die  Drehbank  gebrachtes  Arbeitsstück  schon 
vollständig  rund  ist,  so  kommt  es  vor,  dass  der  eine  Drehstahl  einen 
starkem  Span  als  der  andere  zu  nehmen  hat.  Der  erstere  Stahl  drückt 
also  in  Folge  des  grossem  Widerstandes  das  Arbeitsstück  aus  seiner 
Achsenrichtung  heraus  gegen  den  gegenüberliegenden  Stahl,  und  dieser 
nimmt  demnach  einen  starkem  Span  als  für, eine  vollkommene  Rundung 
erforderlich  ist. 

Beim  Abdrehen  vieler  kleinerer  Gegenstände  von  gleicher  Form 
kann  es  zweckmässig  sein,  das  Drehen  von  zwei  derartigen  Arbeits- 
stücken gleichzeitig  durch  einen  einzigen  Arbeiter  ausführen  zu  lassen. 
Man  wendet  für  diesen  Zweck  sogenannte  Doppelsupportdrehbänke 
an.  Dieselben  bestehen,  streng  genommen,  aus  zwei  Bänken  mit  gemein- 
schaftlichem Bette.  In  der  Mitte  des  letztem  stehen  die  beiden  Spindel- 
docken dicht  neben  einander  und  gewöhnlich  in  einem  Stücke  gegossen, 
aber  jede  mit  besonderm  Antriebe  versehen ,  um  jede  Hälfte  der  Bank 
unabhängig  von  der  andern  betreiben  zu  können;  die  beiden  Spitzen  der 
Drehbanksspindeln  sind  nach  den  Enden  des  Betts  gerichtet  (einander 
abgewendet),  wo  sich  die  Spitzendocken  befinden.  Bei  selbstthätiger 
Schaltung  erhält  jeder  Support  seine  eigene  LeitspindeL  Aehnlich  sind 
die  Drehbänke  gebaut,  welche  den  Zweck  haben,  an  den  Achsen  für  Eisen- 
bahnwagen beide  Zapfen  gleichzeitig  zu  drehen  (Achsendrehbänke).  In 
der  Mitte  der  Drehbank  steht  die  Spindeldocke;  die  Spindel  ist  hohl,  die 
Achse  wird  durch  sie  hindurchgesteckt,  mit  Schrauben  centrirt  und  von 
den  todten  Spitzen  der  beiden  an  den  Enden  der  Bank   aufgestellten 


652  TreniiuDgsarbeiton. 

ReiUtöcke  festgehalten.    Neben  jedem  Reitstocke  steht  ein  Sapport,  durch 
tiine  Leitapindel  von  der  DrehbaDkeapindel  aus  geschaltet. 

Um  auf  Drehb&nken  mit  selbstthätiger  Schalttmg  auch  solche  Gegen- 
stände abdreheu  zu  können,  deren  Qnerschnitte  zwar  kreisrund  sind, 
deren  L&ngenprofil  aber  gegliedert  ist  —  s.  B.  Handgriffe,  cnrreniormige 
LauMächen  von  Bädern  o.  dergl.  — ,  bedient  man  sich  eines  sogenannten 
Gurrensupports ,  welcher  die  Führung  des  Srehatahls  nach  einer  Curve 
statt  nach  einer  der  Drehbank sachae  parallelen  geraden  Linie  ermöglicht. 
In  den  Figuren  498  nnd  499  ist  ein  solcher  Curvensnpport  abgebildet  ')■ 
Fig.  498. 


Hier  ist  b  Aa^  Drehbanksbett,  ti  der  untere  Sohlitten  des  Supports  mit 
der  Schraubenmutter  li ,  welcher  durch  die  Leitepindel  in  gewöhnlicher 
Weise  parallel  der  Drebbanksachse  bewegt  wird.  Derselbe  trägt  den 
obern  Schlitten  ki ,  welcher  in  PrismenfOhrangen  rechtwinklig  gegen  die 
Achsenrichtung  verstellbar  ist.  Die  im  obern  Theile  gelagerte  Schraa- 
benspindel  m  geht  durch  die  Schrauben  matter  0;  letztere  aber  sitzt  nicht 
wie  bei  gewöhnlichen  Supporten  im  Unterschlitten  fest,  sondern  ist  mit 
der  Leitschiene  n  verbunden,  welche  sich  mittelst  eines  RöUchens  oder 
eines  Stifts  t  gegen  eine  auf  dem  Bette  befestigte,  dem  berzustelleaden 
Profile  entaprecbend  ansgeschoitteae  Schablone  p  legt  und  durch  den 
Hebel  q  nebst  Gegengewicht  91  beständig  gegen  diesen  gedrückt  wird. 
Wird  die  Leitepindel  in  Wirksamkeit  gesetzt,  und  bewegt  sich  demnach 


,  Werkzeugmaechinen,  Tafel  3,  Fig.  8  und  10. 


Drehbank.  653 

der  Schlitten  ti  parallel  der  DrebbaDkaachse,  bo  folgt  die  Rolle  t  nebet 
Schiene,  Schlitten  und  Stahl  der  durch  die  Schablone  TorgeHchriebeneo 
Bahn,  die  Schranbenspindel  m  dient  hierbei  nnr  znm  Einstellen.  Soll 
der  Cnrvenaupport  znr  HerBtellang  von  Cylinderflachen  als  gewöhnlicher 
Support  benutzt  werden,  ao  wird  die  Schablone  entfernt,  das  Gewicht 
aenkt  aicli,  die  Schiene  n  geht  zurück  und  wird  dnrcb  die  Schranben  r 
nnd  ri  featgeatellt, 

Soll  die  Drehbank    znm  OTaldrehen  (Herstellnng   von    elliptischea 
Qaerachnitten)  benutzt  werden,  so  erhält  daa  Arbeitastack  ansser  seiner 
Fig.  488, 


Drehung  eine  hin-  und  hergehende  Bewegung  nnd  es  wird  zn  diesem 
Zwecke  zwischen  Spindel  nnd  ArheitsatUck  ein  aogenanntes  Oval  werk 
eingeschaltet.  Die  Figur  500  (a.  f.  S.)  stellt  die  Einrichtung  eines  solchen 
von  Leonardo  da  Tinci  erfundenen  Ovalwerks  dar')-  In  ^^^  beiden 
auf  der  linken  Seite  befindlichen  Abbildungen  ist  1  die  Drehbankaspin- 
del,  Ol  das  rechte  Ende  der  Spindeldocke.  Auf  der  letztem  iat  vermit- 
telst zweier  Kömer  schrauben  das  Guasatück  O}  (Versetzkopf)  befestigt, 
welches  an  seiner  Vorderseite  einen  ringiörmigeu ,  an  der  Anasenääche 
gedrehten  Absatz  2  trägt.  Dieses  Onaastück  ist  fQr  sich  allein  auf  der 
rechten  Seite  in  den  beiden  mittleren  Abbildungen  dargestellt.  Ver- 
mittelst der  beiden  erwähnten  Kömerschrauhen  ist  man  im  Stande,  diesen 
Ring  in  horizontaler  Richtung  beliebig  excentriscb  gegen  die  Drebbanks- 
spindel  einznatellen ;  und  eine  Skala  an  der  Oberkante  beider  Theile  dient 
znm  Ablesen  der  li^centricität.  Auf  dem  durch  einen  entsprechend 
langen  Schlitz  dieaea  Gnssstücks  bervorragenden  Kopfe  der  Drehhanks- 
Bpiudel  ist  eine  längliche  Scheibe  d  aufgeschraubt,  rechts  oben  in  der 
Vorderansicht,  rechts  unten  in  der  Ansicht  von  hinten  abgebildet.  Die- 
selbe trägt  in  PrismafQhmagen  (mit  4  beieiehnet)  einen  Schieber  e, 
welcher  die  Stelle  der  Planacbeibe  vertritt;  dieser  wird  durch  zwei 
Knaggen  ee  bewegt,  welche  auf  der  RAckseite  der  Scheibe  sich  gegen 

'}  Benleanx,  Kinematik,  8.  337. 


G54  TrennungBarbniten. 

den  ringfömiigeii  Ansatz  2  des  OoBsetückB  Og  legen   und  in  Schlitzen 

der  Scheibe  d  geführt  Bind.     Bei  der  Drehong  der  Scheibe  d  werden 

Fig.  fiOO. 


I  i 

somit  diese  Knaggen  nm  den  Ring  2  hemmbewegt.  Auf  der  Vorderseite 
des  Schiebers  genau  in  der  Mitte  zwischen  beiden  Knaggen  befindet 
rieh  ein  Zapfen  mit  Schraubengewinde  um  eine  Vorrichtong  snr  Be- 
festigung des  Arbeitsstücks  anfBnschraaben.  Ist  nuo  der  lUng  2  genmn 
centiisch  snr  Drehbankespindel  auf  der  Docke  befesigt,  so  fällt  die  Dre- 
hnngsachse  des  auf  dem  Schieber  befestigten  Arbeitsstücks  mit  der  Spindel* 


Drehbank.  655 

achae  zasammen  and  das  Ärbeitsstflck  bewegt  sich  im  Kreise;  ist  aber  der 
Bing  Beitw&rta  Terstellt,  so  wird  der  Schieber  nnd  mit  ihm  das  ArbeitsBtfick 
während  einer  Tollen  Umdrehong  der  Drehbanksspindel  zweimal  nm  die 
Ezcentricität  in  horizontaler  lUchtimg  Terachoben;  nnd  der  Drebetalil be- 
schreibt anf  dem  Arbeitsstücke  eine  Ellipse,  deren  kleinster  Halbmesser 
gleich  dem  Abstände  der  Schneide  von  der  Drehbanksachse,  deren  grösster 
Halbmesser  gleich  diesem  Abstände  plns  der  erwähnten  Excentricität  ist 
Das  dem  Ovalwerke  za  Grande  liegende  Princip,  die  Drehungsbewe- 
gang  dee  Arbeitestllcks  mit  einer  hin-  and  hergehenden  Bewegung  zu 
oombiniren,  lässt  sich  aber  auch  in  mannigfach  veränderter  Form  znr 
Anwendung  bringen,  sobald  man  die  Zeitdauer  des  einmaligen  Hin- 
nnd  Hergangs  in  ein  anderes  Yerhältniss  znr  einmaligen  TTmdrebnng 
setzt;  and  es  lassen  sich  dadorch  die  versohieden artigsten  Qnerscbnitts- 
formen  herromifen.  Ein  interessantes  Beispiel  hierfür  gieht  eine  von 
Lndw.  Löwe  n.  Co.  in  Berlin  nach  einem  Patente  von  Koch  nnd 
Müller  erbaute  sogenannte  Universal d rehbank ,  deren  Spindelkasten 
nebst  Antriebsmechanismen  in  den  Fignren  601  nnd  502  abgebildet  ist. 

Fig.  501. 


Innerhalb  der  hohlen  Drehbankssplndel  W,  welche  die  Stafenscheibe 
fOr  den  Antrieb  trägt,  befindet  sich,  selbstständig  drehbar,  eine  zweite 
Spindel  TTj.  Der  Antrieb  anf  W  wird  wie  gewöhnlich  entweder  direot 
durch  Terknpplnng  der  losen  Stnfenscbeibe  mit  dem  festen  Rade  d  über- 
tragen oder  für  langsamern  Qang  vermittelst  der  Zwiscbearäder  ab  cd. 


65C  TreDnungsarbeiten. 

Zar  Äugrückang  der  letztgenannten  Räder  dient  ein  esoentriBcber  Zapfen, 
wt«  früher  beschrieben,  mit  dem  Handgriffe  x.  Um  aach  der  Spindel 
Wi  eine  von  TT  unabhSngige  Drehung  zn  geben,  ist  auf  dem  linken,  ans 
W  Torstehendem  Ende  derselben  das  Stirnrad  t  befestigt,  welches  von 
dem  Rade  d  ans  durch  Einschaltang  der  Zwiachenrüder  e/gh  getrieben 
wird.  Die  letzteren  drei  sind  Wechselräder  und  demzufolge  in  einem  auf 
das  Ende  der  WeUe  V  anfgesteckten  nnd  nm  dieselbe  drehbaren  Bügel, 
wie  ans  Fig.  501  hervorgeht,  gelagert;  man  ist  also  nicht  allein  im 
Stande,  dnrch  Answechselnng  der  Räder  das  Umsetznngsverhältniss  zwi- 
schen W  and  1^1  beliebig  zn  ändern,  sondern  auch,  indem  man  das  Rad 
h  ganz  beseitigt  nnd  (f  ohne  Weiteres  in  (  eingreifen  ISsst,  eine  ent- 
gegengesetzte Drehung  von  Wi  hervorzarafeD. 

Die  Räder  k  nnd  I  werden  benutzt,  um  eine  selbstthätige  Bewegung 
des  Werkzeugs  vermittelst  einer  in  der  Abbildung  nicht  ersicbtlicben 
Leitspindel  hervorzubringen. 

Auf  dem  rechten  Ende  der  innem  Spindel  befindet  sich  eine  Schübe 
mit  Prismaiilhmngen ,  auf  welcher  der  Tersetzkopf  C  und  mit  diesem 


die  coniscbe  Spitze  D  sowie  die  Planscheibe  P  excentrisch  verstellbar  ist, 
während  die  beiden  in  Nuthen  der  Scheibe  gehenden  Schrauben  zur  Be- 
festigung des  Yersetzkopls  in  der  gewählten  Stellung  dienen.  Auf  C  ist 
die  Planscheibe  P  drehbar  und  empfitngt  ihre  Drehung  von  der  aaf  der 
Spindel  W  befindlichen  Scheibe  S  ans  durch  die  Mitnehmer  (Qleitrolleo) 
BB,  welche  in   radiale  FOhmngen  an  der  Rückseite  von  P  greifen  nnd 


Drehbank. 


657 


bei  der  exäentrischen  Stellung  von  P  ähnlich  wirken  wie  das  Gleitstück 
einer  excentrischen  Eurbelschleife.  Es  würde  demnach,  wenn  die  Scheibe 
S  auf  W  befestigt  wäre,  P  eine ,  in  diesem  Falle  nicht  beabsichtigte,  nn- 
gleichförmige  Drehung  erhalten.  Deshalb  bewegt  sich  S  bei  der  Drehung 
Yon  W  in  prismatischen  Führungen,  wie  aus  Fig.  Ö02  heryorgeht,  recht- 
winklig gegen  die  radiale  Bewegungsrichtung  der  Mitnehmer  BB\  es 
entsteht  dadurch  eine  sogenannte  rechtwinklige  Ereuzschleife ,  welche 
eine  gleichförmige  Drehung  der  Planscheibe  vermittelt.  Ein  auf  der 
letztem  (beziehentlich  der  Spitze  D)  befestigtes  Arbeitsstück  wird 
demnach 

erstens  durch  Drehung  der  Planscheibe  eine  Drehung  um  deren 
Mittelpunkt, 

zweitens  in  Folge  der  excentrischen  SteUung  von  P  eine  Bewegung 
um  den  Mittelpunkt  des  Spindelquerschnitts  machen,  durch  welche  die 
Achse  des  Arbeitsstücks  in  wechselnde  Entfernung  von  der  Schneidkante 
des  festliegenden  Drehstahls  gebracht  wird. 

Wie  oft  und  in  welchem  Maasse  diese  Näherung  und  Entfernung 
während  eines  vollen  Umlaufs  der  Planscheibe  eintritt,  hängt  von  der 
Yerhältnisszahl  zwischen  den  Umdrehungen  der  Spindeln  W  und  Wi 
sowie  der  Excentricität  der  Scheibe  P  ab.  Sind  z.  B.  die  Zahnräder  für 
den  Beti-ieb  der  innem  Spindel  so  gewählt,  dass  das  Uebersetzungsver- 
hältniss  der  äussern  zur  innem  Spindel  gleich  1  :  2  ist  und  beide  Spin- 
deln sich,  in  gleicher  Richtung  drehen,  so  wird  während  einer  Umdrehung 
der  Planscheibe  die  Achse  des  Arbeitsstücks  dem  Werkzeuge  zweimal 
um  das  Maass  der  Excentricität  genähert  und  zweimal  von  ihm  ent- 
fernt; es  findet  dieselbe  Bewegung  statt  wie  bei  dem  gewöhnlichen  Oval- 
werke, und  es  entsteht  eine  EUipse. 

Oiebt  man  eine  dreifache  Uebersetzung,  so  entstehen  durch  drei- 
malige Kähenmg  und  Entfernung  Curven  wie  sie  Fig.  503  darstellt, 
Dreiecken  mit  abgerundeten  Ecken  ähnlich;  durch  vier-,  fänf-,  sechs-  u.  s.  w. 
fache  Uebersetzungsverhältnisse  lassen  sich  Querschnitte  darstellen,  welche 
eine  Aehnlichkeit  mit  regelmässigen  Polygonen  besitzen  (hypocyklische 


Pig.  503. 


Fig.  504. 


Curven),  z.B.  bei  sechsfacher  Uebersetzung  die  Curven,  Fig.  504;  schaltet 
man  dagegen  aus  dem  Vorgelege  das  Zwischenrad  h  aus,  so  dreht  sich 

Ledebnr,  .ni«cluaiiBch-m«taUiiTgUobe  Technologie.  42 


658  Trennungsarbeiten. 

die  innere  Spindel  in  entgegengesteizter  Richtung  alfl  die  ftossere  und 
man  erhält  pericyklische  Garyen,  als  deren  Beispiel  Fig.  505  bei  drei- 
facher, Fig.  506  bei  sechsfacher  Uebersetzong  gelten  können. 

Sollen  derartige  Qaerschnitte  zwischen  den  Spitzen  der  Drehbank 
hergestellt  werden,  so  mnss  natürlich  die  Spitze  des  Reitstocks  eine  ge- 

Fig.  505.  Fig.  506. 


nan  gleiche  Bewegung  erhalten  wie  die  Spitze  des  Spindelstocks.  Es 
ist  zu  diesem  Zwecke  der  Reitstock  dieser  Uniyersaldrehbank  mit  einem 
Räderwerke  versehen,  welches  dem  Radei'werke /^ ^ i  gleicht,  von  der- 
selben Welle  V  aus  als  dieses  betrieben  wird  und  einer  im  Reitstock 
statt  der  einfachen  Pinne  gelagerten  Spindel  dieselbe  Anzahl  Umdrehun- 
gen ertheilt  als  der  Spindel  W].  Auf  dieser  Reitstockspindel  ist  nun 
die  Spitze  desselben  ebenfalls  vermittelst  eines  Yersetzkopfs  e^centrisch 
verstellbar«  so  dass  bei  gleicher  Fxcentricität  auch  beide  Spitzen  genau 
die  gleiche  Bewegung  ausführen.  Wird  also  das  zwischen  den  Spitzen 
eingespannte  Arbeitsstück  durch  einen  an  der  Planscheibe  befindlichen 
Mitnehmer  gezwungen,  die  Drehungen  der  Planscheibe  mitzumachen«  so 
erfolgt  ein  Arbeitsstück,  welches  geradlinige  Achse  und  in  jedem  Ab- 
stände von  der  Planscheibe  den  nämlichen  Querschnitt  besitzt,  ein  Prisma 
mit  gekrümmten  Seitenflächen.  Solche  Gegenstände  können  im  Ma- 
schinenbau mannigfache  Anwendung  finden. 

Stehen  jedoch  die  beiden  Spitzen  einander  nicht  genau  gegenüber, 
so  erfolgt  statt  des  prismatischen  ein  schraubenförmig  gedrehter  Körper, 
welcher  für  architektonische  und  decorative  Zwecke  recht  geeignet  sein 
kann.  Noch  häufigere  Yerwendung  als  bei  Verarbeitung  der  Metalle 
dürfte  diese  letztere  Bewegungsart  bei  Verarbeitung  von  Holz,  Elfenbein 
und  dergleichen  finden. 

Endlich  ist  noch  der  Fall  denkbar,  dass  die  Spitze  des  Reitstocks 
feststeht  und  nur  die  Spitze  des  Spindelstocks  sich  dreht.  Es  erfolgt 
.dann  ein  Körper,  dessen  unrunder  Querschnitt  am  Spindelstocke  all- 
mälig  in  einen  kreisrunden  am  Reitstocke  übergeht.  Auch  solche  For- 
men finden  bei  Herstellung  von  Werkzeugen  (Reibahlen,  (Gewindeboh- 
rern) zweckmässige  Anwendung  und  werden  auf  der  Drehbank  sich 
jedenfalls  in  sicherer,  genauerer  Weise  als  durch  Hafidarbeit  herstellen 
lassen. 


Drehbank. 


659 


Werden  die  Vorgelege  der  innern  Spindel  ausgelöst,  die  äussere 
und  innere  Spindel  mit  einander  verbunden  (wozu  der  am  Kopfe  W  der 
Hoblspindel  befindliche  verstellbare  Knaggen  K  dient)  und  die  Spitzen 
centrisch  zur  Drehungsachse  eingestellt,  so  kann  die  Drehbank  als  ge- 
wohnliche  Leitspindeldrehbank  benutzt  werden. 

Wenn  das  zwischen  Spitzen  zum  R^nddrehen  eingespannte  Arbeits- 
stück keinen  Vorsprung  an  einer  geeigneten  Stelle  besitzt,  der  vom  Mit- 
nehmer der  Drehbank  ergriffen  werden  kann,  so  muss  man  Sorge  tragen, 
künstlich  einen  solchen  Vorsprung  anzubringen,  welcher  gleichfalls  Mit- 
Fig.  507.  nehmer  oder  Führer  genannt  wird.     Die  üb- 

lichste Form  hierfür  ist  die  in  Fig.  507  abgebil- 
dete, Dreherherz  genannt,  dessen  Anwendung 
einer  Erläuterung  nicht  bedürfen  wird.  Die 
eigenthümliche  Form  des  Herzes  lässt  eine 
grosse  Mannigfaltigkeit  in  den  Querschnitten 
der  einzuspannenden  Arbeitsstücke  zu. 

In  anderer  Weise  kann  die  Befestigung 
des  Arbeitsstücks  bewirkt  werden,  wenn  man 
auf  den  Kopf  der  Spindel  einen  Hohlcylinder 
aufschraubt,  welcher  das  Ende  des  Arbeitsstücks 
(oder  einen  an  demselben  befindlichen  cen- 
trischen  Zapfen)  aufnimmt  und  Futter  oder 
Drehbanksfutter,  auch  Patrone  genannt 
wird.  Eine  derartige  Vorrichtung  wurde  schon 
bei  Besprechung  der  Räderdrehbänke  als  zur 
Aufnahme  der  vorstehenden  Achsenzapfen  die- 
nend erwähnt.  Die  Befestigung  geschieht  am 
einfachsten  durch  eingetriebene  Holzkeile;  häu- 
figer durch  6  bis  8  radial  gerichtete,  durch  die  Wand  des  Futters  hin- 
durchgehende Klemmschrauben.  Wendet  man  statt  der  Klemmschrauben 
Backenstücke  an,  welche  sich  gleichmässig  und  gleichzeitig  in  radialer 
Richtung  durch  Bewegung  eines  einzigen  Stücks  verstellen  lassen,  so  erhält 
man  ein  sogenanntes  Universalfutter,  durch  welches  ebensowohl  das 
Centriren  als  Einspannen  des  Arbeitsstücks  ausgeführt  wird,  und  welches 
deshalb  in  verschiedenen  Formen  zahlreiche  Anwendung  gefunden  hat. 

Der  Gebrauch  eines  Futters  wird  besonders  dann  erforderlich,  wenn 
das  Arbeitsstück  Überhaupt  nur  an  dem  einen  Ende  sich  befestigen  lässt, 
der  Reitstock  also  nicht  gebraucht  wird. 

Sollen  hohle  Arbeitsstücke  an  der  Anssenfläche  zwischen  Spitzen 
gedreht  werden,  so  muss  man  durch  Einklemmen  eines  diametralen 
schmiedeeiBemen  Stegs  an  jedem  Ende  erst  Stützpunkte  schaffen,  an 
welchen  die  Spitzen  angreifen  können.  In  solcher  Weise  werden  Säulen, 
Sebeibenröhren  und  dergleichen  gedreht.  Kurze  Hohlkörper  dagegen 
steckt  man  zweckmässig  über  ein  massives  Futter  (Dom),  welches  statt 

43» 


660  Trennungsarbeiten. 

des  oben  erwähnten  Hoblfdtters  anf  dem  Spindelkopfe  aufgesteckt  wird 
und  das  Arbeitsstück  durcb  Reibung  mitnimmt. 

Wenn  beim  Drehen  sehr  langer  und  dünner  Arbeitsstücke,  z.  B. 
Transmi ssions wellen ,  ein  seitliches  Ausweichen  unter  dem  Drucke  des 
Drehstahls  zu  befürchten  ist,  so  stützt  man  sie  an  einer  oder  mehreren 
Stellen  zwischen  den  Docken  durch  einfache  Hülfslager,  welche  auf  dem 
Drehbanksbette  aufgestellt  und  Lünetten,  Setzstocke  oder  Brillen 
genannt  werden.  Eine  gleiche  Vorrichtung  wird  benutzt,  wenn  die  End- 
flächen langer,  zum  Befestigen  auf  der  Planscheibe  nicht  geigneter  Ar- 
beitsstücke bearbeitet  werden  sollen;  man  befestigt  sie  mit  dem  einen 
Ende  in  einem  Futter  an  der  Spindel  und  lässt  das  andere  Ende  in  der 
Hülfsdocke  laufen. 

Das  eigentliche  Werkzeug  der  Drehbank  —  Drehstahl,  Drehmeissel, 
Dreheisen  genannt  —  besitzt  entsprechend  der  yerschiedencn  Gestalt  der 
Arbeitsstücke  und  verschiedenen  Einrichtung  der  Drehbank  sehr  ver- 
schiedenartige Formen.  Allgemein  unterscheidet  man  Schroppstähle 
(Schrotstähle),  Spitzstähle  und  Schlichtstahle.  Der  Schroppstahl  hat, 
seiner  Bestimmung  zufolge,  durch  Abnahme  starker  Späne  bei  rascher 
Schaltbewegung  die  erste  Bearbeitung  aus  dem  Groben  zu  bewirken, 
eine  bogenförmige  Schneide  (vorgl.  Fig.  431);  der  Spitzstahl  dient  zum 
Abnehmen  feinerer  Späne  und  besitzt  eine  durch  das  Zusammentreifen 
von  zwei  Schneiden  gebildete  Spitze  (vergl.  Fig.  430);  der  Schlichtstahl 
endlich,  welcher  zum  Nacharbeiten  der  mit  Schropp-  und  Spitzstahl  ge- 
drehten Arbeitsstücke  dient,  hat  eine  geradlinige  Schneide.  Zum  Drehen 
kleinerer  Gegenstände  gebraucht  man  häufig  den  früher  beschriebenen 
Grabstichel.  Soll  der  Stahl  zum  Ausdrehen  innerer  Flächen  eines  Hohl- 
körpers benutzt  werden,  so  muss  derselbe  an  seinem  Ende,  da  wo  er  in 
die  Höhlung  hineingreifen  soll,  rechtwinklig  umgebogen  werden  und  heisst 
dann  Hakenstahl.  Drehstähle,  welche  aus  freier  Hand  geführt  werden, 
steckt  man  in  ein  hölzernes  Heft;  nur  wenn  sehr  schwere  Stücke  aus 
freier  Hand  gedreht  werden  sollen,  schmiedet  man  die  Stähle  so  lang, 
dass  sie  auf  der  Schulter  des  Arbeiters  eine  Auflage  finden,  und  giebt 
ihnen  eine  entsprechende  Biegung  nach  aufwärts. 

Die  Bewegung  der  zu  drehenden  Fläche  des  Arbeitsstücks  auf  der 
Drehbank  findet,  wenn  der  Dreher  vor  der  Bank  steht,  von  oben  nach 
unten  statt;  der  Stahl  wird  gewöhnlich  so  eingespannt,  dass  die  Schneide 
mit  der  Drehungsachse  in  annähernd  gleicher  Höhe  liegt. 

Um  einen  Gegenstand  zwischen  Spitzen  zum  Runddrehen  einzu- 
spannen, ist  es  erforderlich,  zunächst  mit  Hülfe  eines  der  hierfür  ge- 
bräuchlichen Apparate  das  Mittel  zu  suchen  (vergl.  S.  37),  den  Mittel- 
punkt durch  einen  Körner  zu  bezeichnen  und  ein  conisches  (xrübchen 
zu  bilden,  in  welches  die  Spitze  hineintritt.  Häufig  bohrt  man  das  Grüb- 
chen mit  einem  kleinen  Bohrer  etwas  tiefer  nach  als  es  der  Körner  ein* 
zuschlagen  vermag;  und  wo  diese  Arbeit  oft  vorkommt,  ist  die  Anwen- 
dung einer  Gen trirm aschine  (S.  38),  welche  ebensowohl  den  Mittelpunkt 


Drehbank.  661 

festlegt  als  das  Gr&bchen  bohrt,  höchst  zweckmässig.  Alsdann  kommt 
es  zunächst  daranf  an,  dem  Arbeitsstücke  mit  Hülfe  der  vorhandenen 
verschiedenen  Bewegungsübertragnngen  die  richtige  Umfangsgeschwindig- 
keit zn  geben.  Man  rechnet  fär  Stahl  eine  Umfangsgeschwindigkeit  von 
40  bis  60  Mm.  per  Seonnde,  für  Gosseisen  von  80  bis  90  Mm.,  für 
Schmiedeeisen  von  90  bis  100  Mm.,  für  Messing  von  160  bis  200  Mm. 
Hartgussstücke,  z.  B.  Hartwalzen,  vertragen  nur  eine  Umfangsgeschwindig- 
keit von  10  bis  20  Mm.  Ist  die  Geschwindigkeit  zu  bedeutend,  so  ent- 
steht ein  Zittern  der  Maschine,  wodurch  die  Arbeit  ungenau  wird,  und 
es  tritt  eine  rasche  Abnutzung  (Stumpfwerden)  des  Werkzeugs  ein.  £r- 
fahrungsgemäss  steht  dieses  Stumpfwerden  nicht  etwa  in  geradem  Ver- 
hältnisse zu  der  bei  rascherm  Gange  geleisteten  grossem  Arbeit,  sondern 
wächst  mit  der  Geschwindigkeit  in  geometrischer  Progression;  und 
schliesslich  kann  ein  Punkt  eintreten,  wo  das  Werkzeug  überhaupt  nicht 
mehr  angreift,  sondern  lediglich  von  dem  sehr  rasch  umlaufenden  Ar- 
beitsstücke angegriffen  und  unter  Umständen  —  wenn  dieses  scharfkan- 
tig ist  —  wie  durch  eine  Kreissäge  zertheilt  wird. 

Die  Schaltung  des  Werkzeugs  beträgt,  je  nachdem  man  schroppt 
oder  schlichtet  und  je  nachdem  der  Durchmesser  des  Arbeitsstücks  klei- 
ner oder  grösser  ist,  0,3  bis  1  Mm.  per  Umdrehung. 

Von  grosser  Wichtigkeit  für  das  Gelingen  des  Drehens  ist,  dass  das 
Arbeitsstück  rund  laufe;  d.  h.  dass  seine  Drehungsachse  mit  der  Spindel- 
achse zusammenfalle.  Bedingung  hierfür  ist  zunächst  die  richtige  Con- 
struction  der  Drehbank,  insbesondere  eine  sichere  und  genaue  Lagerung 
der  DrehbanksspindeL  Deshalb  lässt  man,  wenn  es  auf  aussergewöhnlich 
genaue  Arbeit  ankommt,  das  Arbeitsstück  lieber  zwischen  todten  Spitzen 
laufen ,  indem  man  die  Spindel  festlegt  und  von  einer  auf  derselben  sich 
drehenden  Scheibe  die  Bewegung  vermittelst  eines  Mitnehmers  auf  das 
Arbeitsstück  überträgt.  Sodann  bewirkt  jede  Yerbiegung  des  Arbeits- 
stücks unter  dem  Drucke  des  Drehstahls  ein  Unmndlaufen,  und  manche 
zufällige  Ursachen  können  einen  gleichen  Erfolg  hervorrufen. 

Beim  Drehen  von  Schmiedeeisen  und  Stahl  lässt  man  ununterbrochen 
Wasser,  Seifenwasser  oder  Gel  auf  die  Stelle  tropfen,  wo  der  Stahl  an* 
greift.  Man  verhindert  dadurch  eine  starke  Erhitzung  und  ein  in  Folge 
dessen  rasches  Stumpfwerden  des  Drehstahls,  befördert  auch  zugleich  das 
Abfliessen  des  Spans  und  vermindert  somit  den  Arbeitsaufwand.  Guss- 
eisen, welches  kurze  mürbe  Späne  liefert,  wird  trocken  gedreht. 

Wie  man  im  Stande  ist,  mit  Hülfe  verhältnissmässig  einfacher 
Kunstgriffe  auch  niohtcjlindrische  Flächen  auf  der  Drehbank  herzustellen, 
wurde  schon  theilweise  oben  erwähnt.  Wir  erinnern  an  die  Herstellung 
von  Kegelffächen,  indem  man  den  Reitstock  seitlich  soweit  verstellt,  dass 
die  eine  Seitenlinie  des  Kegelprofils  parallel  der  Drehbanksachse  zu  lie- 
gen kommt;  an  die  Benutzung  des  Curvensupports  zur  Herstellung  ge- 
gliederter Körper  mit  kreisförmigen  Querschnitten;  des  Ovalwerks  zum 
Drehen   von   ellipsenförmigen  Querschnitten.     Kugeln    kann    man    mit 


662  TrenDODgearbeiten. 

Helfe  ein«  sogenannten  Eugeleapporte  drehen,  welcher  nm  einen  mitten 
unter  der  eingespannten  Engel  liegenden  Drehponkt  horizontal  derartig 
gedreht  wird,  doss  die  Schneide  des  Drehstahls  einen  Kreis  von  dem 
Dorcbmesser  der  Engel  in  der  Ebene  der  DrebungBaclise  der  Engel  be- 
schreibt; oder  man  giebt  dem  ArbeitastQcke  eine  zweifache  Bewegung 
sowohl  am  die  horizontale  Achse  der  Drehbank  als  nm  eine  rechtwinklig 
diese  krenxende  Achse.  Es  ISsst  sich  diese  eigentfaflmliche  Bewegung 
erreichen,  wenn  man  die  Engel  zwischen  Spitzen  einspannt,  welche  dia- 
metral anf  der  Planscheibe,  also  in  einer  die  Drehnngsacbae  rechtwinklig 
schneidenden  Ebene  befindlich  sind,  nnd  die  eine  dieser  Spitzen  selbst 
mit  einem  Umtriehsmeohanismns  in  Verbindung  bringt.  Es  empl%ngt 
dann  das  Arbeitsstück  gleichzeitig  die  Drehnng  der  Planscheibe  nnd  der 
Spitzen;  nnd  das  Werkzeug  liegt  fest. 

Vielfach  benutzt  man  anch  die  Drehbank,  nm  vermittelst  Wegnahme 
von  SpSnen  nach  bestimmten  Linien  an  der  Oberfläche  der  ArbeiteatOcke 
Versiemngen  —  dorch  vertiefte  länien  gebildet  —  hervorzubringen 
nnd  nennt  diese  Arbeit  Qnillochiren. 

Wenn   z,  B.  in  Fig.   508  c  die    geometriscbe    Drehungsachse    der 
Drehbank  bezeichnet,  a  den  Mittelpunkt  eines  Arbeitsatücks,  welches  mit 
pi^   gQg  Hülfe  eines  Versetzkopfs  (eines  recht- 

winklig gegen  die  Drehungsachse  be- 
weglichen Schiebers)  excentnsch  gegen 
c    gestellt    ist,    und    man    läset    die 
Spitze  des  festliegenden ,  parallel  mit 
der  Drehungsachse  gerichteten  Werk- 
zeugs im  Punkte  d  angreifen,  so  be- 
schreibt dieselbe,  wenn  die  Drehbank 
in  Umlauf  gesetzt  wird,  den  Kreis  d 
d^di  auf  der  Fläche  des  Arbeitsstücks. 
Dreht  man  nun,  nachdem  dieser  erste 
Kreis  gezogen  ist,    das   Arbeitsstück 
ein  wenig  um  seine  Achse  a,  so  dass 
der  Punkt  6  der  Oberfläche  nach  h  &S\.i  —  was  durch  eine  einlache  Yor- 
ricbtnng  in  genau  bestimmbarem  Maasse  zu  erreichen  ist  —  und  iKsst 
das  Werkzeug  abermals  angreifen ,  so   entsteht  neben  dem  ersten  Kreise 
ein  zweiter,  jenen  in  zwei  Punkten  schneidend;  nnd  durch  fortgesetzte 
Drehung  eine  grössere  Anzahl  Kreise,  die,  wie  in  der  gegebenen  Abbil* 
dnng,  sich  schneiden  nnd  unter  einander  versohlnngen  erscheinen.     So 
kann  man  durch  passend  gewählte  Excentricität,  Abstände  und  Durch- 
messer der  Kreise  in  einfachster  Weise  zierliche  Zeichnungen  hervorbrin- 
gen; ein  Schritt  weiter  geschiebt,  wenn  man  das  Ovalwerk  mit  dem  Ver- 
setskopfe  verbindet. 

Mit  Hülfe  der  in  den  Figuren  501  u.  502  a.S.  655  u.  666  abgebilde- 
ten Universaldrehbank  lassen  eich  in  noch  weit  ergiebigerer  Weise  ver- 
schlungene Zeichnungen  hervorrufen.     Wählt  man  nämlich  zwischen  der 


Guülochiren.  663 

HohlBpindel  nnd  der  iimem  Spindel  ein  UebersetnngSTerhiltniBB,  welches 
nicht  genan  1  :  2,  1  :  9,  1  :  4  n.  b,  w.  iet,  BO  entstehen  Gurren,  welche 
eich  nach  einer  vollen  Umdrehung  nicht  genan  decken,  sondeni  Figorea 
bilden,  wie  eie  Fig.  609  dantellL 

Bei  der  eigentlichen  Onillochirmaschine  iit  die  Spindeldocke  nebat 
Spindel  Dm  zwei  an  ihrem  Fiuse  befindliche  Spitzen  wie  um  eine  htm- 
Fig.  SOS. 


zontale  der  DrebbanksachBe  parallele  Achse  drehbar,  so  dass  eie  wie  ein 
umgekehrter  Pendel  hin-  nnd  herechwingen  kann.  Auf  der  Spindel 
sitat  eine  itähleme  oder  bronsene  Scheibe,  deren  Rand  nach  einer  Figor 
gesohweÜt  ist,  welche  den  darznstellenden  Fignren  geometrisch  ähnlich 
ist.  Diese  Scheibe  beiset  Patrone  nnd  dreht  sich  mit  der  SpindeL  Seit- 
lich von  der  Spindel  ist  ein  horizontaler  Stahlstift  Westigt,  ^elcher 
Anlauf  oder  Taster  genannt  wird,  und  an  der  andern  Seite  der  Spin- 
del befindet  sich  an  dem  Bette  der  Maschine  eine  Feder,  welche  die 
Docke  nebst  Spindel  nnd  Patrone  nach  der  Seite  des  Anlaofs  hinflber- 
drückt,  so  data  die  Patrone  bei  der  Drehung  der  Spindel  mit  ihrem  Um- 
risse anf  jenem  schleift.  Befestigt  man  also  aof  der  Planscheihe  ein 
ArbeitastQck,  so  wird  der  Drehatohl  anf  der  senkrechten  Stirnfl&che 
desselben  Fignren  beschreiben,  welche  dem  Umrisse  der  Patrone  ent- 
sprechen; nnd  wenn  die  Spindel  mit  einem  VersetBkopfe  zur  excentrischen 
Verstellnng  de«  Arbeitsstücks  versehen  wird,  so  lassen  sich  mannigfach 
Terschlnngene  Fignren  berrorbringen. 


664  Treonungsarbeiten. 

Unregelmässige  Figuren  aller  Art  —  Belbet  bildliche  DarBtellangeii, 
wie  sie  z.  B.  auf  manchen  Uhrgeh&asen,  Dosen  und  dergleichen  sich 
finden  —  werden  hergestellt,  indem  man  zwischen  Spindel  und  Arbeits- 
stück eine  Vorrichtung  einschaltet,  welche  eine  geradlinige  Hin-  und 
Herbewegong  des  letztem  ermöglicht,  während  die  Spindel  sich  dreht  und 
die  Patrone  die  Entstehung  der  erforderlichen  Gurren  bewirkt. 

Sollen,  statt  auf  den  ebenen  Flächen  der  Arbeitsstücke,  Guillochimngen 
auf  Cylinderflächen  hervorgerufen  werden,  z.  B.  bei  Druckwalzen,  so  wird 
die  Spindel  in  ihrer  Längenrichtung  verschiebbar  gemacht,  während  sie  sich 
rund  dreht  und  die  Docke  feststeht.  Man  erreicht  diesen  Zweck  gleich- 
falls durch  eine  Patrone  nebst  Feder,  welche  erstere  ihre  Profilirung  wie 
die  Zähne  eines  Exonrads  auf  dem  änssersten  Umkreise  der  Fläche  trägt 
und  somit  die  horizontale  Verschiebung  der  Spindel  hervorbringt. 

Ueber  die  Verwendung  der  Drehbank  zum  Bohren,  Drücken,  Schrau- 
benschneiden wird  unten  bei  den  betreffenden  Arbeiten  die  Rede  sein. 

Der  Arbeitsverbrauch  der  Drehbänke  wird  nach  Hart  ig  nach  der 
Formel: 

N=  No  +  £  ff  Pferdestärken 

berechnet,  worin  No  den  Arbeitsverbranch  im  Leergange  bezeichnet,  G 
das  in  einer  Stunde  abgedrehte  Metall  in  Eälogrammen ,  e  den  specific 
sehen  Arbeits werth  für  das  bearbeitete  Material,  d.  h.  den  für  1  Kilo- 
gramm stündlich  abgedrehtes  Metall  entfallenden  Werth  in  Pferdekräften, 
dessen  Werth  anzunehmen  ist: 

für  Gnsseisen         €  =  0,069  Pferdestärken, 

„    Schmiedeeisen     ....€  =  0,072  „ 

„    Stehl s  =  0,104  „ 

Bei  Veranschlagungen  der  erforderlichen  Betriebskraft  wird  man 
1  Pferdekraft  für  grosse,  Vs  Pferdekraft  för  kleine  Drehbänke  rechnen 
können. 


Literatur  über  Drehen  und  Drehbänke. 

Ausser  den  auf  Seite  569  angegebenen  Werken: 
Wiebe,  Skizzenbuch,  Jahrg.  1869,  Hft  5;  Jahrg.  1873,  Hft  1. 
Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1857,  Nr.  13 ab;  Jahrg.  1861,  Nr.  18  vw; 

Jahrg.  1866,  Nr.  10;  Jahrg.  1868,  Nr.  Sab c 

Die  meisten  Jahrgänge  von  Dingler^s  polytechnischem  Journal, 
dem  polytechnischen  Centralblatt,  Grothe's  deutscher  allgemeiner  po- 
lytechnischen Zeitung,  Armengaud,  Publication  industrielle  und  anderen 
technischen  Zeitschriften  enthalten  theils  Notizen,  theils  Abbildungen  von 
Drehbänken  und  Theilen  derselben. 

üeber  Räderdrehbänke  finden  sich  Mittheilungen  und  Abbildun- 
gen in 


Fräsen.        ^  665 

Hensinger  von  Waldegg,   Handbuch  fiVr  EiBenbahniechnik ,   Bd.  4, 

S.  242. 

Ueber  Walzendrehbäoke  (für  Abdrehen  von  kalibrirten  EiBenwalzen): 
Dentsche  Indnstriezeitong,  Jahrg.  1864,  S.  938. 
Dingler's  Jonmal,  Bd.  160,  S.  252. 

*  Ueber  das  Drehen  von  Kugeln  findet  sich  eine  ausfuhrliche  mit  Ab- 
bildungen Tersehene  Abhandlung  von  T.  Rittershaus  in  der  Zeitschrift 
zur  Beförderung  des  Gewerbfleissses  inPreussen,  Jahrg.  51  (1872),  S.  243. 


f.    Frftse  und  Frftsmasohine. 

Ein  Werkzeug  von  der  Form  eines  Rotationskörpers  ist  an  seiner 
Aussenfläche  verzahnt  und  macht  die  Hauptbewegung  durch  Drehung 
um  seine  Achse;  die  Schaltbewegung  erfolgt  durch  ununterbrochenes, 
langsames  Yorrücken  entweder  des  Werkzeugs  oder  des  Arbeitsstücks. 

Ist  abo  z.  B.  das  Werkzeug  scheibenförmig  gestaltet,  an  dem  Um- 
fange verzahnt,  und  erfolg^  der  Vorschub  in  der  Richtung  seiner  Tan- 
gente, so  entsteht  offenbar  ein  langer  geradliniger  Einschnitt  von  der 
Breite  des  Werkzeugs;  zeigt  der  Umfang  profilirte  Gestalt,  entspricht 
z.  B.  der  Umriss  der  Form  einer  Zahnlücke  bei  Zahnrädern  und  ist 
ringsum  verzahnt,  so  wird  ein  Einschnitt  hervorgebracht,  welcher  jenem 
Profile  der  Fräse  entspricht;  und  wenn  beispielsweise  die  Fräse  an  dem 
Umfange  eines  Rades  parallel  der  Achsenrichtung  desselben  vorbeige- 
führt wird,  denselben  schneidend,  während  ihre  Drehungsachse  recht- 
winklig gegen  ihre  Bewegungsrichtung  steht,  so  wird  eine  Zahnlücke 
ausgefräst,  und  man  ist  im  Stande,  ein  vollständiges  Zahnrad  durch  auf 
einander  folgendes  Ausfräsen  sämmtlicher  Zahnlücken  herzustellen.  Ist 
endlich  die  Stirnseite  eines  Cylinders  oder  Kegels  mit  Zähnen  besetzt 
und  der  Vorschub  erfolgt  in  der  Ebene  dieser  Stirnseite,  so  entstehen 
gerade  Flächen. 

Diese  ungemeine  Mannigfaltigkeit  der  mit  Hülfe  der  Fräse  herzu- 
stellenden Formen,  welche  ohne  dieselbe  oft  nur  durch  Handarbeit  zu 
erzielen  sein  würden,  macht  dieselbe  zu  einem  sehr  wichtigen  Werkzeuge 
der  Metallverarbeitung;  vorzugsweise  geeignet  in  solchen  Fällen,  wo 
eine  grössere  Anzahl  gleicher  Körper  angefertigt  werden  sollen,  weil 
eine  und  dieselbe  Fräse  auch  nur  für  eine  und  dieselbe  Arbeit  verwend- 
bar zu  sein  pflegt,  und  fast  jede  neue  Form  eines  Arbeitsstücks  auch 
die  Anfertigung  einer  neuen  Fräse  erforderlich  macht. 

Die  einzelnen  Schneiden  der  Fräsen  werden  meisselartig  nach  den 
früher  entwickelten  Grundsätzen  construirt. 

Die  Figur  510  a.  f.  S.  stellt  eine  Fräse  zum  Ausfräsen  von  Zahn- 
lücken dar.     Die  Schneidkante  ahh' a!  zeigt  das  genaue  Profil  der  Zahn- 


666  TrennuiigsarbeiteD. 

lücke;  sie  ist  nahezn  radial  gegen  die  DrehongMobBe  der  Frftm  gerich- 
tet, and  der  Rftokett  den  schneidenden  Zahns  ist  derartig  gestaltet,  dass 
Fig.  610. 


das  Zahnprofil  in  seiner  radialen  Stellung  einer  einw&rts  Inttfenden 
Spirale  bc  entlang  gefCihrt  wird,  man  also  beim  Stampfwerden  der 
Schneidkante  nur  ndthig  hat,  die  Vorderseite  a  b  mit  einem  Schleifsteine 
anzuschleifen,  um  immer  wieder  dasselbe  Profil  der  Schneidkante  zn  er- 
halten, so  lange  bis  von  jedem  Zahne  nur  noch  der  Rest  cde  itbng  ist. 
Solche  scheibenfSrmigen  Frisen  nennt  man  SchneidBobeibeo  oder 
Schneidräder. 

In  Fignr  511  ist  eine  cylindriscbe  Fräse  mit  Schneiden  auf  der 
Stirnseite  nnd  Hanteläftche  abgebildet,  welche  Torzngsweise  zor  Her- 
FLr.  511.  stellang  ebener  Flächen  und  rechtwinkliger  Ansätze 
gebraucht  wird.  Für  letztem  Zweck  werden  zwei 
rechtwinklig  gegen  einander  gerichtete  Flächen  gleich- 
zeitig bearbeitet,  die  eine  durch  die  Stirn-,  die  andere 
dnrch  die  Mantelschneiden. 

Wird  der  Durchmesser  der  Fräse  ein  sehr  be- 
trächtlicher  —  über  250  Hm.  — ,  so  pflegt  man  die 
Sohnetden  fOr  sich  aas  Stahl  zu  fertigen  und  in  den 
meistens  gnsseisernen  Körper  oder  Kopf  derFrise  ein- 
zusetzen. Kino  solche  Fräae  heisst  Hesserkopf  und 
^^  wird  vorzugsweise  zar  Bearheitoog    grösserer    ebener 

^^■^         Flächen  gebraucht. 

^^^^Hf  Die  Bewegnng  der  Fräse  beziehentlich  des  Arbeita- 

4^^^^p       Stacks  erfolgt  in  den  meisten  Fällen  dnrch  Uaachinen. 

^^P^         Für  manche  Zwecke  lässt  sich  recht  gnt  die  Drehbank 

benutzen,  wenn  mau  die  Fräse  an  dem  Kopfe  der  Dreh- 


Fräsen.  667 

banksspindel ,  das  Arbeitsstück  an  dem  Supporte  befestigt  und  so  vor 
der  Fräse  vorbeiführt,  nach  Frfordemiss  in  der  Achsenrichtnng  der 
Drehbank  oder  wie  beim  Plandrehen  gegen  dieselbe. 

Wo  jedoch  die  Arbeit  des  Fräsens  häufig  vorkommt ,  zieht  man  es 
vor,  besondere  Fräsmaschinen  dafür  anzuwenden.  Schon  die  Thatsache, 
dass  eine  Fräse,  wenn  sie  vortheilhaft  arbeiten  soll,  erfahrungsgemäss 
eine  erheblich  grössere  Umfangsgeschwindigkeit  erhalten  muss,  als  eine 
gewöhnliche  Drehbank  zu  geben  im  Stande  ist,  spricht  fELr  die  Einrich- 
tung einer  Fräsmaschine.  Da  nun,  wie  schon  oben  hervorgehoben  wurde, 
die  Anwendung  der  Fräsen  besonders  da  zweckmässig  erscheint,  wo  eine 
Massenanfertigung  bestimmter  Artikel  stattfindet,  so  wird  man  von  vorn- 
herein bei  Construction  der  Fräsmaschinen  den  Eigenthümlichkeiten  der 
jedesmaligen  Gattung  von  Arbeitsstücken  thunlichst  Rechnung  tragen, 
um  die  Arbeit  möglichst  zu  erleichtem;  und  aus  diesem  Grunde  erscheint 
keine  andere  Werkzeugmaschine  für  Metallverarbeitung  in  so  verschiede- 
nen äusseren  Formen  als  die  Fräsmaschine. 

Im  Wesentlichen  finden  sich  zwei  verschiedene  Systeme  für  die  An- 
ordnung der  gewöhnlichen  Fräsmaschinen.  Bei  dem  einen  liegt  das 
Arbeitsstück  auf  einem  starken  Aufspanntische  fest,  die  Fräse,  welche 
gewöhnlich  an  einer  horizontalen  Spindel  befestigt  ist,  wird  mit  dem 
Spindelstocke  an  der  Seite  des  Arbeitsstücks  vorbeigeführt;  bei  dem 
andern  Systeme  steht  der  Spindelstock  fest,  während  der  Aufspanntisch 
als  Ereuzsupport  construirt  ist  und  horizontal  nach  zwei  gegen  einander 
rechtwinkligen  Richtungen  selbstthätig  verstellbar  ist. 

Eine  Fräsmaschine  der  letztem  Ali,  nach  amerikanischem  Muster 
von  L.  Löwe  u.  Co.  in  Berlin  gebaut  0«  zeigen  uns  die  Figuren  512  (a.  f.  S.) 
und  513.  Man  nennt  sie  Universalfräsmaschine,  weil  sie,  wie  die  Beschrei- 
bung lehren  wird,  mit  Einrichtungen  versehen  ist,  welche  es  möglich 
machen,  die  Fräse  in  sehr  verschiedenartiger  Weise  zu  benutzen:  zum 
Fräsen  von  ebenen  Flächen,  von  schraubengangfÖrmigen  Einschnitten 
auf  Gylindermänteln,  von  Zahnrädern  u.  s.  f. 

Auf  der  horizontalen  Spindel  a,  welche  in  dem  Spindelstocke  *  in 
eigenthümlicher  und  zweckmässiger,  aus  Fig.  513  ersichtlicher  Weise 
gelagert  ist,  sitzt  die  Stufenscheibe,  welche  den  Antrieb  von  der  Trans- 
mission ans  aufiiimmt.  In  dem  vordem  Ende  von  a  befindet  sich  eine  lange 
conische,  genau  centrische  Oe£fhung,  in  welcher  die  Fräse  befestigt  wird. 
An  der  vordem  Seite  der  Maschine  unterhalb  des  Werkzeugs  ist  der 
Tisch  zur  Aufnahme  des  Arbeitsstücks  ersichtlich.  Derselbe  besteht 
zunächst  ans  dem  consolenartigen  Untertheile  h,  an  senkrechten  prisma- 
tischen Leisten  des  Ständers  geführt  und  vermittelst  der  Schraubenspindel  o, 
welche  mit  Hülfe  von  ein  Paar  Winkelrädem  von  dem  Kurbelzapfen  d 


^)  Die  amerilcanische  Firma,  welche  die  Constmction  dieser  Maschine  zuerst 
zur  Anschauung  brachte,  ist  die  Brown  &  Bharpe  ManufEMstoring  Co.  in  Provi- 
dence,  Bhode  Island. 


668  TrennuugsarbeiteD. 

BUS  von  Hftnd  ihre  Brehoog  erh&lt,  in  seiner  Höhenetellang  Terinderticli 

gemacht.     Die  Schr&nbeoBpiudel  e  dient  mir  genanen  Begrenztug   des 

Tig.  Sie. 


Hnbes,  wobei  die  auf  ihr  befindlichen  verstellbaren  Schraubenmattem  als 
Anschlag  dienen. 

Auf  dem  Untertheile  b  gleitet  parallel  der  lUohtang  der  Spindel- 
achse der  Schlitten  /,  von  dem  Kurbeleapfen  g  ans  mittelst  einer  hori- 
zontalen, in  dem  Untertheile  b  gelagerten  nnd  durch  eine  am  Schlitten 
befestigte  Schraubenmutter  hindnrchgefübrtea  Sohranbenspindel  bewegt. 
Auf/  ist  mit  ooniacbem  Zapfen  die  Drehscheibe  h  befestigt,  und  in  prit- 


matiBchen  FOhrangen  dieaer  letztem  bewegt  sich  die  TieclipUtte  i,  «nt- 
weder  genau  rechtwinklig  gegen  die  BewegnngBricfatnng  des  SchlitlenB  / 

Fi«.  513. 


oder  der  Stellung  der  Drehscheibe  h  entaprecbend  mehr  oder  weniger 
schrfig  gegen  dieselbe.  Die  Bewegung  dieses  letzterwähnten  Theils  er- 
folgt durch  eine  Horizontale,  in  demselben  gelagerte  Scbranbenspindel, 
welche  durch  eine  auf  h  befestigte  Mutter  hindurchgeht  und  von  welcher  ' 
in  Fig.  5t2  nor  der  untere,  unter  (  Torstebende,  mit  k  bezeichnete  Band 
sichtbar  ist;  und  zwar  entweder  tod  Hand  durch  die  Kurbel  I  oder 
selbstthStig  von  der  Uaschine  aus.    In  Folge  des  Umstandes  aber,  dass, 


670  Trennungsarbeiten. 

wie  soeben  gezeigt  wurde,  die  Tischplatte  i  gegeA  die  Maschine  Ter^ 
Bchiedenartige  Stellungen  einnehmen  kann,  ist  f&r  die  selbstthätige 
Steuerung  folgende  eigenthümliche  Bewegungsübertragung  angewendet 
worden.  Auf  dem  hintern  Ende  der  Arbeitsspindel  a  sitzt  die  Stufen- 
scheibe m  und  überträgt  die  Bewegung  durch  einen  Riemen  auf  die 
Stufenscheibe  n.  Zur  Vervielfältigung  der  Bewegungsgeschwindigkeit 
befindet  sich  unterhalb  n  eine  dritte  Stufenscheibe  o;  man  kann  also 
nöthigenfalls  die  Bewegung  von  m  zunächst  auf  o  und  von  dieser  auf  n 
übertragen  lassen,  doch  genügt  meistenstheils  die  directe  Uebertragung 
von  m  auf  n.  n  befindet  sich  auf  dem  Ende  einer  in  Fig.  513  punktirt 
gezeichneten  Welle,  welche  mit  zwei  Universalgelenken  versehen  und 
teleskopenartig  verlängert  und  verkürzt  werden  kann,  somit  jeder  Bewe- 
gung des  Tischs  Rechnung  trägt.  Auf  dem  andern  Ende  dieser  Welle 
ist  ein  kleines,  in  der  Abbildung  nicht  ersichtliches  Winkelgetriebe  be- 
festigt, welches  mit  dem  auf  der  Steuerungsspindel  sitzenden  Winkel- 
rade p  im  Eingriffe  steht  und  somit  selbstthätige  Drehung  der  Spindel 
bewirkt.  Um  jedoch  nach  beendigtem  Durchgange  des  Arbeitsstücks 
selbstthätige  Ausrückung  der  Tischbewegung  herbeizuführen  (welche 
Einrichtung  den  Arbeiter  in  Stand  setzt,  zwei  Maschinen  gleichzeitig  zu 
bedienen),  ist  das  Rad  p  lose  auf  der  Steuerungsspindel  und  wird  erst 
durch  eine  Elauenkupplung  q  mit  ihr  verbunden,  deren  eine  Hälfte  auf 
der  Spindel  mit  Nuth  und  Feder  verschiebbar  befestigt  ist,  während  die 
andere  mit  dem  Rade  p  jbiub  einem  Granzen  besteht  und  sich  demnach  auf 
der  Spindel  dreht. 

Die  Leiste  oder  Feder,  welche  die  Verbindung  zwischen  der  Spindel 
und  der  Hälfte  q  herstellt,  sitzt  in  der  Nabe  der  letztem  fest  und  wird 
innerhalb  des  erwähnten  Längsschlitzes  der  Spindel  von  einem  horizontalen 
Stifte  erfasst,  welcher  innerhalb  der  Spindd  verschiebbar  ist,  und  dessen  aus 
derselben  vorstehendes  Ende  bei  r  mit  einer  langen,  in  einer  Nuth  der 
Tischplatte  verschiebbaren,  schmiedeeisernen  Stange  verbunden  ist.  Die 
Stange  ist  mit  einem  Längsschlitze  versehen,  in  welchem  ein  Knaggen 
8  in  beliebigem  Abstände  vom  Ende  vermittelst  einer  Schraube  befestigt 
werden  kann.  Bei  der  Bewegung  des  Tischs  nach  rechts  (in  Fig.  512) 
schlägt  nun  dieser  Knaggen  gegen  den  feststehenden  Stift  t,  hindert 
dadurch  die  Weiterbewegung  der  Stange,  und  alsbald  erfolgt  Ausrückung 
der  erwähnten  Kupplung,  der  Tisch  steht. 

Das  Arbeitsstück  kann  vermittelst  eines  kleinen  Parallelschraub- 
stocks auf  der  Tischplatte  befestigt  werden.  Für  gewisse  Zwecke  jedoch 
befindet  sich  ausserdem  auf  derselben  eine  Vonichtung  zum  Einspannen 
des  Arbeitsstücks  zwischen  Spitzen ,  auf  einer  Planscheibe  oder  in  einem 
Futter,  bestehend  aus  dem  Spindelkasten  t  und  dem  Reitstocke  u  ^).  Die 
Spindel  v  des  Spindelstocks  ist  hohl,  dient  zur  Aufnahme  einer  Spitze, 


^)  Die  aus  Fig.  512  erkennbare  Feiendes  letztem  weicht,  dem  amerikanischen 
Systeme  entsprechend,  etwas  von  der  Form  der  bisher  abgebildeten  BeitstÖcke  ab. 


Fräsmaschine.  671 

einer  Planscheibe  oder  eines  Einspannfniters;  auf  dem  hintern  Ende  sitzt 
ein  Schneckenrad,  welches  durch  eine  Schnecke  von  der  Kurbel  w  aus 
(Fig.  513)  bewegt  werden  kann,  falls  die  Spindel  in  Umdrehung  versetzt 
werden  soll.  Selbstthfitig  kann  diese  Drehung  von  der  Stenerungsspindel 
her  aasgeführt  werden ,  indem  man  die  Bewegung  derselben  durch  das 
Getriebe  x,  die  Wechselräder  Xi  x^  und  das  Rad  x%  auf  das  Winkelr&der- 
paar  yyi  überträgt,  deren  letzteres  auf  der  Schneckenwelle  des  Spindel- 
stocks festsitzt.  Das  Gehäuse,  welches  die  Spindel  trägt,  ist  zwischen 
den  beiden  Backen  des  Spindelstocks  um  die  Schneckenwelle  drehbar, 
so  dass  die  Spindel  auch  in  schräge  und  senkrechte  Stellung  gebracht 
werden  kann,  welcher  Fall  z.  B.  bei  dem  Fräsen  von  Zahnrädern  vor- 
kommt. Durch  einen  Bolzen  mit  Mutter,  welcher  in  dem  kreisbogenförmi- 
gen  Schlitze  der  Backenstücke  geführt  ist,  lässt  sich  das  Spindelgehäuse 
in  jeder  dieser  Stellungen  festhalten;  und  da  die  SchneckenweUe  selbst 
die  Drehiingsachse  bildet,  wird  die  Bewegung  der  Schnecke  auch  in 
jeder  Stellung  der  Spindel  auf  diese  übertragen. 

Damit  man  endlich  im  Stande  ist,  eine  intermittirende  Drehung  des 
auf  der  Spindel  befestigten  Arbeitsstücks  um  ein  genau  vorgeschriebenes 
Maass  auszuführen  (z.  B.  beim  Fräsen  von  Zahnrädern  um  je  eine  Zahn- 
theilung  nach  Beendigung  einer  Zahnlücke),  sitzt  lose  auf  der  Schnecken- 
welle eine  Theilsoheibe  e  mit  einer  grossem  Zahl  von  Theilkreisen,  deren 
Theilung  durch  versenkte  Kömerpunkte  markirt  ist.  Durch  einen  Stift 
in  einem  am  Spindelstocke  angegossenen  Säulchen  (vergL  Fig.  513)  lässt 
sich  die  Theilsoheibe  feststellen,  so  dass  die  Schnecken  welle ,  auf  welcher 
die  Schlitzkurbel  w  befestigt  ist,  sich  frei  innerhalb  derselben  dreht. 
Die  letztere  trägt  auf  ihrer  Rückseite  einen  Federstift,  der  sich  mit 
Hülfe  des  Enrbelschlitzes  in  jeden  Abstand  vom  Drehungspunkte  bringen 
lässt  und  in  die  betreffenden  Kömerpunkte  eingestellt  wird.  Es  ist 
somit  leicht,  der  Sohneckenwelle  durch  Drehung  der  Kurbel  gemäss  der 
Theilung  der  Theilsoheibe  jedes  beliebige  Maass  der  Umdrehungen  zu 
ertheilen:  zur  Vermeidung  von  Irrthümem  in  denjenigen  Fällen,  wo 
Bruchtheile  einer  ganzen  Umdrehung  ausgeführt  werden  sollen,  befindet 
sich  ein  stellbares  Zeigerpaar  »i  auf  der  Theilsoheibe.  Soll  die  Schnecken- 
welle z.  B.  iVia  Umdrehungen  machen,  so  stellt  man  den  Federstifb  auf 
einen  in  12  Theile  getheilten  Kreis,  die  Zeiger  so  weit  aus  einander, 
dass  sie  zwei  Theile  des  Theilkreises  einschliessen  (also  drei  Löcher  zwi- 
schen sich  fassen),  steckt  den  Federstift  in  das  Loch  1,  dann,  nachdem 
eine  volle  Umdrehung  gemacht  ist,  in  das  Loch  3;  nun  rückt  man  die 
Zeiger  so  viel  weiter,  dass  der  erste  sich  gegen  den  Stift  legt,  wobei 
dann  der  zweite  die  Stellung  des  Stifts  nach  der  nächsten  Umdrehung 
in  dem  Loche  5  anzeigen  wird;  u.  s.  f. 

Es  wird  aus  vorstehender  Beschreibung  der  Maschine  verständlich 
geworden  sein,  wie  dieselbe  für  die  mannigfachsten  Verwendungen  ge- 
eignet ist,  je  nachdem  die  eine  oder  andere  Bewegungsrichtung  des  Tischs 
nebst  Zubehör  in  Benutzung  genommen  wird.    Spannt  man  zwischen 


672  Trennungsarbeiten. 

die  Spitzen  der  beiden  auf  dem  Tische  befindlichen  Docken  einen  Cjlio- 
der  ein  und  setzt  sowohl  die  selbstthätige  Horizontalschaltung  desTischs 
als  die  Drehung  der  für  die  Aufnahme  des  Arbeitsstücks  dienenden 
Spindel  in  Thätigkeit  —  also  eine  doppelte  Schaltbewegung  — ,  so  entsteht 
unter  Einwirkung  einer  scheibenförmigen  Fräse  ein  vertieff;er  Schrauben- 
gang auf  dem  Umfange  des  Arbeitsstücks,  eine  Verwendung  der  Ma- 
schine, welche  bei  Anfertigung  der  sogenannten  Spiralbohrer  vielfach 
vorkommt. 

Die  Fräse  ist  nicht  nur  ein  in  seiner  Anfertigung  kostspieliges 
Werkzeug,  dessen  Herstellung  die  grösste  Aufmerksamkeit  erfordert, 
wenn  sie  eben  ihren  Zweck  in  vollkommener  Weise  erreichen  soll,  son- 
dern es  hat  auch  jedes  Stumpfwerden  der  Schneiden  eine  weit  schwieri- 
gere Wiederherstellungsarbeit  zur  Folge,  als  bei  den  einfachem  Messern 
anderer  Werkzeugmaschinen.  Die  Construction  der  Fräse  in  solcher 
Weise,  dass  nicht  allein  jede  der  Schneiden  richtig  geformt  ist,  sondern 
dass  auch  alle  Schneiden  in  genauer  Weise  zusammenwirken  —  wozu 
vorzüglich  ein  sicheres  Rundlaufen,  also  vor  Allem  eine  genau  runde 
Form  der  Fräse  erforderlich  ist  — ,  und  dass  endlich  jenes  Schärfen  in 
möglichst  einfacher  Weise  und  ohne  Nachtheil  für  die  Beschaffenheit  der 
Fräse  zu  erreichen  sei,  ist  demnach  eine  wichtige  Aufgabe,  wenn  die 
Anwendung  der  Fräsen  und  Fräsmaschinen  überhaupt  einen  günstigen 
Erfolg  liefern  solL 

Wie  die  CJonstruction  von  Werkzeugmaschinen  für  Specialzwecke 
vorzugsweise  in  den  Vereinigten  Staaten  Nordamerikas  auf  eine  hohe 
Stufe  der  Ausbildung  gelangt  ist,  so  verdanken  wir  auch  ganz  besonders 
hinsichtlich  der  Construction  von  Fräsen  und  Fräsmaschinen  viele  be- 
merkenswerthe  Fortschritte  den  Nordamerikanern. 

Von  Wichtigkeit  für  die  Erreichung  jener  Aufgabe  einer  Fräse  ist 
die  Anzahl  der  Schneiden  auf  bestimmter  Länge  oder  richtiger  ihr  Ab- 
stand von  einander  und  ihre  Grösse.  Während  man  bei  uns  bis  vor 
Kurzem  vorwiegend  feingezahnte  Fräsen  mit  0,5  bis  höchstens  4  Mm. 
Theilnng  (Abstand  im Theilkreise)  anwandte,  giebt  man  in  Nordamerika 
durchweg  grosse  und  grobe  Zähne.  Bei  einer  Fräse  mit  feiner  Zahn- 
theilung  wird  wie  bei  einer  Feile  der  Raum  zwischen  den  einzelnen 
Zähnen  bald  mit  feinen  Spänen  angefüllt.  In  Folge  dessen  verliert  die 
Feile  ihre  Wirksamkeit,  statt  des  Schneidens  entsteht  ein  Schaben  und 
die  Schneidkante  wird  rasch  stumpf.  Bei  der  feinen  Theilung  ist  eine 
Zuschärfnng  nur  möglich,  indem  die  Fräse  ausgeglüht,  mit  einem^  Werk- 
zeuge nachgeschnitten  und  wieder  gehärtet  wird.  Das  Ausglühen  ohne 
Hämmern  benachtheiligt  aber  die  Eigenschaften  des  Stahls  und  das 
Härten  hat  sehr  leicht  ein  Verziehen  der  Fräse  zur  Folge,  welche  nun- 
mehr in  Folge  dessen  nicht  mehr  rund  läuft.  ,  Macht  man  aber  die  Zähne 
(Schneiden)  und  ihre  Entfernung  von  einander  grösser,  so  nimmt  jeder 
derselben  einen  entsprechend  grossen  Span,  welcher  vermöge  seines 
eigenen  Gewichts  herausföllt.     Ist  aber  die  Schneide  endlich  stampf  ge- 


Fräsen.  673 

worden,  so  lässt  sich  das  Anschärfen  bei  der  Grösse  des  Zahns  dorch 
Schleifen  bewirken,  was  bei  kleinen  Zähnen  unmöglich  sein  würde,  und 
man  erspart  nicht  allein  dadurch  Arbeit,  sondern  umgeht  auch  die  soeben 
erwähnten  nicht  unerheblichen  Nachtheile  des  Ausglühens  und  Härtens  ^). 
Selbstverständlich  muss  bei  der  Form  des  Zahns  von  vornherein  auf 
dieses  spätere  Zuschärfen  durch  Schleifen  Rücksicht  genommen  werden; 
die  auf  S.  666  in  Fig.  510  abgebildete  Fräse  giebt  ein  Beispiel  hierfür. 

Als  zweckmässige  Umfangsgeschwindigkeit  der  Fräse  rechnet  man 
bei  Schmiedeeisen  lÖO  bis  180  Mm.  per  Secunde,  bei  Gnsseisen  180  bis 
200  Mm.  per  Secunde;  bei  Maschinen  mit  Messerkopf,  deren  Schneiden 
leichter  zu  schärfen  sind, ^ giebt  man  sogar  eine  Umfangsgeschwindigkeit 
bis  zu  250  Mm.  Die  Schaltung  schwankt  nach  dem  Durchmesser  der 
Fräse  von  0,1  bis  1,5  Mm.  per  Umdrehung. 

Für  die  Berechnung  des  Arbeits  Verbrauchs  giebt  Hartig  die  Formel: 

N=No  +  «6, 
worin  ^o  den  Arbeitsv^rbrauch  im  Leergange,  G  das  stündlich  abgefräste 
Materialquantum  bezeichnet  und  £  den  Arbeits  verbrauch  für  1  Kilogramm 
Spangewicht  per  Stunde;  für  Gusseisen  beträgt 

s  =  0,07  Pferdestärken  bei  mittelscharfen  Schneiden; 
s  =  0,24  Pferdestärken  bei  Abfräsen  der  Gusshaut. 
Nq  schwankt  zwischen  0,1  bis  0,55  Pferdestärken. 

Für  Veranschlagungen  des  Kraftbedarfs  wird  man  0,5  bis  1  Pferde* 
stärke  pro  Maschine  rechnen  können. 


Literatur  über  Fräsen  und  Fräsmaschinen. 

Ausser  den  auf  S.  569  mitgetheilten  Werken: 
Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1858,  Taf.  32,  Jahrg.  1859,  Taf.  12,  Jahr- 

gang  1863,  Taf.  32  ab,  Jahrg.  1864,  Taf.  33. 
U blandes  Maschinenconstructeur ,  Jahrg.  1870,  S.  277,  Jahrg.  1871, 

S.  148,  Jahrg.  1872,  S.  5,  Jahrg.  1873,  S.  356. 
Armengaud,  Publication  industrielle,  Bd.  3, S.  44,  Bd.  5,  S.  257,  Bd.  8, 

S.  357,  Bd.  14,  S.  371,  Bd.  17,  S.  367,  Bd.  19,  S.  89  und  335, 

Bd.  20,  S.  12,  Bd.  21,  S.  2. 
Dingler's  polytechnisches  Journal,  Polytechnisches  Gentralblatt,  Deutsche 

Industriezeitung,  Deutsche  Allgemeine  polytechnische  Zeitung  und 

andere  mehr  in  fast  allen  Jahrgängen. 


g.    Ger&the  zum  Ausbohren. 

Wenn  bei  der  rohen  Formgebung  ein  Arbeitsstück  eine  cylindrische 
Oeffnung  erhalten  hatte,  welche  einer  Nacharbeit  durch  Wegnahme  von 

*)  Vergl.  Wencelides,  op.  cit.,  8.  109. 
L  e  d  e  b  n  r ,   mechauiach-metiiUargiflch«  Technologie.  ^ 


674  Trennungsarbeiten . 

Spänen  vermittelst  eines  schneidenden  Werkzeugs  bedarf,  nm  den  er- 
forderlichen Grad  von  Genauigkeit  zu  erhalten,  so  nennt  man  diese 
letztere  Arbeit  „ Ausbohren*'.  Das  Ausbohren  geschieht,  indem  man 
einen  um  seine  Achse  sich  drehenden,  an  einer  langem  Stange  (der 
ßohrwelle,  Bohrstange  oder  Bohrspindel)  befindlichen  Bohrkopf, 
an  dessen  Aussenfläche  eine  oder  mehrere  radiale  Schneiden  (Bohrschnei- 
den, Bohrmesser)  befestigt  sind,  langsam  durch  die  vorhandene  Oeffnung 
hindurchführt,  wobei  die  Schneiden  Späne  abnehmen.  Ist  die  aus- 
zubohrende OeffnuDg  klein  im  Durchmesser,  so  befestigt  man  die  Messer 
auch  ohne  eigentlichen  Bohrkopf  ohne  Weiteres  in  der  Bohrstange.  Die 
in  einer  Drehung  um  die  Achse  bestehende  Hauptbeweguug  wird  dem- 
nach stets  durch  das  Werkzeug  bewirkt;  die  geradlinige  Verschiebung 
in  der  Achsenrichtung  entweder  durch  das  Werkzeug  oder  das  Arbeits* 
stück. 

Die  Arbeit  des  Ausbohrens  hat  mithin  eine  gewisse  Aehnlichkeit 
mit  der  Arbeit  des  Fräsens,  unterscheidet  sich  jedoch  wesentlich  von 
derselben  dadurch,  dass  beim  Ausbohren  die  Schneiden  ununterbrochen 
im  Angriffe  bleiben,  während  sie  sich  beim  Fräsen  gegenseitig  abwech- 
seln. Daher  ist  auch  die  Bewegung  beim  Ausbohren  eine  erheblich 
langsamere  als  beim  Fräsen. 

Die  Anwendung  mehrerer  Bohrmesser  auf  demselben  Bohrkopf  dient 
nicht  allein  zur  Beschleunigung  der  Arbeit,  sondern  ist  auch  deshalb 
zweckmässig,  weil  bei  einem  einzelnen  eine  Verbiegung  der  Bohrwelle 
und  somit  die  Entstehung  eines  unrunden  Lochs  durch  den  einseitigen 
Druck  sehr  leicht  eintreten  kann.  Die  Zahl  der  Schneiden  pflegt  dem- 
nach mindestens  zwei  und  höchstens  acht  zu  betragen. 

Die  Befestigung  der  Schneiden  geschieht  bei  kleineren  Vorrichtun- 
gen dieser  Art  häufig  nur  mit  Hülfe  eines  Schlitzes  in  der  an  dieser 
Stelle  etwas  im  Durchmesser  verstärkten  Bohrstange,  in  welchem  das 
Schneidmesser  durch  einen  Keil  festgehalten  wird.  Derartig  befestigte 
Bohrmesser  können  noch  zum  Ausbohren  von  Löchern  mit  200  Mm. 
Durchmesser  benutzt  werden,  wobei  allerdings  die  Bohrstange  selbst  schon 
einen  Durchmesser  von  mindestens  100  Mm.  erhalten  muss;  für  grössere 
Löcher  befestigt  man  die  Schneiden  in  dem  schon  erwähnten  Bohrkopfe, 
welcher  gewöhnlich  aus  Gusseisen  gefertigt  ist  und  eine  genaue  Ein- 
stellung der  Messer  vermittelst  Keile  und  Schrauben  ermöglicht. 

Nur  selten  und  nur  in  Werkstätten,  welche  mit  maschinellen  Vor- 
richtungen nicht  versehen  sind,  erfolgt  die  Bewegung  der  Bohrstange 
von  Hand,  wobei  natürlich  nur  sehr  schwache  Spänchen  genommen  wer- 
den können.  Das  Ende  der  Bohrstange  ist  für  diesen  Zweck  vierkantig 
ausgeschmiedet,  um  ein  langes  Querheft  darüber  stecken  zu  können  (Wend- 
eisen genannt),  an  dessen  beiden  Enden  gedreht  wird.  Sollen  vier 
Arbeiter  gleichzeitig  anfassen,  so  schmiedet  man  das  Wendeisen  in  Form 
eines  grossen  Kreuzes.  Die  Vorrichtung  heisst  Gylinderbohrer.  Der 
Messerkopf  ist  häufig  nur  aus   Holz  mit  eingesetzten  Messern   gefertigt. 


Ausbohren.  676 

Für  conische  Oeffnangen,  z.  B.  in  einem  Habngehänse,  muBS  der  Kopf 
nebst  Messern  natürlich  ebenfalls  conisch  geformt  sein. 

Bei  den  Maschinen,  welche  zam  Ausbohren  benutzt  werden,  ist  die 
Bohrstange  an  beiden  Enden  gelagert,  um  eine  sichere  Führung  der 
Messer  zu  gewähren;  die  Schneiden  und  mithin  auch  das  auszubohrende 
Arbeitsstück,  durch  dessen  Oeffnung  die  Bohrstange  hindurchgeht,  befinden 
sich  zwischen  den  Lagern.  Ein  leicht  zu  bewirkendes  Ausheben  der 
Bohrstange  aus  ihren  Lagern  ist  demnach  erforderlich,  um  das  Arbeits- 
stück an  seine  Stelle  bringen  und  die  Bohrstange  hindurchstecken  zu 
können. 

Die  Construction  dieser  Ausbohrmaschinen  weicht  insofern  von  ein- 
ander ab,  als  man  den  Vorschub  entw<^er  von  dem  Arbeitsstücke  oder 
▼on  dem  Werkzeuge  ausfuhren  lässt.  Letzterer  Fall  ist,  wie  schon  er- 
wähnt, der  gebräuchlichere  und  beim  Ausbohren  schwerer  Arbeitsstücke 
allein  anwendbar;  der  erstere  Fall  kommt  vor,  wenn  man  eine  Drehbank 
mit  selbstthätigem  Vorschübe  zum  Ausbohren  benutzt,  die  Bohrwelle  mit 
der  Drehbanksspindel  verbindet,  das  Arbeitsstück  auf  dem  Supportschlit- 
ten befestigt,  welcher  in  diesem  Falle  mit  entsprechend  ausladendem 
Fusse  versehen  wird  und  in  solcher  Weise  den  Vorschub  des  Arbeits- 
stücks bewirkt  ^).  Bei  Maschinen  jedoch ,  welche  vorwiegend  zum  Aus- 
bohren bestimmt  sind,  pflegt  auch  für  kleinere  Arbeitsstücke  der  Vor- 
schub durch  die  Bohrwelle  ausgeführt  zu  werden,  wobei  nicht  aus- 
geschlossen ist,  dass  dieselbe  Maschine  nach  Ein-  und  Ausschaltung  der 
betreffenden  Schaltungsmechanismen  auch  zum  Drehen  und  Fräsen  be- 
nutzt werden  kann. 

Solche  kleineren  Ausbohrmaschinen,  deren  äussere  Form  gewöhnlich 
deijenigen  einer  Fräsmaschine  ähnelt  und  welche  zum  Ausbohren  von 
Lagern,  Kuppelmuffen,  kleinen  Dampf-  und  Pnmpencylindern  und  der- 
gleichen benutzt  werden,  haben  stets  eine  horizontale  Bohrwelle  und 
heissen  insbesondere  Horizontalbohrmaschinen;  die  grossen  Maschi- 
nen, zum  Ausbohren  grosser  Dampf-,  Pumpen-  und  Gebläsecylinder  die- 
nend, haben  theils  horizontale,  theils  verticale  Bohrspindeln  und  werden 
Cylinderbohrmaschinen  genannt. 

Die  Art  und  Weise,  wie  bei  den  Horizontalbohrmaschinen  die  Schalt- 
bewegung der  Bohrspindel  bewirkt  wird,  ergiebt  sich  ans  der  Figur 
514  a.  f.  S.,  einen  senkrechten  Schnitt  durch  den  Spindelstock  einer  sol- 
chen Maschine  darstellend  ^).  Auf  der  hohlen  Spindel  d  sitzt  das  Stirn- 
rad i  und  empfangt  seine  Bewegung  von  der  Stufenscheibe  e  entweder 
durch  directe  Verbindung  oder  durch  ein  seitliches  Vorgelege,  welches 
von  dem  kleinen  Getriebe/  aus  betrieben  wird,  je  nachdem  langsame 
oder  rasche  Drehung  erforderlich  ist.     In  jener  Hohlspindel  steckt  die 


^)  Yergl.  die  in  Figur  490  und  493  nxtf  Seite  644  gegebene  Abbildung  einer 
derartigen  Drehbank. 

*)  Hart,  Werkzeugmaschinen,  Tafel  26,  Figur  5. 

43* 


676  Trennungsarbeiten. 

Bohrepiadel  c,' durch  Nuth  ond  Feder  mit  iiir  yerbaaden  and  deshalb 

jede  Dreliimg  deraetben  mitmachend,  doch  in  der  Achsenrichtung  rer- 

Fig.  514. 


sohiebbar,  und  die  Schraube napindel  o  mit  einem  Kopfe,  in  welchem  das 
Ende  der  Bohrspindel  durch  einen  Keil  beieetigt  iet.  Zar  Längs- 
bewegung  der  Schraabenspindel  0  dient  non  daiB  'sogenannte  Difieren- 
zialgetriebe  %2mn.  Von  diesen  vier  Rädchen  sitzt  ft  fest  auf  dem  Ende  der 
hohlen  Spindel  d;  l  and  m  sitzen  aof  einer  gemeinschaftlichen  Achse  und 
bilden  zusammen  ein  StQck,  n  sitzt  auf  der  Schraabenmutter  Oi  fest, 
welche  auf  der  Schraubenspindel  o  befestigt  ist.  Das  Uebersetznnga- 
TcrbältnisB  der  Räder  fc  :  E  ist  ein  etwas  kleineres  als  das  Uebersetznngs- 
verhältnisa  m  :  M;  dadorch  erh&lt  die  Schraubenmutter  Oi  eine  abwei- 
chende Geschwindigkeit  und  somit  eine  relative  Drehung  gegen  die  mit 
der  Spindel  sich  drehende  Schraube;  nnd  da  die  Mutter  an  einer  Län- 
gen verschiebang  gehindert  ist,  erfolgt  eine  solche  ßir  die  Schraube  und 
Bohrspindel. 

Um  die  letztere  nach  ihrem  Durchgange  leer  EarQckzufahren ,  be- 
nutzt man  das  mit  dem  Stimrädchen  n  ans  einem  Stftcke  gegossene 
Handrad  it| ,  nachdem  die  Rädchen  I  und  m  ausgerückt  sind.  Die  Achse 
derselben  ist  zu  diesem  Zwecke  mit  einem  excentrischen  Zapfen  an  dem 
Spiudelstocke  gelagert  nnd  durch  eioe  halbe  Umdrehung  wird  die  Aus- 
rückung  bewirkt. 

a  ist  der  Stander  der  Maschine,  mit  dem  Spindelstocke  in  einem 
Stücke  gegossen  und  unten  mit  solidem  Fusse  versehen.  An  der  Seite, 
wo  die  Bohrspindel  hervorragt,  befindet  sich  ein  meistens  consolenfönuig 
construirter  Tisch,  zum  Höher-  oder  Niedrigerstellen  eingerichtet,  auf 
welchem  sowohl  das  Arbeitsstück  als  auch  ein  Setsstock  (Lagerbock)  be- 
festigt wird,  um  das  andere  Ende  der  Bohrspindel  zu  stützen.  Soll,  wie 
es  meistens  der  Fall  ist,  die  Maschine  auch  zum  Drehen  und  Fräsen 
benutzbar  aein ,  so  ist  der  Tisch  mit  einem  Kreuzsnpporte  von  bekanntet 
Einrichtung  vorsehen,    welcher  selbsttbätig   geschaltet  wird   und  beim 


Horizontalbohnnaschinen.  677 

Drehen  dos  Werkzeug,  beim  Fräsen  das  ArbeitBstück  Bafaimmt.  Die 
Rädchen  l  und  m  werden  dann  aoBger&ckt,  das  Getriebe  k  mit  einem  seit- 
lich gelagerten  Rädchen  in  EüngrifF  gebracht  nnd  von  diesem  aas  wird 
die  Schal tbewegong  anf  eine  Leitspindel  abertragen,  welche  sie  anf  den 
Support  fortpäanEt.  Beim  Fräsen  wird  statt  der  Bohrspindel  eine  Fräse 
in  d  befestigt;  beim  Drehen  eine  Spitze;  und  wenn  man  die  Maaahine 
zum  Plajidrehen  benutzen  wiU,  ist  der  Mitnehmerkopf  d  znm  Abschrau- 
ben eingerichtet,  um  an  seiner  Stelle  eine  Planscheibe  anischraaben  zu 

Da  die  Bohrspindel  der  Horizontalbohrmaachinen  den  Vorschub  selbst 
ausfahrt,  so  muss  ihre  Länge  incl.  der  Schraube  mehr  als  das  Doppelte 
Fig.  515, 


von  der  I^inge  des  auszubohrenden  ArbeitsstOcks  betragen.  Bei  diesen 
kleineren  Maschinen  ist  dieser  Umstand  ohne  Belang;  bei  grossen  Ma- 
schinen aber,  den  eigentlichen  Cylinderbohrmaschinen,  wQrde  eine  solche 
bedeutende  Länge  der  Bohrspindel  mancherlei  Unbequemlichkeiten  her- 
Tormfen.  Man  zieht  es  deshalb  bei  den  grösseren  Cjlinderbohrmascbinen 
gewöhnlich  vor,  den  Bohrkopf  anf  der  Spindel  verschiebbar  zu  machen 
nnd  somit  von  diesem  allein  die  Fortrückung  ausführen  sn  lassen,  wäh- 
rend die  Bewegung  der  Spindel  lediglich  in  einer  Drehung  besteht. 
Die  Figuren  616  nnd  616  stellen  eine  solche  horizontale  Cylinderbohr- 


676  Trenn  ungsarbeiten. 


Gylinderbohrmaschinen.  679 

maschine  mit  fortrückendem  Bolirkopfe  in  V15  der  wirklichen  Grösse  dar 
(Chemnitzer  Werkzengmaschinenfabrik). 

Auf  dem  gnsseisemen  kastenförmigen  Untersatze  Ä  sind  die  Lager- 
stühle B  und  Bi  aofgeschranbt,  welche  zum  Tragen  der  Bohrspindel  dienen. 
Zwischen  denselben  sind  die  starken,  zur  Aufnahme  des  auszubohrenden 
Cylinders  dienenden  Tragböcke  Ci  C^  angebracht,  auf  denen  der  Cylinder 
durch  übergelegte  Schmiedeeisenanker,   in  Schrauben  endigend,   sicher 
und  centrisch  zur  Bohrwelle  befestigt  werden  kann.     Um  der  Verschie- 
denheit der  Cylinderdurchmesser  Rechnung    2u   tragen,    sind   je   zwei 
zu  einander  gehörige  Tragböcke  quer  gegen  die  Längenrichtung    der 
Maschine  verschiebbar  (ähnlich   wie  die  Klauen   einer  Centrirmaschiue 
S.  38),  wobei,  wie  aus  Fig.  516  hervorgeht,  ihre  Seitenflächen  neben 
einander  vorbeigehen.     Die  Verschiebung  wird  von  Hand  mit  Hülfe  von 
Schrauben  bewirkt  und  die  Böcke  in  der  gewählten  Stellung  durch  starke 
Schrauben  auf  dem  Untertheile  festgestellt.     Die  gusseiserne  Bohrspindel 
D  ist  hohl  und  trägt  in  ihrem  Innern  die  lange,  an  dem  linken  Ende 
mit  einem  Zapfen  frei  herausragende  und  unabhängig  von  D  drehbare 
Schraubenspindel  E.  Auf  der  an  der  Aussenfläche  gedrehten  Bohrspindel 
sitzt  der  Bohrkopf  F  mit  den  Schneidstählen  //,  welche  in  der  aus  der 
Abbildung  ersichtlichen  Weise  durch  je  einen  Keil  mit  Schraube  in  dem 
Kopfe  befestigt  sind.     Der  Bohrkopf  trägt  an  seiner  Innenseite  eine  in 
der  Abbildung  nicht  sichtbare  Schraubenmutter,  welche  durch  den  langen 
in  Fig.  516  sichtbaren  Schlitz  der  Bohrspindel  hindurch  in  das  Innere 
derselben  hineingreift  und  die  dort  befindliche  Sohraubenspindel  umfasst. 
Während  also  der  Bohrkopf  gezwungen  ist,  die  Drehung  der  Bohrspindel 
mitzumachen  (wobei  die  in  den  Schlitz  greifende  Mutter  als  Mitnehmer' 
dient),  mnss  zugleich  eine  Längsverschiebung  desselben  stattfinden,  sobald 
die  Drehung  der  innern  Schrauben  Spindel  E  von  der  Drehung  der  Hohl- 
spindel D  abweicht.  Von  der  Deokentransmission  aus  erhält  zunächst  die 
Stufenscheibe   Q  ihren  Antrieb  und  überträgt  die  Bewegung  durch  die 
auf  ihrer  Welle    befestigte  Schnecke  H   unter    stark   verlangsamender 
Uebersetzung  auf  das  Schneckenrad  £1,  welches  auf  der  Bohrspindel  D 
festsitzt  und  somit  auch  diese  in  Drehung  versetzt.  Zur  Unterstützung  der 
Antriebwelle  mit  Stufenscheibe  und  Schnecke  dienen  die  beiden  an  dem 
Lagerstuhle  Bi  angegossenen  Lagerhülsen  KK,     Von  der  Bohrspindel 
aus  erfolgt  nun  die  abweichende  Drehung  der  Schraubenspindel  E  ver- 
mittelst des  DifPerenzialgetriebes  mnop  in  ganz  gleicher  Weise  wie  in 
Fig.  514.     m  sitzt  fest  auf  der  Bohrwelle,  p  auf  der  Schraubenspindel; 
n  und  0  befinden  sich  zusammengekuppelt  auf  einer  gemeinschaftlichen, 
in  dem  kleinen  Lagerstuhle  Q  befestigten  Achse.  Die  Uebersetzung  m :  n  ist 
eine  andere  (kleinere)  als  0  :  p;  E  erhält  demnach  eine  etwas  langsamere 
Drehung  als  D  und  schiebt  dadurch  den  Bohrkopf  F  langsam  in  der 
Achsenrichtung  vorwärts. 

Die  Zuiückführnng    des  Bohrkopfs   nach   beendigtem  Durchgange 
geschieht  von  Hand,    indem   man  eine  Kurbel  auf  das  vierkantig   ge- 


680  Trennungsarbeiten. 

schmiedete  Ende  der  Schranbenspindel  steckt  und  in  entsprechender 
Richtung  dreht,  nachdem  die  Radchen  o  und  n  losgenommen  worden  sind. 

Bei  den  senkrechten  Cylinderbohrmaschinen  ist  die  innere  Einrich- 
tung der  senkrecht  stehenden  Bohrspindel  im  Wesentlichen  die  nämliche 
als  bei  den  horizontalen;  statt  des  gusseisernen  Rahmens  oder  Betts, 
welches  zum  Tragen  der  ConstructionsCheile  einer  horizontalen  Cylinder- 
bohrmaschine  dient,  besitzt  eine  senkrechte  Maschine  eine  Fundament- 
platte mit  Lagerbüchse  ftir  den  einen  Zapfen  der  Bohrwelle  und  einen 
von  Säulen  getragenen  Rahmen,  welcher  das  Lager  für  den  andern 
Zapfen  enthält  und  zugleich  als  Unterstützung  für  den  Mechanismus 
zur  Bewegung  der  Schraubenspindel  (Differenzialgetriebe)  benutzt  zu 
werden  pflegt.  Der  Antrieb  der  Bohrwelle  erfolgt  gewöhnlich  an  dem 
untern  Zapfen  unterhalb  der  erwähnten  Fundamentplatte. 

Die  senkrechten  Cylinderbohrmaschinen  sind  schwieriger  in  ihrer 
Bedienung  und  deshalb  im  Allgemeinen  weniger  häufig  als  die  horizon- 
talen. Ihre  Anwendung  ist  jedoch  noth wendig,  wenn  Cy linder  von  sehr 
grossem  Durchmesser  ausgebohrt  werden  sollen  (z.  B.  grosse  Gebläse- 
cylinder),  welche  für  stehende  Maschinen  bestimmt  sind  und  vermöge 
ihres  eigenen  Gewichts  eine  Zusammendrückung  erfahren,  also  ellipti- 
schen Querschnitt  erhalten,  sobald  sie  in  liegende  Stellung  gebracht 
werden.  Wird  nun  ein  solcher  Cylinder  auf  einer  horizontalen  Gylinder- 
bohrmaschine  rund  ausgebohrt  und  dann  aufgerichtet,  so  nimmt  er  als- 
bald seine  normale  Form  wieder  an  und  wird  dadurch  im  Innern  elliptisch. 
Umgekehrt  würde  ein  grosser  Cylinder  für  liegende  Maschinen  elliptischen 
Querschnitt  erhalten,  wenn  er  auf  einer  senkrechten  Cylinderbohrmaschine 
ausgebohrt  und  dann  in  horizontale  Lage  gebracht  würde. 

Es  ist  noch  der  Fall  denkbar,  dass  Oeffnungen  ausgebohrt  werden 
sollen,  welche  innerhalb  des  Arbeitsstücks  endigen,  nicht  hindurchgehen. 
Bei  Anfertigung  von  Geschützwa£Pen  (Kanonen,  Gewehrläufen  u.  s.  w.) 
ist  dieser  Fall  nicht  selten.  .  Ausbohrmaschinen  der  beschriebenen  Art, 
in  welchen  die  Bohrspindel  an  beiden  Enden  unterstützt  ist,  sind  dann 
natürlich  nicht  zu  verwenden.  Der  Bohrkopf  muss  an  dem  einen  Ende 
der  Spindel  befestigt  und  diese  in  solider  Weise  gelagert  sein,  um  jede 
Yerbiegung  zu  vermeiden.  Gewöhnlich  liegt  sie  horizontal;  senkrechte 
Maschinen  haben  dieselben  Nachtheile  wie  die  senkrechten  grossen  Cy- 
linderbohrmaschinen, ohne  dass,  wie  bei  jenen,  ihre  Anwendung  durch 
Eigenthümlichkeiten  der  Arbeitsstücke  nothwendig  würde.  Häufig  macht 
das  Arbeitsstück  die  Hauptbewegung  (Drehung)  und  der  Bohrkopf  rückt 
gegen  dasselbe  vor;  bisweilen  liegt  das  Werkzeug  ganz  still  und  das 
Arbeitsstück  macht  beide  Bewegungen. 

Wie  bei  jeder  andern  Bearbeitung  metallener  Arbeitsstücke  durch 
Werkzeuge  pflegt  man  beim  Ausbohren  erst  durch  Wegnahme  starker 
Späne  mit  starkem  Vorschübe  zu  schroppen  und  dann  durch  Schlichten 
mit  langsamem  Vorschübe  die  Arbeit  zu  beendigen.    Während  man  beim 


Ausbohrmaschinen.  681 

Schroppen  gewöhnlich  mehrere  Stahle  zugleich  angreifen  lässt,  pflegt 
beim  Schlichten  nar  ein  einziger  im  Angriffe  zu  stehen;  und  sollte  durch 
den  einseitigen  Druck,  welcher  beim  Schlichten  jedoch  schwächer  aus- 
fallt, ein  Verbiegen  der  Bohrwelle  zu  befürchten  sein,  so  lässt  sich  dieses 
verhindern,  indem  man  dem  Stahle  gegenüber  ein  Holzstückchen  in  den 
Bohrkopf  einsetzt. 

Die  zweckmässige  Umfangsgeschwindigkeit  ist  bei  kleineren  Hori- 
zontalbohrmaschinen : 

beim  Ausbohren  von  Stahl    ....      30  bis    40  Mm.  per  Secünde, 

„  „  „     Ghisseisen.    .    .      60    „      70     „  „  „ 

„  „  „     Schmiedeeisen  .      70    „      80     ^  „  „ 

„  „  „    Messing,  Bronze  100    „    120     „  „  „ 

die  Schaltung  0,1  bis  0,5  Mm.  per  Umdrehung.  Grosse  Cylinderbohrmaschi- 
nen  lässt  man,  um  die  bei  dem  grossem  Durchmesser  leichter  eintreten- 
den Erschütterungen  zu  vermeiden,  etwas  langsamer  gehen  und  kann 
für  die  Hauptbewegung  etwa  10  Mm.  weniger  als  die  obigen  Werthe 
rechnen ,  während  die  Schaltung  in  Rücksicht  auf  die  längere  Zeitdauer 
per  Umdrehung  0,25  bis  1  Mm.  beträgt;  nach  Hartig  soll  die  Zuschie- 
bung  (Schaltung)  Vssoo  der  Umfangsgeschwindigkeit  betragen. 
Der  Arbeitsyerbrauch  ist  nach  Hartig: 

N  =  No  +  bG  Pferdestärken, 

0 13 
und  hierin  s  für  Gusseisen  =  0,034  -|-  -^   Pferdestärken    zu   setzen, 

wobei  /  den  Spanquerschnitt  in  Qmm. ,  N^  wie  in  den  früheren  Formeln 
den  Arbeitsyerbrauch  im  Leergange,  Q-  das  Gewicht  des  stündlich  zer- 
spanten Metallqnantums  bedeutet. 

Für  kleine  Cylinderbohrmaschinen  genügt  ein  Arbeitsaufwand  von 
^/4  Pferdekraft,  welcher  bei  grossen  Maschinen  bis  auf  4  Pferdekräfte  sich 
steigern  kann. 


Literatur  über  Geräthe  zum  Ausbohren. 

Ausser  den  auf  Seite  569  genannten  Werken: 
Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1864,  Nr.  22 ab,  Jahrg.  1870,  Nr.  11. 
Praktischer  Maschinenconstructeur,  Jahrg.  1868,  S.  117. 
Wiche,  Skizzenbuch,  Jahrg.  1866,  Hft.  2. 
Deutsche  Industriezeitung,  Jahrg.  1869,  S.  3. 
Dingler's   polytechnisches  Journal,   Bd.   106,  S.   96,   Bd.  208,  S.  2, 

Bd.  209,  S.  3,  Bd.  216,  S.  477. 


682  Trennungsarbeiten. 


h.    Gerftthe  zum.  Loohbohren. 

Wenn  in  einem  vollen  Metallstücke  eine  kreisronde  Oeffnnng  mit 
gerader  Achse  (ein  Loch)  hergestellt  werden  soll,  so  kann  dieses  —  ab- 
gesehen von  der  früher  besprochenen  Methode  des  Lochens  durch  Ab- 
scheerong,  welche,  wie  oben  ansfuhrlicher  erläutert  wurde,  nur  für  eine 
beschränkte  Anzahl  von  Fällen  benutzbar  ist  und  dann  auch  nicht  ein- 
mal ein  genau  cylindrisches  Loch  liefert  —  mit  Hülfe  dnes  schneidenden 
Werkzeugs  in  zweierlei  Weise  ausgeführt  werden. 

Bei  der  ersten  dieser  beiden  Methoden  wird  ein  Werkzeug  mit 
schmaler  Schneide  (dem  Kreuzmeissel  entsprechend)  in  einem  Abstände 
gleich  dem  Halbmesser  des  herzustellenden  Lochs  um  den  Mittelpunkt 
des  letztern  herumgeführt  und  schneidet  dabei  einen  cylinderförmigen 
Kern  aus  dem  vollen  Metalle  aus.  Zur  Sicherung  der  Bewegung  des 
schneidenden  Werkzeugs  muss  dasselbe  mit  einer  zu  dem  Loche  centri- 
trischen  Spindel  verbunden  werden,  welche  in  der  Mitte  des  erwähnten 
Kerns  eingesetzt  wird  und  die  Drehung  auf  das  Werkzeug  überträgt 
Es  ist  klar,  dass  ein  solches  Verfahren  nur  in  denjenigen  Fällen  Anwen- 
dung finden  kann,  wo  das  Locfa^durch  das  ganze  Arbeitsstück  hindurch- 
geht; denn  so  lange  die  Basis  des  Kerns  in  fester  Verbindung  mit  dem 
Arbeitsstücke  bleibt,  würde  ein  regelrechtes  Lostrennen  desselben  ohne 
Gefahr  einer  Beschädigung  des  Arbeitsstücks  fast  unmöglich  sein.  Ande- 
rerseits aber  verliert  das  Verfahren  an  Werth  und  wird  schwieriger 
ausführbar,  wenn  der  Durchmesser  des  Lochs  überhaupt  nur  klein  ist. 
Deshalb  findet  es  vorzugsweise  dann  Anwendung,  wenn  in  dünnen  Me- 
tallstücken "T  Blechen  —  grosse  Oeffnungen  hergestellt  werden  sollen. 

Da  die  Schneide  bei  ihrer  Drehung  ihrer  Aufgabe  entsprechend 
tiefer  und  tiefer  in  das  Metall  eindringt,  so  muss  die  mit  ihr  fest  ver- 
bundene Spindel  entweder  gleichfalls  diese  Schaltbewegung  des  Werk- 
zeugs mitmachen;  und  in  diesem  Falle  muss  in  der  Mitte  der  auszu- 
schneidenden Metallscheibe  bereits  ein  kleineres  Loch  für  die  Aufnahme 
und  den  Vorschub  der  Spindel  vorhanden  sein;  oder  es  muss  die  Spindel 
in  ihrer  Achsenrichtung  verschiebbar  gemacht  werden,  in  welchem  Falle 
sie  nur  mit  einer  conischen  Spitze  in  ein  im  Mittelpunkte  der  Scheibe 
gekörntes  Grübchen  eingesetzt  zu  werden  braucht.  Dabei  muss  aber 
natürlich  die  Spindel  den  zum  Eindringen  der  Schneide  in  das  Metall 
erforderlichen  Druck  auf  diese  übertragen;  und  hierdurch  verliert  die 
letztere  Construction  bedeutend  an  Einfachheit.  Als  Beispiel  hierfür 
kann  die  in  den  Figuren  517  und  518  gegebene  Abbildung  eines  sol- 
chen von  Mc  Kay  erfundenen  Bohrwerkzeugs  dienen  ^). 

a  ist  die  Spindel  mit  conischer  Spitze.  Dieselbe  bewegt  sich  kol- 
benartig in  der  Kammer  h,  während  die  zur  Aufnahme  der  "Werkzeug- 


^)  Dingler  polytechnisches  Journal,  Bd.  217,  S.  454. 


Rohrwandbohrer.  68$ 

stähle  dienenden  beiden  Kolben  cc  in  entaprechenden  Esminern  drl  be- 
weglich Bind.     Alle  drei   Kammern  bilden  den  innern  Tbeil  des  guss- 
Pig.  517.  Fig.  51g.  eisernen  Geb&uBes,  stehen 

ftn  dem   obem  Ende  mit 
einander    in    Verbindung 
nnd  die  Kolben  sinddnreh 
Lederstnlpen  in  denselben 
gedichtet.    Jeder  der  Kol- 
ben c  trägt  einen  Stiil  ä, 
welcher  durch  die  Schlitze 
der      Gehäuse  wand      hin- 
dnrch    an    beiden    Seiten 
nach  aussen  tritt  nnd  hier 
auf    einem    gemeinschaft- 
lichen    Qnerstege      ruht, 
welchem  durch  eine  kräf- 
tige   Spiralfeder    das   Be- 
streben  ertheilt   ist,    die 
Stifte  nnd  mit  ihnen  die 
Kolben  ec  nnd  Werkzeuge 
in    die    höchste   Sielltnig 
zu  bringen.      Der  Ranm  oberhalb  der  drei  Kolben  ist  TolbtSndig  mit 
einer  Flüssigkeit  (Oel  oder  Wasser)  gefüllt,  welche  durch  das  Schrauben- 
loch  g  eingefQllt  ist.     In  der  Rnhe  wird  demnach  wie  in  der  Äbbildong 
die  Spindel    die  tielate,  die  Schneiden  die  höchste  Stellang  eSanebmen. 
Wird  nun  aber  von  oben  her  ein  Druck  gegen  das  Gehluse  ausgeübt, 
so  wird  die  Spindel  a  emporgesehoben,  die  Ober  ihr  stehende  Flüssigkeit 
in  die  Kammern  dd  gedrückt,  deren  gesammter  Querschnitt  gleich  dem 
Querschnitte  der  Kammer  b  ist,  und  die  Kolben  ec  mit  den  Schneiden 
werden  hierdurch  unter  Anspannung  der  Spiralfedern  ebensoviel  nach 
unten  bewegt  als  a  hinauf  rückt      Sobald  das  Loch  beendet  ist,   der 
Druck  gegen  die  Spindel  also  aufhört,  führen  die  Spiralen  das  Werkzeug 
ohne  Weiteres  in  die  für  den   Beginn   des  Bohrens  geeignete  Stellung 
zurAck.     Der  Zapfen  /  dient  aum  Einstecken  des  Werkzeugs  in  eins  der 
unten  beschriebenen  Bohrgeräthe  oder  Maschinen,  von  welchen  ans  die 
Bewegung  des  Bohrers  erfolgt. 

Durch  Verstellung  der  Schneiden  gegen  die  Mittellaohse  ist  man  im 
Stande,  Lächer  von  verschiedenem  Durchmesser  aoszasoh neiden. 

Dire  haupUäcfalichste  Verwendung  finden  solche  Bohrwerkzeuge  in 
den  Dampf kesselfabriken;  da  sie  vielfach  benutzt  werden,  nm  in  den 
Rohrw&nden  der  Röhrenkessel  die  Oe£fuungen  Sür  die  Feuerrohre  ans- 
Eoschneiden,  nennt  man  sie  wohl  Rohrwandbohrer. 

Bei  der  zweiten  Methode  mr  Herstellung  von  Löchern  wird  das 
gesammte  an  der  Stelle  des.  herzustellenden  Lochs  befindliche  Material 
durch  ein  schneidendes  Werkzeug  in  Späne  verwandelt  und  als  solche 


684 


TrennuBgsarbeiten. 


entfernt;  und  es  ist  somit  dieses  Verfahren  ebenso  gnt  anwendbar, 
wenn  die  Löcher  nor  bis  za  einer  bestimmten  Tiefe  in  das  Metall  ein- 
dringen, als  wenn  sie  ganz  hindurchgehen  sollen.  Das  Werkzeug  —  der 
Bohrer  oder  die  Bohrspitze  —  dreht  sich  hierbei  ebenfalls  um  seine 
Achse,  während  er  zugleich  in  seiner  Achsenrichtung  gegen  das  Arbeits- 
stück vorrückt;  und  es  muss  natürlich,  um  das  Metall  vollständig  zu 
zerspanen,  die  Breite  desselben  gleich  dem  Durchmesser  des  herzustellen- 
den Lochs  sein.  Wegen  dieser  Achsendrehung  des  Bohrers  sind  zwei 
Schneidkanten  vorhanden,  welche  in  der  Mitte  des  Bohrers  zusammen- 
laufen und  entweder  gegen  die  Achse  rechtwinklig  stehen  (Centrum- 
bohrer) oder  einen  Winkel  einschliesen ,  welcher  niemals  weniger  als 
80  Grade,  gewöhnlich  100  bis  120  Grad  beträgt,  und  im  Allgemeinen 
um  so  grosser  ist,  je  grösser  der  Durchmesser  des  zu  bohrenden  Lochs 
ist  (Spitzbohrer).  Nach  JoessePs  Versuchen  soll  ein  Winkel  von 
110  Graden  der  günstigste  sein;  doch  findet  man  auch  Bohrer  mit  150 
bis  160  Grad  grosser  Spitze,  und  wenn  der  Durchmesser  des  Lochs  über 
10  Millimeter  gross  wird,  pflegt  der  Winkel  180  Grad  zu  betragen,  d.  h. 
er  geht  in  eine  gerade  Linie  über  und  aus  dem  Spitzbohrer  wird  ein 
Gentrumbohrer. 

Bei  Bohrern  der  kleinsten  Art  sind  die  Schneiden  von  beiden  Seiten 
her  gleichmässig  zugeschärfb  (Fig.  519)   und    zwar    unter  Winkeln  a 
gleich  45  bis  60  Grad.     Dadurch  erhalten  sie  allerdings  die  Fähigkeit, 
Fig.  519.      bei  Drehung  in  beiden  Richtungen  verwendbar    zu    sein 
und  man  nennt  sie  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  zwei- 
schneidige Bohrer;  wie  man  leicht  erkennt,  ist  aber  ihr 
Schneidwinkel  ein  sehr  ungünstiger,  grosser  als  90  Grad, 
und  an  die  Stelle  des   eigentlichen  Schneidens    tritt    ein 
Schaben.     Sie  werden  mit  rascher  Drehung  benutzt  und 
liefern  höchst  fein  zertheilte  Späne. 

Den  Schneiden  aller  grösseren  Bohrer  dagegen  giebt 
man  eine  einseitige  Zuschärfung,  welche  sie  zwar  nur  bei 
Drehung  in  einer  bestimmten  Richtung  zum  Angrifife  kom- 
men lässt,  während  ihre  Wirkung  sich  in  ein  wirkliches 
Schneiden  verwandelt  und  dadurch  günstiger  sich  gestaltet 
,<^qI  als  bei  den   zweischneidigen.     Man  nennt   deshalb    diese 

^*-^:^  Bohrer  einschneidig;  Fig.  520 stellt  einen  einschneidigen 

Spitzbohrer,  Fig.  521  einen  einschneidigen  Centrumbohrer 
dar.  Ihr  Zuschärfnngswinkel  pflegt  50  bis  80  Grad  zu  betragen,  wo- 
bei sie  ausserdem  einen  Anstellungswinkel  von  4  bis  5  Grad  besitzen 
(vergl.  S.  549),  so  dass  der  gesammte  Schneidwinkel  55  bis  85  Grad 
beträgt,  um  einen  günstigeren  Schneidwinkel  zu  erhalten  und  das 
Abfliessen  der  Späne  zu  erleichtem,  bringt  man  nicht  selten  der  Zn- 
schärfungkante  gegenüber  an  der  voranschreitenden  Fläche  eine  rinnen- 
artige Aushöhlung  an,  wie  es  in  der  Abbildung  des  Centrumbohrers  er- 
sichtlich ist. 


Bolirwerlueuge.  685 

Damit  beim  Bohrao  das  Loch  geaau  die  richtige  Stellang  erhftlte, 

wird  bei  Anweadnng  vod  Spitibohrem  die  Spitie  derselben  in  dem  eutof 

Fi([.  526.  Pig.  521.         , 


mit  einem  Kömer  rorgezeiobneten  Hittelpunkte  des  Locbs  eingesetzt; 
Centnunbohreni  giebt  man  zu  demselben  Zwecke  in  der  Mitte  eine  kurze 
dicke,  mit  Schneide  rersehene  Spitze,  wie  die  eines  kleinen Spitzbofarers ; 
oder  bei  Löchern  von  grösBermDurchmesser  statt  derSpitzeeinencylindri- 
Bchen  Ansatz  wie  in  Fig.  621,  wobei  dann  allerdings  mit  einem  Spitzbohrer 
schon  ein  entsprechend  weites  Loch  rorgebohrt  werden  muas,  in  welchem 
jener  Ansatz  vorwärts  gleiten  kann,  hierbei  zugleich  als  Führer  fflr  die 
geradlinige  Fortbewegung  des  Bohrer«  dienend.  Bei  gewöhnlichen  Spitz- 
bobrem  mnss  diese  geradlinige  Richtung  des  Vorschubs  durch  die  rich- 
tige Handhabung  des  Werkzeugs  oder  durch  die  zur  Bewegung  dienende 
Itfasohine  gesichert  werden. 

Damit  die  entstehenden  Spftne  während  des  Bohrens  ans  dem  Loche 
heraustreten  kAnnen  ohne  die  Bewegung  des  Bohrers  zu  hemmen,  mnn 
der  Qaerscbnitt  des  letztem  erheblich  geringer  sein  als  der  Querschnitt 
des  Locha;  d.  h.  er  muaa  genOgend  flach  ausgeschmiedet  sein,  so  dass 
die  Späne  an  beiden  breiten  Seiten  hinlänglichen  Raum  zum  Entweichen 
finden.  Wählt  man  einen  cylindrischen  Stab  zur  Anfertigung  des  Bob- 
ren wie  in  Fig.  521,  so  mnss  der  Durchmesser  desselben  erheblich  ge- 
ringer als  der  DnrchmesBer  des  Locbs  sein  und  sich  unten  xa  dem  brei- 
tem und  dOnnem  Qnarschnitte  der  Schneiden  verflachen.  Das  Ans- 
weichen  und  Heraustreten  der  Späne  ans  dem  Loche  wird  wesentlich 
durch  eine  Constmction  des  Bohrers,  wie  in  Fig.  522  abgebildet  ist,  er- 
leichtert; und  zugleich  erhält  ein  solcher  Bohrer  durch  seine  äusserlicbe 
cflindrische  Form,  mit  dem  gleichen  Durchmesser  als  der  Lochdurch- 


686  TreniiQiigaarbeiten. 

measer  beträgt,  eine  sichere  GeradfOhrang  in  dem  entatehenden  Loche. 
Hftn  nennt  dieM  Hhr  empfehlenswertb«  Coostmction  der  Bohrer,  welche, 
Fig.  h22.  i^e  so  manche  andere  Verbesserangen  an  Wericzengen  nnd 
Werkzengmaachinen ,  ran  Nordaroerika  sn  ans  herfiberkam, 
Spiralbohrer.  Dieaelben  haben,  wie  sich  ans  der  Abbil- 
dang  ergiebt,  wie  gewöhnliche  Bohrer  zwei  einseitig  za- 
geechärfta  Schneiden ,  die  jedoch  am  Ende  eines  Cjlinders 
sich  befinden,  and  von  denen  ans  zwei  vertiefte  scbnaben- 
gangartige  Furchen  für  den  Anstritt  der  Späne  dienen. 
Die  AnfertigDng  der  Spiralbohrer  geschieht  durch  Einfrä- 
sen  der  Schranbengänge ,  wobei  eine  doppelte  Schaltbewe- 
gung —  Drehung  nnd  geradliniger  Vorschub  des  Arbeits- 
Stacks  —  stattfindet  (vergl.  S.  668). 

Der  Bohrer  wird  beim  Metallbohren  niemals  ohne 
Weiteres  (wie  häofig  beim  Uolzbohren)  durch  einfache  Dre- 
hung mit  der  Hand  bewegt,  sondern  in  einem  Bohrgeräthe 
befestigt,  welches  von  Hand  oder  durch  Elementarkraft 
seine  Bewegung  erhält  nnd  auf  den  Bohrer  fiberträgt 

Bohrgeräthe  fBr  Eweisohneldiga  Bohrer.  Diesel- 
ben müssen  der  oben  mitgetheilten  Einrichtnng  der  zwei- 
schneidigen Bohrer  zufolge  im  Stande  sein,  denselben  eine 
abwechselnd  hin-  nnd  hergehende  Drehung  mit  grosser 
Geschwindigkeit  aber  unter  geringem  Drucke  mitzntheilen. 
Unter  den  Terschiedenen  für  diesen  Zweck  dienenden  mehr 
oder  minder  einfaches  Geräiben  sind  es  haaptBächlich  zwei, 
welche  in  den  Werkstätten  der  Metallarbeiter  ausgedehnte 
^^^       Anwendung  finden. 

^BH  Das  erste  derselhennenntiDan  Roilenbohrer;  er  besteht 

^^^  auB  zwei  Stücken  der  bewegten  Bohrspindel  oder  Bohrrolle 
nnd  dem  znr  Bewegung  dienenden  Drehbogen  (Drillbogen,  Fiedel- 
bogen).  Beide  Theile  sind  in  den  Figuren  523  nnd  524  abgebildet.  Die 
Bohrrolle  beatebt  aus  Hulz,  Hora  oder  Meising  und  wird  entweder  un- 
FiK.  b2S.  niittelbsr  auf  die  Bohrspitze  aufgesteckt  oder  aof  einer  Spin- 
del befestigt,  welche  die  Bohrspitze  anfnimmt  Der  Dreh- 
bogen ist  ein  eben  solches  Werkzeug  als  schon  bei  Bespre- 
chung der  Drebstüble  beBcbrieben  warde;  ein  Bogen  aus 
Fischbein,  Rohr  oder  fQr  weniger  feine  Arbeiten  aus  einer 
Rapierklinge  hergestellt  und  mit  einer  Saite  ans  Pferdebmar, 
Darmsaite,  Leder  oder  Schnur  versehen,  setzt  die  Rolle  in 
abwechselnde  Drehung,  indem  man  die  Saite  um  die  Rolle 
schlingt  nnd  nun  den  Bogen  hin-  and  berbewegt  Selbst- 
verständlicb  mnss  dabei  Vorkehrung  getrofien  werden,  dass 
die  Rolle  sich  nicht  ron  ihrer  Stelle  entfernan  kann  nnd  der 
Hir  den  Vorschub  nötbige  Dmck  aasgeübt  wird;  ea  geschieht 
diesea  indem  man  die  Bohrspitze  in  ein  vorgekörntes  Grub- 


Bohrgeräthe.  687 

eben  im  Arbeitsstücke  einsetsst  and  eine  am  andern  Ende  der  Bobrrolle 
befindliche  Stablspitze  in  ein  Grübchen  einstellt,  welches  entweder  am 
Schraubstocke  oder  in  einem  in  die  Arbeitsbank  eingelassenen  Bohr- 
stöckchen  (ein  massives  Metallklötzchen)  oder  in  einer  metallenen  Platte 

Fig.  524. 


befindlich  ist,  welche  in  einem  gebogenen,  vor  die  Brust  des  Arbeiters 
gelegten  Brette  (Brnstbrett  oder  Bohrbrett)  befestigt  ist.  Bei  Be- 
nutzung des  Schraubstocks  oder  Bohrstöckchens  wird  das  Arbeitsstück 
gegen  die  Bohrspitze  gedrückt,  macht  also  gewissermaassen  die  Schalt- 
bewegung; bei  Benutzung  des  Bmstbretts  drückt  man  den  Bohrer  gegen 
das  Arbeitsstück  und  lässt  denselben  beide  Bewegungen  ausführen,  wäh- 
rend das  Arbeitsstück  ruht. 

£in  anderes  recht  zweckmässiges  Bohrgeräth  für  zweischneidige 
Bohrer  ist  in  Fig.  525  abgebildet  und  heisst  Drillbohrer,  Bohrwinde 
mit  Spiralgang,  Archimedischer  Bohrer.  Die  Spindel  oder  der 
Schaft  dieses  Bohrers  ist  wie  eine  Schraube  geformt  mit  mehreren  Gän- 
gen und  einem  Steigungswinkel,  welcher  beträchtlich  grösser  ist  als  der 
Reibungswinkel  zwischen  Schraube  und  Schraubenmutter  c.  Durch- 
schnittlich beträgt  derselbe  70  Grad.  Zur  Verringerung  der  Reibung 
Fig.  525.  si^cl  die  Flächen  der  Schraubengänge  glatt  polirt.  Am 
2  obern  Ende  ist  die  Spindel  in  einem  Holzknopfe  h  drehbar 
befestigt,  welcher  mit  einem  übergreifenden  Handgriffe  a 
versehen  ist.  Drückt  man  vermittelst  dieses  Handgriffs  die 
am  entgegengesetzten  Ende  des  Werkzeugs  eingesetzte 
Bohrspitze  gegen  das  Arbeitsstück,  während  die  andere 
Hand  die  Schraubenmutter  c  rasch  auf  und  nieder  führt, 
so  wird  die  Spindel  in  entsprechende  hin-  und  hergehende 
Drehung  versetzt  werden  und  dieselbe  der  Bohrspitze  mit- 
theilen, welche  so  unter  dem  gleichzeitigen  Einflüsse  des 
ausgeübten  Drucks  ein  Loch  in  das  Metall  bohrt. 

Der  Drillbohrer  hat  den  Vorzug  vor  dem  Rollenboh- 
rer, dass  en,  um  bewegt  zu  werden,  kaum  einen  grossem 
Platz  erfordert,  als  die  ihn  umspannende  Hand  bedarf, 
während  letzterer  für  die  Anbringung  und  Bewegung  des 
Fiedelbogens  eine  nicht  ganz  unbeträchtliche  Abmessung 
in  der  Bewegungsrichtung  desselben  erheischt.  Daher  ist 
der  Drillbohrer  in  zahlreichen  Fällen  gut  verwendbar,  wo 
sich  der  Rollenbohrer  wegen  Mangel  an  Platz  nicht  mehr 
ansetzen  lässt. 

Auch  für  kleine  einschneidige  Bohrer  werden  die  vorstehend  be- 
schriebenen Bohrgeräthe  bisweilen  angewendet,  wobei  dann  selbstver- 


688  Trennungsarbeiten. 

ständlich  nur  bei  der  Drehung  in  einer  Richtung  Dmek  angewendet  wird, 
und  der  Bohrer  bei  der  entgegengesetzten  Drehung  leicht  surückgeht. 

Bohrgeräthe  und  Bohrmascliinen  für  einsclmeidige  Bohrer. 
Da  bei  diesen  nur  Drehung  in  einer  Richtung  stattzufinden  hat,  so  ist 
das  einfachste  Geräth  für  diesen  Zweck  eine  Kurbel,  in  welcher  die  Bohr- 
spitze befestigt  wird.  Um  den  erforderlichen  Druck  ausüben  zu  können, 
kröpft  man  die  Kurbel  in  der  Mitte,  so  dass  die  Hand,  welche  das  Dre- 
hen ausführt,  in  der  Kröpfung  angreift,  während  auf  das  obere  Ende  der 
Druck  erfolgt.  So  entsteht  die  in  Fig.  526  abgebildete  unter  dem 
Namen  Brustleier  bekannte  Form  des  Bohrgeräths.  Der  obere  Holz- 
knopf dreht  sich  auf  dem  Ende  der  Kurbel  und  wird  gegen  die  Brust 
gestemmt;  zur  Erleichterung  des  Drehens  ist  in  der  Kröpfung  eine 
Hülse  aus  Holz  oder  Messing  übergeschoben,  in  der  sich  die  Kurbel 
leicht  dreht;  die  Bohrspitze  wird  in  die  prismatische  Oeffnung  der  am 
untern  Ende  der  Kurbel  befindlichen  Hülse  eingesteckt  und  gewöhnlich 
durch  eine  Klemmschraube  vor  dem  Herausfallen  geschützt. 

Der  durch  die  Brust  ausgeübte  Druck  ist  jedoch  nur  beim  Bohren 
kleinerer  Löcher  ausreichend,  die  Arbeit  mit  befriedigender  Geschwindig- 
keit zu  vollenden.  Zur  Ausübung  eines  starkem  Drucks,  wie  er  zum  Bohren 
grösserer  Löcher  unerlässlich  ist,  fertigt  man  die  Kurbel  in  ihren  Starke- 
abmessungen kräftiger  und  ersetzt  den  hölzernen  Knopf  entweder  durch 
eine  kurze  conische  Spitze,  welche  in  ein  Grübchen  des  zum  Drücken 
-p.     526  benutzten  Werkzeugs    eintritt;  oder,    wenn    dieses 

letztere  eine  Spitze  trägt,  so  yersieht  man  die  Kur- 
bel mit  dem  Grübchen.  In  solcher  Weise  zum  Bohren 
unter  stärkerm  Drucke  befähigt  heisst  die  Kurbel 
nunmehr  Bohrkurbel  im  engern  Sinne  zum  Unter- 
schiede von  der  Brustleier. 

Das  bei  Benutzung  der  Bohrkurbel  zur  Aus- 
übung des  Drucks  dienende  Werkzeug  hat  verschie- 
dene Einrichtung.  Eine  ziemlich  rohe,  aber  sehr 
einfache  Form  ist  der  Druckbaum,  ein  aus  einer 
starken,  hölzernen  Stange  bestehender  einarmiger 
Hebel,  dessen  eines  Ende  auf  irgend  eine  Weise  be- 
festigt wird  —  durch  Einstecken  in  einen  Ring,  ein 
Loch  in  der  Mauer  des  Gebäudes,  und  dergleichen  — 
während  das  andere  Ende  beschwert  oder  durch 
menschliche  Kraft  gedrückt  wird  und  der  Hebel  in 
dem  kürzern  Abstände  vom  Drehungspunkte  —  ge- 
wöhnlich Vs  bis  Y4  der  ganzen  Länge  —  auf  die  Bohrkurbel  drückt, 
somit  den  am  Ende  empfangenen  Druck  in  entsprechender  Vervielfälti- 
gung auf  diese  übertragend.  Zu  diesem  Zwecke  ist  der  Druckbaum  an 
seiner  Unterkante  mit  einer  Eisenschine  belegt,  welcke  mit  einer  Anzahl 
Grübchen  versehen  ist,  um  die  Spitze  der  Bohrkurbel  in  verschiedenen 
Abständen  nach  Maassgabe  des  auszuübenden  Drucks  einstellen  zu  können. 


Bohrgeräthe.  689 

Statt  des  Hebels  beim  Dmckbaam  kann  eine  Schraube  znr  Aus- 
übung des  Drucks  benutzt  werden,  in  senkrechter  Stellung  in  dem  Ende 
eines  krahnartigen  Auslegers  drehbar  und  an  ihrem  untern  Ende  mit 
Spitze  oder  Grübchen  versehen,  um  bei  ihrer  Drehung  gegen  die  Bohr- 
kurbel zu  wirken.  Die  Mittellinie  der  Schraube  und  des  Bohrers  müssen 
hierbei  genau  in  eine  und  dieselbe  senkrechte  Linie  fallen.  Eine  solche 
Vorrichtung  heisst  Bohrgestell.  Man  befestigt  dasselbe  an  der  Wand 
der  Werkstatt  oder  an  einem  tragbaren  Stative.  Ein  derartiges  trag- 
bares Bohrgestell,  welches  mit  einem  Fusse  auf  der  Arbeitsbank  befestigt 
werden  kann,  wurde  bereits  in  Fig.  277  auf  S.  358  in  Verbindung 
mit  einem  fahrbaren  Schmiedefeuer  abgebildet.  Der  Arm  des  Bohr- 
gesteUs  ist  in  allen  Fällen  drehbar  und  der  Abstand  der  Schraube  vom 
Drehungspunkte  meistens  verstellbar,  damit  man  an  verschiedenen  Stel- 
len des  im  Schraubstocke  etc.  eingespannten  Arbeitsstücks  Löcher  bohren 
kann,  ohne  die  Lage  desselben  ändern  zu  müssen. 

H&ufig  Iftsst  sich  statt  des  Bohrgestells  eine  Schraubenzwinge  (Figur 
28  auf  Seite  40)  mit  ausreichend  grossen  Schenkeln  benutzen,  deren 
Schraube  gegen  die  Bohrkurbel  drückt,  während  der  gegenüberstehende 
Schenkel  sich  unter  die  entgegengesetzte  Seite  des  Arbeitsstücks  legt. 

Nicht  selten  ist  aber  der  Fall,  dass  der  vorhandene  Platz  weder  die 
Anwendung  eines  Dmckbaums  noch  eines  Bohrgestells  gestattet,  ja,  es 
treten  Fälle  ein,  wo  nicht  einmal  der  zum  Drehen  der  gekröpften  Bohr- 
kurbel erforderliche  Raum  frei  ist  —  z.  B.  wenn  in  einer  Ecke  ii^  un- 
mittelbarer Nähe  zweier  Wände  ein  Loch  gebohrt  werden  soll  — ,  sondern 
nur  noch  Drehung  innerhalb  eines  kurzem  Kreisbogens  möglich  ist. 

In  dem  erstem  Falle  kann  man  sich  helfen,  wenn  man  in  dem 
obem  Schenkel  der  Bohrkurbel  genau  in  der  Drehungsachse  eine  nach 
aussen  gerichtete  Schraube  anbringt,  deren  Spitze  neh  gegen  das  vor- 
handene oder  ein  absichtlich  hergestelltes  Hindemiss  stemmt  und  bei 
dem  Eindringen  des  Bohrers  mehr  und  mehr  nach  aussen  geschraubt 
wird.  Das  Schraubengewinde  ist  im  Schenkel  der  Bohrkurbel  einge- 
schnitten. 

Im  andern  Falle  muss  ein  Bohrgeräth  angewendet  werden,  welches, 
nachdem  es,  soweit  der  Platz  es  gestattet,  vorwärts  gedreht  ist,  wieder  leer 
zurückgedreht  wird,  um  von  Neuem  die  Vorwärtsdrehung  beginnen  zu 
können«  Diese  Bewegung  würde  allerdings  auch  durch  die  Bohrkurbel 
ausfahrbar  sein;  es  würde  sich  jedoch  hierbei  der  Uebelstand  einstellen, 
dass  auch  der  Bohrer  leer  zurückgedreht  werden  muss,  wodurch  eine 
raschere  Abnutzung  seiner  Schneiden  eintreten  würde.  Zweckmässiger 
ist  deshalb  ein  Bohrgeräth,  bei  welchem  dieser  leere  Rückgang  nur  von 
der  Handhabe  ausgeA&hrt  wird,  während  der  Bohrer  ruht.  Ein  derarti- 
ges, in  Fig.  527  abgebildetes  Bohrgeräth  heisst  Bohrknarre  oder  Bohr- 
ratsche. Auf  der  Spindel  a,  in  welcher  die  Bohrspitze  befestigt  wird, 
sitzt  ein  Sperrrädohen  fest,  so  dass  die  Spindel  und  das  Werkzeug  die 
Bewegung  desselben  mitmadien  muss.    Der  Hebel  5,  welcher  mit  seinem 

Ledabnr,  meehanlfch-metenuxBlsohe  Teohnologle.  ^ 


690  Trennungsarbeiten. 

gabelförmigen  Ende  nm  das  Sperrrädcben  hemmgreift,  ist  auf  der  Spin- 
del drehbar,  trägt  aber  einen  Sperrkegel,    welcher  durch   eine  Feder 

Fig.  527. 


gegen  das  Rädchen  gedrückt  wird,  somit  dieses  und  die  Spindel  mit- 
nimmt, wenn  der  Hebel  Torwarts  gedreht  wird,  bei  der  Rückwärtsdre- 
hung aber  leer  gleitet.  Der  erforderliche  Druck  wird  durch  Drehung 
der  am  Kopfe  der  Bohrknarre  befindlichen  Schraube  mit  conischer  Spitze 
ausgeübt.  Dieselbe  muss  so  schwer  gehen,  dass  sie  beim  Zurückdrehen 
des  Hebels  nicht  von  selbst  sich  eindreht.  Selbstverständlich  muss  die 
Schraube,  um  ihre  Bestimmung  erfüllen  zu  können,  einen  festen  Punkt 
als  Widerlager  finden;  und  wenn  solcher  nicht  durch  das  Arbeitsstück 
selbst  gegeben  wird,  so  muss  in  anderer  Weise  für  ausreichenden  Gegen- 
druck gesorgt  werden.  Auch  hierfür  lässt  sich  die  Schraubenzwinge  in 
yielen  Fällen  recht  gut  benutzen. 

Das  Bohrgeräth  erhält  den  Namen  Bohrmaschine,  wenn  die  durch 
menschliche  Kraft  oder  häufiger  durch  Elementarkraft  geleistete  Arbeit 
nicht  mehr  in  jener  einfachen  Weise  durch  Handkurbel  oder  Hebel,  son- 
dern durch  Yermittlang  yon  Getrieben  auf  die  zur  Aufnahme  des  Bohrers 
dienende  Bohrspindel  übertragen  wird.  Wie  bei  den  Bohrgeräthen 
macht  bei  den  Bohrmaschinen  die  Spindel  in  fast  allen  Fällen  sowohl 
die  Hauptbewegung  als  Schaltbewegung,  erstere  durch  Drehung,  letztere 
durch  geradÜnigen  Vorschub  gegen  das  Arbeitsstück. 

Damit  dieser  Vorschub  stattfinden  kann ,  ohne  dasa  die  Hauptbewe- 
gung unterbrochen  wird^  pflegt  sich  die  Spindel  innerhalb  einer  Hülse 
zu  befinden,  welche  durch  Nuth  und  Feder  die  von  aussen  empfangene 
Drehung  auf  erstere  überträgt,  ohne  ihre  Vorwärtsbewegung  in  der  Rich- 
tung der  Achse  zu  hemmen;  der  Vorschub  wird  gewöhnlich  durch  eine 
drehbar  mit  der  Spindel  verbundene,  aber  vor  eigener  Drehung  gesicherte 
Schraube  ausgeführt,  welche  an  ihrem  aus  jener  Hülse  vorstehenden 
Ende  eine  in  Lagern  sich  drehende  Mutter  trägt  und  durch  deren  Drehung 
geradlinig  vorwärts  oder  rückwärts  bewegt  wird;  seltener  durch  Zahn- 
stange mit  Getriebe  oder  einen  Hebelmechanismus. 

Die  schon  früher  beschriebenen  Horizontalbohrmaschinen  können 
zum  Bohren  aus  dem  Vollen  benutzt  werden,  wenn  man  an  Stelle  des 
Bohrkopfs  mit  Messern  eine  Bohrspitze  anbringt.  Ebenso  lässt  sich 
eine  Drehbank  zu  diesem  Zwecke  brauchbar  machen,  wenn  man  statt 
der  Spitze  des  Spindelstocks  einen  Bohrer  in  die  Drehbanksspindel  ein- 


BohrmascliiDeD.  691 

setzt  und  das  auf  dem  SopportsoblltteD  befertigte  Arbeitsetfick  gegea  die 
Bohrspitze  TOrschiebt. 

Solche  FUlle  sind  jedoch  nnr  Ausnahmen.  Bei  den  gewöhnlichen 
Bohnnaschinen  steht  die  Bohrspindel  senkrecht  nad  das  Arbeitsstück 
befindet  sich  anf  einem  Tische  mit  horizontaler  Platte.  Man  nennt  des- 
halb die  Bohrmaschinen  der  letztem  Art  Yerticalbohrmaacbinen 
zum  Unterschiede  von  jenen  mit  horizontaler  Spindel. 

Trotz  jener  Uebereinstimmnngen  inderConstmctionderVerticalhohr- 
maechinen  zeigen  sie  in  ihrer  äossem  Einrichtung  erhebliche  Abweichnngen. 
Eine  tragbare  Handbohrmaschine  der  allereinfachsten  Art  (aus 
der  Chemnitzer  Werkzengmaschinenfabrik)  stellt  Fig.  528  in  Vi.s  dervirk- 
lichen  Grösse  dar.  An  dem  Stativ  ist  das  gusseiseme  Bohrgerüst  e  durch 
eine  Klemmscbranbe ,  welche  durch  den  in  der  Abbildung  ersichtlichen 
Doppelhebel  gedreht  wird ,  in  beliebiger  Höbe  befestigt.  Die  Kurbel  ist 
mit  dem  kleinen  Schwnngrade  verbunden  und  ttberträgt  ihre  Drehung 
durch  eine  horizontale,  in  dem  Bobrgerflste  gelagert«  Welle  nnd  ein 
Paar  Winkelr&der  anf  die  Halse  a  und  die  Bohrspindel,  deren  Kopf  6 
unten  vorsteht,  und  welche  sich  innerhalb  a  auf  und  nieder  bewegen  l&sst. 
Oberhalb  und  unterhalb  a  ist  die  Bohrspindel  in  senkrechten  Bobmngen 
des  Gerüsts  gelagert  und  sichert  dadurch  auch  die  Stellung  der  Hülse  a. 
Das'obereEndo  der  Bohrspindel  ist  verjüngt,  steckt  drehbar  in  der  hohlen 
Scbraubenspindel  C,  welche  gleichfalle  in  die  obere  Bohrung  des  Gerüsts 
hineinragt  und  ist  oberhalb  der  Schraube  dnrch  einen  Knopf  vor  Ver- 
Schiebung  innerhalb  derselben 
*■  gesichert.       Ein     OelbehSlter 

über  dem  Knopfe  dient  dazu, 
Oel  durch  einen  Ganal  inner- 
halb der  Bohrspindel  zwi- 
schen die  Berührungsflächen 
dieser  und  der  sie  nmachlies- 
senden  Scbraubenspindel  za 
leiten  nnd  dadurch  eine  über- 
mässige Reibung  bei  der  Dre- 
hung zu  verhüten.  Eino 
Nuth  mit  Feder  zwischen  der 
Schraube  C  und  ihrer  Füh- 
rung im  BohrgerOste  macht 
die  Drehung  der  erstem  un- 
möglich; dagegen  wird  sie 
eine  geradlinige  Fortbewe- 
gung erleiden,  wenn  eina  sie 
I  umfassende  Schraubenmutter, 
die  vor  eigener  Verschiebung 
_-    --  gesichert  ist,    gedreht    wird. 

Diese  Mutter  befindet  sich  in 


692  Trennangsarbeiten. 

der  Kaba  des  Handrädcbens  d,  welches  auf  dem  Gerüste  drehbar  feetgebal- 
ten  ist.  Darch  Drebang  dieses  Handrftdchens  erfolgt  demnach  Anf-  oder 
Niedergaag  der  Scbranbenapindel  c  und  der  mit  ihr  verbnndenen  Bohrspin- 
del b,  ohne  dasB  die  eigene  Drehung  der  letztem  dadurch  beeinflusst  wird. 


Bohrmascbinen.  693 

Die  durch  Elementtirkraft  bewegten  BohnnaBohineD  laBsen  eich  ihrer 
änasen)  Eiarichtung  nach  in  drei  Grappen  sondern. 

Freistehende  Bohrmaschinen.  Eine  solche  ist  in  den  Figuren 
529  bis  531  abgebildet  (WerkseagmachiDeniahrik  Union  in  Chemnitz)' 
Fig.  530.  Fig.  631. 


Der  mit  Ankersohran- 
ben  auf  einem  gemauer- 
ten Fundamente  fest- 
gehaltene Hohlgnss- 
stSnder  A  dient  hier 
xam  Tragen  s&mmt- 
Ucher  Theile  fOr  die 
Bewegung  des  Werk- 
zeugs tind  Befestigung 
des  Arheitsstflcks.  Dia 
auf  ihrer  Welle  dreh- 
bare Stufenscheibe  B 
nimmt  den  Antrieb  Toa 
der  Deckentransmission 


694  Trennongsarbeiten. 

auf  und  pflanzt  die  Bewegung  entweder  direct  durch  Yerkupplnng  mit 

BF, 

dem  Rade  C  oder  durch  die  Getriebepaare  -=  77  mit  zweimaliger  lieber- 

Setzung  auf  die  den  Rädern  C,  B  und  D  gemeinBchaftliche  Hauptweile 
der  Maschine  fort,  in  derselben  Weise,  wie  diese  Bewegungrgabertragung 
schon  früher  mehrfach  beschrieben  wurde.  Bei  vier  Absätzen  der 
Stufenscheibe  werden  dadurch  acht  verschiedene  Umdrehungsgeschwin- 
digkeiten der  Maschine  möglich.  Die  Ausrückung  der  Räder  E  und  2^, 
wenn  B  und  C  gekuppelt  sind,  wird  durch  Drehung  eines  excentrisch 
gelagerten  Zapfens  mit  Hilfe  des  in  Fig.  530  ersichtlichen  Handgriffs 
wie  bei  früher  besprochenen  Maschinen  bewirkt.  Die  Bewegung  wird 
nun  von  der  Antriebswelle  aus  durch  ein  Paar  Winkelgetnebe  auf  die 
zwischen  den  beiden  Armen  des  Ständers  «vor  Verschiebung  gesicherte 
Hülse  T  übertragen,  welche  die  empfangene  Drehung  auf  die  in  ihr 
verschiebbare  Bohrspindel  O  fortpflanzt.  Letztere  steckt  mit  ihrem  obem, 
entsprechend  schwächern  Theile  drehbar  in  der  hohlen  Schraubenspindel 
H  und  ist  in  derselben  am  obern  Ende  durch  eine  übergreifende  Schrau- 
benmutter festgehalten.  Die  Schraubenspindel  H  schiebt  sich  innerhalb 
des  obern  Theils  der  Hülse  T  und  des  obern  Ständerarms ,  ist  aber  vor 
Drehung  durch  eine  Längsnuth  gesichert,  in  welche  der  im  Ständerarme 
befestigte  Keil  a  (Fig.  531)  hineingreift.  Das  Muttergewinde  für  die 
Schraube  befindet  sich  in  der  Nabe  des  Rades  5,  durch  dessen  Drehung 
demnach  eine  senkrechte  Verschiebung  der  Schraube  nebst  Bohrspindel 
bewirkt  wird.  Zur  selbstthätigen  Ausführung  dieser  Schaltbewegung  sitzt 
auf  dem  hintern  Ende  der  Antriebswelle  die  kleine  Stufenscheibe  d  und 
überträgt  die  Bewegung  vermittelst  der  zweiten  Stufenscheibe  e  auf  eine 
horizontale,  in  der  langen  Hülse)  /  des  Ständers  gelagerte  Welle,  welche 
in  einer  Schnecke  endigt.  Diese  treibt  das  auf  der  senkrechten  Spindel 
g  drehbare  Schneckenrädchen  A,  welches  sich  mit  Hilfe  einer  Klemm- 
schraube leicht  mit  dem  auf  g  festsitzenden  Handrädchen  •  verbinden 
lässt.  Auf  dem  obern  Ende  von  g  befindet  sich  das  Getriebe  Z,  welches 
die  Bewegung  der  Spindel  auf  das  Rad  }>  überträgt  und  dadurch  den 
Vorschub  der  Bohrspindel  veranlasst.  Für  den  leeren  Rückgang  des 
Bohrers  wird  die  Verkupplung  zwischen  den  Rädern  h  und  i  gelöst  und 
durch  Drehung  des  Rades  i  von  Hand  die  entgegengesetzte  Bewegung 
der  Bohrspindel  bewirkt. 

Unterhalb  der  Bohrspindel  befindet  sich  der  zur  Aufnahme  des  Ar- 
beitsstücks dienende  Tisch,  aus  den  zwei  Haupttheilen  L  und  M  be- 
stehend. X  ist  in  senkrechter  Richtung  an  zwei  Prismaführungen  des 
Ständers  beweglich ,  und  es  erfolgt  diese  Bewegung  wie  die  Feststellung 
in  der  von  der  Höhe  des  Arbeitsstücks  abhängigen  Höhenlage  mit  Hilfe 
des  Handrades  0 ,  der  Schnecke  p ,  des  Schneckenrades  q  und  eines  auf 
der  Welle  des  letztern  befestigten  in  der  Abbildung  nicht  sichtbaren 
Getriebes,  welches  in  die  am  Ständer  befindliche  senkrechte  Zahnstange 
eingreift.    Der  vordere  consolenartige  Theil  M  des  Tischs  ist  durch  zwei 


Bohrmaschinen.  695 

senkrechte,  seitlich  angebrachte  kräftige  Drehungszapfen  mit  L  verbun- 
den; hierdurch  wird  es  möglich,  denselben  nach  der  Seite  der  Zapfen 
hin  aufzuklappen  und  den  Raum  unter  der  Bohrspindel  frei  zu  legen* 
Auf  Jf  befindet  sich  ein  gewöhnlicher  Kreuzsupport,  aus  den  zwei  von 
Hand  beweglichen  Schlittenstücken  r  und  s  bestehend,  auf  dessen  Ober- 
theile  das  Arbeitsstück  befestigt  wird.  Sollen  sehr  grosse  Arbeitsstücke 
gebohrt  werden ,  deren  Gewicht  oder  Höhenabmessung  ihre  Auflage  auf 
dem  Tische  nicht  gestattet,  so  wird  M  zur  Seite  geklappt  und  das  Ar- 
beitsstück auf  der  Grundplatte  N  befestigt,  welche  für  diesen  Zweck  mit 
entsprechenden  Längsnuthen  zur  Aufnahme  der  Befestigungsschrauben 
oder  Klammem  versehen  ist. 

Radial-  oder  Krahnbohrmaschinen.  Bei  denselben  ist  die 
Bohrspindel  an  einem  horizontalen,  um  den  feststehenden  Stander  der 
Maschine  drehbaren  Arme  befestigt  (ähnlich  dem  Ausleger  der  Dreh- 
krahne)  und  gegen  die  Drehungsachse  des  Arms  versteUbar,  so  dass  man 
in  Stand  gesetzt  ist,  an  beliebigen  Stellen  einer  verhältnissmässig  grossen 
Fläche  Löcher  zu  bohren,  ohne  die  Lage  des  Arbeitsstücks  zu  ändern. 
Um  jene  Yerstellbarkeit  der  Bohrspindel  möglich  zu  machen,  ist  dieselbe 
in  einem  Schlitten  gelagert,  welcher  auf  dem  drehbaren  Arme  geführt 
ist;  damit  die  Spindel  in  jeder  Stellung  des  Arms  ihre  Bewegung  erhal- 
ten kann,  ist  eine  senkrechte  Hilfswelle  in  dem  feststehenden  Ständer 
angebracht,  deren  Mittellinie  genau  mit  der  Drehungsachse  des  Arms 
zusammenf&llt,  und  welche  die  Bewegung  durch  ein  Paar  Winkelräder 
auf  eine  im  Arme  gelagerte  horizontale  Welle  überträgt.  Die  Krahn- 
bohrmaschinen sind  in  Folge  dieser  Einrichtungen  complicirter  und  in 
der  Anlage  kostspieliger  als  die  freistehenden  Bohrmaschinen  ^  sind  aber, 
wie  leicht  begreiflich  sein  wird,  zweckmässig  in  denjenigen  Fällen,  wo 
schwere  Arbeitsstücke,  deren  Bewegung  und  Festspannen  zeitraubend  ist, 
eine  grössere  Anzahl  Löcher  erhalten  sollen.  In  Rücksicht  auf  diese  vor- 
wiegende Verwendung  der  Maschinen  für  grössere  Stücke  fehlt  der  Tisch 
entweder  ganz  oder  ist  in  Form  einer  einfachen  Platte  mit  Fuss  con- 
struirt,  während  die  Fundamentplatte  mit  Nuthen  zur  Befestigung  des 
Arbeitsstücks  versehen  ist. 

Hinsichtlich  der  äussern  Anordnung  der  Krahnbohrmaschinen  unter- 
scheidet man  im  Wesentlichen  zwei  Systeme.  Bei  dem  einen  —  System 
Whitworth  —  ist  der  Ständer  ähnlich  geformt  wie  bei  den  freistehenden 
Bohrmaschinen,  und  der  Arm  dreht  sich  mit  senkrechten  Zapfen  in  Hals- 
lagem,  welche  entweder  am  Ständer  oder  an  einem  senkrecht  am  Stän- 
der verschiebbaren  Schlitten  befestigt  sind;  bei  dem  andern  —  System 
Fairbairn  —  ist  der  Ständer  rund,  säulenförmig,  und  dient  in  dieser 
Form  selbst  als  Drehungsachse  für  den  mit  einer  langen  Hülse  ihn  um- 
schliessenden  Arm. 

Eine  Radialbohrmaschine  der  erstem"  Form  (Deutsche  Werkzeug- 
maschinenfabrik in  Chemnitz)  ist  in  Fig.  532  (a.  f  S.)  abgebildet.  A  ist  der 
HohlguBSständer,  an  seiner  Rückseite  mit  angegossenem  Arme  zur  Lage- 


696  Tretmungsarbeiten. 

rnng  der  AntriebameoluuiiBmeii  Temhen.  Letatere  beatehen  atu  der 
Stnienscheibe  a  mit  den  Rädern  b,  c  auf  derselben  Welle,  dem  Rade  d 
und  einem  mit  C  im  Eingriffe  stehenden  Getriebe  auf  einer  Beitenwelle 
in  der  üblichen  Anordnung,  am  die  Bewegong  von  der  Btnfenaoheibe 
entweder  direot  oder  durch  die  Zwiachengetege  auf  die  Betriebewelle 
SU  abertragen.  Auf  dem  Tordera  Ende  der  letztem  aitst  du  Winkel- 
getriebe e.  An  der  Benkreohten  Stirnseite  des  St&nderB  ist  in  zwei  Pris* 
menfilhmngen  das  Scblittenatflck  B  aof  and  nieder  beweglich,  welches 

Kg.  S32. 


die  Lager  für  die  Drehnngszapfen  des  Arms  C  tr&gt.  Letztere  sind 
doroh  das  senkrecht«  hohle  Stück  Ci  in  solider  Weise  rerbnnden.  Durch 
das  Handrad  /  wird  eine  Schnecke  und  durch  diese  das  Schneckenrad  g 
gedreht,  auf  dessen  im  Ständer  gelagerter  Welle  ein  Getriebe  mit  einer 
an  der  Bückseite  des  Schlittens  B  befestigten  Zahnstange  im  Eingriffe 
steht  In  dieser  Weise  erfolgt  die  Yerstellong  des  Krahnanns  in  der 
Höhenrichtung.  Innerhalb  des  Theila  Ci  liegt  die  senkrecht«  Welle  h, 
deren  Mittellinie  mit  deijenigen  der  beiden  Drehungszapfen  genau  über- 
einstimmt.    A  empfängt  ihre  Drehung  durch  die  Winkelräder  eci   und 


Bohrmaschinen.  697 

pflanzt  sie  durch  ein  zweites  Paar  WinkekAder  auf  die  in  dem  Arme 
gelagerte  horizontale  Welle  «  fort.  In  Rücksicht  anf  die  Yerstellharkeit 
des  Stücks  B  nehst  dem  Arme  C  und  Ci  ist  die  Welle  h  in  ihrer  ganzen 
.Länge  gennthet  and  innerhalb  des  Rädchens  Ci  yerschiehbar,  während 
letzteres  durch  einen  vom  Ständer  ausgehenden  Lagerarm  in  seiner  Stel- 
lung gegen  e  festgehalten  ist.  Zur  Unterstützung  der  Bohrspindel  x 
dient  der  auf  dem  Arme  C  horizontal  verschiebbare  Schlitten  2>.  Die 
Drehung  der  Bohrspindel  geschieht  durch  ein  auf  der  Welle  i  befind* 
liches,  mit  dem  Schlitten  D  verschiebbares  Oetriebe,  welches  das  Stirn- 
rad m  und  von  diesem  aus  in  der  aus  der  Abbildung  deutlich  ersicht- 
lichen Weise  durch  ein  Paar  conische  Räder  die  Spindel  treibt.  Die 
innere  Einrichtung  für  die  senkrechte  Schaltbewegung  der  Spindel  ist 
ganz  die  nämliche  wie  bei  der  oben  beschriebenen  freistehenden  Bohr- 
maschine. Der  Selbstgang  des  Spindelvorschubs  wird  durch  eine  auf 
der  Welle  h  befindliche  und  mit  D  verschiebbare  Schnecke  bewirkt, 
welche  das  vor  k  sichtbare  Schneckenrad  und  durch  dessen  Yermittelung 
die  senkrechte  Schaltspindel  l  betreibt.  Die  Zurückführung  der  Bohr- 
spindel erfolgt  durch  Drehung  des  Handrads  o,  nachdem  zuvor  das 
Schneckenrad  auf  ähnliche  Weise  als  bei  der  oben  beschriebenen  Ma- 
schine aus  seiner  festen  Verbindung  mit  der  Spindel  {  gelöst  wurde. 
Die  Bewegung  der  Welle  h  wird  durch  die  beiden  am  rechten  Ende 
der  Wellen  i  und  k  befindlichen  Stufenscheiben  von  i  aus  bewirkt. 

%ur  Yerstellong  des  Schlittens  nebst  Bohrspindel  befindet  sich  un- 
terhalb der  Welle  i  eine  horizontale  Schraubenspindel  in  dem  Arme  be- 
festigt, auf  derselben  ein  Winkelrad*  mit  Muttergewinde  innerhalb  der 
Nabe,  durch  einen'  Mitnehmer  (Bügel)  mit  dem  Schlitten  verbunden 
und  im  Eingriffe  mit  einem  zweiten  Winkelrade  stehend,  welches  auf 
der  Welle  des  im  Schlitten  gelagerten  Handrads  r  befestigt  ist.  Dreht 
man  nun  das  Handrad,  so  erfolgt  Drehung  beider  Räder,  und  da  die 
Schraube  festliegt,  geradlinige  Fortbewegung  des  auf  derselben  •  befind- 
lichen Rades,  welche  durch  den  Mitnehmer  auf  den  Schlitten  und  auf  das 
zweite  Rad  übertragen  wird. 

Für  die  Bewegung  des  Arms  im  Kreise  sitzt  endlich  auf  der  Ver- 
längerung des  untern  Zapfens  des  Stücks  Cfi  ein  Schneckenrad  8  im  Ein- 
griffe mit  einer  am  Theile  B  gelagerten  Schnecke  5i ,  welche  durch  eine 
,auf gesteckte  Kurbel  gedreht  wird.  v 

Die  Grundplatte  E  ist  zur  Aufnahme  schwerer  Arbeitsstücke  solide 
construirt  und^  wie  schon  erwähnt,  mit  Längsnuthen  zur  Befestigung 
derselben  versehen.  Der  Tisch  F  lässt  sich  ohne  Schwierigkeit  entfer- 
nen, wenn  grössere  Gegenstände  aufgebracht  werden  sollen. 

Wandbohrmaschinen.  Der  Hauptunterschied  derselben  gegen- 
über den  beiden  besprochenen  Systemen  beruht  in  dem  Umstände,  dass 
das  Gerüst  derselben ,  statt  mit  einer  horizontalen  Fussplatte  auf  dem 
Fundamente  befestigt  zu  werden,  mit  einer  senkrechten  Wandplatte  an 


698  Trennungsarbeiten. 

eine  hinreichend  starke  Wand  des  Gebändea  festgeschraubt  wird.  Es 
handelt  sich  also  im  Wesentlichen  um  eine  für  diesen  Zweck  geeignete 
Form  des  Gerüsts,  während  alle  übrigen  Theile  der  Maschine  nach  den- 
selben Grundsätzen  wie  für  Ständermaschinen  eingerichtet  werden  können. 
Man  unterscheidet  demnach  auch  gewöhnliche  Wandbohrmaschinen  mit 
unverrückbarer  Spindelachse  und  Radial- Wandbohrmaschinen ,  bei  denen 
die  Spindel  an  einem  Arme  verschiebbar  und  mit  demselben  drehbar  ist 

Die  Wandbohrmaschinen  haben  den  Vorzug  vor  den  freistehenden 
Bohrmaschinen,  dass  sie  den  Platz  in  der  Werkstatt  weniger  beengen, 
was  besonders  in  kleinen  Werkstätten  für  ihre  Benutzung  ins  Gewicht 
fällt;  dagegen  sind  sie  weniger  als  jene  zugänglich  und  deshalb  im  Allge- 
meinen mehr  für  kleinere  als  für  grosse  Arbeitsstücke  in  Benutzung. 

Unter  den  verschiedenen  Abweichungen  von  diesen  beschriebenen 
Typen  der  Bohrmaschinen  verdienen  vorzugsweise  zwei  Erwähnung. 

Denkt  man  sich  die  Rückseite  der  in  Fig.  Ö29  abgebildeten  frei- 
stehenden Bohrmaschine  in  derselben  Weise  ausgebildet  als  die  Stirnseite, 
mit  Armen,  Umtriebsmechanismen  und  Spindel  versehen,  so  erhält  man 
zwei  Bohrmaschinen  mit  gemeinschaftlichem  Ständer  und  nennt  dieselben 
Doppelt-  oder  Duplexbohrmaschinen.  Ihr  Hanptvortheil  besteht  in 
den  geringeren  Anscha£fungskosten  im  Vergleiche  mit  zwei'  getrennten 
Bohrmaschinen. 

Hat  man  zahlreiche,  in  einer  geraden  Linie  liegende  Löcher  zu 
bohren  —  z.  B.  in  Blechplatten,  welche  vernietet  werden  sollen  — ,  so 
ordnet  man  eine  grössere  Anzahl  von  Bohrspindeln  in  einer  Reihe  an 
(gewöhnlich  vier  bis  sechs),  deren  Jede  wie  die  Spindel  einer  Radialbohr- 
maschine von  einem  besondern  Schlitten  getragen  wird  und  mit  demsel- 
ben an  einem  gemeinschaftlichen  langen  Rahmen  in  horizontaler  Rich- 
tung verstellbar  ist.  Eine  gemeinsame  Welle  überträgt  den  Antrieb  für 
die  Drehung  und  eine  zweite  für  die  Schaltung  gleichzeitig  auf  sämmt- 
liche  Spindeln.  Derartige  Maschinen  heissen  Multiplex-Bohr- 
maschinen. 

Bei  der  Anwendung  der  Lochbohr maschinen  kommt  der  Umstand 
in  Betracht,  dass  das  in  Form  von  Spänen  ausgebohrte  Material  fast  werth- 
los  ist,  und  die  Menge  desselben  im  Verhältnisse  des  Quadrats  mit  dem 
Dui'chmesser  des  Lochs  wächst.  Anderntheils  aber  verringert  sich  mit 
dem  Wachsen  des  Lochdurchmessers  die  Schwierigkeit,  das  Loch  schon 
bei  der  rohen  Formgebung  herzustellen,  welches  dann  höchstens  durch* 
Ausbohren,  also  mit  weniger  Arbeit  und  Spanbildung,  auf  das  richtige 
Maass  gebracht  zu  werden  braucht.  Deshalb  bohrt  man  selten  Löcher 
aus  dem  Vollen,  welche  grösser  als  50  Mm.  sind,  und  nur  ganz  besondere 
Gründe  würden  ein  solches  Verfahren  rechtfertigen  können^). 


^)  Ein  solcher  Grund  lieget  z.  B.  bei  dem  Bohren  der  gegossenen  Kanonen- 
rohre vor.  Jedes  Gussstück  enthält  in  Folge  der  Schwindung  an  den  Stellen, 
wo  das  letzte  flüssige  Metall  sich  befand,  poröse  Stellen  —  Drusenranme.   Giesst 


Bohren.  699 

Für  die  geeignete  Umfangsgeschwindigkeit  der  Bohrer  giebt  Hart 
folgende  Ziffern: 

beim  Bohren  von  Stahl 30  bis    40  Mm.  per  Secunde 

„  „         „     Gusseisen 60    „      70     „     „  „ 

„  „         „     Schmiedeeisen    .    .    .    70    „      80     „      „  „ 

n  n         n     Messing  und  Bronze  100    „    120     „     „  „ 

Der  Vorschab  pro  Umdrehung  des  Bohrers  Vi  2  bis  V4  Mm. 
Schmiedeeisen  pflegt  man  mit  Oel,  welches  an  den  Bohrer  getropft 
wird,  Gusseisen  und  Bronze  trocken  zu  bohren. 

Den  Arbeitsyerbrauch  berechnet  Hartig  nach  der  Formel: 

N=  No  +  eV  Pferdestärken, 
worin  ^0  wieder  den  Arbeitsverbrauch  im  Leergange,   F  das  Volumen 
des  stündlich  abgebohrten  Metallquantums  bezeichnet  und 

a  für  Gusseisen  =  0,001  +  -^-j—  Pferdestärken, 

a 

„    „    Schmiedeeisen  mit  Oel  gebohrt, 

.    0,004 
=  0,001  +  -i-r—  Pferdestärken 

a 

zu  setzen  ist  (d  =  Lochdurchmesser  in  Millimetern). 

Für  Veranschlagungen  des  Kraftbedarfs  bei  neuen  Anlagen  dürfte 
Va  bis  V4  Pferdekraft  selbst  für  ziemlich  grosse  Maschinen  genügen. 


Literatur  über  Bohrer  und  Bohrgeräthe  (Bohrmaschinen). 

Ausser  den  auf  Seite  569  gegebenen  Citaten: 

Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1857,  Nr.  3,  Jahrg.  1860,  Nr.  20,  Jahr- 
gang 1863,  Nr.  23,  Jahrg.  1866,  Nr.  14,  Jahrg.  1866,  Nr.  22. 

Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure,  Jahrg.  1871,  S.  402. 

Praktischer  Maschinenconstructeur ,  Jahrg.  1871,  S.  192,  Jahrg.  1872, 
S.  69,  84,  143,  211,  Jahrg.  1873,  S.  138,  Jahrg.  1874,  S.  95,  118, 
291,  371. 

Dingler's  polytechnisches  Journal,  Polytechnisches  Centralblatt,  Deut- 
-Bche  Industriezeitung  n.  a.  technische  Zeitschriften  in  sämmtlichen 
Jahrgängen. 


man  einen  Kanonenlauf  über  einen  Kern,  so  befinden  sich  diese  porösen  Stel- 
len ungefähr  in  der  Mitte  der  Wandstärke  des  Bobrs  und  zeigen  sich  auf  dem 
Querschnitte  als  rings  herumlaufende,  mit  grösseren  oder  kleineren  Krystallen 
angefüllte  Hohlräume.  Dieselben  sind  tun  so  gefährlicher,  da  ihre  Anwesenheit 
gar  nicht  eher  zu  entdecken  ist,  als  bis  das  Qeschütz  zersprungen  ist.  Giesst 
man  dagegen  den  Kanonenlauf  ohne  Loch ,  so  gmppiren  sich  diese  Fehlstellen 
naturgemäss  um  die  Mittellinie  des  Gussstöcks  herum  und  werden  beim  Bohren 
des  Lochs  entfernt,  während  die  Wandungen  dicht  sind. 

Auch  bei  anderen  Gussstficken  kann  der  nämliche  Umstand  Veranlassung 
sein,  einzelne  Löcher,  selbst  bei  grosssem  Durchmesser,  lieber  zu  bohren  als 
einzugiessen. 


TrenonngBarbeiUiii. 


i.    Iiangloeh-BotirapparBte. 

In  Maachinenbaaverkstfttten  ist  der  Fall  oicbt  eelten,  dau  man,  tun 
Unge  Keilnnthen  in  Wellen  einm&rbeiten ,  ein  sich  nm  aeine  Achse 
drehendes  Werkseng  beontzt,  welches  in  der  Riohtoig  der  hersnstellen- 
den  Nnth  gegen  das  ArbeitsstSck  Terscbohen  wird,  mg^eich  aber,  falls 
die  Dii&e  eines  Spans  geringer  ist  als  die  Tiefe  der  herzustellenden  Nnth, 
nach  jedem  einmaligen  Durchgänge  in  seiner  Achaenriobtnng  einen 
mckweisen  Torschul»  erb&lt,  um  einen  folgenden  Span  sn  nehmen.  Es 
treten  hier  also  zwei  Schaltbewegnngen  neben  einander  anf :  die  ononter- 
hrochen  thUige  hin-  nnd  hergehende  Bew^ong  and  die  ruckweise  gegen 
das  Arbeitsstflck.  Man  nennt  die  fCkr  diesen  Zweck  benutsten  Maschi- 
nen ihrer  Bestimmung  gemäss  Nutbenbohrmaschinen  oder  Lang- 
locbbohrmaschisen '). 

Diese  eigenthOmlicfaen  Maschinen  stehen  in  Rflckncht  anf  die  Wir- 
knngsweise  des  Werkzeugs  den  Fräsmaschinen  weit  n&her  als  den 
eigentlichen  Lochbohrmaschinen;  vom  nuucbineUen  Standpunkte  jedoch 
sind  sie  den  freistehenden  Bohrmaschinen  sehr  ähnlich,  worauf  schon  ihr 
Name  hinweist,  und  deshalb  als  besondere  Uasobinengattung  nach  den 
Bohrmaschinen  hier  zur  Beapreobang  gebracht. 

Das  Werkzeug  muss  in  Rackricht  anf  den  Umstand,  dass  es  bei 
seiner  Drehung  seitlich  schneiden,  dabei  aber  doch  auch  beföhigt  sein 
soll,  bei  der  Ruckbewegnng  in  der  Achsenricbtung  in  das  Metall  ein- 
zudringen, erheblich  anders  geformt  sein,  als  der  gewöhnliche  Bohrer. 
Die  fiblichste  Form  desselben  ist  die  des  sogenannten  Zweizahnboh- 
rers,  Fig.  D33;  oder  man  wendet  auch  wohl  eine  oylindriscbe  Fr&se  mit 
Schneiden  an  der  Stirn-  und  AnssenfltLche  an, 
welche  fflr    diesen    Zweck    Kronenbohrer    ge- 

Jnannt  wird;  und  da  ee  demselben  nicht  mSglioh 
sein  würde,  bei  der  Ruckbewegnng  in  der  Rich- 
tung seiner  Achse  in  das  Metall  vorzudringen, 
so  bohrt  man  vorher  am  Anfangs-  und  Endpunkte 
der  Nnth  ein  kreisrundes  Loch  von  der  Tiefe  der 
herzustellenden  Nnth,  in  welchem  die  Frfise  jenen 
Vorschub  in  der  Acbsenrichtung  ansfohren  kann. 
Die    Hauptbewegung    durch    Drehung    und 
die  Ruckbewegung  in  der  Acbsenrichtung  macht  bei  allen  Langlochbohr- 
moscfaineu   das  Werkzeug;  die    seitliche  Schalt bewegnng  entweder  dos 
Werkzeug  oder  der  Tisch   mit  dem  Arbeitsstücke.      In    beiden  F&llen 


>)  Die  Benutzung  eines  von  Hand  bewegten  Apparats  zum  Langlochbohren 
ist  Mlteu;  ein  ilerartigei,  dar  fHiber  beschriebenen  Bobrknarre  enteprecbendes 
Oer&th  ist  im  amtlichen  Beriobte  über  die  Wiener  Weltausstellung  im  Jabre 
1873,  Bd.  U,  8.  tOO  abgebildet  und  bescbrieben. 


Langlochbohrmaschinen.  701 

pflegt  der  Hin-  und  Hergang  durch  Scblitzkarbel  and  Schubstange  be. 
wirkt  zu  werden,  deren  ungleichförmige  Bewegung  durch  einen  der 
früher  beschriebenen  Mechanismen  (S.  564)  in  eine  gleichförmige  um- 
gewandelt wird. 

Wenn  der  Tisch  hin-  und  herbewegt  wird ,  so  ist  die  Maschine  im 
AeuBsem  einer  freistehenden  Verticalbohrmaschine  recht  ähnlich.  Die 
senkrechte  Bohrspindel  behält  ihre  Drehungsachse  unverändert  bei  und 
wird  nach  Beendigung  eines  Hin-  und  Rückganges  des  Tischs  durch  einen 
gewöhnlichen  Steuerungsmechanismus  senkrecht  geschaltet;  der  Tisch 
geht  in  horizontalen  Führungen  vor  dem  Ständer  der  Maschfne  hin 
und  her. 

Wenn  die  Spindel  alle  drei  Bewegungen  ausführen  soll  (welcher 
Fall  bei  neueren  Maschinen  der  häufigere  ist),  so  muss  der  obere  Theil 
des  Ständers  als  Schlitten  construirt  sein  und  auf  dem  untern  feststehen- 
den Theile  hin-  und  hergeführt  werden.  Eine  Langlochbohrmaschine  der 
letztern  Art  aus  der  Werkzeugmaschinenfabrik  Sazonia  in  Chemnitz  ist  in 
Fig.  534  (a.  f.  S.)  in  perspectivischer  Ansicht,  in  Fig.  535  in  der  Ansicht 
Ton  vom  bezüglich  Ansicht  gegen  die  Schaltungsmechanismen  nach  Ent- 
fernung der  sie  verdeckenden  Ständertheile  abgebildet  (letztere  Figur  in 
Vis  der  wirklichen  Grösse).  A  ist  das  feststehendö  Untertheil  der  Ma- 
schine, an  welchem  der  Tisch  mit  Prismenführungen  in  üblicher  Weise 
senkrecht  verstellbar  angebracht  ist.  Zur  Verstellung  dient  hier  eine 
Schraubenspindel  mit  Mutter,  erstere  im  Ständer  gelagert,  die  zweite  am 
Tische  befestigt,  und  das  in  Fig.  534*  ersichtliche  Handrad  bewirkt  die 
Drehung  der  Sphraube.  Ausserdem  ist  die  Tischplatte  durch  einen  glei- 
chen Mechanismus  in  der  Achsenrichtung  der  Maschine  verschiebbar. 
B  Ist  das  auf  Ä  bewegliche  Obertheil  mit  der  Bohrspindel  C  und  der 
Antriebsstufenscheihe  D.  Da  letztere  mit  dem  Obertheile  hin-  und  her- 
geht, so  verändert  sich  dadurch  in  entsprechender  Weise  ihr  Abstand 
vom  Deckenvorgelege;  die  Veränderung  ist  jedoch  relativ  zu  unbedeutend, 
um  störend  auf  die  Bewegungsübertragung  einzuwirken.  Da  die  Brei- 
tenabmessungen der  herzustellenden  Nuthen  —  abhängig  vom  Durch- 
messer des  verwendeten  Bohrers  —  in  nicht  sehr  weiten  Grenzen  ab- 
weichen können,  so  genügen  die  vier  Durchmesser  der  Stufenscheibe 
ohne  weitere  Zwischengelege  für  die  erforderliche  Veränderlichkeit  der 
Umdrehungszahl  und  die  Bewegung  wird  ohne  Weiteres  durch  die  Win- 
kelräder hc  auf  die  Hülse  <?  der  Bohrspindel  übertragen.  Die  innere 
Einrichtung  der  letztem  ist  ganz  die  nämliche  wie  bei  der  in  Fig.  531 
abgebildeten  Verticalbohrmaschine;  der  senkrechte  Vorschub  wird  durch 
die  Räder  d  e  nach  jedem  Hin-  und  Rückgange  des  Theils  B  in  der 
sogleich  zu  erörternden  Weise  auf  die  Spindel  übertragen. 

Auf  dem  hintern  Ende  der  Antriebswelle  ist  die  Stufenscheibe  E 
befestigt  und  durch  einen  Riemen  mit  der  im  Ständer  gelagerten 
grossem  Stnfenscheibe  F  in  Verbindung  gesetzt  Auf  der  Welle  von  F 
befindet  sich  die  Schnecke  /  im  Eingriffe  mit  dem  Schneckenrade  ^,  wel- 


702  TrennnngaarbeiteD. 

chflB  dnrch  eine  senkrechte,  im  St&nder  gelagerte  Welle  die  empfongene 
Bewegung  auf  die  beiden  Zahnräder  hi  fortpflanzt.  Von  diesen  ist  h 
kreisrnnd  nnd  anf  der  Welle  von  g  escentrisch  befestigt;  i  ist  ein  Ellip- 
senrad mit  dem  doppelten  Umfange  im  Theilkreise  als  h.  Anf  dem 
Rade  i  ist  in  verstellbarem  Ab*tande  vom  Mittelpunkte  die  Eorbelwarze 
Fig.  S34. 


h  befestigt  und  durch  eine  bonzontale  Schabstange  mit  denl  Sahlitten 
B  in  Verbindang  gesetzt;  derselbe  erh&lt  hierdurch  seine  bin-  und  her- 
gehende Bewegung  gemäss  der  Länge  des  veränderlichen  Enrbelhalb- 
messersi  nnd  in  Folge  des  Zusammenwirkens  der  Bäder  h  nnd  «  in  an- 
nähernd gleichförmiger  Geschwindigkeit  (vergl.  S.  564).  Ein  Soata  längs 
des  Enrbelschlitzes  dient  zur  genauen  Bestimmung  des  Hnbes.    Das  Rad  t 


LanglochbohnnaBchinen.  703 

steckt  mit  langem  Zapfen  in  der  LagerhOlse  m  und  trSgt  an  der  AuBsen- 
aeite  eines  angegossenen  Ringes,  weloher  Bich  um  die  Hülse  hemmdreht, 
eine  cnrrenfärmige  Nnth  für  die  senkrechte  Schaltang  der  Bohrspindel. 
In  dieser  Nath  gleitet  ein  am  Wiuhelhebel  o  befestigter  Mitnehmer;  die 
Ntith  ist  derartig  gestaltet,  daes  der  Mitnehmer  und  mithin  anch  der 
Fig.  535. 


linke  Hebelarm  während  einer  Umdrehung  dea  Rades  zveimal  rasch 
seines  höchsten  Stand  erreicht  und  zwar  gerade  dann,  wenn  die  Knrbel 
in  den  t-odten  Punkten  steht.  Diese  Bewegung  wird  durch  die  Schab- 
stange p  auf  den  Winkelhehel  g  übertragen ,  weloher  sich  lose  auf  der 
Schaltspindel  s  dreht  und  mit  dem  Sperrhäkchen  t  in  das  auf  3  feat- 
aitzende  Sperrrädchen  u  eingreift.  Bei  jenen  beiden  Punkten  wird  die 
Stange  p  nach  rückwärts  bewegt,  und  es  erfolgt  eine  Drehung  der  Spindel 
8;  geht  der  Mitnehmer  wieder  abwärts,  so  ist  die  Bewegung  aller  betref* 
fanden  Mechanismen  umgekehrt,  und  der  Sohalthaken  gleitet  leer  Über  die 


704  Trennungsarbeitei). 

Zähne  des  Rades  u  hinweg.  Die  Schaltbewegnng  der  Spindel  8  wird  nun 
durch  das  Räderpaar  v  Vi  auf  die  Welle  w  und  durch  die  Räder  6  d  in  der 
früher  beschriebenen  Weise  auf  die  Schraube  p  und  die  Bohrspindel 
übertragen. 

Um  der  veränderlichen  Stellung  des  Schlittens  B  bei  dieser  Schal- 
tung Rechnung  zu  tragen ,  ist  8  mit  Längsnuth  versehen  und  das  Rad  v, 
welches  von  dem  Schlitten  mitgenommen  wird,  auf  derselben  verschieb- 
bar. Wie  aus  den  Abbildungen  hervorgeht,  ist  die  Schaltspindel  8  mit 
ihrem  einen  Ende  in  einem  am  Ständer  angeschraubten  Bügel,  mit  dem 
andern  im  Schlitten  £* gelagert  und  lang  genug,  um  bei  keiner  Stellung 
des  letztem  ihre  Auflagerung  in  demselben  zu  verlieren.  Die  leere 
Zurückführung  der  Bohrspindel  nach  beendigter  Arbeit  wird  durch  das 
Handrad  z  ausgeführt,  nachdem  der  Schalthaken  zurückgeklappt  wor- 
den ist. 

Vorstehend  abgebildete  Maschine  ist  zum  Bohren  von  Langlöchem 
(Keilnuthen)  mit  30  Mm.  Breite,  200  Mm.  Länge,  150  Mm.  Tiefe  ge- 
eignet. 

Die  Geschwindigkeitsverhältnisse  der  Langlochbohrmaschinen  sind 
im  Wesentlichen  dieselben  wie  für  freistehende  Bohrmaschinen;  die  seit- 
liche Schaltung  beträgt  per  Umdrehung  0,3  bis  0,8  Mm.  Der  Arbeits- 
verbrauch würde  sich  nach  den  für  Fräsmaschinen  gegebenen  Formeln 
berechnen  lassen  und  dürfte  kaum  jemals  denWerth  einer  halben  Pferde- 
kraft übersteigen. 


Literatur  über  Langlochbohrmaschinen. 

Ausser  den  auf  S.  569  genannten  Werken: 
Zeichnungen  der  Hütte,  Jahrg.  1868,  Blatt  2. 
Wiebe,  Skizzenbuch,  Jahrg.  1872,  Hft  4. 
Armengaud,  Publication  industrielle,  Jahrg.  1866,  S.  451,  Jahrg.  1870, 

S.  483,  Jahrg.  1872,  S.  341. 


Schaber.    Reibahle.  705 


C.    Gerftthe  zum  Sohaben. 

a.    Schaber  (Schabeisen,  Schabmesser). 

Dieses  einfache  Werkzeug  besteht  in  einer'  3  bis  5  mm  starken 
Stahlklinge,  gewöhnlich  mit  etwas  gebauchter  Kante,  an  dem  einen  Ende 
in  einem  hölzernen  Hefte  befestigt.  Dasselbe  dient  dazu,  auf  der  Ober- 
fläche von  Metallstücken  kleine  Erhöhungen  durch  Schaben  mit  der 
Kante  wegzunehmen.  In  den  Werkstätten  der  Kupferschmiede  dient  es 
zum  Entfernen  des  Glühspans  von  den  fertigen  Waaren;  Zinngiesser  und 
Gelbgiesser,  Gold-  und  Silberarbeiter  gebrauchen  es,  um  profllirten  Gegen- 
ständen, welche  weder  mit  der  Feile  noch  mit  einer  Werkzeugmaschine 
sich  bearbeiten  lassen,  die  letzte  Vollendung  zu  geben;  in  Maschinen- 
fabriken wird  es  bisweilen  benutzt,  um  gehobelten  Gleitflächen  den 
höchsten  Grad  von  Genauigkeit  zu  geben,  insbesondere  den  Prismen - 
führungen  der  Werkzeugmaschinen,  und  solche  geschabten  Flächen  zeigen 
dann  dem  Beschauer  damastähnliche,  durch  das  Schaben  hervorgerufene 
Zeichnungen.  Es  ist  deshalb  fast  Mode  geworden,  solche  Zeichnungen 
auf  allen  Prismenführungsflächen  durch  oberflächliches  Schaben  anzu- 
bringen; eben  aus  diesem  Grunde  aber  ist  das  Aeussere  solcher  Flächen 
allein  noch  kein  Beweis,  dass  eine  regelrechte  Bearbeitung  mit  dem 
Schaber  stattgefunden  hat. 

Den  erwähnten  vielseitigen  Anwendungen  des  Schabers  gemäss  ist 
seine  Klinge  in  mannigfaltigen  Gestalten  und  Grössen  vertreten;  ein 
Schaber,  welcher  ebene  Flächen  bearbeiten  soll,  muss  anders  geformt 
sein,  als  ein  solcher,  welcher  im  Innern  tiefer  Hohlkörper  gebraucht 
wird,  und  wieder  anders  muss  ein  Schaber  geformt  sein,  welchen  der 
Kunstgiesser  gebraucht,  um  das  Aeussere  omamentirter  Gusswaaren  zu 
vollenden.  Es  mögen  jedoch  diese  allgemeinen  Mittheilungen  genügen, 
Zweck  und  Anwendung  des  Schabers  zu  erläutern. 

b.    Reibahle,  Räumahle,  Ausreiber. 

Dieses  Werkzeug  hat  den  Zweck,  kleinere  Löcher,  welche  bei  der 
rohen  Formgebung  oder  auch  beim  Bohren  nicht  hinreichend  genau  aus- 
gefallen sind,  durch  Schaben  nachzuarbeiten  (aufzureiben,  auszureiben, 
aufzuräumen).  Demnach  besteht  die  Reibahle  aus  einem  Stahlstäbchen 
mit  polygonalem  Querschnitte,  dessen  Kanten  sich  an  die  Innenfläche 
des  auszureibenden  Lochs  anlegen  und  bei  der  Drehung  um  die  Achse 
die  vorstehenden  Theilchen  abnehmen.  Die  Kanten  dienen  hierbei  zu- 
gleich als  Führung  des  Werkzeugs  innerhalb  des  Lochs;  es  ist  leicht 
begreiflich,  dass,  je  mehr  solcher  Kanten  vorhanden  sind  (je  grössere 


706  TrennungsarbeiteiL 

Seitenzahl  das  Polygon  besitzt),  desto  sicherer  die  Führung  ist,  desto 
stümpfer  aber  auch  der  schabende  Kanten winkel,  nnd  dass  mithin  zwar 
die  Genauigkeit  der  Arbeit  mit  der  Seitenzahl  des  Polygons  wächst,  aber 
auf  Kosten  der  Beschleanigong.  Es  wird  femer  leicht  einleuchten,  dass 
eine  angerade  Anzahl  Kanten,  bei  welcher  der  durch  eine  Kante  gelegte 
Durchmesser  nicht  ebenfalls  eine  Kante  irifft,  Yortheilhafter  für  eine 
sichere  Führung  ist  als  eine  gerade;  und  es  ist  deshalb  Begel,  den  Reib- 
ahlen eine  ungerade  Seitenzahl  (meistens  fünf)  zu  geben.  Um  nun  aber 
den  bei  grosser  Seitenzahl  sehr  stumpfen  Kanten  einen  etwas  günstigem 
Schneidewinkel  zu  verleihen,  bildet  man  gewöhnlich  die  Seiten  des 
Polygons  nicht  geradlinig,  sondern  etwas  concav  —  rinnenartig  —  aus.  Bei 
sehr  grosser  Seitenzahl  entsteht  in  weiterer  Verfolgung  dieses  Princips 
eine  geriffelte  Form  der  Reibahle,  d.  h.  auf  der  Oberfläche  eines  Gylinders 
sind  —  entweder  parallel  der  Achse  oder  auch  etwas  schraubenartig 
gewunden  —  eine  grosse  Anzahl  dreieckiger  Einkerbungen  angebracht, 
zwischen  denei>  spitzwinklige  Kanten  stehen  bleiben.  Solche  geriffelte 
Reibahlen  geben  ihrer  grossen  Zahl  verhältnissmässig  scharfer  Kanten 
halber  eine  sichere  und  rasche  Arbeit,  sind  jedoch  ihres  geschwächten 
Querschnitts  halber  eher  für  grosse  als  für  kleine  Löcher  zu  gebrauchen, 
und  in  der  Anfertigung  ziemlich  kostspielig. 

Eine  andere,  nicht  seltene  Form  der  Reibahlen  entsteht,  wenn  von 
einem  kreisförmigen  Querschnitte  zwei  kleine  Segmente  abgeschliffen 
werden,  so  dass  zwei  gerade,  unter  einem  stumpfen  Winkel  zusammen- 
stossende  Flächen  entstehen,  deren  Durchschnittslinie  eine  Kante  bildet. 
Solche  Reibahlen  wirken,  da  sie  nur  einschneidig  sind,  sehr  langsam, 
geben  aber  eine  sehr  genaue  Arbeit  in  Folge  des  Umstandes,  dass  der 
grössere  kreisförmige  Theil  des  Umfangs  ringsum  die  Führung  bildet. 

Eine  Reibahle,  deren  Kanten  der  Achse  völlig  parallel  laufen,  deren 
Form  also  prisipatisch  oder  cylindrisch  ist,  würde  nun  aber  höchstens 
im  Stande  sein,  innerhalb  eines  unrunden  Lochs  während  einer  ein- 
inaligen  Drehung  noch  Späne  abzunehmen,  bis  der  Durchmesser  des 
Lochs  an  allen  Stellen  gleich  dem  Durchmesser  der  Reibahle  ist.  Sie 
würde  völlig  unbenutzbar  sein,  wenn 'die  in  dem  Loche  vorstehenden 
Unebenheiten  stärker  sind  als  die  Dicke  eines  einzigen  Spans.  Die 
Reibahle  wird  daher  erst  brauchbar,  wenn  man  ihr  eine  solche  Form 
giebt,  dass  man  mit  Hilfe  einer  Schaltbewegung  im  Stande  ist,  an  der- 
selben Stelle  des  Lochs  mehrere  Späne  nach  einander  zu  nehmen;  und 
dieser  Zweck  wird  erreicht,  wenn  man  sie  nicht  cylindrisch  oder  pris- 
matisch, sondern  schlank  konisch  (pyramidal)  ausbildet,  das  schwächere 
Ende  zuerst  in  das  Loch  steckt  und  ihr  während  des  Drehens  einen 
allmäligen  Vorschub  in  der  Achsenrichtung  giebt.  Auf  solche  Weise  ist 
man  nicht  allein  im  Stande,  unrunde  Löcher  aUmälig  völlig  rund 
auszureiben,  sondern  auch  den  Durchmesser  runder  Löcher  auf  ein  genau 
bestimmtes  Maass  zu  erweitem,  für  welchen  Zweck  die  Reibahle  ziemlich 
häufige  Verwendung  findet.    Es  folgt  hieraus,   dass   die  Reibahle  vor- 


Schleifen.  707 

wiegend  für  dorcbgehende  Löcher  zu  benutzen  ist,  nnd  wenn  das  Loch 
genau  cylindrisch  werden  soll,  so  muss  sie  in  ihrer  ganzen  Lange  durch 
dasselbe  hindurch  gefuhrt  werden  (wobei  der  Durchmesser  desselben 
gleich  dem  grössten  Durchmesser  der  Reibahle  wird);  oder,  wo  dieses 
nicht  thunlich  ist,  muss  die  Reibahle  erst  von  dem  einen  und  dann  von 
dem  andern  Ende  des  Lochs  her  eingesteckt  werden.  Eine  möglichst 
schwache  Eonicit&t  erhöht  die  Genauigkeit  der  Arbeit  und  es  beträgt 
deshalb  derVeijüngungswinkel  selten  mehr  als  zwei  Grade.  Dagegen  muss 
beim  Ansreiben  konischer  Löcher  (z.  B.  in  Hahngehäusen)  natürlicher 
Weise  der  Seiten winkel  der  Reibahle  gleich  dem  des  Lochs  sein. 

Die  kleinsten  Reibahlen,  welche  von  Uhrmachern,  Mechanikern  u.  s.  w. 
gebraucht  werden,  sind  nicht  stärker  als  eine  feine  Nadel  und  etwa  15  mm 
lang;  die  stärksten  pflegen  nicht  über  50mm  Durchmesser  und  250mm 
Länge  zu  besitzen. 

Die  Bewegung  erfolgt  meistens  von  Hand.  Die  feinsten  Reibahlen 
stecken  in  einem  hölzernen  Hefte,  welches  zwischen  Daumen  und  Zeige- 
finger gedreht  wird;  grössere  tragen  einen  viereckigen  Zapfen,  über 
welchen  die  Brustleier  oder  Bohrkurbel  gesteckt  wird;  zur  Bewegung  der 
grössten  gebraucht  man  das  Wendeisen.  Für  eine  stetige  Anwendung 
dagegen  (z.  B.  beim  Ausreiben  der  Nadelöhre  in  Nähnadelf abriken) 
befestigt  man  sie  in  der  Spindel  einer  rasch  laufenden  Drehbank  und 
schiebt  das  Arbeitsstück  gegen  dieselbe  vor. 

0.    Geräthe  zum  Schleifen. 

Die  Arbeit,  welche  wir  Schleifen  nennen,  besteht  in  der  Abnahme 
von  Spänchen  mit  ffilfe  eines  Werkzeugs,  welches  entweder  selbst  dem 
Mineralreiche  entstammt  und  in  diesem  Falle  Schleifstein  genannt 
wird,  oder  doch  wenigstens  mit  einer  mineralischen  Substanz  überzogen 
ist^  welche  die  Spanbildung  veranlasst.  In  beiden  Fällen  beruht  die 
Wirkung  auf  dem  Vorhandensein  zählreicher,  mehr  oder  minder  scharf- 
kantiger, spitzenartiger  Vorsprünge  auf  der  Oberfläche  des  schleifenden 
Werkzeugs,  welche,  ähnlich  den  Zähnen  einer  Feile,  Späne  abtrennen, 
sobald  sie  über  die  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  hinweggeführt  und 
dabei  durch  einen  ausgeübten  Druck  gegen  dasselbe  vorgeschoben 
werden.  Solche  spitzenartige  Vorsprünge  finden  sich  auf  der  Oberfläche 
aller  Körper,  wenn  auch  oft  in  mikroskopischer  Kleinheit;  und  ein 
Schleifen  wird  deshalb  immer  stattfinden,  wenn  zwei  Körper  in  der 
beschriebenen  Weise  gegen  einander  bewegt  werden;  derjenige  aber  der 
beiden  Körper,  welcher  der  härtere  ist,  wird  auf  den  andern  kräftiger 
einwirken  und  dabei  selbst  weniger  Einbusse  an  Material  Erleiden.  Daher 
ist  es  im  Allgemeinen  Regel,  dass  das  schleifende  Werkzeug  härter  sei 
als  das  Arbeitsstück,  nur  für  sehr  feine  Arbeiten  findet  auch  bisweilen 
das  umgekehrte  Verhältniss  statt. 

45* 


708  TrennongsarbeiteD. 

Neben  der  Härte  des  schleifenden  Werkseogs  beeinfloflaen  die  Form 
and  Grosse  der  vorstehenden  Spitzen  den  Verlauf  der  Arbeit  Dieselben 
sind  onregelmiSBig,  mehr  oder  weniger  schsrikantig  geformt  nnd  wirken 
demnach  entweder  achneidend  oder  schabend.  Je  scharfkantiger  nnd 
grösser  die  Spitzen,  je  weiter  ihre  Abstände  Ton  einander  sind,  'desto 
grossere  Spänchen  können  genommen  werden,  desto  rascher  geht  die 
Arbeit  vorwärts,  aber  desto  sichtbarer  hinterbleiben  anch  die  Spnren 
jeder  Spitze  auf  der  Oberfläche  des  Arbeitsstacks.  Daher  ist  es,  wenn 
eine  grössere  Yollkommenheit  der  Arbeit  erreicht  werden  soll,  aach  hier 
erforderlich^  &af  das  anfangliche  Schroppen  mit  groberm  Schleifmateriale 
ein  Schlichten  mit  immer  feiner  werdendem  folgen  sa  lassen,  am  die 
Sparen  des  Schroppens  za  vertilgen;  and  da  der  mineralische  Ursprong 
der  Schleifmaterialien  es  ermöglicht,  jenen  Grad  der  Feinheit  in  einem 
Maasse  aoszadehnen,  dass  die  wirksamen  Schneidkanten  kaom  noch  dem 
Geföhle  der  Hand  and  dem  scharf  bewaffneten  Ange  erkennbar  sind,  so 
ist  man  im  Stande,  dorch  Schleifen  Erfolge  hinsichtlich  der  äussern 
Yollendong  der  Oberflächen  za  erreichen,  welche  die  mit  anderen  Werk- 
zeagen  erlangten  weit  ftberragen. 

Als  ein  dritter  Factor  ffir  die  Wirkung  des  Schleifens  tritt  die 
Geschwindigkeit  der  Bewegung  aof.  Erfahrnngsmässig  kann  eine  gerin- 
gere Härte  eines  schleifenden  Werkzeugs  durch  grössere  Geschwindigkeit 
theilweise  ersetzt  werden;  je  rascher  aber  die  Haupibewegung  und  je 
weniger  hart  das  Werkzengmaterial  ist,  desto  schwächer  muss  för  eine 
gleiche  quantitative  Leistung  der  ausgeübte  Druck  zwischen  Werkzeug 
und  Arbeitsstück  genommen  werden,  desto  feinere  Spänchen  werden 
mithin  entfallen,  desto  voUkommnere  Arbeit  wird  erreicht.  Deshalb 
giebt  man  ffir  Schleifarbeiten,  welche  feinen  MetaUgegenständen  ihre 
letzte  Vollendung  geben  sollen,  Bewegungsgesch windigkeiten  von  15  m 
bis  30  m  pro  Secunde;  beim  Anschleifen  der  Spitzen  von  Nähnadeln 
sogar  bis  45  m  pro  Secunde. 

Die  Hauptbewegung  beim  Schleifen  wird  meistens  durch  das  Werk- 
zeug ausgeffihrt,  welches  in  diesem  Falle  scheibenförmige  Gestalt  zu 
besitzen  pflegt  und  um  seine  Achse  gedreht  wird.  Das  Schleifen  erfolgt 
dann  gewöhnlich  an  dem  oylindrischen  oder  ffir  Specialzwecke  auch  wohl 
profilirtem  Mantel  der  Scheibe,  und  die  Drehungsachse  liegt  hierbei 
horizontal;  nur  beim  Schleifen  grosser  ebener  Flächen  benutzt  man 
bisweilen  die  geraden  Seitenflächen  der  Scheiben,  legt  sie  hierbei  hori- 
zontal und  die  Drehungsachse  vertical.  Der  Durchmesser  solcher  scheiben- 
förmiger Schleifgeräthe  (Drehsteine,  Schleifscheiben)  beträgt  50  bis 
3000  mm,  ihre  Dicke  6  bis  300  mm.  Die  Bewegung  erfolgt  entweder 
von  Hand  oder  weit  häufiger  durch  Elementarkraft.  Die  Anzahl  der 
Umdrehungen  pflegt  bei  grossen  und  groben  Schleifsteinen  nicht  mehr 
als  80  bis  90  pro  Minute  zu  betragen  und  steigt  bei  feinen  zur  Errei- 
chung der  oben  mitgetheilten  bedeutenden  Umfangsgeschwindigkeit  bis 
auf  4000  pro  Minute. 


Schleifen,  Poliren.  709 

In  der  Mitte  besitzen  die  meisten  Schleifsteine  oder  Schleifscheiben 
ein  quadratisches  durchgehendes  Loch,  um  mittelst  desselben  auf  die 
eiserne  Achse  übergeschoben  und  durch  Holzkeile  befestigt  werden  zu 
können.  Da  jedoch  solche  Holzkeile  immerhin  das  Bestreben  haben,  den 
Stein  aus  einander  zu  treiben,  insbesondere,  wenn  jsie  nass  werden  und 
der  Stein  rasch  umläuft,  so  ist  es  insbesondere  bei  grösseren,  kostspieligeren 
Steinen  im  Allgemeinen  rathsamer,  den  Stein  mit  runder  Oeffhung  auf 
einer  ebenfalls  runden  Achse  zu  befestigen,  indem  man  denselben  zwi- 
schen zwei  auf  der  Achse  befindlichen  Scheiben  einklemmt,  deren  eine 
festsitzt  und  deren  andere  entweder  durch  eine  Schraubenmutter  gegen 
den  Stein  gepresst  wird  oder  auch  mit  der  ersten  Scheibe  durch  Schrauben- 
bolzen  verbunden  ist,  welche  durch  Oeffnungen  im  Steine  hindurch- 
gesteckt sind. 

Mit  der  Geschwindigkeit  der  umlaufenden  Scheibe  wächst  die  Ge- 
fahr eines  Zerreissens  derselben  durch  die  Centrifugalkrafk;  und  da  durch 
die  beim  Zerreissen  umhergeschleuderten  Trümmer  grosse  Verwüstungen 
angerichtet  und  Menschenleben  bedroht  werden  können,  so  darf  man 
niemals  versäumen,  Schutzvorrichtungen  anzubringen,  um  diese  Gefahr 
wenigstens  thunlichst  zu  verringern.  Als  solche  Schutzvorrichtung  dient 
ein  starker  hölzerner  Kasten,  welcher  den  Stein  einschliesst,  mit  umge- 
legten schmiedeeisernen  Ankern  oder  Ketten  verstärkt  ist  und  nur  dort 
eine  schmale  Oeffnung  frei  lässt,  wo  das  Arbeitsstück  mit  der  Scheibe  in 
Berührung  gebracht  werden  soll. 

Die  Bewegung  der  Scheibenachse  wird  bei  aUen  durch  Elementar- 
kraft getriebenen  Schleifsteinen  durch  eine  auf  der  Achse  befestigte 
Riemenscheibe  von  der  Transmissionswelle  aus  übertragen;  bei  den  durch 
Menschenkraffc  bewegten  entweder  von  einer  auf  der  Achse  aufgesteckten 
Handkurbel  oder  von  einem  Trittbrette  aus  durch  Schubstange  mit  Kur- 
bel und  einem  Schnurscheibenpaare  auf  jene  übertragen. 

Wenn  das  Arbeitsstück  die  Hauptbewegung  macht,  so  besteht  die- 
selbe meistens  in  einem  Hin-  uud  Herführen  desselben  von  Hand  auf 
der  geradlinigen  Fläche  des  Werkzeugs  (dem  Handschleifsteine);  cylin- 
drische  Arbeitsstücke  werden  um  ihre  Achse  gedreht  (wozu  eine  Dreh- 
bank benutzt  werden  kann),  z.  B.  glatte  Eisengusswalzen. 

Sofern  das  Schleifen  bis  zu  einem  solchen  Grade  der  Feinheit  fort- 
gesetzt wird,  dass  glatte,  spiegelnde  Flächen  entstehen  —  ein  Verfahren, 
welches  weniger  häufig  die  Erzielung  einer  voUendeten  Form  als  eines 
dem  Auge  gefälligen  Aeussem  zum  Zwecke  hat  — ,  wird  es  Poliren 
genannt. 

Wenn  das  zum  Schleifen  dienende  Werkzeug  nicht  aus  einem 
eigentlichen  Schleifsteine  besteht,  sondern  nur  mit  einem  Ueberzuge  aus 
der  schleifenden  Masse  versehen  ist,  so  pflegt  in  den  meisteif  Fällen  Holz 
das  Material  des  Werkzeugs  zu  bilden.  Sofern  das  letztere  Scheibenform 
besitzt  und  um  seine  Achse  gedreht  wird,  muss  auf  die  Neigung  des 
Holzes,  sich  krumm  zu  ziehen,  und  auf  die  Wirkung  der  Centrifugalkraft 


710  Treimungsarbeiten. 

Rücksicht  genommen  werden;  es  darf  demnach  eine  solche  Scheibe  nicht 
aus  einem  einzigen  Stücke  Holz  gefertigt,  sondern  moss  ans  Segmeni- 
stücken  zosammengesetzt  werden,  deren  Fasemrichtnngen  sich  kreuzen. 
Bisweilen  wird  das  hölzerne  Werkzeug  zunächst  mit  einem  Ueberzuge 
aus  Leder  oder  auch  aus  Blei  versehen,  bevor  die  eigentliche  Schleifmasse 
aufgebracht  wird. 

Das  Schleifen  geschieht  theils  trocken  theils  mit  Wasser  oder  OeL 
Das  Trockenschleifen  fordert  am  raschesten  die  Arbeit,  giebt  aber  — 
wenigstens  bei  den  gröberen  Schleifsteinen  —  eine  weniger  saubere  Ober- 
fläche, verursacht  eine  oft  bedeutende  Erhitzung  der  Arbeitsstücke 
(welche  bei  schon  gehärteten  Stahlwaaren  nachtheilig  einwirken  kann) 
und  wirkt  durch  den  entstehenden  und  in  der  Luft  vertheilten  Schleif- 
staub ungemein  lästig  und  gesundheitsnachtheilig  für  die  Arbeiter,  wenn 
'nicht  für  eine  kräftige  Ventilation  in  den  Arbeitsräumen  gesorgt  ist. 

Beim  Schleifen  mit  Wasser  fallt  die  Arbeit  sauberer  aus,  geht  aber 
etwas  langsamer  von  Statten,  beides  in  Folge  des  Umstandes,  dass  der 
Schleifstaub  durch  das  Wasser  Bindekraft  erhält  und  sich  an  die  schlei- 
fenden Kanten  des  Werkzeugs  anlegt.  Die  Erhitzung  der  Arbeitsstücke 
und  Belästigung  der  Arbeiter  fallt  weg;  dagegen  lässt  sich  Wasser  in 
solchen  Fällen  nicht  anwenden,  wo  ein  schnelles  Rosten  feiner  eiserner 
oder  stählerner  Arbeitsstücke  zu  befürchten  ist  (z.  B.  beim  Schleifen  von 
Nähnadeln). 

Beim  Schleifen  mit  Oel  entsteht  eine  noch  zähere  Masse  durch  die 
Vermischung  des  Oels  mit  dem  Schleifstaube  als  beim  Schleifen  mit 
Wasser;  das  Schleifen  geht  langsamer  vor  sich,  giebt  aber  einen  noch 
hohem  Orad  der  Vollkommenheit,  und  es  wird  die  Gefahr  des  Röstens 
vermieden. 

Die  wichtigsten  zum  Schleifen  und  zur  Anfertigung  der  Schleif- 
steine dienenden  Materialien  sind  folgende: 

Sandstein.  Derselbe  wird  vorwiegend  zu  Drehsteinen  verarbeitet, 
die  feinsten  Arten  desselben  dienen  jedoch  auch  als  Handschleifsteine. 
Feiner  Flusssand  dient  in  Pulverform  als  Ueberzug  von  Lederscheiben 
beim  Schleifen  und  Putzen  feiner  Metallwaaren. 

Granit  wird  zu  Drehsteinen  der  gröbsten  Sorte  verarbeitet. 

Thonschiefen  Verschiedene  Arten  desselben  geben  ein  vorsüg- 
liebes  Material  für  Handschloifsteine  (sächsischer  grüner  Oelstein  zum 
Schleifen  mit  Oel;  Messingschleifstein  sum  Schleifen  mit  Wasser). 

Bimsstein.  Derselbe  dient  theils  im  festen  Zustande  zum  Abreiben 
der  Oberflächen  der  Metallstücke  —  trocken  oder  mit  Wasser  — ,  theils 
in  pulverförmigem  Zustande  als  Ueberzug. 

Dolomit;  kommt  in  einer  feinkörnigen,  mit  Kieselerde  durchdrun- 
genen Varietät  unter  dem  Namen  türkischer  oder  levantinischer  Schleif- 
stein (Oelstein)  in  den  Handel,  und  dient  vorzugsweise  zum  Schleifen 
schneidender  Werkzeuge  mit  Oel. 


Schleifen,  Poliren.  711 

SchmirgeL  Derselbe  bildet  eins  der  vorzüglichsten  Schleifmitteli 
wenn  es  sich  am  die  letzte  Vollendung  der  Metallwaaren  handelt. 
Ursprünglich  versteht  man  bekanntlich  unter  dem  Ausdrucke  Schmirgel 
eine  eisenhaltige  Varietät  des  Korunds  von  kömigem  Oefüge  und  ausser- 
ordentlicher Härte.  Derselbe  findet  sich  in  grösseren  Mengen  und  vor- 
züglicher Qualität  auf  Naxos,  Ikaria,  bei  Ephesus,  in  Ostindien.  Wegen 
der  Kostspieligkeit  dieses  eigentlichen  Schmirgels  benutzt  man  jedoch 
auch  unter  derselben  Bezeichnung  vielfach  ein  pulverförmiges  Gemenge 
von  Eisenglanz  und  Quarz,  Granatsand,  Zirkonsand  und  ähnliche  Surro- 
gate zum  Schleifen,  wenn  auch  mit  weit  weniger  gutem  Erfolge  als  den 
echten  Schmirgel. 

Bei  dem  Gebrauche  wird  der  Schmirgel  entweder  vermittelst  eines 
geeigneten  Bindemittels  zu  einem  festen  Schleiüsteine  (Drehsteine  oder 
Handschleifsteine)  geformt;  oder  er  wird  als  Ueberzug  auf  eine  hölzerne 
Drehscheibe  (Schmirgelscheibe)  aufgetragen  und  hierbei  gleichfaUs  durch 
ein  Bindemittol  auf  derselben  in  entsprechend  starker  Schicht  befestigt ; 
oder  er  wird  in  t^ulverform  mit  Oel  verwendet  und  hierbei  gewöhnlich 
mit  Hilfe  eines  Holzstabes  (Schmirgelholz,  Schmirgelfeile),  auf  Eisen 
aus  Eichenholz,  auf  Messing  aus  Lindenholz,  auf  der  Oberfläche  des 
Metallstücks  hin-  und  hergerieben.  Als  das  erwähnte  Bindemittel  fUr 
Anfertigung  von  Schmirgelsteinen  dient  Tischlerleim,  Schellack,  Wasser- 
glas, feuerfester  Thon,  mit  dem  Schmirgel  gemengt  und  gebrannt;  u.  a. 

Die  Benutzung  der  Schmirgelsteine  geschieht  meistens  trocken. 

Da  der  Schmirgel  in  sehr  verschiedener  Korngrösse  vorkommt  und 
sortirt  wird,  so  ist  man  im  Stande,  mit  Hilfe  desselben  die  mannigfaltigsten 
Feinheitsgrade  des  Schliffs  hervorzubringen;  und  in  Folge  dieses  Um- 
standes  bildet  er  ein  unersetzliche^  Material  bei  Herstellung  feinerer 
Metallarbeiten. 

Erwähnung  verdient  die  Art  und  Weise,  wie  ein  genaues  Auf- 
einanderschliessen  zweier  Metallflächen .  durch  Anwendung  des  Schmir- 
gels (Schmirgeln)  erreicht  wird.  Man  streicht  etwas  Oel  und  feinen 
Schmirgel  zwischen  beide  Flächen  und  reibt  oder  dreht  sie  dann  so  lange 
auf  einander,  .bis  vollständig  dichter  Abschluss  erreicht  ist.  In  solcher 
Weise  wird  ein  Hahn  im  Hahngehäuse,  ein  Ventil  auf  dem  Ventilsitze, 
zwei  ebene  Platten  auf  einander  ein-  oder  aufgeschmirgelt. 

Mehr  zu  einer  mechanischen  Reinigung  der  Oberfläche  als  zu  einer 
eigentlichen  Formveränderung  benutzt  man  Schmirgelpapier  oder 
Schmirgelleinen,  Papier-  oder  Leinwandstücke,  welche  mit  Hilfe  von 
Tischlerleim  einen  Schmirgelüberzug  erhalten  haben. 

Die  letzte  Vollendung  der  feingeschliffenen  Arbeitsstücke  —  die 
Politur  —  wird  ihnen  stets  durch  pulverformige  Substanzen  ertheilt, 
welche  auf  Holz,  Leder  oder  Füz  aufgetragen  werden.  Auch  hierbei 
pflegen  verschiedene,  immer  feinere  Polirmittel  nach  einander  ange- 
wendet zu  werden. 


712  Trennungsarbeiten. 

Gebräuchliche  Pi^irpalver  sind  folgende: 

Gebrannter,  ungelöschter  Kalk,  möglichst  rein  und  frei  von  ein- 
geineogten  fremden  Bestandtheilen  (Wiener  Kalk  oder  Wiener  Patz- 
pulver).  Derselbe  wird  auf  Messing  mit  Gel,  auf  Stahl  und  Eisen  mit 
Spiritus  angewendet. 

Eisenoxyd,  auf  chemischem  Wege  aus  Eisenvitriol  oder  aus  klee- 
saurem Eisenoxydul  dargestellt  oder  f&r  weniger  feine  Arbeiten  durch 
Pulvern  von  Rotheisenerzen  gewonnen  und  unter  verschiedenen  Benen- 
nungen: Polirroth,  Englisch  Roth,  Pariser  Roth,  u.  a.  in  den  Handel 
gebracht.  Dasselbe  giebt  auf  Stahl,  Messing  und  anderen  Metallen  einen 
vorzüglichen  Glanz  und  wird  mit  Gel  oder  Spiritus  aufgetragen. 

Zinnasche  (Zinnoxyd),  Schlämmkreide,  Knochenasche  wer- 
den in  ähnlicher  Weise  gebraucht 

Tripel,  bestehend  aus  natürlich  vorkommenden,  mineralischen 
Pulvern,  durch  vei*schieden6  Naturereignisse  gebildet  und  deshalb  anch 
verschieden  in  ihrer  Bescha£Fenheit  und  Zusammensetzung.  Derselbe 
wird  mit  Gel  zum  Poliren  von  Gold,  Silber,  Messing  etc.  gebraucht. 

Die  Verarbeitung  der  Metalle  durch  Schleifen  zeichnet  sich  eines- 
theils,  wie  schon  erwähnt  wurde,  dadurch  aus,  dass  man  eine  Vollendung 
der  Form  und  des  Aeussern  damit  erreichen  kann,  wie  kein  anderes 
Werkzeug  sie  zu  schaffen  im  Stande  ist;  sie  gewährt  aber  auch  den 
andern  Vortheil,  dass,  sofern  es  sich  nur  um  eine  oberflächliche  Ab- 
nahme von  Spänen  an  einfach  gegliederten  Körpern  handelt,  sie  meistens 
billiger  auszufuhren  ist  als  die  gleiche  Arbeit  mit  Hilfe  der  Feile  oder 
eines  andern  Werkzeugs.  Aus  diesem  Grunde  ist  z.  6.  ein  grösserer 
durch  Elementarkraft  getriebener  Schleifstein  eine  höchst  nützliche  Ma- 
schine in  Eisengiessereien  zum  Nacharbeiten  derjenigen  Stellen  an  Guss- 
waaren,  wo  Eingüsse  gesessen  hatten,  Grat  oder  Fehlstellen  entstanden 
waren  u.  s.  w. 

Verbindet  man  eine  rotirende  Schmirgelscheibe  mit  einer  Maschine, 
welche  in  geeigneter  Weise  einen  Vorschub  des  Arbeitsstücks  bewirkt 
(Schleifmaschine),  so  lassen  sich  Arbeiten  damit  ausführen,  die  in  anderer 
Weise  oft  nur  mühsam  mit  der  Feile  möglich  sein  würden.  Solche 
Schleifmaschinen  mit  selbstthätigem  Vorschübe,  die  im  Aeussern  einer 
Fräsmaschine  ähnlich  zu  sein  pflegen,  finden  besonders  in  Nordamerika, 
wie  die  Weltausstellung  zu  Philadelphia  zeigte,  für  zahlreiche  Zwecke 
eine  nützliche  Verwendung:  bei  der  Anfertigung  von  landwirthschaft- 
lichen  Maschinen,  Feuerwaffen,  Nähmaschinen,  Schlössern,  zum  Schleifen 
von  Werkzeugen  aller  Art,  u.  s.  f. 

H artig  berechnet  den  Arbeitsverbrauch  grosser  grobkörniger 
Schleifsteine  nach  der  Formel 

N  =  0,0264  -^  ^  +  f*  ^5-  Pferdestärken, 
worin : 


Schleifen,  Poliren.  713 

D  den  SteindurclimesBer  in  Metern, 
V  die  Umfangsgeschwindigkeit  per  Secunde  in  Metern, 
P  den  Druck  des  Arbeitsstücks  g^gQi^  den  Schleifstein  in  Kilogrammen, 
fi  den  Reibungscoefficienten  zwischen  Stein  und  Arbeitsstück  bezeich- 
net, für  welchen  zu  setzen  ist 

bei  OuBseisen 0,22, 

„   Stahl 0,29, 

„    Schmiedeeisen 0,44. 

Für  feinkörnige  Schleifsteine  (z.  B.  beim  Anschleifen  von  Werk- 
zeugstahlen)  soll  man 

N=  0,16  +  0,056  VDJ^ik'^  Pferdestärken 

und 

fi  für  GuBseisen =  0,72, 

„    Stahl =0,94, 

„    Schmiedeeisen =  1,00 

setzen. 

Für  die  meisten  Fälle  der  Praxis  dürften  2  bis  3  Pferdestärken  fär 
den  Betrieb  eines  grossen  grobkörnigen  Schleifsteins,  Vi  ^^'^  ^  Pferde- 
stärke für  den  Betrieb  eines  kleinen  SchleÜsteins  genügen. 


Literatur  über  Schleifen,  Schmirgeln,  Poliren. 

Earmarsch-Hartig,  Technologie,  5.  Auflage,  1.  Band,  S.  341  und  414. 

Deutsche  Industriezeitung,  Jahrgang  1870,  S.  44. 

Dingler's  polyt.  Journal,  Bd.  212,  S.  388  und  Bd.  213,  S.  24  (Schmir- 
gelscheiben und  Schleifmaschinen  der'  Tanite  Company  in 
Stroudsburg  in  Nordamerika),  mit  Abbildungen. 

Wencelides,  ELilfsmaschinen  und  Werkzeuge,  S.  136  bis  169,  enthält 
einen  sehr  lesenswerthen  Bericht  über  die  Verwendung  des  Schleif- 
steins in  Amerika  zu  den  verschiedenartigsten  Zwecken  und  die 
Einrichtung  der  in  Philadelphia  ausgestellt  gewesenen  Schleif- 
maschinen. 


n.    Biegtings-  und  DehnimgsarbeiteiL 

Die  hierher  gehörigen  Arbeiten  beruhen  auf  Aenderongen  in  der 
Lage  der  Molecüle  der  Arbeitastücke  ohne  Trennung,  dorch  Ein- 
wirkung von  äusseren  Kräften  (Druck,  Stoss  etc.)  henrorgerofen.  Die 
physikalischen  Vorgänge  hierbei  sind  demnach  genau  die  nämlichen, 
welche  schon  bei  der  rohen  Pormgebung  aof  S.  323  ff.  ausführlich  be- 
sprochen wurden;  die  wichtigsten  Arbeitseigenschaften  sind  auch  hier 
Dehnbarkeit,  Zähigkeit  und  Härte;  auch  die  hierbei  zur  Verwendung 
kommenden  Geräthe  entsprechen  zum  grossen  Theile  den  fär  die  erste 
Formgebung  durch  äussere  Kräfte  bestimmten  und  oben  ausf&hrlich 
beschriebenen  Vorrichtungen.  Der  wesentlichste  Unterschied  dieser  Ar- 
beiten Ton  jenen  schon  besprochenen  beruht  in  dem  umstände,  dass  der 
Hauptzweck  jener  eine  Veränderung  der  Querschnitte,  eine  Umgestaltung 
eines  rohen  Metallblocks  in  ein  Arbeitsstück  mit  bestimmten  Abmessungen 
war,  während  bei  diesen  eine  Querschnittsreränderung,  wo  sie  auftritt, 
unwesentlich  ist  und  nur  als  unvermeidliche  Folge  der  filr  die  Formver- 
änderung  nöthigen  Arbeiten  erscheint.  Vom  rein  technologischen  Stand- 
punkte aus  hätten  beide  Gattungen  yon  Arbeiten  gemeinsam  besprochen 
werden  können;  der  Grund,  sie  zu  trennen,  lag  in  dem  Wunsche  des 
Verfassers,  diejenigen  Verfahrungsweisen,  aus  welchen  endlich  das  in 
seiner  Form  vollendete  Gebrauchsstück  hervorgeht,  als  eine  neue  Stufe 
in  der  Aufeinanderfolge  aller  für  die  Anfertigung  aufgewendeten  Ar- 
beiten zu  kennzeichnen  und  demgemäss  in  der  Beschreibung  auch  örtlich 
von  denjenigen  zu  trennen,  deren  Ergebnisse  erst  Zwischenproducte  für 
die  fernere  Bearbeitung  sind. 

Da  mithin  die  hier  zu  besprechenden  Vorgänge  häufig  nur  auf  einer 
geänderten  Anwendung  schon  früher  beschriebener  Werkzeuge  und  Ma- 
schinen beruhen,  so  sollen  abweichend  von  dem  bisher  befolgten  Systeme 
nicht  sowohl  jene  formgebenden  Apparate,  sondern  die  Arbeiten  selbst 
als  Ausgangspunkte  der  Beschreibung  gewählt  werden. 

a.    Das  Biegen. 

Auf  Seite  323  wurde  der  Vorgang  des  Biegens  als  diejenige  Aende- 
rung  in  der  Lagerung  zweier  benachbarter  Molecüle  eines  Körpers  be- 
zeichnet, bei  welcher  unter  dem  Einflüsse  einer  mechanischen  Kraft  eine 


Biegen. 


715 


VerBchiebimg  des  einen  Molecüls  ohne  Nähemng  oder  Entfernung  gegen 
das  andere  eintritt.  Genau  in  dieser  Weise  kann  jedoch  Biegang  nur 
innerhalb  einer  einzigen  Fläche  oder  Molecülschicht  stattfinden,  welche 
den  gebogenen  Körper  in  zwei  Hälften  theilt,  und  die  neutrale  Faser 
genannt  wird;  auf  der  einen  Seite  derselben  wird  Näherung  der  Mole- 
cüle  —  Stauchung  —  eintreten,  auf  der  entgegengesetzten  Seite  Ent- 
fernung der  Molecüle  —  Streckung.  Dementsprechend  wird  die  eine 
Hälfte  eines  jeden  gegen  die  neutrale  Faser  rechtwinklig  stehenden 
Querschnitts  des  gebogenen  Theils  eine  Yergrösserung  durch  Anhäufung 
von  Material,  die  andere  Hälfte  eine  Schwächung  durch  Ausdehnung  des 
Materials  in  der  Längenrichtung  erfahren.  Je  dicker  der  Querschnitt  ist, 
d.  h.  je  grösser  die  Entfernung  von  der  neutralen  Faser  an  den  Umfang, 
desto  grösser  wird  diese  Querschnittsveränderung  sein  und  desto  grösser 
ist  die  Gefahr  für  Zerreissen  oder  Zerdrücken. 

Die  Mechanik  lehrt  uns,  dass,  wenn  auf  das  freie  Ende  eines  an  dem 
andern  Ende  aufliegenden  Stabes  oder  auf  die  Mitte  eines  an  beiden 
Enden  aufliegenden  Stabes  eine  Kraft  wirkt,  eine  Biegung  nach  einer 
Curve  stattfindet,  deren  Krümmungshalbmesser  umgekehrt  proportional  der 
Kraftintensität  ist.  Diese  Biegung  ist  selbstverständlich  bleibend,  sobald 
die  Elasticitätsgrenzö  des  Körpers  überschritten  worden  ist.  Wenn  nun 
nach  einer  einmaligen  Biegung  um  ein  bestimmtes  Maass  das  Arbeits- 
stück in  eine  geänderte  Lage  gebracht  wird,  einen  Vorschub  erhält,  so 
lassen  sich  durch  das  Aneinanderreihen  mehrerer  solcher  Biej^ngen 
Curyen  hervorbringen,  welche,  sobald  der  Krümmungshalbmesser  aller 
einzelnen  Biegungen  derselbe  ist,  als  Kreislinien  erscheinen  und  dem 
gebogenen  Körper  Cylinderform  geben.    Fig.  636  wird  diesen  allmäligen 


Fig.  536. 


Vorschub  des  Arbeitsstücks  und  die  fortschrei- 
tende Biegung  unter  dem  Einflüsse  der  in  der 
Pfeilrichtung  thätigen  Kraft  veranschaulichen. 
Offenbar  lässt  sich  aber  ein  gleicher  Erfolg, 
und  zwar  in  sichererer  Weise  erreichen,  wenn 
man  das  Maass  der  Biegung  durch  eine  Unter- 
lage (Schablone,  Modell,  Gesenk,  Matrize)  be- 
grenzt, deren  Umriss  genau  dem  Proflle  des 
gebogenen  Gegenstandes  entspricht,  und  nun 
die  Biegung  durch  eine  Kraft  ausführen  lässt, 
welche  das  Arbeitsstück  zwingt,  sich  genau 
an  die  vorhandene  Unterlage  anzulegen. 
Leichter  ist  ein  solches.  Verfahren  aus  dem 
Grunde,  weil  hier  das  Maass  der  biegenden 
Kraft  nicht  mehr  so  streng  als  bei  dem  zuerst 
erwähnten  Verfahren  bemessen  zu  werden  braucht,  um  eine  bestimmte 
Biegung  hervorzubringen;  eine  jede  Kraft  ist  benutzbar,  sobald  sie  aus- 
reicht, den  Körper  um  die  Unterläge  herumzubiegen,  und  ein  etwaiger 
geringer  Ueberschuss  derselben  wird  von  der  Unterlage  aufgenommen. 


716  Biegungs-  und  Dehnungsarbeiten. 

Daher  ist  die  Anwendimg  solcher  Unterlagen  in  allen  dexyenigen  Fällen 
von  Vortheil,  wo  eine  grössere  Anzahl  gleicher  Gegenstande  gefertigt 
werden  soll;  und  die  sämmtlichen  maschinellen  Vorrichtungen  zum 
Biegen  beruhen  auf  Anwendung  derselben. 

Das  einfachste  zum  Biegen  dien'ende  (reräth  ist  der  Hammer, 
und  der  einÜBushste  Fall  der  schon  auf  Seite  465  besprochene,  wenn  ein 
Schmied  ein  glühendes  Stück  Eisen  um  das  Hom  des  Amboses  biegt 
Ebenso  ist  das  Sperrhom  ein  häufig  benutztes  Geräth  zum  Biegen  von 
Metallstaben  und  Blechen  im  heissen  und  kalten  Zustande.  Kehrt  jedoch 
die  nämliche  Biegung  häufig  wieder,  so  wird  man  ein  Hilfsgeräth  der 
soeben  beschriebenen  Art  anwenden.  So  z.  B.  gebraucht  der  Schlosser, 
um  aus  dünnem  Eisenbleche  Röhren  (für  Stubenöfen)  zu  biegen,  einen 
„Dorn",  d.  h.  cylindrischen  Eisenstab  von  dem  Durchmesser,  welchen  das 
Rohr  erhalten  soll,  und  klopft  das  Blech  um  denselben  herum.  Da  eine 
Streckung  des  Metalls  beim  Biegen  nicht  beabsichtigt  wird,  gebraucht 
man  leichte  Hämmer  —  Holzhämmer  für  manche  Zwecke  — ,  deren 
Schlagwirkung  ausreicht  die  Biegung  zu  bewirken,  ohne  eine  gleichzeitige 
Querschnittsyerdünnung  hervorzurufen. 

In  den  Werkstätten  der  Klempner,  bei  denen  überhaupt  die  Biß- 
gungsarbeiten  eine  grosse  Rolle  spielen,  bedient  man  sich  öfters  eines 
Amboses,  dessen  schmale  Bahn  von  halbrunden  Querfurchen  durchschnitten 
ist,  und  eines  Hammers  mit  entsprechend  geformter  Finne,  um  schmale 
rinneniormige  Biegungen  an  Blechstücken  hervorzubringen.  I)a  man 
solche  schmale  halbrunde  Rinnen  Sicken  oder  Sieken  nennt,  heisst 
ein  derartiger  Ambos  Sickenstock  und  der  zagehörige  Hammer, 
welcher  zwei  Finnen  von  verschiedener  Breite  zu  besitzen  pflegt, 
Sickenhammer.  Sollen  dagegen  scharfkantige  Umbiegungen  vorge- 
nommen werden,  so  benutzt  man  das  Umschlageisen,  welches  eine 
nach  oben  gerichtete  schmale,  geradlinige  oder  auch  gekrümmte  Kante 
trägt;  um  endlich  einen  Rand  (Bord)  rechtwinklig  aufzubiegen  (z.  B.  an 
dem  Boden  eines  cylindrischen  Blechgefasses),  dient  das  Bördeleisen, 
ähnlich  dem  Umschlageisen,  aber  stets  mit  gekrümmter  und  weniger 
scharfer  Kante,  deren  eine  Begrenzungsfiäche  senkrecht  abfallt  Fig.  537 
stellt  einen  Sickenstock,  Fig.  538  ein  Umschlageisen,  Fig.  539  ein  Bördel- 
eisen mit  theils  gerader,  theils  gekrümmter  Kante  dar. 

Da  zufolge  der  oben  entwickelten  Theorie  des  Biegens  vorzugsweise 
Arbeitsstücke  mit  schwachen  Querschnitten  gebogen  werden,  so  genügt 
der  Handhammer  zur  Ausführung  dieser  Arbeit,  und  ein  Ersatz  desselben 
durch  Maschinenhämmer  würde  in  Rücksicht  auf  den  geringen  Aufwand 
an  zu  leistender  Arbeit  meistens  zwecklos  sein.  Je  länger  aber  die  zu 
bewirkende  Biegung  ist,  desto  weniger  zweckmässig  erscheint  die  An* 
Wendung  des  Hammers  überhaupt,  denn  desto  mehr  einzelner  Hammer- 
schläge sind  erforderlich,  um  nach  und  nach  die  Biegung  in  der  ganzen 
Längenansdehnung  zu  vollbringen.  Es  treten  also  in  diesem  Falle  jene 
■laschineUen  Apparate  als  geeigneter  in  den  Vordergrund,  welche  ent- 


Biegtnaschinen.  717 

weder  durch  einen  einzigen  mbigen,  anf  die  ganze  za  biegende  Fläche 
einwirkenden  Dmck    die  Formver&ndemng  bewirken   —  Pressen   — ; 
Pig,  g37_  oder   welche   bei   kreis- 

förmigen   Qaerschnitten 

-     —         —  —  j^jjj,     g^f     gjjig     einzige 

Stelle  defl  Arbeitastflcks 
wirken,  dieses  aber  dnrcb 
Drehnng  nm  ihre  eigene 
Achse  in  Folge  der  Rei- 
bung an  denBerflhrungB- 
st«llen  geradlinig  fort- 
bewegen nnd  somit  die 
Biegung  in  raschem 
Fortgange  anf  die  ganze 
mit  ihrem  Umfange  in 
BerühroDg  kommende 
Länge  (Breite)  des  Ar- 
beitsstücks abertragen— 
Walzwerke;  oder  end- 
lich diejenigen  Torrioh- 
F%-  MS-  Pig-  53»-  tnngen,  bei  denen  eine 

— ^^^^  fremde    Zngkraft    die 

^^^^^  Fortbewegung    des    Ar- 

^^V  beitestüoks  bewirkt,  wäh- 

^B  rend    dieses    durch    die 

^1  form  gebende    Oeffnnng 

H  hindurchgeht  —  Zieh- 

H  werke. 

H  Pressen    finden    in 

^^  mannigfacher    AusfQh- 

^^  mng  Anwendung.     Zar 

J^^  Uebertrsgung  beziehent- 

^^v  lieb  Verrielf&ltigang  der 

^^m  Kraft  dient  für  grössere 

^B  Leistongen  bisweilen  die 

^B  Schraube  mit  Hebel  und 

y  Schwnngkngeln,    wobei 

der     Apparat     dem     in 

Fig.  455  anf  Seite  fi86 

abgebildeten  Scbranben- 

darchstoBse    ähnlich    wird.      Zum    Oeraderichten    gewalzter    Eisenstäbe 

(Tr&ger,    Schienen  u.  a.)    findet   eine    solche    grössere   Schraabenpresse 

h&u£ge  Anwendung;  der  rerbogene  Stab  liegt  unterhalb  der  Schraube 

anf  zwei  Unterlagen  in  kurzem  Abstände  von  einander  frei  anf,  so  dass 

die  convexe  Seite  nach  oben  gerichtet  ist;  die  Schraube  drückt  von  oben 


718  Biegangs-  und  Dehnirngsarbeiten. 

gegen  dieselbe  und  biegt  somit  den  Stab  gerade.  Für  kleinere  Knft- 
leietongen,  welche  die  bei  Weitem  faäofigeren  sind,  inabesondere  in  da 
Klempnerwerkstätten,  ist  jedoch  der  Handhebet  ein  noch  einfachere«  nni 
TollsUndig  genügendes  Hilfsmittel  mr  Ansübnng  des  Dmcks;  und  dnrcb 
zweckmässige  Elnrichtang  der  die  Form  der  Biegung  bestimmenden 
Theile  hat  man  bei  Constrnction  der  hierher  gehörigen  Maschinen  Erfolg 
erreicht,  welche  hinsichtlich  des  Verhältnisses  zwischen  Einfachheit  tiod 
Leistung  des  Apparates  als  flberraschend  bezeichnet  werden  können. 

Einige  Beispiele  mögen  hierfOr  als  Erläntemng  dienen. 

Eine  Uaschine,  welche  den  Zweck  hat,  ebene  Blechtafeln  am  Bande 
„abzukanten",  d.  h.  unter  einem  rechten  oder  spitzen  Winkel  ammbiegnL 
Fig.  540. 


zu  „falzen"  oder  „umzuschlagen",  d.  fa.  um  ISO**  stumpf  omznbiegen,  *t> 
daas  eine  Art  Rinne  entsteht,  am  zur  grossem  Steifigkeit  Draht  eine«- 
legen  etc.,  zeigt  Fig.  540  in  perspectiviacher  Ansicht,  w&hrond  dif 
Figuren  541  bis  545  die  Anwendung  der  Maschine  erl&ntem.  (Constme- 
tion  Ton  E.  Eircheis  in  Ane  in  Sachsen.) 

Fig.  541.  Fig.  542.  Fig.  543. 


B  und  C  sind  zwei  Wangen  (Spann wan gen),  zwischen  welchen  du 
zn  biegende  Blech  in  der  ans  Fig.  541  ersichtlichen  Art  und  Weise  ein- 
gespannt wird.  Die  obere  Wange  B  ist  zn  diesem  Ende  an  awei  senk- 
rechten Zugstangen  befestigt,  welche  mit  einer  im  nntem  Thdle  des  G^ 


Biegmaschinen. 


719 


Figr.  544. 


>    I 


ß 


vvN^;ssN\ss\v>:c^ 


t 


tA 


// 


\ 


siells  gelagerten  Ezcenterwelle  /  verbunden  sind  und  bei  Drehnng  des 
Hebels  g  die  Wange  B  heben  oder  senken,  somit  ein  bequemes  Ein- 
schieben des  Blechs  von  vom  und  Fest- 
spannen ermöglichend.  Der  zwischen  den 
geschlossenen  Spannwangen  bleibende  Zwi- 
schenraum lässt  sich  ausserdem  dhrch  Dre- 
hung der  Schraubenmuttern  verändern, 
welche  die  Wange  B  mit  den  Zugstangen 
verbinden.  Damit  die  Biegung  in  ganz  be- 
stimmtem Abstände  vom  Rande  der  Blech- 
tafel erfolge,  ohne  dass  ein  vorheriges  An- 
reissen  nöthig  wird,  befindet  sich  ein  ver- 
stellbarer Bahmen  oder  Anschlag.  "H.  (Fig. 
541)  zwischen  den  Wangen,  der  die  Lage 
des  eingeschobenen  Arbeitsstücks  bestimmt, 
mit  Hülfe  der  Schrauben  ^y  (Fig.  540)  ver- 
stellbar ist  und  für  manche  Zwecke  auch 
ganz  entfernt  werden  kann.  Die  Kanten 
beider  Wangen  sind  mit  sauber  gearbeiteten 
Stahlschienen  belegt. 

Vor  der  Wange  C  befindet  sich  die 
„Biegewange"  D,  in  der  Ruhe  die  Stellung 
wie  in  Fig.  540  und  541  einnehmend.  An 
den  beiden  Enden  ist  dieselbe  mit  zwei  He- 
beln verbunden,  welche  mit  seitlichen 
Drehungszapfen  in  Lagern,  die  am  Gerüste 
angeschraubt  sind,  ruhen  und  dadurch  auch 
die  Lage  und  Drehung  der  Wange  sichern. 
Um  jedoch  den  verschiedenen  Verwendungen 
der  Maschine  entsprechend  die  Lage  der 
Drehungspunkte  der  Biegewange  ändern  zu 
können,  sind  theils  jene  Lager  mit  Hilfe 
eines  Schlitzes  horizontal  am  Gerüste  verstellbar,  theils  sind  die  Lager- 
pfannen mit  Hilfe  je  einer  senkrechten  Stellschraube  und  Gegenmutter 
höher  und  niedriger  stellbar.  In  Fig.  540  werden  die  Schrauben  zur 
Horizontal-  wie  zur  Verticalverstellung  leicht  erkennbar  sein. 

Wie  aus  den  Querschnitten  der  Schiene  2>  sich  ergiebt,  hat  dieselbe 
eine  breite  und  eine  schmale  Kante;  um  nach  Bedürfniss  die  eine  oder 
andere  derselben  benutzen  zu  können,  ist  sie  zwischen  den  Hebelbacken 
um  zwei  Zapfen  drehbar,  so  dass  entweder  wie  in  den  Figuren  541  bis 
544  die  breite  Kante  oder  wie  in  Fig  545  die  schmale  Kante  oben  steht. 
Fig.  541  zeigt  das  zum  Falzen  eingelegte  Blech,  Fig.  542  dasselbe 
nach  beendigter  Biegung.  Soll  die  Biegung  auf  180  Grad  ausgedehnt 
werden,  so  wird  nunmehr  das  Blech  zwischen  B  und  C  herausgezogen, 
auf  die  schräge  Kante  der  Schiene  B  gelegt  und  dann  durch  Empor- 


Fig.  545. 


720  BiegnngB-  und  Dehnangsarbeiten. 

drOcken  von  D  der  Fale  Tollendet.  (sugedrOckt).  Um  Biegnngen  nacb 
bestiminteD  Winkeln  herrorznbringen,  ist  »of  der  Maschine  ein  Anschlag 
i  stellbar  befestigt,  welcher  den  Hnb  der  Hebel  begrenst. 

Fig.  543  zeigt,  wie  man  cnrveniSnnige  Querschnitte  (Hohlkehlen) 
durch  mokweisen  Torschnb  des  von  hinten  eingesteckten  Blechs  eh  biegen 
vermag. 

Zum  „ Hohl nm schlagen"  der  Bleche,  wie  es  in  Fig.  644  dargestellt 
ist,  werden  der  Maschine  Schienen  tob  versohiedener  Dicke  beigegeben, 
die  alsdann  an  die  Wange  B  befestigt  werden,  nachdem  die  schräge 
Abkanteschiene  derselben  entfernt  worden  ist  Die  SteUschraaben  fßr 
die  Drehnngszapfen  der  Hebel  and  der  Biegewange  D  werden  hierbei  so 
hoch  gestellt,  dass  bei  der  Drehang  von  D  zugleich  ein  Anheben  in  die 
punktirt«  Stellung  oberhalb  der  eingelegten  Sdüene  mOglich  wird.  Im 
Uebrigen  dürfte  die  Abbildung  das  Verfahren  genfigend  erlSutem. 

Fig.  545   zeigt  endlich  die  Anfertigung  von  kurzen  auf  einander 
folgenden  Abkantungen  mit  Hilfe  der  schmalen  Kante  der  Biegewange  D. 
Das  Blech  wird  nach  jeder  einmaligen  Abkantung  heraoBgenommen  and 
Fig.  M6.  gewendet,  um  der  abwechselnden  Rich- 

tung der  Biegnngen  Rechnung  zn  tragen. 
Das  Princip  einer  sogenannten  Wulst- 
maschine,  welche  den  Zweck  hat,  den 
Rand  TOQ  Blechstüokea  cylinderfSrmig 
(zu  einem  „Wulste")  umzubiegen  —  «.  B. 
die  horizontalen  Ränderron  Dachrinnen — , 
zeigt  die  Abbildung  Fig.  546  in  halber 
natürlicher  Grösse.  Zwei  mit  einander 
verbundene  Gusseisen  stücke  c  und  d 
bilden  zusammen  den  Rabmen  oder  die 
Wange  der  Maschine  und  lassen  sich  mit 
Hilfe  zweier  angegossenen  Rippen  e  und 
/  auf  der  mit  passendem  Auaschnitte 
versehenen  Werkbank  au&tellen.  In 
einem  nach  oben  mit  schmaler  Oefinung 
auslaufenden  prismatisoheu  L&ngsschlitse 
'^—  der  Wangen  befindet  sieh  ein  cylindri- 

sober  Stahlstab  b  von  dem  Darchmeeser 
des  herznstellendea  Wulstes,  an  den  Enden  der  Wangen  anfinihend  und 
dnrcb  zwei  an  seinen  Enden  aufgesteckte  Kurbeln  drehbar.  Derselbe  ist 
mit  einer  LKngsnuth  von  etwa  5  mm  Tiefe  versehen,  in  welche  das  am 
Rande  gerade  geschnittene  Blech  von  aussen  hereingesteckt  wird.  Dreht 
man  nnn  den  Stablstab  in  der  Richtung  des  Pfeils,  so  wickelt  sieb  das 
Blech,  welches  in  der  Nnth  festgehalten  wird,  um  den  Stab  hemm  und 
bildet  den  Wnlst,  welcher  in  g  besonders  abgebildet  ist.  Um  die  Ma- 
schine ßr  Wulste  von  verschiedenen  Durchmessern  benutaen  zu  kfinnen, 
ist  sie  an  der  untern  Seite  mit  einem  zweiten  etwas  dickem  Stabe  ver- 


Biegmaschinfln.  721 

eeheo.     Im-GanBen  beschrftnkt  eich   die  Anwendung  der  WalstnioBcbine 
auf  Herstellnug  von  Rundangen  niobt  Aber  12  mm  im  Darchmesser. 

Die  zam  Biegen  benutzten  Walzwerke  likasen  sich  ibrer  Wirknnga- 
weise  entsprechend  in  zwei  verBcbiedene  Omppen  sondern.  Bei  der  einen 
dereelben  dient  ein  Paar  Walzen  lediglich  dazu,  den  Voracbnb  dee  stab- 
oder  blecbiSrmigen  ArbeitsBtQcks  zn  Teranlaegen,  welohes  an  einer  be- 
Btimmten  Stelle  des  Apparates  anter  dem  Einflüsse  eines  stetig  bleibenden 
Dracks  eine  Biegung  erb&lt  und  mithin  im  Yerlaofe  seines  DorchgaiigB 
zn  einem  Cylinder  gebogen  wird,  dessen  Durchmesser  von  der  Stärke  dee 
ansgeabten  Drucke  abhängig  ist  (rergl.  den  auf  S.  715  besprochenen  und 
in  Fig.  536  Teranschaalicbten  Vorgang  der  Biegung).  Um  nan  die  an- 
rermeidliche  B«ibang  zwischen  dem  in  Bewegung  befindlichen  Arbeite- 
stücke  nnd  dem  einen  Drnok  aoBÜbenden  Werkzeuge  auf  ein  möglichst 
geringes  Maass  znrOckznfllhren,  formt  man  auch  das  letztere  walzen- 
förmig, so  dasa  demnach  ein  solches  Walzwerk  mindestens  drei  Walzen 
enthält,  zwei  für  den  Vorschnb  nnd  eine  fllr  die  Biegung.  Fig.  547 
stellt  die  Einrichtung  eines  solchen  zum  Biegen  von  Blechen  in  Cylinder- 
Piff.  547.  form  dienenden  Walzwerks,  gewähn- 

lich Blechbiegemaschine  genannt, 
dar.     a  nnd  h  sind  die  ZuHlbrungs- 
walzen,  deren  Abstand  von  einander 
gem&as  der  verschiedenen  Blecbdioke 
durch  Yerstfillnng  der  untern  Walze 
veränderlich  ist.     Die  Bewegung  er- 
folgt durch  ein  Paar  Getriebe,  auf  den 
Enden    der  im  gaBBeleemen  Walzge- 
rQste    gelagerten  Walzenzapfen  befe- 
stigt, deren  eins  durch  Zahnradflber- 
setznng  von   einer  Handkurbel    oder 
bei    grösseren  Maschinen   von    einer 
Riemenwelle  ans  seinen  Antrieb  erhält. 
c  ist  die  Biegevalze,  mit  Hilfe  einer 
Schrauben  spindelsenk  recht  oder  schräg 
verstellbar.     Je    höher   dieselbe  ver- 
stellt wird,  desto  grSsser  ist  der  von  ihr  auf  das  Blech  ausgeübte  Druck, 
desto  stärker  die  Biegung  oder,  mit  anderen  Werten ,  desto  kleiner  der 
Durchmesser  des  entstehenden  Cylinders.    Um  den  fertigen  Cylinder  aas 
der  Haschine  entfernen  zu  können,  ist  die  obere  Walze  herausnehmbar, 
nachdem  die  Lagerdeckel  gelöst  sind.     Giebt    man  der  Maschine    eine 
Einrichtung,  welche  neben  der  erwähnten  Verstellung  von  c  auch  eine 
Aendemng  der  Achsenriehtung  derselben  ermöglicht,  so  dass  ihre  Achse 
schräg  gegen  die  Achsen  der  Walzen  a  nnd  b  gerichtet  ist,  so  ist  man 
dadnrch  in  Stand  geaetzt,  auch  Kegelmäntel  zu  biegen. 

Fdr  stärkere  Bleche  empfiehlt  ee  sich,  eine  zweite  Biegewalze  vor 
den    ZnfQbmngawalzen    anzubringen,    welche    dem   Bleche    schon    eine 

Ledabar,  machujKb.inMllliirgiKba  TsshnalDgl«.  4g 


722  BieguQgB-  nnd  Dehnungearbeiten. 

BchwSchere  Vorbiegnng  ertheilt  oIb  dasselbe  schliesslich  darch  die  hinter 

den  ZnfithraDgBwalzen    gelagerte  Biegewalze    erhalten   solL     Fig.    546 

Fig.  MB. 


■teilt  eine  solche  AnordnoDg  dar.     a  nnd  b  sind  die  ZofühningswalEen, 
e  die  eigentliche  Biegewalie,   d  die  Torbiege  walze,  welche  sngldch  die 
Einfahmng  schwerer  Blechtafeln 
^'K'  ^*^-  erleichtert    c  und  d  sind  selbst- 

TerstSndlioh  für  verachiedene 
Biegungen  in  ihrer  Lage  gegen 
a  und  b  Terstellbar. 

Eine     andere    Anordnung 

Bolcher  Biegemaschinen    ist   in 

Fig.  649  skizzirt.     Hier  sind  a 

nnd  b  die   beiden   Znfahrongs- 

walzen,   c  die  Biegewalze.     Die 

ponktirten    Kreise     stellen    die 

i         '         i  Getriebe    dar.     Der   an    zwei 

\  Enden     frei     anfliegende    Stab 

...       ,,-'  (Blech)     empfängt    also     seine 

Durchbiegung  in  der  Mitte.    Die 

Walie  c  ist   natOrlioh  in  ihrer 

Höhenlage  verstellbar,  wonach  kleinere  oder  grSesere  Cylinderdnrchmesser 

erfolgen.     Die  Walzen  a  und  b  mflssen  hier,  da  sie  das  Blech  tob  der- 

■aelben  Seite  her  erfassen,  sich  in  gleichem  Sinne  drehen;  man  erreicht 

diesen  Zweck  durch  Einschaltung  eines  Zwischengetriebes  d. 


Biegmaschinen.  723 

Biegewalzwerke  nach  beiden  Systemen  benutzt  man  zum  Rundbiegen 
der  feineren  wie  der  stärksten  Bleche.  Die  Walzen  werden  meistens  aus 
Gusseisen  gefertigt;  für  grosse  Blechbiegemaschinen  giesst  man  sie  hohl 
und  steckt  die  schmiedeeiserne  oder  stählerne  Achse  mit  den  Laufzapfen 
hindurch.  Kleinere  Blechbiegemaschinen  für  Weissblech,  dünneres 
Schwarzblech,  Zink-  und  Messingblech,  in  ihrer  Anordnung  gewöhnlich 
dem  ersten  der  beiden  besprochenen  Systeme  entsprechend,  bilden  einen 
in  den  Werkstätten  der  Klempner  vielfach  benutzten  Apparat;  grössere 
Blechbiegemaschinen  mit  Walzen  bis  zu  3  m  Länge  und  300  mm  im 
Durchmesser,  meistens  nach  dem  zweiten  Systeme  gebaut  (Fig.  549)  und 
durch  Elementarkraft  getrieben,  sind  unentbehrlich  in  den  Dampf kessel- 
fabriken  etc.  zum  Biegen  starker  Eisenbleche,  welche  bei  beträchtlicher 
Stärke  im  roth warmen  Zustande  gebogen  werden  ^);  Biegewalzwerke  mit 
schmalen  Walzen  zum  Biegen  von  Stäben  (Reifenbiegemaschinen),' 
gleichfalls  häufiger  nach  dem  zweiten  Systeme  gebaut,  finden  sich 
in  zahlreichen  Schmiedewerkstätten  zum  Biegen  von  Radreifen,  Fass- 
bänden u.  8.  w. 

Bei  der  zweiten  Gruppe  der  zum  Biegen  dienenden  Walzwerke  ist 
die  Oberfläche  der  Walzen  profilii*t  und  bringt  eine  dieser  Profilirung 
entsprechende  Biegung  des  hindurchgehenden  Arbeitsstücks  hervor. 
Wenn  man  z.  B.  die  Oberfläche  eines  gewöhnlichen  Walzenpaars  mit 
querlaufenden,  genau  in  einander  greifenden  Gannelirnngen  versieht,  so 
wird  ein  hindurchgehendes  Arbeitsstück  (Blech  oder  Stab)  in  entsprechend 
geriffelter  Form  herauskommen.  Ebenso  lassen  sich  durch  Profile,  welche 
wie  Kaliber  ringförmig  um  die  Walze  herumlaufen  und  in  Ober-  und 
Unterwalze  sich  gegenseitig  ergänzen,  Biegungen  mannigfachster  Art 
auf  das  hindurchgehende  Blech,  dessen  Länge  natürlich  unbegrenzt  ist, 
übertragen.  Für  Gesimse  in  verschiedenartigster  Gliederung  und  ähnliche 
Zwecke  lässt  sich  auf  diese  Weise  das  gebogene  Blech  herstellen. 

Wenn  jedoch  ringförmige  Körper  mit  gegliedertem  Profile  herge- 
stellt werden  sollen,  insbesondere  also,  wenn  der  Rand  derselben  gebogen 
werden  soll,  wie  es  bei  Anfertigung  von  Hohlgefassen  aus  Blech  vielfach 
vorkommt,  so  ist  es  meistens  zweckmässiger,  zuerst  aus  dem  glatten 
Blechstreifen  den  Ring  zu  bilden  und  diesen  dann  durch  Biegung  des 
Randes  etc.  umzuformen,  als  umgekehrt.  Ein  gewöhnliches  Walzwerk 
würde  nun  für  solche  Zwecke  nicht  brauchbar  sein,  sondern,  um  den 


^)  Arbeitsverbranch  beim  Biegen  nach  HartSg 

-4  =  «  —   Vmkgf 

worin 

h  die  Dicke  des  Blechs  in  Millimetern, 

Q  den  Halbmesser  der  Biegung  in  Millimetern, 

V  das  Yolnmen  des  Arbeitsstücks  in  Cabikmillimetem 

bedeutet  und  a  für  kaltes  Schmiedeeisen  =  0,075  zu  setzen  ist  (Civilingenieur 

1876,  8.  79). 

46* 


724  Biegungs-  und  Debnungaarbeiten. 

Bing  zwiBcheu  die  Walzen  biingeu  zu  können,  mius  ein  Eopfwaliwerk 
(vergl.  Seite  520)  gewählt  werden.  Da  diese  Kopfwalzwerke  vielfach  den 
Zweck  haben,  Sioken,  d.  h.  stampfe  Umbiegangen  des  Randes  an  cylin- 
drischon  Blecbgefäasen  hervorznbringen,  wozu  sonst  der  Stokenambos  und 
Sickenhammer  benutzt  werden  (vergl.  Seite  716),  nennt  man  sie  ge- 
wöhnlich Sickemnasobinen. 

Fig.   550    zeigt    das  Äenasere    einer  solchen  Sickenniaachine    (von 
E.  Kircheis  in  Aue),  deren  Einrichtang  kaam  einer  ErUaterung  be- 
dürfen wird.    1q  dem  gusseiaernea  Gerüste  sind  zwei  horizontale  Wellen 
Fjir  5äo  gelagert,  deren  obere  mit 

Hilfe  einer  anf  ihr  Lager 
wirkenden  Dnickschronbe 
sich  am  ein  gewisses 
Maass  höher  oder  niedri- 
ger stellen  läsat,  wKbrend 
die  untere  vermittelst 
einer  Schrauben lager- 
büchse,  welche  darch 
den  Handgriff  g  gedreht 
wird,  in  horizontaler  Rich- 
tang  verstellbar  gemacht 
ist  (vergl.  unten  Fig.  551). 
Auf  den  vorstehenden 
Enden  der  Wellen  sind 
mit  Schraubengewinde  die 
zum  AnsTechseln  einge- 
richteten, sauber  nach  dera 
vorgeschriebenen  Profile 
gedrehten  Walzen  befe- 
stigt. Die  Drehung  wird  von  der  am  rechten  Ende  befindlichen  Hand- 
kurbel aus  durch  zwei  Getriebe  auf  die  Waisen  ttbertragen. 

Einige  Beispiele  mögen  einen  ungeftihren  Begriff  geben,  ftlr  wie 
zahlreiche  Anwendungen  die  Sickenmaschine  geeignet  ist. 

Wenn  am  Rande  eines  Blechstreifens,  eines  kreisförmigen  Bodens 
oder  eines  Hohlcjlinders  eine  rechtwinklige  Anfbiegung  (Bord,  Börtel) 
hervorgebracht  werden  soll,  so  setzt  man  die  in  Fig.  551  abgebildeten 
Börtelwalzen  ein,  steckt  das  Blech  in  der  links  abgebildeten  l^ga  zwi- 
schen die  Walzen,  nachdem  der  Anschlag  d  (vergl.  auch  Fig.  550)  ein- 
gestellt worden  ist,  und  setzt  die  Walzen  in  Drehung.  Die  Oberwalze 
wird  nun  langsam  in  der  Pfeilrichtung  2  niedergedrückt  und  das 
Arbeitsstück  aus  freier  Hand  oder  auch  mit  Hilfe  eines  besonders  dazu 
constrnirten  Führnnggbügels  in  der  Pfeilrichtnng  1  langsam  aufge- 
bogen. Es  kommen  so  allmälig  die  Theile  abc  in  die  rechts  abgebildete 
Stellung,  womit  die  Arbeit  beendet  ist.     Für  ganz  schmale  Bfirtel  wird 


BiegmasdÜDen.  725 

die  Unterwalie  io   der  PfeilrichtuDg  3  anf  die  Bcbon  beschriebene  Art 
und  Weite  verstellt. 


Bb  ist  leicht  ersichtlicfa,  dssa  bei  dieser  wie  auch  bei  den  sogleich 
in  be schrei ben den  Arbeiten  der  aufgebogene  Rand  eine  VergrAsseroog 
seines  DDrcbmessera  erfahrt,  und  daher  eine  wirkliche  Streclcang  statt- 
findet.  Der  zam  Aufbiegen  erforderliche  Druck  wird,  streng  genommen, 
durch  Pressen  von  Hand  herrorgebracbt,  wobei  der  Schenkel  a  seibat  als 
Hebelarm  dient  und  die  Walzen  den  Stfttzpnokt  bilden,  wftbrend  sie  zu- 
gleich den  Vorschub  des  Arbeitsstflcks  an^hren. 

Fig.  55S.  • 


Um  eine  wirkliebe  Sioke,  d.  h.  eine  balboylindriBcbe  Binne,  zu  bilden, 
gebraucht  man  die  in  Fig.  552  abgebildeten  Walzen.  Das  Verfahren  ist 
im  Weseatlicben  das  nämliche  als  beim  Börteln,  in  der  Abbildang  ist 
links  das  cylindrische  Geftss  nach  dem  Einlegen  abgebildet;  bs  folgt 
dann,  naokdem  die  Waisen  in  Drehung  Tersetzt  worden  sind,  ein  all- 


726  Biegungs-  und  DehDungsarbeiteo. 

mftligeB  Niederdrücken  der  Obenrslse  nach  Pfeilrichtnng  2  und  Auf- 
biegen des  Gefaflses  nach  Pfeilrichtang  1 ,  bis  schlieBalicb  die  rechts 
abgebildete  Endstellnng  erreicht  iat 

Eine  solche  Sicke  pflegt  mm  Einlegen  eines  ringförmigen  Drahts 
benutzt  zu  werden,  damit  der  Rand  eine  grössere  Festigkeit  erholte;  et 
masB  dann  aber  nach  diesem  Einlegen  das  Blech  rings  am  den  Draht 
nmgebogeu  werden,  damit  derselbe  nicht  heraosfallen  ond  der  scharfe 
Blechrand  nicht  hinderlich  für  die  Benatzong  wirken  kann.  Zn  dieser 
Arbeit,  weiche  ron  den  Klempnern  das  Zalegen  genannt  wird,  dienen 
die  Walzen  Fig.  553.  Links  ist  wieder  die  Anfangs-,  rechts  die  End- 
Btellung  gezeichnet,  welche  das  Ter&hren  hinlänglich  klar  vor  Angeo 
führen  dürften. 

Fig.  553. 


KarnieBe  nnd  gesimsartige  Gliederungen  lassen  eich  anf  demselben 
Walzwerke  mit  entsprechend  profilirten  Walzen  sowohl  an  geraden 
Blecbstreifeo  wie  an  ringförmigen  Körpern  einbiegen. 

Hat  das  Arbeitsstück  dagegen  die  Form    einer   kreiarandeB    oder 

elliptischen  Scheibe,  welche  während  der  Arbeit)  nm  ihren  Hittelpnnkt 

gedreht  wird,  so  erfolgt  eine  Scheibe  mit  rings  hemm  laufenden  Profili- 

rungen,  wie  es  z.  B.  Fig.  554  darstellt.     Die  Drehung  Usst  sich  leicht 

Pj     55,  von   Hand  regeln,    da    der  Anschlag  d 

(in  den  Figuren  551,  552,  563)  die  rich- 

^^^1^1^^^^^^^^^  tige  Lage  des  Arbeitsstücks  bestimmt 
nnd  die  Walzen  selbst  dasselbe  mitneh* 
men;  fibrigena  würde  sich  auch  sehr 
leicbt  eine  EinspaanTorricbtnng  zwischen  Kömem  ähnlich  wie  diejenige 
der  auf  Seite  581  abgebildeten  Kreissoheere  anbringen  lassen.  Die 
schwache  Wölbong  der  Scheibe  nach  der  Uitte  zn  wird  vorher  durch 
ein  besonderes  Verfahren  ausgeführt. 

Sofern  die  Ziehbank  zum  Biegen  benatzt  wird,  dienen  zwei  Stahl- 
baoken  an  Stelle  des  Zieheisens  der  früher  beschriebenen  Ziehbänke,  die 


Biegmaschinen.  727 

nach  einer  dem  herzustellenden  Profile  entsprechenden  Linie  auf  einander 
Bchliessen  and  zwischen  denen  das  Arheitsstück  hindurchgezogen  wird, 
zur  Herrorhringung  der  Biegung.  Die  ohere  der  Backen  wird  durch 
'eine  oder  (bei  grosser  Breite)  zwei  Druckschrauben  gegen  die  untere 
gedrückt,  um  bei  starken  Biegungen  sie  allmälig  derselben  nahem  zu 
können.  In  der  äusseren  Anordnung  ist  also  eine  solche  zum  Biegen 
von  Blechen  in  gegliederte  Formen  dienende  Ziehbank  —  von  den 
Klempnern  S ecken-  oder  Sickenzug  genannt  —  der  auf  Seite  532 
abgebildeten  Schleppzangenziehbank  sehr  ähnlich;  die  Bewegung  erfolgt 
meistens  von  Hand  vermittelst  einer  Kurbel  mit  Schwungrad,  und  zwar 
seltener  durch  Kette  oder  Kiemen  mit  Schleppzange  als  durch  eine  zwi- 
schen den  Backen  des  Gestells  geführte  und  durch  ein  Getriebe  bewegte 
Zahnstange  mit  aufrecht  stehendem  Kopfe,  an  welchem  eine  oder  zwei 
Zangen  mit  Klemmschrauben  zum  Erfassen  des  Arbeitsstücks  angebracht 
sind.  Da  der  Druck  zwischen  den  Backen  allein  die  Formveränderung 
ausführt,  kann  eine  solche  Ziehbank  vom  technologischen  Standpunkte 
aus  als  eine  Presse  mit  Vorschub  des  Arbeitsstücks  durch  die  Zieh- 
vorrichtung  betrachtet  werden,  ebenso  wie  sämmtliche  besprochene 
Walzwerke  als  Pressen  mit  Vorschub,  ausgeführt  durch  die  Reibung  der 
Walzenoberfläche,  erscheinen.  Selbstverständlich  erfolgen  beim  Ziehen 
nur  gerade  Streifen  (Gesimse  etc.),  deren  Lange  durch  die  Länge  der 
Ziehbank  begrenzt  ist.  Die  gleitende  Reibung  zwischen  den  formgebenden 
Backen  während  der  Fortbewegung  ist  erheblich  grösser  als  die  roUende 
Reibung  zwischen  den  Walzen  der  Walzwerke;  und  während  bei  letz- 
teren die  entstehende  Reibung  selbst  den  Vorschub  ausführt,  ist  bei  den 
Ziehbänken  ein  Ueberschuss  von  Kraft  erforderlich,  um  die  ohnehin  stär- 
kere Reibung  zu  überwinden.  Diese  offenbar  schwachen  Seiten  der  Zieh- 
bänke zum  Biegen  lassen  fast  immer  die  Anwendung  eines  Walzwerks 
geeigneter  erscheinen,  zumal  da  dasselbe  für  viele  Zwecke  brauchbar  ist, 
wo  die  Ziehbank  nicht  mehr  ausreicht. 


Literatur  über  Biegen. 

Hoyer,  Mechanische  Technologie,  S.  182  ff. 

Amtlicher  Bericht  über  die  Wiener  Weltausstellung,  Bd.  2,  S.  76  ff. 
(Berichterstatter  Hart  ig). 

Wencelides,  Hilfsmaschinen  und  Werkzeuge  etc.  S.  50  bis  60  (Fabrika- 
tion von  Blechbüchsen  in  der  Atlantic  Petroleum  Storage 
Comp,  in  Philadelphia). 

Karmarsch-Heeren,  Technologisches  Wörterbuch  S.Auflage,  bearbeitet 
von  Kick  und  Gintl,  Bd.  1,  S.  541  ff.  (Artikel  „Blechbear- 
beitung'*). 

Hart,  Werkzeugmaschinen,  Text  Seite  366,  Atlas  Taf.  63  (Blech-  und 
Schienenbiegmaschine). 


Biegungs-  und  DehnUDgfiarbeiten. 


b.    Das  Treiben  and  Anfzieheti,  S(&iie«d,  Drfioken, 
Ciselir«!!,  Prägen. 

Der  Begriff  dea  Treibens  und  Aofziebens  sowie  die  AoBfOhrnng 
dieser  Arbeiten  in  ihrer  robestea  Form  wnrde  bereits  anf  Seite  463  und 
464  sowie  hinsiohtlich  ihrer  Auaftthrung  durch  Pressen  anf  Seite  478 
und  479  besprochen.  Ersteres  besteht  in  einer  Qaeraebnittsverdünnong 
nnd  dadurch  hervorgerufenen  Streckung  des  Materials  an  einer  Stelle 
des  Arbeitsstücks,  welche  rings  eingesohlossen  ist  nnd  deehalb  eine 
Längen-  oder  Breiten ausdebnting  nicht  gestattet;  also  zu  einer  Hohlform 
sich  umzuwandeln  gezwungen  ist;  die  entgegengesetzte  Arbeit,  das  Auf- 
ziehen, besteht  in  einer  Querschnitts  verdickung  des  Randes  eines  Arbeits- 
stücks durch  Aufbiegen  und  dadurch  gleichfalls  bewirkten  Entstehung 
eines  hohlen  Gegenstands. 

Für  die  Vollendung  der  Form  finden  beide  Arbeiten  vielfache  An- 
wendung; nnd  die  in  Gold  und  Silber  getriebenen  Reliefarbeiten  Alter 
Meister  bilden  werthvoUe  Sch&tze  unserer  Kunstsammlungen. 

Das  einfache  Werkzeug  für  diese  Arbeiten  ist  wiederum  der  Hammer. 
Abgesehen  von  der  schon  oben  a.  a.  Orte  beschriebenen  Anwendung  der 
Hämmer  zur  ersten  Bildung  von  Hohlkörpern  finden  wir  denselben  snr 
weitern  Ausbildung  der  Form,  sofern  es  sich  um  Anfertigung  gr5berer 
Gegenstände  handelt,  vorwiegend  in  Kesselsobmieden  (Dampfkessel - 
fabriken)  and  Kupferschmieden.  In  den  ersteren  findet  vorangsweise  ein 
Aufziehen  (Umkr&nipen)  von  Kesselbleohen  zu  dem  Zwecke  statt,  die 
Stirnwände  der  Dampfkessel  mit  einem  Rande  zu  versehen.  M^n  ver- 
wendet dazn  gusseiserne  Lehrformen,  um  welche  hemm  der  Rand  aufge- 
bogen wird,  und  hölzerne  Hämmer.  Um  x.  B.  die  Fenerbacbsen platte 
Fig.  555.  eines  Locomotivkessels  von  der  in  Fig.  B55 

abgebildeten  Form  herzustellen,  gebrnncbt 
man  die  im  Durchschnitte  geseichnetc 
gnsseiseme  Lehrfurm,  deren  äussere  Um- 
risse den  inneren  Abmessungen  der  gebo- 
genen Platte  entsprechen.  Das  Bleoh  a 
wird,  nachdem  es  zavor  ausgesohnittcn 
worden  ist,  rotbwarm  gemacht,  horizontal 
auf  die  Lehrform  gelegt  nnd  nun  der  Rand 
desselben  rings  hemm  durch  eine  grössere 
Anzahl  Arbeiter  (6  bis  8)  gleichzeitig  mit 
den  Holzhämmern  bearbeitet,  dadurch  all- 
mälig  aufgebogen  nnd  durch  das  Aufbiegen 
entsprechend  verdickt.  Das  Aufbiegen  er- 
folgt vorläufig  nur  um  einen  verh&ltnias- 
mässig    kleinen  Winkel,  worauf  das  Dlech 


[^LO] 


Treiben,  Punzen.  729 

erst  neu.  erhitzt  wird.  Diese  Arbeit  wird  so  oft  wiederholt,  bis  die  ganze 
Umbiegnng  vollendet  ist,  wozu  vier  bis  sechs  Hitzen  erforderlich  zu  sein 
pflegen;  dann  wird  die  Platte  nmgewendet  nnd  auf  der  Oberfläche  der 
Lehrform  durch  Aufschlagen  mit  den  Holzhämmern  gerichtet 

Ebenso  werden  die  kreisförmigen  Böden  der  Dampfkessel  mit  Rand 
yersehen. 

Der  Kupferschmied  benutzt  die  von  den  Kupferhämmern  gelieferten 
scheibenförmigen  Platten  oder  schon  roh  unter  dem  Auftiefhammer 
(Fig.  320  a.  S.  404)  getriebenen  Hohlgefösse,  um  durch  Treiben  die 
mannigfachen  Geräthe  für  die  Hauswirthschaft  und  technische  Zwecke 
daraus  herzustellen.  Seine  Hämmer  sind  theils  von  Holz,  theils  von  Eisen 
in  verschiedener  Form;  als  Unterlage  dient  ihm  der  Ambos.  Die  Bear- 
beitung geschieht  kalt;  aber  ein  öfteres  Ausglahen  während  des  Verlaufs 
der  Formveränderung  pflegt  erforderlich  zu  sein,  um  dem  Kupfer  die 
verloren  gegangene  Dehnbarkeit  wieder  zu  geben. 

Diese  gewerbsmässige  Darstellung  hohler  Körper  durch  Treiben 
oder  Aufziehen  mit  dem  EEammer  wird  zur  Kunst,  wenn  es  sich  darum 
handelt,  auf  einer  Metallplatte  figürliche  oder  ornamentale  Darstellungen 
als  Reliefs  durch  Treiben  heraustreten  zu  lassen,  wobei  eine  Zeichnung 
die  einzige  Richtschnur  des  Künstlers  bildet. 

Da  es  bei  diesen  feinen  Arbeiten  darauf  ankommt,  dass  jeder 
Hammersohlag  genau  auf  die  richtige  Stelle  wirke,  und  da  femer  für 
die  arbeitende  Fläche  (Bahn)  des.  Werkzeugs  mannigfache  Formen  erfor- 
derlich sind,  lässt  man  die  Hammerschläge  nicht  unmittelbar  auf  das 
Arbeitsstück  wirken,  sondern  benutzt  ein  Stahlstäbchen  mit  entsprechend 
geformtem  Ende,  welches  mit  einer  Hand  auf  das  Arbeitsstück  gesetzt 
wird,  während  die  andere  Hand  die  Hammerschläge  auf  das  entgegen- 
gesetzte Ende  des  Stäbchens  ausführt.  Diese  Stahlstäbchen,  deren  eine 
grosse  Anzahl  von  verschiedener  Crrösse  und  Form  vorhanden  zu  sein 
pflegen,  heissen  Punzen. 

Das  Arbeitsstück  muss  bei  dieser  Arbeit  eine  Unterlage  erhalten, 
welche  einestheils  dem  Drucke  der  Punzen  nachgiebt,  andemtheils  aber 
zähe  genug  ist,  um  den  Eindruck  auf  diejenige  Stelle  zu  beschränken, 
welche  vom  Punzen  unmittelbar  berührt  wird.  Hierzu  dient  für  die 
dehnbaren  Metalle  (Oold  und  Silber)  gewöhnlich  Treibpech  oder 
Treibkitt,  aus  schwarzem  Pech,  Ziegelmehl  und  etwas  Wachs  oder 
Terpentin  zusammengeschmolzen.  Man  überzieht  die  Rückseite  des 
Arbeitsstücks,  d.  h.  diejenige  Seite,  welche  erhaben  werden  soll  und  nach 
der  Vollendung  meistens  die  obere  Seite  darstellt,  mit  diesem  Peche  und 
befestigt  sie  damit  auf  einem  grosseren  Klumpen  aus  derselben  Masse, 
welcher  zuvor  durch  Erwärmen  weich  gemacht  war  und  auf  einer  leicht 
drehbaren  Unterlage  ruht.  Letztere  besteht  in  rohester  Form  aus  einer 
steinernen  Halbkugel,  die  mit  der  runden  Seite  in  einem  kranzförmig 
zusammengelegten  Tuche  ruht  und  die  flache,  zur  Aufnahme  des  Arbeits- 
stücks bestimmte  Seite  nach  oben  kehrt. 


730  Biegungs-  und  Dehnnngsarbeiten. 

Für  härtere  Metalle  —  Messing,  Eisen  —  pflegt  man  Blei  als 
Unterlage  zu  benutzen. 

Für  Anfertigung  wirklich  künstlerischer  Arbeiten  durch  Treiben 
sind  jedoch,  wie  schon  oben  erwähnt  wurde,  Gold  und  Silber  die  fast 
allein  verwendeten  Metalle,  theils  weil  bei  denselben  der  Werth  des  Me- 
talls in  einem  bessern  Einklänge  zu  dem  Eunstwerthe  des  hergestellten 
Gegenstandes  und  der  aufgewendeten  Arbeit  steht,  hauptsächlich  aber, 
weil  gerade  diese  Metalle  in  Folge  ihrer  ausserordentlichen  Dehnbarkeit 
vorzugsweise  geeignet  sind,  beim  Treiben  auch  die  feinsten  Umrisse  und 
Zeichnungen  in  voller  Schärfe  und  Schönheit  hervortreten  zu  lassen. 

Bei  der  rohen  Formgebung  wie  bei  den  Formveränderungen  durch 
Biegen  haben  wir  mehrfach  zu  sehen  Gelegenheit  gehabt,  wie  die  all- 
mälige  Wirkung  zahlreicher  schwächerer  Hammerschläge  sich  häufig  mit 
Vortheil  und  Ersparung  an  Arbeit  durch  einen  einzigen  starken  Schlag 
oder  ruhigen  Druck  ersetzen  lässt,  sobald  die  zu  erzielende  Formverän- 
derung durch  ein  formgebendes  Ergänzungsstück  —  Gesenk,  Patrize, 
Matrize,  Stempel,  Stanze,  Form  u.  s.  w.  genannt  —  genau  begrenzt  ist. 
Dasselbe  ist  beim  Treiben  und  Aufziehen  der  Fall.  Auch  das  Biegen 
unter  der  Presse  oder  zwischen  Walzen  schliesst  ja,  wie  mehrfach  aus- 
geführt wurde,  häufig  schon  eine  Querschnittsverdünnung  oder  Verstär- 
kung ein.  Jene  Nothwendigkeit  aber,  bei  der  raschem  Formgebung 
durch  eine  kräftigere  Schlag-  oder  Druckwirkung  eine  oder  nach  Um- 
ständen auch  mehrere  auf  einander  folgende  form  gebende  Ergänzungs- 
stücke anwenden  zu  müssen,  deren  Umrisse  denjenigen  des  herzustellen- 
den Gegenstandes  entsprechen,  während  sie  andererseits  die  Möglichkeit 
geben  müssen,  denselben  nach  der  Vollendung  aus  der  Form  herauszu- 
heben, ohne  diese  zu  zerstören;  die  erheblichen  Kosten  für  Arbeit  und 
Material,  welche  die  Herstellung  einer  solchen  „Form**  zu  veranlassen 
pflegt,  würden  für  die  Anfertigung  eines  einzelnen  Gegenstandes  diese 
Methode  als  höchst  ungeeignet  erscheinen  lassen,  machen  sie  dagegen 
zu  einem  werthvollen  Hilfsmittel  für  Erspamng  an  Arbeit  und  Zeit, 
wenn  eine  fabrikmässige  Massenanfertigung  gleicher  Gegenstände  beab- 
sichtigt wird. 

Schon  auf  Seite  478  und  479  wurde  der  Fall  besprochen,  wie  man 
mit  Hilfe  der  Presse  im  Stande  ist,  Hohlkörper  zu  bilden,  sei  es  durch 
Aufbiegen,  also  Verdickung  des  Randes,  sei  es  durch  Verdünnung  der 
mittleren  Theile.  In  gleicher  Weise  geschieht  das  Treiben  und  Auf- 
ziehen bei  Vollendung  der  Foim.  Einem  Blechlöffel,  welcher  vermittelst 
des  Durchstosses  als  flacher  Körper  aus  der  vollen  Blechtafel  ausgestossen 
wurde,. giebt  man  die  erforderliche  Aushöhlung,  indem  man  ihn  durch 
einen  kräftigen  Druclr  oder  Schlag  in  eine  Form  presst,  deren  Untertheil 
(Matrize)  entsprechend  concav,  deren  am  Stempel  oder  Bär  der  Maschine 
befestigtes  Obertheil  (Patrize)  entsprechend  convex  geformt  ist;  um  aus 
dünnem  Bleche  Reliefs  herzustellen  (Schmucksachen,  Dosen«  Schalen, 
Theebretter  und  zahllose  andere  Gegenstände),  presst  oder  schlägt  man 


Treiben  mit  Stanzen.  731 

dasselbe  mit  Hilfe  Ton  Patrize  und  Matrize  in  die  verlangte  Form. 
Ist  die  QuerschnittsYeränderang  hierbei  beträchtlich,*  so  fährt  man  die« 
selbe  in  mehreren  einzelnen  Stadien  aus,  wie  es  schon  auf  S.  479  be- 
sprochen wurde,  und  unterwirft,  wenn  es  nöthig  werden  sollte,  zwischen 
denselben  das  Arbeitsstück  einem  Ausglühen.  Selbstyerständlich  sind 
dabei  für  jede  weitere  FormTeränderung  auch  neue,  entsprechend  tiefere 
und  engere  formgebende  Werkzeuge  erforderlich.  So  z.  B.  sind  zur  An* 
fertigung  schmiedeeiserner  Kasserolle,  Waschbecken  und  dergleichen  fünf  bis 
sieben  auf  einander  folgender  Pressungen  (Schläge)  in  immer  engeren  Ge- 
senken erforderlich.  Bisweilen  kann  man  eine  grössere  Anzahl  Blech- 
platten auf  einander  legen  und  gleichzeitig  yerarbeiten.  Während  in 
diesem  Falle  die  Matrize  den  Umrissen  des  fertigen  Arbeitsstücks  ent- 
spricht, ist  die  Patrize  (der  Stempel)  entsprechend  kleiner  und  im  Pro- 
file weniger  scharf  ausgebildet  Nach  jedem  Schlage  oder  Drucke  wird 
nur  das  unterste  Blech  herausgenommen  und  ein  frisches-  oben  eingelegt; 
jedes  Blech  durchläuft  also  nach  und  nach  eben  so  viele  einzelne  Sta- 
dien der  Formgebung  als  die  Anzahl  der  B]eche  beträgt,  ohne  dass  ent- 
sprechend viele  einzelne  Stanzen  erforderlich  wären.  Ein  besonderer  in 
die  Matrize  passender  Stempel  ertheUt  schliesslich  jedem  einzelnen 
Arbeitsstücke  die  nöthige  Schärfe  der  Umrisse. 

Zur  Uebertragung  der  Krafbwirkung  kommen  hier  wieder  alle  die 
früher  besprochenen  Apparate  in  Betracht.  Für  Leistungen  der  kleinsten 
Art,  z.  B.  bei  Anfertigung  kleiner  Schmucksachen  aus  dünnem  Gold- 
bleche, genügt  oft  ein  Schlag  mit  dem  Handhammer  auf  das  Obertheil 
der  Form;  für  grössere  Leistungen,  insbesondere  auch  für  fabrikmässige 
Anfertigung,  benutzt  man  vielfach  das  Fall  werk  oder  den  Fallhammer 
(Seite  409),  in  seiner  kleinsten  Form  zum  Betriebe  mit  Hilfe  eines  Fuss- 
tritts  „ Wippe ^  genannt;  auch  die  Schraubenpresse  und  der  Kniehebel 
finden  häufige  Anwendung.  Hydraulischer  Druck  ist  nur  für  die  grössten 
Kraftleistungen  üblich,  wie  sie  bei  Vollendung  der  Form  weniger  häufig 
auftreten. 

Die  Stanzen  und  Stempel  bestehen  aus  Gusseisen,  Stahl,  Bronze,  für 
weiche  Metalle  auch  wohl  nur  aus  hartem  Holze.  Gusseisen  ist  am 
billigsten,  lässt  sich  aber  bei  omamentirten  Gegenständen  schlecht  nach- 
arbeiten und  muss  daher  für  solche  Zwecke  sehr  scharf  gegossen  sein, 
wenn  es  benutzbar  sein  soll;  Stahl  ist  durch  seine  Härte  das  dauerhaf- 
teste Material;  Bronze  lässt  sich  leichter  als  Gusseisen  mit  Grabstichel 
und  Punzen  nacharbeiten  und  ist  deshalb  für  [feinere  Gegenstände  mit 
reliefartiger  Oberfläche  vorzugsweise  geeignet. 

Wenn  die  Aufgabe  vorliegt,  einfache  Hohlkörper  mit  kreisrunden 
oder  elliptischen  Querschnitten  durch  Treiben  oder  Ausziehen  anzufer- 
tigen, so  giebt  die  Benutzung  einer  Drehbank  dazu  eine  vortreffliche 
Gelegenheit  durch  ein  eigenthümliches  und  einfaches  Verfahren,  welches 
man  Drücken  nennt.  Zur  Ausführung  desselben  ist  ein  „Futter"  er- 
forderlich, welches  die  Umrisse  des  fertigen  Gegenstandes  enthält  und 


732  Biegungs-  und  DehnuBgsarbeiteii. 

auf  der  Drehbanksspindel  befestigt  wird,  um  mit  dieser  in  ümlanf  gesetzt 
zu  werden«  Dasselbe  wird  meistens  ans  hartem  Holae  darch  Drehen  ge- 
fertigt und  besitzt  entweder  concaye  Form,  so  dass  seine  Innenfläche  den 
äusseren  Umrissen  des  zn  fertigenden  Stücks  entspricht,  oder  es  ist  con- 
▼ex  nnd  bildet  also  gewissermaassen  einen  Kern  f&r  das  Arbeitsstdck« 
In  dem  erstem  Falle  wird  das  Blech  auf  dem  Rande  des  Futters  fest- 
gespannt und  während  der  Drehung  desselben  mit  Hilfe  eines  Drück- 
stahls mehr  nnd  mehr  in  die  Vertiefung  hineingedrückt,  bis  es  genau 
an  den  Wänden  des  Futters  anliegt;  die  Formgebung  erfolgt  also  gerade 
wie  beim  Treiben  mit  dem  Hammer  durch  eine  allmälige  Qnerschnitta- 
verdünnung,  aber  bei  Weitem  gleichmässiger  und  sicherer;  im  andern 
Falle  wird  der  Rand  des  Blechs  mehr  und  mehr  um  das  convexe  Futter 
herumgedrückt,  bis  auch  hier  ein  yoUständiger  Anschluss  erzielt  ist;  es 
findet  Querschnittsyerdickung,  also  ein  wirkliches  Aufziehen  statt.  Nicht 
selten  lässt  man-,  wenn  der  herzustellende  Körper  sehr  tief  ist,  auch  die 
eine  der  beschriebenen  Arbeiten  auf  die  andere  folgen,  um  den  Quer- 
schnitt nicht  übermässig  yerändem  zu  müssen;  zieht  erst  das  Blech  über 
ein  conyexes  Futter  und  yollendet  dann  die  Arbeit  in  einem  concayen. 

Die  Drückstähle  sind  an  dem  yordem  Ende  flach  mit  bogenförmiger 
Kante  geschmiedet,  glatt  abgerundet  und  an  dem  andern  £nde  in  ein 
hölzernes  Heft  gefasst,  um  mit  der  Hand  geführt  zu  werden.  Als  Unter- 
stützung bei  der  Arbeit  dient  die  Aaflage  der  Handdrehbank.  Zur  Ver- 
ringerung der  Reibung  zwischen  Arbeitsstäck  und  Werkzeug  taucht  man 
letzteres,  je  nachdem  dieses  oder  jenes  Metall  gedrückt  wird,  in  Seifen- 
wasser (bei  plattirten  Blechen),  Fett  oder  dergleichen. 

Das  Drücken  ist,  sobald  Rotationskörper  hergestellt  werden  sollen, 
y ollkomm ner  und  rascher  ausführbar  als  das  Hämmern  aus  freier  Hand, 
bedarf  nicht  der  kostspieligen  Stanzen  wie  das  Pressen  und  besitzt  yor 
der  letztem  Arbeit  den  nicht  za  unterschätzenden  Vortheil,  dass  auch 
sogenannte  „unterschnittene"  Formen  damit  hergestellt  werden  können, 
d.  h.  Hohlkörper,  deren  Profile  nach  unten  sich  erweitern  oder  nach 
aussen  yortretende  Gliederungen  zeigen:  hemmlaufende  Bunde,  Ringe 
und  dergleichen«  Wie  leicht  einleuchten  wird,  ist  es  mit  Hilfe  yon  Stempel 
und  Stanze  unmöglich,  Formen  auszubilden,  welche  nicht  die  Bedingung  er- 
füllen, jede  Unterschneidung  zu  yeniieiden;  die  Profile  aller  gestanzten 
Reliefs  müssen  streng  nach  derselben  Regel  gebildet  sein  (wodurch  die 
Vervielfältigung  durch  Stanzen  der  durch  Handarbeit  getriebenen  Kunst^ 
werke  in  genauer  Wiedergabe  oft  unmöglich  gemacht  oder  nur  durch 
Zusammensetzen  aus  mehreren  Stücken  erreichbar  ist);  Rotationskörper 
aber  lassen  sich  ohne  Schwierigkeit  auch  in  unterschnitten  en  Formen 
herstellen,  wenn  man  das  Futter,  um  das  fertige  Stück  abnehmen  zu 
können,  ähnlich  wie  eine  Gussform  beim  Giessen  aus  mehreren  leicht 
yerbundenen  Theilen  zusammensetzt.  Daher  ist  das  Drücken  auf  der 
Drehbank  ein  Verfahren,  welches  bei  Verarbeitung  aller  dehnbaren  Me- 
talle und  fär  die  mannigfachsten  Zwecke  mit  Vorliebe  in  Anwendung 


Drücken,  Ciseliren.  738 

gebracht  wird,  voraasgoBetzt,  dass  die  Grösse  des  Arbeitsstücks  nicbt  jenes 
Maass  übersteigt,  welches  durch  die  Grösse  einer  Drehbank  zum  Drehen 
Yon  Hand  gegeben  ist. 

SelbstTerständlich  gelingt  das  Drücken  nm  so  leichter,  je  dehnbarer 
das  verarbeitete  Metall  ist;  und  je  grösser  die  Qaerschnittsyer&ndemng 
beim  Drücken  und  je  mehr  das  Metall  zum  Hartwerden  geneigt  ist,  desto 
häufiger  mnss  ein  Aasglühen  während  der  Arbeit  stattfinden.  Es  kommt 
sogar  Yor,  dass  stark  gedrückte  Arbeitsstücke  in  Folge  der  entstandenen 
Spannung  zwischen  dem  Rande  und  Boden  zerspringen,  wenn  sie  der 
Erhitzung  ausgesetzt  werden,  und  man  verringert  diese  Gefahr  durch 
zuvoriges  Hämmern  des  Randes  mit  einem  hölzernen  Hammer. 

Bei  allen  den  zuletzt  besprochenen  Arbeiten  wurden  als  Folge  einer 
Querschnittsänderung  aus  flachen  Arbeitsstücken  Körper  gebildet,  welche 
auf  der  einen  Seite  concave,  auf  der  andern  conveze  Flächen  zeigten. 
Etwas  anders  gestaltet  sich  der  Vorgang,  wenn  entweder  die  Dicke  des 
Arbeitsstücks  eine  solche  ist,  dass  das  Ausweichen  des  gedrückten  Metalls, 
welches  auf  der  Rückseite  dünner  Arbeitsstücke  jene  convexen  Hebungen 
hervorruft,  nicht  mehr  durch  die  ganze  Metallmasse  hindurch  stattfindet, 
oder,  was  im  Grunde  dasselbe  ist,  wenn  eine  starre  Unterlage  des  Ar^ 
beitsstücks  jenes  Hervortreten  erhiibener  Flächen  auf  der  Rückseite  un- 
möglich macht.  In  beiden  Fällen  kann  sich  die  Einwirkung  des  Werk- 
zeugs nur  noch  durch  eine  entsprechende  Verdichtung  der  zunächst 
gelegenen  Theile  und  insbesondere  durch  das  Hervortreten  seitlicher 
Erhabenheiten  an  der  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  —  nicht  an  der 
Rückseite  —  bemerkbar  machen. 

Als  hauptsächlichstes  Werkzeug  für  Handarbeit  zu  solchen  Zwecken 
finden  wir  wieder  den  Punzen  nebst  Hammer;  und  die  Arbeit  mit 
demselben  in  der  beschriebenen  Weise  heisst  Ciseliren  im  engem  Sinne. 
Es  sei  hier  erwähnt,  dass  auch  die  Arbeit  mit  dem  Grabstichel  gewöhn- 
lich unter  derselben  Bezeichnung  verstanden  wird;  denn  beide  Werkzeuge 
pflegen  von  demselben  Arbeiter  geführt  zu  werden;  das  eine  zur  Hervor- 
bringnng  von  Eindrücken  unter  Benutzung  der  Dehnbarkeit  des  Metalls, 
das  andere,  um  durch  Wegnahme  von  Spänchen  vertiefte  Linien  etc. 
hervorzubringen;  beide  Werkzeuge  werden  häufig  abwechselnd  bei  der 
nämlichen  Aufgabe  gebraucht  und  ergänzen  sich  gegenseitig.  Deshalb 
finden  wir  die  Punzen  neben  dem  Grabstichel  in  allen  solchen  Werk- 
stätten, wo  auf  der  Oberfläche  von  Metallwaaren  feinere  erhabene  oder 
vertiefte  Linien  anzubringen  oder  nachzuarbeiten  sind;  in  den  Stätuen- 
und  Eunstgiessereien  zum  Nacharbeiten  der  gegossenen  Bronzefiguren 
und  Ornamente;  in  den  Graviranstalten;  und  für  mannigfache  andere 
Zwecke.  Die  arbeitenden  Endflächen  der  Punzen  sind  daher  auch  für 
diese  Zwecke  in  mannigfachen  Formen  vertreten.  Kommt  es  jedoch  vor, 
dass  eine  und  dieselbe  Zeichnung,  Inschrift  oder  dergleichen  öfter  wieder- 
kehrend angebracht  werden  muss,  so  benutzt  man  mit  grossem  Vortheile 
solche  Punzen,  welche  die  Zeichnung,  Buchstaben  etc.  in  umgekehrten 


734  Biegangs-  und  DehnungsarbeiteD. 

Linien  an  ihrer  Endfläche  tragen  nnd  demnach  in  yollstandiger  Ausbil- 
dung durch  einen  einzigen  Schlag  auf  das  Metall  übertragen.  Bekannt 
sind  in  dieser  Hinsicht  die  Zahlen-  und  Buchstabenpunzen  für  Ziffern 
und  Inschriften;  aber  auch  Ornamente,  Wappen  nnd  dergleichen  lassen 
sich  durch  einen  geeigneten  Punzen  auf  einer  Metalloberflache  anbringen. 
Am  leichtesten  gelingt  hierbei  die  Herstellung,  wenn  die  herzustellende 
Figur  (Buchstabe,  Ziffer  etc.)  auf  dem  Punzen  erhaben,  auf  dem  Arbeits, 
stücke  vertieft  erscheint  und  das  Metall  also  bei  Entstehung  des  Ein- 
drucks seitlich  ausweicht;  es  gelingt  aber  auch,  erhabene  '(reliefartige) 
Figuren  durch  einen  Punzen  mit  vertiefter  Zeichnung  herzustellen,  in- 
dem das  Metall  rings  um  die  Zeichnung  her  zusammengedrückt  nnd  so 
gezwungen  wird,  nach  der  Vertiefung  des  Punzens  hin  auszuweichen, 
diese  als  erhabenen  Abdruck  wiedergebend. 

Je  grösser  aber  die  Fläche  der  herzustellenden  Eindrücke  ist,  je 
tiefer  und  schärfer  dieselben  im  Metalle  hervortreten  sollen,  desto  grösser 
wird  der  erforderliche  Kraft^  und  Arbeitsaufwand;  und  es  tritt  eine 
Grenze  ein,  wo  Handarbeit  nicht  mehr  ausreicht  oder  doch  die  Anferti- 
gung erheblich  verzögern  würde.  Wenn  also  fabrikmässig  die  Oberfläche 
einer  grossen  Anzahl  gleicher  Gegenstände  in  jener  Weise  mit  vertieften 
oder  erhabenen  Zeichnungen  als  Abdrücken  der  Werkzeugfläche  ver^ 
sehen  werden  soll  —  wir  erinnern  an  die  Anfertigung  von  Münzen  und 
Medaillen,  welche  in  älterer  Zeit  gleichfalls  mit  dem  Hammer  ,, geschlagen*^ 
wurden  — ,  so  wendet  man  statt  des  Hammers  eine  Maschine  an,  welche 
durch  einen  einzigen  kräftigen  Stoss  oder  Druck  die  Formgebung  aus- 
führt. Der  Punzen  wird  zum  Stempel  und  die  Arbeit  heisst  Prägen. 
Giebt  man  hierbei,  wie  z.  B.  bei  der  Münzenanfertignng,  auch  der  starren 
Unterlage  des  Arbeitsstücks  eine  mit  erhabenen  oder  vertieften  Zeich- 
nungen versehene  Oberfläche,  so  drücken  sich  dieselben  auf  der  untern 
Seite  des  Arbeitsstücks  in  derselben  Weise  ab,  als  die  Zeichnungen  des 
Stempels  auf  der  obem,  und  man  kann  demnach  auf  diese  Weise  durch 
einen  einzigen  Schlag  oder  Stoss  beide  Seiten  gemeinschaftlich  bearbeiten. 

Unter  den  angewandten,  drückend  oder  stossend  wirkenden  Maschi- 
nen finden  wir  auch  hier  ausschliesslich  schon  bekannte  Formen.  Die 
senkrechte  Schranbenspindel  mit  drei-  bis  vierfachem  flachem  Gewinde 
und  langem  Schwengel  mit  Schwungkugeln  bildete  lange  Zeit  die  allein 
angewendete  Maschine  zum  Prägen  von  Münzen,  und  wird  jetzt  noch 
häufig  zum  Prägen  der  Münzstempel  benutzt  (vergL  Anfertigung  der 
Münzen  im  speciellen  Theile);  in  neuerer  Zeit  ist  dieselbe  durch  die 
Kniehebelpresse  vielfach  verdrängt  worden;  auch  E^centerpressen  nnd 
hydraulische  Pressen  sind  für  Specialzwecke  in  Anwendung. 


Literatur  über  Treiben,  Stanzen,  Prägen  etc. 

Earmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  Bd.  1,  S.  358,  364,  368« 
Prechtl-Karmarsch,  Technologische  Encyclopädie,    Bd.  2,  S.  291  ff. 
Bd.  7,  S.  143. 


m.    Die  Znsammenfägrungsarbeiten. 

Die  F&Ue,  dass  Gegenstande  ans  Metall  erst  durch  Zusammensetzung 
aus  mehreren,  unabhängig  von  einander  angefertigten  Theilen  vollendet 
werden  können,  sind  zahlreich.  Häufig  ist  die  Schwierigkeit  oder  gar 
Unmöglichkeit  der  Anfertigung  in  einem  einzigen  Stücke  der  Grund 
hierfür;  bisweilen  besteht  auch  das  Stück  ans  mehreren  verschiedenen 
Metallen  neben  einander;  oder  aus  technischen  Gründen  ist  ein  öfteres 
Auseinandernehmen  desselben  erforderlich;  und  dergleichen.  In  welcher 
Weise  in  allen  diesen  Fällen  die  Verbindung  —  Zusammenfügung  — der 
einzelnen  Bestandtheile  zu  bewerkstelligen  ist,  richtet  sich  also  theils  nach 
dem  Zwecke  des  fertigen  Gegenstandes,  ist  aber  andererseits  auch  von 
der  Beschaffenheit  des  Materials  sehr  abhängig. 


1.    Adhäalonsverbindungen. 

Wir  verstehen  unter  diesem  Ausdrucke  alle  solche  Verbindungen, 
bei  denen  lediglich  die  hergestellte  Adhäsion  zwischen  den  Molecülen 
gleichartiger  oder  auch  fremdartiger  Stoffe  den  Zusammenhang  bewirkt. 
Wie  schon  bei  Besprechung  der  Schweissbarkeit  der  Metalle  besprochen 
wurde  (S.  341  ff.),  sind  aber  zur  Herstellung  einer  solchen  Adhäsion  (be- 
ziehentlich Cohäsion),  d.  h.  Näherung  der  Molecüle  bis  zu  demjenigen 
Grade,  wo  ihre  gegenseitige  Anziehungskraft  wirksam  wird,  hauptsächlich 
zwei  Bedingungen  zu  erfüllen:  absolute  Reinheit  der  zu  vereinigenden 
Oberflächen  und  ein  plastischer  (beziehentlich  flüssiger)  Zustand  derselben, 
welcher  allein  jene  Annähemng  der  Molecüle  in  dem  erforderlichen 
Grade  ermöglicht.  Sobald  es  gelingt,  jene  beiden  Bedingungen  gleich- 
zeitig zu  erfüllen,  wird  auch  eine  Verbindung  gleichartiger  und  selbst 
verschiedenartiger  Metalle  zu  erreichen  sein;  es  wurde  aber  a.  a.  0. 
schon  auf  die  Schwierigkeit  hingewiesen,  jenes  Ziel  zu  erreichen.  Bei 
der  Verbindung  solcher  Stücke  aber,  welche  bereits  durch  mechanische 
Verarbeitung  eine  fertige  Form  erlangt  haben,  kommt  noch  der  Umstand 
in  Betracht,  dass  durch  Anwendung  des  zur  Vereinigung  erforderlichen 
Druckes  in  einem  plastischen  oder  gar  flüssigen  Zustande  die  erlangte 
Form  ganz  oder  theilweise  wieder  verloren  gehen,  die  aufgewendete 
Arbeit  also  vergeblich  gewesen  sein  würde.  Nun  giebt  es  aber  glück- 
licherweise ein  ziemlich  einfaches  Anskunftsmittel  zur  Umgehung  dieses 


736  Zusammenfugungsarbeiten. 

Uebelstandes.  Wenn  man  in  die  Fnge  zwischen  den  zu  vereinigenden 
metallisch  reinen  Oberflächen  einen  momentan  flüssigen  oder  plastischen 
Körper  —  sei  es  ans  demselben  oder  aus  anderem  Stoffe  —  bringt,  wel- 
cher sich  dicht  genug  an  beide  Flachen  anlegt,  um  Adhäsion  mit  dem- 
selben zu  erlangen  und  die  Eigenschaft  besitzt,  alsbald  feste 
Form  anzunehmen,  so  bildet  derselbe  ein  Bindemittel  zwischen  beiden 
Hälften,  welches  nach  Maassgabe  seiner  eigenen  Festigkeit  dieselben 
vereinigt.  Zum  Gelingen  einer  solchen  Verbindung  ist  es  jedoch  erfor- 
derlich, dass  beim  Starrwerden  des  Bindemitteb  eine  erhebliche  Volumen- 
veränderung nicht  eintrete,  welche  allerdings  ein  Losreissen  schon  ver- 
einigter Flächen  zur  Folge  haben  könnte. 

Das  Erstarren  des  flüssigen  oder  plastischen  Bindemittels  kann  ent- 
weder eine  Folge  der  Abkühlung  (falls  es  im  heissen  Zustande  eingebracht 
wurde)  oder  auch  chemischer  Vorgänge  sein.  Im  letztem  Falle  werden 
bisweilen  auch  die  zu  vereinigenden  Metalloberflächen  durch  Eingehung 
chemischer  Verbindungen  in  Mitleidenschaft  gezogen^  wodurch  die  Festig- 
keit der  Verbindung  erhöht  werden  kann. 

Auf  solcher  Verbindung  durch  Adhäsion  der  Oberflächen  zweier 
Körper,  sei  es  unmittelbar,  sei  es  mit  Hilfe  eines  zwischen  dieselben 
gebrachten  Bindemittels,  beruhen  die  in  Folgendem  zu  besprechenden 
Arbeiten. 

a.    Schweissen. 

Dieser  Ausdruck  bezeichnet  im  Allgemeinen  denjenigen  Vorgang, 
bei  welchem  zwei  Stücke  Metall  ohne  Bindemittel  mit  einander  ver- 
einigt werden.  Die  üblichste  Anwendung  findet  das  Schweissen  —  wie 
schon  früher  erwähnt  wurde  —  bei  Verarbeitung  des  Eisens.  Sofern  es 
als  Vollendungsarbeit  benutzt  wird  —  zur  Vereinigung  zweier  oder 
mehrerer  in  ihrer  rohen  Form  bereits  fertiger  Arbeitsstücke  — ,  pflegt 
es  den  übrigen  Vollendungsarbeiten  voraus  zu  gehen,  damit  durch  letz- 
tere die  in  dem  erforderlichen  weichen  Zustande  des  Metalls  entstandenen 
Ungenauigkeiten  der  Form  ausgeglichen  werden  können. 

lieber  die  Vorgänge  und  zu  erfüllenden  Bedingungen  beim  Schweissen 
wurden  auf  Seite  341  bis  347,  über  das  Arbeitsverfahren  auf  Seite  466 
die  nöthigen  Mittheilungen  gegeben,  auf  welche  deshalb  hier  einfach  Be- 
zug genommen  werden  kann. 


b.     L  ö  t  h  e  n. 

Unter  dem  Ausdrucke  Löthen  versteht  man  die  Vereinigung  zweier 
MetallstÜoke  durch  ein  zwischen  ihre  Fugen  gebrachtes  metallisches 
Bindemittel,  welches  das  Loth  heisst.  Um  das  Einbringen  und  dichte 
Anlegen  des  Bindemittels  zu  ermöglichen,  ist  es  erforderlich,  dass  das- 
selbe sich  im  flüssigen  Znstande  befinde;   damit  dasselbe  nicht  vorzeitig 


Löthen.  737 

erstarre,  müssen  die  zn  yereinigenden  Metallflächen  wenigstens  ange- 
wärmt sein;  nm  die  Vereinigung  überhaupt  möglich  zu  machen,  müssen 
femer,  wie  schon  oben  hervorgehoben  würde,  die  Metallflächen  dorchaus 
rein  sein  von  nichtmetallischen  Körpern  (Oxyden,  Fett,  Schmutz).  Es 
folgt  hierans  zunächst,  dass  das  Loth  bei  einer  niedrigem  oder  im 
äussersten  Falle  doch  gleichen  Temperatur  schmelzen  muss,  als  das  zu 
löthende  Metall,  damit  nicht  dieses  selbst  durch  das  stärker  erhitzte  Loth 
zum  Schmelzen  gebracht  werde;  ausserdem  wird  erfahrungsmässig  das 
Löthen  gewöhnlich  erleichtert,  wenn  das  Lothmetall  geneigt  ist,  in  Legi- 
rung  mit  dem  zu  löthenden  Metalle  zu  treten. 

Die  Festigkeit  der  Löthstelle  hängt,  sofern  die  Löthung  über- 
haupt gelungen  ist,  von  der  Festigkeit  des  Loths  ab;  zwei  Metallstücke  von 
grosser  Festigkeit  durch  ein  Loth  von  geringer  Festigkeit  verlöthet  —  z.  B. 
Gusseisen  mit  Zinn  gelöthet  —  können  an  der  Löthstelle  niemals  eine 
grössere  Festigkeit  als  diejenige  des  Loths  erhalten;  andererseits  kann 
die  Löthstelle  grössere  Festigkeit  besitzen  als  selbst  die  verbundenen 
Metalle,  wenn  eben  als  Loth  ein  Metall  oder  eine  Legimng  gewählt 
wurde,  welches  sich  durch  grössere  Festigkeit  auszeichnete.  Gewöhnlich 
besitzen  nun  aber  die  festeren  Metalle  und  Legirungen  einen  höhern 
Schmelzpunkt  als  die  weniger  festen,  und  es  ist  deshalb  leichter, 
Löthungen  herzustellen,  bei  denen  es  auf  erhebliche  Festigkeit  nicht  an- 
kommt, als  wenn  in  der  Löthstelle  eine  ebenso  grosse  Festigkeit  vor- 
handen sein  muss,  als  sie  das  gelöthete  Metall  besitzt. 

Um  die  Metallflächen  völlig  rein  zu  erhalten,  insbesondere,  um  die 
beim  Erwärmen  sich  leicht  bildenden  Oxyde  zu  entfernen,  müssen  die 
ersteren  mit  Körpern  in  Berührung  gebracht  werden,  welche  im  Augen- 
blicke des  Löthens  in  Folge  der  Erwärmung  die  fremden  üeberzüge  zu 
einer  leicht  schmelzbaren  Schlacke  lösen ;  oder  welche  chemische  flüchtige 
Verbindungen  mit  denselben  bilden;  oder  welche,  während  sie  selbst  in 
der  Löthtemperatur  flüchtig  sind,  reduoirend  auf  die  vorhandenen  Oxyde 
wirken.  In  ersterer  Beziehung  ist  der  Borax. ein  wichtiges  Hilfsmittel 
beim  Löthen,  gewöhnlich  in  concentrirter  Lösung  auf  die  Metallfläche 
gestrichen;  femer  sind  eine  Anzahl  Chlorverbindungen  wichtig,  welche 
theils  verschlackend,  theils  verflüchtigend  auf  die  Metalloxyde  wirken, 
indem  sie  die  letzteren  in  Chloride  umwandeln,  in  welcher  Form  sie  leich- 
ter schmelzbar  und  oft  schon  bei  niedriger  Temperatur  flüchtig  sind. 
Hierher  gehört  Salzsäure,  Salmiak  (Chlorammonium)  als  Pulver  oder  als 
concentrirte  Lösung  angewendet;  Chlorzink.  Als  reducirendes  Mittel 
gebraucht  man  vorzngs^ipise  Kolophonium.  Unter  den  genannten  Mitteln 
ist  Borax  das  üblichste  zum  Löthen  mit  schwerscHlnelzjgeren  Löthen, 
während  die  übrigen  vorwiegend  beim  Löthen  in  weniger  hoher  Tempe- 
ratur gebraucht  werden. 

Nicht  ohne  Wichtigkeit  ist  bei  der  Wahl  des  einen  oder  andern 
Loths  die  Farbe  desselben.  Denn  da  auf  der  Verbindungsfnge  das  Loth 
sichtbar  zu  sein  pflegt,  so  würde  eine  von  der  Farbe  der  verbundenen 

Ledebnr,  aeolumlteh-iBetallQivlMdie  Taofanologi«.  47 


738  Zusammenfügungsarbeiten. 

Stücke  abweichende  Farbe  des  Lotbs  das  äussere  Ansehen  des  fertigen 
Gegenstandes  gar  sehr  beeinträchtigen  können,  wenn  nicht  etwa  ein 
späterer  Ueberzng  beide  Farben  verdecken  soll.  Wo  dieses  nicht  der 
Fall  ist  —  bei  Gold-,  Silber-,  Tombak-  nnd  Messingwaaren  etc.  — ,  sacht 
man  deshalb  die  Farbe  des  Loths  möglichst  in  Einklang  mit  der  des 
Arbeitsstücks  zu  bringen. 

Sämmtliche  benutzten  Lothe  pflegt  man  nach  ihrer  Schmelz- 
temperatur in  zwei  Gruppen  zu  sondern.  Die  eine  derselben  umfasst 
solche  Lothe,  welche  bei  einer  Temperatur  unter  250  Grad  Celsius 
schmelzen  und  aus  Zinnlegirungen  verschiedener  Zusammensetzung  zu 
bestehen  pflegen.  Man  bezeichnet  sie  mit  den  allgemeinen  Ausdrücken 
Weichloth,  Weissloth  (wegen  der  weissen  Farbe),  Schnellloth 
(wegen  der  Raschheit  des  Schmelzens  und  somit  auch  Löthens), 
Zinuloth. 

Reines  Zinn  pflegt  nur  in  solchen  Fällen  zum  Löthen  benutzt 
zu  werden,  wo  es  darauf  ankommt,  in  Rücksicht  auf  die  Verwendung  des 
Arbeitsstücks  fremde  Metalle  fem  zu  halten;  also  z.  B.  beim  Löthen  von 
Ess-  und  Trinkgeschirren,  welche  ans  reinem  Zinn  gefertigt  wurden. 

Blei-  Zinnlegirungen  bilden  die  am  häufigsten  benutzten  Lothe 
und  werden  ebensowohl  zum  Löthen  der  bei  niedriger  Temperatur 
schmelzenden  Metalle:  Zinn,  Blei,  Zink  benutzt,  als  auch  für  Kupfer  und 
dessen  Legirungen  und  für  Eisen,  wenn  die  geringe  Festigkeit  der  ge- 
nannten Lothe  nicht  für  die  Verwendung  des  fertigen  Gegenstandes  hin- 
derlich ist.  Der  jedesmalige  Bleizusatz  richtet  sich  nach  der  Schmelz- 
temperatur des  zu  löthenden  Metalls;  mit  wachsendem  Bleigehalte  steigt 
im  Allgemeinen  die  Schmelztemperatur,  verringert  sich  aber  der  Preis 
der  als  Loth  dienenden  Legirung.  Im  Allgemeinen  liegt  die  Gre&ze  des 
Bleigehalts  zwischen  30  und  66  Procent.  Lothe  mit  30  bis  40  Procent 
Blei  schmelzen  bei  180  bis  190  Grad  und  heissen  schwaches  Schnell- 
loth; bei  den  bleireicheren  Legirungen  steigt  der  Schmelzpunkt  über 
200  Grad  (vergl.  S.  91),  und  man  nennt  sie  starkes  Schnellloth.  Bei  der 
Bereitung  des  Schnellloths  bilden  die  auf  S.  17  beschriebenen  Erschei- 
nungen ein  Kennzeichen  für  den  richtigen  Zinngehalt. 

Kommt  es  darauf  an,  ein  noch  leichtflüssigeres  Loth  herzustellen, 
als  es  durch  die  Blei-Zinn- Legirungen  zu  erreichen  ist,  so  setzt  man  dem 
gewöhnlichen  Schnelllothe  Wismuth  zu  und  bildet  dadurch  Legirungen, 
die  bei  einer  wenig  über  100  Grad  liegenden  Temperatur  schmelzen; 
eine  Legirung  aus  gleichen  Theilen  aller  drei  Metalle  z.  B.  schmilzt  bei 
124  Grad.  Wegen  der  Kostspieligkeit  des  Wismnths  und  der  geringen 
Festigkeit  der  betragenden  Legirungen  beschränkt  sich  ihre  Anwendung 
nur  auf  das  Löthen  leichtschmelziger  Zinnlegirungen. 

Die  andere  Gruppe  der  Lothe  umfasst  diejenigen,  welche,  aus  Kapfer- 
legirungen  bestehend,  erst  bei  Glühhitze  flüssig  werden,  also  bedeutend 
schwerer  verarbeitbar  sind,  dabei  aber  grosse  Festigkeit  besitzen  und  aus 
diesen  Gründen   Hartloth,    Strengloth  oder  Schlageloth  (weil  die 


Löthen.  739 

LothuDg  Hammerschl&ge  ausliält)  genannt  werden.  Je  reichlicher  der 
Kupfergehalt  ist,  desto  höher  liegt  im  Allgemeinen  der  Schmelzpunkt, 
man  erniedrigt  umgekehrt  denselben  durch  erhöhten  Zusatz  von  Zink, 
Zinn,  Blei.  Gewöhnlich  sucht  man  die  Zusammensetzung  des  Loths  der 
Zusammensetzung  der  zu  löthenden  Legirung  möglichst  ähnlich  zu 
machen  unter  Berücksichtigung  des  Umstandes,  dass  das  Loth  bei  niedri- 
geren Temperaturen  zu  schmelzen  hat  als  das  Arbeitsstück.  Demnach 
löthet  man  Kupfer,  Messing  etc.  mit  einem  zinkreichem  Messing;  soll 
die  Farbe  desselben  heller  sein,  so  erreicht  man  dieses  durch  einen  Zu- 
satz von  Zinn  (vergl.  S.  28);  Neusilber  wird  mit  einem  zinkreichern 
Neusilber  gelöthet;  die  Edelmetalle  mit  Legirungen  Yon  Gold  oder  Silber 
mit  Kupfer,  oder  mit  Kupfer  und  Zink,  wenn  der  Schmelzpunkt  erniedrigt 
werden  soll;  n.  s.  £. 

Reines  Kupfer  wird  bisweilen  zum  Löthen  von  Eisen  gebraucht, 
wenn  es  auf  grosse  Festigkeit  ankommt;  üblicher  ist  auch  hierfür  die 
Anwendung  des  erwähnten  Messingschlagloths,  welches  leichter  schmilzt 
und  daher  leichter  yerarbeitbar  ist.  Man  unterscheidet  gelbes,  halb- 
weisses  und  weisses  Messingschlageloth  und  stellt  es  durch  Zusammen- 
schmelzen Ton  Messingbleohsohnitzeln  mit  Zink,  beziehentlich  Zink  und 
Zinn  dar.  Gelbes  pflegt  auf  100  Theile  Messingblechschnitzel  15  bis 
100  Theile  Zinkzusatz  zu  erhalten,  je  nachdem  es  strengflüssiger  oder 
weniger  strengflüssig  sein  soll;  halbweisses  auf  100  Theile  Messingblech- 
schnitzel 35  bis  50  Theile  Zink  und  5  bis  8  Theile  Zinn;  weisses  auf 
100  Theile  Messingblech  schnitze!  5  bis  10  Theile  Zink  und  15  bis  25 
Theile  Zinn.  Silberschlageloth,  d.  h.  silberhaltige  Legirungen  zum  Löthen 
Ton  Silberwaaren,  erhält  gewöhnlich  neben  Silber  und  Kupfer  einen  Zu- 
satz von  Messing,  um  es  leichtschmelziger  zu  machen;  Goldschlageloth 
pflegt  ans  Gold,  Silber  und  Kupfer  zu  bestehen  und  nur,  wenn  es  sehr 
leichtschmelzig  werden  soll,  auch  einen  Zusatz  von  Zink  zu  erhalten. 

Die  als  Lothe  dienenden  Legirungen  werden  durch  Schmelzen  im 
Löffel  oder  bei  Hartlotben  im  Tiegel  hergestellt  und  dann  in  eine  geeig- 
nete Form  ausgegossen.  Weichlothe  giesst  man  meistens  in  Stäbchen, 
Messing-  und  Argentanschlageloth  werden  durch  Eingiessen  in  Wasser 
auf  hin  und  her  bewegte  Birkenreiser  in  Körnerform  yon  der  Grösse 
eines  Hirsekorns  verwandelt,  gesiebt,  um  zu  grosse  Körner  abzusondern, 
und  in  dieser  Form  verwendet;  Silber-  und  Goldschlagelothe,  welche  sich 
durch  Dehnbarkeil  auszeichnen,  werden  nach  dem  Ausgiessen  zu  dünnen 
Blechen  verarbeitet  und  in  Form  von  Blechschnitzeln  angewendet. 

Bevdr  das  Löthen  vor  sich  geht,  werden  die  zu  verbindenden  Ober- 
flächen durch  mechanische  Mittel  (Feilen,  Schaben  etc.)  von  allen  anhaf- 
tenden Unreinigkeiten  befreit  und  alsdann,  ohne  mit  den  Fingern  be- 
rührt zu  werden,  in  die  bestimmte  gegenseitige  Lage  zu  einander  ge- 
drückt. Um  sie  in  derselben  zu  erhalten,  spannt  man  die  beiden  Hälften 
zusammen  in  einen  Schraubstock  oder  umwickelt  sie  mit  Bindedraht  oder 
dergleichen,  sofern  ein  einfaches  Zusammendrücken  mit  der  Hand  nicht  aus- 

47* 


740  Zusammenfiigungsarbeiten. 

reicht.  Da  die  Löthang  nm  so  besser  gelingt,  je  grösser  die  Beröhrangs- 
flächen  sind,  so  sncht  man  dieselben,  wo  sie  yerhältnissmässig  klein  sind, 
dnrch  ähnliche  Eanstgriflfe  zu  vergrössem  als  beim  Schweissen  erwähnt 
wurden.  Man  wird  deshalb  z.  B.  die  Ränder  zweier  zu  verbindender 
Blechstreifen  nicht  stumpf  yor  einander  stossen  lassen,  sondern  ein  wenig 
über  einander  legen;  wo  ein  solches  Uebereinanderliegen  nicht  zulässig 
ist,  schneidet  man  an  der  einen  Kante  schwalbenschwanzf5rmige  Zacken, 
an  der  andern  entsprechende  Kerben  aus,  welche  in  einander  greifen;  u.s.f. 

Sind  die  zu  yerlöthenden  Gegenstände  hohl,  so  muss  Sorge  getragen 
werden,  dass  an  irgend  einer  geeigneten  Stelle  des  Arbeitsstücks  eine 
kleine  Oeffnung  bleibe,  um  der  in  Folge  der  Bbrwärmung  sich  ausdeh- 
nenden Luft  einen  Ausweg  zu  verschaffen. 

Alsdann  folgt  die  eigentliche  Arbeit  des  Löthens. 

Die  hierzu  angewendeten  Gerätbe  sind  verschieden  nach  der  Art 
des  Löthens  und  Grösse  der  Arbeitsstücke. 

Das  üblichste  Geräth  zum  Weichlöthen  ist  der  Löthkolben.  Der- 
selbe wird  durch  ein  Stück  Kupfer  an  einem  eisernen  Stiele  gebildet, 
welches  entweder  hammerartige  Form  mit  scharfer  Kante  (ähnlich  dem 
Schrotmeissel,  Fig.  360  a.  S.  457)  besitzt  oder  wie  ein  schlanker  Kegel 
geformt  ist,  in  dessen  Grundfläche  der  Stiel  befestigt  ist  Mit  Hilfe  der 
scharfen  Kante  oder  Spitze  des  erhitzten  Löthkolbens  (der  Löthbahn) 
wird  das  leichtschmelzige  Loth  zum  Schmelzen  gebracht  und  auf  die 
Fuge  übertragen.  Die  Löthbahn  selbst  muss  zu  diesem  Zwecke  vorher 
verzinnt  worden  sein,  indem  man  sie,  nachdem  sie  gehörig  gereinigt 
worden  ist,  in  geschmolzenes,  mit  Kolophoniumpid ver  bestreutes,  Zinnloth 
taucht  oder  auch,  nachdem  der  Löthkolben  erhitzt  worden  ist,  auf  einem 
festen  Stück  Zinnloth  reibt.  Mit  dem  so  vorbereiteten  Löthkolben  ver- 
zinnt man  zunächst  die  zu  löth enden  Flächen  (bevor  sie  an  einander  ge- 
legt sind)  indem  man,  nachdem  sie  mit  Kolophonium  bestreut  worden 
sind,  ein  Stück  Zinnloth  mittelst  des  erhitzten  Kolbens  auf  denselben  zum 
Schmelzen  bringt  und  verreibt.  Dann  bringt  man  sie  in  richtiger  Lage 
an  einander,  bringt  mit  dem  Löthkolben  einen  Tropfen  der  geschmol- 
zenen Legirung  (welcher  beim  Schmelzen  an  der  Löthbahn  hängen  bleibt) 
auf  die  Fuge  und  streicht  ihn  dort  längs  der  Fuge  auseinander,  wobei  er 
alsbald  vermöge  der  Capillarität  in  dieselbe  eindringt  und  die  Verbin- 
dung bewirkt. 

Die  Erhitzung  des  Löthkolbens  geschieht  meistens  im  Holzkohlen- 
feuer;  wo  Leuchtgas  zu  Gebote  steht,  leitet  man  dasselbe  wohl  dnrch 
einen  Gummischlauch  nach  dem  für  diesen  Zweck  hohlen  Stiele  und  durch 
diesen  gegen  den  Kolben,  um  es  hinter  dem  Rücken  desselben  durch 
einen  mit  Hahnverschluss  versehenen  Brenner  zu  verbrennen  und  so  den 
Kolben  beständig  warm  zu  erhalten. 

Zu  Löthungen  kleiner  Gegenstände  sowohl  mit  Hart-  als  Weichloth 
benutzt  man  das  bekannte  Löthrohr,  Fig.  556,  und  eine  Gas-  oder 
Dochtflamme,  in  welche  vermittelst  desselben  Luft  geblasen  wird,  so  dass 


LöÜien. 


741 


sie   eine  seitlich  gerichtete,   sehr  heisse  Spitze  erhält  (Fig.  SÖ7).    Die 
letztere  wird  auf  die   Löthfuge   des   mit  einer  Zange    gehaltenen  oder 

Fig.  556.  Plg.  557. 


aof  einer  Unterlage  (Holzkohle)  ruhenden  Arbeits- 
stücks gerichtet,  nachdem  das  Loth  und  Reini- 
gungsmittel auf  dieselbe  gebracht  worden  sind. 

Dem  Löthen  mit  dem  Löthrohre  ähnlich, 
aber  für  grössere  Gegenstände  geeigneter,  ist  das 
Löthen  mit  Gas.  £ine  ziemlich  rohe  Ausführung 
dieses  Verfahrens,  welche  aber  bisweilen  ganz 
zweckmässig  sein  kann,  erreicht  man,  wenn  man 
einen  geschlossenen  runden  Ofen  mit  glühenden 
Koks  oder  Holzkohlen  füllt,  von  unten  her  durch 
eine  Form  gepressten  Wind  einführt  und  das  gebildete  Gas  durch  eine 
im  obern  Theile  befindliche  seitliche  Düse  in  Form  einer  langen,  sehr 
heissen  Stichflamme  austreten  lässt.  Bequemer,  wenn  auch  kostspieliger, 
ist  die  Anwendung  von  Leuchtgas.  Dasselbe  wird  aus  der  Gasleitung 
durch  einen  Eautschukschlauch  nach  dem  Orte  seiner  Verwendung  ge- 
führt.  An  dem  vordem  Ende  des  Sohlauchs  befindet  sich  ein  Mundstück, 
innerhalb  desselben  ist  ein  engeres  Rohr  concentrisch  befestigt,  welches 
durch  einen  zweiten  Schlauch  mit  einem  Gebläse  verbunden  ist  und  die 
erforderliche  Verbrennungsluft  der  Flamme  in  derselben  Weise  zuführt 
wie  das  Löthrohr  im  Kleinen.  Man  ist  auf  diese  Weise  im  Stande,  der 
Flamme  jede  beliebige  Richtung  zu  geben,  ihre  Stellung  zu  verändern  u.  s.  w. 
Für  höhere  Temperaturen  benutzt  man  statt  des  Leuchtgases  Wasser- 
stofifgas,  welches  in  einem  besondern  tragbaren  Apparate  durch 
Auflösen  von  Zink  in  verdünnter  Schwefelsäure  dargestellt  wird.  Von 
hier  strömt  das  Gas  durch  einen  Kautschukschlauch  nach  einem  Doppel- 
hahne und  mischt  sich  hier  mit  Gebläseluft,  welche  von  einem  kleinen 
tragbaren  Gebläse  mit  Fusstrittbetrieb  aus  gleichfalls  durch  einen  Kaut- 
schukschlauch zugeführt  wird;  das  Gasgemisch  (Knallgas)  tritt  alsdann 
gemeinschaftlich  durch  eine  engere  Löthspitze  aus  und  verbrennt  mit 
langer  heisser  Flamme.  Durch  geeignete  Stellung  der  Hähne  regulirt  man 
den  Gas-  und  Luftzufluss  derartig,  dass  eine  spitze,  bläuliche,  nicht  leuch- 
tende Flamme  entsteht  Die  Kautschukschläuche  wählt  man  weit  und 
lang  genug,  dass  dem  Arbeiter  volle  Freiheit  der  Bewegung  gestattet  ist 


742  ZusammenfugUQgsarbeiten. 

Die  häufigste  Anwendung  findet  das  letztere  Verfahren  bei  dem 
Zusammenschmelzen  der  Fugen  an  den  grossen  Bleiplatten  für  Schwefel- 
säurekammem.  Nachdem  die  Verbindungsstellen  rein  geschabt  sind, 
lässt  man  die  Wasserstofflamme  in  langsamer  Bewegung  darüber  hin- 
gleiten, so  dass  das  Blei  eben  zu  schmelzen  beginnt  und  in  einander 
fiiesst  ^).  Ein  eigentliches  Löthen,  d.  h.  eine  Verbindung  durch  ein  leicht- 
schmelzigeres  Bindemittel,  findet  also  hierbei  nicht  statt;  das  Metall 
schmilzt  selbst,  und  es  ist  das  Verfahren  in  gewisser  Beziehung  dem- 
jenigen ähnlich,  welches  auf  Seite  307  besprochen  wurde  und  den  Zweck 
hat,  neue  Theile  an  vorhandene  Gussstücke  anzugiessen. 

In  ganz  ähnlicher  Weise  wie  das  leichtschmelzige  Blei  lässt  sich 
Platin  durch  eine  Gasflamme  löthen  oder,  richtiger  gesagt,  zusammen - 
schweissen.  Bei  der  hohen  Schmelztemperatur  des  letztern  genügt  aber 
nicht  eine  durch  Gebläsewind  gespeiste  Flamme,  sondern  es  muss  Sauer- 
stoffgas  an  Stelle  der  atmosphärischen  Luft  treten. 


Literatur  über  Löthen. 
Karmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  5.  Aufl.,  S.  387  bis  402« 


c.    Kitten. 


Unter  dem  Ausdrucke  „Kitt"  versteht  man  einen  plastischen  Stoff, 
welcher  in  Folge  chemischer  oder  physikalischer  Vorgänge  mehr  oder 
minder  rasch  erhärtet,  dabei  die  Eigenschaft  besitzt,  an  bestimmten  Kör- 
pern zu  haften  und  somit  als  Bindemittel  für  zwei  solcher  Körper  be- 
nutzbar zu  sein,  sobald  die  Trennungsfuge  zwischen  denselben  mit  dem 
Kitte  angefüllt  wird. 

Nur  selten  besteht  der  Kitt  aus  einem  einzigen  gleichartigen  Kör- 
per, sondern  ist  meistens  durch  eine  mechanische  Mischung  von  minde- 
stens zwei  Körpern  hergestellt;  sofern  die  erforderliche  Bildsamkeit  nicht 
die  Folge  einer  Erwärmung  des  Kitts  ist  (was  im  Allgemeinen  zu  den 
selteneren  Fällen  zählt),  ist  es  zur  Erreichung  derselben  nothwendig, 
dass  mindestens  einer  der  Bestandtheile  im  flüssigen  Zustande,  ein  anderer 
im  festen  Zustande  gegenwärtig  sei,  und  somit  durch  die  Mischung  bei- 
der ein  teigartiger  Zustand  des  Kitts  hervorgerufen  werde.  Nur  in 
wenigen  Fällen  beschränkt  sich  der  Vorgang,  welcher  das  Erhärten 
herbeiführt,  auf  einen  Verdunstungsprocess  der  als  wirkliches  Lösungs- 
mittel dienenden  flüssigen  Bestandtheile  des  Kitts;  oder  auf  eine  Ab- 
kühlung des  im  erhitzten  Zustande  bildsamen,  im  kalten  Zustande  harten 


^)  Deutsche  Industriezeitung  1871,  8.  182. 


Kitten.  743 

Kitts  (wie  beim  Siegellack);  meistens  sind  es  wirkliche  chemische  Ein- 
wirkungen der  Bestandtheile  auf  einander,  welche  das  Erhärten  herbei- 
führen. 

Die  Verbindung  der  Metalle  durch  Kitten  pflegt  weniger  dauerhaft 
als  die  durch  Löthen  zu  sein;  sie  beschränkt  sich  deshalb  auf  solche 
Fälle,  wo  entweder  ein  nichtmetallischer  Bestandtheil  des  fertigen  Ge- 
brauchsgegenstandes mit  dem  metallischen  verbunden  werden  soll;  oder 
wo  grössere  J'ugen  zwischen  solchen  Körpern  wasser-  und  luftdicht  ver- 
dichtet werden  sollen,  die  in  ihrer  I^age.  gegen  einander  gesichert  und 
erheblicher  Beanspruchung  der  Festigkeit  innerhalb  der  Kittfuge  nicht*  . 
ausgesetzt  sind  (z.  B.  bei  Rohrleitungen  die  Fugen  zwischen  der  Muffe 
des  einen  und  dem  Ende  des  folgenden  Rohrs  u.  s.  f.).  . 

Das  eigentliche  Arbeitsverfahren  beim  Kitten  ist  demnach  ein 
ziemlich  einfaches,  und  der  Schwerpunkt  des  Gelingens  liegt  in  der  Be- 
reitung des  Kitts. 

Beispiele. 

Zum  Verkitten  von  gusseisemen  Muffenröhren  gebraucht  man  unter 
dem  Namen  Eisenkitt  oder  Rostkitt  ein  Gemisch  von  Eisenfeilspänen 
mit  Schwefelblumen,  Salmiaklösung  und  etwas  Essig  oder  stark  ver- 
dünnter Schwefelsäure  zu  einem  dicken  Brei  angerührt.  Alsbald  nach 
dem  Anrühren  tritt  eine  chemische  Reaction  ein;  nach  12  bis  24  Stunden 
pflegt  der  Kitt  schon  ziemlich  fest  geworden  zu  sein,  nach  3  bis  4  Tagen 
steinhart.  Im  Laufe  der  Zeit  nimmt  die  Härte  noch  zu,  so  dass  es 
schwierig  ist,  einen  alt  gewordenen  Rostkitt  wieder  ans  der  Fuge  heraus- 
zubringen und  man  deshalb  diese  an  und  ftlr  sich  sehr  einfache  Ver- 
dichtung nur  in  denjenigen  Fällen  anwendet,  wo  nicht  zu  erwarten 
steht,  dass  eine  Lösung  der  Verbindung  erforderlich  wird.  Man  pflegt 
2  Theile  Salmiak,  1  Theil  Schwefelblumen,  30  Theile  fein  gesiebte  Eisen- 
feilspäne anzuwenden.  Sollen  die  Röhren  Glühhitze  aushalten,  z.  B.  bei 
Winderhitzungsapparaten,  so  soll  man  nach  Karmarsch  Eisenfeilspäne 
mit  50  Procent  feuerfestem  Thone  und  25  Procent  gestosäenen  Scherben 
von  hessischen  Schmelztiegeln  innig  mengen  und  mit  gesättigter  Koch- 
salzlösung zu  Teig  anrühren;  Verfasser  hatte  Öfters  Gelegenheit,  auch 
für  diesen  Zweck  den  oben  beschriebenen  Eisenkitt,  jedoch  mit  etwas 
reichlicherm  Eisenzusatze  (bis  60  Theile  Feüspäne  auf  2  Theile  Salmiak 
und  1  Theil  Schwefelblumen},  mit  bestem  Erfolge  anzuwenden,  sobald 
man  demselben  vor  der  Erhitzung  mindestens  4  bis  5  Tage  Zeit  Hess  zu 
erhärten. 

Auch  die  Oxyde  des  Bleies  finden  häufige  Anwendung  zur  Bereitung 
von  Kitten  für  Metall waaren%  Unter  dem  Namen  Mennige kitt  ge- 
braucht man  im  Maschinenbau  vielfach  ein  Gemenge  von  Mennige  ^)  mit 


^)  Bekanntlich  jenes  rothe,  im  Handel  vorkommende  Oxyd  des  Bleies  von 
der  Zusammensetzang  Pbg  O4 ,  welches  fabrilunässig  durch  Erhitzen  von  ge- 
wöhnlichem Bleioxyd  im  Luftstrome  dargestellt  wird. 


744  Zusammenfügungsarbeiten. 

dickem  LeiuölfirniBB  za  einer  steifen  Masse  angerieben,  um  Fugen 
zwischen  Flantschen  eic  zu  Yerdichten.  Wenn  der  Kitt  getrocknet  ist, 
was  allerdings  ziemlich  lange  dauert,  hält  er  sehr  fest.  Statt  der  Men- 
nige dient  häufig  Bleiweiss  ^  oder  ein  Gemenge  von  Bleiweiss  mit  Men- 
nige mit  ebenso  gutem  Erfolge.  Als  ein  vorzüglich  haltbarer  Kitt, 
widerstandsfähig  gegen  Wasser,  Säuren^  Laugen,  Alkohol,  Aether,  Benzol 
und  dergleichen,  und  eine  Temperatur  bis  zu  270  Grad  C.  vertragend 
wird  eine  Mischung  von  geschlämmter  trockener  Bleiglätte')  mit 
gewöhnlichem  käuflichen  Glycerin  empfohlen.  Die  Bleiglätte  wird  zu 
•  diesem  Zwecke  in  einer  Beibschale  gut  durchgerieben ,  dann  wird  unter 
beständigem  Rühren  und  Kneten  mit  einem  Spatel  das  Glycerin  so  lange 
zugesetzt,  bis  der  Kitt  die  gewünschte  Consistenz  erlangt  hat.  Die  zu 
verkittenden  Flächen  müssen  vor  dem  Gebrauche  sorgföltig  gereinigt 
und  mit  etwas  verdünntem  Glycerin  eingerieben  sein.  Binnen  10  bis 
30  Minuten  —  abhängig  von  der  Menge  des  zugesetzten  Glycerins  — 
erstarrt  der  Kitt  zu  einer  festen  Masse. 

Bisweilen  setzt  man  den  Bldioxyden  noch  andere  Substanzen  zu, 
deren  angebliche  Wirkung  allerdings  schwer  erklärlich  ist;  z.  B.  1  Theil 
Bleiglätte,  1  Theil  Schlemmkreide,  3  Theile  Graphit  mit  Leinölfimiss 
(Diamantkitt). 

Zur  Verbindung  nichtmetallischer  Gegenstände,  z.  B.  Glas,  mit  me- 
tallischen ist  ein  einfaches  aber  nicht  sehr  dauerhaftes  Mittel  Siegellack 
oder  Schellack  im  erwärmten  Zustande.  Dauerhafter  ist  Käsekitt, 
welchen  man  durch  Vermischen  von  ganz  frischem,  weichem  Käse  mit 
20  bis  25  Proc.  gebranntem  Kalk  und  Wasser  erhält.  Derselbe  erstarrt 
sehr  schnell  und  muss  deshalb  sogleich  verbraucht  werden. 

Harzkitt,  durch  Zusammenschmelzen  von  4  Theilen  schwarzem 
Pech  mit  1  Theü  Schwefel  und  Einrühren  eines  Gemenges  von  Eisenfeil- 
spänen  und  Ziegelmehl  in  die  geschmolzene  Masse  dargestellt  und  heiss 
verwendet  dient  zur  Befestigung  von  Holz  auf  Eisen. 

Auch  eine  Mischung  von  I  Theil  schwarzem  Pech  mit  1  Theil 
Guttapercha  in  erwärmtem  Zustande  wird  sehr  zur  Befestigung  von  Holz, 
Leder  u.  s.  w.  auf  Metall  gerühmt. 

Eine  grössere  Anzahl  Darstellungsmethoden  für  Kitte  verschiedener 
Art  ist  in  Karmars ch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  5.  Auflage, 
Seite  402  bis  405,  enthalten. 

2.    Verbindungen  durch  Heibung  (Zwängverbindungen). 

Wenn  eine  Verbindung  zweier  Arbeitsstücke  durch  Beibung  bewirkt 
werden  soll,  so  ist  es  erforderlich,  dass  das  eine  von  dem  andern  einge- 

^)  Kohlensaures  Blei  von  nicht  constanter  Zasammensetzimg,  gewöhnlich 
dem  zweiclrittel  kohlensauren  Blei,  HsPbsCaOg,  in  seiner  Zasammensetzuiig 
nahe  stehend. 

^)  Bleioxyd  (im  reinen  Zustande  Pb  0)  beim  Abtreiben  des  Silbers  gewonnen. 


Zwängyel*bindungeii.  745 

Bohlossen  werde  (z.  B.  ein  Rad  von  dem  Radreifen);  es  müssen  aber  ferner 
die  Flächen  beider  Theile  so  eng  auf  einander  liegen ,  dass  die  entste- 
hende Reibung  ausreicht,  eine  Lösung  der  Verbindung  zu  hindern.  Diese 
letztere  Bedingung  lässt  sich  erfüllen,  wenn  man  entweder  das  äussere 
Stück  im  erwärmten  Zustande,  also  mit  vergrössertem  Durchmesser  über 
das  andere  überschiebt  und  dann  erkalten  lässt;  oder  indem  man  die 
Verbindung  der  eng  in  einander  schliessenden  Theile  unter  einem  so 
grossen  Drucke  ausführt,  dass  die  später  auf  das  Arbeitsstück  wirkenden 
Einflüsse  nicht  ausreichend  sind,  die  Verbindung  zu  lösen. 

Beide  Fälle  kommen  im  Maschinenbau,  vorzugsweise  aber  bei  der 
Anfertigung  der  Räder  für  Eisenbahnfahrzeuge,  vielfach  in  Anwendung. 

Um  den  Radreifen  auf  einem  Eisenbahnrade  zu  befestigen,  wird  der 
erstere  an  der  Innenseite,  das  letztere  an  dem  Umfange  auf  der  Dreh- 
bank derartig  gedreht,  dass  der  innere  Durchmesser  des  Reifens  V4  bis 
IV^mni  pro  Meter  kleiner  ist  als  der  äussere  des  Rades.  Nun  wird  der 
Reifen  erwärmt.  Man  benutzt  dazu  einen  Flammofen,  Gasflammen,  oder 
weniger  gut  ein  Schmiedefeuer,  über  welchem  der  Reifen  horizontal  auf- 
gehängt wird.  Die  Erhitzung  darf  nicht  über  300  Grad  gehen  und  nie- 
mals bis  zur  beginnenden  Rothgluth  steigen;  man  beurtheilt  den  Grad 
der  Erwärmung  nach  den  entstehenden  Anlaufliarben.  Neuerdings  be- 
nutzt man  mit  gutem  Erfolge  lediglich  Wasser  in  einem  oylindrischen 
Gefösse,  welches  durch  eingeleiteten  Dampf  auf  100  Grad  erwärmt 
worden  ist,  und  erreicht  dadurch  eine  sehr  gleichmässige  Temperatur; 
die  Differenz  der  Durchmesser  darf  hierbei  ^4  t^t^  P^i*  Meter  nicht  über- 
steigen, weil  sonst  die  Erwärmung  nicht  ausreichen  würde,  den  Reifen 
aufzubringen  ^).  Wenn  die  Erwärmung  bewerkstelligt  ist,  wird  der 
Reifen,  mit  dem  vorspringenden  Elranze  nach  oben,  auf  die  Hüttensohle 
gelegt  und  das  kalte  Rad  mit  Hilfe  des  Erahns  eingesenkt.  Nach 
erfolgter  Erkaltung  sind  beide  Theile  fest  verbunden;  eine  nach  diesem^ 
Aufziehen  noch  stattfindende  Verbindung  derselben  durch  Schrauben- 
bolzen hat  lediglich  den  Zweck,  als  Sicherheitsvorrichtung  zu  dienen, 
falls  ein  Bruch  des  Reifens  beim  Fahren  eintritt. 

Soll  der  Reifen  später  zur  Auswechselung  wieder  abgenommen 
werden,  so  ist  dieses  nur  möglich,  indem  man  ihn  aufs  Neue  erwärmt, 
während  das  Rad  gekühlt  wird. 

Ein  Zusammenpressen  zweier  zu  verbindenden  Theile  findet  bei  der 
Befestigung  der  Eisenbahnräder  auf  ihren  Achsen  statt  Die  Nabe  des 
Rades  im  innem  und  der  Achsschenkel  im  äussern  Durchmesser  werden 
genau  gedreht  und  zwar  ganz  schlank  kegelförmig,  so  dass  der  Naben- 
durchmesser ein  wenig  kleiner  gehalten  werden  kann  als  der  Achs- 
schenkeldurchmesser, ohne  das  Ueberschiebefn  unmöglich  zu  machen. 
Dann  wird  mit  der  hydraulischen  Presse  unter  einem  Drucke  vob  150 


^)  Dentsohe  Indnstriezeitung  1877,  8.  28. 


746 


Zusammeniiigungsarbeiten. 


Atmosphären  nnd  darüber  das  Rad  auf  die  Achse  gepresst.    Häufig  unter- 
stützt man  noch  diese  Verbindung  durch  Nuth  und  Keil  ^). 


8.    Falzen. 

Unter  dem  Ausdrucke  „Falz*'  versteht  man  eine  durch  Umbiegen 
und  Inein anderlegen  der  Ränder  hervorgerufene  Verbindung,  die  also 
lediglich  auf  einer  Formveränderung  beruht.  Die  Ausführung  des  Fal- 
zens  gehört  demnach  zu  den  oben  besprochenen  Biegungsarbeiten  und 
wird  theils  mit  den  dort  beschriebenen  Geräthen  und  Maschinen,  theils  — 
für  Specialzwecke  —  mit  ganz  ähnlichen  Vorrichtungen  bewirkt.  Es 
bleibt  nur  noch  die  Aufgabe  übrig,  die  äussere  Beschaffenheit  eines 
Falzes  einer  Betrachtung  zu  unterziehen. 


Fig.  658. 


Fig.  559. 


Die  einfachste  Falzyerbindung  entsteht,  wenn  man  die  zwei  zu  ver- 
bindenden Ränder  einfach  umbiegt,  in  einander  hakt  und  dann  yoll- 
ständig  dicht  zusammendrückt,  Fig.  558. 

Wenn  man  beide  Ränder  in  entgegengesetzter  Richtung  umbiegt 
und  dann  durch  einen  übergeschobenen  klammerartigen  Streifen  ver- 
bindet, so  entsteht  der  Falz  mit  Falzstreifen,  Fig.  559. 


_i_ 


Fig.  560. 


Wenn  man  endlich  die  Ränder  wie  bei  dem  einfachen  Falze,  Fig.  558 
in  einander  hakt,  dann  aber  noch  einmal  gemeinschaftlich  umbiegt,  so 
erhält  man  den  doppelten  Falz,  Fig.  560  a  und  &. 

Das  Falzen  ist  selbstverständlich  um  so  leichter  ausfuhrbar,  je 
dünner  die  zu  verbindenden  Metallstreifen  sind,  eben  aus  diesem  Grunde 
aber  weniger  bei  Gegenständen  anwendbar,  die  auf  grossen  Druck  in 
Anspruch  genommen  sind,  als  bei  leichteren  Verbindungen.  Zinkbleche 
beim  Decken  von  Dächern,  kleinere  Wassergefasse,  Rauchrohren  für 
Stubenöfen  etc.  sind  beispielsweise  Gegenstände,  für  welche  die  Falzver- 
bindungen wegen  ihrer  billigen  Herstellung  häufige  Anwendung  finden. 


^)  Petzholdt,  Eisenbahnmaterial,  S.  149. 


Nieten.  747 


4.    Verbindung  durch  Niete  und  Schrauben. 

Wenn  die  im  Vorausgegangenen  besprochenen  Yerbindungsarbeiten 
nicht  dauerhaft  gena^  oder  aus  irgend  einem  andern  Grunde  nicht  an- 
wendbar sind,  so  bleibt  noch  eine  Verbindung  durch  Niete  oder  Schrauben 
übrig.  Der  Begriff  der  Ausdrücke  „Niet"  und  „Schraube"  ist  zu  bekannt, 
als  dass  er  einer  weitern  Erläuterung  bedürfte.  Niete  wendet  man  an, 
wo  eine  feste,  unlösbare  Verbindung  hergestellt  werden  soll;  Schrauben, 
wo  entweder  eine  leicbt  lösliche  Verbindung  einzurichten  oder  auch,  wo 
die  Arbeit  des  Nietens  nicht  ausführbar  ist. 

Das  Nieten.  Wenn  man  einen  zapfenformigen  Ansatz  des  einen 
zu  verbindenden  Theils  durch  eine  entsprechend  grosse  Oeffnung  des 
zweiten  Theils  hin  durchsteckt  und  nun  das  hervorstehende  Ende  durch 
Stauchen  mit  dem  Hammer  zu  einem  übergreifenden  Kopfe  umformt,  so 
entsteht  eine  Nietverbindung  in  einfachster  Form.  Dieselbe  wird  ohne 
Erhitzung  des  Arbeitsstücks  bewerkstelligt  und  eignet  sich  deshalb  nur 
für  kleine  Gegenstände. 

Häufiger  ist  die  Anwendung  eines  besondem  Niets  (Nietbolzens), 
welches  in  die  durch  beide  zu  vereinigenden  Theile  hindurchgehende 
Oefifnung  gesteckt  und  an  den  vorstehenden  Enden  mit  Kopf  versehen 
wird.  Der  eine  der  beiden  Köpfe  wird  zur  Erleichterung  der  Arbeit  fast 
immer  schon  vorher  geformt,  so  dass  beim  Nieten  nur  die  Bildung  des 
zweiten  Kopfes  auszuführen  ist.  Der  erstere  Kopf  heisst  Setzkopf, 
der  zweite  Schliesskopf.  Die  Bildung  des  Setzkopfes  pflegt  im  Grossen 
in'  Nietbolzeufabriken  zu  geschehen  und  der  bis  auf  den  Schliesskopf 
fertige  Nietbolzen  in  den  Handel  zu  kommen  ^). 

Das  Nieten  mit  Anwendung  besonderer  Nietbolzen  geschieht  vor- 
zugsweise bei  Verbindung  von  Eisenblechen  und  spielt  eine  wichtige 
Rolle  bei  Anfertigung  aller  Art  grösserer  Geräthe,  Bauconstructions- 
theile  etc.  aus  Eisenblech,  bei  welchen  das  Löthen  oder  Schweissen  nicht 
anwendbar  ist.  Die  Ausbildung  des  Schliesekopfs  geschieht  bei  den 
kleinsten  Nieten  kalt,  bei  allen  grösseren  in  der  Hitze.  Man  erleichtert 
durch  die  Erhitzung  des  Nietbolzens  nicht  allein  die  Arbeit,  sondern  er- 
hält auch  in  Folge  des  Schwindens  beim  Erkalten  eine  dichtere  Fuge. 

Die  Nietlöcher  werden  mit  Hilfe  des  Durchstosses  oder  bei  dickeren 
Blechen  in  Rücksicht  auf  die  beim  Durchstossen  eintretenden  Verände- 
rungen  im  Materiale  (Seite  557),   durch  welche  die  Entstehung  eines 


^}  Man  gebraucht  zur  fabrikmä«8ig;en  Darstellung  von  Kietbolzen  ge- 
wöhnlich Pressen  (Präg^erke),  welche  an  dem  vorher  in  erforderlicher  tiänge 
abgeschnittenen  und  erhitzten  Stifte  den  Kopf  durch  Stauchen  ausbilden. 
Näheret}  hierüber:  Praktischer  Maschinenconstructeur  1870,  B.  291;  Polyt. 
Centralblatt  1874,  8.  1331;  Dingler's  polyt.  Journal,  Bd.  208,  S.  341; 
Y.  Hesse,  Die  Werkzeugmaschinen  8.  54;'Wencelides,  HUfsmaschinen  und 
Werkzeuge,  8.  82. 


748  ZusammenfugungBarbeiten. 

völlig  cylindrischen  Lochs  unmöglich  wird,  zweckmässiger,  wenn  aach 
kostspieliger,  durch  Bohren  hergestellt.  Um  ein  genaues  Anfeinander- 
passen  (l^r  Löcher  zu  erzielen,  spannt  man,  wo  es  angeht,  die  zu  ver- 
bindenden  Bänder  in  der  bestimmten  Lage  auf  einander  und  fertigt  das 
durchgehende  Loch  gleichzeitig  für  beide  Bleche. 

Die  Erwärmung  der  Kietbolzen  geschieht  meistens  im  Schmiede- 
feuer. Für  den  Betrieb  im  Grossen  sind  kleine  Glühöfen  sehr  geeignet, 
an  einer  oder  mehreren  Seiten  eingefasst  durch  dünne  feuerfeste  Platten 
mit  einer  grossen  Anzahl  durchgehender  Löcher,  in  welche  die  Niet- 
bolzen hineingesteckt  werden,  so  dass  nur  das  zu  erhitzende  Ende  der- 
selben in  den  Feuerraum  hineinragt. 

Die  Ausbildung  des  Schliesskopfs  an  dem  in  die  Oeffnung  gesteckten 
Nietbolzen  geschieht  entweder  yon  Hand  mit  dem  Hammer  oder  durch 
Maschinen. 

In  dem  erstem  Falle  muss  zur  Erreichung  eines  dichten  Schlusses 
gegen  den  Setzkopf  ein  .Druck  ausgeübt  werden,  damit  nicht  das  Niet 
durch  die  Hammerschläge  wieder  zurückgetrieben  werde;  und  nur  selten 
wird  es  möglich  sein,  hierbei  den  Ambos  als  Unterlage  zu  benutzen,  weil 
die  Grösse  und  Form  der  zu  nietenden  Gegenstände  ein  häufiges  Wenden 
und  Bewegen  nicht  gestattet.  Man  gebraucht  also  hierzu  ein  schweres 
hammer-  oder  keulenartiges  Werkzeug  —  den  Yorhalter  — ,  welches 
durch  einen  Arbeiter  gegen  den  Setzkopf  gedrückt  wird,  während  ein 
anderer  oder  mehrere  Arbeiter  gleichzeitig  den  Schliesskopf  ausbilden. 
Da  der  Yorhalter  zur  Erfüllung  seines  Zwecks,  die  empfangene  Stoss- 
wirkung  zu  yemichten,  ein  beträchtliches  Gewicht  haben  muss,  so  pflegt 
man  denselben  auf  irgend  eine  Weise  zu  unterstützen:  indem  man  ihn 
an  einer  Kette  aufhängt;  oder  hebelartig  auf  einen  Bock  lagert;  oder 
dergleichen.  Die  gegen  den  halbrunden  Nietkopf  gerichtete  Seite  oder 
Bahn  desselben  enthält  gewöhnlich  zum  bessern  Anschlüsse  eine  halb- 
runde Vertiefung,  welche  beim  Vorhalten  den  Kopf  einschliesst.  Der 
Schliesskopf  wird  entweder  aus  freier  Hand  kegelförmig  oder  mit  Hilfe 
eines  Setzhammers  —  Schellhammer  genannt  — ,  welcher  die  Form 
des  Nietkopfes  vertieft  enthält,  ebenfalls  balbkugelförmig  ausgebildet. 

Gewöhnlich  ist  beim  Nieten  stärkerer  Bleche  mit  dem  Hammer  eine 
„Colonne"  von  vier  bis  sechs  Arbeitern  thätig;  nämlich  ein  Knabe  zum 
Zutragen  der  glühenden  Niete,  ein  bis  zwei  Arbeiter  zum  Durchstecken 
und  Vorhalten;  zwei  bis  drei  Arbeiter  zum  Schmieden.  Vier  Arbeiter 
sind  dabei  im  Stande,  stündlich  20  bis  40  Niete  von  18  bis  20mm 
Stärke  einzuziehen,  je  nachdem  das  Arbeitsstück  mehr  oder  weniger 
bequem  liegt;  und  man  rechnet  als  Anzahl  der  auf  einen  Nietkopf  er- 
forderlichen Hammerschläge  150  bis  250,  durchschnittlich  also  200. 

Für  eine  gut  gelungene  Nietverbindung  ist  es  erforderlich,  dass 
nicht  allein  der  Kopf  des  Niets  richtig  ausgebildet  sei  und  genau  schliesse, 
sondern  auch,  dass  das  Nietloch  vollständig  von  dem  Nietbolzen  aus- 
gefüllt sei.    Da  nun  der  Bolzen  beim  Hineinstecken  doch  einigen  Spiel- 


Nieten.  749 

räum  im  Loche  haben  mnss,  so  kann  ein  solcher  dichter  Anschluss  an 
die  Lochwand  nur  durch  ein  kräftiges  Zusammenstauchen  des  Niets  im 
Loche  hervorgebracht  werden;  ist  das  Loch  nicht  genau  cylindrisch  (bei 
der  Herstellung  mit  dem  Durchstosse)  oder  schliessen  gar  die  beiden 
Löcher  der  zu  verbindenden  Theile  nicht  ganz  genau  auf  einander,  so 
wächst  die  Schwierigkeit,  den  Bolzen  so  zu  stauchen,  dass  er  das  Loch 
dicht  aubfüllt.  Der  Zweck  wird  um  so  eher  erreicht  werden,  je  kräftiger 
die  auf  den  Nietbolzen  ausgeübte  Wirkung  ist;  mithin  wird  die  Nietung 
besser  durch  wenige  starke  als  durch  viele  schwächere  Schläge  gelingen; 
am  besten  und  sichersten  durch  einen- einzigen  ruhigen  Druck  von  solcher 
Intensität,  dass  er  ausreichend  ist,  die  Form  Veränderung  auszufahren  ^). 
Hierin  liegt  ein  wesentlicher  Vorzug  der  Nietmaschinen  und  insbeson- 
dere derjenigen,  welche  durch  Pressen  den  Nietkopf  ausbilden. 

Aus  diesem  Grunde  kommen  mit  vollem  Rechte  jene  hydraulischen 
Nietmaschinen  in  neuerer  Zeit  mehr  und  mehr  in  Aufnahme,  welche  durch 
einen  einzigen  starken  hydraulischen  Druck  den  Nietbolzen  stauchen  und 
den  Kopf  herstellen.  Als  eine  der  neuesten  Gonstructionen  dieser  Art 
möge  die  von  W,  Seilers  &  Comp,  in  Philadelphia  nach  einem 
Patente  von  R.  H.  Tweddell  gebaute  transportabele  hydraulische  Niet- 
maschine Erwähnung  finden,  welche  in  Fig.  561  und  562  a.  f.  S.  abge- 
bildet ist ').  Zwei  kräftig  gebaute  gusseiseme  Hebel  bilden  den  form- 
gebenden Theil  dieser  Maschine,  und  zwar  liegt  der  eine  derselben  (H) 
fest,  dient  also  gewissermaassen  als  Vorhalter,  während  H'  beweglich  ist 
und  durch  Andrucken  gegen  n  den  Kopf  ausbildet.  Zu  diesem  Zwecke 
ist  das  Ende  jedes  Hebels  mit  einem  auswechselbaren  Stahlstempel 
(Schelleisen)  versehen,  welcher  die  Form  des  zu  bildenden  Schliesskopfs 
beziehentlich  des  schon  vorhandenen  Setzkopfs  enthält.  In  Fig.  561  ist 
die  Lage  zweier  zu  verbindenden  Winkeleisen  mit  dem  durchgesteckten 
Nietbolzen  angedeutet.  Die  Hebel  sind  einarmig,  d.  h.  der  Drehungs- 
punkt liegt  an  dem  entgegengesetzten  Ende,  wo  beide  Hebel  durch  ein 
Kugelgelenk  mit  auswechselbaren  Einsatzstücken  (um  der  verschiedenen 
Dicke  der  zu  nietenden  Arbeitsstücke  Rechnung  zu  tragen)  zusammen- 
greifen, wobei  eine  übergeschobene  Spiralfeder  (vergl.  unten  Fig.  563) 
die  Enden  zusammenhält.  Der  Abstand  des  Angriffspunkts  der  Kraft 
vom  Drehungspunkte  ist  gleich  %  der  ganzen  Hebellange;  letztere  be- 
trägt bei  den  von  der  genannten  Firma  ausgeführten  Nietmaschinen  450 
bis  900  mm.  Durch  einen  starken  Querbolzen  0'  ist  der  bewegliche 
Hebel  H'  mit  zwei  Laschen  verbunden,  welche  sich  auf  dem  Kolben  B 


1)  Vergleiche  die  Ausfahmngen  auf  Seite  396.  Viele  schwache  Schläge 
können  theoretisch  die  nämliche  Gesammtleistang  hervorhringen  als  ein  einzi- 
ger kräftiger  Dmck;  aher  ihre  Wirkung  beschränkt  sich  auf  die  Oberfläche 
des  Arbeitsstücks,  während  die  Wirkung  des  stärkern  Drucks  sich  auch  auf 
entlegenere  Theile  des  Arbeitsstücks  fortpflanzt. 

*)  Wenoelides,  Hilfsmaschinen  und  Werkzeuge  für  Bisen-  imd  Metall- 
bearbeitung, 8.  164;  Dingler's  Polytechnisches  Journal,  Bd.  224,  8.  34. 


750  ZusammenfügungsarbeiteiL 

des  bydranliBchen  Cylinders  A  beGaden  and  erhält  somit  tod  diesem  ans 
seine  Bewegung;  der  festliegende  Hebel  R  ist  dnrcli  zwei  st&rke  Ver- 


biudangB  Stangen  mit  Sohrsnben  gewin  de  and  Matter  (vergleiche  Fig.  663) 
an  den  hydraolischen  Cjlinder  A  angeschlosBen,  so  dass  sich  mit  Hilfe 
der  Schrauben  mattem  sein  Abstand  von  diesem  beliebig  regnliren  lässt. 
Die  Verbindangsstangen  dienen  zugleich  als  FühroDgen  für  den  Hebel  H' , 
wie  ans  Fig.  562  hervorgeht.  Der  Hab,  d.  h.  das  Zosammendrücken  der 
Hebel  erfolgt,  indem  Wasser  darch  das  Rohr  Cg  in  den  Cylinder  unter 
den  Kolben  geleitet  wird.  Zar  Rückw&rtebewegnng  ist  der  Kolben,  wie 
sich  aus  Fig.  561  ergiebt,  mit  einem  kleinen  Gegenbolben  b  innerhalb 
eines  concentri sehen  kleinen  Cylinders  a  verbunden,  h  steht  fortw&hrend 
mit  dem  im  Rohre  Cj  befindlichen  Druokwasser  in  Verbindung;  der  Za- 
flnsB  nach  B  dagegen  wird  erst  durch  Oeffnang  eines  Ventilsi  welches 
in  der  Abbildung  nicht  2Q  sehen  ist,  ermSglicbt.  So  lange  also  diese) 
Ventil  gescbloBsen  ist,  bleibt  die  Maschine  in  Folge  des  auf  h  wirkenden 
Drucks  geöffnet;  hei  geöffnetem  Einlassventile  erfolgt  Vorwärtsbewegong 


Nieten.  751  ' 

TormSge  des  grösBem  EalbenqaerBohnitte  S,  und  das  über  T>  befindliche 
Dmckwasser  wird  nach  dem  Rohre  c^  znrikckged rückt.  Zam  Entweichen 
des  im  Cylinder  A  befindlichen  DmckwasBerB  bei  dem  Rückwärtsgange 
dient  das  AnslaBsrohr  dj,  durch  ein  Ventil  geBchlossen,  so  lange  Vor- 
wärtsbewegung und  Druck  stattfindet. 

Das  Dmckwasser  wird  von  einem  Äccnmnlator  geliefert,  welcher 
durch  eine  doppelt  wirkende  Pompe  gespeist  nnd  dessen  Dmckwirkung 
durch  abnehmbare  Gewichtsstücke  regalirbar  ist.  Jedes  Gewichtsstück 
entspricht  einem  Drucke  yon  17,5  kg  per  qcm,  nnd  der  Totaldmck  lässt 
sich  auf  140  kg  per  qcm  steigern.  Um  nun  aber  die  Nietmaschine  be- 
nutzen zu  können,  ohne  das  ArbeitsstQck  für  jedes  einzuziehende  Niet 
in  eine  andere  Lage  bringen  za  müssen,  insbesondere  auch,  um  an  ver- 
Bohiedenen  Stellen  des  Arbeitslocals,  eelhst  im  Freien,  damit  arbeiten  zu 
Fig.  563. 


können,  ist  sie  durch  einen  Bügel  an  dem  Haken  eines  Krahns  (bezie- 
hentlich einer  Brückenwinde)  aufgehängt  and  erhält  ihr  Dmäkwasser 
vom  Accumulator  durch  einen  beweglichen  Röhrenstrang.  Die  Beweg- 
lichkeit desselben  wird  durch  Einschaltung  von  Gelenken  (Kugelgelenken 
und  UniTersalgelenken)  hervorgebracht. 

Die  äussere  Anordnung  einer  solchen  transportabeln  Nietmaschine 
zeigt  die  pernpectivische  Abbildung  Fig.  663.    Der  Bügel  greift  mit  zwei 


752  Zusammenfugungsarbeiten. 

festliegenden  Zapfen  in  zwei  entsprechende  Hfilsen  der  Maschine,  so  dass 
diese  dadurch  um  die  Zapfen  drehbar  ist.  Auf  einem  der  Zapfen  sitzt 
ein  Schneckenrad  fest,  mit  welchem  eine  am  Maschinen gestelle  gelagerte 
drehbare  Schnecke  im  Eingriffe  steht.  Durch  diese  Einrichtung  wird 
also  die  Maschine  um  die  Bügelzapfen  drehbar  und  unter  jedem  belie- 
bigen Neigungswinkel  innerhalb  der  Drehungsebene  stellbar.  Der  Auf- 
hängebügel aber  ist  bogenförmig  gestaltet  und  giehi  dadurch  die  Mög- 
lichkeit, auch  den  Aufhängepunkt  zu  yerändem  und  somit  eine  Drehung 
der  Maschine  auch  in  der  Ebene  zu  bewirken,  welche  rechtwinklig  gegen 
die  ersterwähnte  Drehungsebene  gerichtet  ist.  Dadurch  lässt  sich  die 
Maschine  mit  Leichtigkeit  in  jede  beliebige,  von  der  Form  und  Lage  des 
Arbeitsstücks  abhängige  Stellung  bringen. 

Ein  Arbeiter  ist  im  Stande,  mit  Hilfe  der  beschriebenen  Maschine 
per  Minute  10  bis  16  Niete  einzuziehen,  welche  yon  Knaben  zugereicht 
und  in  die  Nietlöcher  gesteckt  werden ;  und  für  je  6  bis  10  Niete  per 
Minute  ist  ein  Knabe  erforderlich.  Als  stündliche  Leistung  der  von 
3  Personen  bedienten  Nietmaschine  dürfte  man  unter  Berücksichtigung 
der  Zeitverluste,  welche  durch  die  erforderliche  Weiterbewegnng  der 
Maschine  entstehen,  400  bis  500  Niete  rechnen  können. 

Die  abgebildete  Nietmaschine  eignet  sich  vorwiegend  zum  Nieten 
solcher  Gegenstände,  welche  selbst  schwer  beweglich  sind  und  deren 
Nietreihen  nicht  sehr  weit  vom  Rande  des  Arbeitsstücks  entfernt  stehen, 
weil  es  bei  grösserem  Abstände  unmöglich  sein  würde,  die  Nietbolzen 
zwischen  die  beiden  Stempel  der  Maschine  zu  bringen;  also  für  Brücken- 
bauwerkstatten,  Schiffswerften  und  dergleichen.  Sind  die  zu  vernietenden 
Gegenstände  dagegen  breit  —  Dampfkesselbleche  z.  B.  — ,  so  ist  eine 
andere  Construction  der  Maschine  erforderlich.  Die  Abmessungen  der- 
selben werden  grösser,  das  Gewicht  bedeutender,  und  man  zieht  deshalb 
vor,  die  Maschine  feststehend  zu  construiren  und  das  Arbeitsstück  mit 
Hilfe  des  Ejrahns  zu  bewegen. 

Wendet  man,  wie  bei  der  oben  abgebildeten  Maschine,  hydraulischen 
Druck  und  Hebel  an,  so  müssen  die  letzteren  bedeutend  länger  sein,  um 
dem  Arbeitsstücke  den  erforderlichen  Spielraum  zwischen  ihren  Schenkeln 
zu  gewähren;  statt  des  hydraulischen  Drucks  dient  häufig  Dampfdruck, 
auf  einen  grossen  Kolben  wirkend,  wobei  an  der  Kolbenstange  des  Dampf- 
cylinders  der  Nietstempel  sich  befindet,  die  Wirkung  also  derjenigen  eines 
Dampfhammers  ähnlich  ist;  nicht  selten  findet  man  auch  noch  Bewegung 
des  Nietstempels  durch  ein  Excenter  oder  eine  Kurbelscheibe ,  wobei 
jedoch  der  Umstand  nachtheilig  wirkt,  dass  die  Hublänge  stets  dieselbe 
bleibt  und  demnach  die  Niete,  ob  lang  oder  kurz,  stets  auf  dieselbe 
Länge  zusammengepresst  werden  müssen.  Ist  also  der  Nietbolzen  zu 
kurz,  so  wird  das  Nietloch  nicht  vollständig  ausgefüllt,  ist  er  zu  lang, 
so  werden  die  Theile,  welche  genietet  werden  sollen,  unverhältnissmäasig 
gedrückt.  Hinsichtlich  der  speciellen  Construction  solcher  stationären 
Nietmaschinen  muss  auf  die  unten  gegebene  Literatur  verwiesen  werden. 


Nieten.  753 

Wenn  man  sebr  dichte  Fngen  herstellen  wiU,  z.  B.  bei  dem  Ver- 
nieten von  Dampfkesseln^  so  pfle^  man  die  eigentliche  Nietarbeit,  d.  h. 
die  Aosbildong  des  Nietkopfs,  durch  einige  andere  Arbeiten  zn  erg&nzen. 
Damit  die  MetallflSchen  in  diesem  Falle  genau  auf  einander  schliessen, 
treibt  man  vor  dem  Vernieten  durch  Schläge  mit  dem  Nietenzieher  — 
einem  an  der  Endfläche  ringförmig  ausgehöhlten  Stempel  —  auf  das 
oben,  liegende  Theil  das  Metall  rings  um  den  schon  eingesteckten  Niet- 
bolzen zusammen,  so  dass  der  Bolzen  stärker  hervortritt  und  der  Kopf 
enger  an  das  Blech  sich  anlegt.  Nach  dem  Nieten  aber  treibt  man  mit 
Hilfe  eines  stumpfen  Meisseis  und  des  Hammers  die  Fuge  so  eng  zu- 
sammen, dass  ein  völliger  Verschluss  derselben  erreicht  wird,  und  nennt 
diese  letztere  Arbeit  Verstemmen. 


Literatur  über  Nieten  und  Nietmaschinen. 

Earmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  5.  Auflage,  Seite  382 
bis  386. 

Hpyer,  Mechanische  Technologie,  Seite  422  bis  428. 

Wencelides,  Hil&maschinen  und  Werkzeuge  für  Eisen-  und  Metall- 
bearbeitung, Seite  160  bis  177. 

Praktischer  Maschinenconstructeur,  1871,  S.  26;  1872,  S.  334;  1874, 
S.  95;  1875,  S«  137  (Nietmaschinen). 

Dingler's  Polytechnisches  Journal,  Bd.  103,  S.  9;  Bd.  105,  S.  4; 
Bd.  213,  S.  114;  Bd.  216,  S.  400;  Bd.  220,  S.  404  (Nietmaschinen). 


L «de bor,  mechaniich-meunnrgiioh«  TeduM^ogie.  4g 


Vierter  Abschnitt 


Die  Arbeiten  znr  Yerschönening  nnd  Erhaltimg. 


Die  meisten  Gegenstände  zeigen,  nnmittelbar  nachdem  sie  ihre 
Formgebnng  empfangen  haben,  ein  äusseres  Ansehen  in  Bezng  anf  Farbe, 
Glanz  n.  s.  w.,  welches  nichts  weniger  als  angenehm  anf  das  Auge  wirkt 
H&ofig  sind  die  Spnren  aller  Bearbeitnngsstadien,  welche  sie  dorchlanfen 
haben,  erkennbar;  bei  gegossenen  (Gegenständen  zeigt  sich  an  einzelnen 
Stellen  die  Ghisshant,  bei  geschmiedeten  odör  gewalzten  der  sogenannte 
Olühspan;  daneben  erblickt  man  an  anderen  Stellen  die  Spnren,  welche 
der  bearbeitende  Stahl  hinterlassen  hat,  oder  wenn  die  letzte  Bearbei- 
tung bei  Erhitzung  vorgenommen  war,  AnlauffSEurben  verschiedener  Ari 
Der  im  Uebrigen  fertige  Gegenstand  bedarf  also  einer  letzten  Yerschö- 
nemden  Arbeit  —  bisweilen  auch  mehrerer  dergleichen  —  um  an  fius- 
serm  Ansehen  zu  gewinnen  und  verkäuflich  zu  werden. 

Häufig  verbindet  man  mit  dieser  letzten  Arbeit  den  andern  Zweck, 
dem  fertigen  Arbeitsstücke  durch  einen  fremden  üeberzug  einen  Schute 
gegen  chemische  äussere  Einflüsse  zu  geben.  Manche  Metalle,  mit  reiner 
Oberfläche  den  Atmosphärilien  ausgesetzt,  überziehen  sich  rasch  mit 
einer  Kruste  aus  den  Producten  einer  chemischen  Einwirkung  des  Sauer- 
stoffs, der  Feuchtigkeit,  der  Kohlensäure,  welche  nur  in  Ausnahmefällen,  s.  B. 
bei  der  Bronze,  dem  Auge  angenehm  erscheint,  bisweilen  aber  sogar 
durch  allmälige  Fortpflanzung  der  umwandelnden  Einwirkungen  nach 
innen  eine  Zerstörung  des  Gebrauchsstücks  zur  Folge  haben  kann.  In 
dieser  Beziehung  zeichnet  sich  vorzugsweise  das  Eisen  unvortheilhaft  aus, 
und  es  ist  diese  Eigensohafb  desselben  um  so  unangenehmer,  da  das  "Eiaea 
bekanntlich  dasjenige  Metall  ist,  welches  in  den  überwiegend  meisten 
Fällen  das  Material  filr  Gebrauchsgegenstände  bildet. 

In  anderen  Fällen  ist  es  die  Benutzung  des  Gegenstandes,  welche 
Gelegenheit  zu  zerstörenden  chemischen  Einwirkungen  giebt,  die  durch 
einen  Üeberzug  fem  gehalten  werden  müssen.     Kupferne,  messingene 


Beizen  and  Färben.  75^ 

oder  nensilbeme  Eocbgeschirre,  mit  sauren  Speisen  in  Berübmng  ge- 
bracbt,  würden  giftige,  in  den  Speisen  löslicbe  Enpfersalze  bilden;  eiserne 
Oescbirre  werden  ebenso  wobl  von  sauren  als  alkaliscben  Flüssigkeiten 
angegriffen,  geben  denselben  einen  unangenehmen  Geschmack  und  eine 
schwärzliche  F&rbung;  u.  s.  f. 

Die  in  diesen  Abschnitt  fallenden  Arbeiten  sind  demnach  mannig- 
facher Art  und  lassen  sich  in  folgender  Weise  eintheilen. 

1.  Eine  Entfernung  desjenigen  Ueberzugs  oder  deijenigen  Theil- 
chen  der  Oberfläche,  welche  das  vollendete  Aussehen  derselben  beein- 
trächtigen. Diese  Entfernung  kann  auf  mechanischem  oder  chemischem 
Wege  geschehen.  In  beiden  Fällen  tritt  eine  wirkliche  Trennung  kleiner 
Theilchen  der  Oberfläche  ein,  wenn  auch  in  so  unbedeutendem  Maasse, 
dass  eine  mit  gewöhnlichen  Messwerkzeugen  messbare  Formveränderung 
nicht  mehr  stattfindet. 

Die  Vollendung  durch  Wegnahme  von  Spänchen  auf  mechanischem 
Wege  wurde  schon  bei  den  Trennungsarbeiten  besprochen  (Schaben, 
Schleifen,  Poliren),  so  dass  hier  einfach  auf  jene  Erörterungen  Bezug  ge- 
nommen werden  kann;  die  Entfernung  von  Theilchen  der  Oberfläche  auf 
chemischem  Wege  nennt  man  Beizen  und,  sofern  durch  das  Beizen  bei 
Legirungen  eine  bestimmte  Farbe  hervortreten  soll.  Färben  ^). 

2.  Ein  Hervorrufen  von  Olanz  durch  Niederdrücken  hervor- 
stehender Theilchen  —  Poliren  (unterschieden  von  dem  oben  beschrie- 
benen Poliren,  welches  auf  einem  Lostrennen  der  vorstehenden  Theilchen 
beruht). 

3.  Ein  üeberziehen  der  Oberfläche  des  Metalls  mit  einem  andern 
Metalle  oder  sonstigen  fremden  Körper  auf  mechanischem  oder  chemi- 
schem Wege. 

1.    Beizen  und  Färben. 

Diese  Bearbeitung  besteht  in  allen  Fällen  darin,  dass  der  verun- 
Bchönende  Ueberzug  des  Arbeitsstücks,  welcher  aus  einer  dünnen  Oxyd- 
faaut  zu  bestehen  pflegt,  aufgelöst  und  entfernt  wird.  Lässt  man  die 
chemischen  Agentien  nur  auf  bestimmte  Stellen  des  Arbeitsstücks  wirken, 
während  die  übrigen  durch  einen  Ueberzug  geschützt  sind,  so  entstehen 
auf  der  Stelle  der  Einwirkung  vertiefte,  bestimmte  Zeichnungen,  und 
man  nennt  das  Yerfahren  in  diesem  Falle  Aetzen. 

Zur  Auflösung  dienen  Säuren,  seltener  Salzlösungen,  in  welche  das 
Arbeitsstück  gehängt  wird.  Häufig  unterstützt  man  die  chemische  Ein- 
wirkung durch  mehrmals  wiederholtes  Scheuem  oder  Bürsten,  nachdem 


1)  Das  Färben  der  Leginingen  beruht  auf  dem  Umstände,  dass  die  ahge- 
wendeten  Beizmittel  auf  .einzelne  Bestandtheile  der  Legimng  stärker  auflösend 
wirken  als  auf  andere,  somit  die  Farbe  dieser  let-ztem  nach  dem  Beizen  stärker 
liervortritt. 

48* 


756  Verschönemngs-  nnd  ErhaltimgsarbeiteiL 

das  Metall  ans  der  BeuflAssigkeit  genommen  ist;  ba  hSrteren  Metallen 
gebrancht  man  hierzu  Bärsten  ans  feinem  Stalil  oder  Mesongdraht,  bei 
weicheren  gewöhnliche  Bürsten,  um  nach  beendigtem  Yerfihren  die 
Beizflfissigkeit  ans  den  Poren  des  Metalls  zn  entfernen,  ist  ein  sorgftl- 
tiges  Abspülen  in  Wasser  nnd  rasches  Abtrocknen  erforderlich;  bisweilen, 
bei  leicht  ozydirbaren  Metallen,  a.  R  Eisen,  ist  es  sogar  zwe<^mässig, 
das  Arbeitsstück  znr  Neutralisation  der  in  den  Poren  zorüekgebliebenen 
S&nre  nach  dem  Abspülen  mit  Wasser  in  eine  schwach  alkalische  Lösnng 
einzutauchen  (am  geeignetsten  hierfür  ist  Kalkmilch)  und  dann  nochmals 
mit  Wasser  abzuspülen.  Das  spätere  Trocknen  wird  erleichtert,  wenn 
man  heisses  Wasser  für  das  Abspülen  anwendet.  Die  Trocknung  wird 
am  geeignetsten  bewirkt,  indem  man  das  Arbeitsstück  unmittelbar  nach- 
dem es  aus  dem  Wasser  kommt,  zunächst  in  einen  entsprechend  groosen 
Kasten  wirft,  welcher  mit  Sägespänen  gefüllt  ist,  und  es  sofort  damit 
bedeckt.  Die  Sägespäne  ziehen  rasch  den  grossten  Theil  der  Feuchtig- 
keit an  sich  und  werden  dann  leicht  durch  einen  Pinsel  von  dem  betref- 
fenden Gregenstande,  nachdem  er  aus  dem  Kasten  herausgenommen  ist, 
entfernt.  Den  Beschluss  macht  nunmehr  gewöhnlich  eine  rasche  Trock- 
nung in  einem  auf  etwa  100^  erwärmten  Baume,  um  den  letzten  Best 
▼on  Feuchtigkeit  aus  allen  Poren  zu  entfernen«  Für  kleinere  Arbeiten 
genügt  ein  Blechschränkchen  nach  Axt  der  Trockenschränke  in  chemi- 
schen Laboratorien,  durch  eine  Gas-  oder  Spiritusflamme  von  aussen 
erwärmt  und  mit  eingelegten  eisernen  oder  kupfernen  Horden  zur  Auf- 
nahme der  betreffenden  Gegenstände  versehen;  grosse  Gegenstände 
trocknet  man  in  gemauerten  Trockenkammern  mit  indirecter  Feuerung, 
welche  in  ganz  ähnlicher  Weise  als  die  auf  Seite  184  abgebildeten 
Trockenkammern  für  das  Trocknen  von  Gussformen  construirt  sein 
können« 

Wenn  das  Beizen  nur  ein  Yorbereitungsprocess  für  Herstellung  eines 
fremden  Ueberzuges  auf  galvanischem  Wege  ist,  das  Arbeitsstück  also 
aufs  Neue  in  eine  Flüssigkeit  eingebracht  werden  soll,  so  lässt  man  den 
Trocknungsprocess  nach  dem  Beizen  wegfallen,  bringt  den  gebeizten 
Gegenstand,  unmittelbar  nachdem  er  mit  Wasser,  beziehentlioh  Kalk- 
milch abgespült  worden  ist,  in  das  zur  Herstellung  des  üebersuges  die- 
nende Bad  und  führt  die  Trocknung  in  der  soeben  beschriebenen  Weise 
erst  aus,  wenn  alle  Arbeiten  auf  nassem  Wege  beendigt  sind. 

Sind  die  Arbeitsstücke  in  Folge  der  vorausgegangenen  Bearbeitung 
mit  Fett  beschmutzt,  so  wird  dieses  durch  Beizen  mit  Säuren  nicht  ent- 
fernt, hinterlässt  aber  nicht  allein  auf  vielen  Metallflächen  einen  deut- 
lich sichtbaren  Flecken,  sondern  macht  auch  das  Ueberziehen  mit  anderen 
Metallen  unmöglich.  Eine  Entfernung  solcher  Fettflecke  vor  dem 
Beizen  ist  also  unerlässUch,  wenn  eine  vollkommene  Arbeit  erreicht 
werden  soll.  Am  sichersten  erfolgt  die  Beinigung  von  Fett  durch  Glühen 
des  betreffenden  Gegenstandes,  meistens  mit  Holikohlenpulver  in  einem 
verschlossenen  Gefässe  (Topfe,  Muffel);  nicht  immer  gestattet  aber  die 


Beizen.  767 

GrrÖBse  and  Eigenthümlichkeit  des  ArbeitsatückB  die  AnweDdung  dieses 
Verfahrens.  Weniger  sicher  fährt  in  letzterm  Falle  eine  Behandlung  mit 
heisser  verdünnter  Kalilange  zum  Ziele;  und  man  wird  daher  bei  allen 
solchen  Gegenständen,  welche  dem  Glühprocesse  nicht  unterworfen  wer* 
den  können,  wohlthun,  die  Anwendung  von  Fett  bei  allen  vorausgehenden 
Arbeiten  (Bohren,  Drehen,  Schmirgeln  etc.)  zu  unterlassen  und  statt  des- 
selben Seifenwasser  oder  dergleichen  anzuwenden. 


Das  Beizen  des  Eisens. 

Man  bedient  sich  dazu  verdünnter  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  ^), 
Die  meisten  Eisensachen,  welche  dem  Beizen  ausgesetzt  werden, 
pflegen  an  einzelnen  Stellen  schon  durch  Wegnahme  von  Spänchen 
bearbeitet  und  dadurch  ihres  Oxydbäutchens  entkleidet  zu  sein,  während 
dasselbe  an  anderen  Stellen  durch  das  Beizen  entfernt  werden  soll;  regel- 
mässig ist  dieses  der  Fall  bei  Gusswaaren,  wo  die  Eingüsse,  Gussnäthe  u.  s.  w. 
vorher  mit  Meissel  und  Feile  abgenommen  worden  waren;  häufig  sind 
ganze  Flächen  bereits  mit  der  Feile,  auf  dem  Schleifsteine,  mit  Werk- 
zeugmaschinen bearbeitet,  also  das  metallische  Eisen  dort  blossgelegt. 
Hierdurch  entsteht  der  Uebelstand,  dass  die  Säure  das  ohnehin  schon 
blanke  Eisen  weit  schärfer  angreift  als  das  Ozydhäutchen;  um  so  noth- 
wendiger  ist  es  also  bei  dem  Beizen  solcher  Eisenwaaren,  die  Einwirkung 
der  Säure  durch  fleissige  und  energische  Handhabung  stählerner  Kratz- 
bürsten an  den  mit  Oxyd  überzogenen  Stellen  zu  unterstützen,  wenn 
man  nicht  die  zuvor  bearbeiteten  Stellen  der  Gefahr  aussetzen  will,  von 
der  Säure  zerfressen  zu  werden,  bevor  die  übrigen  gehörig  gereinigt 
sind.  Ausserdem  wendet  man  in  diesen  Fällen  eine  ganz  verdünnte 
Säure  an  —  auf  1  Theil  Säure  zweckmässig  nicht  weniger  als  40  bis 
60  Theile  Wasser.  Wenn  die  ganze  Oberfläche  metallisch  rein  erscheint, 
nachdem  man  zuletzt  gekratzt  hat,  spült  man,  wie  oben  beschrieben 
wurde,  das  Arbeitsstück  zunächst  mit  Wasser  ab,  bringt  es  in  ein  Bad 
aus  Kalkmilch,  dann  noch  einmal  in  Wasser  und  trocknet  es  schliesslich 
in  der  beschriebenen  Weise. 

Das  Beizen  des  Eisens  kann  den  Zweck  haben,  demselben  eine  voll- 
ständig gleichartige,  metallisch  reine  Oberfläche  mit  der  eigenthümlichen 
lichtgrauen  Farbe  des  Eisens  und  dadurch  ein  besseres  Ansehen  zu 
geben.  Besonders  für  künstlerische  Gegenstände,  Nachahmungen  antiker 
Muster  und  dergleichen  ist  diese  reine  Eisenfarbe  sehr  geeignet,  wie  z.  B. 
die  weitberühmten  Dsenburger  Kunstgussgegenstände  aus  Gusseisen, 
welche  zum  Theile  in  gebeizter  Form  in  den  Handel  kommen,  beweisen. 


^)  Schwefelsäure  besitzt  in  allen  Fällen,  wo  sie  ebenso  gut  als  Salzsäure 
zum  Beizen  von  Metallen  benutzbar  ist,  vor  dieser  den  Yorzug,  dass  sie  nicht, 
wie  diese,  saure  Dämpfe  entlässt,  welche  belästigend  auf  die  Athmnngs- 
organe  wirken. 


758  Verschönerangs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

Eine  solche  Anwendung  des  Beizens  kann  jedoch  nur  dann  gerechtfertigt 
erscheinen,  wenn  die  Gegenstände  in  vollständig  trocknen  Räumen  auf- 
bewahrt werden,  da  die  gebeizten  Gegenstände  dem  Rosten  weit  stärker 
ausgesetzt  sind  als  ungeheizte  oder  mit  anderen  Ueberzügen  versehene 
Gegenstände. 

Häufiger  dient  das  Beizen  des  Eisens  als  YorbereitungBarbeit  f&r 
einen  weitem  Yerschönerungsprocess,  insbesondere  in  allen  den  Fällen, 
wo  das  Eisen  mit  einem  fremden  Metalle  überzogen  werden  soll,  wobei 
eine  reinmetallische  Oberfläche  erforderlich  ist 

Eine  eigenthümliche  Anwendung  findet  das  Beizen  des  Eisens  als 
Mittel,  die  Textur  gewisser  Eisensorten,  besonders  schmiedbaren  Eisens, 
schärfer  zu  erkennen,  als  es  im  ungeheizten  Zustande  möglich  ist  Diese 
Anwendung  beruht  auf  der  Thatsache,  dass  reines  kohlenstoffireies  Eisen 
von  Säuren  leicht  gelöst  wird,  kohlenstoffhaltiges  Eisen  weniger  leicht, 
Graphit  gar  nicht  Setzt  man  also  eine  geschliffene  Fläche  des  Eisen- 
stücks  der  Einwirkung  von  Säuren  aus,  so  bilden  sich  allmälig  mehr 
oder  weniger  tiefe  Stellen  aus,  am  tiefsten  da,  wo  das  an  gebundener 
Kohle  ärmste  Eisen  yorhanden  war,  weniger  tief,  wo  ein  kohlenstoff- 
reicheres Eisen  (Feinkomeisen,  Stahl)  zu  Tage  lag,  während  Graphit 
obenauf  liegen  bleibt  Man  benutzt  hierzu  eine  starke  Säure,  gewöhn- 
lich ein  Gemisch  von  Schwefelsäure  mit  Salpetersäure  oder  auch  3  Thle. 
concentrirte  Salzsäure  mit  1  ThL  Salpetersäure.  Von  Zeit  zu  Zeit  ent- 
fernt man  von  der  Oberfläche  den  angesetzten  Schlamm,  und  nach  etwa 
3  Stunden  ist  das  Beizen  soweit  vorgeschritten,  dass  man  das  Eisenstäck 
in  Kalkmilch  oder  schwacher  Kalilauge,  dann  in  heissem  Wasser  ab- 
spülen und  trocknen  kann«  Will  man  die  Proben  aufheben,  so  mnss 
man  sie  mit  dünnem  Copallack  überziehen.  Praktische  Yerwerthung 
findet  dieses  Yerfahren  z.  B.,  wenn  mehrere  Eisensorten  zu  einem  Stücke 
verarbeitet  sind,  und  es  sich  darum  handelt,  die  Yertheilung  derselben 
in  diesem  Stücke  genau  zu  erkennen;  oder  zur  Auffindung  von  Fehl- 
stellen, insbesondere  zur  Prüfung  verdächtiger  Schweissstellen,  welche 
im  ungeheizten  Zustande  der  Beobachtung  entgehen,  beim  Beizen  aber 
durch  das  Eindringen  der  Säure  erweitert  und  dadurch  leicht  erkenn- 
bar werden. 

Drähte  aus  Eisen  und  Stahl  beizt  man,  wie  früher  erwähnt,  nach 
dem  Glühen  und  entfernt  den  Glühspan  vollends  durch  Poltern. 


Beizen  und  Färben  der  Kupferlegirungen  (Messing,  Bronze). 

Kupfer  beizt  man,  um  es  von  Glühspan  zu  reinigen,  in  verdünnter 
Schwefelsäure  (1  Tbl.  Säure  auf  5  Thle.  Wasser). 

Bei  dem  Beizen  von  Messing,  Tomback,  Bronze  mit  Schwefelsäure 
zur  Entfernung  des  Oxydhäutchens  pflegen  die  betreffenden  Gegenstände 
mit  einer  matten,  wenig  schönen  Farbe  aus  dem  Bade  herauszukommen. 


Beizen  und  Färben.  759 

Soll  also  ein  fearigerer,  lebhafterer  Farbenton  herrorgeröfen  werden,  so 
mnas  auf  dieses  Beizen  ein  zweiter  förbender  Process  folgen,  welchen 
man  das  Oelbb rennen  des  Messings  eta  zu  nennen  pflegt. 

Um  anhängendes  Fett  zu  entfernen,  glüht  man  gewöhnlich  den 
Gegenstand  schwach  vor  dem  Beizen,  wobei  er  sich  vollständig  mit  einer 
Oxydkruste  überzieht  und  bringt  ihn  dann  zur  Entfernung  dieser  Oxyd- 
kmste  zunächst  in  eine  sogenannte  Yorbeize,  aus  verdünnter  Schwefel- 
säure (1  Tbl.  Säure  auf  8  bis  10  Thle.  Wasser)  oder  auch  ans  kochender 
Weinsteinsäure  bestehend.  Dieses  Beizen  mit  der  Yorbeize  währt,  je 
nachdem  die  Kruste  dick  ist,  Vs  bis  1  Stunde  oder  auch  noch  länger 
und  kann  unter  umständen  durch  Anwendung  der  Kratzbürsten  unter» 
stützt  werden.  Aus  dieser  Yorbeize  kommt,  wie  erwähnt,  der  Gegenst-and 
mit  mattgelber  Farbe  heraus  und  gelangt  nun,  nachdem  er  mit  Wasser 
abgespült  ist,  in  die  Schnellbeize,  welche  aus  concentrirter  Salpetersäure 
oder  besser  aus  einem  Gemische  von  1  ThL  concentrirter  Schwefelsäure 
mit  2  Thln.  gewöhnlicher  Salpetersäure  bestehen  kann  ^).  Bisweilen  setzt 
man  Glanzruss,  Holzmehl  oder  ähnliche  organische  Körper  zu,  wodurch 
die  Entstehung  salpetriger  Säure  befördert  wird  und  eine  besonders  leb- 
hafte Farbe  entstehen  soll.  In  diese  Schnellbeize  wird  der  Gegenstand 
nur  einen  Augenblick  eingetaucht,  dann  sorgfältig  mit  reinem  Wasser 
abgespült  und  in  Sägespänen  getrocknet. 

Manche  Gegenstäilde  sollen  statt  der  gewöhnlichen  glänzenden 
Oberfläche  eine  matte,  zarte  Färbung  erhalten«  Zur  Erzeugung  derselben 
dient  eine  besondere  Beize,  Mattbeize  genannt,  und  das  Yerfahren  heisst 
Mattbrennen  oder  Mattiren.  Dasselbe  beruht  auf  einer  ungleichmässigen 
Einwirkung  der  Beize  auf  die  Oberfläche  des  Arbeitsstücks,  wodurch 
einzelne  Bestandtheile  der  Legirung  stärker  als  andere  angegriffen 
werden  und  die  Oberfläche  ihre  vollständige  Glätte  verliert  Man  erreicht 
diesen  Zweck  durch  Anwendung  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Zink 
in  ganz  concentrirter  Salpetersäure.  Zur  Darstellung  derselben  kann 
man  1  GwthL  Zink  in  3  Gwthln.  concentrirter  Salpetersäure  lösen,  und 
diese  Lösung  zu  einer  Mischung  von  8  Gwthln.  Salpetersäure  mit  8  Gwthln. 
Schwefelsäure  giessen.  Die  Mattbeize  wird  kochend  angewendet;  das 
Arbeitsstück  wird,  nachdem  es  zuvor  in  der  Yor-  und  Schnellbeize  be- 
handelt worden  ist,  so  lange  in  die  Mattbeize  eingehängt,  bis  die  sofor- 
tige stürmische  Entwickelung  rother  Dämpfe  (Untersalpetersäure)  nach- 
lässt,  was  nach  circa  30  Secunden  der  Fall  zu  sein  pflegt.  Sie  kommen 
mit  hellbrauner,  glanzloser  Farbe  heraus,  werden  alsdann,  um  die  schöne 
gelbe  Farbe  zu  erhalten,  noch  einmal  mit  der  Schnellbeize  behandelt, 
dann  abgespült  und  getrocknet.  War  die  Einwirkung  der  Mattbeize 
allzu  energisch,  so  kann  es  geschehen,  dass  die  ganze  Oberfläche  wie  zer- 


^)  Der  Zusatz  von  concentrirter  SchwefelBäore ,  welche  bekanntlich  mit 
Begierde  Wasser  aofiiimmt,  hat  yomehQiilich  den  Zweck,  in  Folge  dieser  Eigen- 
schaft die  Salpetersäure  in  eoncentrirterer  Form  zur  Wirkung  kommen  zu  lassen. 


760  Venchönemngs-  und  ErhaHiingsarbeiteii. 

firefMD   encheini;   nun    regelt   die  Einwirkiuig  doreh   geringem   oder 
gröMem  Zinkgehall . 


Das  Beizen  and  Färben  der  Silberlegirnngen. 

Die  Legimngen  des  Silbers  mit  Kupfer  pflegen ,  wenn  sie  den  form- 
gebenden  Process  dorcblanfen  bsben,  einestheils  mit  einer  dnnkebi  Haut 
von  Kapferoxyd  übersogen  zu  sein,  andemtheils,  aach  wenn  diese  Haut 
dorch  mechanische  Mittel  entfernt  worden  ist,  eine  rötiiliche  Färbong 
za  besitzen,  die  von  der  weissen  Farbe  des  reinen  Silbers  in  unschöner 
Weise  absticht^  Man  nnterwirft  sie  also  einem  ähnlichen  Processe  als 
das  Gelbbrennen  des  Messings,  wobei  an  der  Oberfläche  vorzugsweise 
Kupfer  aufgelöst  und  dadurch  die  röthliche  Farbe  in  eine  weisse  über- 
geführt wird. 

Man  nennt  dieses  YeHahren  Weisssieden  des  Silbers  and  die 
angewendete  Beize  den  Sad. 

Zunächst  glüht  man  das  Silberstück  kurze  Zeit  bei  dunkler  Both- 
gluth  unter  Luftzutritt  zur  Entfernung  von  Fett  und  behandelt  es  dann 
mit  verdünnter  Schwefelsäure  (I  Thl.  Schwefelsäure  auf  12  Thle.  Wasser) 
oder  mit  einer  Lösung  von  Weinstein  in  Wasser;  oder  am  besten  zuerst 
mit  Schwefelsäure  und  dann  mit  Weinsteinlösung.  Beide  Flüssigkeiten 
sind  am  wirksamsten  in  der  Siedhitze.  Auch  eine  Lösung  von  doppelt' 
schwefelsaurem  Kalium  kann,  und  zwar  kalt,  zum  Beizen  benutzt  werden. 
Die  Einwirkung  der  Beize  unterstützt  man,  wo  es  sich  erforderlich  macht, 
durch  öfter  wiederholtes  Kratzen  und  Bürsten  mit  feinem  Sande  oder 
Weinsteinpulver. 

Soll  die  Oberfläche  matt  werden,  so  glüht  man  den  Gegenstand 
nach  dem  ersten  Sieden,  nachdem  man  ihn  in  einen  Brei  aus  Pottasche 
und  Wasser  eingepackt  hat,  löscht  in  Wasser  ab  und  siedet  zum  zweiten 
Male  wie  gewöhnlich. 

Das  Beizen  und  Färben  der  Goldlegirangen. 

Goldarbeiten,  welche  in  Folge  ihres  Kupfergehalts  während  der 
mechanischen  Formgebung  sich  mit  einer  schwärzlichen  Haut  zu  be> 
decken  pflegen,  werden  geglüht  und  in  stark  verdünnter  kochender 
Salpetersäure  oder  Schwefelsäure  gebeizt  (gesotten).  Erstere  Säare  löst 
ausser  den  an  der  Oberfläche  vorhandenen  Oxyden  auch  metalliflches 
Kupfer  und  Silber,  letztere  nur  Kupfer  auf. 

Eine  kräftiger  färbende  Lösung  erhält  man  nach  Kar  mar  seh,  indem 
man  115  g  vollkommen  trocknes  Kochsalz  mit  230  g  Salpeter  zaaammen- 
reibt  and  das  Gemisch  mit  172  g  rauchender  Salzsäure  kocht.  Es  ent- 
wickelt sich  Chlor  und  beim  Eintauchen  der  Legirung  bilden  sich 
Chloride  des  Silbers,  Kupfers  und  Goldes.    Von  letzterm  wird  ein  Theü 


Aetzen.  761 

als  metallisch  reines  Gold  auf  der  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  wieder 
niedergeschlagen,  während  ein  anderer  Theil  allerdings  gelöst  bleibt, 
und  erst  durch  spätere  Verarbeitung  der  Lösong  wieder  gewonnen 
werden  kann. 

Das  Aetzen. 

Man  yersieht  die  Oberfläche,  welche  durch  Einwirkung  chemischer 
Mittel  mit  bestimmten  figürlichen  oder  ornamentalen  Linien,  Inschriften 
oder  dergleichen  gezeichnet  werden  soll,  mit  einem  schützenden  Ueber* 
zugOf  gewöhnlich  aus  einer  harzigen  oder  ähnlichen  Substanz  bestehend, 
den  man  Aetzgrund  nennt.  In  diesen  Aetzgrund  schabt  man  die  zu 
bildenden  Figuren  ein,  so  dass  das  Metall  dort  frei  gelegt  wird  und  lässt 
nun  auf  die  freiliegende  Metallfläche  eine  Flüssigkeit  (das  Aetzwasser) 
einwirken,  welche  nur  das  Metall,  nicht  aber  den  Aetzgrund  angreift. 
Wenn  dasselbe  hinlängliche  Zeit  „  gefressen  **  hat,  spült  man  das  Arbeits* 
stück  ab,  entfernt  den  Aetzgrund,  und  es  erscheinen  nun  die  geätzten 
Stellen  vertieft,  die  Tom  Aetzgrunde  bedeckt  gewesenen  erhaben. 

Dieses  Verfahren  nennt  man  Tief  ätzen.  Man  kann  aber  auch 
umgekehrt  die  Linien,  welche  die  eigentliche  Zeichnung  bilden  sollen, 
mit  dem  Aetzgrunde  bedeckt  halten  oder  einfacher  von  vornherein  mit 
demselben  allein  bedecken,  und  es  erscheint  alsdann  die  Zeichnung  er- 
haben auf  vertieftem  Grunde.  Das  Verfahren  in  dieser  Weise  heisst 
Hoohätzen. 

Als  Aetzgrund  benutzt  man  häufig  ein  geschmolzenes  Gemisch  aus 

2  TUn.  weissem  Wachs,  2  Thln.  Mastix,  1  Tbl.  Asphalt,  oder  ähnliche 
Mischungen.  Zum  Gebrauche  schlägt  man  ein  Stück  der  Masse  in  feine 
Leinewand  und  dann  noch  in  trockenen  Taffet  ein,  erwärmt  die  Metall- 
fläche und  ftkhrt  nun  die  eingeschlagene  Masse  mit  gelindem  Drucke  auf 
derselben  umher,  wobei  die  letztere  durch  die  Poren  der  Leinewand  und 
des  Taffets  in  Folge  der  Wärme  des  Metalls  hindurchschwitzt  und  die 
Metallfläche  mit  einer  dünnen  Schicht  überzieht.  Zum  Auftragen  von 
Linien  beim  Hochätzen  löst  man  den  Aetzgrund  in  einer  geeigneten 
Flüssigkeit,  z.  B.  Terpentinöl. 

Als  Aetzwasser  dient  für  Kupfer,  Silber,  Messing  verdünnte  Sal- 
petersäure; oder  für  feinere  Zeichnungen  in  Kupfer  eine  Mischung  von 

3  Maasstheilen  gesättigter  saurer  KupfemitraÜösung  mit  einem  Maass- 
theile  einer  gesättigten  Salmiaklösung  in  Essig;  oder  gleichfalls  für 
Kupfer  10  Gewichtstheile  rauchende  Salzsäure  vermischt  mit  70  Thln. 
Wasser  und  einer  kochenden  Lösung  von  2  Thln.  chlorsaurem  ^Kalium 
in  20  Thhi.  Wasser. 

Für  Eisen  und  Stahl  benutzt  man:  420  Gwthle.  Wasser,  15  Gwthle. 
QneokBilberohlorid,  1  Gwthl.  Weinsteinsäure,  16  bis  20  Tropfen  Salpeter- 
säure; oder  8  Gwthle.  Salpetersäure  vom  specif.  Gewichte  1,22,  1  Gwthl. 
Silbemitrat,  120  Gwthle.  Weingeist  von  80». 


762  Verschönerangs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

FOr  Aetzen  des  Ooldes  benatat  man  yerdOnntes  Eönigswass«:. 

Um  auf  blankpolirten  Stahl-  oder  Eisenarbeiten  erhabene  Verzie- 
rungen  auf  mattem  Grunde  anzubringen,  z.  B.  auf  Klingen  und  der- 
gleichen, zeichnet  man  diese  Verzierungen  mit  einer  Lösung  des  Aetz- 
grondes  auf  der  Metallfläche  auf  und  setzt  letztere  der  Einwirkung  von 
Salzsäuredampfen  aus,  welche  man  durch  Uebergiessen  von  Kochsalz 
mit  concentrirter  Schwefelsäure  entwickelt. 

Die  Entfernung  des  Aetzgrundes  geschieht  durch  ein  geeignetes 
Lösungsmittel,  gewöhnlich  Terpentinöl. 

2.    Poliren. 

Man  benutzt  als  Werkzeug  für  das  Poluren  ein  Stäbchen  aus  hartem 
Materiale  mit  glatter,  glänzender  Arbeitsfläche,  welches,  indem  es  unter 
Drack  über  die  Oberfläche  des  Arbeitsstücks  hinweg  geführt  wird,  die 
vorstehenden  Theilchen  desselben  niederdrückt  und  dadurch  ein  Glätten 
herbeiführt,  welches  der  Oberfläche  Glanz  giebt  und  deshalb  ebenfalls 
Poliren  genannt  wird.  Glasharter  Stahl,  Chalcedon,  Achat,  Blut«tein 
(Glaskopf)  sind  die  üblichsten  Materialien  zur  Herstellung  von  Polir- 
werkzeugen  und  man  nennt  diese  letzteren  deshalb  entweder  Polirstähle 
oder  Polirsteine.  Die  arbeitende  Fläche  derselben  wird  natürlich  ge- 
schliffen und  aufs  Feinste  in  der  früher  beschriebenen  Weise  polirt;  das 
entgegengesetzte  Ende  des  Stäbchens  steckt  in  einem  hölzernen  Hefte 
von  geringerer  oder  grösserer  Länge. 

Man  gebraucht  diese  Werkzeuge  fast  nur  zum  Poliren  kleinerer 
Gegenstände  mit  unregelmässigen  Begrenzungsflächen,  bei  welchen  das 
früher  beschriebene  Verfahren  des  Polirens  aus  irgend  einem  Grunde 
nicht  geeignet  erscheint;  bisweilen  allerdings  auch  für  grössere  Flächen 
in  solchen  Fällen,  wenn  durch  den  ausgeübten  starken  Druck  eine 
grössere  Dichtigkeit  der  Metalloberfläche  hervorgebracht  werden  soll  (z.  B. 
bei  den  Platten  der  Kupferstecher). 

8.    Bas  Uebendehen  der  Metalle. 

Der  Ueberzug  kann  aus  einem  Metalle  oder  aus  einem  zusammen- 
gesetzten Körper  beziehentlich  einem  Gemische  mehrerer  der  letzteren 
bestehen. 

Beim  Ueberziehen  mit  einem  andern  Metalle  kann  der  Zweck  vor^ 
liegen, 'lediglich  eine  Verschönerung  hervorzubringen,  indem  man  ein 
Metall  von  weniger  schönerm  Aeussem,  z.  B.  Zink,  mit  einem  schönem 
Metalle, *z.  B.  Kupfer,  Silber,  Qold  und  dergleichen,  oder  auch  einer 
MetalUegirung,  z.  B.  Bronze,  Messing,  überzieht;  dieses  ist  der  häufigere 
Fall;  oder  man  kann  dabei  den  andern  Zweck  verfolgen,  ein  leichter 
oxydirbares  Metall,  z.  B.  Eisen,  durch  den  Ueberzug  mit  einem  Bchwerer 


UeberzieheiL  763 

ozydirbaren  widerBtandsfahiger   gegen   äosflere    chemische  Einflüsse  zu 
machen« 

Bei  dem  Ueberznge  eines  Metalls  mit  zusammengesetzten  Körpern 
ist  der  Zweck,  dem  Metalle  einen  Schatz  gegen  Oxydation  za  geben,  fast 
immer  der  Hauptbeweggnmd;  and  man  sacht  dann  selbstverständlich 
die  flrreichang  dieses  Zweckes  stets  in  einer  solchen  Weise  zu  bewerk- 
stelligen, dass  der  Ueberzug  das  Aeussere  des  Gebrauchsgegenstands  in 
möglichst  gefalliger  Weise  erscheinen  l&sst. 


A.    Ueberziehen  mit  anderen  Metallen. 

Dasselbe  kann  in  dreierlei  Weise  geschehen.  Die  erste  Methode 
besteht  darin,  dass  man  das  zu  überziehende  Metall  mit  metallisch  reiner 
Oberfläche  in  ein  Bad  des  geschmolzenen  als  Ueberzug  bestimmten  Me- 
talls eintaucht,  wobei  eine  dünne  Schicht  des  letztern  an  der  Oberfläche 
des  erstem  haften  bleibt.  Man  kann  diese  Methode  das  Ueberziehen  auf 
directem  oder  mechanischem  Wege  nennen.  Die  zweite  Methode  besteht 
darin,  dass  man  das  zu  überziehende  MetaU  mit  reiner  Oberfläche  in  eine 
geeignete  Lösung  eines  Salzes  des  als  Ueberzug  bestimmten  Metalls  ein- 
hängt und  entweder  durch  Erregung  eines  galyanischen  Stroms  oder 
durch  einfache  chemische  Umsetzung  aus  der  Lösung  Metall  auf  der 
Oberfläche  des  erstem  niederschlägt.  Man  nennt  diese  Methode  Ueber- 
ziehen „auf  nassem  Wege*',  und  wenn  ein  besonderer  galvanischer  Ap- 
parat angewendet  wird,  „auf  galvanischem  Wege". 

Eine  dritte  Methode,  welche  nur  für  das  Ueberziehen  mit  Gold 
oder  Silber  Anwendung  findet,  beruht  auf  der  Eigenschaft  der  genannten 
Metalle,  sich  mit  Quecksilber  zu  einem  an  der  Oberfläche  des  Arbeits- 
stücks haftenden  Amalgame  zu  verbinden,  welches  bei  Erhitzung  unter 
Zurücklassung  des  Edelmetalls  und  Verflüchtigung  des  Quecksilbers 
zerlegt  wird.  Man  pflegt  diese  Methode  „Feuervergoldung"  oder  „Feuer- 
versilberung" zu  benennen;  allgemein  kann  man  sie  als  Amalgama- 
tionsmethode  bezeichnen. 

Die  directe  Methode  ist  nur  dann  anwendbar,  wenn  das  als  Ueber- 
zug dienende  Metall  leichtschmelzbarer  ist  als  das  andere,  so  dass  ein 
theil weises  Schmelzen  des  letztem  nicht  zu  befürchten  ist;  sie  erfordert 
zum  Erhitzen  und  Schmelzen  oft  umfangreiche  Apparate  und  ist  nicht 
immer  leicht  ausführbar;  sie  giebt  dagegen,  wenn  sie  gelingt,  einen  sehr 
soliden  und  dichten  Ueberzug,  welcher  fest  haftet  und  äusseren  Einwir- 
kungen den  Zugang  zu  dem  umhüllten  Metalle  nicht  gestattet,  bevor  er 
nicht  selbst  diesen  Einwirkungen  erlegen  ist. 

Die  galvanische  Methode  gestattet  ihre  Anwendung  in  weit  zahl- 
reicheren Fällen  und  giebt  die  Möglichkeit,  die  Stärke  der  Metallüber- 
züge beliebig  zu  regeln.  Die  Apparate,  welch»  zur  Herstellung  dieser 
Ueberzüge  dienen,  sind  verhältnissmässig  einfach;  und  die  Kosten   der 


764  Verschönerungs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

Herstellung  eines  dflnnen,  nur  als  VerBohönerung  dienenden  Ueberzuges, 
welcher  oft  binnen  wenigen  Minuten  herzustellen  ist,  sind  verh&ltniss- 
mässig  gering.  Als  ein  Schutz  gegen  Äussere  Einwirkungen  zu  dienen, 
ist  jedoch  ein  solcher  dünner  Ueberzug  durchaus  ungeeignet;  zur  Errei- 
chung dieses  Zweckes  ist  eine  Stärke  desselben  erforderlich,  welche  die 
Kosten  und  auch  die  technischen  Schwierigkeiten  der  Herstellung  erheb- 
lich steigert;  und  selbst,  wenn  die  Dicke  des  ueberzuges  deijenigen 
eines  auf  directem  Wege  hergestellten  Ueberzuges  gleich  ist,  pflegt  die 
Wirkung  desselben  als  Schutzmittel  weniger  ▼ollkommen  als  die  des 
letztern  zu  sein. 

Der  Unterschied  dieses  abweichenden  Verhaltens  des  Metallaberzugs, 
je  nachdem  derselbe  durch  Schmelzen  oder  auf  galvanischem  Wege  ge- 
bildet ist,  dürfte  in  dem  Umstände  zu  suchen  sein,  dass  das  geschmolzene 
Metall  eine  yöllig  dicht  zusammenhängende  und  mit  der  Oberfläche  des 
Arbeitsstücks  legirte  Decke  bildet,  das  galvanisch  niedergeschlagene  aber 
aus  lauter  einzelnen  nach  und  nach  an  einander  gereihten  und  auf  ein- 
ander abgelagerten  Krystallchen  besteht,  welche  weder  unter  sich  noch 
mit  dem  Grundmetalle  den  festen  Zusammenhang  besitzen  wie  das 
geschmolzene. 

Die  Amalgaraationsmethode  endlich  liefert  zwar  einen  dauernden 
festen  Ueberzug  des  Edelmetalls,  ist  aber  ziemlich  umständlich,  kost- 
spielig und  nicht  ungefährlich  für  die  Gesundheit. 

Es  folgt  hieraus,  dass  die  directe  Methode,  sofern  sie  überhaupt 
anwendbar  ist,  überall  da  den  Vorzug  verdient,  wo  der  Zweck  vorliegt, 
einen  gegen  stärkere  äussere  Einflüsse  schützenden  Ueberzug  herzu- 
stellen; dass  hingegen,  wenn  vorzugsweise  eine  Verschönerung  solcher 
Gegenstände  beabsichtigt  wird,  welche  äusseren  Einflüssen  in  weniger 
starkem  Maasse  ausgesetzt  sind,  das  galvanische  Verfahren  seiner  gros- 
sem Mannigfaltigkeit  und  seiner  leichtem  Ausfahrung  halber  den  Vor- 
rang behaupten  wird;  und  dass  endlich,  da  das  Amalgamations verfahren 
sich  nur  auf  das  Ueberziehen  mit  Gold  und  Silber  beschränkt,  also  auf 
Gebrauchsgegenstände,  welche  äusseren  Einflüssen  überhaupt  weniger  aus- 
gesetzt zu  sein  pflegen,  es  in  den  allermeisten  Fällen  durch  galvanische 
Vergoldung  und  Versilberung  ersetzt  werden  kann,  welche  in  einfacherer 
und  billigerer  Weise  sich  herstellen  lässt. 


a.    Das  Ueberziehen  auf  directem  Wege. 

Das  als  Ueberzug  dienende  Metall  wird  gewöhnlich  in  einem  Kessel 
geschmolzen.  Ein  richtig  gewählter  Temperaturgrad  ist  von  Wichtigkeit 
für  das  Gelingen  des  Processes.  Bei  zu  hoher  wie  bei  zu  niedriger 
Temperatur  haftet  das  geschmolzene  Metall  schlecht  an  dem  festen  Me- 
talle; bei  niedriger  Temperatur  erstarrt  es  ausserdem  zu  rasch  und  bil» 
det  einen  dicken,  unschönen  Ueberzug. 


Verzinnen.  765 

Die  Oberflfiche  des  zu  übersiehenden  Metalls  wird  auf  mechanischem 
Wege  darch  Schaben  und  Kratzen  oder  chemisch  dnrch  Beizen  voll- 
st&ndig  gereinigt.  Wie  beim  Ldthen  findet  Adhäsion  nnr  auf  einer  ganz 
reinen  Metallflftehe  statt  Jede  Berührung  der  gereinigten  Metallfl&che 
mit  den  Fingern  ist  deshalb  zn  vermeid^i;  bilden  sich  bei  der  häufig 
erforderlichen  Erwärmung  des  Arbeitsstücks  neae  Oxydationsproducte 
an  der  Oberfläche,  so  müssen  chemische  Mittel  angewendet  werden, 
welche  dieselben  verschlacken  oder  verflüchtigen.  Besonders  geeignet 
hierfür  ist  der  Salmiak,  entweder  in  ooncentrirter  Lösung  auf  die  Me- 
tallfl&che aufgestrichen,  ehe  sie  in  das  geschmolzene  Bad  eingetaucht 
wird,  oder  in  Pulverform  mit  Hilfe  eines  Wergbüschels  an  einem  Stabe 
auf  der  Metallfläche  verrieben;  oder  in  Stückform  zum  Abreiben  des  er- 
hitzten Arbeitsstücks  in  dem  Augenblicke  vor  dem  Eintauchen. 

Beispiele. 
Das  Verzinnen  des  Eisens  auf  directem  Wege. 

Da  das  Eisen,  sowohl  Guss-  als  schmiedbares  Eisen,  bekanntlich  dem 
Rosten  sehr  leicht  unterworfen  ist,  so  ist  das  Ueberziehen  desselben  mit 
einem  andern  Metalle  ein  sehr  häufig  angewendetes  Schutzmittel;  und 
das  am  häufigsten  als  Ueberzug  dienende  Metall  ist  das  Zinn,  welches 
unter  den  leichtschmelzbaren  Metallen  selbst  am  wenigsten  leicht  durch 
Einfiüsse  der  Luft  und  Feuchtigkeit  leidet. 

Am  leichtesten  gelingt  die  Verzinnung,  wenn  man  statt  reinen  Zinns 
ein  etwas  bleihaltiges  Zinn  anwendet.  Für  Gegenstände  jedoch,  welche 
zum  Eüchengebrauch  dienen  —  Kasserolle,  Kessel  u.  s.  w.  —  ist  die 
Anwendung  eines  bleihaltigen  Zinns  verwerfiich,  da  das  Blei  leichter  als 
das  Zinn  sich  löst  und  giftig  wirkt 

Oef&sse  aus  Schwarzblech,  Kasserolle  und  dergleichen,  verzinnt  man 
in  folgender  Weise.  Die  Gefi&sse  werden  in  Salzsäure  gebeizt,  gescheuert, 
mit  Wasser  abgespült,  über  einem  Kohlenfeuer  getrocknet,  dann  an  den 
SteUen,  welche  verzinnt  werden  sollen,  mit  concentrirter  Salmiaklösung 
bestrichen,  abermals  getrocknet  und  erwärmt  Sobald  sie  trocken  und 
warm  geworden  sind,  taucht  man  sie  in  den  neben  dem  Kohlenfeuer  be- 
findlichen Kessel  mit  geschmolzenem  Zinn,  schwenkt  etwas  von  dem 
Zinn  rasch  in  dem  Geftsse  hin  und  her  und  giesst  das  überflüssige  aus. 
Das  Zinn  haftet  an  allen  vorher  mit  Salmiak  bestridienen  Stellen.  Nun 
verreibt  man  rasch  das  Zinn  mit  einer  in  heisses  Fett  getauchten  Bürste, 
um  die  Zinnschicht  vollständig- gleichmässig  auszubreiten,  läset  erkalten 
und  entfernt  schliesslich  das  Fett  durch  Abreiben. 

Der  Zinnüberzug,  welcher  in  dieser  Weise  hergestellt  wurde,  ist 
ziemlich  stark,  lässt  bisweilen  krystallinische  Structur  erkennen  und  be- 
sitzt dadurch  verhältnissmässig  wenig  Glanz.  Für  sehr  saubere  Arbeiten,  z.  B. 
Blechlöffel,  hält  man  deshalb  einen  zweiten  Topf  bereit,  welcher  ganz 


766  Verschönerangs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

reines  Zinn  enth&lt,  taucht  den  Gegenstand  abermals  ein  und  giebt  ihm 
dadurch  die  äussere  YoUendnng« 

Man  beschränkt  sich  jedoch  nicht  auf  das  Verzinnen  fertiger  Geftsse, 
sondern  yendnnt  häufig  scbon  das  als  Material  för  die  weitere  Verarbei- 
tung dienende  Eisenblech  und  nennt  dasselbe  im  verzinnten  Zustande 
Weissblech.  Da  man  beim  Weissblech  grossen  Werth  auf  vollendetes 
Aenssere  legt,  so  ist  das  Verfahren  der  Herstellung  ziemlich  umständlich. 

Man  wählt  zum  Verzinnen  die  dünneren  Sorten  Eisenblech,  welche 
besonders  zu  diesem  Behufe  in  Tafeln  von  durchschnittlich  400  mm 
Länge  und  300  mm  Breite  hergestellt  werden.  Die  Bleche  werden  zu- 
nächst mit  yerdfinnter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  abgebeizt,  in  Wasser 
abgespült,  getrocknet,  in  einem  luftdicht  geschlossenen  Flammofen  oder 
auch  wohl  einem  Kessel  12  bis  24  Stunden  heller  Rothgluth  auiq^esetzt 
und  dann  noch  einmal  kalt  zwischen  den  polirten  Stahlwalzen  eines 
Blechwalzwerks  unter  starkem  Drucke  durchgeführt,  wodurch  sie  eine 
glatte,  glänzende  Oberfläche  erhalten.  Sie  werden  dann  abermals  gelinde 
geglüht,  um  ihnen  die  beim  Walzen  erhaltene  Sprödigkeit  zu  nehmen 
und  müssen  nun  einem  zweiten  Beizprocesse  unterworfen  werden  zu  dem 
Zwecke,  das  durch  das  Glühen  hervorgerufene,  als  gelbe  oder  blaue 
Anlauffarbe  erscheinende  Ozydhäutchen  zu  entfernen.  Hierzu  dient  eine 
Flüssigkeit,  welche  durch  Gähren  organischer  Stoffe  in  Wasser  bereitet 
wird,  gewöhnlich  Kleie.  Nachdem  die  Bleche  mehrere  Tage  in  dieser 
Beize  verweilt  haben,  bringt  man  sie  noch  einmal  ganz  kurze  Zeit  in 
verdünnte  Schwefelsäure,  spült  sie  ab,  scheuert  sie  mit  Werg  und  feinem 
Sande  vollends  blank,  um  jedes  zurückgebliebene  Fleckchen  zu  entfernen 
und  legt  sie  bis  auf  Weiteres  zur  Aufbewahrung  in  Kalkwasser. 

Wenn  die  Verzinnung  beginnen  soll,  nimmt  man  sie  heraus  und 
steckt  mehrere  hundert  Stück  mit  einem  Male  in  eine  gusseiseme  Pfanne 
mit  geschmolzenem  Talg,  in  welchem  sie  so  lange  2ieit  verweilän,  bis  die 
letzte  Spur  von  Feuchtigkeit  vollständig  entfernt  ist.  Man  nennt  das 
Gef&Mi,  welches  diesen  geschmolzenen  Talg  enthält,  Vortopf.  Aus  diesem 
gelangen  sie  in  eine  zweite  gusseiseme  Pfanne,  Zinn  topf  genannt, 
welche  geschmolzenes  und  stark  erhitztes  Zinn  enthält  mit  einer  Decke 
von  Talg  'um  die  Luft  abzuhalten.  In  diesem  Geisse  verweilen  sie 
IVs  bis  2  Stunden  und  gelangen  nun  in  eine  dritte  Pfanne  mit  ganz 
reinem,  weniger  stark  als  im  Zinntopfe  erhitztem  Zinn,  Wasch  topf 
genannt.  Zuvor  lässt  man  jedoch  auf  einem  Schrägen  die  an  den  Blechen 
noch  im  flüssigen  Zustande  anhaftenden  Zinntropfen  ablaufen,  um  einer 
Verunreinigung  des  reinen  Zinns  mit  dem  weniger  reinen  thunlichst  vor- 
zubeugen. Von  dem  reinem  Zinn  des  Waschtopfs  bildet  sich  nun  wäh- 
rend des  Verweilens  im  Waschtopfe  ein  zweiter  üeberzug  auf  dem  schon 
im  Zinntopfe  gebildeten  ersten  üeberzuge.  Nimmt  das  Zinn  im  Zinn- 
topfe ab,  so  ersetzt  man  es  durch  NachftÜlen  aus  dem  Waschtopfe,  weil 
dieses  ohnehin  allmälig  verunreinigt  wird,  und  setzt  reines  frisches  Zinn 
in  den  Waschtopf  ein. 


Verzinnen.  767 

Die  Bleche  werden  nun  einzeln  ans  dem  Waschtopfe  heransgenommen, 
noch  heiss  mit  einer  fettigen  Hanf  bürste  oder  Werg  in  gleichmässigen 
Strichen  überfahren,  wodurch  eine  gleichmässige  Ausbreitung  des  Zinns 
bezweckt  wird,  abermals  durch  den  Waschtopf  gezogen^),  wodurch  die 
beim  Abwischen  entstandenen  Streifen  yertilgt  werden,  und  nun  in 
einen  vierten  Kessel  gestellt,  welcher  mit  stark  erhitztem  Palmöl  oder 
einem  Gemische  aus  Palmöl  und  Talg  gefüllt  ist  und  Fetttopf  heisst. 
Das  Fett  ist  bis  auf  die  Schmelztemperatur  des  Zinns  erhitzt,  so  dass  das 
letztere,  welches  durch  das  Eintauchen  yon  der  Luft  ganz  abgeschlossen 
ist,  noch  einmal  schmilzt,  sich  dadurch  gleichm&ssig  ausbreitet  und  eine 
spiegelblanke  Oberfl&che  erh&lt,  indem  zugleich  der  Ueberschuss  an  Zinn 
(oft  bis  zu  60  Proa  des  gesammten  Zinns)  abtropft  Wie  es  scheint, 
saigert  hierbei  Torzugsweise  bleihaltiges  —  also  in  niedrigerer  Tempera- 
tur schmelzbares  —  Zinn  aus  und  eine  Schicht  reinen  Zinns  bleibt  zu- 
rück. Die  Behandlung  in  diesem  Topfe  muss  eine  sehr  yorsichtige  sein; 
man  stellt  deshalb  immer  nur  wenige  Tafeln  gleichzeitig  ein  und  schützt 
sie  yor  gegenseitiger  Berührung. 

Aus  dem  Fetttopfe  kommen  die  Bleche  nun  in  die  letzte  Pfanne, 
welche  leer  ist  und  zur  Abkühlung  dient,  deshalb  auch  nicht  geheizt 
wird  und  Ealttopf  genannt  wird,  obschon  er  durch  die  unmittelbare 
Nähe  der  übrigen  Töpfe  eine  genügende  Temperatur  erh&lt,  um  eine 
allzu  beschleunigte  Abkühlung  zu  yermeiden.  In  diesem  Oefasse  werden 
sie  yertical  aufgestellt,  damit  das  anhaftende  Fett  ablaufen  kann.  Aber 
auch  noch  etwas  flüssiges  Zinn  fliesst  hierbei  nach  unten  und  bildet 
dadurch  am  untern  Rande  einen  Wulst«  Tropfkante  genannt.  Um  diesen 
zu  entfernen,  werden  die  Bleche  schliesslich  noch  einmal  mit  dem  untern 
Ende  in  den  Fetttopf  oder  in  ein  besonderes,  dazu  bestimmtes  und  mit 
flüssigem  Zinn  gefiälltes  Cref&ss  getaucht,  welches  in  diesem  Falle  Saum- 
topf  genannt  wird«  Der  Wulst  wird  flüssig,  man  befördert  durch  Klopfen 
das  Abfallen  und  es  hinterbleibt  nur  ein  schmaler  Streifen  -~  der  Saum 
genannt  —  durch  geringem  Glanz  gekennzeichnet. 

Der  Verbrauch  an  Zinn  beträgt  6V9  bis  8  Proc,  das  fertige  Blech 
enthält  3  bis  5  Proc.  seines  Gewichts  Zinn. 

Schliesslich  werden  die  Bleche  durch  Abreiben  mit  Kleie  yöUig  ge- 
reinigt, sortirt  und  yerpackt. 

So  einfach  diese  Manipulationen  an  und  für  sich  sind,  so  steigert 
sich  doch  die  Schwierigkeit  des  Gelingens  und  insbesondere  der  Herstellung 
einer  gleichmässigen,  glatten  Oberfläche  mit  der  Ghrösse  derselben.  Man 
hat  für  grosse  Bleche  deshalb  mechanische  Vorrichtungen  in  Anwendung, 
um  das  Verzinnen  zu  erleichtem.  Dieselben  beruhen  auf  der  Anwendung 
eines  Walzenpaars,  welches  die  yerzinnten  Bleche  zu  passiren  haben,  so- 
bald sie  aus  dem  Zinntopfe  kommen.     Entweder  liegen  beide  Walzen 


^)  Auf  einzelnen  Werken  durch  einen  folgenden  Topf  mit  ganz   reinem 
Zinn,  wenn  eine  Yernnreinigong  des  Zinns  im  Waschtopfe  befürchtet  wird.' 


768  VerechönerungB-  und  Erhaltungsarbeiten, 

otierhalli  des  Niveftiu  des  Zinnbftdea;  oder  eine  derselben  ist  noeh  in  dem 
flüBÜgen  Zinn  selbst  gelagert,  so  dass  d^s  Blech  v&hrend  dea  Änatreteni 
ans  dem  Bade  zwischen  beiden  hindnrohgefolirt  wird. 

Eine  derartige  von  Girard  eingeführte  Haachine  ist  in  den  Fignrea  564 
and  566   abgebildet.    AB  ist  die  gnsseiseme  Pfanne,  welch«  das  ge- 
Fiic.  564. 


Verzinnen.  769 

Bchmolzene  Zinn  enthalt  nnd  von  unten  durch  die  Feuerung  g  geheizt 
wird,  h  sind  schmiedeeiserne  Führungsstäbe ,  auf  welchen  das  Blech  in 
des  Bad  gelangt,  h  ist  ein  kastenartiges  gusseisernes  Querstück,  theils 
zu  dem  Zwecke,  eine  obere  Führung  für  das  Blech  zu  bilden,  theils  um 
die  in  dem  Theile  A  sich  ansammelnden  Unreinigkeiten  dort  zurück- 
zuhalten und  vor  dem  Hinübergehen  nach  B  zu  bewahren,  cd  sind  die 
Walzen,  in  zwei  mit  Stellschrauben  versehenen  Ständern  gelagert  und 
von  den  Getrieben  /  e  aus  bewegt,  l  sind  Führungsstabe  für  die  aus- 
tretenden Bleche.  Das  Zinn  in  der  Abtheilung  A  ist  mit  Chlorzink,  in 
B  mit  Talg  bedeckt. 

Um  kleine  Gegenstände  aus  Eisen  —  Nägel,  Angeln,  Schnallen  und 
dergleichen  —  zu  verzinnen,  lässt  man  sie  in  verdünnter  Schwefelsäure 
so  lange  liegen,  bis  sie  völlig  blank  sind,  spült  sie  dann  in  Wasser  ab, 
trocknet  sie  durch  Schütteln  mit  Holzsägespänen  und  wirft  sie  nun  in 
eine  eiserne  Pfanne  mit  geschmolzenem  Zinn.  Zum  Herausnehmen  be- 
dient man  sich  einer  Art  Gabel  und  schleudert  durch  einen  raschen 
Schlag  gegen  den  Stiel  derselben  die  herausgenommenen  Gegenstände 
so  in  ein  Gefäss  mit  Wasser,  dass  sie  zerstreut  zu  liegen  kommen  und 
ein  Zusammenlöthen  mehrerer  Stücke  vermieden  wird. 

Grössere  Gegenstände  hängt  man  an  einem  Drahte  in  das  stark 
erhitzte  Zinnbad  und  wirft  sie  nach  dem  Eintauchen  wie  die  kleineren 
ins  Wasser. 

Draht  wird  verzinnt,  indem  man  ihn  nach  dem  Reinigen  von  Glüh, 
span  in  8  bis  16  Strähnen  durch  ein  in  zwei  Abtheilungen  getrenntes 
Gefass  führt,  welches  in  der  einen  Abtheilung  gewöhnliches  Zinn,  be- 
deckt mit  Chlorzink,  in  der  andern  ganz  reines  Zinn  mit  einer  Talg- 
decke enthält.  Als  Scheidewand  zwischen  beiden  Abtheilungen  dient 
zuweilen  eine  Walze;  um  das  überflüssige  Zinn  abzustreifen,  benutzt 
man  häufig  ein  Zieheisen,  welches  der  Draht  nach  dem  Verlassen  des 
Bades  zu  passiren  hat. 

Schwieriger  als  das  Verzinnen  von  schmiedbarem  Eisen  ist  das  Ver- 
zinnen von  Gusseisen;  und  um  so  schwieriger,  je  grösser  der  Graphit- 
gehalt des  Gusseisens  ist.  Es  kommt  deshalb  im  Ganzen  wenig  zur 
Anwendung  nnd  wird  dann  in  ganz  ähnlicher  Weise  ausgeführt.,  als  das 
beschriebene  Verzinnen  schmiedeeiserner  Gefasse. 

Verzinnen  von  Kupfer  und  Messing. 

Dasselbe  kommt  vorwiegend  bei  Kochgeschirren  in  Anwendung, 
um  durch  das  schwieriger  lösbare  Zinn  einen  Schutz  für  das  Gefass 
gegen  das  Auflösen  und  für  die  Speisen  gegen  Vergiftung  zu  bilden. 
Da  Kupfer  und  Zinn  sich  leicht  legiren,  ist  das  Verfahren  leichter  aus- 
führbar als  die  Verzinnung  des  Eisens.  Die  Gefasse  werden  mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  gebeizt,    getrocknet,    erhitzt;    das  geschmolzene 

L  e  d  e  b  n  r ,  laechaniBch-metaUargisohe  Technologie.  49 


770  Verschonemngs-  und  ErlialtiuigBarbciten. 

Zinn  wird  mit  etwas  Salmiiik  hineiagegoflaen «  mit  miiem  Böwhel  Werg 
▼errieben  und  dann  daa  UeberflQaiige  dnrdi  Avagienen  entfernt. 

Dag  Yärzinken  des  Eisens 

hat  TOT  dem  Verzinnen  den  Vorsog  der  grossem  Billigkeit  des  als 
Ueberzog  dienenden  MetaUs;  nnd  wenn,  wie  in  den  meisten  Fallen ,  ein 
Hosten  des  Eisens  durch  den  Ueberzug  Terhütet  werden  soll ,  so  kommt 
der  Umstand  in  Betracht,  dass  ein  mit  Zink  ftberzogenes  Eisenstück 
negativ  elektrisch  wird,  während  das  Zink  den  positiven  Pol  der  Kette 
bildet,  bei  der  Zerlegung  von  Wasser  der  Sauerstoff  desselben  also  an  das 
Zink  geht  nnd  das  Eisen  unbeeinflnsst  bleibt.  In  Racksicht  auf  diese 
Thatsache  hat  man  dem  verzinkten  Eisen  im  Handel  den  —  allerdings 
ziemlich  unglücklich  gewählten  —  Namen  galvanisirtes  Eisen  ge- 
geben. 

Die  Ausführung  des  Verzinkens  ist  ganz  ähnlich  als  beim  Verzinnen. 
Man  beizt  die  Gegenstände,  putzt  sie  durch  Scheuem  oder  Eratzen  von 
noch  anhaftendem  Oxyde,  taucht  sie  in  Ealkwasser,  trocknet  und  er- 
wärmt sie  und  bringt  sie  in  das  Zinkbad.  Stellen,  wo  das  Zink  nicht 
haften  will«  werden  mit  einem  Stücke  Salmiak  gerieben  und  dann  rasch 
wieder  eingetaucht. 

Für  das  Verzinken  von  Blechtafeln  benutzt  man  ein  gleiches  Walz- 
werk wie  für  das  Verzinnen,  dessen  Walzen  sich  im  geschmolzenen  Zink 
drehen  *). 

b.    Das  Ueberziehen  auf  nassem  Wege. 

Wenn  man  ein  Metall  in  die  Lösung  eines  Salzes  eines  andern  Metalles 
einhängt,  so  findet  in  manchen  Fällen  ohne  Weiteres  eine  Metallauaschei- 
dung  anf  der  Oberfläche  des  eingebrachten  Metalls  statt,  indem  sich 
eine  äquivalente  Menge  des  letztem  löst  und  an  die  Stelle  des  aus- 
geschiedenen Metalls  tritt.  So  scheidet  Eisen  aus  einer  neutralen  oder 
schwaofasauren  Lösung  von  Kupfervitriol  sofort  Kupfer  ans,  welches  als 
roiher  Ueberzug  das  Arbeitsstück  bedeckt;  Zink  in  Platinohloridlösung 
erhält  einen  tiefschwarzen  Ueberzug  von  ausgeschiedenem  Platin  u.  s.  f. 
Wenn  die  Lösung  des  Metallsalzes  stark  concentrirt  war,  so  pflegt  das 
Metall  sich  pulverig  oder  körnig  auszuscheiden  und  an  der  Oberfläche 
des  eingetauchten  Arbeitsstücks  wenig  oder  gar  nicht  zu  haften ;  ans 
verdünnten  Lösungen  erfolgt  die  Ausscheidung  zwar  langsamer,  aber 
gleichartiger  nnd  besser  haftend. 

Derartige  Ausscheidungen,  durch  einfache  chemische  Substitutionen 
hervorgerufen,  sind  jedoch  nur  auf  gewisse  Fälle  beschränkt,  haben  den 


')  Verzinkte  Bleche  flnden  als  Bachbedeckungsmaterial  Anwendang.    Pa« 
brik:    Jacob  Hilgera  in  RheinbTohl. 


Ueberziehen  auf  nassem  Wege.  771 

Nachthei],  daes  die  LösuDg  mehr  und  mehr  durch  Aufnahme  des  frem- 
den Metalls  vernnreinigt  wird  tind  dass  ein  anf  diesem  Wege  erzeugter 
Ueberzug,  wenn  er  haften  soll,  nur  äusserst  dünn  ausfallen  kann  und 
bei  der  Benutzung  des  betreffenden  Gegenstands  rasch  wieder  ver- 
schwindet. Daher  findet  dieses  Verfahren  nur  beschränkte  Anwendung 
für  solche  Gegenstände,  die  einer  Abnutzung  beim  Gebrauche  nicht 
unterworfen  sind,  Schaustücke  und  dergleichen. 

Weit  zahlreicher  sind  die  Fälle,  wo  man  den  galvanischen  Strom 
benutzt,  um  Metallsalze  zu  zerlegen  und  Metall  aus  den  Lösungen  auf 
der  Oberfläche    des  zu  überziehenden   Gegenstandes   niederzuschlagen. 
Letzterer  dient  hierbei  als  Kathode  für  den  galvanischen  Strom,  während 
man  ein  Metallblech  als  Anode  in  die  Losung  einhängt.     Dieses  galva- 
nische Verfahren  hat  mancherlei  Vorzüge  vor  der  einfachen  Zersetzung 
durch  Substitution.     Ein  Vortheil  liegt  in   der  grösseren  Mannigfaltig- 
keit der  auf  diese  Weise  zu  erzeugenden  Ueberzüge,  sowie  in  dem  festern 
Haften   und  der  grossem  erreichbaren  Stärke  derselben.     Zweitens  ist 
man  im  Stande ,  solche  Lösungen  anzuwenden ,  welche  auf  die  Kathode 
ohne  chemische  Einwirkung  bleiben,  bei  denen  also  die  erwähnte  Ver- 
unreinigung  des  Bades  ganz  ausgeschlossen   ist  und  das  Material  des 
Arbeitsstückes  auch  bei  beliebig  langer  Zeitdauer  des  Processes,  abhän- 
gig von  der  Stärke  des  herzustellenden  Ueberzugs,  vollständig  unbeein- 
flusst  bleibt.     Ausserdem  hat  man  die  Möglichkeit,  wenn  man  als  Anode 
ein  eben  solches  Metall  benutzt,  als  aus  der  Lösung  abgeschieden  wer- 
den soll,  lange  Zeit  die  Lösung  annähernd  in  constanter  Zusammensetzung 
zu  erhalten«  da  von  der  Anode  unter  Einwirkung  des  galvanischen  Stro- 
mes frisches  Metall  in  Lösung  geht,  sobald  das  gelöste  niedergeschlagen 
wird.     Es  muss  freilich  hierbei  bemerkt  werden,  dass  diese  Auflösung 
der  Anode  doch  auch  durch  andere  Vorgänge  mit  beeinflusst  wird  und 
man  gewöhnlich  in  der  Praxis  genöthigt  ist,  von  Zeit  zu  Zeit  den  Metall- 
gehalt der  Lösung  durch  Zusatz  Mschen  Metallsalzes  wieder  anzureichern. 
Bei  Anwendung  des  galvanischen  Stromes  ist  man  femer  im  Stande,  die 
Stromstärke  genau  zu  regeln,   welche  erfahrungsmässig  auf  die  Gleich- 
mässigkeit  und  das  feste  Anhaften  des  Ueberzuges  von  Einfluss  ist*    In 
den  meisten  Fällen  liefert  ein  schwächerer  Strom,  obschon  derselbe  zur 
Bildung  eines  Ueberzuges  längere  Zeit  gebraucht,  doch  gleichmässigere 
und  dauerhaftere  Ueberzüge  als  ein  stärkerer.     Endlich  ist  noch  zu  er- 
wähnen, dass  man  mit  Hülfe  ^es  galvanischen  Stromes  nicht  allein  im 
Stande  ist,  einfache  Metalle,  sondern  selbst  Legirungen  aus  ihren  Lösun- 
gen als  solche  abzuscheiden  und  auf  einer  Metallfläche  niederzuschlagen 
—  Messing,  Bronze  etc.  -—  und  es  ist  interessant  und  für  die  Anwen- 
dung des  Verfahrens  nicht  unwichtig,   dass  man  durch  Regelung  der 
Stromstärke  aus  derselben  Lösung  quantitativ  verschieden   zusammen- 
gesetzte,  also  verschieden  ge&rbte,  Ueberzüge  erhält.     Aus  Messing* 
oder  Bronzelösungen    scheidet    ein    schwächerer  Strom    kupferreichere, 

49* 


772  Verschonenings-  und  EriialtongBarbeiteiL 

dunklere,  ein  it&rkerer  Strom  sink-  oder  sinnreichere,  heller  gefärbte 
Niederschläge  ans  n.  s.  w. 

Damit  das  Arbeitsstück  Ton  der  Ldenng  nicht  angegriffen  werde 
(wodurch  zugleich  ein  festes  Haften  des  hergestellten  üeberzuges  er- 
schwert werden  würde),  darf  die  letztere  nicht  sauer  sein,  sondern  muss 
alkalische  oder  neutrale  Reaction  besitzen.  Das  chemische  Verhalten 
des  für  den  Ueberzug  bestimmten  Metalls  muss  entscheiden,  welche  Ver- 
bindungen desselben  und  welches  Lösungsmittel  das  geeignetste  sei. 
Manche  Metallozyde  losen  sich  in  yerdCLnnter  Kalilauge  und  lassen  sich 
durch  den  galvanischen  Strom  aus  derselben  abscheiden  (Zinn,  Gold); 
bei  anderen  bildet  Ammoniakflüssigkeit  mit  Chlorammonium  ein  geeigne- 
tes Lösungsmittel  (Zink),  bisweilen  versetzt  mit  organischen  Verbindun- 
gen (weinsauren,  citronensauren  und  anderen  Salzen),  welche  die  Aus- 
scheidung befördern  sollen  (Nickel);  wieder  andere  eignen  sich  nur  als 
Cyansalze  zur  Bildung  von  Ueberzügen,  wobei  als  Lösungsmittel  für  die- 
selben entweder  Cyankaliumlösung  (beim  Silber)  oder  in  Anbetracht  des 
hohen  Preises  des  Cjankaliums  eine  Lösung  von  unterschwefligsaurem 
Natrium  (beim  Kupfer)  benutzt  wird. 

Als  Behälter  für  die  Lösungen  benutzt  man,  wenn  ihre  Menge  klein 
ist  und  die  Verarbeitung  in  der  Kälte  vor  sich  geht,  irdene  Geschirre 
für  grössere  Mengen  hölzerne  Bottiche,  aus  Eichenholz  gefertigt  nnd 
mit  eisernen  Bänden  versehen;  muss  eine  Erwärmung  der  Lösung  statt- 
finden, eiserne  emaillirte  Geschirre.  Quer  über  das  betreffende  Gefass 
legt  man  einen  Kupferstab  (der  bei  metallenen  Gefässen  gut  isolirt  wer- 
den muss),  dessen  eines  Ende  durch  einen  Kupferdraht  mit  dem  negati- 
ven Pole  der  galvanischen  Säule  in  Verbindung  gesetzt  wird.  Dieser 
Kupferstab  ermöglicht  es,  eine  grössere  Anzahl  von  Gegenständen  gleich- 
zeitig in  die  Lösung  einzuhängen,  indem  man  jeden  derselben  mit  einem 
Stück  Kupferdraht  umwickelt  und  mit  diesem  an  dem  Stabe  aufhängt. 
Die  als  Anoden  dienenden  Bleche  werden  an  den  Seiten  des  GefiLsses 
den  Arbeitsstücken  gegenüber  gleichfalls  an  einem  Kupferdrahte  auf- 
gehängt und  durch  denselben  mit  dem  positiven  Pole  verbunden. 

Die  erforderliche  Stromstärke  ist  von  der  Grösse  der  Oberflftche 
und  der  Leitungsfähigkeit  des  Arbeitsstücks  abhängig.  Für  sehr  kleine 
Gegenstände  kann  man  ein  thermoelektrisohes  oder  Danieirsches 
Element  benutzen;  für  grössere  pflegt  man  Bunsen'sche  anzuwenden. 
Ein  einziges  Bunsen'sches  Element  genügt  zum  gleichzeitigen  Ueber- 
ziehen  zahlreicher  kleinerer  Arbeitsstücke  (Schmuckwaaren,  Löffel  und 
dergleichen);  nur  für  sehr  grosse  Arbeitsstücke  verbindet  man  mehrere 
Elemente  zu  einer  Batterie.  Um  bei  Anwendung  Bunsen^soher  £le- 
mente  die  Belästigung  der  Arbeiter  durch  die  sich  entwickelnden  Sanre- 
dämpfe  zu  vermeiden,  empfiehlt  es  sich,  sie  in  einem  getrennten  Locale 
aufzustellen  und  den  Strom  durch  isolirte  Kupferdrähte  in  das  Arbeita- 
iooal  au  leiten. 


GalyaniBche  Ueberzüge.  773 

Die  gröBBte  Sorgfalt  bei  der  Bereitung  der  LöBongen,  Auswahl  sol- 
cher Chemikalien,  die  nicht  durch  andere  Stoffe  yerunreinigt  sind,  und 
eine  peinliche  Sauberkeit  bei  allen  während  des  Ueberziehens  vorkom- 
menden Arbeiten  ist  eine  Hauptbedingung  für  ein  gutes  Gelingen.  Zu- 
nächst muBS  man  Sorge  tragen,  dass  die  zu  überziehende  Metallfläche 
Yollständig  metallisch  rein  sei.  Sie  wird  durch  Beizen,  Scheuern, 
Kratzen  gereinigt,  jede  Berührung  mit  den  Fingern  dabei  thunlichst 
vermieden,  und  in  ganz  derselben  Weise  behandelt,  als  es  oben  bereits 
beschrieben  wurde.  Nach  dem  Beizen  spült  man  die  Gegenstände  in 
Wasser  ab  und  kann  sie  ohne  Weiteres  in  die  Lösung  einhängen,  oder, 
wenn  dieses  nicht  thunlich  ist,  einstweilen  in  Kalkwasser  aufbewahren. 

Auch  während  die  Gegenstände  in  der  Lösung  hängen,  pflegt  eine 
öftere  Bearbeitung  der  Oberfläche  erforderlich  zu  werden.  Dieselbe  hat 
theils  den  Zweck,  mechanisch  abgelagerte  fremde  Stoffe  zu  entfernen, 
hauptsächlich  aber  auch,  ein  Festdrücken  der  krystallinisch  ausgeschiede- 
nen Metallblättchen  zu  bewirken  und  dadurch  einen  gleichmässigern, 
glattem  und  zugleich  dichtem  Ueberzug  hervorzubringen.  Man  be- 
nutzt hierzu  die  schon  erwähnten  Kratzbürsten  aus  Stahl-  oder  Messing- 
draht,  oder  bei  sehr  zarten  Gegenständen  gewöhnliche  Zahnbürsten.  Hat 
der  Ueberzug  die  gewünschte  Stärke  erreicht  —  was  nach  Umständen 
in  wenigen  Minuten  oder  nach  Verlauf  vieler  Stunden  der  Fall  sein 
kann  — ,  so  spült  man  den  Gegenstand  in  Wasser  ab,  bürstet  sorgfaltig 
die  Oberfläche,  trocknet  in  Sägespänen  und  entfernt  schliesslich  den 
letzen  Rest  der  Feuchtigkeit  durch  Erwärmen  im  vorher  geheizten 
Trockenschranke. 

Beispiele. 

Verkupfern,  Vermessingen,  Bronziren. 

Das  einfachste  schon  erwähnte  Verfahren  zum  Verkupfern  von  Eisen 
ist  das  Elintauchen  desselben  ohne  galvanischen  Strom  in  die  Lösung 
eines  Kupfersalzes,  wobei  sich  dasselbe  sofort  roth  überzieht.  Gewöhn- 
lich benutzt  man  eine  Lösung  von  Kupfervitriol.  Der  Ueberzug  wird 
haftbarer,  wenn  die  Lösung  nicht  neutral,  sondern  schwach  sauer  ist. 
Man  kann  in  11  Wasser  2  g  Kupfervitriol  lösen  und  einige  Tropfen 
Schwefelsäure  hinzufügen.  Das  Arbeitsstück  wird  in  die  Kupferlösung 
einige  Minuten  eingehängt,  gekratzt,  abgespült,  dann,  wenn  der  Ueber- 
zug stärker  werden  soll,  ein  zweites  und  drittes  Mal  eingehängt,  schliess- 
lich mit  reinem  Wasser,  dann  mit  Kalkwasser  abgespült,  um  alle  noch 
vorhandene  Säure  zu  neutralisiren,  und  getrocknet. 

Diese  Methode  ist  nur  im  Stande,  schwache,  wenig  dauerhafte  Ueber- 
züge zu  liefern.  Bisweilen  benutzt  man  eine  solche  Verkupferang  als 
VorbereitungsprocesB  für  das  Ueberziehen  des  Eisens  mit  anderen  Me- 
tallen, welche  sich  leichter  auf  dem  Kupferüberzuge  als  auf  der  Eisen- 
fläche absetzen* 


774  Verschönerungs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

Weit  dauerhaftere  Knpferniederschläge  sowohl  auf  Eisen  als  Zink 
und  anderen  Metallen  erhält  mau  aus  alkalischen  Lösungen  mit  Hülfe 
des  galvanischen  Stromes.  Am  besten  hierfür  eignet  sich  Cyanknpfer 
in  Cyankalium  oder  unterschwefligsanrem  Natrium  gelöst.  Eine  der- 
artige Lösung  erhält  man  z.  B.,  wenn  man  1  Thl.  Kupferacetat  mit 
1  Thl.  Soda  behandelt,  welche  in  Wasser  gelöst  ist,  dann  die  so  erhaltene 
Masse,  nachdem  das  Aufbrausen  aufgehört  hat  und  sie  gut  durchgerührt 
ist,  in  eine  Lösung  von  3  Thln.  Cyankalium  in  so  viel  Wasser  einträgt, 
dass  die  Menge  der  ganzen  Flüssigkeit  incl.  des  zum  Lösen  der  Soda 
benutzten  60  Gewichtstheile  Wasser  enthält 

Will  man  statt  des  Kupfern  iederschlags  einen  Messingüberzug  her- 
stellen ,  so  ist  nur  ein  Zusatz  von  etwas  Cyanzink  zu  der  beschriebenen 
Lösung  erforderlich;  z.  B.  auf  1 1  Wasper  16g  Kupferacetat,  2,5g  Zink- 
vitriol, 18  g  l^atriumcarbonat;  der  Niederschlag  durch  Zusatz  von  circa 
^^  g  Cyankalium  gelöst.  Wie  schon  erwähnt,  kann  man  mit  einer  sol- 
chen Lösung  gelbe  und  röthliche  Niederschläge  erhalten,  je  nachdem 
man  einen  stärkern  oder  schwächern  Strom  anwendet. 

Bronzelösung  wird  durch  Zusatz  einer  geringen  Menge  Zinnlösnng 
zu  der  Kupferlösung  erhalten.  Die  grossen  Brüstungsgitter  auf  den  Zu- 
Schauertribünen  der  Berliner  Börse,  in  Ilsenburg  aus  Gusseisen  gefertigt, 
wurden  in  einer  Lösung  von  folgender  Zusammensetzung  galvanisch 
bronzirt:  40  Thle.  Kupferacetat  und  40  Thle,  Soda  mit  Wasser  bis  zur 
Zersetzung  behandelt;  hierzu  kamen  40  Thle.  unterschwefligsaures  Na- 
trium ,  60  Thle.  Cyannatrium  ^)  und  im  Ganzen  2500  Thle.  Wasser ; 
schliesslich  ein  Zusatz  von  Y4  Thl.  Zinnsalz  (Zinnohlorür)  mit  2  Thln. 
Aetzkali  in  Wasser  gelöst.  Jedes  der  Gitter  wog  500  kg,  und  es  war 
zur  Erzeugung  des  galvanischen  Stromes  eine  Batterie  von  sechs  bis 
zehn  Bunsen' sehen  Elementen  erforderlich.  Die  Zeitdauer  der  Einwir- 
kung war  circa  drei  Stunden,  während  welcher  Zeit  das  Gitter  mehrmals 
herausgenommen  und  mit  Messingdrahtbürsten  bearbeitet  wurde. 

Verzinnen. 

Dasselbe  findet  bisweilen  Anwendung,  um  eisernen  oder  messingenen 
Gegenständen  einen  silberartigen  Ueberzug  zu  geben,  bildet  aber  nicht 
in  dem  Maasse,  als  die  Verzinnung  auf  directem  Wege  einen  Schatz 
gegen  äussere  Einflüsse.  Man  hat  verschiedene  Methoden  zum  Verzin- 
nen auf  nassem  Wege.  Stecknadeln  aus  Messingdraht  und  andere  kleine 
Messinggegenstände  werden  in  einer  auf  Siedhitze  erwärmten  Lösung 


^)  Cyannatrium  80II  schönere  Ueberzüge  als  Cyankalium  hervorrufen;  die 
Bichtigkeit  dieser  Angabe  möge  dahin  gestellt  bleiben.  Man  hat  thatsächlich 
auch  mit  Cyankalium  schöne  Bronzirungen  dargestellt,  doch  ist  bei  dem 
grossem  Atomgewichte  des  Kalinms  auch  ein  grösserer  Zusatz  desselben  er- 
forderlich. 


Galvanische  Ueberzüge.  775 

ohne  galyaniBchen  Strom  verzinnt,  welche  in  80  Thhi.  Wasser  1  Thl. 
Weinstein  and  3  Thle.  feingekörntes  Zinn  (durch  Verreiben  geschmolze- 
nen Zinns  in  einer  Schale  mit  einer  Mörserkeule  bis  zor  Erstarrung 
dargestellt)  enthalt.  Die  Zeitdauer  der  Einwirkung  ist  iVs  bis  2  Stun- 
den (WeisBsieden). 

Für  Benutzung  des  galvanischen  Stromes  bereitet  man  sich  eine 
Lösung  durch  Auflösen  von  Zinnsalz  in  überschüssiger  Kalilauge,  z.  B. 
1  Thl.  Zinnsalz  (Zinnchlorür),  5  Thle.  Aetzkali,  44  Thle.  Wasser. 

Man  hat  vorgeschlagen,  den  auf  nassem  Wege  erhaltenen  Zinnüber- 
zug auf  Eisen  durch  Erwärmen  des  Gegenstandes  auf  die  Schmelztempe- 
ratur des  Zinns  zum  Schmelzen  zu  bringen  und  dadurch  ebenso  wider- 
standsfähig zu  machen,  als  ein  auf  directem  Wege  erhaltener  Ueberzug. 
Versuche,  welche  Verfasser  in  dieser  Richtung  anstellte,  Gusseisen  vor 
Rost  zu  schützen,  haben  den  gewünschten  Erfolg  nicht  gehabt. 

Vernickeln. 

Theils  die  eigenthümliche  Farbe  des  Nickels,  theils  die  Widerstands- 
föhigkeit  desselben  gegen  chemische  Einflüsse  hat  in  neuerer  Zeit  viel- 
fach Veranlassung  gegeben,  ornamentale  und  andere  Gegenstände  aus 
Eisen  und  Messing  auf  galvanischem  Wege  zu  vernickeln.  Man  behaup- 
tet, das  Eisen  durch  einen  Nickelüberzug  gegen  das  Rosten  zu  schützen; 
nach  den  Erfahrungen  des  Verfassers  muss  wenigstens  bei  Gusseisen, 
welches  den  Witterungseinflüssen  ausgesetzt  ist,  dieser  Erfolg  bezweifelt 
werden;  oder  der  Ueberzug  müsste  in  einer  Stärke  hergestellt  werden, 
dass  bei  dem  hohen  Preise  des  Nickels  (vergL  S.  32)  das  Verfahren  kaum 
als  praktisch  brauchbar  erscheinen  könnte.  Vor  einer  Versilberung  be- 
sitzt dagegen  die  Vernickelung  den  Vorzug,  dass  sie  nicht  so  leicht  als 
jene  in  sohwefelwasserstofifhaltiger  Luft  geschwärzt  wird. 

Die  Ausführung  der  Vernickelung  ist  nicht  schwierig.  Man  löst 
ein  käufliches  Nickelammoniumsalz  —  gewöhnlich  schwefelsaures  Nickel- 
ammonium —  in  18  bis  20  Theilen  Wasser  und  erwärmt  bei  der  Be- 
nutzung auf  50  bis  60  Grad.  Ein  Zusatz  von  weinsaurem,  citronen- 
saurem,  essigsaurem  Ammonium  oder  auch  Chlorammonium  soll  die 
Vernickelung  befördern;  z.  B.  1 1  Wasser,  50  g  schwefelsaures  Nickel- 
ammonium, 26  g  schwefelsaures  Ammonium,  5  g  Citronensäure.  Man 
kocht  V«  Stunde,  setzt  dann  kohlensaures  Ammonium  bis  zur  neutralen 
Reaction  hinzu  und  flltrirt.  Das  Nickelbad  darf  eher  schwach  alkalisch 
als  sauer  reagiren;  stark  alkalische  Reaction  ist  ebenfalls  nachtheilig. 

Versilbern. 

Man  benutzt  eine  Lösung  von  Gyamnlber  in  Cyankalium.  In  1 1  Wasser 
löst  man  circa  15  g  krystallisirtes  salpetersaures  Silber  und  so  viel  Cyan- 
kalium, bis  der  anfänglich  entstehende  Niederschlag  wieder  gelöst  ist.  Ans 


776  Verschönerungs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

verdünnten  Lösangen  erhält  man  glänzende,  ans  ooncentrirten  matte 
Ueberzüge. 

Eisenwaaren  pflegt  man  vor  der  Versilberung  zu  verkopfern. 

Zu  einer  oberflächlichen  Versilberung  von  Messinggegenständen 
(physikalischen  Instrumenten,  Zifferblättern  u.  a.)  kann  man  eine  Losung 
You  Chlorsilber  mit  4  Thln.  Kochsalz  und  4  Thln.  Weinstein  in  Wasser 
benutzen,  in  welcher  die  betreffenden  Gegenstände  gekocht  werden. 

Soll  der  Silberüberzug  eine  antike  Färbung  erhalten  (sogenanntes 
oxydirtes  Silber),  so  taucht  man  den  Gegenstand  nach  der  Versilberung 
in  eine  verdünnte,  mit  etwas  Ammoniak  versetzte  Lösung  von  Schwefel- 
leber oder  auch  von  Schwefelammonium,  wodurch  ein  Ueberzug  von 
Schwefelsilber  entsteht. 

Vergolden. 

Eine  zur  galvanischen  Vergoldung  geeignete  Lösung  kann  folgen- 
dermaassen  hergestellt  werden:  12  Thle.  Goldchlorid  in  1000  Thln. 
Wasser  gelöst,  dann  allmälig  9  Thle.  Aetzkali  zugesetzt,  bis  der  anfäng- 
lich entstehende  Niederschlag  sich  wieder  zu  lösen  beginnt,  schliesslich 
Gyankalium  bis  zur  klaren  Lösung  hinzugefügt.  Man  erhitzt  zweck- 
mässig diese  Vergoldungsflüssigkeit  bei  der  jedesmaligen  Anwendung 
bis  zum  beginnenden  Sieden  und  erhält  damit  ausserordentlich  schöne 
Niederschläge  auf  Kupfer,  Tomback,  Bronze,  Eisen,  Zink  etc. 

Auch  aus  einer  neutralen  Goldchloridlösung  schlägt  sich  ohne  An- 
wendung des  galvanischen  Stroms  Gold  auf  Eisen  u.  s.  w.  nieder ,  haftet 
aber  schlecht  und  wird  bald  abgerieben.  Man  benutzt  dieses  Verhalten 
des  Goldchlorids  zur  oberflächlichen  Vergoldung  von  Stricknadeln,  Stahl- 
federn, Scheeren  und  dergleichen;  und  zwar  löst  man  zu  diesem  Zwecke 
das  Goldsalz  gewöhnlich  in  Schwefeläther  und  bestreicht  mit  dieser 
Lösung  den  zu  vergoldenden  Gegenstand. 

c.    Ueberziehen  durch  Amalgamation. 

Wie  schon  erwähnt  wurde,  wird  das  Amalgamations verfahren  nur 
für  Vergoldung  und  Versilberung  angewendet,  und  man  nennt  dasselbe 
im  gewöhnlichen  Leben  „Feuervergoldung"  beziehentlich  „Feuerversil- 
berung". 

Zur  Vergoldung  benutzt  man  möglichst  reines  Gold,  wenn  man  eine 
rein  gelbe  Vergoldung  erzielen  will.  Mit  Silber  legirtes  Gold  giebt  eine 
grüne,  mit  Kupfer  legirtes  eine  röthliche  Vergoldung  und  amalgamirt 
sich  schwerer  mit  dem  Quecksilber. 

Um  das  Amalgam  zu  erzeugen,  wird  das  Gold  in  feine  Stäbchen 
zerschnitten,  in  einem  Tiegel  bis  zum  schwachen  Rothglühen  erhitzt, 
dann  das  achtfache  Gewicht  reinen  Quecksilbers  darüber  gegeben,  noch 
einige  Minuten  unter  Umrühren  erwärmt  und  dann  in  eine  Sehale  mit 


Feuervergoldung.  777 

Wasser  aUBgegoBsen,  um  eine  schnelle  Abkühlung  zu  bewirken  und 
Krystallisation  zu  verhindern,  durch  welche  Kömer  entstehen  würden. 

Das  erkaltete  Amalgam  wird  nun  gedrückt  und  geknetet,  um  das 
im  Uebermaasse  vorhandene  Quecksilber  zu  entfernen,  bis  es  eine  teig- 
artige ConsUtenz  annimmt  und  an  den  Wänden  der  Schale  kleben 
bleibt. 

Der  zu  vergoldende  Gegenstand  wird  zuerst  erhitzt ,  dann  gebeizt 
und  abgetrocknet.  Auf  einer  durch  das  Beizen  matt  gewordenen  Ober- 
fläche haftet  das  Gold  besser  als  auf  einer  glatten.  Das  Amalgam  wird 
mit  einer  Messingbürste  aufgetragen,  welche  zuvor  iu  eine  verdünnte  Auf- 
lösung von  salpetersaurem  Quecksilber,  Quickwasser  genannt,  getaucht 
wird.  •  Der  Gegenstand  wird  dann  abgespült,  getrocknet  und  endlich  auf 
eine  Temperatur  erhitzt,  bei  welcher  das  Quecksilber  sich  verflüchtigt. 
Man  nennt  diese  zum  Zwecke  der  Quecksilberverflüchtignng  vorgenom- 
mene Erhitzung  „Abrauohen*'  und  bedient  sich  dazu  eines  Ofens  von 
Eisenblech  mit  Holzkohlen  gefüllt,  über  welche  das  Arbeitsstück  auf 
einen  Rost  gelegt  wird. 

Soll  die  Vergoldung  stärker  ausfallen,  so  wiederholt  man  das  Ver- 
fahren zwei  bis  drei  Male  und  nennt  die  Arbeiten  demnach  zweifach, 
dreifach  in  Feuer  vergoldet.  Der  vergoldete  Gegenstand  wird,  wenn  er 
Glanz  erhalten  soll,  mit  einem  Blutsteine  polirt,  wenn  er  matt  bleiben 
soll,  so  wird  er  dem  „Mattiren^  untei*worfen  und  zu  diesem  Zwecke  mit 
einem  Gemenge  von  Salpeter,  Kochsalz  und  Alaun  mit  etwas  Wasser, 
welches  in  Breiform  auf  die  vergoldeten  Gegenstände  aufgetragen  wird, 
erhitzt. 

Bei  der  Fenerversilberung  verfahrt  man  in  ganz  analoger  Weise 
als  bei  der  Vergoldung. 

B.    Das  XJebersiehen  mit  zusammengeBetzten  Körpern. 

a.    Durch  Oxydation. 

Da  das  Oxyd  eines  Metalls  häufiger  widerstandsfähiger  gegen  che- 
mische Einflüsse  ist  als  das  Metall  selbst,  so  ist  der  Fall  nicht  selten, 
dass  man  die  Oberfläche  eines  MetaUgegenstandes  auf  künstlichem  Wege 
oxydirt  und  dadurch  einen  Schutz  gegen  Zerstörung  hervorrufb.  Eisen, 
den  Witterungseinflüssen  mit  blanker  Oberfläche  ausgesetzt,  überzieht 
sich  bekanntlich  sehr  bald  mit  einer  Rostsohicht,  aus  Eisenhydroxyd 
(Eisenoxydhydrat)  bestehend,  welche  nicht  allein  dem  Gegenstande  ein 
unschöneB  Aeussere  giebt,  sondern  auch  durch  Fortpflanzung  nach  innen 
eine  allmälig  fortschreitende  Zerstörung  desselben  bewirkt.  Dagegen 
ist  die  als  Eisenoxyduloxyd  bekannte  Sauerstoffverbindung  des  Eisens 
vollständig  widerstandsfähig  gegen  die  Einflüsse  der  Atmosphärilien 
und  besitzt  dabei  eine  nicht  unangenehme  blauschwarze ,  mattglänzende 
Farbe;  gelingt  es  also,  das  Eisen  mit  einem  fest  haltenden  Ueberznge 


778  Verschönerungs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

dieser  Yerbindong  za  versehen,  so  ist  es  dadurch  hinlänglich  gegen  das 
Rosten  geschützt. 

Nicht  immer  sind  es  reine  Oxyde,  welche  zn  diesem  Zwecke  ab- 
sichtlich gebildet  werden;  bisweilen  bestehen  die  Ueberzüge  ans  kofalen- 
sanren,  essigsauren  oder  anderen  Verbindungen ,  sobald  diese  die  Be- 
dingungen: Widerstandsfähigkeit  und  Festhaften  an  der  Oberfläche 
erfällen. 

In  manchen  Fällen  sucht  man  durch  Oxydation  weniger  einen  Schatz 
als  eine  Yerschonerung  desAeussem  hervorzubringen;  insbesondere  dann« 
wenn  Kunstgegenstände  nach  antiken  Mustern  vorliegen,  und  die  durch 
die  Zeit  hervorgerufene  Färbung  der  letzteren  nachgeahmt  werden  soll; 
hierher  gehört  das  schon  erwähnte  sogenannte  oxydirte  Silber  (S.  776), 
die  Patina  auf  Bronzewaaren  u.  a.  m.  Natürlich  können  zar  Herstellung 
solcher  lediglich  als  Verschönerung  dienenden  Ueberzüge  ebensowohl 
Gegenstände  benutzt  werden,  welche  aus  dem  betreffenden  Metalle  selbst 
g^ertigt  waren  (Silber-  und  Bronzewaaren),  als  auch  solche,  die,  aus 
anderen  Metallen  bestehend,  nur  einen  Ueberzug  des  betreffenden  werth- 
volleren  Metalls  auf  galvanischem  oder  anderm  Wege  erhalten  hatten. 

Beispiele. 

Oxydation  des  Eisens  (Brüniren). 

Es  giebt  eine  grosse  Anzahl  Vorschriften,  das  Eisen  durch  oxydische, 
auf  nassem  Wege  gebildete  Ueberzüge  vor  Roeft  zu  schützen ,  ohne  dass 
jedoch  irgend  eine  derselben  eine  allgemeine  Anwendung  gefanden  hätte. 
Fast  stets  ist  es  erforderlich,  über  den  gebildeten  Ueberzug  einen  zwei- 
ten Ueberzug  von  Wachs  zu  geben,  und  erst  dieser  bildet  den  eigent- 
lichen Schatz,  während  jene  chemischen  Mittel  vorwiegend  eine  dunkele 
Färbang  hervorrufen  sollen.  HäuBg  benutzt  man  Metalllösangen,  welche 
zugleich  durch  Substitution  ein  dunkel  färbendes  Metall  auf  der  Eisen- 
fläche niederschlagen:  salpetersaures  Silber,  Ghlorantimon  u.  A.  Näheres 
hierüber  in  Karmarsch-H artig:  Mech.  Technologie,  5.  Aufl.,  S.  475. 

Einen  wirksamem  Schutz  bildet  das  schon  oben  erw&hnte  Oxyduloxyd, 
durch  Erhitzung  des  Eisens  hervorgerufen;  die  Seltenheit  der  Anwen- 
dung dieses  Verfahrens  liegt  in  dem  Umstände,  dass  es  schwierig  ist, 
einen  durchaus  gleichmässigen  und  vor  allen  Dingen  haltbaren  derartigen 
Ueberzug  hervorzubringen.  Man  hat  zwei  Methoden  hierfür.  Die  eine 
wird  ausschliesslich  bei  Herstellung  von  Eisenblechen  —  sogenannten 
Glanzblechen  —  angewendet.  Man  bürstet  hierbei  die  für  die  Anferti- 
gung bestimmten,  noch  stärkeren  Bleche  mit  Wasser  (um  Rost  zu  bilden)« 
bestreut  sie  mit  Holzkohlenstaub,  erhitzt  sie  zur  Rothgluth,  wobei  meh- 
rere Tafeln  auf  einander  liegen,  und  walzt  sie  aus.  Dann  wird  dasselbe 
Verfahren  wiederholt.  Schliesslich  legt  man  70  bis  100  solche  Tafeln 
auf  einander,  verbindet  sie  durch  umgelegte  Ausschussbleche  zu  einem 
Ganzen,  erhitzt  sie  mehrere  Stunden  lang,  und  bearbeitet  sie  gemeinsam 


Oxydation.  779 

unter  einem   Hammer  mit  glatter  Bahn   oder  unter  polirten  Walzen; 
dieses  Glühen  und  Hämmern  wird  mehrmals  wiederholt^). 

Ein  anderes  von  Bar  ff  in  London  vorgeschlagenes  Verfahren  beruht 
auf  der  Zersetzung  des  Wassers  durch  glühendes  Eisen.  Das  Eisen  wird 
mehrere  Stunden  lang  bei  einer  Temperatur  von  650  Grad  der  Einwir- 
kung von  Wasserdämpfen  ausgesetzt  und  erhält  dadurch  eine  Oxydations- 
schicht, welche  selbst  den  Angriffen  der  Feile  widersteht. 

Oxydation  des  Kupfers  und  der  Bronze. 

Dieses  gewöhnlich  unter  dem  Namen  Bronziren  des  Kupfers  be- 
kannte Verfahren  hat  den  Zweck ,  ihm  jene  braune ,  antike  Färbung  zu 
geben,  welcher  wir  häufig  an  Medaillen,  Theemaschinen  und  anderen 
für  Schmuck  oder  häusliche  Verwendung  dienenden  Kupfergeräthen  be- 
gegnen.    Es  giebt  zahlreiche  Methoden  hierfür. 

Wenn  man  die  vorher  blank  geschliffene  oder  gebeizte  Oberfläche 
eines  kupfernen  Gegenstandes  mit  einem  Brei  aus  Kolkothar  (Eisenoxyd) 
und  Wasser  überzieht,  trocknen  lässt  und  zum  Glühen  erhitzt,  so  bildet 
sich  eine  dünne,  festhaftende  Lage  von  Kupferoxydul  mit  rothbrauner 
Farbe.  Man  lässt  erkalten,  entfernt  den  aufgetragenen  Ueberschuss  und 
wischt  den  Gegenstand  rein  ab. 

Kupferne  Medaillen  können  in  folgender  Weise  bronzirt,  d.  h.  mit 
jenem  braunen,  aus  Kupferoxydul  bestehenden  Ueberzuge  versehen  wer- 
den. Man  bringt  35  g  reinen  krystaUisirten  Grünspan  und  17,5  g  Sal- 
miak gleichzeitig  in  7,2 1  kochendes  Wasser.  Die  Flüssigkeit  wird  durch 
Kochen  auf  1,41  eingedampft  und  vermittelst  eines  hölzernen  Spatels 
fleissig  abgeschäumt.  Nun  werden  490  g  Weinessig,  welcher  völlig  frei 
von  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  sein  muss,  zugesetzt,  abermals  fünf 
Minuten  gekocht  und  dann  der  gebildete  Niederschlag  abfiltrirt.  Nach- 
dem derselbe  mit  heissem  Wasser  ausgewaschen  worden  ist,  wird  das 
Filtrat  auf  das  Volumen  von  5,7 1  gebracht  und  in  dieser  Verdünnung 
zum  Bronziren  benutzt.  Die  sorgHÜtig  gereinigten  und  inzwischen  in 
Weingeist  gelegten  Medaillen  gelangen,  ohne  getrocknet  zu  werden,  zur 
Bronzirung.  Zu  diesem  Zwecke  bringt  man  die  in  der  angegebenen 
Weise  bereitete  ganz  klare  Lösung  in  einer  kupfernen  P£anne  zum 
Kochen,  entfernt  den  sich  etwa  bildenden  Schaum  und  taucht  10  bis 
15  Stück  Medaillen  mit  Hülfe  eines  kupfernen  Drahtsiebes  unter  fort- 
währendem Schwenken  so  lange  ein,  bis  sie  die  gewünschte  Färbung 
erhalten  haben.  Hierauf  werden  sie  erst  in  warmem,  dann  in  kaltem 
Wasser  abgespült,  mit  weicher  Leinwand  undBehleder  abgetrocknet  und 
auf  eine  massig  erhitzte  Eisenplatte  gelegt,  wobei  der  Farbenton  etwas 


^)  Wedding,  Darstellung  des  schmiedbaren  Eisens,  S.  855;  Fercy,  Ma- 
nufactore  of  Rassian  sheet  Iren,  London  1871;  Tnnner,  Russlauds  Montan- 
industrie, Leipzig  1871,  8.  142. 


760  VerBchönerungs-  und  Erhaltongsarbeiten. 

nachdankelt.     Nach  zwei-  bis  dreimaliger  Benatzung  iit  die  Flüssigkeit 
erschöpft  ^). 

Gegossene  Bronzegegenstände  kann  man  braun  färben,  indem  man 
sie  mit  einer  Lösung  von  4  Thln.  Salmiak  und  1  ThL  Kleesalz  in  210 
Theilen  Essig  mit  einer  weichen  Bürste  so  lange  reibt,  bis  das  Metall 
ganz  trocken  geworden  ist. 

Auch  ein  Ueberzug  von  Schwefelkupfer  wird  benutzt,  den  Kupfer- 
waaren  ein  antikes  Aussehen  zu  geben.  Derselbe  lässt  sich  leicht  herror- 
bringen,  wenn  man  die  Gegenstande  in  einem  geschlossenen  Schwefel- 
wasserstoff haltigen  Baume  auüstellt,  oder  durch  Eintauchen  in  Schwefel- 
leberlösung. 

Patina. 

Dieses  schöne  hellgrüne  Product  der  Einflüsse  von  Jahrhunderten 
aufBronzewaaren  wird  vielfach  künstlich  nachgeahmt,  obschon  es  äusserst 
schwierig  ist,  einen  das  Auge  des  Kenners  täuschenden  Patinaüberzng 
auf  chemischem  Wege  zu  erzeugen.  Man  wendet  zur  Herstellung  Säu- 
ren an,  welche  grüne  Kupfersalze  bilden;  z.  B.  eine  stark  verdünnte 
Lösung  von  salpetersaurem  Kupfer,  mit  sehr  wenig  Kochsalz  versetzt, 
wird  durch  Betupfen  mit  einem  Pinsel  auf  den  Gegenstand  aufgetragen ; 
dieser  alsdann  abgebürstet  und  mit  einer  Lösung  von  2  Thln.  Kleesalz, 
9  Thln.  Salmiak,  190  Thln.  Essig  ebenfalls  betupft  und  abgebürstet. 
Dieses  Verfahren  wird  etwa  acht  Tage  hinter  einander  mehrmals  wiederholte 

Irisiren. 

Man  versteht  unter  diesem  Ausdrucke  die  Bildung  eines  dünnen 
Ueberzuges,  aus  oxydirtem  Blei,  Eisen  oder  Kupfer  bestehend,  von  regen- 
bogenartiger Färbung  auf  irgend  einer  Metallfläche,  und  nennt  diese 
Metallfi&rbung  auch  Galvanoohromie  oder  Metallochromie.  Gewöhnlich 
benutzt  man  für  dieselbe  vergoldete  Waaren  aus  Eisen,  Messing  oder 
anderen  Metallen.  Man  hängt  den  vergoldeten  Gegenstand  in  eine  po- 
röse Thonzelle,  welche  eine  verdünnte  alkalische  Bleilösung  enthält,  und 
setzt  diese  Thonzelle  in  ein  Glas  mit  ganz  verdünnter  Salpetersäure. 
In  letztere  taucht  man  ein  Platinblech,  welches  mit  dem  negativen  Pole 
einer  schwachen  Batterie  in  Verbindung  steht.  Der  positive  Pol  endigt 
in  einem  Platindrahte,  welchen  man  dem  in  die  bleihaltige  Lösung  ein- 
gehängten Gegenstande  nähert,  ohne  ihn  zu  berühren.  Es  lagert  sich 
eine  dünne  Schicht  von  Bleisuperozyd  ab,  welche  die  RegenbogenBftrben 
erzeugt.  Statt  der  Bleilösung  kann  man  eine  Lösung  von  Elisenoxydnl- 
ammoniak  benutzen,  aus  welcher  oxydirtes  Eisen  abgelagert  wird. 


>)  Ding] er.  PolytechmacheB  Journal,  Bd.  224,  S.  313  (Priwoznik). 


Anstreichen,  Firnissen.  781 


b.     Durch  Anstreichen,  FirniBsen,  Lackiren,  Bekleben, 

Asphaltiren. 

Hierher  gehören  eine  grössere  Anzahl  von  Arbeiten,  welche  sämmt- 
lieh  den  Zweck  haben,  einen  Schutz  für  den  Metallgegenstand  gegen  die 
Einwirkung  der  Luft  und  Feuchtigkeit  hervorzurufen,  daneben  aber 
selbstverständlich  in  solcher  Weise  ausgeführt  werden  sollten,  dass  der 
vollendete  Gegenstand  ein  dem  Auge  möglichst  wohlgefälliges  Aeussere 
erhalt.  Bei  der  Mannigfaltigkeit  der  hierher  gehörigen  Mittel,  ihrer 
Farben,  ihres  Glanzes  u.  s.  w.  ist  in  letzterer  Hinsicht  dem  Geschmacke 
des  Verfertigers  ein  weiter  Spielraum  gegeben ;  leider  jedoch  findet  man 
noch  häufig,  dass  dieser  Geschmack  nicht  durch  die  allgemeinen  Regeln 
des  Aesthetischen  geleitet,  sondern  allein  von  einer  regellosen  Willkür 
abhängig  gemacht  ist. 

Nach  dem  gewöhnlichen  Sprachgebrauche  versteht  man  unter  der 
Bezeichnung  „Anstrich"  einen  undurchsichtigen  Ueberzug  aus  Farbe, 
welcher  mit  dem  Pinsel  aufgetragen  wird  und  trocknet;  Firnisse  und 
Lacke  dagegen  sind  mehr  oder  minder  durchsichtige  Ueberzüge,  welche, 
sofern  nicht  darunter  ein  farbiger  Anstrich  gegeben  ist,  die  Farbe  des 
Metalls  durchscheinen  lassen.  Man  wird  also  Anstriche  vorzugsweise  in 
denjenigen  Fällen  wählen,  wo  die  Farbe  des  Metalls  unscheinbar  ist  oder 
überhaupt  schon  durch  die  vorausgegangene  Bearbeitung  verdeckt  i  mit 
Oxyden,  Fett  und  dergleichen  überzogen  ist,  so  beim  Eisen,  Zink,  Blei. 

Ein  Bekleben  findet  statt,  um  eine  dünne  Schicht  eines  andern  Me- 
talls (echte  und  unechte  Gold-  und  Silberblättchen ,  Bronzepulver)  mit 
Hülfe  eines  Bindemittels  (Fimiss)  auf  dem  Arbeitsstücke  zu  befestigen 
und  diesem  dadurch  das  Ansehen  von  Gold,  Silber,  Bronze  zu  geben. 
Es  ist  dieses  Verfahren  also  eine  Vergoldung,  Versilberung  etc.  mit  Hülfe 
von  klebenden  Sto£fen. 

Asphaltiren  nennt  man  die  Herstellung  eines  Ueberzugs  von  Stein- 
kohlentheer,  bisweilen  mit  einigen  anderen  Substanzen  vermischt,  welcher 
ein  ausserordentlich  wirksames  Schutzmittel  gegen  die  Nässe  bildet. 

Um  durch  Anstreichen  einen  gegen  die  Einflüsse  der  Witterung 
schützenden  Ueberzug  hervorzubringen,  ist  ein  mehrmaliges  Auftragen 
der  Farbe  erforderlich,  wobei  der  folgende  Anstrich  erst  gegeben  werden 
darf,  wenn  der  darunter  liegende  völlig  trocken  geworden  ist.  Es  ist 
hierbei  nicht  erforderlich,  dass  die  zu  unterst  kommenden  Anstriche  die- 
selbe Farbe  besitzen,  als  die  oberen;  man  wählt  vielmehr  für  die  unteren 
Lagen  —  den  Grund  —  gern  solche  Materialien,  welche  vorwiegend 
gegen  Feuchtigkeit  schützen  und  mit  dieser  Eigensohaft  den  Vortheil 
der  BiUigkeit  verbinden;  und  erst  mit  dem  letzten  Anstriche  giebt  man 
die  beabsichtigte  Färbung.  Zum  Grundiren,  d.  h.  zur  Herstellung  des 
Grundes,    benutzt  man  Mennige,  Blei-  oder  Zinkweiss,   Eisenmennige 


782  Verschönernngs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

(fein  präparirten  Rotheiflengtein) ,  welche  Farben  mit  Leindlfimias  ange- 
rieben werden^). 

Die  Farben,  welche  für  die  obere  Lage  des  Anstrichs  gebraucht 
werden,  lassen  sich  ihrem  Verhalten  nach  in  zwei  Gruppen  theilen,  welche 
man  Deckfarben  und  Lasurfarben  nennt.  Die  Deckfarben  haben 
die  Eigenschaft,  die  Farbe  der  darunter  befindlichen  Schicht  durch  ein- 
bis  zweimaligen  Anstrich  völlig  zu  verdecken;  hierher  gehören  z.  B. 
Blei-  und  Zinkweiss,  Diamantgrau  (aus  Graphit,  Zinkweiss  und  Leinöl- 
fimiss  bestehend).  Kobaltblau,  Oker,  Terra  Sienna,  Umbra,  Kasseler 
Braun,  Chromgelb,  Kadmiumgelb,  Smaragdgrün,  grüner  Ultramarin,  Blei- 
und  Eisenmennige,  Zinnober  und  sämmtliche  schwarze  Farben.  Sie 
werden  mit  Leinölfimiss  oder  einem  Gemische  desselben  mit  Terpentinöl 
angerieben.  Lasurfarben  nennt  man  solche,  welche  auch  in  dickeren 
Lagen  die  Farbe  der  darunter  liegenden  Schicht  durchscheinen  lassen; 
hierher  gehören  Ultramarin,  Berliner  Blau,  Indigo,  brauner  Krapplack, 
Lidisch  Gelb ,  Saftgrün ,  Karmin  und  rother  Krapplack ;  sie  werden  mit 
Terpentinöl  angerieben.  Bei  Anwendung  von  Lasurfarben  muss  dem- 
nach schon  von  vornherein  bei  der  Farbe  des  Grundes  auf  die  durch 
den  letzten  Anstrich  hervorzubringende  Wirkung  Bedacht  genommen 
werden. 

Hinsichtlich  der  Auswahl  der  Farben  und  Ausführung  des  Anstrichs 
möge  vor  Allem  auf  die  Nothwendigkeit  hingewiesen  werden ,  dass  der- 
selbe mit  dem  Charakter  des  betreffenden  (Gegenstandes  und  seiner  Con- 
stmction  harmonire.  Wollte  man  z.  B.  eine  schlanke  gusseiseme  S&ule 
stein-  oder  holzfarbig  anstreichen,  so  würde  ein  jeder  Beschauer  das 
Gefühl  haben,  dass  eine  Säule  aus  solchem  Materiale  in  den  Abmessun- 
gen des  Gusseisens  gefertigt  ihren  Zweck  unmöglich  erfüllen  könnte; 
wohl  aber  könnte  eine  bronzene  S&ule  dafür  geeignet  und  ein  Bemalen 
der  Säule  mit  Bronzefarbe  deshalb  unter  Umständen  ganz  am  Platze 
sein.  Für  solche  Fälle,  wo  eine  künstlerische  Bemalung  ausgeschlossen 
ist  und  es  sich  nur  darum  handelt,  ein  dem  Auge  wohlthuendes  Aeussere 
durch  einen  Farbenüberzug  herzustellen,  sind  deshalb  solche  „gebrochene*^ 
Farben  die  geeignetsten,  welche  dem  Gegenstande  den  Charakter  als 
Metallwaaren  bewahren;  g^au  (Diamantfarbe),  braun  oder  schwarz.  Grelle 
Farben,  besonders  in  grrösseren  Flächen,  wirken  niemals  schön;  ab- 
schreckende Beispiele  hierfür  liefern  manche  landwirthschafüiche  Ma- 
schinen, bei  welchen  man  mitunter  grasgrüne  Flächen  obenein  mit  rothen 
Linien  bemalt  findet.  Eine  sehr  lesenswerthe  Abhandlung  von  Professor 
Dürre  über  das  Bemalen  der  Gusswaaren  findet  sich  in  der  Deutschen 
Industriezeitung,  Jahrgang  1877,  S.  5:  „Die  Herstellung  ^sserer  Ueber- 
züge  auf  Gusseisen  zum  Schutze  gegen  Oxydation  und  Verzierung.* 


^)  LeinolfirnisB  wird  durch  anhaltendes  Kochen  von  Leinöl  mit  oxydiren- 
den  SnlHitanzen  (gewöhnlich  Bleiglatte)  dargestellt. 


Firnissen,  Lackiren,  Vergolden,  Asphaltiren.  783 

Ein  FimisBüberzug  wird  entweder  über  einen  Anstrich  gegeben, 
wenn  die  Farbe  selbst  noch  vor  chemischen  Einwirkungen  geschützt 
werden  soll  (Leinölfimiss) ,  oder  wenn  eine  blanke  Metallfläche  einen 
durchsichtigen  Ueberzng  als  Schutzmittel  erhalten  soll  (Lösungen  yon 
Schellack,  Mastix,  Copalkusk  in  Weingeist). 

Von  dem  Firnissen  unterscheidet  sich  das  I^ackiren  dadurch,  dass 
bei  letzterem  zugleich  ein  gewisser  Glanz  hervorgerufen  werden  soll  und 
zwar  vorwiegend  auf  schon  bemalten  Gegenständen '  (Blechwaaren  etc.). 
Die  Farbe  für  den  Anstrich  wird  hierbei  in  Copal-  oder  Bernsteinfimiss 
(durch  Kochen  von  Copal-  oder  Bernsteinlack  mit  Leinölflmiss  und  Ver- 
mischen mit  Terpentinöl  hergestellt)  gerieben  und  der  Anstrich  nach 
dem  Trocknen  mit  reinem  Copallack  überzogen,  dann  mit  feinem  Bern- 
Steinpulver  geschliffen  und  schliesslich  polirt. 

Zur  Vergoldung  und  Versilberung  der  Metallwaaren  mittelst  auf* 
geklebten  Blattgoldes  und  Blattsilbers  erhalten  dieselben  zunächst  einen 
nochmaligen  Ueberzug  von  Fimiss  oder  von  mit  Fimiss  geriebener  Farbe. 
Für  dauerhafte  Ueberzüge  von  Gegenständen,  welche  im  Freien  auf- 
gesteUt  werden  (Thurmknöpfe,  Gitter  etc.),  wird  gewöhnlich  ein  dreimali- 
ger Anstrich  gegeben.  Auf  den  letzten  Anstrich  legt  man,  bevor  er 
ganz  trocken  geworden  ist,  die  Metallblättchen  auf  und  drückt  sie  mit 
Baumwolle  an. 

Das  sogenannte  Asphaltiren  findet  seine  hauptsächlichste  Anwendung 
zur  Herstellung  eines  Ueberzuges  für  gusseiseme  Gas-  und  Wasserlei- 
tungsröhren. Den  dazu  benutzten  Steinkohlentheer,  wie  er  von  den 
Gasanstalten  geliefert  wird,  dickt  man  durch  Einkochen  ein,  bis  er  in 
der  Kälte  eine  zähe,  klebrige  Masse  bildet,  in  der  Siedhitze  aber  flüssig 
bleibt.  Ein  geringer  Zusatz  gebrannten  Kalkes  beim  Einkochen  be- 
schleunigt dasselbe  und  giebt  dem  Theere  einen  eigenthümlichen  Glanz; 
ein  zu  starker  Zusatz  hat  aber  die  Folge,  dass  der  Theer  schwerer  er- 
starrt und  beim  Erwärmen  wieder  klebrig  wird.  Der  zu  überziehende 
Gegenstand  wird  stark  erhitzt  (auf  circa  300  Ghrad),  in  den  Theer  ein- 
getaucht, dann  der  anhaftende  Theer  mit  einer  Bürste  verrieben  und  der 
Gegenstand  zum  Abkühlen  und  Trocknen  aufgestellt.  Oder  man  erhitzt 
den  Theer  zum  Sieden  und  taucht  den  kalten  Gegenstand  ein.  Als 
Schutz  gegen  Nässe  dürfte  das  erstere  Verfahren  vorzuziehen  sein,  da 
wohl  anzunehmen  ist,  dass  bei  dem  erhitzten  Gegenstande  der  Theer 
besser  in  die  Poren  eindringe,  als  bei  dem  kalten« 

c.    Durch  Emailliren. 

Emaille  oder  Schmelzglas  nennt  man  ein  Silicat,  welches,  bei 
einer  niedrigeren  Temperatur  schmelzbar  als  das  Metall,  auf  der  Ober- 
fläche desselben  durch  Aufschmelzen  haftbar  gemacht  wird,  so  dass  es 
nach  dem  Erkalten  einen  glasartigen  Ueberzug  für  die  Metallfläche  bil- 
det.    Die  Emaille   wird   demnach    ebensowohl  als  Schutz  f&r  gewisse 


784  Verschönerangs-  and  Erhaltungsarbeiten. 

Metallgegenst&nde  gegen  Einwirkangen  benatzt,  welche  das  Metall  an- 
greifen würden,  der  Glasmasse  aber'  nichts  anhaben  können  —  hierher 
gehören  insbesondere  Kocbgeschirre  ans  Eisen  — ,  als  auch  zur  Yer* 
Bchönernng  von  Schmucksachen  nnd  dergleichen. 

Die  Haupterfordemisse  einer  guten  Emaille  sind  demnach  folgende: 

Sie  muss  fest  an  der  Oberfläche  haften  nnd  anch  Temperaturver- 
ändernngen  ertragen,  ohne  abzuspringen.  Hierzu  ist  erforderlich,  dass 
ihre  Ausdehnung  dnrch  die  Wärme  derjenigen  des  Metalls  möglichst 
gleich  sei«  Auch  geringe  Stösse  und  Erschfltternngen  muss  sie,  ohne 
sich  loszulösen,  vertragen  können  und  darf  deshalb  nicht  zu  spröde  sein. 

Sie  muss  widerstandsfähig  gegen  chemische  Einflüsse  sein  und  darf 
vor  Allem,  wenn  sie  für  culinarische  Zwecke  bestimmt  ist,  keine  gesund- 
heitsgeföhrlichen  Bestandtheile  enthalten.  Diese  letzte  Bedingung  ist,  wenn 
die  ersten  Bedingongen  erfüllt  werden,  eine  schwierige  Klippe  für  das  Ge- 
lingen des  Emaillirens;  nnd  es  folgt  hieraus,  dass  die  EmaiUirung  im 
Allgemeinen  weniger  Schwierigkeiten  bietet,  wenn  sie  nur  als  ver- 
schönernde Arbeit  fü^  Gegenstände  dient,  die  weder  grossen  Temperatur- 
Schwankungen  unterworfen  sind,  noch  mit  chemischen  Agentien  in  Be- 
rührung gelangen,  also  für  Schmucksachen,  Zifferblätter  o.  s.  w.,  als 
wenn  sie  Kochgeschirre  und  ähnliche  Geräthe  schützen  soll,  wobei  alle 
jene  Bedingungen  erfüllt  werden  müssen. 

Bei  der  Anwendung  zu  Schmucksachen  ist  neben  dem  festen  Haften 
am  Metalle  eine  schöne  Farbe  und  Glanz  die  Hauptbedingung.  Häufig 
stellt  man  Emaillen  von  mehreren  Farben  zu  geschmackvollen  Zeich- 
nungen zusammen. 

Das  Verfahren  in  diesen  Fällen  besteht  im  Wesentlichen  darin,  dass 
man  die  feingepnlverte  Emaillemasse,  mit  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei 
angerührt,  auf  die  Metalloberfläche  mittelst  eines  Pinsels  in  gehöriger 
Stärke  aufträgt,  trocknet  nnd  schliesslich  mit  dem  Metalle  so  stark  er- 
hitzt, bis  es  eine  geschmolzene  Decke  bildet,  worauf  es  langsam  abge- 
kühlt wird. 

Als  Hauptbestandtheil  aller  Emaillen  dient  ein  durchsichtiges,  leicht 
flüssiges  Glas,  am  leichtesten  herstellbar  durch  Zusammenschmelzen  von 
Quarzpulver  mit  kohlensauren  Alkalien  und  Bleioxyd;  wegen  der  Ge- 
BundheitsgefUhrlichkeit  des  Bleies  aber  in  dieser  Form  nicht  für  alle 
Zwecke  benutzbar  und  deshalb  häufig  statt  desselben  oder  doch  neben 
demselben  andere  kieselsaure  Verbindungen  (Thonerde,  Kalkerde  etc.) 
enthaltend.  Soll  die  Emaille  undurchsichtig  werden,  so  fügt  man  Zinn- 
oxyd hinzu,  welches  dieselbe  zugleich  weiss  färbt.  Quarz  und  Zinnoxyd 
machen  die  Masse  schwerflüssig  und  hart ;  Bleioxyd  erhöht  die  Leichtflüssig- 
keit, aber  verringert  die  Härte;  in  solchen  Fällen,  wo  Blei  nicht  anwendbar 
ist,  lässt  sich  auch  durch  Zusatz  von  Borax  der  Schmelzpunkt  erniedrigen, 
wodurch  aber  zugleich  die  Sprödigkeit  gesteigert  wird,  um  blaue  Emaille 
zu  erzeugen  setzt  man  Kobaltoxyd  zu;  fär  gelbe  Emaille  antimonsaures 
Kali ;  für  grüne  Emaille  Kupferoxyd  oder  Chromoxyd;  für  Roth  Eisenoxyd, 


Emailliren.  785 

Kupferoxydul    oder    Goldpnrpur;    für  Violett  Braanstein ;    für  Schwarz 
Hammerschlag  mit  Brannstein. 

Das  ganze  Gemisch  wird  im  Tiegel  —  wie  unten  ausführlicher  be- 
schrieben werden  wird  —  geschmolzen,  nach  dem  Erkalten  gemahlen, 
mit  Wasser  angerührt,  in  Breiform  auf  die  MetaMäche  aufgetragen  und 
durch  Erhitzung  geschmolzen. 

Schmucksachen,  welche  emaillirt  werden  sollen,  versieht  man  da, 
wo  die  Emaille  aufhören  oder  mit  einer  anders  gefärbten  Emaille  ab- 
wechseln soll,  mit  einem  schwach  aufstehenden  Rändchen.  Am  besten 
eignet  sich  feines  oder  20-karätiges  Gold  zum  Emailliren.  Auf  kupfer- 
haltigem  Golde,  Silber  und  Bronze  lassen  sich  nur  undurchsichtige 
Emaillen  in  bestimmten  Farben  anwenden,  weil  manche  Emaillen  ihre 
Farben  in  Berührung  mit  den  genannten  Metallen  verändern. 

Für  das  Anhaften  der  Emaille  ist  eine  reine  Metalloberfl^che  Haupt- 
bedingung. Man  glüht  deshalb  die  Goldwaaren  vorher,  beizt  sie  in  Sal- 
petersäure ab,  spült  sie  mit  Wasser  und  trocknet  sie.  Die  Emaille  wird 
mit  Wasser  zu  einem  zarten  Brei  angerührt  und  dann  mit  einem  Pinsel 
in  die  flachen  Vertiefungen  eingetragen,  welche  durch  die  erwähnten 
Ränder  gebildet  werden.  Zunächst  werden  die  Gegenstände  nun  mit 
der  aufgetragenen  Emaille  zur  Verflüchtigung  des  Wassergehaltes  vor- 
sichtig bei  niedriger  Temperatur  getrocknet  und  dann  zur  Rothglnth  er- 
hitzt, um  die  Emaille  zu  schmelzen.  Diese  Erhitzung  zum  Schmelzen 
heisst  Einbrennen.  Da  es  von  grosser  Wichtigkeit  ist,  das  Absetzen 
von  Staub,  Asche  u.  s.  w.  auf  der  schmelzenden  Emaille  zu  verhüten ,  so 
bedient  man  sich  eines  Muflelofens  als  Einbrennofen. 

Die  Emaille  hinterbleibt  nun  als  ein  glänzender,  harter  und  glatter 
Ueberzug.  Bei  feinen  Gegenständen  feilt  man  die  Oberfläche  mit  einer 
feinen,  in  Wasser  getauchten  Feile  ab  oder  schleift  sie  mit  feinem  Sand- 
stein und  Wasser  und  bringt  sie  nochmals  ins  Feuer,  um  durch  Er- 
weichung der  Oberfläche  Glanz  hervorzubringen. 

Will  man  Malereien  auf  einer  bestimmten,  gewöhnlich  weissen, 
Grundfarbe  anbringen,  so  brennt  man  zuerst  den  Grund  ein  und  benutzt 
für  die  Malerei  eine  leichter  schmelzbare  Emailfarbe,  welche  mit  einem 
zarten  Pinsel  aufgetragen  wird. 

Verwandt  mit  der  Emaille  für  Schmucksachen  ist  das  sogenannte 
Niello  auf  Silberwaaren,  in  einer  schwarzen  Ausfüllung  vertiefter  Linien 
bestehend.  Diese  schwarze  Masse  wird  aus  einer  Schmelze  von  Silber, 
Kupfer,  Blei,  Wismuth  und  Schwefel  hergestellt,  wie  die  Emaille  gepul- 
vert, aufgetragen  und  eingebrannt^).  Man  giebt  den  in  solcher  Weise 
verzierten  Gegenständen  nach  ihrem  Hauptanfertigungsorte  in  Russland 
den  Beinamen  Tula  (Tuladosen  etc.). 


*)  Kftch  einer  Mittheilung  in  Bingler's  Polytecb.  Jonmal,  Bd.  228,8.282, 
ist  die  Znsammensetzang  folgende:  9  Thle.  Silber,  1  Tbl.  Kupfer,  1  Tbl.  Blei, 
1  Tbl.  Winnntb  geschmolzen  and  mit  Schwefel  gesättigt. 

Lfldebar,  nMWi!ianitrJi«tneUlltirgUcha  Teohnologle.  5O 


786  Verschönerungs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

Weit  weniger  einfach  gestaltet  sich  das  Verfahren  der  Emaillimng, 
wenn  die  Emaille  Temperatarverändernngen  und  chemischen  Einflüssen 
widerstehen  mnss,  also  beim  Emailliren  schmiedeeiserner  und  gusseisemer 
Geschirre. 

Die  Erfahrung  hat  gelehrt,  dass,  wie  schon  erwähnt  wurde,  ein 
Bleigehalt  emaillirter  eiserner  Geschirre  von  den  in  den  Geschirren  ge- 
kochten Speisen  aufgenommen  wird ;  dadurch  wird  die  Anwendung  jenes 
reichlichen  Zusatzes  an  Bleioxyd  unmöglich;  der  Bleigehalt  aber  bewirkte 
zum  grossen  Theile  die  Leichtflüssigkeit  der  Emaille.  Man  muss  also 
den  Bleigehalt  durch  andere  Körper  zu  ersetzen  suchen,  welche  gleich- 
falls ein  leichtschmelziges  und  dabei  nicht  sprödes  Silicat  liefern.  Es 
kommt  aber  hinzu,  dass  das  emaillirte  Geschirr  bei  jeder  Verwendung 
einer,  und  zwar  oft  sehr  ungleichen,  Temperaturveränderung  und  dadurch 
Ausdehnung  ausgesetzt  ist,  welche  ein  sofortiges  Abspringen  der  Emaille 
zur  Folge  haben  würde,  wenn  dieselbe  nicht  befähigt  ist,  der  Ausdeh- 
nung und  Zusammenziehung  des  Eisens  zu  folgen. 

Wollte  man  eine  durch  Zusatz  von  Zinnoxyd  weisse  Emaille  von 
der  Leichtflüssigkeit,  wie  sie  zum  Verglasen  erforderlich  ist,  unmittelbar 
auf  das  Eisen  auftragen ,  so  würde  einestheils  unter  der  Einwirkung  des 
im  Eisen  stets  vorhandenen  Kohlenstoffs  ein  Reductionsprocess  auf  das 
Zinnoxyd  eingeleitet  werden,  die  Emaille  würde  ihre  weisse  Farbe  ver- 
lieren und  durch  Entweichen  von  Kohlenoxyd  löcherige  Textur  bekom- 
men; sie  würde  aber  auch  nicht  Zähigkeit  genug  besitzen,  bei  der  oft 
starken  Erhitzung  des  Metalls  ihren  Zusammenhang  mit  dem  Eisen  zu 
behalten,  sie  würde  abspringen. 

Hieraus  entsteht  die  Nothwendigkeit  für  die  Emaillirung  eiserner 
Geschirre,  zwei  verschieden  schmelzbare  Emaillen  über  einander  anzuwen- 
den und  eine  nach  der  andern  aufzutragen.  Zu  unterst  kommt  der 
strengflüssige  Grund  oder  die  Grundmasse,  welche  auch  beiRothgluth 
nur  sintert,  ohne  dünnflüssig  zu  werden,  und  frei  von  Zinnoxyd  ist; 
darüber  kommt  die  eigentliche  Emaille,  die  sogenannte  Deckmasse, 
leichtschmelzig  und  für  Kochgeschirre  bleifrei. 

Die  richtige  Zusammensetzung  des  Grunde^,  die  Stärke,  in  welcher 
er  aufgetragen  wird ,  und  die  Hitze ,  welcher  er  ausgesetzt  wird ,  giebt 
in  erster  Reihe  den  Ausschlag  für  das  Gelingen  der  Emaillimng  auf 
Eisen.  Die  chemische  Zusammensetzung  desselben  entspricht  einem 
Thonerdesilicate  mit  65  bis  75  Proc.  Kieselsäure,  daneben  Borsäure, 
Alkalien,  Kalkerde  und  gewöhnlich  Magnesia  enthaltend;  auch  wo  es 
angeht,  d.  h.  wo  nicht  gerade  Kochgeschirre  emaillirt  werden,  Bleioxyd. 
Die  Borsäure  und  das  Bleioxyd  haben  den  schon  erwähnten  Zweck,  die 
allzu  grosse  Strengflüssigkeit  des  Thonerdesilicats  zu  mindern,  wobei  das 
Bleioxyd  zugleich  in  erheblichem  .Maasse  die  Sprödigkeit  mildert;  Alka- 
lien erniedrigen  gleichfalls  den  Schmelzpunkt;  Magnesia  soll  das  Anhaf- 
ten am  Eisen  erleichtern;  der  Zweck  der  Kalkerde  ist  wohl  nur  der,  die 
Anzahl  der  Basen  im  Silicate  überhaupt  zu  vermehren,  wodurch  in  gän- 


Emailliren.  787 

stigerer  Weise  als  durch  einen  übergrossen  Gehalt  von  Borsäure  oder 
Alkalien  die  Strengflüssigkeit  vermindert  wird.  Als  Rohmaterialien  für 
Bereitung  der  Orundmasse  pflegen  demnach  Qnarzpulver,  Feldspath 
(Kieselsäure,  Thonerde  und  Alkalien  enthaltend),  Borax,  wo  es  angeht 
Bleioxyd,  und  in  geringen  Mengen  Ealkspath  oder  Kreide  und  Magnesia 
zu  dienen.  Ist  Feldspath  nicht  in  entsprechender  Beschaffenheit  zu  er- 
halten, so  ersetzt  man  ihn  durch  möglichst  reinen  Thon  und  eisenfreie 
Soda.  Als  Entfärbungsmittel  für  zufallig  gegenwärtige  Metalloxyde  und 
zur  Zerstörung  zufällig  gegenwärtiger  organischer  Körper  dient  endlich  ein 
Zusatz  von  Salpeter  (bei  Bereitung  des  Grundes  weniger  wichtig  als  für  die 
Deckmasse  und  daher  in  der  Grundmasse  häufig  fehlend).  Diese  Materia- 
lien werden  in  einer  mit  feuerfester  Masse  ausgestrichenen  eisernen  Pfanne, 
ungefähr  200  Mm.  weit,  130  Mm.  hoch,  welche  über  einer  Rostfeuerung 
oder  auch  in  Eisenmuffeln  erhitzt  wird,  geschmolzen,  bis  man  mit  einem 
spitzen  Eisenstabe,  ohne  Widerstand  zu  fühlen,  bis  auf  den  Boden  stechen 
kann.  Man  lässt  erkalten,  zerklopft  die  ei'starrte  Masse  in  einem  Poch- 
werke oder  mit  Hämmern  zu  Haselnussgrösse  und  zermahlt  sie  schliess- 
lich in  einer  Mühle,  gewöhnlich  aus  zwei  harten  horizontal  liegenden 
Sandsteinen  gebildet,  deren  unterer  in  einem  Holzbottich  mit  Cement 
gut  vei'gossen  ist,  während  der  obere,  der  Läufer,  vermittelst  einer 
schmiedeeisernen  senkrechten  Welle  auf  dem  ersteren  gedreht  wird  ^). 

Die  Masse  wird  so  lange  gemahlen,  bis  man  zwischen  Daumen  und 
Zeigefinger  keine  scharfen  Bestandtheile  mehr  spürt,  dann  wird  sie 
durch  ein  Haarsieb  gesiebt  und  zum  Gebrauche  aufbewahrt  (Beispiele 
für  die  Herstellung  der  Grundmasse  folgen  unten). 

Die  leichtschmelzigere  Deckmasse  oder  „Glasur"  besteht  aus  einem 
Silicate  mit  25  bis  45  Proc.  Kieselsäure,  daneben  Borsäure,  Alkalien, 
Zinnoxyd  (um  sie  undurchsichtig  zu  machen)  beziehentlich  auch  Blei- 
oxyd, Kalkerde,  Magnesia  enthaltend.  Die  qualitative  Zusammensetzung 
ist  demnach  im  Wesentlichen  nur  durch  den  Gehalt  an  Zinnoxyd  von 
derjenigen  der  Grundmasse  unterschieden,  quantitativ  aber  unterscheidet 
sie  sich  von  dieser  vornehmlich  durch  den  geringem  Kieselsäure-  und 
Thonerdegehalt.  Als  Rohmaterialien  dienen  daher  die  auch  für  die 
Grundmasse  benutzten  Körper,  daneben  Zinnoxyd  (Zinnasche),  bisweilen 
Zinkoxyd  als  Ersatz  des  Bleioxyds,  femer  Knochenmehl  (durch  seinen 
Phosphorsäuregehalt  den  Schmelzjpunkt  erniedrigend),  Flussspath,  Kryo- 
lith  (Nae  AI2FI1)),    welche   letztgenannten   beiden  Körper  durch  ihren 


^)  In  Bücksicht  auf  die  Strengflüssigkeit  der  Grundmasse  schmikt  man  in 
der  Pfanne  gewöhnlich,  wie  aus  den  imten  gegebenen  Beispielen  hervorgeht, 
nur  einen  Theil  der  Kieselsäure  mit  den  alkalihaltigen  Salzen  oder  Mineralien 
zosanmien,  in  solcher  Weise  zunächst  ein  leichtflüssigeres  Silicat  bildend,  wel- 
ches dann  erst  beim  Mahlen  mit  dem  Beste  der  Kieselsäure,  sämmtlichem 
Thone  und  gewöhnlich  auch  einem  Theile  der  Magnesia  (welche  dem  Silicate 
eine  zähe,  kleistrige  Consistenz  giebt)  auf  meohanischem  Wege  innig  ge- 
mischt wird. 

60* 


788  VerechöneningB-  und  Erhaltungsarbeiten. 

Flaorgehalt  eben&lls    stark    erniedrigend    auf   den  Schmelsspuakt    ein- 
wirken. 

Zum  Schmelzen  der  für  die  Glaaar  dienenden  Materialien  benutzt 
man  nicht  jene  flachen  Pfannen  wie  zur  Grundmasee,  sondern  feuerfeste 
Fig.  586. 


(heaaiaohe)  Tiegel  mit  einer  kleinen,  5  btfl  10  mm  weiten  Oefinnng  im 
Boden.  Die  Tiegel  werden,  nachdem  aie  gefüllt  sind,  iu  einen  Ofen  ein- 
gesetzt, welcher  in  den  Figuren  566  und  567  abgebildet  ist  Derselbe  pflegt 
zur  Aninahme  von  circa  sechs  Tiegeln  eingerichtet  zu  sein.  Die  Tiegel 
stehen  anfeinem  ans  feuerfesten  Ziegeln  erbanten  Gewölbe;  derScbmelx- 


EmaiUireii.  789 

ranm  ist  oben  durch  eiiie  gusseiseme,  unten  mit  feuerfester  Masse  ver- 
kleidete Platte  abgedeckt  mit  eingegossenen  Oeffi^ungen,  aus  welchen  die 
Köpfe  der  Tiegel  hervorragen.  Die  Bodenoffnnng  der  Tiegel  setzt  sich 
durch  das  Gewölbe  fort  und  mündet  in  einen  unterhalb  desselben  be- 
findlichen Raum  a,  welcher  nach  aussen  von  einer  Seite  her  zugänglich 
ist,  mit  einer  gusseisernen  Thür  während  des  Schmelzens  verschlossen 
gehalten  wird,  um  den  Zutritt  frischer  Lufb  durch  die  Canäle  unmöglich 
'  zu  machen,  und  dessen  Boden  mit  gusseisernen  Platten  abgedeckt  ist. 
In  diesem  Räume  sammelt  sich  die  Emaille,  wenn  sie  in  den  Tiegeln  zum 
Schmelzen  erhitzt  worden  ist  und  nun  durch  die  Bodenöffnungen  hindurch- 
tropft. Um  den  Fuss  der  Tiegel  möglichst  warm  zu  halten,  stehen  die- 
selben auf  160  mm  hohen  Ghamotteuntersätzen  und  die  Feuerungsgase 
ziehen  durch  einen  engen  Canal  unmittelbar  über  der  Herdsohle  ab. 
Die  Tiegel  sind  etwa  400  mm  hoch  und  an  der  obern  Mündung  200  bis 
250  mm  weit. 

Nach  dem  Schmelzen  und  Erkalten  wird  die  Emaille  zerklopft,  wie 
die  Grundmasse  gemahlen  und  zum  Gebrauche  aufgehoben. 

Beispiele  für  die  Herstellung  der  Grund-  und  Deckmasse  ^). 

1.  Für  Emaillirung,  bei  welcher  ein  Bleigehalt  zulässig  ist,  findet 
man  die  Bereitung  der  Grundmasse  folgendermaassen  angegeben: 

30       Theile  Quarzmehl, 
I6V2       „       Borax, 
3  „       Bleiweiss 

werden   geschmolzen,  gemahlen   und  dabei  mit   9   Theilen  Quarzmehl, 
8V3  Theilen  geschlämmtem  Thon  und  Va  Theil  Magnesia  innig  gemischt« 
Als  Deckmasse  hierfür  dienen: 

377»  Theile  Quarzmehl, 

24  „       Borax, 

25  „       Zinnoxyd, 
15  „       Bleiweiss,  > 
101/4       „       Soda, 

10  „       Salpeter, 

5  „       Magnesia. 

Diese  Bestandtheile  werden  geschmolzen  und  gemahlen. 


^)  Die  mitgetheilten  Beispiele  sollen  nicht  etwa  als  allgemein  anwendbare 
Becepte  gelten,  sondern  lediglich  einen  Ueberblick  über  das  Verfahren  im  All- 
gemeinen bei  der  Herstellung  der  Grund-  und  Deckmasse  geben.  Für  alle  Fälle 
gültige  Vorschriften  lassen  sich  schon  ans  dem  Grunde  nicht  geben,  weil  die 
chemische  Zusammensetzung  der  verwendeten  Bohstoffe  (Feldspath,  Thon  etc.) 
nicht  überall  die  gleiche  ist ;  dann  auch,  weil  Arbeitsstücke  aus  verschiedenem 
Hateriale  eine  verschiedene  Beschaffenheit  der  Emaille  verlangen;  schmiede« 
eiserne  eine  andere  als  gusseiseme ,  selbst  die  verschiedenen  Gusseisensorten 
bisweilen  Abweichungen  in  der  Bereitung  der  Emaille  erheischen 


790  Yerschönerungs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

2.  In  der  Eönigin-MarienhÜtte  schmilsst  man  zur  Herstellang  der 
Grundmasse  fär  bleifreie  Emaille  znnftchst  75  Theile  feinen  weissen 
Sand,  45  Theile  Borax,  1  Theil  Magnesia  zosammen,  palvert  die  ge- 
schmolzene Masse  und  mischt  30  Theile  der  Schmelze  mit  20  Theilen 
Sand  und  10  Theilen  Thon.  Dieses  Gemisch  wird  längere  Zeit  mit 
Wasser  gekocht,  dann  im  feuchten  Zustande  gemahlen,  während  des 
Mahlens  noch  mit  V4  Theil  Magnesia  versetzt  und  gesiebt  ^). 

Die  Deckmasse  besteht  aus  30  Theilen  Feldspath,  18  Theilen  Zinn- 
ozyd,  22  Theilen  Borax,  10  Theilen  Soda,  6  Theilen  Salpeter,  2  Theilen 
Magnesia.  Man  schmilzt,  pocht  und  mahlt  die  Masse  und  kocht  sie 
dann  unter  Zusatz  von  7  Theilen  Thon  und  V2  Theil  Magnesia  mit 
Wasser,  worauf  sie  zum  Gebrauche  fertig  ist. 

3.  In  der  Emaillirwerkstatt  für  gusseiserne  Geschirre  von  Ph.  Waag- 
ner in  Meidling  bei  Wien  wendet  man  zwei  Sorten  von  Emaille  und 
demnach  auch  zwei  Sorten  von  Grundmasse  an. 

Die  Grundmasse  Nr.  1  wird  folgendermaassen  bereitet.  Man  mischt 
in  möglichst  zerkleinertem  Zustande: 

55  Theile  Quarz, 

40      „      Borax, 

,5       „       Soda; 

siebt  diese  Mischung  mehrere  Male  und  schmilzt  sie.  Nach  dem  Er- 
kalten wird  die  Schmelze  gestampft,  fein  gesiebt  und  dann: 

66  Theile  der  Schmelze,  gemischt  mit 
21       ,       Quarz, 
13       „       Thon, 

mit  Wasser  angerührt,  bis  zur  Verdunstung  des  Wassers  gekocht  und 
dann  gemahlen.  Während  des  Mahlens  setzt  man  1,2  Proc.  Magnesia 
zu,  welche  in  Wasser  angerührt  ist.  Die  gemahleoe  und  fein  gesiebte 
Masse  ist  nun  für  den  Gebrauch  fertig. 

Zur  Herstellung  der  für  diese  Grundmasse  bestimmten  Emaille 
schmilzt  man: 

36  Theile  Feldspath,  18  Theile  Quarz,  16  Theile  Borax,  20  Theile 
Soda,  2  Theile  Thon,  2  Theile  Kryolith,  2  Theile  Magnesia,  1  Theil 
Salpeter,  3  Theile  Knochenmehl,  nachdem  sie  zuvor  mehrere  Male  ge- 
siebt worden  sind,  pocht,  mahlt  und  mischt  93  Theile  der  geschmolzenen 
Masse  mit  4Ys  Theilen  Zinnoxyd,  2  Theilen  Zinkoxyd,  Vs  Theil  Soda; 
dieses  Gemisch  wird  anhaltend  gemahlen,  mit  Wasser  angerührt,  in  diesem 
nassen  Zustande  durch  ein  feines  Haarsieb  gegossen  und  mit  Y^  Theil 
Salpeter,  welcher  in  Wasser  gelöst  ist,  versetzt.  Nach  24-stündigem 
ruhigen  Stehen  giesst  man  das  überstehende  Wasser  behutsam  ab  und  setzt 
dann  so  viel  concentrirte  Sodalösung  in  Wasser  zu,  bis  die  Masse,  wenn 
sie  über  ein  glattes  Stück  Holz  gegossen  wird,  in  einer  für  das  Emailliren 


^)  Vergleiche  die  Anmerkung  auf  8.  787. 


Emailliren.  791 

geeigneten  St&rke  daran  haften  bleibt,  sich  gleichmftssig  yertheilt  und 
nach  einigem  Hin-  nnd  Herschwenken  des  Holzes  nicht  mehr  flieset. 
Die  Masse  ist  alsdann  zum  Auftragen  fertig. 

Für  die  Emaille  Nr.  2,  welche  leichtschmelziger,  zinnreicher,  undurch- 
sichtiger, aber  dadurch  auch  kostspieliger  ist,  stellt  man  die  Grundmasse 
her  durch  Schmelzen  von  60  Theilen  Quarz,  20  Theilen  Borax,  6  Theilen 
Feldspath,  4  Theilen  Salpeter,  3  Theilen  Kreide,  7  Theilen  Soda.  Nach 
dem  Schmelzen  gepocht,  gemahlen  und  mit  Vs  ^^  ganzen  Gewichtes 
Thon  vermengt  Die  Emaille  Nr.  2  wird  zusammengesetzt  aus:  42  Thei- 
len Feldspath,  30  Theilen  Borax,  12  Theilen  Soda,  2  Theilen  Salpeter, 
1  Theil  Kreide,  13  Theilen  Zinnoxyd.  Man  siebt  die  Bestandtheile, 
schmilzt  sie  in  Tiegeln  mit  nur  3  mm  Bodenöffnung  und  verfährt  im 
Uebrigen  ganz  wie  bei  der  Emaille  Nr.  1. 

4.  Die  Herstellung  einer  dauerhaften  Emaille  auf  Blechgeffüssen  ist 
in  Folge  des  Dmstandes  schwieriger,  dass  das  Blech  sich  beim  Er- 
wärmen starker  ausdehnt,  beim  Erkalten  stärker  zusammenzieht  als  das 
Gusseisen  und  ausserdem  leichter  als  dieses  dem  Verbiegen  ausgesetzt 
ist.  Man  steigert  also  den  Ausdehnungscoefflcienten  der  Grundmasse 
und  Emaille  durch  grossem  Zusatz  an  Borax  ^)  xmd  trägt  die  Emaille 
dünner  auf  als  bei  Gusseisen. 

Nach  Kerl  beträgt  die  durchschnittliche  Zusammensetzung  der 
Grundmasse  für  Blech:  20  Theile  Quarz,  33  Theile  Flussspath,  42Theile 
Borax,  5  Theile  Salpeter;  der  Deckmasse:  33  Theile  Feldspath,  35  Theile 
Borax,  7  Theile  Soda  und  25  Theile  Zinnoxyd. 

Das  Arbeitsverfahren  beim  Emailliren. 

Das  zu  emaillirende  Gefäss  wird  mit  Bürsten  und  scharfem  Sande 
ausgewaschen,  eine  Zeit  lang  in  kochendes  Wasser  gehalten  und  rasch 
getrocknet,  um  Rostbildung  zu  vermeiden,  welche  stets  ein  Misslingen 
des  Processes  zur  Folge  hat.  Ein  Beizen  mit  Säure,  welches  in  vielen 
Lehrbüchern  als  nothwendig  angegeben  wird,  ist  nicht  allein  überflüssig, 
sondern  würde  auch  das  Haften  der  Grundmasse  am  Eisen  erschweren. 

Dann  wird  der  Grund  aufgetragen.  Man  giebt  zuerst  eine  kleine 
Menge  der  mit  Wasser  zur  Consistenz  einer  dicken  Suppe  angerührten 
Masse  in  das  Gefäss  und  reibt  es  mit  einer  scharfen  Haarbürste  in  die 
Poren  des  Eisens  ein;  dann  schüttet  man  eine  grossere  Menge  nach, 
schwenkt  das  Gefass  einige  Male  um  und  lässt  das  Ueberschüssige  unter 
fortwährendem  Drehen  des  Gefllsses  ablaufen.  Der  Grund  muss  sehr 
dünn  aufgetragen  werden  und  deshalb  reichlich  genug  mit  Wasser  ver- 
mischt sein.  Ist  er  zu  dick,  so  bröckelt  er  bald  ab,  oder  bildet  beim 
Erstarren  der  Emaille  dicke  Blasen. 


^)  Ein   allzu  reichlicher  Gehalt  der  Emaille  an   Borsäure   steigert  nach 
Früherm  die  Sprödigkeit. 


792  VerscbÖnerungs-  und  Erhaltungsarbeiten. 

Die  mit  der  fencht«D  Grandmasse  flberzogeuen  Gei&Bse  werden  non 
zuBäcbst  ftn  einem  warmen  Orte  aufgesteUt,  nm  du  Wasser  za  ver- 
pjg,  5gg.  flüchtigen;     wenn     dieses 

geschehen  mid  die  &af- 
getragene  Grandmasae 
vSllig  trocken  geworden 
ist,  kommen  de  in  den 
Glahofen,  nm  auf  helle 
Rothgtuth  erwärmt  zu 
werden.  Man  benntzt 
dazu  einen  Hnffelofen, 
Fig.  566  bis  570  mit 
gusBeisemer  circa  18  mm 
starker  Muffel,  die  auf 
einer  30  bis  40  mm  star- 
ken Bodenplatte  ruht.  Die 
Breite  der  Muffel  pflegt 
800  bis  1200  mm,  ihre 
Länge  1200  bia  1400  mm 
za  sein.  Vom  ist  sie 
Fig.  üSS.  durch     eine     Doppelthür 

geschlossen ,  hinten  stöast 
sie  stumpf  gegen  die 
Mauer.  Die  Bodenplatte 
liegt  vorn  auf  der  Brust- 
mnner,  ist  in  der  Mitt« 
durch  einen  gemauerten 
Bogen  gestützt  und  ruht 
hinten  auf  derRückmaoer. 
Die  Einrichtung  der  Feuer- 
züge ist  ans  den  Abbil- 
dungen ersichtlich.  Für 
den  Betrieh  im  Grossen 
und  Benutzung  von  ge- 
rin gwerthigem  Brennma- 
teriale  hat  man  nlit  Erfolg 
RegeneratiTfeneruDg  eingerichtet;  die  Regeneratoren  liegen  anter  den 
Muffeln,  nnd  die  Flamme  schlägt  von  unten  empor  über  die  Muffeln 
hinweg. 

Das  Einbrennen  dauert,  wenn  der  Ofen  heisB  ist,  10  bis  20  Minuten. 
Der  eingebrannte  Grund  muss  nach  dem  Erkalten  eine  gelblich  weisse 
Farbe  zeigen;  ist  er  brann  oder  schwarz  geworden,  so  war  die  Bits«  zu 
gross  und  es  haben  sich  Eisen  verhindangeu  gebildet.  Er  darf  nicht  ge- 
schmolzen, sondern  nur  gesintert  sein;  dagegen  muss  er  so  fest  h&fleD, 
dass  man  mit  einer  scharfen  Haarbürste  nicht  im  Stande  ist,  ihn    ab- 


Emailliren.  793 

zoscheaem,     LSsst  er  eich  ganz  oder  theilweise  abreiben ,  so  war  ent- 
weder die  Hitze  za  niedrig  oder  er  war  zn  dick  aufgetragen. 

Wenn  die  Prfifnng  ergeben  hat,  das»  der  Gmnd  gelungen  iat,  folgt 
das  Anftragen  der  Deckmaaee.    Man  feuchtet  die  Oberfläche  des  Grandes 
Pj     jjQ  mit  einem  Schwämme  leicht  an  und 

trägt  dann  die  tüchtig  nmgerührt« 
Flüssigkeit  auf,  indem  man  mit 
einem  Holzlöfiel  davon  in  das  Ge- 
ISsH  Bchöpft,  dieses  einige  Male  um- 
schwenkt und  dann  das  lieber- 
schüsaige  ablaufen  lässt.  Dann  wird 
das  GefäBs  getrocknet,  erst  lang- 
sam^ dann  stärker,  bis  ein  darauf 
fallender  Wassertropfen  zn  sieden 
beginnt,  und  kommt  dann  abermals 
in  den  Muffelofen,  um  auf  Roth- 
glath  erhitzt  zu  werden,  was  bei 
kleineren  Gegenständen  ebeufalls bin- 
nen 10  bis  20  Minuten  beendet  zu 
sein  pflegt.  Alsdann  folgt  eine 
nicht  zu  beschlennigte  Abkühlung  und  damit  ist  der  Emaillimngsprocess 
beendet. 

Eine  gute  brauchbare  Emaille  moss  nach  dem  Auftragen  und 
Trocknen,  aber  vor  dem  Brennen  so  weich  sein,  dass  sie  mit  dem  Finger 
abgerieben  werden  kann,  nach  dem  Brennen  dagegen  vollständig  fest 
sein,  keine  Blasen  zeigen,  muss  sich  erhitzen  lassen  und  Stösse  aushalten, 
ohne  abzuspringen. 

Die  emaillirten  Töpfe  werden  gewöhnlich,  so  lange  sie  noch  warm 
sind ,  an  der  Anssenseite  mit  Theer  gescUwärzt  (vergl.  S.  783)  und  sind 
dann  fertig  zum  Verkaufe. 


Zweiter    Theil. 


Beispiele  aus  der  speciellen  Teclmologie. 


Die  Schrotgiesserei. 


Unter  dem  Aasdmcke  „Schrot"  versteht  man  bekanntlioh  die  klein- 
sten für  Schnsswaffen  benutzten  Kugeln,  von  denen  mehrere  oder  viele 
zusammen  in  ein  Rohr  geladen  werden.  Der  Grösse  nach  unterscheidet 
man  eine  grössere  Anzahl  Nummern,  deren  kleinste  Sorte  nYogeldunst** 
heisst. 

Die  Anfertigung  dieses  Schrots  erfolgt  durch  Oiessen;  sie  ist  dadurch 
merkwürdig,  dass  eine  eigentliche  Gussform  dabei  nicht  benutzt  wird, 
sondern  dass  lediglich  die  Eigenschaft  flüssiger  Körper,  Kugelstalt  an- 
zunehmen, sobald  sie  fremden  Einflüssen  entzogen  sind,  die  Formgebung 
bewirkt.  Es  kommt  bei  der  Schrotgiesserei  also  darauf  an,  das  flüssige 
Metall  tropfenweise  von  einer  solchen  Höhe  frei  herabfallen  zu  lassen, 
dass  es  erstarrt  unten  anlangt. 

Als  Material  dient  eine  Legirung  von  Blei  mit  etwas  Arsen,  wel- 
ches letzteres  die  Kugelbildung  befördert.  Das  Blei  wird  im  Kessel 
geschmolzen  und  das  Arsen  gewöhnlich  in  Form  von  rothem  Schwefel- 
arsen (Realgar)  oder  auch  von  weissem  Arsen  (Arsenigsäureanhydrit), 
letzteres  mit  Holzkohle  gemischt  und  zur  Vermeidung  von  Verflüchti- 
gung in  Papier  eingewickelt,  zugesetzt  Arsen  wird  reducirt  und  legirt 
sich  mit  dem  Blei.  Man  rechnet  bei  dem  feinsten  Schrote  einen  Arsen- 
gehalt von  circa  0,2  Proc,  bei  mittelfeinem  von  0,3  Proc,  bei  dem  gröb- 
sten von  0,35  Proc.  Bei  einem  zu  geringen  Arsengehalte  erhalten  die 
Eügelchen  Vertiefungen  (Aussaugungen;  vergl.  S.  99)  oder  werden  auf 
einer  Seite  platt;  bei  zu  reichlichem  Arsengehalte  werden  sie  linsenförmig. 


796  Specielle  Technologie. 

Je  gröberes  Schrot  man  herstellen  will,  eine  desto  beträchtlichere 
Fallhöhe  mnss  man  zur  Verwendung  haben,  damit  die  langsamer  ab- 
kühlenden Metalltropfen  nicht  etwa  flüssig  den  Boden  erreichen.  Wäh- 
rend für  die  feinsten  Schrote  eine  Fallhöhe  von  4  m  genügend  ist, 
wendet  man  für  gröbere  Sorten  Höhen  Ton  40,  50  m  und  darüber  an. 
Um  nicht  in  der  Anfertigung  der  verschiedenen  Schrotnammem  be- 
schränkt zu  sein,  wird  man  meistens  eine  auch  für  die  gröbsten  Nummern 
ausreichende  Fallhöhe  herrichten. 

Diese  Fallhöhe  lässt  sich  nun  in  zweierlei  Weise  erlangen.  Ent- 
weder man  errichtet  über  dem  Erdboden  einen  Thurm  mit  einer  Bühne 
in  entsprechender  Höhe,  von  welcher  aus  das  Giessen  erfolgt,  im  Innern 
mit  Treppe  und  einfachem  Aufzuge  versehen,  um  auf  die  Bühne 
gelangen  und  die  Schmelzmaterialien  hinaufschaffen  zu  können  (z.  B. 
Schrotthurm  zu  Villach  in  Kärnthen  von  74  m  Höhe),  oder  man  benutzt, 
wie  bei  der  Freiberger  Schrotfabrik,  einen  Schacht  unter  der  Erde. 
Letztere  Einrichtung  lässt,  sofern  in  bergbautreibender  Gegend  die  Mit- 
benutzung eines  für  den  Bergbau  angelegten  Schachtes  zu  ermöglichen 
ist,  nicht  allein  die  erheblichen  Anlagekosten  des  Thurms  ersparen, 
sondern  gewährt  daneben  auch  den  Vortheil  einer  gleichmässigem 
Temperatur  während  Sommers  und  Winters  und  einer  bequemern  Arbeit 
beim  Herbeischaffen  der  Materialien  und  beim  Schmelzen. 

Zur  Vertheilung  des  Metalls  in  Tropfen  dient  ein  Sieb  mit  eisernem 
Rahmen  —  „Schrotform**  genannt  — ,  welches  in  der  Mitte  oberhalb  der 
Fallöffnung  aufgesteUt  wird.  Die  Löcher  desselben  müssen  beträchtlich 
kleiner  sein  als  der  Durchmesser  der  herzustellenden  Schrotkömer;  und 
obschon  die  bei  Benutzung  einer  und  derselben  Schrotform  entstehenden 
Kömer  ziemlich  verschieden  im  Durchmesser  auszufallen  pflegen,  muss 
man  doch  eine  Anzahl  Formen  mit  verschieden  grossen  Löchern  in  Be- 
reitschaft halten,  um  sie  zu  benutzen,  je  nachdem  vorzugsweise  diese 
oder  jene  Nuiumer  hergestellt  werden  soll. 

Das  Arbeitsverfahren  beim  Giessen  ist  sehr  einfach.  Wenn  das 
Met&U  geschmolzen  ist  (wobei  eine  allzu  gesteigerte  Temperatur  ver- 
mieden werden  muss,  weil  sonst  statt  der  Kugeln  längliche  Tropfen  ent- 
stehen), wird  es  mit  einer  Kelle  aus  dem  Kessel  geschöpft  und  in  die 
bereit  gestellte,  vorher  mit  Lehmwasser  ausgestrichene  und  getrocknete 
Schrotform  geschüttet.  Es  entsteht  ein  förmlicher  Metallregen  und  die 
niederfallenden  Körner  werden,  um  Verluste  zu  vermeiden,  im  Erd- 
geschosse des  Thurms  oder  auf  der  Schachtsohle  in  einem  weiten,  mit 
Wasser  gefüllten  Gefässe  aufgefangen.  Bisweilen  setzt  man  dem  Wasser 
eine  geringe  Menge  von  Schwefelkalium  zu,  wodurch  ein  gegen  Oxyda- 
tion schützender  üeberzug  von  Schwefelblei  gebildet  wird. 

Nach  beendigtem  Giessen  werden  die  Schrotkömer  in  Beutelsacken 
aus  dem  Wasser  herausgeholt  und  in  gelinder  Wärme  getrocknet.  Es 
kommt  nun  zunächst  darauf  an,  die  entstandenen  unrunden  Kömer, 
welche  den  Ausschuss  bilden  und  wieder  eingeschmolzen  werden,  von  den 


Schrotgiesserei.    Schriftgiesserei.  797 

runden  sn  trennen.  Hierzu  dient  eine  sehr  einfache  Vorrichtung.  Eine 
glatte  Tafel  aus  Holz  oder  Gusseisen,  circa  750 mm  lang,  300mm  breit, 
wird  auf  dem  Tische  vor  dem  Arbeiter  in  etwas  geneigter  Lage  auf- 
gestellt und  eine  entsprechende  Menge  Schrot  an  dem  obern  Rande 
desselben  aufgeschüttet.  Die  runden  Kömer  rollen  die  schiefe  Ebene 
hinab  und  werden  in  einem  bereit  stehenden  Kasten  gesammelt,  die 
flachen  bleiben  liegen. 

Nun  folgt  das  Sortiren  der  brauchbaren  Körner  nach  ihrem  Durch- 
messer in  einzelne  Nummern.  Man  gebraucht  dazu  ebenso  viele  Siebe 
als  Nummern  von  einander  getrennt  werden  sollen,  beginnt  mit  dem 
gröbsten  und  sondert  in  dieser  Weise  eine  Nummer  nach  der  andern  aus. 

Schliesslich  kommen  die  Schrotkömer  in  eine  hölzerne,  um  eine 
geneigte  Achse  gedrehte  Trommel,  welche  etwas  Graphit  enthält.  Sie 
werden  hierdurch  polirt  und  erhalten  einen  glänzend  schwarzen 
Ueberzug. 


Die  Schriftgiesserei  (Typen-  oder  Lettemgiesserei). 

Dieselbe  liefert  ein  lehrreiches  Beispiel,  wie  man  im  Stande  ist,  bei 
massenhafter  Anfertigung  eines  und  desselben  Gegenstandes  durch 
zweckmässige  Einrichtungen  die  Zeit  und  Kosten  der  Anfertigung  auf 
ein  geringstes  Maass  herabzudrücken. 

Eine  Letter  wird  durch  ein  parallelepipedisches  Stäbchen,  Fig.  571, 

gebildet,  auf  dessen  einer  schmalen  Seite  (dem  Kopfe)  sich  das  Schrift- 

Fig.  571.  zeichen,  welches  durch  die  Letter  gedruckt 

werden  soll,  erhaben  in  verkehrter  Stellung 
^  befindet.  Durch  Aneinanderreihen  mehrerer 
Lettern  entsteht  bekanntlich  der  Drucksatz 
oder  „Satz**.  Es  sind  demnach  nicht  allein 
Lettern  mit  Buchstaben,  Interpunctions- 
zeichen  etc.  erforderlich,  sondern  auch  solche 
Theile,  welche  nur  dazu  bestimmt  sind,  die 
weiss  bleibenden  Zwischenräume  zwischen 
den  Buchstaben,  Wörtern,  Zeilen  u.  s.  w.  auszufüllen  und  welche  dem- 
nach kürzer  als  die  eigentlichen  Lettern  und  am  Kopfe  glatt  sind.  Die 
allgemeine  Benennung  für  sämmtliche  zu  einem  Drudosatze  erforderlichen 
Stücke,  gleichviel  ob  mit  oder  ohne  Schriftzeiohen,  ist  Typen,  während 
man  unter  Lettern  nur  die  Buchstabentypen  zu  verstehen  pflegt. 

Die  Grösse  der  Buchstaben  nennt  man  den  „  Kegel  ^,  die  Abmessung 
der  Letter  in  der  Richtung  der  Buchstabenhöhe  ist  die  „  Kegelstärke ^. 
Selbstverständlich  besitzen  alle  zu  einem  Satze  gehörigen  Typen  gleiche 
Kegelstärke,  abhängig  von  der  Höhe  der  längsten  Buchstaben,  während 


798  Specielle  Technologie. 

die  Breite  der  Typen  von  der  Breite  des  jedesmaligen  Schriftzeichens 
abhängig  and  deshalb  verschieden  ist. 

Die  dem  Kopfe  der  Letter  gegenüberliegende  Seite  heisst  Fuss; 
derselbe  ist  mit  einem  Einschnitte  versehen,  dessen  Entstehung  unten 
erläutert  werden  wird;  ausserdem  befindet  sich  ein  durchgehender  halb- 
runder Einschnitt,  die  „Signatur"  genannt,  auf  derjenigen  Seite  des 
Stäbchens,  welche  dem  untern  Ende  des  Buchstabens  entspricht,  und 
dient  dazu,  die  richtige  Stellung  der  Letter  zu  erkennen,  ohne  dass  das 
Typenbild  betriCchtet  zu  werden  braucht 

Als  Material  zum  Typengusse  dient  eine  Legirung  aus  Blei,  Anti- 
mon und  Zinn  (Schriftmetall).  Blei  bildet  den  Grundbestandtheil;  Anti- 
mon giebt  der  Legirung  eine  grössere  Härte  und  dadurch  Widerstands- 
föhigkeit  gegen  Abnutzung,  Zinn  mildert  die  Sprödigkeit  des  Antimon- 
bleies, welches  ohne  diesen  Zusatz  leicht  Beschädigungen  durch  geringe 
Stösse  erhalten  würde,  ohne  aber  der  Härte  desselben  Eintrag  zu  thun. 
Ein  grosser  Zinngehalt  erhöht  daher  im  Allgemeinen  die  Güte  der  Le- 
girung, vertheuert  aber  auch  den  Preis.  Lettern  giesst  man  deshalb 
gewöhnlich  aus  einer  zinnreichem  Legirung  als  die  erwähnten  Typen 
für  weissbleibende  Stellen  des  Drucks. 

Die  Lettern,  welche  zur  Herstellung  des  Satzes  für  den  Druck  des 
vorliegenden  Buches  benutzt  wurden,  sind  aus  einer  Legirung  von 
60  Theilen  Blei,  25  Theilen  Antimon  und  15  Theilen  des  feinsten  Zinns 
gegossen ;  eine  billigere  und  von  anderenDruckereien  für  Lettern  vielfach 
benutzte  Legirung  ist:  75  Theile  Blei,  23  Theile  Antimon,  2Theile  Zinn. 
Zu  den  erwähnten  Typen  ohne  Schriftzeichen  (Ausschluss,  Quadraten,  Blei- 
stegen) gebraucht  man:  80  Theile  Blei,  20  Theile  Antimon  ohne  Zinn;  zn 
Stereotypplatten:  82  Theile  Blei,  14V4  Theile  Antimon,  3V4  Theile  Zinn. 

Die  Gussform  des  Schriftgiessers  heisst  „Giessinstrument".  Dasselbe 
besteht  mit  Ausnahme  desjenigen  Theils,  welches  das  Schriftzeichen  aus- 
bildet, aus  Stahl,  Eisen  oder  Messing  und  Ist  von  Holz  eingefasst,  um 
rasch  eine  grosse  Anzahl  von  Güssen  ausführen  zu  können,  ohne  dass 
durch  Erhitzung  der  Aussenflächen  die  Handhabung  erschwert  .werde. 
Jenes  erwähnte  Stück  zur  Formung  des  Schriftzeichens  heisst  „Mater** 
oder  „Matrize**,  ist  zum  Auswechseln  eingerichtet,  um  ein  und  dasselbe 
Instrument  für  den  Guss  verschiedener  Lettern  benutzen  zu  können,  und 
bildet  beim  Giessen  die  untere  Begrenzung  der  innem  Form;  durch 
Verschiebung  beziehentlich  Auswechselung  der  Seitentheile  lässt  sich  die 
Breite  und  Stärke  verändern;  am  obem  Ende  der  Form,  also  am  Fusse 
der  gegossenen  Letter,  befindet  sich  der  pyramidale  Eingnss.  Die  Ma- 
trize wird  aus  dem  reinsten  Kupfer  mit  Hülfe  eines  gehärteten  Stahl- 
stempels geprägt,  auf  dessen  Stirnfläche  das  betreffende  Schrifizeicheo 
in  genau  dei^selben  Form  erhaben  eingravirt  ist,  als  es  die  gegossene 
Letter  enthalten  soll;  selbstverständlich  erscheint  dasselbe  in  der  Ma- 
trize vertieft.  Um  das  Giessinstrument  in  der  erwähnten  Weise  sowohl 
für  den  Guss  verschieden  grosser  Lettern  brauchbar  zu  machen  als  auch. 


Schriftgiesserei.  799 

am  es  nach  erfolgtem  Gosse  zam  Heraaswerfen  dec  Letter  rasch  öfiPnen 
and  wieder  sohliessen  za  können,  ist  die  specielle  Einrichtung  desselben 
eine  ziemlich  complicirte,  and  man  anterscheidet  hinsichtlich  dieser 
Gonstraction  deatsche,  französische  and  englische  Giessinstramente,  deren 
letztere  am  meisten  gerühmt  werden.  Näheres  hierüber  sowie  Abbildun- 
gen von  Giessinstramenten  finden  sich  in  der  unten  angegebenen  Li- 
teratur. 

Das  Schmelzen  des  Schriftmetalls  geschieht  in  einem  kleinen  Kessel, 
von  ^inem  ringförmigen  Tische  umgeben,  an  welchem  drei  bis  vier  Ar- 
beiter gleichzeitig  beschäftigt  werden  können.  Oberhalb  des  Kessels 
befindet  sich  ein  Rauchfang  aus  Eisenblech  zur  Ableitung  der  Metall- 
dämpfe. Häufig  ist  der  Kessel  durch  radiale  Wände  in  ebenso  viele 
Abtheilungen  zerlegt  als  Giesser  dabei  beschäftigt  sind,  so  dass  ein  jeder 
derselben  unbehindert  aus  seiner  Abtheilung  schöpfen  und  selbst  mit 
einer  andern  Legirung  arbeiten  kann  als  sein  Nachbar;  bisweilen  hat 
auch  jeder  Giesser  seinen  eigenen  Ofen  mit  Tisch. 

Beim  Griessen  mit  der  Hand  hält  der  Giesser  das  geschlossene  Giess- 
instrument  in  der  Linken,  schöpft  mit  einem  eisernen  Löffel  etwas  Metall 
aus  dem  Kessel,  giesst  es  in  den  Einguss  und  giebt  in  demselben  Augen- 
blicke dem  Instramente  eine  eigenthümliche  Schwingung,  wodurch  das 
Metall  in  alle  Theile  der  Form  hineingetrieben  und  schliesslich  das  in 
dem  stärkern  Eingüsse  noch  flüssig  gebliebene  Metall  in  den  Kessel 
zurückgeschleudert  wird.  Alsdann  öffnet  er  mit  der  rechten  Hand  das 
Instrument,  wirft  den  Abguss  heraus  und  macht  es  für  den  nächsten 
Guss  fertig.  Alle  diese  Manipulationen  zusammen  beanspruchen  bei 
einiger  Geschicklichkeit  des  Giessers  nur  eine  Zeitdauer  von  5  bis  8  Se- 
cunden ,  so  dass  ein  geübter  Giesser  täglich  4000  bis  7000  Abgüsse  zu 
liefern  im  Stande  ist,  je  nachdem  die  Schrift  gross  oder  klein  ist  und 
demnach  langsamer  oder  rascher  erstarrt. 

Für  grössere  „Kegel"  benutzt  man  statt  des  Schöpflöffels  mit  Vor- 
theil  die  schon  früher  (Seite  304)  erwähnte  Giesspumpe  zur  Beförderung 
des  flüssigen  Metalls  in  die  Giessform.  Fig.  572  (a.  f.  S.)  zeigt  das  Aeussere 
einer  solchen  Giesspumpe  nebst  Schmelzofen,  Kessel  und  Arbeitstisch. 
a  ist  der  gusseiseme  Pumpenkörper,  durch  einen  Quersteg  in  der  Mitte 
des  Kessels  /  festgehalten;  h  ist  ein  Hebel  zur  Bewegung  des  Kolbens, 
c  eine  Feder,  welche  sofort  nach  beendigtem  Hube  den  Hebel  in  den 
höchsten  Stand  zurückführt;  d  eine  Schraube  zur  Regulirung  der  Hub- 
höhe, e  das  Ausgussrohr,  g  ist  das  Rauchrohr  für  die  Feuerung.  Da 
eine  Yentilpump^  aus  nahe  liegenden  Gründen  nicht  anwendbar  sein 
würde,  tritt  das  Metall  durch  seitliche  in  der  Wand  des  Pumpenstiefels 
befindliche  Oeffnungen  in  das  Innere,  welche  in  dem  höchsten  Stande 
des  Kolbens  frei  liegen,  beim  Niedergange  aber  durch  den  Kolben  selbst 
geschlossen  werden.  Man  benutzt  ein  eben  solches  Giessinstrument  wie 
beim  Giessen  mit  dem  Schöpflöffel  und  das  Arbeitsverfahren  ist  deshalb 
im  Wesentlichen  übereinstimmend.     Daher  ist  auch  die  Production  bei 


800  Specielle  Technologie. 

BeDützang    der  Qiesapampe    nicht    grösser    als    im    andern   Falle;    der 
BaDptTortheii  liegt  in  dem  Umstände,  daas  der  nnter  d«m  Dmoke  des 

FiK.  572. 


Pnmpenkolbens  erzengte  Strahl  mit  grosser  Kraft  in  das  Innere  des  In- 
straroonta  eintritt  and  dasselbe  schärrer  ansfüllt  (was  besonders  bei 
sogenannten  nnterschnittenen  Schrittzeichen  von  Wichtigkeit  ist) ;  ausser- 
dem sind  die  mit  der  Pumpe  gegossenen  Lettern  am  circa  2B  Proc.  leich- 
ter als  die  mit  dem  LfifFel  gegossenen,  indem  durch  den  Strahl  Laft  mit 
in  das  Gi essin strament  geführt  und  ein  im  Innern  blasiger  Gnss  ereeugt 
wird,  ein  Umstand,  welcher  die  Branchbarkeit  der  Lettern  nicht  beein- 
trächtigt, aber  ihren  Preis  erniedrigt 

In  allen  grösseren  Schriftgiessereien  wendet  man  endlich,  wenn  zahl- 
reiche Mengen  gleicher  Lettern  zn  gieseen  sind,  eine  QiessmaBchine 
an,  bestehend  ans  einer  Gombination  der  Giesepnmpe  mit  einem  mecha- 
nisch bewegten  Giessinstmmonte,  welches  in  dem  Augenblicke,  wo  die 
Pumpe  ihren  Metallstrahl  aosspritsst,  eich  vor  die  AnsgasBöfi'nang  legt, 


Schriftgiesserei.  801 

am  denselben  aufzunehmen,  dann  sich  yom  Kessel  entfernt,  sich  selbst- 
thätig  öffnet,  den  Buchstaben  auswirft,  sich  wieder  schliesst  und  nun  in 
dem  Augenblicke  vor  der  Ausgussöffhung  der  Pumpe  in  richtiger  Stel- 
lung wieder  angekommen  ist,  wo  ein  neuer  Strahl  austritt.  Diegesammte 
menschliche  Arbeit  zur  Bedienung  der  Maschine  beschränkt  sich  auf  die 
durch  ^nen  Mann  zu  bewirkende  Drehung  einer  Kurbel,  von  welcher 
aus  die  Pumpe  und  sämmtliche  übrige  Mechanismen  getrieben  wer- 
den. Durchschnittlich  erfolgt  pro  Secunde  eine  Letter  (von  grösseren 
Sorten  weniger);  die  tagliche  Production  kann  mit  Berücksichtigung 
der  unvermeidlichen  Störungen  zu  circa  20  000  Stück  angenommen 
werden. 

Neuerdings  hat  man  die  Giessmaschinen  noch  mit  Einrichtungen 
versehen,  welche  auch  die  Eingüsse  abbrechen,  die  Lettern  schleifen, 
behobeln,  aufsetzen  und  fertig  machen  (siehe  unten),  also  für  die  Be- 
nutzung vollständig  fertige  Lettern  liefern  (sogenannte  Completmaschi- 
nen;  u.  a.  in  Thätigkeit  in  den  Schriftgiessereien  von  Genzsch  und 
Heyse  in  Hamburg  und  Flinsch  in  Frankfurt  a.  M.). 

Sehr  grosse  Lettern  (Plakatschriften)  nach  einer  der  beschriebenen 
Methoden  gegossen  würden  in  Folge  der  Einflüsse,  welche  bei  der  lang- 
samem Erstarrung  der  grossem  Menge  Metall  die  Schwindung  ausübt, 
nicht  sauber  und  scharf  genug  ausfallen.  Sie  müssen  unter  einem  starken 
Dmcke  gegossen  werden,  welcher  im  Augenblicke  des  Erstarrens  auf  das 
flüssige  Metall  ausgeübt  wird.  Man  stellt  sie  zur  Erreichung  dieses 
Zwecks  durch  Abklatschen  oder  Clichiren  dar.  Die  einfachste  Methode 
hierfür,  zur  Vervielfältigung  von  geschnittenen  Zeichnungen  in  Holz 
und  ](Ietall,  Medaillen  etc.  benutzt,  ist  folgende:  Man  bildet  sich  aus 
geöltem  Papiere  durch  Aufbiegen  der  Ränder  ein  Kästchen,  etwas  breiter 
und  länger  als  die  Matrize,  und  giesst  in  dasselbe  eine  nur  3  bis  4mm 
starke  Schicht  des  flüssigen,  aber  nur  wenig  über  seinen  Schmelzpunkt 
erhitzten  Metalls  (gewöhnlich  aus  einer  Legirung  von  Blei  und  Zinn 
oder  Blei,  Zinn  und  Wismuth  bestehend).  Mit  der  andern  Hand  fasst 
man  die  Matrize  und  schlägt  sie  in  dem  Augenblicke,  wo  das  Metall 
einen  breiartigen  Zustand  angenommen  hat  und  dem  Erstarren  nahe  ist, 
kraftvoll  auf  die  Oberfläche  desselben  nieder.  Indem  in  solcher  Weise 
das  [Metall  in  die  feinsten  Vertiefungen  der  Matrize  hineingepresst 
wird ,  entsteht  ein  sehr  scharfer  dünner  Abguss ,  welcher ,  nachdem  der 
überstehende  Rand  entfernt  ist,  in  ein  Giessinstrument  eingelegt  und 
mit  Metall  hintergossen  wird,  um  die  nöthige  Stärke  zu  erhalten.  Die- 
ses Hintergiessen  erfordert  natürlich  besondere  Vorsicht,  um  eine  Ver- 
bindung zu  bewirken,  ohne  dass  der  Abklatsch  selbst  zum  Schmelzen 
kommt. 

Seit  Erfindung  der  Galvanoplastik  ersetzt  man  bei  Holzstichen  etc. 
die  in  der  soeben  beschriebenen  Weise  hergestellten  „Cliches*'  meistens 
durch  galvanoplastische  Kupferniederschläge,   indem  man  von  dem  ge- 

Ledebnr,  mecbanisch^meUllurgiBohe  Technologie.  5| 


802  Specielle  Technologie, 

Bchnittenen  Originale  zunächst  einen  Abdruck  in  Guttapercha  oder  Wachs 
nimmt  und  auf  der  leitend  gemachten  Oberflache  desselben  das  Kupfer 
niederschlägt,  so  dass  der  Niederschlag  wieder  genau  mit  dem  Originale 
übereinstimmt.  Aus  alter  Gewohnheit  nennt  man  auch  diese  auf  galva- 
noplastischem  Wege  erhaltenen  Abdrucke  ^Cliches'^.  Dieselben  werden 
ebenso  wie  die  durch  Abklatschen  erhaltenen  mit  Metall  hintergossen 
oder  auf  Holz  befestigt.  Bei  fabrikmässiger  Anfertigung  grösserer  Let- 
tern dagegen  wendet  man  statt  jenes  Abklatschens  mit  der  Hand  häufiger 
die  Glich irmaschine  an.     Die  Einrichtung  derselben  ist  folgende: 

Auf  einer  eisernen  Tischplatte  ist  das  kastenförmige  Giessinstrument 
in  solcher  Lage  befestigt,  dass  die  Matrize  dasselbe  von  oben  schliesst, 
also  umgekehrt  als  beim  gewöhnlichen  Giessen.  Dicht  neben  dem  In- 
strumente mit  gemeinschaftlicher  Scheidewand  befindet  sich  der  aus 
Eisen  hergestellte  etwas  höhere  Einguss  von  prismatischer  Form,  mit 
senkrechter  Achse  und  sauber  gearbeitet.  In  dem  untern  Theile  der 
gemeinschaftlichen  Wand  befindet  sich  ein  horizontaler  Schlitz,  welcher 
den  Einguss  mit  der  Gussform  verbindet  und  das  flüssige  Metall  aus 
dem  erstem  in  die  letztere  hinüberleitet.  Zum  Entweichen  der  in  der 
Form  eingeschlossenen  Luft  dienen  feine,  nach  oben  ausmündende  Ca- 
näle.  Das  Ganze  gleicht  demnach  einer  Gussform  für  stehenden  Gtiss 
(vergl.  S.  156).  Oberhalb  des  Eingusses  ist  an  einem  auf  dem  Tische 
befestigten  Ständer  ein  kleines  Fallwerk  angebracht,  bestehend  aus  einer 
eisernen,  prismatischen,  senkrecht  geführten  Stange,  durch  eine  Metall- 
kugel am  obern  Ende  beschwert  und  mit  einem  prismatischen  Bär 
versehen,  welcher  genau  in  den  Einguss  hineinpasst.  Der  Anhub  erfolgt 
von  Hand  mit  Hülfe  eines  im  Ständer  gelagerten  doppelarmigen  Hebels, 
und  eine  Einklinkung  hält  die  Stange  in  der  höchsten  Stellung*  fest. 
Wenn  Alles  vorgerichtet,  die  Matrize  eingesetzt  ist  u.  s.  w.,  giesst  man 
eine  etwas  grössere  Menge  Metall  als  zur  vollständigen  Füllung  des 
Giessin Strumen ts  ausreichen  würde,  in  den  Einguss  und  löst  dann  die 
Klinke,  welche  das  Fallwerk  festhält.  Der  Bär  schlägt  auf  die  Oberfläche 
des  im  Eingüsse  befindlichen  Metalls,  treibt  dasselbe  in  die  Gussform  hin- 
über und  mit  entsprechendem  Drucke  gegen  die  Matrize,  worauf  es  als- 
bald erstarrt. 

Durch  Veränderung  der  Fallhöhe  vrie  des  Ge?richts  des  Fallwerks 
lässt  sich  die  Wirkung  des  Schlages  verstärken  oder  abschwächen,  je 
nachdem  man  grossere  oder  kleinere  Lettern  zu  giessen  hat. 

Die  in  einer  oder  der  andern  Weise  gegossenen  Lettern  bedürfen 
nun  noch  einer  Anzahl  fernerer  Bearbeitungen,  bevor  sie  zur  Benutzung 
tauglich  sind. 

Zunächst  wird  der  Gusszapfen  (Einguss)  abgebrochen.  Diese 
Arbeit  geschieht  meistens  von  Hand  durch  Knaben  oder  Mädchen, 
deren  jedes  täglich  30000  bis  35  000  Typen  abzubrechen  im 
Stande  ist. 


ScbriflgieBserei.  803 

In  einer  folgenden  Werkstatt  werden  die  Typen  geschliffen  zu  dem 
Zwecke,  an  denjenigen  Stellen,  wo  die  Theile  das  Gieasinatramenta  zu- 
Bammentraten ,  den  enstandenen  Grat  zu  entfernen.  Auch  diese  Arbeit 
wird  in  den  meisten  Fällen  von  Hand  ansgefahrt.  Der  Arbeiter  hat 
vor  sich  auf  dem  Tische  einen  horizontal  liegenden ,  etwa  600  mm  im 
Quadrate  grossea  Schleifstein  (Sa&dstein),  auf  dem  er  die  Typen  durch 
Hin-  nnd  Herbewegen  abschleift.  Die  tägliche  Leistung  eines  geübten 
Arbeiters  hierbei  i«t  20000  bis  25  000  Stflok. 

Die  geschliffenen  Typen  werden  nnn  „aufgesetzt",  d.  h.  sie  wurden 
auf  dem  „Winkelhaken" ,  einem  hfilzemen  linealartigen  Werkzeuge,  zu 
einer  Reihe  geordnet,  so  dass  Fnss  an  Fuss  und  Kopf  an  Kopf  liegt. 
Eine  geradlinige  Leiste  auf  dem  Winkelhaken ,  gegen  welch«  die  Füsee 
der  Lettern  stoaaen ,  bestimmt  die  gerade  Richtung  der  Reihe.  Die  auf- 
gesetzton Typen  werden  nnn  sammt  dem  Winkelhaken  dem  „Fertig- 
macher"  flberwiesen.  Derselbe  übertrftgt  zunächst  die  auf  dem  hölzer- 
nen Winkelhaken  geordnete  Reihe  auf  einen  eisernen  Winkelhaken  durch 
Auflegen  desselben  and  Umkippen ,  wobei  jedoch  jetzt  die  Fttsse  der 
Lettern  nach  aussen  zu  stehen  kommen.  Dann  spannt  er  mit  Hfllfe 
einer  eisernen  über  die  ganze  Reihe  der  Typen  hinwegragenden  Stange 
—  „Würfel"  genannt  —  dieselben  auf  dem  Winkelhaken  fest  undbringt 
nun  das  Ganze  (Winkelhaken  und  Würfel  zusammen  bilden  die  „Einlage") 
anf  den  „Bestosstisch",  wo  es  zwischen  zwei  Leisten  oder  Platten,  deren 
eine  schütten  artig  auf  der  Tischplatte  verschiebbar  ist  und  mit  Hälfe 
einer  Schranbenspindel  gegen  die  andere  bewegt  werden  kann,  in  solcher 
Weise  festgespanut  wird,  dass  die  Füsae  der  Typen  nach  oben  gekehrt 
sind.  Der  Bestosatiach  und  die  Einlage  zusammen  werden  das  „Bestoss- 
zeug"  genannt.  Nun  führt  man  einen  Hobel,  welcher  Aehnlichkeit  mit 
einem  Holzhobel  hat  und  in  Fig.  573  abgebildet  ist,  über  die  ganze 
Reihe  der  Typen  hinweg,,  wobei  an 

Fi«-  573.  ,        -,.    „  ,.      ri-       - 

den  Stellen,  wo  die  Lingusse  saasen 
nnd  beim  Abbrechen  derselben  eine 
rauhe  Oberfläche  entstanden  war, 
Metall  weggenommen  und  dadurch 
ein  rinnenartiger  Einschnitt  gebil- 
.  det  wird,  der  an  dem  Fuasende  der 
'  ■  in    Fig.   B71     abgebildeten    Letter 

sichtbar  ist  nnd  bereits  erwähnt 
wurde.  Zeigt  sieh,  dass  auch  neben 
diesem  Einschnitte  die  Oberkanten  der  Letternfflsse  nicht  in  genau 
gleicher  Höhe  liegen  oder  dass  Überhaupt  die  Gesammthöhe  der  Lettern 
nicht  genau  der  fQr  die  Benutzung  erforderlichen  Höhe  entspricht,  so 
werden  dieselben  mit  einem  ähnlichen  Hobel,  dem  „Hfihenhobel",  eben- 
falls bearbeitet. 

Nnn  werden  die  Typen  herausgenommen ,  in  umgekehrter  Lage  — 
mit  der  Bildfläche  nach  oben  —  abermals  in  das  Bestosszeng  eingespannt, 


804  Specielle  Technologie. 

und  dann  werden  mit  dem  „  Eckhobel  ^ ,  dessen  Schneide  seitlich  neben 
dem  Typenkopfe  yorbeigefedirt  wird,  die  „Ecken  gebrochen*' ,  d.  h.  die 
beiden  frei  liegenden  parallelen  Kanten  der  Typenreihe  (oder  auch  nor 
die  eine  an  der  Seite  der  Signatar  befindliche)  schräg  abgehobelt,  selbst- 
yerstandlich,  ohne  dass  das  Bild  dabei  beschädigt  werden  darf.  Hiermit 
ist  die  Anfertigung  der  Lettern  beendet 

Der  ans  den  einzelnen  Typen  zusammengestellte  „Satz**  wird  zu- 
nächst zum  Drucke  der  sogenannten  Gorrectur-  oder  Revisionsbogen, 
dann  aber,  nachdem  die  gefundenen  Irrthümer  berichtigt  worden  sind, 
als  Modell  f&r  den  Guss  der  Stereotypplatten  benutzt,  welche  für  die 
Herstellung  der  richtigen  Abdrücke  in  die  Buchdruckerpresse  eingesetzt 
werden. 

Zur  Herstellung  der  Gussform  für  diese  Stereotypplatten  klebt  man 
eine  Anzahl  dünner  Papierblättohen  mit  dünnem  Stärkekleister  auf  ein- 
ander, legt  dieselben,  während  sie  noch  feucht  sind,  auf  den  Typensatz 
und  presst  sie  durch  Aufschlagen  derartig  gegen  denselben,  dass  ein  ver- 
kehrter scharfer  Abdruck  desselben  entsteht.  Diese  Papiermatrize  wird  bei 
gelinder  Wärme  getrocknet,  dann  in  eine  Gussform  eingelegt,  bestehend 
aus  zwei  gusseisemen  Platten,  welche  durch  dazwischen  gelegte,  den 
Rand  der  Gussform  an  drei  Seiten  einschliessende  und  zugleich  die 
Matrize  festspannende  eiserne  Leisten  einen  solchen  Abstand  von  ein- 
ander erhalten,  als  die  Metallstärke  der  Stereotypplatten  betragen  soll. 
Die  Gussform  wird  dann  verklammert  und  in  aufrechter  Stellung  mit 
Hülfe  eines  GiesslöBfels  vollgegossen.  Nach  dem  Erkalten  werden  die 
Seiten  der  Platten  behobelt  und  sind  dann  druckfertig.  Statt  der  Papier- 
formen benutzte  man  früher  Gypsformen  (Matrizen),  durch  Aufgiessen 
von  Gyps  auf  den  Drucksatz  hergestellt. 

Die  Zusammensetzung  der  für  den  Guss  von  Stereotypplatten  be- 
nutzten Legirung  wurde  bereits  oben  mitgetheilt. 


Literatur. 


J*  H.  Bachmann,  Die  Schriftgiesserei,  Leipzig  1868. 
Prechtl-Kar marsch,  Technologische  Encyclopädie,  Bd.  16,  17,   18, 
Artikel  Stereotypie  und  Schriftgiesserei. 


Gusseiseme  Bohren.  805 


Anfertigung  der  Bohren. 

Rohren  v£nden  in  der  Technik  und  im  gewöhnlichen  Lehen  eine 
sehr  häufige  Anwendang,  hauptsachlich  zum  Fortleiten  yon  Flüssigkei- 
teu,  Dämpfen  oder  Gasen,  aber  auch  zu  mannigfachen  anderen  Zwecken. 
Dieser  massenhafte  Verbrauch  der  Röhren  erklärt  es,  dass  die  An- 
fertigung derselben  längst  als  Specialität  ausgebildet  und  auf  diese  Weise 
auf  eine  hohe  Stufe  der  Vollkommenheit  gehoben  ist.  Die  Art  und 
Weise  der  Anfertigung  aber  ist  eine  sehr  verschiedene,  je  nachdem 
das  eine  oder  andere  Metall  als  Röhrenmaterial  benutzt  wird.  Für  die 
Röhrenanfertigung  im  Grossen  sind  folgende  Metalle  die  wichtigsten: 
Gusseisen,  Schmiedeeisen,  Kupfer,  Messing,  Blei. 

Gusseiserne  Röhren. 

In  Folge  der  zum  Theile  grossartigen  Anlagen  Ton  Gas-  und 
Wasserleitungen,  sowie  in  neuester  Zeit  von  Canalisationen  zur  Fort- 
leitung von  Abfallstoffen,  welche  für  Städte  und  grössere  Ortschaften 
nicht  allein  neu  angelegt  werden,  sondern  mit  dem  fortschreitenden 
Wachsthum  derselben  alljährlich  Ergänzungen  verlangen,  ist  die  An- 
fertigung gusseisemer  Leitungsröhren  zu  einem  Umfange  angewachsen, 
dessen  sich  kein  anderer  Specialartikel  aus  Gusseisen  rühmen  kann« 
Die  deutschen  Röhrengiessereien  liefern  alljährlich  nach  einem  ungefäh- 
ren Ueberschlage  circa  1  Million  Centner  gusseiserne  Röhren;  die  fran- 
zösischen mindestens  ebenso  viel;  die  englischen  noch  mehr. 

Die  üblichsten  Abmessungen  gusseisemer  Röhren  schwanken  zwi- 
schen 25  mm  Durchmesser  mit  circa  1,5  m  Länge  und  1  m  Durohmesser 
mit  4  m  Länge. 

Die  Verbindung  der  einzelnen  Röhren  unter  einander  zur  Herstel- 
lung einer  langem  Leitung  geschieht  bekanntlich  in  zweierlei  Weise, 
und  man  unterscheidet  demnach  zwei  Hauptgattungen  von  gusseisemen 
Röhren:  Scheiben-  oder  Flantschenröhren,  bei  welchen  an  jedem 
Ende  des  Rohrs  eine  Scheibe  rechtwinklig  zur  Aohsenriöhtung  auf- 
gegossen ist,  und  die  Verbindung  zweier  benachbarter  Rohre  durch 
Schrauben  erfolgt,  nachdem  eine  Dichtnngsscheibe  aus  Pappe  mit  Kitt, 
aus  Kautschuk  oder  dergleichen  eingelegt  ist;  und  Muffen  röhren,  bei 
denen  das  Ende  des  einen  Rohrs  in  die  Muffe  des  folgenden  hinein- 
gesteckt wird,  worauf  man  die  Fuge  durch  getheerten  Hanf  und  einen 
darüber  gegossenen  und  gut  verstemmten  Bleiring  (bisweilen  auch  wohl 
nur    durch   Verkitten    mit  Rostkitt)   schliesst,     Scheibenröhren    finden 


806  Specielle  Technologie. 

vorzugsweise  für  Dampfleitungen  Verwendung,  weil  bei  diesen  in  Folge 
des  Temperaturwechsels  ein  öfteres  Auswechseln  zerbrochener  Rohre 
erforderlich  wird,  und  aus  naheliegenden  Gründen  das  Auswechseln  eines 
Rohrs  aus  einer  festliegenden  Leitung  bei  Muffenröhren  weit  umständ- 
licher als  bei  Scheibenröhren  ist;  bei  den  oben  genannten,  weit  umfang- 
reicheren Verwendungen  gusseisemer  Röhren  bedient  man  sich  dagegen 
fast  nur  der  billigeren  Muffenröhren,  deren  Anfertigung  aus  diesem 
Chrunde  vorzugsweise  als  Specialitat  ausgebildet  ist. 

Der  Zweck  gusseisemer  Leitungsröhren  für  Gas,  Wasser  oder  Ab- 
fallstoffe erheischt  es,  dass  dieselben  vollständig  dicht  (blaaenfrei)  im 
Gusse  sind,  Erschütterungen  oder  Stösse  (die  bei  Wasserleitungsröhren 
mit  Hoobdruck  durch  das  Wasser  selbst  in  sehr  heftiger  Weise  ausgeübt 
werden  können)  ohne  Gefahr  des  Zerbrechens  aushalten,  und  dass  be- 
sonders die  Muffe  hinlänglich  fest  sei,  die  beim  Verstemmen  der  Fuge 
mit  Blei  ausgeführten  Schläge  auszuhalten,  ohne  zu  zerspringen.  Zur 
Erfüllung  dieser  Bedingung  ist  es  üblich,  die  Muffenröhren  stehend  in 
getrockneten  Formen  und  —  wenigstens  bei  den  grösseren  Sorten  —  mit 
der  Muffe  nach  unten  zu  giessen.  Der  stehende  Guss  erleichtert  eines- 
theils  das  Entweichen  der  in  der  Gussform  aufsteigenden  Gas-  und 
Dampfblasen  sowie  das  Aufsteigen  der  etwa  zufällig  in  die  Gussform 
gerathenen  fremden  Körper  (Ausscheidungen  aus  dem  Eisen,  losgerissene 
Theilchen  der  Form  etc.)  in  den  zu  oberst  befindlichen  Einguss,  andern- 
theils  macht  er  die  bei  horizontaler  Lage  des  langen  Kerns  unvermeid- 
liche Unterstützung  desselben  durch  Kemsteifen  (S.  154)  entbehrlich, 
deren  Anwendung  sehr  häufig  eine  Undichtigkeit  des  Rohrs  an  der  be- 
treffenden Stelle  zur  Folge  haben  würde;  das  Trocknen  der  Form 
bezweckt  eine  verringerte  Dampfentwickelung;  durch  den  Guss  der 
Muffe  nach  unten  wird  eine  Ansammlung  von  Gasblasen  und  sonsti- 
gen aufsteigenden  fremden  Körpern  in  derselben  vermieden,  welche 
bei  der  umgekehrten  Anordnung  der  Gussform  nur  durch  Aufsetzen 
eines  starken  verlornen  Kopfs  sich  mit  Sicherheit  vermeiden  lassen 
würde. 

In  allen  Fällen  muss  die  Gussform  und  der  Kern  für  dieselbe  getrennt 
angefertigt  werden.  Letzterer  wird  in  Lehm  auf  einer  eisernen  mit  Stroh 
umwickelten  Spindel  aufgedreht  (S.  144  und  166),  gut  getrocknet  und  vor 
dem  Gusse  in  die  Gussform  eingelegt.  Nur  für  die  Kerne  der  kleinsten 
Sorten  Röhren  wendet  man  bisweilen  Kernkasten  an,  in  welchen  die  Kerne 
aus  Masse  eingestampft  werden,  nachdem  ebenfalls  eine  eiserne  Kernspin- 
del  eingelegt  worden  ist. 

Bis  vor  etwa  10  Jahren  bediente  man  sich  allgemein  in  den  Roh- 
rengiessereien  eines  gewöhnlichen  zweitheiligen  Formkastens  von  sech«- 
eckigem  Querschnitte  (Fig.  120  a.  S.  139),  formte  übör  einem  gusseiser- 
nen  gedrehten  Modelle,  welches  beim  Einstampfen  des  Unterkastens  zur 
Hälfte  in  einen  sauber  gearbeiteten  Lehrboden  eingelassen  war,  die 
Gussform  in  der  üblichen  auf  S.  152  beschriebenen  Weise  ein,  trocknete 


Gusseiserne  Röhren.  807 

dieselbe  in  einer  Trockenkammer,  legte  nach  Beendigung  des  Trocknens 
den  Kern  ebenfalls  in  horizontaler  Lage  in  den  Unterkasten  ein,  setzte 
den  Oberkasten  auf  und  richtete  erst  dann  die  solcherart  fei*tig  zu- 
sammengesetzte Gussform  in  senkrechte  Stellung  auf,  um  zum  Gusse  zu 
schreiten.  Das  Aufrichten  der  Formkasten  und  das  Niederlegen  derselben 
nach  beendigtem  Gusse  wurde  durch  Drehungszapfen  in  der  Mitte  ihrer 
Länge,  auf  zwei  eisernen  Trägern  ruhend,  erleichtert,  welche  letzterei^  über 
einer  Dammgrube  im  Niveau  der  Hüttensohle  derartig  angeordnet  waren, 
dass  nur  die  obere  Hälfbe  des  aufgerichteten  Formkastens  über  die  Hütten- 
sohle emporragte.  Diese  Methode  veranlasste  einen  beträchtlichen  Zeit- 
verlust durch  das  erforderliche  Heben  und  Transportiren  der  Formkasten 
beim  Einformen  und  Trocknen;  an  den  Fugen  der  beiden  Qnssformhälf- 
ten  entstand  ein  Grat,  welcher  bisweilen  zur  Entstehung  poröser,  undich- 
ter Stellen  Veranlassung  gab;-  da  der  Kern  in  horizontaler  Lage  eingelegt 
und  dann  erst  mit  dem  Formkasten  aufgerichtet  wurde,  war  eine,  wenn 
auch  geringe,  Yerbiegung  desselben  durch  sein  Gewicht  oft  unvermeid- 
lich und  die  Entstehung  einer  ungleichen  Wandstarke  des  Rohrs  die 
Folge  davon. 

Diese  Uebelstände    gaben  Veranlassung   zur  Erfindung   einer  voll- 
ständig abweichenden  Formmethode,  welche,  zuerst  in  Frouard  bei  Nancy 
ausgebildet,  seitdem  einen  Umbau  fast  aller  grösseren  Röhrengiessereien 
zur  Folge  gehabt  hat,  da  sie  in  einfachster  Weise  jene  Missstände  vermei- 
det. Die  Figuren  574  bis  677  (a.  f.  S.)»  welche  einen  Formkasten  mit  ein- 
gehängtem Modelle,  eine  Gussform  während  des  Trocknens  und  einen 
zum   Gusse  fertigen  Formkasten    mit    eingestelltem  Kerne  in    V40  der 
wirklichen  Grösse  darstellen,  mögen  zur  Veranschaulichung  dieser  Form- 
methode  dienen,    bei    welcher    der  Formkasten    während    aller   vorzu- 
nehmender Arbeiten  eine   senkrechte  Stellung  behält,  ohne  von  seinem 
Platze  entfernt  zu  werden.     Das  Trocknen  geschieht,  wie  aus  Fig.  575 
ersichtlich  ist,  durch  eine  unterhalb  des  Formkastens  angebrachte  Feue- 
rung;  in  Rücksicht  hierauf  pflegt  man,  um  die  Bedienung  der  Feuerun- 
gen für  die  einzelnen  Formkasten   zu  erleichtem,   den  Arbeitsraum  für 
das  Formen  und  Giessen  erhöht,  gewissermaassen  als  ersten  Stock  des  Gebäu- 
des, anzulegen,  so  dass  der  darunter  befindliche  Raum — das  Erdgeschoss  — 
für  die  Feuerungen  benutzt  werden  kann.     In  dem  Boden  des  Form- 
locals  (der  Decke  des  Erdgeschosses)  sind  Schlitze  angebracht,  in  welche 
die  Formkasten   eingehängt  werden.      In  den  gegebenen  Abbildungen, 
welche  die  betreffende  Einrichtung  in  der  neu  erbauten  grossen  Röhren- 
giesserei  zu  GrÖditz  in  Sachsen  darstellen,  sind  aa  starke,  die  seitliche 
Begränzung  der  erwähnten  Schlitze  bildende  Blechträger,  so  dass  jeder 
dieser  Schlitze  zur  Aufnahme  einer  langem  Reihe  neben  einander  stehen- 
der Formkasten  dient;  und  oberhalb  jedes  Schlitzes  befindet  sich  eine 
durch  eine  Transmission  betriebene  Laufbühne,  um  die  Modelle  ein-  und 
auszuheben,  die  Kerne  einzusetzen,  die  Abgüsse  herauszunehmen  u.  s.  w. 
Jeder  der  einzelnen  Formkasten    ruht   mit   den  angegossenen  Laschen 


808  Specielle  Technologie. 

anf  zwei  giuMiBemen  Qnerträgem  bb,  welche  sich,  den  ▼enchiedenen 
Onrchmessem  der  FormkAtten  entepreohend,  in  beliebigen  Abatuid  tob 
einander  bringen  lassen.     Die  FormiEiiaten  sind  sweitheilig,  cjUndrisch. 


Ihr  Durchmesser  ist  so  gewählt,  dasa  zwischen  Form  kästen  wand  and  Modell 
nur  so  viel  Ranm  bleibt,  nm  eine  Sandschicht  von  genflgender  Haltbu-- 


Gusseiserne  Röhren.  809 

keit  einformen  zu  können,  etwa  25mm  bei  Rohren  mittlerer  Grösse. 

Hierdurch  wird   nicht  allein  der  SandTerbrauch  und  die  Arbeit  des  Ein- 

p.     g^^  formens  auf  ein  geringstes  Maass  beschränkt, 

sondern  auch  die  Zeitdauer  des  Trocknens, 
welche  bei  der  oben  beschriebenen  altern 
Methode  6  bis  12  Stunden  zu  beanspruchen 
pflegte,  auf  1  bis  2  Stunden  abgekürzt, 
so  dass  ein-  und  derselbe  Formkasten  im 
Laufe  des  Tages  mehrere  Male  benutzt  wer- 
den kann.  Das  Modell  ist  aus  Gnsseisen 
gefertigt  und  glatt  gedreht.  Eine  in  der 
Achse  desselben  befestigte  schmiedeeiserne 
Spindel  mit  angeschmiedeter  Oese  dient 
zum  Heben  desselben.  Soll  die  Muffe 
nach  unten  gegossen  werden,  so  muss  das  Modell,  wie  aus  Fig.  574 
hervorgeht,  getheilt  sein,  um  das  Modell  d  der  Muffe  nach  unten  ent- 
fernen zu  können,  wenn  das  Einformen  beendet  ist,  während  der  cylin- 
drische  Theil  c  nach  oben  herausgezogen  wird.  Der  Deckel  e  bildet  den 
untern  Verschluss  des  Formkastens,  sichert  mit  Hülfe  einer  eingedrehten 
Führung  die  richtige  Stellung  des  Muffenmodells  (vergl.  574),  und  dieses 
schliesst  sich  mit  einer  ausgedrehten  Ringfläche  genau  um  das  untere 
Ende  des  Modells  c,  somit  auch  die  Stellung  dieses  letztern  festlegend. 
Dieser  Einrichtung  des  Modells  entspricht  diejenige  der  Kemspindel, 
welche  in  Fig.  576  ersichtlich  ist.  Auch  diese  —  und  somit  auch  'der 
Kern  —  besteht  aus  zwei  Theilen,  derer  unterer,  für  die  Muffe  bestimm- 
ter, in  dem  Deckel  e  geführt  ist  und  seinerseits  wieder  als  Führung  für 
den  obem  langem  Theil  dient.  In  solcher  Weise  muss  der  Kern  stets 
eine  genau  oentrische  Stellung  zur  Gussform  erhalten.  Das  Arbeitsver- 
fahren ist  einfach  und  bedarf  keiner  Erläuterung.  Zum  Trocknen 
benutzt  man  Braunkohlen,  Koks  oder  dergleichen  in  einer  fahrbaren 
Feuerung;  in  einzelnen  Giessereien  erhitzte  Luft,  welche  von  unten  ein- 
strömt. 

Nach  dem  Giessen  wird  zunächst  'die  Kemspindel  mit  Hülfe  des 
Krahns  herausgezogen,  dann  werden  die  durch  Dübel  verbundenen  Form- 
kastenhälften so  weit  gelöst,  als  erforderlich  ist,  den  Abguss  nach  oben 
herausheben  zu  können,  und  nunmehr  dieser  gleichfalls  mit  dem  Krahne 
entfernt. 

In  einzelnen  grossen  Röhrengiessereien  hat  man  die  Handarbeit 
beim  Einformen  durch  Maschinenarbeit  ersetzt.  Auf  S.  194  wurde  bereits 
das  Princip  solcher  Röhrenformmaschinen  und  auf  S.  198  die  betreffende 
Literatur  erwähnt  Da  die  mit  der  Transmission  verbundene  Form- 
maschine  hierbei  einen  festen  Standort  besitzt,  so  müssen  die  Formkasten 
transportirt  werden,  um  einer  nach  dem  andern  eingeformt  zu  werden, 
und  hierin  beruht  wohl  unläugbar  ein  Nachtheil  gegenüber  der  be- 
schriebenen Röhrenformmethode  mit  Handarbeit;  ausserdem  ist  aber  bei 


810  Specieüe  Technologie. 

der  letzteren  die  Arbeit  des  Einformens  ohnebin  so  yerhahDiflsmäBsig 
gering,  daas  nach  Uebenengnng  des  Yerfaners  die  Anwendong  Yon 
RöbrenformmaBchinen  nur  in  Gegenden,  wo  die  Arbeitslöhne  sehr  hoch 
sind,  von  Vortbeil  sein  kann. 

Za  den  geraden  Bohren  bilden  die  sogenannten  Fagonstücke  un- 
entbehrliche Ergänzungen  bei  grosseren  Leitungen.  Hierher  gehören 
Krümmer,  Kreuzungsstucke,  T-Stficke  und  andere.  Die  Anfertigung  der- 
selben bietet  im  Allgemeinen  wenig  Eigenthnmliches. 

Die  gegossenen  Röhren  werden,  nachdem  sie  vom  Sande  gereinigt, 
die  £|pigüsse  entfernt  sind  u.  s.  w.,  einer  Dichtigkeits-  und  Druckprobe 
unterworfen.  Gasleitungsröhren  werden  zu  diesem  Zwecke,  nachdem 
ihre  Enden  durch  aufgepresste  Deckel  luftdicht  verschlossen  sind,  in 
einem  GeHlsse  unter  Wasser  mit  Hälfe  einer  Luftpumpe,  die  durch  einen 
Schlauch  mit  dem  Rohrinnem  in  Verbindung  gesetzt  ist,  mit  g^resster 
Luft  (bis  zu  zwei  Atmosphären  Ueberdruck)  gefüllt  Jede  Undichtig- 
keit verräth  sich  sofort  durch  im  Wasser  aufsteigende  Luftbläschen. 
Wasserleitungsröhren  werden  dagegen  mit  Wasser  gefüllt,  welches  mit 
Hülfe  einer  Druckpumpe  einem  Drucke  von  10,  12,  15  Atmosphären, 
den  Lieferungsbedingungen  entsprechend,  ausgesetzt  wird  und  denselben 
auf  die  Rohrwände  überträgt.  Gewöhnlich  hämmert  man  während  die- 
ses Druckes  die  Rohrwände  an  verschiedenen  Stellen  mit  1  bis  lYs  Kilo 
schweren  Hämmern,  um  auch  ihre  Widerstandsfähigkeit  gegen  Er- 
schütterungen zu  erproben.  Hierbei  darf  weder  ein  Zerspringen 
des  Rohres  noch  ein  Durchschwitzen  von  Wasser  durch  die  Wände 
stattfinden. 

Schliesslich  werden  die  Röhren  in  der  auf  S.  783  beschriebenen 
Weise  mit  einem  Theerüberzuge  versehen  (asphaltirt). 

Schmiedeeiserne  Röhren. 

Dieselben  finden  ihre  hauptsächlichste  Verwendung  für  engere  Gas- 
leitungen in  den  Gebäuden  —  wobei  die  Verbindung  der  einzelnen  Rohr- 
enden durch  Mu£Fen  mit  Schraubengewinden  bewerkstelligt  ¥drd  —  tmd 
für  Dampfkessel  als  sogenannte  Siederohre.  Die  Anfertigung  ist  eine 
etwas  abweichende,  je  nachdem  sie  dem  einen  oder  andern  der  genann- 
ten Zwecke  dienen  sf>llen. 

In  beiden  Fällen  dient  ein  möglichst  weiches,  gut  seh  weissen  des 
Puddeleisen,  Frischfeuereisen  oder  auch  wohl  Bessemereisen  als  Material, 
aus  welchem  flache  Stäbe  (Streifen  oder  Stripsen,  englisch  strips)  ent- 
weder durch  Auswalzen  in  Kalibern  oder  durch  Zerschneiden  von  Blechen 
hergestellt  werden.  Ersteres  billigeres  Verfahren  ist  für  Anfertigung 
von  Gasröhren,  letzteres  für  Siederöhren  üblich.  Die  langen  Kanten 
müssen  durchaus  sauber  und  glatt  sein. 


Schmiedeeiserne  Köhren.  811 

Fär  die  GaBröhreDfabrikatioii  bringt  man  eine  AiiEahl  Streifen  in 
einen  Sohweiasofen  mit  5  bis  6  m  langem ,  ca.  '/t  >»  breitem  Herde  und 
niedrigem  Gewölbe,  welcher  mit  Ungflammiger  Kohle  geheict  wird ,  nm 
eine  möglichst  gleichmSwige  Erhitzung  der  langen  Streifen  zn  bewir- 
ken. In  nnmittelbarer  Nachbarachaft  dieaea  Ofens  befindet  atch  eine 
Scbleppsangenziehbank,  gans  tlhnlich  der  anf  S.  53S  abgebildeten, 
doch  m eisten B  ohne  den  Dorn  in  der  Ziehöffnnng.  Letztere  ist  in 
einer  goeaeiaernen  trichterartigen  „Ziehdöte",  auch  „Becher"  genannt, 
Fig.  578,  befindlich,  welche  eich  raach  in  das  Zieheiaen  einsetzen 
und  behnf  der  Anawechaelnng  wieder  herananehmen  lässt  (vergl. 
S.  536). 

Wenn  die  Streifen  im  Ofen  znr  hellen  Rotbginth  erwärmt  aind, 
wird  der  erste  heranagenommen ,  doa  Ende  desselben  mit  einem  Holz* 

Fig.  578, 


hnmmer  über  einem  Dorne  dfltenartig  nmgeklopfl,  wie  ea  Fig.  579  dar- 
stellt, dieses  Ende  durch  das  Ziehloch  hin  durchgesteckt  und  von  der 
Scbleppzange  erfasat.  In  diesem  Augenblicke  wird  die  Zange  in  die 
bereits  in  Umlauf  befindliche  Kette  der  Bank  eingehängt  und  dadnrch 
der  ganze  Streifen  daroh  die  ZiehdQte  hindurchgezogen.  Hierbei  rollt 
sich  derselbe  natnrgemäsa  zn  einem  Rohre  msammen ,  indem  die  langen 
Kanton  atnmpf  gegen  einander  gedrückt  werden.  Nun  wird  das  Rohr 
in  den  Scbweisaofen  zurückgebracht  und,  während  die  übrigen  in  der- 
aelben  Weise  gerollt  werden,  zur  Schweisshitae  erwärmt.  Ist  dieaea  ge- 
sobehen,  so  wird  eine  engere  Dato  in  die  Ziehbank  eingesetzt,  das  Rohr 
ans  dem  Ofen  genommen  and  hindurch  gezogen.  In  Folge  des  verklei- 
nerten Durchmessers  wird  die  Sahweiaafnge  hierbei  fest  znaammenge- 
-  preset  und  der  Dnrchmesaer  entsprechend  verkleinert.  Nun  kommt  das 
Rohr  auf  kurze  Zeit  in  den  Ofen  zurück  und  zwar  in  umgekehrter  Lage 
als  vorher,  so  dass  das  vorher  dem  Fuchse  angekehrte  und  deshalb  weni- 
ger  stark  erhitzte  Ende  jetzt  nach  der  Fenerbrücke  zu  gerichtet  ist. 
Inzwischen  wird  die  Düte  abermals  mit  einer  engem  vertauscht,  und 
dann  das  Rohr  wiederum  hindurchgezogen.  Dieses  Verfahren  wird  im 
Ganzen  ungefähr  fünf  Hai  mit  stetig  abnehmender  ZiehöFTnong  wieder- 
holt und  durch  das  gleichzeitige  Zusammenpressen  der  Fuge  and  Ans- 
ziehen  des  Rohrs  die  Schweissung  voUendeb 


812  Spedelle  Tedinologie. 

Nach  dem  letztan  Zuge  wird  das  noch  Ruhende  Bc^  gerade  ge- 
richtet. Die  hiem  dienende  Riehtmaachine  besteht  ans  einer  hcMrisoatal 
liegenden,  staricen,  gnsBeisemen  Richtplatte,  oberhalb  weldier  eine  sveite 
gaaeeiaeme  Phitte  hin-  nnd  herbewegt  wird  und  dadnrch  das  zwischen 
beiden  befindliche  Bohr  in  rollende  Bewegung  veiBetzt.  Die  bew^- 
liehe  Platte  ruht  mit  vier  seitlich  angebrachten  Lanfradem  auf  zwei 
Gnsseisenschienen ,  welche  yon  je  zwei  senkrechten  starken  Schranben- 
spindeln  getragen  werden,  so  dass  der  Abstand  beider  Platten  Ton 
einander  entsprechend  dem  äossem  Durchmesser  des  zn  richten- 
den Bohrs  dnrch  Drehung  der  Spindeln  mit  Leichtigkeit  geregelt  wer- 
den kann. 

Schliesslich  werden  die  Enden  des  Bohrs  beschnitten  nnd  anf  der 
Schranbenschneidemaschine  (s.  nnten:  Anfertigung  der  Schrauben)  mit 
Gewinde  yersehen. 

Dieses  für  Anfertigung  von  Gasröhren,  welche  nur  schwachem 
Drucke  ausgesezt  sind,  ToUstandig  ausreichende  Yer&hren  giebt  bei 
Anfertigung  von  Siederöhren  für  hohen  Druck  einen  weniger  befrie- 
digenden Erfolg.  Man  pflegt  deshalb  die  Herstellung  dieser  letzteren 
in  folgender  Weise  auszufuhren.  Um  die  Schweissung  zu  erleichtem, 
werden  die  langen  Kanten  der  aus  Blech  geschnittenen  Streifen  schr&g 
abgehobelt,  so  dass  sie  beim  Zusammenrollen  nicht  stumpf  gegen  ein- 
ander stossen,  sondern  sich  auf  einander  legen  (wie  in  Fig.  368  auf 
S.  466)  nnd  dadurch  eine  breitere  Fuge  bilden.  Zum  Bollen  der  so 
▼orbereiieten  Streifen  dient  ein  Glühofen  nnd  eine  Schleppzangenzieh- 
bank wie  f&r  die  Gasrohre;  die  gerollten  Bohre  kommen  nunmehr  in  ^ 
einen  zweiten  Ofen,  um  auf  Schweisshitze  erwärmt  zu  werden.  Bis 
hierher  unterscheidet  sich  das  Verfahren  wenig  Ton  der  Anfertigung 
der  Gasröhren;  die  nun  folgende  Schweissung  aber  geschieht  nicht  im 
Ziehwerke,  sondern  im  Walzwerke.  Die  Walzen  desselben  pflegen  nur 
je  ein  Bundkaliber  zu  besitzen,  dessen  Durchmesser  gleich  dem  äussern 
Durchmesser  des  Bohrs  ist;  die  Bänder  des  Kalibers  laufen  nahezu  auf 
einander.  Hierdurch  entsteht  eine  scheibenartige  Form  der  Walzen,  wie 
aus  Fig.  581  hervorgeht.  Der  Durchmesser  der  Walzen  ist  550  bis 
650  mm,  die  Anzahl  der  Umdrehungen  60  bis  130,  je  nachdem  dickere 
oder  weniger  dicke  Bohren  gewalzt  werden.  In  dem  Kaliber  der  Wal- 
zen, auf  der  Unterwalze  lose  aufiruhend,  befindet  sich  ein  in  der  Sehale 
gegossener  gusseisemer  Dom  a  Ton  der  Form  eines  Paraboloids,  der 
an  seiner  dicksten  Stelle  auf  etwa  10  mm  Länge  cylindrisch  gedreht 
und  polirt  ist,  so  dass  der  Durchmesser  dieses  cylindrischen  Theils  genau 
dem  innern  Durchmesser  des  herzustellenden  Bohres  entspricht;  der 
Dorn  ist  an  dem  Ende  einer  Stange  Bnndeisen  befestigt,  welche  etwas 
länger  ist  als  das  Bohr,  und  sich  mit  dem  andern  Ende  gegen  eine  ver- 
stellbare  Platte  stemmt.  Das  gerollte  und  zur  Schweisshitze  erwärmte 
Bohr  wird  in  der  Bichtung  des  Pfeils  in  Fig.  580  gegen  die  Walzen  ge- 


Schmiedeeiserne  Röhren.  813 

fahrt,  bebt  dabei  den  Dom  bo  viel  empor,  als  die  WandeUrke  betrftgt, 
und  wird  dann  in  der  ganzen  L&nge  aber  denselben  fortgeftlhrt.  Dnrcb 
den  Druck  der  Walzen  von  anssen  and  dei  Doms  von  innen  wird  die 
Scbweiwang  Tollendet.  Das  gegobweigste  Rohr  wird  nnn  abermals  in  einem 

Fig.  580.  Fig.  581. 


GlQhofen  anf  Kirachrotbgluth  erwärmt  nnd  mit  der  Scbleppzangenüieb- 
banlc  langsam  dnrcb  ein  Ziehloch  mit  Bcharfer  Kante  (Hartgossring) 
gezogen,  dessen  Dorcbmesser  genau  gleich  dem  äussern  DnrchmesBer  des 
fertigen  Rohre  ist;  hierbei  wird  der  beim  Waisen  entstandene  Glühspan 
abgescbaht  und  die  Oberfläche  geglättet. 

Die  erkalteten  Röhren  werden  durch  Bearbeiten  mit  Holzhämmern 
gerichtet  and,  nachdem  die  Enden  auf  der  Drehbank  abgedreht  wor- 
den sind,  mit  der  Druckpumpe  auf  ihre  Dichtigkeit  and  Festigkeit 
geprüft!). 

Beim  Legen  von  schmiedeeiaemen  Gaaleitangen  sind  Belbatveretänd- 
lich  ähnliche  Fa^onstücke  als  f&r  gnsseiseme  Leitungen  erforderlich,  um 
Rohrenden  zu  verbinden,  rechtwinklige  Erftmmungen  hervorzubringen, 
Abzweigungen  anznlegan  und  dergleichen.  Die  Anfertigung  dieser 
Stücke,  welche  noch  von  manchen  Fabriken  geheim  gebalten  wird,  giebt 
ein  anschauliches  Beispiel,  wie  man  oft  mit  sehr  einfachen  Hülfsmitteln 
ftberraschende  Erfolge  erreichen  kann;  and  ea  soll  deshalb  die  Darstel- 
lungsweiss  der  übhchen  aahmiedeeisemen  Fagonstficke  in  Kurzem  er- 
läutert werden. 


^)  Die  Fabrikation  schmiedeeinemac  DnmpfkesBeliiederÖkren ,  von  C.  von 
Schwarz.  Zeitschrift  des  berg-  und  hüttenmänaiscben  Vereins  ihr  Bteiermark 
und  Kämtheti,  Jahrgang  ISTT,  S.  TT. 


814  Specielle  Technologie. 

Die  Anfertigung  von  Mafien  snr  Verbindung  sweier  Robrenden 
btet«t  DichU  Besonderes.  Han  rollt  ein  entsprechendes  Stüok  Flacheisen 
mit  abgeschr&gten  Enden  lOMmmen ,  schweisst  die  Enden  über  einem 
Dorne  nnd  scbneidet  Hchliesalicb  das  Gewinde  ein.  Redncttonsiunffen 
(znr  Verbindung  zweier  Röhrenden  von  rerschiedenen  DnrchnietserD) 
werden  ebenso  gefertigt  nnd  scUiesslicb  an  dem  einen  Ende  Ober  einen 
zweiten  engern  Dom  geticbmiedet. 

Knie  stücke.  Die  Fignren  562  bis  586  veranscbanlichen  den 
Gang  bei  der  Herstellung  derselben.  Ein  Stück  Flacheisen  wird  Knnächet 
wie  in  Fig.  582  ansgeschmiedet ,   die  beiden  mit  xx  bezeichoeten  Ecken 


^ 


zn  danneren  vorstehenden   Lappen  ansgestreckt,  die  gegen  übe  rtiegende 
Seite  yy  des  Rechtecks  in  der  Mitte  bei  h  mit  einem  Einschnitte  ver- 


sehen, die  eine  (linke)  Hälfte  desselben  etwas  verkOrzt,  und  scblieaslicb 
beide  Hälften  an  der  Kante  etwas  abgeschrägt.  Das  so  vorgerichtet* 
und  zur  Rothglnth  erwärmte  Stück  wird  nun  längs  der  Linie  a  &  über 
einen  Dom  gebogen  und  die  abgeschrägten  Kanten  yhy  um  90  Grad 
einwärts  gebogen,  wodurch  eine  Form  wie  Fig.  r>83  entsteht.  Durch 
fortgesetzte  Biegung  über  dem  Dorne,  bis  die  Kanten  yfcy  über  einander 
greifen,  entsteht  die  in  Fig.  584  abgebildete  Gestalt.  Der  bei  h  in  Fig.  58d 
gegebene  Einschnitt  verhütet  hierbei  eine  zn  starke  Materialanhäofung 
an  dem  Eckpunkte.  Nun  wird  Schweisahitze  gegeben ,  die  beiden  Lap- 
pen xz  werden  einwärts  über  einander  gezogen,  wodnrch  zwei  cor- 
respondirende  Rohrstatzen  entstehen,  und   mit  Hülfe  eines  Doms  nnd 


Schmiedeeiserne  Röbreo.  815 

Setzhammera  .wi»  in  Fig.  585  «UBgeBohmiedet.  SchlieasHch  wird  du 
Stück  änsserlich  im  Gesenke  nachgearbeitet,  der  Giahapan  and  Qrat 
durch  gröblichea  Befeilen  entfernt,  die  Kanten  auf  der  Drehbank  gerade 
gedreht  nnd  das  Schraubengewinde  eingeschnitten  (Fig.  586). 

T-Stücke.  Ein  Stück  Flacheisen  wird  dorch  achrfiges  Abhanen 
der  Ecken  nnd  Znachärfen  der  dadurch  entstandenen  Kanten  ufo,  xx  u.  s.  f. 
wie  Fig.  587  geformt  nnd  dann  über  einem  Dome  längs  der  Linie  ab 
gebogen,  so  dass  es  die  Gestalt  Fig.  588  erk&lt.    Indem  man  jetat  die 

Fig.  067.  Kg.  588. 


Kante  te  einwärts  biegt  nnd  über  die  ebenfalla  einwärts  gebogene  Kante 
XX  zieht  (Fig.  589)  nnd  dann  ebenao  mit  den  gegenüberliegenden  Kan- 


ten yy  and  wk  verfährt,  wird  der  Stntzen  gebildet,  deaaenFngendann, 
wie  ea  Fig.  590  zeigt,  in  Schweiaahitze  über  dem  Dome  mit  dem  Setz- 
hammer  vereinigt  werden.  Schliesslich  wird  das  so  entstandene  T-Stück 
im  Gesenke  vollendet,  aof  der  Drehbank  an  den  Kanten  abgestochen 
und  mit  Gewinde  versehen  (Fig.  591). 

Kreninngsstücke.  Znr  Herstellung  derselben  schmiedet  man 
zonächst  in  ganz  derselben  Weise,  wie  soeben  beschrieben  wurde,  ein 
T-Stück,  haut  oder  achneidet  daaselbe  an  der  dem  Stntzen  gegenüber- 
liegenden Seite  durch  einen  der  Achse  parallelen  Schnitt  (vergl.  Figur 
592,  a.  f.  S.)  der  ganzen  Länge  nach  auf,  biegt  die  durch  den  Schnitt 
getrennten  Enden  aof,  so  dass  sie  eine  gerade  Fläche  bilden,  anf  weleher 
der  Stutzen  a  senkrecht  steht,  schmiedet  die  vier  Ecken  dieses  Stückes 
gerade  so  ans,  wie  diejenigen  des  Flacheisenstücks,  Fig.  587,  nnd  erhält 


816  Specielle  Technologie, 

dadurch  ein  eben  solches  Stück  wie  dieees,  aar  mit  einem  in  der  Hitte 

desselbea  befindlichen  Kohrstntzen.      Die   weitere   Ventrbeitnng    stimmt 

Fig.  592.  Fig.  593. 

6  ik 

nun  ganz  mit  derjenigen  fiberein,  dnrch  welche  ein  T-StQck  entstand. 

Man  biegt  das  Eisenstück  nach  -der  dem  Stutun  entgegengesetzten  Seite 

Fig.  594.  Fig.  595. 


nm,  legt  erat  ein  Paar  abgeschrägter  Ecken  ttber  einander,  wie  in  Figar 
593,  dann  auch  das  gegenüberstehende  Paar  nnd  bildet  in  aolcher  Weise 
einen  neaen  Stntzen  (Fig.  594);  nun  wird  gesobweisst  and  fibrigeua 
gkuz  ebenso  verfahren  wie  bei  den  übrigen  Stücken. 


Knpferröhren. 

Die  einfachste  DarsteUangs weise  von  Kupferriibren  ist  die,  dass  man 
einen  Streifen  Kupferblech  zusammenrollt,  die  Fuge  verlöthet  und  das 
in  dieser  Weise  enistandeue  Rohr  auf  der  Schleppzangenziehb&nk  ohne 
starke  Streckung  auszieht,  am  es  au  richten  nnd  insbesondere,  nm  eine 
Tollständige  Rundung  hervorzubringen. 

Solche  Röhren  sind  aber  nicht  ^r  alle  Fälle  zu  gebrauchen ;  ins- 
besondere dann  nicht,  wenn  eine  bedeutende  Dichtigkeit  und  Feetigkeit 
verlangt  wird,  weil  die  gelöthete  Stelle  in  dieser  Beziehung  niemals  eine 
vollkommene  Sicherheit  bietet.  Auf  dieser  Th&tsaobe  beruht  die  An- 
fertigung der  sogenanaten  Enpferrdhren  ohne  Naht.  Dieselben  lassen 
sich  in  zweierlei  Weise  darstellen. 


Kupferröhren.  817 

Bei  der  altem  einfachem  Methode  giesst  man  einen  hohlen  Enpfer- 
cjlinder  mit  dicker  Wan^st&rke  und  streckt  denselhen  durch  Ausziehen 
auf  der  Schleppzangenziehbank  oder  im  Böhrenwalzwerke  wie  es  für  ge- 
Bchweisste  Eisenrohre  benutzt  wird.  Die  bekannte  Schwierigkeit  jedoch, 
aus  Kupfer  blasenfreien,  dichten  Guss  zu  erhalten,  bildet  eine  schwache 
Seite  dieses  an  und  fiLr  sich  einfachen  Arbeitsverfahrens.  Auch  die  An- 
wendung eines  hohen  verlorenen  Kopfes  erfüllt  in  diesem  Falle  den  Zweck 
nur  unvollkommen.  Ein  anderer  angewendeter  Kunstgriff,  um  dichten 
Gnss  zu  erzielen,  ist  der,  dass  man  die  offene  Oussform  zunächst  ohne 
Kern  mit  flüssigem  Metalle  anfüllt  und  dann  erst  von  oben  her  den 
Kern  einsenkt;  oder  man  giesst  einen  vollen  Gylinder  und  bohrt  die 
Höhlung  nach  dem  Erkalten  aus.  Letzteres  Verfahren  dürfte  zwar  das 
sicherste  sein,  giebt  aber  einen  erheblichen  Abfall  von  zerspantem 
Metall. 

Dieser  Uebelstand  gab  Veranlassung  zu  der  Einführung  eines* 
zweiten  Verfahrens,  auf  der  Umformung  des  schon  gehämmerten  und 
dadurch  verdichteten  Kupfers  im  ungeschmolzenen  Zustande  beruhend. 
Aus  höchstrafßnirtem,  reinem,  also  dehnbarem  Kupfer  stellt  man  durch 
Bearbeitung  im  Kupferhammer  kreisrunde  flache  Scheiben  von  15  bis 
20  mm  Stärke  dar  mit  einem  runden  Loche  in  der  Mitte,  dessen  Durch- 
messer etwas  kleiner  ist  als  die  lichte  Weite  des  Rohres  werden  soll. 
Diese  Kupferscheiben  bilden  das  Material  fär  die  fernere  Verarbeitung. 
Die  Umformung  derselben  durch  Aufziehen  —  Aufbiegen  des  Randes  — 
zu  rÖhrenf5rmigen  Körpern  wird  genau  in  der  auf  Seite  178  beschrie- 
benen Art  und  Weise  vorgenommen.  Eine  hydraulische  Presse  mit  einer 
Leistung  von  300  Atmosphären  Druck  nebst  einer  Anzahl  entsprechend 
geformter  Stempel  und  Matrizen  dient  als  mechanisches  Hilfsmittel  fELr 
die  Formgebung.  Denkt  man  sich  die  in  den  Figuren  378  und  379  auf 
Seite  478  abgebildete  Scheibe  in  der  Mitte  gelocht,  so  kann  Fig.  378  die 
gehämmerte  Materialscheibe  vorstellen,  während  Fig.  379  das  erste 
Stadium  der  Umformung  veranschaulicht  und  Fig.  380  die  Art  und  Weise 
vergegenwärtigt,  in  welcher  diese  Umformung  vorgenommen  wird.  Die 
durch  das  einmalige  Pressen  mit  aufgebogenem  Rande  versehenen  Kupfer- 
Bcheiben  haben  in  Folge  dieser  Formveränderung  an  Dehnbarkeit  ver- 
loren und  kommen  aus  diesem  Grunde  in  einen  Glühofen,  um  auf  Roth- 
gluth  erhitzt  und  dann  in  Wasser  abgelöscht  zu  werden,  wodurch  sie 
ihre  frühere  Dehnbarkeit  wieder  erlangen.  Inzwischen  werden  der  an 
der  Kolbenstange  befestigte  Stempel  und  die  Matrize  der  hydraulischen 
Presse  mit  etwas  kleineren  im  Durchmesser  vertauscht.  Li  Folge  hiervon 
entsteht  bei  der  nun  folgenden  zweiten  Pressung  ein  höherer  Rand  und 
verkleinerter  Durchmesser  des  Kupferringes.  Es  folgt  abermaliges  Aus- 
glühen und  abermaliges  Auswechseln  von  Stempel  und  Matrize.  Dieses 
Verfahren  wird  so  lange  fortgesetzt,  bis  ein  röhrenförmiger  Körper  von 
22  bis  30  mm  innerm  Durchmesser  aber  bedeutend  grösserer  Wandstärke 
und  geringerer  Länge  entstanden  ist,  als  das  fertige  Rohr  besitzen  soll. 

Ii  e  d  0  b  n  r ,  maelumiBeh-metalliszgiMbe  Technologie.  52 


818  Specielle  Technologie. 

Eine  der  wichtigsten  Bedingungen  fnr  das  Gelingen  dieser  Arbeit 
ist  —  natürlich  neben  der  erforderlichen  Gdte.des  Kapfers  —  die  rich- 
tige Abstufung  in  den  Dorchmessem  der  sor  Anwendung  kommenden 
Stempel  nebet  Matrizen,  weil  sn  starke  üebergänge  Faltenbildong  oder 
Zerreissen,  zu  sehwache  Yerthenerang  der  Arbeit  sor  Folge  haben 
würden. 

Das  so  weit  fertige  dicke  Rohr  wird  nun  nach  dem  lotsten  Aas- 
glühen mit  Hilfe  der  aof  S.  532  abgebildeten  Schleppsangenxiehbank 
gestreckt  and  in  seiner  Wandstärke  Terdünnt.  Za  diesem  Zwecke  schiebt 
man  den  Dom  n  nach  rechts,  1^  das  Rohr  swisehen  der  Hatte  o  and 
dem  Zieheisen  ein,  schiebt  den  Dom,  welcher  cor  Begrensong  des  Darch- 
messers  im  Lichten  dient,  sammt  seiner  Stange  bis  an  das  Tordere  Ende 
des  Rohres,  so  dass  er  die  in  der  Abbildong  ersichtliche  Lage  erhalt  and 
dort  darch  den  am  andern  Ende  seiner  Stange  befindlichen,  gegen  o 
sich  legenden  Kopf  festgehalten  wird,  and  sieht  non  das  Rohr  in  seiner 
ganzen  Lange  darch  das  Eisen  hindorch.  Zorn  Erfassen  des  Rohrs  mit 
der  Zange  steckt  man  einen  schmiedeeiaemen  Kloben  in  die  Tordere 
Oeffnnng  desselben,  welcher  sich  hinter  den  beim  Pressen  gebliebenen 
Rand  des  Rohres  legt  and  in  solcher  Weise  dasselbe  hinter  sich  drein 
zieht.  Das  Ziehen  wird  so  lange  mit  immer  kleiner  werdender  Zieh- 
ofTnang  wiederholt,  bis  der  gewünschte  Durchmesser  erreicht  ist. 


Blei-  and  Zinnröhren. 

Dieselben  lassen  sich  ebenso  wie  Kupferröhren  darch  Ausstrecken 
eines  gegossenen  dicken  Hohlcylinders  auf  der  Ziehbank  oder  im  Walz- 
werke darstellen.  Diese  ältere  Methode  hat  jedoch  längst  einem  Ver- 
fahren Platz  gemacht,  welches  als  ein  interessanter  Uebergang  zwischen 
der  Formgebung  im  geschmolzenen  und  der  Formgebung  im  ungeschmol- 
zenen Zustande  eine  etwas  ausführlichere  Besprechung  verdient. 

Fig.  596  stellt  den  für  die  Anfertigung  dienenden  Apparat  — 
die  Bleiröhrenpresse  —  dar.  a  ist  ein  hydraulischer  Gylinder  mit  dem 
Kolben  b,  und  durch  das  rechts  erkennbare  Druckrobr  erhält  derselbe 
Ton  einer  in  dem  Arbeitsraume  aufgestellten  doppelt  wirkenden  Druck- 
pumpe aus  das  Betriebswasser,  welches  den  Kolben  empordrückt  und 
nach  beendigtem  Hube  durch  das  Gewicht  desselben  wieder  zorück- 
gedrückt  wird,  sobald  man  das  betreffende  Ventil  öffnet.  Der  von  dem 
Kolben  ausgeübte  Druck  muss  bis  150  000  kg  betragen  können.  Oberhalb 
des  Kolbens  und  mit  demselben  aus  einem  Stücke  gegossen  befindet  sich 
ein  zweiter  Kolben  c  von  kleinerm  Durchmesser,  welcher  in  dem  glatt 
ausgebohrten,  zur  Aufnahme  des  flüssigen  Metalls  bestimmten  Cylinder 
d  sich  bewegt.  An  dem  obem  Ende  dieses  Kolbens  ist  genau  centrisch 
ein  Stahldom  e  eingesetzt,  dessen  Durchmesser  gleich  dem  innem  Durch- 
messer des  anzufertigenden  Rohrs  ist.    Zu  oberst  ist  der  Cylinder  d  durch 


Bleiröhren.  819 

fliDen  gleichfalls  znin  Anawechseln  eingerichtet«!!  Deckel  /  mit  einer  cen- 
triscben  trichterartigen  Oeffonng  geacliloflsen ,  deren  Icleiuster  Dnrch- 
mesBer  dem  Koasern  DnrclimesBer  des  anzufertigenden  Rohres  entapricbt. 
Zar  Aufnahme  dea  ausgeübten  Dmcks  dient  BchliesBlich  der  oberhalb  des 
Deckels  /  befindliche  Preasfaolm  i  mit  entsprechend  weiter  Dnrohganga- 
Sffnang  für  das  entstehende  Rohr,  welcher  durch  zwei  krftftige  Schrauben 

Pig.  596. 


mit  dem  Prencylinder  verbanden  ist  und  sich  ohne  HQhe  entfernen  l&sst, 
damit  der  Cylinder  d  sugänglicb  bleibe.  Znr  ünterstQtsnng  des  Cylin- 
den  d  dient  schlieulicb  der  in  der  Uitte  swischen  Presscytinder  nnd 
Preisholm  eingeschaltete  gnsseiseme  Tisch  t. 

Bei  einer  andern  für  die  Handhabung  vielleicht  bequemem  Con- 
strnction  dieser  PreBsen  befindet, «ich  der  Preesbolm  nnterbalb  des 
Cjlinders  d  an  Stelle  des  Tischee,  so  dass  der  Cflinder  frei  steht  nnd 


820  Specielle  Technologie. 

leichter  zugänglich  ist;  selhstverstandlich  muss  hierbei  für  eine  genü- 
gende Befestigung  des  Cy linders  auf  dem  Holme  sowie. des  Deckels  auf 
dem  Cylinder  gesorgt  werden,  um  ein  Abreissen  durch  den  Druck  des 
Kolbens  unmöglich  zu  machen. 

Wenn  die  Arbeit  beginnen  soll,  wird  der  Cylinder  d  mit  geschmol- 
zenem Metalle  gefüllt  und  die  Presse  in  Bewegung  gesetzt.  Der  Kolben 
steigt  empor  und  drückt  das  Metall  in  ununterbrochenem  Strome  durch 
die  ringförmige  Mündung  zwischen  der  Oefihung  des  Deckels  /  und  dem 
Dorne  e  heraus.  Hierbei  ist  es  nun  von  Wichtigkeit,  dass  das  Metall, 
im  Innern  des  Cy  linders  flüssig,  im  Augenblicke  des  Herauskommens 
erstarre,  um  seinen  Zusammenhang  zu  bewahren,  eine  Bedingung,  die 
sich  bei  einiger  Üebung  ohne  Schwierigkeit  erfüllen  l&sst.  Die  Länge 
des  bei  einem  Hube  der  Maschine  entstehenden  Rohrs  ist  natürlich  ab- 
hängig Von  seinem  Durchmesser,  seiner  Wandstärke  und  dem  cubischen 
Inhalte  des  als  Behälter  dienenden  Cylinders  d.  Je  kleiner  der  Durch- 
messer und  die  Wandstärke  sind,  desto  grösser  fallt  die  Länge  aus,  und 
man  hat  in  dieser  Weise  6  mm  weite  Bohren  in  einer  Länge  bis  zu  250  m 
dargestellt.  Oberhalb  der  Presse  pflegt  eine  Trommel  mit  horizontaler 
Achse  aufgestellt  zti  sein,  auf  welcher  das  herausgekommene  Bohr  auf- 
gewickelt wird.  Die  Bewegungsgeschwindigkeit  des  letztem  verhält  sich 
zu  deijenigen  des  Kolbens  wie  die  Länge  des  Rohrs  zu  der  Hubhohe; 
hieraus  folgt  schon,  dass  die  Kolbengeschwindigkeit  eine  verzögerte  sein 
muss,  so  dass  man  durchschnittlich  30  Minuten  als  Zeitdauer  eines  Hubes, 
entsprechend  der  Anfertigung  eines  Rohres,  rechnen  kann.  Damit  nun 
während  dieser  Zeit  das  im  obem  Cylinder  eingeschlossene  Metall  nicht 
vorzeitig  erstarre,  ist  derselbe  von  einem  Kohlenbehälter  g  eingeschlossen, 
welcher  mit  glühenden  Holzkohlen  angefüllt  wird,  um  den  obem  Theil 
des  Cylinders  (in  welchem  das  Metall  vor  dem  Heraustreten  sich  befindet) 
warm  zu  erhalten. 

Wenn  der  Hub  beendet  ist,  zieht  man  das  Ende  des  Rohrs  von  dem 
aus  dem  Holme  vorstehenden  Dome  ab,  lässt  den  Kolben  sinken  und 
füllt  den  Cylinder  d  mit  frischem  Metalle,  um  in  derselben  Weise  ein 
neues  Rohr  zu  fertigen. 

Bisweilen  werden  innen  oder  aussen  verzinnte  Bleirohre  verlangt, 
um  sie  vor  chemischen  Einwirkungen  zu  schützen.  Die  Verzinnung  lässt 
sich  sehr  leicht  mit  der  Darstellung  verbinden.  Man  schmilzt  das  Zinn 
und  giesst  eine  genügende  Menge  desselben,  sofern  die  Verzinnung  im 
Innern  des  Rohres  statthaben  soll,  beim  Herauskommen  des  Rohrs  in 
die  Mündung  desselben,  wo  es,  da  der  Dom  das  Hinunterfallen  in  den 
Cylinder  verhindert,  wie  in  einem  Gefasse  eingeschlossen  ist.  Die  Innen- 
fläche des  Rohres  tritt  also  in  demselben  Augenblicke,  wo  sie  von  dem 
langsamer  fortschreitenden  Dorne  abgleitet,  mit  dem  flüssigen  Zinn 
in  Berührung  und  überzieht  sich  hierbei  mit  einer  dünnen  Zinnschicht-. 
Soll  dagegen  die  Aussenseite  verzinnt  werden,  so  giesst  man  das  flüssige 
Zinn  auf  den  Holm  rings  um   das  austretende  Rohr.    Der   niedrigere 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  821 

Schmelzpunkt  des  Zinns  ermöglicht  es  bei  diesem  Verfahren,  dass  das- 
selbe durch  die  stetig  emenerte  Berührung  mit  dem  heissen  Rohre  flüssig 
erhalten  wird,  ohne  das  Bohr  selbst  wieder  zum  Schmelzen  zu  bringen. 


Anfertigung  der  Schrauben  und  Sohraubenmuttem. 

Aus  giessbaren  Metallen  lassen  sich  Schrauben  und  Muttern  ohne 
Weiteres  durch  Giessen  herstellen;  doch  sind  diese  Fälle  im  Allgemeinen 
nicht  häufig.  Bei  Anwendung  von  Sand-  oder  Masseformen  ist  es  un- 
möglich, den  Schraubengewinden  denjenigen  Grad  yon  Genauigkeit  zu 
geben,  welcher  für  alle  feineren  Schrauben  erforderlich  ist;  beim  Giessen 
in  starren  Gussschalen  würde  bei  allen  stärker  schwindenden  Metallen 
ein  Abreissen  der  Gewinde  zu  befürchten  sein,  bevor  der  Abguss  aus  der 
Form  entfernt  werden  kann.  Grobe  Pressschrauben  für  Saftpressen  und 
dergleichen  aus  Gusseisen  oder  Bronze  giesst  man  in  Masse-  oder  Lehm- 
formen nach  einem  Modelle  oder  auch  ohne  Modell  mit  Hilfe  von 
Schablonen;  Zinnschrauben  (meistens  als  Verschlüsse  dienend)  giesst  man 
in  gusseisernen  oder  messingenen  Gussformen,  weil  der  geringe  Schwin- 
dungscoefßcient  und  die  Nachgiebigkeit  des  Zinns  ein  Zerreissen  nicht 
befürchten  lassen,  und  erreicht  dabei,  wenn  die  Gussform  genau  gear- 
beitet ist,  scharfe  und  ausreichend  genaue  Gewinde.  Auf  Seite  306 
wurde  bereits  erörtert,  wie  man  beim  Gusse  solcher  Zinnschrauben  durch 
Anwendung  des  sogenannten  Heissgusses  und  Abkühlung  der  Form  von 
aussen  die  Entstehung  scharfer  Schraubengänge  und  dichten  Gusses  be- 
fördere. 

Für  die  überwiegend  grösste  Zahl  der  überhaupt  im  technischen 
Leben  zur  Verwendung  kommenden  Schrauben  bildet  aus  naheliegenden 
Gründen  schmiedbares  Eisen  (Feinkorneisen  oder  weicher  Stahl)  das 
Material,  und  für  diese  ist  schon  in  Rücksicht  auf  die  Arbeitseigen- 
schaften des  genannten  Metalls  die  Anfertigung  durch  Giessen  ausge- 
schlossen. Durch  Schmieden  im  Gesenke  lässt  sich  eine  Schraube  dar- 
stellen; dieselbe  leidet  aber  an  dem  nämlichen  Fehler  als  die  durch 
Giessen  angefertigte,  nämlich  einer  unvermeidlichen  Ungenanigkeit  der 
Gewinde,  und  daher  kann  auch  diese  Methode  nur  für  ganz  rohe  Formen 
in  Anwendung  kommen. 

In  den  allermeisten  Fällen  wird  die  Anfertigung  der  Schraube  durch 
Einschneiden  des  Gewindes  an  dem  Umfange  eines  vollen  Cy linders,  die 
Anfertigung  der  Schraubenmutter  durch  Einschneiden  des  Gewindes  an 
der  Innenfläche  einer  entsprechend  weiten  Cylinderöflnung  mit  Hilfe  ge- 
eigneter Werkzeuge  oder  Maschinen  bewirkt,  und  auf  diese  Weise  ist  es 
allein  möglich,  den  Schraubengewinden  den  für  die  meisten  Zwecke 
erforderlichen  Grad  von  Genauigkeit  zu  geben. 

Bevor  die  verschiedenen  für  die  Herstellung  der  Schraubengewinde 
durch  Schneiden  benutzten  Verfahrungsweisen  besprochen  werden  können, 


822  Specielle  Technologie. 

wird  es  erforderlich  sein,  auch  anf  die  voransgehende  Formgehong,  durch 
welche  der  Schranbenholzen  beziehentlich  die  Schranbenmaiter  ihre  erste 
äussere  Form  erhalten,  einen  Blick  zu  werfen ;  und  zwar  sind  hierbei  vor- 
zugsweise diejenigen  Schrauben  ins  Auge  gefasst  — ^  und  diese  bilden 
die  Mehrzahl  aller  überhaupt  benutzter  Schrauben  — ,  welche  zur  Ver- 
bindung zweier  getrennter  Stücke  dienen  sollen,  bei  denen  also  die 
Mutter  in  Rücksicht  auf  ihre  Drehung  durch  den  Schraubenschlüssel 
sechsseitig  prismatische  Form  zu  besitzen  pflegt,  während  die  Schrauoe 
mit  einem  gleichfalls  sechsseitigen  oder  häufiger  vierseitigen  Kopfe 
versehen  ist. 

Bei  der  Anfertigung  im  Einzelnen  werden  die  Schraubenbolzen  und 
Muttern  mit  dem  Handhammer  geschmiedet.  Gewöhnlich  benutzt  man 
zur  Herstellung  der  Bolzen  einen  Rundeisenstab  von  der  Stärke,  welche 
der  rohe  Schraubenbolzen  erhalten  soll,  rollt  ein  Stück  Flacheisen  zu 
einem  Ringe  zusammen,  schweisst  denselben  auf  das  Ende  des  Rund- 
stabes, schmiedet  ihn  in  einem  Gesenke  vier-  oder  sechskantig  aus  und 
haut  dann  den  Bolzen  in  entsprechender  Länge  von  dem  Stabe  ab.  Bei 
kleineren  Schrauben  schmiedet  man  auch  wohl  aus  einem  Eisenstücke, 
welches  den  Querschnitt  des  Kopfes  besitzt,  durch  Ansetzen  und  Strecken 
(S.  464)  den  Schaft  ans;  oder  man  dreht,  insbesondere  wenn  sehr  genaue 
Arbeit  verlangt  wird,  auf  der  Drehbank  so  viel  Metall  unterhalb  des 
Kopfes  ab,  bis  die  Schaftstärke  herauskommt.  Geschmiedete  Schrauben- 
muttern werden  in  ganz  ähnlicher  Weise  gefertigt  wie  die  geschmiedeten 
Bolzen,  nur  benutzt  man  statt  des  Rundeisens  einen  eisernen  Dom, 
welcher,  nachdem  der  Ring  zusammengeschweisst  und  im  Gesenke  ge- 
schmiedet worden  ist,  herausgeschlagen  wird  und  somit  das  durchgehende 
Loch  in  der  Mutter  zurücklässt.  Sehr  grosse  Schraubenmuttern  schmiedet 
man  dagegen  massiv  und  bohrt  die  Oeffnung  hindurch. 

So  vollkommene  Resultate  hinsichtlich  der  Qualität  der  dargestellten 
Waare  diese  Handarbeit  auch  zu  liefern  im  Stande  ist,  so  ist  sie  in  den 
Fabriken,  welche  die  Anfertigung  von  Schraubenbolzen  und  Muttern 
als  Specialität  betreiben,  doch  meistens  durch  Anwendung  von  Maschinen 
verdrängt«  Dieselben  sind  theils  Schmiedemaschinen  nach  Art  der  auf 
Seite  459  und  460  abgebildeten,  mit  Gesenken,  in  welchen  die  Form  des 
Bolzenkopfs  oder  der  Mutter  ausgebildet  wird,  und  einem  Paar  Meeser 
(Schrotmeissel),  welche  das  fertige  Schmiedestück  von  der  als  Material 
dienenden  Stange  trennen  ^),  oder  häufiger  Pressen,  deren  Stempel  durch 
ein  Excenter  oder  durch  hydraulischen  Druck  bewegt  werden,  welche  das 
schweisswarme  Ende  des  hineingesteckten  Bolzens  stauchen  und  durch 
densdben  Druck  mit  Hilfe  eines  passenden  Gesenkes  (Matrize)  zu  dem 
Kopfe  ausbilden.  Eine  solche  Maschine  liefert  täglich  (in  zehn  Arbeits- 
stunden) 3000  bis  8000  Schraubenbolzen. 


^)  AbbilduDgen  einer  solchen  SchnüedemaBchine  für  Bolzen  und  Mutteni 
in  Dingler*s  polytechnischem  Journal  Bd.  196,  S.  500. 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  823 

Die  Schraabenmattem  dagegen  werden  häufig  durch  Abschneiden 
von  entsprechend  fa^onnirtem  gewalztem  Eisen  hergestellt,  wie  es 
Fig.  697  darstellt.  Der  betreffende  Quadrateisenstab  wird  roth- 
glühend in  periodischen  Kalibern  zu  der  skizzirten  Form  ausgewalzt, 
durch  Schnitte  nach  den  punktirten  Linien  die  Muttern  losgetrennt  und 
gelocht.  Auch  durch  Ausstossen  aus  dem  vollen  Eisenstabe  oder  Bleche 
lassen  sich  Muttern  herstellen,  immerhin  aber  nicht  ohne  Materialverlust 

Yig^  597.  durch    Schrote,    während 

in    der   skizzirten   Weise 

aller    Verlust    vermieden 

wird. 

Endlich  lassen  sich  auch 

aus  Sechskanteisen  durch 
Schnitte,  welche  rechtwinklig  gegen  die  Achsenrichtung  geführt  werden, 
Muttern  abtrennen,  die  entweder  nachträglich  gebohrt  und  weiter  bear- 
beitet werden  oder  auch  schon  vor  dem  Lostrennen  durch  Bohren  etc. 
der  ganzen  Stange  ihre  Form  erhielten. 

Die  geschmiedeten,  geprägten  etc.  Schraubenbolzen  werden,  wenn 
sehr  genaue  Arbeit  erforderlich  ist,  insbesondere  auch,  wenn  flache 
Schraubengänge  geschnitten  werden  sollen,  zur  Herstellung  genauer 
Gylinderflächen  auf  der  Drehbank  abgedreht,  die  Muttern  mit  der  Reib- 
ahle ausgeräumt;  für  gewöhnliche  Zwecke,  insbesondere  bei  Anfertigung 
von  Yerbindungsschrauben,  ist  diese  Arbeit  meistens  entbehrlich  und 
man  geht  ohne  Weiteres  daran,  das  Gewinde  zu  schneiden. 

Für  diesen  Zweck  dient,  wie  bei  allen  Trennungsarbeiten,  ein  stäh- 
lernes Werkzeug,  von  Hand  oder  durch  Maschinen  geführt,  mit  entspre- 
chender Schneidkante  versehen;  zwischen  Arbeitsstück  und  Werkzeug 
ist,  wie  gewöhnlich,  eine  doppelte  Bewegung  erforderlich,  eine  Drehung 
als  Hauptbewegung  und  ein  ununterbrochen  thätiger  Vorschub  als 
Schaitbewegung.  Das  Verhältniss  zwischen  beiden  Bewegungen  oder  mit 
anderen  Worten  das  Maass  der  Schaitbewegung  während  eines  einmaligen 
Umgangs  bestimmt  die  Ganghöhe  der  Schraube  und  Mutter.  Die  Form 
der  Schneide,  entspricht  hierbei  gewöhnlich  dem  Profile  eines  Schrauben- 
gängs;  sie  ist  spitz,  aus  zwei  unter  einem  Winkel  von  53  bis  60  Grad 
zusammentretenden  Schneidkanten  gebildet  (Fig*  430  auf  S.  554)  für 
sogenannte  scharfe  Gewinde;  rechtwinklig,  aus  drei  unter  rechten  Winkeln 
zusammentretenden  Sohneidkanten  bestehend  (wie  in  Fig.  429  auf 
S.  554)  für  sogenannte  flache  Gewinde  ^). 

Nun  ist  aber  die  Tiefe  des  Schraubengangs  meistens  eine  solche, 
dass  es  ans  früher  erörterten  Gründen  unzweckmässig  sein  würde,  durch 


1)  Bei  der  sogleich  zu  besprechenden  Anwendung  der  Feile  zum  Einarbeiten 
der  Schraubengewinde  findet  von  dieser  Begel  insofern  eine  Ausnahme  statt, 
als  hier  nicht  die  Fonn  des  einzelnen  Zahns,  sondern  die  Form  der  mit  Zähnen 
besetzten  Fläche  und  die  Art  der  Handhabung  der  Feile  das  Profil  des  Schrau- 
bengewindes ausbildet. 


824  Specielle  Technologie. 

Abnahme  eines  einzigen  starken  Spans  dasselbe  auszuarbeiten  und  man 
es  meistens  vorzieht,  mehrere  schwache  Späne  nach  einander  loszutrennen, 
bis  die  erforderliche  Gangtiefe  erreicht  ist.  Zu  diesem  Zwecke  lässt  man 
entweder  das  Werkzeug  nach  beendigtem  einmaligen  Durchgange  eine 
Ruckbewegung  normal  gegen  die  Fläche  des  Arbeitsstacks  und  dacn 
einen  zweiten  Schnitt  ausfCkhren;  oder  man  versieht  das  Werkzeug  nh 
mehreren  nach  einander  zur  Wirkung  gelangenden  Schneiden,  deren 
folgende  stets  um  das  Maass  einer  Spanstärke  länger  ist  als  die  voraus- 
gegangene, so  dass  bei  der  Arbeit  unmittelbar  ein  Span  nach  dem  andern 
losgetrennt  wird.  Selbstverständlich  müssen  in  diesem  Falle  die  auf  ein- 
ander folgenden  Schneiden  um  das  Maass  der  Ganghöhe  von  einander 
entfernt  sein,  welche  die  anzufertigende  Schraube  oder  Mutter 
erhalten  solL 

Die  gebräuchlichsten  zum  Schneiden  der  Schraubengewinde  ange- 
wendeten Werkzeuge  und  Geräthe  sind  folgende. 

Die  Feile  (nur  üXt  Schraubenspindeln,  nicht  für  Schraubenmuttern 
verwendbar).  Auf  der  Aussenfläche  des  cylindrischen  Stifts  (der  Spindel, 
des  Bolzens)  wird  mit  der  Reissnadel  die  Schraubenlinie  angezeichnet 
und  dann  mit  einer  dreikantigen  Feile  das  Gewinde  längs  dieser  Linie 
eingefeilt.  Das  Verfahren  ist  zeitraubend  und  auch  in  Rücksicht  auf  die 
Kostspieligkeit  der  Feile  nicht  billig;  dennoch  findet  es  nicht  seltene 
Anwendung,  wenn  einzelne  Holzschrauben  (welche  in  Holz  eingeschraubt 
werden,  also  keine  Mutter  erhalten)  gefertigt  werden  sollen;  z.  B.  in 
Eisengiessereien  für  das  Herausheben  hölzerner  Modelle  und  dergleichen. 

Flg.  598. 


Das  Bchneideisen  oder  die  Schneidklinge  Fig.  598.  Eine  flache 
gehärtete  Stahlplatte,  50  bis  150  mm  lang,  15  bis  50  mm  breit  mit  einem 
Stiele  an  einer  oder  auch  an  beiden  Seiten  enthält  eine  Anmihl  dnrrli- 
gehender  kreisrunder  Löcher  von  verschiedenen  DurchmesBem  mit 
Muttergewinde;  und  zwar  sind  dieselben  derartig  angeordnet,  dass  die 
feinsten  am  vordem  Ende  des  Schneideisens »  wo  dasselbe  die  geringet^ 
Stärkeabmessung  besitzt,  die  gröbsten  am  Stielende  sich  befinden,  bis 
wohin  das  Schneideisen  keilartig  stärker  wird.  Erfahrungsgemäss  soll 
nämlich  jedes  Schraubenloch  drei  bis  höchstens  fllnf  Schraubenginge 
enthalten.  Da  aber  die  Feinheit  des  Gewindes  mit  dem  Lochdurchmesstf 
ab-  und  zunimmt,  muss,  damit  jener  Bedingung  genOgt  werde,  auch  dje 
Stärke  der  Platte  zu  dem  Lochdurchmesser  in  bestimmtem  Yerhältnis» 
stehen  und  beträgt  Vs  his  Vi  desselben.  Um  Schneidkanten  zu  büdes 
und   zugleich    das  Austreten    der  Spänchen    zu   ermöglichen,   sind  dk 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  825 

grösseren  Löcher  meistens  mit  zwei  radial  gerichteten  seitlichen  Ein- 
schnitten versehen;  bei  den  kleinsten  Löchern  fehlen  dagegen  gewöhnlich 
diese  Einschnitte.  Bei  der  Benntznng  legt  man  das  Schneideisen  mit 
der  entsprechend  weiten  Oeffhnng  in  horizontaler  Lage  auf  die  im 
Schraubstocke  aufrecht  befestigte,  mit  Oel  benetzte  Spindel  (Draht)  und 
dreht  sie,  anfänglich  mit  schwachem  Drucke,  im  Kreise  herum;  oder  man 
erfasst  die  Spindel  mit  dem  Feilkloben  und  dreht  sie  in  dem  festgehal- 
tenen Schneideisen.  Es  ist  einleuchtend,  dass  innerhalb  derjenigen  Löcher 
des  Schneideisens,  welche  jene  erwähnten  Einschnitte  an  der  Seite  nicht 
besitzen,  auch  von  einem  eigentlichen  Schneiden  gar  nicht  die  Rede  sein 
kann,  die  Gewinde  vielmehr  fast  nur  durch  Pressen  ausgebildet  werden, 
indem  die  erhabenen  Gänge  des  Werkzeugs  sich  in  das  Material  ein- 
drücken, dasselbe  zur  Seite  schieben  und  so  das  Profil  des  Schrauben- 
gangs erzeugen;  die  trotzdem  entstehenden  Spänchen  werden  vorzugs- 
weise durch  die  Unebenheiten  in  den  Schraubengängen  des  Werkzeugs 
losgetrennt.  In  Folge  dieses  Vorgangs  wird  der  äussere  Durchmesser 
der  erzeugten  Schraube  etwas  grösser  ausfallen  als  derjenige  der  be- 
nutzten Spindel.  Aber  auch  in  jenen  Schraubenlöchern,  welche  durch  die 
radialen  Einschnitte  Schneidkanten  erhalten  hatten,  ist  die  Wirkung  der 
letzteren  in  Rücksicht  auf  den  stumpfen  Schneidwinkel  keineswegs  kräftig. 
Daher  ist  das  Schneideisen  nur  zur  Herstellung  feiner  Schraubengewinde 
an  dünnen  Spindeln  zu  gebrauchen  —  für  diese  sogar  unentbehrlich  — 
und  man  rechnet  5  mm  Durchmesser  der  Schraube  als  das  Maximum,  bei 
welchem  das  Schneideisen  noch  Verwendung  finden  kann. 

Die  Schneidbacken  oder'Schraubenbacken.  Dieselben  können 
als  eine  durch  zwei  oder  drei  senkrechte  Schlitze  in  eben  so  viele 
Theile  zerlegte  Schraubenmutter  aus  gehärtetem  Stahle  gedacht  werden, 
wobei  an  den  Darchsohnittsstellen  jener  Schlitze  mit  der  Innenfläche  der 
Mutter  Schneidkanten  gebildet  werden.  Hierbei  ist  nun  zu  beachten, 
dass  eine  grosse  Länge  der  Schneiden  (in  der  Bewegungsrichtung  ge- 
messen) nicht  allein  überflüssig  ist,  sondern  durch  erhöhte  Reibung  sogar 
nachtheilig  wirkt,  es  also  zweckmässig  ist,  durch  grössere  Breite  der 
Einschnitte,  wodurch  zugleich  das  Austreten  der  Spänchen  erleichtert 
wird,  die  Schneiden  zu  verkürzen.  Man  giebt  also  bei  einer  Theilung 
durch  zwei  Schnitte  jeder  der  entstehenden  beiden  Backen  einen  Bogen 
von  90  bis  120  Grad.  Vortheilhafter  ist  es  jedoch,  statt  der  zwei  Backen 
deren  drei,  also  ebenso  viele  Einschnitte  anzuwenden,  wodurch  nicht 
allein  die  Reibungsfläche  zwischen  Werkzeug  und  Arbeitsstück  noch 
mehr  verringert  und  das  Austreten  der  Späne  noch  mehr  erleichtert, 
sondern  auch  die  Genauigkeit  des  Schneidens  befördert  wird,  da  jetzt 
drei  Angriffspunkte  vorhanden  sind,  welche  den  Kreis  festlegen.  In 
diesem  Falle  genügt  es,  den  Schneiden  Bögen  von  10  bis  35  Grad  zu 
geben. 

Die  Nothwendigkeit,  die  Schneiden  einander  nach  beendigtem  ein- 
maligem Schnitte  zu  n&hem,  um  einen  zweiten  Schnitt  auszuführen,  ist 


826  Specielle  Technologie. 

die  Veranliissiuig,  daas  zwei«  beziehenÜich  drei  Tollständig  selbBtatändige, 
durch  jene  Einschnitie  oder  Furchen  von  einander  getrennte  Theile, 
welche  ehen  Backen  genannt  werden,  erforderlich  sind;  um  jedoch  das 
Schneiden  noch  femer  zu  erleichtem,  ist  es,  besonders  bei  Anwendung 
Ton  nur  zwei  Backen,  ablich,  jede  derselben  mit  noch  einem  kurzem, 
in  dem  ToUen  Metalle  ausgespartem  Einschnitte  zu  Tersehen  (aa  in 
Fig.  599  Ä).    Legt  man  die  Begrenzungslinien  der  die  Schneidkanten 

Für.  599.  erzeugenden     fanschnitte 

(in  Fig.  599  die  kurzen 
Linien  xy)  radial,  so  wird 
der  Schneidwinkel  =  90 
Grad,  die  Wirkung  mithin 
eher  schabend  als  schnei- 
\       /'  dend.    Zweckmässiger 

^"A^''  dürfte  es  daher  sein,  eine 

^  Zuschärfung  des  Schneid- 

winkels anzubringen, 
indem  man  den  Einschnitt 
durch  eine  Sehne  begrenzt,  wie  es  die  Linie  vn  in  Fig.  599  B  andeutet 
Die  Schneidbacken  für  flache  Gewinde  pflegen  5  bis  6,  diejenigen 
für  scharfe  Gewinde  6  bis  15  Schraubengänge  über  einander  zu  enthalten. 
Der  Hauptschnitt  wird  also  nur  durch  die  Schneide  des  untersten  Ganges 
ausgeführt;  die  folgenden  Gänge  laufen  in  dem  entstandenen  Einschnitte 
weiter  und  sichern  dadurch  die  normale  Vorwärts-  (Schalt-)  bewegung  der 
Backen  gegen  das  Arbeitsstück.  An  denjenigen  Stellen  des  durch  die 
erste  Schneide  erzengten  Gewindeganges,  wo  der  Schnitt  unvollkommen 
ausgefallen  war,  kommen  jedoch  auch  die  Schneiden  der  oberen  Gänge 
zum  Angriffe,  abermals  Spänchen  abnehmend  und  die  Arbeit  veryoU- 
kommnend. 

Der  Hauptyortheil  der  Schneidbacken  gegenüber  dem  Schneideisen 
liegt  in  ihrer  Yerstellbarkeit  gegen  einander,  welche  es  möglich  macht, 
durch  mehrere  nach  einander  aasgeführte  Schnitte  mit  immer  mehr  ge- 
näherten Schneiden  weit  tiefere  Gewinde  als  mit  jenem  zu  schneiden. 
Diese  Eigenthümlichkeit  macht  die  Backen  (nebst  dem  sogleich  zu  be- 
sprechenden Geräthe  zur  Handhabung  derselben)  zu  dem  am  meisten  be- 
nutzten Werkzeuge  beim  Schneiden  von  Schrauben  mittlem  Durch- 
messers; eben  jene  nothwendige  Verstellung  der  Backen  gegen  einander 
büdet  aber  eine  Ursache,  dass  vollständig  genaue  Gewinde  mit  Hilfe  der 
Backen  nicht  geschnitten  werden  können.  Es  wird  dieses  sofort  ein- 
leuchten, wenn  man  sich  vergegenwärtigt,  dass  der  Steigungswinkel  des 
SchraubengangB,  welchen  die  Schneide  der  Backen  auf  dem  Umfange  der 
Schraubenspindel  beschreibt,  immer  grösser  wird,  je  tiefer  die  Schneide 
eindringt,  je  näher  die  Backen  einander  gestellt  werden;  denn  da  die 
Höhe  des  Ganges  stets  dieselbe  bleibt,  die  Länge  des  Wegs  der  Schneide 
bei  einmaligem  Umgange  aber  immer  kürzer  wird,  muss  der  Steigt&ngs- 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  827 

winkel  wachsen.  Wenn  r  der  Halbmesser  der  Spindel  bis  an  die  Innen- 
kante des  Gewindes  (Halbmesser  des  Kerns),  8  die  Tiefe  des  Gewindes, 
also  r  -{-  8  der  Halbmesser  bis  an  die  Anssenkante  des  Gewindes,  und  h 
die  Höhe  des  Scbraubengangs  ist,  so  ist  die  Tangente  des  Steigungs- 
winkels a  der  Schneide  beim  Beginne  des  Schnitts 

h 
^  2  (r  +-  »)ä 

und  die  Tangente  des  Steigungswinkels  ß  bei  Vollendung  des  Gevrindes 

Je  tiefer  der  Schraubengang  (je  grösser  s)  und  je  bedeutender  die 
Höhe  ist,  desto  merklicher  wird  dieser  Unterschied  ausfallen;  also  bei 
Schrauben  mit  mehreren  Gängen  und  mit  flachem  Gewinde  empfindlicher 
sich  zeigen  als  bei  den  gewöhnlichen  eingängigen  Schrauben  mit 
scharfem  Gewinde.  Beispielsweise  möge  erwähnt  werden,  dass  bei  einer 
Schraube  mit  flachem  Gewinde  von  24  mm  äusserm,  18  mm  Kerndurch- 
messer und  auf  24  mm  Länge  mit  vier  Schraubengängen  der  Unterschied 
des  Steigungswinkels  IV2  Grade,  bei  scharfem  Gewinde  mit  acht  Gängen 
auf  24  mm  Länge  Y2  Grad  beträgt  ^}. 

Zur  Befestigung  beziehentlich  auch  Bewegung  der  Schneidbacken 
bedarf  es  einer  Vorrichtung,  mit  deren  Hilfe  man  zugleich  im  Stande 
sein  muss,  die  Näherung  derselben  gegen  einander  nach  einmaligem 
Schnitte  auszuführen.  Für  Handarbeit  dient  für  diesen  Zweck  die  Kluppe, 
Schraubenkluppe  oder  Schneidkluppe.  Dieselbe  wird  durch  einen  Rahmen 
aus  Schmiedeeisen  oder  Messing  gebildet,  mit  einer  oder  häufiger  zwei 
Handhaben  versehen,  in  welchen  die  Backen  sich  leicht  in  entsprechender 
Lage  einsetzen  und  mit  Hilfe  von  Führungsleisten  in  derselben  Ebene 
gegen  einander  verschieben  lassen.  Eine  für  zweibackige  Klappen  ge- 
bräuchliche, wenn  auch  nicht  gerade  sehr  vollkommene  Einrichtung  der 
Kluppe  ist  in  Fig.  600  (a.  f.  S.)  abgebildet  und  wird  einer  Erläuterung  nicht 
bedürfen.  Die  Druckschraube,  welche  gegen  die  eine  Backe  drückt,  dient 
zur  Verstellung  derselben  nach  jedem  Durchgange.  Abweichende  Con- 
structionen  sind  zahlreich.  Bei  drei-  und  mehrbackigen  Klappen  ist  es 
von  Wichtigkeit,  die  concentrische  Stellung  der  Backen  gegen  einander 
bei  der  Verstellung  zu  sichern.  In  recht  hübscher  Weise  wird  dieses 
Problem  in  einer  von  S.  £.  Reinecker  in  Chemnitz  verbesserten 
Schneidkluppe  gelöst'),  deren  Einrichtung  dem  Principe  des  Schneid- 
kopfs  der  unten  beschriebenen  Seilers' sehen  Schraubenschneidmaschine 
nachgebildet  ist.  Auf  den  Backen  liegt  nämlich  eine  drehbare  kreisrunde 
Scheibe;   die  schmalen  Backen  haben  jede  einen   concentrischen  kreis- 


^)  Karmarsoh-Hartig,  Mechanische  Technologie,  Bd.  1,  8.  329. 
')  Beschrieben   und    abgebildet    in   Dingler*8    polytechnischem    Jonmal 
Bd.  223,  S.  569. 


828  Specielle  Technologie. 

bogenfSnnigeii  Eüiuehiiitt  an  der  gegen  die  Seheibe  gericEitateii  Seite, 
and  in  jeden  dieser  Einschnitte  greift  eine  an  die  Seh«tbe  angegoasene 
längere  kreisbogenfSrmige  »her  excentrioche  Leiste.  Ea  iat  eraichtlich, 
daos  bei  Drehung  der  Scheibe  gleichndeaige  Teradüebong  der  Backen 
nach  ein<  oder  aosw&rta  stattfinden  wird. 

Fig.  600. 


Beim  Schneiden  mit  der  Schranbenklnppe  wird  gewöhnlich  der  za 
schneidende  Schranbenbolzen  aenkrecht  in  den  Schraabetock  eingespannt, 
das  obere  Ende  desselben  zwischen  die  Backen  der  Kloppe  geklemmt  und 
non  dieselbe,  anfänglich  nnter  sanftem  Dmcke,  gedreht.  Sobald  erst  ein 
Oang  geschnitten  ist,  nimmt  sie  von  seihst  die  richtige  Scbraabenbewe- 
gnng  an.  Znr  Erleicfatentng  des  Schneidens  wird  die  Spindel  mit  Oel 
benetzt.  let  die  Klnppe  am  Ende  des  Gewindes  angelangt,  so  dreht  man 
zarflck,  n&hert  die  Backen  eioandernnd  beginnt  einen  neuen  Schnitt;  a.s.t 

Bei  fabrikmäBsiger  Anfertigang  von  Schrauben  ersetzt  man  die 
Klappe  durch  die  von  Elementarkraft  getriebene  SchraubenBchneid- 
maachine.  Aach  bei  dieser  bilden  Schneidbacken,  welche  nach  jedem 
Schnitte  gegen  einander  vemtellt  werden  können,  das  schneidende  Werk- 
zeug; aber  die  Drehung  des  Werkzeugs  oder  Arbeitestficka  erfolgt  durch 
die  Maschine. 

Ea  giebt  eine  grösBere  Anzahl  solcher  Schranbenachneidmaachinen, 
sämmtlich  darin  flbereinatimmend,  dass  die  Schneidbacken  —  gewöhnlich 
zwei  oder  drei  —  in  einem  Kopfe  versteUbar  befestigt  sind,  der  zn 
schneidende  Bolzen  aber  in  einem  Halter  eingespannt  wird,  welcher  seine 
richtige  Lage  in  der  verlängerten  Achse  des  Scbneidkopfs  sichert.  Beide 
Baupttheile  der  Uaschine  werden  von  einem  gemeinschaftlichen  Bette 
oder  Gerüste  getragen  and  dar  Antrieb  erfolgt  von  einer  Transmission 
aas  auf  einen  der  beiden  Theile,  während  der  geradlinige  Torecbab  wie 
beim  Schneiden  mit  der  Kluppe  aniilnglich  von  Hand,  sobald  aber  ein 
Schraubengang  geschnitten  ist,  durch  die  Gewinde  der  Backen  selbat 
auagefOhrt  wird.  Im  Uebrigen  kann  man  folgende  Hauptgattongen  der 
SohranbenBobneidmaschinen  unterscheiden. 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  829 

1.  Aeliere  Systeme.  Der  Schneidkopf  (die  Kluppe)  rotirt,  der 
Bolzen  macht  die  Längsbewegong;  oder  auch  der  Bolzen  dreht  sich  und 
der  Schneidkopf  rückt  gegen  denselben  vor.  Nach  beendigtem  Durch- 
gange findet  —  gewöhnlich  mit  Hilfe  zweier  yerschiebbaren  (offenen  und 
gekreuzten)  Riemen  —  Umsteuerung  statt,  und  die  Maschine  schneidet 
vorwärts  und  rückwärts,  sobald  bei  der  Umsteuerung  die  Schneidbacken 
entsprechend  verstellt  werdeiu  Diese  Maschinen  sind  in  verschieden- 
artigen Ausführungen  in  zahlreichen  Fabriken  vertreten. 

2.  Whitworth'sches  System.  Der  Schneidkopfsteht  fest,  der  Bolzen 
macht  beide  Bewegungen.  Auch  bei  diesen  Maschinen  findet  nach 
Beendigung  des  Schnitts  Umsteuerung  und  Rückwärtsschneiden  statt. 

3.  Sellers'sches  System.  Die  Schneidbacken  machen  die  Haupt- 
bewegung, der  Bolzen  die  Vorwärtsbewegung  (wie  bei  vielen  Maschinen 
der  älteren  Systeme).  Charakteristisch  für  die  Maschinen  dieses  Systems 
ist,  dass  sie  das  Gewinde  nicht  wie  die  übrigen  Maschinen  allmälig  bei 
abwechselndem  Vor-  und  Rückwärtsgange,  sondern  mit  HiKe  allmälig 
länger  werdender  Schneiden  in  den  Backen  mit  einmaligem  Durch- 
gange einschneiden.  Bei  Beendigung  des  Schnitts  lassen  sich  die  Backen 
öfihen,  wodurch  der  Bolzen  frei  wird  und  mit  dem  Halter  zurückgeführt 
werden  kann;  dadurch  wird  eine  Rückwärtsdrehung,  also  Umsteuerung, 
der  Maschine  entbehrlich. 

Eine  kleine  Maschine  des  letztem  Systems,  aus  der  Fabrik  von 
Oschwindt  &  Zimmermann  in  Carlsruhe  ^),  ist  in  den  Figuren  601 
bis  606  abgebildet  (Figuren  601  bis  603  in  Ys  der  wirklichen  Grösse, 
Fig.  604  bis  606  in  V4  der  wirklichen  Grösse).  Auf  dem  gusseisemen 
Fusse  a,  welcher  hier  Ständerform  besitzt,  und,  mit  einer  Thür  versehen, 
zugleich  als  Werkzeugschrank  dienen  kann,  befinden  sich  angegossen  die 
Lager  Oi  und  a%  für  die  Betriebswelle  sowie  an  der  Yorderseite  das 
consolenformige  Bett  03  für  den  Halter  des  Arbeitsstücks.  Der  Antrieb 
erfolgt  durch  die  Stufenscheibe  b,  welche  auf  der  hohlen  Welle  c  aufge- 
keilt ist.  Diese  trägt  an  der  vorderen  Seite  den  mit  ihr  in  einem  Stücke 
gefertigten  Eopf  Ci ,  mit  drei  radialen  Schlitzen  an  der  Yorderseite  ver- 
sehen ,  in  welchen  eben  so  viele  Schneidbacken  zu  liegen  kommen  (ver- 
gleiche Fig.  606,  die  vordere  Ansicht  des  Kopfes  darstellend,  und 
Fig.  604,  den  Schnitt  durch  denselben).  Um  nun  die  Kluppe  rasch 
öffnen  und  schliessen,  d.  h.  die  Backen  gleichmässig  von  einander  ent- 
fernen und  einander  nähern  zu  können,  befindet  sich  vor  dem  Kopfe  Ci, 
aber  ohne  feste  Yerbindung  mit  demselben,  der  Deckel  e,  dessen  innere, 
dem  Kopfe  zugewendete  Seite  in  Fig.  605  abgebildet  ist.  Wie  man  sieht, 
befinden  sich  auf  derselben  drei  vorspringende,  innen  excentrisch  aus- 
gedrehte Borde  61 ,  welche  hinter  die  Aussenkante  der  in  den  Kopf  ein- 
gelegten Backen  greifen  und  drei  schmale,  zu  den  excentrischen  Innen- 
flächen parallele  und  ebenfalls  gedrehte  Leisten  e%,  welche  in  entsprer 


^)  Hart,  WerkzeagmMchindn,.  Taf.  57. 


630  Specielle  Technologie. 

chendeNuthen  der  Backen  (rergleicbe  unten  die  Abbildung  einer  Schneid- 
backe in  Pig.  607)  eingraifen.  Somit  werden  in  Folge  der  Excenfarieitäfc 
dieser  Borde  und  Leisten  s&mmtlicbe  drei  Backen  gleichzeitig  ein-  oder 


anaw&rtB  bewegt  werden,  je  nachdem  die  Drebnng  nach  links  oder  rechta 
erfolgt;  Tun  bei  vollst&ndiger  Oeffiiang  der  Elnppe  ein  Beransfallen  der 
Backen  ans  den  Eviachen  den  Borden  gelaueneo  nnd  znm  Einstecken 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  8S1 

der  Backen  dienenden  Schlitzen  zn  verhüten,  'aind  die  letzteren  durch 
eingeschranbte  Stifte/  abgesperrt,  welche  sich  leicht  entfernen  lassen, 
wenn    die  Backen    behnf   der  Ansvechselnng  [heranagenommen  werden 

Fig.  eo2. 


Während  des  Ganges  der  Maschine  muBS  natürlich,  so  lange  das 
Gewinde  geschnitten  wird,  Yeretellnng  der  Backen  nicht  eintreten  soll, 


der  Deckel  e  dieselbe  Bewegung  wie  der  Kopf  Ci  machen;  er  mnss  da- 
gegen eine  relative  Drehung  gegen  C]  erhalten,  ohne  dass  die  Maschine 
zum  Stillstände  kommt,  sobald  der  Schnitt  beendet  ist  und  ein  neuer 
beginnen  soU.  Diese  Aufgabe  wird  nun  in  folgender  Weise  gelOst.  Der 
Deckel  e  ist  anf  dem  vordem  Ende   üner  hohlen  Spindel  d  befestigt, 


832  Specielle  Technolt^e. 

welches  über  den  Kopf  C|  ohne  feat«  Verbindung  mit  demselben  hinweg- 

greift;  die  Innenfläche  dieser  Spindel  d  ist  mit  einem  doppelten,  sehr 


steilen  Muttergewinde    vergehen,    welches   Aber   ein 
^'  entsprechendes   Schraubengewinde    an    der  Aossen- 

jt     ■«  fläche  der  zwischen  d  nnd  der  Betriebswelle  e  einge- 

schobenen   Röhre    g    greift    (in    den    Abbild  an  gen 
Fig.  601  nnd  G02  ist  diese  Schranbe  in  einem  Theile 
ihrer  Länge  sichtbar).    Die  Röhre  g  ist  durch  Nath 
und  lange  Feder  mit  der  Betriebswelle  c  verbunden, 
so   dasB  sie    eine  Längsrerschiebong  auf  derselben 
erträgt,    gleichzeitig    aber  jede  Drehung   derselben 
mitmacht.    So  lango  eine  Verschiebung  der  RShre  g 
nicht  stattfindet.  Überträgt  sie  die  von  c  anfgenommene  Bewegung   anf 
die  äussere  Spindel  d  und  durch  diese  auf  den  Deckel  e;  Schneidkopf  und 
Deckel  drehen  sich  also  in  gleicher  Weise,  die  Backen  beharren  in  ihrer 
Lage.     Sobald  aber  g  auf  c  nach  einer  oder  der  andern  Richtung  ver- 
Boboben  wird,  muss  durch  Wirkung  der  Schraube  eine  relative  Drehung 
von  d  und  dem  Deckel  e  gegen  C  und  Ci  stattfinden;  nnd  zwar  werden, 
wenn  das  Rohr  aus  der  in  den  Figuren  603  nnd  604  gezeichneten  Lage 
nach  links  (in  die  Stellang  der  Fig.  601  and  Fig.  602)  geschoben  wird, 
die  Backen  sich  nach  answSrts  bewegen,  die  Kluppe    geöffnet  and   der 
Bolzen  frei  werden;  wenn  die  Bewegung  des  Rohrs  nach  rechts  erfolgt 
(ans  der  Stellnng  der  Figuren  601   und  602  in  die  Stellnng  603   und 
604),  werden  die  Backen  zusammenrücken,  die  Kluppe  sich  schliessen, 
der  neu  eingesteckte  Bolzen  erfasst  werden.    Damit  diese  Versofaiebang 
rasch  and  sicher  bewerkstelligt  werden  kSnne,  trägt  das  Rohr  g  aa  seinem 
linken  Ende  den  anfgeschranbten  Bundring  ^i,  welcher  von  dem  halb- 
runden Mitnehmer  t  (Fig.  602)  erfasst  wird.     Der  Arm  des  letetem  ist 
mit  einem  Ringe  i  über  die  in  zwei  Lagern  horisontal  geführte  Stange  t 
geschoben  nnd  durch  eine  Stellschraube  befestigt;  k  aber  wird  durch  den 
Handhebel  t  verschoben.    Beim  Arbeiten  hält  der  Arbeiter  den  Griff  de« 
Hebels  mit  der  linken  Hand,  während  die  rechte  die  Führung  des  Bolsen- 
halters  übernimmt.    Beim  Beginne  des  Schneidens  üeht  er  den  Hebel 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  833 

nach  recht-s  und  Bchliesst  dadurch  die  Kluppe,  bei  Beendigung  des 
Schnitts  drückt  er  den  Hehel  nach  links  und  lässt  dadurch  den  Bolzen 
frei.  Dem  verschiedenen  Durchmesser  und  der  Gewindetiefe  der  Bolzen 
mnss  natürlich  das  Maass  dieser  Verstellung  entsprechen.  Damit  dieselbe 
genau  eingestellt  werden  könne,  ist  der  Mitnehmer  i  an  der  Stange  k 
verstellbar  und  diese  an  ihrem  linken  Ende  mit  einem  Anschlagkopfe  ki 
versehen  (Figuren  601  und  602),  welcher  gegen  den  Arm  des  Lagers  fli 
stösst  und  dadurch  die  Verschiebung  nach  rephis  begrenzt.  Je  näher 
dem  Kopfe  ki  nun  die  Hülse  ii  des  Mitnehmers  i  eingestellt  wird,  desto 
früher  wird  die  Bewegung  des  Schraubenrohrs  von  links  nach  rechts 
begrenzt  werden,  desto  schwächer  wird  die  Einwärtsschiebnng  der  Backen 
ausfallen,  desto  weniger  tief  kann  das  Gewinde  werden.  Die  Stange  k 
ist  nun  zur  genauen  Bestimmung  der  Stellung  von  t  mit  einer  Scala, 
von  links  nach  rechts  gehend,  versehen.  Stellt  man  die  rechte  Kante 
der  Hülse  t'i  auf  dem  Nullpunkte  ein,  so  stösst  schon  bei  ganz  geöffneter 
Kluppe  der  Kopf  ki  an  das  Lager  und  gestattet  gar  keine  Verschiebung; 
je  weiter  nach  rechts,  um  so  grösser  ist  die  Verschiebung  des  Schrauben- 
rohrs und  der  Schneidbacken. 

Damit  der  Schnitt  in  einem  Durchgange  vollendet  werden  könne, 
müssen  die  Schneidbacken  etwas  abweichend  von  den  bisher  besprochenen 
geformt  sein,  die  Schneiden  in  den  Gewinden  derselben  müssen  allmälig 
länger  werden,  damit  die  jedesmalige  Spanstärke  nicht  zu  bedeutend  aus- 
falle und  in  jedem  folgenden  Gewinde  ein  neuer  Span  genommen  werde. 
Wie  aus  Fig.  607  hervorgeht,  erreicht  man  diesen  Zweck  sehr  einfach, 
Fiff.  607.    i^dem   man  die  Vorderkante  der  Gewinde    in   den  Backen 
^^      nach  einer  Kegelfläche  abstumpft,  so  dass  erst  die  oberen  zu- 
I  ^E      letzt  zum  Eingriffe  kommenden  Gewinde  und  Schneiden  ihre 
I  ^H      volle  Länge  behalten.    Diese  Einrichtung,  durch  welche  zu- 
IHH      gleich  die  oben  geschilderte,   aus  der  allmäligen  Näherung 
der   Backen   beim  Schneiden   hervorgehende  Ungenauigkeit 
der  Gewinde  in  Wegfall  kommt   und   durch  welche  die  Zeitdauer  des 
Schneidens    abgekürzt  wird,    verdient   jedenfalls    alle  Beachtung   auch 
hinsichtlich  ihrer  Anwendung  für  andere  Schraubenschneidmaschinen  und 
Geräthe  i). 

Die  an  der  Vorderseite  des  Ständers  angegossene  Console  ist  mit 
zwei  seitlichen,  an  der  obem  Seite  glatt  gehobelten,  Wangen  Oa  versehen, 
auf  welchen  der  Bolzenhalter  m  mit  zwei  Füssen  8i  in  der  Achsenrichtung 
der  Maschine  schlittenartig  verschiebbar  ist.  Diese  Bewegung  erfolgt  von 
Hand  mit  Hilfe  des  Bügels  r  (die  Vorwärtsbewegung  beim  Schneiden 
selbstthätig  durch  die  Gewinde  der  festgehaltenen  Backen);  um  jedoch 
beim  Beginne  des  Schneidens  einen  kräftigem  Druck  gegen  die  Kluppe 
ausüben  zu  können,    sind  die   überstehenden  Borde  der  Wangen  a^  aü 


1}  Dieselbe  ist  unter  anderen  auch  bei  den  Backen  der  oben  beschriebenen 
Bei  necker 'sehen  Klappe  in  Anwendung. 

liOdAbnrf  mechanisch-metellnrgiaolie  Technologie.  53 


834  Specielle  Technologie. 

der  untern  Seite  zahDai*tig  geformt  and  der  in  8i  drehbare  Bügel  an  jeder 
Seite  mit  einem  zweiten  Hebelarme  yersehen,  welcher  durch  je  einen 
Schalthaken  8  Eingriff  in  die  Verzahnung  erhält.  So  ist,  sobald  der 
Bügel  nach  links  gedrückt  wird,  nicht  allein  die  Rückwärtsbewegung 
des  Schlittens  behindert,  sondern  es  wird  auch  der  Schlitten  gegen  die 
Kluppe  vorgeschoben  und  bringt  somit  die  ersten  Schneiden  derselben 
zum  Eingriffe  auf  den  eingespannten  Bolzen.  Damit  die  Mittellinie  des 
Bolzens  stets  genau  mit  ^er  verlängerten  Achse  der  Kluppe  zusammen- 
falle und  ein  rasches  Einspannen  des  erstem  ermöglicht  werde,  ist  der 
Halter  nach  Art  der  auf  Seite  38  abgebildeten  und  beschriebenen 
Gentrirmaschine'  construirt,  d.  h.  zwei  horizontale  Gleitstücke  (vergl. 
Fig.  603)  werden  durch  eine  Schraube  mit  rechtem  und  linkem  Gewinde, 
welche  in  Fig.  603  im  Durchschnitte  erkennbar  ist,  von  dem  Handrade 
q  aus  symmetrisch  ein-  oder  auswärts  bewegt  und  erfassen  bei  der  Bewe- 
gung nach  einwärts  mit  zwei  auswechselbaren  Klemmbacken  o  den 
dazwischen  gesteckten  Bolzenkopf. 

Die  zum  Tragen  des  Bolzenhalters  dienende  Gonsole  hat  eine  mulden- 
förmige Gestalt  zu  dem  Zwecke,  das  beim  Schneiden  von  den  Bolzen 
abtropfende  Oel  anzusammeln,  welches  dann  von  Zeit  zu  Zeit  durch  die 
an  der  tiefsten  Stelle*  angebrachte  und  durch  einen  Pfropfen  verschliess- 
bare  Oeffnung  abgelassen  wird. 

Die  abgebildete  Maschine  ist  zum  Schneiden  von  Schraubenbolzen 
bis  zu  etwa  20  mm  Durchmesser  geeignet,  wobei  die  Schneiden  eine 
Umfangsgeschwindigkeit  von  circa  25  mm  per  Secunde  erhalten. 

Der  Gewindebohrer.  Wie  man  die  Schneidklinge  und  mehr  noch 
die  zu  einander  gehörigen  Schneidbacken  als  eine  Schraubenmutter  be- 
trachten kann,  welche  durch  entsprechend  geformte  Einkerbungea  mit 
Schneiden  versehen  worden  ist,  so  stellt  umgekehrt  der  Gewindebohrer 
eine  aus  gehärtetem  Stahle  bestehende  Schraube  dar,  welche  ebenfalls 
durch  der  Achsenrichtung  parallel  laufende  Einkerbungen  von  geeig- 
neter Form  Schneiden  erhalten  hat.  Während  also  die  Schneidklinge 
und  die  Schneidbacken  ausschliesslich  zur  Herstellung  von  Schrauben- 
gewinden benutzt  werden  können,  dient  umgekehrt  der  Gewindebohrer 
dazu,  innerhalb  einer  vorhandenen  cylindrischen  Oeffnung  Muttergewinde 
einzuschneiden;  Schneidbacken  (Schneidklinge)  und  Gewindebohrer  er- 
gänzen sich  demnach  gegenseitig  und  bilden  gemeinBchafUich  das 
„Schneidzeug^. 

Da  die  Schneiden  des  Bohrers  nicht  wie  die  Sohneiden  der  Backen 
gegen  einander  verstellt  werden  können,  so  ist  es  erforderlich,  um  beim 
Gewindeschneiden  nicht  von  vornherein  bu  starke  Späne  nehmen  zu 
müssen,  die  Schneiden  allmälig  wachsen  zu  lassen,  in  dem  untersten 
Gange  des  Bohrers  nur  ganz  kurze  Schneiden  anzuwenden  und  erst  in 
den  oberen  Gilngen  ihnen  die  volle  Länge,  der  Tiefe  des  zu  Bchneidenden 
Gewindes  entsprechend,    zu   geben.     Dieser  Zweck  wird   in    derselben 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  835 

Weise  erreicht  wie  bei  den  Backen  der  Seilers' sehen  Schranbenschneid- 
maschinen,  nämlich,  indem  man  die  Anssenkanten  der  Gewinde  des 
Bohrers  nach  dem  vordem  Ende  desselben  zu  mehr  and  mehr  wegnimmt, 
so  dass  der  Bohrer  äosserlich  eine  schlank  konische  Form  erhalt,  während 
Fiff  608  ^^'  Kern  natürlich  cylindrisch  bleibt.  Um  die  Arbeit  zu 
erleichtem,  macht  man  den  Bohrer  ziemlich  lang,  so  dass 
der  äussere  Durchmesser  ganz  allmälig  zunimmt  und  diese 
Zunahme  auf  30  bis  40  Schraubengänge  vertheilt  ist.  Zur 
Bildung  der  Schneiden  bringt  man  gewöhnlich  drei,  seltener 
Tier  Einkerbungen  an  und  lässt,  um  möglichst  wenig 
Reibungsfläche  zu  haben,  die  Aussenfläche  des  Bohrers  nur  an  den 
Schneidkanten  die  Lochwand  berühren,  so  dass  ein  Querschnitt  des  Boh- 
rers wie  in  Fig.  608  oder  ähnlich  entsteht. 

Wie  die  Schneidbacken  wird  auch  der  Gewindebohrer  entweder  von 
Hand  oder  durch  eine  Maschine  gefuhrt.  Im  erstem  Falle  dient  ein  über 
das  vierkantig  geschmiedete  Ende  desselben  gestecktes  Wendeeisen  (bei 
den  kleinsten  ein  Feilkloben)  zur  Handhabung.  Die  Mutter  wird  in  den 
Schraubstock  eingespannt,  der  Bohrer  senkrecht  auf  die  Oeflhung  gesetzt 
und  unter  sanftem  Drucke  eingedreht.  Ein  Benetzen  mit  Gel  ist  auch 
hierbei  erforderlich.  Schliesslich  fallt  der  Bohrer  unten  aus  der  Mutter 
heraus,  sobald  das  Gewinde  fertig  geschnitten  ist. 

Bei  Benutzung  von  Elementarkraft  kann  man  dieselben  Maschinen, 
welche  zum  Schneiden  der  Schrauben  dienen  und  oben  beschrieben 
wurden,  auch  zum  Schneiden  der  Muttergewinde  verwenden,  wenn  man 
an  Stelle  des  zu  schneidenden  Schraubenbolzens  den  Gewindebohrer,  an 
Stelle  der  Schneidkluppe  die  zu  schneidende  Mutter  bringt.  In  fast 
jedem  Falle  stimmt  die  Gonstruction  dieser  Maschinen  mit  deijenigen  der 
Schraubenschneidmaschine  überein. 

Es  verdient  Erwähnung,  dass  zur  Anfertigung  der  Schneid- 
backen ein  sogenannter  Normalbohrer  benutzt  zu  werden  pflegt, 
welcher  ebenso  geformt  ist  und  gehandhabt  wird  als  die  gewöhnlichen 
Gewindebohrer.  Selbstverständlich  müssen  die  Backen  geschnitten 
werden,  ehe  sie  gehärtet  sind.  Zur  Anfertigung  des  Normalbohrers  und 
der  Gewindebohrer  pflegt  die  Drehbank  benutzt  zu  werden. 

Die  Drehbank  zum  Schrauben-  und  Muttemschneiden.     Die 

Schneidkluppe  und  der  Gewindebohrer  lassen  sich  auf  der  Dreh- 
bank zum  Gewindeschneiden  anwenden,  indem  man  das  Arbeitsstück 
mit  der  Drehbanksspindel  rotiren  und  das  Werkzeug  die  Längsbewegung 
machen  lässt;  oder  auch  umgekehrt.  Dieser  Fall  bildet  jedoch  eine 
Ausnahme. 

Dagegen  wurde  schon  bei  Erläuterung  der  Drehbankseinrichtung 
darauf  hingewiesen,  dass  die  Schneide  eines  Werkzeugs,  welches  einen 
gleichmässigen  Vorschub  parallel    der  Drehbanksaohse  erhält,   auf   der 

53* 


836 


Specielle  Technologie. 


Fig.  610. 


Oberfläche  eines  zwischen  den  Drehbiuiksspitzen  eingespannten  Gylinders 
eine  Schranbenlinie  beschreibt,  deren  Steigung  von  dem  Verhältnisse 
zwischen  den  Geschwindigkeiten  der  Haupt-  und  Schaltbewegnng  ab- 
hängig ist.  Entspricht  also  die  Form  der  Schneide  des  Werkzeugs  dem 
Profile  des  Schraubengewindes,  so  entsteht  eine  wirkliche  Schraube,  und 
wenn  das  Werkzeug  an  der  Innenseite  eines  Hohlcy linders  zum  Angriffe 
kommt,  so  entsteht  eine  Schraubenmutter.  Je  gleichmassiger  dabei  die 
Bewegungen  vor  sich  gehen,  desto  genauer  wird  das  Gewinde  ausfallen. 
Um  nun  bei  Handdrehbänken  die  Gleichmässigkeit  des  Yorschubs  zu 
sichern,  giebt  man  dem  Schneidstahle  statt  einer  einzigen  Schneide  eine 
Anzahl  —  gewöhnlich  4  bis  5  —  gleicher  Schneiden,  welche  zusammen 
das  genaue  Profil  Ton  eben  so  vielen  Schraubengängen  darstellen. 
Fig.  609  zeigt  die  Form  eines  solchen  mehrspitzigen  Schneidstahls  für 

scharfe  Schraubengewinde, 
^'«'  ^^^'  Fig.    610    die   Form    des 

Stahls    für    das    entspre- 
chende   Muttergewinde. 
Wegen  des  strahlenartigen 
Aussehens   der  Schneiden 
haben    diese    Werkzeuge 
den  Namen  „Strahler*^  er- 
halten.   Der  erste  Schrau- 
bengang wird  vorgezeich- 
net und    mit    der  ersten 
Schneide    des    Strahlers 
sorgsam    eingeschnitten; 
führt  man  das  Werkzeug 
nun  weiter,  um  den  zweiten  Schraubengang  zu  schneiden,  so  tritt   die 
zweite  Spitze  in  den  vorhandenen  ersten  Schraubengang  und  bildet  somit 
eine  Führung  für  den  richtigen  Vorschub  des  Stahls;  u.  s.  f. 

Weniger  häufig  ist  eine  Einrichtung  der  Drehbänke  ohne  Leit- 
spindel, bei  welcher  der  Drehstahl,  der  in  diesem  Falle  nur  eine  Schneide 
zu  besitzen  braucht,  festliegt  und  das  Arbeitsstück  ausser  der  Drehung 
auch  den  Vorschub,  entsprechend  der  Steigung  des  Schraubengewindes, 
ausführt.  Zu  diesem  Zwecke  mnss  die  Drehbanksspindel  in  horizontaler 
Richtung  verschiebbar  sein,  und  das  Arbeitsstück  darf  nicht  zwischen 
Spitzen,  sondern  mnss  mit  Hilfe  eines  Futters  an  der  Spindel  befestigt 
werden.  Auf  dem  hintern  Ende  der  Spindel  ist  eine  hohle  Messing- 
schraube  mit  10  bis  15  Gewindegängen  übergeschoben  und  befestigt, 
deren  Steigung  genau  derjenigen  der  zu  schneidenden  Schraube  ent- 
spricht. Dieselbe  wird  Patrone  genannt  und  dreht  sich  an  der  ontem 
Seite  in  einem  entsprechenden  Muttergewinde,  welches  an  der  Obeirkante 
eines  festliegenden  Stücks  harten  Holzes  oder  besser  Metalls  einge- 
schnitten ist  und  Register  genannt  wird.  Es  wird  also,  sobald  die 
Spindel  in  Drehung  versetzt  wird,  durch  den  Eingriff  der  Schraube  in 


Schrauben  und  Schraubenmuttern.  837 

das  festliegende  Mattergewinde  ein  gleichmässiger  Vorschub  derselben 
erfolgen,  und  der  festliegende  Drehstahl  wird  ein  Schraubengewinde 
schneiden,  dessen  Steigung  mit  derjenigen  der  Patrone  übereinstimmt. 

Am  geeignetsten  zum  Schrauben-  und  Mutternschneiden  ist  die 
Drehbank,  wenn  sie  mit  Support  und  Leitspindel  ausgestattet  ist,  welche 
letztere  den  Vorschub  des  erstem  bewirkt.  Drehen  sich  hierbei  Dreh- 
banks-  und  Leitspindel  in  derselben  Richtung,  so  erfolgt  ein  rechtes 
Gewinde,  dreht  sich  die  Leitspindel  der  Drehbanksspindel  entgegen,  so 
erfolgt  ein  linkes  Gewinde.  Da  die  Leitspindel  in  allen  Fällen  ihre 
Bewegung  von  der  Drehbanksspindel  aus  empfängt,  so  stehen  die  Bewe- 
gungsgeschwindigkeiten  beider  in  jedem  Augenblicke  in  dem  gleichen 
Verhältnisse;  die  Genauigkeit  des  erfolgenden  Gewindes  ist  daher,  sofern 
jene  Bewegungsübertragung  auf  die  Leitspindel  in  zuverlässiger  Weise 
erfolgt,  die  Schraubenspindel  rund  läuft  u.  s.  w.,  vorzugsweise  abhängig 
von  der  Richtigkeit  des  Leitspindelgewindes,  um  nun  für  eine  vorge- 
schriebene Ganghohe  der  Schraube  das  richtige  Bewegungsverhältniss 
zwischen  Drehbanks-  und  Leitspindel  hervorzubringen,  benutzt  man  die 
früher  (Seite  663  und  645)  erwähnten  Wechselräder,  Getriebepaare  von 
verschiedenen  Umsetzungsverhältnissen ,  welche  zwischen  beiden  einge* 
schaltet  werden  und  die  Bewegung  übertragen.  Offenbar  müssen  die 
Umdrehungszahlen  der  Drehbanksspindel  und  Leitspindel  sich  umge- 
kehrt verhalten  wie  die  Steigung  des  anzufertigenden  Schrauben  ganges 
zu  der  Steigung  der  Leitspindelschraube;  allgemein,  wenn  s  die  Steigung 
der  anzufertigenden  Schraube,  Si  die  Steigung  der  Leitspindel  ist,  so 
musB  die  Leitspindel  während  einer  Umdrehung  der  Drehbanksspindel 

—  Umdrehungen  machen.    Soll  z.  B.  die  anzufertigende  Schraube  5  mm 

Steigxug  erhalten  und  die  Leitschraube  besitzt  15  mm  Steigung,  so 
muss  die  letztere  Vis  =  Vs  bo  viel  Umdrehungen  als  die  Drehbanks- 
spindel machen.  Für  die  Drehbänke,  welche  zum  Schraubenschneiden 
eingerichtet  und  demnach  mit  Wechselrädem  ausgerüstet  sind,  pflegen 
die  Fabriken  Tabellen  beizugeben,  aus  welchen  sich  für  ein  bestimmtes 
Schrauben  System,  d.  h.  für  ein  bestimmtes  Verhältniss  zwischen  Gang- 
höhe und  Durchmesser  der  Schraube  ohne  Weiteres  die  für  den  gege- 
benen Durchmesser  der  Schraube  einzuschaltenden  Wechselräder  ersehen 
lassen. 

Man  benutzt  die  Drehbank  vorzugsweise  zum  Schneiden  langer 
Schrauben  —  Leitschrauben  für  andere  Werkzeugmaschinen  und 
dergleichen  — ,  femer  far  kürzere  dicke  Schrauben,  welche  nur  ausnahms- 
weise gefertigt  werden  und  für  welche  ein  passendes  Schneidzeug  nicht 
vorhanden  ist;  u.  s.  f.  Auch  die  bekannten  käuflichen  Holzschrauben  mit 
sehr  dünnen  scharfrandigen  und  weit  aus  einander  liegenden  Gängen 
werden  durch  einen  Drehstahl  mit  entsprechend  geformter  Schneide  auf 
besonders  dafür  eingerichteten  Drehbänken  geschnitten. 


838  Specielle  Technologie. 

Sofern  die  geschnittenen  Schranben  Verbin dungsschranben  mit  Kopf 
und  Matter  sind,  erhalten  sie,  bevor  sie  als  fertig  gelten  können,  gewöhn- 
lich noch  eine  fernere  Bearbeitung  zu  dem  Zwecke,  die  äusseren  Flächen 
der  Muttern  und  häufig  auch  der  Köpfe  genau  und  sauber  herzustelleD. 
Es  ist  also,  um  diese  Aufgabe  yoUstandig  zu  lösen,  erforderlich,  die  sechs- 
seitlichen Begrenzungsflächen  wie  die  beiden  Stirnflächen  (beziehentlich 
nur  die  obere  Fläche)  nachzuarbeiten  und  der  letzteren  an  den  sechs 
Eckpunkten  die  bekannte  übliche  Abfasung  zu  geben,  durch  welche  theils 
das  Aenssere  des  Arbeitsstücks  gewinnt,  theils  das  Ueberstecken  des 
Schraubenschlüssels  erleichtert  wird. 

Die  sechs  (bei  Schraubenköpfen  meistens  vier)  Seitenflächen  erhalten 
ihre  Bearbeitung  entweder  durch  Hobeln  oder  Fräsen  in  solcher  Weise, 
dass  durch  zwei  parallele  Werkzeuge  gleichzeitig  zwei  parallele  Seiten- 
flächen der  Mutter  oder  des  Kopfs  bearbeitet  werden.  Das  Arbeitsstück 
befindet  sich  dabei  auf  einer  Scheibe  (Drehtisch),  welche  nach  jedes- 
maliger vollendeter  Bearbeitung  zweier  Flächen  eine  Drittels-Umdrehung 
erhält,  so  dass  sofort  zwei  neue  Flächen  in  Angriff  genommen  werden 
können.  Hobelmaschinen,  für  diesen  Zweck  bestimmt,  sind  in  ihrer 
Construction  gewöhnlich  der  in  den  Figuren  481  und  482  auf  Seite  620 
abgebildeten  Nuthenstossmaschine  (Yerticalhobelmaschine)  sehr  ähnlich. 
Denkt  man  sich  dieselbe  statt  mit  einem  Messer  mit  zwei'  parallel  arbei- 
tenden Messern  versehen,  deren  Schneiden  einen  solchen  Abstand  von 
einander  besitzen  als  der  kleinste  Durchmesser  des  sechseckigen  Mutter- 
querschn^tts  beträgt,  und  die  Mutter  auf  dem  Tische  der  Maschine  befe- 
stigt, so  hat  man  das  Aenssere  einer  solchen  Maschine. 

Beim  Fräsen  sind  es  gewöhnlich  zwei  in  gleicher  Richtung  und 
mit  gleicher  Geschwindigkeit  rotirende  Frässcheiben,  welche  ihre  ge- 
zahnten Flächen  einander  zuwenden  und  in  solcher  Weise  die  dazwischen 
befindlichen  parallelen  Seitenflächen  der  Mutter  (des  Kopfs)  gleichzeitig 
bearbeiten.  Die  Constructionen  der  hierfür  benutzten  Fräsmaschinen  im 
Einzelnen  zeigen,  wie  die  Fräsmaschinen  überhaupt,  mannigfache  äussere 
Formen. 

Die  Bearbeitung  der  Stirnflächen  geschieht  entweder  gleichfalls  mit 
Hilfe  der  Fräsmaschine,  wobei  ein  entsprechend  geformter  Fräser  gleich- 
zeitig die  Fläche  bearbeitet  und  die  Abfasung  ausführt-,  oder  auf  einer 
kleinen  Drehbank.  In  letzterm  Falle  ist  die  Mutter  (oder  der  Schrau- 
benbolzen) centrisch  am  Spindelkopfe  befestigt  und  empfängt  die 
Drehung,  während  der  vor  derselben  befindliche  Support  mit  zwei,  auch 
wohl  drei  verschieden  geformten  und  neben  oder  über  einander  einge- 
spannten Messern  ausgerüstet  ist,  um  gleichzeitig  die  Fläche  zu  drehen, 
die  Abfasung  zu  bewirken  und  den  Grat  am  obern  Rande  des  Gewindes 
abzunehmen,  welcher  beim  Schneiden  entstanden  war. 

Erwähnung  verdienen  ferner  die  schon  oben  kurz  berührten  soge- 
nannten Mutternmaschinen,  welche  sechskantig  gewalztes  Eisen  der 
Länge  nach  bohren,  auch  wohl  mit  Gewinde  versehen  und  dann  abstechen. 


Blattgold  und  Blattsilber.  839 

bei  welcher  Arbeit  zugleich  die  Stirnflächen  der  entstehenden  Muttern 
gedreht  werden.  Sie  arbeiten  demnach  mit  zwei  verschiedenen  Werk- 
zeugen, einem  Bohrer  und  einem  Drehstahle,  zu  welchen  unter  Umständen 
noch  der  Gewindebohrer  hinzukommt. 

Hinsichtlich  der  sonstigen,  in  ungemein  zahlreichen  Constructionen 
vertretenen  Maschinen  zur  Herstellung  und  Bearbeitung  von  Schrauben 
und  Muttern  muss  auf  die  gegebene  Literatur  verwiesen  werden. 


Literatur  über  Anfertigung  von  Schrauben  und  Muttern. 

lieber  Schmieden  und  Prägen  derselben: 

Wencelides,  Hilfsmaschinen  und  Werkzeuge,  Seite  81  ff.  (mit  Abbil- 
dungen einer  Bolzenschmiedemaschine). 

Dingler,  Polyt.  Journal,  Bd.  196,  S.  500. 

Praktischer  Maschin enconstructeur,  Jahrgang  1878,  Heft  4  (Muttem- 
presse). 

lieber  Gewindeschneiden  und  fernere  Bearbeitung: 

Hoyer,  Mechanische  Technologie,  Seite  367. 

Hart,  Werkzeugmaschinen,  2.  Auflage,  Seite  322,  Atlas  Tafel  54  bis  60 

(Schraubenschneid-  und  Mutternbearbeitungsmaschinen). 
Wiebe,  Skizzenbuch  Heft  65,  Tafel  5,  Heft  86,  Tafel  6  (Schrauben- 

Schneidmaschinen). 
Dingler,  Polyt.  Journal,  Bd.  205,  S.  302;  Bd.  212,  S.  445;  Bd.  221, 

S.  296  (Mutt^mschneidmaschine);  Bd.  224,  S.  378  (Maschine  von 

Hartnell  zum  Rohren,  Gewindeschneiden,  Drehen  und  Lostrennen 

der  Muttern). 
Deutsche  Industriezeitung  1876,  S.  133  (Mutterndrehbank  der  Deutschen 

Werkzeugmaschinenfabrik  in  Chemnitz). 
Mittheilungen  des  Hannoverschen  Gewerbevereins,  Jahrg.  1866,  S.  149 

(Vorrichtung     zum    Schraubenschneiden    auf    der    Drehbank    mit 

Patrone). 
Praktischer  Maschinenconstruoteur,  Jahrg.  1871,  S.  112  (desgleichen). 


Blattgold  und  Blattsilber. 

Man  versteht  bekanntlich  unter  dem  obigen  Ausdrucke  jene  äusserst 
feinen  Blättchen  aus  Gold  oder  Silber,  welche  gewissermaassen  als  Bleche 
von  geringster  Starke  gelten  können,  und  vielfach  zum  Vergolden  und 
Versilbern  durch  Bekleben  (Seite  783)  benutzt  werden. 

Die  Stärke  des  Blattgoldes  beträgt  nach  Kar  mar  seh  Vrooo  l>is 
y^oooinm;  lg  Gold  bedeckt  durchschnittlich  0,6 qm. 


840  Specielle  Technoli^e. 

Eine  so  beträchtliche  Verdünnong  wdrde  durch  Walxen  nicht  su 
erreichen  sein,  ohne  ein  Zerreissen  der  dünnen  Bleche  herbeiznführenf 
und  l&aat  sich  nnr  durch  Hämmern  bewerkstelligen;  daher  nennt  man 
das  Verfahren  Golds chlägerei  und  versteht  unter  diesem  Ausdrucke 
auch  die  Anfertigung  dünner  Blattchen  aus  Silber,  Aluminium  und 
Legimngen. 

Gold  wird  im  reinen  Zustande  oder  mit  etwas  Silber  legirt,  Silber 
rein  angewendet. 

Man  giesst  zunächst  einen  flachen  Stab  oder  Zain,  schmiedet  diesen 
unter  öfterm  Ausglühen  kalt  aus,  setzt  die  Verdünnung  unter  einem 
kleinen  Walzwerke  mit  sauber  polirten  Walzen  fort  und  schneidet  dann 
das  erhaltene  Blech  in  Stücke  von  ungefähr  25  mm  im  Quadrate,  welche 
Quartiere  genannt  werden.  Von  diesen  legt  man  eine  grössere  Anzahl 
auf  einander,  trennt  aber  die  einzelnen  Blättchen,  um  ein  Zusammen- 
haften durch  Cohäsions Wirkung  bei  der  weitem  Verarbeitung  zu  verhüten, 
durch  dazwischen  gelegte  Pergamentblätter,  100  bis  125  mm  im  Quadrate 
gross,  welche  später  bei  fortgesetzter  Verdünnung  durch  Blättchen  aus 
dem  Oberhäutchen  vom  Blinddärme  der  Ochsen  —  Goldschlägerhaut 
genannt  —  ersetzt  werden.  Das  Ganze  wird  in  ein  P'utter  aus  Pergament 
geschoben  und  heisst  eine  Form  (Pergamentform  und  Hautform).  Nun 
beginnt  das  Schlagen  auf  einem  Ambosse  aus  polirtem  Granit  oder 
Marmor,  gewöhnlich  mit  Handhämmem  von  verschiedener  Grösse,  deren 
Bahnen  kreisrund  und  schwach  convex  geformt  sind.  Das  Schlagen  wird 
so  lange  fortgesetzt,  bis  die  Metallblättchen  die  Grösse  der  Form,  d.  h. 
der  Pergamentblätter  angenommen  haben.  Dann  nimmt  man  sie  heraus, 
zerschneidet  sie  in  vier  Quadrate,  bildet  aus  diesen  eine  neue  Form  und 
setzt  das  Verfahren  in  gleicher  Weise  fort.  Im  Ganzen  pflegt  man  zwei 
Pergamentformen,  deren  erste  Dickquetsche  und  zweite  Dünnquetsche 
heisst,  und  zwei  Hautformen  anzuwenden,  von  welchen  die  erstere  Loth- 
form,  die  letzte  Dünnschlagform  genannt  wird.  Diese,  welche  bis  zu 
800  Blättchen  enthält,  liefert  das  fertige  Blattgold.  Die  einzelnen 
Blättchen  werden  beschnitten  und  in  dünne  Papierblättchen  verpackt 
Die  entstehenden  Abfalle  werden  eingeschmolzen  oder,  mit  Honig  zer- 
rieben, als  Malergold  (Goldbronze)  verkauft. 

Das  sogenannte  unechte  Blattgold  besteht  aus  Tombak  mit  etwa 
14  Procent  Zink  und  ist  weit  weniger  dünn  als  das  echte  (Visoomm); 
unechtes  Blattsilber  ist  Zinn  mit  etwas  Zink  oder  auch  Neusilber.  Die 
Abfälle  bei  der  Anfertigung  des  unechten  Blattgoldes  und  -Silbers 
werden  durch  Zerreiben  zu  Metallbronze  (Bronzefarbe)  verarbeitet,  wobei 
ihnen  durch  Erhitzen  in  einer  eisernen  Pfanne  rothe,  gelbe,  grüne  oder 
violette  Anlauffarben  gegeben  werden  können  ^). 


^)  Prechtl-Karmarsch,   Technologische  Encyclopädie,    Bd.   7,   Artikel: 
GüUUchlägerei.    Karmarsch -Hartig,  Mechanische  Technologie^  Seite  165. 


Schneidwaarea. 


841 


Schneidwaaren. 


Hierher  gehören  Aexte  und  Beile,  Messer  und  Gabeln,  Scheeren, 
Säbel  etc*  Die  kleineren  derselben  bestehen  meistens  aus  Stahl,  die 
gröberen  häufig  aus  Schmiedeeisen  mit  yerstahlter  Schneide. 

Aexte  und  Beile  ^),  daneben  gewöhnlich  auch  Schaufeln,  Spaten, 
Hacken  und  dergleichen  eiserne  Geräthe  für  den  häuslichen  und  land- 
wirthschaftlichen  Gebrauch  werden  in  besonderen  Schmiede  Werkstätten  — 
gewöhnlich  mit  Hilfe  eines  oder  mehrerer  Schwanzhämmer  —  gefertigt, 
welche  man  Blankschmieden  nennt.  Zur  Anfertigung  einer  Axt  wird 
ein  Stück  Flacheisen  abgehauen  und  durch  Hämmern  des  mittlem 
Theils  in  der  Weise  ausgeschmiedet,  wie  es  Fig.  611  zeigt.    Bei  a  wird 


Fig.  611. 


Fig.  612. 


durch  Aufsetzen  des  Schrotmeissels  ein 
Einschnitt  gemacht,  so  dass  hier  ein  schma- 
ler, spitz  auslaufender  Lappen  von  der 
Stärke  des  mittlem  ausgeschmiedeten 
Theils  entsteht.  Alsdann  biegt  man  über 
einem  Dome  das  rothglühende  Schmiede- 
stück zusammen,  so  dass  der  ausgeschmie- 
dete  mittlere  Theil  eine  Art  Röhre  bildet, 
welche  zum  Hineinstecken  des  Stiels  dient 
und  Haube  genannt  wird.  Der  Lappen  a 
wird  in  seiner  ganzen  Länge  um  den  Dom  herumgebogen, 
so  dass  nunmehr  eine  Form  wie  in  Fig.  612  entsteht.  Nun 
folgt  das  Verstahlen  der  Schneide  und  des  Nackens,  d.  h. 
des  dicken  der  Schneide  gegenüberliegenden  Endes  der  Axt, 
welches  bisweilen  als  Hammer  beim  Eintreiben  von  Keilen, 
Nägeln  und  dergleichen  benutzt  wird.  Man  schiebt  zu  diesem  Zwecke 
zwischen  die  beiden  noch  nicht  verbundenen  Enden  (bei  h)  eine  Stahl- 
schiene von  der  Länge  der  Schneide  ein,  so  dass  sie  8  bis  10mm  vor 
derselben  herausragt,  giebt  Schweisshitze  und  schweisst  nun  die  ganze 
Fuge  von  der  Haube  bis  zur  Schneide  zusammen,  wobei  die  letztere 
zugleich  ausgeschmiedet  und  die  Kante  an  der  Rückseite  der  Axt  unter- 
halb der  Haube  mit  Hilfe  von  Setzhammer  und  Schrotmeissel  oft  nach 
einer  bestimmten  Gliederung  weiter  ausgebildet  wird.  Das  Verstahlen 
der  Haube  geschieht  einfach  durch  Auflegen  und  Anschweissen  einer 
entsprechend  breiten  Stahlplatte.     Die  in  ihrer  Form   fertige  Axt  wird 


^)  Der  Unterschied  der  Axt  vom  Beile  ist  zum  Theil  nur  durch  den 
Bpradhgebrauoh  bedingt.  Der  Zimmermann  gebraucht  eine  Axt,  der  Fleischer 
ein  Beil.  Nach  Karmarsch  hat  die  Axt  eine  kürzere  Schneide,,  welche  von 
beiden  Seiten  angeschliffen  ist  und  sich  daher  in  der  Mitte  der  Dicke  befindet, 
während  das  Beil  nur  von  einer  Seite  her  zugeschliffen  ist.  Dem  Sprach- 
gebrauche dürfte  dieser  Unterschied  nicht  inuner  entsprechen. 


842  Specielle  Technologie. 

nun  gehärtet,  angelasseD  und  schliesglich  auf  dem  rotirenden  Schleif- 
steine hlank  geschliffen  nnd  geschärft. 

Um  ein  Tischmesser  zu  schmieden,  streckt  man  das  zur  hellen 
Rothgluth  erwärmte  Ende  eines  quadratischen  oder  flachen  Stahlstahes 
durch  Hämmern  auf  dem  Amhos  der  Form  der  Klinge  entsprechend  aas, 
wobei  dieselbe  nach  dem  Rücken  zu  schon  eine  grössere,  nach  der 
Schneide  zu  eine  geringere  Stärke  erhält.  Auf  dem  Ambos  befindet  sich 
ein  Stempel  mit  der  Firma  des  Messerschmiedes  in  verkehrter  Schrift; 
die  noch  glühende  Klinge  wird  darauf  gelegt  und  durch  einen  Schlag 
mit  dem  Hammer  die  Firma  eingeprägt.  Schliesslich  wird  in  derselben 
Hitze  die  geschmiedete  Klinge  soweit  von  der  Stange  abgehauen;  dass 
ein  kurzes  Ende  der  letztem,  zur  Anfertigung  der  Angel  (des  zur  Befe- 
stigung in  dem  Griffe  dienenden  Theils)  ausreichend,  an  der  Klinge 
sitzen  bleibt.  Nun  wird  eine  zweite  Hitze  gegeben  und  in  dieser  die 
Angel  ausgeschmiedet,  entweder  schmal  und  spitzig,  wenn  sie  durch  das 
Heft  hindurchgesteckt  und  am  andern  Ende  vernietet  werden  soll;  oder 
breit  und  flach,  wenn  das  Heft  aus  zwei  Hälften  besteht,  die  durch  Quer- 
stifte zusammen  genietet  werden.  Zwischen  Klinge  und  Angel  lässt  man 
durch  Ansetzen  einen  schmalen  Ring  stehen,  die  Scheibe  oder  Balance 
genannt,  welcher  in  derselben  Hitze  in  einem  doppelten  Gesenke  weiter 
ausgebildet  wird.  Dieses  Gesenk  heisst  das  Stemmeisen;  das  Messer 
steht  senkrecht  in  demselben  mit  der  Klinge  nach  unten.  Zu  diesem 
Zwecke  ist  das  Untertheil  des  Gesenks  geschlitzt  und  ruht  auf  einem 
ausgehöhlten  Holzklotze,  in  welchem  die  Klinge  Platz  findet,  während 
die  Scheibe  im  Gesenke  aufruht;  das  Gesenkobertheil  ist  ebenfalls  ring- 
förmig, um  der  Angel  Platz  zu  geben. 

Die  Arbeit  des  Schmiedens  geschieht  von  Hand  in  den  immer 
seltener  werdenden  Werkstätten  des  einzelnen  Messerschmieds,  in  den 
grösseren  Messerfabriken  dagegen  mit  Hilfe  von  Maschinenhammern  oder 
Schmiedemaschinen. 

Statt  die  Angel  aus  demselben  Stücke  mit  der  Klinge  zu  schmieden, 
schweisst  man  bisweilen  ein  Stück  Schmiedeeisen  an  die  erstere  an,  um 
aus  diesem  die  Angel  zu  bilden ;  oder  man  giesst  die  Angel  aus  GusseiJien, 
welches  durch  einen  oxydirenden  Glühprocess  (Tempern)  seines  Kohlen- 
stoffgehalts zum  grössten  Theile  beraubt  und  dadurch  schmied»  und 
schweissbar  wird  (schmiedbares  Gusseisen)  und  schweisst  sie  an  die 
Klinge  an. 

Bei  Massenfabrikation  fertigt  man  bisweilen  die  Klingen  nebst 
Angel  durch  Ausstossen  im  Durchstoss  mit  Hilfe  eines  passenden  Stem- 
pels nebst  Matrize  und  schiebt  die  für  sich  gefertigte  Scheibe  als 
besonderes  Stück  über  die  Angel. 

Nun  folgt  das  Schleifen  auf  rotirenden  Schleiüsteinen,  wobei  nicht 
allein  die  Schneide  ausgebildet  wird,  sondern  auch  die  beim  Schmieden 
gebliebenen  Ungenauigkeiten,  der  entstandene  Grat  u.  s.  w.,  entfernt 
werden  und  die  Klinge  erst  ihre  vollendete  Form  erhält.    Die  geschliffenen 


Schneidwaaren.  843 

Klingen  werden  gehärtet  (bei  aorgfUltiger  Arbeit  durch  Erhitzen  in 
gluhendeib  Blei  und  Ablöschen' in  Rüböl)  und  roth  bis  blau  angelassen; 
bei  gröberen  Waaren  findet  das  Härten  und  Anlassen  auch  wohl  Tor  dem 
Schleifen  statt. 

Endlich  kommen  die  Messer  in  die  Polirwerkstatt,  wo  sie  zunächst 
auf  einer  rotirenden  Schmirgelscheibe  mit  Oel  abgeschmirgelt  werden 
und  dann  auf  einer  mit  Leder  überzogenen  Holzscheibe  mit  Polirroth 
oder  Zinnasche  ihre  letzte  Vollendung  erhalten. 

Die  Anfertigung  einer  Gabel  ist  derjenigen  des  Messers  sehr  ähnlich. 
Man  schmiedet  aus  dem  quadratischen  Stahlstabe  zunächst  mit  Hilfe 
eines  Gesenks  den  Schaft  der  Gabel  und  lässt  vorn  so  viel  Metall  stehen 
als  für  den  vorderen  flachen  Theil  erforderlich  ist;  dann  wird  die  Angel 
und  Scheibe  geschmiedet,  schliesslich  der  vordere  Theil  flach  ausgestreckt, 
wie  es  der  Form  desselben  entspricht.  Die  Zwischenräume  zwischen  den 
Zinken  der  Gabel  können  durch  Meissel  und  Hammer  ausgearbeitet 
werden ;  häufiger  benutzt  man  ein  Fallwerk  mit  Ober-  und  Unterstempel, 
welche  die  Form  der  Zinken  verkehrt  tragen  und  zwischen  denen  das 
glühende  Metall  derartig  geprägt  wird,  dass  nur  ein  schwacher  Grat 
zwischen  den  Zinken  stehen  bleibt,  welcher  dann  auf  dem  Durchstosse 
entfernt  wird. 

Die  in  ihrer  rohen  Form  fertige  Gabel  wird  nun  stark  ausgeglüht 
und  durch  Befeilen  mit  eigenthümlich  geformten  Feilen  weiter  bearbeitet. 
Dann  werden  die  Zacken  gebogen,  geschlifien,  gehärtet  und  angelassen, 
die  ganze  Gabel  geschmirgelt  und  polirt. 

Rasirmesser  werden  aus  dem  vorzüglichsten  Stahle  in  drei  Hitzen 
(bei  dunkler  Rothgluth,  damit  der  Stahl  möglichst  wenig  Oxydation  er- 
leide) geschmiedet.  In  der  ersten  Hitze  wird  die  Form  der  Klinge  roh 
ausgebildet,  in  der  zweiten  der  Stiel  (,, Druck''  genannt);  in  der  dritten 
erhält  die  Klinge  auf  einer  convexen  Amboskante  den  bekannten  con- 
caven  Querschnitt.  Nach  der  letzten  Hitze  wird  bis  zur  völligen  Ab- 
kühlung gehämmert.  Nun  wird  das  Messer  befeilt,  mit  grosser  Vorsicht 
gehärtet  und  gelb  angelassen.  Hierauf  folgt  das  Schleifen  auf  einer  An- 
zahl verschiedener  Schleifsteine,  deren  Form  dem  eigenthümlichen  Quer- 
schnitte der  Rasirmesser  Rechnung  tragen  muss,  endlich  das  Schmirgeln 
und  Poliren. 

Soheeren  werden  entweder  aus  einem  Stahlstabe  oder  aus  einem 
Eisenstabe  geschmiedet,  welcher  an  der  Innenseite  des  Scheerenblatts 
verstahlt  wird.  Man  bildet  zunächst  durch  Ausrecken  auf  dem  Ambos 
das  Scheerenblatt  und  das  sogenannte  „Schild",  d.  h.  denjenigen  Theil 
aus,  wo  beide  Scheerenhftiften  verbunden  sind;  dann  wird  durch  Ansetzen 
auf  der  Amboskante  der  Absatz  gebildet  („Schluss''  genannt),  wo  die 
Hälften  der  geschlossenen  Scheere  gegen  einander  treten;  schliesslich 
entweder  die  Stange  dünn  ausgestreckt  und  durch  Umbiegen  der  Ring 
oder  Grat  gebildet  oder  bei  kleineren  Scheeren  auch  durch  Flachschmieden 
und  Lochen  derselbe  Zweck  erreicht. 


844  Specielle  Technologie. 

Oder  man  stösst  mit  dem  Durchstosae  ans  8i4Üilb]ecb  ein  Stück  von 
der  Form  der  Scbeerenhälfte  aus  und  giebt  ibm  darcb  Prägen  in 
Gesenken  die  weitere  Aasbildung. 

Eine  nocb  andere,  in  neuerer  Zeit  üblich  gewordene  Art  der  An- 
fertigung ist  die  Herstellung  des  Griffs  und  Schildes  aus  schmiedbarem 
Gusse  und  Anschweissen  an  das  aus  Stahl  geschmiedete  oder  geprägte 
Scheerenblatt. 

Die  Scheerenhälfben  werden  befeilt,  zusammengepasst,  gehärtet  und 
angelassen;  geschliffen,  polirt  und  schliesslich  in  bekannter  Weise  mit 
einander  verbunden. 

Manches  Eigenthümliche  bietet  auch  die  Anfertigung  der  Säbel- 
und  Degenklingen«  Um  denselben  die  grössere  Geschmeidigkeit  des 
kohlenstofflärmeren  Schmiedeeisens  zugleich  mit  der  Härte  und  Elasticität 
des  Stahls  zu  geben,  schmiedet  man  sie  aus  abwechselnden,  zasammen- 
geschweissten  und  gestreckten  Lagen  beider  Materialien.  Zu  diesem  Ende 
legt  man  zunächst  eine  Eisenschiene  zwischen  zwei  Stahlschienen, 
sohweisst  die  drei  Stücke  zusammen,  streckt  sie  unter  dem  Hammer  zu 
der  doppelten  Länge  aus,  theilt  das  Arbeitsstück  in  der  Mitte  mit  Hilfe 
des  Schrotmeissels  in  zwei  gleich  lange  Hälften,  legt  und  schweisst  diese 
abermals  auf  einander  (so  dass  in  der  Mitte  zwei  Lagen  Stahl  auf  ein- 
ander liegen)  und  streckt  sie  zu  einer  Schiene  aus,  deren  Länge  ungefähr 
Va  von  der  Länge  der  fertigen  Klinge  beträgt,  während  sie  iV^mal  so 
stark  ist  als  diese.  Die  in  der  Mitte  der  Schiene  befindliche  doppelte 
Stahlschicht  hat  den  Zweck,  der  Schneide  die  nöthige  Härte  zu  verleihen. 

Die  Angel  wird  aus  Schmiedeeisen  hergestellt,  da  Stahl  zu  leicht 
abspringen  würde.  Man  biegt  zu  diesem  Zwecke  einen  Flachstab  in  der 
Mitte  zusammen,  steckt  die  Schiene,  aus  welcher  die  Klinge  hervorgehen 
soll,  mit  ihrem  Ende  zwischen  die  beiden  Enden  des  gebogenen  Stabes 
und  schweisst  sie  mit  denselben  zusammen. 

Nun  folgt  das  Ausschmieden  der  Klinge  zu  ihrer  rohen  Form,  wozu 
mehrere  Hitzen  erforderlich  sind.  Häufig  erhalten  die  Klingen  an  den 
beiden  Seitenflächen  in  der  Nähe  des  Rückens  je  eine  rinnenfSrmige 
Vertiefung,  welche  mit  Hilfe  eines  Ober-  und  Unterstempels  auf  dem 
Ambos  nach  dem  Strecken  gebildet  werden.  Durch  weiteres  Ausschmieden 
längs  der  einen  langen  Seite  wird  nunmehr  die  Schneide  gebildet;  da 
aber  in  Folge  der  hier  stattfindenden  Querschnittsverdünnung  eine  ein- 
seitige .Streckung  eintritt,  wird  hierbei  die  Klinge  zugleich  nach  rück- 
wärts gekrümmt.  Soll  also  ein  gerader  statt  eines  krummen  Säbels  ge- 
schmiedet werden,  so  muss  die  Krümmung  durch  Gegenschläge  ver- 
hindert werden. 

Auf  dem  Schleifsteine  wird  nunmehr  die  Form  der  Klingen  vollendet; 
dann  werden  sie  gehärtet,  gelb    angelassen,    abermals  geschliffen    und 

polirt. 

Di^  bekannten  Damascenerklingen  bestehen  aus  einem  ungleich- 
massigem  Gemische  von  Stahl   und  weichem  (kohlenstoffarmem)  Eisen 


Nägel  und  Drahtstifte.  845 

als  durch  einfaches  Aofexnanderschweissen  dargestellt  werden  kann. 
Man  gewinnt  dasselbe  dorch  Schmelzen  von  weichem  Eisen  mit  kohlen- 
stoffhaltigen Substanzen  (Blättern  gewisser  Pflanzen)  im  Tiegel.  Da,  wo 
die  Berührung  des  Eisens  mit  jenen  Zuschlägen  stattfindet,  nimmt  es 
Kohle  auf,  wird  dadurch  zu  schmelzbarem  Stahl  und  durchdringt  im 
flüssigen  Zustande  aderformig  das  nicht  gekohlte  und  in  Folge  dessen 
ungeschmolzene  Eisen.  Der  gewonnene  Eisenklumpen  wird  nun  ausge- 
schmiedet und  zu  Klingen  verarbeitet.  Beizt  man  nun  eine  solche  Klinge 
mit  Sänren,  so  wird  der  kohlenstofifärmere  Bestandtheil  derselben  stärker, 
der  kohlenstofireichere  weniger  stark  von  der  Säure  angegHffen,  und  es 
entstehen  dadurch  jene  eigenthümlichen  Figuren  (Damast)  an  der  Ober- 
fläche, die  man  mit  Gold  auszulegen  pflegt. 


Literatur  über  Anfertigung  der  Schneidwaaren. 

F.  L.  Schirlitz,  Fabrikation  der  Stahlwaaren,  Weimar  1868. 
Karmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  5.  Auflage,  Seite  502. 


Nägel  und  Drahtstifte. 

Das  älteste  und  noch  jetzt  vielfach,  wenn  auch  in  beschränkterm 
Maasse  als  früher  geübte  Verfahren,  Nägel  anzufertigen,  ist  das  Schmieden 
von  Hand;  und  bei  dem  grossen  Verbrauche  an  Nägeln  pflegt  das  Nagel- 
schmieden als  besonderes  Gewerbe  in  eigenen  Werkstätten  betrieben  sn 
werden. 

Die  Werkzeuge  und  Geräthe  des  Nagelschmieds  sind  im  Wesentlichen : 
ein  kleiner  Ambos  ohne  Hom;  ein  Abschrot,  welches  neben  dem  Ambos 
im  Ambosstocke  befestigt  ist  und  Nagelschrot  oder  Blockmeissel  heisst; 
Hämmer  von  verschiedener  Grösse  ohne  Finne  mit  quadratischer  Bahn; 
und  insbesondere  die  „  Nageleisen  ^,  d.  h.  Gesenke  zur  Ausbildung  des 
Nagelkopfs  dienend.    Fig.  613   stellt  ein  solches  Nageleisen  dar.    Der 

mittlere  dicke  Theil  (die  Krone),  welcher  aus  gehär- 
tetem Stahle  besteht,  enthält  die  durchgehende,  nach 
unten  sich  etwas  erweiternde  Oefinung,  deren  oberer 
Theil  mit  dem  Querschnitte  der  Nägel  dicht  unter  dem 
Kopfe  übereinstimmen  muss.  Beim  Gebrauche  wird 
das  Nageleisen  an  den  beiden  Enden  unterstützt,  so  dass  die  OefiPnung 
frei  liegt,  indem  man  es  mit  der  einen  Seite  auf  der  Amboskante,  mit 
der  andern  auf  einer  zu  diesem  Zwecke  neben  dem  Ambos  aufgestellten 
Stütze  ruhen  lässt. 

Der  Nagelschmied  gebraucht  ein  feinkörniges  reines  Stabeisen  von 
quadratischem  dünnem  Querschnitte,  welches  besonders  für  diesen  Zweck 


846  Specielle  Technologie. 

dargestellt  zu  werden  pflegt.  Häufig  benutzt  man  för  die  Anfertigung 
die  auf  Seite  583  abgebildeten  Schneid  werke;  besser,  aber  auch  theurer 
und  deshalb  in  jetziger  Zeit  seltener  ist  das  unter  Hämmern  ausgereckte 
feine  Quadrateisen  (Zaineisen).  Sehniges  Eisen  würde  in  dem  dünnen 
Querschnitte  des  Nidels  auüsplittem  und  ist  deshalb  nicht  brauchbar. 

Das  äusserste  Ende  einer  solchen  Eisenstange  wird  nunmehr  im 
Schmiedefeuer  auf  Schweisshitze  erwärmt  und  rasch  zu  einer  schlanken 
Spitze  von  entsprechender  Grösse  und  Form  ausgeschmiedet,  so  dass  in 
dem  Abstände  der  Nagellänge  von  der  Spitze  ein  Ansatz  entsteht.  Auf 
dem  Blockmeissel  wird  nunmehr  dicht  hinter  dem  Ansätze  der  Stab  fast 
ganz  durchgehauen,  so  dass  noch  soyiel  Material  an  dem  Nagel  sitzen 
bleibt  als  die  Bildung  d^s  Kopfs  erfordert;  dann  wird  der  Nagel  von 
oben  in  das  Nageleisen  gesteckt,  der  Stab,  welcher  noch  lose  am  Nagel 
hängt,  abgebrochen  und  nun  durch  einige  rasche  Hammerschläge  auf  das 
oben  herausragende  dickere  Ende  des  Nagels  der  Kopf  ausgebildet.  Durch 
einen  Schlag  unter  die  unten  aus  dem  Nageleisen  vorstehende  Spitze  des 
Nagels  wird  derselbe  aus  dem  Nageleisen  herausgeworfen  und  sofort  ein 
neuer  in  Angriff  genommen.  Die  Anfertigung  muss  in  einer  Hitze  ge- 
schehen und  schon  ein  neuer  Stab  im  Feuer  zum  Ausschmieden  bereit 
liegen;  von  kleinen  Nägeln  kann  ein  geübter  Nagelschmied  sogar  zwei 
bis  drei  in  einer  Hitze  anfertigen. 

Wie  schon  früher  erwähnt  wurde,  wendet  man  für  sehr  grosse 
Nägel  (z.  B.  Schienennägel)  zweckmässig  eine  Schmiedemaschine 
(Seite  459)  mit  verschiedenen  Gesenken  an,  wenn  die  Anzahl  der  be- 
stellten Nägel  die  Mehrkosten  eines  solchen  Apparats  auszugleichen  im 
Stande  ist. 

Aber  auch  für  die  Anfertigung  kleinerer  Nägel,  deren  Verbrauch  in 
den  Holzbearbeitungswerkstätten  und  in  verschiedenen  anderen  Gewerben 
ein  so  ungemein  grosser  ist,  wurden  im  Laufe  dieses  Jahrhunderts  eine 
Anzahl  von  Methoden  ersonnen,  um  die  immerhin  bei  aller  Geschicklich- 
keit des  Nagelschmieds  noch  zeitraubende  Handarbeit  durch  rascher 
liefernde  Maschinenarbeit  zu  ersetzen. 

Der  Anwendung  von  Walzwerken  mit  periodischen  Kalibern,  um 
die  Form  der  Nagelköpfe  (besonders  für  Schienennägel}  roh  auszubilden 
und  dadurch  an  späterer  Arbeit  zu  sparen,  wurde  bereits  auf  Seite  493 
gedacht;  in  ähnlicher  Weise  hat  man  auch  kleinere  Nägel  in  Walzwerken 
Torge walzt  und  durch  einen  weitern  Formgebungsprocess  vollendet. 
Eine  allgemeine  Anwendung  hat  jedoch  dieses  Verfahren  nicht  gefunden  0. 

Weit  häufiger  ist  die  Anwendung  geschnittener  Nägel,  aus 
einer  Blechtafel  von  der  Stärke,  wie  sie  die  Nägel  erhalten  sollen,  durch 
Schnitte  nach  Fig.  614  hergestellt.  Die  Scheere  steht  hierbei  fest,  das 
Blech  macht  den  Vorschub  und  erhält  dabei  durch  eine  besondere  Vor- 


^)  Näheres  hierüber:    Dingler,  polyt.  Journal,  Bd.  184,   8.  115;  Bd.  207, 
8.  184. 


Nägel  und  Drahtstifte. 


847 


Fig.  614. 


richtung  die  abwechselnde  Drehung  nach  links  and  rechts,  entsprechend 
der  jedesmaligen  Schnittrichtung.    Der  zu  benutzende  BlechstreUen  wird 

von  einer  langem  Blechtafel  durch 
einen  querlaufenden  Schnitt  gemäss 
der  Lange  der  anzufertigenden  Nägel 
abgetrennt,  wobei  zu  beachten  ist, 
dass  die  Faserrichtung  des  Blechs  in 
der  Richtung  der  Schnitte  liegen  muss, 
durch  welche  die  Nägel  hergestellt 
werden,  weil  bei  entgegengesetzter 
Richtung  dieselben  abbrechen  würden.  Die  so  erhaltenen  Nägel  sind 
ohne  Kopf  und  können  in  dieser  Form  nur  für  einzelne  Zwecke  Verwen- 
dung finden;  um  sie  anzuköpfen,  werden  sie  entweder  in  einem  kleinen 
Flammofen  zum  Glühen  erhitzt,  worauf  die  Bildung  des  Kopfs  im 
Gesenke  unter  einem  Fällwerke  oder  einer  Presse  erfolgt;  oder  der  Kopf 
wird  kalt  geprägt  {iß  unmittelbarer  Folge  auf  das  Schneiden),  und  der 
Nagel  später  ausgeglüht. 

Solche  geschnittene  Nägel  besitzen  nur  zwei  convergirende  Flächen, 
während  die  zwei  anderen  parallel  laufen,  so  dass  statt  der  Spitze  des 
geschmiedeten  Nagels  eine  Kante  entsteht.  Sollen  sie,  wie  die  geschmie- 
deten Nägel,  pyramidale  Form  erhalten,  so  muss  das  dafür  benutzte 
Blech  keilförmig  gewalzt  werden  (vergleiche  Seite  495);  selbstverständ- 
lich lässt  sich  jedoch  aus  einem  solchen  Blechstreifen  nur  die  Hälfte 
Nägel  schneiden  und  die  andere  Hälfte  wird  Abfall. 

Für  sehr  viele  Zwecke,  besonders  für  Holzarbeiten  aller  Art,  sind 
endlich  die  aus  Eisendraht  gefertigten  Drahtnägel  oder  Drahtstifte 
sehr  geeignet,  welche  vor  den  geschmiedeten  den  Vorzug  der  Billigkeit, 
vor  den  geschnittenen  der  grossem  Brauchbarkeit  für  viele  Verwen- 
dungen voraushaben.  Dieselben  werden  aus  ungeglühtem  Fisendrahte 
von  der  Stärke,  welche  der  fertige  Nagel  erhalten  soll,  auf  einer  Ma- 
schine hergestellt,  welche  das  Anköpfen,  Zuspitzen  und  Lostrennen  des 
Nagels  von  dem  Drahte,  kurz,  sämmtliche  Arbeiten  zur  Umwandlung 
eines  Drahtrings,  wie  ihn  das  Zieh  werk  liefert,  in  fertige  Drahtstifte  mit 
Kopf  und  Spitze  ausfuhrt  und  wegen  ihrer  sichern  und  raschen  Arbeit 
eine  etwas  ausführlichere  Besprechung  verdient. 

Fig.  615  (a.f.S.)  stellt  die  Ansicht  einer  solchen  Maschine  von  oben, 
Fig.  616  (a*  S.  849)  einen  senkrechten  Schnitt  durch  die  Tischplatte 
derselben  dar.  Letztere  wird  durch  Schrauben  auf  einem  hölzernen 
Rahmen  mit  vier  Füssen  befestigt.  Der  Antrieb  wird  von  einer  Trans- 
mission aus  durch  die  eine  der  beiden  in  Fig.  615  ersichtlichen  Riemen- 
scheiben auf  die  horizontale  doppelt  gelagerte  Hauptwelle  der  Maschine 
übertragen  und  die  Gleichförmigkeit  der  Bewegung  durch  ein  zwischen 
den  Riemenscheiben  und  dem  Tische  eingeschaltetes  Schwungrad  ge- 
sichert.  Die  zweite  Riemenscheibe  ist  Losscheibe  für  die  Ausrückung. 


Specielle  Technologie. 


Nägel  und  Drahtstifte.  849 

Dar  zur  Vararbeitaug  be- 
Btimmte  Dr»bt  befindet  aicb  ad 
der  rechten  Seite  der  Maschine 
auf  einem  HsBpel  mit  horizon- 
taler Achse;  das  vordere  Ende 
dea  Drahts  muss,  bevor  es  zar 
eigentlichen  Maschine  gelangt, 
die  fünf  Rgllea  in  dem  angs- 
schraubten  Rolleuhalter  T  passi- 
ren ,  welche  den  Zweck  haben, 
den  Draht  bei  seinem  Durch- 
gange ZD  richten,  die  gekrümmte 
Form  desselbea  in  eine  gerad- 
linige lEO  verwandeln.  Von  hier 
aus  gelangt  der  Draht  nach  dem 
Zubringer  L,  welcher  denselben 
periodenweise  um  so  viel  nach 
links  vorschiebt,  als  die  Lilnge 
eines  Drahtstifts  beträgt.  Zu 
diesem  £nde  sitzt  auf  dem  Ende 
der  Betriebswelle  die  Schliti- 
kurbel  c,  deren  Bewegung  durch 
die  in  Fig.  615  ersichtliche 
Schubstange  (mit  konisch  ge- 
formtem   Auge    an    der    rechten 

Seite)    und    den    horizontalen 
Doppelhebel   X  auf  den  in  zwei 

Prismenfüh rangen  gleitenden 
Schlitten  L  übertragen  wird,  so 
dass  derselbe  hin-  und  herge- 
hende Bewegung  erhält.  Durch 
Verstellung  des  Augriffspiuikts 
der  Schubstauge  lässt  sich  die 
Grösse  dieses  Hubes  gemäss  der 
Länge  der  zu  fertigenden  Stifte 
beliebig  regeln.  Auf  dem  Schlit- 
ten ist  eine  zangeuartige,  in 
Fig.  611i  erkennbare  Vorrichtung 
befestigt,  welche  durch  den  Druck 
einer  Feder  so  weit  geschlossen 
gehalten  wird,  dass  sie  den  Draht 
mitnimmt,  sobald  sich  dem  Vor- 
schübe desselben  kein  Hinderniss 
entgegenstellt,  und  leer  über 
denselben  fortgleitet,    ohne    ihn 


Ladabnr,  oMbuÜHh-ntUOufllMhi  Tachaologi*. 


850  Spedelle  Technologie. 

xn  beschSdigen,  wenn  er  snf  irgend  eine  Weise  in  aeiner  Bew^pong  ge- 
benunt  ist.  Dieaes  HemmnieB  der  Bewegung  tritt  nun  regelmiasig  knn 
beror  der  Schlitten  seine  RäckwÄrtabewegnog  nach  rechte  beginnt,  in 
folgender  Weiae  ein.  Anf  der  Antriebswelle  ist  zunScbst  dem  Schwung' 
rwle  eine  Scheibe  Q  befestigt,  deren  Umfang,  wie  in  Fig.  617  ersichtlich 
tat,  in  nngefflhr  '/i  der  ganzen  Länge  exceDtriich  anageschnitten  ut. 
Anf  der  Scheibe  ruht  mit  einer  Bolle  der  längere  Arm  eines  gekrümmten 
eisernen  Hebels  B,  der  mithin  während  circa  '/j  Umdrehungen  derSch«be 

Fig.  (117. 


im  höchsten  Stande  Terbarrt,  während  '/j  Umdrehnng  aber  in  Folge 
seines  eigenen  Gewichts,  dem  Umfange  der  Scheibe  folgend,  sich  senkt. 
Das  vordere  kürzere  Ende  des  Hebek  ff  greift  in  das  Ende  einra  einar- 
migen, qner  tlber  den  Tisch  der  Sfaschine  hinweggehenden  sweiten  He* 
bels  Bf  und  hebt  diesen  empor,  so  lange  der  Ausschnitt  der  Scheibe  Q 
oben  steht.  Da,  wo  der  Draht  nuter  dem  Hebel  Bj  hinweggehen  mass, 
ist  der  letztere  mit  einer  auswechselbaren  Stahlhacke  b,  Fig.  616,  rer- 
sehen,  welche  durch  eine  zweite,  im  festliegenden  Untertheile  Bi  befe- 
stigte Backe  ergänzt  wird.  FQr  den  Durchgang  des  Drahts  enthält  jede 
dieser  Backen  eine  halbcjHnd rieche  Binne,  mit  kleinen  Zähnchen  an  der 
lunenfläohe  versehen,  um  den  Draht  festzuhalten,  sobald  der  Hebel  St 
gesenkt  und  dadurch  die  obere  Backe  auf  die  nntere  gedrückt  ist;  und 
an  dem  linken  Ende  mit  einer  konischen  Erweiterung  in  Bücksicht  anf 
die  konische  Form  des  Nagelkopfs,  welcher  an  dieser  Stelle  geprägt 
wird  (Fig.  616  zeigt  die  untere  Backe  6  nach  Abnahme  des  Hebels  Bt). 
Die  geschlossenen  Backen  bb  dienen  daher  gemeinschaftlich  als  Ambos 
oder  Untergeaenk  für  die  Bildung  des  Kopfs. 

Dieses  Ausprägen  des  Nagelkopfs  erfolgt  bald  nachdem  das  Draht- 
ende zwischen  den  Bscken  hervorgetreten  ist  und  während  der  Zubringer 
noch  seinen  leeren  Rückgang  vollführt,  durch  den  horizontalen,  in  zwei 
Lagern  geführten  Hammer  R  (Fig.  61Ö  und  616),  dessen  Kopf  S  aus 
hartem  Stahle  gefertigt  und  zum  Auswechseln  eingerichtet  ist.    Für  die 


Nägel  xmä  Drahtatifle.  851 

BewegODg  desselben  dienen  die  Scheibe  a  and  die  Feder  F.  Erstere  er- 
fasst  den  Hammer  nach  beendigtem  Schlage  mit  dem  danmenartigen, 
an  ihrem  Umfange  befindlichen  Vompmnge,  fOhrt  ihn  nach  linke  zurück 
nnd  hält  ihn  dort  wäbrend  circa  Va  Umdrehnngen  fest;  sobald  aber  das 
letzte  exceutriBch  ansgeeobnittene  Drittel  des  Scheihennmfangs  nach 
□nten  steht,  erhält  der  Hammer  Spielraum  nnd  wird  durch  die  Feder 
nach  rechts  geschleudert.  Die  Feder  hat,  wie  schon  ans  Fig.  61fi  hervor- 
gebt, winkeliormige  Gestalt  nnd  ist  an  ihrem  Scheitel  in  einem  um 
einen  Zapfen  drehbaren  Oehänse  befestigt;  mit  der  Rückseite  stemmt  sie 
sich  gegen  einen  an  zwei  Fühmogsstangen  yerstellbaren  Qnerriegel,  so 
dasB  dnrcb  dessen  Verstellung  ihre  Spannung  und  somit  die  Wirkung 
des  Scblages  verändert  werden  kann,  je  nachdem  man  dickem  oder 
dünnem  Draht  verarbeitet. 

Wenn  das  Anköpfen  beendigt  ist,  beginnt  mit  dem  Rückgänge  des 
Hammers  ein  weiterer  Yorscbnb  des  angeköpften  Drahts  nm  das  Uaass 
einer  Nagellänge.  In  dem  Augenblicke  nun,  wo  dieser  Vorschub  beendet 
ist,  findet,  wäbrend  der  Hammer  noch  in  seiner  hintersten  Stellung  fest- 
gehalten ist,  in  ganz  geringem  Abstände  von  den  beiden  Backen  b  das 
Zuspitzen  des  Drahts  stett.  Hierzu  dienen  die  beiden  zangenartig 
znsammengreifenden    Doppelhehel    MM  (Figuren   615    und  618).      Die 

Fig.  Sie. 


längeren  Arme  dieser  Hebel  greifen  an  ihren  Enden  mit  je  einem  aufwärts 
gerichteten  Zapfen  in  eine  an  der  Betriebewelle  der  Maschine  befindliche 
corven  form  ige  Nuth  von  solcher  Gestalt,  dass  sie  während  eines  Umlaufs 
der  Maschine  ein  Mal  rasch  nach  aussen  gedrückt  werden,  dann  aber 
sogleich  zurückgeben  nnd  während  der  übrigen  Zeit  des  Umlaufs  in 
Ruhe  verharren.  Diese  Bewegung  der  langen  Hebelarme  hat  die  ent- 
gegengesetzte der  kürzern  zur  Folge:  die  Zange  schliesst  sich  ein  Mal 
während  eines  Umlaufs  und  wird  dann  rasch  wieder  geölfnet  Die  kurzen 
Arme  sind  da,  wo  sie  zusammentreten,  mit  Stabteinsätzen  (mm  in 
Fig.  615)  ausgerüstet,  nm  die  Spitze  auszubilden,  welche  gewöhnlich  die 
Form  einer  vierseitigen  Pyramide   erhält.     Bei  dem  Zusammendrücken 


Specielle  Technologie. 


Fig.  ( 


862 

des  Drfthte  zu  einer  solchen  Spitze  moss  das  äberflüssige  Material   &as- 

weicben;  giebt  man  den  Stahlbacken  eine  Form  wie  sie  in  Fig.  619  in 

balber  natürlicher  Grösse  abgebildet  ist,  so  entsteht  durch  das  aoawei- 

chende  Material  eine  Verdickung  an  dem  Ende 

des   nachfolgenden  Drahts,    welche    die  Bildung 

des  nächsten  Kopfs  erleichtert. 

Wenn  die  Hebel  nach  geschehener  Bildung 
der  Spitze  sich  Öffnen,  hängt  der  fertige  Nagel 
nnr  noch  lose  an  dem  nachfolgenden  Drahte,  nnd 
es  bedarf  eines  geringen  Stosses,  nm  ihn  Ton 
demselben  za  trennen.  Zar  selbst thätigen  Ans- 
fühmng  dieser  letzten  Arbeit  befindet  sieb  seit- 
lich von  dem  Hammer  zwischen  den  Zangen* 
hebeln  ein  in  der  Verticalebene  beweglicher, 
etwas  gekrümmter  Hebel  D,  in  Flg.  620  beson. 
ders  abgebildet,  dessen  Standort  anch  im  Grund- 
risse bei  k  erkennbar  ist  Der  hintere  kürzere 
Arm  dieses  Hebels  wird  darch  die  Scheibe  / 
^^  wahrend  eines  Unilanfa  der  Betriebs  welle  so  lange 

^B  niedergedrückt,  bis  der  kurze  excentrische  Ans- 

^^M  schnitt  der  Scheibe   unten  steht;   nnn  erhält  der 

^^  hintere    Arm    Spielranra;    der    »ordere    längere 

Arm  schnellt  in  Folge  der  Wirkung  einer  mit 
ihm  verbandenen  Spiralfeder  Z  abwärts,  schlägt  dabei  mit  einem  an  ihm 
verstellbar  befestigten  senkrecht  gerichteten  Stabe  auf  den  noch  schwe- 

Fig.  «20. 


Nägel  und  Drahtstifte.  853 

benden  Nagel  und  trennt  diesen  dadurch  von  dem  Drahte  ah.  Derselbe 
föUt  durch  eine  Oeffnung  in  der  Tischplatte  auf  eine  unterhalb  derselben 
angebrachte  schiefe  Ebene,  auf  welcher  er  in  einen  bereit  stehenden 
Behälter  hinabgleitet. 

Sobald  die  Trennung  erfolgt  ist  und  der  Hebel  wieder  seinen  frühern 
Stand  eingenommen  hat,  schnellt  der  Hammer  vor,  um  den  Kopf  des 
folgenden  Nagels  zu  bilden;  dann  wieder  Vorschub  des  angeköpften 
Drahts,  Zuspitzen,  Lostrennen  u.  s.  f.  Bei  jeder  Umdrehung  der  Betriebs- 
welle erfolgrt  also  ein  vollständiger  Drahtstift;  durchschnittlich  macht 
die  Maschine  für  grössere  Nägel  60  Umdrehungen  per  Minute,  so  dass 
stündlich  circa  3Va  mille  Drahtstifte  fertig  werden;  bei  kleineren  dagegen 
läuft  sie  bedeutend  rascher,  so  dass  man  bis  zu  20  mille  per  Stunde  fer- 
tigen kann. 

Nägel  aus  eisernen  Stiften  mit  Messingköpfen  werden  ge- 
wöhnlich in  der  Weise  gefertigt,  dass  man  zunächst  die  Stifte  schneidet, 
anspitzt  und  den  Kopf  angiesst.  Man  stellt  zu  diesem  Zwecke  eine 
Gussform  in  Sande  nach  einem  Modelle  her,  welches  zahlreiche,  um  einen 
gemeinschaftlichen  Einguss  gruppirte  Nagelköpfe  darstellt;  an  Stelle  der 
Stifte  trägt  das  Modell  Kernmarken,  so  dass  für  jeden  Stift  in  der  Guss- 
form eine  entsprechend  grosse  Rinne  entsteht,  in  welcher  er  zu  liegen 
kommt,  während  sein  Ende  in  die  hohle,  für  die  Aufnahme  des  flüssigen 
Messings  bestimmte  Gussform  hineinragt.  Die  gegossenen  Nagelköpfe 
werden  gebeizt  und  abgeschmirgelt,  um  blank  zu  werden.  Die  Stifte  für 
die  Bildernägel  lassen  sich  auf  der  Drahtstiftmaschine  herstellen,  wobei 
nur  das  Anköpfen  wegfallt;  sollen  sie  statt  der  Spitze  Holzschrauben- 
gewinde erhalten,  so  werden  sie  auf  der  Drehbank  angeschnitten. 

Sehr  mannigfaltig  sind  die  Methoden,  um  die  bekannten  Tapezier- 
oder Möbelnägel  mit  den  fast  halbkugligen,  unterwärts  hohlen.  Köpfen 
zu  fertigen.  Schon  in  einer  und  derselben  Handlung  wird  man  meistens 
drei  bis  vier  verschiedene  Sorten  solcher  Nägel  kaufen  können,  deren 
abweichende  Herstellungsweise  schon  bei  oberflächlicher  Betrachtung 
deutlich  zu  erkennen  ist. 

Die  älteste  Methode  ist  wohl  die  Anfertigung  durch  Giessen  in 
Messing,  wobei  Kopf  und  Stift  aus  einem  Stücke  bestehen.  Bei  diesem 
Verfahren  wird  jedoch  der  Rand  der  Köpfe  gewöhnlich  rauh,  der  Messing- 
verbrauch ist  gross,  und  es  stehen  deshalb  die  Anfertignngskosten  in 
einem  ungünstigen  Verhältnisse  zu  der  Vollkommenheit  der -Erzeugnisse. 
Das  Giessen  wird  erleichtert,  wenn  man  die  Köpfe  flach  (statt  gewölbt) 
giesst  und  dann  erst  mit  Hilfe  eines  Stempels  nebst  Matrize  im  Fall- 
werke auftieft.  Man  erhält  dadurch  schwächere  Metallstärke  im  Kopfe 
und  vollendetere  Form. 

In  anderer  Weise  stellt  man  die  Köpfe  für  sich  aus  Messingblech 
mit  Hilfe  eines  Durchschnitts  dar,  dessen  Oberstempel  convexe  Form 
besitzt,  so  dass  er  zugleich  die  Köpfe  ausstösst  und  schalenartig  hohl 
biegt.    Die  Stifte  werden  aus  Eisendraht  gefertigt  (wozu  sich  die  Draht- 


854  Specielle  Technologie. 

stiftmaschine  eignet)  and  mit  Schnellloth  in  den  Kopf  eingelöthet.  Da 
jedoch  die  Löthnng  mit  Schnellloth  nicht  genügende  Haltharkeit  besitzt, 
um  den  ausgeübten  Hammerschlägen  mit  Sicherheit  za  widerstehen,  so 
sind  solche  Nägel  wenig  gesucht,  und  das  Verfahren  ist  nur  noch  selten 
üblich« 

Dagegen  wird  man  häufig  Tapeziemägel,  besonders  aus  fran- 
zösischen Fabriken  stammend,  finden,  deren  Kopf  an  der  Unterseite  einen 
kleinen  Wulst  besitzt  und  mittelst  desselben  den  aus  Eisen  gefertigten 
Stift  umschliesst.  Die  Vereinigung  von  Kopf  und  Stift  erfolgt  hierbei 
durch  Prägjing,  wobei  eine  und  dieselbe  Maschine  sowohl  die  Herstellung 
als  die  Vereinigung  der  beiden  Theile  besorgen  kann.  Als  Material  wird 
demnach  der  Maschine  Draht  für  den  Stift  und  Blech  für  den  Kopf 
zugeführt;  die  Maschine  liefert  hieraus  den  Nagel  mit  flachem  Kopfe, 
welcher  in  einer  zweiten  kleinern  Maschine  durch  eine  abermalige  Prä- 
gung seine  Vollendung  erhält.  Das  Priucip  einer  solchen  Maschine^)  ist 
folgendes.  Ein  Streifen  aus  Kupfer-  oder  Messingblech  und  das  Ende 
eines  Eisendrahtrings  werden  mit  ruck  weisem  Vorschübe  unter  einem 
rechten  Winkel  gegen  einander  geführt,  der  Kupferstreifen  in  annähernd 
horizontaler,  der  Eisendraht  in  annähernd  senkrechter  Richtung.  Die 
Vorrichtungen  zum  Vorschübe,  Anspitzen  etc.  des  Eise^idrahts  sind  den- 
jenigen der  oben  beschriebenen  Drahtstiftmaschine  sehr  ähnlich,  nur 
dass  hier  die  Bewegung  nicht  in  horizontaler,  sondern  in  senkrechter 
Richtung  erfolgt.  Die  erste  Arbeit  der  Maschine  ist  die  Bildung  eines 
Grübchens  an  der  Oberfläche  des  Metallstreifens  mit  Hilfe  eines  entspre- 
chend geformten  Stempels. 

Nun  wird  der  Streifen  vorgeschoben  und  zwar  um  genau  so  viel, 
dass  das  soeben  entstandene  Grübchen  sich  unmittelbar  unter  dem  sich 
abwärts  bewegenden  Eisendrahte  befindet;  gleichzeitig  aber  erhält  auch 
dieser  seinen  Vorschub  dergestalt,  dass  sein  Ende  bis  in  das  Grübchen 
hineintritt.  Während  der  nun  folgenden  Pause  des  Vorschubs  drückt 
von  unten  her  ein  Stempel  gegen  den  Streifen  und  bildet  am  Ende  des 
Drahts  einen  Kopf  aus,  der  innerhalb  des  Grübchens  sich  ausbreitet, 
während  zugleich  durch  den  Druck  voii  der  entgegengesetzten  Seite  her 
das  um  das  Grübchen  bei  Entstehung  desselben  angehäufte  Metall  des 
Streifens  zusammengedrückt  und  somit  wieder  über  dem  entstandenen 
Nagelkopfe  um  den  Draht  herum  zusammengeschoben  wird.  Der  Stempel 
wirkt  aber  zugleich  als  Durchstoss  und  trennt  den  Nagelkopf  als  flache 
kreisrunde  Scheibe  aus  dem  Streifen.  Gleichzeitig  erfolgt  die  Bildung 
der  Nagelspitze  und  das  Abtrennen  vom  Drahte  in  ganz  ähnlicher  Weise 
als  auf  der  Drahtstiftmaschine.  Inzwischen  ist  auch  ein  neues  Grübchen 
auf  dem  Metallstreifen  gebildet    und   bei    dem  jetzt  eintretenden  Vor- 


1)  Ausführlich  beschrieben  und  abgebildet  in  Dingler 's  polytechniBchein 
Joumale,  Bd.  198,  S.  473;  aus.  dem  Bulletin  de  la  soci^ü^  d^encouragement  1B69, 
S.  257. 


Tapeziemägel.  855 

schabe  wiederholen  sich  nun   alle  die  beschriebenen  Operationen.    Der 
Nagel  kommt  also  in  der  Form  Fig.  621  ans  der  Maschine  heraus.    Er 
gelangt  zu  einer  Scheuertonne  mit  Kleie  gefüllt,  um  gereinigt  und  Ton 
pjg  321.  Fig.  622.       Grat  befreit  zu  werden,  dann  zu  der  er- 

wähnten zweiten,  in  ihrer  Construction 
weit  einfachem  Maschine,  wo  das  Auf- 
tiefen des  Kopfs  erfolgt.  Die  Matrize 
ist  conyez,  der  Stempel  concav  geformt; 
erstere  ist  hohl,  um  den  Nagelstift  auf- 
zunehmen und  zugleich  dient  diese  Höhlung  zur  Bewegung  des  Nagel- 
auswerfers nach  beendigter  Prägung.  Die  Bewegung  des  Stempels  erfolgt 
in  horizontaler  Richtung,  so  dass  der  geprägte  Nagel  leicht  nach  unten 
herausfallen  kann,  sobald  er  durch  einen  leichten  Stoss  gegen  den  Stift 
von  der  Matrize  abgelöst  ist.  Die  Zuführung  der  Nägel  erfolgt  selbstthätig 
innerhalb  einer  rinnenartigen  Vorrichtung,  so  dass,  sobald  ein  fertiger 
Nagel  herausgeworfen  ist,  ein  frischer  an  dessen  Stelle  tritt.  Durch  die 
Stauchung  bei  dem  Auftiefen  des  Kopfs  wird  das  Material  rings  um  den 
Stift  zusammengedrängt,  wodurch  derselbe  einen  noch  sicherern  Halt  in 
dem  Kopfe  erhält.    Fig.  622  zeigt  die  Form  des  fertigen  Nagels. 

Wo  eine  solche,  in  ihrer  Einrichtung  immerhin   etwas   complicirte 
Maschine    nicht    zu    Gebote   steht,    wird    das  Herstellungsverfahren    in 
folgender  Weise  abgeändei*t.    Auf  einem  Durchstosse  werden  kreisrunde 
Fig.  623.         Scheiben    aus    Messingblech    oder  Kupferblech    ausge- 
.  ,MHii  stossen,  dessen  Stärke  etwas  beträchtlicher  ist  als  die- 

jenige der  Nagelköpfe.  Dieselben  gelangen  zu  einem 
Prägwerke  (Fallwerke  oder  Schraube),  wo  sie  zwischen  Ober-  und  Unter- 
stempel  die  Form  Fig.  623  erhalten;  die  Stifte  werden  für  sich  mit  Kopf 
auf  einer  Drahtstiftm aschine  gefertigt.  Der  Kopf  des  Stifts  passt  in  den 
Ring  der  Scheibe;  auf  einem  zweiten  Prägwerke  wird  nun  die  Messingplatte 
wieder  zwischen  Ober-  und  Ünterstempel  halbkugelig  aufgetieft  und  dabei 
der  kleine  aufstehende  Bord  derselben  rings  um  den  Stift  zusammengepresst, 
so  dass  er  über  den  Rand  des  Stiftkopfs  hinweggreift  und  eine  sichere 
Verbindung  zwischen  Stift  und  Platte  herbeiführt.  Der  Prägstempel 
(beziehentlich  die  Matrize)  ist  hohl,  um  dem  Schafte  des  Drahtnagels 
Platz  beim  Prägen  zu  geben.  Die  Form  des  fertigen  Nagels  ist  ganz 
die  nämliche  wie  in  Fig.  622  ^). 

Nicht  selten  findet  man  in  neuerer  Zeit  auch  Tapeziernägel,  deren 
Kopf  aus  Eisenblech  geprägt  und  mit  ganz  dünnem  Kupferblech  über- 
zogen ist.  Der  Schaft  des  eisernen  Drahtstifts  geht  durch  die  eiserne 
Platte  hindurch  und  der  Stiftkopf  befindet  sich  zwischen  dieser  und  der 


1)  Näheres  über  diese  letztere  Dargtellungstmethode  nebst  Abbildungen  der 
zu  benutzenden  Stempel  and  Matrizen:  Deutsche  Indostriezeitung,  Jahrg.  1872, 
S.  354. 


856  Specielle  Technologie. 

MoBsiogplatte  eingeschlossen.  Fig.  624  veranschaulicht  die  Zasammen- 
Setzung  eines  solchen  Nagels.  Die  Arheiten  bei  Anfertigung  desselben, 
Tig,  624.  ^^^^  welche,  soweit  meine  Eenntniss  reicht,  bislang  nichts 
veröffentlicht  worden  ist,  därften  auf  einer  Maschine,  ähn- 
lich der  oben  beschriebenen,  in  folgender  Reihenfolge  vor- 
genommen werden.  Ein  Blechst  reifen  und  ein  Draht,  beide 
von  Eisen,  werden  ruckweise  unter  rechtem  Winkel  ^egen 
einander  vorgeschoben.  Der  Blechstreifen  wird,  ehe  er  den 
Draht  erreicht,  gelocht  und  erhält  dabei  einen  aufgewor- 
fenen Rand  rings  um  das  Loch.  Bei  dem  nächsten  Vorschübe  tritt  der 
Eisendraht  in  das  Loch;  nun  folgt  an  derselben  Stelle  das  Anköpfen 
des  Drahts,  wobei  der  Rand  des  Lochs  schon  fest  um  den  Draht  zusammen- 
gepresst  wird,  das  Zuspitzen  des  Drahts  und  das  Ausstossen  der  runden 
Scheibe,  worauf  diese  sammt  dem  eingeklemmten  Drahtstifte  herausge- 
worfen wird.  Auf  einer  andern  Maschine  geschieht  das  Ausstossen  der 
Messingplättchen,  deren  Durchmesser  einige  Millimeter  ^össer  sein  mnss 
als  derjenige  des  Kopfs;  dann  Aufbiegen  des  Randes  dieser  Plattchen  im 
Gesenke,  Einlegen  des  Nagels  und  schliesslich  Auftiefen  des  Kopfs,  wobei 
zugleich  der  Rand  des  Messingblechs  über  den  Rand  der  als  Kern  die- 
nenden Eisenschiebe  übergelegt  und  festgedrückt  wird. 

Der  Hauptvortheil  dieser  letzten  Methode  vor  der  früher  beschrie- 
benen dürfte  in  dem  geringern  Verbrauche  an  Messing  oder  Kupfer  zo 
suchen  sein. 

Die  in  ihrer  Form  fertigen  Tapeziernägel  werden  —  unter  Um- 
ständen nach  vorausgegangenem  Beizen  mit  Schnellbeize  —  polirt  und 
alsdann,  wenn  sie  nicht  ihre  ursprüngliche  Farl)e  behalten  sollen,  durch 
Weisssieden,  Versilbern,  Vergolden  etc.  mit  einem  andern  Metallüberzuge 
versehen. 

Die    Münzen. 

Der  Handel  und  Verkehr  der  Menschen  und  Völker  unter  einander 
beruhte  in  den  ältesten  Zeiten  und  beruht  noch  jetzt  bei  rohen  Voik»- 
stammen  auf  einfachem  Austausche  von  Waaren;  und  in  gleicher  Wei»r 
wurde  geleistete  Arbeit  durch  Lieferung  von  Gegenständen  bezahl:, 
welche  als  Lebensbedürfnisse,  Schmuck  oder  dergleichen  unmittelbar  tod 
dem  Empfanger  ihrem  Zwecke  gemäss  benutzt  werden  konnten. 

Mit  der  Zunahme  des  Verkehrs  wuchs  aber  die  Schwierigkeit,  far 
alle  Fälle  solche  Tauschobjecte  gegen  begehrte  Waaren  (oder  Arbeit) 
in  Bereitschaft  zu  halten,  welche  dem  Empfanger  —  dem  Bringer  jencrr 
Waaren  —  begehrenswerth ,  dem  Geber  entbehrlich  waren.  Ais  daher 
die  Metalle  immer  mehr  Verwendung  für  die  im  täglichen  Leben  he- 
nutzten  Geräthe  etc.  fanden;  als  man  anfing,  in  Erkenntnisa  diese« 
Werths  der  Metalle  nicht  allein  die  gediegen  vorkommenden  zu  T«r- 
wenden,  sondern  sie  auch  hüttenmännisch  aus  Erzen   zu  gewinnen,  d^ 


Münzen.  857 

erwiesen  sich  diese  Metalle  bald  als  ein  sehr  bequemes  Taaschmittel  für 
Gegenleistungen  aller  Art;  denn  sie  waren  nicht,  wie  viele  andere 
Tauschobjecte ,  der  Verderbniss  unterworfen,  sie  erforderten  wenig  Platz 
und  besassen  obenein  in  den  meisten  Ländern  einen  relativ  hohem 
Werth  als  in  jetziger  Zeit. 

So  wurden  die  Metalle  zu  einem  vielfach  benutzten  Zahlungsmittel 
der  handeltreibenden  Völker;  man  lieferte  für  irgend  eine  Waare  oder 
Arbeit  eine  bestimmte  Menge  dieses  oder  jenes  Metalls.  Damit  war  ein 
erheblicher  Schritt  vorwärts  zur  Erleichterung  gegenseitiger  kaufmänni- 
scher Beziehungen  geschehen.  Hinderlich  und  zeitraubend  war  jedoch 
hierbei  die  Aufgabe,  bei  jedem  Kaufe  die  Menge  des  als  Zahlungsmittel 
dienenden  Metalls  gemäss  der  getroffenen  Uebereinkunft  abzusondern 
und  zu  prüfen;  und  je  lebhafter  der  Händel  und  Wandel  emporblühten, 
desto  empfindlicher  wurde  dieser  Uebelstand.  Der  Gedanke  lag  also 
nicht  fern,  dass  zur  fernem  Erleichterung  des  kaufmännischen  Verkehrs 
Stücke  der  Metalle  von  bestimmtem  Gewichte  in  grösseren  Mengen  her- 
gestellt, zur  leichtern  Erkennung  in  eine  bestimmte  Form  gebracht 
und  zur  Garantie  ihres  richtigen  Gewichts  durch  eine  Vertrauensperson 
mit  einem  betreffenden,  schwielig  nachzuahmenden  äussern  Zeichen  ver- 
sehen wurden. 

So  entstand  der  Anfang  der  Münzkunst. 

Bei  den  Chinesen  sollen  schon  um  2000  v.  Chr.  Münzen  im  Gebrau- 
che gewesen  sein;  unter  den  übrigen  historischen  Völkern  finden  sich 
die  ersten  Spuren  wirklicher  Münzen  bei  den  Phöniciern.  Von  diesen 
entlehnten  die  Griechen  den  Gebrauch  des  neuen  Tauschmittels.  Die 
Romer  bedienten  sich  der  Münzen  zuerst  zur  Zeit  des  Servius  Tullius; 
in  Deutschland  wurden  die  ersten  Münzen  im  neunten  Jahrhundert 
nach  Christus  gefertigt. 

Die  sowohl  früher  als  noch  jetzt  am  häufigsten  zur  Münzenanferti- 
gung benutzten  Metalle  sind:  Gold,  Silber  und  Kupfer.  Eisen  soll  bei 
den  Spartanern  zur  Zeit  des  Lykurg  als  Münzenmetall  verwendet  worden 
sein,  ein  Beweis,  wie  hoch  dasselbe  damals  im  Preise  gestanden  haben 
muss;  Platin  wurde  in  Russland  von  1828  bis  1845  zu  Münzen  verar- 
beitet, die.  aber  1845  sämmtlich  wieder  eingezogen  wurden.  In  der 
neuesten  Zeit  hat  endlich  das  Nickel  neben  den  genannten  Metallen  eine 
ziemlich  ausgedehnte  Anwendung  in  den  Münzwerkstätten  gefunden. 

Aber  nur  selten  werden  jene  Metalle  ganz  rein  verwendet.  Gold, 
Silber  und  Kupfer  sind  in  reinem  Zustande  so  weich,  dass  in  Folge  der 
häufigen  Benutzung  nicht  allein  das  Gepräge  —  das  Erkennungszeichen 
für  den  Werth  der  Münze  —  durch  Niederdrücken  und  Verschiebung 
sehr  bald  undeutlich  werden,  sondern  auch  durch  Abreiben  eine  merkliche 
Verminderung  des  Gewichts  und  somit  des  wirklichen  Werths  der  Münze 
eintreten  würde;  und  natürlicherweise  macht  gerade  der  letztere  Umstand 
sich  um  so  empfindlicher  geltend,  je  kostbarer  das  betreffende  Metall  ist. 


858  Specielle  Technologie. 

Nickel  aber  ist  im  reinen  Zustande  so  schwierig  verarbeitbar,  dass  es  aas 
diesem  Grande  ungeeignet  für  die  Mänzendarstellong  sein  würde. 

Man  bildet  also  durch  Zusatz  anderer  Metalle  Legirangen,  welche 
sich  durch  grössere  Härte  und  Widerstandsfähigkeit  gegen  Reibung,  be* 
ziehentlich  grössere  Yerarbeitungsföhigkeit  auszeichnen;  und  zwar  legirt 
man  zu  diesem  Zwecke  Gold,  Silber  and  Nickel  mit  Kupfer,  Kupfer  mit 
Zinn  und  Zink. 

In  Rücksicht  auf  die  grosse  Differenz  im  Preise  des  Kupfers  gegen- 
über den  Preisen  des  Silbers  und  Goldes  ist  es  selbstverständlich,  dass 
die  Zusammensetzung  jener  Legirungen  insbesondere  bei  Silber-  und 
Goldmünzen  aufs  Genaueste  vorgeschrieben  und  innegehalten  werden 
muss,  damit  die  Werthe  zweier  Münzen,  die  im  Aeussem  einander  gleich 
sind  und  gleichen  Nennwerth  besitzen,  auch  thatsächlich  mit  einander 
übereinstimmen.  Man  nennt  den  Gehalt  einer  Münze  an  reinem  Golde 
oder  Silber  ihren  Feingehalt.  Während  derselbe  in  früheren  Jahren  in 
den  verschiedenen  Ländern  erhebliche  Unterschiede  zeigte,  hat  man  in 
neuerer  Zeit  in  den  meisten  Ländern,  wo  ein  neues  Münzsystem  einge- 
führt wurde,  nach  dem  Beispiele  Frankreichs  einen  Feingehalt  von  0,900 
sowohl  für  Gold-  als  die  grösseren  Silbermünzen  angenommen.  Nur  für 
die  kleineren  Silbermünzen  zieht  man  in  manchen  Ländern  einen  gerin- 
gem Feingehalt  vor,  theils,  um  ihnen  eine  noch  grössere,  dem  öflem 
Gebrauche  entsprechende  Dauerhaftigkeit  durch  stärkere  Legirung  mit 
Kupfer  zu  geben,  dann  auch,  um  nicht  das  Format  der  geringwerthigen 
Münze  allzu  unansehnlich  erscheinen  zu  lassen. 

Der  Feingehalt  beträgt  z.  B.  in  Deutschland: 

Bei  sämmtlichen  Reichsgoldmünzen 0,900  Gold, 

„  „  Reichssilberm Unzen  und  den  seit  1857 

geprägten  Yereinsthalem 0,900  Silber, 

„    den  norddeutschen  Thalem  vor  1857 0,750      „ 

„       „    preussischen,  nicht  mehr  gültigen  Silbergroschen  0,220      „ 

In  Oesterreich: 

Bei  den  Ducaten 0,986  Gold, 

„       „    Doppelgulden  und  Gulden  seit  1857 0,900  Silber, 

„       „    Viertelgulden  seit  1857 0,520      , 

„       „    20  Kreuzer       „        „      0,500      „ 

«       »    10        „  „    1868 0,400      „ 

In  Frankreich,  Italien,  Belgien  und  der  Schweiz: 

Bei  sämmtlichen  Goldmünzen - 0,900  Gold, 

„    den  5-Franc8-Stücken 0,900  Silber, 

„       „    übrigen  neueren  Silbermünzen 0,835      » 

In  England: 

Bei  den  Sovereigns 0,916  Gold, 

„      „    Silbermünzen 0,925  Silber, 


Münzen.  859 

In  den  Vereinigten  Staaten  NordamerikaB: 

Bei  den  Goldmünzen  seit  1837 0,900  Gold, 

„      „    SilbermOnzen  seit  1837 0,900  Silber. 

Kupfermünzen  bestehen  in  Deutschland,  Frankreich,  England  und 
anderen  Ländern  aus 

95  Theilen  Kupfer, 
4        „       Zinn, 
1  Theil     Zink, 

verdienen  also  thatsächlich  den  Namen  Bronzemünzen;  antike  Münzen 
enthielten  weit  mehr  Zink  (vergleiche  die  auf  Seite  10  mitgetheilten 
Analysen);  französische  Münzen,  in  den  ersten  Jahren  der  französischen 
Revolution  aus  den  Glocken  aufgehobener  Klöster  geprägt,  sind  in  Folge 
dieses  Umstandes  reicher  an  Zinn. 

Nickelmünzen  enthalten  in  Deutschland,  Nordamerika  (seit  1863), 
Belgien,  Brasilien  25  Theile  Nickel  und  75  Theile  Kupfer;  ältere  nord- 
amerikanische Nickelmünzen  enthalten  nur  12  Procent  Nickel.  Es  ist 
hierbei  die  intensiv  färbende  Eigenschaft  des  Nickels  wichtig,  durch 
welche  die  aus  solchen  Legirungen  gefertigten  Münzen  eine  bleibende 
weissgraue  Farbe  erhalten,  während  Silbermünzen  mit  einem  so  reich- 
lichen Kupfergehalte  eine  entschieden  röthliche  Färbung  besitzen  würden 
(welche  z.  B.  bei  den  früheren  preussischen  Silbergroschen  schon  nach 
kurzem  Gebrauche  deutlich  hervortrat)  ^). 

Diejenige  Zahl,  welche  angiebt,  wie  viele  Münzen  bestimmter  Gat- 
tung aus  einem  bestimmten  Gewichte  des  Feinmetalls  hergestellt  werden, 
heisst  der  Münzfuss.  Nach  demMünzfusse  des  deutschen  Reichs  werden 
aus  1  Pfund  oder  500  g  Feingold  für  1395  Mark  Nennwerth  Goldmünzen, 
aus  1  Pfund  Feinsilber  für  100  Mark  Nennwerth  Silbermünzen  geschla- 
gen. Aus  dem  Feingehalte  der  Münzen  und  dem  Münzfiisse  berechnet 
sich  das  Gewicht  der  legirten  Münze.  Bei  dem  Feingehalte  der  deut- 
schen Goldmünzen  =  0,900  enthält  1  Pfund  legirtes  Goldmetall 
0,900  Pfund  Feingold,  aus  welchem  0,9  X  1395  =  1255,50  Mark 
Goldmünzen  geprägt  werden  können ;  ebenso  aus  1  Pfund  legirtem  Silber 
0,9  X  100  =  90  Mark  Silbermünzen. 

Da  es  aber  bei  der  Anfertigung  im  Grossen  unmöglich  sein  würde, 
sowohl  hinsichtlich  des  Feingehalts  als.  des  Gewichts  jeder  einzelnen 
Münze  die  gegebenen  Bestimmungen  ganz  genau  inne  zu  halten,  so  ist 
in  allen  Ländern  eine  sogenannte  „  Toleranz '^  gesetzlich  festgestellt,  d.  h. 
ein  Maximum  der  zulässigen  Abweichungen  von  dem  normalmässigen 
Feingehalte  und  Gewichte  bei  einer  einzelnen  Münze,  wobei  man  von 
der  Ansicht  ausgeht,  dass  in  der  Gesammtmenge  der  geprägten  Münzen 
die  entgegengesetzten  Abweichungen  sich  gegenseitig  wieder  ausgleichen 
werden.    Bei  den  deutschen  Reichsmünzen  ist  z.  B.  die  Toleranz: 


^)  Vergleiche  Dingler'8  polyt.  Journal  Bd.  223,  8.  1:    Karmarsch,   Be- 
trachtungen über  das  europäische  Münzwesen. 


860  Specielle  Technologie. 

im  Feingehalte  im  Gewichte 

Für  Silbermünzen +0,3  Proc.  +  1,00  Proc. 

„    Goldmünzen (20-  und  lO-Mark-Stücke)    +  0,2      „  ±  0,25      „ 

„  „  (5-Mark-Stücke) .    .    .    .    +  0,2      „  +  0,40      „ 

Die  Münzen  der  jetzigen  Zeit  haben  fast  ohne  Ausnahme  die  be- 
kannte scheibenförmige  Gestalt  mit  kreisrundem  Umfange.  Man  giebt 
ihnen  dadurch  diejenige  Form,  welche  für  den  Gebrauch  die  bequemste 
ist,  welche  die  äusseren,  durch  das  Gepräge  gegebenen  Kennzeichen 
deutlich  hervortreten  lässt  und  am  wenigsten  leicht  durch  Verbiegen 
oder  dergleichen  leidet.  Im  Alterthume  dagegen  gab  es  längliche,  keil- 
förmige, konische  und  andere  Münzen. 

Das  eigentliche  charakteristische  Kennzeichen  der  Münze  wird  durch 
ihr  Gepräge  gebildet. 

Wie  schon  oben  hervorgehoben  wui'de,  soll  das  Gepräge  die  Garantie 
für  den  Werth  der  Münze  bilden;  damit  aber  dieser  Zweck  erreicht 
werde,  muss  dasselbe  nicht  nur  in  deutlicher  und  verständlicher  Weise 
die  Bezeichnung  des  Nennwerths  und  des  Landes,  welchem  sie  angehört 
und  von  dessen  Regierung  der  Werth  garantirt  wird,  enthalten,  sondern 
das  Gepräge  muss  auch  derartig  beschaffen  sein,  dass  es  eine  betrügliche 
Werth  Verminderung  durch  Wegnahme  von  Spänchen  an  der  Oberfläche 
und  am  Rande  (die  natürlich  um  so  mehr  zu  fürchten  ist,  je  werth  voller 
das  Metall  ist)  leicht  erkennen  lässt  und  die  Nachbildung  durch  Falsch- 
münzer erschwei*t.  Das  geeignetste  Mittel,  einer  betrüglichen  Verklei- 
nerung der  Münzen  durch  Befeilen  etc.  des  Randes  vorzubeugen,  ist  die 
Anbringung  einer  rings  um  den  Rand  herumlaufenden  Schrift  oder 
ornamentalen  Verzierung  (Rändelung);  am  besten  erhaben,  meistens 
aber  in  Rücksicht  auf  die  Schwierigkeiten,  welche  eine  erhabene  Rand- 
schrift beim  Prägen  hervorruft,  vertieft  ausgeführt.  Daneben  lässt  das 
sogenannte  „Stäbchen^,  d.  h.  der  schmale  am  Rande  der  meisten  in  der 
Neuzeit  geprägten  Münzen  herumlaufende  erhabene  Reifen  eine  Ver- 
kleinerung der  Münze  um  so  leichter  erkennen,  je  schmaler  er  selbst  ist. 

Die  Nachahmung  durch  Fälscher  wird  um  so  schwieriger,  je  reicher, 
künstlerischer  die  Zeichnung  und  je  vollendeter  die  Ausführung  ist. 

Endlich  soll  aber  das  Gepräge  auch  ein  solches  sein,  dass  es  durch 
den  Gebrauch  möglichst  wenig  abgenutzt  werde.  Diese  Aufgabe  zu  er- 
füllen ist  eine  andere  Bestimmung  des  erwähnten  „Stäbchens";  die  Höhe 
desselben  wird  so  beträchtlich  bemessen,  dass  die  Münze,  auf  einer 
flachen  Ebene  —  Tischplatte  —  aufliegend,  nur  auf  dem  Stäbchen  ruht 
und  das  übrige  Gepräge  nicht  berührt  wird.  Selbstverständlich  muss  zu 
diesem  Zwecke  das  letztere  flach  gehalten  werden  und  nur  bei  Medaillen, 
die  nicht  für  den  Umlauf  bestimmt  sind,  wendet  man  aus  Schonheits- 
rücksichten  kräftigere  Reliefs  an.  Häufig  erleichtert  man  noch  die  Lö- 
sung jener  Aufgabe  des  Stäbchens,  indem  man  den  Flächen  der  Münze 
eine  schwach  concave  Form  giebt. 


Münzen.  861 

Für  die  Anfertigung  der  Münzen  sind  folgende  Arbeiten  erforderlich. 

Die  zn  verarbeitende  Legirung  wird  im  Tiegel  geschmolzen.  In  den 
meisten  Fällen  wird  man  sich  eines  Tiegelschachtofens,  mit  Holzkohlen 
oder  Koks  geheizt,  zum  Schmelzen  bedienen.  Man  benutzt  Graphittiegel, 
für  Silber  bisweilen  schmiedeeiserne  oder  gnsseiserne  Tiegel.  Der  Inhalt 
der  Tiegel  pflegt  entsprechend  dem  Umfange  des  Betriebes  200  bis 
300kg  zu  sein;  schmiedeeiserne  Tiegel  werden  sogar  in  Grössen  bis  zu 
1100  kg  Inhalt  angewendet.  Die  Tiegel  werden  zur  Rothgluth  ange- 
wärmt, dann  das  Metall  eingesetzt  und  mit  Holzkohlenlösche  bedeckt. 

Von  Gold-  und  Silberlegirungen  nimmt  man,  wenn  das  Schmelzen 
beendet  ist,  mit  einem  Schöpflöffel  eine  kleine  Probe,  giesst  dieselbe  ans 
und  unterwirft  sie  einem  Probiryerfahren  durch  Abtreiben  oder  auf 
nassem  Wege,  um  den  Feingehalt  zu  prüfen.  Wenn  dieselbe  ein  befrie- 
digendes Ergebniss  geliefert  hat,  folgt  das  Ausgiessen. 

Man  benutzt  gusseiserne,  zweitheilige,  stehende  Formen  ^),  in  wel- 
chen das  Metall  zu  Stäben  von  400  bis  600  mm  Länge,  4  bis  8  mm 
Dicke  und  einer  dem  Durchmesser  der  Münzen  entsprechenden  Breite 
ausgegossen  wird.  Diese  Stäbe  heissen  Zaine.  Entwickelt  die  Legirung 
reichliche  Gasmengen  beim  Giessen,  wie  z.  B.  die  Nickellegirungen,  so 
befordert  man  das  Entweichen  der  Gase  aus  der  Form  und  dadurch  die 
Entstehung  dichtem  Gusses,  indem  man  statt  der  dünneren  Stäbe  dickere 
Blöcke  giesst  und  mit  Hilfe  einer  geeigneten  Maschine  diese  in  Stäbe 
zersägt. 

Die  Zaine  gelangen  nun  zum  Walzwerke,  um  gestreckt  und  dabei 
verdichtet  zu  werden.  Da  es  hierbei  auf  genaueste  Innehaltung  der 
Qnerschnittsstärke  des  Arbeitsstücks  ankommt,  müssen  alle  Theile  des 
Walzwerks  in  sorgfaltigster  Weise  hergerichtet  sein.  Die  allgemeine 
Einrichtung  entspricht  derjenigen  eines  Duowalzwerks  mit  entlasteter 
Oberwalze;  die  Walzen  haben  nur  150  bis  250  mm  Durchmesser,  200  bis 
400  mm  Länge,  sind  glatt  ohne  Kaliber,  aus  Gussstahl  gefertigt  und  ge- 
schmirgelt. Häufig  verbindet  man  zwei  Walzgerüste  durch  Kupplungen 
zu  einer  Walzstrecke  mit  Vor-  und  Fertigwalzen,  um  die  letzteren,  welche 
am  genauesten  gearbeitet  sein  müssen,  möglichst  zu  schonen.  Die  Um- 
fangsgeschwindigkeit der  Walzen  ist  ziemlich  langsam,  die  Anzahl  der 
Umdrehungen  20  bis  30  per  Minute.  Fast  ausnahmslos  werden  die 
Metalle  im  kalten  Zustande  gewalzt;  aber  je  stärker  sie  legirt  sind,  ein 
desto  öfteres  Ausglühen  pflegt  erforderlich  zu  sein.  Man  bedient  sich 
zum  Ausglühen  eines  Muflelofens. 

Das  Strecken  im  Walzwerke  wird  so  lange  fortgesetzt,  bis  ein  aas 
dem  gestreckten  Zaine  probeweise  ausgestossenes  Plättchen  von  be- 
stimmtem Durchmesser  das  genaue  Norm  algewicht  einer  Münze  gleicher 


1)  Stehende  Form  bedeutet:  mit  senkrechter  Hauptachse,  um  dichtem  Quss 
zu  erzeugen.    Vergleiche  S.  106  und  156. 


862  Specielle  Technologie. 

Grösse   (und  selbstverstäsdlich   gleichen  Metalls)  erlangt   hat;   alsdann 
beginnt  die  folgende  Arbeit,  das  Ausschneiden  oder  „Ausstückeln". 

Man  bedient  sich  dazu  eines  Durchstosses  mit  Stempel  und  Loch- 
ring (Seite  584);  und  zwar  sind  verschiedene  der  a.  a.  0.  beschriebenen 
Constructionen  für  diesen  Zweck  Üblich.  Für  die  jetzt  seltenere  Hand- 
arbeit dient  eine  Schraube  mit  doppeltem  Gewinde  zur  Bewegung  des 
Stempels  (Fig.  455  auf  Seite  586);  für  Maschinenbetrieb  der  Hebel  oder 
häufiger  ein  Excenter  mit  Schwungrad  (Seite  590).  Aus  dem  Zaine  wer- 
den auf  dieser  Maschine  kreisrunde  Platten,  deren  Durchmesser  der 
Grosse  der  Münzen  entspricht,  ausgestossen;  die  zurückbleibenden  Schrote 
wandern  zum  Schmelzofen  zurück.  Bei  dem  Betriebe  von  Hand  liefert 
ein  Arbeiter  stündlich  1000  bis  1500,  bei  dem  Betriebe  durch  Elementar- 
kraft 4000  bis  6000  ausgestückelte  Platten. 

Die  in  solcher  Weise  gefertigten  Platten  gelangen  nun,  da  das  Ge- 
wicht derselben  trotz  aller  bei  den  vorausgehenden  Arbeiten  angewen- 
deten Sorgfalt  nicht  immer  hinlänglich  genau  mit  dem  Normalgewichte 
übereinstimmt  9  zur  Berichtigung  dieser  GewichtsdifPerenzen  in  die 
Justirwerkstatt.  Bei  Goldmünzen  und  werth volleren  Silbermünzen 
geschieht  das  Justiren  in  folgender  Weise.  Der  Arbeiter  sitzt  an  einem 
Tische,  vor  sich  eine  Wage,  deren  eine  Wagschale  mit  dem  Normal- 
gewichte belastet  ist,  und  prüfb  nun  durch  Auflegen  jeder  Platte  auf  die 
andere  Wagschale  ihr  Gewicht.  Zu  leichte  Platten  (deren  Vorkommen 
man  übrigens  durch  etwas  reichliche  Bemessung  der  Plattenstärke  thun- 
lichst  zu  vermeiden  sucht)  werden  bei  Seite  gelegt,  um  wieder  einge- 
schmolzen zu  werden;  zu  schwere  Platten  werden  durch  Abnahme  von 
Spänchen  leichter  gemacht.  Diese  Arbeit  geschieht  entweder  von  Hand 
mit  Hilfe  der  Feile,  wobei  die  Platte  in  einem  Holzklotze  (dem  Justir- 
klotze)  aufruht;  oder  mit  Hilfe  einer  kleinen  Justirmaschine  (von  Hand 
oder  durch  eine  Transmission  bewegt),  welche  mit  einem  entsprechend 
breiten  Messer  einen  Span  von  der  ganzen  Plattenoberfläche  abnimmt. 
Selbstverständlich  mnss  sowohl  bei  der  Benutzung  der  Feile  als  der 
Justirmaschine  die  ganze  obere  Seite  der  Platte  gleichmässig  bearbeitet 
werden,  damit  nicht  Vertiefungen  auf  derselben  als  Spuren  der  Bear- 
beitung entstehen. 

Die  justirten  Platten  werden  abermals  gewogen  und,  wenn  ndthig, 
nochmals  nachgearbeitet. 

Durch  Anwendung  automatischer  Wagen  an  Stelle  der  einfachen 
Handwagen  hat  man  in  vielen  grösseren  Münz  Werkstätten  die  Arbeit 
des  Justirens  erheblich  vereinfacht.  Eine  solche  automatische  Wage 
schiebt  selbstthätig  eine  Münzplatte  nach  der  andern  auf  die -Wag- 
schale und  sondert  sie  in  verschiedene  Behälter,  die  zu  leichten  Platten 
kommen  gemeinschaftlich  in  ein  Behälter;  die  innerhalb  der  Toleranz  zu 
leichten  oder  zu  schweren  (also  keiner  Justirung  bedürfenden)  in  zwei 
Behälter;  die  zu  schweren  endlich  werden  nach  der  Grösse  des  Ueber- 


Münzen.  863 

• 

gewichts  wieder  in  verschiedene  (gewöhnlich  3)  Glassen  getheilt  ^).  Diese 
letztere  Sondemng  ermöglicht  es  alsdann,  durch  eine  einmalige  entspre- 
chende Einstellung  des  Messers  der  Justirmaschinen  alle  zu  derselben 
Abtheilung  gehörenden  Platten  von  vornherein  richtig  zu  justiren. 

Für  alle  Kupfer-,  Nickel-  und  kleineren  Silbermünzen  würde  da- 
gegen das  Justiren  in  der  geschilderten  Weise  viel  zu  zeitraubend  sein 
und  die  Kosten  des  Verfahrens  mit  dem  Werthe  der  Münzen  nicht  im 
Einklänge  stehen.  Man  wägt  bei  diesen  geringwerthigeren  Münzen  eine 
grössere  Anzahl  und  zwar  so  viele,  als  gesetzlich  auf  die  Einheit  des 
Landesgewichts  (1kg  etc.)  gehen  sollen,  gemeinschaftlich;  ist  das  6e- 
sammtgewicht  zu  leicht,  so  sondert  man  einige  zu  leichte  Stücke  aus 
und  ersetzt  sie  durch  solche,  welche,  im  Einzelnen  gewogen,  zu  schwer 
sind,  bis  das  Gleichgewicht  hergestellt  ist;  und  benutzt  umgekehrt  die 
ausgesonderten  wieder  zur  Gewichtsberichtigung  eines  andern  zu  schweren 
Satzes  (Justiren  al  marko  oder  in  der  Mark).  Auf  diese  Weise  kommt 
das  normalmässige  Totalgewicht  immerhin  in  den  Verkehr  und  der 
Werth  der  Gewichtsdifferenz  bei  einem  einzelnen  Stücke  ist  zu  unbedeu- 
tend, als  dass  dieselbe  einer  separaten  Berichtigung  bedürfte. 

Aus  den  früher  gegebenen  Erörterungen  über  die  Vorgänge  beim 
Durchstossen  einer  Metallplatte  (Seite  557)  ergiebt  sich,  dass  der  Rand 
der  ausgestossenen  Münzplatten  niemals  eine  glatte  Fläche  bildet,  son- 
dern mehr  oder  minder  rauh  und  uneben  ausfilllt.  Zur  Vervollkomm- 
nung dieser  cylindrischen  Randfläche  unterwirft  man  daher  die  justirten 
Platten  einer  Arbeit,  welche  Rändeln  genannt  und  auf  der  Rändel- 
maschine  ausgeführt  wird.  Letztere  enthält  als  Werkzeug  zwei  ge- 
härtete geradlinige  oder  kreisbogenförmige  Stahlsohienen  (die  Rändel- 
eisen), welche  in  einer  Horizontalebene  parallel  und  in  solchem  (verstell- 
barem) Abstände  von  einander  angebracht 'sind,  als  der  Durchmesser  der 
zu  rändelnden  Münze  betrag^.  Die  eine  Schiene  liegt  fest,  die  andere 
wird  parallel  derselben  in  solcher  Weise  und  um  eine  solche  Länge  vor- 
geschoben, dass  die  zwischen  beide  geschobene  Platte  um  eine  halbe 
Umdrehung  fortgerollt  wird.  Hierbei  wird  durch  die  polirten  einander 
zugekehrten  Flächen  der  Schienen  der  Rand  geglättet  und  ein  wenig 
nach  beiden  Seiten  aufgeworfen  (gestaucht). 

In  den  Einzelheiten  der  Construction,  insbesondere  auch  in  der  Art 
und  Weise  der  Bewegung  zeigen  die  Rändelmaschinen  mannigfache  Ab- 
weichungen. Eine  von  der  durch  ihre  Maschinen  für  Münzanfertigung 
berühmten  Firma  D.  Uhlhorn  zu  Grevenbroich')  gebaute  Rändel- 
maschine zeigt  die  Fig.  625  (a.  f.  S.)  im  Grundrisse,  Fig.  626  (a.  S.  865) 
im  Querschnitte  durch  den  Tisch  (welcher  auf  einem  eisernen  oder  höl- 
zernen Gerüste  befestigt  wird)  und  zwei  Paar  Rändeleisen.    In  der  Mitte 


^)  Eine  eingebende  Beschreibung  einer  solchen  Wage  nebst  Abbildnngen 
findet  sich  im  Amtlichen  Berichte  der  Wiener  WeltanssteUnng,  Bd.  2,  S.  125. 
')  Seit  I.  Januar  1878  eingegangen. 


Specielle  Technologie. 


Pijf.  626. 


Münzen.  865 

des  Tiscbs  gleitet  an  PrismeniPährangen  der  gusseiserne  Schlitten  c  hin 
und  zurück  und  trägt  an  jeder  Seite  zwei  Rändeleisen  hihi  &2&21  welche 
demnach  dieselbe  Bewegung  als  der  Schlitten  erhalten.  Diesen  gegen- 
über, von  zwei  auf  dem  Tische  aufgeschraubten  Leisten  dd  gestützt,  be- 
finden sich  die  feststehenden  Rändeleisen  Ui  ai  a^  o^.  Wie  aus  der  Ab- 
bildung hervorgeht,  lässt  sich    der  Abstand   der  beweglichen  von  den 

feststehenden  Eisen  durch 
je  zwei  kleine  horizontale 
,  a         b  IV:  r      ..  /T^  *>        »   ,  Stellschrauben    hinter  je- 

"^t?™* 'T^^^^^^  ^^^  Schiene    gemäss  dem 

lli^^^iB^^K^-^;^vlFj|;  yy> '^fJ'^'S^'-'U'^'^^'^^'A  DuTchmesser  der  zu  rän- 
delnden Platten  verändern, 
und  nach  erfolgter  Ein- 
stellung wird  dieselbe  durch  je  zwei  senkrechte  Schrauben,  welche  durch 
längliche  Querschlitze  der  Rändeleisen  hindurchgehen,  vollständig  ge- 
sichert. Die  Anordnung  ist  eine  solche,  dass  die  zwei  Paar  Rändeleisen 
a\  &x  beim  Yorwärtsgange,  die  anderen  zwei  beim  Rückwärtsgange  des 
Schlittens  zum  Eingriffe  kommen.  Die  zu  rändelnden  Platten  werden 
den  Rändeleisen  selbstthätig  zugeführt.  Zu  diesem  Zwecke  befindet  sich 
vor  jedem  feststehenden  Rändeleisen  ein  metallener  Cylinder  (Becher) 
ei  t^  auf  dem  Tische  derartig  aufgeschraubt,  dass  zwischen  seinem  untern 
Rande  und  der  Tischplatte  ein  hinlänglicher  Raum  bleibt,  eine,  nicht 
aber  zwei  aufeinanderliegende  Platten  zugleich  hindurchzulassen.  Hinter 
den  Cylindern  befindet  sich,  in  Führungen  parallel  der  Achse  der  Ma- 
schine beweglich,  je  ein  Schieber /i/i /2/2,  dessen  dem  Cylinder  zuge- 
kehrter Rand  kreisbogenformig,  entsprechend  dem  Cylindermantel,  aus- 
geschnitten ist  (bei  den  Cylindern  e^  e^  ist  dieser  Rand  bis  innerhalb  der 
CyHnderöffnung  vorgeschoben  und  erkennbar).  Auf  jedem  dieser  Schieber 
ist  ein  Winkel  aufgeschraubt,  welcher  gegen  eine  auf  der  Tischplatte 
befestigte  Feder  hli  stösst,  während  vier  auf  dem  Schlitten  c  befindliche 
Knaggen  'kh  bei  dem  Vorschübe  des  letztern  die  Winkel  ergreifen,  da- 
durch die  Schieber  zurückführen  und  somit  die  Feder  in  Spannung  ver- 
setzen. Die  Cylinder  ei  ^2  werden  mit  übereinander  geschichteten  Münz- 
platten gefüllt.  Wenn  nun  der  Schieber  durch  den  Knaggen  'k  zurück- 
geführt ist  (vergleiche  die  Stellung  der  Schieber  f^ft)^  so  wird  die 
untere  der  in  dem  Cylinder  befindlichen  Münzplatten  sofort  bis  auf  die 
Tischplatte  hinabrutschen.  Nun  beginnt  der  Rückgang  der  Maschine. 
Der  Knaggen  k  lässt  den  Schieber /^  los,  derselbe  gleitet  in  Folge  des 
von  der  angespannten  Feder  ausgeübten  Drucks  vorwärts  und  schiebt 
dabei  die  unterste  der  Müuzplatten  unter  dem  Rande  des  Cylinders 
hinweg  soweit  vor,  dass  das  feststehende  Rändeleisen  den  Umfang  der- 
selben tangirt.  Inzwischen  ist  aber  auch  das  zweite  Rändeleisen  (62) 
vorgerückt,  erfasst  den  Rand  der  Platte  an  der  gegenüberliegenden 
Stelle  und  rollt  dieselbe  auf  diese  Weise  vorwärts,  wobei  in  der  oben 
geschilderten  Weise  die  Ausbildung  und  eine  schwache  Stauchung  des 

liedobur,  mechnnisch-metaUurgiflolie  Technologie,  55 


866  Specielle  Technologie. 

Randes  erfolgt.  Bei  Beendigung  des  Hubes  fallt  schliesslich  die  Münz- 
platte,  welche  nunmehr  yollständig  vor  dem  feststehenden  Eisen  vorbei 
gegangen  ist,  durch  die  Oeffnung  ii  der  Tischplatte  in  einen  unterhalb 
derselben  bereit  stehenden  Behälter.  Alsdann  findet  Umkehr  des  Hubes 
statt;  gegen  Beendigung  desselben  führt  der  Knaggen  k  den  Schieber 
wieder  zurück,  eine  neue  Münzplatte  fällt  nach  unten  und  wird  dann  in 
der  geschilderten  Weise  abermals  vorgeschoben.  Es  ist  leicht  ersichtlich, 
wie  bei  der  abgebildeten  Maschine  die  Rändeleisen  a^  &i  und  a^  h^  immer 
abwechselnd  thätig  sind ,  so  dass  bei  jeder  Umdrehung  der  Betriebswelle 
4  Platten  gerändelt  werden ;  bei  40  Umdrehungen  per  Minute  mithin  die 
beträchtliche  Zahl  von  160  Platten  per  Minute  oder  9600  per  Stunde. 

Die  Platten  werden  nunmehr  (bisweilen  auch  schon  vor  dem  Rän- 
deln) geglüht  und  gebeizt,  um  von  anhängendem  Schmutze  und  Oxyden 
befreit  und  vollständig  blank  zu  werden. 

Das  Glühen  geschieht  in  kupfernen  oder  eisernen  Kasten,  während 
die  Platten  mit  Kohlenstaub  bedeckt  gehalten  werden;  das  Beizen  in 
einer  hölzernen,  etwas  geneigten,  um  ihre  Achse  gedrehten  Tonne  mit 
verdünnter  Schwefelsäure,  wobei  die  Platten  noch  heiss  in  die  Säure 
geworfen  werden.  Stark  legirte  Silbermünzen  werden  dabei  in  Folge 
der  grösseren  Löslichkeit  des  Kupfers  in  Schwefelsäure  weissgesotten 
(Seite  760).  Goldplatten,  welche  in  Kohlenpulver  geglüht  waren,  werden 
häufig  nur  durch  Behandlung  mit  Seifenwasser  gereinigt;  sie  ;seigen 
dann  eine  röthliche  Farbe,  während  die  mit  Säure  gebeizten  schön  hoch- 
gelb aussehen. 

Die  gebeizten  Platten  werden  wiederholt  mit  Wasser  abgespült, 
dann  auf  ein  ausgespanntes  leinenes  Tuch  geschüttet  und  mit  Bürsten 
trocken  gerieben,  wobei  sie  zugleich  Glanz  erhalten. 

Durch  das  Glühen  und  Beizen  entsteht  ein  Gewichtsverlust,  welcher 
bei  dem  Justiren  im  Voraus  berücksichtigt  und  deshalb  durch  Erfahrung 
festgestellt  werden  muss.  Die  Zusammensetzung  der  Legirung,  die  Art 
des  Glühens  und  Beizens  beeinflussen  die  Grösse  dieses  Gewichtsverlnsts. 

Auf  das  Beizen  folgt  endlich  das  Prägen. 

Wenn  die  Münzeu  Randschrift  oder  Rand  Verzierung  erhalten  aollen, 
so  geht  die  Herstellung  des  Randgepräges  dem  Prägen  der  Flächen  vor- 
aus. Man  benutzt  für  die  erstere  Arbeit  ein  genau  solches  Rändelwerk, 
als  oben  beschrieben  wurde,  mit  Rändeleisen,  auf  deren  einander  zuge- 
kehrten Flächen  die  herzustellende  Schrift  oder  Verzierung  in  umge- 
kehrter Anordnung  (auf  jedem  Eisen  für  die  eine  Hälfte  des  Umfangs 
der  Münzplatte)  angebracht  ist.  Wenn  man  z.  B.  auf  der  einen  Seite 
der  oben  abgebildeten  Rändelmaschine  zwei  Paar  glatte  Rändeleisen,  auf 
der  andern  zwei  Paar  mit  Inschrift  oder  Verzierung  versehene  Rändel- 
eisen einsetzt,  so  lässt  sich  dieselbe  gleichzeitig  zum  ersten  wie  zum 
zweiten  Rändeln  benutzen. 

Das  Princip  des  Prägwerks  wurde  schon  auf  Seite  734  erläutert. 
Zwei  einander  zugekehrte  Stempel  aus  gehärtetem  Gussstahl,  deren  jeder 


Münzen.      *  867 

das  auf  einer  Seite  der  Münze  herzustellende  Gepräge  in  umgekehrter 
Anordnung  trägt,  wirken  gleichzeitig  unter  solchem  Drucke  gegen  die 
beiden  Flächen  der  Platte,  dass  durch  die  eintretende  Verschiebung  der 
Molecüle  ein  vollständig  scharfer  Abdruck  der  Stempeloberiläche  erfolgt. 
Die  Münze  liegt  hierbei  horizontal  auf  dem  feststehenden  unteren  Stem- 
pel und  der  obere  wird  in  senkrechter  Richtung  gegen  den  letztern 
bewegt.  Wenn  nun  hierbei  die  Münzplatte  frei  liegt,  so  dass  durch  den 
Druck  der  Stempel  eine  thatsächliche  Querschnittsverdünnung  eintreten 
kann,  so  vergrössert  sich  in  Folge  dessen  der  Durchmesser  der  Platte, 
der  Rand  derselben-  tritt  über  das  Gepräge  hinaus  und  büsst  dadurch 
seine  scharfkantig  ausgebildete  Form  ein.  Die  Betrachtung  von  Münzen 
aus  früheren  Jahrhunderten  zeigt  ausnahmslos  diesen  Vorgang,  und  auch 
in  dem  letzten  Jahrhunderte  sind  sehr  viele  Münzen  in  gleicher  Weise 
geprägt.  Man  vermeidet  diesen  Uebelstand  und  erhält  eine  vollständig 
runde  und  schärfer  ausgeprägte  Münze,  wenn  man  die  Platte  während 
des  Prägens  durch  einen  Stahlring  einschliesst,  dessen  innerer  Durch- 
messer genau  gleich  dem  Durchmesser  der  Münze  und  des  Prägstempela 
ist  (Prägen  im  Ringe).  Dadurch  wird  aber  aus  naheliegenden  Gründen 
die  Anwendung  erhabener  Randschrifb  etc.  schwieriger,  und  man  findet 
deshalb  bei  fast  allen  im  Ringe  geprägten  Münzen  dieselbe  vertieft« 

Da  ein  und  dasselbe  Paar  Prägstempel  nur  zur  Herstellung  einer 
gewissen  Anzahl  Münzen  (im  günstigsten  Falle  bis  zu  500  000  Stück, 
gewöhnlich  aber  beträchtlich  weniger)  benutzt  werden  kann,  ehe  es  als 
unbrauchbar  durch  neue  ersetzt  werden  muss,  so  trifft  man  Vorsorge, 
dass  dieser  Ersatz  in  möglichst  einfacher  Weise  beschafft  werden  könne. 
Man  stellt  zunächst  nach  der  gegebenen  Zeichnung  durch  Graviren  etc. 
einen  Originalstempel  aus  vorzüglichem  Gussstahl  dar,  welcher  genau  so 
geformt  ist,  wie  der  später  zum  Prägen  der  Münzen  anzufertigende 
Stempel.  Auf  diese  Herstellung,  welche  äusserst  zeitraubend  und  kost- 
spielig ist,  wird  die  grösste  Sorgfalt  verwendet.  Sind  in  einem  Lande 
mehrere  Münz  Werkstätten  vorhanden,  so  pflegt  dieser  Originalstempel  in 
der  Centralwerkstatt  aufbewahrt  zu  werden;  z.  B.  für  die  deutschen 
Reichsmünzen  in  Berlin.  Dieser  Stempel  wird  gehärtet,  in  ein  kräftiges 
Prägwerk  mit  Schraubenspindel  eingesetzt  und  nun  wird  mit  Hilfe  des- 
selben ein  zweiter  Stempel  (Matrize,  Modellstempel),  ebenfalls  aus  Guss- 
stahl,  geprägt,  welcher  natürlich  das  Bild  des  Original  stempeis  umge- 
kehrt und  demnach  genau  so  enthält,  als  es  später  auf  den  Münzen 
erscheinen  soll.  Dieses  Prägen  muss  mit  grosser  Umsicht  ausgeführt 
werden  und  erfordert  ziemlich  lange  Zeit.  Damit  nicht  Risse  entstehen, 
kann  nur  ein  Stahl  vorzüglichster  Beschaffenheit  verwendet  werden  und 
da  bei  der  Härte  desselben  die  Wirkung  jedes  einzelnen  durch  die  Presse 
ausgeübten  Stosses  nur  gering  sein  kann,  so  muss  die  Prägung  durch 
zahlreiche,  nach  und  nach  ausgeführte  Stösse  bewirkt  werden.  Nach  je 
sieben  bis  acht  Stössen  ist  der  Stahl  hart  und  spröde  geworden  und  muss 
geglüht  werden.    Endlich  wird  der  fertig   geprägte  Stempel  nochmals 

55* 


868  Specielle  Technologie. 

geglüht,  aussen  gedreht,   mit  grosser  Vorsicht  gehärtet  und  gelh  ange- 
lassen. 

Dieser  zweite  Stempel  dient  nun  dazu,  in  derselben  Weise  als 
soeben  beschrieben  wurde,  die  eigentlichen  Prägstempel  för  die  Münz- 
werkstätten darzustellen;  und  die  Oberfläche  dieser  letzten  Prägstempel 
stimmt  dann  wieder  mit  derjenigen  des  zuerst  gefertigten  Originalatem- 
pels  überein.  Ist  ein  Prägstempel  abgenutzt,  so  wird  mit  Hilfe  des 
zweiten  Stempels  ein  neuer  gefertigt,  ohne  dass  der  kostspielige  Original- 
stempel in  Anspruch  genommen  zu  werden  braucht. 

Während  in  alten  Zeiten  das  Prägen  der  Münzen  einfach  durch 
Schlagen  mit  dem  Hammer  ausgeführt  wurde,  wendete  man  später  viel- 
fach, und  in  kleinen  Werkstätten  noch  heute,  die  Schraubenpresse  zur 
Ausübung  des  Drucks  oder  Stosses  an,  wobei  die  einzelnen  Platten 
meistens  durch  die  Hand  untergelegt  und  nach  dem  Prägen  entfernt 
wurden.  Bei  Prägmaschinen  für  grössere  Werkstätten  ist  dagegen  die 
Schraube  meistens  durch  den  Hebel  ersetzt  und  es  sind  die  Münz- 
maschinen zugleich  mit  Einrichtungen  versehen  worden,  welche  auf 
höchst  sinnreiche  Weise  die  menschliche  Arbeit  beim  Prägen  durch 
selbstthätige  Zuführung  und  Entfernung  der  Platten  auf  ein  geringstes 
Maass  zurückführen.  Um  die  Vervollkommnung  dieser  Prägmaschinen 
hat  sich  ebenfalls  die  schon  genannte  Firma  D.  Uhlhorn  in  Greven- 
broich, welche  seit  dem  Jahre  1817  für  27  verschiedene  Länder  200 
solcher  Prägmaschinen  lieferte,  ausserordentliche  Verdienste  erworben; 
und  eine  etwas  eingehendere  Besprechung  einer  solchen  Uhlhorn 'sehen 
Prägmaschine  dürfte  ebensowohl  in  Rücksicht  auf  die  sinnreiche  Con- 
struction  derselben  als  auch  auf  die  Wichtigkeit  der  mit  Hilfe  derselben 
dargestellten  Fabrikate  gerechtfertigt  erscheinen. 

Die  Abbildungen  der  Figuren  627  bis  632  stellen  eine  solche  Münz- 
prägmaschine dar  1).  Das  Gerüst  derselben  besteht  aus  den  hinteren  mit 
einander  verbundenen  Ständern  Ä  und  B  zum  Tragen  der  Lager  für 
den  Antrieb,  dem  Prägrahmen  C  an  der  Stirnseite  und  dem  horizontalen 
Tische  D,  welcher  die  Ständer  mit  dem  Prägrahmen  verbindet.  Die 
Krummzapfen  welle  E  empfängt  von  einer  Transmission  aus  durch  die  feste 
Riemenscheibe  e  ihren  Antrieb  (in  Ermangelung  einer  durch  Elementar- 
kraft getriebenen  Transmission sweUe  durch  zwei  auf  die  Enden  von  E 
aufgesteckte  Handkurbeln)  und  überträgt  denselben  durch  die  Schub- 
stange t  auf  den  Kniehebel  k  (in  Fig.  630  in  grösserm  Maassstabe  ab- 
gebildet), welcher  in  dem  Zapfen  l  aufgehängt  ist  und  solcherweise  in 
auf-  und  niedergehende  Bewegung  versetzt  wird.  Durch  den  Zapfen  « 
(Fig.  630)  wird  diese  Bewegung  auf  das  Pendel  F  fortgepflanzt;  zur 
Regulirung  des  Drucks  dient  der  im  untern  Theile  des  Pendels  zwischen 


^)  Nach  den  Verhandluilgen  zur  Beförderung  des  Gewerbflelssea  in  Preussen 
Jahrgang  1847  sowie  nach  den  vom  Herrn  Erfinder  dem  Verfasser  gütigst 
gemachten  Mittheüungen. 


i 


ich  den  Verhandlungen  zur  Beförderung  des  GewerbfleisBea  öi 

;  1847    sowie  nach   den  vom  Herrn  Erfinder   dem  Verfasser    gütigst 

•en  Mittheilungen. 


i 


870  Specielle  Technologie. 

den  beiden  Seitenplatten  Oi  a^  festgehaltene  Stahlkeil  o,  welcher  in  der 
aus  den  Abbildungen  (der  Figuren  628  und  630)  erkennbaren  Weise 
angezogen  werden  kann  und  dadurch  die  Länge  des  Pendels  yergrössert 
oder  verkürzt.  Am  untern  Ende  ist  das  Pendel  mit  einem  Engelzapfen 
versehen,  welcher  auf  dem  Träger  G-  des  Oberstempels  in  einem  von  dem 
Oelbehälter  Ci  umschlossenen  offenen  Lager  t  ruht.  Innerhalb  eines  an 
der  untern  Seite  des  Arms  O  befindlichen  Ringes  di  wird  die  Platte  p 
(Fig.  630)  durch  Stellschrauben  festgehalten,  und  mit  dieser  ist  der 
Oberstempel  durch  den  Klemmring  q  verbunden.  Auf  dieselbe  Weise 
geschieht  die  Verbindung  des  Unterstempels  mit  dem  Theile  r,  welches 
durch  Stellschrauben  in  einem  Ringe  des  Arms  J  festgehalten  wird  und 
an  der  untern  Seite  halbkugelformig  gestaltet  ist,  um  eine  genane 
Parallelstellung  der  Stempelflächen  zu  einander  zu  ermöglichen. 

Um  den  Rückgang  des  Pendels  mit  dem  Oberstempel  zu  bewirken, 
ist  der  Träger  Q  auf  dem  Tische  in  dem  Lager  8  drehbar  befestigt 
(Fig.  627  und  631)  und  wird  zwischen  Drehungspunkt  und  Angriffs- 
punkt des  Pendels  durch  eine  Stütze  /i  getragen ;  diese  aber  greift  mit 
ihrem  untern  Ende  auf  den  kurzem  Arm  des  Doppelhebels  ^i,  welcher 
in  dem  Bügel  hi  seinen  Drehungspunkt  hat,  während  der  längere  Arm 
desselben,  durch  die  Führungsstangen  t'i  vor  Seitenschwankungen  ge- 
sichert, an  seinem  Ende  durch  die  Gewichte  a  und  ß  beschwert  ist,  von 
denen  a  zur  Herstellung  des  Gleichgewichts  dient,  ß  dagegen  als  Gegen- 
gewicht mit  dem  Anfange  des  Rückwärtsganges  des  Kniehebels  A:  auf 
den  Träger  Q-  wirkt  und  den  Oberstempel  so  lange  zum  Ansteigen 
zwingt,  bis  der  Druck  des  Kniehebels  von  Neuem  beginnt. 

Erfahrungsgemäss  wird  das  Prägen  erleichtert,  wenn  der  Unter- 
stempel in  dem  Augenblicke,  wo  der  Druck  des  Oberstempels  kräftiger 
wird,  eine  schwache  Drehung  um  seine  Achse  ausführt.  Zu  diesem  Ende 
ist  an  das  untere  Ende  des  Kniehebels  eine  zweite  Zugstange  w  ange- 
schlossen (Fig.  627,  631),  welche  mit  dem  andern  Ende  hakenartig 
einen  horizontalen  Winkelhebel  v  erfasst  (Fig.  629),  der  wieder  durch 
die  Zugstange  u  mit  dem  langen  Hebel  J  verbunden  ist  Dieser  dreht 
sich  leicht  in  der  Kugelpfanne  ^i.  Bei  dem  Rückgange  der  Stange  tr 
stösst  der  an  derselben  angeschraubte  Stift  a^  gegen  den  auf  u  befind- 
lichen schrägen  Winkel  d,  schiebt  dadurch  u  zur  Seite  und  bewirkt  somit 
auch  die  Rückdrehung  des  Arms  J  mit  dem  Unterstempel. 

Ober-  und  Unterstempel  werden  durch  den  Prägring  x  ergänzt, 
welcher  in  dem  Arme  H  befestigt  ist  (Fig.  630).  Letzterer  ist  wie  der 
Arm  O  in  der  Yerticalebene  di'ehbar  und  hat  gemeinschaftlich  mit 
diesem  seinen  Drehungspunkt  in  dem  Lager  s  auf  dem  Tische  D 
(Fig.  627).  Damit  die  Münzplatte  in  den  Ring  zwischen  den  Stempel 
gelangen  und  nach  beendigtem  Prägen  aus  dieser  Lage  entfernt  werden 
könne,  muss  jener  Ring  verschiedene  Bewegungen  ausführen.  Auf  der 
Betriebswelle  E  befindet  sich  zu  diesem  Zwecke  eine  exoentrische  Scheibe 


Münzen.  871 

g  (Fig.  629  and  631),  welche  den  dnreh  Matter  nnd  Gegenmatter 
genau  zu  stellenden  Daumen  m^  und  mit  ihm  die  Gabel  y  hebt.  Letztere 
ist  mit  dem  längern  Ende  des  Doppelhebels  ni  verbanden,  dessen 
Drehongspunkt  in  dem  am  Bahmen  angeschraubten  Bügel  Oi  liegt 
(Fig.  627)  und  dessen  kürzerer  Arm  die  wechselnde  Bewegung  der 
Gabel  in  umgekehrter  Weise  auf  die  Druckstange  jpi  (Fig.  627  und  628) 
und  durch  diese  auf  den  Arm  JJmit  dem  Prägringe  überträgt.  Während 
des  grossem  Theils  einer  Umdrehung  der  Betriebswelle  verharrt  der 
Prägring  in  der  zum  Prägen  geeigneten  Stellung;  bei  der  in  Fig.  631 
gezeichneten  Stellung  des  Excenters  ist  der  Prägring  nach  vollendetem 
Prägen  soeben  etwas  gesenkt  worden,  um  das  Aufgehen  des  Oberstempels 
zu  erleichtem,  erhebt  sich  dann  mit  der  geprägten  Münze,  welche  fest 
im  Ringe  eingeschlossen  ist,  in  dem  Augenblicke,  wo  der  Daumen  mi  in 
die  Vertiefang  tritt,  löst  dadurch  die  Münze  von  dem  Unterstempel  und 
sinkt  unmittelbar  darauf  so  weit,  dass  die  Münze,  aus  dem  Ringe  heraus- 
tretend, frei  auf  dem  Unterstempel  liegen  bleibt,  von  wo  sie  sofort  ent- 
fernt wird.  Alsdann  nimmt  der  Ring  wieder  seine  frühere  Stellung  ein, 
die  er  während  des  Prägens  der  folgenden  Münze  behauptet. 

Für  die  selbstthätige  Zuführung  der  Münzplatten  zwischen  die 
Stempel  befindet  sich  zunächst  ein  eben  solcher  zur  Aufnahme  der 
Platten  dienender  Gylinder  (Becher)  gi  als  bei  der  oben  beschriebenen 
Rändelmaschine  auf  dem  Arme  H  vor  dem  Prägringe  (Fig.  632,  auch  in 
Fig.  627  erkennbar),  dem  die  Platten  durch  eine  schräge  Rinne  {ßi  in 
Fig.  627)  zugeführt  werden;  neben  demselben  der  Schieber  ^i  in  der 
Führung  Vi  gleitend  und,  mit  demselben  zangenartig  verbunden  der 
Hebel  Si.  Beide  erfassen  die  unterste  der  in  dem  Becher  befindlichen 
Münzplatten  bei  der  in  Fig.  632  gezeichneten  Stellung  und  werden  als- 
dann sammt  derselben  mit  Hilfe  des  an  der  Zugstange  Wi  angeschlossenen 
Arms  Xi  soweit  vorgeschoben,  dass  die  Platte  genau  centrisch  auf  dem 
Unterstempel  zu  liegen  kommt.  Die  Bewegung  der  Stange  Wi  erfolgt 
durch  das  auf  der  Betriebs  welle  E  befindliche  Excenter  h  und  den 
Doppelhebel  a^  auf  die  in  Fig.  631  erkennbare  Art  und  Weise.  Befindet 
sich  eine  fertig  geprägte  Münze  auf  dem  Unterstempel,  so  wird  dieselbe, 
wie  leicht  ersichtlich  ist,  bei  dem  Vorschübe  der  Zange  durch  das  vor- 
dere Ende  des  Theils  Si  gleichfalls  vorwärts  auf  die  schiefe  Ebene  fi 
geschoben,  gleitet  auf  derselben  hinab  und  föllt  durch  die  Oeffnung  Z 
in  ein  bereitstehendes  Gefäss.  Wenn  nun  die  Stange  tOi  ihre  Rückwärts- 
bewegung antritt,  so  gleitet  der  Arm  Xi  zunächst  leer  an  dem  Schieber 
ix  hin,  bis  er  gegen  den  Winkel  yi  desselben  anschlägt;  inzwischen  aber 
drückt  der  ebenfalls  an  der  Stange  w^  angeschlossene  Knaggen  o^  den 
an  dem  Zangenhebel  8^  angeschraubten  Arm  rückwärts,  öffnet  dadurch 
die  Zange  und  ermöglicht  solcherweise  den  Rückgang  derselben,  ohne 
dass  die  auf  dem  Stempel  liegende  Münze  wieder  mitgenommen  wird. 
Eine  Feder  hinter  dem  Arme  der  Zange  schliesst  dieselbe  sofort  wieder, 
wenn  die  entgegengesetzte  Bewegung  eintritt.    Am  Ende  der  Stange  t^i 


872  Specielle  Technologie. 

befindet  sich  ein  Handgriff  zu  dem  Zwecke ,   den  richtigen  Gang  des  Zn- 
bringers  vor  dem  Beginne  des  Prägens  TerBnchen  zu  können. 

Endlich  ist  die  Maschine  mit  Einrichtungen  yersehen,  um  eine 
selbstthätige  Ausrückung  zu  bewirken  und  dadurch  einer  Beschädigung 
der  Stempel  vorzubeugen,  falls  entweder  gar  keine  Platte  oder  zwei 
derselben  zugleich  auf  den  Unterstempel  gelangt  sein  sollten. 

An  der  Stange  c^  (Fig.  629,  631,  632),  welche  durch  einen  an  der 
Betriebswelle  befindlichen  Daumen  und  die  Yermittelung  des  Doppel- 
hebels  mit  Feder  d^  bei  jedem  Unigange  der  Maschine  eine  einmalige 
hin-  und  zurückgehende  Bewegung  empfangt,  ist  der  „Fühlhebel^  b^ 
(Fig.  632)  angeschlossen,  welcher  den  Zweck  hat,  zu  untersuchen,  ob 
der  Zubringer  eine  Platte  empfangen  hat  oder  nicht,  indem  er  sich  gegen 
die  Rückseite  des  Zangentheils  S|  legt,  sobald  dieses  vorgeschoben  ist 
Befindet  sich  keine  Platte  innerhalb  der  Zange,  so  kann  der  Fühlhebel 
nunmehr  das  Theil  Si  soweit  einwärts  drücken,  bis  es  gegen  die  mit  vor- 
geschobene Schiene  u^  schlägt,  was  im  andern  FaUe  durch  die  Münzplatte 
verhindert  wird;  dabei  schlägt  der  andere  Arm  des  Fühlhebels  so  weit 
aus,  dass  er  die  Stützfeder  e^  zurückschiebt.  Auf  einem  schmalen  Vor- 
sprunge derselben  ruht  aber  zwischen  der  Gabelfuhrung  /^  (vergleiche 
auch  Fig.  628)  der  Arm  ^s>  welcher  den  Ausrückhebel  h^  (Fig.  627,  628, 
631)  in  seiner  Lage  erhält.  Letzterer  hat  durch  seine  Verbindung  mit 
dem  Gewichte  i^  das  Bestreben,  einwärts  zu  schlagen  und  giebt  diesem 
Bestreben  nach,  sobald  er  durch  das  Senken  des  Arms  ff^  aus  seiner  Lage 
befreit  wird;  es  erfolgt  dadurch  Ausrückung,  wie  sich  aus  Fig.  629  er- 
giebt.  Zu  grösserer  Sicherheit  drückt  noch  ein  mit  dem  Ausrüokhebel 
verbundener  Arm  bei  dieser  Bewegung  desselben  den  in  Fig.  627  ersicht- 
lichen, während  des  Ganges  hochgehaltenen  Sperrhaken  8i  nieder,  so 
dass  er,  in  die  auf  der  Betriebs  welle  befindliche  Sperrsoheibe  jT}  eingrei- 
fend, die  Maschine  sofort  anhält  und  so  ein  blindes  Aufeinanderstossen 
der  Stempel  verhütet. 

Um  in  dem  Falle,  dass  mehr  als  eine  Platte  zugleich  zwischen  die 
Stempel  gelangen  sollte,  eine  Beschädigung  der  letztem  zu  verhüten, 
ist  das  Schwungrad  /  nur  durch  einen  Frictionsring  mit  der  Scheibe  r^ 
verbunden,  welcher  dasselbe  gleiten  lässt,  sobald  der  W^iderstand  zu 
gross  wird. 

Eine  solche  Maschine  liefert  per  Minute  60  bis  70  Münzen  der 
kleinsten  Sorte,  40  bis  45  der  grössten  Sorte  und  erfordert  dazu  einen 
Arbeitsaufwand  im  erstem  Falle  von  V«  Pferdekraft,  im  letztem  von 
Vs  bis  1  Pferdekraft 


Literatur  über  Münzenanfertignng. 

Earmarsch-Hartig,  Mechanische  Technologie,  5.  Auflage,  Seite  547. 
Karmarsch,  Beitrag  zur  Technik  des  Münzwesens,  Hannover  1856. 


StaUschreibfedem. 


873 


6.  F.  An  seil,  The  royal  mint,  itsworking,  condact  and  Operations,  fnlly 
and  practically  explained.    London  1871. 


Anfertigung  der  Stahlschreibfedem. 

Als  Material  für  die  Stahlschreibfedem  dient  Gementstahl,  aus 
welchem  im  Walzwerke  Blechstreifen  von  einer  etwas  geringern  Breite 
als  die  doppelte  Federlänge  und  von  der  Starke,  welche  die  Feder  er- 
halten soll,  hergestellt  werden.  Die  Streifen  werden  geglüht  und  ge- 
langen dann  in  den  Schneidesaal.  In  demselben  sind  eine  Reihe  kleiner 
Dorchstossmaschinen  aufgestellt,  gewöhnlich  von  Mädchen  bedient,  zu 
dem  Zwecke,  aus  dem  Bleche  Plättchen  auszustossen,  welche  zu  den  Fe- 
dern verarbeitet  werden  sollen  und  deshalb  in  ihren  Umrissen  schon  mit 
denen  der  fertigen  Feder  übereinstimmen.  Jeder  Stahlstreifen  giebt 
zwei   Reihen  Plättchen;    um  möglichst    wenig   AbföUe    zu    bekommen, 

werden    die   Reihen    in    der 
^'^'  ®^^-  Weise  wie    es   Fig.    633    in 

natürlicher  Grösse  darstellt, 
angeordnet.  Die  Arbeiterin 
stösst  erst  eine  Reihe  aus, 
indem  sie  das  Blech  gerad- 
linig und  ruckweise  unter  dem 
Stempel  hindurohführt,  dreht 
dann  den  Streifen  und  stösst 
nun  die  andere  Reihe  aus. 
Eine  geübte  Arbeiterin  kann 
auf  diese  Weise  stündlich 
4000  bis  4500  Plättchen  aus- 
stossen,  weniger  geübte  dage« 
gen  liefern  kaum  3000  Stück. 
In  einer  folgenden  Werk- 
statt erhalten  die  Platten  die 
Inschrift  (Firma  etc.).  Ein 
Stempel,  an  dem  Bär  eines 
einfachen  Fallwerks  mit  Fuss- 
betrieb  befestigt,  trägt  die 
Inschrift  verkehrt  und  erha- 
ben und  prägt  dieselbe  dem- 
nach vertieft  den  einzeln  untergelegten  Platten  ein. 

Nun  folgt  als  drittes  Stadium  der  Herstellung  das  Durchstossen  des 
Schlitzes  oder  Lochs  in  der  Mitte  der  Feder,  jedoch  ohne  den  Schreib- 
spalt,  welcher  später   hergestellt  wird.    Man   gebraucht  hierzu  kleine 


874  SpecieUe  Technologie. 

DarchstoosmaBchinen  mit  HandhebeL     Häufig  besiixen  die  Federn  kleine 
Yon    dem    Mittelschlitze   ausgehende  Seiteniqpalten    xnr   Erhöhung    der 

Elaaücität  der  Spitze;  man  stösst  in  diesem  Falle 
^'       '       ^'       '     zunächst  den  Mittelschlitz  nnd  anf  einem  andern 

DurchstoBse  die  Seitenschlitze  ans.  Fig.  634  stellt 
die  Platte  nach  dem  ersten  Durchstossen,  Fig.  635 
die  Platte  mit  Seitenschlitzen  dar. 

Inzwischen  ist  der  Stahl  durch  die  verschie- 
denen mechanischen  Einwirkungen  hart  geworden 
und  bedarf  für  die  weitere  Yerarbeitung  des 
Ausgldhens,  welches  in  eisernen  Töpfen  oder 
Kästen  Torgenommen  wird. 

Die  geglühten  Platten  werden   nunmehr  ge- 
bogen, wodurch  sie  die  rinnenartige  Grestalt  der 
fertigen  Feder  erhalten.    Man  boiutzt  dazu  eine 
Schraubenpresse  mit  couTOzem  Stempel,  welcher 
die  Platte  in  eine  concave  Matrize  eindrückt. 
Die  gebogenen  Federn  müssen«  da  sie  in  dem  weichen  Zustande, 
welcher  f&r  das  Biegen  erforderlich  war,  unbenutzbar  sein  würden,  wieder 
gehärtet  werden.    Man  erhitzt  sie  zu  diesem  Zwecke  au£i  Neue  in  Töpfen 
und  schüttet  sie  dann  in  mit  Thran  gefüllte  Tonnen.     Sie  werden  hier- 
durch glashart  und  spröde.    Um  sie  Yon  anhaftendem  Thrane  zu  reinigen, 
lässt  man  sie  in  einer  rotirenden  Tronunel  mit  Sägespänen  umlaufen; 
dann  werden  sie  getempert,  indem  man  sie  in  einer  eisernen  Trommel 
unter  stetem  Drehen  über  einem  Kohlenfeuer  bis  zur  gelben  oder  blauen 
Anlauflarbe  —  je  nachdem  sie  härter  oder  weniger  hart  bleiben  sollen  — 
erhitzt. 

Auf  das  Anlassen  folgt  das  Scheuem.  Man  bringt  sie  wiederum  in 
eine  Trommel  und  lässt  sie  mit  zerstoesenen  Schmelztiegelscherben  so 
lange  umlaufen,  bis  ihre  Oberfläche  blank  geworden  und  die  Anlauffarbe 
verschwunden  ist 

Yon  hier  gelangen  die  Plättchen  in  den  Schleifsaal,  um  zweimal 
geschliffen  zu  werden.  Man  gebraucht  dazu  kreisförmige,  Ton  Maschinen- 
kraft bewegte  Schlei&cheiben  (Schmirgelscheiben)  mit  grosser  Umfangs- 
geschwindigkeit. Zunächst  werden  sie  in  der  Längenrichtung  von  der 
Spitze  bis  zu  dem  Loche  in  der  Mitte  auf  einer  Scheibe  mit  etwas  con- 
cayem  Rande,  dann  querüber  etwas  oberhalb  der  Spitze  auf  einer  flach- 
randigen  Scheibe  geschliffen.  Ein  augenblickliches  Anhalten  an  den  Stein 
genügt,  den  Schliff  hervorzubringen,  welcher  hauptsächlich  den  Zweck 
hat,  durch  eine  geringe  Querschnittsverdünnung  die  Feder  elastischer 
zu  machen. 

Sollen  die  Federn  mit  gelber  oder  blauer  Anlauffarbe  in  den  Handel 
kommen,  so  wird  das  Anlassen  derselben  nicht  vor  dem  Scheuem  und 
Schleifen,  sondern  nachher  vorgenommen,  so  dass  sie  ihre  Anlanffarbe 
behalten. 


Stecknadeln.  875 

Schliesslich,  im  Spaltsaale,  erhält  die  Feder  mit  Hilfe  einer  kleinen 
Ton  Hand  bewegten  Parallelscheere  den  Hauptspalt  in  der  Länge  des 
Schnabels,  durch  welchen  sie  erst  zur  Benutzung  geeignet  wird. 

Die  in  ihrer  Form  fertigen  Federn  werden  nun  im  Sortirsaale  ge- 
prüft, indem  man  jede  einzelne  mit  der  Spitze  auf  ein  Stück  Elfenbein 
drückt  und  so  ihre  Güte  ermittelt.  Die  fehlerhaften  werden  ausgemerzt, 
die  guten  in  Kästen  verpackt. 

Sollen  die  Federn  unter  dem  Namen  Goldfedern,  Compositionsfedem 
und  dergleichen  verkauft  werden,  so  giebt  man  ihnen  auf  galvanischem 
Wege  oder  durch  einfaches  Bestreichen  mit  einer  geeigneten  Lösung 
einen  schwachen  Ueberzug  des  betreffenden  Metalls  und  überzieht  sie 
mit  einer  schwachen  Schellacklösung  in  Weingeist,  um  sie  vor  dem 
Rosten  zu  bewahren. 


Anfertigung  der  Stecknadeln. 

Man  gebraucht  für  dieselben  zwei  Sorten  Messingdraht;  einen  etwas 
starkern  zum  Schafte,  einen  etwas  dünnem  zum  Kopfe  der  Nadel.  Eisen- 
draht wird  nur  fOr  diejenigen  Nadeln  angewendet,  welche  einen  schwarzen 
Ueberzug  erhalten  (Trauemadeln). 

Der  Messingdraht  zu  den  Schäften  muss  hart  und  steif  sein,  daher 
mehrmals  ohne  Ausglühen  gezogen  werden. 

Um  diesen  in  Ringform  angelieferten  Draht  zu  richten,  zieht  man 
ihn  zwischen  fünf  bis  sieben  eisernen  auf  einem  Brette  (dem  „  Richt- 
holze ^)  in  zwei  Reihen  eingeschlagenen  Stiften  hindurch,  welche  ebenso 
angeordnet  sind  als  die  Rollen  zum  Richten  des  Eisendrahts  bei  der 
auf  Seite  849  abgebildeten  Drahtstiftmaschine.  Ein  Richtholz  pflegt 
mehrere  solcher  Stiftreihen  in  verschiedenen  Abständen  zu  enthalten, 
wie  es  der  verschiedenen  Drahtstärke  entspricht. 

Während  der  Draht  aus  dem  Richtholze  hervorkommt,  theilt  man 
ihn  durch  Abkneifen  mit  der  Zangd  in  Enden  von  5  bis  7  m  Länge. 
Aus  diesen  schneidet  man  nun  „Schafte*'  (auch  „Schachte"  genannt)  von 
der  doppelten  Nadellänge.  Man  gebraucht  dazu  eine  Stockscheere 
(Fig.  444  oder  445  auf  Seite  571  und  572)  und  ein  „SohaftmodeU**,  d.  h. 
eine  halbcylindrische  Rinne  aus  Holz  oder  Eisenblech  mit  einem  (ge- 
wöhnlich verstellbaren)  Querstücke  in  solchem  Abstände  vom  Rande  als 
die  Schaftlänge  werden  soll.  Man  legt  eine  grössere  Anzahl  Drahtstücke 
hinein,  so  dass  ihre  Enden  gegen  die  Querleiste  stossen  und  schneidet 
sie  vom  am  Rande  ab.  Ein  Arbeiter  kann  auf  diese  Weise  stündlich 
30  000  bis  50  000  Schafte  liefern. 

Die  beiden  Enden  der  geschnittenen  Schafte  werden  nun  durch 
Anschleifen  zugespitzt.  Das  schleifende  Werkzeug,  „Spitzring*'  genannt, 
besteht  aus  einem  Stahlringe  von  80  bis  100  mm  Durchmesser,  50  bis 
60mm  Breite,  dessen  Aussenfläche  feilenartig  aufgehauen  ist,  auf  einer 


876  Specielle  Technologie. 

Holzscheibe  mit  horizontaler  Achse  befestigt  and  mit  derselben  nach 
Art  eines  Schleifsteins  mit  grosser  Geschwindigkeit  gedreht.  Wirkliche 
Schleifsteine  sind  für  Messingnadeln  nicht  zn  gebrauchen.  Die  Bewe- 
gung des  Spitzrings  kann  dnrch  den  Schleifer  selbst  in  bekannter  Weise 
durch  Schnurrolle  mit  Schnurscheibe,  Kurbel  und  Trittbrett  bewirkt 
werden.  Der  vor  dem  Spitzringe  sitzende  Arbeiter  fasst  gleichzeitig 
20  bis  40  Schafbe  zwischen  die  Finger  der  linken  Hand,  so  dass  sie  in 
einer  Ebene  ausgebreitet  liegen  und  rollt  sie,  während  er  die  Spitzen 
anschleift,  mit  Hilfe  des  rechten  Daumens  um  ihre  Achse.  Stündlich 
können  circa  3500  Schafte  an  beiden  Enden  zugespitzt  werden.  In  Fa- 
briken, wo  eine  grosse  Menge  Nadeln  angespitzt  werden,  wirkt  der 
umherfliegende  Messingstaub  nachtheilig  auf  die  Gesundheit  der  in  dem 
Schleiflocale  sich  aufhaltenden  Arbeiter,  wenn  man  nicht  für  kräftige 
Yentitation  rings  um  den  Schleifapparat  her  sorgt. 

Die  zugespitzten  Schafte  werden  nunmehr  in  der  Mitte  durchgetheilt 
(wozu  wiederum  die  Scheere  und  das  Schaftmodell  benutzt  wird)  und 
sind  alsdann  zum  Aufbringen  der  Köpfe  fertig. 

Diese  werden  aus  dem  schwächern  Messingdrahte  in  folgender 
Weise  gefertigt. 

An  das  hakenförmig  gebogene  Ende  einer  horizontalen  eisernen,  in 
zwei  Lagern  ruhenden  und  durch  Schnurrolle  mit  Schnurscheibe  in 
rasche  Umdrehung  versetzten  Spindel  (des  „Knopfrads")  wird  das  zn 
einer  Schlinge  umgebogene  Ende  eines  Messingdrahts  („Knopfspindel* 
genannt)  von  der  Stärke,  welche  die  Schafte  der  herzustellenden  Nadeln 
besitzen,  angehängt  und  empfängt  somit  die  gleiche  Umdrehung  als  die 
Spindel  des  Knopfrads.  Damit  sie  hierbei  horizontal  liege,  ruht  sie 
zwischen  zwei  eisernen  Stiftchen  auf  der  Stirnseite  eines  etwa  25  mm 
starken  Stäbchens  aus  hartem  Holze  (des  „  Knopf holzes*'),  welches  tod 
Hand  geführt  wird;  oder  wird  einfacher  zwischen  einem  zusammenge- 
legten Stücke  Leder  durch  die  Hand  des  Arbeiters  gestützt.  An  dieser 
Knopfspindel  wird  nun  das  Ende  des  zu  den  Nadelköpfen  bestimmten 
Drahts  befestigt,  so  dass  sich  derselbe  bei  der  Drehung  der  Spindel 
schraubenförmig  auf  jener  aufwickeln  muss«  Damit  hierbei  die  Win- 
dungen dicht  an  einander  liegen,  führt  man  entweder  den  Knopfdrabt 
durch  zwei,  ebenfalls  auf  dem  Knopf  holze  seitlich  von  den  erwähnten 
Stiftchen  angebrachten  Oehrchen  und  bewegt  nun  das  Knopfholz  langsam 
der  Spindel  entlang,  oder,  wenn  ein  Knopf  holz  nicht  angewendet  wiHi 
führt  man  ihn  allein  durch  die  Hand,  welche,  durch  das  erwähnte 
Lederstück  geschützt,  die  Knopfspindel  hält.  Der  Knopfdraht  beüodit 
sich  hierbei  auf  einem  Haspel  und  wickelt  sich  langsam  Yon  demsellies 
ab.    Diese  Arbeit  heisst  das  „Spinnen". 

Der  gesponnene  Draht  wird  von  der  Spindel  abgezogen  und  nun- 
mehr mit  einer  Blockscheere  in  einzelne  Stückchen  zerschnitten,  deren 
jedes  genau  zwei  Windungen  des  Drahts  enthält;  man  zerschneidet  durch 
einen  einzigen  Schnitt  mehrere  (4  bis  6)  der  Drahtspiralen  zugleich  ncd 


Stecknadeln.  877 

kann  per  Stunde  circa  30  000  Stückchen  herstellen.  Diese  Stackchen 
dienen  zur  Bildung  der  Steckuadelköpfe.  Zuvor  aber  werden  sie  in 
einem  eisernen  Löffel  geglüht,  um  recht  weich  zu  werden  und  mit  ver- 
dünnter Säure  wieder  blank  gebeizt.  Zur  Befestigung  derselben  auf  dem 
Ende  des  Schafts  dient  ein  Fallwerk  (Wippe)  mit  Fussbetrieb.  Eine 
eiserne  mit  einer  Kugel  beschwerte,  im  Ganzen  etwa  5  bis  7  kg  schwere 
Eisenstange,  durch  einen  Hebel  gehoben,  bildet  den  Bär  und  trägt  am 
unteren  Ende  den  kleinen  Stahlstempel  mit  der  etwa  10  mm  im  Quadrate 
grossen  Bahn,  auf  welcher  ein  halbkugelförmiges  Grübchen  in  der  Grösse 
eines  halben  Nadelknopfs  eingearbeitet  ist.  Der  dazu  gehörige  Unter- 
stempel enthält  ein  eben  solches  Grübchen  und  eine  schmale,  nach  aussen 
mündende  Rinne,  in  welcher  der  Schaft  der  Nadel  zu  liegen  kommt, 
während  die  Spitze  desselben  aussen  mit  den  Fingern  festgehalten  wird. 

Der  vor  der  Wippe  sitzende  Arbeiter  hat  die  Köpfe  in  einem  Käst- 
chen zur  Rechten  stehen,  daneben  die  Schafte.  Mit  der  einen  Hand 
spiesst  er  einen  Kopf  auf  einen  der  Schafte,  schiebt  ihn  bis  ans  Ende 
desselben  und  bringt  ihn  mit  der  andern  Hand  unter  die  Wippe.  Durch 
vier  bis  sieben  rasche  Schläge  derselben,  zwischen  denen  die  Nadel  stets 
gedreht  wird ,  ist  der  Kopf  fertig  ausgebildet  und  auf  dem  Schafte  voll- 
ständig fest.  Während  des  Anköpfens  wird  mit  der  andern  Hand  schon 
wieder  ein  neuer  Kopf  aufgespiesst,  so  dass  die  Arbeit  ununterbrochen 
fortgeht  und  ein  Arbeiter  stündlich  1000  bis  1200  Nadeln  anzuköpfen 
im  Stande  ist.  Der  Grat,  welcher  beim  Schneiden  der  Schafte  am  E^de 
derselben  sich  bildet,  sowie  eine  schwache  Stauchung  des  Metalls  nach 
dem  Kopfe  zu,  welche  beim  Prägen  entsteht,  erleichtern  erheblich  das 
Festsitzen  des  Kopfs. 

In  englischen  Stecknadelfabriken  bildet  man  den  Kopf  nicht  aus 
einem  besondern  Ringe,  wie  soeben  beschrieben  wurde,  sondern  durch 
Stauchung  des  Schaftendes  auf  einer  Maschine,  also  in  ganz  ähnlicher 
Weise  als  bei  dem  oben  beschriebenen  Anköpfen  der  Drahtstifte.  Alle 
vorausgehenden  Arbeiten  —  das  Richten,  Zuspitzen  und  Schneiden  — 
werden  übrigens  ganz  ebenso,  als  soeben  erläutert  wurde,  ausgeführt. 
Statt  des  kugelförmigen  Kopfs  unserer  Nadeln,  welcher  die  Windung 
des  Drahts,  aus  welchem  er  gefertigt  wurde,  noch  erkennen  lässt,  besitzen 
jene  einen  flachen,  linsenförmigen  Kopf  als  deutliches  Kennzeichen  ihrer 
Abstammung. 

Die  in  der  Form  fertigen  Stecknadeln  werden  nunmehr  in  Weinstein- 
lösung gebeizt  Tind,  wenn  sie  weiss  werden  sollen,  durch  Kochen  in 
Weinsteinlösung  mit  gekörntem  Zinn  weissgesotten.  Nach  dem  Beizen 
oder  Weisssieden  werden  sie  mit  Wasser  abgespült,  in  Sägespänen  ge- 
trocknet und  in  einer  umlaufenden  Trommel  mit  Kleie  polirt.  Die 
Kleie  wird  schliesslich  durch  Absieben  entfernt. 


878  Specielle  Technologie. 


Anfertigung  der  Nähnadeln. 

Man  benatzt  Stahldraht,  welcher  von  den  Drahtziehereien  in  Form 
von  Ringen  angeliefert  wird.  In  der  Nähnadelfabrik  wird  ein  solcher 
Ring  zunächst  auf  eine  grosse  Trommel  (circa  1,5  m  Dnrchmesser)  auf- 
gewickelt, so  dass  in  solcher  Weise  ein  grösserer  Ring  von  ungefähr 
100  Windungen ''entsteht,  welchen  man  an  zwei  gegenüberliegenden 
Stellen  mit  der  Scheere  durchschneidet,  ihn  solcherweise  in  zwei  Draht- 
bündel, jedes  ungefähr  2,5  m  lang,  zertheilend. 

Diese  Drähte  zerschneidet  man  in  „ Schafte **  oder  ,, Schachte*  von 
der  doppelten  Nadellänge.  Man  benutzt  zum  Zerschneiden  dieselbe 
Scheere,  welche  zum  Zertheilen  des  Rings  gedient  hatte  (Blockscheere, 
bisweilen  Maschineu scheere),  und  ein  Schaftmodell  von  derselben  Ein- 
richtung als  für  Anfertigung  von  Stecknadeln:  eine  halbcylindriscbe 
Rinne  oder  Büchse,  deren  Boden  in  solchem  Abstände  vom  Rande  sieb 
befindet  als  die  Nadeln  lang  werden  sollen.  Das  ganze  Drahtbüschel 
wird  mit  einem  einzigen  Schnitte  getheilt,  so  dass  ein  Arbeiter  pro 
Minute  600  bis  700  Schafte  zu  liefern  im  Stande  ist. 

Die  geschnittenen  Schafte  werden  nunmehr  gerichtet.  Man  steckt 
zu  diesem  Ende  circa  10  000  Stück  gemeinschaftlich  und  dicht  zusammen 
in  zwei  eiserne  Ringe,  glüht  das  so  gebildete  Bündel  im  Holzkohlenfeuer, 
um  es  recht  weich  zu  machen,  legt  es  auf  eine  gusseiserne  gehobelte 
flache  Platte  mit  zwei  parallel  laufenden  Einschnitten  fiir  die  Ringe, 
legt  eine  zweite,  gleichfalls  mit  Einschnitten  für  die  Ringe  versehene 
und  gehobelte,  aber  schmalere  Platte  darauf,  welche  an  zwei  Seiten  Hand- 
haben trägt,  und  schiebt  nun  die  letztere  mehrere  Male  hin  und  her, 
dadurch  das  Drahtbündel  in  rollende  Bewegung  versetzend.  Die  Drähte 
nehmen  hierbei  nicht  allein  geradlinige  Form  an,  sondern  verlieren  auch 
den  grössten  Theil  ihres  Glühspans. 

Es  folgt  nun  das  „Zuspitzen"  oder  Schleifen  der  beiden  Enden  der 
Schafte  auf  Schleifsteinen.  Die  Manipulation  hierbei  ist  derjenigen  beim 
Zuspitzen  der  Stecknadelschafte  sehr  ähnlich;  statt  des  stählernen  Spitz- 
rings für  die  Messingdrähte  dienen  hier  aus  hartem  Sandsteine  gefertigte 
circa  125  mm  breite  Schleifsteine  verschiedener  Durchmesser,  von  einer 
durch  Elementarkrafb  getriebenen  Transmissionswelle  aus  mit  oft  unge- 
heurer Umfangsgeschwindigkeit  (bis  zu  45  m  per  Secunde)  bewegt, 
(Demnach  machen  Steine  von  750  mm  Durchmesser  1000  bis  1200,  von 
150  mm  Durchmesser  bis  4000  Umdrehungen  per  Minute.)  Das  Schleifen 
geschieht  trocken,  um  die  Nadeln  vor  Rost  zu  schützen,  und  die  I^ufl 
des  Arbeitslocals  ist  daher  mit  schädlich  für  die  Lungen  der  Arbeiter 
wirkendem  Schleifstaube  erfüllt,  wenn  nicht  für  genügende  Ventilation 
gesorgt  ist.  Zugleich  müssen  aber  Vorkehrungen  getroffen  werden ,  um 
beim  Zerspringen  eines  Steins  in  Folge  der  Centrifhgalkrafl  die  Arbeiter 


Nähnadeln.  879 

und  das  Local  vor  Beschädigung  zu  schützen.  Zur  Erreichung  beider 
Zwecke  zugleich  umschliesst  man  den  Stein  mit  eiaem  Kasten  aus  dickem 
Eisenblech,  welcher  nur  eine  kleine  Oeffnung  für  das  Aufhalten  der 
Schafte  frei  lässt,  an  der  Rückseite  des  Steins  aber  durch  einen  Canal 
mit  einem  für  mehrere  Schleifsteine  gemeinschaftlichen  Schornsteine  in 
Verbindung  steht.  Der  Luftzug,  welchen  die  rasche  Bewegung  des 
Steins  hervorruft «  treibt  den  Schleifstaub  durch  den  Kasten  in  den 
Schornstein  und  erhält  dadurch  die  Luft  in  dem  Arbeitsiocale  rein.  Ein 
Arbeiter  kann  täglich  bis  zu  100  000  Nadeln  anspitzen  (von  gröberen 
Sorten  weniger),  indem  er  wie  bei  dem  Schleifen  der  Stecknadeln  eine 
grössere  Zahl  davon  gleichzeitig  erfasst  und  unter  stetem  Drehen  in  un- 
glaublich kurzer  Zeit  schleift.  Trotz  dieser  grossen  Leistung  hat  man  in 
mehreren  Fabriken  das  Zuspitzen  von  Hand  durch  Anwendung  einer 
Schleifmaschine  (Spitzmaschine)  entbehrlich  gemacht,  bei  welcher  die 
Nadeln  zwischen  einer  in  langsamer  Umdrehung  befindlichen,  mit  Kaut- 
schuk bekleideten  Scheibe  und  einer  ebenfaUs  mit  Kautschuk  bekleideten 
Fläche  (Bahn)  langsam  eine  hinter  der  andern  fortgerollt  werden,  wäh- 
rend ihre  vorstehenden  Spitzen  auf  dem  davor  befindlichen  Schleifsteine 
schleifen.  Abbildungen  einer  solchen  Maschine,  welche  pro  Stunde 
30  000  Nadeln  zuspitzt,  finden  sich  im  polytechnischen  Gentralblatte 
Jahrgang  1863,  Seite  839. 

Die  zugespitzten  Schafte  werden  nun  zunächst  in  der  Mitte  ihrer 
Länge,  da  wo  die  Oehre  (Augen)  der  beiden  aus  jedem  Schafte  entste- 
henden Nadeln  zu  sitzen  kommen,  etwas  blank  geschliffen  ^)  und  kom- 
men dann  zu  einem  kleinen  Fall  werke,  wo  mit  Hilfe  geeignet  geformter 
Stempel  der  mittlere  geschlifiene  Theil  etwas  breit  geschlagen  wird  und 
die  Schafte  zugleich  die  Umrisse  der  beiden  Nadelöhre  sowie  der  von 
diesen  ausgehenden  Furchen  oder  „Fuhren''  (welche  den  Zweck  haben, 
das  Einfädeln  und  Durchstecken  der  eingefädelten  Nadel  durch  den  Stoff 
zu  erleichtem)  erhalten  (Prägen  oder  Stanzen  der  Schafte).  Selbstver- 
ständlich entsteht  hierbei  ein  Crrat  oder  „Bart**  seitlich  von  den  beiden 
Oehren,  so  dass  der  Schaft  in  der  Form,  wie  er  in  Fig.  636  abgebildet 

Fig.  636. 


ist,  aus  dem  Prägwerke  hervorgeht^).    Ein  Arbeiter  prägt  täglich  circa 
12  000  Schafte. 


^)  Das  Schleifen  geschieht  von  Hand  oder  auf  der  sogenannten  Mitten- 
Schleifmaschine.  Käheres  üher  Einrichtung  derselhen  in  Dingler' s  polyt. 
Journal,  Bd.  217,  6.  280. 

^)  Ueher  Anwendung  und  Constraction  sogenannter  Stampfinaschinen  statt 
der  Fallwerke,  ähnlich  den  Drahtstiftmaschinen  construirt:  D  in  gl  er 's  Jour- 
nal, Bd.  217,  S.  280. 


880  Specielle  Technologie. 

An  das  Prägen  reiht  sich  das  Dorchstossen  der  Gehre.  Beide  Oehre 
werden  gleichzeitig  auf  einer  kleinen  Durchstossmaschine  mit  Schraube 
oder  Hebel,  yon  Hand  oder  dnrch  Elementarkraft  bewegt,  yermittelst 
zweier  paralleler  Stiftchen  an  dem  Stempel  nnd  zweier  Löcher  in  der 
Matrize  dnrchgestossen,  wobei  taglich  durch  eine  Person  15  000  Schafte 
gelocht  werden  können. 

Von  den  geöhrten  Schäften  werden  jetzt  circa  100  Stück  auf  zwei 
dnrch  die  Oehre  hindarcbgesteckte  Stahldrähte  gezogen,  auf  ein  festge- 
stopfbes  Kissen  oder  ein  Brett  gelegt  and  durch  zwei  darüber  gespannte 
Eisenschienen,  welche  den  mittleren  Theil  mit  den  Oehren  frei  lassen, 
festgeklemmt.  Die  Stelle,  wo  der  Bart  sich  gebildet  hatte,  wird  dadurch 
ein  wenig  nach  oben  gebogen,  und  es  ist  nun  leicht,  mit  Hilfe  einer 
flachen  Feile  oder  durch  Schleifen  auf  einem  rotirenden  Schleifsteine 
sämmtliche  Barte  der  eingespannten  Schafte  mit  einem  Male  abzunehmen 
und  zugleich  einen  kleinen  Einschnitt  in  der  Mitte  zwischen  beiden 
Oehren  des  Schafts  hervorzubringen.  Dann  wird  das  Bündel  gewendet 
und  dieselbe  Arbeit  auf  der  andern  Seite  wiederholt.  Ist  dieselbe  voll- 
endet, so  erfasst  der  Arbeiter  die  Schäfte,  während  sie  noch  auf  den 
Drähten  stecken,  mit  zwei  breiten  Feilkloben  .oder  auch  nur  mit  den 
Händen,  biegt  sie  einige  Male  hin  und  her  und  bricht  sie  dadurch  in 
der  Mitte  von  einander.  Die  hierdurch  entstandenen  Nadeln  werden 
alsdann  in  der  ganzen  auf  dem  Drahte  befindlichen  Reihe  in  einen 
Schraubstock  oder  Feilkloben  gespannt  und  an  den  Köpfen  rund  gefeilt 
oder  geschliffen.  Um  die  Bruchstelle  zu  glätten. 

Während  dieser  Arbeiten  haben  sich  die  Nadeln  bisweilen  krumm 
gezogen;  man  prüft  sie  durch  Hin-  und  Herrollen  zwischen  Daumen  und 
Zeigefinger  und  richtet  die  krumm  gewordenen  durch  Schläge  mit  einem 
kleinen  Hammer« 

Nun  folgt  das  Härten  der  noch  weichen  Nadeln.  Man  erhitzt  in 
einer  eisernen  Mulde  eine  grössere  Anzahl  gemeinschaftlich  bis  zum 
Rothglühen  und  schüttet  sie  in  ein  Gefäss  mit  Rüböl.  Sie  werden  dann 
gesammelt,  durch  Erhitzen  bis  zur  gelben  oder  violetten  Farbe  ange- 
lassen, in  Wasser  abgekühlt  und  in  Sägespänen  oder  Kleie  getrocknet. 

Um  die  Erkennung  der  Anlauffarben  zu  erleichtern,  befreit  man  in 
einigen  Fabriken  die  glasharten  Nadeln  vor  dem  Anlassen  von  Zander, 
indem  man  sie  zu  einem  wurstähnlichen  Ballen  in  Leinwand  zusammen- 
packt, in  Wasser  taucht  und  unter  einem  Brette  hin-  und  herrolli. 

Die  folgende  Arbeit  heisst  das  „Schauern^  oder  „Scheuern*'.  Man 
packt  wieder  eine  grosse  Anzahl  Nadeln  mit  scharfem  Sande  oder  auch 
Schmirgel  und  Oel  zu  einem  länglichen  Ballen  von  circa  100  mm  Durch- 
messer zusammen  und  lässt  mehrere  solcher  Ballen  gleichzeitig  12  bis 
18  Stunden  lang  zwischen  zwei  Tafeln  (wie  bei  einer  Wäschmangel)  hin- 
und  herrollen.  Die  Bewegung  dieser  sogenannten  Soheuermühle  wird 
durch  Handarbeit  oder  auch  durch  Maschinenkraft  bewirkt.  Nach  Ver- 
lauf der  genannten  Zeit  werden  die  Bündel  aus  einander  gepackt,  aber- 


Nähnadeln.  881 

mals  mit  Oel  und  Sand  (Schmirgel,  Kolkothar,  Zinnasche)  geschichtet 
mid  daBselhe  Verfahren  wiederholt;  bisweilen  acht  bis  zehn  Male,  mit 
immer  feinerm  Schleifmateriale,  bis  sie  glänzend  polirt  erscheinen. 
Schliesslich  behandelt  man  die  Nadeln  zu  ihrer  Reinigung  mit  Seifen- 
wasser  und  trocknet  sie  mit  Sägespänen. 

Bei  dem  Schauern  und  Poliren  befinden  sich  Nadeln  yerschiedener 
Grösse  in  einem  gemeinschaftlichen  Ballen.  Um  dieselben  nach  dem 
Trocknen  zu  sortiren,  zugleich  auch,  um  diejenigen  Nadeln  auszumerzen, 
deren  Spitzen  etwa  beim  Schauern  abgebrochen  waren,  schüttelt  man 
sie  zunächst  in  einer  hölzernen  Mulde,  um  sie  parallel  zu  legen.  Als- 
dann müssen  alle  Spitzen  nach  einer  und  derselben  Richtung  gekehrt 
werden.  Ein  Mädchen  oder  Kind  breitet  die  Nadeln  auf  dem  Tische  vor 
sich  aus  und  fahrt  mit  den  Zeigefingern  darüber  hin,  wobei  die  dickeren 
Köpfe  nach  aussen  gedrückt  werden,  so  dass  sämmtliche  Nadeln  sich  in 
zwei  Abtheilungen  sondern;  oder  man  hält  eine  Anzahl  Nadeln  in  der 
linken  Hand  fest  und  drückt  den  mit  einei*  dicken  Tuchkappe  beklei- 
deten Zeigefinger  gegen  die  Nadelenden,  wobei  die  Spitzen  in  die  Kappe 
eindringen  und  hängen  bleiben,  so  dass  diese  Nadeln  nunmehr  leicht  von 
den  umgekehrt  liegenden  entfernt  werden  können.  Das  Sortiren  in  ein- 
zelne Längen  bietet  nun  weiter  keine  Schwierigkeit. 

Die  Köpfe  der  Nadeln,  welche  bei  zu  grosser  Sprödigkeit  wegen  des 
geschwächten  Querschnitts  an  dem  Oehre  am  leichtesten  dem  Abbrechen 
ausgesetzt  sind,  werden  nunmehr,  um  sie  noch  geschmeidiger  zu  machen, 
einem  fernem  Anlassen  bis  zur  blauen  Farbe  („Blaumachen'')  unter- 
worfen. J)iese  Arbeit  lässt  sich  in  verschiedener  Weise  ausführen.  Eine 
breite  Zange  dient  dazu,  eine  grössere  Anzahl  Nadeln  mit  einem  Male 
zu  erfassen,  und  mit  Hilfe  eines  glühenden  Eisens  werden  die  Köpfe  bis 
zur  blauen  Farbe  erhitzt;  oder  man  benutzt  eine  entsprechend  regulirte 
Gasflamme,  welche  die  von  einer  rotirenden  Scheibe  aufgenommenen 
Nadeln  einzeln  erhitzt  (Blaumachmaschine). 

In  Folge  der  bekannten  Vorgänge  in  dem  Materialquerschnitte  beim 
Durchstossen  mit  dem  Lochstempel  ist  das  Oehr  der  Nadel  im  Innern 
etwas  rauh,  scharfkantig  und  macht  eine  Nacharbeit  erforderlich,  um  die 
Gefahr  einer  Beschädigung  des  Fadens  zu  vermeiden.  Diese  an  das 
Blaumachen  sich  anreihende  Arbeit,  welche  man  das  „Versenken*'  nennt, 
wird  mit  einer  kleinen  spitzigen  Reibahle  ausgeführt,  welche  an  der 
Spindel  einer  kleinen  rasch  umlaufenden  Drehbank  befestigt  ist.  Zur 
Beschleunigung  der  Arbeit  wird  eine  Anzahl  von  100  bis  200  Nadeln 
gleichzeitig  mit  einem  breiten  Feilkloben  erfasst,  nachdem  ihre  Oehre 
alle  nach  derselben  Richtung  gekehrt  sind;  dann  wird  eine  Nadel  nach 
der  andern  von  beiden  Seiten  her  nachgebohrt.  Manche  Fabriken  lassen 
auf  dieses  Ausbohren  noch  ein  Poliren  des  Oehrs  mit  einem  Schmirgel- 
stäbchen folgen. 

Nun  gelangen  die  Nadeln  zu  einem  walzenförmigen  Schleifsteine 
aus  feinem  Schmirgel  von  etwa  50  mm  Durchmesser,  200  mm  Breite  und 

Ladebar,  mechanlich-metallargiiohe  Technologie.  ^ 


882  Specielle  Technologie. 

Verden  hier  an  den  Köpfen  nachgeschliffen,  um  die  hlane  Farbe  zn  ent- 
fernen („Abblänen"),  so  da&s  dieselbe  an  den  fertigen  Nadeln  nur  noch 
in  der  Tiefe  der  Fnrche  sichtbar  bleibt;  zugleich  werden  hier  die  Spitzen 
nachgeschliffen,  falls  dieselben  bei  den  vorausgegangenen  Arbeiten 
stumpf  geworden  sein  sollten. 

Als  letzte  Arbeit  folgt  endlich  ein  abermaliges  Poliren  der  Nadeln, 
und  zwar  bedient  man  sich  hierbei  einer  Lederscheibe  mit  feinstem 
Schmirgel.  Sowohl  beim  Abbläuen  als  beim  Poliren  erfasst  man  in  der- 
selben Weise  als  beim  Anspitzen  eine  grosse  Zahl  Nadeln  mit  der  Hand 
und  bearbeitet  sie  gemeinschaftlich;  da  das  Poliren  aber  in  der  ganzen 
Länge  der  Nadeln  zu  geschehen  hat,  so  müssen  sie,  wenn  die  Spitzen 
polirt  sind,  gewendet  werden,  um  die  Arbeit  auch  an  der  Kopfseite  za 
erleiden. 

Die  Nadeln  werden  dann  abgezählt  und  verpackt.  Zum  Abzählen 
dient  ein  eisernes  Lineal  mit  25  oder  100  Qnerfurchen  auf  einer  Seite, 
in  deren  jeder  eine  einzige  Nadel  Platz  findet.  Indem  man  mit  einer 
Anzahl  zwischen  Daumen  und  Zeigefinger  erfasster  Nadeln  über  das 
Lineal  hin  wegstreicht,  bleibt  in  jeder  Furche  eine  liegen,  so  dass  rasch 
genau  so  viele  beisammen  sind,  als  das  Lineal  Furchen  zählt  ^). 

Wie  man  sieht,  ist  die  Anzahl  der  Arbeiten,  aus  deren  Aufeinander- 
folge die  fertige  Nähnadel  hervorgeht,  eine  so  grosse,  wie  bei  wenigen 
anderen  aus  Metallen  gefertigten  Gebrauchsgegenständen.  Kar  marsch 
berechnet,  dass  die  Nähnadel  zu  ihrer  gänzlichen  Vollendung  circa 
hundert  Male  durch  die  Hand  gehen  muss.  Vergleicht  man  damit  den 
billigen  Preis,  um  welchen  eine  Nähnadel  im  Handel  zu  haben  ist,  so 
erhält  man  ein  lehrreiches  Beispiel,  wie  durch  eine  im  grossen  Maassstabe 
durchgeführte  Theilung  der  Arbeit,  welche  freilich  in  solcher  Weise  nur 
bei  einem  so  massenhaften  Verbrauche  als  den^'enigen  der  Nähnadeln 
möglich  ist,  die  Erzeugungskosten  eines  Gegenstandes  sich  verringern; 
denn  indem  derselbe  Arbeiter  ununterbrochen  wiederkehrend  eine  und 
dieselbe  Verrichtung  ausführt,  spart  er  nicht  allein  diejenige  Zeit,  welche 
bei  weniger  streng  durchgefQhrter  ArbeitstheDung  auf  das  Ergreifen, 
Weglegen  etc.  der  Geräthe  und  Arbeitsstücke  verwendet  wird,  sondern 
er  erlangt  auch  durch  die  stete  Wiederholung  derselben  Manipulation 
eine  Fertigkeit  in  derselben,  welche  seine  Leistungen  in  überraschender 
Weise  steigert.  Fast  alle  bei  der  Nähnadelfabrikation  vorkommenden 
Arbeiten,  das  Schneiden,  Schleifen,  Stanzen  u.  s.  w.,  deren  —  dem  Laien 
fast  unglaublich  rasche  —  Durchftkhrung  oben  theil  weise  durch  Angabe 
der  pro  Zeiteinheit  gelieferten  Stückzahl  illustrirt  wurde,  geben  hierfür 
ein  anschauliches  Bild. 


^)  üeber   ein  ZähUineal    mit  selbstthätiger  Entieemng    vergleiche  Ding- 
1er* 8  polyt.  Journal,  Bd.  217,  8.  284. 


!  Schlösser  und  Schlüssel.  883 

i 

i  • 

Die  Schlösser  und  die  SehlüsseL 

I 

Bei  den  Schlössern  sind  weniger  die  Eigenthümlichkeiten  der  —  im 
I  Allgemeinen  einfachen  —  Anfertigung,    als  vielmehr  ihre  Wichtigkeit, 

ihre  alltägliche  Benutzung  und  ihre  sinnreiche  Einrichtung  die  Veran- 
lassung, auch  sie  in  die  Besprechungen  der  speciellen  Technologie  auf- 
zunehmen; um  so  mehr,  da  in  den  sonstigen  technischen  Wissenschaften 
kaum  sich  Gelegenheit  finden  dürfte,  die  innere  Einrichtung  derselben 
zu  erörtern.  Hat  doch  in  Rücksicht  auf  die  Wichtigkeit  der  Schlösser 
ein  ganzes  vielverzweigtes  Handwerk  —  die  Schlosserei  —  den  Namen 
von  dem  Fabrikate  entlehnt  und  beibehalten,  obschon  in  jetziger  Zeit 
die  Anfertigung  und  Reparatur  der  Schlösser  eine  ziemlich  untergeordnete 
Rolle  in  den  Schlosserwerkstätten  führt  und  mancher  sogenannte  Ma- 
schinenschlosser nicht  einmal  im  Stande  ist,  ein  brauchbares  Schloss 
selbstständig  «ti  fertigen. 

Das  Schloss  —  in  seiner  einfachsten  Einrichtung  nur  ein  Mittel 
gegen  selbstthätiges  Aufschlagen  einer  Thür  —  soll  in  seinen  weniger 
einfachen  Formen  als  Schutzmittel  gegen  Eröffnen  durch  jeden  Unbe* 
fugten  dienen;  und  somit  bildet  die  Einrichtung  desselben  gewisser- 
maasseo  einen  Gegenstnnii  des  Wettkampfs  zwischen  dem  Scharfsinne 
des  Verfertigers  und  demjenigen  der  Diebe.  Je  grösser  die  Geschick- 
lichkeit der  letzteren  ist,  desto  complicirter  muss  die  Einrichtung  des 
Schlosses  sein,  wenn  es  seinen  Zweck  erfüllen  soll. 

Man  kann  im  Wesentlichen  drei  Hauptgattungen  von  Verschlüssen 
unterscheiden. 

1.  Der  Fallenverschluss,  für  Thürschlösser,  besonders  für  Stu- 
ben- und  Hausthüren  gebräuchlich,  welche  im  Laufe  des  Tages  häufig 
geöffnet  und  geschlossen  werden,  soll  das  durch  Zugwind  oder  sonstige 
Vorkommnisse  eintretende  selbstthätige  Oeffnen  der  Thür  verhindern,  ist 
aber  für  einen  Jeden  zugänglich  und  bietet  daher  kein  Schutzmittel 
gegen  unbefugtes  Oeffnen.  In  den  meisten  Fällen  und  stets  dann,  wenn 
letzteres  verhindert  werden  soll,  ist  deshalb  der  für  den  Gebrauch  be- 
queme Fallenverschluss  durch  einen  der  unten  zu  besprechenden  Ver- 
schlüsse ergänzt. 

Die  „hebende  Falle",  welche  bei  gewöhnlichen  Thüren  am  häufig- 
sten ist,  besteht  aus  einem  Hebel  a^  Fig.  637  (a.  f.  S.),  durch  eine  Feder 
h  niedergedrückt  und  in  dieser  Lage  sich  hinter  den  zahnartigen  Vor- 
sprung des  am  Thürrahmen  befestigten  „Schliessklobens"  c  legend, 
wodurch  die  Thür  geschlossen  ist;  dagegen  durch  einen  Druck  auf  den 
im  Drehungspunkte  eingesteckten  oder  befestigten  „Drücker*^  von  be- 
kannter Einrichtung  zu  öffnen. 

56* 


864  Specielle  Technologie. 

Die   „BchiMsende  Falle",  Fig.  638,    gebr&aclilicb  an  Stäben-    nnd 
Vorsaaltharen  degantenr  Eiurichtnng,  beaUht  aas  einem  in  horisoDtaler 

Fig.  637. 


lüchtung  bewegten  Riegel  o,  an  swei  Stellen  des  Sctilosakastena  gefuhrt 
tmd  in  der  Mitte  gabelförmig  geschlitzt,  tun  die  „Nnss"  b,  welche  zur 


Befestigung  des  Griffs  dient,  hindarchatecken  zn  können.  An  dem  hin- 
tern Ende  des  Riegels  befindet  sich  der  kleine  Kopf  Oi,  gegen  welchen 
die  Feder  c  drückt,  den  Riegel  in  diejenige  Stellung  Tontchiebend,  bei 
welcher  die  Thür  geschloasen  ist.  Die  Nnss  b  trftgt  einen  kleinen  Doppel- 
hebel d,  dessen  beide  Schenkel  innerhalb  eines  entsprechenden,  im  Gmnd- 
risse  des  Riegelg  a  ersichtlichen  Ausscbnitta  desselben  spielen  and  sich 


Schlösser  nnd  Schlüssel.  885 

mit  zwei  Rollchen  gegen  vorspringende  Ncisen  des  Riegels  legen.  Bei 
jeder  Drehung  der  Nnss  durch  den  Thärgriff  sowohl  nach  rechts  oder 
links  wird  demnach  die  Falle  zurückgeschohen  werden  und  die  Thür 
sich  dfihen  lassen,  aher  sofort  in  ihre  frühere  Stellung  zurückkehren, 
wenn  die  Hand  den  Orifif  loslässt. 

Giebt  man  der  Nuss  statt  des  doppelten  Hebels  einen  einarmigen, 
wodurch  die  Oonstruction  sich  vereinfacht,  so  wird  die  Thür  nur  bei 
Drehung  des  Handgriffs  in  einer  Richtung  geöffnet. 

2.  Der  Nachtriegelverschluss,  aus  einem  von  innen  vorge- 
schobenen Riegel  bestehend,  so  dass  ein  Oeffnen  von  aussen  nur  möglich 
ist,  wenn  das  Schloss  oder  die  Thür  soweit  durchbrochen  wird,  dass  man 
zum  Riegel  gelangen  kann.  Die  einfache  Einrichtung  desselben  ist  zu 
bekannt,  als  dass  sie  weiterer  Besprechung  bedürfte. 

3.  Der  Riegel  verschluss  mit  Schlüssel.  Die  Einrichtung 
dieses  wichtigsten  aller  Verschlüsse  ging  aus  dem  Bestreben  hervor,  ein 
durch  einen  Riegel  innen  zugehaltenes  Schloss  auch  von  aussen  mit 
Hilfe  eines  durch  eine  entsprechende  Oeffnung  der  Thür  gesteckten 
Instruments  —  des  Schlüssels  —  öffiien  zu  können,  wobei  dann  zunächst 
die  eigenthümliche  Form  des  Schlüssels  ein  Oeffnen  durch  Unbefugte, 
nicht  im  Besitze  des  Schlüssels  Befindliche,  verhindern  sollte. 

An  dem  Schlüssel  unterscheidet  man  den  hintern,  zum  Anfassen 
befindlichen  ringförmigen  Theil,  „Ring''  oder  , Raute **  genannt;  den 
mittleren  cylindrischen  Theil,  welcher  entweder  massiv  oder  hohl  ist  und 
„Schaft''  oder  „Rohr**  heisst;  und  an  dem  vordem  Ende  desselben  den 
beim  Oeffnen  des  Schlosses  hebelartig  zum  Zurückschieben  des  Riegels 
dienenden  flachen  Ansatz,  den  „Bart^.  Die  Grenze  zwischen  der  Raute 
und  dem  Schafte  wird  gewöhnlich  durch  eine  ringartige  Verzierung  ge- 
bildet, welche  genau  die  Stelle  angiebt,  bis  zu  welcher  der  Schlüssel  ins 
Schloss  gesteckt  werden  muss  nnd  das  „Gesenk"  heisst.  Ist  der  Schlüssel- 
schaft  massiv,  wie  bei  den  meisten  jetzt  üblichen  Schlössern ,  so  wird  in 
dem  Schlosse  eine  rohrartige  Hülse  als  Führung  für  den  Schlüssel  ange- 
bracht, ist  er  dagegen  hohl,  so  dient  ein  Stift  oder  „Dom*'  im  Schlüssel- 
loche  für  denselben  Zweck. 

Damit  der  durch  das  Schlüsselloch  gesteckt«  Schlüssel  den  Riegel 
ergreifen  und  fortschieben  kann,  wird  der  letztere  an  der  dem  Schlüssel- 
loche  zugekehrten  Seite  mit  einem  nasenartigen  Ansätze  oder  einem  Ein- 
schnitte versehen  (vergleiche  die  unten  gegebenen  Abbildungen  von 
Riegelschlössem),  welcher  der  „Angriff''  heisst. 

Eine  einmalige  volle  Umdrehung  des  Schlüssels  am  Schlosse  heisst 
eine  „Tour" ;  je  nachdem  eine  einmalige,  zweimalige  u.  s.  w.  Umdrehung 
des  Schlüssels  erforderlich  ist,  um  den  Riegel  seinen  vollen  Weg  zurück- 
legen zu  lassen,  unterscheidet  man  eintourige,  zweitourige  u.  s.  w. 
Schlösser. 

Zur  Unterstützung  der  einzelnen  Theile  eines  Schlosses  dient  das 
„ Schlossblech ",  welches  die  ganze  eine  Seite  des  Schlosses  einnimmt;  soll 


886  Specielle  Technologie. 

das  SchloBS  auf  der  äussern  Fläche  der  zn  varschliessenden  Thür  ange- 
hracht  werden,  so  ist  ausser  dem  Schlosshleche  noch  eine  rings  herum- 
laufende Einfassung  vorhanden  (häufig  in  einem  Stücke  mit  dem  Schloss- 
hleche aus  Gusseisen  oder  Messing  gegossen),  welche  „Umschweife  ge- 
nannt wird  und  mit  dem  Schlosshleche  zusammen  den  „Schlosskasten  ^ 
hildet.  Diejenige  Seitenwand  des  Schlosskastens,  durch  weiche  der 
Ri^gelkopf  heraustritt,  heisst  „Stülp'',  „Stnlben^  oder  „ Vorderstrudel ". 

Man  unterscheidet  zwei  Hauptarten  von  Riegelschlössern  mit 
Schlüssel. 

Bei  dem  deutschen  Schlosse,  welches  jetzt  nur  noch  in  alten 
Gebäuden  gefunden  wird,  steht  der  Riegel  genau  wie  eine  schiessende 
Falle  unter  dem  Drucke  einer  kräftigen  Feder,  welche  ihn  nach  vorwärts 
zu  drücken  bestrebt  ist.  Der  Schlüsselbart  schiebt  den  Riegel  zurück, 
indem  er  selbst  ungefähr  Vs  Umdrehungen  macht,  und  hält  ihn  dann 
fest,  indem  er  in  fast  horizontaler  Richtung  sich  gegen  den  Angriff 
stemmt.  Dreht  man  aber  den  Schlüssel  wieder  rückwärts,  um  ihn  aus 
dem  Schlosse  zu  entfernen,  so  schiesst  natürlich  der  Riegel  wieder  vor, 
wenn  man  nicht  durch  eine  besondere  Sperrung  ihn  in  seiner  zurück- 
geschobenen Lage  festhält.  Als  solche  pflegt  ein  senkrechter  Stift  ober- 
halb des  Riegels  zu  dienen,  der  durch  sein  Gewicht  von  selbst  in  eine 
Nnjbh  an  der  Oberkante  des  Riegels  einfallt,  sobald  derselbe  zurückge- 
zogen ist,  in  jeder  andern  Stellung  aber  auf  der  Oberkante  desselben 
ruht.  Durch  Empor  drücken  des  Stifts  wird  der  Riegel  frei  und  schnappt  zu. 

Wie  man  sieht,  hat  das  deutsche  Schloss  den  grossen  Uebelstand, 
dass  ein  Jeder,  welcher  an  den  Kopf  des  Riegels  gelangen  kann,  auch 
im  Stande  ist,  denselben  unter  Ueberwindung  des  Federdrucks  zurück- 
zuschieben und  das  Schloss  zu  öffnen.  Daher  ist  die  Sicherheit,  welche 
ein  solches  Schloss  giebt,  ziemlich  gering. 

Das  französische  Schloss  0.  Ein  zweitouriges  französisches 
Schloss  einfachster  Gonstruction  ist  in  Fig.  639  und  640  abgebildet 
a  ist  der  Riegel,  an  der  untern  Seite  mit  zwei  Angriffen  für  den  Schlüssel 
versehen,  von  denen  der  eine  bei  der  ersten,  der  andere  bei  der  zweiten 
Drehung  erfasst  wird  (die  Stellung  des  Riegels  in  Fig.  640  ist  diejenige, 
welche  er  nach  beendigter  einmaliger  Drehung  einnimmt).  Der  Riegel 
ist  zur  Sicherung  der  geradlinigen  Bewegung  zweimal  geführt;  zunächst 
im  Schlitze  des  Stulbens,  dann  mit  Hilfe  des  Stifts  &,  welcher  am  Schloss- 
bleche angenietet  ist  und  in  einen  Längsschlitz  des  Riegels  hineinragt. 
Damit  aber  der  Riegel  auch  vor  seitlicher  Bewegung  geschützt  ist  (welche 
ein  Herausfallen  aus  dem  Führungsstifte  zur  Folge  haben  würde),  wird 
ein  Deckblech  /  über  das  Schloss  gelegt  und  durch  Schrauben  in  ange- 
messener Entfernung  von  dem  Schlossbleche  festgehalten,  welches  mit 
einer  schmalen  Leiste  oder  Warze  e  („  Schleppfeder ^   genannt)  auf  die 


*)  Dasselbe  wurde  im   vorigen   Jahrhundert,    angeblich   von   einem  Dcut- 
Bchen,  J.  G.  Freitag  in  Gera,  erfunden. 


SchlÖBser  und  Schlüssel.  887 

Seitenfläche  des  Riegels  drUokt  und  dadurcb  jedes  Schwanken  desaelbeti 
aamöglich  macht.    Ben  eigentlich  charakterietischen  Theil  des  fronzösi- 

Fig.  839.  Fi«.  840. 


sehen  Schlosaes  bildet  nnn  aber  die  EOgenumte  „Znhaltaug",  in  der 
Abbildung  mit  c  und  d  bezeichnet,  c  ist  eine  einfache  Feder  aus  Stahl, 
an  der  antern  Seite  mit  einem  (bisweilen  auch  zwei)  Haken  rersehen, 
welcher  in  einen  entsprechenden  Einschnitt  an  der  Oberkante  des  Riegels 
eingreift.  Die  Anordnung  des  letztern  ist  eine  solche,  dsas  der  Eingriff 
des  Hakens  jedesmal  nach  einem  beendeten  einmaligen  Vorschübe  des 
Riegels  (entsprechend  einer  vollen  Umdrehung  des  Schlüssels)  erfolgt; 
demnach  moss  der  Riegel  eines  eintoarigen  Schlosses  zwei  Einschnitte 
(zum  Einhaken  vor  nnd  nach  der  Drehung),  ein  zweitonriges  drei  Ein- 
eobnitte  erhalten.  Diese  Zubaltnng  gestattet  ofienbar  eine  Verschiebung 
des  Riegels  nur  dann,  wenn  man  den  Haken  soweit  empordrdckt,  dass 
der  betrefiende  Einschnitt  frei  wird  and  der  Riegel  unter  der  Zuhaltung 
fortgleiten  kann.  Damit  dieses  EmpordrQcken  dnrch  den  ScUQsmI  selbst 
bei  dessen  Drehnng  bewirkt  werde,  ist  der  betreffende  Schenkel  der 
Feder  mit  einem  bogenförmigen  Ansätze  d  —  „Zahaltangslappen"  ge* 
nannt  —  verseben,  welcher  neben  dem  Riegel  soweit  hinabgeht,  dass  er 
von  dem  SchlQsBelbarte  ergriffen  nnd  emporgedrackt  werden  muss,  ehe 
derselbe  den  Riegel  erfassen  kann.  Wird  der  SchlQssel  nnn  weiter  ge- 
dreht iind  dadurch  der  Riegel  in  Bewegung  gesetzt,  lo  gleitet  der  Zn- 
baltongsbaken  auf  der  Oberkante  des  Riegels  und  schnappt  sofort  wieder 
ein,  wenn  eine  volle  Tour  des  Riegels  beendet  ist. 

Ein  solches  franzdsiscbes  Schloss  lässt  sich  demnach,  wenn  man 
nicht  im  Beeit»  eines  passenden  SchlOseels  ist,  nur  mit  Gewalt  durch 
Absprengen  des  Znbaltungshakens  5finen;  dagegen  wird,  wenn  man  nicht 
besondere  Torkehrungen  anwendet,  jeder  in  das  Schlüsselloch  passende 
Schlfiesel  von  der  richtigen  Barthöhe  zum  Oeffnen  des  Schlosses  brauch- 
bar sein. 


888  Specielle  Technologie. 

Ein  ziemlich  häufig  angewendetes  Mittel,  die  BeDutaung  dnes  fal- 
schen ScblüsBela  zu  erschweren,  iat  eine  gekröpfte  oder  geschweifte  Form 
des  ScblüsBelbartflB  (z.  B.  wie  in  Fi^.  641);   feilt  man  non  das  SchlÜBsel- 
p-     g^,  loch  genau    entsprechend 

der  Bartform  ans,  so  Usst 
es  nnr  den  passen  den 
Schlüaeel  hinein.  Grosse 
Sicherheit  gegen  Diebe 
wird  jedoch  nicht  hier- 
durch erreicht,  weil  sich 
das  SchlnsBelloch  mit  einer 
Feile  ohne  grosse  Schwie- 
rigkeit so  erweitern  lässt,  ds«s  auch  andere  Schlüssel  Eingang  finden. 

Aehnlich  der  Anwendung  eines  geschweiften  SchlOsselbarts,  immer- 
hin aber  das  Einbringen  fremder  Werkzeuge  mehr  erschwerend,  wirkt 
die  Anwendung  eines  SchlOBsele  mit  hohlem,  geschweiftem  Rohre  (klee- 
blattförmig, sternförmig  und  dergleichen)  und  eines  genau  dazu  passenden 
Doms  im  Schlosse,  welcher  natfirlich  sich  mit  dem  Schlttssel  drehen  muss. 
Bisweilen  nmgiebt  man  den  Dorn  noch  ausserdem  mit  einer  drehbaren 
Hülse,  welche  den  Schlüssel  auch  von  aussen  umschliesst;  leider  macht 
die  Kostspieligkeit  einer  solchen  Einrichtung  sie  fBr  gewöhnliche  Schlösser 
nicht  anwendbar. 

Eine  andere  Torkehrung  gegen  die  Anwendung  falscher  Schlüssel, 
welche  bei  den  meisten  Schlössern  Anwendung  findet,  ist  die  Anbrin- 
gung kreisförmiger  Bleche  im  Innern  des  Schlosses,  welche  bei  der  Dre- 
hang  des  Sehlflseels  in  entsprechende  Einschnitte  desselben  eingreifen, 
so  dass  die  Drehung  jedes  andern  Schlüssels  innerhalb  des  Schlosses, 
welcher  nicht  genau  die  gleichen  Einschnitte  besitzt,  unmöglich  wird. 
Uan  nennt  diese  Einrichtung  „Besatzungen"  (die  im  Schlosse  ange- 
brachten Blechatreifen  auch  wohl  „Eiugerichte")  und  unterscheidet  zwei 
Arten  derselben.  Bei  der  „Mittolhruchbesatzung"  geht  ein  Schnitt  von 
der  dem  Schafte  parallelen  Kante  des  Schlüsselbarte  aus  rechtwinklig 
gegen  den  Schaft,  den  Bart  in  zwei  Hälften  theilend,  während  im 
Schlosse  ein  kreisringförmiges  Blechstück  diesem  Einschnitte  entspricht. 
Häufig  werden  von  diesem  Mittelbmch  ans  noch  feinere  Einschnitte  in 
die  beiden  Hälften  des  Barts  geführt,  wie  es  Fig.  642  darstellt,  die  dann 
wieder  durch  Blechstreifen, 
°'  auf  jenem  Blechringe  be- 

festigt, ergänzt  werden 
müssen.  Sind  eine  Anzahl 
Schlösser,  z.  B.  bei  eämmt- 
lioben  Stubenthüroii  eines 
'Wohnhauses,  mit  Scblüa- 
sein  von  gleicher  Grösse, 


w 


Schlösser  und  Schlüssel  889 

aher  Terschieden  geformten  Mittelbmchbesatzungen  versehen,  so  gewährt 
eine  solche  Einrichtung  die  Bequemlichkeit,  dass  man  mit  einem  einzi- 
gen Schlüssel  von  der  Form  wie  in  Fig.  643,  einem  sogenannten  „Hanpt- 
F'     643  Schlüssel'',  sämmtliche  Thüren  öffnen  kann,  während 

jeder  einzelne  regelrecht  geformte  Schlüssel  nur  das 
ihm  zugehörige  Schloss  zu  öffnen  im  Stande  ist; 
eben  dieser  Umstand  aber  verringert  erheblich  die 
Sicherheit,  welche  die  Mittelbruchbesatzungen  ge- 
gen unbefugtes  Oeffnen  gewähren. 

Griebt  man  dagegen  dem  Schlüssel  Einschnitte, 
welche  von  den  Seitenkanten   ausgehen  (Fig.  644) 
und   dem    Schlüsselschafte    parallel   laufen,     denen 
also   reifenförmig   gebogene  und  an    dem   Schloss- 
bleche, beziehentlich  der  Deckplatte  befestigte  Blech- 
streifen    im  Innern   des   Schlosses    entsprechen,    so 
heisst  die  Besatzung  „Reifbesatzung".    In  Fig.  639 
und  640  ist  i  ein  solcher  am  Schlossbleche,  k  ein  an 
der  Deckplatte  befestigter  Reifen.     Dieselben  geben 
eine  grössere  Sicherheit  als  die  Mittelbruchbesatzung,    besonders  wenn 
von  beiden  Seiten  her  Einschnitte  vorhanden  sind,  welche  etwas  über 
die  Mitte  des  Barts  hinüberreichen. 

Nicht  selten  kommen  auch  beide  Arten  von  Besatzungen  in  einem 
und  demselben  Schlosse  vor;  und  je  künstlicher  und  verzweigter  sie 
angeordnet  sind,  desto  schwieriger  ist  es  natürlich,  das  Schloss  mit  einem 
fremden  Instrumente  zu  öffnen,  desto  grösser  sind  aber  auch  die  Anfer- 
tigungskosten  des  Schlosses.  Uebrigens  kommt  es  auch  vor,  dass  bei  ge- 
kauften Schlössern  die  Schlüssel,  um  Vertrauen  zu  erwecken,  mit  viel- 
seitig verzweigten  Einschnitten  versehen  sind,  während  das  Schloss  selbst 
von  den  Eingerichten  Nichts  oder  nur  wenige  Theile  enthält  ^).  Ver- 
streicht man  zur  Prüfung  eines  neuen  Schlosses  die  Einschnitte  des 
Schlüssels  mit  Talg,  so  müssen  dieselben  nach  einmaliger  Umdrehung 
des  Schlüssels  im  Schlosse  natürlich  vollständig  vom  Talge  befreit  sein, 
wenn  alle  Eingerich te  vorhanden  sind. 

Es  wurde  schon  erwähnt,  dass  häufig  —  und  zwar  bei  den  meisten 
Stuben-  und  Hausthürschlössern  —  sich  alle  drei  besprochenen  Ver- 
schlüsse in  einem  und  demselben  Schlosskasten  vereinigt  finden:  der 
Fallenverschluss  zu  oberst,  der  Riegelverschluss  darunter  und  zu  unterst 
ein  Nachtriegelverschluss. 

Vorhängeschlösser  sind  im  Wesentlichen  nach  denselben  Grund- 
sätzen gebaut  als  das  oben  abgebildete  und  beschriebene  französische 
Thürschloss;  der  Riegel  bewegt  sich  bei  denselben  aber  meistens  nicht 
geradlinig,  sondern  im  Kreise,  wodurch  eine  abweichende  Form  dessel- 
ben nöthig  wird.    Fig.  645  (a.  f.  S.)  stellt  das  Innere  eines  zweitourigen 


1)  Dingler'B  polyt.  Journal,  Bd.  151,  S.  340. 


890  Specielle  Technologie. 

VorhängeschlosBeB  dar'),    a  ist  der  gekrümmte  Riegelkopf  au  dem  „Bad. 
riegel"  h;  c  ist  die  Zuhaltung,  darcb  die  Feder  d  gegen  das  Stück  b 
fjg,  g^y  gedrflckt.     Es    iet    leicht 

ereichtlich,  wie  beim  An- 
griffe des  Scfalasaelfl  zuerEt 
die  Zubaltnng  gehoben, 
dann  der  Riegel  nach  Ibkg 
oder  rechts  gedreht  wird, 
ladem  derselbe  ia  die  Oese 
des  Bügels  e  eiofasat,  wird 
der  VerachluB«  bewirkt. 

Wenn  die  bisher  ge- 
schilderten Einrichtungen 
der  SchlöBBer  im  Stande 
sind,  das  Oeffnen  durch 
einen  Unhemfenen  zn  er- 
schweren, je  nachdem  ihre 
Einrichtung,  insbesondere 
auch  die  Anordnung  der 
Besatzungen  mehr  oder 
weniger  verwickelt  ist,  so 
vernögen  sie  doch  nicht, 

einem    erfahrnen,    mit 
SpeiTzeug  (Dietrichen  ntid 
HauptscblüBseln)  ausgerü- 
fiteten  Siebe  längere  Zeit 
zu  widerstehen;  auch  ge- 
ben sie  dem  Sacbverstän- 
digen  immerhin  die  M6g> 
lichkeit,    mit  Hilfe  von  Wacbeabdrücken   einen   passenden  NachschlüMel 
zn  unredlichem  Gebrauche  zu  fertigen.     Für  wichtige  Verschlüsse,    z.  B. 
von  GeldechränkeD ,  stattet  man  deshalb  das  Scbloss  mit  noch  anderen 
solchen  Einrichtungen  aus,  welche  ein  Oeffnen  des  Schlosses  ohne  den 
passenden  Schlüssel  auch  dem  geübten  Kenner  schlimmsten  Falls    nur 
nach  einer  so  langen  beharrlichen  Tbätigkeit  möglich  machen  würden, 
dass  ein  Unbeachteth leiben  dieser  Tbätigkeit  ausser  allen  Grenzen  der 
Wahrscheinlichkeit  bleibi     Diese  Schlösser    nennt    man    Sicherbeits- 
oder  Combinationsscblösser.    Ansser  einigen  unten  zu  erwähnenden 
nebensächlichen  Einrichtungen  znr  Erschwerung  des  Oeffnens  pflegt  die 
charakteristische    Eigenthüm lichkeit    dieser   Sicherbeitsechlösser    in    der 
Anwendung  mehrerer,  nur  durch  einen  besonders  geformten  SchlSssel  zn 
öffnender  Zubaltangen  zu  beruhen,  die  erst  aämmtlich   geöfibet  werde» 
müssen,  ehe  der  Riegel  verschohen  werden  kann.     Die  äblicheten  and 


■)  Aus  Fink,  Die  Schule  des  Bauachlogsen,  Leipzig.  1S59,  S.  210. 


SchlöBser  und  Schlöesel.  891 

bekaaatesteD  solcher  Schlösser  sind  das  Chabbscbloss  and  das  Bra- 
mahBchloBB. 

Ein  Cbubbsohloes  (von  dem  Engländer  Chubb  im  Anfange  dieses 
Jahrhunderts  erfunden)  ist  in  den  Figuren  646  bis  648  abgebildet  *); 

Pig.  648.  Fic    047 


und  zwar  stellt  Fig.  646  die  innere  Ansicht  des 
Schlogaes,  Fig.  647  die  einzelnen  Zahaltnngen  mit 
.    _   _jfc  Ausnahme  der  obersten,  welche  in  Fig.  646  sicht- 

wKIt^ß  bar  ist,  dar,  und  Fig.  648  ist    die  Ansicht  des 

Schlaasels.  Das  Chabbschloss  pflegt  5  bis  7  Zu- 
Haltungen  zu  besitzen,  das  abgebildete  hat  deren  6,  mit  I,  II  u.  s.  w.  be- 
zeichnet. Der  eintourige  Riegel  a  ist  eineatheils  in  dem  Stulben  des 
ScbloBskastens  an  der  linken  Seite,  anderntbeils  mit  dem  in  Fig.  646 
theilweise  sichtbaren  Schlitze  auf  dem  Stifte  b  geführt,  welcher  auf  dem 
Schlosablecbe  feateitzt.  Dieser  Stift  dient  zugleich  als  Drehungaaclise  für 
Bämmtliche  Zuhaltungen,  welche   mittelst   der  Löcher  cc  auf  deneelben 


t)Fink,  op.  , 


892  Specielle  Technologie. 

derartig  gesteckt  sind,  dass  Nro.  I  unten  auf  dem  Kegel  und  Nh>.  VI 
oben  zu  liegen  kommt,  d  ist  eine  Feder  ans  Stahlblech,  in  6  TheUe  ge- 
spalten, deren  jeder  von  oben  auf  eine  der  Znhaltungen  drückt,  so  dass 
diese  dadurch  sammtlich  das  Bestreben  erhalten,  abw&rts  zu  gehen.  Auf 
dem  Riegel  befindet  sich  nun  der  Stift  c,  während  die  Zuhaltungen  mit 
entsprechenden  du^ch  einen  Querschlitz  Terbundenen  Oeflnungen  g  und  h 
ausgestattet  sind,  durch  welche  der  Stift  hindurchragt  (die  Oefi&iung  / 
hat  keinen  besondem  Zweck).  Bei  vorgeschobenem  Riegel  befindet  sich 
der  Stift  in  den  Oeffiiungen  hh..^  bei  zurückgeschobenem  Riegel,  also 
gedffiietem  Schlosse  (wie  in  Fig.  €46)  in  den  Oeffiiungen  gg^-  -  Damit 
also  der  Riegel  vor-  oder  zurückgeschoben  werden  kann,  ist  es  erforder- 
lich, sämmtliche  6  Zuhaltungen  gleichzeitig  so  zu  heben,  dass  der  Stift 
in  das  Niveau  der  6  Schlitze  eintritt,  welche  die  Oefifhungen  h  und  g 
verbinden;  wird  hierbei  nur  eine  der  Zuhaltungen  unbedeut^id  zu  viel 
oder  zu  wenig  gehoben,  so  kann  der  Stift  nicht  aus  seiner  Oeffiiung 
heraustreten  und  die  Bewegung  des  Riegels  ist  unmöglich.  Da  nun  aber 
die  ünterkanten  der  Zuhaltungen  verschieden  geformt  sind,  bei  der 
einen  höher,  bei  der  andern  tiefer  stehen,  so  ist  dieses  gleichzeitige  ge- 
naue Anheben  nur  durch  einen  Schlüssel  möglich,  dessen  Form  genau 
derjenigen  aller  einzelnen  Zuhaltungen  angepasst  ist.  Grerade  in  dieser 
Combination  vieler  Zuhaltungen  beruht  die  Sicherheit  des  Schlosses.  Bei 
dem  abgebildeten  Schlüssel  bewegen  die  Absätze  1,  2,  3  u.  s.  f.  die 
entsprechenden  Zuhaltungen  I,  U,  ÜI  u.  s.  f.,  der  vordere  mit  C  bezeich- 
nete Theil  den  Riegel. 

Liegt  der  Verdacht  vor,  dass  ein  Unberufener  sich  einen  Nach- 
schlüssel verschafil  haben  sollte,  so  braucht  man  nur  die  Zuhaltungen  zu 
wechseln  und  den  Schlüssel  entsprechend  zu  ändern,  um  jedes  Oeffnen 
durch  einen  fremden  Schlüssel  unmöglich  zu  machen. 

Das  Chubbschloss  enthält  ausserdem  noch  eine  Einrichtung  — 
Detector  genannt  — ,  welche  sofort  erkennen  lässt,  wenn  der  Versuch,  das 
Schloss  mit  Sperrzeugen  zu  öffnen,  gemacht  sein  soUte.  Zu  diesem 
Zwecke  ist  auf  dem  Schlossbleche  die  Feder  n  mit  ihrem  linken  Ende 
festgenietet,  wahrend  sie  auf  der  rechten  Seite  in  einen  kleinen  Haken 
endigt,  welcher  auf  dem  Vorsprunge  m  der  Zuhaltung  I  ein  wenig  auf- 
ruht und  auch  auf  demselben  liegen  bleibt,  wenn  die  Zuhaltung  durch 
den  passenden  Schlüssel  auf  ihre  richtige  Höhe  gehoben  wird.  Sobald 
aber  die  Zuhaltung  I  durch  einen  falschen  Schlüssel  oder  Dietrich  nur 
um  ein  Geringes  zu  hoch  gehoben  wird,  so  gleitet  das  Häkchen  vor  dem 
Vorsprunge  herab  und  hält  dadurch  die  Zuhaltung  I  in  der  zu  hohen 
Stellung  fest,  so  dass  eine  Bewegung  des  Riegels  nicht  mehr  möglich  ist 
Damit  nun  auch  bei  jeder  der  übrigen  Zuhaltungen  ein  zu  hohes  An- 
heben in  derselben  Weise  erkennbar  werde,  ist  die  Zuhaltung  I  mit 
einem  Stifte  1  versehen,  welcher  die  Oberkante  aller  übrigen  leicht  be- 
rührt. Hebt  sieh  also  eine  derselben  über  den  normalen  Rand,  so  drückt 
sie  den  Stift  l  und  somit  auch  die  Zuhaltung  I  empor  und  der  Detector 


Schlösser  and  Schlüssel.  893 

schnappt,  wie  vorhin  beacbrieben  wtirde,  ein.  Nun  vird  es  bei  jedem 
Versnobe,  das  Schloss  mit  einem  andern  Werkzenge  als  dem  passenden 
SoblUaael  za  öffnen,  anvermeidlich  sein,  dass  wenigstens  eine  der  Zn- 
haltnngen  einmal  zu  hoch  emporgedrilckt  wird,  woraaf  dann  sofort  der 
geschilderte  Vorgang  eich  vollzieht.  Will  nnnmehr  der  Eigentbümer  das 
SchloBfi  öffnen,  so  dreht  er  zunächst  den  Schlüssel  nach  der  verkehrten 
Richtang;  die  Zuhaltimgen  heben  sich  und  der  Riegel  tritt  noch  ein 
wenig  mehr  aus  dem  Schlosse  heraus,  wobei  der  Riegelstift  c  den  nöthigen 
Spielranm  in  den  karzen  Schlitzen  pp..  der  Znhaltungen  findet.  Bei 
diesem  Vorschabe  des  Riegels  rückt  aber  die  schiefe  Ebene  q  an  der 
obem  Kante  desselben  nnter  den  Haken  der  Feder  n  und  drückt  diesen 
empor;  die  Znhaltnng  I  wird  jetzt  also  frei,  nimmt  dadurch  ihre  nor- 
male Lage  wieder  an  nnd  bei  nunmehriger  Drehung  des  SchlOssela  in 
der  andern  Richtung  wird  wie  gewöhnlich  die  Znrückbewegung  des  Rie- 
geb  and  Oeffnung  des  Schlosses  erfolgen. 

Das  Bramahschloss.  Dasselbe  wurde  in  den  letzten  Jahren  des 
vorigen  Jahrhunderts,  also  etwas  frOher  als  das  Chubbschloss,  erfunden. 
In  den  Figuren  649  bis  651  ist  ein  solches  Schloss,  d.  h.  der  zur  Bewe- 

Fig..649.  Fig.  SM. 


Fig.  850. 

IlT     1 

I    viH    vH  IH  gong  des  Riegels  dienende 

I       H       H  H  Meohanismns    desselben, 

n       H       P.  p^'  in    halber    natOrlicher 

/l      lll'      ■  liJ  Grösse    abgebildet,    a  ist 

ein  Geh&use  ans  Uessing, 

welches  in  die  zu  verschliessende  Thür  eingelassen  wird,  so  dass  von 

aussen  nur  die  schmale  Stirnfläche  sichtbar  bleibt.     In  diesem  Gehäuse 

ist  der  hohle  Cylinder  b  drehbar  eingelassen  und  wird  durch  die  st&h- 


894  Specielle  Technologie. 

lerne  Scheibe  c  festgehalten,  welche  dnrch  Schrauben  mit  a  fest  verban- 
den ist  und  in  eine  hemmlanfende  Nnth  von  b  eingreift.  Ausser  dieser 
peripherischen  Nuth  enthält  b  eine  Anzahl  —  bei  dem  abgebildeten 
Schlosse  sechs  —  der  Achse  parallele  Längsnuthen,  zur  Aufnahme  ebenso 
vieler  Zuhaltungen  dienend,  welche,  von  der  innem  Wandfläche  des 
Cylinders  ausgehend,  sich  radial  nach  aussen  so  weit  ausdehnen,  dass  sie 
noch  über  den  innem  Rand  der  Scheibe  c  hinaustreten,  während  letztere 
an  den  Dnrchschnittsstellen  mit  entsprechenden  Einkerbungen  versehen 
ist,  um  die  Nuthen  nicht  zu  unterbrechen.  In  diesen  radialen  Nuthen 
stecken  nun  die  Zuhaltungen,  aus  einem  zusammengebogenen  etwas 
federnden  Stahlstreifen  gebildet  (vergleiche  die  Vorderansicht  einer  Zu- 
haltung in  Fig.  650),  so  dass  sie  in  den  Nuthen  sich  zwar  verschieben 
lassen,  aber  nicht  von  selbst  hinabrutschen  können.  Die  eine  der  Zuhal- 
tungen (Nro.  I)  ist  in  Fig.  649  sichtbar,  die  übrigen  sind  in  Fig.  650 
einzeln  abgebildet.  Sie  ruhen  sämmtlich  mit  ihrem  obem,  winkelförmig 
gestalteten  Ende  auf  dem  Schieber  g,  welcher  innerhalb  des  Cylinders  b 
sich  auf  dem  Schlüsseldome  e  auf  und  nieder  bewegen  lässt,  in  der  Ruhe 
aber  durch  eine  Spiralfeder  soweit  nach  der  Richtung  des  Schlüssellochs 
zu  gedrückt  wird,  als  es  der  innere  Querschnitt  von  b  gestattet.  Zur 
besseren  Führung  der  Zuhaltungen  ist  in  dem  Cylinder  b  das  Futter- 
rohr k  eingelassen,  welches  nur  von  oben  her  so  weit  geschlitzt  ist,  um 
eine  Abwärtsbewegung  der  auf  g  ruhenden  Zuhaltungsköpfe  zu  ermög- 
lichen« Die  Länge  sämmtlicher  Zuhaltungen  ist  übereinstimmend  eine 
solche,  dass  sie  auch  in  dem  höchsten  Stande  von  g  bis  an  die  Unter- 
kante des  Rings  c  hinabreichen,  wie  sich  aus  Fig.  649  ergiebt;  dadurch 
▼erhindern  sie  aber  in  dieser  Stellung  natürlich  die  Drehung  des  Cylin- 
ders h.  Dieselbe  wird  möglich,  wenn  sämmtliche  Zuhaltungen  so  weit 
nach  unten  geschoben  werden,  dass  der  kleine  Einschnitt  i  an  der  Rück- 
seite der  Zuhaltungen  sich  in  genau  gleicher  Höhe  mit  dem  Ringe  c  be- 
findet und  demnach  bei  der  Drehung  von  b  über  den  Ring  hinweggreifen 
kann.  Wie  man  sieht,  ist  aber  dieser  Einschnitt  bei  sammtlichen  Zuhal- 
tungen in  verschiedener  Höhe  angeordnet,  so  dass  auch  eine  jede  der- 
selben um  eine  andere  Länge  als  die  andere  verschoben  werden  muss, 
wenn  die  Drohung  möglich  werden  soll.  Zu  diesem  Ende  ist  der  Schlüssel, 
wie  sich  aus  dessen  Abbildung  in  Fig.  651  ergiebt,  mit  Längsschlitzen 
verschiedener  Länge  in  der  Wand  des  hohlen  Schafts  versehen,  deren 
jeder  einer  der  Zuhaltungen  entspricht.  Ausserdem  trägt  der  Schlüssel 
einen  kleinen  Bart  in  einem  solchen  Abstände  vom  Ende,  dass,  wenn 
sämmtliche  Zuhaltungen  in  die  zum  Oeffnen  des  Schlosses  geeignete 
Stellung  zurückgeschoben  sind,  sich  derselbe  in  dem  zu  seiner  Aufnahme 
ausgesparten  Schlitze  /  in  dem  Kopfstücke  des  Drehstücks  h  befindet 
und  mithin  bei  seiner  Drehung  den  Cylinder  b  sowie  sämmtliche  Zuhal- 
tungen mitnimmt. 

Der  Vorgang  beim  Oeffnen  und  Schliessen  ist  also  zunächst  folgender. 
Darob  den  in  das  Sohlüsselloch  gesteckten  Schlüssel  wird  der  Schieber 


Schlösser  und  Schlüssel.  895 

g  einwärta  gedrückt  und  die  Zuhaltangen  treten  —  vorläufig  in  ihren  \ 
Stellnngen  verharrend  —  in  die  Schlitze  des  SchlüsBalrohrs.  Bei  weiterm 
Eindringen  des  Schlüssels  werden  dieselben  aber  ebenfalls  einwärts  ge- 
schoben, die  eine  mehr,  die  andere  weniger,  je  nachdem  der  Schlitz  des 
SchlüBSelrohrs  kürzer  oder  länger  ist.  Ist  der  Schlüssel  soweit  vor- 
gerflckt,  dass  sein  Bart  sich  innerhalb  der  Aussparung  des  Cylindera  h 
befindet,  so  haben  sämmtliche  Zahaltnngen  eine  solche  Stellang  einge- 
nommen, dass  Drehnng  erfolgen  kann;  man  läset  jetzt  den  Schlüssel 
nnd  mit  ihm  den  Cylinder  h  eine  volle  ümdrehnng  machen  (welche  in 
der  sogleich  za  erörternden  Art  and  Weise  den  Vor-  oder  Rückechab 
des  in  Fig.  649  nicht  sichtbaren  Schloesriegels  zar  Folge  hat),  so  dass 
er  wieder  in  die  AnfangBstellnng  zurückkehrt,  nnd  lässt  ihn  dann  los. 
Die  Feder  hinter  g  wirft  den  Schlüssel  ans  dem  Schlosse  heraus  nnd 
drückt  die  Znhaltnngen  empor,  wodurch  also  eine  fernere  Drehnng  ohne 
den  passenden  Schlüssel  unmdglich  gemacht  ist. 

Zur  Uebertragang  und  Umwandlung  dieser  Drehnngsbewegung  des 
Cylindera  &  in  eine  geradlinige  des  Riegels  sind  nun  an  dem  hintern 
Ende  von  h  ein  oder  zwei  zapfenartige  Ansätze  dd,  Fig.  652,  angebracht, 

Fig.  652. 


welche  in  entsprechende  Zähne  des  SchlosariegelB  eingreifen  nnd  den- 
selben ebenso  schieben  wie  der  Scblüsselbart  eines  gewöhnlichen  Schlosses 
den  AngrifF  des  Riegels.  In  Fig.  652  ist  eine  solche  Anordnung  abge- 
bildet, a  ist  der  Schlossriegel,  h  die  untere  Platte  des  Drebcylindera  im 
Schlosse,  dd  die  betreffenden  Zapfen. 

Andere  Sicberheitsvorricbtangen,  welche  man  häufig,  theils  in  Ver- 
bindong  mit  einem  Combinationssohlosse ,  tbeiU  für  sich  allein  antrifft, 


896  Specielle  Technologie. 

sind  die  sogenannten  „Vexiere*^,  d.  h.  gewisse,  nur  dem  Eigenthdmer 
bekannte  Vorkehrungen,  ohne  deren  Kenntniss  man  anch  mit  dem  pas- 
senden Schlüssel  das  Schloss  nicht  zn  öfinen  vermag.  Hierher  gehört  z.B. 
ein  „Yorgesperre",  d.  h.  ein  Deckel  über  dem  Schlüaselloche,  welcher  erst 
dnrch  einen  zweiten  Schlüssel  oder  auch  durch  Verschiebung  gewisser 
Theile  entfernt  werden  muss,  ehe  das  Schlüsselloch  frei  wird;  femer  be- 
sondere Kunstgriffe  in  der  Handhabung  des  Schlüssels  u.  s.  w.  Alle  diese 
Vexiere  sind  jedoch  bedeutend  unzuverlässiger  als  ein  gut  gebautes 
Combinationsschloss. 

Die  Anfertigung  der  Schlösser  bietet,  wie  schon  Eingangs  erwähnt 
wurde,  wenig  Bemerkenswerthes.  In  früherer  Zeit  geschah  die  Anfer- 
tigung lediglich  durch  Handarbeit,  indem  der  Schlosser  sich  die  einzelnen 
Theile  schmiedete,  mit  Meissel  und  Feile  passend  machte  und  dann  durch 
Nieten  oder  Schrauben  verband.  Diese  Methode  ist  jetzt  selten  geworden. 
Man  stellt  die  einzelnen  Bestandtheile  der  Schlösser  fabi*ikmäs8ig  mit 
Hilfe  geeigneter  Werkzeugmaschinen  dar  und  setzt  sie  entweder  eben- 
falls fabrikmässig  zusammen  —  eine  Anfertigungsmethode,  bei  welcher 
die  am  wenigsten  zuverlässigen  Schlösser  entstehen  —  oder  man  liefert 
sie  in  der  rohen  Form  an  den  Schlosser,  welcher  sie  weiter  verarbeitet. 
Zu  diesen  letzteren  Gegenständen  gehören  hauptsächlich  die  Schlüssel. 
Statt  sie,  wie  früher,  von  Hand  zu  schmieden,  stösst  man  sie  aus  Blech 
aus,  prägt  sie  dann  im  Fallwerke  oder  in  einer  Presse  zwischen  Gesen- 
ken und  giebt  ihnen  hierdurch  eine  äussere  Form,  in  welcher  sie  in  den 
mannigfachsten  Grössen  in  allen  Eisenhandlungen  zu  haben  sind.  Dem 
Schlosser  bleibt  nur  noch  übrig,  mit  Hilfe  eines  kleinen  Ereuzmeiasels 
und  der  F^ile  die  Besatzungen  und  Schweifungen  des  Schlusselbarts 
nachzuarbeiten  und  ihn  schliesslich  abzuschmirgeln. 

SchloBsbleche,  Deckplatten,  Riegel  und  andere  Theile  werden  eben- 
falls auf  Durchstossmaschinen  aus  Blechen  ausgestossen ,  ebenso  werden 
bei  fabrikmässiger  Anfertigung  ganzer  Schlösser  die  Schlüssellöcher  mit 
Durchstossmaschinen  hergestellt.  Vielfach  liefert  man  auch  ganze  Schloss- 
kasten in  Gusseisen,  welches  leichter  eine  Omamentirung  des  Aeussem 
ermöglicht  als  Schmiedeeisen. 

Für  manche  Schlosstheile  —  Riegel,  Fallen,  Schlüssel  und  andere  — 
ist  die  Anwendung  schmiedbaren  Gusses  (durch  Entkohlung  schmiedbar 
gewordenen  Gusseisens)  nicht  selten,  um  die  Vortheile  einer  Formgebung 
durch  Giessen  benutzen  zu  können. 

Schlüssel  zu  Combinationssohlössem  dagegen  werden  in  Rücksicht 
auf  den  Umstand,  dass  schon  eine  geringe  Abnutzung  sie  unbrauchbar 
macht,  aus  Stahl  gefertigt  und  bisweilen  gehärtet. 


Schlösser  und  Schlüssel.  897 


Literatur  über  Schlösser. 

Fink,  Schnle  des  Banscblossers,  Leipzig  1859. 

König,  Grundriss  der  Schlosserkunst,  5.  Auflage,  Weimar  1872. 

Graf,    Der  moderne   Schlosser,    3.   Auflage,    3.    Heft   (Abbildungen). 

Weimar  1870. 
Theiner,  Die  yerbesserten  Combinationsschlösser.    Weimar  1863. 
Die  Fabrikation  der  feuer-  und  diebssicfaeren  Geldschränke.    Nach  Price 

Yojn  Wieck.    Leipzig  1859. 


Ledebur,  mechanisc1i-roeUllargiM.'he  Technologie.  57 


Alphabetische 8   Sachregister. 


A. 

Abhitze,  von  Sohweiasöfen  544. 
Abkantematchine  718. 
Abklatschen  801. 
Abmessen  82. 
Abscheeren  555. 

Oer&the  Enm  570. 
Abschrot  457. 

Adhäsionserscheinangen  341. 
Adhäsionsverbindnngen  735. 
Aetzen  761. 
Aichmetall  10. 
Alfenide  12. 

Allgemeine  Teohnologie  3,  5. 
Alpaka  12. 
Alnminiam,  Festigkeit  20. 

—  Widerstands&higkeit  gegen  me- 
chanische Abnutsong  21. 

—  speciflsches  (Gewicht  24. 

—  Farbe  27. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  81. 

—  Dehnbarkeit  327. 
Alominiumbronze  12,  26. 
Ambos  895. 

—  für  Handh&mmer  899. 
Anlage  der  Giessereien  811. 

—  der  Werkstätten  znm  Schmieden, 
Pressen,  Waisen,  Ziehen  641« 

Anlassen  der  Bronze  841. 

—  des  Stahls  337. 
Anlanfl&irben  beim  Stahle  837. 
Anschweissen  von  Gnsstheilen  807. 
Ansetzen  464. 

Anstreichen  781. 
Anstellungswinkel  549. 
Antifrictionsmetall  23. 
Antimon,  spedf .  Gewicht  24. 
--    im  Knpfsr  880. 


Antimon  im  Blei  335. 
Antimonlegirungen  12,  22. 
Anzeichnen,  Gerftthe  zom  32. 
Arbeitsbeweg^ng  562. 
Arbeitseigenschaften  19. 

—  bei     der     Yerarbeitong     doroh 
Giessen  89. 

—  bei  der  Verarbeitung  durch  Häm- 
mern eto.  322. 

—  bei  der  Verarbeitung  durch  Tren- 
nung 558. 

ArbeitsverfiAhren  der  Formerei  147. 

—  beim  Tiegelschmelzen  228. 
Flanmiofenschmelzen  260. 
Cupolofenschmelzen  288. 
Giessen  304. 
Schmieden  461. 
Walzen  526. 
Ziehen  536. 
Drehen  659. 

Argentan  12.     Vergl.    auch  Neusilber 

und  Kickellegirungen. 
Armaturen,  yergl.  Rüstungen. 
Arsen,  im  Blei  795. 

—  im  Kupfer  830. 
Asphaltiren  788. 

Atmosphärilien,  Einflüsse  der  28. 
Aetzen  761. 

Aufbereitung  der  Formmaterialien  120. 

Aufliefen  468,  728. 

Auf  werf  hammer  402. 

Auftdehen  728. 

Aufküge  66. 

Ausbohren,  Geräthe  zum  673. 

Ausdehnimgsooöfficienten  der  Metalle  93. 

Ausglühen  der  Metalle  382. 

Ausreiber  705. 

Aussaugungen  In  Gnnstüokea  100. 


Alphabetisches  Sachregister. 


899 


Aasstreeken  462. 
Azenlagermetall  22. 
Axt»  Anfertigaiig  841. 

B. 

Bahn  des  Hammers  807,  407. 
Balancier  för  Krahne  64. 
Bandagenwalzwerk  b!o. 
Bankmeissel  594. 
Bär  des  Hammers  407. 
Barfrs  Verfahren  779. 
Beil|  Anfertigung  841. 
Beisszangen  43,  596. 
Beizen  755. 

—  der  Münzen  866. 
Beschwerung  der  Gnssformen  207. 
Bessemerblockwalzwerke  508. 
Bicheronx's  Fenerang  225,  380. 
Biegen  714. 
Biegemaschinen  718. 
Bildemägel,  AnfertiguDg  854. 
Blattgold  „   .  869. 
Blattsilber            „  839. 
Bleche,  Anfertigung  527. 

—  plattirte  527. 
Blechbiegemaschinen  721. 
Blechwa&en  484. 
Blechwalzwerke  502,  510. 
Blei,  Dehnbarkeit  826. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Schmelzpunkt  90. 

—  Bchwindung  96. 

—  speciflschss  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfthigkeit  gegen  me- 
chanische Abnutzung  21. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  30. 

—  im   Kupfer    und   Kupferlegirun- 
geu  831. 

Bleilegirungen   12,   17,   80,  90.    VergL 

auch  Hartblei 
Bleiröhren  818. 
Blooming-Mills  508. 
Bogensäge  627. 
Bogenscheere  570. 
Bohrer  684. 
Bohrgestell  689. 
Bohrknaire  689. 
Bohrkopf  679. 
Bohrkurbel  688. 
Bohrmaschine  691. 

—  fireistehende  698. 

—  Krahn-  695. 

—  Wand-  697. 

—  Duplex-  698. 

—  Multiplex-  698. 

—  Literatur  699. 
Bohrratsche  689. 
Bohrrolle  686. 


Bohrspindel  686. 
Bohrstange  674. 
Bohrstöckchen  687. 
Bramahschloss  893. 
Brechkapsel  bei  Walzwerken  501. 
Brille  (bei  Drehbänken)  660. 
Brinkmann 's  Dampfhammer  445. 
Britanniametall  12. 

—  specif.  Gewicht  26. 
Bronze  10. 

—  Dehnbarkeit  327,  331. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Schmelzpunkt  92. 
Bronzefarbe,  ijifertigung  840. 
Bronzirung,  galvanische  773. 

—  durch  Oxydation  dös  Kupfers  779. 
Brucheisen  290. 

Brückenwinden  46. 

—  Anordnung    der  —   in    Giesse- 
reien  317.  ^ 

—  Literatur  65.  ^ 
Brusthammer  402. 

Brnstleier  688. 


0. 


Oav^'s  Dampfhammer  423. 

Centriftigalgebläse  74. 

Centrifngalguss  309. 

Centriren  37. 

Centrirmaschine  38. 

Centrumbohrer  684. 

Ohabotte  395. 

Ohristoflemetall  12. 

Chrom  im  Stahle  22,  334. 

Chrysochalk  10. 

Chrysorin  10. 

Chubbschloss  891. 

Circularscheere  579. 

Ciseliren  738. 

CUchiren  801. 

Oohäsion  321. 

Combinationsschlösser  890. 

Compoeition  10. 

Condie's  Dampfhammer  434. 

Coquillen  siehe  Gussschalen  und  Hart- 

guss. 
Couläsenhebel  566. 
Cupolöfen  264. 

—  ältere  Formen  der  271. 

—  Arbeitsver&hren  288. 

—  Construction  der  268. 

—  Einbau  der  281. 

—  Esse  der  286. 

—  Gebläse  für  266. 

—  Ireland's  274. 

—  Krigar's  276. 

—  Hac  Kensie's  280. 

—  Schacht  der  268. 

—  Schmahers  272. 

67* 


900 


Alphabetisches  Sachregister. 


OapolofSen,  SefBtröm's  272. 

—  Vorherd  der  278. 

—  Winderhitzxmg  bei  287. 

—  Wirkungsgrad  291. 
Gurvensiipport  652. 
Cylinderbohrer  674. 
Gylinderbohrmaschiiien  675. 

D. 

Dachconstmctionen  in  Giessereien  318. 
D seien *8  Dampfhammer  439. 

—  Uniyersal  walz  werk  515. 
Damascenerklingen  844. 
Bammgraben  208. 

—  Lage  derselben  320. 
Dampfhämmer  418. 

—  Brinkmann's  445. 

—  Condie's  434. 

—  Daelen's  439. 

—  •Parcot's  446. 

—  Keller's  448. 

—  Morrison's  437. 

—  Nasmyth's  423. 

—  Naylor's  442. 

—  Schnellhämmer  447. 

—  Seller's  450. 

—  mit  Ob^rdampf  444. 

—  Steuerungen  419. 
Dampfkessel  für  Walzwerke  544. 
DampMrahlgebläse  82. 
DampfkuschlSger  406. 
Daumenhammer  412. 
Deckmasse  (beim  Emailliren)  786. 
Degenklingen  844. 
Dehnbarkeit  321. 

—  Beeinflussung  durch  die  Tempe- 
ratur 327. 

—  Beeinflussung    durch    chemische 
Beimengungen  328. 

—  Beeinflussung  durch  mechanische 
Verarbeitung  332. 

Deutsches  Schloss  886. 
Diamanten,  Fahluner  309. 
Dichtungsringe,  Metall  für  23. 
Differenzialspindeln  für  Kerne  144. 
Docke  640. 

Doppelsupportdrehbank  651. 
Doppelt  T-eisen-Kaliber  493. 
Draht,  Anfertigung  537. 
Drahtstifte  845. 

Drahtziehereien,  Anlage  der  545. 
Drehbank  637. 

—  Gurvensupport-  652. 

—  Doppelsupport-  651. 

—  Duplex-  651. 

—  Fusstritt-  639. 

—  Plan-  647. 

—  Prisma-  640. 

—  Spitzen-  643. 

—  Universal-  655. 


Drehbank  zum  Schraabensclmeiden  835. 

—  „     Kemdrehen    in    Qiesse- 
reien  145. 

—  Literatur  664. 
Drehbanksdocke  640. 
Drehbanksspindel  640. 
Drehbogen  686. 
Dr^en,  G^erathe  zum  636. 

—  Arbeitsverfahren  659. 
Drehstuhl  636.      * 

Dreiwalzensysteme  bei  Walzwerken  506. 
Drillbogen  686. 

DriUbohrer  687. 
Drücken  731. 
Dünnflüssigkeit  92. 
Duplei^hrmaschine  698. 
Duplezdrehb&nke  651. 
Durchschlag  458,  584. 
Durchschnitt,  siehe  Durchstoss. 
Durchstoes  585. 
Durchstossen,  Vorgänge  beim  557. 

—  Oer&the  zum  584. 


K 


Ehern  12. 

Eigenschaften  der  Metalle  19. 
E^guss  bei  Gussformen  150,  154. 
Einsatzhartnng  334. 
Eisen,  vergl.  Gusseisen,  Gussstahl,  Roh- 
eisen, Schmiedeeisen,  StahL 

—  in  Legirungen  332,  335. 
Eisenbahnschienen,     Kalibrirnng     der 

Walzen  für  491. 

—  aus  Bessemereisen  508. 

—  Abschneiden  der  Enden  der  629. 
Eisenkitt  748. 

Eisenspaltwerk  582. 

Elasticitat  322. 

Elasticitätsgrenze  322. 

EUipsenrfider  565. 

Emailliren  783. 

Erz  12. 

Esse  bei  Giessereiflanimöftn  243. 

—  ,    Oupolöfen  286. 
Ezcentrische  Getriebe  565. 

—  Kurbdachleife  566. 


p. 

Pa^oneisen  490. 

PaQonstacke  fOr  Böhien  S14. 

Pahluner  Diamanten  309. 

Fallenversohluas  883. 

Pallwerke  408. 

Falzen  746. 

Falzmaschine  718. 

Fftrbe  der  Metalle  imd  Leginingen 

Färben  755. 

Faroot's  Dampfbammer  446. 


Alphabetisches  Sachregister. 


901 


Federhammer  415. 

Federn,  Anfiertigiuig  in  Walzwerken  495. 

Feile  630. 

Feilkloben  42. 

Feilmasohinen  610. 

—  Literatur  625. 
Feldsdhmieden  358. 
Fertig:walzen  485. 
Festigkeit  der  Metalle  19, 
Festludten,  Gerathe  zum  39. 
Fiedelbogen  686. 

Finne  des  Hammers  397. 
Firnissen  788. 
Fittings  814. 
Flacheisenkaliber  488. 
Flachmeissel  595. 

Flammenloch'    bei    Giessereiflammöfen 
237. 

—  bei  Schweiss-  und  Glühöfen  364. 
Flammöfen,  vergleiche  Herdflammöfen, 

Tiegelflammöfen,  Sohweisaöfen, 

Glühöfen. 
Formbänke  in  Giessereien  312. 
Formbretter  141. 
Formerei  111. 

—  -Werkzeuge  146. 
Formgebimg    durch    Schmelzen    und 

Giessen  89. 

—  durch  äussere  Kräfte  322. 

—  j,       Trennung  549. 
Formkasten  136. 
Formmaschinen  192. 
Formmaterialien  112. 
Formsand  112. 
Fortrückungsbewegung  der  Werkzeuge 

562. 
Französisches  Schloss  886. 
Fräsen  665. 
Fräsmaschine  665. 
-Freie  Formerei  157. 
Freistehende  Bohrmaschine  693. 
Frictionshammer  414. 
Fritz 'scher  Walztisch  497. 
Fritz 'sches  Walzwerk  508. 
Fuchs  bei  Giessereiflammöfen  243. 

—  ,   Schweiss-  und  Glühöfen  366, 
Fahrer  beim  Drehen  659. 
Fasshammer  400. 
Fusstrittdrehbank  639. 


o. 


Gabeln,  Anfertigung  843. 

—  „         neusilbemer,  in 

Walzwerken  494. 
Gabelp&nnen  296. 
Galvanische  Ueberzüge  771. 
Gares  Boheisen  17. 
Gase  heim  Giessen  102. 
Ghurfeuernng  für  Tiegelöfen  222,  224. 


Gasfeuerung  für  Schweiss-  und  Glüh- 
öfen 380. 
Gebläse  73. 

—  für  Oupolöfen  266. 

—  ,    Schmiedefeuer  355. 

—  Literatur  86. 
Gefössöfen  387. 

Gefüge,  Beeinflussung  durch  die  Ab- 
kühlung 109. 

Gehänge  an  Formkasten  141. 

Gelbgiesser  10. 

Gelbkupfer  10. 

Geräthe  zum  Abmessen  und  Anzeichnen 
32. 

—  zum  Festhalten  39. 

—  „     Heben  und  Transportiren  44. 
Geschützmetall  11. 

—  Schwindung  96. 
Gesenke  456,  476. 
Gewerbseigenschaften  19. 
Gewindebohrer  834. 
GichUufeüge  66. 
Giessen  87,  295. 

Giessereien,    Anlage  und  Einrichtung 

der  311. 
Giessereiflammöfen  238. 
Giessinstrument    der  Schriftgiessereien 

798. 
Giesspfannen  295. 
Giesspumpe  304,  799. 
Glanzblech  778. 
Glockenbronze,  Glockenmetall  11. 

Schwindung  96. 

Glühöfen  363. 

Gold,  Dehnbarkeit  326. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Schmelzpunkt  90. 

—  spedflsches  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  me- 
chanische Abnutzung  21. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  30. 

Gosse,  beim  Giessen  303. 
Grabstichel  594. 

Graues  Boheisen  14;  vergl.  auch  Guss- 
eisen. 
Grelles  Boheisen  18. 
Grund  (beim  Emailliren)  786. 
Grünspan  29. 
Goillochiren  662. 
Guillochirmaschinen  663. 
Gusseisen  14. 

—  Beeinflussung  des  Gefüges  und 
der  Eigenschaften  durch  die  Ab- 
kühlung 110. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Gasentwickelung  beim  Giessen 
105. 

—  Schmelzpunkt  90. 

—  Sohwindung  96.  i 


902 


Alphabetiflches  Sachregister. 


Qnafleiflen,  specifltehes  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  29. 

—  Widerstandslähigkeit  gegen  me- 
chanische Ahnntznng  21. 

Gassformen,  Herstellung  der  111. 

—  ans  starrem  Hateriale  19ö. 

—  für  Zinngiesser  200. 
Gassschalen  202. 
Gassstahl,  Dehnbarkeit  326. 

—  Festigkeit  20. 

—  Gasentwickelong    beim    Giessen 
105. 

—  Schmelzpunkt  90. 

—  Schwindung  96. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  me- 
chanische Abnutzung  21. 


H. 


Halbirtes  Boheisen  17. 
Hanmier  395. 

—  Anordnung  der  Hämmer  in  den 
Schmiedewerkstätten  542. 

—  zum  Biegen  716. 

—  Literatur  454. 
Handbohrmaschine  691. 
Handhammer  398. 
Handpfannen  295. 
Handsäge  627. 
Handscheeren  571. 
Hartblei  12. 

—  specif.  Gewicht  26. 
Hartborsten  205,  337. 
Härte  333. 

Härten  des  Stahls  337. 
Hartguss  202. 

—  Gattirung  für  291. 
Hartloth  738. 
Hartwalzen  205. 
Haspel  66. 

Ha s well*  sehe  Schmiedepresse  468. 
Hanptbewegung  der  Werkzeuge  562. 
Hebelscheeren  570. 
Heben,  Geräthe  zum  44. 
Hemde  bei  Gussformen  158. 
Herd  in  der  Giesserei  147. 

—  bei  Giessereiflammöfen  238. 

—  „     Schweiss-  und  Glühöfen  364. 
Herdflammöfen  für  Erhitzung  schmied- 
barer Metalle  363. 

—  für  Giessereien  233. 

—  „    Tiegelschmelzen  223. 

—  Einbau  248. 

—  Wirkungsgrad  261,  386. 
Herdformerei  147. 

Herz  659. 

Hobel  bei  Zinnformen  200. 

—  als  schneidendes  Werkzeug  596. 

—  für  Typen  803. 
Hobelmaschinen  597 ;  vergl.  auch  Plan- 


bobelmaschine,  Feihnasclmie,  Nu* 
thenstossmaschlne. 

Hohlgefässe,  Anfertigung   durch  Trei- 
ben 463. 
—    Anfertigung  durch  Preeaen  479. 

Hohlzirkel  34. 

Holley'scbes  Walzwerk  508. 

Horizontalbohrmaschinen  675. 


Irisiren  780. 
Justirmaschine  863. 


K. 


Ka<1minm,  specif.  Gewicht  24. 

KaUber  484. 

Kalibrirung   für  Duowalzwerke    vergL 
Spitzbogenkaliber,    Bundeisen- 
kaliber, Eisenbahnschienenkaliber. 

—  für  Triowalzwerke  506. 
Kaltbruch  328. 
Kammwalzen  504. 
Kapselgebläse  77. 
Käsekitt  744. 
KastenfÖrmerei  151. 
Kehrwalzwerke  513. 

Kellen  295. 

Keller  und Banning's  Dampfhammer 

448. 
Kerne  für  Gnssformen  111. 

—  „  ,  Anfertigung    der 
156,  166. 

Kerne    für    Gassformen    aus    starrem 

Materiale  198. 
Kemdrehbänke  145. 
Kemdrücker  s.  Kern  kästen. 
Kemeisen  145. 
Kemkasten  129,  133. 
Kemmarken  130. 
Kemrüstungen  142. 
Kemspindehi  143. 
Kei'usteifen  154. 
Kernstücke  133. 
Kemstützen  154. 
Kessel  zum  Schmelzen  213. 

—  kupferne  463. 
Kipppfannen  302. 
Kitten  742. 
Klappe  827. 
Kneipzangen  43,  596. 
Knopfrad  876. 

Kohle  für  die  Formerei  118. 
Kohlensäure,  Einflüsse  der  28. 
Kohlenstoff  im  Eisen  13,  17,  328,  334. 
Kollermühlen  124. 
Kopf,  verlonver  100. 
Kopfwalzwerke  520,  724. 
Körting's  BampfitrahJgebl&ae  82. 


Alphabetisches  Sachregister. 


903 


Krahn  46. 

—  Anordnimg  der  Krahne  in  Qiesfle- 
reien  317. 

—  Literatur. 
Krahnbohrmasohine  695. 
Krahnbaken  65. 
Erahnpfannen  297. 
Kreissägen  628. 
Kreissoheeren  579. 
Kreuzmeissel  594. 
Kronenbohrer  700. 
Krummzieben  der  Gnssetücke  101. 
Kapier,  Beimengungen  im  14, 

—  Dehnbarkeit  326,  330. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Oasentwickelong    beim    Oieseen 
103. 

—  Schmelzpunkt  90. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflftsse  29. 

Kupferhammer  404. 
Kupferlegirungen  10,  20,  28,  24,  27. 
Kupferozydul  im  Kupfer  14,  103,  330. 
Kupferröhren  816. 

Kurbelbewegnng  bei  Werkzeugmaschi- 
nen 564. 
Kurbelschleife,  excentrisohe  566. 


L. 


Lackiren  783. 

Langlochbohrmasohinen  700. 
Lauth'sches  Walzwerk  510. 
Legirungen  5. 

—  constante  7. 

—  Farbe  27. 

—  Härte  22. 

—  Schmelzbarkeit  90. 

—  Schmelzen  der  228« 

—  Schwindung  99. 

—  speciflsohes  (Gewicht  24. 

—  Einwirkung  rascher  Abkühlung 
110. 

Lehm  117. 
Lehmformerei  157. 
Lehnmiischmaschine  126. 
Lehrbretter  141. 
Lehren  85. 
Leierziehbänke  584. 
Leitspindel  644. 
Lettemgiesserei  797. 
Lettemgiessmaschiue  800. 
Lochbohren,  Geräthe  zum  682. 
Lochen  465,  584. 

—  Vorgänge  beim  557. 
Lochmaschinen  585. 

—  Literatur  593. 
Lochting  458,  584. 
Lochstempel  584. 
Lochwerk  siehe  Lochmaschine. 


Löffel,  Herstellung  der  Löffel  in  Walz- 
werken 494. 
Löthen  736. 
Löthkolben  740. 
Löthrohr  741. 
Lünette  660. 

M. 

Maassstab  32. 
Mangan  im  Roheisen  14. 
— •         ,    Stahle  22. 

—  „    schmiedbaren  Eisen  329. 
Mannheimer  Gold  10. 
Manometer  bei  Oupolöfen  289. 
Mantel  bei  Gussformen  157. 
Martinöfen  258. 

Maschinen  zur  Formerei  192. 

Maschinenscheeren  572. 

Masse  in  der  Formerei  115. 

Matrize  584,  730. 

Maulscheeren  570. 

Medaillen,  Bronzirung  der  779. 

Meissel  594. 

Mennigekitt  743. 

Messer,  Anfertigung  der  842. 

Messing  9. 

—  Dehnbarkeit  827. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Schmelzpunkt  92. 

—  Schwindung  96,  99. 
MetaU  5. 

Mikrometerzirkel  35. 
Mitnehmer  641. 

Möbelnägel,  Anfertigung  der  854. 

Modelle  129. 

Molecule  321. 

Mönch  584. 

Morrison' B  Dampfhammer  437. 

Muffelofen  für  Bleche  388. 

—  zum  Emailliren  792. 
Muntzmetall  10. 
Münzen,  altrömische  10. 

—  Anfertigung  der  856. 
Münzfüss  859. 
Muttemmaschinen  838. 


N. 

Nägel,  Walzen  fär  Kageleisen  493. 

—  Anfertigung  der  845. 
Nähnadeln,  Anfertigung  der  878. 
Nasmyth'scher  Dampfhammer  423. 
Naylor's  ,  442, 
KeiisUber  12. 

—  Farbe  28. 

—  Festigkeit  20. 

—  spedflsches  Gewicht  24. 
Neusilberbleche,  Glühofen  für  374,  388. 


904 


Alphabetisches  Sachregister. 


Hickel,  Dehnbarkeit  327. 

—  Farbe  27. 

—  Oasentwickelong    beim    Giessem 
106. 

—  specifischeB  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  31. 

Kickelbronze  20. 
Nickellegimngen  12,  20,  28. 

—  Gkisentwickelong    beim    Giessen 
der  106. 

Niello  785. 
Nieten  747. 
Nietmascbinen  749. 
Nnthenbohrmaschinen  700. 
Kuthenstossmaschine  620. 


o. 


Oberdampf,  bei  Dampfhämmern  444. 

Oberflächenhartung  334. 

Ovaldrehen  653. 

Ovalkaliber  486. 

Ovalwerk  653. 

Oxydation,  als  Erhaltungsarbeit  777. 

Oxydirtes  Silber  31. 

P. 

Packetiren  467. 

Parallelhämmer  407. 

Parallelscheeren  574. 

Parallelschranbstock  42. 

Patina  29,  780. 

Patrize  730. 

Pattinson'scher  EntBilberungsprocess 

7. 
Periodische  Kaliber  493. 
Pfumen  zum  Giessen  295. 
Phosphor,  im  Eisen  329. 
Phosphorbronze  15. 

—  Dehnbarkeit  327. 

—  Farbe  28. 

—  Festigkeit  20. 

—  Schmelzpunkt  92. 
Phosphorkupfer  15. 
Phosphorzinn  15. 
Pinchbeak  10. 
Pinzetten  43. 
Plandrehbank  647. 
Planhobelmaschine  597. 

—  Literatur  625. 
Planscheibe  641,  646. 
Platin,  Dehnbarkeit  326. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  speciSsches  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  31. 

^-    Widerstandsfilhigkeit  gegen  me- 
chanische Abnutzmig  21, 


Platin,  Schmelzofen  für  255. 
Piattirte  Bleche  527. 
Pneumatische  Hämmer  418. 
Polen,  des  Kupfers  104. 
Poliren  709,  762. 
Polirpulyer  712. 
Polterwerk  537. 

Ponsard's  Feuerung  225,  383. 
Prägen  734. 

—    der  Münzen  866. 
Pragmaschinen  868. 
Preise  der  Metalle  31. 
Pressen  468,  588,  717,  730,  749. 
Prinzmetall  10. 
Prismadrehbank  640. 
Pumpenstiefel,  Metall  für  23. 
Ponzen  729. 
Putzen  584. 


Q. 

Quadrateisenkaliber  489. 


R. 


Bäderdrehbank  650. 

Badialbohrmaschine  695. 

Badreifen,  Befestigung  auf  den  Achsen 

745. 
Badreifenwalzwerk  521. 
Bahmenhämmer  407. 
Bahmenscheeren  574. 
Bändelmaschinen  863., 
Basirmesser,  Anfertigung  der  843. 
Bäumahle  705. 

Begen,  Einflüsse  des  Begens  28. 
Begeneratiyfeuerung ,      für     Giesserei- 

flammöfen  257. 

—  für  Schweiss-  und  Glühdfen  385. 

—  „    Tiegelschmelzöfen  226. 
Beibahle  705. 
Beifenbiegmaschine  722. 
Beifenwalzwerke  521. 
Beissmaass  36. 

Beitnagel  640. 
Beitstock  640. 
Beversirwalzwerke  513. 
Biegelverschluss  >  885. 
Biemenhammer  409. 
Boheisen,  gares  17. 

—  graues  14,  90. 

—  grelles  18. 

—  halbirtes  17. 

—  weisses  14,  90. 

—  vergl.  auch  Gusseisen. 
Bohren,  gusseiseme  805. 

—  sc^iedeeiseme  810. 

—  kapferne  816. 

—  Blei-  und  Zinn-  818. 
Bohrwandbohrer  683. 


Alphabetisches  Sachregister. 


906 


Bohstoff  2. 

Bollenbohrer  686. 

Boot  Busches  Gebläse  77. 

Böse 'sehe  Legining  94. 

Bosten  des  Eisens  28. 

Bostfläche  bei  Giessereiflaminöfen  237. 

—  bei  Schweiss-  nnd  Glühöfen  364. 
Bostkitt  743. 

Bothbrnch  328. 
Bothg^ss  9,  28. 
Bondhobelmaschinen  610. 
Bandstabkaliber  489. 
Büstnngen  der  Gnssformen  136. 

—  der  Kerne  142. 


s. 


Säbel,  Anfertigong  der  844. 
Säge  625. 
Saigerung  110. 
Sandleiste  138. 
Sauerstoff  im  Kupfer  14. 

—  in  der  Luft,  Einflüsse  des  Sauer- 
stoffs 28. 

Schaben  557. 

—  Geräthe  zum  705. 
Schaber  705. 
Schablonen  129,  134. 
SohablonenfÖrmerei  156. 
Schachtöfen  zum  Metallschmelzen  264. 
Schalenguss  202. 

Schaltbewegung  der  Werkzeuge  562. 
Schaltzeug  568. 

Bcheeren  570. 

—  Literatur  593. 

—  Anfertigung  der  843. 
Scheibenziehbänke  534. 
Schellhammer  748. 
Schienenkaliber  491. 
Schlageloth  738. 
Schleifen,  Geräthe  zum  707. 
Schleifinaschine  712. 
Schleifsteine  710. 
Schleppwalzen  504. 
Schleppzangenziehbank  531. 
Schlichten  561. 
Schlösser  883. 

Schlüssel  883. 
Schmelzapparate  212. 

—  Lage  derselben  im  Gebäude  313. 
Schmelzbarkeit  89. 

Schmelzen  der  Metalle  211. 
Schmelzöfen  siehe  Schmelzapparate. 
Schmelztemperatur  90. 
Schmiedeeisen  14. 
~    Dehnbarkeit  326,  329. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  speciflsohes  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  me- 
chanische Abnutzung  21. 


Schmiedefeuer  349. 

—  Anordnung    derselben     in    den 
Werkstätten  542. 

Schmiedeform  350. 

Schmieden  461. 

Schmiedemaschinen  458. 

Schmiedepresse  468. 

Schmiege  36. 

Schmirgel  711. 

Schmucksachen,  Anfertigung  730. 

Schnee,  Einflüsse  des  Schnees  28. 

Schneidbacken  825. 

Schneideisen  824. 

Schneiden  549. 

—  (Geräthe  zum  594. 
Schneidkante  549. 
Schneidklinge  824. 
Scbneidkluppe  827. 
Schneidräder  666. 

Schneidwaaren,  Anfertigung  der  841. 
Schneidwerk  582. 
Schneidwinkel  549,  552. 
Schneidzeug  834. 
Schnellhämmer  447. 

Schnellloth  738. 

SchneUwalzwerk  507. 

Schornstein  siehe  Esse. 

Schrägmaass  36. 

Schrauben,  Anfertigung  der  821. 

Schraubenmuttern,  Anfertigung  der  821. 

Schraubenpresse  586. 

Schraubenschneidmaschine  828. 

Schraubenzwinge  39. 

Schraubstock  40. 

Schriftgiesserei  797. 

Schriftmetall  798. 

Schroppen  561. 

Schrote  584. 

Schrotgiesserei  796. 

Schrotmeissel  457. 

Schrumpftaiaass  siehe  Schwindnng. 

Schublehren  35. 

Schubwinkel  36. 

Schwanzhammer  404. 

Schwefel,  im  Eisen  329. 

Schweissbarkeit  341. 

Schweissen  des  Gusseisens  307. 

—  des    schmiedbaren   Eisens     341, 
466,  736. 

Schweissöfen  363. 

—  Anordnung    in    den    Gebäuden 
553. 

Schweisspulver  345. 
Schwenkguss  308. 
Schwindung  beim  Giessen  93^. 

—  beim  Walzen  487. 
Schwungrad  bei  Walzwerken  505. 
Seller*s  Dampfhammer  450. 

—  Schraubenschneidmaschine  830. 
SemÜor  10. 

Setzhämmer  455. 
SetzBtock  660. 


906 


Alphabetisches  Sachregisten 


ShapisginaBohine  610. 

—  Literatur  625. 
SioherheitsschlÖBser  890. 

Sioke,  Sickenhammer,  Sickenatock  716. 

Sickenmaschine  724. 

Sickenzu^  727. 

Siederöhren,  Anfertignng  der  812. 

Siemens 'sehe  Feuenmg,  siehe  Bege- 

nerativfeuemng. 
Silber,  Dehnbarkeit  826. 

—  Parbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Schmelzpunkt  90. 

—  specifisches  Gewicht  24. 

—  Spratzen  des  Silbers  105. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  SO. 

—  Widerstandsfähigkeit  g^gen  me- 
chanische Abnutzung  21. 

Silicium,  im  Boheisen  14,  17. 

—  im  schmiedbaren  Eisen  329. 
Spaltwerk  583. 

Spanbildung  550. 
Spannung  in  Gussstücken  97. 
Specielle  Technologie  3,  793. 
Specifisches  Gewicht  der  Metalle  und 

Legirungen  23. 
Sperrhorn  400. 
Sperrzeug  568. 
Spiegelmetall  12. 
Spiel  des  Gusseisens  18. 
Spindel  an  Drehbänken  640. 

—  der  Kerne  143. 
Spindelstock  640. 
Spiralbohrer  686. 
Spitzbogenkaliber  488. 
Spitzbohrer  684. 
Spitzdocke  640. 
Spratzen  des  Kupfers  103. 

—  des  Silbers  105. 
Sprödigkeit  323. 
Staffelwalzen  495. 
Staffordshireöfen  239. 
Stahl  14. 

—  Dehnbarkeit  326,  329. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Härtbarkeit  337. 

—  specifisches  Gewicht  24. 
Stahlbronze  206,  336. 
Stahlschreibfedem  873. 
Stangenzirkel  33. 

Stanzen  728. 
Stanzmaschinen  620. 
Statuenbronze  11. 

—  Schwindung  96. 
Statuenguss  158,  163. 
Stauchen  463. 
Stauchkaliber  486. 
Steamstriker  406. 
Stecknadeln  875. 
Stehender  Guss  150,  156. 


Stereotypplatten  804. 
SterrometaU  10. 

Steuerung  der  Dampfhämmer  419. 
Stichel  siehe  Werkzeuge. 
Stichelhaus  siehe  Support. 
Stielhämmer  397. 
Stielkloben  42. 
Stimhammer  401. 
Stöokchen  456. 
Stockscheeren  571. 
Stossmaschinen  620. 
Strähler  836. 
Strecken  362. 
Streokkaliber  486. 
Streichmaass  36. 
Streichnadel  36. 
Stroh  für  die  Formerei  127. 
Strohspinnmaschine  128. 
Stückgut  11. 
Stufenwalzen  495. 
Stürzguss  308. 
Sumpf  beim  Giessen  303. 
Sumpfofen  239. 

Support,  bei  Planhobelmaschinen  604. 
—    bei  Drehbänken  645,  649. 


T. 


Tafelsoheeren  571. 

Tapeziemägel  854. 

Taster  33. 

T-eisen-Kaliber  493. 

Textur  siehe  Gefnge. 

Theebretter,  Anfertigung  730. 

Thonschneider  126. 

Tiegel  218. 

Tiegelflanmiöfen  223. 

Tiegelherdöfen  223,  788. 

Tiegelschachtöfen  220. 

Tischkloben  42. 

Tombak  9. 

Tranamissionshammer  408. 

Transportwagen  49. 

Treiben  463,  728. 

Treibkitt  729. 

Trennungsarbeiten  549. 

Triowalzwerke  506. 

Tritthammer  400. 

Trockenkammern  für  Gussformen   und 

Kerne  170. 
—    Lage  derselben  in  den  Gebäuden 

313,  319. 
Trocken  wagen  in  Giessereien  191. 
Trocknen  der  Gussformen  169. 
Trommelapparate  für  Giessereien    121. 
Tuladosen  785. 

Türck's  Dampfhammer  446. 
Typengiesserei  797. 
Typenhobel  803. 
Tyreswalzwerke  520. 


Alphabetisches  Sachregister. 


907 


U. 


Uchatius' Bronzegeschütze  206,  386. 
Ueberziehen  der  Metalle  762. 
Umschlageeisen  716. 
Universaldrehbank  655,  662. 
Universalfräsmaschine  667. 
Universalfütter  659. 
Universalplanscheibe  646. 
Universalwalzwerke  515. 
Unterbrochene  Kaliber  494. 
Unterlagen  fnr  Formkasten  141. 
Unterwind  bei  Flammöfen  254,  376. 

V. 

Ventilatoren  74. 
Yentilkasten,  Metall  für  23. 
Vergleichende  Technologie  3,  5. 
Vergoldung,  galvanische  776. 

—  Feuervergoldnng  777. 

—  mit  Blattgold  783. 
Verlorne  Köpfe  100. 
Vermessingen  773. 
Vernickeln  775. 
Versatzräder  563. 
Verschönerung,  Arbeiten  znr  V54. 
Versilberung,  galvanische  775. 

—  mit  Blattsilber  783. 
Vertioalbohrmaschinen  691. 
Verticalhobelmaschinen  620. 
Verzinken  770. 
Verzinnen  765. 

—  galvanisches  774. 
Vexiere  896. 
Vorbängeschloss  889. 
Vorwalzen  485. 


w. 

Wagen  zum  Transportiren  44. 
Walzen  482. 
Walzengetriebe  504. 
Walzenkupplungen  503. 
Walzenständer  498. 

—  für  Triowalzwerke  508. 
Walzentiscli  496. 
Walzlinie  486. 
Walzwerke  480. 

—  Arbeitsverbraucb  der  525. 

—  Anordnung    der   Walzwerke    in 
den  Gebäuden  558. 

—  Literatur  528. 

—  zum  Biegen  721. 
Wandbobrmaschine  697. 
Wasserdampf,   Einflüsse  desselben   28. 
Wecbselräder  563. 

Weichloth  738. 


Weissbleoh  766. 
Weisses  Bobeisen  14. 

Schmelzpunkt  90. 

Weissguss  23. 
Weissloth  738. 
Weissmetall  12. 

—  specifisches  (Gewicht  26. 
Wendeisen  674. 
Werkzeuge  der  Formerei  146. 

—  zum  Schneiden  550. 

—  Bewegungsverbältnisse  der  560. 
Werkzeugmaschinen  560. 

—  Literatur  569. 
Widerstandsfähigkeit  gegen  chemische 

Einflüsse  28. 

—  gegen  mechanische  Abnutzung  2 1  • 
Winkeleisenkaliber  492. 
Winkelhaken  803. 

Winkelmaass  35. 

Wippe  877. 

Wirkungsgrad  der  Gupolöfen  291. 

—  der  Gefässöfen  zum  Glühen  391. 

—  ,    Herdflammöfen    für    Giesse- 
reien  261. 

—  der  Kessel  217. 

—  M    Schmiedefeuer  361. 

—  „    Schweiss-  und  Glühöfen  386. 

—  „    Tiegelschmelzöfen  230. 

—  „    Trockenkammern  188. 
Wismuth,  Schmelzpunkt  90. 

—  specifisches  (Gewicht  24. 

—  Legirungen  des  Wismuths  91,  94. 

—  im  Kupfer  831. 
Wolfhunstahl  22,  334. 
Wulstmaschine  720. 


z. 


Zähigkeit  321. 
Zain  861. 
Zainen  362. 
Zangen  43. 
Zapfenlagermetall  22. 
Ziehbänke  529. 

—  zum  Biegen  726. 
Zieheisen  536. 
Ziehen  529. 

—  Arbeitsverfahren  536. 
Zink,  Dehnbarkeit  326. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

—  Schmelzpunkt  90. 

—  Schwindung  96. 

—  specifisches  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfähigkeit  gegen  che- 
mische Einflüsse  29. 

—  Widerstandsföhigkeit  gegen  me- 
chanische Abnutzung  21. 

—  im  Kupfer  und  der  Bronze  331« 
Zinkbleche,  Ofen  für  890. 

—  Walzen  der  527. 


908 


Alphabetisches  Sachregister. 


Zinn,  Leffirongen  des  Zinna  10,  90. 

—  Dehnbarkeit  826. 

—  Farbe  27. 

—  Festigkeit  20. 

-T-    Schmelzpunkt  90. 
•^    Schwindung  96. 

—  speoififlchefl  Gewicht  24. 

—  Widerstandsfähigkeit  g^gen  che- 
mische Einflüsse  30. 

—  Widerstandsfthigkeit  gegen  me- 
chanische Abnutzung  21. 


Zinn  im  Kupfer  3S1,  835. 

—    Qussformen  för  200,  308. 
Zinnbrillanten  309. 
Zinngieaserei  200,  308. 
Zinnprobe  17. 
Zinnröhren  818. 
Zirkel  33. 

ZusammenfSgungsarbeiten  735. 
Zuschärftmgswinkel  549. 
Zwängyerbindungen  744. 
Zweiaaahnbohrer  700.