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Full text of "Die verwaltungsratsfrage der aktien-gesellschaften [microform], eine organisationsfrage"

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MASTER 

NEGATIVE 
NO.  94-82234 


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violation  of  the  Copyright  law. 


Author: 


Jaissle,  Immanuel 


Title: 


Die  Verwaltungsratsfrage 
der  aktien-gesellschaften 

Place: 

Zürich 

Date: 

1918 


MASTER  NEGATIVE  i 


COLUMBIA  UNrVERSITY  LIBRARIES 
PRESERVATION  DIVISION 

BIBLIOGRAPHIC  MICROFORM  TARGET 


ORIGINAL  MATERIAL  AS  FILMED  -    EXISTING  BIBLIOGRAPHIC  RECORD 


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Die  venvaltungsratsfrage  der  aktien- gesell aohaf- 
ten»  eine  organisationsfrage  ^vonj  •••  !•  Jaissle» 
Zürich,  Goessler,  1918. 

xii,  127  }?•     22^-  ora. 

Thesis,  Zürich,  1917. 
Bibliography:  p.  ix-xii. 


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School  of  Business 


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Die  Verwaltungsratsfrage 

der  Aktien-Gesellsdiafien,  eine 

Organisationsfrage 

Dr.  oec.  publ.  I.  JAISSLE 


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ZÜRICH 

Buchdruderei  H.  Gocssler  'S)  Cic. 

1918 


IRREGULÄR  PAGINATION 


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Inhaltsverzeidinis. 


Einleitung i 

A.  Die  Verwaltung  der  Aktiengesellschaft 3 

I.  Die  rechtliche  Stellung  der  Verwaltung  ....       3 
IL  Die  Organisation  der  Verwaltung 5 

1.  Die  Gliederung  der  Verwaltung 5 

a)  Das  eingliedrige  oder  Einheitssystem  ...       6 

b)  Das  zweigliedrige  System 7 

2.  Die  verschiedenen  Organisationsformen  der  Ver- 
waltung der  Aktiengesellschaft 9 

a)  Die  Geschäftsführung  innerhalb  der  Verwaltung 
nach  dem  O.-R 9 

b)  Die  Geschäftsführung  außerhalb  der  Verwaltung 
nach  dem  O.-R 11 

c)  Die  Geschäftsführung  teils  innerhalb,  teils 
außerhalb   der  Verwaltung  nach   dem  O.-R.     il 

3.  Die  Möglichkeit  eines  Vergleiches  zwischen  den 
Verwaltungsorganen    nach    dem    H.-G-B.    und 

nach  dem  O.-R 12 

a)   Die     verwaltenden    und    geschäftsführenden 

^  Organe  nach  dem  H.-G.-B.  .     .     .     .     .     .     13 

^       b)  Vorstand   und  Aufsichtsrat  im  Vergleich   zu 

der  Verwaltung  nach  dem  O.-R 13 

c)  Vorstand  und  Aufsichtsrat  im  Vergleich  zu 
dem  Verwaltungsrat  und  der  Direktion    .     ,     14 

d)  Der  deutsche  Vorstand  und  die  schweizerische 
Verwaltung 14 

e)  Vorstand  und  Aufsichtsrat,  ein  reines  Ver- 
waltungs-  bezw.  Aufsichtsorgan?      ....      15 

f)  Die  prinzipielle  Auffassung  der  Gesetzgeber 
des  deutschen  und  schweizerischen  Rechtes 
über  die  Verwaltungsorgane  . 17 

g)  Der  deutsche  Aufsichtsrat  in  praxi      ...      18 
h)  Der  schweizerische  Verwaltungsrat  in   praxi     19 

i)  Der  deutsche  Vorstand  und  die  schweizerische 

Direktion  in  praxi 20 

k)  Der  deutsche  Aufsichtsrat  und  die  schweize- 
rische Kontrollstelle .........     20 

III.  Die  Wahl  des  Verwaltungsrates     ......     21 

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1.  Die  Wahl  des  ersten  Verwaltungsrates     ...  21 

2.  Die  Wahl  des  Verwaltungsrates  durch  die 
Generalversammlung .  23 

a)  Die  Wahlvorbereitung 23 

b)  Die  gegenwärtige  Wahlpraxis 24 

c)  Die  Notwendigkeit   einqr  Reform   der  Wahl- 
praxis (Beispiele) 25 

d)  Der  Wahlmodus 28 

aa)  In  der  Gegenwart 28 

bb)  In  der  Zukunft  (Proporzsystem)     ...  31 

IV.  Die  aktive  Wahlfähigkeit 32 

1.  Die  Stimmenthaltung  der  Verwaltung  bei  ihrer 
Entlastung 32 

2.  Die  Ausübung  des  Stimmrechtes  auf  Grund 
eigener  Aktien 34 

3.  Die  Übertragung  des   Stimmrechtes     ....  34 
a)  Die  Politik  der  Sammlung  von  Vollmachten 

seitens  der  Banken 34 

aa)  Die  Technik  der  Sammlung  V.  Vollmachten  34 

bb)  Die  Gefahren  der  Sammlungspolitik  (Beisp.)  35 
cc)  Teilweise  Minderung  der  Gefahren  durch 

Einführung  der  Proporz  wähl      .     .     .     .  37 

dd)  Die  Teilnahme  an  der  Generalversammlung  38 

V.  Die  passive  Wahlfähigkeit 38 

1.  Der  Zweck  der  Aktionärqualität 38 

a)  In  theoretischer  Beziehung 38 

b)  In  praktischer  Beziehung 39 

2.  Statutarische  Bedingungen  als  Voraussetzung 
für  die  Wahl  in  den  Verwaltungsrat  (Wohnsitz, 
Nationalität  etc.) 41 

VI.  Die  Amtsdaucr 44 

VII.  Die  Zusammensetzung  des  Verwaltungsrates      .     .  47 

1.  Verschied.  Gruppierungen  seitensanderer  Autoren  48 

2.  Gruppierung  des  Verfassers 49 

a)  Reine  Kapitalinteresscn 49 

b)  Kapital-  und  geschäftspolitische  Interessen    .  5 1 

c)  Geschäftspolitische-,    Verwaltungs-    und    Ge- 
schäftsführungsintercsscn 59 

VIII.  Die  Kumulation  der  Verwaltungsratsstellen  .     .     .  61 

1.  Die  Gründe  für  die  Kumulierung    .           .     .     .  61 

2.  Die  Kritik  der  Kumulierung 63 

3.  Vorschläge  und  deren  Kritik 64 

IX.  Die  P'unktionen  des  Vervvaltungsrates      ....  65 

1.  Die  statutarische  Festlegung  der  Funktionen     .  65 

2.  Begriffsbestimmung  von  t verwaltender«  und  »ge- 
schäftsführender«. Tätigkeit  des  Verwaltungsrates  6j 

VI 


3.  Die  Verwaltungsfunktionen 68 

a)  Die  Verwaltungsfunktionen  nach  dem  Gesetz  68 

b)  Die  Verwaltungsfunktionen  nach  den  Statuten  7 1 

4.  Die  Geschäftsführungsfunktionen 75 

a)  Die  Geschäftsführungsfunktionen  nach  dem 
Gesetz .  yr 

aa)  Die  Aufgabe  der  Buchführung     ...  76 
bb)  Die  Aufgabe  der  Bilanz  und  deren  Auf- 
stellung      77 

a)  Reformbestrebungen  bezgl.  der  Auf- 
stellung der  Bilanz jj 

ß)  Reformbestrebungen  bezgl.  des  Aus- 
baues der  Geschäftsberichte     ...  78 

b)  Die  Geschäftsführungsfunktionen  nach  den 
Statuten jg 

c)  Die  schlechte  Geschäftsführung  als  Grund 
für  die  sog.  »Krache«  in  den  schweizerischen 
Unternehmungen 83 

5.  Die  Geschäftsfiihmngsfehler  eine  Folge  falscher 
Organisation 85 

a)  Aufstellung  und  Begründung  einer  zweck- 
mäßigen Organisationsform 85 

b)  Die  Lösung  der  Verantwortlichkeitsfrage 
durch  die  Organisation .  87 

c)  Der  Ausbau  der  Innenorganisation    ...  88 
aa)  Die  genaue  Festlegung  und  Abgrenzung 

der  Kompetenzen 88 

bb)  Die   Erhöhung   der   Verantwortung  der 

Verwaltungsratsmitglieder 89 

cc)  Die  Vertretung  der  Verwaltungsräte  durch 

Ersatzmänner 92 

dd)  Die  Notwendigkeit  der  Durchführung  der 

Organisationsbestimmungen      ....  93 

6.  Die  geschäftspolitischen  Funktionen  ....  93 

7.  Die  Geschäftsführungskontrolle 94 

a)  Die  mangelhafte  Ausübung 94 

b)  Die  Gründe  für  die  Unterlassung  ....  95 

c)  Die  Selbstkontrolle  des  Verwaltungsrates    .  95 

8.  Die  gesetzliche  Vertretungspflicht       ....  96 
X.  Die  Vergütung  des  Verwaltungsratcs      ....  98 

1.  Die  verschiedenen  Arten  der  Vergütung    .     .  98 

2.  Die  Art  der  Berechnung  der  Tantieme       .     .  99 

3.  Die  Höhe  der  Tantieme loi 

4.  Kritische  Betrachtungen  und  Vorschläge    .     .  102 
B.   Die  Kontrollstelle  der  Aktiengesellschaft            ...  105 

I.  Die  rechtliche  Stellung  der  Kontrollstelle   ...  105 

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IL  Die   wirtschaftliche   Stelkmg   und   Bedeutung  der 
Kontrollstelle  in  der  Gegenwart 

1 .  Die  Aufgaben  der  Kontrollstelle  nach  dem  Gesetz 

a)  Die   rechnerische   und    materielle    Kontrolle 

b)  Geschäfts führungskontrolle? 

2.  Die  Aufgaben  des  Kontrollorgans  der  deutschen 
Aktiengesellschaft 

3.  Die  Pflichten  der  Kontrollstelle  nach  den  Statuten 

a)  Die    mangelhafte   Festlegung   der    Kontroll- 
pflichten      

b)  Die    mangelhafte    Ausübung   der    Kontrolle 

4.  Die  Mißerfolge  der  Kontrollstelle       .... 

a)  Die  Abneigung    von  Verwaltungsräten   und 
Direktoren   gegen   die  gesetzliche  Kontrolle 

b)  Die  Ausübung  der  rechnerischen  Kontrolle 
III.  Der  Ausbau  der  Kontrollstelle 

1.  Notwendigkeit  der  Übertragung  der  Geschäfts- 
führungskontrolle an  die  Kontrollstelle    .     .     . 

a)  Die  Begründung  der  Übertragung      .     .     . 

b)  Die  Festlegung  der  Übertragung  .... 

2.  Regelung  der  Kontrollfrage  im  H.-G.-B.    .    ■. 

3.  Die   Ausübung  der  Pflichten   und   Rechte  des 
neuen  Kontrollorgans 

a)  Statuierung  der  Unabhängigkeit  der  Kontroll- 
stelle      

aa)  Staatliche  oder  private  Regelung.^     .     . 
bb)  Änderung  des  Wahlmodus  (Minderheits- 
vertretung)     

cc)  Vertretung    der     Obligationäre    in    der 

Kontrollstelle.^ 

a]  Begründung  der  Ablehnung 
ß)  Die    heutige    Obligationenpolitik   pri- 
vater Unternehmungen 

b)  Die  Durchführung  der  Kontrollpflichten 
aa)  Die     Qualifikation    der    Mitglieder    der 

Kontrollstelle 

«)  Die  Anforderungen  an  die  Qualifikation 

ß)  Die  Erbringung  des  Nachweises  der 

Qualifikation 

bb)  Die  Teilnahme  der  Kontrollstellcmit- 
glieder  an  den  Verwaltungsratssitzungen 

cc)  Die  Notwendigkeit  einer  ständigen  Kon- 
trolle und  deren  Durchführung     .     . 

dd)  Die  Kontrollberichte  . 

Schlußwort .... 


05 

05 

05 
07 

09 
10 

10 

II 
12 

12 

13 
14 

14 

14 
16 

17 

17 

18 
18 
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19 
20 

20 
22 

22 

22 

23 
24 

25 
26 

27 


Literatur^Nachweis. 


')    Bachmann,   »Das  Schweiz.  Obligationenrechtc,  Titel  23  bis 
Schluß,  mit  leicht   faßlichen  Erläuterungen,  herausgegeben 
von  Prof.  Bachmann,  Dr.  F.  Goetzinger,  Dr.  L.  Siegmund, 
Dr.  H.  Zeller,  Anm.   i   zu  Art.  649. 
Welti,  »Die  Organisation  der  Aktiengesellschaft«,  S.  42. 
Bachmann,  a.  a.  O.  Art.  649  Anm.  2. 
*)   Passow,    »Die   wirtschafdiche  Bedeutung  und  Organisation 

der  Aktiengesellschaft«  Jena   1907,  S.    150. 
*)   Haberstich,  Handbuch  zum  Schweiz.  O.-R.,  S.  542. 
**)   PVankfurter  Zeitung  vom   13.  IL   191 4. 
^)  Frankfurter  Zeitung  vom  5.  V.   1914. 
*)  Frankfurter  Zeitung  vom  24.  VII.   19 14. 
^)   Bachmann,  a.  a.  O.  Art.  640. 
'**)  Bachmann,  a.  a.  O.  Art.  640. 

' ')   »Die  Zukunft«,  von  Maximilian  Harden,  Aug.  1905,  S.  344  u.  flf. 
'*)   Warschauer,   Otto,    »Die   Reorganisation   des   Aufsichtsrat- 
wesens in  Deutschland«,  Berlin   1902,  S.  14. 
'^)   Warschauer,  a.  a.  O.,  S.   15,   16. 

'^)  Brockdorff,  Graf  von,  »Die  Reorganisation  des  Aufsichtsrat- 
wesens in  Deutschland«,  in  Annalen  des  Deutschen  Reiches, 
München   1902,  S.  735  ff.   »S.  7-/2«. 
'^)   »Der  Deutsche  Ökonomist«,  Jahrgang  1907,  S.  54,  55, 
'®)   Passow,  a.  a.  O.,  S.   199  Anm.  2. 
'•)  Bachmann,  a.  a.  O.  Art.  649. 

'^)  Simon,  »Firmen  als  Mitglieder  des  Aufsichtsrates  von  Aktien- 
gesellschaften», etc.  »Leipziger  Zeitschrift  für  Handels-,  Kon- 
kurs- und  Versicherungsrecht«    1908,  S.  i  —  24. 
*")  Stier- Somlo,    »Der    Aufsichtsrat   der   Aktiengesellschaft«, 

Leipzig  1905,  S.  20  flf.  und  S.  35. 
*®)  Warschauer,  a.  a.  O.,  S.  11,   12. 

*')  Tscharmann,  Paul,  »Der  Aufsichtsrat  der  Aktiengesellschaft« 
Leipzig  1896,  S.   18,   19. 
Passow,  a.  a.  O.,  S.   155  flf. 

Eulenburg,   »Die  Aufsichtsräte  der  deutschen   Aktiengesell- 
schaften in  Conrad 's  Jahrbüchern  für  National-Ökonomie  und 
Statistik.  III.  Folge,  Band  XXXII,  S.  92  flf.  »S.  92  und  93«. 
*^)   Eulenburg,  a,  a.  O.,  S.  98. 


VIII 


IX 


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-^)  Passow,  a.  a.  O.,  S.  155. 

*^)   Vergl.  Eulenburg,  a.  a.  O.,  S.  lOO. 

-^)  Jeidels,    »Das   Verhältnis   der   Deutschen    Großbanken   zur 

Industrie  bei  Schmoller«,  »Staats-  und  sozialwissenschaftliche 

Forschungen«.   Bd.   24,  II.   Heft,  S.    150. 
*^)   Frankfurter  Zeitung,  24.  Mai   191 2. 
^^)   Vergl.  Eulenburg,  a.  a.  O.,  S.  99. 
'®)   Salings  Börsenjahrbuch   1915/16,  Bd.  II,  S.  1419. 
^')   Saling,  a.  a.  O.,  S.   1418. 

Saling,  a.  a    O.,  S.   I4i9'20. 
O.,  S. 


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Saling, 


a.  a.  u.,  ^.   1437. 
Schweiz.  Finanz-Jahrbuch   191 4,  S.  467. 
Passow,  a.  a.  O.,  S.   164. 
Passow,  a.  a.  O.,  S.   164. 

»Adressbuch  der  Direktoren  u.  Aufsichtsräte«  191 7,  S.  386/387. 
»Zukunft«    1908,  S.  36—38. 
»Bank«  von  Lansburgh,   1908  II,  S.    1031. 
Eulenburg,  a.  a.  O.,  S.   106. 
Passow,  a.  a.  O.,  S.   155. 

VVermert,  Georg,  »Zur  Reform   des  Aufsichtsrates  und  der 
Revision  bei  Aktiengesellschaften«  in  »Zeitschrift  für  die  ge- 
samte Staats  Wissenschaft«.  Tübingen  1906,  62.  Jahrg.,  S.474. 
Wermert,  a.  a.  O.,  S.  476. 
Stier-Somlo,  a.  a.  O.,  S.   32  und  33. 

*^)    Schanz,  in  »Münchener  Neueste  Nachrichten«  14.  Aug.  1901. 

)   Gemünd-Knödgen,  »  Wie  kann  unser  Aktienwesen  gesunden  .^« 

Mängel  im  deutschen  Aktienrecht  und  Vorschläge  zu  ihrer 

Beseitigung,    Köln   (ohne  Jahresangabe)  S.   16   ff.  und    19. 

Warschauer,  a.  a.  O.  S.    18. 

Lob,  »Das  Institut  des  Aufsichtsrates,  seine  Stellung  und 
Bedeutung  im  deutschen  Aktienrecht  und  der  deutschen  Volks- 
wirtschaft, die  Notwendigkeit  und  die  Möglichkeit  seiner  Re- 
form« in  Conrad's  Jahrbüchern,  III.  Folge,  Band  23,  S.  22. 

*^}   Eberstadt,    »Die   gegenwärtige   Krisis,    ihre    Ursachen   und 
die  Aufgaben  der  Gesetzgebung«    1902,  S.   32. 
Dietler,  »Die  rechtliche  Stellung  der  Verwaltung  der  Aktien- 
gesellschaft nach  den  Bestimmungen    des   Schweiz.    O.-R.« 
Luzern    1895,  S.  41   und  42. 
Bachmann,  a.  a.  0.,  Art.  661. 
Vergl.  auch  Dieder,  a.  a.  O.,  S.  43. 
Dietler,  a.  a.  O.,  S.   52. 

Töndury,  »Zur  Revision  des  Schweiz.  Aktienrechtes«  in 
Zeitschrift  für  Schweiz.  Recht,  Juli  191 5,  S.  480  (Töndury  I). 
Töndury  I,  S.  480. 

Meyer,  »Zur  Frage  eines  eidgenössischen  Bankgesetzes« 
Zürich   19 14,  S.  24. 


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")  Meyer,  a.  a.  O.,  S.  25. 
")  Meyer,  a.  a.  O.,  S.  27. 
*®)  Verschiedene  ^Expertenberichte. 
•®)  Meyer,  a.  a.  O.,  S.  37. 
••)  Meyer,  a.  a.  O.,  S.  37. 
^^)   Meyer,  a.  a.  O.,  S.  37. 

«^)   Keller-Huguenin,  »Zeitschrift   für  kaufmännisches  Bildungs- 
wesen« Juni /Juli   191 2,  S.  236. 
*)   Vergl.   auch   Hecht,   »Mißstände  im   Wesen   der  Aktienge- 
sellschaften« in  Holdheim's  Monatschrift,  Band  12,  S.  260  ff 
«'^l   Hecht,  a.  a.  O.,  S.  271. 
**)   Hecht,  a.  a.  C,  S.  271. 
*^)   Keller-Huguenin,  a.  a.  O.,  S.   229. 
««)  Töndury  I,  a.  a.  O.,  S.  477.  * 

•»)  Riesser,    »Zur  Aufsichtsratsfrage«    Berlin    1903,  S.  298   ff. 
'**)  Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659. 
^')  Dietler,  a.  a.  O.,  S.  36. 
")  Vergl.  auch  Warschauer,  a.  a.  O.,  S.   50  ff. 
")   Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  630. 
•^)   Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  630. 
'^l   Frankfurter  Zeitung,  29.  April    1913. 
^''J   Geschäftsberichte  der  Deutschen  Bank    1914. 
»  der  Dresdener  Bank   1914. 

»  der  Berliner  Handelsgesellschaft  19 14. 

»  der  Schweiz.  Kreditanstalt  191 3. 

»  des  Schweiz.  Bankvereins   1914, 

»  von  Leu  &  Co.   1914. 

'^")   Warschauer,  a.  a.  O.,  S.   53  ff. 
'®)  Vergl.  auch  Stier-Somlo,  a.  a.  O.,  S.  74  und  75. 
")   Von  Brockdorff,  a.  a.  O.,  S.  741,  742  ff. 
^^)   Eisenhut,  »Die  Kontrollorgane  der  Aktiengesellschaft  nach 

deutschem  und  schweizerischem  Recht«,  S.  97. 
**)  Töndury,     »Die     Organisation     der    Rechnungsprüfung«, 

Zürich    191 2,  S.   18  (Töndury  II). 
•*-)   Töndury  II,  a.  a.  O.,  S.   19. 
®*)  FoUiet,   Edouard,     »La   V^rification   des  comptes  dans  les 

Societes  par  Actions«,  S.  65. 
**)   Vergl.  auch  Töndury  I,  a.  a.  O.  S.  485. 
•^^l   Töndury  II,  a.  a.  O.,  S.   19. 
««)  Folliet,  a.  a.  O.,  S.  62. 
'*)  Töndury  II,  a.  a.  O.,  S.   19. 
^^)   Rehr,     »Zur    Revisorenfrage«,     »Schweiz.    Juristen  -  Ztg. «  . 

9.  Jahrgang  (191 2/ 13),  S.  27  ff. 
'^)  Töndury  I,  a.  a.  O.,  S.  483. 

"")   Von  Waldkirch,   »Revision  des  Schweiz.  Aktienrechtes«   in 
»Zeitschrift  für  Schweizer.  Recht«,  N.  F  23,  S.  658. 

XI 


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106 


107 
108 
109 
110 
III 


Passow,  a.  a.  O.,  S.  150. 


Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  673  Anm.   3. 
Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659  Anm.  2. 
Vergl.  Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659  Anm.  3. 
Vergl.  Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659  Anm.  3. 
Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659  Anm.  3. 
Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659  Anm.  3. 
Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659  Anm.   3. 
Zimmermann,  »Die  Jahresbilanz  der  Aktiengesellschaft  nach 
deutschem  und  schweizerischem  Recht«  Zürich  191 2,  S.  345  ff. 
Zimmermann,  a.  a.  O.,  S.  348. 
Bachmann,  a.  a.  O.,  Art.  659  Anm.  3. 
Gemünd-Knödgen,  a.  a.  O.,  S.  47. 

Tecklenburg,  »Organisation  der  Aktiengesellschaft«  in  Hold- 
heims Monatsschrift,  Bd.  18,  S.  277. 

Vergl.  auch  Tecklenburg  »Die  Proportionalwahl  in  Aktien- 
gesellschaften« in  Holdheim's  Monatsschrift  1905,  S.  117  ff. 
Otto  Falk,  »Die  Reform  des  Aufsichtsrates  der  deutschen 
Aktiengesellschaften«,  Frankfurt  a.  M.    19 14,  S.  60. 
Otto  Falk,  a.  a.  O.,  S.  64. 
Otto  Falk,  a.  a.  O.,  S.  69. 
Otto  Falk,  a.  a.  O.,  S.  74. 
Otto  Falk,  a.  a.  O.,  S.  86. 

A.  Lardelli,   »Das   Verhältnis   zwischen   Obligationen-   und 
Aktienkapital«,  »Neue  Züricher  Zeitung«  4.  September  1915- 
"-)   K.  Sender,    »Die  Praxis   der  Bücherführung  in  England«, 
Zürich   191 2,  S.   12. 


Einleitung. 


Wenn  wir  die  Entwicklung  und  den  gegenwärtigen 
Stand  des  Wirtschaftslebens  betrachten,  so  drängen 
sich  uns  zwei  Worte  auf  die  Lippen,  welche  Mittel  und 
Zweck  des  wirtschaftenden  Menschen  waren  und  auch 
heute  noch  sind:  Organisation  und  Konzentration. 
Diese  beiden  Begriffe  bilden  die  Grundlage  und  Richt- 
schnur für  den  Aufbau  eines  Riesengebildes,  das  in  sich, 
trotz  der  tausenderlei  Fäden,  welche  sich  in  demselben 
verschlingen,  eine  Einheit,  eine  Geschlossenheit  und 
Festigkeit  verkörpert  und  das  in  seiner  Gesamtheit 
nach  außen  und  innen  auf  Kraft  und  Macht  hinweist. 

Die  Organisation  ist  ein  organisch  auf-  und  aus- 
gebautes System,  dessen  Teile  und  Glieder  aus  innerer 
Zweckmäßigkeit  und  Notwendigkeit  heraus  angeordnet 
und  miteinander  verbunden  sind.  Sie  stellt  ein  System 
dar,  welches  nicht  mit  der  Gegenwart  abschließt,  sondern 
auch  Ansätze  für  die  Zukunft  bildet,  dessen  Grenzen 
nicht  abgesteckt,  sondern  fließend  sind.  Das  in  dem- 
selben einheitlich  wirkende  organisierende  Prinzip  leitet 
die  Kräfte  nach  den  Stellen,  an  denen  sie  am  wirt- 
schaftlichsten wirken.  So  bildet  die  Organisation  einen 
kraftsteigemden  Faktor,  ein  wirtschaftlich  wirkendes, 
nötiges  Element  und  ist  dadurch  sowohl  für  den  Einzelnen 
als  auch  für  die  Allgemeinheit  im  Wirtschaftsleben  eine 
große  Macht. 

Die  Konzentration  sucht  die,  durch  die  Organisation 
geschaffenen,  vielfach  verzweigten  Fäden  zusammenzu- 
fassen, Zentren  zu  bilden,  von  denen  aus  die  Gesamt- 
lage des  Wirtschaftslebens,  sowie  auch  die  einzelnen 
Zweige  desselben  klar  übersehen  und  beurteilt  werden 


XII 


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können.  Je  mehr  Wirtschaftsfäden  aus  dem  vielgestaltigen 
und  reich  gegliederten  Wirtschaftsorganismus  in  den 
einzelnen  Zentralen  desselben  zusammenlaufen,  um  so 
besser  kann  man  das  Wesen  und  Wirken  der  Wirt- 
schaftsvorgänge beobachten  und  verstehen.  Auf  diese 
Weise  gewinnt  man  die  Anhaltspunkte  und  Richt- 
linien für  ein  sicheres  wirtschafdiches  Handeln.  Die 
richtige  Disposition  führt  aber  zur  Beherrschung  der 
jeweiligen  und  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch  der 
zukünftigen  Wirtschaftslage..  So  haben  wir  auch  in  der 
Konzentration  einen  Wirtschaftsfaktor,  welcher  die  Keime 
zu  wirtschafdicher  Kraft  und  Macht  birgt. 

Auch  für  die  Lösung  der  in  der  vorliegenden  Arbeit 
steckenden  Probleme  waren  die  beiden  eenannten 
Faktoren  wegleitend.  Vielleicht  mag  dadurch  ein  Weg 
gefunden  werden,  der  für  die  Praxis  gangbar  und  zweck- 
entsprechend ist  und  den  zugleich  auch  die  Wissen- 
schaft sanktionieren  kann. 

Wenn  wir  in  der  Überschrift  unserer  Abhandlung 
uns  des  Wortes  »Verwaltungsratsfrage«  bedienten,  so 
liegt,  vom  rein  wissenschafdichen  Standpunkt  aus  be- 
trachtet, die  Vermutung  sehr  nahe,  daß  die  folgenden 
Ausführungen  nur  den  von  der  Gesetzgebung  und  der 
kaufmännischen  Praxis  geschaffenen  Verwaltungsrat  zum 
Gegenstand  der  Betrachtung  haben  könnten.  Das  ist 
aber  nicht  der  Fall.  Wir  wählten  diesen  Ausdruck, 
weil  wir  denken,  durch  denselben  nicht  nur  die  Be- 
trachtung der  im  schweizerischen  Obligationenrecht  fest- 
gelegten »Verwaltung«,  sondern  zugleich  auch  die 
Betrachtung  der  mit  derselben  in  ursächlichem  Zu- 
sammenhange stehenden  »Kontrollstelle«  rechtfertigen 
zu  können.  Erst  dadurch  glauben  wir,  die  Verwaltungs- 
ratsfrage richtig  verstehen  und  beurteilen  zu  können, 
wodurch  uns  auch  der  Schlüssel  zur  Lösung  derselben 
gegeben  zu  sein  scheint. 


A.  Die  Verwaltung 
der  Aktiengesellschaft. 


I.  Die  rechtliche  Stellung  der  Verwaltung. 

Die  »Verwaltung«  ist  ein  nach  Art.  642  O.-R. 
notwendiges  Organ  der  Aktiengesellschaften,  dessen 
Bedeutung  schon  aus  den  Verwaltungs-  (Art.  622,  657, 
Abs.  1  und  2  O.-R.  etc.)  und  Geschäftsführungskompe- 
tenzen  (Art.  650,1  O.-R.)  hervorgeht,  welche  teils  im 
Gesetz,  teils  in  den  Statuten  der  einzelnen  Gesell- 
schaften festgelegt  sind.  Durch  die  zweiseitige  Ver- 
ankerung  der  Pflichten  und  Rechte  dieses  Organs  wird 
eine  breite  Rechtsbasis  geschaffen,  welche  demselben 
die  Möglichkeit  gibt,  sich  dem  Bedürfnis  und  der  Eigen- 
art des  in  Betracht  kommenden  Unternehmens  anzu- 
passen, um  dadurch  der  großen  und  wichtigen  Aufgabe 
gerecht  zu  werden,  die  Gesetz  und  Praxis  an  dieses 
Organ  stellen. 

Die  Wichtigkeit,  welche  der  Gesetzgeber  der  Ver- 
waltung beimißt,  ist  aber  nicht  nur  darin  begründet, 
daß  er  dieselbe  mit  einer  Fülle  von  Macht  ausgestattet 
hat  und  dieselbe  innerhalb  einer  weiten  Rechtsgrenze 
angewendet  wissen  will,  sondern  auch  darin,  daß  er  ihr 
eine  große  Verantwortung  auferlegt.  Dies  geschieht 
durch  die  unabänderliche  Festlegung  von  wesendichen 
Rechten  und  Pflichten,  die  nur  von  der  Verwaltuncr  in 
ihrer  Gesamtheit  (z.  B.  Art.  622,  655,1,  657,1  und  2 
usw.  O.-R.)  oder  von  einzelnen  Mitgliedern  (Art.  650,1 


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O.-R.  usw.)  ausgeübt  werden  können  und  dürfen.  Eine 
Übertragung  derselben  an  Nichtmitglieder,  sofern  eine 
solche  zulässig  ist  (Art.  650,1  O.-R.),  kann  nur  unter 
der  Verantwortung  der  Verwaltung  geschehen.^) 

Als  ein  vom  Gesetz  gefordertes,  notwendiges  Organ 
der  Aktiengesellschaft  steht  die  Verwaltung  in  keinem 
Vertragsverhältnis  zu  der  Gesellschaft.  Obwohl  von 
der  Generalversammlung  gewählt,  ist  sie  doch  nach 
unserer  Auffassung  infolge  ihrer  Kompetenzen  kraft 
Gesetzes  innerhalb  ihres  Pflichtenkreises  durchaus  un- 
abhängig von  derselben  und  konstituiert  sich  innerhalb 
der  Gesellschaft  als  Behörde.^) 

Dagegen  liegt  dem  Verhältnis  des  einzelnen  Ver- 
waltungsmitgliedes zur  Gesellschaft  ein  Vertrag  zu 
Grunde,  der  durch  den  Wahlbeschluß  der  General- 
versammlung einerseits  und  die  Annahme  der  Wahl 
andererseits  zustandekommt.  Der  rechtlichen  Natur 
desselben  entsprechend  haben  wir  es  mit  einem  Auftrag 
zu  tun,  den  die  Gesellschaft  dem  einzelnen  Verwaltungs- 
mitgliede  als  solchem  erteilt.^) 

Als  Mitglieder  der  Verwaltung  im  Sinne  des  Art.  649 
O.-R.  kommen  nur  diejenigen  Personen  in  Frage,  die 
durch  die  Generalversammlunof  hierzu  bestimmt  sind. 
Dies  ist  wohl  zu  beachten,  da  uns  ein  Blick  in  die 
Statuten  einzelner  Gesellschaften  zeigt,  daß  die  Ver- 
waltung von  dem  in  Art.  650,1  O.-R.  gewährten  Recht, 
der  Übertragung  der  Geschäftsführung  auch  an  außer- 
halb der  Verwaltung  stehende  Personen,  ausgiebigen 
Gebrauch  macht.  Durch  die  Übertragung^^)  von  ge- 
schäftsführenden und  teilweise  auch  von  verwaltenden 
Funktionen  wird  keinesfalls  die  Mitgliedschaft  an  der 
Verwaltung  nach  Art.  649  O.-R.  begründet.  Wohl 
nehmen  die  mit  den  erwähnten  Funktionen  betrauten 
Personen  in  der  Praxis  vielfach  eine  den  Verwaltungs- 
mitgliedem  beigeordnete  und,  wenn  die  Fähigkeit  über 
die  Unfähigkeit  triumphiert,  gar  eine  übergeordnete 
Stelle  ein.  Doch  kann  dadurch  der  rechtliche  Unterschied 
nicht  verwischt  werden.     Die  Verwaltung  bleibt  für  die 


ihr  an  Dritte  übertragenen  Rechte  und  Pflichten  gegen- 
über der  Gesellschaft  voll  und  ganz  verantwortlich, 
während  die  von  ihr  beauftragten  Personen  nur  ihrem 
Auftraggeber  haften.  Diese  Tatsachen  müssen  bei  der 
Beurteilung  und  Betrachtung  der  Organisationsformen 
ins  Auge  gefaßt  werden,  die  auf  Grund  der  Bestimmung 
des  Art.  650,1  O.-R.  möglich  sind  und  die  wir  nun 
auf  Grund  der  Statuten  einzelner  Gesellschaften  fest- 
stellen wollen. 


IL  Die  Organisation  der  Verwaltung, 
1.  Die  Gliederung  der  Verwaltung. 

Wenn  wir  die  Statuten  vieler  Aktiengesellschaften 
durchlesen,  so  finden  wir  unter  den  Organen  der  Ge- 
sellschaft im  allgemeinen  nicht  den  von  den  Schöpfern 
des  Obligationenrechtes  gewählten  Ausdruck  »Ver- 
waltung«. Worauf  ist  dies  wohl  zurückzuführen? 
Haberstich^)  weist  mit  Recht  in  seinem  Handbuch  zum 
Schweizer.  Obligationenrecht  darauf  hin,  daß  der  Gesetz- 
geber durch  den  »glücklich  entdeckten  Begriff  der  Ver- 
waltung in  abstracto«  sich  über  die  Schwierigkeiten 
hinwegsetzt,  welche  durch  die  von  der  kaufmännischen 
Praxis  vorgenommenen  verschiedenartigen  Gliederungen 
der  verwaltenden  und  geschäftsführenden  Tätigkeit  ent- 
stehen, so  daß,  je  nach  der  im  einzelnen  Fall  bestehenden 
Gliederung  eine  allgemein  zutreffende  Bezeichnung  sehr 
schwer  zu  finden  ist.  Es  mußte  also  ein  Generalaus- 
druck gewählt  werden,  welcher  der  vorhandenen 
Gliederung  Rechnung  trägt,  welch  letztere  aber  auch 
in  jeder  bestehenden  Variation  demselben  untergeordnet 
werden  kann.  Dies  ist  mit  dem  Wort  »Verwaltung« 
erreicht  worden. 

Unterziehen  wir  nun  die  Statuten  der  Aktiengesell- 
schaften  einer   näheren   Betrachtung,    so   müssen   wir 


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zwei  Ausdrücke  als  vorherrschend  und  charakteristisch 
für  die  erwähnte  Gliederung  bezeichnen,  nämlich  »Ver- 
waltungsrat« und  »Direktion«.  Wir  begegnen  denselben 
als  Standardausdrücken  für  die  gesamte  Geschäftsleitung 
einer  Aktiengesellschaft  sowohl  in  den  ältesten  wie  in 
den  neuesten  Statuten.  Da  aber  die  Gliederung  der 
verwaltenden  und  geschäftsführenden  Tätigkeit  in  der 
Entwicklung  der  Aktiengesellschaften  nicht  zu  allen 
Zeiten  dieselbe  ist,  so  muß  auch  den  in  Frage  kommen- 
den Bezeichnungen  jeweils  eine  verschiedene  Bedeutung 
zugeschrieben  werden. 

a>  Das  eingliedrige  oder  Einheitssystem. 

Verfolgen  wir  die  Geschichte  dieser  Gliederung 
nach  den  Statuten  schweizerischer  Aktienofesellschaften, 
so  glauben  wir  dabei  zwei  Systeme  feststellen  zu  können. 
Wir  bezeichnen  das  älteste  und  ursprüngliche  als  ein- 
gliedriges oder  Einheitssystem.  Dieses  kennzeichnet 
sich  in  der  kaufmännischen  Praxis  durch  folgende  Merk- 
male, die  wir  in  der  reinsten  und  ausgeprägtesten  Form 
bei  der  Schweizer.  Exportgesellschaft  in  Zürich  vorfanden. 

Die  Gründer  der  Aktiengesellschaft  sind  fast  aus- 
schließlich alleinige  Aktionäre.  Sie  übernehmen  die 
Gesamtleitung  des  Unternehmens  und  konstituieren 
sich  in  dieser  Tätigkeit  als  »Verwaltungsrat«.  (Bei 
manchen  Gesellschaften  auch  »Ausschuß«  oder  »Vor- 
stand« genannt).  Innerhalb  dieses  Organs  tritt  auf 
Beschluß  des  Verwaltungsrates  eine  Arbeitsteilung  der- 
art ein,  daß  dem  einen  oder  andern  Mitoflied,  ent- 
sprechend  dessen  Fähigkeiten  und  Kenntnissen,  be- 
sondere Funktionen  übertragen  werden,  welche  auf 
dem  Gebiete  der  Geschäftsführung  auszuüben  sind. 
In  diesem  Fall  amten  die  betreffenden  Mitglieder  als 
»Direktoren«.  Außerdem  wird  eine  sog.  »Kommission« 
gebildet,  welcher  Kontrollfunktionen  übertragen  werden. 
Die  übrigen  Verwaltungsratsmitglieder  machen  ihren 
Einfluß   in    der    rein    verwaltenden   Tätigkeit   geltend. 


Aus  der  ganzen  Konstituierung  der  Geschäftsleitung 
gewinnt  man  den  Eindruck,  daß  nicht  der  Gedanke 
einer  »Kapitalassoziation«  für  die  Einkleidung  der  Unter- 
nehmen in  die  Form  einer  Aktiengesellschaft  ent- 
scheidend war,  sondern  daß  es  sich  vielmehr  um  einen 
Zusammenschluß  kapitalkräftiger  Einzeluntemehmer 
handelt,  welche  ihre  eigenen  zusammengelegten  Kapi- 
talien selbst  verwalten  wollen.  Diese  Unternehmer- 
Stellung  der  Verwaltungsräte  geht  auch  daraus  hervor, 
daß  selbst  die  sog.  Direktoren  keinen  fixen  Gehalt, 
sondern  nur  einen  prozentualen  Anteil  vom  Reingewinn 
erhalten. 

Die  Anwendung  der  Aktiengesellschaftsform  er- 
streckte sich  allmählich  auf  immer  weitere  Gebiete  des 
Wirtschaftslebens.  Der  Geschäftskreis  der  bestehenden 
Aktiengesellschaften  erweiterte  sich  und  neu  zu 
gründende  Unternehmungen  mußten,  wollten  sie  mit 
den  vorhandenen  in  Konkurrenz  treten,  auf  eine  breite 
Kapitalbasis  gestellt  werden.  Diese  Entwicklung  zwang 
die  Gründer  von  Aktiengesellschaften,  sich  die  nötigen 
Kapitalien  auch  aus  Kreisen  zu  beschaffen,  welche 
zugleich  für  die  Leitung  des  Unternehmens  nicht  in 
Frage  kommen  konnten.  Dadurch  war  auch  eine 
Änderung  des  bisherigen  Verwaltungstypus  der  Aktien- 
gesellschaft bedingt. 

b>  Das  zweigliedrige  System. 

Die  zweckentsprechende  äußerste  Ausnützung  der 
Kapitalien,  die  größere  Verantwortung  gegenüber  den 
mit  Kapital  beteiligten  Personen  stellte  immer  größere 
Anforderungen  an  die  Geschäftsführung.  Man  mußte 
bestrebt  sein,  tüchtige,  mit  den  für  die  betreffende 
Unternehmung  speziell  nötigen  Kenntnissen  ausge- 
rüstete Personen  zu  gewinnen,  ohne  dabei  in  Rück- 
sicht zu  ziehen,  ob  dieselben  Aktionäre  waren  oder  nicht. 
Dies  führte  zu  der  Ausgestaltung  eines  mehr  oder 
weniger  speziellen  Geschäftsführungsorganes,  das  dem 


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Verwaltungsorgan  gegenüber  gestellt  werden  kann. 
Damit  haben  wir  das  zweigliedrige  System. 

Auchhier  tritt  uns  einVerwaltungsratund  eine  Direktion 
entgegen,  nur  mit  dem  wesentlichen  und  für  uns  bedeut- 
samenUnterschiede,  daß  diese  AusdrückenunzweiOrgane 
repräsentieren,  die  mehr  oder  weniger  selbständig  sind. 

Die  Arbeitsteilung  findet  beim  zweigliedrigen  System 
nicht  innerhalb  eines  Organes  statt,  sondern  dieselbe 
tritt  in  einem  zweiteiligen  organischen  Ausbau  zutage, 
indem  der  Verwaltungsrat  ein  in  der  Hauptsache  ver- 
waltendes, die  Direktion  dagegen  ein  fast  ausschließ- 
lich geschäftsführendes  Organ  wird. 

Die  Feststellung  dieser  organischen  Zweiteilung 
hat  für  unsere  Darlegungen  zunächst  einen  doppelten 
Zweck,  indem  dieselbe  uns  zur  Begründung  des  von 
der  kaufmännischen  Praxis  geschaffenen  Ausdrucks 
»Verwaltungsrat«  dient  und  dann  auch  die  Unterlage 
für  die  bestehenden  Organisationsformen  bildet.  Treten 
wir  nun  der  ersten  Zweckbestimmung  nahe  und  werfen 
wir  die  Frage  auf:  Inwiefern  deckt  sich  der  Name  Ver- 
waltungsrat mit  der  Verwaltung  des  O.-R.  ? 

Nach  den  auf  Seite  4  gemachten  Ausführungen 
muß  in  jedem  einzelnen  Falle  festgestellt  werden,  ob 
die  Mitglieder  der  mit  der  Geschäftsführung  betrauten 
Direktion  auch  Mitglieder  der  Verwaltung  im  Sinne 
des  Art.  649  O.-R.  sind.  Die  Mitglieder  des  Ver- 
waltungsrates, wie  ihn  die  Praxis  geschaffen  hat,  sind 
auf  jeden  Fall  Mitglieder  der  Verwaltung  nach  dem  O.-R. 
Es  unterliegt  aber  wohl  keinem  Zweifel,  daß  dem  Ge- 
setzgeber der  Gedanke  vorschwebte,  für  die  A.-G.  ein 
Verwaltungsorgan  zu  schaffen,  das  Verwaltung  und 
Geschäftsführung  übernimmt.  In  der  Tat  ist  ja  der 
Verwaltungsrat  in  jedem  Fall  auch  als  Geschäfts- 
führungsorgan insofern  zu  betrachten,  als  er  die  volle 
Verantwortung  für  die  Geschäftsführung  hat,  selbst 
wenn  er  dieselbe  nicht  ausübt.  Wir  können  daher  den 
Namen  Verwaltungsrat  im  engeren  oder  weiteren  Sinn 
auslegen  und  anwenden. 


Im  engeren  Sinn  wird  der  Ausdruck  dann  aufgefaßt 
werden  müssen,  wenn  derselbe  ein  mit  verwaltender 
Tätigkeit  und  geschäftsführender  Verantwortung  be- 
trautes Organ  darstellt.  Neben  diesem  Verwaltungsrat 
tritt  dann  in  der  Praxis  die  geschäftsführende  Direktion  auf. 

Üben  nun  aber  die  Mitglieder  des  Verwaltungsrates 
außer  der  verwaltenden  auch  die  geschäftsführende 
Tätigkeit  aus,  dann  ist  der  Verwaltungsrat  identisch  mit 
der  Verwaltung  nach  Art.  649  O.-R.,  also  im  weiteren 
Sinne  angewandt  und  aufgefaßt. 

Aus  diesen  Darlegungen  ersehen  wir,  daß  die 
richtige  Beurteilung  und  wahre  Auslegung  der  Begriffe 
Verwaltungsrat  und  Direktion  erst  dadurch  möglich  ist, 
daß  wir  dieselben  in  Beziehung  setzen  zu  dem  Ver- 
waltungsbegriff des  Gesetzes,  welcher  die  gesamten 
Verwaltungs-  und  Geschäftsführungskompetenzen  der 
A.-G.,  sowie  die  Vertretung  in  sich  schließt. 


2.  Die  verschiedenen  Organisationsformen 
der  Verwaltung  der  Aktiengesellsdiaft. 

Auf  dieselbe  Art  und  Weise  gelangen  wir  zu  der 
oben  genannten  zweiten  Zweckbestimmung,  der  Fest- 
stellung der  in  der  Verwaltung  von  Aktiengesellschaften 
bestehenden  Organisationsformen.  Je  nach  der  Stellung 
der  Direktion  zum  Verwaltungsrat  im  Hinblick  auf  den 
gesetzlichen  Verwaltungsbegriff  sind  drei  Formen  der 
Organisation  zu  unterscheiden,  die  wir  im  folgenden 
betrachten  wollen. 

a>  Die  Geschäftsführung  innerhalb  der  Verwaltung 

nadi  dem  0.*R. 

Die  ursprüngliche,  einfachste  und  wohl  zugleich 
auch  diejenige  Organisationsform,  welche  dem  Gesetz- 
geber vorschwebte,  kennzeichnet  sich  dadurch,  daß  die 


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Vewaltung  und  Geschäftsführung  nur  von  Mitgliedern 
der  Verwaltung  im  Sinne  des  Art.  649  O.-R.  ausgeübt 
wird.  Die  gesamte  Leitung  der  A.-G.  steht  also  dem 
Verwaltungsrat  im  weiteren  Sinn  zu. 

Obwohl  eine  Teilung  der  Kompetenzen  innerhalb 
des  Verwaltungsrates  in  der  vielgestaltigsten  Weise 
möglich  ist,  und  obgleich  die  enge  organische  Ver- 
quikung  verwaltender  und  geschäftsführender  Tätigkeit, 
deren  reinliche  Trennung  schon  aus  praktischen  Gründen 
niemals  durchführbar  ist,  die  größte  Einheidichkeit  in 
der  Geschäftsleitung  verbürgt,  finden  wir  diese  Organi- 
sation nur  bei  einer  geringen  Anzahl  von  Aktiengesell- 
schaften und  zwar  sind  es  meist  sog.  »Familiengründ- 
ungen« oder  kleinere  Unternehmungen. 

Wir  begegnen  gerade  in  der  Schweiz  sehr  oft  dem 
Typus  der  Familienaktiengesellschaft.  Die  Anwendung 
dieser  Form  für  ein  meist  seit  langen  Jahren  von  einer 
Familie  im  engeren  oder  weiteren  Sinn  geführtes  Unter- 
nehmen findet  gewöhnlich  deshalb  statt,  um  den  Erb- 
gang der  Familienglieder  zu  erleichtem. 

Für  die  Wahl  dieser  Organisation  der  Verwaltung 
ist  das  persönliche  Verhältnis  entscheidend,  denn  es 
ist  klar,  daß  die  an  der  Leitung  der  A.-G.  teilnehmen- 
den Brüder,  Vettern  oder  sonstige  Verwandte  sich  als 
Mitglieder  eines  Verwaltungsorgans  auf  dieselbe  Stufe 
gestellt  wissen  möchten. 

Bei  kleineren  Unternehmungen  ist  die  Verwaltung 
und  Geschäftsführung  oft  in  die  Hände  weniger  Per- 
sonen gelegt,  welche  als  Verwaltungsrat  fungieren. 
Hier  sind  meist  die  finanziellen  Verhältnisse  des  Unter- 
nehmens entscheidend,  die  eine  starke  Belastung, 
welche  ein  größerer  Verwaltungsapparat  mit  sich 
bringt,  nicht  zulassen.  Die  in  den  Statuten  dieser 
Aktiengesellschaften  aufgeführte  Direktion  ist  dem 
Verwaltungsrat  eingegliedert,  was  uns  an  das  Einheits- 
system erinnert. 


b>  Die  Gesdiäftsführung  außerhalb  der  Verwaltung 

nach  dem  O.^R. 

Eine  zweite  Art  der  Organisation  tritt  uns  in  den 
Aktiengesellschaften  entgegen,  die  eine  reinliche  Tren- 
nung  von  Verwaltung  und  Geschäftsführung  insofern 
vornehmen,  als  der  Verwaltungsrat  in  der  Hauptsache 
verwaltende  Funktionen  ausübt,  und  die  Direktion, 
welche  vom  Verwaltungsrat  gewählt  ist,  die  Geschäfts- 
führung übernimmt.  Die  Direktoren  sind  in  diesem  Falle 
nicht  Mitglieder  des  Verwaltungsrates;  sie  stehen  außer- 
halb desselben.  Dadurch  werden,  wie  die  Erfahrungen 
und  Beobachtungen  zeigen,  zwei  selbständige  Organe 
geschaffen,  die  nur  zu  oft  eigenmächtig  handeln  und 
einander  gegenseitig  negieren.  Die  »Krache«,  welche 
gerade  in  Gesellschaften  mit  dieser  Organisationsform 
vorkamen,  haben  gezeigt,  wie  entweder  die  Direktion 
ohne  Rücksicht  auf  den  Verwaltungsrat,  oder  umgekehrt, 
der  Verwaltungsrat  ohne  die  Direktion  die  Geschicke 
der  Gesellschaft  leitete  und  deren  Ruin  herbeiführte. 

c>  Die  Gesdiäftsführung  teils  innerhalb,  teils  außerhalb 
der  Verwaltung  nadi  dem  O.^R. 

Die  Erkenntnis  dieser  Gefahren  und  Mängel  hat 
nun  wohl  auch  zu  der  dritten  Organisationsform  geführt, 
welche  eine  Brücke  zwischen  Verwaltungsrat  und  Direk- 
tion herzustellen  sucht.  Der  natürliche  innere  Konnex 
zwischen  verwaltender  und  geschäftsftihrender  Tätigkeit 
wird  auf  verschiedene  Weise  bewerkstelligt. 

Zunächst  wird  innerhalb  des  Verwaltungsrates  eine 
Gliederung  vorgenommen,  indem  aus  seiner  Mitte  heraus 
ein  sog.  Ausschuß  oder  auch  Delegation,  Direktions- 
kommission,  Aufsichtsrat  usw.  genannt,  gewählt  wird. 
Dieses  Organ  ist  meist  mit  der  speziellen  Verwaltung, 
teilweise  mit  der  Geschäftsführung  oder  deren  besonderen 
Überwachung  betraut.  In  manchen  Gesellschaften  bildet 
z.  B.  der  Ausschuß  sozusagen  ein  in  sich  abgeschlossenes 


10 


11 


ii: 


Organ,  das  durch  eine  zweckentsprechende  Kompetenz- 
zuteilung besonders  wichtige  verwaltende  und  geschäfts- 
führende Pflichten  ausübt  (z.  B.  das  Verwaltungskomitee 
der  Schweizer.  Unfall versicherungs  A.-G.  Winterthur). 

Andere  Unternehmen  suchen  die  organische  Trennung 
dadurch  zu  überbrücken,  daß  sie  eine  ständige  Dele- 
gation des  Verwaltungsrates  in  die  sog.  Generaldirektion, 
Direktion  oder  Geschäftsführung  entsenden,  so  daß 
Mitglieder  der  Direktion  auch  zugleich  Mitglieder  des 
Verwaltungsrates  sind  (so  z.  B.  bei  der  Maggi-Gesellschaft 
in  Kempttal) 

Diese,  vor  allem  von  größeren  Gesellschaften  an- 
gewandte Organisationsform  kommt  dem  Einheitstypus 
am  nächsten. 

Mit  diesen  Betrachtungen  glauben  wir  die  Haupt- 
formen der  Verwaltungsorganisationen  der  schweizer- 
ischen Aktiengesellschaften  festgestellt  zu  haben.  In 
einem  späteren  Abschnitt  soll  dann  noch  näher  erörtert 
werden,  welche  Organisationsform  uns  für  die  Lösung 
der  in  unserer  Untersuchung  steckenden  Probleme  am 
besten  und  zweckmäßigsten  erscheint. 

3.  Die  Möglidikeit  eines  Vergleicfies  zwischen 
den  Verwaltungsorganen  nach  dem  H.^G.-B. 

und  nach  dem  O.^R. 

Die  oben  dargelegten  Organisationen  der  schweizer- 
ischen Aktiengesellschaften  haben  schon  vielfach  Anlaß 
gegeben,  auf  die  entsprechenden  Institutionen  der  deut- 
schen Aktiengesellschaften  hinzuweisen  und  Vergleiche  zu 
ziehen.  Wir  wollen  daher  in  Folgendem  untersuchen,  ob 
und  inwieweit  solche  Vergleiche  möglich  sind.  Zu  diesem 
Zweckisteszunächstnötig,  festzustellen,  mit  welchenKom- 
petenzen  das  H.-G.-B.  die  Verwaltungsorgane  der  Aktien- 
gesellschaft, den  Vorstand  und  Aufsichtsrat,  ausstattet. 

NB.  Wir  lassen  hierbeidiegesetzliche  Vertretungspflicht  absieht- 
lichaußerBetrachtjda  dieselbe  fürunseren  Vergleichunwesentlichist. 

12 


Sil 


a>  Die  verwaltenden  und  geschäftsführenden  Organe 

nach  dem  H.ä^G.^B. 

Nach  §  241,1  H.-G.-B.  kommt  dem  Vorstand  die 
Kompetenz  der  Geschäftsführung  im  allgemeinen  zu. 
Außerdem  sind  noch  weitere,  speziell  geschäftsführende 
Funktionen,  z.B.  in  den  §§  239  und  260  aufgreführt. 
Ferner  liegt  dem  Vorstand  eine  Reihe  verwaltender 
Pflichten    ob,    wie   sie    beispielsweise    den    §§    195,1, 

201.1,  234,1  und  3,  240  etc.  zu  entnehmen  sind. 
Die  Hauptaufgabe  des  Aufsichtsrates  besteht  nach 

§  246  H.-G.-B.  in  der  Kontrolle.  Daneben  erstrecken 
sich  seine  Pflichten  auch  auf  die  Ausübung  verschiedener 
Verwaltungsakte,  was  aus  den  §§  195,1,  222,4,  238, 

246.2,  254,  280  u.  a.  hervorgeht.  In  den  meisten  Fällen 
werden  aber  die  Verwaltungsfunktionen  durch  die 
Statuten  erheblich  vermehrt.  Außer  den  genannten 
Funktionen  hat  der  Aufsichtsrat  auch  oft  sehr  weit- 
gehende geschäftsführende  Pflichten,  die  statutarisch 
festgelegt  sind. 

b>  Vorstand  und  Aufsiditsrat  im  Vergleidi  zu  der 
Verwaltung  nadi  dem  0.**R. 

Fassen  wir  zunächst  nur  die  vom  Gesetzgeber 
geforderten  Pflichten  ins  Auge,  so  kommen  dem  Vor- 
stand zu:  Geschäftsführung  und  Verwaltung.  Stellen 
wir  diesen  Tatsachen  die  Verhältnisse  des  Schweizer- 
ischen Obligationenrechtes  gegenüber,  so  sehen  wir, 
daß  der  Gesetzgeber  der  Verwaltung  nach  Art.  649 
O.-R.  Geschäftsführung  und  Verwaltung  überträgt. 
Ziehen  wir  hierbei  auch  die  in  Art.  650,1  O.-R.  ge- 
schaffene Möglichkeit  in  Betracht,  daß  die  Geschäfts- 
führung einem  besonderen  Organ  übertragen  werden 
kann,  so  haben  wir,  der  Absicht  des  Gesetzgebers 
folgend,  die  Möglichkeit  der  Trennung  von  Geschäfts- 
führung und  Verwaltung,  indem  erstere  im  allgemeinen 
einer  sog.  Direktion,  letztere  im  allgemeinen  dem  sog. 

13 


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Verwaltungsrat    zukommt.     Überblicken   wir  nun    die 
Vergleichsobjekte   mit  ihren   gesetzlichen  Funktionen 
so    kommen    wir   zu    der    Erkenntnis,    daß    ein    voll- 
kommener Vergleich  auf  gesetzlicher  Basis  aus  folgen- 
den (jrunden  nicht  möglich  ist. 

Die  gesetzlichen  Funktionen  bezüglich  Verwaltung 
und  Geschäftsführung  sind  nach  dem  H.-G.-B.  und  nach 
dem  O.-R.  nicht  einheitlich  dem  einen  oder  anderen 
Organ  zugeschrieben.  Das  H.-G.-B.  überträgt  ver- 
waltende Funktionen  sowohl  dem  Vorstand,  als  auch 
u1^  Aufsichtsrat,  während  das  O.-R.  dieselben  aus- 
schließlich von  der  Verwaltung  (nach  Art.  649  O  -R ) 
beziehungsweise  von  dem  von  der  Praxis  geschaffenen 
Verwaltungsrat  verlangt. 

c>  Vorstand  und  AufsiAtsrat  im  Vergleidi  zu  dem 
Verwaltungsrat  und  der  Direktion. 

Auch  wenn  man  versuchte,  die  gesetzlichen  Pflichten 
von  Aufsichtsrat  und  Vorstand  denen  des  Verwaltun^s- 
rates  und  der  Direktion  gegenüber  zu  stellen,  so  ließe 
ein  vollkonimener  Vergleich  sich  doch  nicht  bewerk- 
stelligen da  die  Vergleichsobjekte  nicht  mit  gleich- 
artigen Kompetenzen  ausgestattet  sind. 

Ferner  ist  noch  anzuführen,  daß  der  Verwaltung-s- 
rat  und  die  Direktion  der  schweizerischen  Aktien- 
gesellschaft nur  Geschäftsführungs-  und  Verwaltunes- 
kompetenzen  in  sich  vereinigen,  während  Aufsichtsrat  und 
Vorstand  zudem  noch  die  Kontrollkompetenz  besitzen. 

d>  Der  deutsdie  Vorstand  und  die  sdiweizeriscfie 

Verwaltung. 

Auch  ein  Vergleich  zwischen  dem  deutschen  Vor- 
stand und  der  Verwaltung  nach  Art.  649  O -R  ist 
hinkend,  obwohl  beiden  Geschäftsführung  und  Ver- 
waltung zukommt  und  zwar  deshalb,  weil  der  Vorstand 

14 


nach  dem  H.-G.-B.  ausschließlich  Geschäftsführungs- 
organ, dagegen  nicht  in  demselben  Maße  Verwaltungs- 
organ ist,  während  der  Verwaltung  nach  dem  O.-R. 
sämdiche  Geschäftsführungs-  und  Verwaltungspflichten 
zugewiesen  sind. 

e>  Vorstand  und  Aufsichtsrat, 
ein  reines  Verwaltungs^  bezw.  Aufsiditsorgan  ? 

Aus  diesen  Vergleichen  ersehen  wir,  daß  durch  die 
Zuteilung  von  Aufgaben  verschiedener  Natur  an  ein 
Organ  und  durch  die  Zuweisung  von  Funktionen  der- 
selben Natur  an  verschiedene  Organe,  es  für  die 
deutchen  Verhältnisse  sehr  schwierig  ist,  ein  reines 
Verwaltungs-,  bezw.  ein  reines  Aufsichtsorgan  zu 
statuieren.  Und  doch  finden  wir  in  der  Literatur^*^)  **) 
die  Ansicht  vertreten,  daß  der  Vorstand  das  Ver- 
waltungsorgan der  Aktiengesellschaft  sei  und  der  Auf- 
sichtsrat  das  Aufsichts-,  bezw.  Kontrollorgan  derselben. 
Dieser  Auffassung  können  wir  uns  aus  folgenden 
Gründen  nicht  anschließen. 

Wie  wir  schon  erwähnten,  fordert  das  H.-G.-B.  von 
dem  Vorstand  neben  der  ihm  ausschließlich  zukommen- 
den Geschäftsführung  auch  noch  die  Ausübung  ver- 
waltender Funktionen.  In  der  Übertragung  der  letzt- 
erwähnten Pflichten  erblicken  wir  keinen  genügenden 
Grund,  um  daraus  die  Stellung  als  Verwaltungsorgan 
der  Aktiengesellschaft  statuieren  zu  können. 

Ebensowenig  kann  aber  auch  das  andere  Organ, 
welches  das  Gesetz  mit  verwaltenden  Funktionen  be- 
traut, der  Aufsichtsrat,  nicht  als  reines  Verwaltungs- 
organ angesehen  werden,  obwohl  ihm  sehr  wichtige 
Aufgaben  verwaltender  Natur  obliegen. 

Durch  die  Zuweisung  der  Verwaltungspflichten  an 
zwei  Organe  ist  es  streng  genommen  unmöglich,  das 
eine  oder  andere  Organ  als  das  Verwaltungsorgan  der 
Aktiengesellschaft  zu  bezeichnen.  Will  man  aber  trotz- 
dem ein  solches  festgestellt  wissen,  so  müßte  in  erster 

19 


..1^ 


Linie  der  Aufsichtsrat,  gemäß  der  Bedeutung  seiner 
verwaltenden  Tätigkeit,  als  das  Verwaltungsorgan  der 
Aktiengesellschaft  betrachtet  werden. 

Mit  diesen  Ausführungen  sind  wir  zugleich  auch 
schon  in  Gegensatz  getreten  zu  der  Behauptung,  daß 
in  dem  Aufsichtsrat  ein  reines  Aufsichtsorgan  zu  er- 
blicken sei.  Um  unsere  Ansicht  hierüber  noch  näher 
zu  begründen,  wollen  wir  kurz  auf  die  Entstehung  des 
Aufsichtsrates  eingehen. 

In  den  Statuten  mancher  deutschen  Aktiengesell- 
schaften, welche  vor  der  Aktiennovelle  vom  1 1  .Juni  1870 
bestanden,  begegnen  wir  einem  Verwaltungsrat  und 
einer  Direktion  als  Organe  der  Aktiengesellschaft. 
Dem  Verwaltungsrat  lagen  ausschließlich  verwaltende 
und  in  hohem  Maße  geschäftsführende  Pflichten  ob. 
Die  Direktion  war  mehr  auf  die  richtige  Ausführung 
der  Verwaltungsratsbeschlüsse  bedacht.  Durch  oben 
genannte  Novelle  wurde  ein  Aufsichtsrat  verlangt,  der 
—  nach  Ansicht  Passows^)  —  nicht  unter  einem  anderen 
Namen  in  die  Pflichten  und  Rechte  des  bestehenden 
Verwaltungsrates  eintreten,  sondern  der  nach  der  Absicht 
des  Gesetzgebers  nur  ein  reines  Aufsichtsorgan  sein 
sollte  im  Interesse  der  Aktionäre  und  an  Stelle  der 
nun  in  Wegfall  kommenden  Staatsaufsicht.  Es  ist 
richtig,  daß  es  nicht  in  der  Absicht  des  Gesetzgebers 
lag,  den  bestehenden  Verwaltungsrat  in  einen  Aufsichts- 
rat umzutaufen,  wie  die  kaufmännische  Praxis  es  viel- 
fach trotzdem  zu  tun  pflegte,  indem  sie  in  den  Statuten 
die  alte  Bezeichnung  »Verwaltungsrat«  durch  den  ge- 
setzlichen Ausdruck   »Aufsichtsrat«   ersetzte. 

Andererseits  darf  aber  auch  nicht  angenommen 
werden ,  daß  der  Gesetzgeber  beabsichtigte ,  die  bisher  vom 
Verwaltungsrate  ausgeübten  verwaltenden  und  geschäfts- 
führenden Pflichten  dem  Vorstande  zu  übertragen, 
wodurch  derselbe  zum  Verwaltungs-  und  Geschäfts- 
führungsorgan gestempelt  worden  wäre.  Den  von  der 
Praxis  begangenen  Weg  der  natüriichen  Verquikung 
von    geschäftsführender    und    verwaltender    Tätigkeit 


16 


konnte  auch  das  Gesetz  bei  der  Reform  nicht  unberück- 
sichtigt lassen,  so  daß  die  Notwendigkeit  bestand,  dem 
ausschließlichen  Geschäftsführungsorgan,  dem  Vorstand, 
auch  gewisse  verwaltende  Funktionenzuzuweisen.  Ebenso 
mußte  der  Gesetzgeber  bei  der  Schaffung  des  Aufsichts- 
rates in  Erwägung  ziehen,  daß  in  der  Ausübung  der  wich- 
tigsten und  entscheidentsten  verwaltenden  Funktionen 
schon  eine  gewisse  Kontrolltätigkeit  liegt,  weshalb  er 
ein  Verwaltungs-  und  Aufsichtsorgan  zu  schaffen  ge- 
nötigt war.  Diese  theoretischen  Erwägungen  des  Gesetz- 
gebers haben  sich  auch  in  der  Praxis  als  richtig  erwiesen, 
denn,  wie  wir  unten  sehen,  werden  die  verwaltenden 
Funktionen  des  Aufsichtsrates  in  den  Statuten  noch 
erheblich  vermehrt. 

Endlich  wollen  wir  noch  darauf  hinweisen,  daß  die 
Gesetzgeber  der  beiden  Länder  bei  den  in  Frage 
kommenden  Institutionen  von  ganz  verschiedenen  Prin- 
zipien ausgingen,  was^  in    der  Systematik   zutage  tritt. 

f)  Die   prinzipielle   Auffassung   der  Gesetzgeber 
des  deutschen  und  sdiweizerisdien  Rechtes  über  die 

Verwaltungsorgane. 

Der  deutsche  Gesetzgeber  verschmilzt  in  der 
Hauptsache  Verwaltung  und  Kontrolle  und  isoliert  davon 
die  Geschäftsführung.  Er  wollte  in  dem  Aufsichtsrat  eine 
Institution  schaffen,  welche  die  Gesellschaft  verwaltet, 
leitet,  kontrolliert.  Reinlich  getrennt  davon  statuiert  er 
dann  die  selbständige  Geschäftsführung.  Dadurch  wird 
der  Aufsichtsrat  von  dem  Gesetzgeber  auf  eine  Warte 
gestellt,  von  welcher  aus  die  Erfüllung  der  ihm  gestellten 
Aufgaben  nicht  möglich  ist,  da  infolge  der  Trennung 
der  Geschäftsführung  von  der  Verwaltung  der  organ- 
ische Konnex  zur  wirtschaftlichen  Tätigkeit  der  Ge- 
sellschaft fehlt. 

Der  schweizerische  Gesetzgeber  dagegen  verquickt 
Verwaltung  und  Geschäftsführung  und  schafft  außerdem 
noch  ein  reines   Kontrollorgan.    Diese   Systematik  ist 

17 


\ 


^pfnnfrn^ 


zweifellos  die  natürliche  und  richtige  und  gibt  der 
Verwaltung  eine  Stellung,  die  hoch  genug  ist,  um  die 
— .^Axowxcxit  zu  leiten,  die  sie  aber  auch  andererseits 
in  die  wirtschaftliche  Tätigkeit  der  Gesellschaft  hinein- 
versetzt. Die  im  Gesetz  geschaffene  Organisationsbasis 
ist  gilt;  wenn  dazu  noch  ein  zweckentsprechender 
praktischer  Ausbau  der  einzelnen  Teile  durch  die  Praxis 
kommt,  so  ist  dadurch  die  formelle  Gewähr  für  eine  gute 
Verwaltung,  Geschäftsführung  und  Kontrolle  gegeben. 

g>  Der  deutsdie  Aufsiditsrat  in  praxi. 

Wie  verhält  es  sich  nun  mit  den  für  unseren  Vergleich 
in  Betracht  kommenden  Institutionen  in  der  Praxis? 

Es    ist    zur    Genüge    bekannt,    daß    der    deutsche 
Aufsichtsratseiner  vom  Gesetz  verlangten  Hauptaufgabe, 
als  Kontrollorgan,  nicht  nachkommt,  bezw.  unter  den 
obwaltenden  Umständen  nicht  nachkommen  kann.    Man 
hat  bei  der  Beurteilung  dieser  Frage  die  Entwicklung 
der   wirtschafdichen    Verhältnisse,    die    Expansion    der 
Einzeluntemehmungen,  das  Bestreben  verwandter  Unter- 
nehmungen nach  Zusammenschluß  und  anderes   mehr 
zu  berücksichtigen,  um  die  aus  dem  Bedürfnis  heraus 
entstandenen  Funktionen  des  Aufsichtsrates  zu  verstehen. 
Wir  können   sagen,    daß   dieselben   in  Wirklichkeit  in 
der   Hauptsache  verwaltender  und  geschäftspolitischer 
Natur  sind.    Ein  Einblick  in  die  Statuten  vieler  Gesell- 
schaften liefert  uns  den  Beweis,  daß   die  verwaltende 
Tätigkeit  von  größter  Wichtigkeit  für  den  Aufsichtsrat 
ist.      Als   Beleg  hierfür  mag   uns   §    13    der   Statuten 
der  »Deutsche  Waffen-  und  Munitionsfabriken  zu  Beriin« 
dienen,  der  folgendes  bestimmt:  Dem  Aufsichtsrat  sind 
insbesondere  folgende  Geschäfte  zugewiesen: 

a)  »Die  Wahl  der  Vorstandsmitglieder  und  ihrer 
Stellvertreter,  sowie  die  Festsetzung  der  denselben 
zu  bewilligenden  Gehälter  und  Emolumente,  die  Zu- 
stimmung zur  Bestellung  von  Prokuristen. 

b)  Beschlußfassung  über  den  Erwerb,  die  Ver- 
äußerung,   sowie    die    Verpfändung    von    Immobilien, 

18 


c)  Beschlußfassung  über  den  Erwerb,  die  Veräußerung, 
sowie  die  Verpfändung  und  Löschung  hypothekarisch  ein- 
getragener Kapitalien. 

d)  Beschlußfassung  über  die  Kontrahierung  von 
eigendichen  Anleihen. 

e)  Die  Genehmigung  der  vom  Vorstande  vorzu- 
schlagenden Neubauten  und  Umbauten. 

f)  Die  Bestimmung  über  die  Anlegung  und  Ver- 
waltung des  gesetzlichen  Reservefonds,  sowie  die  Ver- 
waltung der  Speziaireserven  oder  einzelner  Beträge 
aus  denselben. 

g)  Die  Genehmigung  zur  Errichtung  von  Zweignieder- 
lassungen und  Filialgeschäften  und  Beteiligungen  an 
anderen  Geschäften. 

h)  Die  Genehmigung  zur  Anschaffung  von  Mobilien, 
Utensilien  und  Maschinen,  wenn  die  Ausgaben  hierfür 
im  einzelnen  Falle  mehr  als  5000  Mark  betragen. 

i)  Die  Genehmigung  zur  Anstellung  von  Beamten 
über  die  vom  Aufsichtsrat  in  seinen  Instruktionen 
festgesetzten  Grenze.« 

Die  geschäftspolidschen  Funktionen  des  Aufsichts- 
rates werden  uns  klar  werden,  wenn  wir  in  einem 
späteren  Abschnitt  auf  die  Motive  zu  sprechen  kommen, 
welche  für  die  Übertragung  einer  Aufsichtsratstelle 
bestimmend  sind. 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Verwaltungstätigkeit 
begründet,  daß  dieselbe  auch  teilweise  geschäftsführende 
Tätigkeit  in  sich  begreift,  womit  dann  auch  eine  Über- 
wachung der  Geschäftsführung  implicite  gegeben  ist. 
Damit  hätten  wir  im  großen  ganzen  die  tatsächlichen 
Funktionen  des  Aufsichtsrates  zusammengestellt. 

h>  Der  sdiweizerisdie  Verwaltungsrat  in  praxi. 

Wie  steht  es  nun  mit  dem  schweizerischen  Ver- 
waltungsrat, den  sich  die  Praxis  geschaffen  hat.?  In 
Wirklichkeit  kommen  auch  ihm  in  der  Hauptsache 
verwaltende  Funktionen  zu,  außerdem  aber  auch,  selbst 

19 


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in  den  Fällen,  in  welchen  die  Geschäftsführung  einer 
Direktion  übertragen  ist,  oft  noch  sehr  weitgehende 
geschäftsführende  Funktionen.  Die  Verantwortung, 
welche  der  Verwaltungsrat  in  jedem  Falle  für  die 
Geschäftsführung  hat,  verpflichtet  ihn  auch  zur  Über- 
wachung derselben. 

Auf  Grund  dieser  Darlegungen  stellen  wir  fest, 
daß  die  Gegenüberstellung  der  tatsächlichen  Funktionen 
des  Aufsichts-  bezw.  Verwaltungsrates  einen  Vergleich 
ermöglicht,  aus  dem  hervorgeht,  daß  die  beiden 
Organe   in   der  Praxis   einander  ziemlich  entsprechen, 

i)  Der  deutsche  Vorstand  und  die  sdiweizerisdie 

Direktion  in  praxi. 

Ein  Vergleich  zwischen  der  Praxis  der  schweizer- 
ischen Direktion  und  dem  deutschen  Vorstande  ergibt, 
daß  diese  beiden  Organe  sich  insofern  entsprechen, 
als  ihnen  im  allgemeinen  in  der  Hauptsache  geschäfts- 
führende Pflichten  auferlegt  sind,  außerdem  aber  auch 
solche  verwaltender  Natur.  Wir  berücksichtiofen  bei 
diesem  Vergleich  nicht,  daß  wir  sowohl  in  Deutschland, 
als  auch  in  der  Schweiz  Fälle  haben,  in  welchen  der 
Direktor  auf  die  Beamtenstufe  herabgedrückt  wird  und 
ihm  nur  noch  sein  Titel  als  Unterscheidungsmerkmal 
von  seinen  Kollegen  bleibt. 

Die  repräsentative  Stellung  tritt  dann  eigentlich  nur 
in  der  Vertretung  zu  Tage,  welche  dem  deutschen 
Vorstand  laut  Gesetz,  der  schweizerischen  Direktion 
laut  Statut  zukommt. 

k>  Der  deutsdie  Aufsiditsrat  und  die  sdiweizerische 

Kontrollstelle. 

Die  Praxis  der  gesetzlichen  Kontrollorgane  der 
beiden  Länder  zu  verorleichen  ist  nicht  möglich,  da  der 
Aufsichtsrat  in  Wirklichkeit  nur  die  Geschäftsführungs- 
kontrolle ausübt,  die  dem  schweizerischen  gesetzlichen 


Kontrollorgan  nicht  zugewiesen  ist.  Ein  Teilvergleich 
kann  insofern  gemacht  werden,  als  die  Überwachung 
der  Geschäftsführung  in  der  Schweiz  vom  Verwaltungs- 
rat ausgeübt  wird,  welchem  diese  F'unktion  freilich  nicht 
direkt  durch  das  Gesetz  auferlegt  ist,  sondern  nur  indirekt 
durch  die  Verantwortung  für  die  Geschäftsführung. 

Wenn  durch  die  Entstehung  der  verschiedenen 
Organisationsformen,  die  durch  die  Kompetenzaus- 
scheidung innerhalb  der  Verwaltung  hervorgerufen 
werden,  verschiedene  Bezeichnungen  entstanden  sind, 
so  möchten  wir  bei  unseren  Ausführungen  an  dem 
Ausdruck  Verwaltungsrat  festhalten  und  in  demselben 
auch  die  von  der  Praxis  geschaffene  Direktion  inbe- 
griffen wissen.  Wir  glauben  dies  sehr  wohl  rechtfertigen 
zu  können,  da  der  Verwaltungsrat  in  jedem  Fall  die 
Geschäftsführungskompetenz  besitzt. 


III.  Die  Wahl  des  Verwaltungsrates. 


1.  Die  Wahl  des  ersten  Verwaltungsrates. 

Gehen  wir  zunächst  von  den  Gesetzes  Vorschriften 
aus,  so  finden  wir  in  Art.  644,  Abs.  3,  Ziff.  1  O.-R. 
die  Bestimmung,  daß  zu  den  ausschließlichen  Befug- 
nissen der  Generalversammlung  die  Wahlen  der  Ver- 
waltung und  der  Kontrollstelle  gehören.  Eine  Abweich- 
ung hiervon  haben  wir  im  Art.  649,4  O.-R.,  wonach 
der  erste  Verwaltungsrat  für  die  drei  ersten  Jahre  durch 
die  Statuten  bezeichnet  werden  kann,  ohne  daß  eine 
Bestätigung  durch  die  Generalversammlung  nötig  ist. 
Vielleicht  hat  der  Gesetzgeber  diese  Bestimmung  damit 
motiviert,  daß  die  ersten  Generalversammlungen  meist 
ganz  unter  dem  Einfluß  der  Gründer  der  neuen  Aktien- 
gesellschaft stehen;  und  daß  es  somit  in  Wirklichkeit 
auf  dasselbe  hinauskommt,  ob  die  Gründer,  welche  in 
vielen  Fällen   die   Majorität  der  Aktien   besitzen,  von 


20 


n 


iÜliÜ 


vornherein  den  Verwaltungsrat  statutarisch  bestimmen, 
oder  ob  derselbe  offiziell  durch  die,  in  der  Hauptsache 
aus  den  Gründern  sich  zusammensetzende  General- 
versammlung gewählt  wird.  Wir  dürfen  uns  der  in 
Art.  649,4  liegenden  Gefahr  nicht  verschließen.  Denken 
wir  z.  B.  daran,  daß  viele  Aktiengesellschaften  gegründet 
werden,  um  Patente  usw.  auszunützen.  Der  Erfinder, 
der  zugleich  Gründer  der  Gesellschaft  ist,  besitzt  kein 
Kapital,  weshalb  dasselbe  durch  die  Aktiengesellschafts- 
form beschafft  werden  soll.  Großaktionäre,  wie  wir 
diese  vor  allem  bei  Illationsgründungen  haben,  gibt  es 
nicht.  Im  Verwaltungsrate  sitzen  Freunde  und  Bekannte 
des  Erfinders,  die  eine  angesehene  öffendiche  und 
soziale  Stellung  einnehmen  und  deshalb  vertrauen- 
erweckend auf  die  Kleinkapitalisten  wirken.  Von  einer 
Vertretung  der  Aktionärinteressen  im  Verwaltungsrat 
kann  für  die  drei  ersten  Jahre  keine  Rede  sein.  Mag 
es  mit  der  Unternehmung  gehen,  wie  es  will,  die 
Aktionäre  werden  machdos  zusehen  müssen. 

Bei  Schwindelgründungen  stecken  meist  die  sta- 
tutarisch  bezeichneten  ersten  und  glücklicherweise 
auch  zugleich  letzten  Verwaltungsräte  unter  einer 
Decke.  Die  Praxis  ist  sich  der  bestehenden  Gefahren 
auch  teilweise  bewußt  und  setzt  daher  häufig,  so- 
fern es  möglich  ist,  eine  Neuwahl  schon  nach  einem 
Jahre   an. 

Anderseits  soll  aber  auch  nicht  verkannt  werden 
daß  z.  B.  bei  Gründungen,  welche  die  gesunde  Er- 
weiterung eines  schon  bestehenden  Unternehmens  be- 
zwecken, der  Gründereinfluß  besonders  für  die  ersten 
Jahre  sehr  segensreich  sein  kann.  Nicht  selten  sind 
es  in  diesem  Falle  die  bisherigen  Besitzer  und  oft 
zugleich  Leiter  des  alten  Unternehmens,  welche  die 
Aktiengesellschaft  gründen  und  es  ist  klar,  daß  diese 
gerade  in  den  Übergangsjahren,  wenn  nicht  die  Leitung 
selbst,  so  doch  einen  entscheidenden  Einfluß  auf  dieselbe 
beizubehalten  für  nötig  erachten. 


2.  Die  Wahl  des  Verwaltungsrates  durch  die 

Generalversammlung. 

a>  Die  Wahlvorbereitung. 

Die  Regelung  der  Berufung  der  Generalversammlung 
ist  nach  Art.  646,1  O.-R.  den  Statuten  überlassen.  Je 
nachdem  wir  Gesellschaften  haben,  deren  Aktien  auf 
den  Namen  oder  auf  den  Inhaber  lauten,  ist  auch  die 
Art  der  Berufung  verschieden.  Im  ersteren  Falle 
müssen  die  Aktionäre  laut  Art.  641,3  O.-R.  durch 
eingeschriebenen  Brief  einberufen  werden.  Diese  Be- 
stimmung ist  dann  auch  in  den  Statuten  gewöhnlich 
noch  näher  ausgeführt.  So  bestimmen  z.  B.  die  Statuten 
der  Fabrik  von  Maggis  Nahrungsmitteln  in  Kempttal : 
»Zu  den  Generalversammlungen  sind  die  Aktionäre 
durch  eingeschriebenen  Brief  zehn  Tage  vor  dem  Ver- 
sammlungstage einzuberufen.«  Bei  Gesellschaften  mit 
Inhaberaktien  dagegen  erfolgt  die  Berufung  durch  die 
Zeitungen.  So  heißt  es  in  §  41  der  Statuten  des 
Schweizerischen  Bankvereins:  »Alle  an  die  Aktionäre 
zu  erlassenden  Bekanntmachungen  erfolgen  in  den  durch 
den  Verwaltungsrat  zu  bestimmenden  Zeitungen.  Als 
solche  sind  bis  auf  weiteres  bezeichnet:  Schweizer- 
isches Handelsamtsblatt  in  Bern,  Basler  Nachrichten 
in  Basel,  Neue  Zürcher  Zeitung  in  Zürich,  Tagblatt  der 
Stadt  St.  Gallen  in  St.  Gallen,  Journal  de  Geneve  in 
Genf,  Frankfurter  Zeitung  in  Frankfurt  a.  M.« 

Der  genügenden  Veröffentlichung  der  Einladung 
zur  Generalversammlung  wird  nicht  immer  in  dem  Maße 
Rechnung  getragen,  wie  es  sein  sollte.  Erfolgt  dieselbe 
z.  B.  nur  im  Schweizerischen  Handelsamtsblatt,  wie  dies 
bei  manchen  Gesellschaften  der  Fall  ist,  so  dürfte  dies 
kaum  genügen.  Wenn  der  Aktionär  nicht  weiß,  wann 
eine  Generalversammlung  stattfindet,  dann  kann  er  sein 
Interesse  an  derselben  durch  seine  Anwesenheit  auch 
nicht  bezeugen.  Es  mag  auch  darin  mit  ein  Grund 
liegen,    daß    die    Generalversammlungen    so    schlecht 


22 


23 


i^iüinn' 


besucht  sind.  Zum  mindesten  soll  die  Publikation  in 
einer  geeigneten  Zeitung  des  Platzes  erfolgen,  an  dem 
die  Firma  ihren  Sitz  hat,  femer  in  einem  Blatte,  das  an 
dem  Platze  erscheint,  an  dessen  Börse  die  Aktien  ein- 
geführt sind.  1^^)  Rekrutiert  sich  eine  größere  Anzahl  von 
Aktionären  aus  einer  bestimmten  Gegend,  oder  gar  dem 
benachbarten  Auslande,  so  soll  auch  darauf  weitgehend 
Rücksicht  genommen  werden.  Man  sollte  kein  geeignet 
erscheinendes  Mittel  unversucht  lassen,  um  auch  die 
Kleinaktionäre,  die  meist  beim  Dividenden-  und  Kurs- 
interesse stehen  bleiben,  zur  Ausübung  ihrer  Rechte  und 
Pflichten  in  der  Generalversammlung  heranzuziehen. 

b>  Die  gegenwärtige  Wahlpraxis. 

Hat  der  Aktionär  nun  in   der  Einladung  gelesen, 
daß  Neuwahlen  zum  Verwaltungsrat  stattfinden,  so  ist 
ihm  dadurch  wohl  die  Wahlhandlung   angezeigt,  nicht 
aber  der  für  die  Wahl  in  Betracht  kommende  Kandidat, 
was   doch   sehr  wichtig  ist.     Die  gegenwärtige  Wahl- 
praxis in  der  Generalversammlung  geht  dahin,  daß  der 
Präsident   mit   einer   im   Schöße  des  Verwaltungsrates 
beschlossenen   Tatsache  vor  die  Generalversammlung 
tritt  und  über  die  von  ihm  vorgeschlagenen  Personen 
abstimmen  läßt.     Auf  diese  Weise  ist  es  dem  Aktionär 
gar  nicht  möglich,  sich  über  die  Persönlichkeit  und  die 
Qualifikation  der  Kandidaten  zu  informieren.     Um  dies 
zu  ermöglichen,  möchten  wir  vorschlagen,  daß  in  dem 
Büro,  in  welchem  die  Bilanz,   die  Gewinn-  und  Verlust- 
rechnung und  der  Bericht  der  Rechnungsrevisoren  zur 
Einsicht  aufgelegt  ist,  auch  noch  eine  Liste  der  Ver- 
waltungsratskandidaten   zur    Auflage    kommt,    welche 
seitens  des  Verwaltungsrates  vorgeschlagen  sind.  Außer- 
dem sollten  auch  die  Wünsche  und  Vorschläge  seitens 
der  im  Verwaltungsrat  nicht  vertretenen  Aktionäre  für 
die  Wahl  berücksichtigt  und  auf  der  genannten  Liste 
eingetragen    werden.      Hier   besteht   nun    die   Gefahr 
einer   Zersplitterung,    indem,    durch    die    Vielzahl   von 


Kleinaktionären  bedingt,  zu  viele  Kandidaten  aufgestellt 
werden  könnten.  Dadurch  würde  die  Minoritätskraft  ae- 
schwächt  und  der  beabsichtigte  Zweck  doch  nicht  erreicht. 
Es  müßte  also  eine  Einigung  erstrebt  werden  auf  einen 
Kandidaten,  der  bei  dem  von  uns  später  vorzuschlagenden 
Wahlsystem  auch  Aussicht  hätte,  gewählt  zu  werden. 

c>  Die  Notwendigkeit  einer  Reform  der  Wahlpraxis 

<Beispiele>. 

Eine  Vertretung  der  Kleinaktionäre  im  Verwaltungs- 
rat ist  aber  von  um  so  größerer  Wichtigkeit,  als  die 
Erfahrung  schon  oft  gezeigt  hat,  daß  ihre  Interessen 
sich  nicht  immer  mit  denjenigen  der  Großaktionäre 
decken.  Ein  solcher  Interessenkonflikt  ist  meist  dann 
vorhanden,  wenn  das  Motiv  des  Erwerbes,  bezw.  Be- 
sitzes einer  Aktienmajorität  geschäftspolitischer  Natur 
ist.  In  diesem  F'alle  wird  die  Geschäftspolitik  der  Groß- 
aktionäre nicht  auf  einen  dauernden  Rentenbezug  hin- 
zielen, wie  dies  wohl  von  den  meisten  andern  Aktionären 
beabsichtigt  ist.  Wir  können  uns  nicht  der  in  der 
Literatur  und  im  täglichen  Leben  herrschenden  An- 
schauung anschließen,  daß  die  meisten  Kleinaktionäre 
sich  Aktien  erwerben,  um  durch  die  Steigung  des 
Kurses  Spekulationsgewinne  zu  erzielen.  Je  mehr  die 
Geschäftsleitungen  der  Aktiengesellschaften  heutzutage 
auf  eine  stabile  Dividende  hinwirken,  umsomehr  legt 
auch  der  Privatmann  sein  Kapital  in  Aktien  an,  in 
der  Erwartung,  in  gewissen  Papieren  privater  Unter- 
nehmungen eine  dauernde  Rentenanlage  zu  haben. 
Gerade  er  wird  auch  darauf  ausgehen,  nicht  allzu- 
große Beträge  in  einer  Gesellschaft  zu  investieren,  um 
das  Verlustrisiko  herabzumindern  und  sein  Renten- 
einkommen zu  sichern.  Folgende  Beispiele  mögen  uns 
die  Tatsachen  und  die  Gründe  von  Interessengegen- 
sätzen zwischen  den  Aktionärgruppen  vor  Augen  führen. 

NB.  Wir  entnehmen  diese  den  deutschen  Verhältnissen  und 
können  das  auch  ohne  Bedenken  tun,  da  wir  dieselben  typischen 
Zustände  auch  bei  den  schweizer.  Aktiengesellschaften  antreffen. 


Ende  191 3^)  ging  mehr  als  die  Hälfte  des  aus 
5  Millionen  Mark  bestehenden  Aktienkapitales  des  Ver- 
eins Chemischer  Fabriken  A.-G.  in  Zeitz  in  den  Besitz 
der  Badischen  Anilin-  und  Sodafabrik  A.-G.  und  der 
Farbenfabriken  vormals  Friedr.  Bayer  &  Co.  in  Lever- 
kusen über.  Diese  Transaktion  hatte  den  Zweck,  sich 
einen  großen  Abnehmer  und  Verarbeiter  schwefel- 
sauren Ammoniaks  anzugliedern,  den  der  genannte 
Konzern  neuerdings  in  sehr  verstärktem  Umfange  pro- 
duzierte. Kurz  nach  dem  Übergang  trat  ein  Kurssturz 
ein  und  zwar  innerhalb  einiger  Monate  von  135  "/^j 
auf  105  7o-  Zugleich  hörte  man  auch  von  einem  bevor- 
stehenden Dividendenrückgang,  der  den  seit  Gründung 
der  Gesellschaft  im  Jahre  1907  stabilen  Dividendensatz 
von  8  7p  auf  die  Hälfte  herunterdrücken  werde.  Die 
Besorgnisse  der  Einzelaktionäre  der  Zeitzer  Gesellschaft 
waren  groß  infolge  der  überraschend  rückläufigen  Be- 
wegung des  Aktienkurses  und  der  Dividende  und  man 
brachte  diese  Symptome  in  Zusammenhang  mit  dem 
Übergang  der  Majorität  der  Aktien  in  andere  Hände. 
Man  vermutete  stark,  daß  durch  veränderte  Bilanzierung 
Kurs  und  Rentabilität  heruntergedrückt  werden  solle, 
um  zu  niedrigen  Kursen  in  den  Besitz  einer  qualifizierten 
Mehrheit  oder  des  Gesamtuntemehmens  zu  kommen. 
Sollte  diese  Vermutung  zur  Wirklichkeit  werden,  so 
hätten  wir  hiermit  ein  bezeichnendes  Beispiel  dafür, 
wie  entgegengesetzt  die  Interessen  sein  können. 

Der  in  folgendem  Beispiel)  sich  zeigende  Interessen- 
konflikt zwischen  Großaktionären  und  einer  Minderheit 
von  Aktionären  ist  dadurch  hervorgerufen,  daß  erstere 
sich  die  Majorität  der  Aktien  erwarben,  um  die  Herr- 
schaft über  das  Unternehmen  auszuüben,  aber  nicht 
zum  Vorteil  der  Gesellschaft,  sondern  um  für  sich  selbst 
aus  Lieferungen  oder  aus  sonstigem  Geschäftsverkehr 
mit  derselben  Gewinn  zu  ziehen. 

An  der  Gründung  der  Pyroluzit-A.-G.  in  Beuthen, 
die  in  Rußland  Erze  fördert,  haben  sich  die  Wittkowitzer 
Bergbau-  und  Eisengesellschaft,  die  Donnersmarckhütte. 


26 


die  Eisenerz  G.  m.  b.  H.  in  Frankfurt  a.  M.,  Rawack  & 
Grünfeld  A.-G.  in  Beuthen,  sowie  die  A.-G.  für  Montan- 
industrie beteiligt.  Eine  Dividende  hat  die  Gesellschaft 
noch  nicht  verteilt,  hat  aber  die  vorhandene  Unterbilanz 
ziemlich  abgeschrieben.  Die  Pyroluzit-A.-G.  liefert  ihre 
Erze  an  die  bei  ihr  maßgebend  beteiligten  Montan- 
unternehmungen; ihre  anderen  Aktionäre  mögen  als 
Erzhändler  ähnliche  Interessen  wie  die  Montanwerke 
verfolgen  bis  auf  die  A.-G.  für  Montanindustrie  in  Berlin. 
Diese  beschäftigt  sich  zwar  auch  mit  dem  Erzhandel, 
trägt  aber  in  der  Hauptsache  den  Charakter  emer  Trust- 
gesellschaft für  Montan-  und  andere  Werte.  Nun  ver- 
langt diese  Gesellschaft  eine  andere  Bilanzierung,  um  eine 
Dividendenverteilung  zu  erzielen,  da  sie  kein  Interesse 
an  den  Erzlieferungen  habe.  Sie  sucht  also  eine  Schad- 
loshaltung in  der  Dividende  gegenüber  den  Groß- 
interessenten, welche  Erz  erhalten  und  jedenfalls  zu 
einem  vorteilhaften  Preis. 

Den  Höhepunkt^)  einer  Majoritätspolitik  und  eines 
Konfliktes,  wie  er  zwischen  Aktionärgruppen  kaum 
schärfer  bestehen  kann,  zeigt  uns  ein  Vorkommnis  in 
der  Prein-Gewebe-A.-G.  in  Hannover.  Die  Gesellschaft 
wurde  mit  einem  Aktienkapital  von  1,5  Millionen  Mark 
gegründet.  Der  Wert  der  Patente,  welche  ausgebeutet 
werden  sollten,  wurde  zu  1,1  Millionen  Mark  angesetzt, 
was  viel  zu  hoch  war.  Sehr  bald  ergab  sich,  daß  die 
erwartete  Rentabilität  nicht  eintrat  und  daß  Gründung, 
sowie  Geschäftsführung  der  Gesellschaft  ernster  Kritik 
unterworfen  werden  mußten.  Da  die  Aktien  nicht  voll 
einbezahlt  waren,  suchte  ein  Teil  der  Aktionäre  sich 
von  dieser  Pflicht  zu  befreien.  Auch  die  Liquidation 
hoffte  man  herbeiführen  zu  können,  aber  alles  ohne 
Erfolg.  Nun  wurde  eine  außerordentliche  General- 
versammlung einberufen.  Der  Hauptaktionär,  welcher  im 
Besitz  der  Majorität  der  Aktien  war,  rief,  ohne  Berück- 
sichtigung des  Widerspruches  der  anderen  Aktionäre, 
den  gesamten  Aufsichtsrat  ab  und  wählte  sich  selbst 
in  den  nun  zu  bildenden  Aufsichtsrat,  welchen  er  nach 


21 


seinem  Wunsche  zusammensetze.  An  eine  Liquidation, 
wie  dies  für  die  Einzelaktionäre  am  vorteilhaftesten 
wäre,  ist  nun  gar  nicht  zu  denken,  im  Gegenteil  wird 
der  Hauptaktionär,  der  durch  die  Überwertung  seiner 
eingebrachten  Patente  zu  der  Aktienmajorität  kam, 
suchen,  der  Gesellschaft  noch  mehr  Patente  aufzu- 
zwingen und  dadurch  rascher  den  Ruin  der  Gesellschaft 
herbeiführen. 

Diese  Übelstände  der  Majorisierung  einer  Minderheit 
zum  Schaden  der  letzteren  erheischen  eine  Änderung, 
bezw.  Besserung.  Dazu  kann  die  schon  erwähnte 
sorgfältige  Wahlvorbereitung  beitragen.  Der  nächste 
und  wichtigste  Schritt  aber  ist  die  Änderung  des  be- 
stehenden Wahlmodus. 

d>  Der  Wahlmodus. 
aa)    In   der   Gegenwart. 

Die  Wahl  der  Mitglieder  des  Verwaltungsrates 
erfolgt  mittels  Ausübung  des  Stimmrechtes,  das  m 
Art.  640  O.-R.  seine  Regelung  findet:  »Die  Aktionäre 
üben  ihr  Stimmrecht  in  der  Generalversammlung  nach 
Verhältnis  der  Zahl  der  in  ihrem  Besitz  befindlichen 
Aktien  aus.  Jeder  Aktionär,  auch  wenn  er  nur  eine 
Aktie  besitzt,  hat  eine  Stimme.  Vorbehalten  bleibt 
der  Gesellschaft  durch  ihre  Statuten  die  Stimmenzahl 
der  Besitzer  von  mehreren  Aktien  zu  beschränken. 
Keinesfalls  darf  ein  einzelner  Aktionär  mehr  als  den 
fünften  Teil  der  sämdichen  vertretenen  Stimmrechte 
in  sich  vereinigen.« 

Ausschlaggebend  für  die  Stimmkraft  ist  also  der 
Aktienbesitz.  Dadurch  wird  das  Kapital  zur  herrschenden 
Macht  in  der  i\ktiengesellschaft  proklamiert.  Der  obiger 
Bestimmung  zu  Grunde  liegende  kapitalistische  Gedanke 
wird  aber  insofern  etwas  abgeschwächt,  als  auch  der 
Besitz  nur  einer  Aktie  schon  das  Recht  zu  stimmen 
verleiht,  wie  ein  solcher  von  100  Aktien  und  femer 
auch  dadurch,  daß  kein  Aktionär,  mag  sein  Aktienbesitz 


28 


noch  so  groß  sein,  mehr  als  ein  Fünftel  der  sämtlichen 
vertretenen  Stimmrechte  auf  sich  vereinigen  darf. 
Weitere  statutarische  Beschränkungen  sind  zulässig, 
wovon  die  Praxis  auch  in  vielen  Fällen  Gebrauch  macht, 
wie  uns  die  folgenden  Beispiele  zeigen  mögen. 

§  1 7  der  Statuten  des  Schweizer.  Bankvereins  be- 
stimmt z.  B.  darüber  folgendes:  »Eine  bis  fünf  Aktien 
geben  das  Recht  auf  eine  Stimme,  je  fünf  mehr  geben 
das  Recht  auf  eine  weitere  Stimme.  Für  die  Ermittlung 
der  Stimmenzahl  eines  an  der  Generalversammlung 
teilnehmenden  Aktionärs  werden  seine  eigenen  und 
diejenigen,  welche  er  vertritt,  zusammengerechnet. 
Niemand  darf  mehr  als  ein  Fünftel  der  vertretenen 
Stimmen  auf  sich  vereinigen.« 

Das  Statut  der  Societe  Anonyme  des  Chocolat  au 
Lait  F.  L.  Cailler,  Broc,  bestimmt,  daß  kein  Aktionär 
mehr  als  3000  Stimmen  auf  sich  vereinigen  darf. 

Andererseits  ist  es  auch  möglich,  daß  einer  Aktie 
eine  höhere  Stimmkraft  als  eins  gegeben  wird,  wobei 
meist  die  Qualität  der. Aktie  maßgebend  ist.  Ein  Bei- 
spiel hierfür  haben  wir  in  den  Statuten  der  A.-G. 
Tobler  &  Co.,  Bern,  in  welchen  §  12  folgendes  bestimmt: 
»Jede  vertretene  Prioritätsaktie  berechtigt  zur  Abgabe 
von  5  Stimmen,  jede  vertretene  Stammaktie  zur  Ab- 
gabe von  einer  Stimme.« 

Mögen  sich  da  und  dort  in  den  Statuten  Vorschriften 
über  das  Stimmrecht  zu  Gunsten  der  Minorität  finden, 
so  lehrt  uns  doch  die  Erfahrung,  daß  in  den  Generalver- 
sammlungen der  Majoritätsbesitz  meist  die  unumschränkte 
Herrschaft  hat  und  die  Besetzung  des  Verwaltungsrates 
nach  seinem  Wunsche  vornimmt.  Diese  Tatsache  brmgt 
aber  die  große  Gefahr  mit  sich,  daß  dadurch  der 
Geschäftsleitung  eines  Unternehmens  der  Stempel  einer 
einseitigen  Interessenpoliuk  aufgedrückt  wird,  was  nicht 
immer  ein  Vorteil  für  das  wirtschaftliche  Gedeihen  der- 
selben ist.  Diesem  Übelstand  kann  dadurch  abgeholfen 
werden,  daß  es  jeder  Aktionärgruppe  ermöglicht  wird, 
ihre    Interessen    im    Verhältnis   und   auf   Grund    ihrer 


2» 


U- 


Kapitalbeteiligungim  Verwaltungsrate  vertreten  zu  lassen. 
Unter   dem   heute   bestehenden   Wahlmodus  des   »ab- 
soluten Mehr«  ist  dies  aber  nicht  möglich.   Wir  möchten 
daher  die  Einführung  eines  Wahlsystems  zum  Vorschlag 
bringen,   das  den  obigen  berechtigten   Anforderungen 
entsprechen  würde  und  welches  wir  in  der  Proportional- 
wahl erblicken.  Dieses  bei  staadichen  und  kommunalen 
Wahlen  angewandte  System  hat  in  Belgien  und  besonders 
auch   in  der   Schweiz   schon  seit  Jahrzehnten  Eingang 
gefunden.    In  keinem  der  beiden  Länder  hat  man  aber 
den   Versuch    gemacht,    dieses    erprobte    Wahlsystem 
auch  für  privatwirtschafdiche  Gesellschaften  anzuwenden. 
Wohl  bestehen  in  andern  Ländern  Ansätze,  um  die  Ver- 
tretung einer  Minderheit  im  Verwaltungsrat  zu  bewirken. 
So   z.  B.  in   Österreich,    wo   das   Aktienregulativ   vom 
20.   September   1899  für  die  Wahl  des  Aufsichtsrates 
den  Minoritätsschutz   rechdich   fesdegt,    indem  Abs.  5 
und  6   folgendes   anführt:    »Wenn   in  dem   Statut   die 
Bestellung  eines  Aufsichtsrates  vorgesehen  ist,  so  sind 
für  den   Fall,  als   wenigstens   drei   Mitglieder  von  der 
Generalversammlung    zu    wählen    sind,    folgende    Be- 
sdmmungen  betreffend  die  Wahl  der  Mitglieder  in  das 
Statut  aufzunehmen :  Von  einem  Drittel  der  in  der  Ge- 
neralversammlung vertretenen  Summen  kann  veriano-t 
werden,  daß  die  Wahl  für  jede  zu  besetzende  StelTe 
des  Aufsichtsrates   abgesondert   erfolge.     Ergibt  sich 
bevor  zur  Wahl  für  die  letzte  Stelle  geschritten  wird,' 
daß  wenigstens  ein  Drittel  aller  abgegebenen  Sdmmen 
bei   allen   vorangegangenen  Wahlen   zu    Gunsten  der- 
selben  Person,  aber  ohne   Erfolg   abgegeben  worden 
sind,  so  muß  diese  Person  ohne  weitere  Abstimmung 
als  für  die  letzte  gewählt  werden.« 

Die  Vereinigten  Staaten  von  Amerika*«^)  gehen  noch 
weiter,  indem  dieselben  Minoritätsvertretung  und  zwar 
als  kumulatives  Votum  (cumulative  vote)  überall,  also 
auch  in  privatwirtschafdichen  Unternehmungen  mit  Erfolg 
zur  Anwendung  bringen. 


m 


bb)  In   der   Zukunft   (Proporzsystem). 


Wir  halten  es  dagegen  für  verfehlt,  in  einer  kapita- 
listischen Gesellschaft,  wie  sie  die  Aktiengesellschaft 
zweifellos  darstellt,  eine  Minoritätsvertretung  einzuführen, 
die  einer  jeden  Minderheit,  auch  wenn  sie  noch  so  klein 
wäre,  unter  allen  Umständen  eine  Vertretung  im  Ver- 
waltungsrat sichern  würde.  Es  würde  das  nichts  anderes 
als  eine  Demokratisierung  des  Kapitalismus  bedeuten. 
Unser  Ziel  geht  nur  dahin,  einer  Minderheit,  die  auf  Grund 
ihrer  entsprechenden  Kapitalbeteiligung  das  Recht  auf 
eine  Vertretung  besitzt,  die  Möglichkeit  zu  geben,  einen 
Vertreter  in  den  Verwaltungsrat  entsenden  zu  können.  Aus 
diesem  Grunde  schlagen  wir  das  Proporzsystem  vor.  ***^) 

Das  Wesen  ^®^)  desselben  besteht  darin,  daß  man  einen 
Wahlquotienten,  auch  Wahldivisor,  Wahlverteilungs- 
ziffer, Wahlzahl  genannt,  bildet,  der  dadurch  entsteht, 
daß  man  mit  der  Anzahl  der  zu  wählenden  Vertreter 
in  die  Gesamtzahl  der  gültigen  Stimmen  dividiert.  Wer 
von  den  Kanditaten  die  Wahlzahl  erreicht,  ist  gewählt. 
Die  Durchführung  dieses  Prinzipes  hat  verschiedene 
Methoden  oder  Systeme  gezeitigt,  auf  die  einzugehen 
hier  nicht  der  Platz  ist.  Jedenfalls  muß  dabei  im  Auge 
behalten  werden,  daß  das  zu  wählende  System  einfach 
ist,  so  daß  Stimmabgabe  und  Resultatsermittlung  rasch 
vollzogen  werden  kann. 

Die  Bestimmung  über  die  Ausübung  des  Stimm- 
rechtes in  der  Generalversammlung  nach  dem  Proporz- 
system muß  im  Gesetz  niedergelegt  sein.  Dagegen  ist 
es  am  besten,  wenn  den  einzelnen  Gesellschaften  zur 
Pflicht  gemacht  wird,  die  Art  der  Durchführung  der 
Proportionalwahl  in  den  Statuten  festzulegen.  Dadurch  ist 
es  jeder  einzelnen  Aktiengesellschaft  möglich,  diejenige 
Methode  zu  wählen,  welche  ihr  am  geeignetsten  erscheint. 

Es  liegt  nahe,  unserem  Vorschlag  über  die  Ein- 
führung des  Proporzsystems  entgegenzuhalten,  daß  der- 
selbe nicht  nötig  sei,  da  man  in  den  Statuten  Gelegenheit 
habe,  einen  Wahlmodus  zu  Gunsten  einer  Minderheit 


30 


31 


festzusetzen.  Wenn  man  aber  bedenkt,  daß  die  Statuten 
durch  die  Majorität  festgesetzt  werden,  und  daß  eine 
solche  keine  Bestimmungen  einführt,  die  ihr  im  Weo-e 
stehen,  so  fällt  auch  diese  Argumentation  hinweg. 

Durch  die  Einführung  der  Proportionalwahl  werden 
auch  die  Kleinaktionäre  ihre  Rechte  und  Ansichten  zur 
Geltung  bringen  können.  Es  wird  ihnen  möglich  sein, 
einen  Einfluß  auf  die  Besetzung  der  Verwaltung  und 
dadurch  auf  die  ganze  Geschäftsleitung  auszuüben, 
was  manchen  veranlassen  i<^^)  dürfte,  sich  persönlich  an 
den  Generalversammlungen  zu  beteiligen.  Manche 
Aktionäre  werden  dann  auch  aus  dem  ihnen  bisher 
vorgeworfenen  passiven  Verhalten  heraustreten,  um  ein 
solches  aktiver  Natur  an  den  Tag  zu  legen.  Das  per- 
sönliche Mitarbeiten  in  der  Generalversammlung  wird 
das  Interesse  auf  das  gesunde  wirtschaftliche  Gedeihen 
der  Gesellschaft  hinleiten,  wofür  man  dann  selbst  sich 
bis  zu  einem  gewissen  Grad  verantwortlich  fühlt. 
Andererseits  wird  der  einzelne  Aktionär  sich  auch 
besser  ein  selbständiges  Urteil  über  die  Tätigkeit  der 
Verwaltung  und  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch 
über  die  Fähigkeit  oder  Unfähigkeit  der  einzelnen 
Mitglieder  bilden  können.  Je  nachdem  wird  ein  be- 
rechtigtes Vertrauen  oder  Mißtrauen  dem  Verwaltungs- 
rat in  kritischen  Phasen  der  Entwicklung  des  Unter- 
nehmens entgegengebracht  werden. 

IV.  Die  aktive  Wahlfähigkeit. 

1 .  Die  Stimmenenthaltung  der  Verwaltung 
hei  ihrer  Entlastung. 

Das  Recht  des  Aktionärs,  seinen  Einfluß  in  der 
Generalversammlung  durch  Stimmabgabe  geltend  zu 
machen,  kann  grundsätzlich  nicht  aufgehoben  werden. 
Das  Obligationenrecht  statuiert  jedoch  einige  Fälle, 
in  welchen  das  Stimmrecht  ausgeschlossen  wird.  So  hat 


z.  B.  bei  der  qualifizierten  Gründung  der  Gesellschafter, 
welcher  die  betreffende  Einlage  macht  oder  sich  be- 
sondere Vorteile  ausbedingt,  bei  der  Beschlußfassung 
hierüber  kein  Stimmrecht  (Art.  619,4  O.-R.).  Ferner 
enthält  Art.  655,2  O.-R.  die  Bestimmung,  daß  bei 
Beschlüssen  über  die  Entlastung  der  Verwaltung  be- 
treffend die  Geschäftsführung  und  Rechnungsablegung, 
diejenigen  Personen  kein  Stimmrecht  haben,  welche 
in  irgend  einer  Weise  an  der  Geschäftsführung  teil- 
genommen haben.  Diese  Maßnahmen  sind  aus  wirt- 
schaftlichen Gründen  sehr  wichtig;  warum  dieselben 
aber  nicht  auch  auf  die  Personen,  sofern  dieselben 
Aktionäre  oder  Verwaltungsmitglieder  sind,  ausgedehnt 
werden,  welche  mit  der  Überwachung  derselben  be- 
traut sind,  scheint  uns  unerklärlich  (Art.  655,3  O.-R.). 
Bestimmt  der  Verwaltungsrat  keine  speziellen  Organe 
für  die  Geschäftsführungskontrolle,  so  ist  er  in  seiner 
Gesamtheit  dafür  verantwortlich.  Demnach  dürfte  in 
diesem  Falle  keine  im  Verwaltungsrat  vertretene 
Stimme  zur  Erteilung  der  Decharge  abgegeben  werden, 
will  man  nicht  die  Begutachtung  der  eigenen  Handlungs- 
weise unterstützen.  Es  gibt  ja  wohl  Fälle,  in  denen 
sich  der  Verwaltungsrat  selbst  die  Decharge  erteilt, 
nämlich  dann,  wenn  er  die  Gesamtheit  der  Aktien 
besitzt,  was  wir  häufig  bei  Familienaktiengesellschaften 
haben.  Hier  hat  die  Entlastung  nur  eine  formelle 
Bedeutung,  denn  der  Verwaltungsrat  hat  die  Folgen 
seines  Geschäftsgebahrens  persönlich  zu  tragen.  Sind 
aber  bestimmte  Verwaltungsmitglieder  mit  der  spezi- 
ellen Geschäftsführungskontrolle  betraut,  30  dürften 
diese  unter  keinen  Umständen  bei  der  Entlastung 
mitstimmen.  Würde  die  Überwachung  der  Geschäfts- 
führung, wie  wir  später  darlegen  wollen,  der  Kon- 
trollstelle übertragen,  deren  Mitglieder  nicht  Aktionäre 
zu  sein  brauchen,  so  fällt  dieser  Übelstand  von  selbst 
hinweg. 


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33 


•-rnr 


4 


2.  Die  Ausübung  des  Stimmrecfites 
auf  Grund  eigener  Aktien. 

Das  Recht^)  der  Ausübung  des  Stimmrechtes  ist 
grundsätzlich  an  den  Besuch  der  Generalversammlung 
geknüpft  und  kann  nur  in  derselben  geltend  gemacht 
werden.  Da  ein  persönliches  Erscheinen  in  der  General- 
versammlung nicht  immer  möglich  ist,  so  gestatten  die 
meisten  Statuten  eine  Übertragung  ihres  Stimmrechtes 
an  andere  Aktionäre  oder  an  Bevollmächtigte.  Beispiele : 

Maggi's  Nahrungsmittel  A.-G.,  Kempttal,  Art.  11^ 
Abs.  4  bestimmt :  »Jeder  Aktionär  ist  berechtigt,  seine 
Rechte  in  der  Generalversammlung  durch  eine' Dritt- 
person, die  jedoch  Aktionär  sein  muß,  ausüben  zu  lassen. « 

Brown-Boveri  &  Co.,  Baden,  §  9:  »Für  Pflege- 
befohlene können  ihre  gesetzlichen,^  für  Handelsgesell- 
schaften und  juristische  Personen  ihre  gesetzlichen  und 
statutarischen  Vertreter,  oder  mit  spezieller  Vollmacht 
versehene  Beamte,  für  Ehefrauen  bevollmächtigte  Ehe- 
männer an  der  Generalversammlung  teilnehmen.  In  allen 
sonstigen  Fällen  kann  ein  Aktionär  nur  durch  einen  andern, 
durch  ihn  bevollmächtigten  Aktionär  vertreten  werden«! 

Da  die  Stimmabgabe  an  die  Person  des  Aktionärs 
geknüpft  ist,  muß  die  Eriaubnis  zur  Übertragung  in  den 
Statuten  festgelegt  werden.  Denkbar^«)  wäre  natüriich 
auch,  daß  in  denselben  eine  Ausübung  des  Stimm- 
rechts auf  schrifdichem  Wege  zugelassen  würde,  was 
jedoch  selten  geschieht. 

3.  Die  Übertragung  des  Stimmrecfites. 

a>  Die  Politik  der  Sammlung  von  Vollmaditen 

seitens  der  Banken. 

aa)  Die  Technik  der  Sammlung  von  Vollmachten. 

Besonders    die    Banken    sind    es,    welche    sich   die 

X'ollmacht  zur  Vertretung  in  der  Generalversammlung 

von  ihren  Kunden  geben  lassen,   die  die  betreffenden 


Wertpapiere  bei  ihnen  deponiert  haben.  Es  werden 
besondere  Vollmachtsformulare  seitens  der  Banken  ah 
die  Kunden  gesandt,  um  die  schrifdiche  Bewilligung 
zur  Vertretung  einzuholen,  wenn  die  Einladungen  zur 
Generalversammlung  in  den  Tageszeitungen  erscheinen. 
Auf  diese  Praxis  ist  zum  großen  Teil  auch  die  Macht 
zurückzuführen,  welche  die  Banken  auf  industrielle 
Unternehmungen  ausüben  können.  Es  liegt  klar  zutage, 
daß  die  Banken  die  angehäufte  Stimmenzahl  in  erster 
Linie^®^)  dazu  benutzen,  um  ihr  eigenes  Interesse  zu  ver- 
folgen. In  manchen  Fällen  mag  dasselbe  identisch  mit 
denjenigen  der  Einzelaktionäre  sein,  in  ebenso  vielen 
anderen  aber  auch  nicht.  Nehmen  wir  z.  B.  an,  daß 
eine  Bank  auf  eine  Fusion  hindrängt,  um  dadurch  einen 
dem  aufzunehmenden  Institut  gewährten  Kredit  sicher 
zu  stellen  oder  leichter  realisieren  zu  können.  Diese 
Transaktion  mag  ganz  im  Interesse  der  Bank  liegen 
und  zuni  Nachteil  der  fusionierenden  Gesellschaft  um- 
schlagen. Hätten  die  Aktionäre  ihr  Stimmrecht  selbst 
ausgeübt,  anstatt  dasselbe  teilweise  der  Bank  zu  über- 
tragen, so  wäre  die  Fusion  vielleicht  verhindert  worden. 

bb)   Die   Gefahren   der   SammlungspoHtik 

(Beispiel). 

Die  Politik  der  Vollmachtensammlung,  welche  seitens 
gewisser  Verwaltungen  erfolgt,  um  eigene  Interessen 
verwirklichen  zu  können,  hat  schon  manche  uner- 
wünschten Zustände  im  Aktienwesen  geschaffen,  so  daß 
die  Mahnung  berechtigt  erscheint,  daß  die  Einzelaktionäre 
durch  ihre  persönliche  Stimmabgabe  dazu  beitragen 
mögen,  die  Interessen  ihrer  Gesellschaft  wahren  zu 
helfen.  Im  Falle  der  Verhinderung  an  dem  Besuch  der 
Generalversammlung  sollte  vom  Aktionär  die  Vollmacht 
einem  Vertrauensmann  übergeben  werden,  der  nach 
der  ihm  gegebenen  Instruktion  stimmt.  Ist  dieses  nicht 
möglich,  so  schließt  ein  Verzicht  auf  Vertretung  wenigstens 
tiie  Gefahr  aus,  daß  das  Stimmrecht  mißbraucht  wird. 


34 


35 


^l 


Wir  möchten  an  dieser  Stelle  noch  ein  Beispiel  anführen, 
das  uns  die  Wichtigkeit  der   persönlichen    Vertretung 
oder  einer  solchen  nach  Instruktion  vor  Auo-en  führt 
(Vergleiche  die  Notiz  S.  25,  Fußnote.)  "" 

Die  Aktiengesellschaft  »Vulkan«  ^ ^),  welche  ihren  Sitz 
m  Stettin  hat,  stand  vor  der  Entscheidung,   sich   eine 
Werft  in  Hamburg  zu  schaffen,  da  das  Reichsmarineamt, 
die  Hamburg-Amerika-Linie  und  ausländische    Regier- 
ungen ihre  Lieferungsaufträge  nur  unter  der  Bedingung 
erteilen  wollten,  daß  obigem  Wunsche  entsprochen  würd^ 
Das  Lebensinteresse  der  Gesellschaft  stand  somit  auf 
dem  Spiel.   In  dieser  Angelegenheit  suchten  2  Parteien 
entgegengesetzte   Interessen  zu  verfolgen.     Einerseits 
die  Verwaltung  der  Gesellschaft,  welche  selbstverständ- 
lich für  die  Schaffung   einer  Werft  in   Hamburg   war, 
andrerseits  eine  Bank,  welche  durch  andere  Interessen 
geleitet  wurde.   Die  Deutsche  Bank,  welche  hier  nämlich 
m  Frage  kam,  war  an   den    Stettiner  Oderwerken  in- 
teressiert und  hegte  die  Absicht,  mit  der  Zeit  eine  Fusion 
der  beiden  Gesellschaften  herbeiführen  zu  können.    Mit 
dem  Wegzug  des  »Vulkan«  mußte  dieser  Plan  ad  acta 
gelegt    werden.     Nun   hatte  die  Deutsche  Bank  einen 
beträchtiichen  Teil  der  Vulkanaktien  in  ihren  Tresors 
zur  Verwaltung.    Nach  §  28  ihrer  Bedingungen  für  den 
Depositen-    und    Effektenverkehr    war    sie   ermächtigt, 
»sofern  ihr  nicht  im  einzelnen  Fall  gegenteilige  Weisung 
zugeht,    behufs    Wahrnehmung    der    Interessen    ihrer 
Geschäftsfreunde   die   für   dieselben  bei   ihr  ruhenden 
Aktien    in    allen    Generalversammlungen    nach    ihrem 
besten  Ermessen  vertreten  und  das  Stimmrecht  für  die- 
selben ausüben  zu  lassen«.    Wenn  der  Aktionär  also 
nicht  ausdrücklich  vorschrieb,  wie  das  Stimmrecht  aus- 
geübt werden  sollte,  so  tat  es  der  Depositar  »nach  bestem 
Ermessen«,  möglicherweise  in  seinem  eigenen  Interesse. 
Da  die  meisten  Aktionäre  des  »Vulkan«  nicht  wußten, 
worum  es  sich  handelte,  und  deshalb  ihre  Aktien  ohne 
jegliche   Anweisung  in   der   Generalversammlung  ver- 
treten ließen,  so  suchte  die  Vulkan-Verwaltung'durch 

36 


ein  Inserat  den  Gegenstand  des  Streites  aufzuklären. 
In  dem  öffentlichen  Aufruf  standen  unter  anderm  die 
Sätze:  »Wir  wissen,  daß  eine  Anzahl  Aktionäre  ver- 
anlaßt worden  ist,  ihren  Besitz  in  der  letzten  General- 
versammlung vertreten  zu  lassen,  ohne  daß  man  ihnen 
genügend  Informationen  gegeben,  oder  die  Anfrage 
vorgelegt  hat,  ob  sie  für  oder  gegen  die  Verwaltung 
zu  stimmen  gewillt  seien.  Wir  richten  an  die  Gesamtheit 
unserer  Aktionäre  die  Bitte,  ihren  Aktienbesitz  in  der 
nächsten  Generalversammlung  persönlich  zu  vertreten, 
oder  von  solchen  vertreten  zu  lassen,  die  eine  Ver- 
pflichtung zur  Abstimmung  nach  Auftrag  des  Besitzers 
übernehmen.«  Die  Folge  dieses  Aufrufs  war,  daß  die 
Deutsche  Bank  entgegen  ihren  Bestimmungen  bei  den 
Besitzern  der  in  ihren  Tresors  aufbewahrten  Vulkan- 
aktien angefragt  hat,  wie  sie  zu  stimmen  hätte. 

Die  Praxis  der  Übertragung  des  Stimmrechts  finden 
wir  sehr  häufig  auch  bei  denjenigen  Aktiengesellschaften, 
deren  Aktien  auf  Namen  lauten.  Das  ist  meist  bei  den 
Versicherungsuntemehmungen  der  Fall.  Wie  schon 
oben  erwähnt,  werden  die  Einladungen  zur  General- 
versammlung laut  Art.  641,3  O.-R.  durch  Einschreibe- 
brief oder  schriftlich  gegen  Bescheinigung  zugestellt. 
Der  Einladung  wird  eine  gedruckte  Blankovollmacht 
zur  Unterschrift  beigelegt,  die  von  den  Leitungen  auf 
den  Namen  der  Personen  ausgestellt  wird,  welche  sie 
mit  der  Vertretung  beauftragen.  Auf  diese  Weise  wird 
zur  Durchführung  einer  bestimmten  Transaktion  eine 
Majorität  geschaffen. 

cc)  Teilweise  Minderung  der  Gefahren  durch 
Einführung  der  Proporzwahl. 

Derartige  Manipulationen  werden  durch  das  Pro- 
porzsystem in  ihrem  Erfolg  etwas  geschwächt.  Zur 
gänzlichen  Unterbindung  solcher  Geschäftsgebahren 
werden  aber  nur  die  von  uns  bezeichneten  Wege 
führen. 


* 


37 


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11 


dd)  Die  Teilnahme  an  der  Generalversammlung. 
Als  Ausweis  für  die  Teilnahme  an  den  Generalver- 
sammlungen haben  die  Interessenten  sich  Zutrittskarten 
zu  verschaffen.  Gewöhnlich  bestimmen  die  Statuten 
Näheres  über  die  Erlangung  derselben.  Beispiel: 
Elektrizitätswerk  Lonza  in  Gampel:  »Art.  11.  Um 
an  der  Generalversammlung  teilzunehmen,  haben  die 
Aktionäre  ihre  Titel  wenigstens  fünf  Tage  vor  dem 
Versammlungstage  bei  der  Gesellschaftskasse  oder  bei 
denjenigen  Stellen,  welche  der  Verwaltungsrat  hiefür 
bezeichnet,  zu  hinterlegen.  Sie  erhalten  dagegen  eine 
Zutnttskarte,  welche  auf  den  Namen  lautet«. 

Um  die  Teilnahme  an  der  Generalversammlung  in 
möglichst  großer  Anzahl  herbeizuführen,  sind  manche 
Gesellschaften  schon  dazu  übergegangen,  Prämien  zu 
bezahlen.  So  wollte  z.  B.  die  Sozietä  Veneta  per 
Costruzione  e  esercizio  di  ferrovie  secundarie  durch 
em  Bankkonsortium  16  Millionen  Lire  Obligationen 
ausgeben.  Um  den  Beschluß  der  Generalversammlune 
herbeiführen  zu  können,  sollte  für  jede  vertretene  Aktie 
eme  Prämie  von  zwei  Lire  gezahlt  werden.  Dieselbe 
Praxis  übte  1900  der  Credit  Lyonnais  und  auch  die 
Societe  Lorraine  de  Dietrich  &  Co.  in  Luneville,  um 
bestimmte  Transaktionen  mit  der  nötigen  Majorität 
durchführen  zu  können. 


V.  Die  passive  Wahlfähigkeit. 

1.  Der  Zweck  der  Aktionärqualität. 

a>  In  theoretiscfier  Beziehung. 
Das  Obligationenrecht  stellt  nur  eine  Forderung 
an  diejenige  Person,  welche  als  Verwaltungsmitglied 
fungieren  soll,  nämlich:  Aktionär  zu  sein.  Diese 
Aktionärqualität  statuiert  Art.  649,1  O.-R.  der  folo-en- 
dermaßen    lautet:     »Die    Verwaltung    kann    nur  %on 

38 


Aktionären  ausgeübt  werden.  Werden  Nichtaktionäre  ge- 
wählt, so  können  dieselben  ihr  Amt  nur  antreten,  wenn  sie 
zuvor  durch  Erwerb  von  Aktien  Aktionäre  geworden  sind« . 
Daß  das  Gesetz  mit  dieser  Bestimmunor  nur  einen 
rein  theoretischen  Zweck  im  Auge  hat,  geht  daraus 
hervor,  daß  auch  nur  eine  Aktie  genügt,  um  der  ge- 
setzlichen Anforderung  zu  entsprechen.  Die  Absicht 
ist  wohl  die,  daß  das  Verwaltungsmitglied  kraft  seiner 
Aktionäreigenschaft  zum  Mitglied  der  Gesellschaft  wird. 
Deshalb  wird  auch  der  Erwerb  von  Aktien  der  eigenen 
Gesellschaft  verlangt.  Es  ist  den  Statuten  überlassen, 
die  Anzahl  der  Aktien  festzulegen,  welche  hinterlegt 
werden  sollen.  Zugleich  wird  in  denselben  auch  an- 
gegeben, wo  sie  zu  deponieren  sind.  Ist  eine  Vorschrift 
darüber  nicht  vorhanden,  so  hat  dies  bei  der  Gesellschaft 
zu  geschehen.  Die  Anzahl  der  Aktien,  welche  zu  hinter- 
legen sind,  ist  bei  den  einzelnen  Gesellschaften  sehr 
verschieden.  So  verlangen  die  Statuten  der  A.-G. 
Cailler  die  Hinterlegung  von  100  Aktien,  diejenigen 
von  Tobler  &  Co.  zehn  Prioritätsaktien  oder  50  Stamm- 
aktien. Wird  die  Deponierung^^)  einer  beträchtlichen 
Anzahl  von  Aktien  gefordert,  so  könnte  der  Grund 
hierfür  darin  liegen,  daß  man  das  finanzielle  Interesse 
der  einzelnen  Verwaltungsratsmitglieder  inniger  mit  dem 
Geschick  des  Unternehmens  zu  verbinden  sucht. 

b>  In  praktisdier  Beziehung. 

Ein  praktischer  Zweck  wird  durch  die  Deponierung 
von  Aktien  dann  erreicht,  wenn  die  Statuten  ausdrück- 
lich bestimmen,  daß  die  hinterlegten  Aktien  als  Kaution 
dienen.  In  diesem  Falle  hat  die  Gesellschaft  bezw. 
haben  die  Aktionäre  und  Gläubiger  ein  Rückgriffsrecht 
auf  die  Aktien.  Tatsächlich  treffen  nun  auch  verschiedene 
Statuten  darüber  Bestimmungen,  so  z.  B.  diejenigen 
der  Schweizerischen  Unfallversicherungs-A.-G.  Winter- 
thur  in  §  22:  »Jedes  Mitglied  des  Aufsichtsrates  hat 
zehn  auf  seinen  Namen  lautende  Gesellschaftsaktien 
als    Kaution   für    Erfüllun«:   seiner    Pflichten    bei    der 


.<! 


90 


Gesellschaft  zu  hinterlegen.  Sie  werden  ihm  nach  seinem 
Ausscheiden    aus    dem    Aufsichtsrate    und    nach    Ge- 
nehmigung der  Rechnung  über  das   Geschäftsjahr,  in 
welchem    er   noch    mitgewirkt    hat,    zurückgegeben«. 
Warschauer'^)   begnügt  sich  nicht  damit,   daß  die 
Regelung  der  Deponierung  von   Aktien  in  beliebiger 
Hohe  den  Statuten  überlassen  bleibt,  sondern  verlanet 
■    eine   gesetzliche   Regelung  mit  Fesdegung  eines   be- 
stimmten Betrages  entsprechend  der  Höhe  des  Aktien- 
kapitales.    Demgemäß  müßten  AufsichtsratsmitHieder 
einer  Aktiengesellschaft,    welche   eine    Million  Aktien- 
kapital besitzt,  nominell  je  fünftausend  Mark  in  Aktien 
hinterlegen,  bei  jeder  weiteren   Million  tausend  Mark 
mehr    bis  zu  einem  Höchstbetrage  von   15,000  Mark 
Von  Brockdorff'^)   möchte  sogar  einen  Betrag  bis  zu 
50,000  Mark  festgesetzt  wissen,  mit  der  sonderbaren 
Begründung,    daß    die    Mitglieder   von    Aufsichtsräten 
doch  Leute  seien,  die  mit  hohen  Summen  zu  rechnen 
gewohnt  seien.    Am  weitesten  aber  geht  ein  Vorschlag 
im  Deutschen  Ökonomist'«),  nach  welchem  ein  Höchst 
betrag  statuiert  wird,  der  dem  zehnfachen  Betrag  der 
durchschnittlichen  Jahrestantieme  entspräche. 

Wir    können    uns    den    vorgenannten    Vorschlägen 
keinesfalls  anschließen.    Die  Normierung  der  Beträge 
soll  m  das  Belieben  der  einzelnen  Gesellschaft  gestellt 
werden    da  sie  am  besten  weiß,  welche  Anforderungen 
sie  für  die  Sicherheit  ihrer  Verwaltungsorgane  zu  stellen 
hat.  Daraus  folgt  von  selbst  eine  statutarische  Recrelung 
Sehr  häufig  hört  man  die  Ansicht,  wie  zweckmäßig  es 
sei    daß  das  Obligationenrecht  die  Möglichkeit  schaffe 
die  Geschäftsführung  an  Personen  zu  übertragen,  welche 
nicht  wie  die  Verwaltungsräte,  auch  einen  Aktienbesitz 
der  betreffenden  Gesellschaft  nachzuweisen   brauchen 
Dadurch  werde  es  möglich,  bei  der  Wahl  der  in  Be- 
tracht kommenden  Personen  sich  nur  von  deren  Fähie- 
keiten  leiten  zu  lassen,  ohne  daß  dieselben  über  Mittel 
zu  verfügen  brauchen.    Blicken  wir  nun  in  die  Statuten 
der  emzelnen   Gesellschaften,   so   bemerken   wir    daß 


gerade  von  diesen  Personen  oft  eine  ziemlich  hohe 
Kaution  verlangt  wird. 

Beispielsweise  bestimmen  die  Statuten  der  Schweizer- 
ischen Kreditanstalt  in  §  35 :  »Jeder  Direktor  des 
Hauptsitzes  hat  bei  seinem  Amtsantritt  50  Aktien  der 
Schweizerischen  Kreditanstalt,  jeder  Direktor  der  Zweig- 
niederlassung, sowie  jeder  dieselbe  vertretende  Direktor 
oder  Vizedirektor  des  Hauptsitzes  und  der  Zweignieder- 
lassung 25  solcher  Aktien  als  Amtskaution  bei  der 
Gesellschaftskasse  am  Hauptsitz  zu  hinterlegen«. 

Maggi's  Nahrungsmittel  A.-G.  Kempttal,  Art.  21,3: 
»Die  Mitglieder  der  Generaldirektion  haben  bei  der 
Gesellschaft  eine  vom  Verwaltungsrat  festzusetzende 
Kaution  zu  hinterlegen«. 

Mechanische  Backsteinfabrik  Zürich,  §  24:  »Jedes 
Mitglied  der  Direktion  muß  Aktionär  sein  und  hat 
eine  vom  Verwaltungsrat  festzusetzende  Anzahl  Aktien 
der  Gesellschaft  als  Kaution  zu  hinterlegen.«  Wir  sehen 
daraus,  daß  die  Praxis  obiger  Argumentation  widerspricht. 

Die  Stellung  der  Kaution  durch  den  Verpflichteten 
wird  in  der  Praxis  manchmal  dadurch  umgangen,  daß 
die  zu  hinterlegenden  Aktien  von  der  Gesellschaft  selbst 
deponiert  werden.  In  diesem  Falle  sichert  sich  die 
Gesellschaft  ihr  Eigentumsrecht  an  den  in  Kaution 
gegebenen  Aktien,  indem  sie  sich  beglaubigen  läßt,  daß 
seitens  der  Personen,  für  weiche  die  Deponierung  erfolgte, 
keine  Eigentumsansprüche  geltend  gemacht  werden. 

2.  Statutarische  Bedingungen  als  Voraussetzung 

für  die  Wahl  in  den  Verwaltungsrat 

<Wohnsitz,  Nationalität  etc.) 

Während  das  Gesetz  keine  weiteren  Anforderungen 
an  die  Wählbarkeit  einer  Person  stellt,  suchen  manche 
Statuten  gewisse  Bedingungen  erfüllt  zu  sehen. 

Nach  Bachmann ^^)  sind  laut  O.-R.  nur  physische 
Personen,  nicht  auch  juristische  Personen,  Körperschaften 


40 


41 


oder  Handelsfirmen  wählbar.  Auch  die  deutsche  Literatur 
ist  Jast  einstimmig  dieser  Ansicht.  Eine  Ausnahme 
hiervon  macht  Simon'«),  der  z.B.  vorschlägt,  nicht  ge- 
wissen Bankdirektoren,  sondern  die  Banken  selbst  in 
den  Aufsichtsrat  zu  wählen,  überhaupt  jede  Handels- 
gesellschaft mit  juristischer  Persönlichkeit,  die  Sitz  in 
einem  Aufsichtsrat  erstrebt. 

„,  ,Y^""  ^""^l'  i"i  Gesetz  keine  Bestimmung,  welche  die 
Wahl  junstischer   Personen   ausschließt,    enthalten   ist 

n  fif'J't^/'^  '■^^'^  legis,  dagegen,  sowohl'in 
Deutschland'«»)  als  noch  viel  mehr  in  der  Schweiz  Die 
Aufgaben,  welche  der  schweizerische  Gesetzgeber  dem 
Verwaltungsrat  aufbürdet,  stellen  die  größten  Anforder- 
ungen an  die  persönliche  Tüchtigkeit  seiner  Mitglieder 
Sie  erheischen  individuelle  Eigenschaften  des  Geistes 
und  Charakters,  welche  einer  juristischen  Person  an 
und  für  sich  nicht  innewohnen.  Wir  glauben  uns  daher 
der  herrschenden  Ansicht  aus  rein  wirtschaftlichen  und 
praktischen  Gründen  anschließen  zu  können. 

Suchen  wir  nun  an  der  Hand  von  Statuten  die 
Bedingungen  zusammenzustellen,  welche  bei  der  Wahl 
m  den  Verwaltungsrat  da  und  dort  berücksichtigt  werden 
müssen,  so  betreffen  dieselben: 

J.  Den  Wohnsitz.  Hierüber  bestimmt  Art  18 
der  Floretspmnerei  Ringwald  A.-G.:  «Der  Verwaltunes- 
rat  besteht  aus  6-10  Mitgliedern,  von  welchen  die 
Mehrheit  ihren  Wohnsitz  in  Basel  oder  Niederschöntal 
haben  muß.« 

Aktiengesellschaft  Thommens,  Uhrenfabriken  Wai- 
denburg, ^14:  «Er  (der  Verwaltungsrat),  besteht  aus 
J-5  Mitgliedern,  von  welchen  mindestens  2  ihren  stän- 
digen Wohnsitz  in  Waidenburg  haben  müssen«. 

Helvetia,  Schweizerische  Unfall-  und  Haftpflicht- 
Versicherungsanstalt,  Zürich,  §  34,  Abs.  2:  «Mindestens 
5  Mitglieder  müssen  in  Zürich  und  Umgebung  und 
weitere  5  in  Genf  oder  Umgebung  ihren  Wohnsitz 
naben.« 


2,  Wohnsitz  und  Nationalität,  Aluminium-Industrie 
A.-.G,  Neuhausen.  »Der  Verwaltungsrat  soll  in  der 
Mehrzahl  aus  Schweizerbürgern  bestehen,  die  dauernd 
in  der  Schweiz  wohnen«.  Ebenso  Zuckerfabrik  Aarberg, 
Art.  18,  Abs.  2. 

J.  Verwandtschaftliche  und  geschäftliche  Rück- 
sichten. Schweizerische  Kreditanstalt  Zürich,  »Ver- 
wandte in  auf-  und  absteigender  Linie  und  Brüder, 
sowie  Anteilhaber  einer  und  derselben  Firma  können 
nicht  nebeneinander  im  Verwaltungsrat  sitzen«.  Ebenso 
Schweizer.  Bankverein. 

Schweizerische  Unfall -Versicherungs  A.-G.,  Winter- 
thur;  §  21:  »Ausgeschlossen  von  der  Wahl  zu  Mit- 
gliedern des  Aufsichtsrates  sind  Vertreter  anderer,  die- 
selben Branchen  betreibenden  Versicherungsanstalten 
und  die  eigenen  Beamten  und  Agenten.  Ebenso  können 
nicht  nebeneinander  dem  Aufsichtsrate  oder  dem  Ver- 
waltungfskomitee  anofehören  Verwandte  in  auf-  und 
absteigender  Linie,  Brüder  oder  Teilhaber  an  der 
gleichen  Firma«. 

Helvetia,  Schweizerische  Unfall-  und  Haftpflicht- 
Versicherungsanstalt,  Zürich,  §  34,1  »Mitglieder,  die 
einen  haftpflichtigen  Betrieb  führen  sind  nur  dann  in 
den  Verwaltungsrat  wählbar,  wenn  sie  bei  der  Anstalt 
kollektiv  versichert  sind«. 

Was  die  Bestimmungen  über  den  Nepotismus 
anbetrifft,  so  schlägt  Stier-Somlo^^)  vor,  daß  derselbe 
auf  gesetzlichem  Wege  ausgeschlossen  werden  soll. 
Wir  dürfen  derartigen  Bestimmungen  keine  allzugroße 
Bedeutung  beimessen,  da  sie  doch  sehr  leicht  umgangen 
werden  können.  Gute  Freunde  können  als  Ersatz  heran- 
gezogen werden  und  leisten  vielleicht  noch  besser  die 
gewünschten  Dienste,  als  nahe  Verwandte.  Unseres  Er- 
achtens  genügt  es  vollständig^  ^*'),  den  Ausschluß  des 
Nepotismus  statutarisch  festzulegen. 

Endlich  möchten  wir  noch  einen  Vorschlag^**)  er- 
wähnen, welcher  an  die  Wahl  zum  Aufsichtsratsmitglied 
die  Voraussetzung  geknüpft  wissen  möchte,  daß  die  in 


I 


43 


•*sä- 


Betracht  kommende  Person  auch  für  das  Amt  befähirtist 
Daß  ein  aus  lauter  qualifizierten  Personen  bestehender 
Aufsichtsrat  ideal  sein  würde,  wird  jedermann  einsehen, 
u,  "^"Ptschwierigkeit  zur  Durchführung  dieses  Vor- 
schlages bestände  aber  darin,  auf  welche  Weise  der 
Beweis  für  die  Qualifikation  erbracht  werden  sollte,  und 
müA '"  A"fo':derungen  an  eine  solche  gestellt  werden 
mußten.  W,e  diese  Fragen  praktisch  gelöst  werden 
konnten,  scheint  uns  nicht  klar  zu  sein.  Eine  gesetzliche 
l^estlegung  vväre  unbegründet  und  eine  statutarische 
praktisch  nicht  durchführbar. 


VI.  Die  Amtsdauer. 


Das  Obligationenrecht  bestimmt  in  Art  649  3  O  -R 
folgendes  über   die   Amtsdauer;    »Die   Mitglieder  der 
Verwaltung  werden  auf  höchstens  sechs  Jahre  gewählt 
und  sind,   wenn  die  Statuten   nicht  etwas  anderes  be- 
stimmen, wieder  wählbar«. 

Das  Gesetz  normiert  in  diesen  Auslassungen  eine 
Hochstzahl  von  zusammenhängenden  Dienstjahren  für 
das  Verwaltungsmitglied  und  verweist  zugleich  auf  die 
Statuten,  in  denen  eine  Regelung  innefhalb  der  an- 
gegebenen Grenze  möglich  ist.  Davon  machen  auch 
nun  die  meisten  Statuten  Gebrauch,  obwohl  es  unter 
anderm  auch  solche  gibt,  die  gar  nichts  über  die 
Amtsdauer  erwähnen. 

folgende    Beispiel    zeigen,    das    fast   alle    die    Punkte 
welche    in    diesen    und  jenen   Statuten   nur   vereinzelt 
aufgeführt  sind,  vereinigt. 

Qi/'"S"  "^^r  ^^^^^n^^bereien  vormals  Stünzi  Söhne, 
s,  16:  »Der  Verwaltungsrat  besteht  aus  3-5  Mit^lieden^ 
und  wird  von  der  Generalversammlung  auf  eine  Amts- 
dauer  von  drei  Jahren  gewählt. 


Unter  einem  Jahr  ist  die  Zeitdauer  von  einer  ordent- 
lichen Generalversammlung  bis  zum  Schluß  der  nächsten 
ordentlichen  Generalversammlung  zu  verstehen. 

Alljährlich  fallen  so  viele  Mitglieder  in  Erneuerung, 
daß  in  drei  Jahren  alle  Mitglieder  in  möglichst  gleich- 
mäßiger Verteilung  der  Erneu erungsw^ahl  unterworfen 
sind.  Der  Turnus,  in  welchem  die  einzelnen  Mitglieder 
austreten,  wird  das  erste  Mal  durch  das  Los  bezeichnet. 
Die  Austretenden  sind  wieder  wählbar. 

Freiwilliger  Rücktritt  ist  den  Mitgliedern  des  Ver- 
waltungsrates jederzeit  gestattet,  doch  muß  der  dies- 
fällige  Entschluß  drei  Monate  vor  dem  Rücktritt  dem 
Verwaltungsrat  und  nötigenfalls  der  Kontrollstelle  zu 
Händen  der  Generalversammlung  angezeigt  sein. 

Die  Emeuerungs-  und  Ersatzwahlen  erfolgen  in 
der  ordentlichen  Generalversammlung,  ist  jedoch  die 
Zahl  der  besetzten  Stellen  im  Verwaltungsrat  durch 
Tod  oder  Rücktritt  auf  weniger  als  zwei  gesunken,  so 
muß  die  Generalversammlung  zur  Wiederbesetzung  der 
erledigten  Stellen  außerordentlich  einberufen  werden.« 

»Neu  gewählte  Mitglieder  treten  in  die  Amtsdauer 
der  Ausgeschiedenen  ein.« 

Die  Anzahl  der  Jahre,  auf  welche  die  Verwaltungs- 
mitglieder gewählt  werden,  ist  bei  den  einzelnen  Cie- 
sellschaften  sehr  verschieden.  Im  allgemeinen  können 
wir  sagen,  daß  die  Amtsperiode  sich  meist  entweder 
auf  drei  oder  vier  Jahre  erstreckt.  Es  mag  in  diesem 
Falle  sehr  angebracht  sein,  ausdrücklich  festzulegen, 
was  unter  einem  Jahr  zu  verstehen  ist,  da  das  Geschäfts- 
jahr der  Gesellschaft,  Kalenderjahr  oder  aber  der  Zeit- 
raum von  einer  ordentlichen  Generalversammlung  bis 
zum  Schlüsse  der  andern  zeidich  meist  verschieden 
sind,  bezw.  verschieden  sein  können.  Daß  hier  Miß- 
verständnisse leicht  möglich  sind,  beweist  die  Bemerkung 
in  §  18  der  Statuten  der  Kraft-  und  Übe rtragungs werke 
Rheinfelden,  die  folgendermaßen  lautet:  »Die  Ver- 
waltungsratsmitglieder bleiben  jedesmal  bis  zum  Amts- 
antritt ihrer  Nachfolger  im  Amte«. 


i 


m 


44 


45 


Um  zu  verhindern,  daß  die  Kontinuität  in  der 
Verwaltung  unter  einer  momentanen  Stimmung  in  der 
Generalversammlung  zum  Nachteil  des  Unternehmens 
gestört  werde,  schließen  die  Statuten  häufig  eine  Total- 
erneuerung aus  und  lassen  nur  eine  Partialemeuerunc. 
zu,  die  natürlich  vor  dem  Ablauf  der  ordentiichen 
Amtsdauer  beginnen  muß,  damit  die  gesetzlichen  Be- 
stimmungen nicht  überschritten  werden.  Diese  Praxis 
'•^^r  i-^fl^'^^"'    '^^  '^^^"■■^'^   ^i"e  größere  Stetigkeit 

ZtZ  k"^  '^^'  ^""  Verwaltungsrat  obliegenden 

rnichten  verbürgt  ist. 

Es   sind  nur  wenige   Statuten,   die    eine   Gesamt- 
erneuerung des  Verwaltungsrates  bestimmen,  so  z  B 
die    1  onwarenfabrik  Embrach  A.-G. 

Der  Austritt  vor  Ablauf  der  Amtsperiode  aus  dem 
Verwaltungsrat    kann    freiwillig  oder  unfreiwillig   sein 
Die  meisten   Statuten  gewähren   das   freiwillige  Rück- 
tnttsrecht^  knüpfen   aber  daran   meist    die  Bedingung 
daß  die  Kündigung  drei  Monate  vor  Niederlegung  des 
Amtes  zu  erfolgen  hat.  ''   ^ 

Der  unfreiwillige  Austritt  kann  stattfinden  durch  Tod 

m7^;^^^o""^,  '^"^"'    der    Generalversammlung 
(Art.  64/  O.-R.)  oder  auch  dann,  wenn  die  Wahl  eines 
Mitgliedes  an  emen  bestimmten  Wohnsitz  oder  an  andere 
Bedingungen  gebunden  war  und  darin  eine  Änderun<r 
eintrat.    Durch  die  Veränderung  des  Wohnsitzes  eines 
Mitgliedes  wird  aber  gegebenenfalls  nicht  nur  das  Aus- 
scheiden   desselben    aus    dem    Verwaltungsrat    nötie 
sondern    auch    eine    Ersatzwahl,  da   der    Wegzug    die 
statutengemäße  Zusammensetzung  berührt.   Bestimmen 
aber  z.  B.  die  Statuten,  daß  je  ein  Mitglied  des  Ver- 
waltungsrates in  Zürich  und  in  Bern  wohnen  muß  und 
tauschen  die  an  den  genannten  Plätzen  seßhaften  Ver- 
waltungsratsmitglieder ihren  Wohnsitz  gegenseitig    so 
ist  wieder  der  Austritt  noch  eine  Ersatzwahl  erforderlich 
Eine    Ersatzwahl     wird    vorgenommen,     nachdem 
eine  außerordentliche  Generalversammlung  einberufen 
worden  ist,   oder  indem  man  mit  einer  solchen  bis  zur 


kommenden  ordentlichen  Generalversammlung  wartet. 
In  den  meisten  Fällen  ist  eine  sofortige  Ersatzwahl 
dann  erforderlich,  wenn  durch  den  Austritt  die  Zahl 
der  Mitglieder  des  Verwaltungsrates  unter  die  in  den 
Statuten  angegebene  Mindestzahl  herabsinkt  (in  obigem 
Beispiel  zwei). 

Manchmal  kommt  es  auch  vor,  daß  dem  Verwaltungs- 
rat laut  Statuten  ein  Selbstergänzungsrecht  zugestanden 
wird,  was  allerdings  gesetzlich  unzuläßig  ist.  Die  Be- 
stätigung durch  die  Generalversammlung  erfolgt  dann 
bei  deren  nächstem  Zusammentritt.  Ein  Beispiel  für 
diese  Praxis  haben  wir  bei  der  Deco  A.-G.,  vormals 
G.  Helbling  &  Co.,  Zürich,  indem  i;  17,2  der  Statuten 
folgendes  bestimmt:  «Scheidet  ein  Mitglied  vor  Ablauf 
seiner  Amtsdauer  aus,  so  steht  dem  Verwaltungsrat 
das  Selbstergänzungsrecht  zu.  Das  neugewählte  Mit- 
glied tritt  bis  zur  nächsten  Generalversammlung  in  die 
Amtsdauer  des  Ausgeschiedenen  ein  und  unterliegt  der 
Bestätigung  derselben«. 


VII.  Die  Zusammensetzung  des 

Verwaltungsrates. 

Die  Zusammensetzung  des  Verwaltungsrates  be- 
trachten wir  am  besten  unter  dem  Gesichtspunkt  der 
Interessen,  die  man  mit  der  Besetzung  einer  Verwal- 
tungsratstelle verfolgt.  Dementsprechend  können  wir 
folgende  Gruppierung  vornehmen: 

1.  Reine  Kapitalinteressen. 

2.  Kapital-  und  geschäftspolitische  Interessen. 

3.  Geschäftspolitische-,  Verwaltungs-  und  Geschäfts- 
führungsinteressen . 

Während  bei  der  Vertretung  der  unter  Punkt  1 
und  2  angeführten  Interessen  die  Person  weniger 
ausschlaggebend  ist,  als  die  hinter  derselben  stehenden 


46 


47 


objektiven  Interessen,  tritt  in  Punkt  3  die  Personen- 
frage  mehr  in  den  Vordergrund  und  ist  in  den  meisten 
Fallen  auch  für  die  Wahl  bestimmend.  Die  unter  Punkt 
3  angeführten  Interessen  bilden  zugleich  die  Parallele 
für  die  verschiedenen  Funktionen  des  Verwaltungsrates 
welche  wir  später  zu  betrachten  haben. 

1 .  Verschiedene  Gruppierungen  seitens  anderer 

Autoren. 

Bevor  wir  der  Ausführung  unserer  Gruppierung 
naher  treten,  möchten  wir  noch  auf  zwei  andere  hin 
weisen,  von  welchen  die  eine  von  Passow,  die  andere 
von  Eulenburg  aufgestellt  worden  ist.  Auch  diese  legen 
Ihrer  Emteilung  die  Motive  zu  Grunde,  welche  zu  einer 
Vertretung  im  Verwaltungsrat  berechtigen. 

Passow^s)  gruppiert  folgendermaßen: 

1.  Großaktionäre. 

2.  Vertreter  eines  Bankhauses. 
Vertreter  infolge  von  Interessengemeinschaften 
Vertreter  von  Kleinaktionärgruppen. 
Sachverständige. 
Frühere  Direktoren. 
Dekorative  Personen. 

8.  Personen  mit  wertvollen  Beziehungen 

9.  Sinekuren. 

10.  Vertreter  des  Staates. 

Diese  Art  der  Zusammenstellung,  die  auf  Darstellung 
der  Einzelmotive  ausgeht,  leidet  an  Unvollständiakeit 
insofern,  als  ,m  Einzelfall  oft  nicht  nur  der  oder  fener 
Grund  entscheidend  war,  sondern  beide,  oder  mehrere 
zusammen,  wodurch  die  einzelnen  Gruppen  in  ein 
falsches  Licht  gerückt  werden.  Noch  mehr  ist  dies  zu 
sagen  von  der  Gruppierung,  wie  Eulenburg^S)  sie  vor- 
nimmt nämlich  nach  Berufen.  Diese  faßt  er  in  sechs 
rtauptkategorien  zusammen : 


4. 
5. 
6. 

7. 


1.  Bankiers. 

2.  Fabrikanten. 

3.  Kaufleute. 

4.  Rentner. 

5.  Beamte. 

6.  Liberale  Berufe. 

Eulenburg  weist  selbst  auf  die  Mängel  seiner 
Zusammenstellung  hin.  (Es  sind  nur  die  Aktiengesell- 
schaften der  Berliner  Börse  herano^ezoe^en  —  ein  g^roßer 
Teil  der  Aktien  wird  überhaupt  nicht  an  der  Börse 
notiert  -  Kombination  von  Berufen).  Ganz  abgesehen 
von  der  Richtigkeit  dieser  Erkenntnis  muß  noch  erwähnt 
werden,  daß  in  sehr  vielen  Fällen  der  Beruf  in  keiner 
Weise  für  die  Begründung  eines  Verwaltungsratssitzes 
ein  Anhaltspunkt  sein  kann.  Hierdurch  wird  aber  die 
Zweckmäßigkeit  dieser  Gruppierung  in  Frage  gestellt. 

2.  Die  Gruppierung  dts  Verfassers. 

a>  Reine  Kapitalinteressen. 

Wenden  wir  uns  nun  der  näheren  Ausführune:  unserer 
Gruppierung  zu,  und  betrachten  zunächst  die  durch 
reine  Kapitalinteressen  entstandene  Gruppe  im  Ver- 
waltungsrat, so  ist  festzustellen,  daß  wir  es  hier  mit 
Personen  zu  tun  haben,  die  infolge  ihres  Aktienbesitzes 
gewählt  wurden.  Es  liegt  sehr  nahe,  daß  eine  große 
Kapitalbeteiligung  an  einem  Unternehmen  auch  einen 
Einfluß  auf  dasselbe  rechtfertigt.  Dieser  kann  viel 
leichter  und  intensiver  durch  eine  Vertretung  in  einem 
elastischeren  und  mit  dem  Geschäftsgang  der  Gesell- 
schaft in  näherer  Verbindung  stehenden  Organ,  wie 
der  Vervvaltungsrat  es  ist,  geltend  gemacht  werden, 
als  in  der  Generalversammlung,  die  wohl  das  oberste 
Organ  der  Gesellschaft  ist,  aber  schwerfällig  arbeitet  und 
dem  Geschäftsgang  femer  steht,  als  der  Verwaltungsrat. 
Sowohl  private  Personen,  wie  z.  B.  Bankiers'-*),  welche 
die  Bankiertätigkeit  aufgaben  und  nunmehr  als  Verwalter 


48 


49 


M 


m 


ihres   allrnählich  in  Industriepapieren   angelegten  Ver- 

ZTcJaTr"'  '■'  'r^  Gesellschaften.  kSnnen  als 
sog,   Großaktionäre   m  dem  Vervvaltungsrat   vertreten 
sein.     In  den  meisten  Fällen  ist  der  Besitz  der  Aktien 
uenn  nur  das  Kapitalinteresse  in  Frage  kommt,  auf  die 

ZeuderGrundungder  Aktiengesellschaftzurückzuführen 
Handelt  es  sich  um  eine  Bargründung,  so  ist  die 
Hoffnung  auf  Prosperität  des  Unternehme«;  die  Triet 

Su'.^rh.r""'-  f'^'T"  Kapitalanlage,  Diese  Ab- 
sicht )  hat  meist  ein  dauerndes  Verhältnis  der  Groß- 
aktionare zu  der  Gesellschaft  zurFolge,  Der  <rroße  Aktien 
besitz  vererbt  sich  von  einem  Gefchlecht^zum  ändert" 
sodaß  vvir  vor  allem  in  Deutschland  gewisse  Familien 
finden,  die  von  einer  Generation  zur  andern  einen  Ver- 
waltungsratssitz  in  derselben  Gesellschaft   »vererben« 

Bei  IIa  lons-  oder  ApportgrUndungen^^")  .sind  meist 
F  ne  XeC«  '?  Unternehmens  die  Großaktionäre 
Fme  direkte  Beteiligung  an  der  Geschäftsführung  wird 
nicht  mehr  gewünscht,  so  daß  man  sich  mit  einem  Sitz 
irn  Verwaltungsrat  begnügt,  um  auf  diese  Art  auf  das 
Schicksal  der  neuen  Gesellschaft  einwirken  zu  können 

In   beiden  Fällen  kann  eine  Bank  als  reiner  Kapital^ 
Interessent  vertreten  sein,  doch  ist  zu  betonen,  daß  im 
allgemeinen  dieselbenicht  daraufausgeht,  bezw,  auch  nich 
darauf  ausgehen  kann,  ihre  Kapitalien  festzulegen,  da  ihre 
So  iditat  und  vor  allem  ihre  Liquidität  in  Gefahr  kommen 

konnte.  Ls,stderBankvielmehrdarumzutun,vielelaufen 
de  Geschäfte  zu  machen,  woran  die  Bindung  von  Kapitalien 

Kap  tal  semen  Kreislauf  macht,  um  so  vorteilhafter  ist  es 
iur  dieselbe.  Deshalb  tragen  ihre  Beteiligungsgeschäfte 
in  der  Hauptsache  geschäftspolitischen  Chamkter  wo 
rauf  wn-  weiter  unten  noch  zurückkommen  we;den. 
re!n.n  jP^^f  ;^.'^'^"^  fi"^^"  ^ir  als  Großaktionäre  mit 
beidetT  •'".""."  '''"  P'"^"^i--"ng«gesellschaften, 
nicht  ?nR  /"T  i''  '^^'  g^eschäftspolitische  Interesse 
nicht  in  Betracht  kommt,  sondern  deren  Hauptzweck 
m  der  Kapitalisierung  des  investierten  Kapitales  besteht 


b>  Kapital»  und  gesdiäftspolitisAe  Interessen. 

Am  häufigsten  aber  wird  ein  Sitz  im  Verwaltungsrat 
erstrebt,  um  dadurch  sowohl  kapitalistische  als  aucli 
geschäftspolitische  Interessen  verfolgen  zu  können.  Dies 
tritt  am  deutlichsten  in  den  Beziehungen  zwischen  Bank 
und  Industrie  zu  Tage.  Man  kann  wohl  sagen,  daß  die 
Vertretung  einer  Bank  im  Verwaltungsrat  eines  in  Form 
einer  Aktiengesellschaft  organisierten  Industrieunter- 
nehmens zu  den  regelmäßigen  Erscheinungen  gehört. 
Tjies  kann  darauf  zurückzuführen  sein,  daß  Jie  ver- 
tretene Bank  die  regelmäßigen  Zahlungs-  und  Kredit- 
geschäfte der  Gesellschaft  besorgt,  oder  aber  die 
Emmission  ihrer  Obligationen,  Aktien  usw.  übernimmt. 
Auf  jeden  Fall  sichert  sich  die  Bank  einen  Sitz  im  Ver- 
waltungsrat, wenn  die  in  Frage  kommende  Gesellschaft 
in  hohem  Maße  Kredit  in  Anspruch  nimmt.  Hier  ist 
es  von  größter  Wichtigkeit,  daß  die  Bank^')  durch  eine 
stetige  Kontrolle  über  die  gesamte  Geschäftsleitung 
und  das  Geschäftsgebahren  orientiert  ist.  Dies  ist  auch 
dann  nötig,  wenn  bei  der  Gründung  oder  Umwandlung 
eines  Unternehmens  die  Bank  die  Emission  der  Aktien 
übernommen  hat  und  ein  erheblicher  Teil  derselben 
in  ihrem  Besitz  verblieben  ist.  Zu  diesen  vorwiegend 
kapitalistischen  Interessen  kommen  dann  noch  die 
geschäftspolitischen. 

Die  moderne  Entwicklung  hat  es  mit  sich  ge- 
bracht, daß  z.  B.  in  einer  Großbank  eine  Fülle  von 
industriellen  Interessen  zusammengehäuft  ist,  so  daß 
dieselben  Persönlichkeiten  nicht  selten  im  Verwaltunes- 
rat  einander  fremder,  aber  der  Branche  nach  ver- 
wandter Unternehmen  sitzen.  Der  Grund  hierfür  ist 
darin  zu  suchen,  daß  bei  großen  Finanzinstituten  die 
Geschäfte  ressortmäßig  verteilt  sind  und  daher  nur 
ein  beschränkter  Kreis  von  Personen  als  sachkundig 
für  die  einzelnen  Industriezweige  gilt.  In  wiefern 
hierin  ein  Vorteil  liegen  kann,  mag  uns  das  folgende 
Beispiel  zeigen. 


50 


51 


Eine  prosperierende  Gießerei  hat  das  Bedürfnis,*) 
sich  zu  vergrößern  und  sucht  zur  Finanzierung  der 
Neuanlagen  eine  Bank.  In  diesem  Falle  dürfte  dies 
ihr  nicht  schwer  fallen,  da  die  Investition  eine  große 
Rente  verspricht,  für  die  Bank  also  ein  sicheres  Ge- 
schäft zu  machen  ist.  Es  werden  nun  der  Gießerei 
Kreditbedingungen  auch  seitens  einer  Bank  angeboten, 
die  zu  ihren  Kunden  eine  Maschinenfabrik,  eine  Werk- 
zeugfabrik und  eine  Motorenfabrik  zählt  und  in  deren 
Verwaltungsrat  sie  vertreten  ist. 

In  weiser  Voraussicht  wird  sich  die  Gießerei  für 
diese  Bank  entscheiden,  selbst  wenn  die  Bedingungen 
derselben  ungünstiger  sind,  als  diejenigen  einer  andern. 
Sie  hofft,  daß  es  der  Bank  möglich  wird,  eine  Geschäfts- 
verbindung mit  den  genannten  Werken  herbeizuführen, 
um  für  die  steio-ende  Produktionsmöoflichkeit  wieder 
sicheren  Absatz  zu  haben.  Das  wäre  ein  Vorteil  so- 
wohl für  die  Bank,  als  auch  für  die  Gießerei. 

Anderseits  ist  es  aber  auch  sehr  gut  möglich,  daß 
die  neuen  Kunden  der  Gießerei  zum  Verhängnis  werden 
können,  insofern,  als  dieselben  Konkurrenten  ihrer 
alten  Kunden  sind.  Dadurch  wird  die  Gießerei  vielleicht 
bald  vor  die  Tatsache  gestellt,  diesen  oder  jenen  Ab- 
nehmer verlieren  zu  müssen.  Je  nach  Lage  der  Ver- 
hältnisse kann  die  Gießerei  als  Lieferant  für  die  andern 
Betriebe  von  Vorteil  sein,  oder  auch  nicht.  Sind  die- 
selben finanziell  nicht  zu  sehr  abhängig  von  der  Bank, 
so  werden  sie  sich  die  freie  Entschließune  über  die 
Geschäftsverbindung  vorbehalten;  ist  dies  aber  nicht 
der  F'all,  so  dienen  sie  mehr  oder  weniger  als  Sanierungs- 
objekt, wobei  die  Bank  in  erster  Linie  die  Wahrung 
ihrer  eignen  Interessen  im  Auge  hat. 

Es  soll  nicht  verkannt  werden,  wie  segensreich 
die  Vertretunor  einer  Bank  im  Verwaltunesrat  einer 
Industriegesellschaft  sein  kann,  wenn  dieselbe  nur  die 
Rolle  eines  finanztechnischen  Beraters  oder  Vermittlers 


*)  Vgl.   auch    Siegfried   Herzog,   Industrielle   Verwaltungs- 
technik, S.  31  ff. 


übernimmt.  Sobald  aber  die  Finanzpolitik  nicht  nach 
den  Bedürfnissen  der  Gesellschaft  sich  richtet,  sondern 
nur  unter  dem  Gesichtswinkel  der  Bedürfnisse  der  Bank 
betrieben  wird,  kann  dieselbe  zum  größten  Schaden 
der  Gesellschaft  werden.  Diese  Gefahr  besteht  vor 
allem  dann,  wenn  der  Bankvertreter  Präsident  des 
Verwaltungsrates  ist  und  als  solcher  ^weitgehenden  Ein- 
fluß und  Machtbefugnisse  besitzt.  In  der  Schweiz  haben 
wir  diese  Fälle  seltener  als  in  Deutschland.  Das  folgende 
Beispiel  mag  uns  zeigen,  wie  egoistisch  eine  derartige 
Stellung  ausgenützt  wurde. 

Der  Bankier  Kari  Neuburger^»)  war  Vorsitzender 
des  Aufsichtsrates  in  verschiedenen  Gesellschaften. 
Mit  Übernahme  dieser  Stellung  wurden  dieselben  ver- 
anlaßt, ihre  alte  Bankverbindung  zu  brechen  und  die 
Bankguthaben  auf  seine  Firma  zu  übertragen.  So  hatte 
die  Finkenberg-Cement-A.-G.  Emigeriohe,  in  deren 
Aufsichtsrat  sich  Neuburger  noch  einige  Zeit  vor  dem 
Zusammenbruch  seiner  Gesellschaft  wählen  ließ,  ihre 
Bankguthaben  auf  die  Firma  Neuburger  übertragen 
müssen,  mit  dem  Resultat,  daß  für  einen  erheblichen 
Prozentsatz  desselben  mit  einem  Verlust  zu  rechnen  war. 
Dieselben  Transaktionen  bewirkten  die  Vertreter  der 
Bank  Albert  Schappach  &  Co.  und  G.  Lilienthal  überall 
da,  wo  sie  als  Aufsichtsratsvorsitzende  fungierten. 

Mit  Recht  wurde  anläßlich  dieser  Vorkommnisse 
in  der  Presse  darauf  hingewiesen,  daß  die  Gesell- 
schaften einen  derart  weitgehenden  Einflyß  seitens  der 
Bank  verhindern  und  das  Amt  eines  »Schatullver- 
walters« nicht  dem  Vertreter  derselben  überrtagen  sollten. 

Am  ausgeprägtesten  finden  wir  aber  die  Verquickung 
von  Kapital-  und  geschäftspolitischen  Interessen  in  der 
verschiedenartigen  Anwendung  der  sog.  »Beteiligung«. 
Gleichartige  oder  verwandte  Unternehmungen  suchen 
durch  gegenseitige  Aktienbeteiligung  die  verschieden- 
sten Zwecke  geschäftspolitischer  Natur  zu  erreichen. 
Auf  diesem  System  beruht  auch  teilweise  die  Bildung  der 
Syndikate,  Kartelle  und  Trusts.     Auch  das  Vorstadium 


il 


S2 


53 


der  Fusion,  die  Interessengemeinschaft,  wird  meist 
durch  Beteiliorung  herbeigeführt.  Charakteristisch  ist 
hierbei,  daß  der  Sitz  im  Verwaltungsrat  ledigh'ch  durch 
die  Beteihgung  erwirkt  wird,  der  Hauptzweck  aber  in 
der  Verfolgung  geschäftspolitischer  hiteressen  besteht. 
Wie  schon  oben  angedeutet,  trachtet  das  Wirt- 
schaftsleben immer  mehr  darnach,  sich  zu  expandieren, 
zu  konzentrieren  und  zu  kombinieren.  In  diesen  Be- 
strebungen bedient  es  sich  insbesondere  des  Aufsichts- 
rates, .dem  dadurch  ein  typisch  geschäftspolitischer 
Stempel  aufgedrückt  wird.  Die  in  folgendem  anzu- 
führenden Beispiele,  denen  wir  besonders  in  Deutsch, 
land  begegnen,  mögen  dies  bestätigen. 

1.  Unternehmungen  der  Veredelungsindustrie  be- 
teiligen sich  an  solchen,  die  Rohstoffe  liefern.  So  haben 
z.  B.  Eisenhütten-  und  Stahlwerke  das  größte  Interesse 
an  dem  Bezug  von  guter  und  billiger1<ohle,  weshalb 
wir  oft  eine  Beteiligung  ersterer  bei  Kohlenbergwerks- 
Aktiengesellschaften  finden.  Nicht  vorteilhafte  Investition 
von  Kapital  in  der  Bergwerksgesellschaft  ist  der  Zweck 
dieser  Transaktion,  sondern  günstiger  Bezug  von  Kohle. 

2.  Unternehmungen^^ö),  die  gewisse  Spezialartikel 
fabrizieren  suchen  eine  Beteiligung  bei  Fabriken  von 
Fertigfabrikaten,  z.  B  Lohngießereien  bei  Maschinen- 
fabriken. Die  Absicht  ist  die,  für  die  Produktion  einen 
sicheren  Absatz  zu  haben.  Für  die  Verarbeiter  spezieller 
Halbfabrikate  ist  dies  von  größter  Bedeutung,  da  die- 
selben meist  sehr  leistungsfähig  sind  und  im'  offenen 
Markt  vielleicht  nur  beschränkten  Absatz  fänden. 

3.  Unternehmungen,  welche  ihre  Fabrikate  ex- 
portieren, suchen  sich  gerne  bei  den  großen  Export- 
firmen zu  beteiligen,  um  neue  Absatzgebiete  für  ihre 
Waren  zu  gewinnen. 

4.  Gleichartige  Fabriken  beteiligen  sich  gegenseitig, 
um  den  kraßen  Konkurrenzkampf  zu  beseitigen,  sei  es' 
daß  man  gewisse  Preise  vereinbart  oder  eine  Teilung 
der  Absatzgebiete  vornimmt. 


5.  Viele  Unternehmunsren  bezwecken  mit  der  Be- 
teiliirunof  *die  Erränzungf  ihrer  Produktion.  Diese  Trans- 
aktion  erfordert  zugleich  eine  Einsicht  in  die  Fabrikation, 
weshalb  hierfür  die  Form  einer  Interessengemeinschaft 
gewählt  wird,  die,  wie  schon  erwähnt,  das  Vorstadium 
zu  einer  F'usion  bildet.  Hierzu  ein  Beispiel,  das  wir 
näher  betrachten  möchten,  da  auch  eine  schweizerische 
Unternehmuncr  hierbei  in  Fragfe   kommt. 

Die  Elektrizitätsgesellschaft  vorm.  Lahmeyer  &  Co. 
in  Frankfurt  a.  M.  und  Felten-Guilleaume-Karlswerk 
A.-G.  verbinden  sich.  Das  Karlswerk  in  Mühlheim 
fabrizierte  hauptsächlich  elektrische  Kabel  und  mußte, 
da  elektrische  Anlachen  meist  als  Ganzes  versieben 
werden,  die  Verbindung  mit  einer  Fabrik  herbeiführen, 
die  elektrische  Maschinen  und  Anlaq^en  liefert.  Für 
Lahmeyer  konnte  der  Anschluß  an  ein  Werk,  das 
Kabel  und  sonsdo;e  Bedarfsartikel  für  Installationen 
herstellt,  vorteilhaft  sein.  Felten-Guilleaume  erhöhte 
das  Aktienkapital  von  36  Millionen  Mark  auf  52  Millionen 
Mark  und  eab  so  der  neuen  Interessencremeinschaft 
die  finanzielle  Unterlage.  Die  günstigen  Resultate 
bewirkten  eine  ErVveiterung  des  Geschäftskreises,  so 
dass  dieser  Konzern  die  alte  Firma  Escher- Wyß  &  Co. 
übernahm.  Bekanntlich  ist  die  genannte  Firma  welt- 
berühmt durch  den  Bau  von  Dampfturbinen.  Das  von 
ihr  angewandte  System  Zölly  ist  nur  auf  17  Jahre 
einem  deutschen  »vSyndikat  zur  Verwertung  des  Zölly- 
Patentes«  zur  Ausbeutung  übertragen  worden.  An  der 
Spitze  des  Syndikates  stehen  die  Siemens-Schuckert- 
Werke,  der  Norddeutsche  Lloyd  und  Friedrich  Krupp. 
Da  die  Lahmeyer- Werke  den  größten  Teil  des  Aktien- 
kapitales von  Escher  Wyß  &  Co.  im  Besitz  haben,  die 
Verwertung  des  Zölly-Patentes  aber  einen  Hauptbestand- 
teil in  der  Fabrikation  von  Escher- Wyß  &  Co.  bildet, 
wird  die  Folge  wohl  eine  Verständigung  der  beiden 
Konzerne  sein.  Im  Jahre  1910^^)  wurden  denn  auch  die 
Felten-Guilleaume-Lahmeyer-Werke  der  Allgememen 
Elektnzitätsgesellschaft  Berlin  angegliedert.     AH  diese 


:^ 


54 


55 


?f 


Verbindungen  und  Verständigungen  finden  ihren  Ab- 
schluß in  der  Einräumung  einer  Vervvaltungsratsstelle. 
Dies  mag  an  der  Hand  der  obigen  Werke  nachge- 
wiesen werden. 

Der  Generaldirektor  von  Felten-Guilleaume-Karls- 
werk  A.-G.  ist  der  Präsident  des  Verwaltungsrates  von 
Escher-Wyß  &  Co.,  Zürich  und  Mitglied  des  Aufsichts- 
rates^»)  der  »A.E.-G.«  in  Berlin.  Andererseits  ist  ein 
Direktor  der  A.  E.-G.  im  Aufsichtsrat  des  Felten- 
Guilleaume-Karlswerkes  A.-G. 

Die  A.  E.G.  Berlin^^^  ist  ferner  stark  beteiligt  an 
der  Bank  für  elektrische  Unternehmungen  (Elektrobank) 
in  Zürich.  Nachdem  sie  dieser  Bank  1900/01  die  Elektro- 
chemischen Werke  Bitterfeld  und  Rheinfelden  für  zu- 
sammen 7  Millionen  Mark  abgetreten  hatte,  besaß  sie 
3,179,700  Fr.   Aktien   der   ersteren.     Im   Jahre    1910 
gingen  Aktien  der  Lahmeyer- Werke  durch  Umtausch 
im  Betrage  von  2,172,000  Mark  in  den  Besitz  der  Bank 
lür  elektrische  Unternehmungen  in  Zürich  über.    Auch 
diese   gegenseitigen    Beteiligungen    kennzeichnen    sich 
äußerlich  durch  die    gegenseitige  Vertretung  im  Ver- 
waltungsrat.    So  sind  Mitglieder  des  Verwaltungsrates 
der    Bank    für    elektrische    Unternehmungen    im    Auf- 
sichtsrat der  Lahmeyer- Werke  vertreten.    Andererseits 
ist  ein  Mitglied  des  Direktoriums  der  A.  E.-G.   Dele- 
gierter des  Verwaltungsrates  der  Bank  für  elektrische 
Untemehmuneen. 

Wenn  bei  Interessengemeinschaften  die  Beteiligung 
meist  über  die  Hälfte  des  Aktienkapitales  beträgt,  so 
geht  dieselbe  noch  weiter  bei  den  sog.  Tochtergesell- 
schaften, deren  Gründung  sich  vor  allem  in  der  elektro- 
technischen Branche  und  in  ihr  nahestehenden  Gebieten 
eingebürgert  hat.  Ein  Beispiel  hierfür  bietet  uns  die 
Firma  Brown,  Boveri  &  Co.,  Baden,  Schweiz,^^)  welche 
zur  Erweiterung  ihres  Arbeitsfeldes  an  verschiedenen 
in-  und  ausländischen  Plätzen  Fabrikuntemehmen 
schuf,  an  welchen  sie  durch  Aktienbesitz  finanziell  be- 
teiligt ist  und  die  wir  nachstehend  verzeichnet  finden. 


Übersicht   über   die  Beteiligungen   von  Brown,  Boveri  &  Co. 
während   der  Interessengemeinschaft  mit  der  A.  E.-G.  in  den 

Jahren   1904— 1909. 
(Entnommen    aus:    Siegmund   Levi,    »Der    Geschäftskreis    der 
schweizerischen     Großaktienbanken,    mit    besonderer    Berück- 
sichtigung der  Geschäftsbeziehungen   zu   Industrie-  und    Eisen- 
bahnunternehmungen«.   Zürcher  Diss.,  S.  43.) 


im  fintEllcreiSHif  uHTeninmuUGEi 


difowiy.ßpvriPiAC«  U.,  LoHpim 

'  CHifiSTTinHin 

BffDUN 

}\H^t^o^$oitern  imu^tio  reu  hne%e  fLfffficiic ,  f^lUfHC 
'etECTI?IClTftT5«EI?K  0LTfeAl-/!lÄ8i;<r4 

^SociETk  ^LBTTPlCH  D,  BeHEfFHTo 


SiiU3Eit\tm  fiÄnriüfArsaseascunFr 


56 


57 


Das  Wichtigste  unter  denselben  ist  die  A.-G  Brown 
Boveri  &  Co.  in  Mannheim,  deren  Aktienbesitz  sich 
ganz  im  Besitz  der  Firma  in  Baden  befindet.  Der 
uT  .  r  Ve^waltungsrates  des  Mutterhauses  ist 
auch  der  Vorsitzende  des  Aufsichtsrates  der  Gesell- 
Schaft  in  Mannheim. 

Den    Schlußstein    bilden    dann    noch    so^.    »reine 
Beteiliguno-sgesellschaften«.     Hierfür    haben    wir    zwei 
typische  Beispiele  in  der  Schweiz  in  den  Sulzer- Unter- 
nehmungen   A.-G.  in  Schaffhausen    und  in    der   Bank 
für   elektrische   Unternehmungen,    Zürich.      Nach  dem 
Hnanzjahrbuch^^)  der  Schweiz  besteht  der  Zweck  der 
Sulzer-Unternehmungen  in  der  Gründung,  Übernahme 
1  achtung,  Finanzierung  von  Unternehmungen  der  Ma- 
schmen-    und    Heizungs-Industrie    und    damit    im    Zu- 
sammenhang stehenden  Industrien  im  In-  und  Auslande 
und  Beteiligung  an  solchen.     Die  Gesellschaft  besitzt 
das    Aktienkapital    der    Gebrüder    Sulzer    A -G     in 
Winterthur    (12   Millionen  Fr.),    der    Gebrüder' Sulzer 
in  Ludwigshafen   (4  Millionen  Mark)   und   ist    beteili<n 
bei    der    »Sulzer- Zentralheizungen«     G.    m     b     H     Tn 
Mannheim,     sowie     bei     den    Verkaufsstellen*    dieser 
Unternehmungen.      Der    Präsident    des    Verwaltuno-s- 
rates   der  Sulzerunternehmungen    in   Schaffhausen  Ist 
Vizepräsident  im  Verwaltungsrat  der  Gebrüder  Sulzer 
A.-G      VVinterthur.     Umgekehrt  ist  der  Präsident  der 
Gesellschaft   m    Winterthur  Vizepräsident   der    Gesell- 
schaft in  Schaffhausen. 

Je  mehr  das  schweizerische  Wirtschaftsleben  in 
das  hntwicklungsstadium  des  deutschen  tritt  um  so 
mehr  wird  der  in  der  heutigen  Organisationsform 
bestehende  Verwaltungsrat,  der  bis  jetzt  noch  vor- 
wiegend Verwaltungs-  und  Geschäftsführungsinteressen 
in  sich  vereinigt,  auch  zu  einem  geschäftspolitischen 
Organ  werden.  Ansätze  hierfür  finden  wir  überall 
so  daß  deren  Entwicklung  nur  eine  Frajre  der 
Zeit  ist.  ^ 


58 


c>  Geschäftspolitisdie^^,  Verwaltungs*^  und 
Gesdiäftsführungsinteressen. 

Betrachten  wir  nun  noch  die  Gruppe,  welche  ge- 
schäftspolitische-, Verwaltungs-  und  Geschäftsführungs- 
interessen in  einem  gewissen  Gleichmaß  in  sich  vereinigt 
und  deren  Zusammensetzung  mit  den  unter  der  Gruppe  1 
genannten  Interessen,  mit  den  gegenwärtigen  schw^eizer- 
ischen  Verhältnissen  am  besten  übereinstimmt. 

Zur  Wahrnehmung*)  genannter  Interessen  finden 
wir  zunächst  Leute,  die  auf  kaufmännischem,  tech- 
nischem oder  wissenschaftlichem  Gebiet  eine  hervor- 
ragende Rolle  spielen.  Ihre  Persönlichkeit,  ihre  Kennt- 
nisse und  auch  ihre  guten  Verbindungen  gaben  den 
Anreiz  zur  Wahl.  Wir  erinnern  nur  z.  B.  an  Groß- 
industrielle in  Deutschland  wie  Thyssen,  Stinnes,  Isidor 
Löwe  usw.,  die  in  den  verschiedensten  Unternehmungen 
als  Aufsichtsratsmitglieder  fungieren,  ohne  ein  finanzielles 
oder  geschäftspolitisches  Interesse  zu  verfolgen.  In  den 
meisten  Fällen  werden  solche  mit  ^Fachkenntnissen  aus- 
gerüstete Personen  mit  besonderen  Aufgaben  betraut. 

Sehr  häufig  finden  wir  in  gewissen  Zw-eigen  der 
Industrie  im  Verwaltungsrat  V^ertreter^'*),  die  eine  hohe 
Staatsstellung  oder  eine  bedeutende  politische  Stellung 
einnehmen.  Man  sucht  dieselben,  um  eine  Geschäfts- 
verbindung mit  den  Regierungsbehörden  leichter  be- 
werkstelligen zu  können.  So  z.  B  suchen  Gewehr- 
und  Munitionsfabriken  in  Deutschland  höhere  Offiziere 
als  Aufsichtsratsmitglieder  zu  gewinnen,  die  sich  in 
diesem  Falle  aber  pensionieren  lassen  müssen,  da  sich 
ein  solches  Amt  nicht  mit  ihrer  Staatsstellung  verträgt. 
Maschinenfabriken  in  der  Schweiz  suchen  vielleicht 
einen  Nationalrat  in  den  Verwaltungsrat  zu  gewinnen, 
um  von  dem   Bund  Aufträge  zu  erhalten. 

Bei  Neugründung  einer  Gesellschaft  geht  man 
sehr  gern  darauf  aus,  Leute  mit  einer  hohen  sozialen 
Stellung,   die  sich  eines  guten  Rufes  erfreuen,  in  den 

*)  Vgl.  auch  Siegfried  Herzog  a.  a.  O.  S.  30. 


50 


Verwaltungsrat   zu    wählen,   um    dadurch    der   neu   zu 
gründenden    Gesellschaft    den    Stempel    der   Solidität 
aufzudrücken.  Der  Zweck  welcher  damit  erreicht  werden 
soll,  ist  der,  daß  infolge  des  durch   die  Persönlichkeit 
des  einzelnen  Verwaltungsratsmitgliedes  gewährleisteten 
Vertrauens  das  zur  Gründung  nötige  Kapital  gezeichnet 
Avird.      So    hatten    wir    doch    bei    der    Gründuno-    der 
»Lucema«  Anglo  Swiss  Milk  Chocolat,   Hochdorf  eine 
elf-  bis  zwölffache  Überzeichnung  des  Aktienkapitales. 
Im  ersten  Verwaltungsrat  sassen  durchweg  angesehene 
Persönlichkeiten,    darunter    Vertreter    von    Behörden. 
Versicherungsgesellschaften    jeder    Art    lieben    es 
insbesondere,    hervorragende  Namen,    schöne  Titel  in 
dem  Verwaltungsrat  vertreten  zu  haben,   »welche  der 
Gesellschaft^«)    in    den    Augen    des    Publikums    Glanz 
verleihen  sollen«.     Da  die  Versicherten   der  Lebens-, 
Unfall-     und     Feuerversicherungs- Gesellschaften    usw.' 
zu  einem   großen  Teil   aus    kleinbürgerlichen  Kreisen 
stammen,  so  mag  diese  Dekorationspolitik  nicht  ohne 
Erfolg  sein.     Doch  wie  wir  aus  obigen   Darlegungen 
schließen    können,    finden  wir   in    sehr   vielen    Gesell- 
schaften   aller    Branchen    solche    dekorative    Größen. 
Speziell  und   ausschließlich  Verwaltungs-   und  Ge- 
schäftsführungsinteressen  vertreten    die    von  der  Ver- 
waltung hierzu  besonders  bestimmten  Personen,  sei  es 
daß  sie  als   Delegierte,   Ausschußmitglieder,    General- 
direktoren, Direktoren  oder  welch  andere  Bezeichnungen 
dafür  üblich  sind,  auftreten:     Sie  besitzen  gewöhnlich 
fachmännische   Kenntnisse   und    sind  meist    Kaufleute 
Techniker,  Juristen.  ' 

Zum  Schlüsse  möchten  wir  noch  auf  eine  Kategorie 
von  Verwaltungsratsmitgliedem  hinweisen,  deren  Ver- 
tretung in  keinem,  die  aufgeführten  Interessen  berühren- 
den Zusammenhang  zur  Gesellschaft  steht.  Solche, 
unter  dem  Schlagwort  »Tantiemenjäger«  wohlbekanten 
Personen  verdanken  ihren  Sitz  meist  verwandtschaft- 
lichen oder  freundschafdichen  Beziehungen  zu  Ver- 
waltungsratsmitgliedem. 


VIII. 

Die  Kumulation  von  Verwaltungsratsstellen. 
1.  Die  Gründe  für  die  Kumulierung. 

Wie  schon  erwähnt,  bedingen  die  vielseitigen  Inte- 
ressen unserer   privatwirtschaftlichen   Unternehmungen 
auch  eine  Verfolgung  und  Vertretung  derselben,  was 
eben  durch  einen  Verwaltungsratssitz  geschieht.     Nun 
ist  aber  das  Angebot  von  wirtschaftlich  tüchtigen  Kräften 
viel  geringer,  als  die  Nachfrage  nach  solchen.   Anderer- 
seits  sind^  auch  die    Interessen    einer    Unternehmung, 
wie  z.  B.   einer  Bank,  viel  weitgehender  als  die  einer 
anderen,    z.  B.  einer  Eisengießerei,    so  daß   ein  Miß- 
verhältnis  entsteht   zwischen  Angebot  und  Nachfrage 
gewisser  Interessenvertretungen,  das  sich  dann  in  der 
Personenfrage  äußert.    Die  Folge  hiervon  ist,  daß  auf 
Personen  gewisser  Wirtschaftszweige  eine  unverhältnis- 
mäßig große  Anzahl  von  Verwaltungsratsstellen  kommt, 
beding?  durch  die  in  der  betreffenden  Branche   oder 
in  der  Person  vereinigten  vielgestaltigsten  Interessen. 
Einige    Beispiele    mögen    diese    Tatsache    illustrieren. 
Der  Geheime  Kommerzienrat  Louis  Hagen  in  Köhi, 
einer  der  bekanntesten   Finanzmänner  dieses  Platzes, 
hat  5  5  Aufsichtsratstellen^^)  inne  und  marschiert  mit  dieser 
Zahl  an  der  Spitze.     Laut  Angaben  in  der  »Zukunft« ^^) 
und  der  »Bank«^^)  bekleideten  im  Jahre   1908: 


Aufsichtsratsstellen 

16 
17 
18 
19 
20 
21 
22 
23 
24 


Personen 

10 
8 
2 
4 
2 
3 
2 

3 


Aufsichtsratsstellen     Personen 

25  5 

26  1 
28  3 

30  2 

35  1 

42  1 

44  1 


r 


60 


61 


Eulenburg^o^  stellt  in  einer  Untersuchuncr  an  Hand 

i^'  t  nn?'r  1^"'^^"  "^^^  Direktoren  und  Aufsichtsräte« 
für   1906  folgendes  fest: 

Über  21  Aufsichtsratsstellen  haben  18  Personen  mit 
zusammen  488  Aufsichtsratsposten.  Im  Durchschnitt  also 
2/  Stellen,  10  und  mehr  Stellen  hatten  außerdem  noch 
136  Personen  inne,  die  sich  zusammen  folgender- 
maßen verteilen: 


Bankiers 
P^abrikanten 
Kaufleute    . 


91      Rentner    . 

'  •  •  • 

28     Öffentlichen  Dienst 
12     Liberale  Berufe 


6 
9 

7 


Bei  diesen  Kumulationen  überwieoen  die  Bankiers 
mit  e.nen,  Anteil  von  59  7„.  Diese  tatsache  beweist 
uns  die  Richtigkeit  unserer  obigen  Behauptung,  daß 
m  erster  Linie  die  Interessen  für  die  Erlangung  eines 
Aufsichtsratssitzes  maßgebend  sind.  Da  unter  allen 
privaten  Unternehmungen  wohl  die  Banken  die  viel- 
seitigsten Interessen  vereinigen,  so  stellen  auch  diese 
die  meisten  Aufsichtsratsmitidieder 

Wodurch  wird  die  Anzahl  der  Verwaltun.rsratsstellen 
in  einem   Unternehmen  bedingt'    In  erster  Linie  durch 
die  Interessen,  welche  in  einer  Gesellschaft  kumuliert 
sein  müssen,    um   ihre   Existenz   aufrecht   zu   erhalten 
Erst  m   zweiter   Linie    kommt   die   Größe  der  Gesell- 
schaft, gemessen  an  dem  Gesellschaftskapital  in  Erac^e 
VV  ir  machen  diese  Unterscheidung  zwischen  Interessen- 
kumulation und  Aktienkapital   deshalb,  weil   z    B    die 
Erhöhung  des   Aktienkapitales  nicht  notwendioerweise 
auch  eine  Erweiterung  von  Interessen  im  Verfall un-s- 
rat  in  sich  schließt.    Wohl  ist  dies  sehr  oft  der  l'all 
aber  es  darf  keine    Regel   daraus   abgeleitet   werden' 
Es  ist  deshalb  richtig,   wenn  Passow^')  sao-t     claß   die 
Aufsichtsratsstellen  nicht  annähernd  gleichmäßio-  mit  der 
Hohe  des  Kapitales  zunehmen,  so  daß  wir  im  Verhältnis 
zum   Kapital  bei  den    kleineren   Gesellschaften    durch- 
schnittlich mehr  Aufsichtsratsstellen  haben,  als  bei  den 
großen    Gesellschaften.     Das    Aktienkapital    allein    ist 


insofern  auch  für  die  Zahl  der  Verwaltungsratsstellen 
mit  entscheident,  als  dasselbe  den  Maßstab  für  den 
Gewinn  bildet,  aus  dem  die  Vergütungen  der  Ver- 
waltungsräte  bestritten  werden. 

Das  Obligationenrecht  setzt  eine  Mindestzahl  von 
Mitgliedern  für  die  Verwaltung  nicht  fest.  Dagegen 
verlangt  das  deutsche  H.  G.  B.  in  §  243,1  daß  der  Auf- 
sichtsrat aus  mindestens  drei  Mitofliedem  bestehen  muß. 
Die  Grenze  nach  oben  ist  gesetzlich  weder  in  der 
Schweiz  noch  in  Deutschland  festgelegt. 


2.  Die  Kritik  der  Kumulierung. 

Die  Kumulierung  von  Verwaltungsratsstellen  hat  in 
Literatur  und  Presse  schon  vielfach  Anlaß  zu  Erörter- 
ungen gegeben,  indem  derselben  meist  unlautere  Motive 
untergeschoben  werden.  So  sagt  Wermert**):  »Ein 
Aufsichtsratsmitglied,  welches  sich  bestrebt,  seine 
Tätigkeit  fortgesetzt  über  weitere  Aktiengesellschaften 
auszudehnen,  kann  hierzu  nur  durch  seinen  Tantiemen- 
hunger angetrieben  werden.«  An  anderer  Stelle 
spricht  er  von  einem  »Ring«*^)  der  die  Aufsichtsrats- 
stellen als  »fette  Pfründen«  unter  sich  verteile,  von 
einer  »Vettermichel Wirtschaft«,  durch  welche  nur  An- 
gehörige ein  und  derselben  Familie  in  den  Ver- 
waltungen zahlreicher  x^ktiengesellschaften  vertreten 
wären.  Stier-Somlo'*'*)  äußert  sich  folgendermaßen: 
»Daß  sachliche  Gründe  die  Motive  der  Kumulierung 
abgeben,  kommt  heutzutage  fast  nur  bei  den  großen 
Banken  vor.  Ärgemiserregend,  unsozial,  den  Interessen 
der  Aktionäre  und  der  gesamten  Volkswirtschaft  ab- 
träglich ist  aber  gerade  die  häufige  Übernahme  von 
Aufsichtsratsstellen  durch  Private  aus  persönlichen, 
egoistischen  Gründen,  aus  Gewinnsucht,  vielfach  ohne 
auch  nur  die  x\bsicht  selbst  nur  einen  ganz  geringen 
leil  der  Stellen  in  einer  dem  Gesetz  entsprechenden 
Weise  zu  versehen.« 


62 


m 


3.  Vorsdiläge  und  deren  Kritik. 

Diese   Kritik    hat    zugleich   auch   viele   Vorschläge 
gezeitigt,  welche  einer  allzugroßen    Kumulierung  ent- 
gegentreten  sollen.    So   verlangt   Schanz^^),    daß  man 
die  Zahl  von  Aufsichtsratsstellen,   die  eine  Person  be- 
kleiden    darf,     gesetzlich    auf   drei    beschränken    soll. 
Gemünd-Knödgen'*^)   erachtet   die   Vereinigung  von  5 
Stellen  als   zuläßig.    Warschauern^)   glaubt   dem    Übel 
durch  das  »Prinzip  der  individuellen  Stellenbegrenzung« 
steuern  zu   können,    indem   im  Gesetz  bestimmt   wird, 
wie  viel  Aufsichtsratsstellen  jemand  höchstens  einnehmen 
darf.    Dabei  soll  die  Höchstzahl  möglichst  niedrig  sein. 
Wir  haben   in   dem   Kapitel   über   die  Zusammen- 
setzung des  Verwaltungsrates  die  Gründe  für  die  Be- 
setzung  desselben   dargelegt  und   auch   erwähnt,  daß 
darin  Leute  sitzen,  die  ihre  Stellung  dem  Nepotismus 
oder  Protektionismus  verdanken,  ohne  der  Gesellschaft 
irgend  einen  Dienst  zu  leisten.    Für  diese  ist  zweifellos 
der  Ausdruck  »Tantiemenjäger«  richtig.  Daß  aber  solche 
Personen  in  der  Zusammensetzung  eines  Verwaltungs- 
rates eine  überragende  Stellung  einnehmen,  welche  obige 
Reformvorschläge  rechtfertigen  könnte,  scheint  unseres 
Erachtens  nicht  der  Fall  zu  sein.  Eine  Vorschrift,  die  der 
individuellen  Leistungsfähigkeit  Schranken  ziehen  will, 
ist  ganz  zu  verwerfen.    Die  persönliche*^),  körperiiche^ 
oder  geistige  Fähigkeit  des  Einzelnen,  sein  Fleiß,  seine 
Kenntnisse,    seine    praktische  Erfahrung,    seine    Muße 
kommen  hier  wesentlich  in  Betracht.    Je  nach  der  Auf- 
gabe,   vyelche   dem    einzelnen   Verwaltungsratsmitglied 
zufällt,  ist  in  vielen  Fällen  ohne  weiteres  eine  Häufung 
von  Verwaltungsratstellen  möglich,  ohne  die  veriangten 
Pflichten  zu  vernachläßigen.  Wir  denken  hier  vor  allem 
an  die  Vertretung  reiner  geschäftspolitischer  Interessen. 
Die  Pflichten  der  speziellen  Verwaltung  und  Geschäfts- 
führung ziehen  von  selbst  die  Schranken  für  die  Mög- 
lichkeit der  Erfüllung  anderer  Aufgaben.    Es  liegt  im 
eigensten    Interesse    der    einzelnen    Gesellschaft    die 


64 


»Nullen«  aus  der  Verwaltungsratsliste  zu  streichen.  In 
der  Aktiengesellsehaft  muß  die  gesunde  Kraft  liegen, 
um  Parasiten  nicht  aufkommen  zu  lassen,  oder,  wenn 
solche  vorhanden  sind,  sie  zu  entfernen. 

Wie  die  meisten  Anfeindungen  gegen  den  deutschen 
Aufsichtsrat  im  allgemeinen,  so  sind  auch  diejenigen, 
welche  sich  gegen  die  Kumulierung  richten,  darauf 
zurückzuführen,  daß  derselbe  seinen  Kontrollpflichten 
nicht  nachkommt,  deren  Ausübung  man  von  jedem 
Aufsichtsratsmitglied  erwartet.  Stellte  man  diese  An- 
forderungen in  praxi  an  den  Aufsichtsrat,  dann  wäre  es 
allerdings  ausgeschlossen,  dass  jemand  55  Aufsichtsrats- 
stellen bekleiden  kann.  Man  läßt  im  Urteil  ganz  außer 
Betracht,  daß  in  der  Kontrollforderung  das  Gesetz  der 
Praxis  nicht  Rechnung  getragen  hat,  sonst  hätte  es  die- 
selbe nicht  einem  Organ  aufgebürdet,  dessen  Bedeutung 
in  seiner  Verwaltungs-  und  geschäftspolitischen  Tätigkeit 
liegt.  Mit  dieser  ist  die  Kontrolle  unmöglich  in  dem 
Maße   zu  verbinden,  wie  der  Gesetzgeber  sie  verlangt. 

Eine  Festlegung  der  Zahl  von  Verwaltungsratsstellen, 
die  eine  Person  innehaben  kann,  istauch  wegen  der  mannig- 
faltigen Verschiedenheit  der  einzelnen  Gesellschaften  gar 
nicht  denkbar.  ^^)  Zwischen  berechtigter  und  übermäßiger 
Anhäufung  wird  man  schwer  die  Grenze  ziehen  können. 

Wir  glauben  die  Gründe  für  die  Kumulation  ge- 
nügend dargelegt  zu  haben,  so  daß  ein  gesetzlicher 
Eingriff  in  dieser  Beziehung  unseres  Erachtens  un- 
praktisch und  unnatürlich  erscheint. 

IX.  Die  Funktionen  des  Verwaltungsrates. 

1 .  Die  statutarische  Festlegung  der  Funktionen* 

Die  Funktionen  des  Verwaltungsrates  sind  teils  im 
Gesetz,  teils  in  den  Statuten,  teils  in  den  Geschäfts- 
ordnungen der  einzelnen  Gesellschaften  festgelegt.  Nur 
die  beiden  ersteren  können  uns  als  Quellen  dienen, 
da    die     Geschäftsordnungen     Außenstehenden    nicht 


65 


zugänglich  sind.  In  sehr  vielen  Fällen  bieten  uns  auch 
die  Statuten  nicht  viel  Material.  Eine  größere  Anzahl 
derselben  enthält  oft  nur  ganz  kurze  Auslassungen  über 
die  Funktionen,  wie  z.B.  die  Statuten  der  Schweizer- 
ischen Bindfadenfabrik  Flurlingen  in  §  23:  »Der  Ver- 
waltungsrat hat  über  alle  nicht  ausschließlich  der 
Generalversammlung  vorbehaltenen  Gesellschaftsange- 
legenheiten  selbständig  Beschlüsse  zu  fassen,  und  seine 
Beschlüsse,  sowie  diejenigen  der  Generalversammlung 
zur  Ausführung  zu  bringen«. 

Diese  Tatsache  veranlaßt  uns,  mit  einigen  Worten 
auf  die  Bedeutung  eines  sorgfältigen  Ausbaues  der 
Statuten  hinzuweisen.  Wir  glauben  in  den  Statuten 
einer  Aktiengesellschaft  eine  Organisationsbasis  erblicken 
zu  dürfen,  deren  Grundpfeiler  uns  die  Eigenart  des 
Unternehmens  erkennen  lassen  müssen.  Daher  ist  es 
nötior,  daß  die  Statuten  nicht  nur,  wie  dies  häufle  geschieht, 
die  Ororane  der  Aktienoresellschaft  und  deren  Aufeaben 
im  Rahmen  des  Gesetzes  aufzählen,  sondern  daß  die- 
selben ein  detailliertes  Arbeitsverteilungssystem  der 
Verwaltungsorgane  wiedergeben.  Mit  der  genauen 
Kompetenzausscheidung  für  die  einzelnen  Organe  wird 
noch  lanoe  nicht  das  Geschäftsofeheimnis  verraten.  Wir 
wollen  nicht  verkennen,  daß  eine  richtige  Organisation 
iür  sehr  viele  Unternehmungen  eine  Stärke  und  einen 
Vorteil  bedeuten,  gegenüber  anderen  derselben  Art. 
Allein  die  internsten  Verrichtungen  sollen  ja  auch  nicht 
ihren  Niederschlao;  in  den  Statuten  finden.  Die  Anlage 
derselben  ist  im  allgemeinen  noch  viel  zu  schematisch, 
was  wohl  auf  das  Kopiersystem  zurückzuführen  ist,  das 
bei  der  Aufstellung-  derselben  noch  viel  zu  häufio-  an- 
gewendet  wird.  Die  Statuten  müssen  im  oroßen  und 
oanzen  ein  einheitliches  Bild  darstellen  von  der  gesamten 
Tätigkeit,  für  welche  die  gesetzlichen  Organe  der 
Aktiengesellschaft  verantwortlich  sind.  Wie  gewisse 
Funktionen  im  einzelnen  auszuüben  sind,  das  kann 
einer  internen  Regelung  überlassen  werden.  Man  müßte 
vom  hihalt  der  Statuten  den  Eindruck  eines  sorgfältigen 


66 


Geschäftsgebahrens  bekommen,  was  bis  jetzt  durch- 
aus nicht  der  Fall  ist.  Wir  wollen  an  dieser  Stelle 
nicht  unterlassen  noch  festzustellen,  daß  gerade  eine 
Anzahl  sehr  gut  prosperierender  Unternehmungen  große 
Sorgfalt  auf  den  Ausbau  ihrer  Statuten  gelegt  haben 
Dies  beweist,  daß  die  gute  Entwicklung  des  Unter- 
nehmens dadurch  nicht  beeinträchtigt  wird.  Vielleicht 
wäre  es  gut,  soweit  zu  gehen  und  zu  bestimmen,  daß 
die  Eintragung  einer  Gesellschaft  von  einem  in  lanserem 
Sinn  angedeuteten  Ausbau  der  Statuten  abhätiorior  pre- 
macht  wird.  Diese  Forderung  würde  dann  noch  da- 
durch gerechtfertigt,  daß  die  Aktiengesellschaft  auch 
einen  gewissen  öffentlichen  Charakter  hat,  was  eine 
bestimmte  öffentliche  Kontrolle  erheischt.  Je  breiter 
die  Anlage  der  Statuten  ist,  um  so  eher  wird  es  Außen- 
stehenden möglich,  sich  ein  Urteil  über  die  Organisation 
einer  Gesellschaft  zu  bilden. 

Entsprechend  der  Natur  der  Funktionen  des  Ver- 
waltungsrates machen  wir  folgende  Einteilung:  Ver- 
waltende, geschäftsführende  und  geschäftspolitische 
Funktionen.  Die  gesetzliche  Vertretung  kann  sowohl 
eine  Funktion  verwaltender  wie  auch  geschäftsführender 
Natur  sein. 

Diese  Einteilung  deckt  sich  mit  den  auf  S.  47  unter 
Punkt  3  der  Zusammensetzung  des  Verwaltungsrates 
angeführten  Interessen,  welche  durch  ganz  bestimmte 
und  dazu  befähigte  Personen   verfolgt   werden  sollen. 


J 


a 


T 


2.  Begriffsbestimmung  von  »verwaltender«  und 

»geschäftsführender«  Tätigkeit  des 

Verwaltungsrates. 

Bevor  wir  auf  die  Funktionen  des  Verwaltungs- 
rates im  einzelnen  eingehen,  wollen  wir  im  allgemeinen 
festlegen,  was  nach  unserer  Auffassung  unter  dessen 
»verwaltender«  und  oreschäftsführender«  Täti^^keit  zu 
verstehen  ist. 


67 


5 


M 


»Die  verwaltende  Tätigkeit«  des  Vervvaltungsrates 
besteht  in  der  Ausübung  solcher  Pflichten,  welche  den 
rechtmäßigen  Bestand  der  Aktiengesellschaft  garantieren. 
Außerdem  schließt  dieselbe  allgemein  leitende  und 
beschlußfassende  Tätiorkeit  in  sich. 

»Die  geschäftsführende  Tätigkeit«  des  Verwaltungs- 
rates besteht  in  Überwachuno-  und  Leitune  der  Aus- 
führung  von  Geschäften,  welche  mittelbar  oder  unmittel- 
bar die  Erhaltung  des  Gesellschaftsvermöo  ens  bezwecken 
und  deren  Durchführung  teils  der  Beschlußfassung  der 
Verwaltung  (verwaltende  Tätigkeit  des  Verwaltungsrates) 
zuc^runde  lieet. 

Wir  sehen  daraus,  daß  beide  Begriffe  sich  eng  be- 
rühren und  sogar  ineinandergreifen,  daß  Charakteristika 
der  einen  Tätigkeit  auch  in  der  anderen  enthalten 
sind,  so  daß  eine  scharfe  Trennung  nicht  vorgenommen 
werden  kann.  So  ist  es  z.  B.  möglich,  daß  die  Aus- 
führung einer  Gesetzesbestimmung  sowohl  eine  ver- 
waltende, als  auch  gleichzeitig  eine  geschäftsführende 
Funktion  ist.  Andererseits  kann  die,  im  allgemeinen 
einen  Verwaltungsakt  darstellende  Beschlußfassung 
über  eine  Transaktion,  Geschäftsführung  sein.  Daraus 
schließen  wir,  daß  die  Einteilung  der  Funktionen  nur 
unter  dem  Gesichtspunkt  vorgenommen  werden  kann, 
daß  man  vorwiegend  die  einen  oder  anderen  Symptome 
zu  gruppieren  sucht. 


I  « 


3.  Die  Verwaltungsfunktionen. 

a>  Die  Verwaltungsfunktionen  nach  dem  Gesetz. 

Das  O.-R.  fordert  von  dem  Verwaltungsrat  die 
Ausübung  folgender  Verwaltungsakte: 

1 .  Die  Anmeldung  der  Gründung  der  Gesellschaft 
gemäß  Art.  621  und  622  O.-R.,  ein  sehr  wichtiger 
Akt,  da  durch  denselben  die  Aktiengesellschaft  erst 
zur  juristischen  Person  wird.  Nach  Art.  622  Abs.  2 
O.-R.   muß  die  Anmelduno-  von  sämdichen  Mitdiedern 


66 


der  Verwaltung  vor  der  Registerbehörde  unterzeichnet 
oder  in  beelaubi^ter  Form  einorereicht  werden.  In  der 
Unterzeichnung  der  Statuten  sieht  Dietler^")  zugleich 
die  Übernahme  der  Verantwortung  für  die  formelle 
und  materielle  Richtigkeit  derselben.  Diese  Behauptung 
schließt  also  eine  Prüfung  des  Gründungsherganges 
in  sich,  was  besonders  bei  qualifizierten  Gründungen 
eine  große  Rolle  spielt.  Demnach  bestände  nach  seiner 
Anschauung  für  den  Verwaltungsrat  dieselbe  Pflicht, 
wie  sie  das  deutsche  H.-G.rB.  in  §  192,1  vom  Vor- 
stand und  Aufsichtsrat  verlangt.  Das  ist  aber  leider 
nicht  der  Fall.  Bis  jetzt  besteht  für  den  Verwaltungs- 
rat von  Gesetzes  wegen  nicht  die  Pflicht,  eine  materielle 
Prüfung  des  Gründungsherganges  vorzunehmen  (Bach- 
mann^^  zu  Art.  661  O.-R.).  Man  kann  ruhig  behaupten, 
daß  heute  eine  solche  Prüfung  in  sachlicher  Form  über- 
haupt nicht  stattfindet,  was  ein  großer  Fehler  ist.  Eine 
gesetzliche  Regelung  wäre  hier  sehr  zu  begrüßen  und 
zwar  derart,  daß  der  Gründungshergang  in  jedem  Fall 
von  einer,  vom  Händelsregister  bestellten  Sachver- 
ständigenkommission geprüft  wird,  (Töndury  schlägt 
einen  andern  Weg  vor,  indem  er  zur  Prüfung  den 
Handelsregisterführern  geprüfte  Bücherexperten  zur 
Seite  stellen  möchte,  ohne  deren,  an  das  Registerbüro 
gerichtete  Gutachten  keine  Eintragung  erfolgen  sollte). 
Dadurch  würde  eine  gesunde  Unterlage  für  das  Unter- 
nehmen gewährleistet  werden.  Man  mag  noch  so  gut 
organisieren  und  disponieren;  es  ist  alles  zwecklos; 
wenn  die  Wurzeln  wurmstichig  sind,  können  niemals 
gute  Früchte  erzielt  werden. 

2.  Die  Verwaltung  hat  zu  verhüten,  daß  die  Ge- 
schäfte begonnen  werden,  bevor  die  Gesellschaft  ein- 
getragen ist  (Art.  623,2  O.-R.). 

3.  Die  Verwaltung  hat  dafür  zu  sorgen,  daß  die 
Aktiengesellschaft  keine  eigenen  Aktien  erwirbt,  mit 
Ausnahme  der  in  Art.  628  angegebenen  Fälle.  Wir 
haben  hier  eine  Besdmmung,  die  sehr  wichtig  ist;  doch 
wird  dieselbe  gerade  durch   die  Verwaltung  in   vielen 


V 

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Fällen  umgangen.     Der  Gesetzgeber  hatte   bei  dieser 
Bestimmung   wohl    die    Absicht,    Spekulationsmanöver 
seitens  der  Gesellschaft   mit  ihren   eigenen  Aktien  zu 
vermeiden.  Es  ist  aber  eine  bekannte  Tatsache,  daß  eine 
Gesellschaft  das  größte  Interesse  z.  B.  am  Aktienkurs 
hat,    wenn   besondere  Transaktionen   bevorstehen,  sei 
es   Fusion,    Auflage   von   Obligationen,  Erhöhung' des 
Aktienkapitales  usw.     Um  eine  Steigerung  des  Kurses 
herbeizuführen,   werden    die  Verwaltungsräte   von   der 
Gesellschaft    beauftragt,    große    Käufe    vorzunehmen. 
Infolge  ,  der    starken    Nachfrage    in    den    betreffenden 
Aktien  ziehen  die  Kurse  an.     In  praxi  kommt  es  auf 
den  Erwerb  der  Aktien  durch  die  Gesellschaft  hinaus, 
da  die  Verwaltungsräte   doch   für   dieselbe   handelten. 
Beabsichtigt  eine  Gesellschaft  z.  B.  eine  Interessen- 
gemeinschaft   mit    einer    andern  Unternehmung   einzu- 
gehen, so  sucht  man  gewöhnlich  die  Vorbereitung  (ür 
die  sichere  Herbeiführung  derselben  dadurch  zutrelfen, 
daß    man    geraume    Zeit    vorher    beginnt,    Aktien    zu 
kaufen,   um  im  geeigneten  Augenblick  über  die  nötige 
Stimmenzahl  zu  verfügen.   Da  die  Gesellschaft  für  diesen 
Zweck    keine    eigenen    Aktien    hereinnehmen  darf,  so 
müssen  sich  die  Verwaltungsräte  dazu  hergeben. 

4.  Die  Anmeldung  gewisser  wichtiger  Beschlüsse 
der  Generalversammlung,  sowie  Statutenänderungen; 
Ausstellung  einer  Urkunde  über  dieselben,  welche 
von  sämdichen  Personen  zu  unterzeichnen  ist,  die 
der  Beschlußfassung  zugestimmt  haben  (Art.  619  und 
622  O.-R). 

5.  Die  Eintragung  der  für  die  Gesellschaft  verbind- 
lichen Unterschrift  von  denjenigen  Personen,  welche 
dazu  ermächtigt  sind  (Art.  653  O.-R.). 

6.  Die  Eintragung  der  nicht  durch  den  Konkurs 
herbeigeführten  Liquidation  der  Gesellschaft  und  drei- 
malige Publikation  derselben  in  den  Gesellschafts- 
blättern mit  der  Aufforderung  an  die  Gläubiger,  ihre 
Ansprüche  anzumelden;  ferner  die  Eintragung  der 
Liquidatoren  laut  Art.  666. 


7.  Die  Berufung  der  Generalversammlung.  Wir 
haben^2)  hj^r  zu  unterscheiden  zwischen  der  ordentlichen 
Generalversammlung,  die  jährlich  wenigstens  einmal 
stattfinden  muß  und  zwar  innerhalb  6  Monaten  nach 
Schluß  des  Geschäftsjahres  (Art.  644,2  O.-R.)  und  einer 
außerordentlichen  Generalversammlung,  die  einberufen 
wird,  wenn  besondere  Verhältnisse  dies  bedingen 
(Art.  644  letzter  Absatz).  Demnach  wird  eine  außer- 
ordentliche Generalversammlung  einberufen,  »wenn  es 
von  einem  oder  mehreren  Aktionären,  deren  Aktien 
mindestens  den  zehnten  Teil  des  Grundkapitales  dar- 
stellen in  einer  von  ihnen  unterzeichneten  Eingabe 
unter  Anführung  des  Zweckes  verlangt  wird«  (Art.  645) 
oder  wenn  die  letzte  Bilanz  zeigt,  daß  das  Grundkapital 
sich  um  die  Hälfte  vermindert  hat  (Art.  657,  Abs.  1). 

8.  Die  Anmeldung  des  Konkurses  im  Falle,  daß 
die  Forderungen  nicht  mehr  durch  die  Aktiven  gedeckt 

sind  (Art.  657,  Abs.  2). 

Diese  gesetzlichen  Verwaltungsfunktionen  sind  zum 
Teil  auch'^in  den  Statuten  erwähnt  unter  näherer 
Bezeichnung  der  Orcrane,  welche  dieselben  auszuüben 
haben. 

b>  Die  Verwaltungsfunktionen  nadi  den  Statuten. 

Neben  den  im  Obligationenrecht  geforderten  ver- 
waltenden Aufgaben  verlangen  gewöhnlich  auch  noch 
die  Statuten  die  Erfüllung  einer  Reihe  von  Verwaltungs- 
pflichten. Diese  statutarisch  geregelten  Verwaltungs- 
vorschriften betreffen  in  der  Hauptsache  die  innere 
Organisation  der  Aktiengesellschaft  und  die  Geschäfts- 
fühmng.  Nachstehend  wollen  wir  eine  Anzahl  von  Ver- 
waltungsfunktionen  nach  den  Statuten  einiger  schweizer- 
ischer Aktiengesellschaften  unter  dieser  Gruppierung 
aufzählen,    ohne   jedoch    damit    erschöpfend    zu    sein. 

1.  Statutarisch  festgelegte  Verwaltungsfunktionen, 
welche  die  innere  Organisation  der  Aktiengesellschaft 
betreffen. 


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Als  Verwaltungsaufgaben,  welche  die  innere  Organi- 
sation der  Aktiengesellschaft  betreffen,  erwähnt  Art.  21 
der  Statuten  der  Schweizerischen  Industriegesellschaft 
in  Neuhausen  unter  den  Buchstaben: 

a)  Wahl  des  leitenden  Ausschußes  und  Festsetzung 
von   dessen  Entschädigung. 

b)  Wahl  eines  allfälligen  Delegierten  des  Verwaltungs- 
rates, sowie  Festsetzung  seiner  Befugnisse  und  seiner 
Entschädiorunor. 

c)  Wahl  und  Endassung  der  Direktion  und  Abschluß 
der  Anstellungsverträge  mit  denselben.  Erlaß  der 
Reglemente  für  die  Direktion. 

d)  Wahl  und  Endassung  der  Angestellten,  welche 
einen  Fr.  4000.—  übersteigenden  Gehalt  beziehen.  Fest- 
stellung ihrer  Anstellungsverträge  und  der  Zuteilung 
allfälliger  Gratifikationen  an  dieselben. 

f)  Vorberatung  und  Antragstellung  betreffend  alle 
in  der  Generalversammlung  zur  Behandlung  kommen- 
den Traktanden. 

k)  Festsetzung  der  Vorschriften  zur  Erlangung  von 
Stimmkarteri  für  die  Generalversammlung. 

Weitere  innerorganisatorischeVerwaltungsfunktionen 
schreiben  die  revidierten  Statuten  der  Schweizerischen 
Unfall -Versicherungs- Aktiengesellschaft,  Winterthur, 
1884,    wie   folgt  vor. 

§  33,  Lit. 

c)  Die  Genehmigung  des  von  der  Direktion  auf- 
gestellten Geschäftsberichtes  der  Jahresrechnung  und 
der  Bilanz. 

g)  Die  Genehmigung  der  Aktienübertragung. 
h)  Die    Genehmigung   der   vom    Direktor   an    die 
Generalagenten  zu  erlassenden  Zirkulare. 

i)  Entgegennahme  der  Berichte  und  Anträge  des 
Direktors  betreffend  wichtigere  Schadenfälle  und  die 
Beschlußfassung  über  Einleitung  oder  Aufnahme  von 
Prozessen. 


72 


§30, 


Lit. 


c)  Die  Ersatzwahl  von  Mitgliedern  des  Aufsichts- 
rates bei  Eintritt  von  Vakanzen  während  des  Jahres, 
welche  Wahlen  dann  der  Bestätigung  der  nächsten 
Generalversammlung  bedürfen. 

d)  Die  provisorische  Ergänzung  des  Verwaltungs- 
komitees gemäß  §  32,   Abs.  1. 

h)  Die  Einforderung  von  weiteren  Akdeneinzahlungen 
gemäß  den  ijg  8  und  9  dieser  Statuten. 

n)  Die  F'estsetzung  und  allfällige  Reparuüon  der 
Tantieme  gemäß  §  44  c  2  der  Statuten. 

p)  Die  Bezeichnung  der  Publikationsorgane. 

2.  Statutarisch  festgelegte  Verwaltungsfunktionen, 
welche  die  Geschäftsführung  betreffen. 

Es  liegt  nahe,  daß  verwaltende  Pflichten,  welche 
auf  dem  vielseitigen  Gebiet  der  Geschäftsführung  aus- 
zuüben sind,  nicht  nur  generell  im  Gesetz  festgelegt 
werden,  sondern  daß  gerade  hierfür  spezielle  Vor- 
schriften erlassen  werden,  welche  der  Eigenart  und 
dem  Bedürfnis  jeder  einzelnen  Gesellschaft  Rechnung 
tragen.  Daher  finden  wir  in  einer  großen  Anzahl  von 
Statuten  mehr  oder  weniger  ausführliche  Verwaltungs- 
vorschriften, welche  die  Geschäftsführung  betreffen. 
Wir  führen  nachfolgend  eine  Anzahl  derselben  nach  den 
Statuten  einiger  schweizerischen  Aktiengesellschaften  auf. 

Revidierte  Statuten  der  Schweizerischen  Unfall- 
Versicherungs- Aktiengesellschaft,    Winterthur,     1 884. 

§  33,  Lit. 

a)  Die  Genehmigung  der  Kapitalanlagen. 

d)  Die  Genehmigung  der  Anträge  der  Direktion 
über  Festsetzung  der  eigenen  Maxima  der  Versicher- 
ungen, über  allgemeine  Abänderung  der  Versicherungs- 
tarife und  Versicherungsbedingungen,  sowie  Einführung 
neuer  Versicherungsarten. 

e)  Genehmigung  der  Anträge  der  Direktion  über 
Abschluß  von  Rück-  und  Mietversicherungsverträgen, 


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73 


sowie  auch  von  anderen  Verträgen,  welche  die  Gesell- 
schaft in  außergewöhnlichem  Maße  engagieren. 

f)  Die  Genehmigung  von  Anträgen  des  Direktors 
über  Bestellung  und  Aufhebung  von  Agenturen. 

§  30,  Lit. 

m)  Die  Begutachtung  der  von  der  Direktion  ge- 
stellten und  vom  Verwaltungskomitee  genehmigten 
jährlichen  Rechnungsabschlüsse,  Bilanzen  und  Geschäfts- 
berichte und  Antragstellung  über  die  Verwendung  des 
Reingewinnes  an  die  Generalversammlung. 

q)  Die  entgiltige  Entscheidung  über  die  Miete  der 
für  die  Gesellschaft  erforderlichen  Geschäftslokalitäten. 

Statuten  der  Aktiengesellschaft  für  Uhrenfabrikation, 
Winterthur,    1868. 

§  29. 

8.  Entscheid  über  die  Wahl  der  Geschäftslokale, 
über  Neubauten,  Maschinen- Anschaffungen ,  welche 
Fr.    10,000. —  übersteioren. 

Statuten  der  Aktiengesellschaft  Leu  &  Co.,   1854. 
g   32,   Lit. 

d)  Bestimmungen  über  Annahme  und  Kündigung 
von  Geldern   und  über   die  Form   der  Schuldscheine. 

e)  Bestimmungen    von    Zinsfuß,    Provisionen    etc. 

Statuten   der  Schweizerischen   Industriegesellschaft 
in  Neu  hausen. 
Art.  21,  Lit. 

g)  Die  Festsetzung  der  vom  leitenden  Ausschuß 
vorzubereitenden  Jahresrechnungen,  sowie  der  Antrag- 
stellung betreffend  die  Verteilung  des  Jahresgewinnes. 

h)  Beschlußfassung  über  Ausgabe  von  Obligationen 
oder  Aufnahmen  von  festen  Anleihen  jeder  Art,  sowie 
über  deren  Rückzahluncr. 

o 

i)  Beschlußfassung  über  An-  und  Verkauf  von  Land, 
über  Neubauten  und  Maschinen-Anschaffungen,  deren 
einmalige  Kosten  Fr.   20,000. —  übersteigen. 

Fassen  wir  die  nach  den  Statuten  angeführten 
einzelnen  Verwaltungspflichten  genauer  in's  Auge,  so 


finden  wir  die  von  uns  auf  Seite  67/68  vertretene 
Ansicht  bestätigt,  daß  sich  Verwaltung  und  Geschäfts- 
führung eng  berühren.  Dies  tritt  vor  allem  deutlich 
bei  den  Verwaltungsfunktionen  hervor,  welche  die  Ge- 
schäftsführung betreffen.  So  liegt  z.  B.  in  der  Be- 
schlußfassung über  An-  und  Verkauf  von  Land,  über 
Neubauten  und  Maschinen-Anschaffungen  ebensoviel 
verwaltende  als  auch  geschäftsführende  Tätigkeit. 
Somit  liefert  auch  die  Praxis  wiederum  einen  Beweis 
für  die  Richtigkeit  unserer  Behauptung,  daß  eine  scharfe 
Trennung  von  Verwaltung  und  Geschäftsführung  un- 
natüriich  und  bis  zu  einem  gewissen  Grad  unmöglich  ist. 

4.  Die  Gesdiäftsführungsfunktionen. 

Es  liegt  sehr  nahe,  daß  das  Gesetz  keine  ausführlichen 
Bestimmungen  über  die  Geschäftsführungsfunktionen 
gibt  und  geben  kann,  da  dieselben,  bedingt  durch  die 
Art  des  Unternehmens,  nur  innerhalb  jeder  einzelnen 
Gesellschaft  bestimmt  werden  können.  Daher  begnügt 
sich  das  Obligationenrecht  auch  in  der  Hauptsache 
damit,  daß  es  die  Geschäftsführungspflicht  des  Ver- 
waltungsrates generell  statuiert.  Dagegen  kann  all- 
gemein im  Gesetz  dem  Verwaltungsrat  die  Sorge  für 
die  Festlegung  der  Geschäftsvorgänge  (Buchführung) 
und  die  Resultatsermitdung  (Bilanzaufstellung)  übertragen 
werden,  da  sie  für  jede  Gesellschaft  in  Betracht  kommen. 

a>   Die  Gesdiäftsführungsfunktionen  nadi  dem  Gesetz. 

Die  Unterlage  für  die  Geschäftsführungspflicht  des 
Verwaltungsrates  bildet  Art.  650,1  O.-R.  der  folgender- 
maßen lautet: 

»Die  Statuten  können  bestimmen,  daß  die  Geschäfts- 
führung oder  einzelne  Zweige  derselben  von  der  Ver- 
waltung an  ein  oder  mehrere  ihrer  Mitglieder  oder  an 
einen  oder  mehrere  Dritte,  welche  nicht  Mitglieder 
der  Gesellschaft  zu  sein  brauchen,  übertragen  werden.« 


4 


74 


75 


Wie  wir  schon  früher  erwähnten ,  kann  diese 
Funktion  auch  an  Außenstehende  übertragen  werden; 
die  Verantwortung  dafür  trägt  aber  der  Verwaltungsrat. 

Worin  bestehen  nun  die  Geschäftsführungsfunktionen 
nach  dem  Gesetz? 

1.  In  der  Pflicht  zur  Buchführung  und  in  der  Vorlage 
der  Bilanz  (Art.  655,1  O  -R.). 

2.  In  der  Durchführung  der  Liquidation,  sofern  die 
Statuten  oder  eine  Generalversammlung  nichts  anderes 
bestimmen  (Art.  666,1  O.-R.). 

Der  aufgelösten  Gesellschaft^*"^)  fehlen  die  Organe. 
Die  Versilberung  der  Gesellschaft  beansprucht  aber 
oft    längere    Zeit,  weshalb    eine  Vertretung  nötig   ist. 

»Die  Pflicht  zur  Buchführung«,  welche  dem  Ver- 
waltungsrat auferlegt  ist,  schließt  nicht  nur  die  Anlage 
derselben  in  sich,  sondern  auch  die  Pflicht  zur  zweck- 
mäßigen Einrichtung.  Nach  beiden  Seiten  hin  wurde  diese 
Pflicht  schon  sehr  vernachlässigt,  was  uns  die  Bank-  und  In- 
dustriekrache der  letzten  Jahre  deutlich  vor  Augen  führten. 
Wir  erwähnen  nur  beispielsweise  die  Mißstände  in  derBuch- 
führung  der  Spar-  und  Leihkasse  Herzogenbuchsee  und 
der  Allgemeinen  Gewerbekasse  Kloten,  die  noch  durch 
zahlreiche    andere    Beispiele  ergänzt  werden    könnten. 


L 


aa)    Die    Aufgabe    der   Buchführung. 

Die  Buchführung  hat  die  Aufgabe,  sämtliche  Ge- 
schäftsvorfälle buchtechnisch  zu  erfassen  und  dieselben 
klar  wiederzugeben.  Die  Anlage  derselben  muß  von 
den  Prinzipien  geleitet  sein,  daß  der  genaue  Wirtschafts- 
und Vermögensstatus  jederzeit  aus  den  verbuchten 
Geschäftsvorfällen  zu  ermitteln  ist.  Sämdiche  Vorfälle 
müssen  buchtechnisch  wieder  in  den  Zusammenhang 
hineingestellt  werden,  dem  sie  entsprungen  sind.  Nur 
unter  dieser  Berücksichtigung  wird  eine  Buchführung 
das  Spiegelbild  der  geschäfdichen  Transaktionen  sein. 
In  einer  solchen  Anlage  liegt  dann  auch  eine  innere 
Kontrolle  der  Vorgänge,    die  von  größter  Bedeutung 


76 


mm 


in  jedem  Fall,  im  besonderen  aber  dann  ist,  wenn  der 
Umfang  des  Betriebes  eine  ausgedehnte  persönliche 
Kontrolle  nicht  ermöglicht.  Dies  werden  daher  die 
größeren  Unternehmungen  in  erster  Linie  zu  beachten 
haben  und  deshalb  die  größte  Sorgfalt  auf  die  Selbst- 
kontrolle in  der  Buchhaltung  verwenden  müssen,  was 
bei  dem  heutigen  Stand  unserer  hochentwickelten 
Buchhaltungstechnik  nicht  schwierig  sein  dürfte,  wenn 
man  den  guten  Willen  dazu  hat. 

bb)    Die    Aufgabe   der   Bilanz   und    deren 

Aufstellung. 

Die  zweite  im  Art.  655,1  O.-R.  enthaltene  Pflicht 
besteht  in  der   »Vorlage  der  Bilanz«. 

Die  Aufgabe  der  Bilanz  besteht  in  der  kontenmäßigen 
Darstellung  der  Vermögensverhältnisse  und  Schulden, 
verbunden  mit  einem  Ausweis  über  die  Betriebsergebnisse 
des  verflossenen  Geschäftsjahres.  Eine  solche  Aufstellung 
hat  nur  dann  einen  Zweck,  wenn  dieselbe  nach  den 
Grundsätzen  der  Klarheit  und  Wahrheit  erfolgt.  Doch 
wird  auch  diesen  Anforderungen  im  allgemeinen  zu 
wenig  entsprochen,  was  schon  eine  lebhafte  Kritik  in 
der  Literatur,  vor  allem  aber  in  der  Handelspresse 
hervorgerufen  hat.  Die  Mängel  der  Bilanz  betreffen 
sowohf  die  äußere  Anlage  derselben,  als  auch  die 
sachgemäße  Zusammenstellung  der  Konten. 

aj  ReformbestrebuHgen  bezgl,  der  Auf  Stellung  der  Bilanz. 

Um  diesen  Mängeln  zu  begegnen,  ist  die  Einführung 
von  Bilanztypen,  entsprechend  den  verschiedenen  Arten 
von  Unternehmungen  vorgeschlagen  worden.  So  hat 
s.  Z.  die  Frankfurter  Zeitung  ein  Bilanzschema  für  die 
Banken  vorgeschlagen,  das  auch  von  der  Praxis  be- 
grüßt wurde.  Töndury^^)  schlägt  vor,  daß  dem  Bundes- 
rat die  Kompetenz  veriiehen  werden  solle,  »nach 
Anhörung  der  Interessenkreise,  solche  Bilanzschemen 
etwa     auf    dem    Verordnungswege     vorzuschreiben«. 


71 


I 


I. 


!i 


Wenn    mit    der    Einführung    der    Bilanzschemata 
auch  noch    nicht   die    Garantie    gegeben    ist,    daß  die 
*  Bilanz  uns    ein    wahrheitsgetreues    Bild   bietet,    so  be- 
deutete dieselbe  doch  eine  bessere  Beurteilungsmög- 
lichkeit des  Standeader  betreffenden  Unternehmungen. 

Gleichzeitig  muß  den  Verwaltungen  zur  Pflicht  ge- 
macht werden^^),  die  Bilanz  zu  veröffentlichen,  so  daß 
jedermann  die  Möglichkeit  gegeben  ist,  dieselbe  einsehen 
zu  können.  Dadurch  würde  auch  die  Aufgabe  der 
Handelspresse,  die  doch  das  Auge  der  Öffendichkeit 
auf  diesem  Gebiete  darstellen  soll,  erleichtert.  Die 
Schwierigkeiten,  welche  der  Handelspresse  in  der 
Verfolgung  ihrer  wichtigen  und  schweren  Pflichten  von 
Seiten  mancher  Unternehmungen  (und  gerade  nicht  der 
besten)  entgegengestellt  werden,  sind  bekannt.  Auch 
hierin  muß  mit  der  Zeit  Wandel  geschaffen  werden, 
so  daß  es  einer  unabhängigen  Presse  ermöglicht  ist, 
anstandslos  die  Unterlagen  für  eine  gerechte  parteilose 
Kridk  zu  erhalten.  Im  demselben  Maße,  als  der  Presse 
seitens  der  Unternehmungen  Rechte  zugestanden  werden, 
wächst  auch  ihre  Verantwortung,  sowohl  den  einzelnen 
Gesellschaften,  als  auch  der  Öffendichkeit  gegenüber. 

b)  Reforfubestrebungen  bezgL  des  Ausbaues  der 

Geschäftsberichte. 

Auch  auf  den  Ausbau  der  Geschäftsberichte  dürften 
die  meisten  Gesellschaften  noch  größere  Sorgfalt  legen. 
Sehr  viele  derselben  enthaltenbis  jetzt  nur  kurze,  nichts- 
sagende Angaben  und  man  hat  den  Eindruck,  daß  die- 
selben nur  gemacht  werden,  um  einer  Formalität  zu 
genügen.  Der  Zweck  der  Geschäftsberichte  müßte 
bis  zu  einem  gewissen  Grad  darin  bestehen,  die  Ent- 
wicklung der  einzelnen  Bilanzposten,  sowie  deren  Zu- 
sammensetzung darzustellen.  Wenn  wir  die  Bilanz  als  ein 
zahlenmäßiges  Gerippe  bezeichnen  wollen,  so  möchten 
wir  dasselbe  mit  Fleisch  und  Blut  umgeben  können, 
was  aber  nur  dann  möglich  ist,  wenn  der  Geschäfts- 
bericht die  von  uns  gewünschten  Erfordernisse  enthält. 


b>  Die  Gesdiäftsführungsfunktionen  nach  den  Statuten. 

Ein  großer  Teil  der  Geschäftsführungsfunktionen 
des  Verwaltungsrates  trägt  für  die  eine  oder  andere 
Gesellschaft  einen  mehr  oder  weniger  internen  Charakter. 
Es  ist  daher  verständlich,  daß  eine  verhältnismäßig 
große  Anzahl  von  Akdengesellschaften  sowohl  allge- 
meine als  aus  auch  spezielle  Geschäftsführungspflichten 
in  sog.  Reglementen  oder  Pflichtheften  fesdegt,  welche 
nicht  der  Öffendichkeit  zugängig  sind.  Manche  Gesell- 
schaften nehmen  allgemeine  Aufgaben  der  Geschäfts- 
führung in  die  Statuten  auf  und  regeln  nur  die  speziellen 
Pflichten  in  den  Reglementen.  In  diesem  Falle  verweisen 
dann  die  Statuten  an  der  gegebenen  Stelle  auf  die 
Sondervorschriften  in  den  Pflichtheften.  Ein  Beispiel 
hierfür  haben  wir  in  den  Statuten  des  Versicherungs- 
vereins in  Zürich  von  1872,  indem  §  28  folgende 
Geschäftsführungspflichten     erwähnt,     nämlich     unter: 

Lit.  d)  Die  Aufstellung  des  Geschäftsberichtes  und 
der  Jahresrechnung. 

g)  Miete  von  Geschäftslokalen. 

Außerdem  schreibt  §  3 1  dieser  Statuten  folgendes 
vor:  »Die  Direktion  besorgt  auf  Grundlage  des 
Reglements  und  unter  der  Oberleitung  und  Auf- 
sicht des  Ausschußes  bezw.  Verwaltungsrates  die 
eigendiche  Geschäftsführung  nach  den  Anordnungen 
des  Direktors.« 

Dann  gibt  es  auch  Gesellschaften,  welche  sich  mit 
einer  ganz  allgemeinen  Umschreibung  der  Aufgaben 
des  Geschäftsführungsorganes  in  den  Statuten  begnügen, 
wie  folgendes  Beispiel  zeigt: 

Revidierte  Statuten  der  Schweizerischen  Unfall- 
Versicherungs- Akdengesellschaft,    Winterthur,     1 884. 

§  36.  Der  Direktor  hat  die  unmittelbare  Leitung 
der  Gesellschaft.  Er  sorgt  für  die  Beobachtung  und 
Vollziehung  der  Statuten,  sowie  der  Beschlüsse  des 
Verwaltungskomitees  und  des  Aufsichtsrates. 


4 


78 


19 


i 


Er  ist  der  unmittelbare  Vorgesetzte  aller  Beamten 
und  Angestellten,  deren  Verrichtungen  er  beaufsichtigt 
oder  beaufsichtioen  läßt. 

Ihm  liegt  ob,  die  nötigen  Anordnungen  für  die 
Organisation  des  Geschäftsbetriebes  zu  treffen. 

Er  hat  die  dem  Vervvaltungskomitee  vorzulegenden 
Geschäfte  zu  prüfen  und  vorzubereiten. 

Er  unterzeichnet  im  Namen  der  Gesellschaft  und 
seine  Unterschrift  verpflichtet  die  Gesellschaft  für  alle 
Akte  und  Geschäfte,  für  welche  nicht  ausnahmsweise 
besondere  Vorschriften  bestehen.  Eine  solche  besteht 
für  alle  Traktanden,  die  gemäß  dieser  Statuten  in  die 
Kompetenz  des  Aufsichtsrates  oder  des  Verwaltungs- 
komitees gehören,  in  welchen  Fällen  die  Ausfertigungen, 
die  Unterschriften  des  Präsidenten  und  des  Protokoll- 
führers, des  Aufsichtsrates,  resp.  die  Gegenzeichnung 
des  Präsidenten,  oder,  in  Stellvertretung  eines  Mitgliedes 
des  Verwaltungskomitees  bedürfen.  Die  letztgenannte 
Gegenzeichnung  ist  besonders  auch  erforderlich  für  alle 
Verträge  und  Aktenstücke,  durch  welche  die  Gesellschaft 
in  außergewöhnlichem  Maße  engagiert  wird,  sowie  für 
alle  auf  Kapitalanlagen  sich  beziehenden  Schriftstücke.« 

Andererseits  gibt  es  auch  eine  Anzahl  Gesell- 
schaften, welche  eine  eingehendere  Umschreibung  des 
Pflichtenkreises  der  Geschäftsführungsorgane  in  den 
Statuten  vornehmen  und  außerdem  noch  Sondervor- 
schriften in  Reglementen  fesdegen.  Als  Beispiel  hierfür 
mag  uns  die  Aktiengesellschaft  für  Uhrenfabrikation 
in  Winterthur,  1868,  dienen,  in  deren  Statuten  aus 
§  36,  Abs.  3  ff.  folgendes  zu  entnehmen  ist. 

»Die  Direktion  besorgt  unter  Oberaufsicht  des 
leitenden  Ausschußes.  resp.  Verwaltungsrates,  die  ganze 
Leitung  des  Geschäftes  nach  den  ihr  zukommenden 
Weisungen  und  Instruktionen  und  gemäß  Statuten 
und  Reglementen. 

Die  Direkuon  bereitet  dem  Verwaltungsrat  die 
Rechnungsabschlüsse  und  die  Bilanz  vor,  sie  liefert 
die  Materialien  zum  Rechenschaftsbericht,  entwirft  die 


Reglemente  und  macht  die  geeigneten  Vorschläge  für 
die  Organisation  des  Geschäftsbetriebes,  für  die  Wahl 
von  Angestellten  mit  über  Fr.  1 500. —  jährlichen  Gehalt, 
für  Anhandnahme  von  neuen  Geschäftszweigen,  sowie 
überhaupt  für  alles,  was  das  Wohl  des  Geschäftes  betrifft. 

Die  Direktion  setzt  sich  mit  dem  leitenden  Ausschuß 
in  möglichst  enge  Verbindung  und  unterrichtet  diesen 
von  allem,  was  im  Geschäft  vorgeht.  Sie  erstattet 
demselben  zu  Händen  des  Verwaltungsrates  alle  Monate 
eine  Buchbilanz,  veranschaulicht  durch  Monatstabellen 
die  ganze  Produktions-  und  Verkaufsbewegung.« 

Betrachten  wir  uns  die  einzelnen  Funktionen,  so 
können  wir  feststellen,  daß  auch  mit  der  geschäfts- 
führenden Tätigkeit  ein  Teil  verwaltender  Arbeit  ver- 
knüpft ist,  was  die  von  uns  auf  Seite  68  vertretene 
Ansicht  stützt. 

Femer  zeigen  uns  die  Beispiele,  daß  die  Art  der 
Festlegung  der  Geschäftsführungsfunktionen  noch  sehr 
verschieden  von  den  einzelnen  Aktiengesellschaften 
gehandhabt  wird.  Ein  Urteil  darüber  abzugeben,  ob 
im  allgemeinen  ein  sorgfältiger  Ausbau  der  Geschäfts- 
führungsfunktionen in  Statuten  und  Reglementen  be- 
steht, ist  uns  nicht  möglich,  da  wir  den  Inhalt  der 
letzteren  nicht  kennen.  Wir  müssen  uns  also  damit 
begnügen  auf  die  Wichtigkeit  hinzuweisen,  daß  sowohl 
allgemeine  als  auch  spezielle  Geschäftsführungspflichten 
genau  für  das  Organ  festgelegt  werden,  welches  die- 
selben auszuüben  hat.  Es  muß  der  Entscheidung  jeder 
einzelnen  Gesellschaft  anheimgestellt  werden,  ob  es 
möglich  ist,  neben  allgemeinen  Aufgaben  der  Geschäfts- 
führung auch  noch  solche  spezieller  Art  in  die  Statuten 
aufzunehmen.  Die  Hauptsache  ist,  daß  überhaupt  eine 
sorgfältige  Festlegung  der  Pflichten  der  Geschäfts- 
führungsorgane vorgenommen  wird,  sei  es  in  Statuten 
oder  in  Reglementen,  worauf  wir  an  anderer  Stelle 
nochmals  zu  sprechen  kommen. 

Zum  Schluß  wollen  wir  noch  die  Geschäftsführungs- 
funktionen    der     Verwaltung     der    Aktiengesellschaft 


•jiijii' 


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81 


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Leu  &  Co.  betrachten  und  zwar  auf  Grund  der 
Organisation,  welche  sich  die  geschäftsführenden  Organe 
am  18.  November  1854  selbst  gegeben  haben.  Für 
die  Geschäftsführung  wurden  3  Kommissionen  gebildet, 
nämlich  eine  »Bürokommission«,  eine  »Anleihungs- 
kommission«  und  eine  »Finanzkommission«,  bestehend 
aus  je  2  Mitgliedern.  Die  Pflichten,  welche  die  einzelnen 
Kommissionen  zu  erfüllen  hatten,  wurden  genau  fest- 
geleet.  So  wurde  der  »Bürokommission«  die  Be- 
sorgung  der  baulichen  Einrichtungen,  die  Antragstellung 
über  Anstellung  und  Besoldung  des  Büropersonals 
und  der  Entwurf  eines  Reglementes  für  die  Ange- 
stellten übertragen. 

Der  »Anleihungskommission«  fiel  »die  Begutachtung 
der  Geldbegehren  zu  Händen  der  Direktion«  zu.  Außer- 
dem war  die  »Anleihungskommission«  mit  der  Festlegung 
der  Grundsätze  betraut,  »nach  welchen  sie  in  Beziehung 
auf  Sicherheit  der  Anleihe  zu  verfahren  gedenkt. « 

Die  hauptsächlichsten  Aufgaben  der  »Finanzkom- 
mission«  bestanden : 

1.  In  der  »Antragstellung  an  die  Direktion  betr. 
den  Zinsfuß  der  Anleihung.« 

2.  In  der  »Antragstellung  an  die  Direktion  über 
Geldendehnung,  resp.  die  Ausgabe  von  , Obligo'  und 
alles,  was  dazu  gehört.« 

3.  In  der  »Anlage  der  Buchführung  und  Über- 
wachung derselben  durch  ein  Mitglied.« 

F'erner  hatte  die  »Finanzkommission«  die  Geld- 
verhältnisse der  Anstalt  im  allgemeinen  zu  überwachen, 
»so  daß  in  jeder  Wochensitzung,  wenn  nötig,  der 
Direktion  mitgeteilt  werden  kann,  ob  und  auf  welchen 
Termin  alle  Geldbegehren  erledigt  werden  können 
—  ob  etwa  der  Zinsfuß  für  , Obligo'  zu  verändern 
sei  —  ob  temporäre  Geldausleihungen  zu  machen 
seien  —  wer  dies  zu  machen  hat  und  wie  dies  aus- 
o^e führt  werden  soll.« 

Der  Grundgedanke  dieser  Organisation  ist  der,  daß 
die  Beschlußfassung  über  die  wichtigsten  Geschäfte  und 


82 


Transaktionen  einer  Direktion  vorbehalten  ist,  welche 
dieselben  vorher  durch  einzelne  Kommissionen  be- 
arbeiten und  prüfen  läßt.  Damit  war  man  auf  dem 
Wege,  ein  gesundes  Organisationsprinzip  durchzuführen, 
indem  man  die  Funktionen  und  deren  Zuweisung  an 
bestimmte  Organe  aus  dem  Bedürfnis  der  Gesellschaft 
heraus  festlegte  und  durchgeführt  wissen  wollte.  Allein 
die  Tätigkeit  der  Kommissionen  erlahmte  und  daher 
trat  auch  die  Katastrophe  mit  Escher-Bodmer  ein, 
welcher  einige  Jahre  hindurch  das  einzige  Mitglied 
derjenigen  Kommission  war,  welches  im  Auftrag  der 
Direktion  je  die  Jahresrechnungen  und  die  Berichte 
zu  prüfen  hatte. 

Wir  ersehen  aus  diesem  Beispiel,  daß  eine  Organi- 
sation erfolglos  ist,  wenn  die  organisatorische  Fest- 
legung von  Funkdonen  nicht  so  erfolgt,  daß  deren 
Durchführung  gewährleistet  ist. 

c>  Die  sdiledite  Gesdiäftsführung  als  Grund  für  die 
sog.  »Kradie«  in  den  sdiweizerisdien  Unternehmungen. 

So  wichtig  die  Geschäftsführung  ist,  so  große  An- 
forderungen stellt  sie  auch  an  die  richtige  Ausübung. 
Daß  gerade  darin  große  Mängel  bestehen,  das  haben 
die  verschiedenen  Krache  gezeigt,  welche  in  den  letzten 
Jahren  in  der  Schweiz  vorkamen.  Wir  möchten  daher 
nicht  versäumen,  die  Fehler,  soweit  sie  die  Unzuläng- 
lichkeit der  Geschäftsführung  betreffen,  detailliert 
schematisch  aufzuführen  unter  Hinweis  auf  die  einzelnen 
Gesellschaften.     Sie  sind  begründet: 

1.  In  der  allgemeinen  Geschäftsführung  und  be- 
treffen insbesondere: 

a)  Die  falsche^*)  Risikoverteilung  (Thurgauische 
Hypothekenbank). 

b)  Die  maßlose^^)  Kreditüberschreitung  (Leih-  und 
Sparkasse  Eschlikon,  Volksbank  in  Biel,  Kugler  &  Co., 
Zürich). 


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c)  Die  Überschreitung^^)  des  natürlichen  Geschäfts- 
rayons (Spar-  und  Leihkasse  Herzogenbuchsee  und 
Aadorf,  Allgemeine  Gewerbekasse  Kloten,  Banca 
Cantonale  Ticinese  usw.). 

d)  Den  ungenügenden  Liquiditätsstatus  (bei  sämt- 
lichen angeführten  Banken). 

2.  In  der  mangelhaften^^)  Anlage  und  Durchführung 
der  Buchführung  und  betreffen  insbesondere: 

a)  Die  Unübersichdichkeit  der  Buchführung  (Leih- 
und  Sparkasse  Aadorf,  Allgemeine  Gewerbekasse 
Kloten);  schlechte  Führung  der  Kasse  und  des  Wechsel- 
portefeuilles  (Spar-  und  Leihkasse  Herzogenbuchsee). 

b)  Die  falsche  Bilanzierung. 

aa)  Aufstellung  fiktiver  Posten  (Volksbank  Biel, 
Gewerbekasse  Kloten). 

bb)  Falsche  Aufstellung  der  Verlust-  und  Gewinn- 
rechnung (Caisse  d'Epargne  des  Franches  Montagnes, 
Saignelegier). 

3.  In  den  Personen,  hervorgerufen  durch: 

a)  Unmoralische  Handlungen  des  Direktors  oder 
Verwalters,  der  allein^®)  »schaltete  und  waltete«,  wo- 
durch die  betreffenden  Unternehmungen  auf  eine 
schiefe  Bahn  kamen. 

aa)  Blinde  Spekulationswut  (Allgemeine  Gewerbe- 
kasse Kloten). 

bb)  Unterschlagung  (Caisse  d'Epargne  des  F'ranches 
Montagnes,  Saignelegier). 

cc)  Nachläßigkeit  in  der  Amtsführung  (Leih-  und 
Sparkasse  Herzogenbuchsee,  Lucerna,  Anglo  Swiss 
Milk  Chocolat). 

b)  Mangel  an  genügenden  Geschäftskenntnissen 
(Lucema). 

Bei  manchen^ \1  Gesellschaften  hat  der  Direktor 
zusammen  mit  dem  Verwaltungsratspräsidenten  »unter 
Anwendung  der  einen  oder   andern  Eigenschaft«    das 


Unternehmen  seinem  Ruin  entgegengeführt.  Dies  war 
der  Fall  bei  Leih-  und  Sparkasse  Bremgarten,  Thur- 
gauische  Hypothekenbank  und  Credito  Ticinese. 

In  einzelnen^^)  Fällen  trug  auch  nur  der  Ver- 
waltungsratspräsident die  Schuld  an  dem  Mißerfolg, 
so  bei  der  Bank  in  Horgen,  bei  der  Banca  Cantonale 
Ticinese  und  anderen. 

5.  Die  Geschäftsführungsfehler  eine  Folge 
falscfier  Organisation. 

Gehen  wir  den  einzelnen  Fehlem  nach,  so  können 
wir  sagen,  daß  sie  alle  auf  dem  Gebiete  der  Organi- 
sation liegen,  sei  es,  daß  die  Organisationsbasis  lücken- 
haft oder  schlecht,  oder  die  Art  der  Durchführung 
der  Organisadonsbestimmungen  nicht  richtig  geregelt 
war.  Da  wir  es  mit  Organisationsfehlern  zu  tun  baben, 
können  dieselben  unseres  Erachtens  auch  nur  auf 
organisatorischem  Wege  beseitigt  werden,  wofür  wir 
im  folgenden  einige  Richtlinien  geben  möchten. 

a>  Aufstellung  und  Begründung  einer  zweckmäßigen 

Organisationsform. 

Wir  glauben  der  Darlegung  über  die  Verwaltungs- 
und Geschäftsführungsfunktionen  entnehmen  zu  dürfen, 
daß  das  auf  Seite  67/68  Gesagte  sich  bestätigt,  eine 
Trennung  von  Verwaltung  und  Geschäftsführung  also 
ganz  der  Natur  dieser  beiden  Begriffe  widersprechen 
würde.  Diese  Tatsache  möchten  wir  daher  auch  der 
Organisationsform  zu  Grunde  legen,  die  unseres  Er- 
achtens die  richtige,  natürliche  und  zweckentsprechende 
ist,  und  die  darin  besteht,  daß  Verwaltung  und  Ge- 
schäftsführung in  einem  Organ  vereinigt  bleiben.  Dies 
würde  also  unserer,  auf  Seite  5  angeführten  Organisa- 
tion entsprechen,  nach  welcher  auch  die  Direktion 
innerhalb  der  Verwaltung  steht.  Wir  treten  dadurch 
in  Gegensatz  zu  der  Ansicht  Keller-Huguenins^^),  welche 


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eine  gesetzliche  Trennung  von  Direktion  und  Ver- 
waltungsrat  verlangt,  entsprechend  den  deutschen  Ver- 
hältnissen. Obwohl  Keller-Huguenin  sich  bewußt  ist, 
daß  der  von  dem  deutschen  Gesetzgeber  durchgeführte, 
scharfe  theoretische  Schnitt,  der  Verwaltung  und  Ge- 
schäftsführung trennt,  in  der  Praxis  verwischt  wird, 
kommt  er  doch  zu  obigem  eigenartigem  Schluß,  für 
den  wir  eine  Begründung  nicht  finden  können.  Es  ist 
uns  nicht  verständlich,  warum  man  eine  Gliederung  mit 
einer  genauen  Kompetenzausscheidung  gesetzlich  fest- 
gelegt wissen  möchte,  von  der  man  im  voraus  weiß, 
daß  dieselbe  praktisch  niemals  scharf  statuiert  werden 
kann.  Die  selbständige  Festsetzung  der  Geschäftsfüh- 
rung im  Gesetz  ist  ein  Mißgriff  des  deutschen  Gesetz- 
gebers; den  Beweis  dafür  liefert  die  Praxis  durch  die 
in  den  Statuten  herbeigeführte  Nivellierung  von  Ge- 
schäftsführung und  Verwaltung.  Unseres  Erachtens 
sind  auch  die  deutschen  Bank-  und  Industriekrache  zum 
Teil  auf  diese  gesetzliche  Organisation  zurückzuführen, 
indem  der  Vorstand,  gestützt  auf  seine  alleinige  ge- 
setzliche Geschäftsführungskompetenz,  eigenmächtig 
und  selbständig  Geschäfte  machte,  in  denen  der  Keim 
zum  Zusammenbruch  gelegt  wurde.  Wenn  dem  Vor- 
stand ein  fähiger  Aufsichtsrat  gegenüber  steht,  dann 
wird  letzterer,  wie  dies  sehr  oft  geschieht,  einen  ent- 
scheidenden Einfluß  auf  die  Geschäftsführung-  ausüben. 
Die  Gefahr  ist  aber  um  so  größer,  wenn  der  Vor- 
stand nicht  allein  die  Geschäfte  der  Gesellschaft,  sondern 
auch  den   Aufsichtsrat  führt. 

Die  Eigenschaft  als  Verwaltungsratsmitglied  wird 
schon  dadurch  herbeigeführt,  daß  die  Generalversamm- 
lung die  geschäftsführenden  Organe  ernennt.  Es  ist  aber 
nicht  ausgeschlossen,  daß  Verwaltungsratsmitglieder  die 
Initiative  zur  Wahl  dieses  oder  jenes  geschäftsführenden 
Organes  geben;  der  Entscheid  darüber  sollte  doch  der 
Generalversammlung  anheimgestellt  werden.  Wie  schon 
angeführt  (Seite  10)  ist  in  der  von  uns  vorgeschlagenen 
Organisationsform   eine   Teilung   der   Kompetenzen  in 


der  vielgestaltigsten  Weise  möglich.  Sie  wird  aber 
zweckentsprechender  und  einheidicher  durchgeführt 
werden  können,  wenn  alle  Mitglieder  auf  einer  Stufe 
stehen,  und  einem  Organ  angehören.  Dadurch  wird 
auch  eine  größere  Einheidichkeit  in  der  gesamten  Ge- 
schäftsleitung verbürgt,  was  von  größter  Bedeutung  ist. 

b>  Die  Lösung  der  Verantwortlichkeitsfrage  durch 

die  Organisation. 

Mit  dieser  Organisationsform  hängt  auch  die  Frage 
der  Verantworriichkeit  insofern  zusammen,  als  die  Er- 
fahrungen bei  den  Krachen  gezeigt  haben,  daß  infolge 
der  Trennung  von  Verwaltungsrat  und  einer  außerhalb 
desselben  stehenden  Direkdon  die  Mitglieder  des  Ver- 
waltungsrates die  Verantwordichkeit  für  den  entstandenen 
Schaden  auf  den  Direktor  abzuwälzen  suchten,  während 
dieser    die    Verantwordichkeit    ablehnte,    mit    der   Be- 
gründung,  daß  er  nur  ausführendes   Organ  des  Ver- 
waltungsrates sei  und  die  Geschäftsführung  unter  der 
Aufsicht  des  Verwaltungsrates  ausgeübt  habe.    Solche 
Ausflüchte  sind  bei  der  von  uns  vorgeschlagenen  Organi- 
sationsform ausgeschlossen,  denn  die  Geschäftsführung 
wird  von  innerhalb  der  Verwaltung  stehenden  Personen 
ausgeübt.     Somit  ist  der  ganze  Verwaltungsrat  direkt 
haftbar.      Während    der    außerhalb    der    Verwaltung 
stehende    Direktor    nur    seinen    Auftraggebern    haftet 
und  diese  wieder  der  Gesellschaft,   bezw.  Aktionären 
und  Gläubigern,  entsteht  durch  die  Einbeziehung  der 
geschäftsführenden    Personen    ebenfalls    eine    direkte 
Verantwordichkeit    derselben    gegenüber    der    Gesell- 
schaft, bezw.  Aktionären  und  Gläubigem,  was  gewisser- 
maßen   einer    Erhöhung    der    Verantwortung   der   Di- 
rekdon entspricht. 

WVs  die  vielen  Vorschläge  betrifft,  welche  eine 
Erhöhung  der  Verantwordichkeit  der  Verwaltungsrats- 
mitglieder auf  dem  Wege  des  Gesetzes  beabsichtigen, 
so  scheinen  unseres  Erachtens  dieselben  unnötig  und 


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III 

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zwecklos  zu  sein.  Die  in  Art.  673  und  674  O.-R. 
aufgeführten  Bestimmungen  über  die  Verantwortung 
genügen  vollständig.  Der  Fehler  liegt  nach  unserem 
Dafürhalten  in  einer  viel  zu  laxen  Anwendung  der 
Gesetze  seitens  der  Gerichte.  Wenn  man  eine  Er- 
höhung der  Verantwordichkeit  erstrebt,  so  kann  dies 
nur  dadurch  praktisch  geschehen,  daß  man  die  Kom- 
petenzen der  Verwaltung  genau  fesdegt  und  die  Ver- 
antwortung für  die  einzelnen  Mitglieder  scharf  umgrenzt, 
so  daß  kein  Zweifel  mehr  bestehen  kann  über  die 
Pflichten  und  die  Verantwortung,  welche  der  Einzelne  hat. 


c>  Der  Ausbau  der  Innenorganisation. 

aa)  Die  genaue   Festlegung  und  Abgrenzung 

der   Kompetenzen. 

Daß  die  Praxis  auf  eine  Kompetenzausscheidung 
innerhalb  des  Verwaltungsrates  ausgeht,  zeigt  das  von 
uns  angeführte  Beispiel  von  Leu  &  Co. ;  ebenso  weisen 
die  Ausdrücke  »Ausschuß«,  »Direktionskommission«, 
»Verwaltungskomitee«  usw.,  welchen  wir  in  den  Statuten 
begegnen,  darauf  hin.  Werden  solche  innere  Organi- 
sationen geschaffen,  so  ist  es  vor  allem  nötig,  sagen 
wir  z.  B.  die  Stellung  eines  Ausschußes  im  Verwaltungs- 
rat genau  abzugrenzen.  Die  Aufgaben,  welche  dem- 
selben zufallen,  müssen  genau  präzisiert  werden  und 
zwar  geschieht  dies  am  besten  in  besonderen  Geschäfts- 
ordnungen, welche  für  jeden  Ausschuß  aufgestellt 
werden  müssen  und  die  der  Genehmiorunof  des  iresamten 
V  erwaltungsrates  unterliegen.  Diese  Innenorganisationen 
sollten  auch  in  den  Statuten  ihren  Niederschlag  finden, 
indem  dort  die  Arbeit  aufgeführt  wird,  für  welche  z.  B. 
der  einzelne  Ausschuß  verantwordich  ist.  Dagegen 
müssen  interne  Angelegenheiten,  wie  die  Art  der 
Ausübung  der  Funkdonen,  die  Rechte  einzelner  Aus- 
schußmitglieder, Vergütungen  usw.  den  Geschäfts- 
ordnungen vorbehalten  bleiben. 


88 


Die  Aufgabe  der  Ausschüsse  besteht  darin,  daß 
sie  Kleinarbeit  treiben,  spezialisieren,  lückenlos  Ge- 
schäftsvorfälle betrachten  und  darnach  disponieren  und 
organisieren,  soweit  sie  autoritativ  eingreifen  können 
und  müssen.  Wie  weit  die  Kompetenz  des  einzelnen 
Ausschußes  reichen  soll,  muß  genau  bestimmt  werden. 
Je  nach  Art  und  Umfang  der  Arbeit  muß  dieselbe 
verschieden  groß  sein.  So  wird  z.  B.  ein  Finanzaus- 
schuß große  und  wichtige  Entscheidungen  nicht  selb- 
ständig treffen  können ;  ebenso  wird  ein  Fabrikations- 
ausschuß nicht  allein  über  die  Neueinführung  eines 
Artikels  usw.  entscheiden  dürfen.  Es  muß  wohl  be- 
achtet werden,  dem  einzelnen^^)  Ausschuß  nicht  allzu- 
viel Selbständigkeit  zu  belassen,  da  sonst  die  Einheit 
des  Verwaltungsrates  darunter  leiden  würde.  Je  fester 
die  Bande  sind,  die  ihn  umschließen,  je  mehr  die 
Interessen  der  einzelnen  Ausschüsse  untereinander 
sich  in  der  Gesamtheit  des  Verwaltungsrates  zusammen- 
finden, um  so  gefestigter  ist  die  Warte,  auf  welcher  er  steht. 


bb)    Die    Erhöhung    der    Verantwortung    der 
Verwaltungsratsmitglieder. 

Die  Bildung  von  Ausschüssen  ist  auch  ein  Mittel, 
um  das  Verantwortlichkeitsgefühl  der  Mitglieder  des 
Verwaltungsrates  zu  erhöhen.  Hecht^^)  sagt  darüber 
»das  Verantwordichkeitsgefühl  wird  erhöht,  wenn  das 
einzelne  Mitglied  des  Aufsichtsrates  das  Recht  hat, 
innerhalb  gewisser,  wohlerwogener  Grenzen  Einsicht 
in  den  inneren  Geschäftsgang  zu  nehmen.  Die  Ver- 
antwordichkeit wird  gesteigert,  wenn  derjenige,  der  das 
Recht  des  Einblickes  hat,  dieses  Recht  nicht  ausübt. 
Die  Haftbarkeit  wird  gerechtfertigt,  wenn  man  zu  tun 
unteriäßt,  was  man  zu  tun  befugt  war.« 

Nun  könnte  man  denken,  daß  die  Verantwortung 
des  einzelnen  Mitgliedes  der  Verwaltung  eine  ver- 
schieden große  ist,  je  nachdem  dasselbe  einem  Aus- 
schuß   zugeteilt    wird,    welcher    mehr    oder   weniger 


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wichtige  Funktionen  zu  erfüllen  hat.  Hierzu  wäre  zu 
sagen,  daß  die  wichtigsten  Fragen  doch  vom  Ver- 
waltungsrat in  seiner  Gesamtheit  entschieden  werden 
müssen  und  dementsprechend  auch  die  Verantwortung 
der  Gesamtheit  zufällt. 

Die  solidarische^^)  Verantwordichkeit  begründet 
aber  auch  den  Anspruch  der  Nichtausschußmitglieder, 
über  gewisse  Geschäftsvorgänge  orientiert  zu  sein! 
Dies  kann  dadurch  bewerkstelligt  werden,  daß  dem 
einzelnen  Verwaltungsratsmitglied  eriaubt  wird,  von 
den  Protokollen,  die  stets  sorgfältig  geführt  werden 
sollten,  Einsicht  zu  nehmen;  femer  durch  Zustellung 
von  Monatsausweisen,  bezw.  Monatsbilanzen.  Man  darf 
den  Monatsbilanzen  keine  zu  große  Bedeutung  bei- 
legen, da  sie  infolge  fehlender  Inventur  nie  ein  er- 
schöpfendes Bild  über  die  Lage  geben.  Zweckmäßiger 
erscheinen  uns  die  Monatsausweise  zu  sein;  das  sind 
Spezialberichte,  welche  über  einen  Monat  sich  erstrecken. 
Für  ein  industrielles  Unternehmen  käme  z.  B.  ein  sog. 
Finanzbericht  und  ein  Fabrikationsbericht  in  Frage. 
Wie  ersterer  zweckmäßig  angelegt  werden  kann,  soll 
aus  dem  nachstehenden  Exemplar  ersichdich  sein.  Die 
Hauptsache  ist,  daß  man  aus  demselben  den  Stand 
der  entscheidenden  Konten  erblicken  kann  unter  Hin- 
weis auf  den  letzten,  den  laufenden,  sowie  den  ent- 
sprechenden Monat  des  vergangenen  Jahres. 

Die  innere  Organisadon  muß  darauf  abzielen,  jede 
direkt  verantwortliche  Person  lückenlos  zu  orientieren, 
besonders  auch  in  Fällender  Abwesenheit;  jede  indirekt 
verantwortliche  Person  insoweit,  als  die  solidarische 
Verantwortung  es  erfordert. 

Bei  der  von  uns  vorgeschlagenen  Organisationsform 
mit  der  angedeuteten  inneren  Organisadon  wird  es 
kaum  möglich  sein,  daß  gewisse  MitgHeder  über  die 
Gesamtheit  hinweg  disponieren  und  Geschäfte  machen, 
andererseits  wird  dadurch  auch  das  von  Keller- 
Huguenin^^)  und  Töndury^«)  vorgeschlagene  »Infor- 
mationsorgan« überflüssig,  »das  die  Garantie  bieten  soll, 


90 


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Monat : 


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Finanz^Bericht. 


Geldstatus : 

Reichsbank  . 
Bank  .  .  . 
Postscheckamt 
Kasse  .  .  . 
Wechsel  .  . 
Effekten  .  . 
Außenstände  . 


Aufwendungen : 

Löhne  

Gehälter 

Kaufm.  Beamte(Anzahl) 
Betriebs-Beamte      » 
Meister  » 


Liquidationen: 

Geschäftsführer  .     - 
Beamte,  Meisteru.  dergl 
Reisende    .... 
Bezahlte  Rechnungen 
Frachten    . 
Porto    .     . 
Telefon 
Telegramme 
Reklame    . 
Krankenkasse      .     . 
Alters-  u.  Invalid. -Vers 
Privatbeamten-  Versich 
Umsatz    .... 


Im  letzten 
Monat : 


Im  laufenden 
Monat: 


Im  entsprechenden 

Monat 

des  Vorjahres: 


NB.    Für  deutsche  Verhältnisse  berechnet. 


91 


daß  die  von  der  Direktion  dem  Verwaltungsrat  ge- 
machten Angaben  richtig  sind.«  Unseres  Erachtens 
ist  es  die  selbstverständliche  Pflicht  des  Verwaltungs- 
rates, sich  selbst  über  die  ihm  übertragenen  FunkUonen 
zu  orientieren,  was  auch  durch  eine  zweckentsprechende 
Organisation  möglich  ist.  Durch  die  Einfügung  eines 
Informationsorganes  zwischen  Verwaltungsrat  und  Di- 
rekdon  würde  ersterer  sich  in  Sicherheit  wiegen  und 
sich  resdos  auf  die  Angaben  des  Informationsorganes 
veriassen.  Wir  möchten  keinen  Vorschlag  unterstützen, 
der  auf  die  Vermehrung  von  Organen  ausgeht  und  in 
der  Tat  eine  verminderte  Tätigkeit  der  gesetzlichen 
Verwaltungsorgane  zur  F'olge  hätte.  Diese  Institution 
wird  auch  dadurch  überflüssig,  daß  wir  die  Kontrolle 
der  Geschäftsführung  den  Kontrollorganen  übertragen 
möchten,  die  regelmäßig  ihren  Kontrollfunktionen  nach- 
kommen sollen.  Es  ist  noch  selten  etwas  Gutes  mit  Flick- 
arbeit geleistet  worden ;  die  sicherste  Gewähr  für  einen 
Erfolggibtimmer  der  organische  Ausbau  einer  Institution. 


cc)    Die    Vertretung   der   Verwaltun 

durch    Ersatzmänner. 


gsrate 


Die  Tatsache,  daß  die  Verwaltungsräte  im  allge- 
meinen noch  in  manchen  andern  Gesellschaften  in  der- 
selben Eigenschaft  fungieren,  und  der  Umstand,  daß 
sie  häufig  weit  entfernt  von  dem  Sitz  der  Gesellschaft 
wohnen,  zu  deren  Verwaltungsrat  sie  gehören,  machen 
es  nötig,  Ersatzmänner  zu  bestellen.  Dieselben  werden 
auch  von  der  Generalversarnmlung  gewählt.  Eine 
beliebige,  durch  das  einzelne  Verwaltungsratsmitglied 
besdmmte  Vertretung  ist  nicht  möglich.  Dagegen 
können  die  einzelnen  Verwaltungsratsmitglieder  ein- 
ander vertreten.  In  diesen  Fällen  besdmmen  manche 
Statuten,  daß  ein  Verwaltungsratsmitglied  nur  die  Ver- 
tretung für  ein  Mitglied  übernehmen  darf,  wodurch 
man  einer  Stimmenkumuladon  bezw.  einer  Macht- 
Politik  innerhalb   der  Verwaltung  vorbeugen    möchte. 


92 


So  besdmmt  z.  B.  §  18,2  der  Statuten  der  Stickereiwerke 
Arbon  »Mitglieder,  die  verhindert  sind,  einer  Sitzung 
beizuwohnen,  können  ein  anderes  Mitglied  zur  Ver- 
tretung bevollmächtigen;  es  kann  jedoch  kein  Mitglied 
mehr  als  eine  Vertretung  ausüben«. 

Die  Praxis  der  Wahl  von  Ersatzmännern  der  Ver- 
waltungsräte üben  z.  B.  die  Mechanische  Backsteinfabrik, 
Zürich  und  die  Bank  für  Elektrische  Unternehmungen 
in  Zürich. 

dd)   Die  Notwendigkeit   der  Durchführung 
der   Organisationsbestimmungen. 

Mag  nun  aber  auch  eine  gute  Organisadon  innerhalb 
der  Verwaltung  vorhanden  sein,  so  wird  der  Erfolg 
doch  erst  dadurch  gesichert,  dass  eine  energische, 
umsichdge  Kraft  an  der  Spitze  der  Verwaltung  steht 
und  die  Durchführung  der  Organisations Vorschriften 
streng  überwacht.  Die  Aufgabe,  welche  dem  sog.  Präsi- 
denten zusteht,  erheischt  aber  unseres  Erachtens  eine 
völlig  unabhängige  Stellung  inmitten  der  Verwaltung,  die 
dadurch  geschaffen  wird,  daß  derselbe  durch  die  General- 
versammlung gewählt  wird ;  nicht  wie  dies  gegenwärdg  der 
Fall  ist,  durch  die  Verwaltungsratsmitglieder.  Das  Vor- 
schlagsrecht  soll  dem  Verwaltungsrat  überlassen  bleiben, 
da es^demselben  eher  möglich  ist,  eine  geeignete  Person 
hierfür  ausfindig  zu  machen,  als  der  Generalversammlung. 

6.  Die  gesdhäftspolitiscfien  Funktionen. 

Die  geschäftspolitischen  Funktionen  finden  wir  weder 
im  Gesetz,  noch  in  den  Statuten,  noch  in  Reglementen 
niedergelegt.  Ihre  nähere  Erläuterung  an  dieser  Stelle 
erübrigt  sich  insofern,  als  dieselben  in  der  Zusammen 
Setzung  des  Verwaltungsrates  genügend  gewürdigt 
wurden  (S.  5 1  ff.).  Wir  möchten  nur  noch  zusammen- 
fassend und  ergänzend  die  Worte  Riessers^^)  anführen, 
welcher  in  der  Geschäftspolitik  hauptsächlich  beratende 

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4 


und  unterstützende  Tätigkeit  erblickt.  So  spricht  er  von 
den   »bei  manchen  Gesellschaften  fast  täglich  erteilten 
wertvollen    Ratschlägen    von    Aufsichtsratsmitgliedem 
bei  An-  und  Verkauf  von  Waren  oder  Rohmaterialien ; 
Eingehung  oder   Lösung  von    Geschäftsverbindungen; 
Erteilung  von  Krediten  und  Annahme  von  Sicherheiten; 
bei  Feststellung  rechdich  bindender  allgemeiner  Liefer- 
ungsbedingungen, wie   solche    durch   die  bei  den  ver- 
schiedensten   Gesellschaften    gemachten    Erfahrungen 
sich    allmählich    entwickelt    haben,    und  von  Zahlungs- 
bedingungen; bei  dem  Export  oder  dem  Import  nach 
oder  aus   dem  Auslande;    bei   der  Diskontierung  von 
Wechseln    oder    der    Annahme    oder    Beleihung    von 
Kreditpapieren  oder  Werten  aller  Art,  bei  der  für  das 
Schicksal    der    Gesellschaften    oft  Jahre    hinaus    maß- 
gebenden Frage,  ob  und  unter  welchen  Bedingungen 
Kartellen  oder  Syndikaten  beizutreten  sei  oder  nicht. 
Ferner    bei    der    Aufnahme    neuer   Artikel,   oder   Ge- 
winnung neuer  Absatzwege,  bei  der  Aufsuchung  neuer 
Kundschaft,   insbesondere   auch  aus   den  Kreisen  der- 
jenigen Gesellschaften,  mit  welchen  die  Aufsichtsrats- 
mitglieder als   Mitglieder   der  Verwaltung   dieser  Ge- 
sellschaften enge  Fühlung  haben;  bei  Feststellung  der 
relativ  besten  Art  von  Kontrollen  oder  Revisionen;  bei 
Ordnung  des  oft  äußerst  schwierigen  und  komplizierten, 
aber  für   die    Solidität   und  Sicherheit    des    Geschäfts- 
betriebes grundlegenden  Kalkulationswesens  u.  a.  m.« 

7.  Die  Gesdiäftsführungskontrode. 

a>  Die  mangelhafte  Ausübung. 

Aus  der  Aufzählung  der  Verwaltungs-  und  Ge- 
schäftsführungsfunktionen in  den  Statuten  sahen  wir, 
daß  dieselben  2lWc\\  Kontrollfimktionen  in  sich  schließen' 
sei  es,  daß  sie  in  der  Natur  der  Funktion  begründet  sind,' 
oder  aber  ausdrücklich  verlangt  werden.  Es  kann  sich  hier 
nur  um  die  Kontrolle  der  Geschäftsführung  handeln,  da 

94 


diejenige  der  Rechnungsführung  und  Bilanz  der  Kontroll- 
stelle übertragen  ist.  Nur  die  wenigsten  Statuten  enthalten 
ausdrücklich  die  Pflicht  zur  Kontrolle  der  Geschäfts- 
führung. So  bestimmt  z.  B.  §  30,  Abs.  1  in  den  revidierten 
Statuten  der  Schweizerischen  Unfall-Versicherungs  A.-G. 

»Die  Prüfung  der  Geschäftsführung  des  Verwaltungs- 
komitees durch  Einsichtnahme  seiner  Protokolle«. 

Schweizerische  Industrie  -  Gesellschaft  Neuhausen 
Art.  24,  Abs.  1:  Die  spezielle  Überwachung  der  Ge- 
schäftsführung durch  den  leitenden  Ausschuß«. 

Es  ist  möglich,  daß  manche  Reglemente  die  Ge- 
schäftsführungskontrolle ausdrücklich  statuieren.  Wenn 
auch  das  Obligationenrecht  nicht  direkt  diese  Kontrolle 
vorschreibt,  so  ist  sie  doch  in  der  gesetzlich  geforderten 
Geschäftsführungspflicht^")  des  Verwaltungsrates  be- 
gründet. Die  Praxis  hat  gerade  die  Prüfung  der  Geschäfts- 
führung sehr  vernachläßigt,  was  auch  dem  Unter- 
suchungsmaterial der  Zusammenbrüche  zu  entnehmen 
ist.  Wir  erinnern  nur  an  folgende  Beispiele:  Spar- 
und  Leihkasse  Herzogenbuchsee,  Heine  &  Co.,  All- 
gemeine Gewerbekasse  Kloten,  Lucema  usw. 

b>  Die  Gründe  für  die  Unterlassung. 

Die  Unterlassung  ist  zurückzuführen: 

1 .  Auf  den  Mangel  an  Fachkenntnissen,  welche  die 
Geschäftsführungskontrolle  unbedingt  erfordert  (so  z.B. 

bei  der  Lucema). 

2.  Auf  die  Pflichtvergessenheit  der  Verwaltungsrats- 
mitglieder (so  z.  B.  bei  der  Leih-  und  Sparkasse  Her- 
zogenbuchsee). 

c>  Die  Selbstkontrolle  des  Verwaltungsrates. 

Wie  wir  aus  den  Statutenbestimmungen  ersahen,  übt 
der  Verwaltungsrat  die  wichtigsten  Geschäftsführungs- 
funktionen selbst  aus,  wenn  ihm  nun  zugleich  auch 
die  Geschäftsführungskontrolle  auferlegt  ist,  so  liegt 
darin  ein  gewisser  logischer  und  praktischer  Widerspruch, 


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indem  der  Verwaltungsrat  sich  selbst  »kontrolliert«. 
Eine  tatsächliche  Kontrolle  der  Geschäftsführung  kann 
nach  den  heutigen  Verhältnissennurdortausgeübt  werden, 
wo  die  Geschäftsführung  im  Gesamten  einer  außerhalb 
der  Verwaltung  stehenden  Direktion  übertragen  ist. 
Da  nach  unserem  Vorschlage  Geschäftsführung  und 
Verwaltung  innerhalb  des  Verwaltungsrates  ausgeübt 
werden  sollen,  ergibt  sich  mitNotwendigkeit  die  Loslösung 
der  Geschäftsführungskontrolle  von  den  Pflichten  des 
Verwaltungsrates,  worauf  wir  bei  den  Funktionen  der 
Kontrollstelle  noch  näher  zu  sprechen  kommen  werden. 

8.  Die  gesetzliche  Vertretungspflicfit. 

Da  die  Aktiengesellschaft  eine  juristische  Person 
ist  und  als  solche ^^)  nicht  persönlich  selbst  handeln 
kann,  so  ist  die  Vertretung  durch  eine  physische  Person 
erforderlich.  Das  Obligationenrecht  spricht  sich  allge- 
mein hierüber  in  Art.  651  wie  folgt  aus:  »Wenn  die 
Statuten  nichts  anderes  darüber  bestimmen,  so  ist  zur 
Vertretung  der  Gesellschaft  nach  außen  und  zur  ver- 
bindlichen Unterschrift  namens  derselben  die  Mitwirkung 
und  Unterschrift  sämtlicher  Mitglieder  der  Verwaltung 
erforderlich.« 

Dieser  Norm  ist  zu  entnehmen,  daß  die  Vertretungs- 
befugnisse statutarisch  geregelt  werden  können,  was 
auch  gewöhnlich  der  Fall  ist.  Im  allgemeinen  wird  die 
Vertretung  schon  aus  praktischen  Gründen  einzelnen 
Personen  übertragen,  sei  es,  daß  dieselben  dem  Ver- 
waltungsrate angehören,  oder  der  außerhalb  desselben 
stehenden  Direktion.  Den  letzteren  Fall  haben  wir 
bei  der  »Mechanischen  Backsteinfabrik«  Zürich,  indem 
§  21  der  Statuten  folgendes  bestimmt:  »Die  Direktion 
besteht  aus  einem  oder  mehreren  Mitgliedern;  sie 
besorgt  die  Leitung  des  (Geschäftes,  vertritt  die  Gesell- 
schaft Dritten  gegenüber  gerichdich  und  außergerichdich 
und  ihre  Mitglieder  führen  jedes  einzeln  die  rechts- 
verbindliche Unterschrift.« 


% 


Andere  übertragen  die  Vertretung  zu  gleicher  Zeit 
sowohl  der  Direkdon,  als  auch  einigen  Verwaltungs- 
ratsmitgUedern,  was  §  31  der  Statuten  der  Schweizer- 
ischen Unfall -Versicherungs  A.-G.  zu  entnehmen  ist. 
Er  lautet:  »Der  Direktion  steht  die  eigenüiche  Ge- 
schäftsführung und  die  Vertretung  der  Gesellschaft 
nach  außen  zu.  Jedes  Mitglied  der  Direktion  übt  die 
rechtsverbindliche  Einzelunterschrift  für  die  Gesellschaft 
aus.  Überdies  kann  der  Aufsichtsrat  einzeln  oder 
kollektiv  Prokuren  bestellen. 

Auch  den  Mitgliedern  des  Verwaltungskomitees 
steht  die  Einzelunterschrift  zu,  doch  üben  sie  diese 
nur  beim  Vollzug  von  Beschlüssen  der  Generalver- 
sammlung, des  Aufsichtsrates  und  des  Verwaltungs- 
komitees^elbst,  oder  bei  Verhinderung  aller  Mitglieder 
der  Direktion.  Diese  Beschränkung  ist  jedoch  gegen- 
über Dritten  ohne  rechdiche  Wirkung.« 

Ähnlich  die  Elektrizitätsgesellschaft  Baden  A.-G. 
»Der  leitende  Ausschuß  vertritt  die  Gesellschaft  nach 
außen,  die  rechtsverbindliche  Unterschrift  für  die 
(Gesellschaft  führt  der  Direktor  kollektiv  mit  einem 
Mitglied  des  Ausschusses.  Ebenso  kann  dieselbe 
von"^  einem  Prokuristen  kollektiv  mit  einem  Direktor 
oder  mit  einem  Mitglied  des  Ausschusses  geführt 
werden.« 

Während  das  Obligadonenrecht  die  größte  Freiheit 
in  der  Übertragung  der  Vertretung  gestattet,  legt  das 
H.-G.-B.  genau  fest,  wer  zur  Vertretung  berechtigt  ist. 
Als  Hauptvertretungsorgan  bezeichnet  das  H.-G.-B. 
in  den  §i^  231  und  232  den  Vorstand.  Außer- 
dem ist  auch  der  Aufsichtsrat  zur  Vertretung  befugt 
und  zwar 

a)  bei  der  Vornahme  von  Rechtsgeschäften  mit  den 
Vorstandsmitgliedern  (§  247,1  H.-G.-B.). 

b)  bei  der  Führung  der,  von  der  Generalversamm- 
lung beschlossenen  Rechtsstreitigkeiten  gegen  die 
Vorstandsmitglieder  (§  247,1  H.-G.-B.). 

97 


^rnrnrnm^mm  .*. 


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I 


Das  Recht  der  selbständigen  Vertretung  steht 
dem  Aufsichtsrat  dann  zu,  wenn  es  sich  um  die  Ver- 
antwortlichkeit seiner  Mitglieder  handelt.  In  diesem 
Falle  kann  er  ohne  und  selbst  gegen  den  Beschluß 
der  Generalversammlung  gegen  die  Mitglieder  des 
Vorstandes  klagen  (§  247,2  H.-G.-B.). 


X.  Die  Vergütung  des  Verwaltungsrates. 
1.  Die  verschiedenen  Arten  der  Vergütung. 

Die  dem  Verwaltungsrat  auferlegten  Pflichten  er- 
heischen auch  eine  entsprechende  Vergütung,  welche 
teils  durch  den  Verwaltungsrat  selbst,  teils  durch  die 
Generalversammlung  bestimmt  wird.  Eine  gesetzliche 
Bestimmung  über  die  Art  der  Entschädigung  besteht 
nicht,  weshalb  die  kaufmännische  Praxis  hierbei  sich 
verschiedener  Formen  bedient,  die  wir  statutarischen 
Bestimmungen  entnehmen.  Wir  möchten  aber  zugleich 
darauf  aufmerksam  machen,  daß  die  einzeln  aufgeführten 
Formen  nicht  immer  allein  auftreten,  sondern  meist 
in  Verbindung,  was  auch  aus  den  statutarischen  Be- 
stimmungen   hervorgeht.       Demnach    begegnet    uns: 

1.  Eine   feste  Vergütung  in  folgenden  Beispielen: 

»Schweizerische  Bindfadenfabrik,  Fluriingen,  i^  8: 
Die  Mitglieder  des  Verwaltungsrates  beziehen  neben 
der  Vergütung  ihrer  Barauslagen  für  Reisen  usw.  eine 
Entschädigung,  deren  Betrag  von  der  Generalver- 
sammlung festgesetzt  wird  und  über  deren  Verteilung 
der  Verwaltungsrat  bestimmt.« 

»Mechanische  Backsteinfabrik,  Zürich,  g  20:  Die 
Mitglieder  des  Verwaltungsrates  beziehen  außer  dem 
Ersätze  der  durch  ihre  Funktionen  verursachten  Aus- 
lagen eine  Tantieme  vom  Reinertrage  des  Geschäftes 
nach  g  28,  oder  in  deren  Ermangelung  eine  jähriiche 
Entschädigung  von  je  Fr.    100. — .« 


\ 


96 


2.  Tagegelder,  manchmal  auch  Präsenz- oder  Sitzungs- 
gelder genannt,  verbunden  mit  Reiseauslagen  und 
sonstigen  Spesen.  Beispiele: 

»Aktiengesellschaft  Grand  Hotel  National,  Luzem, 
§  22:  Die  Verwaltungsräte  beziehen  ein  Taggeld  von 
Fr.  20. — ;  sie  erhalten  überdies  Reiseentschädigung, 
sowie  die  in  §  28  vorgesehene  Tantieme.« 

»Aktienbrauerei  Zürich,  §  21,2:  Die  Mitglieder  des 
Verwaltungsrates,  event.  eines  Ausschußes,  beziehen  ein 
Sitzungsgeld  von  Fr.  20. —  plus  event.  Reiseaüslagen. 
Besondere  Leistungen  werden  angemessen  entschädigt. « 

»A.-G.  der  Eisen-  und  Stahlwerke  vorm.  Georg 
Fischer,  Schaffhausen,  Art.  22:  Der  Verwaltungsrat 
setzt  das  Sitzungsgeld  und  allfällige  Entschädigung  für 
besondere  Inanspruchnahme  seiner  Mitglieder  fest.  Der 
Verwaltungsrat  bestimmt  auch  das  Honorar  für  den 
engeren  Ausschuß,  allfällige  Spezialkommissionen  und 
die  Kontrollstelle.« 

3.  Tantiemen.  »Brown,  Boveri,  Baden,  §  24:  Die  Mit- 
glieder des  Verwaltungsrates  beziehen  im  Allgemeinen 
außer  ihren  Barauslagen  für  Reisen  usw.  die  in  §  27 
festgesetzte  Tantieme,  über  deren  Verteilung  unter  die 
einzelnen    Mitglieder    der  Verwaltungsrat  beschließt.  .< 

Über  die  Entschädigung  der  zur  Geschäftsführung 
speziell  delegierten  Mitglieder  des  Verw^altungsrates 
werden  besondere  Verträge  abgeschlossen. 

Nach  den  Untersuchungen  Warschauers^^)  kommen 
feste  Vergütungen  allein  nur  selten  vor,  sie  treten 
meist  in  Verbindung  mit  Tantiemen  auf. 

2.  Die  Art  der  Beredinung  der  Tantieme. 

IVovou  wird  die  Tantieme  berechnet?  Eine  gewisse 
Unterlage  für  deren  Berechnung  gibt  uns  Art.  630, 
in  welchem  bestimmt  wird,  daß  die  Tantiemen  nur  aus 
dem  reinen  Gewinn  bezahlt  werden  dürfen.  Dabei 
erhebt  sich  sofort  eine  zweite  Frage:  »Ist  der  Rein- 
gewinn des  Jahres  darunter  verstanden  ?€     Wird  die 

99 


Frage  bejahend  beantwortet,  dann  darf  der  Gewinn- 
vortrag vom  letzten  Jahre  nicht  im  Reingewinn  enthalten 
sein.  Femer  besteht  die  weitere  Möglichkeit,  daß  die 
Tantieme  von  der  Summe  berechnet  wird,  von  welcher 
eine  Dotation  der  Reserven  noch  nicht  erfolet  ist,  oder 
aber  erst,  nachdem  auch  die  Reserven  schon  abgezogen 
wurden.  Beide  Möglichkeiten  sind  gesetzlich  zulässig. 
Zweifellos  ^^)  wäre  es  am  besten,  wenn  die  Berechnung 
vom  Reingewinn  des  betreffenden  Jahres  erfolgte  und 
zwar  erst  nachdem  die  Reservefonds  dotiert  sind. 

In  sehr  vielen  Fällen  sprechen  sich  die  Statuten 
darüber  aus,  wie  die  Tantieme  berechnet  wird,  und 
wir  können  sagen,  daß  dabei  im  allgemeinen  dasselbe 
Prinzip  verfolgt  wird,  wie  in  Deutschland  (Vergleiche 
§  245  H.-G.-B.)  nämlich  erst  Dotation  der  Reserven, 
dann  Abzug  einer  Dividende  für  die  Aktionäre  und 
vom  Restbetrag   die  Berechnung   der  Tantieme. 

Die  folgenden  Beispiele  mögen  dies  bestätigen. 

»Maggis  Nahrungsmittel  A.-G.,  Kempttal,  Art.  24: 
F.S  werden  vorab  5  %  in  den  Reservefonds  gelegt 
und  zwar  auf  solange,  bis  derselbe  die  Höhe  von  10^/^^ 
des  nominalen  Aktienkapitales  erreicht.  Von  dem  hier- 
nach verbleibenden  Reingewinn  wird  sodann  auf  sämtliche 
Aktien  eine  ordendiche  Dividende  von  5  ^/^  des  ein- 
bezahlten Aktienkapitales  ausgerichtet.  Vom  Über- 
schuß fallen  als  Tantieme  an  Verwaltungsrat  und 
Geneialdirektion  22  7o^  über  deren  Verteilung  vor- 
behaldich  vertraglicher  Vereinbarungen  der  Verwaltungs- 
rat selbständig  verfügt.« 

»A.-G.  der  Eisen-  und  Stahlwerke  vorm.  Georg 
Fischer,  Schaffhausen,  Art.  27:  Von  dem  sich  aus  der 
Bilanz  nach  Erfüllung  der  Bestimmungen  von  Art.  26  (Ab- 
schreibungen) ergebenden  Reingewinn,  werden  zunächst 
10 ^/(j  zur  Bildungeines  Reservefonds  verwendet,  bis  der- 
selbe die  Höhevon  10^'^^  des  Aktienkapitales  erreicht  hat.« 

»V^on  dem  alsdann  verbleibenden  Rest  erhalten 
die  Aktionäre  eine  Dividende  bis  auf  5  ^o  ihres  Nominal- 
wertes.    Vom  Überschuß  bezieht   der   Verwaltungsrat 


100 


4 


10^0  als  Tantieme,  über  deren  Verteilung  unter  die 
einzelnen  Mitglieder  er  selbst  entscheidet.« 

Die  Verteilung^*)  der  Tantiemensumme  wird  dem  Ver- 
waltungsrat anheimgestellt,  da  derselbe  am  besten  beur 
teilen  kann,  wieviel  dem  einzelnen  Mitglied  entsprechend 
seiner  Funktion  zukommen  soll.  Gewöhnlich  werden 
bestimmte  Quoten  vertraglich  für  diejenigen  Mitglieder 
festgestellt,  denen  auch  bestimmte  Funktionen  zuge- 
wiesen sind. 

3.  Die  Höhe  der  Tantieme. 

Sehr  viel  besprochen  und  kritisiert  wird  die  Höhe 
der  Tantiemen,  welche  einzelnen  Verwaltungsräten  und 
Direktoren   zufallen   und  andererseits   die   betreffende 
Gesellschaft   belasten.     Immer  und  immer  hört  man 
z.  B.  in  Deutschland,  das  Beispiel   von   dem  General- 
direktor der  Berliner  Viktoria- Versicherung,  der  ungefähr 
jährlich  700,000  bis  800,000  Mark  Tantiemen  einstreicht. 
Die  enorme  Höhe  ist  hier  darauf  zurückzuführen,  daß 
ein  Tantiemevertrag  zwischen  ihm  und  der  Gesellschaft 
besteht,  wonach  die  Tantieme  einen  gewissen  Prozent- 
satz vom  Umsatz  beträgt.    Bekanntiich  entwickelt  die 
genannte  Gesellschaft  sich  immer  mehr,  so  daß  auf  diese 
Art  und  Weise  noch  eine  wesentiiche  Steigerung  der 
Tantieme  eintreten  kann.     Das  sind  aber  Ausnahmen, 
und  in  diesem  Falle  dürfte  ein  solcher  Vertrag  darauf 
zurückzuführen  sein,  daß  der  Generaldirektor  wesentiich 
zur  Entwicklung  der  Gesellschaft  beigetragen  hat. 

Es  ist  keine  seltene  Erscheinung,  daß  gewissen 
Verwaltungsratsmitgliedem  und  Direktoren  für  be- 
sondere Dienstieistungen  außerordendiche  Tantiemen 
zugesichert  werden,  und  es  liegt  darin  eine  gewisse  Be- 
rechtigung. Andererseits  fallen  aber  auch  Verwaltungs- 
räten beträchtliche  Tantiemenbezüge  zu,  die  auf  kein 
Verdienst  zurückzuführen  sind. 

Um  einigermaßen  die  Höhe  der  Tantieme  zu 
illustrieren,  möchten  wir  einige  Zahlen  aus  Deutschland 
angeben,  da  wir  dort  einen  gewissen  Anhaltspunkt  für 

101 


m 


i 


^ 


1 


w 


die  Berechnung  derselben  in  der  seit  1 906  eingeführten 
Tantiemesteuer  haben,  welche  8  7^  beträgt.  Befreit  sind 
nur  Bezüge  solcher  Gesellschaften,  die  ihrem  Aufsichtsrat 
nicht  mehr  als  5000  Mk.  bezahlen.  Übersteigt  aber  die  Ge- 
samtsumme der  Vergütungen  5000  Mk.,  so  wird  die  Ab- 
gabe nur  insoweit  erhoben,  als  sie  aus  der  Hälfte  des 
5000  Mk.  übersteigenden  Betrages  gedeckt  werden  kann. 
Nach  Angaben  der  Frankfurter  Zeitung^^)  erbrachte 
die  Tantiemesteuer  folgende  Beträge : 

1907/08  190809  1909/10  1910/11   1911/12  1912/13 
InMili.Mk.    4,21        3,28       4,74       5,23        5,72       6,35 
somit  werden  an  Tantieme  versteuert: 
inMill.Mk.   52,77     41,01      59,30     65,39     71,50     79,38 
Dazu  möchten  wir  noch   die  Tantiemebeträge   an- 
führen, welche  einzelne  Gesellschaften  im  Jahre  1914^^) 
gezahlt  haben: 

Deutsche  Bank      .... 

Dresdener  Bank    .... 

Berliner  Handelsgesellschaft 

Schweiz.   Kreditanstalt     .      . 

Leu  &  Co 

Schweiz.  Bankverein  . 


658,602  M. 
513,928  M. 
105,263  M.*) 
573,524  Fr. 
120,729  Fr. 
689,303  Fr. 


4.  Kritische  Betrachtungen  und  Vorschläge. 

Aus  den  kritischen  Betrachtungen  der  hohen  Tantieme- 
zahlen heraus  sind  auch  eine  Reihe  von  Vorschlägen 
entstanden,  die  auf  gesetzlichem  Wege  eine  Herab- 
setzung derselben  zu  erreichen  suchen.  So  möchte 
Warschauern^)  festgelegt  wissen,  daß  bei  der  Kombi- 
nation   von   fester   Vergütung   und   Tantieme,    erstere 

*)  In  den  angegebenen  Summen  der  deutschen  Gesell- 
schaften sind  nur  die  Tantiemen  der  Aufsichtsräte  enthalten, 
nicht  auch  der  Direktoren.  Dagegen  stecken  in  den  Tantieme- 
summen der  schweizer.  Gesellschaften  sowohl  die  Vergütungen 
an  Verwaltungsräte  und  Direktoren,  sowie  vermudich  auch  lue 
Gratifikationen  des  Personals  (Schweiz.  Kreditanstalt).  Nur  mit 
wenigen  Ausnahmen  finden  wir  in  den  Geschäftsberichten  eine 
Spezifikation  der  Tantieme  für  den  Verwaltungsrat. 


\! 


102 


nicht  mehr  als  2000  Mk.,  und  die  auf  jedes  Aufsichts- 
ratsmitg-lied  entfallende  Gesamtsumme  nicht  mehr  als 
10,000  Mk.  betragen  dürfe;  während  andererseits  die 
von  dem  gesamten  Aufsichtsrat  zu  beziehende  sogenannte 
»progressiv-prozentuale«  Tantieme  mit  einem  Satz  von 
3  ^/q  beginnen,  bei  einer  Steigung  von  4  ^/q  um  1  7o 
steigen  sollte,  bis  ein  Höchstsatz  von  6^]^  erreicht 
ist.  Warschauer  will  einerseits  durch  die  Festlegung 
der  Vergütung  gewissen  Schiebungen  vorbeugen;  denn, 
wenn  er  nur  einen  bestimmten  Tantiemesatz  statuierte, 
so  würden  gewisse  Gesellschaften  sich  durch  die  Er- 
höhung der  festen  Vergütung  helfen.  Andererseits  will 
er  aber  doch  den  Gesamtbezug  der  Rendite  der  Gesell- 
schaft anpassen,  indem  durch  die  progressiv-prozentuale 
Tantieme  die  Möglichkeit  gegeben  ist,  daß  Gesellschaften 
mit  einer  hohen  Dividende  ihren  Aufsich  ts  raten  eine  höhere 
Tantieme  zukommen  lassen  können.  Daraus  können  wir 
folgern,  daß  Warschauer  die  höhere  Dividende  auf  eine 
entsprechend  intensivere  Leistung  des  Aufsichtsrates 
zurückführt,  was  auch  eine  erhöhte  Tantieme  rechtfertige. 
Vergleichen  wir  nun  damit  die  Bemerkungen  War- 
schauers (a.  a.  O.  S.  54),  welche  folgendermaßen  lauten: 

»Einerseits  ist  nirgends  der  Beweis  geliefert,  daß  an 
Aufsichtsräte,  die  z.B.  6  "/o  Tantieme  beziehen,  geringere 
Ansprüche  gestellt  worden  sind,  wie  an  diejenigen,  die 
z.  B.  1 5  "/^j  beziehen  und  andererseits  ist  aus  keinem  Einzel- 
fall bisher  ersichtlich  gewesen,  daß  die  letzteren  wegen 
der  Differenz  des  Tantiemesatzes  mehr  wie  erstere  ge- 
leistet hätten«,  so  erkennen  wir  daraus  den  Widerspruch, 
in  dem  sein  Vorschlag  zu  dessen  Begründung  steht.'**) 

Wir  halten  eine  gesetzliche  Regelung  der  Höhe 
der  Tantieme  für  unzweckmäßig,  und  wenn  dieselbe 
allen  Gesellschaften  und  Verhältnissen  Rechnung  tragen 
sollte,  für  undurchführbar.  Auch  würde  die  Praxis 
leicht  Mittel  und  Wege  finden,  derartige  gesetzliche 
Vorschriften  zu  umgehen. 

Von  Brockdorff ''•*)  möchte  die  Bestimmung  festgelegt 
haben,    daß    die  Tantieme    mit   steigender    Dividende 

103 


•»V 


•1 


, 


V 


illl 


nicht  steigen  dürfe,  mit  fallender  Dividende  aber  fallen 
müsse;  werde  keine  Dividende  verteilt,  so  solle  auch 
keine  Tantieme  verteilt  werden.  Er  baut  den  ersten  Ab 
satz  seines  Vorschlages  wohl  auf  der  nachgewiesenen 
Tatsache  auf,  daß  die  Tantiemen  schneller  steigen  als 
Gewinn  und  Dividende,  was  durch  die  folgende,  der 
Frankfurter  Zeitung*)  entnommene  Zusammenstellung 
erläutert  werden  mag. 

Anfsiclitsrats-    in  "/ödes  in ''oder 
Gewinn  Dividende     Tantiemen     Gewinnes    Divid. 

1907/08  M.  1351  Mill.  1023  52,77Mill.  3,9  5,15 

1908/09  M.  1233    »  960  41,01     »  3,3  4,27 

1909/10  M.  1366    »  1044  59,30    »  4,35  6,17 

1910/11   M.1472    »  1133  65,39    »  4,45  7,38 

Allein  es  ist  doch  in  das  Belieben  der  Gesellschaft 
gestellt,  welche  Tantiemen  sie  alljährlich  den  Aufsichts- 
räten geben  will ;  es  liegt  in  der  Hand  der  Gesellschaft, 
darüber  von  Jahr  zu  Jahr  zu  bestimmen.  Auch  wenn 
die  Dividende  zurückgeht,  muß  es  dem  Entscheid  einer 
Gesellschaft  anheimgestellt  werden,  welchen  Betrag  sie 
in  diesem  Fall  alsTantieme  ausschütten  will.  Ob  es  gerecht 
ist,  bei  Dividendenlosigkeit  überhaupt  keine  Tantieme  zu 
verteilen,  das  muß  im  einzelnen  Fall  beurteilt  werden. 

Wir  möchten  nochmals  wiederholen,  daß  alle  Vor- 
schläge bezüglich  der  Fesdegungder  Höhe  der  Tantieme, 
unpraktisch,  bezw.  undurchführbar  sind.  Die  Gesell- 
schaften sind  durchaus  verschieden,  was  Kapital,  Ren- 
tabilität und  Arbeitsleistung  im  Aufsichtsrat  anbetrifft, 
so  daß  den  einzelnen  Momenten  nur  durch  das 
Selbstbestimmungsrecht  der  Gesellschaft  Rechnung 
getragen  werden  kann. 

Mit  diesen  Betrachtungen  schließen  wir  den  Teil 
unserer  Organisationsfrage  ab,  welcher  die  Verwaltung 
der  Aktiengesellschaft  zum  Gegenstand  hatte  und 
suchen  nun  die  Kontrollstelle  als  integrierenden  Bestand 
teil  der  Verwaltungsratsfrage  in  unser  Organisations- 
problem einzugliedern. 

*)    Frankfurter  Zeitung  v.  29.  April   191 3. 


104 


B.  Die  Kontrollstelle 
der  Aktiengesellschaft. 

I.  Die  reditliche  Stellung  der  Kontrollstelle. 

Zunächst  ist  festzustellen,  daß  wir  in  der  Kontroll- 
stelle ein  notwendiges  Organ  der  Aktiengesellschaft 
zu  erblicken  haben,  das  als  solches  der  Generalver- 
sammlung und  der  Verwaltung  zur  Seite  gestellt  werden 
kann.  Die  Statuierung  als  gesetzliches  Organ  bewirkt 
auch  die  direkte^^)  Ableitung  seiner  Befugnisse  aus  dem 
Gesetz.  Demnach  ist  die  Kontrollstelle  mit  ursprünglichen 
Kontrollfunktionen  ausgestattet,  welche  nach  Art.  659 
O.-R.voneinerodermehrerenPersonenausgeübtwerden. 

Die  Wahl  derselben  erfolgt  durch  die  Generalversamm- 
lung. In  Ausübung  der  unter  die  Kompetenz  der  Kontroll- 
stelle fallenden  Funktionen  handeln  deren  Mitglieder  im 
Auftrage  der  Gesellschaft  und  treten  dadurch,  rechtlich 
ausgedrückt,  in  ein  Mandatsverhältnis««)  zu  derselben. 

IL  Die  wirtschaftliche  Stellung  und  Bedeutung 
der  Kontrollstelle  der  Gegenwart. 

1.  Die  Aufgaben  der  Kontrollstelle 
nadi  dem  Gesetz. 

a>  Die  redinerisdie  und  materielle  Kontrolle. 

Nach   den   Bestimmungen  des  Gesetzes   (Art.  659 

und  660  O.-R.)  ist  die  Kontrollstelle  mit  der  Ausübung 

der  rechnerischen  und   materiellen   Kontrolle  betraut. 

Wir  nehmen  absichtlich  eine  Trennung  der  Kontrolle 


105 


''9 


i  I. 


•1 


i 

'1' 


in  eine  rein  rechnerische  und  materielle  vor,  weil 
wir  damit  zwei  verschiedene  Kontrollarten  statuieren 
möchten,  die  selbständig  und  von  einander  unabhängig- 
durchgeführt werden  können. 

Während  die  rechnerische  Kontrolle  nur  die  formal- 
technische Seite  der  Buchführung,  des  Bücherabschlusses 
und  der  Bilanz  berücksichtigt,  geht  die  materielle  Kon- 
trolle auf  eine  sachliche  Prüfung  der  verbuchten  und 
bilanzierten  Posten  aus,  wobei  die  Bewertungsfrage 
eine  wichtige  Rolle  spielt.  Worauf  die  Prüfung  im 
einzelnen  sich  zu  erstrecken  hat,  ist  den  Bestimmungen 
des  Gesetzes  nicht  genau  zu  entnehmen,  was  natüriicher- 
weise  in  der  Literatur^^)  und  in  der  Geschäftspraxis 
zu  verschiedenen  Ansichten  geführt  hat. 

Ohne    weiteres    darf  wohl    angenommen   werden, 
daß  den   in   Betracht   kommenden   Art.   659  und  660 
O.-R.   die  Pflicht  der  Kontrollstelle  zu  entnehmen  ist, 
eine  rechnerische   Prüfung   der  Bilanz   und   der  Rech- 
nungen durchzuführen.     Diese  Auffassung  teilt  sowohl 
die  über  diese  Frage   bestehende  Literatur,    als  auch 
die    Rechtsprechung   und  Geschäftspraxis.     Als  Beleg 
der  Rechtsprechung   zitieren  wir   den    Satz   aus    eineT 
Bundesgerichtsentscheidung  (Bd.  XXXIV  (2)  S.  501/2), 
der  folgendermaßen  lautet:  »Nach  diesen  Bestimmungen 
(des  Art.  659  O.-R.)  aber  beschränkt  sich  die  Aufgabe 
der  Revisoren  darauf,  Bilanz  und  Rechnungen  zu  prüfen 
und  zwar  ist  mit  dieser  Prüfung  eine  solche  rein  kalku- 
latorischer  Natur   gemeint.«     (Die    rechnerische   Kon- 
trolle^^) nach  unserer  Auffassung  ist  der  kalkulatorischen 
Prüfung  in    dem  genannten    Zusammenhang   gleichzu- 
setzen.    Bachmann  wendet  aber  diesen  Ausdruck  auch 
für    die   von    uns    erwähnte    materielle    Kontrolle    an.) 
Fassen  wir  den  Inhalt  des  Art.  660  O.-R.  weit  auf, 
so  ergibt  sich  daraus  auch  das  Recht  auf  eine  materielle 
Kontrolle,  was  mit  der  Auslegung  des  obengenannten 
Bundesgerichtsentscheids  übereinstimmt,  indem  es  dort 
in  einem  zweiten  Satze  heißt:    »Die  Revisoren  haben 
allerdings    das    Recht,    die    Voriage    der   Bücher   und 


106 


Belege  zu  begehren  und  den  Kassabestand  festzustellen 
(Art.  660),  aber  nicht  die  Pflicht  dazu.« 

Die  in  der  Literatur'-*^)  herrschende  und  auch  von 
uns   geteilte  Auffassung  geht   dahin,  die   bestehenden 
gesetzlichen  Bestimmungen  über  die  Kontrolle  derart 
auslegen  zu  müssen,  daß  die  Kontrollstelle  nicht  nur 
das  Recht,  sondern  auch  die  Pflicht  hat,  eine  materielle 
Kontrolle    auszuüben.      Es   ist    doch    zweifellos    anzu- 
nehmen, daß  der  Gesetzgeber  mit  der  Schaffung  eines 
besonderen  Kontrollorgans  die  Ausübung  einer  erfolg- 
reichen Kontrolle  bezweckt.    Wirksam  kann  eine  Revi- 
sion aber  nur  dann  sein,  wenn  dieselbe  sich  auch  auf 
die  Unteriagen  der  Buchführung  und  Bilanz  erstreckt. 
Die  bisherige  Tätigkeit  der  Kontrollstelle  läßt  aber 
nicht   darauf  schließen,    daß   auch   die    kaufmännische 
Praxis  die  eben  erwähnte  iVuslegung  des  Gesetzes  teilt. 
In  sehr  vielen  Fällen  wird  nur  eine  rein  rechnerische 
Kontrolle   ausgeübt   oder,    noch    offener  gesprochen, 
von   Seiten    vieler  Verwaltungen   zugelassen  oder  ge- 
wünscht, worauf  wir  noch  näher  zu  sprechen  kommen 
werden.     Im  Hinblick  auf  diese  Zustände  wird  es  von 
entscheidender  Bedeutung  sein,  daß  die  Rechtsprechung 
ihren   Standpunkt   korrigiert   und   auch   die    materielle 
Prüfung  zur  Pflicht  macht. 


b>  Geschäftsführungskontrolle  ? 

Außer  den  beiden  genannten  Kontrollarten  kommt 
aber  noch  eine  dritte  in  Frage,  nämlich  die  Prüfung 
der  Geschäftsführung.  Diese  besteht  in  der  »Prüfung 
und  Kritik^^)  der  vorgenommenen  oder  unterlassenen 
Geschäfte,  z.  B.  der  Zulässigkeit  der  Kreditgewährungen 
vom  Standpunkt  des  Geschäftes  aus,  der  Zweckmäßig- 
keit der  Effektenkäufe,  der  rationellen  Zusammen- 
setzung der  Wechselportefeuilles«  usw.  Im  Gesetz  ist 
kein  bestimmtes  Organ  genannt,  welches  direkt  mit 
der  Geschäftsführungskontrolle  betraut  ist.  Daß  die- 
selbe aber  nicht  Aufgabe  der  Kontrollstelle  ist,  geht 


i 


filil 


107 


aus  Art.  661  O.-R.  hervor,  nach  welchem  die  General- 
versammlung jederzeit  berechtigt  ist,  zur  Prüfung  der 
Geschäftsführung  und  einzelner  Teile  derselben  be- 
sondere Kommissäre  oder  Sachverständige  zu  ernennen. 
Selbstverständlich  kann  z.  B.  die  Kontrollstelle  oder 
eine  besondere  Kommission  mit  diesem  Auftrag^e  durch 
Generalversammlungsbeschluß  betraut  werden;  ist  dies 
aber  nicht  der  Fall,  dann  liegt  diese  Aufgabe  dem 
Verwaltungsrat  ob,  wie  wir  schon  auf  Seite  94  und  95 
ausführten.  Diese  Auffassung,  welche  ohne  allen  Zweifel 
dem  Gesetz  entspricht  und  die  auch  von  Bachmann^*^) 
geteilt  wird,  scheint  in  der  Literatur  noch  nicht  ganz 
durchgedrungen  zu  sein,  worauf  die  Ausführungen 
Zimmermanns'-*^)  und  die  an  die.ser  Stelle  (Seite  345  ff.) 
erwähnte  Literatur  schließen  lassen.  Zimmermann  sucht 
an  Hand  einiger  Beispiele  klarzulegen,  daß  die  Prüfung 
der  Geschäftsführung  auch  Pflicht  der  Kontrollstelle 
sei,  um  den  vom  Gesetz  gestellten  Kontrollansprüchen 
zu  genügen.  So  heißt  es  u.  a.  auf  Seite  347 :  »Die 
Kontrollorgane  haben  auch  die  »Debitoren«  und  das 
»Wechselportefeuille«  daraufhin  zu  untersuchen,  ob 
die  Kreditgewährungen,  die  nach  den  Statuten  oder 
nach  gesunden  kaufmännischen  Prinzipien  zulässigen 
Grenzen  nicht  übersteigen«. 

Sachlich  ist  hierzu  zunächst  zu  bemerken,  daß  die 
Statuten  privater  Unternehmungen  in  den  seltensten 
Fällen  sich  über  die  Art  der  Kreditgewährung  und 
über  die  Höhe  derselben  auslassen,  bezw.  auslassen 
können.  Dieser  Geschäftszweig  gehört  zu  den  intern- 
sten Angelegenheiten  eines  Unternehmens,  die  man 
nicht  der  Öffendichkeit  preisgibt.  Ob  gesunde  kauf- 
männische Prinzipien  dabei  wegleitend  sind,  vermag 
ein  Außenstehender  selten  zu  beurteilen,  da  hierzu 
nur  Personen  im  Stande  sind,  welche  mit  der  Geschäfts- 
führung des  betreffenden  Unternehmens  vertraut  sind. 

Weder  die  Stellung  der  Kontrollstelle  nach  dem 
Gesetz,  noch  diejenige,  welche  ihr  in  der  Praxis  ein- 
geräumt   wird,    lassen    eine    derartige    Kontrolle    zu. 


103 


Wie  wir  später  noch  sehen  werden,  sind  wir  mit  dem 
Gedanken  Zimmermanns  ganz  einverstanden,  daß  em 
gesetzliches  Kontrollorgan  der  A.-G.  erst  dann  zweck- 
entsprechend ausgerüstet  ist,  wenn  dessen  Kompetenz 
die    rechnerische,    materielle    und    Geschäftsfuhrungs- 
Prüfung  umfaßt.    Mit  dieser  Ausstattung  ist  aber  der 
Erfolg  noch   nicht  garantiert.     Es  gilt  vielmehr,  diese 
Machtfülle  derart  festzulegen,  da/i  zum  voraus  bis  zu 
einem   gewissen   Grad   ein   Erfolg  gesichert  ist.     Wie 
dies  gemacht  werden  kann,  soll  uns  in  'emem  spateren 
Abschnitt  beschäftigen.  Vorerst  müssen  wir  eben  daran 
festhalten,  daß  die   bestehenden   gesetzlichen    Bestim- 
mungen nur  eine  rechnerische  und  materielle  Prüfung 
erfordern,  und,  wenn  man  mehr  verlangt,  »so     )  legt 
man  etwas  in  das  Gesetz  hinein,  das  nicht  dann  steht«. 

2.  Die  Aufgaben  des  Kontrollorgans  der 
deutschen  Aktiengesellsdiaft. 

Im  Anschluß  an   diese  Dariegungen   möchten  wir 
auch  auf  die  Pflichten  hinweisen,  welche  dem  Kontroll- 
oro-an  der  A.-G.  nach  dem  deutschen  Recht  zukommen. 
wTe    schon    erwähnt,    sind    die    Kontrollpflichten   aus- 
schließlich  dem    Aufsichtsrat  auferiegt,   und   zwar  be- 
stehen  dieselben,  nach  i?  246   H.-G.-B.,  in   der  rech- 
nerischen   materiellen   und    Geschäftslührungsprutung. 
Es  kann  keinem  Zweifel  unteriiegen,  daß  wir  in  dieser 
Einrichtung  das  geeignetste  Kontrollprinzip  theoretisch 
anerkannt^ehen.     Allein   die  besten  Theorien  haben 
keinen    Zweck,    wenn    dieselben   nicht    praktisch   ver- 
wirklicht werden.    Dies  trifft  für  das  deutsche  Kontroll- 
organ zu,  das  in  Wirklichkeit  eine  Institution  ist,  welchem 
es  nach  den  obwaltenden  Umständen  niemals  möglich 
ist    eine  rechnerische  und  materielle  Kontrolle  durch- 
zuführen, da  die  Hauptaufgaben  des  Aufsichtsrates  m 
praxi,    wie    schon    ausgeführt,    auf  dem    Gebiete    der 
Verwaltungs-  und  Geschäftspolitik  liegen. 


3.  Die  Pflichten  der  Kontrollstelle 
nach  den  Statuten. 

a>  Die  mangelhafte  Festlegung  der  Kontrollpflichten. 

Nachdem   wir  nun   in   kurzen  Zügen   die   Pflichten 
der  Kontrollstelle  auf  Grund  des  Gesetzes  betrachtet 
haben,  wollen  wir  untersuchen,  inwieweit  die  Geschäfts- 
praxis von  dem  in  Art.  662  O.-R.  festgelegten  Recht, 
statutarisch   ȟber  die  Organisation  der  Kontrollstelle 
andere  Bestimmungen  zu  treffen  und  deren  Befugnisse 
und  Pflichten  weiter  auszudehnen«,  Gebrauch  gemacht 
hat.  Dabei  berücksichtigen  wir  aber  nicht  den  Umstand, 
daß  verschiedene   große  Unternehmungen,  vor  allem 
Banken,    sich    neben    der    gesetzlichen    Kontrollstelle 
eine  eigene  Kontrollorganisation  schufen,  in  P^orm  von 
Inspektoraten,  Revisionsbureaus,  etc.,  neben  denen  die 
Kontrollstelle  nur  eine  formelle  Bedeutung  hat.  Diese 
Ausnahmen  ändern  nichts  an  der  Tatsache,  daß  sehr 
viele  Aktiengesellschaften   weder   eine  richtige  Eigen- 
kontrolle haben,  noch  es  der  Mühe  wert  erachteten,  die 
gesetzliche    entsprechend    auszubauen.     Wir    können 
sagen,    daß    der   Gesetzgeber   die    knappen    Kontroll- 
bestimmungen wohl  auch  in  der  Annahme  schuf,  daß 
die    kaufmännische   Praxis    selbst   in    ihrem   eigensten 
Interesse    den    Ausbau    einer   Kontrolle    bewirke,    die 
der  Eigenart  jedes  einzelnen  Betriebes  Rechnung  tragen 
kann.     Daß  hierin  der  Gesetzgeber  sich  täuschte,  be- 
weisen uns  sehr  viele  Statuten  von  Aktiengesellschaften. 
Aus  diesen  ersehen  wir,  daß  dort  die  Pflichten  der 
Kontrollstelle   ebenso  knapp  ausgesprochen  sind,  wie 
im  Gesetz.     P^s   sind   nicht  etwa  Ausnahmen,  sondern 
es  ist  die  Regel,  daß  wir  Auslassungen  über  die  Kon- 
trollstelle antreffen,  wie  beispielsweise  in  Art.  21    der 
Statuten    der   Maggigesellschaft    in    Kempttal,    wo    es 
heißt:  »Die  ordendiche  Generalversammlung  bezeichnet 
alljährlich  zwei  Revisoren  und  zwei  Ersatzmänner  mit  dem 
Auftrage,  der  Generalversammlung  einen  schrifdichen 

110 


^Bericht  über  die  Bilanz  und  über  die  vom  Verwaltungsrat 
vorgelegten  Jahresrechnungen  einzureichen«.  Detaillier- 
tere Bestimmungen,  die  auf  eine  materielle  Prüfungs- 
pflicht schließen  lassen,  finden  wir  nur  vereinzelt.  Noch 
weniger  wird  von  der  Möglichkeit  Gebrauch  gemacht, 
die  Kontrolle  der  Geschäftsführung  den  Revisoren  zu 
übertragen.  (Schweizerische  Volksbank,  die  zwar  eine 
Genossenschaft  ist,  den  Organen  und  der  Organisation 
nach  aber  einer  Aktiengesellschaft  ähnelt). 


b>  Die  mangelhafte  Ausübung  der  Kontrolle. 

Zusammenfassend  können  wir  sagen,  daß  die  statu- 
tarischen Bestimmungen  über  die  Kontrollstelle  den 
Eindruck  machen,  daß  man  einer  vom  Gesetz  ge- 
forderten Pflicht  in  formaler  Weise  Genüge  leistet.  Es 
nimmt  einen  deshalb  auch  nicht  wunder,  wenn  die  Aus- 
übung der  Kontrolle  seitens  der  Revisoren  einen  formalen 
Charakter  trägt. 

Dies  tritt  am  deutlichsten  in  den  Revisionsberichten 
zutage,  welche  doch  das  Ergebnis  und  Rechenschaft 
über  die  ausgeübte  Tätigkeit  darlegen  sollen.  Als 
Beispiel  hierfür  diene  uns  der  Bericht  des  Rechnungs- 
revisors der  »Bemer  Rückversicherungsgesellschaft  für 
Leben  und  Unfall  A.-G.  in  Bern«,  über  das  Geschäfts- 
jahr 1913,  der  folgendermaßen  lautet:  »Vorstehende 
Bilanz  pro  31.  Dezember  1913,  nebst  Gewinn-  und 
Verlustrechnung,  habe  ich  geprüft  und  mit  den  ordnungs- 
mäßig geführten  Büchern  übereinstimmend  gefunden«. 

»Die  Pflichtaktien  der  Verwaltungsräte  sind  nach 
Vorschriften  der  Statuten  deponiert.« 

»Sämdiche  Wertschriften  habe  ich  bei  den  ver- 
schiedenen Banken  persönlich  verifiziert,  und  mit  dem 
Wertschrifteninventar  in  Übereinstimmung  gefunden.« 

In  diesem  Rahmen  sind  die  meisten  Berichte  der 
Revisoren  gehalten.  Allein  sie  können  schließlich  auch 
nicht  vielmehr  enthalten,  wenn  man  bedenkt,  daß  die 
Kontrolle  gewöhnlich  in  einem  Zeitraum  von  1  -  2  Tagen 

111 


1 


r 


durchgeführt  sein  muß.  Es  liegt  daher  klar  zutage, 
daß  unter  derartigen  Umständen  die  Tätigkeit  der 
Kontrollstelle  oberflächlich  und  daher  zwecklos  ist. 
Ein  Beispiel  mag  diese  Tatsache  noch  illustrieren. 

In  einer  Generalversammlung  der  Volksbank  in  Biel, 
im  Jahre  1910,  erklärte  ein  Revisor,  »es  sei  alles  in 
bester  Ordnung«  —  einige  Monate  darauf  mußte  die 
Bank  ihre  Schalter  schließen. 

4.  Die  Mißerfolge  der  Kontrollstelle. 

a>  Die  Abneigung  von  Verwaltungsräten  und  Direktoren 

gegen  die  gesetzliche  Kontrolle. 

Auch  aus  den  Berichten,  welche  Experten  anläßlich 
der  Untersuchung  des  Materials  von  verkrachten  Unter- 
nehmungen zu  machen  hatten,  geht  hervor,  daß  die 
Ursache  der  Zusammenbrüche  teils  auf  das  völlioe  Ver- 
sagen  der  Revisionsorgane  zurückzuführen  ist.  Damit 
ist  uns  die  folgende  Frage  nahegelegt:  Worauf  ist  der 
Mißerfolg  der  Kontrollstelle  zurückzuführen? 

In  der  Beantwortung  dieser  Erage  muß  zunächst 
darauf  hingewiesen  werden,  daß  nach  den  heutigen  Um- 
ständen die  Kontrolle  sehr  vielen  Verwaltunesräten 
und  Direktoren  »ein  Dom  im  Auge«  ist,  den  man  um 
so  unangenehmer  empfindet,  je  gewissenhafter  eine 
Kontrollstelle  ihre  Pflichten  auszuüben  sucht,  und  je 
fauler  es  um  ein  Unternehmen  bestellt  ist.  Man  sträubt 
sich  so  gut  und  solange  man  kann  gegen  jegliche 
Art  von  Einblick  Dritter  in  die  Verwaltunorsverhältnisse. 
Dieser  Widerstand  geht  nicht  selten  sogar  soweit,  daß 
die  von  den  Revisoren  zur  Einsicht  gewünschten  Bücher 
verweigert  werden,  wie  dies  bei  der  Volksbank  in  Biel 
vorkam.  Die  Kontrollstelle  in  ihrer  Schwäche,  oder  in 
der  Angst,  nicht  mehr  vom  Verwaltungsrat  gewählt  zu 
werden,  falls  sie  etwas  gegen  das  Gebahren  der  Verwaltung 
unternimmt,  verzichtet  dann  meist  auf  die  Einsichtnahme. 

Unter  diesen  Verhältnissen  ist  es  sehr  verständlich, 
wenn   man  seitens   der  Verwaltung  nicht  entfernt  an 


V 


den  Ausbau  der  Kontrollstelle  denkt,  was  ja  in  vielen 
Fällen  einem  Schnitt  ins  eigene  Fleisch  gleichkäme. 
Mit  jener  Abneigung  hängt  auch  die  Art  der 
Besetzung  der  Kontrollstelle  zusammen,  die  vielfach 
in  dem  Bestreben  erfolgt,  sich  ein  möglichst  harmloses 
Orean  zu  schaffen.  Da  nach  den  bestehenden  Ver- 
hältnissen  es  der  Verwaltungsrat  in  der  Hand  hat  zu 
wählen,  wie  und  wen  er  will,  so  bereitet  ihm  die  !k- 
setzungsfrage  keine  weitere  Besorgnis. 

b>  Die  Ausübung  der  redinerisdien  Kontrolle. 

Die  Schwäche  der  Kontrollstelle  und  ihr  Mißerfolg 
ist  endlich  aber  auch  in  der  Übung  begründet,  daß  eine 
nur  rechnerische  Kontrolle  erwünscht  und  gestattet  ist. 
Wie  wir  schon  auf  Seite  106  erwähnten,  berücksichtigt 
die  rechnerische  Kontrolle  nur  die  formaltechnische 
Seite  der  Buchführung  und  Bilanz,  indem  sie  »die  Über- 
einstimmung*) gewisser  Endbuchungen  und  Inventur- 
zahlen mit  den  Bilanzzahlen  feststellt«.  Ergibt  sich  nun 
bei  der  Prüfung,  daß  die  Saldi  übereinstimmen,  so  ist 
damit  gar  nicht  erwiesen,  daß  die  Buchführung  in  Ord- 
nung ist.  Es  können  Buchungsfehler  vorliegen  und 
die  Endsummen  doch  miteinander*^^)  übereinstimmen: 

1.  Wenn  sich  zwei  oder  mehrere  falsche  Eintrag- 
ungen gegenseitig  aufheben. 

2.  Wenn  eine  falsche  Eintragung  durch  einen  Addi- 
tionsfehler oder  Übertragungsfehler  aufgehoben  wurde. 

3.  Bei  Verwechslungen  von  Konten. 

4.  Bei  Auslassungen  von  Buchungen. 

Werden  aber  Unstimmigkeiten  in  den  Endbuchungen 
untereinander  entdeckt,  so  begnügt  sich  die  rechnerische 
Kontrolle  mit  der  bloßen  Feststellung  dieses  formalen 
Fehlers.  Demnach  wird  weder  in  dem  einen  noch  le  dem 
anderen  F'alle  kaum  etwas  erreicht  von  dem,  was  man 
von  einer  Kontrolle  erwarten  dürfte.  Darum  ist  die  Aus- 
übung einer  nur  rein  rechnerischen  Kontrolle  zwecklos. 

*)  Töndury  a.  a.  O.  S.  15/16. 


I 


I 


1 


i- 


112 


113 


8 


III.  Der  Ausbau  der  Kontrollstelle. 


# 


1 .  Notwendigkeit  der  Übertragung  der 
Geschäftsführungskontrolle  an  die  Kontrollstelle. 

a>  Die  Begründung  der  Übertragung. 

Soll  eine  Kontrolle  auch  nur  einigermaßen  Zweck 
und  Erfolg  haben,  so  darf  man  nicht  bei  der  Feststellung- 
formaler Fehler  stehen  bleiben,  sondern  muß  der 
Ursache  und  Entstehung  derselben  nachgehen.  Dies  er- 
fordert ein  Eindringen  in  die  gesamte  Buchungsmaterie, 
eine  Prüfung  der  Unterlagen  und  Belege  von  gebuchten 
Tatsachen  und  zahlenmäßig  festgelegten  Geschäfts- 
vorfällen. Erst  wenn  wir  gewisse  Posten  aus  ihrem 
Zusammenhang  heraus  betrachten  und  miteinander  ver- 
gleichen, ist  eine  richtige  Beurteilung  derselben  möo-lich. 
Daher  muß,  zwecks  eines  Kontrollerfolges,  mit  der 
rechnerischen  Kontrolle  naturgemäß  auch  die  materielle 
Kontrolle  Hand  in   Hand  gehen. 

Allein  auch  diese  Revisionsmethode  wird  nicht 
genügen,  wenn  es  gilt,  raffinierte  Schiebungen  und 
Verschleierungen  zu  entdecken,  die  zwar  ihren  Nieder- 
schlag in  Buchführung  und  Bilanz  finden,  deren  Ursprung 
aber  sehr  oft  in  einer  inkorrekten  Geschäftsführung  liegt. 
Da  gerade  mit  derartigen  Manipulationen  seitens  ge- 
wissenloser Verwaltungen  häufig  gearbeitet  wird  und 
die  F"olge  davon  schwerer  Schaden  und  nicht  selten 
der  Ruin  von  Untemehmunoren  ist,  ist  es  nötie,  daß 
die  Kontrolle  auch  auf  das  Gebiet  der  Geschäfts- 
führung übergreift.  Ein  Revisor  wird  nun  aber  niemals 
im  voraus  wissen,  ob  es  sich  z.  B.  bei  formalen  Un- 
stimmigkeiten um  einen  reinen  Buchungsfehler  handelt, 
der  einem  Buchhalter  unterlaufen  ist,  oder  ob  dieselben 
auf  eine,  durch  die  Geschäftsführunor  vorgenommene 
Schiebung  zurückzuführen  sind.  Daher  muß,  im  Hinblick 
auf  das  Bestreben,  alle  Fehler  entdecken  zu  können, 
mit     der     rechnerischen     und     materiellen    Kontrolle 


'\ 


gleichzeitig  auch  die  Geschäftsführungskontrolle  ausgeübt 
werden.     In  der  gemeinsamen  Anwendung  dieser  drei 
Kontrollmethoden,  welche  naturgemäß  miteinander  ver- 
bunden werden  müssen,  sehen  wir  das  reine  Kontroll- 
prinzip verwirklicht  und  einen  vollkommenen  Kontroll- 
erfolg ermöglicht.  Wir  möchten  daher  die  rechnerische, 
mateT-ielle  und  Geschäftsführungsprüfung  der  Kontroll- 
stelle  übertragen   und  damit   das   Kontrollprinzip   des 
deutschen  Gesetzgebers  nachgeahmt  und  durchgeführt 
wissen.  Diesen  Vorschlag  wollen  wir  auch  noch  mit  dem 
Hinweis  auf  den  Umstand  begründen,  daß  es  lögischer- 
und  praktischerweise  nicht  angängig  ist,  ein  Organ,  das 
für  gewisse  Aufgaben  die  Verantwortung  trägt,  zugleich 
auch  mit   der   Kontrolle   über  dieselben   zu  betrauen. 
Den  innigen  natüriichen  Zusammenhang  von  mate- 
rieller und  Geschäftsführimgsprüfung  kennzeichnet  auch 
Töndury^^)  mit  folgenden  Worten:  »Von  vornherein  muß 
gesagt  werden,  daß  die  Grenzen  zwischen  beiden  Revi- 
sionen nicht  scharf  gezogen  werden  können.     Wie  die 
Geschäftsführung  als  solche  nicht  anders  nachgeprüft 
werden  kann  als  durch  ein  eingehendes   Studium  der 
Bücher,  so   schneidet  andererseits   eine  gewissenhafte 
materielle  Rechnungsrevision  ohne  weiteres  Fragen  an, 
die  bereits  zum  Teil  auf  dem   Gebiet  der  Geschäfts- 
führung und  nicht  nur  in  der  buchtechnischen  Darstellung 
derselben   liegen.«     Im  Anschluß®^)  an   diese  Ausfüh- 
rungen wird  von  ihm  auch  erwogen,  ob  die  Geschäfts- 
führungskontrolle an  die   Kontrollstelle  zu  übertragen 
sei;  dafür  sprächen  zwei  berechtigte  Gründe,  nämlich: 

1 .  Die  Teilnahme  des  Verwaltungsrates  an  der  Ge- 
schäftsführung und  die  dadurch  gegebene  Möglichkeit 
der  Verfolgung  von  Einzelinteressen. 

2.  Die  wirtschafdiche  Aufgabe  der  Kontrollstelle, 
die  zu  einem  großen  Teil  den  Schutz  der  kleineren 
Aktionäre  in  sich  begreift. 

Andererseits  führt  aber  Töndury  auch  verschiedene 
Gründe  ins  Feld,  welche  ihn  abhalten,  die  Übertragung  zu 
befürworten,  Gründe,  auf  die  wir  später  zurückkommen. 


114 


115 


# 


I 


b>  Die  Festlegung  der  Übertragung. 

,  Schon  unter  den  heute  bestehenden  gesetzlichen 
Bestimmungen  ist  die  Übertragung  der  Geschäfts- 
führungsprüfung an  die  Kontrollstelle  nach  Art.  661 
O.-R.  ohne  weiteres  möglich.  Die  bisherigen  Erfah- 
rungen haben  aber  gezeigt,  daß  die  Geschäftspraxis  den 
Ausbau  der  Kontrolle  nicht  aus  eigener  Initiative  vor- 
nimmt, daher  ist  es  nötig,  daß  im  Gesetz  klar  und  be- 
stimmt auch  noch  die  Kontrolle  der  Geschäftsführunor 
als  weitere  Pflicht  der  Kontrollstelle  festgelegt  wird, 
/iuf  diese  Weise  führen  wir  das  Kontrollprinzip  des 
deutschen  Gesetzgebers  ein,  erhalten  aber  dadurch 
nicht  etwa  den  deutschen  Aufsichtsrat.  Wir  möchten 
nur  ein  reines  Kontrollorgan  haben,  das  mit  einer 
Machtfülle  ausgestattet  ist,  die  einen  Erfolg  im  Interesse 
der  Gesellschaft  und  der  Aktionäre  gewährleistet. 
Weder  irgendwelche  verwaltende,  noch  geschäfts- 
führende Tätigkeit  soll  diesem  Kontrollorgan  zukommen, 
denn  sonst  würden  wir  ähnliche  unerquickliche  Ver- 
hältnisse schaffen,  wie  sie  in  sehr  vielen  Fällen  in 
Deutschland  zwischen  Vorstand  und  Aufsichtsrat  be- 
stehen und  die  darauf  zurückzuführen  sind,  daß  dem 
Aufsichtsrat  meist  auch  noch  statutarisch  sehr  wichtigfe 
geschäftsführende  Tätigkeit  zukommt.  In  diesem  Fall 
hätten  wir  dieselben  Zustände,  wie  sie  jetzt  in  der 
Schweiz  bestehen,  daß  sich  nämlich  der  Aufsichtsrat, 
bezw.  der  Verwaltungsrat  selbst  kontrolliert,  oder  daß, 
besser  gesagt,  eine  richtige  Kontrolle  überhaupt  nicht 
stattfindet.  Darin  liegt  eben  die  Lücke  in  der  Gesamt- 
verwaltung der  Aktiengesellschaft  im  deutschen,  wie  im 
schweizerischen  Recht.  Hier  muß  der  Hebel  angesetzt 
werden,  um  der  Lösung  der  sog.  Verwaltungsratsfrage 
näher  zu  kommen. 

Sowohl  für  die  schweizerischen,  wie  für  die 
deutschen  Verhältnisse  ist  es  also  unumgänglich  not- 
wendig, gesetzlich  ein  reines  Kontrollorgan  mit  den 
erwähnten  Kompetenzen  zu  schaffen. 


116 


2.  Regelung  der  Kontrollfrage  im  H.-G.-B. 

In  der  Schweiz  ist  dies  dadurch  zu  erreichen,  daß 
die  Kompetenzen  des  schon  bestehenden  gesetzlichen 
reinen   Kontrollorgans   erweitert   werden,    während   in 
Deutschland  es  sich  um  eine  Loslösung  der  Kontroll- 
pflichten vom    Aufsichtsrat   und    deren   Zuweisung   an 
ein    neuzuschafl"endes    reines    Kontrollorgan    handeln 
würde.     Dann  mögen  auch  dem  Aufsichtsrat  geschäfts- 
führende Aufc/aben  zugewiesen   werden.     Die   soziale 
Stellung  desselben  in  der  Gesellschaft  würde  dadurch 
nicht  verrückt,  denn  er  hat  doch  die  Gesamtieitung  des 
Unternehmens  in  der  Hand  und  kann  mit  gutem  Ge- 
wissen seine  Aufgaben,  die  auf  dem  Gebiete  der  Ver- 
waltung, Geschäftsführung  und  Geschäftspolitik  liegen, 
nachkommen.    Auch  würde  dann  vom  Aufsichtsrat  nur 
noch  das  verlangt  werden,  was  er  auch  tatsächlich  aus- 
führen   kann;    andererseits  wird   dann  von   ihm   keine 
Entschuldigung  mehr  vorgebracht  werden  können,  wenn 
die  möglichen  Pflichten  von  ihm  vernachlässigt  wurden. 

3.  Die  Ausübung  der  Pfliditen  und  Rechte 
des  neuen  Kontrollorgans. 

Die  Aufgaben  der  Kontrollstelle  müssen  teils  in 
den  Statuten,  teils  in  einer  Geschäftsordnung,  welche 
die  Mitglieder  der  Kontrollstelle  aufstellen  und  welche 
der  Genehmigung  der  Generalversammlung  unterliegen, 
festgelegt  werden.  Ihre  Fesdegung  erfolgt  auf  dieselbe 
Art^wie  diejenigen  der  Verwaltungsorgane.  Die  Pflichten 
müssen  genau  umschrieben  sein,  so  daß  kein  Zweifel 
über  die^  Verantwortung,  welche  den  Mitgliedern  zu- 
fällt, bestehen  kann.  Die  gesetzlichen  Bestimmungen 
dürften  u.  E.  vollauf  genügen. 

Allein  mit  der  Statuierung  eines  reinen  Kontroll- 
organs ist  noch  nichts  erreicht,  wie  uns  die  schweize- 
rischen Verhältnisse  lehren ;  auch  genügt  es  nicht,  die 
Kontrollkompetenzen    gesetzlich    zu  .  erweitem,    denn 

117 


\ 


1    *■ 

) 


sonst  müßte  das  deutsche  Kontrollprinzip  schon  an 
und  für  sich  einen  Erfolg  verzeichnen..  Es  gilt  deshalb 
die  im  Gesetz  festgelegte  Kompetenzfülle  richtig  zu 
verwerten  und  durchzuführen.  Zu  diesem  Zweck  muß 
in  erster  Linie  die  Unabhängigkeit  der  Kontrollstelle 
bewirkt  werden. 

a>  Die  Statuierung  der  Unabhängigkeit  der  Kontrollstelle. 

Wie  wir  sahen,  ist  in  praxi  die  Wahl  und  die  Zu- 
sammensetzung der  Kontrollstelle  dem  Verwaltungsrat 
überlassen,  obwohl  erstere  formell  durch  die  General- 
versammlung erfolgt,  bezw.  nach  Art.  659  O.-R.  er- 
folgen muß.  Dieser  Einfluß  des  Verwaltungsrates  auf 
die  Besetzung  der  Kontrollstelle  hat  sehr  oft  zur  Folge, 
daß  den  gefügigen  Revisoren  die  Aufgabe  zuteil  wird, 
in  der  Ausübung  der  Kontrolltätigkeit  die  Interessen 
des  Verwaltungsrates  zu  schützen. 

aa)  Staatliche    oder   private   Regelung.^ 

E^s  ist  daher  nicht  zu  verwundern,  w^enn  in  der 
Offendichkeit  immer  wieder  Stimmen  laut  werden, 
welche  die  Einführung  einer  staadichen  Kontrolle 
wünschen  und  zwar  nur  aus  dem  Grunde,  um  ein  un- 
abhängiges Kontrollorgan  zu  haben.  Ist  es  nun  nicht 
besser,  wenn  man  sich  entschließt,  ein  solches  aus  eigener 
Initiative  heraus  zu  schaffen,  als  wieder  in  das  alle 
Regime  der  Staatsaufsicht  zurückzufallen,  denn  die 
Einführung  der  Rechnungsprüfung  durch  ein  staatliches 
Organ  würde  nichts  anderes  bedeuten.^  Wenn  sich  die 
Akdengesellschaften  nicht  entschließen,  dem  gerechten 
Wunsche  der  Offendichkeit  nachzukommen,  dann  wird 
im  Laufe  der  Zeit  mit  Sicherheit  die  oben  erwähnte 
Regelung  seitens  des  Staates  stattfinden.  Das  Ehr- 
und  Kraftgefühl  des  blühenden  Handels  und  der 
mächtigen  Industrie  wird,  wie  wir  hoffen,  zu  der  Freiheit 
und  zu  dem  Entschluß  sich  hindurchringen,  sich  eine 
unabhängige  Kontrollstelle  zu  schaffen.     Nur  wenn  die 


.!•■ 


Kontrollstelle  auf  eine  neutrale  Basis  gestellt  wird,  von 
welcher  aus  sie  ihren  Pflichten  nachkommen  kann,  ohne 
Rücksicht  auf  den  Verwaltungsrat  oder  sonstige  Partei- 
interessen, kann  eine  fruchtbare  Kontrolle  ausgeübt 
werden.  Dies  wird  dadurch  erreicht,  daß  einer  Minder- 
heit von  Akdonären  ein  entscheidender  Einfluß  auf 
die    Besetzung    der    Kontrollstelle    eingeräumt    wird. 

bb)   Änderung   des   Wahlmodus 
(Minderheitsvertretüng). 

Wir  möchten  daher  den  alten  Wahlmodus,  nach 
welchem  die  Mehrheit  entscheidet,  fallen  lassen  und  an 
dessen  Stelle  das  System  der  Minderheitsvertretung*) 
einführen  und  zwar  derart,  daß  den  im  Verwaltungsrat 
nicht  vertretenen  Aktionären  das  Recht  zugestanden 
werden  soll,  die  Hälfte  der  Kontrollstellemitglieder  zu 
wählen.  Ist  aber  für  die  Ausübung  der  Kontrolle  nur 
ein  Revisor  vorgesehen,  so  soll  in  diesem  Falle  die 
Minderheit  das  Recht  haben,  denselben  zu  ernennen. 
Die  Einführung  dieses  Systems  muß  auf  gesetzlichem 
Wege  erfolgen. 

cc)   Vertretung  der  Obligationäre   in  der 

Kontrollstelle? 

Nach  den  Bestimmungen  des  O.-R.  (Art.  659) 
haben  nur  Aktionäre  das  Recht,  die  Mitglieder  der 
Kontrollstelle  zu  ernennen.  Töndury^*)  macht  nun  den 
Vorschlag,  dieses  Recht  auch  den  Obligationären  einer 
Aktiengesellschaft  einzuräumen. 

Zieht  man  diesen  Vorschlag  in  Erwägung,  so  muß 
auf  jeden  Fall  ein  Unterschied  gemacht  werden  zwischen 
Inhabern  von  Kassaobligationen  einerseits  und  Inhabern 
von  Obligationen,  die  Bestandteil  einer  festen  Anleihe 
sind,  andererseits. 


i 


*)  Vgl.  auch  Verhandlungen   des   31.  Deutschen  Juristen- 
tags 1912.    S.  538. 


118 


119 


i 


Die  Kassaobligationen,  welche  gewöhnlich  von 
Banken  ausgegeben  werden,  um  sich  vorübergehend 
Gelder  zu  beschaffen,  müssen  in  unserer  Betrachtung 
ausscheiden,  denn  es  ist  klar,  daß  eine  vorüber- 
gehende Kapitalanlage,  die  oft  einer  kurzfristigen 
Spareinlage  gleichkommt,  kein  Recht  auf  die  Kontrolle 
der  betreffenden  Gesellschaft  begründet.  Somit  kann 
nur  erwogen  werden,  ob  den  Inhabern  von  Obligationen, 
die  Bestandteil  einer  festen  Anleihe  sind,  das  Recht  zu- 
gestanden werden  soll,  bei  der  Wahl  der  Kontrollstelle- 
mitglieder mitzuwirken. 

a)  Begrimdung  der  Ablehnung. 

Nach  unserer  Ansicht  scheint  der  Vorschlag  aus 
folgenden  Gründen  nicht  berechtigt  zu  sein: 

1 .  In  dem  Wesen  der  Obligation  und  in  der  dadurch 
bedingten  rechtlichen  und  wirtschafdichen  Stellung 
der  Obligationäre  als  Gläubiger  der  Aktiengesellschaft 
liegt  nicht  das  Recht  begründet,  einen  Einfluß  auf  die 
Verwaltung  und  Geschäftsführung  auszuüben. 

2.  Infolge  der  häufigen  Interesselosigkeit  der  Obli- 
gationäre, welche  jedenfalls  noch  größer  ist  als  die 
der  Aktionäre,  würde  nur  ein  verschwindender  Teil 
von  dem  eingeräumten  Recht  Gebrauch  machen. 

3.  Dem  Vorschlag  zustimmen,  hieße  in  vielen 
Fällen  eine  falsche  Finanzierungspolitik  unterstützen, 
welche  man  durch  die  Ausgabe  von  Obligationen 
zu  verschleiern  sucht. 

b)  Die  heutige   Obligationenpolitik  privater 

Unterneh7nungen.    • 

Man  hat  auseinanderzuhalten,  wer  die  Obligationen 
ausgibt,  und  wofür  die  aufgenommenen  Gelder  ver- 
wendet werden.  Sind  es  z.  B.  größere  Banken,  welche 
sich  auf  diese  Art  Gelder  beschaffen,  um  dieselben 
wieder  kurzfristig  anzulegen,  so  wird  dagegen  nichts 
einzuwenden  sein;  dasselbe  gilt  von  Industrien,  welche 


den  zur  Erweiterung  ihrer  Anlagen  nötigen  Geldbedarf 
durch  Ausgabe  von  Obligationen  decken.  Allein  die 
hohen  Obligationenschulden,  die  oftmals  bei  kleineren 
Banken  und  Industriegesellschaften  in  keinem  Verhältnis 
zu  dem  Aktienkapital  stehen,  geben  zu  denken.  Die 
richtige  Beurteilung  derselben  wird  uns  aber  erst  möglich, 
wenn  wir  wissen,  warum  Gesellschaften  sich  mittels 
Ausgabe  von  Obligationen  finanzieren.  LardelH*^^)  er- 
wähnt Gründe  hierfür  in  folgenden  Auslassungen:  »Vor 
allem  kommen  in  Betracht  die  Fälle,  in  denen  es  sich 
um  die  Deckung  eines  vorübergehenden  Kreditbedarfes 
handelt,  besonders  dann,  wenn  die  Inanspruchnahme 
eines  hochverzinslichen  und  jederzeit  kündbaren  Konto- 
korrentkredites (Akzeptkredit)  der  Gesellschaft  als  un- 
sicher und  unrationell  erscheint.« 

»Für  die  Gesellschaft  ist  die  Emmission  eines  Obli- 
gationenanleihens  femer  dann  das  gegebene,  wenn  die 
Zahl    der   Dividendenberechtigten,   im   Interesse   eines 
möglichst  großen,  auf  wenige  zu  verteilenden  Gewinnes, 
nicht  erhöht  werden  soll,  oder  wenn  die  Ausgabe  junger 
Aktien  mit  erheblichen  Schwierigkeiten  verbunden  wäre.« 
Diese   und  noch   manche   andere   Gründe   werden 
für  die  Obligationenpolitik  angeführt.  Allein  entscheidend 
für  die  Beurteilung  derselben  ist  die  tatsächliche  Ver- 
wendung der  Gelder.    In  Berücksichtigung  dieses  Mo- 
ments können   wir  sagen,  daß   man   oft  zur  Ausgabe 
-  von   Obligationen   schreitet,  um  verfehlte  Kreditenga- 
gements  zu   sanieren,  verfehlte  spekulative  Geschäfte 
zu  fundieren  (Leih-  und  Sparkasse  Kloten),  oder  fehlende 
industrielle   Betriebsmittel   wieder   zu   ersetzen.     Einer 
solchen  Bedürfnissen  entsprungenen  Finanzierungspolitik 
braucht  nicht  der  Weg  geebnet  zu  werden,  indem  man 
den  Obligationen  den  Aktiencharakter  gibt. 

Wir  möchten  eine  gesunde  Obligationen  politik 
durchaus  nicht  bekämpfen,  da  sie  vor  allem  für  ge- 
wisse Bankkategorien  ein  im  privatwirtschaftlichen  und 
volkswirtschafdichen  Interesse  liegendes  Geldbeschaf- 
fungs-,  bezw.  Anlagemittel  darstellt.  Eben  deshalb  sucht 


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man  mittels  dieser  Geldbeschaffungsform,  Finanzzustände 
zu  vertuschen,  die  klargelegt  würden,  wenn  keine  be- 
queme Gelegenheit  vorhanden  wäre,  immer  und  immer 
wieder  durch  Aufnahme  neuer  Mittel  das  Unternehmen 
für  kürzere  oder  längere  Zeit  noch  über  Wasser  zu  halten. 
So  wie  die  Verhältnisse  heute  liegen,  erkennen  wir 
das  Recht,  einen  Einfluß  auf  Verwaltung  und  Kontrolle 
der  Aktiengesellschaft  direkt  oder  indirekt  geltend  zu 
machen,  nur  dem  Aktionär  zu. 

b>  Die  Durchführung  der  Kontrollpfliditen. 

aa)  Die  Qualifikation  der  Mitglieder  der 

Kontrollstelle. 

Sind  nun  in  der  erweiterten  Kontrollkompetenz  und 
in  der  Möglichkeit,  ein  unabhängiges  Organ  zu  schaffen, 
wesentliche  Grundlagen  für  eine  wirksame  Kontrolle 
vorhanden,  so  gilt  es  darauf  bedacht  zu  sein,  daß 
diese  Pflichten  korrekt  ausgeübt  und  die  Rechte  richtig 
ausgenützt  werden.  Dies  ist  nur  dann  möglich,  wenn 
für  die  Wahl,  als  Kontrollbeamte  der  Aktiengesellschaft, 
nur  qualifizierte  Personen  in  Betracht  kommen. 

a)  Die  Anforderungen  an  die  Qualifikation. 

Worin  muß  die  Qualifikation  bestehen?  Die  Ant- 
wort hierauf  entnehmen  wir  zunächst  den  Ausführungen 
Rehrs^^)  über  die  Anforderungen,  welche  an  einen 
tüchtigen  Revisor  zu  stellen  sind:  »Reichliche  Erfahrung 
in  den  verschiedenen  kaufmännischen  Gebieten,  damit 
er  bald  orientiert  ist.  Wesentliches  vom  Unwesentlichen 
unterscheiden.  Vertraut  sein  mit  den  Gebräuchen  im 
Handel  und  Industrie,  kaufmännisch  Denken  und  Em- 
pfinden können.  Gute  und  schnelle  Auffassungs-  und 
Kombinationsgabe,  rasches  Arbeiten,  Organisations- 
talent, die  Gabe,  das  für  den  Betrieb  praktischste  und 
richtigste  zu  erkennen.  Das  Geschehene  klar  wieder- 
geben. Nüchternes  Urteil  über  Menschen  und  Dinge, 
Gewandtheit   im    Verkehr,    die    Kunst    Menschen    zu 


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behandeln,  und  Taktgefühl,  um  in  all  den  mannigfachen 
Situationen,  in  die  der  Revisor  hineinkommt,  immer 
die  richtige  Haltung  zu  bewahren.  Peinlichster  Ordnungs- 
sinn, unbedingte  Zuverläßigkeit  und  Verschwiegenheit, 
strenge  Objektivität  und  Gewissenhaftigkeit«. 

b)  Die  Erbringung  des  Nachweises  der  Qualifikaiion. 

Es  erhebt  sich  aber  die  schwierige  Frage,  welcher 
Maßstab  an  die  Kenntnisse  des  Revisors  angelegt  werden 
soll,  und  wie  diese  Qualitäten  nachzuweisen  sind.  Für 
Personen,  welche  in  der  Geschäftspraxis  stehen,  wird 
ihr  praktischer  Erfolg  und  ihr  diesbezüglicher  Ruf  ent- 
scheidend sein.  Dagegen  muß  von  den  Anwärtern 
eines  Kontrollstelleamtes,  die  sich  für  ein  solches  erst 
vorbereiten,  ein  Befähigungsnachweis  verlangt  werden, 
dessen  Erteilung  davon  abhängig  zu  machen  ist,  daß 
durch  den  Nachweis  gewisser  praktischer  und  wissen- 
schafdicher  Kenntnisse,  bis  zu  einem  gewissen  Grad, 
eine  Garantie  für  die  Fähigkeit  der  Ausübung  von 
Kontrollfunktionen  gegeben  ist. 

Wenn  also  für  die  Wahl  eines  Revisors  nur  dessen 
spezielle  Kenntnisse  und  Fähigkeiten  ausschlaggebend 
sind,  dann  können  wir  uns  auch  nicht  mit  der  oft  be- 
obachteten Übung  einverstanden  erklären,  juristische 
Personen  oder  Verbände  in  die  Kontrollstelle  gu  wählen. 
W'ürden  wir  z.  B.  eine  Treuhandgesellschaft  wählen, 
welche  in  eine  Aktiengesellschaftsform  gekleidet  ist, 
so  wäre  rechtlich  der  Direktor  verpflichtet,  die  Kon- 
trolle auszuüben;  gewöhnlich  ist  es  aber  in  der  Praxis 
so,  daß  ein  oder  mehrere  Beamte  der  Treuhandgesell- 
schaft kontrollieren.  Das  würde  sich  mit  unserem  Prinzip, 
daß  wir  nur  ganz  bestimmte  Personen  als  Mitglieder 
der  Kontrollstelle  haben  möchten,  nicht  vereinigen  lassen. 
Nach  unserer  Auffassung  ist  es  am  zweckmäßigsten, 
wenn  ganz  bestimmte  physische  Personen  direkt  in  die 
Kontrollstelle  berufen  werden.  Dabei  ist  es  gar  nicht  aus- 
geschlossen, daß  die  betreffenden  Personen  einer  Treu- 
handgesellschaft oder  einem  Revisionsverband  angehören. 


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bb)  Die  Teilnahme  der  Kontrollstellemitglieder 
an  den  Verwaltungsratssitzungen. 

Um  den  Mitgliedern  der  Kontrollstelle  die  Durch- 
führung der  von  uns  gewünschten  Kontrollen  zu  er- 
möglichen, muß  denselben  die  Teilnahme  an  den 
Verwaltungsratssitzungen  mit  beratender  Stimme  ge- 
stattet sein.  Nur  wenn  sie  mit  dem  Geschäftsgebahren 
der  Verwaltung  vertraut  sind,  und  wenn  der  Geist 
der  Geschäftsführung  sie  in  gewisse  Details  der  Unter- 
nehmung einführt,  ist  ihnen  eine  Beurteilung  der  Ge- 
schäftsführung möglich. 

Bestehen  bei  größeren  Gesellschaften  verschiedene 
Ausschüsse,  so  wird  es  nicht  nötig  sein,  daß  die  Kon- 
trollstellemitglieder auch  deren  Sitzungen  beiwohnen. 
Das  Ergebnis  der  Arbeit  in  den  einzelnen  Ausschüssen 
muß  ja  dem  Verwaltungsrat  in  seiner  Gesamtheit  mit- 
geteilt werden,  was  in  den  Sitzungen  des  Gesamt- 
kollegiums geschieht.  Daher  wird  nur  die  Teilnahme 
an  letzteren  für  die  Beamten  der  Kontrollstelle  nötig 
sein.  Daß  die  Praxis  der  Teilnahme  von  Kontroll- 
organen an  den  Sitzungen  des  Verwaltungsrates 
schon  hie  und  da  geübt  wird,  beweisen  die  Statuten 
des  Credit  Foncier  Neuchätelois,  in  welchen  Art.  37 
folgendes  bestimmt: 

»Les  Censeurs-controleurs  sont  charores  de  veiller 
ä  la  stricte  Observation  des  Statuts. 

Ils  assistent  aux  seances  du  Conseil  avec  voix 
consultative«. 

Die  Bedenken,  welche  Töndury*^^)  bezgl.  der  Teil- 
nahme der  Kontrollstelle  an  den  Verwaltungsrats- 
sitzungen ins  Feld  führt,  daß  dadurch  auch  eine  Teilnahme 
an  der  Geschäftsführung  gegeben  sei,  scheint  uns  nicht 
stichhaltig  zu  sein.  Die  Praxis  kann  wohl  die  Grenze 
ziehen  zwischen  einem  Rat,  der  angenommen  wird  oder 
nicht,  und  der  Ausübung  der  Geschäftsführung.  Handelt 
es  sich  um  schwerwiegende  Entscheidungen,  und  finden 
die  Kontrollstellemitglieder  den  Entschluß  hierüber  als 


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der  Gesellschaft  schädlich,  so  können  sie  sich  an  die 
Generalversammlung  wenden,  wozu  sie  ja  auch  nach 
Art  644  O.-R.  das  Recht  haben.  Auf  diese  Weise 
wird  dann  auch  eine  genaue  Aufklärung  über  die  Ver- 
hältnisse herbeigeführt,  indem  die  Revisoren  die  wahre 
Sachlage  schildern  und  die  Verwaltung  Rede  und  Ant- 
wort stehen  muß.  Daraufhin  kann  die  Generalver- 
sammlung*^^)  sich  kritisch  und  entscheidend  äußern. 
Dadurch  wird  die  Generalversammlung  mehr  aus  ihrer 
bis  jetzt  passiven  Rolle  heraustreten  müssen;  sie  wird 
dadurch  besser  orientiert  werden  und  kann  Entschei- 
dungen von  Bedeutung  selbst  treffen.  Dann  wird 
auch  ihre  Stellung,  welche  ihr  der  Gesetzgeber  bei- 
gelegt hat,  oberstes  Organ  der  Gesellschaft  zu  sein, 
wieder  gerechtfertigt. 

cc)  Die  Notwendigkeit  einer  ständigen  Kontrolle 
und  deren  Durchführung. 

Um  eine  wirksame  und  erfolgreiche  Kontrolle  zu 
erzielen,  ist  unbedingt  notwendig,  daß  dieselbe  ständig 
ausgeübt  wird.  Dem  Inhalt^^)  des  Art.  660  O.-R.  ist 
wohl  kaum  zu  entnehmen,  daß  die  Revisoren  jederzeit 
berechtigt  sind,  die  Bücher  einzusehen.  Diese  Bestimmung 
muß  deshalb  genau  in  den  Statuten  festgelegt  werden, 
was  auch  schon  manche  Gesellschaften  getan  haben. 
So  bestimmt  z.  B.  §  23,  Abs.  2  der  Statuten  der  »Deco« 
A.-G.  Zürich:  »Die  Revisoren  smd  Jederzeit  berechtigt, 
von  den  Büchern  der  Kasse  und  den  Kautionen  Ein- 
sicht zu  nehmen«. 

In  §  34  der  Statuten  der  Bank  für  Handel  und 
Industrie  in  Zug-Zürich  finden  wir  folgende  Bestimmung: 
»Die  Revisoren  überwachen  die  genaue  Beachtung  der 
Statuten;  sie  sind  jederzeit  berechtigt,  die  Bücher, 
Belege,  Titel,  sowie  Kassenbestand  zu  prüfen«. 

Die  Einwände  Töndurys^^),  daß  ein  ständiger  Kon- 
trollapparat, wie  der  Ausbau  der  gesetzlichen  Kontroll- 
stelle es  mit  sich  bringen  sollte,  kompliziert  und  teuer  wäre, 


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und  den  »Gang  der  Geschäfte  unliebsam  verlangsamen 
müßte«,  sind  belanglos.  Wir  glauben  kaum,  daß  ein 
ausgebautes  Kontrollorgan  komplizierter  ist  und  den 
Geschäftsgang  mehr  hemmt,  als  dies  ein  sogenanntes 
»Informationsorgan«  und  eine  Kontrollstelle,  wenn 
letztere  nicht  ständig  fungiert,  tun  würde.  Ebenso 
dürfte  das  von  uns  vorgeschlagene  Kontrollorgan  nicht 
teurer  sein,  als  die  beiden  andern  Organe.  Übrigens 
wird  eine  ausgebaute  Kontrollstelle,  deren  Mitglieder  gut 
bezahlt  sein  müssen,  in  jedem  Fall  sich  bezahlt  machen. 
Werden  nun,  wie  dies  bei  den  meisten  Gesell- 
schaften der  Fall  ist,  zwei  Personen  als  Mitglieder  der 
Kontrollstelle  ernannt,  dann  wird  es  gut  sein,  eine 
Arbeitsteilung  unter  ihnen  eintreten  zu  lassen,  indem 
jedem  derselben  ein  bestimmtes  Gebiet  für  die  Kon- 
trolle auf  ein  Jahr  zugeteilt  wird.  Jedes  Jahr  wechseln 
sie  ihr  Arbeitsfeld  und  können  dadurch  einander  kon- 
trollieren. Dies  ist  aber  nur  dann  möglich,  wenn  die 
Revisoren  mindestens  auf  zwei  Jahre  gewählt  werden. 
Gesetzlich  steht  einer  solchen  statutarischen  Bestimmung 
nichts  im  Wege.  Wenn  auch  Art.  663  O.-R.  die  Er- 
nennung der  ersten  Revisoren  nur  für  ein  Jahr  zuläßt,  so 
sind  dieselbennach  Ablauf  dieses  Jahres  doch  wieder  wähl- 
bar. Die  späteren  Mitglieder  können  dann  nach  dem 
Gesetz  auf  5  Jahre  bestellt  werden.  Gewöhnlich  setzen 
die  Statuten  aber  die  Amtsdauer  auf  ein  Jahr  fest; 
seltener  auf  2  und  3  Jahre.  Vielleicht  liegt  einer  statu- 
tarischen Bestimmung  der  Jura-Simplonbahn,  der  von 
uns  angedeutete  Gedanke  einer  gegenseitigen  Kontrolle 
der  Revisoren  zu  Grunde,  indem  Art.  23  der  Statuten 
bestimmt,  daß  einer  der  Revisoren,  die  auf  3  Jahre  ge- 
wählt sind,  jedes  Jahr  in  Austritt  kommt  und  die  Aus- 
tretenden während  zweier  Jahre  nicht  wieder  wählbar  sind. 

dd)  Die  Kontrollberichte. 
Die   ausgeführten    Kontrollen   erheischen  jedesmal 
einen  ausführlichen  Bericht^^),  welcher  zu  Händen  der 
Generalversammlung  gehen  muß.  Um  dies  zu  erreichen, 


ist  es  notwendig,  wenigstens  für  den  Bericht  über  die 
Bilanz  und  die  Verlust-  und  Gewinnrechnung  gewisse 
l^unkte  aufzustellen,  über  welche  derselbe  zum  mindesten 
Aufschluß  geben  soll.  Folliet"^)  schlägt  vor,  daß  der 
Gesetzgeber  bestimmen  möchte,  daß  der  Bericht  über 
folgende  Punkte  sich  auslassen  solle: 

»1^»"  S'il  a  et^  fait  droit  ä  toutes  ses  demandes  con- 
cernant  la  communication  des  livres  et  pieces  comptables. 

2«  S'il  a  decouvert  des  irregularites  dans  les  comptes 
de  la  societe. 

3^  S'il  a  et^  repondu  favorablement  ä  toutes  les 
questions  qu'il  a  pos^e  concemant  l'exercice  de  sa 
mission.« 

Eine  Festlegung  derartiger  Bestimmungen  in  den 
Statuten  würde  u.  E.  genügen.  Es  muß  stets  darauf 
geachtet  werden,  daß  alle  Kontrollberichte  möglichst 
ausführlich  gehalten  sind. 

Schlußwort. 


Mit  diesen  Ausführungen  schließen  wir  unsere  Be- 
trachtungen über  die  Verwaltungsratsfrage  ab.  Wir 
suchten  in  unseren  Darlegungen  Mittel  und  Wege 
anzudeuten,  mittels  deren  die  Lösung  der  zahlreichen 
Probleme,  welche  diese  Frage  in  sich  schließt,  möglich 
ist.  Im  großen  Ganzen  glauben  wir,  daß  dieselben 
in  einer  zweckentsprechenden,  der  Eigenart  und  dem 
Bedürfnis  jeder  einzelnen  Aktiengesellschaft  Rechnung 
tragenden  Organisation  der  Verwaltung  und  Kontroll 
stelle  bestehen.  Damit  möchten  wir  auch  darauf  hinweisen, 
daß  es  sich  hier  nicht  um  ein  allgemein  zu  lösendes 
Problem  handelt,  welches  man  generell  durch  gesetzliche 
Bestimmungen  lösen  kann,  sondern  dass  wir  es  mit 
einem  Problem  zu  tun  haben,  dessen  befriedigende 
Lösung  nur  individuell,  unter  Berücksichtigung  der  je- 
weiligen Verhältnisse  der  in  Frage  kommenden  Ge- 
sellschaft möglich  ist.  Wir  lassen  dabei  aber  nicht  außer 


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Acht,  daß  die  Festlegung  der  Organisationen  direkt 
oder  indirekt  durch  gesetzliche  Maßnahmen  vor  allem 
dann  beeinflußt  werden  muß,  wenn  es  gilt,  allgemein 
volkswirtschaftliche  und  kleinkapitalistische  gegenüber 
privatwirtschaftlichen  und  großkapitalistischen  Inter- 
essen zu  schützen. 

Die  Lösung  des  Kernproblems  der  Verwaltungs- 
ratsfrage in  Deutschland  besteht  in  der  Schaffung  einer 
besonderen  Kontrollstelle  nach  dem  Vorbild  des  Obli- 
gationenrechtes. Der  organisatorische  Ausbau  dieses 
Organs  hat  im  Hinblick  auf  die  Organisation  von  Vor- 
stand und  Verwaltungsrat  in  der  für  die  schweizerischen 
Verhältnisse  erwähnten  Weise  zu  erfolgen. 

Von  entscheidender  Bedeutunof  für  die  Reeelunu^ 
der  Verwaltungsratsfrage  in  der  Schweiz  ist,  daß  im 
gegenwärtigen  gesetzlichen  Rahmen  der  Ausbau  der 
Organisation  von  Verwaltung  und  Kontrollstelle  derart  be- 
werkstelligt wird,  daß  beide  Organe  auf  eine  voneinander 
unabhängige  Warte  gestellt  werden,  daß  aber  der  für 
die  gesamte  Verwaltung  einer  Aktiengesellschaft  nötige  - 
innere,  wirtschafdiche  und  geistige  Konnex  hergestellt 
wird.  Mögen  dann  auch  die  Wogen  im  stürmischen 
Wirtschaftsleben  hoch  gehen,  ein  gut  organisierter, 
gewissenhafter  Verwaltungsrat  wird  die  Gesellschaft  auch 
in  Stürmen  sicher  steuern. 


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JUL281994 


NEH 


COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES 


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