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M/CHIGAM UBRARIE^
•?J —
DIE VOLKSDICHTE
AM
DEUTSCHEN NIEDERRHEIN.
MIT 2 KARTEN UND 3 TEXTILLUSTEATIONEN.
INAUGURAL-DISSERTATION
BEHUFS
EELANGUNG DEE DOKTOEWÜßDE
DER
HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT DEE UNIVERSITÄT
LEIPZIG
VORGELEGT VON
V V ERNST AMBROSIUS.
STUTTGART.
DRUCK DER UNION DEUTSCHE VERLAGSGESELLSCHAFT
1901.
Inhalt
Seite
Einleitung 5
I. Zur Methodik 8
IL Das Gebiet des Niederrheins.
Abgrenzung des Gebiets 22
Geographische Beschreibung des Gebiets 25
1. Die östlichen Randhöhen 26
2. Das Rheinthal 28
3. Die linksrheinischen Hügelgruppen 41
4. Das Niersthal 45
5. Das Gebiet der westlichen Grenzhöhen und -Moore 48
6. Zusammenfassung und Allgemeines .49
III. Die Volksdichte und ihre Ursachen.
Die Volksdichtekarte und die Tabellen . 56
Die wirtschaftlichen Verhältnisse im allgemeinen 61
Die Landwirtschaft 64
Die Industrie 72
Der Verkehr und Handel 78
Rückblick 91
Anhang: Tabellen 99
i
Einleitung.
Der außerordentliche Aufschwung, den die Anthropogeographie
im allgemeinen und mit ihr der Zweig der Bevölkerungs- und Siedelungs-
lehre im besonderen seit einer Reihe von Jahrzehnten genommen hat,
und die große Bedeutung, die der Kenntnis der Bevölkerungsverhältnisse
in geographisch-wissenschaftlichem Sinne sowohl, wie auch für die Volks-
wirtschaft und die politische Verwaltung beizumessen ist, sind die Ver-
anlassung gewesen, daß seit einer längeren Reihe von Jahren nach-
einander die verschiedensten Gegenden unseres Vaterlandes zum Gegenstand
von Einzelbetrachtungen gemacht wurden, welche sich mit der Verteilung
der Bevölkerung und deren Ursachen beschäftigten.
So fanden von enger begrenzten Gebieten u. a. eingehende Be-
sprechung die Regierungsbezirke Danzig (Ernst Friedrich)^) und Köslin
(H. Stoltenburg)^); Niederschlesien bearbeitete E. Träger^), das Walden-
burger Bergland allein H. Friedrich ^), das Königreich Sachsen R. Buschick ^).
Die Bevölkerungs Verhältnisse des Erzgebirges untersuchte J. Burgkhardt*') ;
Thüringen wurde mehrfach behandelt, so der Thüringerwald von Klinger''),
^) Ernst Friedrich, Die Dichte der Bevölkerung im Regierungsbezirk
Danzig. Diss. Königsberg 1895. Auch in: Schriften der Naturforschenden Gesell-
schaft in Danzig, N. F., Bd. IX Heft 1. Danzig 1895.
^) Hans Stoltenburg, Die Verteilung der Bevölkerung im Regierungs-
bezirk Köslin. Diss. Breslau 1896.
^) Eugen Träger, Die Volksdichtigkeit Niederschlesiens. Diss. Kiel 1888.
Auch in: Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie, hrsg. von J. 1. Kettler. Bd. VI,
S. 165—200. Weimar 1888.
*) H. Friedrich. Das Waldenburger Bergland. Ein kulturgeographischer
Versuch. Diss. Breslau 1894.
^) Richard Buschick, Die Abhängigkeit der verschiedenen Bevölkerungs-
dichtigkeiten des Königreichs Sachsen von den geographischen Bedingungen. Diss.
Leipzig 1893.
*) J. Burgkhardt, Das Erzgebirge. Eine orometrisch-anthropogeographische
Studie. In: Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, III. Bd., Heft 8.
') L. Klinger, Verteilung und Zunahme der Bevölkerung im Thüringer
Wald nach Höhenstufen. In: Mitteilungen der Geogr. Gesellschaft zu Jena, Bd. IX,
S. 113—149. Jena 1«91.
() E. Ambrosius.
das Scliwarzagebiet von H. Leinhose^), der Ostkreis von Sachsen- Alten-
burg von J. Matthes^), der Mansfelder See- und der Saalkreis von
C. Gelbke^) und von M. Görcke^), die Thüringer Triasmulde von
C. Käsemacher ^), das ünstrutthal von 0. Schlüter*^). E. Weyhe'') und
H. Früchtenicht ^) besprachen die Volksdichte im Herzogtum Anhalt,
A. Gloy die Siedelungsverhältnisse Nordalbingiens^). Mehrere Karten
über die Verteilung der Bevölkerung in Oberfranken und im Bezirksamt
Garmisch (Oberbayern) gab Chr. Sandler ^^) heraus. Das Großherzogtum
Baden fand Bearbeiter in L. Neumann ^^) und C. ühlig^^), während das
Elsaß im ganzen von J. Burgkhardt^^) und der elsässische VS^asgau von
K. Neukirch ^^) untersucht wurden.
Für den ganzen Nordwesten des Deutschen Reichs liegen u. W.
von Spezialarbeiten dieser Art nur die Untersuchung von F. Iltgen über
die Ansiedelungen am Niederrhein von der Lippemündung bis zur
^) H. Leinhose, Bevölkerung und Siedelungen im Schwarzagebiet. Diss.
Halle 1890. Auch in: Mitteilungen der Geogr. Gesellschaft zu Jena, Bd. IX.
8. 24—56, Jena 1891.
^) J. Matthes, Die Volksdichte und die Zunahme der Bevölkerung im Ost-
kreise des Herzogtums Sachsen-Altenburg 1837 — 1890; Abhandlung zum Programm
des Realprogymnasiums zu Altenburg, 1892.
') C. Gelbke, Die Volksdichte des Mansfelder See- und des Saalkreises.
Diss. Halle 1887.
'') Max Görcke, Zur Siedelungskunde des Saalkreises und des Mansfelder
Seekreises. In: Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle 1889, S. 34 — 53.
Derselbe, Neue Beiträge zur Siedelungskunde des Mansfelder See- und
des Saalkreises. In: Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle 1891, S. 43 — 91.
^) Carl Kaesemacher, Die Volksdichte der Thüringer Triasmulde. Diss.
Marburg 1892. Auch in: Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde,
Bd. VI, Heft 2. Stuttgart 1892.
^) 0. Schlüter, Siedelungskunde des Thaies der ünstrut von der Sachsen-
berger Pforte bis zur Mündung. Diss. Halle 1896.
^) E. Weyhe, Die Volksdichte im Herzogtum Anhalt. In: Mitteilungen des
Vereins für Erdkunde zu Halle 1889, S. 75—80.
^) H. Früchtenicht, Die Volksdichte im Herzogtum Anhalt nach der Volks-
zählung vom 2. Dezember 1895. In: Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu
Halle 1897, S. 64—74.
^) Arthur Gloy, Beiträge zur Siedelungskunde Nordalbingiens. In: For-
schungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, Bd. VII, Heft 3. Stuttgart 1892.
^®) Christian Sandler, Volkskarten. Karten über die Verteilung der Be-
völkerung im Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Garmisch, Herzogtum
Oldenburg , in der Lichtenfelser Gegend und im 9. Bezirk der Stadt München.
München, o. J. (1898).
^^)Ludw. Neumann, Die Volksdichte im Großherzogtum Baden. In:
Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, Bd. VI, Heft 1. Stuttgart 1892.
— Derselbe, Die Veränderungen der Volksdichte im südlichen Schwarzwalde
1852—1895. In: Freiburger Universitätsprogramm zum 70. Geburtstage Sr. Königl.
Hoheit des Großherzogs E'riedrich. Freiburg und Leipzig 1896.
^^) Carl ühlig, Veränderungen der Volksdichte im nördlichen Baden. In:
Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, Bd. XI, Heft 4.
^^) Joh. Burgkhardt, Die Volksdichte des Elsaß. In: Fünfzehnter Jahres-
bericht der Städtischen Realschule mit Progymnasium für das Schuljahr Ostern 1890
bis Ostern 1891. Leipzig-Reudnitz 1891, S. 1—88.
^*) Karl Neukirch, Studien zur Darstellbarkeit der Volksdichte mit be-
sonderer Rücksichtnahme auf den elsässischen Wasgau. Mit statistischen Tabellen,
einer Volksdichtekatte des elsässischen Wasgau im Maßstabe 1 : 250 000 und Litte-
r/iiurverzeichnis. Diss. Freiburg 1897.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 7
holländischen Grenze^) und die Karte des Herzogtums Oldenburg von
Chr. Sandler ^) vor. In Sprecher von Berneggs Arbeit über die Ver-
teilung der bodenständigen Bevölkerung im rheinischen Deutschland-)
ist der Niederrhein zwar auch behandelt, allein der kleine Maßstab
(1 : 1 Mill.) und der weit entlegene Zeitpunkt (1820), die er seiner
Karte und Betrachtung zu Grunde gelegt hat, lassen sie hier kaum in
Betracht kommen. Der Zweck der vorliegenden Arbeit soll es nun
sein, die Volksdichte am deutschen Niederrhein von Urdingen bis zum
Austritte des Rheins aus dem Reiche zu untersuchen und auf ihre
geographische Bedingtheit zu prüfen.
Bevor wir zur Betrachtung dieses Gebiets selbst übergehen, sei
es erlaubt, die hier befolgte Methode der Volksdichtedarstellung kurz
zu begründen.
^) F. Iltgen, Die Ansiedelungen am Niederrhein von der Lippemündung
bis zur holländischen Grenze. Diss. Halle 1892.
^) H. Sprecher von Bernegg, Die Verteilung der bodenständigen Be-
völkerung im rheinischen Deutschland im Jahre 1820. Diss. Göttingen 1887.
Nach Abschluß dieser Arbeit erschienen noch:
K. Bergmann, Die Volksdichte der Großherzoglich Hessischen Provinz
Starkenburg auf Grund der Volkszählung vom 2. Dezember 1895. In: Forschungen
zur deutschen Landes- und Volkskunde, Bd. XH, Heft 4. Stuttgart 1900.
G. Krausmüller, Die Volksdichte der Groß herzoglich Hessischen Provinz
Oberhessen auf Grund der Volkszählung vom 2. Dezember 1895. In: Geogr. Mit-
teilungen aus Hessen. I. u. II. Heft S. 5 — 102. Giessen 1900-
M. G. Schmidt, Die Siedelungen an der Hainleite, Schmücke-Schrecke und
Finne. In: Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle a. S. 1900, S. 22 — 54.
L Zur Methodik.
Eine eingehende historische und kritische Betrachtung der ver-
schiedenen zur Darstellung der Volksdichte befolgten und vorgeschlagenen
Methoden bringt in sehr übersichtlicher Anordnung Karl Neukirch in
seinen „Studien über die Darstellbarkeit der Volksdichte, mit besonderer
Rücksichtnahme auf den elsässischen Wasgau** ^), auf welche hier für
die Einzelheiten der im folgenden nur kurz besprochenen oder erwähnten
Arbeiten ganz besonders hingewiesen sein mag.
„Unter den Beziehungen des Menschen zur Erdoberfläche nimmt
den ersten Platz seine räumliche Verteilung ein^)/ Zu zeigen, wie
groß die Zahl der Menschen ist, die ein Land bewohnen, und in welcher
Weise sie über dasselbe verteilt sind, ist eine der wichtigsten Aufgaben
der Geographie. Treten doch in einer solchen Darstellung die mannig-
faltigen Beziehungen des Menschen zu dem von ihm bewohnten Lande
in ausgeprägter Weise hervor, Beziehungen, die teils in der Beschaffen-
heit des Wohnortes selbst, in der Ergiebigkeit des Bodens an Nahrungs-
pflanzen, dem Reichtum an nutzbaren Tieren, dem Vorhandensein
mineralischer Schätze irgend welcher Art begründet sind, teils auch
ihre Ursache haben in der Lage der Ortlichkeiten zu anderen als
Ausgangs- oder Durchgangspunkte des Verkehrs auf natürlichen oder
künstlich geschaffenen Bahnen.
Diese räumliche Verteilung der Menschen über die Erdoberfläche
auf Karten darzustellen, um vermittelst solcher Karten den geographischen
Ursachen, die dabei maßgebend sein könnten, nachzuforschen, hat man
verschiedene Wege eingeschlagen.
Während die eine Methode von den „Wohnprätzen** der Menschen^
den eigentlichen Siedelungen, ausgeht und sie in ihrer Lage zu einander
und nach der Zahl ihrer Bewohner abgestuft durch Symbole darstellt
(„absolute Methode'* Neukirchs u. a.), berechnet die andere die „Volks-
dichte'* vermittelst Teilung der Bewohnerzahl bestimmter Gebietseinheiten
durch die Zahl ihrer Flächeneinheiten, um sodann die einzelnen Gebiets-
*) K. Neukirch a. a. 0., S. 1 — 45.
-) Chr. Sandler a. a. 0., S. 1.
E. Ambrosius. Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 9
einheiten mit einer Farbe, Schraffur oder dergl., entsprechend der
gewonnenen Verhältniszahl zu überdecken (»relative Methode'*).
Wenden wir uns zuerst der relativen Methode zu. Bei dieser ist
es natürlich die erste Aufgabe, festzustellen, welche Gebietseinheiten
zur Berechnung der gesuchten Verhältniszahl, d. h. der Volksdichte,
zu wählen sind. Hier sind wieder verschiedene Möglichkeiten gegeben,
die wir ganz kurz betrachten wollen, um zu prüfen, welche von ihnen
unserem Zwecke der Volksdichtedarstellung für einen bestimmten, ver-
hältnismäßig eng begrenzten Bezirk am besten entspricht.
Daß die größeren administrativen und politischen Einteilungen als
für unsere Zwecke brauchbare Grundlagen nicht anzusehen sind, ist
ohne weiteres klar; sie umfassen schon ihrer Ausdehnung wegen zu
verschiedenartiges. Schon auf einer Fläche, wie sie z. B. ein preußischer
Kreis darstellt, sind häufig genug die allerverschied ensten Boden-,
Höhen- und Verkehrslagenverhältnisse und demgemäß auch Bevölkerungs-
verhältnisse vorhanden, und die gleichmäßige Bedeckung mit der seiner
Durchschnittsvolksdichte zukommenden Farbe würde für die meisten
Einzelteile des Kreises ein durchaus unzutreffendes Bild ergeben. Diese
„statistischen Kartogramme* sind, wie von allen Geographen anerkannt
wird, für diese unbrauchbar, weil sie geographisch ganz verschieden-
artiges zu einem Ganzen zusammenfassen.
Soll eine Karte der Volksdichte nach der relativen Methode
geographisch nutzbar sein, d. h. zur Erkenntnis der geographischen
Bedingtheit zu führen vermögen, so gilt es vor allem, Gebiets-
einheiten zu suchen, die bei möglichster Kleinheit gleich-
zeitig ein geographisches, organisches Ganze bilden. Die
Einheiten müssen so gewählt sein, daß man annehmen kann, daß inner-
halb ihres ümfangs im wesentlichen gleichmäßige Verhältnisse vor-
walten, die Bevölkerung auf ihrer ganzen Fläche gleichen Daseins-
bedingungen unterworfen und im allgemeinen gleichmäßig verteilt ist.
Von den statistischen Kartogrammen ausgehend, versuchte Ravn^)
auf rein mathematischem Wege, später Behm und Hanemann^), Kettler ^),
Sprecher von Bernegg^) u. a. mit Zuhilfenahme der topographischen Karten
und der Kenntnis der kulturellen Verhältnisse die Gebiete mit gleicher
Volksdichte durch Kurven zu umfassen. Indessen eignen sich diese
Methoden nur für kleinere Maßstäbe; E. Friedrich^) nennt die Sprecher-
sche Methode „für Karten kleinen Maßstabs bis etwa 1 : 1 Mill. ent-
^) Ravn, Statistik Tabelvaerk udgivet af det Statist. Bar. Ny Roekke XII
(Karte i. M. 1:2 Mill.), Kjöbenhavn, 1857.
^) E. Behm, Die Verteilung der Menschen über die Erde. In: E. Behm u.
H. Wagner, Die Bevölkerung der Erde, II, Petermanns Mitteilungen, Ergänzungs-
hefte, Bd. VIII, Heft 35. Mit 2 Karten, Erde und Europa, von E. Behm u. F. Hane-
mann. — E. Behm (u. F. H an e mann), Die Landschaften des Deutschen Reichs
nach ihrer Volksdichtigkeit. Karte i. M. von 1:3700000; Petermanns Mitteil. XX
(1874), S. 1.
^) J. I. Kettler, Dichtigkeit der Bevölkerung im Deutschen Reich. Karte i.M.
1 : 3000000, Tafel 15, und Text dazu S. 38—43 in: Andree u. Peschel, Physikalisch-
statistischer Atlas des Deutschen Reichs, Bielefeld u. Leipzig 1878.
*) H. Sprecher von Bernegg a. a. 0.
^) E. Friedrich a. a. 0., S. 10.
10 K. Ambrosius.
schieden die vollkommenste", worin Neukirch ^) ihm völlig beipflichtet
Wegen ihrer Brauchbarkeit für Uebersichtskarten wird diese „Kurven-
methode'* in den meisten Atlanten angewandt, und Verfasser hat nacli
derselben die Volksdichtekarten von Mitteleuropa, Europa und der Erde
in Andrees Handatlas IV. Aufl. S. 24 und 15, ebenso wie die in Lehmann
und Petzolds Atlas für die Oberklassen höherer Lehranstalten, gezeichnet.
Für die Darstellung kleiner Gebiete in großen Maßstäben ist die Methode
ungeeignet wegen der auch bei recht genauer Kenntnis des betreflfenden
Landes doch noch unvermeidlichen Willkür der Kurvenziehung; vor
allem aber fällt ins Gewicht das schon von E. Friedrich^) erhobene
Bedenken, „diese Karte zur Grundlage für die Untersuchung der Volks-
dichte zu machen •*, denn „eine solche Untersuchung bewegt sich in
dem circulus vitiosus, daß sie die durch Kenntnis der Kulturverhältnisse
ermittelten Volksdichten aus jenen zu begründen sucht".
Die Volksdichtekarten, welche „unter Vorausnahme der Kenntnisse
der geographischen Verhältnisse mit vorzüglicher Berücksichtigung
natürlich abgegrenzter Bezirke . . . statt willkürlich gezogener Kurven
irgend ein geographisches Moment als Abgrenzungsprinzip der ver-
schiedenen Dichteprovinzen '*^) wählten, also z. B. die Höhenkurven oder
die Grenzen geologischer Formationen, sind, „obwohl für gewisse geo-
graphische Beziehungen wertvoll, nicht als Volksdichtekarten anzusehen" *).
Diese Karten zeigen nicht objektiv die Verteilung der Bevölkerung,
aus der man nun Rückschlüsse zu machen hätte auf die verschiedenen
geographischen Faktoren, die sie veranlaßt haben, sondern sie stellen
dieselbe von vornherein nur dar in ihrer Beziehung zu einem einzigen,
wenn auch geographischen Faktor und hierdurch muß die Wirkung der
anderen notwendigerweise mehr oder weniger verschleiert werden, bei
Zugrundelegung der Höhenschichten im allgemeinen noch mehr als bei
derjenigen der geologischen Formationen. Für die vorliegende Arbeit
hätte eine ähnliche Methode wegen der geringen Differenzierung der
geologischen und Höhenverhältnisse in dem gewählten Gebiet überhaupt
nicht in Frage kommen können.
Gingen die bisher erwähnten Darstellungsweisen mit Ausnahme
der eigentümlichen mathematischen Kurvenkonstruktion Ravns von
bestimmten Voraussetzungen aus, seien es nun die topographischen,
kulturellen, geologischen oder Höhenverhältnisse, so suchte eine andere
Gruppe die Lösung auf rein mathematischem Wege, ohne jede Voraus-
setzung. Ohne irgend eine Beziehung zu gegebenen geographischen
Verhältnissen wurde das ganze zu behandelnde Gebiet in eine möglichst
große Zahl kleiner Gebietseinheiten durch mathematische Figuren,
Quadrate, Trapeze oder Rechtecke, zerlegt, an der Hand möglichst
spezieller statistischer Zahlenangaben jeder dieser Einheiten ihre Be-
wohnerzahl zugeteilt und ihre Volksdichte berechnet, und endlich wurden
gleichartige und ähnliche Gebiete mittels Kurven zu größeren Volks-
^) K. Neukirch a. a. 0., S. 44.
2) E. Friedrich a. a. 0., S. 11.
^) K. Neukirch a. a. 0., S. 31.
*) E. Friedrich a. a. 0., S. 15.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. H
dichtegebieten zusammengefaßt. Dieser Methode, der „mathematischen",
giebt E. Friedrich^) „den Vorzug für Karten größeren Maßstabes, etwa
von 1 : 1 Mill. bis 1 : 400000", indem er als ihren Hauptvorzug betont:
„Nur eine nicht unter dem Zwange von Voraussetzungen, auf Grund
von Rechnung gearbeitete Karte kann zur Grundlage für die Unter-
suchung der Ursachen der Volksdichte genommen werden."
Diese Methode erfüllt allerdings leicht das erste der oben genannten
Erfordernisse für die der Volksdichteberechnung zu Grunde zu legenden
Gebietseinheiten, das der möglichsten Kleinheit; die Größe kann ja
ganz beliebig angenommen werden, wenngleich auch hier natürlich eine
untere Grenze gegeben ist, soll nicht die Karte in dem Bestreben,
immer nur möglichst gleichartiges zu umfassen, bei immer weitergehender
Verkleinerung der Einheitsflächen durch die V^inzigkeit derselben in
ihrer V^irkung fast zur topographischen Siedelungskarte werden. Die
nach mathematischen Regeln gezogenen Grenzlinien der Gebietseinheiten
machen diese ferner auch unabhängig von in geographischen Verhält-
nissen liegenden Voraussetzungen, so daß in jeder einzelnen die Ge-
samtwirkung aller in Betracht kommenden Faktoren zum Ausdruck
gebracht wird. Anderseits aber eben weil die Linien nach mathemati-
schen, in der Natur nicht begründeten Prinzipien gezogen sind, trennen
sie auch ohne Rücksicht auf irgend eine geographische Beziehung oft
unmittelbar Zusammengehöriges durch einen ganz willkürlichen Schnitt
auseinander und bringen ebenso oft in keiner Weise Zusammengehöriges
in einer und derselben Gebietseinheit zusammen. Weiter ist es auch
meist ganz unmöglich, auf Grund der vorhandenen statistischen Materialien
den einzelnen auseinandergerissenen Teilen eines Wohnplatzes die jedem
zukommende Bewohnerzahl auch nur mit einiger Sicherheit zuzuweisen.
Gewiß mag in Gegenden mit geschlossener Siedelungsweise, in denen
die Bevölkerung fast ganz oder doch weitaus überwiegend in geschlossenen
Dörfern zusammen wohnt, «der dadurch hervorgerufene Fehler so gering
sein, daß das Gesamtbild keine Beeinträchtigung erfährt" ^), aber sehr
viel schwieriger wird die Sache in dicht bevölkerten Gegenden und
solchen mit zerstreuter Siedelungsweise ; ja, hier ist es oft genug sogar
nicht einmal möglich, die einzelnen in der Statistik getrennt auf-
geführten Wohnplätze auf der Karte voneinander zu scheiden. Auch
Ratzel warnt vor der „Gefahr der willkürlichen Zerteilungen der in
mehrere Quadrate fallenden Wohnplätze"^) und E. Friedrich meint
ebenso: „Bei der Auflösung eines Ortes in einzelne, weit auseinander-
gelegene Häuser ist der den Einheitsfiguren zufallende Teil der Be-
völkerung nicht zu ermitteln^)." Die völlig willkürliche Aufteilung des
Landes in mathematische Figuren ohne Berücksichtigung geographischer
Zusammengehörigkeit, verbunden mit der Unmöglichkeit, die jeder
Figur zukommende Bewohnerzahl sicher festzustellen, lassen diese
Methode für Darstellungen in großem Maßstabe ungeeignet erscheinen.
1) E. Friedrich a. a. 0., S. 11.
2) H. Friedrieh a. a. 0., S. 18.
^) Fr. Ratzel, Anthropogeographie , Bd. II, Die geographische Verbreitung
des Menschen. Stuttgart 1891, S. 194.
*) E. Friedrich a. a. 0., S. 15.
12 E. Ambrosius.
Und gerade bei grolaen Maßstäben tritt immer schärfer die Wichtigkeit
der zweiten Hauptforderung für die Beschaffenheit der Gebietseinheiten
hervor: Sie sollen nicht nur möglichst klein sein, sondern auch vor!
allem ein geographisches, organisches Ganze bilden.
Die geeigneten Grundlagen für die Berechnung und Untersuchung!
der Volksdichte sind uns nun gegeben in den Gemeinden, »den
wirtschaftlichen Verbänden niederster Ordnung, gleichsam den Zellen
im Bau des Staatsgebiets", wie H. Wagner sie nennt ^).
Schon 1868 erklärte Meitzen^): „Der Bestand der örtlichen
Gemeindebezirke beruht mit wenigen Ausnahmen auf der in früher
Vorzeit begründeten Bildung der Gemarkungen. Die Gemeindeverbände
können in keiner Weise als Gebietsabteilungen gelten, welche von der
Staatsgewalt zur Erleichterung der Verwaltung angeordnet wurden,
vielmehr sind sie vom Staate in ihrem Wesen als dauernde und
einheitliche Organismen von individueller Selbständig-
keit so anerkannt, daß er auch die Abgrenzung ihrer Gebiete ihrer
eigenen nachbarlichen Ausgestaltung im wesentlichen überließ."
Die in den Jahren 1895 — 98 erschienenen Arbeiten von E. Friedrich
(Reg. -Bez. Danzig), L. Neumann (südl. Schwarzwald), K. Neukirch
(eis. Wasgau), ebenso Chr. Sandler (Oberfranken, Oldenburg, Bezirks-
amt Garmisch) legten nun die Gemarkung, den Gemeindebezirk, ihren
Betrachtungen als Gebietseinheit zu Grunde, und in der Einleitung zu
seiner 1899 erschienenen Abhandlung über „Veränderungen der Volks-
dichte im nördlichen Baden" sagte C. ühlig^): „In neuester Zeit hat
sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn gebrochen, daß eine ein-
gehendere, rationelle Behandlung der Frage nach der Volksdichte auf
die Betrachtung der Gemeinde zurückzugehen hat." Auch Träger,
dessen Volksdichtekarte von Niederschlesien selbst nach der mathe-
matischen Methode angelegt ist, stellte (1888) die These auf, daß „bei
Anfertigung von Bevölkerungsdichtigkeitskarten für sehr kleine Gebiete
die Gemeindefluren als Grundlage für die Gruppenbildung zu verwenden"
seien ^). Fr. Ratzel erklärte (1891): „Das geographische Ideal der
statistischen Bevölkerungskarte schiene nun wohl die Karte der Ge-
markungen mit Eintrag der Bevölkerungszahl durch Schraffur oder
Farbenton zu sein", machte aber in unmittelbarem Anschluß hieran die
Einschränkung: „aber die Zufälligkeiten der Ausdehnung dieser Bezirke
über Berge und Wälder läßt sie viel ungeeigneter als kleine künstliche
Bezirke erscheinen"^). Auch die vorhin genannten Arbeiten betonten
diese Schwierigkeit, die darin liegt, eine Gemeinde als einheitliches
Ganzes zu betrachten, „die sich — unter Umständen — aus dem frucht-
^) H. Wagner, Lehrbuch der Geographie. Sechste gänzlich umgearbeitet«
Auflage von Guthe- Wagners Lehrbuch der Geographie, L Bd. Hannover u. Leipzig
1900, S. 724.
2) A. Meitzen, Der Boden und die landwirtschaftlichen Verhältnisse des
preußischen Staats (Bd. I — IV nach dem Gebietsumfange vor 1866; Berlin 1868 — 1873 ;
zweite Abteilung, nach dem Gebietsumfange der Gegenwart, Bd. V). Bd. I, S. 68.
3) C. ühlig a. a. 0., S. 113 [7].
*) E. Träger a. a. 0., These N. 1.
'0 Fr. Ratzel a. a. 0., II, S. 194.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 13
baren Thal über steile, vielleicht bewaldete Abhänge bis hinauf in die
^ Schnee- und Steinwüsten erstrecken" ^). Aber abgesehen davon, daß es
^^ wohl nicht möglich sein wird, für die verschiedenartigsten geographischen
- Gebiete, für Ebenen, Mittel- und Hochgebirge eine einzige unbedingt
maßgebende und für alle gleich brauchbare Methode der Volksdichte-
- darstellung zu finden, und es zunächst nur darauf ankommen kann,
_^' für ein gegebenes, in größerem Maßstabe dargestelltes Gebiet die
^ geeignetste zu suchen, haben wir auch noch verschiedene Mittel, die
wahre Verbreitung der Bevölkerung innerhalb der als Grundlage der
-i Darstellung gewählten Gemarkung so deutlich zu machen, daß auch
P- diese Bedenken, wenn auch vielleicht nicht ganz als hinfällig, so doch
^ bis zu einem sehr hohen Grade als gehoben erscheinen. Über das
^ eine, auf unserer Karte gleichfalls angewandte Mittel zur Verbesserung
^' der Anschauung, als ob nun innerhalb des ümfangs einer Gemeinde
i die Bevölkerung ganz ebenmäßig verteilt sei, nämlich die Darstellung
^ der Siedelungslagen in derselben, werden weiter unten einige Be-
- merkungen folgen. Ein zweites Mittel zum selben Zweck wird im
folgenden kurz besprochen werden.
^ Der gewichtige Einwand Küsters gegen die „mathematische
3 Methode", „daß oft das Dorf von seinen Ländereien durch die Grenzen
t der Figuren getrennt wird" ^), ist bei Zugrundelegung der Gemarkung
^ nicht möglich, denn die Gemarkung ist das Areal, welches dem Dasein
der Dorfbevölkerung die Unterlage gibt^). Von Ratzeis Definition der
„Volksdichte" als dem „Verhältnis der Zahl der Menschen zur Größe
des von ihnen bewohnten Raumes"*) ausgehend, bezeichnete E. Friedrich
die Gemarkungen oder Gemeinden als solche Gebiete, die „thatsächlich
das Dasein der Bevölkerung bedingen"^). Um einen festen Anhalt zu
gewinnen, inwieweit dieser Satz wenigstens für das niederrheinische
Gebiet mit den Thatsachen übereinstimme, fügte Verfasser den Anfragen,
die er an zahlreiche (über 50) Ortsvorsteher und Bürgermeister dieses
Gebiets sandte , und die zum größten Teil in liebenswürdigster Weise
beantwortet wurden, die Frage nach der Verteilung des Grundeigentums
hinzu. Für im ganzen 83 ländliche Gemeinden (die städtischen kommen
hier kaum in Betracht und werden später besonders besprochen werden),
also nahezu die Hälfte derselben, wurde die bestimmte Angabe gemacht,
daß das Grundeigentum der Gemeindeeingesessenen zum größten Teile
innerhalb der (politischen) Gemeinde liegt. In Bezug auf eine weitere
große Anzahl von Gemeinden war auf diese Frage nicht eingegangen
worden, aber nur für zwei Gemeinden ergab sich, daß der Grundbesitz
zum größten Teile in Nachbargemeinden liegt. Hier liegen besondere
Verhältnisse vor, die im speziellen Teile dieser Arbeit berücksichtigt
werden. Immerhin ist das Ergebnis der Anfragen eine wertvolle Be-
stätigung der Ansicht, „daß die Gemarkung das Areal ist, das dem
') C. Uhlig a. a. 0., S. 114 [8].
^) Emil Küster, Zur Methodik der Volksdichtedarstellung. In: Das Ausland,
Jahrgang 64 (1891), S. 167.
3) E. Friedrich a. a. 0.. S. 2.
^) Fr. Ratzel a. a. 0., II, S. 180.
•') E. Friedrich a. a. 0. S. 3.
14 E- Ambrosius.
Dasein der Dorfbevölkerung die Grundlage giebt**, und daß also die
Gemarkung auch die geeignetste Einheit zur Berechnung der Volk»-
dichte bildet.
Nun ist aber, wie erwähnt, auch in der Gemeinde die Bevölkerung
nicht überall als völlig gleichmäßig verteilt anzusehen, und indem man
das Bedenken Ratzeis wegen der „Zufälligkeit der Ausdehnung dieser
Bezirke über Berge und Wälder** in Betracht zog, ging man dazu üb«,
durch Ausscheidung derjenigen Flächen, die nur verschwindenden Ein-
fluß auf die Verdichtung der Bevölkerung haben, das Bild zu verbessen
und zu berichtigen. Erst nach der Ausscheidung dieser nur sehr dünn
oder gar nicht bewohnten Flächen nähert sich die Darstellung dem
zweiten Satze Ratzeis: „Für den Geographen ist die Dichtigkeit der
Bevölkerung der Zustand eines Gebiets, welcher hervorgerufen wird
durch die Zahl der auf demselben wohnenden Menschen^).** Als solche
Flächen sind anzusehen der Wald, Odungen, unbenutzte Wasserflächen
u. dergl. Zwar stellte Küster (1891) die Forderung auf, daß „auf der
Karte möglichst genau, zahlenmäßig der Einfluß der verschiedenen
Kulturarten, Ackerland, Wiese, Wald, ()dung, auf die Verdichtung der
Bevölkerung zum Ausdruck gebracht werden" sollte*) und verlangte,
daß „die ackerbautreibende Bevölkerung einer Siedelung, sei es nun
eine geschlossene Ortschaft oder eine Einöde, nicht gleichmäßig über
das ganze zur Siedelung gehörige Gebiet verteilt werden dürfe, sondern
die Volks verteilende Kraft einer jeden Kulturart bei der Verteilung
berücksichtigt werden" müsse, jedoch sind diese Forderungen von allen
Seiten als theoretisch zu weit gehend und praktisch unausführbar ab-
gelehnt worden. Die meisten Darsteller beschränken sich aus prak-
tischen Rücksichten auf eine Ausscheidung des Waldes aus der zur
Berechnung zu ziehenden Fläche. Aus ähnlichen Erwägungen, wie sie
u. a. E. Friedrich'^), K. Neukirch und C. Uhlig'^) ausführlich angestellt
haben, ist auch in der vorliegenden Arbeit der Wald von dem Areal
der Gemeinde vor der Berechnung ausgeschieden worden und die
Volksdichte demnach auf die Fläche der Gemeinden abzüglich der
Holzungen bezogen. Da die Berufsstatistik von 1895 leider nur für
die Kreise veröffentlicht ist, war es auch nicht möglich, wie Uhlig es
gethan*^), bei jeder Gemeinde die Zahl der von der Forstwirtschaft
lebenden Personen von der Gesamteinwohnerzahl abzuziehen. Wie gering
aber, sowohl absolut wie relativ, diese Zahlen sind, geht aus der bei-
gefügten Tabelle hervor, die dieselben für die hier in Betracht kommen-
den Kreise im ganzen innerhalb ihrer politischen Grenzen (das auf der
Karte dargestellte Gebiet weicht nur im Süden in einigen wenigen
Gemeinden davon ab) in Hundertteilen der Gesamtbevölkerung, wie auch
auf die Fläche der Holzungen verrechnet zeigt.
Fr. Ratzel a. a. 0., S. 1-^S.
2) E. Küster a. a. 0., S. 169.
■') E. Friedrich a. a. 0., S. 8 u. 0.
^) K. Neukirch a. a. 0., S. 60.
■') C. Uhlig a. a. 0., S. 163—105 [o7--o9J.
*■') Derselbe a. a. 0., S. I60 [59].
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein.
15
1
1
Gesamt-
bevölke-
rung am
14. VII. 95
In der Forstwirtschaft Thätige
Wald
qkm
Von Forstwirt-
schaft im Haupt-
beruf leben auf
1 qkm Wald
Kreis
1
Er-
werbs-
thätige
Ange-
hörige
U. 8. w.
Zu-
sam-
men
Zus. in
Proz.
der Be-
völkg.
Im
Neben
beruf-
Duisburg .
Ruhrort . .
Rees . . .
jVIörs . . .
Kleve . .
Geldern
69 380
97182
68117
72253
55843
55439
13
64
57
52
64
59
50
168
141
125
194
173
63
232
198
177
258
232
0,09
0,24
0,29
0,24
0,46
0,42
2
42
28
36
23
14
9,83
74,15
115,37
66,67
103,86
126,43
6,4')
3,1
1,7
2,7
2,5
1,8
Zusammen :
418214
309
851
1160
0,28
145
496,31 !
2,3
Leider „gab die Statistik auch keine Möglichkeit an die Hand, die
Flächen der Odländereien, Gewässer u. s. w. gemeindeweise abzuziehen,
so daß hierauf verzichtet werden mußte. Bis zu einem gewissen Grade
aber geben wir in unserer Karte eine Berichtigung des Bildes in dieser
Hinsicht durch die Eintragung der Siedelungen, wovon weiter unten
die Rede sein wird.
Ein wichtiger Punkt bei der Darstellung der Volksdichte ist die
Scheidung der Bevölkerung in „bodenständige", wie sie meist genannt
wird, d. h. Landwirtschaft treibende und „nicht bodenständige*, solche,
die von Industrie, Handel und Verkehr lebt. Schon in den ältesten
Darstellungen nach der relativen Methode tritt uns das Bestreben ent-
gegen, bedeutendere Bevölkerungsmittelpunkte aus dem zu berechnen-
den Gebiet auszuscheiden und für sich besonders („absolut") durch
ihrer Bewohnerzahl entsprechende Symbole zu bezeichnen. Hierdurch
suchte man zu bewirken, daß die Flächenfarbe (SchrafFur od. dergl.)
nunmehr nur noch die landwirtschaftliche, unmittelbar von den Er-
trägnissen des Bodens lebende Bevölkerung bezeichnete, während
der von anderen Daseinsbedingungen abhängige Teil der Bewohner-
schaft getrennt als solcher gekennzeichnet wurde. Dieses Verfahren
ist durchaus begründet, wenn es sich um statistische Kartogramme der
Volksdichte handelt, in denen die Verteilung der Bevölkerung einer
einzigen volkreichen Stadt auf das Gebiet des umliegenden Landes ein
völlig falsches Bild von den Bevölkerungsverhältnissen geben würde.
Je kleiner der Maßstab der Karte und je größer die zu Grunde ge-
legte politische Gebietsabteilung ist, um so höher wird man natürlich
die Einwohnerzahl der auszuscheidenden Städte nehmen müssen. Auch
in eigentlichen Volksdichtekarten ist diese Trennung der städtischen
und ländlichen Bevölkerung mehrfach angewandt worden , und man
hat verschiedene Wege eingeschlagen, um die Zahl und Art des jeweils
auszuscheidenden Teils zu bestimmen. Entweder schied man sämtliche
Städte und Flecken aus (Ravn), oder man wählte willkürlich, den ge-
^) Ein großer Teil parkartig angelegt, daher durch größere Wärterzahl diese
im Vergleich zu den übrigen hohe Zahl zu erklären !
IG E. Ambrosius.
gebenen Verhältnissen möglichst angepaßt, alle Orte zur Ausscheidung,
die eine bestimmte Einwohnerzahl überschritten. Diesen im Grunde
genommen ganz willkürlichen Methoden, denen sich die amtUdie
Statistik des Deutschen Reichs anschließt, indem sie die Beyölkemng
aller Orte mit mehr als 2000 Einwohnern als „städtische** von do
„ländlichen" in kleineren Orten sondert, steht eine andere, genauere,!
gegenüber, welche die Zahl der auszuscheidenden Bewohner für jedöi!
größeren Ort von Fall zu Fall bestimmt. Kleinere Orte kommen wegen
der meist verschwindend geringen Zahl der nicht von der Landwirt-
schaft lebenden Bevölkerung nur selten in Frage. Entweder stellte
man nun die Zahl der „bodenständigen" Bevölkerung mit Hilfe der
Statistik fest (so Sandler für Oberfranken), oder, wo nicht genügend
spezielles Material zu beschaffen war, suchte man eine annähernde Zahl
hierfür durch Berechnung zu finden (so Stoltenberg für den Reg.-Bez.
Köslin). In beiden Fällen wurde dann die „bodenständige* Bevölkerung
auf die Fläche verrechnet, die nicht bodenständige aber besonders
durch Symbole dargestellt.
Ratzel macht aber schon auf die Hauptmängel der „Ausschaltung
der großen Mittelpunkte der Bevölkerung" nachdrücklich aufmerksam^):
„Willkürlichkeiten werden bei dieser Ausschließung um so weniger zu
vermeiden sein, als die Frage in Gebieten verschiedener Dichte ganz
verschieden liegt. An kleinen Städten reiche Gegenden, wie wir sie
in Württemberg und Bayern finden, werden durch die Einrechnung
derselben in den Dichtigkeitsdurchschnitt ganz anders beeinflußt, als
großstädtisch bevölkerte gewerbreiche Gebiete in Rheinland und West-
falen. Außerdem liegt ein innerer Widerspruch in der Verwendung
zweier so verschiedener Methoden: Die Signaturen für die ausgeschie-
denen größeren Orte gehören der geographischen, die Farben der
Durchschnittsdichtigkeiten auf den Flächen der statistischen Methode
an." „Eine in der Natur begründete Ausscheidung der Bevölkerung
wird man durch Ausschließung von Orten, die mehr als eine gewisse
Einwohnerzahl haben, überhaupt nie erreichen^).** Es ist klar, daß in
der Nähe größerer Städte, Verkehrszentren oder Industriebezirke ver-
hältnismäßig bedeutend mehr Menschen durch intensivere und lohnendere
Betriebe zur Versorgung der genannten Orte oder Gebiete mit Ge-
müse, Fleisch, Butter u. s. w. ihren Lebensunterhalt aus dem Boden
ziehen können, als in weiterer Entfernung von solchen, daß also dort
ein größerer Anteil der Bevölkerung als „bodenständig" anzusehen ist,
als hier. Demgemäß müßte also die Volkszahl der auszuscheidenden
Orte von einer Gegend zur anderen wechseln, und eine einheitliche Fest-
setzung eiiier solchen Zahl ist mit den natürlichen Verhältnissen nicht
in Einklang zu bringen. Aber auch die statistischen Angaben über
die Berufe sind nur mit Einschränkung für diese Zwecke zu benutzen.
Außer den Personen, die dem Hauptberufe nach als Landwirte ange-
geben sind, wird sich überall eine größere oder geringere Zahl von
Menschen finden, die im Nebenberufe noch Landwirtschaft betreiben.
') Fr. Ratzel a. a. 0., II, S. 195.
2) E. Küster a. a. 0., S. 169.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 17
Wie will man nun ohne immerhin ganz willkürliche Annahmen fest-
stellen, wie viele davon noch für die bodenständige Bevölkerung in
Anrechnung zu bringen seien? Und umgekehrt hat nicht nur in der
Nähe größerer Industrie- und Verkehrsmittelpunkte, sondern oft noch
weithin die Landwirtschaft häufig genug Nebenbetriebe, deren Vor-
handensein es ermöglicht, daß sich die Bevölkerung verdichtet, ohne
daß diese noch als rein „bodenständig* angesehen werden kann^). Auch
die Methode endlich, aus den Durchschnittsreinerträgen von Acker und
Wiese eines Kreises und der entsprechenden landwirtschaftlich genutzten
' Fläche eines Stadtgebiets die Zahl der für die Landwirtschaft in An-
rechnung zu bringenden Bewohner zu berechnen^), ergiebt nach dem
* vorher Gesagten doch wohl nur allzu unsichere Ergebnisse.
Nehmen wir nun aber die Gemeinde, diesen „einheitlichen Or-
• ganismus von individueller Selbständigkeit", als Grundlage zur Be-
i rechnung der Volksdichte, so haben wir eine Ausscheidung irgend eines
- Teils der Bewohnerschaft überhaupt nicht nötig. Eine besonders hohe,
über die Umgegend merklich hervorragende Dichtezahl einer Gemeinde
*- wird uns sofort durch ihr Vorhandensein schon darauf hinweisen, daß
I besondere Ursachen für die Verdichtung der Bevölkerung vorliegen^.).
I Bei einer Untersuchung dieser Ursachen wird sich uns zeigen, ob die-
? selben in der Verkehrslage der betreffenden Gemarkung als Mittelpunkt
für Handel und Verkehr oder in besonderen Bodenschätzen oder was
' immer für anderen Umständen beruhen, und so ist diese Gemarkungs-
' karte, weit entfernt davon, ein statistisches Kartogramm zu sein, im
eigentlichen Sinne die „ Bevölkerungskarte **, die „hauptsächlich als
Werkzeug für die Auffindung der örtlichen Ursachen der Bevölkerungs-
dichte zu schätzen ist***), die uns ganz besonders geeignet erscheint,
Antwort auf die Frage zu geben: „Warum trägt die Erdoberfläche hier
mehr Menschen als dort^)?**
In gewissem Sinne suchte Sandler®) in seiner Karte von Ober-
franken und vom Bezirksamt Garmisch nun diese Ursachen gleich auf
der Karte selbst anzudeuten. Er stellte zunächst die landwirtschaft-
liche Bevölkerung besonders durch Flächenfarbe dar; hierbei verzichtete
er aber auch darauf, auf die weitgehenden Forderungen Küsters (s. o.)
einzugehen und gab die Dichte einmal für das Wald- und Unland auf
das ganze Gebiet einheitlich, dann für das Kulturland auf jede Ge-
meinde einzeln verrechnet an. Sodann bezeichnete er an den Orts-
signaturen durch verschiedenartige Schraffierung die absoluten Zahlen
der nicht ackerbautreibenden Bevölkerung, durch Farben auf den Sig-
naturen außerdem noch, wie viel vom Hundert der Bevölkerung dem
Handel und Verkehr angehören, und endlich noch durch Einschreibung
in die Karte die Verbreitung besonders wichtiger Erzeugnisse, Gewerbe
u. dergl. Sehen wir auch ganz davon ab, wie außerordentlich
^) K. Neukirch a. a. 0. S. 63.
^) H. Stoltenburg a. a. 0., S. 6.
^) Vgl. hierzu auch E. Neukirch a. a. 0., S. 64.
^) Fr. Ratzel a. a. 0., II, S. 185.
») Derselbe a. a. 0., II, S. 181.
•) Chr. Sandler a. a. 0.
18 E* Ambrosius.
schwierig, oft einfach unmöglich es ist, das zu einer solchen Darstel-
lung gehörige statistische Spezialmaterial zu beschaffen, sehen wir femer
davon ab, daß die Menge der verschiedenen, aber doch immer ein-
ander sehr ähnlichen Schraffuren die Karte nur ziemlich schwer lesbar
macht, so bleibt zunächst auch hier wieder ein wichtiges methodischea
Bedenken. Die ackerbautreibende Bevölkerung wurde nämlich relaÜT,
auf den Boden bezogen, dargestellt, die nicht ackerbautreibende aber
einmal in ihrer Gesamtheit absolut (durch die Schraffierung), ein Teä
derselben aber noch einmal, und zwar relativ (durch die Farbe in doi
Ortssignaturen), aber wieder in anderem Sinne, als dieser Ausdruck
bisher gebraucht wurde und als die Landbevölkerung dargestellt wurde,
nämlich nicht auf die besetzte Bodenfläche, sondern auf die soeben er-
wähnte, durch die Schraffen dargestellte Gesamtheit bezogen. Die Karten
Sandlers scheinen uns in der Fülle dessen, was sie darbieten, über den
Rahmen dessen, was von einer Volksdichtekarte zu fordern ist, ent-
schieden zu weit hinauszugehen, und auf sie ist besonders die Be-
merkung Neukirchs zutreffend^): „Es ist schließlich nie aus dem Auge
zu verlieren, daß die Dichtekarte nicht die Bevölkerungsmenge bis ins
einzelne in genauen Zahlen, sondern nur die Bevölkerungsverhältnisse
in der charakteristischen Verschiedenheit ihrer Dichte und ihren Be-
dingungen darstellen soll," und ebenso glauben wir uns der Meinung
E. Friedrichs^) anschließen zu müssen: »Der Zweck der Karte kann
nach unserer Ansicht nicht darin bestehen, daß sie die Grundlage fOr
Messungen und Rechnungen bilde. Die Aufgabe, genaue Zahlen zu
liefern, muß den Texttabellen zugewiesen werden/
Fassen wir das bisher Gesagte noch einmal zusammen, so kommen
wir zunächst zu folgenden Ergebnissen:
1. Die Gemeinde (Gemarkung) ist als Grundlage für die Berech-
nung der Volksdichte zu benutzen.
2. Wegen ihres verschwindend geringen Einflusses auf die Volks-
zahl ist die von Wald bedeckte Fläche jedoch vor dieser Berechnung
von der Gesamtfläche der Gemeinde abzuziehen.
3. Eine Ausschließung des Unlandes, der Gewässer, Moore und
ähnlicher wenig oder nicht bewohnter Flächen ist wohl wünschenswert,
aber aus Mangel an statistischen Angaben über ihre Ausdehnung in
den einzelnen Gemeinden in vorliegender Arbeit nicht mögb'ch gewesen.
4. Die Gesamtzahl der Bewohner der Gemeinde kommt zur Ver-
rechnung ohne jeden Abzug.
„Es kommt nicht bloß auf die absolute Zahl und auf die zahlen-
mäßige Zusammensetzung eines Volkes aus seinen Elementen an,
sondern auch auf deren geographische Verteilung, von der auch immer
die soziale abhängt. In welchem Gebiete? In welchen Anhäufungen?
Mit welchen ethnischen Merkmalen? Das sind die Fragen, die für den
politischen Geographen sich unmittelbar anreihen an die Frage: Wie
groß ist die Zahl? Diese Zahl empfängt ihre rechte Beleuchtung erst
») K. Neukirch a. a. 0., S. 63.
2) E. Friedrich a. a. 0., S. 7.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 19
aus der Verteilung über das Land. Das ist ein Verhältnis, das die
Volksdichte uns verschleiert^). Grade den Dichteunterschieden gegen-
über ist die Frage der Verteilung zu stellen*^)/
Die in den vorstehenden Worten Ratzeis betonte äußerst wichtige
geographische Thatsache der Verteilung der Bevölkerung über das Land
hat man vielfach dazu benutzt, um durch sie allein die „ Volksdichte "
darzustellen. Dies ist die von Neukirch unter der Bezeichnung „abso-
lute Methode der Volksdichtedarstellung ** zusammengefaßte zweite große
Gruppe von Volksdichtekarten, auf die näher einzugehen wir uns hier
versagen müssen^). Die meisten Arbeiten nach dieser Methode zeigen
die Siedelungen in verschieden abgestuften Signaturen, durch welche
die Einwohnerzahlen angedeutet werden. Eine solche Darstellung der
Siedelungen für sich allein aber kann doch immer noch kein richtiges
Bild von der Bevölkerung eines Landes geben. Stammeseigentümlich-
keiten und geschichtliche Ereignisse rufen hier zusammengedrängtes
Wohnen in kleinen Städten, dort in geschlossenen, mehr oder weniger
gleichmäßig verteilten Dörfern, wieder anderswo endlich ganz zerstreute
Siedelungsweise hervor. Auf Karten kleineren Maßstabs würden die
letzterwähnten Gegenden, da die Einzelsiedelungen doch nicht einge-
tragen werden können, erheblich zu kurz kommen gegenüber Gegenden,
in denen die Bewiohner in Städten und Dörfern zusammengedrängt sind.
Bei großem Kartenmaßstabe würden ja die Einzelsiedelungen wohl er-
scheinen, aber nun tritt wieder die Schwierigkeit ein, die Ortschaften
in richtiger Weise zur Geltung kommen zu lassen. Einfache Symbole
sind hier nicht mehr gut angängig (vgl. z. B. Gloys Karte eines Teils
von Schleswig-Holstein)^), und bei topographischer, planmäßiger Dar-
stellung nimmt das weit gebaute, aus niedrigen Häusern bestehende
Dorf oft mehr Raum ein, als die viel volkreichere Stadt mit eng ge-
schlossener Bauart und höheren Häusern (vgl. z. B. auf der vorliegen-
den Karte Rees mit 3925 Einwohnern und das nordwestlich davon
gelegene Wissel mit 989 Einwohnern!). Diesen Fehler strebte
R. Buschick ^) dadurch auszugleichen, daß er die „Intensität des
Wohnens wiederzugeben versuchte durch eine wechselnde Betonung und
Verdoppelung der Umrisse, sowie durch eine fortschreitende Ausfüllung
durch SchrafiFur". Allein auch dieser Ausweg scheint uns noch nicht
ein hinreichend klares, anschauliches Bild zu geben. E. Friedrichs
Vorschlag, die Bevölkerungszahlen der Siedelungen auf den Bauplatz
zu verrechnen^), scheint auch uns gleichwie Neukirch'') ungeeignet, da
weniger die bebaute Fläche, als vielmehr ihre Lage für diese Zahlen
ursächlich ist. Aber auch die Einzelsiedelungen sind ganz verschieden
stark bewohnt, und aus ihrer Menge und Entfernung voneinander
Fr. Ratzel, Politische Geographie, München 1897, S. 391.
2) Ebenda S. 392.
') Vgl. hierzu besonders K. Neukirch a. a. 0., S. 5 f.
*) A. Gloy a. a. 0. (s. S. 6, Anm. 9).
^) R. Buschick a. a. 0., S. 58.
«) E. Friedrich a. a. 0. S. 13.
') K. Neukirch a. a. 0., S. 18 u. 19.
20 ^* Ambrosius.
allein ist noch kein irgendwie sicherer Schluß auf die Bevölkerung daj
Gebiets zu ziehen.
Tragen wir nun aber in unsere auf Grundlage der 6emaj*kungtt|
nach der „relativen" Methode gezeichnete Volksdichtekarte alle Sidie-
lungen im topographischen Sinne, d. h. nur ihrer Lage, bezw. Fora
nach, ein, ohne jede Rücksicht auf die Zahl der Bewohner, so werdet
wir dadurch einen trefflichen Überblick über die Beyölkerungsverhält-
nisse erlangen. Die Farbe, mit der jede einzelne Gemarkung bedeckt
ist, zeigt uns die Bevölkerung auf dem Boden, der sie bedingt, vanl
dem sie ihr Dasein mittelbar oder unmittelbar hat, in gleichmäßiger:
Verteilung, während die Siedelungszeichen uns angeben, wohin sie
ihre Städte, Dörfer und Einzelwohnungen gebaut hat. Es ist hierbei,
wie nochmals betont sei, streng vermieden, irgendwelche absolute Zahloi
durch die Siedelungssignaturen ausdrücken zu wollen. Absolute Zahl^
haben auf einer Volksdichtekarte unserer Ansicht nach gar nichts zu
suchen, die gehören in die Tabellen. (Über die auf anderem Gebiete
liegenden Gründe für die abweichende Schrift — nicht Signatur! —
an den Orten mit mehr als 2000 Einwohnern s. weiter unten.) GkuM
besonders vorteilhaft scheint uns diese Methode in einem Gebiet, wo,
wie in dem vorliegenden, die zerstreute Siedelungsweise vorherrschend
ist, denn in einem solchen geben uns die auf größere Strecken hin
von Siedelungen freien oder auffallend spärlich besetzten Stellen so-
gleich auch einen Fingerzeig, daß hier besondere Verhältnisse obwalten,
hier wird Moor, Sandland, Heide, Überschwemmungsgebiet od. dergL
zu vermuten sein. Dies im einzelnen zu betrachten, bleibt der Unter-
suchung über die Ursachen der Volksdichte vorbehalten. Wir haben
hierin auch gleichzeitig in vielen Fällen einen Ausgleich für den
auf Seite 18 unter 3 erwähnten Mangel statistischer Angaben für
Unland u. s. w,, indem größere derartige Flächen, die also auf die
Volkgdichte wesentlichen Einfluß ausüben könnten, wenigstens wie ge-
sagt auf der Karte durch das Fehlen der Siedelungen gekennzeichnet
werden.
Alle Einzelsiedelungen wurden nun in unserer Karte gleich-
mäßig durch Punkte bezeichnet, immer ohne Rücksicht auf die Art der
Siedelung und ihre Einwohnerzahl, ob Bahnwärterwohnung, Bauernhof
oder Rittergut. Wo mehrere Einzelsiedelungen sehr nahe bei einander
lagen, wurden sie zu einer Gruppensiedelung mit besonderer
Signatur o zusammengezogen. Kommen wieder mehrere Gruppensiede-
lungen sehr nahe zusammen, so sehen wir den Übergang zur ge-
schlossenen Ortschaft. Besonders deutlich zeigt sich auf diese VSTeise
das allmähliche Zusammenwachsen der an den Straßen entlang liegen-
den Siedelungen und Häusergruppen in der Nähe größerer Städte, vor
allem im Südosten, im Industriegebiet. Die geschlossenen Ortschaften
endlich wurden durch eine ihrer Form entsprechende planmäßige An-
lage mit Ausfüllung durch Schraffur, ebenfalls unabhängig von der
Einwohnerzahl, bezeichnet. Daß bei der Zusammenfassung der Einzel-
siedelungen zu Gruppensiedelungen und bei der Abgrenzung der „ge-
schlossenen Ortschaften" dem subjektiven Gefühle des Zeichners ein
gewisser Einfluß zukommt, kann weiter kein Bedenken erregen, denn
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 21
bei Zugrundelegung der Meßtischblätter kann ein wesentlicher Irrtum,
der die Darstellung in merklicher Weise beeinflußte, wohl überhaupt
nicht vorkommen, und dann kommt auch noch weiterhin in Betracht,
daß die Angabe der Siedelungen bei aller Ausführlichkeit und Ge-
nauigkeit doch immer nur eine Nebenrolle spielt, zur näheren Speziali-
sierung der eigentlichen Volksdichtedarstellung nach der relativen Me-
thode unter Zugrundelegung der Gemarkungen.
Antwortet diese letztere, die jede Gemarkung bedeckende Flächen-
farbe auf die Fragen Batzels „Wie groß ist die Zahl?" und „In
welchem Gebiete?**, so geben uns die ebenfalls eingetragenen sämtlichen
Siedelungen die Antwort auf die beiden folgenden Fragen : „In welcher
Anhäufung?** und „Mit welchen ethnischen Merkmalen?**^). Ein
weiteres Eingehen in die Einzelheiten der Beantwortung aber ist von
der Karte nicht zu verlangen, hier müssen die Tabellen und der Text
eintreten.
*) Vgl. Seite 18. — Ausführliches Litteraturverzeichnis zur Me-
thodik der Volksdichtedarstellung in sachlicher und zeitlicher Anordnung s. bei
K. Neukirch a. a. 0. S. 45—55.
n. Das (rebiet des Niederrheins.
Abgrenzung des Gebiets.
Das in der vorliegenden Arbeit zu behandelnde Gebiet umfait
den nördlichen, unteren Teil der Kölner Tieflandsbucht, die, in der
Gegend der ersten Flußteilung des Rheins beginnend, sich von der
großen niederländisch- deutschen Tiefebene her aufwärts bis Bonn hin-
zieht. Diese Kölner Bucht kann man in zwei, zwar nicht scharf ge-
trennte, aber immer doch deutlich genug sich unterscheidende Ab-
teilungen zerlegen, deren ungefähre Scheidung Kohl^) „in die Gegend
der Ruhrmündung" verlegt. In dieser Gegend beginnt der eigentlichste
Tief landslauf des Rheins mit seinen zahlreichen verlassenen Flußarmen,
mit fruchtbarem Marschland auf beiden Ufern, von hohen Deichen
gegen die Fluten geschützt, „in welchem schon die ackerbaulichen Ver-
hältnisse und Verrichtungen, Viehzucht, Getreidebau, Wiesen- und Weide-
wirtschaft denen in den Niederlanden ganz ähnlich werden**^). Während
auf der rechten Rheinseite die höheren Erhebungen des „Bergischen
Landes", die den Strom bis dahin in geringer Entfernung begleiteten,
von der Ruhrmündung abwärts entschieden zurücktreten, und niedrige
sandige und lehmige Hügelgruppen und Plateaus die Scheide bilden
gegen die westfälische, Münsterische Tieflandsbucht, ist das links-
rheinische Gebiet in der Gegend von Neuß und Krefeld schon ganz
flach, und dort „verschwindet die Trennung des Rheins und der Maas
so, daß die Thalfläche des Rheins bis an den linken Thalrand der Niers
verfolgt werden kann" ^). Erst weiter nördlich erheben sich niedrige
Hügelreihen, die, vielfach unterbrochen, auch nur in ihrem nördlichen
Teile eine deutliche Trennung zwischen Rhein- und Maasgebiet wieder-
herstellen. Wir nehmen die Südgrenze unseres Gebiets mit geringen
Abweichungen an einer Linie, die schon von Kohl*) als bemerkens-
wert hervorgehoben wurde, nämlich der von Venlo nach der Ruhr-
1) J. G. Kohl, Der Rhein. Leipzig 1851. Bd. II, S. 141.
2) Ebenda S. 142.
^) V. Dachen, Erläuterungen zur Geologischen Karte der Rheinprovinz und
der Provinz Westfalen. (2 Bde. Bonn 1870—1884.) Bd. I, S. 543.
•*) J. G. Kohl, Der Rhein, II, S. 143.
E. Ambrosius. Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 23
mündung. Zwischen Venlo in der niederländischen Provinz Limburg
und Urdingen haben sich Maas und Rhein, jene von Südw^est, dieser
aus Südost kommend, auf 30 km einander genähert, um von nun an
in ganz allmählicher Annäherung fast parallel zu fließen. Sie „schließen
so ein ziemlich schmales Mesopotamien ein, das abwärts immer schmäler
wird und eine Halbinsel bildet, die auch schon der batavischeu Fluß-
insel im Deltalande sehr ähnelt" ^). Dieses Mesopotamien nun, und mit
ihm das rechtsrheinische Gebiet von der Ruhrmündung abwärts, so-
weit beide zum Deutschen Reich gehören, sollen den Gegenstand unserer
Betrachtungen bilden. Verfolgen wir zunächst die Abgrenzung des
Ganzen.
Bei Urdingen ist die Wasserscheide zwischen Rhein und Niers
so verwischt, daß die unbedeutenden Gewässer sich mehrfach spalten
und teils dem Rhein, teils der Niers zufallen, zu deren Gebiet schon
das nur etwa 5 km vom Rhein entfernte Kliedbruch gehört. Dieses
erstreckt sich, bis 3 km breit und etwa 9 km lang, von Krefeld aus
nordwestlich und findet seine unmittelbare Fortsetzung in den mehr
westlich sich hinziehenden Stendener, Aldekerker und Eyllschen Brüchen
bis in die Gegend von Wachtendonk. Die durchschnittlich 1 — 3 km
breiten waldbedeckten, fast gänzlich unbewohnten Brüche bilden eine
deutliche Trennung zwischen dem Norden und dem südlich von ihnen
gelegenen Krefelder Bezirk. Die westliche Fortsetzung unserer Grenz-
linie finden wir in dem Thal des Nettbachs, das eine bemerkenswerte,
tiefe Einsenkung in der niedrigen Hügelkette zwischen Maas und Niers
bildet; unmittelbar vor seinem Durchbruch durch die Hügelkette durch-
fließt der Bach die vier großen Kriekenbecker Teiche (Glabbacher und
Hinsbecker Bruch, Poelvenn und Schrolick) und über sie erreichen wir
nun, nur noch 4 km von der Maas und Venlo entfernt, die Landes-
grenze gegen die Niederlande. Diese zieht sich in nördlicher, später
mehr nordwestlicher Richtung durch Wälder und ausgedehnte Moore
bis zur Niers. Sie ist anfangs etwa 3 km, weiter nördlich mehrfach
etwas weiter von der Maas entfernt, aber immer fast parallel mit ihr
verlaufend. Ratzel nennt sie deshalb eine der unglücklichsten Grenzen
Europas^). Ist dies aus dem Gesichtspunkte, daß die Grenze „nicht
am diesseitigen Ufer des Flusses, der Grenze bilden soll, verlaufen darf** ^),
unbedingt richtig, so ist aber auch andererseits nicht zu verkennen,
daß hier in hohem Maße ein Umstand zutrifft, von dem Ratzel sagt:
„Was trennend mitten in der Ökumene sich zwischen dichtbesiedelte
Strecken legt, das sind die Wasser- und Sumpfflächen, die Wüsten,
die Hochgebirge und Wälder"*), und auf dieser ganzen Grenzstrecke
ist das deutsche Gebiet durch breite, ununterbrochene Sümpfe und
Wälder von dem dichter besiedelten niederländischen Uferstreifen der
Maas getrennt. Nachdem die Grenze den Niersfluß 8 km von seiner
Mündung in die Maas erreicht und eine kurze Strecke begleitet hat.
^) J. G. Kohl, Der Rhein. II, S. 143.
*) Fr. Ratzel, Politische Geographie, S. 488.
3) Ebenda, S. 413.
*) Fr. Ratzel, Anthropogeographie, Bd. II, S. 88.
24 ^* Ambrosius.
folgt sie dem Südraude des Reichswaldes, um sich dann endgültig ?oi
der Maas abzuwenden. Sie überschreitet den Höhenzug und folgt dess«
Nordseite, bis sie in der Nähe von Wyler ihren nordöstliclisten Piuld
erreicht. Nun biegt sie nach Osten um, wobei sie der Waal bis asf
IV^ km nahe kommt, und erreicht den Rhein zwischen dem hoUin-
dischen Dorfe Millingen und dem deutschen Bimmen, nur 2 ^t km obor-
halb von dessen Spaltung. Etwa 8 km weit bildet jetzt der Rhein die
Grenze, die sich dann eine kurze Strecke nördlich wendet und da
Eltener Berg umfaßt. Weiterhin folgt sie den Wasserläufen des
^ Kanals^ und der auf eine weite Erstreckung hin aus zwei parallelen
Gräben bestehenden „Landwehr", bis sie endlich in der Nähe von
Anholt an die Issel tritt. Von hier ab folgen wir der Grenze zwischen
den Provinzen Rheinland und Westfalen. Diese läuft zunächst an der
Issel, dann der Kleinen Issel entlang, schließt so die niedrigen Bruch-
gegenden an diesen Flüssen ein und wendet sich nun den Brüner Höhen
zu. Auf diesen wald- und heidebedeckten, stellenweise auch moorigoi
flachen Rücken zieht sie sich zur oberen Issel, der sie noch einmal eine
kurze Strecke folgt, um dann erst ost-, dann südwärts die von aus-
gedehnten Wäldern bedeckten Höhen zwischen ihr und der Lippe zu
überschreiten und diesen Fluß bei Schermbeck zu erreichen. Bis Dorsten
aufwärts bildet die Lippe selbst die Grenze, dann geht diese nach Süd-
west und Süd über die waldigen Höhen zwischen Lippe und Emscher.
Auf diesen Fluß stößt sie südlich von Sterkrade. Hier verlassen wir
die Provinzgrenze und folgen der Südgrenze des Kreises Buhrort, eine
kurze Strecke am Emscherfluß entlang, um endlich, das Mündungsgebiet
dieses Flusses und das der Ruhr einschließend, östlich von Duisburg
die letzten Ausläufer der Bergischen Höhen, dann den Rhein und an
ihm aufwärts entlang ziehend unseren Ausgangspunkt in Ürdingen zu
erreichen.
Ist die Abgrenzung nach politischen und administrativen Gebiets-
abschnitten auch zunächst ein Notbehelf, um der Hilfe der Statistik
bei den nachfolgenden Betrachtungen nicht entbehren zu müssen, so ist
in unserem Falle das abgegrenzte Gebiet aber auch in nicht geringem
Maße, wie schon angedeutet, als ein natürliches anzusehen, indem seine
gesamten Verhältnisse sich deutlich von denen des oberen Teils der
Kölner Bucht und des östlichen Münsterschen Kreidebeckens scheiden;
weniger merklich allerdings sind die Übergänge in die benachbarten
Niederlande hinein. Kohl betont schon ^), daß „infolge der physischen
Gliederungen und Verschiedenheiten des oberen und unteren Nieder-
rheins und im Parallelismus mit ihnen auch eine Menge sittliche und
ethnische Verhältnisse der Bevölkerung sich in verschiedenen Abschnitten
verschieden ausbildeten, und daß dann diese Grundverschiedenheit am
Ende auch fast zu allen Zeiten zu einer Verschiedenheit der staatlichen
und territorialen Entwickelung führen mußte •*. Er führt weiter aus,
wie schon seit den ältesten Zeiten Völker- und Sprachengrenzen un-
gefähr mit den Grenzen unseres Gebiets zusammengefallen sind. In
der That umfaßt das im vorhergehenden von uns umgrenzte Gebiet mit
^) J. G. Kohl, Der Rhein. II, S. 143 f.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 25
ganz geringen Abweichungen das ganze ehemalige Herzogtum Kleve
mit dem Lehensfürstentum Mors und das sogen. Oberquartier des
Herzogtums Geldern. Es bildet so den ältesten Teil der preußischen
Rheinprovinz (seit 1609 bezw. 1702 und 1713). Die kleinen übrig-
bleibenden Gebiete, das reichsfreie Frauenstift Elten, die ehemals kur-
kölnische Enklave von Rheinberg und die ebenfalls kurkölnische Um-
gebung von Ürdingen kamen erst 1815 mit dem übrigen Rheinland
an Preußen.
In den heutigen Verwaltungsgrenzen betrachtet, ist das zu be-
sprechende Gebiet zusammengesetzt aus dem Stadtkreise Duisburg, den
Kreisen Ruhrort, Rees, Mors und Kleve, dem Kreise Geldern ohne
die zwei südlichsten Gemeinden Hinsbeck und Leuth, der zum Kreise
Kempen gehörigen Gemeinde Tönisberg und den Gemeinden Ürdingen,
Bockum, Verberg und Traar des Landkreises Krefeld. Es bildet die
nördliche, kleinere Hälfte des Regierungsbezirks Düsseldorf der preußi-
schen Rheinprovinz.
Geographische Beschreibung des Gebiets.
Fassen wir unser Gebiet als Ganzes ins Auge, so finden wir in
vertikaler Beziehung nur verhältnismäßig recht geringe Unterschiede.
Der tiefste Punkt ist beim Ausfluß des Wyler Meeres im äußersten
Nordwesten mit 9 m Meereshöhe, während der Austritt der Niers aus
dem Reiche in 10, der des Rheins in 11 m ü. M. liegen. Die höchste
Erhebung dagegen ist der nur 9 km südwestlich von dem Austritte des
Rheins gelegene Klever Berg mit 106 m; sonst wird hier die Höhe
von 100 m nirgendwo erreicht. Der weitaus größte Teil liegt noch
unter 30 m Meereshöhe und ist ganz allmählich von Südost nach Nord-
west abgedacht. Im Süden endet unser Gebiet ungefähr mit der Iso-
hypse von 30 m, wie die beigegebene, nach den neuen Meßtischblättern
konstruierte Höhenschichtenkarte zeigt. Bis auf kleine Bruchteile ist
es fast völlig flach, und meist sind nur geringfügige Höhenunterschiede
von wenigen Metern vorhanden. Nur im Osten, dann in einem mittleren,
von Südost nach Nordwest ziehenden Streifen und endlich ganz im Westen
finden wir erwähnenswerte Erhebungen (vgl. Profil I Seite 26). Bei Be-
trachtung der horizontalen Gliederung fällt natürlich sofort der mächtige,
in einem flachen, nach Südwesten offenen Bogen ziehende Lauf des Rhein-
stroms ins Auge und femer die in einer durchschnittlichen Entfernung
von etwa 15 km westlich von ihm einen ganz ähnlichen Bogen bildende
Niers. Die im Nordosten unser Gebiet berührende Issel kann als zum
Stromgebiet des Rheins gehörig betrachtet werden, mit dem sie sich
ja auch schließlich in den Niederlanden vereinigt.
Es liegt in der Natur eines so flachen Landes begründet, daß sich
in ihm keine so scharfen Unterschiede in seinem Charakter auf oft kurze
Strecken hin finden lassen werden, wie etwa in gebirgigen Gegenden,
aber wir können doch auch hier eine Reihe von natürlichen Gebieten
voneinander unterscheiden, die jedes für sich ihre besondere Eigenart
haben und uns die Übersicht über das Land erleichtern. Diese Ge-
biete sind gewissermaßen in fünf parallelen Streifen angeordnet, ent-
26 ^' Ambrosia».
^. a lü sprechend dem Zug der niedrigen Hügelreihen und dem
Laufe der Hauptflüsse. Wir unterscheiden demgemäß von
Ost nach West fortschreitend:
1. das Gebiet der östlichen Bandhöhen,
2. das Bheinthal (mit dem Isselgebiet),
3. die linksrheinischen Htigelgruppen,
4. das Niersthal, und endlich
5. das Gebiet der westlichen Grenzhöhen und
-Moore.
1. Die östliclien Randhöhen.
Die waldbedeckten Sandhügel des Duisburger Waldes,
des äußersten nordwestlichen Vorpostens des „Bergischen''
und damit des Rheinischen Schiefergebirges, die sich bis
auf wenige Kilometer der Ruhrmtindung nähern und hier
die Grenze des eigentlichen niederrheinischen Landes be-
zeichnen, können wir hier tibergehen, da nur ein ganz
unbedeutendes Stück in das zu betrachtende Gebiet hinein-
ragt. — Die östliche Randhöhenzone beginnt an der Ost-
grenze unseres Gebiets etwa 1 ^/2 km nördlich der Emscher
bei Sterkrade. Ihre Grenze gegen das Rheinthal wird
bezeichnet durch eine Linie von hier aus östlich von Holten
und westlich von Hiesfeld führend, darauf erst nördlich,
dann nordwestlich zur Lippe sich wendend, die sie bei
Schwarzenstein, etwa 3 km unterhalb Krudenburg erreicht,
um sich von hier in einem flachen Bogen nordwestlich
>, bis in die Nähe von Brünen zu ziehen und, diesen Ort
; I östlich lassend, etwa 2 ^/2 km östlich von Ringenberg das
1 Gebiet der Rheinprovinz zu verlassen.
I Die so gegen das Rheinthal abgegrenzte Hügel-
region zerfällt, soweit sie hier in Betracht kommt, also
ostwärts bis an die westfälische Grenze hin, durch das sie
durchschneidende Thal der Lippe in eine südliche und
^^ eine nördliche Hälfte, die ihrerseits wieder durch den Roten
4| Bach und die Issel in je zwei Gruppen zerschnitten werden.
K^ Die Höhe dieser Hügelgruppen nimmt von Süd nach
I Nord ab. Die südlichste erreicht bei Sterkrade (Eönigs-
I hardt) noch 74 m und senkt sich allmählich nach dem
Rheinthal hin. Sie bildet einen breiten, südwest-nord-
I östlich streichenden Rücken mit sandiger Oberfläche und
lehmigem Untergrund, trägt viel Wald und Heideland imd
stellenweise auch Moor (Sterkrader Fenn). Ihre Gewässer
I sammeln sich am Südwestabfall zum Holtener Mühlbach
4 und Brusbach, während an der Nordseite der Rote Bach
^ vorbeifließt, dessen ziemlich breites Thal die südliche
Gruppe von der folgenden, bis an die Lippe reichenden
* T^ trennt.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 27
Auch diese Erhebungen tragen ebensowenig wie die vorhin er-
wähnten und die nördlich der Lippe liegenden einen einheitlichen
Namen. Ihr Abfall gegen das Rheinthal ist steiler, namentlich bei den
spitz nach Nordwesten gegen die Lippe vorspringenden Tester Bergen.
Der Nordabfall reicht an dieser Stelle ganz nahe an die Lippe heran,
biegt dann in einem flachen Bogen nach Süden aus und tritt erst un-
mittelbar unterhalb Dorsten wieder an den Fluß; auf diese Weise
bildet er mit dem einen entgegengesetzten Bogen beschreibenden Fluß-
laufe ein breites Becken, das nur von geringeren Erhebungen teilweise
erfüllt wird. Die Höhen selbst erreichen im Süden 69 m und bilden
ebenfalls ein ausgedehntes, flaches Plateau, das sich zum größten Teil
auf über 60 m Höhe ü. M. hält. Die Zusammensetzung ist wieder
gleich der der südlichen Gruppe; „Rücken von Lehm, bedeckt mit
dünner Lage von Kies und Sand, unter denen südliche Gerolle vor-
herrschen, wechseln mit Einschnitten, in denen die sandigen Gebilde in
der Regel mächtiger werden, bisweilen auch die tieferen Lehmpartien
auftreten'* ^). Die Oberfläche ist fast ganz mit Wald und Heide, stellen-
weise auch mit Moor bedeckt. Die Entwässerung geschieht auf der
Süd- und Westseite teils zum Roten Bach, teils zum Rhein, auf der
Nordseite fließen mehrere Bäche der Lippe zu.
Die Lippe durchfließt dieses Hügelland, soweit es in den Be-
reich unserer Betrachtungen fällt, von Dorsten bis Schwarzenstein unter-
halb Krudenburg in einer anfangs schmäleren, weiterhin bis zu 2 km
breiten, ostwestlich gerichteten Thalniederung, an die sich südwärts das
schon erwähnte Becken von Gartrop und Gahlen anlehnt. Ihr Lauf ist
ziemlich gestreckt, denn auf eine geradlinige Entfernung vom Anfangs-
zum Endpunkte dieser Strecke von 17 km kommen nur 21,5 km Lauf-
länge (1 : 1,27). Auf beiden Seiten sind aber zahlreiche, stark ge-
wundene, grabenartige Einsenkungen zu erkennen, offenbar ehemalige
Flußwindungen, die aber jetzt entweder trocken liegen oder nur von
unbedeutenden Wasseradern oder Tümpeln eingenommen werden. Das
Gefälle ist sehr gering und beträgt von Dorsten bis Krudenburg (19 km)
nur etwa 3 m, infolgedessen vermag der Fluß auch keine größeren
GeröUe zu bewegen, wohl aber große Mengen von Sand. Während
der Thalgrund so in der Hauptsache aus Sand gebildet ist, sind west-
lich von Dorsten bis bei Gartrop im Bette des Flusses selbst und an
mehreren Punkten der Thalfläche die Gesteine der Kreideformation
bloßgelegt ^).
Denselben Charakter wie die südlich der Lippe gelegenen Höhen-
rücken besitzen auch die nördlich des Flusses bis an die Grenze unseres
Gebietes sich erstreckenden. Auch hier ist wieder lehmiger Untergrund
mit einer mehr oder weniger starken Schicht Kies und Sand bedeckt,
doch scheint hier sich diese Bedeckung mehr auf die Einsenkungen und
Thäler zu beschränken, während „schon am Abhang, dann auf der
^) Hosius, Über den Septarienthon bei Schermbeck. In: Verhandlungen
des naturhistorischen Vereins der Rheinlande, Westfalens und des Regierungsbezirks
Osnabrück, 44, Corr.-Bl., S. 37.
^) V. Dechen, Erläuterungen, I, S. 721. — Hosius, in: Verh. nat. Ver. d.
Rheinlande 44, S. 37.
28 E. Arabrosius.
Höhe selbst an die Stelle des Sandes Lehm tritt, dessen obere Schichtai
immer noch stark mit Kies durchsetzt sind, der aber nach der Tiefe
hin sehr bald in einen geschiebefreien Lehm und Thon und endlich in
einen sehr reinen Thon übergehf* ^). Die Höhen nördlich der Lipp«
werden durch die Issel in einem breiten Thal durchschnitten. Im all-
gemeinen bilden sie ganz allmählich ansteigende, oben fast ebene
Plateaus von 50 — 60 m Höhe und sind vorwiegend mit Wald , Heide
und Moor bedeckt. Die Gewässer fließen mit Ausnahme derer auf der
Südseite, die zur Lippe gehen, alle der Issel zu.
Diese entspringt in Westfalen auf der nordöstlichen Fortsetzung
der zuletzt genannten Höhen in 56 m ü. M. und tritt nach kurzem
Laufe, nur noch 37 m ü. M., in Nord-Südrichtung fließend und die
Grenze bildend, an unser Gebiet heran, wendet sich dann nach Süd-
west, um südöstlich von Brünen in etwa 26 m Meereshöhe ins offene
Rheinthal einzutreten.
2. Das Rheintlial.
Nehmen die östlichen Randhöhen noch nicht ganz ^s unseres
Gebiets, aber nur mit etwa ^jn der Einwohnerzahl ein, so geht die
Bedeutung des Rheins für dasselbe schon daraus hervor, daß fast genau
die Hälfte der gesamten Fläche mit ^/t der Bewohner dem eigentlichen
Thale des Rheinstroms zuzurechnen sind. Diese Rheinniederung im
eigentlichen Sinne zieht sich mit immer zunehmender Breite in einem
Bogen von Südost nach Nordwest. Sehen wir von der weiter nach
Osten eingreifenden Bucht der Ruhr- und Emschermündung ab, die in
ihrem oberen Teil außerhalb des Bereiches unserer Betrachtungen fallt,
so beträgt die Breite des Rheinthals im Süden beim Eintritt in unser
Gebiet etwa 15, in der Gegend von Wesel 23 km; etwas weiter ab-
wärts tritt die Ostgrenze in die Provinz Westfalen über, so daß von
dort an das ganze rechtsrheinische Gebiet der Rheinprovinz von ihm
ausgefüllt wird. Die östliche Begrenzung, die auf Seite 26 umschrieben
wurde, ist durch einen mehrere Meter hohen terrassenförmigen Anstieg
ziemlich deutlich zu erkennen. Minder klar, ja stellenweise fast völlig
verwischt ist diese Grenze auf der linken Seite des Stroms, besonders
in der südlichen Hälfte. Westlich von Urdingen ist, wie schon erwähnt,
die Wasserscheide zwischen den dem Rhein und den der Niers zu-
fließenden Gewässern so undeutlich, daß mehrfach Bifurkationen vor-
kommen. Das Kliedbruch und die Niepkuhlen sind dem Gebiete der
Niers zuzuzählen, so daß man nun die westliche Begrenzung des Rhein-
thals von Krefeld etwa über den Egelsberg bei Traar und von dort
aus hart an der Ostseite der Niepkuhlen entlang nach Vluyn anzu-
nehmen hätte. Hier ist wieder eine Gabelung, und nun geht die Grenze
weiter nördlich über die vereinzelten Hügel des Gulix-, Rayer und
Eyllschen Berges zum Kamper Berg , indem sie unmittelbar vor dem
letzteren abermals eine Flußgabelung (zwischen dem Fleuthbach und
der Fossa Eugeniana) überschreitet. Vom Kamper Berge zieht sie sich
*) Hosius, in: Verh. nat. Ver. d. Rheinlande 44, S. 1.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 29
am Ostrande der Bönninghardt und deren Nordseite entlang, durch-
quert die flache Niederung östlich von Sonsbeck und geht am Ostabfall
der Hügel von Labbeck und Marienbaum weiter. In der Senke des
Üdemer Bruchs zwischen diesen Hügeln und den nordwestlich folgen-
den Höhen ist noch einmal die Wasserscheide fast völlig unmerkbar,
und von nun an endlich haben wir in dem Ost- und Nordabfall der
Hügel und höher gelegenen Flächen von Xanten über Kleve und Kranen-
burg nach den Niederlanden hinein eine ununterbrochene, scharfe und
deutliche Abgrenzung des Rheinthals.
Die so begrenzte Niederung des Rheinstroms ist mit Ausnahme
der kleinen Hügelgruppe bei Xanten auf der linken und des Eltener
Berges auf der rechten Rheinseite, die aber beide im Zusammenhang
mit den übrigen linksrheinischen Hügeln zu besprechen sein werden,
fast völlig flach. Nur ganz geringe örtliche Unterschiede meist von
nur wenigen Metern sind vorhanden, und die meisten derartigen
Böschungen deuten durch ihren Verlauf darauf hin, daß sie die Ufer
ehemaliger Stromläufe des Rheins gebildet haben. Solche verlassene
Strombetten sind überaus häufig und bezeugen den vielfachen Wechsel
der Stromrichtung seit vorgeschichtlichen Zeiten bis in das letzte Jahr-
hundert hinein. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, den Zusammen-
hang und das zeitliche Entstehen und Verschwinden dieser Stromläufe
zu verfolgen; wir wollen nur kurz an der Hand der Karte die wich-
tigeren derselben hervorheben.
So erkennen wir ehemalige Rheinläufe auf der rechten Seite
des jetzigen Stroms in der Niederung des Duisburger Hafens, im unteren
Emscherlauf, in der von dem Bruchgraben eingenommenen Serpentine
nördlich von Beeck bis zur Mündung des Holtener Mühlenbachs. Die
Niederung nördlich von Walsum, ebenso die von Vörde um Löhnen
herum nach Mehrum führende, jetzt vom Mommbach durchflossene
Niederung zeigen deutlich ihre Eigenschaft als verlassene Strombetten.
Der jetzige westliche Stromlauf bei Wesel wurde erst seit 1784 künst-
lich hergestellt, um die gefährlichen Eisgänge von der Festung abzu-
lenken; das frühere Bett versandete mehr und mehr und wurde 1894
endlich durch einen mächtigen Damm ganz abgesperrt und in einen
Hafen verwandelt ^).
Auf der jetzigen linken Seite sind die alten Strombetten noch
zahlreicher. Schon das Kliedbruch samt seiner Fortsetzung, den zur
Niers führenden Brüchen, haben wir als ehemaligen Rheinlauf anzu-
sprechen, der sich einstmals weiter westlich der Maas zuwandte. Auch
in den Niepkuhlen und den in vielverschlungenen Windungen angeord-
neten Wasserflächen der Niederung zwischen der Bönninghardt und den
Höhen bei Sevelen, wie auch im Laufe des Mörsbaches und der Alpschen
Ley sehen wir vorzeitliche Stromrichtungen angedeutet. Scharf aus-
geprägt ist die alte Stromkrümmung über Bergbeim und Ostrum nach
jSssenberg, dann die von Baerl nach Orsoy, weniger die von hier über
^) Jahresbericht der Handelskammer zu Wesel, mit den Wahlbezirken
Wesel, Emmerich und Bocholt für das Jahr 1894, S. 45. — (Handelskammer-
berichte werden fortan stets mit H.-K.-B. abgekürzt!)
30 E. Ambrosius.
Budberg nach Rheinberg. Nördlich von Eversael bog der Rhein noch
bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hinein von seinem jetzigen Laufe
südwärts ab und floß unmittelbar an Rheinberg vorbei und durch den
jetzigen Rheinberger Kanal. Ein anderer Rheinlauf zog sich von
Ossenberg über Borth und Menzelen, und die große Schleife nach Süden
bei Birten, die noch jetzt ein breiter Wasserlauf, der Alte Rhein, ein-
nimmt, wurde vom Strom erst verlassen, nachdem 1788/89 der „Bis-
licher Kanal" gerade westwärts gegraben war, hauptsächlich um die
Gefahren der Eisstopfungen abzuwenden. Der neue Durchstich, seit
1790 befahren, bildet seit der Abbauung des südlichen Nebenarms das
Bett des ganzen Stroms ^).
Weit zahlreicher noch als vorher werden die alten Stromläufe unter-
halb von Wesel und Xanten. Ein Arm, oder besser ein Rheinlauf, ging
von Xanten über Kaikar und Kleve an Donsbrüggen und Kranenburg
vorbei durch das Wyler Meer nach der Waal bei Nim wegen; eine Tei-
lung fand bei Kleve statt, von wo der nordwärts gehende Arm den
Namen Rhein behielt, während der westliche Vahalis (Waal) hieß. Nach-
dem durch Drusus der westliche Arm abgeschnitten war, erfolgte die Tei-
lung erst weiter nördlich. Später, vielleicht seit etwa 1000 n. Chr., ver-
lief der Rhein weiter östlich über Vynen, HaJBFen, Rees, Esserden, Praest,
Dornick, nördlich von Bylerward und Huisberden vorbei über Warbeyen,
Kellen, Griethausen und weiter über Schenkenschanz. Einige kleinere
Flußarme unmittelbar abwärts von Wesel liegen jetzt zum größten Teil
trocken. Ein weiterer großer vorgeschichtlicher Rheinlauf zog sich über
BisHch, Diersfordt, Mehr an Haldern vorbei durch die Bruchgegend an
der jetzigen deutsch-niederländischen Grenze nach dem Südfuße des
Eltenberges (wie Iltgen ^) annimmt), oder auch vielleicht nach der Issel
bei Anholt (nach „Der Rheinstrom **) ^), und weiter zum Zuider See.
Zahlreiche Verbindungsarme haben jedenfalls zwischen den einzelnen
Hauptstromlinien bestanden, und es ist ja auch nicht anzunehmen, daß
ein vom Strome einmal benutzter Weg mit einemmal völhg verlassen
worden wäre; oft werden vielmehr lange Zeiten hindurch mehrere
große Flußarme nebeneinander bestanden haben, bis sich der Strom
endgültig von dem alten Bette ganz abwandte. Die Spuren all dieser
ehemaligen Rheinläufe sind uns in einem wirren Netz von Rinnen er-
halten, die teils Bäche und Flüßchen in ihrem Grunde beherbergen, teils
stehende Gewässer von mehr oder minder großer Ausdehnung, Über-
reste natürlich oder künstlich abgeschnürter Stromstrecken von oft be-
trächtlicher Tiefe. Man kann sagen, daß abwärts der Lippemündung
im Rheinthal (außer der am östlichen Rande fließenden Issel) kein
einziges selbständiges Gewässer vorkommt, sondern alle die Überreste
der zahlreichen Rheinarme vergangener Jahrhunderte sind *).
*) Der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse von den Quellen
bis zum Austritt des Stromes aus dem Deutschen Reich, hrsg. von dem Central-
bureau für Meteorologie und Hydrographie im Großherzogtum Baden. Berlin
1889, S. 90.
2) p Iltgen, a. a, 0., S. 11.
3) Der Rheinstrom, S. 89.
*) V^l. auch F. Iltgen, a. a. 0., S. 10.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 31
Der jetzige Lauf des Stromes rührt (nach Iltgen u. a.) in der
Hauptsache aus dem Ende des 13. Jahrhunderts her, nachdem kurz
vor 1237 die Emraericher Bürger im Streit mit dem Kapitel von Domik
einen Graben durch die Immunität des Kapitels zogen, der sich all-
mäMich zum Hauptstrom herausbildete. Die neuesten großen Ver-
änderungen sind der Durchstich bei Grieth im Jahre 1819 — 22 und
die Abschneidung des bei Schenkenschanz sich abzweigenden Rhein-
arms und damit die Verlegung der Rheindeltaspitze einige Kilometer
abwärts auf jetzt niederländisches Gebiet in den 1770er Jahren.
Der Boden dieser breiten Rheinniederung wird durchweg von
den Anschwemmungen des Flusses selbst gebildet. Er ist im Über-
schwemmungsgebiet, zu beiden Seiten des Stromlaufs, ein äußerst frucht-
barer Marschboden aus Rheinschlick von mehreren Metern Mächtigkeit.
Auch in weiterer Entfernung vom Flusse zeigt die Krume meist „einen
fetten Lehm, der teils rein, teils mit feinem Sande untermischt ist" ^).
Stellenweise finden sich aber auch Sandablagerungen, die durch die
Überschwemmungen verursacht wurden, wie z. B. die fast 1 qkm
Fläche bedeckenden „Dünen'* an der Südostseite des Dorfes Wissel.
Sandige Ablagerungen finden sich auch an beiden Seiten der unteren
Lippe und in der Flürener Heide nördlich und nordwestlich von
Wesel, wo sie niedrige, im Schneppenberg bis zu 23 m über die
Thalsohle aufsteigende, waldbedeckte Erhebungen bilden. Der Unter-
grund dieses Schlickbodens und der Sandablagerungen wird bis zu
15 — 30 m aus Sand und Geschieben gebildet, besonders großen Massen
kiesigen Gerölls, unter welchen bis auf teilweise bedeutende Tiefen
sandige und thonige Ablagerungen folgen, die meist der Tertiärzeit
angehören.
Da die ganze Niederung bis gegen Wesel hinauf unter 20, der
übrige Teil bis auf geringe Strecken unter 30 m Meereshöhe liegt, der
Rhein aber mit 25 m Meereshöhe in unser Gebiet eintritt, so kann die
Uferhöhe über dem Fluß im allgemeinen nur gering sein. Hohes Ufer
tritt denn auch nur an wenigen Stellen an den Fluß heran, so bei
Duisburg (das Hochfeld), beiWalsum, am Rheinknie oberhalb Görsicker,
bei Spellen, Wesel und Fluren und an mehreren Stellen der linken
Rheinseite , wie besonders zwischen Essenberg und Baerl (Homberg =
Hohenberg, Hochstraß, Hochheide!). Sonst beträgt die Uferhöhe fast
durchweg nur wenige Meter, und infolgedessen ist der Rhein auf beiden
Seiten von einem mehr oder weniger breiten natürlichen Über-
schwemmungsgebiet begleitet. Dieses ist^) bei Ürdingen nur
wenige Kilometer breit, verbreitert sich aber rasch auf etwa 15 km
zwischen Neukirchen und Meiderich-Hamborn, um sich allmählich wieder
auf 5^2 km zusammenzuziehen (zwischen Bönninghardt und Spellen).
Das rechtsseitige Überschwemmungsgebiet beginnt bei der Mündung
des Duisburger Hafens und umfaßt außer der Gegend der Ruhr- und
Emschermündung nur die von den Seite 29 genannten alten Flußwin-
dungen eingefaßten Gelände; das linksseitige erstreckt sich ungefähr bis zu
*) A. Meitzen, Der Boden . . . des preußischen Staats, Bd. I, S. 290.
2) Der Rheinstrom, Atlas, Tafel 21 u. 22.
32 E. Ambroaius.
einer Linie von Ürdingen über Kapellen, Neukirchen, Rossenray nach
Alpen; einige Ausbuchtungen ziehen sich bis an den Eyllschen Berg
und in die Nähe von Eamp. In diesem oberen Abschnitt sind aber
verschiedene größere und kleinere hochwasserfreie Inseln, so auf der
rechten Seite Beeck — Ruhrort und Meiderich liegen auf einer zwischen
Emscher und Ruhr bis an den Rhein vorspringenden hochwasserfreien
Halbinsel — und auf der linken Seite eine ganze Anzahl, wie die Ge-
biete von Hohenbudberg-Kaldenhausen, von Essenberg-Homberg-Hoch-
heide und von Baerl, sowie die Gegend westlich von Rheinberg und
Ossenberg. Die letzteren Inseln werden nur durch einige schmale
Flußrinnen von dem zusammenhängenden hochwasserfreien Gebiet ge-
trennt, so daß das eigentliche ununterbrochene Überschwemmungs-
gebiet bei Ossenburg sogar auf 2 km eingeschnürt ist. Von hier an
nimmt es, nur zwischen Fluren und Xanten noch einmal auf 4^/2 km
eingeengt, fortwährend an Breite zu und erstreckt sich bald über das
ganze Rheinthal. Unterhalb Haldern vereinigt es sich mit dem Über-
schwemmungsgebiet der Issel, von dem es bis hierhin durch eine löichte
Bodenschwelle getrennt war. Weiter abwärts bleibt nur ein kleines
Stück Land nördlich von Emmerich und der Eltener Berg hoch-
wasserfrei. Auf der linken Rheinseite reicht das natürliche Über-
schwemmungsgebiet bis zu einer Linie von Xanten über Marienbaum
an den Rand des Elever Höhenzuges und dann an diesem entlang bis
nach Wyler.
Diese Niederungen hat man schon seit alten Zeiten gegen die
mitunter verheerenden Wirkungen der Hochfluten und der Eisgänge zu
schützen gesucht durch ein System von mehr oder minder vollkommenen
Deichen. Da diese Deiche aber zu ganz verschiedenen Zeiten und
fast stets nur um augenblicklichen Bedürfnissen abzuhelfen, entstanden
sind, und erst in unserem Jahrhundert an einigen Stellen Verbesserungen
und Regulierungen angebracht wurden, so ist ihr Verlauf durchaus
regellos. Außer den Banndeichen, den höchsten und stärksten, die
entweder vollkommenen Schutz gegen Hochwasser gewähren, oder doch
nur bei ganz außergewöhnlichen Fluten überlaufen, unterscheidet man
noch Winterdeiche, die wenigstens das gewöhnliche Winterhochwasser
abhalten, und Sommerdeiche, die nur Schutz gegen das gewöhnliche
Sommerhochwasser bieten, das Winterhochwasser aber überlaufen lassen.
Auf unserer Karte sind nur die wichtigsten, die Banndeiche, ein-
gezeichnet. Ihre Unterbrechungen zeigen meist solche Stellen an, wo
das Gelände von Natur hoch genug ist, um Hochwasserschutz zu
gewähren. Man erkennt hier sofort die außerordentlich verschiedene
Breite des Hoch Wasserdurchschnitts des Stroms. Während die Hochflut
oberhalb der Duisburger Rheinbrücke auf ^/4 km zusammengedrängt
wird, bildet sie in der Gegend der Emschermündung ein Becken von
etwa 4 km Breite ; derartige Engen und Becken folgen sich ununter-
brochen, ja zwischen den Deichen von Domik über Emmerich nach
Hüthum und denen von Wissel bis Kellen ist ein mittlerer Abstand
von 5 — 6 km, der sich bei Griethausen wieder auf etwa 2 ^/« km ver-
ringert. Den Mißstand der fortwährend wechselnden Ausbreitung
und Einschnürung des Hochwasserbetts hat man besonders wegen der
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 33
dadurch häufig veranlaßten gefährlichen Eisstopfungen schon oft zu
beseitigen versucht, jedoch ohne Erfolgt).
Innerhalb dieses Hochflutbettes, das ihm in der weiten Niederung
von Menschenhand angewiesen ist, rollt ruhig und mächtig Deutschlands
schönster und gewaltigster Strom, der Rhein, seine Fluten dahin.
Seine Breite wechselt häufig. Etwas über 300 m breit tritt er bei
Ürdingen in unser Gebiet ein, wird westlich von Beeck über 500 m
breit, um sich unmittelbar darauf an dem Knie bei Baerl auf 250 m
zusammenzuziehen. Von 500 m bei Görsicker sinkt die Breite auf
etwa 230 an der Mündung des Rheinberger Kanals ; an der Weseler
Eisenbahnbrücke beträgt sie 380, bei Xanten kaum 200 m, 1 ^2 km
oberhalb Rees etwa 240, ebensoweit unterhalb gegen 640 m, etwas
unterhalb Emmerich ebensoviel und beim Austritt aus dem Reich bei
Bimmen 430 m.
Die Tiefe ist natürlich auch sehr verschieden, da an starken
Stromverengungen auch meist tiefe Auskolkungen vorhanden sind,
anderwärts wieder Sandbänke von wechselnder Gestalt sich bilden. Im
Mittel beträgt sie 3 — 5 m. Das Gefälle beträgt auf der ganzen
101 km langen Strecke von Ürdingen (25 m ü. M.) bis zur Grenze (11 m)
nur 14m, also Im auf 7,215km oder 0,14^/oo. Dieses Gefälle ist
aber auf die verschiedenen Strecken des Flußlaufs ungleich verteilt;
so beträgt das Durchschnittsgefälle auf der Strecke von Ürdingen bis
zur Ruhrmündung fast 0,19 ^/oo, von Ruhrort bis Stapp (westl. von
Dinslaken) 0,15^/oo, von dort bis Wesel 0,17^/oo; von Wesel bis Rees
fällt der Fluß 0,13^/oo, und von hier bis zur Spycker Fähre 0,14^/oo^).
Ein paar Stellen stärkeren Gefälles, „Schnellen", befinden sich bei
Orsoy und bei Görsicker^). Die Stromgeschwindigkeit wechselt
naturgemäß mit dem Gefälle und dem Wasserstand; im Durchschnitt
kann man sie bei Mittel Wasserstand auf 1,3 — 1,6 m in der Sekunde
annehmen*). Bei niedrigem Wasserstand geht sie bis auf 1 m in der
Sekunde herunter^). Dem geringen Gefälle entsprechend kann der
Strom auf dieser Strecke seines Laufs keine größeren Gerolle mehr
bewegen, sondern transportiert nur noch solche bis etwas über Walnuß-
größe neben ganz beträchtlichen Mengen Sand und Schlick.
Die Wassermasse des Rheins ist mit einiger Sicherheit noch
nicht festgestellt worden^). Meitzen veranschlagt sie an der hol-
ländischen Grenze beim höchsten Wasser auf 200000, beim kleinsten
auf 30 000 Kubikfuß'). In dem Rheinstromwerke®) wird die Wassermasse
bei Emmerich schätzungsweise bei außergewöhnlichen Hochständen,
^) Ebenda, S. 260.
^ Berechnet nach den Angaben in: „Der Rheinstrom**.
') Statistik des Deutschen Reichs, Bd. XV; Die deutschen Wasser-
straßen. Beschreibendes Verzeichnis nach dem Stande des Jahres 1873; hrsg.
vom Kais. Statistischen Amt. Berlin 1876, S. 300. — A. Meitzen, Der Boden des
preuß. Staats, Bd. I, S. 121.
^) Statistik des Deutschen Reichs, XV, S. 301.
^) A. Meitzen, Der Boden des preuß. Staats, Bd. V, S. 398.
^) Vgl. darüber „Der RheinstromS S. 149 f.
') A. Mei^izen, a. a. 0., Bd. I, S. 121.
®) Der Rheinstrom S. 218.
34 E« Ambrosius.
wie 1882/83, zu 9000 cbm angenommen, „eine Zahl, die allem Anschein
nach eher zu hoch als zu niedrig ist**. A. Beekmann^) schätzt die
mittlere Wassermenge an der deutsch-holländischen Grenze auf 2200,
bei Hochwasser auf 10 — 12000 cbm. Ein ähnliches Verhältnis habeo
wir in den berechneten Querdurchschnitten bei Hoch- und Niedrigwasser,
die unterhalb Wesel 5631 bezw. 814 qm messen^). Dieser außerordent-
lich geringe Unterschied zwischen der Wassermasse bei Hoch- und
Niedrigwasser rührt her von dem reichlichen Zufluß, den die ab-
schmelzenden Schnee- und Gletschermassen der Alpen dem Rhein bis
spät in den Sommer hinein zuführen, und durch die das Fehlen stärkerer
Wasserzufuhr in den dem Mittelgebirge entspringenden Nebenflüssen
den Sommer über ausgeglichen wird. Wie außerordentlich günstig
das Verhältnis ist, zeigt ein Vergleich mit der Ruhr und der Lippe.
Stellt sich beim Rhein das Verhältnis von Niedrig- zu Hochwasser ei^a
wie 1:7, so ist es bei der Lippe 1 : 54 (10,6 und 624 cbm) und bei
der Ruhr gar 1 : 192 (8,6 und 1650 cbm)^). Trotz dieser günstigen Ver-
teilung des Wassers im Laufe des Jahres, die den Rhein in so hervor-
ragendem Maße zu einer brauchbaren SchiiBFahrtsstraße macht, ist der
Abstand zwischen hohem und niedrigem Wasserstand doch immerhin
nicht unbedeutend. Bei Ruhrort bewegten sich die äußersten Wasser-
stände der Jahre 1851 — 86 zwischen (Dez. 1871) und 9,05 m
(März 1855), bei Emmerich zwischen — 0,29 (Jan. 1865) und 7,53 m
(März 1855)*). Im allgemeinen tritt Hochwasser am Niederrhein
im Winter und im Frühjahr ein, ein geringeres noch einmal im Beginn
des Sommers, worauf der Wasserstand allmählich zurückgeht, um im
Oktober seinen tiefsten Stand zu erreichen. Doch sind diese Verhältnisse
von Jahr zu Jahr oft beträchtlichem Wechsel unterworfen.
Für gewöhnlich verlaufen die Hochwasser des Rheins sich wieder
ohne Schaden zu thun; ja für die ausgedehnten Weideländereien an
den ufern unseres Niederrheins sind sie eine Quelle unerschöpflicher
Fruchtbarkeit, da sie überall, wohin sie reichen, ihren befruchtenden
Schlamm und Schlick ablagern und dadurch diese Flußmarschen zu
den fruchtbarsten und ergiebigsten von ganz Deutschland machen.
Durchschnittlich drei Wochen im Jahre treten am Rhein Eis-
bildungen ein; die Hälfte dieser Zeit fällt in den Januar. Häufig
setzt sich das Treibeis an dazu geeigneten Stellen fest und bildet dann
mehr oder weniger ausgedehnte Flächen von Deckeis. Der bedeutendste
Eisstand war der des Winters 1829/30, indem von der 430 km langen
Strecke von Mannheim bis zur holländischen Grenze etwa 350 mit Eis
bedeckt waren ^). Erfolgt nun, was glücklicherweise meist der Fall ist,
der Aufbruch des Eises von unten herauf, so gehen die Eisraassen ohne
Schaden ab. Geht jedoch das Eis des Oberrheins zuerst los und treibt
auf das festsitzende Eis des Niederrheins, ohne daß das gleichzeitige
^) A. A. Beekmann, De Rijn van onzen Tijd als groote Handelsweg. In:
Tijdschrift der Aardrijkskundig Genootschap, Tweede Serie, Deel XII, 1895, S. 170.
2) Der Rheinstrom, S. 103.
^) A. Meitzen a. a. 0., Bd. I, S. 121. — Der Rheinstrom, S. 218.
^) Der Rheinstrom, S. 213.
•'^) Ebenda, S. 216.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 35
Hochwasser stark genug ist, diese Eisdecke zu sprengen und wegzu-
räumen, so bilden sich leicht die überaus gefährlichen Eisstopfungen.
Diese führen manchmal gewaltige Katastrophen herbei, wie sie z. B.
am Niederrhein in den Jahren 1838, 1850 und 1855 eintraten, und an
vielen Stellen zeigen tief ausgewühlte Kolke vor und hinter den Deichen
noch die Spuren verheerender Deichbrüche schon von alten Zeiten her.
In neuerer Zeit hat sich diese Gefahr durch mancherlei Verbesserungs-
arbeiten allerdings wesentlich verringert.
Den Lauf des Rheinstroms in unserem Gebiete können wir
zwanglos in zwei fast genau gleich lange Teile zerlegen. Die erste
Hälfte reicht von XJrdingen bis zur Mündung der Lippe, bis Wesel
und ist 50 km, die zweite von hier bis zur holländischen Grenze 51 km
lang. Bei Ürdingen macht der Rheiü auf seinem bisher nordwestlichen
Lauf eine Wendung und hält von hier bis Wesel bei einer Reihe nicht
unbeträchtlicher Krümmungen (Entfernung zu Lauf ränge= 1 : 1,51) im
wesentlichen Nordrichtung ein. Auf dieser Strecke erhält er von rechts
her die letzten selbständigen größeren Nebenflüsse, die Ruhr, die Emscher
und die Lippe , und von kleineren die Anger unterhalb Ürdingens, die
aber nicht mehr in unser Gebiet tritt, den Holtener Mühlbach, den
Roten Bach und die Momm; auf der linken Seite nimmt er unterhalb
Rheinbergs den Mörsbach auf, der aber, wie alle linksrheinischen Zuflüsse
unterhalb Ürdingens eigentlich gar kein selbständiger Fluß ist, sondern
nur die Wasseransammlungen in den zahlreichen alten Rheinstrombetten
vereinigt und in trägem Laufe in den jetzigen Rhein abführt. Inseln
sind auf der Strecke von Ürdingen bis Wesel nicht mehr vorhanden,
nachdem die bei Hohenbudberg verlandet ist und die künstlich entstandene
Büdericher Insel bei Wesel nun auch bald wieder landfest werden wird.
Die Ruhr mündet bei Ruhrort in den Rhein. Ihre Quelle liegt,
235 km von der Mündung entfernt, auf dem Winterberger Plateau in
der Nähe des Kahlen Astenbergs, 664 m ü. M. Von Witten an (82 m)
ist sie 76 km weit in den 20er und 30er Jahren des 19. Jahrhunderts
durch umfassende Schleusen- und Korrektionsbauten schiffbar gemacht
worden. Die letzte Schleuse liegt bei Mülheim in 33 m Meereshöhe,
so daß das Gefälle von dort bis zur Mündung (ca. 14 km) wieder recht
stark, 0,85 ®/oo, ist. Gleich unterhalb Mülheims tritt die Ruhr in eine weite
Ausbuchtung des Rheinthals. Soweit sie in unser Gebiet fällt, d. h. von
der Stelle an, wo sie beim Duisburger Kaiserberg ins offene Rheinthal
tritt, schwankt ihre Breite zwischen 50 und 100 m. Viele teilweise
noch heute mit Wasser gefüllte, jetzt abgeschnürte ehemalige Flußbetten
zeugen noch von früheren häufigen Veränderungen ihres Laufs. Von
Süden nahm sie, wenige Kilometer vor ihrer Mündung, den Dickels-
bach auf, dessen Niederung in den 40er Jahren zur Anlage eines
Schiffahrtskanals von der Ruhr nach Duisburg im Anschluss an den
nach dem Rhein benutzt wurde. Seitdem dieser aber Ende der 80er Jahre
zu einem großen Hafen umgebaut wurde, wurde die Verbindung mit
der Ruhr abgeschnitten, die ja doch wegen des Aufhörens der Ruhr-
schiffahrt keinen Wert mehr hatte. Die Tiefe der Ruhr wechselt außer-
ordentlich stark, zwischen 1 und 9 m und mehr. Ihre Hochfluten, die
meist ganz plötzlich eintreten und vorzugsweise in die Monate N^^^^ssk^^^-^
38 E. Ambrosius.
Der zweite Abschnitt des Rheinlaufs reicht von Wesel
bis zur holländischen Grenze. Bei Wesel macht der Strom ein scharfes
Knie, indem er die bis hierhin innegehaltene Nordrichtung aufgiebt
und eine ausgesprochene Nordwestrichtung annimmt, die von Emmerich
ab noch mehr nach Westen neigt. So bedeutende Krümmungen wie
in der ersten Hälfte kommen nun nicht mehr vor, und während von
Urdingen bis Wesel die gradlinige Entfernung zum Stromlauf ein
Verhältnis von 1 : 1,51 zeigte, ist bei der 46 km weiten Entfernung
von hier bis zur Grenze das Verhältnis 1 : 1,13. Auf dieser ganzen
Strecke erhält der Rhein überhaupt keine selbständigen Nebenflüsse
mehr. Um so größer wird dafür die Neigung des Stroms zu Ver-
zweigungen und Inselbildung und außerordentlich zahlreich sind die
toten Arme und die hier vielfach „Meere** genannten abgeschnürten
größeren Wasserflächen, die Überbleibsel ehemaliger Stromläufe. Wirk-
liche Inseln sind allerdings jetzt hier auch nicht mehr vorhanden,
nachdem auch das Grieth gegenüberliegende Grietherort durch einen
Damm an die rechte Rheinseite angeschlossen ist, aber eine große Zahl
der früheren Inseln sind noch jetzt bis auf kurze Verbindungsstücke
von Wasser umgeben. Solche sind das Römerward und die Kartäuser
Grav-Insel unmittelbar unterhalb Wesel, das Hollandswaard bei Bislich,
das Reesereiland, Reeserwaard und Grietherbusch, das erwähnte Griether-
ort, links die schon im vorigen Abschnitt genannte Bislicher Insel und
das Emmericher Eüand. Die bedeutendsten .Meere« sind das BeUing-
hover bei Mehr, nördlich davon das Hagener Meer, das Schmale Meer
bei Bergs wick, das Hurler und das Millinger Meer, dann der Alte
Rhein bei Brienen und das Wild am Fuße des Eltener Berges. Links
haben wir den Alten Rhein von Birten, das Boetzelaerer Meer bei
Appeldorn, das Kalflach von Till bis gegenüber von Emmerich, das
daran angeschlossene Volksgatt, das Kirmesdahl bei Kleve, den Alten
Rhein von Warbeyen über Griethausen und Schenkenschanz nach
Keeken und endlich ganz im Westen das Wyler Meer. Die rechts-
seitigen Gewässer des Rheinthals sind im Grunde genommen nur Gräben,
die die einzelnen Meere unter sich und mit dem Rhein in Verbindung
bringen. Hervorzuheben sind die Bislicher Ley, die von Diersfordt
kommend in großen Krümmungen zum Alten Rhein von Rees zieht;
die „Landwehr**, die aus dem Nordende des Millinger Meers hervor-
gehend, in zwei großen nordwärts gerichteten Bögen die deutsch-
niederländische Grenze bildet und bei Emmerich in den Rhein mündet,
nachdem sie vorher ihre Eigenschaft als Grenzfluß an den „Kanal**
abgegeben hat. Dieser durchfließt am Südfuße des Eltener Berges das
Wüd und wendet sich dann nordwestlich den alten Rheinläufen auf
niederländischem Gebiet zu. Besonders die Gegend an der Landwehr
und dem Wild ist von einer großen Menge von Wassergräben durch-
zogen und trägt vollkommen niederländischen Charakter.
Die Wasserläufe der linken Rheinseite zerfallen in drei Gruppen.
Die erste umfaßt das Kalflach und seine Zuflüsse, die zweite die Zu-
flüsse des Schenkenschanzer Alten Rheins und die letzte endlich die
Gewässer der DüJBFelt, d. h. der westlich vom Spoykanal sich zwischen
dem Klever Höhenzug und dem Rhein ausdehnenden Landschaft.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 39
Außerdem noch ist die bei Xanten am Nordfuße des Fürstenberges
entspringende, an Wardt vorbei zum Rheine gehende Piß-Ley zu er-
wähnen. Am weitesten ausgedehnt ist das Zuflußgebiet des Kaiflachs.
Diesen Namen trägt eine Folge von alten Flußarmen, die, unmittelbar
nördlich von Kaikar beginnend, sich nordwärts zieht und Emmerich
gegenüber den jetzigen Rhein erreicht. Außer einer Menge von Ent-
wässerungsgräben stößt noch das den südlichen Abschluß des Emmericher
Eilands bildende Volksgatt zu ihm. An seiner südlichsten Spitze bei
Kaikar nimmt das Kalf lach die Ley oder Hohe Ley auf. Diese entsteht
weit südlich in der Ebene zwischen dem Fürstenberg und den westlich
und südlich davon liegenden Höhen. Sie hält sich, von zahlreichen
Oräben begleitet, in ziemlich gestrecktem Lauf nahe dem Ostrand der
Labbecker Höhen (Balberger Wald und Hochwald), nimmt die von der
Westseite des Fürstenbergs kommende Tacke Ley auf und sendet dann
der ebenfalls vom Fuße des Fürstenbergs herfließenden BuUendonks
Ley durch die vielverschlungenen Windungen eines alten Strombetts
hindurch mehrere Zweige zu, um sich endlich bei Marienbaum mit ihr
zu einem Flußfaden zu vereinigen. Bald darauf empfängt sie bei
Appeldorn den Abfluß des Boetzelaerer Meeres und fließt endlich, das
Städtchen Kaikar rings umziehend, nordwärts ins Kalflach.
Ein bei der Einmündung des Volksgatts abgehender schmaler,
in weitem Bogen nach Norden ausbiegender Graben stellt eine Ver-
bindung her zwischen dem Kalflach, das von links her gar keine Zu-
flüsse erhält und dem Warbeyen im Süden und Westen umziehenden,
dann über Griethausen und Schenkenschanz in nordwestlicher Richtung
bei Keeken sich in den jetzigen Strom ergießenden Alten Rhein.
Dieser empfängt mittwegs zwischen Griethausen und Schenkenschanz
durch die Schleuse des Spoykanals die außerhalb des Banndeichs
zwischen diesem und den Klever Höhen von Kaikar bis Kleve sich
sammelnden Gewässer. Der ganze Landstrich ist feucht und von vielen
Gräben durchzogen, deren Wasser sich in dem 1^/4 km langen und
50 — 70 m breiten Kirmesdahl bei Kleve sammeln und durch den in
den 1840er Jahren gegrabenen Spoykanal von Kleve nach Brienen
in den Alten Rhein geführt werden. Der vormalige zweite Abfluß^)
des Kirmesdahls ist in einem westlich vom Spoykanal hinziehenden
Graben noch zu erkennen.
Die Düffelt endlich ist fast völlig flach und von einem wahren
Netz von zahllosen Wassergräben völlig übersponnen. Die Sammel-
adem dieses Grabennetzes sind im sumpfigen Süden, dem ehemaligen
Rheinbett am Fuß der Klever Höhen, die sogen. Wallwässerung und
die Große Wässerung, die sich beide im Wyler Meer vereinigen, weiter
nördlich die aus der Gegend von Rindern herfließende Rindernsche
Wässerung, die sich zwischen Niel und Zyfflich durch nach Norden
wendet und von dem Grenzgraben aufgenommen wird. Seinerseits
wieder fließt dieser in der äußersten Nordwestecke unseres Gebiets mit
^) Ant. Fr. Büsching, Erdbeschreibung, Bd. VI (Westfälischer und Chur-
rheinischer Kreis); 7. Aufl., 1790, S. 41.
40 ^* Ambrosius.
dem Ausfluß des Wyler Meers zusammen und ergießt sich dann bei
Nimwegen in die Waal.
Die Issel, deren Lauf nach ihrem Austritt aus dem östlichen
Hügelgebiet völlig im Rheinthal liegt, behält zunächst ihre südwestliche
Richtung noch etwa 4 km weit bei. Auch hier haben wir wieder
dieselbe Erscheinung wie südlich der Lippe, daß den Höhen weite, in
neuerer Zeit durch Anlage von Gräben zur Issel entwässerte und mit
Wald bestandene Bruchstrecken vorgelagert sind. Die Schwarze Heide
liegt links, das Brüner Bruch rechts der Issel. Nur noch 5 ^2 km vom
Rhein entfernt, teilt sich die Issel plötzlich. Ein ganz kleiner Teil
ihres Wassers geht in der alten Richtung weiter als Isselkanal und
mündet nahe unterhalb der Lippemündung in den Rhein ^). Die Haupt-
masse des Flusses aber wendet sich in scharfem Knie rechts ab und
fließt nach Nordwesten dem Rhein parallel meist in ziemlich gestrecktem
Lauf durch das Brüner und Ringenberger Bruch. Unterhalb von Loikum
vereinigt sie sich mit der von rechts kommenden Kleinen Issel und bildet
von hier an die Grenze zwischen Rheinland und Westfalen. Etwas
unterhalb von Isselburg führt ihr die Klevesche Landwehr oder der
Wolfstrang die Gewässer des von zahlreichen Gräben durchzogenen
Werther Bruchs zu, und nun verläßt sie in etwa 15 m ü. M. die Rhein-
provinz, um an der westfälischen Stadt Anholt vorbei auf niederländisches
Gebiet überzutreten. In die Klevesche Landwehr fließt noch ein Bach,
der aus dem Diersfordter Wald nordwestlich von Wesel kommend einen
Streifen mit äußerst unregelmäßigen niedrigen (bis 10 m rel.) dünen-
artigen Erhebungen besetzten, ziemlich stark bewaldeten Landes ent-
wässert. Er vereinigt sich in dem zwischen Haldern und Isselburg
sich erstreckenden Kattenbruch mit dem Haiderner Bache, der bei
Herken einen Teil seiner Gewässer nach links zum Rheine hin entsendet.
In Bezug auf die Bodenbedeckung des Rheinthals ist vor
allem der Streifen Weideland bemerkenswert, der den Rhein auf beiden
Seiten in zunehmender Breite begleitet. Fast alles von den Hochfluten
des Stromes erreichbare Gebiet, besonders natürlich das innerhalb der
Dämme liegende, ist für den Ackerbau wegen der Überschwemmungen
ungeeignet, bietet aber dafür Viehweide von unerschöpflicher natür-
licher Fruchtbarkeit, die Grundlage für die bedeutende Viehwirtschaft
in jenen Landesteilen. Das höher gelegene hochwasserfreie Gelände»
wie auch die durch Deiche hinlänglich geschützten Strecken bilden
einen Ackerboden von zum Teil vorzüglicher Güte. Nur die nicht zahl-
reichen mit Sand überlagerten Striche sind minderwertig, und auf
ihnen sind auch allein ausgedehntere Waldungen anzutreffen, so be-
sonders auf einigen Strecken an der Lippe und auf der leichten Boden-
schwelle, die zwischen Rhein und Issel gelagert ist. Im ganzen übrigen
Rheinthal finden wir nur kaum erwähnenswerte kleine Waldstückchen
über das Land verstreut, so daß die gesamte Bewaldung in diesem
Gebiete nur etwa 11 ^/o des Bodens bedeckt. Beachtenswert sind noch
die vielfach am Rheinufer sich entlang ziehenden Pflanzungen von
Korbweiden.
y V. Dechen, Eriäuterungen, Bd. T, S. 751.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 41
Wenn wir bei der geographischen Beschreibung des Rheinthals
etwas länger verweilt haben, so hat dies darin seinen Grund, daß zu-
nächst das Gebiet des Rheins allein, wie schon erwähnt, fast die Hälfte
des hier zu betrachtenden Gebiets überhaupt ausmacht, daß es ferner
der bei weitem bedeutendste und wichtigste Teil, der Kern des Ganzen
ist, und endlich, daß eine eingehendere geographische Betrachtung gar
manche für die Erkenntnis der Ursachen der Volksdichte wichtige all-
gemeine Thatsachen bietet, auf die dann später im einzelnen nicht
immer von neuem hingewiesen zu werden braucht.
3. Die Irnksrheinisclien Hügelgruppen.
Diese wie eine Reihe von Inseln aus dem Flachlande des Rhein-
und Niersthals sich erhebenden Hügelgruppen beginnen im Süden mit
dem Egelsberg und dem Hülser Berg unweit Krefelds und setzen sich
bis in die äußerste Nordwestspitze unseres Gebiets fort, um erst auf
niederländischem Boden bei Nimwegen an der Waal zu enden. Es sind
im allgemeinen flache, durch breite Thalebenen von einander getrennte
Rücken von sehr verschiedenem Umfang und nicht bedeutender Höhe
(vgl. Profile n und HI). Die größeren unter ihnen, die Höhen zwischen
Tönisberg und Sevelen, die Bönninghardt und die Höhen im Südwesten
von Kleve, steigen von der Seite des Rheinthals ziemlich steil an,
während auf der dem Rhein abgewandten Seite eine ausgedehnte, nur
ganz allmählich sich senkende Stufe vorgelagert ist, die sich endlich
mit einem oft nur wenige Meter hohen Rande scharf gegen die Ebene
absetzt.
Die südlichsten dieser Hügel sind der etwa 4 km nördlich von
Krefeld liegende Egelsberg und der hart an der Grenze, aber schon
außerhalb unseres Gebiets 2 km westlich davon mitten im Kliedbruch.
sich erhebende Hülser Berg. Zwischen beiden dehnt sich das jetzt
von den Niepkuhlen eingenommene alte Rheinbett aus. Der bis 47 m
(etwa 17 m rel.) sich erhebende Egelsberg hat seine steilere Seite nach
Westen, den Niepkuhlen zugekehrt; er zeigt fast herzförmige Umrisse,
ist oben ziemlich eben und trägt nur noch an seinem höchsten Punkte
etwas Wald. Der mehr gestreckte, fast 2 km lange und 600 m breite
Hülser Berg ist auf seinem bis 63 m hohen, von einem Aussichtsturm
gekrönten Rücken wie an seinen allerseits ziemlich steilen Hängen nur
von Wald und Heide bedeckt.
Nur 1 km nordwestlich vom Hülser Berg beginnt eine erst ein
Stückchen westlich, dann fast rein nördlich streichende Kette von
Hügeln, die keinen einheitlichen Namen führt, und die wir deshalb
nach dem gerade vor ihrer Mitte liegenden Dorfe Schaephuysen ^) die
Schaephuysener Höhen nennen wollen. Sie ziehen sich von
Tönisberg an Schaephuysen und Rheurdt vorbei bis Örmter östlich
von Sevelen. Die hervorragendsten Hügel dieser Kette sind der Achter-
^) In den niederdeutschen Namen wird ae wie a, oe wie ö, eu wie ö, ui und
uy wie ü gesprochen.
42 E. Ambrosius.
berg, Wartsberg, Windberg, Hahnenberg, Saelhuyser, Scharden- und
Ormter Berg und nicht weniger als drei Mühlenberge. Im Saelhuyser
Berg erreichen sie 80 m, im Schardenberg 77, und auch die anderen
halten sich meist über 60 m. Der Ostabfall ist ziemlich gleichmäßig,
wenn wir ihn aber vorher ziemlich steil nannten, so ist dies nur sehr
relativ, im Verhältnis zum Westabfall aufzufassen, denn von der höchsten
Höhe mit 80 m bis zur Ebene in etwa 30 m ü. M. beträgt der Abfall
auf 900 m Entfernung immer nur 50 m,, also 1 : 18. So flach ist diese
ganze Gegend am Niederrhein eben, daß selbst solche geringe Höhen-
unterschiede doch schon als höchst bemerkenswert hervortreten und
im Verein natürlich mit der nachher zu besprechenden BodenbeschaflFen-
heit eine Abtrennung eines gesonderten natürlichen Gebiets begründen
und rechtfertigen. Der anfänglich etwas steiler abfallenden Westseite
der Hügelreihe ist hier, wie schon erwähnt, mit Ausnahme der süd-
lichsten Spitze, ein bei Stenden beginnendes, nach Norden immer breiter
werdendes Plateau vorgelagert, das fast eben, mit kaum merklichen
Erhebungen und Mulden sich von der 40 m-Höhenlinie nur um wenige
Meter ganz allmählich senkt und dann in einem deutlich ausgeprägten
schärferen Absatz in die Niederungen der Brüche im Süden und der
Geldemschen und Sevelener Heide im Norden hinabsteigt (vgl. Profil I).
Nur an der Nordwestspitze . ist der Absatz weniger deutlich. Die ganzen
Schaephuysener Höhen tragen nur noch wenig Wald und Heide, meist
nur auf den höchsten Erhebungen.
Nördlich von Vluyn beginnt, von der vorigen Hügelreihe durch
eine 3 — 4 km breite Niederung getrennt, eine Folge wenig umfänglicher
Erhebungen von gestreckter Form, mit stellenweise steileren Abfallen.
Es sind dies von Süd nach Nord der Gulixberg (46 m), der Ray er
Berg (64 m; vgl. Profil H), der Eyllsche Berg (63 m), der Dachs-
berg (57 m), der Kamper Berg oder Hohe Busch (45 m) und der
Niersen-Berg (41 m). Der ausgedehnteste ist der Kamper Berg
mit etwa 1^2 km Länge und 700 m Breite, der Gulixberg ist nur
etwas über V^ ^^ l^ng und V* km breit. Bei den in einer Reihe
liegenden vier ersten Hügeln ist die Haupterstreckung von Südost nach
Nordwest, bei den von den übrigen abseits nebeneinander liegenden
letzten beiden fast rein nördlich. Sie sind alle noch fast ganz mit Wald
bedeckt.
Die nordwärts folgende Erhebung der Bönninghardt, die
einzige, die einen einheitlichen Namen trägt, beginnt etwas über 1 km
vom Kamper Berge und reicht in Dreiecksgestalt bis in die Nähe von
Sonsbeck im Westen und Alpen im Osten. Die höchste Erhebung ist
der Haagsche Berg (58 m) ziemlich in der Mitte des Nordrands,
während der ganze Ostrand sich über 50 m hält. Das bei der Bönning-
hardt diesem Rande vorgelagerte Plateau ist höher als bei den Schaep-
huysener Höhen, der größte Teil hält sich zwischen 40 und 50 m,
dementsprechend ist auch der Abfall in die Ebene viel höher und steiler
(vgl. Profil HI). In den Südwestrand besonders sind vielfach tiefe und
enge Schluchten eingeschnitten. Ein sehr großer Teil der Bönning-
hardt ist mit Wald bedeckt, fast die ganze südliche Hälfte wird von
dem großen zusammenhängenden Staatswald der „Leucht" eingenommen.
Die Volksdichte am deutschen Hiederrhein.
Große Staats Waldungen nehmen
auch einen tiberwiegenden Teil der
nördlich der Bönninghardt folgenden
Hügelgruppe ein , der „Balberger
Waid" und der „Hochwald". Da
auch hier kein zusammenfassender
Name Torhaaden ist, nennen wir die
Gruppe nach der über die Hälfte von
ihr einnehmenden Gemeinde Labbeck
kurz die Labbecker Höhen. Sie
bilden einen halbmondförmig ge-
stalteten, in gerader Linie zwischen
SonBbeck und Marienbaum etwa 9 km
weit sich erstreckenden Rücken, der
von der Bönninghardt durch die etwa
2 km breite Sonsbecker Niederung
geschieden ist. Wenn auch der Ost-
abfall nach dem ßheinthal zu etwas
steiler ist, als der westliche, so ist
doch der letztere viel gleichmäßiger
als bei der Bönninghardt und den
Schaephuysener Höhen und eine aus-
geprägte Stufe hier nicht zu er-
kennen. Die höchste Höbe wird im
Balberger Walde ziemlich in der
Mitte des ganzen Zuges mit 90 m
erreicht; die nördliche Hälfte ist
durchschnittlich etwas höher als die
südliche.
Sozusagen außerhalb der Reihe «
der bis jetzt besprochenen Hügel- ^
gruppen liegt vereinzelt mitten im
Kheinthal die aus zwei durch eine
Einsattelung voneinander getrennten
Erhebungen gebildete Gruppe der
Xantener Höhen. Der östlich
liegende FUrstenberg steigt steil aus
dem seinen Fuß bespülenden Alten
Rhein bis auf 69 m empor und bietet
infolgedessen einen großartigen Rund-
blick über das ganze Rheinthal. Der
südwestlich von ihm liegende Teil der
Gruppe föllt ebenfalls ziemlich steil |
in die von der Hohen Lej durch- J
flossene Niederung ab, die in einer ^
Breite von 1*(4 km die Xantener von 1
den Labbecker Höhen trennt. Dieser 4_._
Ton dem königlichen Forst Hees ein- "
genommene Teil der Xantener Höhen ''
ä I
44 E« Ambrosius.
ist durchgängig etwas höher als der Fürstenberg und erreicht im Süden,
im Drei-Bäumchen-Berg 76 m.
Westlich der Labbecker Höhen stoßen wir jenseits der an ihrer
schmälsten Stelle etwa 1 km breiten Niederung des Üdemer Bruchs
auf die ausgedehnteste aller dieser linksrheinischen Hügelgruppen, die
wir in Ermangelung eines einheitlichen Namens kurz die Klever
Höhen nennen wollen. Das Gebiet derselben zieht sich in wechseln-
der Breite bis in die Niederlande hinein, wo es bei Nimwegen endet.
Dieser Punkt ist von dem südlichsten bei Üdem etwa 37 km entfernt.
Die Breite hält sich bis über Kleve hinaus auf 7 — 10 km, verringert
sich bei Kranenburg auf 5 km, um dann bis zu der Spitze bei Nim-
wegen fast dauernd abzunehmen. Eine bemerkenswerte Einsattelung
zwischen Goch und Kleve läßt uns diese Höhen, soweit sie noch in
unserem Gebiet liegen, in zwei Abschnitte zergliedern, zu denen durch
die Einschnürung südwestlich von Kranenburg ein dritter auf hol-
ländischem Boden kommt. Dem letzteren sind die Hügel von Wyler
zuzurechnen. Überall zeigt der Ost- und Nordrand, d. h. der dem
Rheine zugewandte, die höchsten Erhebungen und diesen lagert nach
Westen und Süden ein sich allmählich senkendes Plateau vor, das
endlich auf einer fast graden Linie von dem südlichsten Punkte bis
nach Holland hinein mit stellenweise recht steilem Rand ins Thal der
Niers abfällt. Der höchste Punkt des ersten Abschnitts ist der steil
zur Ebene des Rheines abfallende Monreberg südlich von Kaikar mit
72 m. Im nördlichen Teile dieses Abschnittes ist der hohe Rand durch
eine unter 30 m herabgehende Einsenkung zerschnitten worden und
von den wieder höheren mittleren Teilen abgetrennt, so daß hier erst
von der Mitte an südwärts die regelmäßige Plateaubildung sich zeigt.
Der hohe Rand aber ist durch eine Reihe bis zu 56 m hoher Er-
hebungen noch deutlich erkennbar. Der zweite, durch die Pfalzdorfer
Einsattelung vom ersten geschiedene Abschnitt enthält in dem von
Kleve aus südwestlich ziehenden, dann südlich von Kranenburg erst
scharf nach Nordwest umbiegenden, aber bald wieder bis zur Reichs-
grenze in die alte Richtung zurückkehrenden Höhenzuge, der seinen
Nordrand bildet, die höchste Erhebung unseres ganzen niederrheinischen
Gebiets. Es ist dies der Klever Berg unmittelbar westlich von Kleve
mit 106 m Höhe. Der ganze Zug bleibt mit Ausnahme der Umbiege-
stellen über 50, meist sogar über 70 m hoch und stellt also von der
nur wenig mehr als 10 m hohen Niederung an seiner Nordseite aus
gesehen eine für jene Gegenden ganz beträchtliche Erhebung dar. Den
größten Teil dieses zweiten Abschnitts der Klever Höhen nimmt der
an 6700 ha große prächtige „Reichswald** ein; in der Pfalzdorfer Ein-
sattelung liegt der gegen 230 ha umfassende „Tannenbusch"; die
Flächen des südlichen Abschnitts dagegen, bis gegen das Ende des
vorigen Jahrhunderts die „Gocher Heide", zeigen jetzt nur an wenigen
Stellen Wald und sind meist in ergiebiges Ackerland umgewandelt.
Das kleine Stückchen des dritten Abschnitts, das größtenteils
waldbedeckt und steil zum Wyler Meer abfallend aus den Niederlanden
auf deutsches Gebiet hinübergreift, erreicht gerade auf der Grenze eine
Höhe von 91 m.
Die Volksdichte am deutschen Niederrheiii. 45
Wegen seiner ganz gleichartigen Bildung müssen wir hier im
Anschluß an die linksrheinischen Hügelgruppen noch den auf der rechten
Rheinseite in etwa 7 V« km Entfernung nordöstlich von Kleve liegenden
Eltener Berg betrachten. Er ist das südwestliche, auf deutsches
Gebiet tretende Ende einer 9 km in Nordost- zu Südwestrichtung sich
erstreckenden, bis 5 km breiten Hügelgruppe und bildet mit dem gegen-
überliegenden Klever Berg gleichsam das Thor, durch das der Rhein
das Deutsche Reich verläßt. Die höchste Höhe liegt im Nordende im
Hettenheuvel (105 m), während das steil zu dem schon früher er-
wähnten „Wild", sanfter nach Nordwest abfallende, fast ganz mit
Wald bedeckte deutsche Stück der Gruppe, eben der Eltener Berg, noch
82 m erreicht.
Alle diese soeben beschriebenen Hügel mit ihren plateauartigen
Vorstufen haben den außerordentlich bemerkenswerten gemeinschaft-
lichen Zug, daß keiner von ihnen ein einziges fließendes oder stehendes
Gewässer aufzuweisen hat, ein ganz auffallender Gegensatz zu dem
Wasserreichtum, ja vielfach der Überfülle an Wasser der Umgebung.
Dieser eigentümliche Zustand rührt daher, daß die ganzen Höhen durch-
gängig aus Sand und Kies mit nur ganz geringer Beimischung von
Lehm bestehen, also für Wasser äußerst durchlässig sind. Nur schlucht-
artige Einschnitte an den Rändern zeigen die Spur des abfließenden
Wassers nach heftigen Regengüssen, sonst hat die Erosion des ab-
fließenden Regenwassers und der Schneeschmelze nur ganz sanfte Formen
zu schaffen vermocht. An tieferen, muldenartig eingesenkten Stellen
flnden sich auch wohl bedeutendere Zusammenschwemmungen des Lehms
und bilden dann recht fruchtbare Landstriche, wie z. B. am Südende
der Klever Höhen in der Gegend von Udem. Zahlreich sind Geröll-
blöcke, meist von geringerer Größe bis höchstens zu 1 m Durchmesser.
Zum Teil bestehen diese aus nordischen Gesteinen, Porphyren, Gneisen,
Graniten, Syeniten, oder aus Kreidegesteinen und besonders zahlreichen
Feuersteinen der Kreideformation Rügens, die hier die Südwestgrenze
ihres Vorkommens erreichen, zum anderen Teil aber, und völlig durch-
einander mit den vorigen lagernd, aus eisenhaltigem Sandstein, Schiefer,
Buntsandstein, Braunkohlensandstein, die aus südlich gelegenen Gegenden
stammen^). Über die wahrscheinlichen Ursachen dieses eigentümlichen
Vorkommens werden später einige Bemerkungen folgen.
4. Das NiersthaL
In einem vorzeitlichen Rheinbett fließt jetzt die Niers parallel zum
Rhein der Maas zu. Nur wenige Meter höheres Steigen würde genügen,
um den Rhein aus der Gegend von Neuß her wieder durch das Bett
der Niers in die Maas abzulenken. Wie unsicher die Wasserscheide
zwischen beiden Flüssen ist, wurde schon bei der Besprechung des
*) E. Königs, Die geologische Vergangenheit der Gegend von Krefeld und
die darauf bezüglichen Funde. In: Verh. d. nat. Ver. d. Rhld., 52 (1895), S. 130 ff.
— V. Dachen, Erläuterungen, Bd. II, S. 754. — Gurlt, in Verh. d. nat. Ver. d.
Rhld., 39, S. 141 ff.
46 ^' Ambrosius.
Rheinthals gezeigt (Seite 28 ff.). Die Ostgrenze des Niersthals wird in
ihrem südlichen Abschnitt gebildet von der linksseitigen Abgrenzung
des Rheinthals, weiterhin durch die Bönninghardt, die Labbecker und
die Klever Höhen. Die kaum erkennbaren Wasserscheiden in den diese
voneinander trennenden Niederungen wurden ebenfalls bereits früher
erwähnt. Die Schaephuysener Höhen mit dem ihnen westlich vor-
gelagerten Plateau erheben sich mitten aus dem Gebiet der Niers heraus
und teilen dasselbe von Geldern' aufwärts in zwei Arme, die aber im
Süden durch die Brüche wieder in Verbindung treten.
Die westliche Grenze des Niersthals wird bezeichnet durch den
Anstieg der zwischen Maas und Niers gelagerten Bodenschwelle, und
zwar auf einer Linie, die südlich von Wankum am Nettbach beginnend
sich zwischen diesem Ort und Wachtendonk durch dicht am linken
Ufer der Niers bis Pont südwestlich von Geldern zieht, nun mehr nord-
westlich sich wendend bei Weeze der Niers noch einmal näher tritt und
dann in fast westlicher Richtung in 'der Hülmer Heide die Reichsgrenze
überschreitet.
Etwa 4 km südlich von Wachtendonk tritt die Niers in unser
Gebiet ein. In 76 m Höhe der Gegend östlich von Erkelenz ent-
sprungen, hat sie in nordnordwestlichem Lauf bei Neersen (40 m) das
schon mehrfach erwähnte breite, mit dem Rheine gemeinsame Thal er-
reicht und fließt nun an dessen westlichem Rande entlang an Viersen,
Süchteln und Grefrath vorbei nordwestlich nach Wachtendonk. Hier
vereinigt sie sich mit dem Nettbach, der von Dülken kommend in
S-förmig gewundenem Lauf eine ganze Reihe größerer Teiche, darunter
zuletzt die vier Kriekenbecker (vgl. Seite 23) durchfließt. Auf der rechten
Seite der Niers tritt an dieselbe das nördlich der höher liegenden
trockenen Landschaft von Kempen und Krefeld sich hinziehende Bruch-
gebiet von Nieukerk, Eyll, Aldekerk, Stenden und Hüls heran; völlig
flach und von zahlreichen Gräben durchzogen, ist es vielfach noch
sumpflg und fast ausschließlich von Wiese und Wald bedeckt. Die
Gewässer dieser Brüche sammeln sich in zwei fast parallelen Wasser-
läufen, deren südlicher, die Schwarze Rahm oder der Springbach,
sich mit dem am nördlichen Rande entlang fließenden Nieukerker
Landwehrbach zu der Geldernschen Fleuth vereinigt. Die
ersten Anfänge des Landwehrbachs haben wir dicht bei Krefeld in den
sich zum Flothbach sammelnden Gräben des Kliedbruchs zu suchen.
Wo dieser auf die Südspitze der Schaephuysener Höhen stößt, sendet
er einen Arm zwischen diesen Höhen und dem Hülser Berg durch
nach Osten zu den Niepkuhlen. Bei Geldern empfängt die Fleuth in
dem ebenfalls Landwehrbach (Sevelener) genannten Wasserlauf
den Abfluß des am Nordrande der Schaephuysener Höhen sich hin-
ziehenden Waldgebiets der Geldernschen und Sevelener Heide und
mündet dann etwa 3 km weiter nördlich in die Niers.
Das Thal der Niers auf der Strecke vom Eintritt in unser Gebiet
bis Geldern war vor der von 1856—60 erfolgten gründlichen Ver-
besserung eine fortlaufende Kette von Sümpfen, Mooren, nassen Wiesen
und „nur nach lang anhaltender Dürre oder nach starkem Frost zu-
gänglichen Holz- und Buschpflanzungen, vielfach auf künstlich erhöhten
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 47
Beeten, zu denen der Boden aus den dazu angelegten Gräben gewonnen
wurde* ^). Durch die umfangreichen Meliorationsbauten ist indessen
jetzt den fortwährenden Überschwemmungen des Niersthals ein Ziel
gesetzt. Durch die vielen künstlichen Entwässerungskanäle und Mühl-
gräben wie auch die natürlichen Spaltungen des Flusses (vgl. besonders
die etwas unterhalb von Wachtendonk nach rechts abzweigende und
erst kurz vor Geldern sich mit dem Hauptflusse wieder vereinigende
Kleine Niers) ist die Niederung wie mit einem dichten Netz über-
zogen.
Von Geldern an wendet sich die Niers, die eine Strecke weit fast
nördlich geflossen war, wieder entschieden nach Nordwesten. Kurz
vor Kevelaer nimmt sie von rechts ihren bedeutendsten Zufluß, die
(Winnekendonker) Fleuth auf. Westlich von Ürdingen bildet
sich dieser Bach in den mächtigen Serpentinen der Niepkuhlen, der
teilweise bis auf einen schmalen Graben ausgefüllten, teilweise aber
auch noch große Wasserflächen zeigenden Reste eines ehemaligen Rhein-
laufs (vgl. Seite 29). Am Ostrande des Kliedbruchs ziehen sie sich
zwischen Egelsberg und Hülserberg durch nordwärts, berühren bei
Tönisberg die Südspitze der Schaephuysener Höhen und gehen an
Vluyn vorbei bis östlich von Rheurdt. Während von hier an die
„Kuhlen'' sich weiter westlich wenden, fließt der ihnen entstammende
Bach als Eyllsche Kendel zwischen dem Eyllschen und dem Dachs-
Berg durch zum Kamper Berge, bei dem er sich gabelt und einen Teil
seiner Gewässer durch die Fossa Eugeniana zum Mörsbach sendet.
Der westliche Arm nimmt den Namen Fleuth (Winnekendonker Fleuth)
an und fließt nordwestlich durch die breite Niederung zwischen den
Schaephuysener Höhen und der Bönninghardt nach Issum. Hier ver-
einigt sich mit ihr die sogen. Nenneper Fleuth, die unter dem Namen
(Schaephuysener) Landwehr hart am Ostrande der Schaephuysener
Höhen entlang fließt, wo sie zwischen Schaephuysen und Rheurdt in
den von der Eyllschen Kendel verlassenen Rheinlauf tritt (Kaplanskuhlen,
Blink). Auch von Issum weiter abwärts begleiten die gewaltigen
Windungen dieses Rheinlaufs mit zum Teil noch recht bedeutenden
Wasserflächen den Lauf der Winnekendonker Fleuth, teilweise werden
sie von ihr selbst durchflössen. Nachdem sie bei Kapellen die am
Südwestabhang der Bönninghardt entlang fließende Helmes Ley auf-
genommen und durch Abzweigung des Water Forth nach Norden hin
eine große Flußinsel gebildet hat, ergießt sie sich nach vielfach ge-
wundenem Lauf bei Winnekendonk in die Niers. Gleich unterhalb
Kevelaer nimmt letztere von links her die D ändert auf, deren ur-
sprüngliche Quelle bei Pont jetzt durch den Nierskanal von dem Unter-
lauf abgeschnitten ist. Die in den Brüchen und Mooren am Fuße der
westlichen Grenzhöhen (Blumenheide, Schwartbroek, Laarbruch, Baaler
Bruch) sich sammelnden Gewässer führt der westlich von Weeze sich
teilende Kendel bach einerseits gleich unterhalb dieses Ortes (Weezer
Kendel), andererseits aber erst nach langem, vielgewundenem, nordwest-
^) Lettow, Die Melioration der Niederungen an der Niers und dem Nord-
kanale. Düsseldorf, o. J., S. 3.
48 E. Ambrosius.
lieh gerichtetem Laufe bei Hommersum, genau beim Punkte ihres
Austritts aus dem Reich, der Niers zu (Hommersumer Kendel). Bei
Weeze mündet femer von rechts kurz vor der Einmündung der Weezer
Kendel die Mühlenfleuth, die sich bei Kervenheim durch den Zu-
sammenfluß der Sonsbecker und der Großen Ley bildet. Die Sons-
becker mit der Stadtveener Ley entwässert die Niederung zwischen der
Bönninghardt und den Labbecker Höhen und nimmt kurz vor Kerven-
heim auch noch den Abfluß des Üdemer Bruches auf. Nachdem die
Niers in der Mühlenfleuth den letzten Zufluß von rechts empfangen
hat, tritt sie an den Süd Westrand der Klever Höhen heran, die sie
zwingen, ihre bisherige Nordwestrichtung mehr und mehr in eine rein
westliche umzuändern, bis sie, auf einem hier südwärts gerichteten
Bogenstück ihres Laufs etwa 2 ^2 km weit die Grenze bildend, nur noch
8 km von ihrer Mündung (in Luftlinie 6 km) in die Maas entfernt, auf
niederländisches Gebiet übertritt.
Der Thonboden, welcher fast überall im Gebiet der Niersniederung
die Unterlage bildet, ist so undurchlässig, daß trotz der zahllosen Gräben
doch noch große Feuchtigkeit herrscht, die durch das geringe Gefälle
der Niers noch begünstigt wird. Dasselbe beträgt auf der Strecke von
dem Eintritt in unser Gebiet bis Geldern 0,37 ^/oo, von hier bis Goch
0,29 ^/oo, von Goch bis zur Grenze 0,21 ®/oo ^). Schiffbar ist die Niers
nicht, sie treibt aber zahlreiche Mühlen.
5. Das Gebiet der westlichen Grenzhöhen und -Moore.
Das letzte und kleinste unserer natürlichen Gebiete wird gebildet
von den Anhöhen zwischen Niers und Maas, den diese unterbrechenden
Bruch- und Moorstrecken und endlich den westwärts bis an die Grenze
ihnen vorgelagerten Mooren der Maasniederung.
Wie schon früher dargelegt wurde (vgl. Seite 23), trennt der tiefe
Einschnitt des Nettbachs den von Viersen über Süchteln nach Hinsbeck
ziehenden Südwestrand des gemeinsamen Rhein-Niersthals nördlich des
letztgenannten Ortes von seiner mehr in Süd-Nordrichtung verlaufenden
Fortsetzung. Dieser, wohl als „Maasdüne* bezeichnete Zug besteht
aus horizontal geschichteten Flußabsätzen von Sand und kleinen Ge-
schieben ^). Anfänglich ist er noch in den Buschbergen 78, im Mühlen-
berg nördlich von Herongen 72 m hoch, nach Osten zum Nettbach und
der Niers allmählich abfallend und nach Westen von einer Vorstufe
begleitet, wie wir sie ähnlich mehrfach bei den linksrheinischen Hügel-
gruppen fanden.
Weiter nördlich aber verringert sich die Höhe bald bedeutend,
und es ist nur noch eine breite flache Schwelle vorhanden, die sich
zwischen Maas und Niers, von mehreren Einsenkungen unterbrochen,
nordwärts erstreckt. Die erste derartige Einsenkung findet sich südlich
von Walbeck. Ihr folgte die Fossa Eugeniana (vgl. Seite 37), um
aus der Maasniederung nach Geldern zu gelangen, von wo sie durch die
^) Berechnet nach v. Dechen, Erläuterungen, Bd. I, S. 747.
2) Ebenda, Bd. I, S. 468.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 49
Geldernsche und Sevelener Heide nach Kamp und von da weiter nach
Rheinberg führen sollte. Die Spuren der halbvollendeten Arbeit sind
fast überall noch deutlich sichtbar. Bei Walbeck erreichen die , Maas-
dünen* noch einmal 40 m Meereshöhe und senken sich nun zu der
Niederung, die der Nierskanal benutzt, der in weit nach Norden
ausholendem Bogen von der Niers bei Geldern zur Maas geht. Nörd-
lich der flachen Erhebung von Twisteden verbindet das breite Wembscher
Bruch wiederum die Brüche des Niersthals mit den Veenen der Maas-
niederung. Die nun folgende, fast dreieckige, flache (bis 37 m) , aber
allseitig scharf gegen die ringsum liegenden Brüche abgesetzte, größten-
teils mit Wald bedeckte Wember Höhe bildet die letzte merkbare Er-
hebung in diesem Flachlande, in dem nun die endlosen Brüche, Veene
und Heiden des Maas- und Niersgebiets miteinander verschmelzen. Ein
Streifen der parallel zur Maas hinziehenden Veene und Heiden gehört
noch zum Deutschen Reiche, dessen Grenze mitten durch dieses fast
unbewohnte Gebiet hinzieht. Im Süden dieses Streifens finden wir einen
weiteren Rest der Fossa Eugeniana von Venlo her nordwärts ziehen.
Die Grenzmoore sind von zahlreichen Entwässerungsgräben durchzogen,
Holzungen und Heiden sind reichlich vorhanden. Auch die „Maas-
dünen*^ selbst zeigen ziemlich starken Waldbestand.
Die Senke des Nettbachs zeigt noch die Spuren des unvollendet
gebliebenen Nordkanals, den Napoleon I. 1806 beginnen ließ, um
den Rhein von Neuß aus unter Umgehung der Niederlande über Venlo
mit der Nordsee bei Antwerpen zu verbinden. Obgleich schon zwei Drittel
der veranschlagten Kosten verwendet waren, blieb nach der Annexion
der Niederlande der Kanal als nunmehr überflüssig liegen und wurde
dem Verfall überlassen.
6. Zusammenfassung und Allgemeines.
Betrachten wir zusammenfassend noch einmal die Boden-
beschaffenheit unseres ganzen Gebietes, wie wir sie in ihren Einzel-
heiten dargestellt haben, so finden wir, daß die Niederungen der Flüsse
mit Ausnahme weniger Stellen mit fettem Lehm- und Thonboden be-
deckt sind, bei den Anhöhen aber, selbst bei nur geringer Höhe, Sand
und Kies weitaus vorwiegen. Während die östlichen Grenzhöhen ein
einigermaßen geschlossenes Ganze bilden, sind die Höhen auf der linken
Rhemseite und auch die zwischen Maas und Niers durch völlig fiache
Niederungen von zum Teil bedeutender Breite in lauter vereinzelte insel-
formige Stücke zerschnitten , und diese trennenden Niederungen zeigen
ganz deutlich ihre Entstehung durch die Kraft des Wassers der einst-
mals sie durchströmenden Flußläufe. Das eigentümliche Vorkommen
nordischer Geschiebe und solcher aus den südlich, um den mittleren
Rhein gelegenen Gebirgen in vollkommener Vermengung auf den Hügeln
und Plateaus wurde schon erwähnt. Es finden sich ferner einer Meeres-
fauna angehörige Muscheln und Schnecken in einem Zustande, der es
als gewiß erscheinen läßt, daß sie nicht mehr an ihrem ursprüng-
lichen Platze lagern. In dem gesamten Gebiete, mit Ausnahme nur
4.
50 ^- Ambrosius.
einer Stelle im Thal der Lippe, wo die Kreideformation zu Tage tritt,
ist der Boden nur mit Gebilden der jüngsten geologischen Formationen
bedeckt, die Niederungen mit den Alluvionen der Flüsse, die Höhen
mit derjenigen Bildung, die Martin, Elockmann u. a. das „gemengte
Diluvium" genannt haben ^).
Die Entstehung der jetzigen Oberfläche haben wir uns
nach E. Königs Darlegungen *) etwa folgendermaßen vorzustellen: Nach
dem Zurückweichen des tertiären Meeres, dessen Strand in unserer
Gegend zu suchen ist, bildeten sich weite, öde, mit Schaltieren bedeckte
Sandstrecken und einzelne Brackwasserseeen; diese Strecken wurden von
den Flüssen mit Sand und Gerollen überdeckt. Die eiszeitliche Ver-
gletscherung des nördlichen Europas schritt bis in unsere Gegend vor,
und am Rande des Eiswalls stauten sich die von Süden kommenden
Gewässer und lagerten hier ihre GeröUe und Sande ab. Mit ihnen ver-
mischten sich die nordischen Geschiebe, die die Gletscher mit sich führten,
und durch die Kraft der mächtigen Wassermassen, der unter dem In-
landeis hervorbrechenden Gletscherwasser und der ihnen entgegen sich
stauenden Ströme erfolgte eine innige Vermengung all dieser ver-
schiedenen Gerolle und Geschiebe nordischer wie südlicher Herkunft,
der Sande und organischen Reste. Beim Zurückweichen des Eises be-
reiteten die Schmelzwässer die Stromrinnen vor, in die sich die von
Süden kommenden, einstmals sicherlich bedeutend mächtigeren Gewässer
ergossen. So zerschnitten sie die durch die gemeinsame Wirkung ent-
standenen Flächen wieder und ließen die einzelnen inselartigen Gruppen
stehen, deren weitere Modellierung das abfließende Regenwasser und
die Schneeschmelze übernahmen. Die anfänglich schon von Neuß an
über Krefeld und durch das jetzige Niersthal, später immer weiter öst-
lich sich verlegenden verschiedenen Stromrichtungen des Rheins haben
wir bei der Besprechung dieses Stromes bereits erwähnt. Während die
feinerdigen leichteren Bestandteile der höheren Flädhen mehr und mehr
abgeschwemmt wurden und sich in den muldenartigen Vertiefungen
sammelten, blieb auf den Höhen nur das schwerere Geröll, Kies und
Sand zurück und die eigentlichen Niederungen wurden durch die Flüsse
mit ihren Ablagerungen bedeckt, die sich durch die immer wieder-
kehrenden Überschwemmungen mehr und mehr erhöhten.
In engem Zusammenhang mit der Art des Bodens in den ver-
schiedenen natürlichen Gebieten steht naturgemäß auch die Beschaffen-
heit der Bodenbedeckung, der allgemeine Vegetationscharakter.
Während die vorwiegend sandigen östlichen Grenzhöhen sehr stark be-
waldet sind, zeigt die Niederung des Rheinthals sich davon fast völlig
entblößt, größere Waldstrecken finden sich hier nur auf den in der
Ebene hier und da lagernden sandigen Stellen, wie besonders auf dem
Streifen zwischen Rhein und Issel. In der Rheinebene ist femer das
regelmäßig vom Hochwasser des Stromes bedeckte Gebiet mit seinen
*) F. Klockmann, Über gemengtes Diluvium und diluviale Flußschotter
im norddeutschen Flachlande. In : Jahrb. der königl. preuß. geolog. Landesanstalt;
1883, 8.334—344. — Martin, Niederländische und nordwestdeutsche Sedimentär-
gebilde. Leiden 1878.
^) E.Königs, Die geologische Vergangenheit der Gegend von Krefeld.
(
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 51
fetten Weiden deutlich unterschieden von den etwas höher gelegenen
Flächen fruchtbaren Ackerlands zu beiden Seiten und den Bruchgegenden
am Fuße der die Niederung begrenzenden Höhen. Auch die links-
rheinischen Hügelgruppen tragen in ihren höheren und sandigen Teilen
viel Wald, die flachen, mit fruchtbarem Boden erfüllten Mulden der
Vorstufen werden als ergiebiges Ackerland benutzt. Der undurchlässige
Boden der Niersniederung mit seinen Mooren, Brüchen und Sümpfen
bedingt eine reichliche Bedeckung des Bodens mit Wiesen und mit
niedrigen Holzungen, und auch das Überwiegen von Wald, Heide und
Moor im westlichen Grenzgebiet steht im engsten Zusammenhang mit
der Bodenbildung in demselben.
Die zahlreichen Brüche bringen es mit sich, daß an vielen Stellen
Torf gefunden wird, so besonders am Ost- und Nordfuße der Klever
Höhen, sowie im unteren Niersthal. Doch ist die Mächtigkeit der Lager
meist nur gering, selten über 1 m, und da auch die Brennkraft des
Torfs nur unbedeutend ist, so ist seine Ausnutzung kaum erwähnens-
wert^). Von einer gewerbsmäßigen Ausbeutung ist überhaupt keine
Rede, doch ist immerhin anzunehmen, daß manche Landwirte für eigenen
Bedarf Torf stechen.
Eine weitere Begleiterscheinung der Brüche ist das Vorkommen
von Raseneisenerz. Die Hauptfundorte desselben sind die Gegenden
von Dinslaken, Holten, Wesel und Schermbeck (wie überhaupt das
Lippegebiet besonders reich daran ist) ^) und auf der linken Rheinseite
die Brüche der Niersgegend vom Kliedbruch an über Hüls, Wachten-
donk und Aldekerk nach Geldern und auf der linken Seite der Niers
bis nach Kevelaer^). Die rechtsrheinischen Rasenerz Vorkommnisse , die
in der Regel etwa 15 — 30 cm starke Lagen bilden, wurden gegen Ende
der 50er Jahre auch zur Eisenerzeugung ausgenutzt, und zwar förderte
die Gutehoffnungshütte in Sterkrade 1856: 8922 Tonnen, die Hütte
Minerva in Isselburg 7389 Tonnen Erz*). Der Betrieb wurde jedoch
nicht lange aufrecht erhalten und bald eingestellt, weil das Vorkommen
zu gering und die Erze zu arm an Eisen waren ^).
Unendlich wichtiger als Torf und Rasenerz und der vielfach im
ganzen Gebiet ausgenutzte Reichtum der Erdoberfläche an Sand, Thon
und Lehm sind aber die unterirdischen Schätze, die sich unter einem
großen Teil unseres Gebietes finden, vor aUem die an vielen Stellen
erbohrten Steinkohlen.
Die Grenzen des aus Westfalen in das Rheinland hineinragenden
Ruhrkohlengebiets sind noch immer nicht bekannt. Die im Süden des
Kohlengebiets bis nahe an die Oberfläche reichenden Flöze senken sich,
in mehrere Mulden angeordnet, nach Norden hin immer tiefer ein. Die
große sogen. Emscher-Mulde reicht ohne Unterbrechung aus dem Herzen
') V. Dachen, Erläuterungen, Bd. II, S. 824.
2) H. V. d. Marck, Die Diluvial- und Alluvialablagerungen im Innern des
Kreidebeckens von Münster. In: Verh. d. nat. Ver. d. Rhld., 15, S. 1 (1858).
') V. De eben, Erläuterungen, Bd. II, S. 824.
*) H. V. d. Marck a. a. 0.
*) Briefliche Mitteilung von Herrn H. Könemann, Vorsteher des Bergbau-
Bureaus der GutehofFnungsbütte zu Sterkrade-Oberbausen, vom 6. Dezember 1899.
52 ^' Ambrosius.
von Westfalen über ßecklinghausen westwärts bis auf das linksrheinische
Gebiet hinüber. Im Norden von ihr, im Gebiet der Lippe, scheint ihr
eine noch größere zu folgen. Leider aber sinkt die Eohlenformation
hier schon so tief unter der übergelagerten Kreideformation ein, daß,
wenigstens mit den heutigen Mitteln der Technik, ihrer Ausnutzung
noch unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Die nördlichsten
Punkte, an denen heute praktisch gewinnbare Kohle erbohrt ist, finden
sich auf einer Linie etwa von Alpen (südwestlich von Wesel) durch den
nördlichen Teil der Gemeinden Vörde und Bruckhausen und weiter ost-
wärts nach Westfalen hinein ^).
Einige Bohrungsergebnisse mögen wegen ihrer hervorragenden
Wichtigkeit das Einsinken des Steinkohlengebirges nach Norden und
ebenfalls nach Westen zeigen. Im Stadtkreise Duisburg liegen die
Steinkohlenlager nur 56 — 111 m unter der Oberfläche, etwas nördlich
von Beeck 129 m; in der Gemeinde Hochemmerich dicht am Rhein
stieß man bei 68 bezw. 80 m bereits auf die Kohle, weiter westlich
bei Rumein in 171 m, nahe bei Kapellen in 182 und bei Vluyn erst
in 233 m, während zwischen Nieukerk und Sevelen die Steinkohlen-
formation bei 265 m noch nicht erreicht war. Auf der Zeche Rhein-
preußen bei Homberg erreichte man sie bei 131 und 157 m, nördlich
von Mors in 168 m, bei Orsoy in drei Bohrlöchern von Süd nach Nord
in 169, 220 und 262 m^). Im Osten endlich zeigt sich bei den von
der Gutehoffnungshütte in Oberhausen und Sterkrade ausgeführten
Bohrungen dasselbe Einsinken der Steinkohlenschichten von Süden nach
Norden. Das Steinkohlengebirge beginnt bei Sterkrade in 280 m Tiefe,
bei Holten (Schacht Hugo) in 380, auf der Königshardt nördlich von
Sterkrade in 440, bei Hiesfeld in 465 und bei Dinslaken in 557 m').
Sehr zahlreiche Bohrungen in der Gegend rechts- und linksrheinisch
südlich von Wesel (Ende 1898 schon nahezu 100) *) ergaben allenthalben
reiche Kohlenlager, deren Ausbeutung teilweise in Angriff genommen
wurde. Beim Übertritt auf linksrheinisches Gebiet scheint die Kohlen-
formation ihre bisherige Streichrichtung Nordost-Südwest zu verlassen
und sich mehr südlich wenden zu wollen, was auf einen Zusammen-
hang mit dem Aachener Kohlengebiet deutet^).
Von Braunkohlenlagern, die weiter südlich in der Kölner und
Bonner Gegend so reichlich vorkommen, sind in unserem Gebiet nur
') Briefliche Mitteilung des Herrn Bürgermeisters Schmidt in Alpen
vom 28. September 1899. — Rhein- undRuhrzeitung (Duisburg) vom 20. Dezember
1897 und 5. September 1898. — Achepohl in: Verhandlungen d. nat. Ver. d.
Rhld., 42, Corr.-Bl., S. 63 ff.
*) v. Dechen, Erläuterungen, Bd. II, S. 682—688. — Jüttner, Ueber die
Solquellen in dem münsterschen Ereidebecken und den westfälischen Steinkohlen*
gruben. In: Verh. d. nat. Ver. d. Rhld., 44, Corr.-Bl., S. 41.
*) Briefliche Mitteilung von der Betriebsleitung der Zeche »Hugo*
bei Holten vom 14. Dezember 1899.
*) Rhein- und Ruhrzeitung vom 5. September 1898.
^) Achepohl a. a. 0., S. 63 ff. — Vgl. auch R. Lepsius, Geologie von
Deutschland und den angrenzenden Gebieten; I. Teil: Das westliche und südliche
Deutschland. Stuttgart 1887—92.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 53
wenige und unbedeutende Spuren vorhanden, so bei Tönisberg, bei
Nieukerk und im Klever Stadtwalde ^).
Zahlreiche Solquellen von zum Teil großer Stärke und be-
deutendem Salzgehalt sind bei den Bohrungen auf Kohlen und beim
Betrieb der Kohlenzechen besonders im südwestlichen Teil des Münster-
schen Kreidebeckens und zwischen der Kreide und dem Steinkohlen-
gebirge gefunden worden. In unser Gebiet fallen die Solquellen auf
der Zeche Deutscher Kaiser bei Hamborn, die in 257 und 360 m aus
Sandstein hervorbrechen und in der Minute etwa 50 1 von 22 ^ C. und
2V-5 — 4^2^/0 Chlomatriumgehalt liefern. Auf Zeche Ruhr und Rhein
bei Ruhrort traf man 1882 in 187 bezw. 201 m in Sandstein auf zwei
Solquellen von 2,5 und 7,3 ®/o Salzgehalt^).
Am wichtigsten aber ist die Bohrung in Budberg, wo man auf
ein Kalisalzlager von 30 m Mächtigkeit und großer Reinheit stieß,
dessen demnächst beginnende Ausbeutung jedenfalls von großem Ein-
fluß und außerordentlicher Bedeutung für die ganze Gegend sein wird ^).
Zum Schlüsse unserer allgemeinen Betrachtungen seien hier noch
einige wenige Bemerkungen über das Klima, sowie über die Wildtier-
welt des niederrheinischen Gebiets angeschlossen.
In klimatischer Beziehung gehört das Gebiet des Niederrheins
mit dem übrigen Nordwestdeutschland noch dem atlantischen Klima-
gebiet an. Größere Unterschiede innerhalb unseres Gebietes selbst sind
wegen der verhältnismäßig geringen Ausdehnung und der unbedeutenden
Erhebungen nicht vorhanden.
Von Beobachtungsergebnissen stehen uns leider nur solche von
Kleve, sowie von den hart an der Grenze liegenden Orten Krefeld und
Mülheim a. d. Ruhr zur Verfügung. Sie dürften aber wegen der er-
wähnten Gleichmäßigkeit der einschlägigen Verhältnisse genügen, um
ein Bild des Klimas zu geben ; das Klima von Kleve wird dem ganzen
Norden des Gebiets im wesentlichen entsprechen, die Ergebnisse der
Beobachtungen in Krefeld können ohne weiteres auf den Süden über-
tragen werden, während allerdings Mülheim für den Südosten nur mit
•größerer Zurückhaltung benutzt werden darf, und besonders seine Regen-
menge durch die Lage Mülheims am Rande der die Mündungsbucht
der Ruhr abschließenden JHöhen örtlich beeinflußt und bedeutend höher
erscheint, als wir sie sonst dem Südosten des Gebiets zuschreiben dürfen *),
^) V. Dechen, Erläuterungen, Bd. II, S. 640, 642, 644.
-) Jüttner a. a. 0., S. 41.
^) Briefliche Mitteilung des Herrn Bürgermeisters Schmidt in Alpen
vom 28. September 1899. — Rheinisch-westfälische Bürgerzeitung (Duis-
burg) vom 23. Juli 1897.
*) Aus den Beobachtungen der meteorologischen Station zu Mül-
heim a. d. Ruhr, in: Bericht über die Verwaltung etc. der Gemeindeangelegen-
heiten der Gemeinde Meiderich für die Jahre 1885—90. — A. Meitzen, Der
Boden des preuß. Staats, Bd. V, Anhang, S. (224) u. (228). — P. Moldenhauer,
in: Die geographische Verteilung der Niederschläge im nordwestlichen Deutsch-
land (Stuttgart 1896) , giebt als rohes Mittel für Kleve (39 jähr. Beob.) 78,0 cm,
Krefeld (39 j.) 68,2 cm und Mülheim (5 j.) 69,9 cm; letzteres auf Krefeld, Kleve oder
Köln reduziert 81,0, 80,0 oder 68,0 cm. Während die Zahlen für die ersten beiden
Orte gut zusammenstimmen, ist der Unterschied für Mülheim sehr auffallend.
Woher er rührt, konnten wir leider nicht ermitteln.
54
£. Ambrogius.
Ort
Beob.-
Jahre
1
Luftwärme
Niederschlag
Januar Juli
Jahr
mm
Kleve. . . .
Krefeld . . .
Mülheim . .
1
38
i 32
8
1
1,6
0,8
Febr. nahezu
!
17,4
18,2
17,8
9,1
9,3
7,1
795
698
1725
Da die Küste ^) von keinem Punkte unseres Gebiets weiter als
190 km entfernt und das Land bis dahin völlig eben ist, so steht das-
selbe wie gesagt noch unter dem Einflüsse des Ozeans auf das Elima,
der die Winterkälte mildert, aber auch die Sommerwärme herabsetzt.
Nach 40jährigen Beobachtungen tritt in Kleve der erste Frost im Mittel
am 29. Oktober, der letzte am 15. April ein, so daß die Zahl der
Tage zwischen beiden Zeitpunkten 198 beträgt; diesen stehen durch-
schnittlich 107 Tage mit mehr als 18 ® C. gegenüber (25. Mai bis
7. September)^). Das Jahresmittel der Bewölkung ist in Mülheim 0,74,
mag aber im allgemeinen in unserem Oebiete aus den oben erwähnten
Gründen auch etwas niedriger sein. Die Niederschläge sind ziemlich
gleichmäßig über das Jahr verteilt. Die größte Monatssumme liefert
der Juli (in Krefeld der August), die geringste der April (in Krefeld
der März). Die Zahl der Gewitter ist etwa 19 im Jahre. Hagel ist
selten. Die Windrichtung ist in 8 Monaten vorherrschend westlich,
in 4 vorherrschend östlich ; nördliche und südliche Windrichtungen ver-
teilen sich ziemlich gleichmäßig, erstere meist auf das Sommer-, letztere
auf das Winterhalbjahr. Das Klima ist im allgemeinen sehr günstig, frei
von extremen Temperaturen, und sehr gesund. Die Luft ist meist ziem^
lieh feucht; Epidemieen sind selten.
Über die Wildtierwelt ist Besonderes kaum zu erwähnen.
Schwarzwild und Wölfe sind längst ausgerottet, das letzte Wildschwein
wurde im Reichswald 1853, der letzte Wolf 1838 erlegt*). Hirsche
kommen dort noch in geringer Zahl vor, etwas häufiger sind Rehe;
in den fruchtbaren Ebenen, mit Ausnahme natürlich des am dichtesten
bevölkerten Südostens, ist die niedere Jagd recht ergiebig.
In der Vogelwelt ist das ziemlich häufige Vorkommen des Fisch-
reihers an den zahlreichen Gewässern erwähnenswert; hin und wieder
wird die Großtrappe vom Osten her sogar bis an den Rhein verschlagen.
Die Fischerei, die in früheren Zeiten besonders durch den Lachsfang
im Rhein berühmt war, hat in neuerer Zeit trotz großer Anstrengungen
zu ihrer Erhaltung und Hebung immer mehr abgenommen. Der Lachs-
fang ist fast völlig vernichtet durch die Raubfangmethode auf der nieder-
^) d. h. die Küste der offenen Nordsee; die der Zuider See ist höchstens
130 km entfernt.
^) A. Meitzen, Der Boden des preuß. Staats, Bd. V, Anhang, S. (266)
bis (269).
3) V. Hagens, in: Verb. d. nat. Ver. d. Rhld., 24, Corr.-BL, S. 46 ff.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 55
sehen Strecke des Rheins, und auch der Fang der übrigen Fisch-
i hat durch den lebhaften Dampferverkehr und die Ableitung der
n Gruben- und Fabrikabwässer in die Flußläufe erheblich gelitten,
iteilig ist auch vielfach der starke Bestand an Hechten als Raub-
Bn und das häufige Vorkommen des Fischotters. Eine Besonderheit
^iederrheins sind die besonders im Frühjahr massenhaft gefangenen
1. Alfen, die auf Fäden gereiht und geräuchert einen beliebten
erbissen bilden.
in. Die Volksdichte und ihre Ursachen.
Die Yolksdiehtekarte und die Tabellen.
Die vorliegende Karte des Niederrheins ist nach den im Laufe der
letzten Jahre veröffentlichten neuen Meßtischblättern (i. Maßst. 1 : 25000)
neu gezeichnet worden ^) und enthält in den Einzelheiten der Situation
mancherlei Abweichungen von älteren Darstellungen, bei denen dieses
neue Material naturgemäß noch nicht berücksichtigt werden konnte.
Auf diese einzugehen ist aber hier kein Anlaß. Es sei nur kurz an-
gegeben, was auf der Karte dargestellt wurde.
Die Wasserläufe und Wasseransammlungen (Teiche, Kolke, Meere,
Kuhlen u. s. w.) wurden auf der Karte sämtlich eingetragen, soweit es
der Maßstab irgend zuließ. Hierdurch tritt besonders der schroffe
Unterschied zwischen den oft tiberreich bewässerten Niederungen und
den an Gewässern so armen Höhen deutlich hervor. Die kleineren Buhnen
und Kribben im Rhein wurden nicht berticksichtigt, wohl aber wurden
die größeren Bauten und Leitwerke vermerkt. Wegen ihrer großen Be-
deutung fanden alle Übergangsgelegenheiten tiber den Rhein Aufnahme.
Daß die sämtlichen Gemeindegrenzen eingetragen wurden, ist bereits
im ersten Teil dieser Arbeit erwähnt. Sie entstammen den Meßtisch-
blättern, mit Ausnahme von nur ganz wenigen Gemeinden, deren Grenzen
in den Meßtischblättern fehlten und die etwa durch die Katasterämter
zu erlangen es an Zeit mangelte. Die fehlenden wurden nach der An-
gabe der Gemeindeteile und Wohnplätze im Gemeindelexikon der Rhein-
provinz mit Berücksichtigung des Flächeninhalts der Gemeinden gezogen
und durch unterbrochene Punktierung kenntlich gemacht. Auch die
Eintragung der Siedelungen auf der Karte wurde bereits im metho-
dischen Teil (Seite 20 u. 21) ausführlich besprochen, so daß hier nur auf
jene Stelle hingewiesen sein mag.
Von den Verkehrswegen sind zunächst alle Eisenbahnen ein-
gezeichnet, reine Industriebahnen durch schmalere Signatur; das außer-
1) Meßtischblätter im Maßstabe von 1:25 000, Nr. 2205— 2206, 2276
bis 2279, 2350—2356, 2424—2429, 2494—2499, 2500—2502, 2571—2575, 2644—2648;
ihnen entsprechen die Blätter der Karte des Deutschen Reichs im Maß-
stabe von 1 rlOpOOO, Nr. 327, 828, 352—354, 377—879 und der neuen Topo-
graphischen Übersichtskarte des Deutschen Reichs i. M. 1 : 200000,
Nr. 95, 96, 108 u. 109.
E. Ambrosius. Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 57
ordentlich wichtige Projekt einer linksrheinischen üferbahn, wenn man
sie so nennen will, wurde ebenfalls aufgenommen, wenn auch seine Ver-
wirklichung noch nicht eingetreten ist, um hierdurch wenigstens an-
zudeuten , in welcher Richtung sich die Wünsche und die dringendsten
Bedürfnisse des Verkehrs geltend machen. Von der reichen Fülle der
Straßen konnten nur die Hauptchausseen Berücksichtigung finden. Auf
die Einzeichnung der jetzt schon besonders im Südosten recht zahlreichen
Straßenbahnen wurde verzichtet, da diese Bahnen im Jahre 1895, auf das
die Karte vor allem Rücksicht nimmt, erst in ihren Anfängen waren. Aus
demselben Grunde wurde auch von der Eintragung einiger anderer erst
später vollendeter größerer Anlagen, wie des neuen Duisburger Parallel-
hafens, der Kruppschen Hafen- und Fabrikbauten in der Gemeinde
Bliersheim gegenüber Duisburg und ebenso der noch völlig ungewissen
Projekte einer Verbindung des Rheins mit dem Kanal von Dortmund
nach den Emshäfen abgesehen. (Nach der neuen Regierungsvorlage
[Anfang 1901] soll der Kanal bei Laar dicht nördlich von Ruhrort
vom Rhein ausgehen.) Wegen ihres außerordentlich starken Einflusses
auf die Verdichtung der Bevölkerung wurde aber die Lage der Berg-
werke und größeren industriellen Anlagen durch besondere Signaturen
gekennzeichnet. Umgekehrt wurden die größeren Flächen von Staats-
waldungen, durch die auch auf den Meßtischblättern die Gemeinde-
grenzen nicht durchgeführt werden, durch Einzeichnung ihrer Grenzen
und Eintragung der Buchstaben K. F. (Königl. Forst) hervorgehoben
und so bei ihrem geringen Einfluß auf die Volksverdichtung noch be-
sonders kenntlich gemacht.
Bei der Einschreibung der Gemeindenamen wurde vor allem darauf
gesehen, daß dieselben möglichst völlig vor dem übrigen Kartenbilde
zurücktreten. Es wurden nur die Namen sämtlicher Gemeinden ein-
getragen, und die geographische Beschreibung im zweiten
Teile dieser Arbeit ist so gehalten, daß trotz des Fehlens
aller Fluß- und anderer Namen doch wohl jedes dort genannte
Objekt mit vollkommener Sicherheit auf der Karte aufzu-
finden ist. Wir glauben hierdurch der theoretischen Forderung einer
stummen Karte, d. h. doch wohl im Grunde nur der Vermeidung der
Störung des Kartenbildes durch die Namen, so weit entgegengekommen
zu sein, als es irgend möglich ist, ohne schwere Beeinträchtigung der
praktischen Brauchbarkeit. Bei einer völligen Abwesenheit jeglicher
Namen wäre es nicht möglich, den Einzelheiten der Darstellung zu
folgen, ohne eine Spezialkarte zum Vergleich zur Hand zu haben, und
dieses fortwährende Suchen und Vergleichen auf Volksdichtekarte und
Spezialkarte würde die Benutzbarkeit in hohem Grade schädigen.
Die Namen der Ortschaften (nicht der Gemeinden) mit mehr als
2000 Einwohnern wurden aus rein praktischen Gründen wegen des
Wertes, den man vielerseits auf die Hervorhebung der größeren Orte
legt (vgl. Seite 15 fl^.), und in Anlehnung an die in der Statistik des
Deutschen Reichs befolgte Sonderung durch andere Schrift gekennzeichnet,
die Signaturen selbst aber gemäß den im methodischen Teil dargelegten
Ghründen (vgl. Seite 20 f.) ebenso wie die der übrigen geschlossenen
Ortschaften nur nach der Form des von ihnen eingenommenen Raumes
58 ^- Ambrosius.
gezeichnet. — Auf eine Abrundung der Gemeindegrenzen verzichteten
wir, da bei dem gewählten großen Maßstab es sehr wohl möglich ist,
dieselben mit ziemlicher Genauigkeit zu geben, und weil außerdem bei
derartigen Spezialdarstellungen es nicht Zweck der Karte sein kann,
ein «Büd" zu geben, sondern sie gerade ihr vornehmstes Ziel in einer
möglichst genauen und eingehenden Darstellung der in Betracht
. kommenden Verhältnisse suchen muß; auch hier bildet übrigens wieder
die Eintragung der Siedelungen einen gewissen Ausgleich gegenüber
dem Bedenken, daß die Grenzen der politischen Gemeinde doch manch-
mal zu „eckig und steif erscheinen möchten.
Der Maßstab von 1 : 150000 ist zwar für derartige Eajrten un-
gewöhnlich groß, doch dürfte ihn die außerordentlich dichte Besiedelung
weiter Teile des Gebiets und die dadurch notwendige Häufung der
Siedelungssignaturen besonders im Südosten, sowie die wünschenswerte
Klarheit der Darstellung in diesen Gebieten vorwiegend zerstreuter
Wohnart als notwendig erscheinen lassen. Hierdurch war es auch mög-
lich, die eigentümliche Verteilung des Waldes recht deutlich hervor-
zuheben, von den großen ununterbrochenen Staatswaldungen und den
vielfach von Lichtungen und Siedelungen unterbrochenen größeren Ge-
meinde- und Privatwaldungen der Hügelgegenden bis zu den oft in
winzige Parzellen zersplitterten Holzungen der Rheinebene herab.
Das hier behandelte Gebiet umfaßt einen Flächeninhalt von
insgesamt 2514,48 qkm, also fast 46®/o des 5472,71 qkm großen
Regierungsbezirks Düsseldorf der preußischen Rheinprovinz. Die Volks-
zahl aber erreicht mit 429467 noch nicht ganz 20 > der 2191359
Seelen zählenden Bevölkerung des ganzen Regierungsbezirks.
Die heutige administrative Einteilung in Kreise wurde schon
namhaft gemacht. Der Stadtkreis Duisburg wird nur von der Gemeinde
gleichen Namens gebildet. Der Kreis Ruhrort umfaßt den rechts-
rheinischen Teil unseres Gebiets von der Ruhr bis zur Lippe (die kleine,
südlich von Duisburg liegende Landgemeinde Wanheim wurde weg-
gelassen) ; das nördlich der Lippe folgende Stück bildet den Kreis Rees.
Der Bureis Mors besteht aus der linksseitigen Rheinniederung bis nach
Marienbaum und Obermörmter hinunter mit Ausnahme der vier süd-
lichsten, zum Landkreise Krefeld gehörigen Gemeinden; außerdem ge-
hören zu diesem Bureise Teile der linksrheinischen Hügelgruppen, über
die er an einigen Stellen hinweg ins Niersgebiet übergreift. Der weiter
abwärts folgende Teil der Rheinniederung, die Klever Höhen und die
untere Niersebene bis nach Goch hinauf bilden den Kreis Kleve, die
Niederung der Niers endlich mit dem westlichen Grenzhöhengebiet den
Kreis Geldern.
Dieses ganze Gebiet zerfällt in 204 Gemeinden von sehr ver-
schiedener Größe. Während im Durchschnitt auf jede Gemeinde eine
Fläche von 12,28 qkm mit 2105 Einwohnern entfallen würde, schwankt
ihre wirkliche Größe von 0,09 (Kervenheim) bis 63,34 qkm (Straelen)
und ihre Einwohnerzahl von 24 (Reesereiland) bis 70272 (Duisburg).
Machen wir (in Anlehnung an die Statistik des Deutschen Reichs) die
rein mechanische Unterscheidung, alle über die Zahl '2000 hinaus-
hebenden Bewohner der Wohnplätze als „städtische* von den ,,länd-
Die Volkadichte am deutschen Niederrhein. 59
liehen" zu sondern, so beträgt die städtische Bevölkerung 179 546,
d. h. 41,81 >, die ländliche aber 249903 oder 58,19 »/o der Gesamt-
einwohnerzahl.
Die durchschnittliche Volksdichte des ganzen Gebiets nach Ab-
rechnung des Waldes beträgt 213 auf 1 qkm (bei Einrechnung des
Waldes würde sie sich auf 171 stellen). Würde man die „städtische"
Bevölkerung, wie oben geschehen, abziehen und nur die „ländliche"
auf die Gesamtfläche ohne den Wald verrechnen, so würden wir eine
Volksdichte von 124 auf 1 qkm erhalten (mit Einrechnung des Waldes 100).
Die Volksdichte in den einzelnen Gemeinden ist außerordentlich ver-
schieden; sie schwankt von 6 (Reesereiland) bis 8138 (Ruhrort), und
9 Gemeinden mit einer Volksdichte von 25 und weniger stehen 10 solchen
gegenüber, deren Bevölkerung 1000 auf 1 qkm überschreitet.
Diejenigen Gemeinden, deren Volksdichte 200 übersteigt, würden
über dem Durchschnitt des ganzen Gebiets stehen, und wir können die-
selben als sehr dicht bevölkert bezeichnen; in der Karte werden
unter diesen noch 3 Stufen (201—500, 501—1000 und über 1000 auf
1 qkm) unterschieden. Die Gemeinden, deren Volksdichte zwischen
100 und 200 liegt, müssen noch dicht bevölkert genannt werden.
Sie sind auf der Karte ebenfalls in 3 Stufen verteilt (101—125, 126—150,
151—200). Eine Volksdichte von 50—100 kann für unser Gebiet nur
noch als mäßig gelten; hier sind 2 Stufen (51 — 75, 76 — 100) unter-
schieden worden. Ebensoviel Stufen kommen auf die sehr geringe
Volksdichte von weniger als 50 auf 1 qkm (1 — 25, 26 — 50). Für die
Anlage der vier untersten Volksdichtestufen wurden gelbliche Töne ge-
wählt (2 Gelb und 2 Orange), dann folgen drei immer kräftiger werdende
rote Farbtöne für die mittieren und endlich zwei Violett und ein dunkles
Braun für die höchsten Volksdichtestufen. Der Wald vmrde überall
gleichmäßig mit einem zarten Grün überlegt; wegen des wohl über-
haupt unmerkbaren Einflusses der Art der Waldbestände wenigstens
für unser Gebiet und im Interesse der Klarheit der Karte wurde von
einer Unterscheidung derselben abgesehen.
Die Angaben der Tabellen für die Gesamtflächen der einzelnen
Gemeinden ebenso wie die für die ortsanwesende Bevölkerung am
2. Dezember 1895 entstammen dem Gemeindelexikon für die Provinz
Rheinland (bearbeitet vom Königl. statistischen Bureau, Berlin 1897);
durch Summierung der Einwohnerzahlen der ebendort einzeln aufgezählten
Wohnplätze und Abziehung derselben von der Bevölkerungszahl der
Gemeinde wurde die Volkszahl des der Gemeinde ihren Namen gebenden
Wohnplatzes festgestellt. Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn diese
wichtige Zahl ebenfalls ohne weiteres aus dem Gemeindelexikon zu er-
sehen wäre.
Die Art der Bodenbenutzung wurde aus der 1887er Ausgabe des-
selben Gemeindelexikons entnommen, da neuere Angaben nicht veröffent-
licht sind und in der Ausgabe von 1897 ausdrücklich auf die 1887
veröffentlichten Zahlen hingewiesen wird. Der Wald wurde getrennt
aufgeführt, Acker und Wiese dagegen zusammengelegt. Ziehen wir
die Summe dieser Flächen von der Gesamtfläche der Gemeinde ab, so
erbalten wir eine Zahl, die nicht nur das Ödland, die bebauten Flächea^
()0 E. Ambrosius.
Wege und Gewässer, sondern auch infolge der Anordnung im Gemeinde-
lexikon die Gärten und die in unserem Gebiet besonders so wichtigen
Weiden (Marschland) mitenthält, worauf je nach der geographischen
Lage der Gemeinden wohl zu achten ist. Diese drei Zahlen wurden
nicht absolut, wie im Gemeindelexikon gegeben, sondern der prozen-
tuelle Anteil an der Gesamtfläche der Gemeinde berechnet und nur
dieser in die Tabellen eingetragen.
Eine weitere Spalte gibt den Flächeninhalt der Gemeinden nach
Abzug des Waldes an, also die Zahl, die wir zur Berechnung der Volks-
dichte benutzen. Der Angabe der Volksdichte auf 1 qkm nach Abzug
des Waldes , die für die Anlage der Karte maßgebend ist , und der
Volksdichtestufe wurde noch die Volksdichtezahl für die Gesamtfläche
der Gemeinde hinzugefügt, um einen Vergleich zu ermöglichen, wie be-
deutend diese Zahl durch eine größere Waldfläche beeinflußt wird,
während doch der thatsächliche Einfluß des Waldes nur sehr geritg
ist (vgl. Seite 14 f.). Als besonders bemerkenswerte Beispiele seien die
Gemeinden Herongen (170—79), Gartrop-Bühl (64—25), Weselerwald
(99—41), Diersfordt (63—22), Dämmerwald (45—11), Üdemerbruch
(69—28), Keppel (114—34) und Materbom (296—84) hervorgehoben.
Von weiteren Angaben enthalten die Tabellen noch die Grundsteuer-
Reinerträge für den Hektar Acker, Wiese und Wald nach den letzten
Angaben des Gemeindelexikons für 1885; neuere Zahlen sind nicht ver-
öffentlicht, doch sind diese älteren wenigstens zum Vergleich für die
Ergiebigkeit des Bodens der einzelnen Gemeinden unter sich immer
noch wertvoll genug. Endlich wurden wegen der ganz hervorragenden
Wichtigkeit der Viehzucht für weite Teile des niederrheinischen Gebiets
noch die wichtigsten Angaben über die Viehhaltung, und zwar für
Pferde, Rindvieh und Schweine in absoluter Zahl und in der Dichte-
zahl (auf 1 qkm, nach Abrechnung des Waldes) aufgenommen. Sie
entstammen (bezw. wurden berechnet nach) dem Viehstandslexikon
für den preußischen Staat, Teil XII, Rheinland, und beziehen sich
auf die letzte in ihren Einzelheiten veröfiPentlichte Viehzählung vom
1. Dezember 1892.
In einem einzigen Falle wurde es für nötig befunden, aus metho-
dischen Gründen zwei Gemeinden für die Berechnung der Volksdichte
u. s. w. zusammenzulegen, nämlich Salmorth mit der von ihm fast ganz
umschlossenen kleinen Gemeinde Schenkenschanz. Nach einer Mit-
teilung des Herrn Gemeindevorstehers von Schenkenschanz leben die
Einwohner fast ausnahmslos von Ackerbau und vornehmlich Viehzucht,
und liegt das Grundeigentum derselben hauptsächlich in der Gemeinde
Salmorth. Nach dem im methodischen Teil aufgestellten Grundsatze
soll die Bevölkerung auf den Boden verrechnet werden, der sie bedingt.
Da nun Schenkenschanz nur durch seine Entstehung und seine frühere
Geschichte die Existenz als selbständige politische Gemeinde bewahrt
hat, durch Bedingungen, die heute nicht mehr vorhanden sind, so war
hier für die geographische Betrachtung eine Verschmelzung der beiden
Gemeinden vorzunehmen ^).
') Vgl. hierzu C. ühlig a. a. 0. S. 116.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 61
Bei der Gemeinde Kervenheim dagegen wurde, obwohl der Grund-
besitz der Bewohner (nach einer Mitteilung des Herrn Bürgermeisters
von Winnekendonk) zum größten Teil in der Gemeinde Kervendonk
liegt, doch von einer solchen Verschmelzung abgesehen, weil der größte
Teil der Bewohner nicht als ackerbautreibend anzusehen, sondern indu-
striell thätig ist. In diesem Falle kommt somit die Abhängigkeit der
Bevölkerung der politischen Gemeinde Kervenheim von dem Boden der
Gemeinde Kervendonk kaum in Betracht, und ihre hohe Volksdichte-
zahl beruht auf anderen örtlichen Ursachen.
Zusammengezogen werden mußten aber aus einem anderen, nicht
methodischen Grunde die beiden Gemeinden Amt Holten und Stadt und
Feldmark Holten, und zwar, weil beide einen einzigen Katastralbezirk
bilden und getrennte Angaben über die Art der Bodenbenutzung über-
haupt nicht zii erlangen sind.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse im allgemeinen.
Um die geographische Bedingtheit der Bevölkerungsverteilung
über ein Gebiet zu untersuchen, müssen wir zunächst wissen, wovon
die Bewohner leben, bis zu welchem Grade sie als Landwirte direkt
mit dem Boden verknüpft sind, inwieweit Industrie, Handel und Ver-
kehr Einwirkung haben auf die Anhäufung oder Auflockerung der Be-
völkerung. Leider ist die Berufsstatistik nicht für die einzelnen Ge-
meinden veröffentlicht worden; die Angaben derselben beschränken sich
auf die kleineren Verwaltungsbezirke, die Kreise. Immerhin sind uns
in derselben äußerst wertvolle Hinweise auf die wirtschaftlichen Ver-
hältnisse gegeben. Der Zeitpunkt der letzten Berufs- und Gewerbe-
zählung am 14. Juni 1895 fällt sehr nahe mit dem der Volkszählung
zusammen. Nehmen wir die Ergebnisse derselben für die sechs Kreise
Duisburg, Ruhrort, Rees, Mors, Kleve und Geldern, so umfassen diese
eine Bevölkerung von 418214 Personen, 2,6 ^/o weniger, als in dem
auf der Karte dargestellten Gebiet ein halbes Jahr später, am 2. De-
zember 1895 gezählt wurden. Nicht berücksichtigt sind hierbei von
diesem Gebiet die Gemeinde Tönisberg des Kreises Kempen, sowie die
vier zum Landkreise Krefeld gehörigen Gemeinden Traar, Verberg,
Bockum und Ürdingen. In den letzten drei Gemeinden überwiegt die
industrielle Bevölkerung, die ersten beiden dagegen sind mehr land-
wirtschaftlich. Mit enthalten sind aber in den Zahlen die nicht in
unsere Darstellung einbegriflfenen Gemeinden Leuth und Hinsbeck des
Kreises Geldern sowie Wanheim des Kreises Ruhrort. Fällt somit auch
das Gebiet der sechs Kreise nicht ganz genau mit dem unserer Karte zu-
sammen, so sind doch die Abweichungen so gering, daß die Zahlen-
angaben der Berufsstatistik auch für das ganze Gebiet eine wertvolle
Übersicht ergeben.
Die verschiedenen Berufsgruppen verteilen sich nun, immer
nach dem Hauptberuf, ohne Rücksicht auf etwaige Nebenbeschäftigung,
auf die genannten Kreise folgendermaßen:
62
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Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 63
Aus dieser Aufstellung geht zunächst hervor, daß fast genau die
Hälfte der gesamten Bevölkerung ihre Nahrung aus Bergbau und In-
dustrie zieht, nur wenig über ein Viertel von der Landwirtschaft lebt,
also bodenständig im eigentlichen Sinne ist, während noch ein weiteres
Achtel dem Handel und Verkehr seine Existenz verdankt. Die übrigen
Berufsarten kommen wenig in Betracht. Der auffallend hohe Anteil
der dem „öffentlichen Dienst und freien Berufen** Angehörigen im
Kreise Rees rührt in der Hauptsache von der Besatzung von Wesel her.
Was nun die Verteilung der drei wichtigsten Berufsgruppen über
unser Gebiet anlangt, so nimmt der Stadtkreis Duisburg eine Sonder-
stellung ein, insofern als nahezu 88®/o seiner Bewohner der Industrie,
dem Handel und Verkehr angehören und kaum 1^2 v. H. der Land-
wirtschaft. Allerdings wurden noch 2031 Personen ermittelt, die neben
dem Hauptberuf noch Landwirtschaft betreiben, doch sind diese Neben-
betriebe im wesentlichen auf etwas Garten- und KartoflPelland der In-
dustriearbeiter beschränkt, und ihre Geringfügigkeit geht schon daraus
hervor, daß unter den 2106 landwirtschaftlichen Betrieben des Stadt-
kreises sich 1629 befinden, die nur eine Fläche bis zu 20 Ar bewirt-
schaften. In den übrigen Kreisen steigt die Zahl der landwirtschaft-
lichen Bevölkerung in der Weise, daß wir, erst auf der rechten, dann
auf der linken Rheinseite stromabwärts und zuletzt in das Niersthal
hinübergehend ein stetiges Anwachsen des Anteils derselben an der
Gesamtbevölkerung finden. Im Kreise Ruhrort beträgt er zwar erst
12,7 ^/o, doch liegt der Grund hierzu nur in der dichtgedrängten in-
dustriellen Bevölkerung der südlichen Gemeinden, während der ganze
Norden des Kreises rein landwirtschaftlich ist. Eine ganz bedeutende
Steigerung weist die Zahl für den Kreis Rees auf; hier gehören bereits
31^/3*^/0 zur Landwirtschaft. Ist der Anteil der industriellen Bevölkerung
mit über 36 ®/o auch immer noch größer, so ist die Industrie hier doch
mehr auf die Städte und deren Nachbarschaft beschränkt. Erst im
Kreise Mors finden wir ein Überwiegen der Landwirtschaft über die
Industrie (41 gegen 38^2^/0); auch hier ist es vorwiegend der südliche
Teil des Kreises, der größeren Anteil an Industriebevölkerung zeigt.
Die geringste Zahl für letztere hat der Kreis Kleve, allerdings doch
immer noch 35^/5"/o gegenüber 41V5®/o landwirtschaftlicher Bevölkerung.
Im Kreise Geldern endlich erreicht die Landwirtschaft ihren höchsten
Anteilsatz mit fast 44®/o, aber auch die Industrie, hier ganz besonders
als Hausindustrie gepflegt, zeigt gegen die bis hierhin beobachtete
stetige Abnahme wieder eine nicht unerhebliche Steigerung auf 39^/4%.
Die Zahlen für die vom Handel und Verkehr lebende Bevölkerung
zeigen in derselben Reihenfolge von Duisburg mit 21^/2^/0 bis zu
Geldern mit 8^2^/0 eine stetige Verminderung. Hier macht sich der
den Verkehr und Handel fördernde Einfluß des Rheinthals und des
Stromes vor allem bemerkbar, dieser Verbindungsstraße der mittel-
und oberrheinischen Gegenden mit dem Tiefland und den Seehäfen,
während das Thal der Niers mehr seitab des großen Verkehrs liegt.
64
E. Ambrosius.
Die Landwirtschaft.
Betrachten wir nun zunächst die Verhältnisse der eigentlich boden-
ständigen Bevölkerung, der landwirtschaftlichen, etwas eingehender.
Schon im ersten Teile dieser Arbeit wurde betont, daß außer der
eigentlichen landwirtschaftlichen Bevölkerung, deren Hauptberuf die
verschiedenen Zweige der Landwirtschaft, Ackerbau, Viehzucht, Gärt-
nerei und Forstwirtschaft, bilden, sich vielfach ein mehr oder minder
großer Teil der übrigen Bevölkerung mit diesen Erwerbszweigen im
Nebenberuf beschäftigt. Die Zahl solcher Personen ist am Niederrbein
besonders hoch. Die Berufsstatistik von 1895 weist flir die einzelnen
Kreise (vgl. Seite 61) hierüber folgende Zahlen auf:
In Land- (und
For8t-)wirt-
schaft
Duisburg
Ruhrort
Rees
Mors
Kleve
Geldern
Zu-
sammen
Erwerbs-
thätige im
Hauptberuf
Erwerbs-
thätige im
Nebenberuf
473
2059
4806
8155
8840
4944
12674
6632
9698
6380
11740
7 305
48231
35425
Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, daß von der vor-
wiegend industriellen Bevölkerung der Kreise Duisburg und Ruhrort
ein nicht unbeträchtlicher Teil nebenbei etwas Landwirtschaft betreibt;
beträgt doch die Zahl der Personen dieser Gattung im Kreise Ruhrort
fast das Doppelte, in Duisburg gar mehr als das Vierfache der nur,
oder im Hauptberuf landwirtschaftlich Erwerbsthätigen. In Kleve
dagegen ist die Zahl der eigentlichen Landwirte das Anderthalbfache
der die Landwirtschaft nur im Nebenberuf Treibenden, in Geldern ist
das Verhältnis 1,6 : 1, in Rees 1,8 : 1 und in Mors endlich 1,9 : 1.
Natürlich hat diese bedeutende Zahl von nebenbei Landwirtschaft treiben-
der Bevölkerung einen großen Einfluß auf die Verteilung des Grund-
besitzes im allgemeinen und auf die Zahl und Größe der landwirt-
schaftlichen Betriebe. Es ergiebt sich, nicht zum wenigsten aus diesem
Grunde, ein im Verhältnis zur Gesamtzahl derselben außerordentlich
hoher Anteil von Kleinbetrieben. Auf Grund der in den VeröflFent-
lichungen des Kais. Statistischen Amts^) gegebenen Zahlen wurde nun
in der folgenden Tabelle eine Übersicht über Anzahl und Größe
der landwirtschaftlichenBetriebe in den sechs in Betracht
kommenden Kreisen zusammengestellt.
^) Zusammenstellung nach: Die Landwirtschaft im Deutschen Reich;
nach der landwirtschaftlichen Betriebszählung vom 14. Juni 1895 (Statistik des
Deutschen Reichs, N. F., Bd. 112), Berlin 1898, S. 381 f., 494 f.
Die Yolksdichte am deutschen Niederrhein.
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66 E. Ambrosius.
Die „Parzellenbetriebe** bilden demnach fast drei Viertel der Zahl
sämtlicher Betriebe, ihre Fläche dagegen macht noch nicht ein Zehntel
der Gesamtfläche aus. Der verhältnismäßig größte Anteil der Fläche
fällt auf „größere bäuerliche Betriebe (20 — 100 ha)**; die stattlichen
Höfe dieser „großen Bauern** sind am häufigsten auf der linken Bhein-
seite in den Kreisen Mors und Eleve, sowie auch rechtsrheinisch im
Kreise Rees anzutreffen, wo die Anschwemmungen des Rheins ein
Acker- und Weideland von reichster Fruchtbarkeit geschaffen haben.
An Gesamtfläche stehen hinter den großbäuerlichen nicht weit zurück
die „mittleren bäuerlichen Betriebe** (35®/o). Während aber die Zahl
der ersteren nicht ganz ein Zwanzigstel der Gesamtzahl der Landwirt-
schaftsbetriebe ausmacht, entfällt auf die letzteren fast ein Achtel der-
selben. Die „kleinen bäuerlichen Betriebe** treten wieder sehr zurück,
ihre Zahl ist nur etwas über, ihre Fläche etwas unter ein Zehntel der
Gesamtzahl und -fläche. Vollends unbedeutend sind die eigentlichen
Großbetriebe (über 100 ha) mit nur 0,06 > der Zahl und 2,8 o>
der Fläche.
In Fideikommissen sind im ganzen Regierungsbezirk Düsseldorf
3,96^/0 der Bodenfläche, also ein nicht erheblicher Betrag, festgelegt^).
Für unser Gebiet konnten wir leider keine näheren Angaben erlangen,
doch dürften die Verhältnisse hier denen des gesamten Regierungs-
bezirks ungefähr wohl entsprechen. Von Belang ist die Festlegung
des Grundbesitzes für die Volksdichte wohl nur in wenigen Gemeinden,
wie z. B. in Orsoy, Budberg und Eversael. — Von wesentlich größerer
Bedeutung für die Bevölkerungsverhältnisse ist aber der noch weit ver-
breitete Brauch des alten sächsischen Rechts, das, abweichend von dem
auf der linken Rheinseite seit der französischen Besitznahme bis 1900
geltenden französischen Recht, die freie Teilung des Grundeigentums
nicht kennt und „zu Ungunsten der freien Verfügung des Besitzers
und des gleichen Erbrechts seiner Kinder der Geschlossenheit und dem
Bestände des Landgutes besonderen Schutz gewährte**^). Fast durch-
weg wird einem, meist dem ältesten Sohn, noch bei Lebzeiten der
Eltern der Besitz des Hofes übertragen, während die übrigen Kinder
anderweitig abgefunden werden, ein Umstand, der einer größeren Ver-
dichtung der Bevölkerung in jenen landwirtschaftlichen Bezirken natür-
lich stark entgegenwirkt. — In den Gegenden unseres niederrheinischen
Gebiets, wo der Boden einigermaßen gute Erträge abwirft, und das
ist mit Ausnahme einiger sandiger und sumpfiger Striche zienüich allge-
mein der Fall, hat sich ein gesunder, kräftiger Bauernstand erhalten,
der allerdings in neuerer Zeit unter der Flut der industriellen Bevölke-
rung im Süden, besonders im Südosten, mehr und mehr zu verschwinden
droht, andererseits aber auch von der Nachbarschaft dieses dicht be-
völkerten Industriegebiets für den Absatz seiner Erzeugnisse ausgiebigen
Nutzen zu ziehen in der Lage ist.
Was nun die landwirtschaftliche Bodenbenutzung im einzelnen
I
^) Statistisches Handbuch für den preußischen Staat, Bd. n^
Berlin 1898, S. 225.
^) A. Meitzen, Der Boden des preuß. Staats Bd. Ij S. 372.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 67
angeht, so war über die Verteilung des Waldes über die einzelnen
natürlichen Gebiete am Niederrhein bereits an den betreflfenden Stellen
bei der geographischen Beschreibung das Nötige gesagt (Seite 26 fiF.).
Im ganzen genommen wird 19,72 ^/o des Bodens unseres Gebiets von Wald
bedeckt, was dem Satze für den ganzen Begierungsbezirk Düsseldorf
(19,45) fast genau gleichkommt, hinter dem des ganzen Königreichs
Preußen (25,56) und des Deutschen Reichs (27,66) nicht allzuweit
zurücksteht. Ueber die Verteilung auf die einzelnen Gemeinden giebt
Spalte 4 der Tabellen Aufschluß. Die „aufstauende** Wirkung größerer
Waldflächen auf die Bevölkerung an ihren Rändern durch die Gelegen-
heit zum Nebenerwerb durch Holzarbeiten u. s. w., sowie infolge der
Eigenschaft als Verkehrshindernis^) scheint auch bis zu einem gewissen
Grade in unserem Gebiete, wenigstens an einigen Stellen, bemerkbar
zu sein; so in der Zone dichterer Bevölkerung um den Reichswald
herum, wie auch an der Nord- und Südseite der Bönninghardt. Da-
gegen ist ein derartiger Einfluß der ausgedehnten Waldungen auf den
östlichen Grenzhöhen nicht zu erkennen. — Wie im allgemeinen der
Einfluß des Waldes auf die Volksdichte überhaupt sehr gering ist, so
spielt die Art des Bestandes erst recht eine untergeordnete Rolle. Es
sei nur bemerkt, daß Laubholz vorwiegt in den in der Ebene gelegenen
Waldungen, auf den sandigen Höhen dagegen sich zum größeren Teile
Nadelholzbestände finden. Auf gutem Boden stehen meist Buchen und
Eichen, auf schlechtem, besonders sandigem mehr Fichten und Kiefern.
Außer schönen Hochwaldbeständen, vor allem in den Staatswaldungen,
findet sich, in den Privatwaldungen vorwiegend, gemischter Mittel- und
Niederwald. — Nicht unbedeutend sind die am Ufer des Rheins ent-
lang liegenden Weidenpflanzungen, die mitunter recht hohe Erträge
abwerfen, wie an geeigneten Stellen in Spalte 22 der Tabellen ange-
merkt wurde.
Acker und Wiese nehmen über die Hälfte (51,26^/o) des ganzen
Gebiets ein. Da der Anteil der Wiesen aber mit Ausnahme des Niers-
gebiets (Kreis Geldern und südwestlicher Teil des Kreises Mörs)^) nur
sehr gering ist, so entfällt der weitaus größte Teil hiervon auf das
Ackerland. Der Boden ist, wie schon bei der geographischen Be-
schreibung hervorgehoben wurde, besonders im Rheinthal fast durch-
weg vorzüglich, aber selbst auf minder gutem Boden werden durch
eine intensive Kultur bemerkenswert hohe Erträge erzielt. Gebaut
werden hauptsachlich Roggen, Weizen, Hafer und Kartoffeln, auf san-
digen Strichen auch Buchweizen; als Futterpflanzen werden verschiedene
Kleearten (vor allem roter und weißer öee, Luzerne, Esparsette) und
Runkelrüben gezogen, letztere auch in geringerem Maße zur Zucker-
und Rübenkrautfabrikation. Nicht unbeträchtlich ist der Tabaksbau
in den nördlichen Strichen um Rees, Emmerich und Kleve.
Trotzdem aber für den hier gebauten Tabak Preise erzielt werden,
„die, mit denen anderer deutscher Produktionsgebiete verglichen, wohl
die oberste Grenze dessen abgeben, was für deutschen Tabak über-
^) Vgl. E. Friedrich (s. S. 6, Anm. 1), S. 26 f.
*) Vgl. A. Meitzen, Der Boden des preuß. Staats, Bd. IV, S. 97.
68
E. Ambrosius.
haupt bezahlt wird** ^), nimmt der Bau desselben kaum zu und ist starken
Schwankungen unterworfen. Der Grund hierfür liegt in der sorgfältigen
Pflege, der diese Pflanze bedarf, und die ihr angedeihen zu lassen haupt-
sächlich durch die in den landwirtschaftlichen Betrieben herrschende
,, Leutenot ** fast unmöglich ist. Der Tabaksbau geschieht fast ausschließ-
lich in kleinen Betrieben bis zu 25 Ar. Die folgende Zusammenstellung^)
zeigt die Ausdehnung und Bedeutung des Tabaksbaus in unserem Gebiet.
Hauptsteuer-
amtsbezirk
Zahl der Pflanzer
Mit Tabak
bepflanzte Fläche in Ar
1895
1898
1899
1895
1898
1899
Kleve . .
Emmerich .
Wesel . .
728
331
147
751
339
177
725
297
163
7 853,62
3 031,63
912,85
8384,75
3 403,54
1 057,83
8 199.04
3 109,65
995,85
Zusammen:
1206
1267
1185
11798,10
12846,12
12 268,54
Hauptsteuer-
amtsbezirk
i
Ernteertrag in kg
Mittlerer Preis für
100 kg (+ Steuer)
Gesamtwert der Emie
in Mark
1895
1899
1895
1899
1895
1899
Kleve . .
Emmerich .
Wesel . .
265 867
92 762
31817
227 586
74756
27 787
111,45
105,73
100,64
115,27
109,74
103,62
296 368
98088
32022
262348
82039
28 794
Zusammen :
394452
330 129
108,12
113,04
426 478
373 181
Wein wird am Niederrhein nicht mehr gebaut. Bedeutend ist
der Gemüsebau, besonders im Kreise Mors, der einen beträchtlichen
Teil des Industriegebiets mit frischem Gemüse versorgt. Der Obst-
bau ist von geringerer Bedeutung. Doch wird besonders im Kreise
Mors von den Erträgnissen der auf den Weiden stehenden zahlreichen
Apfelbäume eine lebhafte Fabrikation von Apfelkraut (Gelee) betrieben,
fast durchweg als Nebengewerbe der Landwirtschaft, wozu viele der
größeren Bauernhöfe eigene Einrichtungen, „Pasch" genannt, besitzen.
Leider ist die Herstellung des reinen Apfelkrauts durch die massen-
hafte Fabrikation minderwertiger Surrogate, durch die Verwendung
amerikanischer Aepfel, mehrere ungünstige Obsternten und andere un-
günstige Umstände in den letzten Jahren wenig gewinnbringend ge-
wesen und deshalb stark im Rückgang begriffen. Dasselbe gilt auch
von der früher viel bedeutenderen Produktion von Rübenkraut („Wurzel-
kraut**) aus dem Safte der Runkelrüben.
Die von den Gewässern, sowie von Ödland und Unland ein-
genommenen Flächen sind verhältnismäßig so gering (in keinem Kreise
') H.-K.-B. Wesel 1898, S. 39.
^) Nach den Angaben in: Vierteljahrshefte zur Statistik des
Deutschen Reichs, 1896, Heft IV, S. 93 ff. und 1899, Heft IV, S. 166 ff".
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 69
über 0,9^/0 der Gesamtfläche) und kommen so wenig in Betracht, daß
wir sie hier ganz übergehen können.
Eine ganz hervorragende Rolle spielen in unserem Gebiete die
Weiden. Diese vom Winter-, teilweise auch noch vom Sommerhoch-
wasser des Rheins mit seinem fetten Schlick immer wieder aufs neue
zu höchster Fruchtbarkeit gebrachten Weidel'ändereien nehmen im Kreise
Rees fast ein Drittel der gesamten Fläche ein, in den Kreisen Kleve
und Ruhrort betragen sie je über ein Fünftel, und auch im Kreise Mors
noch mehr als ein Zehntel^). Geringwertig sind die, allerdings auch ein
Zehntel der Bodenfläche einnehmenden Weiden des Kreises Geldern im
Niersthal. Die wertvollsten Weiden liegen hauptsächlich im nördlichen
Teil des Gebiets. Diese „Fettweiden* werden nur selten abgemäht, sondern
als Weideland für die Mast von Ochsen oder für das Melkvieh verwertet.
Im engsten Zusammenhange mit dieser Verbreitung des Weide-
landes steht die Pflege der Viehzucht. Auf Spalte 16 — 21 der
Tabellen ist die absolute Kopfzahl der drei wichtigsten Vieharten ge-
geben, der Pferde, des Rindviehs und der Schweine, sowie ihre Dichte
auf 1 qkm nach Abzug des Waldes gemeindeweise berechnet. Auf
den Unterschied der im Anfang des Dezembers festgestellten Zahlen
des Viehstandes gegen den Jahresdurchschnitt macht Meitzen^) besonders,
aufmerksam; er kommt zu dem Schlüsse, daß dieser Unterschied bei
den Pferden ganz unerheblich ist, beim Rindvieh auf etwa 6®/o (eben-
soviel bei den Ziegen) und bei den Schweinen auf etwa 25®/o veran-
schlagt werden kann, um welchen Satz die Ergebnisse der Zählung
erhöht werden müßten, um einen ungefähren Jahresdurchschnitt zu er-
langen. Inwieweit sich diese Verhältnisse seit Meitzens Berechnung
verschoben haben mögen, entzieht sich unserer Kenntnis, doch kommt
darauf auch wenig für unsere Zwecke an, denn zur Vergleichung der
Viehhaltung in den einzelnen Gemeinden und Gebieten untereinander
sind die von der Statistik gegebenen absoluten Zahlen und die berech-»
neten Dichtezahlen ohne weiteres zu gebrauchen.
An Pferden kommen im Durchschnitt unseres Gebiets 10 auf
1 qkm. Die Abweichungen von diesem Durchschnitt sind in den länd-
lichen Gemeinden im allgemeinen nicht sehr bedeutend. Beträchtlich
unter demselben bleiben die Gemeinden der östlichen Grenzhöhenzone,
In den ländlichen Gemeinden ist bis zu einem gewissen Grade eine
Parallelität mit der Kopfzahl des Rindviehs zu erkennen. Ueber dem
Durchschnitt, zum Teil recht beträchtlich, stehen naturgemäß vor allem
städtische Gemeinden und solche mit starker Industrie, im allgemeinen
also der ganze Südosten. Hier aber kann man von Pferdezucht kaum
reden, da fast sämtliche Tiere nur als Nutztiere in entsprechendem Alter
angekauft und verbraucht werden. Außer dem auf dem Lande haupt-
sächlich verbreiteten holländischen Schlag werden besonders zu in-
dustriellen Zwecken sehr starke, schwere Tiere, Brabanter, Percherons
und ähnliche verwandt.
Wichtiger ist die Rind vi eh zu cht, ja sie bildet in manchen
1) A. Meitzen, a. a. 0., Bd. IV, S. 94—97.
2) Ebenda, Bd. TI, S. 437 f.
70 ^' Ambrosius.
Gegenden geradezu den Hauptnahrungszweig der Bewohner. Die Durch-
schnittsdichte für das ganze Gebiet beträgt 58 Stück Rindvieh auf 1 qkm.
Hier aber zeigen sich ganz erhebliche Unterschiede der einzelnen Gegen-
den. Gering ist auch die Rindviehzucht in der östlichen Grenzhöhen-
zone, mit Ausnahme von deren nördlichstem Teil; gering ist sie auch in
dem ganzen westlichen Grenzgebiet, ferner naturgemäß in dem eigent-
lichen Industriegebiet und den industriereichen Städten in der ganzen
Südhälfte unseres niederrheinischen Gebiets, die völlig auf den Ankauf
von Vieh angewiesen sind. Auffallend hohe Zahlen aber weisen die
Städte Emmerich und Kleve auf, die gleichzeitig die Mittelpunkte der
Gegenden bilden, in denen allgemein sehr starke Rindviehhaltung ge-
funden wird. Wie schon oben angedeutet, ist für die Rindviehzucht
die Verbreitung der fetten Weiden des Rheinthals von hervorragender
Bedeutung, wozu noch die Nähe des dicht bevölkerten Industriegebiets
für den Absatz ihrer Produkte außerordentlich vorteilhaft wirkt. In
vielen Gegenden, und gerade solchen mit vorzüglichem Weideland,
haben sogar ganze große Wirtschaften den Ackerbau völlig aufgegeben
und sich nur auf die Milchwirtschaft verlegt, so vornehnüich im süd-
lichen Teil des linksseitigen Rheinthals, wo die Lage zwischen dem
rheinisch-westfälischen und dem Krefelder Industriegebiet ganz besonders
günstig ist. Hier werden dann nur, wie aber auch sonst vielfach, die
frischmelken Kühe eingestellt, abgemolken, dann gemästet und an die
Fleischer verkauft. Andere Gegenden wieder, wie z. B. die weitere Um-
gebung von Wesel, verlegen sich vorzugsweise auf die Mast von Schlacht-
ochsen in den ausgedehnten Pettweiden. Infolge der langandauernden
Grenzsperre gegen Holland sind die Landwirte gezwungen, sich mehr
als früher der eigenen Aufzucht zuzuwenden, wodurch die Viehzucht
in den letzten Jahren einen ganz erheblichen Aufschwung genommen
hat. — Zum Zwecke der besseren Nutzbarmachung der Erzeugnisse
sind, besonders in letzter Zeit, zahlreiche Molkereigenossenschaften
und ähnliche Vereinigungen ins Leben getreten. — Von großer Bedeu-
tung für das niederrheinische Gebiet ist die vor einem halben Jahr-
hundert aus Holland eingeführte Käsefabrikation, jetzt meist in den
Sammelstellen (Molkereien) betrieben, die ein dem besten holländischen
Rahmkäse sehr nahe, ja vielfach vöUig gleich kommendes Erzeugnis
liefert. An der Käsebereitung sind allein auf der linken Rheinseite
außer den vielen einzelnen Gehöften 14 größere fabrikmäßige Betriebe
(1898) mit einem Kapital von reichlich 1 Million Mark beteiligt; in
denselben sind 80 — 100 Arbeiter thätig, während für das Melken und
Warten der Kühe, deren Milch verarbeitet wird, etwa die sechsfache
Anzahl — vorwiegend weibliche Personen — beschäftigt wird. Die
Hauptmenge und beste Qualität wird in der Zeit gewonnen, wo das
Vieh sich auf der Weide befindet ; dies geschieht während der wärmeren
Jahreszeit, von Anfang Mai bis erste Hälfte des Novembers, dauernd.
Schwankungen in den Produktionsmengen werden daher fast ausschließ-
lich durch den je nach den Witterungsverhältnissen mehr oder minder
günstigen Stand der Weiden bedingt^). — In neuerer Zeit hat auch
1) H.-K..B. Krefeld, 1898, S. 58.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 71
die Margarinefabrikation einige Bedeutung gewonnen. — Der Rindvieh-
schlag ist der holländische, auch Niederrh einer genannt; er gehört zu
den ausgezeichnetsten Schlägen im preußischen Staate^).
Die Zahl der Schweine in unserem Gebiet übertrifft nur um
weniges die der Rinder; im Durchschnitt kommen 62 auf 1 qkm. Ganz
anders aber ist ihre Verteilung. Wesentlich unter dem Durchschnitt
bleiben auch hier wieder die östlichen Grenzhöhengebiete, aber mit Aus-
nahme von Sterkrade und der Gemeinden Schermbeck, Weselerwald und
Brünen inl nördlichsten Teil. In den südlichen industriereichen Gegen-
den des Rheinthals ist die Schweinehaltung ziemlich bedeutend; dies
hängt mit der Menge der kleinen landwirtschaftlichen Nebenbetriebe
der Industriearbeiterschaft zusammen. Besonders stark tritt diese Er-
scheinung hervor bei den auf der linken Rheinseite liegenden Gemein-
den zwischen Mors, Homberg und Essenberg. Dagegen halten sich
die Striche des Rheinthals weiter nördlich im allgemeinen unter dem
Durchschnitt, nur wenige Gemeinden erheben sich über denselben.
Yon großer Wichtigkeit aber ist die Schweinehaltung auf den links-
rheinischen Hügelgruppen und vor allem im Niersthal, besonders dessen
südlichen Teil, wo auch die Zucht bedeutend ist, während in den
übrigen Gegenden hauptsächlich nur die Mästung betrieben wird. Aber
auch in den nördlichen Gebieten nimmt die Schweinezucht neuerdings
immer mehr zu*). Von einem bestimmten Schweineschlag kann man
kaum reden, es sind vielmehr die verschiedensten Arten und Kreuzungen
vertreten, da eben die zu mästenden Tiere von allen Seiten her einge-
führt werden.
Für die Ziegen wurden keine Angaben in die Tabellen aufge-
nommen. Ihre Zahl ist im allgemeinen nicht sehr groß, nur in einigen
Gegenden erreicht sie eine ansehnliche Höhe, und zwar hauptsächlich in
denjenigen, die sich auch durch starke Schweinehaltung hervorheben.
Hier trifft in der Hauptsache wohl derselbe Grund zu, der bei diesen
schon angegeben wurde, daß nämlich die zahlreichen Parzellenbetriebe,
vor allem Nebenbetriebe, die Haltung einer Kuh noch nicht ermöglichen,
wohl aber zur Ernährung einer Ziege, der »Kuh des armen Mannes*
oder der „ Beamtenkuh ^ hinreichen. Man strebt neuerdings durch Bildung
von Ziegenzuchtvereinen eine größere Hebung dieses Zweiges der Land-
wirtschaft an.
Die Schafzucht, einst in einigen Strichen von großer Bedeutung
(Gocher Heide), ist jetzt völlig belanglos; ebenso ist die Haltung von
Federvieh und die von Bienen ohne Wichtigkeit.
Bei einem Rückblick über die landwirtschaftlichen Verhältnisse
unseres Gebiets ergiebt sich, daß im allgemeinen die Landwirtschaft auf
einer sehr hohen Stufe steht. Begünstigt durch einen zum größten Teile
sehr ergiebigen Boden, der hier dem Ackerbau, dort der Viehzucht hohe
Erträge gewährt, in der glücklichen Lage in nächster Nähe des über-
völkerten Industriegebiets an der Ruhr wie desjenigen um Krefeld, von
denen vor allem der erste einen mit seiner kaufkräftigen, stark ver-
') A. Meitzen, a. a. 0., Bd. II, S. 489.
*) H.-K.-B. Wesel, 1898, S. 36.
72 E. Ambrosius.
brauchenden Bevölkerung stets aufnähme willigen Markt für die Erzeug-
nisse der niederrheinischen Landwirtschaft bildet, „weiß die intelligente
rheinische Landbevölkerung thatsächlich nichts von schweren Zeiten; die
meisten Gutsverkäufe im niederrheinischen Bezirk bedingen höhere
Preise, als vorher gezahlt wurden**^). Der Ackerbau ist hoch ent-
wickelt, die Viehzucht in lebhaftem Aufschwung begriffen, und wenn
einzelne Zweige landwirtschaftlicher Thätigkeit durch besondere Um-
stände veranlaßt im Rückgange sind (wie die Apfelkrautbereitung), so
gestalten sich dafür andere, wie die Butter- und Eäsefabrikation durch
den Zusammenschluß der Landwirte zu Produktionsgenossenschaften
immer lohnender. Eine lebhafte Klage allerdings hat die Landwirt-
schaft am Niederrhein zu führen, die sie aber mit der gesamten übrigen
Landwirtschaft mehr oder weniger teilt, die Klage über die „Leutenot%
den Mangel an ländlichen Arbeitern, und hierbei wirkt die in anderer
Beziehung so vorteilhafte Lage in der Nähe der Industriebezirke be-
sonders ungünstig. Es sei hier aus einem Berichte des Direktors der
Lokalabteilung Rees des landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen
folgende bezeichnende Stelle beispielsweise hervorgehoben: „Der Mangel
an ländlichen Arbeitern nimmt immer mehr zu, und wird es den Land-
wirten schwer, ihre Betriebe aufrecht zu erhalten. Auch bewährt sich
das vielgepriesene Mittel, den Arbeitern ein eigenes Heim zu schaffen,
um sie zu halten, hier im Kreise nicht, da manche derartige Wobnungen
leer stehen, oder von solchen bewohnt werden, deren arbeitsfähige
Söhne, durch die bequeme Fahrgelegenheit und hohen Löhne angelockt,
in dem Industriegebiet Arbeit suchen^)/
Die Industrie.
Die Industrie gewinnt am Niederrhein immer mehr Bedeutung und
Ausdehnung. Schon 1895 ernährte sich von ihr fast die Hälfte der ge-
samten Bevölkerung unseres Gebiets, und noch ist die Zahl in schneUer
Zunahme begriffen. Ueber die Verteilung der industriellen Bevölkerung
im allgemeinen giebt die Tabelle auf Seite 62 und die daran anschließende
Erörterung Aufschluß. In keinem Kreise geht die industrielle Bevöl-
kerung unter ein Drittel der Gesamtheit herunter, im Stadtkreise Duis-
burg steigt sie auf zwei Drittel. In diesen Zahlen ist natürlich nicht
nur die fabrikmäßig betriebene Industrie, sondern auch das Handwerk,
1) H.-K.-B. We8;el, 1896, S. 33.
2) H.-K.-B. Wesel, 1898, S. 36. — Ausführliche Erörterungen über diese
Verhältnisse finden sich bei: OttoAnhagen, Die ländlichen Arbeitecverbaltnisse
in der Rheinprovinz und im oldenburgischen Fürstentum Birkenfeld; in: Schriften
des Vereins für Socialpolitik, LIV. Die Verhältnisse der Landarbeiter in Deutsch-
land, II. Band, S. 651 — 765, Leipzig 1892. — Nicht unerwähnt soll hier auch ein
uns erst nach Abschluß dieser Arbeit zugegangener Artikel in der „Korrespondenz
des Bundes der Landwirte" 1900, Nr. 9, bleiben, indem ein „rheinischer Land-
wirt aus der Nähe der Industriestadt Mühlheim " (wahrscheinlich Mülheim a. Rh.,
1 bei Köln) sich in heftigster Weise über die preisdrückende Überschwemmung des
^ Marktes mit Gemüsen, Kartoffeln u. s. w. aus Belgien und Holland beklagt und
energische zollpolitische Maßnahmen dagegen verlangt.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 73
der Klein- und Einzelbetrieb, einbegriffen. Der Süden und Osten ist in
höherem Grade industriell, als der Norden und Westen. Wir können
die industrielle Bethätigung in drei große Gruppen scheiden, die in
unserem Gebiet auch räumlich im allgemeinen getrennt sind. Der Süd-
osten gehört der Kohlen- und Eisenindustrie und den mit beiden zu-
sammenhängenden Fabrikationszweigen, der Süden und Südwesten vor-
wiegend der Textilindustrie, und in dem ganzen übrigen Gebiet über-
wiegen diejenigen Industriezweige, die sich mit der Verwertung und
Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte jeglicher Art befassen. .
Das Kohlen- und Eisenindustriegebiet umfaßt vor allem die
Gemeinden Duisburg, Ruhrort, Meiderich, Beeck, Hamborn und Sterkrade,
auf die linke Bheinseite hat es hinübergegriffen nach Homberg, wo die
bis in die allemeueste Zeit einzige linksrheinische Kohlenzeche („Bhein-
preußen**) sich befindet. In diesem Gebiet werden die Steinkohlen
in immer steigenden Mengen durch mehrere große Bergwerke gewonnen,
im Jahre 1898 insgesamt rund 1 ^/s Millionen Tonnen, die zu fast */5 von
den Werken, denen die Zechen angehören, selbst verbraucht werden ^).
Über die Ausdehnung des Steinkohlenreviers wurde Seite 51 f. ge-
sprochen. Dort wurde auch schon erwähnt, daß in neuerer Zeit die Kohlen-
gruben im Begriff sind, auch über bisher noch von der Industrie un-
berührte Gebiete nord- und westwärts sich auszudehnen.
Neben der Kohlengewinnung her schreitet die Eisenindustrie,
imd sie hat sich, begünstigt auch durch die Verkehrslage, im Südosten
unseres Gebiets zu hoher Blüte entwickelt. So lebten 1895 im Stadt-
kreise Duisburg 16045 Personen, d. h. annähernd 23 V der Bevölkerung,
von der Gewinnung und Bearbeitung des Eisens, im Kreise Ruhrort
30838, d. i. 31,7 ^/o, die Steinkohlengewinnung zugerechnet gar 40591
oder 41,8 ®/o ^). Hierbei sind Werke von Weltruf vertreten. Die Hütte
„Phönix* in Laar bei Ruhrort beschäftigte 1895 3200 Arbeiter (1898
über 4000) und stellte fast 90000 t Roheisen, 230000 t Stahl und über
100000 t sonstige Fabrikate (Maschinen, Kessel u. s. w.) her (1898
ca. 120000, 280000 bezw. 130000 t). Die „Rheinischen Stahlwerke**
in Meiderich mit 2400 Arbeitern (1898: 2700) produzierten rund 200000 t
Stahl »und 180000 t Roheisen (1898: 200000 bezw. 175000 t, dazu
170000 t Pertigfabrikate). Von der in ihren Erzeugnissen außerordent-
lichvielseitigen „Gutehofi&iungshütte*' in Sterkrade (Brücken-, Maschinen-
bau, Gießerei u. s. w.) wurden durch 2300 Arbeiter an 34000 t fertige
Waren hergestellt (1898: ca. 2600 Arbeiter, 40000 t Fabrikate). End-
lich sei noch die Gewerkschaft ^Deutscher Kaiser** in Bruckhausen-
Hambom genannt, die, erst in neuerer Zeit sich rasch vergrößernd und
ausdehnend, in ihrem Steinkohlenbergwerk 1898 etwa 3150 und in ihren
Hüttenwerken 3500 Arbeiter beschäftigte, durch die fast 900000 t Kohle
gefordert, 175000 t Roheisen, 300000 t Stahl und 225000 t Fertig-
fabrikate hergestellt wurden^). Daß solche Werke, von denen wir hier
^) H.-K.-B. Ruhr ort, 1898, S. 67.
2) Nach: Statistik des Deutschen Reichs, N. F., Bd. 109 (s.S. 62,
Anm. 1), ebenso wie alle weiterhin folgenden, für Kreise zusammen-
fassenden berufsstatistischen Angaben.
») H.-K.-B. Ruhrort, 1898, S. 69 ff.
74 ^- Ambrofiius.
nur die größten genannt haben, während solche mit niehreren hundert
Arbeitern eine häufige Erscheinung sind, ein Zusammendrängen der Be-
völkerung auch über die Gemeinde hinaus, in der sie liegen, hervorrufen
und für die Volksdichteverhältnisse von allergrößter Bedeutung sind,
liegt auf der Hand.
Außerhalb des geschlossenen Industriegebiets findet sich Eisen-
industrie in bedeutenderem Maße noch an verschiedenen Stellen, so in
Ürdingen, Mors, Wesel, Emmerich, an diesen Orten aber nicht durch
die Nähe der Produktionsstätte, sondern durch Verkehrsrücksichten, in-
folge ihrer Eigenschaft als Versorgungsmittelpunkte ihrer meist Land-
wirtschaft treibenden Umgebung, bedingt. Anders aber liegt die Sache
wieder in Empel (Gem. Huri) und Isselburg, bei denen in nächster Nähe
größere ßasenerzlager sich finden. Diese Lager wurden der direkte An-
laß zur Gründung der „Isselburger Hütte" im Jahre 1795, in der noch
bis 1870 das Erz im Holzkohlenhochofen verhüttet und dann zur Her-
stellung von Gußeisenwaren verwandt wurde. Seitdem allerdings wurde
der billigeren Produktionskosten wegen das Roheisen von auswärts be-
zogen und die Verhüttung des Erzes eingestellt^). (Vgl. übrigens auch
Seite 51 f.). Die Rasenerzvorkommnisse der Niersbrüche haben u. W. zu
keiner Eisenindustrie Veranlassung gegeben.
Wurde früher, besonders in den weiter östlich gelegenen Teilen
des Industriegebiets, vorwiegend westfölisches Eisenerz verarbeitet, so
spielen jetzt die auf der bequemen Schiffahrtsstraße des Rheins herbei-
geschafften lothringischen und luxemburgischen und namentlich schwe-
dischen Erze die Hauptrolle.
Naturgemäß finden wir die Gewinnung und Rohbearbeitung des
Eisens fast ausschließlich im Kohlenrevier, woran sich dann dort gleich
auch die Weiterverwertung in der Gießerei, in Walzwerken, Maschinen-
fabriken und mannigfaltigen anderen Betrieben anschließt, während die
entfernter liegenden Eisenwerke sich nur mit dieser Verarbeitung des
Rohprodukts befassen.
In Anlehnung an die Steinkohlenproduktion und Eisenbearbeitung
haben sich im südöstlichen Industriegebiet und in nicht zu großer Ent-
fernung davon auch andere Industriezweige niedergelassen, die die Stein-
kohle, diesen unentbehrlichsten aller Kraftspender der modernen Industrie,
unter möglichster Ersparnis von Transportkosten zu verwenden trachten
und nun hier gleichzeitig für die Herbeischaffung ihrer übrigen Roh-
materialien den billigen Wassertransport auf dem Rhein zu benutzen
im stände sind. Hierhin gehört vor allem die Gewinnung und Ver-
arbeitung anderer Metalle, so die von Kupfer und Messing (Duis-
burg), Blei (Hamborn, Wesel) und Zink (Duisburg, Hamborn). Ebenso
hat die chemische Großindustrie mit den mannigfaltigsten Erzeug-
nissen hier eine Stätte gefunden, besonders in Duisburg, Ruhrort und
Umgebung, dann auch in Ürdingen und Wesel.
Ist die Kohlen- und Metallindustrie und ebenso die chemische In-
dustrie fast ausschließlich in fabrikmäßigen Betrieben vereinigt, so finden
^) Briefliche Mitteilung von der Direktion der Isselburger Hütte, A.-G.,
vom 24. März 1900.
Die Yolksdichte am deutschen Niederrhein. 75
wir die Textilindustrie des linken Rheinufers vorwiegend im Haus-
betrieb vertreten. Wie das rechtsrheinische Industriegebiet am Nieder-
rhein gewissermaßen nur den westlichen Ausläufer des großen rheinisch-
westfälischen oder Ruhr-Kohlen- und Industriebezirks bildet, so liegt auch
der Mittelpunkt der linksrheinischen Textilindustrie nicht in unserem Ge-
biet, sondern etwas weiter südlich, in Krefeld und Umgebung. Aber es
können sich die Webereien nördlich der Niersbrüche bei weitem nicht
an Bedeutung mit jener Eisenindustrie messen; sie bilden nur mehr
Außenposten der wichtigen Krefelder Industrie. In diesem Kern in und
um Krefeld ist der fabrikmäßige Betrieb der Webereien schon über-
wiegend, in den Kreisen Geldern und Mors und dem hier mit behandelten
Teile des Landkreises Krefeld aber ist, wie schon gesagt, die Haus-
industrie neben einigen Fabriken noch weit verbreitet, und dadurch ver-
teilt sich die Bevölkerung mehr über das Land, als es bei den dieselbe
mehr zusammendrängenden großen Fabrikbetrieben der rechtsrheinischen
Industrie der Fall ist. Alle Zweige der Samt- und SeidenstoflEfabrikation,
in geringerem Maße auch der WoU- und Baumwollverarbeitung, werden
gepflegt. In den beiden hauptsächlich in Betracht kommenden Kreisen
Geldern und Mors lebten 1895 von der Weberei und den verwandten
Berufszweigen 7642 Personen, 6^/o der Gesamtheit. In den übrigen
Teilen des niederrheinischen Gebiets findet sich die Textilindustrie nur
vereinzelt vertreten, so in Goch, Wesel, und vor allem noch in Duis-
burg, wo 1895 von Baumwollspinnerei und -weberei, sowie von Seiden-
gazeherstellung in mehreren Großbetrieben fast 1800 Menschen ihren
Unterhalt fanden.
Die in früheren Zeiten am Niederrhein im Zusammenhang mit dem
Flachsbau und der Schafzucht blühende Leinen- und Wollindustrie ^) ist
durch die Seiden- und Baumwollfabrikation fast völlig verdrängt und
nur noch in geringen Resten vorhanden.
Die dritte große Gruppe von industriellen Betrieben , die sich mit
der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte beschäftigt,
überwiegt durchaus in dem ganzen Gebiet, das nicht von den beiden
anderen vorhin besprochenen Gruppen eingenommen wird, aber auch in
den letzteren Industriegebieten spielt sie eine immer noch ganz bedeu-
tende Rolle.
Eine Mittelstellung zwischen ihr und der Kohlen- und Eisenindustrie,
der Gewinnung und Verarbeitung der unterirdischen Schätze, nimmt die
Verwertung des an der Oberfläche liegenden Bodens durch Ziegelei,
Töpferei und Kiesgewinnung ein.
Die Ziegelei ist, begünstigt durch das vorzügliche Material, das
ihr der fette Lehmboden des Rheinthals und zum Teil auch der Niers-
niederung bietet, und durch den großen Bedarf an festem Baumaterial
in den schnell emporwachsenden Städten, vor allem in dem südöstlichen
Industriegebiet, sowie endlich die gänzliche Abwesenheit von festen,
zu Bauten geeigneten Gesteinen, zu einer hohen Entwickelung gekommen.
Zahlreiche Feldbrand- und Ringofenziegeleien, teilweise von ganz be-
*) Vgl. A. F. Büsching, Erdbeschreibung, VII. Aufl., 1790, Bd. VI, S. 35,
312, 813 f., 620.
76 E. Ambrosius.
deutendem Umfang, bestehen in der Rheinniederung von Ürdingen,
Duisburg und Ruhrort bis nach Dinslaken herunter, in der Umgebung
von Wesel und Rees, Xanten und Ealkar, dann im Niersgebiet bei Kamp,
Nieukerk, Geldern und Weeze. Aber auch im östlichen Grenzhöhenge-
biet werden die unter der oberflächlichen Sanddecke lagernden Lehm-
schichten zur Ziegelbrennerei benutzt, so bei Sterkrade, Gahlen und
Schermbeck. Im ganzen Gebiet lebten (14. Juni 1895) 6056 Menschen,
etwas über 1,4 ®/o der Bevölkerung von der Ziegelei, davon allein 2049
im Stadtkreise Duisburg. Der größte Teil der Ziegeleiarbeiter aber
bildet kein ständiges Bevölkerungselement, sondern besteht aus Hollän-
dern, die nur den Sommer über hier thätig sind und im Herbst wieder
in ihre Heimat zurückkehren; sie kommen also trotz ihrer immerhin be-
deutenden Zahl für die Volksdichte wenig in Betracht.
Die Töpferei hat nur für die Gegend beim Eintritt der Lippe
in die Rheinprovinz einige Wichtigkeit, aber auch dort gehört sie bereits
mehr der Vergangenheit an, da die ehemals bedeutenden Töpfereien
um Schermbeck und Gahlen durch den übermächtigen Wettbewerb der
eisernen sogen, emaillierten Geschirre mehr und mehr zurückgehen.
Seit 1896 ist durch die Einführung von Zementwarenfabrikation in
Gahlen, die sich lebhaft entwickelt, ein gewisser Ersatz geschaffen
worden.
Die zahlreichen Kiesgruben an den linksrheinischen Hügelgruppen
haben mehr nur örtliche Bedeutung. Eine ganz beträchtliche Menge
Kies wird bei den Baggerarbeiten zur Vertiefung und Instandhaltung
des Rheinstrombetts gewonnen und versandt. So wurden 1898 in
Ruhrort und Duisburg zusammen über 400000 t zu Wasser angefahren,
um größtenteils mit der Eisenbahn weiter versandt zu werden 0«
Von der Verarbeitung eigentlicher landwirtschaftlicher Produkte
kommt zunächst die der Walderzeugnisse, die Holzbearbeitung, in
Betracht. In der Umgebung der waldreichen Bönninghardt (Sonsbeck)
und um Nieukerk wird lebhafte Fabrikation von Sitzmöbeln betrieben,
im Kreise Kleve Fässer- und Kistenfabrikation. Die Weidenanpflanzungen
am Rheinlauf begünstigen an einigen Stellen die Korbflechterei und
Herstellung von Faßreifen. Am wichtigsten aber sind die Holzsäge-
mühlen in Duisburg, die jedoch ihre Bedeutung lediglich ihrer Ver-
kehrslage verdanken und fast ausschließlich auf dem Rhein oder, in
viel geringerem Maße, mit der Eisenbahn herbeigeschajffies Holz vom
Oberrhein (Schwarzwald) oder aus Schweden, Rußland, Österreich-
Ungarn (Galizien, Slawonien) u. s. f. verarbeiten. Das aus dem Ausland
zur See herangeschaffte Holz wird vielfach in Holland zu Flößen zu-
sammengestellt nnd so rheinaufwärts geschleppt.
Die Produkte des Ackerbaus genügen der dichten Bevölkerung
in den meisten Bezirken nicht für ihren Bedarf. Die zahlreichen und
zum Teil recht bedeutenden Getreidemühlen (0,6 ®/o der Bevölkerung)
verarbeiten deshalb vorwiegend russisches und amerikanisches Getreide.
Ebenso sind die Ol- und Leinölmüllerei, beides einst am
Niederrhein blühende Gewerbszweige, die besonders in den Kreisen
') H.-K.-B. Ruhrort, 1898, S. 58. — H.-K.-ß. Djuisburg, 1898, S. 7 u. 18.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 77
Geldern und Kleve vertreten sind, in der Zufuhr ihres Materials auf das
Ausland angewiesen und haben in den letzten Jahren gegen die aus-
ländische Konkurrenz schwer zu kämpfen.
Das Bierbrauereigewerbe weist seine größten Betriebe in Duis-
burg auf, in den übrigen Gegenden ist es, ebenso wie auch die Brannt-
weinbrennerei und die Zuckerfabrikation, von geringer Be-
deutung.
Wichtiger ist die Tabakfabrikation, von der sich 1895
5597 Menschen ernährten (1,3 ®/o der Bevölkerung), davon über die
Hälfte in den selbst Tabak bauenden Kreisen Kleve und Rees (3269).
Doch wird natürlich, da der inländische Tabak nicht entfernt ausreichen
würde, hauptsächlich überseeischer verarbeitet und zwar größtenteils zu
Cigarren. Außer in diesen beiden Kreisen ist die Cigarrenfabrikation
noch bedeutend in Orsoy, Geldern und Nieukerk, die von Rauchtabak
in Duisburg (1,5 ^/o der Bevölkerung).
Die Erzeugnisse der Viehzucht endlich, die in den landwirtschaft-
lichen Betrieben des Niederrheins eine so hervorragende Stelle einnimmt,
haben in neuerer Zeit besonders durch den Zusammenschluß der Land-
wirte zu Molkereigenossenschaften Anlaß gegeben zur Entstehung, oder
eigentlich mehr zur Vertiefung und Ausdehnung einer wichtigen In-
dustrie für Butter- und Käsefabrikation, die sich vor allem im
Norden und Westen immer mehr ausbreitet und schon erfreuliche Er-
gebnisse erzielt hat (vgl. Seite 70 f.). Die Magarinefabrikation
bat besonders in IQeve, dann auch in Goch, Xanten und Duisburg
Fuß gefaßt.
Die Gerberei wird hauptsächlich in den Kreisen Kleve und
Geldern betrieben, wo sich annähernd 600 Menschen von ihr ernähren,
aber auch sie verbraucht zum allergrößten Teil ausländisches Material.
Im Anschluß an die Gerberei hat sich die Schuhmacherei auf der
linken Seite des Niederrheins zu einer solchen Höhe entwickelt, daß
sie im Niersgebiet und im nördlich daran anstoßenden Teil des Kreises
Kleve zu den wichtigsten Gewerbszweigen zählt. Die „Ledermanufak-
turen* von Goch werden u. a. auch schon am Ende des 18. Jahr-
hunderts von Büsching^) erwähnt. Beträgt in den rechtsrheinischen
Kreisen Duisburg, Ruhrort und Rees die Zahl der von der Schuh-
macherei Lebenden je 1,4, 1,2 und 1,8 ^/o der Bevölkerung, was man
also wohl als den Durchschnittssatz des in dem gewöhnlichen Bedürfnis
an handwerksmäßiger Schuhmacherei begründeten Bevölkerungsanteils
annehmen kann, so steigt diese Zahl im Kreise Mors auf 2,0, in Kleve
auf 5,9 und in Geldern endlich auf 7,7 ®/o. Auch hier wiederholt sich
die bei der linksrheinischen Textilindustrie gemachte Beobachtung, daß,
von einer Anzahl größerer Fabriken abgesehen, der größte Teil, hier
etwa zwei Drittel, in Hausbetrieb thätig ist, was auf die Verteilung der
Bevölkerung über das Land und in die kleinen Landstädtchen einen
ganz wesentlichen Einfluß ausübt.
Von anderen Industriezweigen hat noch der Schiffsbau
besondere Bedeutung. Von ihm leben allein in Duisburg an 500, in
*) A. F. Büsching, a. a. 0., S. 47.
78 E. Ambrosius.
Ruhrort gegen 200 Menschen. Die übrigen Zweige gewerblicher Thätig-
keit erheben sich, abgesehen nur von dem in den größeren Städten
und ganz besonders in Duisburg infolge des raschen Anwachsens dieser
Stadt zu bemerkenswerter Blüte gelangten Baugewerbe, kaum über
den durch die gewöhnlichen örtlichen Bedürfnisse bedingten Handwerks-
betrieb hinaus und können deshalb hier, als für die Volksdichteverhält-
nisse von keiner Bedeutung, übergangen werden.
"Überblicken wir noch einmal kurz die Verhältnisse der Industrie
am Niederrhein. Wir sahen, daß die Eisenindustrie hauptsächlich im
Gefolge und in räumlicher Nähe der Kohlenförderung sich eingestellt
hat, daß in ihrer Nachbarschaft sich auch vorzugsweise die übrigen
Zweige der Großindustrie, wie die Verarbeitung anderer Metalle und
die chemische Industrie ansiedelten, während alle diese fern vom Vor-
kommen der Steinkohlen sich nur vereinzelt finden. Wir erkannten
die linksrheinische Seiden- und Baumwollindustrie als eine lohnendere
Fortsetzung der später von ihr fast völlig verdrängten, einstmals blühen-
den Leinen- und Wollindustrie. Endlich betrachteten wir noch die durch
intensivere Zusammenfassung landwirtschaftlicher Betriebe entstandene
Industrie der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, von Waldnutzung, Acker-
bau und Viehzucht. Bei fast allen Industriezweigen aber, die wir vor
unserem Auge vorüberziehen ließen, konnten wir sehen, daß sie im
Grunde aus den an Ort und Stelle ihrer Entstehung «gegebenen Be-
dingungen ursprünglich hervorgewachsen waren. Infolge der Nach-
frage nach ihren Erzeugnissen, vor allem durch die dichter und dichter
sich zusammendrängende Bevölkerung des nahen Ruhrkohlengebiets und
unseres Gebiets in seinen südlichen Teilen selbst, und infolge der darum
immer mehr gesteigerten Produktion, die nun auch zu einem guten
Teil für die Ausfuhr arbeiten muß, sind die verschiedenen Industrie-
zweige im Bezüge ihrer Rohmaterialien auf entferntere Gegenden, zum
Teil sogar auf andere Erdteile angewiesen, da die einheimische Roh-
produktion fast mit alleiniger Ausnahme der Kohlenförderung dem
Bedarf nur noch zum kleinsten Teil zu genügen vermag. Wir können
also erwarten, daß der mächtig emporgeblühten Industrie zur Herbei-
schaffung der nötigen Rohmaterialien, wie zur Versendung ihrer Er-
zeugnisse ein entsprechend gewaltiger Verkehr zur Seite steht, und es
muß nun noch unsere Aufgabe sein, die Wege, die demselben zur«
Verfügung stehen, und seine Ausdehnung, sowie den Handel als den
Vermittler des Verkehrs zwischen Produzent und Verbraucher einer Be-
trachtung zu unterziehen, um auch den Einfluß dieser auf die Volks-
dichteverhältnisse erkennen zu können.
Der Verkehr und Handel.
Bis in die Gegend der Ruhrmündung begleiten den Rhein auf
seiner rechten Seite beträchtliche Erhebungen, die hier plötzlich auf-
hören und nun, scharf nach Osten umbiegend, die Südabgrenzung der
münsterschen Tieflandsbucht bilden, die ihrerseits nur durch niedrige
Höhenrücken von der rheinischen Bucht getrennt wird. Diese Ecke
an der Bubrmündung, unmittelbar bei Duisburg, bildet zugleich die am
Die Volksdichte am deutschen Niederi-hein. 79
weitesten nach Nordwesten vorgeschobene Spitze des großen mittel-
europäischen Gebirgslandes gegen das weite, sich von Frankreich bis
nach Rußland hinein an den Küsten der nordeuropäischen Meere ent-
lang erstreckende Flachland. Aber nicht ein schroffer Abhang trennt
beide; zwischen ihnen vermittelt der flache Höhenrücken des Haar-
strang und bietet für den von Ost nach West und umgekehrt gehenden
Verkehr seit den ältesten Zeiten einen stets brauchbaren Weg, zwischen
den Gebirgen des Südens und den von mannigfachen Sümpfen und
Mooren unterbrochenen Niederungen der nördlichen Ebenen hindurch.
Dazu kommt, daß in der Gegend der Ruhrmündung und dann noch
einmal bei der Lippemündung die hohen, stets hochwasserfreien Ufer
des Rheins zum letztenmal beiderseits nahe an den Fluß herantreten
und so einen bequemen Übergang über den Strom ermöglichen. Und
wie der am Saume des mitteleuropäischen Gebirgsdreiecks nach Osten
strebende Verkehr einen geeigneten Weg fand, so bot sich ihm in der
Richtung von Süd nach Nord, von den gesegneten Gegenden des Ober-
rheins nach dem Tiefland und der See, eine ebenso bequeme Straße
in dem Thal und vor allem dem Strom des Rheines selbst. So hat
von jeher die Gegend unseres deutschen Niederrheins für friedliche wie
für kriegerische Unternehmungen einen Knoten- und Ausgangspunkt
gebildet^). Aber dieser Verkehr in älteren Zeiten, auf den einzugehen
hier nicht der Ort ist, verschwindet gegen den geradezu riesenhaften
Umfang, den der friedliche Verkehr in der Neuzeit gewonnen hat, be-
sonders seit der Entwickelung der modernen Verkehrsmittel und der
Ausdehnung der Kohlen- und Eisenindustrie in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts.
Wir haben dreierlei Verkehrswege zu unterscheiden, die (natür-
lichen und künstlichen) Wasserstraßen, die Landstraßen und endlich
die in den letzten 60 Jahren erst dazu gekommenen Schienenwege.
Der Rhein, diese Lebensader des ganzen westlichen Deutsch-
lands, dessen mächtige Wassermassen ruhig und ohne Hindernisse von
Bedeutung Hunderte von Kilometern durch das Land dahinströmen, ist
eine Verkehrsstraße allerersten Ranges. ^Er ist zugleich die mächtigste
Binnenschiffahrtsstraße Europas und eine der bedeutendsten der Erde
überhaupt^).** Und diese von der Natur so vorzügliche Fahrstraße ist
durch die Uferstaaten unter Aufwendung ungeheurer Kosten (seit 1850
weit über 300 Millionen Mark) noch derart reguliert worden, daß sie
nunmehr bis Köln aufwärts fast überall eine Fahrwassertiefe von 3 m
bei mittlerem Niedrig wasser, und selbst bis Mannheim, dem gewöhn-
lichen Endpunkt der großen Schiffahrt, noch eine solche von 2 m auf-
weist. Ein internationaler Ausschuß, die Zentral-Rheinschiffahrts-Kom-
Vgl. u. a. C. Mehlis, Der Rhein und der Strom der Kultur in Eelten-
nnd BOmerzeit. In: Sammlung gemeinverst. wissenschaftl. Vorträge, hrsg. von
Eud. Virchow und Fr. v. Holtzendorff, XI. Serie, Heft 259, Berlin 1876. — Femer:
Derselbe, Der Rhein und der Strom der Kultur im Mittelalter; ebenda, XII. Serie,
Heft 286 u. 287, BerUn 1877.
') Alexis Dufourny, Der Rhein in seiner technischen und wirtschaftlichen
Bedeutung. Mit Genehmigung des Verfassers übersetzt und mannigfach ergänzt
Ton J. Landgraf. Berlin 1898, S. 1.
80 E« Ambrosius.
mission, stellt den Plan für die auf dem Rhein herzustellenden Arbeiten
auf und überwacht, im Einvernehmen mit den Regierungen, deren Aus-
führung ^). Wie riesig der Verkehr gestiegen ist, zeigen die Zahlen
für den Tonnen gehalt der Rheinflotte. Gegen rund 150000 t im
Jahre 1860 betrug derselbe im Jahre 1890: 1279989 t und ist seit-
dem noch weiter ganz erheblich gestiegen*). 1895 waren vorhanden
8489 Schiffe (7645 Segelschiffe und 844 Dampfer) mit einer Bemannung
von 25044 Köpfen'). Die Größe der Schiffe ist fast bis an die Ghrenze
der Möglichkeit auf einer Binnenschiffahrtsstraße gegangen; die durch-
schnittliche Tragfähigkeit der eisernen Schleppkähne belief sich 1898
auf 748 t, der größte aber hatte 1900 eine solche von 2340 t*). Auf
den Schiffen wie in den Häfen werden alle Errungenschaften modemer
Technik ausgenützt zur Erzielung eines möglichst umfangreichen, mög-
lichst raschen und möglichst sicheren Verkehrs. Und dieser Verkehr
hat unaufhaltsam zugenommen trotz der nunmehr schon über ein Jahr-
zehnt andauernden heftigen Bekämpfung des Rheins als Schiffahrtswegs
durch die holländischen Eisenbahnen und besonders auch die Eisenbahn-
tarifpolitik der preußischen Staatsbahnen, die durch verschiedenerlei
Ausnahmetarife den Verkehr aus dem ganzen westlichen Deutschland
vom Rhein und von den Rheinhäfen abzuleiten und auf die Eisenbahnen
und nach den deutschen Nordseehäfen zu lenken bemüht war. Die stetige
Zunahme des Rheinschiflfahrtsverkehrs aber ist ein sprechender Beweis
dafür, daß ein in den geographischen Verhältnissen so tief begründeter
Verkehr wie der des Rheins durch künstliche Maßnahmen wohl er-
schwert und behindert, aber nie in ganz andere Bahnen gelenkt werden
kann, als die von der Natur in so reichem Maße dargebotenen*).
Für die Ausdehnung des Verkehrs auf dem Rheine überhaupt
mögen zunächst die Ziffern für den schon genannten Endpunkt der
großen Schiffahrt, Mannheim-Ludwigshafen, und die für den Durch-
gangsverkehr an der deutsch-niederländischen Grenze einen Anhalt geben.
Das Jahr 1895 war für die Schiffahrt außergewöhnlich Ungunst^, da
sie durch abnorme Eisverhältnisse bis in den März hinein geschlossen
war, und auch im Herbst schnell und häufig wechselnder Wasser-
stand neue Störungen brachte. Es wurden deshalb hier bei allen An-
gaben über die Schiffahrt die Zahlen für 1894 und 1895, sowie zum
^) Vgl. hierzu u. a. Dufourny-Landgraf, Der Rhein (s. S. 79, Anm. 2).
— Ferner: A. A. Beckmann, De Rijn van onzen Tijd als groote Handelsweg (s.
S. 34, Anm. 1). — Femer: Der Rheinstrom (s. S. 30, Anm. 1).
^ Dufourny-Landgraf, a. a. 0., S. 17 (Druckfehler t statt Ctr.!); davon
zwei Drittel deutsche Schiffe, vgl. Viertelj. -Hefte zur Stat. 1894, H. 1, S. 22.
') Die Rheinflotte, in: Rhein- und Ruhrzeitung vom 10., 12. u. 14. Sep-
tember 1896 (Zusammenstellung aus dem Rheinschiffsregister, 10. Ausgabe).
*) H.-K.-B. Ruhrort, 1899, I, S. 45.
^) Vgl. hierzu die interessanten Ausführungen von Dufourny-Landgraf
(a. a. 0.), S. 22 ff., und besonders in den H.-K.-B. Duisburg, 1892—98, vor
allem letzteren, unter , Eisenbahnwesen". — Nach Abschluß dieser Arbeit erschien
zu dieser Frage eine ausführliche, von zahlreichen Tabellen begleitete Denkschrift
des Syndikus der Handelskammer zu Ruhrort : DerNiederrhein alsEin- und
Ausfuhrstraße Rheinland-Westfalens im Wettbewerb mit den preußischen
und holländischen Staatsbahnen, in besonderer Rücksicht auf den Verkehr der Rhein-
häfen Ruhrort, Duisburg und Hochfeld; in H.-K.-B. Ruhrort 1899, I, S. 41—80.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein.
81
Vergleich auch die für 1898 gegeben. (Mannheim und Ludwigshafen
sind, obwohl politisch zu verschiedenen Staaten gehörig, für die geo-
graphische Betrachtung doch zu einem Hafen zusammenzufassen.)
1894
1895
1898
Mannheim und
Ludwigshafen zus.^).
Zufuhr t . .
Abfuhr t . .
3 612 728
804 278
3 328 337
719935
4 565 505
852 816
Zusammen t
4417006
4 040 272
5418321
Emmerich
(Durchfuhr) ^
Einfuhr t . .
Ausfuhr t . .
4 765 566
3 142 042
4 880 005
3 047 752
4877022
4090428
Zusammen t
7 907 608
7927 757
11967 450
Die Zahl der Schiffe, welche die Landesgrenze passierten, betrug
1894: 44178 (22053 zu Berg, 22125 zu Thal), 1895: 40367 (20216
+ 20151), und 1898: 58361 (29078 + 29283) «). Letztere Zahl be-
deutet einen durchschnittlichen täglichen Verkehr von 160 Schiffen mit
einer Ladung von fast 33000 t!
In neuerer Zeit hat auch die direkte Rhein-Seeschiffahrt einen
bedeutenden Aufschwung genommen und sieht einer großen Zukunft
entgegen. Sie wurde 1897 von vier deutschen Gesellschaften mit
21 Dampfern in direkter Fahrt von Köln und den weiter abwärts ge-
legenen Häfen nach London, Kopenhagen und den deutschen Nord-
und Ostseehäfen regelmäßig betrieben, außerdem aber noch von einer
größeren Zahl von Segelschiffen, von denen einige bei günstigem Wasser-
stand bis nach Oberlahnstein hinauffahren^). Infolge dieses Seever-
kehrs wurde die Errichtung von Seemannsämtem in Köln, Düsseldorf,
Duisburg und Ruhrort nötig.
Betrachten wir nach diesem allgemeinen Überblick nunmehr den
Verkehr auf dem Strome, soweit er in unserem niederrheinischen Ge-
biet sich abwickelt. Da die Schiffahrt ihrer Natur nach in der Haupt-
sache auf die Beförderung von Massengütern über weitere Strecken
angewiesen ist, so bildet sich ein bedeutenderer Verkehr nur an be-
stimmten wichtigeren Punkten heraus, die durch günstige Lage zu
größeren Produktions- oder Absatzgebieten bevorzugt und mit Ein-
richtungen zur bequemen Be- und Entladung, sowie möglichst auch
zum Schutze der Schiffe versehen sind. Als solche Punkte sind auf
unserer Rheinstrecke anzusehen Ür dingen, ohne Hafen, aber mit den
nötigen Einrichtungen an der Rheinwerft, Duisburg mit dem städtischen
Hafen, den Ladestellen am Rheinufer und dem staatlichen Hafen in
*) Nach: H.-K.-B. Duisburg, 1894, 1895, 1898. — H.-K.-B. Ludwigshafen,
1894, 1895, 1898. — H.-K.-B. Wesel, 1894, 1895, 1898.
*) H.-K.-B. Wesel, 1894, 1895, 1898. — Statistik des Deutschen Reichs,
N. F., Bd. 125, Die Binnenschiffahrt im Jahre 1898, Berlin 1899, S. 72.
') Dufourny-Landgraf, a. a. 0., S. 84. — H.-K.-B. Duisburg, t^^l.
82
E. Ambrosius.
dem Stadtteil Hochfeld, die staatlichen Hafenanlagen zu Ruhrort und
der städtische Hafen zu Wesel. Hierzu kommen noch die Ladestellen
am Homberg-Essenberger Rheinufer, der Ruhrorter Eisenbahn-Bassin-
hafen, der Ladeplatz der Hütte Phönix am Rheinufer unterhalb Ruhr-
ort, der von der Emschermündung gebildete Alsumer* Hafen, der Blever
Hafen, sowie einige weniger bedeutende Plätze, wie Orsoy, Rheinberg,
Emmerich und Rees.
Die folgende Tabelle giebt den Verkehr nach Zufuhr und Ab-
fuhr getrennt für die wichtigsten Orte an^).
Verkehr in t
1894
1895
1898
Ürdingen
Zufuhr . . .
Abfuhr . .
146910
12 785
138427
22 509
159 840
24154
Znsammen:
159685
160936
183 994
Duisburg
Zufuhr . . .
Abfuhr . .
1763197
2 275111
1 639 138
1765519
2 508 625
2 745 454
Zusammen :
4038308
3404657
5254079
Ruhrort
Zufuhr . . .
Abfuhr . .
974521
3 712 556
805 636
3 701411
122041Ö
4471294
Zusammen :
4 686 807
4 507 047
5 691 704
Ruhrhäfen
zusammen (Duisburg
—Ruhrort) 2)
Zufuhr . . .
Abfuhr . .
2 737 448
5 987 667
2444774
5 466 930
3 729 035
7 216 748
Zusammen :
8725115
7 911704
10 945 783
Wesel
Zufuhr . . .
Abfuhr . .
1
51103
6 370
71871
8231
168 840
7930
Zusammen :
57 473
80102
177 743
In dieser Zusammenstellung springen vor allem die riesigen Ver-
kehrsziffern für Duisburg und Ruhrort in die Augen. Beide zusammen
bilden, kaum eine halbe Wegstunde voneinander entfernt an der Mün-
dung der Ruhr gelegen, die Ein- und Ausgangspforte des reichen
Kohlen- und Industriebezirks, der sich von hier an der Ruhr entlang
') H.-K.-B. Krefeld, 1895, 1898. — H.-K.-B. Duisburg, 1895, 1898. —
H.-K.-B. Ruhrort. 1898. — H.-K.-B. Wesel, 1895, 1898. — Statistik des
Deutschen Reichs, N. F., Bd. 125, S. 73 u. 74.
-) Hierzu kommt noch der weiter unten angeführte Yerkehr im Ruhrorter
Eisenbahn-Bassinhafen, dem Ladeplatz der Hütte Phönix und im Alsnmer Hafen.
Etwas weiter unterhalb bei Walsum beabsichtigt jetzt auch die Gutehoffnungshütte
j'n Oberhausen und Sterkrade einen eigenen Hafen anzulegen.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 83
bis tief in Westfalen hinein erstreckt, und wenn wir, was ihrem Wesen
nach durchaus berechtigt, ja geographisch notwendig erscheint, ihren
Verkehr zusammenfassen, so stehen sie an zweiter Stelle von sämt-
lichen Häfen des Pestlands von Europa überhaupt, indem vor ihnen
sogar die Seehäfen bis auf Hamburg zurücktreten (Hamburg hatte 1895
einen Gesamthandel zur See von 9346901 t, 1898: 12856 732 t)i).
Diese Zahlen gewinnen Leben , wenn wir die Gegenstände ins
Auge fassen, die der Verkehr in diesen beiden Häfen bewegt. Von
der Abfuhr Ruhrorts waren im Jahr 1894: 93,6 >, 1895: 93,8 '»/o
und 1898: 93,1 ^/o Kohlen, so daß also fast allein diese den Handel
Ruhrorts nach auswärts beschäftigen. Nach ihnen sind nur noch ver-
arbeitetes Eisen und Koks erwähnenswert. Die Zufuhr besteht, kaum
ein Viertel der Abfuhr ausmachend, zu mehr als der Hälfte aus Eisen-
erz und Roheisen, nächstdem Getreide. Von besonderer Bedeutung
für den Schiffsverkehr ist die Schifferbörse zu Ruhrort, durch die
der Abschluß von Schiffsfracht- und Schleppgeschäften vermittelt und
geregelt wird. Geographisch ist dem Verkehr von Ruhrort noch der
außerhalb seines politischen Gebiets zwar, aber in unmittelbarem wirt-
schaftlichem Zusammenhang sich abwickelnde Verkehr im Ruhrorter
Eisenbahn-Bassinhafen (1898 Anfuhr 49000 t, dazu etwa 200000 t
Kies, Abfuhr 51000 t, über die Hälfte Getreide) und am Verladeplatz
der Hütte „Phönix" am Rheinufer zuzuzählen (1898 Anfuhr 117000 t
Eisenerz, Abfuhr 31000 t verarbeitetes Eisen) ^).
Der Handel von Duisburg ist ähnlich dem Ruhrorts geartet
Zwar machen die Kohlen hier wie dort fast die gesamte Abfuhr aus
(1894: 96,3 >, 1895: 95,6 > und 1898: 95,6^/0)3), aber die Zufuhr
ist, entsprechend der stärkeren und vielseitigeren Industrie, wie auch
wegen der bedeutend günstigeren Verkehrslage an durchgehenden Eisen-
bahnlinien, bei weitem größer und steht der Abfuhr nicht viel nach.
Fast die Hälfte von ihr besteht aus Eisenerz (1894: 750 000 t, 1895:
645000 t, 1898: 1052000 t), dann folgen Getreide (1894: 352000 t,
1895: 363000 t, 1898: 568 000 t) und Holz (230000, 236000 bezw.
364000 t). Wichtig ist außerdem noch die Zufuhr von Petroleum (jähr-
lich etwa 40 000 t), Salz, Steinen, Mehl und Kolonialwaren. Bemerkens-
wert ist noch der in raschem Steigen begriffene Ueberseeverkehr ohne
Umladung in den Rheinmündungshäfen, der in Duisburg im Jahr 1898
bereits 52 757 t betrug, 33 568 in der Zufuhr und 19189 t in der
Abfuhr. Die Bedeutung der Steinkohlenverfrachtung für Duisburg und
Ruhrort mag die folgende Zusammenstellung erläutern*).
^) M. Buchheister, Die Elbe und der Hafen von Hamburg. — VII. Inter-
nationaler Geographenkongreß zu Berlin, 1899.
2) H.-K.-B. Duisburg, 1894, 1895, 1898. — H.-K.-B. Ruhrort, 1898.
^) Diese Zahlen sind um einen Bruchteil eines Prozents zu groß, da von
einigen Dampfergesellschaften An- und Abfuhr nicht gesondert angegeben werden
und die Abfuhr deshalb nicht in die Rechnung eingestellt werden konnte; der
Betrag kommt aber kaum zur Geltung gegenüber der Gesamtzahl.
•*) H.-K.-B. Duisburg, 1894, 1895, 1898. — Städtischer Verwaltungs-
bericht Duisburg, 1894, 1895, 1898.
84
E. Ambrosius.
1
Kohlenproduktion ^)
1
1894
1895
1898
Wert in Millionen Mark
in t
1894
1895
1898
Im Deutschen Reich
76 741127
79169276
96 309 652
509,100
538,895
710,233
ImRuhrkohlengebiet
40 795 568
41 295 138
51 353 285
259,812
274,627
375,816
Von letzteren wur-
den ab Duisburg u.
Rulirort zu Schiff
weiterbefördert .
5 666714
5160403
6 796 047
36.144
34,318
49,680
oder in %
13,9
12,5
13,2
(13,9)
(12,5)
(13,2)
Der nächst wichtigste Hafen ist der von Wesel. Die Lage Wesels
als Flußwinkelstadt am nordöstlichsten Punkte des Rheinlaufs, wo der
Strom seine bisher mehr nördliche Richtung aufgiebt, um sich nach
Westen zur See hin zu wenden, die Einmündung der für kleine Schiffe
fahrbaren Lippe, an deren ufern zum letztenmal eine stets trockene,
fast völlig ebene Straße von West nach Ost sich bietet, die letzte Ein-
engung des Hochwasserbetts des Rheins in seiner unmittelbaren Nähe,
alle diese Umstände haben Wesel seit alter Zeit zu einem in Krieg
und Frieden wichtigen Punkt gemacht. Da das Hinterland der Stadt
keine Industrie von größerer Bedeutung besitzt, so dient der Handel
und Verkehr hauptsächlich der Zufuhr. Die Abfuhr betrug 1894 und
1895 nur etwas über ein Zehntel von der Zufuhr, und obgleich letztere
von 1895 bis 1898 fast auf das Zweiundeinhalbfache emporschnellte, ging
die Abfuhr sogar etwas zurück. Das reißende Emporsteigen des Ver-
kehrs in den letzten Jahren hängt wohl zum großen Teil mit den seit
1894 wesentlich verbesserten Hafenverhältnissen zusammen durch Ver-
legung der Lippemündung und Abschnürung des alten rechten Rhein-
arms. Fast genau ein Drittel der Zufuhr bestand in Holz, dessen Be-
arbeitung und Weiterversand für Wesel von großer Wichtigkeit ist.
Von Bedeutung ist ferner die Zufuhr von Getreide und Kolonialwaren ^).
Der Wasserverkehr Urdingens dient, begünstigt durch die
Lage der Stadt an einem weit nach Westen vorspringenden Flußwinkel,
zum größten Teil der Versorgung des Krefelder Industriegebiets mit Ge-
treide und Mehl, die etwa zwei Fünftel seiner gesamten Zufuhr ausmachen ;
ein weiteres Sechstel bildet Holz, dann folgen Steine, Kolonialwaren,
Farbholz u. a. Die Abfuhr beträgt nur etwa ein Sechstel der Zufuhr
und besteht, da die wertvollen und weniger gewichtigen Erzeugnisse
der Krefelder Industrie vom Wasserwege keinen Gebrauch machen,
hauptsächlich in den Produkten der Urdinger Zucker- und Malzkaffee -
*) Im Jahre 1899 betrug die Kohlenproduktion im Deutschen Reich 101 698 753 1,
im Werte von 789,449 Mill. Mark, davon im Ruhrkohlengebiet 55 184 138 t im Werte
von 423,311 Mill. Mark. Hiervon gingen über Duisburg und Ruhrort zu Schiff
weiter 7 076524 t oder 12,8 °/o, was einem Wert von 54,184 Mill. Mark entsprechen
würde. (Vierteljh. z. Stat. d. Deutschen Reichs 1900, IV, 86, und H.-K.-B.
Duisburg 1899, II, 33).
2) H.-K..B. Wesel, 1894—98.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 85
fabrikation und in Ol ^). In neuester Zeit plant man die Anlage eines
eigenen Hafens für Krefeld in dem toten Rheinarm bei dem Städtchen
Linn unmittelbar oberhalb Urdingens.
Der Verkehr am Homberg-Essenberger Rheinufer bringt in
der Zufuhr (1898: 36000 t) hauptsächlich Rohmaterialien für die In-
dustrie, sowie Getreide, die Abfuhr (1898: 110000 t) besteht fast aus-
schließlich in Kohlen und Koks von der Zeche „Rheinpreußen* bei
Homberg.
Der Alsumer Hafen, die zum Hafen ausgebaute Emscher-
mündung, dient zur Versorgung der großartigen, seit 1893 sich rasch
Tergrößernden Hüttenwerke der Gewerkschaft „Deutscher Kaiser" in
Bruckhausen, unmittelbar östlich davon. Von der Zufuhr, 1898: 263000 t,
waren allein 226000 t Eisenerz, von der 63000 t betragenden Abfuhr
60000 t Steinkohlen 2).
Die Zufuhr zu Wasser nach Kleve durch den Alten Rhein und
den Spoykanal versorgt diesen Ort mit Leinsamen (für die Ölmühle),
sowie Kohlen, Kies, Getreide und Holz. Sie belief sich 1898 im ganzen
auf 28000 t. Die Abfuhr ist dagegen unbedeutend und betrug im
Jahre 1898 nur 4100 t»).
Der Verkehr an den übrigen Orten am Rhein ist ganz gering-
fügig und dient fast ausschließlich der Zufuhr. Zahlen für denselben
waren aus neuerer Zeit nicht zu erlangen^).
Die Ruhr, einstmals eine sehr lebhafte Schiffahrtsstraße, ist in der
Gegenwart still und verlassen. Nur noch ganz selten befährt sie ein
Schiff (1898 passierten 45 die Schleuse zu Mülheim!)''). Nach um-
fassenden Korrektions- und Schleusenbauten im ersten Drittel des
19. Jahrhunderts stieg die Güterbewegung mittels der bis zu 170 t
fassenden sogen. Ruhrnachen im Jahre 1860 auf ihren höchsten Stand,
auf 867 735 t, fast ausschließlich Steinkohlen in der Thalfahrt. Die
Schiffe wurden leer durch Pferdezug wieder flußaufwärts befördert. Von
diesem Jahre an ging der Verkehr reißend zurück. Die kleinen Ab-
messungen der Schiffe, die häufige Behinderung durch Eis und un-
günstigen Wasserstand (90 — 110 Tage im Jahre) und anderes machten
der Ruhrschiffahrt den Wettbewerb mit den immer zahlreicher werdenden
Eisenbahnen unmöglich, und so kann man heute von einer solchen über-
haupt nicht mehr reden ^). Eine Erinnerung an die blühenden Zeiten
ist wohl darin zu erblicken, daß noch 1896 von den 37 größeren
^) H,-K.-B. Krefeld, 1895—98.
*) H.-K.-B. Ruhrort, 1898.
3) H-K.-B. Krefeld, 1898.
*) Nach: Führer auf den deutschen Schiffahrtsstraßen, I. Teil,
hrsg. vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Berlin 1893, betrug bei Rhein-
berg die Ausladung 1200 t, bei Orsoy die Ausladung 7000 t, Einladung 100 t. Die
Zahlen scheinen sich auf 1890 zu beziehen.
*) Davon 24 zu Berg mit zus. 22 t Belastung und 21 zu Thal mit 1486 t,
d. h. der Gesamtverkehr eines Jahres betrug noch nicht den zehnten Teil des täg-
lichen Durchschnitts im Hafen von Ruhrort! Nach: Statistik des Deutschen
Reichs, N. F., Bd. 125, S. 76 u. 77.
®) Statistik des Deutschen Reichs, Bd. XV. — Die deutschen Wasser-
straßen, S. 303 f.
»
80 E. Ambrosius.
Reedereien der Rheinschiffahrt 6 ihren Sitz in Mülheim a. d. Ruhr
hatten ^).
Die Schiffahrt auf der Lippe, die bis Dorsten für Schiffe bis zu
170 t, für kleinere Fahrzeuge bis Lippstadt fahrbar ist, hat eben-
falls fast gar keine Bedeutung, und alle Bemühungen der interessierten
Kreise um Eanalisierung des Flusses sind bisher ohne Erfolg geblieben.
Die Schiffahrtsdauer beträgt im allgemeinen 9 Monate^).
Die künstlichen Wasserstraßen und die Reste unvollendet
gebliebener Kanäle im Gebiet des deutschen Niederrheins sind an den
betreffenden Stellen der geographischen Beschreibung bereits erwähnt
worden (vgl. Seite 37, 39, 47, 48 und 49). Dem Verkehr dienen
heute nur noch der zum Hafen umgewandelte Rhein- und Ruhrkanal
und der Spoykanal, der Kleve mit dem Rhein verbindet, femer noch
der in einen für kleine Fahrzeuge brauchbaren Wasserweg umgewandelte
ehemalige Rheinlauf bei Rheinberg. Auf die geplante Verbindung des
Rheins mit dem Dortmund-Emskanal und das früher ebenfalls längere
Zeit eifrig erwogene Projekt einer Verbindung zwischen Maas und
Rhein näher einzugehen, liegt hier kein Anlaß vor. In absehbarer Zeit
scheint die Verwirklichung des letzteren wohl völlig ausgeschlossen zu
sein, während das Schicksal der Vorlage für den Dortmund-Rheinkanal
noch ungewiß ist.
Die Landstraßen haben für den heutigen Verkehr nicht mehr
die Bedeutung, die ihnen früher zukam; für die Richtung desselben
aber sind sie zu einem großen Teil doch mit maßgebend gewesen, in-
dem die Eisenbahnen ganz natürlicherweise bemüht waren, die durch
ihre Lage als Rast- und Knotenpunkte des Verkehrs bereits zu Bedeu-
tung gelangten Orte ebenfalls nach Möglichkeit aufzusuchen, und so
werden wir im folgenden in den Hauptzügen wenigstens das heutige
Eisenbahnnetz den durch die alten Hauptstraßen vorgezeichneten Rich-
tungen folgen sehen.
Aus der ganzen geographischen Beschaffenheit des niederrheinischen
Gebiets ergiebt sich eine Parallelität der großen Verkehrswege, indem
je eine Hauptstraße auf jedem Ufer des Rheins in möglichst hochwasser-
freier Lage an diesem entlang, und dann noch eine, ebenfalls parallel
zu den vorigen, im Thal der Niers abwärts zieht. Diese Straßenzüge
sind an geeigneten Stellen durch Querstraßen miteinander verbunden.
Die älteste Straße ist die am linken Ufer des Rheins sich hinziehende
ehrwürdige alte Römerstraße, deren Verlauf die heutige Hauptstraße an
den meisten Punkten noch folgt. Sie führte in unserem Gebiet, von
Neuß kommend, über Ürdingen, Asberg (Asciburgium, heute über
Mors), Rheinberg, Xanten (Castra vetera u. Colonia Trajana), Kaikar,
Kleve und Kranenburg nach Nimwegen. Dir entspricht auf der rechten
Rheinseite die Straße von Düsseldorf über Duisburg, Hambom, Dins-
laken, Wesel, Rees, Emmerich nach Elten und weiter, mit einer Ab-
*) Die Rhein flotte, in: Rhein- und Ruhrzeitung vom 10., 12. u. 14. Sept.1896.
2) Statistik des Deutschen Reichs, Bd. XV, S. 304 u. 305. — H.-K.-B.
Wesel, 1894—1898. Der Gesamtverkehr an der Schleuse bei Dahl betrug 1898;
S940t; vgl. Statistik des Deutschen Reichs, N. F., Bd. 125, S. 74 u. 75.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 87
zweigung durch die Isselniederung nach Holland hinein. Von dieser
Hauptstraße führen zu beiden Seiten der Ruhr und der Lippe Straßen
nach Osten zu. Die Niersstraße folgt von Krefeld aus dem hohen
Westrande des Eliedbruchs, gabelt sich nach dessen Überschreitung
und umschließt die Schaephuysener Höhen und ihre westliche Vorstufe
an den äußeren Rändern. Bei Geldern vereinigen sich beide Straßen
wieder zu einer und diese verläuft nun über Kevelaer, Weeze und Goch
nach Kessel. Hier verläßt sie die Niers, überschreitet die Klever Höhen
und schließt sich bei Kranenburg an die linksrheinische Römerstraße an.
Von Querverbindungen sind die wichtigsten die von Venlo an der Maas
über Straelen und Nieukerk einerseits nach Aldekerk, Mors und Hom-
berg (Ruhrmündung), andererseits nach Sevelen, Kamp und Rheinberg;
dann die Straße von Venlo über Straelen, Geldern, Issum und Alpen
nach Wesel; ferner von Kevelaer über Sonsbeck nach Xanten und end-
lich die von Goch über Kleve nach Emmerich.
Ein bedeutendes Hindernis für den Verkehr in der Richtung von
West nach Ost und umgekehrt bildet der Rhein, dessen breites Bett
zusammen mit dem beiderseitigen Überschwemmungsgebiet der Über-
brückung solche Schwierigkeiten bereitet und sie so kostspielig macht,
daß erst seit dem Anfang der 1870er Jahre auf unserer Rheinstrecke
zwei Brücken vorhanden sind, beides Eisenbahnbrücken, bei Duisburg
und Wesel. Erst in allemeuester Zeit ist der Bau einer Straßenbrücke
zwischen Ruhrort und Homberg im Werke. Ebenfalls etwas unterhalb
Ruhrort, etwa bei Orsoy, wird der Bau einer dritten Eisenbahnbrücke
geplant. Die Verbindung zwischen beiden Ufern wird zumeist durch
fliegende Fähren, hier Ponten genannt, vermittelt. Außerdem bestehen
noch einige Dampffähren und eine Anzahl Kahnfähren. Da aber alle
diese Fähren bei einigermaßen starkem Eisgang oder größerem Hoch-
wasser ihre Thätigkeit einstellen müssen, so ergeben sich daraus viel-
fach ganz erhebliche Verkehrsstörungen. Alle Überfahrtstellen sind auf
der Karte eingetragen und geben in ihrer Verschiedenart gleichzeitig
einen Anhalt für die Intensität des zwischen beiden Rheinufem
herrschenden Verkehrs.
Die Zeiten der Landstraßen und der Frachtwagen, die schwer be-
laden von Stadt zu Stadt zogen und einen für heutige Begriffe schnecken-
haft langsamen, teuern, und doch in Bezug auf die bewältigte Güter-
menge unendlich geringen Verkehr vermittelten, sind längst dahin. Die
Landstraßen haben nur für einen eng örtlich begrenzten Güteraustausch
noch Bedeutung; für jede weiter in die Feme strebende Beförderung
dienen sie nur noch als Weg zur nächsten Eisenbahnstation. Der große
Verkehr zu Lande ist völlig an die Eisenbahnen übergegangen. Diese
haben sogar manche einst belebte Schiffahrtsstraße völlig lahmgelegt,
wie dies bei der Ruhr besonders schon geschehen ist; ja, sie treten mit
den besten Wasserstraßen auf deren ureigenstem, bisher unbestrittenem
Herrschaftsgebiet, der Beförderung von Massengütern über weite Strecken,
bereits in einen scharfen Wettbewerb (vgl. über den Kampf der Eisen-
bahnen gegen die Rheinschiffahrt Seite 80),
Sehen wir die Karte des niederrheinischen Gebiets an, so finden
88 E. Ambrosius.
wir, wie bereits erwähnt, die Hauptzüge der Landstraßen, die dem
Rheine parallel laufende rechtsrheinische und die Niersstraße auch in
den Eisenbahnen wieder ; nur die linksrheinische Römerstraße harrt noch
der sie ersetzenden Eisenbahn. In den Einzelheiten ist natürlich
mancherlei Abweichung zu erkennen. Im Südosten, im Bereich der
Kohlen- und Eisenindustrie, ist das Eisenbahnnetz außerordentlich dicht;
in den übrigen, mehr landwirtschaftlichen Gegenden aber ist es keines-
wegs so eng, wie man bei der starken Bevölkerungsdichte wohl er-
warten sollte. Wenn man im allgemeinen annehmen kann, daß die
Strecken, auf denen lebhafter Verkehr herrscht, am ehesten das Be-
dürfnis nach Beschleunigung desselben, also nach dem Bau von Eisen-
bahnen zeigen werden, so ist es wohl nicht ungerechtfertigt, die ver-
schiedenen Eisenbahnlinien nach der zeitlichen Folge ihrer Entstehung
zu betrachten, um so gleichzeitig ein ungefähres Bild von den Verkehrs-
bedürfnissen der einzelnen Gegenden zu gewinnen ^).
Die älteste Linie in unserem Gebiet ist die von Düsseldorf nach
Duisburg (1846 eröffnet), von da über Oberhausen und weiter nach
Hamm (1847) am West- und Nordrande des mitteldeutschen Gebirgs-
landes dahinziehende. Ihr folgte bald die Verbindung Oberhausen-
Meiderich-Ruhrort (1848) und Krefeld- Ürdingen-Homberg (1849). Nach
fast einem Jahrzehnt des Stillstandes wurde die Bahn von Oberhausen
über Dinslaken, Wesel und Emmerich nach Amsterdam (1856) an-
geschlossen. Nach wiederum einer längeren Pause wurde 1863 Krefeld
über Kempen, Aldekerk, Geldern und Goch mit Kleve verbunden ; diese
Strecke erhielt 1865 Anschluß an die rechtsrheinische Bahn in Elten
und andererseits nach Nimwegen. 1862 schon war Duisburg-Mülheim
gebaut, 1865 und 1866 entstand die Verbindung von Mülheim über
Hochfeld (Duisburg) nach Urdingen, in die an Stelle der bisherigen
Trajektverbindung im Jahre 1873 die Rheinbrücke bei Duisburg ein-
gefügt wurde. Wiederum trat ein längerer Stillstand ein, bis endlich
1874 die Strecken Venlo-Geldern-Wesel-Dorsten-Haltem, 1875 Ruhrort-
Sterkrade und 1878 Wesel-Hamminkeln-Bocholt und Wesel-Xanten-
Goch zum Anschluß an die bereits seit 1873 bestehende Strecke von
Goch nach Boxtel in Holland dazu traten. Nachdem 1882 noch die
alte (1870) Krefeld-Hüls-Kempener Bahn mit Mors und 1883 letzteres
mit Homberg verbunden worden, war, von einzelnen Industrie- und
Straßenbahnen, sowie der Kleinbahn von Empel, Gemeinde Huri, nach
Rees (1897) abgesehen, das Eisenbahnnetz auf dem Standpunkte an-
gelangt, auf dem es noch heute steht. Das Fehlen einer Eisenbahn-
brücke zwischen Ruhrort und Homberg bildet eine empfindliche Lücke
in dem Eisenbahnnetz, da beide Orte hierdurch gewissermaßen in Sack-
gassen liegen und ihre sonst so günstige Verkehrslage bei weitem nicht
so auszunutzen im stände sind, wie dies mit einer direkten Eisenbahn-
verbindung nach West und Ost möglich wäre. Leider sind die Be«
^) W. Koch, Handbuch für den Eisenbahngüterverkehr, I, Eisenbahn-
etationsverzeichnis der dem Vereine deutscher Eisenbahnverwaltungen angehörigen,
sowie der übrigen im Betriebe oder Bau befindlichen Eisenbahnen Europas. 26. Aufl.
Berlin 1895.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein.
89
mühungen um eine solche Verbindung gänzlich erfolglos gewesen,
da die Erbauung einer solchen Eisenbahnbrücke in der Gegend von
Orsoy zur Entlastung der über Duisburg führenden Eisenbahnlinien
beschlossene Sache zu sein scheint. Ebenso notwendig wäre für Ruhr-
ort eine direkte Verbindung nach dem Süden über Duisburg^). Die
längst genehmigte linksrheinische üf erbahn, die im wesentlichen dem
Laufe der alten Römerstraße folgen und die fruchtbaren, Landwirtschaft
treibenden Gegenden des Nordwestens mit dem Kohlenrevier in direkte
Verbindung bringen soll, um auch ihnen einen besseren Absatz ihrer
Erzeugnisse zu ermöglichen, harrt noch immer der Ausführung. Mannig-
fache andere Pläne, wie die von Kleinbahnen nahe dem rechten Rhein-
ufer entlang von Neumühl, Gemeinde Hamborn, nach Wesel, von Wesel
über Brünen nach Raesfeld und Borken in Westfalen, von Empel,
Gemeinde Huri, über Isselburg nach Bocholt, von Kempen über Straelen
nach Kevelaer u. s. f., sehen ihrer Verwirklichung entgegen.
Auf die Verkehrsmengen, die von den Eisenbahnen bewältigt
werden, näher einzugehen, müssen wir uns leider versagen, da das vor-
liegende Zahlenmaterial zu ungleichmäßig und lückenhaft ist. Es seien
hier nur die beiden wichtigsten Massengüter, Kohle und Erz, für den
eigentlichen Industriebezirk, d. h. für Duisburg, Ruhrort, Beeck, Meiderich,
Sterkrade und Homberg berechnet, zusammengestellt, und zwar, um
einen Vergleich zu ermöglichen, gleichzeitig für den Eisenbahn- wie
für den Schiffsverkehr. Wir erhalten dadurch zugleich eine Vorstellung
von den gewaltigen Gütermengen wie auch eine Andeutung über Her-
kunft und Bestimmung derselben^).
1
i
i
1
Zufuhr 1898 in t
1
1 Abfuhr 1898 in t
1
1
1
zu Wasser
1
mit der Bahn
zu Wasser
mit der Bahn
Steinkohlen . .
Eisenerz . . .
1891
2 208 007
1
7 952 544
190 869
1
6 855 879
1685
694 968
997 298
Zufuhr zusammen, t
Abfuhr zusammen, t
Zufuhr größer
als Abfuhr, t
Steinkohlen
Eisenerz .
7 958 935
2 398 876
7 550 842
998 938
408 098
1 894 943
^) Vgl. hierzu H.-K.-B. Ruhrort, 1898, 1899 II. — H.-K.-B. Krefeld, 1898.
— In der Sitzung vom 27. März 1900 ist das preuß. Abgeordnetenhaus über die
Petition der H.-K. Ruhrort um Erbauung einer Eisenbahnbrücke zur Tagesordnung
übergegangen, womit der Plan endgültig als gescheitert angesehen werden kann.
Die Stadt Ruhrort und Homberg soUen nunmehr durch eine feste Straßenbrücke
miteinander verbunden werden.
*) Zusammenstellung nach: H.-K.-B. Ruhr ort, 1898. — H.-K.-B. Duis-
burg, 1898, 1899.
90 E. Ambrosius.
Wir sehen hieraus, wie die Kohlen in großen Mengen mit der
Eisenbahn zum Rhein geschafft und zum größten Teil zu Schiff (meist
zum Oberrhein) weiter versandt werden; wir erkennen ferner, dals die
weitaus überwiegende Masse des Eisenerzes zu Wasser herangebracht
wird und daß noch nicht die Hälfte davon mit der Eisenbahn (meist
nach Essen und Westfalen hinein) weitergeht, also die größere Hälfte
hiervon in unserem Gebiete selbst verhüttet wird.
Die Eisenbahnverkehrsziffern für das linksrheinische Gebiet ^) zeigen
vor allem die außerordentliche Bedeutung der Viehzucht, besonders der
Kleinviehzucht (Schweine) im ganzen Südwesten und der Rindviehzucht
weiter im Norden.
Alles in allem ist auch der Eisenbahnverkehr gleichwie die Schiff-
fahrt schon jetzt ganz außerordentlich groß, immer noch steigend und
einer weiteren bedeutenden Steigerung entgegengehend, wie ja auch die
zahlreichen Kleinbahnprojekte der neueren Zeit ebenfalls das Bestreben
zeigen, immer weitere, bisher in den großen Verkehr noch nicht ein-
bezogene Gebiete an diesen anzuschließen. — Zahlreiche Post- und Tele-
graphenämter, sowie ein ausgedehntes Fernsprechnetz besorgen ferner
die Vermittelung des Geschäftsverkehrs. Ebenso dienen ihm, besonders
in den Industriebezirken, die Reichsbank und zahlreiche Privatbanken
und andere Institute mit zum Teil ganz bedeutenden Umsätzen. Die
Reichsbankstelle Duisburg z. B. hatte 1895 einen Gesamtumsatz von
1015^4 Millionen, 1898 schon einen solchen von 1815 Millionen und
1899 von 2155 V2 Millionen Mark 2).
Die Interessen des Handelsstandes, der, wie bei solcher Massen-
bewegung von Gütern natürlich ist, besonders in den südöstlichen in-
dustriereichen Gegenden eine wichtige Rolle spielt, werden vertreten
durch Handelskammern zu Duisburg (für den Stadtkreis Duisburg),
Ruhrort (für den Kreis Ruhrort und die an dem linken Rheinufer ge-
legenen Gemeinden von Baerl bis Bliersheim), Wesel (für den Kreis
Rees und angrenzende Teile des Reg.-Bez. Münster) und Krefeld (für
den ganzen linksrheinischen Teil außer den vorhin erwähnten zur
H.-K. Ruhrort gehörigen Gemeinden).
Bis zu welchem Grade die Bevölkerung von dem Verkehr und
dem ihm dienenden Handel direkt abhängig ist, mag folgende Zusammen-
stellung zeigen, in der die Zahl der von beiden lebenden Personen
(Erwerbsthätige im Hauptberuf und deren* Angehörige) für die ver-
schiedenen Zweige absolut und im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung
nach der Berufsstatistik vom 14. Juni 1895 angegeben ist^). j
*) H.-K.-B. Krefeld, 1898.
2) H.-K..B. Duisburg, 1899, S. 40.
^) Zusammenstellung nach: Statistik des Deutschen Reichs, N. F.,
Bd. 109 (s. S. 62, Anm. 1).
Die Volksdichte am deatschen Niederrhein.
91
THa IpVktfn von
1 Duisburg
Ruhrort
Rees
Mors
1
Kleve
1
Geldern
Zahl
^0
Zahl
Vo
Zahl
^0
Zahl
>
Zahl
7o
Zahl
^/P
Waren-, Produk-
ten-, Geldhandel
Man d eis vermitt e-
lung (Spedition,
Kommission,
Agentur
SonstigerHandel
6 342
713
289
9,14
1,03
0,42
6355
242
117
6,55
0,25
0,12
3586
202
224
5,27
0,30
0,33
3347
113
92
4,63
0,16
0,13
2277
46
103
4,08
0;08
0,18
2438
77
60
4,40
0,14
0,11
Handel zus.:
7 344
•
10,59
6714
6,92 4012
5,89 3552
»
4,92 2426
4,34
2575
1
4,65
Verkehr zu Land
Verkehr zu
Wasser
Nebengewerbe
des Verkehrs
3 359
2487
1680
4,84
3,59
2,42
3 917
1988
1870
4,03
2,05
1,92
3576
534
1417
5,25
0,78
2,08
1375
1607
921
1,90
2,22
1,27
1873
212
1204
3,35
0,38
2,16
1238
1
863
2,23
0,00
1,56
Verkehr zus.:
7 526
10,85
7 775
8,00
5527
8,11
3903
5,39 3289
5,89 2102 3,79
Handel und
Verkehr zus.:
14870
21,44
14489
14,92
9539
14,00
7455
10,31
5715
10,23 4677
8,44
Rückblick.
Nachdem wir uns in großen Zügen nunmehr ein Bild der all-
gemeinen geographischen Verhältnisse, von Landwirtschaft, Industrie
und Verkehr am deutschen Niederrhein verschafft und damit gleichzeitig
die Gründe für die größere oder geringere Verdichtung der Bevölkerung
•dargelegt haben, ist es wünschenswert, diese Betrachtungen kurz noch
einmal nach den einzelnen zusammengehörigen Gebieten zusammen-
zufassen, und zwar mit besonderer Berücksichtigung der größeren Volks-
^anhäufungen , der Städte und größeren ländlichen Orte, und ihrer
speziellen Verhältnisse. Wir folgen hierbei wieder der schon bei der
geographischen Beschreibung des Ganzen aufgestellten Einteilung in die
fünf größeren natürlichen Gebietsabschnitte.
Die östlichen Grenzhöhen sind im allgemeinen wegen der Un-
fruchtbarkeit des Bodens, der die außergewöhnlich starke Waldbedeckung
entspricht, nur sehr spärlich bevölkert. Nur der Süden macht hiervon
eine Ausnahme, indem hier die Eisenindustrie, die in dem großartigen,
in seinen Anfängen über 100 Jahre zurückreichenden Werke der „Gute-
hoffhungshütte** zu Sterkrade eine ganz hervorragende Vertretung
gefunden hat, ihren die Bevölkerung verdichtenden Einfluß ausübt. Das
Alter des Werks macht sich besonders in den vorzüglichen Arbeiter-
verhältnissen geltend; die Arbeiter haben zu einem sehr großen Teil
«eigenen Landbesitz mit kleinen Häusern und damit einen in diesen
92 E. Ambrosius.
Industriegegenden nicht gerade sehr häufigen Grad^) von Seßhaftigkeit
und stehen in einem vortreflflichen Verhältnis zur Hütte. — Auf den
Höhen wird nicht unbedeutende Besenbinderei betrieben. — Scherm-
beck hatte früher durch seine Töpfereien eine gewisse Bedeutung.—
Durch die Arbeiterkolonie Lühlerheim beiDrevenack sind bereits
große Flächen schlechten Wald- und Heidebodens in fruchtbare Ländereien
verwandelt worden.
Steigen wir nun in das Rheinthal hinab. Die alte Stadt Duis-
burg, bis zum 14. Jahrhundert unmittelbar am Rhein gelegen und als
Handelsstadt wichtig, war seitdem nach der Laufänderung des Stromes
durch allerlei Umstände, wie Kriegsnöte u. a. zu einem unbedeutenden
Städtchen herabgesunken, dem auch die hier von 1686 — 1805 (nominell
bis 1818) bestehende Universität nicht zur Blüte verhelfen konnte. Erst
seit dem Aufblühen der Eisenindustrie und der Anlage der Eisenbahnen
nahm sie einen ungeahnten, aber durch ihre hervorragend günstige
Lage wohl erklärlichen Aufschwung, so daß sie von etwa 10000 Ein-
wohnern zur Zeit der Eröffnung der ersten Eisenbahn (1846) auf 7OOO0
im Jahre 1895 (1900: 93000!) stieg. Die verschiedensten Zweige der
Eisen- und sonstigen Metallindustrie, aber auch Textilindustrie und die
Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte jeder Art sind hier so reich-
haltig vertreten, daß die Stadt in der Vielseitigkeit ihrer Pabrikations-
zweige nur wenige ihresgleichen findet. Daneben gehört ihr Handel
und Verkehr zu den bedeutendsten im Deutschen Reich. — Ruhrort
verdankt seine Bedeutung als Verkehrsstadt dem seit Anfang des 19. Jahr-
hunderts angelegten und vom preußischen Staat immer weiter aus-
gebauten Hafen, dem größten Flußhafen Deutschlands. Es ist aber
durch sein kleines Stadtgebiet in der Ausdehnung behindert, und die
großen, dicht bei Ruhrort gelegenen Eisenwerke (Hütte „Phönix**,
^Rheinische Stahlwerke" u. a.) liegen schon, ebenso wie bedeutende
Teile seines Hafens, auf dem Gebiet der Nachbargemeinden, die so
unmittelbaren Anteil an seinem Aufblühen haben. — Durch die immer
weiter nordwärts vorschreitende Ausdehnung der Kohlengruben und
Eisenhütten, von denen besonders die großen Anlagen der Gewerkschaft
„Deutscher Kaiser" in Hambom und Beeck hervorzuheben sind, ver-
dichtet sich auch die Bevölkerung des nördlich der Ruhr bis nach Holten
hin sich erstreckenden Gebiets immer mehr (Meiderich, Beeck, Ham-
born), und die Landwirtschaft tritt schon stark in den Hintergrund.
Die dem Hochwasser regelmäßig ausgesetzten Strecken bleiben hier wie
sonst überall, soweit sie nicht durch Deiche geschützt sind, ziemlich
frei von Siedelungen (vgl. die Karte). — Weiter nördlich bis zur Lippe
folgt nun eine bis jetzt wenigstens fast rein landwirtschaftliche Gegend,
am Rhein entlang mit fruchtbaren Flußmarschen, an der Lippe aber
mit sterilen Sandflächen (Truppenübungsplatz Friedrichsfeld- Spellener
Heide, Bruckhausen). Dinslaken ist der Mittelpunkt dieses Bezirks
^) „Die Fluktuation unter den gewerblichen Arbeitern ist außerordentlich . . ^
Unser größtes Werk der Eisenindustrie gibt den Wechsel der Belegschaft für 1899
auf 60 — 70 Prozent an, für ein anderes, dessen Anlagen neuerdings bedeutende
Erweiterungen erfahren haben, dürfen wir denselben auf 80 — 90 Prozent ein-
schätzen". H.-K.-B. Ruhrort, 1899, I, S. 17.
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 93
und wird von weit und breit wegen seiner großen Viehmärkte besucht.
(Im Zusammenhang hiermit steht wohl, daß an diesem Ort der Anteil
der Juden an der Bevölkerung fast 15 ^/o beträgt.) Auch die Umgebung
von Dinslaken und Hiesfeld wird voraussichtlich ihren Charakter bald
ändern, da die Industrie hierhin in stetem Vorrücken begriffen ist.
Wesel, am Einfluß der Lippe in den Rhein in günstiger Ver-
kehrslage, hatte lange Jahrhunderte hindurch große Wichtigkeit als
Festung. Doch ist diese ihre Eigenschaft dem Wachstum der Stadt
sehr hinderlich gewesen, und sie hat infolgedessen nicht den Aufschwung
genommen, den man ihrer Lage nach wohl erwarten könnte. Nach-
dem in neuerer Zeit jedoch der Festungsgürtel gefallen ist und nur
noch die Citadelle und einige Forts, sowie das der Stadt gegenüber
auf der linken Rheinseite liegende Fort Blücher bestehen blieben, hat
sie Raum zur Entwickelung erhalten. Wenn trotzdem die Bevölkerung
auch jetzt noch nur sehr langsam zunimmt, so ist dies wohl auf die
Nähe des Industriebezirks an der Ruhr zurückzuführen, der bis hierhin
und noch weiter seinen Einfluß durch Anziehung der Bevölkerung geltend
macht. Die Industrie der in ihrem Innern noch recht engen und alter-
tümlichen Stadt Wesel umfaßt die verschiedensten Zweige; Handel und
Schiffahrt sind in lebhaftem Aufschwung.
Das gesamte Gebiet von Wesel abwärts ist mit geringen Aus-
nahmen rein landwirtschaftlich; die reichen Weiden begünstigen die
Viehzucht in hohem Maße. Dasselbe gilt von dem Gebiet der Issel mit
dem Städtchen Ringenberg als Mittelpunkt. — Die kleine Stadt Rees
beschäftigt sich mit der Verarbeitung und dem Vertrieb der landwirt-
schaftlichen Produkte der Umgebung. — In Empel, Gemeinde Huri,
imd in Issel bürg befinden sich größere Eisenwerke mit ca. 200 bezw.
600 Arbeitern, die auf die Bevölkerungsverhältnisse erkennbaren Ein-
fluß ausüben. Doch wird selbst hier über zunehmenden Arbeitermangel
geklagt. — Emmerich, vor 300 Jahren eine blühende Handelsstadt
und Sitz einer von 2000 Studenten besuchten Jesuitenschule, sank durch
die folgenden Kriegszeiten mehr und mehr und hat erst in der Neu-
zeit sich wieder merklich gehoben. Es besitzt nicht unbedeutende Eisen-
industrie und hat als Mittelpunkt eines starke Viehzucht treibenden
Landstrichs, durch seinen Handel mit Kolonialwaren und landwirtschaft-
lichen Produkten, und als Hauptzollstätte an der niederländischen Grenze
Wichtigkeit. — Das Städtchen Elten, das sich an das alte, auf dem
Eltenberge liegende ehemalige reichsunmittelbare Frauenstift Hoch-Elten
anlehnt, betreibt etwas Textilindustrie, Eisengießerei und die in der
ganzen Gegend heimischen landwirtschaftlichen Industriezweige. Diese
letzteren, die in dem ganzen nördlich der Lippe gelegenen Gebiet weit
verbreitet sind, erstrecken sich namentlich auf Tabakfabrikation und
Käsebereitung (zahlreiche Molkereien), dann auch auf die Ziegelei.
In Ürdingen, dem Hafenplatz für das linksrheinische Textil-
industriegebiet, hat sich neben dem Handel eine lebhafte Eisen- und
chemische Industrie entwickelt, daneben Müllerei und Zuckerraffinerie,
Malzkaffeefabrikation u. a. Die in diesen Fabriken thätigen Arbeiter
wohnen zu einem nicht geringen Teil auch in den nördlich anstoßenden
Gemeinden. — Die zwischen Ürdingen und Mors liegenden Striche
94 E« Ambrosius.
treiben überwiegend Ackerbau und Viehzucht, vor allem Milchwirtschaft
Ein großer Teil besonders der näher dem Rhein wohnenden Bevölkerung
arbeitet in den Eisen- und Hüttenwerken in Duisburg-Hochfeld, so dal
der bevölkerungsverdichtende Einfluß der Großindustrie sich hier bis
weit über den Rhein hinüber erstreckt. — Von besonderer Bedeutung
wird für diese ganze Gegend die im Jahre 1896 begonnene Errichtung
von großartigen Hüttenwerken („Rheinhausen") in den Gemeinden
Bliersheim und Hoch-Emmerich werden, die schon Ende 1899 an
500 Arbeiter beschäftigten und später wohl die gesamte Roheisen- und
Stahlbereitung der Firma Krupp hierhin ziehen sollen. Damit ist die
Verdrängung der Landwirtschaft durch die industrielle Bevölkerung auch
für diese Gegend nur noch eine Frage kurzer Zeit. Auch hier ist das
geographische Moment das ausschlaggebende für die Anlage gewesen^
da hier die aus Spanien oder vom Oberrhein kommenden Erze auf dem
Wasserwege direkt bis an die Hochöfen an dem eigens erbauten Hafen
geführt werden können.
Der Landstrich zwischen Homberg, Hoch-Emmerich und Mors ist
fast als eine Fortsetzung des gegenüberliegenden rechtsrheinischen In-
dustriegebiets zu betrachten. Die Hauptmasse der Bevölkerung bestellt
aus Zechen- und Fabrikarbeitern. Schon 1895 beschäftigte die Zeche
„Rheinpreußen* in Homberg über 1500 Arbeiter, deren Zahl sich seit-
dem durch Anlage mehrerer neuer Schächte, u. a. auch in Baerl, weiter
nördlich, noch fortwährend vermehrt (1898: 1771). Außerdem hat Hom-
berg noch bedeutende Müllerei und andere Fabriken, in der Umgebung
Ziegeleien. — Lebhaft ist auch die Industrie in der alten Hauptstadt des
Fürstentums, Mors, in der sich die rechtsrheinische Eisen- und die links-
rheinische Textilindustrie gemeinsam finden. Gleichzeitig ist die Stadt
der Marktplatz für das gesamte, sie im Norden, Westen und Süden um-
schließende landwirtschaftliche Gebiet. — In dem etwa 7 km westlich von
Mors gelegenen Vluyn blühen Landwirtschaft und Industrie nebenein-
ander, und zwar wiederum neben der Textilindustrie, die hier zusammen
mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse schon vorherrscht^
der westlichste Vorposten der Eisenindustrie (landwirtschaftliche Ma-
schinen). — In Neukirchen bei Mors befindet sich ein Missionshaus
mit verschiedenen humanitären Anstalten ; es wird etwas Textilindustrie
(Wattenfabrikation), Ziegelei und Müllerei betrieben. — Das alte Städt-
chen Orsoy (spr. Orsau, = Rossaue) ist der Mittelpunkt eines hauptsäch-
lich Rindviehzucht treibenden Bezirks. In solchen Gegenden ist eine
stärkere Verdichtung der Bevölkerung wegen der stets größere Flächen
beanspruchenden Weidewirtschaft ziemlich ausgeschlossen, und dieser
Grund ist auch die Erklärung dafür, daß wir fast durchweg unmittelbar
am Laufe des Rheins entlang in den reichen Weidegebieten eine im all-
gemeinen geringere Volksdichte finden, als in den vom Strom etwas
weiter abliegenden Ackerbaubezirken. An dieser Strecke des Rheins be-
sonders kommt dazu noch eine stärkere Vertretung des Fideikommiß-
und AUodeigentums, die ebenfalls einer Volksverdichtung entgegenwirkt.
Ein Drittel der Bewohner Orsoys lebt von der Cigarrenfabrikation, die
hier in zahlreichen Fabriken betrieben wird. — Die Gemeinde Vier-
haum, einst eine öde Heide, wurde von vertriebenen Salzburgern be-
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 95
siedelt. — Rheinberg, ehemals eine wichtige Festung und Zollstätte
der Kölner Erzbischöfe, denen das umliegende Land gehörte, verlor seine
Bedeutung seit der Verlegung des Rheinlaufs, mit dem es jetzt noch
durch einen für kleine Schiffe fahrbaren Kanal verbunden ist. Die In-
dustrie ist ganz gering. — Alpen, am Ostrande der Bönninghardt ge-
legen, betreibt etwas Textilindustrie. Die Ackerbau und starke Vieh-
zucht (Molkereien, Käsefabrik) treibende Umgebung ist durch ihre vor-
züglichen Gemüse („Kappus**, Sauerkraut, aus Büderich) am ganzen
Niederrhein bekannt, geht aber bis jetzt an Volkszahl stark zurück.
Die bei Alpen erbohrten reichen Kalisalzlager werden für die ganze
Gegend bei ihrer bevorstehenden Inangriffnahme von größter Bedeutung
werden.
Die altberühmte Stadt Xanten, als Castra vetera dank ihrer Lage
einer der wichtigsten Stützpunkte der Römer am Niederrhein, das Santen
des Nibelungenliedes, besitzt in ihrem mächtigen St. Victorsdom das
hervorragendste mittelalterliche Bauwerk am ganzen Niederrhein; er ist
zugleich ein Denkmal der mittelalterlichen Bedeutung Santens als Wall-
fahrtsort, die dadurch gekennzeichnet wird, daß einmal in einer einzigen
Prozession (1464) an 300000 Pilger zum Grabe des hl. Victor wallten.
Ein Museum umschließt die in der Nähe gefundenen zahlreichen römi-
schen Altertümer. Jetzt ist Xanten ein stilles Landstädtchen, dessen In-
dustrie sich auf Obstgelee-, Blechwaren und Schuhfabrikation beschränkt.
Der von Xanten bis nach Kleve hin sich erstreckende Teil des
Rheinthals umschließt reiche Weidegebiete am Strom, und weiter land-
einwärts ergiebige Ackerbauflächen, auf denen auch der Tabaksbau be-
deutend ist. Doch sind diese Gegenden bisher vollständig vom Eisen-
bahnverkehr abgeschnitten, und während die Bewohner südlich gelegener
Striche ihre Gemüse und sonstigen Erzeugnisse zum großen Teil auf
ihren landesüblichen großen zweirädrigen Karren dem Industriegebiet
zuzuführen vermögen, ist dies von hier aus wegen der großen Entfernung
nicht mehr möglich, und trotz des reichen Bodens gehen Erwerbsver-
hältnisse und Bevölkerungszahl zurück. Der geplante, aber immer noch
verschobene Bau einer linksrheinischen üferbahn zur Verbindung von
Kleve über Xanten, Rheinberg und Mors mit dem rechtsrheinischen In-
dustriegebiet ist daher für diese Gegend geradezu eine Lebensfrage.
Die ganze Industrie beschränkt sich wesentlich auf einige Molkereien,
Ziegeleien und Cigarrenfabriken. — Das kleine Städtchen Kaikar, einst
stark befestigt und oft berannt, ist jetzt ganz unbedeutend; seine In-
dustrie ist gering. — Für Grieth ist neben Viehzucht und Tabaksbau
noch die Fischerei, Schiffahrt und Korbflechterei von Bedeutung. — Das
kleine Ortchen Schenkenschanz, 1586 als Schanze zum Schutze der
damals hier stattfindenden Teilung des Rheines angelegt und der „Schlüssel
der Niederlande", ist jetzt völlig bedeutungslos.
Das sagenumwobene Kleve liegt, teils am Fuße der waldbekränzten
Höhen, teils amphitheatralisch an drei Hügeln sich ausbreitend, in an-
mutiger, malerischer Umgebung. Die Blütezeit dieser Hauptstadt des
ehemaligen Herzogtums Kleve war am Ende des 17. Jahrhunderts unter
dem brandenburgischen Statthalter Prinzen Moritz von Nassau, der außer-
ordentlich viel für die Verschönerung der Umgebung gethan hat. Jetzt
96 E. Ambrosius.
ist die Stadt ein beliebter Sommeraufenthalt, namentlich für Holländer.
Das stahlhaltige Wasser einer Quelle zog früher viele Kurgäste hierhin,
heute hat das Bad aber seine Bedeutung verloren. Aber immer noch
ist Kleve durch seine Lage inmitten fruchtbarer Ackerländereien (Klevische
Kornkammer) und reicher Weidegebiete der bedeutendste Ort am ganzen
unteren deutschen Niederrhein, und namentlich seit der Anlage der Eisen-
bahnen haben sich Industrie und Handel wieder wesentlich gehoben. Die
Industrie wird vertreten durch Eisengießerei und Maschinen-, sowie
Cigarrenfabrikation, vor allem aber durch Schuhfabriken, eine große Mar-
garinefabrik und Ölmühlen. — Der von unzähligen Wassergräben durch-
zogene Düffeltgau unterhalb Kleves mit dem Städtchen Kranenburg
treibt fast ausschließlich Viehzucht.
Die Schaephuysener Höhen tragen an ihrem Rande, da, wo sie
sich gegen die sumpfige Niederung absetzen, ringsum einen fast ununter-
brochenen Kranz von Siedelungen, die sich in ziemlich gleichen, geringen
Abständen zu Dörfern verdichten. Bemerkenswert ist, daß keine Ge-
meinde dieser Höhengruppe allein angehört; während die Siedelungen
fast durchaus nur am Rande der Höhen liegen, wird das Gebiet der
Höhen selbst und ihrer breiten Vorstufe bis auf ganz geringe Wald-
strecken von Ackerland eingenommen; aber außerdem gehört zu jeder
Gemeinde noch ein zum weitaus überwiegenden Teil von Wald und
feuchten Wiesen bedecktes Stück der ringsum sich erstreckenden Niede-
rung. Die» starke Verbreitung der Seidenweberei als Hausindustrie in
diesem ganzen südwestlichen Teil des niederrheinischen Gebiets, sowie
die große Bedeutung der Schweinezucht sind hervorstechende Eigentüm-
lichkeiten. — Der wichtigste Ort ist Nieukerk, etwa auf der Mitte des
Südwestrandes, mit bedeutender Industrie. Außer Cigarrenfabrikation,
Färberei, Ol- und Getreidemüllerei ist hier vor anderen die Stuhlfabri-
kation und die Seidenweberei vertreten; letztere allein beschäftigt über
500 Arbeiter im Hausgewerbe. Aehnlich sind die gewerblichen Verhält-
nisse in dem nahen Aldekerk; in den übrigen Orten tritt die Industrie
dagegen mehr zurück.
Die kleinen Hügel, wie der Egelsberg, Gulixberg, Rayer, Eyllscher,
Dachsberg, Kamper und Niersenberg sind zu wenig umfangreich, um
einen merkbaren Einfluß auf die Bevölkerungsverhältnisse ausüben zu
können. Sie sind bis auf den größten unter ihnen, der das ehemalige
Cistercienserkloster Kamp trägt, unbewohnt. — Die nördlich gelegene
Höhe der Bönninghardt ist zum größten Teil mit Wald bedeckt. Die
von diesem freigelassenen Teile gehören fast durchweg den anstoßenden
Gemeinden der Niederung, nur die eine Gemeinde Bönninghardt liegt
fast ausschließlich auf der Höhe. Es ist ein armes, unfruchtbares Ge-
biet, in dem vielfach Besenbinderei betrieben wird. Die Bönninghardt
ist auch die einzige Gegend in unserem Gebiet, in der das Hausier-
gewerbe, das sonst nirgendwo bemerkenswerte Züge zeigt, sich be-
sonders ausgebildet hat, indem die Bewohner mit ihren aus Heidekraut
selbstverfertigten Besen weit in das umliegende Land hinausziehen ^y.
^) P. Halfmann, Der Hausierhandel im linksrheinischen Teile des Regie-
rungsbezirks Düsseldorf im Jahre 1895 und seine Entwicklung seit dem Jahre 1889;
Die Volksdichte am deutschen Niederrhein. 97
— Die zerstreut wohnende Bevölkerung der ebenfalls zu einem großen
Teile waldbedeckten Labbecker Höhen beschäftigt sich mit Ackerbau
\md Viehzucht.
Der südöstliche, bis zur Pfalzdorfer Einsenkung reichende Teil der
Klever Höhen ist sehr fruchtbar, früher die ,,Kornkammer des klevischen
Landes ** genannt. Ehemals eine weite Heide (Gocher Heide), wurde
das Gebiet von Pfalzdorf, Luisendorf und Neu-Luisendorf erst
seit der Mitte des 18. Jahrhunderts von vertriebenen Pfälzern urbar ge-
macht. Eine geschlossene Ortschaft hat sich hier nicht gebildet, die
Bevölkerung wohnt ziemlich gleichmäßig verteilt an den regelmäßig über
das ganze Gebiet gezogenen, sich rechtwinkelig kreuzenden Straßen. Im
Süden davon liegen die Orte Keppeln und Üdem. Die Hauptbeschäf-
tigung der Bewohner ist der sehr ergiebige Ackerbau und die Viehzucht,
deren Produkte in mehreren großen Molkereien verarbeitet werden. In
Üdem wird ganz bedeutende Schuhmacherei, meist im Hausgewerbe,
betrieben. — Den zweiten Abschnitt der Klever Höhen erfüllt größten-
teils der Reichswald, der sich vom Südrande bis in die Nähe des Nord-
randes erstreckt. Die an diesem liegende Gemeinde Materborn ver-
dankt ihre hohe Volksdichte hauptsächlich der Stadt Kleve, die über ihr
enges Gebiet hinaus in die Nachbargemeinden hineinwächst.
Der südlichste Teil des Niersthals betreibt fast ausschließlich Land-
wirtschaft, deren Erzeugnisse an Ort und Stelle verbraucht werden. Da-
neben wird etwas Viehmast in Stallfütterung gepflegt; die Viehzucht ist
ganz gering. Von Industrie ist nur etwas Seidenweberei als kümmer-
licher Rest einer früher blühenden Hausindustrie vorhanden. In der
ganzen Südwestecke des Gebiets von einer Linie von Tönisberg bis
Straelen an nimmt die Bevölkerung langsam ab, in dem kleinen Städt-
chen Wachtendonk in den 10 Jahren von 1885 — 95 sogar um 7,5 ®/o.
Diese Abnahme ist zum größten Teil dem Zuge in die großen Städte des
unmittelbar südlich anstoßenden Textilindustriegebiets zuzuschreiben.
Die aufblühende Stadt Geldern, einstmals die Hauptstadt des
nach ihr benannten Herzogtums, war durch ihre geschützte Lage zwischen
zahlreichen Flußarmen und als Kreuzungspunkt mehrerer wichtiger Straßen
schon früh von Bedeutung. Die Bevölkerung beschäftigt sich vorwiegend
mit Seidenweberei, Schuhmacherei und Cigarrenfabrikation. — In dem
östlich von Geldern an der Fleuth gelegenen Issum ist die Seidenhand-
weberei neben dem Ackerbau die Haupterwerbsquelle der Bewohner.
Auch in dem ganzen Gebiet der Fleuth bis nach Sonsbeck und
Winnekendonk ist die Bevölkerung in langsamer Abnahme begriffen.
— In Sonsbeck, einem einst festen Städtchen auf halbem Wege
zwischen Geldern und Xanten und in der die Bönninghardt von
den Labbecker Höhen trennenden Niederung herrscht ziemlich rege In-
dustrie, außer der in diesem ganzen Gebiet verbreiteten Textilindustrie
und Schuhmacherei noch besonders Stuhlfabrikation u. a. Doch leidet
die Industrie hier sehr durch die große Entfernung von der Eisenbahn. —
Kevelaer ist weit berühmt durch das seit 1642 hier befindliche Mutter-
in: Schriften des Vereins für Socialpolitik, LXXVII,*^. Untersuchungen über die Lage
des Hausiergewerbes in Deutschland, I. Band, S. 207 — 248, Leipzig 1898.
7
98 E. Ambrosius. Die Volksdichte am deutschen Niederrhein.
gottesbild, zu dem jetzt jährlich etwa 4 — 500000 Pilger aus den katholi-
schen Gegenden Westdeutschlands und Hollands wallfahren. Infolgedessen
besteht der Haupterwerb seiner Bewohner den Sommer über (Juni bis
Oktober) im Handel und Verkehrsgewerbe, zu denen noch eine lebhafte
Industrie in Buch- und Bilderdruckerei und der Fabrikation all der
vielerlei sogen. Devotionalien für die Wallfahrer, sowie endlich noch be-
deutende Schuhfabrikation u. a. kommen. — Das weiter nördlich gelegene
Niersgebiet ist der Landwirtschaft, besonders dem Weizen-, Roggen-,
Obst- und Kartoffelbau günstig; es wird femer starke Schweinemast
betrieben, große Molkereien verarbeiten die Produkte der Rindviehzucht,
doch ist die Käserei wegen der vielen sauren Wiesen nicht lohnend und
wird deshalb fast ausschließlich Butter erzeugt. Von Industrie ist vor
allem die Schuhmacherei im Hausbetrieb vertreten, und zwar stellenweise
sehr stark. So befinden sich z. B. in dem etwa 700 Einwohner zählen-
den Städtchen Kervenheim gegen 200 Schuhmacher, die Bewohner
des Orts leben also fast ausschließlich von der Schuhmacherei. — In der
lebhaft aufblühenden Stadt Goch finden wir Cigarren- und Plüschfabri-
kation, dann Lederindustrie, vor allem aber 01- und Margarinefabrikation,
Auf dem westlichen Grenzhöhengebiete sind Ackerbau und Vieh-
zucht vorherrschend. Der leichte Sandboden wirft bei sorgsamer Be-
handlung und Düngung gute Erträge ab. Im Süden nimmt die Bevölke-
rung, wie im benachbarten Teile des Niersthals, und wohl auch aus
demselben Grunde, stark ab, so in der Gemeinde Herongen von 1885
bis 1895 um 12 ^/o. Hier ist noch einige Weberhausindustrie zu finden,
im nördlichen Teile ist die Schuhmacherei, ebenfalls als Hausindustrie,
vorherrschend. Der größte Ort in diesem Gebiet ist Straelen, wo sich
auch einige andere Industriezweige, wie Stuhlfabrikation, Sandstein-
fabrikation, dann Cigarrenfabrikation und Leinölmüllerei, angesiedelt
haben ^).
*) Für den zweiten und dritten Teil der Arbeit wurden außer den einzeln
namhaft gemachten Quellen noch benutzt, ohne daß es möghch gewesen wäre, dies
an jeder in Betracht kommenden Stelle besonders anzuführen, die uns in liebens-
würdigster Weise zur Verfügung gestellten Verwaltungsberichte einer Reihe von
Städten, wie der das niederrheinische Gebiet umfassenden Handelskammern und
eine große Anzahl von brieflichen Mitteilungen der Herren Bürgermeister bezw.
Gemeindevorsteher sowie anderer Persönlichkeiten. Allen diesen Herren sei für
ihre freundliche Unterstützung auch an dieser Stelle nochmals der herzlichste
Dank ausgesprochen.
Die auf diese Weise erlangten Materialien beziehen sich auf folgende
Bürgermeistereien bezw. Gemeinden: Sterkrade, Gahlen, Schermbeck,
Duisburg, Ruhrort, Meiderich, Dinslaken, Vörde, Wesel, Haldern,
Isselburg und Millingen, Ringenberg, Ürdingen, Friemersheim,
Homberg, Mors, Neukirchen, Repelen und Vluyn, Orsoy, Alpenund
Veen, Xanten und Wardt, Kaikar und Appeldorn, Grieth, Schenken-
schanz, Kleve, Nieukerk, Sevelen, Labbeck, Üdem und Keppeln^
Wachtendonk, Geldern, Issum, Sonsbeck, Winnekendonk, Kevelaer,.
Goch, Wankum, Straelen, Walbeck, Twisteden, endlich Krefeld.
ANHANG:
TABELLEN
(vgl. S. 59 ff.).
I. östliche drei
i.
Sterkrade (2) . .
Hiesfeld (2) . .
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318
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71
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10
438
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54
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58
8
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50
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27
10
167
64
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63
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126
11
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59
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168
34
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7,83
65
26
107
43
298
119
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12
190
63
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114
12,53
47
13
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65
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11
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78
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77
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13
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70
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28
149
37
405
102
7,83
42
11
225
61
160
44
11.36
47
12
287
72
290
73
1117
14
4424
54
5544
67
S. Anm. b) auf
Seite 114 der Ta-
bellen.
422
546
277
9,79
15,27
8,22
8,62
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195
78
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197
144
13
12
13
11
13
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12
805
426
987
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54
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51
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61
63
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1
1
67
1054
61
1
1
72
803
72
-
64
3875
59
1
910
1652
127
462
431
53,27
38,77
49,35
153
8
1262
66
1173
61 i
33,29
52,87
27,81
80
6
638
44
541
37 ,
28,20
33,29
13,32
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10
326
78
350
84
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16,06
7,05
71
12
424
70
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67
29,37
25,46
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264
10
•
1764
64
1623
1
58
Genieiude
(und Ereie)
(* - Stadt-
Flächeninhalt
Fläche
ohne
Wald
11
S g
Volksdichte nuf
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1
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74
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5.52
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66.
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1V,28
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67.
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VII
m
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1,87
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Huck (4) . . .
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87,46
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11
M
3,23
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74,61
6,50
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III
M
72.
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3,49
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245
68-72.
65,99
16,64
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87.|Bergs-wJck (3) . 1] 3,841
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1 5,24
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84
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1,9H
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m
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6,55 64,12 16,79
86.63 19,82 88,88
31,44 9,64 39,47
46.1911 5,9111
19,08 2,35
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2 178
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m
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68
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Die Volksdichte am deutschen Nlederrhein.
105
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1
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1
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1 qkm
Zahl
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1 qkm
Zahl
auf
1 qkm
12
13
14
15
16
17
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19
20
21
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284
36,82
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59,14
50,52
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111,62
8,22
14,10
47,00
35
69
60
17
15
11
10
8
196
417
487
149
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65
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20
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9
5 613
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5 047
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20,76
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—
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125
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10
496
55
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72
—
28,20
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1957
25,07
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135
9
667
45
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52
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37,99
15,27
8,62
25
13
123
66
177
95
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43,08
16,45
28
9
161
53
177
58
22,32
28,89
12,92
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—
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11
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57
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—
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11
361
72
440
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—
25,46
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18,71
24
18
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58
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10,97t)
118
9
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80
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pflanzgn.40,8.
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—
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52
13
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1
61
106
E
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J
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Gemeinde
(und Kreis)
Fläche
ohne
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1 qkm
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Nr.
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qkm
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61
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111
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7,77
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61,40
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10,72
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m
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m
53
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2,90
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105.
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14,22
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2,73
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14,681 44,961 29,50 25,54 j| 8,08
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3,71
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132,69
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24,83 3,47
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Die Volksdichte am deutschen Niederrhein.
111
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haltenen größeren (städtischen) Gemeinden gegeben, um den Einfluß solcher
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16.61
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54,K
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99-106 oUü Emenck
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128,98
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123,6C
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Kl
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33,7U
15,40
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17S-197 okie un\m
(184) nnd Gocb 1193)
803,.').-.
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62
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enzgebiet.
>d3
^91
109
585
t26
1 28,20
26,24
5,87
175
8
886
39
1492
65
! 17,23
29,77
6,27
51
10
238
47
392
78
: 27,02
24,28
7,05
401
8
2363
47
3227
64
17,62
19,97
4,70
117
7
851
51
1127
68
8.22
12,92
4,13
46
4
345
31
319
29
790
7
4683
44
6557
62
ch Kreisen.
968
35
637
23
1652
60
2602
3765
5303
4080
10
9
11
10
12084
26400
30527
26783
48
65
61
66
14237
22636
34678
23929
56
55
70
59
3746
10
19582
54
26711
76
625
14
1998
46
2086
48
21089
10 118011 58 125 929 62
nden Tabellen zusammengefaßten Gruppen nach Abrechnung der in denselben ei
einden auf die Volksdichtezahlen u. s. w. einer größeren Fläche zu zeigen.
1
1075
11
4995
53
4967
53
704
12
3579
60
4124
69
i
498
9
4041
77
2693
50
492
8
3927
68
2801
48
707
7
6502
64
5894
58
927
8
8099
68
7021
59
1
293
10
1714
60
2314
81
1
1
1
2017
10
10417
51
10961
53
UQL*C.SUrW.öruL^-i,t.a5t;aiMsrV.\'^'isS.