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S 7 ANF 0 R 0 UNIVcRauT
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Hcfi 31
OCT 13 )978
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UmpolgwB, vollmaftrmgmndmm Hmmrt Besitzen Sie dlCSe Vorzßge
Hmrmoulmohm, mch&no Faemmn /
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S\t wünschen, von irgendwelchen körperlichen Mangeln befreit zu werden und eh> ingetiehroea
Acusseres zu erlangen? — Lassen Sie sich nicht einreden, dass Sie nur irgendein Präparat, sei «
Cr eine, Puder, Toüetlenwasscr, Sdfc oder dergi. iu benutzen brauchen, um schön ni werden. —
Wenn Sie durch Misserfolge bei Benutzung dieser Schönheitsmittel mutlos geworden sind, jo
greifen Sie xu den einfachen, natürlichen Mitteln meiner Schönheitspflege, deren Anwendung einzig
die dauernde Beseitigung körperlicher Mängel und die Erlangung wahrer Schönheit verbargt —
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die Gesichtszüge edler, der Teint klar und jugendfrischt Durch unmerkliche, aber
»tete Erneuerung und Verjüngung de r Obe rhaut werden alta in derselben befindlichen
Unreinheiten und Unebenheiten, wie MM~ Sommeraproiien, Mitetter u.qrotsporige
Haut, Pickeln und Puttein, Falten und Runzeln, Haut- und NasenrÖti. Pockennarben,
graue, blatte Farbe, trockene, rauhe, spröde, selbst listige Haut, fettige, glän¬
zende Haut, gelbe Flecken, rote Flecken, Hautgriet, gründlich u. für immer be¬
seitigt, auch tn den hartnäckigsten Fällen. Jeder Sendung liegt meine Broschüre:
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Haarpflegemittel ist, ebenso vorzüglich zur sicheren Beseitigung von Schuppen,
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beseitigt, ohne Narben zu hinterlassen.
Einige von den mir »glich unverlangt zugehenden IlMkbrtofeni
N .... 21. März 1908.
Ich spreche meinen verbind¬
lichsten Dank für Ihre w erten
Präparate aus. bin mit allem
sehr zufrieden.
M. E ,. r.
C7. . , 22. III. 07.
Ueber Ihr Mittel, das ich von Ihnen
bezogen habe, bin ich geradezu entzückt.
Ich besitze jetzt nicht nur eine blühende,
sondern auch sehr feine Gesichtshaut,
um die man mich beneidet. J. K.
B .... 13. IV. 07.
. . mit Freuden kann ich Ihnen hier mitteilen, dass
ich nun seit ihrem Verfahren meiner Leberflecken
vollkommen ledig geworden bin, und soll es
meine Freude sein. Sie bei meinen Bekannten
zu empfehlen, wo ich nur kann. F. v. N . • . n.
, 24. Apr. 1W7.
.... „Lorelei* 4
Pflege der Haare hat
sich vorzüglich be¬
währt
LP...
L ..., 26. Scpt m.
Ich danke ihnen be¬
stens für den guten Er¬
folg, den Ihr «Juso**
geleistet hat.
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siegte,
Midielin
und wurde Zweiter und dritter!
töenz
nahm auch
„fBod)e* 9tr. 31.
1. Muguft 1908.
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•Fhirrn Jg3 ^ffllliTMIfflTi J ir MM nHHil1l fi n.
THlAtRE'VAR\itL
|HAIiBUI^6
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sind infolge Nervenschwundes zerstörte oder zersetzte Nerven-
substanz, welche in diesem degenerierten Zustande nur noch un¬
vollkommen ihre normale Tätigkeit (als Hauptbestandteil von
Gehirn und Rückenmark alle Handlungen und Empfindungen des
Körpers zu regeln) ausüben kann. Diese Nervensubstanz (Lecithin)
aus Eidotter in reiner Form herzustellen und genießbar durch
Biocitin zu machen, ist Professor Dr. Habermann und Dr. Ehren¬
feld gelungen. Nur Lecithin in reiner Form vermag geschwächten
Nerven die mangelnde Substanz zu ergänzen, ihre Funktion auf
natürliche Weise zu beleben und dadurch dem gesamten
Organismus neue Kraft und Widerstandsfähigkeit zu verleihen!
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mann, vom Säugling bis zum Greise. Es bildet einen wohl¬
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substanz (Lecithin) Professor Dr. Habermann und Dr. Ehrenfeld“.
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1. «ufluft 1908.
Lebenswecher für Haar und Bart.
3 Deuffcge Reitgspafeufe. Diele Umlantepatente u. Deuffcge R£id)s-(0ebtaud)stnuffet.
„3ft es benn möglich, bafj ich früher fo ausgefegen gäbe?"
Sine „ 1 ltebi 3 inif<ge XDocgenfcgtiff“ entgalt im rebattioneüen Zeit einen Originatartitel oon Sr. meb. Sj.
über ben Snergos, beffen 6 cglufjfab tautet: „2 cg glaube, au» meinen Srfagrungen mit Retgf folgern
3n bürfen, bajj mit bem Srfcgeinen ber Snergos-Ttpparate eitle IICIIC 2 lCVQ in ber Befjattb'
lung bes Haarausfalles fotoie bes präfenüen (Ergrauend angebrochen ift, mei<f>e
3u ben fügnffeu Hoffnungen berechtigt.“
Sine weitere ärztliche 6 timme (Sr. 93. in 93.) fcgreibt foeben: „UHc gaben atfo bnrcg bie Snergo«-
Apparate einen ooitftänbigen, f)Öd)ft genial fonffruierfen 3 nftrumentenfcgag 30t Verfügung,
ber eine entfcgiebene Cäcfe ausfüllt nnb geeignet erfcgeint, ber gerabe anf fosmefifcgem (bebief
tuncgernben Scgroinbetprobnttion energifcg entgegen3uroirten. 3 « biefem 3 lct ift bem Snergos bie
IRitmirfung ber tteqtefcgaft befonbers 30 roünftgen.“
Ser Snergos ift fegr geeignet für bie Steife, bequem in bie tteinfte Steifetafcge 3 U fteden unb oon
jebem überall ogne Vorbereitung anautoenben.
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ober oon einer ber oielen Weberlagen im 3n« unb Siuslanbe.
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Von 5\ndr4 j^amberf.
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Ttummec 31. Berlin, bett 1. Bagttff 1908. 10. 3a$rgattg.
3nha(f Ber stummer 3t
3>k fleben läge ber ffiodje.
Sie türfltöe Keoolutton. Bon Sr. fieinricf) ftrlebjuna.
Sie idj ^oibtouriftin »urbc. Bon Goa Gräfin ©aubtfftn.
©abeleben in Obtna. ©lauberet oon Sera oon J)ubn.
Untere ©Uber.
©drfenvoifte.
Sk loten ber So$e ..
©Uber oom Sage. (©botograpbiföe Kufnabmen).
Sie ©anberunaen ber 8rlf<$e. Bon Sr. §rtg €fon>ronnef.
6eüg ans ©nabe. Vornan oon ©«CorreL (Sortierung}.
Sie KtufleQung SKüiuben 1008. Son KIfreb Georg $artmann (3RU
10 KbbUbungen) ....*. ..
(Rne ©betnfabrt. Bon ßeo oon Roort. (Mit 11 KbbUbungen) . . . .
Sas föBne Öeben. Bon Sngeborg Knbrefen .
Sie 3acfe im Slenft ber €ommermobe 1008. (SRlt 6 KbbUbungen) . .
Sas bie Bieter lagen. .
©Uber aus aller seit .
1823
1823
1325
1827
1820
1830
1330
1831
1330
1841
1346
1351
1356
1860
1368
1864
Die ftebeti Sage ber Boche.
23. 3«K.
Aus ©arrocas wirb gemelbet, bog ber Stfniiter bes Beugern
auf Befehl bes Sräfibenten bem nieberlänbifchen ©efanbten
Seus feine päffe mit bem Bemerfen augefanbt bat, er erfd)eine
nicht mehr als geeignete ÜDtittelsperfon awifchen Seneauela
uno $oHartb.
Die Spanbauer Stabtoerorbnetenoerfammlung nimmt einen
Eintrag an, ber SRagiftrat möge auf bem Branbenburgifchen
unb auf bem Deutfchen Stäbtetag eine ftationaifpenbe für ben
©rafen 3rppelin befürworten, au ber in allen ©emeinben pro
Kopf ber Seoölterung aehn Pfennig aufgebracht werben foüen.
3n Dänemart wirb eine Ümbitbung Bes aJctniftertums not»
wenbig, ba ber Suftiftminifter Albertt unb ber ßanbwirtfchafts»
minifter Die fyrnfen ihre ©ntlaffung gegeben höben.
24« 3ll(t
©in Srabe bes Sultans Abbul 5)amib orbnet ben Qu*
fammentritt bes türfifc^en Parlaments an, nachbem bie 3ung*
türten in ÜDtaaebonien bie Berfaffung oom 3abr 1876 als
fteidjsgrunbgefeü prottamiert höben. — Aus SRonaftir tommt
bie Nachricht, baß bie 3ungtürten ben Starfchall Osman Pafcßa
aus ber Stabt entführt höben.
Aus ©hrifttanta wirb über eine Schiff sfoüifion berichtet:
Der Dampfer „Baeffelaget" würbe oon bem Dampfer „©öte-
borg" überrannt unb in ber Btttte burchfchnttten, fo baß er
fofort fant. Dabei oerloren mehrere Perfonen bas geben.
3m ßötfchbergtunnel wirb burch Sprengfchüffe ein ge¬
waltiger Schlammeinbruch oerurfacht. 25 italienifche Arbeiter
ertrinten in bem einbringenben Strom.
Präfibent gaHteres trifft in Stoctholm ein. Sei einer
abenbs im Königlichen Schloß ftattfinbenben ©alatafel wechfeln
ber Präfibent unb König ©uftao Xrintfprüche, in benen fie
auf bas 9torbfeeabfommen Beaug nehmen.
3n Bombag machen Ausbreitungen ftreifenber Arbeiter
bas ©ingreifen bes SRilitärs notwenbig; es tommt au Straßen»
tämpfen, bei benen mehrere Arbeiter getötet unb oiele oer-
wunbet werben.
3ar Sifolaus tritt mit ber 3örin unb feinen Kinbem oon
Kronftabt aus bie 0fahrt nach ben finnifchen ©ewäffem an.
25« 3u(L
Der Hamburger Berein für fjanblungsgehiifen, ber im
gansen Seich aahlreicße SRitglieber höt, feiert unter ^Teilnahme
oer Behörben bas 3ubiläum feines fünfaigjährigen Beftebens.
3n Konftantinopel wirb ein Stabe bes Sultans oeröffent*
licht, burch bös bie poltttfcßen ©efangenen, fofern fie nicht
wegen Biorbes oerurteilt finb, amneftiert ünb bie 3enjur unb
bie ©eheimpolljei aufgehoben werben. — Die Peoolferung
bringt bem Sultan begeifterte Ooationen bar.
26« 3u(L
Aus bem i)aag wirb gemelbet, baß ber nieberlänbifche
Kreujer „©elberlanb" oon Aruba nach ben oeneaolanifchen
©ewäffem in See gegangen ift
27« 3u(L
Die Kaiferpreisfahrt 2Bien»Berlin bes beutfchen unb bes
öfterreiAifchen gfreiwiHigen Automobilforps nimmt in ffiien
ihren Anfang.
3n Bremen tritt bie 21. i)auptoerfammlung bes Deutfchen
3entraloerbanbes für fjanbel unb ©ewerbe aufammen.
Präfibent gaüteres trifft auf ber Seebe oon Seoal mit bem
Äaren Sitolaus aufammen. Sei einer ©alatafel äh Borb ber
3arenjacht „Stanbart" bringen bie beiben Staatsoberhäupter
freunbfchaftliche, aber in auffallenb ruhigem Don gehaltene
Xrintfprüche aus.
3m englifchen Unterhaus tritt ber Staatsfetretär bes Aus¬
wärtigen Sir ©bwarb ©reg mit großer ©ntfchiebenheit ber
Behauptung entgegen, baf *’e englifche Politit auf eine 3fo-
lierung Deutfchlanbs hlnarbeae.
28« 3un«
3m Auswärtigen Amt in Berlin werben bie Satißtations-
urfunben bes beutfcß-franaöfifcben Abtommens über bie Ab-
grenaung ber ©ebiete Kamerun unb Sranaöfifch-Kongo aus-
getaufcht.
29.
Der ftaifer trifft, oon feiner 9lorb(anbsreife ijeimtefjrenb,
an Borb ber „Qohenaollem" in Swinemünbe ein.
Die fürfifcfje KetJolufion.
Son 2>r. i)einritf) griebjung.
SBieber einmai ift bas atttniffenbe unb aittiuge
Europa mit feinem i)eer oon Sotfd)aftem, ßegations*
räten, Sragomanen, Sonfularagenten unb Santbeamten
bürd) eine Srfjebung im Orient Qberrafc^t toorben,
beffen inneres ßeben bem granfen trofe ber erbrücfen*
ben bariiber i)anbe(nben ßiteratur offenbar unoerftänb*
(id) ift, in bas if)m nur burd) fd)ma(e ©udtö^er ein
Sinbiid gemährt ift. 5Eßie ben djriftlidjen Söiterfdfaften
bes Saltans sumute ift, Iä%t fi<^ leitet feftfteQen, unb
jebe einaeine ift mit patriotifdjer Uebertreibung bemüht,
ben gremben iijre ßage begreifiid) 3 U machen. Son
ben in ber titrttfd^en Seoöiterung roirtenben Iriebfebem
bagegen toiffen mir nidfts, nid)t bas minbefte: fonft
batten bie Regierungen ber ©roßmadjte unb bie „toobi*
informierten" Äorrefponbenten ber Leitungen bod) früher
eine Slbnung oon bem beoorftebenben großen Stilitär*
aufftanb b a ^ e n müffen. Dabei erging es ben guten
(Europäern gang ätjnCid) mie bei ber unerwarteten (Ent*
bedung ber Sd)Iagtraft ber japanifcben ijeere unb
glotten. SJas bie lürtei betrifft, fo tarn no<b ber Um*
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Sette 1324.
Stummer 31.
ftonb ßingu, baß es gattoren gab, bie mit Vbficßt an
ber Verbuntlung bes Sacßoerßalts mitroirften. Seitens
bes Valfantomitees in ©nglanb würbe altes getan, um
oergeffen gu macßen, baß unter ben 3 1 /* StiUionen
©inwoßnem Stageboniens bie Stoßammebaner, bie
über eine Slillion ftarf finb, bas gaßlreicßfte Veoölfe»
rungselement finb, ßinter bem aucß bie bulgarifcßen
©ßriften unb nocß meßr bie ©riecßen unb Serben
gürücffteßen. Unb in ßöbetls 3<>ßrbücßern, biefer roicß»
tigften Staterialienfammlung gur Kenntnis bes ÜRilitär*
wefens bes gefamten ©rbbatls, ift bei ben Ueberblicten
über bie Zürtei faft nur oon ben ßicßtfeiten ißres
heerwefens gu lefen. Sßesßalb fodte mrn aucß ben
Vunbesgenoffen Kaifer 2Bilßelms burcß bie Stufgäßlung
ber ununterbrotßenen Stilitärreoolten unb Difgiplin*
tofigteiten oon Offigieren unb Sotbaten tränten?
. 3n ber gu 2Bten erf(ßeinenben Dangerfcßen Slrmee*
geitung würbe fcßon oor einiger 3«'* auf biefe ßücfe
ber Vericßterftattung ßingewiefen. Die oerfcßiebenen
ßicßtquelfen gur StufßeHung ber 3uftänbe bes Orients
ßaben aucß einiges gur Verfinsterung beigetragen. Ob
uns nocß fonft Ueberraf(ßungen beoorfteßen?
21m allerwenigften tannte man in Europa ben Um«
fang unb bie Verbreitung ber jungtürfifcßen Bewegung
in ben oerfcßiebenen (Sebieten bes osmanifcßen Veicßes.
3 eßt, ba ber ßosbrucß gelungen ift, treten bie jung*
türfifcßen güßrer mit ©ntßüdungen ßeroor, beren Vicßtig«
teit nicßt tontrolliert werben tann; oieiteicßt übertreiben
fie, entweber weit fie oon ben eigenen (Erfolgen ge«
btenbet finb, ober weit fie ißre in ber Veoolution ge*
fpiette Volte in ßeroifcßem ßicßt erfcßeinen taffen wollen.
Vacß ben Siitteilungen bes Soßnes bes Scßöpfers ber
türfifcßen Verfaffung Stibßat * ißafcßa, bes in Varis
(ebenben 2tli ^aqbar Slibßat»Vei, wäre eigentlich Klein«
afien ber hauptfiß ber gaßtreicßen, burcß alte großen
unb tteinen Stäbte oerbreiteten jungtürtifcßen Komitees
gewefen, bie bie 3bee ber Konftitution ins Sott ßin»
austrugen. ©rgerum in Armenien fei einer ber Stittel*
pünfte gewefen, unb oon ßier aus fei bas Signal er«
folgt gu einer Veiße oon Stufftänben in Zrapegunt,
Vittis, Van, Diarbefr unb in ©rgerum fetbft, bie in
ber Verjagung mißliebiger, unfäßiger, ausfaugerifcßer
©ouoemeure gegipfett ßätten. Der ©runb, fo legte
Vlibßat fßafcßa foeben in einer Veräffentticßung bar, wes*
ßatb bas Veootutionswert in jenen oom 3entrum ent«
fernten ©egenben begonnen ßabe, liege barin, baß im
fernen Often bie Verforgung mit eingefcßmuggetten
SBaffen Ieicßter war als in Kuropa. Stacß biefen ©nt»
ßütlungen ßätte bas Komitee ben fßlan geßabt, bie
©rßebung in Kteinafien gu beginnen, fo baß ber ßos*
brucß unb bas ©etingen in Siagebonien meßr bas
SBerf bes 3ufat(s, bie lat einiger tüßner unb un*
gebutbiger güßrer gewefen fei. — Uebrigens ift nicßt
ber fecßsunbbreißigjäßrige Stibßat«Vei, fonbem 21cßmeb
9tiga«Vei, ber gleichfalls in fßaris in ber Verbannung
lebt, bas f)aupt ber austänbifcßen ©migration, wäß*
renb bie nacß oieten Zaufenben gäßtenben 3ungtürten,
bie burcß bie mißtrauifcße ^Regierung bes Sultans als
Veamte unb Offigiere in entfernte ober wettenttegene
©amifonen unb Stäbte oerfeßt würben, ben Stamm
ber ficß immer meßr oeräftelnben Verfcßwörung bitbeten.
©s ift nicßt gu oerwunbem, baß gerabe bie Offigiere
oon ben liberalen 3been am tebßafteften ergriffen
würben. Der gefamte ßößere Unterricßt in ber Zürtei
liegt im argen, ba bie tßeologifcßen unb bie SRecßts*
fcßuten teine anbere Vufgabe ßaben, ats bie jungen
ßeute mit ben Vorfcßriften bes Korans unb mit ge«
wiffen pofitioen Saßungen bes öffentlicßen unb bes
Vrioatrecßtes betannt gu macßen. ©ingig unb aüein
bie Stititäranftalten tonnen mit ben europäifcßen oer«
giicßen werben, unb bie beutfcßen Offigiere, bie ßeßrer
ber türfifcßen Slrmee, oerftanben es, einen Stocf tü«ß»
tiger ©eneraiftabsoffigiere, baneben aucß oon woßi«
unterricßteten Slännern anberer militärifcßer 3>»cige
gu ergießen. Viele hunberte oon jungen ßeuten würben
in ben leßten Degennien in bie europäifcßen $eere gur
Slusbilbung gefenbet, lernten ßier bie angefeßene fogiale
Stellung bes Dfpgiers tennen, wäßrenb in ber heimat
ein roßer Vafcßa ober ©eneral bie Untergebenen aufs
unwürbigfte gu beßanbeln bas SRecßt befißt; bie ißa«
triotifcßen unter ißnen bracßten bas ßeiße Streben mit,
ißr eigenes, fcßtecßt regiertes Vaterlanb auf bie höße
ber anberen europäifcßen Staaten gu ßeben. 3n Stage«
bonien trat guerft ©noer»Vei aus einer 3uflucßtsftätte
in ben Vergen an bie Spiße ber Vewegung, bann
9tiagi«Vei. Stls leßterer es wagte, mit einigen ßunbert
Sotbaten in Slonaftir gu erfcßeinen unb ben neu
ernannten Korpsgeneral Osman ißafcßa als ©efangenen
in bie Verge gu fcßteppen, war es offenfunbig, baß
alle ©amifonen Stageboniens mit ben Stufftänbifcßen
fpmpatßifierten.
Daneben war ein ftarter gaftor bas enblicß er«
wacßenbe Selbftbewußtfein ber Stoßammebaner Stage«
boniens unb Albaniens. 3n Stagebonien füßlten fie
bie Scßmacß, bie bem träftigften, moralifcß am ßöcßften
fteßenben Zeile ber Veoölterung bes Sanbes angetan
würbe, als bie ©roßmäcßte über bie Köpfe ber Sin*
ßänger bes 3stam ßinweg immer nur an bie Ver*
befferung bes fiofes ber brei cßriftlicßen Stämme bacßten,
bie mit nicßts als bamit befcßäftigt waren, ficß gegen«
feitig bie hälfe abgufcßneiben. Dtocß beutlicßer geigte
ficß bie nationale ©rßebung bei ber großen 3ufammen«
tunft ber Vertreter ber albanefifcßen Stämme am
23. 3uli, bei ber es ficß ßerausftedte, baß moßamme»
banifcße unb tatßolifcße Sllbanefen bie trennenben Sto*
mente gurüctguftellen beginnen, um für ißr ßanb eine
beffere 3utunft oorgubereiten. Das broßenbe Zelegramm,
in bem fie bem Sultan ein Ultimatum oon brei Zagen
gur ©rfüilung ißrer Sorberungen fteKten, gab im 3itbis«
Kiosf ben Stusfcßlag. Der Sultan, oon einer albanefifcßen
ßeibgarbe umgeben, faß bie Zreueften ber Zreuen
wanten unb mußte, für fein ßeben beforgt, nacßgeben.
Stufricßtig ift feine Umwanblung gum tonftitutionellen
herrfcßer gewiß nicßt; er beugt ficß oor bem Sturme,
oßne ben ©ebanten an bie SBiebergewinnung ber
Selbftßerrfcßaft aufgugeben.
9tun wartet ©uropa ab, wie ficß bie ©efcßicfe ber
tonftitutioned geworbenen Zürtei wenben mögen. Der
Stugenblicf ßat mit bem 3eitpuntt, ba Siibßat«$afcßa
1876 bie Verfaffung fcßuf, eine große Steßnlicßteit
Damals wollten bie Stäcßte ben Droßungen bes triegs*
bereiten Dtußtanb guoortommen unb bie Zürtei burcß
bie Votfcßaftertonfereng gu Konftantinopel gu ^Reformen
unb gu 3ugeftänbniffen an bie cßriftlicßen Voltsftämme
gwingen; ba erßob ficß ber osmanifcße Stolg, unb
Slibßat*$afcßa geigte ben ©uropäern, baß bie Zürtei
ißrer Vormunbfcßaft nicßt bebürfe, um ficß felbft gu
reformieren unb um in bie Steiße ber tonftitutioneüen
Staaten gu treten, ©ang ebenfo oertünbigen jeßl
Stcßmet Viga, ber jüngere Stibßat, ©noer unb Viagi,
bie Veformpartei werbe es nicßt bulben, baß bie ftänbig
geworbene Votfcßaftertonfereng bem ottomanifcßen Veicße
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Stummer 31.
Seite 1325.
33orfchrtften mache, was es non t>en ruffifcfjen unb beit
engtifchen 33orfd)lägen an 3 unei)men oerplichtet fei Die
erfte Folge ber Grhebung ift atfo bie Guropa erteilte
gefunbe ßefjre 3 U größerer SBefcheibenheit. 3n Gr*
mägung btefer Sachlage hält Gnglanb mit feinen an*
magenben SRatfchlägen ßurütf, unb bas hodpnägenbe
Saltanfomitee in Gnglanb miltigt gnäbigft in einen
Muff(^ub ber majebonifdjen IReformen. 3n alten euro»
päij<f>en Karteien wirb bie ßofung ausgegeben, man
motte topal abmarten, mas aus ber frieblichen türfifchen
JReootution Gutes ermachfen merbe. Die Gngtänber
fagen fid) jubem, bag es unttug märe, fi<h ben grei*
heitsmünfchen ber Mohammebaner entgegenjuftemmen;
benn 60 bis 70 Millionen Anhänger bes 3slam in
Snbien, ber militärifch tüchtige Seit ber SSeoötterung
bes britifchen (Reiches am Snbifchen Ojean, mürben bies
mit ÜRigmut htnnegmen. Ueberbaupt gibt es teine
Station ber Seit, ber bie Ginbürgerung einer freien
SSerfaffung in fßerfien unb in ber lürtei unangenehmer
fein mug als ben (Briten. Denn es gärt in Bengalen,
mo fcgon feit fahren fßregfreiheit unb 33erfammtungs»
- recht fuspenbiert merben mugten, um bie antiengtifcbe
IBemegung einsubämmen. Deshalb lieg Gnglanb bie
Stiebertretung 3 ung»(ßerfiens burch ben Schah ruhig
gemäßen, unb es mirb nicht ungtüctlicb fein, menn es
fich herausftetlen fottte, bag auch in ber lürtei bie
SJerfaffung ats Dynamit mirft. 2 ttl 3 u groges Sertrauen
auf ben türfifc^en (Parlamentarismus t)errfd>t in ben
regierenben Streifen Guropas mögt nirgenbs. Die 33er*
faffung oon 1876 gemährt ber 33ottsoertretung nur
bas (Recht ber (Dlitmirtung am 33ubget, aber in ber
Gefeggebung nur eine beratenbe Stimme. 33teibt es
bei fotch engen Gren 3 en, fo ift bies für ein Parlament
3 U menig 3 um ßeben, 3 U oiet 3 um Sterben. Gs mirb
entmeber grögere Siechte heifchen ober 3 U einem Schatten*
bafein ijinabfinfen. Darin liegt ber Steim neuer 33er>
roicftungen — unb tein menfcgliches Stuge oermag 3 U
fegen, ob ber unabmenbbare, feit anberthatb 3 af)t*
hunberten roährenbe lßro 3 eg ber ßerfegung unb 2 tb*
bröcftung bes türtifchen Sleiches burch bas (ßartament
gehemmt ober gefördert merben mirb. Gan 3 unmagr*
fcheintich aber ift, bag mir oor einer grünbtichen Gr*
neuerung ber Dürtei ftehen: SBunber finb in ber pofi*
tifchen Seit ebenfo ausgefchtoffen roie in ber phgfifcgen.
Bie ich f>ocf)fouriftin ttmrbe.
33on Goa Gräfin oon (Baubiffin.
Gs tommt auf bie Gelegenheit an, feine gäljigfeiten
3 U entbecten; oiete, oietteicht groge unb rühmliche,
fchtummem unertannt mit bem SRenfchen ins Oenfeits
hinüber, meit ihnen meber Seit noch Ort günftig maren,
fich 3 *t offenbaren. Solch ein Moment mar’s, ber
bie (Bafis für bie Gntmicttung einer neuen Gigenfchaft
bitben fottte, ats ich an einem fchönen Frühlingstage ben
Durm bes Kapitols erftieg, mir aber nicht an ber
Stusficht oon ber legten Plattform genügen (ieg, fonbern
auf bie hö<hfte Spige, neben bie Figur ber Mineroa
hinaufttetterie. 3d) mug bas, ohne dtgnung überhaupt
etmas (Befonberes gemacht 3 U haben, 3 iem(ich gefchictt
ausgeführt haben, benn ber berühmte J)ocgtourift an
meiner Seite, ber mir bie fieben $üget (Roms be 3 eich*
nen motlte, fagte mit einer bei Stlpiniften fetten 3 U
finbenben Stnertennung: „(Bßiffen S’, mit 3hnen ging
ich auf alte Dolomiten — ba braucht’ man nichts
3 u fürchten oon megen abftüraen."
3n biefer SRinute fpattete fich m ein Snneres mie
bie fchönfte, einfache Seile, unb aus bem (ßrotoptasma
meines gemöhnticgen SRenfchen ging ber neue Selltem
heroor: Der ^ochtourift!
Stile 33orbebingungen maren ptägtich gegeben:
ftarte ßungen, gefunbes Sjer 3 , Scgminbelfreibeit unb
Stusbauer beim SRarfchieren. (Rom 3 U meinen Fügen,
mürbe mir tlar, bag ich bisher mein (ßfunb oergraben
hatte, unb bag ich mich einer ferneren Untertaffungs*
fünbe fchutbig machen mürbe, menn ich meinem Xatent
teine Gelegenheit gäbe, fi<h 3 U entfalten. Der Schau*
plag für biefe (Betätigung tonnte, mie fich ohne oiet
Stachbenten, mas mir immer ferner fällt, ergibt, nur
ein 33erg fein; es galt atfo, einen 3 U finben, ber in
Geftatt unb Strt meinen atpiniftifchen Gaben ent*
gegentam.
Seite 15 00 m britten 33anb bes (ßurtfchellerfchen
„ijochtouriften": „Groge Furcgetta (3027 Meter), ber
1
norbmefttiche breitere Durm einer tügnen, boppefoinfigen
(Berggeftatt im ^intergrunbe bes (Eßafferrinnentals.
3ntereffante unb exponierte, mägig fchmierige Kletterei."
Das mar, mas ich fuchte. Denn nach meinem
Fägigteitsnachmeis am Kapitol motlte ich es nicht unter
einer Sjodftour tun unb mögtichft gleich alte Ginbrücte
auf mich mirten taffen, bie man bei einer 33ergbeftei*
gung haben tann. Die äugeren Vorbereitungen mürben
getroffen: Das G’manbt mit allen 3utaten, 33einfteib,
Knieftrümpfen, SRüge, Sonnenhut beforgt, ber (Ructfact
mit bem (Rotmenbigften, bis aufs Gramm abgemogen,
fauber ooltgeftopft, ein mächtiger Gispicfet erhanbett
unb ats ßegtes — bie Stiefel ausprobiert. Sie finb
bas SBichtigfte ber Stusrüftung, hatte man mir gejagt.
Gs tarn mir auch batb fo oor, benn ich trat mir mit
ben ferneren Dingern in ber fchmer 3 hafteften SBeife
auf bie eigenen Füge;
„D’ (Räget fan 3 U grob", meinte ber bäurifche #of*
tieferant, ben ich betrübt um (Rat fragte.
„33emahre! Sie tann nur nicht gehen, fie ift un*
gefchictt", beharrte ber berühmte $ochtourift, ber auch
hier meine erften Schritte übermalte.
Der Schufter lachte. „SBegen einer (ßaar Schuh
braucht hoch be (ßerfon nit’s Gehen 3 ’(ernen!" ermiberte
er mit töftlicher (ßgilofophie.
Das tröftete mich munberbar; nicht ich, fonbern bie
Stiefel maren fchulb, unb beshatb lernte ich es batb,
fie 3 U tragen, ohne mir emftgaftere 33ermunbungen
3U3U3iehen.
äfber ats mir bann eines Morgens 3 U einer Seit,
bie es eigentlich gar nicht gibt, in Duntelbeit unb
Kälte, „um Schatten 3 U haben", oon bex (Regensburger
j)ütte aufbrachen, ttopfte mir boch bas i)er 3 recht. Die
Miefen nag unb fchtüpfrig, bas lat oott (Rebel, bie
näher unb näher heranjufriechen fcgienen, ringsum eine
atemlofe, bettemmenbe Stille — unb oor uns; P 0 I 3
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Sette 132«.
Summer 31.
unb gewaltig aufragenb bte gurcßetta. Droßenb unb
[teil fcßien mir ber (Bipfei, eine Bermeffenßeit, ißn er*
tlhnmen gu wollen, unb mäßrenb icß mich tapfer be*
müßte, meine güße mit ben (Benagelten in bie weit
auseinanberiiegenbcn Spuren bes güßrers 3 U feßen,
fagte eine laute Stimme in meinem Snnem wieber
unb wieber: „Du tommft ba nie hinauf — nie hinauf 1 "
Unb nur besßalb äußerte ich nichts mm meinen Sie¬
benten, um bas in mich gefegte Vertrauen gu recht*
fertigen; ich glaube, bie meiften ijelbentaten werben
in folch einem paffioen, aus ber gurcßt oor anberen
biftierten ijanbeln oollgogen. fiangfam, Schritt für
Schritt, ging es bie Serpentinlinien burch ben Schutt
hinaft; oor mir bie grünen ©abenftrümpfe bes güßrers,
auf bie ich ßoffnungsooQ ftarrte: folange fich bie in
gleichmäßigem Bbftanb oon mir aufwärts bewegten,
genügten auch meine Straft unb mein Stönnen — an
fte Hämmerte fich inftinttio mein Bild.
„Berfcßnaufen S’ mal unb flauen Sie fich mal
um", gebot bie ^ocßtouriftenftimme hinter mir.
Sermirrt unb erfchöpft blieb ich ftehen: umfchauen
auch noch?! Dat kh benn noch nicht genug? — über
gehorfam fpagferten meine Bugen nach oben unb unten,
nach rechts unb lints: Steine, nichts als Steine, große,
Heine, glatte, bigarrgeformte, aus ber gelswanb empor*
wachfenbe unb wieber lofe, bie treulos unterm guß
nachgaben — ein wüftes, öbes, fteinemes ©eer-
„Sun?! ©as fagen S’ aber jcfet?! gum S)in*
Htlen, nit wahr? Diefe (Bräße — biefe Stille — t>eilig
ift’s wie in ber Kirchen" — ©eine grengenlofe Ser*
wunberung feßte fich allmählich in eine Srt ©ut um,
währenb neben mir bie Segeifterung immer neue
Suancen fanb: „Da ’nauf muß man tommen, um
wieber 3 U wiffen, baß ma’ ein ©enfcß is — ba triegt
man wieber ein’ Begriff oon ber ©(macht — ba geht
eims S)t rg auf — Sber Sie fagen ja nichts. Sie!
3 a, ja, ba oerftummen auch ©ie einmal — aber fchließ*
lieh, wiffen möeht’ l fchon, was’ benn für einen Einbrud
haben unb was Sie nun benten" —
„Saumoerfcßwenbung," fagte ich twrg, „eine foloffale
ftaumoerfchmenbung".
Die Stille, bie nun folgte, war fo brücfenb, baß
ich aus eigenem Bntrieb, um bie leßte (Ehre gu retten,
befcheiben ßingufeßt»: ,,©as tonnte man ba für Korn
bauen, wenn’s eben wäre unb nicht fo oiel Steine!" —
„Sie ftehen alfo glüdlicß noch auf bem StanbpunH
ber Saturempfinbung oor hunbert 3<>hren — oon ber
Beftßetit bes (Bebirges hoben Sie teine Sltjnung", unter*
brach mich ber $ocßtourift im pläßlich angenommenen,
reinften ^odjbeutfcß.
ltnb bann würbe ich ignoriert; an mir waren boch
©äße, Huftlärung unb Saturfcßönßeiten oerloren. Slber
über meinen Stopf fort floß gwifchen gührer unb Berg*
fteiger, benen nun S)erg unb ©unb geöffnet waren,
ein Strom oon Douriftengefcßicßten; oon alten gührem,
oon (Erftbefteigungen, oon Seulingen im (Bebirg unb
güßrerlofen, bie auf bie hormlofe ©enfcßßeit unter
ihnen Steine ßerabrollen ließen; oon neu entbecHen
gefahroollen Hnftiegen, oon „Sportbergen" unb munber*
baren Errettungen, bas alles gewürgt mit immer wieber*
tehrenben tedjnifcfjen Susbriiden, wie: ®rat, Kamm,
©anb, ©riffe, dritte, Stamin, Couloir, Schlucht, ißlatte,
Banb — bem 3orgon ber Slpiniften, bachte ich oer*
gweifelt unb ungerecht. Slber oon biefer mir bis baßin
gänglich unbefannten Somentlatur unb ber (Ertenntnis,
baß ich alfo eigentlich fchon ßunbert 3 aßre alt fei.
würbe mir gang fchwinblig — gum erften unb eingigen
©ale im ßeben.
3n biefem ©oment äußerfter Schwäche erreichten
wir ben Etnftieg. 3ch burfte mich ßbtfeßen, benn aus
ber Quelle in unmittelbarer Sähe würben einige Becher
ooD Haren ©affers geholt, unb außerbem mußten h** r
bie (Benagelten gegen bie Stletterfchuße eingemechfelt
werben, ©eich «in behagliches ©efüßl fchon, bas
weiche, fchmiegfame Segelleinen gegen bas harte, fchwere
Seber! ©ir fiel ein, baß ber ©ann, ber bie guten,
nie geftörten Seroen ber Eßinefen auf ihre feibene guß*
beHetbung gurüdführt, fießer recht hat ©eine ©übig*
fett war oerflogen, ©it Bergnügen ließ ich mir bas
Seil um bie Daille (egen, „bie moraßfehe f)ilfe", wie
mir (aeßenb oerfießert würbe; jebenfaüs wohnt biefem
gauberbanb eine mertwürbig berußigenbe ©irfung inne.
„Sun flettern S’ mir nur naeß! Smmer ßubfcß
(angfam unb erft einen feften Drltt für ben guß unb
einen fießern ©rtff für bie fjanb fueßen", gebot ber
güßrer.
Die ßoffnungsooüen ®rünen tauchten über meinem
Stopf auf, unb oon geit gu geit traf mich «tot «**
muntember Blicf bes allein oorausflettemben fjoeß*
touriften. Sonft war icß mir aüein überlaffen, nur
bureß einen bünnen gaben mit ber ©enfcßßeit oer*
bunben.
Unb plößlicß befaß icß wieber wie auf bem Stapitol
Seelenruße, ©ustelftärfe, ©emanbtßeit unb Scßwinbel*
freißeit S)ier oben, angefießts ber gelfen unb ber
luftigen Stletterei, froeßen meine ßocßtouriftifihen Be*
gabungen wieber ans Dageslicßt. ffiie oon felbft fanb
icß ®riffe unb Dritte — lagen fie einmal weit aus*
einanber, fo brachte mich «in Schwung fidßer über bie
gefäßrbete Stelle fort; bas Sluge fcßärfte fieß unb maß
genau bie Entfernungen ab, jebes ©lieb gehorchte bem
©iüen, unb alle turoerifeßen Kemttniffe aus ber Stinber*
gelt fanben fich toieber ein.
„Das geßt ja wie g’fcßmiert", meinte ber güßrer
einmal.
Der S)ocßtourift äußerte fieß nießt; icß naßm an,
baß ißn meine ginbigteit naeß ben übrigen Beweifen
meiner Untenntnis unb Unfäßigteit bitter wurmte. —
Beim „Banb" würbe icß ernftßaft oerwamt: icß be¬
griff nießt, wesßalb. ©as für eine einfache Sache,
über eine freiliegenbe Stelle, neben ber es rechts unb
(infs gwar in bie liefe geßt, bie boeß aber bem guß
feften fjalt bietet, gu fteigen! Unb bann wieber oor*
wärts an bem gelfen entlang — gum erftenmal
tonnte icß oßne Seib an bie Stffen im Urwalb benten,
bie fieß gemächlich oon Baum gu Baum feßmingen.
„©leid; fan mer oben!" Sichtig, noch «toi paar
fleine Hnftrengungen bis gum ©ipfelgrab — wenige
Schritte auf ber Sjöße felbft, unb ba waren wir! Huf
bem ßöcßften 5ßunft bes Berges, ber mir wenige
Stunben oorßer noch fo unerfcßwinglicß ßoeß oor*
getommen war. Eine tiefe Befriedigung erfüllte mich;
icß hatte alfo wirtlich mal etwas geleiftet, hatte mich
auf meine Kräfte oertaffen unb allein bureß fie mein
giel erreicht. Sber bann fant mein ganges Selbft*
bewußtfein in fieß gufammen oor ber Schönheit unb
ber (Bemalt bes ißanoramas, bas fieß oor meinen
Süden auftat. 3a, hier herauf mußte man tommen,
um fiiß wieber eins mit ber Satur 3 U füßlen — mir
war, als fäße icß gum erftenmal ber ©eit ooü ins
Sntliß: fo feßön alfo mar fie, fo munberfeßön — „Unb
er führte ißn auf einen hohen Berg unb geigte ißm
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Stummer 81.
Seite 1327.
bie ijerrticgfeiten ber 2ßelt au feinen trügen unb fpraeg:
,Dips alle« mitt icg btr geben'" —
2lber in biefem Bugenbfid, in ber geiligen Stille
bort oben, befigt man ja alle«, mas ber Blid umfagt;
unb in ber bemutooüen ©rfenntnis ber eigenen Be«
beutungsiofigteit fo viel ©röge unb 2l((macgt gegenüber
mirb man munfcglos.
Der Ejocgtourift trat auf micg au unb gratulierte
mir, er mar gana erfcgüttert. 2lber feine Stügrung
entfprang einer anberen Quelle als bie meine: er gatte
mtcg ja entbectt — auf bem Kapitol — unb mit bem
ficgeren, nie au täufegenben Blid be« Kenner« gatte
er bie verborgenen latente geagnt. gretlicg, bag fie
fo grog fein mürben —1 (Es mar erftaunfitg. Unb
menn icg micg bergrunter ebenfo bemägren mürbe —.
„3cg gäbe nie an mir geameifeit", fagte icg falt»
blutig; rooau jegt nocg meine fcgmacgen Momente oer*
raten?! Ueberbies mürbe fie nacg bem gelieferten
gägigfeitsbemeis niemanb megr glauben mollen; aucg
für micg traten fie enbgültig in oerfcgmimmenbe Semen
aurüd.
Dann tarn bas grügftüd; unb mit ber Kräftigung
be« leiblichen Menfcgen mucg« mein Mut in« Ungemeffene
empor — bis ginauf au ben aüergöcgften ©ipfeln ber
aüergöcgften unb »fegmierigften Serge! So mar icg aut
„J)ocgtouriftin" geworben.
-o-
Babeleben in ©gina.
Stauberei oon 233era o. i)ugn.
Mogln fott man in biefem Sommer reifen? Da«
ift eine grage, bie jegt mieber in Deutfcglanb a!ut mar
unb viel Kopfaerbrecgen oerurfacgte. Borb« unb Oftfee
loden aümäcgtig, unb bie Scgmeia unb Dirol gaben
ebenfall« groge Slnaiegungsfraft. — Da gaben mir in
(Egina e« bocg meit bequemer, benn mo feine Magi
ift, bleibt einem galt bie Qual be« 293ägten« erfpart,
unb mer nicgt nacg Dfingtau miü, ba« ficg mit ber
3eit au einem fegr annegmbaren 23abeort entmidelt,
ber gegt eben nacg ißeitaigo. Unb ba eben fige icg
nun — gar oiele taufenb Meilen oon all bem mon»
bänen 3auber ©uropa« entfernt gier oben an ber Küfte
oon ÜRorbcgina unb gäbe feine — aber aucg nicgt bie
atlerminbefte — Segnfucgt nacg 23erlin mit all feinen
Lodungen.
©s gegt mir mie ben meiften, benen ba« ©lüd
auteil geworben, ein 233eilcgen im fernen Often au
leben, man lebt ficg in türaefter Seit ein, mirb mit
Dingen unb 23ergättntffen oertraut, oermäcgft mit ben
3ntereffen unb geminnt bie leicgte, felbftoerftänblicge
2trt be« Lebens lieb. Unb meil es ficg gar fo nett
gier braugen lebt, gäbe icg aucg bie j)ige oon ißefing,
bie mirtlicg unangenegm merben fann, ben emigen
Staub, oon bem aucg bip tügnfte Sgantafie bageim
ficg feine S3orftettung macgen bürfte, unb bie fatalen
Sanbftürme mit geilerer ©elaffengeit ertragen. Slber
fcgön mar bocg ber Morgen, an bem mir ben Mauern
oon Seting entfliegen unb bereits abenbs bie gerrlicge
Seeluft oon ißeitaigo atmen fonnten. Das Steifen gier»
aulanbe fann man ficg aucg ungemein bequem ge«
ftalten, roenn man einen „private car" nimmt, au bem
nicgt nur amei Kompartiment« mit tomfortablen Seffeln,
fonbern aucg eine Kücge unb fogar ein oeritabler Gis»
jcgranf gegären. Statürlicg aucg ein {Raum für bie
Dienerfcgaft, benn ogne einen ober megrere Boqs
rnft gier fein ©uropäer, ber etma« auf ficg galt, ©ana
abgefegen baoon, bag man burcg bie aufmerffame, ge»
räufcglofe 21rt igrer Sebienung fo oermögnt ift, bag
man nicgt einen Dag ogne fie ausfommen fann, mürbe
aucg ein ©uropäer, menn er felbft irgenbein^ Slrbeit
oornägme, in ben Slugen ber ©ginefen ba« ©eficgt,
bas geigt ba« Ülnfegen, oerlieren.
Man gatte mir in 3apan oor ißeitaigo bange ge»
macgt. Gs fei öbe unb reialo« — mie bas ganae
©gina — fagl unb unfreunblicg. Defto gröger mar
mein ©ntaüden, als icg e« bann fag. 23on gogen
23ergen ift es im hmtergrunb eingeragmt, unb bie Billen
Siegen ficg mit igren blauen, gelben unb grauen Däcgern
ring« um bie Sucgt gin. 21m frögticgften aber Ieucgten
bie roten Däcger ber beiben neuerbauten Billen ber
beutfcgen ©efanbtfcgaft über ba« Meer. Der ©runb»
ftein au ignen mürbe im oorigen 3ogre gelegt, ber Bau
begonnen, unb oor menig Dagen tonnte bie ©inmeigung
ftattfinben. 3u beren geier gatte ber beutfcge ©efanbte,
©raf oon Sie;, bie gier meilenben Deutfegen ein»
getaben, benn ißeitaigo ||t bie Sommerrefibena oon oielen
Deutfegen aus S«üng unb Dientfin, bie nun ©elegen»
geit gatten, bie bei aller ©infaeggeit oon beftem ©efegmad
aeugenbe ©inriegtung be« ©efanbtfcgaftsgaufe« au be«
munbern.
Sur glaggengiffung mar bas beutfcge, in ißeitaigo
auf ©rgotungsurlaub begnblicge Militärbetacgement
in Sarabe aufgeftedt. Der ©efanbte gielt eine turae
Bnfpracge, in ber er aucg be» getftigen Scgöpfers ber
3bee, gier ber beutfcgen ©efanbtfcgaft einen Sommer»
fife au fegaffen, be« Botfcgafters in Dotio, greigerrn
oon Mumm, gebaegte. Die Solbaten präfentierten, bas
Kaifergocg ertlang meit über bie See ginausfcgaüenb,
unb ftola ftieg bie fegmarameigrote glagge auf bem
neuen beutfcgen Befigtum in bie .höge. 21m 2tbenb
binierten bie Offnere oom Detacgement auf ber ©e»
fanbtfcgaft, unb als mir nacg ©inbrueg ber Duntelgeit
auf bie Derraffe ginaustraten, um ben pracgtooQen Bn»
blid be« Boümonbe« au geniegen, ber in märegen»
gafter Scgöngeit auf ba« ftiü baiiegenbe Meer gerab»
blidte, beffen Mellen leife unb gegeimnisooll gegen ben
Stranb raufegten, martete unferer nocg eine Ueber»
rafegung. Stuf bem freien Steg nage beim Sjaufe
gatten ficg nämlicg bie Solbaten ein Lagerfeuer an»
geaünbet. Darum lagen, ftanben unb fagen fie,
materifeg gruppiert unb fangen Boltslieber, alle bie
lieben, betannten 233eifen, anfangenb mit „Deutfcglanb,
Deutfdglanb über alles" unb übergegenb au ben Klängen
oon „Steg icg in ftnftrer Mittemacgt", „2lm Brunnen
oor bem Dore" ufm. 233ir ftanben ftiü unb laufegten
fegmeigenb ben geimatlicgen Klängen, unb es mar ein
gana eigenartiges ©efügl, gier in biefer Monbnacgt im
fernen ©gina bie« Stüdegen Deutfcglanb, ba« einem
bie ferne $eimat tebenbig oor bie Sinne aauberte, au
erleben. 3um Scglug tönte es megmütig: „Morgen
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Seite 1328.
Stummer 31.
muß id) fort oon hier", unb mit ber SBeßmut mar es
beit ßeuten fcßon emft, beim für fie marett bie ftßönen
Sage oon Seitaiho 3 U ©nbe, am anberen Morgen hieß
es, bem Meer abe fagen unb nach Xientfin in bie
©aroifon gurüdfeßren, um anberen Sameraben ben Stab
in ben Saraden, bie nur für je 40 fieute Stafe haben,
gu räumen.
Diefer beutfeße lag mar gmar ein gefttag, aber
auch bie anberen oerfaufen fo angenehm unb nett, baß
man jeben eingeinen fefthalten möchte. Ratürlicß, mer
Oftenber Sabeleben ermarten mürbe, tarne nicht auf
feine Soften. (Eine Surmufit gibt es hier fo menig
mie eine Kurtage unb Stranbpromenaben, auf benen
bie Spißenfleiber eleganter grauen raufcßen ober in
btütenmeißem glanell gefleibete Herren promenieren.
Reunions unb Sabarettabenbe, auf bas alles müffen
mir. hier oergichten unb tun es gern, ja, oermiffen
es nicht einmal, benn mir haben etmas anberes
bafür, etmas, mas man brüben im alten (Europa
nun unb nimmer in ber SEBeife haben fann —
unfere herrliche, ungeniertere greiheit. Das SBabe*
haus fteht unten am Stranb oor ber Silla, unb
man fteigt einfach im Sirnono ober 3cßang — bem
leichten cßinefifcßen Mantel — bort hinunter, mährenb
bie tabeiiofen Sogs alles, mas man vielleicht brauchen
tönnnte, Sortmein, 3ifloretten, unb ben photographifchen
Apparat nicht 3 U oergeffen, nachtragen unb fchmeigenb
märten, ob man noch irgenbeinen SEBunfeß hat. Oft
machen es bie Herren fich noch bequemer; nur mit
bem Sabeangug unb bem Xropenßelm betleibet reiten
fie oon einem Sabeplaß gum anbern unb nehmen ihr
Sab bort, mo es gerabe am (uftigften gugeßt. Unb
nachher liegt man faul unb bequem im heißen Sanb,
läßt fich non ber Sonne, bie es manchmal fchon ein
bißchen 3 U gut meint, beweinen, raucht Siflaretten ober
gräbt fiöcßer in bie (Erbe, um bie tleinen, unheimlich
rafch in 3 id 3 adlinien bahinlaufenben ©rbfrebfe auf«
3 ujpüren. 3m guli follen aKerbings bie Sabefreuben
einigermaßen burch bie großen Quallen beeinträchtigt
merben, bie bann maffenhaft auftreten unb fich bem
Sabenben liebeood an bie ©lieber heften.
(Es gibt überhaupt eine Menge mertmürbiges ©etier
auf bem ßanbe, bejonbers aber im SJaffer hier. 3**
ben befonberen Seluftigungen oon ^Jßcitaifjo gehört es,
an ben Stranb gu eilen, fobalb ein gifchäug in Sicht,
unb bie fonberbaren gifcße anguftaunen, bie fo gang
anbers ausfehen unb auch gan 3 anbers fchmecfen, als
bei uns 3 U haus. Da gibt es breitmäulige gifche,
beren Stagen oben auf bem Sopf fteßen, Scßroertfifcße
mit ftorchartig langem Schnabel, eine Slrt Siefen«
treoetten, bie ber ©efanbtfcßaftstoch, ein braoer S®ts«
bamer, in allen möglichen Sarianten, aber ftets fchmact«
ßaft gugubereiten oerfteht, Xafeßentrebfe, mit benen ich
mich aber toeniger anfreunben fann, unb fonft noch
allerlei.
Mit bem allen aber finb bie greuben oon Seitaiho
noch (ängft nicht erfchöpft. Man fpielt troß ber ^iße
eifrig Xennis, roobei bie tleinen, fpaßigen ©ßinefenboqs,
bie als Xennisjungen fungieren, mit folchem (Eifer unb
Segeifterung ben Sällen nachjagen, baß ihre 3®pfe nur
fo in ber ßuft fliegen.
Mit befonberer Saffion aber roirb — mie auch m
Seting — bem Reitfport gehulbigi. Oie SBege finb
gmar nicht ibeal, oiel Raoinen unb Schluchten, aber
bie cßinefifcßen Songs, bie alle SSelt hier reitet, flettern
mit unbebingter Sicherheit unb ftolpem oiel eher mal
auf ebener (Erbe. Unb mer nicht reiten unb Xennis*
fpielen mill, bem bleibt es unbenommen, auf bie felfigen
flöhen um Seitaiho gu tlettem, oon benen man einen
herrlichen Slid meit über bas Meer unb lanbeinmärts
gu ben mächtigen ©ebirgsgügen hot, bie in ihrer milb«
gacfigen Slrt an bie Dolomiten erinnern. 3a, an tlaren
Xagen tann man mie einen fernen Streifen bie große
cßinefifche Mauer erfennen, bie bei Schanßaifman über
bie Serge hinunter fich 8 um Meer herabfentt. Stuf ben
Stnßößen hoben auch einige (Europäer fich angebaut,
ein ©efchmad, ben ich nicht gan 3 teilen tann, benn fo
fchön auch bie Stusficßt oon bort oben, fo ift man boch
gar 3 U meit 00 m Meer entfernt. Die meiften biefer
Sillen gehören Miffionaren, bie fich bort oben an«
gefiebelt hoben, mie ja überhaupt Seitaiho urfprünglich
eine Schöpfung ber Miffionare ift, bie mehr im öft«
liehen Xeil oon Seitaiho, in Rodg*Soint, fich angefiebelt
haben, mährenb bas SBeftenb oorgugsroeife Deutfcßen
gehört, unb bie beutfeßen ©efanbtfchoftshäufer, fomie
bas beutfeße ßager ben Mittelpunft bilben. Sn bie
bemegte 3«it oon 1900 erinnern noch bie Ruinen
einiger Sillen, bie feiner 3*it oon ben Sogern gerftört
mürben, unb beren Xrümmer nun antlagenb gen himmel
ftarren.
Seither ift aber oieles anbers gemorben unb oon
grembenßaß beim ©ßinefen nichts mehr 3 U fürchten;
ber (Europäer macht unbetümmert Stusflüge ins gnnere
unb mirb faum je etmas Unangenehmes erleben. Die
Seoölterung tommt ißm allenthalben mit gutmütiger
greunbtießteit, ber eine gute Sortion Reugier bei«
gemifeßt, entgegen.
Der beutfeße ©influß macht flcß fchon oielfach geltenb,
unb mie fonft faft überall in ©ßina bas „Sigeon«
(Englifcß", fo rabebrechen hier bie Sogs ein fpaßiges
Deutfcß, unb man tann fich ihnen in einem mit ein
paar cßinefifcßen Sroden gemifeßten, möglicßft einfach
gehaltenen Deutfcß, bas ein menig an bie Sabgfpracße
erinnert, feßr gut oerftänblicß maeßen. Die Soqs in
beutfeßen Dienften haben auch bureßmeg beutfeße Samen,
unb es mirtt gang brodig, menn auf ben Ruf f)ans,
Mag ober Otto ein be 3 opfter (Eßinefe antritt unb nach
bem Segeßr fragt.
3m Spätfommer bringen bie Kriegsfcßiffe aller
Stationen, bie bann auf ber Reebe gu erfeßeinen
pflegen, Ceben unb Stbrnecßflung mit fieß, unb alle
Stationen tommen babei auf bie Rechnung. Die Sa«
pellen tongertieren an ßanb, ben Offigieren gu (Ehren
merben Sigrids unb Stusflüge oeranftaltet, unb an
Sorb finben öfters nachmittags bie mit Recht fo be«
liebten Sorbbälle ftatt, bei benen es immer feßr oer«
gnüglicß gugeßt unb es fieß fo nett unb luftig auf bem
mit gaßnen unb SBimpeln gefcßmüctten Scßiff tangen
läßt. Mertmürbig ift es, baß noch nie einer ber reichen
unb oorneßmen (Eßinefen fieß entfcßloffen hat, bem Sei»
fpiel ber (Europäer gu folgen unb fieß am Meer einen
Sommeraufentßalt 311 feßaffen. ©in ©runb bafür mag
fein, baß alle ßocßgeftellten ©ßinefetr irgenbmelcße
Seamtenftellung einneßmen unb in biefer oßne be«
fonbere (Erlaubnis ber Majeftäten bie Umgebung oon
Seting nießt oerlaffen bürfen. SBie fo oieles feßon,
fo mirb aueß bie Sitte vielleicht in abfehbarer 3 eit
feßminben, unb ©uropäer unb ©ßinefen merben bereinfi
frieblicß Seite an Seite im ©olf oon ßiautung haben
unb feßmimmen bürfen.
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Stummer 31.
Seite 1329.
[Unsere ©tlöer
Die Ummälflung in ber Dürfet (Slbb. S. 1333), bie
unfere ßefer in einem befonberen Slrtifel aus ber ffeber ftetn*
rieb {Jriebjungs beleuchtet finben, übt natür(id) ihre Stücfobtrfung
auch auf bie Haftung ber europäifeßen ©roßmäeßte gegenüber
bem ottomanifeßen Steicß. Der „franfe SRann", an bem fo
lange ungerufene Slerflte, nicht eben mit großem (Erfolg, ßerum*
geboftort haben, raffte fieß plößließ caju auf, feine $ur felbft
in bie $anb flu nehmen, unb barauf flogen [ich bie fremben
SRebifliner einftioeilen flurücf. Sultan Stbbul $)amtb II. ift auf
feine alten Dage flu feinen Anfängen flurücfgefeßrt. Stm
22. September 1842 geboren, fam er am 31. Stuguft 1876 flur
Regierung, unb erließ bereits am 23. Dezember besfelben 3abres
eine oon 3Ribßat*Pafcßa ausgearbeitete Berfaffung, bie aller*
bings nach ber einmaligen (Einberufung bes Parlaments auf
bem Papier flehen blieb. 3*ßt ift fie toieber aufgelebt, unb
ber neue ©roßmefir Saib Pafcßa foü ißr f)üter fein. Diefer
breiunbfiebfltgjäßrige türfifeße Staatsmann, ber bas ßöcßfte
Slmt feines ßqnbes jeßt bereits flum oiertenmal befleibet, galt
bisher nießt als liberal, aber er hat fieß immer als ein eßrließer
Politifer ermiefen, fo baß man fieß oon ißm einer Steaftion
nießt flu oerfeßen braueßt. (Eßer möeßte oielleicßt ber Sultan
felbft bajit Steigung befunben, aber oorerft mirb er fcßmerließ
flum Slbfolutismus flurüeffeßren, ba er fieß überfleugt ßat, baß
Die Strmee flum größten Dell auf ber Seite ber jungtürfifeßen
Belegung fteßt. Sie möcßtig biefe im #eer ift, betoeift bie
Datfacße, baß ber Dtoifionsgeneral Osman Pafcßa, furfl naeßbem
er im Dienfte bes Sultans bei einem Sittentat oertounbet
tporben mar, aus SRonaftir oßne Scßtoertftreicß entführt
toerben fonnte. (Es ift fomit eine toießtige Bedingung für bie
Dauer bes neuen Siegimes erfüllt.
URit einer getoiffen Stabilität ber
Berßältniffe rechnet baßer auch
(Englanb, bas fieß eben noeß mit
Stußlanb über eine neue Slftion in
SRaflebonien geeinigt ßatte. Der
Staatsfefretär bes Slusmärtigen,
Sir (Ebmarb ©rep, ßat in einer
großen Siebe im Unterhaus aus*
geführt, baß bie Stegierung jeßt
bie (Entmicflung ber Dinge abtoar*
ten tooHe, ba oie ießten (Ereigniffe
für einige 3eit Sicßerßeit unb Stuße
auf bem Baifan gefeßaffen hätten.
Die tfaiferin (Slbb. S. 1334)
at bie Ießten Socßen, toäßrenb
ließ ber Äaifer auf ber Storblanb*
reife befanb, auf Scßloß Silßelms*
ßöße bei Gaffel flugebraeßt. 3«
ben Stnneßmließfeiten, bie ißr ber
Slufentßalt bort bot, fläßlen bie
Orgelfonflerte, bie ber Organift
Schäfer Sonnabenbs in ber
(Eßriftusfireße oeranftaltet. Unfere
Slufnaßme fleigt bie ftaiferin mit
ber Prinjeffin Biftoria fiuife auf
bem Sege flu bem ©ottesßaus.
Qfreißerr oon Slecßenberg
(Slbb. S. 1334), ber ©ouoerneur
oon Deutfcßoftafrifa, ber mäßrenb
ber Ießten Steicßstagsfampagne in
Deutfcßlanb geioeilt ßat, ift an fei*
nen SBirfungsfreis aurücfgefeßrt
unb ßat bort bie Slmtsgefcßäfte
toieber übernommen. 3n ber Ko¬
lonie mürbe ber ©ouoerneur, ber
fein Slmt feit flmei 3<*ßren be*
fleibet, freubig begrüßt. Unfere
Slufnaßme fleigt ißn bei ber Sin*
funft in Daresfaiam.
Satter ßeiftifom (Slbb.
S. 1331 u. 1332), ift am 25. 3uli
in einem Sanatorium in ber
Umgebung Berlins geftorben,
naeß feßmerem ßeiben unb boeß
unerroartet, ba nur ein Heiner
Äreis mußte, baß es fcßlecßt mit bem großen ftünftler fteße.
(Er ßatte bas 43. ßebensjaßr noch nießt oollenbet, aber er
ßintertäßt eine große 3<*ßl non Serfen, bie feinen Stußm aueß
ber Siacßmett fünben merben. Slm 25. Oftober 1865 flu ©rom¬
berg geboren, mollte er bie Berliner tfunftatabemie befließen,
mürbe aber megen Datentlofigteit flurüefgemiefen. SReifter #ans
©ube aber faß feßärfer als bie offiziellen ßeßrer, er naßm
fieß bes jungen ßeiftifom an, unter feiner ßeitung reifte biefer
heran unb fanb halb bie Straft, eigene Sege flu manbetn. Die
Sefleffion ßat in ißm einen ißrer SRitbegrünber unb gfüßrer
oerloren. Sie bie mobeme Slicßtung überhaupt, ftanb ßeiftifom
in offiflielten Greifen lange 3ett nießt eben in ©unft, aber er
ßat es boeß noeß erlebt, baß ißm aueß ßier Slnerfennung ge*
flollt mürbe. 3m oorigen 3<*ßr erßielt er ben förmlichen Be»
meis bafür, inbem ißm ber Ditel Profeffor oerließen mürbe.
Satter ßeiftifom ßat, naeßbem er ber Scßute ©ubes entmachten
mar, große Steifen, namentlich naeß ben ffanbinaoifeßen ßän*
bern, gemacht unb bort maneßes SRotio für feine Bilber ge*
funben, aber fein eigenftes ©ebiet mar bie Heimat, bie SRarf
mit ißren Sälbem unb Seen.
w
DieStataftropße imßötfcßbergtunnel(Startef.untenft.).
Bor menigen SRonaten ßatte eine Scßneelamjne auf ber Süb-
feite bes im Bau befinblicßen ßötfeßbergtunnefs, ber eine neue
3ufaßrtlinie oon Bern flum Simplon bilben foH, großes Un*
gtücf geftiftet, unb jeßt ift auf ber Siorbfeite, im Stwem bes
Dünn eis, eine Stataftropße eingetreten, bie flaßlreicße SRenfcßen*
leben forberte. Bei einer Sprengung, etma 2Vs Kilometer oom
Xunnelportal entfernt, erfolgte ein gemaltiger Safferfdblamm*
einbrueß, ber ben ganflen Stollen füllte. Bon ber Dunnei*
mannfeßaft, bie fieß bei ber Sprengung mie üblich ein menig
flurüefgeflogen ßatte, feßtten 25 itatienifeße Arbeiter, bie in bem
Scßtammftrom erftieft finb. Die ©ematt, mit ber ber (Einbruch
3ur Äataffropße beim Bau bes Cötfcßbergfunnels.
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Seite 1330.
Kummer 3!.
« :c, roar fo groß, baß ber guftbrud ben Verunglüdten
eiber oom geibe geriffen ^atte.
„Nulli secundus II“ (Vbb. S.1335). Bie englifcße S)ee res»
oerioaltung ift gleich benen ber anberen Staaten eifrig be*
fliffen, bie guftfcßiffahrt au förbem. Bachbem ber erfte eng*
itfcf>e VtilttärbaHon „Nulli secundus“, taunt ooHenbet, einem
Unfall 3 um Opfer fiel, fcßritt man alsbalb aum Sau eines
aioeften, ber ben gleichen Samen erhielt. Sei feinen Probe¬
fahrten erroies er fich als feinem Vorgänger überlegen, aber
hoch noch mit erheblichen Schmähen behaftet.
(Eine Sonbergefanbtfcßaft ber Sepubltf giberia
(Hbb. 6. 1336) hot in Serlin gemeilt, um Verßanblungen
über ben Vbfcßluß eines neuen f>anbelsoertrags mit bem
Beutfcßen Seid) au führen. Oie Sertreter bes Segerftaats
finb in ber Beicßshauptftabt mit allen ihnen jufommenben
(Ehren aufgenommen morben.
w
Sunaio Saft (Vbb. S. 1336), ber frühere italienifche
Shtltusminifter, beffen Seamtenlaufbahn burch bie Serurteilung
Ju einer längeren ©efängnisftrafe einftroeilen einen unrühm¬
lichen Vbfcßluß gefunben hot, fteht bei feinen fiailianifcßen
ßanbsleuten nach mie oor in liiliftem Vnfeßen unb erfreut
fich ber größten Popularität. Vtan fieht in ihm auf ber Önfel
nicht einen Verbrecher, fonbem einen Vtärtgrer, ber Unre<ßt
leiben mußte, roeil er fich 3ntereffen feines engeren Vater-
lanbes mit befonberer ffiärme anaenommen höbe. Schon in
Seapel mürben ißm, als er nach Verbüßung feiner 5)aft auf
ber Bfidreife jur 5)eimat bort burcßtam, oon feinen greunben
lebhafte Ooationen batgjebracßt.
Oie tanabifcße 5)auptftabt Quebec (Vbb. S. 1338)
feierte in biefen tagen unter Teilnahme bes englifchen Thron¬
folgers bas Jubiläum ihres 300 jährigen Seftebens. 3n bem
baoei oeranftalteten geftaug nahmen bie Oamen ber ©efell-
fcßaft in htftorifcher Tracht befonberes 3ntereffe in Vnfprucß.
Oer Starathonlauf (Vbb. S. 1337) bei ben olqmpifcßen
Spielen in gonbon, ein SBettlauf über 40 Kilometer, hot mit
einem aufregenben 3u)ifcßenfall geenbet. Vis (Erfter ging ber
Italiener Ooranbo burcßs 3H ober er mürbe oielmehr burchs
Siel gehoben, ba er fcßon oorher mehrmals aufammen»
gebroden mar unb fich foum mehr bemegen tonnte Oa ihm
#ilfe geleiftet morben mar, tarn er noch um ben goßn feiner
Ueberanftrengung, er mürbe bisqualifiaiert unb ber Sieg bem
Vmeritaner §aqes augefprochen, ben er 100 Steter hinter fich
gelaffen hotte. »
Sei ber Vutomobilfaßrt Seugorf»Paris (Vbb.
S. 1338) hot Oberleutnant ftöppen mit bem beutfchen Protos¬
magen auerft bas Siel erreicht. 3n Serlin mürbe er oon
einem nach oielen Taufenben aähtenben Publitum jubelnb be¬
grüßt, in Paris aber hot man feiner Vntunft menig Vuf*
merffamfeit aefcßenft. Vucß roirb ihm ber Sieg ftreitig ge¬
macht, obwohl er oor bem ameritanifchen Slitbemerber, bem
einzigen, ber bas Sennen nicht aufgab, einen Vorfprung oon
mehreren Tagen hotte.
Perfonalien (Porträte S. 1337). Oer öfterreichtfcße Volts*
bicßterp. 5t. Sofegger oollenbete am 31. 3uli fein 65. gebens*
jahr. Sn feiner Sugenb ein Schneiberlehrling, hot er fich 3 u
einem ber bebeutenbften Oichter unb Scßriftfteller ber ©egen«
mart emporgearbeitet. Vucß bie „TBocße" aöhlt «hu mit Stola
jju ihren Stitarbeitem; einer feiner beften Somane, „(Erbfegen",
ift in unferem erften Sohrgang erfchienen. — Oer Oichter
Br. 5)ans 5)offmann feierte am 27. 3uli feinen 60. ©eburts*
tag. Seines 3*id>*n Philologe, mar er bis aum 3ohre 1879
in oerfcßiebenen preußifcßen Stäbten ©qmnafiallehrer, fcßieb
aber bann aus bem Vmt, um fid) gana feiner literarifcßen
Tättgteit a n miömen unb einer unferer feinfinnigften unb
(iebensmürbigften Sooelliften a u merben. — 3n gonbon ift
im Vlter oon 70 Sohren bas liberale Unterhaüsmitglieb Sir
Sanbal (Eremer geftorben. Oer Veremigte mar einer ber
eifrigften görberer ber griebensbemegung unb Stitbegrünber
ber interparlamentarifchen Stonferenaen. Vis er 1904 ben
Sobelfcßen griebenspreis erhielt, ftellte er ben größten Teil
ber Summe ber Scßiebsgericßtsliga aur Verfügung.
ooo
Oie Börfentoocße.
3Ber fich in ber glüctlichen gage beßnbet, fleh für bie Sörfe
unb ihre Schidfale intereffieren au müffen, unb baßer bie Stim-
mungsbilber, bie über ben Vertehr in ber Surgftraße alltäg¬
lich erfeßeinen, lieft, ber mirb in ber ganaen leßten Seit faft
als ftehenbe Subrit, einmal in biefer, ein anberes Stal in
jener gorm, bie Semertung finben, baß bie Tenbena ber
Sörfe in fehr roefentlicßem Üftaße oon ihrer Stollegin in Seu-
qort unb oon ben ^Reibungen, bie oon jenfeits oes großen
VBaffers überhaupt tommen, beeinflußt mirb. Unb es ift be*
aeießnenb, baß nicht fo fehr bie großen europäifchen Sörfen
unb f)anbe(sp(äße ihre Wertung auf unferen SRartt ausüben
als bie Herren in Söatlftreet.
Oiefe auf ben erften Slict hoch auffällige Tatfache finbet aber
in befonberen Umftänben ihre (Ertlärung. (Es ift nämlich ein
alter (Blaube in ber taufmännifeßen ffielt — ober follte es
Vberglaube fein? — baß bie großen gefcßäftlüßen Stonjunt-
turen ihren Urfpruna oon Sorbamerita nehmen unb baß
es mehr als bie ©eftaltung ber Snbuftrien unb ber fommer-
aieüen Oinge fonftmo, bie Vereinigten Staaten finb, bie in be-
ftimmenber SBeife bem gefamten europäifchen 7BirMaftsleben
ihr ©epräge aufbrüden. 3« ber Tat hot biefe Vnficht auch
fo oft Seftätigung gefunben, baß man es mobl oerftehen
tann, menn fie immer mehr Vnhänger finbet.
(Es ift ja noch in frtßher (Erinnerung; baß bie jeßige rüdgängige
Stonjunttur ihren Vusgang oon ben folgenfchmeren (Ereigniffen
nahm, bie fich iut oerfloffenen 3ohr brüben abfpielten. Sun
ift ia im ©efchäftsleben ber Union fchon feit einiger
mieoer Beruhigung eingetehrt, unb bie Vielbungen, baß bie
Verhältniffe brüben einer Sefferung entgegengehen, mehren
fich- $o ift es nun natürlich, bie Slide ber europäifchen
©efchäftsmelt jeßt mit befonberer Schärfe auf bie ©eftaltung ber
Oinge in ben Vereinigten Staaten gerichtet finb, unb baß man
hofft, baß, mie oon brüben bas Signal aum Siebergang tarn,
nun ßitflf oon bort bas aur Umtebr gegeben merben
mirb. UnfereSnbuftrie unb unfer f)anbel, bie eine3*it(ang ja auch
mie eine überhißte Oampfmafcßine arbeiteten, haben 3*** unb
Suhe gefunben, fich 3 U erholen unb au fammeln. Oie faulen
grüeßte finb oom Saum abgefallen, unb man barf annehmen,
baß bas, mas fich gehalten, gefunb unb meiterentmidlungs-
fähig ift. i)anbel unb 3nbuftrie tonnen mieber au normalem
^insfuß ©elb erhalten; bie politifchen Veflemmungen, bie eine
3*itlang beftanben, finb otrfchmunben, unb es fehlt eben nur
noch, baß in Vmerifa bie Verhältniffe eine grünbliche Veffe-
rung erfahren, bamit fid), mie au hoffen, für unfer mirtfehaft-
licßes geben mieber günftige Vfpette eröffnen.
^Di'cÜotcn öer^Bocbclt^
Segierunaspräfibent oon Sarnefom, t in Osnabrüd am
22. 3uli im Vlter oon 60 Sohren.
Sir Sanbal (Eremer, Vlitglieb bes Parlaments unb Be-
S rünber ber interparlamentarifchen griebensfonferenaen, t in
!onbon am 22.3uli im Vlter oon 70 3aßren (Portr. S. 1337).
Profeffor Subolf Oenßarbt, ßeßrer ber Spracßheilfunbe,
t in (Eifenacß am 24. 3u(i im Vlter oon 63 gaßren.
Oberbaurat Heinrich Oolmetfcß, betannter Stircßenbauer,
t in Stuttgart am 25. 3u(i im Vlter oon 62 3oßren.
3of6 gerencah, betannter Tßeaterbireftor, langjähriger
geiter bes Berliner 3^utraltheaters, f in Buenos Vires am
27. 3uli im Vlter oon 56 3oßren.
Profeffor Paul 5)omei)er, h^roorragenber Orgeloirtuofe,
t in geipaig am 28. 3uni im Vlter oon 54 3oßren.
Profeffor TBalter geiftifom, berühmter ganbfcßaftsmaler,
güßrer ber Berliner Seaeffion, f in Berlin am 25. 3uli im
Vlter oon 42 3ah«n (Portr. S. 1331).
ftarbinat ©arlo Socella, f in Born am 22. 3u!i im
82. gebensjaßr.
grana ©gon Oftßaus, betannter 3oumalift, f in Berlin
am 26. 3uli im 54. gebensjaßr.
Sela Pallit, ungarifeßer Äunftmaler, f in Subapeft am
25. 3uli im 63. gebensjaßr.
2)r. Söemher o. Quiftorp, Vtitglieb bes fjerrenßaufes,
in ©renaom am 23. 3uli.
Profeffor 2)r. ©buarb Sptegler, betannter Oermatologe,
t in ©ainfaßm am 21. 3uli im 45. gebensjabr.
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9hmtmer31.
Sette 1331.
SSilöer oomSaoe
WaUev Ceiffiforo f
®er SWaler bes ©runeroalba unb ber Wart, fflUtbeorünber ber berliner Seaeffloi
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yhmtmer 8i.
(bette 1838 .
Ser $a(aft So(ma ©agtjtlf^e in äonftantinopel, in bem 1876 bas erfte türtifd>e Parlament eröffnet mürbe.
Sie jungtüc(ifd)e Bewegung unb bie XBieberfyerffeUung ber Berfaffung in ber Xürfei.
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5BUd auf 2Ronaftir, mo Osman $afd>a non ben 3ungtürfen entführt mürbe
Sttlfatt 2tbbul fjamib,
Der Die tQrfifd)e Seif aff ung erneuerte
Salb J}a\ä)a,
Der neue (Broßaefir
Osman JJafdja,
nmrDe in SRonaftir entführt
Ifl*
MUiUAiliU
Seite 1334.
jtummer öl.
V.
* -
l'üot. 5r. O. HOC 9 .
Die Bütffefjr bes ©ouoerneurö Jreiijecrn oon Hedjenberg nad) Deutfdjoffafrifa: 2(nfunft in Datesfalam.
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Stummer 81.
«ette 1885.
Ser SaUoit auf ber Jtunbfaijrt.
Sie (Bonbel mit bem ÜRotor.
2>te Probefahrten bes neuen engttfthen ttrmeelufffchiffes „JtuUi Sefunbas II M .
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Äbcuuuat.
Oie Rfitfte&r be* fhtßanttoen Bolfe&elben Jlafi md) feiner OaferftoM Xtapanl
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»Rümmer 81.
Oie Sonbergefanbffd)aft ber ttegerrepubüf Ciberia in Berlin.
S8on (tnfa nad) red)ts: IHerfitsanroalt Dunbar. Qi^epräjibent Dorfen
«bemal ^räfibent Qibfon. — 6pe>ialau[nal)mc für bi« „2Bod)e".
tfmttmer 31.
Seite 1337.
Oer XRaratyontauf auf Öen olppif^n Spielen in Conöon: Oer 3tottencr Ooranöo gei)t als Crfier öunf )0 3i<t.
Der Kmerifanet e§, 5er Sieger
Dr. fyau* ^offmaniu Sir Ranfcal Bremer f
3u feinem 60 (ßeburtstag Se«rürber b. tnterporl. Sriebensfonferci^en
-
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Seite 1338.
9tummer 31.
2)amen ber fanaötjdjen ©efellfdjaft in ^ijforij^er Iradjt. 9 ‘
Sie Srribuaberfja&rfeier 6er 8egrfia6tmg Quebec* in Äanaba: probe eine» Sjenenbiiöes atu 6cm |>tfforlf<f|eu Jeftytg.
— Digkizeel-by
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9Uimvner 31.
Seite 1339:
Die Banbetungen bet Jifaje.
Sßon Dr. grtfe
Sei einem (Bergleicg ber (Bewegungsfreiheit ber Xiere
nehmen bie F*f<h* burdjaus nicht ben unterften (Plag
ein. Sie fielen bann wogt hinter ben Sögeln juriicf,
übertreffen aber alle 23ierfügler fowogl an dtusbauer
wie Scgnedigfeit ber (Bewegung. SPtit (ttusnagme
weniger (Urten, beren (ugelförmiger Sau für eine fcgnede
(Borwärtsbewegung wenig praftifcg erfcgeint, ift bie
Körperform bes gifc^es wie feine anbere geeignet, ben
SBiberftanb bes ffiaffers gu überwinben. Sie fteigt
bis ju einem Drittel ber Sänge feilförmig an unb fällt
bann mehr ober weniger gleicfjmägig bis 3um Scgwan3
ab. Die Sloffen finb nicht bas jjauptwerfaeug ber
Fortbewegung; fie bienen nur baju, bas ©lei<hgewid)t
ju erhalten unb ben Körper 3U fteuem. Sin F*f<h,
bem eine Sruftfloffe abgefcgnttten wirb, fäüt auf bie
oerlegte Seite. Seim Serluft beiber Sruftfloffen finft
ber Kopf bes Fifches unb ift nicht imftanbe, fich wieber
3U erheben.
Das SBertaeug ber Sörwärtsbewegung ift ber
Schwanj. (Er ftedt gewiffermagen eine Schraube bar
unb wirb etwa fo bewegt, wie oon ben Schiffern bas
dluber, bas, in eine Sille am Hinterteil bes Sootes
gelegt, burch eine quirlenbe Drehung bie treibenbe
Kraft ausübt. Die Ffföe finb fowohl für eine fchnede
wie anbauernbe Sewegung augerorbentlicg gut gerüftet.
Ohr Körper beftgt faft bas gleiche fpe3ififche (Bewicht
wie bas SBaffer. Sie brauchen 3U feiner Sewegung
atfo oiet weniger Straft als bie Diere auf bem Sanbe,
bie babei ihr ooües Körpergewicht 3U tragen hoben.
Unb babei befteht ber ganse Fifchförper 00m Kopf ab«
märte, abgelegen oon dtüdgrat unb ©räten, aus 3wei
dßusteln, bie fich ..abwecgfelnb 3ufammen3iehen unb
ftrecfen.
Da ift es gar nicht wunberbar, bag 3. S. ber
Sachs in einer Sefunbe gegen fcharfe Strömung 7 bis
8 Steter gurüdlegt unb Sprünge aus bem SBaffer
heraus macht, bie ihn 3 Steter hoch unb 6 bis 7 Steter
weit tragen. Selbft ber anfcheinenb fo plumpe Karpfen
oodbrmgt Sprünge oon ber gleichen Höh* unb SBeitel
Die Fiftge finb alfo wohtgerüftet, um weite SBanberungen
unternehmen gu tönnen. Unb Saum genug ba3u finben
fie auf unfern Stutter (Erbe! Die in gefchloffenen Seen
.ohne Sbflug wohnenben Figge finb natürlich an einem
Serlaffen ihrer Heimat geginbert, aber ade anberen,
bie in Flüffen unb SSeeren wohnen, begeben fich nun
Seit 3U Seit auf weite Seifen, bie 3um Deil mit bem
Hin* unb Herwanbem ber Strichvögel, 3um leil aber
auch mit bem Drtswecgfel ber 3ugoögel oerglichen
werben fönnen.
Sei biefem Sergleich mug man auf ©ebanten
tommen, bie oon ber feftftegenben Schablone ftart ab«
weichen. 2Bir finb boch gewohnt, unfere gemägigte
3one als bie eigentliche Heinrat ber 3ugoögel 3U be«
trachten. SBie nun, wenn bie Sewohner ber Dropen
behaupten würben, bag manche Sogeiarten nur für
wenige Stonate nach öem Sorben 3iehen, um bort 3U
brüten? Dann wäre bie Sinologie mit ben SBanberungen
ber Fiföe oodtommen. Denn bie Heimat bes Sachfes
ift ungweifelgaft bas SDteer unb nicht ber Sach, 3U bem
er Hunberte oon Steilen emporfteigt, um bort 3U laichen.
Stowronnet.
Ob Sahrungsmangel bie Fif<he 3um Serlaffen ihrer
Stanborte 3wingt, wirb fich taum jemals feftfteden
(affen. Dagegen ift es betannt, bag manche Slrten
ihrer gieblingsnagrung auf weiten Strecten na<h3iehen,
wie 3. S. SBalfifche unb Statrelen ben Heringsfehwärmen.
Die treibenbe Ürfacge für bie Fif<hu>anberungen ift in
faft aden Fäden bas Seftreben, geeignete gaicgpläge
äuf3ufuchen. On grogen, miteinanber in Serbinbung
ftegenben Sügwafferfeen finbet noch eine anbere Skt
oon SBanberung ftatt, bie mit bem 3urüdweicgen ber
Strichvögel oor ber SBintertälte oerglichen werben tann.
Das befte Seifpiel bafür bietet bie groge mafurifege
Seenplatte bar. Sie befteht aus ben beiben über
hunbert Quabratfilometer grogen ©ewäffern Spirbing«
unb Stauerfee, 3wtfchen benen ber fünfunb3wan3ig
Quabrattilometer groge göwentin unb eine gan3e Sn«
30hl tleinerer Seen liegen, bie burch einen.Stitte bes
oorigen Sahrgunberts gergeftedten Kanal oerbunben
finb. Dort tann man adjägrlicg im Herbft bas Sb«
wanbern ber F*f<he aus ben feichten ©ewäffern in bie
tieferen beobachten. So sieben aus bem burchfchnittlich
fehr flachen Spirbing im Ottober gewaltige Schuren
oon SBeigfifchen in ben tiefen (Belbagn unb bie Dalter*
gewäffer.
3n ber fchmalen Seeenge, bie biefe Seen oerbinbet,
liegen 3wei tleine 3nfeln. Sie finb im Herbft bas
Hauptquartier ber F'f<her, benen biefe grogartige F<f<h‘
wanberung 3U einer Seit ber (Ernte wirb. Da ber
Fif<h nur bes dtaegts 3ieht, wirb ber Fang erft mit
Duntelwerben begonnen. Fünf, fechs ©arn werben
3u gleicher Seit ausgelegt unb nach bem feichten Ufer
ber Onfeln gesogen. Stanchmal ift bas dteg fo ftart
gefüdt,.bag Stunben eifriger Srbeit erforberlicg finb,
um es 3U leeren. Oft bas gefegegen, fo wirb bas
Steg fofort wieber auf bie gleiche Stelle ausgeworfen
unb einge3ogen, benn in ber S>»ifchen3eit finb nene
Scharen herbeigeftrömt.
Da es unmöglich ift, bie gewaltigen dJtaffen oon
dBeigfifcgen, oon benen in mancher dtaegt bis 3U meg*
reren hunbert Sentnem gefangen werben, (ebenb 3U
bewahren, werben fie 3unäcgft in möglicgft bünner
Scgicgt auf bem .(Erbboben ausgebreitet, um ab3ufterben
unb aus3utüglen. Oft bas gefegegen, bann erfolgt bie
(Berpadung in rog gearbeitete Fäffer, bie etwa ein
Hettoliter fäffen. Da entwidelt fieg bann auf ber
grögeren ber beiben Onfeln ein malerifcges (treiben.
Dom SEBaffer ger gört man bas Stufen ber F*f<ger,
bie fieg gegenfeitig mitteiten, ob bas Steg gleicgmägig
eingegolt wirb. S®ifcgen ben (Bäumen lobert ein
mächtiges Feuer, in beffen Schein bie Fäffer gepadt
unb 3ugefcglagen werben. F°rtwägrenb fagren swifegen
ber Önfel unb bem Ufer gocgbelabene gaftfägne gin
unb her. 2lm ganbe ftegen bie (Sagen, auf benen
bie Donnen oerpadt unb 3ur näcgften (Bagnftation ge«
fegafft werben. Om (Dlorgengrauen hängen bie Fiföer
igre Stege an bie im feichten Ufer eingefcglagenen ©e*
rüfte 3um Drodnen auf, nehmen eine träftige (Dtag^eit,
bie natürlich aus ben gefangenen Fiförtt beftegt, ein
unb (egen fieg bann, in igre grauen weiten (Dläntel
gegüllt, 3um Schlafen nieber. 2lm fpäten dtaegmittag
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Stummer 31.
Seite 1340.
wirb eine 3» eite, bie j)auptmag(3eit, eingenommen.
Sann tserben bie Stege unterfucgt, tgre Stäben »erben
ausgebeffert, unb am Mbenb beginnt »ieber ber Song.
Sine s»eite 2lrt oon SBanberung, bie aller SBagr»
fcheinlicgfeit nach auch mit bem ßaicggefchäft sufammen»
bängt, unternimmt in biefem fetben ©ebiet bie SRa*
räne. Sie gebärt 3U bem meitoerbreiteten ©ef<f)ted)t
ber (Ebeififcbe, ber Salmoniben, beren ijauptf ennseichen
eine tieine, swifcgen Stüden* unb Scgwattsfloffe ftegenbe
gettfloffe ift. Sie ift in »eiten Streifen nocg nicht fo
betannt, »ie fie es oerbient, benn eine geräucherte
SRaräne »irb oon feinem anberen gifcg an SBogl»
gefcgmad übertroffen. Sn neuerer Seit ift ibr Stuf
aderbings fcgon in fo »eite Streife gebrungen, baß bie
fjänbler ber mafurifcben Stleinftäbte, unter benen Sti*
tolaiten an erfter Stelle ftebt, bie Stacbfrage nicht 3U
befriebigen oermögen. Die fßreisfteigerung, bie ba»
burcb geroorgerufen »orben ift, bot bie gtfcgsücgter
oeranlaßt, biefer gifcgart ihr Sntereffe 3U3U»enben.
Da fie in einigermaßen tiefen ©emäffern fid> ohne
SRübe eingemäbnen unb 3ücgten läßt, fo »irb fie
»obl halb in größerer 3agl ouf bem gifcgmarft er»
fcgeinen.
Die SRaräne siebt nun im September unb Dttober
aus bem SRauer» unb ßö»entinfee in ben Spirbing,
»o fie im Stooember unb De3ember laicht. 3m grüg*
fahr, etma im SRärs unb Mprif, fegrt fie auf bem
gleichen SBeg in ihr Sommerquartier 3urüct. Die SRa*
ränen, bie in bem Spirbing oerbteiben, treten im Sommer
noch eine 3»eite SBanberung an, bie »abrfcbeinlicb
burcß bie ftarfe (Erwärmung bes feierten SBaffers be»
bingt ift, benn fie 3ieben etma im 3uli in ben 30—40
Dieter tiefen Delbagn, »0 fie ficf) nur an ben tiefften
Stellen aufbalten. Dünttlicg am 1. Muguft beginnt ihr
Sang. Dann ftrömen oon überall ger bie S)änbler 3U»
fammen, bie igren Debarf fcbon lange oorber beim
©roßpäcbter angemelbet haben. Sobalb ber 3 U Ö ans
Ufer tommt, beginnt ein Drängen unb haften, ein
Stampf um bie Deute. Mber ber Snfpeftor bes Pächters
läßt ficb baburcß nicht beirren. SRit aller Seelenruhe
Säglt er jebem S)änbter ein Scgod gifcge 3U unb fährt
fofort »ieber auf bie liefe, um bas Steg mieber oon
neuem aus3u»erfen. Die $änbler gaben fid> in3»ifcben
beruhigt unb ihren Stnteil ben Sjilfstruppen, meiftens
alten grauen, übergeben, bie am Ufer figen, um bie
gifcge fofort 3U fcguppen unb aus3unebmen. Dann
»erben bie gifcge eingefaßten unb, fobalb eine genü»
genbe SRenge beifammen ift, nach Dtfolatten in bie
Stäucgerei gebracht.
Mus ähnlichen llrfacben »ie bie SRaräne sieben
in ben öftlichen unb nörbiichen ©egenben alle gifcge
aus ben tleinen glüffen, in benen ficb unter (Einroir*
tung ftarfen groftes ©runbeis bilbet, bas ihnen bas
ßeben unmöglich machen würbe, in bie benachbarten
Seen. (Erft im grügjagr, wenn bas (Eis talabwärts
gefahren ift, erfcgeinen fie »ieber.
Don ben gifcgwanberungen im SReer, bie bem
Muffucgen ber ßaicgpläge bienen, finb bie großen
$ering$3üge am betannteften. SRan nagm früher ad»
gemein an, baß es nur eine Mrt oon gering gibt, bie
ben größten Deil bes gagres in ber liefe bes SReeres lebt
unb nur im Sommer 3um ßaicgen «n ber Stüfte
erfcgeint. 3cgt ift feftgeftedt, baß jebes SReer feine
eigene 2lrt oon geringen gat, auch bie Oftfee. Sgre
ßaicgpläge liegen in ben Duchten ber Dftfüfte oon
Sch(es»ig*S)olftein. Dort erfcgeinen bie geringe in
folcgen SRaffen, baß fie manchmal bie Ireibnege ber
gifcger fortfügren. Sn ben flachen Duchten »irb bas
SBaffer burcb bie abgefegte SRUcg ber gifcge meißticg
getrübt, unb, menn ber SBinb oom SReer über ßanb
»egt, fügrt er einen eigenartigen füßUcgen ©erucg,
ber oon ben laicgenben gifcgen herrügrt, mit ficg. Daß
bie gifcge ficg auch neugefcgaffenen Dergältniffen an»
paffen, fann man baraus erfegen, baß bie geringe
auch in ben Kalfer*2Bilgelm*Jtanal etnbringen unb fo»
»ogl im Kanal »ie in ben oon igm burcgfcgnittenen
Seen in großer SRenge laichen.
Kleinere SBanberungen 3um 3®ed ber ßaicgabtage
»erben auch °° n 6üß»afferft{<gen unternommen. So
Siegt bie Quappe, bie fonft oereinselt in ber liefe ber
©emäffer lebt, tm Desember flußaufwärts, um an
flacgen Steden igren ßaicg absufegen. Mm fiärtften
macgen ficg biefe 3ü0« in ben 3 u fiüffen bes Kurifcgen
j)affes, in ber Deime unb ben SRünbungsarmen ber
SRemel bemertbar. Dort »erben bie Quappen in eigens
für fie aufgeftedten Säden unb Degen gefangen. Sn
ber SRitte bes oorigen gagrgunberts war bie Ausbeute
nocg f° 0foß, baß man ben gefangenen gifcgen nur
bie ßeber ausfcgnitt, um Dran baraus 3U bereiten.
Das gleifcg mürbe ben ßanbroirten überlaffen, bie es
als Dünger auf ben Mder fuhren. geßt finb bie
gifcger frog, «nenn ber gang ignen einigen Der»
bienft bringt. Unb auch um bie Derwertung einer
reichen Ausbeute fmb fie nicgt megr oerlegen, benn
fie gaben mittlerweile gelernt, gifcge 3U fonferoieren.
gür bie Quappe eignet ficg am beften bas faure (Ein*
legen, bas fie unter ber glagge bes Males fegein läßt
Mm intereffanteften finb bie SBanberungen einiger
im SReer lebenber gifcgarten, bie eine monatelange
Steife bis 3U ben Quedbäcgen ber Ströme unternehmen,
um bort igren ßaicg absufegen. Mm unbefannteften
oon biefen gifcgen ift bas Deunauge, obwohl es uns
eine fegr »oglfcgmedenbe unb beliebte Delitateffe
liefert. (Es lebt im SReer unb tritt fcgon im Septem»
ber in bie beiben oftpreußifcgen E)affe ein. Mber erft
(Enbe Dttober fteigen bie gifcge tn ben glüffen auf»
»ärts, mo fie in großen SRaffen gefangen werben.
Das Deunauge gegärt su ben „Msra, bie ba fterben,
wenn fie lieben“, benn es gegt nach bem Mbfegen
feiner saglreicgen, aber »insigen (Eier ein. Die aus»
jcglüpfenben jungen Xtere seigen nocg nicgt bie ©eftalt
ber (Eltern, fonbern fie machen einen ßaroensuftanb
burcg, »ägrenb beffen fie ficg im Schlamm unb Ufer»
fanb ber glüffe aufbalten. SRan oermutet, baß biefe
„Querber“, bie oon ben gifcgem 3um Defteden ihrer
Mngeln oerwenbet »erben, erft nach mehreren gagrett,
nacgbem fie eine ßänge oon 20 bis 30 3*ntimeter
erreicht gaben, bie eigenartige ©eftalt mit bem Saug»
maul annehmen unb bann erft in bas SReer abwanbem.
Mm betannteften ift bie Steife ber ßacgfe oon ber
See bis su ben Quedgebieten ber Ströme. (Es ift
ermiefen, baß ber ßacgs auf biefer langen SBanberung
wenig ober gar teine Stagrung 3U ficg nimmt 6cgon
in ben grügjagrsmonaten treten bie gifcge in ben
Unterlauf ber Ströme ein unb fammeln ficg 3U größeren
Drupps, bie gemeinfam ftromaufwärts siegen. Sgre
3agl gat in ben legten gagrsegnten ftarf abgenommen.
3u einem Deil ift biefe traurige Datfacge auf bas
rüdficgtslofe SBegfangen ber laicgreicgen gifcge 3urüd»
Sufügren. Stoch jcglimmer aber wirft bie Mbfperrung
ber glüffe burcg goge SBegre, bie oon ben ßacgfen
nicgt burcg einen tügnen Sprung überwunben »erben
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'Rümmer 31.
. «eite 1341.
fönnen, unb noch mehr bie Verunreinigung bet gluß*
laufe burd) Abroäffer ber Snbuftrie.
(Sin Ausgleich 3wifd)en ben 3ntereffen ber gtfdjerei
unb ber Snbuftrie ift nod) nid>t gefunben. Deshalb
hat man jju bem Slotbehelf gegriffen, laichreife gifche
3U fangen, um ihnen SDlild) unb Slogen abjuftreichen
unb bie befruchteten (Eier in Anftalten ju erbrüten.
Dlefe fünftliche Nachhilfe oerhält fid) 8U ber 3 eugungs*
traft ber Slatur mie ein Iropfen SB aff er aum SBeltmeerl
Die ßachfe, bie in ben beutfchen glüffen emporfteigen,
nehmen beshalb oon 3ahr 3U 3ahr an 3 fl ht ab, unb
oon einem ooltswirtfchaftlich in Bebeutung fadenben
gang ift fchon lange feine Siebe mehr. Die (Eltern*
fifche lehren nach bem Ablaichen Ins SDleer 3urücf, mo*
bei niete an (Entfräftung eingehen. Die 3 ungen oer*
meilen nach bem Ausfchlüpfen bis 3um f)e rbft bes
3»eiten 3ahres in ben glüffen unb erreichen eine
Sänge non 40 3 entimeter, ehe fie ins SDleer 3urücf*
lehren. Dort foden fie, toie man an ge3eichneten
(Ejemplaren beobachtet haben wid, in gan3 furser
3 eit, in wenigen SDionaten, um mehrere Bfunb an ©e*
wicht 3unehmen. Ob bie gifche fpäter in ben gluß
3um ßaichen auffteigen, in bem fie geboren finb,
wirb behauptet, ift aber mit Sicherheit noch nicht
erwiefen.
Das Beifpiel einer hoppelten SBanberung bietet ber
Hat. Der männliche Artifel, ben bas SBort trägt, paßt
in biefem gad gan3 unb gar nicht, benn es finb alles
SBeibchen, bie in ihrer sarteften 3 ugenb, höchftens fünf
bis fechs 3 entimeter lang, aus bem SDleer in bie gtüffe
auffteigen. Sie tommen fchon weither aus ber liefe
bes SDleeres unb haben bis 3ur Hüfte bereits einige
hunbert Hilometer SBegs 3urüdgelegt. Slun geht es
minbeftens noch ebenfo weit in ben glüffen ftromauf*
wärts, bis ein großer See fie 3U ftänbigem Aufenthalt
oerlocft. SDlan macht ftrf) fchwer einen Begriff baoon,
mit welcher 3ähi9feit bie win3igen Diere ihren SBeg
oerfolgen. Sie Rettern an ben moosbewachfenen Ißfeitem
ber SDtühtenwehre empor unb überwinben bie heftigfte
Strömung, um nur in bas Oberioaffer 3u gelangen.
Auf ben trodenen Brettern unb Batten ber SBehre
bleiben laufenbe. Reben, aber ihre fd)tüpfrigen Hörper
fchaffen ben nachfolgenben (geführten ben SBeg.
3m Süßwaffer oerbleiben bie weiblichen Aale oier
bis fünf 3ahre, in welcher 3eit fie 3U Bradjtejemplaren
oon brei Bfunb ©ewid)t heranwachfen. Dann erwacht
in ihnen ber geheimnisooUe Drang, ber fie ftromabwärts
3um SDleere unb weiter 3U ben im Slorben tiegenben
ßaichftätten führt. So wanbern bie Aale in ber Oft*
fee an ben Hüften oon Schweben unb Süttanb entlang
3ur Slorbfee unb weiter, benn bie bis jeßt betannten
ßaidjfteden liegen bei ben garöern unb bei 3stanb.
Der männliche Aal, ber an feiner metadifchen gärbung
leicht tennttich ift, bleibt im SDleer; er macht ben Auf*
ftieg ins Süßwaffer nicht mit. (Es hat lange gebauert,
bis bie Slaturforfcher beim Aal mit Sicherheit SDlilch
unb Slogen nachweifen tonnten, ba biefe Organe fich
erft in ber liefe bes SDleeres entwicfeln. Der Slogen
3. B. ift beim Berlaffen bes Süßmaffers nicht größer
als 0,1 SDlidimeter unb oon geweden fo bid)t um*
fchloffen, baß er nur bei ftarter Vergrößerung 3U er*
tennen ift
Slunmehr ift auch, wie fjtcr ausbrüdlid) betont
werben mag, feftgeftedt, baß ber Aal teine lebenbige
3 ungen 3ur SBelt bringt (Er macht aber wie bas
Sleunauge einen ßaroensuftanb burd), benn aus bem
(Ei entwicfett fich 3unäd)ft ein glashedes glattes gifchchen,
bas bie gorfcher fchon lange unter bem Slamen ßepto*
tephatus tannten, ohne 3U wiffen, baß fie bie 3ugenb*
form bes wa(3enförmigen Aales oor fich hatten. (Erft
oor etwa 3ehn 3ahren würbe bie llmwanbtung burd)
3wei. itatienifche gorfcher feftgeftedt.
Das ßeben ber gifche 3U erforfchen, ift weitaus
fchwieriger als jebe anbere Beobachtung, ba es fid) in
einem (Element abfpiett, bas unferem Auge faft gan3
oerfchtoffen ift Deshalb finb gerabe bei ben gifchen
nod) fo oiele Slätfet 3U löfen. Aber fo oiet ftef)t feft,
baß auch hie Bewohner bes SBaffers SBanberungen
unternehmen, bie fich m >i ben Steifen ber 3 ugoöget in
feber Be3iehung Dergleichen taffen.
❖
Sdig aus 6natif*
Homan oon
S. 5ort|el|unfr eisCorrrt
11.
Hathinta hatte fchon 3weima( bie Reine SOteffing*
fchede gefchüttelt, unb bie ßanbrätin faß bereits bei
Itfd), oor fich hie gefüllte Suppenterrine, neben fich
im hohen Stühlen bie Reine SDlargarete, bie 3war
fchon ihre Suppe oerfpeift hatte, aber troßbem mit
großem 3 ntereffe ben lifch betrachtete, 3um 3 eitoertreib
mit einem ßöffel auf bas Spielbrett ihres Stuhles
pochte, mit ben Reinen Beinen ftrampeite unb ade ihr
möglichen Sprachtunftftücfe sum heften gab.
„Sei ftid!" mahnte bie ©roßmutter. Von ber
SBoßnung bes Sohnes t)ex hörte man bis hier bie er*
regten Stimmen.
(Enbtich fchtug eine Dür, unb ^ermann tarn. Adein.
Seine E>aare waren wirr. (Er war blaß, feine Augen
aber erfchienen gerötet, unb auf feinen SBangen brannten
rote glecfe.
Ohne bas Hinb 3U begrüßen, feßte er fich an feinen
Blaß unb entfaltete heftig feine Seroiette.
SDlargarete aber blicRe ihn mit ihren großen,
teuchtenben Augen an, (achte, hielt ihm freigiebig ein
Stüd Brot hin unb fprach babei lieblich auf ihn ein:
„ A—ba—ba—ba—bo—!"
Da neigte er fich hinüber unb tüßte bas braune
Höpfchen, ohne eine Silbe heroorbringen 3U fönnen.
(Erft als bie ßanbrätin fragte: „Hommt ©tna nicht?"
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Thjmmer 31.
antmortete er, ogne aufaufegen: „3a, fie 3iegt fieg
noeg um! €ie fommt gleicf)I"
Segmeigenb agen fie bie Suppe. 20 « Katginfa aber
bie anberen ©ericgte brachte unb ©fna immer noeg
nic^t erfcgien, fprang Hermann roortlos auf unb oer*
(leg fcgnell bas Speifeaimmer. ©r fanb ©ina auf
ihrem Sett liegen. Die Stufe hotte fie ausgewogen;
meiler fehlen fie nicht getommen ju fein. Sie oon
Serametflung übermältigt lag fie toeinenb auf ber
Settbede.
Hermann 30g fie empor, Cr mar böfe.
„ 4 j)ä(tft bu fo bein Serfprecgen, nun oemfinftig au
fein?" fthalt unb flehte er. „ftamtft bu mir bas antun?
SteUft bu bir nicht oor, mie mich biefer Slnbtid aur
Serameiflung bringen mug? .. . ©ina, bas ift ja alles
Ueberfpanntheit. .. Äranfgeit..."
„Stuf ben Seicgtoater!" fehlste fie. „Sag mich
menigftens beichten!"
„Sobalb bu bich beruhigt gaft, fannft bu 3U ihm
gegen. 3 cg mill bich felbft hinbegleiten, ich höbe bir
bas fchon oorhin oerfproegen. 3 egt bift bu ja nicht
S)ert beiner Sternen ... Du fteigerft bich beinah fünft*
(ich in eine übertriebene unb oernunftsmibrige Stuf*
faffung hinein ... Du gehft jegt mit mir 3U Difeg!
S)let ift beine Stufe!"
®r holf ihr in bas ftleibungftüd unb reichte ihr
bie am Soben unb auf ber Settbede (iegenben fjaar*
nabeln.
2lbgemenbeten ©efiegts gehorchte fie.
211s er fie aber bureg bie lür fegob, fagte fie, faft
ogne bie $ägne 3U öffnen: „3cg folge, meit bu es
befieglft!.. . Sergig aber niegt, bag leg es nur bes»
halb tue! 3cg bin ja in beiner ©ematt!"
Der Kampf gatte mit biefer oon Hermann ep
amungenen Saffenruge natürlich noch (onge fein Be*
menben. ©ina, bie fieg in igren geiligften 2tnfcgauungen
gefränft fag, mürbe noch lange niegt frei oon Selbft*
quäl unb ©ebantenpein.
Der Seicgtoater gatte einen fcglimmen Stanb mit igr.
Der Oberpfarrer SteKmüg mar fein (ebensfetnb*
licger Sriefter, fonbern er oerfolgte bas Srinaip güte*
Doller 21 usfögnung mit allen liebeln bes Diesfeits unb
ben Unabönberlicgteiten bes 3 cnfeits. So oerfuegte
er benn auch, bie junge Srrau oon $ermannstgal au
befegmiegtigen, unb unterfagte igr bie übertriebene ©e«
miffenserforfegung.
©ina aber manbte fieg nun fcgriftlicg an igren
früheren oeneaianifegen Seicgtoater. Unb ba igr oon
bort aueg nur Sefcgmicgtigungen tarnen — bie Meine
SRutter ©arloni gatte mit Dränen bafür geforgt — fo
fing ©ina an, fieg felbft Bugen aufoulegen, fieg 3U
tafteien unb 3U ftrafen . ..
Hermann tat feinerfeits alles, um fie „mieber aur
Sernunft 3U bringen". 21 us Stotmegr mar er ftreng —
ftrenger, als es eigentlich in feinem ©garafter lag. Diefe
SRetgobe bemirfte aber bas ©egenteil oon bem, mas
er anftrebte, unb ©ina, bie nur bort fügfam mar, mo
igre Shantafie mitgalf, fie fügfam 3U maegen, begarrte
nur um fo fanatifeger auf igrem Stanbpuntt einer
meltoeracgtenben Sügerei. Diefe 2 trt bes Kampfes, bes
Unfriebens unb ber Qual mad)te Hermann bitter, elenb
unb enblicg anfegeinenb fegroff. 6r lieg fie 3um Scglug
geroägren mit jener angftoollen Scgeu, bie er biefem
pfpcgologifcgen Konflitt gegenüber empfanb.
SRit bem Srügjagr bantte ber Oberamtsrichter ab,
unb Hermann mürbe 3um 2 tmtsncgter beförbert. Der
alte Mffeffor tarn um feine Serfegung ein, unb am
Stabt gureggeimer ^orijont erfegienen ein neuer Sffeffor
unb ein neuer Steferenbarius, beibes intelligente unb
angenehme SRenfcgen, benen Hermann als Sorgefegter
fein S)caxs öffnen mugte. Damit begann für ign eine
befegeibene, gäuslicge ©efeOigfeit, bei ber ign ©ina
nur ge3toungen unterftügte. Sie ging gebrüdt unb
gefränft umger unb lieg feine ©etegengeit oergegen,
igrem ©atten 3U aeigen, mie fegmer fie unter ber
Sürbe feiner unb igrer Sünben trug, ©r aber igno*
rierte immer megr biefe igre emgebilbete „Sürbe" unb
goffte auf ben 2 tugenb(id, bag fie felbft igres SRap
tpriums überbrüffig merben mürbe ... Sie aber bes
SRenfcgen befegräntte Statur es mit fieg bringt, fo oergag
er allmählich biefe Hoffnung unb gemögnte fieg mit
ber 3 eit on igr oerfcgloffenes, Üeblofes Sefen. Se*
trübt ftanb er bem gattum gegenüber, 3U fegmaeg ober
3U aerftreut, um fieg fein Seib aurüdauerobem. Dabei
agnte er jeboeg niegt im minbeften, mie meit fieg be*
reits ©ina aümäglicg — aUmäglieg oon igm entfernt
gatte...
2(ucg ©raf fiubmig fam jegt öfters in fein $aus.
Sei ben Sagten mar er burcggefaüen, für ben $erbft
aber gatte er neue Slusficgten, unb Hermann mar im
Sntereffe bes greunbes unb ©önners tätig, ©s fanben
mieber einige Diners auf bem Scglog ftatt, unb aum
erftenmal feit bem lob ber ©räfin SRargarete gelangte
mieber eine ©htlabung an bie beiben Damett oon
j)ermannstga(.
©ina meigerte fieg, ber ©inlabung au folgen.
„Komteffe ©garlotte gat uns bie ganae $eit niegt ein
einaiges SRal befuegt!" erMärte fie.
2 (ucg bie fianbrätin (egnte ab, mit ber Segrünbung:
„Die Herren finb ja boeg lieber unter fieg. Ser meig,
ob neeg anbere Damen tommen!"
So fegrieben fie ab. Umgegenb aber erfegien
Komteffe ©garlotte — oon igrem Sruber gefanbt —
perfönlieg im $ermannstga(fcgen S)au s unb bat um
Stüdnagme ber Slbfage. Ob man igr aüme? fragte
fie nedifeg läcgelnb.
Sie gatte ßua unb ßotte*©griftel fogar mitgebraegt,
unb ba ge ftaunenb fag, mie fegön feft SRargarete auf
igren ameijägrigen Seinen buregs 3 immer lief/ faft fo
grog mie bie um ein 3agr ältere ßotte*©griftel, fo (ub
Komteffe ©garlotte aueg bie Kleine mit aufs Scglog.
Slun tonnten bie Damen igre 3 ufage niegt länger aurüd*
galten. 211s aber ber lag fam, erflärte ©ina, fieg niegt
mögt genug a u fügten, um Doitette a u machen unb
einem grogen Diner beiaumognen. San mugte igr
glauben, obmogt Hermann oermutete, alles fei mieberum
nur fcglecgte Saune unb ©igenfinn.
Des Kinbes megen nagm man eine Drofcgfe;
Katginta, in fegroaraem KircgenMeib mit igrer golbenen
Srofcge, fungierte als SRargaretens Begleitung. Die
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9himmer 31.
Seite 1343.
Kleine trug ein meines Kleib unb in ben buntein
Goaren feuerrote Scßleifcßen — je eins oor beiben
Deßrcßen. Sie großen braunen Slugen aber ftraßiten.
' EEBas darrte ißrer aber auch alles! Sa mar bas
geräumige Kinberjimmer, nein, es mar eine neue SBett.
Ser Spielfcßranf, bie Schaufel, bas Kegetfpiet, bie
Sreßorgel — alles nie gefcßaute SBunber über SBunber!
2 lus bebt großen Speifefaat hörte man bie Toafte
ber Herren, (Bläferflirren unb fiacßen. Sas ganje
Schloß festen ooil ßeben unb Sebenstuft 3U fein, menn
auch oielen bie ßüde fühlbar mar, bie ber lob ge*
riffen batte. 2tber bas ßeben forberte fein 3tecßt, unb
feine ßücfe ift 3U groß, um nicht oom Strom bes 2111 «
tags ausgefüllt ju merben.
Unbeabficßtigt traf nach aufgehobener Safe! i)er»
mann, als er fieß nach feinem Töcßtercben erfunbigen
mofite, mit ßotte 3ufammen, bie ebenfalls bas Kinber»
3immer betreten batte, um nach bem Ste<ßten 3U [eben.
Dbmoßt Hermann oft aufs Schloß getommen mar,
batte er boeb febr feiten ©eiegenbeit gehabt, bie Korn«
teffe 3U feben unb 3U fpredjen. Unb tarnen fie 3m
fammen, fo oermieben fie beiberfeitig jebes perfönlicß
gefärbte ©efpräcß.
So aud) jeßt. Sie Kinber gaben ja Starmanb
genug; unb ßotte, unoeränbert mit bem fcbmar3en
Samtbanb um ben äbrenblonben 3 opf, mit bem
mäbeßenbaften ßäcbein auf bem meiß unb rofigen ©e*
fiebt unb bem ftarren ©lanj in ben ftarren Eßuppen*
äugen, übermanb fi<b gemäß bem EBefeßt bes Srubers
berart, baß fie bie Meine Margarete lobte unb auf
ihren Scßoß ßob, mas aüerbings nur gelang, inbem
fie bem energifcb feine 3 ntereffen oerfolgenben Kinbe
eine oon ßotte=(Et)rtftels Eßuppen gab.
3 m fersen mar ßotte febr fröhlich.
Sie hotte nämlich ben 2 tmtsri<bter gefragt, ob benn
feine ©attm noch oiel finge? Unb er hatte jiemlicß
beftürjt oerneint.
Unb bas mar für ßotte eine freubige EBotfcßaft
gemefen. Sie mußte fetbft nicht marum. . .
* *
Unb bie ging bin unb brachte bie natürliche
SBeiterentmicMung ber Singe. Ser alte ©raf gureß*
beim febieb aus -biefem ßeben; ßubmig mar ßanb«
tagsabgeorbneter gemorben unb hoffte nun auf ben
„EReicßstagsabgeoröneten". (Sr gab Diele Siners, unb
Hermann burfte bei feinem fehlen, benn er oerftanb
fo gut, ben ßeuten bas [Richtige beyubringen.
jjermann oerfab aber aud) fein 2lmt bei ©eriebt oor*
trefflich; man lobte feine ©ereebtigteit unb Milbe. ©ina,fein
ESBeib, mar febr fromm, füll unb ergeben, aber Hermann
batte nicht fo oiel 3eit, um bas als läftig 3u empfinben.
3m ©egenteil, menn er ermübet beimfam, mirtte bie
febmeigfame ©attin mobltätig. (Sr batte fie babei beglich
lieb, menn er auch nicht oiel 3eit unb ©eiegenbeit
batte, bas aus3u(affen. ©r mußte, mie lieb er fie batte,
unb biefes EBemußtfein genügte ihm, um bas häusliche
©lüct für gefiebert 3u halten. Sie Kinber muebfen
heran — neben Margarete gab es nun noch eine
blonbe, etmas berb nach bem EBater geartete (Smeline,
fo nach ber ßanbrätin getauft.
Martin unb ßu3 befugten febon bas ©tjmnafium
non Stabt gurebbeim; unb als Margarete oon S)er*
mannstbal in bie Mäbcßenfcßule tarn, entfebloß ficb
auch ©raf gurchßeim, fein Töcßtercben am ftöbtifeben
Unterricht teilneßmen 3u taffen, bamit ßotte»(£briftet
©efäbrtinnen habe, benn bas 2üleinfein machte fie
eigenfinnig, überempfinblicb unb launifeb.
3 eben Morgen brachte nun ber Siener ©ottlieb
„feine breie", mie er fid) fummarifcb ausbrüefte, ben
Scßloßberg hinab. Meiftens martete an ber SB eg*
biegung Margarete. Slber fie martete nicht auf ßotte*
©ßriftel, fonbern fie rannte auf bie Suben 3u unb gab
entmeber ben geftrigen „Stbfcbiebsfcbupps mieber", ober
fie forberte 3u SBettläufen heraus. Sie nahm es fogar
mit bem großen Martin auf, ber ficb jeboeb bie Ueber*
fälle oerbat, als er als Quartaner ben Kaoalier in ficb
ermacben fühlte .... .
(Smeline febtoß ficb bagegen an ßotte*(£briftet an.
SBaren fie auch brei Sabre auseinanber, fo glich bas
ßotte*©ßriftels Scf)mädE)(icE>feit unb (Smelinens ©emeeft»
beit aus.
(Smeline ging febon 3ur Schule, als bem Slmtsricbter
ber beißerfebnte Sohn geboren mürbe, ©ina, bie febr
teibenb mar, bat unter Tränen, ihm ben ERamen ihres
Staters 3U geben. So hieß er Slngelo. Slber er mürbe mie
(Smeline proteftantifcb getauft, bas feßte Hermann bureß.
12 .
Unb mieberum mar ein heißer #erbft über bie
fruchtbare SBetterau getommen. Ser Sommer batte
oiel Stegen gebracht, jeßt aber berrfeßte feit Sluguft
Trodenßeit, unb ber September batte bie Temperatur
eines [üblichen Qocßfomtners. Sie Früchte reiften in
biefer ©lut gar herrlich.
(Ss mar einbalb feeßs Ußr, als Hermann oom
©erießt tommenb 3U f)aufe angelangt mar. Sie Kaffee*
taffen ftanben bereits auf bem Tifcß ber Steranba.
Sie SBinben bufteten, bie ©eorginen neigten ißre aÜ3U
feßmeren, rot unb gelb ftammenben Häupter, unb bie
Sonne fpiegelte fieß in ben bunten ©tastugeln. SBefpen
furrten um bie EBlumen unb um bie ^uderbofe.
ijermann ging in bie EEBoßnung, um feinen ßemen*
rod, ben er gern im fjaus trug, an3U3ießen. ©r traf
©ina am Sofatifcß fißenb. Sie feßrieb.
„Stießt in ber ßuft, lieb Kinb?" fragte er unb
meeßfette ben Stoct. ©r ging aueß sur Sabotiere, bie
auf bem Scßreibtifcß ftanb, ftopfte fieß feine Meine
Eßfeife unb mar im EBegriff, bas Zimmer mieber rußig
3U oerlaffen, als er im EBorbeigeßen bei feiner grau
fteßenblieb, ißr übers 5 )aar ftrieß unb fragte: „SBas
feßreibft bu benn fo eifrig? Stad) j)aufe?"
Sie feßob feine f)anb mit einer Kopfbemegung fort
unb entgegnete, oßne auf3ufeßen: „ 3 <ß feßreibe an ben
MufitbireMor. ©r bat mich gebeten, in ben Oratorien
ber tommenben Eßaffionsseit mitgufingen. 3 cß leßne
es ab."
Sie beutete babei mit bem geberßalter naeß einem
offen auf bem Tifcß liegenben EBrief. fjermann naßm
ißn unb las, naeßbem er ben Kneifer aufgefeßt hatte,
bas untertänige Schreiben, ©r machte ein bebauernbes
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6eUe 1344.
Kummer 31.
©eficßt unb meinte enblicß: „SBillft bu bir’s nid)t
überlegen, ftinb? Du weißt, ich ftetjc mit bem Super«
intenbenten nicht fonberlid) gut, möglidjerajeife nimmt
er beine Stbfage perfönlid)."
„ 3 cß finge nicht in eurer Äirctjel" fogte fie beftimmt
unb fcßrieb weiter.
©ina mar in ben versoffenen 3ai>ren nur wenig
ftärter geworben, ißr ©eficßt war aber bebeutenb
emfter unb fcßmater. Sugenbfdimefj unb S 9 Beid>f)eit
waren gefcßwunben, aber bie pitante geinßeit ber 3üge
trat besßalb mehr ßeroor. Gtwas wie J^ocßmut fprad)
aus ber ftets ftreng 3ufammengeha(tenen JDtiene, über
bie fetten ein ßäcßctn buffte. Das reiche, buntte $aar
rabmte biefes feine, ftotje ©eficbt wirtungsoott ein.
Die Bugen in ihrem tiefen ©lan3 batten einen beberrfcbt
leibenfcßaftlicben Blid.
2Jtan bewipiberte allgemein bie ©ebutb bes Bmts*
ricbters, ber mit biefer befannt reybaren, (alt erfcbeinenben
grau in ftetem grieben lebte unb ibr, wie man wußte,
immer „lieb tat“. Zeils f)ieU: man ibn für einen Bon*
toffelßelben, teils hielt man fie für eine SRuftergattm,
bie fi<b ihren SRann „gut gesogen“ hotte, gebenfaüs
oertautete nie etwas oon 3 on( unb Streit bei Bmts«
ricbters.
Slucß biesmat erwiberte Hermann nichts, obwobt
©ina im Begriff war, ihm eine große Unannehmlich«
feit 3U bereiten. Gr fürchtete jeboch ihre mehr ats
fcßnipptfcße Strt, mit ber fie feinen Ginmfinben ftets 3U
begegnen pflegte. Den Brief bes SJtufitbirettors fort«
tegenb, fragte Sjermann: „SBo finb bie Sinber?“
©ina sudte bie Siebteln. „SBo foüen fie fein? SBo
fte immer finb — bei ben gureßheims! Bngelo ift
mit ÜRarna im ©arten 1“
„Das dingt ja, als fei es bir nicht recht, baß bie
Btäbcßen mit ben gureßheims fpieten!“ ftugte ^ermann.
Dann fuhr er fort: „Stamm, tag uns Staffee
trinfen! Den Brief aber überlege bir noch! ... 3 ft
benn meine Nachtigall gana oerftummt?“
„SBas fragft bu banach!"
Sie fagte es tangfam, faft unßörbar. Unb fie oer«
barg jäh ibr ©eficbt an feiner Bruft, benn er hotte fie,
ba fie fich erhob, 3ärtlicß umfaßt.
„Slber, ©ina," erwiberte er auf ihre Bemertung,
„maeßft bu mir auch bas 3um Borrourf? Sjabe ich
bi<h nicht immer unb immer gebeten, mir etwas 3U
fingen? Unb immer unb immer fchtugft bu mir’s ab,
bis ich gar nicht mehr ben 2Rut hotte, mir immer neue
3urücfmeifungen 3U boten."
©ina wifebte ficb über bie Bugen unb warf einen
fchmer3tichen SBCicf nach bem Staoier: „Steh hier!“ fagte
fie wie erftieft.
„ 3 cß hob bid) boch auch immer gebeten, öffentlich
3U fingen 1"
„SBo es in beine Sntereffen paßte ..." oerfegte fie
herbe.
„Dir ftanb es boch frei, auch bie beinen geltenb 3U
machen I"
„ 3 n Stabt gurchbeim?“ fragte fie 3wifchen Spott
unb Scbmer3, baß es wie ein Selbftbebauern (lang.
Unb fich oon feinem Brm löfenb, fagte fie leife: „Gs
ift wobt beffer, ich feßmeige. — ßaß meine Stimme
hier innen bleiben 1... Sie paßt nicht mehr in mein
unb in bein ßeben ... Das weißt bu ja!"
Hermann oerfärbte fich, ba fie fo gefproeßen hotte.
Sie erinnerte ihn mit ihren SBorten an Dinge, bie weit
3urücdagen ... bie aber boch noch nicht gans oergeffen
waren, wenn ber Bütagftaub fie auch beide. .. Sie
erinnerte ihn auch baran, baß er ihr oor langer 3*it
unterfagt hotte, fich immerfort mit lauten Silagen unb
mit Stusbrüchen ihrer ©ewiffenspein 3U 3ermartem, unb
eines lags hatte fie ermibert: „So wirb mein Schmers
in mir bleiben unb mich erbrüefen, baß ich ftumra
werbe für alle 3«tt!"
Bon ba an hotte fie nicht mehr gefungen.
gür ^ermann war es nun ein großer Schrecf unb
ein großes SBeß, baß fie ihn jeßt fo plößließ an bas
alles erinnerte ... Sßar es möglich, baß fie noch bar*
unter litt? Bber nein, es war wohl nur eine äugen*
blicdiche Bitterfeit — wenn nicht gar ber graufame
SBunfcß, ihn — wie fie oft bas unbegreifliche Bebürfnts
hatte — irgenbwie 3U (ränten ...
„Du tuft unrecht an bir unb an mir!“ fagte er
enblich, niebergefchlagen bis in tieffter Seele unb in
jener $i(f(ofig(eit, bie ber 3Rann gegenüber bem ge«
liebten SBeibe fo oft empfinbet.
©ina antwortete (eine Silbe. Sie fteede ben Brief
in ben Umfchlag unb oerfchtoß ihn. Dann ging' fie
3ur lür hinaus unb rief nach bem Staffee.
Hermann folgte ihr tangfam nach ber Beranba.
2 tn ber S)anb ber ©roßmutter (am gerabe Bngelo
aus bem ©arten. Die ßanbrätin mit ihren mehr
als acht3ig 3oßren fchritt noch rüftig einher, wiewohl
fie deiner geworben fchien.
Bis Bngelo feinen Bater erbtiede, machte er fich
fchned oon ber großmütterlichen S)anb tos unb (am
herangefprungen, erftieg mit Bnftrengung bie für ihn
hohen Stufen unb ftür3te fich f<hier auf ben Bater,
ihm fein feßönes Gngelsgeficßt 3um Stuß hinreichenb.
Die ßanbrätin aber befaß ein üRebaidon mit einer
SRiniature — ein Borträt Hermanns im Sitter oon
brei 3 oi)ren. Unb ba hatte auch er ben blonben Gngels«
topf unb bas füße, beftridenbe ßäcßeln.’. .
3eßt neigte (ich ein bereits ftart ergrauter, oon
einer beginnenben ©läge gelichteter emfter Stmtsrichter.
topf 3U Slngetos blonber Schönheit nieber, unb bie
beiben — Bater unb Sohn — teilten fich in einen
ber (nufprigen SRanbeltucßen, bie bie alte Statßhrta
noch immer fo töftlich 3U baden oerftanb. Sjermann
hatte feinen Buben auf einem Stnie figen unb fprach
oerftänbig unb beleßrenb mit ihm. Unb 3war mußte
Slngelo bie garben feiner Blumen nennen; fjermann
oerbefferte gebulbig bie oerftümmetten SBorte.
Unb ba gefchaß etwas Unerwartetes.
©ina legte ißre fjanb auf Hermanns fjanb unb
fagte leife 3U ißm: „Sei mir nicht böfe wegen meiner
SBorte vorhin! SBenn ich wie gut bu bift, reut
es mich, hört 3U bir gewefen 3U fein."
„Gs ift feßon oergeffen", antwortete er, ihre fjanb
brüdenb. Seine gutmütigen Slugen faßen fie babei an.
Slber in biefem Blid lag boeß fo oiel oon einem in ber
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Stummer 31.
Sette 1345.
(Erinnerung unb im (Empfinben maeg gemorbenen Meg,
bag es ©Ina beig unb fdjmerjenb überriefelte.
tjrüger f)atte Hermann naeg fotcgen feltenen Mo*
menten, ba ©ina igm ein gutes Mort gönnte, {eine
grau aufgefucgt, fie ftürmifcg geliebtoft, tgr gebanft
unb — eine neue @ 3 ene bamit geraufbefegmoren, benn
bann tarnen bie „©rünbe" oon igrem fränfenben 93er*
galten an ben lag. Dem micg j)ermann feit langem,
langem aus. (Er mollte grieben unb {Rüge im i)aufe
gaben, unb besgalb gatte er fi<g gemögnt, oiet ju
fegmeigen ... (Er fcgroieg, tat igm ©ina n>eg; er
jcgmieg autg, tat fie igm mögt...
Unb aucg geute ging er einer Stusfpraege meislieg
aus bem Mege. 9 lls er ben Raffee getrunten, fegte
er alsbatb roieber feinen braunen Manila auf, um 3 U
fegen, mo fug feine Mäbets gerumtreiben.
Mit ben ijänben auf bem {Rüden erftieg er trabenb
ben 6 <glogberg. Die Dannen unb iButgen ragten buntel
unb reglos aus ben ©räben empor. Hermann gebacgte
ber 3«ig ba er gier mit ßubroig unb ßotte „{Räuber
unb {ßrin 3 effin" gefpielt gatte, gier tief unten, in ber
romantifcgen 93erborgengeit ber ©räben. (Er mar ber
{Räuber, ßubmig ber {Ritterl ßotte aber 30 g es oor,
geraubt anftatt gerettet 3 p roerben ...
Da mar igm plöglicg, als göre er tief unten Stirn*
men. Das Didicgt ber {Bäume unb ©efträuege ginberte
freilieg feinen fpägenben 93lid, aber bas ©egör brang
bureg biefen Urmalb.
GEr laufegte.
Unb jegt begann unten eine Stimme 3 U fingen —
eine Rinberftimme... Margaretens Stimme. — Unb ge
fang bas fuge, tobesmonnige Segnfuigtslieb Mignons —
in itatienifeger Spracge ...
(Eisfalte Scgauber überliefen mie ©ebirgsbäege ben
tauggenben Mann. Mie ein (Entfegen überlief ign bie
(Erfenntnis, bag fein Rinb gier fo fang — italienifeg —
ftrebenb naeg 93ortrag unb Mirtung.
Unb offenbar fang es nl<gt unbemugt beim {Blumen*
pflüden ober Segauteln, mie es Margarete bageim oft
tat, fonbem man gemann ben (Einbrud, bag fie eine
{Borftetlung gab . .. bag fie igr Rönnen 3 eigte ...
Hermann tannte noeg bie gegeimen Stellen, bie
ben älbftieg in ben ©raben geftatteten. Saigte arbeitete
er fieg bureg bie Strauigmilbnis, bis er eine Stelle
erreichte, oon ber aus er bie Rinber fag.
Mirtlicg: Margarete ftanb in ber Mitte in igrer
meigen, sertnitterten Sigür 3 e, aber mit pgantaftigg ge*
löftera, über bie Scgultern gebreitetem j)aar unb einem
Rratt 3 oon 93ogelbeeren um bie Stirn. Sie fang noeg
unb begleitete igren 93ortrag mit lebgaften unb niegt
ungefegidten ©egen, mägrenb auf igrem gübggen,
braunen ©efiegtegen ein magrgag fegmerslieger 2 tus*
brud lag, als gäbe igre junge, junge Seele ggon
mirflieg einen {Begriff oon bem fielb, bas fie 30 m 9lus*
brud braegte ...
Um ge ger gatten fUg bie anberen gelagert.
Martin tag ausgeftredt, rauegte unb bügelte burtg
ben 3 iflarettenraucg affeftiert naeg ber „Sängerin" gin.
Sein alttluges, gageres ©efiegt gatte einen Slusbrud,
ber Hermann 3um erftenmat miggel. (Es mar fegon
bas ©efiegt eines jener jungen Männer, bie ben ©e*
fagren bes ßebens güg erliegen, menn niegt bie eiferne
$anb emger Segieffate bie 3ügel ftraff gält... Stnbers
ber bide, blügenbe gureggeimer ßu 3 . Der fag mit ge*
freu 3 ten {Beinen gegen einen iBaumftamm gelegnt unb
ftarrte offenen Munbes in egriieger {Bemunberung 3 U
Margarete auf. Sein rotbärtiges {Bubengeficgt seigte
gan 3 bie 3üge feines 93aters. {Reben igm fag ßotte*
©griffet. Hermann aber gätte balb ausgerufen: „Das
ift ja meine {Räuberprin 3 effin oon oor breigig 3agrent"
Mie ftgarf gel igm plöglitg bie 9tegntiegtett auf. Die blauen
{ßuppenaugen maren etmas feitmärts geriegtet, mit jenem
feltfamen ©emiftg oon 93ertegengeit unb Miggunft, mie
ßotte feitmärts gefegen gatte, menn Hermann bei ber
Dansftunbe mit anberen Mäbegen tanjte...
(Etmas entfernt godte (Emeüne bei einem geueregen,
in bem ge Rartoffeln 3 U rögen ftgien. 3gr fraufer,
blonber 3°Pf ging oermirrt mie immer über igrem
{Rüden. Sie mar gan 3 bei igrer iBefcgäftigung unb
gatte ein getges ©efitgttgen oor (Eifer.
Slls Margarete geenbet gatte unb srolfegen ben
beutftgen Dannen gar feltfam igr legtes „amare e morir“
oerflungen mar, 30 g fitg Hermann 3 urüd, ogne feine
{Rüge 3 U oerraten. 3egt glitten fie unten um bie
Rartoffeln, unb Martins überffgnappenbes Organ, bas
im Stimmroetgfel mar, fommanbierte. —
Unb ber t 2lmtbriegter trabte mieber ben Scglogberg
gmab, tief in ©ebanfen oerfunfen.
(Er fanb ©ina noeg auf ber 93eranba mit einer
{Rägarbeit für eins ber Rinber; Slngelo ftanb neben
igr oor einem Stugl unb „fegrieb", inbem er auf einer
Segiefertafel gerumfragte.
„Sag, grauegen," begann Hermann, „gib mir eine
egrlicge Stntroort: bu gaft ©reten italienifegen Unter*
liegt gegeben?"
©ina fag oon igrer {Rägerei auf, bie fie niegt
unterbroegen gatte, als Ejermamt tarn. Sie oerfärbte
fieg unb ermiberte in igrer rei 3 baren 2trt: „Du gaft
es mir ja unterfagt, es 3 U tun. So gab ieg’s unter*
taffen. Marum gagft bu?"
„ 2 lber bu gaft oielleiegt mit igr gefungen?" fugr
Hermann fort.
„{Rur bas 2toe*Maria!"
„{Riegts anberes?"
„{Rein! Menigftens entfinne ieg mieg niegt. Marum
gagft bu?"
„{Riegt ,Mignon': Non conosci il bei suol..."
„Das gab ieg igr einmal oorgefungen!" geftanb
jegt ©ina, aber fie marf trogig ben Ropf auf. „Sie
fanb meine {Roten unb lieg mit {Bitten niegt naeg!"
„{Rur einmal?"
„3a!"
„{Run, ba gat fie ein munberbares ©ebäcgtnis. Sie
gat es foeben tabellos ben gureggeims 3 um beften ge*
geben."
©ina antmortete niegt gleieg. Sie mar gan 3 bleieg
gemorben. {ßlöglieg aber riegtete fie fieg ftreitgag auf
unb ermiberte auffprügenben 93lids: „greilieg gielt
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Gelte 1346.
Stummer Sl.
id)’s nicgt für nötig, meine (Roten unb bas Elaoier ju
oerfcgliegen. Beibes gielt Id) nicht für fo fcgäblicg, als
bu es jefet 3u galten fcgeinft. Unb bag (Margarete
eine ungemögnlicge mujitalifcge Begabung unb eine
oiei oerfprecgenbe Stimme gat, mugt bu fd)on oer*
geigen. ©arum gabft bu if)r feine anbere SRutter!"
Damit erhob fie fug unb ging burd) bie tiirrenbe
©lastür ins $aus.
Hermann folgte igr erft, als er amtegmen fonnte,
bag fie fid) etmas beruhigt höbe. Süs er jebod) bas
©ogn3immer mit ben grünen (Ripsmöbeln betrat, fanb
er fein ©eib bort am Boben liegen, oor bem Difcgcgen
mit bem Bilbnis ihres Baters, ber (Maria beüa ©orona
unb ben ^eiligen. Sie lag auf ben Enien, bie Stirn
bis 3ur ^oljbiele niebergebeugt. Unb es mar, als
3ittere ber gan3e (Raum oon ihrem lauten Scglucgäen.
Hermann hob fie auf. Sie mar bem ftarten (Mann
teine Saft. Sr hielt fie an feiner Bruft unb oerfudjte,
mit feinen Eüffen ihre Dränen 3U trodnen.
©ina aber mehrte: „S)öre auf — o höre auf! 3 n
all beiner ©üte liegt fo oiel ©raufamteit! — ©arum
lägt bu mich nicht meinen? ©arum reigt bu mich
aus meinem ©ebet? ... (Es ift ja bas einige, mas
<h h fl be! — Stimm mir nicht auih noch bas!"
„Slber, ©ina!" mahnte er. „ffias fehlt bir benn?
©orüber betlagft bu bich? ©ebe ich bir nicht aües,
mas in meiner (Macht ftegt? fiebe ich nicht nur für
bid)? ®in id> bir nicht gut — oon gan3em, gackern
fersen? Sinb unfere Sinber nicht mogl geraten unb
begabt? ßeben mir nicht in georbneten Berga kniffen?
Sinb nicht alle beine Bebürfniffe erfüllt? ©as folt
ich bir noch fchaffen? Sag es! ffias in meiner SRacht
ftegt, unb mas gcg mit meinen Bergältniffen oerträgt,
gefcgiegt!... ffias feglt bir noch oon bem, mas bie
(Erbe bietet?"
„Slber ich brauche bas, mas ber $immel bietet!"
antmortete fie in ausbrechenber Bergroeijlung. „ 3 cg
tämpfte immer mit mir. Dag unb Stacht... bie oielen,
oielen 3ogre ginburcg.. . aber ich fann nicht megr,
benn ich gege fo 3ugrunbe! 3 d) tann mein fieben
nicht mehr ertragen ... 3 ch habe gier neun 3ogre
Stlaoenbienfte geleiftet, gebulbig, ergeben . .. aber jegt
tann ich nicht megr!"
fjermann (prang auf. Sr glaubte, fatfcg gegärt 3U
gaben. „Stlaoenbienfte? Du?"
„3o!" feucgte fie. „©enn bu's auch nicht mertteft!
Dir mar ich braoe ©attin, bie forgliche (Mutter! D fjer*
mann .. . gier innen aber fcgmacgtete bie mirticge ©ina
nach einem anberen Dafein! ffio ift bie j)öge, bie bu
mir oerfprochen gaft? ... 2Bo finb meine Sterne?
ffio ift bas Srgabene, fjeüe, ßeucgtenbe, mas meine
Seele braucht? ffionacg ich fchon als Einb gerufen
mit meiner tleinen Stimme! ffio ift bas aües?"
„Das ift aües in uns!" entgegnete ber (Mann
ftarren ©efichts.
„Slber ich gnbe es boch nicht in mir!" tlagte fte
gänberingenb. „0 Hermann, oerfcgtiege bieg nicht meiner
Dual! jjeig mieg nicht megr fegmeigen! .. . ijilf mir!
Begreife, mas ich leibe!"
Sie fegrie es faft unter Dränen. Sin feinen Be*
fegmiegtigungsoerfuegen aber mertte fte, bag er igr fieiben
nicht begriff.
„Stiü!" fchluch3t fie, „bu oerftegft mich nicht!"
3 n biefem Stugenblicf mürbe bie Dür aufgeriffen,
unb bie beiben (Mäbcgen ftürmten herein, ergigt unb
oermilbert, mie fie immer oon igren Spielen geim*
tarnen.
Sie erfegraten unb ftanben ftifl, als fie bie SRutter
meinen fagen. Unb ber Bater manbte fieg um unb
fagte 3U ignen: „Bleibt braugen, Einber, bie SRama
ift aufgeregt!"
Da 3ogen fie fteg mortlos surüd unb brüctten bie
Dür ins Scglog.
gortfegung folgt
-O-
Die Slusffellung Dlündjen 1908.
Bon Stlfreb ©eorg f>artmann. — i)ier3u 10 pgotographifege Stufnagmen.
... 6tunbtnlang bab üb
©donnert, mie etn (ebe« eiiurfn Sfflnuben
3u [teilen, mit 5a» unf<betnbarfte fetbft
$u nufcen fei, bamit (Bcfiatt unb garb«
$e» (Bansen feine ffifrtung tue. — 9hm,
JDer Strang ift etn ooüenbet 2Berf.
Heinrich o. Stlcift (1809).
ffieit begnt fieg oor bem überrafegten Blid bas
fotoffale Bracgfelb ber oon fpielenben Einbern reich
beoölterten Ottoberfeftroiefe. ©ie egebem grügen geute
bie Berge in erhabener (Reinheit bie Stabt. Drüben
im ©eften tünben noch immer bie Baoaria unb bie
(Rugmesgaüe oon ßubmigs föniglicgem Eünftlerpatgos.
Unb bort mie 3 ube(töne aus merbenben fjfanfaren:
^unberte oon meitauslabenben, flattemben gagnen, bie
auf breiter geftftrage bem ffianberer ben ©eg 3u
jener eigenartigen aüer beutfegen Stusfteüungen meifen,
bie in biefem Sommer bas 3 iel oon E)unberttaufenben
oon Segnfücgtigen ift
©elcg feine ©oltenfpiete heute ber Dag bringt!
Stuf einem tiefblau gefättigten Sommergimmel (Mgriaben
oon oermegten 3irrusmolten, bie fieg mit bem geüen
Don ber neuen Stusfteüungsbauten, mit ben roten unb
fegmargen Dächern unb mit bem ©rün bes fegattigen
i)ains 3u einem Stttorb oon unbefcgreiblicger SRannig*
faltigfeit oerbinben. Sin einem folcgen leicgtbebecften
Dag mug man bie Stusfteüung fegen, menn ber launen*
gafte SRüncgner ©inb mit frifeger Begenbigfeit aües
Bemeglicge mit fäufelnbem ßeben erfüllt unb bie Sonne
3umei(en auf Baum unb (Rafen oerfegmenberffeg igre
blintenben ßicgtmunber ftreut. Da seigt fieg ber Slus*
fteüungspart in feinem ooüen ©(ans, unb ber (Reich*
tum, ben gier Eunft unb Statur in imposanter güüe
niebergelegt, erftegt in feiner gangen Bracht.
(Es ift erftaunlicg, mas gier SRenfcgenganb in bem
tur3en Zeitraum eines 3 ogres aües gefegaffen gat Die
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ÜRtimmer 31.
Sette 1347.
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3 bee, biaugen hinter ber Saoaria bas SBerf ßub=
roigs I. fort3ufegen, ift f<bon oiele 3 al)rc alt. Ißrinj
ßubmig bat fdjon lange bafär gefämpft. 3 m 3 abre
1903 mürbe, um ber Sache eine feftere Safis 3u geben,
mit großen Sdjmierigfeiten ber „herein 2 lusftellungs=
pari" gegrünbet. Stifte Vuguft 1906 maren bann bie
Vorbereitungen fo roeit gebieten, bag man mit bem
Vusföreiben eines Sbeenmettbemerbs für bie Vusftel*
lungsbauten an bie Oeffentlicbfeit treten tonnte. Stnfang
Stai 1907 mürbe mit ben gunbierungsarbeiten ju ben
fallen begonnen. Stifte Stai 1908 mürbe bie 2 tus*
ftellung eröffnet. Siefer furjen Statifttt fei noch binju*
gefügt, bag ber ganje Vusftellungsfomplej einfcblieglid)
Var! ein Terrain oon 23 $ettar berft, unb bag bie
Stabtgemeinbe für (Brunbermerbungen runb fünf Stil*
lionen Start aufgemenbet bat. 3 m ganzen mürben auf
bem Vl Q 0 nicht meniger als 65 (Sebäube erftetlt. Die
©ntmürfe bagu geben auf bie Vrcbiteften 2 Biü)elm
ffiilbclm SBertfd):
Itlitfelbau ber ilusftellungsfjaüc !.
Vertfd), (Emanuel o. Seibl, Sicbarb Siemerfcbniib, Stag
ßittmann, gra»3 geü, ©ebrüber Sauf, 5|kul Vfann
unb SRicbarb Qd)ad)rm jurüct. Vlies in allem bat bie
Vusftellung (beren Sauten ja aud) noch in fpäteren
3 abren 3u ähnlichen 3 roecfen oerroenbet merben füllen)
bie bübf<be Summe oon 3ebn Stillionen Start oer*
f<b(ungen.
SBorin beftebt nun bas ©roge unb (Epochemachenbe
an biefer Vusftedung? fflarum empfinben mir fie alle
als ein meit über ben Vugenblid hinaus mirtfames
tünft(erif<bes (Ereignis? Sie Seranftalter maren fi<b oon
Vnfang an tlar barüber, bag bort braugen unter bem
Schüfe ber Saoaria etmas Vefonberes erfteben müffe,
etmas, bas bas oielgeftaltige Stünchner ßeben unb bie
nicht meniger üppig blübenbe Stündjner Äunft mie im
Srennfpiegel seigen folle. (Eine Vusftellung, bie bis
ins fleinfte hinein oon ben Zünftlern Übermacht unb
bunbgebilbet fein fodte, bas mar bas 3 iel. Stber nicht
oon ben 9 tenaiffanee< 3 mitatoren, oon ben ©otifem unb
Varodiften follte bie Vusftedung infpiriert fein, fonbern
oon jenen Stännem ber Äünftlerfcbaft, bie an ber
Seite 1348.
Plummer 31 .
ttn|cnanfUbf Des Sttnfttertbeaters, entrootjen von Blae CUlmanu.
neuen Stilbtlbung unferer Seit
mit bem ganaen ©infab Hjrer
ißerfönlidjteit tätigen Anteil
nehmen. 2 tn Stelle ber t)ifto*
rij(t)en Stile follte bet neue
Stil ber Sroedmäjjigteit, ber
Stil ber inneren SBabrbaftig»
feit, ber ©til ber STOaterialtreue
feine Slnmenbung finben. 2 )a»
bei foOten aüeSlusbrudsformen
bes ßebens, mögen fie no<b
fo geringfügig fdjeinen, oon
ber Sunft geobelt »erben,
alles foüte sub specie artis
unb nur unter biejem ©efidjts»
puntt oorgefübrt »erben. SJtan
»ollte en blieb aeigen, bafj es
fet>r. mot>( möglid) ift, bafj bie
SDlufe mit bem ßeben in fefjr
guter (Et)® leben tann, baß
bie 2tfd)enbröbe(rolle, bie man
ihr lange augemiefen, eine
fulturell für fie unmürbige
Semütigung ift.
So tarn man barauf, bie
Slusfteliung in a»ei leile au
jerlegen, in bie Slusfteüungs»
ballen unb »bauten für bie
geiftigen SBebürfniffe unb in
ben SBergniigungsparf, too
bie roheren 3 nftinfte befriebigt
»erben. Unb in ber SKitte
lieg man ben alten 35 aoaria=
pari, »ie er ift, ein unoer»
gleid)li<b be^liches 2 )enfmal
ber Statur mit bem ganaen
Sauber alter 58 aumriefen unb
»eiter, offener, frifdjer 9 tafen=
fläd)en. !Dabeiburf*
ie nidjts fehlen,
mae au ben fiäb»
tifeben Wotmenblg*
feiten gehört, me»
ber bie Rirdje noch
bas Ibeoter, »eher
bie Slrena für ben
Sport nod) bie
e(ettri|<be Unter»
ftation. Silles bas
jufammen mit ben
3ai)lreid)en fjäu*
fern für bes ßeibes
ffiobl unb für 35 er»
gnügungen aller
Slrt, 3ufammen mit
ben großen Slus»
fteüungsballen,»»
rin bas gefamte
banb»erflid)e, in»
buftrielle unb fom
meraieüe ßeben
SRüntbens oorge»
führt »irb, alles
bas gibt ber Slus»
/
B
Brunnen oon Btof. QUbebtanb. 3m Befit) Oes ©et). Kats oon 2l*enö«biol)a.
CM I._c. .... * i (l *1 I ii n n )
(3m Sttbgufe auf ber BuMteüung.)
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Stummer 91.
oeite 1349.
23li<f auf bas Qaupfreffauranf, enfroorfeu oon (Emanud von SeibL
Rigarb 2ttemerfd)tnib: ttrbeitenoofmbau».
Jronj 34: CAabfidpe* Oaft^nt«.
fteüung ben ei«
genartigen ©b «» 5
ratter.
93 ielleid)t ift
bas bas grögte
ßob, bas man
einer Slusftel*
(ung fpenben
fann, bag man
oon if)r fagen
mug, fie berge
Seime, bie eine
gute Sufunft*
faat erboffen
taffen. Ueberall
begegnet man
ard)itettonifd)en
gormen, bie in
foldjer ©nfad)=
beit unb foicb
flarer ©efefe=
mägigfeit in
feiner anberen
ttrroin fturj: Jlqmpffe im ItnsfteUungsparf.
Stabt geflaut
mürben, (Es ift
fein 3 a>eifel,
bie Hrdjiteftur
bat hier in ber
HJtüncbner Stus*
fteüung über
aüe anberen
Sünfte ben SRe*
forb geflogen.
3 Jtan merft auf
Stritt unb
Iritt, bag man
in einer atten
Strcbiteftenftabt
mit ben beften
Sautrabitionen
unb nid)t ju-
tegt in ber Stabt
eines oernünf«
tigen Stabte«
baus ift Sie
Sünfage unb
$beater-(£afe, entmorfea oon paul pfmm.
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Stummer 31.
Seite 1351.
©ruppierung ber Sauten
ift glänjenb. 9ti(gt bie
Herrftgaft bes ßineals
mar maggebenb, fonbem
einßig unb allein bas
latent, Staffen gut au
oerteiien. Stiles foUte auf
ber ©nmbiage innerer
ttlotwenbigteit aufgebaut
fein. Sas gibt ben
©runbriffen ber ©inael»
bauten wie ber ©efamt»
aniage einen fo gogen
Steia. 3m allgemeinen
mürbe bei ber Streitet»
tur auf fogenannten
Stgmucf wenig Sert ge»
legt. ÜJtaterialunb Stpn*
ftruftion fottten aus fitf)
felbft wirten. San gat
gier bem mobernften
aller Serfftoffe, bem
©ifenbeton, Sd)öngeiten
entiocft, wie feittjer auf
feiner anberen Stusftei«
(ung. So man bie 3Ra*
lerei (oon Wertend), Crier,
©iea u. a.) in ben Dienft
ber Slrcgitettur fteüte,
entftanb eine mirfungs»
ootte Harmonie.
Seibftoerftänblkg fin*
(Beorg Römer: Rronjegtuppe.
Interieurs betont 3u we*
nig bie mobeme 9tt<g»
tungsiinie. Stber bas be=
rübrt ben großen
ber fonft bur<g bie 2lus»
ftettung gegt, in feiner
Seife. So ber Sitte
besgortf(gritts, ber Hang
3ur ßauterfeit unb inne*
ren fjreigeit folcge Sri*
umpge feiert, wie auf
ber Stusftettung Sünden
1908, müffen alle Mein»
(icben Siebenten gegen»
über ber Stnertennung
ber ©efamtieiftung su»
rüdtreten. 3ft es riidjt
Siegespreis genug, bag
gier ben oieien, bie burd)
ben fintflutartigen Stus»
ftettungswirrwarr bes
legten 3<»gr3egnts in
igrem ©leieggeroidjt oft
unb x>iel fegmanfenb ge»
ma<gt würben, an einem
fd)önen Seifpiei gezeigt
wirb, bag es burigaus
fein leerer Sagn ift,
wenn bie Seften auf bie
Kunft il>re gan3e Hoff»
nung fegen, ben Sngalt
bes Bebens besiegungs»
bet ber tritifege Süd im einaetnen aueg manches aus» ootter unb reifer, mit anberen Sorten magrer unb
3ufegen. So ftegt 3um Seifpiei bie fßiaftit teilmeife niegt befeeiter 3U geftalten? Sie Stusfaat ift tücgtig. Sie
auf ber Höge ber Sas Kunftgemerbe in ben wirb über ben Sag ginaus igre Kraft bewägren.
-oo-
-<xx>
©ine Kgeinfagrf.
Son ßeo oon SJtoort. — Hie^u 11 Siufnagmen bes Skrfaffers.
3n ben feegsiger 3agren, als no(g bie Srabitionen ber fRomantit
iebenbig waren unb nationale Sünfcge unb Hoffnungen um ben
fRgein fitg ranften, in ben fiebsiger 3agren, ats patriotiftger
Stoi 3 bas SRationaibenfmal auf bem 9tiebermalb feguf
21m Rheinbampfer „Corelet>" für) oor 6er 21bfat)rt.
t)öd)ft feiten bie Slntroort „ 2 ln ben TRfjcin l" ©ie fo oieles
einfdjlummert unb I>aCfa jdjon oergeffen ift, roas anno
fiebjig begeifternb lebenbig mar, |o iud) bie Sebnfudjt
nad) bem SBater 9tf)cin. Sjeute ift ber grüne Strom
faum meljr als eine SBerfebrsftra&e großen Stils, an
ber ber fReifenbe, ber oier ober |ed)s 2Bod)en 3 ur Watur
flüdjten roiU, eilig oorüberftreift. — Das ift bebauerlid)
' unb, fomeit mir Deutfdje in 58etrad)t fonnnen, unprattifd)
3 ugleid). 2 B 03 U in bie gerne fdjmeifen, ba uns bas ©ute,
bas unoergleidjlid) Sd)öne fo nabeliegt! (Eine gabrt auf bem
SRbein ift — trog aller 9 lei 3 e ber norbifdjen Sjorbe, bes
TWr
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fft»
IpMC-',**
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I für
1' f > I
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V — /
_jSu —
21nbtang bei 23iebri<b. Oben: 21uf bem Sonnenbett.
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Kummer 81.
€>ette 1853.
Oefangveretu ,-lDeinrebe“ au Bort.
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Seite 1354.
Bummer 91.
ßac Cent an, ber oberitalienifchen Seen ufm. — ein
(Benuß, mte er nirgenb fonft in (Bottes melter SBBeft
Buge unb ^erj erfreut
UBer 3U einer 9lf>einfa|»rt ficß anfcßicft möge Me
frühen, prächtig frifchen Biorgenftunben nicht oerfcßlafen
unb bann nicht ben Scßneübampfer, fonbern einen ber
gemößnlicßen Xourenbampfer mahlen, ber „überäü an*
hält". (Es gibt bort eteoas meniger ftomfort, bafür
aber mehr Bluße sum Schauen unb Bemunbern.
Unb noch einige prattifche SBihte: man oermeibe es,
an einem Sonntag 3U fahren. Die Staffen einhehni*
fcher 2lusjtüg(er bebingen seit-
meilig eine brangooü
fürchterliche Enge.
Des meiteren: auch
tu er 3 um erften»
mal ben beut»
fchen Bhein
befährt, ber
glaube nicht
bie 2Beit)e
jmeien. 3® ar brängt bas Ceben an Borb 3ur (Befeüig*
feit, sum fröhlichen Berein, aber bas übermäitigenbe
SBanbetpanorama, bas fleh ba aufroüt, erheifcht einen
intimeren Bustaufcß ber (Einbrüche unb (Empfinbungett.
SoU ich nun jeben Berg unb jebe Burg, bie ba,
umfehimmert oon ber Btorgenfonne unb ber Sagen*
gtoriote — oor ben truntenen Blicfen auftaucht bei
Barnen nennen? Das Meß« bie Schönheit nume*
deren. Ser fieh barüber unterrichten toiü, nehme ein
gutes Betfeßanbbuch, bas 3um ooüen (Benuß einer
folchen tfahrt Ja hoch unerläßlich ift Bur foü man
_ Mefes Buch nicht benußen roie
~ • —-gelegentlich meiner gaßrt
ein nt ortreicher 3üng»
iing, ber alle Bo»
tijen feines Bä»
beter laut
oorlas —
unb immer
oerfehrt. —
Die Btarj»
Ku (nie ber Bergfahrt: Utalnj in Sicht Oben: Cin Scßfeppjug.
bes Stugenblicfs erforbere burchaus etliche fromme Schau*
ber unb — einen leeren Blagen. 3m Segenteil, man
frühftücfe herjhaft; bie roüraig frifche ßuft auf bem Bhein
erforbert bas. Bur trinfe man tein Bieri Das ift eine
Sünbe miber ben genius loci, bie burch höhere Bier*
preife an Borb oicl 3u gelinbe beftraft toirb. Bhein»
mein ift bas einsig ftUgerechte (Setränt — unb mer in
Baccho miffenfcßaftlich benft, ber treibe prattifche ®eo=
grapßie: er trinte bie ÜBeine nach ber Beihenfolge ber
auftauchenben SBeinberge, hübe aber fein acht baß er
tein Opfer feiner SBiffenfcßaft merbel Unb noch eins:
SBer ßalbmegs tann — „mein Sohn, ich rate btr
gut" — ber mache feine Bheinfahrt minbeftens 3U
bürg fprach er als Stol3enfe(s an, unb jebe größere
Stnböfje toarb ihm 3ur ßorelei.
(Ein granjofe, ber fechs Blonate lang Deutfchtanb
bereift hat unb bie gan3e SBefenßeit ber germanifchen
Bfocße erfaßt 3U hoben glaubte, ertlärte ein Problem
hoch für ungelöft: 3Bie tommt es . mobt baß bei
Deutfcße, roenn er gan3 befonbers luftig ift, fingt:
„3cß meiß nicht mas foü es bebeuten, baß ich fo
traurig bin?" 2tn Borb eines Bßeinbampfers hätte
biefes Bätfel befonbers oerblüffenb auf ißn eingemirtt.
Blitten in ber ausgelaffenften größlicßteit bringt bas
3aubermort ßorelei für einige ftugenblicfe aües sum
Scßmeigen. Blan brängt an bie Beling unb fpäßi
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»$o4 bet Hafer Ityeial"
SRinuten bas Sieb als trroialen Stimmungaerftörer ge* bie oon (Befeflfchaften ober Vereinen gemieteten Sampfer,
färbtet haben. (Es ift ein fonberbar Sing um fo ein bie mit Sahnen gefchmücft finb unb ftets auch eine
beutfches (Bemiit . . . ÜDhifittapede an Sorb haben. Ser jauchaenben 3 ur ufe
Sieben ber ißoefie ber Serge unb Surgen hat ber unb bes Iü<ber[d)mentens hüben unb briiben ift tein
Schein auch noch eine Soefie ber Xechnit. Sa aiehen (Enbe. 3a, fein ift’s am Schein 1-
Sie üapede an Borb.
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Sette 1356.
Stummer 31.
ltnb abenbs —t SBo man auch Station macht, bie ftimmungsoodfte (Erinnerung bleiben, guttfelnbes
ob in ben größeren Stabten ober in einem ber Meinen (RebengoU) im Olafe, funfebtbe Siebter auf ben SBaffern
ffieinnefter — jebem mirb ein Sommerabenb am (Rhein — in ber gerne oerbaQenbe SJJtufif ...
Das feßöne Ceben.
(Bon Sngeborg Stnbrefen.
„#anfen, roas machen Sie ba? Stuf mein fchönes
neues (Eßachstuch febreiben Sie? Das ift benn boeb
rein 3u bod!"
grau Sattlermeifter mutt) ftanb auf ben Ireppen*
ftufen, bie oon ihrer Meinen Süd)e in bie heüe, freunb*
liebe $interftube führten, unb fab mit fehlest oerheblter
(Reugier 3U ihrem mertmürbigen ®aft hinüber, ber mit
einem 93Ietftift auf ihre f)üb\d)t, tyelh SBadjstuchbecfe
frißelte. 2tts ber ©efcholtene nicht antroortete, ging fie
näher an ben £if<f) heran. „2t<h fol" meinte fie mit
gutmütigem Spott in ber Stimme unb fegte behaglich
auf ptattbeutfeb hi°3u: „Sat Sichen fchodn Se man
teoers nataten, hänfen . .. Sat brinft nij in!" (Dabei
beugte fie ficb oor, unb toährenb fie bas mitgebraebte
Scbüffeltucb febon in bebenMicbe Stäbe bes literarifeben
(Er3eugniffes ihres (Saftes brachte, las fie taut unb
tangfam bas ©efchriebene oor:
„ 2 Bas (ofl bas Seufjen unb ©eftöhn? —
(Dtußt bicb jufrieben geben!
(Das Ceben ift jmar nicht fehr fchön —
Doch ift es fchön, 3 U leben!“
grau fttutb 30g ihr feuchtes Such 3urücf unb fah
ben Sichter einen Slugenblicf fprachtos an — bann
lachte fie (aut unb fräftig auf, baß ihr bie Iränen in
bie Stugen traten, mobei fie fich bann unb mann unter*
brach unb ben (ßoeten mieber fopffchüttelnb anbtiefte.
Schließlich beruhigte fie ficb, es tag aber noch etroas
oon> bem gutmütigen Stustachen in ihrer Stimme, als
fie jegt ben fOtann, ber emfthaft unb fchmeigenb feine
tur3e Scbifferpfeife meitergerauebt butte, fragte: „Sieh
fo, hänfen, Sie meinen atfo mirttich, baß es ’n 58er*
gnügen ift, 3U (eben? 3d) muß fagen, mir in 3t)rer
Stelle mürbe es orbentlicb ferner merben, bas 3U
glauben 1 — 3®» njeiß ®ott, ^anfenl"-
(Elias Raufen fab aderbings nicht banacb aus, als
ob es feine perfönlichen (Erfahrungen fein tonnten, bie
ihm bies ßob bes ßebens bittiert hätten: ein reget*
rechter Sagant, ein (Ehauffeemonarcb in oerfebliffener
unb munberlich sufammengeftüetter Reibung faß ba in
bem fauberen, fonnigen Stübchen ber oermitmeten grau
Sattlermeifter mutt). Unb bie größte Slrmfeligteit unb
bie tieffte (Berfommenheit biefer (Erfcßeinung mürben
erft gan3 Mar bur<h bie überall fiebtbar merbenben
Spuren bes (Bemühens, trog oder Schäbigfeit eine ge«
roiffe (Etegans 3U oertörpern: bas oermitterte ©efiebt, in
bas fo oiele Stürme ihre (Runen hineinfehrieben, mit
ber eigentümlich tantigen Stirn unb ben unruhigen
grauen Slugen ift bis auf ben meißgefprentelten Bart
fauber rafiert.
21us bem (Husfcbnitt feines feft 3ugetnöpften tarier*
ten Sommerrocts fieht graumeiße, gtan3(ofe Rapier*
rnäfeße, bie ade paar Sage mit (Rabiergummi aufgefrifefct
mirb. Sas geinfte aber finb bie $ofen! (Elias ift immer
empört über bie heutige gorm biefes Äleibungsftüctes.
grüher, als es einen jungen, eleganten Äanbibaten
Raufen auf (Edl)us gab, trug man fie eng unb an*
liegenb — ber ein3ig richtige Schnitt! So beforgt
(Elias ficb benn jebesmal, menn irgenbmo eine j)aus*
frau ihm ein abgefegtes (BeinMeib 3ur meiteren 93er*
menbung anoertraut, eine grobe (Rabe! unb 3»rfnt unb
näht mit Mihnen, riefigen Stichen bie überfeßuffige
(Beite 3U einer breiten gälte 3ufammen. Stramm um*
fchließen bie fo oerbefferten feine hageren Seine unb
merben bureb ein breites Oummibanb, bas bie riffigen,
aber blant gemichften fpißen Schube umfaßt, ftrafr
heruntergehalten.-
grau mutt) geht noch immer fopffchüttelnb mieber
an ihren $erb surüct. (Bor ihrem 21uge gieht bas ganje
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Uhtmtner 81.
Seite 1357.
munberlich oerwirrte ßeben bes alten UBanberbutfcßen
ba brinnen oorüber.-
Sinb nicht fcßon über breißig gaßre oerfloffen, feit
fie, bamals noch 3RamfeU ©ßriftine, auf ©df)us oben
in ber ©iebelftube mit ben beiben ©nfelimten ber alten
grau Deicßgraf Hülfen 3 ufammenfaß unb auf bie Sin«
tunft bes Sanbibaten ber Geologie (Elias hänfen
wartete, ben bie ©roßmutter ficf» für bie ©^ießung
ber beiben elternlofen üftäbcßen oerfcßrieben batte?
Scßod nicht eben erft bas Säberroden bes SBagens,
ber ©lias Honfen brachte, burcb bie Sappeladee am
guße ber ffierft oon (Eilbus? Slang nicht eben erft
(Ebba Dücßfens belle Stimme burcb bas ©iebetymmer:
„(Sott fei I)anf — mie 'n Ißaftor fiebt er gar nicht
aus, SRamfedt"
Stein, an ben gufünftigen Softor erinnerte auch bei
näherer Sefanntfcßaft nichts in bes Sanbibaten SBefen —
bies Zeugnis mürbe ihm in ber golge noch oft unb
oon ^errfcbaft unb ©efinbe ausgeftedt. 21 m beßag»
lichften unb oergnügteften fagte es ihm immer mieber
bie alte grau Deichgraf, unb 3 mar meiftens am Storgen
nach einem luftigen geft auf (Edbus — einem jener
gefte, 3 U benen bie 2Bagen weit her aus aden Sögen
tarnen unb bis in ben grauenben Storgen hinein bicbt
an bicbt auf ber 2Berft ftanben.
(Elias Honfen mar im ©egenfaß 3 U feiner Srot»
herrin an folchen dJtorgen gewöhnlich etwas melancbolifch
geftimmt unb pflegte bann ein bißchen tläglich feufjenb
3 u fragen, was benn eigentlich nach ihrer ÜJteinung
ber geeignetfte Seruf für ihn fei — worauf bie alte
Dame beiter unb forglos antwortete: ,,©ott, Han«
fen ... ades mögliche: HJtaler — Scßaufpieler —
Scßriftfteder — Sie tönnen ja adesl Stur 3 um Softor
taugen Sie nicht!"
grau Deichgraf batte recht: ©das Honfen hotte 3 U
adern möglichen latent unb entmicfelte biefe oielfeitigen
Stntagen bei bem regen gefedfcbaftlicben ßeben auf
(Edhus immer mehr. Sein SBunöer, baß balb bei aden
geften in ber Umgegenb „grau Deichgraf ihr Sanbibat"
ber gefucbtefte ©efedfcßafter war — unb blieb. (Ebba
unb ©übe Dficßfen galten Iängft als heiratsfähige junge
Damen, als es noch immer einen Hauslehrer auf (Eilbus
gab, einen Hauslehrer, beffen einige Dätigfelt barin
beftanb, einer alten lebensluftigen Dame ein bißchen
bie 3<it 3 U oertreiben unb 3 wei frönen jungen Stäbchen
als Sefcßüßer unb Begleiter 3 U bienen.
Unb bann plößlicß ein Dag, wo ades ein (Enbe
hat: in ungewohnter SBürbe unb Steifheit liegt grau
Deichgraf Dürfen in ihrem pruntooden ©icßenfarg, an
bem weinenb ihre beiben (Entelinnen fteben.-
21m Doge nach ihrem Segräbnis oerließ ©das
Hänfen in grauenber Storgenfrüße ben Hof; bis 3 U
ben leßten Säumen ber Soppeladee gab ©bba Dücßfen
ihm bas ©eleit. Unb hoch rebete man auf ben Höfen
bes Sogs baoon, baß ©übe, bie güngere unb ßuftigere,
ihm aus ihrem ©rbe bas ©elb oorftrecfe, um in ber
Hauptftabt bie SJtaleratabemie befucßen 3 U tönnen.
2Bie oft oerfucßten bie ßeute nicht, burch SJtamfed
©hrifdne bie dBaßrßett über bas Serßältnis biefer brei
Stenfcßen 3 u erfahren! Da aber tarn man an bie
Unrechte! ©s ift ihr bitter genug gewefen, nach gaßren,
als fie fcßon in ber Stabt oerheiratet war, mit anhören
3 U müffen, was man fich mit heimlicher Schabenfreube
in ber gan 3 en Umgegenb 3 uraunte: baß ©bba Dürften
in aufflammenbem gom ©lias Honfen mit ber Seit»
peitfche ins ©eficßt gefchlagen höbe, fo baß er, ben
blutigen Striemen müßfam mit ber Honb bebectenb,
in wilber Hoft baoongeftür 3 t fei unb fo in Schmach
unb Scßanbe bas Hous oerlaffen höbe, bas fo oiele
glänsenbe ftraßlenbe läge feines ßebens faß. Sie«
manb hatte im übrigen ©bba Dücßfen biefe Dat oer«
bacßt: ber ©eaücßtigte galt in ben 2 Iugen ber lieben
Säcßften Iängft als ein unrettbar Serlorener. Sei ber
2Irbeit auf ber 2 ttabemie hatte er immer tür 3 er unb,
türjer werbenbe Spannen ocrbracßt; mit 2ld*
gewalt pacfte ißn jebesmal bas Heimweh unb trieb
ißn 3 urüd an bie 2Befttüfte. ©rft wenn ißm Seewinb
um bie Oßren ftricß unb oor feinen 2 Iugen ficß am
Hori 3 ont ein grüner Deicßtamm beßnte, mar ©lias
Hänfen wieber ber 2IIte. Sur eins hatte er jebesmal
in immer macßfenbem Stoß aus ber grembe mit ßeim«
gebracht: bie ßiebe 3 um 2 llfoßoL
2115 ficß ißm auf ©dßus bie Dür oerfcßloß, faß
©lias Häufen feinen tünftigen ßebensweg mit maß!«
lofer Deutlichfeit oor ficß. 3Rit bem ißm eigenen ©lauben
an bas Unoermeiblicße unb mit einer gewiffen heiteren
Seugierbe betrat er feinen 2Beg: bie ßanbftraße.
2Bie groß ber Seft oon Hoffnungen unb Selbft«
oertrauen war, wie fcßmer ber Soden oon Seue unb
Sorwürfen wog, ben er an biefem Dag anfcßeinenb
begrub, blieb fein ©eßeimnis. gene, bie auf irgenbeine
2 Beife für Stunben ober Dage feine 2Beggenoffen würben,
wie auch bie feßßaften eßrfamen ßeute, bie bas Scßidfal
bann unb wann anwies, ißm Obbach unb Srot 3 U 1
geben, lernten in ©das Honfen nur einen Slann tennen,
ber tief burcßbrungen war oon ber gmectmäßigfeit unb
Sotmenbigfeit feines Dafeins. So burcßftreift er feit
gaßr 3 eßnten bie gan 3 e 2Beftfüfte; ift auf aden Sorbfee«
infein befannt wie in ben Meinen Stäbten bes geft»
lanbes unb in jebem einfamen Sog. So manche 2Birts=
ßäufer an ber ©ßauffee, fo oiele Scßiffertneipen an
einem ber Sorbfeeßäfen haben an ben 2Bänben ber
©aftftube ober bes Dan 3 faals Silber oon feiner Honb.
Dann unb wann liegt ©das Honfen auch tagelang
irgenbwo auf einer Snfel ober an ber Süfte im Ganb
unb malt mit ben fcßlecßteften Sinfeln unb gewöhn»
dcßften Dufcßen Meine, ent 3 ücfenbe Silber, bie in garbe
unb Stimmung gan 3 oorsügdcß ben ©ßaraMer biefer
ßerben ßanbfcßaft wiebergeben. Sei näcßfter ©elegen»
ßeit bietet ißr Schöpfer, ein alter betrunfener Saga»
bunb, in irgenbeiner Sneipe bem 2Birt bie gan 3 en
Slättcßen für einige ©läfer Scßnaps 3 um Sauf an
unb ift unglücflicß unb oer 3 weifelt, wenn ber auf ben
Hanbet nicht eingeben wid. Um ficß 3 u räcßen, sießt
er bann woßl einen Houfen befcßriebener gettel aus
feiner Dafcße, wüßlt ein bißchen barin herum unb
beMamiert bann mit Sotßos unb oielen ©eften eines
feiner flammenben Sampf» unb Drußüeber gegen feinen
©rbfeinb: ben 2M!oßoI! ©rft wenn bie Segeifterung
feiner gußörer ficß in Daten umfeßt unb ißm beim
2Btrt Srebit eröffnet, läßt er ficß herbei, aucß anbere
©rseugniffe feiner Stufe 3 um beften 3 U geben. SHt
gleich glüßenbem Hoß wie feinen fcßlimmen geinb he»
fingt er nur noch eins: bas Serßalten feiner ehemaligen
2!mtsbrüber. ©s ift ber Draum feiner beften Stunben,
noch 3 u erleben, baß feine ©ebicßte eines Dags im
Drucf erfcßeinen. Saum bewußt, Mammert ficß an bies
©reignis feine leßte Hoffnung auf eine 2öanblung feines
inneren Stenfcßen sum ©uten.
Stuf oielen abgelegenen Höfen unb iti manchen
Häufern oon Honbwertem unb Saufleuten ift ber
frühere Sanbibat aucß nocß aus einer anberen Urfacße
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Seite 1358.
Hummer 31.
betannt: tDentt er oorfpricgt, ttiug ber fcgulpfticgtige
©rbe bes #ofes ober Kaufes igm feine Sateinarbeiien
ober SRatgematitaufgaben oortegen, unb (Elias ijanfen
mitb oon einer ttebenben SRutter ober einem beforgten
Bater gebeten, ben Jungen boeg mal einige Bage ober
SBoegen (ang orbentlicg oorsunegmen.
Stuf biefe SBeife ift er auch oOr Jagren in bas
Sjaus bes Satttermeifters Ätutg gefommen, too bie
ehemalige SRamfell oon ©llgus ats Hausfrau mattete.
Jgr Junge ift jegt tängft ber Schute entmacgfen; (Elias
$anfen aber lehrt auf feinen SBanberjügen noch immer
regetmägig in bas alte $aus am SRarft ein, hott fieg
ein marmes SRittageffen, ein paar ©rofcgen Jegrgetb
unb ba3U oon ber grau bes Kaufes eine lange, alt*
betannte Bugprebigt, bie er jebesmat gebutbig einfteeft.
Slueg heute tommt grau ©griftine bei bem Stad)»
benten über ben Sebenstauf ihres ©aftes mieber gu
bem Befuttat, bag es einjig unb attein bie SBittens*
tofigteit biefes SRenfcgen ift, bie ihn fo tief herunter»
gebraut hat — unb heute mie immer erroächft baraus
bei ihr ber 3omige ©ntfeglug, ihm einmal recht träftig
ins ©emiffen 3u reben.
Stuf ihrer Stirn lagert eine büftere SBolle, ats ge
jegt fjanfen bie Suppenfegüffel hineinbringt unb ihm
Leiter unb Söffet gfcifchiebt. ©in paar SRinuten lägt
fie ihn ruhig efjen — bann fagte ge groQenb: „hänfen,
es ift boeg rein 3U holt mit Jgnen!... Jal Jal Bag
es benn boeg aud) gar nicht anbers mirbl Sie tönnen
geh hoch auch nian mal’n bigegen sufammennegmen 1“
Bel ben erften SBorten fegraf ber eifrig ©genbe auf;
ergeben legte er feinen Söget hin unb lehnte fid) im
Stuhl 3urücf: entgegen mürbe er bem ja boch nicgtl
Stts feine SBirtin ign jegt Stntmort forbernb anfag,
mürbe er auf einmal ärgerlich, ärgerlich barfiber, bag
man fich bies Stnbersmerben fo bequem unb gemütlich
baegte, fo mie etmas, bas geh 3mifcgen SRittagsfeglaf
unb Stbenbbrot abmaegen lieg. Um feinen SRunb 3ogen
fich noch einige gatten megr, ats er biffig unb gögnifch
ermtberte: „Ja, Siel grau Sattlermeifter! Sie! Sie
finb fo ber richtige Uebermenfcg! — Sie trampeln
immer auf ben Sinnen rum unb fagen: SRan mug!
SRan fannl"
„SReine SRutter gat immer 3U mir gefagt: SBas
bu mittft, bas tannft bul" antmortete igm grau ©griftine
nieberfegmettemb.
©r grig fieg ungebutbig mit beiben $änben in bie
Sjaare: „Ja, ja, ja... fegen Sie, ba ift es ja mieber 1...
Stber menn man nun nicht motten fann?"
„Steg mas!" grau Jttutg ftanb auf unb ging ärger»
lieg naeg ber &ücge, n>o fie mit Böpfen unb Scgüffetn
einen unnötigen Särm ooUfügrte. So oiet fottte gemig
fein: fie mottte fieg niegt barum fümmern, mie bie
gan3e ©efegiegte ablief. Unb fegtimm mürbe es enbenl
SBenn ber SRenfcg niegt fetbft bas ©ute rnill, füllen
anbere nur ja bie #anb baoontaffenl-
Sie beachtete igren ©aft gar niegt meiter, ats er
naeg tur3er Jeit fieg in igrer Bäge auf ben Küegen*
ftugl niebertieg. ©rft als er gerausforbemb fragte:
„Sagen Sie mal — Sie lennen mögt ben Beufel gar
niegt?" bregte fie fieg 3U igm herum.
„Stein," fagte fie energifeg, „bamit gab icg gottlob
niemals mas 3U tun gehabt 1"
„Ba ja ... baegt icg mir mögt!" murmelte ©tias
fjanfen bebrüeft unb maegte bann noeg einen Berfucg,
feiner alten ©önnerin feinen Juftanb ftar3utegen unb
Sugteicg igr SBogtmotten mieber 3tt erlangen: „SRam»
fett... Jrau Ktutg, mottt icg fagen 1 Bas müffen Sie
boeg 3ugeben: es gibt boeg aueg fo etmas, mas man
bie SRacgt ber Seibenfcgaft nennt 1 "
„SRacgt ber Seibenfcgaft?" fragte grau ©griftine in
gedfter ©ntrüftung — „nun mirb’s mir aber 3U bunt,
ijanfen! Bun gatten Sie ben SRunbI SRan brauegt
nur niegt motten — bas ift bie gan3e ©efegiegte 1"
©tias fianfen buette ben Kopf 3mifcgen bie Seguttem
unb ftanb bann auf. Bebrüeft griff er naeg feinem
Jtnotenftoct unb ging naeg fur3er Banffagung 3ur
Jtücgentür — geute mar oon grau ©griftine niegts
megr 3u hoffen. Stts er bie Älinle fegon in ber fjanb
gatte, rief fie ign noeg einmal an: „$anfen, Sie malen
gier atfo in ber Bongalle, niegt? Bann tommen Sie
boeg übermorgen am Bacgmittag mieber oorl Stber
nücgtem, ijanfen! ©an3 unb gar nüchtern 1"
©tias hänfen legte bie $anb an feinen fegäbigen
S) ut: „Ju Bef egt, SRajeftät!" Bann fegrte er eilig
um unb ging bureg ben buntten Hausflur hinaus, ein
bigegen oermunbert, bag grau ©griftinens Jorn fug fo
rafeg gelegt gatte. Jebenfatts mottte er fieg übermorgen
güten, fie mieber 3u reisen.
„©tias, bu fottft es niegt bereuen, bag bu mit mir
tommftl Bu friegft beine Stube in einem anbem
ijaufe unb bift gan3 bein freier #err! — — Unb
menn bu mir bann ©efetlfcgaft teiften mittft an alt
ben langen, langen Sagen, roill icg es bir fo banten,
©tias!... Steg, mir gaben ja fo oiet 3U tun, fo oiet
3u er3äg(en — uns beiben fott bie Jeit fegon niegt
lang merben, niegt magr?"
©übe Büegfen (egte bei biefen SBorten igre feine
metle i)anb auf bie Scgulter bes SRannes, ber su«
fammengefunfen in feinem Stugt fag. Stts fie jegt leife
mieber unb mieber feinen Barnen rief, riegtete er fieg
(angfam auf unb fag in bas gütige grauengefiegt
Boeg immer fuegte er oergebens naeg SBorten. SBie
ein Btigfcgtag gatte ign bas SBieberfegen gier in grau
Klutgs Keiner Stube getroffen. Juerft gatte er minuten*
(ang mit einer grogen, atembettemmenben Stngft in
bem oon roeigem #aar umrahmten ©efiegt geforfegt
SBeffen Jüge fagen ign aus biefem Stnttig an? SBetcge
©eftatt aus feiner Jugenb trat igm gier ptögtieg ent»
gegen?-©migteiten fegienen igm fo bagin3u»
raufegen. Bis eine sittembe Stimme feine bumpf»
agnenben Jmeifel (öfte: „©(iasl ©tias! — So fegen
mir uns mieber?" — Ba griff er mit bebenben tfänben
naeg einer Stuhllehne: „©übel. .. ©übe Büegfen!"
Unb bann ohne Befinnen, ogne Sltemgolen basu ben
anbern Barnen: „©bbal?"-Unb bann-
ftanb niegt ptögtieg ber B^rpenbitet ber grogen SBanb»
uhr ftitt? Schmiegen nicht braugen oorm genfter im
©feu bie 3mitfcgemben Bogetftimmen? Scgmanb niegt
oon ber buntetbraunen Kommobe ber fegimmernbe
Sonnenftreif? SBar niegt feine Jugenb, feine ftragtenbe,
teuegtenbe Jugenb färb* unb (icgttos?-ats ©übe
Büegfen (angfam unb traurig antmortete: ,,©bba ift
tot, ©tias!"
Begungstos hielt er fieg noeg einige SRinuten auf*
reegt — SRinuten, in benen er genau fag, bag ©übe
Büegfen Brauertleiber trug, genau fah, bag aus bem
frifegen gübfegen SRäbcgen ein altes, mübes unb ge»
brücttes SRenfcgentinb gemorben mar. Unb bann fant
er auf ben Stugt nieber unb oergrub ben grauen
Kopf in feine $änbe.
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Stummer 81 .
Seite 1359.
©eine Seele fcgrie na<g Kranen — bod) feine
brennenben Stugen blieben trotten. SBärn bu anfängft,
mugt. bu Gmigfeiten meinen, Glias #anfen, um ben
riefengrogen Jammer meg3ufpülen, unter bem bein
#er3 3ufammenbrid)t.-
5 Bie aus meilenmeiter Seme gärte er ©übe Dücgfens
Stimme, meicge tröftenbe SBorte unb brängenbes flehen*
bes Sitten: „Komm mit, (Elias I Komm mitl"
Sie. i)at Gühus nach Gbbas lob oerpacgtet unb
mill fi d) jegt fern in einer heiteren freunblidjen Stabt
an ber Oftfüfte einen ruhigen ßebensabenb fefjaffen,
fid) unb ihm, Glias 3 )anfens 5 Beg foll plögticg in
frieblicger forglofer ©eborgengeit enbigen — ben SDtann
uberriefelt auf einmal bie (Erinnerung an fo manchen
rauhen #erbft* unb SBinterabenb, mo in bie Duntelgeit
ber Straffe auf ben groftgefcgüttetten trauliches ruhiges
ßampenlicgt fiel, bas aus marmer Stube tarn. Doch eins
hat (Elias j)anfen nie gelernt: Selbfttäufchung. So
quält er fich jegt mügfarn bie Sßorte über bie Sippen:
„©übe... lag mich... es geht nicht mit mir... ich
tomme nicht mieber hoch... 3U tief ba unten ..." Da
faßt fte feine beiben fjänbe: „Sitter Glias ... bas
glaubte (Ebba auch »on bir. 3 cg aber habe mehr SJtut
unb 3 ut>erfid)t als ihr beibe. Gs roirb jegt gehen,
menn ich bei bir bin, Glias!"
Umfonft oerfudjt er mieber unb mieber, biefen
©tauben gu entträften, fich 3» mehren gegen biefe
guoerficgt — enblicg gelobt er oer3meifeIt unb be*
tlommen ©übe Düchfen bennoch, mas fie forbert: bag
er mit ihr gehen unb feghaft merben mill sroifdjen
©tragen unb ©affen.-
„©übe,“ Unterbricht er fcgliegtich ihre greube, „©übe,
fo fann ich nteht mitl 3 $ bitte bich um eins: Sag
mich noch einmal Gügus fegen!... stoch einmal!“...
„ 3 a, Glias! ©emig fodft bu basl Dann fahren mir
morgen 3üfammen hin 1 " — „Steinl" fagt er mit rauher
erftictter Stimme, „ich mug allein hin, ©übe ... fei
barmher3ig!“ Da nictt fie nach einem langen Scgmeigen,
mährenb beffen einer bes anbern Ijerafcglag su hören
meint, mübe mit bem Stopf-hat fie auch heute
nicht ben Sieg in Qänben?
Gühus liegt breit unb maffig auf h°her SBerft.
Seine genfter fehen meit meg über grüne ebene gennen,
mit fchnurgeraben filberigen Kanälen 3roifcgen {ich, bis
3um ^origont, an beffen Stanb fich unruhooü ein geüer
gligember- Streifen behnt. Sttm guge ber 3 Berft ragen
bicgtgebrängte ©fegen* unb ißappeltronen in bie S)ö he
unb ba3mif(hen bas ßaub fruchtbefchmerter Obftbäume.
Duntel unb fchläfrig träumt bas alte S)aus im
blaffen ÜRonblicgt. Unter bem Strohbach fchluch3t nur
3umei(en ein erfcgredtes 93 ogeljunges heroor; bur<h bie
Staüfenfter fommt bann unb mann bas Klirren einer
Kette, menn ein Her in fernerem Schlaf baran 3errt —
fonft fein ßaut.
3egt fällt aus ben unoerhüüten genftern bes ißefels
ein rötlicher unruhiger ßichtftreifen auf bie fcglafenben
©räfer ber SBerft. —
(Elias i)anfen geht mit einer flacfemben Kerse in
ber f)anb burch bas groge faalartige gimmer.-
Stoch ftegt aües mie oor breigig 3agren, bie alten be=
tonnten Sachen am altbelannten Ort. 2Rit faft ge*
fcgloffenen Stugen geht er hinburch bis 3U bem grogen
SBilb an ber hinteren SBanb. #ocg hebt er bie Kerse,
flacfernbes ßiegt fällt auf Gbba Dücgfens lebensmarmes
®Ub, fyalb. im ißrofil fieht ihn ein fchönes, junges
©eficht an, bie fchlante ©eftalt in bem mit oielen
Stüfchen unb Schleifen negierten heüen Seibenfleib
trägt ben feinen Kopf mit ber fcgmeren btonben
gtecgtenfrone ftol3 erhoben; Stol3 unb fprühenbes
ßeben lachen aus ben ftrahlenben blauen Slugen. 2 Bie
ähnlich bas 9511 b iftl $eute, nach aü ben langen
3 agren, meig Güas Sjanfen erft, mie gut es ihm ba*
mals gelungen ift. Gr ftetlt bas ßicht auf einen
tleinen Difch in ber Stäbe hin unb fegt fich mübe auf
einen Stuhl. Unbemugt falten fich feine $änbe, als
er 3U Gbba Düegfen auffieht ...
Steigt fie nicht aus bem Stahmen heraus? Steht
He nicht oor ihm ... mit brohenben 3ornf(ammenben
Slugen? — , 2 Bas fcgmerat benn auf einmal? .. . Sren»
nenb glüht ihm ein blutiger Striemen im ©eficht . . .
„Gbba!" fchreit ber alte SQtamt auf, „Gbba, ich geh
ja fcgon . . ."
3 a, ihre Schmefter fagte bie SBagrgeit: Gbba Dücgfen
gab ihn bis in ihre Sterbeftunbe hinein oerloren. Sich,
unb niemanb auger ihm mugte, mie recht fie hattet
-„SBenn beine ßiebe mich nicht halten tonnte,
Gbba . . .1 Stein, fürchte nichts ... ich hob bir immer
gebantt, bag bu bir bas ßegte retteteft aus meinem Schiff*
bruch .. . bag ich nicht noch mehr an Steuelaft fcgleppen
mug ... unb nun foüt ich ©übe, beren meltfrembe
törichte ßiebe bu bis an beinen lob oor mir gehütet
haft, ben ßebensabenb 3erftören? ... Stun, mo beine
ftol3en machen Slugen fchlafen? ... Stein, fei ruhig ...
bu ... bein bleibe ich ... ich flehe... ich flehe fchon ...“
gitternb greift er nach bem ßeuchter unb hebt ihn noch
einmal sum 95 i(b hoch — bann beugt er fich oor unb
brücft bemütig feine ßippen auf bie falte ßeinmanb. —
Glias hänfen fchliegt bas j)edtor oon Gühus hinter
fich, trägt mieber feinen alten sufammengebettelten
Slngug — bie neuen Kleiber, bie ©übe unb grau Kluth
ihm befchafft haben, hat er im Sünbel unterm 21rm —
3um alten ßeben gehört bie alte gorm.
Stafcger unb rafcher geht er quer über bie gennen,
bie oon einem geheimnisooüen meigen Stebelmeer be*
bectt finb, bas im SJionbtidjt lautlofe, 3itternbe SBeüen
hin unb her fcgiebt, 3um Stranb hin, bem SDteer 3U.
Stun fteht er am Ufer, hinter ihm reden fich bie
roten ßehmmänbe bes Kliffs hoch- Sor feinen Slugen
fchläft über ben SBatten in unenblicger SBeite bie See.
2 tuf ruhigen, nur eben gleitenben ÜBeüen fchmimmt in
oerjchmenberifcher güüe gleigenbes ©olb bes SJtonb*
(ichts. Durch ben fteinigen Stranb bahnt eine fehn*
fücgtige Oueüe fich Öen SBeg 3um ÜJteer — bie groge,
einfame Stiüe horcht mit angehaltenem Sltem auf ihre
flüftemben Dräume.
Glias ^anfen hat längft fein Sünbel finfen taffen
unb ben S)\xt oom Kopf genommen. lief atmenb
fieht er um fich in bie ftiüe SBelt. Unb aügemach
fteigt ein beraufdjenbes ©lüds* unb greiheitsgefühl in
ihm hoch, bas aües, mas Dumpfes unb Drüdenbes in
ihm ift, megfpült — Herrgott, Glias, in Stragen unb
hinter bicgten SJtauem hätteft bu frfjlerfjt gefchlafen 1
Unb ohne ©rauen fieht er ben 3utünftigen Dagen
ins Stuge: ÜJteer unb Stranb, Seeminb unb Sonnen*
fchein merben auch fein tegtes Kämpfen unb Straucheln
fegen ... in emiger Schönheit unb emiger ©üte.
Glias hänfen hofft fürs Gnbe auf ein groges aü*
umfaffenbes Seligen.-
o
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Seite 1360.
Stummer 81.
Die 3a<fe im Dienff bet $ommermobe 1908.
l
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tlhtmmer 31.
Seite 1361.
oometjm abgefdjloffener Gleganj jefjt ^ßaris * fßlage oor»
anfdjreitet, mit bem glängenberen Droumlle • Deauoitle
unb ifjrem ©cfjaorm oon (leinen Orten im ©efolge.
©eroänber roie bas ©djantungfleib (2tbb. 3) mit bem
glatten, nur burd) ftäftdjenftreifen garnierten 5Rocf
5. Hnfdjliejjenbe 3<nfe mit roeifebefflcflen Sdjöfjen.
2Jtat[on 2)rccotL — $f)ot tteutlinger.
unb ber lofen, foutadjierten 3acfe finb für
ben 23abeftranb in ben 23ormittagftunben
gefdjaffen. Die hellblaue fjarbe bes oor=
iiegenben 9Jtobells ift bie beliebtefte unb
mobernfte neben naturfarben unb etnpire»
grün. Die fangen fdjma^en i)anbfd)uf)e
unb ber Heine l)ocf)föpfige, ftafylblaue #ut
mit ber fd)roar 3 en emporftrebenben gtügef»
garnierung, an tüfjfen Dagen eine Sraufe
aus fcbroar^etn Düü um ben fials, oollenben
ben 2 In 3 ug, 3 u bem bei roinbigem SBetter
ein großer, buntler, meift blauer Sfuto»
mobilfd)leier um ben gansen Eopf gctnotet
roirb. 2Rit einem Sdjlage neränbert fid)
um bie 9Rittag3eit bas 23ilb am Stranbe.
4. Jidjujäddjen aus grobem nidfjgefticftem Xüll.
ÜRaifon SRonbeau. — ^ot fteutlinger.
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Seite 1362.
Ütommer 81.
m
6. Cange 3acfe ans irifdjer Spige.
SRalfon X^uffet — $4ot fteutftnger.
2lnftatt ber Sdjantung* unb ßeinenfleiber in
if»rcr immerhin oerhältnismägig anfprucgs*
lofen Schlichtheit tauchen bic eleganteren
Sdjöpfungen ber Ißarifer 9tabelfünftler auf
bem Dünenfanb auf, überragt oon feenhaften
^utgebilben. Sie alle magren ihren SRuf
als Ißromenabentoiletten burch 3adengar*
nierungen. 2)a ift 2lbb. 5 aus filbergrauem
Seibenfrepp. Das ÜRieber aus weitem ge*
fälteltem lütt wirb nur in einem tiefen ©in*
fag fichtbar, freigelaffen oon ber fnapp»
anfcgliegenben 3ade, bie, in ber Daille in
einem ©ürtel 3 ufammengenommen, lange,
rofafeibengefütterte unb mit meinen Soutacge*
bänbehen beftidte Sd)öfje herabfallen lägt.
Soutachegarnierung legt fict» in Slcgfelbänbem
über bie Schultern unb umranbet bie geraben,
furzen Slermel, unter benen glatte 3Ranfcgetten
aus gefälteltem grauem Seibenmuffelin ficht*
bar werben. Silbergrau ift bie groge Sltlas*
fcgleife, bie oorn bie 3 ade fd) liegt; (cgneeweig
aber bie ben breitranbigen unb hodjföpfigen
fegma^en Seibenhut über unb über bebeden«
ben IReigerftuge unb ^atabiesoogelfebern.
Der lour be ©ou aus grauen Straugenfebern
3 eigt fich hier mieber in etwas oerlängerter
©eftalt oon neuem als Schulterhülle, ©tmas
überaus einmütiges hat bas &leib aus weigern
geftidtem Xüll (2lbb. 6 ). Selbft ber breite
giletftreifen, ber ben 9tod umranbet, hat
hier nichts Steifes, unb bie in lofen graften
bis etwa 3 U ben Änien runbum gleicgmägig
lang gerabfallenbe 3ade mit ihren in Sti*
tnonoform angefegten oollen ©Ubogenärmeln
aus irifdjer Spige, über getrauften weigen
Seibenmuffelin gebreitet, erhielt gerabe burch
ihre Scglidjtgeit bie hübfehefte SBirfung. Die
©harlotte aus weigern geftidtem DüH über
Seibenmuffelin fcgliegt fid) bem Kopf burch
ein reegtsfeitig oorn unb iinfsfeitig hinten,
unter bem ©ebaufch bes j)uttopfes ein*
genefteltes, blaulila egangierenbes, fteifes
Xaftbanb an, bas rechts am SBangenanfag
in eine groge gerabflatternbe Schleife gebun*
ben wirb. SBlaulila changierenb ift auch ber
glatte Seibenbe 3 ug bes Sonnenfchirms. Der
grobe weige, weiggeftidte Düll, ber bie
Xunifa unb bas Oricgujädcgen bes ftleibes
(2lbb. 4) bilbet, geigt hier grieegifeger
Xüll. ©r harmoniert in feiner ©rob*
fäbigteit wunberooll mit bem weichen,
weigen Seibenmuffelin, beffen
3 artgetöntes Ißompabour*
mufter er burchfegei*
nen lägt. SlUrofa
ift ber breite
Samtftreifen
um ben Stod*
ranb. SlUrofa
basDaftunter*
fleib, unb in
ber gleichen
etwas bunt*
leren Uluance
ift auch ber
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Kummer 31.
Seite 1363.
Stroggut in feiner flaffifcgen gorm 1908 unb mit
feiner ooilen ©traugfebergarnierung gegolten. Ser
gübfcge Slutomobilgut au 2lbb. 1 ift aus bräunticg»
rotem ©trog. Sas SBanö, bas, um feinen Stopf
gelegt, ficg oorn 3 U groei birfen Stafetten oereinigt, ift
fitbergrau, ebenfo tnie ber breite laftftreifen, ber, ftcg
nacg unten oerfcgmälernb, ben i)interfopf unb bie
Ogren oerbedt, um unter bem Sinn, bas ©eftcgt ganj
freiiaffenb, ju einer Scgleife gefcgtungen ju »erben.
Sie lange, (ofe Stutomobiijade ift aus bebeutenb
geilerem, (eicgtem, ungefüttertem grauem SBoUftoff.
Sie (ofen, breioierteüangen Siermel gaben bie für aUe
Slutomobiimäntei im Stugenbiid gemägite gorm, bie
jeber Stermelforte, fei fie go(ggebauf<gt ober glatt, ein
paffenbes gutteral biiben mug. Sie grogen Snöpfe
finb aus grauem ruffiftgem ©über mit ©oibränbern
geformt.
Stu<g an ©teile ber eigentiiigen Sibenbmäntei ift ein
gadengebilbe getreten, bas man am ©tranbe, in ben
offenen Safinogaüen, felbft bereits bes Staigmittags an
fügten Sagen anlegen fann. 2ibb. 2 jeigt eine folcge
3ade aus feibenmuffeiingefüttertem, maioenfarbenem
fiibertg mit giigufragen unb gerafften, offenen Siermein,
beren fcgroere ©arnierung aus ©eibenborten unb
granfen feltfam unb bo<g gübfcg mit ber buftigen
SBeicggeit bes ©toffes tontraftiert. jticmenime
-O—-
Bas bie Kicgfet fagen.
93egrensung bes 3 *ugenbetoeifes.
Rieht feiten ift bie übermäßig lange Dauer eines ©traf*
projeffes barauf 3 urücf 3 ufübren, baß non feiten ber Staats*
antoaltfchaft ober ber SBerteibigung immer neue Anträge auf
93ernebmung oon 3*ugen gefteßt toerben. (Es liegt besbalb nabe,
einmal bie grage 3 U erörtern, ob unb unter toelehen Umftänben
bas (Bericht befugt ift, bie 93emebmung oon 3*ugen ab 3 u(ebnen.
93orausgefd)icft muß toerben, baß bas (Bericht in ber (erft*
inftanslichen) 93erbanblung oor ber Straffammer unb oor bem
Scbmurgerid)t 3 unäcbft färntlidje 3*ugen oernebtmn muß, bie
orbnungsmäßig oorgelaben finb, gleichgültig ob es ihre 93er*
nebmung .für erheblich erachtet ober nicht. (Es macht babei
auch feinen Unterfdjieb, ob ein Seuqe auf Slnorbnung bes
(Berichts ober ber Staatsanioaltfcbaft ober unmittelbar oom
Slngeflagtcn gelaben ift. Der Sßngeflagte toirb 3 ur unmittel*
baren ßabung eines 3 ^ugen getoöbnlich bann febreiten, toenn
ber 93orfißenbe feinen Antrag auf ßabung biefes 3 *ugen ab*
gelehnt bat; er ift aber auch ohne oorbergebenben Eintrag
3 ur unmittelbaren 3 *ugenlabung berechtigt.
danach ift alfo in erfter R»ibe ber 9Biße ber $ro 3 eß*
beteiligten für ben Umfang ber 93etoeiserbebung maßgebenb.
Rur in ben 93erbanb(ungen oor ben Schöffengerichten unb
in getoiffen 93erufungsoerbanb(ungen beftimmt bas (Bericht
ben Umfang ber 93etoeisaufnabme, fo baß es hier auch °° n ben
oorgelabenen 3*ugen nur jene 3 U hören braucht, beren 93er*
ne';mung es nach pflichtmäßigem (Ermeffen für erheblich erachtet.
3n allen anberen Rerbanblungen, insbefonbere in ben 93er*
banblungen oor bem Schtourgerichb bagegen ftebt bem (Bericht
bie (Entfcbeibung barüber, ob getoiffe 3 eu Ö en 3 u oemebmen
finb ober nicht, nur bann $u, toenn biefe 3 *ugen nicht orbnungs*
mäßig oorgelaben finb, ihre ßabung oielmebr erft in ber
Hauptoerbanblung beantragt toirb. Slber auch hier barf bie
beantragte 3*u0*m>emebmung nur bann abgelebnt toerben,
toenn fie 3 toecfios ift. Der 93efchluß bes (Berichts, bureb ben
ein Antrag auf 93ernebmung oon 3* u 9*n abgelebnt toirb,
muß mit (Brünben oerfeben fein unb fofort ober hoch toenigftens
oor bem Schluffe ber 93emeisaufnabme oerfünbet toerben,
bamit ber Kntragfteüer bie SRöglichfeit bat, bie ©rünbe bes
ablebnenben 93efcbluffes bei feinen toeiteren SRaßnabmen in
ber Derbanblung 3 U berüeffiebtigen. Die ©efebtoorenen toirfen
bei ber 93efchlußfaffung nicht mit. (Es ift jeboch 3 toecfmäßig,
baß bas ©ericht fich oor ber 93efchlußfaffung barüber unter*
richtet, ob bie ©efebtoorenen, bie ja hoch über bie Schulbfrage
allein 3 U entfebeiben haben, bie beantragte 3 *ugenoernebmung
für erheblich erachten.
9Bas bie grage ber (Erbeblichfeit ber 93etoeisanträge be*
trifft, fo b^l bas ©efeß 93eftimmungen barüber, toie bie $rü*
fung biefer grage an 3 ufteHen ift, nicht getroffen. (Es haben
fich jeboch allmählich auf ber ©runölage ber Recbtfprecbung
bes Reichsgerichts in ber Rragis fefte ©runbfäße barüber aus*
gebilbet, in toelehen gälten bie Ablehnung eines 93etoeisantrages
erfolgen barf. Solche gälte finb; 1 . toenn bie unter 93etoeis
gefteßte Xatfache toeber unmittelbar noch mittelbar für bie
(Entfcbeibung ber Schulb ober Strafftage erheblich ift; 2. toenn
bas (Bericht bie Xatfache bereits für ertoiefen erachtet; 3. toenn
bas ©egenteil notorifch ift; 4. toenn ber benannte 3* u 9 e rid)t
erreichbar ober oößig untauglich ift
9 ßenn toir biefe oier gäüe im ein 3 e(nen betrachten, fo toirb
uns fogleicb flar, baß ber erfte Slblebnungsgrunb nur böchft
feiten burchgreifen toirb; benn in ben meiften gällen toirb bie
unter 93etoeis geftellte Xatfache, toenn auch vielleicht nicht mit
ber Schulbfrage, fo hoch toenigftens mit ber Straffrage in
irgenbeinen 3 u fa*nnienbang gebracht toerben fönnen. 93on
größerer praftifeber 93ebeutung ift ber 3 toeite gaß, toäbrenb
toieberum oon bem britten Slblebnungsgrunb in ber Jßrajis
nur toenig ©ebrauch gemacht toirb. 93orficbt ift geboten bei
Prüfung ber grage, ob ber oierte SHblebnungsgrunb oorliegt.
(Es müffen hier gans beftimmte Umftänbe angeführt toerben,
aus benen fich bie Untauglichfeit bes betreffenden 3 eu 0 en
burchaus 3 toeifelsfrei ergibt. 9Us folcbe Umftänbe fommen nach
ber SRechtfprechung bes Reichsgerichts unter anberem bie Be¬
teiligung bes 3^gen an ber 3 ur 93eurteilung ftebenben Straf*
tat ober bie nabe 93ertoanbtfcbaft bes 3?ugen mit bem 2ln*
geflagten in Betracht. (Es ift jeboch bamit nicht gefagt, baß,
toenn biefe Umftänbe oorliegen, bie betreffenben 3*u9* n grunb*
fäßlich als unglaubtoürbig abgelebnt toerben müffen. 93ielmebr
fönnen fie im ein 3 e(nen gaH bennoeb 3 ugelaffen toerben, toenn
bie befonberen Umftänbe bes galles bafür fpreeben, baß fie
troß ihrer Beteiligung an ber Xat ober ihres naben 93erbält*
niffes 3 um Kngeflagten bennoch bie 9Babrbeit fagen toerben.
3 n allen anberen gällen, in benen feiner ber oben* er¬
mähnten Hblebnungsgrünbe 3 utrifft, ift bie Ablehnung einer
beantragten 3 *ugenoernebmung unsuläjfig unb 3 iebt, toenn fie
bennoch erfolgt, bie Aufhebung bes Urteils im 9Bege ber
9ieoifion nach fich- Snsbefonbere fann, mie bas Reichsgericht
fd)on mehrfach ausgefprochen bah eine 3 eugenoemebmung
nicht mit ber Regrünbung abgelebnt merben, baß bie Sach*
läge fchon genügenb aufgetlärt fei, ober baß bie unter 93etoeis
geftellte 93ebouptung bereits toiberlegt fei.
Rach allem feben toir, baß es bem $ro 3 eßbetei(igten ein
leichtes ift, bie Rerbanblung bureb Stellung immer neuer
93etoeisanträge in bie £änge 3 u 3 ieben. (Es ift nkht 3 U oer-
fennen, baß baburch für bie 93erbanb(ungsleitung erhebliche
Schmierigfeiten entfteben fönnen. Rnberfeits muß aber berüd-
fichtigt toerben, baß manchmal bie 93ernebmung eines 3*u0*n
ausreicht, um einer bereits mehrere Xage toäbrenben 93er-
banblung eine entfeheibenbe 2 Benbung nach ber einen otfer
ber anberen Seite 3 U geben. 3m übrigen ift bas ©ericht auch
in ber £age, folcbe 93etoeisanträge, bie offenfichtlich nur ber
93erfchleppung bienen, mit ber 93egrünbung 3 urütf 3 utoeifen,
baß biefe Anträge gar nicht als 93etoeisanträge ansufeben
feien, meil fie nicht emftlich auf bie Herbeiführung einer 3 cugen*
oemebmung absielten, fonbent nur bie 93 er 3 ögerung ber Ur¬
teilsfällung be 3 toecften. Dr. jur. st.
6
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$o|pt)ol. äli. «bflcL
Die Jubiläumsfeier ber &arfe(ibe 3 iebungen 3 ioif<beu ben äorps Sajo-Boruffia (f)eibe(berg), 5a;onia ((Böttingen) unb
Boruffia (Bonn) in Böbeo^eim: Gruppenaufnahme bet Xeilnebmer.
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Seite 1364.
Hummer 31.
Bitter aus » ::
:s:: aller Belt.
Die Snternationale fteil*
ftättenfommiffion i>at tür^
lief) eine Sißung in Brüffel
abgebalten. Die Aufgabe
ber Berfammlung mar, bie
bpgienifcben Btinbeftanfor*
berungen fefoulegen, bie
an eine Bolfsbeilftätte in
baulicher Bejieljung ju
[teilen finb, unb bie unter
ben oerfebiebenften örtlichen
Bebingungen als ©runb*
läge bienen fönnen. Die
Aufgabe rourbe 3U allge=
meiner Befriebigung gelöft.
3n Bübesbeim oereinig s
ten fid) bie brei befannten
Äorps Saro*Boruf[ia ( 5 )ei=
beiberg), Boruffia (Bonn)
unb Saxonia ((Böttingen)
311 einem gemeinfamen
§eft, an bem fid) aud) eine
änaal)! Onaftioer unb alter
Herren beteiligten. Cs galt,
it)r Kartell ju feiern, bas
jmifeben Safo=Boruffia unb
Boruffia bereits feit ad)t*
3ig 3al)ren beftebt.
SInläßlid) bes Begie*
rungsjubiläums bes $lai=
fers Sran 3 3ofef bat bie
£)anbels= unb ©eroerbe*
fammer in B ra 9 eine 9 r o&e
ausftcllung oeranftaltct, bie Bon linfs no4) Unttre
5)anbel, onbuftne, ©emerbe, ßorenhemKopentjagen, 2)ireftor ©r. ftr<
Berfebrsroefen unb 0d)Ule C»Ue, Gtjefa^t ©r. @uinarb*$ari9, (—),
umfaßt. BMr bringen beute (_) ' ^ ro *;
ein Banoranta ber 2lus* '
ftellung, bie einen impo? ® lnc 5 *6 un 9 ber
janten Cinbrucf mad)t.
3 n ber roeftfälifeben Stabt Caftrop oeranftalteten mehrere
Bereine einen großen SBobltätigfeitsbafar, ber mit einer
biftorifdjen geier eröffnet mürbe. Cs mürben 03enen aus
ber (Berichte bes Orts bargefteüt, unb baran fdjloß fid) ein
großer biftorifdjer Sefoug, an bem 300 Berfonen teilnabmen.
3 n Bab Haubeim oeranftaltete bie Direftion für^Iid) auf
*Qot. flluro.
93 on linfs nact) rcd)ts. Untere SHei 1>e*. ^3rof. (Ealmette*ßiüe, ©r. ©eroe3-93rüffel, 9ßrof. 93annroife>93erlin, ^3rof
Corenhen»Äopentjagen, ©ireftor ©r. 5reunb*'Berlin. Mittlere Steife: (njefar^t ©r (Farl&fon Stodtjolm, ©r. 'ißoetjrel*
ßiüe, ttt)efar 3 t ©r. ©uinarb^aris, (—), ßanbe^birettor ©reqo»reßüttid), ©ebeimrat ßiebrect)t‘bannooer. Obere SteUje:
(—), ^3rof. 93ufect)s*ßüttid), 6anitätsrat ©r. SUtl^ul^rag, (—).
3um Kampf gegen bie Zuberfulofe:
(Eine Sißung ber inlernalionalen fjeilflättenfommiffion in Brüffel.
laftrop oeranftalteten mehrere ber Derraffe bes fturbaufes eine Damenbutfonfurren3. Unfere
ätigfeitsbafar, ber mit einer Bilber 3eigen bie brei fd)önen Breisträgerinnen,
be. Cs mürben 03enen aus Oberleutnant ©raeß bat feinen Blan, 2 lfrifa im 2 lutomobil
üt, unb baran fdjloß fid) ein 3U burtbqueren, glüdlid) burdjgefübrt. Unfere blutige 2 luf*
bem 300 Berfonen teilnabmen. nähme 3eigt ihn auf einer 0pa3ierfabrt bei Btpifa, bas ficb
tete bie Direftion füglich auf bereits einer für Äraftmagen gebauten Straße erfreut.
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Dom fjiflorifdjen ffiobttäfigteifobafar in Caffrop: f)u(bigung>r eigen ans ber Eröffnungsfeier auf bem OTarffptafe.
Hummer 31.
Seite 1366.
3. Krcts. grau Sr »oetfeL
1. greift. graule in 'JJlci)(cnbälb€r.
Damenbutfonfttrrem in Sab Jtanbeim.
2. fktis. Fräulein fiilbebranbt.
21 m teteuer: Oberlcutn. ®raefo. Sa neben: 2Hr g. S). SDiellanb, SJlagiftrat oon ÜJlpifa. Sabinter: ÜRr. unb 'JRrs. TOarfdjall, SWagiftrat oon SIbercom.
Otcbcnb; iÖur ikorga. — i»poi. ^rant irteuano.
Spaaierfafirt auf einer Stutomobitftrafie bei SDlpifa.
3ur g(fltflid)en Durchführung bet Reife be< Oberleutnante ©raefc .Quer burcfc Rfrtfa im Rutomobtt*.
Schluss c/es redaktionellen Teils.
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Kummer 31.
1. Sluguft 1908.
©eite I.
das gegenwärtig
Beste 3€aarpflegemittel
der Welt
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Wafirscfieinlicfi
Pixavon-
Haarwäsche.
^|^an fann bet ben ficb maffen»
l)aft mebrenben Haarpflege»
mittein nicht genug barauf auf»
merffam fein, baß bie einjige naturgemäße Haarpflege
barin befteijt, baß man bie Kopfhaut genau fo mit
SBaffer unb Seife roäfcbt, roie bie übrige Haut bes
Körpers. Stur besüglicß ber Seife bat man barauf 3 U
adjten, baß fie milb fei unb einen 3 ufaß habe, ber
einen anregenben (Einfluß auf bie Dätigfeit ber Kopf»
baut ausübt unb g(eicb 3 eitig parafitäre (Erreger ocr»
fcbiebener Haarfranfbeiten oernicbtet.
2 lls folcber bat ficb, roie allgemein betannt, ber
leer als gerabe 3 u fouoeränes Mittel beroäbrt. Der
leer roirft antifeptifcb unb bat außerbem bie bemertens»
roerte (Eigenfcbaft, bie lätigfeit ber Kopfhaut unb
bamit bas SBacßstum ber Haare an 3 uregen. Iroß
biefer (Eigenfdjaften, bie in ber Mebisin b°cbflef<bäßt
roerben, bat ficb ber Deer 3 ur Kopfroäfcbe bocb nicht fo
einbürgern tönnen, roeil oieten ber ©erucb einfach un»
erträglich ift unb bie gewöhnlichen leerpräparate, roie
fie bisher im Hanbel roaren, in oielen gälten bocb un=
angenehme Steisroirtungen beroorriefen.
(Es finb besbalb jahrelang 23erfucbe angeftellt roor»
ben, um ben leer in geeigneter SBeife umsuarbeiten.
unb es ift fdjließlitß gelungen, ein faft gerucblofes
leerpräparat ber^uftetlen, bas auch feine unerroünfch»
ten Stebenroirfungen mehr bat. Diefes Präparat
(IJSitttjlen genannt) rourbe fobann mit flüffiger milber
Kalifeife oereinigt 3 um ißijaoon unb fo enblicß bas
längft gefugte leerpräparat für Kopfroafcbungen ge»
f (ßaffen.
Das ißijaoon Iöft mit ßeicbtigfeit Schuppen unb
Sdjmuß oon ber Kopfhaut, gibt einen pracßtoollen
Scßaum unb läßt ficb febr leicht oon ben Haaren
berunterfpülen. (Es bat einen febr fqmpatbifcben ©erucb,
unb infolge feines leergebaltes roirft es parafitärem
Haarausfall entgegen. Schon nach roenigen ißijaoon»
SBafcbungen roirb jeber bie roobttätige SBirfung oer»
fpüren, unb man fann roobt bas tßifaoon als bas
3bealmittel für Haarpflege anfprecßen.
Ißreis einer glafcbe Ißijaoon, Monate ausreicbenb,
2 Marf. — 3n allen einfcblägigen ©efcbäften erhältlich.
21 lle befferen grifeurgefcbäfte führen ißijaoonroafchungen
aus. Die jeßige gobres 3 eit ift befonbers geeignet, um
bie jßisaoon»Haarpflege 3 U beginnen.
Seite II. _
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Verschiedene Mitteilungen.
— Um schwächliche und in der Ernährung zurück¬
gebliebene Säuglinge richtig ernähren zu können, ist in Deutsch¬
land mit Unterstützung des bekanntesten deutschen Kinderarztes
Geh.-Rat Prof. Dr. Biedert und mehrerer anderer Kinderärzte ein be¬
achtenswertes und in jeder Hinsicht mustergültiges Unternehmen ge¬
schaffen worden, das sich die Herstellung erstklassiger allerbester
Kindermilch zur Aufgabe gemacht hat. Ein bekannter französischer
Experte, den der Weg in viele Fabriken geführt hat, mußte in einem
Gutachten zugeben: „Je puis assurer ici, que je n’ai pas encore vu
d’usine aussi bien installöe' que celle des Deutsche Milchwerke ä
tous les points de vue.“ (Ich kann an dieser Stelle versichern,
daß ich noch niemals eine in jeder Hinsicht so vortrefflich ein¬
gerichtete Fabrik gesehen habe wie die der Deutschen Milchwerke.)
Das bekannteste Produkt ist das millionenfach bei fehlender Mutter¬
milch und gan/ besonders bei Brechdurchfall und Darmstörungen be¬
währte Biederts Ramogen. Die Deutschen Milchwerke in Zwingen¬
berg (Hessen) versenden gratis und franko eine Abhandlung A von
Dr. Gössel: „Wie ernähre ich meinen Säugling? 44 , die für jede Mutter
wertvolle Winke und Ratschläge für die Pflege des Säuglings enthält.
I — Eine wirkliche Dame erkennt man an ihrer Hand. Eine
| zarte, wohlgepflegte Hand ruft immer den Eindruck der Vomehm-
I heit hervor und erregt Bewunderung. Aus diesem Grunde spielen
auch alle Mittel zur Pflege der Hand eine wichtige Rolle im Leben
der vornehmen Welt. Wenn so viele gefeierte Schönheiten Frank¬
reichs sich heute nur mit der aus Hühnerei bereiteten Ray-Seife
(Deutsches Reichspatent No. 112 456 und 122 354) waschen, so hat
dies seinen Grund darin, daß keine andere Toiletteseife in gleich vor¬
teilhafter Weise auf die Zartheit der Hände und die Schönheit desTeints
einwirkt. Auch in anderen Ländern hat Ray-Seife die früher fast aus¬
schließlich verwandten französischen Seifen stark verdrängt, ein glän¬
zender Beweis für die Vorzüglichkeit dieses deutschen Fabrikates.
— Nach langen, ernsten Bemühungen und Versuchen bringt die
Firma Th. Kreye & Co. (Bremen) einen Hühneraugenring aul
den Markt, welcher alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt.
Es hat wöhl Hühneraugenringe aller Art schon lange gegeben, aber
es wurde nie oder nur in Ausnahmefällen durch dieselben eine
radikale Hilfe gebracht. Bekanntlich bilden sich Hühneraugen
hauptsächlich nur an solchen Stellen, wo es Knochenerhabenheiten
gibt, nämlich an den Gelenkteilen der Zehen. Der Druck von außen
(Fortsetzung aut Seite XIV.)
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1. Stuguft 1908.
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die sich schließlich zu einer sogenannten Hornhaut verdichtet. In m. b. H., Hamburg 1, wird denselben eine Serie kostenfrei ein-
der Mitte der letzteren entwickelt sich ein fester Kern, auch Dom gesandt. Das Sammelalbum ist gegen Einsendung von 30 Pf. in
oder Auge genannt, welcher seine Wurzel bis tief in die gefäß- Marken oder der Vorderseiten der Pakete, deren Inhalt sechs
und nervenreiche Lederhaut Versenkt. Der Hühneraugenring von Pfund beträgt, zu beziehen.
Th. Kreye & Co. (Bremen) ist derartig angefertigt, daß er sich, — Stottern! Die Gräfelfinger Sprachheilanstalt, deren Pente¬
vermöge seiner Ansaugungsfähigkeit, fest um die Hornhaut legt verfahren schon durch seine schnellen Erfolge großes Aufsehen er-
und diese mitsamt dem ganzen Hühnerauge allmählich hebt, so daß regte, hat nun endlich den Weg zur rein mechanischen Verhinderung
der von dem Knochen herrührende Gegendruck aufgehoben wird, und Beseitigung des Stotterns gefunden. Der nach jahrelangem
Man verlange Th. Kreye & Co.'s Hühneraugenringe in den Studium endlich zum Patent angemeldete Penteapparat befreit
Apotheken und Drogerien. Stotternde sofort nach dem Anlegen auch von dem schwersten
— Die National Starch Co., alleinige Fabrikanten des be- Leiden. Jeder Stotterer kann sich erst an sich selbst von der ver¬
kannten Maismehles „Maizena“, hat eine künstlerisch ausgeführte blüffenden und überraschenden Wirksamkeit des Apparates über-
Sammlung von Karten herausgegeben. Es handelt sich hierbei um zeugen, bevor er solchen bestellt. Interessenten mögen sich schnell
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Dresden, und besteht die ganze Sammlung aus 72 Karten, wozu Zeit am noch anzugebenden Ort einfinden.
auch ein Sammelalbum von vornehmer Ausführung erhältlich ist — Das Postwertzeichensammeln verbreitet sich immer
Bis jetzt ist die erste Serie von sechs Karten erschienen, und werden mehr und mehr; Interessenten seien deshalb auf die seit 1866 be¬
wettere Serien in kurzen Zwischenräumen folgen. Den Käufern stehende Firma W. Künast, Berlin, Unter den Linden 15,
von * Maizena“ ist hiermit Gelegenheit geboten, sich eine Samm- aufmerksam gemacht Diese älteste Berliner Postwertzeichenhand¬
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lass bereits Oktober mit der Aufstehung der Maschinen begonnen
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Jnfälle. die sich Hausfrauen zuziehen. Risse und Stiche gehören
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vergiftungen nicht zu den seltenen Erscheinungen. Denn wenn sich
lie Frau beim Zurechtmachen der Speisen oder bei ihrer sonstigen
läuslichen Tätigkeit eine kleine Verletzung zuzieht, so bedenkt sie
licht daß beim Hantieren mit so vielen und mannigfaltigen Dingen
eicht Schmutz und Krankheitserreger der verschiedensten Art in
lie Wunde gelangen. Und dann sind oft entsetzliche Qualen, mit-1
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Haut. bzw. die Wunde und verhütet Blutvergiftung. Zuckooh-
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Seite XIV.
1. Stuguft 1908.
* Stummer 31.
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die sich schließlich zu einer sogenannten Hornhaut verdichtet. In
der Mitte der letzteren entwickelt sich ein fester Kern, auch Dorn
oder Auge genannt, welcher seine Wurzel bis tief in die gefäß-
und nervenreiche Lederhaut versenkt. Der Hühneraugenring von
Th. Kreye & Co. (Bremen) ist derartig angefertigt, daß er sich,
vermöge seiner Ansaugungsfähigkeit, fest um die Hornhaut legt
und diese mitsamt dem ganzen Hühnerauge allmählich hebt, so daß
der von dem Knochen herrührende Gegendruck aufgehoben wird.
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weitere Serien in kurzen Zwischenräumen folgen. Den Käufern
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gesandt. Das Sammelalbum ist gegen Einsendung von 30 Pf. in
Marken oder der Vorderseiten der Pakete, deren Inhalt sechs
Pfund beträgt zu beziehen.
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verfahren schon durch seine schnellen Erfolge großes Aufsehen er¬
regte, hat nun endlich den Weg zur rein mechanischen Verhinderung
und Beseitigung des Stotterns gefunden. Der nach jahrelangem
Studium endlich zum Patent angemeldete Penteapparat befreit
Stotternde sofort nach dem Anlegen auch von dem schwersten
Leiden. Jeder Stotterer kann sich erst an sich selbst von der ver¬
blüffenden und überraschenden Wirksamkeit des Apparates über¬
zeugen, bevor er solchen bestellt. Interessenten mögen sich schnell
melden und sich nach erhaltenem Prospekt pünktlich zur bestimmten
Zeit am noch anzugebenden Ort einfinden.
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vorzunehmen. Die vorzügliche Wirkung der Ray-Seife auf die Gesundheit und
Zartheit der Haut ist direkt überraschend, wie dies auch aus der nachstehenden
Zuschrift des berühmten Afrikareisenden Professor G G. Schillings hervorgeht:
Expedition C. G. Schillings, Pangani,
Deutsch-Ost-Afrika, Lager in der .
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Ihre Ray-Seife bewährt sich auch hier in den Tropen ausgezeichnet Ich wasche
mich nur mit Ray-Seife und schreibe ihrer wohltätigen Wirkung das Fernhalten der
Rissigkeit der Haut zu, ebenso die Vermeidung von sonst so häufigen Ausschlägen. Eine
Reihe anderer Herren stimmen mit mir in meinem Urteil überein und glaube ich,
dass der Gebrauch eines so guten Präparates dieser Art von wesentlicher hygienischer
Bedeutung, namentlich hier zu Lande, ist C. G. Schillings.
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2)1 e tyiftbarTeü beo flfyinirqen bei Operationen. 83on $rof. förmig Äöitig 1367
ftinfenety. Siouberei oon B. Staugenegger.1370
äeppelin! Gebiet oon 9Warr 9R5ßcr .. 1371
Oer SÄonn in ber ftüffee. Klauberei oon f). be 3Reoifle.1872
ttnjere Silber.1374
Oie loten ber 3Bo$e. 1374
Silber oom läge. (Styotoarapbiföe Aufnahmen).1375
Heber Sugengläfer. Bon ©tabsargt Or. Sßiebemann.1383
Selig aus <8nabe. Roman oon QMEorrei. (föortfffcung) ...... 1385
2Ut<binefif(be unb aitjaoaniföc tunft in ben Beiliner SRufeen. Oon
ffi. oon ©eibiib. (Otit 13 ObbUbungen).1800
©<b5ne förauen uno ihre SRaier. (Ritt 3 Obbilbungen.1304
Bober aus bcm bcutföen Oierieben. Oon $au( föelt$. (Otit 8 ObbUb.) 1896
Rentier» Onbp. ©tigge oon Slice Oerenb ........... 1400
Oer ©ouoernaitte Iraum. ©ebldjt oon 1). oon Beaulieu.. 1401
Inmen in ber 6d)ule. Bon ©tabt» unb ftrelsftbuiinfpeitor Or, ©runbföeib
(Btit 4 Sbbilbungen).1407
Silber aus ofler ffielt 1407
Die fielen Sage bet Boche.
30. 3uli.
Vus ben perfifc^en Vesirfett ft&oi, Salmas unb Vtofu
tommen Hachrtchten über neue Äampfe swifchen Anhängern
bes Schahs unb Heoolutionären.
3n 3«na beginnen bie Öeierllchf eiten 3um 350 jährigen
3ubtläum ber Unioerfität
3n Hamburg werben oon Vertretern ber beutfchen Stubenten*
fcbaft am Vtsmartf-^enfmal Ärönje niebergetegt.
3n Draoeil*Vigneuj bei Jßaris werben bei 3 u fommen«
ftögen swifchen ÜDtilitär unb ftreifenben Arbeitern fechs $er*
jonen getötet unb 60 oerwunbet.
31. JttfL
3n bet baprifcben SIbgeorbnetenfammer oerlaffen bei ber
Debatte übet bie Öehrergehälter bie ßiberalen, ba fönen öu xd)
Annahme eines Schlugantrages bas 2Bort aur (Erwiberung
auf heftige Angriffe abgefdbnitten wirb, ben Saal.
2lus Haiti fommt bie 9tad)ri<$t, bag swifchen ber Hepublif
unb bem Deutföen Heich ein Hanbelsoertrag abgefd^Coffen
worben ift, ber am 1, September in tfraft tritt.
ißräfibent gßEiörcs trifft 3uin Vefudj bes norwegifchen
Jtönigspaars in (Ehrifttania ein.
Vei bem Staatsbanfett 31s (Ehren bes internationalen
Sriebensfongreffes in ßonbon fpricbt fich b*r Vremiermlnifter
Slsguitb gegen ben (Bebanfen ber allgemeinen Abrüftung aus.
1. Bugaft.
Die Äaiferin trifft in Swinemünbe ein. Slbenbs tritt bas Äaifer*
paar an Vorb ber „$oben3oUem" bie Heife nach Stocfholm an.
Das englifche Unterhaus oertagt ficb nach Annahme bes
(Etats bis sum 12. Oftober biefes Sabres.
2. Buguff.
Efus Vefing fommt bie Hachricht, ba| in ber Schugwache
ber beutfföen (Befanbtfcgaft (Brogfeuer bie (Sefchügmunition
mt (En’Iofton brachte. Dabei würben swei Deutfche getötet,
fieben Deutfche unb fünf gransofen fchwer oerlegt.
3n ber dürfet wirb ein neues ÜRlniftertum mit Saib*
Vafchß an ber Spige unb Dewftf^afcha als SWinifter bes
Auswärtigen gebilbet.
2lus SBritifb Columbia wirb gemelbet, bag burch einen
grogen SBalbbranb bie Stabt Semie unb fünf anbere Stabte
t
eingeäfchert würben. Viele Daufenbe finb obbachlos, mehrere
bunbert $erfonen fanben ben Dob in ben gflammett.
3«
Das Äaiferpaar trifft wohlbehalten in Stocfbolm ein unb
wirb an Vorb ber „5)oben3oUem" oon bem Äönig unb ber
Königin oon Scbtoeben begrügt.
3n ^ßotsbam ftirbt im Alter oon 77 3abren bet (Ebef bes
Geheimen 3ioilfabinetts bes ^aifers Dr. oon fiucanus (Vortr.
S. 1377).
Vus (Ebina wirb gemelbet, bag bet linterricbtsminifter
Pi*Jcbt*!ßlei bie allgemeine Schulpflicht eingefübrt bat. <
Dei italienifchen unb öfterreichifcben Delegierten 3um Inter*
nationalen 0riebensfongreg in gonoen fegen ein Komitee 3ur
Herbeiführung be^Hcher Veaiebungen swifchen Italien unb
Defterreidb ein.
4 L 2 luguft.
(Braf ^ppelin unternimmt mit feinem Vaüon bie groge
Sabrf nach Vtalna, bie er wegen eines fleinen Defefts bet
Hattenheim unterbrechen . mug, nach einigen Stunben aber
fortfegen fann.
Das neue türfifche Vfinifterium gibt feine (Entlaffung. —
Das Parlament wirb 3um 14. Hooember einberufen.
5. Baguft
®rof 3eppetta fe&f mtf feinem SoOon auf bet X&ttfafcf
von 2R(dnj na4> 5riefcri(f)*f»afen in ber Jlifye non Sfnffgorf
nieber. Ser Ballon mirb btitcb eine fiaiaftropf^e ocmi$fet
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bei Operationen.
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feiner gefefelic^en S 8 erantmortlicf)feit für alles bas, mas
er an bem fid> feinem SBiffen unb feiner Äunft Sn*
oertrauenben getan unb 3 U tun untertaffen bat, roenn
es hätte getan merben fallen, ift im Sauf ber legten
Seit manches getrieben roorben. Qauptföchlich maren
es, ba bie folgen ber Verfehlungen, bie jioiien unb
bie ftrafgerichtlichen ^ßrojeffe, fich nor bem gorum ber
(Berichte abfpielten, 3uriften, bie fich 3 » biefer grage
geäußert haben. Cs ift begreiflich, bag bie, bie oon
ben goigen ber $aftbarteit getroffen merben, bie
Chirurgen, bas gröfjte Sntereffe an biefen Singen
haben, unb feibftoerftänblich fann auch nur ein Chirurg
3 ur Klärung ber einfehiagenben gragen auf (Brunb
oietfacher Crfahrung bas notmenbige SWaterial au*
fammentragen. 3n biefem Ginne barf ich wohl, ba
ich über 40 gahre, unb aroar meift oielbefchäftigt
chirurgifche ißraps trieb, bas SBort ergreifen.
2Benn ich bas tue in ber Meinung, bag auch Sticht*
ärate biefe geilen lefen, fo mug ich aunächft, um nicht
ben (Biauben an begünftigen, bag chirurgifche 93er*
fehlungen im Ginne ber $aftbarteit fefjr oft bie (Be*
richte befchäftigen, bie Satfachen reben (affen, mie fie
fich aus meiner unb ber Sätigteit aaf)lrctd)er mir be*
fannter chirurgifcher Slrbeiter ergeben. 2 lus ber gu*
fammenfteüung biefer Satfachen geht heroor, bag chirur*
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Seite 1368.
Kummer 82.
gifege Verlegungen bes Slecgfs (n ber gebauten 2 Beife
nur ganj aujjerorbentlieg fetten bte ©erlegte befegäfttgen.
3 <g felbft 1 >obe nie Urfaege gehabt, wegen Verfehlungen
in ber Ausübung meines Verufs nor ©eriegt 3U er*
fcheinen. Sch habe aber, um ben Verfuch 3U machen,
ein annähemb richtiges 3ag(enmäfjiges Vitb über biefe
grage 3U geben, mich an fieben ber meift bcfchäftigten
beutfehen ©girurgen geroanbt, felbftoerftänölicg fotcher,
bie bereits feit einer Sleige oon 3agren operieren unb
Verlegungen behanbeln. ©ering angefchtagen banbett
es fich um minbeftens 200000 chirurgifche ©ingriffe.
Kein einziger biefer meiner ffreunbe hat in feiner Kuratel
einen ißroseg erlebt. Ser Schlug ift baber erlaubt,
bag roenigftens an ben Stätten, an benen bie ©hirurgie
im grogen betrieben wirb, j)aftbarteitspro3effe nur »er*
fegminbenb feiten oortommen. SBenn nun auch ®ogl
3ugegeben »erben mug, bag in ber allgemeinen Vrafis
in SMtt Wtb Sanb fjaftpflicgttlagcn etwas häufiger
finb, folft bies bo<b nicht fo erheblich, bag babureg
unfer aufgeftellter Sag umgeworfen würbe.
Sie cgirurgifcgen ^aftbarteitstlagen werben nun
bureg Verfehlungen bes ©girurgen nach 3® ei Stiegtungen
begrünbet.
Sn ber einen ©ruppe oon Fällen wirb bie Klage
erhoben, weif eine eingreifenbe cgirurgifcge j)anbltmg,
meift eine grögere Operation, oon bem Chirurgen unter*
nommen würbe, ogne bag er ba3u berechtigt war. ©s
wirb gier junäcgft oon ber grage, was bie Operation
geleiftet gat ober niegt, ob fie ältlich angeseigt war
ober niegt, ooüfommen abgefegen. Stur bie latfacge,
bag ber ©girurg ben ©ingriff an bem Körper feines
Scgugbefoglenen oornagm, ogne ba3U ein Sleegt 3U
gaben, ftügt bie Klage.
Oie 3weite ©ruppe ber Verfehlungen betrifft bei
ber cgirurgifcgen Veganblung eines Seibens begangene
b3». oermeintfieg begangene Kunftfegler.
Oer wiberrecgtlicg, oon feiten bes ©girurgen für ange*
3eigt gehaltene unb oon biefem ausgeführte ©ingriff am
Körper bes Kranten möge 3unäcgft beganbelt werben.
Von teiner Seite wirb beftritten werben, bag jeber
SRenfeg i)err feines Körpers ift. Oas erfennt aueg bas
Strafgefeg fomogl wie bas 3 i°ifre<gt an, inbem es
beftimmt, bag ber, ber ben Körper eines anberen wiber*
redgtlicg oerlegt, unter Umftänben ftrafbar, oor allem
aber erfagpfliegtig für ben bureg bie Verlegung herbei*
geführten Scgaben ift. Um 3U einem folcgen oer*
(egenben ©ingriff berechtigt 3U fein, bebarf es bes
oorger ausgefproegenen ©inoerftänbniffes bes 3U Ve*
ganbefnben. 6s ift mir wogl bewugt, bag oon fom*
petenter juriftifeger Seite biefer Sag niegt anertannt
wirb. Sft ber, ber fieg bem ©ingriff unter3iegen foll,
unmänbig, fo ift aueg bie ©rlaubnis ber ©Item ober
bes Vormunbes erforberlicg, unb für eine Steige oon
gälten ift fie allein maggebenb.
Um bie Vebeutung biefer grage 3U oerftegen, müffen
wir bie in Siebe ftegenben ©ingriffe teilen in folcge,
bie fofort oorgenommen werben müffen, bie alfo un»
auffegiebbar finb, unb in folcge, bie ogne Slacgteii für
ben 3U Operierenben noeg oerfegoben werben tönnen
(oerfegiebbar).
©ine 9ln3ag( oon Operationen müffen nämlicg, wenn
fie überhaupt igren 3meef erreichen, b. g. ben tränten
SRenfcgen oor fegwerem Scgaben ober bem lob be*
magren follen, fofort oorgenommen werben, fie finb
alfo unauffegiebbar. SBenn nun ber faegoerftänbige
©girurg bie Unauffcgiebbarteit einer Operation in bem
gebalgten Sinn feftgeftedt gat unb ber betreffenbe
SRenfeg ift augenbticfficg niegt imftanbe, eine Stillens*
äugerung absugeben, fo gat ber Operateur bie SBagl,
eine feinen Scgugbefoglenen oor fegwerem Scgaben, ja,
oor bem lob bewagrenbe $anblung 3U unterlaffen
ober fie ogne ©rlaubnis bes in ©efagr Vefinblicgen
unb fomit wiberrecgtlicg aus3ufügren. Oer oielbefegäf*
tigte ©girurg tommt, 3umal in ber i>ofpitalpra|is, niegt
feiten in bie gefegitberte Sage, ©s ganbelt fug um
eine fegmere ©jtremitätenoerlegung, fegmere Vlutung
ergiegt fieg aus einer SBunbe am Oberfcgentef,. ein
freilcgenber Scgnitt ift nötig unb wirb in Slartofe ge»
maegt. Ourcg ign werben in ber liefe 3«rftörungen
ber ©efäge, ber Sleroen, ber Knocgen aufgebeeft, bie
un3weifelgaft eine Amputation fofort ergeijegen. Obei
es ganbelt fieg barum, eine ©efegmulft 3U entfernen
Vei ber Operation tonftatiert man, bag fie bas ©lieb,
SBeiegteile wie Knocgen, total buregwaegfen gat, fo bag
aueg gier nur bie Abfegung bes gait3en ©liebes helfen
tann. Die Vergältniffe, bie in analogen gällen wägrenb
einer Operation in tJrrage tommen, tönnen fegr mannig»
faege fein: Der ©girurg maegt naeg beftimmter SRetgobe
eine Operation an bem ©ierftoef einer weiblichen Vatientin.
©ine fegmere Vlutung tritt ein, bie er glaubt nur bureg
SBegnagme bes gefamten ffortpflan3ungsapparats be*
gerrfegen 3U tönnen. Die noeg im 3eugungsfägigen
Vlter befinblicge ^au gat felbftoerftänbUcg niegt baran
gebaegt, bag fie bie SRöglicgfeit, Kinber p gebären,
bureg bie SBegnagme oon ©ebärmutter unb ©ierftöcfen
einbügen foll. Die ©ittfemung ber Organe gefegag
alfo wiberrecgtlicg. SRan tann in einer Sti^agl biefer
Sälle oon feiten bes Klägers einwenben, bag bie SRög*
liegteit beftanb, ben unter bem SReffer befinblicgen
Kranten aus ber Slartofe aufmaegen p laffen, um ign,
b3m. aueg bie Stngegörigen, wenn fie anmefenb finb,
3U befragen, ffier ben Verlauf folcger ©rmittlungen
erlebt gat, bie mit einem eben aus ber Slartofe ©r*
waegenben angeftedt werben tönnen, ber wirb bet
SReinung fein, bag fie faft nie 3U einem einwanbfreien
Slefultat fügren, wägrenb fie anberfeits bureg 3«ü»
oerluft, bureg Unruge, Aufregung bes Operierten fegaben,
unb er wirb fo oerfagren, wie icg bas ftets getan gäbe,
unb wie icg meig, bag meine fjreunbe unter ägntiegen
Vergältniffen aueg ganbeln, er wirb, feiner gewiffen*
haften, faegoerftänbigen ©rwägung folgenb, operieren
unb mit rugigem ©emiffen eoentuell bie ©ntfegeibung
bes ©eriegts abwarten. Scg bin, trogbem icg oielfacg
in ber befegriebenen Sage mar, nie nachträglich in
Streit mit meinen Vatienten ober beren Angehörigen
getommen. Slocg einfacher als in ben oorgetragenen
gälten liegen bie Vergältniffe bei einer Vlutung, bie
3U Ognmacgt unb Vewugtlofigteit geführt gat. Sn
folcgen 3 ufiänben fegmerer Sebensgefagr würbe bas
©eriegt felbft niegt einfegreiten, wenn man niegt nur
ogne ©rlaubnis, fonbem fogar gegen ben SBillen bes
Selbftmörbers bie oon igm angefegnittene Aber unter*
binbet Xut boeg ber Arjt gier niegts anberes als
ber, ber ben Selbftmörber aus bem SBaffer siegt unb
babureg ben Selbftmorb oereitelt Unb nun oodenbs
wirb bie Operation, bie ben bureg eine Verftopfung
ber oberen Suftwege in bie ©efagr ber ©rftictung
©ebraegten ogne oorgerige ©rlaubnis rettet, 3U ben
miberrecgtlicgen ge^äglt werben?
Smmergin ift es niegt ausgefcgloffen, bag aueg bei
ben unauffegiebbaren Operationen ber ©girurg, oon bem
angeblich ©efegäbigten haftbar gemacht, oor ©eriegt
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Stummer 82.
Gelte 1369.
gefaben ober oonfeiten bes Staatsanroads roegen
Körperoerießung angeflagt roirb.
Selbftoerftänblieb bot bei folgen ©ericßtsentfcßei*
bungen bas faeßoerftänbige ©utacßten eines ©birurgen
bie größte SBebeutung.
Oureßaus anbers (iegen aber bie SJerßädniffe bei
SJerfeßlungen oonfeiten bes ©birurgen, roenn es ficb
um auffcßiebbare Operationen bonbeit, b. ß. um folcße,
bei benen binreießenb oorbanben mar, fiel) bes
©inoerftänbniffes bes 3U Dperierenben unb, menn er noch
im Slder bes Münbeis ift, auch ber ©item refp. bes
SJormunbs ju oerfießern.. 3ft ber Menfcß, bem ber
©ßirurg 3U einem ©ingriff an feinem Körper rät, aus
bem Siiter bes Münbels (21 3.) hinaus unb ftebt auch
nicht megen geiftiger SJtinbermertigfeÜ unter gerichtlich
geftedter Kuratel, fo ift mit bem oon ihm ausge«
fproeßenen ©inperftänbnis bie Operation eine berechtigte.
Dahingegen ift es notmenbig, baß bei minberjäßrigen
fomie auch bei älteren,, unter Kuratel geftedten SJerfonen
noch bie ©inroidigung ber ©item, bes SJormunbes refp.
ber mit ber Kuratel betrauten fßerfon feftgefteüt roirb.
Oie latfacbe, baß ber 3eitabfcbndt oon ber ©eburt
bis 3U ber gefeßlicß feftgeiegten Siitersgrense, in ber ber
üftenfcb münbig roirb, geiftig unb förperlich ungemein
oerfebiebene SJtenfeben umfaßt, läßt es aber roiberfinnig
erfeßeinen, roenn man bie grage ftrehg nach bem eben
SJtdgeteUten. entfeßeiben roodte. So febeibet ja 3unäcbft
bas Kinb, foiange es nicht imftanbe ift 3U fpreeben
unb noch bariiber hinaus, foiange es nicht oermag, oer*
nünftigerroeife über ficb unb feinen Körper fotgenfebroere
©ntfeßeibungen 3U treffen, mit feiner Stimme, bei ber
, grage ber ^Berechtigung 3U einer Operation aus. Siber
auch bas bereits m oieien Sagen urteilsfähige Kinb
pflegt meift bei ber grage, ob eine Operation an feinem
Körper oorgenommen roerben fod, in feinem Urteil
befangen 3U fein, inbem es ficb nur bureß bie gurcht
oor bem SJteffer beftimmen läßt unb bie SJomaßme
einer Operation oerroeigert. ©s ift unmöglich, ein gan3
beftimmtes Siiter feft3uftei(en bis 3U bem ber Str3t be»
reeßtigtift, auch oßne ©inroidigung bes Kinbes 3U
operieren. Stuf alle gäde foüte aber, roenn bies ge«
feßießt, bie SJerantroortung baför bie ©Uem, ben SJormunb
unb nicht ben ©birurgen treffen, ©rßeben ficb aber in
Jobbern galt Oifferen3en, fo tönnen biefe nur oon galt
3U gaii rechtlich entfebieben roerben. Siber gerabe
angefichts biefer Schroierigteiten ift es für ben ©birurgen
nicht feßarf genug, 31t betonen,, baß er ficb ftets ber
ünbebingten ©inroidigung, ber ©item ober bes SJor»
munbs oerfießert. Senn gerabe roenn bies unter
foteben Serbäitniffe^ oerfäumt rourbe, tommen, 3umai
bei Kranfenbausbeßanblung, reiatio am ijäußgften
Klagen über roiberrechtiiche Operationen, bie an
Kinbern gemacht finb, oor. So l)etßt es benn auch
; bei ber Mitteilung färntlicßer oon mir befragter ©bi«
rurgen, baß fie nie Operationen oomebtnen, ohne bes
©inoerftänbniffes ber ©item unb SJormünber fießer 3u
fein, immerhin roirb es fid) bei etroas äderen unb
oemiinftigen Kinbern empfehlen, ben SJerfucß 3U machen,
auch oon ihnen bas ©inoerftänbnis 3U erreichen, fjäit
aber ber ©birurg nach feinem faeßoerftänbigen Urteil
bie Operation für geboten, unb bie SJormünber ftimmen
. 3U, fo ift nach meinem Denfen auch hier bie fjaftbarfeit
bes ©birurgen ausgefebioffen unb bie Operation nicht
als eine roiberrechtiiche an3ufeben.
Siber bie SJerbältniffe änbern fi<h mit bem 3U*
nebmenben Siiter unb SJerftanb bes etroa 3U operieren«
ben SJtünbels. . ©s fommt eine Seit, in bet- feine
Stimme bie bes SJormunbs. unb auch bie ber ©item
an SJebeutung überroiegt, unb es fommt eine
Seit, in ber es überhaupt, mit SJerücfficßtigung
3umal unferer heutiger ©efedfcßaftsoerbädniffe, nicht
baübar ift, inbem man fi<h an bie für SJtünbigfeit
feftgefeßte Seit hält, baß man bem SJtenfcßen erft mit
bem 21. ßebensjaßr bie SJereddigung geben roid, über
feinen Körper gu oerfügen. XBebentt man, baß unfre
erroachfene Sugenb ficb bei ihrem ben Körper ftäbfenben
Sport tagtäglich SJerleßungen ausfeßt, baß fie auch in
bürgerlicher unb miiitärifcher ^Berufsarbeit nicht minber
als bei ber Slrbeit im gabrifbetrieb ihre ijaut. 3U
SJtarfte trägt, fo mutet es aderbings fonberbar .an,
roenn fie bei jebem 3um ^roeef ber SBefeitigung eines
Schabens unternommenen operatioen ©ingriff an ihrem
Körper ben SJormunb um ©riaubnis fragen Jod. Oie
UnbaUbarteit biefes SJerbäUniffes fteigt aber, roenn bet
betreffenbe SJtenfcß fich bereits feinen .ßebenspnterbalt
oerbient, roenn er bereds in einer prioaten oerantroort«
liehen ober gar in Staatsftedung fich beftnbet, roir
erinnern an ben Dfffeier. So ift es begreiflich, baß
feiten jemanb in ben leßten 3aßren bes Münbeladers
baran benft, nach bem SJucßftaben bes ©efeßes 3U
oerfabren. Daß fich aber eine SJemachläffigung ber
SJeftimmung rächen fann, bas beroeift ber ggd bes
in Stedung befinblicßen 19jährigen Dienftmäbcßens,
bem es, als eine 00m Sirst oodfübrte Schieioperation
fchief geht, einfädt, baß ber Slrst für bie ©rblinbung
. bes Siuges haftbar ift, .roeil er: bie .©rtaubnis 3U
ber Operation nicht oorber oon bem SJormunb ein*
gebod bat..
Siber auch nach anberer Stichtung fönnte bie SJe*
ftbnmung Schroierigteiten bereden bei ber grage, roeiche
fßartei bei Diffens entfeßeibet. SBas fod gefeßeben,
roenn ber SJormunb fich für, ber SJtünbel gegen eine
Operation ertlärt, roas, roenn ber Münbei fie roid,
ber SJormunb nicht? ©enug, es ift oodtommen unbadbar,
baß für cßirurgifcbe J)aftbarfeitsentfcßeibungen bie für
bas bürgerliche ©efcßäftsteben feftgefeßte SJtünbelgrense
oon 21 Saßren feftgeßaden roirb. .
Sius ber Oatfacße, baß roir etroa über 200 000
Operationen berichten tonnten, nach benen ben ©birurgen
tein SJorrourf roegen roiberreeßtiieher Stusfüßrung einer
Operation erroaeßfen ift, . haben roir ben Schluß gesogen,
baß i)aftbdrtedspro3effe auf ©runb roiberreeßtiieher
Operation feßr feiten oortommen, unb es erübrigt nur
noch, bie ©runbfäße feftsufteden, nach benen ber ©bi«
rurg oerfaßren fod, roenn ißm teine fßro3effe in biefer
Stießtung erroaeßfen foden, ©runbfäße, naeß: benen
aueß icß felbft mit meinen Kodegen geßanbeit habe.
1. 3ft ber 3U Operierenbe über 21 3aßre ad unb
nießt unter Kuratet, fo ßat er adein bem ©birurgen
gegenüber 3U entfißeiben, ob bie oon biefem für geboten
erfeßeinenbe Operation an feinem Körper oorgenommen
roerben fod. .
2. i)anbed. es ficb um Menfcßen jenfeds bes
SRünbeiaders, bie unter Kuratel fteßen, fo ift ber, ber
bie Kuratel ausübt, 3U befragen, ob er mit ber Operation
einoerftanben ift.
3. $anbe(t es ficb um Minberjäßrige, fo finb oor
adern bie ©dem ober ber SJormunb um ißr ©inoer«
ftänbnis 3U befragen. Sßre ©ntfeßeibung ift adein
maßgebenb, roenn bas 3U operierenbe Kinb noch nießt
fäßig ift, ^mectmäßigteit ober Unsroecfmäßigted einer
Operation ein3ufeßen.
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Seite 1370.
Stummer 32.
4 . $anbe(t es fieg um ältere Kinber unb (Künbel,
fo möffen bie ju Operierenben unb bie ©Item, 63».
Bormünber befragt »erben. Stimmen fie niegt über*
ein, fo foüte bie 3 ulöffigfeit ber Operation burcg bas
Urteil ber Saegoerftänbigen entfliehen »erben. 6s
ift uns nie ein foleger tJaH oorgetommen, in bem fieg
nic^t ein älteres Kinb fcgliefjlicg bem SBiden ber 6Itern
ober Bormünber gefügt SBir finb aber ber
(Keinung, bafj ber Chirurg »eher ohne weiteres gegen
ben SBiden ber ©Item ober Bormünber bei erlangter
©inwidigung bes älteren Kinbes noch gegen ben
SBiden bes älteren Stinbes bei erlangter ©inwidigung
ber (Fitem eine oon ihm für fachgemäß erflärte Opera*
tion oomehmen foüte.
3 n ber Siegel »irb fich in folchen Süden ein 6in*
oerftänbnis ergielen (affen, am ficherften burch Be*
fragung eines »eiteren Saegoerftänbigen auf gleichem
(Sebiet. Sjanbelt ber Chirurg aber ohne beiberfeitiges
fönoerftänbnis, fo fegt er fich oderbings unter Um*
ftänben einer Silage oonfeiten bes Oiffentierenben aus.
5 . 6s ift un3»eife(haft, bafj bie (Kajorität ber
(Kenfcgen jenfeits bes 18 . Gebensfahres, 3umal wenn
fie in felbftänbiger Stellung finb, oon bem Chirurgen
ohne Serücffichtigung etwaiger Sormünber operiert
»erben, unb bafj fomit 3ah(reiche Operationen nach
bem Bucgftaben bes ©efefces »iberrechtlich ftatt*
finben. 6s liegt in ben oben feierten Serhältniffen,
bag bies auch immer fo bleiben »irb. SBemt bem fo
ift, fo mug bie ©efefegebung baoon Slenntnis nehmen.
Oie (Befahr ber Berfeglung in ber (Richtung wirb näm*
lieh fofort erheblich geringer, »enn man bem (Kenfcgen
früher als erft im 21. 3<*gr bie 6r(aubnis gibt, über
feinen Körper gu oerfügen, unb fomit ben Sormunb
bei ber fjrrage ber (Erlaubnis jur Bomahme einer
Operation ausfchaltet. SBir würben glauben, bag in
biefer (Richtung bas SUter ber erlangten ÜRünbigteit
herabgefegt »erben mügte unb bas 18 . Gebensjagr
ber äugerften ®renae entfpricht
OO-°
Ätrcgrorig.
Blauberei oon S. Stauchenegger.
Oer Sag, an bem bas (Botteshaus einer (Bemeinbe
bie firegliege SBeige empfangen hat, »irb betanntlicg
befonbers gefeiert. Stderorts finben biesbe3Üg(iche reli*
giöfe geftlichteiten ftatt, nach beren Crlebigung bie
freubige Stimmung ihre »eitere Betätigung auf bas
weltliche (Sebiet überträgt unb einen greubentag be*
fonberer Slrt für alt unb fung erftehen lägt. Bor adem
hält bie Ganbbeoölterung im Süben unferes beutfehen
Baterlanbes auf eine ben alten Trabitionen entfprechenbe,
S)er$ unb Sinne befriebigenbe Slusgeftaltung biefes gfeft*
tages. Schon am 6onnabenbna<hmittag — am Bor*
abenb oor bem fteft — holt ber SResner bie Signal*
flagge geroor, bie in bem hüchftgelegenen ©ucflocg bes
Kirchturms ausgefteett »irb. Oas flattembe gögnlein
mit bem »eigen Rreuj auf rotem ©runbe tünbet in
bie »eiteften Semen hinaus ben Tagesbefehl: ,,Kircg*
weih!“ Unb nun beginnt ein graufames ÜRorben auf
ben fonft fo frieblichen ijöfen; bas 3ammergefcgrei ber
armen Schlachtopfer bringt sum Fimmel empor; aber
erbarmungslos fegen grojj unb flein bie Ströme oon
Blut fliegen, unb ber Slnblict ber Gelegen früherer treu*
gepflegter fjausgenoffen — Bierfügler unb ©eflügel
ader Slrt — oermag nur ihre tannibalifcge Sinnlid)*
feit 3U reigen — ber Kirchweihbraten wirb oorbereitetl
3a, fogar bie egr* unb tugenbfame Bfarrersföcgin be*
tätigt igre (Korbluft am ©eflügelgof igres Sjerm; wie
fegon im grauen Slltertum, fo tönnen auch bei biefer
religiöfen Seieriicgfeit bie Opfertiere igrem Scgicffal niegt
entgegen. Selten im 3 ogre treten an bie Begerrfcgerin
ber (änblicgen Kücge fo goge Stnforberungen in be3ug
auf igre Kocgtunft heran wie heute. Oie Kircgweig*
nubelnll Oiefes fegmaefgafte, fcgmagjreicge ©ebäcf, im
Slorben »ogl unter ber Se3eicgnung „Bfanntucgen“
betannt, barf in feinem anftänbigen i)aufe fegten.
Stunbenlang ftegt bie forgfame Hausfrau oor ber
fcgma(3gefü((ten (Riefenpfanne, in ber bie (Rubeln, fieg
allmählich bräunenb, einen luftigen Steigen tanken, unb
erwartungsood lauert bie Kinberfcgar, ob bie (Kutter
niegt et»a ein migratenes ©jremplar als Borfcgug aus*
liefert; fegon 3um Slbenbbrot empfängt bie ffamilie
unb bas Ijausgefinbe bie (eefere Speife, beren Ber*
bauung bem (änblicgen SRagen auch bei einer (Kaffen*
einfugr feine (Küge maegt.
Kaum gat bie (Korgenfonne bie erften ©rüge ge*
fpenbet, bonnem Böderfcgüffe in bie SBeite; »0 ber
3ubelruf aus ber breiteften (Kenfcgenbruft niegt aus*
reiegt, mug bie „Kanone“ ber (Seit bie Bebeutung bes
Tages oertünben, unb »enn bie genfter ber Oorf*
»ognungen flirren, fooft ein Scgug fällt, bann wirft
fleg ber Sauer in bie Bruft: „So ift’s reegt! — Oas
joden uns bie (Racgbam naegmaegen!“
©in tücgtiges grügftüef, mitunter aus fräftigen
gleifcgfpeifen beftegenb, ftärtt 3um Kirchgang. Unter
bem ©eläut ader oerfügbaren ©locfen manbert bie
©emeinbe in bas feftlieg gegierte ©ottesgaus, in bem
heute 3ur ©gre bes ijöcgften unb bes Kircgenpatrons
ades gefegiegt, was einer jolcgen geier bie grögte äuger*
liege SBeihe geben fann. Oer amtierenbe ©eiftlicge be*
fleibet füg mit ben fegönften ©ewänbem; jogar bie
Cgorgemben ber SRiniftranten finb neugewafegen unb
geftörft, unb ber fjerr Gegrer gat für eine Kircgenmuftf
gejorgt, bie igren ©inbruef auf bie fromme Sdgar ber
Slnbäcgtigen niegt oerfeglen fann. fjeute fegmettem
Trompeten unb Böfaunen, unb ber bonnembe. SBirbel
ber Bauten förbert bie egrfüregtige Stimmung ber
©emeinbe. fjat ber Fimmel feinen Tribut empfangen,
bann beginnt bas Brogramm ber »eltlicgen greuben;
obenan ftegt: ©ffen unb Irinfen — aber ja niegt 8U
wenig! Kaum gat ber ©eiftlicge fein „Simen“ ge*
fproegen, bann öffnet fegon ber gaftfreunblicge Oorfwirt
bie Bforten feines Kaufes unb oodjiegt möglicgft ge*
räufegood bas ©efegäft bes „Slnjapfens ober Sin*
fcglagens“. Oiefen gerjergebenben Klängen fann fein
braoer (Kann »iberftegen, unb in langen 3ügen
fegreiten (Känner unb 3üng(inge ber Quelle »iiltom*
mener ©rquiefung 3U. Bünftliegcr als fonft jeboeg »irb
biefer grügfegoppen unterbrochen, benn 3U i)aufe gegt's
fegon 3U »ie beim ©loctengufj — „es fiebet unb
braufet unb 3if<gt“. Balb bampft bie Scgüffel mit
Knöbeln — folibe Seegspfünberoodgefcgoffe — auf bem
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stummer 32.
Sette 13V1.
r
Dir Slotbrn örötjnrn, bir fflrngr ruft!
Das 7ubrin nimmt hrin €nttr!
Kodj oben öurdjfätjrt brr König brr Luft
JSrin Irudjtrnbr» 6ri&nbr!
Urbrr Brrgr unb Täler, soritijiu — mrit,
Ift halb frin Schiff Drrfdjmunörn!
€in ffirnfdjt|eita(rf}nrn aus Sagrnjrit
Kot CrfüUöng grfunbrn!
dir bobrn oilr ala Kinbrr fdjon
(Bit D&baiua grftrittrn,
dir tjobrn im 6riftr um feinen Sotjn
Bittrrr Trauer griitlrn,
dir miinfrbtrn mit Fauft aus rngrm Kaum
Drr Sonnr natbjufdjrorbrn I
6a mar hrin dagn! €a mar hrin Traum!
dir bttrfrn ra jrtjt rrirbrn!
Srinr firbjig 7abrr gabrn grfirgt.
Dun 6ott frin Strrbrn hrüntr!
Bmrifrnminjig untrr iljm lirgt,
daa ihn srrhanntr unb fjöfjntel
€r blirb bri frtttm, ruhigem fflut
Bri allrm Grübeln unb Kobrrn:
Daa macht baa mrchirnburgifdjt Blut,
Daa fliegt in frinrn Bbrrn!
V.
Denn, tnnl fea obtn auf norfeifdjwn Hanfe
Ginft feine Äfenijerrn fafcn,
Ift ferm Söfern mir ferr Ulatrrhant
Urrmanfet rr giridjrrmafern!
mn immer ferutfdjr Brrjrn glfiftn,
IJrrrfdit groftro, ftoljro Frrurn!
Uns aiirn galt frin Sorgen unfe füüfjul
ölir alle finit frine Getreuen.
Denn Freiheit ijat er uns gebraiftt
üon allerlei ferücbenfeen Sorgen!
Go lag auf uno mir fenmpfr fladjt!
Gr brachte feen ladjenöen (Dörgen!
mao feunhel uno unfe htrintid) frfjien.
Gelang ifem ju befiegen:
Die Haben, feie fidj feeifer grfdjrien,
(Diiffen non Rinnen fliegen.
Go ift mir in feer alten Zeit,
mir in feen grofeen Tagen,
JDafj mirferr in frotjrr Ginigbelt
Mr IJrrjen böfeer frfjlagen!
Me feriithenfee Sorge oerrinnt!
Mer Klrinmut ift oernitbtet!
Unfe aller leuifttenfee Äugen flnfe
Äuf ifen, nadj oben, gerietet!
Stars ntaa«.
y
Zeppelin!
Zifcg; bie Unterbim fpricgt bas Xifdjgebet, bann be¬
ginnt bes Zages ernfte Slrbeit. 2Bie bie (Einherier in
ber StalgaQa, fo hauen bie Kcugabelgetben auf ben
nimmer alle merbenben (Eber ein — es barf auch ein
gemöhnliches gebratenes Kausfcgroein fein! Der f>aus=
»ater mit fjramilie erlabt fid> 3ur Stbroecgflung an einer
tnufperigen geberoiegleicge ober einem Käslein feines
ober eines anbern 3agbgebiets. Draußen im Sorflöj
(Kausftur) liegt ein tJrägcgen aufgebahrt, beffen Inhalt
rafchen 2tbfag finbet. 3ft biefe fjeierlidjfeit beenbet,
bann haben alt unb jung göcgfte (Eile, in bas SBirts»
haus 3U marfchieren. Stur bie Säuerin bleibt 3U Kaufe,
menn fie, toie bas häufig ber gall ift, eine (Einlabung
gegeben hat. Suger ärmeren Serroanbten meiblichen
©efdjlecgts finb es auch Sefannte unb Kunben aus ber
Stabt, bie mit Kaffee unb Kircgroeignubeln bemirtet
toerben. Sefonbers bie Stabtfinber finb ausgefprochene
©egner ber Stubein; folange noch eine baoon oer«
mutet roirb, gehen bie guten Kleinen nicht oon ber
Stelle; in befonberen Sollen roirb noch eingepacft, roas
innerlich nicht unter3ubringen ift Doch halt! Stoch»
mals 3itiert ber geftrenge fßfarrgerr bie ©laubigen 3ur
Kirche; eine folenne Sefperanbacgt foll bie Slenfcgheit
an bie religiöfe Sebeutung bes Zages erinnern. SBenige
nur genügen biefer Pflicht; fchon fchnurrt brüben beim
©aftroirt ber Sag; bie Klarinette 3etert roie ein auf
ben Scgroan3 getretener Kunb, unb bie Safaune ruft —
nicht 3um SBeltgericgt, fonbern 3um Zan3. „3itter net
a fo — roacfl net a fo — 'sKäuferl fallt ei’—fallt ei’—"
fo geigt es in einem oberbagtifegen Solfsgefangerl, unb
in ber Zat möchte man Ztngft triegen, wenn man
ben Zan3p(ag ober bie 3a<hftube unter ihm betritt,
roährenb bie Ißaare ihren ßänbler, Schuhplattler ober
Köpfer brehen. Die hächfte Sröglicgfeit entfaltet geh-
Der Kaoalier lägt fich heute gern herbei, ber Dame
feines Ke^ens eine Sratrourft ober eine ßage „©fclcgte"
3U taufen, roenn er nicht gar ein ©löschen SBeitt,
natürlich einen fügen, nebft feinem ©ebäet auffagren
lägt. SReiftens haben einige Krämer nage beim SBirts»
haus ßiegenbe Stänbe errichtet, unb bann leibet es für
bie ßiebe roogl ein ßebtucgenger3 ober gar ein buntes
Zücgelcgen. ßiebe unb ©intracht fteigem bie ßuft bis
3um göchften fßuntt; bann aber fann es fchon oor«
tommen — man be3ei<hnet es faft als Segel — bag
mit einem Stale 3toifchen ein paar Surf egen eine
Steinungsoerfcgiebengeit, eine ©iferfürfjtetei entgeht,
kläglich betommt ein Stagtrug Slügef unb lägt fieg
auf ben Scgäbel eines ferner Sigenben nieber — ad«
gemeiner Sufftanb — bas Zumier beginnt! Statt ber
ßanjen roerben Stuhlbeine gebrochen; Singtämpfe, bei
benen alles erlaubt ift, roerben ausgetragen; freifegenb
flücgten Sßeiber unb Stäbchen; felbft bie Stufifanten
fuegen igr Kail in ber glucgt, bis enblicg bas Kampf»
fpiel fein (Enbe finbet. ßeiber geht es nicht immer mit
Seulen unb blutigen Köpfen ab; 3uroei(en fpielt bas
Steffer feine traurige Solle unb enbet ben fröhlichen
Zag auf tragifege SBBeife. Steiftens aber gelingt es ben
Dorfbiplomaten, einen fjriebensfcglug gerbefyufügren,
unb bann geht bie Sonne bes Sergnügens roieber auf;
bas 3nterme33o gat Dürft erseugt, unb auch ber Stagen
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Stummer 32.
tann noch etwa« leiften. ©rft fpät, wenn bie Bluflfer
ftreiten, macht fich bas fröhliche Bolt auf ben S)eim»
weg in ©ruppen, paarweife unb einjeln — biefe müh*
felig unb beiaben; ber fcgöne Stirch weihtag ift ju ffinbe!
aber fo gana oerflogen ift er bod) nid)t. Sie ftircljen*
feier fiat nod) eine fogenannte Ottaoe — eine Schlug»
feier nach ad>t Sagen oorgefehen, unb bas bat ben
profanen Stenfcgen oeranlafjt, an biefem Sage bie fo«
genannte Ra<htird)»Deib 3U feiern, bie awar nid)t bie
glei<be güde oon ©enüffen, aber immerbin noch ge«
nögenb Bier, gleifd), Sana unb Brügel im ©efolge bat.
Sn oberbaprifdben Gebirgsgegenden feiert man au<b
eine fogenannte 2ümfir(bweib. Sa felbftoerftänblich auf
ben ijöhen, wo ber ©amsbocf fpringt unb bie Sennerin
froge.ßieber fingt, feine Stircgen ober Jtapeden egiftieren,
fo ift biefe ftircgweig an bas Ramensfeft irgenbeines
Scgugheiligen gebunben. 3u biefer geierlicgteit finben
fich 3unä<bft Burfdjen unb Sirnbin auf ber SOpe ein,
wo fie oon ben Sennerinnen mit Staffee, Schmarren,
Rubeln unb Scbnaps bewirtet werben. Safür bringt
ein Birtuofe feine 3ither ober wenigftens eine
fchöhe Blunbbarmontta mit, na<b beren Seifen bas
junge Bolt ficb auf bem unmöglichften Serrain im
Sanae ftbwingt unb in ungebunbener gröblid)fett bie
Stunben bis aum abenblichen Stbftieg oerbringt Ser
Sourift, ben ber 3ufad au einer fotchen SUmtirta führt,
bat ©eiegenbeit, hier bas Sehen unb Sreiben ber Belp«
(er in unoerfälfchtefter Seife fennen au lernen.
-o-
Ser IRann in ber äüäfe
Biauberei oon f). be 3R6oiüe.
Sag ßogif unferer (ieben grauen ftärtfte Seite nicht
ift, tritt otedeicht bei feinem Sbema fo autage wie bei
bem oorliegenben. Schlagen Sie es in ©efedfchaft an,
lieber ßefer, unb ich wette, bag bie überwiegenbe
Blegrbeit ber anwefenben Bertreterinnen bes fcgöneren
©efcglechts faum über ein Slchfelaucten binausfommt,
bas etwa awifcben Btitleib unb Beracgtung bie Sitte hält,
fiaffen Sie ficb aber nicht abfcgrecfenl Sie tonnen
ohne Blühe nadjmeifen, bag bas männdcbe ©efcglecgt
im Reiche bes ftochlöffels nageau ebenfo aaglreicg oer«
treten ift wie bie grau, ja fogar, bag in ben höheren
Regionen, in benen bas Stoßen aur Stunft wirb, ber
Sann ohne grage bominiert. SdjHeglic^ aber tonnen
Sie — mit einiger Borfidjt natürlich — auch oon
eigenen Stenntniffen auf biefem ©ebiete piaubern, benn,
unter uns Sännem gejagt, es gibt mehr Samen, bie
es auch nicht tonnen, als 3gre 3unggefedenweisgeit
ficb träumen lägt.
©ine augeftanbenermagen freilich meift recht fchwache
Stgnung oon ben Spfterien ber Jtüdje bat* hoch übrigens
wohl jeber Seutfcge, wenn er Solbat war. Slbgefegen
baoon, bag er bei einigem guten Siden wohl ©elegen«
beit finben tann, in ben geheiligten Räumen ber ftafernen«
fücbe — auch bi« r fcgwingen Sänner bas 3 f pter,
meine Samen — einiges oon ber Sgeorie ber Stod)*
tunft au profitieren, auch oon ber Bragis bleibt er
nicht oerfcgont. Sie manchem, ber „ben Slnfcglug oer«
pagte", war bas Sanöoerbiwat mit ©rbswurft unb
ägnüchen Selitateffen bie erfte befcgeibene ©runblage
3u fpäterer glanaooder Bodfommenbeit!
Buch ber Sport, ber immer weitere Streife aiebt,
immer traftooder ficb entwidelt, trägt in neuerer 3eit
nicht wenig ba3u bei, ben Sann für bie Busübung
ber Stocgtunft au intereffieren.
Rach langer Segeltour, nag unb burchfroren, ift
man nicht febr begeiftert oon bem fonft mit Recht fo
beliebten Butterbrot, unb ben erften, fchüchternen Ber«
fucgen, au benen ein paar (Eier ober aud> Stonferoen
berbaüen müffen, folgen gewöhnlich fcgon recht balb
fchwierigere Sachen, bis endlich ber ©ipfel ber Bod«
enbung erreicht ift unb ein „Siner" ben S)erm Sorf)
unb feine Säfte erfreut, bas befonbers mit Rücfficbt
auf ben engen Raum unb bie primitioe Stocheinrichtung
ade Rnertennung oerbient.
Sag unter ben „©äften" gar nicht fo feiten auch
bas weibliche ©efchlecht oertreten ift, fei in oder Be«
fcheibenbeit, aber mit gebübrenbem Racgbrucf ausbrücf«
lieg feftgeftedt.
Sie einfachfte ©erechtigteit erforbert es ferner, auch
ber anberen Sportarten au gebenten. 3n erfter ßinie
fmb hier Rubern unb in neuerer 3eit ber Butomobil«
fport au erwähnen. Ser Sourift, ber au gug feine
Strage aiebt, unb felbft ber Rabfabrer empfinden jebes
Sehr an ©epäcf meift recht unangenehm, ber Ruberer
aber unb ber Slutler pacfen beim Stufbrucg au einer
längeren Sour ungerührt eine Keine Sobnungseinricb«
tung ein, unb bie Brt bes Raturgenuffes, bie ber
Slmeritaner mit bem Scglagwort „Camping" beaeichnet,
bas Sanbern unb Streifen ohne Sorge barum, ob
man auch am Slbenb ein gafttiches S)aus finbet, in
bem ein mehr ober weniger üppiges Sag! unb ein
weiches Säger unfer harrt, wirb auch bei uns immer
mehr populär.
So gut wie eben bie Slmeritaner, benen bei weiteren
Slusflügen noch nabeau jungfräuliches ßanb aur Ber«
fügung ftebt, haben es nun bie greunbe bes Camping
bei uns freilich taum. ©in wenig Sdufion gehört fcgon
baau, ben ©ebanten an bie europäifche Stultur aus«
aufchalten, wenn bas „ßagerfeuer" in ©eftalt einer
Spiritusflamme in bie ©rfcgeinung tritt. Slber wer
ficb au gar teinen 3dufionen mehr auffcgwingen tann,
. ber fod feine Reifen ruhig mit ber Bahn machen, es
wirb auch für feinen Blagen oorteilbafter fein, wenn
er nicht oerfucgt, fi<h oon ber Stöcgin au emanaipieren.
SBäblt ber Blann nun bie Stod) tunft als Beruf, fo
gehorcht er faft immer jenem betannten unroiberfteg»
liehen Srange, ber jebem wahren Stünftler innemognt.
Sie grau wirb Köchin, ber Blann — Stücgencgef, ber
mit bem ganaen Stola bes echten Stfinftlers an feine
grogen Slufgaben gerantritt.
©s fod übrigens nicht bas fcblechtefte ©efchäft fein,
bies „fünftlerifdje Stochen", unb befonbers bie Stücken»
gewaltigen fürftlicger Käufer finb wohl oon jeher um
ihre Stedung beneidet worben. Stein SBunber am ©nbe,
benn ©aumen unb Blagen fpieten bei aden Blenfchen eine
recht grogeRode. Sluch bei benen, bie es nicht eingeftegen.
©ine Spe3ia(ität unter ben 3üngem ber Äodjfunfl
ift ber Scgiffstoch, unb er wäre es wirtlich wert, baf
ein Berufener fief) fänbe, fein ßeben unb SBirten bei
Blit« unb Rachwelt au fcgilbern. 2Bas feiner Berfön>
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Kummer 32.
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lichteit bas ©epräge leiht, ift erftens bie latfacge, bag
feine Stellung eigentlich bie roicfjHgfte an 58orb ift,
bag bis herunter sur Sdjiffsfage jebes fiebewefen ber
Keinen ÜBelt, bie ba auf ber weiten SBafferflädje fdjtDimmt,
ihm 3U fchmeidjetn beftrebt ift, unb' bag bie oorhin er*
wähnte. Steigung 3ur tßhilofophie bei ihm am ftärtften
ausgeprägt ift.
Ser Kapitän, ber gottähnliche ijerrfeger an 33orb,
ift meift froh, einen guten Koch 3 U hoben, benn anbere
als tulinarifche ©enüffe ftehen ihm nicht a((3u oiele 3ur
Verfügung, wenn bas Schiff ben $afen oerlaffen hot.
2Bas er alfo fonft feinem Koch nachfehen fann, tut er
nur all3ugern. Stugerbem aber ift auch ein Schiffs*
bänbiger ein Sftenfd), ber braugen an Secf fehr oiel
weniger grimmig ift, wenn er gut ober gar auger*
gewöhnlich gut 311 SJtittag gegeffen hot, als wenn etwa
bie Suppe oerfatsen unb ber Sraten angebrannt war.
2Bie er aber feinen Slerger nur aQsuteicht auf ben 93er*
lehr mit feinen Untergebenen überträgt, fo tut bies
auch häufig ber Koch mit ihm, unb bie fjolge ift, bag
jebermann es nicht nur oermeibet, ben Küchenbeherrfcher
3U tränten, fonbem bag im ©egenteil bas gan3e Schiff
beftrebt ift, ihm gefällig 3U fein.
tfreilid), unfere grogen, mobernen Stiefen*Schnell*
bampfer barf man nicht wählen,, wenn man bie Spe3iee
Schiffstoch ftubieren will. Sort gelangen teine oer*
tannten ©enies in bie weiten, eleganten Küchenräume,
bie benen ber grögten Rotels mehr als ebenbürtig finb.
3n ber Küche ber erften Kajüte eines Schneltbampfere
regiert ein SJtann, ber ein Keines SRiniftergehalt besieht
unb ein ÜReifter feines Joches ift. Syat hoch erft 00t
tur3em unfere Kronprinseffin ben ©hef ihrer eigenen
Küche 3U Stubien3wecfen eine Steife an 93orb bes
Stiefenbampfers machen taffen, ber ben Stamen ber
3 ur Serfaffung ln ber Xfirtei: Sie (Eröffnung bes erften Parlaments im Jahre 1876. Ttacb einer jeifgenöffifeben SarfteOung.
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Gelte 1374.
Stummer 32.
t)ot)en grau trägt. (SetDiß ein SSeroeis, baß bort ein
SRufterbetrieb f>errfc^t, unb in ber lat tann man einem
5Dtenf<f>en, ber in ben fulinartfdjen ©enüffen bes Sebens
fein 3beat ftnbet, faum SSefferes raten, als fid) ftänbfg
an 95orb eines unferer großen ©rfjnellbampfer emju«
quartieren, f&ud) ber »enoöfjntefte (Saumen bürfte
bort fie^erCtd) ooll auf feine 9ted)nung fommen. —
laß alfo ber SRann aud) in ber Stürze feinen $laß
aus 3 üfuQen imftanbe 'Ift, bürfte hiermit ertoiefen fein,
unb es liegt im eiginftfcn Sntereffe ber Samen, bies
anäuerlennen, benn ibenn mir Herren ber Schöpfung
jü 3 mtngenberen SSeroeifen, etma burd) bie lat, greifen
mQffen — roer meifj, mle Diele fid) bann an jenem
6<!)iffs!o<h ein Seifpiel nehmen! —
Unsere ‘Btlöer
Unfer Haiferpaar tn Scb©eben (Bbb. S. 1374b). ©in
febr herzlicher (Empfang mürbe unferem Hatferpaar in ber
J)auptftabt 6 cb©ebens juieiL Der Haifer tft tn ben nor*
bifAen ßanbem fein frember ©oft, ©äbrenb bie Haiferin aum
erftenmal Stotfbolm befugte. Der Honig oon Sch©eben
hob bies tn feiner Begrügungsrebe mit befonberem Danf
beroor, unb bas fcb©ebifcbe Sott gab in lauten Beifalls¬
rufen feiner Sympathie für unfere Lanbesmutter unb feiner
greube über biefen Befucb Busbrutt. Die Begebungen a©ifchen
ben beiben ijertfierbäufern unb bem fcb©ebifcben unb beutfchen
Bott finb feit langer 3ei t fo flar unb freunbfcbaftlicb, bag
polütfcbe gragen mläglich &iefes Befutbs ©obl faum erörtert
3 U ©erben brauchen. t*
Die gro&e gabrt Qtppeli ns (Bbb. 6 . 1374a). ©ana
Deutfcglanb richtete in biefen Sagen feine Bütte auf ein (Ereignis
pon ©eitfrögenoerBebeutung. 3 *PP*ünsBame ift in aHerflJtunb,
unb mit gefpaimter ©noartung fab man feinem enblicben (Erfolg
entgegen. 3Rii pber Busbouer bnt ber populärfte ©raf Sabre
binoureb fein 3tel oerfolgt unb bas f)era jebes Deutfdjen fdjlägt
beute für ihn mit ftolaer greube über feinen Sieg im Beicb ber Luft
Die neue Bera in ber Sftrfei (Bbb. S. 1375—1377)
erfüllt bie Beoölferung mit neuem ©eift, an Stelle ber früheren
Bpatbie ift frifeber Blut unb ^offnungsfreubigteit getreten,
man füblt fich als ein Bott oon Brübem unb erblittt in bem
Sultan ben Bater bes Baterlanbs. Suf bie grogartigen Hunb*
gebungen in Salomfi unb anberen maaebonifchen Stabten finb
grogartigere in Honftantinopel gefolgt; aber ©äbrenb jene einen
reoolutionären ©barafter trugen, fetrrfebte bet biefen eitel Be«
geifterung. Born frühen Btorgen bis aum fpäten Hbenb ©ogte
eine ungeheure ÜRenfcbenmenge bureb bie Strogen; gähnen,
Bänber, Schärpen mit ber Snfcgrift: „greibett, ©leichbeit,
Brüberficbfeit" in türtifeger unb franaöfifcher Sprache fanben
reigenben Bbfag, unb unaufhörlich ©uroen bem Sultan jubeinbe
Doationen hergebracht. Diefer felbft bat ber ©iebereinfübrung
ber Berfaffung einen ©eiteren SAritt auf bem ©ege fon«
ftitutioneller ©nt©itflung folgen laffen, inbem er bem ©rog*
©efir im grogen unb ganaen bas Bedjt ber Habinettsbilbung
übertrug unb {ich perfönlicb nur bie (Ernennung einaeiner
SRinifter oorbebielt. Natürlich finb bie Berbältniffe, namentlid)
binficbtlicb ber Berfonenfragen, noch nicht feft tonfolibiert, unb
bas erfte tonftitutionelle Blinifterium bat bereits ©ieber feine
(Entlaffung gegeben; aber barin ift feinesmegs ber Bnfang
einer Beaftion au erblitten, oielmebr erwartet man ©eiteres
(Entgegentommen für bie ©ünfebe ber Sungtiirten.
w
Der aebnte Sobestag Bismartts (Bbb. S. 1379), ber
30. Suli, ift in ollen Seilen bes Beicbs aum Bnlag genommen
©orben, um ©ürbige ©ebentfeiern für ben grogen Staatsmann,
bem ©it bie (Einigung bes Baterlanbes oerbanten, au oer-
anftalten. ©ir bringen eine Bufnabme aus griebriebsrub, bie
ben elfjährigen gürften Otto oon Bismartt unb feinen jüngeren
Bruber, ben ©rafen ©ottfrieb, auf bem ©ege aum Btaufoleum
aeigt mit Hränaen, bie fie ant ©rabe bes ©rogoaters nieber«
legen ©ollen. &
Hermann oon Lucanus (Bortr. S. 1379), ber ©bef öes
©cbeimen 3U>ittabinetts bes Haifers, ift, nadjbem es eine 3eÜ»
lang gefistenen butte, als ©ürbe er fich ©ieber erholen, nun
hoch bem Schlaganfall erlegen, ben er oor einigen ©oeben
erlitt ©ir buben erft in Bummer 28 ber „©o<be" feinen
Lebenslauf ffiajiert unb tönnen uns hoher b«ute auf bie (Er*
©äbnung ber Satfache bekrönten, bag ber Beremigte, ber
ein Blter oon 77 gubren erreicht bot, feine BertrauensfteQung
feit bem Begierungsantritt Staifer ffiilbelms II. im 3obr 1888
betteibete. v
Die Unioerfität 3ena (Ibb. 6 . 1378) bat in biefen
Sagen bas Subiläum ihres 350jährigen Beftebens feftlicb be¬
gangen. Die geier erhielt ihre befonbere Bebeutung babureb,
baft mit ihr bie (Einmeibung bes neuen ©ebäubes oerbunben
©ar, bas ber alten Blma mater errichtet ©orben ift. Beben
bem ©rogberaog oon Sacbfen*©eimar nahmen auch anbere
gürftlichfeiten unb jubtteiche Bertreter ber ©iffenfehaft oon
augerbalb an bem 2 lft als ©brengäfte teil.
Die Beoaler (Entreoue (Äbb. S. 1379) ift oorüberge«
gangen, ohne irgenbmo bie ©emüter fonberficb a u erregen.
Bräfibent gaüidres ift mit allen ihm gebübrenben (Ehren unb
mit groger greunblicbteit empfangen ©orben; er hat an Borb
ber faiferlichen Sucht ^Stanbart 4 ' mit bem 3uren Srintfprüche
gemechfelt, in benen in üblicher ©etfe oon greunbfehaft unb
grieben bie Bebe ©ar; ber franaüfifche unb ber ruffifche BKnifter
bes Bus©ärtigen buben einanber oerfichert, bag ber 3 n>eibunb
bie ©runblage ber Bofitit ber beiben Lanber bleibe — bas
©ar alles. Bie internationale Lage ift bureb bie 3 u fammen*
fünft ©eher im guten noch im böfen Sinne oerfeboben ©orben.
v
3m Ballon über bie Blpen (£tbb. S. 1380). So febr
auch geaen©ärtig in ber Beronautit bie Berfuehe mit lenfbaren
Luftfchiffen unb glugapparaten bas 3ntereffe in Bnfprucb
nehmen, ben nicht fteuerbaren Ballons bleibt hoch noch ihr
Becbi Sinb fie gleich oom ©inbe abbängia,' fo tann man
mit ihnen boch au ben bächften ^öben auffteigen unb bie
©eiteften Stretten burcheifen. (Erft jüngft bat ©ieber ber
[ch©eiaerifche Ballon „(Eognac* bie Berner Blpen überflogen,
ber oon ber Sungfraubabnftation ^(Eigergletfcher 4 ' aufftieg unb
bie Bichtung nach b*nt Lago Btag^iore einfcblug. Da betamen
bie Snfaffen aus i)öben oon ©eit über 4000 Bieter bie ©unber*
barften ©ebirgsbilber au fchauen. Dag aber ber Ballon troU
ber ©eroitterftimmung, bie in ber granbiofen ©tetfehenoeit
berrfchte, ruhig burch bie Lüfte 30 g; be©eifen bie photo-
grapbifeben Bufnabmen, bie in ihm gefertigt ©erben tonnten.
*0
Brofeffor Huno oon Uechtrig-Steintircb (Bortr.
S. 1328), ber befannte Bilbbauer, ift in Berlin im Blter oon
52 3abrcn geftorben. Bm 3. 3uli 1856 au Breslau geboren,
befugte er bie Bfabemien in Dresben unb ©ien, fegte bann
feine Stubien noch in Stalien unb Baris fort unb lieg fich
1886 in Berlin nieber. Der reich begabte Hünftler bat eine
Beibe bebeutenber Denfmäler unb Brunnenanlagen gefchuffen,
aber auch auf bem ©ebiet ber Hleinplaftif fegöne (Erfolge er¬
rungen. v
Bus einer Scbönbeitsfonturrena in granaensbab
(Bbb. S. 1382) finb eine Defterreicgerin unb a©ei Buffhtnen
als Siegerinnen b^orgegangen. Den (Erften B^i* erhielt
grau Bnna Siller-©ien, bie ©emablin bes Dresbner #of-
fcgaufpielers Siüer, ben 3n’€i^n grau ©milie ©hnftniarm-
St. Bedburg, &*n dritten grau Berta Hagenelfon-Obeffa.
„Berolina" (Bbb. S. 1382), ber Bame ber Beidjsbaupt-
ftabt, ift jegt auch einem jungen ©enfebentinbe beigelegt ©orben.
Der chinefifche ©efanbtfchaftsattacb^ ©ang ©uroe oon feiner
©emablin burch bie ©eburt eines Söcgterchens beglüctt, unb
3 ur bleibenben (Erinnerung an ben Ort, ©0 ihre ©iege ftanb.
nannte bas ©Itempaar bie junge ©rbenbürgerin Berolina.
0 Q 0
Die Solen ber Boche.
Brofeffor Heinrich i)atmbuber, Lehrer an ber Stuttgarter
Baugemerffchule, + in Hönigsfelb am 29. 3uli im Blter oon
56 3af)ren.
©irtt. ©eh Bat Dr. oon Lucanus, ©bef bes ©ebeimen
3toilfabinetts bes Haifers, f in Botsbam am 3. Buguft im
Blter oon 77 3uhrcn (Bortr. S. 1377).
Stabtoerorbneter ^ermann Blif<h*e, f in Berlin am
1 . Buguft im Blter oon 64 Sehren.
Brofeffor Huno oon Ue<btrig»Steinfir<b, betannter
Bilbhauer, f in Berlin am 29. 3uli im Blter oon 52 3<*brtn
(Bortr. S. 1377).
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Kummer 32.
©eite 1374a.
©ie fltofce Jaftrt Zeppelins.
pfrt. «erfqel
Oos £ufffd)iff Aber SftajjburjL
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Stummer ?2
r
t>Uot. illmbrcQ & greint i«
Hücffefjt fees &aifer§ oon der RiMer$oIm»f!rd)e m<fy dem
Uljot. Slmtrcb & $>mnl&.
Der fiaifer uufe Me itaiferin auf ber Jafjrf oon bet „fjo&etijoUern" na$ bet Canbungsbrfitfe.
Das Saiferpaar in Stotf&olm.
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9lummer 32
Sette 1876.
jg§§^ < Bilöer oom 3agei=gj§i|
tJeftjug ber Spüler unb ßeljrer ber Kriegs« unb flttebtainfc^ule burd) bie Strogen Äonftantinopels.
Die neue 2Cera in bet Xütfei: Bolfsfunbgebungen anläjjlid) bet IDiebeteinfübtung bet äonffifufion.
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Seite 1376.
Üftummer 32.
SWi
lUamil JJafdja,
üRinifter ofjnc $orte|euiUe, bem ©rofjmefir beigeorbnet
3jjd pafd>a,
ber geftürjte ©unftling ttbbul $rnn!b* II.
QUmi pafd>a,
(Beneraltnfp. in Vtafebonttn, beffen 9tfi(ftritt gemeibct oirb.
Jnfdjrift auf Jahnen unb Räubern bei ben fefffi$en llmjfigen.
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vUl j
Jnlfli
* ^
uolfsanfammlnng unb Demouftranonen am fjafen von Salonifl.
2)ie neue Stera in ber lürleL
e* ^ *3
cfrmfei/ide
11/24 JuHtet 19081 vru ;/ \\ j \m u
Stummer 32
©eite 1377.
Cemonftrationeu von Hlatrofen vor der f>agia Sophia in ftonftanfiuopei.
v
Berlejung der protlomation der Verfaffnng in den Straften von ftonftantinopel.
Sie neue Kera in t>er lürfet.
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Stummer 32.
Seite 1379.
yofpljot. (J DlCÜl’l
BltfU Geheimer Rat o. Cucanus t
QChtf be« ffleh. 3inilfabinetts bt« &ai|fr«
Sie Biemartfgebenffrier in Jriebrid>*ruf>:
Ber junge ftürft Otto oon Sismatd unb lein ©ruber mit Strängen auf hem ®eg ium SRoufoIeum.
voipijol, tt, 1$. bc $ajjn &
Die Begrüßung bes Bräfibcnien falliere« (x) burd) bas 3ar*np<Mt an Borb ber StaifcrL 3adjl „6tanbart"
Bom Befu<f> be« Bräfibeafea ber fransöfifgea RepnbUf am ruffiföea ftalfettyof.
L
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Sclit 1380.
Stummer 32.
*tuctjOuitf tu'tbotcii
^ilQüniUlfhtllinii- UOli \9. «, «uyn
beginn ber Füllung bes ©allons „(Eognac* bet ber Station öigergletfdjer ber 3un g fra u bat) n
»uv-jorna i'i'iujicn. _ aiuniaupiu. nn* oi»n p». W.vsuoer.
2)aa 2Uetfd)born (4182m) aus ca. 4300m f)öbe oon oberhalb be» groben 2Uetfdjgletfdjers. 3m fjintergrunb büftere ©emitter-
ftimmung, linfs anftiebtnbe 'ittolfen, bie ben ©ipfel balb oerbüllen merben.
3ro Ballon übet bie 2Upen: Qocftgebitgsbilbet au« bet Boge(f$au, aufgenommen oom Ballon »Cognac* au«
mcbrenb ber oom (Eigergletfcber 311m fiago Maggiore.
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Stummer 32.
€elte 1381.
3la$brurf Derbotcu. öanonaufiialjmc Den W. 21. öuöer
Die Jungfrau (4166 m) 0110 etwa 4800 m $öbe. 3m J)iniergrunbc re$ts: Das Breitborn unb bas XfdHngelborn
Mac^Drua DcrDotcn.
i'aiioiuiufnaijmc Don c». n. ismjec.
Bbenbftimmung oberhalb Srlg im Bbonetai: Bus fdjmaraen (Bemtttermolten bridjt flegretbie Sonne burd).
3m BaUon über die Zllpen: Qo<bgeötrg*bt(der auf der Bogelföatt, aufgenommea oom Ballon »Cognac 41 ai
mdbrenb ber ftabrt oom <Eigergletfd)er jum Sago Btaggioce,
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Seite 1382.
Stummer 32.
—
Cmiltc <£f)rif(mann, :> t. Petersburg. III. preis: 3rau Berll)a Äajenelfon, Obefia.
I. preis; 3tau 2tnna filier, IBien.
93on ber Sd)önI)eüsfonfurrenj in Sranaensbab.
Profeffor äuno oon UecfytriQ f
bekannter JBilbljauer.
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Stummer 32.
Seite 1383.
Heber Hugettgläfer
25on Stabsarzt Sr. ©iebemann.
3 n ber augenäratlicgen Sprecgftunbe tonnte icg oft«
mals bie ©rfagrung maegen, bag in »eitere Greife, aueg
bes gebitbeten ißublifums, oielfacg nod) niegt bie fo
notwenbige ©rtenntnis oon ber SBicgtigfeit ber Singen«
gläfer unb ihrer Bebeutung für bas Sehorgan unb
für bie georbnete Stusführung beruflicher Xätigteit ein«
gebrungen ift
Sie SBicgtigfeit ber Stugengläfer ift natürlich für
oerfchiebene Berufe oerfchieben. (Es gibt Berufe, bie
hohe optifcg*er»erblicge Slnfprücge ftellen, unb Berufe,
bie aud) ausgeübt »erben tönnen, »enn bie Segfegärfe
nur einen Seil ber normalen beträgt. Sie Berorbnung
ber richtigen Stugengiäfer ift Sache groger ältlicher
(Erfahrung unb bas Ergebnis einer genauen fjunftions*
Prüfung bes Sehorgans fo»ie einer Spiegelunter«
fuegung bes Stugeninnem. Surch legtere ftellt ber
Ophthalmologe nicht nur ben ©runb ber oorganbenen
Segfcgwäege feft, fonbern auch bie Strt unb ben ©rab
bes oorliegenben Brechungsfehlers ober, anbers aus*
gebrüdt, bie 3U oerorbnenbe Bummer ber ©läfer.
(Ein «Probieren mit »ergebenen ©läfern aus bem
Brillentaften allein genügt nicht, unb nicht immer ent*
fpricht bas fo gefunbene ©las bem tatfächlich oor*
hanbenen Stugenfehler. (Etma im Stugeninnem fich
abfpielenbe Strantgeitsproaeffe »erben auf biefe SBeife
nicht ertannt. ffis tann gefegegen, bag fo ein bie Seg*
traft beffembes ©las oerorbnet »irb, ber ißatient fich
bamit aufrieben gibt unb bie für bie Teilung einer
gleichartig beftehenben Stugentrantheit günftige 3 eit
un»ieberbringlich oerftreichen lägt.
Sturaficgtigfeit ift ber am gäufigften oortommenbe
Brechungsfehler. Sturaficgtige Slugen finb folche, bei
benen bie Stugencichfe au lang unb bie brechenbe Straft
3U grog ift. Sas SBefen biefes Sehers beftegt barin,
bag ber Betreffenbe in ber Böge, nicht aber in ber
Seme fegarf fegen tann. Siefe Sturaficgtigfeit ift ent»
»eher angeboren ober — meift in ber Scgutaeit —
erworben; anbauembe Bagarbeit — ßefen, Schreiben,
S)anbarbeiten — machen offenbar geneigt 3ur Jtura*
fiegtigteit, »obei 3U bemerten ift, bag biefe Sispofition
glüctlichermeife längft nicht bei alten SBenfegen oor*
ganben ift, benn fonft mügten »ir, namentlich bei
gelehrten Berufsftänben, noch »lei mehr Brillenträger
gaben. SBas tännen »ir nun 3ur Bergütung ber
fturafiegtigteit tun, unb in »elcger SBeife tann igr
gortfegreiten gintangegalten »erben? Ser Beginn ber
(Erfrantung fällt, »ie erroägnt, in bie Scgulaeit. S )ier
ift au betämpfen eine 3U lange fortgefegte Befcgäftigung
mit ßefen unb Schreiben unb bafür au forgen, bag
3»ifcgenburch bie Slugen in bie SBeite fegen unb aus*
rügen oon ber attommobatioen Sätigfeit (Stnpaffung
für bie Bäge). Befonbers »iegtig ift auch eine auf*
rechte Haltung bes Obertörpers, um einen fcgäblicgen
Btutanbrang aum Stopfe au oerginbern. Sas Bornüber«
beugen bes Kopfes, bei bem ber Blutrüdflug in ben
S>atsb(utabern erfegmert »irb, gibt nämlicg Stnlag au
Blutftauungen im Sluge, unb biefe »ieberum tönnen
bei oorganbener ©eneigtgeit Sturgfiegtigteit geroorrufen
ober förbem. ©in gute Beleuchtung ift unbebingt er*
forbertieg, am beften finb nach SBöglicgfeit bei Sages*
liegt bie Schularbeiten au maegen. ßefen in bie Suntelgeit
hinein ift au oerbieten, besgleicgen als für bie Slugen
fcgäblicg, überflüffig unb auch fonft gefährlich jebes
ßefen im Bette ober in liegenber Stellung bes Körpers.
0 ängt bas Segen in bie Seme an abaunegmen,
fo bag 3. B. niegt mehr ober nicht megr orbentlicg bis
3ur Safel gefegen »irb, nicht megr bie Ugr auf bem
Stircgturm ertannt »irb, fo ift alsbalb ber Slugenarat
3u Bäte au aiegen. ©r entfegeibet, ob fegon »irflicg
Sturaficgtigfeit oorliegt, ober ob es fich ols Solge an*
galtenben ßemens nur um einen — gleich Häger au
erörternben — Slffommobationsframpf ganbelt, ein
3 uftanb, ber fieg gleichfalls tunbgibt in fcglecgtem Segen
in bie Seme unb bager bas Borganbenfein bon Stura*
fiegtigteit oortäufegen tann. 3cg »ill bies fura ertlären:
Unfer Sluge ift im Bugeauftanbe für bas Segen in bie
Seite eingeftellt, unb bas Segen in ber Bäge »irb
ermöglicht babureg, bag bie im Stugeninnem befinblicge
Striftallinfe bureg SRusfelroirtung fieg ftärter trümmt
unb fo igre brechenbe Straft oermegrt. Siefen Bor*
gang nennt man Stttommobation. Surch angaltenbe
Bagarbeit tann es au einem Strampf im Slftommoba*
tionsmusfel tommen, b. g., iegterer erfcglafft niegt megr
»ie im normalen Sluge beim Segen in bie SBeite,
fonbern bas Sluge bleibt ftets nur für bie Bäge ein«
gefüllt. 3 e goeggrabiger ber Strampf ift, ein um fo
ftärterer ©rab oon Äurafiegtlgteit ift fegeinbar oorganben.
Stus Slttommobationstrampf tann Sturaficgtigteit geroor*
gegen, unb legiere tann mit erfterem oergefeüfcgaftet
fein. Ob bas eine ober anbere ßeiben oorliegt ober,
»enn beibe oorganben, in »elcgem ©rabe fie neben*
einanber beftegen, barüber tann nur ber Strat auf ©runb
einer Stugenfpiegelunterfucgung fiegeren Stuffcgtug geben,
unb er oerorbnet je nach ßage bes Grades ein ÜBittel
3ur Begebung bes Strampfes ober bie bem fehlerhaften
Brecgungauftanb bes Stuges entfpreegenben ©läfer.
Sabei fei gleich einer oielfacg oerbreiteten, aber boeg
längft als irrig ertannten Slnficgt entgegengetreten, bag
bas Iragen oon ©läfern bas Sluge anftrenge unb
fegäbige, unb bag, »enn fegon ©läfer getragen »erben
mfiffen, biefe möglicgft fegmaeg fein Jollen. Sas Sragen
oon ©läfern ift niegt nur niegt fcgäblicg, fonbern nüglicg,
oorausgefegt natürlich/ bag bie paffenben ©läfer oer*
orbnet unb riegtig angefertigt finb. Sluf biefe SBeife
»irb bas ^ortfegreiten ber Sturaficgtigfeit nach SRöglicgteit
oerginbert unb gutes Segen in bie Sterne geȊgrleiftet.
3u fegmaege ©läfer ermöglichen bei Kuraficgtigteit nur
ein oerfegmommenes Segen in bie gerne, unb es ift
tein ©runb, einaufegen, »esgalb ein SRenfd), bem man
eine gute Segfcgärfe »iebergeben tann, fieg mit einer
allenfalls genügenben begelfen folL Sabei oerbient
lebhafte Betonung, bag aueg bie ganae geiftige ©nt*
»idlung bes Äinbes fegr »efentlicg geförbert »irb, »enn
bie Sinneseinbrüde oon Singen unb ©efegegniffen feiner
Umgebung igm bureg bas Sluge fegarf aum Bewugt«
fein tommen.
Ueberficgtige Slugen finb folege, bei benen bie Seg*
aegfe au fura nnb bie breegenbe Straft 3Ü gering ift.
Sie Ueberficgtigteit ift weniger gäuftg als bie Stura*
fiegtigteit unb maegt fieg aueg — namentlich im jugenb*
liegen Sitter ; — weniger geltenb als biefe, aueg finb
igre ©rfegeinungen niegt berart, bag fie oon ßaien
riegtig gebeutet »erben, oielmegr tommen bie Botienten
oft mit Stlagen über Stopfbrud unb Scgmeraen in ber
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Seite 1384.
Stummer 32.
Stirn beim Schreiben, ßefen unb bei j)anbarbeiten,
ohne baß fie bicfc Sefchmerben aus ben Augen her*
leiten. Segleiterfcfjeinungen ber Ueberfichtigteit fmb
häufig Söte ber ßibränber unb ber ßibbinbehäute,
Schuppenbilbung aroifctjen ben SBimpern, Serfchmimmen
ber 93ud)ftaben bei längerem ßefen, Xanaen ber Schrift,
Scbmeraen in ben Augen, bas ©efühl, als mäffe man
reiben, um meiter lefen, fdjreiben ufro. ju tonnen.
SBährenb bie betriebene Erfdjmerung beim Sehen in
ber Stätte bie Ueberfichtigteit tennaeidjnet, ift bei ibr
bas Selten in bie Seme im ©egenfaß 3 ur Kurafichtigteit
meift nur menig ober gar nicht geftört. i)ier fdjafft
bie Erfennung, um mas es fid) banbeit, unb bie Ser*
orbnung ber richtigen Srille mit einem Schlage 93e*
friebigung oon allen Klagen. Aus ©rünben, beren
Erörterung mich non bem ©egenftanbe au weit ent*
fernen mürbe, machen ficb insbefonbere geringe @rabe
oon Ueberfichtigteit im tinblichen Alter öfters noch nicht
fo ftörenb gettenb mie in fortgefchrittenen ßebensftufen.
Unb hier haben naturgemäß bie Angehörigen jener Se*
rufsftänbe, bie auf anbauembe Saharbeit angemiefen
finb, mie Atabemiter, ßebrer, ßebrerinnen, Seminariften,
Sä herinnen, Schneiber ufm., am meiften unter ben
golgen biefes Srechungsfehlers au (eiben.
Ueberfichtigteit unb Äuraficfjtigteit merben beibe bur<h
fphärifche, b. h- folcf>e <BIäfer ausgeglichen, bie ben Ab*
jchnitt einer Kugel bilben. Es gibt fphärifche tonoeje
ober Sammelgläfer unb fphärifche tontaoe ober 3*r*
ftreuungsgläfer. Erftere oergrößero unb erhöhen bie
Sred) traft bes Auges, bienen alfo aum Ausgleich be*
ftehenber Ueberfichtigteit, (eßtere oertleinem unb oer*
ringem bie brechenbe Kraft bes Auges, merben alfo
3 um ©ebraucf) bei Kurafichtigteit angemenbet. Da biefe
©läfer, mie gefagt, ben Abfcfpiitt einer Kugel bilben,
fo ift ihre SBölbung in allen Steribianen gleich ftarf.
3um Unterfdjieb feien hi« gleich aplinbrifche fflläfer
ermähnt, bie, mie ihr Same fagt, ben Abfchnitt eines
3 plinbers bilben, alfo in ben oerfcftiebenen ÜSeribianen
eine oerfchiebene Srechtraft haben. 3h« Sermenbung
merben mir fpäter tennen lernen.
Sei ber Seaeicßnung ber ©läferftärten bebient man
fleh jeßt bes Dioptrienfgftems; Dioptrie bebeutet Steter*
linfe, unb menn man oon einem „Sritlenglafe oon einer
Dioptrie" fpridjt, fo heißt bas, es bilbet ben Abfchnitt
einer Kugel, beren Durchmeffer einen Steter beträgt;
ein ©las oon 2 , 3, 4 bam. 5 ufm. Dioptrien bilbet
ben Abfchnitt einer Kugel mit einem Durchmeffer oon
Ve, Vs, Vi b 3 m. Vs ufm. Steter. Daneben ift noch
vielfach bie Seaeichnung ber ©läferftärten nach fallen
im ©ebrauch, mobei 3 . S. bie Stummer 40 bebeutet,
baß bas ©las ben Abfchnitt einer Kugel, bie einen
Durchmeffer oon 40 3od hat, barftellt. 40 3oü ent’
fprechen (ungefähr) 1 Dioptrie, unb menn man bie
äoüaahl meiß, fo finbet man bie entfprechenbe Dioptrie,
menn man in 40 bioibiert, es bebeuten alfo 3 . S.
20, 13, 10 bam. 8 3od 2, 3, 4 bam. 5 Dioptrien, um*
gelehrt, menn man bie Dioptrienaahl meiß, finbet man
bie entfprechenben Sode, menn man in 40 teilt, es be*
beuten alfo 2 , 3, 4 bam. 5 Dioptrien 20 , 13, 10 bam.
8 3°d ufm. ©emöhnlich merben bie Summern in
bie ©täfer eingetraßt unb bismeilen auch auf ben
inneren Sfutteralteil 00 m Optiter aufgefchrieben, fonft
bebienen fich Arat unb Dptifer aur fchnetlen Ertennung,
meiche ©läfer eine SriHe ober ein 3®ider trägt, eines
fogenannten Sphärometers ober probieren in Ermang*
(ung eines folgen mit ben entgegengefeßten ©läfern,
alfo 3 . S. bei (oertleinemben) Kontaogläfem mit (oer*
größemben) Konoejgtäfem fo lange, bis fie burch bie
aufeinanbergehaltenen ©läfer bie ©egenftänbe in ihrer
richtigen ©röße — alfo mie burch genfterglas — feßen.
Die fphärifchen ßinfen merben, ihrer Seftimmung
entfprechenb, in tlarem ©lafe oerorbnet, es fei benn,
baß fie bei gleichaeitig oorliegenben Jtrantheitauftänben
ober bei befonberer Empfinblichteit ber Augen m rauch*
grauen, buntlen ober farbigen ©läfern oermenbet merben.
SBir hatten befprochen, baß bas Sehen in ber Sähe
baburch ermöglicht mirb, baß fich hie im Augenittnem
befinbliche Kriftallinfe burch Stustelmirtung ftärter
trümmt unb fo ihre brechenbe Straft oermehrt 3m
Alter mirb bie ßtnfe ftarrer unb büßt biefe ihre gähig*
teit mehr unb mehr ein. Das Sehen in ber Sähe
mirb erfchmert, namentlich bei ßicht, bann ift es 3 eit,
eine ßefebriüe ober einen ßefeamider au benußen; bei
ßeuten mit regelrechtem Sau ber Augen tritt bas Se*
bürfnis nach ®(äfem für bie Saharbeit mit 45 fahren
ein, bei Ueberfichtigen früher, bei Sturafichtigen fpäter
ober gar nicht. Sei (eßteren merben allmählich bie
bisher getragenen ©läfer für bie Sähe entbehrlich;
mährenb fie früher beim ßefen bas Such — menn fie
teine ©läfer benußten — feßr nahe bem Auge hatten
mußten, törnten fie bas Objett jeßt im Alter auch auf
meitere Diftana noch gut ertennen. Es tritt alfo eine
fcheinbare Sefferung ber Kurafichtigteit ein. Das Se*
bürfnis nach einer Srillc für bie Saharbeit befriebige
man halb. Es ift unnüß unb fchäblich, bie Anfchaffung
einer (Alters*) Sriüe hinausaufchieben. Sei ber Alters*
fichtigteit (oon ßaien SBeitfichtigteit genannt) nimmt
(ebiglich bas Sehen in ber Sähe ab; mirb auch bie
Sremfehfchärfe geringer, fo liegen gleichaeitig noch anbere
Augenfehter ober *trantheiten oor.
Die Serorbnung ber ©läfemummem unb bie Se*
ftimmung, ob Srille ober 3 <oider 3 U benußen ift;
richtet fich nach bem EinaelfalL Sei Serfonen, bie
halb gut in bie Sähe, balb gut in bie Seme bei
ihrem Seruf fehen müffen, oerorbnet man öfters fo*
genannte „bifocate" ©läfer, b. h- fot<h«, bie berart
gefchliffen finb, baß fie in ihrem oberen unb unteren
Abfd)nitt eine oerfchiebene Srechtraft haben, fo baß bie
Srille oor ben Augen bleibt unb nicht fortmährenb
auf* unb abgefeßt merben muß. Solche ©läfer finb
amar teurer als bie gemöhnlichen, ihre Serorbnung
mirb aber oon Dielen Satienten bantbar empfunben.
Sifocale ©läfer gibt man auch ho$ 0 rabig Kura*
fichtigen. 3n biefem Sali finb bie oberen — ftärteren
— Hälften für bie gerne, bie unteren — fchmächeren —
für bie Sähe beftimmt.
Staroperierte Augen brauchen immer — ober
menigftens naheau immer — ftarfe Ronoejgläfer, unb
amar oerfchiebene für bie Sähe unb für bie gerne.
Sei Serufftänben, bie gleich fcharf burch ihre SriQen
in aufrechter unb (iegenber Stellung ihres Körpers
feßen müffen, 3 . S. bei 3ägem, Offneren ufm., oer*
orbnet man SriKen mit umbreßbarem Safenfteg, bie
fo eingerichtet finb, baß bei jeber ßage burch bie
Slitte ber ©läfer gefehen mirb.
SBährenb bie bisher befprochenen Augengläfer burch*
meg baau bienten, eine fehlerhafte Srechung ober At*
tommobation au torrigieren, bienen bie prismatifchen
©läfer baau, eine Augenmustelfchmäche ausaugleichen.
Der Augapfel mirb oon einer Anaat)( oon Ätusteln
bemegt; menn biefe Slusteln gefchmächt ober gelähmt
finb, fo tönnen fich oerfchiebenartige, oft äußerft
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(Rümmer 32.
Seite 1385.
quälenbe (Erfegeinungen ausbilben. Stemmen mir bett
für unfere (Betrachtungen wkhtigften Sratl: Sie fonft
parallelen älugenaegfen ftetten ficg 3 um Segen in ber
(Rüge gueinanber geneigt ein; biefe Stonoergenj wirb
bewirft bureg ein ÜRustelpaar; ift es burcg lieber«
anftrengung ober burd) anbere Urfacgen gefegwäcgt, fo
gewinnen bie entgegengefegt wirfenben dRusfeln bie
Ueberbanb, b. g., bie Augäpfel weicgen nacg äugen
ab. Sie golge baoon ift, bag nun mit beiben Slugen
niegt megr einfad), fonbern — »egen ber falfegen
Sugenfteüung — mit jebem 2 luge für ficg, atfo bop*
pelt gefeiten wirb. 3 e länger, je mehr machen ficf)
beim ©Treiben, ßefen ufro. Soppeltfegen unb bie
geftigften Stopffcgmeraen geltenb, unb fcglieglicg werben
bie ßeute unfähig, itjrer Sätigfeit weiter nacgjugegen.
Ser Slugenarat erfennt bie Urfacge igrer (Befcgwerben
ermittelt ben ©rab ber oorganbenen (Uugenmusfelfchmäcge
unb gibt burd) (Berorbnung ber entfprecgenben (Prismen
bie Patienten ihrem (Beruf wieber: bie (Betreffenden finb
mit einem Schlag befreit oon ihrem läftigen ßeiben
unb gewinnen ihre frühere Scgaffensfreube jurüd.
Unter Scgufcbrillen oerfteht man folche, bie bas
Stuge oor (Befähigungen oon äugen her fegügen
follen; oor allem gegen au grelles ßiegt, ©taub, Zug¬
luft unb gegen bas (Einbringen oon grembtärpem bei
gefägrbenben berufen. Sie gormen ber ©läfer finb
oerfcgieben, fie tonnen runb, ooal ober oieredig fein,
©inen mirffamen Scgug gewähren bie mufchelförmigen
©läfer, bie bas 2luge in höherem ÜRag umfchüegen
als bie ebenen, Sdjugbrillen werben auch im SJerlauf
mancher äugerer unb Innerer Slugentranfgeiten oom
2lrjt oerorbnet, ber auch ben garbenton beftimmt. (Es
foüte babei bas Sragen ber (Briden fleh genau nad)
ben getroffenen ärmlichen Slnorbnungen richten. SRiegt
feiten wirb bie ßicgtfcgeu bei Stlugenentjünbungen burd)
3 u ängftliches unb 3 U lange äusgebegntes Sragen, na«
mentlich bunfler ©läfer, unterhalten unb bie Teilung
beftehenber Sranfgeitsprojeffe baburch oeraögert.
o
Selig aus Gnaiie.
Roman oon
&».«'•»*» fil»Co.rrrt
13.
(Bas hatte ©ina alles gefagt?
Unb Hermann hatte gewähnt, glüdlich 3 U fein ... (Sv
hatte gewähnt, biefe grau 3 U befigen, ihr ein guter,
treuer, forglicher ©atte 3 U fein. (Er hatte fie, trog ihrer
ßaunen, für aufrieben gehalten; oft — oft hatte er
fein $aupt forglos 3 um Schlummer niebergelegt unb
hatte fich nichts weiter gewünfegt, als noch lange fo
für feine ßieben (eben unb arbeiten 3 U tonnen ...
Unb nun ...
2 lus feiger ©etbftfchonung war er ihren: Klagen
ausgewichen; mit feiner oorfägtichen Sanftmut oer*
urteilte er fie 3 um Schweigen, 3 m gügfamteit, 3 um
Sichfügen in bie gorm, einerlei, ob ber 3ngalt biefer
gorm entfpraeg.
3n feinem (Ricgteramt informierte er fich ftets aufs
genauefte über ben (Eharatter, bie (Bergättniffe unb bie
eigene (Borftedüngswelt bes Slngettagten, unb bas machte
ihn 3 U bem milben, gerechten Sünwalt unb (Richter,
ber er war; feiner grau gegenüber aber fragte unb
bebachte er nichts; er mag ihr (Befen mit bem 3Rag
feiner Selbftfucgt... Unb nun ...
Sie hatte Stlaoenbienfte getan. 3gre gügfamteit
war bie (Buge feiner SünbenI Sie war (Dtutter unb
Hausfrau, um Semut 3 U üben ... Unb fie perfeglog
ihre Stehle, um nicht bie (Bonne ber Silage 3 U geniegen.
3n ihr war eine Segnfucgt, oon ber er nichts ahnte,
bie er für erlogen ober für erfüllt gehalten bureg
feine ßiebe unb bas Safein ber Stinber .. . Unb jegt
brach biefe Segnfucgt geroor, als fei nichts ba, weber
feine ßiebe noch bie ftinber. 3gre grömmigteit ging
ein (Bünbnis mit ihrer Künftlerfeele ein, unb biefe 93er*
einigung — machtood unb unüberwinblicg — aerrte
an ben geffeln bes bürgerlichen grauenbafeins . ..
Sas alles ertannte ber (Kann allmählich, wägrenb
er Sag unb (Rächt mit unb gegen ©ina unb ihre auf«
fegreienbe Seele tämpfte. Unb babei fab er oiel tlarer
in ber (Birrnis ihrer (Empfinbungen als fie felbft. . .
(Biewogl er aber fo tlar fog, unb wiewogl er ge«
nau wugte, bag er gegen Strafte — macgtooll unb
unüberwinblicg wie fie waren — antämpfte, oergebens
antämpfte — trog allebem tarn er nicht 3 um (Entfcglug
ber (Racggiebigteit. (Bie tonnte er, ber SRann, weiegen
oor einer wefenlofen Segnfucgt? dRugte fein (Beib unb bie
(Dtutter ber Stinber ni<gt ftärter fein als biefe Segnfucgt?
(Bon Sag 3 U Sag hoffte er auf igre Umtegr. (Bon
Sag 3 U Sag aegrten bie Unruhe unb bie Slngft mehr
an igm, bis er ben Stnblid igrer ßeiben unb bie Se»
mütigung feiner 2tngft niegt megr ertragen tonnte.
„Su, was bu willft!" rief er aus, ba er fie wieber
einmal in Sränen fanb. „3<g tann bieg niegt megr fo
leiben fegen! Su, was bu willft!“
„3eg weig felbft noch niegt, was icg tun werbe",
antwortete fie mit 3 udenben ßippen. „3<g weig nur,
bag icg fort mug! 3n bie Heimat!.. . Unter ben
ijimmel, ber in bie bleicge ßagune blidt. — Sas ift
alles, was icg weig! Sort werbe icg fingen... icg
werbe fingen müffen, unb icg werbe ben Stern fegen,
ber mir ben grieben gibt! — 3 <g glaubte einft, bu
feift biefer Stern .. . besgalb folgte icg bir!. .. (Bie
bu fo goeg auf bem Scgiffsbed ftanbeft, warft bu (Ber«
geigung unb (Ruf für mieg ... 0 Hermann, icg wugte
niegt, bag bir folgen auf ber garten (Erbe au wanbetn
gieg!"
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Seite 1386.
Bummer 32.
„Unb meine ßiebe, (Bina. .. 2Bar fie fo gar
nichts . ..? Rann fie bir niegts geroefen fein, mo fie
mir ein neues, oodes, überreiches, fdjtneHenb föftlicges
ßeben mar? ... Bergißt bu gana bie aagüofen feligen
Stunben —"
2)a (egte fie f>emmenb bie #anb auf feinen geiß
atmenben dRunb —
„Stid, Hermann, ftifl!" flef>te fie, unb Zränen ftürjten
aus ihren Augen, „bas mar ja unfere Sünbel...
Unb ade unfere Scgmeraen jeßt finb unfere Buße!"
Anberen Zags erdärte ©ina, in bem näcgften Orato«
rium ber proteftantifegen Rirtge fingen au moQen. Sie
ein ßauffeuer fegte biefe Beuigfeit Stabt Öurcggeim in
Bemegung, unb binnen roenigen Stunben maren ade
(Eintrittsbillette oergriffen. Scgon mägrenb ber groben
in ben folgenben Zagen, roenn bie Orgel brögnte, oer«
fammeden fieg ßaufeger oor ber oerfegloffenen Rircgentür;
am Zage ber mufifalifcgen Borfügrung aber mar ber
üRarttplaß fcgmara oon Schirmen, benn es regnete in
Strömen.
(Es mehie jene unruhige, bedemmenbe gebruarluft,
bie ein frühes Zauen oerfucgt unb bie feuchten Zünfte
einer Zretbgausatmofpgäre erjeugt.
©roße Ißlatate an ber Jdrcgentür nannten bas
Oratorium: „Selig aus ©nabe.“ Bon Albert Beeter.
3n ber Ringe mit ihrem goeggemölbten meiten
Schiff, ben ftiden Säulenreihen unb ber gefegnißten
braunen Ejolatanael, bem flüchten Altar unb ben
(eUchtenb bunten, im Dämmer bes Begentoetters um
fo farbiger mirtenben gogen Sanftem mar es falt,
unb es herrfc^te eine faft metanegolifege Stide.
Die ©eftüble unb Bantreihen füüten fleh biegt, bie
(Empore mürbe oon trappelnben güßen erftü’rmt, bie
©höre maren gebrängt ood oon dRenfegen, bie ade
getommen maren, um neben ber dRujif bie „fegöne
Amtsriegterin" au gören. 3um erftenmal fang fie
öffentlich oor bem großen, öffentlichen fßublitum ber
Stabt gureggeim. 3gre Stimme mürbe fieg meffen
mit ben berühmten Soliften, bie man aus granffurt
geloben gatte.
Batürlicg tarn aueg ©raf gureggeim mit feinem
Bappengefpamt. Dem großen, muegtigen ßanbauer
entfliegen bie beiben Äomteffen — bie alte unb bie
junge — fomie gräulem Birfgammer. Die „Buben"
tarnen mit ben am ei dRäbcgen oon Amtsrichters. Unb
julegt tarn aueg ber Amtsrichter mit feiner grau, feiner
dRutter, bem deinen Sogn unb ber gumpelnben Ratgtnfa.
©grerbietig maegte man ignen an ber Zür Blag.
„Siegt aber ber Amtsrichter fcglecgt aus!" fagte
man hinter ignen ger. Denn Hermann aeigte ein
graues, oerfadenes ©efiegt unb läcgelte niemanb au.
3og er ben #ut, fo gefegag es meeganifeg, apatgifeg,
faft niegtaegtenb. — ©ina mar fegroara getleibet unb
fcgmara oerfcgleiert mie immer. Unb fie fegtug aueg
erft im (egten Augenblict, tura oor igrer ©efangspartie,
ben Scgleier aurüct. Scgroeigfam ftanb fie unter ben
Soliften, ogne naeg ben dRenfegen au fegen, bie biegt
gebrängt bas ©ottesgaus füllten.
Unb bie Buß* unb Sterbeftimmung bes Oratoriums
{ende fieg auf bie lautlofe dRenge. geierlicg unb traurig
dang es aus 3nftrumenten unb Regien. Unb es lag
aueg ein ©rabesfegauer in ©inas Stimme, ba fie leife
unb fcgmeralicg einfegte:
„0 SRcnfcg, gebent ans (Enbe,
fiaß ab oom böfen Zun.
Der Zob bringt oft begenbe
Das allerlegte 3hm!
An einem Äugenblicfe
Siegt einig ©ogl unb ©eg.
Drum beide toogl jurflete,
©ogin bein (Enbe geg!“
Unb bas Orcgefter fpielte bie dRelobie bes gera*
aerreißenbften oder Boffionslieber: 0 ffaupt ood Blut
unb SBunben.
Unb es dang mie ber (Egoral bei einem Begräbnis,
bas ades ßebenbige unb a um ßügt Drängenbe ein*
fargte, als ber ©emeinbefang melancgodfcg oeraiegtenb
fegloß: „. .. ftirbft bu in 3efu SBunben, fo tft bein
(Enbe gut!"
Sie ein Bagrtucg lag es gingebreitet in bem
Scgmeigen, bas nun folgte.
Dann aber begann ein neues ßeben, bie Bergeißung
ermaegte.
„Bun aber ift (Egrtftus auferftanben oon ben Zoten!*
Unb eine Stimme — ©inas Stimme — tarn mie
aus einer dRorgenmolte, bie fieg tangfam ergedte im
Agnen ber nagenben, emporfteigenben Sonnengerrlicgfeit
„Acg gerr ... menbe bieg au mir
Unb fei mir gnöbtg.'
Unb bie dBolte mürbe immer golbener, unb bie
Sonne ftieg unb gab igr ßiegt in immer (euegtenberen
Straglen tunb, unb biefes ßeuegten unb Strahlen mar
in bem gogen, fieg megr unb megr fteigemben 3ubd
ber Stimme, bie mit ginreißenbem SBogllaut ©inas
dRunb entftrömte:
„galtet mieg niegt auf!
Denn ber gerr gat ©nabe au meiner Weife gegeben!
Sagt mitg, baß icg au meinem germ aiege ..."
Bon gier ab görte germann niegts megr. (Er gielt
Angela auf feinem Rnie. Auf feinem rechten Arm
aber lag befegmiegtigenb bie ganb feiner dRutter. Denn
bie dRutter mußte, mie igr alter Sogn litt. —
Unb bann gingen fie ade mieber mit igren fegmaraen,
triefenben Scgirmen bureg ben fprißenben, lauen Begen
geim. Blaffe, begeifterte, meltentrücfte ©efiegter blieften
bemunbemb ber Amtsricgterin naeg, bie fegmara oer*
fegteiert an ber Seite igres fegmeigfamen, gealterten
dRannes baoonging. Sie fügrte an ber ganb ben
deinen Buben,, ber mit feinem geden Stimmegen fort
unb fort plauberte, unbetümmert, baß es oom Scgirm
ber dRutter auf feine golbig quedenben ßöcfcgen tropfte,
unb baß feine deinen, flinten Süßegen mit ben gelben
Stiefelcgen unb ben deinen, naffen Ueberfcgugen in bie
Bfüßen patfegten.
©ina fag es niegt unb görte niegts.
Um fie ger mar es ged — leuegtenb unb glor*
reich . . . „ßaßt mieg . . . baß icg au meinem E)erm
aiege ..." —
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9?ummer 32.
©eite 1387.
- *
Sie Mäbegen tarnen mieber mit Martin unb Suj
ginterbrein. Sie fpraegen oon ber Qufunft.
„ 2 lucg icg »erbe fingen lernen «nie bie Mutter!"
fagte Margarete.
Unb Martin ermiberte galb necfenb, ball* bünfet«
f»aft: „2Benn bu gur Oper gegft, fcgmeig id) bir jeben
Sübenb 93fumen!" —
Staeg S)a ufe surücfgetegrt, berief bie Sanbrätin ©ina
3 u ficf)l Unb als bie junge grau oor if>r ftanb, fagte
fle beren fjänbe unb fctjrie beinag heraus: „Gins —
eins ift mir fo unfagticg! Gs ift fo naturmibrig: bag
bu fo oon ben Jtinbem gegen tannft! 3eg begreife
bas niegt! Unb will id) über alles anbere hinweg*
gegen, benn bas ift ju inbioibuelt unb oerträgt feinen
3toang, biefes Unbegreifliege bleibt. Gs liegt mir im
UBege, id) tomme mit meinen ©ebanten niegt barüber
gimoegl"
©ina blieb aufreegt ftegen, mager unb bleieg, aber
eine fanatifege Sebenbigteit in ben ernften Säugen.
„Sie ftinber brauegen mieg niegt!" antmortete fie
mit ber igr eigenen, turj angebunbenen Seftimmtgeit,
bie fie oft gefühllos erfegeinen lieg. „Später, toenn
fie mieg brauegen, toerbe ieg roieber an igrer Seite
fein. Jtatginta forgt für igre Sebürfniffe, unb 3 m: 93 e*
auffiegtigung ift ja ber 33ater ba! Sgren Ggaratter
gaben fie bereits, unb bie normale Gntmieftung unb
Seftigung ift bureg ©etoogngeit unb Umgang bereits
gefiegert. Sie gaben ein JRecgt barauf, fieg frei su
entmiefeln unb niegt naeg ber Stieg tfegnur ettoa meiner
Stnfiegten. Ser Oberpfarrer Steümüg wirb über Mar®
garetens Seele maegen ... bie beiben anberen — emp¬
fehle icg bir an, liebe Mutter! Unb — meine ©ebete
werben fie alle umfaffen!"
„Unb — unb bu meinft —" bie Sanbrätin mifegte
fieg mit bem blenbenb »eigen, naeg Saoenbel buftenben
95atifttu(g über bas ©efiegt, bas rot unb röter mürbe,
„bu meinft — au<g bu wirft bie Jtinber niegt brauegen ?1"
„SBenn Margarete einige 3agre älter wäre, fo gätte
leg fie mit mir genommen", antwortete ©ina unb fenfte
ben 93tief, als wolle fie bie ©ebanten niegt fegen, bie
bas alte, mütterliche ©efiegt wiberfpiegelte.
9laeg einer flehten ißaufe aber trat ©ina biegt 3 ur
Sanbrätin, unb beren fjanb ergreifenb, fpraeg ©ina
leife, aber bring lieg: „Mutter, gälte barauf, bag Mar¬
garete Mufitunterricgt befommt! 3cg gäbe fie fo weit
wie möglich gebracht, forge bu bafür, bag igre 9tus-
bilbung niegt liegen bleibt! 3gr latent ift igre Gebens»
mitgift, benn bie Mäbegen werben wenig gaben, wenn
Stngelo eine Karriere maegen foü. Unb ogne ©elb
werben bie Mäbegen feine Männer betommen, bas ift
gier in Seutfcglanb jegt ebenfo wie bei uns in Stalien!"
„Stimm Margarete boeg mit!" begarrte bie Sanb¬
rätin oon neuem. „So — fo weig Hermann boeg,
bag bu niegt allein bift!"
„Sarüber barf fieg Qermann niegt grämen!" er»
wiberte ©ina, unb igre fegönen, ausbruefsoollen Säugen
umflorten fieg. „3eg bin im ©eift oft unter eueg. Stber
meine Seele brauegt ben Stuffegwung! ... 3gr ift bas
Segnen gegeben, fo mug igr aueg bie Grfüllung ge-,
geben fein!"
„Sas finb Singe, über bie unfereins niegt mit»
fpreegen fann!" erwiberte bie Sanbrätin. Segwer rügte
igre J)anb auf ©inas Segulter, unb ogne 3U 3ögern,
fpraeg bie alte grau weiter: „Unb Hermann lägt bieg
gegen, weil er weig, bu fommft surücf! Migbraucge
fein Vertrauen niegt!" —
9 Bägrenb ber legten Sage bes 95 eifammenfeins aber
gatte Hermann bas ©efügt, ©ina fei eine Iraum»
manblerin ... Sie fegien niegts megr oon bem magr-
3unegmen, was rings um fie ger oorganben war. Sas
Ungegeuerliege, was fie tat, unb was man sulaffen
mugte, wollte man niegt ©emalt gegen igre Ißerfönlieg-
feitsreegte brauegen, biefes Ungegeuerliege fegien igr
bas Statürliege 3U fein . . . Unb Hermann tarn barauf,
igr jegiges Sun unb Senten mit bem oor 3wölf 3 agren
3U Dergleichen. Mar bas niegt ebenfo ungeheuerlich
gewefen? Sas fegöne, junge Jfinb mit ber fiegimtnelan*
tragenben ^Begabung fegenfte igm, bem gereiften,
geprüften, erbgebunbenen Mann, igre Siebe, igre 3 «’
funft. Sie oerlieg Gltent, Heimat, Kunft. .. Sie fag
in igm, ber igr fo wefensunoerwanbt unb wefensfern
mar, ein Sbeal. .. Unb jegt — in biefem Sbeal ent*
täufegt — oerlieg fie wieberiim bie eigene Familie,
oerlieg ben ©atten, bie Kinber, bas bergenbe fjeim,
um wieberum einer inneren 9 Sorftellung 3U folgen.
3e länger ^ermann hierüber naegbaegte, befto natür¬
licher erfegien enblieg aueg igm, bag bas oon ©enie
begnabete Mefen feiner Seele Flügel ausbreitete unb
oon igm ging, fieg (osrig eius ber Spgäre bes gäus¬
liegen tfrauenbafeins, bag ® fieg emporrang 3U bem,
was igr oergeigungsood oorfegwebte. —
93 om 33 agngof jurüdfegrenb, ging er aufs 2 tmts-
geriegt 3U einem Sermin. Grft naeg Mittag betrat er
mit fegweren, sögernben Segritten fein oereinfamtes
#aus. Seine beiben Keinen Söegter fagen oerfcgücgtert
im Gg3immer; nur Slngelo fegien geiter wie immer
unb fcgaufelte läegelnb fein ißferbegen.
Sie Sanbrätin mit igren 3weiunbaegt3ig 3 ®tgr«n
tarn langfam, (angfam bie Sreppe herunter. Unb als
fie ben Sogn erbtiefte, tonnte fie bie Xränen niegt
oerbergen.
Hermann aber ging halb wieber fort, unb ben
2 tbenb oerbraegte er oben bei ©raf Subwig. Sas
blieb aueg fein faft unoerrüeftes Programm. 93 ei ben
Seinen erfegien er nur 3U ben Mag(3eiten. Sie Kinber
überlieg er gan3 feiner Mutter unb Satginfa, unb wie
es fegien, feglte ignen niegts unter biefer Obgut.
14 .
©ina betrachtete igre befcgmerliege Steife als eine
9 Ballfagrt, beren Mügfeligfeiten 3U oerringern fie niegt
berechtigt war, benn biefe entfpraegen bem tieferen
Sinn igres Unternehmens. So baegte fie aueg niegt
mit bitterem Sangen an ben gemig niegt all3u fonnigen
Gmpfang bes Srubers. Unb auch bie igr oielleiegt
fegmer3liegen ^Betrachtungen ber altersfegwacgen Mutter
füregtete fie niegt. Sas waren alles nur fleine Un¬
ebenheiten auf bem ißfo&e, ben fie 3U gegen gatte.
3 n Semut würbe fie alles, alles ginnegmen, benn oor
igr lag bas 3ie(, bas fie oerfögnenbe unb befreienbe 3iel>
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6«ite 1388.
TJummer 32.
Denn ein 3**1 gatte ge, wenn fl« auch ju igrem
(Batten gefagt gatte, fie wige noeg nicht, was fie tun
mode. 3gte Untlargeit bejog ficg jebocg mehr barauf,
bag fie nicht Har oorausfag, weiter Seg fte ju ihrem
3 ieC führen würbe.
6 o überfpannt ®ina erfcheinen tonnte, im (Brunbe
folgte fie (eblgiiih ben Antrieben ihrer feelifd>en Statur.
Unb fie hätte fo gehanbett, auch wenn ihr bie gägig*
fett, oergieichenb unb folgernb ju benten, in höherem
.Sage oerliehen gewefen, als es ber gad war.
Sogl war (ich ®ina — als grau unb Sutter ge«
nommen — nicht gang im ttaren barüber, bag ge
einer weit grögeren 3bee bienftbar war als ber ihrer
Sugoorgedung. Als Künftlerin genommen aber mugte
ge ebenfalls nicht, bag ihr Drang, geh felbft gerecht
gu werben, eine neue gorberung, bie auger ihrer felbft
lag, in geh fchlog . ..
Sie würbe am Sahnhof ber „fegwimmenben Stabt*
oon ihrem Sruber ®uibo unb einer fehr grogen, ftarfen,
reich getleibeten Dame empfangen, bie ®ina umarmte
unb fügte, benn ge war Guibos ®attin Amalia.
®uibo trug noch feine leicht geträufelte Künftler*
mägne unb ben gejierten Knebelbart. Song war er
jeboch bebeutenb beleibter unb felbftbewugter geworben;
jufolge feiner Verheiratung mit ber tinberlofen Sttwe
eines reichen Korngänblers ftanb er g<h petuniär
fehr gut...
Senejia tag ba, als meine ge. Als fei bas oiele,
oiele Säger in all ihren Stbern ein graues Dränen«
gerinnfei. Die Sarmorpaläfte ohne bie sauberifegen
Sirtungen oon Sonne ober Sonb glichen gewaltigen
oerfteinerten Seufzern einer grogen, enttäufchten Seele.
lieber ®ina breitete fi<h auch ein ®efühl biefer trog«
lofen Sattigteit, bie bei ihr gewig auch Veifemübig«
feit war. Sielleicht hörte fie bie Schönheit ihrer Hei¬
mat beger, als ge fie jegt 3 U fehen oermochte. Sie
fchlog bie Augen.
... Unb ba hörte fie bie Stille. Die Stille, bie
3 ur #öhe wirb für ben, ber fie empgnbet unb feelifcg
oerfteht. ..
Das Säger plätfcf>erte gegen ben Stiel ber fchmar 3 en
Sorte unb negte bie Sarmorftufen ber Saläfte, über
bie bie Seltgefcgicgte ihre fßurpurfcgleppen, ihre Kerfer»
fetten, ihr Stofengewinbe unb ihre Vahrtücger fcgleige...
3 a, bas war ihre f>eimat.-
®ina trat ein in bas fchmale, oerfcgloffene
Räuschen ber (Earlonis.
Da war bie geile 3nnentreppe, bie 3 U hem Sor»
3 immer.führte mit bem bunfeln ®ang nach ber Zür
3 u einem fchmalen Kanal. Cs roch feucht unb mobrig
nach bem nahen Säger. 3m Kamin brannte fein
treuer. Unb ba ftanb auch ein neuer Schrant mit
feinen Zagen unb Kriftadgläfem, lag auch ein neuer
Zeppich im Zimmer nebenan unb waren Samtbraperien
über bie Sudgarbinen gehangen — ®ina hotte trog«
bem bie Cmpgnbung, bas ijaus fei ärmer unb tälter ge«
worben. So war bie raftlos forgenbe Sutter? So bie
blonbe, gomme (Earmeda? So bie junge, fingenbe ©ina?
Sie (egte ihren S)ut auf ben Zifch unb ging 3 ur
Sutter. Die lag in ihrer Kammer auf bem breiten
Chebett — ge lag ghon ein 3«gr fo — unb ge mar
an 3 ufehen wie eine Heine Sumie. über ihr ®eift war
noch rege, unb als ®ina eintrat, hob ge mügfam ihre
bürren, fteifen $änbe unb güfterte: „(Belobt fd bie
heilige 3unggau Saria... 3ch fehe meine (Bina
noch einmal!"
„Unb ich fege mdne liebe Sutter wiebert" rief
®ina aus.
Sie fanf h*n am Siechenbett jener, bie jegt fo
wenig fehlen, unb bie boeg jo oiel gewefen war. Unb
bie auch i*gt noch fo oiel war, benn ge war bie
Sutter, ge war bas treue, felbftlofe Suttergers, bem
bas S)tti ber Zocgter entflammte. Das fühlte ®ina
jegt Cin füges ^elmatglüct tarn über ge.
Unb im Augenblicf, ba ge es fühlte, baegte ge:
„Sirb aueg meine Zocgter einft fo fügten, wenn ge
mich nach langer Zrennung geht?"
Scgon in ber erften Stunbe bereute ®ina,
Sargarete niegt mitgenommen, nicht ihrer Familie 8 u«
gebracht 3 U gaben. Sie empfanb in biefer erften
Stunbe bereits eine heftige Segnfucgt nach ber Zocgter,
unb fomogl bie Sutter als auch ®uibo, begen Cge
tinberlos war, oerübelten igr, Sargarete niegt mit«
gebracht 3 u gaben. Denn ade fagen ®inas Kommen
für ein befucgscoeifes an, wenn auch bie unausgefproegene
®ewiggdt in ber ßug ging, bag biefer Sefucg eine
Seitlich befegräntte S)eimtegr war. —
Sie dne Sucgenbe ging ®ina og bureg bie igr fo
betannten ©affen, in benen füg nlcgts oeränbert gatte,
über bie Srücten unb längs ber Kanäle. Og beftieg
ge eine ber ®onbe(n unb lieg geg ginausrubem in bie
breiten, ftiden Säger ber fiagune, bie im ®lan 3 fonniger
Zage angng, bläulich unb buregfiegtig su werben. Sie
wartete auf ein neues, innerliches (Erwachen, ein
(ErwecftmerbenI...
Unb eines Zages, ba igre Seele angefüdt war mit
Göttlichem, wie geh ein ®efäg, bas man unter eine
überfprubelnbe Ouede hielt, mit Säger anfüllt, an
biefem Zag fagte ge 3 U Guibo: „Sogen mug ich mich
jegt wenben? 3 <h möchte einmal gngen wie früher . ..
bei einer grogen Serenabe... in unferer ftiden fiagune."
@uibo, ber am Klaoier fag, bregte geh rafeg um
unb fag feine Scgwefter erftaunt an.
„Cosa?" fragte er mit fdnem faft ad 3 u weichen
3biom, aber auch mit feinem rechtgaberighen Zon.
„Du widft fingen?"
„Ueberrafcgt bieg bas fo fegr?" ermiberte fie unb ocr«
f uegte ein fiäcgeln, bas igre innere (Erregung oer bergen fodte.
3n bas fonft gelbbleicge Gefügt bes Sannes ftieg
allmählich eine 9töte, unb er fagte, feine bogrenben
Augen gebenb: „Du bentft boeg niegt baran... 3 ur
Kunft 3 urücf 3 utegren?..." Da er fag, wie ge
erblagte, fegte er fcgonungslos unb fag triumpgierenb
gin 3 u: „Du bift sweiunbbreigig 3agre alt, oerblügt
unb auger Schulung! — 3cg warne bieg oor einer
Selbfttäufcgung!"
„Verblüht?" wiebergolte fie, unb igr Geficgt weegfette
jäh Ausbrucf unb garbe. Sie fag fegön aus in biefer
Seibenfcgag, in biefer weibgagen Auflehnung gegen
folcge Verurteilung, ba man fie igrer toftbarften Sacht
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Stummer 32.
Seite 1389.
oerluftig ertlären moöte. SNit noioer ^erausforberung
fegte fie (jinju: „SEBenn id) loilette mache unb be*
geiftert bin — glaubft bu nicht, bag t<h noch fctjr gut
toirten fann?"
„SEBenn bu in beiner fünftterifchen Steife bem ent*
fpredjen mürbeft" . .. lentte (Suibo ein, um mit anberer
UBaffe 3U oeriefeen. „Su t>aft geroig alle« oerlemt!"
®ina aber rief mit flammenbem Slntlift: „Prüfe
mid>! 3 <f> fühle mich reifer unb ftärter als je!"
Sa erhob fid> ©uibo oon feinem Srehfdjemel.
„Vring mir erft bie (Erlaubnis beines Satten! Pis
bafjin oerbiete id) bir, beinen SNunb auch nur für
einen Son ju öffnen. — 3cg fragte bisher nichts —
aus Sistretion. Su migad)teteft frütjcr meine Nat*
fd)(äge, ba bu unter meiner Seoormunbung ftanbeft —
eine Chefrau aber unterfteht ber Seoormunbung ihres
Satten, unb ben bitte id) ju fragen, too bu fingen
barfft unb too nicht.. . Capito, mia cara?"
Sie f)ot)nifc^e gärbung feiner SB orte unb feine felbft*
bemugte Haltung fdjüdjterten Sina ein; fie fentte bie
Slugen oor feinem 3 orn unb ermiberte nur mit Stotfen:
„SEßas id) 3U befpredjen tjätte, Suibo, ift nicht fo leicfjt
gefagt. 3 cf) möchte mir fein unoorfidjtiges 2 Bort
entf<f)lüpfen taffen .. . SNeine Sage ift bie bentbar
fcfytoierigfte ... 3 d) bin mir felbft faum tlar."
„S o?"
Suibo f 4 )ob, am Klaoler legnenb, eine $anb in
ben SEBeftenausfdjnitt, gerabefo tote er ficf) Cüralicf) als
Komponift feiner „Clegia" hatte photographieren laffen.
„Sa wäre es bod) mohl toidjtiger als alles anbere,
bag bu bir erft bie Klarheit oerfdjaffft, bie bir fehlt!"
fprad) er mit theatratifcher Sebärbe. „Sine grage
jebod) fchon fegt; fjaft bu bid) mit beinern SNann
er3ürnt? SEBotlt ihr nicht mehr 3ufammen leben?"
Cs tag eine folche lüde in feinem Slid, bag Sina
jäh erfdjraf. Suibo hagte ^ermann unb feine oor*
nehme Stellung .. . unb er mürbe oielleicht ihr bei*
ftehen, toenn bas gleichbebeutenb märe mit einer Nieber*
läge für Hermann.
Sas ertannte Sina bliftfchnell. Unb fie erfannte
bamit, mie bebingt ihre perfönliche greiheit mar.
2 tber fie fchmanfte feinen Stugenblid, bie Vorteile
auf3ugeben, bie fie oielleicht bur<h VlogfteHung ihres
Chetebens bei ihrem Sruber erreichen tonnte. Hermann
ftanb ihr 3U hoch/ um ihn an Suibo 3u oerraten. Unb
mit einem fto^en Slusbrud ihres feinen, emfthaften
Sefichtes fagte fie: „Su irrft. 3 ch ftehe gut mit
meinem Satten! — Slber ich hatte Ejeimmet) — i)eim*
roeh nach ber Heimat — Ejeimmef) nach ber Kunft!. ..
Unb ich möchte — mie foH ich es ausbrüden — ich
möchte hier rnieber su ber merben, bie ich eigentlich
bin. 3 d) möchte es fd>on für meine Kinber tun."
gaft ohne feine lauernbe SNiene 3U änbern, lachte
Suibo hämtfd) auf.
„Sas Ift ja eine mertmürbige Konfufton ber Ve*
griffe!... 2lber menn bu oor3iehft, mich 3“ oerroirren,
anftatt auf3ut(ären — Sut! SEBie bu mitlft! (Es tut
mir bann nur leib, bir mit teinerlei Nat bienen 3U
tönnen. 3 n folche — unreine SEBaffer tauche ich meine
i)änbe nicht, unb eine fortgelaufene (Ehefrau betrachte
ich als einen Schanbfted ber gamilie — bamit bu’s
meigt! — Su entfd)u(bigft mich fegt mohl, ich habe
Sefchäfte, abbio!"
Sr raffte Notenblätter 3 ufammen, unb bie SNähne
aus ber Stint fchüttelnb, fdjritt er hinaus.
Unb Sina ftanb allein — allein in bem 3imnter,
oon bem Hermann fo oft fprad), unb bem er eine oer*
tlärenbe, gern unb liebeood gehegte Crinnerung be*
mährte. Nebenan in ber Küche fchalt Vmalia mit ber
Stufmärterin, bie fdjlecht unb teuer fürs SNittageffen ein*
gefauft hatte. Unten fchrien gifch* unb Semüfehänbter,
bie mit ihren Starten burd) bie Kanäle glitten.
Sina aber härte eigentlich nur Suibos Stimme
unb feine SEBorte oon unfauberem SEBaffer unb oom
Schanbfted!
3a, eine oon ihrem Satten getrennt tebenbe grau
mar feine ßierbe ber gamilie. Unb jeber Schritt, bet»
eine folche grau tat, hinterlieg eine Spur, bie unfauber
erfdjien ... (Es mar fchon fo.
Saran hatte fie bisher nicht gebacht. ÜRit einem
Stal ftanb es aber oor ihr, mieoiet (Ehre fie genoffen
an Hermanns Seite, mie bie Vorteile feines gefellfchaft*
liehen Nanges auch % 3 ugute getommen unb mie es
ihrem Setbftbemugtfein gef<hmeid)elt hatte, an feiner
Seite für alle SEBelt eine fraglofe Nefpeftsperfon 3 U fein.
Sas hatte fie nun alles aufgegeben. Sie ftanb
allein. SEBie eine SEBoge fdjmoü ble Sehnfucht in ihr
auf — nach feinem Schuft, feiner Süte ... Stber biefer
Sehnfucht fchämte fie fich auch fogleich, mie fie auch
fühlte, bag biefe ihre (Erfenntnis feiner fchirmenben
Sattentreue noch fein Verftehen, noch fein erfdjöpfenbes
Verftehen feines fchmeigenben, nachgiebigen SEBefetts mar.
Sich aufraffenb ging Sina nach aben 3 ur SNutter.
Sie lag gebulbig auf ihrem hoffnungslofen Siechenbett,
umgeben oon Sebetbüchern, $eiltgenbi(b<hen unb ben
Photographien ihrer Kinber unb Cntel.
SEBie immer bat bie alte grau jeftt Sina, fie möge
ihr boch oon ben Kinbent er 3 ähten. Sann aber fiel
oon ihren Sippen ein Name, ber Sina rnieber in bie
Vergangenheit 3 urüdrief: gortunata!
Sina hatte fd»on oft nach ber ehemaligen greunbin
fragen mollen, es entfiel aber immer rnieber ihren Se*
banfen.
„3a, gortuna!" rief fie nun aus. „SEBie geht es
ihr? 3ft fie oerheiratet?"
„3amoi)t. 2lber erft feit 3 mei 3ah«n. Sie hat
fich fpät ba 3 u entfchloffen."
„SEBar fie nicht beim Sheater?"
„Puch bas!" SNit bem Slusbrud bes SBibermiHens
fegte SNutter (Earloni f)tn 3 U: „Sie hat oiele leufeleien
gemacht. Unb auch mir hat fie Sorgen bereitet. —
Sie mar fdjredlich hinter Suibo her, aber, gottlob, er
hat fich nicht oergeffen. Cr fannte ihren Nuf. Cr
nahm lieber ben alten, foliben Setbfaften, bie Stmalia. —
Sich, fie ift ja auch nicht nach meinem Sinn, aber fie
ift menigftens anftänbig unb hält bas #aus gut.
SBenn fie nur Kinber hätten! Slber fie befommen feine."
„S)at gortunata Kinber?" fragte Sina.
„3a, fie foli eins haben! 2lber fie h°t es nicht
bei fich."
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Seite 1390.
Stummer 82.
„SBiefo?" fragte <3ina mit einer Sefrembung, bie unb Kongertagent. Cr hätte oiel für ©uibo tun tönnen,
fie befcpämte. #atte niept auch fie ihre Kinber oertaffen? aber (Buibo, bu roeipt, toie er ift, re<hthaberif<h unb
„Sie hat es in pflege gegeben, meit fie fi<h nicht aügu felbftbemupt, oerträgt fiep nicht mit bem Xergatotti.
oiel barum fümmem tonnte", erflärte bie tieine, alte Der ift fein übler 3Jtann; ich mag ihn gern. Die
grau. „Sie hat ja noch ein (Engagement unb — führt gortunata hat mehr (Btücf gehabt als fie oerbiente."
nebenbei auch ein Pottes ßeben. 3pr Stann ift Stufiter (gortfcpung folgt.)
-O-
Hltchinefifcbe und altiapanifclK Kunft in den Berliner fllufeen.
SJon SB. oon Seiblip.
SJor ^ahresfrift tonnte ich antünbigen (in ber
„SBocpe" oom 8 . 3uni 1907), bap in SJerlin bie Slb«
ficht beftehe, ein Stufeum für ajiatifcpe Kunft gu grünben.
Dag biefer ißlan in feinen (Brunbgügen bereits oer«
toirtlicht toorben ift, geigt bie türglich im Kunftgemerbe«
mufeum eröffnete Stusfteüung ber aus 3apan unb China
eingetroffenen ©rmerbungen, benen halb eine »eitere
Senbung, bie erft bie i)auptftüde enthält, folgen foü.
3n fehr mirtungsooder SBeife hat ißrofeffor (BroPe
aus greiburg L SS., ber bie Cjpebition mitgemacht hatte,
bie Stücfe fo aufgeftellt, bap bas 3ufammengehörenbe
in Schränten unb ißutten bequem gur Stttfcpauung
tommt, toährenb bagmifchen burch eine Stngahl oon
Ütifepert SRupepunfte gefepaffen finb, in benen nach echt
japanifcher SBeife ein ausgemähltes $ängebilb, barunter
aber auf einem niebrigen OefteQ ein befonbers peroor*
ragenber Jhmftgegenftanb, fei es eine Safe, ein ßad»
taften, eine f&rongefigur, gu ooHer (Bettung gelangen
tann.
Sefonbere Stnerfennung oerbient es, bap bei biefen
©rmerbungen bas jjauptaugenmerf auf bie altcpinefifcpen
Stücfe gerichtet morben ift, bie freilich bisher nur in
geringer 3ai)l nach (Europa gelangt unb baher uns
noch toenig betannt finb, aber barin ihre befonbere
Sebeutung befipen, bap fie bie uns näperftepenben
japanifchen Kurtftmerfe, bie burchaus auf ber attepine«
jifepen Kultur beruhen, erft mirtlich oerftehen (ehren.
SBährenb 3apan erft um bie SJtitte bes erften Saht*
taufenbs (nach Cprifto) in bie ©efchichte eintritt, bann
aber freilich eine gang eigenartige tünftlerifche (Entroict*
lung burchmacht unb es balb bis gu einer hohen SBlüte
bringt, hat China, ähnlich mie Chalbäa unb Slegqpten,
fchon in ben oorchriftlichen 3 aprtaufenben feine befonbere
Kultur entmiefett unb einen Stil ausgebilbet, ber Schön«
heit, Kraft unb toirtungsoolle $racpt im höchften Stag
oereinigt. Sefonbers äupert ficf> bies in ben gropen
brongenen Xempelgeräten, ben Safen, ben Opferfcpalen
unb (Bwpern, bie häupg mit ©olbeinlagen aufs reichfte
oergiert mürben. Sinb auch biefe Stücfe jept fepr fetten
gemorben, fo ift es bo<h gelungen, eins ber fchönften
3 u ermerben, bas peilich gurgeit fich noch auf bem
SBege nach (Europa bepnbet.
Dafür aber finb fchon jept einige jener alten ge«
fchliffenen epinefifepen Sunbfpiegel, unb gmar oon gropem
gormat, au fepen, beren SRücffeite eine äuperft mannig«
faltige tongentrifepe Drnamentierung in Srongegup geigt.
Stan hat naepgemiefen, bap einige biefer Ornament«
motioe, mie 3 . S. bie Xrauben mit piefenben Sögeln,
aus ber grieepifepen Kunft, maprf(peinlich auf bem Um«
meg über 3nbien, übernommen morben finb. Doch
fepeint fiep bas mepr auf bie ©rgeugniffe ber fpäteren
3eit gu begiepen, mäprenb bie alten Stücfe einen ftärter
ausgeprägten epinefifepen Cparafter tragen.
SOlit 13 Stbbilbungen.
gür bas ättefte epinefifepe $orgeüan ift eine auf
brei güpen rupenbe Scpale begeiepnenb, bie noep nichts
oon ber fpäteren 3 ierli<pen Semalung geigt, fonbern
nur burep ben Ion ber (Blafur mirft unb offenbar
einem Srongegefäp naepgebilbet ift, mie folcpes auep
bie beutlicpen Spuren ber alten Sergolbung bemeifen,
bie urfprünglicp bas Stücf gang bebeefte. hieran
fcpliepen fiep einige ber megen ihrer fepönen (Blafur be*
fonbers gefepäpten Xemmotufcpalen bes 15. 3apr«
punberts, bie gum Xcetrtnfen bienten unb fpäter oiel*
faep in 3 apan nacpgeapmt mürben, boep opne bie
Originale gu erreiepen.
Dag auep bie ßacfmalerei aus Cpina ftammte, tarnt
man einigen Stücten entnehmen, bie ein in 3apan
gang unbefanntes Stofait oon oerfepiebenen neben*
(niept über«)einanber gelegten, fepr leucptenben garben
bilbete; ferner jetten gefd)nittenen unb in ben oertieften
Xeilen mit garbe ausgefüüten ßaefen, bie gemöpnlicp
unter ber irrefüprenben Segeicpnung oon Coromanbel*
laden gepen, momit nur ipr fjauptoerfcpiffungsplap an«
gegeben merben foltte: fie enthalten meift ausgebepnte
lanbfcpaftlicpe Sgenerien mit gaplreicpen, lebenbig er«
fapten giguren.
Den Uebergang gu 3apan bilben bie Sialereien ber
epinefifepen Scpule, bie bireft als Sortagen benupt
morben finb. Steift ftetlen fie ßanbfcpaften bar, bie
mittels ber in ipren Schattierungen fo abmanblungs*
reichen Xufcpe niept etma in naturaliftifcper, fonbern
oielmepr in burepaus impreffioniftifeper SBeife mieber*
gegeben merben als bie pcrföniiip gefärbte Spiegelung
eines Satureinbruds, ber burep bie Sttt ber fttnfel«
füprung, bie balb fanft oertreibenb, balb fed anbeutenb
ift, in bem Sefcpauer neu ermedt merben foü. 3n biefen
Crgeugniffen ber 3*Ü unferes Stittelalters betunbete fiep
übrigens, gerabe megen bes Sermeibens aüer groben
garbeneffefte, ein äuperft oornepmer ©efepmad.
Diefe Sialereien auf ißapier ober Seibe finb niept
etma nach europäifeper ärt eingerapmt, fonbern mit
feingemuftertem Stoff umgetan, ber in feiner Xönung,
gu ber Srt ber Darfteüung paffenb, ausgemäptt mirb.
Stuf ftärtere SBirtungen gepen bie in lebhaften garben
gehaltenen früh*bubbpiftif(pen Sialereien aus, bie in
ftrenger Stilifierung ©öttermefen geigen unb einen
betoratioen ©efepmad betunben, ben mir am epeften
mit ben napegu gteiepgeitigen Crgeugniffen unferer
romanifepen 3cit Dergleichen tonnen.
3n 3apan pat fiep bereits früpgeitig bie Silbnis*
barfteüung entmidett, bie pier in einigen mürbigen
Seifpielen oorgefüprt mirb; barauf folgten figurenreiepe
Sgenen aus bem einer ftrengen Ctifette untermorfenen
^ofleben, bie mit miniaturartiger geinpeit ausgefüprt
finb. Die mepr malerifcpe Slrt ber Darfteüungen aus
bem Soltsteben, bie bann gur ©ntmidtung bes fjolg»
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Hummer 32.
«Seite 1391.
fchnittes führte, tritt
erft im 17. 3at>r*
ßunbert auf.
SBie 3 u erwarten,
fpielen bie mannig»
faltigen ©rjeugniffe
ber japanifdjen Xöp-
ferei, bie trog ber
Unfcfjeinbarteit ihrer
garben ein burch*
ausinbioibuedes ©e*
präge tragen, eine
große Sode. SBäh s
renb bie ©hinefen
bei ihrem tßor^eilan
bas SCBeife bes ©rum
bes unb ben ©(anj
ber lebhaften gar»
ben jur ©eltung 3 U
bringen fuchen, jehen bie 3apa=
ner bei ihren Steht 3 eugmaren,
bie ni<ht bem Schmuct, fonbern
bem wirtlichen ©ebraud) ju
bienen haben, oon jeber befo*
ratioen SBirtung ab, fdjäßen
aber barum bie feine Slbtö*
itung unb bie Kühnheit gewiffer
fcheinbar zufälliger ©lafuren
um fo h^hee. Sie nerfahren
barin nach bem SJorbilb ber
Statur, bie im ÜEier* wie im
Sftineratreich ihre rounberbarften
©ebilbe nicht burd) ben ©egen*
faß lebhafter garben, oielmehr
burch bie 3 u fammenftedung fo
einfacher Däne wie grau, braun
unb blau herftedt. Der 3wecf
aber, bem biefe ©efäße ju bie*
nen haben, ift bie aliebrwürbige
leezeremonie, bei ber bie ©iite
unb Originalität ber Drinffdjale,
ber Sofe für bas Üeepuloer unb
bes SBafferbehälters ben Stol 3
bes gebiibeten gapaners' aus»
macht. Demgemäß rocrben aud)
bie ein 3 elnen Stücfe, ihrem SBert
entfprechenb, in befonbers foft*
baren mehrfachen Seibenljüden
aufbemahrt, roie hier an mehre*
ren SJeifpielen 3 u fehen ift.
©in weiteres ausgebehntes
©ebiet japanifcher Kunftbetäti*
gung bilben bie ßacfarbeiten,
bie in ihrer urfprünglirfjen gorm
als fchroarjer ßacf mit S3erl=
muttereinlagen auf djinefifdje
Borbilber 3 urücfgeheu. Stücfe
biefer Slrt aus früher 3eit finb
naturgemäß äußerft feiten. Sei
bem ©olblacf, bernamentlid) bei
ber Serjierung ber oierecfigen
Schreibtaften unb bei Heineren
Sierbofen 3 ur Serwenbutig tarn,
gilt es genau 3 u unterfcßei*
ben 3 wifchen ber guten Oua»
-
2tltchinefif<f)e JJoc 3 elIanfd)a(e.
Silbnis eines prieffers.
ütät, bie ben ©in»
brucf oon aufgeleg»
ten feinen Sftetad»
Ornamenten macht,
unb jener flach ge*
arbeiteten, bie bie
Kraft oermiffen läßt.
■ 3 unä<hft finb nur
einige Stticte ba*
oon oorhanben, hoch
foHen bie wichtigften
noch nachfolgen. ®s
wirb fehr gut fein,
wenn hier ein ftren*
ger SRaßftab auf»
geftedt werben wirb,
ba infolge ber oie*
len, angeblich alten
Stücfe mit pgan»
taftifcher ftünftlerbenennung, bie
in bie europäifchen Sammtun»
gen gelangt finb unb burch ihre
Blei* unb fßerlmuttereinlagen
ben Stil ber großen SJteifter
ftontfu, ftorin, Bitfuo bar 3 U»
fteden oorgeben, eine große Un*
fidjerheit '•ßlaß gegriffen hat.
©in fjauptaugenmerf wirb
mit ber 3eit auf bie tßlaftif 3 U
legen fein, als bie fiunft, bie
in gapan eine burchaus eigen»
artige ©ntwicftung erfahren hat.
3unäd)ft ift fie burch altertüm»
lid>e Bronzetafeln in SBachsguß
mit gan 3 flachem Stelief oer»
treten unb weiterhin namentlich
burd) bie .hol 3 figur eines fißen»
ben Sriefters auf altem Unterfaß,
bie, wenn auch oon mäßigem Um*
fang, öod) ben ©haratter biefer
feierlichen Kunft gut wiebergibt.
Bon befonberem SBert ift
eine ausgewählte Sammlung
ber eifernen unb bro^enen
Sdjwertftichblätter, in ber fich
fowohl bie unenbtiche SJtannig»
faltigfeit ber üDtotioe wie auch
bie admähliche ©ntwicftung ber
Behanblungsweife burch bie
gahrhunberte hin ocrfolgen läßt.
Bon ber Keinen Sammlung
biefer 2trt, bie fich bereits feit
einer Seihe oon fahren im
Zeughaus befinbet, befißt biefe
Sluswahl ben großen Borsug,
baß fie befonbers bie älteften,
einfacßften, aber auch fraftoodften
Ippcn oorführt; bie fpäteren
tedjnifchen ^Raffinements in ber
Bearbeitung, bie in ihrem ©rfin*
bungsreidjtum überhaupt uner*
fdjöpflid) finb, fehlen hier öage*
gen fo gut wie gan 3 , ba fte nicht
aus einem nationalen Bebürf»
nis, fonbern oielmehr aus einer
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Seite 1892.
Stummer 32.
3apanifrf)er Catffaffen.
2 trt Sammel* unb Scßmudluft ßcroorgeroaißfen (itib.
(Eine eigentümliche Stelle nimmt bie reichhaltige unb
ooraiiglid) gut erhaltene Sammlung oon E)o=Masfen
ein. Diefe Masten oon oerfcßiebenartigfter (Eharafteri»
fierung mürben bei bem feierlichen f)ofpief, bas an
ben f)öfen ber Vornehmen beliebt mar, oorgefegt. Sie
ftellen joroohl Männer roie grauen m ben oerfcßieben»
ften Slltern bar unb briicfen bie mannigfaltigften ©ernüts»
bemegungen aus. Verounbernsroert ift es, roie babei
bühnenmäßige Slusbrudsfähigfeit mit roahrheitstreuer
Vaturroiebergabe oerbunben roirb. 2 lucß h<cr 9ilt cs, baß
bie älteften am meiften Stil jeigen. — 2 lls eineGrgänjung
baju fönneit bie fünftlerifd) reich in ben lebhafteften
garben entroorfenen Vracßtgeroänber betrachtet
roerben, beren Darftellungen, meift bem lßflan3en=
reich entnommen, burct) bie äußerft gefcßidte Ver=
roenbung oon ©olbpapierfäben gehoben roerben.
(Es finb neue Vielten, bie fich in biefen
Sammlungen oor ben 2lugen bes Vefcßauers
auftun. 3 hrc ©rgängung roerben fie namentlich
in ber ausgebeßnten ©ierfefchen Sammlung oon
japanifchen Malereien, bie bereits oor mehreren
gab^eßnten angefchafft röurbe, foroie in ber
geroäßlten Sammlung japanifcher garbenhol3-
fchnitte finbeit, bie feit einigen gaßren in ber
Vibliotßef bes Kunftgeroerbemufeums begrünbet
roorben ift. gür ben SBeften 2 lfiens aber ift
bereits in ber betreffenben Vbteilung bes Kaifer=
griebrich=Mufeums oorgeforgt roorben, bie fich
unter ber begeifterten Mitroirfung bes fachfuro
bigen IJirofeffors Sarre 311 einer oor3üglichen
Vertretung, namentlich ber altperfifchen Kunft,
311 entroideln beginnt. 3in ^ufamtnenßang mit
all biefen oerfebiebenen 9ticf)tungen ber afiatifdjen
Kunft aber roirb erft bie pracßtoolle gaffabe
ber Mfcßatta, bie 3ur3eit nur eine ungünftige
unb prooiforifche Vufftellung hat, 3U ihrer Dollen
©eltung foinmen fönnen.
Das Sicue unb VJefentlicße bei bem in ber
Vilbung begriffenen 2 lfiatifcßen Sunftmufeum ift,
baß es roeber nach oölferfuttblidjcn noch nach funft»
geroerblichen ©efichtspuntten entroicfelt
roerben foll, fonbem baß es nur ber
Kunft 3U bienen haben roirb. Unb bas
mit gutem Stecht. Denn bie 3 »ecfe bes
Kunftgeroerbemufeums, bas roefentlich
bie oerfchiebenen ffleftaltungen nach
ihrer tedßnifchen Seite 3U fammeln hat«
roie bie bes Mufeums für Völfertunbe,
bas bie eigentümlichen fiebensbebin*
gungen unb ©eroohnßeiten ber ein3el»
nen Völter ftubiert, bebingen eine gana
befonbere Vusroaßi. gür bie afiatifeßen
Siunfteraeugniffe als folche, b. ß* als
Schöpfungen einer inbioibuellen (Er«
finbungsfraft, fehlte es aber bisher
an einer Stätte, roo fie ebenfo ge»
fammelt roerben fönnten roie bie
Vierte ber Mittelmeeroölter in bem
ägpptifcßen, bem oorberafiatifchen Mu»
feum unb bem Vntiquarium.
Dies hängt mit bem Umftanb 3U»
fammen, baß roir überhaupt erft in ben
leßten gabr3ehnten eine Kunbe oon ber
eigentümlichen Kunft erhalten haben,
bie in ben früher für (Europa fo gut roie oerfchloffenen
afiatifchen AJänbern geßerrfeßt hat. Solange folche (Er»
3eugniffe nur als „(Efportroare* ausgeführt rourben,
mußten fie einen gan3 falfcßen Begriff oon ber bortigen
Kultur erroeden. Denn bas, roas roir 3U feßen be*
tarnen, bilbete nur bie legten unb baßer abgefchroächtcn
21 usläufer einer langen (Entroidlungsreiße, beren Scßroer*
punft in roeit 3urüdliegenben feiten 3U fueßen roar.
Das gilt ebenfo oon ben eßinefifeßen Voraellanen roie
oon ben japanifeßen Cad* unb Metallarbeiten, bie
bisher unferc Sammlungen meift gefüllt hatten. Die
ledjnit biefer Stüde roar noch immer ooraüglicß unb
für uns unerreichbar; auch ber in ißnen entfaltete
Sitjenöer J 3 rieiler.
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11 11 11
'Jiummer 32.
Seite 1883.
$t)antafiereid)tum mar berounbems*
mert: aber fie ftecfjen bocb an fünft*
lerif<bem SEBert gar 3U fct»r oon bem
ab, mas mir jegt allmählich an
alten unb beniorragenben SBerfen
fennen ju lernen beginnen.
freilich mirb es grojjer ©ebulb
unb eifrigen Spürens bebürfen, um
eine fold)e Sammlung jegt noch,
nacbbem bereits manche gute (Be«
legenbeit ungenugt gelaffen morben
ift, jufammenjubringen; aber un=
möglich ift es nicht. Sann mirb mit
ber 3^it immer flarer fjeroortreten,
mie UJtuftergültiges oon biefen afia--
tifcben Böllern gefcbaffen morben
ift, fei es auf bem ©ebiet ber 3 Jta*
lerei, ber Bilbbauerei, ber Sftetall*
^Itjapanijcbe masten bearbeitung, ber Seramif ober an* für das fjo-Spiel.
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©eite 1394.
tRranmer 82
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L A «foiglK»’..-
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#RA für Me Xet*3ermoaie.
Derer Serjterungstoeifen. SBlan mirb aud) immer mehr
erlernten, eine wie notroenbige CErgänjung biefe afiatifdje
ftunft 311 ber alten europätfdjen bilbet, ba fie fid) ita<b
ganj anberen Seiten entmitfelt ^at, in ber Serben*
gebung meift oiei reifer unb feiner ift als jene, mie
fie aud) in bejug auf bie Formgebung mehr ®eroUbt
lauf bie Äitpaffung an ben ®ebraud) 3 wed alb auf bie
fitagierung mit Ornamenten gelegt fiat.
©eroöfjnt fidj angeficbts einer ftrengen Stuomabl
bas Äuge baran, bie befonbere 6 d)öni)eit fo(d)er Cr*
jeugniffe ju erfennen, jo erhöbt fid) ber SRafjftab
imferes ®ef<hma<fs in einer ffietfe, bie ber tfinftfertföen
mie ber tunftgecoerb(id)en Uebung nur jugute tommen
tann. Stuf bem ®ebiet ber Stunft bie Äräfte immer
weiter 3 U entmtdeln, um in bem internationalen fflett*
tampf 3 U befteben, gehört 3 U unferen nationalen Stufgaben.
Sdtjönc grauen unb U>re Hlaier.
j)ier 3 U 3 Slbbilbungen.
Seit einigen fahren hat fleh ln 2&ien eine ^iibfc^e Sitte ooüe Slnorbnung bes
eingebürgert. Äunftoerftänbige führen ftunftbefliffene in bie Stücfen bie perfönliche
Ißaläfte ber SRajene unb in bie SBertftätien befannter tfünftler muisoollen (Bemahün,
unb erläutern bafelbft bie einseinen Objefte. 2)a lernt bas beute fein liebftes unb
$ublifum einmal fennen, mel<h
grobe unb bebeutenbe Xalente Jöien
unter ben Malern unb SBilbhauern
bat, unb mie oteC Schönes unb (Be«
fchmacfoolles oon biefen gefdjaffen
mirb. 2 lber nicht nur bie Shinft,
auch bie Äünftler lernt man auf
biefen SBanberungen oollenbs oer»
fteben. 5)ier ift es möglich, fid) ein
(Befamtbtlb oon ber ^ßrobuftion unb
bem Können bes ein 3 elnen 3 U machen,
menn man beffen SBerfe, bie oft
eine ßebensarbeit umfaffen, oereinigt
oor fid) fiebt.
Oie ftunftmanberer haben bles=
mal befonbers reges Qntereffe für
bas 5)eim unb bie tfeiftungen bes
)3Biener Malers 2lriur oon gerraris
befunbet. Schon fein Sltelier begeg*
nete erftaunten - unb berounbemben
(Beficbtern* 2luf bem oberften Stod*
toerf feines prächtigen Kaufes bat
fich gerraris eine SBerfftatt gefcbaf»
fen, um bie ihn oiele feiner Kollegen
beneiben. ftiefige SRäume mit funft«
ootler ßidjtoerteilung, eingerichtet
mit antifen Möbeln unb Xapifferien,
all überall intereffante ^Raritäten aus
oerfchiebenenßänbem. 2 )iegefcbmacf- 2 lrfut oon Jerraris bei bet Arbeit
foftbaren Meublements trägt in allen
9tote bes ftfinftlers unb feiner an*
bie ihm oon ber 3 ugenb 3 eit he* bis
banfbarftes ^orträtmobeü ift. 3b** n
blonben, feingefchnittenen, feiten
fchönen Mabonnenfopf tennt man
oon oielen Musfteüungen unb SRepro*
buttionen her» 6 s ift eine eigenartig
feffelnbe Sammlung 3 umeift oon
Porträten, bie uns bei gerraris
umfangt Seine ßebrjobre bat er
in $aris bei <B 6 röme unb 3ul«s
fiefebore abfoloiert unb fleh burch
mieberbolte Steifen in ben Orient
unb nach Slmerifa 3 ahlreiche Stoffe
unb Motioe geholt.
J)ie erften grofjen Erfolge er 3 ielte
gerraris mit ben Silbern bes alten
geffeps unb feiner jungen (Battin,
meid) festeres in einer 2 lusftettung
alle Befucher burch ben Ouft, bie
3artbeit unb Schönheit ber Slusfüb*
rang bienbete, gerraris mürbe balb
nur mehr ber Maler oon berühmt*
beiten, oon Souoeränen unb Mach*
Hgen oerfdjiebener (Bebiete. $o*
tentaten, Staatsmänner, Multimil»
lionäre, ftünftler unb — last not
least — fchöne grauen mürben feine
MobeHe. ^Berühmt ift fein $orträt
bes ftaifers gran 3 3ojef oon Oefter*
reich* 8 <htmal hat gerraris ben
Deutfchen Halfer in oerfchiebenen
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Stummer 32.
Seite 1395
äammerfdngedn Jrances Saoitte. ' w *'- s>. «»■*.
* ai) “ tm «emätl)* »t, ®len«r fflUi.r. «rtur B#; . g ettarU
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Seite 139a
Stummer 32.
<Ru Bttcf in bas 2ttelier Oes äfinfftecs.
Uniformen unb Stellungen porträtiert, einmal au<b als Oberft
feines öfterreidjiföen 5)ufarenregiments, ein anbermal coieber
für bie Sobanniter in SRarlenburg. Bon weiteren Porträten
bes SRalers gerraris, bie bur<b oielfacbe Steprobuftionen all«
gemein betannt finb, fei no<b
ermähnt bas bes Steicbs*
(anders dürften Büloro.
Süngft bat gerraris 3 mei
g(än 3 enbe Sterne aus ber
Opernmelt, bie Kammer*
fängerinnen granc£s Sa*
oiHe, beren Porträt eben
oollenbet mürbe, unb Selma
fturj gemalt. SBeig gerraris
bie SJtänner mit treffenber
abarafteriftif unb ener«
gifdjer Haltung ausjuftatten,
fo oerrät bie fiidjtfarbe fei«
ner Damenporträte ben buf«
tigen $(einairmaler, ber
mit ben jarteften iönen
einen ifamnus auf bas
SBeib fingt unb als rno*
berner grauenlob jurn £g*
rifer ber Palette mirb. 3n
(einen reiaoollengrauenpor*
träten ift gerraris mabrbaf*
tig ein SJtalerpoet. Streitet
man oon feinem Btelier
Durch bas mit orientalifcben
Staben gefüllte arabiftbe
3immer, bann führt ein
Keines $forteben hinaus
[cts. auf ein aüerliebftes Dach*
gärteben. 3Ran fühlt ftd^
bo<b über ben SRettföen, meitbin ftbmeift ber Blicf über bie
Stabt, man febaut ein berrlitbes Panorama unb freut ficb
ber Statur, bie au<b bem tfünftler bei Boüenbung feiner
meifterlieben SSerfe jeberjeit bie b ö <*)f te ßebrmeifterin roar *
Braunfebmeigifcbe 2Rumme mit 3 ucfet 3 ufag.
umgeftogen ift,bann ftebt man nid)t mie=
ber auf, bis bie Sad)e aus bem Sffeff
Har unb fid)er ift. Das obige Problem
ift ja nur bie Sdjmelle 3U einer 2Bett
ber Probleme. Denn fo fidjer es ift,
baf 3 man in allen ©auen Deutfcglanbs
gern fein 6d)öppd)en trinft — mo liegt
bie Xatfacbe begrünbet, bag auch nur
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Bilder aus dem deutschen Bierleben.
Bon *ßaul geltf. ÜRit 8 ptjotogr. Slufnabmen.
3d Ber
roi»Batncr Stange
©igentlid) ein Xbema für bie Doftorarbeit eines beutfdjen
Stubenten, ber für anbere Dinge beim beften ffiillen feine
$eit fanb. Denn rnenn man oon bem oölferpft)d)olo*
gifdjen Problem: „SBaruin trinft ber Berliner SJUinrf)ner,
aber ber SJtiindjner fein Berliner?" fo gemiffermafpn
Stummer 32 .
6e<te 1397.
K
►
Seite 1398.
stummer 32.
wenige ©eilen ooneinanber bie Vierfitten fo oer»
feßieben finb. Äein ©enfeß wirb behaupten, baß Vots*
bam feßr weit non Berlin entfernt liege. Unb bereits
hier hat bas hiftorifeße Verbreitungsgebiet ber Ver*
liner ©eißen fein (Enbe erreicht. Der bide, blonbe
©lasbaucß hört hier auf au lächeln, unb bie Votsbamer
Stange erhebt ihre bräuenbe, fäuerlicfje ©ouoernanten»
geftalt. Das finb Stjmbole, teurer fiefer, für Dinge,
bie uiel tiefer liegen: ©eiße unb Stange. 3cß will
bem Votsbamer burchaus nicht 3 U nahe treten. 3m
©egenteit, ber Verliner hegt bie größte Hochachtung,
bie allergrößte, oor bem Vewoßner beraweiten preußifeßen
Vefibena. (Er fagt fogar manchmal, wenn er auf bem
Verbed ber Straßenbahn bureß Votsbams ftille Straßen
fährt: „Hier möchfte mohn’n. Hier is feßeen ftille *
ber Äaufläben nieberfaHen, bann eilt ber beutfeße
Vürger aus feinem Veruf unb wanbeit fchmunaelnb
aum Viere. Sr geht bann wohl oor bas lor feiner
Stabt, fluft, ßuft fchnappt er. Die Stehle muß ab*
geftaubt werben, brum Vier her! —
Der internationale grembenoerfeßr hat auch «uf
beutfehe Sitten feinen (Einfluß üben müffen. Der Deutfche,
ber jaßrhunbertelang bas ©efüßl hatte, in ben TOauern
feiner Stabt fo ungeniert leben 3 U tönnen wie in feinen
eigenen oier ©änben — er fab fich nun plößlid) be»
obachtet. 2lber bas ßeben unb Ireiben in ben Vier«
gärten ift oom Srembenoerfehr nur wenig beeinflußt
worben. Da ift bie fchöne, urbeutfeße Sitte bes
„Vbenbbrotmitbringens". Das wäre bem Verliner
bod) nicht im Iraum eingefallen, in einem ßofal
(Eine Ceipjiget <Bojenfd)äntc.
3m ©egenfaß baau fagt ber Votsbamer, wenn er oon
einem 2lusflug aus ber ©roßftabt heirnfehrt: ,,©ott
fei Dant, baß ich wüber au Haufe bün, büfes Verlün
ift aber auch 3U geräufcßooll. Da möchte id) nicht für
oül ©elb blieben." 3n ©irflicßteit aber fällt es bem
rußebebürftigen Verliner nicht im entfernteren Iraunie
ein, fein Domiail nad) Votsbam au oerlegen, währenb
Verlin oon Votsbamem wimmeln würbe, wenn es
mehr Votsbamer gäbe. 3ft ber Votsbamer ftolj auf
feine Seltenheit, fo ift ber Verliner glüdlid), baß er fo
außerorbentlicb oerbreitet ift. Unb ift es nun benfbar,
baß awei fo Derfcßieben geartete ©efen wie Votsbamer
unb Verliner basfelbe Vier trinfen? ©aßrßaftig nicht.
9tur barf man nid^ allju leichtheraig aus bem Vier
auf ben (Eßarafter fcßließeu. Denn eraieht bas fd)lechte
Vier bie ©enfeßen au einer nüchternen Dugenb, fo
erwedt bas gute gewiß eine tugenbbafte Vhantaftif.
Deutfdje Vierfitten. ©enn bie Sonne ba hinten —
fo in granlreid) — untergeht, raffelnb bie 3aloufien
teuer Vbenbbrot 3 u effeit, wo man au Haufe feine
„Stullen" fteben hatte, freilich, ein bißeben feßämig
wirb ja biefes ©emerbc betrieben. ©an geniert fieß
ein wenig oor ben ßeuten, bie nebenan bas „beftellte"
Scßnißel oeraehren. Schließlich aber fiegt bod) ber
gute ©eift ber Sparfamfeit über alle 3'e r erei. ©utter
framt ben „greßfober" aus, unb bie allgemeine Vc=
haglid)teit ift h^rgcftellt. greilicß, bie „fühle Vlonbe",
bas Verliner Utationalbier, ift ein wenig in ben Hinter»
grunb ber 3ntereffen gerüdt. 91ocß heute gibt es eine
gan 3 e Steiße Heiner ©eißbiergärten inmitten ber Stabt,
in benen ältere Herrlein um entfehwunbene feiten
flogen. Unb im Sommer genießt fie überhaupt hohe
2lcßtung. Stur ift fie eben mehr ,}ur ßöfeßung eines
afuten Durftes als eines djronifcßen geeignet — wie bas
nun mal bie ßebetisaufgabe aller obergärigen Viere ift.
2lus ber Xatiacße, baß in Storb» unb ©ittel*
beutfchlanb bie obergärigen Viere, in Sübbeutfcßlanb
bie untergärigen bie befferen finb, tann man ben Scßluß
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Stummer 32.
Seite 1390.
3 iehen, baß in Storbbeutfd)*
lanb ber afute Dürft ftärfer x
ift als im Süben, roo man
bauer» unb feßhafter beim
aSiere ift. 2Iud) ber betrieb»
fame ßeip^iger mußte für
feine in raftlofer SIrbeit Der»
ftaubte Kehle ein befon»
beres ©etränf erfinben —
„bie ©ofe". Der ßübbener
mürbe 3 ur ©eftaltung feiner
„braunen" im roefentlicßen
burcf) bie oorsügliche Qua»
(ität feiner ©urten oer»
füi)rt; gegen ben ©urten»
branb mußte es ein 8öfd)=
mittel geben!
3Jtit ber 58raunfcf)meiger
2Humme aber tjat es feine
befonbere Semanbtnis. Sie
ift oon allen 23ieren am nach 5
ften bem föftlidjen 2Jtet oer»
manbt, bei bem bie alten ©er»
manen biefdjönftenStunben
iljres Cebens oerbracßten.
„Des feimigen UJtetfjes
füßen Iran!
ÜRögft bu mir nid)t oer»
fdjmäi>rt —"
fingt Sieglinbe. — Sieg»
munb märe fein ehrlicher
©ermane geroefen, menn er
ihn nicht gern angenommen
hätte. Slllerbings 3 eigt er
eine feltfame ©alanterie:
„Scßmedteft bu tfjn mir cor?*
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3n einem Tlündjener Tiergarten. Oben: Die fiati mit neun „21ioaQtriegi'a a
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©eite 1400.
ÜRummer 32.
Di* Betßner „Beifje'
Diefe Sorte Tüdfi<f)tnabme ouf bas roeibticbe ©e*
fcblecbt geigen felbft bie lebenbigen ÜRenfchen tticfjt in
Tuntto Tiertrinfen, unb es gibt eine ganje Sl^abl
böd)ft ebrenroerter beutfdjer Stämme, bie es einfad)
nid>t übers f)etj bringen, mit ihren grauen 3um Tier*
tifd) 3U geben. Der Ttann gebt aus, bie grau bleibt
3u ijaus. 3nbes liebt es bie grau in biefen ©egenben,
fid) felbft ibr Tier in bie Sßobnung 3U holen. So
tommt fie nid)t 3U tur3. 5 Jtur im Sommer, roenn ber
füble Slbenb ins greie lodt, bann gebt toobl aud) ber
SRünchner — oon biefem ift nämlich bie Siebe — mit
feiner grau in ben grünen Tiergarten (genannt Seiler)
unb trinft gemeinfam mit ibr bas übliche Quantum.
(Es ift nur natürlich, bafj bie Tierftabt SKündjen
aucf) bie fompli3ierteften Tierfitten pflegt, i)ier ift man
roirtlid) Sadjoerftänbiger unb begnügt fid) nidjt bamit,
etioa5 Saltes, Taffes hinter bie Tinbe 3U ftürjen.
Schon bie SBabl ber Sieblingsbrauerei macht Sopf»
3erbred)en, unb am Stammtifd) berrfdjt eine Tierfritif,
bie 3mar lange nicht fo oerrobt ift roie bie literarifcbe —
aber aufjerorbentlid) ernft unb ftreng ihres 2lmtes
mattet. Diefe Sritit ift aber aud) notmenbig, meil bas
2 Ründ)ner Tierleben nid)t im emig gleichen ©leife ba>
bertrottet. Da gibt es ben herrlichen Saloator mit
3roan3ig Tad)abmungen, bas ternige Ttär3enbier, ben
füffigen Tod. 3 “ jeber gabresseit roas anberes. 3 a.
es roirb immer etroas Teues erfunben! Unb ber
SRündjner roirb es nid)t mübe, ben Xatbeftanb immer
roieber 3U prüfen, SBeld)e Umroälsung bat es beroor*
gebracht, als oor etlichen 3 abren bie Ttünchner Traue*
reien fid) entfcbloffen, ber Tilfner Sonfurrenj 3U be«
gegnen unb felbft helles Tier 3U brauen! 3 n ber lat
ift ber 2Ründ)ner feitbem feinem beimifdjen ©etränt
roieber gan3 treu geroorben. Unb biefe Ireue gegen
bie 5 )eimat ift bem SRüncbner Tiertrinfer als ein3igem
eigen. 2 Bie gern fchlägt man anbersroo Sparfamfeit
unb fiotalpatriotismus in ben 2Binb unb beftellt fid> —
„(Ed)tes". 3 a, bas Tiertrinlen bes Terliners ift eine
fortroäbrenbe Untreue, unb er muß erft burd) einen
gan3 fürchterlichen, atuten Dürft 3uroeilen belehrt roerben,
bafj aud) in feinen Ttauern ein ©etränt lebt, bas roert ift,
getrunten 3U roerben: bie gute, bolbe, freunblicbe 2Bei&e.
U
v)
Rentiers 3abp.
Sfi33e oon 2 llice Terenb.
2115 Tabq auf bie 2 Belt fommen follte, batten feine
(Eltern gerabe aufgebört, fid) noch Sinber 3U roünfdjen.
3 n 3roan3igjäbriger (Ehe, in bem füllen Teifammenfein
miteinanber batten fie Tube unb Tebaglid)feit fd)ät)en
gelernt Sie lebten ein frieblidjes fieben, in bem jeber
bie 2Bünfd)e unb ©eroobnbeiten bes anbent genau
tannte unb mit forglidjem ßädjeln barauf Tüdfid)t
nahm. Damit es nicht gar 3U füll in ber grofjen,
bellen SBobnung roar, bamit es aud) etroas 3ärtlich
3U betuen gab, batten fie ihren tleinen Tolognefer
glod, ber ihnen fröhlich entgegenfprang, roenn fie heia 1 ’
lehrten, unb ftets reinlich unb geborfam roar, etroas,
roas fie oon ben Sinbem ihrer Terroanbten unb Ta<b*
bant roabrbaftig nicht immer fagen tonnten.
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Stummer 32 .
Seite 1401
2lu# ßina, bie Rö#in, bie beit orbetttli#en, roie
eine gute, immer rc#tzeitig aufgezogene Uijr fünf-
tionierenben #ausf)alt feit nun fünfzehn 3aßren führen
half, mar jeßt in ben fahren, roo man Stube unb
®emütli#leii f)öl)er fteQt als alles, als bie f#öitfte
Uniform ober ben f<bneibigften 6#nurrbart, gef#roeige
benn gar ein 2Bide((inb.
210 biefen grieben roollte 23abt) ftören.
SJtutter unb 93ater überlegten Diele Stunben unb
Zage, mie bie SBoipiung umgefteQt merben müffe, roo
man ben Staunt finben tönne für bas Keine SSett unb
alt bas 3ubehür,
beffen 23abg be*
burfte. SJtit grü«
belnben SJtienen
fannett fie na<h,
roel#erberS#rän*
te für bie zarte.
Keine 2Bäf#e aus«
geräumt roerben
müffe.
3n ihrer 2Boh*
nung roäre für
eine ganze Schar
23abi)s tßlafc ge«
nug geroefen, aber
fie fanben, je mehr
fie überlegten, baff
hoch jebes Sing
barin an feinem
rechten $tafe ftanb,
unb alle Steränbe«
rungen fchienen
ihnen ungemein
fdjroierig. —
SerSaterftanb
manche SBeile oor
feiner (oftbaren
ißfeifenfammtung,
bie eine SBanb unb
einende besSBofm»
Zimmers einnahm.
„Sie roirb auch
nicht bort bleiben
fönnen", fagte er
enblich topffchüt*
tetnb, „roie leicht
(ann bas Rinb fie
herunterreißen."
Sr hatte fich
mit feiner Sorge
an ßina geroanbt,
benn feine grau mürbe in teßter 3eit fehr gereizt über
fotcße Semertungen.
ßina zudte bie 2lchfetn.
„Somit hat’s noch lange SBeile". brummte fie.
„2tber über ben blan(gepußten ÜDteffingftäben in meiner
Rü#e roerben bie SBinbeln hängen. Sas tft fchtimmer."
„0, bas geht ja nicht. 3n ber Rü#e?" rief ber
(ünftige 23ater erf#roden. „3# roerbe mich fofort nach
einem paffenben Separat, einem geeigneten 2Re#anis«
mus umfehen. STtan ift ja heutzutage in allem fo
fortgef#ritten."
Sr eilte hinaus, ßina fab ihn über bie Schulter
mit hochgezogenen SSrauen nach. Sie bachte an ben
patentierten Rartoffelf#äler „Ziptop*S3liß", ben er neulich
na# #aufe brachte, unb ber breimal fo lange für eine
Rdrtoffel brauchte,als bas geroöbnlicbfte Rü#enmeffer. —
Sines Zages roar Stabg ba unb roar- ^n zierliches
2Räb#en, bas bie SDtutter, bie um 3abr* ! oerjüngt zu
fein fehlen, froh lächelnb im 2lrm hielt.
Ser SBater berounberte alle beibe unb lief gefchäftig
hin unb her. Sobalb bas Rinb zu f#reien begann,
(am er hinelngeftürzt unb f#rie broßenb aur SBärterin:
„SBer hat ihr etroas getan, roer?"
Sie erften SRale entfehutbigte fich biefe beftürzt unb
oerfuchte bie 9tatürli#(ett biefer Zatfache zu erKären, jeßt
brehte fie fl# nur
achfelzudenb fort.
gür bie SBin»
beln hatte ber 23a«
ter ein (oftbares
Seftell aus Otioen«
holz angefchafft,
aber roenn meh«
rere SBinbeln ba»
ran hingen. Happte
es bei ber gering«
ften Srfchütterung
Zufammen. So flat»
terten bie feuchten,
oieredigen ßeinen«
ftüde bod) an ben
blanten SJteffing«
ftäben.
„Schämen Sie
fi#", hatte ber
23ater einbringli#
gejagt, als ßina
eine brummige
SRiene auffeßen
roollte. „Sie SBä*
f#e eines unfchul«
bigen Rinbleins."
2tu#glodmuß«
te es fpüren, baß
23abp gefommen
roar. ßinas fefte
jjänbe babeten ihn
berb unb eilig,
roährenb fonft feine
Ißflegeeltem mit
forgfamer, behüt«
famer Sebulb für
feine 9teinli#teit
geforgt hatten. 2tm
feßroerften mußte
er feine 2tbneigung
gegen, ben 3Ril#mann, ber nun zmeimal am Zag ins
#aus (am, büßen. SCls er ihn roieber einmal roütenb an«
(läffte unb bamit SSabi) roedte, bie erbärmlich zu (reiften
begann, hatte er es für immer oerborben. Ser 23ater
(am angefauft: „3um Zeufel mit bem Röter," f#rie
er, „bas Rinb (ann fi# ja zu Zobe erf#reden über
fein ©eltäff." Unb glod rourbe bei Setannten unter«
gebracht, glod, auf ben ßina fonft fo ängftli# bei ben
Straßenübergängen hatte aufpaffen müffen, für ben fie
fonft fo oiel (Ermahnungen mit auf ben 2Beg betommen
hatte, roenn fie ihn ausführte, baß ihr bie Ohren fummten.
„Run hoben fi# Rentiers f#on ein roenig baran
geroö.hnt", fagte ßina einige 2Bo#en fpäter, ben #en(e(«
(orb überm 2lrm, zu bem fi# ertunbigenben S#lä#ter.
Der Gouvernante Traum.
Von H. v. Beaulteu.
«Ilun flnnelies, Ich bitte! Himer, conbitionel! —
«Bleich, nur ein flugenblickchen, gleich hab' ich's, ülabemolselle.®
Es suchen an ber Decke bie Rügen ber Komteß,
Der Sinn ber Gouvernante geht wanbern unterbeß.
Sie hfirt nicht mehr ber Fliegen einschläfernbrs Gesumm,
Sie sieht nicht mehr bie Gflcher unb Karten rings herum.
Sie sieht ein weisses lanbhaus, von Gosen ganz umsponnen,
Huf bessen hohem First sich blaue Tauben sonnen.
Es liegt vor'm Süuleneingang beschfltzenb hingestreckt
Ein stolzer Gernharbiner, ber sich behaglich reckt
Sanft behnen sich zur Seite smaragbne Gasenmatten,
Darauf so frieblich ruhen bes Spatnachmittags Schatten.
Es zieht vom Hpfelgarten ein herbes Düften her,
Unb zwischen Gaumen leuchtet bas bunkelblaue TTleer!
Es weht ein leiser Htem von Glück in biesen Gaumen,
Wo schöne stille Silber an lichten Wanben träumen.
Weit offen steht ber Flügel, ber eben noch gebebt,
Verklungen kaum bie Tbne, bie eben hier geschwebt.
Die breite weiße Treppe liegt ganz in Sonnenruh
Unb auf bem Purpuriaufer ein kleiner Kinberschuh,
Den spielenb wohl verloren ein rosenroter Zeh-
— «Ich hab's, Ulabemoiselle! llous aurions aimll"
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©eite 1402.
Stummer 32.
„3ch backte fchon, fie füllten alle betbe rappelig »erben."
21ber einige Monate fpäter oerftanb auch fie feinen
Spaft mehr, »enn bie Siebe auf Sabt) tarn. Unb als
Sabt) ben erften 3ahn batte, »urbe es in allen ßäben
ber Strafte befprocfjen.
„Miffen Sie, Senders Saht) ftat ben erften 3 a hn,
bie ßina ftat’s eben erjäblt", bieft cs- —
Sabq batte in bngicnifcfter Seaiehung bie oodenbetfte
pflege, aber »enn fie fcbon fähig 3 um Sergteicben ge«
»efen »äre, hätte fie ge»ift mit jebetn Schuftertinbe
getaufcbt. 3hre Seinchen ftedten taum aus bem erften
furzen Kleibchen heraus, als fie fcbon nicht mehr mit
ihnen baumeln ober fie im luftigen Klippflapp an
einem Stuhlbein prüfen burfte. . 2lls fie 3 U fpreeben
Derfudjte unb Xidtacf trabte, »enn fie nach ber ferneren
(Bolbuhr bes Saters griff, »urbe ihr 3 »an 3 igmal bas
Mort Uhr oorgefprochen, benn fie füllte nicht bas alberne
Kinbergebahle lernen. Der Sater batte ein groftes Such
barüber gelefen.
Mit brei 3abren »uftte Sabt) fchon, baft „Orbnung
bie Mutter ber Meisheit" ift, mit oier fahren aft fie
mit ber Sicherheit einer alten, oomehmen Same an
ber Mittagstafel mit. Son ben Silbern in ihrem Silber»
buch muftte fie genau, um »ie siel ©rabe bie (Segen«
ftänbe hier Heiner »aren als in ber Mirtlichleit.
„Das ift ein fünfmal oertleinertes Slepfelchen", fagte
fie mit ihrer bellen, unroiffenben Stimme.
2lls bie Schul 3 eit tarn, »ar aus Sabt) eine blaffe,
et»as gelangmeilte Heine ßifa geroorben, bie fchüchtem
unter ben lauten Kamerabinnen faft. Sie (ernte tapfer
mit, unb bei ben Schularbeiten half ihr ber Sater mit
umftänblichfter Michtigfeit. Sie »aren feine fchönfte
2 lb»ed)flung.
„9tun, »as haben »ir beute auf?" »ar feine
receimäftige grage, fobalb ßija aus ber Schule ge«
tommen »ar
Cs gingen bie Sabre, unb mit ihnen rücfte Sabt)
burch bie Schule. So »ie bie meiften es tun, ohne
je bie Crfte, aber auch ohne jemals bie ßefcte gemefen
3 u fein. Mährenb ßifa in ihre 3ungmäbchenjai)re
hineinmuchs, näherten fich ihre immer beforgten (Eltern
bem (Sreifentum.
Sie muftte im Frühling, „ber tücHfchften 3 af)res 3 eii",
in fci)»er »ollenen Strümpfen einhergehen, aber ihre
febnfücbtigen (Sebanten fch»irrten hoch über bie Melt,
ihr i)erj hoffte. (Ein ©lüd, ein Munber, irgenb etrnas
mürbe fchon tommen unb ihr ßeben anbers geftalten
als bas, »as alle um fie herum ßeben nannten.
2 lls fie bie Schule oerlieft, mit neugierig banger
(Ermartung, oerlor fie nach »enigen unruhigen Sagen
für immer bie gute, ftide Mutter. (ErfchrecH, angftood
fah Sabt) fich in ben oerlaffenen Säumen um, »o noch
jeber ©egenftanb auf bie Mutter 3 U »arten fchien.
Der Sater »ar gan 3 hilflos. geben SBunfd) batte
bie Mutter ihm oomMunbe gelefen, noch ehe er ihn
ausgesprochen hatte; »ie hatte fie um alle feine Se»
quemiiehteiten, feine tleinen Gebrechen gemuftt. (Er mar
in biefen Sagen 3 um ©reife gemorben.
So tarn es, baft Sabt) bie Stelle ber Mutter oer*
trat, es (ernte, fd)»eigenb »ie ein Mechanismus, um
biefe Stunbe ben See, um jene ein Xränfchen, um bie
näcbfte einen Umfd)(ag 3 U bringen, mit leifen Schritten
in bem alten, füllen Haushalt 3 U malten. Der Sater
mar fehr 3 ufrieben bamit; er fanb, baft fein geliebtes
Sabt) es nirgenbs beffer haben tönne als hier,- »0 fie
gefdjüfct oor ber gansen Sielt mar. Das 21lter hatte
ihn mifttrauifch gemacht unb in jebem Menfchen »itterte
er oerborgene ScftlcchÜgteitcn.
Der ein 3 ige ©aft, ber bie lange nachhodenbe Klingel
jener groften fch»eigenben Moftnung 30 g, »ar Malter,
ber Sohn eines früheren Setannten bes Sitten. (Er
tarn jeben Slbenb 3 um (Effen unb fpielte bann mit bem
Sater eine SarÜe Karten, »ährenb ßifa mit einer Slrbeit
ober einem Such babeifaft. (Er hatte eine Schaufpielerin
3 ur greunbin, bie er erft um 3 eftn Uhr 00 m Xheater
abholen tonnte, unb er »ar froh, bie ihm bis baf)m
fo enblos lang büntenbe Seit bei bem Sitten unb Sabt)
totfehtagen 3 U tonnen. 3 n ben ftiüen, altmobifchen
Säumen lieft es fich fo gut an bie Säfte, (Einige
benten. —
„Senders Sabt) muft alt geboren »orben fein,*
fagten bie ßeute in ber Strafte, „»ie tann fie nur
biefes ßeben ausftalten.*
Siemanb »uftte, baft Sabt) oon jenen Slbenbftunben
lebte, ,baft fie ben gan 3 en lag auf ben Slugenblict
»artete, »0 bie Klingel fchridte, lange naeftbebenb, »ie
nur, »enn Malter fie 30 g. Mie bie füllen Slbenb«
ftunben ihr ein blenbenbes ©lücf bebeuteten.
Malter empfanb für Sabg bie gleiche freunbliche 3»*
neigung »ie für ben Sitten. (Er fanb es broüig, baft
fie oon bem Sater unb ber alten ßina Sabt) gerufen
»urbe, unb nannte fie barum (ädjelnb „gräulein Sabt)*.
Menn er ihre Jjanb briiefte ober einmal im Schere
feft umHammerte, tarn es ihm nicht im geringften in
ben Sinn, baft er ein junges Mäbcften berührte. Sabqs
fchmales, blaffes ©eficht, ihre Heine gigur, ihre Strt, fich
3 U tlelben, bie es machte, baft man, fobalb fie aus bem
3 immer mar, fchon nicht mehr muftte, oon »eichet
garbe unb Slrt ihr Sn 3 ug gemefen »ar, bies alles hatte
fo etrnas 3eit* unb Munfchlofes, baft für ben felig an
eine anbere Dentenben Sabt) »ie mit einer Xantfappe
oerhüHt »ar.
Cines Sonntags ertönte bas bekannte K(ingel 3 eichen
am hellen Sormittage, gerabe als Sabt) bem alten Sater
fein ßieblingslieb, „Salenüns S) obellieb", bas er bt ber
jungen 3eit feiner ©he 3 ufammen mit ber Mutter gehört
hatte, oorfpielte.
„Da ftreiten fich bie ßeut' herum, »oft! um ben
Mert bes ©lüefs", trähte ber SHte mit heiferer SHmme
(eife oor fich hin unb »iegte'ben »adligen Kopf. Sabt)
faft in einem feinen grauen Kleib am Klaoier. Ueber
ben Soten ftanb ein grofter Sufch glieber, ber buftete
hinunter unb lieft bas junge Mäbcften oon grühling
unb greube träumen, »ährenb ihre ginger über bie
Xaften glitten.
Das Klingeln unterbrach ihr Spiel unb lieft ihr
S)er 3 im ©alopp jagen.
„3u biefer Stunbe?" fagte ber Sater ärgerlich über
bie Störung.
Schritte ertönten, unb gleich barauf »urbe bie Xür
bes 3 *mmers »eit geöffnet.
„$)ier bringe ich 31jnen jemanb. ©ine jemanb,
bie nun 3 U mir gehört für ade läge unb für Sonn*
tag", rief Malter übermütig, unb eine grofte, fchlante
Dame in einem »eiften Seibentleibe, bas 3 ur Hälfte
oon einer roten Xuchjade oerbeeft »ar, einen groften
fch»ar 3 en geberftut auf bem üppigen gemellten Ejaar
perneigte fid) oerlegen (ächebtb.
Mie fchört fie ift, bachte Sabt), »ährenb fie einen
unftnnigen S<hmer 3 empfanb.
Slber fie hotte nicht umfonft fchon in ben Minbeln
gute Manieren gelernt. Sie gratulierte fein, höflich.
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Pummer 32.
Seite 1403.
fprad), fragte, lächelte, unb ber Pefud) oertief tote jeher
anbere, bei bem ein Pefantüer bes Kaufes feine Praut
borftetlt.
„Uff," fagte bie junge Praut, als fie wieber braugen
6 t ber Sonne waren. „3<h mugte ba oben immer
benten: Der ÜRautnmrf unb bie gelbmaus. Unb ba
hoft bu jeben 2lbenb gefeffen, Dfd>aperl bu?"
„Sa weigt eben nid)t, toie fdjön es fid) bei ben
beiben an büh benten tagt", antwortete Satter imb
fat» it>r tadjenb unb oerliebt in bie 2 tugen. ■—
Die läge geben wirtltd) weiter, bad»te Pqbq oer»
wunbert, wenn fie nach einer oerweinten Pacht an bie
gewohnte pgid)t ging. • 3 l>re güge waren fcf)wer unb
miibe, aber bas bitter gütige ©efdjicf half ihr auch über
biefe Schmerlen hinweg, inbem es ihr neue, honbfegere
gab. Der alte Pater erfrantte unb ftarb.
Pun war Pabq allein mit ber alten fiina, unb nach
ein paar bumpfen, fchmergoerjuntenen Soeben oerlieg
fie bie groge, ftitte Sohnung, in ber fie geboren war.
Pentters Pabp 30 g fort.
Sie fah gd) in ber neuen. Keinen Sohnung gana
hilflos nach Arbeit um.
„Du foüteft nun enblich au leben anfangen, Pabt)",
fagte fiina energifeg.
„Das hob i<b nicht gelernt, ßinefen", antwortete
Pabg teife. „9hm ift es 3 U fpät."
„papperlapapp. 3Rit breigig 3af)ren. Deine Ptutter
war oieraig, als bu geboren wurbeft, unb erft ba fing
ihr Seben an. Das hoi ge mir oft genug gefagt."
Pabt> aber metbete fid) bei einem Sohttätigteits*
herein unb half aus Kräften anberer (Elenb 3 U mitbem.
Den ganjen Dag war fie unterwegs.
3 ft bas ’ne Pefdjäfttgung, firf» ben ganaen Dag
6 t ©lenb au haben, wenn man’s nicht nötig hot?
bachte fiina fopffchüttelnb, wenn fie ihren bunfel»
braunen Kaffee fdjlürfte. Sie erinnerte fid) ber fieute,
bie gefagt hotten, bag Pabt) att geboren fei, unb fanb
brummelig, bag etwas Sahres baran fei; fie lang»
weilte fid) 06 , benn Pabi) hotte ihr für bie fdjwere
Strbeit eine junge ^itfsfraft aur Seite geftetlt.
3 e einfacher ein fieben geht, befto rafcher fdjbinen bie
3ohre oorübergufliegen. (Ein Dag gleicht ununterfd)ieb»
lieh bem anberen, aber aufammen formen fie bas 3 ahr
unb wieber ein 3 abr unb noch eins unb oiete.
(Eines Dags aber gefchah etwas Ungewöhnliches.
Pabg erfrantte, unb in ber Pacht flingette fiina ein
paar j)äufer weiter wie rafenb an ber Dür eines
Strates. Sie hotte bas junge Dienftmäbchen, bas ftatt
ihrer taufen wollte, wütenb beifeite gepufft.
Sie jebrie bem fchtaftrunfenen Doftor aufgeregt au,
bag Pabp frant wäre, fieberte. Sie war auger fid), bag
er noch einmal oerfchwanb, um fich notbürftig au
betteiben.
2Us er oon fiina in fiifas gimmer ge 3 errt würbe,
fuchte er oergebens ein Kinberbett, unb er glaubte es
mit einer Pärrin 3 Ü tun 3 U hoben, ehe es fich ouf»
Karte, wer Pabt) fei.
(Einige Dage war fiifa fegr tränt, fie hotte hohes
gieber unb wugte oon nichts. Sahrfcheinlich hotte fie
fich bei ihren Strmenbefuchen biefe Krantheit geholt
Der Strat tarn jeben Dag, unb als es fiifa beffer
ging unb fie fchon auf bem Sofa ruhte, machte er
ihr ein Kompliment über ihre Pernüngigfeit.
„Sitte grau, bie einfach tut, was ber Dottor fagt,
ihn überhaupt ohne 3>uif4)^nrebe au (Enbe fprechen
lägt, tann man mit ber ßateme fud>en", fogte er
grun 3 enb.
fiifa fah tächetnb in fein faltiges, rofarotes ©efid)t.
Schön war ber Dottor nicht. Das tteine Stuben»
mäbchen hotte ihm ben Spottnamen „j)imbeerhahn"
gegeben, fiifa nannte ihn im füllen ben Ptarabu,
unb auerft tonnte fie fich gar nicht an fein grotestes
©eficht gewöhnen.
2lber währenb ihrer Petonoatefaena würben fie
gute greunbe, unb als fiifa genefen war, bat ber
Slrat, auch „augerbienftlich" wiebertommen au bürfen.
Pad) unb nach toar es ©ewof)nf)eit geworben, bag
ber Dottor fich bes Slbenbs au einer Daffe Dee ein»
fanb. Sie hotten fich immer etwas au eraätgen, awei
©infame, bie ins Peben gefommen wären.
„Pag auf, fiina, halb tannft bu beine alten Knochen
auf eine j)ochaeit führen", fagte bas Stubenmäbchen.
„Dein Penttersbabt) heiratet ben j)imbeerhahn."
fiifa fuhr fie wütenb an, ben Ptunb au hotten,
gräulein Pabi) wügte Pefferes au benten. Stber
im ©runbe glaubte fie bas gleiche unb wugte nicht,
ob fie froh ober ärgerlich fein foUte. 3hr Pabt) unb
biefer Ejimbeerhahn. Denn auch biefe Penennung bes
fchnippifchen Dinges fanb fie im ©runbe autreffenb.
Sie hotte einen Pitter, eine. gürftlid>feit für Pabi) er»
träumt, obgleich eigentlich teiner oerbiente, Pabq um»
armen au bürfen. —
©inmal fagte ber Dottor au fiifa langfam unb fi<h
unruhig räufpernb: ,,3d) bin 3hnen wohl eigentlich
greulich mit meiner Pifage. ginben Sie mich fehr —
fehr abfehreefenb?"
„O — 0 , man gewöhnt fich", fogte fiifa fehr un»
gefdjidt, benn fie wollte bod) nicht oerraten, bag fie
gar nichts fjäglidjes mehr in feinen lieben 3 « 9 ®n
gnben tonnte.
„3a, fegen Sie, meine Patienten lehren fich ja
auch nicht baran — aber — bie jungen SPäbdjen —"
„3dj bin ja ein altes SPäbdjen — fünfunbbreigig
3ahre — ein recht altes Pabt)", fagte fiifa mit weichem
fiächeln. —
„Cs wäre Sljnen am ©nbe nicht fchlimm, mich ~
mich immer um fich 3U fch«” —"
Das freche Stubenmäbchen tonnte triumphieren,
fie hotte recht behalten. 2 lber fiina war gar nicht
böfe über ihre Pecfereien, fie fag gerührt unb etwas
benommen oon bem fernerem 2 Bein, ben fie mit bem
Prautpaar am Difcf) hotte trinfen müffen, in ihrem
bequemen Strohftuljl am Küchenfenfter.
Pis ber Dottor fort war, fchlurfte ge noch einmal
3 U fiifa hinein.
„Piel, oiel ©lücf, Pabi), wenn er auch nicht fd>ön
ift, wenn man bas 5)era gut ift, unb immer beffer
einer als teiner." Unb fie wifdjte fid) bie Dränen aus
ben Pugen unb ging gerührt hinaus.
fiifa blidte ihr lächelnb nach, unb bas gtüdliche
fiächeln fegte fich immer fefter um ben fcgmalen Ptunb,
oerwgchte bie fcharfen fiinien ber ©ntfagung, bie ihn
umaeichneten.
Stnnenb blicfte fie oor geh hin.
SBenn Pater unb Dtutter bas hatten erleben tönnen.
Pun hotte fie wieber ein #era, bas 3 U ihr gehörte,
eins, bas fie fich gewonnen hotte.
Pun war bas ©lücf alfo bod) getommen, wenn
es auch anbers ausfat), gang anbers, als fie es ein»
mal früher erträumt hotte.
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Seite 1404.
Stummer
Turnen in ber Schule.
Sott Dr. (Brunbfcheib, Stabt» u. Äreisfchutinfpettor in 93erlin.
Stuf bem jrociten internationalen Äongrefe für
Schulhngiene in fionbon mürbe in einem ausführlichen
Referat auf bie befrembliche Tatfache aufmerffam ge»
mac^t, bafe, obwohl bie Tuberfulofe in ben lefeten
25 Satiren in ißreufeen um 33 o. S). jurfldgegangen
fei, biefe Abnahme nur bie höheren ßebensalter be¬
treffe, toährenb bie Tuberfulofe in ber Schule oom
10.—15. ßebensjahr heute non allen Äranfhelten bie
erfte Steile einnehme.
t Selber ift biefer emfte SBecfruf, ber nicht nur
1 tßreufeen, ber aiier SB eit galt, nicht fo allgemein ge»
hört ober oerftanben tnorben, toie bies bei ber grofeen
SBichtigfeit ber Sache für bie 3utunft jebes 93oltes
wünschenswert märe. 3 U leicht ift man eben geneigt
noch oergrSfeert roirb burch ben längeren Aufenthalt
ber Sugenb in ooflen, ftaubigen Ätaffenräumen bei
meift gefchloffenen genftem, burch bie fchiaffe Äörper»
haltung, bie burch bie artig auf bem $u(t gefalteten
Hänbe noch oerfcfelechtert roirb, unb enblich burch bas
lange Sifeen, bas oon $rofeffor Stufebaum als bie er»
mübenbfte Körperhaltung bejeichnet roirb unb ben
Äinbern bas S3lut in ben Stbem fchroinben unb bie
Änocfeen erroeichen läfet. Sollen mir foichen Scfeäbi»
gungen roirffam begegnen, fo müffen mir täglich be>
fonbere gönnen ber (Bgmnaftif, bes Schmiebes unferer
(Befunbheit, in unferen Schuten jur Uebung bringen.
Sine jroecfmäfeig gewählte Steihe oon Sltemfrei»
Übungen, bie eine aOfeitige Durcharbeitung bes Äörpers,
Sie Spannbeuge.
anjunef)men, bafe unglücflicfee gamilienoerhältniffe, ge»
heime gugenbfünben, Tabaf» unb Slltoholgenufe, 5Be»
teiligung ber gugenb an ben für fie fröhlichen 93er«
gnügungen ber (Ermachfenen für ein Unheil oerant»
wörtlich 3 u machen feien, bem man bod) im übrigen
burch einen feit mehr als brei 3 ahrjehnten obligatori»
fchen Turnunterricht fräftigft entgegenarbeite. (Beroife
ift, bafe bie Schule genannten Schöben burch 33er»
befferungen unb (Einrichtungen allgemein hOflienifcher
Strt in ben Schulräumen felbft, burch Slbfonberung
tuberfulöfer ßefjrer unb Äinber oon ber Schule foroie
burch hbflienifthe SSelehrungen unb einen Pott burch*
geführten Tumbetrieb 3 U begegnen fucht, ebenfo geroife
aber, bafe 3 ur möglichften (Einfcfjräntung bes Uebels
bie bisherigen SDtittel nicht genügen. (Es liegt auf ber
j)anb, bafe ein lumbetrieb, ber nur 3 roei SBochen*
ftunben bereitfteüt, boch nur ein al^u geringes fjotnöo«
pathifches SRittel einem Unheil gegenüber bebeutet, bas
eine fegensreiche Steroenftärfung unb eine grünbtiche
Sefämpfung bes tmmmen Stücfens 3 ur Herausbilbung
einer fchönen, gefunben SOtenfcfeengeftalt bewirten, follte
täglich roährenb ber Raufen — auf ben Äorriborer
ober auf ben 93änfen — oon ben Schülern burch»
gearbeitet werben unb aufeerbem einen gan 3 beftimmten
Teil bes Turnunterrichts in Anfprud) nehmen.
Sin ben 3ielen unferes beutfdjen Turnens fod ba»
bei in teiner SBeife gerüttelt werben. Stach ro >e oor
wollen wir burch ben SBechfe! oon greigerätübungen
unb Spielen, oon ßauf, Sprung unb SBurf unfere
Änaben 3 U SOtut, Äraft unb Ausbauer, unfere Stäbchen
3 u ©ewanbtheit unb ©efchicflichteit er 3 iehen. Aber wir
wollen bem fchönen Turnerfpruch „grifd), fromm, froh»
lieh, frei!" eine allgemeine ©eltung oerfchaffen unb uns
nicht («heuen, neue Uebungen aufsunehmen, bie ber
Haltung unb bamit ber ©efunbheit bienen. SBas nüfet
es uns, wenn oon ©egnem folcher Haltungsübungen
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«Rümmer 82. «Sette 1408.
Cie fiefe finitbeuge.
immer mieber behauptet wirb, baß unjer beutfches allen Spulen, Porten unb Kinbergärten, fonbem aucf)
Turnen über ein reifes SJtaß non folgen Uebungen in allen Familien eine tägliche pflege pnben.
oerföge, bie geeignet finb, ben Schäbigungen bes 2tU* Der erfte in Deutfcßlanb, ber baju übergegangen
tagslebens unb bes Schulbetriebes entgegenjuroirten! ift, roirtfame Sltemfreiübungen 3 U einer ®ruppe ju»
Solange bie 3 m: Durcharbeitung ber langen unb breiten fammenjuftellen, bie für Schulen ohne Turnhallen bas
«Rüdenmustein, ber Vauchmusfeln foroie 3 ur Hebung SBintertumen bebeutet unb für ade anberen bie 3 um
unb Grroeiterung bes Vrufttorbes unb 3 ur Vertiefung Ißaufentumen beften Uebungen umfaßt, ift i)err Ober*
ber Sttemtätigfeit bienenben Uebungen nur gelegentlich tumlehrer F- Schmale in Vielefelb. Seine Schriften:
oortommen unb nicht in jeber Tumftunbe, ja an jebem Vrajis bes Turnunterrichts, Uebungsgruppe für bas
Schultag eine fefte Stelle finben, fo lange arbeiten SBintertumen in ber fianbfchule, foroie Freiübungen
roir ber Tuberfulofe nicht in genügenber SEBeife ent« gur ©rjielung fchöner Körperhaltung unter Anlehnung
gegen. Sltemfreiübungen müffen Gemeingut bes beut« an bas fchroebifdje Turnfpftem, bebeuteten eine Ueber«
chen Voltes roerben unb follten baher nicht nur in rafcfjung auf bem Gebiete ber Turnliteratur. Gs roar
2 trm- «ab rechte flnlebeage.
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Seite 1400.
'Jtummer 32.
mir barum auch eine gang befonbere greube, oor
einigen Mocßen bem Turnunterricht in Bielefelber
Sd)ulen beimohnen ju tönnen. 3n adelt Schulen, bie
ict> befugte, jeigte fid) fixeres unb geroanbtes Können,
fomoßl mas bie ©erät* als mas bie Btemfreiübungen
anbetraf. Buch bie Uebungen im Saufen, Springen
unb Merfen fehlten in (einer Xumftunbe.
Da bie Mitterung red)t giinftig mar, mürben
bie Btemfreiübungen, bie oor ber auf 20 Minuten
berechneten Mittelpaufe nur 8 Minuten in Bnfpruch
nahmen, auf bem Schulhof ausgeführt. Sämtliche
Kinber (Knaben unb Mäbchen), bie nad) ber Bilbung*
ftufe in brei ©nippen (Unter*, Mittel* unb Oberftufe)
(Jeteilt morben maren, übten im mefentlichen bas gleiche,
nur maren bie Seiftungen in ber $äufigfeit ber Bus*
führung oerfeßieben. ©s. maren meift -bie in ber
„Uebungsgruppe für bas Minterturnen" empfohlenen
16 Uehungen oerläuft in etma 2 —3 Minuten, fo baß
mit ben notmenbigen Raufen eine oode lumftunbe
ausgefüllt ift.
Stuf bem einen unferer Silber (S. 1405) fehen mir
Me Schüler in ber tiefen Kniebeuge. Das Knieftreden
gefchah mit Dreiotertelfreis ber Brme jur magerechten
Haltung feitmärts in Kammhaltung. Mit bem Brm«
(reifen mürbe bas ©inatmen, mit bem Kniebeugen
bas Busatmen oerbunben. Diefe Uebung mürbe mie
ade übrigen mehrmals ausgefüßrt.
Das jmeite Bilb (S. 1405) aeigt bie Brm* unb rechte
Kniebeuge, mobei bas (in(e Bein oödiggeftredt unb fo
meit rücfmärts gehoben mirb, als es bei aufrechter f)aU
tung bes Obertörpers möglich ift Bei berBrmbeuge blei*
ben bie Oberarme möglichft in fen(rechter Haltung, bie
Unterarme beden, oon ber Seite gefeben, bie Ober*
arme, unb bie gingerfpißen berühren bie Schulter.
®ne Ctcgcflühütaag.
Uebungen, bie nicht fportlichen ober athletifchen ^meden,
fonbem oor adern ber ©efunbheit unb Schönheit bes
Körpers bienen fodten.
Das Santturnen mürbe mir. in einem Dorfe bei
Bielefelb oom Beßrer oorgeführt, ber feinem Unterricht
bie Uebungsgruppe für bas Minterturnen jugrunbe
gelegt holte. Mach einem holhftünbigen Marfche, bet
uns bie herrlichen #ößen bes Mefergebirges hinauf*
führte, langten mir bei ber Dorffchule an Mir treten
ein. Die 32 Knaben, in ftrammer Haltung auf ben
©nben ber Schultifcße fißenb, fchneden 3 ur Begrüßung
auf. ©in Mint bes Sehrers, unb eine muftergültige
Sißorbnung ift roieberßergeftedt. Bde haben ihre
3 aden abgelegt unb bie ^oljfchuhe orbhungsgemäß
unter bie Bänte geftedt Die oier genfter finb meit
geöffnet.
Bun ein fur 3 er Befehl bes Sehrers, ber bie ood*
ftänbig (orrette Busführung ber erften Uebung 3 ur
golge hoi Unfer ftider Beifad belohnt bie Knaben,
bie mit Suft unb Siebe b»i ber Sache finb. 3ebe ber
Diefe fchmebifche Brmbeuge hoi Öen großen Bor 3 ug,
baß bie Schultern 3 urüctgebrängt merben unb bie Bruft
fich oorroölbt
©in meiteres Bilb (S. 1404) oeranfchauticht eine Spann*
beuge. Der halb uormärts geneigte Bumpf ift oödig ge*
ftredt. Der Kopf mirb unter Strießen bes Kinns energifdj
3 urüdgenommen Mit bem Beugen unb Streden ber
Brme ift regelmäßiges ©in* unb Busatmen 3 U oer*
binben. Sn biefer unb ber oorigen Uebung haben mir
ein oor 3 ügliches Mittel 3 ur Betämpfung bes runben
Büdens, ben mir bei unferer gugenb fo häufig treffen.
©ine anbere Uebung 3 eigt ben nach rüdmärts ge*
beugten Bumpf in ber Spannbeuge. Die Bruft bebt
fid). bas Kreu 3 bleibt geftredt.
Sn roieber einer anberen Stedung finb #anb unb
Unterarm im S)anbge(en( 3 um rechten Mintel gebeugt,
morauf unter genauer Btemfüßrung mehrmaliges Bumpf*
(reifen nach rechts unb ndch lints erfolgt. Der Ober*
törper betreibt babei ben Mantel eines mit ber Spißc
nach unten gerichteten Kegels.
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Kummer 32.
Seite 1407.
(Sine intereffante Uebung Ift ferner: Stufbiegen
bes ganjen Dbertörpers, roobei bie j)änbe an bie
lüften unb bie güfee gegen bie Nüdenlehne ber Sanf
geftemmt roerben. Ser Kopf roirb unter Stnjieben bes
Sinns fdjarf jurüdgenommen. Sei ber Uebung, bie
3 ur Kräftigung ber Staden* unb Nüdenmusfeln bient,
bcrf ber ficib ben Üifch nicht berühren.
Sei ber auf bem Silb (S. 1406) bargeftellten Siege*
ftüfeübung, bie mit Seugen unb Streden ber Strme
oerbunben roirb, muffen bie Slrme rechtrointlig 3 um
Körper ftehen, bamit bie Schulterblätter nach ber SBirbel*
faule gebrüdt roerben.
3ur Kräftigung ber Sauchmustulatur bient bie fol*
genbe, fet>r sroedmäfeige Uebung: ßangfames 5)eben
unb Senten ber gefchioffenen Seine, roobei bas Kreus
geftredt aufliegt. Siefe Uebung ift bie emsige, bie fich,
3)-»
folange eine befonbere Xurntteibung für Stäbchen nicht
3 ur Einführung gelangt ift, für biefe nicht eignet.
Sas SBichtigfte jeboch unb für eine Sefämpfung
ber luberfulofe SOßefenttichfte bleibt: Sei allen Uebungen
muß ftreng auf eine geregelte Stemführung, bie burd)
bie Safe 3 U gefcheijen hot, gehalten roerben.
SDtit bentbar größter Sefriebigung hoben roir oon
ber Sanbfchule 2 tbfrf)ieb genommen. 3Baf)rticb, ich hotte
jenen Sorfjungen foldt>e ßeiftungen nicht 3 ugetraut. 3hre
grifd)e seugte oon ber trefflichen Anregung ber Uebungen
auf ihre inneren Organe, ihre f<höne Haltung liefe bie
alljeitige Slusbilbung ber Stusteln unb befonbers bie
träftige (Sntroidlung ber Südenmusfulatur ertennen.
Stöge bas Siel» unfere Soltsgefunbheit 3 U heben,
foroie ber 2Beg, bem Saterlanbe fräftige Oenerationerc
3 U 3 uführen, Seachtung unb Nachahmung finben.
<r-«
•v*»IPVi'l. »cum u.
Sr. Robert XDUbtanbt
mürbe als orb. ^rof. nad) Xübingen berufen.
BUber aus aller Xßett
Der 9totionalöfonom Dr. Robert SBilbranbt, ber als orbent*
lieber $rofeffor ber ©taatsmiffenfdjaften an bie Unioerfität
Tübingen berufen mürbe, ift ein 6 of)n bes Dichters 2lbolf
SBilbranbt. ©r mar feit 1904 ^rmatboflent in Berlin.
Dr. Hermann Boarb in Düffelborf ift unter Berleifjung bes
^rofefforentitels aum Sefretär ber bortigen Slfabemie ernannt
roorben. Urfprünglid) Slrdjtteft, manbte er fich fpäter ber
Sfrmftfdjriftftellerei au. Bisher mar er ßonferoator ber
Shmftfammlungen unb Bibliotbefar ber Slfabemie.
©in eigenartiger ©enufj mürbe türjlid) ben ©äften bei
einem ©artenfeft in ber Billa ©orfini in Born bereitet. Damen
ter ©efellfdjaft oeranftalteten ein ^arfenfonjert.
3n Bab üftautyeim mürbe unlängft eine ruffif^e ftirdje
feierlid) eingemeitjt. Das ©ottesfjaus ift bisher lange 3af)re
tjinburd) oon ber römifdj*tatf)olifd)en ©emeinbe benu&t morben.
3 n neufter 3 eit bat man mieber angefangen, bie alte Btont-
golftere au ©f)ren 3 U bringen, bei ber ein fugeiförmiger Ballon
Dt. fjetrn. Boarb, Düffelborf,
mürbe jum $rofeffor ernannt.
Sine moberne (Barben $artp tn ber (Eroigen Stabt:
$arfenfott3erf oon Damen ber römifcfyen ©efettfdjaff auf einem Sommerfeft in ber Ditta ©orfini.
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Seite 1408.
Stummer 32.
1. $err Oubensfo, rofflfdjer ©efonDter in Dürmftab. 2 . Btftof SBlabimir oon Stronfiabt. ^ $robß Broiopopoff, Qiesbabtn
4 Brobft SBoistgt Jtoburg. fi. Brobfi SRafgeff, Berlin. nteiter Qartmann.
burd) erbifete ßuft
3 um Sufftieg ge*
bracijt roirb, ba
foldje ©allons in
be 3 ug auf ihre Sül«
lung befonbers bil*
ligfinb. gürtfriegs*
3 roecfe 3 . ©. ift es
feljr binberlid), bafj
bas 3 um Süllen er*
forberlirfje Sßaffer*
ftoffgas einen gro*
feen Irofe erfor*
bert; gehören bod)
beifpielstoeife 3 ur
güllung eines 600
Slubifmeter gro&en
geffelballons etroa
fieben ©Sagen, oon
benen jeber 20
Staljibebälter ent*
I)ält, in benen bas
C9as unter 150 21 1 *
mofpbären IDrurf
oerbid)tet ift. Sta*
‘mentlid) roirb ein
|old)er irofe in ben
Kolonien läftig, in
benen es an guten
©Segen unb an
Xiermaterial 3 um
3iel)en ber ©Sagen
mangelt. 2 )er be*
fannte©aüonfabri*
Cintoeibung ber niffiföen £tr<be in Bab ftanbeim bur<b ben Bif$of oon Äronftobt Z&labirait. fant Couis ©obarb
in ©aris (>at jefit
Ö l SJtontgolffören gebaut, oon benen er 3 toei für bie
lianif^e Regierung geliefert bol* Diefe ©allons
toerben bunb eine ©nftabl oon ©rennern, bie mit ©en 3 in
gefpeift toerben, angebeiftt ©ei ber güllung mu& man
ftfillung eines Ballons mil beifjer Cu ft.
Oie lufterb ifoen ben Brenner im Onnern bes Ballons.
(Ein fertiger ©ar mluf tbal Ion (2Rontgolfi£re).
2ln» einer Darifer Ballonroerlftatf: Die DHeberauferffe^ung ber IRonfgoifUren in ben Sagen be* lenfbaren Cafffrpiffcs.
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Nummer 32.
fltfaijori aus fa«r Bogeljeftau:
Bfitf vom Singer-Buiibing, bem fjörfjffcn Bolfenfrafjer, auf ben Broabroag.
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Seite 1410.
Kummer 82
Zunochft ein Heines
(Berfift bauen, an
bem man bie 5)üüe
bes Gallons ho<h*
Zieht, bis bie er*
mannte ßuft aus*
reicht, fle emporzu*
beben. Die ©renner
bleiben mährenb bes
ganzen Aufftiegs in
Xatigfeit.
Die amertfani*
fcben SBoIfenfrafcer
bieten fchon an unb
für fid> ein merfmür*
biges ©tlb, ein noch
feltfameres natür¬
lich aus ber ©oael*
oerfpeftioe. Unfere
Aufnahme gemährt
einen ©lief oon
bem Singer ©uilbing
auf ben SReugorfer
©roabmag.
Die alte <£ams*
borfer ©rücfe in
3ena, an beren einem
(Enbe basCSeleitshaus
ber ßanbsmannfchaft
w 3lbenania" ftel)t,
unb bie im fünf¬
zehnten Sohrh^nbert
Sin ber S aal^iüb lern Stranbe: ttln Stüd UL*3*na, ba» bem Untergang gemeibt ift
Die (Eatnsborfer Brücfe mit bem bWofifcbeu <&e(eit*haus ber Canbsmannf<haft „Khenania*.
Da» Sdjiefjen in ber Hotte. 2)a» Äommanbo .Sprung-.
Die Husbilbung beutfeher Offljlere als Schönen: Momentaufnahmen non einem Offtyersfarfti* in 3erbfL
L fjerr Ärobn, C&renpräfibent. 2. #err j)ol3i>aufen, 64)a&meifter be« Cereina „^omudjelsfoppHeugorf. — ^ofpfcot. CE. Hembe.
Dertreter ber plattbeutfchen Dereine in Amerifa am Grabe Jrifj Heuters in (Eifenack
aus ben ©eften breier
©urgen errichtet mor»
ben fein foll, ift bem
Abbruch gemeiht. 2Bir
bringen eine Auf¬
nahme bes einfachen
©aumerfs, bas burch
eine mobeme ©rücfe
mit (Eifentonftruftion
erfefet merben foll.
Unfere Offiziere
merben jefet otelfach
im praftifchen Schüt*
Zenbienft ausgebil*
bet. (Ein folcher Sfur*
fus mürbe jüngft auch
in 3erbft abgehalten.
3n Amertfa gibt
es eine gro&e An¬
zahl plattbeutfcher
©ereine. ©ertreter
oon ihnen finb füg¬
lich nach Europa, ge*
fommen unb haben
am (Brabe 5riö
Reuters in (Eifenach
Kränze niebergelegt.
Sdjlujj b« rebaiL Xdl»
Digitized by
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Kummer 32.
8 2Iuguft 1908.
Seite I.
(Ein herrliches Boglbebagen
empfinbet man nach einer Äopfroafcbuhg mit bem neuen Präparat tßijaoon.
(Es ift bies eine mitbe, flüffige Äopfroafcbteerfeife, ber man mittels eines
befonberen patentierten Verfahrens ben üblen Xeergerud) genommen bat.
Cs bürfte allgemein betannt fein, bag ber leer als gerabe^u
fouoeränes SOtittel 3 ur 5ßfle^l bes Haares unb bet Stopfbaut angefeben
roirb. Sie bebeutenbften Dermatologen galten bie Haarpflege mittels ieer-
feife für bie roirtfamfte. 2 lud> in ber meitbefannten Lassar'fcben Haarpflege»
metbobe fpielt bie 2 tnmenbung ber Seerfeife 3 U Äopfroafdjungen eine mefent*
liebe Stolle.
ißijaoon reinigt bas Haar nicht nur, fonbem wirft bureb feinen leer*
’ gebalt birett onregenb auf ben Haarboben. Sie regelmägigfc fßifaocn*
Haarpflege ift bie bentbar befte ÜJtetbobe 3 ur Stonjeroierung ber Haare, bie
ficb aus ben mobernen (Erfahrungen ergibt fßi;aoon gibt einen pracbtoollen
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8. guguft 1903.
Sette III.
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bafter gufmerlfamteit ge« baS gltauSjeljen au$ ber nachteiligen Serdnberang ber Gjeficbtöformen unb
n>orben. Bermutlid) werben 8^8* rejultiei t, Dcranlaftt bttrrii baö Beftreben ber <&efiduömafjen, ficb nach
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priebricb* VIII. lebhafte De« Xräncnbeutel; ba8 5lugeuüb jclbft wirb faltig; baö fiitfenbe Söangenfleifd)
batten erbeben über bie Be« bitbet $>cingebatfen uitb Awifdjcn 92afenffttgelti unb SMunbwinfeln gureben,
fabigung ber grauen für ferner ba§ uufdjöne Doppelliun. Senn nun aber aud) auf irgenbeine
foöjf fßoften, unb fid^erlicb ©*ije bie galten ^unt ©djwinben gebrddjt würben, fo würbe baö (&efid)t
merben bie Herren <£b<*uf« bod) alt aiiö.eben, wofern nidjt aud) baS ©runbübel befeitigt würbe, nfim«
eure nicht ermangeln, auch am Oerefunb bas Cieb oon bem für fie lieb ba§ £>erabfinfen ber ©eficbtöniaifen. 9lUe biefe unangenehmen Be*
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die schon einen ansehnlichen GUterzug bilden könnten.
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not* FlQOnkahn Ancrhlncc führt ins fünfte Stockwerk von Luhns Seifenfabrik;
l/er USCriUdrm-MnbLniUSb diescs Arrangement erklärt sich dadurch, dass die
Eisenbahn in entsprechender Höhe hinter der im Tale gelegenen Fabrik vorbeiiührt. Die Fabrik¬
neuem wurden an der Einfahrt-Stelle verstärkt und die Böschung bis an die Fabrik ausgeiüllt. Durch
je eine Drehscheibe vor und in der Fabrik wird der Waggon-Verkehr bewerkstelligt. Auf solche
Weise werden dem Betrieb die Rohmaterialien — zum grössten Teil in eigenen Kesselwagen — auf
direktem Wege zugeführt, so z. B. auch direkt von den See-Schiften in Rotterdam, Antwerpen oder dem
nahegelegenen Düsseldorf. Und von dem füniten Stockwerk der Fabriken aus rollen auch die
Waggonladungen mit Kern- und Schmierseifen, sowie Luhns Wasch-Extrakt, Jdeal-Seife, Luhns
Salmiak-Terpentin-Kcrnseife, Luhnit-Seife (mit dem alten Bergmann). Lunika-Fettseife etc.,
Abrador-Bimssteinseife (daher: „Bims* die Hund’ mit Abradorl“), Glyzerinen, Pilanzen-
F e 11 e n und dem neuen aus Palmfrüchten bereiteten Alco-Speisefett, an die verschiedenen Gross-
stadt-Läger und an die Grossisten. Die aus dem nahen Ruhr-Kohlen-Gebiet ankommenden Kohlen
werden gleich bei der Fabrik-Einfahrt in einen durch alle vier Stockwerke führenden Schacht,
der wenigstens 15 Doppel-Waggons gleichzeitig aufnehmen kann,
geworfen und fallen auf diese Weise unten sozusagen vor die Dampf¬
kessel-Feuerungen. Ebenso gelangen die verschiedenen Oele,
Fette, Laugen und sonstigen Rohmaterialien automatisch aus dem
fünften Stockwerk direkt in die tiefer gelegenen Siedekessel oder
sonst teilweise in eine Reihe von durch drei Etagen ragende Vorrats-
Behälter, deren jeder wiederum 10 Doppel-Waggons an Jnhalt fasst.
Eine grössere Sendung von Luhns Fabrikaten, welche an
eine Station abging, ist hiemeben abgebildet: Zusammen 6 Doppel-
Waggons verlassen den eigenen Bahn-Anschluss. Dieser kleine
Eisenbahnzug beförderte 1330 Zentner oder 133 000 Pfund. Wenn
Sie nun erwägen, dass allein einer der oben gezeigten Luhn’schen
Riesen-Seifen-Kessel schon 10 Doppel-Waggons oder 2000 Zentner
oder 200000 Pfund an Jnhalt fasst und ferner, dass jetzt fortwährend
schon v ier solcher Riescn-Siedekessel und daneben noch eine grosse
Zahl kleinerer in Betrieb sind, so können Sie sich leicht einen
Begriff davon 'machen, in welch’ umlangreichem Maasse sich die
bekannten Luhn’schen Fabrikate im Verlaufe von nur ca. 10 Jahren
überall das Vertrauen aller derer erworben haben, die noch
Gutes zu schätzen wissen. Luhns Fabrikate sind daher auch
mit Jerweile bereits in über 70000 Geschäften D eutschlands eingeführt
Es werden nochanca.40gröss. Plätzen gut empf. Vertreter gesucht
Wegen der vielen minderwertigen Nachahmungen sind schon seii Jahren die Luhn’schen Packungen mit andersfarbig überdruckten — insbesondere roten —
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ber Gnergos aur ©efeitigung bes Ausfalles mie aur Steubilbung bes Haares flu empfehlen, ba er für eine träftige unb
anhaltenbe Durchblutung unb Grnährung ber Haarpapillen forgt, es gibt aber gälte bes Haarausfalles, melche
auf berartig ungefunbem 3uftanbe ber Stopfhaut beruhen, bag biefer erft befeitigt merben mug, menn ber
Gnergos au ootler ©irfung fich entfalten foll. Hier ift es münfehensmert, bag bie ausgefallenen Haare
(eoent. mit Schuppen ufm.) mifroffopifeg oom 2trjte unterfuegt merben. Diefer ftellt bie 2trt bes ßeibens feft unb
oerorbnet eine ©orbeganblung. — ©afegung ber Kopfhaut ufm. in genau jebem einaelnen gälte entfpreegenber
©eife unb mit ebenfo jebem einaelnen galle entfpreegenbem ©afegmittet nach SStaggabe bes mitroftopifegen ©efunbes.
— Stacg biefer ©orbeganblung mirb ber Gnergos ooü unb gana feine unwägbaren Sienfte leiften. (Dr. O.)
©esgalb bleiben faft alle Haarmafcgmittel mirtungslos für ben Haarmucgs? — Ginfacg besgalb, meil fertig
oorganbene ©tittel nie für alle oerfegiebenen Haarleiben paffen, besgalb alfo aueg niegt helfen tonnen.
Dgne Stücfftcgt auf bie mannigfachen Urfacgen bes Haarausfalles einfach gana allgemein „gegen Haarausfall"
empfohlene ©litte! au taufen, ift ßeicgtftnn. Grft mug bie Urfacge bes Haarausfalles feftgeftellt merben,
unb gemäg bem mitroftopifegen ©efunbe gegärt JcbCltl feitt eigenes ffiifteU Keine SPtaffeneraeugung,
fonbern tnbitHbueUe Befjatlblung oerlangf jebet &Opf wie ber ganae Körper!
3ebe eingefanbte Haarprobe unterfuegt unfer Spe 3 ialarat, teilt jebem Ginfenber genau ben ©efunb mit,
gibt igm feine bemägrten Statfcgtäge unb oerorbnet in jebem gatle genau entfpreegenbe ©eganblung.
©Ues Stägere molte man oor Ginfenbung ber Haarproben aus unferer reich illuftrierten
©rofegüre, melcge aaglreicge äratlicge Grfolgsbericgte enthält, erfegen. SDtan oerlange fie fofort foftenlos oon ber
Gnergos Go. Dresben 16 H8-
ober einer ber aatylretdjen lieber*
lagen im 3n« unb Sluslanbe.
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,qBotf)e“ Mr. 38.
15. guguft 1604
HenKelfJrocKen.
/ruf dem Aussichtspunkt
von Walther Georgl.
Di g i t i z e d by VjOoqic
DiewocHe.
Hummer 33. Berlin, Öen 15. Buguff 1908. 10. Jahrgang.
3nf)a(f ber Hummer 33. 6eiit
2)le ficbett Soge ber 5Bod>e... 1411
»er eailge Rlieger. ©ebi$t oon 3p$n $enrn SRacfag.1411
»ue ©raf Zeppelins Sugenb^ett. »on ftr. 6teube(.1412
URarienbabcr 6paaierflänae. »on 2>r. ©. SRüna ... *.1413
Briefe eine« mobernen 3wäb<bcns ..1417
Unfere »Uber.„.1418
Die loten ber 9Bod)e . »... 1418
»Uber vom läge. ($botograpbif<b* »ufno&men).1419
€pie(£eu 3 . »oman oon Jjans oon Stoltenberg.1427
Sin märüfebem fieibefee ©ebi$t oon ©ugen Stangen ....... 1434
Das ßeben am ©olbenen ^orn. »on »ittor Ottmann. (9RU 17 ttbbilb) 1434
SUpine gu&bcrieibung. »on S(. Schupp. (33Rit 20 SlbbUbungen) ... 1440
Selig aus ©nabe, »oman oon (fr&orrei. <$ortfefeung).1444
Oefterreid)if<be Spieen. (9Rit 9 SlbbUbungen) ... . . . 1448
»Uber aus aller SBett.1452
Die fieben Sage ber Bod)e.
6. ttuguff.
2)09 Raiferpaat ©erläßt an Pbrb ber w i)ohen 3 ollern"
' ©tocfholm.
3n Perlin mirb ber 3ntemationale Kongreß für
©ijfenfchaften eröffnet.
»us i)elfingfors mirb gemelbet, boß ber ©eneralgouoerneur
Paecfmann ben finnigen ßanbtag mit Perlefung einer X&ron*
rebe eröffnet hat, in ber haupifächlich bie 3 u 0 c &örigfelt bes
Öroßfürftentums 3 U Püßlatib betont mürbe.
3n Petersburg merben bie Poten über bie Slbgren^ung ber
rufftfehen unb ber japanifchen Pefißungen auf ber 3nfel Sadjaim
unteraeid^net um* ausgemechfelt.
7. Buguff.
2)as Ratferpaar trifft an Porb ber „ 5 )oben 3 oUem M in
©minemünbe ein unb fehrt oon bort nach Perlin 3 urücf.
(£9 bilbet fich unter bem ©brenpräfibium bes Rronprinaen
ein Petchsfomttee, um burd) prioate Sammlungen bem ©rafen
3 eppelin bie gortführuna feines ßebensmerfes 3 U ermöglichen.
Präfibent ift ber Peichsranaler Sürft Pülom.
3n Pom ftirbf im 70. ßebensjabr ber frühere italienifche
©inifierpräfibent ©ardjefe bi Pubhti.
2 lus ©abrib tommt bie ©elbung, baß ein entlaffener
Peamter gegen ben ©tntfter bes Snnern be la (Eieroä ein
Attentat oerubt hat, bei bem biefer jeboch mit einer leichten
. Perleßung baoontam.
Pet ber 2 lubien 3 bes biplomatifchen Storps in Ronftantinopel
nach bem Selamlit oerlieft ber Sultan eine in türtifcher Sprache
abgefaßte (Erflärung, in ber er fein S)errfchermort gibt, baß er
bie mieberbergefteüte Perfaffung achten unb ftrifte banach
hanteln merbe.
8. Buguff.
©raf 3 eppetin erläßt eine öffentliche 2 )antfagung an bas
beutfehe Polf, in ber er ausfprid)t, baß er ben ihm oon ber
Pation gemorbenen Auftrag 3 um ©eiterbauen übernimmt.
3n Stettin merben, ba bie Pieter bes „Pulfan" meiter
ftreifen, auch auf anberen ©erfen Arbeiter ausgefperrt. Die
Sperre erftreeft fich auf 12000 Arbeiter.
3n Düffelborf ftirbt, 40 3ahre alt, ber befannte Darmftäbter
Strcbiteft Profeffor 3ofef Olbrich-
Das 3W*rtal »irb infolge anhaltenben Pegens aufs neue
oon 5)ochmaffer h^mgefucht, fo baß ber Pahnoerfebr ins
Stocfen gerät.
2tus Perßen mirb gemelbet, baß ber Schaß bie (Einberufung
bes Parlaments ©erhoben unb ftatt beffen eine größere 2ln-
30 hl feiner Pertrauensmänner baju beftimmt hat, regelmäßig
im Pagfchagarten Peratungen in parlamentarifchen formen
ab 3 uhalten.
9. Buguff.
Die Abteilung bes Deutfcben glottenoereins für bie Phein*
prooing nimmt in ihrer in Röln abgebaltenen ftauptoerfamm«
lung nach dner ©ifpradje bes Oberpräfibenten oon Schorlemer*
fiiefer eine Pefolution an, in ber fie fich unbebingt auf ben
Poben ber Dösiger Pefd)lüffe fteHt unb bie (Erflärungen bes
©roßabmirals oon Röfter über bie Unabhängigfeit bes Per¬
eins mit Genugtuung begrüßt.
Pet bem Dorf ©roßtarup in Schlesmig-^olftein ftößt ein
leerer <Eytra 3 ug mit einem fahrplanmäßigen Perfonen 3 ug 3 m
fammen. Dabei merben neun ©enfehen getötet unb neun
ferner, Zahlreiche anbere leicht oerleßt.
10. llugufi
3n Sänemart fteHen We Arbeiter in ben 3e>tungsbrucfereien
bie Arbeit ein, (o ba| bie Blätter nid)t erf^einen rönnen.
©ie (Ernennung bes Begierungspräfibenten oon Balentini
in Orantfurt a. 0 . 3 um QEf>ef bes ©efjeimen 3 iot(tabinetts bes
Saifers tnirb amttid) betanntgegeben.
Stuf ber fisfali(d)en ©rube 2)ubn>ei(er im @aarreoier merben
bur<b eine (Egpiofion (dilagenber SBetter breije^n Arbeiter ge¬
lötet, adjt fdjaier unb fünf teidjt oerlegt.
11. Buguft
2luf Schloß gfriebrichsbof in (Eronberg ßnbet eine 3 ut
fammenfunft bes Rönigs ©buarb oon (Englanb r\fit unferem
Ralfer ftatt
12. Buguff.
2 tus langer mirb gemelbet, baß in mehreren ©efeAten im
Porben ©aroitos bie Xruppen bes Sultans äbbul 2lfis über
bie Anhänger ©ulap i)aßbs fiegreich blieben.
Der Raifer trifft 3 ur Xeilnahme an ben Raoalleriemanöoem
im Sennelager ein.
ooo
Der ewige Flieger.
5. August 1908. Von John Henry Mackay.
Durch die sonnigen Lüfte
segelt ein seltsames Schiff.
Fremder Vogel, woher.
kommst du, von welchem Riff?
— Das ist kein Vogel! ...
Das ist — — das ist Graf Zeppelin!
Und sie jubeln sich zu
und jauchzen: Siehst du ihn?!
Knattern und Knarrn der Maschinen . •.
Winken und Hurrageschrei •..
Summen und Surren der Flügel • •.
Rauschen • •. Schon ist er vorbei • •.
Schweigend so zieht er die Städte
staunender Menschen entlang:
Kühn und hoch ist sein Flug ...
stolz und sicher sein Gang ...
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Seite 1412.
Stummer 33.
Plötzlich senkt er sich nieder .. .
Anker fassen den Grund • . •
Erdwärts bohrt sich die Spitze •..
Krachen und Bersten ... und
Flammen lodern empor! ...
Flammen! — ein Flammenmeer! —
Ratlos stehn die bestürzten
Menschen im Kreise umher,
Blicken alle auf einen,
auf sein ergrautes Haupt —:
Ward eine Hoffnung der Welt,
wird auch er uns geraubt?
— — Schweigen und Trauer... Da — leise —
kommt von fern her ein Wehn:
Kann er die linde Tröstung
seiner Lüfte verstehn?
„Wisse, du unser grosser
Bezwinger, so hoch du flogst
Und so kühn deine Kre'se
über der Erde du zogst —
Einer flog höher, als du,
Einer, dir immer voraus,
Lenkte dein Höhensteuer
über dein Wollen hinaus!
Er, der grösser, als du,
er, der — was auch geschah —
Nie dich verlies*, ist dir heute,
heute wie morgen dir nah! u
Da erhebt er die Stirn und fühlt:
sein ist noch die Welt!
Während das Werk seiner Hände
in Staub und Asche zerfällt
Und seine Trümmer verschwälen,
schwingt in die Abendglut
Stark sich und unbesiegbar
der ewige Flieger — sein Mut!
2 Cu 0 (örof 3epj>e(ins 3ugenbjei(.
Bon Sr. Steubet. — fjierju bas ißorträt auf Seite 1425.
©nes großen Seitgenoffen ßebensgang oerfolgen
mir gern bis in alle ©njetyeiten hinein, unb gana
befonbers oerlangt uns, etroas au erfahren non 3u>
genb unb Kinbijeit, in ber fpätere ©röße fid> oorbe*
reitet l)at. SBir geben babei nicht mit Unrecht non
ber 33orausfeßung aus, baß fdjon im Kinb, roenn
auch nur teimartig, bie Stnbeutungen eines fpäter
heroorgetretenen Talents fi<b müffen nacbmeifen taffen.
Unb mo es fleh gar um fo große, bie futturelte ©nt*
roicfiung um einen gemattigen Stucf aormärtstreibenbe
laten banbeit mie bas geniale ÜBerf bes ©rafen
Seppelin, ba erfcßeint es uns faft mie eine Selbftoer*
ftänblicßteit, baß ficb feßon im Kinb befonbere Söge
bemertbar gemacht haben müffen, bie auf feine au*
fünftige SJtiffion einen Schluß erlaubten, ©och bie
(Beliebte gibt biefer Annahme burdjaus nicht immer
recht. Stuch ber j)elb unferer läge, ©raf Seppelin,
fällt unter bie Kategorie ber großen SKänner, benen
durchaus nicht etma burch eine fcbon in früher 3ugenb
befonbers ftarf heroorftecfjenbe Begabung unb Steigung
bie Stiftung für ihr fpäteres Schaffen flar oorgeaeicßnet
mar. ©as ®enie muffte gemiffermaßen erft ficb felbft
entbecft haben, beoor es fich fein hohes Siet ftecfte,
unb bas ift bei bem burch ®eburt unb ^erfunft au»
nächft für bie Dfßaierstarriere beftimmten Seppelin erft
auffattenb fpät eingetreten.
3n einem fcbmäbifcben ©orf, über bas h'mmeg am
Jorgen bes 5. Stuguft ber ©raf mohl mit Stbfidjt
feinen Kurs auf Stuttgart au genommen, lebt noch
heute hochbetagt als emeritierter Pfarrer ber einftige
^ofmeifter bes ®rafen Seppeiin, unb mas mir feinen
Stufaeichnungen unb münblieben SJtitteiiungen aus jener
Seit entnehmen, läßt eine nach einer beftimmten Stich*
tung hin befonbers auffallende SSegabung taum er»
fennen. Stur bie herrliche Schöpfung, mit ber unfer
©raf fein ßebensmert getränt, läfjt nun nachträglich
manches, mas mir über ben Knaben erfahren, in be*
beutfamem Sicht erfcheinen.
©a ift oor altem bie ßanbfcßaft ins Stuge au faffen,
in ber ber Sproß einer attabiigen Fomilie feine glütf*
tiche Kinbheit burchtebte. Sübtich oon Konftana, bet
bem ©orfe ©mishofen liegt fein elterlicher ijerrenfifc
Dber*®qrsberg auf einer aroifchen Stebgetänben ein«
gefchtoffenen Stnhöhe. ©urch ein ißortal oon hoehge*
machfenen Rappeln tritt man in ben Stagon bes Schloff es
ein. ©in großes Stonbett in ber ©litte, teilte bamats
ben breiten Kiesmeg au einer bequemen Stuffahrt oor
ber Freitreppe bes Kaufes, ßinfs mar ein laufenbcr
SSrunnen oon einer Xrauermeibe überfchattet, au beiben
Seiten bie Detonomiegebäube, bas SBobnijaus mit hohem
parterre unb hübfchem SEßohnftocf mar mit mitben Stc*
ben Übermächten unb auf bem ©ach ein ©ürmcßen mit
einer ©locfe angebracht, ©as mar bas f)eitn bes jungen
Ferbinanb Seppelin unb feines SSrubers ©berharb, ber
im Fahre 1906 oerftorben, bie gtänaenben ©rfolge
feines älteren ©rubers nicht mehr erleben burfte.
SBas für eine Schule mirb mohl ®raf Seppelm
befugt hoben? ©ie Frage liegt außerorbentlieh nahe,
unb es ift im höchften ®rabe bebeutfam, baff bie jugenb»
liehe ©ntmicflung eines ©tannes, ben mir gerabe megen
feiner noch > m oorgefchrittenen SlUer bemiefenen jugenb«
frifchen Spanntraft am meiften bemunbem, nie burd>
bie ©nge ber Schulbant einge 3 toängt mar. SSis gurrt
15. ßebensjahr genoß er nur ißrioatunterricht im elter¬
lichen $aufe. SSis au feinem 12. Fohr mar fein ©r»
gieher ein älterer ©tann aus Staoensburg, oon einfacher
S3ilbung unb tinbiiehem Sinn, ©a mürben bie Stnfänge
bes ßernens mehr fpielenb betrieben. Unter feiner
ßeitung gaben bie Kinber eine iiluftrierte SBochen* unb
Familienaeitung heraus, bie allen ©iitgliebern oiel Spaß
unb Unterhaltung machte. Slts bann ber ©heologe Stöbert
©tofer, Sohn eines ißrälaten in Stuttgart, mit 24 Fahren
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Stummer 33.
Seite 1413.
bie ©raiefjung bes Knaben übernahm, tarn etwas mehr
©mft in ben Setrieb bes Unterrichts. Sod) war auch
biefer Crgietjer oemünftig genug, oon bem bamats in
Schwaben allgemein herr'cfjenben Sraud), wonach bem
ßateinifchen alles anbere untergeorbnet werben mußte,
erheblich abjuweidjen unb ben SRealien bas ihnen ge*
büfjrenbe (Recht einjuräumen. Sas war um fo mehr
angebracht, als bie Serantagung gerbinanbs oon 2ln»
fang an nach ber praftifdjen Seite neigte. 2lud)
hatte er oon feinem Sater, ber fich eine großartige
Sammlung oon Schmetterlingen unb Käfern angelegt
hatte, bie ßiebe jur Statur geerbt, ©efcfjicfjte unb
©eographie waren bie am meiften beoo^ugten gädjer,
unb in ber beutfchen ©efcfjtcfjte ließ ber ßefjrer bie
Sreußens gana befonbers in ben Sorbergrünb treten,
©roßen ©ifer unb gleiß legten bie Knaben im geo»
graphifcßen Unterricht an ben lag. Slußerbem würbe
auf ben beutfchen Suffaß unb bie Silbung bes beutfchen
Stils befonbere Sorgfalt oerwenbet. 2Us fittlicfjes Sil«
bungsmittel biente ber Unterricht in biblifcher ©efchichte.
Streng achtete ber ©lieber auch barauf, feinen
Hochmut, feine fatfche ©inbilbung, feinen Kaftengeift
auffommen 3U taffen unb bie Teilnahme für bie ar«
beitenben unb minber günftig fituierten Schichten ber
menfchlichen ©efellfchaft 3U nähren. „3<h mar arifto»
fratifch genug," fd>reibt er, „um bie berechtigten Ira»
bitionen bes Stbels 3U refpettieren, aber auch bürger*
lieh genug, um bei bem Umfchwung ber Serhältniffe,
ber fich eben bamals ooll3ogen hotte, bie ©emüter mit
ber neuen 3*it 3U oerföhnen unb an bie Sichtung ad«
gemeiner (JJtenfchenrechte unb an bie fßflege einer oer«
nünftigen Humanität 3U gewöhnen."
6s oerfteht fich oon felbft, baß beim S^oatunter»
rieht in oiel für3erer 3eit mehr erreicht wirb, als wenn
man fonft Sormittage unb Stachmittage lang bie
Schüler in bie Schule 3wingt. So blieb benn auch
für bie jungen ©rafen reichlich freie ßeit übrig, wäh«
renb ber fie fich ihren ßieblingsbefchäftigungen in Sjaus
unb Statur hingeben tonnten, unb ihr ©raieher fucfjte
ihnen auch ba ein ©ehilfe ihrergreube unb ber Sunbes«
genoffe ihrer Spiele 3U fein. ,
„Unb nun möchte ich fragen", fo befchließt ber in
ben fünf3iger gafjren unterrichtenbe unb hoch fchon
bamals fo mobern empfinbenbe ©raieher feine Sd)il«
berung, „ob fotches Seobachten ber Statur, folcfje
SRannigfaltigteit ber Umgebung, fotche Slbwechflung in
Spiel unb (Erholung nicht auch mefentlich 3ur Silbung
beiträgt unb prattifche (Dtenfchen macht, bie ben Stagel
auf ben Kopf treffen. 2Bie unwiffenb unb naio uner«
fahren in ben Singen bes gewöhnlichen ßebens finb
Utarienbabcr
Slauberei oon Sr.
(Dlarienbabs heilbringenbe (Eßäffer follen nicht herab«
gefeßt werben. Sie mögen SBunber wirfen. Slber
auch ber ©laube gehört ba3u. Siefer Ort atmet an
fich ungleich mehr Heiligfeit als Karlsbab. Sie heilige
(Diaria hot bem (Babe ben Stamen gegeben. Ser
Hauptbrunnen heißt nach bem Kreua (Kreujbrunnen).
©in anberer Srunnen, 3U bem namentlich bleiche, junge
Stäbchen wallen, heißt nach bem großen Streiter ©ottes,
hie unb ba junge ßeute, bie nur Stabtfchulen be«
fuchen, unb benen folch einfeitige Stichtung oft ihr
ßeben lang nachgeht-"
2Bas bie äußere ßebenshaltung im gräflichen #aufe
betrifft, fo würben bie Kinber in Kleibung unb Koft
einfad) gehalten; auch bei ©inlabungen mußten fie ein
unb bas anbere ©ericht oorüber gehen (affen, ja an
SBeihnachten mar fogar alles Sacfwerf ausgefchloffen.
Such in Spielfachen war Stoß unb 3ief, unb ©elb
ftanb ihnen wenig 31er Serfügung. Sagegen ließ man
fie manches für bas praftifche ßeben Stüßliche erlernen.
Sie lernten Sögel ausftopfen, gerbinanb hotte feine
Hobelbant, auf ber er äußerft gefeßiett fchreinerte. 3u*
weilen holfen bie Knaben auch brefchen unb im ©arten
arbeiten. Sie Sampffchiffe auf bem nahen Sobenfee
beanfpruchten immer bas gan3 befonbere 3ntereffe bes
prattifch oeranlagten ©rafen gerbinanb. ©r hotte ein
fanguinifches Semperament, war begeifterungsfähig für
3been, bie er ergriffen, aber auch ausbauemb, wenn
er fich einmal eine beftimmte Slrbeit oorgenommen hotte.
3uleßt, im Sommer 1853, mar ber ©^ieher mit
feinen 3öglingen nach ©annftatt übergefiebelt, wäßrenb
ber Sater in ©grsberg aurücfblieb. gerbinanb tarn
bann in bie oberfte Klaffe ber Stealfdjule 3U Stuttgart
unb nahm bort einen ehrenooden Stoß ein. Sefonbers
in ben (Realien war er feinen (Dtitfchülem ooraus.
Seseichnenb unb intereffant ift bie Semertung, mit
ber ber ©raieher feine päbagogifchen ©rfafjrungen
aus jener 3 c) t 3ufammenfaßt: „3ch höbe meine 3®0*
linge an felbftänbiges Arbeiten unb Senfen gewöhnt
unb es immer fo ein3urid)ten gefudjt, baß ihnen bas
ßemen nicht entleibete. Unb es bitbete fich bann auch
unter bem ©influß ber beoor3ugten fo3ia(en Stedung
unb bei einer ©^iehung, bei ber bie ein3e(ne Serfön»
lichteit 3U ihrer ooden ©eltung tarn, eine frühe Seibft«
ftänbigteit, ein offenes, freimütiges SBefen unb eine
Sicherheit im Seneßmen, bie ich benmnbem mußte.
Ser j)auptfd)mucf aber war bei aden bie ©ntmicflung
eines religiös«fittli<hen ©haratters, ber fchon bamals 3U
ben fchönften Hoffnungen für bas (Dtannesatter be«
rechtigte."
So barf gerabe bie moberne Söbagogit in bem,
was ein 3eppelin geleiftet, unb noch mehr in feiner
Serfönlidjteit, bie wir ade bewunbern, eine glän3enbe
(Betätigung unb Seftärtung ihrer Houptgrunbfäße unb
ihrer immer einbringlicher erhobenen gorberungen er«
bliefen: Keine ©r3iehung ohne biretten 2lnfd)luß an bie
(Jtatur, feine Ueberlabung mit prattifch mertlofem (EBiffen,
oiel (Bewegungsfreiheit, Schonung ber inbioibueden
©igenart unb ©Ziehung 3ur SelbftänbigfeitI
Spa3fergänge.
Sigmunb (Dtüna.
bem heiligen (ttmbrofius (Slmbrofiusquede). Unb bem
geiftlidjen Stift oon Sepl gehören ja bie Oueden oon
(Dtarienbab — neben anberen föftlichen Sefißtümern,
insbefonbere ben fich weithin betjnenben (Eßälbern bas
föftlichfte.
(Eßer fehr früh, etwa oor fechs Uhr, 3um Srunnen
fommt, glaubt 3euge einer beinahe gottesbienftlichen
Hanblung 3U fein. Sas dJtorgengrauen, bas pilger»
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Seite 1414:
Kummer 33.
hafte ScßleicßetT, bas fjetlburftige Schlürfen . .. alles
ftimmt fo anbäcßttg. ©ruppen oon polntfcßen unb
ruffifcßen 3uben mit langen ©arten, langen Raftans
flehen umher, als ob fie fieß 3um ©lorgengebete 311«
facttmengefunben batten.
©alb erfcßeinen aud) bie Eigentümer ad biefes
©eicßtums, bie lepler Ehorßerren in ihren langen,
»eigen ©beten. 3ßr Oberhaupt ift ber 2lbt ober, toie
er gewöhnlich betitelt wirb, ©rälat. Er ift eine ©lacht
in ©öbmen. ©Beitßin erftreeft fich ber Seftß bes reichen
Stiftes,* bem er oorftebt. Oer äbt oon Xepl ift einer
ber größten Herren bes ©öhmerlanbes, in bem ja
größere Herren leben als in irgenbetner ©rooin3 Oefter*
reießs.
©eplt Ein ijaueß oon ©oefie geht oon biefer Stätte
aus, bie man nach balbftünbiger Eifenbaßn» unb bann
tur3er SBagenfabrt oon ©larienbab aus erreicht. 3n
lepi ift ©oetbe, als er in ben erften 3»an3iger fahren
bes abgelaufenen Säfulums bie Rur in ©larienbab
gebrauchte, bei feinem greunbe ©rofeffor 3<»uper, einem
©Htgliebe bes Stiftes, 3U ©efuch getoefen. Das Stift
betoahrt unter anberem auch ben ©rinfbeeßer, aus bem
©oetbe wäßrenb breier ©abefaifons feinen Rreusbrunnen
gefeßtürft hatte.
Oer ©ame ©oethes feßwebt über ©larienbab, ins«
befonbere über jenem Quartier, in bem ber „$er3og
oon ßancafter", rnid fagen Rönig Ebuarb, unb feine
Untertanen wohnen. Such hier ift j)eiligfeit. „Rircßen»
plag" heißt ber hochgelegene, oomehm abgefcßloffene
©laß, auf bem bas „J)otet SEBeimar", bas jetoeilige
Sbfteigquartier bes Rönigs oon Englanb, fteßt. Oer
©laß hat etwas altmobifch ©atrfeierßaftes. Snsbefonbere
bas in feinem alten Stil erhaltene, gelb getünchte
„©oetbe'ijaus" atmet noch rneit mehr als bas nun«
mehr reftaurierte unb bis 3U brei Stocfwerfen gehobene
tuppetgetrönte „fjotel SEßeimar" ben ©eift oergangener
läge. 3m „fjotel SEßeimar" wohnte ber große Oirfjter
in ben fahren 1821 unb 1822. 3n bem nun „©oetbe»
5)aus" genannten ©ebäube, bas bamals. „3ur golbenen
Xraube" hieß, wohnte er 1823. Oas ,,©oetße»i)aus"
erfeßeint noch heute als glaubwürbiger 3euge oon bes
Oicßters Sufentfjalt in ©larienbab. 3n anbachtsoolter
Stimmung betreten mir ben gewölbten Rorribor bes
Kaufes mit ben 3»ei oon ©rün umfponnenen ©alfonen.
Oie ©attone felbft geben ficb fo autßentifch, baß man
ficb unfeßwer Dorftellen fann, wie ©oetße einft auf einem
berfelben finnenb auS3urußen pflegte ober feinen ©e*
fueßem in (apibaren SEB orten große SEßaßrßeiten oer«
fünbete. Oas ©oetße>$aus ift jeßt 3umeift oon cor»
nehmen Englänbern bemoßnt, unb mancher ber 3nfaffen
fteßt bem in ber ©aeßbarfeßaft logierenben Rönig naße.
3nsbefonbere gilt bies oon einigen ber ßabies, bie
biefes #aus 3aßr für 3aßr bewohnen.
Oer Rönig läßt oft Erfunbigungen über ißr Se*
finben ein3ießen, fenbet ißnen ©lumeri ober ijafelßüßner
aus ben heimatlich»töniglicßen ©eoieren, läbt fie 3U
Meinen Stjmpofien im „©übesaßl" ober 3um ©ee in
„©elleoue" ober auf ber „©laßen" ein.
Seit 3aßren feßon geßt oon ©litte Suguft an bis
in ben September hinein bie Sonne oon ©larienbab
gegen aeßt Ußr morgens auf. Der Rönig oon Englanb
unb Raifer oon 3nbien erfeßeint um biefe Stunbe auf
ber ©romenabe oor bem Rreusbrunnen. 3n ansießenber
Scßlichtßeit wanbeit ber Rönig einßer — ein waßrer
©ürgerfönig. Reine SEBolfe oon ©lajeftät ßüllt ißn ein —
nießts ©atßetifcßes, nießts ©runfoolles ift ißm eigen.
„Oas SEBelttinb in ber ©litten" möcßte man fagen,
wenn man ben ©lonarcßen mit bem rofigen ©efießte
3wifcßen feinen 3wei ©egteitem, bem Stbjutanten unb
bem Setretär, einßertommen fießt. ©on ben beiben
fcßlanten ©lännern hebt ßch bie Erfcßeinung bes Rönigs'
in SDlarienbab«reifer Seßäbigteit ab.
3n feiner ©larienbaber ©iflegiatur möcßte ber j)ersog
oon ßancafter am liebften bureß nießts baran erinnert
fein, baß er Ebuarb VII. fei. Unb boeß gaffen bie ßeute
ißn an, als ob er eine Rrone auf bem ijaupte trüge
unb nicht einen hellbraunen, weießen gilsßut, ein Ssepter
in ber 5)anb hielte unb nicht einen Spaaierftocf, im
©urpurmantel baßinfeßritte unb nießt weiße glaneOßofen
unb blauen Satto trüge.
Oer i)er3og oon ßancafter ift ein ©tann oon feinftem
Xaft unb brüeft ein äuge 3U, wenn tollwütige ©eugier
fieß 3U feßr an ißn ßeranbrängt.
SEBie immer, 3eicßnen fuß bie Englänber aucßßier bureß
©eferoe aus. SDlancße ©racßtejemplare beiberlei©efcßlecß<
ter finb bes ©lorgens am ©nennen an3Utreffen. ©ußig unb
gemeffen geßen fie einßer. Ourcß bie ftete SEBaßrung bes
©teießgewießtes fteeßen fie oon S©enfcßen mancher anberen
©ation ab, bie, wo immer fie auftreten, lärmen, Uirren
unb Mappern müffen. Oas äuge lieft bie Englänber
auf ber ©romenabe (eießt aus ben anberen heraus. Sie
treten fießerer, freier, felbftbemußter auf als anbere.
SUI3U feifte Exemplare finb unter ißnen feiten an3utreffen.
Raum einer oon ißnen erinnert baran, baß galftaff
ein Englänber ift. Dagegen ßeifeßt es bie fßaßrßeit
3U fagen, baß bie eleganteren Oppen, benen man hier
begegnet, Englänber finb. Oer $er3og oon ßancafter
braueßt unter feinen hier befinblicßen ßanbsleuten nießt
atl3u ftrenge äuswaßt 3U treffen. Oie meiften oon
ißnen finb fo geartet, baß fie 3U ber äusseießnung be»
reeßtigt finb, ben Rönig 3U umgeben. SSBemt er über
bie ©romenabe geßt, 3ießt er ftets ben unb jenen, bie
unb jene oon ißnen ins ©efpräcß. Da ift es ein
Member of Parliament, bort ein ßoßer ©ießter, an
ben er fieß mit einem How do you do? roenbet.
Eine fpmpatßifcße Erfcßeinung ift Sir Ebmarb
©ofeßen, ber ©otfcßafter am ©ßiener ßofe, ber immer
ben Rönig nach ©larienbab begleitet. Den beutfeßen
Urfprung ßat er fieß in feinem äeußern aderbings grünbtieß
abgewößnt. ©icßts ließe meßr barauf feßließen, baß
fein ©roßoater oon einem Rontor in Stuttgart aus ber
©lufe Scßiders ©ate geftanben ßat. ädes Scßwäbifcße
ift bem Enfel fremb. Er ift ein ©lann oon ungefähr
fed)3ig 3aßren. Ein bieberes, offenes ©efießt 3eicßnet
ißn aus, (ängft feßeint er in fieß bie Attribute über«
wunben 3U haben, bie man fo gern ben Diplomaten
ber alten Schule 3ufcßrieb: Schlauheit, Überfluge Schweig«
famfeit unb feßweigfame ©efeßwäßigfeit.. .
Oie Englänber tommen unb geßen mit ißrem Rönig.
Sie füßlen fieß hier in ben lEBälbem moßl, bie oon ben
Xannen buften. ijaufe haben fie oiel Romfort,
aber fo feßöne SEBalbftraßen, fo re^oode ©romenaben,
fo ftimmungsoode ©leiereien finben fieß nießt leießt
baßeim in Englanb.
Unb aueß bas Rurleben beßagt ißnen. Sie glauben
an ben Rreusbrunnen. 3n ißnen aden ift ein Stüd
©laube. ©ielleicßt ßat ber ©laube fie fo ftarf in ber
SEBelt gemacht-
2Ber fieß in ©larienbab aufßält, nimmt häufig ben
SEBeg an ber SEBalbquede oorbei, bie SBalb^eilc entlang
naeß ©ob Rönigswart, bas wie eine ärt oon ßößer«
gelegener Depenbance oon ©larienbab erfeßeint.
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Demnächst erscheint:
/
Das neue Sonderheft will zusammenfassen und darstellen, was Zeppelin in jahrelanger Arbeit geschaffen
hat und jüngst unter Bewunderung der ganzen Welt vorführen konnte. Ein interessanter Textteil
leitet die Bildertafeln ein. Zahlreiche Aufnahmen von der großen Fahrt in vorzüglichen Reproduk»
tionen schmücken das Heft; der Umschlag trägt das Porträt des Grafen. So erscheint unsere Arbeit
berufen, jener freudigen Stimmung Ausdruck zu verleihen, die das gesamte deutsche Volk beherrscht
und die zu einer Nationalspende aus allen Kreisen geführt hat Der Nationalspende wird auch der
Reinertrag dieses Heftes überwiesen. Der Preis des geschmackvoll ausgestatteten Heftes beträgt Mk. 1.-.
BERLIN sw 68 August Scherl
Zimmerstrasse 37-41. r . u
Ein neues Luftschiff für Zeppelin!
Aufruf an Deutschland.
Von
Ernst von Wildenbruch.
»Graf Zeppelin ift unverletzt« — aus der Unheilskunde, die der Telegraph uns bringt, tönt eine
Stimme des Trostes, aus der Nacht, die unsere Erwartungen begräbt, leuchtet ein Funke neuen Höffens:
Graf Zeppelin ist unverletzt.
Das Werk, das ungeheure, das Menschengeist ersann, mit dem er sich zum Gebieter des Stoffes,
zum Bezwinger alles desseri 'machte, was Menschenkräfte lähmt, zum Überwinder der Trägheit, zum
Beschämer des Neides, zum Überzeueer des Zweifels, es ist dahin; was stählerner Wille in jahrzehnte»
langem Ringen zielbewußt bis daß das Ziel erreicht war, aus sich heraus gebar, ein Augenblick hat
es zerstört. Alles scheint verloren — und in Wahrheit ist nichts verloren: denn das Werk ist hin,
die äußere Erscheinung der Tat — die Tat selbst gehört zu denen, die, einmal ins Leben gerufen, nie
wieder untergehen. Großes ging verloren. Größeres blieb erhalten: der Erzeuger des Geaankens, der
herrliche Mensch gehört uns noch — Graf Zeppelin ist unverletzt
Unverletzt am Leibe, aber, so meine ich, nicht unverletzt in der Seele, und dem muß abgeholfen
werden I Wenn solche Seelen leiden, leidet die ganze Menschheit - mit; eine Stunde der Mutlosigkeit
in solcher Seele bedeutet einen Verlust für das ganze Lind.
Darum, daß er wieder zur Heldenkraft auferftehe, dieser Held, daß er wieder zur Tat greife,
dieser Mann der Tat, dazu kommt dazu tut dazu helft, Ihr alle, die Ihr ftolz darauf seid, daß er Blut von
unserem Blut, Art von unserer Art, daß er ein Deutscher ist, wie wir! In der Einsamkeit seiner Seele
wurde sein Werk geboren, zum Allgemeinbesitz von ganz Deutschland ist es geworden; sein Verlust ist
unser Verlust, sein Leid das unsere; das laßt uns ihm zeigen in dieser ernsten, dieser schweren Stunde!
Ein Opfer*Altar steht errichtet — trage jeder sein Opfer herzu! Laßt uns zusammenftehn, alle Deutschen,
alt und jung, und groß und klein, und Mann und Weib, zu einer großen, gemeinsamen, nationalen
Tat! Laßt uns Zeppelin helfen! Freude wird ausgehen von dem freudigen Tun, wieder in die Lüfte
steigen das lenkbare Schiff, und das Land, in dem heute Seufzen und Klagen herrscht, widerhallen
wird es vom Jubel eines einmütigen Volkes, daß sich selber ehrte, indem es seinem großen Sohne
Ehre erwies.
Wir sind bereit, sowohl in unserer Hauptexpedition, SW, Zimmerstraße 37-41, wie auch in unseren sämtlichen Filialen Beiträge
für die Nationalspende entgegenzunehmen. Die eingegangenen Summen werden wir der Sammlung des unter Vorsitz von Geheimrot Busley
stehenden Deutschen Luftschiffer*Vcrbandca übergeben. AUgUSt Scherl G. m. b. H.
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Seite 1416 .
Dummer 33 .
©in Bronnen raufcht ba auf ber Höh«/ als ob er
anbeuten wollte, baß auch t)ier, wie in bem naben
ÜRarienbab, bie Bajaben wohnten. Der bie (Erbe um*
ftrdmenbe Dteanos f>at mehreren feiner Döchter in biefer
©egenb ihre Siße angewiefen. 3 d> freilief) bin faft
gleichgültig oorübergegangen an bem Quell oon Diarien
unb (Eleonoren. Dud> bie Biftorsquelle oerfueßte ich
taum. 3 ch f)iclt mich an bie üRettemichquetle, unb oon
ihr habe ich in 3wiefachem Sinne geköpft: gar manchen
Becher bes priefeinben Säuerlings, ber weit in bie
©eit geht, unb gar manche (Erinnerung an ben be*
rühmten Staatstanaler, ber oterjig Jahre bie 2 Belt
regiert hat, unb bies auweilen auch oon feinem Königs*
wart aus.
(Es gibt eigentlich brei Königsmart: Unten in ber
liefe, im ©rün gebettet, bas ftattliche Schloß, in ein*
oierteiftünbiger (Entfernung bas höher gelegene Stabilen
mit rotem Durme, ein befcheibenes Beft, bas mühfam
3um Kurorte hinauftriecht — in weiterer Diftana oon
wenigen ÜRinuten ber noch höher gelegene Kurort, an
ben grünen ©alb gelehnt unb bie pittoreste (Ebene
unten beherrfchenb, bie gen Baqern hi» fi<b in fanfte
Hügelbänge oerliert.
Hier finb wir im gürftentume ÜRettemicb. Bber im
Schatten biefes gürftenmantels unb biefes gürftenbuts
fteht nicht mehr ber ©ebftubl ber Seit, an bem ber
©roßoater bes gegenwärtigen Befißers Sahrjehnte ge*
webt hat.
Oft finb wir 3um Schlöffe hinuntergegangen. (Es
ift ein weißes weitläufiges ©ebäube in itaiienifchem
Stil, rot bebacht, unb ber (Efeu 3ieht fi<h tymm, gan3e
grüne ©änbe bilbenb. Bon ber Hauptfront, oor ber
ber Springbrunnen fprüht, winft uns bas ©appen bes
Kaufes ... Jagbembleme finben fich barin: Hifthörner,
bie 3ur Hirfchjagb biafen — ein oon einem EJSfctl burch*
fchoffenes Dier .. . Das eble ©eibmert hat aifo tyer
feine Bbepten . . . ©ieberbolt gefchah es, baß wenn
wir in früheren Jahren bes Bbenbs burch Öen ©alb
ftreiften, ber fich awifeben Königswart unb ÜRarienbab
binaiefjt, wir ber anmutsooHen gürftentochter, ber
fcßlanten Brinaeffin „Biti" ÜRettemicb, nunmehrigen
Brinaeffin ÜRajimilian o. Xhurn unb Xaps, begegneten.
Sie war im Jagbtleibe unb hatte bas (Bewehr 3ur
Seite. Schon warteten ihrer bie fjeger. (Es galt, ben
roftroten Bebbocf 3ur Strede 3U bringen. ÜRancßmal
ging es ber Ißrinjeffin wie Saul, ber ausge3ogen war,
feines Baters (Efelinnen 3U fueßen unb ein Königreich
fanb. Sie fueßte ein Beb unb fanb einen H«fcb. Die
fonft fo mufitalifcße 3>arte Hanb, bie bie ©eige 3U meiftern
weiß, führt auch öas ÜRorbgefcßoß mit Si<berbe u , unb
beutebelaben lehrte bie Brinaeffin im Dunfel ber tau*
feuchten Dacht nach öem Schlöffe heim.
Diefes Haus, 00m Staatstanaler im Jahre 1839
reftauriert, feit 3wei Jahren aber, feit bem 3 ufammen*
brueße ber fürftlich ÜRetternicßfcben ginan3en 3iemlich
oerlaffen, mar fräßer überaus wohnlich eingerichtet, unb
eine oornehme ©aftlichfeit waltete barin. Durch ben
Burpur unb bas ©olb einer Bergangenheit, beren
©ipfelpunft ber berühmte Staatsfan3ler mar, warb hier
eine feßön bewegte ©efelligfeit brapiert. Diefes Haus
hieß noch anier feinen früheren Snfaffen, bem oor über
3wei Jahren oerftorbenen gürften Baut unb ber nun oer*
mitmeten gürftin ÜRelanie, ben ©Item bes gegenwärtigen
gürften ©lemens, interefjante ÜRenfcßen aus aller ©eit
witlfommen. 3 umQ l bie Hohen ber ©rbe, bie in ÜRarien*
bab Kur hielten, gingen aus unb ein. ÜRancßmal tafelte
hier König ©buarb, unb bies fchon in einer 3 eit, als
er noch Brina oon ©ales war, ein anberes ÜRal feßmaufte
hier unb fchoß auf Dehe, bie fich bis aum Bart herab*
ließen, unb auf Silbermünaen, bie in bie ßuft geworfen
würben, bes perftfeßen Königs ber Könige ÜRajeftät,
2 Ruaaffer*eb*Din, ber Bater bes gegenwärtigen, feßmer*
bebrängten Schah*in*Schah ÜRubammeb Bit, unb bann
fpielte hier Dennis bas alte Haus grantreich, bas fich
in ber Berfon bes Heraogs Bhiüpp oon Orleans
alljährlich unb auch biesmal in ben ©äffem oon
ÜRarienbab entfettet.
Blte ©efeßfeßten flattern oor uns auf. Die ÜRutter
bes regierenben gürften, bie gürftin ÜRelanie, erinnert
fchon burch ihren Damen unb als geborene ©räfm
3ich9*gerraris auch burch ihre Bbftammung an bie
fchöne, nicht gewöhnliche grau, bie bem Staatstanaler,
ber nacheinanber auf brei Bitären opferte, bie leßte
©emahtin gewefen.
Der ©eift bes ffiiener Kongreffes geht hier burch
bie Däume. Die garben ßampis unb Hawrences
fcheinen biefe ©änbe au beleben. Da fteht oor uns bas
berühmte Originalporträt ÜRettemichs oon ßawrence.
Der Kanaler figuriert in pruntenber Staatstracht, feier*
lichft unb hoheitsood geftaltet — bas glattraflerte
©efießt oielleicht etwas 3U feßr ins Olgmpifeße, ins
Bppollinifche geaogen, langftilig, ibealifiert — eine
Staatsfchrift in ber Hinten haltenb. ©efaibte Häupter,
gtattrafierte ©efichter, Diplomatenfiguren in Kniehofen
unb SchnaDenfchuhen, fchöne grauen, in ©ölten oon
©aae gehüllt, mit Schmanenhälfen unb Blabafter*
büften — alle ©ra3ien bes ©mpire tauchen oor uns
auf. ... Daneben fchweben bie ©enien ber heiligen
Büiana burch biefe Däume.
Buch öie ©eneration nach öem Staatstanaler ocr*
langte ihr Becht. ©ie fich Dlettemich I. mit Dapoleon I.
berührt hatte, fo ÜRettemicb II. (Bicßarb) mit Dapoleon III.
gürft Bicßarb üRettemich, ber ältefte Sohn bes Staats*
tanalers, mirtte burch oiele Jahre als öfterreichifcher
Botfchafter bei ben Duiterien unb mar 3 «uge bes 3 u*
fammenbruchs bes ameiten Kaifertums.
©inige Schritte weiter, unb man folgt ben Spuren
ber noch am Heben befinblichen genialen gürftin Bauline,
bie oor gürftin ÜRelanie hier 36 Jahre lang refibiert
hat. üRan gebentt ber originellen gefte, bie fie ge*
geben, als ihr ©atte Botfchafter in Baris roar. ©as
fie in ber großen Stabt an ber Seine, aumat in ben
Duilerien, erlebt hot, lebt aum leite noch in biefem
Schlöffe oon Königsmdrt.. . Das aweite Kaiferreicß
erfteht oor uns in einem ©lanae, ber bas erfte über*
bieten foll. . . .
Biele ber Koftbarteiten bes Hnufes hatte bereits ber
alte Staatstanaler au einem ÜRufeum aufammengetragen.
Die wirtlichen Schöße bes Hnufes finb mehr über bie
bem großen Bublitum nicht augänglicßen Brioatgemäcßer
bes gürftenpaares oerftreut. Buch «ine bereits oon
bem Staatstanaler georbnete toftbare Bibliothet, beren
pifcce de r^sistance ein ÜRanuftript oon Hope be Bega
ift, beherbergt bas Schloß.
Unb wie follen wir jener anberen Bibliothet oer*
geffen, bie unten in ben Kellern ruhte? Das befte
Stücf barin war bie berühmte Schloß*Johannisberger*
Hanbfchrift, bie auf einem rebenbebeeften Borberge bes
Dheingaues mächft. ©er fich in öiefe Hanbfchrift, bie
wie mit geuer gefchrieben fcheint, 30 fehr oertieft, mag
ben Branb bann mit „üRetternicbqueile" löfeben, ©ir
allerbings trafen oor Jahren im Schlöffe mit einem
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Kummer 33.
Seite 1417.
ausgejeicßneten Mufifer jufammen, welcher ber Mei»
nung mar, ber Scßtoß*3oßannisberger, auf DJletternid)-
fcßem Gigentum in ben Stßeinlanben entfprungen, märe
Metternicßquelte par excellence, unb er tjatte gar nicht
bas Bebürfnis, bas geuer 3U löfcßen. 2tus ber Äct)Ic
flog es ihm in bie ginger, mit benen er nach bem
Maßte feurig in bie Daften bes Bionos fchlug. Gr
mußte feit oielen, nieten goßren, mas Scßtoß*3ohannis»
berger märe. Stnbers bie amerifanifcße ißatri3ierin, ber
ihr Jifcßnacßbar bei einem Maßle im Schlöffe 3uflüfterte,
fie möchte boch ben berühmten goßannisberger nicht
unberührt laffen. „What — an African wine? Gin
Mein aus Slfrifa?" ermiberte fie etroas erftaunt. 3hr
mar goßannesburg, mo am SBitmaterftranb bas ®olb
mäehft, geläufiger als goßannisberg, mo bie herreiche
©olbbeere blüht.
Schloß Königsmart liegt jeßt 3iemlich oerlaffen ba
unb fchläft mie Dornröschen, gürft Siemens, ber gegen«
märtig regierenbe gürft, ber auch ben Xitel eines ©rafen
non Königsroart führt, lebt einen großen leil bes Sah« 3
im Baterlanbe feiner jungen fchönen ©emahlin, bie,
eine Spanierin, eine Siloa be Garoajat, bie Doeßter
bes oerftorbenen Marquis be Santa Grus unb ber
Duquefa be San Garlos ift.
3n bie mirttichen ^Rechte eines ©rafen non Königs*
roart mill er nicht eher mieber eintreten, bis er mit
altem ©lan3 ben Haushalt bes Scßloffes führen fann,
bis feine ginanjen georbnet finb, an beren Mieber«
herftellung ein Kurator, ber Miener Martgraf n. $aüa*
nicini, arbeitet. ■<< ,,
Der Miener ißalaft Metternich ift an bie itatienifeße
Botfcßaft nerfauft morben, unb auch aus bem Schloß
non Königsmart ift mittlermeile manche Koftbarteit
nerfchmunben. 3m Schloß gingen eine .^eittang Sieb*
haber unb ^änbler aus unb ein. Mir oep^ten, baß
auch bie unterirbifchen Bibliotßefräume,: .^tmes leer
gemorben finb, baß bie feurige goßanni$bergei: i)anb*
feßrift oerlöfcht ift. . r ,
Stber bie Mettemicßquelle fließt mußtet fort. Unb
bie alten ©äfte finb roiebergefeßrt. Stuf ber Kteusbrunn*
promenabe nbn Marienbab, non mo mir unferen Slus«
gang genommen, befilieren noch immer Menfcßen aus
3met i^emifphären oor ber ehernen Statue bes Stbtes,
ber ber Moßltäter oon Marienbab gemefen, unb oor
ber leiblichen Grfdjeinung feines lebenben Nachfolgers.
Der König oon Gnglanb unb ber tßrins oon Orleans
fahren fort, fich hier 3U entfetten.
Der Stußm ber Menfcßen mirb oon ben Statur«
fräften überbauert. Der Strom bes fürftlichen Kaufes
Metternich ift 3um Stitlftanb gelangt, ber hunbert gaßre
alte Kreu3brunnen tritt flott in bas 3meite gaßrßunbert
feines I)eHfräftigen Beftanbes.
-o-
Briefe eines tnobemen Bläbdjens.
Soglio (Bai Bregaglia), im Stuguft
Verehrter greimbl
Stun finb Sie alfo oom Urlaub 3urüd, unb ich
fonbolierel
Xroß feines atmofpßärifcßen ©lan3es tommt mir ber
Stuguft manchmal mie ein reißt trüber Monat oor.
gerienenbe für fo oiele! Stach tur3en greißeitsmochen
mieber bas Gingefcßientmerben in alle Strten oon
3mangsjaden, aus reinen fiüften 3urüd in bie großen
Steinmüften, oon ben hohen Bergen in bas ©ebränge
bumpfer Stieberungen I Bon ben gemähten Miefen, auf
benen reife ©arben in Bünbeln ftanben, in bie oon
©eleifen tiniierten Straßen ber Metropole!
3« teiner 3eit bes 3aßres fonfumiere icß fo oiel
Mitleib für bie (eibenbe Menfcßßeit mie in biefer, mo
bie erfte State ber an Schulferien gebunbenen gamilien«
beftänbe feuf3enb ßeimteßren muß unter bas unerbittliche
3ocß bes SlUtags.
Die große „Seßo^eit" für ben ein3elnen ift oor«
über — oom Grmacßfenen an bis 3um Siebenjährigen
ßinab, ber — ben braunen Steifelad noch mie
einen materifeßen girnis auf ber 3arten Stirn — 3um
erftenmat ben Dornifter mieber paden unb in bie rei3»
lofen ©eßeimniffe bes Mitlauts unb Stimmtauts neu
untertauchen muß.
Keinem gefällt folcße #eimfeßr!
Unb $eimteßr fann boeß etmas fo Scßönes fein,
ein Begriff, fo oft oon Matern gemalt unb oon Dichtern
befungen — jene anbere Sorte oon $eimteßr mie etma
bie bes Bödlinfcßen Manbersmanns, ber oerfonnen
3toifcßen bem ßerbftgolbenen fiaub ber SBafferbrunnen
fißt, mäßrenb bie Dächer bes jjeimatborfes abenblicß
berüberblißen — ober bie ijeimfeßr bes lange in frembe
Grbteile Berfcßlagenen, ben Beruf ober gorfcßungsluft
unter anbere Sonnen führte, unb ber nun nach gaßren
3um erftenmal mieber beutfeße Mälber raufeßen ßört
unb breite beutfeße Ströme mit altoertrauten Stamen
an blüßenben Ufern enttang3ießen fießt.
^eimfeßr in ben gronbienft aber nach 3 U fur3er
Slrbeit3eit ift eine Sache oßne jeben Gßarmel
#eimfeßr, menn fie ©tüd bebeuten foll, muß bie
Grfüllung einer langen Seßnfucßt fein. Man muß fieß
ausgehungert füßlen naeß ißrem Stei3, fie mollen unb
bemußt roünfcßen.
Gin SUltagspßilofoph ßat ftuge Stegein aufgeftellt
über bie Meisßeit bes Stüdfeßrens an befannte Stätten
überhaupt.
Das erftemat lernt man fie tennen.
Das 3meitemal im Gnt3Üden bes Mieberfeßens ift
ber fjößepuntt.
Das brittemal hat man fie über, unb ein oiertes
Mal fotlte man überhaupt nießt an ben gleichen Ort
3urüdfommen.
Dies Brin3ip ift feßr rötlich für Scßmefeerreifen,
für Storblanbsfaßrten unb für Stioierapläße.
Gs ftimmt bagegen nießt für Stäbte mie Stom,
Brügge ober Baireuth — nießt für jene cit£s de notre
äme, bie gemiffermaßen jebesmal noeß ©eßeimfäeßer
neuer Scßäße erfcßließen, 3U benen gerabe bie immer
neue Mieberfeßr ben ©ipfel ber Setigfeit bebeutet.
Die ftärtfte ^eimfeßrfentimentalität pflegt natürlich
bie Baterftabt aus3ulöfen. Das ift ein bifffeiles Kapitel.
Man follte fjeimatftäbte eigentlich nur bann auffueßen,
menn man successful im ßeben mar unb faturiert oon
bem, mas es 3U geben oermag, aber nießt in ber
Stimmung bes armen 5)ejametergreifes, ber mit taufenb
Maften als güngling ausfußr unb nun ftiQ auf ge«
rettetem Kaßn refigniert ßeimmärts treibt.
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Seite 1418.
Kummer 83
3© fifee tn einem ijerrlidjen Kergneft, bem id) ouf
ben eilten 93Hd anfaf), bafc es zweimalige ©ieberfefjr
oertofjneti wirb. $)\tt oben „mifdjet ber t)immlifd)e
< 5 <i)er\i aus Korben unb Süben ber Säfte ©etränt".
2)ie nülben 58oubasfagletfcf)er fdjimmem leud)tenb in
ber gerne. üJtit SBefjmut bente id) an 3f)re Küdtefyr
in ben beiden ©lutofen ber ©rofjftabt. Sie haben fi<b
einen Iroftbrief befteUt, aber id) fürchte, für ben, ber
über betfpt 2tfph«tt 3ur Iretmübte gehen mufj, hat
ber @röf| fhjes ÜKenfchen,. ber hoch über bem Staub
ber Grbb atbifchett ©letfchem thront, eher etwas 3rri*
tierenbes als Iröftenbes! 3d) hoffe zwar, Sie rechnen
Wir nreini 9 - : dugehbßdliä)e, nimatifch fo beoorzugte
©fifteng nicht als <Ei)aratterfef)fer an unb taffen fid)
' oon meinem SKitleib angenehm wie oon fühlen Stpen*
toinben bie Stirn umftreichetn. Unb wenn ich hem*
nachft in 3t)re Kühe hejmfehre, werben Sie mich
hoffentlich nicht in bie Keif)e ber Singe rechnen, bie
man bestenfalls mir breimal aushatten fann, fonbem
mich lieber als eine oon ben ^flangenarten, bie man
fich nicht überfiebt, einfdjäjjen— etwa wie bie gelbe,
feine, nach Sanitte buftenbe Blumenforte, bie ben
reyenben Kamen .Jelängerjelieber" trägt.
3hre ftets anfpruchsootte greunbin
2t. 2t. o. K ...
Unsere Bflöer
©raf 3eppelin (Abb. S. 1420—1423 u. 1425) ift burch
bas Unglücf, bas ihn betroffen bat, nur noch populärer ge¬
worben, als er fchon oorher geroefen. Ohne ©ücfficht barauf,
was bas ©etch tun werbe, würben prioate Sammlungen
oeranftaltet, unb fchliejjlich btlbete ficf) unter bem (Ehrenprä-
fibtum bes Kronprtnaen ein ©eichsfomitee, um bie granblofe
ftilfsaftton ju leiten, bie es bem greifen Aeronauten ermöglichen
folt unb ermöglichen wirb, fein Sehenswert fortaufefoen. Schon
finb fjunbertiaufenbe oon ©arf jufammengefommen, (Braf
3eppelin wirb an Stelle bes aerftörten oierten ein fünftes Luft-
fchiff bauen unb bamit — bas ift bie Ueberaeugung bes ganjen
©oltes — ben ©orfprung, ben er uns burch bie (Eroberung oer
Lüfte oor. anberen Länbem gebracht bat, noch oergröfjern.
w
Oie Umwälaung in ber Xürtei (Abb. S. 1419) fommt
. nicht nur bem Lanbe, fonbem auch bem Sultan augute. Abbul
J)amib II., ben bisher eine Stauer oon feinem ©olt trennte,
ift über Stacht ein beliebter fjerrfcher geworben. i)ieroon tonnte
er ruh namentlich beim lebten Selamlif, ber Ausfahrt, bie er
am greitag aum (Bebet in ber ©oföee unternimmt, überaeugen.
Droelle IBrigbt unb SBilbur ffirigbt,
bie erfolgreichen amertfanifcben Boiatifer.
Zum erften öffentlichen flug der Ulrigbtfchen Jlugmafchine in Ce mans.
Oonauefchingen (Abb. S. 1426), bas anmutige Stäbtcben
ift oon einer oerbeerenben geuersbrunft E>etmgefuc^t worben,
©in großer Xeil bes Ortes ift oöüig a^rftört, ücfylxexty ga*
milienfmb obbachlos geworben, unb leiber gingen auch ©cnfthen-
(eben bei ber Kataftrophe oerloren. Oie ©ot ift groft, unb es
ift au wünfdjen, bafe bem aufammengetretenen J)i(fsfomitee
aahlreiche Spenben augehen.
**
©ubolf oon ©alentini (Abb. S. 1424), ber neue (Eh*f
bes ©eheimen 3ioWabinetts bes Kaifers, fteht im 53. Lebens¬
jahr. (Er war suleftt ©egterungspräfibent in grantfurt a. 0.
*
Oie ©ebrüber ©right (Porträte untenft) oerfuchen bie
Eroberung ber Lüfte auf anberem ©ege als ©raf 3eppelin.
©ilbur ©right ift biefer Xage mit feinem glugapparat auf
bem gelbe oon Le ©ans aufgefiiegen unb hat fein ©arifer
©ubltfum in grofje ©egetfterung ©crfefct
*
f)e(ene oon ©onbart (Abb. S. 1424), mit ihrem Schrift-
fteüernamen f)an§ oon Kahlenberg, bie ©erfafferin unferes
neuen ©antans „Spielaeug", ift feit längerer 3eit als eine hö<hft
eigenartige (Erfcheinung in ber Nterarifchen ©eit befannt. Oie
Lefer ber „©o<he M fennen ^ans oon Kahlenberg bereits als
©erfafferin oon Sfiaatn unb ©laubereieu.
©erfonelien (©orträte S. 1424). 3n Oüffelborf ift ber
betannte Ard^iteft ©rofeffor 3ofef ©aria Olbrich, bas £>aupt
ber Oarmftäbter Künftlertolonie, geftorben. fr war am
22. Oejember 1867 in Iroppau geboren. — Oer in 9bm
oerftorbene frühere italienifche ©inifterpräfibent Antonio ©u-
bini ©archefe bi Staraba war ein entfchiebener Anhänger ber
Oreibunbpolitif. (Er war in ©alermo am 6. April 1839 ge¬
boren. — Auf ber ©rönlanberpebition, bie er am 24. 3uni
1906 antrat, ift ber bänifche gorfcher ©qlius (Erichfen geftorben.
©eh* Kommeraienrat Heinrich Siegmunb ©lancferfc, ©e-
grünber ber beutfchen Stahlfeberinbuftrie, f ln ©etlin am
8. Auguft im 86. Lebensjahr.
©iufeppe (Ehiarini, italienifcher Literarhiftorifer unb
Oichter, j am 4. Auguft im 75. Lebensjahr.
©glius (Erichfen, ber (Erforfcher oon ©rönlanb, f auf
einer ©olarej^pebition.
gürft Siegismunb ©iuftiniani-©anbini, ^eraog oon
©onbragone, hcroorragenber italienifcher ©olitifer, f im Alter
oon öl 3ahr«t.
grau 3ulie ftirfchmann, 3ugenbfchriftfteHerin, f in Berlin
am 8. Auguft, 97 3ahr* alt.
©rofeffor 3afef Olbrich, ber berühmte Oarmftäbter Archi*
tett, f in Oüffelborf im 42. Lebensjahr.
©archefe Antonio bi ©ubini, früherer italienifcher ©inifter¬
präfibent, f in ©om im Alter oon 70 3ahren.
Ittan abonniert auf Me „Wotfye“:
in SerUn unb Qororten bei ber i)aupttfpebition ^Unnierftr. 87/41
fönte bei ben gUtalen btt .Berliner Sotat-Bnaetfler»* unb in fömtlicben
Bucbbanblungen, im
Dcutrchctt Reich bei aOen BucbbonMungen ober ^oftanflalten
unb ben QefcbäftsfteQen ber .fBoc^e*: Sonn a. Udinftr. 29;
Bremen, Obemftr. 16; Breolau, 6cbneibniger 6tr. 11; SoffeL
ObereÄßnigftr. 27; £re»ben, 6eeffraSel; Olberfelb, Aenogftr.38;
Offen (9tubr), taftanienallee 98; granffurta.9L, ftaiferftr. 10;
®örli|, ßuifenftr. 16; fjallta. 6., ©rohe Bteinftrofje 11; l)am«
bürg, fteuermall 2; jjannooer, ©eorgftr. 39; Miel, #o U+
nauer €tr. 24; Äöln a.9ib-, botft 6tr. 148/150; Stönigeberg t ©r^
9öeihgerberfir. 3; fleipjig, Betereftr. 19; ÜXagbeburg, Breite
%Beg 184; uRüneben, Bagerftrafte 57; Nürnberg, üaiferftrohc;
ddt gneifdjbrücfe; Stettin, ©rohe Bornfhahe 22; Strohburg
(Olf.), ffiie*bau5gafje 18/22; Stuttgart, Itbnigftr. 11; SBieebaben,
Ätrcbgafje 26,
Oerterrcich-CIngani bei allen Bucbbonblungen unb ber ©o>
feböftsftene ber „9Bo<be N ; SBien I. Öraben 28,
Schweix bei allen Bucbbonbiungen unb ber ©efcbäftsfteQe ber
# 2Boebe*: 3 9 r i ^ Babnbofftr. 89,
SngUnct bei allen Bucbbanblungen unb ber ©e|<bäftfftclU ber
.ffioAe": fionbon, CF. CF., 30 Cime Street,
fronltreich bei allen Bucbbanblungen unb ber ©efcbAftffitüe
ber „2Bo<be": Borte* 18 9tue be IHicbelteu.
Rolland bei allen Bucbbanblungen unb ber ©efcböftofielle ber
„Socbe*: Im fl er b am, ftei^eregraebt 333,
Dänemarlt bei allen Bucbbanblungen unb ber ©efcbäftftfieQe ber
.SGBocbe“: Äopenbagen, Äjobmagergabe 8,
Vereinigte Staaten von Hmerika bei allen Bucbbanblungen
unb ber ©efeböf teftelle ber „2Bocbe M : 9leugorf83u.85 Ouane Street
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Kummer 88.
©eite 1419.
Bgjj^gOöer oomSageEtHÜ
!Dic neue &era in ber Xürfci:
Sultan 21bbu( fjamib auf ber Jafjrf aus feinem palais 5 UM 3 3 ur IRofdjee
bfarüfjt DU 30m Stlamllf crfdjlenencn Xruppen unD OoKsmaffen.
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Sette 1420.
Stummer 33.
«5ot (3. fflrt.
Das Suftjdjiff über ber Stabt 5BafeL
^oL 0. 3tmmctle.
3m Sluge über Stuttgart.
Zeppelins grojje JaJjcf unb ifjr fragiles <£nbe.
J
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9hmtmer 33.
Seife 1421
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3eppc(in» grofje Jafcrf unb if>r fragiles $nbe: Da» Cuftfdjiff übet Sfvaftbttrg.
©eite 1422.
Kummer 33.
©er Beginn ber Äataftrop&e: ©as losgeriffene fiuff fliegt baoon.
©as ©erippe bes oom 3euer 3 erftörten 'Ballons.
^eppelins gro&e Jatjrf unb t&r tragijdjes <£nbe.
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Shmtmer 33.
Gelte 1423.
35ug unD ©#röuben bes jerftörten 35allon5
äU> «UM
fcofpßot. Braun.
2)as S)ed bes Gallons.
2)ie raudjenben krümmer.
BDOI. nie. Murji
T'OüLW «cfo.
SRad) ber Slataftroplje: 2lbfaf>rt bes ©rafen 3eppelin(x) oon ©djterbingeit.
3eppdin0 große Jafjrt unb ißt fragijdjes (Enbe.
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‘.Hummer 83.
Seite 1424.
S
vofpyoi. scciltn.
fjelene oon Hloitbarf (f)ans oon äafjlenberg),
SSerfafferin unteres neuen Stomans „Spielzeug*.
Xeg.-ptäf. o. Italetttitti, bet neue <£ftef bee ©eg, 3ftmfabraett*
Speaialoufnabme für bie „SBodje"
Krediten ptofelfor JoJef Olbricf) f
JlJardiefe bi Rubmi,
iü^ er er italieni fd^er luiinifterprä Itbent.
polar;orfcf;cr ZYlglius (fclcftfen f
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Stummer 83.
6et* tm.
(Ein 3ugenbbUbni9 bes ©rafen 3cppe(itu Itad) bem ©emälbe oon Ifjcobor Sdjüfj.
®as Büb {teilt ben ©rafen in feinem 15. fiebenajafjre bar.
<£ifrau 5er Slrtitel au| Seite 1412.'
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Die große Jeuersbrunft in Donauefcßlngen: HeberfidjtebUb bes abgebrannten Sfabfoiertete. SRedjts oben: Das Hatbans.
mte tm,
Mummet 83 .
I
I
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Kummer 33.
Seite 1427.
4
** Spielzeug.
IRoman oon
Fians von Kahlenberg.
Sie Jungfer mar nirgenbs 3U feiert, aber Kapitän
fiubmig non SJetßta mußte, mo feine grau 3U finben mar.
Sr ftieg bie befonnte, etroas fteite Zreppe empor
in ber S3iHa, bie 93ecßtas fitß feibft gebaut Ratten unb
allein bemannten. Stuf ben Stufen tagen nur (ofe,
bunte ©attenftreifen, bas ganse #aus feßien oon Sonne
erfüllt, ließt unb fatfber, grau SSenebifte oon 93cd)ta,
SBene genannt, oerabfeßeute Staubfänger, $tüf(ß unb
buntte ©intel. Ser Kapitän empfanb bas ©alten
ißres ©efeßmades mit S3eßagen, altes mar neu, ge»
räumig, beinaß 3U orbentlicß unb 3U ßelt, aber beibe
(Eßeteute paßten ßinein, maren gefunbe unb gtücftieße
©enfeßen, bie nitßts 3U oerfteden unb 3U oerfeßteiem
ßatten. Kinber, bie Unorbnung unb Staub oerurfaeßen
tonnten, feßtten au<ß; ber Kapitän ßatte fiiß in bas
geßten tängft gefunben, unb Senebitte feßien nitßts 3U
oermiffen, ftc mar eine gute Hausfrau, feine befte
Kamerabin — fein ©ottesfegenl
Sas Satßgeftßoß mit 3toei Stuben unb SSabe3immer
bitbete eigentlich eine Keine ©oßnung für fieß. (Es
maren bie ßübftßeften JRäurne in ber SSilla, bem $immel
am näcßften, mit ber Stusficßt auf ben ©arten, über
beffen Strautßmerf unb ©ipfel man bie görbe blauen,
metße Segel ßerüberftßimmem faß. Sas große Stßlaf*
3immer naßm bie ©itte ein, es öffnete fitß retßts in
einen Keinen Salon, tints auf bas SSabefabinett
Scßon im SSauptan bes Kaufes mar biefe befonbere
©oßnung oorgefeßen morben; ein luftiges, 3ier(icßes
S3ogelbauertßen nannte fie fiubtoig Setßta — bas
fottte Stils tfteieß merben.
grau oon Secßta ftanb im S<ß(af3immer unb füllte
blaue ©lodenbtumen, SRitterfporn unb ©arguertten in
meiße Steinoafen. SSene SJetßta mar oiet 3U oemünftig,
um Startbuftenbes 3U müßten, fiill fottte ißr Sleft
ßübftß finben, unb ßitts SReft mußte einem ©arten
gteießen. Sie ftedte einige überßängenbe 3n>eige mit
tpeißen unb gelben 33lütenftßmetterlingen auf, bureß
ben genfterraßmen nidte ber (Erimfon*9tambIer mit
biden, roten SSüfcßetn ßerein, 00m untern SSalton am
Stßlaf3immer bes (Ehepaares aufgesogen, ©arbinen
unb SSeßänge oon miteßmeißem unb bitßtem ©ull
feßufen einen überaus 3arten ijintergrunb für bas 3ier»
ließ geblümte ißo^etlan, für Kriftatt unb Silber bes
Zoilettentifcßes. (Es ßingen an ber ©anb eine 3«<ß*
nung oon fiel teu, eine grau in JRüdanficßt, bie fitß
bie Sjaare ßoeßftedt, unb englifeße, farbige Kupferfticße
in ftßmalen ©otbraßmen, Orpßeus unb (Eurrjbice, gu*
piter, mie er in Sianas ©eftalt bie ÜRpmpße Katlifto
berüdt.
Sie ©anb mar gan3 ßelt, meiß in meiß gemuftert,
fo oiet ©eiß mit ber Sonnenfülle, ben brennenbroten
SSüfcßeln ber Ktetterrofe btenbete förmtitß, rief ben
(Elnbrud eines gubetgefanges oon ßitßt, gugenb unb
gungfräutießfeit ßeroor.
grau oon Setßta ßing Sjanbtücßer aus. Sie mar
eine große unb ftatttitße grau oon oomeßmer unb
aufreeßter Haltung, feßr btonb, mit einer gteeßte, bie
fronenartig breimat über bie Scßeitetßöße bes Kopfes
gelegt mar, bie eeßte beutfeße (Ebelfrau, mie man fie
fiiß im ©ufterbeifpiel oorftettt. Sie jungen ©äbtßen
in ber ©arine unb aueß noeß bie jungen grauen
feßroärmten über bas btonbe, fo außerorbenttieß paffenb
3ufammengefügte tßaar. Slutß fiubmig Söecßta. mar ein
ftßöner ©ann, etmas maffiger, mie es bie Slnnäßerung
ber oier3ig gaßre mit fieß braeßte, mit langem, btonbem
S3ottbart, füßngebogener, großer Stafe unb btauen 2tugen
fo 00II teueßtenber ßebensluft unb Scßetmerei, baß fie
ißn jugenbtieß unb unmiberfteßtieß (iebensmürbig machten.
SSenebifte ßatte ftiüere Stugen unb rußige, fießere SBe»
megungen.
Sie ßörte tßren ©ann moßt, obgleich fiubtoig fieß
bemüßte, feinen Iritt auf ben ©atten unßörbar 30
maeßen; irgMtbmie, ob im S)a us ober ©arten, trieb es
ißn immer twrtßin, mo SSene mar. (Er merKe es nießt,
aber bie gfüdticße unb (iebenbe grau tannte feine ©e*
moßnßeit gut; SSene täcßeltc ftilt oor fieß ßin. Sie mar
nitßt mufifalifcß, fonft ßätte fie gefungen. (Eigentlich
mar es ißr einiger geßter, ißr ©ann mottte feibft
biefen nitßt ©ort ßaben, er nannte SSenebifte, bie ge=
fangtofe, feine SlacßtigalL
grau oon Secßta entfaltete bie ijanbtücßer, ftrieß
fie aus unb ßing fie über ben Stänber, babei roeß fte
mit Sefriebigung ben guten ©erutß frifeßer, felbftge*
bleitßter ©äfeße; feit fie bas #aus befaßen, brauchte fie
nitßt meßr bie ißr unangenehmen ©afeßanftatten in Sin*
fprueß 31t neßmen. Sie ßübftße Sßilta mar aus Senebiftens
©etb erbaut, fiubmig befaß nur unbebeutenbes Vermögen,
aber SSenebifte mar (Erbin einer Zante gemorben, einer
launiftßen, atten Same, bie fie gan3 allein, mit Slus*
ftßluß oon fiill, ißrer jüngeren Scßmefter, bebaeßt ßatte.
— 9tun, folange SSenebifte ©elb ßatte, brauchte fiill
moßl nitßt 3U barben!
Sie feltfame gaffung bes Scßlußfaßes biefes Zefta*
ments fiel SSenebifte ein. Sic Zante, grau oon Queerbt,
ßatte geßofft, baß SSenebifte unoermäßtt bleiben mürbe,
feßon ber Srei3eßnjäßrigen ßatte fie ©üßfal unb (Ent-
täuftßungen bes eßetießen fiebens oorgeßalten, fie feibft
mar in ißrem fpäteren fieben eifrige S3erfetßterin ber
grauenreeßte gemorben; bas oerftänbige Kinb fagte
fieß, baß ißrer 33ermanbten bie (Eße moßl feßmere
(Erfahrungen gebracht ßaben moeßte. ©ie alle ©olbes,
bie beiben Scßmeftern, ißre Slitßten, mar (Eugenie oon
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Seife 1428.
Stummer 33.
Queerbt ein blutarmes SJtäbdjen gemefen, bie bas ffllüd
batte, einen reichen ©utsbefiger 311 beiraten; ber reiche
5Dtann mar ein Xrinfer unb oielleidjt Schlimmeres
gemefen.
Slad) ihrer fjeirat mit SJedjta, einer reinen Siebes»
beirat, hielt Venebifte fid) für enterbt. 2tus Danfbar»
feit für ermiefene 2 Bof)ltaten fühlte fie bie Verpflich*
tung, ber Xante mit Submig einen Vefud) 3U machen.
Sie mürben tjöflict), aber fühl in Xönning aufgenommen.
Venebitte erfuhr 3 um erftenmat, bah Subroigs oiel*
gepriefene Siebensroürbigfeit oerfagte; bie junge, febr
oertiebte grau ärgerte fid) barüber. Xrogbem mar in
bem 3 roei Sabre fpäter eröffneten Xeftament ihr Xön»
ning unb alles Varoermögen oermacht: — »SJteiner
9tid)te, Venebifte oon SDlolbe, meil fie ein oerftänbiges
unb ruhiges SRäbdjen mar. Sie mirb eigenen Vefig
unb eine Heimat gebrauchen fönnen."
Venebifte mar bamais fo empört gemefen, bag fie
fofort mit Sill teilen mollte. Submig mufjte fie be»
ruhigen, Sill fonnte bas ©ut, bas nur in ber meib*
liehen Sinie forterbte, nad) ihr erhalten, Stü ober
Sills Sinber.
„2lber roas hat fie gegen Sill? 2Bie fann man
gegen Sill etroas haben?" fragte Venebifte entrüftet.
Sill mar ihre einige unb jüngere Sdjroefter, bem
greifen Sanbeshauptmann oon SWolbe auf feine alten
Xage geboren, oon feiner groeiten grau, einer ent»
3 üdenben, Meinen granjöfin, Venebiftens ©ouoemante.
©ben biefe 2lbftammung rügte grau oon Queerbt. Die
junge grau ftarb brei 2 Bod)en nad) ber ©eburt am
übermägigen ©enufj oon Vflaumentorte, bie ber Sh#
ihr unterfagt hatte. Sfun fiel bas Vabg Sill an
Venebifte.
Sill tarn bann in ißenfion nad) fDtontreuj, um bas
Seiben unb Sterben bes alten i)errn nid)t mit an3U»
fehen, Venebifte heiratete, unb nun flatterte Sill feit
brei Salden oon greunbin gu greunbin in ber ffielt
umher; 3 urüdfommen mollte fie gar nicht, bie j)er3ogin
oon UJtard)nef 3 nahm fie auf ihrer Jacht mit, immer
neue j)errlid)feiten lodten roeiter. 2lls Venebifte heiratete,
hatte Submig geloben müffen, bah ßiH bei ihnen ein
ijeim haben füllte. ©r gab bas Verfprechen 3iemlid)
leichtfinnig, ihm fam es babei nur auf Venebifte an,
unb Venebifte burchfchaute bie Sachlage.
Sn ber finblidjen Sill lebte eine gemiffe ©iferfucht
auf ben Sd)mager, ben fremben SJtann, ber ihr 2Rüt*
terchen Vene ihr genommen hatte. Sill fchmollte unb
ftob als Srrlidjt burch bie SBelt, aber oor einigen
SBod)en hatte fie gefdjrieben: ,,Sd) hab’ Sefjnfucht,
Vene! Sehnfud)t nach bir, ber Heimat, nach bem
Sd)roeftert)er 3 en!"
Venebifte ftrahlte, jegt erft fdjien ihr Seben ooll»
fommen, eine unerfüllte Pflicht eingelöft.
Sie fehmüefte unb richtete für Sill. Das glüdliche,
fonnige Sächeln auf ihren Sippen mürbe beutlid)er,
machte biefen ÜJtunb feltfam meid), fie muhte, bah ihr
SJtann hinter ihr ftanb. Ser ernften grau bebeutete
biefer frohe, blonbe f)üne alles, fie oerbarg ihre Seiben*
fchaft aber immer, gab fid) niemals gan 3 . SJtand)mal
mollte Submig fie aus ihrer Serfchangung herausloden,
er ummarb fie beftänbig. Sas Unausgesprochene gerabe
oerlieh biefem Verhältnis befonberen 9te<3. Sie flehte
grau oon Staffing führte bas (Ehepaar als merftoürbigfte
ihr betannte Staturerfcheinung auf: „Vechtas ftnb noch
immer oerliebt!"
„VJerbe ich hmausgefchmiffen?" fragte Submig
Smeifelnb. Venebitte gab 3urüd: „ffiie finbeft bu
Sills Veich?"
(Er fagte: „Sch fef>e barin oorläufig bloh mein
grauchen", mit einem särtlichen Stachbrud auf bem
gürmort, als fürchtete er an Siü oon feinem (Eigentum
abgeben 3U müffen.
Sie tannte biefen alten Strgmohn, fing fofort an,
Sill eifrig 3U oerteiöigen. „SBenn bu Sill tennteft,
Submig! Sie ift ber oertörperte Sonnenfehein, ein
emiges Jtinb, ein blumenhaftes Staturroefen! SRan muh
Sill liebgaben! (Es gibt feinen ÜRenfdjen oon ®e*
fchmad, ber Sill nicht be3aubernb finbet. Vhilifter
ober Vebanten tönnten fie 3erpflüden moüen. Du, bu
mirft überhaupt beraufcht fein, beraufcht, fag’ ich bir!
Du mit beiner (Empfänglichfeit!"
„Sch glaube, ich habe einen gan3 normalen Dürft
bemiefen", fagte er behaglich. „Unb mein Xränflein
genügt mir ooüfommen."
(Er machte einen Verfuch, Venebitte auf feine Jtnie
3u 3iehen. Die groge, ftarfe grau errötete mie ein
Stäbchen, mehrte fid). „2Bas fott Siü oon einem alten
(Ehepaar benfen?"
„3Bas fie miü", oerfügte er gleichmütig, fügte fie
über bas Ohr, mo er forgfatn fein Vläfedjen mahlte.
„Vene, foü ich mir burch Siü irgenbmas abfnapfen
laffen?"
„®ei3hals!" fcgalt bie grau, „ijaft bu 3U menig
gehabt?"
„Stein", fagte er ernfthaft, fchaute ihr in bie Stugen.
„So oiel, bag mir oor einer Verminberung fchaubert,
oor ber aüergeringften äbgabe fogar! SOteine Vene,
ich habe ja nie geglaubt, bag man fo glücflich fein
fönnte! Jtein SOtann glaubt es, mir finb aüe Ejunbe.
Du haft mich 3um SRenfdjen gemacht, einem glücflichen
unb fatten! ©ebenebeite, meine, bie fünf Jahre maren
ein Xag, ein einiger, langer, fonniger Sommertag." —
(Er atmete etmas fchmer, meil er trog aüer Ejeiterfeit
mit Seibenfchaft fprad). ,,©ott fegne bich bafür, ge»
liebtest f)er3, id) glaube, bu bift bie ffrone unb Verle
aüer grauen! ©r hat bich ejtra für mich gemacht."
Sie hatte mit gefenftem Jtopf 3ugehört, oieüeicht
meil auch in ihr Seibenfchaft brannte. „ffiir merben
noch glüdlicher fein", fagte fie. „SBir finb jegt brei."
„Unb meine Vene braucht ein Vabp", ooüenbete
er, fie fefter umfaffenb. „Sag, ©eliebte, fehlte bir
hoch irgenb etmas?"
„Stidjts, Submig", geftanb fie ehrlich- „Selbft bas
nicht."
Sie meinte bas fiinb. Darin begriff er ihre Seiben*
fchaft unb ihr ©lüd. Veinah erfchreefte ihn bie Sn*
brunft unb Verfchloffenheit ihres Slusbruds; mit folcher
gurcht erneuerte fid) ihm immer ein ©elöbnis.
„So ein 2Räbd)en3immer ftimmt auch alte ©he*
(eute mieber houismonblich", f<herdte er ausmeiegenb.
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Stummer 33.
©eite 1429.
Sie folgte fofort ouf Dem eingefcfjlagenen Stege,
„fjübfdj ift ßill! ©an3 anbers tote td), tote mein hanb*
feftes, norbbeutfches ©enre. So ein Süppchen, elfen*
fchtanf, aber gar nicht mager | ßill fann alles tragen.
Unb wie fie's trägt 1 Sie fiet>t immer fd>xcf aus. Sei
mir wirb bas gleiche Rletb fofort bürgerlich unb gerab*
(inig. ffltenn ßitt eine Schleife binbet, ift es ßills be*
fonbere Schleife, ©ib ihr meinen S) ut, ben echten
tßanama" — Senebifte fanb acf>t3ig Start eine 3U
hohe Slusgabe für ihre Stabsoffi3ieroerhältniffe —
„unb beobachte mal, toie ßill ihn aufpinnt 1 So hinten
am Äopf, mit einer einigen, bicfföpfigen Sabel! —
ßill fann alles!“
Gr würbe ein wenig ungebulbig. „Sur für eine
beutfche fjaüsfrau fcheint fie mir wenig geeignet."
Sber Senebifte blieb bei ihrem ©egenftanb, be*
mertte bie Ungebulb nicht. „2Bemt ßill in ein f)au s
fommt, ift es soll Sonnenfehein. Rinber lachen, Sögel
fingen, unb man begreift bann, bah Slumen ba fein
müffen, bah fie für Stenfchen ba finb. Stiles eigent*
lieh Unnüfce unb hoch fo Stngenehme fommt bir plöfc*
Itch wichtig unb unentbehrlich vor, S<hmalbenge3mitf<her,
tjrarbenfpiele, Düfte!" ,
,,3cf) lobe mir bas ijanbfefte", fagte er ablentenb.
„Such einen Ralbsbraten unter Umftänben."
„ßill hot im Haushalt nichts gelernt, aber fie fühlt,
wie es fein muh- 2lus einem tünftlerifchen 3nftinft
heraus macht fie alles richtig, was wir gelernt hoben
unb wiffen. ßufc, oerfprich mir, bah bu ßill lieb
haben willft!"
„3a, ja" — oerfprach er, etwas leichthin, mit ber
Ungebulb oon oorher. ,,3cf) bin ganj bereit, alles 3u
bewunbem an beinern SBunberfinb."
Sie fagte faft tonlos, oor unterbrüefter 3nbrunft:
„ßill ift ein SBunber."
„Och bin ein ÜSaterialift unb eben fehr 3ufrieben
mit ben Dingen biefer Stell." ßufc Sechta hotte ben
2lrm feiner fjrau genommen, fie gingen jefct wie
oerftänbige, ehrbare ßeute in bem weihen, blumen*
gefüllten Zimmer auf unb ab. „SMr werben fie ja
auch nicht lange bei uns behalten, bie ejotifche SSunber*
btume! Sei ben vielen heiratsluftigen 3unggefeilen
hier 1"
Senebifte fragte finnenb: „SBarum ßill nur nicht
geheiratet hot? Stnträge betommt fie alle Xage. Sn
ßitt finb Slänner .unglücflich geworben. Db fie
fofett ift?"
„©in oerwöhntes Srin3eh<hen!"
„ßitt (acht unb fpielt, fchüttelt fi<h ollen ©efüfjts*
überfchwang ab. Steifjt bu, wer nach meiner Steinung
für ßill pafjt? fjegfenborf."
„Dein Sbjutant?" ßubwig lachte. „3efet erfenne
ich erft, was bu für eine gute Scfjwefter bift, bah &u
fogar ben hergibft!"
Sber Senebifte war gan3 ernftlich in ihre 3ufunfts*
berechnungen oertieft. „ijegfenborf ift fo ernftfjaft unb
in fich gefeftigt. ©r würbe ßill einen guten S)alt geben,
jjegfenborf hat auch Sermögen, bas ift für ßill wich*
tig. ßitt barf feinen armen Stann heiraten."
„Du fonnteft einen armen Stann heiraten!"
Sie oerftanb ben Drucf auf ihren Srm, erwiberte,
feinen Socfärmel ftreichelnb: „0 ich! 3ch bin fo ein
Sfchenbröbel."
„SJas", fragte er, „bift bu?" Dabei nahm er ihr
©eficht in feine ijänbe, bog es bicht unter {eins. Seine
ßippen, rot, fchwellenb unb etwas lachenb, hingen
über ihren.
„©ine graue Staus, ©ine Stotte!"
Gin berber Ruh beftrafte bie fjierausforberung.
„Du, bu bift meine Sonne! ^eiliges ^erbfeiier!"
Sie orbnete etwas entrüftet ihre boef) gan3 orbent*
liehen Siechten, „fiufc, bas geht ja gar nicht fo mit
unferer Serliebtheit — oor ßitt!"
„ßitt fott nur lernen unb fich ein Seifpiel nehmen!"
„SMr finb hoch feine Rinber!"
„©erabe brum", fagte er gän3 grimmig. ,,©ibt
es überhaupt was Sefferes, was ©hrenwürbigeres unb
©roheres als 3wei ausgewachfene, reife URenfchen, bie
glücflich finb, gan3 wunfchlos glücflich? Stenn ich oll
bie faulen Lebensarten über Steltoerleugnung unb
©ntfagung oon berühmten Schuhus ba aus bem Slter*
tum höre, möchte ich immer fagen: 3ch bin froh- ßajjt
mich froh bleiben!"
„Das ift bod) faft Sünbe." Die grau hotte fich
3agt)aft wieber eingehängt, 3ucfte ein wenig 3ufammen.
„Das ift ftraftfehöpfen", fagte er. „ffier weih,
W03U wir fie braunen? 3efet (ah uns geniehen!"
Sie träumte oor fich hin: „Sus ßiU unb fegten*
borf ein Saar 3U machen, ift mein geheimer SJunfd).
3<h holte fo oiel oon ihm trofc feiner Xrotfenheit unb
fcheinbaren Rälte. ÜJtit jjegfenborf tonnte niemanb
jpielen. Die ©rfabrung märe fo nüfclid) für ßitt."
„3ch glaube, #egfenborf ift fefjon gan3 anberswo
etngefangen", meinte ber gar nicht eiferfüchtige
©bemann.
„D ßujj!" rief Senebifte, fofort in bie Solle gehenb.
„Gigentlich pafjt er boch herrlich 3U bir, unb
ich meih gar nicht, warum bu mich SMnbtjunb unb
unfoliben 2Renf<hen ausgefucht hoft?"
„3a," fagte fie, ein Nein bifjehen (ächelnb, „bas
wirb wohl bamals fd)lummernber Ltutterinftinft ge*
wefen fein, ijegfenborf behauptet, in allen guten
grauen wäre bie SLutter ftärfer ausgeprägt als bie
©eliebte."
,,©r wollte anhatten, unb es ift ihm nie in ben
Äopf gegangen, bah er nicht boch Susficht oor mir
gehabt hätte."
„Du warft fo oiel breifter."
„3uft fo. Darum führte ich, unb mit (Recht, bie
Sraut heim, ©r hätte auch erft mit Xante Queerbt
über Zulage unb Stammbaum fonferiert. ©r fudjte
bich burch bie Xante. — Denfe bir, bah er mir eine
Selehrung 3uteil werben lieh, wie man um Damen
aus gutem jjaufe 3U werben habe! ©r hielt einen
fimplen, Keinen Sriefabel, Sechta, einer Stolbe gar
nicht für mürbig."
„Die ÜKolbes finb" —
„ijotfteiner llrabel, weih ich, meifj i<h, oor ben
Dänen im ßanb gefeffen, unb im ©runb ihres #er*
3ens heute noch ,hol[—teinifch 1 ."
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Seite 1430.
Stummer 33.
„Spötter!"
„Das alles hatte mir eben ber gute ijepfenborf,
mein Kamerab unb IDujfreunb, fetjr feßön ftargemacht.
Sogar ber 2 lbel im gefamten übrigen (Europa reichte
nidjt an euch heran, an eine SJtoIbe, aus ber ge«
borenen oon Queerbt — fiitt mar feßon oerborbene
Staffel So mancher oon ihnen tnar mit bünner ©rüße unb
minbermertigem fjammelfleifd) genährt, ohne Älöfter
unb ohne Fühlung mit ber Schotte, mit Knicfs unb
feiften> SBiefen. Setbft bie Sianßaus unb Steoentloms
finb jüngeren Datums, mahre ©mportömmtinge gegen
Diefe ©rbentfproffenen."
Senebifte unterbrach if>n. „Du mußt aber bo<h
jugeben" —
„3cß hörte mir bas altes ruhig mit an, in bie
Seele oon meinem guten ©roßpapa hinein, einem braoen
©eneral, ber erft in ©naben geabett toorben mar.
Dreißigtaufenb SJiarf fefjarrt man fo altenfatts mit
Srübem jufammen.' Dann fragte ich mein SJtäbcßen
ganj behutfam unb ruhig, beim Soßnenfcßnippfetn."
„ 3 cß roeiß heute noch nicht" —
„©näbiges gräutein," fagte ich, /,m*e toär’s, roenn
Sie bie Söhnen jeßt hinftetten?" — „Sotten mir Dennis
fpieten?" fragteft bu ganj miüfäbrig mit ber Höflichkeit
ber guten ©^ießung ber jungen Dame aus ebtem
fjaus. „Stein," fagte ich freunbtich, „aber ift 3 ßnen ein
Kapitänteutnant, ber bie Kaution ftetten tönnte, betannt?
Sticht oon befonberem Stbel, fein fjegfenborf, SJtotbe
ober Queerbt, immerhin oertehrsfähig, SBaifenfnabe,
unabhängig, nießtsnußig, fehr breift . . . äußerft
breift! Könnten Sie ben SJtenfchen heiraten,' gräutein
Senebifte oon SJtotbe?" Die Söhnen ftanben noch
immer in beinern Schoß, unb bu fchnippfetteft ruhig
meiter. 3 cß fing an bie Schnippfet 3U 3ählen. (Eins.
3 mei. Da fagteft bu: „ 3 a." — (Es mar bein ©lücf!"
„2Bas hätteft bu fonft getan?"
„ 3 cß hätte mich erftens befoffen unb 3meitens bie
blonbe 3ba aus ber $ofpita(ftraße —"
„D, pfui!"
„#ei)fenborf benahm fich troßbem fehr anftänbig
unb gratulierte im beften Stil: „Du haft ©lücf, ßuß!
— i)at er bamit recht gehabt?"
„fyat er recht?"
„ 3 ch gebe ja 3U, baß er ein anftänbiger Kerl ift,
meine SJtabonna! — 3 ch märe nicht fo anftänbig
geroefen."
„Du bift es! Du bift" —
„Sin Spiegel alter ritterlichen Dugenben. SBeil bu
baran gtaubft!" ßuß Sechta füßte feine grau. „ 3 eßt
aber Schluß! 3 ch roeiß nicht, marum mir heut fo
hoheitlich 3umute ift."
„SBeil mir 3um Ießtenmat 3U 3meien beifammen
finb", fagte grau Senebifte fcßnell; babei feuf3te fie
unmiltfürtich ein gan3 flein menig.
„3ft’s bir leib um unfere ßmeieinigfeit?"
„Stein", antmortete fie ehrlich. „SBir finb 3u
unnüße, fetbftfüchtige SJtenfchen. ©s ift recht, baß mir
auch anberen geben."
„Sech ift’s," fagte er unb guefte eine SBeile über
ben Stafenptaß unb bie Säume meg auf ben fernen,
blauen SJteerftreifen, „baß mir immer noch 3U geben
haben. 3 ch höbe eigentlich gar nichts mehr übrig."
„0 ßubmig, bas ift hoch fünbhaft!"
(Er ftrich ihr ben golbenen glimmer aus ber Stirn,
baß triefe Stirn in ihrer offenen Klarheit oor ihm tag.
„ 3 a, bu bift oiet frommer unb beffer als ich! 3 cß —
ich märe fo recht sufrieben. gür immer."
Stun fprachen fie nicht mehr. ffiöffcßen fegetten
fehr rafch über bie Stäue, bie heiter unb frtfeh blieb,
mie es nur im Slorben möglich ift, es buftete ein
menig nach ßaocnbel unb ben herben Sommerbtumen,
Sienen fummten um bie Stofenbüfchet, unb im ©eäft
piepten leife bie brütenben Söget. „Komm", fagte fie
mit ertöfchenber Stimme. „SBir müffen 3» ßitts
©mpfang hinuntergehen, (Es fehieft fich gar nicht, baß
bu in einem SJtägbe(ein3immer bift, bu großer, Meter
SJtann!"
„Stun," fagte er, „fcßmal bift bu in meiner Soft
auch nicht gerabe gemorben."
Sie meinte: „Sch, bu mußt ßfH feßen! Dagegen
finb mir Säuern, Klöße, 3 entner. ßlD ift gar nichts,
fo ein Duftmöttcßen!"
„ 3 cß muß boeß oerfueßen, ob ich meinen Kto| noeß
tragen fann!"
©r trug Senebifte bie feßmate Stiege hinunter,
feine (eichte Saft, aber ßubmig Secßta galt unter
feinen Kameraben beinah für einen Sttßleten. ©r trag
fie behutfam mie ein Kinb, fie faß bas Shit in bk
tur3en, fraufen ßöcfcßen über ber Stirn fteigen, feine
3äßne smifeßen ben (aeßenben ßippen büßten.
„Das muß jeßt aufßören, att bie D umm heiten 1"
fagte fie ßoeßatmenb.
©r antmortete ßöcßft emftßaft: „ffiie Sk befehlen,
gnäbige grau!"
3 n biefem SJtoment hörten fie unten im Seftibüt
j)egfenborf mit bem Surfcßen fpreeßen. Senebifte faß
gan3 fcßutbbemußt aus, ßuß läcßette a^ügtieß.
ijegfenborf brachte praeßtootte Stofen. (Er mar ein
SJtann oon SJtetßobe, für oerßeiratete grauen mäßtte
er bunfetrote Stofen, für SJtäbcßen meiße.
„0 fjerr oon f)epfenborf, mie feßr liebensmürbigt"
fagte Senebifte unb errötete, meit ßubmigs 8uge
immer noch iäcßetnb unb feßr ansüglicß auf ißr tag.
ßuß tonnte fo ansügtieß ausfeßen, bie Damen
fanben immer, baß S)t rr oon Secßta bureßtrkben fei,
unb grau oon Stafting, bas oer3ogene Enfant terrible
ber ©efeltfcßaft, nannte ißn überhaupt ein „Stiemcßen".
i)et)fenborf bemerfte bas ©rröten ber Hausfrau,
ßiett aber natürlich für taftood, es nicht 3U feßen.
„ 3 cß rootlte mir ertauben, gräutein oon, SJtotbe einen
©ruß ber Heimat 3U überbringen."
„Scßön, alter 3 unge! ©r fotl ausgerießtet roerben."
ßuß naßm beibe Sutette. „Die roten ftetten Sie bem
gnäbigen gräutein rauf, bie meißen finb für meine
grau", mies er ben SJtatrofen an.
ßuß mußte, baß ijepfenborf es eigentlich umgefeßrt
beftimmt hatte, es machte ißm Spaß, bes greunbes
Stnorbnung 3u oermirren. Sie maren als Kabetten
3ufammen eingetreten, tannten fieß beibe feßr grünbtieß.
j}eqtenborf mar lange bei einer ausmärtigen Sotfcßaft
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»ummer 33.
abtommanbiert gemefen, galt fär einen etwas füllen
Streber. Sür »eegta gingen feine Untergebenen,
Offnere unb Mannfcgafien bungs geuer, er gatte
Scgneib unb fegr oie( ©tüd, feit ber Beirat aucg
Stetigfeit — hoffte gepfenborf.
grüner mar geptenborf, ber jüngere, ßugens Mentor
gemefen, bas »mt war igm etwas in gleifeg unb
»lut übergegangen.
„3cg gatte es mir 3war umgefegrt gebaut, lieber
ßug", fagte er mit »ejug auf bie Verteilung ber
»ofen. „2)u finbeft inftinftmägig immer bas »Ugtige."
„(Er ift ein Segalf“, fcgattete »enebifte ein.
„Kinber," erflärte ßug, „igr tjabt oon jegt an in
mir einen »ater 3U refpettieren. heut übernehme icg
»aterrecgte.“
„Mann fommt bas gnäbige gräulein?"
„Um fieben Ugr mit bem Hamburger 3 ug."
„Sie ift sum erftenmal gier?“
„3um erftenmal in ber Heimat“, beftätigte »ene*
lüfte ftraglenb.
»eibe Männer fagen fie an in igrem leucgtenben
©lüd unb in igrer hausfrauenmürbe.
„(Es ift ein ©lüd, ein fievi in ber Heimat 3U
gaben", erflärte ^eptenborf fentengiös. (Er gatte bie
©emogngeit, ©ememptäge mit »etonung ausgufpreegen,
fie reiste ßug etwas — ben Samen macgte biefe
fittlicge (Ernftgaftigfeit immer ©inbrud. ^epfenborf
galt für eine fegr gute Partie, man bacgte nur immer,
bag er fegr goge »nfprücge ftedte, fittlicg unb aucg
geiftig.
Selbft »enebifte gegte biefen ©tauben weiter.
— Stile grauen, aucg bie beften, begatten eine
Scgwäcge für einen einftigen ßiebgaber, war bie
Meinung oon ßug »eegta. Sie aderbeften geben igm
igre Segmeftem.
3u breien erwarteten fie ßill.
©s war augerorbentdeg fegwer, ßids 3«uber 3U
betreiben, eigentlich tonnte man ign nur naeg ber
SBirfung einigermagen fefttegen; bie war ungefägr
fotgenbe: SBenn ßill in ein fegr langweiliges, flein*
bürgerlicges 3tnunec trat, fo war barin plögiieg etwas
tünftlerifcg ßeiegtes, ein guter ©eruig, eine geitere
»ote, unb alle Singe fegienen baran teil3ugaben. ßiU
oerftellte etwa einen »orgedanjungen mit Zamburin,
unb ber Sunge ftanb auf einmal fegief unb fcgelmifcg
ba, taegte fetbft über bie torrette Steifgeit, biefe würbe
babureg 3U einer gutmütigen unb luftigen ßaunen*
gaftigteit. lleberad öffnete ßill bie genfter unb legte
»lumenranfen um ©erabes. Sie tat bergleicgen be*
gutfam unb 3ärtlicg, als ob fie ein Opfer barbräegte
unb. 3ugleicg Sergetgung brauegte, oon ber ijäglicgteit
»er3eigung für igre ßiebtiegteit.
hunbe liebten ßill immer teibenfegafttieg, bie gäg*
B©en wie bie gübfegen; ßill fpielte mit ben gäglicgen
unb raffelofen, braegte igre Srodigteit 3ur ©eltung
unb fagte ignen taufenb bumme Singe, bamit fie bumm
unb tinbifeg ausfagen, »abpgefiegter maegten —
»abpgefiegter ber Ziere liebte ßid über ades.
Seite 1431.
hepfenborf tonnte fie bei fotegem Spiel mit ZaTtaT,
bem ©ginefen, lange beobaegten. ßid toar fo töriegt
bewegdeg unb Zaitai fo oomegm, galtungsood unb
ablegnenb, bag fie beibe gufammen ben gan3en
Orient unb Ot3ibent wiberfpiegelten; h^ptenborf gielt
es für fieg in feinem ßnnent megr mit ber orientalifegen
»bgefegfoffengeit. Malbmann, ber Zedel, bagegen
warf ßid beinag um in feinem bäurifdW Ungeftüm,
er oerförperte ben beutfegen Zaps. ßid oJtfacfiffte ign
als igr Kinb, rollte ign, fcgleppte ig$, .^alb.ma'nhs
Scgnau3e 3wifcgen ben fegwargen, 'fepi^eti iBegängen
ftanb neben ßids weiegem, weigern ©efiigt. ©in un*
angenegmes ©efügl, bag fie fofettierte, plagte i>eoferi=
borf babei, aber es war (egmer 3U fagen, ob ntft igm,
bem egemaligen »ttaege unb »ringenabjiitanten, ober
mit Malbniann, ber fieg wätgte, grungte, feinen Stgwang
big oor ©nt3Üden.
©benfo ftedte hepfenborf »etraegtungen barüber
an, ob ßid eigentlicg wirftieg ben gangen Zag mügig
ging, ©r tonnte, ba er in feinen Vorlegungen plan*
mägig oerfugr unb übergaupt ein Mann oon ©rünb*
liegfeit war, ungefägr folgenbes feftfteden. ßid war
fegon um feegs Ugr morgens ba unb trug' ein weige»
Kleib, wägrenb ijepfenborf buntelblau ober grau eger
am ißlag gefunben gatte; irgenbwie befamen ßids
weige Kleiber, fo genau aucg hepfenborf barauf aegtete,
ebenfowenig Siede wie anbere graue ober blaue. Unb
ßid pgüdte barin ©rbbeeren unb Segoten, trug Salat*
topfe in bie Kücge, aucg Mäfcge aufgängen unb plätten
fag er ßid. »ur macgte fie es etwas anbers als anbere
ßeute, fie fang babei unb ‘gatte bie Klammern in bem
eigenartigen tleinen Sadfegürgcgen, bas auf eine ge*
gewiffe SBetfe an bas Obergewanb grieegifeger »magonen
erinnerte.
»des an ßids »erfon mar meig, igre Unterröde
unb Strümpfe — hepfenborf fag aucg bergleicgen —
Waren immer fegneemeig. Sas mugte boeg fegr faft*
fpietig fein, wugte er als Mann, ber SBelterfagrung
gatte, ober ßid war eben fegr fleigig. ©rabe fo ge*
nau wugte er, bag ßid eben auf ber SBelt gar niegts
befag als igre breitaufenb Mart bes ȟger Klofter*
fräuleins, unb junge Mäbcgen mäegen feine Scgulben,
aucg bas wugte hepfenborf.
Unb ßid mifegte Staub, ßid füdte »afen unb Krüge
in ben 3 intmern neu m it »lumen auf. Sabei gielt
fie ben »lumen förmlicge Heine »eben, entfcgulbigte
fieg, wenn fie ignen überflüffige »iüten abfegnitt: Seib
nur getroft, es fegabet eueg niegt! »lügt nur ged unb
frog weiter!
. »oeg niemals gatten »enes »lumen fo überreieg
geblügt wie unter ßids Obgut, unb ßid fäte »fiep,
ßeofoien, ©ifengagn, Kapuginertreffe unb bunte, alt*
mobifege ©rbfen unb SBiden, bie niemanb megr gefannt
gatte, ©artenblumen aus ben ©rogmuttergeiten, ades
fprogte unb blügte. Mit Strunfmeper, bem »ommer,
war fonft wenig angufangen gewefen, felbft »ene oer*
3weifelte an feiner ßangfamfeit unb Vautgeit.
Strunfmeper arbeitete unter ßids »nleitung wie
ein magrer Kaliban, er würbe orbentlicg aufgeräumt
unb gefprätgig. Sie untergielten fieg über ades, felbft
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Seit« 1432.
Stummer 33.
über feine perfönlicgen Angelegenheiten; ßid gab oer*
ftänbige (Ratfcgläge, bie er gern befolgte. (Benes Stopf»
fcgmergen oerftanb ßiU Ieife eingufingen, fie wugte
ber Scgwefter aüe ©eräufcge ferngugalten unb einen
frifcgen, fühlen Duft gu ((hoffen, ber unenblicg Wohltat.
ÜRan fpürte bas ÜRäbcgen eigentlich nie, wugte bo<h,
bag fie intß^aus war.
ßid gqtte bas S)am (ieb wie eine Sage. „ 3 cg
bleibe meh$ ganges ßeben barin, rode mich gufammen
unb fcglafe", fagte fie- '
Aber was fjetjfenborf am grünblicgften in bie 3 rre
führte, war, bag fie ihn eigentlich gar nicht bemerfte.
ßiit gab (ich genau fo in feiner (Segenwart wie ohne
biefe wichtige Xatfacge, fie gog fich nicht anbers an, fie
lachte nicht anbers, fie gab teinerlei Befcgäftigung auf,
fie war nicht höflich- Sie lächelte unb war lieblich.
Sie war eben ßid.
Dies „ßill“ war burchaus nichts Ungewöhnliches,
wollte ijegtenborf fich oorreben. Xrogbem leuchteten
ßids Augen, wenn er wirtlich etwas (Befreites fagte
über ßänber ober ÜRenfcgen, bie er gefehen hatte. 6 ie
tonnte fich mit ßubwig fo feurig über böcgfte Dinge
ber SRenfcggeit ftreiten, wobei fieg 3eigte, bag ßiU eine
(Reoohttionärin unb unoerwüftliche Optimiftin war! So*
gleich ftieg ihr bann bas (Blut in bie langen, unb ßills
Ausbruct tonnte fehnfüchtig unb erhaben werben; man
mochte fie fich gang gut als Johanna oon Are ober
eine rufjifcge ÜRärtprerin oorftellen.
Am liebtichften war ßill mit Rinbem, fie hatte beren
fofort eine gange Schar Keiner greunbe unb greun*
binnen um fich gefammeli. — (Reichlich fegmugige unb
unmanierliche, fanb fjegfenborf unb felbft (Bene. (Es
würbe (Bene, ber Rinberlofen, nicht gang leicht, mit
Rinbern gu oerfegren. Sie hätte fie einfach gefäubert,
ihnen eine Schnitte in bie fjanb gegeben, ßills Rinber
lernten feltfame Sachen, fie betamen gang gebulbige,
fleine ginger, halten lange aus, machten rührenbe,
wingige Anftrengungen, höflich unb reinlich 3 u fein.
(Berabe bie Scgmugigften würben in biefen Anftrengungen
oon ßill am meiften anertannt. „Die hat noch nie
jemanb gelobt! ÜRan mug bie ÜRenfcgen (oben, um
(Butes aus ihnen gerausgubringen." fjeptenborf
ftimmte eher für fchwarge Seife unb ben (Rogrftoet,
auch Benebitte für bie erfte. Aber ßill liebte ihre Rinber
unb oerfertigte ihnen Rränge, Rronen unb Orben.
ÜRit ben Orbenfternen unb Rronen ftolgierten bie tleinen
Plebejer würbeooll gange (Rachmittage unb läge. ßill
behauptete, bag unter einer Rrone tein Rinb rognäfig
ginge. Dies war eine oon ßills abfonberlicgen, ben
Siberfprucg gerausforbernben (Behauptungen.
ffeptenborf bachte guerft, Siberfprucg tonnte ßill
änbem, weil fie ihn fct»r gebulbig unb liebenswürbig
hinnahm, ihre ©ebulb war eben bloge ßiebensmürbigteit.
Darüber belehrte ihn ßubwig. ©r nannte ßill fouoerän
unb töniglich, Queen üRab; (Benebitte wäre ©olb, ßill
aber (Rabium, irgenbein noch unentbeeftes ÜRetad, beffen
3 wect man nicht genau tannte, beffen Gigenfcgaften
fich nur im (Bergleich feftftellen liegen.
(Benebitte gerbrach fich oft ben Ropf, ob ßill
ijegtenborf wirtlich flefielc. ßubwig fragte: ,,©e*
fällt er ihr? Sr mug ßiU gefallen, um Ausfichten
gu haben."
„Qältft bu ßill für fo gübfeg?" fragte Benebitte
gang betreten.
ßubwig erwiberte: „Senn ßid häglich wäre, bliebe
fie hoch ßill!"
ijeqtenborf fanb ben (Ramen ßifl eigentlich finbifeg,
eine Spielerei, ©r bachte an ©lifabeth ÜRolbe immer
als an ßid. „Sarum fagen Sie nicht ©lifabeth?"
fragte er einmal Benebifte. Die groge, oerftänbige
grau antwortete gang töricht: „(Run, ßid ift boeg ßid!"
3 a, unb war ßid eigentlich oergnügungfüchtig ?
„Sie ift nur oergnügt, neiblos, innerlich oergnügt",
fagte ßubwig. „Unb nun bereite bich oor, ©ottes*
fegen! Senn fie h«rausfommt, gibt’s ein Unglücf."
„Du glaubft, bag fich unerwünfehte ßeute in ßid
oer lieben werben?"
„Alle üRänner", fagte ßubwig latonifch.
,^Qid gefädt hoch auch ben Damen fegr." Die Damen
ertlärten fleh in ber Xat oernarrt in ßid, grau oon
(Rafting, ©räfin Xerblom, bie gefürchtete unb boshafte
alte ©(gedeng Rrete. Sie fanben ßid eittgücfenb, gum
Aufeffen, ein beraufegenbes ©efegöpf! Bene würbe über*
laufen, jebe modle ßid gu Xees unb Samispartien gaben.
ßubwig oertröftete: „ßag fie nur erft unter ÜRänner
tommen, bann gört bas ©egirpe auf."
Benebitte war betroffen, im ©runbe fanb fie es
unpaffenb, bag ein weibliches Sefen ÜRättmm gefiel
unb grauen abftieg. „ 3 a finbeft bu bemi SR ge*
fadfücgtig?"
„Sie ift in nichts ,fücgtig', barum gefädt fie."
3 grem ÜRanne traute Benebitte unbebingte Sacg*
tenntnis in begug auf grauen 3u; es gab igr manch¬
mal .gegen ßug eine geheime, fegr füge Unficgeiheit.
Sie wollte feinen Beifad erringen, er war ein foUger
Renner! Dann wieber fegämte fie fieg feiner Renner*
fegaft unb bes (Berts, ben ge igr beilegte. (Bo mochte
er feine Renntniffe erworben gaben? Seine Ber*
gangengeit ftögte igr guregt ein, bilbete ben fteten,
ftacgelnben Steig für fie, bie (Romantit in igrem ßeben.
fjegfenborf gum Beifpiel umgab biefe (Romantit niegt,
besgalb würbe Benebitte ÜRolbe ign niegt geheiratet
gaben. (Bagrfcgeinlich tannte ßubwig igre fegwaege
Stede unb gatte barauf eingegaft. ©s befegämte unb
war boeg aueg Sonne, fieg igm gegenüber fegmaeg gu
füglen! — 3 n grüblerifcgen (Dtomenten bilbete fieg bie
fromme grau manchmal ein, bag fie biefer fittlicgen
üRinberwertigteit wegen teine Rinber gatte, fie war
gu oerliebt in igren ÜRann. ßubwig war igre geheime
Sünbe, bie Strafe forberte.
„So munberood finbeft bu ßid?" Benebitte würbe
nun bocg unrugig.
„Sie ift ein IBunber", antwortete er emftgaft.
©s waren faft igre eigenen Sorte, feltfam berührte
es fie, bag ßubwig fie ausfpraeg unb emftgaft fpraeg.
„Aber ijeqfenborf" — folgerte fie fofort weiter.
„©erabe bie nüchternen ßeute brauchen bas (Bunber,
um aufgutauen, um gu glauben. Sir Ueberfcgäumenben
unb Stimmungsmenfcgen erleben genug Sunberlicges
in uns felbft."
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9?ummer 33.
Seite 1433.
„3d> bin micf) ein nüchterner ÜJtenfd), ein 3 tealift",
fogte fie.
„Darum bift bu mein ßeitftern, mein i)immelsfegen!"
Die Starrheit mar in Benebiftens Slugen gebßeben.
„3a," fagte fie namentlich, „leg glaube, bu I)aft recht,
ßiß mug ijegfenborf (iebgaben, nicht er fie. Sr hat
fie vielleicht fchon lieb."
„Das roirb ihm bie ©iferfuegt halb bemeifen."
3 rgenbmie berührte Ben|bifie unangenehm, bag
^egfenborf, ihr SRuftermenfeg unb Doggenburg, (Eifer»
fucht empfinben fottte. ©iferfuegt mar in grau oon
Becgtas Slugen eine fcf»r geroöhntiche unb emiebrigenbe
ßeibenfcgaft. „SBarft bu je auf mich eiferfüchtig?"
„Slber fehr! Unb mit Steegt!“
Sie mugte, mie menig er berechtigt gemefen mar,
auch in ber Seit, als ijegfenborf bei Fräulein oon
SRotbe bie meiften Slusficgten ju haben fehlen. 3 n
biefem 2lugenb(ict tat ihr roogl, bag ßug eiferfüchtig
gemefen mar. „^egfenborf mürbe fich nie ©iferfuegt
geftatten", oerteibigte fie ihren fehlerlofen greunb.
„Die ©iferfuegt mirb fich ihn geftatten."
ßiß foßte an biefem Dag in bie SB eit eingeführt
merben. SRan moßte eine Stegatta auf ber görbe an»
fegen unb nachher auf bem glaggfcgiff mit ben Damen
einen 3mbtg einnehmen, ßiß mugte hoch ihres 6cgroa»
gers Schiff, bie „SBittefinb", tennen lernen!
ßiß freute fich n>ie ein Kinb. Sticgts faf> hübfeher
aus als meige Segel, bie blaue görbe mit bem blauen
Fimmel ooß Sonnenfehein über bem bemegten 3511 b
unb feiner grünen (Einfaffung; junge, fräftige SRen*
fegen in ihrer tleibfamen Dracht betätigten fich ®ett»
eifernb, ber SBinb mehte, unb man atmete Seeluft! Sie
ftanb auf ber ■ Bant, ber fßinaffe, unb ber SBinb fpielte
mit aß ihren golbflimmemben, furjen ßöcfchen. Sie
ftieg Meine SBilbmömenfcgreie aus, menn bie Startfchüffe
fielen unb ber rote Baß nieberging. Unter ben Star»
tenben mählte fie fich fofort ßieblinge unb folgte ihnen
mit leibenfcgaftlicgem Stnteil.
„D Bene! Sieh, fechsunbbreigig! Sechsunbbreigig
mug geminnen! 3 ft es nicht bas reijenbfte Boot, fo
fchlanf unb elegant mie ein gtfeg?! Unb mie fie oor»
roärtsfchiegen! SBie fie aße anberen gaoorits über»
holen! gliege, fechsunbbreigig! gliege, ßißs Olücf!"
Bon teihnifchen Kenntniffen befag ßiß feine Spur,
Benebitte oerfuegte 3u ertlären, aber ßißs geueteifer
tonnte ©rtlärungen gar nicht abtoarten. „Slh, ift bas
monnig! Sieh, mie aße Segel jegt in einer Steche
ftehen! Braoe gungen, flinfe, hübfehe Boote! Unb
fieh hoch bas Blau broben, folch norbifeges Blau, bie
Sonne, ben. Buchenmalb brüben! Bene, ©efegnete,
bin ich froh! Boßtommen glücflid) bin ich!"
ßiß ermübete auch nicht, mie bie anberen Damen,
felbft grau oon Stafting, beim, achten ober neunten
Start. Sie. fanb immer ju beobachten, 3roif<henburch
atmete fie blog ßuft ein unb fab bie SRömen. ©in
blonber, hübfeher Knabe fag in einer anberen Blaffe,
bie ebenfo mie bie ihre um bas Startfchiff treuste. SBenn
ßiß unb ber gunge fich begegneten, grügten fie fich
unb lachten, ßiß marf ihm Kuggänbe 311. „ 3 ft bas
fegr unpaffenb? ®r ift fo gübfeh, fo jung unb froh,
unb ein Bub! 3 $ grüge ja nur bas ©lüct in ihm."
„Silan mirb benten, bag Sie eine Stmeritanerin
finb", bemerfte f)et)fenborf refigniert. ©r mar in
ßugens Bertretung mitgefommen; ijetjfenborfs Schiff,
ber Meine Slotfo Schman, lag ju^eit im Docf, er ftanb
besmegen immer 3ur Berfügung. ßiß fchmärmte ba«
oon, auf meitem SBeßmeer blog fein eigener fjerr 3U
. fein, nur befehlen 3U bürfen, unb bie braunen, gehör»
famen 3ungen mit ihren guten, treuger3igen ©efichtem
flogen. ,,©s ift ber fchänfte oon aßen Berufen. 3 ch
fäme überhaupt nie nach $aus. 60 immer mie ber
fliegenbe ^oßänber fegeln — immer! Das ift nur eine
Berbammnis im cgriftlicgen Sinn, gar feine heibnifege*"
„Silan mürbe mübe",' fagte ijepfenborf nüchtern.
„©Ibifche SBefen merben nie mübe", belehrte ßiß,
als ob fie gan3 genau Befcheib mügte. „Slijen, Dri«
tonen unb ©öttinnen nicht. SBie füllten fie auch? Bas
SReer bleibt immer bas gleiche, unb bie Sonne ift ba,
bie SBeßen oerfräufeln im Sanbe."
„Solche SBefen haben feine Seele."
ßiß fchüttelte fich unter bem ungefügen SBort mie
unter einem falten SBaffergug. „Sie lachen immer,
fjaben fie benn nicht ©runb 3U emigem ßaegen?"
„SRan tönnte ebenfogut eine emige Draurigteit ber
unbelebten Slatur herausbeuten."
„Die legen mir griesgrämlich hinein. 3 <h, ich
fmbe 3um Beifpiel fchlechtes SBetter monnig. Der SBinb
pfeift, man hat eine Kap^e über bem Kopf, bann tlatfcgt
unb fprügt ber Siegen, aßes riecht nach griffe unb grucht»
barfeit Koftlich mirb man fo gan3 burch unb burch
gefegt unb hat ben SBeltraum für fich aßein!"
„SRit Stgeumatismus hinterher," ergän3te fjetjfen*
borf gemütsrog. ©r fing neubings an, ßiß SBiberpart
3U halten, aus — mie er fich einbilbete — er3iegerifcgen
©rünben.
. „ 3 <h friege feinen Stgeumatismus. Stgeumatismus
gaben faule, fteife SRenfcgen. Ober alte ßeute."
„ 211 1 merben auch Sie!"
„D —" fagte ßiß 3uerft erfegroefen, bann leuchtete
igr ©efiegtegen friebfertig mieber auf. „3<h benfe es
mir fegön, eine gan3 alte, oergnügte Dame 3U fein,
mit roten Stpfelbäcfcgen, in einem tofetten, meigen
j^äubegen. SRan braucht feine Stücfficgten megr 3U
negmen unb fann tapfere unb fluge Bonmots fagen,
SRöpfe gat man, alte Seorestaffen unb eine Stube, bie
immer ooß Sonne ift."
„ßiß, bu bift finbifeg!" tabelte Benebifte.
„SBarum? 3 cg miß blog niegt traurig fein. 3 cg
roiß’s niegt! Das ift meine Dugenb. 3 eber lacgt
fo gern! 21cg, fo fcgrecflicg gern! Stls icg meinen
3 oganniterfurfus in SBtesbaben buregmaegte, rooßten
aße Kranfen mieg gaben, roeil icg lacgte."
„Unb aße jungen Doftoren oerliebten fieg", galf
grau oon Stafting ein.
ßiß lacgte: „Das gat ben jungen Doftoren gar
niegt gefegabet. 3eg — icg märe gern oerliebt, fo
rfegt oerliebt!"
(gortfegung folgt.)
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Seite 1434.
Rümmer 33.
An märkischem Heidesee .
Die blauen Libellen gaukeln
über dem märkischen See;
und schwankende Kähne schaukeln
durch Wasserlilienschnee .
Noch summen schläfrige Hummeln,
sonst ist es ganz still im Raum,
es säumen die gelben Mummeln
den See mit goldenem Saum .
Von menschlichen Siedelungen
nur ein bröckelndes Schilfdachhaus,
zwei schlanke bräunliche Jungen
werfen die Reusen aus .
Der Abendwind harft im Riede . . .
Am Herzen der Einsamkeit
ruht still der träumende Friede
und breitet die Arme weit .
Als wollt er die Lande segnen,
einschläfem all Leid und Weh,
als dürfte kein Kummer begegnen
dem Träumer am Heidesee .
Als sei all das laute Lärmen,
und was uns von Menschen kränkt,
das traurige Aengsten und Härmen
in Frieden und Schlaf versenktl
Wie lieb ich dies tiefe Schweigen ,
das dunkelnde Föhrenland,
den blauen Libellenreigen,
das Wellengeflüster am Strand .
Wie lieb ich das braune Gebreite
und diese Verschollenheit,
die blinkende Wasserweite,
die heilige Einsamkeit
Eugen Stangen.
Das Ceben am (ßofbenen fjora.
Ron Rictor Dttmann. — ijierau 17 pgotograpgifege Slufnagmen.
So am ßeanberturm oorbei bie gluten bes Ros*
porus vom Stgroaraen HReer in bie ißropontis rotten,
[tagen aroei Seiten aneinanber, amei Selten im geo*
grapgifegen Sinne unb amei Seiten ber Kultur, ijter
Europa, bort 2lfien; l)ier ber ungebulbig brängenbe,
immer neue 3ugeftänbniffe oerlangenbe gortfegrittsgeift
bes cgriftliegen Slbenbtanbes, bort ber Sflarn — bas
geigt wörtlieg: „Die (Ergebung" — mit feiner Oering*
fegägung ber ©eiftespflege, feiner paffioen 2lbroegr, feiner
3 ägigfeit im Regarren. 3 *»« Selten überblidt, mer
oon ber Rrüftung bes ©aiataturms bie Slugen in bie
Runbe fdjroeifen lägt; er fiegt au feinen gügen bas
Konftantinopel ber „granten", Rera unb ©alata, brüben,
jenfeits bes ©olbenen ijoms, bas i)äufermeer oon
Stambut, bas Konftantinopel ber Dürfen, mit ben mäcg*
tigen Rtofegeen, ben aierliegen Sinaretts, bem Komplej
ber Ralaßgebäube unb int Dften über bem ^Bosporus
bas afiätifege Sfutari, bie legte $uflud)t bes ftreng*
gläubigen Rtogammebaners, ber ficg bort, fern oon
(Europas unfiegerem Roben, unter ben ernften, feierliegen
3 gpreffen bes grogen griebgofs aur ewigen Rüge betten
lägt, geber Segritt in ben ©affen biefer tounberbaren
Kosmopolis fügrt aum Rerougtfein, bag gier niegt allein
amei Selten, fonbern, mas megr au bebeuten gat, aroei
Seltanftgauungen mie Stagl unb Stein nebeneinanber
liegen: f)ier bie energifege Rejagung bes ßebens unb,
wenn es nottut, ber Kampf mit bem Scgitffal, bort
bie mübe Refignation, bie gügung in ein unabänber*
lieges gatum. Diefer Dualismus im Sefen Konftanti*
nopels unb feiner Reoölferung, ein ber aueg
im Ragmen ber Ratur, in bem jägen Kontraft amifegen
ber ßieblitgfeit ber ©eftabe unb ber fegauerlicgen Debe
ber oermagrloften ©eglbe ringsum aum Stusbrud fommt,
oerleigt ber Stabt igre einaigartige Stellung unter allen
Stäbten ber Seit. (Er maegt igre Segöngeit aus unb
igre Dragif, igre ©rüge unb igren RerfatL Unb bo<g,
trog aller Spuren bes Rerfails, trog allem Sorfegen,
©reifengaften, ift Konftantinopel eine Stabt ber 3 ***
funft. Sie tännte es aueg anbers fein 1 Die rounber-
bar günftige ßage an einer grogen ffeerftrage ber
Rätter, bie ganbelspolitifcge unb ftrategifege Sügtigfeit
bes Blages unb bie oerfegmenberifege ©üte, mit ber bie
Ratur igr güttgom ber Segöngeit barüber ausgegoffen
gat, altes bas bürgt für Unfterbliegteit, mag eine Raffe
aueg bie anbere Derbrängen, mag ber Osmane — mie
es fegt ben Stnfegein gat — füg enbtieg barauf be>
finnen, mas er bem ©eifte mobemer (Entmidtung
fegutbig ift, ober mag er in abfegbarer 3®'* genötigt
fein, einem neuen i)errengefcgleegt bas gelb au räumen.
Konftantinopel fag fegon fo oiete Herren fommen unb
gegen; igre ©ebeine finb au Staub aerfallen, aber bie
Stabt felber .blieb, unb fie mirb bleiben.
©ine Kosmopolis barf fie fi«g nennen. Das mar
fie fegon in ben Dagen oon Rgaana, bas ift fie geute
noeg. 2IIIe Rölfer bes Rbenblanbes, Kleinafiens unb
ber Rlittelmeergeftabe fegeinen fieg gier ein Stettbicgein
3U geben. Dabei gerät ber eigentlicge S)tn im $aufe,
ber Dürfe, ftarf in Rebrängnis; benn er maegt niegi
einmal bie Hälfte ber Reoölferung aus, bie auf 120000 G
Köpfe gefegägt mirb. 3 n ber gntelligena, im $anbel
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Stummer 33.
Seite 1435.
3m $« 3 «! oott Sfanntral:
3m Sorbergrunb Mt SSgcr tx* (Drogen Satan unb Me Stoftet 3iurt Demantjt, ltnt» bie Staf^ee Sultan Saflbe, regte Me H|a Sopgla.
unb ©emerbe fpielt
ber ©rietge bie erfte
Stolle; ift botg Ken*
ftantinopel bie grögte
©riedjenftabt, benn
es mognen gier foft
hoppelt fo oiele S)tb
lenen roie in 21tgen.
Stoinage ebenfo ftarf
mie ber griecgifcge
SCnteil an ber SBeoöl*
terung ift ber arme*
nifcge, bann tommen
bie 3uben, mägrenb
ber Steft fid) auf
bie anberen SBölfer
(Europas oerteilt: auf
Italiener, Srangofen,
Deutfege, Stoffen, (Eng*
länber. Slber allen Sto*
ftanbteiten ber bunt*
jtgedigen (Einmogner*
fdjaft briidt bas Milieu
ber Stabt bei länge*
rer Slnmefengeit bod)
etmas ©emeinfames
auf, etmas, bas bie
©egenfäge milbert
unb jene meitgegenbe
Dutbfamfeit förbert,
ogne bie bas enge
^ufammenleben fo
oerftgieben gearteter
Stolfselemente uner*
trägticg märe. So
mantger, ber aus bem
Storbmejten als Kauf*
‘PgoL Ottmann.
Die (Branbe Rue be Peta, bie gaupfoerfegrsabet ber Jrantenftabf.
mann, SnbuftrieOer,
Ingenieur ober in
amtlitger Stellung
natg bem ^Bosporus
tommt, rounbert fid)
natg atgt Sagen bar*
über, bag er notg
nitgt aus ber $aut
gefagrenift. Slatgatgt
SBotgen munbert er
fitg gar nitgt megr;
er gat alles (Entrüften
oerlemt unb figmiegt
fitg, ogne es felbft
recgt gemagr ju mer*
ben, admäglicg bem
SBefen bes galborien*
taten, besßeoantiners,
an. (Er ftaunt über
nitgts megr, meber
über bie Qunbeplage
notg über ben 3 U ’
ftanb bes Stragen*
pflafters, meber über
bie 3ag((ofen „ bered)*
tigten (Eigentümliig-
telten* ber SBermal*
tungsorgane notg über
bie befremblitgen ©e>
mogngeiten im ^an*
betsoerfegr. (Er lernt
alle (Erftgeinungen bes
Sehens am ©olbenen
gom mit bem gata*
lismus ginnegmen,
ber ben Stoben feit
oielen Oagrgunberten
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Sette 1436.
Stummer 33.
(Ein Xeil bes „(Solbenen ^orns"
3roi|d)cn Stambul unb $era
gebüngt Ijat, unb fommt fcfyliefc*
lid) 3 u ber Uebergeugunc, bafj ber
Dürfe trog all feiner Sdjroädjen
bod) immer nod) bas fpmpatt)ifd)fte
(Element unter ben oerfdjiebenen
2Sölfem ber Sosmopolis ift.
Saß bas fieben in Sonftan*
tinopel fetjr amüfant unb oer*
füfjrerifd) märe, roirb fctjmerlid)
ein ÜRitgfieb ber grembenfolonie
behaupten. Der fftcifenbe, ber in
ber fd)öncn ^abresaeit einige Dage
am ^Bosporus meilt, fietjt nur bas
portal unb fjauptgebäuoe oes ftrieqsmimfteriums (Serastierat), rechts: ber Serasterturm.
Obere? $5ilb: Siefta („filH auf einem alten Jriebljof.
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M*
<■ ■
■Bk*. .
Blttf oon Stambul über bie 2uofd)ee Sultan
Balibe auf ben Bosporus. ßinfs: Bie
neue Brütfe.
£>errlid)e unbyntereffante berStabt,
unb felbft bas minber (Erfreuliche
t>at für ifjn ben 9tei3 bes Un*
geroöf)nli(f)en. (Er roeifj nidjt,
roeldjes SWafj oon (Entfagung j
fid) bie Koloniften auferlegen
müffen, wenn in trüben 2Bin- l
ter= unb Vorfrüblingstagen ber \
ILMJU.xatfj*
iSSßft
OJÜCL
Blitf oon ber neuen Brütfe auf (Balafa
unb ben (Balatafurm.
Stegen ben Strafjenfdjmut} in un«
burri)bringlicf)en HJtoraft oerroanbelt;
er aijnt niefjt, roie fdjinerjlid) fjier
ber ©ebiibete bie oöüige Stagnation
bes geiftigen Gebens, ben SJtangel an
ebleren Vergnügungen unb ad ben
befcf)eibenen Komfort oermifjt, ben
felbft bas tleinfte beutfdje iprooinjneft
bietet. 2)as Geben ift teuer, unb
nur fetjr grofje SJlittel gemäßen bie
,tu
2lm J)era: Braunen anf bem Xnnnefplcft.
aRöglicffteit, es fielt angenehm ju
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Seite 1438.
Stummer 33.
»trafeenfceue aus der Borrtadt Xopoane.
Obfloerfäufer in Soprane.
machen, 3 .93. burd)
Crmerbung ejnes
ßanbfifcesamlBos»
porus. 23on alle»
bem merlt ber Ser«
gnügungsreifenbe
nichts, menn er im
lachenden Sonnen»
fd)eht treu 3 unb
quer burd) bie lau»
nentjaft gemunbe»
nen (Baffen ber
labqrmthartig an»
gelegten Stadtteile
manbert unb nicht
mübe roirb, bie un»
erfd)öpf(id)e Sülle
ber (Erfdjeinungen
in ficf) aufju»
nehmen. SBeldjes
Cin 3dnlt auf der Strafte: Sine Xourlflin füttert hertentöle fiunde.
Chaos oonSormen
unb Sorben, roelthe
fchreienben SBiber»
jprüche im einsei»
nen unb bod) mie»
ber, als (Ba^es
betrachtet, roelche
Harmonie 1 Bon
bem iSugenblicf an,
mo ber Dampfer
am Kai anlegt unb
ber Tourift mit
Sangen bebenft,
mie er fi<h burd)
bas (Bemüh! fdjrei*
enber, tobender
3Renfd)en 3 um f) 0 =
tel burchtämpfen
foü, nimmt bas
Treiben in Äon*
Straftenbild aus ffialata.
Die n>a||eroro)d)ren Kon|iantinopels („Uairs“) am $afenfaL
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Stummer 33.
©elfe 1439.
ßeufenber Derroifcße ein Siertelftünbchen ertragen ober
braunen oor ben einfamen, geroaltigen Seftungsmauern
über bie roedjfclreirfjcn Scßicffale ber munberbaren Stabt
nadjbenfen — überall fpüren mir ben (Beift eines fremb»
artigen ßebens, bas mit feinem ©emifd) oon Orient unb
Ofjibent, Uraltem unb Seuem, Schönem unb Slbftoßenbem
Äonftantinopel 3 u einem ber ftärfften Stagnete ber 2 Belt macht.
Die biefen Sluffaß begleitenben Silber geben einen
lebhaften Segriff oon ber Stannigfaltigfeit ber Stabt»
formen Äonftantinopels. . 3 mifchen ben füllen Stofdjeen
im fersen oon Stambul (2lbb. S. 1435) unb bem ©emüf)l
am Danipferfai (2lbb. untenft.) fdjeint ebenforoenig eine
Se 3 iel)ung möglich, wie 3 mifd)en ben bieberen ft'aifbfdjis
(2lbb. S. 1438), ben 2Bafferbrofd)fen»
führent Äonftantinopels, bie nad) Ur»
oäterfitte ihr leichtes gaf)r 3 eug, ben
Sa'if, burch bie SBellen lenten, unb
ben mobernen ©efchäftsmännern, bie
in ben Ißrioatbureaus ber großen
Santen ihre Iransattionen leiten. Der
Sin Xeli oet Stadtmauer.
Bticf oom Dampferfai auf bie Reede.
tleine ©efd;äffsoerfehr liegt nod; ebenfo im argen toie
feine ^auptaber, bie fteilanfteigenbe 9tue be S^a ( 2 lbb.
S. 1435). Der Dürfe ift ein bulbfamer Stann, ber fich
nicht gern um ettoas fümmert, bas ihn nidjts angeht;
beshalb tümmert er fich auc h ficht um bas 3 abllofe f>eer
ber hcrrenlofen #unbe, er läßt fie leben unb fterben,
mie es ihnen gefällt. Cs barf toohl aber fein Smeifel
darüber malten, baß ber Umfd)iDung, ber fich feit einiger
3 eit im ©eiftesleben ber Xürfen ooll 3 iebt, aud) oon ein»
fchneibenbein Cinfluß auf aüe ßebensgemohnheiten unb
augenblidlichnod) geltenden 2ln[d)auungen fein mirb. Unb
roenn erft ber lag fommt, roo es ben armen Runden 3 U ßeibe
geht, bann mirb Eonftantinopel
um eine Kuriofität ärmer fein.
Straßcnfjene aus ©alafa: 2tm ftaraföi.
ftantinopel alle Sinne gefangen,
©leidjoiel, ob mir ben Slicf oon
ber 5)öhe herab über bie unermeß»
lid;e, meiße Stoffe ber Stabt, über
bas oon Schiffen bebecfte ©olbene
S)oxn unb über ben Sosporus nad)
Sfiens Süfte fthroeifen laffen, ober
ob uns bas magifche Dämmerlicht
ber Safare, bie feierliche Srad)t ber
2lgia Sophia umgibt, ob mir auf
halb 3 erfallenen griebhöfen 3 mifd)en
büfteren ^gpreffen manbeln ober
Rbfahrf oon
äonffantinopel:
Blicf oom Dampfer auf bie Rtenge
beim 3°Uami
in einem engen ©affenroinfel
einem Subcl armfeliger i)unbe,
ben Marias ber Straße, ein paar
Srocfen tjifrcerfen, ob mir bie
unoerftänblichen Ißrobuftionen
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Stummer 88.
Alpine Jugbeftribung
Bon 3L Schupp. — ^lerju 20 photograpt)ifd)e Aufnahmen oon Xraut, München.
Ss ift ferne Uebertreibung, toenn man fagt: 9ti<ht
nur ber Senug unb SetDinn einer Bergtour, fonbem
fogar Seftmbbeft unb
ßebctt bcr Bergfteiger
hängen non einer rid)ti=
gen Bcfdiubung ab. Gin
nid)t Heiner Beil bcr i
alpinen Unfälle ift auf
mangelhafte Slusriiftung
gurüctgufüljrcn. Biele,
befonbers im gladjlanb
ßebenbe, haben gar feine
'2ll)mmg uon ben '21m
forberungen, bie bas
Sebirgsterrain an ihre |
güfje [teilt, bie ohne ben
unerläglidjen Schuß einer | ”\. dML
allen 3Beg» unb Sitte-
nmgsoerhältniffen an ge--
pafften Betleibung gar
balb ben Bienft oer»
fagen mürben. w
Ber gut ausgetretene, UH«
frifd)befol)lte unb leid)t=
benagelte Stabtftiefel
(2lbb. 4) tann als Bot»
behelf für eine gelegene 1_ V _L
benBamenbergfttefel tann er, nie man fielet, nicht erfegen.
Ber Bergftiefel mug, um feinen Swed gang gu er»
I I füllen, forgffiltiger gear»
beitet fein als jebe an»
bere gugbetleibung. 2ln
fertig getauften Berg»
fdjuhen rnirb man feiten
feine greube Ijabcn,
benn beim Bergfteigen
— roeit mehr als bei
jebem anberen Sehen
— ift ber Iritt, bas
2luffegen besguges beim
2luf» unb 2lbroärtsfd)rei»
ten burchaus inbioi»
! buell. (Es roerben je nach
ber Sangart oerfd)iebene
Musfein unb Sehnen
bes guges befonbers in
2lnfpruth genommen, unb
auch bie Belüftung bet
gugfofjle hängt h'eroon
ab. infolge biefer Ber»
1 Bergftiefel mit feftgenflbter anb
oerMdjteter 3ung<
lidjc Heine 35e-
fteigung auf ge=
baf)ntem 2Bege
bienen unb ift
bei Ialfommer=
frifdjen im ©e=
birge fetjr ange*
brad)t unb öfo*
nomifd), allein
eineßöfung ber
alpinen Sd)uf)=
frage bebeutet
er nid)t. 2lbb.
19 3 eigt rechts
einen reidjlid)
weiten, beque=
men, amerifa=
nifdjen Samern
l)albfd)uf), ben
banebenjtetjem
fd)iebenl>eit trier-
ben am gufje
bes 2Jergftei=
gers $eränbe=
rungen mabr>
nef)mbar,bieein
tüchtiger Sd)ul)=
macker bei 21n=
fertigung bes
Stiefels berüd=
fid)tigen mufc.
Sie Senage=
lung bes 23erg=
ftiefels foll bie=
jem nid}t nur
größere fiafc
barfeit fonbern
aud) auf fteini*
gemSoben bem
guße bie im
3. Heber ba» 5tnle gezogener Stampf.
H Sebirge notmen*
bige Irittfichcrhcit
Bügeln befcglagene
poniertem Üerrain
2. Bergftiefel für ben 2Ugdn.
4 Cei^tbenagctlcr Stabtftiefel. 5. Sofcle mit atugcfoOcaea Tlägela.
Stummer 83.
fl. UdlCjadtgcr Steiget.
©eite 1441.
7. Straube an bet K8«f(eite be* Tttyafea. 8. itleiicrfdjub mil fjantioCjle.
fogar gefahrbringenb »erben. Scharfe glügelnäget
an Slbfafc unb Sohle (2tbb. 12 unb 13) finb allein imftanbe,
ben aud) bei einfachen f)od)touren fo not»enbigen i)alt ju
geben. Sie Senagelung erfüllt ihren 3roerf am beften,
»enn bie einzelnen gtügelnägel in Slbftänben oonein*
anber fielen (2tbb. 12), fieh alfo nicht gegenfeitig be*
rühren. Um bas atfaurafdje SJerfieren ber wäget (2tbb. 5)
3 u fjinbern, »erben biefe häufig in ber SBeife angebracht,
bafj bie Stagelfpifcen burd) bie gan^e Sohle getrieben,
bann über biefe jum Slügelfopf gebogen unb oer«
nietet »erben. Diefe Slrt Ijat aber ben 9tad)teit, bafj,
»enn fei) lief) (id) ber Stagei bod) oertoren geht (bei
fd)Iecf)tem lerrain unb oiel grobem ©erötl) bie Sohle
mit burchgeriffen »irb. 3m 2ügäu »erben am Stbfag
häufig feftgenageite „Sriffeifen" getragen (2tbb. 2 unb 13).
Sie bieten auf ben bortigen ungeheuer (teilen ©ras*
halben »ie auf ben (teilen, hurten ©rbmegen einen
oorjüglichen fyal t. 2tuf ©erötl nügen fie jebod) nichts
unb oeriieren auf bem Stein baib bie Sorbebingung
ihrer SBirffam*
feit: ihre ÜJteffer*
fdjärfe. Stuf Sets*
platten tonnen
fie fogar leicht
ein Stusrutfcgen
oerantaffen.
Sei altem gu*
ten Sife muff ber
Sergftiefet reich*
lieh flrofj fein,
befonbers oom
an ben 3ehen;
jebochiftiebetRei*
bung bes Sufjes,
bienochfchtimmer
»erben tann als
ber Srucf, au
oermeiben. SDtan
lege baher gut ge*
arbeitete Sohlen
ein (2tbb. 18 d),
aus ßuffa, Sita
ober Jtorf; »enn
bann ber Stiefel
einmal infolge
9. fMctfcrftfcuQc aus Segeltet^ auf btt Qfittc als Qatt0f<$u$c oaroroöbac
Digitized by Google
Seite 1442.
Kummer SS.
11. IRK pcnlcr oodgeftopfter
Stiefel 3um Xrocfnen.
öle 3unge oon allen Sei*
ten bis oben nicht nur
angenäbt, fonbern auch
mit Ißed) oerbicfjtet fein
( 2 lbb. 1 ), baber roirb bie
3 unge |o retd)Iid> weit
angefertigt, baj) man be=
quem ben aufgefcbnürien
Stiefel anjieljen tann.
Sie S55afferbicf)tigfeit bes
neuen SBergftiefels roirb
erhöbt, roenn man it>n
oor bem erften ©ebraud;
eine 3 eitlang bis über
bie Sohle in ßeinöl
ftellt unb bann roäbrenb
bes Gebrauches fleißig
furniert, am 3 roetfmäf 3 ig=
ften mit HJlarsöl.
9 Haiid)mal läfjt fid)
jebod) trog aller 3Jla^=
13. Pa« 0rihfi((B am
XUs,'a%.
bann ftopfe man fie gans
feft mit j)eu ooll unb
ftelle fie in einen mannen
IRaum; ift fein f)eu oor*
banben, bann tut es au$
3 eit ungopapier( 2 lbb. 11 ).
#eu unb Rapier faugen
bie geudjtigfeit auf, unb
bur<b bie Slusftopfung
bes i)oblraumes roirb
ein (Einfcbrumpfen ©er*
niieben. 3 ft bie Sogie
burcbgelaufen unb nur
gan 3 furse 3 eit 3 ur <Re*
paratur oorbanben, fo
laffe man 3 mifcben ben
Dtägeln einen „ 3 te<f"
auffegen (2lbb. 13). 3>iefe
2 lrbeit nimmt oielIet$t
eine fleine halbe Stunbe
in Slnfprud).
oonUtajjroerben
unb raftbem
Srocfnen ein*
fdjrumpft, fann
man ibn ohne
©inlegefoble
tragen, bis er
fid) rnieber ge*
bebnt bat. 2 ln=
genebm finb
ßoben* ober
gil 3 ftreifen am
oberen fRanbe
bes Stiefels.
Sie oerminbern
ben Srud bes
barten fiebers
unb oerbinbern
bas (Einbrin*
gen oon tlei*
nen Steineben
unb befonbers
Schnee. Sag
ein S3ergftiefel
21 £qäucr Sdjncemf.
bi Bierjaffige» Sleign en.
i ZUfcfjatfige» Slrtgci cn.
tnafferbid)t
fein muft,
ift felbftner=
ftänblidj.Utn
bas Cinlau=
fenoon9Baf=
fer burd) ben
$erfd)luf 3 3 U
l)inbern,muf 3
Scfjle mit fdjarfen Jlögrlnägdn.
ftens nod)
ba 3 u, bafe
man ftatt ei 3
ner Soi)Ie —
ein Cod) fin
bet. s ]flan
fette bie naf*
jen Stiefel
3 unäd)ft ein.
regeln ein oolit-
ges Siafotner»
ben bes Stiefels
nidjtoermeibeit.
3n foldjem ÖaU
trage man ber
Stubenmaib
nidjt auf, Me
Stiefel unter
allen Umftän*
ben 3 U trorfnen.
odi mette, fie
ftellt fie mit öer
Sobie auf ben
beiden f)erb.
2 )as Siejultat
ift am anberen
borgen min*
beftensein^Jaor
®etgfliefel l)art
roie f)ol<j unb
oöllig einge-
fdjrumpft. ®s
fommtabermei*
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Stummer 33. Sette 1443.
16. ®n»alftt JUjgaBuf^*. 14 ltagc|4)legcacr Strumpf. 17. 3cta$M« an* Rurf.atfUineu.
3 eber Sergftiefel foQte an ber tRiitffeitc bes Slbfaßes
oben eine Schraube tragen (2tbb. 7), bie tote ein Sporn
ein eoentueiies ^erabgleiten bes Steigeifen» ober Schnee«
reifenbügels ijinbert.
Seoor ber SJergftiefet beifeite gefteüt toirb unb
ins Winterquartier roanbert, foll er gefdjmiert unb
feft mit 3eüungspapier ausgeftopft aufberoaijrt merben.
Wer häufiger Winterbergtouren macht, fotlte hierfür
eigene, recht große Stiefel haben. 3m Winter ift auch
1& a) BoUiotfen. b) Sauger ®oll ( »rümpf. c) Sporfftofeca o^ae guk«
d) flcrt.ofjle.
in mittleren J)öf)en bie groftgefahr für bie güße nicht
ausgefchioffen. Wan sieht baher über bie bieten WoU=
ftrümpfe noch gemaltte WoQfocten (2Ibb. 18 a) an. Wit
19. Damcnbergftiefel unb
Straft eufjalbfdjuf).
entfprerf)enb mot¬
ten Stiefeln toirb
man bann feiten
bas ©efül)I eines
auch nur falten
gufces l)aben.
Somofjl für
ben Sommer als
aud) für benSBin»
ter trägt ber er»
faljrene 25erg*
fteiger lange 9BolX=
ftrümpfe (21bb. 18 b).
Sie fönnen, je nad)
Umftänben unb 23e=
quemlidjfeit, gan 3 l)in=
öufge3ogen (2Ibb. 3)
ober umgefdjlagen
(21bb. 16) getragen
merben. 21ls Sleferoe
empfehlen fid) fo=
genannte 5Rabfaf)rer=
ober Sportftufcen of>ne io. ©ie Buteigama^c.
gufc (2tbb. 18 c) unb
baju einige $ßaar Soden. Die ©ebirgsbemofjner (be*
fonbers in Dberbapem) trogen oielfadj ben „#aferb
fdmb“ (öalbfc&ub ohne SSerfcbnürung, ber ben Snöcbel
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Seite 1444.
Summer SS.
freilägt, jebocg rüdroärts bie gerfe bi« Aber Rnöcgtl*
göge bedt) am biogen gug unb baju „Wablftugen";
bocg ift biefe* gugbetleibung fo menig für roirflicge
J)ocgtouren geeignet, bag fogar bie eingefeffenen Serg*
fixerer fcgon längft 3 um tragen oon Strümpfen unb
Sergftiefeln übergegangen finb.
Sei Wintertouren finb ©amafcgen unentbehrlich. Ser
Dftalpenbemogner trägt meift gemalfte gilsgamafcgen,
bie feitlicg gefnöpft ( 8 tbb. 15) ober oerfcgnürt toerben;
fle reichen meiftens bis 3 um Jtnie, oft aber bis 3 ur
Witte bes Oberfcgentels. gür Xouriften finb ge 3 U
fcgroer ünb 3 U einfeitig im ©ebraud). 3 mmer mehr
bürgert fid) bie Widelgamafcge (Stbb. 20 ) ein, bie 3 m
fammengeroüt bas ©emicgt bes Sudfads nicht fonber*
lieg erhöht, geh jeber Seinform anpagt, über bie
Strümpfe, über bie $ofen, fur 3 unb lang getragen
toerben tann. Sie begeht aus einem ßoben*, beger
noch aus einem SaummoUtritotftreifen oon minbeftens
3 toei Sieter Sänge unb acht Zentimeter Sreite. Die
Widelgamafcgen toerben am beften gatq unten mit
Rarabinergaten ht bie Stiefeifchnur eingehängt, bann
um ben Stiefelranb gelegt unb meiter mie eine San«
bage um bas Sein, bei tiefem Schnee über ben unteren
Sunb ber S) ofe bis bicht unter bas ftnie gemidelt unb
Wer mit Schnüren, Siemen ober Sabeln befeftigt.
2tucg bei Seufchnee im Sommer toerben ©amafchen
gute Dienfte (elften. Um bas ©infliegen bes 00 m
Wettermantel ober Sod abtropfenben Wägers tn bie
Stiefel 3 U oerhinbem, sieht man mit Sorteil aus Sud*
fadleinen gefertigte gug* unb Seinbüüen an (Stbb. 17).
3n ben Sergen gibt es Stellen, ja groge ©ebiete,
in benen eine ©rgän 3 ung ober eine Sertaufchung bes
Schuhcoerts nötig ift Stuf fehr geilem ©ras ober auf
mit ©raspolftern buregfegten gelsfcgroffen, auf rauhem
gels, auf ®is ober auf hartgegorenem Schnee ift es
häufig nötig, bent gug einen noch ggeren Sjaü 3 U
geben, als es bie befte Senagelung 3 U tun imftanbe
ift ijier treten bie Steigegen in ihre Sechte. Sie
»erben mit $anfgurten über bem Stiefel befeftigt. Die
oier 3 adigen ©ifen (Stbb. 10 b) gnb ein guter Sotbegelf
für bas ©egen auf oereiften Wegen unb bei tursen,
ungefährlichen Xouren. gür längere Stlettereien ober
©legchertoanberungen foüte man im Sommer n>ie im
Winter ftets aegt 3 adige SUgäuer (Stbb. 6 unb 10 c) mit
geh führen. Sie mügen aber gut bem Sergftiefel an*
gepagt fein, fonft ggen ge nicht feft unb mirten eher
gefagrbringenb als nüglicg.
Der Jtletterer toirb bei geilem, plattigem Xerrain,
überhaupt ba, »0 ber gels glatt unb möglichertoeife
nach abmärts gerunbet ift, fchleunig bie fegmeren Serg*
ftiefel mit ben Rletterfcgugen oertaufchen. Diefe gnb
aus ftartem Segeltuch angefertigt, mit biden, gegoltenen
i)anffoblen oerfehen (Stbb. 8 unb 9). Wich auf fehr
geilen, glatten gegen rugehen ge nicht leicht aus, ber
gug hat immer Rontaft mit bem betretenen Xerrain
unb fegmiegt geh faft faugenb bem gegen an. Der
Rtetterfcgug erfegt auch toegen feiner ßeicgtigfeii unb
feines angenehmen Xragens auf Jütten ben j)ausfcgug.
Sun noch ein Wort über Schneereifen. Sie legten
befonbers im grügjahr, wenn fieg ber Scgnee „gefegt"
hat, gute Dienfte. Wägrenb ber unbemegrte gug bei
jebem Schritt tief einfintt (Stbb. 14), macht ber Scgnee*
reifen toegen ber Serteilung bes Rörpergemicgts auf eine
grögere gläcge og nur einen taurn merfliegen ©in*
brud. 2tm beften gnb bie grogen, ooalen SUgäuer
Seifen (Stbb. 10 a), bie mit $anfgurten befeftigt toerben.
Sei frgcggefallenem, flodigem Scgnee gaben bie Segen
aüerbings (einen Wert, ba tornmt man megt nur mit ©e«
bulb unb Susbauer bureg, »enn man nicht mit Stiem oer*
fegen ift Diefe aber gehören sum Rapitel „Winterfport".
Sdig aus 6natie*
Ronran oon
7 . 3ort|egun0. GlsCarret
15.
Scgon anberen Xags machte geh ©ina auf ben
Weg, bie frühere greunbin aufcufuegen. Diefe mognte
in ber Säge bes Sialto inmitten bes marttenben, ar*
beitenben, fegmugigen unb oon einem fegeinbaren lieber*
gug an allen $)anbelsmaren ber Welt überguteten
Senebig.
Die Söde goeggerafg, buregfegritt ©ina bie Seigen
ber ogenen Suben. Sie mugte achtgeben, fid) nicht
3 u befegmugen. Da unb bort fag man igr neugierig
nad). ©ine oerfcgleierte Signora pgegte gier nicht 3 U
gegen, ba 3 u allein. Das toar niegt Sitte.
gm©rbgefcgog bes Kaufes, in bem gortunata mognte,
mar ein ©afe. Xifcge unb Stühle ftanben auf ber
Strage unter einem gegidten Zeltbacg. ©ine Stenge
Wänner fag rauegenb, ben S) ut im Saden, bei bem
fegmarsen Iran! unb fpraeg über #anbel unb Wanbet
Slucg gier erregte ©ina, ba fie ogne Begleitung ging,
Sugegen. Wan rief igr Schmeicheleien naeg — fcgneU
fcgliipfte fie in bie enge Haustür, bie gerabe oon einem
ginaustretenben ^ausbemogner geöffnet toorben mar.
Sucgenb tletterte fie bie oielen Stiegen ginan, bis
fie enblicg am britten Stod ein Scgilbcgen fanb mit
bem Samen: „Wario Xer 3 alotti". Bus einem ßoeg
in ber Xür ging ein getnoteter Strid mie bie ©eigel
eines Wöncges. Sn biefem Strid mugte ©ina tüchtig
reigen, bis brinnen eine blecgerne Rlingel Signal gab.
Dann bauerte es mieber eine Weile, bis innen
Scgritte oemegmlicg mürben unb eine geifere grauen*
ftimme rief: „Wer ift ba?"
„©ine greunbin 1 " antmortete ©ina.
„0 ©ott, icg bin fcglecgt oorbereitet auf Sefucg!"
tam’s lacgenb oon innen. „Wenn icg enifcgulbigt bin,
miü icg aufmaegen."
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Stummer 33.
Seite 1445.
„©emig, gemigl ©s ift ja noeg früg!“ antroortete
©ina, bie trog ber #eiferfeit gortunatas Stimme er»
fannte.
Die Dür tat fieg um ehten Spalt auf. ©in bleiches,
oerfaltenes, oerfegminftes <Beficf)t unb gelbe ^aaraotteln
mürben ficgtbar. Dann aber lieg bie Ueberrafegung
jebe ©erlegengeit oergeffen.
„D ©ina ift’sl“ rief gortunata aus, unb bie Dür
flog auf. „ 3 <g gäbe fegon gegärt, bag bu in ©enebig
bift. SReine füge, getiebtefte ©ina, tag bieg tüffen!“
Unb fie fügte ©ina, bie faft an ben unerträglichen
Sßarfüms erftiefte, bie ben paaren, ber ijaut unb bem
fatoppen f>ausrocf ber anberen entftrömten.
„Komm gerein!“ bat gortunata. Sie 30 g bie
greunbin bureg einen mit Scgränfen oerengten, Meinen
Korribor in ein groges, büftcres, bumpfes gimmer mit
gotbenem Spiegel, einem Klaoier, ©lumen, fiorbeer«
fräsen, ©apageifäfigen unb übertabenen ©runffegränfen.
Dicgte Stores bebeeften bie genfter, bie naeg einer
fnapp meterbreiten ©affe ginausgingen, ber Steugier
bes nagen ©egenübers preisgegeben. Slueg gier in
bem Staum gerrfegte bas ©arfüm, bas gortunata trug.
©an 3 bettommen unb benommen gab fieg ©ina ©lüge,
biefe bumpfe, fegmüte fiuft, bie btenbenben Spiegel
unb bie Happentben, rafttofen ©eroegungen ber ©apa*
geien 3 U ertragen.
gortunata feierte inbeffen tebgaft bas SBieberfegen.
„SBelcge greubel" beteuerte fie, gan 3 gerügrt. „Sieg
mieg nur niegt anl" Dabei neftette fie mit ben oer»
gotbeten Kämmen igre ftroggetb gefärbten S)aa re feft.
„ 3 cg fege gemig roie eine ©ogelfcgeucge aus, niegt
magr? 3eg gäbe nämlicg SRigräne feit 3 roei Dagen
unb mag mieg meber ansiegen noeg bas ijaus oer»
taffen. Dein Kommen aber gibt mir neuen ßebens»
mut. Steg, bu tebft in glüefliegen ©ergältniffen, i(g
fügre bagegen ein igunbeleben. (Es gat freitieg aueg
feine luftigen Seiten, aber . . .“ Sie braeg ab, unb es
mar, als ertöfege ber ©Ian 3 igrer blauen Slugen. Dann
mifegte fie bie Syaa re aus ber Stirn unb fcgüttelte fieg.
„Sag — fort bamit! 2Bas fagft bu, bag ieg oer»
geiratet bin? .... Unglaublich, mas?"
Sie oerfegräntte bie Sirene unb Iacgte roieber. Unb
an biefem fiaegen unb ai\ ben fegönen 3 ögnen, bie
biefes fiaegen geigte, ertannte ©ina bie teiegtfinnig»
gutmütige gortunata immer megr.
„Unb bu fottft einen tiebensmürbigen, brauen SRann
gaben!“ fagte ©ina nun gerstieg.
Da aber taegte gortunata fo, bag fie fieg bog.
„©inen J)ansmurft gäbe ieg!“ rief fie mit igrer
geiferen Stimme. „Sinb niegt alte SRänner f>ans«
mürfte? Ober beiner niegt? 2teg, man 3 iegt nur am
gäbegen, unb fie sappein; unb innen finb fie ©appe,
fieim unb #013 — äugen garbe, fiaef unb fiappen ...
kleiner roenigftens ift fol — Slber ieg mug bir mas
feroieren, mein ©otbgers. Da gaben mir einen feinen
fiiför, ben mugt bu probieren. 3 eg mag ign niegt, er
ift mir 3 U füg. SBeigt bu, roooon ieg lebe" 3eg trinfe
nur fegroarjen Kaffee mit Stquaoit mie eine ©reifin.
S)abe ieg im Dgeater 3 U tun, negme ieg mögt ein ©tas
©gampagner unb 3 mei, brei SRufcgeln ... ga, mo
finb bie 3eiten gin, mo ieg mit Spag ein Kilo fffieig»
brot unb ba 3 u für einen Solbo geigen ag?
„0 Mama, Mama mea
Cosa ci hanno fatto con me!“
Sie marf bie Sirme in bie fiuft unb tippte mit ben
gügen gegen ben Deppieg. Unb fie mar mit igrer
©erfaltengeit, igrem oerbiffenen Segmer 3 unb igrem
ertofegenen ©lief mie eine lebenbig gemorbene ©efegiegte
oon allerlei SBirren, fieiben unb ©egierben.
„SBo ift bein Kinb, gortunata?“ fragte ©ina enb»
lieg, um bie Zerrüttete an igren moralifegen $a(t unb
an einen Droft 3 U gemagnen.
„SBas?" fragte gortunata erfegroefen. „Steg fo!"
befann fie fieg. „ 3 a, nun ift es bei meiner oergeira*
teten Scgroefter. Sie siegt’s mit ben igren auf. 3eg
tann ben Kleinen niegt ht meinem rugetofen fieben
braunen."
„Slueg bein SRann mitt es fo?“ fragte ©ina oer«
munbert.
gortunata suefte bie Siegfein. 3gr ©efiegt mürbe
immer ftarrer. „SBas mittft bu —“ fagte fie bann
mit er 3 mungener ©elaffengeit. ,,©r ift ja niegt ber
©ater."
©ine groge Stille trat ein.
Dann brängte ©inas SRitleib sum Stusbruef, unb
fie fagte, gortunafas i)anb ergreifenb: „Du Sirme!.. .
Strme gortunata!“
„SRenne mieg niegt gortunata, nenne mieg SRata«
betta!" antmortete bie anbere mit 3 uefenben fiippen.
Unb ftarr in bie gerne fegenb: „SBie gegt es
©uibo? ©r lägt fieg niegt megr fegen, feit er feinen
Solbifaef gegeiratet gat. Sage igm, SRatabetta Iaffe
grügen!“
Unb mieber mar bie grau eine ©efegiegte. ©ina
fag gortunatas Sjerg blutenb liegen unter Simalias
Solbifacf...
Draugen flirrte jegt ber Korriborfegtüffel.
„Da fommt ber SRenfeg!" meinte nun gortunata,
fieg aus igrer ©rftarrung aufraffenb. „ 3 eg gege, mieg
an 3 iegen. 3gm ift fo ein Sleugeres nämlieg ein ©reuet,
aber — mas maegt mir bas. ÜRatürlicg mirb er fieg
gleieg in bieg oergaffen — meinetmegen! Sllfo bu ent«
fegulbigft mieg, bitte!“
Sie feglüpfte aus ber Dür, unb ©ina gärte fie
braugen fpreegen. Dann trat ein junger, fegr eleganter
f)err ein, goeggemaegfen, mager, fegr patent gefleibet,
buftenb, mit feinem, elfenbeinroeigem ©efiegt, gebregtem
Segnurrbärtegen unb mit fcgmar 3 en Slugen, beren tiefer,
fanfter ©lans Zeugnis absutegen fegien für ein un«
enblicg tief empfinbenbes, melanegolifeges unb fegn«
fuegtreieges 3 nnenfeben . . .
2Rit einem äugerft tiebensmürbigen unb boeg aueg
fegr befegeibenen fiäegeln begrügte er ©ina. 3Rit feinen
melancgolifeg särtliegen Slugen fegien er babei um ©nt»
fcgulbigung 3 U bitten, bag er oorganben mar.
„Sinb Sie gortunalas Satte?" fragte ©ina erftaunt,
feelifeg mie übermannt oon feinem lieben, gefügtooUen
fiäegeln.
„3a, Signora!“ beftätigte er faft mufifalifeg mögt*
tautenb unb maegte eineSerbeugung oon unge 3 toungener #
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Seite 1446.
tHummer 33.
aber tabellofer ©legans. „Unb icg görte fo nie! oon
Sgnen, Signora, bafj icg mich bis ben ©lücflicgften
fd)äfee, Sgre reijenbe Setanntfcgaft ju machen. Sie finb
gortunatas Sbeal... unb i d) begreife bas ooHtommen."
Die Morte tarnen fo feibemoeieg oon feinen munber*
gübfcgen, purpurroten Sippen, bafj ©ina ein magres
©ntjüden empfanb. Diefem feinen, sartbefaitetenMenfcgen
gegärte fofort igr ganjes Moglmotlen. Sie nagm fogar
fcgon unbemujjt Partei für ign gegen bie leicgtfinnige
Fortunata, unb fie bacgte an bie Morte ber Mutter:
„gortunata gat megr ©tüef gegabt, als fie oerbiente."
„Denfen Sie, Signora mia," fagte jegt Sergalotti,
fieg befcgeiben auf einen Stugi nieberlaffenb unb auf
feine biinterbianten, braunen ©lansleberfcguge nieber*
fegenb, „ieg gatte aucg ben SBorsug, Sgren S)erm 33 ater
3u tennen. Mein ißapa mar Mufitaiiengänbier, unb
ieg entfinne micg beuttieg bes Maeftro ©arloni, mie er
unferen Gaben beegrte unb Saiten ober Stoten taufte.
Stets trug er einen grauen 3 p(inbergut unb eine
buftenbe SStume in ber #anb ober 3toifcgen ben Sippen.
3d) betete ign an, benn einmal burfte t<g ign aucg im
Robert gören. Das mar für micg eine Stunbe im
ißarabies. ©s fft beinag 3toan3ig 3agre ger, aber nocg
jegt fügle leg bas Seben meiner Seeie, bas icg bamais
als Stinb empfunben gatte. — Unb gortunata fagt
mir, bag Sie bas ©enie bes Sßaters in Sgrer Regie
tragen?! Mo fann man Sie gören, Signora?"
Mie oon Segnfucgt übermältigt griff er naeg ©inas
jjanb. „ 3 cg mug Sie fingen gören — o Sie Scgönfte!
Dann freilieg — icg Strmer — merbe icg gan3 oer*
ioren fein!"
©ina rig grog igre Stugen auf... Mas mar benn
bas? i)atte fie gefcglafen? Mas mar bas für ein
glüftem? Mas moUte blefe $anb — mas für ein
SSlief fuegte fragenb, (octenb, fcgmeicgelnb ben igren?
Sie riegtete fieg gerabe auf unb 30g fegroff ben
Scgieier übers ©efiegt. „Mirb gortunata lange meg*
bleiben?" fragte fie ... „Meine 3 eit ift tnapp, Signor
Ier3alotti."
6r 30g bie Ugr, (eifc ftieg eine (eiegte SRöte in feine
Stirn.
,,©s ift elf Ugr!" fagte er. „Sie mognen bei Sgrer
Mama?"
„ 3 a!"
„Unb — mein greunb ©uibo? ..." Mario le^a»
totti lädjelte unb ftrieg fieg mit bem parfümierten,
farbigen Datifttucg leiegt über bie Sippen. „Mie freue
icg micg, bag Sie igm fo menig ägneln, befonbers im
Mefen. Slber — marum 3ogen Sie ben Scgieier oors
©efiegt? ... Strafen Sie micg, beoor icg — gefünbigt?"
©ina oerfuegte 3U taegen. „ 3 <g gäbe feit 3toö(f
Jagren in Deutfcgianb gelebt; ba oergag icg gan3, mie
galant meine Sanbsleute fein tönnen!" ermiberte fie.
„Man oerliert fogar ben Magftab für ben Mert foleger
©alanterien."
©r bliefte fie bemunbernb an. „Per bacco! Mir
fegeint. Sie finb eine ^eilige!" rief er gebömpft aus.
„ 3 d> merbe Sie als folcge oeregren."
„#ören Sie auf!" lacgte ©ina. „ 3 eg gäbe 3 roölf
3 agre in einem gemägigteren Rlima gemognt!"
Seine Kugen flacferien auf, mie in igrer liefe ge«
fegürt.
„Dann empfingen Sie unfere Sonne um fo inten«
fioer!" fagte er, gan3 nag bei igrem oerfcgleierten, er»
bleicgenben ©efiegt.
Menige Setunben fpäter tarn gortunata, bi fcglep»
penber Seibenrobe, oon (Brillanten überflimmert, ein
gedblonbes Runftroerf bie grifur, gefegminft unb ge»
matt mie eine Roftümpuppe aus bem Museo civico.
„Du," fagte fie ju igrem Mann, „icg gäbe eine
3bee, bie mir ©gre maegt. Springe fo fegned mie
möglicg tns Stlbergo Stuooo unb beftelle ein Mittag»
effen, aber fo buoniffimo, bag bie ©ötter uns beneiben.
Sollte es fcglecgt ausfallen, fo tann fieg ber Rocg nocg
geute abenb feine eigenen ©ebeine aus bem gegefeuer
fammeln, fage igm bas!... Du bift unfer ©aft, tiebfte
©ina, niegt magr? Mir fügren nämlrcg teine eigene
Rücge. 3cg effe ja niegts, unb Mario füttert fieg fo
untermegs bureg. Avanti, Mariano mio, unb be»
forge alles gut, bu tannft naegger meine ©ina an»
jcgmacgten, icg (affe fie nocg niegt fo balb fort 3eg
befomme ein neues Sebensgefügl bureg bieg, meine
geliebte greunbin, lege ab! Sieg, mie gerrlieg fft noeg
bein gaar, ganj ugoeränbertl"
Sie nagm ©ina ben S )ut meg, ogne bie Meigerung
ber greunbin 3U beaegten. ©ina blieb niegt gern,
bennoeg mugte fie fteg ber ©inlabung fügen.
Stocg gan3 unter bem ©inbruct bes Mannes ftegenb,
fragte fie jegt, ba Der3a(ottt gegangen mar: „Mie
tarn beine ©ge 3uftanbe? Dein ©atte ift aueg oiet
jünger als bu."
„3ünger?" fragte gortunata. „3a, er ift fünf*
unb3toan3ig unb icg oierunbbreigig, aber es maegt
niegts. ©s beftegen 3mifcgen uns nocg gan3 anbere
Dijferen3en als nur biefe bes 2üters. Unb mie mir
3ufammenfamen? Mein ©ott, ber arme, leicgtfinnige
Deufel gatte niegts 3U leben —unb leg — icg brauegte
für meinen Rleinen einen S3ater. So einigten mir
uns, unb er oergeiratete fieg mit meinen ©innagmen.
©r ift ein fegr (ofer Stricf unb maegt niegts als Scgulben,
bie icg besagten mug. ijübfcg ift ber 3unge, mas?
Slber ein Heiner Gump ift er. Dasu ift feine ©efunb*
geit niegts mert."
„Du bift boeg nocg fo (eiegtfinnig mie früger. Unb
babei tenne icg boeg bein ©emütl"
„Da bift bu bie einige, bie bas nocg fennt!" ant»
mortete gortunata, igre fpigen, polierten Stäget be*
traegtenb. „3<g felbft — gäbe bamit aufgeräumt, ba —
man es fo mollte. ©emüt unb 3)ers finb überflüffige
Dinge, gort bamit! Mas gilt aucg eine felbftlofe,
treue grau? Sticgts! Man sertritt fie!"
„Stiegt immer!" entgegnete ©ina, unb fie baegte
an 5)ermann.
„Stiegt? Stun, bann ermürgt man fie mögt ober
fiegt in igr ein nüglicges, bequemes Hausgerät. Megr
boeg niegt. — Mie gegt es eigentlich bem blonben
©rmano? Deinem Rleib unb beiner Miene naeg oer*
forgt er bieg übel. Marum siegft bu bieg niegt beffer
an? Das ift bie i)auptjacge für eine grau, fein ge*
Ileibet 3U fein."
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Stummer 93.
Seite 1447.'
„ 3 a, fo benft matt hier!" antwortete ©Ina.
Sie ftrich über tt>r felbftgefertigtes Äirchenfleib, bas
in Stabt gurdjfjeim noch Staat gemacht hatte. S)t r»
mann hatte nie SBert auf ihre ©arberobe getegt. (Er
hatte feinen ©inn mehr für begleichen.
„ 9 )ian benft hier fo, unb man hat recht bamit!"
lachte gortunata. „Unfer Sleußeres ift unfer ©tücf,
nicht unfer inneres. Danach fragt ja niemanb. Damit
ftetjt man ftets allein. Unb bas tut weh- Unb weil
es roeh tut, ift’s beffer, man reißt es — raj — los
unb roirft es oon fief>."
„2Ius bir fpricht jebenfaQs rtieht bie Äünftlerinl"
erregte fich ®ina.
„Äünftlerin?" mieberholte gortunata acf)fel3uefenb.
„Sch bin feine. Sch bin eine gajenmadjerin. Das,
was bie Äünftterin macht — bie SBegeifterung, ber
©laube an ben SBert feelifcher ^öße — ach, begleichen
war wohl nie in mir. Du bift barin anbers."
SJtario Derjatotti fanb bie beiben, als er 3urüa»
fehrte, in fehr elegifdjer Stimmung, hoch gelang es
thm balb, bie Saune ber grauen 3U heben.
©inas weibliches ©elbftgefühl regte fich. ©ie wollte
hier nicht trübfelig unb niebergebrüeft erfcheinen, unb
ein gewiffes SBoßlbehagen erwachte in ihr, als Der3a=
lotti fte anbauernb mit feinen Slrtigfeiten umgab unb
ihr tmlbigte. Shr SBefen würbe lebhafter, ihr SBiß
ungeswungener, ihr 2luge glän3enber. Da3U ein aus»
erlefenes, animierenbes SDtenü unb ftarfe SB eine — es
war gan3 natürlich, baß ©ina fich verjüngte unb in
$eiterteit oerfchönte.
SBohl war ihr babei bewußt, fich nicht in ber -beften
©efellfchaft 3u befinben. Slflein ihr war, als ftelle ihr
bie ©rinnerung an ben Vater, ber felbft ein fröhlicher
unb ffrupellofer ©efellfchafter gewefen war, für heute
einen greibrief aus. Die ©tores ber genfter waren
basu bicht. Ier3alotti fcf)er3te nur — unb Fortunata
war Vaters ßiebling gewefen . ..
©ie merfte nicht, baß ihr ber ©hampagner etwas
0u Kopf flieg unb baß fie unoermittelt oon ihren
fßlänen fprach-
,. 3 ch bin in bie Heimat surüefgefehrt, um wieber
gu fingen!" rief fie aus, in leibenfdja'tiicher Vegeifterung.
„gür mich ift bie Stunft ©rlöfung unb J)öhe."
„©ingen ©ie uns etwas!" bat SJtario Dersalotti.
©r ftrich über ihren 2lrm, unb fanft nötigte er fie 3um
Älaoier, wätprenb gortunata fich auf bem Diwan aus»
ftreefte.
Unb mäßrenb Deraatotti begleitete, fang ©ina. Unb
fie erfannte ihre ©timme faum. Vebenb in eigener
gülle unb eigenem ©lan3 entftrömte ihrer Äeljle Don
um Don. Shr eigenes Öhr erlabte fich ftaunenb an
blefer j)errlichfeit. Dann aber erfchraf fie über ben
©nthufiasmus ihrer jjörer.
gortunata rief ßänberingenb: „Das fteeft in bir,
unb bu oermerteft es nicht!"
Dersalotti aber fagte mit einer 2 lrt geiertichfeit:
„©eben ©ie mir ©rlaubnis, für ©ie 3U tun, was nicht
unterlaffen werben barf. Sch werbe mit gacfjleuten
fprechen. ÜJtan muß ©ie für bie Oper ober für Äon»
jerte gewinnen."
„Äönnten Sie bas tun?" rief fie, mit beiben ffänben
feinen 2lrm ergreifenb.
,,©s ift mein ©efchäft", lächelte er mit einer SJlifchung
oon Schwermut unb fBefcheibenheii, währenb er feine
heiße f)anb wieber über bie ihre legte. „Slber für
©ie wirb es ein ©ottesbienft fein!"
„f)ört ben Heuchler!" lachte gortunata hinter feinem
Stücfen. ©ie nahm ©ina um bie Daille unb fagte,
fie ftreicbelnb: „SJtario muß etwas für bich tun, bas
ift gewiß. Slber faltblütig bleiben, mein ©olbßera,
faltblütig!... Verfteh mich recht!"
©s war bereits fünf Uhr, als ©ina enblich auf»
brach- gortunata nahm fie mit in ihr Doilettensimmer,
bamit fie ben oerwifchten ißuber erneuere unb — wes
bie i)auptfache für eine Venejianerin ift — ben .eich
aufgebauten i)ut forgfältig 3ure<htfeße. Dabei fiel ©inas
IBlicf auf ein Äinberbilbnis, bas 3wifchen ißuberbofe
unb 5 ßarfümflafon ftanb. Unb ba fie es gefehen,
wünfehte ©ina, es nicht gefehen 3u hoben, ©s trug
unoerfennbar ©uibos güge. —
SJtit hömmernben Schläfen unb oerwirrter ©eele
trat ©ina ben Heimweg an. Der3alottis ^Begleitung
hatte fie abgelehnt 2lls fie aber ben gr&hlingfonnen»
fchein fpürte, wie er fich fo milb unb weich über fie
ergoß, wich ihre ©rregung einer großen Drübfat. SBie
fich abfinben mit all ben oerftörenben ©inbrüefen, bie
fte heute gehabt hotte?
„Äaltbütig fein!" hotte gortunata 3U ihr gefagt.
SJtein ©ott! ©ie hotte es heute empfunben, baß fie
nicht fo faltblütig mar. SBo mar ihre ©elbftbeßerrfchung?
Sijre Strenge gegen fich unb anbere? Sebte nicht nur
ihre ©eele, fonbern auch ihr Äörper auf?
SJtit niebergefchlagenen Slugen tief fie burch bie
Straßen über Vrücfen, burch ©affen unb oorbei an
ber orientalifchen Vuntheit ber Keinen Äaufläben.
2 Bof)in füllte fie fich wenben um Veiftanb . . . benn
fte mar fchmach unb allein! Die SBelt war ooH ber
gatlftricfe unb Verführungen.
„Sch werbe 3U ©armella gehen unb mit ihr fprechen!"
fchoß es ihr jäh burch ben Äopf. „Sie wirb mir fagen,
wie man bie SBelt oerachten lernt!"
16 .
SJtit ber erften SJtorgenpoft tarn fchon ein Vrief
oon SJtario Derjalotti. 2 luf einem ©efchäftsbriefbogen
bat er fie um einen balbigen Vefuch in feiner Slgentur.
Schon geftern abenb habe er ©elegenbeit gehabt, einen
Äon jertunternehmer für fie 3U intereffieren, ber mit ihr
Stüdfprache 3U nehmen wünfehe.
Da war ein SBeg 3u ihrem 3 ieL Slber fie fchob
ben Vrief weit fort.
„Stein, nein!" ftammelte fie oor fich h*n. „Sticht
geführt oon biefer #anb!"
©ie ließ fich 8or nicht 3ur Vefinnung fommen. ©ie
überliftete fich felbft unb fchrieb eine abfehtägige 2tnt»
wort, ©ie burfte biefc Stugen nicht mieberfehen, biefe
©timme nicht oon neuem hören — unb wußte fie
auch, baß er hoch nur ein Heuchler unb ein Ver»
fucher mar ...
2 tuf bem SBege 3um Vahnßof warf fie ben Vrief
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Sette 1448.
'Kummer SS.
in einen ber roten Ißoftfäften ... Dann fuhr fie ja
Sarmella, bie feit einiger 3eit in einem neuerbauten
Konoent fyod) in Dberitaiien m eilte; ©ina gölte sine
Steife oon mehreren Stunben ju machen.
Da fie allein im ©oup6 fag, tonnte fie ungeftört
igre ©ebanten arbeiten (affen. Unb alsbalb mar fie
über fich felbft mehr unb mehr Har unb erfcgraf immer
oon neuem über fid>.
SBar fie benn alfo eine oon ben oielen, bie fegt
it>re Unjufriebenbeit in bie SBelt fcgrien? (Erlebte fie
an fich felbft, mas bie „mobeme grau" djaratterifiert?
©alten ihrer Sage, in bie fie eigentlich ganj unbemugt
geraten mar, bie ©cglagmorte oom „Stecgte ber 3nbioi*
bualität", oom „SRut 3ur Derfönlicgfeit", oom „Scgtum"?
Stein! Diefe Bagn moHte fie nicht einfcglagen!
@ie fanb ©armetla als „Suora Slgnefe" hinter ben
SRauern bes Konoents ber „Sacra famiglia“. Unb bie
Stonne begrügte fie fremb: „Sia lodato Gesü Christo!“
„Sempre sia lodato!" antmortete ©ina befangen.
6ie oerfuchte, bie jüngere Scgroefter ju umarmen,
aber fie nutgte 3urüdroeicben oor bem fcgmarjen Kleib
unb bem ftarren, bleichen Slntlig berer, bie ihr Seben
ber Kirche geroeiht hotte. Unausgefprochen erftarrten
auf ©inas Sippen bie SBorte ber Deichte, ber grage.
Unb ba fie ihre „Visita“ enben mugte, fagte fie, bas
metallene SRabonnenbilb am Bufen ber Stonne
tüffenb: „Sia lodato Gesü Christo!“ Unb bie
Scgmefter antmortete: „Sempre sia lodato!“-
$u f)aufe fanb ©ina einen Brief oon gortunata
oor. Der lautete: „M ia Carissima! Soeben tommt Deine
abfchlägige Slntmort an SRario. ©r ift gan3 getnidt;
ich bin mütenb. Unb bas aus jmei ©rünben. (Erftens
lägt Du Dir eine ber oor3üglichften ©elegengetten ent*
gehen, fchned unb glänsenb Karriere 3U machen, unb
Smeitens hätte SRario burch bie Vermittlung einige
j)unbert oerbient, mas uns fehr ermünfcht gemefen
märe. S)at fich SRario Dir gegenüber einer Dummheit
fchulbig gemacht, fo oergib ihm. Sehre ihn, mie
er mit einer Dame, mie Du bift, oerfegren mug.
Sch höbe mit SRario einen furchtbaren Krach ge*
macht, unb babei ift ein Blumentopf in Scherben
gegangen. Du tannft alfo beruhigt fein, ich oerteibigte
Deine 6ache grünblich, miemogl SRario fchmört, ich
irrte mich be3ügüch bes ©runbes Deiner Ablehnung.
SBenn es mir nicht unmöglich märe, (Euer fjaus 3U
betreten, fo fäme ich felbft anftatt biefes Briefes. 3cg
hoffe aber, meine 3ei(en genügen. Dich unt3uftimmen.
3<h fdjicfe Dir nun morgen SRario unb ben Ködert*
meifter ©ignor SRarforio, ein galantuomo eccelentis-
simo, ben ich Dir aufs befte empfehle!"
@0 mies ihr bie (eid>tflnnige, aber fo erfahrene
Fortunata ben SBeg unb gab ihr ihren früheren ©tol3
3urüd. SRario lerjalotti follte in ber lat fühlen, bag
fie bie „Dame" mar, bie gortunata fo ftart betonte.
Gs bieg für fie fich behaupten, nicht fich oerlieren!
(gortfefcung folgt.)
$
Oefferrddjifche Spigetu
ftierju 9 Aufnahmen.
©s mar in
erfter Sinie ber
3uftanb äuger*
fter Slrmut unb
Slot in mehre»
ren öfterreicgi*
fchen Kronlän*
bem, ber ber
öfterreichifcgen
Slegierung, unb
3toar bem Bür*
germinifterium,
oor oierjig 3ab*
ren ben SBunfd)
eingab, burch
^ausinbuftrien
jene ©egenben
3u heben, in
bie aller SBabrfcheinlicbfeit nach
niemals gabriten ihren ©in*
3 ug holten mürben ©5 ift heute
nicht leicht feft3uftetlen, melcher fin*
bige Kopf auf ben ©ebanten tarn,
ber Slrbeit nach 3 uipüren, bie ber Be
oölterung geroiffer ©egenben in oer*
gangenen Sattthunberten, als es (eine
gabriten gab, als Bahrungsqueüe biente.
SRan ging oom ißrinjip aus, bag in ben
Blu enbe af*
Seuten, beren
Slgnen bie ge*
merblichenSRei*
fterroerte, bie
mir in ein3elnen
erholtenen ©j*
emplaren noch
bemunbem,ber*
geftellt hoben,
ohne 3t» c ifel
latente fcglum*
mern, bie oon
ben Slltoor*
bem ererbt finb
unb nur ge*
roedt 3U mer*
itcliäteltc 3rlanöjpilje. ben braUCgetV
um in fcgönfter
Blüte roieber 31 t erfteben. Die
Aufgabe, fold)c oerlorenen gertig*
teiten ausfinbig 3U machen, mürbe
mit oerfrfjiebenem ©lücf Künftlem an*
oertraut, bie fid) alle mit groger ©e*
miffenhaftigteit ans SBerf machten, unb
fo entftanben in tur 3 er 3e*t gemerbliche
gachfchuten, bie alte ©t folge aufsumeifen
haben, oon benen fich ober fein 3 a, *'8 f°
glän 3 enb entmidelt hot mie bie ©pigen*
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Sine 5j>ifeenietiranffa(f in firain: Sin Jinoifncfn» in Jteuborf.
\
flhtmn ter 88. Seite 1449.
ifccjtjerjogtn warta joteta,
tyrotettorin b« „Strthu jurgjrbtrung Dtr Spljjen* u. j)aiu1nbuftrie in Oalmatitn*.
inbuftrie, obgleid) fie in toeit auseinanbergelegenen
©egenben oon fet)r oerfd)iebenartigen Stämmen ber
öfterreid)ifd)en Seoötferung ausgeübt mirb.
3ofef oon Stord, ber Sirettor bes öfterrckfjtfdjen
©emerbemufeums, mürbe bamit betraut, bie $aus>
inbuftrie auf bem ©ebiet ber Spifje ins Geben 3U
rufen, UBie ernft er biefe Stufgabe auffajjte, in melier
SBeife er oorging, um fie ju löfen, miffen nur bie, bie
ibn tannten unb an ben (Erfolgen teilnabmen, bie er
(angfam, aber fidjer errang, (Er fucfjte bie alten, ebten
Spifeen suerft auf ben 2Ii)nenbitbem ber oornet>men
©efd)(ed)ter, bie iljm ja alle sugänglid) maren, machte
Sfiiwen oon ben fragen unb
HJtanfdjetten, ben Srau
fen unb Stiefel
jpifcen ber$a
oaliere,
^oU'l'Ot StDMc.
«r3per30'nn iliarie Xpereje,
Prottttorin b« „SJereüu jur fitbnng ber Spljjenfnbuftrte in Deftemtd)*.
ben $äubd)en, Serien, Stecfern unb Sd)ür3en, ben Jtleiber»
befaßen unb lafcfjentüdjern ber gemalten Samen. ÜJtit
biefen Sfi33en oergtid) er bie testen SRefte oon Spifcen,
bie nod) in ben Solfstrad»ten leben, oft freilid) bis
3ur Unfenntlidjfeit oergröbert unb entftellt, aber für
bas Stünftlerauge bennod) erfennbar. So entbedte er
bie ©egenben, in benen in oergangenen 3at>rf)unberten
bie ebelften Spifcen tjergeftellt mürben, unb gerabe bie
bebürftigften Sölferftämme maren es, benen geholfen
merben tonnte; er fanb Spuren alter Spifeeninbuftrien
im ©T3gebirge, im (Egerlanb, in fjunberten oon flaroifdjen
JDörfem, in fträin, in ©alfeien, in lirol unb im ärmften
unb aurüdgebliebenften aller
Kronlänber, in Dalma»
tien. Stord fegte
feine Spür=
arbeitim
Sraf=
Sette I4öu.
'/lummer 33.
Salmafiniftfte genähte HcflceOa.
tifcßen fort. 3n entlegenen, meit oon jeher Bapnftation djen, hie Schuten oermehren,. hen auserlefenften unter
entfernten Sörfern fanh er einjelne, meift alte grauen, hie feinen Spißennäherinnen altoenejianifche SJtufter, hie er
hie gertigfeit her Sinnen noch ausübten, tebenbige lieber* neu gejeid/net unh oerftänhlich gemacht hatte, oorlegen.
(ieferungen einer oerlorenen Stunft, her, nach allmählichem
93erfüll, in her erften i)älfte hes oergangenen 3ahr*
hunberts SJobbinet* unh Sacquarhmafchinen ein jähes
©nhe bereitet hatten. Siefe grauen murhen toie toftbare
©jemptare eines ausfterbenhen ©efd/techts eingefangen
unh in hen Mittelpunft her fiehranftalten geftettt, hie
hie Regierung überall begrünbete. grauen unh Mäbchen,
hie fich her unhantbaren Stufgabe gemihmet hatten, hen
Scannern bei her geiharbeit 3U helfen, hie in gebirgigen
©egenben faum hen Mann befef/äftigt, betamen toieher
bie feinen
ijänbe, hie
fie oon hen
jpißennähen*
benunbtlöp*
petnbenMüt*
tern < ui»h^
©roßmüttem
ererbt, unh
entmicteiten
in für3efter
Seit eine er*
ftaunlichegä?
higteit unh
2lnmut in
her Slusfüß*
rung her
fchmierigften
Probleme.
Störet reifte 3« feiner größten greube hotte er in her oerborgenen
oon Schule Schublahe eines 93ene3ianer Sröblers eine begonnene
3uSchuIe,tri* 93ene3<anerfpiße gefunben, hie noch auf hie 93orlage
tifierte, lobte aufgenäht mar unb hen gan3en SBerhegang oerriet,
unh fpornte 3m 3ahre 1881, atfo faum 15 3af)re nach 93egrünhung
3U immer her erften Schuten, tonnte Störet im Ggerlanb einen
neuem gleiß Saß 93ene3ianerfpißen, aus lablier, ©orfage, Äragen
an. Stach me* unh Manfchetten beftehenh, als $och3eitsgefchent für
nigen 3ob* hie Äronprin3effin anfertigen taffen, roie es fchöner auf
ren tonnte er feinem Samenporträt hes SRubens ober oan Spcf ab*
aus Schüte* gebilbet ift. Sie Äronprin3effin hat hie herrlichen Spißen
rinnen ßeh* meines SBiffens nie getragen. Sie hat als 93e(gierin
rerinnenma* 93ortiebe für has ©phemere, Suftige her SBrüffeler Spiße,
©alijifdic Spißenttäpptetinnen.
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Stummer 38.
©eite 1451.
&Iöppeluuferrl(f)f am tcbreriuuenbKbnngsfar» bes Senfralfpi^enfurftu In Bien.
Stefultat auf probüftio*genoffenfcbaftlicber
SBafis 3 U erreichen. Als ©runblage ber
k neuen Organisation bienten bie ftaat* A
liefert Spißenfdjulen, roie fie
Störet gegrünbet (jattc, bie
IBk aber feine Stachfolger oer* Mya
mehrten. An foldjen, £& ■ ü-'j
^ie ftabilen Spitjen*
KK&Ä ted > niten PP c 8 cn ’ k<z?r&
öen » regulären
sUlSÄ Sei,ulen, t. t. ]
SßfWSs« Spißenfurfen, Ä^*4^yi!
gibt es gegen« M&iKffv
S^S&a
©eflöppdfer
unb
genähter fragen
ber einjige ©e*
febmaef, ben fie
mit ihrer faifer*
(iet,en Schwieger*
mutter Eüfabetb
teilte.
Die fehr oer*
bienftooße Aftfon
Storefs hotte ei*
nen gehler, ber
barin ju fuehen
ift, baß ein e<h*
ter ftönftler nicht
gleichseitig ein ge*
biegener Stauf*
mann fein tann.
Die talentoollen
grauen unbfDtäb*
eben in ben öfter*
reiebiftben Stron*
(önbem tonnten
mieber Spigen
nähen unb tlöp*
pe(n, aber ihre 5ßrobufte, bie
jene oergangenergahrtjunberte
an ©ebiegenßeit unb Ejaft*
beit meit überflügelten, fan*
ben feinen Abfaß. Unter
folcben Umftänben toäre bie
©ntmicflung ber Spißenin*
buftrie eine Unmögliebteit ge*
blieben, unb niemals hätte fie
ficb auf ben heutigen Stanb ge*
hoben, auf bem fie 40 000 Ar*
beiterinnen Erwerb oerfdjafft. Cs
mar feine Ausficßt oorbanben, baß
fieb bie Arbeiterinnen ber Spißen*
bausinbuftrie jemals bureb Organi*
fation ober Affosiation felbft helfen
mürben. Die Regierung mußte bie Sache
in bie S)anb nehmen, um bas gewünfdjte
märtig 44. Die
legte mürbe oor
wenigen fßoeben
in ißrimoften bei
Sebenico errieb»
tet. Außerbem
aber merben in
etwa 50 Schulen
bie leebnifen ge*
lehrt, bie, äugen*
blieflieb oon ber
SMobe begehrt,
Ausficbt auf
fcbnellen 58er»
bienft bieten, aber
nicht bie SBaßr*
fcheinlicbfeit eines
langen 58eftanbes
haben. 3 U bie*
fen 3Jtobeted,ni*
fen gehört bie 3r*
lanbhäfelei (Abb.
S. 1448), mit ber
bie öftcrreid>ifd>c Spißen*
inbuftrie einen großen
mirtfcbaftlicben Erfolg
errungen hot. Der
öfterreiebifebe 3rifb*
IfSoint wirb in Eng*
(anb bem echten oiel*
fach oorgeäogen, unb
bie 'iSeftellungen auf Ar*
beit überfteigen bereits
bie ßeiftungsfäfjigfeit ber
Schulen unb ber oon ben
Schulen befchäftigten Arbei*
terinnen Abb. 6. 1450 3 eigt
bie in oolltommener Ausfüh*
rung nad, altem ÜRufter berge*
ftellte genähte Steticellafpiße aus
Dalmatien, gago ift ber Ort, roo
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Seite 1452.
ftummer 33.
fie in größter Säoüfommenheit gearbeitet tmrb Diefe
Xcrfjnif mar nie ausgeftorben unb fömücft bis 3 um heuti¬
gen lag bie hauptsächlich aus Seinen gefertigte Canbes>
trad)t ber Dalmatiner. 2lbb. 6 1451 aeigt bie alt-
oenesianifche fJiabelfpige, beren ledjnif in Oefterreid)
neu belebt toerben mugte. fjür ben grogen Marft
ift biefe Spige nid>t ju oermenben, ba fie megen ber
Dauer ihrer ^erfteüungsjeit fehr teuer 3 U ftehen fommt.
Die Spigenfchulen fungieren auch als 2lusbt(bungs>
fchulen für ben ßehrerinnennacfjtDuchs. als Uebungs*
unb gortbilbungsfchulen für bie häusinbuftrietle Arbeiter«
fchaft unb als Stätten toftenioferStrbeitsoermittiung. Der
gefamte ermerbsmägige Apparat ift im 3 entra(fpigenturs
in 2Bien 3 entra(ifiert, unterfteijt bem Unterrichtsminifte*
rium unb roirb oom Direttor Dr. grig Mintus geleitet.
Sieben biefer Staatlichen Organifation mitten mit
oodem (Erfolg 3 »ei groge Vereine, an beren Spige
bie (Er 3 her 3 oginnen Marie Xherefe unb Maria gofefa
(KbbUbungen 6 . 1449) fomie eine gan 3 er Stab oon
Damen aus ben fjöchften @efeüfchaftstreifen ftehen.
Bilber au* attet Belt
Bie Königin Biftoria oon Spanien hat be
fanntlid) oor fur3em ihren (Bemahl aum jroeitenmal
burd) bie ©eburt eines ^ringen beglücft. Unfere
Aufnahme aetgt bie Blutter mit ihren beiben deinen
Söhnen Siphons unb 3aime; es ift bie erfte, bie
oon bem jüngeren Brinaen gefertigt mürbe.
ffiir bringen heute bie Borträte ber beiben Sieger
in ber oon ben freimiüigen ftutomobiiforps Beutfd)*
lanb* unb Oefterreid)* unternommenen Raiferprei**
fahrt 5Bitrt—Berlin, bie ohne jeben Unfall oerlaufen
ift. Ben Breis bes ffaifers Srana 3ofef, einen
olbenen f)umpen, erhielt ber 3Ründ)ner $offunft>
önbler ftumpeh
market, ben be*
ftaifer* Wilhelm,
einen golbenen,
mit Rubinen unb
Smaragben ge*
fchmüdten Bofal,
5)err Sauger oon
Baloantjos.
Japan ruht
auf ben Lorbee¬
ren, bie ihm ber
flrteg gegen 9tu&«
lanb gebracht hat
nicht aus. Steuer«
bing* hat toieber
eine Stubienlom«
miffion Beutfd)*
lanb bereift, um * omo '
fi<h hfer über bie
fommunalen ©in*
richtungen au
orieniieren.
Bon ber Staiferprefs*KutomobUfabrt
©ten—Berlin:
Baut Sahger-Baloanpo*
erlieft ben Bwi* bet Beutfchcn Äatfer*.
(iopqrtßht (Eh. IratnpuS.
Bus bem fpanttchen Königshaus:
2tufnat)me ber fidnigiu Difforia
mit ihren beiben Jtinbern, ben Bringen
SUfon* unb 3atme.
$OfphOL Aaittnaun.
Bon ber Kaiferpreis-Butomobilfabrc
©iemBerlin:
Uuguff $mnpe(maper (Ulüncheu)
erhielt ben Breis bes öfterreic^ifd>en Kaifers.
Boniints nad) rechts: SJUnifterialrat Dr.jur.3cbita Äobafchl. Dr.med.Bonnefatju Äurtmoto. Dr.tcclin.(babaali&nlata.
©ine japanifch* Stublenfommlffion in B erlin. _
Schluß be* rebaft Beil*.
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Kummer 33
15. fluguft 1908
Seite 1.
(Ptxavon: milde, flüssige Kopf*
wafcbteerfeife, nach patentiertem
Verfahren geruchlos gemacht.)
Wahrscheinlich
das gegenwärtig
beste Haarpflege -
mittel der Welt .
All« beistren Friifwrgcjchlfte
ftthrfn PiMv#f»wwd»wn^en
HAAR-WÄSCHE
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Seite II.
15. 2tufluft 1908.
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in der Städtischen Entbindungsanstalt ist derselbe
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Körper“ wohnen kann, kann auch nur ein gesunder Körper eine
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die Ausbildung von „Wirtschaftsingenieuren“ eingerichteten Vor¬
lesungen und Uebungen eignen sich ganz besonders auch für die
Ausbildung höherer Post-, Telegraphen- und Zollbeamten sowie
für die in unseren Kolonien Beschäftigung suchenden kaufmänni¬
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erwählten“ darf man mit Fug und Recht auch Bergmanns Zahn¬
pasta, hergestellt von der Waldheimer Parfümerie- und Toilette¬
seifenfabrik A. H. A. Bergmann, Waldheim i. Sa, zählen. Infolge
ihres billigen Preises und sparsamen Verbrauchs haben sich diese
seit beinahe 6) Jahren existierenden, als wirklich zweckdienlich
anerkannten Mittel zur Mund- und Zahnpflege beim Publikum immer
mehr und mehr eingebürgert und erf.euen sich allerwärts fort¬
gesetzt steigender Beliebtheit. Besonders zu empfehlen ist die neue
Packung: Bergmanns Zahnpasta „Ahab“, in Milchglasdose mit
Aluminiumdeckel, die folgende nicht zu unterschätzende Vorzüge
aufweist: Höchst sauber und praktisch im Gebrauch, für Ersatz¬
stücke eingerichtet, Inhalt festsitzend, nicht über die Dose heraus¬
rutschend und bis auf den letzten Rest aufzubrauchen, ohne die
Zahnbürste zu beschädigen. — Als weitere Neuheit bringt die
(Fortsetzung auf Seite VII.)
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sammensetzung vor allem berücksichtigt wurde, daß nicht wie
bisher für jedes Haar und ohne auf dessen Beschaffenheit zu
achten, ein und dasselbe Präparat zur Anwendung kommen soll.
Es ist durchaus nicht gleichgültig, ob das zu behandelnde Haar dick
oder dünn ist, und ob solches zu einer größeren oder geringeren
Fettabsonderung neigt. Von einem guten Haarwasser verlangt man
neben der Schuppen- und überschüssigen Fettentfernung die Er-
hal ung des Haarglanzes, ferner darf es das Haar nicht zusammen¬
kleben, nicht filzig, spröde oder widerspenstig machen, sondern
muß die natürliche Form — Frisur — unverändert lassen. Von
den bisherigen, besonders den starkschäumenden Haarwässern er¬
halten die Haare, wie man sagt, einen rötlichen Schein, da erstere
bald zu alkalisch sind, bald zu großen Seifengehalt besitzen. Auf
schnelles Trocknen und Lockerbleiben der Haare sollen Damen
besonders bedacht sein, vor allem aber für blondes, fettarmes
Haar Blondizia-, für brünettes, fettreiches Haar Brünella-
Haarwasser verwenden. — Aus diesen Grundsätzen erfolgt auch die
Anfertigung von Toiletteseifen seitens der Firma A. H. A. Bergmann.
Voll und ganz entspricht den gleichen Anforderungen deren Blon-
diziaseife, während die Brünellaseife allen denen empfohlen
wird, welche den weniger empfindlichen gelben Teint haben. — Unter
dem poetischen Namen „Maienzauber" liefert die Firma
A. H. A. Bergmann, Waldheim i. Sa., jetzt ein neues Taschentuch¬
parfüm von unerreichter Natürlichkeit, Beständigkeit und ungeahnter,
wunderbarer Feinheit, und wir sind der Ansicht, daß dieses Parfüm
zweifellos den Sieg über das jahrzehntelang bevorzugte „Veilchen“
davontragen wird. Bei Benutzung von „Maienzauber“ glaubt man
einen Strauss frisch gepflückter Maiglöckchen vor sich zu haben,
und der so beliebte Duft dieser BJume kann schöner nicht wieder¬
gegeben werden. Der Preis dieser neuen Schöpfung der Firma
A. H. A. Bergmann ist im Vergleich mit französischen Konkurrenz¬
fabrikaten als außerordentlich billig zu bezeichnen.
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genauer Augengläser; auch meine Broschüre „Augen und Brillen** sowie
„AeathetlÄcbe Betrachtungen eines Künstlers über Brillen und Kneifer“,
ferner Preisliste — alles gratis und franko.
Optiker RUHNKE, Berlin S* (Filiale: Friedriohstr. 190)
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Als VorbeugungsmitteP
in Zeiten epidemischer Darmstörungen ist
Dr.TT2icl2aeli$' Eickel-Kakao
feergeslellf mit Zusatz von
Zucker upräpariertem TT2el2l'
besonders in der warmen Jahreszeit als tägliches Getränk
an Stelle von Kaffee und Tee recht empfehlenswert.
Seit 25 Jahren von Aerzten und Kliniken erprobt
als vorzüglich wirkendes Mittel bei
Brechdurchfall und Diarrhoe.
Wichtig ist die neuer¬
dings gemachte Beob¬
achtung, dass Milch
durch geringen Zusatz
von Dr. Michaelis* Eichel*
Kakao - Präparat auch
von solchen Personen
vertragen wird, welche
sonst Milch nicht ver-
dauen können.
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*) Das Kaiserliche Statistische Amt in Berlin hat festgestellt, dass im Deutschen Reiche im Jahre 1902
über 125 000 Personen an Brechdurchfall, Magen- und Darmkatarrh zu Grunde gegangen sind.
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Für Kinder, welche in¬
folge reichlichen Obst¬
genusses an Störungen
der Verdauungsorgane
leiden, ist Dr. Michaelis’
Eichel-Kakao- Präparat
besonders zu empfeh¬
len. Zubereitungsweise
auf der Etikette jeder
Büchse vermerkt.
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Die grossen Bauarbeiten am Untergrundbahnhof: Kaiserhof, sind beendet
Der Kaiserhof
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* für Orchester „ frcs. 2.—, M. 1.60
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^igrflzeTBy^^
.»oifre« 9 tr. 34
22. gufluft ir08.
Der Ilenbau des Burcbardi^otScbterbildungsinftituts in GHenacb.
„Cs »aeßfen bie Bäume, es beßnt fiß bas flau«!" beißt es tm „Sieb oon ber (Blöde*.
Deshalb *fab ficb auß grau C Burßarbi In ffijenaß genötigt als bie 3aßl ber Btnfio*
närinnen ftetig aunabm, an eine ©rmetterung ber oorßanbenen Bäumlißteitcn au benfen.
v $r»etlerung 1" leiebt gefaxt aber praftifß nißt imqier bupßfüßrbar. Unb jo lag ber
Sali atieb hier Sin ooUftänbiger Beubau mußte
oorgenommen »erben, um ben Unfprüßen ge*
Rügen au (önnen, bie an ein Snftitut »ie bas
Burdaibifße geftettt »erben. So umfaßt nißt
nur ein Benfionat unb ftortbtlbungsfßule für
Xäßter gebilbeter 6 tänbe, tonbem auß ein
Seminar für Jtocß- unb flausbattsteßrerinnen,
flanbarbeit«- unb 3nbuftrieleßrerinnen. Bon bem
Umfang bes Betriebes länn matt fiß annäßernb
einen Begriff maßen, »enn man fcrfäßrt,' baß
allein fünf Äüßen oorbanben finb, beren @rß*
. ßen fe bie au>ei gemäßnltßer flausßaltsfüßen
uberfteigt. Unmittelbar neben bem bisherigen (Be.
bäube, in ber Bornftraße gelegen, mit praßt-
ooUer Uusfißt ubtr bie ©artburg, bas Burfßen-
pßaftsbenfmaf, bie umliegenbfn flößen unbXälei,
«hebt ficb auß 4 bas neue.'-d&jtft bes bausmirt«
fßaftlißen 3nfUftits oon ffaau Burßarbi (Es ift
ein ßeroorraqenb ‘anfpreeßenber Bau im Bieber-
meicrftU, beflitn »eiße ffiänbe fiß (eußtenb ab¬
beben oom grünen fltntergrunb bes (Bartens mit
feinen fßattigen ^ lägen unb bes 6 tabtparfes.
3tacßbem bas monumentale Xor burßfßritteit
ei folgt ber Eingang terraffenförmig anfteigenb
)ur Diele, in ber flcß englifeßer ©efßmatf mit
beutfßcr (Bern ü Hieß feit oereint oorfinben. Sine
breite Sicßentreppe führt jum erften Stotf, in
bem amedentfpreßenb etnfertßtete, ßübfße Sdlur, Ihmert ißt»- unb ließ rer tnnenaimmer
untergebraßt finb. ßinfs oon ber Diele befinbet fiß ber 75 G-ÜReter große 6 peif.faat,
ber 6 afon mit -ßaranftoßenbem ©intergarten unb bie ißrioataimmer ber Borfteßerinnen.
Beßts (eitet eilt Jtorrtbor in bie Unterrißtsräunie: 6 ßneiberjaa(, Unterrißtsjimmer
für bas Gemtnar. 3m Souterrain finb bie ftüßen für bie 6 cßüierinnen ber flausßalt-
|d)ule, bes Seminafs unb ber ©Ußelni-CmfM&ßulf, bie im 3nftitut unentgeltliß Unter¬
richt genießen Sine große ©afß- unb Bl&ttftße beßnbet flcß gegenüber ber Jtinberfüße.
Die fünfte Jtüße bient bem eigentlichen ©irtfßaftsbetrfeb. Baß Often gelegen ift bas
Xreppenßaus. Bon ßier geßt bir breite Sifenbetontreppe hinauf bis 311 m Speicher, »o
ber Xrocfenboben, bie Bäußet» unb oerfeßiebene anbere Jtammeta liegen Born Beller bis
3 ur legten Kammer ift alles eingerichtet naeß ben neueften Srrungeafcßaften ber Xecßntf
unb entfprießt ben peinlicßften Borfcßriften ber flggiene. Un ben {Jenftern unb Ballonen
finb *lumenfcften angebracht, »obureß bas haus ben freunblicßften Slnfetucl erßält Die
Blumenpflege ift 3 ubem neuerbings in ben ßeßrplan aufgenommen. Derfelbe umfaßt im
flausßaltlnftitut: Jtocßen, flausbaltungsunterrtßt Scßneibem, ©eißnä'jen. flanb*
arbeiten, mlffenfcßaftlicße ftäßer, Xana- unb Unftanbsunterrißt, Wufif, Walen, Xumen.
3m Seminar »irb gelehrt: Jtocßen, flausßaltsarbeiten, flanbarbeiten, Baturfur.be,
ßausmtrtfcßaftlicße Beßnungsfußrung, Becßnen, Bürgerlunbe, Bäha-ogif, (Befunbbeits-
(eßre, Deutfcß, 3eißnen, ©artenbau. Die Bus-
»Übung, bie auf ein 3 aßr feftgefegt ift foO be¬
fähigen, Schülerinnen ber Solcsfcßule unb
häßeren Scßule im Jtocßen unb flausßaltsarbetien
Unterließt au ei teilen. Durcß ben Unterricht im
Mocßen, bei »elcßem nießt nur bie Bolfstücße
oorgefeßen ift fomie bie Unterricßtsübungen bei
enoaeßfenen jungen SRäbßen mit ber bagu
(ehörigen^Sadjmetßoblf unb ber Ubnaßme ber-
Prüfung in biefen \ äeßem ift bie fießrerin be¬
rechtigt aueß eroaßfene Wäbcßen au unter»
rtßten. Die Beftimmumen rießten flcß naß<ber
neuen Brtuß- Serorbnung oon 1907. Die Brü"
fung erfolrt bureß bas (BroßßerjogL 6 ä±f.
Staatsmtnifterium nab ber neueften Breuß.
ßrüfungsorbnung. Sämtficßen Bernoßnerinnen
bes Snftiiuts »irb bureß t rau Burcßarbi ein
feßönes h*iu* geboten, »oLurcß ber Sinn für
bgp« Familienleben geftärft unb bie ßäuslicßen
Xu^enben — ber feßönfte Scßmucf ber beutfben
grauen — ben jungen Wäbcßen eingeprägft
»erben. Bei ooraügllcßer törperlicßer BPfß«*
4 ner »oßibunßbacßtm 3 riteinteilung unb reger
tfbmecßflung, aueß in beaug auf Bergnügen,
jtUt es an nießts, bas aum ffioßlergeßen ber
TCofianärinnen beitragen tann. Beben Unter*
jtilttmgsfpielen im (Barten, Baben unb Scßmim»
men bienen tagiicße Spaftiergange im Stabt£pir( unb ln ber »eiteren Umgebung Sifenacßs
aur Srßaltung unb görberung ber ©efunbhM^^ eben|o »ie im ©inter bie fleißige Bus«
Übung bes Scßlittfcßußfports auf bem unterhalb ber Sartburg gelegenen Btittgentelcßu
Bobein uf».; Xßeater unb Jtonaerte »erben befueßt;- aueß ßnben im B^nßonat f.lbft
©efcQfcßaftaabcnbe ftatt, bei benen auf bie Beachtung guter Umgangsformen ftrengftenn
gefeßen »irb. Sinen gana befonberen Beia üben bie »eiteren Busflüge aus, bie in tt»-
regelmäßigen 3 ntifcßenräumen naß ftriebrteßroba, giebenftein, ©eimar, 3 ena, ttaffel uf».
unternommen »erben unb ftets eine güüe reißer Slnbrücfe aurücflaffen. Biel au ber Bor*
trefflißfeit bes 3nftituts trägt auß ber ausgeaeicßnetegbbrftab bet ber fiß um bie Sorfteße»
rinnen oereinigt hat unb auf ihre 3ntentionen ftets ini^efßicfter ©elfe einaugeben oerfteßL
Busfüßrlißeres Über ben Unterrißt, Breife im# fonftiges Siffens»erte berißtet
ber lOuftrierte Brofpelt ber auf ©unfß oon Ungehörigen ober Bormünbem feitens ber
Sorfteberinnen pojtfrei sugefanbt »irb, boß ift anaugeben, ob ber Brofpett für bas
ßausmirtfßaftüße 3nftitut ober bas Seminar ge»ünfßt »irb.
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elegante Figur und graziöse Taille. Kein
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wie jeder andere Bohnenkaffee
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Voreinsendung des
für 50 Pfennig und
3 Stück .ür M. 1,50
ooolß
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in der Gunst des Publikums. Man hat eben rasch ge¬
funden, dass Ray-Seife von den bisher gebräuchlichen
Seifen vollständig abweicht, und dass sie einen weit grösseren
Wert besitzt als diese Die durch deutsches Reichspatent v“
Nr. 1 12456 u. 122354 geschützte Ray-Seife wird nämlich
Jü
aus Hühnerei bereitet, sie enthält also in grosser J^L rzw ~
Menge die kostbaren Stoffe Eiweiss und Dotter, welche, wie
wissenschaftlich nachgewiesen ist, für die tägliche Hautpilege so
ungemein wichtig und nützlich sind. Eine Waschung mit Ray-
Seife bereitet ein ganz besonderes Wohlbehagen. Wenige Reibungen
genügen, um einen prächtigen Schaum zu erzeugen, der durch
seine Weichheit und eigenartige Konsistenz direkt verblüfft i „
Säumen Sie nicht, einen Versuch zu machen! Die unver¬
gleichlich wohltätige Wirkung der Ray-Seife wird Sie ent¬
zücken. Preis pro Stück 50 Pfennig. Ueberall käuflich.
Falls Ray-Seife irgendwo nicht erhältlich sein sollte, so versendet die
Friedrichstrasse 12, gegen *
Betrages 1 Stück
20 Pfg. Porto,
portofrei. /
HSodje" mv. 3 4.
steigt täglich
22. 2Iuguft ISOj
Die-wocHe.
Kummet 34.
Berlin, ben 22 . Buguff 1908.
10. Jahrgang.
3nf>a(f bet Kummer 34.
Sie ficben läge ber SBoc&e.1453
Ser ©teberoufbau unb bie »eufgaffunQ oon 6täbten. »on »rofeffor
6cbu(fee<9tautnburg 1453
Sie Stunft, feine 6ommerfrif4>e ju maxien unb 3 u geniegen. Bon <8e^.
3Reb.-»at »rof. Sr. SB. f)i*..1457
Ser Unentbehrliche. Xheaterplauberei oon Sr. »auf Zqnbaü .... 1458
Unfcre »Uber.1460
Sie Zoten ber ©o$e.1460
»Uber oom Zage, (»hotographifch* Aufnahmen).1461
©plefaeug. »Oman oon i?ans oon Kahlenberg.1460
Sas Seboetmögen ber Ziere. Son Sr. Srrifc «rforoconnef.1474
»or bunbert fahren Unb beute, »on »egierungobaumeifter a. S Sranj
Seetf CDttt 15 «bbilbungen). . 1476
3ur (Eroberung be* ©übpote. »on Sr. 3- ffbarcflt. ('JCRlt 8 StbbUbungen) 1482
6efljj aus CBnab«/ »oman oon CbZorrei. (ftortfefeung).1487
Samenrubem. »on »icharb »orbhaufen. CDtit 5 ubbilbungen) . . . 1400
»Uber au« aller ©eit.1403
Die {leben Sage bet Boche.
, 13. Buguff.
Der Kaifer trifft aus bem Sennelager auf Schlog ©ilhelms«
bö^e bet Gaffel ein.
3n ber hagrtfehen Kammer ber Abgeorbneten ftimmen bie
Sosialbemofraten, bem Seifpiel ber babifchert ©enoffen folgenb,
3 um erftenmai für ben (Etat..
Die beutfebe ^ochfeeflotte feijrt oon ihrer Kreu 3 fahrt im
Atlantifchen O^ean in bie Vieler Sucht jurücf.
Aus Sänger tommt bie Kachrtcht, bag ein englifcher Ar 3 t,
ber an ben legten Kämpfen gegen bie Anhänger ©ulag #afibs
teilgenommen h°& en foll, oon biefen gefangen unb getötet
toorben ift
14. Bugaff.
Der babifche ßanbtag toirb mit Serlefung einer Sbronrebe
burdh ben ©rogber 3 og gefchloffen.
äum englifchen ©efanbten in Serlirt toirb an Stelle bes
aus bem Amt fchetbenben Sir grant ßasceües ber Sotfchafter
in ©ien Sir ©illiam (Ebwarb ©ofcheti (Sortr. S. 1464) ernannt.
3n Steglig ftirbt im Alter oon 62 Sehren ber Srofeffor
ber Shilofophie an ber ^Berliner Unioerfität Dr. griebrich
^Jaulfen (Sortr. S. 1464).
3n Kopenhagen toirb ber 15. internationale Drientaliften«
fongreg unter Seilnahme oon ettoa 600 ©elebrten burch ben
Kronprinzen (Ebriftian oon Dänemarf eröffnet.
Aus Konftantinopel toirb gemelbet, bag ber ©rogwefir bie
©nftetfung ber Xötigteit ber ma 3 ebonifcben Ausnahmegerichte
angeorbnet bnt*
15. Buguff.
Aus Sänger fommt bie Nachricht bag ©ulag 5)afib emftlich
erfranft ift. — Aus ©ogabor toirb gemelbet, bag bie Sruppen
bes Sultans Abbul Afts neuerbtngs (Erfolge gegen bie Streit«
trafte ©ulag 5)afibs errungen haben.
Aus Springfielb in SÜinois laufen Serichte über blutige
Kämpfe 3 wifchen Negern unb ©eigen ein. Acht ©eige wurbert
habet getötet.
(Ein (Erlag bes Schahs oon Sofien orbnet bie (Einfegung
einer Kommijfion an, bie ein ©ahlgefeg für ein aus Kammer
unb Senat 3 ufammengefegtes Parlament ausarbeiten foü.
16. Buguff.
Aus Springfielb toirb gemelbet, bag wegen erneuter Saffen«
tämpfe ber Selagerungjuftanb über bie Stabt oerhängt mürbe.
3n Düffelborf toirb bie 55. ©eneraloerfammlung ber Katho«
lifen Deutfchlanbs mit einem Arbeiierfefoug eingeleitet, an
bem {ich 60000 Arbeiter beteiligen.
17. Muguft
Die Ausfpemmgen bei ben Sulfanwerfen unb ben (Elfen«
inbuftrietlen in Stettin werben aufgehoben, nachbem bie Bieter
bes Sultan faft oolfyählig bie Arbeit wieber aufgenommen
haben.
Der Drucferftreit in Dänemar! wirb burch Annahme oon
Sermittlungsoorfchlägen bes ©intfters bes Snnern Serg beenbet.
3n Düffelborf beginnt ber ©ettfampf um bie ©eltmeifter«
fchaft im Schachfpiel swifchen Dr. Sarrafch*Sümberg unb
Dr. ßasfer«9teugorf.
18. Buguff.
Kaifer gran 3 3ofef oollenbet fein 78. ßebensiahr. Kaifer
©ilhelm bringt bei einer $oftafel auf SAlog ©ilhelmshöpe,
an ber ber öfterreiAifch'ungarifche Sotfchafter unb anbere ©it«
glieber ber Serliner Sotfchaft teilnehmen, einen überaus h**3«
lieh gehaltenen Xrinffpruch auf ben befreunbeten Monarchen aus.
(Es wirb eine Kabinettsorber oeröffentlicht, burch bie ber
Kaifer bie im Kuttusminifterium ausgearbeitete Seform bes
©äbchenfchulwefens für Sreugen genehmigt.
Der ©roghersog oon Dlbenburg ernennt an Stelle bes
©inifterpräfioenten ©Wich, ber feine (Entlaffung gegeben unb
erhalten hat ben Oberregierungsrat Scheer zum ©intfter bes
Snnern. Den Sorfig im ©inifterium führt ©inifter Suhftrat.
19. Buguff.
Aus ßonbon wirb gemelbet, bag in ber Kohlengrube ©ag«
pole in ber 9tähe oon ©igan bei einer (Ejplofion 76 Serg«
ieute oerfchüttet würben.
ooo
Der Bieberaufbau unb bie 7teu~
fchaffung oon Stäbten.
3«m Branbe oon Sonauefdjingen.
Son $rof. $aul Sd)uIöe■ Naumburg.
2 >er 5 . Buguft biefes 3 at)res braute 2 )eut}d)Ianb
3toei Ungtucfsfäde, oon benen jeber für fid) allein ge*
eignet gemefen märe, moebeniang bie Slufmertfamteit
ber Deffent(id)teit m Stnfpruc^ ju nehmen: Die Rata*
ftropbe bes 3eppetinf$en ßuftfcfjiffes unb ben Branb
Donauefct)ingens, ber eine ganje 6tabt in SIfcfje unb
Jrümmer legte. Die ®ernid)tung einer gan3en ©tabt
burd) geuer ift in Deutfdjlanb feit langer etmas
gan3 Unerhörtes. Cs mar 3U ermarten, bag nidjt allein
ÜJlitleib mit ben obbachlos gemorbenen Bemohnern,
bie ihre gan3e S)abe oerloren haben, fid) aller bemädj*
tigte, fonbern auch manch« anbere intereffante unb
attueüe grage burch biefen fo aufjergeroöhnlichen Un*
glödsfaD in ftärfftem ÜJtafj angeregt roorben märe.
3 ch meine bie grage, mie bei unferen heutigen 3 Rafj*
nahmen ber Baupoiisei für geuerjehug unb ben (Ein*
richtungen bes geueriöfchmefens ein Branb fo groge
2(usbehnung annehmen tonnte, oor aüem aber bie
anbere, fid) fogleid) ergebenbe, nicht minber michtige
unb intereffante grage, mie ber SBieberaufbau ange*
griffen roerben mügte, mobei natürlich bie (Erörterung
micfjtig ift, burch melch« SWagnahmen am beften ber
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Seite 1454.
Stummer 34.
SBieberteßr eines folgen Unglücfs porgebeugt »erben
tann. ©ocß oor allem mistig müßte bie grage {ein,
»elcße formen bas (Reuaufgebaute ansuneßmen batte.
Mber mir {tanben alle gar 311 fef>r unter bem fafjinieren»
ben ©inbrucf ber munberbaren gaßribes ©rafen 3eppriin
unb bes tragifcben ©nbes feines Schiffes, eines gaßr*
geuges, oon bem man noch oör einigen fahren mie
non einer 3 utunftsutopie, einem pßantaftifcßen (Märcßen
fpracß, unb bas nun oor unfer oder äugen feine Saßn
30g. Unb fo bürten mir nur mit halbem Oßr bie
Sunbe aus bem Scß»ar3»alb.
©rft (angfam bringt bie Sorftedung ber außerorbent*
(icßen SBießtigfeit bes ©onauefeßinger Segebniffes in
uitfer Seroußtfein. Unb mit U>r bie Sorge, baß mieber
einmal bie ©elegenbeit oerpaßt »erben tonnte, eine
3erftörte Stabt in »irtliib tluger, überlegener SBeife
neu erfteben 3U (affen. SBir haben ja (eiber Seifpiele
genug bafür, »ie abgebrannte Stäbte nicht »ieber
aufgebaut »erben follten. an Stelle eines gleich*
fam gemaebfenen Stabtorganismus, ber feine eigene
(ßbqfiognomie unb fein eigenes ßeben batte, fließen
nun baftig »itbe Unternebmertafernen »ie eine (ßil3*
faat empor, bie 3»ar auch eine neue fjäufermaffe
bilben, aber im übrigen ben troftlofen ausbruct ber
Sdermettpbßfiognomie tragen. Sie lieben $üge ber
Heimat finb für immer ausgelöfcßt.
©er Streit ber (Meinungen beginnt auf3uflammen.
SBas foden benn bie ßeute »ieber ihre alten, tlein*
ftäbtifeßen Saracfen bauen, »enn fie ©elegenbeit haben,
in neuen, großftäbtifeben (Bauten 3U »obnen? Sollen
fie etma »ieber mit ben 3»ar (anbeingefeffenen (Bau*
materialien bauen, bie ficb 3um ©eil nicht einmal als
feuerficber erroiefen haben, unb nicht (ieber all bas
oerfuchen, »as beute bie neue (Bauinbuftrie auf ben
(Marft bringt? 3 ft es nicht eigentlich felbftoerftänblich,
»enn man nun bie ©elegenbeit »abmimmt unb bas
alte (Heft bem boeb fo oorbilblich feßönen (Berlin fo
ähnlich »je möglich macht?
3 cb feibft »eiß nichts über bie abfichten, bie beim
SBieberaufbau oon ©onauefeßingen entfeheibenb fein
»erben, unb über bie Schritte, bie bisher gegeben finb.
3»ar befagten einige fur3e 3«tungsnoti3en, baß auch
tünftlerifcße ©efiebtspuntte ben SBieberaufbau leiten
follten, unb baß bas babifeße (Minifterium fieß ber Sache
angenommen habe; ba fich aber mein SBiffen auf
biefe befeßränft, fo füllen meine ausfüßrungen nießts
»eniger als eine Stritif ber oielleicßt oor3üglicßen ßeitung
ber angelegenbeit bebeuten. 3cß ergreife lebiglicß bie
mir oon ber (Rebattion ber ,> 3 Boeße" gegebene ©e*
legenbeit, gan3 allgemein bie ©efießtspuntte 3U be*
fpreeßen, bie mir bei SBieberaufbau, ja auch bei ber
(Reufcßaffung oon Stabtantagen, »ie unfere ©age fie
ja oft genug feßen, maßgebenb erfeßeinen.
©ie ßeute taum meßr gans jung 3U nennenbe (Be*
»egung auf bem ©ebiet ber angemanbten Äünfte unb
areßitettur, bie auf oerfeßiebenen SBegen los »ill oon
bem fcßlecßten Scßema, bas noeß in ben Heutiger
3 aßren allgemein ßerrfeßte, unb bie oenoanbte (Be*
»egung, »ie fie unter bem Sammelnamen $eimatfcßuß
begriffen mirb, haben fieß ßeute feßon berart (Baßn ge*
broeßen, baß gorberungen, bie man oor fünf 3aßren
noeß oerbößnte, ßeute aueß in offi3iellen Greifen feßon
geßört, ja berüeffießtigt »erben.. 3cß fann alfo bas
allgemeine ber SBünfcße bes i)eimatfcßußes unb ber
tünftlerifcßen (Beftrebungen unferer Seit als betannt
oorausfeßen unb fogleicß auf ein3e(ne fragen eingeßen.
©ie erfte grage, bie bie ©emüfer bemegt, ift ge*
wößnlicß bie: foll man bas (Bernicßtete bureß bas gleiche,
alfo etma eine (Retonftruttion erfeßen, ober fod man
fieß 3U ber anfießt betennen, baß es bas SBert einer
oergangenen 3 e 't gemefen fei, unb ba alles, »as »ir
neu errießten, in bem ©rabe bas ©epräge unferer ©age
tragen muffe, baß ängfttieß alles 3U oermeiben fei, was
antlänge an bas (Bilb früherer 3 e *ten ßeroorrufen
tönnte. (Racß meiner (Meinung oertreten beibe grage*
ftedungen anfießten, bie unhaltbar finb, weil fie aus
©ßeorien unb nießt aus bem ßeben ßerfommen. (Beiben
liegen richtige ©ebanten 3ugrunbe, adein ber ©oftri»
nörismus unferer ©age, ber ades (Ratürlicße erftieft
ßat, läßt fie nießt 3ur (Entfaltung tommen, unb bas
(Refuttat finb blutlos geworbene ©ogmen. (Beibe 3U
einer natürlichen Harmonie 8U oereinen, muß bas 3**1
fein. 3 n einem gad, »ie bem hier oorliegenben ©onau*
efeßinger, »äre eine (Retonftruttion feßon aus bem
©runb Unfinn, ja eine Unmöglicßteit, »eil es fieß tat*
fäcßlicß um gar maneße feßteeßte, alte unb oer«
brauchte Käufer ßanbelt, »ie man fie nießt »ieber 3ur
SBoßnftätte oon (Mengen 3U haben »ünfeßt, »enn
man (jede, gefunbe (Räume, bie in »oßlburcßbacßter
©runbrißanorbnung fieß 3U einem ©an3en fügen, haben
tann. aderbings »oßnten jenen alten (Bauten gar
maneße ©efüßlsmerte inne, bie beim ©ureßmanbern
ber Stabt in uns ben ©inbrucf bes ijeimifeßen, (Beßag*
ließen, anftänbigen unb (Ratürlicßen »aeßriefen, »as
felbftoerftänblich feine Urfacße in ber getlärten gormen*
fpraeße ber ßeimifeßen (Baumeife ßatte, aueß »enn 3U
ißren (Repräfentanten oiel altes, aueß (Bermaßrloftes,
Saufälliges unb Ueberlebtes gehörte. Sie mit ben
neuen ©rrungenfcßaften aufgeben, ßieße unerfeßließe
»ertoode Seßäße oerlieren. (Man tann bas eine tun
unb braueßt bas anbere nießt 3U laffen. So oerteßrt
es alfo »äre, beim SBieberaufbau irgenbeinen ©efießts*
puntt außer aeßt 3U laffen, ben unfere heutige 3*it in
be3ug auf ©runbrißanorbnung, (Belicßtung, oemünftige
Lagerung, ©rocfenlegung, geuerfeftigfeit unb ßpgienifcße
©inrießtungen gemonnen ßat, fo wenig nötig ift es,
babei bie »unberbare gormenfüde oon 3aßrßunberten
aufjugeben, in benen für uns ber 3“uber bes Heimat*
ließen moßnt. ©enn bas tat aueß feine ber früheren
3eiten — bie »ir als „feßöpferifeße" anfeßen — aueß
»enn fie noeß fo oiel (Reues ßin3ufügten.
Seßr »efentlicß haben fieß nun in ber ©at bie
©rößenoerßältniffe unferer (Bauten oerfeßoben. auf
ber einen Seite ift es mit ber (ßlaßoerfcßmenbung,
»ie fie oergangene 3citen oft trieben, oorbei. ©a*
mats hatte ber (Boben meift noeß menig SBert, unb
bas (Bauen toftete nießt oiel, befonbers benen, bie
Herren waren. So tommt es, baß ältere Sauwerte
oft ©imenfionen angenommen haben, bie für uns
ßeute unerreichbar finb. anbererfeits aber .ßaben fieß
aueß »ieber unfere (Bebürfniffe feßr oermeßrt unb
bifferen3iert. (Ricßt adein, baß man gewöhnlich höhere
ßießtmaße für bie ein3e(nen (Räume annimmt, als es
früßer gefeßai), aueß bie an3aßl ber (Räume ßat fieß
oermeßrt, »0 es bie oeränberte art bes ßebens unb
bes (Berteßrs notwenbig gemaeßt ßat. ©as bringt in
ber ©efamtßeit boeß eine Vergrößerung bes gefamten
umbauten (Raumes mit fieß. 3 n ben gäden, »o ein
Sefißer über eine befeßräntte ©runbfläcße als fein
©igentum oerfügt, ift es natürlich, baß an Stede ber
früßer niebrigen, oiedeießt nur einftöcfigen ffäufer jeßt
»eit ßößere Sauten oon meßreren Stoefmerten treten.
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Schimmer 34.
Seite 1455.
Es erscheint:
15. SONDERHEFT
DER „WOCHE“
Auf dieses neue Sonderheft sind in den wenigen Tagen seit der erften Ankündigung so viele Beftellungen
eingelaufen, daß die Auflase noch während des Druckes erhöht werden mußte. Wir glauben
aussprechen zu dürfen, daß das Sonderheft aber auch dem ungeteilten Interesse gerecht wird,
das sich für Graf Zeppelin überall in Deutschland geltend macht. Es faßt in Wort und Bild
.zusammen, was er in jahrelanger Arbeit geschaffen hat und jüngft unter Bewunderung der
ganzen Welt vorfuhren konnte. Ein interessanter Textteil leitet die Bildertafeln ein. Zahlreiche
Aufnahmen von der großen Fahrt
in vorzüglichen Reproduktionen schmücken das Heft; der Umschlag trägt das Porträt des Grafen.
So erscheint unsere Arbeit berufen, jener freudigen Stimmung Ausdruck zu verleihen, die das
deutsche Volk beherrscht, und die zu einer Nationalspende aus allen Kreisen geführt hat Wie
schon im Jahre 1903 die »Woche« mit einem Aufruf für Zeppelins Arbeit eintrat, so ftellt sie sich
auch mit diesem Sonderheft ganz in den Dienst der nationalen Sache. — Das Heft ift zu beziehen durch
alle Buchhandlungen sowie unsre sämtlichen Filialen und Geschäftsstellen.
Der Reinertrag ist für den nationalen Zeppelin-Fonds bestimmt
Der Preis des gcschmrckvoll ausgeftatteten Heftes beträgt Mark 1.—.
L BERLIN SW 68
Zimmers’r. 37141.
Bestellkarte liegt bei .
August Scherl
am. LH. I
3 n>ar hat bie Saupolyei meift bafür geformt, baft bie
©efamtftöhe ber Käufer nicht ein geroiffes ÜRaft über 3
fcftreitet; fie fann es inbeffen hoch nicht Derbinbern,
baft SBorortftraften, bie früher bei ihrer niebrigen 58 e*
bauung eine ibeate 2 Bohnftättenbebauungsart bar»
{teilten, weit fie bie Anlage heil unb freunblich machten,
jefct burch f)of)e ÜRietsfafernen ihren atten ©harafter
ooHtommen einbüften. Sie Sufflärung über ffiohnungs*
unb ßebensftggiene macht inbeffen immer größere gort»
fchritte, unb fchon überall tann man eine beutliche Sen*
benj mahmehmen, bie fitf> augunften bes Meinen (Ein*
familienbaufes gegen bie ÜRietsfafernen richtet. 3 n
©roftftäbten, too bie 5 Bobenpreife unb bie großen ©nt*
femungen noch allein maftgebenb finb, mirb fid) bie
ÜRietsfaferne noch am (ängften hotten müffen. 3 n
tleineren Stabten unb auf bem ßanbe füllte ihr mit
allen Straften entgegengearbeitet toerben. 5 )ier haben
unfere, b. h- bie E)eimatf<huftbeftrebungen, in benen für
IBobenreform ben roertoollften 58 unbesgenoffen gefunben.
Sas Straftenneft felbft mirb bei ÜBieberaufbauten
meift in ber gleichen SBeife erhalten mcrben müffen.
(Erftens finb bie Straftenanlagen, bie fefjr foftfpielig
finb, noch norhanben, unb ihr Slberfpftem gliebert in
ben meiften gällen bie Stabt aufs natürlichfte, roenn
man bie alten Strafjenaüge geluffen hat. '.natürlich
märe es jeftt bie gegebene 3 «it, alle münfchensmert
gemorbenen 58 erbefferungen burchaufüftren. 5 Rur füllte
man fich hüten, uni biefer bequemen ©elegenfteit millen
allju fcharf in bas JBorftanbene einjugreifen unb aus
greube am SRegulieren Singe au befeitigen, beren 5 Rot*
menbigteit unb ©efeftmäftigfeit ber ßaie — unb
bas finb heute bie meiften, bie beim Stäbtebau
eine Stimme haben — nicht erfennt. Saf)in gehören
in erfter ßinie bie g(ud)t(inienregulieru.;gen. (Es ift
burchaus feine 23 erbefferung, menn bie gefcftmungenen
ober getnicften Straften mit bem ßineal grabe gemacht
merben unb bie neue Bebauung biefem 5 Bleiftiftftridh
folgen muft. (Es ift ungefähr fo, mie menn ein täp»
pifches Stinb in bie Zeichnung irgenbeines alten ÜReifters
hinein Striche macht, ohne au erfennen, baft es ben
Slusbrucf entftellt. 3 <h habe an anberer Steüe (Kultur*
arbeiten, 58 b. IV. Stäbtebau) eingehenb mit JBilberbei*
fpielen biefes Xhema behanbelt; ein turaer Sluffaft tann
natürlich feine 5 Berocife führen unb tann nur anbeu*
tenb an bie groften ©efidjtspunMe erinnern. Sttucf)
gelegentliche 58 orfprünge, SEBlntel unb ©den in ber
j)äuferfläd)e pflegt man bei folgen ©elegenheiten gern
oerfchminben au laffen, fchon besmegen, roeil bie
5 Bauuntemehmer nichts mit ihnen anaufangen miffen.
©erabe burch richtiges 5 Bermerten biefer Meinen Un*
regelmäftigf eiten fann ein befonberer 5 Reia in bas
Straften» unb Stabtbilb gebracht merben. gn ähnlicher
Seife müftten bie 5 Berfehrsinfeln auf Straftenoerbreite»
rungen unb 5 ßläften, bie ßaufbrunnen, Sentmäler ufm.
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Seite 1456.
gefcgont, an igren Stellen beiaffen unb nicf>t aus ben
angeblichen Sertegrsrüdficgten fo oerfcgoben ober gar
befeitigt roerben, bafj überall lange, gerabe fjragrbagnen
entfielen. Sie alten Stra§en3Üge roaren meift fegr ber
Dertlicgfeit angepafjt, unb es ift ein Irrtum, ansunegmen,
bafj bie (Rennbagn mit recgtroinflicg einmünbenben
Querftragen bie befte Sertegrsgelegengeit märe. Ser 93 er*
tegr braucht manchmal auch hinbentiffe, bie ign branben
(affen, bamit er ficg nicgt unnötig in Quartiere oerliere,
bie ber Stille unb (Rüge oorbegalten bleiben foden. Sr
braucht a«cg ©elegengeiten, bie ign 3erteilen ober ign in
oerfcgiebege (EBege oermeifen. (Ratürlicg gibt es gälle, in
benen tatfäcglicg 3U enge Saffagen oerbreitert ober neue
93 ertegrsmege eingefügrt roerben tonnen, befonbers roo es
ficg um bie grogen (Durcggangsroege ber ßanbftragen
burcg bie Stäbte ganbelt. Slber bas finb nur (äusnagmen,
unb fie follten oon roirflicgen Äünftlern bes Stäbtebaues
3Uoor forgfältig geprüft unb nicfjt fu^erganb oon
einem ßaientodegium oon Stabtoerorbneten unb URa*
giftratsperfonen beftgloffen roerben. Ser (BBunfcg, mög*
licgft Slutamobilrennbagnen burcg bie Stäbte 3U (egen,
ift niigt im ßntereffe ber Slutomobiliften unb nicgt in
bem (Beroogner ber Stabt, unb etroas (Reibungsfläcge
ift beiben burcgaus 3U roünfcgen.
So oorficgtig, roie man im (EBegnegmen fein fodte,
fo oorficgtig fodte man aucg im $infegen fein, ©ar
gäufig roirb in unferer 3 eit ber Sorfcglag gemacgt, bie
(ßläge burcg; „gärtnerifcge Anlagen 3U oerfcgönen".
gaft immer roaren bies (Dtiggrtffe, benn ©arten unb
Släge finb fegr oerfcgiebene Singe. Sie ißläge finb
gleicgfam bie Säle in bem grogen Stabtgebäube, unb
einen roirtlicg glücflicg angelegten $(ag roirb man nie
burcg Sepflan3ung oerbeffern. Sogar eingelne 93 äume
auf ißlägen roerben nur in geroiffen (dusnagmen eine
roirtlicge 93 erbefferung bebeuten, roägrenb fie auf roogl*
gebilbeten dRarttplägen mit fcgönen gafjabenroänben
in ber (Regel nur 00m Uebel finb.
©ine fegr fcgroierige grage ift es, roie man ficg am
beften bei 3erftörten giftorifcgen 93 auten, roie (türmen,
loren, alten (Ratgäufern unb Stircgen 3U oergalten
gat. Gs ift gut gemeint, roenn ber Sorfcglag gemacgt
roirb, fie genau in ber alten gorm roieber neu auf3u*
bauen. Ob es aber ratfam unb angängig ift, tann
roogl nur oon gall 3U gall entfcgieben roerben. 3ft
es irgenbein alter (Rugbau aus alten 3«*tcn, beffen
3 ®ecf roeggefaden ift, roie bei Soren, (Befeftigungen
ufro., fo liegt fein SEBert oor adern in ber Ortsftimmung,
bie ein folcg egrroürbiges Sotument oerbreitet, unb bie
geroig nicgt godg genug an3ufcglagen ift. 3 ft bas Sotu*
ment aber oernicgtet, fo lägt es ficg als folcges bocg
nicgt roieber gerfteden, unb felbft eine (Racgbilbung roirb
nicgt megr ben 3 <>uber bes ecgten Sotumentes gaben,
ba nicgt adein URaterial unb 93 aufornien fprecgen, fonbern
aucg 2 Ilter, 93 erroitterung unb ade Spuren, roie bie
3eit fie eingegraben gat. ©enau fo roenig, roie man
bie guregen in einem egrtoürbigen ©reifenantlig tünftlicg
bei einem jungen URenfcgen gerfteden fann, fo roenig
lägt ficg ein altes (Baumert burcg ein neues er fegen.
(EBas bagegen übernommen roerben mügte, ift meift
bie aregitettonifege 3 bee, bie im (Bauroert fteeft. Segr
gäufig fcgliegt ein alter (türm, ein (tor ober ein (Rat*
gaus, bas auf ßauben aufgebaut ift, ein Ißlag* ober
Stragenbilb ab, ogne ben (öerfegr, ber burcg bie Oeffnun*
gen feinen SEBeg nagm, 3U ginbern. Gs roäre fegr falfcg,
bann an biefer Steüe einfaeg eine fiüde frei 3U Iaffen,
fonbern man fodte aucg bann roieber bie aregiteftonifege
(Rümmer 34.
(Bauibee bes (öbfegluffes unb ber Ueberbrüdung bei*
begatten, aucg roenn es ficg um ein neues (Baumert
ganbelt, bas ficg burcgaus als folcges 3U ertennen gibt.
3 Ran fodte gier aucg oon ber (E 3 agnibee abgegen, bag
notroenbigerroeife ade öffentlicgen (EBege als gagrftragen
ausgebaut roerben müffert. Gs ift gerabe im 3ntereffe
bes (Bertegrs bringenb 3U roünfcgen, bag manege Saffagen
nur als guggängerroege angelegt roerben. (Denn biefe
finb für ben guggänger, ber im Stragenoertegr bocg
weitaus bie SRegrgeit bilbet, eine groge (dnnegmlicg*
feit unb für bie gagrftragen eine erroünfegte Gntlaftung.
2 lucg abtür3enbe Serbinbungsroege, bei (Rioeauunter*
fegieben in (treppenform angulegen, finb roefentlicge
(Berbefferungen. ganbelt es ficg bei ber (EBieber*
erriegtung um 93 auroerte, beren 3 mct fbeftimmung
bie gleicge geblieben ift, roie befonbers bei Stircgen,
fo tann icg, folange bie (Bauroerte igren 3n>ed oor«
trefflieg erfüllten, bie 3 bee, fie in gleicger SEBeife roie*
ber neu 3U erriegten, burcgaus nicgt fo fegerifeg finben,
roie bas geute oft gefegiegt. (EBirtlicg beftimmen fann
natürlicg nur ber fein empfinbenbe (Baumeifter, bem
für ben Gin3elfad bie Stufgabe übertragen roirb.
Sagt biefer: (Das alte Sauniert entfpraeg oortrefflieg
naeg ßage unb 3n>cd feiner gorm, bag es mir beim
beften (EBiden nicgt möglicg ift, etroas (Befferes 3U
fegaffen, fo liegt tein ©runb oor, lebiglicg aus (ßrin*
3ipienreiterei etroas burcgaus (Reues 3U oerlangen. Scgon
bas (EBiebererftegen bes SUtgeroognten gat etroas für
bie Ginroogner ber Stabt (EBicgtiges, bas nur ber
j)eimatlofe gering anfcglagen tann. 3ft ber ausfügrenbe
(dregitett ein roirflitger Zünftler, fo roirb meift gan3
oon felbft etroas anberes als eine meeganifege Jtopie
entgegen. Gr roirb bie (dufgabe oon innen geraus
buregbringen unb roirb in bie alten Saugebanten, bie
bie natürlicge ©runblage bilben, neue (Ruancen legen,
bie roertooder finb als bie an ben paaren gerbet*
gesogenen „felbftfcgöpferifcgen" (dbfonberlicgteiten.
(Ratürlicg bringt bie Einlage einer Stabt bes 3roan*
3igften gagrgunberts aucg Aufgaben, bie in frügeren
3 siten nicgt oorganben roaren. Denn man gatte ba*
mals roeber Sagngöfe noeg ausgebegnte Ärantengäufer,
Scglacgtgöfe unb (EBarengäufer. Sei noeg beftegenben
alten Stabtanlagen liegt tein ©runb oor, biefe neuen
Saunierte nicgt bem Sorganbenen in natürlicger SEBeife
an3ufügen, roie bas natürlicge (EBacgstunt eines Saumes
es aucg tut, bei' bem immer neue Oagresringe ficg um
bie alten gerumlegen. Gntftegt aber ades gan3 neu,
fo roirb es möglicg fein, neue Grrurigenfcgaften unb
alte Grfagrungen inniger 3U einem ©an3en 3U oer*
binben. (EBir tommen babei auf bie grage ber
Sauformen. (Ratürlicg lägt ficg ein fo groges (tgema
gier nicgt eingegenb erörtern, fonbern icg möcgte
mieg barauf befegränfen, tur3 auf ben Sinn ber Sau*
formen ginsuroeifen. 2 Ran barf nicgt meinen, bag fie
lebiglicg ein Spiel ber dRobe bebeuteten, bie roecgfelte,
nur roeil ber ÜRenfcg einmal etroas anberes fegen
roodte, fo roie er bie (Rode eng tragen mug, roenn er
fie eine 3 e<tlang roeit getragen gat. 2 er eigentliche Sinn
ber Sauformen liegt in ber Konftruftionsform, unb
biefe ift abgängig oon ben am beften sugänglicgen ört*
liegen dRaterialien unb ben Seganblungsmetgoben, bie
ficg im ßanbe gerausgebilbet gaben. 2ie formen
unferer alten Saunierte finb benen unferer trioialen
(dderroeltsbauerei besgalb fo gimmelroeit überlegen,
roeil fie altberoägrte unb ganbtoerflieg aufs forgfältigfte
beftidierte Konftruftionen bebeuten, bie man in ber
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'Jlummer 34.
Seite 1457.
leicßtfertigften Seife aufgegeben f)at, als bas Sauen
aufhörte, ein ijanbroerf 3U fein, unb anfing, eine 3 n«
buftrie 3U roerben. SJtan barf nun nicht meinen, baß
man gan3 oon allein mieber auf biefe Sauformen
fommen mfifjte, wenn man bas gleiche SOtaterial in ber
anfcßeinenb beften Seife beßanbelte. Senn ber ein3elne
Konftrufteur roirb nicht in tur3er $eit bas leiften fönnen,
mas Generationen mohlgeübter i)anbroerfer burch 3 “hr*
ßunberte ßjnburcß fanben. (Es roirb Deshalb ber beffere
SBeg fein, fi<ß fo eng mie möglich an bie oorhanbenen
Srabitionen ansufcßließen, fomeit fie paffen, unb nur
bann Sttenberungen oorsuneßmen, roenn ein tatfächlicher
Bnlaß ba3u oorliegt. Sur auf biefe Seife roirb es
möglich fein, ein ©an3es entftehen 3U taffen, bas 3roar
allen Bnforberungen bes Xages gerecht roirb, bas ben
Seroohnern aber auch lieber eine oertraute Heimat roirb.
- o --
Die äunff, feine 5ommerfrifd)e 3U wählen mb 3U genießen*
Son ©eh. 3 Reb.*Stat ißrof. Sr. S. S) is.
Ser roiffen roill, roas eine Sommerfrifche leiften
tann, ber fct>e fich hoch einmal ben Slus3ug einer
Scßülerfolonie an, roie bie jungen acht ober oier3ehn
Sage nach einer befcheibenen Grßolungftätte sieben.
Scßon auf ber gaßrt finb fie gan3 anbere Senfehen.
Sie greube unb bie (Erroartung ber fommenben f)err*
liebfeiten leuchten ihnen aus ben Bugen. Saum ange=
fommen, bemächtigen fie fich ihres ©ebietes. Sit
jugenbfrifeßem (Eifer roerben ijaus, Stall, ©arten, Salb
unb gelb unb alles, roas ba freucht unb fleucht, ftu»
biert. 3 eber lag bringt neue (Entbecfungen. Gin
Sogelneft, ein j)afe ober gar ein 3 gel erfüllen bas
©emüt für ben gansen Sag, unb muß enblich ber
f)eimroeg angetreten roerben, fo fcheiben fie roie aus
einem ißarabiefe, unb bie roenigen Sage leuchten ein
ganses ßeben ßinbureß in freubiger Grinnerung.
Unb nun als ©egenftücf jene SDtenfcßenflaffe, bie
nach Stanb unb Vermögen ihre ganse Gfiftens ben
gefellfchaftlichen Konoentionen opfern muß! Ser Sinter
roirb in St. SDtoriß, bas grühjaßr an ber SUoiera, ber
grüßfommer in Karlsbab, Stauheim ober Kiffingen, ber
^oeßfommer an ber See ober in ben $ocßa(pen, ber
#erbft an ben italienifchen Seen ober in Siesbaben
3ugebracht, unb taum reichen bie roenigen Sonate, bie
man 3U fjaufe jubringt, .hin 3ur GrfüHung ber gefell»
feßafttießen pflichten, 3ur Befcßaffung ber nötigen Soilette.
Siefe Klaffe oon Sommerfrifcßlern berbraucht oiel, fehr
oiel mehr ©elb als bie gerienfoloniften, aber troßbem
fieht man faum je bei ihnen fo leuchtenbe Bugen beim
Segfahren unb fo 3ufriebene ©efießter beim 3 ur üd=
fommen. gür fie ift eben ber Sommeraufenthalt eine
gortfeßung bes geroohnten Sehens am fremben Ort:
baher ber Sänget ber befreienben Sirfung, ber Um=
ftimmung bes ©emüts, bie eine ootlftänbige Beränbe»
rung ber Umgebung unb Sebensroeife mit fich bringen
fann, oorausgefeßt, baß fie ben Kräften unb Steigungen
sroedmäßig angepaßt ift.
Ser ben größten Seil bes 3 ohr*s in einer Be«
fcßäftigung 3ubringen muß, bie fein ©emüt nicht ooll«
auf befriebigt, feine Kräfte übermäßig anfpannt, ihn
in beftänbiger Unruhe erhält, muß ein» ober 3toeima(
im 3<tbre eine 3eit haben, bie ihn oon allem befreit,
roas ihn im Saufe bes 3 ahres befchroert. Sie große
Seßrsaßl ber Senfehen unb auch fotdje, bie ihren Beruf
lieben, leiben ja barunter, baß fie meiftens nicht tun
bürfen, roas fie roollen. Sille bie Störungen unb Slb»
Haltungen fummieren fich fcßließlicb unb rufen jenen
Suftanb ßeroor, ben man je nach ©rab unb gorm
als Steroofität, Slbfpannung ober fcßlecßte Saune be»
3eichnet. Saoon befreit nur eine 3 eit, in ber jeber
fich feinen Steigungen nach Sunfch hingeben barf.
Saraus ergibt fich aber auch, baß bei ber großen Ber«
fchiebenheit ber Steigungen jebem bie Saßl beffen über«
iaffen roerben muß, roas er mit feiner freien 3eit an«
3ufangen gebenft. Ser fich nun einmal bon einem
geroiffen ßujrus nicht frei machen tann ober roill, roer
ben gefellfchaftlichen Berfeßr nicht miffen mag, roer
3ubem greube h<*t an ber Beobachtung jenes inter»
nationalen SJtenfcßenfalats, roie er fich in ben Rotels
erften Stanges 3ufammenfinbet, ber mag immerhin jene
hocheleganten Kurorte auffuchen. Sie große S 0 tehr 3 af)t
aber ber roirflicß erholungsbebürftigen Senfehen fuefjt
eine roeniger tonoentioneHe Umgebung auf: er hat bas
Bebürfnis nach Ungesroungenßeit, nach Statur unb nach
Süße. Ginmal roill er fich felbft unb feiner gamilie
allein angehören.
Sie große grage bei ber geftfeßung bes Steifeplans
ift sunächft: See ober Gebirge. Sie erfrifeßenbe Sir*
tung beiber auf bie erfcßlafften ober überempfinblicß
geroorbenen Stabtneroen ift ja betannt. Sem einen
roirb bie gren3enlofe gläcße ber See, bie Ginförmigfeit,
ber Sünentetten halb langroeilig, ber anbere fühlt fich
bureß bie ©ebirge beengt unb bebrüdt. Büßer biefen
Steigungen ift aber noch einiges .3U berüctficßtigen: So
richtig fauleren tann man eigentlich nur an ber See.
Ser alfo bas Bebürfnis hat, fein übertätiges Seben
3u unterbrechen, ber foll an bie See gehen. Steht er
in lebhaftem ©efcßäftsbetrieb unb Iaffen ihn an ber
Küfte Setegraph unb Selepßon nicht in Stuße, fo gehe
er auf einen Sampfer, mache etroa eine Steife nach
Storroegen, nach bem SOtittelmeer ober nach Seneriffa.
3 um ©lüd finb ja noch nicht alle Sampfer mit gunf«
fprueßapparaten oerforgt! Ob Oft«, ob Storbfee geroäßlt
roerben foll, hängt oon ber geftigteit bes Schlafes
unb oon ber Stei3barteit bes Steroenfgftems ab. (Es ift
ja betannt, baß ber feßarfe Seeroinb unb ber beftänbig
hörbare Seüenfcßlag mancher Storbfeeinfetn bei über»
mäßig rei3baren ißerfonen Scßlaf, Bppetit unb Soßl*
befinben erßeblicß ftören tonnen. 3m übrigen bietet ja
bie Küfte ber Oft« roie Storbfee alle benfbaren Ueber«
gänge 00m primitioen gifeßerborfe bis 3um hocheleganten
Kurßaufe, fo baß jebem Bebürfnis unb jebem ©elbmittel
Stecßnung getragen roerben fann. Gine Gefahr in ben
Seebäbefh bilben nur jene ©ifthüttchen, ober roie fonft
jene behaglichen tleinen Kneipcßen heißen mögen, in
benen fich oon 3aßr 3U gab* ein fröhlicheres unb aus*
gebehnteres Stacßtleben antäßt. So gut alle biefe ©e»
tränte unb anberen fjerrlicßfeiten an ber See feßmeden,
fo foll boeß feiner oergeffen, baß 3ur richtigen Grßolung
Scßlaf, Scßlaf unb noch einmal Scßlaf bas roießtigfte ift.
3 ns ©ebirge gehören eigentlich nur ßeute, bie
gehen tönnen unb gehen roollen. Ser im Ejocß* ober
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Seit* 1458 .
Kammer 34
Mittelgebirge an bas Sänfcßen oor bem ^aufe ge«
feffelt ift, roirb bie Schönheiten bes Gebirges nießt
3um 3*ßnten Zeil genießen. Somit foH ja nießt gejagt
fein, baß jeher im ©ebirge anbauernb auf ben Seinen
fein muß. 3m ©egenteil, pieie feßaben fieß babureß,
baß fie, im ÜBeftreben, ihren Stufcntfjatt fo recht aus«
jjunußen, in eine roaßre Nußeloftgteit geraten, bie ben
groeef bes Aufenthaltes oereitelt. Namentlich bei jarten
Serfonen follen Schlaf unb Appetit bie feiger fein,
nach benen fich bas Maß ihrer Anftrengungen richtet.
Sefonbers barf man ben Jtinbern barin nicht 3uoiel
3umuten. 2 Boßl bürfen fräftige Sinber oon 6 —7 fahren
mit ben nötigen ©rßolungspaufen 3—4 Stunben gehen,
unb für 12—14 jährige finb fogar anbauembe Märfeße
oon 8 —10 Stunben nicht suoiel. Müßt bemerft gilt
bies aber nur für gefunbe Jtinber. Alle blutarmen
unb fchmächlichen Jtinber müffen tür3er gehalten toerben.
SB er gefunb unb träftig ift, für ben finb länger bauembe
gußreifen vielleicht bie fchönfte ©rßolung. ©inen Saß
nach bem anbern 3U überfchreiten, jeben Abenb too
anbers 3U nächtigen, jeben Sag eine neue fianbfcßaft
oor Augen 3U betommen, hie unb ba eine am 2 Bege
liegenbe Spiße 3U befteigen unb fich an einem aus«
gebehnten Nunbbtief 3U erfreuen, gehört oielleicht 3U
ben größten ©enüffen, bie bie 2Belt einem frifeßen,
empfänglichen ©emüt 3u bieten hat. Aber auch hierin
ift' Maß 3U halten. S3or allen Singen ift langfam 3U
beginnen, unb noch mehr gilt bies für bie eigentlichen
Hocßtouren in ben Alpen, gaft ade jene gälte, in
benen Hersbefeßroerben oorübergeßenb ober bauernb
bureß lleberanftrengung beim Steigen entfteßen, be»
treffen Heute, bie oßne genügenbes Zraining fieß an
3U große Aufgaben gemagt haben. Neroofität mäßigen
©rabes, felbft neroöfe Uebererreg barfeit bes Hebens
Mben an fieß fein Hindernis für Hochtouren, fie fann
im ©egenteil bureß folcße geßeilt roerben. Socß bürfen
anftrengenbe Zouren erft naeß minbeftens 8—14 tägigem
Zraining bureß Heinere Spa3iergänge unb Saßmärfcße
in Angriff genommen roerben. Ueberßaupt finb Hoeß«
touren nichts für Heute mit befeßränfter 3 eit unb
eigentlich aueß nießts für ßeute mit befeßränftem ©elb«
beutet, ©s ift ja ßoeß erfreulich, baß meßr unb meßr
bie gugenb aller Stänbe fieß ben törperlicßen Hebungen
3uroenbet, unb ich habe immer bie größte greube ge«
habt 3U feßen, roie jeßt oom grüßfommer bis 3um
Spätßerbft bie ganse öfterreießifeße, batjrifcße unb
fcßroei3erifche Alpenfette oon frifeßen, jungen Surfcßen
frequentiert roirb, bie oor 3toan3ig gaßren oielleicßt
ißre einjige greube in ber Stneipe gefunben hätten.
Aber leiber häufen fieß aueß bie Unglücfsfäüe. Sa
roirb, roeil bie 3eit nießt reießt, eine Sefteigung bei
unfießerem SEBetter oorgenommen; es roirb, roeil bas
©elb nießt reießt, ber güßrer gefpart, unb fo roeit finb
,bocß roenige biefer jungen Neifenben alpiniftifcß aus«
gebilbet, baß fie im Nebel ober Seßneefturm immer
ißres ffleges fießer roären. Sen roenigen roirfließ
Sergfunbigen tun es bie Unfunbigen aus ©ßrgei3 ober
Unroiffenßeit naeß. 3cß erinnere mieß, einmal fieben
Stubenten ungenügend ausgerüftet am guße ber
gungfrau getroffen 3U haben. Sie roaren losgesogen
roie bie fieben Scßroaben, roeil man ißnen in Tübingen
gefügt hatte, auf bie gungfrau fei eine roaßre Sölfer«
roanberung, fo baß man nur ben Sorbermännern
naeßjugeßen braueße. Unb noeß eine Bemerfung: ber«
artige fportlicße Uebungen bienen nießt nur 3ur Rräfti«
gung unb Abhärtung bes Störpers, fonbern aueß bes
©eiftes. ©s feßabet nießts, roenn bas oerroößnte Stabt«
fößneßen einmal lernt, roie fieß’s auf bem H«u feßläft,
unb roie man feine ©rbfenfuppe felbft foeßt. ©s ift
besroegen bureßaus nießt nötig, ben Hotelbetrieb in
immer größere Höhe oorjufeßieben; es ßat aber aueß
feinen groeef, roenn ein ©olbfößncßen, auf bas mo«
bemfte mit allen Scßitanen ber Stleibung unb bes
alpiniftifeßen Jtomforts oerfeßen, fieß oon einigen
güßrem auf irgenbeine Nenommierfpiße ßeraufbug«
fieren läßt.
Nun noeß einige roenige Morte über jene, bie
ißr ßäuslicßes Behagen babureß ßer3ufteHen fueßen,
baß fie irgenbroo eine Moßnung mieten unb fieß barin
felbft beföftigen unb oerpflegen. ©s ift feine grage,
baß namentlich für tinberreieße gamitien auf biefe Art
oiele Unbequemlicßfeiten bes Hotellebens umgangen
roerben, aber es gehört eine teiftungsfäßige grau ba3u,
ber es nießts ausmaeßt, aueß in ißren gerien lag für
Zag bie Sorgen für ben Speife3ettet unb all bie ßäus«
ließen Angelegenheiten auf fieß 3U nehmen.
Cs ift geroiß ein großes ©lüef unb entfprießt einem
roaßren Bebürfnis, baß uns bureß bie heutigen Ser«
teßrsmittel fo leießt ermöglicht roirb, einmal aus3u«
fpannen unb fieß an ber Natur 3u erfreuen. Man
joH fieß nur barüber tlar fein, baß bas, roas man
auffueßt, bie Natur fein foü, baß man fieß oon 3 a>ang
unb Ronoenien3 befreien roitl. ©s ift baßer finntos,
jebe Unnatur ftäbtifeßen Hebens in ber Sommerfrifcße
mitneßmen unb oerpflansen 3U roollen. Mögen bie
Nlobefurorte immer pruntootlere Hotels bauen, für bie
große Meßrjaßl ber ©rßolungsbebürftigen ift roeber
eine große Halle, noeß ein Siner mit fieben ©ängen,
noeß ein Neger als portier Bebürfnis. ©s ift oiel
rießtiger, beßaglicße Hotels 2. Nanges 3U erbauen, als
bie Natur mit immer ßößer getürmten fcßloßäßnlicßen
Baläften 3U oerun3ieren. Mer roirfließ ©enuß oon feiner
Sommerfrifcße haben roiü, foU fieß lieber bie Scßüler«
foloniften als bie blafierten ©roßftabtmenfcßen 3um
Mufter neßmen.
Q B B
Der Unentbehrliche.
Zßeaterplauberei oon Ar. Saul Zpnbatt.
Neben ber alteßrroürbigen Baftonnabe unb bem
fo beliebten ©infcßließen in ben Jtloß, roobei nämlicß
Stopf unb Hänbe in einen Bloef gef eßloffen roerben,
befteßt im Neicß ber Mitte eine in ißrer Art rooßl
einsig bafteßenbe Strafart, bie aber nur bei ben ge«
bilbeten Scßicßten ber Seoölterung in Anroenbung
tommt: es ift bas Ausroenbiglernen längerer Stellen
aus ben Merten ber Bießter.
3 n biefer H* n f*4?t finb roir Büßnenmenfcßen fürs
ganje Heben geftraft, unb baß bie geiftige Arbeit bes
Scßaufpielers feine geringe unb beneibensroerte in
be3ug auf bas ©inprägen feiner Noüen ift, fießt aueß
ber einfießtsoolle Zeil bes fßublitums rücfßaltslos ein;
fßrofefforen unb Necßtsanroälte, benen alfo bas Neben«
halten fiebensberuf ift, haben mir oerfießert, baß ißnen
bie ©ebäcßtnisleiftung bes Büßnenfünftlers imponiert,
baß fie einfach „erfeßoffen" roären, roenn man oon
ißnen oerlangte, ißre Neben unb Borträge roörtlicß
ausroenbig 3U bringen, ftatt fie gerooßnßeitsgemäß frei
naeß einer längeren ober fürseren fcßriftlicßen Bispofition
an ber Hanb oon Scßlagroörtern 3u halten.
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Stummer 34.
Seite 1459.
Seim S©aufpieler ift bas eben anbers: er muß
fi© oon 2 lnfang an baran geroößnen, feine Bode roört*
li© genau 3U bringen; banbeit es fid) um Ceffingf©e
Brofa, überhaupt um Slaffiter ober gar Berfe, fo ift
es bireft ein Berbre©en, toenn auch nur ein 3ota bes
Di©ters oeränbert roirb. SInberfeits aber muß man
feine Stollen au© bem 3 nßalte nach fo beßerrf©en,
baß man fid) vom mörtli©en'Xegt emanzipieren unb
mit fgnongmen Begriffen unb eigenen SBorten operieren
fann, menn eine unoorßergefeßene Situation es oer*
langt: man muß „fi© 3U Reifen" roiffen!
3 © mid nidjt oerju©en, alle bie 3roif©enfäde auf«
3U3äbIen, bie ben programmgemäßen Berlauf einer Bor*
ftedung ftören tonnten, unb bie an großen Bühnen nur
feiten, häufig aber an fleinen „Sunftinftituten" oor=
tommen: 00m 3U früh ober 3U fpät (Einfällen bes
Partners, in meid) leßterem gaü ein „Co©" entftebt,
bis 3um oerfpäteten Stuftritt; in biefem galle fann ber
geßler nur bur© gefd)i<ttes (Extemporieren faf©tert
merben — ober auch nidjt. 3 © roiH aud) nicht f<bnurrige
Bübnenanetboten oon ißiftolen, bie nicht losgeßen rood*
ten, oon Briefen unb ©elbbeuteln, bie man nicht bei
fi© hotte, er3äblen: nicht nur bie „lüde bes Objeftes",
auch bie bes Subjettes felbft ift gefährlich-
SBie ein ißferb plößli© oor irgenb etmas —man
meiß nicht mooor — ftußt unb fid) troß gütlichen 3urebens,
troß ißeitfcße „auf bie Hinterbeine ftellt", fo roill auch
manchmal bie ©ehimtätigteit bes Slfteurs nicht meiter,
fie ftreift! SRan mag feine Sache noch f° gut gelernt
unb unzäßligemal mieberbolt hoben, „am Slbenb" tann
hoch irgenbein ©lieb ber Sette, bie fid) na© bem fo
geheimnisoollen ©efeß ber Slffoziation abmidelt, unoer*
fehens unter ben Xif© fallen ... ausl — SBenn es
nicht einen Better in ber Slot gäbe, ben Souffleur,
ber betanntli© meift eine Souffleufe ift. 3«ber iennt
ja bie ßeilfame Snftitution bes (Einbläfers no© oon
ber 3 eit, ba er bie S©utbant brüdte, unb fo mirb es
jebermann Iei©t ertlärli© fein, baß fi© biefe (Einri©tung
au© im £beoterbetrieb behauptet unb ni©t gern aus«
rotten läßt, troßbem f©on in biefer Bi©tung Serfu©e
unternommen mürben, aber mas hilft’s? Heute fcßafft
man ben Saften unb feinen liebensmürbigen 3 nfaffen
ab, morgen pflogt man ben (Einrauner mit bem Bu©
in ber Honb mieber in ber Seitenfuliffe auf; ja, i©
mage 3U behaupten, baß fi© ber „Saftengeift" im
Xßeater ebenfomenig abf©affen läßt als im Ceben,
unb bas mid genug heißen.
3 Bel©es ift nun bie Bode bes Unentbehrli©en?
(Es ift gut, bies oorzubringen, um eingemurzelte 3 rr»
tümer 3U befeitigen unb SBißbegierige aufzutlären.
Sterben bo© Xßeaterleute in ber ©efedf©aft feiten
naioen fragen entgehen, als ba finb: Raffen Sie
fi© 00m grifeur (!) f©minfen, ober f©minten Sie fi©
felbft?" (Batürli© mir uns felbft, Blaste ma©en ift
ja ein leil unferer Sunft!) „Haben Sie Campen«
fieber?" „Xrinten Sie mirtli©en Champagner auf ber
Bühne?" (0 frage ni©t!) unb oor adern biefe: „Sonnen
Sie fi© auf ben Souffleur oerlaffen?" Die Optimiften
unter bem ißublitum meinen nämli©, baß ni©ts ein«
fa©er fei als Somöbiefpielen: man fagt ades bem
Souffleur na©. Die ißeffimiften hingegen hegen bie (f)äu=
fig fehr 3utreffenbe) Befür©tung, baß bas fortmährenbe
©eflüfter aus bem Saften ftörenb unb oermirrenb fein
müffe. Die SBaßrßeit ift aber bie, baß man feine Bode
bis aufs 3 =Xüpfe!©en beherrf©en muß, fo beherrf©en,
baß man fie ohne Befinnen im (Eilzugtempo herfagen
tann, f©neder no© herfagen, als Cippe unb 3 unge
oermögen, mit einem Sporte, baß man fie im S©lafe
tann, benn bann erft mirb man feine Bode au©
„fpielen" tonnen. ©Iüd(i©ermeife ift an ben befferen
Bühnen (abgefehen oon gäden plößlicßen Uebemehmens)
meift genügenb 3eit, um feine tünftlerif©en Aufgaben
in ernftem, häusli©em Stubium unb barauffolgenben
groben zu bemältigen. Stnbers an ben tleinen unb
tleinften Bühnen, mo infolge bes unausgefeßten Be*
pertoireme©fels unb fortmäßrenben „Herausbringens"
oon Bonitäten oft mit nur einer Strrangier* unb einet
„Stüdprobe" bie geforberte ©ebä©tnisarbeit einfa©
ni©t zu bemältigen ift, fo baß bann ber Souffleur in
ber Xat bie tragenbe ißerfon bes Stüdes ift; baßer
ber Barne S©miere.
Sber mie gefagt, an ben großen Büßnen ift ber
Souffleur nur ber Helfer in ber ©efaßr.. Die Darfteder
fpielen unbetümmert um bas ©eflüfter aus bem Saften,
bas immer um einige SBorte im Borfprung ift, ißren
Bart, unb nur menn ©efaßr bes „Hängenbleibens"
broßt — quod dii bene vertant! — ßor©en fie hin,
um bas gefu©te SBort zu erßaf©en unb im ri©tigen
gaßrmaffer zu bleiben. Unb bie ni©t geringe Sunft
bes (Einbläfers befteßt nun barin, mit bem Darfteder
genau mitzugehen, fi© ißm anzufcßmiegen unb heraus«
zufüßlen, mo er fi©er unb mo er unfi©er ift, unb
bementfpre©enb f©ärfer ober meniger f©arf zu foufflieren
ober ganz 3 u {©meigen unb nur „mitzulefen". Haupt*
fä©(i© ßanbelt es fi© ja nur iim ben „2lnf©lag", b. ß.
um ben Beginn eines Saßes ober Berfes. Btan©mal
aderbings muß ber Souffleur ein übriges leiften unb
bei ben ni©t feiten oortommenben „Sprüngen" ge«
manbt mit bem Darfteder mitfpringen ober aber, menn
bas Ueberfprungene unentbeßrti© ift, ben Berirrten
mieber gefcßicft auf bas größere zurüdbringen; er muß
tejtroibrig begonnene Saßtonftruttionen fpntaftif© ri©tig
fortzufeßen imftanbe, außerbem Bolpglott fein, ber in
aden oortommenben Spra©en unb Dialetten feinen
SRann ftedt, ber in ber Oper aus ber Bortitur mit
genauer Bea©tung ber Baufen fouffliert unb obenbrein
ber (Eigenart unb ben befonberen 2 Bünf©en jebes Stinft«
lers Be©nung trägt unb bie Caunen ber Beroöfen rußig
ßinnimmt. SBie oft mirb ißm bei ben Broben zugebonnert:
„ 3 © oerfteße fein SBort!" „Bi©t fo laut." Ober aber
bie contradictio in adjecto: „Bft — lauter." Unb
bei adebem menig ©age, oiel Slrbeit unb oiel Un»
bant; unb bo© ßeißt’s, fi© mit ber Samariterin im
Saften gut fteßen, fi© ißre greunbf©aft moßl maßren,
benn menn fie nidjt mid .. . aber glüdti©ermeife finbet
fi© bei ißnen neben BfH©l8tfühl sin ßilfbereiter Sinn,
ber adein zum f©mierigen Slmt bes Souffleurs be*
fäßigt, oon beffen (Ejiftenz bas Buälitum eigentli©
ni©ts merten fodte. Ceiber aber oerfädt er man©mat
in einen geßler, ben angebli© au© Darfteder begehen
foden: er mirb 3U lärmenb. Dann finb bie ßußörer
f©ned fertig mit bem SBort: ber S©aufpie(er „f©mimmt";
bo© glaubt es ni©t! SBir f©enten ben Cinflüfterungen
oon ba unten nur feiten ©eßör, unb menn man au©
bem alten Baumeifter zu feinem 50 jährigen Büßnen«
jubiläum eine rei©geftidte, überlebensgroße S©mimm*
ßofe mibmete, fo mar bas nur ein Ult ber Sodegen!
Der alte Bteifter tann feine Boden, aber als zuoor«
tommenb ßöf(i©er Btann gönnt er bem Souffleur gern
bas erfte SBort: na© 3 ßnen!
o
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Seite 1460.
Stummer 34.
jgl Unsere Bilder
Röntg ©buarb oon ©nglanb (Bbb. 6.1461 unb 1462)
meilt jeßt 3 um Rurgebrauch in SRartenbab unb lebt bort 9003
feiner (Erholung, halbem er noch bie Steife bortbin benußt
batte, um mit unferem Raifer unb bem Raifer granj 3ofef 3 U*
fammenjutreffen. SJtan legt ber ©ntreoue bes Rönigs mit
Raifer SBilbelm biesmal befonbere Bedeutung bei, roeil Stim¬
mung unb Brt bes Berfeljrs ber beiben SRonarchen beutlieh
erlernten ließen, baß auch ber leßte Steft perfönllcber Ber*
ftimmung, bie einmal 3 toifcben ihnen beftanb, gefcbmunben ift.
(Es wirb auch gar nicht ber Berfuch gemacht, tote es früher
regelmäßig bei ähnlichen Bnläffen gefchab, bie 3ufammenfunft
als einen reinen f)öflichfettsaft bar 3 ufte(len, fonbem es mirb
auch an amtlichen Stellen gerabe ihre polittfAe SBichtigteit
betont. SBäbrenb Rönig ©buarb mit Raifer SÖilbelm mobl
bie internationale Sage im allgemeinen unb bas Berbältnis
(Englanbs 3 U Deutfcblanb befprochen bot, bürfte bie politifche
Unterhaltung mit Raifer Sran 3 Sofef fpeateü ben Baifanfragen
gegolten haften. Slebenber rourbe fein Bufentbalt in ßfcbl 3 u
einem gefellfchaftlichen (Ereignis: er gab nämlich ben Bnlaß,
baß ber greife SRonarch Oefterreich-Ungams 3 um erftenmal
einen Rraftroagen beftieg. ©r machte feinem föniglichen ©aft
juliebe mit biefem eine Spa 3 ierfabrt im Butomobil feiner
Xochter Oifela, ber $rin 3 effin ßeopotb oon Bagern.
Der babtfche ßanbiag (Bbb. S. 1463), ber biefer Xage
gefchloffen mürbe, bat in ber oerfloffenen Seffion ein gehöriges
Stücf Brbeit geleiftet. (Einen großen ©eminn bebeutet, mie
ber ©roßbersog in feiner Xbronrebe beroorbob, namentlich
bas 3 uftanbetommen bes Beamtengefeßes. Sßir bringen beute
ein ©ruppenbilb ber SRitglieber ber ©rften Rammer.
**
3n ber Xürfei (Bbb. S. 1465 u. 1466) ift bie junglürfifcbe
Bartei eifrig beftrebt, ben (Einfluß, ben fie burcß bie Ummäl*
jung gemonnen bat 3 um frieblichen Busbau ber inneren Ber*
bältniffe bes ßanbes aus 3 unußen. Unter ben Berfönlichfeiten,
bie bie neue Bera mieber au ©bren gebracht bat, befinbet fid>
auch ber BtarfcbaH Fuab Bafdja. Stadlern er lange 3eit als
fonftitutioneU gefinnter SRann in ber Berbannung bat leben
müffen, fonnte er jeßt nach Ronftantinopel 3 urücffebren, roo
ihm oon ber Beoölferung große Doationen bereitet mürben.
w
Sir Söilliam ©bmarb ©ofcßen (Bortr. S. 1464), ber
an Stelle bes aus bem Bmt fcßeibenben Sir Front ßascelles
jmm Botfcbafter in Berlin ernannt mürbe, ift ber jüngfte
Bruber bes befannten englifchen Balitifers unb SRinifters ßorb
©ofchen. Bm 18. 3uli 1847 geboren, trat er 1869 in bie biplo*
matifche ßaufbabn ein, bie ihn in bie oerfcßiebenften ßänber
auf bem europäifchen Rontinent, nach Bmerifa unb Bfien führte.
1898 mürbe er ©efanbter in Beigrab, 1900 in Ropenbagen,
unb feit 1905 mar er Botfcbafter in SBien. ©r gilt als ein
entfcßiebener Bnbänger ber beutfch-englifchen Bnnäfterung.
F rieb rieb Baulfen (Bbb. S. 1464). Der berühmte Bbifo*
fopb Brofeffor Dr. grtebricb Baulfen ift in Stegliß im Blter
oon 62 Fahren geftorben. Der ©elebrte, ber am 16. 3uli 1846
3 u fiangenborf in Scblesmig geboren mürbe, gehörte ber Ber*
liner Unioerfität feit einem SRenfchenalter an. Stad)bem er in
©rlangen, Bonn unb Berlin erft Xbeologie, bann Bbüafopbie
ftubiert unb eine 3*itlang als Brioatgelebrter gelebt batte,
habilitierte er ficb 1875 als Brioatbo 3 ent, mürbe 1878 außer*
orbentlicher unb 1893 orbentlicher Brofeffor. ©iner ber popu*
lärften afabemifchen ßebrer ift mit ihm babinaegangen unb
einer ber bebeutenbften Bertreter beutfcher SBiffenfchaft, ins*
befonbere auf bem ©ebiet ber ©tbit, ber Bäbagogit unb ber
©efcbichte bes Unterricßtsmefens. Bußer feinen großen SBerfen
oeröffentlichte Baulfen sablreicße tleinere Buffäße, in benen er,
ein SReifter bes ötils, 511 ben bie ©egenmart bemegenben
fragen Stellung nahm. Buch bi* „SBoche" bat in bem Ber*
emigten einen bochgefchäßten SRitarbeiter oerloren.
SRit ben lenfbaren ßuftfcßiffen (Bbb. S. 1464 u. 1468)
befchäftigt fich fortgefeßt bie öffentliche SReinung aller ßänber.
ßn Deutfcblanb ift es neben bem ©rafen 3*PPeün bauptfäd)lich
SRajor o. Barfeoal, bem ficb gegenmärtig bas äntereffe jumenbet.
Der neue, oon ihm nad) bem nicht ftarren Sgftem erbaute
Ballon b Q t einige Fahrten bei Xage unb bei Stacht unter*
nommen, bie einen ganj bebeutenben gortfcbritt ertennen laffen.
— Bn bem allgemeinen SBetttampf aur ©roberung ber ßüfte
beteiligt fich auch Spanien; ber erfte lenfbare Ballon bes
pprenaifchen Rönigreichs, ber ben Stamen „Xorres Queoebo"
erhalten bat, ift (üblich im Bart oon ©uabalajara 3 um erften¬
mal aufgeftiegen.
**
Der Flugapparat SBilbur SBrtgbts (Bbb. S. 1467)
finbet nach ben Fahrten bes ameritanifchen Boiatiters auf bem
Selb oon ße SRans oiel Bemunberung, aber, mie fich tei$t
benfen läßt, auch fiel Bnfeinbung. Welche Molle ber Bero*
plan einmal im praftifchen ßeben fpielen mirb, tann h^ate
niemanb miffen. Bemerfensmert ift es jebenfaüs, baß ©raf
3eppelin fich über Singht unb feinen Bpparat nichts meniger
als abfprechenb geäußert hat.
Der große Bttroleumbranb bei Borpslam (Bbb.
S. 1468) ift, nadbbem er mochenlang fein Berbeerungsmert
» n fonnte, enblich gelöfcbt morben. Unter bem Schuß
fbeftmauem ift es fchueßlich gelungen, bas mütenbe
©lement mirtfam anjugreifen unb ber Busbteitung bes Feuers,
bem man erft megen oer übergroßen $)iße unb ber gemaltigen
Stauchentmidlung nicht nabefommen fonnte, ©inbalt 3 U tun.
**
Der ©fperantofongreß in Dresben (Bbb. S. 1466)
bemeift, baß bie SBeltfprache, fomeit fie auch noch uon ber
©roberung ber gan 3 en ©eit entfernt tft, hoch fcbon febr be*
beutenb an Boben gemonnen bat. Den sablreichen Xeilnebmern
mürbe ein befonberer ©enuß burcb eine ©fperantoauffübrung
ber „Spbigenie auf Xauris M bereitet, bie unter ßeitung ©manuel
Steigers im ^ofopernbaus oeranftaltet mürbe.
^Dio^olen öerBBod^e^
©eb. ^ofrat B r °f- ® r - ® rn fi ®° n ©bermaper, Senior ber
ftaatsmirtfcbaftlicben Fafultät in SRüncßen, f am 14. Buguft in
^interfee bei Bercbtesgaben, 79 3abre alt.
Brof. Dr. ©rnft ßoem, Botanifer unb Biologe, f am
14. Buguft in Berlin.
Brof. Dr. Friebricb Baulfen, bebeutenber Bbifofopb
©tbifer, f am 14. Buguft in Berlin im 63. ßebensjabr (Bortr.
S. 1464).
©ebeimrat Brof. Dr. Scbaefer, orbentlicher Brof eff or ber
©bemie an ber Xechnifcben ^ocbfcftule Darmftabt in Benfion,
t am 15. Buguft im Blter oon 85 3abren.
Dr. ©briftian Schneller, Xiroler Scbrtftfteller unb Folf-
lorift, f in ©ornocolba bei Mooereto, 77 3abre alt.
Brof. Dr. ^ermann Settegaft, lanbmirtfcbaftlicher ßebrer
unb Scßriftfteüer, t am 12 . Buguft in Berlin im 90. ßebensjabr.
©raf ©rnft 3 U Solms*ßaubach, Domherr oon Staunt-
bürg, t am 12. Buguft im Blter oon 72 Fahren.
2Han abonniert auf bie „XDocfje“:
in Berlin unb Sororten bei ber bnupterpebition ^intmerftr. 37/41
jomte bei ben Filialen be« «Berliner CofaMtnaeiger»* unb in (ftmtllcben
Bucbbanblungen. im
Deutfchen Reich bei allen Bu<bb<mbtungen ober BoftanfiaUen
unb ben (Befcbfiftefteden ber «9Bo^e M : Sonn a. 9tb<. Äölnfh. 20;
Bremen, Dbemftr. 16; Breslau, Stbrneibniger 6tr. 11; (£a|fe(.
ObereStdntgftr. 27; Bresben, 6eeftrabel;®lberfelb, Arraogftr.38;
®f|ent (Bubr), HaftonienoUee 98; $ranffurta. BL, Äaiferftr. 10;
©örlift, Ouijenftr. 16; ©rofee Steinftrafee 11; Ham¬
burg, BeuermaU 2; i^annooer, ©eorgftr. 39; Stiel, holte*
nauer 6tr. 24; Stöfn a.hol«6tr. 148/150; Königsberg L Br^
Biei^gerberftr. 3; Setpjig, Brtersftr. 19; Blagbeburg, Breite
9Beg 184; SR uneben, Bager ftra&e 57; Nürnberg, Katferftrage,
CEcte ftleiföbrüäe; Stettin, ©rofet Bornftrage 22; Strafjburg
(©lf.), ©iesbausgaffe 18/22; Stuttgart, Königin. 11; ÜBiesbaben,
Älrhgaffe 26,
Oerterreich-nngam bei öden Bucbbonblungen unb ber ©e*
|d)öfts|tede ber „Btocbe“; ®tcn 1, ©raben 28,
Bchweiz bei aden Budi^ar.blungcn unb ber ©efhäftsftede ber
«9BqAe": 3ürid), Babnbofftr. 89,
England bei aden Bucbbonblungen unb ber ©efeböftsftede ber
„BtoAe“: fionbon, ©. ©., 30 Cime Street,
Frankreich bei aden Bucbbonblungen unb ber ©efeböftsftede
ber «Biocbe M : Boris, 18 Rue be Ri^elieu,
Rolland bei aden Bucbbonblungen unb ber ©efeböftsftede ber
„2Bod)e*: Bmfterbam, fieiaersgradjt 333,
Dänemark bei allen Bud)t)onblungen un 5 t> er ©efcbäftsftede ber
«©od^e*: Äopenbagen, Kjöbmagergabe 8,
Vereinigte Braaten von Hmerika bei aden Bucbbonblungen
unb ber ©efdjäftsfted« ber «HBodje": Reugorf83u. 85 Buane 6treeL
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stummer 84
(Seite >1401.
Stönig (Ebuarb tn 3|d)l: 2)ie crfte ^utomobilfafjrt bes Staifers gran 3 3ofef.
Der Bejud) bes äöttigs (£buacb in DeutWanb unb €effetrei$.
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'Jtuntmer 34 .
Sitte 1462.
Äöntg (Ebuarb unb Äatjer 2 öil&eim oor ber engltjdjen Kirche in Homburg v. b. Sy
fcummtf 84
«ette 1468 .
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Vom 3a6if<fcett ConMag: ®rn|>penanfnal)tne 6er JHitgiteoer 6er fcrften Kammer.
€ette 1464.
9himmer 34.
Vöot. Xüfatfoop. in ^Berlin.
$>ofl>bot. €tmn<n.
lilajoc a. D. oon JJatfeoaL
Oberes 93UÖ: fiun »or bem Bufftteg.
flinfs: Oer Ballon im Jlage.
Gpe 3 talaufnabmen für bie *2Boc$e*.
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üfammer 84.
®cite 1465.
1 Orofjxeftr Äiomil ©aföa. 2. 6<het<h-ui’39(am (Oberhaupt brr (BeifUi^feit) 2)jemal»eb«bin Sffenbi. 3. Djeoab s £eg, Selretär be« Sultan«, Iräger be«
faiferlichen $)anbf<hreibens, 4 Sin 3^emorienmeifter.
Jeierfldjer Cinjag ftiamil Pafd>a*, (er butd) faifec(i<f»e» Qanbftf)reiben jum (Bcoftroefic ernannt mürbe, in Me Qobe Pforte.
fT'as fonftitutioneU« SRegime in ber lürf ’-
©üb be« Sultans, bas öffentlich in Äonftaniinopel oerfauft wirb. teufte pbotographtfeh* SRomentaufnabme be« Sultan« Stbbul Jfcntl&i
Babr^eif nnb Dichtung: Die ber Sntfan bargefteOf roitb, nnb mie er in &irfli<$feit ansfiefit
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'JMjot. ‘UOotodiemlc Qi. m. b.
Dom €fpewntofongre& in Dresden: Zluffüijcung 5er „3p6iqenie auf Xauris“ in 6er IDelffpradje. Sjene aus 6em lebten litt
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Vhimmer 84.
©ette 1467.
4 93ort>cranfiri)t ber UJia
}d)inc im ^luge.
«Uot. i*ranßci.
Die ?lugma$cbine
der Gebrüder lürigbt:
Serfudjc inCcTOans.
L 251c Slugma fd)ine roirb
QUöbcmSdjuppcngebrac^t.
^I;oL Kol & (So.
2. 25 SHeter über 5er (Erbe.
DboL Kol & (So
3. 'Jßilbur UÖrlgbt am
Steuer.
‘#bol. -üranocr.
t->
SV
*
4
Ü
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(Seite 1408.
Stummer 84 .
tu. Irampu*.
Da« erfle (ent bare Cuff’djiff in Spanien: Bet Ballon „Xotxe* Queoebo“ im J}act oon (Bnabatajara.
Bora (Btubenbranb bei Borpslaro in tBaGjien: Bet Sdjadjt oon Xnffanotoice in Jlammen.
9m Sorbergruitb üjbeftiafeln 311 m 6 djuft ber Hrb etter.
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Stimmer 34.
Seite 1469.
^ Spielzeug.
Stoman oon
1 . Soßung. Rans von Kahlenberg.
fjegfenborf mißbilligte, baß man ber Siebe in
friooler Steife Ermahnung tat. 3 n feinen Sugen mar
Sill friool, fie marf Kutter, Sagten unb Sßinaffen
bureßeinanber unb jaueßste oor Entsöden über gans
Heine Dingßies unb Kajafs. SBie Eintagsfliegen, sier»
ließ, sittrig unb bureßfeßeinenb faßen biefe aus, ein
einsiger ÜJtann faß barin, unb ais leßte, ßinter ftolsen
Scßroänen unb feßimmemben Dauben, flogen aueß
fie ins SEBeite.
Suslänbifcße, elegante Ißrioatjacßten lagen in* ißrem
Sjafen, bie Sonne glißerte auf allen genftern bes
Sacßttlubgebäubes unb ber großen Stranbßotels, mit
ben Stellen feßienen Sicßtsungen unb Stinge 3U laufen,
oom Ufer, aus ben Kaffeegärten fpielte Sftilitärmufif;
Stoifeßen ben grauen Ställen ber Kriegjfcßiffe, bie mie
Kinberfeftungen mit Dürmen unb Sollroer! ausfaßen,
in gefammelter, rußiger Kraft lagen, feßlüpften unb
f(ßoffen länge, fcßmale Stuberboote, bureßfeßnitten oon
ben geraben Doppelreißen ber ßellgetleibeten Stuberer.
Dampfpinaffen aller (Srößen übermittelten Sefeßle ber
bemaffneten SJtacßt, bie meißen unb feßroarjen Serfeßrs»
bampfer sogen tutenb unb gemäeßließ ißre oorgeseießnete
Straße, Stacß ber Stabt 3U faß man an Kränen unb
Stiefengerüften ber Sterft oorbei, roeit in bas färben»
froße, arbeitfame ©emimmel bes Ijanbelsßafens ßinein.
„ 3 <ß begreife nießt, mie man eine Stabt ßöbfcß
finben fann, bie ni<ßt am SJteer liegt!" rief Sill. „Stan
meint immer, fie müßte erftiden, alles Küßne, Seßn»
fücßtige bliebe barin unterbrüdt, fcßroelenb unb faulenb.
So (odt bas ÜJteer bie latfraft ßinaus, unb fie geßt
ßin, bas ©lüd su fueßen ober ben lob."
Sßre klugen ßingen im Slauen, mo bie görbe fieß
öffnete, bie Stögen ftaßlgrau unb majeftätifeßer rollten.
Den Stusgang feßloß auf feiner gelfeninfel ber Seueßt*
türm oon Kgrm, bas erfte, mas ben ßeimfeßrenben,
einfaßrenben Stßiffen oon oaterlänbifißer Erbe mieber
fießtbar mirb.
SiHs bemeglicße Stugen mürben ftet, fie baeßte, baß
Senebifte natß bort gemanbt ausgefeßaut ßaben moeßte,
als Suß oon Eßina 3urüdfam. 3 mmer flößte ißr bie
große Siebe biefer 3 roe * anbäeßtige Scßauer ein.
grau oon Saftig plauberte Wcßtfertig oom oer»
feßiebenartigen ©ebaren ber SDtarineeßefrauen, ber
oerliebten unb ber unoerliebten, i)et)fenborf berüßrten
bergleicßen ©efpräeße peinließ, unb SBenebifte überßörte
fie. Sie empfanb eine feltfame S<ßeu, ißre ©efüßle
öffentli(ß 3U 3eigen, unb litt unter ber SBefürcßtung,
baß bie anberen ißre Seibenfcßaft burcßfcßaüten.
grau oon Stafting, bie finberlofe Stroßmitroe,
ertlärte ißre Sbfießt, noeß für feeßs Stocßen ein Staßl»
bab aufsufueßen, um ißrem Staun, bem Sfrifaner,
mögließft ßübf<ß unb erßolt entgegensufommen. „SJtan
muß bas feßon an ißn menben, mie, grau oon Seeßta?"
SBene leßnle oorneßm unb läcßelnb ab, eine Steinung
3ü äußern; grau oon Stafting ßieit fie für überfpannt
unb ungenießbar oerliebt — mit ißm, Seeßta, ließ
fieß’s glänsenb flirten. Stils unabßängiger Sunggefellen»
cßarafter gab fie nießts auf ©efüßlsüberfcßroang.
Stile, au(ß bie Dingßies, maren jeßt enblicß aus»
gefaßren. Someit ber SBItcf reießte, faß man bie Segel
mit ißren fißmarsen unb roten Doppnummern. #epten»
borf befeßrieb naeß bem Programm ben Steg, ben bie
Stettfaßrenben neßmen mußten, grau oon Stafting be»
bauerte lebßaft, baß es bei Stegatten feinen Xotalifator
gab, aueß bie fßreife mürben nie in Selb ausgeteilt.
Der lßrin3 fegelte mit, auf Stummer fünfunbfünfsig, ber
junge lßrin3 intereffierte bie Damen.
„Sßrins, jung unb ein Seefaßrer feinl 3 ft bas iti(ßt
mie im SJtärcßen?" fragte Sill begeiftert.
ijegfenborf baeßte, baß es aueß feßr feßön märe,
Sill 3U fein. Er fagte es nießt. grau oon Stafting
ßätte jeßt jebe SSBette barauf angenommen, baß ijegfen»
borf in Sill oerliebt mar. Sjübfcß mar bas ÜJtäbcßen
eigentließ nießt, aber fo ooll Seben, ein Stüd Seben! —
Sie betraeßtete Sill mit leilnaßme, fie bilbete fieß ein,
für alles, ißren Stafting nießt ausgenommen, nur faeß»
miffetifcßaftließes Sntereffe su befißen. Süßer für DaTtai;
ben liebte fie.
Uebrigens begünftigte Ebitß Stafting jebe Beirat
grunbfäßließ, meil fie bas Vergnügen nießt für ein fo
außerorbentließes ßieit. Sie fanb Sill fogar feßabe für
^egfenborf, fiubroig Seeßta mar eine gan3 anbere
Stummer, er ßätte ißr felbft gefallen, aber bie emige
Stonnetrunfenßeit bes Eßepaars mar unangreifbar.
Stls Entfeßäbigung füßrte bie junge grau mit Suß
lange ©efpräcße über ißren „gall". „Sie ßaben Sternen",
fagte er. „Unb meine grau ßat ©emüt."
„Sßfui I 3<ß ßabe aueß ©emütl"
„Silber neroöfes ©emüt."
Er befaß ein ©eßeimnis, glüdlicß su fein, unb fodte
es ißr oerraten l Suß beßauptete, fein ©eßeimnis fei
SBene. -Das oerbroß bie Kleine mieber unb benaßm
ißr bie Suft, bas ©eplänfel fort3ufeßen.
Suß ftanb ftraßlenb oben an ber Scßiffstreppe, man
faß ißn am meiteften, obgleicß ber Sllbmirat unb anbere
Dffisiere meßr naeß oorn ftanben.
Der Sbmiral mar gunggefeüe unb feßr funftoer*
ftänbig. Er fammelte römifeße SRünsen, ejotifeße Staffen
unb Sltertümer; mit biefen Scßäßen mar aueß bie
Sbmiralsmeffe reießließ ausgefeßmüdt. Seine spßießt
märe geroefen, grau oon Seeßta unb grau oon Stafting
3u unterbauen, aber er fpraeß eigentließ nur mit Sill.
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8 clte 1470.
Stummer 34.
Sill lannte bie SRebaüten unb SB affen nod) niegt, ßill
mar wie ein Keines, nafeggaftes ftägegen, fie bemunberte
eifrig unb E)örte über S^teten, Sojer unb fiamefifege
Ureinwohner einen ganjen etgnograpgifcgen Sortrag
mit an. Später, wenn ber Stbmirai penfioniert war,
woUte er bie Srgebniffe feiner gorfegungen in Sud)*
form nieberlegen. SiU oerfpraeg ft cf) grogen (Erfolg,
eine begeifterte Aufnahme oon bem SBerf. Der jüngfte
Seutnant bes Stabes mugte nun einige Vorlagen f>o!en,
ber I>of)e Sgef ertlärte ftodenb unb lehrhaft, Sills Stimm»
egen mifchte fid» wie mufitalifdjes Bogelgejwitfcher ein,
grau oon SRafting hatte eine helle, hohe Stimme; Bene
fpra<h feiten unb oerhalten.
Der jüngfte Seutnant war tiefgebräunt, fchwara unb
melanegolifcg. (Er hatte oon SiU, feit fie an Borb ge*
tommen war, fein Stuge oerwanbt unb wugte nun über
Fräulein oon SRolbe alles: bag ihre Schuhe auch »etfj
waren unb ihre Strümpfe aus burchbrochenem Seiben*
gewebe beftanben. SiU trug auch genüg tein Jtorfett,
fonft hätte fie fich nicht fo fcglängeln unb biegen tonnen.
3 gr Keiner Äopf fag ftogj unb feft auf wie ber einer
Silbfäulc. SiU ähnelte einer Snglänberin — oorläufig
waren CEnglänberinnen für ben jüngften Seutnant noch
bas gödjftel
Sun, als er bie Blätter brachte, guefte SiU ju ihm
auf unb lächelte; bem jüngften Seutnant würbe 3umute,
als ob man ihn in ein glammenlafen feglüge, oon
unten bis oben. (Er würbe geftottert haben, wenn er
jegt hätte fprechen bürfen. Des Slbmirals weiger, Meter
Stopf war biegt neben SiUs fegendem, beweglichem —
ber burfte fprechen, fich int beften Sicht jetgen, ben
Vorteil feiner SteUung ausnügen! — Sah benn Sin
nicht, bag ihr Beregrer einen Saud) unb trumme See*
mannsbeine hatte?
Sene baegte, SiU fpielt mit bem alten ijerm, unb
grau oon Safting betätigte fich bie SBagrgeit, bag alte
Segeunenbäcger am leicgteften brennen. Subwig fah
als eitel Sonnenfehein su, unb Sjegfenborf blieb ernft*
haft unb gehalten wie immer, nur fehlen ign beftänbige
üfteroofität über 3eitoerluft 3U plagen.
„SBir haben 3 eit", ertlärte Subwig behaglich.
Seim (Ehampagner oergag fich ber Stbmirai faft fo
weit, bag er eigentlich SiU ein3ig unb aUein feierte,
bie halbe Sichtelfe aus ber geenmelt, bie 3U rauhen
SRännern oon Sohle unb (Eifen herabgeftiegen fei. (Er
hatte ähnliche loafte hunbertmal ausgebracht unb tarn
fich immer fefjr eifern unb triegerifd) babei oor — bie
grauen blieben ein fegredgaftes, ängftlicges (Sefcgledjt,
bas ÜReptun fürchtete.
„Der (Sute! (Er wirb noch jebesmal feefrant",
murmelte Subwig. —
Slber fie sogen ben SRann magnetifeg 3urücf, fie
bilbeten Sinbbabs wirtlichen SRagnetberg, ber echte
Seemann hatte grau unb Äinber. URan tonnte igm,
bem Stbmirai, ein Slbweidjen oon ber Segel oorwerfen,
barauf würbe er erwibern, es fei noch nicht aüer läge
Slbenb, er fühle fieg noch 3U jung. „SBas, lieber ftnpper,
meinen Sie ba3u?"
Der jüngfte Seutnannt — er gieg Sngper unb würbe
natürlich Snips genannt — fah plöglicg bie aügemeine
Slufmertfamteit auf feine ehrerbietige unb ftumme Se*
wunberung gelentt unb errötete wieber ftürmifeg. (Er
gatte geg eben überlegt, wie lange SiU wohl noch auf
ihn warten würbe unb ob man einer Dame mit fech3ig
Start 3 utage monatlich Sjer3 unb ijanb anbieten bürge.
Stucg war es wiegtig, bag SiU feine Stnficgten über
Stiegfcge teilte. Sr hielt nämlicg Stiegfcge für bureg fieg,
Sntjper, überwunben.
Der Stbmirai fpraeg buregaus nicht oon Stiegfcge,
fonbern oon Oefcgügen, Panjertürmen, Sompag unb
Steuerregulierung, ber Seutnant oeraegtete ign bafür
in feinem fersen. 3eber seigte fieg eben, wie er tonnte,
in feiner günftigften Beleuchtung.
„(Effen Sie boeg morgen abenb bei uns mit, Sntjper!"
beglüdte ign plöglicg Subwig. ftnpper wäre für Secgta
immer buregs geuer gegangen, in biefem SRoment hätte
er fieg für feinen Sorgefegten feginben taffen.
Der Stbmirai würbe orbenttieg jünglingshaft begenbe.
Sr flieg bie Keinen Xreppen mit ginab, seigte in eigener
Perfon Sücge unb SRannfcgaftsmeffe. Die Sewegticgteit
bes gogen Sgefs erheiterte feine Offtsterc, #epfenborf
fanb fie unangebracht — Subwig fcgmun3elte.
„SBir gaben gier eine SBiebergolung ber Stegatta",
fagte er 3U ijepfenborf; grau oon Stafting fah fegon
motant, Sene wirKicg beforgt aus. SUt woUte auf bie
SRaftbäume Kettern, unb ber biete S)tvc wäre igr wo*
möglich nacggetlommen. gräulein oon SRolbe bemunberte
feine nautifegen ijelbentaten in gefährlicher SBeife....
„Sie ift boeg fofett!" baegte Sene.
^jepfenborf sudte bie Stcgfeln gegen ßug. „SBenn's
Spag maegt, fieg an ber Sonturren3 3U beteiligen!"
Sr baegte, bag fieg ber Stlte förmlich lätgerlicg
maegte; bem jüngften Seutnant tat ijepfenborf über*
gaupt niegt bie Sgre an, igm einen Sebanfen 3U
wibmen.
Sene mahnte: „SBir müffen naeg #aus." Die
übereifrige SiU fah fieg naeg igr um. „Dente, Sene,
wie lieb oon S^eUens! Sr bringt mir morgen ein
Stmulett oon einem Sebubienfcgeicg, ein Sjänbcgen —
babureg ift er unoerwunbbar geblieben!" SiUs Segleit*
blid fiel unter ben Paragraphen Äörperoerlegung.
„3auberwerf mug man eigengänbig bringen", fagte
ber galante, alte Sjerr. „Ss wirb mir eine Sgre unb
greube fein."
ijeptenborf fah farbonifeg aus, er fanb, bag ber
Stbmirai immer ein bisegen fegmaeg unb überhaupt niegt
befonbers fähig gewefen war. Subwig lacgte, bag er
fieg bie Seiten hielt.
Die gan3e glottiUe ber Sacgten, Soote unb Äutter
lag feft, über bie görbe oerftreut, in ooUtommener
SBinbftiUe. Srft morgen würbe man wiffen tönnen,
wer einen Preis baoontrug.
♦ *
*
„Das gegt aber fo niegt, SiU!" fagte Subwig 3U
feiner Schwägerin. SiU ftanb unter ben (Blpsinien im
Saubengang unb bemühte fieg, ben wanbernben unb
ausfegweifenben fRanfen eine fRicgtung 3U geben. 3 ärt*
lieg, mit fpigen gingern fagte SiU fie an unb jag
manchmal in ein blaues Slumengeficgt unb gärte auf
bas Spagengefcgwäg unb auf ein Drögnen in ber Suft,
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Stummer 34.
Seite 1471.
oon fernen Schießübungen ober Salutfcßüffen her, unb
pfiff leife, gana leife, fo rote ein Vogel flötet, ohne
SRelobie, roeiche, füge, losgelöfte ßodtöne.
ßid war in ©eiß wie immer unb hatte ein rofiges,
junges, frifthes grühmorgengefießt.
,,©as geht nicht fo?" fragte fie ihren Schwager
fehr erfeßroden.
Der SRann nahm bas Vilb feßmunaelnb in fich auf,
fiubwig war jroar oon VenebiHe abgefcßitft worben, aber
er gönnte fich 3 eit; DaltaT, ber ßid als fein (Eigentum
betrachtete, fnurrte ihn mißgünftig an. „ßid, weißt
bu, baß bu ein gan3 abgrunbtiefer gltrt bift?"
ßidi hatte juerft lachen wollen, wie immer, wenn
fie ihren Schwager fab, fiubwig war ftets luftig unb
3u Scherjen aufgelegt. Gr hatte ihre Scßwefter Vene
lieb unb war barum fehr gut. fitd empfanb für fiubwig
herjlichfte Zuneigung.
Gr weibete fich an fiills Grfcßreden. Gills $aar*
frifur biieb unnachahmlich, irgenbwie hielten fich bte
furaen Soden auf bem Sungenstöpfcßen, bas Ganae
war ein Kunftwert unb entaüdte jeben Kenner. Da*
awifchen, unter Vaufcßen unb Stingeln gudten bie nieb*
lichften, fpißbübjfeßen Keinen Dehrchen heroor.
„ 3 ch — ein glirt!"
fiills Slugen öffneten fich wie Scheunentore. Vreit*
feitfeuer, nannte fiubwig biefen Vorgang. fiills Ge*
jießteßen beftanb fo gana aus Slugen, baß man ihr faum
einen Vorwurf machen tonnte. „Stber was tue ich?"
„Gude nur fo, wie bu jeßt gudftl Vrao ge*
feuert, ßill!"
3 eßt würbe SiQ rofig rot, bie Slugen rollten fich
ein wenig langfamer. „ 0 , fiuß! Nasty fiuß!"
„fiid, was willft bu mit bem gefaperten alten
ijerm anfangen?"
„Der ift fehr nett. Der ift mein guter greunb.
3 eh habe eben greunbe!"
„Verliebt ift er, Gill, Sünberleinl Unb bu weißt’s
gana genau."
„Sich, ihr SRänner feib unfinnig! Der nette, alte,
puraelige #err!"
„ 3 ft auf bem beften ©ege hineinaupuraeln. Stoch
oieraeßn Sage, fiill! Dann ßajt bu einen ejaedena*
liehen ^eiratsantrag."
„Ginen ^eiratsantrag!" fiiH errötete fehr heftig,
au heftig wieber, fanb nun fiubwig. Sollte bas Kinbs*
töpfchen Ghrgeia befißen? Die Gntbedung tat ihm
faft weß.
„Das bentft bu bir aus, bu fehlerer fiuß! Du
haft fchlechte 3 been! heiraten ift eine ernfthafte Sache,
mußt bu roiffen!"
„Gr wirb ernfthaft unb pomphaft genug babei fein."
„Das ift ernfthaft auch für mich, fiuß! Unb er
muß fühlen, baß mir bies nicht ernfthaft ift."
„ßiebft bu Knips?"
„Knipsehen" — fiills fehr ernftßaftes Geficht Härte
fich wieber auf. „Der ift ein guter, Heiner 3 unge."
„Gleichfalls ernfthaft."
„So’n Grünfeßnabel! SBeißt bu, gegen ben fühle
ich einfach mütterlich."
„Gr betrachtete bid) bureßaus nicht föhnlich."
fiiH nahm eine träftige Sauft ooll weiter Vlüten.
„fßfui, fiuß! 3 eßt willft bu mich ärgern! DaTta'i,
recht jo! Veftrafe ihn für graueben!"
3 n DaltaTs Getläff unb ben Stiebergang ber aarten
Gefchoffe Hangen bie Däne oon Home, sweet Home
hinein. Der Slbmiral hatte aufmertfamerweife bie SRufif
gefeßidt, unb ber jüngfte fieutnant tarn, fie au geleiten.
Der jüngfte fieutnant hatte bas fßrogramm aufs finnigfte
aufammengeftedt, bem ^oeßaeitsmarfeß aus fiohengrin
jolgte ein SRotio aus ber Geifha, Strauß, Sach unb
ber neue ruffifeße ißräfentierarmeemarfeß. Gs war
tomifch, fiiUs Geficht unter ber SRifcßung au beobachten:
bie Geifha ftimmte fie luftig, SBagner feierlich, beim
SBataer fing fie an au tanaen.
Der jüngfte fieutnant aögerte, aber fiuß bot feiner
Schwägerin gewanbt ben Slrm. VenebiHe bewirtete
ben Gaft mit belegten Vrötcßen unb ißortroein. Gr
tränt ungebührlich oiel ißortwein.
fiuß bemerHe es au fpät unb wollte einfehreiten.
Der jüngfte fieutnant hatte fich feßon au weit oor*
gewagt, oor ber SRünbung einer Kanone wäre er jeßt
nicht meßr wegaufchlagen gewefen. Gr hielt VenebiHe
Vorträge über Stießfcße.
„Der Kerl ßat uns gemeint, uns Seeleute! Sehen
Sie, bas ift gana einfach eine Scßreiberfeele, ber nichts
oom roaßren fieben wußte, oon ffielb, ©ein, oon
Gefahren."
Der jüngfte fieutnant fühlte fich fehr bebentlicß als
ganaer Kerl. VenebiHe fueßte ißn fanft abaubämpfen,
inbem fie oon feiner ißr befannten, oortrefflichen unb
ßerrfchfüchtigen SRutter fpraeß.
Der Orbnungsruf ging ebenfalls an ißm oerloren:
„graueneraießung genügt für tleine Kinber. Später
tann bie grau bem SRann boeß nießt meßr folgen,
©enn man eben meßr ©elterfaßrung ßat als feine
SRama, nüßen auch bie Statfeßläge ber guten SRama
nichts meßr."
„Das fodten Sie boeß nießt fo leichtfertig behaupten,
#err Kngper!" maßnte VenebiHe in Vertretung ber
ftreitbaren Gjaellena.
„ 2 lcß, wifjen Sie, gnäje grau, ein SRann ift ein
SRann! Der nimmt fein eigenes Scßidfal in bie ijanb,
unb wenn er ein ganaer SRann ift, weiß er fein Scßidfal
aueß au faffen — unb nießt wieber losaulaffen", fügte
ber jüngfte fieutnant felbftgefädig Hcßernb ßinau.
Der jüngfte fieutnant faß, rot unb glänaenb, in
feinem bequemen Korbfeffel. fiill unb fiuß waren
aus bem ©alaer in einen fiänbler übergegangen, gerabe
tanate fiiH gana allein. 3 ßr fcßlanfer Körper tarn unb
ging wie ein oom ©inb gewehter Vlütenjtengel. fiuß
tanate gut unb mit fieibenfeßaft, er beobachtete fie.
„Darf ich mit 3 ßnen oertraulicß fpreeßen?" fqggte
ber jüngfte fieutnant Vene. „Sie oertreten boeß gleich*
fam SRutterftede an gräutein oon SRolbe, gnäbige grau.
Unb 3 ßre feßr große, fieß ftets gleicßbleibenbe Güte
gegen mieß" . . .
„Steßmen Sie nießt noeß ein fiaeßsbröteßen?" feßob
bie arme Vene oorfießtig ein.
„Dante, ja." Gr naßm unb oeraeßrte bas fiaeßs*
bröteßen, bejann fieß bann, was fcßidlicß fei. „Stuf
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Stummer 34.
Ogr 2Bogl, gnäbige grau! Ocg muß Sonett fagett,
bag icg nie eine fjäuslicgfeit roie Ogre tennen gelernt
gäbe — nirgenbs!" fing ber jüngfte fieutnant mit
beinab fanatifegem Slusbrucf an. „Such bei uns 3U
#aus niegt. Steine gute Stama gat bocf) ein bigcgen
fegr — SBerjeifjung, gnäbige grau! — bie f)ofen an.
Das pagt mir nicht gan3. Der Stann ift ber Stann
unb mug im ijaufe S)m bleiben. — Stuf 3 f)r 2Bogl,
gnäbige grau!
Sene banfte unb fagte: „©einig, S)err Knpper. So
muffen Sie auch benfen."
„Sei Ognen" — S)etv Knpper fpigte feinen Stunb
unb fcglug fieg mit ber flachen J)anb aufs Knie, „tip*
top! Just as I like it! Das ift bas richtige Ser*
hältnis. So habe ich mir gebacht, mügte es auch bei
uns mal fein, toenn ich verheiratet bin. Ocg bin nämlich
bafär, bag ber Stann heiraten fott, gnäbige grau!"
grau von Sechta meinte fchtnach: „2öer foUte nicht
bafiir fein?"
„Unb früh haitaten!" fügte ber jüngfte fieutnant
mit geftigteit ginsu. „3ung gefreit, hat niemanb ge*
reut. Die eigene $äusticgfcit tröftet, erjieht, oerfchönt
bas fieben, macht uns erft roagrgaft 3U Stenfegen. —
Such ber Stann unb Solbat mug Stenfcg fein, gnäbige
grau!"
„Sicherlich!" Senebifte fegob ihm ben leller mieber
näher.
fiill fang jegt fran3öfifege ©ganfons.
„Partant pour la Syrie
Le jeune et brave Dunois".
Daju machte fie ißas, in unenblich fegelmifcg grajiöfer
SBeife, eine 5 ?anb als gächer gebrauchend
„Der beutfehe Stann liebt bie ijäuslicgteit unb bas
gamilienleben", melbete ber jüngfte fieutnant. „©näbige
grau — Ogre unb Kapitän von Sechtas ftete ©üte —
ich fühle gegen Sie roie gegen meine 3 Rutter" —
„fiill!" rief Senebifte ertiegenb. fiill fchüttelte nur
ben Kopf unb fchaffierte tvetter.
„Ocg oerehre Sie mehr, als ich Ognen ausbrüefen
tann, ber ganje Stil Ohres Kaufes, Ohre eigene, echt
beutfehe unb frauenhafte Ißerföniiegfeit — ich bante,
ich möchte jegt nicht rauchen — biefe Sereinigung von
Schöngeitsfinn unb Segagen. Och lege 9 Bert auf bie
Stiftung. Segagen ogne Seftgetif" — ber jüngfte
fieutnant machte eine roegfegenbe Seroegung. „Ocg
gäbe Scgöngeitfinn! 2 luf Ogr 2Bogl — icg er*
laube mir" . . .
fiubtoig ift unausfteglicg, mir niegt 3U ijilfe 3U
fommen, baegte Sene, lägt ben armen Oungen mich
um* — unb überfegtnägen! — Ocg gäbe tvirflicg niegts
mehr als fiebermurftbrötegen.
fiill flatterte plöglicg gerbei unb nagm ein fieber*
murftbrötegen.
„Der Scgöngeit!" rief Knips galant.
„©ben bemerfte icg 3U grau non Secgta" —
„D, icg fege roogl. Sie machen meiner Scgroefter
ben #of! Sie finb ein geinfegmeefer, S)tvr Kntjperl"
„Stan roirb es, roenn man niegt mehr gan3 grün
ift. ©näbigfte gaben ogne aueg Siegfege
gelefen?"
„ 3 a, unb icg liebe ign", fagte fiill fauenb. Sie
ag in einer ent3ü<fenben Stanier, etroas unartig unb
venoögnt, als tnufpere fie immer nur, unb man merfte,
©ffen mar bei fiill eine Sebenbefcgäftigung, feine Srbeit
laitai, ber vor Uebermäftung flig taum bemegen fonnte,
mürbe boeg unrugig unb gappig, menn er Stenfegen
effen fag.
fiill teilte brüberlicg mit igm.
„ 2 Benn Sie boeg mit mir aueg teilen roollten!"
„ 0 , gern." fiill bot bie Hälfte igres Srötcgens.
„So meinte icg es niegt", fagte Knips verrohrt.
„Soll icg mein Sermögen mit Ognen teilen? ©s
gegt verloren, menn icg niegt Sanft Katharina
freie."
„Ocg teilte meins gleich", rief Knips fegmärmerifeg.
„Unb es. langte vielleicht juft ebenforoeit."
„©in treues Sjevj galt aus."
„ 2 lber bieijaut unb bie garbe gatten niegt. Sie
friegt Sudeln, unb aus Sot roirb ©elb."
„Sei Ognen niemals!" fegrour Knips.
„Doch, boeg! Ocg bin fo wecgfelnb unb vergäng*
lieg! Siegt einmal feft3ugalten bin icg!" fiill gautelte
mieber weg.
„©in Iraum non fiieblicgfeit!" tonftatierte ber
Kenner, Knips, gegen Senebifte.
„$aben Sie heute feinen Dieuft?"
„Dienft, gnäbige grau! Der leufel gol ben Dienft!
Stein Dienft ift gier."
ßug, erbarme bieg! telegraphierte grau von Secgta.
ßug nagm ben ^feurigen einfach unter ben Shm.
„Kommen Sie, Knips, icg mug Sie über meine Kür*
biffe fonfultieren."
»Mon coeur aux dames!" flucgte ber beraufegte
Knips, bie reegte Sjanb auf befagtem giecf.
„En Dieu ma foi! — Sie finb ja ein Schwere*
nöterl"
„On fegroerer Sot, #err Kapitän", Knips verbeugte
fieg, fegte an, rourbe feierlich, wollte fpreegen — fiill
gafegte auf ben ©artenroegen Schmetterlingen nach,
Secgta ftügte feinen Untergebenen väterlich mit ber
einen $anb, erbleicgenb rief Senebifte: „©J3eöen3!"
Der Slusruf mar ein Signal für Knips.
„Ocg räume bas gelb, aber weiche niegt."
„Stug man auch nie als junger Stenfcg!" tröftete
fiubroig. ®s gelang igm, feinen ©aft auf ben fcgmalen
Sfab naeg bem Sücteingang 3U bugfieren.
„galfcggeit, bein Same ift SJeibl"
„Sitte, es geigt nur Scgroacggeit."
„®s füllte galfcggeit geigen!"fagte Knips bebeutungs*
voll. „#err Kapitän, 3U Ognen gäbe icg Sertrauen" —
„©ewig! ©ewig!" fiubroig fegob ign bureg bie
©artenpforte.
„©in Stann gält 3um Stanne."
„Jusqu’ä la mort!“
„England expects that every man will do his
duty. — Sllter fegügt vor Xorgeit niegt."
„©benforoenig roie 3ugenb", vervollftänbigte fiubroig
nun boeg etroas raug.
Knips roarf einen fegnenben unb 3ugleicg brogenben
2lbfcgiebs|ficf hinter fieg. „Ocg fomme roieber."
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ßubroig beobachtete ßitt oott oben, ßid roartöchter»
lief), ber Slbmiral oerbeugte fid) fortroätjrenb. 2lugen»
[djeinlid) fatbte fie ihn mit Schmeicheleien, mie einen
©ären trautte fie ihn. „Stie fodte ich mich non bem
Äleinob trennen, befahl mir ber Scheich. #eute trenne
ich niich freiroidig."
„0, ffifjeüenä!" ßid polierte unb ftreicfjette ihr
Metadplättchen. „ 3 ch (ege es nie ab, ich (affe mir
eine Heine ©olbtette bafür machen unb trage es auf
ber »ruft."
„Ser Schuh, ben es mir gemähten fodte, ift auf
Sie äbergegangen. Sana mehrlos bin ich nun, gnäbiges
gräulein!"
„Stun, ©jjedena, fo' ein grimmer Meltfahrer unb
ferner berühmter Mann. — Das burfte ich wohl nicht
jagen, ©ene? 3 d) bin noch f° wenig mititärifch ge»
fchuö. Slbmiral ijt für mich was ©nortjtes, ich mug
immer an admirer benfen."
Der Slbmiral mar frebsrot oor @!ücf. „Menn er
fo ausgelegt mirb, fann man fid» ben Ditel roohl ge»
jaden (affen. Mie, gnäbige grau?" Der hohe S)err
patronifierte ©ene, grau oon ©echta entfprach feinen
Schicflichteitsbegriffen.
„Slber ich merbe mich fehr hüben. 3 d) roerbe alle
Qelbentaten erfahren unb ausmenbig lernen, bie ©Redens
fchon oerrichtet hot!"
„$elbentaten —" fie hotte an feinen geheimen ©hr=
gefo bes cingefTeifcfjten Patrioten unb „ßöroentöters"
gerührt — „im faulen grieben!"
„Sie mürben fie oerrichten! Miffen Sie, an men
Sie mich erinnern? Sin ein ©ilb oon Stelfon auf ber
©idort)!"
Slde Seeleute macht fchmach, mit Stetfon oerglichen
3U merben. „©in grofjer Mann! Mit menfd)(icher
Schmachheit!"
„Unb Sie finb ohne menfehliche Schmachheit. ©an3
ohne!" v
Qui sait? bachte Seine ©j^edenj. fiid triumphierte
unb hielt frohlodenb ihr Slmulett. „Ünoermunbbar
roerbe ich jegt!"
„Das märe fchobe!"
„Meil Sie’s gemodt haben. Sie unb 3 hr ©ebuinen*
fcheich!"
„ 3 m Orient rechnet man jartere Munben nicht."
„Die Orientalen finb oornetjme ßeute. Unempfinb»
lieh, flo(3 unb ftarf, bente ich mir ben gelben."
„®r bleibt leiber ein Menfeh."
„Mein f)elb nicht 1" Der Slugenauffdjlag oon ßid
mar Dynamit, hätte gelfen jerfprengen tonnen. Dem
alten i)errn mürbe gans munberlich-
„ 3 hr kleines gräulein Schwägerin ift eine Sehroär»
merin."
„Unbarmherjig bin ich in meinen 3 bea(en, bie reine
Slmajone!" rief ßid. Sie fah gefährlich nach Panther»
fed unb gefpanntem ©ogen aus.
„©inmal mug bies trogige herjdjen hoch beamungen
merben."
„Das ift fo ein bummes, launifehes Ding", fagte
ßid. „Das roid noch flor nichts unb hot nur biefe
3wei ßeute lieb."
ßid fdjob bas ©echtafche ©aar sufammen unb fteette
ihren Kopf 3roifd)en ben beiben ßachenben unb fich
Sträubenben burch-
„Sie finb ein glücHicher Menfch, ©echta!" fagte
Seine ©£3eden3. ©r fprach noch eine Meile mit ßug
über bienfttiche Sachen mie ein Mann, ber feine Mürbe
unb ©ürbe fühlt, mas ihm gut ftanb.
Dann richtete er einige roohlabgemeffene $u(bigungen
an ©ene. „S,ie hoben eine gemiffe ©erantroortung
übernommen. Stun, Sie merben fie nicht lange 3U
tragen hoben. — 3 ch tonnte unfere jungen ßeute be*
neiben!"
„Cj3eden3 merben beneibet."
„So ift’s roohl. Man hot bie grauen haare ober
bie 3 ufunft. greube im Dauemben hoben nur ©lüefs*
pi(3e mie ©echta."
©r fügte ßid bie hanb. ,,©s ift ein 3erbred)liches
unb fehr Heines hänbehen", fagte er boppelfinnig, auf
bas Slmulett anfpielenb, mit einem geroiffen ©rnft.
„hüten Sie es mohl! — Sticht oerlieren!"
„3<h bante 3f)nen", erroiberte ßid mit nieber»
gefdjtagenen Slugen unb heftig errötenb.
Seine ©f^edeps feuf^te ein roenig. ,,©or Schmert
unb ©ift. ©or Met)mut tonnen mir uns mohl nicht
fdpigen.— ©ott behüte Sie, mein Kinb!"
ßid ftanb auf bem hügel oor Knipfens Slusgangstor,
bie heden Dränen in ben Slugen. „Sich, er ift hoch
nett!" fagte fie fchludföenb. „Sllte herren finb immer
fo nett."
„Der Knips mar betrunten bir 3U ©hren!"
„3a, ßid", ©enebitte blieb etroas un3ufrieben.
„Mas bentft bu bir bei ad beinen Spielen?"
ßid bliette gans tläglich oon einem ber ©heleute
3um anbern. „ 3 ch weig ja, ihr roodt ijegfenborf."
Knips beging noch bie gröbften Xodgeiten, ßid 3U
©hren. ©r ertränfte fich halb, um unter ihren Slugen
beim Mettfegeln einen ©reis 3U erholten, unb mürbe
mitfamt feiner Mannhaft bisqualifijiert. ©r taufte
fich brei roeige lennisan^üge unb entfaltete niegefehene
©ürtel» unb Doilettenpracht.
3 m übrigen mürbe er unoerfchämt, er betrachtete
ßid halb als fein ©igentum unb tgrannifierte fie.
ßid taufte ihn besroegen DaTta'i 11, fie mürbe fo
frech, bag fie ihm ben neuen Slamen ins ©eficht rief.
Daltai II machte ihr ©ormürfe über ihre ©efadfucht,
bem Slbmiral folgte er mit tücfifcbem hag, Knips
mugte genau, bag er ©adenfteine unb eine Stieren»
ermeiterung hotte. — Die eigentliche Dame feines
hcr3ens, bie, bie er meinte, um berentroiden er bas
©echtafche haus auffuchte unb bort aushielt — ßid
mochte fid) ja nicht barüber täufchen! — mar für Knips
im (egten ©runbe ©enebitte.
©enebitte mar ein meibliches Muftermefen, beffen
Dugenben ßid ade nicht befag. Sie mar häuslich, ein»
fach, mit einem Mann 3ufrieben, gaftfreunblid), gut*
tätig. Selbft blonbe glechten behauptete Knips braunen,
tur3en ßoeten oor3U3iehen, unb ßids Slugen maren grün,
maren Kagenaugen, hotten überhaupt teine beftimmte
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Stummer 31
garbe; ßill fteltte fic für jeben anbers unb äugte mit jebem.
Vefcßeibentlicb fragte ßitl an, ob bas f)übfd)e Spiet
aus ©oettjes gugenb3eit, in gotbenen grantfurter Sagen,
mobei einem (Wäbcben auf beftimmte 3 ett ein Süngling
als ©bemann suerteitt mürbe, mieber aufgetommen fei.
^ebenfalls batte ber Vetreffenbe bann genügenb ©e*
(egenbeit, fi(b grünblicb unausfteblicb 3U machen, grau
oon (Rafting fanb bie Sbee febr gut, aber man
füllte bie Verheirateten mitfpielen (affen, fie oerfpracb
fuß oon einem Väumchenoermechfeln unter ©bepaaren
bie (uftigften Dinge, gär fie fpejied mar ihrer (Weinung
nach ßuß Vechta erfchaffen, grau oon Vechta märe
eben mit jebem glücflicb gemorben, auch mit (Rafting,
ßuß mar 3U galant, um biefen ©lauben raub 3U 3er*
ftören, unb Venebitte lächelte bloß.
„Oft fie nicht prachtooü?" fragte ßuß mitten im
gemagteften Scbarmüßeln mit feiner ©attin auf 3 «ü-
©r meinte Vene. Die ((eine geinbin feufjte: Dabei
3iebt ftcb bie Vechta an mie eine ©ouoernante!
(gortfeßung folgt)
-o-
Das Sehvermögen ber Xiere.
Von Dr. griß Stomronnet.
©tan müßte eigentlich annebmen, baß bie Sinne
ber Stere fo febarf unb fo gleichmäßig ausgebiibet finb,
baß ihnen foroobl bas Stage mie bas Ohr unb bie
(Rafe beim Staffucßen ber Wahrung unb ©rtennen oon
©efabren gleicßmertige Dienfte (elften. Das ift nicht
ber galll Die Sinne ber Siere finb oielmebr fo oer*
fchieben entroicfelt, baß bie (Eßiffenfcßaft je nach bem
Vormiegen bes einen ober anbem oon Stagen», Obren*
unb Wafentieren fpricht. (Rach ©rfabrungen bes fWenjcßen
bemirtt ber Verluft eines ber beiben fjauptfinne @e*
ficht ober ©ehär eine gana auffällige Verfchärfung ber
anberen. Vei ©rbiinbeten 3. V. fcf)ärft fich bas ©ehär
unb bas Xaftgefüßl.
Syiet ift jeboch fofort eine ©infehräntung ansubringen.
©s märe falfcß, anjunebmen, baß bie Siere ausfcbließlicb
auf einen Sinn angemiefen mären. Sch möchte behaupten,
baß es fich nur um einen Sffiettberoerb 3roifcßen Stage
unb Ohr banbett, oon bem bie (Rafe unberührt bleibt.
Denn foroobl Stagen* mie Obrentiere mären hilflos,
menn ihnen nicht noch eine gäbigteit 3U mittem, bie
unenblicß oiel fefjärfer ift a(s ber ©eruebfinn bes fWenfcßen,
3u ©ebote ftänbe. Vei ben (Rafentieren (eiften Stage
unb Ohr gleichmertige Dienfte 3ur Unterftüßung. (Rur bas
Seboermögen ber Siere febeint bei manchen Strten unter
bie beim (Wenfcßen als normal gettenbe Seßtraft 3U finten.
SUs Veifpiei möchte ich bie Obrentiere $afe unb
(Reh anfübren. (Wit bem Seboermögen bes armen
ßampe ift es 3iem(icb traurig befteUt. ©r fiebt mob(
ben Säger, ber am SBalbesranb auf ihn (auert, aber
er ertennt ihn nicht (Wir ift es oorgefommen, baß
ber S)a fe minutenlang oor meinen güßen gefeffen bat,
ohne mich 3U ertennen. SRit bem ©eroeßrlauf hätte ich
ihn erfragen tönnen. Slus mehreren ähnlichen (Beobach¬
tungen fchtteße ich, baß beim $afen auch bie gäbigteit
3u mittem febr gering entroicfelt ift. Das ©eficht reicht
immerhin noch aus, eine baftige Vemegung mabr*
junebmen. So ift es jebem Säger betannt, baß eine
unoorfießtige Vemegung mit bem ©emebr oon bem
breißig SReter auf ber Saat äfenben #afen ftets be*
mertt mirb. Vei #erm ßampe ift aifo bas Stage unb
nicht bie (Rafe ber feine ßöffei unterftüßenbe Sinn.
Sch möchte f)ier einfchalten, baß es nicht gan3 (eicht
ift, felbft bie einmanbfreieften Veobachtungen richtig 3U
beuten, ©s märe 3. V. bie grage auf3umerfen, ob bas
(Reh, bas ben regungslos bafißenben Säger mit allen
3 eicßen ber Vermunberung unb (Reugier betrachtet, fich
ihm fogar bis auf menige Schritte nähert, ihn un*
beutltcb erblich ober ob ber geb(er im ©eßim fi|t.
Das beißt* ob es ben SRenfchen troß genauer Sinnes*
mabmebmung nicht ertennt. Sobalb bas (Reh mit ben
Staseicßen bes ©rtennens lautlos abfpringt, roeiß ber
Säger gans genau, baß es feine g(ucf>t tilometerroeit
fortfeßt. (Wacht es jeboeß nach breißig, oier3ig Schritten
$att unb beginnt 3U fchrecten, bann bleibt ber Säger
regungslos fteben, meil er meiß, baß bas (Reh nach
menigen (Winuten angeblichen tommt, um fich 3» oer*
gemiffern, mas benn eigentlich fein (Wißtrauen erregt
bat. Sn biefem galt nimmt es noch feine beiben
bärferen Sinne, ßaufcher unb ÜBinbfang, 3U Deutfeh
Ohr unb (Rafe, 3U ijilfe, inbem es bie Stelle, mo ber
oerbächtige ©egenftanb oon ihm bemertt mürbe, im
Vogen umfchiägt, um unter (Eßlnb 3U tommen unb
gegen (EBinb fich 3U nähern. 3 <b bente, biefer Vemeis
ift feßtüffig genug, um baraus 3U folgern, baß manche
Xierarten gans gut feben, aber nicht bie geiftige gäbig¬
teit befißen, ben ©egenftanb 3U ertennen.
Vei Ohr unb (Rafe haben fich int Xierreich feine fo
großen Unterfchiebe entroicfelt mie gerabe beim Stage.
Um ben gemattigen Unterfchieb im Seboermögen mit
einem Veifpiei 3U ermeifen, braucht man nur (Ubier unb
©eier unb als bas ©jtrem ber anberen Seite ben (IRaul«
rourf 3U nennen, ©tma in ber (Witte 3mifchen beiben
fteben bie Slrten ber Vierfüßler, bie man Slugentiere
nennt. (Wir febeint biefe entfeßieben geiftreiche ©in*
teilung ber Xiere nach ber übermiegenben Schärfe eines
Sinnes nicht immer 3U3Utreffen, benn ich muß im ©in*
oerftänbnis mit ber gan3en Sägermett mehreren Slrten
eine naßesu gleichmäßige Slusbilbung ber brei j)aupt*
finne 3uertennen. Das finb bie (Raubtiere ber Saßen,
(Warber unb $unbe. Ueber bie europäifchen Slrten
fteben mir bie ©rfabrungen bes nunmehr bureß lange
Sabre eifrig betriebenen SBeibroerts 3U ©eboi Ueber
bie außereuropäifeben Slrten höbe ich bas (Waterial in
ber einfchlägigen ßiteratur gefammeit unb, mas mir
noch mehr mert ift, einen SBeibmann befragt, ber in
ber glücflichen ßage ift, jahrelang in ber gansen (Eßelt
umber3ufchmeifen, um ben großen (Raubtieren mit ber
Vücßfe in ber $anb gegenübersutreten.
ffir ftimmt mir rücfbaltlos 3U, baß bie Schärfe ber
brei jjauptfinne bei ben großen milben Saßen naßesu
gleichmäßig ausgebiibet ift. Den erften (Jireis gibt er
bem Xiger, ben er meit über ben ßömen ftellt. SEBas
er über bas Verhalten bes Xigers eraätjlte, ermutigt
mich, Veobachtungen unferer Säße 3um Vergleich heran«
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Seite 1475.
SRummer 34.
3U3iegen. Man pflegt fie ben Qgrentieren 3U3uteilen,
mit wenig Stecgt, wie ieg glaube. #ier mügte nun
eigentlich eine gan3 eingegenbe 23 etracgtung barüber
eingeflocgten werben, ob bas ©egör allein imftanbe ift,
einem Xier auger ber 2Bagrnegmung ber Sticgtung,
woger bas ©eräufcg tommt, aueg Scglüffe, unb 3mar
3iemlid) genaue Schlüffe über bie (Entfernung 3U er»
möglichen. Die 23 erfuege, bie icg, um einen Angatt 3U
gewinnen, oeranftaltet gäbe, finb oöllig ergebnislos
oerlaufen. 3cg gäbe ftets gefunben, bag bie Scgägung
ber Entfernung auf ffiagrnegmungen beruht, bie bas
Auge oermittelt ober fcgon oorger oermittelt bot. So
ift es 3. 23 . unmöglich, bie Entfernung ber Kraftquelle
eines Scguffes im ffialbe auch nur auf i)unberte oon
Metern 3U fcgägen, weil bie Ergebung ber SBagr*
nebmung bureg bas Auge fehlt.
Das berechtigt boeg roobl 3U bem Scglug, bag felbft
bei ben Xieren, bie fi<b in erfter ßinie auf bas Dgr
oerlaffen, auch bas Segoermögen eine nicht 3U unter«
fegägenbe Stolle fpieli Als 23 eweis tann man bie lat*
jache geranstegen, bag bie Sage am Xage nicht nur
Mäufe fängt, fonbem auch lieren naebftedt, beren
Aufenthalt ihr, wie etwa bas regungslos auf bem ©e«
lege figenbe Stebgugn, nur burch bas ©efiegt oerraten
wirb. Der Marber gilt als Augentier. Er oerfotgt
bas Eichhörnchen, bas in gewaltigen Sprängen oor igm
flieht, boch nur mit hilf* bes ©eficgtfinnes. Er bringt
aber auch in ben fehlest bewahrten i)ügnerftall, wo
ihm bas 23 organbenjein oon 23 eute nur burch bie 2 Bitte=
rung oerraten wirb. 3 eg habe aber auch beobachtet,
bag ign bas ©egör auf bie Spur leitet. 3 eg hotte
mich noch oor Morgengrauen am Dohnenfteig angefegt,
um einem f$ucgs, ber regetmägig bie 23 äget reoibierte
unb täglich einige ber gefangenen 23 ägel an unb 3U fid)
nahm, bas honbwert 3U legen. Der Zufall fügte es,
bag eine Droffel fich biegt oor meinem 23 erfted in ber
Schlinge fing. Die wenigen glügelfcgläge, bie ge im
Xobesfampfe tat, genögten, einen Marber ansuloden.
Den Semeis, bag er niegt burch bas ©efiegt, fonbem
burch öas ®egör gerbeigefögrt würbe, tarnt ich glüd*
licgerweife einwanbfrei fügten. Denn biegt neben ber
Siegte, in ber bie Dogne befefiigt war, ftanb eine halb«
wücgfige Kiefer, in beren SBipfel ein tugetförmiges Steft
bes Eicggömcgens lag. Das gatte füg ber Marber 3ur
Stugeftätte erforen. Er gatte es wagrfcgeinlich tur3
oor meinem Eintreffen auf bem Stanb aufgefuegt unb,
00m näcgtlicgen Streif3ug ermübet, bereits ben Xages*
fcglaf begonnen, als ber frampfgafte glügelfcgtag ber
Droffel ign medte. 3 cg fag bas Steft fieg bewegen,
fag ben SJtarber ben Kopf gerausftreden unb mit mäcg»
tigen Sprüngen auf bie 23 eute ftürsen.
23 emertenswert erfegeint, bag niegt nur innerhalb
einer Orbnung, fonbern felbft innerhalb einer Somilie
bebeutenbe Unterfcgiebe ber Sinnesfcgärfe 3U oer*
3eicgnen finb. Um gleich bas be3eicgnenbfte SBeifpiel
geraus3ugreifen, mug man ben ijunb nennen. Da
gibt es Sftaffen, bie wie ber ©inbgunb nur ä vue
jagen, bas geigt, fieg beim 23 erfo(gen bes SBtlbes
allein auf bas Auge oerlaffen unb oöllig oerfagen,
fobalb S)a\e ober Sucgs fieg oor ignen brüefen. Anberc
hoffen, 3. 23 . bie englifcgen Barriers unb 23 eag(es,
folgen nur mit ber Staje ber Sägrte bes aufge»
jegeuegten SEBilbes. Dag biefe Staffen niegt aueg gan3
gut fegen, wirb niemanb bejtreiten fönnen. Es ergibt
fieg aber bie jebenfads göcgft intereffantc Xatfacge, bag
innerhalb einer unb berfelben Somilie Staffen oorganben
finb, beren Sinnesorgane fo oerfegieben ausgebilbet
jinb, bag man bie einen ben Augentieren, bie anberen
ben Stafentieren 3utei(en mug. Unb gier gerabe seigt
fieg am beutlicgften, bag biefe Einteilung boeg reegt
oberflächlich ift. Stegmen wir ben $ügnergunb als
iBeifpiel: Stiegt alle finb fo wog(er3ogen, bag man fie
auf ben Anftanb mitnegmen tann. SBenn aber ein
i)unb begriffen gat, bag er eine Stunbe gans regungs«
los baliegen mug, bag er niegt einmal mit ber $aut
fegaubem barf, um bie läftigen Müden 3U fegeuegen,
bann ift er ein ibealer 3 agbtumpan. Man braucht
ign nur 3U beobachten, um über bas $erannagen
eines 233 ilbes früger unterrichtet 3U fein, als bie menjeg«
liegen Sinne bies 3U tun oermögen.
Unb gerabe bei biefem Anlag 3eigt fieg beutlicg,
bag beim $ügnergunb, ber boeg nur mit ber Stafe
fuegt, ©efiegt unb ®egör niegt oertümmert finb. $ier
tann icg auf meine eigenen Erfahrungen poegen, benn
icg gäbe lange 3agre eine $ünbin geführt, bie auf
bem Anftanb gerabe3u unbe3aglbar war. 3 n ber erften
halben Stunbe widelte fie fieg 3ufammen unb tat ein
Scgläfcgen, bas gans eegt war. 2 S 3 esgalb fie gerabe
3u ber 3 cit munter würbe, wenn jebes Sträucglein,
jeber Stein 23 ewegung ansunegmen fegien, tann gier
niegt erörtert werben. Dann aber brauchte man nur
igre Stafe unb igren 23 egang. b. g. igre Dgren, 3U
beobachten, um 3U miffen, bag ein 2 Bilb in ber Stäge
war. Es ift ja niegt oerwunberlicg, bag fie oon bem
fjafen früger als icg Kenntnis gatte, wenn igr bie
Stafe ober bas Dgr babei galf. 3 eg gäbe aber fo oft
beobachtet, bag fie aueg ben Sjafen, ben fie niegt bureg
biefe beiben Sinne, fonbem nur bureg bas ®eficgt
wagrnegmen tonnte, bureg eine oorfiegtige 25 ßenbung
bes Kopfes, bureg einen gefpannten ©efiegtsausbrud
mir anfünbigte, bag icg igr Segoermögen ben anberen
Sinnen gleicgftetten mug. Unb tann niegt jeber 2Beib*
mann betätigen, bag ein gut exogener $ügnergunb
bie auffteigenben Stebgügner mit ben Augen oerfolgt
unb fieg genau bie Stelle mertt, wo ein gefegoffenes
Stücf niebergefallen ift?
Eigentümlich ift bas Segoermögen ber Säugetiere
unb 23 öget ausgebilbet, bie aus SBaffer igre Stagrung
golen unb babei noeg oiel 23 egenbigteit unb ®efcgicf
entwideln müffen, um ben fcgneüen gifeg 3U ergafegen.
Das finb Seegunb, gifcgotter, Daucger, Kormoran ufw.
Um einen 23 egriff oon bem Segoermögen biefer Xiere
3u betommen, braucht man fieg nur igre gütterung
im 3 °ologifcgen ©arten ansufegen. Selbft in gan3
getrübtem 2 Eßaffer wirb ber geworfene gifeg 00m See«
gunb mit unfehlbarer Sicherheit ergriffen. Diefe gägig«
teit, im SBafjer 3U fegen, berugt im wefentlicgen auf
ber flacgen gorm bes Auges, bie ber bureg bas
25 Saffer bebingten Strahlenbrechung angepagt ift.
Ein Segoermögen, wie es 00m menfcglicgen Auge
niegt einmal mit S )ilfe eines gernglafes erreicht werben
tann, befigen bie Stauboögel. 2Benn in ber SEBüfte
ein ßafttier 3ufammenbricgt, ift feiten ein ©eier in
fiegtbarer Stäge. Aber fegon naeg wenigen Augen«
bliden tauegt ber erfte in weiter gerne auf, brei, oier,
fünf folgen igm. Der Steinabier, ber fo goeg im
Aetger fegmebt, bag er uns nur fo grog wie ein tJJuntt
erfegeint, fiegt auf ber Erbe ben Alpengafen ober bas
Murmeltier trog ber Scgugfärbung igres gellest
Um fo megr mug man fieg über 23 ortommniffe
wunbern, wo Stauboögel niegt igrem Auge, fonbem
oermutlicg igrem ©egör folgen unb fieg gans fonberbar
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Seite 1476.
Kummer 34.
benehmen. So ftieg in ber oftpreugifcgen Oberförfterei
(Bujianta unweit bes fieinen Ortes Siersba ein Stein»
abier auf bie Starre, bie ein Stoßarbeiter namens
©ronwalb oor fid) gerfcgob. Oer Slbler war non
bem Vnprad fo betäubt, bag ber Mann ign binberi
unb in einen Sacf ftecfen tonnte. Sas ben Vbter
3U biefem unfinnigen Singriff bewogen haben mag?
Vermutlich bas Quietfchen ber Karre, beren SRab bei
jeber Umbrehung pfeifenbe Zone oon fich gab. ©ine
ganje 3 a hl ähnlicher Vorfommniffe ift oon Vregm
gefammelt unb mit wiitenbem junger bes Stblers
erflärt worben.
Mit Stusnagme ber ©ulen, beren Stugen fo ftehen,
ba& benfelben ©egenftanb mit beiben äugen 3U»
gleich erblicten, fehen ade anberen Vögel nur einfeitig.
Sie miiffen in oielen gällen Kopf unb hals brehen
unb wenben, um einen ©egenftanb beutlich 3U er»
blicten, ber fich unter ihnen befinbet. Sie bie Vögel
mit bem einfeitigen Sehen bie ©ntfernung fcgägen unb
fo richtig fcgägen tönnen wie 3. V. ein Vuffarb, ber
wie ein Stein auf bie am Voben fpielenbe Maus
herabftürjt unb erft im aderlegten Slugenblicf bie glüget
entfaltet — ift fchwer 3U ertlären. Vielleicht wirft ba»
bei ein Meiner Slpparat im Vogclauge mit, beffen Ve*
beutung ber Siffenfcgaft noch «ntlar ift: ber Kamm
ober gächer. Das ift ein brei» ober oierecfiger galten»
oorfprung ber Stbergaut, ber fich auf ber Stelle erhebt,
wo ber Sehnero bie Slbergaut burcgbricgt. ©r ift bei
manchen Sitten fo lang, bag er bie ßinfentapfel erreicht.
Man wei| mit Sicherheit nur, bah biejer gächer
mit ber ßicgtwirtung etwas 3U tun hat, benn bei bem
Vacgtoogel Kiwi fehlt er gän3(ich unb bei ben Däm*
merungsoögetn, ben ©ulen unb Vacgtfcgmalben, ift er
feht wenig ausgebilbet. ©s fcheint, als ob biefer
gächer 3ur llnterftühung ber ÜRictgaut ba ift, benn bei
ihrem 3ufammen3iehen macht er ructweife Bewegungen,
©inige gorfcher glauben, bah her gächer nur ba3u
bient, beim Sehen nach unten bie oon oben ins Stuge
fadenben ßichtftrahlen absuhalten. Vas Sehoermögen
felbft beruht nur auf ber groben glächenausbehnung
unb ftarfen Sölbung ber Hornhaut. Vei ben gröberen
9 tauboögeln ift bie oorbere gläche ber ßinfe oon ber
hinteren gläche ber Hornhaut 7 —8 Midimeter entfernt
Vas ift nicht nur oerhältnismähig, fonbem abfolut
mehr als beim gröfjten Säugetier. Vag ber ©lefant
aber auch flut fieht wiffen fchon bie Meinen Vefuicher
bes „ 3 oologifchen". Sie machen fich ein Vergnügen
baraus. Meine SHicfchen Seigbrot fcheinbar unbemerM
3ur Seite 3U werfen unb amüfieren fich töniglich, wenn
ber Stiefe feinen Vüffel ausftrectt, um ein Krümchen
aufsunehmen, bas bei ihm nicht einmal für ben fprich»
wörtlichen „hohlen 3«hn" langt 1
❖
Vor hutiberf 3ahren unb f)enfc...
©ln Veitrag 3ur Sognungstunft. — Von dtegierungsbaumeifter a. V. gran3 Seecf.
$tersu 15 pfeotograj>fcif<$e ttufnafcmen.
Viele werben fich noch ber 3 eiten erinnern, in benen
es feine mobernen Verfehrsmittet gab, bie uns in
fünfter 3eit oon einem ©nbe unferer Stiefenftäbte 3um
anbem 3U bringen oermögen. SBaren boch bamals
bie gröhten unter biefen, oerglichen mit ihrer heutigen
Slusbehnung, nichts mehr als behagliche Kleinftäbte, in
benen man bie Sege, bie man 3U machen hatte, be»
quem 3U gug gurücflegen fonnte, unb in benen man
noch nicht fein ßeben aufs Spiel fegte, wenn man einen
Stragenbamm überfcgreiten wollte. Man wugte bamals
ebenfomenig etwas oon ungelöften Vertehrsfchwierig»
feiten, wie man auf Mittel fann, ben überganbnehmenben
Stragenlärm einsufcgränfen. gein ruhig unb orbentlich
fpielte fich bas geringe ßeben auf ben Stragen ab,
unb wenn einmal ein Sagen über bas fonft fo ftide
Vflafter holperte, fo war bas ein ©reignis, bas überall
neugierige ©eficgter an bie genfter locfte.
©erabe bort, wo fich jefei ein himmelhohes Saren»
haus an bas anbere reiht unb oon Minute 3U Minute
wecgfetnb ein Strom oon Zaufenben fich über bie Vürger»
fteige wäßt, war bie Stabt am behaglichften. So jegt
bie neueften Käufer ftehen, ftanben bamals bie ätteften.
Venn bie ©rweiterung hatte nach bem gortfaH ber
Stabtmauem genügenb $lag an ben Seichbilbgren3en,
unb im Snnern brängte bas befcgeibene ©efcgäftsleben
noch nicht basu, jebes Qua br atmet er Voben aus3unugen.
Unoeränbert war bas Stabtbilb bas gleiche, wie es oon
ben Vorfahren überfommen war, unb es gab bort
Käufer, bie weit in oergangene 3agrgunberte 3urücf>
reichten. 3mar würben hin unb wieber in folchem alten
häufe, wenn es etwa ben Vefiger wechfelte, ©efchäfts»
räumlichfeiten eingerichtet unb ßäben ober Schreibftuben
aus ben freunblichen Sohnungen gemacht, aber bas
Vitb blieb im wefentlichen unangetaftet.
3 n einer oon biefen ftiden Stragen lag auch bas
Sohnhaus ber ©rogeltern, unb wer wägte fich nicht
mit befonberer greube an bie fchönen Stunben 3U er»
innern, bie er ht biefem oerbringen burfte. Sar boch
bort ades fo gan3 anbers wie 3U häufe, fo oiel an»
heimelnber unb gemütlicher als in bem neuen Miet»
haus, in bem bie Sohnung ber ©Uern fich befanb.
Schon bie Strage mit ihrer leifen Krümmung, bie bem
Seiterfchrettenben ftänbig ein neues Vilb enthüllte, bis
man fd>lieglich an ihrem ©nbe burch ben Vticf auf bie
gewaltige alte Kirche überrafcgt würbe, war fo oie(
intereffanter als bie langweilige gerabe Strage bageim,
bie man bis 3U ihrem ©nbe überfehen tonnte, unb bie
boch 3U nichts Vefonberem führte. Unb bie haben
©artenmauern, bie fich swifcgen ein3e(nen Käufern hin*
3ogen unb uns nur burch ein Meines ©itterpförtcgen
biegt neben bem überragenben ißaoidon einen Meinen
©inblicf in bie fegattige ^errlicgfeit geftatteten, fegienen
uns oiel oerlocfenber unb gegeimnisooder 3U fein als
bie nach einem Schema angelegten niegtsfagenben Vor»
gärten in unferer neuen Strage. Unb nun bas haus
felbft mit ben oomegmen breiten Steinftufen oor bem
Vortal unb ber fegönen gefegmiebeten ©ifenbrüftung,
mit bem geräumigen geden Hausflur, bung ben man
bei geöffneter Zür auf bas herrliche ©rün ber alten
Vugbäume im 5 )ofe fegen fonnte, mit feiner bequemen,
tunftood gefegwungenen Zreppe unb ben weiggeftriegenen
Züren unb mudbefpannten ©lasfcgeiben. ' Sirtte nicht
biefes Zreppengaus mit bem einfachen Slnftricg unenblicg
oiel oornegmer als bie neuen Zreppengäufer mit igren
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Stummer 34.
'öette 1477.
S)<m& oon üecttjolb in fiaclscube. (Ecbaut um 1800.
imitierten 3ßarmoroerfleibungen unb unedlen 23ergo(= Jiacbetöfen, bie aber eine munberooile, feingetönte ©lafur
bungenl ©an 3 ^eimifd> mürbe uns aber, menn mir Ratten. Sie genfteroorijänge maren nicht jugejogen
bie SBobnung betreten hotten unb uns in ben Zimmern unb oerbectten nicht ben beften leil bes Siebtes, mie
umfeben burften. SJucb hier mar alles nur einfach: es heute meiftens gefchieht, fonbem fie liegen bem
glatte, meiggetünebte Seelen, roeiggeftrichene lüren ohne Sicht freien Zutritt unb maren meift ganj beß, fo bag
ftörenbe Siuffäge unb 5Ber3ierungen unb gan 3 einfache ge noch mögiiehft oie( Sicht refiettierten, bas ben
CanOhaus in cdrojjboritei bei Hamburg.
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Seite 1478.
Stummer 84.
Zimmern jugute tom. Dajmifdjen
ftanben bie SJtöbel, bie einfod) unb
jolibe mären unb uns in iijrer ge*
biegenen Bomefjmljett oiet mef)r 5Re*
fpett einflöfjten als bie oerjierten
©egenftänbe 3 U 5)aufe, 3 U benen mir
fein rechtes 23erl)ältnis gewinnen fonn*
ten. 5 £er erinnerte fiel) nid)t bes be*
fjäbigen breiten ßeberfofas mit ben
blanten knöpfen, bas in allen
Situationen bes Kinberlebens fo gut
feine ©ürbe 3 U roafjren oerftanb, ober
bes fd)lanfen, ijoijen Spiegels, ber
oom gufjboben bis 3 ur Sette reidjte
unb bas Zimmer fo t)orf> unb ge*
Stutstjof bei Cangfutjr.
£jaus am ßupfergeaben in Berlin.
3 flmoamonu
Haupttreppe im H aus Cienau
(jetjt 2Ru icum) in ö t onftuil a 0 (1788)
räumig mad)te, ober bes Se*
fretärs am genfer mit (einer
munberooUen Ho^arbeit, bie man
erft 311 (eben befam, roenn ber
©roftuater ihn auf mieberboltes
Drängen öffnete, mie auch ber
Sdjränfc unb all ber anberen
munberooUen Stüde, beren je*
bes ein ©ebeimnis in fid) barg.
Sd)ön unb imaufbringlid) (tan*
ben (ic alle in ben ^Räumen
unb lief 3 cn biefe mobnlicb unb
natürlich er(d)einen.
2 ßer hätte nicht eine tiefe,
bleibenbe Erinnerung an biefes
vornehme unb bod; (o be^agl
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Stummer S4
Seite 1479.
Uaurberu.
Schloß Jrtjbenlunb in Dänemark
intime SJtilieu, bas mit bem lobe ber ©roßeitern
unmieberbringlid) oerfdjmanb! 2 Ber hätte nicht aud)
fd)on mandjmal im ftiüen ben tiefen 2 lbftanb gefüllt,
ber unfere 3 eit aon jener trennt! 2 Bohl befißt
faft jeber nod) irgenbein Stürf aus bem großeiter*
liefen Stacßlaß. 2 lber es mi(I fid) fo gar nicht
in bie mobernen Bafareinrid)tungen einfügen, baß
es oft mißachtet unb in bie bunfelften Sßinfel oer*
bannt mirb. Unb bod) rnirb man bei genauerer
Betrachtung faft immer 3 ugeben müffen, baß
bas Stüd mertooller ift als ber moberne Befiß.
Unfere 3eit ift eine gan 3 anbere geroorben als bie
unferer ©roßeitern unb hat
aud) an uns UJtenfchen
meitgehenbe Beränberun*
gen oorgenommen. 2 Bir
haben jene bereits in bie ©e=
fchichte unb Äunftgefd)id)te
eingereiht unb oermögen
uns mit Sd)lagmorten rnie
„Empire" ober „Sieben
meier" im 2 Xugenblicf über
fie 3 U oerftänbigen. 2 Bir
haben aud) bei unferer
romantifchen Steigung, bie
©ebärben oergangener 3 ei s
tennad) 3 uahmen,
bereits eine
Empire*
unb
pauiUon im Jafanengarfen in &ar(*rufce. Oberes Büb: (Einfahrt jnm $of bes Schloff es in ZReferiß.
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Gelle 1480.
joimmer 34
Biebertneierepoche gehabt, aus ber mir Ms heute noch
nief^t heraus ftnb. Aber ba mir es mit biefen Stilen
nicht anbers getrieben haben n>ie mit bem JRototo unb
ber Benaiffance, b. h- nur gang äußerlich ihre formen
imitierten, mirb man es für nicht mehr als eine oor*
übergehenbe 2Robe anfehen bärfen. Unb boch oerbient
gerabe biefe ©poche, bie Seit um 1800, mie teine
herausgab. Btan hatte eben auf jeber Seite Ouati»
tätsgefflbL ffiir miiffen, menn mir ehrlich fein moQen,
eingeftehen, baß biefes Cutpßtätsgefübl uns ein frember
Begriff gemorben ift. Statt jenes oomehmen ®e»
fehmaefs, bem es unmöglich mar, ein Ding toftbarer
erscheinen 3 u laffen, als bies aus ber Bemertung oon
Btaterial unb Bearbeitung gerechtfertigt erfchien, unb ber
3immcrecfe aus
anbere, baß fie
etmas ernfter
aufgefaht unb
nicht blofj 3 U
einem ein*
fa<hen IDtobe*
fpiel benutjtroer*
be. Denn es ift
bie Seit, bie uns
hinfichtiid) bes fünft*
lerifcbenAusbrucfes, ben
fie für ifjr bürgerliches Geben
gefunben Ijat, am nächften fteljt,
3ugleich bie legte Seit eines ge* Sopba unb Xifch aus bem Jütftenberger Sdjlofe.
funben, banbcoerflicben Schaffens,
in ber fich Auftraggeber unb Ausfüijrenber noch oöllig
oerftanben unb ben ©efdjmacf bes einen mie bie Arbeit
bes anberen in richtiger SBeife einsufchätjen muhten.
Auf ber einen Seite ein biftinguierter, aber babei
bürgerlich befcheibener ©efehmaef, auf ber anbern ein
folibes, ehrliches Hanbroerf, bas oon ber ©üte feiner
Arbeit öber 3 eugt mar, aber auch oor biefer foldje
Hochachtung hatte, bah es nur öas mirflich Befte
bem Sd)loö in Uroffabf.
bureßfeinnatür*
liches geingc*
fühl auch bem
untergeorb*
netftenButjge*
genftanb einen
Schöuheit 5 ftem*
pel auf 3 ubrücten
muffte, berrfcht bei
uns, mit jener oer*
glidjen, eine ©efinnung,
Oie man nur als bie
oon (Smporfömmlingen be3eichnen
fann. fDtan meifj fich nicht ge»
nug 3 u tun im Ueberhäufen oon
gönnen unb geraten U nb greift lieber 3U ganj
fchlechten Surrogaten unb minbermertiger Arbeit, als
bah man es unterliehc, ben Schein bes Reichtums 3 U
erroeefen. Unfere Vorfahren oerbargen oielfach bie
fdjönften Seile ihrer Runftmerfe, bie bann bei ihrer
©ntbeefung um fo mehr erfreuen muhten, unb bemiefen
bamit eine ungleich oornebmere ©efinnung als mir>
bie beftrebt finb ben gan 3 en Reichtum, ber oft nur oor»
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Sette 148t
Stummer 34
$Ofpl)0t.
äimtner (nad) 1800) au»
getäufd)t ift, um
jebcn ^Sreis 3 U
geigen.
NZan kann nun
fdjmerlid) einem
ein3elnenbiefe23er=
änberung im (Emp=
finben, bie unbe=
bingt einen 23er=
luft bebeutet, 31 m
Saft legen. Umfo
fd)mer 3 lid)er müf=
jen mir aber ben
Berluft bebauern,
benn if)m allein
oerbanken mir bas
nüchterne unb un=
künftlerifdje 2 lus=
fetten aller un=
jerer mobernen
Anlagen, in bie
Stabte, ^Ici^e,
Strafen, Senkmä=
(er, Käufer, ©cir*
ten, NZöbel ufm.
eingefcf)loffen finb.
Unb je ftärker uns
bie (Erkenntnis uon
ber Ueberlegenbeit
unferer öorfahren
in künftlerifd)en
Singen 311 m Se=
raußtfein kommt,
um jo mehr müffeu
toir uns e^rlid) be=
mühen, uns mieber
in ben SBeftfe jenes
natürlichen unb
2lu9 bem 5<hlo& in pareß*
S>. Prall.
ftarlsrufjer prioafbeji^.
foliben Schönheit-
jinnes 3 U fefcen.
Sabei kann nicht
genug betont mer=
ben, baß mir nid)t
nachahmen, fon=
bern nurnacheifern
follen. UnfereS^i
hat ihre befonberen
Aufgaben, aber
roenn fiebiejeunter
SSenufcung aller
mobernen #ilfs=
mittel unb 3Jtateri=
alien in ber oor*
nehmen ©efinnung
ber Vorjahren 3 U
löfen oerfud)t, mufe
jie 3 U einer felb s
jtänbigen Äunft
kommen unb mirb
es künftig gan 3
oon felbft unter=
laffen, fid) mit ben
fremben gebern
oergangener Stil 5
epochen auf 3 uput=
3 en. 5Bas mir oon
ben ®roßeltern ler=
nen können, ift bie
Sachlichkeit unb
Natürlichkeit, mit
ber fie bei allen
ihren Aufgaben 3 U
2Berte gingen, unb
in ber fie trofc
ber größten (Ein*
facfthett — ober
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&tte 1482.
9hmtfittr 84
Sdjranf unt> Stuf)( aus bem IDürjbucgcr Schloß.
heit 3U erinnern unb an ben gefunben Stil jener
Cpodje mieber an3ufniipfen. (Sine gan3e Sfteihe
oon 2Ird)iteften, Saumeifter fornof)! mie Kunfthanb*
merfer, finb an ber 2Irbeit, bem s IRenfd)en nid)t eine
?Bot)nung, fonbern ein #etm im magren Sinne bes
SBortes 311 fd)affen. $e3eid)nenb ift bas lehrreiche
unb gehaltoolle 2 Berf „Um 1800 . 21 rd)iteftur unb
^anbmerf im leßten 3 al)rhunbert il)rer Xrabition unb
Cntmirflung", herausgegeben 00m 9 tegierungsbau s
meifter a. 2. ^ 3 aul TOebes, bas füglich bei g. Sirutf*
mann in SJUindjen erfcfjienen ift. ©as 5 Berf bringt
eine gülle non Üflotioon unb 3cigt an ber i)anb 30hl 5
reid)er Slbbilbungen, mie unfere ©roßeltern gemohnt
haben, unb mas mir Cnfel nod) 311 lernen haben, um
unfer Syam tmeber fchön unb behaglich gu geftatten.
Ofen unb Schränken ans bem Schloß in Jürffenberg.
üielmefjr gerabe burd) biefe — eine fo große
Schönheit 3 U er 3 ielen mußten, ©ie ein 3 elnen
Käufer in ber Straße orbneten fid) befcßeiben
unter, unb bie Straße felbft mar fo gefdjicft
angelegt, baß man an jeber Stelle ein
fdjönes 23ilb oor fid) hatte.
ßangc 3 eit, ein oolles 3 ahrf)unbert, hatte
man fid) biefer ©infid)t fo gut mie oerfd)loffen;
jet}t enblid) fängt man an, fid) ber Vergangen*
■
$
<xx>
o
3ur (Eroberung bes Sübpols.
23on Dr. 3. (Efjarcot, (Jüljrer ber grangöfifchen Sübpolefpebition. — fjlerju 8 Aufnahmen.
(Ermutigt burd) bie glürflichen Stefultate meiner
erften (Efpebition in bie antarftifchen Stegionen, bin
id) oor turjem aufs neue nach jenen fernen unb oben
©egenben aufgebrocfjen. Diesmal — ich fann es ohne
falfdje Scham gefteijen — f)offe id), es beffer unb er*
fotgreicher gu machen, benn id) begebe mid) mit allen
Sorbebingungen bes (Erfolges auf bie Steife.
3d) möchte ben ßejern ber „SBoctje" 3 uerft bas
fchtoimmenbe Ejaus oorführen, bas toährenb suteier
langer 3at)re unferem 2lufentl>att bienen foll. (Es ift
ein fd)öner Dreimafter mit eingefügter Dampfmafdjine
oon 800 Donnen ©ehalt; er f)at nicf)t roeniger als
41 SJteter ßänge bei 9,20 SDteter SBreite. ©eine SDta*
fd)ine oon 550 Ißferbefraft toirb ihm eine SJtinbeft*
gefchroinbigfeit oon 8 knoten in ber Stunbe oerleihen;
er ift gans aus $ 0 ( 3 , (Eidje unb ißitfchpin unb fehr
folibe gebaut. Seine Ejerftellung macht . bem Sater
©autier oon Saint*2Jtalo, ber bas efjrenoolle ißrioilegium
hat, ber Stettefte unter ben fransöfifcfjen Sd)iffsfonftruf*
teuren 3 U fein, bie t>örf)fte (Ehre.
Unb nun ber Slutomobilfchlitten (2lbb. S. 1483),
ber uns ermöglichen toirb, in biefen ßänbern bes
(Eifes 5 U reifen, oie(leid)t fogar ben Sübpol 3 U er*
reichen — biefes 3 iel, auf bas fehon feit langer
bie ülnftrengungen ber (Entbecfer gerichtet finb. Seit ben
oerfchiebenen Sßerfudjen, bie ich mitten in ben SUpen
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Hummer 84.
(Seite 1483
bett Schnee gefchüßL Mit
2 3 /4 h. P. ausgeftattet, ift
ber Motor für jmei ©e*
fchminbigf eiten eingerichtet;
bie erfte gibt ihm einen
©ang oon 4 Kilometer in
ber Stunbe, bie 3 toeite oon
8 Kilometer, ©nblid) ber
Propeller, auf ben id) bie
befonbere 2 Iufmerffamteit
bes ßefers (enten möchte,
roeil ber Melanismus, auf
bem er beruht, außer*
orbentlid) (innreicf) ift.
Mir ijoben ein Stab mit
3 t»ei Steifen, bie an ber
gleichen Stabe befeftigt unb
burch Stafetten oerbunben
finb, in einer ©ntfernung
oon 28 Zentimeter oon*
einanber. Zeber biefer Stab*
reifen ift mit Miauen oer*
feijen, bie beftimmt finb,
in ben Schnee ober bas
©is einjugreifen. ©abei ift
ber Propeller fo geienfig,
- . *>aß er fid> ben Srümmun*
glaube, baß bei ©c. j. cijarcot, Jübrer ber ftaujöfifcben Sflbpolerpebifioa. 9 en bes Meges möglidjft
bem gegenntärtigen Stanb anjupaffen imftanbe ift; eine
unferer roiffenfchaftUchen Jtenntniffe ber Ippus eines be[onbere93orrichtung regelt feinen automatifdjen Slbftieg.
2tutofcf)(ittens, t»ie ich ihn auf bem ßautaretpaß er» Mit biefem Stpparat habe ich auf bem ßautaret*
probt bube, für antarttifche ©ebiete fefjr geeignet ift puß bei mehreren SBerfudjen gute ©rfolge gehabt,
©as gab^eug feßt fid) aus brei i)auptteilen jufammen: Unfer 2tutofd)Iitten hat mit beaeßtensroerter ©enauigfeit
Zuerft ber Stabmen, ber aus ©fd>enbo (3 befteßt unb nach ber güßrung geborgt, bie mir ihm gegeben haben; er
normegifcher 2trt gebaut ift. ©ann tommt bie Motor* hat mit großer ßeichigteit fomohi im Schnee als auf
partie. Stüdmärts angebracht ift fie ooüftänbig gegen bem rauhen ©is Sdjmenfungen ausgeführt, ©r hat
'ränget.
©er tiutomobiljcbütten abarcots (X) jttr bie antarftifeben (Begenbetu
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Seite 1484.
Stummer 34.
bie Steigungen mit ber gleiten fixeren Rottung
erftiegen, mit ber er bie Stbhänge hinabgeglitten ift
3$ höbe mich baher entfchloffen, teine fibirifcgen
j)unbe in bie antarttifchen Stegionen mitjunebmen.
(Bewig, biefe tapferen unb guten liere hoben ben
gorfchungsreifenben unb mir feibft bie wertoollften
Sienfte geieiftet: fie hoben baju gebient, ßebensmittel
unb ÜRunition, SBaffen unb wiffenfchaftliche Apparate
3 u transportieren, Silber man mugte auch für ihre
Stabrung forgen, unb fie maren oft fchrecflichen (Epi=
bemien unterworfen,
bie fie binmegrafften.
SJtit unferem Slutomo*
bllfd)Iitten büren aüe
biefe 3ufäUigteiten auf;
es genügt, einfach eine
btnreicbenbe Sötenge oon
(Brfagteilen mitauneb»
men unb ftch mit aüem
fRötigen 3 U oerfeben.
( 1 s finb neben ntir brei junge Schiffsfähnriche oon
ber fran<$öfif<ben SRilitürmarine, bie Herren Songrain,
Stoud) unb (Bobfroq; bie Herren (Bourbon ((Beologe),
Senouque (Ißhhfifer), ßiouoiüe unb (Bain (Steturforfcher).
ffienn bie „ipourquoi pas" bas SRagelhaenslanb
oerlaffen bot, wirb fie fid> birett 3 um ÜJRont Srans*
fielb begeben, um IJSrobeftücfe oon goffilien aufsu*
nehmen, ebenfo auf ber 3nfel Seqmour, beren reiche
Säger oom Sr. Storbenjfiölb bestätigt worben finb.
Siefe Sammlungen werben fofort, wenn bas SBetter es
geftattet, nach Ufhuaia
3 urüctgebracbt; falls
nicht, werben fie in
einem ber i)äfen mit
leichtem Zugang, bie
wir entbecft hoben,
niebergeiegt werben
Oßort Socfroq ober $ort
(Ehorcot). ijier tonnen
fie (eicht entweber oon
-m
.
(Eine Jahrrinne für bas Boot wirb ins (Eis gefügt. Oberes Silb: Das Boot im (Eife.
3u breigig finb wir oon #aores, wo bie „Sour*
quoi pas" Sebensmittel, Sohlen unb Apparate ein*
nahm, abgefahren. 2Bir alle. Offnere unb SRann*
fchaften, finb mit ber Hoffnung hinausgegangen, bag
wir bie Sdjwierigfeiten überwinben werben, ooder
Vertrauen auf ben Sieg. 23on ber SRannfcfjaft hoben
mich fchon oiele auf meiner erften ©jpebition begleitet
Sie werben auch biesmal fein, was fie früher waren,
baoon bin ich feft überjeugt, nämlich tapfere unb braoe
Seute, beren (Begeiferung trog aller 2lnftrengungen
niemals oerfagen unb beren (Ergebenheit ihrem gührer
gegenüber immer unerfcgütterlicg bleiben wirb. Ser
(Beneralftab fegt fid) aus acht 2Ritgliebern gufammen.
uns feibft bei unferer (Rücffehr mieber eingenommen
ober oon bem Serprooiantierungftgiff ober fogar oon
bem argentinifchen Schiff geholt werben, bas aHjäbr*
lieh ben in ben Ortaben bes Sübens eingerichteten
meteorologifchen (ßoften ablöft.
3um Slusgangspunft werben wir bie Snfel SBooth*
SBanbel (2lbb. S. 1486), wo unfere legte CEfpebition
im 3ahre 1904 überwinterte, nehmen. 2Bir werben
an biefen Ort eine bebeutenbe (ßrooiantmenge bringen
ober bringen (affen, gouptfächlich Sohlen, unb wir
hoffen, bort einen (Beobacgtungspoften 3 urüdlaffen 3U
tonnen. Sann werben wir uns nach ßoubetlanb (Slbb.
S. 1485) begeben unb unfere Arbeiten in ben füblid)
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stummer 34.
6eite 1485.
TSM auf bas ConbeOanb.
biefes ßanbes (iegenben unbefannten ©egenbert bc*
ginnen. 3 d) t»offe, bajj mir, roenn mir uns an ben
SBeg galten, auf bem mir bas legtemal burcf) äuffafjren
feftgehalten mürben, unb menn mir bie oon ber Sr*
fatjrung gebo*
tenen 5Borfid)ts=
maßregeln be*
nugen, ben
Sreitengrabbes
Sliejranber * I. *
ßanbes gemin*
nen unb biefes
oietleicht um*
fcgiffen. 33on
biefem 2 lugen=
büd aniftes un=
möglich, einen
ißlan für bie
Sahrt fefou*
fegen, ba biefer
nur oon ben
Umftänben bft*
tiert merben
tarnt. 2 Bir mer*
ben uns jebocf)
bemühen, oom
Sllejanber * 1 . =
ßanb nacg (Ebu*
arb*VH. s ßanb
0 u gelangen.
SBie bem auch
fei, bie (Ejpebition mirb an ßanb übermintern, unb jrnar
an bem Ißunft, ber mährenb biefer erften Gommerfahr*
3 eit als ber günftigfte ertannt ift, mobei fie nicht aus
ben Sfugen oerlieren mirb, bag bie Soften unb ©efafjren
einer freimidigen Ueberminterung nur unter ber 58ebin=
Die Jorfrfjer bahnen fi«b einen DJeg burcf) Schnee unb ®*.
gung geftattet ftnb, bag fie erfolgreiche SRefultate er*
Sielt. SBähtenb ber Ueberminterung merben, 3 U gleicher
Seit mit ben oom ©eneralftab auf feft oorgejeichneter
©runblage fortgefegten miffenfchaftlichen Arbeiten, 33or=
ftöge längs ber
~ 1 Säften unb in
bas innere
bes ßanbes ge*
macht merben,
mit bem boppel*
ten 3 «>ecf, un*
fere miffen*
fchaftlichen 6 tu*
bien fort 3 uföh‘
ren unb au
gleicher Seit fo
meit mie tnög*
(ich in bas 3n*
nere bes ßan*
bes oor 3 ubrin»
gen, ins Unbe*
tannte unb ge*
gen @öben, um
allgemeine&us*
fünfte über biefe
(Segenben unb
auch überbieGr*
forfchungsmög»
licgteiten heim*
3 ubringen, bie
oon fpäteren
©elefjrten benugt merben tonnten, ffiir merben uns
bemühen, uns fo meit mie möglich bem ißol 3 U
nähern, obgleich mir hierin nicht unfere erfte 2 luf=
gäbe erblicfen. ©er j)aupt 3 mecf unferer ©jpebition ift
oielmehr bas Stubium bes antarttifcgen Sontinents*
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Gelte 1486.
Stummer 84.
Die 3ujel Sootb-ZBanöel, 2iusgaagspunn Oec &g>eOibon.
Unb 3 Utn Schlug bie grage: toas mich ermutigt bat, SDiübeinacbtftarfeniBänbenuntergebracbtmerbentönnen.
nach bem [üblichen $ol jurüefaufebren? Dort unten gibt 3d» f»offe, bag id) aus biefen antarftifdjen fiänbem,
es einen ganzen Kontinent ju erobern. 3a, es gibt bort oon benen id) erft einige Sieben habe fammetn tonnen,
ein fianb, ein feftes fianb, fo grog roie Stuftralien unb eine reifte (Ernte beimbringen merbe. Stber menn ber
(Europa. 3d> batte biefes fianb — unb niete gorfdjer (Erfolg meine Slnftrengungen tränen toirb, merbe id)
unb ©elebrte haben bie gleite Stnfidjt ausgefprodjen — nicht oergeffen, ben franjöfifcben unb nicbtfranaöfifcben
für bie groge Scbagtammer ber 9BiffenfdE>aft. SJtan gorfebem, bie bort unten meine Vorgänger maren, ein
böre mobt: es gibt teine Stufgabe, teine einige, bie ruhmreiches Stnbenfen ju beroabren. Sch grüge baupt»
ber SBiffenfcbaft mehr einbringt als eine Steife nach fachlich alte jene Seefahrer, bie fid) mit ftot^er Jtübn*
jener ©egenb. Unb biefe munberbare SBett bat fich beit in ben legten breigig fahren an bie Eroberung
uns noch taum geöffnet. SBir finb erft an ihrem Stanbe gemacht haben: bie (Engtänber Scott unb Sruce, ben
— roas für Steicbtümer mögen babinter liegen! 3d) Scgroeben Otto Storbenftiölb, ben Setgier ©ertaege, bie
habe oon meinem erften Sreu^ug nach jenen fernen Deutfcgen Dalimann unb (Erich oon Drggalsti. Die
©egenben mehr als fünftaufenb ©lasgefäge nach i)aufe einen mie bie anbera haben groge SBerbienfte um bie
gebracht, mäbrenb bie miffenfchaftlichen ^Beobachtungen, SEBiffenfchaft; ich münfehte oon ganjem Sje rjen, an ihrer
bie ich unb meine ^Begleiter bort gemacht haben, mit Seite einen oerbienten ißlag einnebmen ju fönnen.
!ü o ii Der erften iKetje urjarcots;
Da» 5d)iff im $afcn oon Booty-HJandel. Redjte auf der fyötje ein Beo(w4>tung»poffen.
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Stummer 84
©eite 1487.
Sriig au8 Snato
Roman non
8. SorHrfcung. €l s COf f tl»
Slm anberen Vormittag beeilte ©ina fid), mit ©uibo
Stüdfprache 3 U nehmen. 3 uerft tat er fo, als tooQe
er ihr ausroeidjen, bann aber lieg er fie ausfpredjen.
©ine große Ueberrafchung malte fid) auf feinen ßüflen.
Steugierig taftenb roieberßolte er: „SRarforio ... Siloio
SRarforio intereffiert fid) für bid>? ©r ift eine Rapaaität."
„Um fo beffer 1" antroortete ©ina. „SBillft bu babei
fein, xoenn er mid) prüft?"
„Statürlicß!" nidte ©uibo fcßnell unb fegte fich in
Ißofitur. SRit biefem oortrefflicßen ißianiften unb Ronaert*
Unternehmer hatte er fetbft fcßon anautnüpfen oerfucßt,
bod) bisher ohne ©lüd. Sielleicht mar auch ihm unb
feinen Sßlänen biefe ©etegenheit günftig.
^in unb mieber griff ©ina einen 2lfforb unb fummte
einen latt. Slber jeber Ion mürbe für fie au einem
©mporfteigen in bie Sphäre, in bie ihr Sehnen ging,
©ana unten blieb bie 2Belt liegen. Sie mar nur Seele.
So trafen bie Rommenben ©ina.
©in ßächeln trat in ihre $üge, unb fie fagte, fid)
erhebenb: „Signor SRarforio ... menn ich nicht irre?"
©r nidte nur freunblich unb griff, ohne ein SBort
au fprecgen, nach ihren Sioten. ©a ging ©inas SBlid
an ihm oorbei; fie fah leraalotti mit ©uibo noch am
©ingang bes Zimmers flehen.
leraalotti fah fie nicht an. Unb als fie herautrat,
ihn au begrüßen, machte er nur eine fteife, falte Skr*
beugung. Sill unb jegliche ßiebensmürbigteit mar oon
ihm abgeftreift... Unb ©ina begriff im 9tu biefe
SJeranberung. ©r hatte bas „Spiel" aufgegeben unb
bachte ans ©efchäft.
©ine heiße Skfchämung mogte in ber grau auf...
ßangfam brehte fie fid) um unb ging mieber ans
Rlaoier aurüd, mo foeben Signor SRarforio Ißlag nahm.
Unb ber Smprefario ließ fie fingen,
amt bem erften Ion, ber ©inas Reßte entftrömte,
hatte fi<h bas mübe Stuge bes Renners erhellt. Die
Unruhe, mit ber er hin unb mieber einen Keinen
SRangel ihrer Stimmbilbung rügte, oerriet, melche Sin*
fprüche er an ihre Runft au ftelten magte.
©ina aber entfeffelte ihre ganae ftimmliche Rraft
urib ihre reiche fehnenbe Seele.
©uibo laufchte mit angehaltenem Sltem. ©r tarn
erft au fleh, als SRario leraalotti Skrtragsformulare
auf ben lifdj ausbreitete unb SRaeftro SRarforio ©ina
nach ihren „Slnfprüchen" fragte.
„SRadjen Sie bas mit mir ab, ©ina oerfteht baoon
nichts I" mifchte fich ©uibo ein. Unb (ächetnb, als
fei er plößtich ftola auf feine Schmefter, fagte er: „Gine
Rünftlerin roeiß ben SBert bes ©elbes nidjt au fdjäßen."
©ina härte nicht hin. Sie härte nur, mas SRar*
forio au ihr gefagt hatte: „Sie finb eine Offenbarung
für bie SRenfchheit!"
17 .
„iüSeißt bu," fagte SRargarete au Gmeline, „menn
ßua noch ein einaiges SRal mid, baß mir mit ihm
SBier trinten follen, bann haue ich ihn einmal orbent*
lieh burd)! ©r folt bod) bie Rühteboms einlaben. Oie
laufen ihm ja genug nach!"
©meline, mit aufgeftüßten ©übogen über ihrem
„großen fßlöß" brütenb, ftaunte offenen SRunbes ben
3om ber Schmefter an, mie immer, menn SRargarete
ihrer Stbneigung gegen ßua Stusbrud gab. gür ©meline
mar ßua ber hübfehefte oon aQ ben lanaftunbenherren
ber Schmefter, babei ein ©raf unb fehr reich — unb
mit ihren breiaehn fahren hatte ©meline fchon gana
gute Starfteltung oom SBerte folcßer Söoraüge. SRargarete
bagegen meinte naferümpfenb: ,,f)übfd)? ©r ift plump!
©raf? 9ta, es gibt noch mehr ©rafen auf ber SB eit!
Unb reich? 23ah, mas ift bas? ©r ift hoch nur reich,
meil fein SBater es ift!"
Sluch beaügtich bes ÜBüfetts ftimmte ©melines
SReinung nicht mit ber ber Schmefter überein. Schon
baß bie Herren" bie „©amen" bort mit ©rfrifchungen
frottierten, imponierte ihr gemaltig; bas Süfett an fich
mar aber bas mahre Schlaraffenlanb mit Stpfettuchen,
ßaehsbröteßen, italienifchem Salat unb fRofenlitör.
©meline, bie im Stnfchluß an Rathinfa als ^ufeßauerin
ber lanaftunbe beimohnte, pflegte biefe ßederbiffen
mit oerlangenben Slugen au betrachten; fie gab ßua
auch gern Gelegenheit, an ihr feine greigebigteit au
betätigen, bis ©rete eines Stbenbs feßroff baamifchen*
trat unb ihr oerbot, ßua biefe ©hre anautun ...
SMßrenb ©meline biefen fchmeralichen Stugenblid
jeßt in ber ©rinnerung neu burchlebte, marf ©rete ihre
Slrbeit hi« unb feufate: „SBenn ich nur erft fortfüme!
©aß SRama uns gar nicht fchreibt, menn ich nur
enblich au ihr tommen barf!"
„Slber — bu millft boch noch ben SBall mitmachen?"
entfuhr es ber Riemen. SBie mar es möglich, baß
©rete nur einen Stugenblid biefe beoorftehenbe Rimmels*
monne oergaß.
„ata ja, fo fcßnell geht es boch auch nicht!" er*
miberte ©rete. unb griff nach ihrem ßehrbuch ber
talienifchen Sprache, benn feit amei fahren hotte fie
regelrechten Unterricht.
Sluch ©meline lehrte au ihrer Slrbeit aurüd unb
aertaute ihre gebet, ©ana jerflatterten aber ihre @e*
banten, als SRargarete plößlid) aufftanb unb. ben
Rteiberfchrant öffnete. 3n biefem hing bas SJallfleiö —
nein, bie S3allfleiber hingen bort, benn ©melines heiße
Mähren hatten es erreicht, baß fie auch eins betam, um
als 3uf<hauerin nicht au fehr aurüdgefeßt au erfeßeinen.
Stls SRargarete fich fattgefehen hatte an ben SJo*
lants ihrer erften SJaUtoilette, oerließ fie bas 3 im mer
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Seite 1488.
Stummer 34.
imb hufdge bie Treppe hinab. Unten nahm fie SJtantel,
fßeljmüge unb SJhcff, rief Sathinfa leife 3 U, fie gebe
„einen Sprung aufs Sdjlog" unb öffnete fachte bie
Haustür, um ben Äater nicht 3 U roeden, ber erft oor
htrsem oon einem langen Dermin beimgeteijrt mar
unb fein oerfpötetes SJtittagfchläfchen hielt.
SJtit fchneßen Schritten eilte ©rete burch bie fcharfe
SBinterlug, ben Schlogberg hinan, beffen breite Ehaugee
mit 3 erfahrenen, fchmugigen Sdjneeftreifen geäbert mar,
burch bie bie horten Slopgteine brangen. Obftgärten,
SBiefen unb Sieder lagen biinn befchneit unb fturm»
3 er 3 auft ba. Die Staben frästen in ben Kirfd)bäumen.
SJtargarete achtete auf nichts. 3fp <3cfirf)t trug
einen gefpannten, unfreunbiiehen Ausbrud; ihre bicht
3 ufammengeführten feinen Augenbrauen 3 udten, fo leb«
haft bachte fie. Eigentlich mar fie „böfe" mit Sötte«
Ehrißel, meil biefe nichts über ihre Saßtoilette oerriet.
Sie lieg fie in grantfurt anfertigen unb bemahrte ein
geheimnisoodes Schmeigen über garbe unb Auspug.
SJtargarete fah barin „gglßhheit" unb „fjinterüft" —
Eigenfehaßen, bie fie überhaupt ber „greunbin" 3 ufprach.
Der Umgang ber beiben jungen SJtäbefjen hotte
(einen rechten feelifchen gonb. Sie hielten lebiglich aus
Stanbesbemußtfein unb burch bie ©emohnheit ber
gamiiienbe 3 iehung 3 ufammen.
3hr Serfehr mar nur ein Austaufd) oon Oberflächlich*
feiten unb Untugenben, eingefleibet in bas ijerfömm*
liehe unb attfeheinenb f)armlofe; bie ein 3 ige aber, bie
bas Schäbliche unb golgefdjmere barin erblicfte unb 3 U
begreifen imftanbe mar — bie Crjieherin gräulein Airf*
hammer — mar ein für allemal 3 ur Statiftin oer»
urteilt; fie hatte bie ftumme Stolle 3 U fpielen, bie Sötte«
Ehriftels SJtadßhaberfchaß ihr anbefahi, unb gegen bie
meber ©raf Submig noch Somteffe Eharlotte Einfprud)
erhoben.
SBas aber auf bem Schloß gräulein Airfhammer
burch ßotte«Ei)rißels Eigenfinn erlitt, bas hotte im
$)au\e j)ermannstha( Satßinfa oon SJtargarete 3 U er«
tragen. Unb mährenb ber Danjftunbe im ©afthof
„3« Öen brei Sanjen" lieg fich bie gräfliche ©ouoer«
nante. baju herab, ihr ferneres S)etft bem amtsrichter«
liehen gaftotum 3 U öffnen. Sathinfa niefte oerftänbnis«
00 H unb folgte bem erlöfenben Aeifpiel, inbem fie
flüfterte: „Du mein ©öttche, ift’s benn anbers bei
uns? Unfer f)err lägt ber ©reiche alles nach. Sie
braucht nur 3 U forbem — benn 3 U bitten fällt ihr
nicht ein. Sie befiehlt! Unb unfer S)en Amtsrichter nieft
ba 3 u. Unb unfere alte ©näbige? Du mein ©öttche,
fedjsunbachtjig ift fie als fchon, foH man fie betrüben,
roo fie fich bod) alle SJtühe gibt, bie SJtutter 3 U erlegen?
Sch nel)m mir als mal bas ©reiche beifeite unb fage:
,©retche,' fage ich, ,fo herrfchfüchtig barf man nicht fein.
Unb alles hoben fann ber Ehriftenmenfch auch nicht,
anbere mollen als auch mas hoben, unb unfer f)err=
gott fieht brauf, bag einer bem anberen als mas gönnen
tut!' So fpreche ich, unb es hält auch ein SBeilchen
oor, ben* fdßeeht ift unfer ©retche nicht, nur fo gar
nicht an 3aum unb 3üge( gemöhnt. Unb fobalb
mieber mas los ift, finb bie guten Aorfäge fort, unb
fie begeht auf ihrem Eigenfinn, bis’s ber S)exx Amts«
richter mit ber Angft triegt unb fdjneß nachgibt, eh
jemanb mertt, bag er eigentlich anbers mollte. Der
SJtann, ber mal bas ©retche triegt, fann fid) freuen!"
Als SJtargarete heute in Sotte«Ehrifte(s „Salon* —
es mar bas frühere Aouboir ihrer SJtutter — eintrat,
traf ge bort bie Sühteboms an, Stella unb Stsbeth,
blonbe Aadgßhe oon liebensmürbigem SBefen, aber
mägiger Sntelligens. Sie fagen bei Sfaffee mit Schlag*
fahne unb oerfcfßebenen Suchen, unb es fah nach
„Einlabung* aus. Snnerßd) empört machte ©rete biefe
Entbedung, benn ßotte*Ehriftel hotte fie mit ber Ein*
labung umgangen.
ßotte>Ebrifte( trug jegt mie ihre Dante ein f<hmar 3 es
Samtbanb um ben aufgeftedten, ährenblonben 3°Pf-
Sie fah ber Dante auch fonft fehr ähnlich mit bem
rofig«meigen Deint, ben blauen Auppenaugen unb bem
fteifen, mie in einer Seibenpapierbüte ftedenben SBefen.
ßotte«Ebrifte( tonnte auch f° leer lächeln unb oermochte
es, jemanb, ben ge oerlegen mollte, bies ßißßhmeigenb
fühlen 3 U laffen. Sie tonnte bas genau fo gut mie
ihre Dante.
Unb biefe fülle Düde empgng SJtargarete. Sötte
lieg bie „greunbin" lädplnb fühlen, bag fie unmiQp
tommen mar.
SJtargarete aber hotte eine grage auf bem fjersen.
Diefer grage suliebe mar fie bergetommen, unb biefer
grage 3 uliebe jmang fie fich jegt auch, ßotte*Ehrißels
leeres ßächetn 3 U ertragen. Als fich ober teine ©e*
(egenheit ergab, unauffällig ben 3med ihres Aefuchs
3 U erreichen, oerabfehiebete fid) SJtargarete plögtich in
ber ihr eigenen, fur 3 angebunbenen Art. ©roß im
S)e r 3 en lief ge ben Scglogberg hinab. Es begann 3 U
hämmern, ©rau unb nebelnag mar bie ßuft Sie
eilte fo, bag jemanb Stot hotte, fie eitt 3 uho(en. Atem«
los rief’s hinter ihr: „©rete, höre mal! geh miß bir
mas fagen!*
Ei, auch ber noch! bachte ©rete unb blieb tarnpf*
bereit gehen. Den rnoßte ge aber jegt abbligen lagen.
Es mar ßus, ber ihr folgte, ohne SJtantel, nur mit
ber fßrimanermüge auf bem biden Alonbtopf.
„Entßhulbige", feuchte er unb nahm tur 3 bie SJtüge
ab. „Sann ich «in paar Schritte mitgehen?"
„3<h brauche feine Aegleitung!" meinte fie achfel«
3 udenb, aber hoch etmas gemonnen burch fein« artige
Anfprache.
„Aon brauchen höbe ich nichts gefagt!" ermiberte
er, benn mehr als einen einzigen Sag fjöflichfeit brachte
fein berbes SBefen nicht 3 uganbe. „geh miß bir nur
mas fagen, mas bid) oielleicfß intereffieren mirb.* -
Sie neigte ben hübfdjen Stopf, beffen traufe Stirn»
haare unter bem Ißelflfäppchen eigenfinnig oorquoßen.
Unb 3 ögemb ihren SBeg fortfegenb, fragte fie: „SBas
ift’s? 3d) höre fchon."
„SBenn bu fo big, fage ich bir’s nicht!" poßerte
feine tiefe Stimme. „Unb bann höbe ich überhaupt
noch eine Aebingung. Du hoft mir noch nicht für ben
Aafl bie Aolonäfe unb ben erften SBaljer oerfprochen...
Sriege ich’s nun ober friege idj’s nicht?"
„3<h führe mit SJteifter Schreuber an", antmortete ge
hochmütig. „Das hoöe ich hir fchon mehrmals gefagt"
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Stummer 34.
©eite 1489.
„©efagt f>oft bu’s fcfjon, jo, aber besßalb gefd)ief)t
es tiod) nichts Unb baß es nicht gefd)ieht, bos wirft
bu {eben! Erftens hat ficf)’s auch bein Sater »erbeten,
unb bann — fyabe auch id) ein SBörtchen mit Sdjreuber
gerebet. Du unb id) finb bie beften länjer, unb eine
lumpige ißotonäfe tarnt id) aud) anführen. 3 >e r bid)
alfo nicht fo! Sollft aud) ben fd)önften tttofenftrauß
betommen, ben id) nur aus grantfurt triegen tann!"
Stargarete bohrte bie 3ähne in bie Sippen. Sie
begriff, ßuaens Kaoalierehre ftanb auf bem Spiel.
Slber aud) ihr ©tjrgeig, bie unbeftrittene Sallfönigin
3 U merben, ftellte feine Sorberungen. .. Um nun
über ihre Slusfidjten tlar 3 U werben, mar fie beute 3 U
ßotte*Ei)rifte( gegangen. Vergebens. Sie ftanb ja oor
einer peinigenben Ungewißheit, bie fie aud) binberte,
Su 3 ’ Engagement 3 ur ißoionäfe ansunehmen. Denn
tarn, wie er oerfprodjen hatte, Startin 3 um Satt, bann
gehörte ihm ber erfte ÜBahjer. Sie würbe mit einem
Starineleutnant in Uniform tan 3 en unb bamit aües
übertreffen, was ber Satt überhaupt bieten tonnte ...
Sun mar aber nirgenbs etwas ©ewiffes über Startins
Kommen 3 U erfahren. SBas fottte fie nun tun?
„Du," fagte jeßt ßu 3 , „id) weiß nämlich gan 3 genau,
warum bu mit beiner ßufage j 0 jurücfhältft!. .. Unb
weißt bu, bas ift recht garftig unb — unb gar nicht
lieb oon bir!"
3eßt würbe fie blutrot. Sein oerhaltenes Sitten
befchämte fie. Dennoch wollte fie fcfjroff bleiben, unb
höhnifcf) erwiberte fie: „SBas geht bid> an, was ich
benfe!"
ßu 3 ’ ßangmut mar aber nun erfcßöpft. „Diesmal
geht bein Denten mich f<h° n mas anl Unb jeßt ent*
(«heibe bich: ja ober nein!"
Da 30 g fie bas Sichere bem Unficheren oor unb
antwortete: „Dann meinetwegen, wenn bir gar fo oiel
baran liegt. 3d) will aber nur gan 3 weiße Sojen
unb gans feine."
ßu 3 erwiberte teine Silbe. Die Erfüllung über¬
wältigte ihn. Es ahnte ja niemanb, wie er unter ber
Slngft gelitten hotte, fie tönne ftarrtöpfig bleiben. Unb
in biefer Slngft Derbarg fich fo oiel anberes. SBas
auch niemanb ahnte. SBer aber jeßt feinen Sticf ge*
fehen hätte, mit bem er bas nebenher fchreitenbe Stäbchen
heimlich anftarrte, ber hätte mehr erfahren, als ßu 3 feibft
wußte. Soft etwas Sebrohliches lag in biefem Slicf.
Stargarete fühlte nid)t feinen SMicf, aber fie fühlte
feine triumphierenben ©ebanfen. Droß all ihres Sacf=
fifd)tums, ihrer Eitelfeit unb Selbftfucht mar Stargarete
frei oon jener Schlauheit, bie in ßus’ SBefen mehr
geahnt hätte als prahlerifdje Kamerabfchaft. Ueber
bie Abneigung, bie fie gegen ßu 3 empfanb, hotte fie
fleh nie ©ebanten gemacht; unb auch jeßt folgte fie
ohne Sebenten ihrem inneren Antrieb, fo fcßnell wie
möglich bas ©efpräd) ab 3 ulenten.
„Unb was hotteft bu für eine Seuigfeit für mich?"
fragte fie.
„Sich," murrte er, „ich foü bich bloß oon Startin
grüßen!"
Stargarete blieb jäh fteßen. Stißtrauifd) fragte fie:
„Er tommt aum Sali?"
„9ta ja!" Ein ßachen ging über fein breites ©e*
ficht, ein ßachen oon gefättigtem Eigenfinn. „Das
hat er bod) fchon früher oerfprochen!"
Er hatte aber faum ausgerebet, als er mit einem
9tucf 3 urüdfui)r. Stargaretes Stuff faß ihm unfanft
am Kopf.
„Du Setrüger!" 3 ifd)te bas Stäbchen. „Erft locfft
bu mir meine 3 ufage heraus, unb nun erft fagft bu
mir bas! Du bift ebenfo falfcß wie ßotte*Ehriftel, bie
mich heute auch n)of)l nur nicht eingelaben hot, um
nicht oon Startin fprechen 3 U müffen. Ißfui! 3d) hoffe
unb oerachte euch! Unb wenn bu mir mein Ser*
fprechen nicht 3 urüdgibft, tomme ich überhaupt nicht
3 um Satt. lanje bu nur mit Stella Kühleborn, bie
ift gut genug für. bich! Unb nun (aß mich tn 9tut>e,
ich fenne bich nicht mehr!"
Unb ihren Stuff im Stich laffenb, rannte fie un*
aufhaltfam baoon.
ßu 3 war gan 3 bleich geworben. Er war fo be*
ftürst, baß er wie angenagett baftanb unb nicht wußte,
ob er ber Seleibigte ober ber Seleibiger war...
* * *
Slls ©rete baheim anlangte, fragte fie fich hänbe*
ringenb: „Kann man bergleichen überleben? ©ibt es
auf Erben größere Sd)idfalfd)läge, als biefer ift?"
Da nahte bie Erfüllung ihrer füfmften SBünfcfje greifbar
nah, unb ber Setrüger brängte fich baswifchen. Sie
tonnte fich natürlich nicf)t beherrfchen unb weihte Emeline
in ihre furchtbaren Erlebniffe ein. Sie war aber noch
nicht gan 3 3 U Enbe mit ihrer Stählung; als Kathinfa
oon ber Ireppe her rief: „©rete, ber i)err ißapa
wünfeht bich! Slber fij!"
„Sieht man, baß ich geweint höbe?" Stargarete
ging fchnett 3 um SBafchtifd).
Slber Kathinta wieberholte ihren gettenben Stuf:
„gij Doch!"
,,3d) tomme ja fchon!" Ungebulbig riß ©rete bie
lür auf. Sie traf an ber Ireppe Slngelo, ber eben
erft — recht oerfpätet — aus ber Schule getommen
war. Er fah jeßt blaß aus unter feiner grünen ©pm*
nafiaftenmüße, lächelte aber wie gewöhnlich unb hielt
in feinen froftroten fjänben ©retes Stuff.
„SBo hoft bu ben benn her?" fragte fie beftür 3 t.
„Er lag im Sorgarten am 3oun!" antwortete ber
3unge unb trabte mit feinen naffen Stiefeln in ©roß*
mutters 3 immer.
©rete aber ging hinunter ins SBohnjimmer mit ben
grünen Stipsmöbeln. Der Slmtsrichter faß aufrecht im
Sofa. Die brennenbe ßampe ftanb oor ihm auf bem
lifd). Er war babei, eine politifche Srofd)üre auf*
3 ufd)neiben. Er fah nur flüchtig auf, als bie locßter
eintrat, aber es (lang freunblich, als er, ohne bas
lafdjenmeffer ruhen 3 U laffen, fagte: „Komm her*
Stäbel, ich höbe einiges mit bir 3 U fprechen!"
jjermann fah ftart unb gefunb aus. Slnfangs hotte
ihn ber häusliche Kummer freilich f*h r mitgenommen,
aber nach unb nach hotte er fich mit feinem Schicffal
abgefunben. SBas fein SBefen noch on weicher ©üte
hatte, übertrug er auf feine Kinber, aber ec tat es
ohne Stacßbrucf.
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Seite 1400.
stummer 34»
SUs Margarete ben Vater getagt unb neben igm $lag
genommen gatte, fag fie einen Vrief auf bem Xtfcg liegen,
«ijaft bu Slacgricgt oon ber Mama?" fragte fie rafcg.
Hermann nictte.
„Sie fcgreibt au« Veuporf. Cs gegt igr gut. Vber
fie fragt nun mieber nacg bir, Jtinb. Ob bu im grüg*
jagr nacg Venebig tämft. Sie mirb ungebulbig!"
„So tag mi(g bocg, ißapa !" bat Margarete (eiben*
fcgaftlicg. „3cg bin bocg nun ba(b fecgjegn 3 agre alt!“
„S&r micg mirb’s immer 3 U fräg fein!" oerfegte er
unb ftricg mit bem Meffer jmecttos über bie Seiten
bes Vucges gin unb ger.
„Menn bu nun ein ober jmei 3agre ein Äon»
feroatorium in granffurt befucgen mürbeft; benn beiner
mufitalifcgen Vusbilbung milt icg ja nicgts in ben Meg
(egen... 3 cg gatte bieg bann bocg noeg bei mir.
Ou tönnteft 3 roei* ober breimat in ber Mocge nacg
grantfurt fagren oon gier aus ... ©inge bas niegt?"
Margarete fegmieg betroffen.
„Ou, Ißapa," fagte fie enblüg, igren bunften Stopf
gegen feine Segulter legnenb, „fag’s bocg offen! Du
millft, icg fod bleiben, bamit — Mama ma( gertommt,
niegt magr?"
„Cs ift niegt ausgefegtoffen, bag fie tommt, roenn
bu noeg gier bleibft", micg S)ermann einer Vntroort aus.
„Stber fie gätte bocg ma( injmifcgen tommen
tonnen", .baegte bas Mäbegen. „Sie reift fo oie(.
3n ber ganzen Melt itmger, nur nacg Oeutfcglanb
tommt fie nie!"
„Segreib an bie Mama — fie foK bieg gier ab*
goten!" oerfegte Hermann fo oorfiegtig, mie man oon
einem lange gegegten fßlan 3 U fpreegen pflegt.
Margarete aber fag ign mit igrem prüfenben Vlid
an unb fragte: „Vielleicgt (ägt bu uns bann aber
niegt megr fort?" Unb a(s ein Crfcgreden Aber feine
3 üge glitt, aus bem fie eine 3 urecgtmeifung (as, um*
galfte fie ign fcgneU begütigenb. „Stein, nein, icg
maege nur Spag. 3cg meig, bu gältft, mas bu oer*
fpricgft, Ißapali! Unb beine ©rete mirb fegr nett
fegreiben unb Mama auf beutfeg unb auf itaOenifcg fo
lange betteln, bis fie tommt unb — aueg ein bigegen
lieb mit bir ift. Unb menn icg in Italien ausgebttbet bin,
tomme icg nacg granffurt an bie Oper, unb Ißapaß
figt in ber Soge unb maegt ein furegtbar ftotyes
©eftegt. Unb Mama figt aueg in ber Soge — unb
alles ift gut!"
Hermann nagm bie ftreicge(nben, fcgmeicgelnben
S)änbe oon feinem ©efiegt unb brüdte bas junge Mäb»
egen einen Slugenblid an fieg.
„Da geg unb fegreib!" fagte er nur als Vntmort
Unb a(s fie fortgefprungen mar, blieb er eine Meile
untätig unb baegte über igre Morte nacg. ©rete gatte
ja bie Sacglage aufs 3 utreffenbfte ge 3 eicgnet. So baegte
ja aueg ©ina. Oie Xocgter follte an igrer Statt in
bie Äunftmelt treten, bann mollte fie mieber in bie
3 urudge 3 ogengeit igres egeliigen S)eims 3 urfidtegren.
„Meine Seele mirb aus meiner Xocgter dingen,
aueg menn icg fegmeige!" gatte fie tUr 3 licg gefegrieben.
Sie mollte nur fo lange glasen, bis igre Xocgter an
igre Stelle treten märbe. „Oann merbe icg meine
Miffion erfüllt gaben!"
Hermann aber glaubte niegt reegt an igre Sjeim«
fegr. Sie mürbe bleiben bei igrer Stunft, unb er mürbe
aujjer ber grau noeg bie Xocgter oerloren gaben.
Margarete galten? Oas mar gemifj oergebtieges
Vemügen! Sie gbtte entfegiebenes Stünftlerblut in ben
Vbern, beinag megr als ©ina.
fjermann aber lieg oon oomgerein baoon ab, ber
Xocgter feine Vorurteile ober feine gausoäterlicgen
Münfcge in ben Meg 3 U ftellen. Cs glefj eben aueg
biefe Äonfequen 3 tragen. Cr burfte aueg ©raf ßub*
migs Slugenblintern niegt oerftegen, menn ber fagte,
fein £u 3 tönne einmal gan 3 nacg feinem S)er 3 en roäglen,
nur eins fei ausgefcgloffen: ein Vügnenftern! Oer
tauge niegt unters gamilienbaeg.
Unb mer mollte begaupten, bag ber ©raf niegt
eine riegtige Vnficgt oertrat?!
(gortfegung folgt.)
P= : - Ü
Oamenrubern.
Von Sticgarb Storbgaufen. — S^ierju 5 Spejialaufnagmeft für 'bie „Mocge".
2luf ber Xgemfe fiegt man bie feglanfen Miffes in
ben fcgnellen Vooten fegon feit langem. Oa in Cnglanb
ber Sgort 3 u ben beften tosmetifegen Mitteln 3 äglt unb
ein gefunber fieib für fegöner gilt als eine mit Scgminfe,
Vuber unb grontforfett mügfelig 3 urecgtgemacgte
Slugenfeite, oerargt in biefem ßanbe berißrüberie nie»
manb ben jungen Mäbcgen bas Stuberoergnügem Vei
uns galt es, taufenb unb ein Vorurteil 3 U befiegen.
Vor Älopftods feiten gatten bie Sittenmäcgter bas
Scglittfcguglaufen ber Oamen für unfcgidlicg erdärt;
über bie Vabfagrerinnen marb S^ter unb Morbio ge*
fegrien, unb bag ein gräulein ins Vuslegerboot fteigen
tönne, gielten aueg berufene Sticgter für hoppelte Sünbe:
für Sünbe an ber 3 arten Meiblicgteit unb für fegroerere
Sünbe am Sport felbft, ber „ejdufio" bleiben follte.
Ou lieber 5)immell Vis ob in Verlin, mit feinen
munberooden Mafferftragen, ben munberoollften ber
Melt, niegt gerabe bie Stuberei ber gegebene Volts*
fport ift, ber füg notmenbig, ob mit ober ogne ijilfe
angeblicg Verufener, alle Veoölterungfcgicgten erobern
mirb! So gaben mir’s benn gemagt, unb mas oor
3agresfrift noeg unmöglicg fegien, geute erreiegt. Sonn«
tag für Sonntag unb an fegönen Mocgentagsnacg*
mittagen niegt minber tummeln fieg jegt jagllofe Vierer
mit jungen Mägbelein auf Spree, Oagme unb $at>el,
unb biefe „Mannfcgaften" unternegmen oft meitere
Manberfagrten, finb oft ausbauernber unb gegen Metter*
ungunft unempfinblicger als bie männlicgen Sports«
tameraben. Cine fcglicgte, babei fegmude Stubertracgt
unb bie natürliege Vnmut ber Xrägerinnen forgen gin»
reiegenb für bie S)oIbfeligteit bes Vnblids; über ben
Stuften bes für bie grau neu entbedten Sports, über
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Stummer 34
6 eite 1401.
2iufi)olen des 2i<bters.
feine i)of>en gefunbfjeitlidjen SSorteile unb feine innere Unfere Berliner SRäbel Ijaben fid) mit grofjer 2ln*
Sdjönheit aber finb fid) bie JRuberinnen oottfommen fteliigfeit in ihren neuen Sport hmeingefunben. grei=
einig. Sie roerben bie flagge nie mieber finten taffen, lid) finb fie ungefähr ebenfomenig toie bie SKänner
Die jungen Damen im Uebungstaften.
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Kummer 34.
Seite 1492.
Sine Heine StUpdiponfe.
geneigt, übermägig lange im Uebungstaften unb auf
feftem Sig $u rubem. (Es treibt in bie gerne fie mächtig
hinaus — wer heute fnapp ben Stiemen ju halten oer»
ftegt, ber möchte morgen fchon am liebften eine oier*
zehntägige Uebungsfahrt antreten. @o tommt es, bag
oiele oon ben Samenbooten noch nicht ben ftrengen
Slnforberungen ber Sacfmeffer entfprechen, unb bag ihre
technifche SBoHtommenheit manchmal annähemb ebenfo*
oiel 3 U münfehen übriglägt mie bie ber meiften männ*
liehen guniorenboote. Soch bas toirb fich geben. Such*
tige Steuerleute unb geroiffenhafte Strbeit auf ber
gäbet fefjleifen nach unb nach alle gehler ab. SBas
j)ans 3 um SJteifter macht, nämlich bie Uebung, bas
macht auch ®rete 3 ur SJteifterin.
So ein Stuberoerein ift überhaupt eine beffere
Schule, als bie meiften fich träumen taffen. 3cb roeig
nicht, ob ber meibliche SBiberfpruchsgeift ben männ»
liehen an Störte unb 3öf)igtett befchämt. Herren, bie
Slphorismen bichten unb gelegentlich ein»
mal ßid)tftraf)len aus Schopenhauers
SBerfen gelefen haben, beteuern es
allerbings. Unb ber grau, bie ben
männlichen Äommanboton höchftens
am jje^allerliebften liebt, ift es eigen,
bag fie aus ber liefe ihres ©emüts
heraus ftets ein SEßort 31er Sterteibi*
Sie Z>ierer„mann|a)aft' 00 c ben» üomtnanbo jum Kbffogen.
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Bummer 34.
Sette 1493.
Ser 2tcg(er floppt
gung igrer prioaten 2 ln[cgauungen finbet — gemein 3
bin bas (egte 2Bort. UBenn auf bem Buberplag
ber bie 2lufficgt fügrenbe Beamte bie Sollen an
einem Samenoierer nicf)t für genügenb gepugt galt,
fo barf er ficger fein, bag er'bafür auf ben guten Qu*
ftanb ber Laufbretter gingemiefen wirb; unb ber 3 n=
ftruftor im Uebungsboot erlebt es aUe Sage, bag feine
Schülerinnen für bas oerfrügte gortlaufen bes Boll«
figes niegt ficg, fonbern bie 3 ur Buberarbett offenbar
gan 3 unb gar niegt geeigneten Bienten oerantroortlicg
machen. Slber biefe Oppofition ift nicht bös gemeint.
Unb roenn fid) bie ©eftrengen nicht mit Scgmeicgel 3
reben um ben Bart gegen (affen, fo gemögnen ficg
unfere gräulein ganj überrafcgenb fcgneü an bie
9 Rannes 3 ucgt. $iegt c in Ungefcgictter bei ben erften
Buberübungen mal eine Heine Verlegung 3 U, unb.
braucht bas turiertunbige Btitglieb etwas, bas man
um ben Singer micfeln tann, fo roirb bei uns 3 uerft
immer gan 3 inftinttio eine rubernbe Same gerbeigegolt.
Sies finb bie grüegte guter fportlitger ©Biegung.
Ses Buberers Ejauptfreube ift fein gebiegener Ejeig*
gunger nach ber gagrt, unb feine göchfte Äunft ift bie
Kocgfunft. Sarin liegt fegon ein neuer Beweis für bie
ruberifege Begabung ber grau. 3n bie ©egeimniffe bes
ausgiebigften, bie Ära ft am beften oermertenben unb
fegonenben Xourenfcglages bringt fie oielleicgt niegt
bgne roeiteres ein; bagegen oerftegt fie ficg auf bas
Slbtocgen am 2Balbesranb aus bem ©runbe. Sport
maegt gungrig. Unb manch ein ftides gräulein, bas
wochentags mit einer halben Semmel 3 um grügftüef
3 ufrieben mar unb ficg beim Blittagbrot fegon mit
ber fügen Bacgfpeife begnügte, ertennt plöglicg ooll
bangen Staunens, mie wenig igr ein paar bitf be¬
legte, folibe Butterbrote naeg einer föftliegen Buber=
fagrt bebeuten . . .
2Bie bem Buberer, fo gegoren aueg ber Buberin
bie einfamen ©den unb Sßinfel ber 9Jtarf, in bie tein
guggänger bringt, bie nur ber Beiger überfliegt, unb
in benen es feine URufif gibt als bas Baufcgen bes
Bogrs, als ben Älang ferner ftircgenglocfen. Bafcg ift
im riefetnben Sanbe bes Ufers bas Säger aufgefcglagen.
„(Ei, benft fie, bin icg boeg allein!" geigt es bei Bnnette
Srofte=i)ülsgoff oon ber „braoen, fcglanfen ÜJtaib", unb^
aus ägnlicgen (Empfinbungen heraus beginnt bie Buberin
plöglid) im SBaffer 3 U plätfegern. SBieber frage icg:
2Barum niegt? SBarum foll bie grau niegt feg wimmen ?
3 n manegen Sllpengegenben mag noeg geute bie fegöne
Sennerin, bie ficg 3 eitlebens oorm SBaffer gegütet gat,
als Sinnbilb eegter Äeufcggeit gelten. BMr gaben ja
wogt mit biefem lieben Borurteil gebrochen; grei* unb
gamilienbäber fünben (aut bie neue ©manflipation bes
gleifcges. 3cg fege alfo feinen ©runb, ber Buberin bas
Scgwimmen 3 u oerbieten. Unb in meinem Berein er»
(aub icg’s. Btit ben übtiegen ©infegränfungen. Boeg finb
bas ©infegränfungen, bie allein ben Stusfcglug einer
gemiffen Deffentliegfeit be 3 mecfen; ©infegränfungen, an
benen niegt bie Buberinnen, fonbern bäs meitoer 3 meigte
©efcglecgt ber Büpel unb Btaulaufreiger fegulb ift.
□ B B
Silber aus aller Welt
Der äliefte aftjoe ©olbat ber beutfeben 2trmee $)auptmann
Otto ©ii& oon ber ©ebtoggarbefompagnie feierte am 18. Stuguft
fein 60jäbrige$ Öienftjubtläum. 2lm 5. aRärj 1829 in Berlin
geboren, trat er 1848 in bas S)ee r ein unb mürbe 1860 3 ur
6<blofjgarbefompagnte fommanbiert.
©ein 50jäbriges Ooftorjubiläum beging ant 16. Oftober
ber ©ebeime 3Rebi3inalrat ^rofeffor Dr. (E. 3B. üRqnnfopf in
3Warburg. Oer 3ubüar, ber als 2trat, (Belehrter unb 3Renf<b
gleich oerebrt unb geliebt toirb, mirft feit faft oier 3 <*b r 3 ebnten
als innerer Älinifer an bef ©tarburger Unioerfität.
Das f(btoei 3 erif(be ©ebtoing* unb 2llplerfeft, bas in biefem
3abr in ateuenburg ftattfanb, fiat, naebbem es 3 unä(bft toegen
ber Ungunft bes ÜBetters ©erhoben merben mufete, einen
äu^erft befriebigenben ©erlauf genommen. Oas Sfeft, ctif
$ au p (mann Otto Süjj,
feierte fein 60iäf>r. Dietifljubiläum.
ftefe. flleb.-Ral Prof. Ür. TOonnfopf,
feierte fein 50jä$r. Doftorjubiläum.
©. B teuer.
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Seite 1494.
Kummer 34.
p’.
. ■ y
- --
Das eibgenöffifdje Sdjroingfeff in Jleuenbucg.
1. 23er 73jä^rige 3Jleifierjobler ber Sdjroei^ gelber aus
Gntlebud), Danton Cu^ern. 2. Die ftornnuffer im 0eft^ug.
3. Sin Öabnenfd)n>inger. 4. Das Sdjroingen um bie ÜJteifter-
|(baft j®i|d)«n S<bneiber, Cuaern (Gdjroingerfdnig) unb
6tudi, ©ern. — *J3bot. SBitit) Sd)n?iber
9htmtn«*34. Seüe 1496.
Die Profefforen Sdgmotter (Hnf») n. Bof<$ (lAblagcn). Der amertfaiilfdge Boff^affcr Dt. Qifl (Rar»). ptofefltt »agoffo (Bnbdo).
Die CrAffatitigfigting. Bon Ilnfs naA rechts: Dr. 9Jieler, Schriftführer; Br. (Tospar, 6<^riftfüf)rrr; ©egeimrat Brof. Br. Roetge; ©ebrlmrai Brof. Bt
Bictridi Scgäfer; SBlrfl. (Beb. Ob.»9teq.*9tat Brof. Br. $arnacf; -; Brof. Br. (Ebuarb Bleqer; Brof. Br. 3ngoar Welfen (Sbrifltania): Brof. Br. xüdlffttn;
Biof. xUeranber fiappo BanKerosft (Betersburq), (Jgrenpräfibmt; ©egeimrat Brof. Br. o. ffiilamoroig-SRöllenborf; ©egeimrat Brof. Br. Äofer; Brof. Br.
tobler; Brof.gotfema-ttnbreae; Sylü, amerifaniltber tofd) öfter;-; öebeimrat Brof. Br. Äefule o.^trobonig; Brof. Br. gambros (2ttg<?n), (Ebrenpräfibenfc
Brof. Br. 6<glff;-; Brof. grebertcq (©ent); B>of. Br. i)lnge; ©eg. Ob.-Steg.-Stot Brof. o. Biugta; ©egeimrat Brof. Br. ©ierfe.
©er 3nfernaflonaie ftongrejj für gifforiftge tbiffenfegaffen ln Berlin.
Bpe^iolaufnagmen für bie „'Bo ege*,
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Ber internationale
Stongreß für f)ifto*
riföe ©tffenfchaften
hatte eine große Hn*
*aht heroorragenber
belehrter aus allen
5*§r«bem nach Berlin
geführt. Stur grant-
reich mar aiemllch
fpärlich oertreten,
r ©eiehr*
ter baoon abgehal*
ten fjatte, bie ge*
plante Steife nach
Berlin ju unter*
nehmen. Bie in oer*
fchtebenen Sprachen
gehaltenen Borträge
oetoiefen einmal fo
recht, wie mannig*
facp bie ©eblete finb,
bie ber gefd)id)tlicf)en
3)en erften Bortrag
hielt ber amerifa*
nifche Botfchafter Br.
Baoib Sfiü, ber ja
als ein heroorragen*
ber$)iftorifer betannt
ift, über bie ethifchen
Hufgaben ber ©e*
jchtchtfchreibung unb
Amor in beutfcher
Sprache, ©ine origi*
neüe ©hrung brachte
bas $aüefche Stu*
bententomitee ber
ßauchftäbter SJtenan*
berauff übrungen ben
©dften bar: es oer*
anftaltete nämlich im
Schillertheater ©bar*
L
ÜigiU «tcptjiMi VM-U'X
Bon ben engüfchen Slofienmanöoern: Drahtlos Xelegraphie an Borb bes „Dreabaoughi“
lottenburg eine ©ieberholung ber in ßauchftäbt gegebenen Bor*
fteüung oon ßomöbienlaenen bes SJlenanber. Bie Beil*
nehmer bes Stongreffes folgten ber Hufführung mit lebhafterer
Hufmerffamteit unb fpenbeten ben Barftellern reichen Beifall.
3 m oorigen 3 ahr oerunglücfte auf 3 slanb ber ©eologe
©alter oon Stnebel bei ber Burdjforfchung bes Bultangebiets
bes Hsfje. Bie ©rpebition ber fühnen Steifenben, benen
übrigens oon ber Berliner Htabemie ber ©iffenichaften eine
erhebliche Unterftüßung bemiüigt morben mar, gelangte burct)
bas gefährliche ©letfchergebiet in bas 3 nnere ber norbifchen
3nfel. Um bie Hrbeit bes jungen, unglücflichen gorfchers fort*
^ufeßen unb beffen Sdjicffal aufäuhetien, haben beffen Braut
gräulein 3ba oon ©rumbfom unb ber ©eologe f)ans Stecf,
mieberum oon ber Berliner Hfabemie ber ©tffenfchaften un*
terftüßt, eine neue ©jpebition nach b*r 3nfel unternommen.
Bei ben großen SJtanöoern, bie bie englifche glotte in ber
Borbfee abgehalten hat, fpielten bie Berfuche mit ber braßt*
Ä f ~ lofen Belegrapßie eine h^roorragenbe Stolle. Unfere Huf*
Sxl 3ba oon ©rumbfow, ©eologe gans itecr, i. mc { flt bcn 3U bie)cm 3 ^* au f bem Bug bes ge*
" ,Qlti 0 cn ßinlenf( W s »®reabnougt)t" QufgefleUten «pporot.
Schluß bes rebaltionelien Xei*s.
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Kummer 34.
Seite I.
22. Hufluft 1903.
<£$ ift eigenflief) fcfytoer ein3ufef)en,
toarum man mit geringen 2 Iusnat)men ber Kopfbaut bie*
jenige pflege oorentbält, roelcbe man ber übrigen Körper*
baut juteil merben lägt. Ser Kopfbaut gebt es genau
tnie ber anberen $aut bes Körpers. Sie oerfcbmugt, unb
ihre Ißoren oerftopfen ficf>. 2 luf ber Kopfbaut bat biefe
Serftopfung noch eine anbere, üble Slebenetfcbeinung. (Es
toirb bas ÜBacbstum ber Haare baburcb ni<f)t nur bebinbert,
fonbern es u>irb baburcb eine Slnfieblung oon SKifroorga*
nismen begünftigt, bie bas Qaar 311 m Ausfall bringen
tönnen. Sesbalb ift erftes (Erforbernis für benjenigen, ber
feinen Haarfcbmud lange erbalten roill, regelmägiges SBafcben
ber Kopfbaut mit einer geeigneten Seife.
3Jlan nehme baju eine Seife, bie einen geeigneten 3 U *
fajj bat Unter allen 3ufägen biefer 21rt bat ficb, mie all*
fiemein betannt, ber leer als gerabeju fouoeränes
SRittel bemäbrt. Ser leer toirft antifepti-ch unb bat
augerbem bie bemerfensmerte (Eigenfcbaft, bie Sätigteit ber
Kopfbaut unb bamit bas SBacbstum ber $aare anjuregen.
Xrog biefer (Eigenfcbaften, bie in ber nRebijin bo<b 9 ef<bäf 5 t
•»erben, bat ficb ber leer aur Kopfmäfcbe bocb nicht fo
einbürgern fönnen, toeil oielen ber (Serucb einfach uner*
träglicb ift unb bie getoöbnlicben leerpräparate, mie fie
bisher im Hanbel maren, in oielen 0äüen bocb unan*
-genehme Steiamirfungen b^roorriefen.
(Es finb besbatb jahrelang SBerfucbe angefteüt morben,
um ben leer in geeigneter SBeife umauarbeiten, unb es ift
fcbtiegticb gelungen, ein faft gerucbtofes Seerpräparat b«r*
aufteüen, bas auch feine unermünfcbten Utebemoirfungen
mehr bat. Siefes Präparat (Ißittglen genannt) mürbe fo*
bann mit flüffiger, milber Kalifeife oereinigt 311 m ißigaoon
unb fo enblicb bas Iängft gefugte Seerpräparat für Kopf*
mafcbungen gefcbaffen.
Sas ißigaoon (oft mit fieid)tigfeit Schuppen unb Schmug
oon ber Kopfhaut, gibt einen prachtooUen Schaum unb lägt
ficb febr leicht oon ben paaren beninterfpülen. (Es bat einen
febr fqmpatbifcben ©eruch, unb infolge feines Seer*
gebaltes mirtt es parafitärem Haarausfall entgegen. Schon
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schätzende Qefabr bedeutet Die vorzeitige Nervenschwäche tritt auf infolge von Ueberanstrengung, Ueberarbcittxng, Aus¬
schweifungen usw. und sicht hierbei den ganzen Körper in Mitleidenschaft; deshalb sind auch die kleinen Ucbel. wie
AppotHfoslaksH, Gedäotitnlsschwäohe, Zittsr«i v Angstgefühl, ErrepungsjeustAnde usw., sehr häufig
ständige Begleiter der voneitlgen Nervenschwäche. Niemand sollte daher versäumen, sich in solchen Fällen rechtzeitig in die
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im jUfittctpirnkt der ärztlichen Forschungen,
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schätzende Qefahr bedeutet Die vorzeitige Nervenschwäche tritt auf infolge von Ueberanstrengung, Ueberarbeltung, Ans¬
schweif ungea usw. und zieht hierbei den ganzen Körper in Mitleidenschaft; deshalb sind auch die kleinen UebeJ, wie
AppetitieeigkeSti Gedächtnisschwäche, Zittern, Angetgefabl, Errepungezuetände usw., sehr häufig
ständige Begleiter der vorzeitigen Nervenschwäche. Niemand sollte daher versäumen, sich in solchen Fällen rechtzeitig in die
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FR trä gt sie mit der Spitze „nach
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trotzdem ist sie stets rein.
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Hummer 35.
Berlin, ben 29. Buguft 1908.
3nf)att bet stummer 35.
Die fiebert Zage ber SBa^e. 1497
Die Retc&sfinaiijnot. Sie fie entftanben ift unb »er fle oerföulbet bat.
Bon Brof Dr. flöolpl Sagner.1497
Die Borteiie ber 9Räb4ienf(bulreform für unfere »eiblidje 3ugenb. Don
Dr. #uqo ©ruber. 1500
Stufruf für Donaueftpingen.1501
Unfere Btlber.1503
Die Borfenmocbe.1504
Die Zoten ber 2Bo$e.1504
Silber oom Zage. (Bbotograpbiföe Aufnahmen).1505
Spielzeug. Roman oon j)ans non ftablenberg.1513
Sinb unb ßuftfdjiffabrt. Son $auptmann a. D. $ilbebranb .... 1519
Da» geftfpieltreiben in Baireutb. Son Saul geliy. (Sit 18 Slbbilbungen) 1520
Silber au» Zäbri». Son Dr. fjugo (Brotb* (Sit 7 Sbbilbungen) . . . 1525
Selig au» (Bnabe. Roman oon Gtäorrei. (gortfeftung).1530
Stranbieben in Zrouoille. Son Statt Sahnt. (Sit 8 nbbilbungen) . . 1534
Silber au» aller Seit.1537
20. ttuguft
Der Kaifer t>ält auf bem ©roßen Sanb bei 3 ttain 3 eine
Xruppenfchau ab, ber auch ber ©roßhersog oon Reffen unb
bie Kronprinseffin oon ©rieeßentanb beitoohnen. Bon 9 Hain 3
begibt fich ber Kaifer nad) Schloß Sriebrid>sf>of bei ©ronberg.
Die belaifcße Deputiertentammer nimmt bas neue kolonial*
gefeß an. Die Uebemahme bes Kongoftaats toirb mit 83 gegen
54 Stimmen bei 9 (Enthaftungen genehmigt.
Bus Petersburg toirb gemelbet, baß ber finnifrfje ßanbtag
gegen feine Busfchaltung bei ber ©rlebigung oon Ungelegen*
beiten, bie ginnlanb unb Bußlanb gemeinfam berühren, ein*
ftimmig Proteft erhoben hat.
21. Kuguff.
Der Kaifer trifft oon ©ronberg roieber in Schloß SQßtlhelms*
höhe bei Kaffel ein.
Die bei ber Stuttgarter BUgemeinen Bentenanftalt bisher
eingegangenen Beiträge 3 ur ©hrengabe für ben ©rafen 3eppelin
belaufen fich auf 3 toei üttillionen Btarf.
Bus Btarotto fommt bie Nachricht, baß ber Suftan Bbbul
Bfis oor ÜRarratefd) eine oernießtenbe 9tieberlage burch bie
Anhänger Btulag #afibs erlitten hat unb nur mit Blühe ber
©efangenfehaft entgangen ift.
Bus Konftantinopel toirb gemelbet, baß Defterreid)*Ungarn
feine 3 ur maaebonifd)en ©enbarmerie fommanbierten Offiziere
einftroeilen abberufen hat.
©eneral Bbuf melbet nach Konftantinopel, baß bie türfifdjen
Xruppen im furbifeßen Berggebiet Derfin bie $öhen oon
Du 3 ufbuba unb Kanbilli erftürmt unb bie Kurben, bie große
Berlufte erlitten, oertrieben haben.
22. Kuguff.
©raf 3 eppelin gibt bie ©rflärung ab, baß er aus bem
Ueberfcßuß ber ihm gefpenbeten ©hrengabe über bie unmittel*
baren Soften für ben ©rfaßbau bes 3 erftörten Ballons eine
„ 3 eppelinluftfchiffftiftung" grünbet, bie beftimmt ift, bie ©nt*
toicflung bes Baues feiner Suftfcßiffe 3 um Borteil ber beutfehen
gnbuftrie 3 U begünftigen fotoie bem Beid) bie Befchaffung
foldjer ßuftfehiffe 3 ur ©rhöhung feiner 3ßel)r!raft unb 3 ur Ber*
roenbung im Dienft ber 2Bi[fenfd)aft 3 U erleichtern.
Der Kongreß ber Bepublif Peru toähft einftimmig
Bugufto ßeguta 3 um Präfibenten.
23. Muguft
3n Btüneßen hält ber Deutfcße Schulfcßiffoerein unter bem
Borfiß bes ©roßher 3 ogs Buguft oon Olbenburg unb unter
Xeilnahme bes Prisen ßubtoig oon Bagern feine ßah^s*
oerfammlung ab.
Die bänifeße ©rönlanbejpebition trifft an Borb ber „Dan*
marf" in Kopenhagen ein, too fie oon ber Beoölferung jubelnb
begrüßt toirb.
3n langer toirb Bhilat) ^afib (Portr. S. 1505) unter
Kanonenbonner 3 um rechtmäßigen Suftan protlamiert.
ßn Konftantinopel toirb ein ßrabe bes Sultans über bie
Bbberufung ber beiben Botfchafter in Berlin unb SBien oer*
öffentlicht.
3n Stambul toütet eine furchtbare geuersbrunft. Btehrere
taufenb Käufer liegen in Bfdje; 3 ahlreiche Perfonen haben in
ben glommen ben lob gefunben.
24. ttuguff.
3n granffurt am Btain toirb ber 49. ©enoffenfeßaftstag
ber Deutfcßen ©rtoerbs* unb SBirtfdjaftsgenoffenfchaften
eröffnet.
Bus Bergen toirb gemelbet, baß ber Dampfer „golgefonnen"
in ber Bähe oon Sfaanablf im Bmt Soenbre Bergenhus auf
einen gelfen ftieß unb binnen brei Bttnuten fan!. ©in großer
leil ber Paffagiere ift ertrunfen.
25. ttuguff.
3n Breslau beginnen bie Berhanblungen bes neunten
beutfehen $anbtoerfs* unb ©etoerbetammertags.
Der italienifche Slinifter bes Beußern Dittoni ftattet bem
Staatsfetretär bes Beußern oon Schön auf beffen ßanbgut
Scßönhäusl bei Bercßtesgaben einen Besuch ab.
4 26. Huguff.
Das Kaiferpaar begibt fich ®on Schloß BMlhelmshöbe
nach ^ 6 -
ooo
Die Keirfjsfinanjnof.
Bie fie entftanben iff unb tuet fie oerfebufbef f)at.
Gin SKahnroort oon ißrofeffor Sr. Slbolph SEßagner,
I.
Sen beutfehen Patrioten unb nationalen ißolititer
überfällt ein ©efühl bes Sdjmerjes, aber aud) ber
Gntrüftung unb S 8 efd)ämung, roenn er fiet)t, rote in
roeiten Greifen bes beutfdjen ffioltes unb in ben oer«
fd)iebenften potitifdjen Parteien 3 U ber unbeftreitbaren
SReid)sfinan 3 not Stellung genommen roirb.
Senn barüber tonnen roir uns nid)t metjr täufdjen:
roir fteijen in einer roaijren 5 Reid)sfinan 3 not. Seren
Anfänge liegen lange jurüd, beren Sortjanbenfein unb
Gntroictlung ftanben früher meijr im oerborgenen, beren
nunmehrige Dffenfunbigfeit tann tein tjalbroegs Sad)*
oerftänbiger mehr überfehen.
SBir haben mitten in einer langen, fo gut roie
oöllig ungeftörten gricbens^eit eine Uteidjsfdjulb, bie
nad) bem franjöfifdjem Krieg um ÜDlitte ber 1870 er
^ahre oerfdjtuunben roar, auf über oier ÜDtilliarben SRarf,
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Seite 1498.
Stummer 35.
bie 3inslaft bafür Don 0 auf 145 Millionen SJtarf jährlich
anmacßfen laffen. Dies troß 5er ftarfen Vermehrungen
ber orbentlichen 9 teid)seinnaf)men, ber 3 ötte, inneren
Verbraud)sfteuern unb Verfehrsfteuern (Stempel). Denn
ftärter nod) als biefe JReicßseinnahmen finb bie ge*
famten IReichsausgaben gemäßen. Unb nie mieber
jeber Sachoerftänbige unb jeber objeftioe Kolititer ju*
geben muß, notmenbig gemachten. gürbas bringenbe
Vebürfnis, bes ^Reiches SBeßr unb SB affen, ju ßanbe
unb 3 U SB aff er, auf jener f)öt)e 3 u batten ober fie barauf
3 U bringen, bie bes ^Reiches <Sict>ert)cit unb SRad)t,
nicht am menigften auch um unferer nationalen Volts*
mirtfcßaft unb um beren richtiger Stellung in ber SBett*
roirtfdjaft mitten, erßeifchte. Slber aud), roeit bem Steidje
mit ber erfreulichen Stusbeßnung feiner Kompeten 3 unb
Dätigteit auf ben ©ebieten bes Verfehrsroefens, ber Stuf*
turintereffen, ber @ 03 iatpo(itit, ber Koloninlpotitif ufro.
große, neue unb macßfenbe Aufgaben unb bamit ent*
fprecbenbe Ausgaben 3 ugefa((en finb.
Sin bem alten mag ba unb bort fid) etroas erfparen
laffen; aber in Summa banbeit es fid) babei boch nur
um Kleinigfeiten. 3n ber 5)auptfa<he mar altes, mas
ausgegeben morben ift, notmenbig unb berechtigt,
ift mit Demütigung bes ^Reichstags in ben ©tat geftettt
unb bat bie heutige 3Rad)tftellung bes SReichs unb bie
heutige SBeltftellung ber beutfcben Volfsmirtfchaft erft
mögtid) gemacht. Unb biefe Slusgaben merben mie
bei alten mächtigen Kulturoölfern meiter machfen
unb machfen muffen— meil bie Stufgaben machfen,
machfen miiffen unb ihre ßöfung toftfpietiger mirb.
Dies namentlich aud) unter ©inmirtung bes rafttofen
tedjnifchen gortfd)ritts auf alten ©ebieten bes SBaffen*
unb SBehrmefens für Verteibigung unb Singriff, bes
Vertehrsmefens, ber So 3 iatpolitif.
3Rit biefer Datfacße, mit einem, man barf es fo
nennen, ftaatsmirtfchaftlichen „©ntmidlungsgefeß" bes
machfenben öffentlichen Vebarfs bei fortfcbreitenben
Kulturoölfern ift einmal 8 u rechnen. Darüber tommt
fein Kulturoolf hmmeg — am roenigften bas beutfdje,
beffen 3 entrater SBoßnfiß inmitten frember Volte* unb
im ijerjen ©uropas eben einmal eine beftänbige natur*
gemäße „©infreifung" 3 U feinen ßebensbebingungen
macht, beffen enblicß miebergemonnene politifche ©in*
beit, menigftens bes i)auptteils feiner Station, eben nod)
3 U neu ift, um nicht ben Strgmohn unb bie mißgünftige
©iferfucht bes Stustanbes gu erregen.
Diefe notmenbige Steigerung bes 5 Reid)sfinan 3 *
bebarfs, ber eine ähnliche bes Staats* unb kommunal»
bebarfs parallel geht, roieberum nicht allein bei uns,
fonbern bei alten Kulturoölfern, bebingt natürlich oer*
mehrte ginanslaften. Stn biefe finb anbere Ijaupt*
oölter, namentlich bas britifdje unb fran 3 öfifdje, tängft
geroohnt geroefen. SBir haben fie nur oermciben fönnen,
folange mir in potitifdjer 3 ®rfplitterung oerfommen
machtlos unb ootfsmirtfchafttich fchroad) maren.
SBir haben fie aud) in ben erften 3 e *ten bes neuen
5Reid)es 3 unäd)ft nod) nicht ober nur in geringem SRaß
auf uns nehmen müffen. Denn bie ßaften bes Krieges,
ben granfreid) uns 1870 friool aufbrängte, hat uns
biefes befiegte ßanb 3 at)ten müffen. Stud) bie SBieber*
herftettung unferer 2Behreinrid)tungen nach biefem Kriege
tonnte aus ber franjöfifdjen günfmiüiarbenfontribution
erfolgen unb oiele anbere notmenbige fReidjs* unb Staats*
ausgaben nicht minber fo, ohne entfpredjenbe eigene
Velaftung für uns, gebedt merben. ©ine roafjre nationale
©hrenfd)ulb, 3 . V. bie für bie Sicherung ber Kriegs*
inoatiben, tonnten mir fo längere 3 eit fjinburd) größten*
teils aus bem Sieichsinoatibenfonbs beden, ber bafür
1873 mit 561 SRitle ÜRarf ebenfaüs aus ber fran 3 ö*
fifdjen Kontribution gebitbet morben mar.
Slber eine fotdje j)i(fe hatte unoermeibtich einmal
ein Snbe, unb ber Steichsinoalibenfonbs geigt es, er
betrug fdjon am 1. Slpril 1907 nur noch 178 SRillionen
SRart unb oerminbert fid) troß feiner neuen Sanierung
jährlich meiter. SBir mußten uns, mie anbere Völfer,
unfere politifdjen unb mirtfd)aft(id)en SRioalen, ba 3 u
bequemen, bie ginan 3 laften für unfere JRcichs* unb
Staatsaufgaben felbft 3 U übernehmen, unb biefe ßaften
nahmen eben mit ber ©ntmieftung ber Stufgaben unb
ben fteigenben Slusgaben bafür aus ben angebeuteteu
©rünben meiter 3 U.
Stur politifche Vhantaften tönnen eine Slenberung
hierin oon einer Slera „emigen griebens" ermarten.
SBenn mir bisher ben grieben nunmehr ein SRenfcßen*
alter lang gehabt unb barin eine roirtfchaftliche ©nt*
roidlung erlebt haben, mie fie in ©uropa eingig ba*
fteht unb fo oöQig oon unferer ßage in ben teßten
3 ahrhunberten abroeidjt, mem haben mir benn bas
anbers 3 U oerbanten als ber großen Dräoentio*Drgani*
fation unferesSBehrmefens? ©ine Organifation, bie allein
uns ben Rieben unb bamit bie ruhige, roirtfd)aft ( iche
unb futtureHe SBeiterentmidlung oerbürgt, meil fie ben
SRioalen IRefpeft einflößt, eine Organifation, bie aber
freilich oiel ©elb toftet. 3 ebod) biefes ©elb ftnbet in
ben SBirtungen für unfere ooltsmirtfchaftliche ©ntroid*
lung unb für unfere Stellung in ber SBeltmirtfchaft
eine eminent probuttioe Veranlagung.
Sinb bie ginanslaften, bie biefe ©efamtentmidlung
notmenbig mit fid) bringt, aber roirflich „unerträg*
lief)", mirtlid) „ 3 U hoch" für uns? SBie mir in meiten
Kreifen jammern hären, unb mie bei ber Stusficht auf
neue fReicßsfteuem jeßt mieber laut getlagt mirb?
Durch gaf)lreid>e ftnansftatiftifcf)e Vergleichungen, auch
aus meiner geber feit 3 at)ren unb oon oielen anberen,
noch jüngft oon g. 3 al)n, ift nachgemiefen morben:
oon ben großen, leitenben ijauptoölfern ber
©egenmart haben mir Deutfdjen immer noch bie
tleinften ginan 3 laften; haben mir ferner bie be*
fonbers günftige Dedungsart in ^Reinerträgen aus
Domänen, gorften, Vergmerfen, Staatseifenbahnen, Voft*
überfdjüffen unb anberem bergteidjen mehr; SRittel, bie
nicht als allgemeine Steuern roirfen, bie mir aber in meit
größerem SRaßesur Verfügung haben als irgenbein anberes
ßanb; haben mir meiter troß ber neueren ftarfen Steige*
rung ber fReichsfdjulben immer nod), JReicßs* unb Staats*
fchulben 3 ufammengered)net, mie es 3 m Vergleichung
mit ffiinheitsftaaten unfere Verfaffungsoerhältniffe be*
bingen, auch nur mäßige Scßulben, unb felbft im
IReiche 3 um Deil, in ben ©inselftaaten, V r * u 6 en ooran,
größtenteils probuftioe unb rentable, oornehm*
lief) ©ifenbaßnfchulben. Stud) im IReiche tann immer*
hin aus ben 5ßoftüberfd)üffen, ben ©rtragsanteilen oon
ber Veicßsbanf, ben ^Reinerträgen ber ^Reichsbahnen in
6 lfaß=ßothringen unb ähnlichen ©innahmen nod) bie
Sjä Ifte ber Schulbäinfen beftritten merben, ohne 5Rüd*
griff auf Steuern — eine außerorbenttid) oiel
günftige re ßage als in aüen anberen ©roßftaaten.
Slud) unfere Steuerlaften, im fReidj unb Vreußen
mieber 3 ufammengered)net, finb erheblich Heiner
als namentlid) in granfreid) unb ©nglanb, bei unferen
midjtigften politifdjen unb roirtfchaftlid)en fRioalen. Das
läßt fid) leid;t 3 iffernmäßig belegen.
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Stummer 35.
Seite 1499 .
3roar roeift matt bann bei uns gegnerifcßerfeits gern
auf bie „unerträglichen" Kommunallaften f)in, beren
3 unahme 3um Zeit noch ftärfer als bie ber Reichs*
unb Staatslaften fei. aber ftetjt es benn mit biefen
äommunallaften im oergleidjbaren auslanb anbers?!
5 ttu<h in biefer £)infid)t finb mir nicht in ungänftigerer
Sage, roenn man bie Saften im gan3en betrachtet, als
anbermärts, mieberum eher in giinftigerer. Die un*
gemeine Steigerung ber Kommunalausgaben unb bamit
ber Kommunalfteuern ift aber im Reich unb in ben
Staaten bie unoermeibliche Äefjrfeite ber großen Volts*
3unal)me, ber ftarfen Vermehrung ber ftäbtifdjen Ve=
oölterung, ber gefteigerten anfprüdje an bie Kommunal»
tätigteit, jeboch eine Kehrfeite, ber hoch auch bas ftol^e
Vilb unferes neueren Kommunallebens als ©lan3feite
gegenüberfteht.
Unb finb benn auch bie gefamten ginanslaften im
Reiche, in ben Staaten, Verbänben, Ortsgemeiitben ftarf
gemachten, unb merben fie meiter roachfen, entfpridjt ihnen
in ber Zat nicht mehr als ausreichend einerfeits bie
fchon heroorgehobene, ungeheuer gefteigerte Vrobuttioität
unferes gefamten öffentlichen Sebens unb anberfeits
ein ungemein gefteigerter Volfsroohlftanb, bie fo
ftarf geroachfene ®röße unferes gefamten Volfseinfom*
mens unb Volfsoermögens! Diefes Wachstum fteht
feft, menn auch bie Schmierigfeiten einer genauen
ftatiftifchen Vesifferung oon Volfseinfommen unb roohl
noch mehr oon Volfsoermögen fo groß finb, baff man
mit „ejaften 3 a hlen" hier nur feßr unficher operieren
fann. 3 ebenfaHs ift ficfjer, bah in Deutfdjlanb, im
neuen Steiche auch h*er bie (Entroicflung relatio, 3um
Deil auch abfolut günftiger als in jebem anberen
grofeen europäifchen Sanbe gemefen. Daher 3. V. bie
Stbftänbe 3mifchen Deutfchlanb unb (Englanb unb jenem
unb granfreich oiel Meiner gemorben finb, als fie ehe»
mals roaren, menn fie überhaupt granfreich gegenüber
noch beftehen follten.
Demnach haben mir auch bie materiellen Wittel,
um jegliche ginanslaften 3U tragen, bie einmal unoer»
meiblich unb in ihrer ©efamtheit einfdjließlicl) ber
Koften für #eer unb glotte roirflid) eminent pro*
buttio finb.
Sticht, bag biefe Wittel uns fehlen, fonbern bah
biefe Wittel für bie Qvoede bes Reichs, bie jeßt hier
3unächft oornehmlich in Vetracßt fommen, nicht in
ausreichenber f)öt>e unb in richtiger 2lrt bisher
3ur Verfügung gebracht roorben finb unb jefct 3ur Vcr»
fügung ftehen, bebingt bie oorhanbene Reicßsfinansnot.
Vuch bas, mas oon ben Steichsausgaben feit einem
Wenfchenalter, namentlich in ben beiben legten gafjr*
3ehnten, burch Schulben gebecft morben, mar ficherlid)
in feinem oollen Vetrage, oon fchlimmftenfalls ganj
oerfchminbenben Voften abgefehen, notmenbig unb nach
feinen Wirfungen mirtfchaftlich unb politifch probuftio
oerausgabt. Vuch ein erheblicher Deil biefer burch Schul*
ben gebecften ausgaben, fo für bie Steichs* unb anbere
(Eifenbahnen, bie V°fh ben Storboftfeefanal, immerhin ein
ftarfer Deil ber fo gebecften ausgaben für bie Kolonien,
bie Kolonialfriege, bie chinefifche (Ejrpebition, ben glotten*
ausbau maren noch berart, bah eine richtige unb folibe,
praftifch unb theoretifch rationelle ginan3politit eine
Decfung burch Schulbaufnahmen rechtfertigen tonnte.
aber für einen anberen erheblichen Deil ber 3u*
nähme ber Reichsfcfjulb um über oier Williarben Wart
fehlt eine folche Rechtfertigung. 3 hn 3U be3iffern, ift roie*
ber fd)roer; er mirb aber moht mit 1 1 '2 bis 2 Williarben
faum 3U hoch gegriffen fein. Wäre bafür eine anbere
normale Decfung aus ordentlichen (Einnahmen, nament*
lieh aus rechtseitig unb genügenb oermehrten unb er*
höhten Steuern, oorhanben gemefen, fo hätten mir
heute eine um einen folgen Vetrag oon IV2 bis
2 Williarben Heinere Reicfjsfchulb, eine um 50 bis
75 Wille Warf geringere 3ahres3infen(aft.
Woran unb an mem tag bie Schulb? gor*
mell baran, bah folche genügenbe Steuereinnahmen
fehlten, auch bah bie oorhanbenen burch törichte Ve*
ftimmungen, mie bie granefenfteinfehe Klaufel, lange
3 eit hinburch teilroeife bem Reiche für feine ginan3*
bebürfniffe ent3ogen maren.
Wateriell aber, mer trägt bie Schulb an biefer
Sachlage?
Rieht bie Reichsregierung, nicht bie Regierungen
ber ©lieberftaaten, nicht bie „gürften", nicht ber Vuttbes*
rat. Diefe Snftansen hoben bis 3U ben feiten Kaifer
Wilhelms I. unb Vismarcfs 3urücf unb feitbem unter
Kaifer Wilhelm II. unb unter ben unter ihm mirfenben
Reid)sfan3lern unb Scßaßfetretären bas Vebürfnis nach
oermehrten orbenttichen Reichseinnahmen unenblich oft
bargelegt unb begrünbet unb hoben bie mannig*
faltigften Vrojefte, Steuern in Wonopolform (Dabat* unb
Vranntmeinmonopol) unb in anberen gormen Steuern
biefer unb jener art oorgefchlagen. aber im Reichs*
tage finb fie bamit teils gar nicht, teils nicht
ausreidjenb burchgebrungen. Die erfolgten Vemitli*
gungen neuer unb oeränberter Reidjsfteuern, höherer
Steuerfüße unb 3 oHfäße hoben nicht fo oiel ergeben,
als erforberüch mar. Unb bie Regierungen finb nach
folchen traurigen (Erfahrungen felbft 3aghaft gemorben,
ausreichenbes 3U forbern.
So hot fich bie Reichsfchulb fo rafch oermehrt, finb
ausgaben auf anleihen unb fchmebenbe Schulben ge*
nommen, bie nach jeber richtigen ginan3po(itit aus orbent*
liehen Sinnahmen hätten gebecft merben müffen, ift bie
3inslaft felbft mieber baran fchulb gemorben, baß bie
orbentlichen ausgaben fo ftarf machfen, unb ftehen mir
nunmehr, roenn man alles objeftio unb ungefärbt
betrachtet, o'or einem Vebürfnis oon roohl minbeftens
400 Willionen, mahrfcheinlich eher noch mehr, jährlich,
bas gebieterifd) feine Decfung aus oermehrten Steuer»
erträgniffen erheifeßt, roenn unfere Reichsfinan3roirtf<haft
auf einen feften, foliben Voben gebracht merben foü.
Daher bie beftehenbe Reichsfinan3not, über bie mir
uns roohl nicht mehr täufeßen bürfen.
Wer trägt aber bie j)auptfcf)ulb hieran? Der
Reichstag, unfer politifcfjes Vorteigetriebe unb
in leßter ßinie unfer beutfehes Volt felbft.
Die einmal gegebenen ßebensbebingungen unferes
Reichs* unb Staatsmefens unb unferer Volfsroirtfchaft
oerlangen 3mingenb, baß bas beutfehe Volt einen
größeren Deil feiner materiellen Wittel, bie es ba3U reich*
lieh genug befißt, ootlenbs feit feinem mirtfchaftlichen auf*
fchroung in ber Rei<hs3eit, für Reichs* unb Staats3mecfe
3ur Verfügung ftellt. Das aber hat bas beutfehe Volt
feine gan3e ©ef<hi<hte hinburch ungebührlich gefeßeut, unb
oor biefer Scheu hot auch der Reichstag fich in not*
toenbigen SteuerbemiUigungen 3U miberfpenftig gezeigt,
haben bie abgeorbneten aller Vorteicn ihre Wähler
gefürchtet, unb ift im Reichsfteuerroefen immer nur
Stücfroert suftanbe gefommen.
Vorurteile aller Vrt gegen biefe ober jene Steuer*
gattung unb ein3elne Steuern, gegen biefe unb jene
Steuerform hoben ein übriges 3U biefem Rotftanb
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©rite 1300.
(Rümmer 35.
beigetragen. Steine politijche (ßartei ift f)ier oon
Borroürfen freigufprecßen. Unb — auchRegierungen
unb Bunbesrat haben t)ier manche gebier begangen —
auch ber größte unferer Staatsmänner, felbft ber eifeme
Stapler, ift oon biefem Borrourf nicht ausgunehmen.
Bartifulariftifcße, bas heißt reichsgegnerifcße Xenbengen
haben auch mitgefpielt unb tun es noch heute.
Das muß man einmal offen betennen. Cs ift bie
erfte Borausfeßung bafür, baß es beffer mirb!
Sem auch jeßt roieber fo befchämenb beroortretenben
ßamento jeber großen unb {(einen gntereffentengruppe
gegenüber jebem neu auftauchenben Steuerprojeft foKte
aus ber Station heraus ein ftarf es „Quos ego“ erfchaQen.
(Rafft fich bie feit ben leßten dRenfchenaltem fo unenblid)
begünstigte beutfche (Ration nicht auf, bann mag fie fich
auch felbft bie Scßutb geben, baß fie bas große (Blücf
ihrer politifcßen SBiebergeburt roieber einbößt unb bamit
geigt, baß fie biefer nicht roert roar. Das oerbflte (Sott.
-o-
Die DotfeUe ber IHäbc^enföulref otm für unfere roeibüdje Jugenb.
Bon Sr. f )ugo (Sruber, Sireftor ber Biftoria«ßuifenfchule in 2Bilmersborf»Berttn.
Sie lange erhoffte (Reuorbnung bes höheren dRäbchen« burch bie Gntroidlung ber eingelnen (dnftalten be*
fcßulroefens hat am 15. Buguft bie fönigliche Genehmigung roiefenen (Bebürfnis bes gehnjährigen Lehrgangs er«
erhalten. (Bon jenem Sag an finb bie 3roeif(er gum
Schroeigen gebracht; roir aber freuen uns um unferer
Söchter mitten über bas (Befchent, bas uns oftmals oer»
heißen, bann aber immer roieber im geeigneten ober
ungeeigneten dlugenblfcf gurücfgehatten mürbe.
2Ber am oorleßten üRittrooch Gelegenheit hatte, einen
(Blid in bie oerfammeltcn ßehrerfoHegien unferer öffent«
ließen höheren ÜRäbchenfcßulen gu tun, burfte 3euge
bes freubigen Ginbruets fein, ben bas „Creignis", bie'
amtlich betanntgegebene „(Reform", auf bie Beteiligten
ausübte.
Unb in ber lat ift (EBefentliches erreicht. Sie ben
neuen (Beftimmungen genügenben höheren dRäbchen«
fchulen forote bie roeiterführenben (Bilbungsanftalten für
bie roeibliche gugenb, bie ßggeen unb Stubienanftalten,
finb nunmehr als höhere ßehranftalten anertannt; fie
finb fämtlich bem Sluffidjtsfreis ber (ßrooingialfchul«
tollegien überroiefen, roährenb im allgemeinen biefen
(Behörben bisher nur bie mit ßehrerinnenbilbungs»
anftalten oerbunbenen höheren dRäbchenfcßuten, bie bas
(Recht ber eigenen Slbgangsprüfung hatten, unterteilt
roaren. Samit hat auch bas noch an einigen Orten
oorhanbene Stuffichtsoerhältnis ber Sreisfcßulinfpeftoren
über bie höhere dRäbchenfchuIe ein Cnbe erreicht. Sa
überbies h'nficfjtlicf) ber (Rang» unb Xiteloerhältniffe ber
Sirettoren unb atabemifch gebilbeten Oberlehrer jener
Slnftalten bie für bie höheren ßehranftalten ber männ«
liehen gugenb geltenben Borfcßriften entfprechenbe 2ln»
roenbung gu finben haben, ift nunmehr auch eine in
jenen Streifen herrfdjenbe unb burdjaus begreifliche dRiß»
ftimmung aus ber dBelt gefeßafft.
gür unfere roeibliche gugenb aber oor allem hat
bie „(Reform" roefentliche Borteile gefchaffen. Schon
bie Betonung ber Berftanbesbilbung unb ber i)inroeis
auf bie Crgiehung gu felbfttätiger unb felbftänbiger
Beurteilung ber UBirflichteit auf ber einen Seite, bie
ausbrücfliche (EBeifung auf ber anberen Seite gu oer»
hüten, baß bie äfthetifche unb bie Gefühlsbilbung gu
fehr überroiegen, baß hauptfächlid) bie (ßhantafie an»
geregt unb bas Gebächtnis in dlnfpruch genommen
roirb, tenngeichnen ben neuen Kurs ber Crgiehung bes
roeiblichen Gefcßlechts gur Genüge. 3n ber ftärferen
Betonung bes beutfefjen unb frembfprachlidjen Unter»
richts, ber Ginführung ber dRathematif in ben ßeßr»
plan ber höheren dRäbchenfchuIe unb in ber Um»
geftaltung unb Berftärtung bes naturroiffenfchaftlichen
Unterrichts roerben bie geeigneten dRittel gur (Erreichung
biefes Zieles erblicft. G(cich 3 eitig ift nun auch bem
freulicherroeife baburch (Rechnung getragen, baß fortan
bie gehntlafjige Schule als (Rormalform ber höheren
dRäbchenfchuIe gilt, im Unterfchiebe oon ben Be»
ftimmungen oom 3ahr 1894, bie bie neunflafflge
Schule forberten unb bie gehntlaffige nur als Bus«
nähme guließen.
Bon fchroerroiegenber Bebeutung roirb aber bie
„(Reform" für unfere lödjter baburch, öaß fie ihnen
bie Borbereitung für bie für grauen in Betracht fom«
menben afabemifchen Berufe in ben Stubienanftalten
ermöglicht, dlllerbings beftanben fchon an eingelnen
größeren Orten behörblich gebilligte realgqmnafiale Gin«
rießtungen, bie ihre Schülerinnen nach bem (ßtane ber
(Reformfchulen bem Bbiturium guführten. Siefen Sn«
ftalten biente, roie es auch in 3 uhmft ber gall fein
roirb, bie höhere dRäbchenfchuIe als Unterbau, nach
fechs 3ahren fanb aber bereits eine dlbgroeigung für
bie (Realgpmnafialturfe ftatt. Um aber hinfort ben
dRäbchen ben Unterricht ber höheren dRäbchenfchuIe
länger gu geroähren, oor allem aber auch, um für fie
unb bie Gltem bie Gntfcheibung über ben (Eintritt in
bie Surfe, bie bie Stubienanftalt bilben, mögtichft lange
t)inausgufd)ieben — ein Umftanb, ber übrigens feiner»
geit bei ber Grünbung ber (Reformanftalten für Jtnaben
roefentlfch mitgefprochen hat, obroohl es fich hier barum
hanbelte, ben Uebertritt in bie gtjmnafiale ober reale
Abteilung ber dlnftalt fpäterer Gntfcheibung oorgube»
halten — fieht bie „(Reform" eine Berbinbung ber
höheren URäbcßenfchulen mit Stubienanftalten in ber
SBeife oor, baß bie jungen dRäbchen nach öem fiebenten
Schuljahr in bie ggmnafialen ober realgpmnafialen
Surfe, nach bem achten in bie Dberrealfchulturfe über»
treten {önnen. So erreichen fie in fünf ober fechs
3aßren bie (Reife für bie Unioerfität. Durchaus richtig
ift es, baß hierbei bie (Rüdfidjt auf bie roeibliche (Ratur
maßgebenb getoefen ift, bie.ßemgeit bes üRäbcßens bis
gum dlbiturium gegenüber ber bes Snaben um ein
3ahr gu oerlängern, unb es geugt oon roeifer Ginficht,
baß ausbrücflid) bie mechanifche Uebereinftimmung ber
in ben Stubienanftalten oermittelten Bilbung mit ber
in ben höheren ßehranftalten für bie männliche 3ugenb
gemährten abgelehnt roirb. Gleichwertig, aber nicht
gleichartig: bas (enngeichnet am beften bas angebahnte
Berhältnis ber Bilbung bes roeiblichen unb männlichen
Gefchledjts. —
Durch bie ,3ulaffung öer grauen als Stubierenbe
ber ßanbesunioerfitäten, benen fie bis jeßt, auch roenn
fie bie (Reife für bie fjochfcßule nachguroeifen oermoeßten,
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Aufruf!
2 Im 6 . 2 tuquft würbe Dottcraefdtfngett oon einem furchftoren Branbtmgtöcf beimgefu^t. 130 2 Bohnhäufer
unb 160 9tebengebäube fielen in wenigen ©tunben bem rafenben (Element 3 um Opfer. 93on if>rer #abe formten
bie Betroffenen nichts retten. (Etwa 600 ^erfonen fmb obbachlos, oon äleibung unb Hausgerät entblößt Oer
©djaben bejiffert fieß auf 9Jtillionen, oon benen nur ein feßr geringer Seil bureß Berfidjerung gebeett ift.
Sroßbem bie erfte Bot burd) f)o^\)ev^\qe ©penben aus Eonauefcßtngen felbft gemilbert würbe, ift bas (Elenb
unter ben 311 m überwiegenben Xeil gan 3 armen ßeuten unbefcßreiblicß. S)a us unb S) of, bie faßrenbe #abe, alles
ift ihnen oernießtet. Bie 5>tlfe ber näcßften SBitbüraer reießt hier nicht aus. Unterftüßung aus bem gan 3 en großen
Baterlanbe tut bringenb not, nur rafeße ^ilfe wirb wtrffam fein.
lieber bas freunbltcße ©cßwa^walbftäbtcßen fam bie fjetmfucßung faft in bem gleichen 2 lugenblicf, in bem
bie Stugen ber gan 3 en 2Belt auf (Blüd unb Untergang bes ßeppelinfchen ßuftfcßiffes geüdjtet waren. 2Bäßrenb
eine beutfehe ©tabt 3 um großen Oeit in Xrümmer janf, feßlugen bie glammen nationaler Begeifterung über bas
ganse 9teicß, ber SBelt bas erhebenbe ©chaufpiel oon einem einigen Bolf oon Brübem 3 U geben.
2 Benn jeßt* bem (Brafen 3 *ppelin bie Fortführung feines ßebenswerfes gefiebert ift unb nun aum sweitenmal
bie Bitte um werftätige 5)ilfe für ^unberte oon Dbbacßlofen, burch bie Flammen aus ihrem Befiß Bertriebenen
ins ßanb hinausgeht, fo finb wir überseugt, baß biefer 2tppeH an bie Opferwilligfeit unferer Bcitbürger nteßt
ungehört oerhallen wirb, änsbefonbere riehten wir an bie norbbeutfehen ©tammesgenoffen bie Bitte, burd)
rafche unb werftätige #ilfe ben fchwer $)eimgefucßten 3 U 3 eigen, baß fein Unterfchieb ift swifeßen Borb unb ©üb,
gewiß nicht wenn es gilt, 3 U helfen unb 3 U retten.
(Bebt 3 um 3 weitenmal ber 2Belt bas ©chaufpiel eines ßanbes unb eines Bolfes. feftigt bamit
mißt nur bie Sbeen ber (Bemeinfchaft unb 3ufammengeßörigfeit, 3ßr helft 3 ugleüß unb oor allem $unberten unb
aber ^unberten oon armen, notleibenben, hnngemben unb frierenben, ihres j)ehns unb ihres Obbachs beraubten
Btenfchen. ©ine ber erften ©penben, bie in 2 )onauefcßtngen anfam, waren 1000 Blarf bes (Brafen 3 eppelin.
Folgt feinem Beifpiel, linbert bas (Elenb, bas fo groß ift, baß bie fjilfe bes ©übens nicht mehr genügt, erfüllt
auch l)ier ben ftol^en SBunfcß: bas ganse 2 )eutfcßlanb foll es fein!
Ueber bie eingehenben ©penben wirb öffentlich quittiert, ßebensmittel, SBirtfAaftsgegenftänbe» ungetragene
äleibungsftücfe unb fonftige Baturalien werben nach ben als Bepot eingerichteten ©täbtifeßen Bärmehallen
in ber Bircffenftraße, ©tabtbahnbogen 97/100, erbeten ober oon jebem ©pebiteur foftenlos abgeholt.
©elbfenbungen nehmen in (Empfang: bie 5)aupt* unb Bepofitenfaffen ber Banf für fjanbel unb Fnbuftrie,
ber Berliner 5)anbelsgefellfchaft, ber ©ommers* unb Biscontobanf, ber Beutfcßen Banf, ber Birection ber Bisconto«
©efettfeßaft, ber Bresbner Banf, ber Bttttelbeutfchen Ärebitbanf, ber Bationalbanf für 2)eutfcßlanb, bes 21. ©cßaaff*
ßaufen'fcßen Banfoereins, bie Bireftion ber 5)anoelsoereinigung, bie ©efcßäftsftelle bes unterseidjneten Komitees,
Berlin, 3 ägerftraße 22 , fowie jebes SBitglieb bes Komitees.
2lucß ber fleinfte Beitrag ift mitttommen!
ttorbbeuffges gilfsfomifee für Oonauefcßiitgen.
Das präftblum:
Jfirff Utaj ®8<>« 3» Jürftcnberg. Dt. oon Betfjmann-fjoUroefl,
$et30g OOtl Katibot. ©taatsfefretär bei Snnem, ©taatsmtnifter, ^Sgepraftbent bei Kgl Brcufe. ©taatsminifteriums.
©efdjäffsleihing:
©mit 3acob, ©ebeimer Korameratenrat
»Id, ©ebeimer Kommeraienrat, in 6 tetiin; oon Ritenbocfum, KonfiftortabBräfibent, in Kaffel; Rfgoff, SBlrSig« ©ebetmer Rai, ©yaeüena;
Baba, 0abritant, Borfifcenber bei Bereins ebem. Kameraben bes 14. (babifgen) Slrmeeforps; Bagmann, ©befrebatteur; gantann Bamberg,
Kommeraienrat; oon Bartfg, ©ebeimer Ober*fRegierungsrat; Beer, 6 tabtrat a. B., Oberoorfteber ber Kaufmannfgaft in Königsberg i. Br*;
Br. oonBebr-Binnom, Kammerberr, Kabinettsrat 3brer 2Jtajeftät ber Kaiferln; Bebrenbf, Bräflbent 5 ^ ÄönigL ©ifenbabnbtrettion Berlin; Br. Benber,
Oberbärgermeifter, in Breslau; ©raf oon Berfbeim, SBirfliAer ©ebeimer Bat, ©rolbersogli^ babifdjer ©efanbter, vmQena; ©r«f oon Bernflorfi,
Begierungspräjibent in Staffel; Br. Befder, 6 taats* unb guftiaminifter, ©(aeHeiu; oon BtKer, UBtrtltc^er ©ebehner Bat, ttReflenj, Bräfibent ber
5)auptoenoaItung ber 6 taatifrbulben; Br. Bitter, Becbtianmalt, in Hamburg; Caffel, ©ebeimer 3uftUrat, 6 tabtoerorbnetenoorftebep€telioertreter
unb BUtglteb bei Slbaeorbnetenbaufei; peul Bamme, Bantier in Bannig; Br. Bdbrütf, Gtaatiminifter unb SRinifter für S)anbe( unb ©enterbe,
©rseßeng; oon Bjicmbontitl, fianbeibauptmann in Bofen, SRitglieb bes nerrenbaufeo; Oberbürgermeffter oon Banjig; CartJL ©ngefbarb,
Bantier; ©tebborn,©ebeimer Stommenienrat in Breilau; Br. ©ibberger, ©ebetmer Begierungirat (Beutfme 6 oloag*Bierte) In Bemburg; $anf ©gt,
@tabtfgnbitui, S)annooer; Hermann Jemont, Äonjertblrettion i)ermann ffiolff; Btag Jrantfe, Stommerjlenrat; pb< Jrenbcnberg, Äommerjtenrat;
Jrtb oon 3deb(ünber-5ti(b, ©ebeimer Stommergtenrat; ftotl ^örftenberg, Blreftor ber Berliner SjanbelsgefeÜfAaft; IBUbdm ©eritfe, 6 tabtoerorbneter;
Br. fy> ©erf<bet, SBitglieb bes Kaufes Der Bbgeorbneten; C. BL ©olbberger, ©ebeimer Stommenienrat; Bictor $ab*» ©befrebatteur; 2L Aaocnftdn,
Bröfibent ber Betcbibant; Aengftcnberg, ©neQcna, Oberpröfibent in Haffel; Qcnfig, 6 taaisminifter a. B., %|tllenj; Br. B^nneo, ©befrebatteur,
Blinifterialbirettor a. SD,; Bitbeim ©ebeimer Kommerzienrat, Bröfibent ber S)anbe(itammer )u Berlin; Br. Otto ^enbner, ©ebeimer
SRebiAlnalrot, Brofcffor; Otto ^ener, Baumeifter, Sorfinenoer bes Serbanbes ber BaugefcbÖfte oon Berlin unb Bororten; Bbufelbegn,
Biinifterialbirettor, Birflidjer ©ebeimer Bat, ©neHena; ©rnff Qofmann, Birettor ber Sianbefioeremigung; Jltfl ©b.lfHan ftraft tu ^obenlobe-
©«bringen; prtnj Jriebricb ©arl oon Qo^ento Je; prin 3 Qana oon Breuftlfcber ©efanbter, in Bresben; Br. gölte; ©taatiminifter
uno Wcinlfter ber geiftlitben. Unterrichte* unb ÜRebizinalangdegenbeiten, ©^eQena; oon goümann, Ebmiral ä la suite, 6 taatefetret&r a. B v
©jaeüenz; gomatbf, Kommeraienrat, in Kiel; 2Cbo(f juUnsbnrget, ©eneralbirettor; Jobannes ftaempf, B^fibent bes Beutfiben ganbeletages,
Biae*Braftbent bes Beicbstages; $. ftaront, ©befrebatteur; Br. Kaub, ©ebeimer ObeoBegierunasrat, Braftbent bes halfen üben Kanalbauamts,
in Kiel; Btagimlftan ftempner, ©ebeimer 3uftiarat; üerutb, 3uftiarat, Stabtoerorbnetenoorfteber in Banaig; ftlrfgncr. Oberbürgermeifter;
germnnn Knauer, L 0a. Bosutau & jtnauer; oon bem ftnefebetf, S^Oberaeremonienmeifter 3$rer SBajeftät ber Kaiferin unb Kammerberr oom
Bienft; Br. TL KoopcL ©eneralfelretär be* Berelns Berliner Kaufleute unb 3nbuftrieüer; Ceopotb Koppel, ©ebeimer Kommeraienrat; Brofeffor
Br. Körte, ©ebeimer Üanitäterat; S. Knob(an<b, Kommeraienrat; Krobne, ©tabtrat a. B., 6 tabtoerorbnetenoorfteber in Königsberg; Br. lBitbeuu
Krontbdn, ©befrebatteur; Künaig, 0ürftIicber Kammerrat; oon Knpffer, ©befrebatteui; ©ngen Canban, ©eneraifonlul; 3 . Canban, ©befrebatteur;
Br. Beo Ceipaiger, Beriagsbucbbanbler; Br. g. BlanKer, Birettor bes SBolfffcben Bele^rapbenbureaus; Br. ©. 7SUm% 1 . Borftbenber bes Bereins
berBabener; Ä. oon Blaffoto, ©befrebatteur; Sieqmunb C. Bleger, in gonnooer; KUgcte^ ©tabtoerorbnetenoorfleber; oon Btöncr, ©taatsminifter
a. B., ©yaeUena; oon Blollte, ©laatsminifter unb URinifter be 3 3nnem, ©yaeüena; ©mit Bloffe, BerlagsbugbänÖler; Hnboff Bloffe, Berlagsbug*
bänbler; BlüUer, Oberbürget m ifter, in Kaff ei; Br. ntfiUer-Sagan, ÜRitglieb bes gaufes ber Slbgeorbneten; 3* Ttomsian, ©taötrat; Pfeiffer,
©ebeimrat, in Kafjel; ©. pitffer, Btreftor ber ©ommera* unb Bisconio»Banf; 3utins plntfg, ©ebeimer Kommeraienrat; prinj $tm 3 oon
Ratibor; C. Raoeae, ©ebeimer Kommeraienrat; Br. ©eorg Rdrft; Bürgermetfter; 5eeiberr oon Rd'gag» Ober* 6 taÜmeifter, ©yaeüena, in Berlin;
Jteiberr oon Rbdnbnben, Staats* unb 0inanzminifter, ©yaeüenz; Ruguft Sgerl, Berlagsbugbänbler; Br. Rigter, Unterfiaatsfefretör im
ilRinifterium für ganbel unb ©emerbe; Rlay Sgintfd, Bräfibent ber ganbelstammer in gamburg, Birettor ber Borbbeutfgen Banf; Br. Sglntow,
©ebeimer Kommeraienrat, in ©tettin; Rrfbur Sgmibf, Kommeraienrat; Karl gaus Sgmibf, 3®eiter Borfigenber bes Bereins ber Babener;
Brof. Br. ©uffao Sgmoüer, SKitglieb bes ©taatsiats unb bes gerrenbaufes; germann Sguibe, Birettor ber Berelnsbrauerei Riyborf; Br. W.
oon Siemens, ©ebeimer fHegierunf'srat; ©mit >elberg; Seligmann, Kommetzieniat in JQannooer; Br. Sanier, URttalicb bes Relgstags, in gamburg;
Br. ©bua:b Simon, ©ebeimer Kommeraienrat; Brof. Br. RJatta Simon, in Stönigsberg; g. Spiegetbag, Baniler in gannooer; Rtay SfetaUbai,
Kommeraienrat; Br. oon Stubt, ©taat&minifter a. B., ©raeüen 3 ; Rnbrö Songag; ©arl Samuel, ©befrebatteur; Bramm, ©tabtblreltor in gannooer;
CouiiUü|tdn, Beriagsbugbänbler; oon Barnbübla, 0reibeir, Kgl. ffiüritembergiiger ©efanbter; ©.Borbetf, Oberpoftbirettor, ©ebeimer Obei>Boftrat;
oonBalboro, ©yaeliena, Dbeipiäfibent in Boien; Br. KJ. 0. BJalbf graibt, Birettor Der Cuba). Coen>e&©o 8 L*©.; Br. 0 . Wendel, ©yjeUena, Oberpröfibent
oon gannooer ; Br. 2BUm», Oberbürgermeifier in Bofen; Bllting, ©ebeimer Begierunqsrat, Birettor ber Ptationalbant für Beutfglanb; Br. lüolf, Birettor
ber Beut|gen Banf; gamann Bolpers, Kommerzienrat in gannooer; 3u<ffgroerbt, ©eb- Kommeraienrat, Bräfibent ber ganbelstammer, in ÜRagbeburg.
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Seite 1502.
ütammer 35.
nur als f)ofpitantinnen angeboren burften, ift fortan
freie (Baßn gefeßaffen. Unfern Böcßtem ift baburd)
(Belegenbeit geboten, fid) nirf)t allein in ber Dberleßre*
rinnentaufbaßn, fonbern aud) in anberen auf Unioerfi»
tätsftubien begrünbeten ßebensftedungen 3U bewähren.
(Diöge aber nie bie warnenbe Stimme überhört werben,
bie bas Stubium nur für jene jungen (Dtäöcßen ratfam
erfeßeinen lägt, benen bie baju notwenbigen Kräfte
bes Körpers unb ©elftes ju ©ebote fteßen. (Eigene
(Eitelfeit ober gar (EBünfcße ber ©Item, bie jumeift nod)
auf ber (Rüctficßt gegenüber ber ©ejellfcßaft beruhen,
foliten unfere heranroaeßfenbe weibliche Sugenb niemals
beeinfluffen, einen Schritt 3U tun, ben fie fpäter oiel*
(eid)t bitter bereuen müßte.
Ohne »irb bie 3 aßl jener jungen (Dtäbcßen,
bie fid) sur (Reifeprüfung rüften, ungleich geringer fein
als bie 3°hl jener, bie nad) ber Schubert eine weitere
Stusbilbung in freierer ßemweife fueßt. Den leßteren
wirb hinfort in bem mit ber höheren (Dläbcßenfchule
oerbunbenen ßtyjeum bie (Dlöglicßfeit geboten, nicht nur
ihren fpracßlicßen, literarifcßen ober äftßetifcßen 3nter*
effenfreis 3U oergrößem, fonbern aud) eine ©rgänjung
ihrer (Bilbung in ber (Richtung ber lünftigen ßebens*
aufgaben einer beutfehen grau 3u erlangen; unb 3war
foHen bort unfere Pächter auch eingeführt werben in
ben (ßflicßtenfreis bes häuslichen unb ©emeinfeßafts*
lebens, in bie (Elemente ber Kinbererüeßung unb Sinber*
pflege — ein Kinbergarten ift ebenfalls für jebes ßcj^eum
oorgefehen — in #auswirtfd)aft, ©efunbßeitslehre,
(EBoßlfahrtstunbe unb in bie ©ebiete ber (Barmhe^igteit
unb (Räcßftenliebe. 2 Bas uns aber bie als ßt)3een
be3eichneten tJrauenfcßulHaffen nod) befonbers wertooll
für bie 3u*unft ber weiblichen Jugenb erfd>einen läßt,
ift ber Umftanb, baß biefe bort gleichzeitig, wohl in
Anlehnung an anbere bereits oorhanbene (Beranftal*
tungen, wie fie 3. 58 . in (Berlin ber ßetteoerein, bas
5ßefta(033i‘9fröbe(baus unb bas fjeimathaus für Böcßter
höherer Stänbe bieten, ©elegenheit finbet, bie 2 lus*
bilbung als Sprachlehrerin, ^auswirtfeßafts*, f)anb*
arbeits* unb Burnleßrerin 3U erlangen. Die neueften
(Beftimmungen bes (Dtinifters "ber geiftlidjen 2 In*
getegenheiten, bie im ©inoernehmen mit bem (Dlinifter
für Ijanbel unb ©ewerbe über bie (ßrüfung ber ßeßre*
rinnen ber weiblichen ^anbarbeiten unb ber Hauswirt»
, fchaftsfunbe am 18 . (Dtai biefes Jahres gegeben finb,
nehmen auf biefe (Dtöglicßteit feßeinbar ftidfcßweigenb
bereits (Bebacßt. Obgleich jene „(Dtaibeftimmungen"
für bie teeßnifeßen ßehrerinnen im allgemeinen nur eine
Slusbi(bungs3eit oon einem 3oßr oorausfeßen, fo ift
bureß biefes Zeitmaß nicht etwa bas (Berweilen in ben
tfrauenfcßulflaffen feftgelegt. Oie „(Reform" weift oiel=
mehr befonbers barauf hin, baß ein Slufbau eines
3weijäßrigen ßtzeums erftrebenswert, bie dtnglieberung
eines einjährigen aber ftattßaft ift. Baß in jenen
Surfen eine bem Sitter unb $iel entfpreeßenbe freiere
ßeßr* unb ßernweife oorgefehen ift, wirb fidjerlid) all*
gemeine (Billigung finben.
Bie Siegelung ber ßehrerinnenbilbung ift bas große
(Berbienft ber „(Reform". (EBer jemals feine Bätigteit bem
Unterricht an unfern ßehrerinnenbilbungsanftalten wib*
men burfte, hot fid) ben begrünbeten Klagen über eine
befteßenbe Ueberbürbung ber jungen (Dtäbcßen nicht ent*
3ießen tonnen. SEBie aber eine Slenberung herbeiführen,
wenn bas 3*el ber Slusbilbung nicht leiben follte? 3n
ber (Berlängerung ber 2lusbilbungs3eit um ein Jahr mar
bas ein3ige (Kittel geboten, um hier einen notmenbigen
(EBanbef 3U fchaffen. Unb wenn nun fortan bie jungen
Seminariftinnen nach (dbfoloierung ber brei wiffenfehaft*
liehen Jrortbilbungsflaffen bes Seminars, bie übrigens
mit ber höheren (Dtäbcßenfcßule unb bem ßczeum in
(Berbinbung ftehen, bie wiffenfchaftliche (dbfcßlußprüfung
erlebigt hoben, wirb ihnen in einem weiteren Jahr
eine mit ber ßehramtsprüfung feßtießenbe prattifcß*
methobifche (dusbilbung 3utei(, bie fleh nur auf ßehr*
proben unb ben päbagogifchen unb methobifchen Stoff
bes legten Jahres 3U beßiehen hot- Baburch ift eine
©nttaftung gefeßaffen, bie oor adern ber ©efunbßeit
ber jungen (Dtäbcßen förberlich ift unb biefe auch be*
fähigt, ben übernommenen (ßflicßten oon oornherein
mit einer greubigfeit na<h3ufommen, bie für bie rechte
Ausübung bes Slmtes notwenbig unb ßeilfam ift. Bic
nach ber ßehramtsprüfung bisher adgemein übliche
©ri)olungs3eit, bie oft genug länger als ein Jahr aus*
gebehnt würbe, wirb fortan in (EBegfad tommen tonnen,
ba bie junge ßeßrerin nach einem mit begrengter prat«
tifcher Bätigteit ausgefüdten Jahre nicht nur nach ber
gortfegung biefer Bätigteit in ber Familie ober in ber
höheren ÜDtäbchenfchule ftreben tann, fonbern auch jene
ohne (Benachteiligung ihres törperlicßen SBoßlbefinbens
erfolgreich aus3uiiben oermag.
©s wäre fatfeh, hier auf eine (Beoor3ugung ber
(Boltsfchullehrerinnen gegenüber ben für mittlere unb
höhere (Dtäbcßenfchulen geprüften ßehrerinnen h*n3u*
weifen. 2 lueß bie (Boltsfchullehrerinnen werben im ad*
gemeinen nicht oor (Bodenbung bes 20 . ßebensjahres
3um 2 lmte gelangen tonnen. Baß aber bie neuen
(Beftimmungen auch benjenigen jungen (Dtäbcßen, bie
ohne fpraeßlicße Stusbiibung bie (Boltsfchullehrerinnen*
Prüfung abgelegt hoben, infofern sugute tommen, als
fie ihnen auf ©runb ber (Dlittelfchudebrerprüfung nach
ber (ßrüfungsorbnung 00m 1. Juli 1901 bie (Befähigung
für bas ßehramt an (Dtittel* unb höheren (Dtäbcßen*
fcßulen eröffnet, barf als ein nicht gering 3U fchäßenber
(Borteil angefeßen werben.
©s wirb überbies ficßerlid) adgemeine ßuftimmung
finben, baß hinfort ber ©intritt in bas höhere ßehre*
rinnenfeminar burch bas ohne befonbere (ßrüfung 3U
erteilenbe Zeugnis über ben erfolgreichen (Befucß ber
oberften Klaffe einer folcßen höheren ÜDtäbchenfchule ge*
feßeßen tann, in ber in getrennten Jaßresturfen unter*
richtet wirb. 2Ber aber biefe (Bebingung nießt erfüden
tann — unb an Heineren Orten wirb man 3umei(en
bamit 3U reeßnen hoben — oermag aud) ferner auf
©runb einer Slufnahmeprüfung in bas höhere ßehre*
rinnenfeminar einsutreten. (EBie ben Stubienanftalten
ift aud) ben öffentlichen ßtzeen unb Seminarien bas
(Recßt ber eigenen ©ntlaffungsprüfung oerließen, wäßrenb
bisher im adgemeinen nur folcßen ßeßrerinnenbilbungs*
anftalten biefe (Berechtigung 3uerfannt würbe, bie feit
minbeftens fünf Jaßren ihre Schülerinnen mit ©rfolg
für bie (tlblegung ber ßeßrerinnenprüfung oorbereitet
hatten. Somit hören bie Kommiffionsprüfungen für
biejenigen jungen (Dtäbcßen, bie öffentliche Seminare
befueßt hoben, in 3 ufunft auf. Schließlich wirb es
aber auch unferen Böcßtern 3um (Borteil gereichen, baß
bie „(Reform" eine (Berbefferung ber dlusbilbung ber
orbentlicßen ßehrerinnen oorfießt, bie neben orbent*
ließen ßeßrern, atabemifcß gebilbeten Oberlehrern unb
Oberleßrerinnen in ber höheren SDtäbchenfeßule unter*
rießten.
©s ift freubig 3U begrüßen, baß bie „(Reform",
ficßerlid) auch in Slnerfcnnung ber treuen, erfolgreichen
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Stummer 35.
©eite 1503.
unb notmenbigen ÜDlitarbeit ber männlichen JGefjrfräfte
an ber ©rgiegung unb an bem Unterricht ber roeib»
lidjen 3ugenb, bie Slang», Xitel« unb SSefolbungs«
oergättniffe ber alabemifd) gebilbeten Oberlehrer ge»
regelt hat, es fogar ausbrüdlid) beroorbebt, baß biefer
Umftanb unb bie Slnerfenming ber höheren SJläbchen»
fdjule als t)öt)erc ßehranftalt bagu beitragen »erben,
auch ihnen bas SSerbleiben in ber an fich befriebigenben
unb innerlich (ohnenben Arbeit an ber ÜRäbchen« unb
grauenbilbung in jeber Segiebung gu erleichtern. —
3Bo oon Vorteilen bie Siebe ift, pflegen fich auch
Stadtteile bemerkbar gu mad;en, unb roenn ich aus ber
Sd>ule plaubern barf, fo mtll ich es ermähnen, bag
an bem nämlichen SJiittmoch — unb ber Donnerstag
unb Freitag geigten fein anberes 58ilb — ber Cinbrucf
ber „Sleform" auf bie jungen ©eminariftinnen ungleich
oerfchieben oon bem auf bie ßehrenben mar. Die
SBanbelgänge ber Stnftalt hallten nicht mie fonft mieber
oon ber Fröhlichkeit ber jungen SJtäbchen; ein glüftern
fchien burdj bie Sleihen gu gehen: ein 3af)r länger im
Seminar!-Sluch hier mirb bie 3eit unb bie
ruhige Ueberlegung bie rechte Srtenntnis, bie ber Slugen»
blicf noch oorenthält, bringen, jene ©rfenntnis, bag bie
Schonung unb Sicherung bes förperlichen SBefens nie»
mals auger acht bleiben bürfen.
Für unfere meiblidje Sugenb ift oiel erreicht. Der
15. Sluguft 1908 mirb ein ÜJtertftein in ber ©ef<hid)te
ber grauenbilbung bleiben, unb ungeteilter Dant ge»
bährt benen, beren fcharfer SSlicf unb flare ©Inficht in
bie SBebürfniffe bes meiblichen ©efchlechts bas SBBerf ber
Sleform nunmehr gu einem fo gtüdlichen Slusgang ge»
führt haben, greilid) merben auch fie es erleben müffen,
bag hier unb bort fachliche unb unfachlidje SBiberfacher
an bas Sßert herantreten merben, bas fie burch fernere
Slrbeit unb oon ben trefflichften 2tbfid)ten erfüllt fchufen,
unferer heranmachfenben meiblichen 3ugenb unb unferem
33olf bamit gu nügen. Dann mögen fie fich mit bem
Semugtfein tröften:
Sillen SRenfchen recht getan
Sit eine Ännft, bie niemanb farm.
UnserefBilöer
üttulap tfafib (Abb. S. 1505) ift, rnie es ln ben #aupt*
orten im Onnern Üttaroffos fchon oor längerer gefdjehen
mar, jegt auch in langer 3 um rechtmägigen Sultan profla*
miert toorben. Die Rachrichten, bie aus fran 3 Öfifdjer Quelle
in ben legten ÜBodjen nach (Europa gelangten, ermecften ben
Anfchein, als habe fich ber regierenbe Sultan Abbul Afis 3 U
laten aufgerafft unb baburch feine Stellung in SRaroffo mieber
befeftigt. Seinen Xruppen mürbe ein Sieg nach bem anberen
über bie Anhänger SRulap ftafibs nachgerühmt, aber es mar
bamit in SBirflidjfeit nichts. Die SBa^rljeit ift, bag Btulag
$)afib ihm oor SRarrafefd) eine oernidjtenbe Rieberlage bei-
gebracht hat, fo oernid)tenb, bag bie granjofeu ihren SBibcr*
ftanb gegen bie ^ßrotlamation in Xanger, bie fie fo lange f)int*
angehalten batten, aufgaben. #eute ift Btulag 5>afib tatfächlid)
Sllleinberrfdjer in Btaraffo, unb bie europäifd)en URärfjte be*
fcbäftigen fid> nicht mehr mit ber grage, ob fie ibn offoiell
anerfennen follen, fonbern nur nod), unter melden Bebingungen
es gefebeben foü. Rhclct) ftafib bat fid; als ber* fraftooüere
unb flügere ber beiben Briiber ermiefen, hoffentlich ift er flug
genug, um bie europäifeben Rtäd)te nicht oor ben &opf 3 U ftogen.
w
gabnennagelung in Staffel (Abb. S. 1506). Om Sdjlog
3 u Staffel bat ber ftaifer jüngft bie gähnen für einige Re*
gimenter bes XV. unb XVI. Armeeforps, bie an ben beoor»
ftebenben Äaifermanöoern beteiligt fein merben, gemeibt unb
genagelt. Starter Siegen machte es unmöglich, bie feierliche
5)anblung unter freiem 5)immel 311 ool^iehen. Danach aber
begab fid) ber tfaifer auf ben griebrtchsplag oor bem Calais,
um bie (Ehrenfompagnie mit ben neugenagelten gähnen an
ber Spige oor fich oorbeimarfchiercn 311 taffen.
«
Der äronpriitjj (Abb. S. 1506) bat fich biefer Xage in
Begleitung ber 5 bronprin 3 effin nach bem Xegeler Schiegpldg
bei Berlin begeben um einigen Aufftiegen bes Biilttärluftfchtffs
unb bes Barfeoalfchen Ballons bei 3 umobnen. Als biefe ootl»
fommen gelungen maren, beftieg er fetbft bie (Bonbet bes
erfteren, um eine halbftünbige gabrt mit 3 umad)en.
w
?Prin 3 Auguft Söilhelm oon Breugen (Abb. S. 1507),
ber oor fu^em feine Stubien in Stragburg 3 um Slbfchtug
brachte unb bas Doftore^amen summa cum laude beftanb,
bat mit bem $rin 3 en Osfar bem i)er 3 og Start (Ebuarb auf
ber gefte Coburg einen Befucb abgeftattet. Bnn 3 2 luguft
SBllbelm mirb fi^ befanntlich bemnächft mit ber ?rin 3 efftn
Slleyanbra Biftoria 3 U Schtesmig«5>otftein«Sonberburg*@(ücfs«
bürg, einer Schmefter ber S)er 3 ogin Biftoria Bbetheib oon
Sad)fen*Stoburg unb (Botha, oermählen.
w
3Rr. filopb ©eorge (2lbb. S. 1508), ber englifebe Schag»
fan 3 ler, hat oerfchiebene beutfehe Stabte befucht unb auch
paar Xage in Berlin oermeilt. fiier unb bort hat man ihm
eine befonbere Uliffion 3 ugefchrieben, als fei feine Aufgabe
gemefen, ein Bbfommen über gtottenabrüftung in bie SBege
3U leiten. Das ©erücht ift oon 3 uftänbiger Stelle in bas
fReidb ber gabel oermiefen morben. Der UJtfnifter mar
in Deutfchlanb, um fich hier über gemiffe Dinge 3 U infor*
mieren, insbefonbere, um bie Blters* unb gnoalibenoerficherung
3 U ftubieren. 2lber bag er fam, ift ein Reichen guter Be*
3 ief)ungen smifchen ben beiben Regierungen, unb er felbft hat
fein 5)eh( baraus gemacht, bag er für beren geftigung in
ooller Uebereinftimmung mit bem gan 3 en britifchen afeini*
fterium eintreten molle.
Das Rorbfeebab Rorbernep (Bbb. S. 1508) hat in
biefem Sommer mieber 3 ah.lreichen bebeutenben Berfönlich-
feiten als Aufenthalt gebient unb (Erholung unb (Erfrifchung
gebracht. Unfere Aufnahme 3 eigt bie ^Prinaeffln Biftoria 3 U
Schaumburg*ßippe, bie 3 meite Schmefter bes Staifers, mit ihrem
Reffen, bem (Erbprin 3 en Abolf, unb bem Stammerhcrm oon
Saloiati bei einem Spa 3 ierritt auf ber gnfet.
Der Reid)sfan 3 (er gürft Bülom (Abb. S. 1508) hat
oon Rorbemep aus ber gnfet guift einen Bcfuch abgeftattet.
Dort hat er ftch furse 3eit in ooller Ruhe ber fräftigenben
Stranbluft erfreuen fönnen, bis er erfannt mürbe, bann
freilich ntugte er auch erfahren, bag bie Berühmtheit
ihre menn auch ehrenooUen Schattenfeiten hat.
&
Sir 2Bitliam ©bmarb (Bofchen (Abb. S. 1509), ber
neue englifd)e Botfchafter in Berlin, braucht 3 ur 3 ett gleich
Slöntg (Ebuarb bie ^ur in Rtarienbab. Unfere Aufnahme 3 eigt
ben Staatsmann auf ber &reu 3 brunnenfotonnabe.
«
Der beutfehe ßatholifentag (Abb. S. 1510) ift in
biefem 3af)r in Düffelborf abgehalten morben. 2Bie es üblich
ift, mürbe er eingeleitet burd) einen gemaltigen geft 3 ug ber
fatholifchen Arbeiter. Unfere Aufnahme jeigt ben ©r 3 bifchof
oon ftöln ^arbinal Dr. gifcher auf ber Xribüne, auf ber er
bie 60000 üRenfchen an fich oorübersiehen lieg.
Die (Ershersogin Renata Rtaria oon Oefterreid;
(Bortr. S. 1510), bie 3 meite Xochter bes (Er 3 hcr 3 ogs S^arl
Stephan, hat fiep mit bem B r i n o^ n ftierongmus Rab 3 imill
oerlobt. Die B^naeffin, bie am 2. Januar 1888 geboren
mürbe, ift erft im oerfloffenen hinter in bie ©efellfchaft ein*
geführt morben. ^
Hermann greiherr Spccf oon Sternburg (Abb.
S. 1510), ber beutfd)C Botfchafter in 2Bafhington, ift in Deibel*
berg, rno er Teilung oon einem fehmeren öeiben fuchte, in ber
Rad)t nom 23. 3 um 24. Auguft gejtorben. Das Reich oerliert
in ihm einen feiner henmrragcnbften Diplomaten. Am
21 . Auguft 1852 geboren, mibmete er fich 3 uerft ber militäri*
fchen Saufbahn, trat aber 1889 gan 3 in ben Dienft ber Diplo*
matie. Rur fünf gahre hat er als Botfchafter in Amerifa
gemirft, aber in biefer 3 *it hat er, unterftügt burch bie per*
fönlidje greunbfehaft bes Slaifers unb bes Bräfioenten Roofeoelt,
Augerorbcntliches für bie S)erftellung freunblicher Be 3 iehungen
3roifchen ben beiben ßänbem geleiftet.
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(Sette 1504.
Nummer 35.
ßubmig Barnap (Sttbb. S.1510), ber bisherige Bireftor
bes Königlichen Schaufpielhaufes tn Berlin, ben ber Kaifer
füglich unter Ernennung aum (Belehnen ßntenbanjrat mit ber
ßeitung bes j)oftheaters in J)annooer betraute, hat in üftorberneg
bas geft feiner filbemen f)och 3 ett gefeiert. Unfere Aufnahme
3 etgt ben berühmten Schaufpieler mit grau unb Iocf)ter in*
mitten feiner ©äfte. w
2)ie „©roße 2Bod>e" oon Baben*Baben (Abb. S. 1511)
hat bem au<h fonft fd)on ftarf befugten Kurort mieber Xau*
fenbe oon internationalen ©äften 3 ugeführt. Bie Nennen
ließen erneut erfennen, baß bie franaöfifche Pferbe 3 ucht, bie
unter fo oiel günftigeren Bebingungen arbeiten famt, ber f)ci-
mifdjen überlegen ift. Unter anberem entführte ber Vierjährige
„Biniou" ben gubiläumsftiftungspreis über bie ©ren 3 e.
©rins ©hira ° on ©iam (Abb. S. 1512), ber Oberbefehls*
haber ber fiamefifchen Armee, hat mit feiner ©emahltn einige
Xage in Berlin getoeilt. Dem ©eneral, ber bie beutfdje Sprache
ooüfommen beherzt, mar bie Neichshauptftabt nicht fremb,
er hat bereits oor 3 toölf 3ah«n ben König ©houlalongfom
auf feiner ©uropareife begleitet unb fpäter einige 3 e *t als
Militärattache in ©erlin geroirft.
w
2)en Orben pour le m 6 rite (©ortr. S. 1512) haben brei
Storgphaen ber Berliner Unioerfität erhalten. Oie Philologen
Bahlen unb oon Milamoojiß*MölIenborf unb ber ©hilofoph
Oiltheg finb 3 U ftimmberechiigien Niitern ber griebensflaffe
bes Drbens ernannt morbem
Oie Vereinigung 3 ur (Erhaltung beutfcher Vurgen
(Vbb. 6 . 1512) hat in biefem 3ahr ih** Vurgenfahrt unter
ber gührung bes 5 )er 3 ogs ©mft ©ünther 3 U Schlestoig*$)olftein
3 um erftenmal nach ber ©rooin 3 Schlefien unternommen. Oer
^er 3 og ertoies fich babei auch als gaftfreunblidjer Mirt, er
lub bie Mitglieber 3 U einem grühftüd auf fein Schloß ©rimfenau.
□ □ El
Oie Börfentooche.
Oie ©införmigfeit, ja man möchte faft fagen bie ßang*
meile, bie neuerbings an ber Vörfe herrfcht, ift teßthin ettoas
burch bie Melbung, baß nun boch eine neue ruffifche Anleihe
emittiert merben foll, unterbrochen morben. Oie Nachrichten
lauten aber oorläußg fo unbeftimmt unb fo miberfpruchs*
ooH, baß man fich oon ber Angelegenheit noch fein rechtes
BUb machen fann. ©s fcheint lebiglich bas eine fefouftehen,
baß noch im ^erbft ober boch oor Schluß bes 3ahres bie
©miffion ftattfinben toirb. Allerbings merben auch Stimmen
laut, bie meinen, baß bie Xransaftion erft Anfang bes nächften
3ahres ftattfinben merbe. Mer aber in ©rinnerung hat, baß,
als Nußlanb feiner 3 eit bie 800 Millionen Schaßfcheine begab,
feftgefeßt mürbe, baß ihren Inhabern fed>s Monate oor ber
gälligfeit ber Umtaufch 3 U Vor 3 ugspreifen in eine neue An*
leihe angeboten merben fönne, ber mirb unter ben oielen
Melbungen bie für richtig haften müffen, baß bie Operation
ungefähr im Nooember oor fich gehen mfrb. Vorläufig
fcheinen aber noch nicht einmal bie fogenannten Pourparlers
eröffnet 3 U fein, unb alles, mas barüber telegraphiert unb
getrieben mirb, beruht offenbar auf mehr ober minber ge*
fchicften Kombinationen. Bie einen behaupten, es merbe nur
ber 3 ur ©inlöfung ber Schaßfcheine nötige Betrag oon 800
Millionen granf aufgenommen merben; nach e iner anberen
Verfion foll fich &er betrag auf 1000 ober 1200 Millionen
belaufen; nach einer dritten Angabe mieber mill Nußlanb bie
©elegenheit benußen, um 3 mei Milliarben auf 3 unehmen, b. h-
alfo mehr als eine Mitliarbe über ben 3 ur ©inlöfung notmen*
bigen Betrag. Bie einen behaupten, es mürbe eine 4 pro*
3 entige, bie 3 toeiten, es mürbe eine 4 V 2 pro 3 entige, bie britten,
es mürbe eine 5 pro 3 entige Anleihe ausgegeben merben, unb
für alle brei hat man fchon, oielfach abenteuerliche, Kurje parat.
Mas aber eigentlich noch mehr als alles bas intereffiert,
bas ift bie grage: Mit ben Banfiers melier ßänber mirb bic
Anleihe abgefchloffen, unb mo mirb fie emittiert merben? Baß
ber tfauptteil auf granfreich entfallen mirb, fteht nach ßage
ber Binge außer 3meifel, unb es ift auch fehr mohl an 3 U*
nehmen, baß, menn ber 3 ur ©inlöfung ber Schaßfcheine er*
forberlid;e Betrag mefentlicher Übertritten merben follte, bann
auch ©nglanb mit in bie Xransattion einbe 3 ogen merben mirb.
Bie politifchen Verhältniffe ftehen bem ja jeßt nicht mehr ent¬
gegen. Uns intereffiert es natürlich am meiften, ob auch
Beutfchlanb bann an ber Angelegenheit beteiligt fein mürbe,
b. h-, ob bie ©miffion ber Anleihe auch hei uns erfolgen mürbe.
Bei ber großen greunbfcßaft, bie uns heute mieber mit
Nußlanb oerbinbet, mürbe moßl oom politifchen Stanbpuntt
faum etroas bagegen eingemenbet merben, aber mir müffen
boch ln erfter ßinie bie Nücfficht auf uns felbft nehmen, unb
bie gebietet uns, 3 unächft einmal baran 3 U benfen, baß mir in
ber nächften 3 c ft oiel ©elb für unfere eigenen heimifchen Be*
bürfniffe nötig hoben, unb baß mir besßalb gut tun, unfer
©elb möglichft im ßanbe 3 U haften.
Anton (Biulio BarrtH, uielgelejeuer ftaftentfch«? Noman*
fchriftfteder, f am 15. Auguft in Saoona, 72 3ahre alt.
f)enri Becquerel, fran 3 öfifcher ©hpfifer, ©ntbecfer ber
Uraniumftrahlen, f am 25. Auguft im 56. ßebensjahr.
ßanbesgerichtspräfibent ©eh- Oberjuft^rat oon ©olbbecf,
ßiegniß, f auf ber 3agb am 20 . Auguft im Alter oon 64 fahren.
Br. Klein, früherer ßanbeshauptmann ber Nheinproüin 3 ,
t am 24. Auguft auf feinem ©ut Vianben in ßujemburg.
Prof eff or ßiegeois, h*roorragenber fransöfifcher 3urift,
t in Nornet) am 17. Auguft im 75. ßebensjahr.
$)er 3 og KarlBormin oon Mecflenburg*Streliß, ber
jüngfte Sohn bes ©roßher 3 ogs Abolf griebrich, t am 24. Auguft
in St. Martin bei Meß im Alter oon 20 3ahren.
Profeffor Br. Mar Nofenmunb, Profeffor ber ©eobäfie
in Zürich, f am 19 . Sluguft im Alter oon 51 3ahren.
©otttfrieb Bitter oon Schmitt, Präfibent bes baqrifchen
oberften ßanbesgerichts a. B., t am 25. Auguft auf feinem
f)errenfiß bei ©bem, 80 3 ahre alt.
©eheimrat Profeffor Br. griß Schulße, Bo 3 ent ber Philo*
fophie an ber lecßnifchen ^ochfchule in Bresben, f am 22 . Auguft,
63 3ahr* alt.
ftoffchaufpieler ßubmig S ta h l, Oberregiffeur bes 5)oftheaters
in Bresben, f am 24. Auguft in Blanfenberge.
Hermann greiherr Sped oon Sternburg, beutfcher
Botfchafter in Mafhington, t am 24. Auguft in fteibelberg
im 56. ßebensjahr (Portr. S. 1510).
Profeffor ßouis Sußmann-fjellborn, namhafter Bilb*
hauer, f am 15. Auguft in Berlin im 81. ßebensjahre.
©eheimer Kommer 3 ienrat Meintraub, Präfibent ber
5)anbelsfammer Offenbach, t am 17. Auguft.
3ttan abonniere auf bie „BJodje":
in Berlin unb IBororten bei ber Aaupterpebition Simmerfir. S7/41
jo®le bei ben Filialen bei ^Berliner BotabUnaeigers* unb in fämtffab«n
»ucbbanblungen, im
Deutfchen Reich bei allen Su<bbanblungen ober $oflanfla(ten
unb ben (BeftböftefleUen ber „ffiodje*: Bonn a. *Rb., ÄÖInftr. 29;
Bremen, Obemftr. 10; Breslau, eibmeibniber 6tr. 11; ©affel
ObereÄönigftr. 27; Bresben, 6eeffra6el;Clberfelb,forxogftr.38;
©ffen pi^r), ftaftanienaHee 96; granffurt a. 3»., Äaiferftr. 10;
fflörlig, ßuifenftr. 16; fallen. 6., (Broße 6teinftra6e 11; Ham¬
burg, ÜteuermaQ 2; ftennooer, ©eorgftr. 39; Stiel, i)olte-
nauer Str. 24; Stöln a.9tb-, S)obe6tr. 148/150; Königsberg L
^Beibgerberftr. 3; ßeipxig, Brtersftr. 19; Btagbeburg, Breite
2Beg 184; ÜKüneben, Baqerftrabe 57; Nürnberg, Staiferflrage,
dde gleifd)brü(fe; Stettin, (Brofte Oornftrafte 22; Strasburg
COIf.), ©iesbausgaffe 18/22; Stuttgart, Stönigftr. 11; 9Biesbaben,
Äircbgaffe 20,
Oefterreich-Clngam bei allen Bucbbanblungen unb ber ©e-
f$äftsMe ber ^IBocbe 4 *; IBien 1. ©raben 28,
Schweiz bei allen Bucbbanblungen unb ber ©efCböftsftelle ber
„2Bo*e": 3 üri c^, Baljnbofftr. 89,
Sngland bei allen Bud)banb(ungen unb ber ©efcböftsflede ber
„SBocbe": ßonbon, ©., 30 Cime Street,
franhreich bei allen Bucbbanblungen unb ber ©efcböftsflede
ber „SBodje*: Baris, 18 SRue be dticbelieu,
Bolland bei aden Bucbbanblungen unb ber ©efcböftsflede ber
„ffioebe": Mmfterbam, Äeijersgracbt 333,
Dänemark bei aßen Bucbbanblungen unb ber ©efcböftsflede ber
„ffioebe": Kopenhagen, Sjöbmagergabe 8,
Vereinigte Staaten von Hmcrika bei aden Bucbbanblungen
unb ber ©efcbäftsfteße ber „3Bocbe*: 9teugorf83u.85 BuaneStreet
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Kummer 35 .
Gelte 1505 .
©tlöer t)om2aoe
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3um X£tontued)fet in 2ftarofto: Der neue Sultan tflutag fjaftb,
5 er in Sonder aum recfjtmäfjlgen fyevvfäex ausgerufen würbe.
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Seite 1506.
Stummer 35.
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stummer 3o.
oeite 1807.
©olpliol. i'rof. Utjlcnbutl).
. Svim iinfs nad) rec^ts: $rtn 3 Sluguft ©iltjelm von ^ßreufecn, i^crjogin SBiftoria 21belf)etb oon 6ad)jcn*Äoburg u. ©otfja.
$ritt 3 Osior oon ^ßreufjen, i)cr 3 og $arl ©buarb oon 6a<bfen*$oburg unb ©otya.
ftaiferföbnc auf bet Jcftc Äobutg.
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©eite 150&
stummer 35.
©oit linfs nod) redjts: (Erbprinz Hbolf 311 ©djaumburg-JSippe, ©rinzeffin ©iftoria 3 U 6d)aumburg4*ippe, 6 $n>efter b. Äaifew, unb Stammerberr 0 . ©aloioti.
(Ein Keifer bifb nom Horbfeeffranb: Jttrfttidje ©äffe in ftorbernei).
2Rr. ßlopb (Beorge (x) oor feinem i)ote! ln Berlin.
Bom Befud) be* englifdjeu Scfia^fanjfer* in £entf<f)lanb.
Öürft Büloru auf einem Spaziergang am SWeer.
Der Keid)öfan 3 ler im ftorbfeebab JuifL
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ühtmmer 35.
Seite 1509.
Staatsmänner in ber Sommerfriföe:
Wot. ^crctL
Sit (gbroarb ©otdjcn, ber neue brifijdje Boffcfjaffer in Berlin,
mäljrenb bes ÜJtorgenfon^erts auf ber ftreuflbrunnenfolonnabe in ÜDiarienbab.
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©eite 1510.
jtumrae* 35.
$0fpf)0l. 31t*0lc.
Ken ata Klaria oon Oefierreid),
Dom öentfdjen &afl>oIifenfag in Düffelborf:
Sfarblnal CEr 5 bif 0 f Sr. ftifdjer auf ber
Xribüne roäfjrenb bes fteftauge».
3 u ihrer Verlobung mit $rina f)teron StabsimiQ. ^
Jcei^err Spat oon Sfemburg f
Äalferilch beutfd)er »otf<bofter in SBafhington.
1. u. 2. ©eh* 3ntenbanarat fiubnrtg 93arnat) mit feiner ©emabün. 3. Colo 9tofenftod»®amaij. 4. Sabefommiffar ©raf non Oepnhattfen. 6 . grandfco b* Snbrabe.
2)(e Seiet bet Si(berf)otf) 3 eif Cubroig Karnags in ttotbetneg.
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Stummer 88»
«Hie 1511,
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Die ökojje IDodje in Dabeii-Baben: Det IcaujöjijUjc Bietjäijrige „Siniou“, Sieger im Ju^UäumS'Stiftungsprei»
bei ber $arabe uor ben Tribünen.
Seite 1512.
stummer 35.
jpofptiol.i. $>. Voigt, ^omburg.
Slameftfdje (Säfte In Berlin:
prinj Cftira von Siam,
Oberbefehlshaber 5 er flameflfchen ttrmee.
prof. Or. Dahlen, DccfltL
prof. Or. o. ©Uamotsi^-inöllenborf, Berlin
.vofvüot. l $. Voigt, t»ombuvg.
6lamefif<he (Säfte in Berlin:
JJrinjeffin tt&ira non Siam,
)ie (Bemahlin bes Oberbefehlshabers ber flameflfchen Ärmee.
prof.Or. Oilfhen, Berlin.
Die neuen ftimmbereebtigten Ritter
des Ordens „Pour le m6rite“
für Oliifenfcbaften und Künite.
ftrühftüct im 6chlohhof non Brimfenau beim S)t raog (Ernft Günther 3U 6cbtesa>i0«$olfiein (x).
flfifgüeber ber »Bereinigung 3ur (Erhaltung beutfdjer Burgen* auf einer Jahr! burd) $d)lefietu
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Kummer 35.
©eite 1513.
^ Spielzeug* ^
Sloman.oon
2 . gorifttiiuig. Rans von TCafjIenberg.
fiitt nagte für ben Slbmiral agtetifdje Schmucf-
gegenftänbe mit Sitberbragt auf Samttafeln auf; fie
erbot fich fogar, eine Slbganblung über mejifanifdje
Slltertümer ins Cngliftge 3 U überfein. Unmöglich burfte
ben Cnglänbem biefe Slbganblung oorentgalten bleiben I
Ser graue Sopf unb ber braune ftaten ba(b eifrig
mieber beifammen; fiitt mar ernft unb gemiffengaft
rote ein Scgulfinb.
Cbenfo feelenlos, behauptete ihr Ehemann Saita'i.
Cs hielten noch oerfcgiebene ßeute an, benen ßiü, roie
fie behauptete, nicht bie geringfte (Ermutigung gegeben
hatte, Stapitänleutnant SRütter III, SBalbemar, unb
ßeutnarit 85itf, beffen Slamen bis bahin ßiü überhaupt
unb inftinftmägig immer mit iß gefdjrieben hatte: 2Bie
tonnte ein SRann Sief heilen?
Ser elegante Äremer mürbe nod) eleganter, fabel¬
hafter unb fegmeigfamer, unb ber Cracf-Cgompion ber
Staot) ®raf SBignfe »fjemmelbügl erörterte öffentlich,
bag SRotbes ben SBignfes ebenbürtig feien. 2Ran burfte
bie fonfequente Staffeaücgtung mit einer ÜRolbe fortfegen.
Sie Samen, fanb Senebifte, sogen fich nach folrfjen
lamtamerfolgen einer SRitfdjmefter ein menig gurüd.
grau oon fRafting hotte eine gemiffe 2Irt, fiiüs oer«
megenften SBigen Seifaü au fpenben: „Sieigenb! 3d)
finbe fie überhaupt munberbarl Gingig! — Sie mirb
nur oiel migoerftanben."
Senebitte mar gu oomehm, fich nach näheren Um-
ftänben biefer SRigoerftänbniffe gu erfunbigen. Sie
fegmieg auch, menn bie gleiche begeisterte unb ungertrenn*
liehe greunbin ihr mitteilte, man ergütjlte fich, ßiü
hätte in Gngtanb einen föniglichen ißringen geliebt.
(Sa märe aber nichts baraus gemorben, unb beshalb
täme fie jegt plögtich nach Seutfchlanb gurüd. „So un¬
finnige Stomane glauben bie ßeute, grau oon SQecfjta!"
©räfin SBignfe-Sjemmelbügl, bie Schmägerin, ge¬
borene Stlopp aus Hamburg, fanb ßiü mauvais gen re,
man merfe bie SRutter burd). 23on biefer SRutter
nahm bie gange ®efeüfchaft gern unb ohne meiteres
an, bag fie gu bem alten fjerrn in garten Segiegungen
geftanben hotte, ehe biefe legitimiert mürben, grau
oon 93e<gta mürbe eigentlich bebauert um bie 23er-
manbtfcgaft.
Unbegreiflich mar mirflich, bag ßiü SRüüer III nicht
genommen hatte! SRütter III hotte fie merfroürbiger-
roeife jeber gegönnt.
Unb ßiü mürbe immer unbänbiger. Sie Gjgetteng
Krete ftachelte fie gu ben toüften Slusfprücgen auf.
ßiü befag bie liebensroürbige Gigenfdjaft, in Samen-
gefeüfdjaft genau fo fprühenb unb luftig gu fein mie
mit Herren; grau oon fftafting gum Seifpiel oerfchofj
ihr fßuloer nur an SRänner. gräulein oon SRolbe
ergählte aüe möglichen Srottigfeiten, ahmte bie 2lrt
ber oerfchiebenen Stationen, ben #of gu madjen, nach,
bie grangofen maren Slffen, bie Seutfcgen Sjätjne unb
bie Gngtänber — SRänner.
SRit Gntfteüungen roanberte bergleicgen bureg bie
gange Stabt. SRan befpraeg jebes ftleib unb jeben
E)ut oon ßiü, ßiü galt für egtraoagant bei ben Samen
unb hotte unter ben Herren gu oiel Äörbe ausgeteilt.
Surchaus guter Singe blieb ßug. Cr teilte SBene*
biftens Sorgen gar nicht. „Sie ift einfach nett unb
reigenb. Sas ärgert bie übrigen ®änfe unb Suppen¬
hühner." /
. „SBas fott baraus merben?" fragte 5Bene. „ßiü
mug unter bie $aube. — SBenn nur nicht $eptenborf
fich abfehreden lägt! $eptenborf fommt mir gegen
ßiü fritifd) geftimmt oor."
ßug tarn er nicht gang fo oor. ^ebenfalls mürbe
i)egtenborf fich nie ungebedt oormagen unb einen Äorb
mit heimnehmen; bas mugte ßubmig.
Steuerbings befolgte er bie Saftif, fiitt 3 U über*
fehen. Unb ßiü ging mirflich in bie uralte, für ßubmig
beinah täppifeg plumpe gafle. Sie mürbe befcheibener
unb mei<h, menn E)egtenborf anmefenb mar. Cr blieb
rauh, flong in SJenebifte oertieft.
ijegfenborf fat> Senebiftens Crmübung ober SRigräne
ebenfo fchneü mie ßiü, er fteüte ihr oft einen ßampen*
fegirm oor, er martete ab, bag grau oon 93ecgta oer*
forgt mar. Cinmal beftanb er barauf, bag Senebifte
ihre Stquareüe geigen foüte.
Stiemanb, auch ßubmig nicht, mugte etmas oon
SJenebiftens SRaltalent. Cs maren gübfege, faubere
ßanbfchaftsaufnahmen aus ber $eibegegenb um Sönning,
ijegfenborf geigte fie mit bem Stolg bes Cingemeigten.
Sie Säten ber Slätter reichten bis in grau oon 23ed)tas
SSerlobungsjagr. „Sann höbe ich nie mehr gemalt",
fagte fie mit einem STufblid gu ßug.
Sie einfache, furge SBemerfung erregte ßiü aufs göcgfte.
3n ihrem Cifer hatte fie fug neben 23enebifte ge*
brängt, um bie oerfdjmiegene unb funftbegabte Scgmefter
gu umarmen. „Sie gegen grau SBenebifte im fliegt",
rügte #et)fenborf mit Schärfe,
ßiü trat erfdjroden fofort gurüd.
„0, banfe fcfjön. Sie finb fo aufmerffam!"
„3cg benfe gumeiten eben auch an anbere."
ßiüs Slugen traten fegr fegneü unter Sßaffer, fie
blieb ben gangen Slbenb bebrüdt, faft bemütig; ßubmig
fcgüttelte ben Stopf über igre SBeicggeit. SBar es nur
®efaüfucgt, unb mugte fie eben jebem gefaüen, ftrengte
fieg nur befto megr an, je fpröber fieg einer gab?
ßiü fegien igrem Scgroager ein menig fegroermütig
in ber golge. Sie fagte, fie gälte gu menig gu tun,
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eine ihrer greunbinnen beouffidjtigte einen ßinbergarten,
eine anbere eine ©eflügel 3 ucht. „3cft glaube, fd> fann
eigentlich nur fo was. SDlit Äinbem ober mit Zieren
umgeben! Sie haben mich immer lieb", fagte ßiü
wehmütig.
ßubwig nedte: „heute feinen Slntrag befommen,
ßiü? gauler Zag? flaues ©efchäft?"
©r bereute feine Siederei, benn fofort ftüraten ßiü
bie ZrSnen in bie Slugen: „Shr Hebt mich auch nicht
mehr, bu unb Senebifte! Sch bin gana überflüffig
unb nicfttsnuftig in ber Seit."
„ßiü, bu muftt heiraten", entfchieb ßubwig.
ßiü fagte: „Sch weift, ÜDlüüer III, Salbemar. —
3eber fagt bas."
„Sollen wir ihn gleich fommen taffen ? Ober ein
Zelegramm abfdjicfen: Hoffnung oorftanben."
©in Kein wenig lachte ßiü fchon wieber, bie fchmera*
lieh oeraogene Unterlippe blieb. Sie richtige ftinber*
fchippe, jagte fich ßubwig, ber bies $ängelippchen auf*
reiaenb, oerführerifch fanb. ßiü war hoffnungslos totett.
„üJtuftt bu benn immer fotettieren, ßiü?"
„Sch totettiere hoch gar nicht."
ßubwig feufjte.
„Sch wiü nur, baft mich jeber gern haben foü, bas
ift boch fein Unrecht?"
„3eber haftt nur fchüeftlich feinen Slebenmenfchen
beinetwegen."
„Sas finb häftliche ©efühle, bie ich nicht entfeffelt
habe. Safür fann ich nichts."
©igentlich hat fie, weift ©ott! recht, fagte fich ihr
Sittenrichter. „Sla, ßül, einmal muftt bu bich unter
aü beinen ßieblingen boch für einen Stüerliebften ent*
fcheiben?"
„ßuft, bu warft boch fo ähnlich wie ich, als Sann,
bu gefielft auch jebem."
„Sitte, mir gefiel jebe."
„Unb bann auf einmal fanbeft bu SenebiKe." ßiüs
©eficfttchen nahm einen wehmütig fehnfüchtigen Slus*
brud an.
„Senebifte mar etwas anberes", befchieb ihr Schwa*
ger, gegen feine ©ewohnheit faft ftreng. „Senebifte
liebte ich."
„Sitte, wie ift ßiebe?"
„Sattheit", fagte er nach einigem Sefinnen. „Sch
münfehte mir nichts weiter. Unb wie ich P* hatte,
befaft ich für mein irbifches ßeben genug."
„©enug für bein ganjes ßeben?"
ßubwig würbe eigentlich nicht gern gefühlooü; an
einer gewiffen ©renae hatte eben aües Zänbeln unb
Spielen ein ©nbe.
„Sch würbe ein emfthafter, gefeftigter ÜJtenfd)."
„3a, eure ßiebe ift feft — wie ein Seifen feftl"
fagte ßiü unter ihrem Stern. „Sir fam nie mehr ein
Schwanfen, nie!"
ßiü erwartete ein halliges ©eheimnis oon ihm, fah
ihn ehrfurefttsooü unb inbrünftig an.
„©ott fei Sanf, nie!"
„Sie jehön bas ift!" fagte ßiü anbächtig. „Sn
fich feft fein unb in einem anberen Stenfchen fefttiegen.
Sie eure Schiffe oeranfert liegen."
„Su finbeft beinen ijafen auch."
„Sie wie ihr", fagte ßiü beftimmt „Seim ich
Senes Slugen fo felje — grau oon Safting flirtet,
unb fie ift pifant — immer ftet, oon innen heraus hat
fie Sonne, ßiebe unb 3utrauen. Steine grau hat einen
jo frauenhaft fchönen Stusbrud wie Sene."
Sie fprach Ieife in ihrer ©rgriffenheit. Shre Se*
wegung lieft ihn eraittern, er muftte nicht warum.
Siöftlich fanb ßubwig fonberbar, baft er faft wie ein
Sater mit ßiü fpreeften fottte, unb er war boch noch
ein junger Sann, wie fie ein junges Seih war.
„ßubwig, ich möchte fo gtüdtich fein wie ihr!"
„ÜJtach einen anberen gtüdtich. Seglüdefjepfenborf!"
„Su meinft Qegfenborf. Sene hält fo oiel oon
#egfenborf."
,,©r ift ein Stuftermenfch."
„Sie Sene. — Unb ich bin ein wenig wie bu.
Soch! ©laubft bu nicht, baft swifeften uns eine feftr
grofteStehnlichteit befteftt, eine erfdjredenbe Slehnlicfttett?"
„Sarum erfeftredt fie bich?"
„Sch finbe fie feltfam. Smmer beide ich bann,
auch fjegfenborf müftte für mich werben, was Sene
bir war. ©in SusruhpunK."
„Sie 9lube", fagte er bebeutungsooü. ©r fprach
emfter, als er eigentlich notwenbig fanb.
„Sene hat Sjepfenborf gern, unb fie urteilt fehr
ruhig unb ficher. Sch glaube, Sene ift fo oornehm
unb gut, baft fie Unoomeftmes ober 3>»eibeutiges in
ihrer Sähe fofort herausfpüren würbe."
„Sie hat unter grauen nicht oiele greunbinnen."
„Seil fie (öniglich ift. Sene ift auch fehr ftolj.
Sarum bleibt fie beftänbig, wo ihr Stola fich einmal
gegeben hat. Sene muft treu fein, ßubwig, meü fie
hart unb gana ift."
Sie fpricht au mir wie au einem SDtitfcftulbtgen unb
Stnbersgearteten, fagte fich ßubwig.
ßiü begann wieber aus ihren ©ebanten heraus.
„Sch habe Slngft oft oor bem ßeben, ßubwig! Sn
uns, in bir unb mir, ift etwas 3erftörerifches, glaube
ich, mie in ber Satur — im Stern gana einfach, ober
im ©ffen. Sor biefen Singen, bie gana unmiütürOch
finb unb boch übermächtig, habe ich immer Slngft."
„Sch habe teine Slngft mehr", fagte er.
„Seil bu Sene h a ft." Sie fah ihn unbeftimmt
an, in ihren fßupiüen tagten golbene Sünftcften, ber
Sonnenflimmer hing wie ein Sleft über bem warmen
Sraun ihrer #aare. „Zitania!" badjte er laut.
Sie nahm fofort bie Slnfpielung auf.
„Sie fönigliche Sriefterin ging weiter,
„Sn fittfamer Setrachtung, liebefrei-"
„Senfe bir, baft wir bas Sfträuicften im ©arten
haben! Sies foü es fein."
ßiü fuchte eifrig awifeften ben Seeten. Sie brachte
ein Keines weiftes Slütchen mit purpurner Selchaeich*
nung. „Sies! Sies, ßuft! — Unb Stäbchen nennen’s
ßieb im Süftlggang —"
ßachenb ftedte er es in ben SJtunb. „Sotten fehen,
wie ber 3auber wirft!"
„21h —" fagte fie. „Sch habe ja mein ^änbehen."
Sie griff fchneü nad) bem Slmulett.
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ßuß faß fie leicßtftnnig an: „Romme Id) bir fcßon
oeränbert oor?" Cr faßte ßiff um bie laille. 6 ie
tuarf fld> mit einem luftigen, «einen Scßrei aurücf.
Sabel näherte fieß itjr ffltunb feinem in einer gefäßr*
ließen unb oerfänglicßen 9Beife. ßitl gltd) einer Baccßantin,
er ffißlte ißre SBärme unb Bemeglicßfeit unter feiner
$anb, ffißlte atmenbes ßeben.
Cr Mißte fie unb ließ fie fofort los. Cr laeßte noeß,
aber ßiff mar gan 3 blaß unb feßmeigfam.
Sie naßm bann feinen 2trm, unb fie gingen ein
paarmal mie oerftänbige erroaeßfene Btenfeßen atoifeßen
ben ©artenbeeten auf unb ab. ßiff faß auf bie Crbe,
unb ßubmig baeßte an ganj ©teießgültiges, an bie be*
norfteßenben Btanöoer, unb baß er bureßaus einen
neuen graef ßaben müßte; barin mar Bene nießt faeß*
oerftänbig.
Sen Stbenb mit ijegtenborf mar ßill oofitommen,
ganj ijegfenborffeßes Craießungsprobutt unb 3 utünftige
Btarinebame. Sie ließ fieß fogar oon ißm bie oer*
feßiebenen Rlaffen ber Scßiffe befeßreiben unb prägte
fidß bie CrMärungen, mie ein Scßultinb naeßfprecßenb,
ein. ßiU geftanb, baß fie nießt einmal müßte, meteßes
Sjed unb melcßes Bug märe bei einem Scßiff, unb
affe glaggen faßen für fie gleichmäßig feßmußig feßtoara»
roeiß*rot aus.
ijeßfenborf fpraeß eine §eit(ang affein mit ißr im
ßalbbunfeln Bhififaimmer, unb naeßßer faß ßiff lange
naeß Ionen fueßenb, naeß etmas Seutfcßem, Iraurigem
unb #eimtoeßfrantem — fie mußte ni<ßt reeßt, mas
fie fueßte.
ßiff mürbe in ber golge äußerft ßäuslicß unb lief
mie ein j)ünbeßen ßinter Bene ßer, oon ben SBäfcße»
fpinben in bie Rücße. Sie moffte roiffen, ob man mit
3 eßntaufenb Start jäßrticß ßausßaiten tonnte, aber ein
bißeßen dainty? Ob bies Cintommen für Blumen in
ben Sinum™ unb für frifeße ©emfife aueß im SBinter
reießte? Cin paar Blumen immer unb Babiescßen
maneßmat braueßte ßiff bureßaus. Sonft nießt oiel,
aber es foffte nie talten Stuffeßnitt bei ißnen geben,
©äfte betamen ein einiges, ßfibfeßes, leießtes ©erießt,
etma eine Seßöffel Raoiar mit 3itt°nenfeßeiben unb
gerdfteten Brötcßen, unb oon Slnfang bis 3 U Cnbe
tränt man nur fran 3 öfifeßen Cßampagner. Biel effen
unb Bier trinten füllten fie nießt bei ßiffl Cigent*
ließ moffte ßiff aueß feine unangeneßmen unb ßäßließen
älteren Samen einlaben, fonbem junge, ßübfeße, nette —
feine Rommißgefefffeßaft, fiberßaupt „ßeute" nießt. Btan
mürbe oon ßeiteren unb feinen Singen fpreeßen, bie
etmas über bas tägließe ßeben ßinauslagen, nie oom
Sienft ober oon Sienftboten. Sabei ertlärten Benes
Sienjtboten affe mit Steuer, baß fie gräulein ßiff,
menn fie ßeiratete, biinblings folgen mürben, ßiff
oerfeßentte freigiebig feibene Blufen unb Seßlipfe, fie
oerbefferte Slnnas ^aarfrifur unb fagte Räbfeß, ber
Röeßin, baß fie einer ©roßßer 3 oginmutter gließe. Sille
Beeßtafcßen ßeute naßmen eine eble unb prinjenßafte
Haltung an, felbft Struntmeßer parfümierte fi(ß unb
taufte für fein eigenes ©ctb naeß Blaß gefertigte Baum»
moffßanbftßuße. — ßubtoig naßm aff biefe fleinen Ber*
önberungen maßr unb erßeiterte fi(ß baran, Benebifte
mar eigenttieß ärgertitß unb feßatt.
ßiff feierte ben Sommer als ein fortmäßrenbes
greubenfeft. 3eben Btorgen mußte ber gan 3 e Sya us*
ßalt ßinausfommen, um eine mäßrenb ber Baeßt er*
feßloffene Blume 3 U bemunbern, felbft in laitai unb
SBalbmann foffte auf biefe SBeife Scßönßettfinn ent*
micfelt roerben. laitai mar einfaeß immer „füß", felbft
in feinen mißmutigften unb abmeifenbften Stugenbliden,
unb SBalbmann ßatte Bofen, aufßorcßenb ober eine
eingebilbete Blaus feßenb, morin ßiff ißn fcßlecßtmeg
be 3 aubernb fanb, ißn umarmen mußte. 3 m Cntbecten
oon Baturreiaen mar fie unermübli<ß. Bei trübem
SBetter naßmen einige Bäume mit ßeffem ßaub gan 3
anbere, tiefere garben an, es gab SBolten, bie einer
na(ßgef<ßleppten meißen geberboa glitßen, gana be*
fonbers moffüftig füß Hangen oerfeßlafene Bogelftimmcßen
in ber Btittagfeßmüle, unb einige Rücßenfräuter bufteten
na(ß greißeit, na(ß meiter, befonnter lorfßeibe. Cftra»
gon feßmeette ben SBalb, unb ber oerebelte Btenfcß
aß bie Cnte nießt, fonbem genoß baran bie 3 arte
Bebenftimmung oon Beifuß. ßiff behauptete, baß bie
Cnte felbft bies Jtraut in ißrem ßeben geliebt ßaben
mußte, bie ßöcßfte SBeisßeit unb Berfeinerung bes
Btenf(ßen ßanbelten nur naeß groben SBinten ber Batur.
grau oon Bafting nannte ßiff einen Baturfej unb ein
djeibentinb. 3n ber lat mar bie Batur ßiffs eigent*
ließe ©ottßeit, fie oerrießtete oor ißr fortmäßrenbe Sin*
baeßten, ißr i)aar tränt begierig Sonne, bis es fpröbe
unb tniftemb mürbe, ber Branb auf ißren Bacfen be*
geifterte fie mie S) iße oom Baufeß. Sie marf fieß bem
SBinb mit einem Bogelfeßrei entgegen, ber Sturm maeßte
fie einfaeß toll, unb mäßrenb bes ©emitters ftieg ißre Be*
geifterung bis 3 ur Beraüefung, fie ßätte freie unb un*
finnige Bßrjtßmen ßineinrufen, mäßrenb bes Sonners
auf Bergesßäßen prebigen mögen, ßiff blieb feft über*
3 eugt, baß jeber gifcß ein Btenfcßenmort oerftanb, baß
Scßmalben unb Stmfetn ißre miffenben unb oertrauten
Seßmeftern maren. SBalbmann mar in feinem früßeren
ßeben Oberfärfter gemefen unb laitai 3 toeifeUos bie
Brin 3 effin luranbot. Benebitte tonnte ben Unfinn
mancßmal gar nießt meßr mitanßören, aber ßubmig
freute fieß barüber, ftaeßette ßiff 3 u immer oermegeneren
©leießniffen an.
Sureß ben Slr 3 t mar grau oon Bafting su mög*
ließft oielem Sraußenfein oerbammt, fie ßolte ßiff bes
Btorgens 3 um Bab ab, mäßrenb fie felbft am Stranb
liegen blieb unb fieß braten ließ, ßiff ging, mie anbere
Blenfcßen tanaen. ©an 3 gtücHicß mürbe fie erft, mo
fie ben 5 )ut abfeßen burfte, fie fang, tletterte über
SBuraeln, ftreicßelte Rornäßren unb locfte mit ben
gingem bie Sonnenfunten aus ber ßuft. eigentlich
mußte ßiff mie eine SBalbfrau betränat geßen unb
Blumen ftreuen, unter ißren naeften güßen mußten
Bloosteppicße aufblüßen. Sie junge grau fanb ißre
©efäßrtin braußen bureßaus unbrauchbar, inteffeftueff
ßielt fie fieß im ©runbe für eine Stufe ßößer fteßenb
als ßiff, bas Baturtinb. Sie las Ißomas Stann,
Boelfcße unb grenffen, ßiff las menig, fie lebte nur.
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ÜRiunmer 35.
,,©s ift feßabe, baß fie fo menig Kunftfinn f)Qt", fagte
ifjrc greunbin einmal 3U fiuß.
Herr oon Secßta ermiberte: „ßiB ift Jtunft."
Selbft in grau non fRafting, ber Serfecßterin raffe»
reiner 3u<hta>ahh regte ficf> babei bie (Erinnerung an
ßiüs Mutter, bie geborene Srug£te. Diefe Sertrau*
llcßfeit unb Sermanbtfcßaft mit ber ÜRatur mären auf*
fällig unb oerbäeßtig. (Bern hätte fie herausgebracht,
roie f)egfenborf über ßiK unb ßills 2 lrt baeßte. fegten«
borf mar ferner 3 U ergrünben, oorfidjtig, ßiK mürbe
mit ißm gebämpfter unb gleicßfam abbittenb.
Sie fängt borf) aus ßeibesfräften! tröftete fich bie
Seobadjterin, bie biefen Mefenjug ifjrer greunbin
jum Seifpiel gar nirfjt unoomefjm unb ßerabmürbigenb
fanb. grau oon Btafting mar ein Meiner Snob, felbft
bei Secßta, ihrem 3beal, ftörte fie ber bürgerliche
©roßoater. Sie gab bas offen 30 ; ftreng genommen
erfchien ihr nur Sene gan 3 ebenbürtig, he^fenborf mar
tipp*topp, aber ein ißebant. 3 m übrigen präfentierte
fie fi<h gut neben ßill, ßitt mar bas SRaturtinb unb fie
bie Dame, bie Kultur; fie 30 g fid) immer fcßlanfer unb
förperlofer an unb fchmachtete, menn Secßta fagte:
„Sentßefilea gans unb garl" „Herr oon Secßta, leben
mir benn nicht nur mit ber Seele? Der Körper ift
boch überhaupt nur irgenbeine beliebige 2 lusbrucfsform."
21Is gebitbete grau tonnte fie folche Dinge mit ber
tiefften ©utgtäubigteit fagen.
„Ohne 2tusbruct mürben mir aber boch ben Sin*
bruef nicht oerfteßen", manbte ßuß ein.
„Sfui! Sie finb ein Schelm!" Seine greunbin
marf ihm ftrafenbe fRacßefcßmerter 3U.
3 m. geheimen gefiel ihr, bafj er fo menig un*
törperlich unb fo breift mar. 2Bie mußte ber Mann
fich bei feiner grau langmeilen!
ßill mar gan 3 außer fRanb unb Sanb, felbft fegten»
borfs ©egenmart, bie fonft immer abtühlenb roirtte,
tonnte fie heute nicht einbämmen. Sie hotte auf ihrem
Spa 3 iergang ein Räuschen entbeeft, ein Räuschen an
einem See im Malbel hinter bem See tarn erft Miefe,
bort im Miefenroinfel, gegen ben 2Balb eingetufchelt,
lag bas Bleftcßen. Sine bäumte ©alerte lief rings*
herum, mit Slumenftöcfen, Steifen unb ©cranien, es
beftanb gan 3 aus ^ 0 ( 3 , ein normegifches ßiliputhäus*
chen aus ber Spiefoeugfcbacbtel. 0! unb bes 2tbenbs
mußte ber Monb auf ben See fcheinen, ber Malb trat
gan 3 bicht heran, herrlicher, totenbaft ernfter Sueben*
malb, ber einen $ügetfamm binanftieg, unb oon oben
überfab man bie See unb bie görbe! SRein, 3 U einer
Kolonie, 3 U Hamburgern ober ßübedern gehörte bas
Häuschen nicht, es lag gan 3 für fich nnb batte feinen
gefonberten Steg 3 um Maffer hinunter, es mar ein
©ebicht, ein Iraum!
Hetjtenborf tannte bie Stelle gans genau: „Der
Slaß hat feinerlei 2 lusficht", taöelte er.
„2lusficbt foB es haben!" rief ßiU entrüftet. ,,©s
liegt eben brin, mitten brin mie in einem Herenrinq,
3 roif<ßen Miefe, Malb unb Meer. 0, es ift ein oer*
3 aubertes Dingchen, ein Märcbenbäuscben, unb id)
muß es haben, ich muß! — Sene, finb Hoiabäuscßen
teuer?"
„(Es gibt frf)on metche für oiertaufenb Mart", fagte
ßubmig tröftenb.
„Sie finb in unferem Klima febr unprattifch, hörf)*
ftens für ben Sommer bemoßnbar", entfeßieb Heßten*
borf. „Dies ftebt an einer gan 3 unoemünftigen SteBe,
augenfcheinlich oon einem Serrücften ausgemählt. Die
Kolonien unb bie Saupläße am Stranb bieten 2lus*
fichten. ©ine Miefe im Malbe fucht fich böcßftens
ßaune aus."
ßiB härte ber ftrengen Serurtellung ihres ©e*
fehmaefs gar nicht 3 U. Sie träumte: „Dentt euch, bes
2lbenbs, menn aBes in Si(berg(an 3 eingefponnen ift!
Die Saummipfel raufchen, auf ber Miefe richtet fleh
bas ©ras fofort roieber auf unter Iritten, fo jung*
fräulid) ftart unb fpröbe ift es! Das Meer ahnt ihr,
unb ber See ift Mein, ein 2luge nur gerabe, aber es
fpiegelt ben Himmel! Kein ßärm bringt hin, galtet
fpielen unb fchiBembe blaue gliegen. 2tch, unb im
Malb ift’s ftiB, heimlich trauliches Duntel!"
„Du mürbeft bich feßon fürchten bes 2tbenbs!" grau
oon fRafting hatte ßiB bas Du angeboten, meil fie eben
im ©enre fo gut 3 ueinanber paßten, fie tangmeitte fich
oiel unb nahm gern für tur 3 e 3eit Bleues auf. Später
fühlten fich ihre greunbfehaften ab, unb unter Um>
ftänben oergaß fie bas Du fogar mieber, 3 um Seifpiel,
menn ßiB MüBer III, Malbemar, geheiratet hätte.
„3<h mich fürchten!" 3n ßiB glühten aBe glommen
reinlichfter Segetfterung. ,,3<h gehöre boch ja ihnen,
3 U Säumen, 3 U Maffer, 3 um ßichtl 3<h mürbe glücf*
lieh ba fein, gan 3 unb gar, ooBtommen glücMich! Mit
ber alten fReicßßert —" Die alte fReicßßert mar Senes
2lusbefferin, ber ber Serein für gerienfolonien im
Sommer einen ßanbaufenthalt oerfchaffte, „unb einem
ihrer (Enfelfinber". Die ©nfelfinber erfreuten fich ßiüs
gan 3 befonberer ©önnerfcßaft. „Dem fliesten 3 um Sei*
fpiel!" ßiesrfjen mar bie blöbefte unb häßtichfte ber neun.
„Sag, Sene, menn bu in Xönning bift, tönnte ich
es mieten ?"
„3ft bas Haus benn überhaupt 3 U oermieten?"
fragte Heßtenborf. „Sie fagten boch, es märe bemoßnt?"
ßiB hatte bas 2Uterfrf)önfte mirtlich oergeffen, bas
Munberhäuschen mar 3 U oermieten, fofort fogar, Se*
fiebtigung täglich!
„Der Sefißer tann es nicht fdjneB genug mieber
los merben!"
„Mer mag biefer Sefißer fein? ©in alter, gräm*
lieber Kolonialroarenßänbler, ber eine ibgBifcße 2ln*
roanblung hatte? Kolonialmarenßänbler foBten fid) am
Hafen anbauen, ba tonnen fie berechnen, abfcßäßen,
roiegen, riechen. — ©laubft bu, baß es febr teuer
märe, Sene?"
„Sie triegen noch bie ©inrtchtung, ©lasfugel unb
lonsroerge im Sorgarten, als 3ugabe, menn Sie über*
baupt bares ©elb feben laffen!"
„Cs bat ja feinen ©arten", oerbefferte ßUl oor*
murfsooB. „Sur ©ras, Schilf unb ben See. 3m See
ift eine gan 3 fleine Sabefabine. Des 2lbenbs babe
id; ba."
„llnb mirfft beine filbernen Bleße nach hem Königs*
fobn!" grau oon Safting lachte.
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Summer'35.
Seile 15J 7.
„3ßr habt alle fein ©emüt", fogte ßill. „IjSrofaifcß
feib it>rl 3ft benn bet Sommer fein SBunber? gür
micß ift’3 jebesmal ein SKärcßenerlebnis roieber, unb
hier finb mir nur in ber Stabt, haben Zäune um uns
unb Straßenpftafter baoor, Befucß fann fommen, Mtos
faulen oorbei. Kommft bu mit, Sktbmann? Du oer»
fteßft micß — bu!"
„3cß glaube, ßill mar in ißrem oorigen ßeben eine
Zigeunerin", Jagte grau oon Bafting, auf SBalbmanns
ißm oon ßiü angebicßtete SBorgefcfjidjte anfpieienb.
„ßiü mar gar nichts. Bie ift überhaupt nocß nie
ein SJtenfcß gemefen, ein ftummes, blüßenbes ober ein
Jingenbes unb geflügeltes ©efcßöpf mar fie. ©in SSalb*
oögiein!"
„Ober eine Glfentönigin", fagte ßuft anaüglicß.
ßill fußr rafcß unb geßeimnisooll mit bem Slrm
burcß bie ßuft.
„Ueber Xäler unb S)ol)n,
Durd) Domen unb Steine,
Ueber (Sräben unb 3äune,
Durch glammen unb Seen,
Sffianbl id), fctjlüpf id) überall,
Schneller als bes SBlonbes SBall."
iiepfenborf oerbtoß folcßer offenbarer Unfinn, ber
ihn übrigens aucß bei Sßatefpeare abftteß. Gr fagte:
„Sie täten gefreiter, roäßrenb grau Benebiftens Mfent*
halt in Xönning nacß ©remsmüßlen au geben. Da
haben Sie auch SBalb unb See genug unb außerbem
einige Zioilifation."
gür Benebifte bilbete ßills Meinfein roäßrenb ihrer
Steife eine Sorge, ßuft mar im Stanöoer in ber Z*tt,
fie nahm bie Scbmefter nicht gern auf bas ©ut mit
aus Ißietät gegen ben Stillen ber Xante, ßiH hotte
oon bort aus einft Kränfrotg erfahren unb märe au
feinfühlig gemefen, eine Ginlabung anauneßmen. Such
ßubmig fam nie in bas alte ^eibeßaus. Benebifte
herrfchte bort als jungfräuliche unb regierenbe Königin
unter bem alten ißerfonal, bas bie Berftorbene geliebt
unb oerehrt hatte. 3ßr roaren biefe acht Stochen all»
jährlich ein heimlicher unb lieber ©enuß gemorben,
über ben fie fich nicht ausfprach, felbft gegen ihren
SJtann unb gerabe gegen ßuft nicht! Sie nahm in
biefer Zeit über fich felbft bie Zügei aurücf, prüfte ihr
3nneres unb erftartte im ©efühl, baß fie glücfiich unb
auch nüftlicß mar. Senebifte mar eine gefehlte unb
fluge Bermalterin ihres Gigentums, ßuft neigte aur
Serfcftmenbung, fein eigenes Heines Grbe hatte er faft
aufgeaeftrt. Ginmal brachte er aus Geplon für feine
grau Serien mit, ein anbermal einen echten Zobel«
mantel aus Ghina. Sie machte ihm Sormürfe über
folchen ßeichtfinn unb freute fich feiner ©oben hoch,
©erabe jeftt hatte er einige Ißapiere oorteilhaft eingelöft,
unb Senebifte mußte, baß ßuft in folcßer Zeit immer mit
©ebanten an ©efeßenfe umging, bas falte Stetall im Kaften
beunruhigte ihn. Sie mar fparfamer unb hätte ihn bo<h
in feiner großmütigen greigebigfeit nicht befeßränfen
mögen, heimlich fanb fie, baß es }o fein müßte, er
füllte ungebunbeuer, föniglicßer, forglofer fein als fie.
ijeptenborf bemies haarflein, baß ßills Sorliebe
für bas Räuschen eine ßaune unb offenbarer Unfinn
fei. SBie mürbe fie fich oerpflegen?
„3cß brauche fo roenig", fagte ßill. „Xomaten,
Gier, ein bißeßen Obft — #üßner unb gifeße friegen
mir im Borf."
Sun, mir? Skr mar „mir"?
Oie Beicßßert, ßieseßen, ißr GntelHnb, unb ßill,
gräutein oon Stolbe!
ßubmigs blaue Sugen leuchteten oor boshaftem
Sergnügen bei ßills genauer Sufaäßlung ber Be*
mannung biefes fagenßaften Sommeraftjls.
„SJalbmann unb bie Rafte", ooßenbete ijetjfenborf
hoßnooll.
„Gin aahmes Beh unb Scßmeraenreicßs 5jinbin",
half grau oon Baftmg.
ßill faß erfeßroden unb fleinlaut oon einem 3 um
anbem. „3cß fann mir boeß mein Zimmer felbft machen
unb ben Xifcß beefen."
„Unb bie Sergißmeinnicßt auf ber SMefe pflüden!"
„Ueberbies märe folcß Meinfein im SSalb für ein
junges Stäbcßen gana unb gar unpaffenb. Menteuerlicß."
Oiesmal hatte ^epfenborf entfeßieben au hart au«
gegriffen. „Beleihen Sie, ijerr oon ^epfenborf, icß
bin münblg."
„Skil Sie eine 2ßaife finb. ßeiber." ijepfenborf
mürbe ungemütlich, feine Stimme tonnte bann einen
feßarrenben, harten Klang annehmen.
„Stießt besroegen." ßills Organ Hang befto roeießer
unb füßer. „Steil icß über muß au beftimmen meiß."
„Skr meiß?"
ßuft fanb, baß f}er)tenborf unoerfeßämt mürbe.
„Ou läßt ba moßl meine Scßmägerin felbft urteilen,
lieber Gßrßarbt", fagte er. „ßill ift im Mslanb eraogen
unb an auslänbifcße greißeit unb Mffaffung folcßer
greißeit geroößnt." Gr roollte ijepfenborf beutlicß machen,
baß er fein Stißtrauen unlopal fanb. i)epfenborf mar
mißtrauifcß, faß aber ein, baß er feine Gmpfinbung au
plump geäußert hatte.
„Solcß abgelegene Käufer finb nießt fießer genug.
Sie loden Oiebe unb Ginbrecher an."
grau oon Bafting mar im oorigen 3aßr brei
Stonate allein in einem bänifeßen gifeßerborf gemefen;
ißr famen bergteießen Mroanbtungen, mie fatßolifcße
Oamen acitmeilig ins Klofter gehen. Me bänifeßen
unb einige beutfeße Kriegsfcßiffe lagen in jenem #afen,
unb fie hatte als intereffante Ginfieblerin ißre Stecßen
ber Steltflucßt roader bureßflirtet.
„Oas ift nun Unfinn", fagte ßiü oemünftig. „Oie
Kolonie liegt feine ßunbert Scßritte ab. Sie haben
einen Stecßtmann braußen, bie Beamten ber SJaeß«
unb Scßließgefellfcßaft maeßen bie Bunbe."
„Oie ftören bodß aber bas 3bpll!" ijepfenborf
lentte ein, er hatte ßuft feine Zurecßtroeifung nießt oer«
geffen, besmegen gerabe lag ißm baran, ßill roieber
3 u oerfößnen.
„Stir ift’s ja nur um bie 3bee bes 3bptls", erflärte
ßill freimütig. Sie mar oiel au arglos, um lange au
aürnen ober eine beleibigenbe Sbficßt anauneßmen,
roenn ber Beleibiger ein greunb oon Bene unb ein
©entteman mar. „Oas j)äuscßen ift ein ©ebießt, unb
icß habe es lieb. — Bin icß feßr bumm, ©ebenebeite,
unb feßr gierig? 3cß habe boeß gar fein ©elb, ßabe
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6ctte 1518.
Stummer 35.
boch aßes oon eurf)!" — ßiß neftelte fid) gegen SBene«
bitte« Schütter. Ijepfenborf fab fie fo am liebften,
er mußte, baß ßßl felbft ihre fleine Stiftspfrünbe »er*
lor, roenn fie heiratete; ba« Stift gab fünfhunbert SJtarf
3 ur Stusfteuer. Xroßbem mar ihm ber (Bebante nicht
unangenehm; ßiß mußte ja fpäter Söttning erben.
Sine Strt ausgleitijenber Gerechtigfeit fdjien über fegten*
borf babei ju maßen; benn Srau oon Queerbt hatte
hoch moht in ihm ben tfinftigen (Erben unb ©bemann
ihrer Sßeren Stiebte gefetjen. Ginen Ummeg mußte er
nun 3 «oar nehmen, ber Ummeg fdjien oermirrenb, aber
nicht ganj reglos felbft für ihn, einen ÜDtann ber ge«
raben unb breiten Straße.
„3ft bas Räuschen ein fehr törichter SBunfch?"
fragte ßiß ihre Schmefter. „58ene, ich bleibe ruhig
hier, ich bäte bein J)aus. 3eb fefee mir ein Häubchen
auf unb merbe ganj unb gar SBirtfrfjafterin. Glaubft
bu’s, Große?"
Senebifte glaubte es nicht gan^, fie hatte immer
ein (Befühl, als ob fie ßßl fdjüßen müßte, felbft gegen
$egtenborf juroeilen. Unb Ijeptenborf mar hoch ber
oon ihr eigentßch 3 U ßißs Sefcßüßer äuserforene. —
Sie mar mohl manchmal jeßt neroös, unb es mürbe
Seit, baß ihre Sönninger Ginfamteitsfur tarn.
ßißs Geburtstag mar am Johannistag, im Stofen*
monat. SJtan begrub fie förmlich unter ben leuchtenben,
buftenben Kronen. Ser Slbmfral fcßicfte meiße Stofen
in einem aßerßebften Silberfiligranförbchen oon feßener
fpanifcher Strbeit, in bem begieitenben Sersdjen mar
etmas $übfcbes unb Scßerjhaßes über „Steoanehe" ge*
fagt. ßiß meinte faft oor ©lüd. „Das ift hoch nun
3 U neß, baß er mir ein Körbchen fdjicft! Stur bie aßen
Herren tun fo etmas Steßes, Seines unb Stißeriiches.
3ch fchmärme für ben Slbmirat. Sen ÜJtann Uebe ich!"
Knips haße fich äußerft roicfjtig unb mißig gefunben
mß einem Smmorteßenarrangement. Sas ©ange fah
eher nach ^Begräbnis als nach Geburtstag aus, es faßte
feinen Schmer unb emiges Gebenten bebeuten. Gr
haße bem meiblichen Gefchtedjt im aßgemeinen entfagt
unb ersäfjße ßiß oieifach, baß er jeßt nur noch fatter
Streber, ein Sanaßter bes Gijrgeijes 3 U fein beabfidjtigte.
„SMelleicfft mßb mein ebenes Stanbbilb 3f>nen einmal
bas märmere Gefühl entlüden, bas meine (ebenbe ißerfon
nicht 3 U meden oermochte", fagte lai'tal II büfter.
ßiß hieß ihm fchäfemb feinen Stamensoetter ins
Geficht. „SBeiß mal, litti, ob bas Sronje ift?"
„Sie finb graufam, Sräulein ßiß!"
„Sie finb mefjleibig, ijerr Knips!"
„SBaruni nennen Sie mich mit biefem albernen
Spißnamen?"
„Gr paßt fo fcßön 3 U 3hnen."
„Gnäbiges Sräulein, ich weiß ja, baß mir aße nur
Siguranten in Sijrem Xriumpbjug finb, baß Sie ge*
roöhlt haben — tlug unb oorficfjtig gemähß haben."
„j)err Kngper, Sie merben mir 3 U büfter."
„3<h foßte 3hnen mohl am heutigen Sage ©lüd*
münfcße barbringen", fagte Knips oormurfsooß unb
mit ßefer SBeßmut. „3ch fonnte es nicht. SJteine
ftumme Gabe mag 3hncn ausbrüden, mas ich als
SJtann unb als Stenfch empfinbe!"
ßiß haße ben Unterjchieb aroifdjen Stann unb Stenfch,
ben Knips gern betonte, nie ooß begriffen. Ser jüngfte
ßeutnant erhob fich emfthaft, leerte fein Glas auf ihr
SBoßl, aß ebenfo emfthaft unb reinlich ein Stüd Soße
auf. „3ch miß nicht ftören. Gin Gtüdlicher unb ein
Sieger lommt."
Ser giüdßche Sieger mar $etjtenborf. ßiß merße
mohl, baß bie gan 3 e Gefeßfchaft fie mehr ober meniger
als Serlobte betrachtete. Knipfens ßaurig fegnenber
Slbfcßiebsblid auf bas ißaar fprach beußich genug,
^eptenborf brachte prachtooße, (angftielige, bunteßote
Stofen, erlefenfte Gfemplare. Gr tüßte ßiß bie ijanb;
in ber Siegel erroles er biefe $utbigung nur oerheirateten
Srauen. ßiß errötete liebensmürbig unb oerfchämt;
es gab Samen, bie behaupteten, Sräulein oon Sftolbe
ftänben felbft fogenannte unmißtürliche Gemüts*
erregungen mißtürlich 3 ur Verfügung. 3n SBahrßett
mar ßiß lächerlich einbrudsfäfjig unb besmegen fogar
fdjüchtern; fie errötete fcßon, menn fie benfen mußte,
irgenb jemanb beobachtete fie, um ihr Grröten ober
Stiebterröten feft 3 ufteßen.
Sämtliche anmefenbe Samen fteßten in biefem
Stugenblid ihr Grröten gegen Ijepfenborf feft.
Srau oon Stafting tonnte fich fogar geftaßen, spntfcb
gegen ßuß 8 U fein: „Q y est donc?"
ßuß mußte auf bie Schulter getippt merben, um
bie Stnrebe, unb baß er gemeint mar, überhaupt 3 U
oerftehen.
„Sie Kleine ift hoch gefdjidter, auch menfchlicher,
als mß aße badjten."
„ffias meinen Sie mß menfchlicher?"
„Stun, meniger elbifches SBefen."
„ßiß ift nicht elbifch unb auch nicht gefchidt. Sie
ift gan 3 einfach ein burchaus offenes unb mahres
SJtenfehentinb."
„Sas nur manchmal nicht meiß, mas in ihm felbft
oorgeht."
„SBenn mir gan 3 ehrlich mären, müßten mir aße
es nicht."
„2lucß 3hre Srau nicht?" Srau oon Stafting be*
nußte bie ©elegenheit 3 U einem Stich in ber Stich*
tung gern.
„So<h, bie meiß es."
„Sie reben eigentlich intonfequent."
„Sene ift eine Stbmeichung oon ber Siegel. Sie
ift Ausnahme!"
„Unb ßiß?"
„ 0 , ßiß —"
ßubroig fah traurig aus unb lachte gleich mieber,
fagte ber Same etmas ßuftiges. Gs tarn ihr er»
3 roungen oor.
•halt! badße Gbith Stafßng. ßäßt er nach? SBirb
ßubmig SBechta alt?
Sielen, auch i)etjtenborf, blieb ein Stätfet, mie
Serfjta immer fo jung unb übermütig froh fein fonnte.
Gr mar hoch nicht mehr 3 man 3 ig 3«hre aß.
„3dj bin glüdlicb", erflärte er felbft bie Statur*
erfdjeinung. „Sas ift bein Serbienft, 58enel"
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Seite 1519.
I : -fVfrs:.
Kummer 35.
bie (Dleinung aller ausgefprotgen, als fie Sill 311 m 2 lb*
ftgieb umarmte: „(Run, mein reyenbftes (Rofenfnöfptgen,
mir fürtgten nitgt, bag Sie uns (obalb roieber geraubt
merben. 3m Segenteil, mir galten Sie reigt feft,
pflanaen Sie in bie alte golfteiniftge (Dtuttererbe ein.
(Bas, grau oon SBecgta?"
(Bene gatte mütterlitg unb unbeftimmt getäcgelt.
Cs mar überftüffig, bag bie $otgmögenbe noeg mit
eftra gellem Jträgen ginjufügte: „SCcg, S)txx oon ijeqfen*
borf, fiegt man Sie enblitg mieber! 3a, ja, ftäxfere
(Dlagnete siegen. 3 u Secgtas mug man tommen, um
ben oielbefcgäftigten ijerm aufauflnben I"
#eqtenborf fanb bie alte Same mie immer taftlos
unb ooreilig. Seine Hbfitgten gingen bie ©efedftgaft
gar niegts an, er mürbe ftgon ogne igr Stgieben 3 um
3 «el gelangen, unb bag er feine ffiege bagin ritgtig
mägtte, mar (eine Sa(ge.
(gortfegung folgt.)
- © -
Blnb unb Cufffcgiffagrt
Bon Jjaupimann a. S. #ilbebranb.
Sas fogenannte „SBetter" intereffie'rt ben ßuftfigiffer aus einer Jturoe in (Rr. 406 bes Sofalanaeigers 3 U
im göcgften (Dlage; namentlitg (inb es (Binb unb er(egen tft, rapibe gefallen. Sa man ja bamit reegnete,
geutgtigfeit, bie eine groge (Rolle im aeronautiftgen fegon am 5. frög mieber in bie (Rage ber fegügenben
Seben fpieten. Sie geuegtigfeit öugert igren Cinflug Sjaüe 3 U tommen, brauste man teinerlei (Bebenten für
burtg bie (Betaftung, bie fie ber #üde juteil merben ben (Beginn ber gagrt au gaben. (Es mag aderbfngs
lägt, unb 3 mingt ben (Baüonfügrer baau, (Badaft aus* augegeben merben, bag oielleitgt eine naeg ber San*
augeben. Sas 3eppdinf(ge glugfegiff ergält burtg bie bung erfolgte (Bamung oon (Borteil gemefen märe,
geuegtigfeitfegiegt oon nur ein Sefyntel (DHQimeter be* (Befonbere (Bebeutung fpielt ber SBhtb mägrenb ber
reits einen ©eroiegtauroatgs oon 300 Kilogramm. Ser gagrt bes Suftfcgiffes. Sas groge Sntereffe, bas man
SBinb gat aber eine meit gögere (Bebeutung; ftgon bei jegt ber früger fo oematgläffigten Sleronautif entgegen*
ber Äonftruftion unb (Beurteilung ber Sentballons mug bringt, gat ftgon baau gefügrt, bag fitg in meiteren
man fitg eingegenb mit feinem (Einflug beftgäftigen. Äreifen bas Serftänbnis bafür Bagn britgt, bag ber
SBägrenb fitg ber Suftftgiffer für feine freifliegenben ausftglaggebenbe gaftor für Senfbadons in ber er*
motortofen Steroftaten meift ftarfen SBinb au münfegen reitgbaren Cigengefigroinbigteit liegt, (ßgrafen mie: es
pflegt, bamit er mäglitgft meite Strecfen aurütflegen iftunmöglitg, bem loben ber Elemente ftanbaugaltenufm.,
tann, ift geftige Suftbemegung bei gagrten mit dRotor* lieft man jegt nur noeg fegr feiten. (Hdkbings ift es bem
luftftgiffen ftets fegr unangenegm. häufig roirb ba* Saien botg notg niegt genügenb betannt, mie grog bie
burtg ber Antritt einer gagrt oodfommen oerginbert, Starte bes (Binbes im Surtgftgnitt au fein pflegt, unb
benn menn autg bie SRitgtung bes (Binbes günftig mie gäufig Orfane bei uns in (Europa oorfommen.
fein fodte, fo ift es für bie Sanbungen botg ftets Surtgmeg mirb bie Stärte bes (Binbes überftgägt, unb
münftgensmert, biefe bei mäglitgft rugigem (Setter aus* ein SBinb oon 12—14 (Dieter roirb auf ber (Erbe ftgon
aufügren. ©elegentlitg ber Ctgterbinger Stataftropge als Orfan angefegen. Sie (Ergebniffe einer oiel*
ift geäugert morben: menn ®raf 3eppel< n einen er* jägrigen Statiftif gaben geaeigt, bag an 85 0 . S). ber
fagrenen (Dleteorologen bei fitg gegabt gätte, fo mürbe Sage bes 3agres ein (Binb gerrftgt, ber geringer ift
biefer ftgon in griebritgsgafen oon ber gagrt abgeraten als 14 (Dieter in ber Setunbe. (Benn bemnatg ein
gaben. Sie (Betterlage bes 4. Sluguft gab aber au Suftftgiff mie bas 3 eppelinf<ge eine (Eigengeftgminbigteit
teinerlei (Bebenfen (Beranlaffung. (Es ift anftgeinenb oon 15 (Dieter in ber Setunbe 3 U entroideln oermag,
niigt betannt, bag 3 eppelin Don c i nem alten bemägrten fo tann es an 85 0 . Sj. ber Sage Sdufftiege unter*
(Dleteorologen oor feiner gagrt beraten unb autg negmen unb babei einen bedebigen (Beg aurütflegen.
mägrenb ber gagrt begleitet morben ift. (Baron oon (Dlit matgfenber ©eftgminbigfeit oergrögert fitg autg
(Baffus gat fitg ftgon feit oielen 3agren eingegenb bie SRugbarteit eines lentbaren Suftftgiffes.
meteorologiftgen unb, mas für ben Sdufftieg oon glug* Sag es nitgt gleitggültig ift, ob ein Suftftgiff mit
ftgiffen notg mitgtiger ift, aerologiftgen Stubien gemib* bem (Binb ober gegen ign fägrt, meig roogl jeber,
met unb autg eine erfprieglitge prattiftge lätigteit ent* aber nitgt jeber meig, bag es bei einer gagrt, bie in
rottfelt. Cs ift bies im 3n* unb Sluslanb baburtg ber (Binbritgtung oon einem Ort aum anberen unb
anertannt morben, bag er aum (Dtitglieb ber 3uternatio» aurütfgegt, nitgt bas gleitge ift, ob man bei SBinb
nalen Sommiffion für miffenftgaftlitge Suftftgiffagrt ge* ober (Binbftide fägrt. Cs ift nitgt ritgtig, menn man
roäglt mürbe. Crft am 5. Sluguft ift bie (Betterlage fegr glauben mürbe, bag man bei gleitgbleibenbem SBinbe
tritiftg gemorben unb bas (Barometer im Süben, mie mägrenb ber gagrt mit ber Strömung bas roieber eingolen
„(Rein", fagte fie offen. „Cs ift bein eigenes."
(Dian bemunberte (Benebiftes ©eburtstagsgaben
unb ein feines ©olbgegänge mit Siamanttautröpfcgen,
bas ©eftgent eines engliftgen greunbes. (Dlerfmürbige
greunbe, bie fo etmas ftgenten! batgten bie (Be*
munbemben im ftiden.
Sie rougten nitgt, bag Sids greunb gelägmt unb
blinb mar, unb Sill gatte fitg einfatg gütig unb aart
gegen ign geaeigt; foltger ©uttaten rügmte fitg eben
Sid nie, unb barum blieben fie oft unbefannt.
„3a, Sug, mas gaben benn Sie aber ge*'
ftiftet?"
grau oon (Rafting nannte (Dlännerfreunbe gern mit
(Bornamen, Sug mar fo bequem unb tura.
Sug lätgelte gegeimnisood. „(Dlein ©eftgent gälte
leg notg aurütf."
Cr gatte bie ^inaffe au amei llgr beftedt. j)eqten*
borf blieb au Siftg, bie Cjaedena Strete gatte eigentlitg
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Gelte 1520.
Stummer 35.
mürbe, was man bei ber gaßrt gegen ben ©inb oer*
lierfc, (Ein Beifpiel mag bas erläutern: Gin ßuftfcßiff mit
15 Bieter Gigengefcßminbigteit foQ oon bem (jJuntt
A nacß B unb jurüdfaßren an einem läge, an bem ber
SBinb in ber (Richtung oon A nad) B in einer Stärfe
oon 10 Bieter bie Sefunbe meßt. Sann (egt ber Ballon
oon A nad) B in jeher Sefunbe 25 Bieter jurüd,
nämlicß 15 Bieter burcß Gigengefcßroinbigfeit unb
10 Bieter burcß ©inboerfeßung. Unter ber 3lnnaßme,
baß bie Strede oom Ort A nad) bem Ort B 180 Kilo*
meter lang ift, braucht ber Sleroftat jur 3 urüd(egung
biefes ©eges 2 Stunben. (Banj anbers ift es natür*
ließ bei ber (Rüdfaßrt. Bei ber gaßrt gegen ben SBinb
muß man 3 Ur Slbmeffung ber Strede, bie bas gaßr*
3 eug in be 3 ug auf bie (Erbe 3 urü<f(egt, bie ©inb*
gefcßminbigteit oon berGigengefd)minbigfeitab 3 ießen; ber
Baüon fährt alfo 15 Bieter wenige r 10 Bieter gleich 5 Bieter.
Bas ßuftfcßiff fommt alfo gegen ben angenommenen
SBinb nur mit 5 Bieter — über bem (Erbboben ge*
meffen — oortoärts. Bemnacß braucht es 3 um 3urüd*
fahren oom Ort B nach A fünfmal mehr 3eit als
3 um Einfahren, alfo 10 Stunben. Bie gan 3 e gaßrt
hin unb 3 urüd bauert bemnacß, unter ber Sinnahme,
baß ©inbricßtung unb SBinbftärte gleicßbleiben, runb
12 Stunben..
Bei ©inbftiüe braucht bas ßuftfcßiff 3 ur Hinfahrt
genau bie gleiche 3*ü mie jur (Rüdfaßrt; ba es alfo
15 Bieter in ber Sefunbe Gigengefcßroinbigfeit hat
legt es bie Strede oon A nach B in 3 Stunben 20 Bli*
nuten 3 urüd; es wirb mithin in 6 Stunben 40 Blinuten
toieber bei feinem Hafen eintreffen. hieraus ift erficht*
lieh, baß bas ßuftfchiff bei einem SBinb oon 10 Bieter
in ber Sefunbe 3 ur 3urüdtegung einer Strede oon
180 Kilometer hin unb 3 urüd 5 Stunben unb
20 Blinuten länger braucht als bei SBinbftiüe.
3e ftärfer nun ber SBinb ift, ber an einem Sage
meßt, um fo mehr fteigern fieß bie Berlufte in be 3 ug
auf bie nußbare ©efeßroinbigfeit. Bei gaßrt en, bie
genau (entrecht 3 ur SBinbricßtung gehen, bleibt ber
Einfluß auf bas ßuftfcßiff bei Hin* unb Stüdfahrt genau
ber gleiche. Bei ben gaßrten, bie in anberen ©in*
fein als im rechten 3 ur ßerrfeßenben ßuftftrömung
gehen, änbern fid) bie 3<*ßlen entfpreeßenb. Blan
tann fieß feßr leicßt Kuroen aufseießnen, bie genau ben
Slttionsrabius eines ßuftfcßiffes angeben, wenn man
bie 3eit turiß, bie ber Ballon in Betrieb bleiben tann.
(Es entließt eine eüiptifcße gigur, bie man mittels bes
(Parallelogramms ber Kräfte fonftruiert. Blan ßat nur
nätig, auf einer Karte fieß oom Slusgangspuntt ber
gaßrt aus 3 toei ßinien 3 u 3 ießen: eine ßinie in ber
SBinbricßtung unb eine in (Richtung ber gerooütcn
Saßrtricßtung. Stuf bie erfte ßinie trägt man ben
©eg ab, ben ber ©inb in einer beftimmten 3 eü in
be 3 ug auf bie (Erbe 3 urüd 3 u(egen oermag. Slacß ben
(ßrin 3 ipien bes (Parallelogramms ber Kräfte ßat man
nur nötig, oon bem (Enbpunft ber ßinie, bie ben ©eg
bes ©inbes beseießnet, einen Kreis 3 U fcßlagen, unb 3 toar
mit einer ©röfje, bie ber Gigengefcßroinbigfeit entfprießt,
bie bas ßuftfcßiff in ber gleichen 3 *it 3 U enttoideln
oermag, bie für ben ©eg bes ©inbes maßgebenb
mar. Ber Scßnittpuntt biefes Streifes mit ber in ber
Kurslinie gejogenen ßinie gibt ben ipuntt an, ben
man in ber gegebenen 3*0 erreicht.
©enn ein ßuftfcßiff im gan 3 en 10 Stunben 3 u
faßren oermag unb babei 15 Bieter (Eigengefcßwinbig*
feit entmidelt, fo beträgt bei S)in* unb (Rüdfaßrt fein
Slttionsrabius 270 Kilometer, jeboeß nur bei ©inb*
ftiüe! 3eber ©inb oertleinert biefen Slttionsrabius in
einem mit ber ©inbftärte maeßfenben Blaße.
Bas 3aßresmittel ber ©inbgefeßminbigteit ßat naeß
Beröffentlicßungen bes Königlich (Preußifcßen Steronau*
tifeßen Obferoatoriums in ßinbenberg beifpielsmeife im
3aßre 1906 bis 500 Bieter über bem (Erbboben 5 (Dieter,
bis 1500 Bieter über bem (Erbboben 9,6 Bieter be*
tragen. Baraus geßt ßeroor, baß man mit ßuft*
feßiffen, bie bem Berfeßr bienen foüen, in möglicßft
geringer Höhe über bem (Erbboben fahren muß, unb
baß es für Kriegsfaßr 3 euge feßr ßinberlicß ift, baß fie
mit (Rüdficßt auf eine Befcßießung ißren Flug in
größeren Höhen bureß 3 ufüßren ßaben.
Das Jefffpidftriben in Baireufß.
Bon (ßaul FeHj. — ßierju 18 Gpejialaufnaßmen für bie „ffioeße" oon ßofpßot. ©. Ulrich.
Slin jungen Blain, groifeßen ben hügligen Slus*
läufern bes gicßtelgebirges, liegt bas freunblicße Bai*
reutß. 3n aü feiner Kleinftabtbeßaglicßfeit betreibt es
emfig ©eroerbe unb ©efcßäfte aüer Slrt — bis aüe
3 mei 3af)re ber laute Feftfpiettrubel ein Stüd ©roß*
ftabtleben in ben ftiüen beutfeßen ©infei oerfeßlägt.
©oßl mirb man an aüen ©den unb Gnben oon
Baireutß an bie oerfeßmunbene Herrlicßfeit marfgräf*
ließet Hofhaltung gemahnt, bie fieß in bem reijenben
alten Opernhaus gewiß ftattlicß genug ausnahm. Siber
aü bas oerblaßt gegen ben ftraßlenben Hof» ben fieß
ßier bie Kunft hält. Ba fommen nun feit meßr als
brei 3 oßr 3 *hnten Fürftlicßfeiten oon naß unb fern ge*
pilgert. Künftler unb ©eleßrte aus aüen ßänbern
finben fieß ein, bie große internationale ©elbariftofratie
ift gleicßfaüs oertreten, unb hinter ben großen unb
fleinen Berühmtheiten marfeßiert ber ungeheure Broß
ber (Ramenlofen, benen bas glüdlicß erßafcßte Biüctt
bie einzige, aber genügenbe fiegitimation ift.
©igentümtieß genug unb ooü oon mecßfelnbem (Reiß
finb bie Bilber, bie fieß nun in Baireutß entfalten.
Scßon in ben erften Bormittagftunben mirb es in ben
Straßen lebenbig. Bie ©efcßäftsleute Baireutßs ßaben
es oerftanben, etwas roie eine (Rießarb*©agner*3nbuftrie
ins ßeben 3 U rufen. 3n Hunberttaufenben oon Sin*
fießtsfarten, in oielen Büften, Bilbem feßrt fein Bilb
mieber. S 3 enen aus feinen ©erfen finb oon 3 aßlreicßen
Künftlern gemalt unb gejeießnet worben, bie m (Repro*
buttionen sum Bertauf ausliegen. Ba finb treuließ
naeßgebilbete ©ralsbecßer unb fleine abgeftimmte ©rals*
gloden, bie eine befonbere Slnsießungsfraft ausüben.
Bie geftfpieltoilette ber Herren erforbert feine große
Sorgfalt, benn bie Baireutßer „Bracßt" ift eigener Slrt.
©äßrenb man im Btüncßner 5 Prin 3 regententßeater
Smofing unb grad 3 um ungefeßriebenen ©efeß er*
hoben ßat unb buntgefleibete Herren ßöcßft unan*
genehm auffaüen, finb in Baireutß bie Bräger feier*
ließet Koftüme in ber Blinber 3 aßl. Blan fommt meift
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Stummer 35.
Seite 1521.
JJrinj trab primeffltt ©td-Jriebricf)
im Sefpräd) mit $tof<f|or II)oi>c.
im gellen ißromenaben»
angug, roie man ign oor=
mittags in ben Säbern
trägt: farbiges 3acfett,
roeige Seinfleiber unb ißa»
namagut. Auch ber Saft»
ansug roirb, namentlich
non ben granjofen, be=
oorgugt. Siefe loilette ift
geroig berechtigt, ba ber
Aufenthalt im geftfpiel»
haus an einem beigen fuon-
©ommernachmittag nur prtnj«ffin tecmc
Heg frieb TBagner
mit feinen beiben ^iebfingsbunben.
bei einer leichten Rleibung
erträglich ift- Sie Samen
roirfen in ihren leichten,
hellen Seibentleibem fchon
etroas feftlicger. Auch fie
haben ihre Sefonberheit:
Sie betreten ben Igeater»
raum mit bem i)ut auf
bem Ropf. Soroie ber
Saum oerbunfelt roirb,
nehmen fie ihn ab unb bal»
ten ihn roäbrenb ber ganjen
Sorftellung auf bemSchog.
fommt
in Baireutb an.
Urogbetjog' anb tBtogberjogin von Qcffcn vor ihrem Qotef.
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Seite 1522.
stummer so.
Sine Baireutljer Spezialität:
ein Sdj trafen ft et mit Bagner-erinnernugcu.
Sie wicgtigfte ©tunbe bes Soges ift bie ber
fagrt aum geftfpielgügel. Ser SEßeg ift nun roafjrlid)
nicgt fo weit, bag man ign nid)t 3 U gug ginaufpilgem
föhnte. . 2Iber bie ÜJtobe ... .1 Um brei Ugr bereits
beginnt ber SBogenforfo. Sie fBaireutger bilben ©polier
unb fdjauen ftold unb freubig, meid) gerrlitges ©rog*
Siefe ffagrt ift aber au<g bie ebt 3 <ge Siegel, bie
ber „®ute Ion" für bie fjreftfpiele oorfcgreibt Sie
befferen löne tommen aus einer gögeren SS eit. 3m
übrigen fpielt ficg bas Sehen smanglos ab. ©erabe in
ben Raufen tonn man an ber emften unb lebhaften SCrt
ber ©efprätge fegen, bag es bem Saireutger $ubQ«
tum auf emftere Singe als auf bie ©«gaufteOung oon
ftobtleben fi<g oor igren äugen entfalten tnilL (Säfte mit Siegfrieb Bogner (X) figen im ^ansftnc.
Sie Sänger SnrgftaUer (1) nnb Bogt (2) im Greife igrer Jrennbe.
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iJhmunei 35r
Seite 1523 .
Xoiletten am
fommt. Dafeba^
bei ben am
toefenben flirft=
liefen f}errfchaf-
ten oiel 2luf=
merffamfeit ge=
toibmet roirb,ift
nur natürlich.
3n biefem 3al)r
mar auch bas
Saiferhaus be-
fonbers ftattlid)
oertreten: bie
Sronprin 3 effin,
^3rin3unb$rim
3 e|fin (Eitel=
griebrich, $rin 3
Osfarunb^rin 3
Die Jrflhiel-
ftabl f
3eidjcn
Sluguft 2Bil*
heim. 2Iuch bie
Königin oon
ffiürttemberg
fotoie ber ©rof^
hersog unb bie
©rofche^ogin
oon Reffen roa*
ren erfchienen.
gaft oöllig ge*
trennt oon bie-
(er 2Belt ber
©äfteoerlebtbie
fröhliche 9tepm
blif ber Stünft*
ler bie geftfpiel*
3 eit. Sie toaren
alle fchon oier
5Bochen oorher
DieprinjenOeiai
unb 2iuguff
Bülheim in
iaireufb
Die 2ta[fafpt 3m ^iufcrgniaft bat Jefffpietyan*.
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6eütlöj&
Wummer 35.
i». II
L
j
g;
i
lD<
m
Die Sänget Berger (U Breuer (2)
ju ben groben in Baireutb
eingetroffen; bie meiften flnb
feit fahren treue Reifer bes
Kaufes SBahnfrieb unb haben
ihre füllen SBinfel, in benen
fie bie Seit bes Busraftens
nerbringen. Die „6ule" ift
eigentlich bas einzige BJirts*
haus, in bem fßublifum unb
Zünftler einträchtig beieinan*
ber fifcen. Beoorgugt ift ber
Blag im Hausflur. #ier
thront allabenblid) Siegfrieb
Söagner mit feinen ©etreuen.
1-,
L 1
ij£ •
^ofopernfdnaer Berger bei bet Obfthänbletin.
XDagncrnifcfjß
fln einem ftunfifalon.
roähreno tm 3'*nmer,
bas mit Rünftlerreli*
quien aller Brt gefüllt
ift, Dr. Briefemeifter
(Soge) meiftens ben
Borfit} führt.
Siegfrieb SBagners
Bcrfönlid)teit ftanb in
biefem 3al)r im Büttel*
puntt bes ^titereffes,
ba er ja nun bie tiinft=
lerijdje Oberleitung ber
geftfpiele übernommen
fl-
u. Briefrmctffer (3) bei bet BliliagslafeL
hat. Biel befprodjen rourbe bie
latfache, bah er jum erften*
mal bem Drängen ber Bp*
plaubierenben nachgab, bie
5}ausgefet)e burchbrad) unb
fid) bant'cnb oor bem Bor*
hang oerneigte. Buch bie
anberen Dirigenten nahmen
bie allgemeine Bufmerffamfeit
in Bnfprucf). BJeld) ein Ron*
traft 3 roifd)en bem feingejeid)*
neten geiftoollen Ropf Rarl
Blucfs unb ber gemütlichen
Behäbigfeit ijans fRid)ters, bet
H
iv\
■■I
Dt. fjumperbiuct am JeftfpieUKms.
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Stummer 35.
©eite 1525.
nod) immer toie oor 32 3 ai) :
ren mit ber Btarfttafdje all*
morgenblid) Einläufe macgt.
Der fdjmierigfte Einlauf in
58 aireutg bleibt aber bod) bas
Sillett. 2ßer fein Sillett nicgt
brei oiertel 3ai)r oorger be=
(teilt, ift übel baran. 3roat‘
ituffabrl ber Königin non Bürttcmberg.
fiinfs. Siegfried XDagncr unb Dr. Bud roäbrenb bet 2 . Dauie bes „parfioal“.
toerben im legten 2lugenblid immer nodj ein paar ^urucfgegeben,
aber biejer Umftanb ift ju betannt gemorben. Stun oerfud)en es
aÜ3u oieie, duf gut ©lücf nad) Baireutg <ju tommen, unb mandjer
mufj betrübt oon bannen 3iet>en, oljne fein 3'd erreidjt 3U gaben.
Bägreub einer paufe oor feem Jefifpieifeaus.
Bitbetr aus Xäbris.
SBon Dr. f)ugo Orotlje (SJtündjen). — fiter^u 7 pfiotograpbifdje Aufnahmen.
6 eit einer Steige oon SBodjen ift Däbris, bie #anbels= unb ber oom mächtigen Stufjlanb befcgügten Steattiqn
metropole Perfiens, eine ber meiftgenannten Stäbte 3 U bereiten entfcgioffen finb. Saufen borg fogar 3Jtel=
Dorberafiens, ob bes gartnädigen Sffiiberftanbes, ben bungen um, bie befagen, bafs bie fBetoogner oon läbris
gier bie Slngänger ber perfif<gen nationalen Steform* fid> unter ben S<gufc bes türtif<gen Steiges au (teilen
partei, bie bas SBalten eines Parlaments, bie 33e= genullt finb, in bem plögiitg gretgeit ber Perfönlicgieit
frehing bes fianbes oon frember Deoormunbung unb utTb ®rüberlid)feit ber Staffen unb Stettgionen als glürf*
oon ber fjerrfcgaft ber am SRarfe bes Zolles 3 egrenben bringenbe SBergeifcungen 3 ur SRacgt gelangt finb.
Stegierungsbeamten, Srgaggünftlinge unb ©roftgrunb’ Es oerlognt fid> barum, (Befdjictjte unb Statur*
befifcer auf igre gagne gefcgrieben gaben, bem 6 <gag Umgebung, Egaralter unb SSeroognerfcgaft ber in Europa
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Beite 1526.
Bummer 35.
wenig befannten Stabt 3 u fixieren, bie nach ber
Sanbeshauptftabt Beheran bie beoölfertfte (etwa 200000
Seelen) unb regfte bes Steiges ift, in ber eine alt«
ehtgefeffene, »egen ihrer Bechtlichfeit unb ihres Unter«
nehmungsgeiftes geflößte Kaufmannfcf)aft ben Sjanbel
bes größten leils non ißerfien non ihren Kontoren
unb SBarenftapethatten aus regiert. SBenige Suropäer
nur »eilen in ihren Blauem, unb nicht häufig treibt
SSßiffensbegierbe ober ©lobetrotterlaune Europäer in
ihren Bereich, obwohl es heute oon Borben her nicht
fd)»er 3 U erreichen ift. Sine nur oiersehnftünbige
SBagenfahrt trennt es oon ber legten Sifenbahnftation
ber transtautafifchen Bahnen, oon Djulfa, bas an ber
©rense ruffifchen unb perfifchen ©ebietes mit einer
S. 1528). Unb bas Snnere ber Stabt bietet ähnliche
Slrmut unb einförmig feit: enge, wintlige, ungepflafterte
©affen, in benen nach ftarten Begengüffen ober Schnee«
fällen bas 2 Baffer fußhoch fleht aus ßehnt 3 iegeln ge«
baute einftöcfige Käufer, bie ber Straße meift ihre
fenfterlofe Bücffront ober bie fahle Ummauerung ihrer
i)öfe 3 eigen. Bie Kleibung ber einherfchreitenben Werfer,
bie fchmarse, h°he ßammfellmüße, bie fogenannte
„Äuläh", unb ber lange, fchmarse Schoßrocf beefen ftch
mit bem nüchternen Smft ber Umgebung.
i)at bie BÜenfchenhanb Bäbris »enig architettonifche
3ier gegeben, fo hol es bie Statur um fo reicher aus«
geftattet. Bon ber Plattform ber j)äuftr fchmeift ber
Blicf über ©ärten unb $aine ber »affergefegneten
Barenlager in einer Haramanferci.
eifernen wuchtigen Sifenbahnbrücfe, mit einigen hunbert
neu erbauten ßehmbaraefen unb lang fich reihenben
3 ollfchuppen als 3 ei<hen ber auch hier nach Slfien fich
oorfchiebenben ruffifchen Begehrlichfeit an ben Ufern
bes »afferreich bahinfehäumenben Slrajes fich aufbaut.
335er bas fofette 3Beiß ber $)äuferrecf)tecfe norb»
afrifanifcher i)afenpläße ober bie fchlanfen, 3 ierlichen
Btinareßs türfifcher Stabte erwartet, in ben Straßen
farbenfrohe Brachten bes Orients unb an Btofdjee« unb
Brioatbauten bie phantaftifchen ßinien arabifcher Oma«
mentif, bem wirb in Bäbris eine horte Snttäufcfjung
werben. Sin bichtes, braungetöntes i)äufermeer, über«
ragt oon ben nieberen Kuppelbauten ber Bafare unb
Bäber unb bem büfteren Koloß ber ßitabelle, bas ift
bas Bitb, bas fich bem $eranwanbemben 3 eigt (2lbb.
Sbene, bie im Frühjahr in (euchtenb grünem Schmucf
ftehen unb im Sommer Früchte aller Strt fpenben; er
erfaßt bie flogen Berg 3 üge, bie im Süben unb Borben
aufragen, ben breiten Bergbom bes Sehenb unb bie lang«
geftreeften hohe« Bücfen bes Karabagh, beren troßige
Böler bie Heimat .ber wilben Kurbenftämme finb, bie
mehr benn einmal beutelüftern ber reichen Kaufmanns«
ftabt nahten unb unlängft oom Schah 3 U ihrer Be«
3 »ingung aufgeboten würben. Bis in ben Blai hinein
liegen bichte, in ber Sonne erftrahlenbe Schneehauben auf
ben Häuptern biefer ©ebirge, oon benen herab fühlenbe
ßüfte über bie Sbene wehen. Sin langer, feßöner #erbft,
ein harter, oft fchneereicher 3S5inter — Bemperaturen oon
20 ©rab unter Bull finb feine Seltenheit — unb ein
prächtiger, wenn auch tu^er Kühling laffen bie brüefenbe
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Stummer 39.
Blitf auf bie Stabt Xäbris.
Sjige bes Sommers leichter ertragen. 9Ud)t
mit Unrecht rnotjl t»at man ben tarnen „Xä=
bris", aus ben perfif<hen2Borten „taeb“ gie=
ber unb „ris“ nehmen flufammengefetjt, mit
feinem günftigen Klima in Serbinbung ge=
bracht. — Unb bie Gebe ber Strafjenjiige
tritt in 23ergeffenheit, menn bie eifenbefchla*
genen fehleren ^olstüren ber Ummauerung
fich öffnen unb mir in bie fjofräume treten.
Dichtäjtige Platanen roerfen Schatten; ein
ÜBäfferchen, in Steinrinnen gefaxt unb in
einem tleinen SBecten enbenb, fließt behag*
lieh baher, bem Xrubel ber ©affe ab*
gcroanbt, arbeiten bie grauen, fpielen bie
Kinber, flehen bie SBiegen ber Kleinften unb
3nneres einer Xeppichmebetei.
gefeilt fich bas gatnilienober*
baupt in ben 2lbenbftunben ju
ben Seinen unb raucht feine
„Kaliän", bie perfifche SBaffer»
pfeife(2lbb. S. 1530). Iritt man
ins innere ber Käufer, nament«
lid) roenn folche reichen perfi*
fd)en Kaufleuten angehören, fo
ftaunt man bes öfteren, roeldjen
Reichtum an Xeppichen, an alten
SBaffenftücten unb gagencen
gufjbobcn unb SBcinbe 3 eigen.
grohfinn unb ßuftbarfeit finb
bem 'ßerfer als (Erbteil arifchen
Blutes geblieben, ©aftmähier,
bei benen bie Sprünge unb
©lieberbrehungen jugenblicher
länjer mic SBein unb anbere
Spirituofen bem Koran jjunt
&roß — Die ©eiabenen ergößen
«fln Xeppic&laget in Xäbrl».
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Seite 1529.
Stummer 35.
(äbb. S. 1527), gehren nicht 3 U ben Seltenheiten. 3eber Schritt bur<h bie innere Stobt, in ber bie
Die ©rünbung ber Stabt Xäbris fcfjreiben arabifche Kaufhallen unb SBafare fi<h behnen, führt bie $anbels«
Schriftfteller ber Sobe'ibah, ber (Sattin bes SBagbaber ftellung oon Xäbris oor äugen. Sange 3üge non be*
Kalifen ijarun al 9tafd)ib, au, bie hi*r oon gieber« labenen Kamelen, Serben unb ÜDtaultieren ((hieben fith
leiben genefen fein foü. 3Bahrfct)einlich jebod) hot burd) bie engen SBafargaffen, bie, geroölbeartig überbedt,
Xäbris — toenn au<h unter anberem Flamen — im ^albbunfel liegen. Der ftänbige SEBarnungsruf ber
f(hon 3 ur 3e>t ber Saffanibenherrfcher geftanben, unb Xreiber „habar dar", „habar dar" (Sichtung) gellt bem
erhob fkh untoeit ber heutigen Stabt eine alte Siebe« Kaufluftigen in bie Ohren. 3n f(hmalen Slifchen horten
lung, bereits unter ben Eßarthertönigen, oielleicfjt noch bie Detailoerläufer, bie Serfchleiger ber iBänber, Xücfjer
einige ^ahrhunberte früher. Steht boch Xäbris an unb Stoffe, ber ©las« unb Quincaillerietoaren; in hohen
einer Stelle, beren geographifche Sage gerabeju 3 U ©alerien oon mehreren Stoctmerten beflnben fidj) bie
»Schuluch" (Berfammfoug gelegentlich ber Unruhen) in Xäbris.
einer Ortsgrünbung aufforbert. Die 2ßege, bie oon Kontore ber ©rogtaufleute toie bie Stieberlagen loft»
Xranstautafien nach Kurbiftan gehen, unb folche, bie barer ffiaren, ber Seibenarbeiten aus Kafchan unb
oon ber Sd)Q)ar 3 en*EDleer«Küfte unb bem armenifchen 3esb, ber Xeppiche, bie aus ben oerfchiebenften Sanb«
j)ochlanb oon Xrapejunt über ©rferum nach bem {(haften ißerfiens auf ben SDtarft oon Xäbris lommen
3 entralen ißlateau ißerfiens, nach Xeheran, EDtefcgeb, ( 2 lbb. S. 1528), bie farbenfatten Schirasteppiche, bie
Sfpahan laufen, fchneiben fi<h hier. So mugte früh« farbengebämpften unb boch glän 3 enben ©goraffan, bie
3 eitig in biefer ©egenb eine Stätte ertoachfen, an ber bidtooüigen braunen $amaban, bie bauerhaften, an
alle bie oerfchiebenen Staturprobufte ber umiiegenben ornamentalen geometrifchen SOtuftem reichen Kurben«
Sanbfchaften jum 23erfanb nach ©uropa aufgeftapeit arbeiten aus bem Karabagh, aus Senneh unb SBibjar,
roerben unb bie mannigfachen Onbuftrieerjeugniffe bes bie figurengefchmüdten feibemoeichen Kerman. 2lud) in
SBeftens 3 ufammenfliegen, um ihren 2Beg nach 3 oi)l= Xäbris felbft hot in ben legten 3ogren eine Xeppich*
reichen flögen eines reichen $interlanbes 3 U nehmen, inbuftrie fieg entmidelt, bei ber ün ©egenfag 3 U an«
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©eite 1530.
Stummer 35.
bereit Orten, ©o
nur SJiöbchen
unb grauen
biefe i)ausinbu»
ftrie pflegen,
Knaben bas
Knöpfen tjanb*
t>aben (Abb.
6.1528). Unb
übermältigenb
ift ein »lid in
bie ©eiten S)ö fe
ber Rara©an*
fereien ( 2 tbt>.
6.1526). Sa
lagern in meter*
hoben Siethen
bie »aßen mit
(Barnen unb »aum©oßartifeln aus SJtandjefter, mit
6 amten, SBoßmaren unb Kattunen aus Rrefelb, (Ehemnifc
unb anberen (Bauen unferes »aterlanbes. Sa häufen
fi<b bie (Erträgniffe ber fruchtbaren 6 choüen ißerfiens,
bes labafs oon Sdjiras, bes Opiums oon 3fpahan,
ber 6 eibe oon Stefcht unb SJtafanberan, bes Steifes oon
©ilan, ber SRanbeln unb Stofinen oon Urumia, ber
»aummoße oon SJtefcheb, Kafchan unb Kerman. Sch
habe bie Safere
unb Karaatan*
fereien man*
eher orientaß«
feber 6 täbte
burch©anbert,
bin aber fetten
burch bas bunte
Sreiben eines
an mitteiatter«
«che »erhält«
niffe erinnern*
ben regen i)an*
betslebens fo
gefeffettroorben
©i* in läbrisl
Kein SBunber
benn,©enneine
tätige »eoötterung, beren Kaufleute (Buropas SRärtte
mehr als einmal auffuchten unb bie Wohltaten ftaat*
lieber Orbnung für »ertehr unb $anbel tennen
lernten, ihren Unmut gegen bas oerrottete perfifche
Stegierungfgftem, gegen bie »eftechttchteit eines trägen
SBeamtenheeres feit fahren burch tumuttreiebe »er«
fammlungen, fogenannte „schuluchs ' 4 (Stbb. 6.1529),
unb eben mit ben Stoffen in ber $anb tunbgeben.
Ser f)of eines armenifchen
-O-
Sriig aus önatif.
Hornau oon
4 8*rt|«t>«g. GlsCOfff t
Ser lanaftunbenball ©ar auf ben 3 ©eiten Steu«
jahrstag feftgefeftt. gür bie in ÜJtitleibenfchaft ge«
jogenen gamilien fpiette er natürlich fchon oorher bie
(ebhaftefte Stoße unb beherrfchte bereits bas 2Beif)nad)ts»
feft in beunruhigenber SBeife. 6 tabt gurchheim nahm
©ahr, ©eiche Stacht in ihrer 3ugenb fchlummerte, unb
bie Kaffeetränjehen ber SJtütter ©ie bie #errenabenbe
ber »äter traten in ben ^intergrunb oor ben „Smpfän*
gen" ber Söchterchen unb ben „Kneipen" ber Herren 6 öhne.
Auch bei Amtsrichters tagte ein großer greunbinnen«
taffee, für ben fich aber ßotte*(Ei)rifteI mit „Kopf©eh"
entfchulbigte. SJtargarete ©ar nämlich in ihrer ©itelteit
oerleftt, benn bie „Romtefj" ©ar unb blieb eine „Sie«
nommierfreunbfehaft". »ei ©eitern fdjmerjlicher ©ar
für SJtargarete ber Augenblirf, ba am 3 ©eiten SBeih*
nachtsfeiertag auf einem ber grünen Stipsfeffel ber
SBohnftube ein frember SJtarineleutnant faß.
Siefer grembe foltte SJtartin fein. Unb er fah fle,
bie mit am lifch fafc, faft nicht an unb fprach mit bem
»ater über feine ßaufbahn. Sn acht 2 Bod)en trat er
feine erfte SBeltfabrt an, unb aßes, ©as er mit feiner
fchönen 6 timme fprach, Kong fehr ©ettgemanbt, faft
flüchtig unb fogar leichtfertig.
Aus feinem mageren, fonnengebräunten Anttifc mit
bem Keinen, buntein 6 chnurrbart leuchteten bie buntel«
blauen Augen in einer Art (Bemitterftimmung. 6 einen
3ügen ©ar et©as »ersebrtes, Aufgeriebenes eigen,
bas beängftigenb ©irtte. SJtan fagte fich un©ißtürlich:
„(Entroeber bentt ber SJtenfd) 3 U oiel, ober er fühlt 3 U
überfpannt, ober er lebt 3 U fehr." SJtitten im (Befpräch
fchien ihn auch manchmal eine derftreutheit 3 U be«
faßen, fo bafj er ben gaben oerlor. ßebhaft begonnene
6 äge enbete er mit einer »emertung ber ©leichgüttig«
teit, ja ber ßangmeile.
3 ulefct toünfchte er auch bie ßanbrätin fprechen 3 U
bürfen, unb mit gemattigem ^ersflopfen oernahm SJtar«
garete bes »aters Aufforberung, fle foße SJtartin nach
oben geleiten.
6 ein 6 äbel {(irrte. Sas ©eräufch ftieg bem fungen
SJtäbchen 3 U Kopf. 6 ie lächelte befangen unb errötete
tief unter bem freunblichen »lief, ben ber Kamerab
früherer Sage jefjt auf fie richtete, als nehme er erft
jefct Kenntnis oon ihrer Anmefenheii
Als fie braufjen 3 ur Ireppe fdjritten, fagte er höf»
lieh: „Slun ift ja halb ber grofje Augenblidl... Ser
erfte »aßl... (Beht’s benn mit bem Stoker, ©retelein?*'
,,3d) bente bochl" niette fie beleihen. Unb fie ©ar
gar nicht bie reisbare SJtargarete, bie fie ftets gegen
ßus ©ar. 6 ie glich plöfclich einer befangenen jungen
Same, bie nicht ©agte, »lief unb 6 timme 3 U erheben.
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■’mr:
ghtmtner 85.
„Gs finb ja (Säfte wiHfommen, ßeißt’s großmütig
auf ben (Einlabungen bes wacferen Scßreuber!" fußr
Martin fpöttelnb fort, als fage er etwas gan 3 ÜReues.
fiangfam erftieg er neben Margarete bie Xreppe unb
trug babet ben Säbel an ber Koppel, was Margarete
Sufierft fcßneibfg fanb. „Vermutlich wage icß mid) ba
aud) in ben Saal!" fußr er leicßtßin fort. „ftaft bu
nod) eine Dour frei? Ober beißt es (Extratour fapem?"
Sie mertte nicht, baß feine Augen feßon bei ber Dür
waren, bie 3 U ©roßmutters Zimmer führte. Sie oermeinte
oielmebr, er fcßaue gefpannt unb überrafcßt nur auf fie,
unb oor feinem Vlicf liege enthüllt ißr großes ©eßeimnis,
baß fie bie ißolonäfe unb ben erften ©alaer für ihn
nicht nur aufgehoben, fonbem aud) mit allen Mitteln
gegen ßu 3 oerteibigt hotte. .. .
Unb babei oergaß fie gan 3 3 U antworten, unb er
wieberbolte auch feine grage nicht. Als fie aber mit
ihm bei ber ©roßmutter faß, oermochte fie nicht, bei
fid) feft 3 uftellen, ob fie eigentlich geantwortet hotte,
©ine fliegenbe Angft befiel fie, bie ©elegenbeit oerpaßt
ßu hoben, fich fein ffingagement 3 U fiebern.
2)ie fianbrätin faß in ihrem Seffel am genfter.
3h r e buntein, emften Augen blidten mit bem tritifchen
©oßlroollen alter, aber unoerbitterter ßeute auf ben
jungen Mann, ber in feiner tleibfamen Uniform unb
mit feinem neroöfen, abgefpannten ©eficßt oor ihr faß.
Gr hotte ehrerbietig ihre alten E)änbe gefüßt unb mar
nah 3 U ihr ßerangerücft, benn Martin liebte oon jeher
blefe milb=ftrenge grau.
Als er bas ©ebetbuch ber ßanbrätin im genfter«
brett 3 mif<hen ben Vofengeraniumftöcfen liegen fah, griff
er banacß. ©r blätterte barin unb beutete enblich auf
bie „gürbitte für Seeleute". Unb bittenb fagte er leife
unb bewegt: ,,©enn ich braußen bin, beten Sie bas
für mich, ©roßmama! Damit ich weiß, es ift hoch
jemanb, ber bas für mich tut!"
Dann erhob er fid). Gr fuchte feine Müße. Seine
umflorten Augen fcßienen Margarete gar nicht 3 U fehen.
©r bemertte fie erft wieber, als fie an feiner Seite
bie Ireppe ßinabftieg unb mit oerfagenber Stimme be¬
gann: „3a, was ich fagen woüte, Martin ... ©enn
bu — wenn bu beftimmt 3 um Vall fämft" .. .
Gs war gut, baß fie eine Ißaufe machte. Denn er
brauchte 3 *it, feine ©ebanfen aus ber gerne jurücf=
Sußolen, um fie auf bas Dansftunbenintereffe biefes
{(einen Vacffifcßcbens 3 U richten.
©r blieb mitten auf ber Dreppe ftehen, bie Ejanb
am ©elänber. Gr wanbte fich 00 H bem jungen Mäbcßen
<$u, bas glüßenb oor Verlegenheit nach weiteren ©orten
rang ... Unb ba fiel ihm auf, wie hübfcß biefer
fBacfflfch war.
,,©as befleßlft bu?" fragte er nun. ,, 3 d) — ich
{omme beftimmt!"
„Dann gebe ich bir ben erften © 013 er, benn bie
fßolonäfe muß ich mit Scßreuber anführen!" ftieß fie
fchnelt heroor unb hob ohne Scheu ihre funtelnben Augen.
„3<h benfe, ßu 3 hot bi<h engagiert?" entgegnete er.
„ßu 3 fagte fo etwas!"
„3<h gebe ben erften ffial 3 er aber birI" beharrte
fie. „Du brauchft ja gar nicht barüber 3 U fprecßen,
Seite 1531.
nicht wahr?... Alfo — abgemacht!" Unb fie griff
nach feiner Ejanb, ohne baß er fie ihr entgegenftreefte.
Der Amtsrichter hotte oermutlich bie Stimmen auf
ber Dreppe gehört unb trat jeßt aus ber lür bes Gß«
3 immers. Das oerhinberte Martin, eine ©inwenbung
gegen Margaretens ©unfeh 3 U erheben, ©r war 3 iem(ich
oerblüfft über biefes originelle ©ngagement feitens ber
jungen Dame.-
So oiel blühenbe weibliche gugenb auch auf bem
Vati oerfammett mar, ber Stern bes Saals war
hoch bie braune Margarete oon Ejermannsthal. 3t)re
aufgeftedten braunfchwar 3 en 3 °pfe frönten ihr ßo<b»
getragenes ftolses E)aupt, unb wenn fie mit ihrem
, fchmebenben, ftinfen ©ang in ihrem weißen Kleib burch
ben Saal fdßritt, fehlen fie fleh einer gürftenmürbe be«
mußt 3 U fein.
Sie tan 3 te eigentlich nur mit bem ßebrer „oor",
benn fie war Meifterin, ohne geübt 3 U hoben. Sie
hatte feinen Verehrer, benn ben einen, ber fte oer«
folgte, ben wollte fie nicht, unb bie anberen, bie fich
gern um ihre ©unjt bemüht hotten, tarnen nicht an
bem „einen" oorüber, ber wie mit brohenb eingeftemmten
Armen, einer Mauer gleich, Margarete bewachte.
Die gan 3 e Stabt wußte barum, unb als am 3 meiten
3anuar oormittags ßu 3 oorfuhr unb bem Amtsrichter
einen torreften Vefuch machte, um für bie ©hre 3 U
banfen, Margaretens Kaoalier für ben Abenb. fein 3 U
bürfen, ba wanbeite Hermann eine Ahnung baoon an,
baß biefer VaH für feine locßter eine Seßieffalsent*
fcheibung werben fönne.
Margarete aber hotte nur ben einen ©ebanfen:
©arum hot Martin mir fein Vufett gefeßieft? 9lur
mit äußerftem ©iberftreben ließ fie fid) oon Katßinfa
bas taufrtfeße Vufett in bie 5)anb brüefen, bas ßu 3
gefanbt hatte; finfter legte fie mit Vater unb ©meline
ben ©eg sum irjotel surücf Den ©arberobenraum
ber lansfcßülerinnen traf fie feßon gebrängt ooK oon
baufeßigen, blütenßeden Kleibern, blumengefcßmücften
Köpfen unb erregten ©efießtem, aber weber ßotte»
©ßriftel noeß Küßleboms waren ba.
3 ornig über bes Vaters (ßünttlicßfeit naßm Marga«
rete ben Scßal 00 m Kopf.
,,S )ier erftieft man ja!" 3 antte fie. „Scßreuber hätte
uns aueß nicht fo einen ^infelftall 3 U geben brauchen!"
Sie hatte auch bie weißgebeeften Difcßcßen gefeßen,
bie ben gonb bes großen Saals füllten. An einem
ber oorberften Difeßcßen faßen feßon ber Vater unb
©meline. Unb gerabe trat ber Kommer 3 ienrat Küßte«
born ßerau unb naßm mit feiner grau Ißlaß.
ßurüdgefeßoben unb fieß umwenbenb, faß Margarete
aueß bie foeben eintretenben Küßleboms. Sie waren
in hellblau Mull unb rafcßelten mit ißrem laftunter»
röcfcßen.
Dann plaßte Meifter Scßreuber herein, gieberßaft
fnöpfelte ber tücßtige Xan 3 » unb Anftanbsleßrer an
feinen 3 U engen ^anbfcßußen; bie gebrannten ijaare
löften fid) bereits in Vingellocfcßen auf.
„Meine Damens!" feueßte er jeßt. „Meine Damens,
Sie fennen unfer Vrogramm! Unb nun bitte ums
Rimmels willen feine Konfufionen nitl Meine Damens,
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Sette 1532.
bie britte Sour alfo „ä !a reine“ mit ben Sogen«
girlanbcgers. Unb als fei* Srängerei nit, immer Siftanfs,
meine Samens 1
Margarete faß auf bem ®tu 1)1 neben bem Spiegel
Sie mar bie einige, bie fag, benn bie anberen mollten
i^re lotterten niegt oor ber Sotonäfe jertnüllen. Sie
fäegeöe fieg aufgeregt Sie bebte ber grage bes Sana«
meifters entgegen, ob fie mit igm anfügren motte, benn
fie moUte. Senn Martin fie im Stieb lieg, lieg fie
igrerfeits eben aueg fiug im Stieg.
Senn er fie boeg fragte! (Sr fegien fie aber gar
niegt ju fegen. (Erregt flatterten alt bie tteinen gäegercgen;
im Saal mürben bie 3nftrumente geftimmt Stügle
fegarrten..
(Er gat es oielteiegt übelgenommen, bag 5ßapa niegt
mitt, bag icg mit anfügre! überlegte ©rete unb ermog,
ob fie niegt igrerferts Segreuber barauf anreben fotle.
Segon mottte fie fieg ergeben, ba fegtüpfte er gerabe an
igr oorbei unb aur lür ginaus.
©r gatte jeboeg bie lür noeg niegt ginter fieg ge*
fegtoffen, als man ign braugen einige beoote „2lg —
Sttg" — ausrufen gärte unb er bie Saaltür oon
neuem aufrig ... ©elaffen läegelnb trat ßotte*©griftels
goeggemaegfene ©eftalt in ben Sürragmen. Sie
giert noeg bas Sfleib unter bem offenen, gellen Mantel
goeggerafft. 3gr gellblonbes Sjaar mar ftraff frifiert
mie immer, unb nur ein Stofenfnöfpcgen fegmüefte bas
Samtbanb. ©in gräflieger Siener mar bienftbefliffen
bes Moments gemärtig, ba er igr ben Mantel ab*
negmen burfte. Stls meiteres ©eleit 3 eigten fieg Martin
unb ßua.
Margarete fag es auf einen einigen SBtid. Unb
fie fag aueg, bag Martin feiner ©oufine ein Sufett
reiegte, bas fie lintifcg ginnagm. fiug aber brängte
fieg oor, um Margareten einen gtücfftraglenben ©rüg
auauniden. Sann lieg ßotte*©griftel ben Mantel oon
igren Scgultem in bie Sienergänbe gleiten unb fegrirt
ftola über bie Scgmelle; bie ftaoaliere oerfegmanben.
Sie Stügleboms oerfielen in übertriebenes ©ntaüden
über bie Soilette ber Stomteg. Margarete aber rümpfte
bie Stafe: „Cmpire!"
ißlögticg fegmetterte im Saal ber lufeg los. „Avancez
— mes dames,“ tommanbierte S<greuber ... Unb bie
gelle Ätetbermolte aroängte fieg tiegernb bureg bie Sür.
Stur Margarete blieb an igrem 5ßlag. ©rft als
fl egte feglog fie fi(g bem gug an, bo<g an ber Saartür
3 ögerte fie mieber. Sie fpägte naeg ber ätufftedung
ber erften Ißaare, unb bas, mas fie geagnt garte, mar
gefegegen. 3uoorberft ftanben ßotte*©grifte( mit Martin.
Sie fcglecgtefte, aber oomegmfte lanafcgüierin mit bem
oomegmften geftgaft...
hinter ben beiben mar eine ßücfe, oor ber ßua
mit goeggerötetem Stntlig unb umgerfuegenben Slugen
Macge giert.
Margarete labte fieg an feiner Slot... Satgte er
mirflicg, fie nagm mit bem 3 meiten SSlag fürlieb? Sa
es fi(g um fie ger liegtete, trat fie oon ber lür surücf —
noeg einige Scgritte rücfmärts ... brinnen ttopfte ber
Sirigent „2lcgtung", unb flucgtartig fegtüpfte Margarete
in bie erfte offene lür, bie fieg igr bot.
St ummer 55.
©s mar ber Speifefaal, ooü oon gebedten Safeln
unb Sifcgegen. Stiemanb mar anmefenb. Margarete
ftarrte in bie ßuft, unb igr mar, als roaegfe bie oolter
unb ooller tönenbe Mufit um fie ger unb braufe über
alle igre audenben ©ntpfinbungen unb mirren ©e«
banten gin.
gaft fegrie fie auf, als fie ein Scgnaufen ginter fieg
oemagnt. ©s mar ßua- Sie am ärm faffenb, feuegte
er, feuerrot, fegier gefegmollen im ©efugt: „Marum
tommft bu niegt? ©s gat ja fegon begonnen... Mir
finb bas ameite Ißaar!"
Sie ftieg ferne fjanö fort, bie Slugen ooü Seraegtung
unb gom. „®s intereffiert mieg niegt!" antmortete fie,
fo erbarmungslos, mie nur ein gana junger Menfeg
fein fann.
„So — fo miüft bu übergaupt niegt?" ftammelte
er mit oerfagenber Stimme. Seine Stugen füllten fieg
jäg mit emporfegtegenben Iränen. „Mas gäbe icg bir
getan? Su blamierft mieg über aüe Magen!"
Margarete gatte fieg auf einem ßeberfofä gmten
an ber Manb niebergetaffen. Statlos ftanb ßua im
fliegt eines Stronleuegters in feinem grad unb mit ben
fpiegelnben ßadfegugen. ißtäglicg aber ftürate aueg ber
Slmtsriegter in ben SaaL
„Mas? 3gr feib gier?" rief er. „3cg fuege eueg
überaa! Mas ift! 3ft ©rete tränt?"
©r fag nur ßua forfegenb an. Siefer giert ben
Slid aber in einer eigentümtiegen Meife aus, unb mit
einem fegmeragaften Süden feines grogen, barttofen
günglingsmunbes fagte er: „ga ... es fegeist fo!"
Sann bregte fieg ßua um unb ging mit grogen
Segritten aus bem SaaL
Unb ber Slmtsriegter ftanb oor feiner Socgter. ©r
fag, bag fie nur trogte, menn er aueg niegt mugte,
marum fie es tat. ©r baegte an ©inas Unbeugfam*
teiten, unb er garte erfagren, bag man benen gegen*
über macgtlos mar. Jrogbem gieg es, ben Strog au
breegen .. mit gana fefter ijanb.
Unb er rief fie an: „©rete! Stomm fofort mit mir
in ben Saal! Man mirb benten, bu gaft bieg oer*
fpettet! Su ganbelft niegt nur täriegt, fonbem aueg
rücffiegtslos. Su beleibigft bie ganae gamilie gureggeim
unb bringft aueg mieg in eine äugerft fatale ßagel Mo
ift bein Sufett? ... SSormärts!"
Margarete gärte bas SBeben in ber Stimme bes
Saters. Sas tannte fie fegon als ungeiloertünbenb.
©ingefegüegtert ergob fie fieg, gölte igre Stofen aus ber
©arberobe unb folgte bem 23ater mortlos an feinen lifeg.
Man tan 3 te fegon bie ameite Stummer, ßua mar
mit Steüa Äüglebom babei, ßotte*©griftel mit bem
gorftabjunft. Martin ftanb mit anberen „Säften"
an ber Manb unter ber girlanbenbegangenen ©alerie.
2lls gegöre fie niegt aur Sanafcgule, fag Margarete mit
am Sifcg ber „Slngegörigen". ©raf gureggeim, ber
aueg beim Stmtsricgter 5ßlag genommen garte, begrügte
Margarete fo ungnäbig unb faft oertegenb flüegtig, bag
fie füglte, mie ftart fie fieg oergangen gatte. Um fo
liebensmürbiger mar Somteffe ©garlotte, bie in einem
fegmarafeibenen Solantfleib ebenfo ber Mobe femftanb
mie ßotte*©grifteL Obgleieg Margaretens Starte ooü
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Bummer 35.
Seite 1533.
betrieben war, fam fein einiger ber länger, fle 3 U
holet». Sian betrachtete fie anfchetnenb für ausgefchieben.
Such ßug vergütete auf feine Siagurta. ©rete fächerte
ihr tief erblaßtes ©eftchtchen.
SIs aber bie erfte ©ftratour angefagt würbe, fam
Startin gu ihr. ßug hatte feine Schwefter geholt. Unb
es machte allgemein ein peinliches Suffehen, als fich
Stargarete erhob unb fich am Srm bes Starineteut«
nants gu ben fehr wenigen paaren gefeilte, bie noch
nicht „genug“ hatten.
Ser Smtsrichter fühlte, wie ihm bas Blut ins ©e=
ficht ftieg. ©raf gurcßheim hatte fich auffällig ge*
räufpert. Sie Sfommergienrätin hob bie Lorgnette unb
fagte mit einem mertwürbigen Sachen: „©nblicf) lägt
fich auch mal 3l>re ©rete bewunbern, ijerr Smtsrichter l"
Cs war ein weicher, faft müber ©alger. Sber bas
Saar, oon aller Sugen gefolgt, tangte leicht, fchwebenb.
Unb tangte immer weiter, als auch bie anberen Baare
fchon gurüctgetreten waren. Stan fah, baß ber Offigier
einige ©orte gu feiner Sängerin fprach. Sie lächelte —
unb noch einmal machten fie bie Bunbe.
©nblid) wintte Schreuber ab. Sber ein eifiges
Schweigen empfing Stargarete, als Startin fie an ben
Difd) gurücfbrächte. Stan ging übrigens auch bereits
3 um Büfett, benn bie große Saufe hatte begonnen.
Oftentatio gingen ©raf gurd)heim unb feine Schwefter
ooraus. 3uleßt folgte ber Smtsrichter mit feinen
Död)tern. Unb bie qualvolle ©efpanntheit blieb. Sie
lüfte fich erft ein wenig, als ßug in rafcher ©ntfdjieben*
heit bei ber allerleßten Rotiüontour am Difd) erfchien
unb feinen Büdling vor Margarete machte.
(Er führte Stargarete auch gur Dafel, aber — er
fprach fein ffiort mit ihr. (Er hielt fich nur ber ßeute
wegen an ihrer Seite. (Er wollte feine Sieberlage
nicht gugeftehen. Startin hatte ßotte=(Et>rifteI gu Difd)
geführt, ©r faß Margarete fdjtäg gegenüber. Oefter
fah er gu ihr hin. Unb bei einem allgemeinen Snftoßen
nach bem Doaft, ben ber Bürgermeifter auf Schreuber
ausgebracht hatte, benußte Startin gefd)idt bie ©elegen*
heit, Stargarete guguflüftem: „©ooioa — bie ©jtratour!“
Unb fie lachte unb antwortete: „©ooioa I“ Sber
ihr ßachen war höhttifd)-
Der Smtsrichter hatte gang trübe Sugen. Unb bie
ftomteffe ©harlotte lächelte fo frampfhaft, baß es einem
weh tun tonnte. Sie mochten beibe baran benten,
baß auch fie hier in biefem Saal ihre Sangftunben*
wonnen genoffen hatten ...
Hermann hatte vorhin in Startins $anb bas Rächer»
chen gefeßen, mit bem auch er einmal feiner Sngebeteten
Stählung gugewebelt hatte. ©ie gut tannte er bie
Stmiaturen ä la ffiatteau. Da war ein Bärchen in
einer Bofenlaube. ©ie bebeutungsooll war es gewefen,
wenn er auf biefes Bärchen gegeigt hatte. Unb ßottchen
war tief — tief errötet. Unb wohl nicht nur beshalb,
weil bie ©atteaubame ein recht freimütiges Defoltete trug.
Such Startin hatte vorhin bie Stiniaturen beficßtigt.
Sber er hatte nicht auf bas Bärchen gebeutet, ©r hatte
langfam bas gäcßercben entfaltet, um abmechfelnb fich
felbft ober feine ©oufine gu fächeln. Unb Hermann
buchte: ©r ift wohl tlüger, als ich es warl
Der Saal hüllte fich f<hon in Staubwolten, als
man befchloß aufgubrecßen. Sber im teßten Stoment
follte ©meline, bie, nur mit ben Sugen genießenb,
artig unb fteif in ihrem weißen Spißenftaat ©ürbe
behauptet hatte, noch ihren Triumph feiern.
ßug, ber fich °on neuem femgehalten hatte nach
ber Dafel, tarn unb engagierte fie ptößlich gu einem
5Balger. Unb es genierte ihn nicht, baß nur ein bunter
$opfaffa baraus würbe.
Stargarete aber ging mit Startin fchon gur Dür.
„Stenn reift bu?“ fragte fie fchned unb leife.
„3n gwei, fpäteftens brei Dagen 1“ antwortete er.
„Unb mann fommft bu mieber?“
„Das weiß ber Fimmel I“
„Sun — {ebenfalls triffft bu mich nicht mehr hier
in tjurcßheim anl“ Unb Stern fchöpfenb, ooüenbete
fie: „Sch gehe halb gu meiner Stutter! Unb ich werbe
eine große Sängerin wie fie!“ Den Ropf in ben Baden
merfenb, richtete fie auf ben jungen Stann an ihrer
Seite einen Stid, als fei fie ihres Sieges über alle
Sielt gewiß. —
„Bein, es war boch wirtlich reigenb, nicht wahr,
S)evt ©raf?" fagte ba bicht hinter ben beiben bie
Rommergienrätin Rühleborn gu ©raf ßubwig.
©ßriftebßotte aber rief in ihrer oorwurfsooll ttäg*
liehen Srt: „Startin, haft bu meinen Schal?"
19.
Stargarete verbrachte ihre Dage in einer Seelen«
ftimmung, bie fich aus ©etränttfein unb Sehnfucht gu*
fammenfeßte, benn ber aufflammenbe Droß, ben fie
guleßt Startin gegeigt hatte, tonnte fie nicht barüber
hinwegbringen, baß ber Bater fie „umging" unb ihr
Benehmen mit Schweigen richtete, ©r fprach f* e
nicht an.
Da tarn Stargarete gu bem ©ntfehluß, ben Beiftanb
ber ©roßmutter gu fueßen. Sie mußte fich auch gegen
jemanb ausfpredjen, ©meline ober Rathinta taugten
ihr bagu wenig. So trat fie eines Sbenbs bei ber
ßanbrätin ein mit ber bemütigen grage: „Darf ich i>ir
etwas ©efellfchaft leiften, ©roßmama?"
Die alte Dame, bei einem grün verhangenen ßämp*
chen ftridenb, fah erftaunt auf unb burch bie runben,
blanfen Briüengläfer nach ber ©ntelin, bie fo artig war.
„ßäßt bu bich wirtlid) auch mal fehen, mein 5jerg*
eßen?" fragte fie. „Du bift bod) nicht tränt?“
Stargarete fühlte ben in jenen ©orten enthaltenen
Borwurf wohl, unb er griff ihr ans ^erg ... Unb wie
bie ©roßmutter fie nun noch Iw tiebeoodften Don auf
ihre ßieblofigfeit aufmerffam machte, empfanb Stargarete
ihre perfönliche Berlaffenßeit bermaßen ftarf, baß fie
in Dränen ausbrach. ©as wußte bie ©roßmutter hist
bei ihrem Stridftrumpf oon ihren ßeiben?
Dief beugte fich Stargarete über ihre Stiderei, aber
vpr Dränen tonnte fie nichts fehen. Die ßanbrätin
aber feßob ihre Brille gurecht unb ftridte wieber Stafche
um Stafche. 2ld), fie war ja fo froh, wenn bie Rinber
wenigftens mit ihren Dränen gu ihr tarnen... 3hr
ßachen gehörte ja ba braußen ber ©eit.
Da bie Dränen bort brüben immer reichlicher tröpfel«
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Seite 1584
ten, (egte bie ßanbrätin igr feines, nach ßaoenbel
buftenbes Matifttucg oor bie ©nteltn bin unb fogte:
„fjaft bu fein lud), Äinbcgen? S) ier, nimm meine!"
Ohne aufaufeben, taftete (Margarete nad) bem Juch
unb pregte es oors ©eficht.
Da ber Amtsrichter nod) nicht 3 ur 3«t bes Abenb«
effens 3 U fjaufe mar, brachte Stathinfa mit fjilfe bes
Stäcbenmäbcbens bas Abenbeffen für bie Äinber nach
oben ins 3 immer ber ßanbrätin, wie bas oft 3 U ge«
fcheben pflegte, benn ber alten Dame würbe es ferner,
abenbs noch einmal bie (Treppen 3 U fteigen.
Mach bem ©ffen würbe noch ber Mobinfon oor«
genommen. ©metine las oor, unb Angelos (Rügen
leuchteten begeiftert aus feinem runben, warmen ©e«
fichtchen.
(Margarete aber ftanb am genfter unb fpähte burch
ben wirbelnben Schnee, ob benn nod) immer nicht ber
Mater tarne. (Mit beiger §ehnfud)t wartete fie auf
ihn. Sie brauchte ihn. Sn ihrem ßeben hotte fie ihn
noch nicht fo gebraucht. Unb nun tarn er nicht.
Unb fie wartete noch immer auf ihn, als fie fcfjon
im (Bett lag unb ©meline feft fdjlief.
©nblich hörte f*e ihn fommen. Cr ftampfte oor ber
fjaustfir tüchtig ben Schnee oon ben gügen ... Die
Rucfucfsuhr im ©gsimmer rief gerabe 3 wölfmal.
(Margaretens Sjer$ pochte, als wollte es serfpringen.
Mach einer tleinert (SBctle erhob fie fid). Ohne fiieht
3 U machen, fchlüpfte fie in einen Sd)lafrocf ber (Mutter,
unb (eife, leife oerlieg fie im Duntein bas 3immer.
Stummer 85.
Sacht taftete fie fich bie (Treppe hinab unb betrat bas
3 Bohn 3 immer.
Der Schnee bes ©artens warf eine milbe, fülle
fjelle herein. Der Rlaoierbecfel g(än 3 te in feiner gan 3 en
gläcge. Die (Tür 3 U (Baters Sch(af 3 immer, bas.Angelo
teilte, feit bie (Mutter fort war, ftanb ein wenig offen.
Sülls (Margarete fchon nah bei ber (Tür war, fragte
es oon brinnen: „Süßer ift ba?"
„Sch!" antwortete ©rete leife, tarn im Duntein an
bes (Baters (Bett unb warf fich an feine SBruft.
Sie rnugte nicht, weshalb ber Mater nicht gleich
fragte, warum fie täme. Sie fühlte nur, bag feine
fernere fjanb ihren Kopf feft an fich pregte. „ÜBas
führt bich h« r , mein ßiebling?"
Unb aus ihrem Denten heraus fchluchste fie unoer«
mittelt: „Sch mug boch fort, Mapali... SSßas tu ich
noch hier? Sch mag niemanb mehr leiben in gurch«
heim, wo fie jegt alle über mich tlatfchen ... Unb
(Mutter wartet boch auf mich!"
(Fr hatte gewugt, bag (Margarete fo 3 U ihm fpreche»
würbe, unb er hatte gewugt, bag er nachgeben mugte.
(Ruch ©ina hatte immer gebeten: „Schiefe fie mir! Sie
gehört 3 U mir! (Margarete, fomm! Die beranwachfenbe
(Tochter gehört 3 U ihrer (Mutter, wo fie auch fei!"
.. . Deshalb lieg Hermann nun bie (Tochter aus
feinen fjänben wie etwas, was nicht fein (Eigentum war.
So hatte er ja auch ®ina aus feinen fjänben ge«
laffen ... Unb ihm blieb nur — Mer 3 icbt!
(Sortfefcung folgt.)
Sltanbleben in (XroutriUe.
Mon Sari ßahm, Maris. — fjtergu 8 Aufnahmen oon (Ehr- Delius, Maris.
(TrouoiUe, Deauoille, (Eabourg — bas ift bas grog«
ftäbtifege ßeben in bie Stranbgäufer getragen. Als bie
Äaiferin ©ugenie für bie Seebäber bes SRermelmeers
ben (Ton angab, mochte man
nod) ben (Finbnuf haben,
als hanble es fid) um
eine wirtliche Sommer« unb ©rholungsreife weitab 00 m
Dunftfreis ber Kapitale, fjeute finb (Trouoille, Deauoille
unb ©abourg nurmehr gaubourgs oon Maris mit etwas
3roifcf)en ben Stranbjelten toähtenb bes Ttachmitfagsfonjerts.
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©efte 153b.
Stummer 35.
ift man trocfen, bann mirb man aud) fd)on
in Saris angelangt fein 3 um 2Infleiben.
Die „©rofee 2Bod)e" oon Irouoille gleicht
recht fef)r ber ©rofeen 2Bod)e oon Saben-
Saben. Sie ift nic^t meniger international
unb nicht n3enigcr elegant; ber Sport gibt
ber. Sormanb, auf ber Sabereife ben ßujrus
Die pariferin
beim Jtreoettenfang.
üJteer rings-
herum. Die ©£=
prefoüge fah¬
ren fo flinf,
baf 3 man nid)t
mehr 3^
braucht als frü¬
her 3 U einer
Sicfnitftour
nad)Serfailles.
Unb banf bem
2Iuto ift man
nach bem Sab
pünftlid) 3 um
grühftüd’ im Slub auf bem Sonforbienplaft unb
3 um five o'clock fd)on mieber 3 urüd im See=
fd)lößd)en ber Stomteffe 3E. auf ber S)'ö he oon
Sabourg. (Entfernungen gibt es faum noch,
unb roie es in ein paar fahren mit ben s 2loia=
toren fein mirb? . . . Stan mirb fid) nad) bem
Sab in feinen 2leroplan fe^en unb fid) ben Iritot
im Sonnenfd)ein unb ßufoug trorfnen laffen;
Nachmittags auf ber Bromenabc.
3m Dtincnfanb.
foi^ufefcen, ben
man nad) ber 2Bin=
ter= unb grühjafjrs*
faifon fliehen mollte.
Sieht man in Sa*
ben-Saben, in 3n*
terlafen, in 2lij=les*
Sains unb inlrou*
uiüe bie Auslagen
ber3umeliere,Spit*
ßenhänbler unb
Sarfümeure, bann
Bflcf auf ben Babeftranb.
Digitized by
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Stummer 35.
agnt man, bag
bie SRonbainen
nur ben Stgau*
plag igrer So*
fetterie roetgfel*
ten. Die Kue
be ißaris in
Xrouoiüe ift bie
birette gortfet-
3 ung ber Sloe*
nue be l’Opera
unb ber Kue
be (a tßaij.
Kitgtsfegltbort,
roas bie raffi*
niertefte Xoilet*
tentunft einer
ftgönen grau
oerlangt, ober
roas igren gaft=
liegen Xiftg an
Delifateffen aus ben ßäben ber Xraiteurs unb Son*
bitors bereitgern'lönnte. Der SJlorgen gegärt ber 3ofe,
ber SRaniture ober bem Coiffeur, benn nur bie roenigften
ber oomegmen ißariferinnen jeigen fitg auf ben ©tranb*
roegen, roo bie ©portluftigen igre Keiterfünfte fegen
(affen. (Erft am Katgmittag oerlägt man bie Dillen,
bie fitg folett ms (Sriin ber oom ©olfftrom begünftigten
Vegetation gineinfegmiegen, unb bann mirb es (ebgaft
in ber Kue be Daris unb „Stuf ben Srettem", bie
entlang bem Kafino über ben gelben ©anb bis 3 U ben
Kteeresroeüen fügren. Die Dromenabe enbet unfeglbar
im $ippobrom bes benatgbarten Deauoiüe, roo täglicg
groge Kennen ftattfinben, bie natg ben SBocgen oon
ßongtgamp, Sluteuil unb CgantiÜt) bas Sntereffe ber
fran 3 Öfifcgen Dfcrbeliebgaber amoatgfen laffen, bis ber
©ranb*Drif gelaufen ift Die Kennbagn ift aus»
ge 3 eitgnet, unb bie ©roge SBotge ift für ben gippiftgen
©port oon mirtlitger Vebeutung, ba in Deauoiüe gieitg*
3 eitig ein groger $anbe( mit $earlings getrieben
mirb. Slucg ber Concours ber ftgönften ©efpanne
unb SBagen mar mieberum fegr anjiegenb. Kitgt
minber ,,en vogue“ ift gier bas unb feit bei
Deauoiüe bas ©olffpiel eingefügrt ift, liefern fitg bort
bie Kationen ber Entente cordiale gigige Stgiatgten.
Da 3 U bas Xennisfpiel unb bas Xaubenftgiegen, bamit
oergnügen fitg bie in Un 3 ag( gerübergetommenen Singel*
fatgfen unb autg bie 2lrifto(ratie ber gauborg Saint*
©ermain, bie gan 3 oon ber ©portmut angefteift
mürbe. Keben ßonboner Cgampions oon SJeruf
mügen fitg auf bem ©olf* unb Xennisplag autgen*
tiftge Dutgeffes unb Comteffes, um im SJaüroerfen
Ketorbe 3 U ftglagen.
Sieben biefer förperlitgen Crmübung bann mit gleig
fitg autg ber Xoilette ginsugeben, oiermal täglicg bas
Koftüm 3 U metgfeln, natg ber „SJtatinee" bas fugfreie
Xennisdeib, bas Xea*©oron unb bie ©oireerobe an*
3 u(egen, ba 3 U gegärt nitgt nur oiei Citelteit, fonbern
autg Heroismus, gür bie Saoaliere ift nur breimaliges
Umtleiben Vorfcgrift; fie 3 eigen igre roeigen gianeü*
ober &einenan 3 üge mit ißanama, fie golen igr foliberes
©portmams unb ftgiüpfen für ben Slbenb in ben tabel*
lojen grad ober roenigftens in .ben ©mofing. Da bas
ßeben in biefen Sftobebäbern, in igren Diüen unb
©ranb Qotels ber Kue be Baris, mo bie Sßrcife göger
finb als in ber Kue be (a an ben SBettbuben
Seite 1537 .
bes$ippobroms
unb in ben
©pielfälen bes
Rafinos ein ge*
miigtiges 23anf=
bepot ooraus*
fegt/ fommt je*
ber, ber in ber
grogen ©efeü*
ftgaft mitreben
miü, in ben
Verbatgt, oer*
armt 3 U fein,
menn er fitg
nitgt in ber
©rogen SBotge
ber Kormanbie
fegen lägt.
Sein SBun*
ber, bag autg
Deutftglanb ein
ftarfes Kontingent oon gremben 3 ur ©rogen SBotge
natg Xrouoiüe fenbet, genau mie im gebruar an bie
Kioiera; bas Slnroatgfen bes beutftgen Clements ift
fogar bas neuefte Cgaratteriftifum ber normannifegen
©aifon, unb bie beutftgen Damen negmen mit Crfolg
an bem SBettbemerb ber C(egan 3 Slnteil.
. SJdt Kennen, SBetten unb Bferbeanfäufen, mit Katta*
rat, Surtgeater unb K&unions, mit five o’clocks unb
Diners oergegt im glug bie Babefaifon. Da 3 u bie ©ee*
regatten unb SBettftgmimmen. 3n ber meiten Butgt oon
#äore miegenfitgim fonnenbeftgienenen SBaffer mie groge
SRöroen bie roeiggeftritgenen gatgten betannter Banfiers
unb autg mantger Zersäge. $)oge Breife finb geftiftet, um
bie (leinen SJlotorboote unb bie beften ©tgroimmer 3 U
intereffantem SBettbemerb ansulotten. Slber bas tag*
liege Vergnügen bilben bie Babeftunben, tBtr fi^~u7fT
flatg abfteigenben Stranb um igren leint roeniger be*
forgte Damen unb Herren gemeinfam ben gluten an*
oertrauen, unb mo man fitg gegenfeitig in ber Rotetterie
bes Babefoftüms 3 U überbieten fuegt. Slusgeaeitgnete
©tgneiberinnen mügen fitg geute, immer neue ©eiben*
tritots für bas Seebab 3 U erfinnen unb fo fomplisierte
SBafferfoftüme 3 U fegaffen, bag niemanb agnt, menn
bie Damen igre Sabine oerlaffen, fie moüten fitg ins
naffe Clement begeben. Die Stgar ber 3 uftgauer ift natür*
litg gröger als bie ber Sabenben, bie fitg nitgt fegr
burtg bie ßorgnetten geniert 3 eigen. Kur bie Sinber, bie
genau mie in anberen, meniger oon ber Kultur be*
leeften ©eebäbern ungeftört igre ©anbburgen bauen,
geniegen roirditg bie friftge ßuft unb bie ftgöne Katur.
Xrouoiüe ift ein Cben, oom SJteer umfpült, bie
SRobetorgeit gat es 3 U einem ©aion gematgt, mo man
fitg 3 iert unb (angmeilt mie in anberen ©alons, unb
roo man glütfiitgen ©petulanten fein Selb lägt, bis
bie SKobe fitg natg anberen ©eftaben oerpfianaen mirb.
❖ ❖❖
Bilber aus aller Belt
(Ein eigenartiges 93iIb aus bem ßeben am XBibo in SBenebig
bat ber ^ßbotograpb auf bie glatte gebannt. ÜJRan fief)t, mie
ba ein Zünftler in bem benfbar leidjteften ©abefoftäm feinen
Seruf ausübt: 2)er italienif(be ÜRater ©eruccio malt ben
SBiener 6djriftfteüer Hermann Sabr, ber im langen 95abe«
mantel am 6tranb oor ibm ftebt
Digitized by Google
Seite 1538. Ulummer 85.
Die Hunfl am Cibo: Der ifadeaifd^e Äünftter Beruccio matt Hermann Ba&r.
Bon 5er ^ocftjett Sir 3ofcn Spencer (SbunftiU*, mtt Cabg Groenbeßne Berfie: Das junge paar oertö&f bie IUr<$e.
Digitized by
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Drummer 35.
Seite 1589.
(Ein (Ereignis für
bie englifdje (Befell*
fdjaft mar bie Ver*
mäfjlung bes 2 Jtr.
_3obn Spencer (Bf)ur*
<t )ill mit fiabt) ©men*
beline Vertie. Der
Vräutigam ift ein
Vruber bes englifcfjen
5)anbelsminifters
DBinfton (Bfjurcfjiü,
ber an ber Xrauung
in ber St.=2Ilot)fius*
Äirdje 3 U Orforb teil*
nahm; bie Vraut bie
ältefte Xodjter bes
(Barls of Slbingbon
aus beffen 3 meiter
(Ehe. Unfere 2Iuf*
nähme 3 eigt bas
junge $a ar beim
Verlaffen ber Äirdje,
mobei ein fdjöner
©ebrauch 3 U (Ehren
tarn. (Eine 2 lborb*
nung bes Dfforbfhire
3Jeomann) brachte
eine militärifrfje ftul*
bigung bar.
3n ßonbon ift eine
junge Xän^erin Vtifj
Rollis ÜRonfman
mit aufrerorbent*
lidjern (Erfolg im
2IpolIo=Xheater auf*
getreten. Sie fjatte
einen Schmetterling
bar 3 ufteüen unb fanb
fid) mit ihrer 2 luf*
gäbe in einer 2 Irt
unb $Beife ab, bafj
ihr begeifterte 35er*
efjrer bas *ßräbifat
ber lebten Vertreterin
ber tlaffifchen Xan 3 *
funft betgelegt ha*
ben. Die junge Dame,
bie in ihrem fu^ent
©a 3 eröcfchen mit
ben ®a 3 eflügeln unb
im gli^erttben 3 u*
melenfchmucf einen
ent 3 ücfenben SInblicf
bietet, ift eine Xoch*
ter bes (Ehrenfefre*
tärs bes (Efcentric*
tlubs Vtr. 3 acf E)arri*
(oft: Sie mürbe im
*Mot. Äcamc.
Sin neuer Sana auf ber englif$en SJü&ne-
2m& yt)t)U\* fflonfman-Conbon in ihrem flaffifchen SchmefierRngsfans.
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©eite 1540.
Hummer 35.
Blicf ln bie UusffeUung.
Januar 1892 geboren unb begann itjre fiaufbahn als Xän»
3 erin im 2llter oon amölf Jahren.
Die päpftlicfje Schmei^ergarbe foü eine neue Uniform er*
ballen, ober richtiger, fie foll bie ber Vergangenheit roieber*
befommen. *Dtan mili fie mieber mit ben alten Reimen unb
5)eüebarben ausrüften, bie fie 3 ur 3eit ihrer Begrünbung burd)
ben ^ßapft Julius 11.
getragen h a *- 3n*
beffen hunbelt es
fid) babei nur um
eine 2lrt ^ßarabe*
ausrüftung für be*
fonbere feftliche (Be»
legenheiten,bei benen
bie ©chroeijer ben
Xragfeffel bes ^ap*
ftes begleiten.
(Es ift befannt,
ba& in Dftafien kunft
unb kunftgeroerbe
3 U allen feiten in
hoher Blüte geftan»
ben haben; in (Europa
finben bie eigenarti»
gen (Bebilbe, bie aus
bem fernen Often
herüberiommen, feit
langer 3eit Ontereffe
unb Berftänbnis.
Jet )t foü in kiel oon
ber Stabt ein üftu»
feum für oftafiatifche
kunft erbaut roer*
ben, um junächft bie
Sammlung bes ^Jro*
Die neue Uniform für bie päpftlidje Schtoeiiergarbe.
$.ljoL Xvonxiann.
Heilanfldjt ber SlusftcIIung.
2lus ber Xeilausffeüung ber Sammlungen bes Blu^eums
für oftafiatifche kunft in kieL
icffors s 2lbolf Sifcher aufounehmen, ber mehrere Jahre als
ioiffenfchaftlid)er Sadjuerftänbigcr im Auftrag bes Deutfcheti
'Jteichs im fernen Often für bie königlichen ÜJtufeen in Berlin
unb für Sliel tätig gemefett ift. Das Gutachten bes Senats ber
Unioerfität geht bal)in, ba& eine Sammlung oon ganj h^r*
oorragenber Qualität oorlicgt, mag man fie oom Stanbpuntl
ber kunftgefd)id)te, bes kunftgemerbes, ber Bölferfunbe ober
ber !Keligionsgefd)id)te mürbigen. Ußir bringen heute Slnfichten
oon ber pronifortjeben Xeilausftellung ber Sammlung, bie in
einem Btufeum untergebracht ©erben foü.
Schluß ües reöaft Sdt*.
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Kummer 35.
29. ifttguft 1908.
Seite I.
empfinbet mön nnd; einer Slopfwafchung mit bem
neuen Präparat „^ßhraoon". ^ßi£aoon ift eine tnilbe,
flüffige Slopfwafchteerfeife, ber man mittels eines be=
fonberen patentierten Verfahrens ben üblen leergerud)
genommen bat.
(Es bürfte allgemein befannt fein, baf3 ber leer als
gerabe3U fouoeränes Mittel 3ur pflege bes Haares
unb ber Sopfbaut angefeben mirb. Sie bebeutenbften
Sermatologen halten bie Haarpflege mittels leerfeife für
bie mirffamfte. 2 Iucb in ber weitbefannten Lassar'fcben
Haarpflege=Sttetbobe fpielt bie SInwenbung ber leerfeife 3U
Slopfroafcbungen eine wefentlidje 5 Rolle. ^ßifaoon reinigt bas
Haar nicht nur, fonbern wirft
burd) feinen Seergebalt bireft
anregenb auf ben Haar=
hoben. Sie regelmäßige
^ 3 ifaoon=Haarpflege ift bie
benfbar befte SJtetbobe 31a*
Sonferoierung ber Haare,
bie fid) aus ben mobernen
Erfahrungen ergibt, ^ßijauon
gibt einen prad)toollen Schaum unb
läßt fid) feßr leicht oon ben Haaren l)er=
unterfpülen. Es bat einen fel)r ft)mpatbifd)en
Eerud ), unb infolge feines Seergebaltcs wirft
es parafitärem Haarausfall entgegen. Sd;on nad)
wenigen ^ßi£auonwafd)ungen wirb jeber bie wohltätigen
SBirfungen uerfpiiren, unb man fann wohl bas s ßi£auon
als bas 3bealmiffel 3 UC f>aarpftege anfpred)en.
?ßreis einer glafcbe ^ßiyaoon,
3 bis 4 ÜJtonate aus s
reießenb, 2 3 Jtf. 3 n allen
einfd)lägigen ©efdjäften
erhältlich.
Sille befferen 3 rifeur=
gefchäfte führen <ßi£aoon s
wafd)ungen aus.
(Ein unbefcbretblicbes Boblbebagen
Sie warme 3abres3eit
ift befonbers geeignet,
um bie Vi^gpon=Haar=
pflege 311 beginnen.
Digitized by t^ooQle
Seite 11.
29. gfagiift 1908.
Stummer 35
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Kleckse auf Pulten, Schriftstücken usw. — Kein Eintauchen m»hr, daher
grosse Zeitersparnis! — Jede gewohnte Feder und Tinte kann ver¬
wendet, auch kann „Klio“ in jeder beliebigen Lage in der Tasche mitgeführt
werden. — Zahlreiche Anerkennungen.
Herr Hauptlehrer Hartmann, Nussbach bei | „Ich arbeite ietzt volle 8 Jahre mit Ihrem „KI.KV
Triberg, schreibt: „Da ich schon seit nun 3 Jahren und möchte Sie bitten, mir ein weiteres Exemplar
einen von Ihnen bezogen. „KUO“ im Gebrauch zu übersenden, da ich denselben hier am Platze
habe und mit demselben ausserordentlich zu- nicht haben kann.
frieden hin. ersuche ich um sofortige Zusendung Herr Dr. Ertl, Landes-Fraucnklin'k. Linz,
von zwei weiteren Exemplaren per Nachnahme.“ schreibt: „Ich bin mit „KLIO“, welche ich seit
Herr A. Taddiken, Ahrensburg, schreibt: 3 Jahren benutze, sehr zufrieden, usw. usw.“
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Stummer 35.
29. Sluguft 1908.
Seite III.
Dies unb bas,
Sdjmaramalbhäufer alten Stils, b. f).
f >(d>e, bie ihr efjrmürbiges Strofjbad) nod) ohne
j:be Untermifdjung mit 3te9eln unb ©djinbeln
tragen, merben trofc aller fSflege, bie bie mieber»
ermadjte 2Berifd)ä (jung bäuerlicher Stitnft ihnen
angebeiben lägt, immer (eltener. 3n ©eftalt ber
allmächtigen SBaupoltoei, bie immer unb überall
geuersgefabr unb ©infturafataftropben mitiert,
recft ber bö[e geinb ber Schönheit bes Slltber*
gebrachten feine fallen auch nach biefen male*
rifchen fßobnftätten aus. innerlich mie äußerlich
geht trofc alles Hdmatfchufces auch bie anbei»
melnbe ©tgenait bes Schmaramälber Stauern»
baufes an ben SBorfchriften Der b°cb(öb(icben
Bebörben allmählich augrunbe; es bleibt mohl
ber ©runbrig fo, mie bie zBorfahren ihn oon ihren
Söätem ererbt — aber bie neue 3*tt puftt fo
Diel an ben altoäterifcben 2)orfbäufem herum,
bog nur noch toenige fo echt bobenftänbig auf
bie 3ugenb b^rabfchauen roie bie amei Veteranen
auf unferm Silbe, häufiger als in Dörfern ftnbet
man bie alte Sauart noch an Dielen oerei^elt
liegenben f)öfen. SBeltfern liegen biefe traulichen
Sefter, umgeben oon einigen Obftbäumen, inmitten
eines SBetbeplafees. Sis bort auf bie einfamen
Hochebenen ift noch tetn SJtobernismus gebrungen,
unb ber SBanberer fann bie ungetrübte Samara*
toalbfchönbeit genießen, mie fie oor 100 fahren
mar unb ^eute bort oben noch befteht.
(Öortjefcung auf 6eite IV.)
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Aerzten glanzend begutachtet. Er¬
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Broschüre ffretia »». franko v. Bauer & Cie, Berlin SW. 48
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Google
6eüc IV.
29. giiguft 1908.
ftummer 35.
'Verschiedene Mitteilungen.
— Neuyork — Paris. Der Protos wagen als erster in Paris
angelangt. Als im Februar dieses Jahres die vom „Matin“, einer
bekannten Pariser Zeitung, in Szene gesetzte Fahrt Neuyork—Paris
mitten im Winter ihren Anfang nahm, glaubte wohl niemand an
deren Gel ngen. Ganze Berge von Zeitungen wurden darüber ge¬
schrieben. man sprach für und wider ein derart waghalsiges Unter¬
nehmen. allein die wackeren Pioniere verfolgten unentwegt ihre
Bahn, und der amerikanische Thomaswagen übernahm bis nach
San Francisco mit ganz erheblichem Vorsprung die Führung. Im
eigenen Lande mag ihm dies jedenfalls leichter gewesen sein, da
der 4 bekannte Sportgeist seiner Landsleute ihm keine Unterstützung
versagte, während sich die übrigen Teilnehmer unter bedeutend
grösseren Schwierigke ten und Entbehrungen ihren Weg bahnen
mussten. Ungeheure Schneemassen, tief verschlammte ftade, die
eigentlich die Bezeichnung „Strasse* gar nicht verdienen, stellten
die Energie der Führer auf eine harte Probe, jedoch zähe Beharr¬
lichkeit führte schliesslich doch zur Ueberwlndung aussergewöhn-
licher Hindernisse, und wurden bei dieser Fahrt fast übermensch¬
liche Leistungen gebracht Amerika setzte alle Karten auf den
Thomas wagen, aber es sollte anders kommen. Der in Wladiwostok
angelegte neue Start brachte eine rasche Wendung, und heute sehen
wir Deutschland wiederum als Sieger eines automobilistischen Er¬
eignisses, den deutschen Protoswagen mit seinem tapferen Führer
Leutnant Koeppen als ersten in Paris eintreffen. 20 000 Kilometer
liegen hinter ihm und seinen beiden nicht minder wackeren Be¬
gleitern, und wenn man bedenkt, welche Strapazen und welch
eminente Schwierigkeiten der Protoswagen zu überwinden hatte,
so muss man den Erbauern eines derartigen Fahrzeugs die höchste
Anerkennung zollen und die Fähigkeit bewundern, die einen Wagen
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zu trotzen vermochte. Jeder Hebel, ja selbst die kleinste Schraube
nimmt an diesem Sieg teil, und nicht zum mindesten die Kugel¬
lager, die heute beim Automobilbau ganz entschieden einen Haupt¬
faktor bilden. Der Protoswagen war ausschliesslich mit Kugel¬
lagern der weltbekannten Firma Fichtel & Sachs in Schweinfurt,
der grössten Spezialfabrik dieser Branche, ausgestattet. Ohne den
geringsten Defekt, ohne dass Ersatz nötig war, hielten die „Sachs¬
lager“ den fürchterlichen Stössen, wie sie die meist in einem un¬
beschreiblichen Zustand befindlichen „Strassen“ hervorrufen mussten,
glänzend stand. Zieht man dabei noch in Betracht, welche fast
unermessliche Anzahl von Umdrehungen diese Lager während
dieser Riesenstrecke von 20000 Kilometer machen mussten, so ist
die ganz hervorragende Konstruktion, Qualität und Zuverlässigkeit,
die die Lager damit bewiesen haben, geradezu bewundernswert
und stellen der Firma Fichtel & Sachs, deren Fabrikate übrigens
in den letzten Jahren erstklassige Siege errangen und erst in dem
jüngst stattgehabten „Grand Prix“ des Automobilklub de France
§ anz hervorragend abgeschnitten haben (auf Sachslager wurde der
uverlässigkeitspreis errungen) ein glänzendes Zeugnis aus. Aus
vorstehendem wird selbst jeder Nichtfachmann den grossen Wert
eines Kugellagers ermessen können, obwohl man in Laienkreisen
bis jetzt noch nicht die hohe Bedeutung anerkannt hat, die speziell
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oon oielen, bie mir freirotllig augefanbt mürben. Die oollen
tarnen unb Slbreffen oeröffentliche ich aus bem (Brunbe
nic^t# um Leuten, bie mir aus Danfbarfrif ihre Empfehlung
gefeiert h Q ben, nicht Idftig $u fallen. Die Driginalbriefe
befinben (uh über in meinem Äontor.
.Der $aarauffall bat aufgeljört unb fl<h ein
bcbcutenber Äaffcrou^a geaetgt"
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ift bas flaar gefebmunben, fo roiffen fie nicht, role ein neuer i)aarrouchs heroorgerufen merben fatm.
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gerufen haben als alle anberen 5)aarmu<hsbeförberungsmitteL OReine pomabe unb meine &opfmafd)feife haben fich ba als
mirffam erroiefen, mo alles anbere fehlgefchlagen hat Die fjaarmuraeln merben genährt, neues ftaar mächit ole #aare merben
(räftiger, unb ein fchöntr i)aarreu<hs alert ben ftopf.
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liehe llnterfuchungen haben jeboch ergeben, bah bie Qaarttmtseln noch ebenfo lebensfähig finb mie beifpielsmeife Blumen*
amiebeln. Die ln ben V° r * n fteefenben, noch lebensfähigen 5>aarrouraeln finb nur burch eine fie bebeefenbe, aus 21 usf<hetbungen
ber Äopfhautbrüfen, Schmufc ufm. beftehenbe Ärufte baran oerhlnbert, neue
*>aare au eraeugen; ebenfo rote eine in einer oerforften glafche gehaltene
3 roiebel feine Blüte treiben fann. Durch meine Äopfmafchfeife unb meine
Vomabe roirb einerfeits biefe firufte oon ber Kopfhaut entfernt, anberer-
feits merben ben jjaarmuraeln jene 9tährfioffe augeführt, beren fie au ihrer
Äräftigung bebürfen, unb infolgebeffcn fangen bie f)aare mteber an au
machten. Diefe rounberbare XDirfung ift felbft bei Btännem unb grauen
eingetreten, bie längere 3«it lichte Stellen auf bem Äopf hatten, ein Be-
meis, bah bie fjaarrouneln immer noch lebensfähig maren, aber infolge
ihrer „Einferferung* feinen neuen 5)aarmuchs e^eugen fonnten.
Ein Versuch
kostet nichts!
Jeber Cefer blefer 3eiffct)riff,
ber lichte Stellen am Stopf hat ober über Schuppen, fmarfömunb ober
ooraeUtges Ergrauen flagt, follte einen Berfuch mit meinem 5)aarmuchs-
mittel unb meiner Äopfmafdjfeife machen. Beibe finb ooüfommen unfchäblich, felbft auf ber aarten j)aut eines Keinen Äinbes, unb
ba fie meber Stfraneten noch giftige garbftoffe enthalten, braucht
fich niemanboor bem Gebrauch au fcheuen. 3<h biete jebermann
Gelegenheit, ben mtrflichen 3Bert meines Mittels au erproben.
^/xmr dIct fable ©teilen, jo flrof) nie MXarf*
c türfe. Siele Kittel erfolalo» angeroanbL
©erbrautb be» Jjoir-Sronjer»"'
rin üppiger fioqrmud?» entmitfeil." w
2fuf 'Perlangen fenbe itft an jebermann eine
probebofe meiner Pomabe, ein Studien meiner
Seife unb ein intereffantes Bad) ootlfommcn
grätig unb franfo. — (Eine poftfarte genügt —
3oljtt Craoen-Budeigf),
Berlin 109, Celp 3 igerftr. 42, “•
Jbtr 3ol?n <EraBerv$urleiflb i>alrHBromer ^at
fub au$ bet mir beroäbrt ÜRetn f>aar tft
toleber blc^t geworben, unb 510 or bittet
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BUber oom Doge. (Bfcotograpbifdje Bufno&men).. . 1549
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forps ab.
3 n SUtona tritt ber ßentraloerbanb ber ©emeinbebeamten
Preußens 311 feiner 13. hauptoerfammlung aufammert.
28. Muguft
Das ßaiferpaar trifft, oon QRefe fommenb, in Stras¬
burg i. ©. ein.
Der beutfäe ©efanbte in Btaroffo Dr. Rofen roirb in
Rorbernep oom Reichstanaler gürften'Büloio aum Bortrag
empfangen.
3 n VMen mirb betanntgegeben, ba& bas öfterreidjifdje ©e*
famtminifterium befcbloffen bat, auf ©runb bes ©rmäcbttgungs*
gefefces ben i)anbe(soertrag mit Serbien am 31. 2luguft pro*
oiforifd) in $raft 3 U fefjen.
Der belgtfcbe Senat mahlt an Stelle bes oerftorbenen
©rafen oon SRerobe ben bisherigen Biaepräflbenten Simonis
3 um ^räfibenten.
©in in ?5efing oeröffentlicbtes faiferlicbes ©bift ftetlt erneut
bie ©infübrung einer Berfaffung, beren Vorbereitungen aller*
bings erft in neun 3 abten oollenbet fein follen, in beftimmte
2 lusfi(bt.
29. Kuguff.
Der Staifer nimmt in Strasburg i. ©. bie Barabe über bas
XV. Slrmeeforps ab, bei ber er ben etnaelnen Regiments*
fommanbeuren bie jüngft in Staffel genagelten gähnen mit
einer femigen Slnfpracbe übergibt. Vom Barabefelb aus hält
ber ßaifer mit ber ftaiferin, feinen Söhnen unb Schmieger*
töcbtem feierlichen ©inaug in bie Stabt (2lbb. S. 1549 u. 1550).
Der ©ntmurf ber neuen Strafprozeß bnung unb ber Ro*
oeUe aum ©erichtsoerfaffungsgefeö mirb mit ber Vegrünbung
oeröffentlicbt.
3n Verlin tommen bie europäifeben Vaptiften au ihrem
erften StongreS auiammen.
Die bei ber Stuttgarter Mgemeinen Rentenanftalt ein*
gegangenen Veiträge für ben Seppelinfonbs belaufen ficb auf
meit über brei Millionen Vtarf.
3 n SBafbington trifft bie Nachricht ein, ba& bie oene 30 *
lanifeben Vebörben 'in Puerto ©abello ben amerifantfeben
Dampfer, ber bie $oft mitbra<bte, fmhafen feftbielten, inbern
fie ficb weigerten, bem Scbiff bie Rapiere ausauftellen.
30. Httguff.
Der Äatfer bringt bei einem geftmabl im Äaiferpalaft gu
Stra&burg i. ©. einen Drinffpruch auf bas Reicbslanb ©lfa|*
fiotbringen aus, in bem er feiner Ueberaeugtmg &usbrucf
gibt* baS ber europäische griebe nicht gefäbrbet fei.
3n Strafjburg in Vßeftpreufjen mirb unter Deilnahme oon
3000 2Rännern aus ben Oftmarten ein Deutfcber Dag abgehalten.
31. ttttguft
Das Äaiferpaar febrt aus ©Ifafj-ßothringen nach Berlin
aurücf.
3n Stonftantinopel mirb bie ©mennung bes ©enerals
Dsman Bafcba aum türfifeben Votfcbafter in Berlin betannt¬
gegeben.
3 n gang hollanb mirb ber 28. ©eburtstag unb 3 ugleicb
bas aebnjäbrige Begierungsjubiläum ber Äönigin SBilbelmltia
(Bortr. S. 1551) feftlicb begangen.
1. September.
Der Staifer nimmt bie grofte ^erbftparabe über bas ©arbe*
forps auf bem Dempelbofer gelbe bei Berlin ab.
halbamtlich mirb gemelbet, ba& bie beutfehe Regierung bie
Regierungen ber übrigen Signatarmäcbte pon Ullgedras barauf
bingemiefen bat, ba& eine rafebe Slnerfennung Btulap hafibs im
Öntereffe ber Beruhigung ber maroffanifeben Berbältniffe liege.
2. September.
Bon ber englifeben Äüfte fommen Racbricbten über heftige
Stürme unb aablreiche Scbiffbrücbe, bei benen auch ÜRenftben*
leben oerloren gingen.
OOO
Dei M gegen iie finoMeeo.
Sßon ®r. SBilbelm 58obe, .
Oeneralöireltor htr StönigL Blufeen in Berlin.
Sie fiunft fjeute im ÜJliüelpunft bes Sntereffes
oller Sulturoölfer. Sein 3ot)r »ergebt, oljne — um nur
Seutfcfjianb au ermähnen — ein falbes Sufeenb großer
Sunftausftellungen, ol)ne bo§ nicht minbeftens ein
ftattlicbes neues Sunftmufeum eröffnet unb ber <3runb
3 U weiteren Neubauten für Sunftsmecfe gelegt mirb,
ohne bag anfetjrtlicfje Stiftungen für Sunftftubien unb
für Sammlungen gemacht werben. SEBle fommt es,
bag trogbem in neuefter 3eit hier unb ba Stimmen
fich oernehmen laffen, bie balb im ißri^ip gegen bie
'JJlufeen überhaupt als „öbe ajtaffenmagasine", balb
gegen unfere jegige 2 lrt bes Sammelns ober 2luf*
ftellens fid) erflären? 2 Bie fommt es, bag gerabe in
Seutfchlanb biefe Stimmen häufiger unb am heftigften
laut werben, obgleich Deutfdjlanb feine jener „3Jla(fen*
gröber ber Sunft" wie ben ßouore, bas Britifh 9Hufeum
ober bas Sictoria & SIfbert HRufeum befigt, fich viel*
mehr burch bie groge 3 °hi fleinerer unb gefdjmacf*
ooll aufgefteüter SJtufeen oor allen anberen ßänbern
aus 3 eich»et? Originalitätsfucht unb Streitluft mögen ja,
namentlich wo folcfje ißrotefte in ber lagespreffe er*
tönen, mit bd 3 u bie SSeranlaffung fein; ift es hoch
charafteriftifch für uns Deutjdje, bag wir an allem
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Seite 1542 .
Bummer
mätein, aueg am Beften, rnas mir befigen, mägrcnb
bie granaofen auf igren fiouore, bie Italiener auf igren
ißala330 ißitti, bie (Englänber auf igr Britifg ÜJluje-:;i
unb igre Bational (Ballen) fto(3 firtb mie auf Bational*
Heiligtümer, aber bie Klagen treten aud) fonft auf
unb merben gelegentlich oon fegr ernftgaften Beuten
erhoben. Suchen mir bager ben (Brünben bafür nacg*
augegen unb uns flar barüber au merben, ob unb in«
miemeit fie etma berechtigt finb, unb mie ignen ab«
gefjolfen merben tann.
(Ein ®runb für biefe Unaufriebentjeit liegt ameifei»
los in einer geroiffen Ueberföttigung mit Runft, Runft*
ausftellungen unb Runftfammlungen, liegt in bem ü iber*
fprucg gegen bie oielfacg finnlofe Scgmärmerei für Runft
unb bas oft recgt langmeilige unb unfacggemäge ©e*
rebe barüber, bie aus allem unb jebem Journal, aus
Leitungen unb 3 e i*f<^» r *ften, in 23 orträgen unb güg*
rem fid) jebcrmann aufbrängen. (Ein anberer ©runb
liegt in ber Abneigung, bie bie übertriebene ^ropaganba
für Runfteraiegung unb igre trodene fjanbgabung in
mehr fünftlerifcg oeranlagten Staturen geroorrufen mufj.
Solcge aum Xeil gemig berechtigten Klagen treffen aber
nicht ober hoch am menigften unfere alten Runft*
fammlungen, bie füg ja niemanb aufbrängen, unb
bie oon ben (Eingeimifcgen (eiber nicht au oiel befucgt
merben. ©egen biefe richten aber bie Bnflagen gerabe
folcge, bie ein näheres Sntereffe an ber Runft au haben
glauben, benen bie Runftmerte felbft am #eraen liegen.
Sie einen oerlangen, bag unfere SRufeen ein Bilb ber
gefamten Rultur eines Bolfes, namentlich unferes beut«
fchen Bolfes, geben foüen, bag baher bie Runftmerte
nicht für fich, fonbem aufammen mit allen (Eraeuaniffen
ber ©emerbe unb ber Snbuftrie oom Uranfang^an in
hiftorifcher Bbfolge aufgeftellt merben foüen. Das
mürbe alfo 3. 93 . für ÜBüncgen bie Bereinigung ber
Stilen Binafotgef mit bem Bationalmufeum unb
mit bem neuen technifchen „Seutfegen SDtufeum" not*
menbig machen, mobei noch fehr grofje Bilden, nament«
lieh für bie Bauernfultur, ausgefüüt merben mügten.
Sag baburch SBufeumsbauten oon unüberfehbarer Bus*
behnung entgegen mürben, bie feinen befriebigenfönnten,
unb in benen namentlich bie Runftmerte burch bie
Rutturprobutte aüer Brt, amifegen benen fie aufgefteüt
merben mügten, buregaus nicht aur richtigen ©eltung
fämen, habe ich miebergolt auch gerabe in biefer 3eit*
fegrift naeggeroiefen. SBie berechtigt bas Berlangen ber
getrennten Sluffteüung ber Runftmerte ift, bemeift nicht
nur ber Umftanb, bag aüe grogen SBufeen bies Brinaip
aur ©eltung bringen, bafür fei auch barauf gingemiefen,
bag für bas ©ermanifege SBufeum in Nürnberg, bas
in gemiffem Sinn als ein folcges beütfcges Rultur*
mufeum beaeiegnet merben tann, bureg einftimmigen
Befcglug feines Borftanbes unb Busfcguffes ein eigener
Beubau in Busficgt genommen morben ift, um bie
Runftmerte barin gefonbert aur Buffteflung au bringen.
SBenn man fieg barauf beaiegt, bag boeg 3. B. in ben
äggptifcgen Sammlungen bie Rultur in igrer ©efamtgeit
3ur Bnfcgauung gebracht roerbe, fo oergigt man, bag
mir es gier mit einem primitioen Bolf au tun gaben,
beffen Ueberrefte fid) faft gana auf ben Sotentultus be=
aiegen, ber in faft aüen feinen Beugerungen ein fünft«
lerifcg burcggebilbeter mar. Bereits bei ben ©riechen
müffen bie grogen SBufeen — fegon roegen ber 3 agl ber
Runftmerte — bie Scgeibung nach goger Runft unb
Runftganbmerf maegen; um mie oiel megr bei ben
mobemen Bölfern, bei benen bie Beugerungen ihres
Runftempfinbens unb igrer Runfttätigteit in fo 1 ‘l
rcigerer unb mannigfaltigerer SBeife auf uns gefomn 11
flr.b. Buch für bie alten Rulturoölfer bes Oftens it
man jegt enblicg fo meit gelangt, bag man igre Rur *
roerfe oon ben fonftigen ißrobuften igrer Rultur trer t
unb fie gefonbert aur Buffteüung bringt. Unb für unfi e
eigene Runft foüten mir uns auf jene primitioe etgr •
grapgifege Buffaffung unb Sarfteüungsmeife aurü '*
fegrauben taffen?
Sie, melcge folcge gorberung fteüen, anertennen n *
nigfteus noch bas Bebürfnis unb ben Bugen ber SBufee ;
aber es gibt aueg geinbe unferer Runftfammlunge 1,
bie oon ben Slufeen überhaupt nichts miffen moüen, t e
es bejammern, bag man bie Runftmerte nicht megr c n
bem $fag bemunbem tonne, für ben fie gefegaffen feiei :
in ben Rircgen unb Baläften, in benen fie erft bureg b e
ganae Umgebung igre reegte Bebeutung unb igre SBeil e
befämen, mägrenb unfere SBufeen nur ©efängniffe ur b
ßaaarette für Runftmerte feien. Unb menn fie es mirtli g
nur mären, finb fie niegt notmenbig, um aüen ben
Xaufenben unb aber laufenben oon Runftmerten Bu : *
nagme au gemägren, bie igren urfprünglicgen $lag
unb igre Beftimmung oerloren gaben, ober bie uns
bie (Erbe miebergibt, melcge fie jagrtaufenbelang geborgen
gat, naegbem ganae Rulturen in fie oerfunten maren?
Soüen mir etma aerftörte Rircgen mieber auf bauet:,
Xempel unb Balüfte mieber erriegten, ©rabtammern
unb Bgramiben mieber einriegten, um aüen biefen
Runftmerten mieber igren „rechten Ißlag" au geben?
©emig tarnen fie bort urfprünglicg meift beffer aur
©eltung als jegt bei uns in ben SBufeen; aber felbft
menn mir nur im ©ebanten fie aurüefoerfegen, müffen
mir uns ba niegt fofort fagen, bag mir ignen in folcgen
mobemen Ropien ber alten Bäume aueg niegt entfernt
igr altes Btilieu, über bas mir meift nur geralicg roenig
miffen, geben tonnten? SBürben mir niegf reine Rarita«
turen fegaffen? Sas finb Bbenteuerlicgfeiten, beren
Ronfequenaen jene Scgmärmer für ben Beia bes Ur*
fprünglicgen, für bie ÜJtgftif ber alten Runft fieg gar niegt
tlarmacgen ober niegt flarmacgen moüen. Sie SBufeen
merben fie babureg magrlicg niegt aus ber SBelt bringen,
felbft menn es ignen gelingen foüte, bas eine ober
anbere Stücf mieber an feinen alten Blag ober 3U
feiner alten Beftimmung 3urüdaufügren.
SBie ift es benn aber, bei Biegt befegen, mit biefer
„SBirfung am alten Blag“? Sag eine fegöne f>ol3bede,
eine golge oon ©obelins in einem Benaiffancefcglog,
ein Bototofpiegel in einer alten Spiegelgalerie gana
anbers fieg ausnegmen als in einem SBufeumsraum,
roo fie notbürftig einen Blag neben 3ag(lofen anberen
Stücfen oermanbter Brt gaben, roirb jeber gern augeben.
SBo man folcge Stüde ogne anberen ©runb als aur Be«
reiegerung ber SBufeen aus bem moglergaltenen ©anaen
gerausgeriffen gat, foü man fie momoglicg mieber au«
rüdgeben. SBo aber ber alte Blag niegt megr oor*
ganben ober in feiner SBirfung aerftört ift, mie in
ben roeitaus meiften gäflen, mirb man ign boeg bes*
galb niegt eigens neu fegaffen moüen! Bueg bie grage,
ob bie Runftmerte an igrem Beftimmungsort immer
beffer untergebraegt maren als jegt in ben SBufeen,
merben mir oielfacg oerneinenb beantmorten müffen.
SBaren bie grieegifegen unb etrurifegen ©räber, bie
©rabgügel ber alten ©ermanen unb bie ©rüfte unb
Sarfopgage ber Beggpter etma ein mürbiger Blag
für bie gerrlicgen Scgäge, bie fie bargen? SBaren
biefe niegt oielmegr urfprünglicg aum Scgmud fegöner
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Bummer 36.
Seite 1543.
©rieeßinnen, als Ausrüftung germanifeßer Krieger unb
3ur Ausftattung oon S)aua unb fjerb beftimmt? Sinb bie
©ruppen eines Känbler unb alle bie föftlicßen Borjellane
bes 18 .Saßrhunberts in ben Ißorsellangalerien berScßlöf»
fer, in benen fie bie Mänbe bis unter bie Decfe füllen, mir!*
ließ beffer aufgehoben als in ben Schönten ber öffentlichen
Kunftfammlungen? 3 ft bie Aufteilung in ben alten
Kunftfammem, tote fie bas „©rüne ©etoölbe" in Sresben
noch heute aeigt, für bie föftlichen Kunftwerfe, beren Mert
nach Millionen berechnet roerben muß, nicht ein wahres
Begräbnis? Unb ftef>t es etwa mit ber Aufbewahrung
ber ©emälbe, ber Bilbwerte unb ber meiften firchlichen
Altertümer in ben Kirchen beffer? Bur eine Heine 3 a l>I
ber alten Kapellen,
©höre ober gar ber
gan3en Kirche, in be*
nen fie ihren ur*
fprünglicßen ißlaß be»
halten hoben, ift noch
in bem 3uftanb ber
Seit, in ber bie Kunft*
werte entftanben;
weitaus bie meiften
finb 3U oerfchiebenen
Seiten umgebaut, neu
beforiert ober fcßließ*
lieh tu unferer S c ‘t
reftauriert unb ihres
utfprünglicßen Bei»
3es für immer be»
raubt worben. Selbft
wo bies ausnahms»
weife nicht ber ffall
ift, ftnb bie ©e»
mälbe regelmäßig fo
hoch ober fo bun»
fei aufgeftellt, leiben
unter bem Beflej unb
werben burch Staub,
Bauch unb geueßtig»
feit fo befchöbigt, finb
bie Bilbwerte oielfach
fo fcßlecßt fießtbar an
ben gaffaben ange»
bracht unb ber 3 er *
ftörung burch bas
Metter fo ausgefeßt, baß ihre Bergung in ben Mufeen
oft f<hon beshalb notwenbig ift, um fie 3U retten
unb genießbar 3U machen. Die „Stimmung" ber
Kunftwerfe in ben Kirchen unb Burgen, burch bas
fjalbbunfel ber weihrauchburchbufteten Dome unb
ber malerifchen ßabgrintße oerfallener Baubritter»
bürgen, für bie fo oiele fchwärmen, ift 3um guten
Zeit eine mrjftifcfje Suggeftion, ber ©enuß an ben
Kunftwerfen felbft tommt babei 3u fur3. Ueberwiegt
hoch bei uns Deutfchen immer noch ber f)iftorifd)e
unb ber poetifche Sinn über ben eigentlichen Kunft»
finn unb bas Kunftoerftänbnis. Bur baburch
war es möglich, baß Berliner S^itungen einen
©ntrüftungfturm an3ufachen fueßen tonnten, um 3U
oerhinbern, baß bas Brucßftücf eines romanifeßen Kreu-;«
ganges, bas in einem Mürsburger Kaufhaus oerbaut
war, für bas 3ufünftige Deutfcße Mufeüm in Berlin
angefauft werbe. 6s foüte ein greoel gegen bie
j)eimatsfunft, ein Satrileg an bem beutfeßen Sänger
Malter oon ber Bogelweibe fein, beffen ©rab einft in
ber Bähe biefes Kreu3ganges, oielleicht in bem Klofter*
garten baneben gewefen wäre. Mie wollte man benn
in Mürsburg bie „weiheoolle Stimmung", bie biefe
Bähe einft bem Kreu3gang gegeben hoben fotl, wieber*
ßerftellen? ©twa, inbem man in bem „jübifchen Maren*
häufe", bas jeßt an ber geweihten Stelle fteht, einen
©Etraraum mit ber ißßantafiebüfte bes Sängers als
3 ugftücf für bie Käufer herrichtete? Ober, falls bie
Stabt Mürgburg biefe Befte bes Kreugganges getauft
unb in ihrem Mufeum (leiber auch ein Mufeum!) auf«
geftellt hätte, inbem man fie in ben ijof ober ©arten
bes Mufeums brächte, bicht mit ©feu be3öge unb
einen ©rabftein im alten Stil ßinsufügte, auf bem ber
Minnefänger inmit»
ten feiner gefieberten
tleinen Sreunbe bar»
geftellt märe? Mit fol*
chen fcßlecßtenDbeoter*
effetten ift Deutfchlanb
hoch wahrlich feßon
überreich bebaut!
Man oergißt über
folchen Sorberungen
nach Stimmung, Bo»
benwüchfigfeit, ijei»
matsfeßuß uff., baß
bie Kunftwerfe in
erfterßinie bem Kunft*
genuß bienen, baß fie
birett 3um Befcßauer
fpreeßen fallen, nießt
bureß Suggerierung
oon ©mpfinbungen
aus ihrer Umgebung;
bas ift aber jeben*
falls in ben gut
beleuchteten Bäumen
eines Mufeums am
leicßteften. l)ier fann
aueß eine anbere
Sorberung am be»
ften erfüllt werben:
bas Stubium ber
Künftler unb ihrer
Scßulen, ber Ber»
gleich ihrer Merte
untereinanber unb mit benen anherer Künftler. Mie
wichtig gerabe nach biefer Bicßtung nießt feiten eine
etn3e(ne Sammlung fein fann, bafür brauche icß
nur auf unfere Berliner Mu'een ßin3uweifen: an un»
ferer Sammlung ber italienifcßen Bilbwerte in eblem
Material wie in Stucf hot fieß bie fritifeße Beßonblung
ber italienifcßen Benaiffanceffulptur ßerausgebilbet; bie
erften fritifdjen Arbeiten über bieMebaillen ber Benaiffance
finb auf ©runb ber Scßäße unferes Mün3tabinetts ge«
maeßt worben; unfere Sammlung oon K!einbron3en
hat bie ©runblage für bas Stubium biefes intereffanten
Kunftameiges abgegeben, unb eine ähnliche Bebeutung
hat jeßt feßon unfere Sammlung Meiner unb großer
Bilbwerte ber beutfeßen Benaiffance für bie Bearbeitung
biefes 3 ro ** 9 S ber Kunftgefcßicßte. Auch oergißt man
heute gar 3U leicht, welche Bebeutung bie Mufeen für
Künftler unb Kunfthanbmerfer bureß bas allein hier
mögliche Stubium ber alten Decßnifen gehabt hoben, unb
baß fie biefen Bußen bei ber Unfolibität unferer Macße
unb bei bem geßlen eines wirfücßen Stils aueß für bie
ZEPPELIN
Dieses 15. Sonderheft der „Woche“ hat
im deutschen Volke eine so begeisterte
Aufnahme gefunden, daß in einer Woche
die ersten drei Auflagen von insgesamt
50000 Expl. bereits verkauft
wurden. Das Sonderheft ist für 1 Mark
durch alle Buchhandlungen und die Ge¬
schäftsstellen der „Woche“ zu beziehen.
August Scherl
G. m. b. H.
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Seite 1544.
ühtmhter 86.
3 ufunft roomöglicf) noch in höherem Stoße haben roer*
ben. 3 tnmeri)in foüen bie Stufeen über ber pflege bes
Stubiums ber ©efcßichte ber Kunft unb ihrer iechnifen
nicht bie nichtigere Pflicht ber Silbung bes ©efchmacfs
unb ber Steigerung bes ©enuffes an ben Kunftmerfen
burch ihre nürbige Auffteüung oergeffen. Dies fann
in ber lat in geniffer Seife auch burch bie Aufmachung
unb bie Umgebung, burch bie ftimmungsooüe Snfjenie*
rung gefchehen. Durch ben Sechfei ber Räume in (form,
©röße unb ^Beleuchtung, burch Abmechflung unb Stiftung
ber Kunftmerte unb burch Ausftattung ber Räume mit
Seitgemäßen alten Säbeln unb Deforationftücfen fann
jener gorberung auf ftimmungsoolie Sirfung nie auf
tuiturhiftorifche Aufmachung fehr nohl in geniffem
Sinn entfprochen nerben. Das ift unfer Seftreben
bei faft allen neueren Sauten genefen, ba(b in mehr
malerifcher Seife — nie im Rationaimufeum 3U
Stüncßen — halb in ftrengerer t)iftorifd>er Anlage,
nie im gäricher- ßanbesmufeum, im Kaifer*griebrich*
Stufeum, im Darmftäbter Stufeum unb fonft. Diefes
3 &richer Stufeum in feiner reichen Abfolge oon 3 nnen>
räumen aus allen 3 eiten ber Schneider ©efchichte unb
mit ihrer ooüftänbigen Ausftattung tonnte uns oieileicht
oorgehaiten nerben als Seifpiel eines mufterhaften Kul*
turmufeums: in Sahrheit ift es aber faft ausschließlich
ein Stufeum ber bürgerlichen Kieinfunft unb bes Kunft*
generbes ber Schneider; bie hohe Kunft ift ganj bei*
feite gelaffen, ebenfo nie bie bäuerliche Kultur, unb
eine ritterliche unb fürftliche fehlte ja ben Schme^em faft
ooKftänbig. Das 3 üricher Stufeum, bas in jenem be*
fdjränften hiftorifchen Rahmen eine treffliche ßöfung ge*
funben hot, fann beshalb für uns in Deutfchlanb nur 3um
leil unb in fehr eingefchränttem Säße für geniffe pronin*
3ieüe Jfunft in SQbbeutfchlanb, am Rhein, in Rieber*
beutfchlanb oorbilblich fein. 3 n unferen großen beutfchen
Sufeen mürbe subem, bei ber güüe an ©emälben unb
SUbnerten, eine Sifchung mit ben Sammlungen bes alten
Kunfthanbmerfs eine empfinbliche Seeinträchtigung ber
Serfe ber hohen Jfunft hüben, nie fd>on eine Reihe
oon Räumen im Süncßner Rationaimufeum bemeift,
obgleich hier nur bie oorniegenb archäologifch inter*
effanten ©emälbe aufgenommen finb. 3 n ber Sifchung
ber Jfunftnerte unb in ber Ausftattung ber Räume ift
alfo ein Saßhalten, nenigftens in allen großen Sufeen,
burchaus geboten; ben übertriebenen gorberungen nach
biefer Richtung, beren Konfequensen fich bie, bie fie
ftetlen, meift gar nicht benußt finb, muß mit ©nt*
fchiebenheit entgegengetreten nerben.
Alle bie oerfchiebenartigen, hi er gefemt3eichneten An*
griffe auf bie Kunftmufeen nerben biefe nicht aus
ber Seit bringen unb auch nicht mefentlich beeinträchtigen,
aber ba bei uns in Deutfchlanb bie tünftlerifche ©mp»
finbung im großen Sublitum noch 3U nenig geflärt
unb gefeftigt unb baher oon ber Rreffe ftart beeinflußt
ift, bürfen folcße Angriffe nicht einfach unbeachtet unb
unermibert bleiben. Daher hoben mir fie auf ihre
nähre Sebeutung unb ihren geringen Sert 3urücf3u*
führen gefugt
O
Die Rrfchsfmatijnof.
Sie bie ginan3not 5U heile« ift. — Son Ißrofeffor Dr. Abofph Sagner.
II.
Als ber Rorbbeutfche Sunb unb halb barauf bas
Deutfche Reich begrünbet nurben, ift bie große Auf*
gäbe einer genügenben finan3ieüen gunbamentierung
biefer neuen Schöpfung auch oon feiten ber Regie*
rungen, felbft Sismarcfs, in ihrer ooüen Sebeutung
nicht ertannt morben. Unb boch hätte barauf fcßon
bie ©efchichte bes alten Deutfihen Reichs binmeifen
foüen, bas auch mit am Sangel felbftänbiger aus*
reichenber ©innahmen oerfaüen nar.
San übernahm, nie es nahelag, aus bem 3 oü*
oerein nur bie 3öüe unb bie innere 3 U£ terfteuer,
fügte bie norbbeutfcße Sier» unb Sranntneinfteuer
hin3U unb bilbete aus ben ein3elftaatlid)en Saijmono»
polen unter Sefeitigung biefer Steuerform bie Reichs*
ja(3oerbrauchfteuer.
Diefe ©innahmen, auch mit anberen Meinen, nie bem
Sechfelftempel, ben Softüberfcfjüffen, tonnten höchftens
fo lange ausreichen, als bie fran3öfif<he Siüiarben*
fontribution noch nicht aufgebraucht mar. ©rößere
fogenannte prioatroirtfchaftliche ©rmerbseintünfte fehlten
bem Reich, bie alten ©rtragsqueüen folcher, roie Domä*
nen, gorften, Sergmerfe, naren ja ben ©inselftaaten
oerblieben. Rieht einmal, nas nahegelegen hätte, bie
fran3öfif<hen Staatsforften in ©lfaß*ßothringen gingen
an bas Reich, über, fonbern mürben bem Reichslanb
überlaffen. Rur bie Reinerträgniffe ber uns abge*
tretenen ©ifenbahnen im Reichslanb floffen ber Reichs*
taffe 3U, ber bafür aber oon oornherein ein für biefe
Sahnen ab3urech«enber Setrag (325 Siüionen granf)
oon ber franjöfifchen Kontribution entgangen mar,
unb ber bie ßaften bes Ausbaus unb ber Setriebs«
einrichtung ber Sahnen 3ufie(en.
So mar ber Reichshaushalt oon oornherein ein
mefentlich fteuerroirtfchaftlicher, unb 3mar ein
faft ausfcßließlich auf inbirette innere Ser*
brauchsfteuern unb 3ölle begrünbeter.
Das mar nach ber ©rfabrung aüer mobemen, sumal
©roßftaaten unb namentlich auch Sunbesftaaten (Schmeij,
Sereinigte Staaten oon Amerifa) an fich ei« rief)*
tiges gunbament, aber auf bie Dauer ein nid)t
ausreichenbes. So beburfte man oon oornherein
eines Ausbaus biefer Sefteuerung mittels SBeiter*
entmicflung auch ber finän3iel(en Seite ber 3 öüe
unb ber inneren inbiretten Serbrauchfteuern, aber boch
auch gleichzeitig mittels ©ntmictlung oon Reichs*
fteuem, bie, im Unterfchieb 3U ben 3 äüen unb Ser*
brauchfteuern, übermiegenb auf Artifel bes Staffen*
tonfums 3ur gerechten unb fo3ialpolitifcb*notmen*
bigen Ausgleichung ber Selaftungen bie befißenben,
bie mohlhobenberen, bie „oberen" Klaffen ftärfer für
Reid)S3mecfe mit belüfteten, ooüenbs bie reicheren
Kreife, bie in ber neueren beutfchen mirtfchaftlichen
©ntroidlung fich immer mehr bereicherten unb felbft eine
ftart machfenbe Sn3al)l oon Serfonen unb gamilien
umfaßten.
Der Ausbau bes 3 oümefens unb ber inneren Ser*
brauchfteuern hat 3U fpät begonnen, ift aber oon jeher
bas richtige 3**1 ber Reichspolitit gemefen. 3 eboch
in übertriebener ©egnerjehaft gegen bie einmal un*
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tftummer 36.
©eite 1545.
oermeiblid) ftarfe inbirefte 23erbraud)sbefteurung im
mobemen Staat h Qt biefe Sßolitit bei ßiberalen, So=
gialbemofraten, aud) 3 entrum, auch bei artifulariften
unb bei theoretifchen Softrinären einen SÖJiberftanb
gefunben, ber es 3 U einer ausreicfjenben ©ntroicflung
biefer inbiretten SBefteurung bei uns bisher nicht fom*
men lieg. Da liegt bie ©chulb biefer Parteien im
[Reichstag unb im 23olf.
2Ran barf fid) barüber rticf)t täufcfjen, roeil bod;
bie Solleinnahmen unb bie ©innaßmen aus einigen
ber inneren 23erbraud)fteuem fo ftarf geftiegen feien.
Allerbings finb bie [Roherträge ber 3ölte oon etma
76 ÜRillionen 2Rarf um 2Ritte ber 1870 er 3at)re ober
uon 2,1 ÜRarf auf ben Kopf ber SBeoölferung mit bcm
Auffcßroung bes SBirifdjaftstebens nach bem franjöfn
fchen Krieg unb bann nad) ben 3ollreformen oon
1879 halb auf über 200 SIRillionen 2Rarf, 4,7 3Rarf
auf ben Kopf, unb feitbem roeiter auf 500, felbft 600
SIRillionen ÜRarf unb barüber, auf etma 9,5 —10 ÜRarf
auf ben Kopf, geftiegen. Daßu hoben inbeffen bie
neuen SIgrar 3 ö(te, bie nicht finanspolitifdjen, fonbern
notroenbigen unb berechtigten ©chuforoecfen entfprungen
roaren, ein Drittel unb erheblich barüber beigetragen,
eine nicht beabfichtigte, in einer #inficf)t finanspolitifd)
bebenflicße, in anberer erfreuliche (Entroicfiung. Sie
hat, nebenbei bemerft, biefe Agrar 3 ölle in ber gegen*
roärtigen [Reichsfina^lage ebenfo finanjiell roie für
unfere ßanbroirtfchaft unb alles, mas mit biefer auch
fonft an gemeinfamen, mahrhaft national*roirtfcf)aftlichen
Sntereffen 3 ufammenhängt, jeßt gleich notmenbig ge*
macht, üRan fönnte jeßt auch aus finansiellen ©rünben
ohne einen genügenben ©rfaß bes ©innahmeausfalls
nicht an Aufhebung, faum an erhebliche (Ermäßigung
biefer Agrarsölle benfen.
2luch bie ©innahmen aus ber SBranntroeinbefteue*
rung finb feit ber Reform oon 1887 immerhin, bei
gleichseitiger Ausbeßnung auf ©übbeutfchlanb, oon
tnapp 50 auf faft bas Dreifache, etma 148 Millionen
ÜRarf, oon 1,3 auf 2,4 ÜRarf auf ben Kopf (ein*
fcßließlicß 3°H)» geftiegen, freilich aber feit 15 fahren
nicht mehr gemachfen. Die norbbeutfche SBierfteuer
ift bagegen bis 3 ur jüngften ungenügenben Reform
oon 1906 3 mar im abfoluten [Betrag auch auf bas
Doppelte, aber im Kopfbetrag nur oon 0,6 auf 0,8
ÜRarf unb etmas barüber im ©rtrag gemachfen.
Aeßnlich ging es feit ber ftärferen [Reform oon 1879
mit ber in ihren ©rträgen faft ftabilen inneren
Dabatfteuer ( 11 —12 ÜRiUionen ÜRarf). Der ge*
famte Da baffteuerertrag ift nur in ber gorm bes
3olIs auf fremben Dabat mehr gemachfen, aber auch
nur nach ber ©rhöhung bes 3°H 5 oon 1879 oon
3 uerft etma 30 auf fnapp 60 Millionen. 3m ganzen
ift bis 3 ur neuften Reform, bie 1906 menigftens in
ber 3igarettenfteuer ben Dabaf für bas [Reich enb*
lieh etmas mehr belaftete, ber ©rtrag oon 0,8 ÜRarf
nach 1879 auf etma 1,2 ÜRarf auf ben Kopf geftiegen.
©in* bebenflieh fleiner ©rtrag, oerglichen mit ben im
Auslanb erstellen.
Da außer ber tleinen ©chaumroeinfteuer mit 8 —9
Millionen ©rtrag (einfcßließlid) 3oü) eine innere [Reichs*
meinfteuer fehlt, fo finb bie für inbirefte 23er*
brauchsbefteurung roeitaus geeignetften Db*
jette, bie alfoholifchen ©etränfe unb ber Dabaf,
im Deutfchen [Reich immer noch unter Öen o erg [eich*
baren Staaten roeitaus am niebrigften belaftet.
ÜRach einer füglich oeröffenllichten Arbeit eines engli*
fchen ©tatiftifers SRofenbaum mürbe 3 . 93. auf bie brei
©etränfe unb ben Dabat eine ©teuerlaft auf ben Kopf
fommen: in ©roßbritannien oon 24, in granfreid) oon
17,5, in ben 23ereinigten Staaten oon 14,5 (unb äßn*
lieh es mit biefer SBefteurung in Oefterr«i<h*Ungam,
Italien, SRußlanb unb anberen ßänbem mehr), bagegen
im Deutfchen fReich nur — oon 6 ÜRarf! 93ei einem mit
am meiften trinfenben unb rauchenben unter ben allein
unter fich oergleichbaren großen 23ö(tern, bem beut*
fchen, folcfje geringen 93eträge!
Ettuch bie beutfeße 3 u <ferbefteurung hol 3 mar ihre
©rträge feit ber erften Steidjsseit abfolut auf bas 3 roei*
emßalbfacße unb mehr, relatio hoch auch nur oon 1,2
auf 2,3 ÜRarf auf ben Kopf gefteigert, aber neufte
[Reformen roerben auch hier — inmitten ber SReicßsfinan 3 *
not (!) — ©ntlaftungen bringen.
Silles in allem ift baßer bas Deutfche [Reich in ber
notroenbigen finan 3 iellen ©ntmicflung feiner in*
bireften SBerbrauchsbefteurung erheblich hinter
bem 93ebarf unb hinter bem, mas ßuläffig mar,
nach unferem fehr gefteigerten ÜBoßlftanb unb auch in
[Begleichung mit anberen ßänbem, 3 urücfgeblieben.
Das mar bas ©rgebnis ber Ablehnung finansietl
roirffamerer ©teuerreformpläne unb bes ©elingens bloß
gans un 3 ulänglicher „[Reformen" im [Reichstage. Da
liegt beffen Schulb. Auch bie „[Reform" oon 1906 huf
hier roenig roeiter geführt.
gälten mir nicht menigftens bie oon anberer ©eite
fo befämpften 2 lgrar 3 ölle, bie freilich auch troß ihrer
unbeftreitbaren agrarpolitifchen unb allgeniein*oolfs*
mirtfchaftspolitifchen [Rotroenbigfeit als [Belüftung ber
[Beoölferung betrachtet, roefentliche 23ebenfen bieten,
mie un 3 ulänglich ftünbe es oollenbs um bie finan 3 ie(le
©rgiebigfeit unferer inbireften SBerbrauchsbefteuerung.
Unfer SReidjsbeffjit märe ohne biefe ©rträge ber 2lgrar*
3 öüe noch 200 bis 250 [Millionen ÜRarf größer.
©erabe neben inbireften 23erbraud)sfteuern unb
3öllen auf [IRaffenfonfumartitef, bie bie unteren Klaffen
relatio (chmerer als bie oberen belaften, oollenbs neben
Sollen roie bie unfrigen finb aber um fo mehr 3 ur
Ausgleichung anbere Steuern geboten, bie allein
ober übermiegenb bie mittleren unb befonbers
oberenKlaffen treffen. Deilroeife gehören ba 3 u auch
geroiffe 3öl!e unb SBerbraucßsfteuern. Die SBeinsöüe
unb bie ©chaumroeinfteuer, manche 3 öüe auf ßujus*
artifel finb ber Art, unb auch hie Steuern unb Qöüe
auf Artifel bes ÜIRaffenfonfums, roie Qndev, Dabaf,
Kaffee, Dee, ©emür 3 e, ©übfrüchte, ©etränfe, belaften
ja immerhin bie mittleren unb oberen Klaffen mit. [Rach
ber erheblich größeren Konfumtion mancher biefer
Artifel feitens ber Angehörigen biefer Klaffen, auch bei
[Raturaloerföftigung ber Dienftboten, roerben biefe Klaffen
auch oon ben genannten Steuern unb 3öUen, auch ben
Agrarsöllen abfolut, roenn auch nicht im 93erbältnis 3 U
ihrem ©infommen unb SBermögen, burch bie 93efteuerung
unb 5 Be 3 ollung biefer Artifel ftärfer als bie unteren
Klaffen belaftet.
3ebod) ein ÜRangel unb eine ßücfe in beo-SBelaftung
ber mittleren unb oollenbs ber oberen Klaffen auch mit
biefen Steuern unb 3öllen, rooraus roieber eine ein*
feitige, roenn auch nicht beabfichtigte SBegünftigung biefer
Klaffen ßeroorgeßt, bleibt ber Umftanb, baß Dualität
unb 2Bert bei oielen ber hierhergehörigen Artifel in
©teuer unb 3°H nicht ober nicht ausreidjenb berüd*
fießtigt roirb unb roerben fann. SBei Dbjeften, roie
Kaffee, Dee, Dabaf, Süßem, fällt biefe relatio oiel
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Seite 1546.
Bummer 36.
geringere Belüftung ber befferen Sorten unb Quali*
täten, bie bie oberen Staffen fonfumieren, gegenüber
ber oiet höheren Belüftung für ben Sonfum ber un«
teren Staffen fcgmer ins ©emidjt. Das wirft wie ein
ftartes Steuerprioileg für bie oberen, jum leit
auch für bie mittleren Staffen.
Stiles bas fommt nod) ftärfer in Betracht bei ben
Stgrar 3 otten, namentlich ben (Betreibe*, Sdjmatj*
unb fonftigen gettwaren*, gleifchsötten ufw. Diefe 3ötte
waren unb finb, unb 3 war im gan 3 en aud) in ihrer
neuerbings erreichten 5)öf)e, nach meiner ftets oertretenen
SInfid)t für uns im Deutfcgen Reich agrarpotitifd)
notwenbig unb fegensreid). Unb 3 war nid)t nur
für bie 3 ntereffenten, bie ßanbmirte, tänblidjen ©runb*
befiger, Bauern unb Befiger, bie fteinften inbegriffen,
fonbern für unfere gan 3 e Station unb unfer ganzes
nationales SBirtfdjaftsteben. Englanbs greiganbel*
potitif auf agrarifchem ©ebiete tonnten unb burften
wir nicht befolgen; wir burften unfere ßanbroirtfchaft,
unfere länblicgen SSefifeer nicht wie in Engtanb preis*
geben. Unfer BormaUen oon 3Jtittel* unb Sleinbefig,
oon (Eigenbetrieb ftatt Bo<hh unfere geograpfjifcfje unb
politifche Sage, unfere SBehroerfaffung oerboten bas
burchaus. Unb wir tonnten auch nicht int gleichen
9Jtag wie bas feebeherrfchenbe (Engtanb uns für unferen
Ragrungsmittetbebarf fo gan 3 oom Se^ug aus bem Stus*
tanb unb oom gabrifatenejport 3 ur Be 3 aglung biefes
Be 3 ugs bahin abhängig machen. Die Stgrar 3 ötte tagen
unb liegen im gefamten nationalen Sntereffe unb
wahrtich im bleibenben Sntereffe ber unteren Staffen,
ber Strbeitermett auch ntif!
Stur aber mufjten wir auch in unferer ginanjpotitif
berüdfichtigen, welche SBirfungen eine agrarifche
3ottpolitit für bie Berteitung ber Belüftungen burch
Stgrarsötte unb welche Stücfmirtungen biefe 3öIIe auf
bie tßreife ber Stgrarprobutte im Sntanbe notwenbig
mit fi<h führten. Xeils preiserhöhenbe, teils fonft ein
mögliches Sinfen ber greife hetnmenbe SBirfungen.
Bei ber ftärteren Bebeutung bes Brotfonfums für bie
unteren Staffen, auch neben Satyfteuern, ein oodenbs
3 u beachtenber fßuntt.
Daher hätte gerabe mit ber erften SBiebereinführung
unb 3 umat mit ber ftarten Erhöhung ber (Betreibe*
Sötte — eine ber potitifchen ©rogtaten bes eifernen
Sauters — wie fchon mit ber ganjen, an fleh burch*
aus berechtigten ißolitit ber (Entmidtung ber 3öt(e unb
Berbrauchsfteuem gleichseitig eine gtnan 3 politif gehen
müffen, bie burch anbere, mehr bie oberen Staffen
treffenbe Steuern, biefe Staffen in einer minbeftens
bie Ueberbetaftung ber unteren Staffen ausgieichen*
ben SBeife mit für bas Steich belüftete.
3mar ift hierin burch bie Slusbitbung ber Reichs*
oerfehrsfteuern, ber Stempel*, SBechfet*, Börfen*
fteuern, einiges gefchehen, erfreulidjermeife gegen ben
SBiberftanb ber burch biefe Steuer getroffenen Sreife,
fo ber Börfenwett. 100 SOtittionen finb fo 3 u ben
anberen Steuererträgen bes Reichs getreten. Aber
weber biefe Summe noch überhaupt biefe Art oon
Steuern reicht für ben angebeuteten 3*»e<f aus. Deils
unmittelbar, teils burch Uebertragung werben anbere
Botfstreife neben ben oberen burch biefe Steuern mit»
getroffen, wenn auch in geringerem Blage bie eigent*
liehen unteren Staffen.
Daher waren noch anbere Ausgleicgungs»
magregetn erforbertid).
Blan hat fie auch neuerbings wieber ausreichenb
3 u pnben geglaubt in ber biretten Befteuerung ber
<Ein 3 e(ftaaten unb ©emeinben, namentlich bei ber
hier feblenben ober (abgefehen oon ber fübbeutfehen
partifutariftifchen Bierfteuer) nur geringfügigen inbireften
Berbrauchsbefteuerung. Bottenbs bei ber neueren Ent*
widtung ber biretten Berfonatbefteuerung in ber gorm
ber mobemen Eintommen* unb Bermögensbefteuerung
mit ihren weitgehenben Steuerfreiheiten für Heine Ein*
tommen unb Bermögen, mit ihren niebrigen Sägen
für bie befteuerten Eintommen, ihren progreffioen
Stufen, wenigftens bei ber Eintommenfteuer für bie
größeren Eintommen, bei ber Btitbefteuerung bes Be*
figes unb bes Eintommens baraus in ber neueren
Bermögensbefteuerung unb in ben alten biretten Er*
tragsfteuern feien ja bie grogen Blaffen ber Be*
oötterung oon biretten Steuern gans frei ober
nur fchwad) betroffen, bie mittleren, obereren,
befigenben, ftart unb immer ftärter belaftet. Diefe
be 3 af)tten atfo, wenn auch vielleicht 3 u wenig für bie Reichs*
3 wede, fo gans allein ober faft allein bie Busgaben für
Staats* unb Sommuna( 3 wede. Da 3 u bie unentgeltlichen
Bolfsfdjulen, bie gan 3 e groge Arbeiteroerfidjerung mit
ihrer Softenübertragung grögfenteits auf Arbeitgeber
unb Reich, bie oieifachen fonftigen Staats* unb Som«
munateinrichtungen mit ober fetbft allein für bie unteren
Staffen, altes ohne biefe in Steuern ober fetbft nur in
©ebühren 3 U ben Soften hcranjujiehen — bas fei hoch
wirtlich sine Sachlage, burch bie bie unteren Staffen
für bie etwaige Blehrbetaftung burch bie 3öQe unb
Berbrauchsfteuem für bas Reich entfdjäbigt, ja weit
mehr als entfehäbigt würben, 3 umat auch ihnen boch
bie Reichsausgaben für bie grogen Scgug* unb gür*
forge 3 wede wahrtich ebenfalls 3 ugute tämen, wenn
man einmal, fo fraglich richtig bies fei, in ber Steuer*
potitit biefen „utititarifchen" ©efiegtspunft oon ßeiftung
unb ©egenteiftung mit 3 ur ©ettung bringen motte.
©ewig enthalten biefe Einwänbe fehr oiet Rieh*
tiges, bas in manchen potitifchen Sreifen, ooran bei
ben So 3 ialbemotraten, aber auch bei ben ßintstiberaten,
im 3entrum 3 U wenig beachtet worben ift. Es wirb in
bem feit ßaffattes 3eiten mit beffen Argumenten ge*
führten „Sampf gegen bie inbiretten Steuern" unb
barin behaupteten Schäbigung ber ßage ber arbeitenben
Staffen in biefen Steifen mit Unrecht oerfannt.
Aber ift bamit bie Sache entfegieben? Sft es
richtig, bie Reichsbefteuerung auch in ihrer unoermeib*
liehen SBeiterentmidlung 3 u grögerer Ergiebigfeit fo
gan 3 in ber inbireften Berbrauchsbefteuerung, ben
Reichsftempetn aufgehen 3 u taffen?
©roge tgeoretifege unb prattifege Autoritäten, groge
Barteien, bie Sonferoatioen ooran, groge Staatsmänner,
Bismard oor altem, auch unfere einjelftaattichen ginan 3 *
memner unb Regierungen überhaupt bejahen bieje
grage atlerbings. Sie ftügen ihre Anficht mit mancherlei
guten ©rünben. Auch ber Bunbesral unb bie bisherigen
teitenben Staatsmänner im Reiche ftehen im gan 3 en
3 u biefer Bleinung. Bartifulariftifcge Stimmen 3 umat
urteilen oielfacg ebenfo.
Ramenttich bie bisherige, wenn auch nicht in
ber Reicgsoerfaffung feft begrünbete, fo bod) ber bis*
herigen gefcgicgttichen Entmidtung unb ben Bebürfniffen
ber Einselftaaten entfprcchenbe Referoierung ber
eigentlichen bireften Steuern für bie ©lieber*
ftaaten, bie grogen wie bie mittleren unb fteinen, wirb
mit mancherlei guten potitifchen unb finan 3 po(itifchen
©rünben geftügt, auch bie gteid;c fiagc in anberen
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9 htmmer 86 .
Bunbesftaaten, S ehre eis, {Bereinigte Staaten, bient gur
roeiteren Stüße. Sie unoermeibücf) nähere Beaiehung
ber Veranlagung unb (Erhaltung ber biretten Steuern
3U ber inneren ßanbesoermaßung, bie einmal auch bei
uns im {Reich ben ©lieberftaaten im roefentlidjen gan3 oer*
blieben ift, lägt (ich für biefe Steferoiernng geltenb machen.
Sette 1547 .
Zroß atlebem bleibt bie Befcßränfung bör
Steichsfteuern auf 3 ölle, inbirefte innere Ser»
brauchsfteuern unb einige Bertehrsfteuern
(Stempel, Sörfenfteuer) etmas finanspolitifd) unb
fo3iaipolitifch Bebenflidjes.
(Sin Sd)lu&artifet folgt).
- 0 -
Sie Reform ber Ballefffunft.
3 ur Buffüßrung non „Sarbanapal" im Berliner Sgl. Opernhaus. — Stad) einer Unterredung mit bem
Sfönigl. Sallettmeifter ffi. ©raeb.
Sie ftetig fortfdjreitenbe ©ntroidlung auf allen fünft* ftellenben Kunftroerf ftegt. ®s ift eben alles dja*
lerifdjen ©ebieten tonnte aucf) an bem Ballett nicht
fpurlos oorübergehen; freilich beljärrte es lange in
feinen flaffifchen gormen. ©äl)renb alle anberen
3 roeige bes Zheaterbetriebs fortroährenb nach größerer
Statürlicßfeit unb einer aus biefer Statürlid)feit ge»
monnenen neuen Schönheit trachteten, blieb für bas
Ballett bie fransöfifcfje Schule geltenb. Vielleicht ift
biefe fonferoatioe Haltung baran frf)ulb, baß bas all*
gemeine Sntereffe — roenigftens in Seutfchlanb —
fich oon ber alten Zansfunft abmanbte. 3 <oor h nt
erft oor furger 3 «t bas ruffifche Ballett auch in
Berlin einen großen (Erfolg errungen. Bber man ließ
fich biefe ßeiftungen rooi)l nur ausnahmsroeife gut ge*
fallen. SJtoberner gefcßulte Bugen haben an ber
eigentlichen Ballettfunft feine greube mehr. ©as nun
an neuen 3 been in ber Steueinftubierung bes Balletts
„Sarbanapal" oerfucht toirb, ftammt natürlich nicht
oon heute unb geftem. Sie erften (Experimente einer
SRobernifierung tarnen ben Opern 3uftatten, in bencn
Balletteinlagen oorgefchrieben roaren. ©äßrenb früher
ber harmlofefte Sorftan3 im ©ajeröcfchen bargeftellt
mürbe, erfcf)len in ber Berliner Oper 3uerft bas Corps
de ballet in länblichen Softümen unb tanjte ben
ßänbler fo charafteriftifch unb natürlich roie möglich.
Siefe ©anblung, 3U ber ja auch Sticßarb ©agner bie
lebljaftefte Bnregung gegeben hot, oerfucht man nun
auf bas eigentliche Ballett 3U übertragen. Ser alte
Ballettftil ift überrounben, unb an feine Stelle ift ber
(Eharaftertan3 getreten. Buch bie Ballettfunft mit! moti*
oieren, unb man fonnte auch nicht an (Erfcheinungen
ber mobernen Zangfunft oorübergehen.
Sie Steugeftaltung bes Balletts fonnte fich natur»
gemäß nicht auf bie SRobernifierung bes Äoftüms be*
fchränten. Sas neue Softüm bebingte oielmehr eine
neue Brt bes Zangens. 3 n bem Bugenblicf, ba man
bas enge BaHettfchuhchen mit ber feften Sappe beifeite
legte, um eine hiftorifche ober charafteriftifche guß»
befleibung angugiefjen, mar es mit bem Spißentang
oorbei. Unb ebenfo mar burd) bie Befeitigung bes
Baßettröcfchens bie Bnroenbung ber meiften anberen
flaffifchen Zangformen unmöglich geroorben. Siefe
maren ba3u ba, bie Sunft unb Sraft bes Sörpers,
bie Schönheit ber gormen 3U geigen. Sas (Sage*
röcfdjen brachte bie Schönheit bes Sörpers 3ur ooll*
fommenen ©eltung. Sie gleiche Bofe ober Bemegung,
bie . aber im alten Ballettfoftüm fd)ön unb burchaus
be3ent ift, mürbe im langen Stocf unnatürlich unb un=
paffenb ausfehen. So ift auch bie eigentliche Xang=
funft ber alten Sage einer neuen gereichen, bie geroiß
mehr im innerlidjen 3ufammenhang mit bem bargu»
rafteriftifcher geroorben; aus ben Kunftfdjäßen ber
SRufeen mürben bei ber (Einftubierung bes „Sarbanapal"
bie Bnhaltspunfte für bie ©eftaltung bes Zanges ge*
roonnen. Sas eigentliche Ballett ift ja in ber Steu*
bearbeitung 3ugunften ber Bontomime etroas 3urücf*
gebrängt roorben. Sie (Enfembletänge mürben meift
in (Eingeltänge aufgelöft. So läßt Sarbanapal nicht
mehr feinen gan3en Rarere oor fich tan3en, fonbem
bie ßieblingsfflaoinnen erfcheinen oor ihm, um — eine
nach ber anberen — ihren $eimatstan3 aufguführen.
Sie Bontomime felbft ift auch nicht mehr jene
„fprecfjenbe Bemegung", bie gemiffermaßen ©ort für
©ort eines gebachten Saßes beutlich 3U machen fucßt,
fonbem mehr ber tünftlerifche Busbrucf einer allge»
meineren (Empfinbung. (Eine befonbere Steurung ift
ja biesmal bie (Einführung bes gefprodjenen ©ortes,
bas im Borfpiel roie oor ben ein3elnen Bften bie
Vorgänge bem ijörer flarmacßen foll. fjanb in f)anb
mit ber neuen Zangfunft mußte bie ©eftaltung ber
begleitenben SRufif gehen. Sie gefchloffene mufitalifche
gorm ber einseinen „Stummer" mürbe aufgelöft 3u
einer fließenben meiobifchen ßinie, roas natürlich neue
Gchroierigfeiten in cßoreographifcher Bc3iehung bot.
Schon bie Steueinftubierung ber (Eoppelia mar ein
erfter Berfuch auf bem neuen ©ege. greitid) hotte
man ba mit ber reigenben SRufif oon Selibes 3U
rechnen, roäijrenb biesmal burch bie mefentliche (Er¬
neurung bes mufifalifdjen Borts unb auch bes eigent*
ließen Bufbaus ber i)anblung eine oiel fonfequentere
Sachführung bes neuen B r °blems möglich ojar.
©ebanfen über eine neue Ballettfunft tonnten nun
mit ^inblicf auf bie Sarbanapalaufführung entmicfelt
merben, roeil fie hier eben 3um erftqnmal in biefer
umfaffenben SSBeife 3ur Zat merben. Bon bem (Erfolg
mirb es abhängen, ob mir auf bem nun befdjrittenen
©ege roeitermarfd)ieren fallen. Unfer Königliches
Opernhaus hot {ebenfalls als erftes eine Steform bes
Balletts angeftrebt, oon ber man an anberen großen
Opernbühnen noch toenig roiffen miß. Senn noch
finb bie greunbe ber alten flaffifchen Zanßtunft nicht
ausgeftorben, unb mancher fießt mit ©eßmut bie neue
3 eit ßerauffommen. Bber mir müffen mit ber ©nt*
roicflung gehen, unb mir hoffen, baß mit ber Steform
auch bas alte Sntereffe bes Bublifums am Baßett
roieber erroaeßen mirb.
Busfterben reirb bie alte Kunft boef) nicht. 3 n
ben Baflettfcßuhen mirb man bie frcut3öfifche Schule
rußig meitcr pflegen, roeil fie aßein 3U ber notroen*
bigen gefunben ©ntreicflung ber ©ra3ie unb bes Kör»
pers unb oor aßem ber ßunge führt.
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©eite 1548.
Dhmmter S6.
llnsgrg Stifter
Kaifertage in (Elfafe-ßothrinaen (Abb. S. 1549 unb
1550). Nur mentge Xage hot bcr Kaifer oorerft in GBIfafe-
ßothringen gemeilt, mobin ihn nad) ber Berliner Herbftparabe
bie großen NtanÖoer (Karte 6.1556) ingmifefeen mieber ge*
rufen haben, aber fein furger Aufenthalt hat hoh* poütifche
Bebeutung gemonnen. 3unä<hft für Deutfchlonb, für bas Ber*
hältnis ber (Elfafe-ßotbringer gum Neid). 6d)on bei früheren
Befuthen hat ber Kaifer fich überzeugen fönnen, ba& bie 23e«
oölferung ihm bas (Befühl ber fiiebe entgegenbringt, biesmal
aber gingen bie ©tagen ber Begeiferung be(onbers hoch- Die
Stimmung mürbe babureb gehoben, bafe ber Kaifer fomohl in
Ntefe, mo er bie Parabe über bas XVI., mie in Strasburg,
ipo er fie über bgs XV. Armeeforps abbielt, feierlichen (Eingug
hielt, unb bafe in feiner 23eg(eitung bie Kaiferln, ber Kron¬
prinz nfit ber Kronprinaeffin, Prinz QEiteI*0friebrtd> mit feiner
(Bemahlin, Bring Auguft feilbelm, ber eben erft auf ber reidjs«
lönbi'Chen Unioerfität bas glängenb beftanbene Doftorejamen
gum Abfcblufe gebraut hat, unb Bring Osfar erfchienen. 9öie
immer fanD ber Kaifer in feinen Anfprachen, mit benen er
bie Begrüfeungsreben ber Bürgermeifter beantmortete, 2Bcn*
bungen, bie bie Beoölferung angenehm berühren mußten.
Am bebeutungsooßften aber mar ber Xrinffprud), ben er bei
bem oon ihm gegebenen geftmahl im Kaiferpalaft in Strafe*
bürg auf bas Neichslanb (Elfafe-ßothringen ausbrachte. Denn
hier legte er nicht nur erneut 3*ugnis für bie eigene unb bes
beutfehen Bolfes griebensliebe ab, fonbem er fonnte auch
feiner Uebergeugung Ausbrucf geben, bafe ber europäifche
griebe nicht gefährbet fei, bie Unummunbentjeii, mit ber er es
tat, unb bie Art, mie er feine optimifttidje Anfdjauung be¬
grünbete, haben allenthalben ben günftigften (Einbrucf gemacht.
«
SBilhelmina, bie Königin ber Nieberlanbe (Abb.
S. 1551), feierte am 31. Augu|t ihren 28. ©eburtstag unb ihr
Zehnjähriges Negierungsjubiläum, ober richtiger gefagt bie
tjoilänbifcye 23eoöiferung feierte bas (Ereignis, inbem jie allent¬
halben fejtliche Umzüge, Boltjpiele unb begleichen mehr oer-
anftalteie. Die Trägerin ber Krone jelbft aber oerbrachte ben
Xag in ftißer 3urüd*gezogenhelt in ihrem geliebten Syet Qoo.
(Es ift fern ©eheimnis mehr, bafe fie fich nüeber in Hoffnungen
miegr, bie ihr bas Schiefst fd)on mieberholt zufchanben
gemacht hat, unb ihr Bolf hofft mit ihr auf bas freubige
(Ereignis, bas bem fianbe ben Xyronerben bringen folL Doch
nicht nur in ben Nieberlanben felbft, auch im Auslanb hegt
man bie beften SBünfche für ihr 2öoi)lergeben, benn fie gehört
Zu ben Berfönlichfeiten, benen bie Sympathien aüer gehören.
Als einzige Xod)ier bes lb90 oerftorbenen Königs Aßilhelm III.
mar Königin Asilyelmina feine berufene Nachfolgerin. Schon
mährenb Der Negemfdjaft ihrer Ntutter, ber Königin (Emma,
mürbe fie als folche oerehrt unb geliebt, unb in ben ©efühlen
ihres Bolfes hat fich nichts geänbert, feit fie felbft bie Ne¬
gierung angetreten hat. 9Nit 3ubel mürbe ihre 23ermäblung
mit bem S)er$oa Heinrich 3 U ßttecflenburg am 7. Februar 1901
begrüfet, mit innigem Bebauern bie (Entlöschungen begleitet,
bie fie erleben mußte. Noch als grau nannten fie bie Holiänber
lange ^Jeit mie als junges Ntäbcyen „Ons NMlbelmtntje", unb
noch als grau fbh fie lange 3*it aus mie ein junges ßftäbchen.
Sngmifchen hat fich mit ber größeren Neife ihren 3üQ*n ein
größerer (Emft beigefellt, aoer menn fich auch ihr Antlife ein
menig oeränbert hat, Königin AMtjelmina ift hoch eine ber
fchön|ten grauen, bie eine Krone tragen.
w
gürft ©uibo Hencfel oon Donnersmard (Porträt
S. 1552), ber furz nach feinem acfetunbfiebgigften ©eburtstag
bie lethaigftc NMeberfeyr bes Xages beging, an bem er feinen
umfangreichen Befife antrat, gehört au ben reichten Magnaten
unb ben bebeutenbften ©rofeinbuftriellen bes Deutfchen Neichs.
Unfer Porträt geigt ihn nach einem ©emälbe oon ßenbach;
in e.nem befonberen Artifel auf S. 1564 finben untere ßefer
eine 2Bürbigung feiner Perjönlichfeit unb (eines SBirfens.
©rafßeoXolftoi (Abb. S. 1553) oollenbet am 9. September
fein 80. fiebensjahr. gaft fd)ien es, als foüte er ben Xag nicht
mehr erleben; es mürbe berichtet, bafe er ferner erfranft fei;
aber erfreulichermeife' folgte halb bie Nachricht, bafe fein Be*
finben fich lieber gebeffert habe, ©rofee ©hangen merben
bem greifen Ntanne ficherlid) auteil merben; benn feine ©e*
meinbe erftreeft fich über alle zioilifierten fiänber. 23iele oer¬
ehren in ihm oor aüem ben großen Dichter, oiele ben Philo-
fophen unb SNenfchenfreunb. Xolfioi ift nicht Philanthrop im
gemöhnlichen Sinne bes ASortes, nicht einer, ber Durch große
materielle Stiftungen oon fich reben macht; bas miberfpräche
feiner gangen Cebensmeife. (Er miß ber geiftige ABohltäter
ber ÜRenfchheit fein, inbem er fie gar Bebürfnislofigfeit unb
Nächftenliebe ersieht. Dabei geht er felbft mit gutem 23eifpiel
ooran. Seit 1861 jdjon lebt er einfach als Sauer unter
Bauern auf feinem ©ut Sasnaja Boljana. Allein große ©e-
folgfchaft hat er nicht gefunben; gar mancher, ber für feine
Sbeen fchmärmt, hütet fich öoeh, fich m ber Brajis nach ihnen
,gu richten. Xrofebem hat er bebeutenben (Einfluß auf bie
geiftige (Entmicflung Nufelanbs gehabt.
Sarbanapal (Abb. S. 1554 unb 1555). Das alte Ballett
„Sarbanapai", bas in ber feiner (Entftehung eine un*
gemöhnlich große 3oftf oon Aufführungen erlebte, fpäter aber
aus bem Spielplan ber Bühnen oerfchmanb, hat jefet im
Berliner Königlichen Opernhaus in neuer gorm eine glängenbe
Auferftehung gefeiert. Auf Beranlaffung bes Kaifers ift bas
Ballett unter Beteiligung heroorragenber (Belehrter unb Künftler
zu einer Pantomime umgemanbelt morben. Des Kaifers
Abficht mar, bafe bem Publifum bas alte affgrifebe Weltreich,
mie es in SBirtlichteit gur Seit feines größten ©langes oor
bem plöfelichen Stura gemefen, bem publifum oor Augen
geführt merbe, unb au biefem 3wetf mürben 2Biffenfchaft unb
Bühne einanber bienftbqr gemacht.
Die ©rofee ffioche oon Baben-Baben (Abb. S. 1552)
ift oorüber mit ihren (Erregungen, (Erfolgen auf ber einen,
(Enttäufchungen auf ber anberen Seite. Die Nennen haben
ber beutfehen 3«<ht manche Nieberlage gebracht, oon benen bie
bes gaooriten im 3utunftsprelfe befonbers fchmerglich emp-
funben mürbe, aber fie haben Doch auch Ö^eigt, bafe bie
heimifchen Ställe noch manches gute Pferb beherbergen, immer¬
hin haben bie beutfehen Befucher bie Bahn oon iffegheim
mieberholt mit recht gemixten ©efühlen oerlaffen. 3ant ©lücf
gab es mie immer in Baben-Baben außer ben Kämpfen auf
bem grünen Nafen noch eine Neihe anberer feftlicher unb ge*
felliger Beranftaltungen, bei benen alle in guter Stimmung
blieben, meil babei nur Sieger unb feine Befiegten oorhanben
finb. Borgüglich gelungen mar insbefonbere ber Blumenforfo,
oon bem mir heute gmei Aufnahmen bringen. Die eine geigt
bas Automobil bes Prinzen BMlhelm oon Sachfen-SBeimar,
ber bas Publifum mit einer Nachbilbung bes 3eppelinfchen
ßuftfehiffes überrafchte, bie anbere ben mit Pferben befpannten
3igeunermagen ber Pringeffin griebrich Karl Hohenlohe.
«
Die Branbfataftrophe in Konftantinopel (Abb.
S. 1552) am 23. Auguft mar bie oerheerenbfte, beren fi<h bie
Bemohner ber an geuersbrünften nicht gerabe armen Stabt
erinnern, ©tma 6000 ©ebäube fielen ben glommen gum Opfer,
zahlreiche JEiere oerbrannten, unb leiber ift auch eine größere
3ahl oon SNenfchen ums £eben gefommen. Der Branb, ber
im alten Stambul ausfam, gemann infolge ftarfen SBinbes
fchneH eine foloffale Ausbehnung, unb bie meiftenteils aus
Holg hergeftellten Häujcr boten ben gierigen glommen mill«
fommene Nahrung. Xaufenbe oon gamilien finb obbachlos
gemorben, bie Not ift groß. Aber fie mirb nach Kräften ge-
linbert, ba einflußreiche Perfonen, ber Sultan an ber Spifee,
alsbalb eine umfangreiche Hilfsaftion einleiteten.
Heinrich oan (Eyfen, Komponift unb SNufiftheoretifer in
Berlin, f oni 28. Auguft, 47 3ahr* alt.
©räfin Ntaria %i)ere[\a oon Harrath, Palaftbame am
Aßiener Hof, t in Brucf a. b. ßeitha im Alter oon 52 Sohren.
Softhenes ©raf oon ßarochefoucaulb, H^aog oon
Doubeauoiße, ehemaliger frangöfifcher Botfchafter in ßonbon,
t am 28. Auguft im Alter oon 83 3ahren.
Profeffor N. 3Rascart, SNitglieb ber Afabemie unb Direftor
bes frangöfifchen metcorologifchen 3*ntralbureaus, f in Paris
am 26. Auguft im 63. Sebensjahr.
ßorb Noffe, Befifeer bes berühmten Niefenteleffops, f auf
feinem Schloß Birr ©aftle in Srlanb, 68 3«hre alt.
Karl Sohn, Porträtmaler in Düffelborf, + am 30. Auguft
im Alter oon 63 3ahr*n.
Pring Demeter Ntichael Sturbga, ber Sohn bes lefelen
regierenben gürften ber Ntolbau, f in Dieppe am 31. Auguft
im 90. Cebensjahr.
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Kummer 36
6eile 1549.
aß
pHgügtlder oomlaac^Ü
2)er (Einzug in ©trafjburg: Segrufjung an ber Stüfjbrücfe burcf) Sürgcrmciftcr IDr. ©ctyroanber.
Befuch ber faijetlicfjen JamUie in ben KeidEjslanben.
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6elte 1550
dummer 36.
2)qs STronprinaenpaar unb bie faifertidjen ^ßrinaen auf bem 2Beo 3 ur ^ßarabe in ©trafoburg: 93on linfs nad) redjts. ber Äronprinj,
^Jrinj (EiteUftriebricb, bie Äronpnn 3 ef|in, $rin 3 21uguft 'Bilbelm, ^tin^ Osfar.
Befud) ber faiferlidjen Jamilie in ben Beidjslanben.
Unteres Eilb: (Einaug ber ffaiferin in ©tra&burg: 3m Oöagen oon linfs nad) recfjls* bie ftaiferin, bic Slronprinaeifin, ^rin 3 effin Gitel«5riebric^.
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Stummer 38.
Seite 1861.
BHlfjelmina Königin öet Jtieberlanbe.
3um 28. ®eburtstag unb jeijnjäbrigen 9legierungsjubiläum ber Königin. Weuefte 2lufnal)me
oon ftofpbot. (Bvn be (Foral & ffo.
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^ *
©eite 1552.
Stummer 36.
Jürff Guibo fyendel UOtl Donnersmartf. «MW* Benin Wa^en Der ISrtnaelftn öriebricb Karl *) 0 &«nl 0 b<r-
Wad> einem «emälbe oon ftr. p. £enbad), (Siebe Den Krtifel auf Seite 1561. Die GrO&C Botf>e itl Babetl-Babeti: Der Bfametlforfo.
Die SranMataftroppe in äonffanfinopei: Blicf auf ein 3erfförfes SfaMoietfeL
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Kummer 36. &dte 15£
^ot, £. «ctbald.
(Ein (ÖeroaUiger im Savemeid): Ceo XotffoL
3u feinem 80. ©eburtsiag.
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Ite 1554.
s Jhmtmer 36.
6d)lu6l3ene Des adelten iöxlöcö
Das alte 2lffarien auf ber mobernen Büfjne: Die fciftotifdje Pantomime Sarbanapal“
; m berliner ßöniglidjen Opernhaus. — Spejialaufnaljmen für öie „2öod)e •
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'.Hummer 3ö
1Ö55,
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f)t rr 9le)per als König unb Fräulein Urbansta als Königin. graulein Dell’ttra als 6flaoin gräulein Kierf$ner als S^merttönaerin.
Das atte 2ijftjrien auf ber mobernen Biifjne: Die ijifforifcfjc Pantomime „Satrbanapai“ im Berliner Äöniglidjen Opernhaus.
6peaialau nahmen für bie „3&o<he*.
3u ben biesjäfjdgcn äaifermanöoern in (Elf afj-Cof ^ringen: Ucbctfidjfsfarfe bes Jttanövetgelänbe».
Gelte 1550.
Kummer 30
9!ummer 35.
Seile 1557.
Spielzeug»
Vornan oon
Fians von Kahlenberg.
3. ftorifefcung.
i) et)fenborf fjob mäßrenb bes ©ffens einmal (ein
©las gegen ßubroig. ßuß blieb emft unb jerftreut.
ßill mar ftiU auf bem SSßaffer, mie immer, roenn
fie genoß unb beobachtete. (Benebifte hotte guerft nicht
mitgemoltt unb fich nur ßubroigs biftatorifcßem SBefehl
gefügt. Sie ahnte nicht, rnas ihr (Kann oorßatte.
©ine feiner Ueberrafchungen, ein geft im ©rünen, mit
(Kufit unb (Bolfsfreube? Stilen münfcßte er immer feine
greube mitjuteilen, (Benebifte 30g fich mit ihrem ©lüd
gern 3urüd, am liebften nach Zönning. 3 br geheimer
SBunfcß mar, baß fie als alte ßeute einmal, nach
fiußens (Berabfcßiebung, bort leben mürben, bis ßitls
Rinber in ihre Siechte eintraten.
j) egfenborf begann ßubmigs Slbficßten 3U ahnen,
©r hätte auf, ßill 3U beobachten, fie ließ ihre Slugen
(äffig unb froh tot weiten feßroeifen, manchmal lächelten
ihre ßippen auch bem einen ober bem anberen 3U, ober
fie nahm (iebtofenb (Benebittens i)anb. „ 3 cß bin fo
glücHich, ©roßel"
ßill äußerte ihre tieffte Danfbarfelt burch ©lüdlicß=
fein. @ie faf> ßuß ftrahlenb an unb lächelte auch 3U
ßeßfenborf hinüber.
Die (Pinaffe hielt ftetig bie (Richtung auf bas anbere
Ufer, feßeinbar auf bie SBalbmitte 3U. ©in fchmaler
5)ol3fteg 311m Slnlegen mar bort eingebaut.
(Run mürbe ßiü betreten unb gleich darauf blutrot.
ßuß nahm (Benebittens Slrm, bas ©hepaar ging
langfam ooraus.
ßill mar gan3 faffungslos, unb #et)tenborf bemertte,
baß bas (Dtäbchen über unb über 3itterte.
Das Räuschen mar nur tlein, am heüen Zag jeßt
f<hien es lächerlich tlein, ein (ßuppenheim. (Bon beiben
©alerien hingen rantenbe (Reiten unb ©eranien fo tief
hinab, baß fie bie $ot3manb in 3mei Stufen mie ein
(Blumenmantel umtleibeten. Die alte (Reichert hotte
ben Raffeetifcß oor ber Zür gebeeft unb hontierte mit
einem bunten (Bauerntaffeegefchirr. Das ßieschen ftanb
feltfam reingemafchen unb neu eingetteibet mit einem
brennenben geuerlilienftrauß unb ebenfo hochroten
(Baden; fläffenb, in tollen, gän3licß übergefchnappten
Sprüngen feßoß SBalbmann in ßitls (Rodfaum.
„ßuß!" fdjrie ßill gans leife auf. Sie hotte fich
gebüdt unb ftreichelte ben Ropf bes fjunbes, ber fich
roDenb überfchlug unb meterhoch hüpfte.
3 ßre Zränen fielen auf ben fehwar3en Ropf mit
ben langen, famtenen (Behängen. Stile faßen ihre
Zränen, tlore, große, funtelnbe Zropfen mie ÜRaircgen»
fprüßn in ber Sonne.
„Du mußteft bas nicht tun, ßuß!"
ßill füßlte einen feßarfen Stieß in ber (Bruft, eine
Doütommene (äßmenbe Scßmäcße. Sie lächelte gleich
barauf mit bleichen, noch oe^errten ßippen.
„0 (Bene! Das ift 3unief, 3Uoiefl''
(Run tarn bie ©ntlabung bes großen ©efüßlsüber*
feßuffes. 3 ßre Scßmefter hielt fie in ben Slrmen, unb
ßill meinte fo bitterlich, fo unaufßaltfam, baß es ben
beiben (Könnern ins S)ex$ feßnitt. #et)fenborf manbte
fich oerlegen bem #uni> 3U, SBatbmann tonnte ißn nie
(eiben, fußr ißn mit mutfuntelnben Slugen mie einen
oerbrecßerifchen ©inbringting an.
„ 3 <ß bin ja nur fo glüdlicß, überglüdlicß!" fcß(uch3te
ßill. „ 3 ft es benn aueß nießt 3uoiel, (Bene? Durfte
er es benn auch? — Sag ein dßort, (Bene! Sag, baß
er nießts Dummes gemacht hat! Unb natürlich gehört
es euch — immer euch!"
„Cs ift beins, ßillcßen! Unb mich freut, baß bu
bein fjäuseßen ßaft. ßuß ßat’s reeßt gemacht."
(Benebitte ftredte ißre #anb naeß ißrem (Kann aus.
ßuß fanb, baß man ißn einigermaßen als begnabigten
(Kiffetäter beßanbelte, er mar 3U gutmütig, um fuß
bem (Kitfpielen in ber Zragitomöbie 3U ent3ießen.
„ 3 cß mar moßt boeß ein rechter ©fei, ©roße, gelt?"
(Bene ftreichelte mit ber einen i)anb ßiHs S)aat
unb fcßüttelte ben Ropf. „Sie ift fo teießt übermäßig
aufgeregt, folcß ein emiger SBafferfaü! SBas ift’s benn,
ßiü? SBas ift benn? So feßau boeß auf!"
Sie richtete gemaltfam ßitls rofiges, tränenüber*
ftrömtes ©efießteßen in bie $öße. Die ßippen 3udten
noeß, aber bie Slugen 3tsangen fieß feßon mieber 3um
ßöcßeln, einem etroas feßeuen, fueßenben ßäcßeln.
„(EBenn bu nur nießt böfe bift! ©r ift fo leießtfinnig!
©r ßat fo oiel Selb meggefeßmiffen. gür mieß! ©s
mar fo bumm oon mir, oon bem Räuschen 3U feßmär»
men. Das Räuschen ift boeß nteblicß! ©eß! 3 ft es
nießt lieb? Sag felbft!"
ßill gtieß eht menig bem Rinb unterm SBeißtiacßts*
bäum, fie 30g (Bene hinter fieß her, unb bie beiben
Scßmeftem oerfeßmanben unter ber niebrigen, rot unb
grün gemalten Zür.
„Das ift boeß SBerroößnung!" fagte ^etjfenborf
topffcßüttelnb unb trat 3U ßuß.
„SKir macßt’s greube."
„#aft bu bas fyaus getauft?"
,,©s ift ßills (Eigentum." fegten borf baeßte fieß,
baß ßuß maßrfcßeinlicß einen gan3 unoerßältnismäßigen
unb pßantaftifeßen (Preis für ein feiner (Keinung naeß
roertlofes ©runbftüd gesaßlt hatte, ©r mollte jeßt nießt
naeß ber Summe fragen.
„ 3 mmer ber Sllte!" tabelte er.
Die Slnfpielung ging auf gemiffe, 3iem(icß beträcht*
ließe Summen, mit benen er ßuß auf beffen Roften
in früheren feiten aus 3arten (Banben gelöft hatte. Die
ßeraufbefeßmorene ©rinnerung ärgerte ßuß.
„Du finbeft mieß 3U freigiebig?"
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6 eite 1558 .
Stummer 36.
„ 3 a."
Weibe SWänner fahen fid) an unb mugten oon
biefem Slugenblid an, bag atoifcfjen ihnen fjeinb-
fdjaft war.
„Valb fann td> ja mein Sehenf« unb Schugamt in
beine $änbe legen."
laftlofigfeit mar fonft nicht Südens Sache, er
moQte oerlegen.
„ 3 ch hoffe es." $eptenborf hatte fid) über feine
Slbficgten nie mit ähnlicher 2 eutüd)feit ausgebrüeft, in
biefem Slugenblid fanb er ^Deutlichkeit notmenbig.
„Du fannft bie Spielerei ja einreifjen laffen."
„Gs ift mahrfcheinlich, bag ich es tue."
Wod) hielt ßug an fich, in ihm föchte es. Der
anbere mar ruhig, unb Wecgta begriff noch, bag feine
Wuge ihm eine Ueberlegengeit oerlieh, unb moQte feine
eigene Stellung nicht immer mehr oerfchlechtern.
„Du finbeft bies ©efchent für meine grau be*
leibigenb?"
„Das finbe ich."
ßug lachte migtöntg. „Sie liebt ihre Schmefter
roie eine lochter."
„Deine grau ift ohne ÜJtifjtrauen. SBenn es bir
recht ift, laffen mir grau oon Vechta aus bem Spiel!"
„Du bift gewohnt, ihren Witter 3U fpielen."
„Wütige mich nie, im Grnft ihr Witter 3U werben!"
ßug griff {ich an bie Stirn unb lachte mieber, fegten»
borf betrachtete ihn ernft unb fchweigfam. „Stber finb
mir benn beibe roie oerheft? SBas ift benn gefchehen?
3 d> mache meiner Schwägerin ein etwas 3U foftjpieltges
©eburtstagsgefegenf, unb gleich entfielt baraus eine
Xragöbie. — (Es ift wirtlich 3 «it, bafj bie SB aff ein
tommen.unb uns bie nüchterne SBirflichfeit bes Dafeins
3urücfrufen."
Die Weidjert brachte bas ©ebäcf auf einer bampfenben
Schüffel unb tnieffte ftrahlenb. Von innen hörte man
ßids Stimme wie frohes Vogelge3roitfd)er.
„Sieh! Sieh, Vene! Von gan3 oben fieht man
ben ijafen. Da ift ber See unb fdjout fo blau herauf
roie ber Fimmel, manchmal fommen SBöIfchen, als ob
er leife bampfte!-Küchenhanbtücger finb auch ba,
unb ©efchirr ift in ben Schränfen. Sich, ein SBaffer*
hahn! SBafferleitung!"
ßill lief ab unb 3U, fie öffnete jebes genfter unb
jeben Verfcglag, bas Räuschen enthüllte immer neue
SBunber — „ber gute ßubwig! Unb gebantt habe
ich <h m noch gar nicht orbentlich! Sch habe mich noch
nicht mal bebanft!"
ßill flog wie im Sturmminb bie Ixeppe hinunter,
Venebifte folgte langfamer, ihr ©eficht fat) gan3 heiter
unb 3ufrieben aus.
„SBas betomme ich nun?" fragte Vechta, bie Slrme
öffnenb. Slbfichtlich wollte er unter i)et)fenborfs Slugen
ßill tüffen, ein Äug mar tein Verbrechen für ßug
Vechta, er fügte fogar grau oon Wafting. Dag in
ber Slbfichtlichteit eine Ejerausforberung lag, fiel ihm
nicht ein.
ßill ftürste roie ein Vogel an feine Vruft, er mugte
fie etwas hochheben unter ber Schulter, um ihren SOTunö
3u faffen. „Vift bu nun ftrahlenb, Sonnenfcheinchen?"
„ 0 , ßug! Strahlenb!"
ßill lief wieber 3U Venebitte unb fügte biefe, fie
ging noch einmal 3U ßug unb nahm feine $anb unb
ftreichelte fie unb fagte: „Du gutpr ßug!" Dann bachte
fie an ipeptenborf unb entfchulbigte fich: „Sie müffen
mich für ein recht närrifches, überfpanntes grauen«
3immer halten. (Es ift nur 3U oiel ©Kid auf einmal!
©ibt’s benn folches ©lüd?"
ßill machte fegr nieblich bie SBirtin, ag aber fetbft
faft gar nichts. „Die SRöwen fommen bis hierher",
jagte fie einmal. „Da fliegen welche! SRan hört bie
Dampfer tuten unb ÜWenfcgen lachen im SBalb. grobe
SWenfcgen lachen bort."
Sie fegte fich plöglicg neben Venes Korbftugi. „Darf
id) bie Wacht fegon hier fchtafen, Vene? Darf ich?
Diefe eine Wacht?"
„SBarum mödjteft bu es, ßill?"
ßill fagte: „3cf> trage fo oiel in mir, unb ich benfe,
es wirb lofer unb leichter, wenn ich hier gan3 allein
bin. SWeln i)er3 flopft fo ftart."
„Gs ift nicht 3U oiel für bich geworben, Kleines?"
„Schön ift’s", fagte ßill. „Selig!"
ijegfenborf bemertte eine geroiffe Vläffe auf grau
oon Vechtas Stirn unb graue Schatten unter ihren
Slugen. „grau oon Vechta figt 3U febr in ber Sonne."
Wun fab auch ßid ihre Schwefter an. „ 3 ft’s bein
Kopfweh, ©olbne? Unb willft bu nicht in bas fleine
3 immer hinten gehen? Dort ift’s gan3 grün unb
bämtnrig, ein Vambusftredbett mit Kiffen ftebt ba."
Venebifte legte ben Slrm um ihre Schwefter unb
fd)tog ein wenig bie Slugen. grau oon Vechta war
jehr blag, unter ihrer Schulter weg fab ßid fttU unb
flug auf bie beiben SJtänner. Sille brei fchwiegen eine
SBeile.
Die Wachmittagfonne lag golben über ber ©ruppe,
nichts ftörte in biefem SRomeut bie oolltommenfte Stille.
Stuf ber oberen ©alerie oor bem ©iebelfenfter er*
fchien ein grauer Kater unb fchnurrte, fich fonnenb.
SBalbmann war weitab nach bem See 3U gelaufen,
grub unb fchnüffelte bort; er mar ewig auf irgenb«
einer Suche, ooll gagbeifer, ohne je etwas Vefonberes
3u finben. ßill liebte ihn beswegen. „Gr ift ein
Sbealift", fagte fie.
Gs würbe 3 eit für bie Wüdfahrt. ßug ging ooraus
mit feiner grau, er führte fie forgfam; Venebifte be*
hauptete, tein Kopfweh mehr 3U fpüren, unb lächelte
bureg it)re Schmer3en.
„SBir hoben ja feine Kinber, WachtigaK", bat ßub*
wig entfchulbigenb.
„3a, ja, bas ift es auch", fagte feine grau mübe.
„Du haft gan3 recht."
„Unb fie ift ein fold>er Kinbsfopf. Gin Wabt)!"
„ 3 ch ängftige mich um Aid, bie ©egenb fönnte
hoch unfieger fein."
Gr lachte ihre gurcht aus. „Die berühmte Gin*
famteit bes Häuschens ift bie reine Igeaterfuliffe. —
3 n ber Kolonie, wo lauter reiche ßeute wohnen, ift
ber SBacgbienft ausgeseiegnet."
„Sie ift fo ejtraoagant."
„Das werben bie ftetigften grauen."
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91 intimer 86.
Seite 1559 .
„Du ßältft jßegtenborf für eine ©emißßelt?"
„ 0 , tjmibert gegen eins auf i^egtenborf! Cr läßt
fie einfach für fieß reif werben."
„ 3 <ß märe glücflicß, ßuß!" Cr preßte ißre #anb.
„©er geht einen fixeren Seg."
,,©u magft itjn nid)t?"
„2>0Cß."
„Sicßt gana?"
„Kinb, mer mag fiiß ,gana'? ©u unb icß!"
„ßuß, bift bu mirtlicß nocß gana mein?"
Cr oermocßte ißr ©eficßt nicht au ertennen, toeil
es unter ben Säumen hier fcßon bämmrig mürbe, ßill
unb ijegtenborf folgten in großer Cntfemung, ßitl fab
au ©oben unb fdeutelte ihren Syut, ber an ben (ofen
Bänbem hing. Sie fpradjen nicht aufammen.
„Sie tommft bu barauf, Sabonna?"
■ „ 3 cß bin moßt oft neroös jeßt. 2 lucß ijeglenborfs
Jägern unb 3 umarten machten mich neroös. Cs fcßeint
mir für ßiQ beleibigenb."
„Bift bu ßills fo gana ficßer?"
„Sch glaube nicht, baß ßilt mie geroöhnliche grauen
lieben tann. Sie ift fehr ehrlich unb pflichttreu, er
mirb fie holten."
„ 3 a, es märe ferner, ßiU reftlos au faffen. Sie
ift nicht gana ®i« ein Senfcß, ein ©rautnbilb eher,
ein Särcßenmefen."
„Iräumft bu noch oft, ßuß?"
Cr beantmortete ihre grage nicht. Sebel ftiegen
oon ben Siefen auf, um gormen unb ©egenftänbe
einaufpinnen, bie Bäume mürben barin gigantifcher,
alle (Entfernungen fcßienen fehr meit gerücft, unb bie
Stille laftete, enthielt eine geheime ©roßung, oom
Saunen Unfichtbarer ooü.
„ 3 cß höbe mich gemöhnt, immer flar au fehen",
fagte Benebitte. „Klarheit fchien mir in allen menfd)*
liehen Berhältniffen bas Crftrebensmerte, ihre 2 Birtlirfj=
teit foaufagen. Unb jeßt ift es mir, als fäije ich hinter
ber Klarheit mieber bas Unförmliche, bas Crfte unb
Unfaßbare. Ctmas #eibnifcßes, ©euflifeßes, ßuß!"
„Cs mar oor ber Schöpfung unb bleibt in ihr."
Bene hotte nicht bie ©emoßnßeit, oermorrene unb
überfinntiche Cinbrücfe au erörtern; er fühlte ihr ©e«
micht fchmer auf feinem 21 rm laften, fie fchien erfchöpft.
„Sur mübe unb etmas unruhig", befchieb fie feine
Beforgnis.
$egtenborf fprach jeßt, fie hörten feine gleichmäßige
unb etmas horte Stimme, ßill unterbrach nicht.
„Senn fie boch ja fagte!" Benes fjanb trampfte
fich ein menig in ihres Sannes 21 rm.
„Sacßt’s bich fo ungebutbig?"
„Sur unruhig."
3 hm fiel auf, baß fie bas Sort heute fo oft tuieber*
holte. Benebitte befaß fonft oiel innere Suhe unb
Selbftbeherrfchung.
21 m 21 usgang bes Stegs ftehenb, mährenb bas
Boot mit feiner Bemannung martete, foh bas ©hepaar,
baß ijegfenborf ßill aum 2 lbfcßieb tüßte. „©ott be«
hüte bich, mein ßiebling!"
ßill hotte alfo ja gefagt.
„Sott fei Dant!" fagte Benebitte unter Iränen, gequält.
ßills ©efichtchen mar gana meiß unb tlar. Sie
tüßte ihre Schmefter unb bann auch ihren Schwager.
Sie fahen fie mie einen ßicßtfcßein noch in ihrem
meißen Kteibcßen ftehen, bie ©ämmerung fchien fü
megauaehren unb aufauneßmen mie ein ßuftgebilbe, fo
baß oon ihr gar nichts mehr blieb.
Benebitte meinte ftiü oor fid) hin, bie beiben
Sänner feßroiegen.
,,©ie 3 bee ift boeß eine ßaune", fagte fjegfenborf.
„San hätte baraus leine Sirtticßteit maeßen foHen."
„San ßot fo oiel Sirtticßteit unb fo feiten ßaune",
antmortete ßubmig fura*.
„Sun, halb mirb ja alles anbers merben." ©er
glücMicße Bräutigam fpraeß ber Satrofen megen granaö*
fifcß; auf franaöflfcß fagte er ben ©efeßmiftern, baß ßitl
feinen 21 ntrag angenommen hätte. Sacß bem Sanöoer
mürben fie bie Berlobung oeröffentlicßen.
Benebitte mollte fieß reeßt freuen, aber ißr Syer$
blieb feßroer. ©ie Kopffcßmeraen ftaeßen glüßenbe,
peinigenbe Sabeln bureß ißr ©eßim. ßuß faß finfter
ins Saffer, ber Sonb baute eine breite, ßelle Scßräg*
baltenbrüde über feine feßmarae, bemeglicße gläcße.
San ßätte barauf bis aum Ufer gehen fönnen, ein
Kinb märe oielleicßt auf ben ©ebanfen oerfaHen, auf
folcßer Brücfe au manbeln.
Cr ßörte feinen Scßmager feßr oemünftige 3 ulunfts*
pläne ausbauen unb antmortete aueß, menn fegten*
borf ißn anrebete; eigentlich f«nb er alles läcßerticß,
gana unb gar nießt, roas gefagt merben mußte.
Srgenbroo, gana m oerbeeften liefen feiner Crinnerung,
feßritt unb bog fieß ein naeftes, braunes Säbcßen, eine
fiamefifeße ©empeltänaerin, mit einem Cbelfteingurt um
ben ßeib unb ißerlentetten in ben paaren. Sie oer*
feßlang ißre ©lieber in tunftooder unb miffenber Seife
unb mieberßolte immer bas gleiche, eintönige, eigen*
finnige unb einbringlicße Sotio: Begeßre unb genieße!
Sir müffen alle fterben. Ser nießt liebt, ift ein ©oter
mitten im ßeben.
Cr baeßte: Sas finb mir eigentlich? Sefuttate
oon allerlei 3 ufä(ligteiten, Berührungen oon Soletülen
ober ßufterfcßütterungen im Saum. San nennt fo
ein oeraitternbes Scßattenbitb ein 3 cß, feßt ißm eine
betreßte Süße auf, es befiehlt anberen 3 cßs mieber
unb oerfeßluett Sefenßeit oom Sefen, bas in feine
Säße tommt, tauft bies alles Cmigteits* unb Sillens*
alte unb fprießt feßr oiel oon Seele unb meiß boeß
nießt einmal, mas ein Körper ift
Iroßbem fpraeß aueß er, ßubmig Becßta, erörterte
©arnifonen unb mögliche Kommanbos unb hielt Bene
bießt an fieß gebrüeft, bie oon $rit au 3 «it erfdjauerte,
als fröre fie.
„Sas maeßt jeßt ßill?"
„Sie fpinnt", fagte ijegfenborf.
ßuß ärgerte es, baß er feine Meine Scßerarebensart
über ßitl feßon aufgefaßt ßatte unb anmanbte. ßill
au neefen, gebührte moßl jeßt i)egfenborf.
* *
ßill faß auf bem feßmarabortigen Stamm einer
alten, umgetippten Crle mitten im Scßilf unb feßrieb
an #egfenborf. 3 ßre Scßreibpflicßt au erfüllen, mürbe
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{Rümmer 36.
Sill immer etwas fauer, fjegfenborf liebte geregelte,
nüchterne {Beriete, unb Sill erlebte feine Xatfadjen,
nur Stimmungen. ©emiß mürbe ißm auch mißfallen,
Jbaß fie mit SBIeiftlft fcßrieb, fte batte im Räuschen nid)t
mat Xinte. SBogu aud) Xinte?
Sill begann 3u träumen unb ißre Xraumoorfteüung
ausjufpinnen: Sie mar ein OJteertoeibdjen mit glattem,
biantem, fcßneeweißem Oberleib unb einem Stfcf)f<f)a>an3.
{Riemais hätte Sid mie Anberfens fteine Seejungfrau
ihren gifcßfcßwans für jroei ÜRenfcßenfüße abgetreten!
Cs mußte monnig fein, ins Küßle halb unterjutauchen
aus ber Sonne, alle gifcßcßen waren ihre Bermanbten
unb Srüber, Schmetterlinge unb {Bienen fürchteten fid)
nicht oor ihr, Sohannistäfercßen würben anfangen jju
er3ählen unb ber ©rasßüpfer ihr fein Aftßma flogen.
Sie bachte fid), baß alte biefe Steinen tägliche
Sorgen unb greuben hätten, aber ihr Sorgen unb
Sichfreuen ging über ben Xag nicht hinaus. Sie
ftarben mit ber Sonne unb lebten in Sonne wieber auf.
Sill teilte {Reigung unb Xalent, fid) fdjmoren 3U
(affen, mit ßuß. Oie ÜRariner brachten bas SBärme»
bebürfnis oon ihrem Aufenthalt in heißen 3onen unb
in engen Scßiffstabinen mit.
Sleine Stübchen, bie oerfcßließbar unb mit ©eräten
ooHgeftopft waren, liebten ßuß unb Sill. Benes maje*
ftätifcße, ineinanber geöffnete unb prachtvoll orbentlicße
Salonflucht fcßücßterte fie immer ein. Oie 3wei fuchten
Sßinfel unb machten fid) barin Siffennefter.
ijegfenborf würbe für helle, weite {Räume fein, für
Schatten im Sommer unb eleftrifche Beleuchtung im
ÜBinter. (Es gab bei ^epfenborf regelmäßige {Dtittag*
effen, gutgefchulte Seute unb tabellofe, moßloorbereitete
©efeüfcßaften.
Sid [preßte aüe ihre ginger einsein ooneinanber,
bamit Sonne auch in bie rofigen Snüfcbenräumcßen
fcßien. SBarum tonnte man nicht ohne Steiber gehn,
brauchte immer SRuffelin unb ÜRuüfchleier, unb was
oerftanben bie üRenfcßen 00m ©enuß, bie immer wieber
SRenfcßen, Särm, (Effen ba3u brauchten?
So wenig beburfte SiH! Oie Suft am Oafein über«
flutete fie förmlich wie ftarfe, mit (Elettrfoität gefabene
SBogen eines Babes. Sie öffnete ihren SRunb trinfenb
unb (ächetnb, oerfchleierte ihre Augen, bamit fie nicht
3u beutlich ihr wohliges, faules Behagen oerrieten.
SEßar bas fdjön! (Erlen hatten runbe, Keine Blätter
wie ^ersehen mit {Rubeln barauf, fie fehmeeften füß»
bitterlich, er3itterten leicht, weil fie atterlei oon 3weifel*
haften Oingen wußten, 00m (Erlfönig, oon SRoorfrauen
unb {Rijren. Bäume jinb fie, beren SBurgeln fich in
ben Schlamm ftreefen, unb bas ÜBaffer um ihren guß
hat manchmal einen giftigen, tüdijeßen {Regenbogen«
fcßiüer.
Biel emfthafter waren bie Buchen. Buchen finb
glatt, gerabe unb fauber. Sie erinnerten Siü an
Benes Art, Sitt felbft war Sßalbrebe, irgenb etwas
{Regellofes, {Ranfenbes, fleh Schtingenbes. Oas Brom»
beergewirr erftiefte fleine <Eicßenfchößlinge, 5 £Beiben wehten
geheimnisooü unb bienftfertig mit Borhängen ihrer
3 ®«ige in abgefchloffene Sauben, worunter bas SBeiben«
weib faß mit grünen Augen unb Korbgitter flocht, goft
aüe Baumnpmpßen hotten grüne Augen in ber garbe
ber Blätter ihres Baumes; nur bie (Büßen waren
Männer, alte ©ermanenreden in getten, bie Keulen
tragen.
SiU liebte bas Schilf- Aufreyenb, ted unb weßr«
ßaft faß es aus, bie braunen Kolben bilbeten feine
Stanbarten, um bie eine Armee oon San3en fich fchorte.
fjofbamen unb lßrin3effinnen trugen bie weißen unb
rofa Xüütleiber bes Baibrians unb ber Bärentlau,
bie Königin im See war bie SBafferrofe.
{Rings um SiU war bie grüne Oämmerung oon
©olbflimmer bureßfeßoffen. Sie felbft mußte ein aus
©rün unb ©olb gewebtes Oing fein, hielt auch ben
Bteiftift gar nicht meßr, fonbern ein gelbes Schwert»
lilien3epter unb prebigte ben blauen ÜRinseftenglein
unb gelben Qaßnenfußtnöpfen.
.. . Sid war eine große Kaße bes Urwalbs unb
gar feine grau meßr. Oie Sonne fcßien auf ißren
falbgeflammten {ßefo, unb fie fühlte, wie bas galbe
feurig würbe, jebes einseine Syaat aufftanb unb fid»
richtete.
Oas Miterleben ber {Raturoorgänge erregte fie bis
3um ßöcßften sittemben fRaufcß ber Selbftoergeffenßeit.
Sie hatte nach folcßen Stimmungen bas ©efüßt, ein
Unrecht begangen 3U haben, eine jener geheimnisooHen,
löblichen unb unoerseißlicßen URärcßenfünben, bie im
Belaufcßen bes ÜRittagsgefpenftes, einer Begegnung ber
Kornmuhme, befteßen.
„ 3 a, SiU!" fagte ßuß. „ 5 Bas maeßft bu benn?
#ier bift bu!"
ßuß war im blauen, turgen gocßttlubanpg unb
lacßte über bas gan3e ©efießt. Seine Augen funtelten
wie unerhört prächtige, 3um erftenmal aufgebedte Sa«
pßire.
„ßuß!" feßrie ßiü auf. „Ou, ßuß! 3 Bo tommft
bu ßer?"
ßuß hatte bie Kaifermanöoer im Belt mitgemaeßt.
Oer Kaifer mar bann mit bem 3weiten ©efeßmaber
naeß {Rorwegen gefahren, unb ßuß’ Schiff feßrte früher
3urüd, oier Xage eher, als er gerechnet hatte.
„Unb bu geßft nießt nach Xönning?"
Aüe beibe fühlten eine gemiffe {Racßfucßt, wenn oon
Benebittens Kuntelleßen bie {Rebe war. Oie Xante
hatte ßiü weß getan, unb Benebitte war etwas aus
ßußens unumfeßränfter ©ewalt unb Botmäßigteit ent«
rüdt worben, inbem fie eigenes Bermögen unb ein eigenes
j)eim betam. Xatfäcßlich hatte grau oon Queerbt biefe
Botmäßigteit aufßeben wollen, ber ÜRann fühlte ißre
Abficßt gut unb oßne Oant bureß.
„Xönning ift ber greiftaat meiner grau. 3 cß habe
naeß unferem Kronprinseßcßen feßen moüen."
ßuß hatte oßne weiteres auf ßiüs Baumftamm mit
{ßlaß genommen. Oer Stamm glich einem alten,
frummen Alligatorenrüden, in fetten, ftroßenbgrünen
Urfcßleim Dorgefcßoben; oben trieb bie Krone noeß.
Oas ©rün fcßloß fie oon aüen oier Seiten wie eine
ßaube ein, am fachten Stoßen gegen bas Scßilf mertten
fie nur, baß oor ißnen 2 Baffer war, ober ein Xier im
i)ineinfallen feßuf Bewegung. Oas tierifeße ßeben hier
in ber SEBaffernäße war feßr rege, legte einen smeiten,
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Stummer 36.
Seite 1561.
bitteren, furrenben unb frfjroirrcnben lebenbigen (Dtantel
um fie her.
„0 ßuft! (Suter ßuft! 2 Benn bu roügteft, roie
glüdlid) ich bin! Sa« Räuschen tft ja ein Iraum, unb
ich fpinne ben ganjen lag."
Gr nahm bas ihr entfallene Statt mit bem Bleiftift»
getriftet. „Offianifdje Grgüffe an iftn?"
„Kommt Grljarbt auch batb herein? Sein leftter
Brief mar oon griebricftshafen."
„2Beig nicht", fagte ßuft turj. „ÜBir hoben oon«
einanber nid)t oiet gef eben."
ßiH hätte über ben Umftanb unb über feinen Ion
namentlich roerben tonnen. Sie mottte nicht nach'
benten.
„<But ift’s, bag bu hier biftl 0<h glaube, ich martete
eigentlich auf bicf). Siun ift’s noch mal fo f<hön!"
Sie hotte ihren SIrm burch feinen gehoben, nun
fagen fie au ameien unb fchroiegen unb mochten eigent»
(ich gor nicht roieber fprechen, fo gut unb moht mar
ihnen.
„Kommt grau oon Stafting auroeilen?"
„Sie ift in Brofö, im Stranbhotet. Bor acht lagen
mar fie hier."
„Seitbem nicht roieber?"
„Steh, ich glaube, fie braucht eigentlich SJtänner.
Sie ift au abgeftumpft, roeigt bu, ober eben nicht
fehr oolt."
„ 3 ch glaube bas lefttere. Sie fucht ihren Snljolt."
„Sie 2 trme! — Unb mir finb fo reich! 2 Ule SJtenfchen
im greien finb hoch eigentlich Könige unb Brinaen."
„Sticht alle, ßillchen." Gr hotte fie unroiHtürlich
noch ein bigeften bichter an ficf) gesogen, unb fie fügten
fleh, gons einfach unb froh in ihrem Beifammenfein
roie aroei Kinber. Ses ÜJtannes ßippen roaren nicht
heiger als bie bes SJtäbchens. Sarum erfchrat ßill
auch gor nicht, fonbem lächelte fonnigfte greube in
ben Sonnenfehein.
„ßieber, lieber ßuft!"
„2tber hoft bu gegeffen, ßuft?" fragte fie, ,,©rog=
eften foü bir ein Beeffteaf braten, mir triegen gleifch
im ijotel. Gier hob ich auch unb maffenhafte Stachel»
beeren."
„Saoon lebft bu fo?"
„ 3 eh habe immer nur bie gleichen Sachen, SDtilch,
Salat unb grüehte. SJtanchmal finbe ich bie fo fd)ön,
benfe bir, bag ich gar nicht effen ober trinfen mag.
2Bie finb blaue Bfloumen fd)ön! Ober 3um Beifpiel
Sfirfiehe!"
„ßill, ich glaube, bu bift ein fehr ätherifeges SBefen?"
„ 3 a, bie meiften SJtenfchen finb rooftl fo erben»
fchroer, roeit fie auoiel effen. 2Bir fönnten oiel roeniger
effen, nur gerabe, roas notroenbig ift; man foüte fid)
nicht ba3U hiufeften, auftragen laffen! Sie ÜJtenfchen
mären fcfjöner, freier, feiner."
„Su glaubft, bag f)egfenborf biefe ßebensroeife au»
fagen mürbe?"
„Grgorbt hot fpäter 3U beftimmen, roie es bei uns
fein roirb, unb natürlich mug fein Sßunfch mag»
gebenb fein."
„ÜBas roirb babei aus bir, ßill?"
„0, ich" — ßill hotte ein unenblich ergebenes unb
roeiches, fleines (Seficht. „ 3 ch roerbe grau Kapitän
oon $egfenborf, unb fpäter hob ich mohl Kinbercgen."
Ser 2 lrm bes SJtannes 3udte unter ihrer i)anb.
„Kinber hätteft bu gern, ßiü?"
„Oeroig!" fagte fie. „Sehr gern. 3 d> benfe, baau
bin ich gut. 3 <h roeig bann auf einmal, mas ich fott.
Sie pflegen unb tiebhaben! Unb oielteicht mirb mein
Bub etroas gan3 ©roges, BracgtüoUes!"
„Gigenen Ghrgei3 hoft bu nicht?"
„Sich, iä) —" ßiü bliefte nachbenflich in bie grüne
SBirmis, in alles Staaten, Ireiben unb Stroften.
„©lücflich fein roollte ich früher immer. Ginmal oott*
tommen unb munfchlos glüdlich fein!" Sie pregte
ßubmigs 2 trm ftärfer, aber ohne ßeibenfehaft. „ 3 ch
bin’s ja."
„ßiü!"
Ser Ion roeefte ßill auf. Sie erhob fich roie aus
einem Schlaf unb ftrich ben traufen, fpröben ©otb»
flimmer oon ber Stirn roeg.
„Komm, ich mug bir mein (Reich 3eigen! Su follft
fehen, roelche gürftin ßill ift."
Gr folgte gehorfam; fie roar fchon aiemlicg roeit
oorausgeeilt, h u f<henb, roie ein ßuftroefen fchroebenb.
Sie Schroüle bes (ßlaftes im Schilf festen überrounben,
ßiü hielt bie $anb gegen bie Bugen unb fah mit
leuchtenben Bilden 3U ben Buchenriefen empor.
„Sas finb meine Starten, meine ©rogen! Sie
prebigen pflichttreue unb lapferteit, unb irgenbroie
rooüen fie mir fagen, bag bas ßeben oergänglich ift,
bag es nur im Schaffen unb Sßachfen am läge liegt.
Sie feften 3 ohresringe an, fo tun mir SBerfe, bie
SBerte bleiben. 3 mmer prebigen fie, im Stegen unb
im Sturm ftefjen fie aufrecht. Gr fann fie roohl oer*
rounben unb fniden, aber ihrer Seele, ihrer Kraft fann
er nichts anhaben. ßeute, bie ben SBalb umfdjlagen,
finb Bilberftürmer unb ©ottesläfterer."
Sie gingen auf ben Bromenaberoegen. Stiemanb
tarn, bas ©ebö(3 fchien ihnen gan3 aüein au gehören.
Sie Sonne nur guefte burch bas ßaubbach, aroinferte
unb blinaelte, ihre Strahlen trieben ein roechfelooües,
taunifches Spiet auf bem Boben, immer roebte unb
gautelte bas geheimnisooüe, lebenbige ßichtroefen neben
ihnen her burch ben raittagftiüen SBalb.
Gin fehr fchöner, gelber SBolfsfpift tarn ihnen ent*
gegen, ßiü rief ihn an unb liebfofte ihn. „Gr geigt
Stolanb. 2 lüe f)unbe hier tenne ich, bie Kühe unb bie
Bauerntinber. Sie Hamburger feh ich nie. 3 Bir rooüen
Stobinfon hier fein, roir finb lauter Ginfiebler, ftören
einer ben anbern nicht. ÜJtancftmal fingt eine Same
fehr fchön, bes Bbenbs fpät noch, Klaoier roirb nirgenbs
gefpielt. — Sa ift ber ©olfplaft!"
Buch ber ©olfplaft lag ooütommen oertaffen, eine
Stafenhügelroeüe hinter bie anbere reihenb.
„©epflegt unb gerooüt ift bie Ginfamfeit hier",
fagte ßiü. „Sarum roirtt fie roohl auch ein roenig
fünftlicg. Bber fo unenblich rüftrenb! SBannfee unb
©runeroalb rührten mich in ähnlicher SBeife."
ßiü roeinte leicht, roenn ihr ©efühl berührt roar, unb
man hörte bie Sörtlicgfeit in ihrer Stimme nächstem.
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6eH t 1562.
„SBarurn rügrenb, ßill?"
„Kranfe bauten ba, fie brauchen (Rüge. grieblofe
träumen oon grieben!"
„So bift bu bocg nicgt?"
„Seg nein! 3 cg bin ^icr fet»r glücflicg." Sie nagm
[eine fjanb toieber unb lieg fie, bamit auf unb ab
jcgautelnb, in igrer.
„Du guter ßufc roeifjt nicgt, roie oiel ßiebe bu mir
mit bem $äuscgen angetan E)aftl Sielleicgt toeigt
bu es?"
„Sin bigcfjen roogl, ßitl."
„Cs ift bas Scgönfte, toas ich in meinem ßeben
gehabt gäbe, gemig bas Scgönfte! Natürlich mugt bu
es toieber jurücfnegmen, unb igr mügt es oertaufen,
Sene unb bu! (Rolanbs ijerr, ein Kaffeemafler, nähme
es oielleicgt?"
„Cs ift bein Cigentum", fagte ßug fcgroff.
ßitl fcgüttelte ben Stopf. „ 3 <g brauche ja nichts
megr. ©rgarbt gibt mir alles. Cr gal genug für
uns 3toei."
„ßill, liebft bu ign benn?"
ßitl erbitterte, igre i)anb fiel. „ 3 cg gäbe igm ja
gefagt", fagte fie einfach unb mit SBürbe.
„3ai aber, ßill" — er atmete fcgroer, rig an feinem
$a(sfragen unb big ficg in bie ßippe, überroanb ficg.
„Sielleicgt pagte igm nicgt, bag icg bieg geute befuegt
gäbe."
„ffiarum nicgt?"
„ßitl, icg glaube, icg bin ein gemeiner SKenfcg!"
(Rümmer 36.
„!Du bift fegr gut unb fegön — unb treu aueg."
„Sreu, ßill?"
„Socg, ßufe, treu! Ireue ift SBagrgaftigteit. Su
tannft nicgt anbers toie treu fein."
„2Bem treu, ßiH?"
„Sir felbft unb Senebitte." ßiH fag ign ernft unb
aufmertfam, ogne jebe ^Befangenheit an.
„ÜRir felbft ja — aber Senebitte!-ßiH, ßill,
toeigt bu benn nicgt, toas gefegiegt?"
Cr gatte ficg ins (Bras geroorfen, ftögnte auf unb
mäl^e ficg in feiner Qual. „Still! Still!" fagte ßill
toie goregenb unb (egte ben ginger an ben (Dlunb.
„So mugt bu nicgt fein. Cs ift gägßcg. 5Bir toollen
glüeflieg fein unb fegön!"
ijaib ängftlicg bliefte fie 3U ben Säumen auf, als
ob ÜJtigtöne fie oerlegen tonnten. Cr be3toang ficg mit
einer fegr grogen, faft iibertnenfcglicgen Stnftrengung.
„Su gaft reegt, toir toollen glüctlicg fein."
Sun gingen bie 3toei SOtenfcgen toeiter. Sie Stapeln
lagen in igrem 2 Beg toie Schlangen, alle Schlangen,
Krümmungen unb Knorren oereinten ficg 3u einem
ftarten, fcglantaufftrebenben Stamm. Unb über bes
Stammes Straffheit unb Starte fang bie Krone igr
luftiges, buftiges 3 ubel(ieb. SBinsig Heine 3 auntönige
tletterten im ©e3toeig, fegtoangen ficg fcgautelnb an
ftengelfeinen Sleftcgen. Ser SEBalb fegien erftorben, aber
er mar nicgt tot, überall hämmerte, tlopfte, furrte
taufenbfältiges, unermüblicges ßeben.
(gortfegung folgt.)
-O-
Heber ben Hgtjfgtnus.
Son Sr. Crnft Sartg.
ilavta qü — alles fliegt, lautet bas SBori b ( es grieegi*
fegen (ßgilofopgen, um aus3ubrücten, bag niegts in ber
SBelt ftabil, bag alles in emigem glujj, alles in emiger
Semegung ift, alles, bie förperlofen menfcglicgen 3 been
— ber ©eiftesflug bureg bie ©efegiegte ber Sölter
3eigt es — ebenfo toie bie materiellen Körper, bereu
SBanbel mir mit unferen Sinnen oerfolgen. SBoger
bie Semegung unb roogin? So gaben mogl bie Sgüo*
fopgen unb Sicgter aller 3 eüen gefragt unb — „ein
(Rarr märtet auf Slntmort".
3 m Strom ber Crfcgeinungen, ber uns überall
umflutet, oermag jeboeg eine Srt ber Semegung unfere
Setracgtung befonbers an3uregen: bie periobifege Se*
roegung, bas geigt jene, bie in genau gleichen 3**1*
abftänben in genau gleicher gorm ficg immer toieber*
golt. Sie (ßeriobe foteger Semegungen nennen mir
aueg igren „(Rggtgmus", unb mo überall fegen mir
nicgt rggtgmifcge Semegungen! (Rggtgmifcg treift bie
Crbe um bie Sonne, rggtgmifcg manbeln bie Sterne
igre Sagn, rggtgmifcg erfolgt ber SBecgfel oon Sag
unb (Racgt, rggtgmifcg rollen bie (Bogen bes 03eans.
Sie abfolute 3 eübauer ber ißeriobe änbert niegts an
bem S r <n3ip bes (Rggtgmus, fie tann mie bei ben
ißläneten 3 ogre bauern, aber aueg Srucgteile oon Se*
funben, beren Kür3e jeber Sorftellung fpottet. Sie
Scgmingungen ber ßuft, bie bas Dgr als Scgall, bie
Scgmingungen bes Steigers, bie bas Sluge als ßiegt
empfinbet, finb in bem gleichen Sinne rggtgmifcg mie ber
Umlauf ber 5 )immelsförper, mie bie Sltemjüge unb Suis*
fegläge bes tierifegen Organismus, roie ber glügelfcglag
beim glug unb bie Scgritte beim ©egen.
Slber nicgt nur bei ben unferem (Billen ent3ogenen
pggfiologifcgen gunttionen mie Suis unb Sltmung, auch
bei ben lebiglicg unferem SBillen unterroorfenen Slrbeits*
bemegungen fegen mir immer mieber bas Srin3ip bes
(Rggtgmus geroortreten. Ser Scgmieb, ber Scgloffer,
ber Klempner, ber Scgugmacger laffen ben Jammer
rggtgmifcg fallen. (Rggtgmifcg beroegt ber Sifcgler ben
fiobel, ber 3 immermann bie 21 jt. Sefonbers jeboeg
fegen mir bei gemeinfamer Slrbeit bas Streben, bas
3 ufammenarbeiten rggtgmifcg 3U geftalten: Sie SPafter*
arbeiter laffen in einem beftimmten (Rggtgmus bie (Ramme
fallen, ebenfo bie Säuern ben Srefcgflegel, bie ©onbo*
liere bie (Ruber — Seifpiele, bie ficg noeg oielfacg oer*
megren liefen. 3 ft bie (Rggtgmif aller biefer Seroegun*
gen 3 ufall, ober entfpringt fie einer (Rotroenbigfeit?
(Regmen mir bas Seifpiel oon ber rggtgmifcgeft
Semegung ber Crbe. Ser (Rggtgmus biefer Semegung
bebingt sunäcgft ben (Becgfel oon Sag unb (Racgt, ferner
ben (Becgfel ber Sagresjeiten. Son biefem SBecgfel ift
roieberum bas gan3e organifege ßeben auf ber Crbe
abgängig. Cs lägt ficg gar niegf ausbenten, roelcge
Störungen bas organifege ßeben auf ber Crbe erleiben
mürbe, fobalb ber (Rggtgmus ber Crbberoegung einem
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Bummer 30.
6ette 1563.
regeltofen Sßecßfel ber ©efcßwinbigfeit oerfiele unb bem«
entfpreeßenb auch bie ©inmirfung ber Sonne auf bas
organifeße Geben jeber Begelmäßigfeit entbehrte. 2Jtit
ber llnregelmäßigfeit ber ©efcßwinbigfeit, felbft bei
Snneßaltung ber Baßn, wären Kollifionen mit Him*
melsförpem bie notmenbige gotge. ©ine aftronomifcße
Berechnung ber Bewegung ber ^immelstörper, bie fo
fixier auf Bruchteile oon Setunben bie Sonnenfinfter*
niffe ber Bergangenßeit unb 3 ufunft beftimmt, märe
unbenfbar, fobalb bie Borausfeßung biefer Becßnung,
bie gleiche ©efcßwinbigfeit unb gleiche Baßn, mcßt meßr
juträfe. 2Ran barf moßl behaupten, baß ber Kosmos
bie gegenwärtige gorm erft angenommen hat, nadjbem
bie Himmelsförper ju bem beftehenben 9th9thmus ihrer
Bewegungen gefommen waren.
SBei gemeinfamer Brbeit gemährt ber Bßpthmus
bie Btöglicßteit, baß jeber Arbeiter bic gleiche Bewegung
ausführen fann, ohne burch bie Bewegung bes anbem
geftört 3U werben.
Bücher führt in feinem Buch über „Bßhtßmus unb
Brbeit" übe^eugenbe Beifpieie an: 3 n einer Beiße
oon Blößern, bie auf ber SBiefe ftehen, muß jeber
einjetne gleichmäßig feine Schwabe bewältigen, wenn
er feinen Hintermann nicht aufhalten ober fürchten foH,
oon beffen Senfe getroffen 3U werben. Diefe Störung
ihrer Brbeit wirb alfo nur oermieben, wenn beibe gan3
gleichmäßig mit ihrer Senfe fortfehreiten. 3 n einer
Beiße oon Hanblangem, bie einander bie ^iegetfteine
für ben Bau 3ureicßen, muß jeber folgenbe gleich rafch
abneßmen, wenn er nicht bie gan3e Brbeit ins Stocfen
bringen will.
Der einseine Schmieb, ber ein Stiicf ©ifen be¬
hämmert, fann ben feßmeren, mit beiben Hänben 3U
tentenben Hammer nach SBilltür führen. Sritt jeboeß
ein 3weiter Scßmieb 3U Hilf?, fo müffen beibe ißre Be*
wegungen bergeftalt einrichten, baß, wenn ber Hammer
bes einen bas ©ifen trifft, ber Hammer bes anberen
ben ßöchften Buntt in ber Guft erreicht, wollen fie fieß
nicht auf ißrem Sßege treffen.
Sen gleichen Borgang beobachtet man beim Behauen
eines Stammes oon 3mei ßitnmerleuten, beim gemein*
famen Drefcßen auf ber Senne, beim Busflopfen ber
Seppicße bureß 3mei Btägbe. S )ier bient alfo ber
Bßßtßmus bem 3 t»ecf, bei gemeinfamer Brbeit jebem
Brbeiter bie Btöglicßteit 3U gewähren, baß er bureß
bie Bewegungen feines Bacßbars nicht geftört wirb,
fonbern baß fie gleichseitig unb boeß unbeßinbert bie
gleiche Aufgabe erfüllen tönnen.
Selbft ber ein3elne Slrbeiter, ber für fieß allein
arbeitet unb auf einen Bachbar feine Bücfficßt 3U
neßmen ßat, geftaltet feine Brbeitsbewegungen rßtjtß*
mifcß, beifpielsweife ber Simmermann, ber Bläßer, ber
©onbolier ufm., ebenfo wie ber Blenfcß unb bas Sier,
bie ißre Beine beim ©eßen ebenfalls rßgtßmifcß be*
wegen. Btan fießt alfo überall bei willfürlicßen wie
unmillfürlicßen Bewegungen, bie fieß immersu wieber*
ßolen müffen, eine rßptßmifcßc ©eftaltung eintreten,
gewiffermaßen automatifeß. Der ©runb hierfür liegt
barin, baß bie rßptßmifcße ©eftaltung ber Bewegung
pßßfiologifcße Borteile — ©rjparung oon Beroen» unb
Btustelfräften — gewährt. SSenn ein 3®ecf nur bureß
Bewegungen 3U erreichen ift, bie fieß immerju wieber*
ßolen müffen, wie 3. B. bie gortbewegung bes Körpers
beim ©eßen bureß Beugung unb Strecfung ber Beine
unb bamit erfolgenber Berfcßiebung bes Körpcrfcßmer*
punftes, fo ßat es einen unoerfennbaren Borteil, wenn
biefe Bewegungen in ißrer ©röße immer gleichmäßig
geftaltet werben. Durch biefe gleichmäßige ©eftaltung
tritt balb ber 3 uftanb ein, baß fie oßne befonbere Stuf*
merffamfeit feitens bes 3nbioibuunts ausgefüßrt werben
tönnen, fo baß alfo 3unäcßft bie geiftige Sätigteit ber
Bufmerffamfeit erfpart wirb, gemer werben, fobalb
immer bie gleichen Bewegungen geforbert finb, auch nur
bie Btusfeln unb mit gerabe fo oiel Straft angeftrengt,
als für ben beabfießtigten ©rfotg nötig ift, wäßrenb bei
wecßfelnber ©röße ber Bewegung biefe Oetonomie ber
Btusfelfraft nießt gleich oon oornßerein ba ift, fonbern
immer wieber erft gefunben werben muß, meift erft
naeß meßr ober weniger ermübenben Berfucßen. Bus
jüngfter ©rfaßrung weiß woßl ber eine ober anbere,
baß beim Bergfteigen ber am weiteften fommt, ber
mit ben ißm bequemften Schritten in unabänderlich
rußigem Satt meitergeßt.
Bucß ber mit jeber förperlicßen Brbeit einßergeßenbe
Stoffumfaß ift, wie pßpfiologifcße Unterfucßungen gezeigt
haben, nießt oon ißrer Geiftung, fonbern oon ißrer
Bnftrengung abßängig. 3 e weniger SBüße eine Brbeit
maeßt, befto weniger SRaterial wirb im Körper um*
gefeßt. Bloffo ßat bei feinen Berfucßen mit bem
Btetßpsmograpßen gefeßen, baß aueß bie ©ebanten*
tätigfeit weniger auf bie tieferen Seile bes ©eßirns unb
Bücfenmarts wirft, wenn bureß bie Uebung bie Göfung
einer Bufgabe leichter geworben ift.
Die Satfacße alfo, baß rßrjtßmifcße ©eftaltung bie
Brbeit erleichtert, wirb feßon auf früher ©ntwicflung*
ftufe empfunben, wie Beifebericßte über Baturoölter
oerfcßiebentlicß seigen. Die Busfaat bes Beifes auf
Btabagasfar gefeßießt in ber SBeife, baß grauen unb
Biäbcßen — biefen liegt bie Sefteüung bes Ganbes
ob — in einer Beiße über bas gelb oorrüefen, mit
einem 3ugefpißten Stocf Meine ©ruben auswerfen, in
biefe ©ruben je einige Beisförner legen unb bann mit
ben güßen 3ufcßarren. Die gan3e Berricßtung wirb
mit großer Begelmäßigfeit bureß einen feßarf ßeroor*
tretenben Bßptßmus oollsogen, fo baß bie gan3e Be»
ftellung ben ©inbruef eines San3es maeßt. Blas Bucßner
fprießt oon bem taftmäßigen Gärm ber SapaMöppel,
ber für ein polgnefifcßes Dorf ebenfo cßarafterifttfcß
unb ftimmungsooll fei wie in unferen Dörfern bas
Drefcßen im Herbft, unb ber englifeße Beifenbe Dougßtq
bemerft oon ben Brabem, baß fie bas Stampfen ber
Kaffeebohnen im SBörfer „in rßtjtßmifeßer SBeife" be*
wertfteüigen wie alle ißre Brbeit
3 wei feßr wefentlicße Borteile bringt alfo bie
rßhtßmifcße ©eftaltung ber Brbeit, fie gewährt, bem
ein3elnen einmal eine ©rteießterung, b. ß. eine ©r«
fparung oon ÜRusfelfräften, unb ferner, bei gemeinfamer
Brbeit, regelt fie bie Bewegungen ber ein3elnen Brbeiter
berartig, baß feiner ben anbern bureß feine Be*
wegungen ftört.
So ßat fieß bei gemeinfamer förperlicßer Brbeit
oon felbft bas Bebürfnis ßerausgeftellt, bie Ißeriobe
ber Bewegung, bie oon jebem ein3elnen ausgefüßrt
werben muß, für alle bemerfbar 3U maeßen, 3U
marfieren. Da3u ift ein für alle gleichseitig waßr*
neßmbares, aueß aus ber gerne wirffames 3?i<ßen er *
forberlicß, wahrnehmbar entweber bureß ben ©efießt*
finn ober ben ©eßörfinn. ©in optifeßes Seiten, bas
allgemein waßrgenommen werben fann, bas mo*
mentan einfeßt unb wieber oerfeßwinbet, wie wir es
jeßt etwa mittels ber ©leftrisität ßer3ufteUen imftanbe
mären, ift jeboeß unoergleicßlicß weniger geeignet, ben
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Seite 1564:
Kummer 36.
Stppthmus 3U morfieren, als ein afuftifrfjes 3cirf)en,
bas jeber mit feiner Stimme ober einem beliebigen
SdjaütDerfjeug be^uftellen oermag. Das afuftifche
Reichen brängt fiep oon allen SUd}tungen ohne be*
fonbere Stufmerffamfeit auf, bas. optifcpe, abgefepen oon
ber Schmierigfeit feiner ©rseugung, nur bei entfprecpenb
gerichtetem Süd.
Der ©epörfinn ift aber burcf) eine pppfiologifche
Eigentümlichkeit noch befonbers geeignet, ber SJtarfierung
bes Stpptpmus 3U bienen, inbem er bie fchon genannte
SBirfung bes Sthptpmus, bie (Erleichterung ber SJtusfel*
ar: eit, noch feinerfeits 3U erhöhen oermag. Der ®e*
höntero befteht aus 3mei Sleften, bem Schnedenneroen,
ber feine ©nbausbreitung in ber Schnede finbet
unb bie Schaüempfinbungen oermittelt, unb bem
Borpofsneroen, ber in bem Borgof bes Opr*
tabprintps enbigt. gür unfere Betrachtung ift ber
Borpofsnero oon be;onberer Bebeutung. Stuf feiner
gunftion beruht einmal bie ©rpaltung bes Körper*
gleichgemichts, feine Berlegung bebingt fch eueres
Schminbelgefüpl unb ®(ei<hgemichtftörungen. Die
©nbigung bes Borpofsneroen im fiabprintp ftellt ein
Bemegungsempfinbungsorgan bar, burch bas mir
unbemugt über bie Sage ber Körperteile unterrichtet
merben, unb bas gleichseitig — uns ebenfalls un*
bemugt — bie 3 mpul(e auslöft, bie 3ur Behauptung
bes Körpergleichgemichts erforberlich finb. So fteht
bas innere Ohr 3ur Körpermusfulatur in befonberen
funftioneüen Bestehungen, bie unter bem Begriff bes
„ßabprintptonus" sufammengefagt merben. Diefer 3 a*
bprintptonus, ber burch atuftifche Beije, b. p. Schall*
einbrüde, gefteigert mirb, oermag bie (Erregbarfeit ber
SJtusteln 3U erhöhen, fo bag 3U gleichem (Effett müs»
fulärer Kontraktion ein geringerer Sßiüensimpuls ge*
nügt 03m. ber SBillensimpuls feitens ber SJtusfulatur
meniger SBiberftanb finbet, fobalb er mit einer Schall*
einmirtung seitlich sufammenfällt. i)ier liegt auch
bie Urfache bafür, bag bei bem fcharf afsentuierten
Stpptpmus einer SJtarfcp* ober Zansmufif unfere Beine
gleichfam oon felbft SJtarfcp» b3m. Zansbemegnngen
machen; hie* finben mir auch eine (Erklärung bafür,
bag ber finnfällige Sthptpmus ber SJtarfcpmufif auch
nach anftrengenben SJtarfcpleiftungen bie SJlübigteit
beffer ertragen unb überminben hilft.
Diefe Borteile, bie ber rhQtbmifche Schall bei ber
ßeiftung föiperlicher Brbeit bietet, machen es begreif*
lieh, baf) man, bem Beispiel folgenb, mo bie Slrbeit
bsm. bie Slrbeitsroertseuge felbft ein rpptpmifches ®e*
räufcf) erseugen, 3. B. burch ben Jammer, bie Stamme,
bie Stüber u. bgl., befonbere 3 nftrumente erfann, burch
bie ein rppthmifches ®eräufch heroorgebracht merben
fann. 2lls befonbers sroedmägig geigte fiep bas 3n*
ftrument, bas, mit roenig Kraft gefcplagen, einen burch*
bringenben unb meittragenben Schall gab, unb hierfür
fanb fich bie auf einen Stahmen gefpannte SJtembran
am mfrffamften. So entftanb bas Zamtam, bem mir
fchon früh in ber Kulturgefchichte, fchon bei milben
Bölfem, begegnen. 3 n biefem Zamtam fehen mir bas
erfte unb primitiofte SJtufifinftrument, inbem bas rpptp*
mifche ©eräufcp, bas mit ihm erseugt mirb, bei bem
llroolt gleichbebeutenb ift mit ihrer SJtufif. Der Ur*
fprung ber SJtufif ift bas rhQthmifche ©eräufch-
Selbft ben (Ehoratter ber Kunft geigt bereits biefe
primitioe SJtufif, inbem fie bie Kriterien erfüllt, bie
mir auch »on ber entmidelten Kunft forbern. Sie
bietet ©enug, menn auch nicht für unfere Ohren, fo
boch für bie Ohren ber 3 eit, in ber fie entftanben
unb oon feiner höheren (Entmidlung übertroffen ift.
Der ©enug befteht in ber Orbnung unb Erleichterung
ber phpfifepen Slrbeit. ©in höheres äfthetifches ®efüh(
im Sinn unferes SJtufifbegriffs ift hier mohl noch
nicht oorhanben, gleichmohl aber fehen mir auch hier
bas SBefen ber Beftpetif erfüllt: bas rhpthmifche ©e*
räufch mirb unbemugt als fchön empfunben, meil es
Sroedmägig unb gefegmägig ift, sroedmägig, meil es
bie phpfifche Strbeit erleichtert, gefegmägig, meil es in
regelmägiger golge eine leicht erkennbare fßeriobisität
3um Husbrud bringt.
Diefe Betrachtungen finben ihre Betätigung ht
ben Befchreibungen ber SJtufif einiger Staturoölfer.
So berichtet S). j)agen: ©s gibt tatfächlich Bölfer, bie
an biefem einen gattor ber SJtufif — bem Stbt)th*nus —
faft ausfchlieglich ©efaüen finben, bei benen bie SJtufif
roefentlicp im ijänbeflatfcpen, bem tattmägigen Be*
arbeiten refonlerenber ©egenftänbe, in rhpthmifcher
SBieberpolung eines unb besfelben Zones ufm. befteht.
Sticht ohne Berechtigung burfte alfo j)ans oon
Bülom fagen: 3 m Slnfang mar ber Slhpthntus.
❖
Die oberfcfjlefifchen Schlöffet bes Jürften oon Donnetsmatd.
©in ©ebentblatt 3ur 3 ubiläumsfeier am 6. September. — Bon ^ermann Steuffurtp.
^ierju 8 Slufna^men oon 0. SteUfje unb 1 ^ortratanfnaijme.
3 n Steubed in Oberfchlefien mirb am 6. September
bie SBiebertepr bes Zages feftlich begangen, an bem
oor 60 3 ahren ©uibo ©raf Rendel ben Befig ber
jjerrfepaft Zamoroig»Steubed infolge Bersichts feines
hochbetagten Baters antrat.
gür bie beifpiellofe ©ntmidlung, bie bie 3nbuftrie
Oberfcplefiens in ben legten 3 aprsepnten genommen
hat, mar unb ift bas SBirfen unb ber ©influg biefes
SJtannes oon ber peroorragenbften Bebeutung, fo bag
bie ©inroognerfchaft bes 3nbuftriebe3irfs an ber 3ubi*
läumsfeier regen Slnteil nimmt. Der ©rinnerungstag
hat aber teinesmegs nur lokales Sntereffe: Des ©rafen
biplomatifcpe Zätigfeit am i)ofe Stapoleons III. unb
insbefonbere feine SJtitmirtung als greunb unb Reifer
Bismards bei bem 3 uftanbefommen bes granffurter
griebens gehören ber ©efepiepte an unb bilben inter*
effante Kapitel in ben Darftellungen bes beutfcp*fran*
Söfifchen Krieges 1870 71 . Unb fo oerbient ber feft»
liege Zag roopl im gansen Steicpe beachtet unb ge*
mürbigt su merben.
2 lls 1848 ber 2tcht3ehnjährige bas ©rbe feiner Böter
erhielt, roaren einige Defonomien unb gorften ber
©runbftod bes Bermögens. ©ifemer gleig, meitaus*
fepauenber Blid unb Untemepmungsgeift machten feit»
bem ben ©rafen, ber bei ©clegenpeit ber geier bes
3roeibunbertjäi)rigen Beftepens ifkeugens als Königreich
am 18 . 3 anuar 1901 gefürftet mürbe, 3U einem ber
reiegften SJtagnaten ©uropas, ber auger einem ge*
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Hummer 36
maltigen Befig an
Äoblenbergroerfeit,
(Ergruben, Jütten
u(m. eine Steife gro*
fjer ©fiter (ein eigen
nennt unb bem unter
anberen fjerrfelften
in Buffifd) * Bolen,
©alijien unb Ungarn
gehören; ein tßalais
in Berlin, mo im
2lrbeits3immer bas
oon ßenbad) gemalte
Borträt bes dürften
bängt, ber ibgllifcbe
ßanbfig Bottad)egern
in Oberbagern unb
bie prächtigen @d)log*
anlagen in Bepten
unb Heubed finb bie
ffiobnfige ber fürft*
iiefjen Familie in
Deutfd)lanb. Biefe bei»
ben oberfebtefifegen
Befigungen liegen in
fegönen, ausgebebn*
ten Borten^ jebe etma
anbertgatb Stunben
oon Xarnotoig ent*
fernt, nach entgegen»
gefegten Weitungen
bin. Bas Gcgloft*
gebäube in Bepten
VOfpbot IS. <ccQln.
Jürff Qencfel oon Bonnersmard.
Seite 1565.
mürbe oon ©abriel
Seibel um bie Mitte
ber neunaiger 3agre
in ben formen beut*
feger Benaiffance er*
baut; ber gruppierte
Bau mirb oon einem
m ästigen Burgfrieb,
ber auf % bb. 6.1568
gut beroortritt, über*
ragt, beffen grofje
lerraffe einen befebau*
lieben Blid über bie
grünen BJipfel bes
Barts gintoeg auf
bie benachbarten SBäl*
ber, ffiiefen unb (Jlu*
ren bietet. Bas 3meite
Beptener Bilb führt
uns in bas Slrbeits*
3immer bes dürften
(Stbbilb. 1568); ber
Scgreibtifcb barin fiebt
aber nicht immer fo
aus, fo — aufge*
räumt: Berge oon
Slftenftöfjen beden ihn,
menn ber gürft in
Bepten ift; nie aber
bürfen neben biefen
frifebe Blumen fehlen,
mie benn überhaupt
bas Scglofjinnere mit
Ber groge Salon im Sigloj) fteubed.
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1
Die Dilia 6er fleubeefer Sdjlofjaniage.
reichem Blumenflor gefchmücft ift, ba auef) bie gürftin
bie 5Mumen fet>r liebt. 3m Serein mit foftbaren
TOöbeln, ©emälben unb ©obelins machen bie Slumen
bie Zimmer, b\e nicht ali 3 ugroß finb, äußerft behag=
lief) unb toohnlid); auch bie tnenigen, für ©efellfctjaft-
3 toede beftimmten 5Räume finb nid)t oon befonberer
©röße in Stepten. 3m ©egenfaß ba 3 u ift bie Sd)loß=
anlage in 9teubetf auf fürftlid)e 9tepräfentation in
großem Umfang eingerichtet; man fann Weubecf als
bie 5Refiben3 bes dürften oon Donnersmarcf be 3 eid)nen.
5)ier ift ber Siß ber ©eneralbireftion; es liegt
bem 3 nbuftriebe 3 irf nahe genug, baß bas 5luge bes
i)errn bas 2Bad)fen ber inbuftriellen 5Berfe oon
©eite 1566.
jftutmner 36 .
hier aus überwachen fann.
3n 9teubecf finben alljährlich
im 5)erbft bie großen 3agben
ftatt, an benen ber Saifer wie
ber Sronprin 3 in ben leßten
3ahren mehrfach teilgenommen
haben; untenft. 2lbbilbg. gibt
Shtmtner 36.
€ette 1567.
ftaminecfe
im Arbeit*
3 immer bes
dürften in
'Jleubed. Ueber
Dem Slamin
bas ©ilbnis
Der oerftorbe*
nen ©emablin
Des dürften.
fiinfes ©ilb:
S<f)(ofj
Jleuberf
in Ober*
fd)le|ien,
9iefibcn3fd)Ioä
Des dürften.
ben Bianafamin
im 3 agöfaal mie=
ber, ocr bem ber
Saifer an ben
2 lbenbenber 3 agb=
tagc 3 u fifeen pflegt.
Sann mirb bas
Sd)f oft, eine Sd)öp s
fung bes ^ßarifer
Äünfüers ßefuel
im Stil ber fram
3 Öfifd)en Stenaif-
fance, bas etwa
1875 fertig mürbe,
für bie grofce 3^1
ber 3 agögäfte 3 U
eng. Baljer ließ
ber gürft in ben
3al)ren 1903—06
nad) ben planen
bes Saiferlidjen
f)ofard)iteften 3t)--
ne in geringer
Entfernung oom
$)auptgeb(iubeeine
Billa erbauen, be*
ren oorneljmes
Meutere 2 lbb.Seite
1566 miebergibt.
Sel)ei 3 t merben
Sdjlofr unb Billa
burd) ein gernfje^
merf non einer
oiele I)unbert 9tte-
ter meit entfernten
3 entrale aus, nadj
beren Sdjornftein
aud) bie 9taud^
gafe ber Sd)lof 3 =
füdje unterirbifd)
abgeleitet merben,
ber einigen Stelle,
mo man bie Äol)=
lenfeuerung nidjt
gan 3 befeitigen
tonnte. Bon jefc
meber 5Haud)be=
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Sübrocffanfidjt öcs Sdjlofics Sepien in Oberfd)lefien
läftigung unb fRujjplage bleiben fomit bie <Scf)löffcr amtenf)äufer, Äinberijeim, Rranfenfjaus ufn). entftonben
bes gürften — auch in fiepten ift eine berartige in ben iefeten 3«i)«n; als bie fdjönfte ber neuen ®au-
Slniage — unb itjrc SBetoofjner oötlig oerfefjoni. aniagen ober ift ohne 3toeife( bie S<f)lo|jfircf)e mit bem
2>ic Ortfdjaft 9teubecf, beren ©ebiet bis an bie fDtaufoIeum anjufeben, bie Sbb. 6. 1566 miebergibt.
ruffifdje ©rense reicht, oergröfjertjicb ftetig: neue 5Be* Sie oon ben berliner 2lr$itetten 3ui. unb Otto
ttrbrifjimmer bes Jürffen im $ 4(06 Repfeu.
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Hummer 36.
Seit e 1569.
Safchborff entworfene wunberoode Saugruppe gibt ihren Ißlafc gefunbett haben, ba wirten fie wie felbft*
auglei d) einen SBegriff non bern oollenbeten ©efchmad oerftänblich an ihrer Stelle.
bes fürftlichen Sauherrn, ber felbft an ben fßrojetten Sewunbernswert ift babei bie griffe unb Spann*
feiner Sauten mit hohem prattif(hem Serftänbnis mit» traft, mit ber ber jefet 78jährige gürft auf biefem ©ebiet
arbeitet unb ihre Ausführung bis ins Äleinfte über* wie auf ben oerfchiebenften anberen tätig ift So
, wacht. 2Bie im Meuteren ber Saulichteiten, fo ift biefer werben alle fchriftlichen Angelegenheiten ber ausge*
tünftlerifch geläuterte ©efchmacf auch überall im inneren, behnten Serwaltung feines Sefi^es erlebigt unb bie
insbefonbere ber Schlöffer, au fpüren; nirgenbs über« aafpreichen (Ehrenämter wahrgenommen — heute, wie
labener fßrunt ober ein Anhäufen oon Softbarteiten: feit 3ahraef)nten. Auf bies reiche ßeben lägt fich mit
wo heroorragenbe Sunftmerte unb Ausführungen in gug unb Secfjt bas Sibelwort anwenben: Unb wenn
eblen SQtetaden unb Stoffen in Seubecf unb Septen es töftlich gewefen ift, fo ift es Stühe unb Arbeit gewefen!
©ine 3toj}fahrf auf ber Amper.
Son A. Schupp. — f)ier 3 u 7 photogr.
Les extremes se
touchent... 2Bäh*
renb bie fieberhafte
Spannung ber gan*
aen SBelt fich «uf
Zeppelins ßuftfchiff
tonaentriert, wäfjrenb
wir trog ber Sache
bes befiegten (Eiemen*
tes wohl tatfächlich
einer neuen 3®»* «nt*
gegengehen, bie uns
auch 3“ Seherrfchern
ber ßuft machen wirb,
am Seginn einer
©poche oon noch nicht
überfehbaren Umwäl*
aungen, wenbet fich
mit einem Stale bie
Sorliebe mancher Out*
fiber ben primitioften
gahraeugen au. 3n
ber Stünchner Aus*
ftedung, Abteilung für
AJafferfport, ift es ein
Abfahrt oon Schöngeifing.
Aufnahmen oon i). Iraut, Stünchen.
aerlegbarer Sajat aus
bichter ßeinwanb —
ben Pinien (Einael*
booten ber (Estimos
nachgebilbet — ber
bas j)auptintereffe
wachrup. 3n Stünch*
ner Sport* unb Sünft*
lertreifen aber pnb ©e*
fellfchapsfahrten auf
bem glofj bas neuefte
Sommeroergnügen.
Alfo bas Urfahraeug,
beffen (Erpnber bie
grauefte Soraeit in
ewigesSergeffen hüllt,
ift neben bem Ader*
neueften, bem ßuft*
fdjiff, bas Seuefte bes
Xages. — SEBie ffinbe
bes 19.3ahrhunberts
bie 5ßoefie ber ßanb*
ftrage burch bie Sab*
fahrer wieber entbectt
würbe, fo fucht man
Seite 1570.
9hmtmer 30.
jegt bie ftiHe ©infamfeit ber nicht Schiffbaren ^tufflaufe bie mitten tm ÜDtaor ftegt, unb $u ber [ich mie ein
auf. Sie groge StiUe, bie ben non allen mobemen oerfcglungenes Stlberbanb ber Stusflug bes Sees, bie
©eräufcgen gefolterten (Brogftabtneroen fo unenblicg Sbnper, ginaiegt. Ser Sage nach ift ber Stifter ber
roogttut, ift oielleicgt ber Qauptaauber folcg einer S<*grt; Stirere ®raf 9taffo, ber non ber #öge bei ffiilbenrotg,
baneben geniegt man felbft in ber näcgften, moglbe* auf ber fein Schlag ftanb, feinen Speer fchleubene unb
fannten Umge=
bungbes 2 öoI)n=
ortes ober ber
SSaterftabt neue
ßanbjcgaftsbil*
ber, benn oorn
Slug aus prä=
fentiert fid) alles
anbers als uom
Ufer. S 0311
fommtnoeg bas
reiaenbe Kleim
leben ber 2 Baf=
feroögel, gifege,
ßibellen, bie
man im Sagim
gleiten an ben
Scgilfmänben
beobachten
fann. 2 ßägrenb
alle anberen
mobernen 23e s Bei Unteralting. Oberem ^ 8 ilb: Da
tätigungen bes
9taturfinnes auf 2Banberung unb IReife.. mie 23erg=,
5 Rab=, 2 lutomobil=, 5 Reitfport, bureg igre 91eroen= unb
Sßillensanfpanuung roirfen, feiert man oon einer glog*
fagri föftlicg uusgetugi unb boegangenegm ermüöet geint.
Sen JReifenben auf ber ßinie SMüncgen—ßinbau
fällt nicht rneit nom Slmmerfee eine ftatttiche Kirche auf.
Sei Unteralting. Oberem 5$ilb: Das Jlog oerlägf bie Scgleufe in Olching.
gelobte, an ber
Stelle, mo er
nieberfiele, eine
Kirche au bauen,
©r mügte über
eine beneibens*
merte Seglern
berteegnif oer*
fügt haben, bie*
fer ©raf JRaffo,
menn bie ße=
genbeSBagrgeit
märe, aber bie
Kirche unb ber
fleine Ort füg 8
ren feinen 9ta*
men: ©rafratg.
Sort garrte an
einem präcgti*
gen v Sommer*
- iTm ^ morgen bas mit
yiog oerlägf bie Scgleufe in Olcging. giegtenbäum*
* egen unb bunten
Scgleifen gefegmüefiz glog einer luftigen fleinen ©efell*
fegaft. DJtit einigen ergeiternben Scgmierigfeiten über*
flettern mir bie primitioen Sänfe unb riegten uns im
mittleren, bureg biete Stämme abgegren^ten, mit ^Brettern
belegten Staum gäuslicg ein. 93on atoei fräftigen gloffem
mirb bas gagraeug oont unb rüctmärts gefteuert. So
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9lummer 36.
Seite 1571.
nteres 23ilb: (Eine ffle|eUf«f)aft non Jioftpaffagleren.
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Seite 1572.
Stummer 36.
fad)t gleitet es bagin, bag wir bie Stbfagrt nur an bem
weegfehtben Ufer bemerfen; man bat bas ®efügl, ftiüe
3 U ftegen, wägrenb bie ßanbfcgaft mie eine SBanbel*
tuliffe oorüber 3 iegt.
2Bir haben „gutes SBaffer", mie bie ßenfer unferes
heutigen ®efcgicfes oerfiegern, unb halb ift SBilbenrotg —
mie mancher Ort an ber Slmper eine luftige Hünftler*
fommertolonie — erreicht SBon ber Srüde merben
mir burch lebhafte Zurufe ber bort oerfammelten ÜDtenge
begrübt. 3n Schöngeifing, bem lieblichen ©örflein,
glog bie horizontale Sage aufgibt, um fchräg auf ben
tieferliegenben SBafferfpiegel ju fegiegen.
3n 93mef (beffen rühriger Serfcgönerungsoerein
bie glogfagrt arrangiert), einem gübfegen SRartt mit
Sommerfrifcgler* unb Äünftlerfolonie (2lbb. S. 1571), mar
ÜRittagftation. Stach luftigem 3Ragl ging es 3 mifcgen
ben mit Sillen unb ©arten befehlen Ufern ber Stmper
unter mehreren Srücfen burch gan 3 Srucf auf (Emmering
3U. Such gier maren Srücfen unb ®artenterraffen ooller
3ufcgauer, bie bas altmobifche gagrseug mit 3ubel
Bor ber Xorfdjleufe in Oldjing.
bas oor mehr als 300 fahren ben genialen ©onfünftier
Orlanbo bi ßaffo beherbergte, gebauten manche oon
uns biefes ©örtlichen, nicht ohne heimliche Scham, benn
fein ®eift herrfchte gerabe nicht „an Sorb". Unfere
„ÜRufif" beftanb nämlich aus einer ^ieggarmonita.
©er Sücfblicf auf Schöngeifing ift ent 3 ücfenb. Sie Stmper
umfliegt in grogem Sogen ben Ort, ber lange — bei
ben unsägligen SBinbungen bes gluffes einmal rechts,
einmal lints — fichtbar bleibt. Salb (angfam, halb
pfeitgefchminb gleitet bas glog 3 toifchen ben fchilfigen,
malb° unb miefenbefäumten Ufern in ftets re^ooller
ßanbfcgaft bahin.
©in fenfationeder SRoment ift immer bas ißaffieren
eines offenen SCßegrs, einer Meinen „Stromfcgnetle".
©a ber Soben bes gloffes nur aus 3 ufammengehaltenen
runben Stämmen begeht, fteigt jebesmal bas SBaffer
burch bie gugen empor, Da heigt es im gegebenen
Stugenblict: fjajen hochl Seim Saffieren bes Hataraftes
fprigt feitlich ber ©ifcht 3 if<henb auf, begleitet oon bem
Stuffcgreien ber 3nfajfinnen, bas einfegt, fobalb bas
empfingen. Som ®arten einer SUla ftaten lange
Stngelruten gleiche Stangen heraus, an benen allerlei
angenehme ©inge baumelten: ^iflarren aus ©abat unb
Schotolabe, SBürgel, ßebfuegen* unb ^ueferhersen ufm.,
bie man im Sorüberfagren gafegen tonnte. Son einer
anberen 33iUo tarn ein Slumenregen auf bas glog nieber.
Sehr intereffant geftaltet fieg oon Srucf abwärts
bas ißaffieren ber ÜRüglenfcgleufen. ©ie Stmper ift gier
befonbers für 3 nbuftrie 3 mecfe ausgenügt, unb ber ÜRioeau*
unterfegieb bes SBaffers beträgt oft feegs bis 3egn ÜReter.
3Ran fägrt, wägrenb bas untere Scgleufentor gefcgloffen
bleibt, bureg bas obere ginbureg. ©ann toirb auch
biefes gefcgloffen, unb bas SBaffer fintt famt bem glog
langfam tiefer. 3n biefer „Hammer", beren SBänbe
empor 3 ufteigen fegeinen, oermeilt man, bis ber SBaffer»
fpiegel fieg mit bem bes unteren glugteites ausgleicgt,
bas 3meite ©or öffnet fieg auf bie grüne, fonnen*
befegienene ßanbfcgaft, unb bas glog fägrt eben bureg,
mägrenb ber glug rüctmärts einen gogen SBafferfatl
bilbet, ben man fonft nicht gärte überfegreiten tönnen.
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Stummer 36.
Sette 1573.
Oft finb bie ffiinbungen ber Slmper berart fcharf,
bag bas lange fjlog ficf) beim SBenben Ijart an bie
Ufer brängen mug (hier f>eigt es, bie Köpfe unb herum*
tiegenbe ©egenftänbe oor ben etma geroorftehenben Steften
rafch unb mirtfam 3U fchüften I), um bie Kuroe 3U
nehmen; fie finb fo 3ahlreich, bag man f<hliegli<h ade
Orientierung oerliert unb ein Snfaffe gartnäcfig bie
Sllpenfette im Sorben fud)te. Seim Siegen um eine
©de mirb hier unb ba ein babenbes menfd)li<bes SBefen
aufgefdjeucht, bas fcgleunig in bie Süfche flieht; ßibeden,
tiefgrüne, umtoben bas Slog, bie Sonne fpielt bien*
benbe ßicgter auf bie Kämme ber flehten SBellen, bas
f)eu buftet, unb Snfetten fummen ... ein herrlicher
Sommertag neigt fich langfam feinem ©nbe 3U. Stoch
fteht aber bie Sonne 3iem(i<h h oc h; ba erfcheint ber
j)öhen3ug, ber im Sorben SJtündjens fo herrliche Slicfe
auf Stabt unb Sllpenfette gemährt: Sachau!
Sie Slmper minbet fich burch eine partartige ßanb*
fchaft mit faftig*grünem Safen, bichtem Sufchmert unb
alten Säumen; bas ftrlog erreicht bie Sachauer ßänbe
unb fegt feine Suffagiere ab. ijocf) broben auf ber Xerraffe
eines „Sräus" merben noch einige Stunben 3ugebracht.
3 n ber Seme liegt dßünchen mit feinen Xürmen,
gans im gotbenen 2lbenbfonnenfchein gebabet, bahinter
bie blaue Sltpentette unb bort — mehr rechts — bas
©ebirge, bem bas tleine, rei3»ode Slügcften ent*
fpringt, bas uns auf fo alter unb uns allen hoch
jo neuer SRanier bis hierher beförbert hatte.
-b-
Selig aira 6natm
Roman oon
10. ffortfefeung. eisCorret
20 .
Hermann hotte auger ©rete ja noch 3U)ei Kinber:
ein braoes, hausbactenes, rourselecgt bem ijeimatboben
entfpmngenes Stäbei unb einen hefigen, meichmütigen
Suben, bem man ein Schmetterlingsneft, einen Sopier*
brachen unb enblich auch ein Sreirab taufte, mit bem
er unermüblich bie Stofen* unb ©eorginenbeete mit ben
bunten ©lastugeln umtreifte .. .
Ser Sertehr mit bem Schlog mar fo gut mie auf*
gehoben, benn „oben mar alles fort", mie ©meline
fich nach Kathintas SOtufter ausbrüctte. StUr gräulein
Sirthammer führte eine gehehnnisoode ffififtens im
Schuft ber Surghoftanonen unb eines ©artenarbeiters,
ber mit feiner Familie „Kaftedan" fpielte.
©raf ßubmig hotte fich noch einer ihn nicht feftr
befriebigenben Seicfjstagfaifon in ber Sefiben3 „aus
©efunbheitsrüdfichten" auf Steifen begeben, unb srnar
in ©efedfchaft oon Xochter, Schmefter unb bes Sieners
©otttieb. ßotte*©hriftet bereute, bie fran3öfifcf>e ©ou*
oemante unb bas Schme^er ißenfionat oerfchmäht 3u
haben, unb fo oerfiel fie auf ben Stusmeg, über
fchlechtes Sefinben unb „Kopfmeh" 3U tlagen, bis ber
Sir3t 3ugab, bag fie ßuftoeränberung brauche, hierin
beruhten benn auch bie ©efunbheitsrücffichten, bie ©raf
ßubmig oeranlagten, „Urlaub oom Steichstag" 3u
nehmen unb fich mit ben Seinen auf eine Silflerfahrt
nach bem Süben 3U begeben ...
ßu3 hotte prompt bie Unioerfität oon SOtarburg
be3ogen unb oerbrachte feine Serien bei feinen Onteln;
SOtartin fegelte in fernen 03eanen „über ben SBeden";
fo mar eigentlich nur ber Amtsrichter ftabil.
Son dJtargarete tarnen gute Stachrichten aus Se*
nebig. ©meline mürbe fonfirmiert unb trat aus ber
Schule, um nur noch meitere ßiteratur* unb $anb*
arbeitftunben 3U nehmen. Sür SOiufit unb Sprachen
mar fie nicht 3U geminnen.
©inmal tarn auch ßu3 nach Stabt Surchheim, um
im Auftrag feines Saters mit bem Pächter ber Obft*
ernten ab3urechnen. ©r tarn natürlich auch 3U Stmts*
richters ... ©meline fanb feine 3urücfhaltung äugen*
fädig. Sei Xifd) langte er taum 3U, unb als ©meline
ihm ihre neue ^ühnersucht seigte, fpracft er feine Silbe,
©r mar auch fo ftid, als fie — ber Sater, ©meline
unb Stngelo — einen Sonntagnachmittag 3U ßu3 nach
oben aufs Schlog getommen maren, mo Sräulein
Sirthammer frogbeglücft Hausfrau fpielte.
Sur als jie 3ufammen burch bie Sonne unter ben
früchtebelabenen Obftbäumen bahinfchritten, hotte ßu3
3U ©meline plöftlich gan3 unoermittelt gefagt: „2Bas
bu für fchöne ^öpfe hoft! Schabe, bag bu jie fo
aufftecfft!"
$uleftt oerfprach er, Sßeihnachten in Stabt gurch*
heim 3U oerbringen. Unb ©meline fing halb barauf
an, ein dßeihnachtspräfent für ihn 3U fticfen ... ein
Xafchenbuch mit Sergigmeinnicht! ...
* *
So maren oier 3 aftre ins ßanb gegangen, unb
mancherlei hotte fich ln Stabt gurchheim oeränbert.
ißinttcfje mar enblich penfioniert, hielt aber bennoch
bie Stragenjungen mit jeinem Knotenftocf in Orb*
nung unb lebte in bitterer geinbfchaft mit feinem Slmts*
nachfolger. Sei Kügleboms mar Sedas Sjochseit über*
aus giän3enb gefeiert morben. ©in Offner aus bem
©iegener Regiment hotte bas ©lüct. ßisbeth mar mit
einem 80:3t aus granffurt oerlobt.
Unb nun tarnen auch bie fjerrfchaften oom Schlog
heim. ßotte*©hriftet brachte fich einen Selbfttutfcftierer
mit einem ho<hfeinen 3ucfergefpann mit. ßu3 oerlebte
feine Serien bafteim. Unb ehe es herbftete, tarn
Startin .. .
Unb ades mar fo reich unb glän3enb unb oomehm
„oben", bag es ©meline nicht recht geheuer mar. Sur
ßu3 tat ihr mohl unb nahm fich ihrer an, ohne ihr,
mie es ßotte*©f)rifte(s Seftreben mar, imponieren 3U
moden. Ob er ihr ißräfent, bas Xafchenbucg, bei fich
trug, barüber hotte fie noch feine fflemigfteit, jeben*
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Seite 1574.
Summer 36.
falls aber würbe er mürrifch, wenn fle nicht an feiner
Seite fag, ober wenn ifjn jemanb baran hinbern wollte,
fie nach Sja ufe 3U begleiten.
Bur für eins will Id) forgen! ballte Hermann,
biefe Bergigmeinnicht foHen nirfjt umfonft geftictt fein!
Unb als er eines Dags mit ©raf ßubwig in ber
©rotte hinter ben Bömem fag, fing er baoon an.
©raf ßubwig aber lieg ihn gar ni<ht ausreben, fcglug
ihm berb auf bie Schulter — man war ja nicht in
ber Sefiben3, fonbem bai>eim, wo man fich bas leiften
tonnte — unb antwortete: „Sjätte ich’s fonft fo weit
tommen taffen? ßu3 hat fich mir fdjon erflärt, unb
ich — beine ©meline hot ihr S)er3, ihren Berftanb unb
ihre Schönheit ... fott ich fie ba nicht meinem jungen
gönnen . ..?"
Sie hotten taum ihre ©läfer neu gefüllt, als bie
beiben, oon benen fle fprachen, unter ben Säumen
her auf bie ©rotte 3ugefchritten tarnen. Sie er*
fchraten, als fie bie Bäter erblictten unb ihnen bas
Stinten ber Börner in bie Bugen ftach.
„Befegt!" fchrie ©raf ßubwig mit einer ßachfaloe ...
©meline aber machte lehrt unb lief fpornftreichs baoon.
©rft im Sonidon holt« ßu3 fie ein.
„Sift bu eine!" feuchte er, fie umfaffenb. „Die
©etegenheit tonnte hoch nicht beffer fein!"
©meline machte fich los. Botglühenb war ihr
©eficht. Seriegen neftelte fie an ben Stofen an ihrer
fchmucfen, runblichen Daille.
„Sag auf," fagte fie mit 3u<fenbem Stunb, „mein
Sapa ift gegen uns!"
„ 3 ft bas bein einiges Sebenfen?" fragte er, fein
rotes ©eficht mit bem flachsblonben Särtchen unb bem
tlaffenben Schmig auf ber Stange ungebulbig 3U ihr
brängenb.
Da fab fie ihn ooll an, ernft unb feierlich unb
betbenbaft. „ßu3," fagte fie befchwörenb, „bentft bu
auch gar nicht mehr an ©rete? Sch mürbe fterben,
wenn ich bas merfte!"
„Sch h°b nur bich lieb!" ftüfterte er, fie auf ben
Stunb tüffenb. „Du ©olbber3, bu treues, bu! . . .
Unb täme fie tniefätlig 3urüct ... ich bin auger ©e=
fahr. . . ©laufr mir . . . unb fei lieb mit mir!".
Unb über bas junge, fich füffenbe Saar ftrömte
bie Sonne hin mit ihrem lauterften ©lan3.-
Slber auch Startin unb fein ©ebaren erinnerten
Hermann an ißerioben feines eigenen ßebens. Unb
fein erfahrenes Sjerj trampfte fich 3ufammen, wenn er
fah, wie „tlug" Startin war. Dem ftanb biefe Klug*
heit nicht. Der legte fich mit biefer Klugheit eine
geffel an, bie ihn oielleicht 3erreiben würbe, wenn er
fie nicht eines Dags brach • • • Snfdjeinenb freiwillig
beugte er fich unter bie weige, fo ftraff bie 3ügel
ihres 3udergefpanns holtenbe fjanb feiner fteifen,
fühlen, bünfelhaften Goufine, unb feine flacfernben
Bugen teifteten ihr Bttterbienfte.
Unb wer wollte behaupten, bag er nicht richtig
hanbelte —?
21 .
tJür ©ina hatte ein neuer ßebensabfchnitt mit bem
Bugenbiict begonnen, ba fie bieDocgter in ihre Brme fchiog.
©s toftete ihr fein ferneres Opfer, ben eigenen
glan3oo0en Sfab ihrer ruhmreichen Jtünftterfchaft
fcheinbar 3U oerlaffen unb bafür jene Stutterrolle 3u
übernehmen. Sie hatte ja feit langem bie Dochter
als ©rbln ihres Dalents betrachtet
Stargarete aber hatte fich anfangs bie Bugen er*
ftaunt gerieben, benn fie fah fich jäh in eine ihr gatt3
neue ÜBelt oerfegt.
Schon bie Säume, in benen ©ina bie Docgter
empfangen hatte, machten einen ftarten ©inbrucf auf
Stargarete. ©ina hatte für fich unb bie Dodjter bie
3weite ©tage eines alten $010330 gemietet, unb beffen
3 immer waren Säle mit feibenen lapeten unb echten
©mpiremöbeln.
©ina hatte es oorge3ogen, eine eigene SSohnung
3u mieten, anftatt bei ©uibo 3U wohnen, obwohl nach
bem Stbleben ber Stutter Saum oorhanben war.
^auptfächlich trennte fie fich beshatb mit ihrer Docgter,
weit fie rechtseitig ©uibos ©brgeij ertannte, auch feiner*
feits an Stargaretens Susbilbung mithelfen 3u wollen.
Das aber wollte ©ina oerhüten. Sur an ihr fotlte fich
Stargarete bilben.
freilich «eg fich ©uibo nicht gans oon biefer Sichte
Derbrängen, bie feinen ©nthufiasmus erregte. Sias
er als Bruber oerfäumt unb als Künftter nicht erreicht
hatte, bas fotlte ihm bie Sichte, in ber er eine „echte",
eine „oera ©arloni" fah, oerwirtlichen, ©r ftimmte auch
bafür, bag Stargarete oon Bnfang an für bie Oper
ausgebilbet würbe, unb neben ben ©efangftunben,
bie ©ina erteilte, betam Stargarete oon einer erften
Kraft bramatifchen Unterricht.
Unb es war erfichttich, bag Stargaretens innerftes
Siefen bei biefer Busbilbung 3ur ©ntfaltung unb 3ur
Betätigung tarn. Sie fah ein Kunftsiel. Sie ftrebte
empor 3ur i)öhe, benn in ihr war ein gebieterifches
Stüffen.
3enes Stüffen, bas auch ©ina bermaleinft aus bem
$aufe ihres ©atten unb aus ber ©emeinfchaft mit ihm
getrieben hatte. .. Das fie hi« unb her geworfen
hatte wie ein fchwantenbes Schifflein, bis fie ben
rechten Siinb in bie Segel betam. Sie befanb fich
auf einem fortgefegten Sieges3ug, ber fich aber nicht
nur auf bie mufifalifche ffielt bejog. 3hre tabellofe
ßebensführung machte fie begehrt auch in ber ©e*
fellfchaft.
Sber es war nicht nur ber Sorfag ehelicher Dreue,
ber fie unerreichbar für anbere Stänner machte, ©s
war nicht ihre unerfchütterliche Dugenb allein, bie fie
unbefiegbar fein lieg. Sie hatte eine anbere Scgug*
wehr. Sie hatte ihre Selbftachtung unb — ihre Jtinber,
für bie fie fich ihres ©rfolges freute. Sie arbeitete
fogar in gewiffem Sinne für fie unb fparte für fie.
Bon ihrer ©he unb ihrem ©atten hielt fie ihre
©ebanten ftets fern. Sie lebte auch unter bem
Samen ©ina ©arloni, ben Drauring hatte fie aber
nie abgelegt. Hermann war 3urücfgebtieben in feiner
Sphäre . . . S$as oerbanb fie noch mit ihm?
Stargarete brachte ein neues Bilb oon ihm mit.
Sicht bag es Hermann ©ina gefchicft hätte, fonbem
Stargarete brachte bas Bilb mit, um es wie üblich
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Stummer 36.
Seite 1575 .
als bas BUbnis ihres Baters aufsufteden. 3 n Marga«
retens Stbmefenbeii faf> ©ina bas Bitbnis einmal genauer
an. Hermann mar in ber Slmtsrobe. 6ein Sari febien
gan3 grau ju (ein, er f>atte gang menig #aare mehr
über ber Stirn. hochmütig, (o oon oben f>er, blidten
feine Stugen bureb ben Äneifer; um ben Munb tjatte
er ben oerfegtoffenen 3ug, ben (ie fo gut an ihm
tonnte...
©ina (teilte bas Bitb 3urüd an (einen Blag. 3 br
©efid)t, menig gealtert, mar mit einer jarten Böte be*
beeft... 3a, er batte (ie geben Iaffen unb entbehren
gelernt... Start unb fetbftbemugt fab er aus....
*
Margaretens Sopran mar b^der unb (übriger als
ber ©inas, ber jum meinen Sllt neigte. Unb Margaretens
Stimme nahm auch bie fünftticbe Dreffur ber Koloratur
an, bie ©ina nie beoorjugt batte. Slber es mar ein
binreigenber Scbmets in Margaretens Siebte — unb ibr
erftes Debüt als MicaSta in „©armen" mar ein bureb*
fcblagenber ffirfolg. La piccola Carloni — La bella
Margherita mar ber neue Stern, bem altes 3ujaucb3te.
©ina aber tarn ficb oor mie ber Meifter, ber (ein
Merf beenbet, bat unb ber es nun bergeben fott in an«
bere Sjänbe. Unb (ie fürchtete ben Moment, ba man
(ie oon Stabt gurebbeim aus an ibr Mort erinnern
mürbe, bag (ie beimtebren motte, menn Margarete bas
(Erbe ihres ©enies angetreten babe.
Slber ber Brief tarn nicht. Stur eine Depefcge
gratulierte 3um ©rfotg bes Debüts. Unb als einen
ganzen Monat lang feine meitere Badjricbt tarn, befiel
©ina eine mertmürbige Stngft. Sie telegraphierte unb
fragte nach bem Befinben alter. Die Stntmort tarn
auch telegrapbifcb: „Stiles mobt. Mama bat Snftuenja,
ift jegt in Befferung. Stngeto ebenfalls. Bäcbftens
Brief, Hermann."
©ina las lange an biefer Depefdje. Mie oiel (tanb
boeb barin ... So oiet, bag (ie ganj übermättigt
mürbe unb meinte. Siber (ie (cbämte (ich, einen 3ärt*
lieben Brief an ihren tteinen Sohn 3U (ebreiben. grembe
S)änbe batten ihn gepflegt. Bietteicbt batte er gar
nach ihr gerufen in ber Bot bes giebers ... ^ermann
tonnte fo Unb (ein am Krantenbett. ©r batte gemig
bem kleinen Mut 3uge(procben unb ... ©ott, mie alt
mar er benn? Drei — oier — acht — ja, er mar
elf 3 abre alt. .. (Er mar ein Menfcb, ber batb mit
Bemugtfein (ragen mürbe: „Mo ift meine Mutter?"
Der gan3e SBinter oerging, unb nur menige Boft»
tarten brachten furje ©rüge. Hermanns oerfproegener
Brief tarn erft Mitte Stprit — flüchtig, mie in ber Sjaft
ober ber ©rmübung gefebrieben. Margaretens ©rfolge
nahm er als gattum bin, ohne (ich babei aufjubatten.
©r erhob auch feinen Miberfprueb bagegen, bag (ie
entfebtoffen mar, auch für nöcbften SBinter (ich ans
Ibeatre in Benebig oerpftiebten 3U taffen, ©r nahm
auch bas bin mit einer beinah tränfenben ©eiaffenbeit
unb ©leicbgüttigfeit.
3 bm («bien überhaupt altes gleichgültig 3U (ein ...
©r fegrieb auch fo nüchtern über ©metinens Bertobung
mit ©raf Suj oon gurebbeim, unb 3toar batte biefe
Berlobung febon Meibnacgten (tattgefunben unb mar
im Schlöffe gefeiert morben ... ©leiebaeitig mit Sötte*
©briftets Bermäbtung mit ihrem Setter Martin ©raf
oon ftrefin.
©ina brauchte eine Meile, um (ich über bie Büd*
(iebtstofigfeit ihres Mannes binmeg3ubringen. ©r (ebtog
(ie unb Margarete oon ben ©efebebniffen (eines Kaufes
atfo aus! ©r (teilte (ich 3toifcben (ie unb bie babeim
gebliebenen fiinber!
So baebte (ie, aber anbers fühlte (ie.
Mas tag auch Hermanns ©barafter ferner als
biefe Kleinlicbteit unb Xüde. Sie fühlte genau, bag
(ie ihm unrecht tat, aber ihm recht geben ... bas
oermoebte (ie nicht über (ich 3U geminnen.
©ina oerfanf in fernere ©ebanfen. Sie erfebrat
(ehr, als ptöglicb oom Sorribor her ihre Xocbter Mar«
garete eintrat.
„Da bin ich! Unb bie ©onbet märtet!" (agte (ie
eilig. ,; 3 lber" erftaunt fab (ie bie Mutter an, „bu bift
ja noch nicht angejogen? #aft bu oergeffen, bag ich
bicb um brei Uhr abbolen follte?"
©ina btiefte auf bie Äaminubr — mit bemegungs«
tofen, umflorten Stugen. Dann (ab (ie mieber auf ihr
elegantes ebinefifdjes ^ausfleib unb enbtiib — mie
a((mählich erroadjenb — bureb bie offene Battontür
hinaus, mo bie bette grübjabrfonne flammte unb über
bie grünen Maffer einer Kanataber gunten ftreute.
„Bei ©ott," (agte (ie, (ich tangfam erbebenb, „ich
bab es gan3 oergeffen .. . aber ich merbe gleich fertig
(ein . . . Sies inbeffen — biefen Brief... Sies" .. .
Sie hielt ber Xocbter ben Brief bin.
Stucb in Margaretens ©efiebt flammte es auf, als (ie
(as, mie tatt (ich ber Bater oerbiett gegenüber ihrer
begonnenen Bubmestaufbabn. Sticht minber fachlich
fpracb er oon ©metinens Bertobung mit . . . Suj!
Margarete big ft<b auf bie Sippe, um nicht auf3u(acben.
9 tun, bie ©meline batte ja (tets eine Sanje für ihn
eingelegt. 3 b« Stugen manberten meiter .. . Sötte«
©briftets $eirat mit — Martin ©raf oon Rrefin ...
(tanb bas ba mirtlicb?
Sie mürbe gan3 bleich, ihr Sttem oerfagte.
Das ift ja nicht möglich! mar ihr erfter ftarer
©ebante.
„Unmöglich!" febrie es in ihr.
Da tarn ©ina 3urücf in eleganter (cbmar3er Bobe,
nur gefcbmüdt mit ber Briltantbrofcbe, bie ihr eine
regierenbe gürftin oerlieben batte. Sie ftreifte febmarje
Seberbanbfcbube über unb (egte toftbare Strmbänber um.
Dann (agte (ie: „Stnbiamo!" Unb es maren jmei
ooütommene Benejianerinnen mit ihrem gan3en pitanten
Scbid, bie ba auf ihren hoben Slbfägen bie breiten
Marmorftufen b'nabftiegen, oor benen bie martenbe
©onbet febautette.
Das Maffer bes Kanals fprübte in Midiarben
Sonnenlichtern. ©ra3iös febmang fid) eine nabe Brüde
oon einer gonbamenta jur anbern, unb unter ber
Brüde leuchtete ein fmaragbener Schatten in funtelnber
Bemegung,
Das ©infteigen ber Damen mar jeboeb gebinbert, ba
eine anbere ©onbet tarn. Der Buberer (tanb hoch auf
bem Kielenbe unb ftieg fein mabnenbes „S)t — o" aus.
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©eite 1870.
Uhimmer 36.
Ser Scgifffcgnabel nagte unb glitt bic^t unb
bod) ogne anguftofjen an bem Stumpf ber toartenben
©onbet oorbei unb legte fid) mit oor bie Marmor*
ftufen, über bie bas erregte Maffer plätfcgernb l>in»
jpülte, beinag bie feinen Sollen ber toartenben Samen
negenb.
aus ben fcgwargen ßeberpotftern ber groeiten ©onbel
erhoben fid) groei, ein junger Mann unb eine elegante
tjfrau in geden Steifetleibem. Sin grüner automobil*
fcgleier umhüllte ringsum ben Kopf ber Same.
Margarete aber ertannte ben Mann.
Sie griff nach bem arm ber Mutter unb flüfterte,
gurüdweicgenb: „Martin Krefin!" . ..
22 .
Martin ertannte Margarete erft, als er im Vegriff
mar, feine ©attin an ben Samen oorbeigugeleiten.
Sa ftiefj er gleicgfam einen (eifen Schrei aus, griff
nad) feinem ijut unb fagte: „ 3 rrtum ift ausgefcgloffen!
aber bie Samen erfennen uns gemifj nicht!"
„D bocg!" antwortete ©ina mit einer ftarten feeli*
fegen Veroegung. „Maren Sie im Vegriff, uns auf*
gufucgen, S)e rr ©raf. . . grau ©räfin?" unb fie reifte
auch ßotte*©grifteI bie f)anb.
Sie fagte jefet: „aber Sie mailten anfcgeinenb aus*
gegen? Mir wollen nid)t ftören, nicht wahr, Martin?"
„Slusfagren tonnen mir jeben lag! Solchen Ve*
fuch haben mir bagegen nicht jeben Sag!" antwortete
©ina, unb fie ertannte ben nörgelnben Son bes Keinen,
blonben Mäbchens mieber, bas fie einft auf ben Knien
gehalten hotte. „Kommen Sie mit mir . . . ©räfin . . .
3 eg fehe ja — bie Vergangenheit in 3 gnen!"
Sie erftiegen bie Steppe. ßangfamer folgten Marga*
rete unb Martin.
Margarete mufjte fleh auf bie fteinerne Stampen*
brüftung ftögen. 3 gre Knie brohten niebergubreegen.
Sie atmete nur mit äugerfter anftrengung, als gehe
fie burch einen luftlofen Schacht. Martin rebete fie
nicht an. auch nicht mit ber (Banalität, bie er müh*
fam gufammenfuchte. Sie blieb unausgefprochen, weil
bas fegöne Mäbchen fo oödig fchmieg. Meil fie feinen
Vlid für ihn hotte. Meil oon ihr eine abmehr, eine
geinbfeligteit unb eine Kälte ausgingen, bie ihn an biefem
früher fo geigen, entgegenftürmenben ©efdjöpf berart be*
frembeten, bag er nicht mugte, roie er fid) oerhalten fodte.
Oben im Saal mit ben gierlichen ©mpiremöbetn,
gmifchen benen ber glängenbe (ßalifanberflügel maffig
auffiel, fag man füg bann auf ben Sofachen unb ben
Stüglcgen gegenüber, auch bie Samen bes Kaufes
(egten ihre $utbauten nicht ab, fteif unb bod) auf*
geregten fjergens fprach man in jenem aegtfamen Son
gueinanber, wie man gu einem Kranten fpriegt, beffen
fi eiben nicht ermähnt werben fod.
JQotte*Cffjriftcl hotte ihren Schleier gelöft, unb ihre
blauen Puppenaugen fixierten neugierig bie frühere
Sreunbin, bie gur Künftlerin unb jungen Verügmtgeit
herangereift mar. ßotte*©grifte( ober machte eine er*
ftaunt*be(eibigte Miene, als fie hörte, bag bie Oper
längft gefdjloffen fei.
„Unb ich i>otte mich fo barauf gefpigt, bich gu
hören, unb Martin freute fid) auch f<h on barauf!"
jammerte fie.
Unoermutet manbte Margarete ihre äugen unb
fag Martin an.
Sa lächelte fein braunes, hageres Seemannsgeficgt,
unb niefenb betätigte er: „Unb ob mir uns freuten!...
(Es mar mir ja feit fahren oergeigen, einmal in Mar*
garete eine — ber Mama ebenbürtige Künftlerin gu
finben!"
Sabei hotten fich feine buntelblauen, an ©emitter*
motten erinnemben äugen bemunbernb, ja fegmei*
cgelnb auf ©ina gerichtet, bie fo elegant unb jugenb*
(ich neben ihrer grogen Socgter fag.
Sann fprach man oon (Emelinens Verlobung, ©ina
begann, aber niemanb fpielte auf bie beoorftegenbe
Vermanbtfcgaft untereinanber an. ßotte*©griftel lieg
fieg Martins portefeuide geben unb entnahm igm
Momentbilber oon igrer i)ocggeitstafel unb oon bem
jungen, neuen Vrautpaar.
Sem gatte ©ina unbemugt entgegengebebt. j)aftig
griff fie nach ben Keinen Photographien.
Sa fagen fie alle... ©in groger blonber Vub
mit gefcgeiteltem Sjaat (egnte fieg an Qermann an.
©raf ßubmig ftanb aufrecht unb hielt ein oodes
©las in ber i)anb, als toafte er. . . Unb ber mögt*
genägrte Korpsftubent gatte einen arm um bas fegöne
Mäbcgen gelegt, bas einen Stofentrang im Sjaa r trug
unb (äcgelte...
Ogne fieg begerrfegen gu tännen, pregte ©ina igr
Such gegen bie äugen.
Martin oerfuegte mit Margarete gu fpredjen. ©r
betam jeboeg teine antroort. Sie fag wie entgeiftert
ba, taum mit einer Kopfbemegung betunbenb, bag fie
oentagm, was er fagte.
Mieber manbte fieg ßotte*©grifteI gu igr: „aber
mir gören bieg boeg mal? ... 3 cg bin wirtlich ge*
fpannt, wie bu fingft!"
„Vift bu ingmifegen mufitalifcg geworben?" gob ba
Margarete ben Kopf.
„Sas niegt!" (äcgelte ßotte*©griftel in englifcger
Manier unb lieg nur gwei Vorbergägne fegen. „ 3 cg
bin ja nur neugierig!"
Unb wie fie bas fagte, flog igr Vlict buregs 3 immer,
als wollte fie' anbeuten: 3 cg bin aueg nur aus Steu*
gierbe gierger gu euch getommen. Vilbet eueg bes*
galb nichts ein.
Margarete gatte fie beobachtet unb auch oerftanben.
„Steugierig warft bu ja immer!" fagte fie, unb
ptöglicg oeränberte fie ausbrud unb Haltung, ©ine
aggreffioe ©rregung iöfte igre ©rftarrung ab. Unb igre
funtelnben Vlide auf Martin riegtenb, fragte fie bos¬
haft lacgenb: „aber Sie finb bafür um fo mufitalifcger,
niegt magr?"
Ungewollt nannte fie ign „Sie". Mie es igr
aber fo feinbfelig entglitten mar unb fie fein (Er*
fegreden bemertte, tarn es igr gum Verougtfein. Ver*
wirrt fag fie oor fieg nieber.
föortfegung folgt)
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Flimmer 36,
Gelte 1577.
□ □ Die IHode □ □
in« den französischen Seebädern.
jjierju 7 pfjotogr. $ufnaf)men oon SKeutlinger unb Seliy, $aris.
Hfc m m
Die (Slegan 3 in ben ®abeorten ber fransöfifdjen
Sßeftfüfte f)at etroas jo gelles, Sonniges unb grifdjes
roie an feinem anberen Ort. 3n ben Spätfommer
unb grübberbft fällt bie Olan^eit für alle Unterneb'
mungen gefeüiger 2lrt: bie fRennpläße in Trouoille
unb Deauoille beleben fiel), un 3 ät)lig ift bie Wenge
ber Tennisturniere, ber 2 Bettfd)roimmen, ber fRegatten
großen unb fleinen Stils. IBafare unb 5Bol)Itätigfeits=
oorftellungen, improoifierte SSälle, Sonjerte unb Räuber*
fünftler oerfammeln in ben Slbenbftunben bie Äurgäfte
im Innern ber großen, bid)t am Stranb
gelegenen Käufer, roo bie genfter, meit
geöffnet, bie frifefje, faltige Seeluft tyr-
einlaffen. Sehr große Toilette mirb
an ber fransöfifdjen Wceresfüfte nur
tuenig gemacht. (Eigentlich fann man
bas nur oon Trouoiüe unb Deauoille
jagen. Die unjäljligen „Petits trous
pas eher“, in bie bie granjöfinnen mit
Wann unb Sinbern gern roäßrenb ber
Sommerfrifcbe sieben, finb aber bocß
elegant. (Es ift ber gran 3 öfin unmög»
ließ, fid) im Slnjug 3 U oernacbläffigen,
unb bie buftigen
Toiletten finb
jeßt mieber
fo bübfcß, a
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Stummer 36.
öefolletierte
2)ie loilette (2Ibb. 1) mit
Soppelrotf aus immergrün*
blauer ßeinenfeibe jeigt reiche
Sticferei. Sas SDtieber mit
ber Sretellengarnierung unb
bem tiefen, etfigen 2Iusfcf)nitt
aus pliffiertem 2M l)at lange
2lermel, bie bis unten f)in
lofe, breite ©infäfee oon 23a*
lenciennesfpifje 3 eigen. Sie
in mobernfter 2lrt gefnüpfte
Sdjleife aus rotem ßibertp
barmoniert mit ben oier gro=
feen befponnenen Slnöpfen
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3. X&Ufldb mif rdcfjer Sdbeufoutadtierung.
SRalfon Statttat * Slrmanb. — Jtnuiingcc.
4. prinjefjflrib
mit engüfcfter Stitfcrei u. Spltjen.
TOaifon Weltfern. — “Pljot. SeuUinjtr.
unb bem deinen SBefteneinfatj
aus rotem ßibertij am ©djlufj
bes (Empiecements.
2lbb. 2 seigt ein fei)r an¬
mutiges ÜJtobed aus meinem
Üiill mit fdjroerer, roeifjer
Stiderei. 2lud) bas Unterfteib
aus ßeinenfeibe ift blütenroeif}.
lieber ben 9tod fällt eine fedjs-
jjipflige lunifa herab, beren
(Enben oon ferneren Ißaffe-
menteriequaften qeraogesogen
sterben. Originell ift bie fömale
23orberbahn, bie 3 u beiben
Seiten mit je acht grofjen,
roeifjüberfponnenen ßeinen-
fnöpfen glatt an ben 3rutter*
rod getnöpft ift. Oie laille
jeigt ein Ueberjäddjen aus
geftidtem roeifjem lülL 2ler«
mel unb bas eigentliche ÜJtie-
ber finb aus geftidter ßeinen¬
feibe, bas runbe (Emplace¬
ment aus pliffiertem Xüll.
5. Siftadberffdb mif Beffenjatfe.
SRaifon Oaferriörc. — ffyot IReuiüngcr.
- y
G - ^
TRum mer 3a
3Kai|on Cafmiöre.
H- fjot iHeutlingcr.
Seite 1579.
ift bas weiße fieinenfteib (2lbb. 7). Ser lofe galten-
rorf wirb oberhalb bes breiten abf©ließen»
ben Saumes oon einem Streifen bitter
Spifce, „Dentede bu Sut)", umranbet.
Siefe Spiße {©ließt bie runb weg-
gef©nittene 3ade ab, bie fi© oorn
über einer golbgefticften meinen
Seibenroefte öffnet, unb garniert
bie japanif© angefegten tofen
2IermeL Das ©mpiecement ift
aus bünnerem, in gatten ge-
ftepptem Seinen. siem»ntin»
6. THuUfteit»
mit Spißetigarnie
rung für junge TTtäbcßen.
Düdftreifen abgef©loffen Sei© foutactjiert
ift auct) bas in ©eftalt eines tofen Soleros
über ben apfetbtütenroten ©ürtel aus ßi=
ber© fattenbe Stieber* Die tofen 2termet
geigen auf bem Salenciennesgrunb Sou-
ta©emufter. Den riefigen 3)ut aus weißem
JReisftroIj beberft eine i)3ierrotrüf©e oon
meißem Düd mit einer großen Schleife aus
ßibertgbanb in ber garbe ber 2Ipfe(btüten.
Sehr mobern ift au© bas Sringeßgewanb
(2tbb. 4) aus f©malen Sahnen ineinanber-
gefügter englifcßer Sticterei auf fpinnweb-
gartem ßeinen, bas oon einigen ßängs-
ftreifen f©maler irifd>er Spiße no© gehoben
toirb. Die tofen 2lermel geigen Unterärmet
aus aneinanbergefeßten Streifen oon Sa-
tenciennes unb irif©er Spiße. ÜJtprten-
grüne Seibenbänber mit mprtengriiner
Seibenpaffementerie bur©gief)en bie dJtie-
berteite. 2tuf bem linfsfeitig empor-
gewippten i)ut aus buttfelgrünem Stroh
ruhen Straußenfebern, bie ade S©attie=
rungen ber oerroenbeten grünen garbe oari-
ieren. gür tühlere läge paßt bas „Dail-
leur" (21bb. 5) aus gitronengetbem Du©,
beffen glatter, langer Socf über ber oorbe-
ren Stittelnaht bie ftraffen galten geigt,
bie als gotge ber feßr fnapp um bie lüf¬
ten f©ließenbcn ©eroänber feit bem ffiinter
immer toieber auftreten. Die breiten fira-
genreoerfe finb toie bie Heine, oon oier
gelben Knöpfen gef©(offene 2Befte unb bie
oorn berabßängenbe S©ärpe aus f©toar=
3 em, glängenbem 2ltlas. Sehr anmutig ift
bas Sleib (2lbb. 6) aus erhaben geftreiftem
roeißem Sind. Die ©infäße um ben Sanb
bes tei©tf©(eppenben Socfes toie bie oorn
Stnfaß besßmpiecements bis auf ben Soben
herabtaufenbe Stittetbahn finb aus |©maler
Salenciennes; ©mpieccment, Sreteden unb
Slermelanfäße aus irif©er Spiße. Sefonbers
hübfd) unb eigenartig, aber nur Dagesangug,
7 (Einfaches weißes Ceinenfleib, mit grober fjanffpiße oerjiert.
SJtaifon Sonbeau. — Weutlinger.
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Seite 1580.
Stimmer 36.
Jadjingcn.
Sßon Sr. Slnton So cf. — Sjierju 3 photographifche Aufnahmen.
Sie europäifcgen ©rogmächte Oefterreicf), grantreich
unb Seutfdjlanb befigen je eine altberühmte atfalifc^e
Stineralquefle, bie bie Staatsangehörigen jebes ßanbes
mit Stoij ais ihren Sationalfchag anfehen. Steit über
ihre ©renaen hinaus hoben bieje SBrunnen fich feit
3 ahrjehnten immer neue ßntereffenten gewonnen, unb
ihr Stuf hat immer weitere Sahnen gezogen.
3 n Seutfcglanb ift es bas betannte Jtönigl. gacgingen,
bas unter ben SRineralwäffem, bie bei ber Seganblung
afuter unb chronifcger Ärantgeitauftänbe eine Solle
jpieien, in erfter Seihe fteht.
Sies oerbanft bas gachinger
SJaffer nicht nur feiner an*
erfannten ijeilwirtung, fon*
bern au<h feiner augerorbent*
liehen Sefömmliehfeit als
lafelgetränf. SDtan braucht
in ber lat nicht erft Ißatient
au fein, um biefes milb
mouffierenbe, erfrifehenbe
Quellprobuft nach feinem
wahren Stert au wiirbigen.
Sie gachinger Quelle ent*
fpringt bicht am Ufer ber
Sahn unweit bes Sörfchens
gacgingen im Segierungs*
bcairf SMesbaben. Sie war
bereits ÜDtitte bes achtaegn*
ten gagrgunberts getannt
unb gefcgägt; allein erft in
ben legten fahren, infolge
ber eraielten (Erfolge ftieg ber
Verbrauch an gachinger ganj
ungewöhnlich unb beträgt
jegt etwa fünf Stillionen
glafchen im gagr. gaffung
unb Snlage bes Brunnens
oerbfirgen im Serein mit einer peinlich fauberen glafchen*
füQung ein feimfreies ©etränf, beffen 3 ufammenfegung
jegt teinerlei Schwantungen unterworfen ift
Sach ber Snalqfe ftellt bas gachinger ein ftartes
unb boch reines, altalifches, tohlenfäurereiches Sßaffer
bar. Stit Steigwein gemifcgt, gibt es ein ungemein
erfrifchenbes ©etränf; aber auch ohne $ufäge wirb
fein ©efcgmacf angenehm empfunben.
Surch feinen ©ehalt an Salaen unb Jtoglenfäure
wirft bas gachinger Stineralwaffer fchieimlöfenb unb
Set. Bnmnenbof.
Betfapfelnngs' unb Cagertaum ber 3um Berfanb befümmten Jlafdjm.
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Stummer 36.
Seite 1581.
fäuretitgenb. Cs Ift eine bem gachmann geläufige
lotfadje, baß burch übermäßige 23ermei)rung ber freien
SRagenfäure bie Verbauung beeinträchtigt mirb. Durd)
bie im gachinger mehr benn reichlich oorhanbenen Sal^e
(Statron, SRagnefia ufm.) roerben — auf miffen*
fchafttiche Details
«hemifche ißro^effe
biefes fchäbli*
chen Ueberfd)uf*
fes führen. Da«
neben regt bie
bei ber Säure*
tilgung fich ent*
roidetnbe Roh*
lenfäureSRagen
unb Darm 3 U
Iräftigen 33e*
megungen an,
roas für biegort*
fchaffung bes
Speifebreis nur
münfchensmert
fein tann. SBer
alfo an ftarter
Säurebiibung,
an faurem Stuf»
ftoßen, Sob*
brennen, SRa*
genbrud ufm.
leibet, roirb fei*
ne Sefchtoerben
burch eine ga*
chinger Rur
halb befeitigen.
Doch oerfol*
gen mir ben
2Beg, ben bas gachinger SRineralroaffer in unferem
Rörperinnern nimmt, roeiter! 93on bem SRagenbarm*
fanal aus bringt es in ben Rreislauf, unb hier
erhöht es, nach Öen Hingaben oerfdjiebener gorfcher,
bie alfalifche SBefthaffenheit bes roten Sehens*
faftes — ob auf längere ^ctt ober oorübergehenb,
fteßt noch nicht ganj feft. immerhin hoben unfere
Stestulapjünger — biefer Cigenfchaft juliebe — gerabe
bei ber fonft fo fchmer ju behanbelnben Htrterienoer*
talfung ben regelmäßigen ©enuß oon gachinger oer*
orbnet, um ben ©ehalt an SJlutfaljen ju erhöhen,
©eben mir noch einen Schritt meiter in bie Stegion
jener fo (nichtigen Organe, bie bie 2tusfd)eibungen bes
Rörpers beforgen unb regulieren! fjier, in ben Stieren,
in ben $arnmegen, entfaltet bas gachinger SRineral»
maffer eine feiner i)auptroirfungen, unb jroar mieber
burch Serminberung ober Htbftumpfung ber Säure.
Stuf biefe HBeife erhält ber Organismus bie gähigteit,
mirb ber Sefer gern Berichten — hornfaure Salje unb felbft Steine 3 U löfen. Die mirf»
eingeleitet, bie ju einer Tilgung lieh überrafchenbe SBirfung bei ber Sicht — bei ber
(Befamtaaficbf ber Brunnenanlage.
bem Rörper bie gähigteit abgeht, bie allenthalben in
ben ©emeben gebilbete fjamfäure ju 3 erftören ober
3 ur Stusfcheibung 3 U bringen — unb meiterhin bei
Stieren* unb 93lafenertrantungen beruht im mefentlichen
auf biefer hontfäurelöfenben SBirfung bes SSrunnens.
Stebenbei mirb auch ber Schleim in ben tatarrhalifch
ertrantten #ammegen gelöft unb fo geroiffermaßen
eine reinigenbe Spülung ber Xeile ersiett.
SJtan fieht, bas gachinger SBaffer greift bei oer*
fchiebenen Rrantbeitspro 3 effen recht förberlich in ben
fehlerhaften SRechanismus unferes Rörpers ein, unb
bas fichert ihm bei Hielten unb Patienten unbe*
bingte Htnertennung.
o
£e<f)titf<f)e Kichfer.
93 on ßanbriebter Dr. SBinter, Naumburg a. ©.
Die beutflbe Sjnbuftrie ift mit ber beutfeben ^Rechtspflege auf
bem Gebiet bes gewerblichen SRecbtsflbufces, b. b* in ben $ro*
reffen, bie patente, ©ebrauebs* unb ©efebmadsmufter ober
SBarenbeaeidjnungen betreffen, nicht jufrieben. ÜRan oerlangt
3ur Steuerung einer befferen, ben rein tedjnifdjen gragen
gegenüber oerftänbnisooüeren SRecbtfprecbung eine ©onber*
geriebtsbarfeit für gewerblichen fRecbtsfcbufc. Dabei banbeit es
ficb aber, roie bie an ber ©pifee biefes ©orftofles marfebierenben
flftänner roieberbolt in SBort unb ©ebrift erflärt haben, nicht
um einen ftampf ber Decbnifer gegen bie Juriften, nicht um
ein ÜRifltrauen gegen bie reebtsgeiebrten Siebter als 3uriften,
nicht um eine Abtrennung bes gewerblichen *Recbtsfcbufjgebiets
oom Dätigfeitsfelb ber beutfeben ©erlebte ober einen ©rfafe
bes reebtsgeiebrten fRicbtertums burch teebnifebe Siebter, ©ine
foaiaipoiitifcbe Denbens, wie fie 3. 2$. 3ur ©(Raffung ber @e*
werbegeridfle unb ßaufmannsgeridfle geführt bat fehlt hier;
nur eine grage ber ^Rechtspflege fleht 3ur (Erörterung, bie
grage: ift eine Aenberung bes ©eriebtsoerfaffungsgefeftes in
ber fRicbtung geboten, bafl bie bisher nur oon 2$erufsriebtern
abgeurteilten ©treitigfeiten auf bem ©ebiet bes gewerblichen
fRecbtsfcbufces in 3 ufun f* Don ©eriebten entfebieben werben,
bie aus 3uriften unb Xecbnifem als flänbigen gleichberechtigten
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Seite 1582.
Stummer 36.
Stiftern beftehen? Unb in meiner Art finb biefe ©eric^tö^öfe
3u organifieren?
Die erfte Rrage wirb grunbfäßlich bejaht werben müffen.
Es ift für ben beften fünften fchlechterbings unmöglich, rein
technifche Rragen fo 3U erfaffen unb 3U behanbeln wie ein
burchgebilbeter Xechnifer; bei beiben finb jahrelange Spe3tal*
ftubien unb praftifche Erfahrungen bie Borausfeßung für tüchtige
ßeiftungen auf ihrem ©ebiet — Unioerfalgentes gibt es im
Stiefenreich ber mobernen SBiffenfchaften nicht Arbeitsteilung
unb Spe3ialiftentum heißt bte Carole. Dem 3 uriften 30®
muten, baß er bie in berartigen $ro3effen überaus häufigen
technifchen Probleme auf bem ©ebiet ber SRechantf, ber Eleftro*
tedjnif unb ber Ehemie oerftehe ober gar löfe, bebeutet nichts
anberes, als 00m Ingenieur Kenntnis ber 3ahlreichen fchmierigen
unb sme.beutigen Spe3ialbeftimmungen ber (Befeße nebft ihrer
hiftorifchen Entmicflung unb ben (Sefeßesmaterialten einerfeits,
ihrer Auslegung unb Anmenbung feitens ber höheren (Berichte
anberfeits 3U forbem!
Ston fteht allerbings bem dichter ber Sachoerftönbige 3ur
Seite. Diefer hat fich aber lebiglich auf bie ihm 00m Stichler
(im Beweisbefchluß) oorgelegten Rragen 3U äußern. 2 Ber bie
fragen nicht richtig fteKt, erhält fchiefe Antworten. 3 ur richtigen
Rrageftellung in technifchen Dingen gehört technifche Kenntnis.
Deshalb ift ber über folche Kenntnis nicht oerfügenbe Stichler
gar häufig in ber peinlichen ßage, bem Sachoerftänbigen bie
3 üget mehr ober weniger überlaffen 3U müffen: beffen (But*
achten, bas ber Stichler nicht nachsuprüfen oermag, entfcheibet ben
$ro3eß. Das beflagen oiele Stichler unter ehrlichem Eingeftehen
ihres un3ureichenben technifchen Berftänbniffes laut unb offen.
•Diefem Uebelftanb tönnte baburch wohl abgeholfen werben,
baß technifch burchgebilbete Berfönltchf eiten neben unb mit bem
Stichter 3ur Entfcheibung folcher gewerblich s technifchen Stechts®
ftreitigfeiten berufen werben. Als SRitglieber bes ertennenben
Kollegiums wären fie in ber ßage, bie Befonberheiten unb
technifchen Reinheiten oon oornherein bem rechtsgetehrten
Stichter ttarsulegen unb bie Raffung ber Beweisbefchlüffe unb
Urteile 3U beeinfluffen; burch ben Austaufch oon Rragen unb
Antworten 3wifd)en ben juriftifchen unb ben technifchen Stichlern
ließe fich in 0 an 3 anberer SBeife als burch bie jeßt übliche Art ber
Anhörung eines Sachoerftänbigen bie Sache tlären, SRißoerftehen
oerhüten unb ber technifche Kernpunft für ben ab3uhörenben
Sachoerftänbigen herausfchälen. Denn — bas mag befonbers
betont werben — ein Spe3ialfachoerftänbiger bleibt immer nötig,
bie technifchen Beifißer foUen unb tönnen ihn nicht erfeßen.
— (Bef)t man baoon aus, baß bie 3u3iehung oon tüchtigen
O--C
Xechnitem als SRitrichter (ähnlich wie ber $anbe(srichter bei
ben Kammern für f)anbetsfachen bei ben ßanbgerichten)
bas geeignete unb febotene SRittel ift, um in Batent®,
SRufterfchuß® unb Btaren3eichenpro3effen eine fachgemäßere
unb bie beteiligten Streife mehr befriebigenbe Stechtfprechung
3u erreichen, fo ift weiter tur3 3U erörtern, wie biefe Sonber»
gerichtsbarfeit in ben Stahmen ber gegenwärtigen (Berichts*
organifation am 3wecfmäßigften eingefügt werben fann. Der
Ausbrucf „Sonbergerichtsbarfeit" hot hier natürlich nichts
mit einem (Begenfaß 3U ben „orbentlichen* (Berichten, wie er
richtig burch bie Besetzung „befonbere* (Berichte ausgebrücft
wirb, 3U tun. Einer ßoslöfung ber (Berichtsbarfeit in Sachen
bes gewerblichen Stechtsfchußes oon ben orbentlichen (Berichten
unb ber Schaffung eines befonberen $atentgerichtshofes müßte
oielmehr energifch wiberfprochen werben, ba bie Abtrennung
biefer wichtigen Sachen oon ber Stechtfprechnng ber orbent®
liehen (Berichte für bie Stichter bebauerlich unb für bie allge*
meine Siechtspflege unb einheitliche Stechtfprechung abträglich fein
würbe. Die Befonberheit liegt hier nur barin, baß aus Rurijten
unb Xechnifem gemifeßte Kammern unb Senate bei ben ßanb®
unb Oberlanbesgerichten 3ur Entfcheibung aller Streitigfeiten in
Sachen bes gewerblichen Stechtsfchußes gebilbet werben fotten.
Die Xechnifer follen Stichler, nicht Sachoerftönbige fein.
Sie Jollen im Hauptamt als bauemb unb mit ben gleichen
Stellen unb Pflichten wie bie rechtsgelehrten Stichter an®
geftellte Staatsbeamte ihres Amtes walten. SBollte man im
praftifchen ober wiffenfchaftlicßen Beruf ftehenbe Xechnifer nur
ehrenamtlich 3ur richterlichen Xätigfeit heran3iet}en, fo würbe
es häufig unmöglich fein, eine mehrmals 3ur Berhanblung
gelangenbe Sache wieber oor bas nämliche Stichterfoüegium
3U bringen, es würbe Arbeitsfraft oergeubet unb bie fegens*
reiche ^eranbilbung einer feftftehenben Brajis oereitelt werben.
3 ubem wäre bie Erlangung einer gewiffen (Befeßesfunbe,
namentlich in pro3effualer Qinficht, unb ber für eine befchleunigte
Erlebigung ber Streitfachen erwünfehten (Bewanbtheit in foro
für bie technifchen Stichler erfchwert. Enblich wirb bie Stellung
ber hauptamtlich tätigen technifchen Stifter fowohl bem 3 uriften
als auch öem Sachoerftänbigen unb ber Bartei gegenüber
freier unb fixerer fein, als wenn er nur im Sieben® ober
Ehrenamt fie ausfüllte.
Diefe technifchen Stifter brauchten nicht SRitglieber nur
eines beftimmten ßanbgerichts 3U fein, fie fönnten in ben Be®
3irfen, in benen (wie 3. B. im inbuftriearmen Offen) ge»
werbliche Stechtefchußpro3effe feiten finb, je nach ®ebarf bei
ben (Berichten bes gansen Besirfs in Xätigfeit treten.
O -O
Bilber aus aller Belt
3 m (Broßhersogtum Olbenburg ift an
Stelle bes aus bem Amt geriebenen
SRinifterpräfibenten SBiKich ber Ober»
regierungsrat Scheer 3um SRinifter bes
Snnern ernannt worben. Scheer, ber
Oberregierungsraf Scheer,
würbe jum otbenburgiföen WRinlfter bes Önnern
ernannt.
Qans oon QeUmann,
ber neue ftegierungspräfibent oon Uttenflem.
im 3 <*hr 1855 ^u 3eoer geboren wurbe^
fteht feit 1880 im Staatsbienft. Seit
1896 war er oortragenber Stat in bem
SRinifterium bes Snnern, an beffen Spiße
er nun oor hinein getreten ift.
Canbesöfonomieraf (Buffao Krug f
ber fangjäbrige Direfter bes BänbwirtMaftlii^en
j)auptoereins für Äoburg«®oipa
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Kummer 36 .
Seite 1583
.V
Die Wagner-Testspiele
im Prinz PegentenCbeater
in miinchcn.
Oberes Bilb: SBäfjrenb einer
Baufe, rerfjts oom Bringen £ub*
roig tferbinartb oon Tonern (X)
ber 3nfant 'illfons oon Spanien.
Unteres Bilb: ftelif Btottl oor
ber 9U)eingolbauffüf)rung, B r Ui<j
Üubtüig gerbinonb (x) als 'JJtufifer.
Mittleres Bilb: Brinaeffin
Beatrice oon Sloburfl (X) unter
ben Sfeftfplelgäften.
$l>ot.
•t'obm.
Bon linfs nad)
rechts: Baul Benber, 3rtna ftobotb, i)ans län^lei;
Tniltoirfcnbc äünftlet
^bot.
2llfreb Bauberger,
Ottfrieb 5jagcn, CfUa ©meiner, Br. Briefemeifter.
unb üünfflerinnen.
Digitized by LjOOQle
Seite 1584.
ÜRummer 36.
w *&§&&&! : . ••• -s. • r
$Uot. ^trtjlcr.
©orbere ©eib« (lifoenb, oon linfs) bie 'Jflaiöcn ber Örauenfttjule: grl. Reumann, Sri- Seloe,
grl oon Doetindjen, o*!- oon Cangermann, grl. ©ersmann, ftrl. 21. oon 2ßebel, Sri- X. oon SBebel,
2 fl. Xöd)ter bes 2)r. 3*rnsborf in Altenburger Xrad)t, grl. oon ©ünau, ftrL ©auli, 8rl. oon SUafcr,
firl. Don Stein, ©iif} ©obgerfon, grl oon Siemens, grL oon ftagemeifter, 5rL oon (Bregorq,
ÖrL (Brabau, 0rl. ©ilnlos. Mittlere ©eibe (fißenb): Sr. ©oble, 5r. 2)r. 3«rnsborf, gr. Pfarrer
^Öläffig, grl. oon ©aumer, gr. oon Xümmel, 0fr. oon Xümmel Cyj., 5rL doeler, gr. oon ©Jebel.
Stiftstjauptm. i)err oon 2ßcbel, gr. oon Xümpling, ßeg.»©at oon XümpUng, gr. Aebtlffin oon Älabr,
gr. oon ©orefe, gr. oon Siemens, grl. oon UJiaiforo, grelin oon Sd>illina, grl. oon ©oclftig
Hintere © e i b e (ftebenb): fterr ©oble, f). ©r. 3^rnsborf, S). Pfarrer ©läffig, S). oon Xümmel*
©öbbenife, *?. Heinrich oon XBebel, grbr. oon 'JHirbacb, grl. 'JJlarie oon 2ÖebeI, grl. oon f)et)befampf,
grl. o. ©erfoto, —> grl. oon 2öurmb, grl oon ßiebermann, greiin oon ber £)orft, grl. oon ber ©ccfe,
greiin oon gorftner, grl. #aafe, grl. Äod), grl. oon ©otbmer, gr oon ©erbteü, ©obo oon ©erbteü.
(öruppetibilb oon ber (Eintoeihungsfeier bes abligen Damenfttftes
unb ber toirt;d}aft(id>en grauenfdjule auf Sdjlofj Cöbicbau ln ttltenburg.
3um Begierungspräfibenten in 2lllenftein mürbe ber bisherige Bol^eipräfibent
in ^ofen ns oon 5)ellmann ernannt, fterr oon .Qeümann, ber im 2Ilter oon
50 fahren fteijt, trat 1879 in ben preußifcßfcn 3ufti<3bienft, aus bem er 1881
3 ur allgemeinen Staatsoenoaltung überging.
3u 2Öannigsroba im 5)er3ogtum (Botßa ftarb im 21lter oon 72 paaren ber
ßanbesöfonomierat (Buftao ftrug. Der Beretoigte, ber 20 3ahre hinburd) als
Direftor bes ßanbroirtfdjaftlidjen 5>auptoereins für bas 5)er3ogtum roirFte unj
biefes im beutfeßen Canbtoirtfchaftsrat oertrat, erfreute fid) großer Beliebtheit.
Die 5BagnerfeftfpieIe in Btüncßen üben auch in biefern 3aßr mieber große
2ln3iel)ungsfraft aus. fteroorragenbe Sänger unb Sängerinnen oerfeßiebener
Bühnen finb 3 ur BFittoirfung berufen; hingegen Fonnte oon ber Berpflicßtung
ausroärtiger Dirigenten abgesehen toerben, oa ja SRüncßen jeßt in gelif Biottl
einen ftapeUmeifter unb Bkignerinterpreten beugt, ber Feinen bitoaien 3U freuen i;ut.
©lief in ben Speifrfaal bes ©eamtenerboiungsbaufes In Xoffens.
lim ben Ttorbfee^eimen bes Beamfeniplrtfdjaffsoerrins BerliOo
ißbot. treuer.
8rL o. ©tabaracÄ-©ubapeft, Siegerin in ber Samen«
meifterfaaft für ©eutftblanb.
Hon 3nfera. Cemro-Xcnaif-Xttniier in bambnrg.
Das Schloß oon Sdbidbnu in Saufen*
Slltenburg, ber alte i)errenfiß t er prin3lidh
Bironfcben gamilie, ift oon grau o. lümp*
ling-Xhalftein ber beutfe^en 2Ibelsgenoffen*
fdjaft 3um ©eft^enf gemacht toorben. Diefe
hat bafelbft bas »^Johanna-fiuifenftift" für
ablige Damen unb eine mirtfchaftUcbe
grauenfcbule begrünbet, bie füraiieh feierlich
cingetoeiht mürben.
Die Hamburger Caton*Xennisgilbe hoi
auf ber Uhlenhorft ein internationales
Xurnier oeranftaltet, an bem fid) bie beften
Spieler unb Spielerinnen Deutfchlanbs unb
bes 2lus(anbs beteiligten. Die Bieifterfchaft
für Deutfchlanb im Dameneinjelfpiel ge*
mann gräulein oon aRabarac3*Bubapeft.
Der Beamtenroirtfchaftsoerein Berlin
hat mit Unterftüßung bes Berbanbes beut«
f<ber Beamtenoereine unb ber Olbenbur«
e en Beamtenoereinigung an ber 9torb(ee
. Dlungsheime begrünbet. Unfere 2luf*
nähme 3eigt ben Speifefaal eines in £offens
gelegenen gerienheimes.
Schluß bes rebattionetten Xdlz.
Dic [ zed by
Go_ogIe_
Kummer 36
5. September 1908.
6efte 1,
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e.-it'e II.
u.
September 1908.
stummer 35.
io;aaa;aaa oboIqioIdid
la'oaaioBa opa □ ■□laaa'apo opdupo obq'obo o»aa»afÖBo
*“®vjT;- L - •• ■> l oia
»r : Hpio
müssen, ist das Los vieler, die abseits der Musikmittel¬
punkte wohnen und nicht selbst spielen können. Mit dem
mit Künstler-Notenrollen
wird ein Instrument geboten, das sowohl mit den Händen
als auch mittels der Im Piano verborgenen Phonola ge¬
spielt werden kann. Das Spiel ist durch die Solodant-
Elnrichtung zur selbsttätigen Hervorhebung der Melodie
und durch die Künstler-Notenrollen anerkannt künst¬
lerisch. Alle ersten Künstler, die „PHONOLA“ kennen,
erklären sie für das Vollkommenste auf diesem Ge¬
biet. Das Phonola - Piano ist äusserlich einem nor¬
malen Klavier völlig gleich. Handhabung ideal einfach
J/Iustrierte Broschüre u. Vorführung bereitwilligst.
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5. September 1908.
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“fjaben 5ie genaue 3rit ?“ —
^:efe immer häufiger toieberfehrenbe Örage beroeift, baß es mit
ber 3 eitfkberbeit unb ©jaftheit ber meiften heutigen Xafcben-
ußren fcf)lcct>t beftetlt ift. Darüber braucht man ficf) nicht au tounbern.
2 Ber nur einige Henntnis oon bem teijnifijen Organismus ber Uhr
hat, toeiß, mie oiel au einer roirflid) guten, 3uoerläffigen, gleich 5
mäßig unb pröats gehenben Uhr gehört, mie oiel SolibUät unb
Seinbeit bea ÜRaterials, ber Einlage unb ber Ausführung aüer ein*
aelnen leite erforberlid) ift, um jene unbebingte ©angficherheit au
eraielen, bie eine ^röaiftons-Uhr fo mertooll macht. Alle bie billigen
Uhren, bie jeßt im i)anbel unb in ber SRobe finb, tonnen fein
elftes, gleichmäßig unb ficher funftionierenbes 2 Berf hoben, fie
müffen ihrer mehr ober meniger groben Honftruftion nach un¬
regelmäßig unb ungenau gehen, fo baß fie immer unb immer
roieber ber toftfpieligen Nachhilfe bes Uhrmachers bebürfen.
Deshalb fann ber mobeme ÜRenfch, ber mitten hn heftigen,
buntbemegten Xreiben bes heutigen ^Berufslebens ftehi, bei bem
altes oon genauerer 3 ^ibeftimmung unb S^itausnüßung abhängt.
nur eine loirflict) gute, foliöe unb
feine Uhr eyaftefter unb neuefter Hon* [ J
ftruftion brauchen.
©ine folche Uhr ift bie NoMOS*Uf)r.
Die NoMOS*Uhr f)at alle technifrfjen 93or*
3 Üge einer mobernen ^räaifions*Uhr. 3ßr Q
ÜJtaterial ift in allen teilen oon feiner unb
ausgefuchtei: Dualität. Ohr folibes SBerf, aus*
geftattet mit allem, mas bie h^djcntmicfcltc
Uhrentechnif an mistigen unb finnreichen Serbefferungen geraffen
hat, ermöglicht Dauerleiftungen oon erftaunlicher Sßräaifion. 3 n ooll»
tommener Harmonie mit ber technifchen Aollenbuna ihres ffiertes
fteht bas Aeußere ber NoMOS*Uhr; Sorm unb Ausftattung finb
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Seite IV.
5. September 1908.
Kummer 36.
'Verschiedene Mitteilungen.
— Ilmenau i. Thür. Der Neubau des weltbekannten Institutes
Boltz schreitet mit rüstigen Schritten seiner Vollendung entgegen.
Der weitaus größere Teil kann schon zu Beginn des Herbstsemesters
dieses Jahres in Benutzung genommen werden. Die Zöglinge finden
in diesem vollendeten Institut alle Bequemlichkeiten neben einer
Sorgfältigen, gutüberwachten Ausbildung. Interessenten erhalten
den reichillustrierten Prospekt jederzeit gratis und franko übermittelt.
— Alkoholismus, Tuberkulose und Syphilis sind die Würge¬
engel, die die moderne Menschheit trotz aller hygienischen Fort¬
schritte dezimieren. Während zur Bekämpfung der Tuberkulose
recht erhebliche Mittel aufgewendet wurden, stand man dem Alko- \
holismus, dem in Deutschland etwa jeder zehnte erwachsene Mann
erliegt, ziemlich ratlos gegenüber. Der Trinker bedarf einer äußerst I
sorgfältigen individuellen Pflege, die natürlich nur in kleinen An- "
stalten geleistet werden kann. Zu den besten dieser Anstalten ge- *
hört das Sanatorium „Villa Margarete“ in Nesse bei Bremer- ‘
haven. Die Anstalt nimmt höchstens zehn Kranke gleichzeitig auf;
ein junger, mit den modernen Ergebnissen der Wissenschaft über
die Alkoholfrage vertrauter Arzt leitet die Anstalt Der technische
Direktor steht als begeisterter Anhänger der Alkoholabstinenz seit
zwanzig Jahren im Kampf gegen die Trinksitten. Das herbe See-
(Fortsetzung auf Seite V.)
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extra milde _
Kummer 30.
5. September 1908.
Seite V.
klima übt auf die Gesundung der Kranken einen sehr günstigen nach dem idyllisch am Rhein gelegenen Kurhaus Assmannshausen.
Einfluss aus. Einrichtung und Verpflegung entsprechen den Ge- Dieses erfreut sich in dieser Saison eines ganz besonders lebhaften
wohnheiten des besseren Bürgerstandes. Die Preise sind mässig. Besuches. Wer aus irgendeinem Grund es nicht ermöglichen kann.
Die Heilerfolge bei relativ kurzer Kurdauer vorzügliche. Die An- ins Bad zu reisen, sollte sich nach Rücksprache mit seinem Haus-
stalt nimmt ausser Alkoholkranken auch Morphinisten und Nervöse arzt wenigstens einer häuslichen Trinkkur unterziehen. Der Lithion-
auf, die sich der strikte durchgeführten Alkoholabstinenz unter- wasserversand hat sich im letzten Jahr um ein vielfaches gesteigert,
werfen wollen. und es befindet sich in jedem grösseren Ort eine Niederlage, wo
— Bad Assmannshausen am Rhein. Schon im Jahre 1489 nicht, wende man sich direkt an die Brunnenverwaltung. Bei seiner
werden in einer Urkunde des Kurfürsten von Mainz, des Erzbischofs unübertroffenen Heilwirkung ist das Wasser wohlschmeckend und
Berthold von Henneberg, die warmen Quellen erwähnt, die am selbst dem schwächsten Magen wohlbekömmlich.
Fuss des Kammerforstes bei Assmannshausen dem Schoss der Erde — Um den schweren Brechdurchfällen und Darm¬
entspringen. Jedoch erst 1872 wurde die Hauptquelle definitiv ge- erkrankungen der Säuglinge zur heissen Jahreszeit erfolgreich
fasst; seit dieser Zeit fliesst das Thermalwasser in mehr wie aus- entgegenzutreten, ist von den ersten Kinderärzten Deutschlands ein
reichender Menge und in einer Temperatur von 32,5 Grad Celsius Unternehmen geschaffen worden, das sich die Herstellung erst-
zutage und wird zu Trinkkuren und Thermalbädern benutzt. Eine klassiger allerbester Kindermilch zur Aufgabe gemacht hat Streng
grosse Zahl hervorragender Aerzte überzeugte sich am eigenen hygienisch geleitete Stallungen, chemische und bakteriologische
Leibe von den vorzüglichen Heilerfolgen der Assmannshäuser Laboratorien bilden zusammen mit einer ganz vorzüglich eingerich-
Lithiontherme bei Gicht Rheuma, Ischias, Steinleiden, Nieren- utiid teten Fabrik nach dem Urteil unparteiischer Aerzte und Fachleute
Blasenerkrankungen und sendet daher jeden Sommer ihre Patienten (Fortsetzung auf Seite vir>
SS
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5. September 1908.
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■me Stellung lei
7 Man glaubt nicht f Verdecken
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(Fortsetzung der Rubrik »Unterricht* auf Seite XIV.)
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Seite XIV.
5. September 1908.
Hummer 36.
Die Elektrizität im Dienste 4er Schwerhörigen.
Sür Diele Htenfcften ift eine oon ber
Heutfdjen 2Ifuftif-<BefeUfd)aft in Her¬
rin W. 50, Hoc^obftr. 34, gemotzte (Er-
pnbung, um ©cfatoerljörige beffer Ijören
3 U machen, oon qofjer Hebeutung.
Hie Heuerung bricht mit allen bissigen
Hletfjoben, uor allem mit ber (Einführung oon
Hörrohren in bas Ohr, unb roenbet bagegen
eine Vletyobe an, beren (Erfaft fo etnleudjtenb
für befferes ftören ift rote ber (Erfaft einer
guten Hrtlle für befferes ©eben.
Her au oietem berufenen (Eleftrfottät
ift tatfädjlid) gortfdjritt oorbefjatten,
auch bie ©d)merl)örtgfeit 311 beheben. Her Apparat befte&t aus
einem febr empfinblidjen Hlitropbon oon i)anbtellergrö 6 e, bas ber
©cfjnjerqörtge an einen tfnopf feines Hocfes bängt ober fonfttoo
angemeffen an ficb befeftigt, in einem ebenfo großen lelepljon, bas
burcb Hoppelbrabt in üblicher SBeife mit bem ÜRitropbon oerbunben
ift unb oom ©cbtoerbörigen ent«
toeber ans Ohr gehalten ober burd)
einen Hügel in eine fefte ßage 311 m
Ohr gebracht toirb, unb enblicb in
einer flehten Hrotfenbatterie, toelcbe in
bie Leitung eingefcbaltet ift, unb bie
man bequem in ber Xafdje trägt.
Hie tjunttion bes Apparates ift flar:
bie DomHtifropbon,bas erbeblicbgräger
als bie Obrmufcbel ift, 311 m Xelepbon
toeiter gegebenen 6 dmUtoellen erfahren
burcb ben oon ber £rocfenbatterte ge¬
brachten ©uffurs bei (Erregung berHele-
phonmagneten eineHerftärfur.g unb ge¬
langen bemnach fo in oerftc. !ter gorm
in bas Ohr bes ©djtoerljörenben.
Hie (Erfinbung, toelcbe oon einigen Herliner ©pesialäraten unb
(Eleftrotechnifem aemeinfam gemacht mürbe, ift für ©$toerbörige
hocbbebeutenb. Hie Oeutfch* Hfuftif-töefellfdjaft in Herlin
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Kummer 36.
5. September 1908.
Seite XV.
= ©efuube Jteroet»
geben tlrbeitsfreubigfeif, (Energie, Erfolge in Beruf unb geben.
Beginnen bie Sternen 311 oerfagen, fo entfchwtnben Wohlergehen
unb SBohlbefinben balb, um ber Untätigfeit, Sorgen ober gor
Schlimmerem au machen. — 2 luf 6chwäd)e unb Befette
ber Steroen finb auch bie meiften törpertichen Reiben 3urücf*
jufüf)ren. SJtan achte bes^atb bei ber Körperpflege oor allem
auf Kräftigung feiner Sternen! Bie normale gebensfunftion
bes Steroenfpftemo toirb ^eroorgerufen burch eine eigentümliche,
in ben Sternen enthaltene Subftan3: „gecitf)in", ober au* bireft
„Steroenfubftan3" genannt. Sn ben
Sternen ber an fortfchreitenber (Ent»
fräftung geibenben fann man mifro*
ffopifd) auch einen fortfchreitenben
Sdjwunb biefer Sternenfubftan3 nach*
weifen, unb umgefehrt i)at man,
fobalb Schwachen unb 3 urücfge*
bliebenen bie fehlenbe b^w. gefchwun*
bene Sternenfubftan3 in geeigneter
gorm 3ugeführt mürbe, ftets eine
auffalleibe Befferung bes Mgemetn*
bepnbens mahrgenommen, mit ber
in gleichem Btaße ein mifroffoptfch
nachweisbares Stnmachfen biefer
Steroenfubftan3 in ben einseinen
Sternen einherging. Kraft unb
(Befunbheit ber Sternen finb alfo
abhängig non ihrem Steingehalt an Sternenfubftans. 3 n ber Bat
ftellt bie (Ernährung ber Sternen bei allen Schmächesuftänben mit
gecüf)in einen ber glüctlichften (Erfolge ber mobemen SBiffenfchaft
bar. gangere 3 eit fehlen jwar bie Gewinnung non Stemenfub*
ftans (ßecithin) im großen sur allgemeinen Slnwenbung fehr
fchmierig, ja unmöglich, unb es gelang, nur ftart nerunreinigte
Präparate mit unerträalidjem (Befchmacf unb (Bernd), alfo faft
auch 0f>ne jebe gute SBirtung, h^njorsubringen, bie überbies
wegen ihres horrenben ^reifes in abfolut ungenügenb geringen
©oben angemenbet werben tonnten.
Seitbem es $rof. Br. Dobermann unb Br. (Eljrenfelb aber
gelungen ift, ein wirtlich phpfiologtßh reines gecithin (Sternen*
fubftans) aus (Eibotter nach einem patentamtlich gebüßten Ber*
Querf$nitt einte gefunben Weroen*
bünbeie.
fahren unb 3U mäßigem greife
hersuftellen, bas nur für Biocitin
nerwenbet wirb, finb auch alle
bisher feßlgefchlagenen Berfuche mit
älteren, weniger geläuterten ged»
thinpräparaten auf bas glänsenbfte
überwunben; bie günfügen, aus ben
SBertftätten phpftologifcher gor*
B ung gemelbeten (Erfolge mehren
) in ungeahnter SBeife, unb jeber
hat Gelegenheit, fie an fl* nun
burch Bnwenbung mit Biocitin
felbft tennen }u lernen. Bie (Ergän»
3ung ber täglichen Stahrung bes
törpertich ober geiftig Schwachen
burch einige Kaffeelöffel Biocitin
bewirft balb in ben meiften gälten
Querfdjnitt eines begenerterten Sternen*
bünbels; ein grober lell ber Sternen*
fafem ift noQftönbin augrunbe gegangen
bürg SJtangel an geeigneter 6toff*
' s Geeit' ‘ *
aufubr (reines
xitbin).
unb (Befunbhett erwecten
greube an Beruf unb
Bätigfeit
S&enn jemals ein Kräfligungs* unb Stährpräparat unein*
gefchränttes Bertrauen oerbient, fo ift es Biocitin! UBett entfernt,
iraenbwie ein Btebifament Dorftellen 3U wollen, ift es oietmehr
(ebigtich aus ben leichteft oerbaulichen unb chemifch unangetasteten,
nnoeränberfen SBertanteilen oon (Eibotter unb ÜDtilch hergeftellt (bie
ferner oerbaulichen finb baraus entfernt), unb befißt oon biefen als
wirtfamften ^auptbeftanb 10 % nach 9&of. $r* Dobermann unb
Br. (Ehrenfelb hergeftellte Steroenfubftan3 aus (Eib otter, alfo ben
Stoff, aus welchem auch ft*h entmiefetnbe Hühnchen (Behirn,
Slücfenmarf unb Sleroen aufbaut.
Blodfia Ift tmffrritig bas oertrauenswerteffe Htiffet 311t Hebung
ber ©eiffef- unb fiörperfraff, 30c Sfätfung ber Sternen, ©eftmbheif
nnb Cebenseneraie für jebermann, ben Säugling, ben ©reis, ben
Ceibenben nnb aeberanftrengfen.
fBfochin ift in allen Kpotbefen u. in ten meiften Drogenbanblunren au erhalten,
fonft »irb es auch ohne Serecfcnung bes Portos bireft oon ber 3iocifta'5<ibrif,
$m.b.Q„ Berlin 29/B 115, oerfenbet. SJtan möge fi($ aur »eiteren Orientierung unb
SSetebrung bie Heine Brofdjür« „Die fReroen-Ornöbrung", bie mit einem ®efd)marts*
mufter bereiholfllgft oon oorgenannter ftabrif
foftenios oerfenbet »irb, fommen (affen. Ber*
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„gBocfje* ?ftr. 37,
12. Septembcr 1908,
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3 Dcutfdjc Kcidjspafenfc. Diele Duslanbspatenfe u. Deutfrfje Rei<f)s-<Sebrau(f)stmiffer.
„3ft es benn möglich, bafj ich früher fo ausgefefjen ^abe?"
(Eine „Utebijinifcfje BJod)enfd)riff“ enthält itn rebaftionellen leil einen Originalartifel non 3)r. meb. S).
über ben (Energos, beffen ©djlujjfag lautet: „3 d) glaube, aus meinen (Erfahrungen mit 2ted)t folgern
3 U bürfen, bafj mit bem (Erftbeinen ber (Energos-Kpparate CttlC tlCUC llCVCl lll ber $ebaub-
(ung bes Haarausfalles fottrie bes prdfeuilen (Ergrauens angebrochen ifi, meidje
3U ben fübnflen Hoffnungen berechtigt.“
(Eine roeitere ärjtlicbe 6 timme (Sr. 95. in 93.) fcfjreibt foeben: „XDir tjaben alfo burcf) bie (Energos-
Apparate einen ooltftänbigen, f)Ö(f)ff genial fonftttlietleU 3nftrumentenfd)ah 3 ur Verfügung,
ber eine entfd)iebene Cürfe ausföUl unb geeignet erfetjeinf, ber gerabe auf fosmetifdjem (Gebiet
routhernben Sthroinbelprobuflion energifd) entgegen 3 uroirfen. 3u biefem 3id ift bem (Energos bie
ffiilttrirfung ber 2 ler 3 (efd)aft befonbers 3 U roünfthen.“
Ser (Energos ift'fefjr geeignet für bie 5Reife, bequem in bie fleinfte Beifetafcfye 3 U fteden unb oon
jebem überall of)ne Borbereitung an 3 uroenben.
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Energos Co. Dresden 16 h s .
ober oon einer ber oielen Weberlagen im 3n* unb 2luslanbe.
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12. September 1908.
,%3od)e« %r. 37.
Im Dienste der Wohltätigkeit
von Ernst Heilemann»
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DiewocHe
Kommet 37. Berlin, Öen 12. September 1908. 10. 3afjrgang.
3nf)ali bet Bummer 37«
Die (leben Zage ber 9Bo$e . .1535
3Bettgrofd?enporta. Bon 3. Jennifer ijeaton.15S5
lieber gleiföoergiftung. Son $rofeffor Ir. ®. 6obernbeim ..... 1589
Briefe eine* mooemen SRäb^ens.1591
Die Zoten ber 5Bodje ..1592
Urifere »Uber. 1592
Silber oom Zöge. (B&otograpbiföe Slufnnljmen) ..1593
Spielzeug. 9taman oon 5)an* oon Stablenberg. föortfefeunq) .... 1601
Die iReicbsfinananot. 2Bte bie ginangnot au geilen tft Son Srofeffor
Sr. fcbolpfc SBagner.lBOS
Sie $rau oi* fiuftfqifferin. Son $auptmann o. S. iiilbebranbt. (SDIit
11 SbbUbun'ren;.1609
Däniföe* SoraeQan. Son 8f. gl ad)*. (2Rtt 8 Sbbilbungen).1613
6eltg aus ©nabe. Roman oon OfrCEorrei. (gortfefcung».1616
Ruf bem Sferbemarft. Son f). j)einr!$. (SRit 6 ttbbifbungen) . . . ii»20
SUber au* aller ffiett ...1624
Die fieben Xage bet Boche«
3. September.
Der Kaifer trifft gur Teilnahme an ben ÜBanöoern in
Stragburg ein.
Der öfterreicf)ifcf)*ungarifcf)e ÜBinifter bes 2leugem greiherr
oon Stebrentbal unb ber italienif<f>e ÜRinifter bes SlusmärtiQen
ftittoni haben in Salgburg eine 3ufammenfunft (2lbb. S.1597).
2lus ÜBaroffo mirb berichtet, ber Sultan Mhhni 2lfis hat
burch feinen Vertrauensmann (El ÜBofri bie ©rflärung ab*
gegeben, bag er auf melieren Kampf Berichte unb ben Zfyron
Vtulap #afib überlaffe.
4. September.
3um türfifchen Botfchafter in 2Bien mirb Befchib Pafcha
ernannt, ber bisher bie gleiche Stellung in Born befleibete.
Der ruffifche ^eilige Sgnob proteftiert in einem Slufruf
gegen bie geier be$ 80. (Beburtstags bes (Brafen ßeo Xolftoi
unb verbietet allen Drtfjobojen, baran teilgunehmen.
2lus Danger mirb gemelbet, bag ber Kaib ÜBtugi mit ben
Beften ber Druppen bes Sultans Slbbul 2lfis non ben 2ln*
hängern SBulai) $)afibs im Süben SBaroffos übermältigt
morben ift.
2lus iofio fommt bie Bacfjricht, bag bie japanifche Stabt
Biigata oon einer furchtbaren geuersbrunft heimgefucht mürbe,
burch bie 4000 5)äufer oernichiet morben finb.
5. September.
König ©buarb trifft non feiner Beife nach b?m Kontinent
mieber in ßonbon ein.
2lus #aiti mirb gemelbet, bag bie bortige Regierung bas
tnit Deutfchlanb unter bem 30.3uli b. 3. abgefchloffene 5)anbels*
abfommen in Kraft gefegt hat, burch bas bie ©infuhrgötle für
eine Beige beutfcger 2Baren ermägigt merben.
' greiherr non Stegrentgal ftattet non Saigburg cus bem
beutfchen Staatsfefretär bes Slusmärtigen 2lmis oon Schön in
Verchtesgaben einen längeren Befucg ab.
3n Petersburg unb nielen anberen Orten Buglanbs mirb
pon ben Begörben eine öffentliche geier bes (Seburtstags
Dolftois nerboten.
2lus Beoaba fommt bie Nachricht, bag bie Btinenftobt
Bamgibe burch eine geuersbrunft gum grögten Deil 3 crftört
morben ift. ©ine Slngagl Per[onen hat bas fieben nerloren,
3000 finb obbachlos.
6. September.
2lus Sßiett roirb gemelbet, bag bie Bftcrreitfjiftfjen Offnere
in ©anbfrfjaf ben Auftrag erhalten haben, ihre gamilten oon
bort gu entfernen.
Bei ber legten Begatta ber Berliner #?rbftfegelmoche auf
bem BUiggelfee erringt ber Kronpring mit feiner oon ihm felbft
gefteuerten Sacht „Angela" in ber Sonberflaffe ben ©rften Preis.
7. September.
Soifer Sranj 3ofef begibt fi<h oon 3fd)t über SEBien no<h
Bubapeft.
2lus Paris mirb gemelbet, bag bie auf Urlaub befinblichen
frangöfifchen Botfchafter angemiefen mürben, fich im i)inblicf
auf bie unmittelbar beoorftehenben michtigen Berhanblungen
über bie Blarotfofrage auf ihre Poften gu begeben.
2lus Däbris fommen Berichte oon neuen blutigen Kämpfen
gmifchen Slnhängern bes Schahs unb bes Parlaments.
3n ©tfag*£othriftgen beginnen bie ^aifermanöoer, mährenb
beren ber Äaifer in Uroille 2Bohnung nimmt.
8* September.
3n Düffelborf mirb bie aus allen Deilen Deutfchlanbs
zahlreich befuchte neunte i)auptoerfammlung bes beutfchen
gorftoereins eröffnet.
3n Kopenhagen mirb ber oor einigen HBochen aus bem
2lmt gefchiebene 3uftigminifter Blberti megen Unterfchlagungen
unb Betrügereien oergaftet.
9. September.
2lus Degeran mirb gemelbet, bag bem Schah eine ruffifche
unb eine britifche Bote gleichen Öngalts überreicht mürben, in
benen feine 2lufmerffamfeit apf bie in ben Prooingen h^rr-
Icgenben Unruhen unb befonbers aui bie (Befahr für bie gremben
in Däbris gelenft mirb. Die Bote emppeglt bringenb bie ©in*
berufung bes Parlaments für Btitte Booember.
o oo
Bdfgrofcfjcnporto.
Son 3- #enntfer ^caton, 3R. Eß. ßonbon.
Sor 23 3ai)ren ftettte ich im engtifchen Sjo ufc of
Commons ben folgenben 2 Intrag: „Wad) ber Stnficht
biefes Kaufes ift es an ber Seit, bag fidf) bie Jtegie*
rung bes ßanbes mit anberen Regierungen in S3er*
binbung fegt aum 3 ®ecf ber Cinführung eines attge*
meinen SBettgrofchenportos."
150 RtitgUeber bes engtifchen Parlaments haben an
jenem bentmiirbigen Zag meinem Antrag jugeftimmt.
Rach 18 3 ah«n, nämlich am 12 . 3uü 1898, hatte ich
bie grofje greube, für ©rogbritannien unb 3rtanb bas
allgemeine tßennpporto nach alten Zeiten bes britifchen
SBeltreiches eingeführt 3 U fehen.
2tm 10. Stuguft 1905 grünbete ich in ©nglanb einen
Seiein aur Reförberung ber allgemeinen Cinführung
bes Sßeitgrofchenportos, bamit es jebem Cinmohner
unferes ißtaneten, möge er ber meigen, fegmaraen
ober gelben Raffe angehören, ermöglicht fei, für aetjrt
Pfennig mit irgenb jemanb auf ber SBelt eine SRit*
teilung ausjutaufchen ju einem mögtichft niebrigen
tßreis unb bei höchfterreichbarer ©(hneltigteit.
3ch betonte, bag bie Stunbe getommen fei für
biefe fo groge unb hoch fo einfache SBegrünbung
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Seite 1586.
Stummer 37.
eines brüberlicpen berpältniges unter ben Stationen
ber (Erbe; für einen SEBecpfel ber Dinge, ber nietnanb
fcpabet unb allen nur nüßen fann. 3 cp behauptete
ferner, baß i)anbel unb Snbuftrie in weiterer Aus*
bepnung einen anfänglichen berluft reichlich erfeßen
würben.
Dag ber richtige Augenblicf 3 um Qanbetn gefommen
war, ergab fid) fepon baraus, bag mein fjreunb Sir
3. ©. SBarb, ber SRinifter ber Poft oon [Reufeelanb,
im begriff mar, einen Eintrag für SBeltgrofcpenporto im
nächften 3 apr gelegentlich bes RBeltpoftoereinstongreffes
in [Rom ju ftellen.
380 Peers unb Parlamentsmitglieber traten bem
SBeltgrofepenportooerein bei, augerbem ber (Ergbifcpof
oon (Eanterburt), ber (Ergbifcpof oon SBeftminfter, ber
CErjbifchof oon Dublin, ber bifcpof oon ßonbon, ber
ßorfrSRapor oon ßonbon, ber fiorb*2Rai)or oon Dublin
unb ber ßorb*Proooft oon ©lasgom.
Die erften Srüepte unferer bereinstätigteit geigten
geh in bem ^Beitritt Aegrjptens gu einer Penngporto*
oereinigung mit (Englanb. Dies gefchab am 5. De*
gember 1905. Dabei oerfünbete bie äggptifcpe [Regie*
rung, bag Aeggpten bereit fei, einen ähnlichen Vertrag
mit jebem anberen ßanb eingugeben, bas bie gleichen
bebingungen gewähren würbe.
Am 3.3uli 1908 oerfünbete enblich ber SRinifter ber
Poft im j)oufe of Commons, bag gmifeben (Englanb
unb ben bereinigten Staaten oon Amerifa ein ©rofepen*
portoabfommen getroffen fei, bas am 1 . Oftober 1908
in Kraft treten werbe!
Damit war eine (Einigung oon 125 000 000 SRenfcpen
in begug auf bas ©rofepenporto ergielt. Auch bebeutete
es eine befeftigung guter begiehungen gwifchen ben
beiben größten (Englifcp rebenben [Rationen ber SEBelt.
Deutfchtanb unb (Englanb.
©tan tonnte annehmen, bag 3 wei bölfer, bie in
beftänbigem freunbfchafflicpem berfehr miteinanber
unb täglichem Austaufcp oon Daufenben oon briefen
über gefcpäffliche unb politifche Angelegenheiten flehen,
weniger beranlaffung gu 3 ®ifi> 9 feiten haben als gwei
bölfer, bie ootltommen ifoliert ooneinanber bleiben.
Der jeßt beftehenbe unberechtigte [ßortotarif für bas
Auslanb mug einmal aufhören, unb man hofft, bag
Deutfcglanb oon allen [Rationen bagu bie erften Schritte
tun wirb. 5Eßas wirb ein [Reufeelänber fagen, wenn
er hört, bag wir einen Penng Porto begaplen für bie
beförberung eines briefes, 12 000 ©teilen weit, über
Calais nach Australien unb 2 */2 penng für bie Sen»
bung bes gleichen briefes, nur 21 ©teilen weit, oon
Dooer nach Calais ober oon ßonbon nach ber beut*
f<hen ©renge.
Aber es gibt noch weitere beweife für bie offen*
bare Ungerechtigfeit einer 2 '/ 2 *penngrate nach bem
Kontinent. 3n Oefterreich, wo ich mich fürglich auf*
hielt, fonnte ich einen brief quer burch biefes ßanb
unb Deutfchtanb oon ber ruffifefjen ©renge bis gur
[Rorbfee für einen Penng fehiefen. Danf einem Porto*
abtommen gwifchen Oefterreich unb Deutfchlanb.
©Barum finb wir es gerabe, bie fo banfensmerte
unb oorteilhafte bereinbarungen mit bem SRachbar noch
nicht gefcploffen haben? 5IRan wirb gunächft ermibern,
bag bie 2 '/ 2 *penngrate nötig ift, um bie außerorbent*
lieh hohen Sracptfoften ber fontinentalen Cifenbahnen
gu tragen. Der gleiche ©runb würbe gur berteibigung
ber alten Portoraten oon 5 unb. 6 Pence nach Auftra*
lien, Snbien unb Oftafien angeführt. Die Srage ift
nicht mehr, wie man englifchen brieffepreibem nach
ben Kolonien allein nüßen tönnte, fonbem auch un*
feren Sireunben auf bem Kontinent unb bamit wieber
uns fetbft. Angeffepts biefer neuen Zatfacpe wirb man
jebenfalls fjrangofen, Deutfcpe unb Staliener geneigter
gaben, bie unoerhältnismägig hohen Cifenbahnfrachten
einmal unparteiifd) gu prüfen.
Sachoerftänbige auf biefem ©ebiet erfennen bie
Schwierigteit ber beförberung burch bie (Eifenbapn an
unb mißbilligen fie. Der frühere SRinifter ber Poft
oon Aeggpten Saba bafcha fchrieb mir unter be*
fürwortung meines borfchlags: „Die ijauptfcpwierigteit
beruht in ben ungeheuren Uebergangsfpefen, bie, wenn
fie aufgehoben werben, bie Penngportorate fofort er*
möglichen würben."
Daß eine SRaßnahme wie bas ffieltgrofepenporto
ben benfbar glücflichften (Einguß auf unfere auswär*
tigen Ejanbelsbegiepungen unb eine internationale An*
näherung haben würbe, muß auch ber größte Pefffmift
gugeben. Daß es im $inblicf auf eine fixere Zunahme
ber Korrejponbeng feinen berluft für bie betreffenben
[Regierungen bebeuten würbe, fiept ebenfalls feft. Selbft
im erften 3apr mürbe uns, mit Abrechnung bes ber
Cifenbahnoerwaltung gufallenben Seils, biefer fo wich»
tige Schritt 3 ur berbrüberung aller bölfer nur 2'/2 SRil*
lionen SRarf (125 000 Pfunb Sterling) Koften machen,
bas ift ber oierte Seil ber Koften eines Kriegsfchiffs.
„SBir haben Penngporto im gangen britifchen [Reich,"
tönnte ein turgfieptiger Cnglänber fagen, „warum follen
mir auch frembe Stationen baran proptieren lajfen."
Solche Anfichten beruhen auf ber falfchen Annahme,
als wolle man bie Portorate nur für ben Abfenber
ermäßigen, ohne auch Öen (Empfänger biefen borteil
genießen 3 U laffen. Als beifpie! biene bie ©efchäfts*
forrefponbeng gwifchen einem englifchen Sfabrifanten
unb einem beutfepen ober frangöfifepen ijänbler. Sicher
wirb jebe (Einrichtung, bie ihre Xransaftionen erleichtert,
für beibe nur oon borteil fein. Der f)änbler fragt
niept nach ber [Rationalität eines guten Kunben, fonbem
banaep, wie er mit ipm in berbinbung treten fann.
Deshalb ift es flar, baß alle borteile, bie ben brief*
fepreibern irgenbeines ßanbes, fagen wir (Englanb, 3U*
gute fommen/oon ben auslänbifcpen (Empfängern biefer
briefe geteilt würben. 3e ftärfer ber [Regenfall an
ber Quelle eines giuffes ift, um fo beffer wirb es für
bie Selber fein, burch bie er gießt, ©ine bemertens*
werte unb auffallenbe Satfacpe ift ferner, bag unter
bem Stoß oon briefen, bie icp über bie (Einführung
bes SBeltgrofcpenportos erhielt, unb gwar oon SRännern
aller Klaffen, oon bifepöfen, bem 5)ocpabet, Parlaments*
mitgliebern, ©eiehrten, SRilitärs, Autoren unb ©roß*
taufleuten, fiep fein eingiger bepnbet, ber bie englifchen
3 ntereffen oon ben Sntereffen ber ©efamtpeit trennt
(Es fepeint, als ob alle oon bem eblen ©ebanfen be*
feelt waren, bem ber alte [Römer mit „Homo sum"
Ausbrucf gab. hoffen wir, baß bas paßerregenbe
©Bort „Auslänber" balb gu einem Anachronismus wirb,
3 u einem ©Bort opne jeglicpe [Rebenbebeutung.
Die Koften bes ©Beltportos.
1 . [Ricpt ein einiges Scpiff mepr, auch feine ber*
meprung ber poftgüge, ber fßoftmagen ober bes Per*
fonals ift gur (Einführung bes ©Beltgrofcpenportos er*
forberlicp. Unfere flinfen Poftfortierer werben niept
eine Stunbe länger arbeiten, bie gaplreicpen Poftfäcfe
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Jluntmer 37.
Seite 1587.
in ber ©de eines Poftbampfers werben 3 war etwas
höher angefüllt, aber in ber Berteilung bie lafcße bes
Briefträgers nicht bebeutenb befcßmeren. Sie befteßenben
Cinricßtungen finb für jeglicße CntmicHung unb Cr»
Weiterung ber Sorrejponben 3 oorgefeßen. Babei fcßide
ich gleicß voraus, baß ade auslänbifcßen Briefe wie
ber Sropfen im 03 ean finb, vergüten mit unferer
ungeheuren 3 nlanbforrefponben 3 -
2. Cs ift feßr wenig erfreulich, wenn man fitf» Har
barüber wirb, baß bie i)auptpoftoerwaltungen Curopas,
Afrifas unb Afiens, wie in ber fotgenben Aufteilung
gezeigt wirb, mit großem Profit arbeiten. Sie Poft»
beßörben fönnen fich burchaus nicht arm nennen, vor
allem nicht bie engiifche, bie im vorigen gaßr einen
Scherf von 4819103 Pfunb Sterling, ben Ueberfcßuß
bes gaßres, bem Beicßsjcßagamt ausßänbigte.
Sie lteberfchüffe ber poftoerwaltungen ber
bebeutenbften Staaten im gaßr 1906.
graitf
Seutfchlanb . . 76812000
Oefterreich . . . 4 776000
Belgien .... 13612000
Spanien . . . 16 260 000
grantreich. . . 73 863 000
©roßbritannien 120000000
Ungarn .... 15350000
ftrcinf
Statten . . 4000000
gapan. . . 12 700000
5)ottanb . . 5 000000
Bußlanb . 18000000
Portugal . 2300000
Schweben . 2600000
Sürfei... 4950000
3. Cin 3 U hoh^ Ueberfdjuß aber bebeutet eigentlich
ein fchlechtes finansieltes Crgebnis. Cs ift berechtigt,
auf ßujusgegenftänbe eine Steuer 3 U fegen, befonbers
wenn es fich um verberblichen ßujus honbelt. Aber
es ift nicht recht, burch Befteuerung ben gegenfeitigen
Briefaustaufch unter ben Böllern 3 U erfchweren. Cine
berartige Belüftung, wenn fie gegen bie inlänbifcße
Rorrefponben 3 eines Staates gerichtet ift, bebeutet einen
fchweren Berftoß gegen nationalötonomifche ©runbfäße.
Senn fie aber auch ben Bertehr mit ben Auswanberern
bes ßanbes erfcßwert, muß fie als ein ferneres Ber»
gehen betrachtet werben.
4. Sir haben bereits $atfpenngwe(tporto für Srurt»
fachen. Silles, was gebrudt ift, Leitungen, Profpefte,
Kataloge unb 3>rfulare, bie ein ®emicßt non 50 ©ramm
nicht überfchreiten, fönnen nach jeber Cntfernung
für einen j)a(fpennt) gefchicft werben, 3 . B. non gieet
Street in ßonbon nach Berlin ober St. Petersburg
ober Sofio, ober non China nach Peru. Siefer ©e»
banfe einer einheitlichen Portorate für 100 Bieter ober
10000 Seifen Cntfernung ift nollfommen berechtigt;
benn bie tatfächlichen Soften, ein Patet im ©ewicht
non 50 ©ramm nach ber anberen Seite ber Seit»
fuget 3 U fchaffen, betragen nur ben geringen Bruchteil
eines Pennps. San fann 3 . B. eine Sonne Saren
fcßon für 3 wei Pfunb Sterling nach Beufeelanb fcßiden.
Sie Soften ber ©emichtsfontrolle werben gefpart, es
hanbelt fich nur noch um bie Soften ber Cinfammlung
unb Ablieferung, bie leßteren aber finb für einen Brief
genau bie gleichen wie für Srucffacßen, babei wiegt
ber Brief in ben meiften gälten nur halbfoniel wie
eine Srurffacße. Sie werben in bem gleichen 3ug ober
Schiff beförbert, non ber gleichen Strahl non Beamten
fordert, non ber gleichen f)anb abgeliefert unb nerur»
jachen non Anfang bis 3 U Cnbe genau bie gleiche Süße
unb Arbeit. Aus welchem ©runb ift baßer bas Porto
für einen Brief fünfmal fo hoch mie für eine 3eitung?
5. gaft alle Cinwenbungen gegen ein Seltgrofcßen»
porto werben miberlegt burcß ben Crfolg unferes all»
gemeinen englifcßen Pennpportos, babei finb bie Cnt»
femungen bei erfterem nicht fo groß als bei leßterem,
unb bie grage, ob bie Crmäßigung ber Portorate 3 U
einem loßnenben Anwachfen ber Sorrefponben 3 führen
würbe, ift bereits gelöft burch bie Satfacße, baß unfere
Briefe non unb nach ben Sotonien fi<ß feit 1898 mehr
als nerboppelt haben.
6 . Cinige füßrenbe Stationen haben bereits Pennt)»
porto für fich unb ißre Bacßbarftaaten eingefüßrt.
Cs befteßen mehrere folcßer befeßräntter Abfommen.
Beutfcßlanb unb Oefterreich haben einen Poftnerein
unter fieß. Slacß welchem ©runbfaß forbert bie beutfeße
Regierung boppeltes Porto für einen Brief nach bem
©ebiet ißres italienifcßen Bunbesgenoffen, bagegen ein»
faeßes Porto nach ben ßänbem ißres öfterreicßifchen
Berbünbeten? Ober warum follte man einen Brief
nach gapan, einem ßanb, mit bem Cnglanb alliiert ift,
mit 2'/2 Pennt) belaßen auf eine Cntfernung non 11000
Seilen, bagegen einen Brief nach Beufeelanb nur mit
1 Pennt), bas 16 000 Seilen non Cnglanb entfernt ift.
Berberblicße Unbefonnenßeit.
7. Sit biefen mib'erfprucßsootten Saßregeln unb
ßoßen Portobelaftungen wirb eine brürfenbe ßaft
auf bie ßebensorgane bes $anbels gelegt unb auf bas
fieß felbft regulierenbe Bab internationaler Snbuftrie.
Cs feßabet in einer Seife, wie gnbien gefcßäbigt würbe,
wenn man ben Schnee 00 m Himalaja wegneßme, ober
Aegppten, wenn ber Stil in bie Süfte abgeleitet würbe.
8 . Cs ift sweifelßaft, ob bie, bie an biefen un»
gerecßtferdgten Saßregeln feftßalten, fieß barüber Har
finb, wie Hein ber gegenwärtige Borteil ift, verglichen
mit ben ijanbelsintereffen, bie bebroßt finb. Ser eng»
lifcße Smport unb Cjport beläuft fieß jährlich auf
1000 000 000 Pfunb Sterling, ber Berluft an ben
Cinnaßmen ber Poftnerwaltungen würbe bei Cinfüß»
rung bes Seltgrofcßenportos im erften gaßr ungefähr
125 000 Pfunb Sterling betragen; fcßon im britten
ober vierten gaßr aber wirb fieß infolge ber Aus»
beßnung ber Sorrefponbens bei einer niebrigen Porto»
rate eine Seßreinnaßme ergeben.
9. Sie Cntßüllung bes ©eßeimniffes berußt bei ber
Poft ebenfo wie in ber Aftronomie in 3 ußlen 3 ufammen«
ftellungen unb in ben überrafeßenben Crgebnijfen, bie
jicß uns babei eröffnen.
Cnglanb fenbet alljährlich einen Schwarm non 250 000
Auswanberern hinaus, bas bebeutet etwa bie gefamte
Cinwoßnerfcßaft non i)ull ober Botdngßam, besßalb
wirb es faft unmöglich, bie grage bes auswärdgen
Portos allein als eine grage auswärtiger i)anbels«
intereffen 3 U betrachten. Bor einiger 3eit erfeßien ein
Artifel, in bem naeßgewiefen würbe, baß Paris etwa
35 000 Cinwoßner englifcßer Abtunft beherbergt, Bel*
gien 5700 unb Pom etwa 1800. Sasu fommt eine
An 3 aßl ähnlicher englifcßer Kolonien in Brüffel, Berlin,
Sresben unb Boulogne.
Saufenbe englifcßer Stinber werben jebes gaßr in
Scßulen auf bem Kontinent gefeßirft. gebes non ißnen
fcßließt etwa ein halbes Sußenb greunbfcßaften unter
ben Cinwoßnern bes fremben ßanbes. Siefe Jfinber
unb ißre Angehörigen würben bei Cinfüßrung bes
Seltgrofcßenportos fießer brei Briefe ftatt einem feßreiben,
unb bementfprecßenb würbe auch bie Cinnaßme ber
Poft fieß vermehren.
10. Auch ber engßersigfte Patriot, ber feinen
greunb jenfeit unferer Küften ßat, überwinbet ge»
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Seit! 1588.
roöhnlicg feine ftarfe Abneigung, roenn ber gran 3 ofe,
Seutfcge ober iHuffc als Äunbe 3 U if>m tommt. Set
(Einführung bes (Beltgrofcgenportos tonnte er fid) an
fünf austoärtige Sunben menben für bas gleiche Selb,
für bas er jegt an nur 3 toei fcgreibt. (Bie enorm un*
fere $anbe(sumfäge ausmärts finb, 3 eigen foigenbe Sr*
gebniffe unferer Sin* unb Susfugr im 3agre 1906:
$fuitb Sterling $funb Sterling
granfreid) . . 71000000 Seutfcglanb . 68000000
fjoüanb . . . 48000000 (Ruglanb . . 46000000
11 . (Bas ift ber 6 inn einer „(Entente Corbiale"?
Sie bebeutet 3 unäd)ft bie gegenfeitige aufrichtige Sn*
ertennung ber (Rechte unb (Bürbe 3 toifchen jmei
großen Stationen. Sugerbem foll es aber geigen,
bag mir granfreid) unb Seutfcglanb näher fennen
lernen möd)ten, bag mir feine Beroogner 3 U lebgaf*
terem Bertegr mit uns unb 3 um Sustaufcg freunb*
fchaftlfcher Sufmertfgmtetten anregen möchten. (Bie ift
es nun möglid), bag bie ißoft biefem ebien 3 ®ed noch
nicht bienftbar gemacht mürbe? Senn Briefe, bie ber
Briefträger nad) rechts unb Iints aus feiner Safcge oer«
teilt, merben flcger freunbfcgaftlidje ©efinnung unb prat*
tifche Vorteile 3 eitigen, gleich her Saat, bie ber Sämann
ausftreut, unb aus ber eine reiche (Ernte erroäcgft.
Berebte 3ag(en:
12 . 3 aglen mirten überjeugenber als gefprodjene
Srgumente. Sie Snfangsfoften ber (Einführung bes
(Beltgrofcgenportos (125 000 Bfunb Sterling) betragen
genau bie hälfte bes burdjfdjnittiidjen jährlichen Sn*
macgfens im Ueberfcgug ber ©innahmen ber englifcgen
Soft (250000 Bfunb Sterling). Sud) ber oorficgtigfte
SRann aber mirb beruhigt, menn er hört, mie gering
ber Sro 3 entfag ber ausmärtigen Sorrefponbenj oer*
glichen mit unferer Snlanbforrefponbena ift.
Sn 3 ah( ber Briefe, bie im (egten 3agr innerhalb
(Engtanbs befteilt mürben: 2800000000, Briefe, bie oon
(Englanb nad) ausmärts gefanbt mürben: 60 000 000.
Ser jährliche 3umacgs an einheimifchen Briefen tommt
beinah ber ©efamtsagl oon ausmärtigen Briefen gleich-
3n 1901/2 betrug bie gefamte Sn 3 af)l ber beftedten
Briefe: 2451000000, 1904/5 2 624 000000 ; ein 3u*
road)S oon 173 000000. Sas ergibt etma 60000000
für bas 3 agr unb tommt ber Sn 3 af)l ber nach aus*
märts gefanbten Briefe etma gleich.
3n Seutfcglanb ergeben fid) ebenfo intereffante
3aglen. Sn 3 al)l in Seutfcglanb befteUter Briefe:
4250000000, S^agl ber nad) fremben ßänbern ge*
fanbten Briefe: 48000000.
13. Sie legte (Beneration oon Sacgoerftänbigen
auf poftatifcgem (Sebiet h°t gelegentlich eines 2Belt*
poftoereinstongreffes feftgefegt, bag Boftfäde mit brief¬
lichem Sngalt mit fünfmal fo hoher Bahnfracht beför*
bert merben füllten als Boftfäde, bie 3«dungen unb
Srudfaigen entgalten. Cs ift miberfinnig, für bie
Beförberung oon Brieffäden mehr 3 U 3 aglen als für
bie Srudfacgen entgaltenben Säcfe; benn niemanb ift
mogl imftanbe, einen Sad mit Briefen oon einem folcgen
mit Srudfacgen 3 u unterfd)eiben. 3 m (egten 3agr be*
trug bes ©emicgt ber nach ausmärts gefanbten Briefe
1200 Sonnen, bas ber Srudfacgen aber 12000 Sonnen.
14. Cin Beifpiel möchte id) noch oon ben SDtig*
bräucgen geben, gegen bie mir oor 15 3agren 3 ur Cr*
(angung unferes allgemeinen Benntjportos 3 u tämpfen
hatten. Sm 10 . Oftober 1890 oerfanbten mir oon
. ’Runrnw 37.
Bonbon 3410 Bfunb Briefe unb 41160 Bfunb 3 C *‘
tungen. Sn ©ifenbagnfracgten für biefe Briefe, bie
für Snbien, Dftafien unb Suftralien bejtimmt maren,
beredjneten uns bie fransöfifdje unb bie italienifdje
(Regierung 10 gran! 80 Centimen für ein Silogramm,
bagegen nur 72 Centimen für ein Silogramm 3eitungen.
15. 3d) habe angenommen, bag unfere austoärtige
Sorrefponbens fid) oerboppeln mürbe, aber id) finbe
felbft bies nod) eine fegr befcgeibene Snnagme, benn
es mug bebacgt merben, bag jebe äugerlicge Snregung
3 um Briefaustaufd) noch oiel ftärter mirten mug auf
bie burcg meite (Entfernungen oon uns (Betrennten.
Sie (Dtitglieber einer gamilie, bie über Cnglanb 3 er*
ftreut finb, haben immer bie Susficgt, fid) oon 3eit 3 U
3eit 3 U fegen. (Benn aber ein ßeinmanbfpinner aus
Sonegal ober ein Sdersmann aus (Biltfgire oon feinem
Sogn, ber nach Smerita ober Suftralien ausmanbert,
Sbfcgieb nimmt, fo ift bie (Dtöglicgteit, ign jemals
miebersufegen, bocg fegr gering. (Reich ober arm, mir
alle miffen, mas Sbfcgiebnegnen bebeutet, bie Slaffe
ber Susmanberer aber mug es boppelt empfinben,
meil es meift ein Sbfcgieb für immer ift. Um ein (Blas
frifcges (Baffer mirtlicg 3 U mürbigen, mug man in bie
(Büfte manbem, um billiges Bado fcgägen 3 U lernen
unb 3 U empfinben, melcge greube ein treues (Betonten
gemährt, mug man in (Bilbnis unb Urmalb bis 3 ur
äugerften ©renae ber 3 i°iüfation oorgebrungen fein.
Sie Stellung, bie unfere ßanbsleute 3 U ber grage
eines (Beltgrofcgenportos nehmen, ift 3 meifel(os eine
fegr günftige. Cin Blid auf bie lange unb glän 3 enbe
(Reige oon (Romen ber (Dtitglieber bes (Beltgrofcgen*
portooereins, bie in ber Simes 00 m 10 . Oftober 1905
oeröffentlicgt mürbe, genügt, um 3 U seigen, melcgen
Beifall ber ©ebante in meiteften Sreifen findet.
Cin Sntrag bes Stabtrats ber ©itg of Bonbon
00 m 19. Ottober 1905 lautete: „Ser Stabtrat münfcgt
in ooller Snertennung ber grogen Borteile, bie bie
Cinfügrung bes (Beltgrofcgenportos für ben ijanbel,
für ein internationales politifcges ©leitggeroWgt mie für
fo 3 iale Unternehmungen bebeuten mürbe, 3 UW 1 Susbrud
3 U bringen, bag er bie neuerbings ins Bebai gerufene
Bemegung 3 ur görberung einer allgemeinen Snnagme
biefes Stjftems nach jeber (Richtung hin unterftügen
mirb, unb hofft, bag bie töniglicge (Regierung bie beften
ÜRittel 3 U einer fo mogl ermogenen Sache, bie bie
grögten Sntereffen bes (Reichs förbem tann, in Cr*
mägung 3 iegen unb gutgeigen möge."
Such die Stimmen bes Suslanbes, fomeit fie
bisher oemegmbar mürben, äugerten fid) entfcgieben
3 ugunften bes (Beltgrofcgenportos. Sie europäifcgen
i)anbelstreife fegen, mie man ermarten tonnte, barin
bie frieblicge Suffcgliegung eines neuen Srbeitsfelbes,
bie ber greigabe für ben f)anbel mit einem neuen
(Dlaroffo ober mit China gleicgtommt. Susmärtige
Staatsmänner, Bud(i 3 iften unb anbere fügrenbe ©eifter
erfennen barin meite (Dtöglicgfeiten für bie görberung
freunbfcgaftlicger Besiegungen; mägrenb bie arbeitenbe
Sflaffe aüer ßänber barin eine Snregung 3 ur Brobufti*
oität unb 3 um ©uten nach jeber (Richtung gtn fiegt.
SRein Borfcglag ift bis jegt oon ben ausmärtigen
(Regierungen noch nicgt gerabe mit Begeifterung auf*
genommen morben; bag fie ign aber annehmen
merben, ift nur eine grage ber 3 eit, unb menn eine
einzige europäifcge ©rogmacgt einmal biefen (Beg be*
treten gaben mirb, merben alle anberen balb folgen.
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Plummer 37.
Seite 1589.
Heber Jteifcfjvergifftmg.
SSon Srofeffor Sr. ®. Soberngeim, Abteilungsoorfteber am Unterfurfjungsamt ber Stabt Berlin.
Sie gleifcgoergiftung ftetlt nur einen Sonberfall jener
©rtrantungen bar, bie unter Umftänben burch Stabrungs»
mittel ber oerfegiebenften 2 trt b^oorgerufen werben.
©s roäre falfcf), ju glauben, bag etwa ftets „oer*
borbene" Speifen, im gewöhnlichen Sinne bes SB ortes,
bie Snfettionsque'ie bilben. ©ber bas (3egentei( trifft 3 U,
unb es fei f(bon t)iev auf bie fi<ber(icb nicht unbebentlicbe
Satfacge gingewiefen, bag ein Stüctgleifcg ober eine SBurft
ober eine Stonferoe, nach beren ©enug ißerfonen er«
tranft finb, nach Ausfegern ©erueg unb ©efegmaef nichts
Auffälliges barjubieten braucht. SOtan barf fogar faft
bie paraboj tlingenbe Behauptung aufftellen, bag oer»
borbene, in 3erfegung begriffene Stabrungsmittel für
bie oerfegiebenen formen ber gleifcgoergiftung oiet
weniger in Betracht tommen als fibeinbar eintoanb»
freies, frifcb ausfebenbes gleifcg. Sie früher weit oer»
breitete Anficgt, ber man auch beute noch bin unb
wieber begegnet, bag bie bei ber fauligen 3 er fefe l *ng
entftebenben fßrobufte, bie „gäulnisgifte" ober „ßeicben»
gifte" (fßtomaine), bem SJtenfcgen befonbers gefährlich
feien, ift burch bie ©rfabrungen ber fßragis unb burch
bas ßaboratoriumsejperiment längft wiberlegt. Stur
eine oerbäitnismägig tleine 3°bl biefer Subftanjen
befigt überhaupt tojifcge ©igenfegaften, wäbrenb bie
übrigen relatio geringfügige Befcbwerben oerurfaegen.
Bielen fßerfonen ift betanntermagen ein (eiegter gäul«
nisgefcgmact gerabeju ein ©aumenrei 3 unb ©enug,
unb es braucht in biefem 3 ufammenbang ja nur baran
erinnert 3 U werben, bag 3 . B. ber Hautgout bes
SBilbes einem mehr ober minber oorgefebrittenen gäulnis»
proseg feine ©ntftebung oerbanft, bag gewiffe Ääfearten,
namentlich ber „reife" Stäfe, oon Schimmel« unb gäulnis*
pil 3 en öurcgfetjt finb, unb bag einige Bölferfchaften
gifege, ©ier unb anbere Speifen erft bann als befonbere
ßeeferbiffen fegägen, wenn fie in gäulnis übersugegen
beginnen. Ser menfcglicge Blagen befigt alfo unsweifel*
baft gegenüber ben Brobutten ber ©iweigfäulnis eine
ausgefproebene Soieranj. Samit foü natürlich nicht
geleugnet werben, bag auch «uf biefem SBege ernftere
©efunbbeitftörungen 3 uftanbe fommen tonnen. Stur
bat es jeber, ber Speifen mit 3«<h en offenficbtlicber
3 erfegung meibet, leicht in ber f)anb, biefer ©efagr
oorjubeugen.
Sie gleifcgoergiftung führt in ber Siegel 3 U ©ruppen«
unb SJtaffenertranfungen. Sie erften Befcbwerben tönnen
fich febon nach wenigen Stunben, mitunter auch erft
nach ein bis 3 wei Sagen ober fetbft noch fpäter bemert*
bar machen. Sie finb, ebenfo wie ber Bertauf ber
Affettion, teineswegs immer gleichartig, oielmegr in
ihrem SBefen burch bie befonbere trantbeitserregenbe
Urfacbe bebihgt.
SBir buben, wie fich berausgeftetlt bat, 3 wei groge
©ruppen ber ^leifchoergiftung 3 U unterfebeiben, bie im
ijinblicf auf Aetiologie, Sranfbeitserfdjeinungen, fßro»
gnofe unb Befämpfung gefonbert betrachtet unb ftreng
ooneinanber gefegieben werben müffen.
Sie eine Art ber gleifcgoergiftung, in ber gorm ber
SBurftoergiftung ober bes „Botulismus" am betannteften,
ergreift in erfterßinie bieneroö[en 3 entralorgane, wäbrenb
Störungen oon feiten bes SJtagenbarmtanals mehr in
ben ijintergrunb treten ober fogar oöllig ausbleiben
tönnen. ßäbmungserfcbeinungen im Bereich ber Stachen»
unb Augenmustulatur, bie 3 U Soppettfeben, b^ifercr
Stimme unb felbft Stimmlofigteit führen, ferner Srocfen»
beit im Schlunb, Stötung ber SDtunbfcbleimbaut ufw.
finb bie Symptome, bie bas Jtranfgeitsbilb beberrfeben.
gieber ift nicht oorbanben. Sie SSranfheit tann fich
längere 3 e ^> bisweilen über SBocgen hi^iehen unb
führt in einem nicht gan 3 geringen 5 ßro 3 entfag ber
gäHe 3 um Sobe. Ser ©enug frifegen gleifcges tommt
für bie Aetiologie bes Botulismus nur in ben alter*
feltenften gällen in Betracht, wogl aber fpielen gleifcg»
fonferoen, geräucherte unb gepöfelte gleifcbwaren, SSBürfte
unb gleifcgpafteten eine wichtige Stolle, unb ebenfo finb
bie bin unb wieber nach bem ©enug oon tonferoierten
©emüfen unb grüegten beobachteten ©rtrantungen meift
auf bie gleiche Urfacbe 3 urücf 3 ufübren wie ber eigent*
liege Botulismus.
Sie trantmaegenbe SEBirtung ber Speifen beruht
in folcgen gällen auf ber Anmefenbeit eines burch
oan ©rmengem entbeetten, woglcgaratterifierten Bat»
teriums, bes Bacillus botulinus. Siefer eigenartige
SRitroorganismus gehört 3 U ber ftlaffe ber „anae¬
roben" Batterien, b. b- 3 « jenen batterisden ßebe»
wefen, bie nur bei Abfcglug ber ßuft, im befonberen
bes Sauerftoffs, 3 U gebeigen oermögen, tmb finbet
besgalb gerabe unter ben oben angeführten Be»
bingungen, im Snnern oon Jtonferoenbücgfen, grogen
SBürften, Scginten ufw., bie für feine ©ntwieftung
günftigften Bebingungen. 3m Störper bes SJtenfcgen
bagegen tann ber Bacillus botulinus fieg nicht galten,
ba er auf niebere lemperaturen angewiefen ift unb bie
Blutwärme nicht oerträgt. ©r wirb alfo bem SDtenfcgen
nur auf inbirettem SEBeg gefährlich, unb 3 war babureg,
bag er bie Speifen, auf benen er fug anfiebelt, mit
feinen ©iftftoffen imprägniert.
Bei ber 3 weiten, ber fogenannten gaftro»intefti»
nalen gorm ber gleifcgoergiftung ganbelt es füg bem»
gegenüber um ein Sranfgeitsbilb, bas in ber Siegel
bureg heftiges ©rbreegen, Surcgfälle, auch SEBaben«
trämpfe egaratterifiert ift unb meift mit gogem gieber
eingergegt. Sie ©rfegeinungen machen gewöhnlich
einen bebroglicgen ©inbruct, pflegen aber halb 3 U
fegwinben; SobesfäHe finb relatio feiten. Sie oer«
fegiebenen grögeren ©pibemien ber legten 3 agre ge»
gärten faft ausnahmslos biefem Sqpus an (Süffeiborf,
Steuntircgen, Berlin, Bern, S)aüt, ©iegen u. a.). 3m
©egenfag 3 um Botulismus wirb bie Siranfgeit niegt
bureg ein in ben Stagrungsmitteln bereits oorbereitetes
Batteriengift ausgelöft, beruht oielmegr auf einer 3n»
fettion mit beftimmten Batterienarten, bie fieg in ber
Sarmfcgleimgaut bes SDtenfcgen anfiebeln unb oon
gier aus erft igre oerberblicge SEBirtung entfalten.
Ser 3 uerft oon ©ärtner befegriebene Bacillus enteritidis
galt lange 3 e ^ als ber gauptfäcglichfte, wenn niegt
ein 3 ige Grreger biefer gorm oon gleifcgoergiftung, boeg
fpielen naeg neueren llnterfucgungen anbere Batterien,
bie wir als Eßaratppgusba 3 i(len be 3 eicgnen, wagrfcgeinlich
eine noeg wichtigere Stolle. Ser Stame „Baratgpgus*
ba 3 i(lus" ift biefem Sltitroorganismus beigelegt worben,
weil er unter Umftänben auch Affettionen oon mehr
egronifegem Berlauf geroorrufen tann, bie gan 3 bem
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Seite 1590.
Wnmmor 37.
ttinifcgen Vilb bes ecgten Itjpgus gleichen unb nur
buftg bie bafteriotogifcge Untersuchung non bem
(enteren fcfjarf 3 U trennen finb.
Unter ben Vagrungsmittetn tommt ats Ueberträger
ber (Enteritis* unb !ßoratt)pgusba 3 itten oormiegenb bas
Ulcifdi in Vetradjt. Sie 3nfettion bes gteifcges fann
auf bo;wettem SBeg erfolgen, nämticg entmeber ba«
burci), ba j fcgon bas gteifcg bes lebenben lieres bie
Vatterien enthält, ober aber, bag bie Seime nacg*
trägiid) oon äugen gineingetragen werben. bereits
nor megr ats breigig 3agren gat Voltinger ats erfter
bas gteifcg notgefcgtacgteter liere ats 5)auptur[acge an*
gefcgulbigt. Sie neueren einfcgtägigen Veobacgtungen
gaben biefe SInficgt autg tatfäcgticg beftätigt unb gezeigt,
bag bei notgcfcgtacgteten iieren, namentticg foicgen,
bie an entjünbticgen Veränberungen ber Sarmfcgleim*
gaut ertrantt toaren, nicgt fetten im Vlut unb im
Vtustetfteifcg Vatterien. ber genannten 2trt oortommen.
3 a es ggeint fogar, ats ob aucg normatermeife, bas
geigt bei oöltig gefunben Iieren (Schweinen), gin
unb toieber ber tßaratopgusbajittus ats garmtofer
Sarmbewogner oegetieren tönne, unb es bebarf (einer
weiteren Darlegungen, bag nun in einem grogen
Scgtacgtgausbetriebe burtg i)änbe unb Snftrumente
berartige Seime leicgt oerfcgteppt unb auf gefunbes
gteifcg übertragen werben fönnen. Damit gatten mir
aber fcgon bie 3 meite Vtögticgfeit ber gteifcginfeftion
berügrt, nämtid) bie nacgträglicge Verunreinigung eines
an ficg batterienfreien Stüdes. (Eine weitere 3n»
feftionsquelte fteflt in biefer f)inficgt ber SÜtenfcg bar,
gan 3 befonbers besgatb, weil, ägnlicg wie bei bem
Igpgus unb anberen Srantgeiten, aucg bei ber 93er*
breitung oon (Enteritis» unb fßaratgpgusinfeftionen mit
ber Slaffe ber „Vasillenträger" 3 U regnen ift. (Es ift
feftgeftellt, bag Vetonoalefsenten unb ©enefene, ferner
aber anfcgeinenb gefunbe fßerfonen, namentticg fotcge
aus ber nägeren Umgebung Sranter, biefe Vatterien
bisweiten längere 3«it beherbergen unb mit igren (Ent*
teerungen ausfcgeiben. Sobalb berartige ÜJlenfcgen in
Scgtäcgtereien ober in ber Sücge befcgäftigt werben,
tonnen fie begreifticgerweife burcg bie geringfte Un*
fauberteit teicgt infettiöfe Seime auf bie Vagrungsmittel
übertragen.
2Bie fotten mir uns nun gegen bie ©efagren fcgügen,
bie burcg infizierte Speifen in fo mannigfacger 2Beife
bie menfcgticge ©efunbgeit bebrogen? Das ift bie ent*
fcgeibenbe grage, bie oon bem fßublitum an ben 2 Trjt
unb i^rjgieniter gericgtet wirb.
Dgne bie in Vetracgt fommenben Scgugmagregeln
gier in alten (Ein 3 e(geiten 3 U erläutern, fei nur fo oiel
tur 3 bemertt, bag aucg auf biefem (Bebiet öffentlicge
unb gäüsticge ©efunbgeitspftege #anb in fjanb gegen
unb einanber ergäben müffen. 2Bo bies in facg*
gemäger unb gewiffengafter SBeife gefcgiegt, bleibt ber
(Erfotg nicgt aus. Ser 2Beg, ben mir babei 3 U be*
fcgreiten gaben, ift oorge 3 eicgnet. Scgtacgtgaustontrotte
unb gleifcgbefcgau bieten eine weitgegenbe Sicgergeit
für bie gute Vefcgaffengeit bes bei uns in ben #anbel
gebrachten gleifcges. So wirb in neuerer 3 c >i *>or
allen Singen bem gteifcg notgefcgtacgteter liere, bas
aus mirtfcgaftticgen ©rünben nicgt einfacg oernicgtet
werben tann unb nacg feinem 2 tusfegen oft teinen
©runb 3 ur Veanftanbung gibt, ergögte 2tufmertfamteit
unb ftrengere Sontrolte suteit. Von namgafter Seite
ift mit Vecgt geforbert worben, in berartigen gälten
bie greigabc bes gteifcges erft oon bem 2 tusfatt einer
batteriologifcgen Unterfucgung abgängig 311 macgen, ein
Verfahren, bas in Orten mit grögeren Scgtacgtgäufem,
3 . V. in Vertut, bereits 3 ur Slnmenbung gelangt. Sa
wir gefegen gaben, bag aucg ein an ficg gutes gteifcg*
ftüd eines gefunben lieres nachträglich infiziert werben
tann, fo fpielt ferner bie oorficgtige unb reinticge Stuf*
bewagrung bes gteifcges eine nicgt minber bebeutfame
Volte, hierfür ift einmal ber Scgtäcgter oerantmortticg,
ber nur burcg peinticgfte Sauberteit für bie bauernb
gute Vefcgaffengeit feiner gteifcgwaren ©ewägr 3 U teiften
oermag, oor altem aber bas fßubtitum felbft. Siefes
mug bei Stntauf, Stufbewagrung unb Zubereitung ber
gteifcgfpeifen bie erforberlicge Sorgfalt walten tagen
unb wirb ficg fo am beften unb ficgerften gegen ©efagr
fcgügen. Sag fcgon beim ©intauf auf eine augerlicg
unoerbäcgtige unb frifcge SBare 3 U acgtcn ift, oerftegt
ficg oon fetbft, aber es oerbient immer wieber barauf
gingewiefen 3 u werben, bag ber Ve 3 ug oon Qadfteifcg,
bas am gäuggften bie Urfacge oon gleifcgoergiftnngen
abgibt, aus oerfcgiebenen ©rünben bebentticg ift unb
unterlagen werben foüte. Vicgt nur, bag $erfunft,
Sttter unb Qualität bes gteifcges in biefem galt ftgmer
3 U beurteilen finb, unb Vatterien bei ber Verarbeitung
in grögeren ÜJtengen in bas gteifcg gineingetragen
werben, ift gerabe bei bem j)adgeif<g ber Zufag oon
„ißräferoefafoen" trog bes beftegenben gefegticgen Ver*
bots ein nicgt gan 3 fetten geübtes Verfahren. Sie
©efagr liegt barin, bag bie gierburcg bem gteifcg oer*
liegene frifcge rote garbe über ben magren 3 uftanb
bes gteifcges 3 U täufcgen unb fetbft 3 erfegungserfcgei*
nungen 3 U oerbeden oermag.
Sas oberfte gggienifcge ©ebot aber, bas gar nicgt
oft unb einbringlicg genug oorgetragen werben tann,
tautet: gteifcg barf nicgt in rogem 3 uftanb genoffen
werben. Scgon bie Vüdficgt auf bie im gteifcg mit*
unter oortommenben tßarafiten (©ingewcibewürmer)
mügte gieroon abgatten. Sie bei uns weitoerbreitete
Vorliebe für roges fjadfleifcg, bas, burcg 3ufag oon
©emür 3 en, ©iern ufm. fcgmadgaft gemacgt, „ä la tar-
tare" genoffen wirb, ift ogne grage eine gerabesu bar»
barifege llnfitte, bie in anberen Sutturtänbem, 3 . V. in
©ngtanb, einfacg nicgt begriffen wirb unb im gefunbgeit*
liegen Sntereffe mit alter ©nergie betämpft werben fottte.
ÜJtan gört gelegentlich ben ©inmanb, bag nacg är 3 t*
lieger Stnficgt bem rogen gteifcg ein ergögter Vägrmert
3 utomme, unb bag roges gteifcg ober frifeger gleifegfaft
aus biefem ©runbe fogar Sranfen als Vägr* unb S)eiU
mittet oerabfotgt werben. Sie grage, ob bie Vägrfraft
bes rogen gteifcges nicgt boeg oielleicgt überfegägt wirb,
bleibe an biefer Stelle unerörtert. Sie latfaege aber,
bag hierbei mit ber Vlöglicgteit einer unmittelbaren
©efunbgeitfcgäbigung burcg Vatterien unb Vatterien*
gifte 3 U rechnen ift, tann nicgt aus ber SBett gefegafft
werben. SJlag trogbem ber Str 3 t bem einzelnen Sranten
3 u tgerapeutifegen 3 »»eden roges ^adfleifcg ober frifeg
ausgepregten gleifegfaft oerorbnen — für bie atlge*
meine ffirnägrung im gamiliengausgalt, in Veftaurants,
Vtilitärtantinen unb grögeren Stnftatten alter 2trt mug
bas roge gteifcg oon ber Speifefarte oerfegminben.
Surcg Socgen unb Vraten tann bas bafteriengaltige
gteifcg oon feinen gefägrlicgen ©igenfegaften in ber Vegel
fo gut wie ootlfommen befreit werben. Sas Votutismus*
gift ift 3 iemticg empfinbtieg unb wirb burcg etwa gatb*
ftünbiges ©rgigen auf 60—70 ©rab 3 erftört, unb ebenfo
gegen bie ©rreger ber gleifcgoergiftung aus ber Stoffe
ber ©nteritis* unb Varatgpgusbatterien bei Vnwenbung
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Bummer 37.
Seite 1591.
höherer Temperaturen (80—100 ©rab) oerl)ältnismäßig
rafcß jugrunbe. Sie Tatfacße, baß auch nacß bem ©enuß
getobten ober gebratenen gfeifcßes Bergiftungserfcßei»
nungen beobachtet roorbenfinb, bürfte ßauptfäcßlicß barauf
3 urücfäufüt)ren fein, baß ber Rocßproseß nicht lange genug
ober unsroecfmäßig gehanbßabt mürbe. ©9 ift befannt,
baß bei Zubereitung fetjr großer gleifcßftücfe fuß in beren
Snnem bie ©rroärmung nur (angfam ool^ießt unb oft
nicht ober 70 ©rab ijmausgebt, eine Temperatur, bie bie
etma oorhanbenen Keime erft nach längerer ffiinroir»
fungsbauer ab 3 Utöten oermag.
Sie forgfättige Beachtung ber hi« fur 3 fti 33 ierten
SKaßnaßmen in Scßlachtßäufern, g(eifcßergef<ßäften unb
im fjausßalt bietet ohne grage einen roeitgeßenben
Schuß. gälte oon Botulismus gehören ßeut 3 utage 3 U
ben Seltenheiten. Sie ereignen fleh gan 3 ausnaßms»
meife einmal nach öem ©enuß oon Ronferoen, bie falt
3 ubereitet roerben ( 3 . B. Bergiftung burch Boßnenfalat
aus fonferoierten Bohnen), ober oon SBürften, roie
überhaupt geräucherten unb gepöteiten Sauermaren,
bie nicht nachträglich burch Kochen feimfrei gemacht
merben fönnen. Sie Brt ber ißräparation (Bauchem,
Böteln) ift, mofem nicht fetjr ftarte Sa( 3 löfungen 3 ur
Berroenbung gelangen, nicht imftanbe, bie etma oor»
hanbenen Batterien ficher ab 3 utöten. Sas ißublifum
muß fich hierbei atfo auf bie ©emiffenhaftigteit bes
Lieferanten oertaffen. Bis ein gutes Zeichen unb als
Bemeis bafür, baß heute im allgemeinen bei ber f)er=
ftettung oon Ronferoen, SBurftroaren, Scßinten u. bgl.
boch mit größter Sorgfalt oerfahren mirb, barf eben
gerabe bie Tatfache bes erheblichen Bücfganges bes
Botulismus augefeßen merben.
Sqß bie tfletfeßoergiftungen infeftiöfer 2 trt teiber immer
noch häufiger oortommen, als man ermarten fottte,
unb namentlich in ben (eßten Zähren anfeheinenb fogar
eine Zunahme gegen früher aufmeifen, hot offenbar
oerfeßiebene Urfachen. Bbgefeßen oon ber oerbefferten
Siagnoftit, bie uns in ber ©rtennung ber Rrantßeit
mefenttich geförbert i)at, ift rooßl bem Umftanbe Becß»
nung 3 U tragen, baß ber tnobeme Btaffenoerfeßr an
oieten Stetten eine Slaffenernäßrung erforbert unb
bamit ßinfichttich ber Befcßaffung unb Bufberoaßrung
größerer fjCcifdjoorräte, 3 umat in ber märmeren Zaßres»
3 eit, ungünftige Bebingungen feßafft, baß aber ferner
bie Ejofjen Cytcifctjprcife niete gamilien bireft sum Stuf»
fueßen billigerer unb nicht gan 3 einmanbfreier gletfcß»
quellen oerantaffen, unb baß enbtich auch ber ©enuß
roßen jjactfteifches troß alter Blaßnungen unoeranbert
fortgefeßt mirb. ©erabe aus biefen Ießteren ©rünben
aber fottte ber Befonnene bie gälte ber gleifcßoergiftung
Iebigticß als marnenbe Beifpiete, nicht als einen Bn*
laß 3 U gureßt unb Unruhe betrachten.
B B B
Briefe eines modernen Ittödcbens.
Berlin, ben 9. September.
Lieber greunbl
Sie begreifen mich atfo mieber einmal nicht unb
fenb oott Bertounberung über ben freubigen ©tan, mit
bem ich ber neuen Saifon entgegenfteure?
Bber bitte! 2Bir finb boeß alle auf ©rben ftänbig
auf SBieberßolungen angemiefen!
Sie machen jebes 3aßr einer anberen grau bie
©our. Bun gut! 3<ß gebe 3 U, baß bei ben unenb»
ließen Buancen, über bie unfer ©efcßlecßt oerfügt, in
biefem Berfonemoecßfet immerhin ein gemiffer Beußeits»
reis liegen mag! Bber bas ©ourmaeßen an fich bteibt
boeß ftets bie gleiche Befcßäftigungsform, gerabe rote bas
Sinereffen unb Bremierenbclaufen! Buch auf ben*®e»
bieten bes gtirts gibt es gar nicht fo oiet Barianten —
es finb immer bie gleichen gotbenen Bepfet, bie man
fi<ß 3 umirft, nur etmas anbers bureßeinanber gemengt.
Sie Btöglicßfeiten finb ebenfo begrenste mie bei ber Beb»
ßußnbereitung. Sie Stata ber ©ourmaeßerei ift man feßr
feßnett auf» unb abgeftiegen, mäßrenb ein neuer SBinter boeß
immer atterßanb Ueberrafcßungen bringen fann! Unb
bas, mas fommen tönnte, ift ja nun einmal in ber
©ntroicflung ber Singe bas ein 3 ig Spannenbe für
Btenfcßen mit ©inbilbungsfraft. SBir haben es ja noch
untängft erlebt, baß oor unfern ftaunenben Bugen
etmas mirtlicß Beues fieß begab, unb bas erfte fto (3
unb fußer über unfern Häuptern ßinfegetnbe Luftfcßiff
bie alte Scßitlerfcße Behauptung, „Beues ßat bie Sonne
nie gefeßen", einmal glorreich besaoouierte! Unfer
Beobacßtungsfelb ßat fich nach oben hin gren 3 entos
ermeitert. SBir merben beim gtanieren fünftig nießt
nur naeß Befannten unb Labenfenftern, naeß ßerbft*
farbenen Laubfcßattierungen ober materifeßen Bebet»
tönen ausfpäßen — mir merben bas eine Biertet bes
Buges bauernb in ben Lüften haben, um genau 3 U
feßen, ob fieß bort nießt etmas Senfationettes begibt?
SBir merben ben Kontraft Dergleichen lernen 3 mifcßen
ber majeftätifeßen Bemegung, mit ber ein großer Sampfer
meermärts 3 ießt, unb ber unfießtbaren gureße, bie bas
tuftbureßfeßneibenbe SBunberfaßrseug hinter fieß 3 U laffen
feßeint. Bn bie Ropfberoegung naeß oben, 3 U ber mir
uns allenfalls feufgenb in ber Sijrtina 3 U entfcßließen
pflegten, merben fieß unfere $a(sabera anbauernb ge»
mößnen müffen. Unb in ben feltfamen Konturen biefer
pßantaftifeßen Ungeheuer, bie mie aus alten Btärcßen
mie Körper gemorbene, unheimliche ©lemente heran»
3 ufcßmeben feßeinen, merben mir eine neue bi 3 arre gorm
oon Scßönßeit feßen lernen. Sie Bogelperfpeftioe mirb
aftuell merben — bie mir bisher nur feiten oon Türmen
ober Bergesßößen herunter genoffen.
SBenn icß ÜBaler märe, mürbe icß jeßt eine Z «* 3
lang beftimmt nur aus ber Ballongonbet malen, etma
ben BßeinfaQ oon Scßaffßaufen, fo mie er tief unten
mie ein brobelnber Biefenroafcßfeffel jroifeßen ben Keinen
Scßlöffern liegt, bie mie fragiles Spiel 3 eug ausfeßen unb
beinah in ißn ßinein 3 ufallen feßeinen. SBo man fo oft
retrofpettioe Busftedungen macht, marum follen ba bie
oogelperfpettioifcßen nießt aueß mal an bie Beiße fommen
— fcßlummem boeß noeß fo oiel ungeahnte SBirfungen
in biefen neuerfcßloffenen Biöglicßfeiten!
Borßanbene Singe in neuer Beleuchtung oorgefüßrt
3 U betommen, barauf läuft boeß alles, mas mir oon
einer neuen Saifon ermarten, hinaus! SBan roill eben
bie Sachen auch einmal „anbers herum", ebenfo mie
man grüne Bofen mill unb'Betfen, bie roie lila Bftern
gefärbt finb. ©isbären fannten mir alle längft, aber
fo roie fie bei jjagenbeef, in Blaffen nebeneinanber*
gebrängt beim Schein ber Bogenlampen, in bem ißr
gell in aüen Tönen oon SBeiß über ©rau 3 U Selb
fcßillert, 3 um SBaffer ßerabrutfeßen, ergeben fie boeß oor»
ßer unbetannte ffiffefte! Ser ßerbft ift biesmal mie
ein Kaufmann, ber feine bunteften, augenfälligen
Stoffe gleich 3 uerft auf ben Blarft bringt. SBie foll
bas Blärcßenmunber bes ©ispalaftes ober ber auf»
erftanbene Sarbanapal im Lauf ber Stonate noeß an
garbenmirfung übertrumpft roerben?
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(Seite 1502.
Dhrnimcr 37.
Sie Siebter ßheinen nicht oiel Unfterbliches in pelto
3 u haben, unb all bie cerföiebenen Saucen, in benen
man in leftter 3eit ©hatefpeare angerichtet betam, finb
uns nachgerabe über. Alfo fißen mir mie jebes 3abr
„mit hoben Augenbrauen gelaffen ba unb möchten gern
erftaunen!" — ift bod) bas SJermunbern über neue
ÜDlobeformen ein fo angenehmes unb anregenbes ©e*
fühl. Aber gerabe in gefellfdjaftlidjer i)inficf)t roerben
Senfationen immer feltener. Sie ®efell|gteit ber ner»
fd)iebenften 5)auptftäbte hoi fief) neuerbings ju fet)r in
gegenfeitiger Äontrolle. Surd) reifenbe Steporter, Älub*
oerbinbungen, bie burch bas Autofahren erleidjterte
größere 5Beroeglid)feit finb fionbon unb ißaris gemiffer*
maßen oiel näher an SBerlin herang'erücft. S)\et reiten
Samen ohne $)ut genau mie in (Englanb. Sie ißariferin
lieft in ihrem Journal bie Äffern bes Soilettegelbes,
bas berliner SRultimiUionärinnen oerbrauchen — unb
man<her Sjert geht mittags burch bie ÜBilbelmftraße,
oon bem auch gemiegte Staffetenner (SJtobefanatifer,
bie noch oor fünf fahren jebem Sratenroct mit Un*
fehlbarteit anfahen, ob er aus Amerita ober fionbon
flammte) nicht mit abfoluter Sicherheit entfeßeiben
tonnen, ob er ffinglänber ober Seutfcher ift? Ser
torreft angejogene SDtännertgp ift an Shemfe, Seine
ober Spree faft ber gleiche gemorben. 3a, auch bie
©efettigfeit trägt jeßt in manchen Berliner Käufern fo
feßr ben allgemeinen internationalen Stempel, baß ber
llnorientierte nach bem bloßen Anblicf ber ganzen Auf*
madjung, bes Habitus ber Sienerfcßaft, ber Samen*
toiletten, ber Art ber Speifenjubereitung ebenfogut
glauben tonnte, er biniere in Brüffel ober in ißaris.
3rür alle äußeren Singe ift ein Schema ba, bas jeber
SJtenfch, ber über ein gemiffes (Eintommen oerfügt,
nachmachen tann. Sas torrette Abrollen gilt als ber
j)auptoor,)ug einer ©efetlfdjaft, unb h' cr — fo be*
haupten Steptiter — läge auch ber ©runb, mesmegen
bie ©efelligteit im allgemeinen immer langmeiliger mirb unb
jeben inbioibueKen Beigefchmacf mehr unb mehr oerliert.
Sas, mas amüfiert, erftaunt unb angenehm be*
fchäftigt — bleibt immer unb emig — bas Snforrette,
bas Ungemollte — bas Smpromptu.
(Ein einiges, felbft nicht gans bie fanttionierten
©renjen einhaltenbes Bonmot roirft oft in all bie mübj
©emeffenijeit hinein mie eine SBohltat, mie SRanna*
regen in ber SBüfte . . .
ÜRätürlich bin ich für oerfeinerte Äulturformen —
aber mich übet alles Schablonenhafte, auch menn es
noch fo muftergültig elegant ift.
S3itte> erfreuen Sie recht balb burch 3l)ren Befuch
unb burch ^Betragen nicht nach her Schablone
3hre immer bonmothungrige greunbin
Aba Alice o. 9t . . .
^jjjDteXo ten öer2Bodie[t§j
Baron Otfjon Bourgoing, franaöfifcher Biplomat, f in
Reichenau am 8 . September im 67. Lebensjahr.
Xljeobor 2) u im eben, befannter Romanfcbriftfteller, f in
Berlin am 5. September im Alter oon 55 3ahren.
S)ugo greberfing, befannter Romanfcbriftfteller, f in
Staffel am 5. September im Alter non 62 Jahren.
©eneral ber Äanallerie ftarl ©buarb non ^aenifd), t in
Berlin am 5. September im Alter non 79 3abren (Bortr. S. 1594).
Brofeffor 2 Raj SUein, bebeutenber Bilbhauer, + in ©run?=
roalb bei Berlin am 6 . September im 62. Lebensjahr.
ABirfl. ©eh- Oberregierungsrat grtfc Äun 3 e, f in Berlin
am 8 . September im Alter non 66 3ohr*n.
llnfere Bitber.
Bie Staifermanöoer (Borträte S. 1594), bie befanntlicb
in biefem 3of)r in ©lfaß*Lothringen abgehalten roerben, hoben
am 7. September ihren Anfang genommen. 2Bir bringen aus
biefem Anlaß bie Bilber ber Sfommanbierenben ©enerafe ber
beteiligten Armeeforps unb ber Scb’tebsricbter.
**
Bie Äaiferin Aleranbra non Rußlanb (Abb. S. 1593)
bat febon feit längerer 3*it ohne gerabe franf 3 U fein, Anlaß,
über ihren ©e unbbeit 3 uftanb 3 U flogen. Um ihrem ©rholungs*
bebürfnis Rechnung 3 U tragen, bat baber ber 3ar mit ibr eine
Steife in bie finnifeben Schären unternommen.
**
Sreiberr oon Aebrentbal unb SWinifter Xittoni
(Abb. S. 1597), bie Leiter ber Öfterrcicbifcb’unqarifcben unb
ber italienif<ben ausroärtigen Bolitif, hoben in Safoburg eine
3ufommenfunft gehabt, ber man große Bebeutung beilegt.
«
©in BMffmann-Benfmal (Abb. S. 1597) ift biefer Sage
in Bab Lauterberg a. S). feierlich enthüllt roorben. ©s ift eine
oon bem Berliner Bilbhauer Brofeffor ©oft gefebaffene Bronse«
ftatue bes großen Afrifaners, bie ficb auf einem aus ginblingen
aufgebauten Sotfel erbebt. **
Rothenburg ob ber Sauber (Abb. S. 1599) roirb bem*
näcbft im Bilbe ben Reichstag sieren. Ber berühmte ftarlsruber
Rfaler B^ofeffor Scbonleber bot ein SSanbgemälbe ber Stabt für
bas #elm ber beutfeben Bolfsoertretung gefebaffen.
Bie Snterparlamentarifcbe Sfonferen 3 (Boriräte
S. 1594) roirb binnen fu^em in Berlin ihre Beratungen
eröffnen, ©ine große Slnjabl Borlamentarier unb Staats*
männer aus oerfd)iebenen ßänbern roirb baran teünebmen.
«
Ber Schab Rfubammeb 211 i non Werften ( 2 lbb. S. 1595)
bat ficb neuerbings als ein febr energifeber ^err erroiefen.
©r bat ben ihm oom Barlament bingexoorfenen f)anbfcbub
aufgenommen, ift felbft 3 um Singriff übergegangen unb in
bem Stampf Sieger geblieben.
©ine Fernfahrt Ber(in*3Rüncben (Slbb. S. 1596), bie
Zeugnis oblegen foll für bie Blüte bes beutfeben Braberfports
im Zeitalter bes Automobils, bot ber S)errenfabrerflub Berlin
neranftaltet. Bie Sabrt roirb in fieben ©tappen surüctgelegt.
ö
©ine Stunftgeroerbeausftellung (2tbb. S. 1600) finbet
gegenroärtig in Betoskurg ftatt. 3 n ihrer Beutfeben Abteilung
erregen befonbers einige Stücfe ber Berliner Stöniglicben Bor*
3 ellanmanufaftur allgemeine 2 lufmerlfamfeit.
o
Bie Berliner S)erbftfege(roocbe ( 2 lbb. S. 1600) bot
einen böcbft befriebigenben Berlauf genommen. Bie Regatten
fanben auf bem Btannfee unb auf bem Biüggelfee ftatt.
w
©in 2luguftinbrunnen (2lbb. r. 1600) ift am 4. Sep*
tember in 2 öien entbüüt roorben. v^r rourbe 3 um Slnbenfen
an ben Bolfsfänger unb Bubelfacfpfeifer errichtet, ber ©nbe bes
17. 3abrbunberts bas allbefannte ßieb „O bu lieber 21ugufiin,
alles ift bin" bid)tete. ^
„Bonnerroetter — iabellos" (2lbb. S. 1598) betitelt
3 ulius greunb feine neue 3 abresreoue, bie feit einigen Bagcn
im Berliner aRetropoltbeater 3 ur Aufführung fommt. Bie ©in*
leitung fpielt im Dlgmp am ©eburtstag ber Benus. Amor ftellt
feinen Bienft ein, roeil auf ©rben bie Schönheit burch Sräulein
©hic oerbrängt roorben ift. Barauf begeben ficb bie 5)immlifcben
hinunter, um 3 U fehen, mie es nun bei ben SRenfcben 3 ugeht.
w
B^rfonalien (Boriräte S. 1594). Ber neue türfifebe Bot*
febafter in Berlin ©ha 3 i Osman R^arni Bojcba barf in ber
beutfeben #auptftabt auf einen freunblicben ©mpfang rechnen,
©r gilt als ein greunb feines Borgängers Serofif Boftbo, ber
in Berlin persona grata roar. — Ber SBeimarer SRufeums*
bireftor ^ofrat Br. Starl Slötfrfjau iü als 3 ufünftiger ßeiter
bes ^aifer*5riebricb‘3Rufeums in Berlin in Ausficbt genommen.
— Ber im Alter oon 79 3abren oerftorbene ©eneral ber
^aoallerie 3 . B. Slarl oon ftaenifcb roar 1847 in bie Armee
eingeireten unb nahm 1897 als ^ommanbierenber ©eneral
bes IV. Armeeforps feinen Abfd>teb. —* Ber Zünftler, ber
Hermann Bahr am Cibo gemalt hot (Abb. S. 1538), ift ber
in Berlin lebenbe ÜRaler B. Berneis.
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stummer 37.
Seite 1503.
2üejranbta fiaijeriti oon Rugianb: 3« i&tet Crfyolungsteife in ben finnigen Späten.
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(Seite 1594
9htmmer 37.
ZHe
fiorp»füljrer
unö S<f)ie&»tid)ter
im fiaifertnaiiöocr.
(Benerai b. 3t»f. Ritter fjentfd&el o. (Bilgen^eiatb, Sfraftbnrg.
Jtommanbterenber (Benerai bei XV. Rrmeeforpe.
General b. 3nf. v. pritttolfe n. Caffron. R 4
Rommanbierenber (Benerai be» XVI Brmeeforpe.
(Benerai b. Rrf. 0 . Dnlifc,
(Benerai infp. ber Ouftartiderie.
(Benerai b. 3nf. 0 . Beider.
a (Tbef b. 3ng.» unb Bionierforpt.
$ofraf Br. Rad lUffta«.
Suf&nft. Leiter b. ÄaiIer»Öriebr.»3Ru|eums.
Sfaateminifter Bernaert, Brüffet
belgifdjer Delegierter für bie Onter«
Parlament Ronferen 3 in Berlin.
®f>a3i Osmatt Jtijami pafdja,
ber neue i ü r f i f $ e B 0 1 f dj a f t e r in Berlin.
(Benerai b. Rao. j. D. 0 . f)aeul ( <b t
ehemaliger Rührer bee IV. ttrmeeforpe.
Baron b’Cflonrnellei, parle.
franaöf. Delegierter für bie 3nter*
Parlament ftonferens in Berlin.
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3um Serfaffungftreit in Werften:
Sd)af) Ittubammeb 2((i mit lltifcjlieöern feines fjofftaafes*
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Seite 1506.
Dhimmer 37.
greifrau Senfft oon $i(fad) auf ihrem Selbftfahrer.
grau 93era Äohner auf ihrem 3®*ifpä n ner.
Sreifjerr Senfft oon ?ßilfad).
S)err Äotjner oor bem Starter S)t rrn oon guntfe.
Oer Iraberfpor! Im 3eita(ter bes Automobils: Statt 3ur Jernfa^rf Berlin-Alündjen
öer oon grei^errn unb greifrau Senfft o. $Ufa$ unb 5)errn unb grau ftohner gefahrenen ffiagen.
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fttmtmer 37.
Seite'1597,
Die ÜRinifter auf einer SBagenfaljrt burdj bie Stabt; redjts im 2ßagen littoni. ^ßljot. (£. Secbalb.
3ur 'PoftHf ber Dreibunbmäd)fe: Die Begegnung ber flliniffet Xiffoni unb Jreibetrn oon 2Xef|rentf>a( ln Sa^burg.
I. Sanbesfyauptmann Sdjmibt. 2. grau Stommmienrat Sucas. 3. grau Oberftabsaqt Steuber. 4. '-Marie SBiffmann (bie 6<g»efter). 5. grau $rof. ©ög.
6 . grau ©ouoerneur oon SBiffmann. 7. grau Major 3%od)u§ Sdjmibt 8. Der Sobn oon 2Biffmanns. 9. grau oon geringen. 10. fjauptmann Stamfaq.
II. Oberftabsant Steuber. 12. grau oon $erbanb. 13 2Wajor Modjus Sdjmibt. 14. j)auptmann oon $erbanb. 15. grau Sebent (bie Sdjwefter oon ®ifl«
manns). 16. $rof. ©ög. 17. Siftor oon u6iffmann. 18. grig Sangen. 19. Oberftabsarjt «eefer. 20. grau grig Samen 21 ©ottlieb oon Sangen.
Das Biffmannbenfmal in Caufetberg a. $. oon prof. 3of>. <Mfc nad> bet (Enthüllung. Vboi. o. o&m.
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Seite 1508.
•Jhmtmer 87.
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©er fiflnftler oor bem SSUb tn feinem Sltelier ln ftarlsrube. $•&**.©.**
Ha» für ben Rekfpfag befttmmfe Batibgetnälbe „Hohenburg ob ber Xaubet“ oon JJrofeffot (Üuftao Sdjönleber.
9&imtner 37.
Seite 1600.
Sie Berliner Qerbftfegelroodpe: Wettfahrt auf öem Btfiggelfee.
'41 bot. Sdjubmann.
(Ehrung für ben „lieben Stuguftin", 33olf»fänger unö Dubelfadpieifer:
Der !örjCicfc enthüllte ttugnflinbntnnen in Bien.
Buiia
6türfe Der Äönigl. Boraelianmanufaftur, Berlin, in Der Deuiftfeen Abteilung:
Sou Der international. AnnftgemerbeansfieOnng in Petersburg.
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Stummer 37.
Seite 1601.
'*** Spielzeug.
Stoman oott
Ran» von Kahlenberg.
4. Sortierung.
Das weife, oorjägrige ßaub raffelte unter igren
Sugen, ßug unb ßill gingen ogne SBorte.
„ßill, barf icg morgen notg einmal gerfommen?"
fragte ßubwig. „Guten Dag notg?"
„3a»" fagte ßill, „fomml"
„Das wirb ein ftgöner Dag" — er prüfte bas
himmelblau unb bie Stille ber ßuft, in ber bie Blätter
ftgliefen — „ber ftgönfte in biefem 3agr!"
„3a", fagte ßiH. „Der mufj fd>5n fein! (Ein SRärcgen*
tag, ßug! Unfer Dag!"
Sie ftgieben froher, als natürlich fegten, ßill beob*
atgtete fortwägrenb bie Sonne. „Sei morgen ba, bu
SRütterlüge, ßiebe!"
„SRorgen, ßug!"
„Soll id) beinen SSricf an hegtenborf gleich mit 3
negmen?"
Der Brief toar oergeffen worben, unb ßiH oer»
wirrte fitg.
„3tg fegreibe morgen abenb gana gewig. — 2Benn
ich oHdn bin, morgen!"
Sie fügten fieg. 3gre Bugen tränten ßiegt, bie
igren aus ben feinen; ßill bemerfte es nedenb. „3egt
gaft bu meine greube brin, unb icg gäbe beine! 3cg
freue mieg fo auf morgen!"
„SRein golbner ßiebling, fegtaf füg!"
* *
ßug Becgta mugte, bag ber folgenbe Dag ein
Driumpgtag ber Statur fein mugte, einer biefer trollen*
lofen, brennenben unb auflöfenben Dage, um bie man
mit bem Deufet pattiert, unb ber Deufel mifigt Dobes*
fügigteit ginein, ©egeimniffe ber ßuft unb oom Ditanen*
trog etriger Stuflegnung.
Dem blenbenben Stagtblau bes htmmels fegte bas
SBaffer bligenben Spiegelglas entgegen.
Ueberall in ber Statur fpielte fieg bie uralte ßebens*
ganbtung bes Begegrens unb fteg Bermäglens ab.
Die hotgfommerfarben fangen unb ftgmetterten, bie
©erüege traten ftärter unb fräftiger, ein 2lbglanj oom
greubentaumel ber (Eintags* unb ßitgtwefen ftanb in
jebem SRenftgenauge.
„Stedt alle Stegen an! 2tHe!" fang unb befagl es
in ßug immer toieber.
SJtit gogen SBogcn, geimmärtseilenb, tränte fitg ber
SReerarm ins figimmernb llnenblitge. ßangfam unb
majeftätifeg tarn ein riefengafter Baffagierbampfer bureg
ben Kanal, bie Striegsfigiffe lagen meit auseinanber*
geftreut, man fügtte bie Sonne igre SRetallplatten röften,
bie Staucgfagnen über ben Stgloten fegienen fieg nicht
3 U oeraiegen, ftanben alte flaggengleicg in einer Stieg*
tung mitten im Stjur. SBäftge ging jum Drodnen auf*
gereigt, galbangefleibete SRatrofen fagen unb lagen
auf Ded.
Unaufgaltfam, tnie ein gutes, treues Bferb, trug
ßubtoig fein Boot aum oerbotenen Stranb. Stuf biefer
Seite lag er ogne gabriten unb Sfafernen, bie SBälber
oerbargen, mas ginter igrem SBatl oorging, tofette,
tteine Sommergäufer winften jur ßuft unb (Ergotung.
Gr unterfegieb mit geübtem Seemannsauge Dumutt
unb Bewegung an ben ßanbungsbrüden, plöglieg
bonnerten bie Salutfcgüffe, ©irlanben oon winaig Keinen,
bunten glatterwimpeln flogen über ben Doppen ber
grauen Gifentoloffe auf. Bon ben gorts antworteten
bumpf ginpotternb wie rodenbe Äegelfugeln bie Äanonen.
Die Grwartung ber legten SBocgen gatte fieg aus*
gelöft, ber hogenaollernprina, ein ftaiferenfel, war
geboren, ßubwig las bie froge Botfcgaft in jebem
aufbligenben Buge ber SRannfigaft; einen SJtoment
fegwemmte ber Breugenftola über bas glüdoergeigenbe
Greignis alle anberen ©ebanfen ginweg. Gr grügte
lätgelnb au einem Sfameraben ginüber: Unfere B^en
gaben immer ©Kid! — Die ßanbfegaft im feiertags*
gewanb gutbigte igm, bem ©efeglecgt, bas fie erftgaffen.
Stein anberer gled im weiten Deutftgen Steitg trug bie
Spuren ber hogenaollerntätigfeit beutlicger unb ein*
bringtieger als biefer. ftügne unb tunftoode Bagnen
fügrten Deutftglanbs hanbel natg SBeften unb Dften
ginüber, gürteten um ben wegrgaften, neuerftartten
ßeib bie ftgimmernbe Stüftung ber beutfegen Storbmeere
ab. Gin riefiger holafagn aus ginnlanb lag, blutrot,
im SRittagsglügen faft gotg wie ein SBifingerftgiff unb
bewegungslos obr ber Ginfagrt oon Stgrm; man ge*
wagrte fein menfcglicges SBefen an Borb, glaubte bie
Blgen fug aufranfen, bas oeraauberte SBrad umfcglinren
3 U fegen.
2Bar ßill jemals fo gübfeg gewefen wie geute?
Gin frauengaftes 3ögem tag in igren Bewegungen,
bas igre Stglanfgeit weitger, igre gröglügfeit weniger
ausgelaffen matgte. „heute finb wir ja SRann unb
grau", jagte ßill.
Sie agen wie ein Ggepaar in ßids Keinem Salon.
Gs gab Domaten unb grünen Salat, einen gana Keinen
Braten, Stucgen unb oiel Dbft. ßiestgen bebiente, unb
ßiQ (egte ßug oor, fie agmte Bcnebifte förmlich natg
mit pugiger unb gewiffengafter Umftänblitgfeit.
ßug mugte an BenebiKe benten, aber er nannte
igren Slamen nitgt.
ßill trieb ginaus, bie hige fürchteten beibe nitgt;
ßiK war in ber Beaiegung ein SRoltg, eine Gibetgfe!
3n ber Dat gtügten ßids garbett bei fegr gogem
SBärmegrab, in (eichten Sfleibern fonnte fie füg freier
bewegen, unb bie hoegaeitftimmung ber Statur gob
igre eigene Stimmung. 3m Stooember fing igre Ber*
büfterung an unb bauerte bis gebruar. ßill begäuptete,
bag bie SRenfcgen nur gar nitgt wügten, wie fegr fie
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Seite 1602.
Stummer 37.
mit igren Zugenben unb ßaftem non ber 6 onne ab*
gingen, ISenfcgen mären nicht anbers als Ziere unb
Säume, fie fodten im SSinter eigentlich fcglafen.
Sie ftiegen 3 toifcgen ben Reefen ber Knids bergan,
bas Korn reichte ihnen bis an bie Schultern, gilt mog
bie bieten, 3 erptagenben Sehren in ihrer f)anb, fegnete
fie: „Korn ift heilig. Sieh» tote es jiih bemütig neigt,
roie es, um 3 U tragen, fterben mug! — Stas roollen
mir eigentlich mehr?"
„Kuchen baraus baden unb ihn effen", fagte er,
ihre Zaide umfaffenb.
„ 3 a, ihr üDtänner! Sber mir grauen, mir finb
Kornähren, bie gefchnitten merben follten, fobalb fie
reif finb."
„giir men?"
„Siegt für euch- gär bas ©efamtteben, für bas
SBelterlebnis."
„gilt, goft hu einen 2 Rann je liebgehabt?"
„Sch glaube, ich höbe feinen ÜRann lieb, aber bie
giebe hätte itg Heb."
„gühlft bu, bag ich hich liebhabe?"
„ 3 o, gug, bu haft mich lieb."
„3eg tenne im Stalbe 3 mei Quellen", plauberte
gilt. „Sie eine ift ber Staffermann, bie anbere bie
Sije. Sr fpriegt gan 3 bumpf, poltrig unb holperig
mie ein fdtann, fie 3 mitfchert fo hell unb fein. Zag
unb Sacht unterhalten fie fich."
„Unb tommen nie 3 ufammen?"
„SJenn fie 3 ufammentämen, mürben fie erftaunt
fein. Sin häßlicher Zümpel entftänbe, unb altes Sturmein
unb ©egeimnis härten überhaupt auf."
„So ift es", fagte gubmig.
gill fing mieber an. „3<g habe einmal gelefen,
bag eine 3ris 3 um Beifpiel für oiele Stenfcgen feinen
©erueg hat. Sie ihren Duft riechen, finb bie gleichen
Stenfcgen, fie gehören 3 ufammen. — Das hat mir fehr
gefallen! Sojen ober Selten finb grdlbe, aufbringliche
^errfegerinnen, bie riecht jeber. 2 lber bie gan 3 3 arten
Düfte, bie befcheibenen, oerfchmiegenen, finb fuegenbe
©ebanten, Zaftfingerchen."
„gill, gill, haft bu mich lieb?"
„ßug, ich hab bich immer liebgehabt von allem
Slnfang an. Du bift fo ein meiches Kiffen für mich,
für alle meine Stimmungen unb Süden. Unb ein
Segug bift bu, bift mein ©efeli, bas 3®eite 3 U mir."
„Starum habe ich bich früh gefannt, gill?"
„Das meig ich nicht", fagte gill ohne Zraurigteit.
„SKes hat fo tommen müffen. Sun finb mir heute
beifammen unb gehen mie 3 tt>ei Kinber #anb in #anb
burch bie munberfchöne Sommermelt. Blonber, groger
Bub, bu!"
„ßiü, ich bin alt."
„Du bift nicht alt. Du tannft ja noch froh fein!
SBenige Stenfcgen tonnen froh fein, #egfenborf unb
Bene oerftehen’s nicht."
„Bene ift oiel beffer als ich."
„Beffer, ja — ober —" gill fchüttelte nachbentlich
ben Kopf. „Sein, bu bift beffer! Du machft Bene
glüdlicg. ßiegt haft bu in bir unb greubo!"
„ffiir tun ein Unrecht, bag mir heute hier finb."
„Stam tun mir unrecht?" fragte gilt täniglich. Sie
ftanben auf ber #öge, lanbeinmärts ging ber Blid
über Knids unb Biehmeiben mit fchönem, buntem
j)erbbu(goieg, meige ©utsgäufer, 3 U benen ftattliche
Sdeen führten, lagen 3 mifchen Bart unb Safenflächen
eingebettet, bemalbete $ügel im Stacgfel mit Seen
unb SJiefen folgten — gefegnetes ^olfteiner ganb!
Bor fuh hatten fie bas Steer, beffen fteilabfaüenbe
Sanbufer hier Sorbfeetlippen nach 3 uahmen oerfuegten,
man roch ben fcharfen Slgengerucg, bie glän 3 enben
Stagen marfen fich in fortmährenbem, fchimmernbem
Snprad gegen bas gefte unb Unoeränberliche, gegen
rötlichen Sanb, mie bie Söüftenfonne ihn färbt in ber
garbe ber gömenmägne. ©ans n>eit hinaus, jenfeit
bes roten geuegturms, lagerte ein geller Streifen ferner,
blaffer Küfte, ber glensburger Stranb, mogin bie
Scgiffe flogen.
3m Dorf mar gagrmartt, fie 3 ogen bureg eine
Sgrenpforte aus Sicgengrün mit bunten SMmpeln ein.
gilt mollte Karuffed fahren, ihr Karuffed glich einer
grogen, runben Konbitortorte mit £udergug unb bunten
3 uderfeftons, ein 3 meites mit auf unb nieber fegau«
telnben ©onbeln forberte 3 ur gagrt bureg bie blaue
©rotte oon Sapri auf. Die Sa'ppmänbe maren inbigo«
blau angeftriegen, pgantaftifege Zropffteingebilbe gingen
oon ber Dede, ßiU griff naeg gugens $anb, menn fie
füg gar 3 U jäh unb plögticgfentten. Sie mar »od*
tommen glüdlicg unb modte bie gahrt immer oon
neuem mieberholen. Sie fahen im jiunbetheater ben
treuen Baptifte bie Schleppe ber ftol 3 en Stabame Bom«
pabour tragen, unb Bhpla; mürbe oor bem Kriegs«
gerügt als Deferteur erfegoffen. Kinber qietten, liegen
igre blauen unb roten Badons mit langge 3 ogenem,
heutenbem ßaut in bie guft entfahren, 3 ur Suslofung
beftimmte ©nten unb ©änfe fegnatterten, ber Stglet
forberte feine ©egner heraus, unb ber Sienageriebefiger
pries feine Siefenfcglange; es roeg naeg in gett ge«
badenen Staffeln unb Bfanntucgen, naeg Bier unb
marmen SBürften; galante geute tigelten mit Bfauen«
febent bie Schönen, bie ben Scger 3 in einer fegneiben«
ben unb aufrefyenben Staife belachten; man gärte aus
bem grogen 3elt bie Zan 3 mufit, unb immer 3 mifcgen
hinein tnadten Schöffe.
„3cg liebe folcge gan 3 bummen Sachen", fagte gid.
„3gre Buntheit, ihre laute greube! Sinb niegt ade
Stenfcgen Kinber?"
Dabei ftanben igre fegnfücgtigen fegönen Sugen
unter Staffer.
3 n ben Obftgärten oerbargen fieg glutrote 3 ogannis«
beertrauben unter gaubbüfcgeln, bie Stachelbeeren glichen
enormen Bernfteintropfen, bie oor Ueberreife abfielen.
gid ermübete niegt. Die ganbfegaft mürbe milber,
fie nagm bie Oebe unb Zroftlofigteit eines Sorbmeer*
ftranbes an. Der SMnb fegte falt oom Staffer herüber,
padte gids leichtes Södcgen unb peitfegte bie S)aa re
um igr ©efiegt.
„Sta midft bu benn eigentlich h*n» 8 id?"
„gliegen! S5ie bie Störoen fliegen!"
Brofö oermieben fie. geute tonnten bort fein, grau
oon Safting unb Diegls — geute eben!
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Stummer 37.
©eite 1603.
Sie tarnen, siemlicg erfigöpft figon, in einem Stranb*
Dorf an. Ejier gab’s niigts megr als Sanb unb (Binb,
trodtnenbe gifcgemege unb fcgmar3e Staune.
ßubtoig mugte nun, bag es Brucg mar; ber (egte
Dampfer non bort ging um fünf ltgr bereits.
„Slber bu mugt bei mir bleiben!" rief Cid. „(Bir
gaben noeg 3eit. 3 um ^äuscgen finben mir uns
immer noeg jurütt."
2 (m Stranb tarnen fie nod) (eib(id) oormärts, ber
jjimmei blieb ged, oom Dageslicgt ger, bis ber (Dtonb
aufgegen mürbe, ber (Binb trieb bie 5 B olfen in grogen,
raftg fegetnben ©(gatten barüber gin. ©igantifcg ge¬
worben in ber unfitgeren Beteucgtung, ging bie Stippe
über igren Köpfen, im ©(gatten oerjerrten fi(g ade
formen, fogen Scgmermut unb (Romantit ein.
ffis mar leidet, ficg einjubitben, bag ©cgmuggfer
ober Seeräuber bes Staats gier (anbeten. Kleine, ood*
tommen fcgmar3e, ungeimdig tote Raufer tagen in oer«
ftedten Bucgten, gegen bie Ktippenmanb eingebaut, a(s
ob igre Düren ins Crbinnere fügren mügten; megrfacg
tarnen bie beiben an ben offenen SRünbungen ber ©e»
f(gügrogre oorüber. ßid mar bünn befleißet, fie er«
{(gauerte ein paarma(.
ßubtoig nagm fie bann faegt mie ein oerfrorenes
Bögetcgen gegen feine Bruft, unb fie mürbe mieber
marm. (Er fügte fie mog( au(g marm, unb ßid butbete
feine Küffe gan3 rugig.
3 n feinem i)erjen mar eine groge 3ärt(icgfeit, unb
eigenttiig oon ßeibenfcgaft unb (Begier meiter ni(gts.
Sie maren fo gänjlitg oertoren 3U 3meien in einer
grogen, unenb(i(g meiten (Bett, in ber es ni(gts gab
a(s fie 3mei.
3 m 9 Balb mürbe ber 2 Beg gan3 figtimm. Sie be=
fanben fi(g in ber fogenannten Dänenfcgtucgt, es ging
immer bergan unb bergab. (Bon ben i)ögen fag man
ben b(anfen (Btceresfpiegel, es ro<g in ber liefe na(g
(Dtober unb (Eingef(g(offengeit, ein geiges (dtmen aus
(Raubtiergögten fcgien fpürbar. 3 rgenbmo gans in
ißrer (Rage jucgjten unb ftolperten betrunfene (Dtatrofen
bur(g bie ginftemis. Die (Dtigtöne trieben mit ben
(Banbernben ein mirres unb gögnenbes Spiet, ßid
mürbe ftid unb ängfttiig.
(Rogeit erfcgrectte fie immer gan3 augerorbentlicg
unb megr noig als (Benebitte, grau oon (Be(gta fanb
fie natürtifg, natürticge Sünbgaftigteit ber (Beit, ßid
fag igr Scgönftes unb (Ebelftes, bie geitige (Ratur fetbft,
entmeigt, unb igr graute oor Unmägigteit mie oor
ungütigen ©öttern.
ßug tannte biefen (Befens3ug in ßid, unb nur
igm mar er betannt.
„ßid, mer mirb bi<g oerftegen fpäter?" fragte er
bitter.
ßid fagte: „Du oerftegft mi(g ja, unb bas meig
i(g. So ift es gut."
„Dein ganses ßeben", fagte er, „mirft bu unter
gremben gegn."
„3(g ging ja mit bir geute."
3 Ran.(gmat modle ign munbern, bag fie fi(g über
igr tiefftes (Empfingen, igr geiftiges ßeben fo gar nitgts
gefügt gatten, aber bie (Bermunberung mo(gte ni(gt
auffommen. (Es mar ni(gt munbertiig; oodtommen,
oon adern Stnfang an, tannten fie fi<g.
„Du mugt (Bene fegr tiebgaben", fagte ßid einmal,
gan3 aus bem Dunfetn, mo er fie fetbft nitgt fag.
„ßid! ßid! Spri(g nicgt, ats ob bu fterben midft!"
„ 3 <g bin ja ba", fagte fie ged, ins fjede mieber
oortretenb. „ 3 (g bin ja bei bih"
Sie fanben ade genfter bes Keinen fjäuscgens er«
teu(gtet unb ©rogtgen in einiger Stufregung. ßiesegen
grinfte miffenb unb oerfcgmigt.
„©rogtgen, mein ©(gmager mug bie (Racgt gier
tampieren", erttärte ßid. „(Bir gaben oon (Brucg ben
Dampfer oerpagt."
„(Bis (Brucg finb Sie getommen!" Die Sitte f(gtug
bie fjänbe jufammen unb betracgtete etmas unjufrieben
ßids Stiefetcgen unb ben ftaubigen Kteiberfaum. ßid
gatte igr Kteib oft f(gteppen (affen geute, fie mugte
gar ni(gt megr re(gt, mo fie gegangen mar.
„Durtg bie Dänenfcgtutgt au(g!" ©rogtgen fanb
böig mögt ßug einen (eitgtfinnigen SBefcgüger. „(Benn
bie gnäbige grau bas mügte!"
ßid mar ber Sitten oon Benebitte nacgbrütfticg auf
bie Seele gebunben morben; igr Sogn, ber ©ärtner,
tarn breimat bie (Böige mit (Borräten. (Es figien ber
©rogmutter niigt gan3 3U begagen, bag ßug ba mar.
Defto angelegcntlicger befegäftigte fitg mit igm bie
ffinfelin. „Scgläft ber S)e rr Kapitän oben?"
©in Meines, für Benebitte ober grau oon (Rafting
gebaigtes 3toim«ngen ftanb teer neben bem ßids.
„Steg nein!" fagte ßid. „Beffer gier unten auf bem
fRogrbett, mo Benebitte gelegen gat."
Benebitte gatte igren Befuig im $äusigen feit jenem
©eburtstag niigt miebergott; btoger 3ufad gatte es fo
gefügt, ßid unb ßug fiel jener erfte, einige Befuig
jegt ein.
(Er empfanb einige ©emiffensbiffe. „ 3 tg tonnte
adenfads böig noeg bis ins S)o tet gegn!"
„SB03U?" fragte ßid mit grogen Stugen, bie Stugen
ber ßiefe funtetten oor Bergnügen. Sie braigte un*
aufgeforbert (Bein unb 3 i 9 <KeM en -
ßug tränt ein ©las (Bein unb rauigte. ßid fag
igm 3U unb fag auf bem (Rugebett, bas fein ßager
roerben fodte, fpraig unb (aigte. Sie (aigte gan3
natürtieg unb fagte garmtofe Satgen; igm Mang ades
erjroungen, unerträgdtg angefpannt, 3um 3ureigen
oon gegeimer (Meinung ood.
Scgtiegtiig mugte fie feine Befangengeit merten, fie
ftanb auf unb fagte: „(Run figtaf, ßug!" gab igm einen
Meinen, freunbfigafttitgen Klaps auf bie Sigutter unb
einen Kug, gerabe im Stuge ber ßiefe, bie fie mit igren
grettegenbtiden nicgt austieg. „©rogegen mug ficg beiner
annegmen."
ßiefe tat es. Sie gantierte fegmeigenb. (Er fanb,
bag bem Kinb etmas ©emeines unb fjerausforbernbes
angaftete. Sie begnte ficg unter feiner Beobaigtung
in ber Daide.
„(Bünfcgen ijerr Kapitän noeg irgenb etmas?"
,,©eg nur 3U Bett!" fagte ßug.
Sie tnieffte unb Mcgerte görbar ginter ber Dür.
©r fegtief gar nicgt. 3 u I £ gt fprang er mieber auf
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Seite 1604.
unb trot ans offene genfter. Sie Brüftung mar nur
niebrig, er fcgtoang fid) mit einem Stritt hinüber.
ßill ftanb auf ber oberen ©alerie in einem fliegenben,
langen ©ernanb,. fie fag ginab.
„Sdjläfft bu niegt, 8ug?"
„Sein", antwortete er hinauf. 3 b« Hugen toaren
ooQtommen fdjtoarj jegt, nacgtbuntel unb fetjr weit in
einem unmagrfcgeinlicg »eigen unb (leinen ffleficbt.
„Su foHteft lieber fcblafen! — Ser Slonb fd>eint
fo bell.''
„Cs ift toobl ber Stonbfcgein."
Cr ging weiter binab in ber Sicgtung na<b bem
See. Sie blieb unb fab in ben ÜDtonbfcgein.
Ser ÜJtonb oerjauberte bie ßanbfcgaft. Sie Blaffe
bes SBalbes blieb bunfel, ber Schein manbelte bie
einaelnen Saumblätter in graues, ftarres Silber um,
too er Schatten lieg, breite, fcgimmernbe ßicgtfleden
fcgienen balb hier, halb bort ju fein. Stiles blieb lautlos,
wie in llnoeränberlicbteit gegoffen, fo ftiQ mar bie ßuft.
Seines ©efpinft, feucht unb meich zugleich, bebecfte ben
HMefenboben. Siegt einmal bas Schilf raunte, ooU-
tommen dar blicfte ber SBafferfpiegel 3um Stonb hinauf,
ber ebenfo dar, runb unb bläulich gerunterfag. Seit
unb Saum tonnten bies Bilb für ben Slann nicht
mieber oerjerren ober änbem; es blieb in itjn ein»
gegraben.
Cr oerlegte bie Äeufcggeit ber Sacht. Cr mar ein
Ungeiliger unb ein Schamlofer. Unerbittlich erfchien
ihm bie Satur auf einmal nun, (ein garbenraufeg ober
gubelausbrucg mie am Storgen. Sie behielt ihr ©e»
beimnis; was man fab, mas fie, bie Husgefegloffenen,
oon igr fagten, mar ein buntes ©emanb.
„Cntbiille bieg!" flegte er. Sicgts antwortete igm.
Sas Steer blieb fcgmar3, ewig begehrlich- Sa hinten,
im bämmernb meigen, oerjauberten Sing, lag ein
Stärcgengäuscgen.
Cr hätte mit einigen Schritten ginaufeilen, bas
meige ©egeimnis an fieg reigen tonnen.
Sas mar niegt möglich. Cr umfcglicg ben Äreis
mie ein SBolf, bas Blut in Hufrugr.
Sie ftanb noeg immer auf bem Baiton unb |ag in
ben ÜSonb.
Cnblicg trat fie 3urüd.
Sun mürbe igm braugen beffer; er mürbe ein
befonnener Stenfcg mieber unb ein Sienfcg! ©egen
Storgen warf er fieg auf bas Bett unb fanb einen
müften, furjen Scglaf.
* * *
grau oon Safting erfegien, als ßill unb ßug beim
grögftüct fagen. Sie fagen auf bem ©rasflecf oor bem
^äuscgen unb agen Brot, Butter unb $onig, basu gab
es Sliicg in ©läfern. Cs mar ßiUs gewöhnliches grüg*
ftücf, heute füllte ßug, gerabe mie es immer mar, bran
teilnegmen. ßill lachte leife unb plauberte) er tränt feine
fDiilcg.
grau oon Safting gatte ben 9 Beg oon Brofö 3U gug
gemaegt, fie mar im tursen Srotteurtoftüm unb trug
einen Spaflierftod mit grogem ©olbtnopf.
„Sun?" fagte fie göcgft erftaunt beim Hnblid bes
friigftüdenben Saures: „ggr 3mei?"
Summer 73.
Sie junge grau blicfte rafeg oon ßill 3um Sapitän
herüber, ßill mar gan3 tief errötet, ob oor Scgred ober
oor Berlegengeit, blieb unbeftimmt ßug fag bie Be«
fuegertn etwas fpöttifeg an unb fegien niegt im minbeften
getroffen. Um bie ©de oerfegmanb bas grinfenbe unb
neugierige ©eftegt ber ßiefe.
„ijaben Sie fo früh f<gon bie ^inaffe gehabt, ijerr
oon Becgta?"
„ßug mar bie Sacgt gier", fagte ßiü ftots unb fcgneU.
Sie greunbin gatte fieg hingefegt unb tonnte jegt
bas oor igr figenbe Saar noeg genauer muftern.
„Scgau! Scgau!" gn halber Berlegengeit nagm
grau oon Safting einen 3 »>ief>ad. Sie baegte, bag fie
einen Soman miterlebte, bas Bemugtfein erregte an«
genehm, trogbem tat ßill igr leib — beinah bemit«
(eibete fie aueg fegon Benebitte. ©an3 unroiKtürlicg
gefeilte fieg 3U allen biefen ©mpfinbungen ein gemiffes
Unbehagen, ob fie, Cbitg Safting, fieg gier niegt in einer
3meibeutigen ßage befinbe.
Sie fragte abtentenb: „ 2 Beigt bu, bag ber ,Scgroan f
herein ift? Crgarbt mug jurüd fein."
„Heg, mein Brief!" ßiü fiel igre Scgulb ein. „geg
gäbe geftern gan3 oergeffen, an Crgarbt 3U fegreiben."
Sinb bie fo naio, ober fpielen fie mir eine Somöbie
oor? überlegte bie junge grau. Sie ift oielleicgt fo, er
tann’s niegt fein!
Sie fag ßug gerabe unb ted an. „ggre grau rotrb
fieg forgen. — Srei Sage überfällig!"
„Steine grau ift ooQftänbig orientiert.“
„So, fo?" grau oon Safting, Babp Safting tnufperte
igren gmiebad unb wiegte läcgelnb igr Sperbertöpfegen.
Cr lügt! Sas mugte fie jegt. Sarum alfo oerfingen
igre fünfte bei Becgta fo wenig! Sie betrachtete ßill
mit Seugier, auf bisger ungetannte Sei3e gin-
naeg Iragöbienmirfungen fag bas Stäbegen gar
niegt aus.
„Cin folcger Stufteregemann mie Sie! Sa tonnte
icg mir benten, bag ggre grau Befcgeib meig!"
„hätten Sie boeg gebaegt!"
„Sie burften mieg ja aueg blog orientieren.*
grau oon Safting baegte noeg immer niegts gan3
Bermegnes, bergleicgcn Ungegeuerlicgteiten tarnen boeg
überhaupt mogl in igren Streifen niegt oor, fie waren igr
noeg nie 3ugeftogen. gebenfaUs oerbienten bie 3mej
eine SBarnung.
ßug’ gerausforbernbes unb ungalantes Benehmen
ärgerte fie, er gatte igr bisger niegt mal einen Stugl
angeboten.
„Cs ift 3egn Ugr", fagte fie faul, „geg mug in ber
Stabt Cintäufe maegen. Bielleiegt negmen Sie mieg mit
3urüd, ßug?"
„üJtit bem grögten Bergnügen, gnäbige grau!"
ßug baegte, bag igm eine gute ©elegengeit gegeben
fei, oor biefer unbequemen geugin ben Unbefangenen
3U fpielen. Cr wollte fie unterwegs fegon fo gut unter»
gelten, bag fie ben feltfamen Cinbrud oergag.
ßiü erfegredte ign. Huf igr Crröten mar tiefe Bläffe
gefolgt. Sie lieg ben Sopf gängen unb fag aus, als ob
fie meinen wollte, gegt fegob fie ftumm bas grügftüds*
gerät 3ufammen.
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'.Kummer 37.
2 Bie fie tjilflos ift! bacßte er, gerührt unb t)alb oer»
jroeifelt.
„ 2 llfo, Scßweftertein, fcßönften Dan! für bie bir auf»
gebrungene ©aftfreunbfcßaft. Deine Gßaifelongue war
glön3enbl 2 Benn niete mübe Seefahrer biefe Verberge
fennietr, würbe noch mancher ben lebten Dampfer non
Vrucß oerfäumen. Sangroeile bid) nicht ju feßr, Dorn«
rösten, bis bein Kitter fommt! — — 3 <h fteße 3U
23 efet)I Gurer i>ol>eitl"
grau non Kafting bacßte: Stile Vraoour hilft bir
nicht, lieber greunb! Schau bocß nur bas Nläbcßen an!
Gs mar graufam, baß fie btieb, um Sill an3ufeßn,
aber fi' rooltte gegen ißn ein bißchen graufam fein.
„Vift bu tranf, SiU? Du feßienft bocf) gang oergnügt
oorßin?"
„ 3 <h bin nicht meßr oergnügt", fagte Sill. „ 3 cß bin
traurig."
„Nun, S)t rr oon Vecf)ta, bas müffen mir Grßarbt
berichten unb ifjn möglicßft fcßnell hier heraus«
beförbern. #aft bu Seßnfucßt, SiH?"
Sille SSeiber ftnb ficf) gleich, menn fte eine ißres»
gleichen quälen tonnen, fagte ficf) Suß. Gr litt, Sills
Seite 1605._
Qual <$u fcfjcn; mit if)rer greunbin bacßte er {cßon felbft
fertig 3U werben, menn er fie nur erft fort batte,
„gäßrft bu beute rein, um Grbarbt ab3ußolen?"
„ 3 <b weiß nicht", ftammelte Sill fcßeu.
„Gr roirb ben SBeg rooßl felbft 3U finben roiffen. —
3 n Vrofö tann man immer unterfommen, menn ißr ben
Vrucßer Dampfer mieber mal oerfäumen folttet."
„Das ift nüßlicß, 3u miffen", fagte Sufe.
grau oon Kafting mußte, baß mit ibm ein Schar«
mäßet beoorftanb. 3m ©runbe wollte fie ben beiben
nicßt übel, fie oerleßten ihre Scßictlichteitsbegriffe unb
mochten bafür fcßon'ein wenig braten! SBenn nun eine
anbere Dame beraüsgefommen märe — etwa bie Srete?
„SiU betommt bocß bie Ginfamfeit nicht", fagte fte 31t
Suß. „Sie roirb melancholifcß."
Gr roirb 3U frech unb *u beutüch, bachte grau oon
Kafting. Das oerbiente Züchtigung. Sie ging quer
herüber unb faßte Sills beibe 3 )änbe. „Slber, Kinb —
Nläbcßen!" SiU meinte gan3 hilflos, ohne einen Verfucß,
ihre Qänbe meg3U3ieben, bie in benen ber anbem 3ucften.
„Vielleicht ift fie nicht mehr an ©efetlfcbaft gewöhnt."
(Sortfeßung folgt.)
- O -
Die Ketcßsfmanjnot
SEßie bie ginan3not 3U heilen ift. — Von ißrofeffor Dr. Slbolph SBagner. (Schluß.)
Schwerlich wirb bie burch bie inbireften Steuern,
namentlich auch burch bie Slgrar3öKe bebingte Sjöfye r*
belaftung ber großen Voltsmaffe, ber unteren Klaffen,
für bie Keicßsawecte bus0 bie einselftaatliche unb tom«
munale birette Vefteuerung ber mittleren unb oberen
Klaffen unb'burch bie Steuerfreiheit ober geringere Ve»
laftung ber unteren Klaffen bei biefer Vefteuerung in ben
©lieberftaaten, Verbänden, ©emeinben fchon genügenb
fompenfiert, nämlich in bem Niaße, wie es bie Niinimal«
forberungen Bedangen, bie aus bem anerfannten leitenben
©runbfaß ber mobemen Steuerpolitik ber Vefteuerung
nach ber Seiftungsfäßigteit ber Klaffen, Verufe, einseinen
folgen. Slber felbft, menn biefes burch biefe Steueroer»
faffung erreicht mürbe, was ich, befonbers auch wegen ber
Steuerroirfung ber Slgrar3ölle auf bie greife oon ©e=
treibe ufm. im Snlanb überhaupt be3meif(e, fo ift eben
noch mehr 3U oertangen: baß bie oberen Klaffen nicht
nur minbeftens ebenfooiel im Verhältnis 5U ihrer,
namentlich in ber Gintommenhöhe liegenben Seiftungs»
fähigfeit 3at)(en, fonbern baß fie oerhättnismäßig
mehr 3ahlen. Das ift aber auch bei ber immerhin
fchon eingetretenen bebeutenben Steigerung ber Gr«
träge unferer Zölle unb Verbraucßsfteuern bisher nicht
erreicht worben unb roirb bei weiterer unb unoer»
meiblicher Steigerung biefer Grträge, namentlich beim
gebotenen gefthalten an hohe« Slgrar3öllen, immer
weniger erreicht werben.
Gs ift auch h*er beachtenswert, wenn jener fchon
ange3ogene englifche Statiftiter, auch bei gegen ein3e(ne
feiner ^Berechnungen etwa 3U erhebenben Ginwenbungen,
3U bem Grgebnis gelangt, baß in ber Vefteuerung oon
„goob", b. h> wirtlichen Nahrungsmitteln unb eßbaren
©enußmitteln einfchließlich oon Kaffee unb Dee, Deutfeh«
lanb bie ßöcßften Velaftungen unter ben oben fchon
genannten oier Sänbern 3eigt: 9,7 Klart auf ben
Kopf, granfreich nur 8 , 5 , ©roßbritannien 6,6, Norb«
amerifa 3,5 Klart; wenn babei auch, wegen ber
niebrigen beutfeßen Vefteuerung ber altoßolifcßen ©e*
tränte unb bes Dabats, bie inbirette Verbrauchs«
befteuerung oon allen biefen genannten Slrtiteln, Gß>
waren, ©etränten, labaf bie niebrigfte ©efamt*
befteuerung biefer Strt, etwa 15,7 Klart bei uns, befteßt
gegen 30,7 in ©roßbritannien, 26 in grantreich, IS
in Slmerita. Slucf) im Vergleich mit ber Gntroidlung
unb Grtragsfteigerung ber biretten Steuern, wie fie
fich in ben beutfehen Ginäelftaaten unb ©emeinben
ftart 3eigt, bleibt bie boeß noeß bureßaus nießt aus«
reießenbe Steigerung ber Grträge ber Zölle unb inneren
Verbraucßsfteuern feit ber Keicßsgrünbung bie über«
legenere. D. ß., bie große Vottsmaffe ift feitbem in
ftärterem Klaße für bie gefamten Keicßs« unb Staats«
3wede in biefer inbiretten Vefteuerung fteigenb betaftet
worben, ftärter als bie oberen Schichten bureß bie oer«
meßrten biretten Steuern in Staat unb ©emeinben. Unb
bas wirb mit ber Steuerentwicttung ber inneren,
ber inbiretten Steuern noch fcßärfer ßeroortreten.
Darüber tommt man in biefer grage nießt ftaats»
wirtfcßaftlich unb foäialpolitifcß oßne richtige Verteilung
ber ganäen Steuerlaften auf Keicß unb Staaten hinweg.
Slucß nießt mit all ben anbem angebeuteten unb
fießer oiel Nichtiges entßaltenben Veweisgrünben, aueß
nicf)t mit bem Slrgument eines prioattapitalifHfcßen
Untemeßmergeficßtspunttes, baß bie Slrbeiteroerficßerung
fo große Saften ben Unternehmern 3ugewäl3t habe —
bocf) nur bas, was fie in richtiger Soßngeftaltung
längft hätten tragen müffen. Gs ift ißnen ba»
bureß näßt eine neue Saft 3ugeroä(3t, als oielmeßr nur
ein Ißrioileg, früßer ungewöhnlich niebrige Söhne ge«
3at)It unb babureß 3U Heine Slrbeitstoften getragen 3U
ßaben, nunmeßr entsogen worben. *
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Sette 1606 .
3n bem übertriebenen Siberfpru© gegen bie in*
birette Refteuerung, au© gegen fo. eminent 3roecf*
mäßige Refteuerungsformen mie Sonopole, eventuell
überhaupt gegen bie Rerftaatli©ungen unb bie 23 er=
tommunalierungen mit aus finanjpoütifcben (Srünben
liegen bie gehler ber (intsftehenben Parteien. SBas
hätte uns 3um Reifpiel allein ein orbentli©es labafs*
monopoi eingetragen, wenn es oor 25—30 fahren 3U=
ftanbe gebammen märe! Si©erli© vier bis fünf Sidiarben
Sart mehr als unfere f©mä©(i©e unb auch fonft fo
unvodfommene laüafbefteuerung in ber gorm ber
©eroi©tsbefteuerung unb im 3 od. Aber bie Rolfs*
unb Rarteienvorurteile maren 3U grog. Statt im
Sonopol eine Refteuerungsform unb 3ugleich eine
Re©tsreform 3U jehen, bie private ©rmerbsgeminne
ber gabritation unb bes fjanbeis auf ben Staat über*
trägt, machte man fich aus einem Sonopol bei uns
einen Ropans. Unb ähnlich ging es in vermanbten
Rerftaatli©ungsfragen. Unb hoch, melche riefigen er*
freuiichen, auch fina^ieden goigen hat bie ©ifenbahn*
verftaatlichung neben ben beften nerfehrs* unb mirt*
fchaftspoiitifchen goigen gehabt. Sie ftünbe es ohne
biefe Sagregel in Rreugen mit ben Staatsfinan3en?
S )ier unb in ähnlichen gälten ift ein einmal vorhan*
benes Sonopol immer viel beffer in fjänben bes
Staates als bes Rrivattapifals. Rer ©egenfag, bie
Rrioatmonopole in ben j)änben ber Sgnbifate, ift ein
fprechenbes Reifpiel. Au© jegt fehen mir mieber,
ohne bag über bas Ob unb Sie irgenb etmas Näheres
betannt ift, mie fofprt ber einfeitige unb gehäffige
Kampf privater 3 ntereffen unb bes Rartitularismus
gegen bie 3 bee eines ©leftrijitätsmonopols entbrennt
unb bie öffentliche Seinung irregeführt mirb.
Unb nicht anbers geht’s immer noch bei ben SSe*
benten gegen bie höhere unb fteuertechnifch beffere Sa«
bat*, Rier* unb Rranntmeinbefteuerung. Abermals
treten bie miberlichften' Agitationen ber gabrifanten,
j)änbler, Sirte unb Suttiquanti hervor. Kein neues
Rrojett ber ©ntroicflung ber inbiretten Refteuerung,
auch menn es burch bie (Erfahrung ber gatt3en Seit
unterftügt mürbe, tann auftauchen, es finbet bei ben
babur© 3unächft betroffenen 3 ntereffenten un«
bebingten Siberfpru©. San macht gront ba*
gegen, f©ügt allgemeine öffentliche 3 ntereffen oor,
mo es (ich nur um ©inselintereffen hanbelt, unb —
bleibt fo gan3 in ber Oppofition ober bittet mie ber
vom Rranb ©efährbete ju feinem ©eiligen, poetifch:
„ßieber gistus, oerfchone mich, an meinen Ra©bar
halte bich."
Aber rnoher fallen benn bie unvermeiblich
notmenbigen Sittel tommen, um ber Reichs*
finansnot ein ©nbe 3u machen? (Es ift tläglich,
an3ufchauen, mie jebes Rrojett einer Steuer von ben
burch biefe betroffenen ftets abgelehnt unb, menn es
geht, immer anbern bie ßaft jugefcfjoben mirb. Das
tann ben Patrioten unb nationalen Kolititer tief
fcbmer3en, aber auch empören.
Ra liegt bie fchmere S©ulb ber ber inbiretten
Refteuerung unb Sonopolform gegnerifchen politif©en
Parteien, bie im Reichstag über Steuervorlagen mit
3U entfcheiben hatten unb haben. Riefe Steuerfragen
finb aber na© Sage ber Ringe politifche unb
voltsmirtfchaftliche ßebensfragen für bas Reich
unb für bie gan3e neugemonnene politifche Organifation
bes Reutf©en Rolfes. Ohne ftarte meitere Steuer*
ertrüge ift biefe Organifation gefährbet. Aus
Rümmer 37.
biefer Auffaffung müffen ber Patriot unb ber Rational«
polititer bie gotgerungen 3u 3iehen Sut unb (Ent*
fd)loffenheit haben. 3 n ber notmenbigen Seiterent*
midlung ber orbentlichen (Einnahmen bes Reichs mirb
bie (Einführung paffenber Sonopole unb bie ©erbei*
führung einer bebeutenb ftärteren ©rtragsersielung aus
ber inbiretten Refteuerung unb hier oor adern aus
ber Rabat* unb ©eträntebefteuerung nicht aus«
bleiben bürfen unb tönnen. Sinb Sonopole bei
Rabat unb Rranntmein nicht bur©3ufegen, fo finb
anbere Qualität unb Sert beffer berücffi©tigenbe Re*
fteuerungsformen — faute de mieux, unb bas ßegtere
ift bie Sonopolfteuerform — 3U mähten.
Auch ber Rranntmein, auf beffen Refteuerung
mit Recht im Austanb (©nglanb, grantreich, Ruglanb,
Amerita unb noch anberen flänbern mehr) fich immer
mehr bie ©eträntbefteuerung in ber ©auptfa©e fonsen*
triert, mirb von meiterer unb ftärterer Relaftung
nicht oerfchont bleiben bürfen. Ra müffen aud) bie
agrarifchen unb tonferoatioen Rarteien 3*>ge*
ftänbniffe machen. Oie auchvolfsmirtf©aftli©adgemein
berechtigten agrarifchen 3 ntereffen um bie (Erhaltung
bes Kartoffelbaues im Often taffen fi© babei in geeig*
neten Steuerformen für Rranntmein f©on mahrnehmen.
Selbft bie „fiiebesgabe" an bie Rrenner, ber au©
mieber ein adgemeines mirtf©aftli©es 3ntereffe 3ur
Seite fteht — i© urteile barüber gan3 fo mie Siquel
— tann babei menigftens in gemiffem Umfang no©
länger erhalten bleiben. Aber neben -bem Rranntmein
mug au© bas Rier gerabe na© beutf©en Rerhältniffen,
mie in Sübbeutf©lanb, au© im Rorben, mie in (Eng*
lanb, Oefterrei©, enbli© 3u einem genügenben ©r*
trage gebra©t merben, ohne Rüdfi©t auf bas ©ef©rei
ber Sirte, ber Rrauer, unbetümmert um bie etmaige
Rertür3ung ber Rivibenben von ©rogbrauereien unb
über bas ©ejammer ber gar ni©t einmal notmenbig
mehr belaftet roerbenben Konfumenten. Rierfteuer*
ertrüge allein in Ragern meit über 30 Sittionen
Sart, faft fo grog mie bis 3ur jüngften Reform in
gan3 Rorbbeutf©lanb, bei aderbings 3meieinbrittelmal
fo h°f)em Konfum bort als hier, bo© au© faft brei*
mal fo hohen Steuerfägen unb mit fe©smat fo h°hen
Steuererträgen auf ben Kopf (5 1 /« Sart gegen einige
a©t3ig Rfennig in Rorbbeutf©(anb bisher!) beuten ben
Seg an, ben man gehen mug.
ßeiber ift ber einheimif©e beutf©e Seinbau fo
ttein, auf fo menige Heine ©ebiete ton3entriert, bie
innere Seinfteuer ein fo f©mieriges fteuerte©nif©es
Rroblem, bag man ni©t lei©t 3u einer adgemehten
inneren Rei©smeinfteuer tommen mirb, mie fie au©
als Staatsfteuer nur in menigen beutf©en Staaten
(Sürttemberg, Raben, Rei©slanb) no© beftegt. Ras
ift mieber ein Sangei unb eine ßücfe, bie bebauerli©
finb. Sie haben no© ben meiteren Ra©teil im ©efolge,
bag ber Sein3od ni©t genügenb erhöht merben tann,
meil er bann no© mehr als S©ug3od mirten mürbe,
unb ba bei biefem 3 od teine ausrei©enbe Qualitäts* ober
Sertunterf©eibung, auger non S©aum«, glaf©en* unb
gagmeinen, ftattfinbet, mas mieberutn 5odte©nif© f©mer
3u änbern ift, folgt, bag gerabe bas ©etränt ber
mohthobenben Klaffen (augerhatb ber eigentli©?ß
Seinbaugegenben) teils fteuerfrei bleibt, teils ni©f
genügenb belaftet mirb, mieberum ein Rrivilffg
biefer Klaffen, bas bur© anbere Refteuerungsmagregeln
mit fompenfiert merben mügte.
©ine ftärtere Ausbilbung ber ©eträntefteuer (au©
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Stummer 37.
Seite 1607.
xdo^iI ber Zabatbefteuerung) tonnte übrigens nach aus*
länbifchem [Dhifter (namentlich ©nglanbs), jugteid) im
fanitären unb fütenpolitifchen Sntereffe, burch ein
orbentlidjes Si^enjfoftem paffenb mitergän3t roerben.
SBefentiid) bies Sntereffe fpiett bei biefer Vefteuerung
überhaupt mit unb fotlte auch bei uns fdjärfer heroor*
treten. 3 m übrigen aber, roenn ber „Konfument"
bann auch bei uns mehr belaftet roirb, fo ift bas auch
fonft 3U rechtfertigen. Ser Deutfche erleibet baburch
nichts Schlimmeres als jeber Veroohner anberer Kultur*
länber, unb auch nichts Schlimmeres, als er in ber
prioaten Vefteuerung burch ben SBirt, ohne fich
jehr bagegen 5U mehren, längft erbulbet. Senn biefer
mäljjt notorifch auf bie ©etränte im greife bei Klein*
abfag unb Ausfdjanf einen fehr bebeutenben Seil feiner
©efcgäftsuntoften auch für ßofale, Speifen unb mirb ba*
burch in ben Stanb gefegt, übertriebene ÜJtieten ju jahten
unb fo bie ©runbrente sugunften bes ©runb* unb S)aus*
befigers übermäßig 3U fteigem. (Er belaftet 3. 93 . im
mitbe3ahlten Vierfcgaum ben Zrinfer ftärter, als es ber
Staat burch bie Vierfteuer tut, bemeift aber — mit bem
allen auch prattifch bie ungemeine Zragfägigteit ber
altoholifchen ©etränte. Von biefer macht ber Staat,
bas [Reich bisher bei uns nur fehr befc|eibenen ©ebrauch-
Sas Auslanb, bei 93 ier auch Sfibbeutfd)lanb, hat feit
langem unb neuerbings in fteigenbem 2Jtag fehr oer*
ftänbigermeife biefe Tragfähigkeit für ihre Staatsaus*
gaben au$3unugen gemugt. Sas [Reich, [Rorbbeutfch*
lanb, follte auf biefem 9 Beg enblich folgen.
Aber — allerbings — bie gan3e Schutb an ber gi»
nansnot bes Reiches lag unb liegt auch jegt nicht blog auf
ber Seite ber ©egner einer angemeffenen inbireften
Verbraucgsbefteuerung. ©in Seil, roenn auch ber
Heinere Zeit ber Schulb, trifft auch bie ebenfo ein*
feitigen ©egner ber bireften Steuern (ber eigentlichen
roie ber in ber Sßirfung gleichen ©rbfchaftsfteuer), unb
3roar bie ©egner als folche biefer bireften Vefteuerung
überhaupt roie bie ©egner einer Uebernahme biefer
Steuern mit auf bas [Reich-
hierin, glaube tcfj, lag auch ber oerhängnisoolle
gehler ber Vismarcffchen ginan3* unb Steuerpolitit. Unfer
groger Kan3ler roar auf biefem ©ebiet ein bis. 3um Sottri*
narismus gehenber unb ebenfo einfeitiger ©egner ber
bireften Steuern, roie feine politifchen ©egner es gegen*
über ben inbireften Steuern roaren. Auch nach tat*
fachlich falfchen Sjinroeifen auf bas Auslanb, befonbers
auf granfreich, mit ber 93 ehauptung, bag l)icr bie
inbirefie 93 efteuerung mit ben günftigften ©rfolgen be*
ftehe, bie birefte gan3 gurücfftehe, roas nach 93 ismarcfs
2 tnficf)t leiber umgefehrt in Deutfcglanb b3to. ißreugen
ber gall fei, rourbe bie an fich richtige Vermehrung
ber inbireften Steuern begrünbet unb betrieben, aber
bie nicht minber notroenbige ©ntroicflung ber bireften
hintertrieben, jebenfalls unterlaffen. ©rfag ber bireften
burch inbirefte Steuern roar bie ßofung. Sie hätte
heigen müffen gleichseitig ftarfe unb technifch
richtige ©ntroicflung beiber Steuerarten nebeneinander
unb auch im [Reiche.
Unb bas follte bie Carole auch jegt fein! ©eroig, trog
aller berechtigter 93 ebenfen, ift bie inbirefte 93 efteuerung
bie fteuertecgnifch geeignetfte gorm ber 93 efteuerung ber
grogen 93 olfsmaffe, ber unteren unb teilroeife auch ber
mittleren Klaffen. Aber ebenfo geroig: nur burch birefte
unb ähnliche Steuern fönnen bie mittleren unb ootlenbs
bie höheren Klaffen nad) ihrer inbioibuellen ßeiftungs*
fähigfeit überhaupt genügenb befteuert roerben. Von
ben gölten, inneren Verbrauchsfteuem, auch ben
überhaupt ausführbaren ßujusfteuern, auch ben Ver*
tehrsfteuern auf 5 Red)tsgefd)äfte roerben fie 3roar mH*
getroffen, aber nicht ihrer ßeiftungsfähigfeH gemäg.
Säger finb birefte Steuern unentbehrlich für fie. [Rur
burch beren ©inglieberung unb richtige Ausbil*
bung in bas gan3e Softem ber [Reichs*, Staats», Ver*
banbs*, ©emeinbebefteuerung fönnen bie höheren
Klaffen fo belaftet roerben, roie es bie fosiale ©erech*
tigteit in ber Vefteuerung, roie es bie Ueberlaftung
ber Volfsmaffe mH Verbrauchsfteuem, 3umat mit
2lgrar3öllen, roie es ber mH ber Ausgleichung biefer
Ueberlaftung burch bie genannten Steuern hoch noch
oerbteibenben weiteren ßeiftungsfähigfeH ber oberen
Klaffen entfpricht. Sehen bie unteren Klaffen eine
fchärfere Velaftung ber oberen Klaffen mH bireften
Steuern, fo roirb auch Ihre eigene inbirefte Vefteuerung
ihnen nicht mehr fo obiös erfdjeinen unb felbft roieber
eher burd^ufegen fein. Vas roar oon ber bisherigen
fReid)sfteuerpo(itif 3U roenig beachtet.
©s ift für mich bas alles ber entfcheibenbe ißunft,
roarum ich glaube, bag auf bie Dauer bie an fich
fteuertechnifdj unb fteuerpolitifch befte gorm ber bireften
Vefteuerung, bie mobeme perfonale ©infommen*
unb Vermögensbefteuerung, im [Reich nicht aus*
bleiben tann unb roirb. Dies roirb burch onbere ©rünbe
auch noch unterftügt. SBenigftens ©int>eit in ben ©runb*
3ügen ber bireften Verfonalbefteuerung biefer Art ift
auch in einem grogen einheitlichen 95 Mrtf<haftsgebiet ein
bringenbes Vebürfnis. Volitifche unb ftaatsrechtliche
Vebenfen, Schlüffe aus bem „ 9 Befen" bes Vunbesftaats
in ©hren — fie roerben aud) in ber Vefteuerung roie
hier roie auf anbem nationalen 5 Retf)tsgebieten — unb
bas Steuer» unb birefte Steuergebiet gumal ift in
eminentem SDtag bo<h auch ein nationales [Rechts*
gebiet! — nicht eine reichsgefegtiche [Regelung ber
©runb3Üge ber bireften Verfonalbefteuerung oerhinbern
fönnen.
Aber ich unterfdröge bie 90 lad)t ber 9 Biberftänbe
hiergegen nicht. 3 ch beftreite auch bie politifchen unb
prattifchen ©egengrünbe in ihrer Vebeutung nicht,
roenn fie mir auch roiberlegbar erfcheinen.
Um fo erfreulicher ift es, bag biefen ©egengrünben
[Rechnung getragen roerben tann, ohne bas S)aupt3iel
auf3ugeben. 3 ur richtigen fo3ia(po(itifchen Ausgleichung
ber 9 Birfungen ber inbireften Steuern, auch im [Reich
bie oberen unb ÜDiHteltlaffen burch birefte Steuern für
unmittelbare [Reichssroede mit 3U belaften, bas fann
— burch bie ©rbfchaftsfteuer gefächen.
Dem Sachoerftänbigcn fommt es tomifd) oor, bis
in ben [Reichstag unb bie [Regierungstreife hinein
barüber greifen 5U hören, ob biefe Steuer eine „birefte"
ober „inbirefte" fei. Sie ift eben beibes in einem oer*
fchiebenen Sinne, ben biefe Ausbrücfe hoben, roie
fie in Zheorie unb [gratis gebraucht roerben, unb bas
ift bei unferm beutfchen 2öe[en — auch in ben
„prafHfchen" Streifen — biesmal ein ©lücf. Die ®rb»
jchaftsfteuer ift eine inbirefte nach berVeranlagungs*
art; bas fann biejenigen VoIi*H« r mit ihr oerföhnen,
bie bas [Reich auf inbirefte Steuern befchränfen rooüen.
Unb fie ift eine birefte nach ihren SBirtungen,
nad) ihrer faft ooüftänbigen Unüberroä(3barteit, fo bag
fie endgültig trägt, roer fie 3imäd)ft 3U 3af)len hot.
Das fann bie [ßotitifer, bie birefte Steuern auch im
[Reich hoben wollen, beftimmen, fich mit ihr 3U be»
gnügen — faute de mieux roieber unb für jegt.
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Seite 1608.
tRummer 37.
Aber freilief) mug bann biefe 58efteuerung, bie in ber
Steuer auf bie Seitenlinie unb bie 5Ricgtoerwanbten gliitf*
fidjerroeife fegon 1006 3 ur (Reicgsfteuer geworben ift,
nad) ben richtigen ©runbfägen igrer neueren rationellen
Ausgeftaltung in einigen beutfegen Staaten (befonbers
Hamburg, (Reiegslanb) unb namentlich im Auslanb
unb nach ben ©runbfägen ber neueren beutfdjen ginanz*
wiffenfegaft ausgebilbet werben. Diefe ©runbfäge tonnen
gier nur fjingefteüt, nicht weiter begrünbet werben,
©s ift oon mir unb anbern mehrfach gefegegen:
5Befcgräntung bes gefeftlicgen (Erbrechts in ber Seiten*
linie auf nid)t ju weite 58erwanbtfcgaftsgrabe (nirfjt fo
weit, wie jegt Sufti^rat 5Bamberger in Afcgersleben oor*
gefcglagen, wie ich es übrigens feit (angem prinzipiell
aud) »erlangt gäbe), 3 ugunften bes (Reichs; Hus*
begnung ber ©rbfdjaftsfteuern, fo gut wie überall im
Auslanbe, auf bie ganze birefte ßinie, auf bie ©e*
fzenbenten, bie Sinber, ffinfel ufw. unb auf bie
©begatten; ftarte ißrogreffion ber Steuergöge nach ber
©ntfemung ber 58erwanbtfcgaft »om ^Beerbten, wie ja
bisher überall, auch bei uns fegon; ftarte ißrogrefjion aber
au<b nad) ber ijöge bes ©rbanteils ober 33ermäcgtniffes;
niebrigerer Steuerfag für Immobilien, namentlich länb*
lieben 5Befig (wegen beffen Sapitalifierung 3 U einem
niebrigeren 3insfug); aud) fonft eoentued Unterfdjiebe
ber Steuerfäge na<b 511 rt bes Vermögens ( 3 .58. niebriger
für fefte 5Rentenpapiere als für Attien ufw.); Steuer*
erleicgterung bei ©rbfcgaftsfteuem oon gamilien, in
benen bie ©rbfegaften rafcb infolge oon lobesfäden
weitergelangen; Steuerfreiheit allgemein für Heineren*
tabel angelegte Vermögen ( 3 .58. 1000 ober 2000 SRart)
unb für alles, was in 5Dtöbeln, Sleibern, $ausinoen*
tar ufw. beftebt; noch weiter (bis 3 . 58. 4000 5Btarf
5E8ert), unb fonft jeboeb 5Dtitumfaffung bes 5Rug» unb
©ebrauegsoermögens, wie bes genannten unb ähnlichen,
bas ift notwenbig auch, um gerabe bie reicheren Slaffen
ausreicbenb bureb bie ©rbfcbaftsfteuer mitjutreffen. Ob
unb wie weit ein Anteil ben ©in 3 elftaaten 00 m ©r*
trage folcber 5Reiegserbfcgaftsfteuern, wie bei ber SReidjs*
erbfebaftsfteuer oon 1906, 3 U geben fei, ginge oon be*
fonberen 5Bebingungen, bem mitfpielenben finan 3 ieüen
Sntereffe oon 5Reid) unb ©in 3 elftaaten ab.
ßeber biefer 5ßuntte lägt fief) leicht weiter begrünben,
namentlich auch ber wohl ftrütigfte, bie 2 lus*
bebnung ber Steuern auf bie abfteigenbe
birette ßinie, auf bie Sinber ufw.
Aber wie ift gerabe biefe Sorberung unb 3 um
©eil überhaupt bie Uebernagme ber ©rbfcbaftsfteuer
auf bas 5Rei<b unb ihre weitere Steigerung bei uns
fofort befebbet worben unb wirb es noch!
S )ier haben fieb gerabe bie mir fonft nabeftebenben
5ßarteien, agrarifege unb tonferoatioe, als ebenfo ein*
feitige unb oorurteilsooQe ©egner gezeigt, wie ihre
Politiken unb wirtfcbaftlicben ©egenparteien als ©egner
ber inbiretten Steuern. 5Dtit ben binfädigften, rein
pbrafenbaften Argumenten wie „5Bertegung bes beutfeben
gamiliengefügls", „antibeutfeges 58orgeben" ufw. bat
man biefe Steuer unb 3 umal ihre Ausbegnung auf
bie Oefzenbenten betämpft. Als ob wir gier anbers
empfänben als anbere ©eutfege, im 5Reicbe, in Oefter*
reich unb fonft. Als ob eine Steuer, bie für Sinber
oermutlicb 3 unäcbft ein 5 J 5 ro 3 ent ober wenig mehr be*
tragen würbe, alfo ein ©rittet bes 5Reinertrags eines
Sabres auch 00 m länblicben ©runbbefig, unb nur ade
5Dlenfcgenalter einmal im ©uregfegnitt 3 U entrichten ift,
hier eine fo fernere, unerträgliche ßaft wäre, bie bas
Aerbleiben bes 5Befiges, großen wie Keinen, in ber
gamilie gefäbrbe unb bergleicben mehr, ©ie Abbängigteit
oon ben 3 u fädigteiten bes ©intritts bes lobes eines
3 U 5Beerbenben in ben gamilien ift gewig ein dRangel
biefer Steuern. Auch besbalb ift bie Sermögens*
fteuer eine beffere. Aber man tann biefen 5Dtange(
recht wohl burd) Spezialbeftimmungen einfegränten ober
bureb ©rmägigung ber Steuer in gäden, wenn basfelbe
58ermögen in berfelben gamilie rafcb weiteroererbt wirb,
abbetfen. ©benfo ber 5Befürcbtung, bag bas leichter 3 U
erfaffenbe Smmobilienoermögen gegenüber bem beweg*
lieben, befonbers in 5©ertpapieren angelegten überlaftet
werbe, einmal bur<b gerechtfertigten niebrigeren Steuer*
fug unb für ^Immobilien*, befonbers länblicbe ©runb*
oermögen, bureb 3°glung ber Steuer in 5Raten, fobantt
bureb ftbarfe Sontrodmagregeln unb Strafen, befonbers
bei ÜRobdiaroermögen unb bei Umgebung ber Steuer
bureb Sebentungen unter ßebenben. Auch fistalifcb für
ben ©rtrag ift übrigens 3 U beachten, bag gerabe
im tinberreicben ©eutfcblanb eine 50titbefteuerung ber
Sinber wichtig ift, mehr als 3 . 58. im tinberarmen
grantreieg. Denn b^r gebt mehr als bei uns ber
©rbgang in bie Seitenlinie. Um bas aus 3 ug(eid)en,
mügten wir febr oiel höhere Steuerfäge für bie Seiten*
linien gaben.
5IRaneges einseine wäre noch 3 U erwähnen. Seg
mug barauf gier oersiegten. 3cg möcgte nur noeg ger*
oorgeben, wie gerabe im Qdtalter bes 3nbuftrie*
ftaats, ber Sartede, Sgnbifate, Irufts, ber 5Bilbung
oon 5Riefeneintommen unb JRiefenoermögen, aber faft
nur in 5)anbel unb ©roggewerbe unb ©elbgefcgäft
unb an ber SBörfe folcge Steuern, wie bie ©rbfegafts*
fteuern in biefer Ausgeftaltung (unb grögere ©intommen*
unb 5Bermögensfteuem) als gerecht unb richtig er*
fegeinen. ©ag folcge „reichen" Stoffen aueg gerabe
für bie ßaften im 5Reiig megr gerangezogen
werben, entfpriegt ebenfalls fowogl her (Bilßgteit
als aueg, felbft jebes Siebenten gegen Art unb fyöfyt
bes ©rwerbs beifeite gefegt, ber ßage biefer rafcb
bereiegernben ©lemente ber genannten 5Eßirtfcgaftstreffe,
bie oon ben biretten unb inbiretten ßeiftungen bes
5Reicgs gerabe für igren prioaten ©rwerb ben meiften
Sßorteil gaben — überad ben 5Ragm abfegöpfen.
©erabe bie „oberen" Stoffen, igre politifegen 5Par*
teien, igre 5Bertreter in ben Parlamenten, im 5Reicgs*
tag, fodten es als eine ©grenfaege, bie Sonferoatioen
als bie Sonfequen 3 bes noblesse oblige anfegen, für bie
©infügrung einer folcgen 5Reicgserbfcgaftsfteuer, bie fie
felbft mit 3 utragen gaben, in ber Debatte über bie
5 Reicgsfinan 3 reform mitein 3 utreten, igr ein folcges 5Banner
oorantragen, um igre 5ßfticgten gegen JReicg unb
gürft unb SBolf 3 U erfüllen.
Dann wirb aueg ades SEßeitere fieg (eiegter bureg*
fügren laffen, was 3 ur 5Befeitigung ber „(Reichs*
finan 3 not" erforberlicg ift:
©eutfeglanb, ©eutfcglanb über Ades,
Ueber Alles ln ber SBelt —
niegt aueg — über bie prioaten ©elbbeutelintereffen
ber oberen 5EBirtfegaftstlaffen?!
Das fodten bie nationalen, patriotifegen (Parteien
fieg niegt naegfagen laffen.
Hic Rhodus, hic salta!
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Stummer 37.
©eite 1609.
Die Jtau als Cufffcfnfferin.
2Jon ijauptmann a. D. i)ilbebranbt. — S)\tx#x 11 pbotograpbifcbe 21ufnabmen.
21m 15. Dftober 1783, alfo nur oier
9Jlonate nach ber (Erfinbung bes ßuft*
ballons burd) bie ©ebrüber -Dtontgolfier,
ift jum erftenmal ein URenfcb in einem
an ©triefen feftgetjaltenen 2leroftaten
25 ÜJteter in bie ßuft geftiegen. (Es mar
bies ein franjöfifdjer (Ebelmann ißilätre
be 5Ro3ier, ber ettoa einen ÜRonat fpäter
mit bem URarquis b’21rlanbes aud) als
erfter fid) einem frei fliegenben 33alIon
anoertraut batte. 21m 20. 2Jtai bes folgern
ben 3at)res oeranftaltete Stephan 2Ront=
golfier in Ißaris mit einem 25 2Jleter hoben
fugeiförmigen 2leroftaten eine [Reibe non
geffelballonaufftiegen, an benen 3 um erftern
mal bas fdjöne ©efdjlecbt fitfj beteiligte.
Die oornebme [JSarifer Damentoelt be=
trachtete es als (Ebrenfacbe, ficb biefem
neuen Sport auch gelegentlich 3 U toibmert,
unb fo feben mir Damen toie bie 3Rarquifc
oon SRontalembert, ©räfin IDlontalembert,
©räfin oon Ißobenas unb anbere ben
Seffelballonforb befteigen. 21m 4. Ouni
(Eine Berliner BaUonfü^rerin: Ccopoto SdtOdfOt mit ©ettUXfjfitl Gin fran^öfltc^c« fiuftf$ifferpaar:
Jrau <E. (fl Ouiante. unb ißrinaeffin Jijerefe oon Bagern im BaQon norm Äuffiieg. HUttC. Xtdiufjanf mlf ifytCttl ©fltfetl.
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Seite 1610.
tftummer 87.
bes gleiten Saures oertraute ficf, bann auch bte erfte
grau einem frei fiiegenben 2 teroftaten an. Gs mar
bies Btabame lijible, bie in Gegenwart bes Königs
©uftao oon Scfjmeben im Ballon „©uftao" eine
brei oiertei S tun ben toährenbe 2luffat,rt machte, bei
ber eine f)öhe oon runb 2700 Bieter erreicht mürbe.
3n ber golge haben nod, oerfcfjiebentlicf, Stufftfege
oon Samen ftatt»
gefunben, jebod)
mar burdf, mehr*
fache Unglücts*
fäUe ber neue
Sport in Btijj»
frebit getommen,
unb man über»
lieg es nun»
meijr ben grauen
oon Berufsluft»
Ziffern, ficf,
bem fchmanten»
ben Korb an 3 u«
oertrauen, galt»
fdjirmabftür^e
unbanbereKunft»
ftücfe oor einer
fdjauluftigen
Btenge 3 u pro»
bu 3 ieren. Befon»
bere Grmäf,nung
oerbient bie ©at»
tin bes erften
ftofphot. Kcfeler.
Jrao Dt. Banner,
Qtattin bes (Brünbers bes Wleberr^einifdjcn 23ereim
für ßuftfcbiffafcrt
Berufsluftfcf>iffers,' bes granjofen Blan»
djarb. 9tacf>bem Blandjarb j m 3 ai) r 1809
in Brmut geftorben mar, f>atte feine grau,
aus Slot ba 3 u gelungen, bas gefährliche
©emerbe fortgefegt. SBenige gal,re fpäter
1812, ereilte fie iljr Schicffal, als fie in
fßaris l)od) in ber 8 uft oor einem
fdj,autuftigen fßublitum ein geuer»
merf oorfüf,rte. Ser Ballon geriet
in Branb, unb Stabame Blan
cfjarb ftür 3 te auf bas Sa cf,
eines Kaufes, rollte oon i,ier
herunter unb blieb auf bem
Strafjenpflafter tot liegen.
Siefe Kataftropfje oer*
mochte jeboch anbere unter»
neijmungsluftige grauen
nicht ab 3 ufct,reden. Ser
Berufsluftfchiffer Same»
rin t,at mit feiner ©attin
häufig 2lufftiege gemacht
unb babei gaHfcfjirmab»
ftürje oorgefüljrt. 3n
Seutfchlanb finb in fpäteren
galjren noch befonbers her»
oorgetretenBaulinaBeidjarb
unb bie grau bes ßuftfdjifferr
Securius. — Gbenfo roi b
in neuerer 3 c 't mieberholt
grantreich berichtet, baß Samen
Ulme. 2tnbr6 Ulaufin im Badonlorb.
im Steroftaten aufgeftiegen finb. So hat bie grau bes
Ballonfabrifanten Surcouf (2tbb. S. 1612) oerfchiebene
gahrten unternommen unb fd>liefj(icf> auch bie Befähigung
erlangt, ßuftfchiffe felbftänbig 3 U führen, nachbem fie bie
oorgefchriebene 2 llleinfaf,rt mit Grfolg abfoloiert hatte.
Unter ihrer fieitung hat fi<h bann im Steroclub be
grance
eine bc*
fonbere
Samenab»
teilung ge»
bilbet, bie
eifrig ben ßuft»
fport ausübt.
grau Surcouf ift
auch in Berlin
nicht unbe»
tannt: fie
h at ge»
Cujlfdjiffcnnnen in (England: Utes, harbour unb Utif, Batbajon.
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Jrau JJrofeffot $etgefeU, Sftafjbutg,
©ottin bes 5ßräfibenten ber 3nternationolen Äommiffion für mittenfdjaftlidje Cuftfd)iffaijrt
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f PI
JA
|l
■r ^ Sj
LBÜAJA.4J
VHX r; '.
0
Birne. (Etienne (öirauö
befannte Xeilnebmer
au5 unternommen, bei
ber bie ßanbuttg in ber
9tähe oon Stenbal er*
(Eine aufeergetoöljn
lief) lange unb toeite
gafjrt f)at eine 2luftra*
lierin, grau Sage!*
mann in Ißaris, unter
ber güljrung bes be*
fannten ©rafen
Ejenrg be (a
23aulj unter*
nommen. 33on
St. (Eloub aus
legten fie in
16 Stunben bie
660 Kilometer
weite gafjrt
nad)Koburg 3 u*
rütf. Dturburtb
ein ouf 3 iefjen*
bes ©eroitter
mar ber güfjrer
ge 3 wungen ge*
mefen, bie ßan*
bung burd) 3 u=
führen. 58on
ben Serufsluft*
fdjifferinnen
oerbient nod)
v 4 h
2Rme SuccouM)* ©attta btt ftan^fifdjen BaUonfabrifanten.
I BSU
BL Badjelacb unb feine Schweflet Birne, Buirette,
6ieger im Sommerprete bes Mero»CTIub be ftrance
mit ihrem (Satten,
an groben 'Hinfahrten
fcf)innabftür 3 e gemalt
l)at. 2Baf)rlid) ein
Sdjneib, ber fcfjr be
tounbernsmert ift!
2lurf) fiirftlicfje Sa
nten gaben oielfaa) ben
SBagemut befeffen, fief)
bent fdjtuanfenbenKorb
ati 3 uoertrauen. 2lm
27. 3uni 1880 be|ud>te
bie Königin
2Jtaria(Et)riftma
bas lelefunfen*
bataillon in©u=
abalajara unb
lieg fid) bie
ßuftfdjiffertrup*
pen beim (Ejer*
3 ieren oorftel*
len. Stlsbann
mad)te fie mit
bem <Ei>ef bes
^Bataillons Son
ßicer ßope 3 be
la Xorre einen
Stufftieg im gef*
felbalion bis auf
4002Jteter. Ser
befannte fürft*
tidje ßuftfdjiffer
®r 3 ber 3 og ßeo*
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stummer 37
©eite 1613.
öem Korb
anauoertrauen. 3d) greife
unter triefen nur bie
men oon Sebfer, Dtärfer,
JJiebfer, oon Gramer, oon
©uiüeaume, oon #etoafb
unb be Ia SRoi heraus.
Dänifcbes
S3on 2L glad)s. — hieran y
Porzellan.
\ 8 pbotograpbtfäe 2fufnat)men.
..
Das ebte ißorsellan wollte
lange nichts oon 9teue*
rungen roiffen; es blieb un=
gefäbr fo, rote es in feinen
Anfängen in aJteifjen roar.
Mein bie feiten änbern fid),
unb mit ihnen roecfjfelt ber
®efcf)macf, entroitfelt fid) bie
Dedjnif, unb bas ißorjellan
lief ®efabr, allmählich feine 1 --
tJreunbe ju oerlieren, roenn £ng(iftf)t
es auch fernerhin bie alte
Xrabition treu unb — eigenfinnig tjocfjgeljalten H>ätte.
3n Sopenijagen, in ben feit 1779 beftebenben
Äöniglidjen ißorjelianroerten, bad)te man suerft baran,
bas SBerfäumte nachjubolen, ber raftlos oorroärtsftre«
benben 3eit nad) 3 ueiien. Das roar im 3abre 1902.
£ng(iftf)e BnObogge.
Damals berieten bänifebe
Zünftler unb einige ÜRänner,
bie bie Decbnit ber Reramif*
fabritation unb oerroanbter
SJnbuftriesroeige als gatb=
tunbige genau fannten, über
bie geeigneten ÜRittel, ber
j alten ißo^ellanmanufattur
I mobernen ®eift ein 3 ul)au-
-- cijen. Das (Ergebnis übertraf
uObogge. bie (Erwartungen, bennfd)on
beute, nach wenigen Satiren,
bat bie „Königliche" fünftterifd) unb teebnifeb eine fo
bobe Stufe erreicht, bafj greunb unb geinb ihre 2lner=
tennung unb Berounberung nicht 3 urüdba(ten tönnen.
Sn ber teebnifeben Bebanblung ift als bebeutfamer
SFortfcbritt bas oerbefferte Unterglafuroerfabren in erfter
bie i)er 3 ogin 2lbelt)cib
Sad)fen=2lltenburg ba
Begleitung ihres @emi
bes $)er,}ogs (Srnft
Sad)fen=2lltenburg, ei
trati
ber
fiuj
Ion
tJr«
bes
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Seite 1614.
Stummer 87.
Sinie 3 u nennen. ©s beftebt barln, bafj bas Stob*
material 3 toeimal bem Steuer ausgefegt wirb, unb jroar
bas jmeitemal, nacbbem es bereits bemalt ift. 2)as oer*
längert bie Sauerbaftigfeit bes ©egenftanbes unb erleid)*
tert bte ijerfteüung. SSis ju 2000 ©rab S)i fee mufj
Jrau mit Stegen.
}eber Ißoraellangegenftanb ausbalten, ebe er fertig ift.
5Bon roeittragenber Sebeutung ift auch bie ftrenge
©inbaltung ber um 1902 feftgefetjten Stegei, oon bem
ttm jugenoucpec £ieroanoiger.
Ser fletue Sdnoetuebirt
Stobmaterial nichts anberes au erwarten als bas, was es
feiner 33ef<baffenbeit nach erfüllen fann — mit anberen
SBorten, es wirb feinem SBefen entfpredjenb bebanbelt;
©jperimente, es au ©egenftönben au oerarbeiten, für bie
©rofomutter.
ein anberer Stoff ficb beffer eignet, finb ausgefcbloffen.
©in um fo weiterer Spielraum würbe ber fcböpferifd)en
ißbantafie ber Zünftler gewährt, bie bie au eraeugenben
©egenftänbe oorber aeid)nen unb malen. i)ier gilt
als ©runbfaft: probieren gebt über Stubieren; unb
obne Stüdficbt auf bie Soften regt bie Direftion, an
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Stummer 37.
Sette 1615.
ij
beren Spitje $ro*
feffor Slrnolb Krog
als fünftlerifdjer
gachmann unb
greberif Dalgas
als gefd)äftlicher
fieiter unb 3 uglcid>
feinfühliger Kunft*
nerftänbigerftehen,
bie Künftler fortge*
fefet 3 um Schaffen
unb ju Berfudjen
an. Unter bie*
fer oor 3 Üglid)en
güfjrung arbeiten
etroa 150 Künftler
unbKünftlerinnen.
Den letzteren,burd) ;
megs ben beften
Bürgerfreifen Ko^
penhagens ent*
ftammenb, obliegt
bie überaus jehtoie*
rige Slrbeit, bie
©egenftänbe nad)
ben ©ntmürfen
3 U bemalen; es
gehört ein fehr
fixerer Blicf ba*
3 u, biegarben fo
auf 3 utragen,bafj
fiebannimgeuer
bie beftimmten
löne erhalten,
geber ein 3 elne
©egenftanb, ben
bie gabrif er*
3 eugt, tnirbnäm*
lieh mit ber hanb
bemalt. Btan
t’ann blofc mit
5Roja, ©rün unb
Blau arbeiten,
hier 3 u fommt als
oierte garbe, als
©runbfarbe bas
Sßeifj bes B° r=
3 ellans. Unb ba=
mit roerben gar*
benfinfonien oon
(olcher Schön*
heit heroorgebracht, bafc fie Staunen unb Bemunberung
erregen unb 3 U Slnfäufen gerabe 3 u oerlotfen. Kaifer
SBilhelm, ber 3av, König ©buarb, ber Sultan unb
noch einige Souoeräne gehören auch 3 u ben Kunben
ber Königlichen $or 3 elianmanufaftur oon Kopenhagen.
Slllgemeinfter Beliebtheit erfreuen fich ein 3 elne Xiere,
liergruppen, ein 3 e(ne eigenartige Bletifchentppen, © 3 enen
aus bem bänifdjen fianbleben unb anbere ©enrebilber
in IßorjeDan. gebes Biotin mirb nach öem ßeben
mobelliert, unb biefe ©egenftänbe finb gerabe 3 u meifter*
haft in ihrer treuen SBiebergabe ber charafterifti*
Jrauen oom Canbe.
fchen Haltung, bem 2lusbrucf ber Blobelle ausgeführt.
Die Kopenhagener Bo^ellanfabrif er 3 eugt mehr als
1500 oerfchiebene ©egenftänbe, bie alle in gorm unb
garbe ben auserlefenen ©efehmaef unb bie oerbliiffenbe
®efd)irflid)feit ber Künftler bes Unternehmens beioeifen.
Blit 9 ted)t betrachtet jeber Däne bie „Königliche"
als einen ber großen ^Ruhmestitel feines fleinen
Baterlanbes, unb mit SRecht unterlaffen es funftoer*
ftänbige grembe nicht, ihr einen Befud) ab 3 uftatten.
2/u[ bem ZDege 3um gelbe.
®ufe Äameraben.
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Seite 1616.
Stummer 37.
Selig ans Snato
floaten non
11 . Sortfefeung. €l*CnrrtL
©ittige Sefunberi fd)wiegen fie olle. Dte Silage
ber grau bebte im 9taum nach unb in ben Seelen.
©nblid) fagte ßotte*©briftel, unb ber Dünfel, ber
aus ihren Morten fprad), batte etwas ©rlöfenbes:
„Stiebt wahr, eine Jlünftlerin foü nie beiraten! <Ban 3
Stabt gurebbeim bat es gut begriffen, baft Sie gu
3brer ßunft 3 urütffef)rten! Sie mfiffen ja rein oer-
fd)mad)tet jeinl Mie frob ich bin, biefe fträbwinfelei
für immer hinter mir au haben, fann mir toum jemanb
naebfübien, aber Id» fann Sie oerfteben . .. Mirflid)!"
3bre blauen 2tugen mit ihrem ftarrenben üusbrud
waren feft auf ©ina gerichtet, unb ©Ina muftte plöftlid)
benfen: Sie will bir guttun... Das fteife, falte
Mefen will bir guttun, nicht web! Sie bat wobt
gar Mitleib ... unb weift es nicht anbers 3 U betunben
als mit einer ©raufamfeit.
Unb ©ina ftredte ihr bie Sjanb bin unb fagte mit
einem fcbmer 3 baften ßächeln: „3a, ©räfin... Sie
oerfteben mich!... Unb — oerteibigen Sie mich fo
bei ber — ©raut 3 b«s ©rubers!"
Margarete batte inbeffen wieberum nach Martin
geblidt Mie gebannt Seine Stugen hingen fragenb
unb ertennenb an ihrer Schönheit unb ßeibenfehaft,
unb wöbrenb fich eine fernere SRöte über fein mageres
©efid)t breitete, fühlte er fein Snneres erbeben.
©nblich erhob man fid). ©ina lub bas ©aar, bas
fich ja noch auf feiner #od) 3 eitsreife befanb, 3 um morgigen
übenb ein. Dann ging man 3 ufammen bie Dreppe
hinab unb beftieg bie wartenben ©onbeln, bie im
funtelnben Maffer fchautelten.
üuf ber Dreppe aber batte Martin bas Mäbd)en ge*
fragt: „Mas baft bu gegen mich, ©rete?"
Unb fie batte geantwortet: „3<b werbe es bir oiel*
leicht morgen fagen!"
Die Schifffcbnäbel aber mit ihren boeftgeredten, 3 inti*
gen ©rofilen nieften gebetmnisuoH oielfagenb, als bie
©onbeln fich trennten unb bie eine bortbin unb bie
anbere babin febwamm, fortglitt burch bas grünblaue,
oon Sonnenfunfen burchgolbete Maffer. ...
* * *
Menn es Margarete auch nicht gelang,'ihre fonftige
Munterfeit 3 urüd 3 ubeuchetn, fp gewann fie hoch fo oiel
gaffung, baft bie Mutter in ihrer eigenen ©iebergefd)la*
genbeit unb innerlichen 3c rr iff en b e tt Margaretens oer*
ftörte Seelenftimmung nicht bemerfte unb aus ihrem
Schweigen nichts argwöhnte. 3m ©egenteil: ©ina batte
bie ©mpfinbung, Margarete trage bas gleiche ßeib
wie fie.
Margaretens Schniefen famen aber 3 um Durchbruch,
als fie allein war. ©5 war beinah Mitternacht, geller
Monbfcbein lag auf bem breiten genfterbrett ihres
Schlaf3immer5, unb ein Streifen bes filbernen Märchen*
sauberlichtes prägte gebeimnisooOe ©über an guftboben
unb Mänbe. Unten war bie Stille bes buntlen, 3 udenb
im Monbfchein leuchtenben Äanals.
3 m 3 immer aber gemahnten bie oielen ßorbeer*
frän 3 e unb weiten ©lumen an einen griebbof. 3 b r
bei 3 enber ©erueb mifchte fich mit bem ftarten ©arfüm ber
Mobebame.
Margarete liebte biefe ©erüche. Unb fie liebte bie
Reichen ihres ©ubmes, ihrer (Erfolge. Ohne fich recht
barüber flar 3 U werben, hotte fie auf ein heimlich in ihr
rubenbes 3 i*l hiugearbeitet. © i n e r füllte fie bewun*
bem. ©iner follte fie mit feinem ©eifall frönen.
©r allein oertörperte ihr bie Mett, bie fie erobern
möchte. Seine Seele wollte , fie gewinnen. 21n ben
Xaufenben oon Seelen, bie 3 U entjücfen waren, lag ihr
nichts.
Unb nun?
Sie faft im Monbfchein unb ftarrte in bie fitbeme
Stille ber iböbe. 3b re ßiber brannten ohne Dränen. Sie
glühte in einem fchmer 3 baften, oeraroeifelten Slngftgefühl.
Mie fich nun aufrichten? Mie fich obfinben mit bem
oerlorenen ©ott?
„Sertoren?" fragte fie fich ba, unb ein eistatter
Stauer rann über fie. ,,©r ift mir geftoblen . . nicht
oerloren . . . flotte=©briftel bot ihn mir geftoblen!"
Unb fie bad)te an ben Dan 3 ftunbenbad. Sluch bo batte
£otte*©briftel Martin an fich geriffen . . . Margarete
fanb inftinttio, faft ohne bewuftt 3 U benfen, bie ©untte,
ba fich bie ßinien freujten. — Unb fie fühlte ßotte*
©briftels tüblegoiftifchen ©ebantengang nach unb er*
tannte Martins ©ereebnung. ...
©s ging ihr fiebenb burd) alle Übern oor ©mpörung
unb Scham. . . . Unb bann fprang fie plöftlich auf.
3b« Stugen funfeiten, als ftebe fie auf ber ©übne unb
fchminge ben Dolch ber ©ad)e. Sie bachte: ©r foll
wenigftens feben unb fpüren, was id) geworben binl...
Diefen Driumpb will id) wenigftens hoben!
23.
21m anbern Morgen tarn ein riefiges oergolbetes
güllborn oon weiften unb rofaroten ©ofen für Marga»
rete. ©ur Martins Äarte ftedte barin.
©s war ein neuer Stachel für fie, baft er allein ber
©eher war, nicht im ©erein mit ßotte*©briftet, wie es
fid) gefettfd)aft(id) gehört hätte. 6 s lag faft eine ©eleibi*
gung barin unb wieberum eine ©ertraulichteit, bie fie
reiste, nicht nur empörte.
©ina fab leeren ©lides auf bie buftenben ©lumen,
beren füfte ©rächt nichts 3 U ihr fagte. Sie ging wie in
einem ferneren, glübenben Draume umher. Sie trug
noch an Hermanns ©rief. Sie batte ihn auf ihre ©Seife
beantwortet, unb 3 war noch unter bem ©inbrud, ben
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stummer 37.
Seite 1617.
ber geftrtge erfte 58efu<h bes ariftofratifchen Jungen
Haares auf fie gemalt batte. . . .
6 ie batte an ©meline bepefcgiert: „3d) bitte Sief), ju
mir au tommen. ^Bringe Sein ®rautglüd 3 U Seiner
Mutter, bamit fie es fegne unb teil baran nehme. £aß
mich ni<bt oergebens märten."
Sas batte fie getan. Sie überging bie Vermittlung
fjermanns. Sie riß bie Sdjrante nieber, bie er auf»
gerichtet batte. . . . 2 lu<b fie batte teife empfunben, baß
bie ©räfin Sfrefin nicht bie tunftige Schmiegermutter
ihres Srubers in ihr aufgefucbt batte. Unb @raf ftrefin
batte ihr einmal in bie 2 lugen 3 U (eben oerfucht, mie es
nicht ber ftefpett 3 U tun pflegt.
9tun martete fie unb 3 äf)lte bie Stunben, bis bie Se*
pefche in Stabt gurcgbeim fein mochte.
gür beute mar mit ben Ärefins eine gemeinfame
©onbelfahrt nach Murano unb Vurano oerabrebet mor»
ben jur Veficgtigung ber ©lasfabrilen unb ber Spigen»
fabrtfen. Sie 3fola bella beferta — bie Müfteninfel —
bie oon gppreffen bemachte ©infamteit inmitten ber
flimmernben ßagune, mo gran 3 oon 2 lffifi ein ^eiliger
auf ©rben mar, biefe Müfteninfet mit ihrem Slofter»
3 auber mollte ßotte»©briftet nicht fehen, mie fie auch ab»
lehnte, ben fcbmimmenben griebgof Venebigs, bie 3nfel
San Michele, 3 U befugen. Sie mar gan 3 bleich gernor»
ben, als man baoon fprach, als fürchte fie bie ©rfcgütte»
rung ihrer Seele. . . .
©ina fühlte fich aber oon ben heimlichen Kämpfen
ihres Stores berart neroös über 3 eugt, baß fie Margarete
ertlärte, nicht an bem Stusflug teilnebmen 3 U fönnen.
„Sas gleiche mollte ich bir foeben fagen!" antmortete
Margarete. „Ontet ©uibo erroartet mich, um mich
einem Sritifer oon ausmärts oor 3 ufte(ten!"
3 n SBabrbeit aber hatte fich Margarete gefchmoren,
eher in ben Äanal 3 U fpringen, als noch eine Minute mit
Martin 3 ufammen 3 ufein. 3eßt mollte fie ihn ihre Ser*
achtung unb ihre Unnahbarteit fühlen laffen.
©ina aber fagte febr beftimmt: „ 3 ch merbe ©uibo
benachrichtigen, baß bu nicht tommen tannft. 3 *eb bich
anl Sie merben gleich tommen."
Margarete aber ftanb noch in ratlofer Stbrneßr, als
Martin fchon eintrat, gaft eine Stunbe früher, als oer»
abrebet mar.
„ 3 <h tomme allein!" fagte er, ©inas #anb tüffenb.
„ßotte=©briftel ift tränt, nicht bebenflich, aber recht
ftörenb. ©in biffel Malaria. 3<h bin rafenb!" Sabei
lachte er oergnügt.
„Sas ift mehr als bebauerlich!" antmortete ©ina.
„Sas tommt ja immer mieber!"
„Sas ift’s ja!" ©r fab Margarete an, ging 3 U ihr
unb nahm ffe leicht um bie Schulter: „5)at gortuna ein
gutes ©ebächtnis, ©retelein?"
Sie mollte etfig fein, betam es aber nicht fertig, ©in
beiger Süd fdjoß aus ihren 2(ugen. Sas mar ihre
gan 3 e oerräterifche Slntroort.
„3a —" Martin brehte fich auf bem Stbfag herum.
„9Bas roirb nun mit unferer ©onbelfahrt, meine Samen?
3cb bin 3 U großen Unternehmungen bereit!"
©ina lächelte, als fie fagte: „ 3 ch fann nicht mit»
tommen, lieber ©rafl 3 <h bin in Slnfprucg genommen."
©r mollte bittenb ihre #anb nehmen, fie mehrte ab unb
fegte bin3u: „Unb Margarete mirb mögt nach 3 grer ®e*
mahlin fehen tnüffen. 2Bir machen bie 2lusfagrt — niel»
leicht fpäterl"
Vebrüdt unb ergrimmt, 3U biefer Sranfenoifite oer»
bammt 3U fein, folgte Margarete enblich Martin in feine
martenbe ©onbel. Sie batte fich bem nicht ent3ieben
tonnen.
Unb sulegt gab fie aus Stoljj nach, benn fie
glaubte in feinen Stugen bie grage Mißen 3U fegen:
„gürcgteft bu bieg nor mir?"
Sa große gracgtfägne mit Saufteinen unb Marmor
burch ben Äanal tarnen, ging igre gagrt anfangs fegr
langfam ooran.
„2Bir mären fcgneller 3U guß oorangetommenl" be»
merfte Margarete, mägrenb fie ihren mognblütenroten
Schirm öffnete.
„#aft bu ©ile?" fragte er, behaglich in ben Stiffen
legnenb. „Mir gefällt biefes ißiano ausge3eichnet"
Margarete antmortete nicht. 3 n ihr mar Spannung
unb Segierbe.
©nblich fragte er: „SBarum bift bu fo ftitl, ©retelein?
3 ft bir bein 9 lugm fchon 3U fiopf geftiegen? Ober habe
ich beiner Sitetteit geftern 3U menig gehulbigt?"
„SBiefo?" Streitbaft 3eigte fie igm igr fcgönes ©e*
ficßtchen.
„Su marft geftern — enttäufegt oon mir . . ; nicht
magr? . . . Su bift gemiß anbere Doationen ge»
mögnt!"
Margarete fühlte eine feltfame Vefriebigung, als er
fo 3U ihr fpracß. Ohne fid) 3U oerftellen, ermiberte fie:
„Sein Veifall märe nicht mit bem anberer ßeute ju oer»
gleichen!"
„Mirllieg nicht —?"
„ 9 iun ... ift es benn bir einerlei, ob ich finge ober
irgenbeine anbere . . . frembe . . ."
Sarauf antmortete er nicht.
Sie erfchrat, als er plößlich gerumfugr unb ihr 3U»
flüfterte: „©retelein . . . totettiere nicht mit mir! 3<h
bin ja — leiber — nicht mehr bisponibel für beinen
Siegesmagen . . ."
„2Bas fällt bir ein?"
Sa faß er fie oon ber Seite bebeutungsood an.
„Sennft bu bich felbft fo menig?" Unb als fie eine 5 Be»
megung machte, nahm er ihre $anb unb fagte: „Su bift
gefährlich . . . beim Fimmel! Unb bu marft es immer!
Sieh mich nicht fo böfe an. . . Vrauegft mir nicht erft
guregt 3U machen ... ich habe fie fchon!" ©r hielt noch
ihre #anb feft — menige Sefunben lang. Sein SBlid
fprach meiter — noch unbeutlich, aber bod) oerräterifcf).
Sann ließ er ihre $anb los unb lehnte fich mieber lang»
fam 3urüd. —
©nblich bog bie fcgmar3e ©onbel ein in ben $anal
©ranbe, bas ftille SBaffer breitete fich g(än3enb unb flim»
mernb aus unb fpiegette bie 9 teigen ber ißaläfte mit
ihren Säulen aus Marmor miber, mit ihren gaffaben
aus oermafchenem ©olb unb emig leuegtenben Mofaiten.
Sa fagte Martin 3U Margarete: „Cntfinnft bu bich
noch, mo mir 3um legtenmal 3ufammen maren? . . . 3n
einem ftaubigen Sansfaal . . . unb jegt fcgmimmen mir
i
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©eile 1618.
Stummer 87.
hier in biefem farbenglühenben SEßaffer unb in biefer
ftrahlenb roarmen Sonne ... als fei ber Staub ©lanj
unb ©lut gemorben. . . . Unb u>ie oeränbert finb mir
fetbft! ... Du f>aft beinen Iraum oon Buhm erfüllt—
Unb ich —"
Sie ©ttbogen auf bie Knie geftügt, fcl> er oor ficf)
nieber auf ben Bretterboben bes gahrseuges.
Margarete aber ruhte mie mit truntenen Sinnen in
bem gteigenben ©lanj, ben feine Morte itjr befonbers
fühlbar gemacht tjatten. Scgmeichelnb legte fidj feber
Ion, jeber ©ebanfe beffen, ber ju ihr gefprodjen, um fie.
Sa fragte ber ©onboliere, ohne feine gteichmägig
elaftifcfje Bemegung, mit ber er f)od)ftet)enb eines feiner
Stüber führte, 3 U unterbrechen: „$urüd 3 um $otel,
Signori?"
Martin richtete fid) mie ermectt auf. (Er befann ficf).
Senn fah er auf bas fcf)öne Stäbchen an feiner Seite....
Unb ber Berfucgung nicht miberftrebenb, fragte er oer*
halten: „Mollen mir uns biefe Stunbe gönnen? . . .
2otte=©hriftel hat mir Urlaub gegeben. ... Sollen mir
ihn ber (Erinnerung meihen?"
3hr mollte ein Mort über bie Sippen fliegen. Sie
hielt es aber 3 uriid. gaft unbemugt niefte fie. 3 h r a>äre
jegt auch unmöglich gemefen, ßot±e*ffl)riftcls quengelnbe
Stimme gu hören. So fuhren fie meiter, ben Kanal ent*
fang, an ber ©iubecca oorbei, hinaus in bie freie, bleich*
blaue Sagune. . . .
(Es mar Margarete, bie bas Schmeigen brach- ©i®
tonnte ficf) nicht länger beherrfchen 3 U fragen: „Su
unterbracht bich vorhin, Bift bu nicht 3 ufrieben mit
bem, mas bu in 3 mifchen erreicht haft?"
„Stein unb bein Seben laffen ficf) nicht oergleiihen.
3<h bin immer fehr einfam. Sas ift bas fchlimmfte!"
„3ft bas nicht Seemannslos?"
„Stenfchenlosl" antmortete er fchnell.
Sieber fchmiegen fie. Bis fie auf bem breiten, meiten
Saffer fchmammen, mo nur bie paarmeife oerbunbenen
gtjpreffenpfähle bie gagrffrage seidjneten, unb mo bie
3njeln mie bufchige (Erhöhungen in ber gerne lagen, bat
Startin: „Sah mich 3 « beinen gügen figen!"
Unb als er feinen Kopf an ihr Knie lehnte, nahm er
ihre fjanb unb legte fie über feine Stirn.
„Sie fcf)ön bas ift!" fpraef) er leife unb träumenb.
„Sie roarm beine f)anb ift. ... So eine meiche, marme
#anb fehlt meinem ßeben!"
(Es buregrann bas Stäbchen geig unb talt. Sein oer«
träumter SBlicf fteigerte ihre (Erregung. 5Jtod) nie mar
er ihr fo begehrensmert erfchienen mie in biefem fügen
Slugenblict. Bon unten her fah er su ihr auf, inbem er
ben Kopf gan 3 3 urücfbog. Unb mit einem g(än 3 enben
Blid flüfterte er: „3<h merbe mir jegt einbilben, ich fei
ber ©ünftling ber fchönen Stargherita ©arloni — oon
beren Stimme ich bie legte Sacht geträumt höbe — un*
abläffig . . . immerfort . . ."
Da fie fühlte, feiner 5Räge.3U verfallen, fegob fie ihn
fort.
„Seit mann fpielft bu fo gefegidt ben Schmachtenben.
Stargherita (Earloni hat übrigens feinen ©ünftling 1...
Steh auf, ba fommt ein Dampfer gan 3 nah!"
Dochbeoor erfid> erhob, fagte er: „Keinen©ünftling?"
Da fie fchtnieg, fprach er meiter: „ 3 egt fehlte nur noch',
bag bu fingen mürbeft . .
Stargarete mar mie gelähmt oor (Erregung. Silles,
mas er fagte, ermeefte in ihrer 58 ruft einen betäubenben
Siberhaü. Unb bie ©emalt über fich oerlierenb, ftieg
fie heroor, ohne Beforgnis barüber, mie meit fie fich mit
biefer grage oerriet: „Martin — marum — marum haft
bu fie geheiratet?"
Diefe grage fegien nicht 3U überrafchen.
„Berlange feine Bntroort oon mir!" entgegnete er
fchnell.
„Doch ... lag mich’s miffen!"
„Sillft bu mich bemütigen?" Kaum hatte er jeboch
biefe ©egenfrage getan, als er fie 3u bereuen fchien. ©r
fagte fchnell nach ihrer i)anb unb bat: „Sag uns bie
Sirtlichfeit oergeffen! Sjier ift eine Iraumftimmung...
alles ringsum ff ata Morgana! Sur bas 3 ufammen*
fein mit bir ift Sahrbeit . . eine füge MahrgeH, bie mich
betört." Unb fein 2 lrm legte fich um ihre laitle, unb
er fchlog bie Bugen, mährenb er ihre Schulter fügte.
(Er hielt fie feft. (Er pregte fein ©efiegt auf bas ihre.
Unb fie lehnten aneinanber unb maren ihrer Sinne faum
mehr mächtig. ©Ian3 unb Stille — MeeresftiOe mar
um fie her. ©in fachtes Süftchen träufelte unb fchuppte
ftreifenmeife ben glimmernben Spiegel Seuchtenb ftan«
ben Segel in ber fonnigen gerne, als regten fie fich
nicht. . . .
Unb ber Scgifffchnabet niefte faum mertlich, mie ein«
gcfchlafen. Der ©onboliere führte rgqthmifch fein langes
Suber unb niefte auch.
3 mei, bie fich tüffen. . . . Mie oiele hatte er fchon
geführt!-
* . *
Sotte*©hriftels Malaria begünftigte ben gortgang ber
Iragöbie. Das ©mpfinben ber beiben Menfcgenfinber
mar eine lohenbe geuersbrunft. Margarete hatte ben
5 Branb gelegt unb bie ©tut gefchürt, bie in bem Manne
glimmte. Unb er mar oiel 3U leicht empfänglich, um
Miberftanb 3U leiften.
©nblich mugte ber guftanb ber beiben ©ina auf*
fallen. Befanb fich Sötte«©!)riftel roogl genug, fo machte
man Meine Busflüge; litt fie, fo fam Martin in ijaft an,
holte Margarete ab unb brachte fie meiftens erft fpät
cbenbs 3urü<f. Margarete mar unftet unb oon nie ge*
fehener Befobarfeit
Unb ©ina fragte eines Morgens beim grühftücf:
„Mas ift bas, Margarete? Dein Umgang mit Martin
braucht mir bod) feine Sorge 3U machen?"
Margarete mar 3ufammengefahren. gu leugnen
vermochte fie nicht. So brach fie enblid) nur in jenes
Schlugen aus, bas ber 5 Beginn einer oer3meife(ten
58 ei<hte 3u fein pflegt. Unb erfchroden über fich fetbft,
fprang fie auf unb lief aus bem gimmer.
©ina bebedte bie Bugen mit ber ijanb, als .fei fie
geblenbet. Mas mar bas? jjatte fie richtig vermutet?
Mie hotte fie aber auch achthaben follen auf bie
Borgänge in ihrer Umgebung, mo ihr Snneres in einem
fo cgaotifchen 3 u ftanb mar. Mie qualvoll maren bie
läge bes Mariens gemefen. Unb enblich fam ©melinens
Bntmort. Der guther3ige Kinberbrief mit ihrer fauberen
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Stummer 37.
Seite 1619.
Sfinberfcßrift. 60 fef>r flc f!tf> freuen mürbe, ble Hebe
Stama totebersufehen, fann fie jeßt bie ©roßmama nicf)t
oerlaffen, 3 umat &atl)infa nur ßalbmegs auf ben Seinen
fei. Daju fei bie Süßeren im fjaus für bie 2lusftattung.
Unb 2 u 3 tarne bod) ©fingften. 216er auf ihrer fjocßseits«
reife mürben fie beibe tommen unb ben Segen ber lieben
Stama entgegennehmen. ...
©ina mar noch gan 3 oerfunfen in ibr ©rübeln, als
Startin eintrat. So früh mar er noch nie getommen,
benn es mar taum neun Ubr. (Er füßte mie immer
©inas fjanb. Sann aber marf er fid) ohne Selbft«
beßerrfcßung auf ben Seffel, ben oorbin Stargarete inne»
gehabt, unb ftüßte mie gebrochen ben Sopf in bie fjänbe.
„Stein ©ott, mas ift?" fragte ©ina.
(Er richtete fid) langfam auf. (Er blicfte auf feine
fjänbe, bie geballt auf ber Xifcßfante lagen. 21temlos
ftotterie er: „(Es — es gebt nicht mehr! 3<h bin — bie
ganje Sacht umbergeirrt, ohne einen 21 usmeg 3 u finben.
Steine leßte Hoffnung ift bei 3ßnen, grau oon fjer*
mannstbal. . . . Reifen Sie uns — mir unb ©rete!"
©ina fühlte ihr fjer 3 fchier ertalten. ,,©raf Startin,
mir ift erft oor furjem — erft beute ble Vermutung ge«
fommen, unb nun bringen Sie mir bie furchtbare ©e*
ftätigung . . . unb in 3 ßrer Offenheit febe ich nichts
anberes als 3 ßre — Sersmeiflung!"
Sie fab, baß Oränen in feine 2tugen traten.
„Reifen Sie uns!" mieberbolte er, ihre fjanb feft*
baltenb. „Sie finb (ebenserfabren . . . unb Sie haben
Sehnliches burchgemacht."
„(Ermutigt Sie bas?" 3ßre feinen ©rauen 3 ucften.
Unb bann fagte fie mit fernerem Stern: „©in oerheirate«
ter Stann gehört feiner grau!"
„©eroiß!" nicfte er. „©efonbers, menn — menn er
fiih bat taufen laffen . . . befonbers bann!"
©ina mußte bie fjänbe auf bie ©ruft preffen. fjatte
fie biefe Starte nicht fchon einmal gehört?
Unb nun rief Startin aus: „ 3 (b tann fie nicht mehr
feben! 3 <h tann nicht mehr ihre Stimme hören! 3 <b
mill mir lieber als gifcßer mein ©rot oerbienen, als
ihren Seicßtum teilen ..."
hinter ber lür aber ftanb Stargarete. 3ebes 2Bort
oernahm fie. Sber fie ging nicht, bie Sot 3 u linbern.
gabt mar ihr ©eficßt, aber ihre 3 ößne maren feft auf«
einanbergebiffen. Sternlos lehnte fie an ber marmornen
lüreinfaffung.
„©in gifd)er!" murmelte fie oor fich hin- ,,®r ift oon
Sinnen!"
Orüben mürbe es insroifdjen ruhiger. Oie Stutter
mußte irgendein 3Bort gefunben haben, bas ben Ser«
jmeifetten befchmichtigte. Demütig bat er, Stargarete
feben 3 U bürfen. Oie Stutter fagte: „Sein! fjeute nicht!"
Oarauf mar er gegangen.
Unb nach menigen Sefunben öffnete bie Stutter bie
Üür unb ftanb Stargareten gegenüber.
Oas Stäbchen 3 u fchelten, basu mar jebe Sefunbe 3 u
toftbar. ©nergifcb griff ©ina nach ber fjanb ber loch«
ter unb fagte ohne Uebergang: „Ou mußt fort.... Ohne
Suffdmb! . . . Snbers tommt er n'cßt 3 ur Sernunftl"
Stit bleichem (Befiehl aber ermiberte Stargarete: „3ch
fann nicht! 6 r hat mein Serfprechen . . ."
©s mar fchmierig, aus biefem SMrrfal einen Susmeg
3U finben. ©ina fof) nur bei ßotte«Gl)riftel bie Settung
für ade. Stargarete fcßlich fd)eu umher. Sie traute fich
nicht allein aus bem fjaufe. ©ina mußte fie auch heute
erft 3U ©uibo bringen, beoor fie nach bem fjotel fuhr.
Unb bann faß fie bei 2otte«©ßriftet.
Oie feßien fehr fran! 3u fein. Statt lag ihr heiles
fjaupt auf fpißenbefeßten Riffen.
Oie beiben grauen fprachen menig, aber es mar feine
Suhe 3mifcßen ihnen. Sanft nahm ©ina bie fcßmale,
falte fjanb, an ber ber breite, noch fo neu gleißenbe ©he*
ring (ofe faß. ßotte«©hriftef aber machte eine jähe Se*
megung. 3h« fjanb 3urüd3ießenb, brehte fie bas ©e«
ficht 3ur SBanb. Schlurften machte fie erbeben.
„Segen Sie fich nicht auf, Sfinb!" fagte ©ina, bas
hellblonbe, feibenmeiche fjaar ftreicßelnb. „Oas Geben
perlangt Stut, feine Iränen!"
„Serbieten Sie ihm bod) — oerbieten Sie ihm hoch
3 h r fjaus!" ftieß ßotte*©hriftel abgemenbet ßeroor. „So,
fo fchamlos mirb ©rete hoch nicht fein, ihm nach3U«
laufen!"
„ 2 Barum hatten Sie nicht eher Sertrauen 3u mir?"
fragte ©ina.
Oa manbte fich bie junge grau herum. Sie fch ftarr
ht ©inas ©eficßt unb antmortete mit einer Suhe, bie
burchaus nicht tleinlicß mar: „3d) hebe gemartet, bis —
bis Startin bie Sücffichtslofigfeit fo meit treibt, baß bie
©ren3e erreicht iftl . . . Oann merben mein ©ater unb
ßu3 für mich roeiter hanbeln!" —
©ina ging langfam bureß ben fintenben 2tbenb heim.
Sie achtete bes ©emühls um fie her nicht.
„2Bas foll ich tun?" fragte fie unaufhörlich-
Unb jäh fam fjedigteit in fie.
Ohne 3U sagen, ohne an fich felbft 3u benten, hanbelte
fie Unb fie erfannte erft nachträglich, mas fie getan hotte,
als fie längft 3u fjaufe mar unb 3u Stargarete fagte:
„ 3 ch höbe an ben ißapa bepefeßiert. Gr muß mit Startin
fprechen. Oas ift bie ein3ige Settung für uns allel"
24.
21m nächften ©ormittag tarn Hermanns telegrapßifche
21 ntmort. (Er reife bereits gegen Stittag oon grantfurt
ab unb fomme bireft nach ©enebig.
3 n oierunb3man3ig Stunben fann er hier fein!
baeßte ©ina. Sie 3itterte an allen ©liebem unb mußte
fich anftrengen, ihre ©ebanfen oon ihrem eigenen ©mp»
finben ab3Ulenfen, um fie tebigtid) bem 3 mecf oon fjer*
manns kommen 3U3umenben. Startins ©eneßmen holf
ihr babei. Oa Stargarete nicht gefeßrieben hatte, fing er
an, ben ©errat 3U mittern. . . . Stargarete oerließ heim*
lieh bas fjaus unb flüchtete 3u ©uibo; fie überließ es ber
Stutter, mit Startin fertig 3u merben. Gr erflärte in*
beffen, nicht mehr 3U fiotte«©hriftel 3urücf3ufehren: fjeute
noch molle er an feinen ©ater feßreiben. Oer foüe ein
Äreu3 hinter feinen Sohn machen.
„Scßroeigt benn 3 ßr ©flicßtbeioußtfein fo gan3?"
fragte ©ina. „©ebenten Sie nicht, baß Sie — uns ade
unglücflich machen?"
„©rete ift bie Urfacßel" fagte er feßroff unb oerbiffen.
©egen 21benb erft ging er in ein naßes fjotel unb über
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Stummer 37.
lieg feine grau igrem SegldfaL „Vielleicht !omme ich
erft morgen abenb roieber!" fagte er beim ©eggegen.
Margarete traute fid) erft Ijetmjufommen, als es
buntel mar. Sie fam in Fortunatas ^Begleitung, bei ber
fie ben ©aegmittag »erbracht batte.
• Sine ftiUe, bunfte ©acf)t braeg an, Stunbe um Stunbe
fcglicb über bie Sd)laflofe bin bis 3 ur ©orgenbelle. Die
Scgiffspfeifen oom ©iubeceafanal {(grillten, unb alle
©loden Venebigs fingen an ju läuten.
©ie toerbe tcg’s überfteben! baigte ©ina. Unb fie
tonnte fid> taum auf ben Fügen halten, als nad) quäl«
ooKern ©arten oon Stunbe 3 u Stunbe, oon ©inute ju
©inute enblicb — enblicg —
Sntgegengeben? ©ein ... fie tonnte nicht.
©ar er’s? 3a boeb . . . ja. . . Die Dienerin . . .
Ss Hopfte.
©ein ©ott, ruhig boeb! . . . Sr trat fibon ein!
Sie fab ni<bt auf. Sie batte nur mit einem erften
Schein eines Vlides bie Umriffe feiner hoben, roudjtigen
©eftalt mabrgenommen. Dann nichts mehr. Sie fühlte,
roie er 3 U ihr trat, fie umarmte unb aufs #aar fügte,
©ie tapfer er ift! baebte fie nur.
Unb jegt hörte fie auch feine Stimme, bie fie fo lange
nicht oernommen batte.
„Da bin ich", fagte er halblaut, mit einem fegonenben,
»erhaltenen Don. „©as foll ich tun? . . . ©o ift
©rete?"
©ina löfte fid) oon ihm. Sie batte auch nicht ben
©tut, ihn anjufegen. Stiles roirtte fo ftarf auf fie ein,
bag fie ficb nur mübfam
Sie mar in einen Seffel gefunten unb batte bas @e«
ficht mit ben $änben bebedt.
Hermann batte ben ©tantel abgenommen unb über
eins ber Keinen Sofas gemorfen. Sr trug einen gellen,
neuen ©eifean 3 ug unb batte, beoor er bie Seinen auf«
fuegte, bereits forgfättig Xoilette gemacht. Sr taugte, roie
peinlich ©ina auf bas Steugere hielt. Sjeute aber ahnte
er nicht, bag biefe belanglofe Sache für ©ina Sreignis
rourbe.
Sie batte ben 3 arten Duft feiner fegönen Sjänbe ge«
fpürt, unb biefer Duft roirtte auf ihr roeibliches Smpfin«
ben ebenfo ftart roie rübrenb unb erobernb.
Sfber auch ber ©amt ftanb unter einer folgen ©ir«
tung. Sr fühlte ben sarten, roeicben grauenförper unb
bie ftart buftenbe gülle ihres Sjaars.
Doch er be 3 roang ficb- Unb jegt fegte er ficb 3 U ig r »
auf eins ber Sofaiben, unb fpradj befonnen: ,,©as ift
gefegegen? Deine Depefcbe nannte feine ©amen . . .
ich oermute aber .. .! ©o ift ©rete?"
Ohne ficb auf 3 uricbten, roies ©ina mit einer Veroe«
gung bes Kopfes nach bem ©eben 3 immer bin.
„Unb roas foll ich tun, um — roie bu telegraphierte^
• - 3 U oerbinbern, bag fid) unfere ©efegiegte roieberbolt?"
©ina hob jäh ben Kopf. ,,©as habe icg bepefchiert?"
Sr fab ihr ©efiegt unb roar erfegroden. Seine
Selbftfucht, bie bas Scgöne begehrte, erlitt eine geroiffe
Snttäufcgung. Sr gatte ©ina noeg fo jung unb rei 3 enb
im ©ebäcgtnis gehabt.
Stucg fie fag ign. 3 a, er glich feiner Photographie,
nur milberte bie roeiege garbe ber Slugen beren ftrengen
aufreegt hielt. Seine 11m« ©id. So erlebten fie ficb gegenfeitig oon neuem in
armung hatte bie Straft biefertt Scgroeigen, bas nur roenige ©inuten bauerte,
einer erften Offenbarung. (Scglug folgt.)
ooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo
Huf dem ßferdemarftt.
gierju 6 pgotogropgifcfje Aufnahmen oon gofpgot. Souis gelb.
3m fruegtbaren ©ebiet
J ber Soffa, am Xreffpunft
ber SaabUnftrutbagn unb
ber ßofalbagn ©eimar—©aftenberg liegt Vuttftäbt,
ein roeimarifeger ©arttort mit runb 2800 Sinroognern.
©er auf ber Dgüringer Vagn als gagrgaft häufig
unterroegs ift, roirb an ber Uebergangftation ©rog«
geringen geroig fegon mehrfach eine grögere Verfegrs«
beroegung beobachtet gaben, bie roägrenb einer ©eige
oon lagen befonbers hoeggegt. Diefe periobifeg roieber«
fegrenbe Sturmflut ergiegt fieg bureg Vermittlung ber
anfcgliegenben ©ebenbagn nad) ben Vuttftäbter ’ ©og=
märtten unb branbet naeg furjer ©ugepaufe roieber
3 urüd. 3ur biefer ©ärtte fcgleppt bas Dampfrog
unabläffig niegt nur oon ©roggeringen, fonbern auch
auf ben anbern, naeg Vuttftäbt fügrenben Schienen«
roegen ein oieltaufenbtöpfiges ©eroimmel oon ©enfegen
unb Vieg gerbei. 2luf ben Vagngöfen entroidelt fieg
eilt Seben unb ©ebränge, bas bie beiben Sefunbär«
bagtien, oon benen Vuttftäbt berührt roirb, oorüber«
gegenb igrer untergeorbneten Vebeutung entfrembet.
Selbft bis an bie ©ren 3 en bes ©eieges im ©eften,
Dften unb ©orben maegt fieg ber Vuttftäbter ©ogmartt
bureg bas Slbrollen ber ^Bahntransporte unb ben oer«
megrten fjrembenguflug an ben Villettfcgaltem megt
ober roeniger bemerebar.
2 lls altberügmter Stapelplag für ben SBiegganbel
erfreute fieg Vuttftäbt biejes lebhaften Vnbranges 3 u
feinen ©ärften feit grauer Vorzeit. Vis gegen bas
Snbe bes 17. 3agrgunberts florierte auf ben bamals
oorganbenen brei ©ärtten ber S)anbel mit Ocgfen, bie
aus Polen, Ungarn unb Scglefien gerbeigetrieben
rourben unb oft in gerben oon 15—20 000 Stüd 3 U
©arfte ftanben. Sin roertootles ©equifit roar bas
bem Ort oerliegene, mit einer 3roangsroirtung oon
10 ©eilen in ber ©unbe begnabete Stapelrecgt. 3nner«
galb biefes Vannlreifes burfte anbernorts fein Ocgfe
marftmägig oeräugert roerben, aueg mugten alle bureg
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pferftcmarft in Batlffflbt (Xfjür Ingen). 2ingefoppelle Pferbe an ber Seile bei IRarftes. Oberes 53iIb : Plerjflfyrige ^oUänMf<$«r5u4)t.
abgebalten merben. S'ffcrnmä^iG bat ber Bofctaufrf) ben
früheren Antrieb 3 U ben Otfjfenmärften jroar niemals
erreicht. Stuf bem ©ipfel feiner f)öd)ften Gntroicflung im
3af>rel838 betrug ber 3af)resantrieb 3 U ben in jener 3®*t
oorhanbenen fünf ÜRärften runb 9000 ißferbe bei einer
3 ahreseinnat)mean ftäbtifd)enZollgebühren oon 2112 Ia=
fangreid)er ift bie ber Abnehmer im ©in 3 e(oertauj
für alte geroerblid)en unb anberen Betriebe, bei benen
fid) bie 3 u 9 fra ft bes Bferöes 3 ur gortbemegung non
Saften, mie bei ber ßanbmirtfcbaft, bem £ot)nfut)rroerf,
ber tßoftbeförberung, ben Bfertebahnen foroie in ben
gabrifen, Bergroerfen unb Brauereien nidf)t rooht ent«
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Hummer 37.
behren lägt. 3 n biefem crftrecft fid) bas 23 er=
forgungsgebiet bes Suttftäbter TOarftes über gana
Jthüringen, bas (Eidjsfelb, ben S)ax%, bas 23 oigtlanb,
ben größten leil ber *ßrooin3 Sadjfen fotoie auf bie
©roßftäbte 23 erlin, fieipaig unb Dresben. Desgleichen
fehlen auf ben Suttftäbter ÜDtärften feit Slnbeginn
toeber ber leichtfüßige Henner, noch bas feurige,
ebelblütige ßujuspferb, in gleichem Htaß begehrt für
ben Heitfport toie für bie (Equipage Schon bie 5 )er s
gogin 21nna 2lmalie hatte an biefer 2trt bes Htarft*
nerfehrs ihre helle greube. Sie quartierte fich mit
ihren beiben $rin3en toährenb ber Suttftäbter Hoß=
märfte im ©eleitsljaus ein unb mürbe oon Hats
rnegen mit Suchen unb 2Bein regaliert. Mehrfach
erfcßienen auch bie $rin3en allein; ber Ihronerbe
Sari Sluguft feßte bann fpäter biefe 2 Jefud)e fort.
SBegen ber DJtarftfreiheit, bie ben Sefiß eines
inlänbi|d)en ©etoerbefd)eins entbehrlich macht,
finb bie ©ren3en ber Htarftperiobe genau
beftimmt; fie beginnt fchon 24 Stun*
ben oor bem falenbermäßigen Datum
bes f)aupttages, am fogenannten JMM
„(Ein3ugstag". Der bereits oor /
geit fid) flott enttoid'elnbe jM
Hoßtaufd) roirb als 2Banber=
Iager befteuert, nad) güt=
liebem Uebereintommen / JDflv |1
burd) (Entrichtung bes ge= /
roöhnlichen Htarftftanb= / I
gelbes feitens ber Hoß= /
hänbler; bod) ift biefer / *■
SJoroerfauf am öffent= 1^3
3ulä[fig. Da bie ^Jferbe
oon meiterher, 311m
Deil bireft 00m 2lus= W W
lanb nad) h^r uer= \j
Streitende Parteien beim
^ frad)tet merben, erheifchen
JPk TOenfchen unb 23 ieh eine
mehrtägige Haft, auch
Bk oertoeilt ber größte leil
bes oon ausioärts 3U 3
ML jfk reifen ben 5)anbelsoolts
-J überwacht, giir biefen
»i a3ertehr3uioad)s rei*
■1 eßen bie in ben ©aft*
It \yö\cn oerfügbaren
Häume nicht aus.
j;! Had) altbeutfchem ©e s
BpJ/ iool)nl)eitsred)t ftanb
mu es baher jebem (Ein*
V roohner frei, mährenb
W bes Htarftes ^ßferbe un*
Mf ter3uftellen fomie Htarft*
frernbe 311 oerpfiegen unb
311 beherbergen. Diefer
fonseffionslofe aBirtfdjaftsbe*
trieb, ber fid) 3ur3eit auf
42 fyuisßalte oerteilt, beftebt
nodj fort; 31t ihrer meiteren 2lus*
breitung roirb jeboch bie obrigfeitltdje
Da* <be\ä)ä\t mirb durch Qanbfchlag abgejchloffetu
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1
1 I
9 :
1 . 2 . „J
9himmer 37.
Seite 1623.
Huf item Pfecbemarft: Der fjöfjepunft bcs Xagcs.
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Seite 1624.
Kummer 37.
Genehmigung oerfagt. Für bie (Ernährung ber tnährenb
bes ÜRarftes h*rbeiftrömenben SRenfchenmaffen tft aber
auch «nt offenen SERarft beftens geforgt. Cs merben
Spelfen unb Getränte teils in Buben, teils an Xifchen
oerabreicht, bie inmitten bes Dtarftgemühls aufgeftedt
finb. Bebeitft. Sbbitbung 3 eigt eine f old)e Crfrifcfjungs*
gelegenbeit. Stuf
bem Bilb be*
reitet ber „biete
ÜJtachts", eine
betannt,e ißer«
fönlichteit, bas
Xhüringer 9ta*
tionaigericht,
bie SRoftrourft.
URarfetenber»
tifche hüben in
ber Siegel ben
ÜDtittelpuntt ei*
ner ißferbefop*
pel; um bie
Stere 3 U be*
roegen, merben
fie im freisför*
migen Gänfe*
rnarfch um ben
Sifch herum
geführt; bas
SRarttbitb ähnelt baburch einer riefigen Segelquabrille.
Sine aparte Sebensmürbigfeit ift bas 3 ifl«unerlager
am Btaffermerf. 5 Bas im „Sroubabour" fünftlich in
@ 3 ene gefegt roirb, erblicft man hier als roafchechte
SBirtlichteit. Das manchmal in Saramanen oon 20
bis 30 Bkgen 3 ugereifte 93o(f paett auf bem Säger*
plag feine ambulante fyabe aus, tod)t ab unb hält
SRahläeit mie im Bimat. Die braunen Burfdjen finb
3 umeift im Befifc eines Gemerbefcheins für ben ^Jferbe*
hanbel unb faft fämtlich in Deutfcblanb beheimatet.
Such ihre Familiennamen ( 2 Beifj, Botber, ißetermann,
SBeinlid), Steinbach, SBeinberg ufm.) haben teinen fremb*
(änbifchen Slang. Der mirtfamfte i)ebel beim Bog*
taufch ift ein
betriebsfähiges
SRunbroert, mie
es faft jebem
^igeunersu Ge*
bote fteht. Un*
ter bem Blag*
regen einer bau*
erhaften Bereb*
famteit oerjüngt
fich ber trau*
rigfte Stepper
3 um mohlge*
nährten, feh*
lerfreien unb
3 ugfeften Ge*
brauchstier. 3 «
nacgBebarfoer*
fügt ber Gaul
noch über jebe
Dor ber Bratrourflbube.
Sugenb, bie ber
Saufliebhaber
bei ber Susmahl eines $f«rbes auf bem 2 Bunfcf) 3 ette(
hat. SKit biefem 3ungenfchlag hat bas fahrenbe Bolt,
bem bas Betreten bes meimarfchen Sanbesgebiets jegt
bauemb oermehrt ift, in ber j)anbelsmelt oielfach Schule
gemacht. Buttftäbt geht mit ber 2 lbfid)t um, bie
3ahl ber Bogmärfte noch 3 U oermehren unb eine
Bferbelotterie erführen. 0 . «einrün.
o-
300C
•ßtöifäen $r. £arrafcb 3
Nürnberg unb Or. ßas*
fer-üfteugorf ift ber lange
geplante SBettfampf um
bie SBeltmeifterfcbaft im
fomrmm. 9&ir bringen
ein Silb ber beiben 2wei*
fter mäbrenb einer ber
erften Partien, bie in
Oüffelborf gefpielt mur»
ben, roöi)renb biegortfet*
3 ung in 2Rün<ben erfolgt.
gräulein 3Wi33i 2öirtf)s
liebensroürbiges Oalent
entflammt ber fiteren
Donauftabt. Sor einigen
3ab^en gaftierte fie be«
reite mit einem Wiener
• (Enfemble am Serliner
ßeffingtbeater. 3bren
großen (Erfolg in ߣ*
bars Operette „Oer
Mann mit ben brei
grauen" bat fie faft
noch überboten bur<b
ihre glänjenbe Oarftel*
lung in ber Ottelrolle ber
„Oollarprinaeffin", bie
im üfteuen Operetten*
tbeater in Serlin jeßt
aufgefübrt mirb unb bei
allen greunben leichter
Operettenmufif unge*
teilten Seifall finbet.
Oem 6egelf<hiff „2Bal*
füre" ift es fürjiicb ge*
langen, oon S)elgolanb
aus gegen bie (Ebbe in
etma zebri Stunben bis
Srunsbaufen J)ie (Elbe
binaufßufegöbi'ioabrenb
im allgemeinen bie 6eg*
ter megen bes engen
gabrroaffers bort oon
Oampfem gefcbleopt
merben müffen. Urifere
Aufnahme zeigt bas Soll*
fd)iff oor bem SBinbe.
2luf bem biesjäbrigen
englifeben 2lerztetongreß
in ©b^fßelb ift als ein*
Ziger Oeutfcfjer ber ©e*
beime Stebi^inalrat Sn>=
feffor Or. f). Oillmanns
Zum (Ebrenbottor of
science ber bortigen
Unioerfität promooiert
roorben. Oer fo 2lus*
gezeichnete ift ^ßrofeffor
ber (Ebiruraie an ber
Unioerfität ßetp 3 ig.
(Ein (Bemälbe oon
gran 3 5)als, eine große
Bilber aus aller Bell.
SBom Sdjadjturnier in Xüfielöorf:
äampf um bie lBe((meifier|<baft 3toifd)en Or. Casfer (Unfs) u. Ot. Xarrafd).
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Kummer 37.
6cllc
tecgnciDcr.
2tus bem berliner S^eaterleben;
mtf IBirff) ate „Oollarptinjejfin“ In bet gleichnamigen Operette.
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Seite 1626.
Hummer 37.
ISfyot. Strumpcr & (So
Sin Silb aus btr guten alten 3«it Im SalKbunbert bes Dampfes:
Da» Bodft&ifJ .Balfüre* oor bem HKtibe.
ßcb. med.-Kat Prof. Dr. Cillmanns, Leipzig.
3u jefner Ernennung 31ml Sbrcnbottor ber
Untoerfität 6beffief§»
gamiltengruppe, bie fid> bisher im 33efifc
bes ßorbs Xalbot be ÜZKalabibe befanb, ift
oon ber Wattonalgalerie in £onbon für
eine halbe Million SRarf angelauft morben.
3n 6iam ift ber Elefant ber tfönig
ber Xiere unb gar ein meiner ber ßönig
biefer Könige, ber als billiges Xier oer*
ebrt mirb. Unfere Aufnahme 3 ‘igt ben
(Elefanten 3nbra non 93angfof, oer feinen
9tang unmittelbar na<b ber Königin bat
3n bem Oftfeebab 3oppot ift oon
bem 3oppoter zierateoerein ein neues
ijeiloerfabren eingefubrt morben, bas man
fura als ßiegefur auf 6ee bezeichnen fann.
(Ein Dampfer, ber mit 36 giegepläfcen
Bertf(bä|ung aller Dleiffer auf bem moberneu Äunffmarff: Jamiliengruppe oon Jranj Ejals,
bie aus beut Sefty ßorb Xatbots für 500,000 SWarf oon ber ßonboner Stattonalgaferie erworben würbe.
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ghimmtr 37
Seite 1627.
... ,
•. 1 •
Kl”
■■■
'fejl
Wale & ^olöeiu
Sin (»eiliges Xier im ftönigceid» Siam: 3 nbra, der roeijje (Elefant non Sangtot,
ber in ber fiatnefifd)en Utangorbnung gieid) hinter ber Königin rangiert.
Digitized by t^ooQle
UM. 3 o$n tfoltln.
3teue Slnmenbung eines alten i)eit oer | aij i e ns:
Der für Ciegefucen auf 6er See eingerichtete Dampfer bei 3oppoler 2terj(eoereins.
^oftheatcraialer ftaufsfp,
fertigte bte ©eforation au bem Ballett
„Sarbanapal" an.
auf Bed oerfeben ift, fährt bie Fronten in 6er Bucht umher.
Bei ber oom tfaifer oeranlaßten Neubearbeitung bes Bal¬
letts „©arbanapar fam ben Beforattonen noch größere Be»
beuiung 3 U als geroöbnlid). 2Bir bringen eine Aufnahme bes
a eatermalers tfautsfg, ber fte auf (Brunb oon (Entroürfen
eiters ber beutfctyen Ausgrabungen in Affur angefertigt hat.
©ein fünfunbjtoa^fgiähriges Jubiläum als Bireftor ber
©termoarte unb Orbinarius für tf)eorettfcf>e Aftronomie an ber
beutfdfen Unioerfität in tyraq feierte unlängft Brofeffor Br.
fiabislaus SBeinef. Ber (Belehrte erfreul fid) in ber roiffenfchaft*
liehen Söelt l)ol)en Anlegens.
Ber Berbanb beutfdjer tfriegsoeteranen f)öt füglich in ftanau
feine 14. ©eneraloerfammlung abgehalten. Ber Berbanb, ber
1894 begrünbet tourbe, befltoecft bie Unterftüßung l)ilfsbebürf*
tiger tfameraben, pflegt bie Xreue 3 U tfaifer unb Neid) unb
forgt 3 ugleid) für famerabfd)aftlid)es (Beleit bei Beerbigungen.
UM 0 Salbmam«
Bon linfs na dt) re<$ts: 0. 6d)önt)err, Sbemnift; (8. Stuben, BorbecT, (8. Seebad, halle a 6.; 2. 6d) ul bau ftranffurt a 2Jt.; C. hartenftein, Brest**;
t). Slmbt, halle a. 6., Borfiftenber; 0. Dorl, ©teufjen; 3. grütjauf, Breslau; Dr. phil. Brenbide, Berlin. 2. Bub, Ceipjig.
Bon ber 14. (Bcneraloerfammlung bes Berbanbe* beuffdjet ftriegsoeferanen in $anau: Ber Berbanbsoorffanb.
Sdjlufc bes rebottioneUeti leite.
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Google
Kummer 37.
12. September 1908.
Seite I.
Die bisher übliche fltetßobe
bas Haar 3U pflegen, beftanb in ber Siegel barin, morgens
bas i)aar mit einer fpirituöfen glüffigfeit, fogenanntem
Haarwaffer, 311 befprengen, biefe glüffigfeit etwas im j)aar
ßerumsureiben unb bann oerbunften 3U laffen. Slacß biefer
ißro3ebur ift man in ber Siegel fcf>r befriebigt, 3ießt feinen
Sdjeitel unb bitbet fid) ein, 3um Sprießen unb 3ur Äon»
feroierung ber Haare bas Seinige getan 3U hoben.
Diefes Spftem, bie jjaare 3U pflegen, hot gar feinen
Sinn. ÜJlan oergegenwärtige fich nur, wie es in ber Siegel
auf bem Kopf ausfiebt, wie bie Haare in ber Kopfhaut
fteefen, unb wie fie erfahrungsgemäß sugrunbe gehen.
Da s j)aar fteeft, wie jeber in Stbbilbungen feßon häufig
gefehen hot, in einer Vertiefung, bem fogenannten Haarbalg,
ber in bie Kopfhaut wie in eine ©rube hineingeht unb bas
Haar, roie ein Hanbfcßuß ben ginger, eng umfcßließt. 21 m
oberen Slanbe biefer ©rube fißen Heine Dalgbrüfen, bie
bas Haar einfetten. 6s ift bas biefelbe weife ©inrießtung,
wie fie überhaupt für bie menfehüche Haut befteht, bie eben=
falls fortwäßrenb burch bie Xätigfeit ber Hautbrüfen mit
einem leichten gettüber3ug oerfehen wirb, ber fie gefeßmeibig
hält unb auch oor äußeren ©inflüffen feßüßen foll.
Slun hot biefe 6infettung bei ber Haut fowoßl wie bei
ben paaren ben Slacßteil, baß fehr häufig 3U oiel gett
probu3iert wirb, bas fich bann natürlich irgenbwo nieber-
SBenn man nun auf biefe gettfeßießt, am fie auf ben
meiften Köpfen fich befinbet, eine fpirituöfe glüffigfeit
(Haarwaffer) gießt, fo oottsießt fich folgenber lßro3eß:
Die fpirituöfe glüffigfeit töft bas gett an ber Stelle, wo
fie h*ntropft, auf, es gibt eine 2lrt gettemulfion. Sleibt
man nun mit ben gingern biefes gelöfte gett auf bem
Kopf herum, fo fchmiert man biefe Schicht, bie man
eigentlich herunterhaben will, nun auf ber Kopfhaut aus*
einanber. Stach einiger 3 eit oerbunftet bie geueßtigfeit,
bie gettfeßießt bleibt auf bem Kopf unb ift fogar noch
fefter als oorher. Den paaren geht es alfo noch fchlimmer
als oor ber Vefprengung.
2Benn man fich bas flarmacht, was jeber an feinem
eigenen Kopf fehr leicht tontrollieren fann, fo wirb man
ohne weiteres oerftehen, baß nur ein SJtittel bentbar ift,
bie Haare unb bie Kopfhaut 3U pflegen, unb bas finb
gans einfach Sßafeßungen ber Kopfhaut mit einer geeig*
neten Seife.
SBenn man nun weiter weiß, baß bie obenerwähnten
gettfehichten einen oorsüglicßen Släßrboben für parafitäre
6rreger oon Hautfranfßeiten abgeben, woburch ber Haar*
ausfalt weiter begünftigt wirb, fo wirb man gut tun,
eine Seife 3U nehmen mit einem antifeptifchen Sufaß,
ber biefe 6rreger an ber ©ntwicflung hemmt.
laffen muß. Diefes gett
troefnet ein. 2 ln ©e* .
ficht unb $)än-'
ben, wo
Unter allen 3 ufäßen biefer 2 lrt hot fich, wie allgemein
befannt, ber leer als gerabe3u foUoeränes
SJtittel bewährt. Der leer wirtt antifeptifch unb
A hot außerbeni bie bemertenswerte ©igenfeßaft, bie
■ Xätigteit ber Kopfhaut unb bamit bas SBacßstum
Rf ber ffaare an3uregen. Droß biefer ©igenfeßaf*
Jw ten, bie in ber ÜRebijin ßocßgefcßäßt werben, hot
fich ber leer 3ur Kopfwäfcße boch nicht fo einbür*
gern tönnen, weil oielen ber ©erueß einfach uner*
Möglich ift unb bie gewöhnlichen Deerpräparate, wie fie
B bisher im Hanbel waren, in oielen gäden boch un*
angenehme Steismirtungen heroorriefen.
©s finb beshalb jahrelange Verfucße angeftellt worben,
um ben leer in geeigneter 2Beife um3uarbeiten, unb es
ift fcßließlicß gelungen, ein faft geruchlofes Deerpräparat
hersuftellen, bas auch feine unerwünfeßten Siebenwirtungen
mehr hat. Diefes Präparat (Vittgien genannt) würbe fo*
, bann mit fiüffiger milber Kalifeife oereinigt 3uitr V ig a 0 0 n
l unb fo enblid) bas längft ge[ucßte Xeerpräparat für
I Kopfwafcßungen gefeßaffen.
K Das tßifaoon löft mit ßeießtigfeit Scßuppenunb Scßmuß
A oon ber Kopfhaut, gibt einen pracßtooüen Schaum unb
R läßt fieß fehr leicht oon ben Haaren ßerunterfpülen. ©s
R hat einen fehr fompathifeßen ©erueß, unb infolge feines
^ leergeßaltes wirft es parafitärem Haarausfall ent*'
gegen. Scßon nach wenigen Vi£aoon* 2 Bafcßungen wirb
jeber bie wohltätige SBirfung oerfpüren, unb man
fann rooßl bas VU'aoon als bas Obealmittel für
1 - Haarpflege anfpreeßen.
V'Eaoon, ÜJlonate ausrei*
einfeßlägigen ©efcßäften er*
Sitte befferen grifeur*
! 2 Bafd)ungen aus.
man biefen Ueberfcßuß 3ufolge bes fict)
baran ßoftenben Scßmußes balb äußerlich
waßmeßmen fann, hat man fieß feßr balb
baran gewöhnt, biefen Ueberfcßuß einfach
weg3uwafcßen. 2 !uf ber Kopfhaut aber, wo
biefe gettablagerungen nießt in bie Slugen
fallen, häufen fie fieß natürlich immer meßr
an, unb ba bie Haare große Staubfänger
finb, bilben fieß barauf fehr balb biefe
Scßicßten, bie ben Haarwuchs beeinträchtigen,
Das ift eigentlich fo felbft*
oerftänblicß, baß man fiel)
munbern muß, baß fo wenig
SJtenfrßen barauf aeßten.
SBill man feine Haare
möglicßft lange gefunb erßal*
ten, fo ergibt fieß hieraus gan3
flar, baß biefe gettfeßießten fo ^R
oft wie möglich weggefeßafft
werben müffen, bamit bas
Haar in feinem SBacßstum
ünbeßinbert bleibt, gewiffer*
maßen Cicßt unb Suft hat.
«
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12. September 1908,
'Jlummer 37.
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Stummer 37.
12 . September m
Seite III.
Dies unb bas.
Reiterfunftftütfdjen finb ber ©hrgei 3 jebes
jugenblicf en Sportsmannes unb Oer 3ettoertreib fchnei*
biger KaoaUeriften, befonbers in tleinen ©arnifonen.
R&as alles erfonnen unb ausgeführt wirb, mit ©lücf
ober Unglücf, berieten bie Rnnalen ber Rennbahnen
foroie bie münblichen Ueberlieferungen in aller Rus»
führlichteit, fo baft ber ©hrgei 3 bie Kameraben wohl
in einen SBettbewerb um bie befte Braoourleiftung
hineintreibt. Das Springen über Hürben muß —
als ju einfach unb ju oft geübt — nach 3Rögttd)teit
erfchmert werben, unb fo wirb auch mal «ine 3 trfus*
nummer geritten, mie es auf bem Bilb nebenan 3 U
fehen ift. So oiel Rufmerffamfeii bem Reiter ge¬
bührt, fo oiel Sntereffe oerbienen aber auch bie
Hauptafteure: bie $ferbe. Die Unruhe bes „5)inber-
niffes", (ein neroös 3 urüctgeri<hteter Blid, bas Rach¬
geben ber Hinterbeine, alles beutet barauf hin, baß
bas Xier ficb feiner gefahrootten Oage bemüht ift.
Denn ein Hnffchlag genügte, bem unfreiwilligen Ber*
fuchsobjeft fchweren Schaben be^ufügen. Diele ©in*
ficht tann man bem Springer an ben Rügen ablefen,
unb was an ber Kunft bes Reiters au berounbern ift,
muh an ber Rngft beiber Xiere bebauen werben.
Seines, fchönes 9Renf<henhaar wirb oon^ahr
3 u 3 ahr teurer, fo bah bi« erften $arifer Srifeure auf*
ben ©ebanfen gcfommen finb, gan 3 e Ortfchaften als
3 nbuftriegebiete für bie ©rwerbung oon langem
Srauenhaar „an^ufaufen". ©s gedieht bies in
ähnlicher Rrt, wie ber Kornhänbler ben Halm auf
lauft, noch ehe er fchnittreif ift. So hat man jefot
ein Heines, meltoerlorenes Dorf in ben Bor*
pgrenäen entbectt, bas wohl als Ritenheim beneid)*
net werben barf, benn es wohnen bort faft aus*
fchliehüch ßeute, bie fid) nach einem arbeitsreichen
geben in biefe ©infamteit 3 urücfge 3 ogen haben. 3hr
(tjortfefeung auf 6elte V.)
3 « bet; 2 lera bet;
& ^ nfer mobemes Kulturleben wirb beherrfcht oon ber Uhr.
^ I Die ganse ungeheure Rrbeitsleiftung unferer 3«ü, ihr gan 3 er
£ m Riefenoertehr ooÜ 3 ieht fid) nad) bem ©locfen|d)lage ber
Stunbe, nach bem Minuten* unb Sefunben*3eiger. 3Bas
für ben Steuermann ber Kompaß, bas ift für ben mobernen
ÜRenfchen bie Uhr. 5Ber [icher 3 um ^iete fotnmen will, muh eine
gute, egattgehenbe Dafchenuhr haben.
2 Bie fteht es nun mit biefem wichtigen Kultur-3nftrumente?
Die Dielen billigen Uhren, bie überall angepriefen werben, finb
fehlest, gehen ungenau, haben ein gefchmactlofes Reußeres unb
werben burch immer mieberfehrenbe Reparaturen fchliehüch recht
teuer. Die wirtlich guten Uhren aber, bie ©bronometer ic., finb
fo toftfpielig, bah fl« für bie Rügemeinheit nicht in Betracht tommen.
Rus biefen latfachen erflärt ft* bie Bebeutung unb ber 2Bert
ber NOMOS-Uhr.
^Die NOMOS-Uhr ift bie mobeme Uhr, bie bei mähigem greife
mit hoher tecßnifcher Boüenbung bes
5£erfes, mit ftets gleichmäßigem, genauem
©ang ben eblen Stil unb bie oornehme ©le*
gan ,5 ber Sorm unb Rusftattung oereinigt. Die
Nomos* Uhr ift in allen Seilen aus erftem
Rtaterial gefertigt unb oerfehen mit fämtlichen
michiigen Reuerungen unferer hochentwicfelten
Uhrentechnit. Die heroorragenbe ©angficherheit
ber Nomos -Uhr wirb oon namhaften Sachautori¬
täten auf ©runb methobifcher Prüfung bestätigt. 3hre Schönheit aber
bilbet bas ©nt 3 ücfen aller Kenner, ©er fich eine NOMOS-Uhr an*
fchafft, hat für fein ganses geben eine technifch wie tünftterifch erft*
Haffige Uhr!
2Ran oerlange bie reich ausgeftattete RufHärungs-Brofchüre
„Die mobeme Xafäenuhr", Die jebem Sntereffenten oon ber
Nomos-(Jhr-Gesellschaft, Glashütte L 5. (Bf. 173), toftenlos un3
portofrei sugefanbt wirb.
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Belte IV.
12. September 1908.
Stummer 37.
• SA
[•■•iSiSSsssssS 8 '
Warnung!
Die säm.lichen Warenzeichen, die die Mönche der
Chartreuse
beim Verkauf des weitbekannten Likörs benutzt haben, sind im Deutschen
Reiche nach wie vor auf den Namen des Abb6 Albert Rey in der Rolle
des Kaiserlichen Patentamts eingetragen.
Die Versuche des von der französischen Regierung zum Liquidator über
das Vermögen der Päres Chartreux eingesetzten Dr. jur. Lecouturier und
seiner Rechtsnachfolgerin, der Compagnie fermtere de la Grande Chartreuse,
die Uebertragung dieser Warenzeichen auf sich zu erlangen, sind vom Patent¬
amte zurückgewiesen.
Das Reichsgericht hat in der Streitsache betr. die Chartreusemarken
durch Urteil vom 29. Mai 1908 dahin entschieden, daß die Chartreuseraarken
nicht mit dem französischen Vermögen der Karthäusermönche auf den vom
iranzösischen Staate eingesetzten Liquidator übergegangen sind. Dies hatte
bereits das Urteil des Oberlandesgcrichts Hamburg angenommen. Das Reichs¬
gericht hat die Revision des Liquidators Regen dieses Urteil kostenpflichtig
zurückgewiesen. Damit ist anerkannt, daß die Chartreusemarken Im
alleinigen Besitz der Karth&usermönche und des eingetragenen In¬
habers, des Herrn Albert Rey zu Barcelona sind.
Demnach ist weder Dr. jur. Lecouturier noch seine genannte Rechts¬
nachfolgerin berechtigt, den — übrigens ohne Kenntnis des alten
Rezepts der Mönche — hergestellfen Likör mit- dem dem Abbt Albert
Rey als Vertreter der Mönche geschützten Warenzeichen zu versehen oder
feilzuhalten.
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Jeder, der zum Vertriebe des nicht von den Pferes Chartreux stammen¬
den, mit den für diese geschützten Warenzeichen versehenen Likörs im Deutschen
Reiche mitwirkt, verstösst gegen die Bestimmungen des Gesetzes zum
Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894. und wird von dem Unter¬
zeichneten inländischen Zeichenvertreter des Abb6 Albert Rey zivil- und
strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wie denn auch
derartige Maßregeln bereits diesseits ergriffen sind.
Hamburg, den 24. Juli 1908.
Der Rechtsanwalt: Dr« Julius Levy.
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Kummer 37.
12. September 1908.
Seite V.
langes Haar — eine (Eigentümlid)feit ber Bäuerinnen ber Sßgrenäen
— roirb foaufagen mit ifyrern Stopf getauft, benn bie grauen fcaben
bie SBerpfftd)tung, tfjr Haar auf bas petnflAfte au pflegen, je auf
ftrenge Storpertuttur au galten, fo baß bie (Büte unb Schönheit bes
Haares nirf)t erft fpater bur* fönftliAe SDttitel fceroorgerufen au
»erben brauet, fonbem mit f)tife ber Batur „auf lebenbem Sffiege"
fid) oon felbft ergibt. 2tlIjä()rtV mirb einmal große (Ernte gehalten unb
fUbem graues unb föneemeifjes, tabeUos gepflegtes Haar mit fe&r
bebeutenben Summen besagt.
OO
Bfl(f)erfafeL
£rfpre<$ung einzelner ®erfe oorbeljaUen. fUfitffenbung finbet in (eintm 9aQ ftatt
Slluftrierter Katalog über bie p^otograpbifc^e SlusfteKung
oom 24. 2tuguft bis 18. September 1908 im Stotfer*$riebrV*SBufeum
in Sßofen. 37. S&tanberoerfammtung bes ©eutfd)en Biographen-
oereins. SBeimar, Verlag ber ©euifd)en $^otograpf)enaeitung (Karl
Schmier).
Brof Dr, Hans (Bubben: „Ueber ÜBaffenfuggeftion unb pfQd>ifd^e
SKaflenepibemien". *Bün$en, Berlag ber „zleratlic^en Bunbföau"
(Otto (Bmelin).
(Ernft gregmut: „Be$tsanmälte unb Stmoaltsfammem". (Ein
Beitrag aur Suftiareform. ßeipaig, Berfagoon ßouis Baumann.
Dr. med. Hermann 2Battenberg: „BMe oerföaffen mir unferen
Hinbem gefunbe Stoodjen unb erfyctyen babuxd) bie Söiberftanbsfraft
bes Körpers gegen Stoanffcett?" Btündjen, Berlag ber „iterativen
Bunbfc^au" (Otto (Bmelin).
©r. SB. SB tan cf e: „Unfer Hausgeflügel".' (Ein ausführliche# Hanb-
buch über 3ud)t, Haltung unb Bflege unferes Hausgeflügels. 1. ßtef.
SBerlin, SBertag oon griß SPfennigftorff. 50 Bf-
föortfefgung auf 6eite VI).
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zur Unterhaltung der Paffagiere auf einer Nordland-Fahrt.
Hn regnerifeben Tagen und abends, wenn der Aufenthalt auf Deck nicht mehr
möglich ift, tritt das T'\'W TT TtT T"" 7 V fein Rrcbt. — Das
PIflNOLn
PIflNOLfl
bedeutet Muflk—Muflk im
beiten Sinne, denn mit dem
PIHNOLfl
kann jeder obne Vorkenntniffe künftlerifcb Klavier fpielen, und überdies nach
eigener Auffaffung. — Das Pianola-Repertoire ermöglicht die Auswahl unter
allen Kompofitionen der Welt, man kann alfo klaffifche Muflk, Volkslieder,
Tänze ganz nach Belieben und perfönlicbem Oefcbmack auf dem Klavier in
künftlerifcher Weife zum Vortrag bringen und empfindet gleichzeitig dabei
die unvergleichliche Freude, felbft gut Klavier zu fpielen.
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!0k
.'V
Seite VI.
12. September 1908.
Stummer 37.
Dr. Dammann: *2)ie gefdjledjtfidje graue". Mufflärungen über
ein buntles (Bebiet für jebermann, insbefonoere für unfere reifere
gugenb. £eip 3 ig, Seutoitiaoerlag.
OO
'Verschiedene Mitteilungen.
— Der Spätsommer ist da, die Abende werden schon er¬
heblich kürzer und vor allem kühler, und man muss sie schon mit
Vorsicht gemessen. Zur Vorsicht gehört, dass man sich vor Er¬
kältungen hütet und vorhandene Erkältungen nicht alt werden lässt,
und in beiden Fällen rühmt man Fays echten Sodener Mineralpastillen
geradezu gl nzende Erfolge nach. Wir hoffen, vielen unserer Leser
mit einem Hinweis auf die Pastillen einen Dienst zu erweisen.
— Auszeichnung. Auf der großen Deutschen Ausstellung
für Bäckerei Konditorei und verwandte Gewerbe in Hannover wurde
der Firma Cannstatter Misch- und Knetmaschinen-Fabrik, Cann-
statter Dampfbackofen-Fabrik, Werner & Pfleiderer, für ihre in Be¬
trieb vorgeführte Musterbäckerei und Separat-Maschinenausstellung
die höchste Auszeichnung, Diplom zur Goldenen Medaille, verliehen,
wodurch die Anzahl der Auszeichnungen der Firma die Zahl 158 erreicht
— Für Zeppelin. Das in der „Hessischen Landesausstellung* 4
in Darmstadt am 19. August d. J. zugunsten Zeppelins veranstaltete
große Orchesterkonzert ergab einen Ueberschuß von tausend Mark.
Besonderem Interesse in dem reichhaltigen Programm begegneten
die Vorträge des Herrn Jules Garso auf der „Phonola“.
— Die weltbekannte Firma „Lyra-Fahrrad-Werke* zu
Prenzlau versendet soeben vollständig kostenfrei auf Wunsch an
jedermann ihren diesjährigen Winterprachtkatalo?. Das schmucke,
sich in vornehmer Ausstattung präsentierende Handbuch ist in Wort
und Bild für jede Familie ein treuer Ratgeber für die herannaheude
Weihnachtszeit. Einzig dastehend ist darin die überaus grosse
Auswahl praktischer Geschenkartikel jeder Art in Leder-, Luxus-
und Spielwaren, in entzückenden Puppen, Christbaumschmuck,
gerahmten Bildern usw. Auch zeigt die neue Saisonpreisliste, dass
(Fortsetzung tut Seite VII.) __
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stattliches Preisbuch wiederum den Beweis, dass sie ihrem Ge¬
schäftsprinzip treu geblieben ist, dem sie ihren Weltruf verdankt:
nur erprobte Waren in besten Quali äten zu möglichst billigen
Preisen zu liefern. (Siehe Anzeige in heutiger Nummer)
— Ein? hervorragende Auszeichnung ist der Berliner Firma
L Zucker & Co. zuteil geworden durch Verleihung der Grossen
„Silbernen Medaille“ auf der kürzlich beendeten „Ersten grossen
Fachausstellung des deutschen Drogisten-Verbandes“ zu Bo hum.
Wenige Wochen vorher hatte Dr. med. Einfeldt auf dem diesjährigen
Dermatologen-KongrCss zu Frankfurt a. M. auf die günstige und zu¬
verlässige Wirkung von „Zuckers Patent-Medizinal-Seife“ hin¬
gewiesen, und das lebhafte Interesse, das seinem Vortrag entgegen¬
gebracht wurde, beweist die hohe Wertschätzung, deren sich
„Zuckers Patent-Medizinal-Seife“ auch in ärztlichen Kreisen erfreut.
Für die Allgemeinheit mag die obige offizielle Ehrung ein neues
Glied in der Beweiskette für die dominierende Stellung sein, die
die „Zuckooh“-Prä arate auf dem Gebiete • der Behandlung und
Pflege der mensc liehen Haut einnehmen.
— 17 Rennen — 17 Siegel Die lange Kette glänzender Tor¬
pedosiege gewinnt mit jeder sportlichen Veranstaltung neue Glieder.
I So konnte die Torpedo in dem am vergangenen Sonntag statt¬
gehabten Strassenrennen Feucht—Regensburg—Feucht (180Kilom.)
den ersten, zweiten, dritten und vierten Platz, trotz der Beteiligung
der verschiedensten Nabensysteme, belegen. Die Torpedo hat wieder
einmal glänzend i ie Bevorzugung gerechtfertigt, die sie von jedem
Kenner geniesst, und bewiesen, dass nur auf Torpedo derartige
Erfolge erzielt werden können.
— Bad Soden a. Taunus. Die letzte Kurliste wies die Zahl
von 3070 Fremden auf, und laufen noch immer recht zahlreiche
Anfragen bei der Direktion ein, so daß mit dem Beginn der rheini¬
schen Ferien ein bedeutender Zufluß zu erwarten sein wird. Die
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(Fortsetzung auf Seite XV.)
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Jede Frau
Ihre eigene
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Jede Frau
«■* Jede« junge MIdcben sollten heute mit der
Schneiderei vertraut sein, denn die Kenntnis derselben
gereicht allen ohne Aufnahme au grossem Nutzen.
Vielen Frauen und Töchtern, selbst Schneiderinnen
Melbt die Kunst, ein Qarderobeslück schick und elegant
cuzuachneiden, zeitlebens ein Geheimnis. Um so mehr
Beachtung verdien! daher da* nie veraltende Werk:
*J*de Frau Ihre eigene Schneiderin.* — Dl« Ver-
numcria hat diesem Werke
ihre eigene
pralsgefcrönte, überaus einfach« und spielend leicht er¬
lernbare Methode so tu Grunde gelegt, dass ledermann
■Ich mit Leichtigkeit die gesamte Schneiderei aneignen
fernm. Das System garantiert eleganten Schnitt und tadel¬
losen Sltx aller Garderobeatöcke. Bin Misslingen ist
M ernsthaftem Willen vollständig ausgeschlossen.
Jede Hausfrau und jade* junga Midchen sind daher
imstande, als perfekte
Schneiderin
Hk ddi sowie für Ihr« Angehörigen die ganze Garde-
rebo selbst tierzustellen, wobei ganz enorme Erspar¬
nisse erzielt werden. Schon durch Selbitanfertigung
einzigen Hauskleides hat man den Anschaflungi-
jrect des Werkes verdient. Dasselbe macht sich »m
LAUfe des Lebens tausendfach bezahlt — Die Seibatan*
tsrtifuog amtlicher
Schnittmuster
**di diesem Buchs macht dasselbe zu einem Heas-
echatzo ln de* Wortes vollster Bedeutung. Das Werk
wird daher von jeder Frau und jedem jungen Midchen
anlt Preuden begrimt werden; cs ist das ltngst gefühlte
Bedürfnis jeder Pamilio. — Eine Mappe, entnaltend
IS Schnittmuster
in natürlicher Grösse
fertig zum Zuschneiden und zwar für folgonde Kleidungs¬
stücke: Rrformklatd. Rtforrajflckchoa, 7-Bahuen-
Reck, Moderne Blusa. Tsill«, Jackett. Asrmei. Kln-
der-, Prlnzess-Kiald. Knsbanbluse, Matrosankragen.
»trd dem Werke
vollständig gratis beigegeben.
Bedeutend vsrklsinerts Abbildung des Werkes.
Kurzer llsberbllok flbor d. Inhalt.
ERSTER TEIL.
Das Massaahmaa, die StoflliaraehaonB,
Sa Habt- und Stloharten and du Nike«,
Pllttaa ud BBgala, daa Zaaabaaldaa,
die Anprobe ata.
ZWEITER TEIL.
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muster la aatbrllcber Grösse.
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ieht einen Pfennig
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an Schneiderlohn; zu sämtlichen Kleidungsstücken
fllr Damen. Mädchen, Knaben. Babys usw. brauchen
Sit sich nur
Stoff und Zutaten
iu kaufen, allea andere, vom einfachsten Hemd bis cum
feinsten Kostüm, können Sie sich selbst unfertiges,
wenn Sit das Werk ..Jede Frau Ihre eigene Schnei¬
derin", welches durchaus keintr Mod« unterworfen int,
besitzen.
En klingt fast unglaublich
wenn man behauptet, da** schon Tausende Frauen. Js
selbst Junge Mädchen von 14 Jahren die schönsten
Kleidungsstücks an Hand dieses nie veraltenden Buches
gemacht haben.
und doch ist es wahr!
Die glückliche Idee der Verfasserin, jedem Kleidungs¬
stück eine Grundform zu geben, die jeder begreifen muss,
Ist es, was die Sachs so kinderleicht macht, und dem¬
entsprechend ist das Buch auch mit c«. 700 Abbildungen
versehen. — Ausserdem
vollständig gratis
10 Schnittmuster in natürlicher Grösse.
Sie werden ganz Überrascht
sein,
wenn Sie das erste Kleidungsstück nach diesem Buche,
welches absolut mit der Mode nichts zu tun hat, gemacht
haben. Es ist keine Spielerei, kein schematische«
Abkopieren von Mustsrn usw:, sondern
|V la der Tat lat jede Free and jedes logge Hld-
PSr eben Imitende, In kurxer Zelt schicke, mol
«W* Eleldongestfioke von A-Z selbst bersustellen.
Das Buch Ist eins Kapitalsanlage für Jede Familie.
Edmund Herrmann, Vertag, Berlin 0.17
I Ei gibt kein f weit es, tfir dei Selbst-Unterricht so leloht verstftndllches Work; dasselbe ersetst vollständig den toooren Unterricht in einer
Eisetaaldeichule oder Akademie, welcher mehrere hindert Mark kosten würde. — Das Work steht ln der Art der Anslflhrnng konkurrenzlos
da; es veraltet nie, sondern leistet nach 100 lakron noch genan dieselben guten Dienste wie heute.
—— Empfehlungen. -
f ers *° Bluse und welche Ich mir, ohne annähernd
Befriff davon zu haben, nach Ihrem Buche gemacht, sassen tadellos
«na Ist Ihr Werk Im wehren Sinne des Wortes sine Wohltat
für die Menschheit. Mathilde Rosenbaum.
m * ch nicW t dasselbe gekauft zu haben, da Ich dadurch
dte früher gehabten Schneiderinnen-Unkosten und andere Unannehm¬
lichkeiten gespart habo. Frau Theodor Kemp.
... Phne Vorkennlnlsss ist ss mir mit Hilfe Ihres vorzüglichen
Wonces gelungen, meine Qarderobe selbst anzufertigen. Von der
NÜUIlchkoit Ihres Werkes überzeugt, werde ich nicht ermangeln,
Ihr Werk meinen Bekannten und allen von der Schule abgehenden
Kindern betten* zu empfehlen. M. Stein. Lehrerin.
Getraue mir wohl zu, jede Art von Damen- und Kindergarderobe
nach dieser Methode selbständig anzufertigen. Elisabeth Hogeforster.
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vorzflglloh. Werkes
beträgt gegen .bar
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wendet. Als Vollkommen reines Produkt aus den edelsten Rohstoffen löst sie den
Schmutz durch ihre eigene Reinigungskraft und schont dadurch die Wäsche, erspart
Zeit, Arbeit und Qeld. Pei Anwendung der Sunlicht Seife unterlasse man das Viele,
der Wäsche schädliche Reiben, das nur bei geringwertigen Sorten erforderlich ist. —
«BBofle« Mr. 3&
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Selig aus ®nabe. Roman oon SMEorrei. (©dblufj*.1662
Barifer j)erbftmoben. (UKit 11 BbtUbungen).1664
Silber aus aller ffielt.1669
Die fieben Xage bet Boche.
10. September.
Aus Brfiffel toirb gemelbet, baß ber befgiföe Senat ben
non ber Deputiertenfammer bereits genehmigten Vertrag über
bie Abtretung bes Äongoftaate an Belgien mit 63 gegen 24
Stimmen angenommen i)aL Damit ift bie Uebemahme ge»
feßfich erlebigt.
Sn Karlsruhe tritt ber 29. beutföe Suriftentag gufammen.
Das ©efamtergebnis ber für bie 36ppe(in[penbe eingegan»
genen Beiträge ftellt fich auf mehr als nier ÜJiifffonen Btarf.
Durch ein Srabe bes Sultans tnirb bie (Errichtung eines
oberften Äriegsrates für bie ßanbesoerteibigung in ber Xürfei
angeorbnet.
Sn Äonftantinopel trifft bie Nachricht non einem Stampf
bei Biranfcßir ein, in bem bie Stürben Sbrahim Bafchas 140,
bie Dürfen 20 SDtann nerloren haben.
11. September.
Sn ber perfifchen fßrooina Afherbeibfehan bauern bie Stampfe
fort. Das 20 SBerft oon Xäbris entfernte Dorf Sarban mürbe
oon ben Xruppen bes Schahs bombarbiert unb niebergebrannt
Der Staifer erflärt bei einem Befuch ber Stabt Stolmar im
Oberelfaß aufs neue, baß ber griebe erhalten bleiben merbe.
Sn 3 mei an ben Statthalter gerichteten (Erlaffen brücft ber
ftaifer feinen Dant unb feine hobt Genugtuung aus für ben
herzlichen (Empfang, ben er fomohl im (Elfaß mie auch in
H©t|ringen gefunben hat.
Bei ber fteichstagserfaßtoahl für ben nerftorbenen national*
liberalen Abgeordneten non Kaufmann in 2Bolfenbütiei»5)eimftebt
mirb eine Stichmahl 3 toifchen bem Sfanbibaten ber nereinigten
nationalen Parteien unb bem Sosialbemotraten notmenbig.
Der Bebafteur ©regori, ber im Sani bei ber golafeier im
Pantheon ben Btajor Dregfus burch Dteooloetfchüffe oermunbet
hatte, mirb oon bem ^ßarifer ©efchroorenengericht freigefprochen.
12. September.
Der Staifer trifft mit ben Brin 3 e .11 Auguft BMlhelm unb
Ösfar auf ber DBilbparfftation ein; er mirb oon ber Staiferin
am Sahnhof begrübt unb begibt ficf> mit ihr im Automobil
nach bem Steuert Calais.
Das lenfbare ÜJtilitärluftfchiff unternimmt unter Rührung
bes Btajors ©roß eine nächtliche gahrt oom Xegeler Schiefe*
plafe bei Serlin nach Biagbeburg unb aurücf. Der Ballon
bleibt babei ohne Unterbrechung 13 Stunben unb 2 SDtenuten
in ber ßuft (Abb. S. 1639).
Sn Dänemart mbtj bas Btinifterium (Ehriftenfen, beffen
Stellung burch &ie Affäre bes früheren Sufttomintfters Afberti
(Bortrat S. 1640) erfcbüttert ift, feine (Entlaffung, bie oom
ftönig griebrich angenommen mirb.
13. September.
Sn Mrnberg mirb ber foaialbemotratifche Parteitag eröffnet
SJhtlai) S)afib fenbet ton bas biplomatifd^e llorps in Xanger
eine 3itfularnote, m ber er um feine Anerfennung burch bie
Mächte Rittet unb erfläct, bafe er bie Algecirasafte anerfenne.
14» September.
3m Ausmärttgen Amt 3 U Berlin überreichen ber fpanifche
unb ber fran 3 öfif<he SBotfdjafter gteichlautenbe Steilen über bie
Stellung ihrer Regierungen ju ber Anerfennung SWulap S)afibs.
Die fpanifchen (Eortes merben gefchloffen; bie (Eröffnung
ber neuen Seffion mirb auf ben 12 . Qftober anberaumt.
Der Staatsfetretär bes Reichsfolonialamts Demburg fehrt
oon feiner fübmeftafrifanifchen Steife nach Berlin jurücf.
15. September.
Der $arfeoaiba(fon unternimmt eine gahrt nacb SJtagbe»
bürg, oon ber er nach mehr als elfftünbigemununterbrochenem
Aufenthalt in ber ßuft auf ben Xegeler Sch«ßplaß jurüeffehrt.
Sei ber Reichstagserfaßtoahl in Speger«ßubmigshafen
mirb an Stelle bes nerftorbenen Sojialbemofraten (Eljrharbt
ber So^ialbemolrat Binder gemählt
16. September.
Der $arfeoalba(lon mirb bei einer gahrt über bem ©rune»
malb oon einem 2Binbftoß erfaßt unb 3 um Sinfen gebracht.
Sn Serlin tritt bie interparlamentarifche Union aujammen.
o o o
Das 3nfelreicfe unb ber Kontinent
SBon 3. 2L Spenber*).
SBenn man nur bas englifdje SBolf überzeugen tonnte,
bag bas beutf<f>e glottenbauprogramm nicht gegen ©ng»
lanb gerietet ift, unb roenn man bas beutfd)e Soll
überzeugen tönnte, bag bie britifdje SJerftänbigung mit
tJrantreid) unb Stuglanb nit^t gegen Deutfdjlanb zielt,
fo märe ber ganze eng(if<^°beutfc^e Streit zu ffinbe.
SBenn man bies feftgefteOt i)at, fdjeint bie 6ad)e läcf)er(icf)
einfach, aber ihre Scbmierigfeit liegt gerabe in ber lat»
fadje, bag feine Seite zu bem ©tauben gebracht merben
tann, bag bie anbere fo Einfältig ift, an bem Strgmobn
feftzubalten, ber bas SBefen biefes ©egenfages aus»
macht. „2)u tannft hoch unmöglich glauben," fagt ber
Seutfche zum ©ngiänber, „bag unfer glottenprogramm
eine ernfte 33ebrof)ung eurer gtotte ift;" „bu tannft
hoch unmöglich glauben," fagt ber ©nglänber zum
Deutfdjen, „bag mir bei ber Beilegung unferer !Diffe»
renzen mit grantreich unb Buglanb irgenbeine feinb»
liehe Slbficht gegen euch b? 9 en, ober bag mir irgenb»
ein Ontereffe baran hüben, euch oon euren europä»
ifchen Stachbam zu ifolieren." 3eber benft, ber anbere
gäbe nur oor, bas Unglaubliche zu glauben, meil er
*) J. & 8penber, nU^t ju oerioecbfeln mit feinem Bruber J)aroIb, ber ben
tritifeben 6cbagtan}ler filoqb ®eorae auf feiner jflngften Reife nach Berlin be*
gleitete, ift als CCbefrebafteur ber J&eftminfter ®a$ette M , bie er feit 1896 leitet,
einer ber befannteften englifd)en Journaliften. Bis liberaler gehört 6penber
ber gegenmärtigen Regierungspartei an, ber er siele mistige Dienfte aeleiftet
bat, bie er pubti^iftifc^ äufterft geftbiett, bo<b in somebmfter SBeife sertittt unb
befonbers in fragen ber Busianbspolitif berät. Sir entnehmen blefen Brtifei
ber feeben er(<b<inenbcn Rümmer ber fflochenfchrift „(ÜRünchener) Bügemeine
Jeitung - . Die Reb.
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Wummer 38.
Seite 1630.
entfeßloffen fei, einen Stcfitpunft 3 U fcßaffen, roo feiner
e|iftiert, unb in ben Augen ber Bongemaeßer fcßeint
bas oielleicßt bas ungiiriftigfte Symptom.
gragtos mürbe atfo' bie Atmofpßäre gefiärt unb
ein roefentlicßer Schritt 31 fr Berftänbigung getan merben,
menn Deutfcßlanb unb ©roßbritanrtien gegenfeitig oon
ber Aufricßtigteit jebes Zeils bei feinem Stanbpuntt
übergeugt merben fönnten. SBas ^icr in 3Birtti<f>Ceit
gum Ausbrud fommt, ift ber Unterfcßieb gmifcßen bem
Snfelftanbpunft unb bem tontinentaten Stanbpünfi.
Ser 3nfulaner blidt über ben Kanal unb fiefjt un¬
geheure Armeen, gegen bie fein, eingiger Schuß im
Kriegsfall bie glotte ift. Oft bie .QrCotte baßin, fo ift
alles baßin. Sr möcßte bem beutfeßen Beifpiel folgen
unb feine gange Beoölterung gu Sotbaten machen. Aber
biefe Beoölterung mhrb burcß j)anbe( oon Ueberfee er*
näßrt, unb menn bie See oerloren tob re, müßte fie, oßne
baß ein Schuß abgefeuert roäre, oerßungerm Das
Meer ift bie #eerftraße gu feinem fReicß; unb menn
bas Meer nicßt gehalten merben fann, mie foü bas
JReicß befteßen? Stil bies ift tief ins Beroußtfein bes
Snglänbers gebrungen; Ueberiieferung, ©efcßicßte, Sr*
faßrung unb Vernunft macßen bie Seemacht gu einem
Kult für ißn. Keine anbere Station ßat je eine fotcße
Stüße in einer überlegenen glotte unb baßer eine
fotcße Cntfcßulbigung für Befürchtungen in begug auf
biefe befeffen! Daßer bie SBacßfamfeit, bie Smpfinb*
ticßteit unb mancßma( ber SIrgmoßn bes Sngtänbers
gegenüber irgenbeiner eingebilbeten SBebroßung feiner
Macßtftellung gur See. 3ebe britifcßc ^Regierung meiß,
baß eine Stgüation gegen bie glotte giemticß bie fcßtimmfte
Bottsberoegung märe, mit ber (ie gu tämpfen ßaben
fönnte.
3n ber Zßeorie, oermute icß, mürbe ein Deutfcßer
gugefteßen, baß bies ©efüßt begrünbet ift. Stber es ift
ein anberes, bies 3ugeftähbnis in Morten gu macßen,
ein anberes, bas ©efüßt unb altes, mas es im ßeben
bes Sngtänbers in ficß fcßtießt, mirfticß gu begreifen,
©teicß fcßroierig ift es anberfeits für ben Sngtänber,
gu begreifen, roelcßes bie notmenbigen Befürchtungen
einer gefttanbsnation mit ßanbgrengen finb. Der Maffe
ber Sngtänber erfcßeint Deutfcßtanb fo übermächtig
ftart unb im Befiße fo unoerfennbarer Vorteile oor
anberen ßänbern bes Kontinents, baß ber ©e*
banfe, es fönnte über bie'Stärfe unb Dauer feiner
Bofition ernftlicß beforgt fein, für fie einfach unglaub¬
lich ftingt. Das „©leicßgeroicßt ber Mäcßte" ift eine
in Scßutgefcßicßtsbücßern oiet gebrauchte unb 00 m Zages*
joumatiften in Sngtanb neuerbings oft angemanbte
Bßrafe. Stber ber Sngtänber fann nicht fo, mie es
ber Deutfcße tut, bie Bebeutung unb ben SBert bes
burcßgearbeiteten Sgftems füßten, burd) bas bas europä»
ifcße ©teicßgemicßt bemaßrt roirb. Die breite Maffe bes
Bottes in unferem ßanb ift noch nicht fäßig gu feßen,
mie eine Berftänbigung gmifcßen ißrem ßanb unb granf*
reicß ober fRußtanb bie europäifcße ßage anbers als
gum Befferen beeinftuffen fann. Menn biefe Ber*
ftänbigung oon Deutfcßtanb als ein Berfucß, „es gu
ifolieren", ober als eine Störung bes Statusquo gu
feinem Schaben aufgefaßt mirb, ift fie baßer mirfticß
unfäßig gu oerfteßen, roas gemeint ift. Deutfcßtanb,
fo folgert fie, fann biefen Sinroanb füglicß nicht er¬
heben, menn es nicßt mirfticß bas Streben ßat, bas
ißm bie Deutfcßenfeinbe unterfcßieben — bas Beftreben,
nicßt nur feinen Befißftanb gu erßatten, fonbern feine
ÜRacßbarn gu beßerrfcßen, ißnen ißre ißolitif gu biftieren
unb fie gu ßinbern, oßne feine Sinmitligung in De*
gießungen gueinanber gu treten. — Das ift faft un*
oermeibticß ber „ 3 nfetftanbpünft", ber ooüfommen oon
ber tontinentaten Zrabition ifotiert ift, unb ber ebenfo*
menig bie tontinentaten Befürchtungen über eine neue
©ruppierung ber Mächte begreifen fann, mie ber Kon¬
tinent bie Befürchtungen ber 3nfel über einen neuen
gaftor unter ben Seemächten oerfteßt.
Die erfte Zatfacße, bie man fuß ftarmacßen muß,
ift atfo, baß mir ebenfo empfinblicß gegen Störungen
bes ©leicßgeroicßts ber Mächte gur See finb, mie ißr
es gegen Störungen bes ©teicßgemicßts gu ßanbe feib;
bie gmeite, baß jeber oon uns bie Berfucße, ben an*
beren in irgenbmelcßer Begießung gu ßemmen, als einen
Singriff in feine fßrioatangetegenßeiten betrachtet; bie
britte, baß jeber oon uns beunruhigt ift, nicßt über bie
Bemeggrünbe ober Abfichten bes anberen, fonbern über
bie Befultate feiner Zätigfeit. Sin beiberfeitiges 3 U =
geftänbnis biefer Dinge als Zatfacßen, für mie unoer*
nünftig unb unoerftänblicß mir fie auch hatten mögen —
unb genau betrachtet, finb fie meber unoernünftig noch
unoerftänblicß — mirb oiel bagu beitragen, bie Span*
nung gmifcßen beiben ßänbern gu befeitigen. Durch
Erfahrung roirb man ttug. größer, gefteße icß frei¬
mütig, ßatte icß geßofft, baß eine Anbeutung oon Sng*
tanb, es roäte geneigt, ben Mettberoerb im gtottenbau
einguftetten, bas beutfcße Bott geneigt macßen mürbe,
gu biefem 3 ®ed in Berßanbtungen mit ißm gu treten.
Augenfcßeinticß aber mirb, mie mir in ben teßten 2Ro*
naten gefeßen ßaben, jebe 'Berührung biefes ©egen*
ftanbes oon unferer Seite in Deutfcßtanb ats Berfucß
angefeßen, unfere Bormacßt gur See auf ißrem jeßigen
Stanb unoeränberticß feftgutegen unb gu gleicher 3«*
in eine Angelegenheit eingugreifen, bie unfragticß Deutfcß*
tanbs eigenfte Sache ift. Menn bem fo ift, fo märe
jebe meitere Distuffion über biefen ©egenftanb ein
ÜRißgriff, unb mir müßten gufrieben fein, für eine all¬
gemeine Befferung ber Begießungen beiber ßänber gu
roirten, bie in abfeßbarer 3 «t beiben Erleichterung
bringen tönnte. Aber umgefeßrt bürfen mir oietteießt
00 m beutfeßen Bott unb ben beutfeßen 3^itungen
forbern, baß fie einfeßen, baß bie Abtommen unferes
ßanbes mit grantreieß unb fRußtanb über gang be*
ftimmte Dbjefte getroffen finb, an benen biefe Mächte
befonberes 3ntereffe hatten, unb baß biefe Abtommen ficß
fo menig gegen Deutfcßtanb rießten, mie ber Ausbau ber
beutfeßen gtotte gegen Sngtanb. Äatürlicß mirb es bann
babei bleiben, baß mir uns beibe mit ben Srgebniffen, mie
fie nun finb, abfinben müffen — baß ißr alte Maß*
regeln, bie ißr für nötig ßaltet, gegen eine roeniger
günftige ©ruppierung ber Mächte treffen müßt, unb
baß mir fo oiet Schiffe bauen, mie mir für nötig hatten,
um unfere Sicherheit gur See gu beroaßren. 3ebocß,
barin liegt teinertei ^erausforberung. Bötter ßaben in
oolttommener greunbfcßaft miteinanber gelebt, roäßrenb
fie jebe oernünftige Maßregel gegen eine mögliche,
menn queß ferne ©efaßr infolge ber Lüftungen ober
ber Bolitit bes anberen getroffen ßaben. Die heraus*
forberung liegt nur barin, bem anberen Bemeggrünbe
millfürlicß untergufeßieben. Menn mir eßrticß glauben —
roas icß meinerfeits tue — baß in ben Mettftreit gmifcßen
©roßbritannien unb Deutfcßlanb oon teiner Seite feinb*
ließe Motioe geroorfen gu merben brauchen, merben
mir fofort eine rußigere Anficßt oon ben Dingen ge*
minnen unb in einer Stimmung fein, in ber mancher
Ausgleich möglich fein bürfte.
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Stummer 38.
Seite 1631.
Soffen Sie micf) ein inenig bei bem oerroeilen, mos
id) ben „ßnfelftanbpunft" genannt ijabe, unb 3U er»
Mären oerfudjen, «nie ber Burcßfeßnittsenglänber ben
neuen Kurs ber britifcßen ausroärtigen Bolitif anfießt.
SBir hoben ein Beicß, bas an oielcn Sßunften ber Sßelt
mit grantreich unb Bußlanb geographifcß in Berüh*
rung lammt, aber faum irgenbroo mit Deutfcßlanb.
SBäßrenb bes größten Beils bes oerfloffenen Blenfeßen*
alters hoben sroifcßen uns unb jenen beiben Btäcßten
mehrfach cßronifeße gragen gefcßroebt, bie ftets eine
Quelle ber Reibung roaren unb gelegentlich eine pofi*
tioe ©efahr bebeuteten. 3 « unferem großen Sßorteil
ift es uns, burch bie franjöfifche ©ntente unb bie anglo*
ruffifche Berftänbigung, möglich fleroefen, uns unb fie non
biefen periobifcßen Ur*
fachen ber Beunruhigung
3U befreien. Sßenn ftcf»
irgenbein Stnlafj gebo*
ten hotte, mürben mir
ficher mit bem beften
BMllejtj. auch mit Beutfcß*
lanb* uns oerftänbigt
haben. Stllerbings hoben
mir in einer beftimmten
grage —ber maroffa*
nifchen — in ber mir
granfreich unfere Unter*
ftüßung 3ugefagt hot»
ten, ihm biefe auch 3U*
teil merben laffen, als
Beutfeßlanb anberer 2ln=
ficht mar. Bas mar na*
türlich nicht angenehm
für Beutfeßlanb. Slber
biefe befonbere grage ge*
hörte 3um Kreis unfe*
rer Berftänbigung mit
granfreich, unb ber ®e*
bante, baß bie Unter*
ftügung in biefem einen
gälte fofort als ein Offen*
fit)* unb Befenfiobünbnis
für alle noch lommenben
gälte gebeutet merben
fönnte, unb 3mar fpesiell
geget^Beutfcßlanb, biefer
©ebanfe ift uns nicht gefommen. Sleßnlich ift es mit
Bußlanb ber gall. ©s ift ein ungeheurer Bor*
teil für uns, oon bem bauernben Streit mit Utußlanb
um bie inbifche ©ren3e befreit 3U fein, nicht, roeil mir
megen biefes fünftes einen Krieg mit Bußlanb ernft*
lieh fürchteten, fonbern roeil mir 3U großen Ausgaben
ge3mungen maren, um uns gegen eine mögliche, menn
auch ferne ©efahr 3U feßüßen. 2lber mieberum finb
gut unterrichtete ©nglänber über3eugt oon ben ftarfen
©rünben, bie Bußlanb unb Beutfdjlanb haben, auf
gutem guß miteinanber 3U ftehen, unb es ift ihnen nie
in ben Sinn gefommen, Bußtanb mit Beutfeßlanb 3U
ent3meien. SDtan hot öfter in ©nglanb behauptet, es
märe ein Beil ber Bismareffcßen Brabition geroefen,
©nglanb unb Bußlanb getrennt 3U halten, roährenb
Bismard, nach Bufeß, häufig 3U behaupten pflegte, baß
es ein Beil ber britifcßen Bolitif märe, groietraeßt
3mifcßen Beutfeßlanb unb Bußlanb 3U fäen. Soroeit
bie jeßige anglo*ruffifche Uebereintunft in Betracht
fommt, tonnen mir jießer beibe Behauptungen als
gleich unbegrünbet surütfroeifen. Sicher ift es ber Blaffe
bes englifcßen Bolfes nie eingefallen, baß bies Ueberein»
fommen als ein unfreunblicßer 2 tft gegen Beutfeßlanb
betrachtet merben fönnte.
©in Beutfcßer tann oielleicht antmorten, baß eine
folcße Auslegung nicht nur biefem Uebereinfommen, fon*
bern auch &er anglo»fran3öfifchen Berftänbigung tatfäch*
lieh oon beutfchfeinblichen Blättern gegeben morben ift,
bie über bie fogenannte neue ©ruppierung ber Bläcßte
aus bem oon ihnen offen eingeftanbenen ©runb erfreut
maren, roeil fie Beutfeßlanb unangenehm fein müßte. Sei*
ber ift es bem Bater einer Bolitif unmöglich, bie gungen
unb gebern, bie barüber fpreeßen unb feßreiben, 3U fon*
trollieren, aber bie mieberholten fljerfießerungen ber briti*
feßen Staatsmänner, baß
fie bei biefen 2tbfommen
feine antibeutfeßen- Bio*
tioe unb nicht ben teife*
ften SEBunfcß hotten, bie
greunbfcßaft mit Beutfcß*
lanb aus3ufcßließen, finb
in unferem ßanbe nie
be3meife(t morben. 9 la*
türlich gibt es in ©ng*
lanb mie anbersmo eine
gemiffe 2ln3at)l oon ruße*
lofen ©eiftem, bie ftets
Unruhen mittern, bie,
mie fie meinen, ihren
übrigen ßanbsteüten oer*
borgen finb, unb bie in
Beutfeßlanb eine ©efahr
feßen, mie fie oor einigen
goßren in granfreich
ober ftußlanb eine folcße
gefeßen haben. Solche
ßeute mirb es immer
bei uns geben, mie fie,
meiner Bleinung nach,
aueß in Beutfeßlanb mißt
ausfterben merben, unb
menn bie beutfeße grage
morgen beigelegt märe,
mürben fie noch oor bem
©nbe ber äBocße irgenb
etroas ebenfo Broßenbes
finben. Slber bie allgemeine Stimmung bes ßanbes
ift Beutfeßlanb nießt feiabließ unb münfeßt nicht, bie
britifeße Bolitif oon itigenbeiner Stnimofität gegen
Beutfeßlanb befeelt 3U feßen.
Natürlich märe es müßig, 3U leugnen, baß bie
glottenfrage benen Sorge oerurfaeßt, bie gute Be*
3ießungen 3roifcßen Beutfcßlanb unb ©roßbritannien
münfeßen. Sie oerurfaeßt ißnen Sorge, nießt meil fie
einen Kampf mit ben 2 Baffen sroifeßen beiben ßänbern
füreßten, fonbern meil bie roaeßfenbe Busgabenlaft unb
bie ftänbige 2 lnfpannung ber Kräfte, bie bie glotten*
rioalität oerlangt. Keime ber Bitterfeit fät unb 3mei
ÜJläcßte einanber entfrembet, bie gemeinfam für grieben
unb 3ioiüfotion roirfen foüten. ©s fann nießt mit
Befriebigung erfüllen, menn ber britifeße unb ber
beutfeße ginan3minifter gaßr für gaßr oor ißre Bor*
lamente treten unb fagen müjfen, baß biefe Steuerlaft
getragen ober jene roünfcßensmerte fosiale Beform 3U*
rüdgeftellt merben müffe, roeil ber Bacßbar jenfelt ber
Borbfee fonft 3U bebroßlicß mürbe. SEBenn bies ins
$
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::
Georg ßrd&crrn
von
neuaterßsoman
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/>eginnt~ im
nac6s/en
der.ZOocßc
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Seite 1632.
Bummer 38.
Unenbticge fortgefegt mirb, fönnen mir fcgtieglicg ade
Klaffen in beiben ßänbern unter einem @efüt>I mate*
rieHen Unbehagens arbeitenb finben, bas fieg nicht
nur politifcg bemerfbar machen mürbe.
Das ift eine ©efagr, bie bie Böller beiber ßänber
mit Sorge erfüllen muß, unb roenn auch bie gegen*
märtige Stusgabenlaft unoerminbert auf beiben Seiten
bis 1911 getragen merben mug, fo tonnen fie me*
nigftens in ber 3®'f t h en 3 e it an einer folgen aüge*
meinen Befferung ber Schiebungen arbeiten, bag es
beiben Xeilen nicht nötig erfcgeint, am ©nbe jener
Seriobe in einen neuen unb noch (tarieren SBettbe*
merb ju treten. 6s gibt, baoon bin ich überseugt,
genug guten SBiden auf beiben Seiten, um bies 3U
ermöglichen. 3 u r lat tann biefe Btögticgteit nur
bann merben, menn bie Staatsmänner beiber ßänber
in ben näegften fahren gefunben Blenfcgenoerftanb
unb Klugheit 3eigen.
-oooooo*
Äaifertnatiöoer in ben ReUhsianben.
Bon Kapitän 3ur See a. D. oon iß u ft au. —
Beenbet ift ber unblutige Krieg 3mifchen ben Boten
unb ben Stauen, bie unter ben Befehlen ber Kom*
manbierenben ©enerale bes XV. unb XVI. Slrmeeforps,
o. ißrittmig unb ©affron unb Sitter $entfcget oon ©ilgen*
heimb, nahe3u oier läge lang fleh gegenfeitig befehbet
haben. Sin 80000 Btann maren ba3u ins gelb ge*
rufen; Bagern, Saegfen, SBürttemberger, Babenfer unb
Reffen fochten gemeinfam mit ihren norbbeutfehen Ka*
meraben unter ben Slugen ihres oberften Kriegsherrn
ben Kampf aus, beffen 3bee in ber „allgemeinen
Kriegslage" fur3 unb fnapp gegeben mar: „©ine blaue
Slrmee rücft aus bem nörblichen Baben gegen eine
rote Slrmee oor, bie an ber Blofel unterhalb Irier
aufmarfchiert. Stragburg ift blaue, 2Jteg rote geftung."
Stuf biefer einfachen ©runblage entmidelten ji<h bie
Operationen am 7. 8. 9. unb 10. September, bei benen
3uerft bie Kaoalleriebioifionen A unb B bie güglung
mit ben feinblichen ©ros gerftedten, beren 3nfanterie*
bioifionen bann bie entfegeibenben Kämpfe mit allen
SBaffen übernahmen. Bei beiben Parteien 3eigte fich
ber gleiche Drang 3ur Offenfioe, bas gleiche Beftreben,
burch Umfaffungsmanöoer unb bas ©ingreifen ber
Kaoalleriebioifionen einen Borteil über ben ©egner 3U
erringen. So entftanben bann bei ben oerfchiebenen
Qufammenftögen ber Strmeen in bem für groge Bla»
nöoer gan3 geroorragenb geeigneten ©elänbe äugerft
intereffante unb lehrreiche Situationen, unb auf beiben
Seiten mechfelten teilmeife ©rfotge mit Büdfcglägen
an ben oerfchiebenen ©efechtsftellen. Der legte Bla*
nöoertag fai) bie numerifch fcgroäcgere rote Slrmee in
ihrer Stnrnarfcgriegtung 3urücfgebrängt unb in ber Bef*
teibigung gegen ben lebhaft naegbrängenben blauen
©egner begriffen.
Stuf bie einzelnen Bhafen ber ©efeegtsoperationen
hier näher ein3ugehen, oerlohnt fich nicht tneil bie
©rünbe ber ©ntfeheibungen ber Scgiebsricgter unb ber
Oberleitung, bie gier 3um Slufgeben einer fegr oorteilhaft
fegeinenben Berteibigungsftellung, bort mieber 3ur
Slenberung ober Befcgleunigung bes Bormarfcgs führten,
bem 3ufcgauer ebenfo unbetannt finb roie meiftens
fogar ben gügrern ber ein3elnen ijeeresabteilungen.
Selbft menn man in ber glüdlicgen Sage ift, im
Stutomobil oon einer Bartei 3m: anberen, oom reegten
glüget einer fßofition 3um anberen eilen 3U tonnen, ift
es bocg für ben Stugenftegenben oolltommen unmöglich,
bie ©efamtfituation in einem gegebenen Slugenblicte
3u überfegen, fo bag er fie jntreffenb barftellen ober
tritifege Betrachtungen oon bleibenbem SBert aus feinen
partiellen Beobachtungen ableiten tönnte. Slbgefegen
hierzu bie Stbbilbungen auf S. 1637 bis 1639.
oon oielem anberen fehlt igm .bie ©inficht, inmiemeit
ßstalifcge unb fonftige griebensrürffiegten in jebem
galt mitfpreegen, unb mit oodem Becgt magnt bager
Oberft Didgutg in feinem oorjägrigen ausge3eicgneten
Slrtitel in ber „SBoege" 3ur grögten Borficgt bei ber
Beurteilung einseiner tattifeger Borgänge im Btanöoer.
SBenben mir uns besgalb lieber anberen Dingen
3u, über bie ber aufmerffame Beobachter fieg aueg ogne
interne Spe3ialfenntniffe ein Urteil geftatten barf,
unb bie babei für bie groge SUlgemeingeit oon meit
grögerem 3ntereffe finb als tattifege ©in3elgeiten. 3n
erfter ßinie ift gier bas groge Blag oon greigeit 3U
ermähnen, bas ben ißarteien für igre ©ntfcgliegungen
3ugeftanben mürbe; roeber gat bie Säge ber fran3öfifcgen
©rense 3U einer fonft fegr nageliegenben ©infegräntung
in biefer Besiegung geführt, noch auch finb mefenttkge
gemmenbe ©ingriffe oon oben ger erfolgt bureg bie
Büdficgt auf bie Berpflegung unb Unterbringung fomie
auf ben Büdtransport ber Druppen. Die ftrategifege
ßeitung ber Operationen ging oielmegr fo friegsmägig
mie möglich oor fieg, mie überhaupt bie fflefamtanlage
bes Blanöoers unb bie SBagt bes ©elänbes fpesiett
oon ben austänbifegen Offizieren rüdgaltlos gelobt mürbe.
^eroorragenbe ßeiftungen maren in ber ftrategifegen
gernauftlärung 3U oer3eicgnen. So trafen mir bereits
am Blittag bes 7. September in Solchen, bas 90 Kilo*
meter oon ber Slnfangsftedung ber blauen Kaoaderie*
bioifionen am 6. September abenbs entfernt Hegt,
einzelne blaue Batrouidenreiter, bie benn auch richtig
ben Slnmarfcg einer roten 3nfanteriebioifion igrem ©ros
melbeten. Biegt fo gut Happte es fegeinbar mit ber
taftifegen Bagaufflärung, mie aus bem moglgelungenen
überrafegenben Singriff ber roten Kaoaderiebioifion
auf bie glanfe ber bagrifegen Dioifionen am 3meiten
läge geroorgegt. Bei einer anberen ©elegengeit ton*
ftatierten mir, bag eine rugenbe Kaoaderiefpige niegts
baoon agnte, bag beträchtliche Blaffen bes ©egners,
nur brei Kilometer entfernt, eine ftarte Stedung ein*
genommen gatten. Slnberfeits ift bies nun mieber
ein beutlicger Bemeis für bie ausge3eicgnete Slusnugung
ber Derrain bedungen auf bem ©efeegtsfcgauplage bureg
bie Druppen, unb niegt geringeres ßob gebührt bem
Borgeben ber Scgügen in mehreren roeit auseinanber
gejogenen ßinien in ©efamtabftänben oon mehreren
gunbert Bieter. Die hierin liegenbe ffirfegmerung ber
3iel* unb ©ntfernungsangabe für ben ©egner ift eine
ber roiegtigften ©rrungenfegaften bes neuen ^Reglements.
So übertriebene ©emaltmärfcge mie im Borjagr
tarnen biesmal niegt oor. Blan traf fegr feiten Blarobe
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Stummer SS.
Seite 1633.
2 )er in ber ÜDlttte aufammengebrücfte SSallon nad) bem 2 lbftur 3 .
Das ^ßarfeoalluftfc^iff.
33iajor oon ?ßarfeoaL
Die (Bonbel nadj bem 21 bftur^.
Die Sfranbung bes Barfeoatbaltons am 16. September in bet ftolonie töruneroalb bei Berlin.
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©eite 1634.
Kummer 38.
, oit, namentlid) lieg aurf) bfe Ausbauer ber eingegogetten
Nejetuiften nichts 3U wünfdjen übrig. 2Bo oereingelt
reidjlid) ftorfe Slärfdje bis gum (Eintritt ins @efed)t
gurücfgelegt waren, würbe bie ©rmübung ber Gruppen
torretterweife bei ber ^Bewertung ihrer ©efedjtsftärfe
burch bie Scf)iebsrid)ter in Anrechnung gebracht.
Sie lätigteit ber (enteren ift gum großen Vorteil
ber Rriegsmäjgigfeit ber ©efecfjtsbilber gegen früher
auf eine wefentiich höhet« Stufe gebracht burch bie
ausgiebige Senufeung oon Automobilen unb Slotor*
räbern, beren Sebeutung für ben Nachrichten» unb
Sertehrsbienft in ber Armee oon 3ahr 3U 3at>r beut»
Iich«r heroortritt. Auch auf bie ijeranfdjaffung ber 23er*
pftegungsmittet für bie Iruppen oon ben rücfwärtigen
©tappenorten het finb in biefem 3ahr Atotorlaftfahr*
3euge in größerem Umfang ais je suoor herangegogen
worben, unb 3war, foweit es fich in ©rfahrung bringen
lieg, mit aüerbeftem ©rfolg.
Ueberhaupt gehört ja bie ausgiebigfte Ausnufcung
ber neuften technifchen gortfdritte für Rriegsgwecfe
3ur wichtigften Aufgabe ber Heeresleitungen, unb wenn
man fiebt, in welchem Umfange neben ben Rraftfafjr*
3eugen ber Srahttelegraph unb gernfpredjer, bie op«
tifche Xelegraphie unb bie brahtlofe ietegraphie unb
Selephonie fowie ber ßuftfchiffbienft für ben Stanöoer*
bienft herangegogen werben, betommt man erft ben rieh»
tigen ©inbruef oon ber Unentbehrlichteit unb ber hohen
SSebeutung ber technifchen Hilfsmittel für bie Durch*
führung friegerifcher Operationen, freilich, in lejjter
ßinie entfeheiben über Sieg unb Nieberlage immer nur
bie phpfifchen ©igenfehaften unb ber triegerifche ©eift
ber Druppen, benen fie 3U bienen beftimmt finb, fowie
bie gäl>igteiten ber Oberleitung, ben gewaltigen, ihr
unterteilten Apparat richtig 3U birigieren. 3n beiben
Segiehungen haben bie biesjährigen SNanöoer bewiefen,
bah mir auf ber Höhe ftehen. Durchweg herrfchte bei
ben Iruppen bis 3um Sd)luh ein höchft erfrifchenber
Äampfeseifer, unb wa£ bie oberfte ßeitung angeht, fo
möchte ich mich hier nur auf bas Urteil eines höheren
fremblönbifchen Öffners begiefjen. ©r fagte mir, bah
nichts mehr feine Newunberung erregt hätte als bie
brillante Durchführung ber fürforglichen Dispofitionen
für bie gasreichen, an ben oerfchiebenften Orten unter*
gebrachten gürftliehfeiten unb fremben SNanöoergäfte
fowie für bie ißreffe. Dah ber fpegififch beutfehe Ueber»
blief, bas Dalent für oollenbete fgftematifcfje Organifa»
tion, bie fich hierin befunbete, bei ben eigentlichen
militärifchen Operationen erft recht 3um Ausbrucf täme,
bas mühte fich jebermann felbft fagen, unb bies wäre
ein gaftor, ber neben ben ^ahlenoerhältniffen oon
jebem möglichen ©egner als eminent bebeutungsooll
mit in Nennung gegogen werben mühte.
3<h möchte hierbei eines weiteren galtors gebenfen,
ber für uns einen ähnlich erfreulichen ©harafter hat
wie bie oorftehenbe fchmeidhelhafte Anerfennung: Das
ift bie Stimmung ber Neoölferung im reichslänbifctjen
Nlanöoergebiet, auch bort, wo bie Spradjgrenge fich
oerwifcht. 3war hatte man oielfach ben ©inbruef, als
ob bas militärifehe Sntereffe an ben friegerifchen 23or*
gängen nicht in gleichem Staj3 entwicfelt wäre wie in
anberen beutfetjen ßanbesteilen; aber über ben ©ntfjufias»
mus, mit bem namentlich ber Raifer unb ber Rron*
pring begrübt würben, über bie Herglichfeit unb greunb»
lichfeit, mit ber man überall, trofc ber brüefenben
Ouartierlaften, bie Drüppen aufnahm, gibt es feinen
^weifet, wie benn auch hie ©enbarmen übereinftim*
menb berichteten, bah fie innerhalb bes gefamten SBegirfs
mit einer antiheutfehen ©efinnung im 23olf bei ihrer
Dätigfeit nicht 3U rechnen brauchten.
Ne<ht begeichnenb erfcheint mir auch bie Abfuhr
bie mir guteil würbe, als ich einigen bieberen ßanbs»
leuten im frangöfifchen Äittel gegenüber bie gorfchheit
ber baprifchen Solbaten lobte. „2Bas bie fönnen,
tönnen wir allemal auch", entgegnete barauf unter
bem SSeifall ber übrigen einer ber Säuern im fchönften
alemanntfehen Diateft: „Sie wiffen’s wohl nicht, bah aus
©lfah*ßoti)ringen mehr ßeute bei ber ©arbe unb bei
ber Atarine eingefteüt werben als oon irgenbwo»
anbersher. 2Bo alfo ber Raifer bie beften Solbaten
braucht, ba nimmt er fie halt oon uns." Die braoen
ßeute geigten fid) rafd) oerföhnt unb fchmungetten höchft
oergnüglich, als ich 3uftimmenb bemerfte, bah in einem
ßanbe, wo es fo oiele hübfdje Stäbchen gäbe, natür»
lieh auch an ftrammen Netruten fein Stängel wäre.
Die fleine ©pifobe hinterlieh bei mir einen hübfehen
©inbruef oon bem ©mpfinben ber ßeute im Neichslanb,
unb man fann nur mit ©enugtuung baran benfen,
bah ber glängenbe Verlauf ber biesjährigen Raifer*
manöoer, bie grohartige, babei gutage getretene miti»
tärifche Stachtentfaltung nicht wenig bagu beitragen
werben, ihre reichsbeutfehe ©efinnung immer noch mehr
gu förbern unb gu feftigen.
^Unsere ‘BUÖer
Oie Kaifermanöoer (Abb. S. 1637—1639) in ©Ifafc-
Courtagen, über bie mir auf S.1632 einen befonberen Artifel
bringen, haben einen ben oberften Kriegsherrn feljr befriebi*
oenben Verlauf genommen. Auch fonft hat ber Aufenthalt im
Aeichslanb ben Kaifer, n>ie er in ©rlaffen an ben Statthalter
be*unbet, mit hoher (Genugtuung erfüllt, ba ihm allenthalben
eine überaus begliche Aufnahme bereitet mürbe. ÜRach 95e-
enbigung ber 2ttanöoer hat ber Kaifer noch einen Ausflug in
bie fogenannte Schlucht im Obereffafi unternommen, einen ber
fchönften fünfte ber beutfehen Aogefen, unmittelbar an ber
fran 3 öfifchen ©ren 3 e. w
Prin 3 effin Aiftoria fiuife (Abb. S. 1641), bie einige
Tochter unferes Kaiferpaars, hat am 13. September ihr fedj*
3 ehntes ßebensjahr ooüenbet. ©s liegt auf ber 5)anb, ba&
man oon ihr noch nicht oiel gehört hat, menn man fie auch
hin unb mieber in ^Begleitung ihrer faijerlichen ©Uem auf
einem Spa 3 iergang, im Xheater ober in ber Oper fehen fonnte.
Aber bas ift hoch befannt gemorben, baß bie junge ^Srinseffin
oiel ßiebe unb Begabung für bie Kunft befifct, insbefonbere
für 3)tufif unb Üftalerei.
w
Pap ft Pius X. (Abb. S. 1640) feierte am 19. September
fein golbenes Priefterjubiläum. Am 2 . 3 uni 1835 3 U Piefe in
ber $rooin 3 Xreoifo geboren, empfing er 1858 bie priefter*
liehen 2Beihen unb mar bann lange als Seelforger in
fleinen Orten tätig, bis er bie höheren 6 tufen ber Hierarchie
erftieg. Am 15. 9tooember 1884 mürbe er 3 um Aifchof oon
Mantua präfonifiert, am 15. 3uni 1893 3 um Patriarchen oon
Aenebig ernannt unb am 4. Auguft 1903 3 um Papft gemählt.
£erofif Pafcha (Abb. S. 1640), ber bisherige türfHche
Aotfchafter in Aerlin, oerlä&t feinen poften, um fich *ns pri*
oatleben 3 urücf 3 U 3 iehen. 3Jtan fieht ben Diplomaten in Aerlin
nur ungern fcheiben, ba er es oerftanben hat, in feiner lang*
jährigen lätigfeit nicht nur bie beften Ae 3 iehungen 3 toifchen
bem Deutschen Speich unb ber lürfei 3 U pflegen, jonbem auch
perfönlich oiele greunbe 3 U ertoerben. Unfere Aufnahme 3 eigt
Jemfif Pafcha nach einem ©emälbe oon Paul starten, einem
ber talentoollften Schüler profeffor Koners. 2)as Ailb be*
finbet fich 3ur3cit auf ber (Sro&en berliner Kunftausftellung,
auf ber es 3 U ben beften Porträten gesäljlt merben barf.
w
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Kummer 38.
DieStranbung bes Borfeoalballons. (Abb. 6.1633).
Am 16. September fuhr ber Borfeoalfcge BaÜon aus feiner
5)aHe, um bem Befegl bes Kaifers aufolge neu?) bem Born*
ftebter gelbe au fliegen. Balb nach ter Abfahrt bemerfte
man Scgmanfungen bes JÖuftfdjtffs um feine 93ertifalacf^fe.
Diefe mürben babureg heroorgerufen, ba| eine ber an ben
Seiten figenben Stabilitätsfläcgen in Unorbnung geraten mar.
hieraus folgerte, bag aueg bte Steuerung bes Ballons nicht mehr
funftionierte, meil bas Vuber niegt mehr oertifal in ber ßuft ftanb.
Balb braeg auch ein Böhmen ber befegäbigten Stabilitätsfläcge
unb mürbe bureg ben VMnbbrud in bie S)üUe gebohrt. Da nun
ein Ballonetthiftfcgiff in feiner gorm babureg prall gehalten
mirb, bag man burd) Ventilatoren ßuft in bie ßuftfäde hin*
einpregt, fo fteht bie Baüongüüe ftets unter einem ftarfen
Drud. Sobalb nun bie f)ülle einen Big erhält, mirb bas (Bas
fehr fchnell aus bem gnnern gerausgepregt, ber Ballon oer*
liert feine gorm unb mirb fteuerlos. Dies mar auch beim
Barfeoalballon ber gall. 3unöcgft ae'.gte er bie (Beftalt eine?
liegenben V, unb naegbem noch mehr ©as entminen mar,
fnidte er in ber SRitte ein. Die beiben ©nben richteten fich
in bie S)öbe, unb bie $)i iUe aeigte bie ©eftalt eines gegen*
ben V. Der oöllig feines Xraggafes beraubte Aeroftat
fturjte nun mit groger Vegemena aur ©rbe. ©s gelang
gerabe noch, über bie ©runemalbbagn hinüberjufommen, unb
aisbann prallte bie ©onbel auf bie Bäume unmittelbar neben
einer Villa. Die gallgefcgminbigfeit mirb auf etma 8—10 üfteter
in ber Sefunbe gefchägt. ßebiglicg bem Umftanbe, bag bie
3meige ber Väume unb bie Baumftämme felbft bie 2Bucht
bes Aufpralles gemilbert hoben, ift es au banfen gemefen, bag
feine Unglüdsfälle fich ereignet hoben. Das ©eftänge ber
©onbel greift? einen erferartigen Vorfprung ber Villa unb
mürbe total aertrümmert. Der Blotor ift bis auf einige un*
mefentliche Verlegungen intaft geblieben, unb ber Schaben an
bem ©eftänge ift nicht ferner au reparieren. Die 5)ülle meift
oerfchiebene Köcher auf, bie aber auch leicht mieber geflieft
morben. fönnen. ©s ift ein groger Vachteil ber Bauonett*
luftfehiffe, bag fie fchon burch bie geringfte, oon einer Kugel
heroorgerufene Durchlochung auger Aftion gefegt merben; ben
ftarren Vaüons tann in ber ßuft faum etmas paffieren. Die
Vallonettluftfchiffe hoben jeboch oerfchiebene anbere Vorteile,
fo bag man mogl faum je auf ihre Vermenbung Berichten mirb.
«
Das Dttlitärluftfcgiff (Abb. S. 1639) hot unter ber
gührung bes Btajors ©rog am 12 . September einen neuen
Betorb aufgegellt. ©s unternahm eine nächtliche gahrt oom
Xegeler Sdpegplag bei Verlin nach Btagbeburg unb aurüd,
auf ber es breiaehn Stunben unb amei Minuten ohne Unter*
brechung in ber fiuft blieb, alfo über eine Siunbe länger als
©raf 3eppelin bei feiner großen gahrt in bie S<hmei 3 . Die
aurücfgelegte Strecfe allerbings mar nicht halb fo grog. ©s
märe überhaupt, ba fegr oerfchiebene Umftänbe in Betradgt
SAfte jttt „©roßen Jagrf* bes 2Rili(ätbaüons.
geaogen merben müffen, oerfehlt, aus ben bisherigen Verfugen
auf bie abfolute Ueberlegenheit bes einen ober anberen Valions
$u fchliegen; begehen bleibt nur bie erfreuliche Xatfacge, bag
oie beuifegen Aeronauten fomogl mit bem ftarren als mit bem
Baüonettluftfcgiff halbftarren unb unftarren Sgftems auger*
orbentliche ßeiftungen auftanbebringen.
«
Oroille SBriggt (Porträt S. 1640) hat, mährenb fein
Vruber SBilbur bie Verfucge in granfreich fortfegt, in Ame*
rifa mit einem neuen glugäpparat gahrten unternommen, bie
alles in ben Schatten ftellen, mas bisher mit bem Aeroplan
erreicht morben ift. ©r ift beinah fünf Viertelftunben m ber
fiuft geblieben unb fteuerte feinen glieger mit ber grögten
Sicherheit unb ßeiegtigfeit.
Seite 1635.
©oethes „gauft" auf ber englifchen Bügne (Abb.
S. 1643). 3n „ftis Btaiegg’s Xheatre" in Öonbon hot Veerbohm
Xree, ben es reiate, feine Kunft an ber gigur bes Btepgifto
3 u erproben, unlängft ©oethes „gauff" in einer neuen, für
©nglanb au gerichteten Bearbeitung aur Aufführung gebracht.
Das unfterblicge ©ebiegt hat fieg babei manche gemaltfame
Aenberung gefallen laffen müffen, aber immerhin hat bas Öon*
boner Vublifum bureg bie Aufführung, in ber f)enri) Ainleg
als gauft unb gräulein Btarie ßögr als ©retegen mitmirften,
hoch eine entfernte Vorftellung oon bem SBerf unferes Dichter*
fürften erhalten.
Diamanten aus Deutfch*Sübmeftafrifa (Abb.S.1644).
Der Staatsfetretär bes Beicgstolonialamts Demburg feierte oon
feiner Beife nach ©öb* unb Sübmeftafrika niegt mit leeren
i)änben aurüd. ©r bringt oielmegr eine Anaagl Diamanten
mit, bie in unjerem Scguggebiet gefunben morben finb. Die
ginber gaben fie aum ©eitgenf für ben Kaifer beftimmt, unb
ber 3umelier Vurmefter in Kap abt gat 3 mel ©olbfäftcgen in
fungooller Ausftattung als Behälter für bie foftbare ©abe
gergeftelit. ^
Brofeffor ßubmig Seig (Bortrat S. 1644), ber Direttor
ber oatiianifcgen ©alerten, ift am-11. September in Albano
im 64. ßebensjagr geftorben. Der Veremigte, ber felbft ein
ausgeaeiegneter üttaler mar, gat trog fegmeren lörperlicben
ßeibens feines Amtes bis aum legten Augenblid pfücgteifrig
gemaliet. ©r gatte bie Verlegung ber oatifanifegen Btnatotget
3 u leiten, unb noch am Xage oor feinem Xob übermachte er
perfönlicg ben Xransport ber Vaffaelfcgen Xransftguration,
ber in Anbetracht ber ©röge nnb Des unfegägbaren SBertes
bes ©emälbes gana befonbere Sorgfalt erforberte.
©ym in ift er Alb er ti (Borträt S. 1640), ber frühere bänifege
Suftiaminifter, ber erft oor menigen SVocgen aus bem Amt
ge egieben ift, gat bureg feine Betrügere.en aueg ben Stura
bes Vtinifteriums ©griftenfen geroorgerufen, bas feine ©nt*
laffung gegeben unb — erhalten gat. Das Kabinett mugte
gegen, ba es bureg bie Affäre fegmer tompromittlert morben
mar. 2ttan mug fieg oergegenmärtigen, bag Alberti fegon feit
langer 3dt niegt als Bolttifer, fonbern als Bnootmann heftig
befegbet mürbe. VMebergolt mar er bem lauten Vormurf
ausgefegt, bag er feine minifterielle Vtacgt migbrauege, um
perfönltcge Vorteile 3 U erlangen. Der Vtinifterpräfibent hat
ign immer gebedt unb, als er ign fcgüeglicg boeg aiegen laffen
mugte, ben König oeranlagt, igm augergemögnlicge ©grungen
mit auf ben 2 Beg au geben.
Babgparaben (Abb. S. 1642) gegoren au ben ©igen*
tümlicgfeiten bes amerifanifegen Baoelebens. Die Kleinen
florieren in allen mögl egen unb unmöglichen Xracgten, geleitet
oon ermaegfenen B cr l oncn / oor üer fafgionablen ©efellfcgaft
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Seite 1636.
Kummer 38.
einher unb erhallen oon ber „Königin Xitania*, bie als Breis¬
richterin fungiert, greife toie in Ben öfterreid^ifcf>en Bäbern
bie Damen bei ben Schönh*itsionfurren 3 en. Mir bringen
einige Bufnahmen oon einer folgen Babgparabe in bem Seebab
Bsburg Barf. t*
3Jtr. Houbint (Bbb. S.1644), „ber König ber Busbrecher",
ber gurgelt im 3irfus Bufch in Berlin auftritt, ift in ber Xat
ein Phänomen, er befigt eine <Befd>rcflic^feit unb Straft im
Sprengen ober ßöfen oon geffeln unb betten, toie fein jtoeiter.
(Br b^i auf Tourneen in Buftralien, in Bmerifa, in Englanb
unb in Deutfdganb nicht nur oor bem Bublifum, fonbern
aud) oor fachoerftänbigen Beworben, oor ber ^oli^ei, Dinge
öotfbracijt, bie jebern rätfelhaft erfcheinen.
B 0 B
Die Börfenmocbe.
Die Streichen, bie für eine langfame, aber fietig fori*
fcbreitenbe Befferung unferer roirtfcbaftlicben Berhältniffe
jprecben, haben ficb in ber jüngften 3eit oermebrt. Es lägt
fich b«ute nicht mehr beatoeifeln, bag bie Kuroe toteber, toenn
aud)' oorerft febüebtern, nach oben gerichtet ift, unb bie Hoff¬
nung erfebetnt berechtigt, bag, falls nicht emftere Störungen
bagioifchentreten, ber toeiiere Berlauf bes Jahres 1008 ficb
oorteilbaft oon 4>effen erftem Deil unterfcheiben Dürfte. Unter
ben oben ermähnten, oertrauenermeefenben Symptomen nimmt
bie befriebigenbe Sage ber Eleftriaitätsinbuftrie eine michtige
Stelle ein. SRan meig aus ben früheren Erfahrungen, bag
biefes fo h*roorragenbe ©ebiet ber beutfehen geioerblichen
Xätigfeit eine Brt oon Barometer für bie gefamte ßage bilbet,
unb biefe Bebeuiung ber Eleftriaitätsinbuftrie hat ficb in ben
legten Jahren banf ber eingetretenen oemünftigen Bnnäherung
ber bisher oft in febäbigenbem SBettbemerb geftanbenen grogen
Unternehmen meiter ausgeprägt SSßenn bie Börfe biefen hoff-
nungsoollen Busfichten gerabe in jüngftcr 3eit mieber etmas
ftürmifch Busbrucf oerliehen hat, fo miß bas fachlich nicht oiel
bebeuten. Es lägt ficb auch begreifen, bag bie Unternehmungs¬
luft unferer ®efd)äfts- unb Brioatfreife, naebbem fie bureb bie
mibrigen allgemeinen Berhältniffe fo lange unter Drucf ge¬
halten mar, ficb in ungeftümer SBBeife ©eltung oerfebaffen mtll.
Dag babei faum folgenfcgtoere Busfcbreitungen au befürchten
finb, bie bie ficb oorbereitenbe ©efunbung gefäbrben tonnten,
ift fegon um besmillen nicht au befürchten, metl bie ganacn
©runulagen ber Börfen» unb Hanbelstätigfett noch nicht fo
meit erftarft finb, bag nicht alsbalb gana naturgemäge Korref-
tpren bei folch übermägigen „Ejfontierungen" eintreten müffen.
w
Die michtigfte Unterlage für bie oorhanbene beffere Dispo-
fition ber Btärtte bilbet bie gana erhebliche Erleichterung am
internationalen ©elbmarft, eine Erleichterung, oon ber man
in urteilsfähigen Streifen hofft, bag fie auch für abfehbare 3eit
in Straft bleiben mirb. Jn ben Bereinigten Staaten oon Bme-
rifa ooßaog fich nach ber fchmeren ginana- unb Hanbels*
frifis ein überrafchenb fchneller 2Be«,fel ber Saenerie, ber,
fomeit bie Berhältniffe bes bortigen ©elbmarftes in Betracht
tommen, als gerabe 3 U rabifal beaeichnet merben barf. Die fo
rafch mieber .eingetretene ©elbabunbana ift fo ausgiebig, bag
bie Union biesmal für bie SBobiiifierung ihrer Ernte oöllig
oon einer europäifchen ©elbunterftügung abfehen fann, eine
Datfache, bie fich natürlich als fehr bebeutungsooll für bie
biesfeitigen ®elboerhältniffe ermeift Der beoorftehenbe mich¬
tige Quartalsmefhfel, ber, mie erinnerlich, im Borjahre bie
Einleitung au einer erneuten, gana unerhörten ©elbteuerung
bei uns gegeben hotte, mirb fich biesmal am beutfehen EJtarft
glatt unb unter oerhältnismägig billigen ©elbfägen ab*
rnideln. Diefe Xatfache in Berbinbung mit ber auf inbuftrietlem
©ebiet eingetretenen grögeren 3uDcrflcf)t genügt au einer
optimiftifcheren Beurteilung ber Herbft- unb SBintermonate.
Bllerbings mug man fich baoor hüten, bie getoerbliche ßage
Deutfchlanbs bereits in burchaus rofigem ßid)t au erblicfen.
Es begehen noch mancherlei Bebenfen, beren Beteiligung
immerhin faum ohne Schmierigfeiten oonftatten gehen Dürfte.
So erregt oor allem bie brohenbe Buflöfung bes Bheinifch-
Söeftfälifchen Boheifenfgnbifates mit feinen oorläufig faum au
überblicfenben Konfequenacn ernftere Bebenfen für bie meitere
©eftallung bes beutfehen Eifenmarftes. 5ßenn auch eine Ber*
bißigung ber fünf« d). hochgebaltenen Bohetfenpreife für bie
Berbraucher hochmißfommen fein mirb, fo merben bod) bie
©runblagen anberer nichtiger Berbänbe erfd)üttert, unb es
entgehen hierburch Busftrahlungen auf oermanbte 3nbuftrien,
bie bis in bte Streife bes Kohlenfqnbifates hinein ihre SBirfung
üben tonnten. Scru«.
Dr. 2Raj galf, ehern. Beichstagsabgeorbneter unb Ehef«
rebafteur bes „Befter ßloqb", belannter Bolitifer, f in Buba-
peft am 10. September im Blter oon 80 fahren.
Sanitätsrat Dr. glorfchüg, befannter Bnthropologe, f ln
ffiiesbaben am 10. September im Blter oon 70 Jahren.
Bleyanber greiherr gregtag o. ßoringhooen, Booeßift
unb Bühnenbichter, f in SBeimar im 60 ßebensjahr.
Brofeffor Ebmunb Kregfdjmer, bebeutenber Komponift,
t in Dresben am 13. September im Blter oon 78 Sohren.
Otto £ob, Komponig bes Stubentenliebes „Filia hospitalis“,
t in Heibelberg am 11. September im Bßer oon 73 Jahren.
©eh. Begierungsrat ßuboroieg, ehern. Oberbürgermeiger
oon Harburg, f in Honnooer am 14. September im Bßer oon
79 Jahren.
Brofeffor Blejanber oon Boehl, heroorragenber rufgfeher
Brat, f in Berlin am 9. September im 52. ßebensjafjr.
SBirfl. ©eh. Bat Dr. Johann o. Schlumberger, befannter
Bolitifer unb Jnbuffrießer, f in ©ebmeiler (Elfag) am 13. Septem¬
ber im Blter oon 89 Jahren.
Berfagsbuchhänbler Hermann Schön lein, ©rünber unb
Herausgeber ber ißuftrierten 3eitfchriften „Buch für Bflc",
„Ehronif ber 3eit", „Blätter für ben häuslichen Kreis" ufm.,
t in Stuttgart am 12. September im Blter oon 74 Jahren.
Brofeffor ßubtoig Seig, befannter ßJtaler, f in Blbano
am 11. September im Blter oon 64 Jahren (Bortr. S. 1644).
Eraabt Blacibus 5Bolter, einer ber ©rünber ber Beuroner
Kongregation bes Benebiftinerorbens, t in Beuron (Sigma¬
ringen) am 13. September im Blter oon 80 Jahren.
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Wummer 38.
Seite 1637.
Äaifermanöoer in ben Keitfjslanbett,
Di
:ed by
Goo
beite 1636.
Stummer 88.
VOfplioU 3rt. Z«0|}inanii.
2Uurmor|d) der oagrticgen KaooiierieDioition bei öretoufe
.ftofpTjof. ftr. 2 entmann.
2)te 60. Snfantertebrigabe auf Dem 'JJtarfd) durd) SJüiUngen.
ftaifermanöoer in ben Heitbslanben.
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Stummer 38.
©eft* 1689.
PDOt. £. öoDel
.'>*>11)1)01
O ii'Üfliumin.
23c(ud) in 6er Billa Qartmann roätjrcnb 6es 2li|sf(uge5 nad) 6er SdjludjL
DerÄaifer(X) an ber
fran 3 Ö[i(c^en (Bren 3 e.
L ^rin 3 Leopold ü. 'J3ai)crn, QJeneral«3nfp. des IV. Slrmceforpo 1 Der Hronpriti 3 . 2. 'Ikin 3 21ugu(l 'iüilbelm . Shmoq o. tfoburfl*(flolba
2. lturji gürflenberg. 4. Der üjietrettetM k Xbronjoiger öranj Üert>i»iaiid.
ftaijermanöoet in 6 en 2teid>0(an6en: Jütfffidje (öäffe.
Öur großen jraijri (Betlm-iUagöebur:) 6e» iHititarlujtf drifte»: J}^otcgrap^i|c^e 2iupiat?me oe» öaüons.
l*':c t. r.ntcrnaiionale OlIuflration9*3entrale.
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©eite 1640.
ftummer 38.
Srom Strrrograpb copöriflOt UnberroooD ä Urbrrtooob. l'onbon n. flcuüort
Papff Pius X. in feinem ttrbeitymmer. 3*> feinem goldenen priefterjubiläum.
Oroilie BrigW,
ber H SItnerifa mit feiner ^lugmafdjine
neue epoebem neben bt ^»forbflüje
D«ran)trltei^
Xetofif JJafdja. 71 ad) einem Gemäße non JJ<mi Härten.
Der bisherige türfifc^e Sotf^ofter in ^Berlin.
(Ejtniniffet ttlberfl,
ber frühere banlft^e ^uftymlnlfter,
ber bur<b feine Setrügeretcn ben SRüdtrtit
be» SDUnifteriumi (Ebriftenfen b*n>orri$
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»Rümmer 38.
Seite 1641.
JJrinjejj Vifforia Cuifc, Me jüngffe fjofjenjollertiprinjeffin. — 3« 16. töeburtefag.
Aufnahme von ftofpijot (E. Sellin.
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Seite 1642.
Kummer 38.
41 ftl
23abt)paraöe
in bem amedfanifdjcn
Seebab Zisburt) Vati
Situs Das preisgefrönte
Sab t).
Scdjts- Om 2) i rectotrefleiix
Unten: 2)ie '43reisrict)tertn
„ftdniqin litania“.
W ) ■
—
AH
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Stummer 38.
Seite 1643.
«oeröes M auf du raglMen Biitine:
33on ber 2Iuffüi)rung in ,,S )is S)tajeftt)’s
Ifjeatre" in Conbon.
Oben: Oer oerjüngte Sauft (®ir. i)enrp 2tinfeo).
Unten: ©retdjen (Sri. SCRarie Cöljr).
ßints: S)tepf)iftopf)eIes (SJtr. 23eerbof)m Irec).
5. 93B. ©urforfc
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Campbcd’förat).
2er König Der ’Üusbredjer. 3u feinem SBieberauftreten in iBeriin.
Hlr. QonDini in Den Jeffein De« Jrei&errn o. Irentf, Ult. QouDini in Der JJräfibenfentnörbeneHe in Baffriugton,
aus bmeu er HA in 17 3Rinuten befreite.
aus ber er fi<$ in J>0 SRinuten befreite.
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{Kummer 38.
Seite 1645.
^ Spielzeug» ^
Dtoman oon
Rans von Kahlenberg.
5. Sortierung.
grau oon Dtafting oerfucfjte, ßiß 3u füffen.
„Du foflft tnid) nirfjt füffen", fagte ßiß mit ffiürbe
unb manbte ficf) ab.
Die tleine grau lad)te frfjriU auf: „ 34 ) h°b fein ©lü(f
mit meinen Dtettigfeiten heute morgen. Kommen Sie,
Sedjta!"
ßiß mar im haus oerfdjmunben, fie fonnte ßuß jeßt
ni(f)t ßeberoof)l fagen. Sie hörte bie Dtafting eifrig
auf ihn einfpredjen; nädjfte SBocfje mar Diner in ßan«
genpagen beim fianbesbireftor unb Senior ber Witter*
fd>aft. Die Kleine fragte Ji 4 ), ob man Senebifte bort fepen
mürbe? Senebffte gehörte 3U 2llt»hofftein.
3u Senebifte! fagte ficf) ßiß. 34) muß unbebingt
3 u Senebifte!
Sie tfef f 4 )nett na 4 ) ber Soft, opne ihren Sjut auf»
3ufeßen, unb gab ein Delegramm auf: „Sin oertaffen
unb ratlos, ©roßel Darf i£ fommen?"
9 ta 4 )t)er fiel ihr ein, baß fie if>re Kleiber in ber Stabt
batte, Such mar heptenborf angefommen, fie mußte
ihren Serlobten oorper fepen. heptenborf roopnte im
Stranbpotet, er rnolite feine neue DBopnung mehr nep*
men, bis er heiratete.
Dahin fonnte fie ißm gut eine Sotfd)aftf 4 )icfen unb
Um im hotelfalon fef>en; ber Salon mar if>r gerabe ber
rechte Siaß.
grau oon Dtafting unb ßuß fpra 4 )en 3uerft ni 4 )t. (Fr
mar 3U ßiebensmürbigteiten nicf>t aufgelegt, fte ahnte
feine Stimmung unb moHte quälen.
„ßill mirb gan3 unb gar neroös ba braunen", fagte
fie. „(Fs mar bo 4 > eine abfurbe 3 bee."
„SJarum quälen Sie ihre Diemen?" fragte er
gerabe 3 u.
Sie fteßte ficf) unf4)ulbig, fogar betroffen. „34)? 34)
fern bo4) gans harmlos auf meinem Spa 3 iergang an.
34) tonnte bo4) nicht miffen, bafj i4) ftörte, 3 umal Sie
fehl’ oergnügt f4)ienen!"
„Sie ftörten auch ni 4 )t", fagte er ehrlich- „ 2 Bir haben
uns in eine falf4)e ßage gebracht, bas Reifet, fetbftoer»
ftänblkp ift ber Meine gehler, ber begangen morben ift,
nur meine S 4 )ulb. ßill mit ihrem ungemöpnli 4 )en 3art«
gefüht empfanb bas galf 4 )e ber Situation. Das ma 4 )te
fie fcpeu unb unglücfli4>."
„Sie maren entfehieben unoorfi 4 )tig, herr oon
Se 4 )ta."
„34) flehe es 3 u."
„So unoorfieptig —" fuhr grau oon Dtafting lang|am
fort, „bafj ich einen DRoment 3toeifelte, ob Sie nicht un«
oorfichtig fein m o 111 e n. DBoploerftanben, ich 3meife(te
an 3hnen, ni4)t an ßill."
ßubmig Siechta antmortete nicht.
„3hre grau mirb fi4) ©ebanfen ma4)en über 3h r
Sermeilen. 9locf> eigentümluher bürfte bies ijerrn oon
heptenborf erfcheinen."
„Sah, heptenborf!"
„Sie ma 4 >en ficf) ni 4 )ts aus 3 hrem greunb." grau
oon Dtafting felbft gemann heptenborf menig ©efrfjmacf
ab, er mar ein langmeiliger 2 Ruftermenf 4 ) mie Senebifte
Se4)ta.
„3ch hoffe ihn", fagte ßuß gan 3 offen, faft leiben»
f4)aftlich.
3 pre ßage mürbe grau oon Dtafting unbepaglhp, fie
fing beshalb oon gleichgültigen Dingen, oom Sieg unb
oom ©etter 3U reben an. Sie fanb, bafj ßuß bie bem
©entlcman erlaubten ©ren3en überf4)rittt. ©ine ge»
linbe Sermegenpeit mirfte anregenb, er übertrieb fie.
3 um Seifpiel mar es nett, einer Dame oerliebte ®r»
Öffnungen 3U ma4)en, meil es für biefe ebenfo nett unb
mirtungsootl mar, ficf) hinter ihre Unnahbarkeit gu oer»
f4)an3en. grau oon Dtafting beg(ü 4 münf 4 )te fich beinah
basu, ficf) nichts oergeben unb fich mit ßuß nicht tiefer
etnpelaffen 3U haben.
Sie blieb erregt unb angeregt 3ugleicf) neben ihm. 2 lucp
heute mürben bie Segep'-'nben fi4)er mieber fagen, grau
oon Dtafting hat immer einen Sereprer bei ficf). fie läßt
ficf) oon allen Herren ben hof machen, ©in Drama
mar etmas fo Ungemöpnli 4 )es in ihrer ©jiftens, es er»
öffnete ftimmungsootle Susblicfe! — Uebrigens mürbe
fie fchmeigen — aus guten ©rünben — f4)on um ihres
eigenen Dtufes mißen.
Sie hatte ©lütt. Sm erften haus ber ißromenabe
fließen fie auf heptenborf, er fah erpißt aus unb mar
offenbar in großer ©ile.
„34) hob bief) in beinern eigenen haus gefu4)t,
Se4)ta. Kein 3Renf4) meifj, roo bu fteefft. 3pr feit» t»o4)
fchon feit oorgeftern 3 urüct?"
„haft bu ßiß Dtachricht gegeben?" fragte ßuß.
„©erabe miß i4) pinausfapren. ©s ift tangmeilig,
baß bie Sormittagsbampfer nur aße anberthalb Stun»
ben gehen. 34) ba4)te, fie tönnte erfahren haben, baß
ber Schtoan eingelaufen ift. 34) fu<hte meine Sraut in
beinern haus unb oermutete bW> in iönnlng."
„34) fomme oon ßiß", fagte ßuß.
grau oon Dtafting oerfuchte ritterlich, bic Situation
3 U retten. „3a, mir haben ßiß in ihrem Dustulum be»
fucht. ©s ift erftaunli4), mie fie fi4) bas hßuschen auf»
gepußt hat. Sie führt barin bie reine 2Rär4>enejriften3
— gefiepte, Slumen, ßiebesbriefe! Die leßteren bürften
jeßt aufhören. 34) erinnere m\d), baß Dtafting breimal
täglicf) telegraphierte, heute f4)reibt man mit ber fäßigen
Soft jeben 3 epnten Dag als altes, abgeflärtes DRarine*
ehepaar. Dahin tommen Sie au4), herr oon hegten*
borf!"
fjegfenborf mar 3erftreut, grau oon Dtafting hatte
ficf) nie feiner befonberen ©unft 3U erfreuen gehabt, er
fanb fie fofett unb gef4»mäßig. heptenborf liebte
f4imeigfame grauen mit rei4)em ©emütsleben.
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Seite 1646 .
Kummer 38.
„Bift bu oon Brofö aus bei ßitt geroefen?" fragte er
ben SSameraben.
„3<g roar feit geftern bort."
grau oon Stafting fegrie beinah auf, um bie Stuf»
merffamfeit ber Herren auf ein Stutomobil 3U lenfen,
in bem bie ganje ffamitie Corte mit brei Äinbern
unb einer Scgroefter ber fjrau Corte fag. Die Scgroefter
fottte in f>ieftger (Barnifon oergeiratet werben.
„Cntfcgulbigen Sie mid), gnäbige fjrau", fagte
tenborf fef>r förmlich. „3<h muß notwenbigerroeife 3ur
Crlebigung einer Sienftangelegengeit in mein ijotel
3urüd. Sreffe icg bieg um 3U)ölf llgr, Becgta?"
„Um 3toöIf", fagte ßug.
grau oon Stafting fanb igre SBognung wie jebe
unbenugte SBognung im Sommer ftidig, oottgepadt unb
bunfet. Sie ärgerte fid) über ben Stapgtgalingerucg, unb
bag Stugufte nicht ba mar. Slatürüd) mar Stugufte fonft
ben gan3en Sag ba, Sag unb Stacht att biefe ©ocgen
unb juft in biefem ein3igen, fnappen, oon ihrer Herrin
gewählten Stoment-.
Sie mar 3U rafttos, fie tonnte ihre Beforgungen nicht
machen. Sie ©eraniumtöpfe auf bem Baiton fahen
ebenfalls nicht nach 2lnwefengeit unb lätigfeit non
Slugufte aus, fie fchienen 31t Stumien eingetrodnet —
unten tarn fiiDt oorüber. ßitt mar in ihrem roeigen Stleib
mit bem Bubenftrohhütchen, fie lief. 3 rgenb etwas
Scgredliches, Unoorhergefehenes mugte Cid sugeftogen
fein.
Sie tief nach Becgtafcgen 93 UIa.
„Um ©ottes mitten!" fagte fi<h grau non Stafting.
Sann brach fie in neroöfe Dänen aus. Sie hotte fid)
ihr gan3es ßeben banacg gefehnt, ein Srama mitguer»
leben. 3«gt, roo fie mitten barin ftanb, oerlief} fte alte
Stimmung.
Cr tiebt fie. Cr liebt fie! roieberbotte fie fi<h- Bas
gibt ein Ungtüd!
ßitt erreichte 5 )et)tenborf in bem SJtoment, als er ben
Cifenttöppet herunterbog, bas ©artentor mürbe tags*
über nicht oerfchtoffen.
„Crharbt!" rief fie erlügt, gan3 auger Sttem.
Cr jag fie an, überflog ihr gtühenbes ©eficht, bie
feuchten i)aare, ihre ftiegenbe Bruft.
„SBas mittft bu, ßitt?"
Selbft in biefem SJtoment empfanb er migtiebig, bag
ge über bie Strage gelaufen mar, ßeute hätten fie fo
fegen tonnen — bie ©seitens Ärete!
„Crharbt, fei nicht böfe!" bat ßitt. „ 3 cg bin fo froh,
bag ich bieg fefje! 3<g hotte foldje Slngft!"
„©arum gatteft bu Stngft?"
Ser ßeute unb (ebigtich ber ßeute wegen nahm er
ihren Strm, fie fchritt neben ihm, ohne 3U wagen, ben
Stopf auf3uheben, über ben ©artenmeg. Sie ganje
liebensroürbig oertraute Umgebung fcgien feinbtich oer»
änbert. Ser fjocgfommcr hotte ben Stofenflor entbtät*
tert, biefe jegige sroeite Blüte blieb oerfümmert unb
fcgroäcglid). grügcr mar ßitts Stmt geroefen, bie brau*
nen, wetten Äöpfe ab3ufchneiben; ber Burfdje oerfäumte
es mögt. Surd) bie ungeroöhnliche Sjigc hotten Sträu*
cger unb Stafen gelitten; felbft in biefem SJtoment be*
mertte ßitt, bag ber ©rimfon* 5 tambler am #aus beinah
nertrodrtet mar, bie Stöscgen liegen matt bie Stopfe
hängen, ein grauer Schorf oon taufenb rosigen Statt*
(äufen bebedte Stengel unb Jtnofpen.
„Crharbt!" fagte ßitt ernfttich. „ßug mar geftern
bei mir. 3<h meig, es ift bumm unb tatttos oon mir.
Stber bu mugt nichts Schlechtes benten, Crharbt! Sie
Scgulb liegt auch nicht bei ßug, fonbern bei mir, ich hätte
etwaige golgen unb SJtigbeutungen bebenfen fotten.
Crft heute morgen, als grau oon Stafting tarn, begriff
ich bie Ungefdjidliegfeit."
Cr nahm bas am Schlug ©efagte 3uerft auf.
„grau oon Stafting fah ihn bort?"
„ 3 a", fagte ßitt, offen aufbtidenb. „Sie hot mich i°
gern, aber fie ift nicht gan3 gütig unb oornegm unb gab
mir 3U oerftegen, bag fie ben Befucg feltfam fanb. — Cr
ift wogt auch feltfam."
„Bon ßug bebeutet er eine unerhörte greeggeit"
ßitts Strm auf bem igres Berlobten 3udte 3ufammen.
„Su barfft es fo niegt anfegen, Crgarbt! 3 <g hin tinbifeg,
bas roeigt bu, unb mar braugen fo glüdticg! ©ir oer*
lebten einen fo gübfegen unb glüdliegen lag!"
„ 3 ch tabte bid) niegt", fagte Crgarbt Sjepfenborf
eifig. „Bitte, bemerte bas! Su bift manchmal unbe*
baegt unb bift oermögnt. Becgta meig, was fieg gegort,
unb gat bie Segidlicgfeit 3U refpeftieren. Ober icg roerbe
ign fie refpeftieren legren!"
„Crgarbt —" ßitt 30g ign in igrer Sobesangft unter
ben ©ttyjinengang — „bu mugt jegt niegt 3U ßug gin*
eingegen, fo niegt! Cs gibt ja ein llnglüd, Crgarbt"
„#abe icg es oerfegutbet?"
„ 3 «g, icg 0an3 allein!" rief ßitt. „Su mugt boeg ein*
fegen, bag altes meine Scgulb ift. ßug rnottte 3U Sug
3urüdgegen, er hätte aueg in Brofö im Sjotet bleiben
fönnen."
„SBarum tarn er überhaupt heraus?"
„Su meigt, bag Benebifte in Xönning ift, ßug füglt
fid) bort niegt berechtigt. Dg, Bene! Bene! SBäre nur
Benebitte gier! 3 <g toottte gleich 3U Benebitte fahren,
wollte weg oon gier! Sann fam bie 2 lngft, unb icg bin
hergelaufen. SJtein letegramm mug fie gaben."
„Sann fuinmt Benebitte", fagte Crgarbt entfegieben.
„©arte, bis fie fommt, Crgarbt! Sprich niegt mit
ßug Borger! Benebitte oerftegt alles, igr lügt man
nichts oor. Sie roirb bir fagen, bag bu bieg gan3 im
3rrtum befinbeft über ßug."
„Serabe bas möcgte icg feftftetten, ege fie tommt."
„Dg, Crgarbt! Sage mir, roas icg tun fott! 3 <g will
alles tun, was bu mittft! 2 Jtacg uns niegt ade ungtüd*
lieg! Sprich jegt mit ßug niegt!"
gepfenborf fegien fieg 3U befinnen, er bebaegte äugen*
fegeintieg einen Slftionsplan.
„Cs ift bas befte, bu gegft in bas golsgaus surüd
ober fägrft augenbtidlid) naeg Bönning, wenn ffrau oon
Becgta, wie ich fürchte, niegt fegon unterwegs ift. 3 m
Sluguft fann bid) meine Segroefter Slrnftebt nehmen, mir
heiraten bann eben im Dttober fd)on."
„®ern, Crgarbt! Stur fei jegt gut! Sei niegt gart
mit ßug!"
„Su mugt inerten, bag gerabe bies Bitten mid) pein*
lieg berührt. 3 d) münfege teinen Sfanbat, in beinern
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Kummer 38.
unb in meinem 3 ntereffe nicht. grau non Becgta fegäge
ich oiel au goch, als bag il»re Buge mir nicht heilig fein
foßte. — Cs mufj einmal beutfef) gefproegen merben
jmifcfjen ßug unb mir, unb biefer Moment fegeint mir
ber gegebene. 3<g nehme beine ©rflärung an unb
glaube bir unbebingt, bu bift meine Braut. 3 cfet bitte
ich bid), uns allein 3U laffen."
ßiH batte feinen 2lrm längft losgelaffen, il»r fam
beinab breift nor, bag fie ibn je 3U faffen getoagt. Sie
überflog unruhig bas #aus. Da mar ßug’ 3 mutier, er
ging barin auf unb ab. i)ter, im ßaubengang, tonnte er
$eqtenborf unb fie ni<bt feben. ßug mugte roiffen, bag
fie ba mar, bag fie pon ibm fpraegen.
„3<b »iß alles tun, mas bu roiflft", fagte fie bemütig.
„ 3 $ trage gan3 allein Scgulb, bu roirft bicf> überjeugen,
bag fie nicht febr grog ift, eger eine ©ebantentofigfeit.
Senn bu mi<b beffer tennft, mirft bu mir ficber oer»
3eigen."
„3cg Bezeige bir unb miß nicht einmal mehr an ben
JBorfatt benfen."
ßiß mar ein ftoljes, feinfühliges SRäbcgen, feine fteife
©rogartigteit tat ihr roeb mie ein Schlag. „Bene mürbe
bir auch olles erflären. Bene fennt mich gut."
„Du ftebft über meiner Sritif, meil ich bicb babin
fteßen miß", fagte er. — „Sir moßen über bie Sache
nicht mehr fprechen."
„Äomtnft bu nachher ins #otel?"
„ 3 <h hole bich bort ab."
Cr ging, beinah förmlich grügenb, mie man eine
grembe grügt. ßiß jögerte, fie roagte nicht fortgugeben.
Nebenan fpielten bie Bacgbarstinber, bie 3 mißinge unb
bas Babq. Sie hörte bas Äinbcgen lallen unb bie
©ummipuppe quietfehen. Bein, fie tonnte nicht fort«
geben! Sie burfte nicht, roäbrenb ßug in ©efabr mar.
„Säre Benebitte ba! — Bene! Bene!" rief fie. Sie
als JHnb oerfroch fie ficb in ein grünes Räuschen unb
roimmerte bort nach ihrem SRüttercgen.
Bene mürbe fonunen, Bene mugte tommen! Sie
martete unb rang bie $änbe unb 3itterte.
Die abgeblübten gaulbaumboiben hingen ihr faft bis
ins ©efiegt. Cs roch nach Btaber unter ben 3 n>eigen.
Sie mar gefeglos, mie ein Silb, bas 3roifchen bem ©e«
fträuch binfchleicht. Unb ging boeb nicht, fag unb roiegte
ficb * n ihrem ratlofen Clenb.
Bis jjeqfenborf unb ßug ficb anfaben, mugten fie,
bag 3mifcben ihnen lobfeinbfegaft ftanb. Buf einmal
mar ihr gan5es ßeben lang biefe geinbfegaft geroefen.
3mmer batte ßug bem anbern genommen; er batte ihm
fegon Benebifte meggenommen. S^eqtenborf fühlte fict)
erbarmungslos ihm gegenüber, eine Bbrecgnungsftunbe
mar heute getommen.
„ 3 ch ermartete nicht, bich in ber Stabt 3U finben",
fagte #egfenborf.
ßug antmortete: „3<h habe auf bich gemartet."
ijeqfenborf fragte: „£)aft bu mir eine Crtlärung an«
gubieten?"
„3«h ertläre nichts", fagte ßug.
„Du 3roingft mich alfo, felbft aus3ufpre<hen, mas
3mifchen uns nie gefagt merben burfte. — Du liebft
ßiß."
Seite 1647.
ßug Becgta antmortete nicht.
„ 3 <h heflte biefen Berbacgt feit langem. Biegt für
möglich hätte ich gebaßen, bag bu bie Schamlofigteit unb
Bflicgtoergeffengeit beftgen mürbeft, einer folcgen Bei*
gung naegsugeben. — Du baft bich menig oeränbert
gegen früher!"
„ 3 d) glaube, bag bu recht baft."
„Sas foß fegt meiter merben?" fragte Sjeqfenborf.
„Seine Braut !ann natürlich in beinern fjaufe nicht
länger bleiben. Bus Büdficgt auf grau non SSecfjta
münfehe ich, ber Bngelegengeit feine golgen 3u geben.
Sie mirb immer ber »erebrte Schuggeift unb liebfte ©aft
unferes Kaufes fein. Du bift barin ein ©eäcbteier."
Seil ßug noch immer fegroieg, fuhr ijeqtenborf fort:
„Das peinlichfte ift, bag beine Xorgeit befannt gemorben
ift. grau oon Bafting bat bich bei ßill gefeben. Sir
merben ber Seit gegenüber ooßtommene Unbefangen«
beit heucheln, eine freie Stirn 3ur Schau tragen müffen,
bamit ber fatale ©inbruef oermunben mirb. 3<b benfe,
mein Barne unb bie Sichtung, bie feber beiner grau
entgegenbringt, merben ein folcges Berroinben ermög*
lieben."
„Du mirft ßill bamit quälen!" ftieg ßubroig raub
beroor. Sein ©eficht batte ficb langfam oom #alfe auf
bunfel gefärbt. • Cr paefte bie Schreibtifchleifte.
f>eqfenborf erftarrte. „ 3 (h glaube, bag bie Sorge
barum nicht b e i n e s Bmtes ift."
„Bber ich taffe fie bir nicht! Sie gehört bir nicht!
Sie gehört mir!"
» 20 )!" -
Selbft oon Sjeqfenborf fiel jebe 3 ur üdgaltung unb
gute Crsiebung ab, fie roaren 3mei Ißantber. Cr mugte
jegt, bag er ßug immer gegagt hatte. 3a, er bagte
ßug! Cr gagte feine Brt, bies finnlich Sonnige, Selbft«
oerftänblicbe, bas fpielenb fammelte unb erntete, mo er
mübfelig pflügen unb fäen mugte. Bon Bnfang an
gatte biefer ©egenfag beftanben, feine lugenb unb
Selbftjucgt fprangen als Beib auf. Der ba burfte fün«
bigen, roäbrenb er immer ftreng unb oorbitblicf) blieb!
Der ba, ber igm bie grau genommen, bie er fegon als
feine betrachtet gatte, bie ein3ig 3u igm pagte, unb bie
jener betrog unb befegimpfte.
Cr 3erlnirfegte ein roges Scgimpfmort 3mifcgen ben
3 ägnen. Biemals hätte Crgarbt $eqtenborf oon fieg
felbft geglaubt, bag er ein folcges Sort überhaupt finben
lönnte. 3 m gärenben Buffegäumen feines Bluts er«
innerte er fieg, bag fegon ßug, ber Änabe, ftärfer ge«
roefen mar als er — ftarf unb immer lacgenb! fjier lag
oieileicgt bie tieffte Sur3el feines Beibs unb feiner pein*
liegen Bortrefflicgleit. Sas ßug Becgta oon ber Batur
befag, moßte er igm bureg Berbienft megnegmen, aße
feine Bnftrengungen ftrebten einem ein3igen 3 iele gu,
ftrebten, ben Bebenbugler 3U übertreffen. .
3 n ber Seigglüggige ber ßeibenfegaft fielen oon
beiben alle Selbfttäufcgungen unb gefellfcbaftlicgen Cin»
fcgränlungen ab.
Sie gatten fieg im näcgften Bugenblicf aufeinanber
geftür3t. #eqfenborf nägerte fieg mit fegäumenben
ßippen unb aus ben Qöglen getretenen Bugen, als oon
äugen ßiß auffegrie.
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Seite 1648 .
Stummer 78.
Die Dür öffnete fid), unb fie fahen Benebifte, bie bas
holbohnmächtige Säbcf)en trug. ßid war an ihrer
Simulier fjeruntergefunfen unb oerbarg ihr (Befielt, grau
non Becf)ta }cf)ten ruhig unb hielt fid) aufrecht.
„Cr ermorbet ihn! Cr will ßufe ermorben!" fchrie ßid.
grau non Becfeta manbte pd) an ihren greunb.
„3Bas ift gefefeehen, fterr non ftegfenborf?"
„fragen Sie Sferen.Sannl"
Da fühlte ßid, wie Benebitte ergitterte. Dies Gütern
war fcferectlich, es burchüef bie gange gefunbe unb ftarfe
grau wie bas befonbere unb eigentümliche Crbeben, bas
bem gad eines Baumftammes oorausgefet. ßill ertrug
es nicht, fie fefetang beibe Slrme um bie Schwerer.
„geh bin an adern fd)ulb, unb ich flang adein!
Cs war hoch nur ein Dag, unb wir waren fo gtüdlid)!
3<h badjte gar nichts Schlimmes. Cs war boch nur ein
Dag, unb fo fchön war’s braufeen I Sir waren froh.
Oh ®ene! ffiene! ßafe mich fortgehn. 3 <h wid für
immer fortgehn. 3$ bringe niemanb (Blücf. Crharbt
ift viel 3 U gut unb 3 u torrett für mich- 3 «fet hofet einer
ben anbem — unb bu leibeftl Du fodft nicht leiben,
nur bu, bu nicht!"
Benebitte liefe bie Seinenbe gegen ihre Bruft
fcfetuchgen. Sie machte eine einzige Bewegung nur, bie
ßid tannte, wie um Ihre Stirn gu befreien, obgleich bort
niemals ftaare lagen, ßids (Befxdjt war gang oerweint
unb gefefewoden, bie ßöcfchen flehten gegen ihre ftaut.
San fah Benebitte nicht einmal ben Staub unb bie
Stbfpannung ber eiligen Steife an.
fteqfenborf fagte: „Sein fefter 2Bide war, 3h n *n
biefe ©jene gu erfparen, Benebitte! 3<h bebaure, bafe
Clifabeths Delegramm Sie 3 U früh h^rgerufen hol* Sie
werben unter ben Umftänben begreiflich finben, bafe ich
fetbft ben Schüfe meiner Braut übernehme, ßid fahrt 3 u
meiner Scfemefter nach Bafeeburg."
„Benebitte, wir wollten bir boch nicht weh tun!
(Staube boch nicht, bafe wir baran bachten!"
„3hr baefetet nicht baran", fagte Benebitte, ihre flare,
oode Stimme flang wieber wie früher. „2Bir müffen
jefet ades überbenfen, unb es ift vielleicht gut, bafe es
noch nicht gu fpät 3 um Drbnungfchaffen ift. — Cs ift
beffer, ftetjfenborf, bafe Sie gehn."
„ 3 <h fleh« nur mit ßid", ertlörte ftegtenborf.
(Sehorfam machte fi<h ßid auch fofort los unb trat
an ihres Berlobten Seite.
Bencbltte nahm ihre ftanb mit gebieterifcher SBürbe.
„Boch nicht, ßid! Du gebörft nicht bahin."
„3<h forbre meine Braut", fagte ftegfenborf hoch»
mütig.
„3<h höbe 3 U forbern, weil ich 3 u geben höbe. 3<h
forbre bie Sahrheit. Bis ich f' e erfahren habe, bleibt
ßid bei mtr."
„Durch bie Berlobung höbe ich gräutein oon Softes-
Schüfe übernommen."
„ßid," fragte Benebifte einfach, „widft bu mir bie
Btaferheit fagen?"
ßid trat langfam oon ftetjfenborf fort, fie näherte fid)
Benebifte; fefer blafe, mit fcfjlagenben ffiitnpern tarn fie
näher.
„ßid, hoft bu meinen Sann lieb?"
Die Bugen oon ßid weiteten fich, ein unfagbarer
Scferecfen trat hinein, fie hob beibe ftänbe oor bie Bugen
unb wanfte unb fant mit einem leifen, wehen ßaut unb
mit erhobenen ftänben oor ihrer Scfewefter in bie Jbtie.
„3ch glaube, Sie begreifen, lieber greunb, bafe Sie
überflüffig finb", fagte Benebitte mit fettfamem, ruhigem
Spott.
ftegtenborf hob bie gauft gegen ßufe, et tat einen
Schritt auf ihn gu.
„3<h bin tiefer beleibigt als Sie", fagte Benebitte
Becfeta. „3ch behaupte ben Borrang."
Sie war Königin. So tief empfanb ber Sann ihr
Uebergewicht in biefem Bugenblicf, bafe er fich über bie
abwehrenbe ftanb beugte unb fie füfete. ftegtenborf
ging ohne einen Blicf auf ßid. — Cr ift nur in feinem
Stolg getroffen, fagte fich Benebifte in biefem Soment
fetbft, er wirb es ertragen, (Bott fei Dantl
San hörte im Baum nur ßids bumpfes, troftlofes
Sch(uch 3 en. Das Säbchen wat gerbrochen, fie würbe
jebe Beleibigung ertragen, jebes Urteil hingenommen
haben.
Benebitte berührte fie leicht an ber Schulter. „Steh
auf, ßid, bu h a ft oiel gu beforgen unb wiebergutgu«
machen. Du reifeft nach Berlin in eine Benfion. 3<h
gehe nach Dönning gurüct. Sir hoben feine jfinber,
ßubwig mufe bie Scheftungsttage einreichen. 3h r müfet
bann heiraten."
Cin teuefeenbes, gräfetiches Stöhnen tarn oom genfter,
wo ßufe ftanb, ßid fchrie feed auf.
Benebifte hob nur bie ftanb. „3h* müfet heiraten,
hörft bul Das ift bas eingig ehrliche unb Bnftänbige
jefet. 3 h* müfet nun gan 3 fein unb ja fagen. 3 h* bürft
nicht mehr lügen, immer weiter fo lügen."
„Bene! Bene!" fchrie ßid auf. Diefe grau mar
fchrectlich, fie ftanb über ihnen wie ber Dämon mit bem
gtammenfehmert, fie büctten fich beibe unter feinem
breiten, heden Branb, fie wagten nicht aufgufeijen.
„ 3 <h glaube ja, bafe ihr oiedeicht weitertügen unb
euch gwingen fönntet! Bdes bas hot feinen 2Bert.
Bictjts erlognes hot 2Bert ober ßeben. Seib nun reb»
lieber! Seib treu!"
„Bber bu Ilebft ihn! Du liebft ihn!" fchrie ßid.
Benebitte erblafete ein wenig, bas Stahlblau oertiefte
fich in ihren Bugen. „3ch Hebe bie Chrtichtett mehr.
3<h tönnte nicht unehrlich fein."
Beibe fahen fie an, unb es war eigentlich blofe bas
Staunen in ihnen über fo oiel hoheltsoode Straft. Das
Säbchen begriff etwas mehr baootr, bem Sann war
biefe grau, in ber eine lefete herbe gungfräulichteit fich
ihm nie gang ergeben hotte, unfafelicf). „Du liebteft mich
nie", fagte ßufe bitter.
„Bielleicht hoft bu recht", fagte Benebitte Bechta.
„3<h höbe mein Selbft in bir geliebt. 3<h bin nicht
ba. — Cs war ein 3rrtum."
ßiü hotte beibe Brme über bie grau geworfen unb
weinte wie ein ffinb an ber Bruft ihrer Sutter. Sie
war nichts als ein mübes unb oerlaufnes Stinb an
biefem ftarten unb beftänbigen ftergen. ©egen Benes
Öebot gab es feinen SBiberftanb, unb was fie fädte, war
ein Berbammungsurteil.
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Stummer 38.
Seite 1649.
„3d) muffte, tag bu nicht oerseihen fonnteft", fogte
8ufc.
©eine grau antmortete: „Du fannteft mich gut."
„Unb menn ich mid) roeigre?"
^>ie mies auf bas gebrochne, ijafttofe ©efdjöpf in
ihren ärmen. „Du t)aft jefct eine Pflicht.- 3 <h
habe meine getan."
(Er fagte: „Du tateft immer blofj beine Pflicht."
„ 3 * bin mohl anbers als bu", ermiberte Denebifte.
„Unb es märe beffer, mir batten es früher begriffen. —
2Rad)e ßid glüdlich!"
„Du forgft für unfer ©lüd!" rief er bitter.
Denebifte faf) ihn frei an. „Unglücf in allen Dingen
bes flebens ift Unroal)rt)aftlgfeit.' 3 <h tann nicht un»
mabr fein."
„Du mtrft bran fterben!" fcf>rie ßid. „Du liebft ihn!
Du liebft tf>n, Dene!"
Denebifte bücfte fid) über if>re ©cf)mefter unb hob fic
in einen €tuf)( unb legte lt>r bie $anb auf bie ©tim.
„©ei tapfer, ßid! Unb habt euch lieb. 3 h r merbet’s
brauchen."
©ie übermanb ficf> fo meit, fic ju tüffen, unb bie
anbre hi«9 in if>rcn Slrrnen, ftammelte milbe, törichte
Sorte, eine Dlifchung oon Danf unb Scham. „ 3 <h hab
ihn ja lieb, Dene. 3 d) hab ihn lieb."
,,3d) muhte es, Äleinel"
„2lber bu h fl ft ihn hmtbertmal lieber."
Da bebedte'Denebifte bie heißen, fragenben, fudjen«
ben 2 lugen. ,,©ei ftill, Äinbl Daoon barf man nicht
fpredjen!-Das finb heilige Sachen."
„Du bift eine Ejeilige!"
Denebifte ftanb in ihrem eigenen Slntleibejimmer
inmitten ad ber 3at)llofen Äleinigfeiten unb ©erat*
fdjaften, um für ihn fd)ön ju fein. Dor bem Spiegel
lagen 3ierlid) georbnet Nagelfeilen, gebogne unb gerabe
Scheren, feine Dürften unb ftämme in jebcr ©röjje,
fogar ber frifche unb oerfdjmiegne Salbmeifterbuft, oon
bem ber Staunt burdjtränft blieb, mar ßubroigs 2 fus»
mahl, bas Parfüm, bas er liebte, ©ie muhte, bah er
ihre blonben unb fdjtoeren haare aufgelöft gern fah, ber
Spiegel hatte ihr ßmeifeln U nb 3 ägern getonnt, ob fie
für ihn fd)ön unb oerführerifch genug fei. Nun lag bort
bies 3erbred)lid)e, roedjfelnbe unb tinbliche ©efchöpf —
©ie fagte: „Das ßeben forbert mohl heilige oon uns."
Der Slbmiral mar felbft 8U ßufe herübergefommen auf
bas Schreiben hin, in bem ber Kapitän feinen 2 lbfcf)icb
nachfuchte; er muhte nicht, ob er gan3 torrett banbeite,
©ein hers trieb ihn ba3u, er hatte ben tüchtigen unb
tatträftigen Offner gern, Dedjta befah Degeifterungs»
fähigteit neben ber unermüblichen, faft tleinlich nüchternen
pflichttreue, bie ben preuhifchen Offner als mertootlftes
(Erbe feiner Däter ausseidjnet. „ 3 bte Preujjen finb mie
bie 3apaner", hatte ber fran3öfifche 2ltta<hd gefagt.
„ 3 ntmer gefpannt aufmerffam unb atemlos eifrig. Sie
haben Slusficht auf bie gleichen (Erfolge."
Perfönltcbteiten mie biefen frohen, blonben ffiittng
brauchte man, um aus Dauernjungen gemanbte, fd>nei->
bige Seeleute 3U machen, Sturmoögel, bie burch ben
©chmung bie ©eroohnheit erfetjen muhten.
Dem hohen herrn mar bas her8 fchroer. ©ie fahen
in ßufe’ eignem 2trbeits3immer, bas bereits ungemütlich
mar unb bie ©puren bes überhafteten 2lufbruchs auf»
mies. 3 Jtan hatte tleinere ©egenftänbe unb 3ierate
fchon in Dapier eingefd)(agen, fie ftanben 3U formtofen
Dünbeln 3ufammengefchnürt. Dor bem Dibliothet»
fchranf martete eine offne Dücherfifte, Denebittens Dtlb
hing noch an ber SBanb. Gs ftellte fie in ber 5 Wifd)ung
oon herbheit unb Neife bar, bie fie fchon als Dläbchen
befeffen, immer mar fie, ungleich oon ßid, eine frauen*
hafte grau geroefen.
„ 3 hr Gntfchluh ift unmiberruflich, Dechta?"
„Unroiberruflid), Greifens."
Gs beburfte eigentlich biefer grage unb ber Stntmort
3mifchen ben SNännern taum. ßufc mar gealtert unb
in biefem 21 Item in fo menigen Dagen härter unb
fdjroffer gemorben. Gr hielt fid) gut, unb fein alter
©önner oerbachte ihm biefe Haltung nicht, ermattete fie
eigentlich oon ihm.
„ÜJtufj es benn fein?"
„Gs muh fein, G^edens"
Der alte #err fud)te in feinen eignen, etmas oet»
morrenen Grlnnerungen, bamals, als grauen noch in
feinem ßeben eine Nolle fpielten. (Eigentlich hatte er
einer einigen nur 3ugebacht, bah fie ihn in feinen
Plänen unb Deftrebungen unterftüfcen follte. 3 emanb
hielt ihm bas $aus marm unb licht, menn er oon
meiten gahrten 3urüdf ehrte; oielleicht fanben fleh 8**
biefem gegenteiligen Detreuen fpäter neue, blonbe, Heine
SJtatrofen für ©einer Dtajeftät Dienft. 2 lHes mar nie
gan3 beutlich gemorben, mehr ober meniger 2Tnfafe ge»
blieben in ben fur3en 3mifd)en8eiten, bie ber ßeutnant
unb junge Jfapitanleutnant an ßanb meilte. 2lud) bann
gab’s irgenbroie immer 3uoiel 3U tun, 3u lernen, 5U
erfahren, 8U üben.
Die glotte mar nach unb nach feine ßiebfte unb
feine E)äuslidj?eit gemorben. grau oon Dechta mottte
ber alte $)txv gatt3 befonbers mohl, fie entfprad) fo 3iem»
lieh bem Jraumbilb aus feinen 3 ugenbtagen, fie mar
blonb, tüchtig unb liebeood. 3n feinem ©pätherbft, gan3
türslich, mar noch mal eine Unorbnung in fein mohl»
abgeftimmtes Ginbilbungsteben getommen, Pud tan3te
burch einen Dtitfommertag, bot Oberons 3 aubertrant
graubärtigen ßippen.
„Gott helfe 3 hoen, SWann!" fagte er mit geröteter
Stirn, auf ber ber 2 lngftfd>meifj ausbrach. „Gs ift für
einen ÜJlann eine höllifch harte Sache, feine 2 lrbcit unb
ben Deruf, ben er liebt, aufsugeben. Um eine graul"
Gr mehrte einen Ginmurf ab. ,, 3 d) mid nichts gegen bie
grauen fagen. ©ie haben ihr Nedjt unb haben oielleicht
recht. 3 <h modle, bies märe nicht gefchehen, Dechta!
2 Beifj ©ott, ich münfehte es oon gan3em fersen! Gs ift
mir um ©ie leib, mie um meinen eigenen Sohn."
„Gj3eden8 finb fehr gütig."
„3<h bin nicht gütig. 3d) habe ©ie liebgemonnen.
3d) follte oielleicht härter urteilen, ich fage mir, menn
fo einer mie ber hingeht unb fo etmas tut, fein ganjes
ßeben hmfchmeifjt unb 3um Jeufel fährt, bann muß ber
Jeufel auch noch ein Serl fein! Der Jeufel unb ad ber
alte romantifche 3 Q ubertram finb noch lebenbig."
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.■■v* 'V "
6elte 1650.
lieber Suß' barte unb ftrenge $üge 3uefte etwas. (Er
fagte: „Spellens, icß bante 3ßnen. ®ir machen uns
woßl beibe bas $erj feßmer."
„ÜDlein 3 unge, meins tft fermer unb 3 brcs auch. (Bott
oerbamm mteß! 3<b »iß nicht fluchen, aber es tft nichts
mit ben SEßeibem! Sie fchaffen mehr Unorbnung auf ber
3 Belt als Drbnung, unb wenn Seine SDlajeftät nicht
immer wieber JRetruten brauchte." Cr unterbrach firf)
felbft. „3<h gönn’s ihnen auch nicht 3<h gönn’s auch
ben anbem nicht! 3eßt tjci^t’s, ba geht wieber ein
braoer unb ganjer Kerl hin unb wirft feine ©pauletten
hinter einem Unterroct her. Sie oerfluchten Unter rode!
Seien Sie ruhig, SBeeßta, ich muß feßimpfeit. 3 <h bin
wohl ein ju alter Kerl, ich bin fo alt unb oernünftig felber
gar nicht. (Bott helfe 3 i>nen, fag ich noch einmal, unb
ihr! — Der ba" — fBenebifte im Silbe hörte 3U —
„auch!"
Sie waren beutfehe ÜJlänner, ältere SDtänner, bie nicht
8u ©efüßlsausbrücßen neigten, bem alten Ejerm waren
bie äugen feucht, ohne bafi er fieß fchämte, ber jüngere
hielt fein S)tx% feft mit beiben S)änben.
„©lauben Sie mir, ©seitens, wenn jefet nicht eine
neue ißflicßt mich hielte — ein anberer ffieg märe ber
leichtere gemefen."
„ 3 <h glaube es. Wir fcheint bie Schlußfolgerung, bie
Sie 3ießen, eine $ärte, weil eigentlich nichts gefchehen tft,
weil bloß grauenempftnblicßfeiten unb 3 a rü)eiten oer»
leßt würben. 3ßre (jrau ift eine echte unb rechte grau,
fie tut wohl recht."
„Sie tut recht."
„$egtenborf wirb oon einer gorberung abfehen?"
„3<h »ürbe mich nicht mit ihm fchlagen, wenn er
mich forberte. 3 <h habe ja jeßt bas Stecht auf Satis»
faftionsunfäßigfeit."
„Cs wirb oiele geben, bie 3 h«n Schritt mißoer*
ftehen." •
„Dies SDUßoerfteßett fümmert mich nicht."
„Sie hatten i)'m nur greunbe."
„ 3 <h »aß mich baran gewöhnen, unter ihre Sichtung
3u fallen. — Das finb Kleinigteiten."
Der alte herr blidte 3U bem Silbe auf, bas fanft unb
flar über ihnen hing.
„Sie tft 3U ftreng gegen fid) unb anbere. — Sechta,
bie grau hatte Sie hoch lieb?"
„ 3 ch war ihrer Siebe nicht wert."
3n ßersensbingen war ber Slbmiral wenig erfahren.
(Er tonnte fich als Slann unb Solbat feßmer gewöhnen,
fie als oollwichtig unb oerantwortlich entfeßeibenb hin*
3uneßmen. „Die Siebe oergibt aueß unb beeft 3u",
meinte er.
„9Benn fie ftart unb echt ift, bod) nießt", fagte Suß.
„Sie ßat mir ben einigen 2 Beg gewiefen. 3 <h »erbe
ihn gehen."
Der Slbmiral hatte fieß gebaeßt, eine (Entfernung
tönnte hier gute SBirfung tun, unb wenn bas gräulein
nachher als grau oon hepfenborf 3urüdgefommen
wäre. . . (Er wagte feine ÜDteinung nießt aussufpreeßen.
,,©s finb jeßwerere Dinge, als man bentt, feßen fieß
Icicßt unb luftig an wie Sofenblätter."
ülutnmer 38.
„ÜJlan glaubt, man lann bamit fpielen", fagte Suß.
„Slber es ift nießt fo. Sur bie Stufrecßten, bie gan3 9 teeßt*
ließen täufeßen fieß barüber nießt, nennen bas Spielen
Sünbe. Sie benennen es reißt."
Suß neigte nießt 3U religiöfem ÜJloratifieren unb oer*
manbte folcße Stusbrüde nießt leicßtßin. bei feinem Sor«
gefeßten befeßränfte fieß bas metapßi)fifcße Sebürfnis auf
bas für ben Solbaten brauchbare, auf Dreue unb ©eßor*
fam, ben leufel unb bie (Englänber nießt füreßten auf
ber Sielt unb auf einen ehrlichen Sotbatentob.
(Er feuf3te. „ 3 eß hatte gebaeßt, mit 3 ßnen noch manche
gaßrt 3U maeßen. 2 lls Solbat unb als ÜDtann
fag icß noeß mal, es ift feßabe um Sie, Secßta! Der
ÜJtenfcß, bas wiffen Sie, bleibt 3 ß* greunb."
„Sleiben Sie Senebittens greunb, ©£3etlen3."
Der Slann oerftanb bie Sitte. „ 3 ßrer aueß, Secßta.
©ott oerbamm mieß! 3<ß bin 3ßnen gut, allen breien,
unb feße Sie ins Unglüd rennen unb lann nießt ba*
3wifcßenwettem. 3<h baeßte nießt, baß mir ein folcßer
SJirrwarr im Seben noch einmal oorfommen tönnte,
um ein Spiel3eug — um fo ein Süppchen! — i)öre icß
noeß mal oon 3ßnen?"
„Sias füllte oon mir 3U fagen fein?"
Dem Slbmiral fiel ein, baß oor biefem gertigen unb
Abgetanen boeß oielleicßt noeß ein langes Seben lag, baß
Suß fieß naeß einem fEßirfungstreis umfeßen mußte.
„Kopf ßoeß! Unb oergeffen Sie bie Srbeit nießt. Die
ßält 3ufammen unb ßält anftänbig."
„3eß werbe oerfueßen, Srbeit 3U finben."
„SMr hatten genug hier. 3 ßr praeßtooller ,©j3elfior‘!"
„©rüßen Sie ißn. Unb SUbeutfcßlanb in ber SJelt
ooran! For ever!"
„Das folt’s bleiben! 21 ber Sie hätte icß basu nötig
geßabt."
„Dafür finben fieß anbere."
„Snbere, aber nießt bie gleichen. Sa, wie lang feßiebt
man felbft noeß mit an ber Karre! fEßenn nur bie Karre
gan3 unb gefeßmiert bleibt!"
„Sie haben 3 h rc reblicße Srbeit getan unb tönnen
ftol3 brauf fein, (Ef3ellen3'."
„©earbeitet ßab icß. Darin gibt’s fein gadeln unb
fein Slusrußen im preußifeßen Staat. So foU’s auch
fein! — Deswegen träumt man manchmal noeß wieber
Sonnmenbnacßtsträume, alter ©fei, ber man ift! ffiollte
©ott, es mär bei weiter nießts als bei biefer ©felßaftigfeit
geblieben! — Die guten grauen ergeben bie Dragöbien
im Seben. Unb glauben Sie mir, bas Seben ift bod)
nießts wert oßne fie!"
Sehr furse 3 e *t barauf reifte Suß ab, S«<fer unb
Surfcße beforgten ben Um3ug, er fragte naeß nießts.
Seine eigenen üütöbel füllten ißm naeß Serlin gefeßidt
werben, oon Senebifte waren Sefeßle oon Dönning aus
3U erwarten, ©s war ißm unmöglich, Stein für Stein
ben 2lbbrucß feines ßausßalts mitan3ufeßen.
grau oon Safting fam bie 3bee, baß ber Kapitän
oielleicßt weiblicße ßilfe benötigte. Sill war in einem
Sanatorium in ^Berlin; grau oon Secßta hatte bas ©e*
päd ber Sdjwefter noeß felbft beforgt. Die ©ßeleute ßat*
ten fieß nießt gefproeßen. (fjortfeßung folgt.)
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Stummer 38.
Seite 1651.
Doppelblüffer.
23 on 5 ßrofcffor Sr. Ubo Sommer.
Sie erfte 3 «t ber (Rofenblüte ift oorüber, uttb fcgon
nacg furjer (Rugepaufe finb bie (Büfcge roieber mit
Änofpen gefcgmücft. Ser Saie, ber täglicg ficg feine
Stofen auf ber ©trage tauft, rounbert ficg nicgt meiter
barüber, bag bie Stofen fo lange blühen, ©r mürbe
es etjer oerrounberlicg finben, roenn es im Sommer
feine Stofen gäbe. Ser ©artenbefiger aber roeig, bag
nur beftimmte Stofen 3toeimal blühen, remontieren, roie
es in ber ©ärtnerfpracge geigt, ©s ift nicgt uninter«
effant, bie ©rfdjeinung bes Stemontierens näger fennen
3 U lernen unb igre Urfacgen 3 U ergrünben. Sluger bei
ben Stofen mirb non ben ©ärtnern bas (Remontieren
gauptfäcglicg an Steifen, Himbeeren unb ©rbbeeren,
neuerbings aucg an (Beilegen beobachtet, ©s gibt 3tnar
nocg eine 2ln3ag( anberer ©eroäcgfe, bie bie ©rfcgeinung
3eigen: 3. SB. ©leinen, Stobinien, Slesfulus, Anemone
pratensis ufro., allein bei allen biefen betrachtet man
bas Stemontieren megr mie eine Suriofität als mie
etmas (Bertoolles.
Sie bei uns geimifcgen ©eroäcgfe nergalten ficg in
igrer (Btütejeit oerfcgieben. Sie fogenannten einjährigen
©eroäcgfe feimen im fjrügjagr unb fommen balb fcgon
nacg roenigen (Boegen, balb erft nacg einigen SDtonaten
3ur (Blüte, reifen aber jebenfalls nocg im gleichen 3 agr
igre 3 frü<gte unb fterben bann ab. Sie 3roeijägrigen
©eroäcgfe feimen ebenfalls im griigjagr, entroicfeln im
Saufe bes Sommers (Blätter unb bilben im näcgften
3 agr igre (Blüten unb grücgte; nacg ber grucgtbilbung
fterben aucg fie ab. 3roifcgen beiben ftegt eine tlnjagl
©eroäcgfe, bie in ber Kultur erft im Spätfommer feimt,
überrointert, im näcgften 3agr blügt unb frucgtet unb
bann abftirbt. 3n biefe ©ruppe gegoren 3. 23 . unfere
(Bintergetreibe. Ser Steft unferer geimifcgen trautigen
©eroäcgfe ift megrjägrig unb fommt, nacgbem er erft
einmal geblügt gat, mehrere bis niete 3agre hinter»
einanber 3ur (Blüte. 2 t(ljägrticg fterben nacg ber grucgt*
reife bie oberirbifcgen Stengel ab. 3 m ©egenfag gier3u
bleiben bei ben go^igen ©eroäcgfen bie oberirbifcgen
Stengelgebitbe am Seben, nur bas ßaub ftirbt bei ben
meiften ab. (Rebenbei fei bemerft, bag es unter ben fremb»
länbifcgen ©eroäcgfen aucg eine Slnjagl gibt, bie mehrere
bis oiele 3agre roacgfen, ogne 3U blügen, aber, foroie fie
einmal geblügt unb ffrücgte gebracht gaben, abfterben.
Soroogl bei ben megrjägrigen frautigen ©eroäcgfen,
ben Stauben, als aucg bei ben ijogjgeroäcgfen tritt bie
23 lüte 3 ieit, roie roir roiffen, je nacg ber 2 lrt ber (Pflanje
gan3 oerfcgieben ein. Sie erften (Blüten, bie uns bas
neue 3 agr befcgert, finb folcge an Stauben unb ©e=
gölsen, unb aucg bie (egten (Blumen bes 3 agres roerben
nicgt non ein» ober 3tneijägrigen ©eroäcgfen, fonbem
non Stauben unb ©egölsen getragen, fo bag roir fagen
fönnen, bag biefe tegteren beiben ©ruppen roägrenb
bes gan3en 3agres blügen, mit ber ©infcgränfung, bag
bie (B(üte3eit meift auf eine beftimmte (ßeriobe be=
fcgranft ift. (Benn roir nun unterfucgen, roelcge gaf»
toren bie 23 lüte 3 eit ber ein3elnen Strten bebingen, fo
fommen roir 3U bem (Refultat, bag bie (Blüte3eit 3U=
näcgft abgängig baoon ift, roann bie (Blütenfnofpen
angelegt roerben. 23 ci ben meiften Stauben unb ©e»
göl3en, bie etroa bis (Kitte 3 uni blügen, fönnen roir
feftfteden, bag bie (Blütenfnofpen bereits im 3 ag«
oorger angelegt roaren,* bag alfo ber biesjägrige Srlor
gan3 baoon abgängig ift, ob unb roie oiele (Blüten»
fnofpen im oorigen 3 agr angelegt roorben finb. Sa»
gegen beobachten roir bei ben fpäter blügenben Stauben
unb ©egöl3en, bag fie igre (Blütenfnofpen meift erft in
biefem 3 agr anlegen. SEBir fönnen alfo bie in ber
sroeiten Hälfte bes 3 agres blügenben Stauben unb
©egö(3e oergleicgen mit ben einjährigen ©eroäcgfen in»
fofern, als igre im Saufe bes 3 agres einen
ununterbrochenen ©ntroicflungsgang bis 3ur grucgt
burcgmacgen. Slnbers liegt es bei ben meiften in ber
erften Hälfte bes 3 agres blügenben Stauben unb ©e»
gölsen. Ser ©ntroicflungsgang igrer (triebe roirb unter»
brocgen burcg eine Kugeperiobe oon oerfcgiebener Sauer.
Sie Urfacgen biefer Kugeperiobe finb uns oorläufig
nocg unbefannt. 3m erften Slugenblicf möcgte man
benfen, es fei bie rointerlicge Temperatur. Sem fann
aber, roenigftens häufig, nicgt fo fein, benn eine gan3e
Slnsagl Stauben unb ©egöl3e legte igre (Blütenfnofpen
fo 3eitig im 3 agr an, bag man eger auf bie (Bermutung
fommen fönnte, bie fommerlicge f)ige unb Sürre gatten
bie (Ißeiterentroicflung gintan. Semerfensroert ift es
jebenfalls, bag bie Kugeperiobe fünftlicg foroogl oer»
längert roie aucg abgefür3t roerben fann. Sie 23 er»
tängerung ber (Rugeperiobe fügrt ber ©ärtner baburcg
gerbei, bag er bie (pflogen in eine Temperatur nage
bem ©efrierpunfte bes ÜBaffers bringt. Saburcg ift es
igm möglich, ben SBieberbeginn ber (Begetation um
mehrere (Konate ginaus3ufcgieben. Slnberfeits oerfür3t
ber ©ärtner bie (Rugeperiobe baburcg, bag er bie
(ßflan3en einer ergögten Temperatur ausfegt, nacgbem
er fie allerbings oorger in einer niebrigen Temperatur
gegolten gat. Surcg (Beganblung mit roarmem (Baffer,
ja felbft mit (Betäubungsmitteln, roie ©gloroform ober
Stetger, fann er bie (ßflanjen ebenfalls fünftlicg aus
igrer normalen (Rugeperiobe gerausiocfen. Sie (Rüge»
periobe an ficg ift biefen 1)3flauen alfo nötig; nur bie
Sauer ift oerfcgieben unb nicgt feft ftabiliert. (Bie oer»
fcgieben lang bie (Rugeperiobe fein fann, gegt am beften
baraus geroor, bag ein norbamerifanifcges Stauben»
geroäcgs feine (Blütenfnofpen faft 3roei 3 agre oor ber
©ntfaltung ber (Blumen anlegt, roägrenb unfere Dbft*
bäume igre (Blütenfnofpen meift nur brei oiertel 3 agre
oor ber S8lüte3eit anlegen. Uebrigens finb biefe 23 er»
gältniffe nocg roenig erforfcgt unb bürften nocg mancges
Sntereffante 3Utage förbern.
(Run roiffen roir foroogl aus eigener gelegentlicher
©rfagrung als aucg burcg (Berichte früherer Scgriftfteller,
bag nicgt alle Snbioibuen einer 2lrt ficg gleicg oergalten.
3eber ©artenbefiger gat roogt fcgon gelegentlich bie
©rfagrung gemaigt, bag ein Obftbaum im Spätfommer
einige (Blüten entfaltete. ÜRancge (Rogfaftanien fangen
fogar mit 3iemli<ger (Regelmägigfeit im #erbft nocg
einmal an 3U blügen. 2lus alten ©gronifen / roiffen
roir, bag in befonbers roarmen 3agren mit fegr milbem,
fpätem ijerbft bie (Beinftöde eine sroeitc (Blüte brachten.
(Bar ber Sommer fcgon früg3eitig geig unb trocfen, fo
bag bie (Bäume unb Sträucger oor3eitig igre (Blätter
oerloren, bann beobachtet man nicgt feiten, bag biefe
(Pflanjen in einem milben ijerbft nad) ergiebigen (Regen»
fällen frifcg austreiben unb roogl gar 3ur (Blüte ge»
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Seite 1652.
fRuntnter 38.
langen. Buch öer gatt fommt bisrneilen oor, bag bie
jungen Triebe mancher Dbftforten, ftatt furg gu bleiben,
ausroacgfert unb glricg Blüten tragen. Bei einer Jtirfcgeit«
forte, ber Stdergriligenfirfcge, ift biefe ©acgstumswdfe
geraöegu 31 « Bonn geworben, fo bag man oon igr
nic^t eine einmalige furge (Ernte, fonbern eine über ben
gangen Sommer blsgum Sldergeiltgentage ausgebegnte
Gmte haben fann.
91u0 allen biefen ITatfacgen fann man ben Schlug
Siegen, bag in ben 3«den ber Blütenanlagen erft gang
beftimmte cgemifcge Borgänge fieg abfpielen, gang be»
fttmmte ißrobufte fieg bilben mfiffen, bis bie ©eiten
entwicflung ber Blütentnofpen oonftatten gebt, ©arme
in bem einen, Sälte in bem anberen Sode, auch
{Trocfengeit unb Bäffe bgro. ein oerminberter ober er»
gögter ffiaffergegalt in ben 3 *den fegeinen eine be»
ftimmenbe Bode 3 U fpielen. Das inbioibuelte ober
aucg bas fpegififcg oerfcgiebene Bergalten ber Bflangen
gab nun Beranlaffung für bie ©ärtner, Bemontanten
gu gücgten. grüger, als bie Hilfsmittel ber {Treiberei
nocg nicgt fo oeroodtommnet waren wie geutgutage,.
lag nocg megr Beranlaffung gur 3ü<gtung folcger
Sorten oor als jegt. Bur bei folcgen Bflangen, bei
benen eine {Treiberei weniger rentabel ift als eine
normale gweite Blütegeit, wirb auch jegt noch bie
Beugüchtung oon Bemontanten betrieben, oor adem
alfo bei greitanbgewäcgfen, beren Blüten ober Früchte
in fo grogen ©engen gebraucht werben, bag eine
fünftliche {Treiberei nicht ausführbar wäre.
Cs ift nun intereffant, gu beobachten, bag es oer»
fegiebene ©rabe bes Bemontierens gibt, unb bag auch
auf natürlichem ©ege ogne abficgtlicges Cingreifen bes
©enfegen remontierenbe Baffen entgegen. {Das nor¬
male Bergalten ber Crbbeerpflange ift, bag fie im
grügjagr eine Bngagt Blütentriebe bilbet, igre grüegte
reift unb bann Busläufer treibt, bie eine ober megrere
junge Bflangen liefern. Bei ben grogfrüegtigen Crb»
beerpflangen erfegeinen bie Blütentriebe ade gu gleicher
3rit ober furg gintereinanber. {Die Blüten öffnen fieg
ebenfalls innerhalb einer beftimmten furgen 3 dt, unb bem»
entfprecgenb ift auch bie Beifegeit ber Beeren auf einen
furgen 3 dtraum Don brei bis fünf ffioegen befegränft.
Bel manchen Sorten begnt fitg nun bie Gntwicflung
ber Blütentriebe über eine längere 3dl aus. Cs ent»
wicfeln füg noch Blütentriebe, wenn bereits bie erften
Blütenftänbe mit grüegten befegt finb. Batürllcg wirb
gierbureg bie Gmtegeit wefentlicg ausgebegnt. Befon*
bers ift bies ber gad bei fleinfrücgtigen Grbbeeren,
ben fogenannten ©onatserbbeeren. Gingelne Sorten
gegen aber nocg einen Schritt weiter. Bacgbem fie
längere 3 d* geblügt unb gefruchtet gaben, tritt bei
ihnen eine furge Bugeperiobe ein, naeg ber fie oon
O -er¬
neuern beginnen, gu blügen unb gu fruchten, fo bag
fie bie legten Beeren erft im Booember reifen. Bocg
anbere Sorten treiben igre Blütenftänbe gwar im
grügjagr giemlicg gu gleicher 3 c *t. reifen bement»
fprecgenb aueg igre grüegte annägernb gleicggeitig.
{Daneben treiben fie aber fegon früggeitig Busläufer,
bie fieg fo fegned entwicfeln, bag fie, wenn fie oon
ber ©utterpflange abgelöft finb, was aber nicgt Be»
bingung ift, nocg im fetben 3 agr blügen unb fruchten.
Bei ben Himbeerfträucgem fegen wir im grügjagr
an ben oorjägrigen langen Buten furge Seitentriebe
erfegeinen, bie mit Blüten befegt finb. Bacgbem bie
grüegte gereift finb, fterben bie gangen im oorigen
3agr gebilbeten Buten ab. ©ittlerweile waegfen junge
Buten, bie im grügjagr aus bem ©urgelftoct geroor»
fprogten, gu langen Buten heran, bie im Herbft igre
Blätter abwerfen unb im näcgften 3agr mit Blüten
befegte Seitentriebe maegen. Hin unb wieber freilieg
fommt es aueg oor, bag biefe {Triebe fegon im Spät«
fommer erfegeinen, unb bann trägt bie ißflange im
Herbft nocg einmal grüegte. 3nbem man nun folcge
Bflangen, bie biefe Cigentümlicgteit regelmägig geigten,
3 u Äreugbefrucgtungen oerwenbete, gücgtete man Baffen,
bie regelmägig im Herbft eine gweite Cmte geben.
Bei ben Bofen erfegeint ber Blütentrieb oerfegieben,
je naeg ber Bofenart, oon ber bie Sorte abftammt.
Bei ben 3entifo(ien ift bas Bergalten folgenbes. 3m
grügjagr erfegeinen lange {Triebe, bie mit Blüten ab»
fegliegen. {Damit fieg bie {Triebe fräftig entwicfeln,
fegneibet man bie oorjägrigen 3 t»eige weit gurücf.
Hierburcg ergält man nur wenige, aber fräftige {Triebe
mit fegon ausgebilbeten Blumen. Bei ben gieroon ge*
gücgteten Bemontantrofen treiben bie unteren Änofpen
an biefen Blütentrieben nocg im felben 3agr aus unb
bringen ebenfads wieber Blütentriebe. Bei ben {Tee»
rofen bagegen ift bas Bergalten ein ägnlicges wie bei
ben Himbeerfträuegem. '- 8 ®' ignen treiben bie Blüten*
gweige aus ben oberen Sfnofpen oorjägriger langer
Buten. Cs fommt aber aueg oor, bag biefe langen
Buten noch im nämlicgen 3ogr Seitentriebe bilben,
bie Blütenfnofpen tragen.
Segr intereffant ift es nun, bag aueg manege wilb»
waegfenbe Bflangen bie Crfcgeinung bes Bemontierens
geigen. Cs gibt gewiffe Bflangen, bie auf ©iefen
waegfen, bie besgalb, weil bie ffiiejen gleich naeg ber
Blütegeit biefer Bflangen regelmägig abgemägt werben,
gar nicgt bagu fommen würben, fieg bureg Samen 3 U
oermegren. {Da fönnen wir nun bie mertwürbige
Crfcgeinung beobachten, bag fieg biefe Bflangen ad*
mäglicg bem ©iefenfegnitt angepagt gaben unb
naeg igm nocg einmal austreiben unb nun igre
grüegte 3 m Beife bringen.
----O
Solffois 3uhelfeier.
SJterju 8 Spe 3 tataufnatymen für bie *2Bocbe" oon ©. 0, Sulla.
3 n ber oergangenen 92Boc^c beging ©raf ßeo lolftoi
bas ©brenfeft (eines adjtfltgften ©eburtstags: am 28. Sluguft
( 10 . September) 1828 erblicfte er in bem gleichen 3asnaja
^oljana bas fließt ber 5Belt, nach bem beute bie Slicfe
non laufenben unb aber Üaufenben, benen ber üftame
bes großen ruffifd>en Senfers unb ©ießters teuer ift,
in fgmpatbifdjer älnteilnaßme gerietet finb.
©in SBeltfeiertag butte es merben follen, menn es
nach bem SDBiilen oon lolftois öereßrern unb greunben
gegangen märe. 3 n allen ßänbern ber ffirbe follten
Komitees gebilbet merben, benen bie mürbige CJeicr
biefes lages, bie angemeffene ©brung bes großen
Sobnes ber rufftfcf>en ©rbe obliegen follte. 2lucb in
SSerlin batten bereits SBefprecßungen in biefem Sinne
%
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ftine Stunde öer Erholung im arbeitsreichen Xag Xolffois: Ser große Denter beim Sdjad)-
ftattgefunben. 2 Rit»
glieber bes ruffi«
fcfjett ^auptfomi'
tees mären ein»
getroffen, um hier
an Ort unb Stelle
bie erforberlidjen
Vorbereitungen 3 U
treffen, unb unfer
©erbart i)aupt=
mann, bem lol*
ftoi einft reiche
geiftige Anregung
gegeben, batte fid)
bereit erflärt, in
Seutfcbtanb an bie
Spifje ber geptan*
ten Ooation 3 U
treten. Abreffen,
Stiftungen, geft«
oorftellungen unb
Vtadfabrten nach
3 asnaja ißoljana
— mas mürbe
nicht alles in Aus*
ficht genommen!
Aus Amerifa unb
Snbien maren rei*
che SRittel 3 ur Ver=
fügung geftedt
morben, um 3 as*
naja Ißoljana oon
ber Familie bes
©rafen an 3 ufaufen
unb in ein 9tatio=
nalheitigtum ä la
Stratforb 3 U oer=
manbeln. 3Ran
fab es ben mit
ber Rührung ber
Verbanbtungen be=
trauten JRuffen
förmlich an, bafj
jiebiefe Angelegen¬
heit, bei ber auf
ihr fchmer geprüft
tes Vaterlanb nur
helles Sicht fallen
fonnte, mit Stol 3
unb greube be«
trieben, bafj es
ihnen eine grofje
(Genugtuung berei¬
ten mürbe, in
ihrem Sem 9tifo=
lajemitfch, bem gro*
fjen Sichter unb
Senter, fich felbft
unb ihre Heimat
oon ben ©ebilbe*
ten ber gan 3 en
SBelt geehrt 3 U
feben.
Aber lolftoi
felbft mar es, ber
ad bie geptan*
ten Veranftaltun*
gen oereitelte. Sas
ffiürbeoolle einer
folchen geier rey*
te ben Alten, ber
allem Aeujjerli*
chen, Äonoentio*
nellen feinb ift, 3 U
heftiger Aufleb*
nung unb Ab»
fage, unb bamit
mar ber gefürch*
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Seite 1654.
Stummer 38.
tete ißroteft ba — ber greife Jubilar felbft ftreitte, unb Cnfel, bte treue ßebensgefäbrttn jur Seite, nur
unb bie große Jubiläumsfeier fiel unter ben lifcf). roenige intime Sreunbe als ©äfte im S)au s — fo
@o beging benn Sero fRitolajemitfcb biefe fettene »erlebte Jolftoi ben großen lag, ber ein dßeltfefttag
ßebensfeier gan<j ftiif
im Greife ber Seinen.
Seine 2Ibreffen über«
reichte man it)m, in
benen it>m aum fo«
unbfooieitenmai ge«
fagt marb, toas für
ein großer ©eift,
toas für ein genialer
Sd)riftfteller, mas für
ein tiefer Denfer unb
genialer. dRenfd; er
ift. SWan b<*t it)n
bort in Jasnafa ißol«
jana meber mit feinen
Öanbsleutenißufdjfin,
ßormontom, Softo*
jemsti, Jürgen jero
noch mit feinen euro«
päifdjen jeitgenoffen
Sofa, Jbfen, Siießfcbe,
Darroin, no<b enb«
roerben fodte. Unb
fo mar’s ihm firmer ge*
nef)m unb gan 3 nach
feinem SBiden. Cr ift
beute noch genau ber
gleite fc^Iid)te, ein
toenig quertöpfige,
adern ©emaebten ab«
boibe 3Jtenfcb, ber er
oor fünfzig Jabren
gemefen, als er bem
bie etmas umftänb*
liebe Crjiebung feiner
Jodjter febilbernben
Xurgenjem bas Sßort
„Somöbie!" ins ©e*
fid)t roarf, mas bei«
nab du einem Siftolen*
bued jmifeben bie«
fen beiben prächtigen
3Jtenf<ben geführt
hätte. Jum Silbe
Q<b mit ben großen ©er Patriarch uon Jasnaja poljana erteilt Rat unb XrofL biefer f(büchten Sta*
Ctbitern unb Stell« türlicbfeit gehört auch
gionsftiftern 3 ufammengeftedt, benen feine Anhänger feine rübrenbe 2lnbönglicbteit an bie eigene Familie
ihn mit Sorliebe anreiben. Jnmitten feiner Sinber unb ben Jflecf Crbe, auf bem er lebt, „ßeben im
3m Sattel auf bem Beg 3ur Babnflation.
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Stummer 38.
Uhmtmer 88.
ftois |o oft
uerfd)riener
bie fed)s
Pfeiler me;
(ErDenglücfc
biefem^roi
bas bie
felbft biftie
oerbradjte
Sein unb
bemüht gej
bie lebten
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Kummer 38
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Seite 1057 .
agF
mm
Die gräfliche Jamifie 6dm 2TtiHagsmaf)( im Warfen.
Seite 1658.
tttummer 38.
(Battin, bie nicht <ju feinen Anhängern jählt. lebt er
in langjähriger, glücflicfjer g^e: in oier Jahren roer«
ben fie ihre golbene i)od) 3 eit feiern, ein neues Jubiläum!
Dreizehn Sinber finb biefem Bmtb entfproffen, noch
bem Sechsjährigen blühten 3 um leßtenmal Bater»
freuben; oon biefen fiinbem finb heute fünf Söhne
unb oier Xöchter am Sehen, fie finb auch 3 um größeren
Xeil bereits oerheiratet, unb bie Schar ber Enfel bes
großen ruffifcßen Schriftftellers ift beträchtlich.
3n ber Tot murmelt ber „Xräumef " Xolftoi feft in
ber ffiirlüchfeit, oon SBeftabgenuntbtheit ift in feinem
perfönlUhen fieben nicht bie 9tebe. Bon feinen An¬
gehörigen halten einige 31 t ihm, namentlich in ber
oegetarifchen ßebensmeffe, ber er hulbigt, anbere gehen
ihren eigenen SBeg in biefen äußerlichen wie in geiftigen
gingen. Ofr läßt ieben gewähren, jioingt unb jürnt nicht
— getreu feinem ffiahlfprucf): „SBiberfttebt nicht bem
Uebel." Allen ift er ber liebeooDe Bater unb greunb.
<■
«OB-
Berlin am ber Bogelfcßau.
23on 3 ultus ©tetientjeim. — Syiex^u 7 p^otograptjtf^e «ufna^mcn
Berlin’ ift im Sergleid) mit anberen äßeltftäbten,
bie fd)oit feit 3 at)rf)unberten grofo unb berühmt finb,
nod) faft ein Äinb ober in ben fogenannien beftcrr 1
3at)ren Berlin erblitfte bas fiid)t ber ffieltftabt erft
oor etwa oie^ig 3 ähren, fo um bie 3e\t ber groftei^
Kriege herum. 2 Benn bie anberen SBeltftäbte fehr
oiel Seit brauchten, fthön, grofe unb reid) 3 U roerben,
fo brachte Berlin bies mit $)ilfe feiner 3ugenbfraft in
einigen Sahrjehnten fertig Das felbftberaufjte 5Bort"
Bprons fönnte oon Berlin fo parobiert merben. ,,3rt)
erroad)te eines Borgens unb fanb, bafe id) eine 2 Belt-
ftabt geroorben fei." Denn Berlin befanb fid> menig*
ftens auf bem beften 5Beg, aus einer fleinen, phili*
ftröfen, mangelhaft beleuchteten, abenteuerlich ge*
pflafterten unb oon oben herab angefehenen ©tabt
eine ber fd)önften, angenehmften unb oerfehrsreichften
Stäbte ber gan 3 en ffielt 3 U merben.
3 a, Berlin mar oon oben herab angefehen morben,
(Es hatte fid) fd)on baran gemöhnt. 2Bir Weiteren
haben uns oft barüber fchmer geärgert unb 3 miefad),
Blicf bon ber Siegesfäule nach Horben. Oberes 95tIb: Bücf oon ber Siegesflinte auf bie Siegcsattee.
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mad)t fjat.
SBeffer unb beut=
lieber rüürben mir fic
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Dhtmtner 88. Seile 1659.
meil mir niegts bagegen ju tun oermoegten. Wan feinem ßuftboot aus baffir fo» gen fcfjen, bafj reegts
follte ein giftorifeges berliner Wufeum grünben unb geflogen merbe unb Sallons mit Samen unb S?in=
bacin aus bet erften 5>ätfte bes oorigen 3 agrgunberts bern ungefägrbet auf bie anbere Wolfenfeite gelangen,
allerlei Werfmürbigf eiten unb ^Raritäten auffteüen: ein 2lber geute fegon miffen mir, bag für ben ßuftfegiff*
befonbers bueftiges Stücf Stragenpflafter, eine Srofcgfe paffagier ber Slicf auf bie fRiefenftabt ein
3 meiter (sit venia verbo) ©üte, einen Wufterrinnftein, feffelnber tft unb jugleid) ein origineller, roeil fieg
bie Ißotsbamer Srüefe, ben (Eisbocf, bie Irümmer ber igm bie geräufcgoolle Wetropole jeigt, ogne bag ein
(Beriegtslaube unb ber ©tabtmauer unb eine ©tragen* Ion bes oielbeflagten ßärms 3 U bem Ogr bes Se*
(aterne, beren Dellicgt nur ba 3 U bienen tonnte 3 U fegauers bringt. Wan, fiegt bas Willionengemimtnel,
3 eigen, mie bunte! bie ©trage mar, unb mir mürben, bas unentroirrbar fegeinenbe Surcgeinanber bes Ser*
menn mir bie gront biefer tegrs, bas in ein faft ungeim*
21(tertümer abfegritten, _lieges Scgmeigen ge*
genau feftftellen güllt ift,a(sgabe
tonnen, roei- manbiener*
ege gort* oös sit*
ertennen als bureg alle Silber
ber mobemen fßgotograpgie. Son oben gerab mürbe
Serlin angefegen. 21 us ber ©pottoogelfcgau. Wir
tonnen geute mit berechtigtem ©toi 3 baran erinnern.
Senn mer geute aus ber mirtlicgen Sogelfcgau oon
oben gerab auf Serlin fiegt, mirb fieg eines erquiefen*
ben unb sugteieg granbiofen Slnblicfs erfreuen, mirb
ein prächtiges Panorama bemunbern unb über bas
erftaunen, mas Serlin geute gemorben ift, mas Serlin
mit ber 3 eit aus fieg gemaegt gat.
i)ocg über ber $ocgbagn ift ber Serliner ffögen*
oerfegr eröffnet morben; menn mir aueg noeg feine
fjalteftellen für megrere ßuftregatten eingerichtet ober
gar gier unb ba einen fegmebenben ©cgugmann oon
ternben
Silber ei*
nes Sinemato*
grapgen oor fieg,
ber auf mufifalifcge Se*
gleitung, felbft auf bte bistretefte
bes Slaoiers, oersiegtet. Sann man fieg einen fegöneren
Slnblicf als ben eines Sraftomnibuffes benfen, ber laut*
los baginrotlt, obfegon man ign längft als einen ber
unoerbefferlicgften fRugeftörer ber 5 Refiben 3 fennen unb
füregten gelernt gat? ®ibt es etroas Artigeres als
bas 2tuto, bas bgne bas Srüllen, bas es bem Waft*
oegfen abgelaufcgt gat, oorüberfliegt? Sie meite (Ent*
fernung unterfeglägt all ben ßärm, gegen ben fieg
jegt oersroeifelt ein Serein oon ©peftafelfeinben er»
goben gat. gür ben ßuftfegiffer ift bas 3 beal biefes
Sereins gegen Wenfegenquälerei gefegaffen: Serlin ein
3bt)U. So meit bort oben bas Ogr reiegt, fein JRaffeln,
fein Srüllen, fein Xeppicgflopfen, feine bilettantifege
Blict oon ber Siegesfäuie
nad) bem Cegrfer
Bagngof. ^
ölief oon ber Siegesfäule
naeg bem Branben-
bürget Xot.
CK. jTFT
«IC I®
3t'
Seite 1660.
Stummer 88.
Jttaoiertobfucht, fein Irommeln unb pfeifen, fein obren»
marternber ©fenftangentransport. Stifts begleichen.
Sir (eben am Borb bes ßuftfdjiffg alle« unb hören
nichts. Ser gan^e Berfehr in ben Straßen Berlins
oo03iebt fi<h fo lautlos, tote ihn unfere Silber barfteden.
Bo d) befinben mir uns in ben fchüchtemen 2 In*
fangen bes Berfehrs über Berlin, noch tft bie eigent»
liehe Suftfcbiffabrt nicht eröffnet. Sann unb mann
unb hier unb bort fegelt ein gabrgeug ber Ballon»
flotte, erbaut auf ber Beebe bes ©rafen Zeppelin
ober bes Sajors oon $arfeoaI, über unferen Häuptern
bur<b bie Sölten baßin, oorläufig aber ift ber Ber»
t^ir unter Berlin noch bebeutenb lebhafter als ber
über Berlin unb macht ficb für bie ©ntlaftung ber
Straßen nüßticßer, als bies burcb bie Unterbimtnels»
boote ermartet mirb. 2 lber mie bas Saffer burcb bie
Schiffe mit Balten oerfeben morben ift, fo mirb bie
ßuft halb oöüig bejmungen unb in bes Startes oer»
megenfter Sebeutung 3U Slusflügen gefeftigt mer»
ben. Bis biefes 3 ^ erreicht fein mirb, befriebigen
bie Berliner unb bie fie befucßenben fjremben ihre
Sehnfucht nach oben baburch, baß fie ben Bathaus»
türm unb bie Siegesfäule erflimmen unb oon biefen
Höhen einen Blicf in bas roeite, braufenbe Raufer*
meer roerfen, bas bem unbemaffneten 2Iuge als ufer*
los erfcßeint. Sas Braufen bringt nur gan3 leife, taum
hörbar hinauf, fo baß bas Häufermeer mit mehr Bed)t
als ber ©roße 03ean bas ftitle Seer genannt merben
tönnte. Um fo ungeftörter berounbert ber Befchauer
bas Smpofante unb Uebermältigenbe ber Susbehnung
unb bes Berfehrs ber mächtigen Stabt mit ihren Borts
unb Salbungen, ihren Schmudpläßen unb Bal&ften,
ihren Zürnen unb fjabriten, ihren Slüffen, Kanälen
unb Brüden unb oor adern mit ihrer Saffenfreguen3,
mie folche nur menige Stabte ber ©rbe ununterbrochen
unb machfenb burchflutet. Biefer großartige Strom
3eigt fich nur bem, ber oon beträchtlicher fjöije in ihn
herabfcßaut, in feiner gan3en imponierenben ©röße,
oon ber ber bas Bffofter tretenbe Sitbfirger nur einige
Stichproben tennen lernt, bie ihn nur 3U häufig burch
bas fläftige, ^inbembe, ©nengenbe, ja ßebensgefähr*
liehe ihres turbulenten Stafens in bie übelfte Saune
oerfeßen. Ber Befteiger bes Zurms unb ber Säule
genießt bas Schau«
fpiel mit ftaunenbem
Bergnügen. Bie Ber»
tehrsftörungen ftören
ihn nicht, bie ®e>
fahr, bie bas ©efahre
bringt, fürchtet er
nicht, er braucht bem
übereiligen Stuto nicht
aus3umeichen, er mirb
oon bem Befehl bes
Schußmanns nicht er»
feßredt, oon bem
Schaffner bes ausoer»
tauften Straßenbahn«
magens nicht abge»
miefen, er mirb nicht
geftoßen, auch nürb
er burch bie ©ttbef»
tung eines Bachftußl*
feuers nicht in ben
Berbacht geraten, ber
Branbftifter 3U fein,
©r befinbet fich wie
im Zßeater in einem
Busftattungftüd, aber
er langmeitt fich tei«
nen Bugenblid.
Bon ber Sieges»
fäule aus blidt man
in bas fchöne Berlin
hinein. Sein Scßönftes
oerbantt Berlin ber
Batur, ber ade Seit
bas Schönfte oerbantt. Schöneres als ben Ziergarten hat
Berlin nicht San hört fo oft bie lanbläufige Bebensart,
Berlins Umgebung fei bürftig, Berlin trage einen mert*
lofen ©ürtel. Biefe lächerliche Kleinmacherei mirb oon
ben oielen geinben Berlins mit befonberem Behagen
begangen, fo oft man ßuft hat, jemanb 3U hören, bejfen
Urteil nicht burch Sachtenntnis getrübt ift. Sit bem
gleichen Stol3, mit bem Berlin feine Sritifer unbeachtet
läßt, erheben bie Baumriefen bes Ziergartens ihre alten
Häupter, als müßten fie, baß fie einem ber feßönften
beutfehen Barts angehören. San erblidt bas ©eneral«
ftabsgebäube, in bem einft Sollte berebt fcfjmeigenb bie
Baten erfann, an bie bie Siegesfäule erinnert, unb in
einiger (Entfernung ragen bie Säulen bes Branben*
burger Bors, burch bas bie fiegreichen Slrmeen in bie
Stabt 3ogen. 3 n einiger ©ntfernung erheben fich bas
Beichstagshaus unb bie Bentmäler Bismarfs unb ber
Heerführer. 2lUes, mas mir fehen, erzählt uns oon
bem Aufblühen bes Beichs unb feiner Hauptftabt
‘i'bc't c^ctr. •v'iu’cfi'l.
öltcf vom Ratbaasturm n ad) oem ZfiegatiDerpia&.
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'Kummer 38.
Seite 1661.
'
VI)Ol. öebr. \wcfcl.
BHcf auf Me ftöoigftrafje oom Bafbausfurm.
©n anberes Bilb bietet bie Bunbfcbau oom Bat» Bätigfeit. Burcb biefe Strafen geben bie Arbeiter in
bausturm aus. Um bas Batbaus, bas S<blofj bes aller grübe in bie gabrifen. Bas fiebt mie eine
Berliner Bürgertums, lagert ft<b bas Berlin ber Slrbeit, Bölfermanberung aus. Bann erfdjeinen in emfig
bes ijanbels, ber geiftigen unb gewerblichen oielfeitigen pfaubernben (Sruppen bie grauen unb Btäöcben, bie
SUct auf Berlin oom Balton bes Baibausturmes.
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Seite 1662.
Stummer 88.
in SBarenhäufern ober an Stafchinen lf>r Vrot unb,
toenn es langt, auch bie ihnen ebenfo notroenbige
Vlufe oerbienen, bie Stauen unb SEJtiitter aüerbings
an bas Vrot ihrer Kleinen unb bann erft an ihr
eigenes Vrot unb an bie Stufe bentenb. (Etwas
fpäter tritt bie männliche 3ugenb in ben oielen, 3U
oielen Säben bes alten Verlin an, um burch ben
Räuber ihrer anpreifenben 9tebe bie Kunbfchaft 3U
hgpnotifieren. Sa3toifd)en flingeln bie ©lettrifche unb
bas ®efchäftsbreirab, bag felbft bie Stäbchen ihr eigenes
2Bort nicht hören fönnen. ßangfam ihre (ebeneren
Stiften unb Saßen beförbemb, f«hieben ft«h bie breiten
SBagen ber ©ifenbahnen unb ©efchäftshäufer bur«h bie
engen ©tragen unb brängen bie guggänger auf bie
Srottoire. Unb bie gabrifen bampfen unb ftampfen.
3n biefen Sejirfen Serlins totrb nicht gefaulenst.
S)iev ift ber Schlaf bie Erholung nach ber Arbeit unb
bie Stärfung 3ur Arbeit am anbern Storfftl.
Serltn aus ber Sogelfchau 3U betrachten, ift efei
groges unb lehrreiches Vergnügen, unb man roirb ben
Stathausturm unb bie ©iegesfäute mit ber Abfid)t oer*
laffen, ben Sefuch halb 3U mieberholen.
o
Sdig aus 6nafre*
Roman oon
eisCorrrt
Sdjlufe.
^ermann ftanb auf unb begann im Zimmer herum*
3ugehen. ©r befann (ich-
;,3Bo ift ©rete?" mieberholte er ptäglich taut, faft
heftig.
©ina aber fragte, bie ijänbe an ber Stirn: „SB a s
habe i«h bepefdjiert?"
„Unfere ©efd)ichte motte fi<h hier atoifefjen stoei jun*
gen Stenfchen mieberholen!" antmortete fjermann, hoch»
aufgererft mitten im Zimmer ftehenb. 6r fagte es jegt
ohne Seben. „Cs — es hanbelt fich geroig um ©rete —
unb Startin Krefin. . . unb ßotte=(El>riftel als Opfer-
SBie graufam ift beine Stahnung gemefen!" Unb er
lachte fchmerslid) auf.
„Steine Angft mar fo grog!" ftammelte ©ina er*
fehroefen. „Sa tarn mir bas roohl fo in ©ebantenl"
„3«h fage nicht, bag bu eine falfcge Auffaffung hoft!"
erroiberte er. „Sage mir aber, bitte, nun enblicf), roas
ich tun foll! . . . 3ft ©rete unoernünftig? Ober er?"
i,(Erl" tarn es mie ein qualooller ©euf3er oon ber
grau.
„SBo fteeft er?"
„3n einem i)otel hier in ber Sähe! ©r rootlte nicht
mehr 3u 2otte=©f)riftet 3urüdgehen!"
„Unb mie oerhält fich ©rete?" fam mieber bie beharr»
liehe grage.
3egt aber raffte fid).auch ©ina auf. Ser Selbfterfjal»
tungstrieb regte fid) jegt in ber grau.
„Sorge bicf> nicht um Stargarete!" fagte fie, roährenb
fie fich erhob unb langfam aufrichtete, als fämen auch
neue Kräfte in ihren Körper. „Sie hot bereits ihr Un*
recht eingefehen unb hot gur<ht oor bem, mas fie an»
gerichtet hot!"
SBährenb ber Stille, bie einen Augenblicf entftanb,
trat plöglich Startin ein — ohne an3upo<f)en.
©r erfdjraf, als er ben Amtsridjter oon Hermanns»
thal plöglich erblidte, unb fah mie ein ertappter Ser*
bredjer aus.
©r raffte fich freilich im näcbften Stoment 3ufammen,
als fei ein Anruf an ihn ergangen, ©r trat 3U ©ina, er*
griff eine ihrer fdjlaffen ijänbe unb führte fie leicht an
feine Sippen. Sabei merfte er, bag ber Amtsrichter fich
umgebrefjt hotte unb ihn anfat).
Unb Startin reifte fich mieberum auf unb machte
eine fchtoeigenbe Verbeugung oor ^ermann, als rooKte
er betunben: „3<h ftehe 31er Verfügung!"
„Sas trifft fich jo fehr gut!" fagte Hermann unb
ftreefte bem jungen Stann bie $anb hin. „Sie («heinen
eines oäterlichen Beraters 3U bebürfen, lieber Startin!
Stargaretens Stutter rief mich h^- 34) benfe nun, mir
fprechen uns ungeniert aus, unb 3mar gleich! 34) tobe
Sie ein, mit mir 3U tommen, benn hier merben mir mohl
nicht ungeftört fein unb mürben unfererfeits auch ftören.
Su beurlaubft mich wot)l, nicht mahr?" fragte er ©ina.
Sie fühlte aber nur bas Vligen feiner Augengläfer.
Sie ftanb bleich unb ftumm hinter einem ©effel, an beffen
Sehne fie fi«h aufrecht hielt.
Als bie beiben Btämter aber ben ©aal oerlaffen hot*
ten, hoftete fie mit ihren sitternben gügen nach ber
Valfontür. Sie beugte fich über bas gugeiferne ©elän*
ber. . . . Keine ©onbel roartete unten in bem grünen,
fcgaufelnben SBaffer. Sie Slänner mugten ftragenroärts
bas j)aus oerlaffen haben.
Unb ©ina mar es, als roerbe feiner mehr surfict»
fefjren. ©ntgeiftert ftarrte fie nach unten, roo bie golbe*
nen ©onnenrefleje ieuchtenbe Sichtblumen über all bie
Spiegelungen ftreuten, oon benen ber Kanal angefüllt
unb belebt mar. Stauern, Valtone, genfter, Vrüden
unb fchmantenbe ©eftalten tauchten auf unb taumelten
mit ben SBellen . . . mie Iraumbilber in ber ©rinne*
rung. ...
25.
Sie beiben Stänner gingen mägig fchnell burch bie
engen .hallen, in benen reges Alltagsgetriebe herrfchte.
©nblich Öffnete fich öas burnpfe, mirre Sabgrinth ber
©affen nach öem Starfusplag.
Hermann fah fi4) nach einem iftlag um, roo man un*
geftört fprechen fonnte, unb beutete fcf)(iegtich auf ein
menf4)enlecres ©afö.
„Sort fcheint man ungeftört 3U fein! Kommen Sie!"
Unb als fie auf einem ber lebergepolfterten Väntchen
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Stummer 38.
©eite 1663.
Im ©äutenfehatten faßen, fpraef) ijermann nidjt über
ÜRartins Sage unb ÜRartins ©ünben, fonbern er fprach
oon feinen eigenen ©rlebniffen. . . . Budmeife, ober
ehrlich entrollte er fein Sebcn. Unb faft nüchtern fam
bas alles oon feinen Sippen, «oas ehemals Qual, ©türm
unb Baufcß gemefen mar.
ÜRartin aber hörte nur f>aU» bin. Cr tannte 3um Teil
biefe ©efebießten. 3 bn peinigte ba3u bas Vertrauen bes
älteren Cannes. Ungebulbig fcßob er in bie erfte Baufe
ein: „Soll id) bie üRorat 3 b r er Crfabrungen auf mid)
anmenben, $)ert 2 lmtsrid)ter? Sßotlen Sie mid) — mich
— je# — in biefer ©tunbe — Beließt unb — ©elbft=
beberrfrbung lehren?"
Hermann fab in bas fable, oerftörte ©efießt ÜRartins.
Unb einfach fagte er: „SBas fonft? "-
Siefe 3roei ÜBorte unb ber ftille, fefte Blid bes älteren
ÜRannes perfekten ÜRartin jäh in neue Berroirrung.
„Bebenfen ©ie, mie man fühlt, menn man jung
ifti" ftammelte er.
„3<h mar auch jung!" meinte Hermann mit rudarti»
gern Sachen. „ 3 a, ich bin auch heute noch nicht alt . . .
aber — es ü b t fief), bah man fid) felbft unb feine Kräfte
in bie fjanb friegt. — SBas mollen ©ie auch tun? —
Bon ÜRargarete haben ©ie nichts — gar nichts 3u hoffen!
ÜReine f)anb liegt für immer 3roifchen ihr unb 3 hnen."
„galfcß ift fie!" ftieß ÜRartin beroor.
Cr hatte oielleicht gemähnt, einen blinben Stofs gegen
ben Bater führen 3u fönnen. Slber ber 2 lmtsrid)ter fab
nicht getroffen aus. Ser nahm jetjt ÜRartins ijanb unb
fagte: „Um fo beffer, menn Sie bas fd)on erfannt haben,
um fo beffer! Cs ift nie 3u früh, 3 ie galfdjbeit ber
ÜRenfdjennatur 3U erfennen! Unb befonbers bie e i g e n e
muh erfannt merben! Cs ift nun an 3 bnen, ÜRartin, 3 b r
Sebensfchiffcßen über bie gefäßrlidje Branbung hinroeg»
3ubringen! ©ie müffen barüber hinmeg, ba gibt es
fein SBenn unb 2 lber! 3 <h fpreeße nicht als ©retens Bater
3U 3ßnen, fonbern lebiglich als greunb! Bebenfen ©ie
Sb^e Karriere, 3 hre ÜRannesroürbe, unb bebenfen ©ie
noch bas: 3 n Sotte»©f)riftel liegen un3ählige ©ntmid»
lungsmöglichfeiten. . . . ©ie ift ein oermöhntes, un=
reifes SBefen. . . . Bütteln ©ie fie auf, bah fie 3u leben
anfange unb nicht bloß oegetiere mit bem bunfeln Triebe
ber ©elbfterhaltung. . . . Unb ©ie toerben feben . .
ber ÜRarmor roirb fid) beleben unb rnirb fich reicher
geben, als es jene Slrt fd)öner ©efchöpfe oermag, 3U
benen meine ©rete gehört, unb bie 3U glühen beanlagt
finb!"
Cnblich ftanb Hermann auf.
„ 3 ch mürbe Sotte»©briftel natürlich gern begrüben,"
fagte er, mäbrenb er mit bem Kellner oerbanbelte, „aber
in meiner Stimmung . . . unb ln ber ©urigen. . . .
Bis 3um #otel bringe ich ®ie nod)! . . . #eute abenb,
fpätefiens morgen früh muh ich mieber meg; bie Ter»
mine märten nicht. . . . Sllfo, gehen mir!"
ÜRartin aber ftanb nod) gegen bie Säule gelehnt.
Unb mit oerbiffenem ©efießt fagte er 3U Hermann: „ÜRit
allem haben ©ie recht, fjerr Amtsrichter! ÜRit allem!
Bur eins, eins . . . melden 3 ®ed hat bas alles?"
SBie er es ßerausftieß, feßoffen ihm jäh Tränen in bie
äugen. Bocß einmal mailte fein heißes, junges Blut auf.
„Siefes Safein ift ber Bersmeiflung nicht rnert! ©tärtere,'
als ich bin, finben fich bamit ab."--
„ÜRan muh ben eigenen ÜBert hineintragenl" fchob
Hermann ein.
©o fagt man! bachte ÜRartin. Unb in feinem ©aß
fortfaßrenb, fchloh er bitter: „So mill auch hß’s oer»
juchen." . . .
Bor bem ©ingang bes Rotels fagte Hermann noch:
„Cins, ÜRartin! Beichten ©ie nicht! — Sje grauen
tonnen oft bie Wahrheit nicht oertragen. . . . ÜBeiß fie,
fo fageti Sie, fie habe fich Geirrt, ©ie felbft hätten fich
geirrt! Unb im ©runbe ift bas feine Süge . . . unb nun
©lüdauf, mein 3 unge . . . grobes ÜBieberfeßen 3U
Cmelinens ,<jod)3eit!"
„Bielleicht habe ich bann bie Kraft, 3 hnen 3u
banfen!" roürgte ÜRartin heroor. Cr lag einen ÜRoment
in ben Sirmen bes anberen, bann fchob ^ermann ihn
bem Treppenaufgang 3U.
Unb ÜRartin ftieg —, ben Sieg über fich felbft er»
fnmpfenb unb 3u feinem ÜBeib 3urüdtehrenb — Stufe
um Stufe nach oben.
26 .
fjerraann irrte mehrere ©tunben burch bie Sonne.
Cr nahm Bilber unb Slusblide in fich auf, ohne ihrer
recht innesumerben.
3 <h möchte hoch ©retel feßen! bachte er oor fich ßim
Bor einem erneuten ÜBieberfeßen mit ©ina bangte
ihm. SBas hatten fie fich auch nod) 3U fagen? Bitter»
feiten' Sie blieben lieber ungefprochen. Sas ©djidfal
ber Kinber mar Sjauptfadje, nicht bie ©chmer3en ber
Alten.
Cs bunfelte fchon ftarf, als er fich noch einmal auf»
machte Cr tat es megen ÜRargarete.
Unb als er in ben Salon trat, traf er beibe grauen
in bleicher Slngft an. Saut roeinenb fiel ÜJlargarete ihm
um ben #als unb f<hlud)3te etroas oon Bettung unb Ber»
gebung.
„Banu, roas benn, mas benn?" fragte er gan3 oer»
munbert. Cs mar bocß alles fchon längft abgetan, fchon
fo lange, emig fange her. ... Sie Sitten über biefen
galt lagen bei ben anbem, um mit ben anbern einsu»
ftauben. Unb ©taub gab’s. Sic Scheuerfrau, bie in ben
Slmtsftuben reinmachte, fragte immer oon neuem fo gan3
naio: „3<h möd)t als nur miffen, rooher aU ber ©taub
bloß fommt!"
„ÜRan fiebt eben, alles ßienieben ift ©taub!" fagte
ijermann, mie feinen eigenen ©infall beantmortenb.
Unb es mar, als oerftehe ihn ÜRargarete. ©ie nahm
fidj 3ufammen, füßte ihren „Bapali" unb feierte bas
SBieberfehen. Unb er füßte fie ebenfalls unb fab mit
©taunen, mie feßön fie mar, mie föniglich in ihrem
orientafifch. beftidten fjausgeroanb.
ÜBährenb er aber mit ber Tochter fprach, fühlte er
fortmäßrenb aus bem bunfeln $intergrunb 3mei Sfugen
auf fich gerichtet.
Bur einen ÜRoment hatte er oorbin beim Cintreten
©ina gefeben. ©ie hatte fich o°n ber offenen Baifontür
mie eine Silhouette abgehoben. Sann mar fie oer»
feßtounben. ÜRargarete hatte fich feiner bemächtigt, unb
jetjt fühlte er nur bie Stugen. Ser Salon mar nur oon
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Seile 1604 .
(Hummer 38.
einer einigen fterje erijeüt. Die flammte reglos ftell
in ber Stille biefes Raumes, aber bie Spiegel oeroiel»
fälttgten bas ßicgt unb liegen es an ben ÜBanben grell
blinfenb leuegten.
ÜJtargarete 30g igren 93 ater nun 3um Difeg. ’ „ 2 Bas
foQen mir bir oorfegen?" fragte fte. „ 9 Bir gaben fcgon
3meimat jfaffee für bieg gemaegt, ricgtig auf türtifcge
2lrt . . ."
„Sag nur, Jfinb!" roegrte er. „ÜReine »ft balb
abgelaufen! . . . ©ibft bu mir ©rüge anGmeline unb
Ütngelo mit?"
„Du roillft fcgon fort?"
„3cg mug ... bie ißfticgt ruft!" antmortete er
meegantfcg.
Margarete fag ign nur an — auf igrem fcgönen
©eficgtcgen lag eine Seforgnis, bie igm galt. Da rafegelte
ein ©eroanb. ©ina tarn aus igrem bunflen ÜBinfel.
„ÜBenn beine fo tnapp ift," fagte fie mit fliegen»
bem 2ltem, „fo — fo fcgente mir bocg noeg menige
ÜJlinuten. . . . 3 <g möcgte bir boeg etmas — ermibern.
ÜJtargarete ... lag uns allein! . . . Stur einige üJit*
nuten!"
^ermann martete, bis fDtargarete gegangen mar,
bann tarn er ©inas erneutem Sieben 3uoor: „ 3 ft es
nötig, bag mir neu in unferen üßunben müglen? . . .
ÜBenn’s bir nicgts macgt ... mir mirb’s unerträglicg
fein! . . . Sllfo lag . . . 3<g bitte bi<g!"
ÜJtit bleicgem ©eficgt ftarrte er auf bie tleine, 3arte
grau nieber.
„So — fo foHicgmicgunoerteibigt oon bir oer*
merfen laffen?" rief ©ina, unb igre Ülugen leucgteten.
„3«g oermerfe bi(g ni<gt!" antmortete ^ermann.
„3<g taffe bi<g ja nur auf beinern oon beinern ©enius
ergögten ißlag!... Stannft bu etmas anberes roünfcgen?"
Sie 3udte mieber 3ufammen.
Da griff er nacg igrer Scgulter unb miebergotte gan3
biegt bei igr: „Äannft bu etmas anberes roünfcgen?"
Sie marf nur ben Jfopf aurütf in lautlofer Ißein.
Da tarn er igr nocg näger unb raunte igr ins Ogr:
„Ülgnft bu jegt — agnft bu, roas icg gelitten gäbe? . . .
#aft bu nie oorbem begriffen, bag all meine ßeibenfcgaft
für bieg übergaupt nur ßeiben mar . . . oon Stnfang
an! Dag meine gungernbe Seele nacg ber beinen
fegmaegtete, bie bu mir niegt gabft. Unb bu fagft in
meinet ©emeinfegaft mit btr ein ©lücf, bas bu mir niegt
gönnteft. . . Stein, tag uns fegmeigen für alle feiten!...
Unb icg trage bir nicgts nacg. 3 eg.gebe bir reegt unb
milt felbft bas Unrecgt auf micg negmen, fomeit es unfer
fjanbeln betrifft S&ber ba, mo bas ©efügl entfegeibet,
©ina . . . ba — lag micg allein mit mir! gorbere
feine Stecgenfcgaft oon mir unb bränge mir niegt beine
Selbftoerteibigung auf! 3 U ^eiliges, 3U Unfagbares
mar unb ift 3mifcgen uns! Unb gab icg gefünbigt . . .
oer3eig mir. . . . 3<g gäbe micg abgefunben. ©önne
mir menigftens bas!"
Gr lieg fie los, ging 3U bem Sofaegen unb marf
feinen ÜJtantel, ber bort noeg lag, über ben 2trm.
Da fag er, bag fieg 3roei $änbe nacg igm ausftreeften.
Unb eine Stimme fcglucg3te feinen ütamen.
Unb ba er 3auberte, fegrie es bureg ben Staum: „©eg
niegt fort! . . . ßag micg niegt allein!"
Da mar er mieber bei igr. Gr feglog fie fo fegneü in
feine ülrme, als müffe er fie tor einer ©efagr fegügen.
„5Bas millft bu? ©ina, mas millft bu?"
„Stimm micg mit! . . . hinauf 3u bir . . . 3U beiner
flöge!"
„3ßo märe bie . . . menn niegt bei bir?" ftieg er
faffungslos geroor. 3 n mortlofer Grfegütterung gMt er
fie an fieg gepregt mie bamals, als fie noeg niegt bureg
ßeib unb Scgmer3en 3U feinem qualgeprüften ÜJtenfcgen*
tum gerangereift mar. . . .
9 Bar fie es jegt?
93 ielleiegt! — Slber igre Seele fam 3U igm ger«
nieber . . . fegnfüegtig mie ein götttieges 93 emugtfein,
bas einen Störper brauegt, um fitg 3U offenbaren.
93 erlangenb nacg bem ßeben unb feinen ÜBirflieg»
feiten flüfterte fie: ,,©ib fie mir mieber — gib fie mir
nocg einmal, bie Sfinber! Gmeline . . . unb unfern
tteinen Sogn! . . . ÜJlargarete brauegt micg niegt megr.
©uibo mirb fie fügren unb bemaegen. — ßag micg 3urüef
3U ben anbern. ßag micg nocg einmal einfegren in bein
ßeben unb in bein flaus! 3cg bin bureg bie SSollenbung
gegangen roie bu!"
ÜBortlos gielt Hermann fie an fieg gepregt, mit bem
93 erlangen fämpfenb, nieberjufallen 3U igren gügen roie
bamals. . . .
Denn er mar einig gemorben mit bem ÜBeltgrunbfag,
ber Grfüllung, 93 oHbringung unb 93 erfögnung geifegt.
Unb tn ber ÜBerfögnung ift bie ©nabe.
G n b e
IJarifer Qetbffmobetu
flierau 11 pgotograpgifege Slufnagmen oon Sleutlinger unb geiij, Dar' 5 *
Die flerbftmoben garten im 3 nnern ber grogen
Scgneiberateliers gebulbig bes Dags, an bem fie bei
einer feierliegen ©elegengeit juerft ber ftaunenben
ÜJtenfcggeit in Ißaris oor Slugen gefügrt roerben follen.
gür manege Softüme finbet fieg eine folege anlägüeg
ber erften grogen flerbftrennen, für anbere bei bem
93 erntffagetage bes flerbftfalons, ber grogen ©emälbe»
unb Stulpturenausftellung im ©ranb Calais bes Ggamps
Gltjf^es, für anbere roieber auf einem ber grogen 3 agb»
fcglöffer bei ber Gröffnung ber 3 <JflI>. Danaeg tommen
in rafeger golge jene gerbftliegen loiletten 3um SJor«
fegein, bie für bie erften grogen Stacgmittagsempfänge
beftimmt finb. Die grögte Gj^entrijität ber biesjägrigen
ÜJtobe oertritt bas elegante Dinerfleib auf 2 lbb. 1 . Ueber
ein ©eroanb aus roeigem, feibengeftieftem Seibenmuffelin
legt fieg eine Scgleppe aus bunfelgrünem Ültlas, bie an
ben oorberen Slbfcglüffen gleicgfarbige 5 ) 3 erlenarabesfen
3eigt. Das befolletierte, Slnfäge oon Sfimonoärmetn
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Stummer 38.
Seite 1665.
geigenbe lieber, bas 311 beiben ©eiten einen
Dollen Streifen meißen ©eibenmuffelins
herabfallen läßt, ift aus feibengefticftem
meinem Seibenmuffelin. Das Seltfatnfte
an ber Toilette aber ift ber untere 2 lb=
fd)luß bes Jtotfs, an bem bie öorber*
bal)n unten in ber DJlitte 3mifchen ben
Süßen ßinburd) nach hinten ge3ogen
unb bort an bem Hinteren Jiodfaum fo
2. ©efeüfdjaffsfleib aus roeißem IKuffelin mit Spißenjacfe.
ÜRaifon 3Jeer — ftC-ity.
fagen ihnen fogar eine mehrere
Saifons ßerrfd)enbe Dauer oor*
aus, nach benen fie nid)t etma
uerfdjminben, fonbern, mie man
fagt, „einer nod) fachgemäßeren
Slleibung $laß machen mürben".
(Ein meit eleganteres ©enrc ber
Ütachmittagstoilette, mie man fie
in Slusftetlungsräumen, bei ^Prioat=
empfangen unb in ben Teehäufern
1. XDeißfeibene Dinerfoiletfe
mit bunfler 2ttlasfcf)leppe.
Waifon Drccoll. — gelif.
befeftigt ift, baß eine tiefe Saite
entfteht. Dicfe s 2lrt Toiletten tuer^
ben, fo unglaublid) es Hingen
mag, getragen, unb ihre ©djopfer
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Seite 1666.
ÜJhimmer 68.
3. ilianfcl in perjifdjem Sitl.
3)iaifon BrecoU. — {Jclif.
felbft. nod) in ber fün¬
ften Safjresaeit fieht, roo
ber fchütjenbe *ßel 3 mantel
im 2Bagen 3 urüdgelaffen
mirb, 3 eigt 2Ibb. 2. Das
oorn langtaillige, im
SKüden ein menig an=
fteigenbe Kleib ift aus
reicf) geftidtem unb mit
Spieen intruftiertem
SRuffelin, beffen ineifäe
galtenmaffen firf) über
gleichfalls meinen Xaft
legen. Das ffiinpiecement
unb ber hohe, rüfdjen=
ge 3 ierte Stehkragen finb
aus gefälteltem meinem
Seibenmuffelin, bieDop--
peloolants ber ©llbogem
baufche aus 53alencien=
nes. Die runbe, oorn aus=
eiitanberftehenbe3ade ift
fo gearbeitet, baft bie
<5djöfee, nad) oorn burd)
Ouaften ocrlänacrt unb
befdjtoert, feitlid) glatt herabfallen. Die 2lermel beftehen aus lofen,
fur 3 en ©loden, bie, in ber 2 trt oon Slimonoärmeln aus ber $)iille
felbft herausgearbeitet, über bie Schultern fallen. Der Stoff ift
fchmere, mit ©olb überftidte feibene Spitje. Der toeifje Samthut
hat ein gutter oon geflod} :
tenem, golbigem Stroh- (Eine
9tüfche oon fchtuar 3 em Sei=
benmuffelin umranbet ben
hohen Slopf, oon bem, über
ben hinteren 5Ranb herab=
nidenb, ein halbes Dutjenb
fchneetoeifre fur 3 e Straubem
febern, 3 U einem bid)ten
33üfd)e( oereinigt, fortftreben.
©in roter Iud)burnus mit
reicher, meiner Seibenftiderei
breitet fid) über bas toeifje,
geftidte ffltuffelint'leib(2Ibb.3).
©ine roeifee Seibenquafte
KWjj&
1 l—r j5 - * - r;
Oberes Bilb:
4 . Blaues Cibcrlqflcib.
3ftai|on OoeuiUet.
Unteres 3$Ub:
5. Rennplatjfoilefle.
'JJtaifon 3^ouff-
<Pbot geltf.
Digitized by t^ooQle
Kummer 38.
©eite 1€67.
6. Bebuinenmantel
aus grünem Ciberft)
2ftaifon Dufes & 3oirre
v £f)ot tfelif.
befeftigt ben 3'P S
fet im 9 tücfen,
xitib gleiche Qua=
ftcn bienen aud)
norn an ben 2ler=
mein unb ani
uorberen 2lb[d;lufj
311m 23 e|d)u>eren unb
3um Söerfdjlufj bes
anmutigen, brapierten
ÜDtantels, ber bas 9 !Jlo=
bernfte in ber 2Irt biefer
Jeidjten füllen oeranfdjaulidjt.
Ser fteife rote Samtfjut 3eigt
eine oorn tjodjftrebenbe ©ar=
VUiui |Oii
ÜBoue Sücur»
$bot.
^tutlirifler
8. Beides Bluffelinfleib mit Spitjeninfruffationen.
7. (Grünblaues Boiletleib
mit fd)leppiger Xunifa.
'JJtnifon üaft-rricre.
'451)01. !Reutlinger.
nierung uon l)dl=
rotem Samtbanb
unb gleid)farbi s
gen $l)antafie=
febern. Sei mei=
tem toftbarer unb
anfprud)sooller ift
bas blaue ßiberti)=
geroanb auf 2 Ibb. 4 .
(£s ftrebt eine pt)au=
taftifd) griedjifdje gorm
an, inbem es in ,lofen
brapierten galten bie ®e-
ftalt utnflief3t. Die JRanbftid’e^
rci ift aus Soutad)ebänbd)0n
Digitized by LjOOQle
Seite 1668.
Hummer 38.
in bunflerem 35lau ber gleichen
Schattierung. Sie befolletierte
©fjemifette, beren glatte Slermel
fafcftreifen aus 93oile geigen auf»
gebrucfte grellbunte Slumenmufter,
oon blauen unb roten Äaroftreifen
unter ben puffen bes Äleibes
heroorfchauen, befteht aus DüU»
fpitje. 2lbb. 5 geigt ein 9tenn=
toftüm neufter unb eigenartigfter
Schöpfung, ber lange, meifje
luchrod ift gang glatt gearbeitet.
Gr fteigt in ißringefjform hoch
empor. Sie oorn getnöpfte 3atfe
mit ben runben gratffchöfien ift
aus grünem lud), ber Äragen
aus fchroargem Samt mit garter
©olbftiderei. Die meijge Ghemi»
fette ift aus gefälteltem SJatift mit
Ginfäfjen oon Salenciennes; ber
fleine fjilghut mit einem grün»
10. Spanifcbe Dlantilla mit Bolanfanfat).
ÜJlaifon Sedjoff'Daoib. — JReutlinper.
fd)illernben ^ßarabiesoogel ge 3 iert.
Gr bat bie cbaratteriftifcbe linfst)od)=
ftrcbenbe gorm ber biesjätjrigen
5)üte. 2Iud) eine s 2lbart bes Turnus
fel)en mir in bem2Ibenbmantel auf2Ib=
bilb. 6 aus grünem fiibertt). Die fpiße
Scbneppe, bie im dürfen tief I)erab=
reicht, mie bie Sragenumranbung
unb bie ben 2lermeln aufgefeßten
großen ^ßlacfen finb aus irifdjer
Spiße in grüner Seibe ausgefiii)rt
unb über meißen 2ltlas gebreitet.
Gin fei)r anmutiges Sloftüm für bie
) empfangenbe Hausfrau beim nad)=
mittäglichen Xee ^eigt uns 2tbb. 7.
abgefchloffen. Sine Drapierung (egt
fid) über bie Siegeln, im Stücfen
am Slnfaß bes imebanfteigenben
9tods mit einer großen, altgolbe*
nen Schnalle 3 ufammengehalten,
oorn in einer (oje gefangenen
gichufchleife enbigenb. Der fpiße
Ginfaß unb bie GUbogenunterärmel
finb aus beftieftem, meißem Xfid.
Dem gleichen Genre in elegante¬
rer 2trt entfpricht bie Xoilette auf
2Ibb. 8. Der meiße Seibenmuffelin
breitet fich über gleichfarbigen Xaft.
SBeiße GheniHe unb glitterpunfte
überfäen ben Stoff, nach unten
9. S<bnciberf(eib mit tmnfler iaäe. Ober= unb Unterbleib finb aus immer* n. ttbenbflcib aus Ceinenfcibe»
axaifon Oufw & 3 <>irre. — ^ot grünblauem Soile. Die breiten 33e* aKoifon »mtar* — gac*
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Stummer 38.
Seite 1660.
311 fi d) immer oerbichtenb; Glnfäße aus pompabour*
gemuftertem, f<hwar3grunbigem Seibenmuffelin beleben
iiberbies ben unteren IRant), ben eine fRüfche non meinem
Seibenmuffelin abfd)ließt. Sas im fRüden 3temltch hoch
mit einer fleifchfarbenen fiibertgfdjärpe abfchließenbe
URieber fällt 00m (oder über ben weißen Seibengürtel,
ber mit 3t»ei großen fd>war3umranbeten Stiefmütterchen
beäeidjnet ift. Sie ÜJtanfdjetten ber Gllbogenärmel 3ei=
gen gleichfalls ißuffs aus fleifdjfarbenem ßibertpbanb.
Befonbers bejeichnenb für bie biesjährige SJRobe ber
„SaiUeurs" ift 2lbb. 9 . Sas feljr buntte Äornblumen*
blau, bas bie Äaros bes weißlichgelben ludjrodes unb
bie garbe ber glatten 3ade bilbet, ift eine ber mo=
bernften ÜRuancen. Sie beiben 5 Ranbab|d)lüffe bes weiten
Soppelrods werben oon Siefen blauen Sudjs ein*
gerahmt. Äragenreoers, DRanfchettenftulpen unb bie
fei)r i>oi>e Saften marfierenben 2tuff<hläge auf bem
3 adett finb aus bem Stoff bes 9 tods. Gine pliffierte
Silber aus
Glfbunbert Sabre finb oerfloffen, feit ber batjrijdje TOarft-
flecfen Sachau jum erftenmal in einer Urtunbe ermähnt mürbe,
ein Ereignis, bas ben Sachauem um fo mehr Stnlajj bot, ein
Jubiläum ju feiern, ba ber Ort, ber im 2Be<hfet ber feiten
oiet gute unb fchlimme läge erlebt hat, ficf) neuerbings eines
träftigen Stuffchmungs erfreut. Sieben SJolfsbeluftigungen aller
Strt mürbe eine Runft*, (Seroerbe« unb tanbroirtfcbaftliebe Slus-
ftedung oeranftaltet, bie ber jutünftige Rönig oon Bagern
Brinä ßubmig eröffnete. Bürgermeifter f)e rgel tonnte in ber
Slnfpradje, mit ber er ben Brisen begrüßte, auf bie alten
Be 3 iet)ungen Sachaus 3 U bem bagrijcben Rönigshaufe b* n=
meifen; benn ber SRartt ift bereits im 3<*hr 1180 oon ben
Blittelsbachem ermorben morben. $u gan 3 befonberem Sanf
ift Sachau bem Rönig ßubmig I. oerpflichtet, er hat ben noch
Batifttraufe fteigt aus bem Äragen ber weißen, blau»
gemufterten Gijemifette ßeroor, bie oorn oon einer
oollen Äramattenrüfche aus fpißenumranbetem, plif*
fiertem, weißem Batift gegiert wirb. Ser S) ut, beffen
hohen Äopf eine blaue Samtfchleife unb blaue, glatte
Gebern 3ieren, ift aus blauem 5H3. ®>ne echt fpanifche
URantilla 3eigt 2 lbb. 10 . Ser breite Schal aus weißem
Seibenmuffelin mit gemalten fchwargen Brabesfen unb
tängslaufenbem, fchwargem Samtbanbbefaß erhält einen
Slnfaß oon fthwar3em Seibenmuffelin mit Seibenrüfche.
3 n bas Gebiet ber einfachen Stbenbtoilette führt uns
2lbb. 11. lieber bie glän3enbe gelbliche ßeinenfeibe
bes fRodes fällt eine glatte, oorn in 3wei ungleichen
Spißen enbigenbe Sunifa. 2 ln Stelle bes Gürtel*
abfchfuffes tritt eine fchwere Seibenftiderei, bie fich rings
um ben oberen Stbfd)(uß bes in ÜDtieberform empor*
fteigenben Stods fcßmiegt unb oorn an bem Spalt
ber lunifa, eine Strede herabläuft. «lemenun».
aUer Belt
beftehenben glügef bes alten Schlaffes oor bem Abbruch ge«
rettet, in bem auch jefet bie 2 lusfteuung Untertunft gefunben hat.
gräulein Bio Befiel, bie fd)on oor atoei Sauren mit großem
(Erfolg am ftöniglichen Schaufpielhaus in Berlin gaftiert bat
ift bort neuerbings mieber nicht minber erfolgreich aufgetreten.
Die junge Äünftlerin, bie 1886 geboren mürbe, ift eine lochter
bes Dresbner SchriftftHlers 2BiIf>elm Beffel. Sie begann ihre
Bühnenlaufbahn nach fleißigem 6 tubium in ßiegnig unb ge«
hört jegt bem königlichen Xheater in BMesbaben an. Unfere
Aufnahme aeigt bie hochbegabte Darftellerin in einer ihrer
beften Bollen, als Bahel in ber „3übin oon lolebo".
(Eine ungemöhnlich fchnelle (Entmicflung hot bie (Semeinbe
Brocfau in ber (egten Aeit burchgemacht. Bor aehn Sahren
noch ein unbebeutenbes Joorf, bas etma 500 (Einmohner aählte,
^3rin 3 öubtoig oon lagern ( 1 ) unb © t aat s m i n i |t er o. ^oöeraiU (2) nach 93ef idjtigung bes Bejirfs mu | eunia.
Bon ber (Elfhunbertjabrfeier bes IVtarlfes Dachau bei Btünchen.
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Seite 1670.
Stummer 38.
fttcMer SRünd).
Sin ffiiesbabener ©aft im berliner ÄÖnigL 6$aufplelbaus:
fjoffdjaufpidetin Jtäuleia Ria Reffei, RHesba.öen, als Rat>el in der „JAMn non lolebo
<£inn>eit)ung oes neuen Ratyau|es im Breslauer Borort Brotfau,
bem Kusgangftpunft ber preu&iföen Sorortsbewegung.
tft es Ijeute ein mich*
tiger Borort Breslaus.
Den ©runb 311 bem (5m*
porblüben Brotfau?
bat bie (Eifenbabnoer*
maltung mit ber (Er*
ricbtung eines Rangier*
babnbofs geiegt, bie bie
Sinfiebiung 3 at>Ireid)er
Beamten 3 ur ^o(ge
batte, ©ro&e Berbienfte
bat ficb fobann ber rüh¬
rige zimts* unb ©e=
meinbeoorfteber ^Sri*
oatboaent Dr. Dierfcbfe
ermorben.Bon Brocfau
aus ift bie preußifche
Borortbemegung aus«
g egangen, ber eine Ber*
efferung bes Baboer*
febrs 3 U banfen ift, unb
bie Anregung 3 ur Bit*
bung oon Borortoer*
einen. Der Ort b<ü
nun ein feiner l>euti»
gen Bebeutung ent*
fprecbenbes, oon bem
zlrcbiteften Denefe in Scböneberg*Berlin erbautes Batbaus
erhalten, bas am Sebantage feierlich eingemeibt mürbe.
ÜBr. 3- Jennifer f)eaton, ßonbon, ift ber Bater bes (Be*
banfens an eine (Einführung bes ffieltgrofchenportos. Sein
0rof33ügiger Bian bat bereits teilmeife Bermirflicbung ge*
funben burch bie (Einführung bes Benngportos amifchen (Eng*
ianb unb feinen Kolonien, neuerbings auch ftmifchen (England
unb ben Bereinigten Staaten oon Slmertfa. Sein nächftes
3iei ift nun, für Deutfcblanb unb (Englanb bas gleiche Borto*
abfommen au ermirfen. 2 Rr. Jennifer i)eaton, beffen xlrtifel
über bas ©eltgrofcbenporto mir in unferer leftten Bummer
oeröffentiichten, mellte für^Hd) in Berlin:
3. Qennifer Qeafon, Conbon,
englildje» Ißarlamentsmiigfieb utib Sorf Ampfer
für ein allgemeine» Söeltgroföenporto.
Sdfiuft be» rebaftiotieUen leite.
' Bigitizea d; vJrv7v_7vrv,
Ö
'.Nummer 38.
19. <Ee? ember 190 «.
Seite I.
der Welt.
das gegenwärtig
ßeste 3£aarpflegemittel
Pixavon-
Haar-Kultur
Wafirscfieinlicfi.
an fann bei ben fid) maffenhaft meßrenben
Haarpflegemitteln nicht genug barauf aufmerf=
fam fein, baß bie einaige naturgemäße Haarpflege
barin beftefjt, baß man bie Kopfhaut genau fo mit
©affer unb Seife roäfcht, raie bie übrige Hout bes
Körpers. 9tur bezüglich ber Seife ßat man barauf zu
achten, baß fie milb fei unb einen 3ufaß höbe, ber
einen anregenben (Einfluß auf bie Xätigfeit ber Kopf=
haut ausübt unb gleichzeitig parafitäre (Erreger ocr=
fcßiebener Haarfranfheiten oernid)tet.
2lls folcfjer hat fid)/ rote allgemein befannt, ber
leer als gerabezu fouoeränes Mittel beroährt. Ser
leer roirft antifeptifct) unb hat außerbem bie bemerfens=
merte (Eigenfchaft, bie lätigfeit ber Kopfhaut unb
bamit bas ©achstum ber Haare anzuregen. Xroß
biefer (Eigenfcßaften, bie in ber DJtebizin hochgefchäßt
roerben, hot fich ber leer zur Kopfmäfche hoch nicht fo
einbürgern fönnen, meil oielen ber ©eruch einfach un=
erträglich ift unb bie geroöhnlichen Xeerpräparate,
rote fie bisher im Hanbel roaren, in oielen gäben
hoch unangenehme 9teizroirfungen h^oorriefen. —
(Es finb beshalb jahrelang 23erfud)e angeftellt roor=
ben, um ben leer in geeigneter ©eife umzuarbeiten,
unb es ift fchließlich gelungen, ein faft gerucßlofes
leerpräparat herzuftellen, bas auch feine unerroünfd) 5
ten ÜNebenroirfungen mehr hot. Siefes Präparat
(^ßittplen genannt) rourbe fobann mit flüffiger milber Kali*
feife oereinigt zum ^ijraoon unb fo enblich bas längft
gejuchte Xeerpräparat für Kopfroafchungen geraffen.
Das *pi£aoon löft mit fieidjtigfeit Schuppen unb
Sdjmuß oon ber Kopfhaut, gibt einen prachtooüen
Schaum unb läßt fich feh r teicht oon ben Hoaren
herunterfpülen. (Es hat einen fel)r fqmpathifchen ©eruch,
unb infolge feines leergehaltes roirft es parafitärem
Haarausfall entgegen. Schon nach roenigen ^3i£aoon=
©afdjungen roirb jeber bie roohltätige ©irfung oer=
fpüren, unb man fann roohl bas ^ßijaoon als bas
3bealmittel für Hoarpflege anfprechen. — Jßreis einer
glafcße *J$i£aoon, brei bis oier ©onate ausreichenb,
2 üftarf. — 3n allen einfchlägigen ©efdjäften erhältlich-
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Seite II.
19. September 1908.
Kummer 38.
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Ein Werkzeug der Kunst
in der Hand des Laien
ist die
Solodant-Phonola
mit den das Spiel von mehr als hundert ersten
Meistern enthaltenden u. getreu wiedergebenden
Künstler-Notenrollen
Die künstlerische Bedeutung der Phonola ist all¬
seitig längst erkannt und zugegeben worden. So
sagte am 1. Juli 1908 Professor MAX REGER:
„Die Solodant-Phonola ist die Bürgschaft für ein
unter allen Umständen künstler. Klavierspiel und die
sichere Schranke gegen den Mißbrauch des Klaviers
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Kummer 33.
19. September 1903.
Seile III.
Dies unb bas.
Die ftürbisernte Ift in
ooücm ©ange. gür Berlin ift
cor allem ber Spreemalb ber
Hauptlieferant ber Slürbiffe,
unb reichlicher ©eroinn, aber
aud) reichliche 21rbeit bringt
bie „Bombenfrucht" ben ©roß»
unb SUeinhänblern. Oie ftähne,
in benen fonft bie 2XufIügIer,
biegremben in ben gelaufen
berumgefahren roerben, bergen
bie gelben ober noch grünen
Äürbiffe; ein Sortieren fann
nur oberflächlich ftattfinben,
ber befte Sortierer bleibt eben
ilfff
immer ber B?rfäu[er. Oci
reife Kürbis roirb ja faft aus*
fchließlid) als ^Nahrungsmittel
genügt, hoch gibt es ©egenben.
beren Beroobner ihn lebiglicf>
als Biebfutter gelten laffen r
unb noch anbere, mie 3. B-
Bojen, bie ihn ooraugstoeife
als ^ierpflanse fultioieren. Sie»
Spielerei, bie heranmachfenbe
grudjt in allerlei gormen 31»
3toängen, ihr Onfchriften ein»
3unarben, bat ßd) 3 U einem
BSettberoerb ausgebilbet, ber
bie ©emüter ber Slonfurrenter
mochenlang in Spannung hält
(Sortierung auf Seite V)
3eitfid)ert)dt!
oon folibefter ftonftruftion unb
oon erftaunlicher ©angficherheit. Sie
ift in allen Xeilen aus feinem Material
hergeftellt unb oerjeben mit Sämtlichen mert»
oollen Weiterungen unferer hochentroirfcltcn
Uhren^Xechnif. v 21uch in ihrer äußeren gortti unb
21 usftattung ift bie Nomos »Uhr ein reifes (Er»
3eugnis moberner Stunft unb tnobernen ®e»
fehmaefes. ^hreftiloolle Schönheit unb ent 3 ücfenbe
(Slegan 3 merben allgemein anerfannt. Bei allen biefen technifcheit
unb fünftlerifchen Bo^ügen ift ber Sßreis ein mäßiger, jo bc.ß
fich jeber eine Nomos »Ußr bequem anfehaffen fann.
2öer nähere Orientierung auf ©runb fachlicher Unterlagen über
bie Nomos »Uhr münfehh oerlange bie foeben erfchienene, reich aus»
geftattete 2lufflärungs»Brofchüre „Oie moberne Xafchenuhr",
bie jebem 3ntereffenten oon ber Nomos-Uhr-Gesellschaft, Glas¬
hütte L S. (Bf. 175), foftenlos unb portofrei jugefanbt toirb.
9 iefes 2öort fpricht es beutlid) ous, roas ber moberne Wienfeh 31t
feiner Arbeit unb 3U feiner (Erholung mit am nötigften braucht. —
Seltficherheit! — bas heißt: in jebem 2lugenblicf bie Wtög»
lichfeit genauerer unb ,3uoerläffigfter Orientierung über bie Xages»
ftunbe! — Solche 3 ei ffirf) c rheit gibt uns nur eine gute unb ejrafte
Uhr. Oie toirflich guten Uhren aber, bie hier allein in Betracht
fommen, finb toegen ihrer enorm hoben greife für bie Bteiften
unerfchminglich. Unb bie billigen Uhren, bie man fo maffenhaft
anbietet, haben fchlechte 2Berfe unb bringen burch ihren ungenauen
Oang Unficherheit unb Berbruß. Schließlich toerben fie außerbem
noch öurch bie roieberholten Weparatur*ßoften, bie man an fie
toenben muß, fehr foftfpielig.
2lus biefen Berhältniffen erflärt fich bie große praftifeße Be»
beutung ber- NOMOS-Uhr.
Oie Nomos »Uhr ift eine teeßnifeh oollfommene ©ebraud)s»Ubr
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Seite IV.
19. September 1908.
Kummer 38.
Die Elektrizität im Dienste der Schwerhörigen.
/gtg gür Diele Menfcfeen ift eine Don ber
yd§Ä) V§ Deutfdjen 2lfuftif*©efellfdjaft in Ber*
f^x&r Un W. 50, SRadjobftr. 34, gemalte (Er-
/ I / tfnbung, um SAtoerbörige beffer Ijören
/ I / 3 U machen, non qofjer Bebeutung.
I 1—JL Die Steuerung bricht mit allen blßfjerigen
/ /1 liftboben, Dor allem mit ber (Einführung oon
J^L / I / Hörrohren in bas Ohr, unb wenbet bagegen
i*J / I I eine Biethobe an, beren (Erfaö fo einleudhtenb
Ul I I für beffereß 5)ören ift mie ber (Erfafc einer
I f l guten »rille für beffereß Seben.
V / V Der 3 U vielem berufenen (Eleftrtaität
^ ^ ift tatfächlicb ber gortfehritt norbebalten,
auch öl* Schmerbörigteit 3 « beheben. Der Apparat beftebt aus
einem febr emppnblichen Btifrophon oon i)anbteüergröBe, baß ber
Schwerhörige an einen ftnopf feines ftocfeß bängt ober fonftwo
angemeffen an fleh befeftigt, in einem ebenfo großen Xelepbon, baß
burch Doppelbrabt in üblicher SBeife mit bem ÜZKifropbon oerbunben
.
ift unb oom Schwerhörigen ent- "
weber ans Ohr gehalten ober burch
einen Bügel in etne fefte Sage jum tKKtk
Ohr gebracht wirb, unb enblid? in
einer fteinen Xrocfenbatterte, welche in
bie Leitung eingefchaltet ift, unb bie
man bequem in ber Xafdje tragt.
Diegunttion bes Apparates ift flar:
bie oom9Kifropbon,baß er heblidjgr öfter $
alß bie Dbrmufchel ift, aum Xelephon
weiter gegebenen Schallwellen erfahren
burch ben oon ber Xrocfenbatterie ge- 8g
brachten Sutturß bei Erregung berXele-
pbonmagneten eineBerftärfung unb ge¬
langen bemnach fo in oerftarfter gorm L
in baß Obr beß Schwerbörenben.
Die (Erfinbung, welche oon einigen Berliner Speaialärftten unb
(Eleftrotedjnifern gemetnfam gemacht würbe, ift für Schwerhörige
bochbebeutenb. Die Deutfche Slfuftif-(SefeUfchaft in Berlin
oerfenbet Brofpett foftenloß.
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D eses Präparat enthält das bekannte heilkräftige
Dlachylon - Pflaster <3 %) fein verteilt in Puder
^ ~ J (93%) — unter Beimischung von Borsäure (4%).
rp^- - ~ ~ -— -fjf Unübertroffen als Einstreumittel für kleine
PENGFI M IXRD^Jz Kinder gegen Wundlaufen der Füsse. starkes
CLn n n -^| Transpirieren, Entzündung u. Rötung der Haut usw.
Herr Sanitätsrat Dr. VBmel, Chefarzt an der
S: _,r%rnTion. hiesigen Entbindungsanstalt, schreibt:
liirv^Uotr I loCf/Cr) I ..Der in der Fabrik Karl Engelhard hergeslellte
II: antiseptische Dlachylon-Wund-Puder wird von
li . /ci I mir nahczu ausschliesslich angewendet. und immer
!• PrPl\ 'P'fctV' ■ ‘y) 70 vorzüglichem Erfolge. Dieser Puder hat den
'-/.il grossen Vorzug vor anderen, dass er nicht so stark
ti* stäubt, den Atmungsorganen gar nicht lästig fällt
' Hin ^ wi uni1 sich dennoch gut auftragen lässt. Beim Wund-
i V/yL) Q uy .! • sein kleiner Kinder ist er mir ganz unentbehrlich
i«. 1 n > ; *J geworden; in meiner ganzen Klientel sowie auch
• A/D-PUDt»' der Städlischen Entbindungsanstalt ist derselbe
»u ruy eingeführt. Bei starkem Transpirieren der Füsse u.
Wundlaufen bewährt sich der Puder gleichfalls vor-
7«. hnviAhofi Hiifrh Hin AnnlHoIrsn trefflich. Auch andere Kollegen, die denselben an-
Zu beziehen durch die ApOtneieiL wandten bestätigen meine guten Erfahrungen.*-
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tfummer 33.
19. September 1908.
Seite V.
Büd)erfafeL
Prfprerfjwtg rin^Tner Werfe Dorbcfjalten. ttütffenbung flnbet fn fefnem £atr flatt
(Ernft gud) 5 : „Sdjreibjuftis unb »idjtertönigtum". (Ein Wabnruf
jur Sd)ul= unb Suftisreform. ßeipjig, leutoniaoerlag. 2 !ER.
gran 3 ßidjten bergen „Weine »erfe". ßeipjig, »erlag oon
R. ©. Dt). Sd)effer.
IRidjarb Wunder: „Gin Borurteil". „Hoffmanns Grsäljlungen".
„•^er Deagoton", Drei »ooellen. Wien unb ßeip^ig, »erlag oon
(Ebuarb »eqers 9tad)folger.
»ictor Wargueritte: „Die »roftituierten". Gin Sittengemglbe
aus unferen Dagen. »ubapeft, »erlag oon ®. ©rimm. 3 W.
ffierner ©ombart: „Runftgetoerbe unb Rultur". »erlin, »erlag
oon Warquarbt & Co.
Dr. »aul ßabanb: „Direfte 9 teid) 5 fteuern". (Ein »eitrag 311 m
<5taatsred)t bes Deutfdjen »eidjs. »erlin, »erlag oon Otto ßiebinann.
ftidtarb Wünser: „©ein festes lagebud)". ßeip 3 ig, »erlag
oon Otto SBiganb.
»irf)arb TOün 3 er: „91us ber ©eit ber ©efüfjfe". ßeip 3 lg, »erlaq
oon Otto ©iganb.
„Qui £tes-Vous?“ Annuaire des Contemporains 1908. Paris,
Librairie Ch. Delagrave.
©alter 3obn Warlitt: „Inter noctem“. »erlin, »erlaq oon
Wirfifd) & Co. ©. m. b. $)■ 2 W.
»erein Srauenerroerb G. ».: ,,»ormaltoirtfd)aftspläne". Cin
I proftifdjes Ejanbbud) für Hausfrauen unb alle, bie es roerben tooüen.
»erlin, »uraus »erlag.
Clemens »rentanos: „ 3 rüf)lingstran 3 ". Äönigsberg i. »r.,
»aul »berjabns »erlag. 9,50 W.
„Anthologie des Pobtes Frangais du XIX' Sibcle
(1800—1866)“. Paris, Librairie Ch. Delagrave.
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Kummer 38 .
19. ©eptemler 1908.
©eite VH.
(Ernährung und Bittensfrafl.
2 )ie Neuraftfjenle ift In neuerer Seit erft als Kranfyeit des
modernen Kulturlebens ertannt morden. Der erfte, der fie aus*
füßrticß betrieb, mar der Ameritaner Vearb; er moüte fie fogar
als fpeaififd) amerifanifäes ßeiden betrautet miffen. Das Wien
be3eicßnenb; denn das ameritanifcße Volf jeigt ja alle Sormen
fyocßgefteigerten Kulturlebens, übertriebener Xätigteit und aufreibenden
©enuffes in dödrfter Ausbildung, ©eitere gorföungen fjaben jebod)
geleßrt, baß die Neuraftljenie au cd bei anderen Böllern oortommt —
und bei uns in Deutfdjlanb mehrmals reicßließ oerlreten ift. ©er
ift ßeut3utage nicßt neroös? Und NerDofität ift das erfte An*
3ei$en drohender Neuraftfyenie! Als Hauptergebnis der modernen
t$forf<$ung gilt, daß die perfönlicßen föefcdmerden des Neur*
aftßenilers als ebenfo mistig 311 betrachten find mie die fidjtbaren
frantyaften Veränderungen der Organe; denn auch jene treten mit
berfelben gefeßmäßigen Negelmäßigfeit auf.
3 U den ftändigen Veränderungen im Vefinben des Neuraftl)enilers
gehört unftreitig die Herabfeßung der ©illensfraft (Er er*
müdet leicht in der Durchführung feiner *ßläne, feine latfraft läßt
nach, und häufig machen fich gerade darin, daß er jeßt nur mit
Blühe 311 erreichen oermag, mas er früher fpielend durchfeßte, die
erften Anjeidjen beginnender Neurafifjenie bemerfbar. Als ein
mefentlicher Xeil der Urfache diefer Neroenfd>mäd)e, mie man die
Neuraftßenie jutreffend auch genannt hat, ift in oielen gälten eine
mangelhafte oder un3mecfmäßige (Ernährung des Neruenfgftems,
oor aüem des ©eßirns erfannt morden. (Es bildet fich bei dem
Neuraftyenifer ein oerhängnisooller Kreislauf gmifchen den Störungen
in der (Ernährung und den (Erlernungen der Neroofität; jede
f)erabfeßung der (Ernährung oerfchlimmert feinen 3 uftanb, und die
ftärfer merdende Neroofität wirft mieder oerfchlechternd auf die
Nahrungsaufnahme und Verdauung.
Diefe fchädliche ©echfelmirfung läßt fich nach neueren (Erfah¬
rungen der Aerjte oortrefflich durch Ernährung mit ©analogen
beeinfluffen. Velanntlid) befteht ©analogen aus reinftem ©ilcßeitoeiß
und einem ©al3 der ©lg3erinphosphorfäure. Diefe ift der roirffame
Kern aüer jener Körper, die als Lecithine oder Vßospßatibe be*
3eichnet werden, und die den toidjtigften Veftandteil unferer Neroen
und des ©ehirns darfteHen. ©it dem ©anatogen mird alfo dem
Körper ein ©tärfungsmittel dargeboten, das in erfter Öinie für das
Neroenfijftem und megen feines 3meiten Veftandteils, des reinften
(Eimeißes, als Kräftigungsmittel des gan3en Körpers in Vetracht
tommt, und beides um fo mehr, als das ©anatogen megen feiner
ungemein leichten Verdaulichfeit oom Köflper no$) aufgenommen
mird, felbft menn er feine andere Nahrung mehr annehmen miü.
Diefe große 3uträglichfeit oerdanft das ©anatogen der hohen
Neinheit des in ihm enthaltenen ©ildjeitoeißes, das aus frifcßer
Kuhmilch gemonnen mird; dadurch mird es für die Verdauung oon
allergrößter Bedeutung, denn die geringfte Verunreinigung mirft auf
die oft überaus empfindlichen Verdauungsorgane des Neroöfen als
Befestigung, ja als ©d)äblid)!eit. Beim ©anatogen gemährleiftet gerade
die peinliche Sorgfalt, die mährend der Herftellung auf Vermeidung
jeder Verunreinigung gelegt mird, feine Vetömmlichfeit für den
Wmächften ©agen. Darum fann eine (Emährungsfur mit Sana*
logen felbft durch empfindliche und gefchmächte Verdauungsorgane
nicht oereitelt merden. Und da es gelingt, dem Körper mit dem
©anatogen die michtigften Nährftoffe 3U3uführen, fo mird ihm damit
die SNöglichfeit gegeben, fein Neroenfgftem beffer 3U ernähren und
fomit auf die natürliche ©eife 3U fräftigen.
3 edes feelifche ßuft* oder Unluftgefühl (im Sinne des großen
Vhifofophen ©pino3a) fleht im engen 3 ufammenf)ang mit der Blagen*
Darmtätigfeit, d. h- mit der Verdauung. Daher ift es auch oerftänblidj,
daß die ©irfung der ©anatogen*(Ernährung bei dem Neurafthenifer
fich 3unächft in der Hebung der ©illensfraft äußert.
(Eine ausführliche Begründung diefer Xatfadje mürde über den
Nahmen diefer fur3en Abhandlung hinausgehen; eine folche fteht
aber Sntereffenten, deren 3 aßl im 3 *üalter der Neroofität natürlich
groß ift, 3ur Verfügung, ©an mende fich um 3 nfendung oon Aus*
3Ügen aus dem ©anatogen*Archio, das in einem Sahrsehnt fi$ an*
gefammelt hat, an die ©anatogen*©erfe, Berlin SW. 48 .
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Seite VIII.
19 . September 1908 .
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6eite XIV.
19. September 1908.
Stummer 38.
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Torpedonabe ist die Doppel‘.orpedo heute eine fast unentbehrliche
Einrichtung an einem modernen Tourenrade.
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Fe:ht um eine gute Sache gekämpft worden als neuerd ngs für die
Neubelebung des Lauten- und Gitarrenspieles. Dem Internationalen
Gitarristenverband zu München und Augsburg, der die berufensten
Lautensänger zu seinen Mitgliedern zählt, ist es besonders zu danke i.
dass der alte Minnesang wieder zu neuem Leben erwächst. — Und
angeregt dadurch hat die altrenommierte Firma Carl Gottlob
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Bau dieser Instrumente in grösserem Umfang aufgenommen. Durch
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Kummer 38.
19. September 1908.
Se.te XVII.
liehe Fülle und die Schönheit des Tones haben dazu beigetragen, dass
sich bereits viele der Kunst des übrigens nicht schwer zu erlernenden
Lautenspieles wieder zugewendet haben. — Der Katalog, den die
oben angegebene Firma jedermann umsonst zusendet, enthält eine
grosse Auswahl in Lauten mit flachem und gewölbtem Körper,
nordischen Lauten, Wappenform-Gitarren usw., und sind die Preise
dafür sehr mäss : g.
— Presidenthosenträger. Von Amerika wird ein Hosen¬
träger unter dem Namen „President“ in den Handel gebracht, der
mann'gfache Vorteile hat gegenüber den bisherigen Systemen. Vor
allen Dingen erlaubt der Presidentträger jegliche Körperbewegung,
ohne daß irgendein läs iger Druck entsteht, und zwar durch eine
sehr sinnreiche Konstruktion des Rückenteiles. Da ferner alle Metall¬
teile ohne scharfe Ecken gemacht sind, also die Wäsche nicht be¬
schädigen können und der Presidentträger in sehr aparten Farben
geliefert wird, wird die Herrenwelt diesen Träger sehr bald kaufen
und würdigen. Ein Beweis für die Beliebtheit des Presidentträgers
gegenüber anderen Systemen ist der Verkauf von über 3,000,030
Paar pro Jahr allein in den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
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Beite XVIII.
19. September 1908.
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Schwächliche, in der Entwicklung oder beim Lernen zurückbleibende Kinder
sowie blutarme sich matt fühlende und nervöse überarbeitete, leicht erregbare, müde,
frühzeitig erschöpfte Erwachsene gebrauchen als Kräftigungsmittel mit grossem Erfolg:
Dr. H0MMEL s Haematogen.
Der Appetit erwacht, die geistigen und
körperlichen Kräfte werden rasch gehoben,
das Gesamt«Nervensystem gestärkt.
Nachstehend einige ärztliche Gutachten über Erfolge mit Dr. Hommers Haematogen
als Kräftigungsmittel in der Kinderpraxis:
„Hcematogen Hommel bewährte sich auch in der dies¬
jährigen Ferienkolonie als ganz unvergleichliches Kräftigungs¬
mittel von hervorragend blutbildender Wirkung. Die Zög¬
linge nahmen ihr Haematogen sehr gerne. Die günstige
Wirkung auf den Organismus trat nach kurzer Zeit zu¬
tage, indem die Esslust wuchs und das Allgemeinbefinden
sich bedeutend besserte. Auch heuer konnten wir mit
Freuden nach Schluss der Koloniezeit sehr namhafte Ge¬
wichtszunahmen und vorzügliches Aussehen bei den mit
Haematogen Hommel bedachten Zöglingen fes.stellen.“
Für die' Brünner Ferienkolonien
der Sektion Brünn des mähr.-schles.Sudeten-Gebirgs-Vereins.
Der Vereinsobmann: Der Koloniearzt:
Dr. Krumpholz. Dr. Lorenz.
„Hommers Haematogen habeich bi einem 9 monatlichen,
blutarmen, gänzlich heruntergekommenen Säugling in An¬
wendung gezogen. Der Erfolg war vorzüglich. Schon
nach 14tägigem (Jebrauch war das Kind kaum wiederzu¬
erkennen. Gesicht und Glieder halten ihre Rundung wieder-
erlangt, und Wangen und Ohren zeigten an Stelle der
früheren Leichenfarbe eine gesunde Rötung. Ich habe seit
dieser Beobachtung Ihr Haematogen bei einer grösseren
Zahl von Kindern verschiedenen Alters ordiniert und mich
von der stets vortrefflichen Wirkung desselben überzeugt.“
(Dr. med. C. Schwarz in Gehrden, Hannover.)
„Ich habe mit Hommers Haematogen bei schlecht ge¬
nährten, blutarmen und appetitlosen Kindern überraschend
günstige Erfolge in kürzester Zeit erzielt.“
(Dr. med. Hch. Schmidt,
em. Chefarzt des Allgem. Krankenhauses,
Wien.)
„Besonders hat Homniel’s Haematogen
dazu beigetragen, die bei Kindern im Be¬
ginn der Schulzeit sien einstellende Mattig¬
keit und Appetitlosigkeit vollkommen zum
Verschwinden zu bringen.**
(Dr. med. L. Soirm.rfeld in Schöneberg.)
„Hommers Haematogen habe ich bei
> einem rhachitischen Kinde mit so vorzüg¬
lichem Erfolge angewendet, dass das Kind
zurz it kaum wiederzuerkennen ist.“
(Dr med. Schönfeld-d’Elb6e in Molschleben
b. Gotha.)
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Verkauf in Apotheken u. Drogerien.
„Ich habe Hommers Haematogen 3 Kindern im Alter
zwischen 8 und 10 Jahren, die in Folge hochgradiger Blut¬
armut und sehr schwerer Verdauung vollständig herabge¬
kommen waren und ihre Körperkraft total eingebüsst hatten,
verabreicht; über den glänzenden Erfolg war ich erstaunt,
die Kinder sehen jetzt blühend aus.“
(Dr. med. Josef Kalteis in Seekirchen bei Salzburg.)
„Ich habe Gelegenheit gehabt, bei meinem Kinde
Hommel s Haematogen zu erproben. Ueber das Präparat
kann ich nur das Allerbeste berichten, und sah ich noch bei
keinem Miltel solch frappante Wirkung. Die Blutarmut
verschwand schon nach einmonatlichem Gebrauch, das Kind
bekam einen guten Appetit und wird tagtäglich kräftiger/*
(Dr. med. Emanuel R6dei in Szöphalu, Ung.)
„Hummers Haematogen habe ich mehrfach verordnet
und versucht, u. a. bei meiner kleinen Tochter, die im An¬
schluss an längere Wochen anhaltenden Keuchhusten er¬
hebliche Blutungen infolge einer Operation zu überstehen
hatte und dadurch äusse st schwach und erschöpft war.
Die hochgradige Appetitlosigkeit wollte keinem Mittel
weichen, bis ich ihr Haematogen gab. Nach wenigen Tagen
trat bereits reger Appetit ein, das Kind erholte sich sicht¬
lich, und.nach Verbrauch der ersten Flasche waren die er¬
heblichsten blutarmen Erscheinungen beseitigt. Der Erfolg
war ein geradezu eklatanter.**
(Dr. med. Adolf Richter in Leisnig, Sachsen.)
„Hommel s Haematogen ist für mich ein unentbehrliches
Mittel bei blassen, rhachitischen oder
atrophischen Kindern geworden, bei welchen
es nicht nur eklatant den Appetit anregt,
sondern auch nahezu sichtbar die Kräfti¬
gung der kleinen Patienten herbeiführt.“
(Dr. med. Eugen Grfinfeld in Saaz, Böhmen.)
„Es freut mich. Ihnen berichten zu
können, dass ich Hommers Haematogen
mit sehr gutem Erfolge bei meinen beiden
Kindern (Zwillingen im Alter von fi/ 4 Jahrein
angewendet habe. Namentlich das eine von
ihnen, das erheblich in der Entwicklung
zurückgeblieben war, blühte unter dem
Gebrauch des Präparates förmlich auf und
nahm innerhalb eines Monats 2 Pfund zu.“
\Dr. med. H. Goldschmidt in Breslau.)
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Herren erfolgt, ist von den ersten medizinischen Autoritäten des In- und Auslands geprüft und als wirksam
und unschädlich befunden worden. MUIRACITHIN erfreut sich daher grosser Beliebtheit in all den Fällen, in
welchen infolge von Ueberanctrengung, Ueberarbeltung, Ausschweifungen und Exzessen etc. eine mehr oder minder
schwere Neurasthenie entstanden ist, die zur vollständigen Zerrüttung der Nerven führt und den Vorfall des ganzen
Körpers beschleunigt. Die von dem Leiden Befallenen klagen über verschiedene Symptome, ohne zu wissen, dass diese
meist nur die äusseren Begleiter der Neurasthenie sind.
So findet man bei diesem Leiden häufig Kopfschmerzen, DruokgefOhl im Kopf, nicht
selten verbunden mit SchwindelgefOhl und Ohrensausen, Verdauungsstörungen,
Appeftitlosigkeit ( Heisshunger, auch Schlaflosigkeit, Angstzustände, Herz¬
klopfen, Zittern der HSnde, leichte Empfindlichkeit und Reizbarkeit, Rücken»
sohmerzen, leichte Ermüdung etc.
Aus der Vielseitigkeit der Erscheinungen sieht man die Notwendigkeit, sich rechtzeitig dagegen zu schützen; in erster
Linie naturgemftss durch die Inanspruchnahme des Arztes.
Ferner aber bietet dae Mulraclthin Infolge seiner anerkannt vorzüglichen Kombination
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Hummer 39. Berlin, Den 26. September 1908. 10. Jofjrgang.
3npalt ber stummer 39. 6tttt
2)ie fleben Söge ber ®odje.1671
3R lüärtedjnifdj« Hilfsmittel im Staifermandoer. Sen ®entralmajor 3 . 2).
0 . xoebell. 1671
Sie Siamantenfunbe in 6 fibmeflafrifa. Son »rof. Sr. d. ®ogeI . . . 1674
Sie »füdrten bes ®efeH|d)aft 9 leben». »lauberei oon üba Stöbert . . . 1675
Unfere »Uber ;.1677
Sie loten ber SBodje.1678
Sie »SrfentDOttye.1678
»Uber 00 m leige, (»botograpbifäe Sufnabmen).1679
Sroefigl. Roman oon ®eorg greiberm oon Ompteba.1687
Sie neuen »bfömmen über bas Rote streu*. l'on »rofeffor 3om . 1692
Satter »eterfen. Son »rof. Sr. Hermann »oarb. (SWit 8 Hbbtlbungen) 1694
Souriftenleben in ben »prenäen. Son Äarl (Eugen 64 >mibt (SRit
11 «bbilbuhgen).1700
6 pie()eug. »Oman oon Hone oon »ablenberg. (Sortierung) .... 1705
»arifer i)erb ft« unb SinterbÜte. (Siit 9 SbbUbungen).1708
Silber aus aUer Seit.. t . . 1711
Die fieben Sage bet ZDocpe.
17. September.
Bei ber feierlichen Eröffnung ber fünf 3 epnten interparla*
mentarifepen ßonferena im Reichstag palt ber Beicpsfanaler
Surft Bülom eine große griebensrebe.
Bus Bgram uiirb aemelbet, baß bte türfifd>e ©arnifon in
Plerolje im Sanbfcpaf Booibaaar meuterte. Der Äommanbant
Dioifionsgeneral Suleiman pafepa (Portr. ©• 1683) flüchtete
infolaebeffen naep Bgram.
Bus Petersburg »irb gemelbet, baß bie gefamte Profcfforen*
fchaft ber Unioerfität gegen bie 00 m Unterricptsmtnifter er*
laffenen, bie afabemifepe greipeit befchränfenben ^irtulare pro*
tefttert. Beftor unb Proreftor hoben ihre Bemter niebergelegt.
Der äaifer begibt fich nach ijopenftein in Oftpreußen, um bem
Schluß ber Btanöoer bes I. unbXVII.Brmeeforps beiaumopnen.
Der amerifanifche Boiatifer Oroille SBrigpt flürat infolge
Bruchs eines Propellers mit feinem Beroplan aus einer ijöpe
oon 75 guß jur (Erbe. SBrigpt toirb fepmer, fein Begleiter
ßeutnant Selfribge töblicb oerleßt. Der giugapparat ift gäna*
lieh aerftört.
18. September.
Bus ßonbon toirb gemelbet, baß ©roßbritannien ber
fpanifcp*franaöfifcpen Bote über bie Bnerfennung ÜBulai) i)apbs
augeftimmt pat.
Der Bunbesrat hält unter bem Borfiß bes Beicpsfanalers
unb unter Teilnahme ber leitenben unb ginanaminifter ber
©inaelftoaten feine erfte Sißung nach ben gerien ab. (Es mirb
bie Borlage über bie Beicpsfinanareform beraten unb ben au*
ftänbigen Busfcpüffen übermiefen.
3n Petersburg toerben megen ber 3unahme ber (Spolera*
epibemie bie Scpulen bis auf weiteres gefcploffen.
19. September.
Der äaifer trifft aus Oftpreußen, bie ftaiferin aus Pots*
bam auf Schloß f)ubertusftocf ein.
Bus Petersburg toirb gemelbet, baß ber SBinifterrat ben
SBinifter für Bolfsaufflärung ermächtigt pat, bie ßulaffung oon
grauen au ben Unioerfitätsoorlefungen für bie ßufunft au oerbteten.
20. September.
Die 5tronprinaeffin feiert ipren 22 . ‘©eburtstag. Sie mirb
aus biefem Bnlaß oom Staifer 30 m (Epef bes 8 . Dragoner*
regiments ernannt.
Der tfronprina empfängt als Bertreter bes äaifers im
Beuen Palais bei potsbam ben interparlamentarifchen Bat unb
ben Brbeitsausfcpuß ber interparlamentarifchen Unionfonferena.
Bus Beuporf toirb gemelbet, baß ein Orfan bie Stabt
St. Btatpem auf ber 3nfel ©roß*3nagua oemichtet pat. ÜBeprere
punbert ÜBenfcpen feien babei ums ßeben gefommen.
3n ber Barifer Deiepponaentrale in ber Bue bu ßouore
briept burep Äurafcpluß geuer aus; bas ©ebäube toirb gana
eingeäfepert. Der gernfpreepoerfepr amifepen Deutfcplanb unb
granfreiep ift infolge bes Branbes oouftänbig unterbrochen.
21. September.
Bus oerfepiebenen Orten in Ärain unb Steiermart tommen
Bacpricpten über fortgefeßte Bngriffe ber Slomenen gegen bie
Deutfcpen. 3n ßaibaep mürben burep eine Saloe oes aum
Scpuß ber Deutfcpen aufgebotenen IBilitärs amei Perfonen
getötet unb meprere oerleßt.
Der Scpap oon Perfien lepnt in feiner Bntmort auf bie
Boten (Englanbs unb Bußlanbs bie (Einberufung bes Paria*
ments oorläufig ab.
3n Berlin tritt unter aaplreicper Beteiligung aus allen
Äulturlänbem ber internationale Preffefongreß aufammen.
3n Äöln mirb bie 80. Berfammlung Deutfcper Batur*
forfeper unb Berate eröffnet.
3n Btarriß ftirbt, 64 gapre alt, ber ©eiger Pablo be Sarafate
(Portr. S. 1684).
22. September.
Durcp Befcpluß bes ßanbgericpts IY. Berlin mirb ber gürft
Philipp au ©ulenburg unb i)ertefelb aus ber Unterfucpungs*
paft entlaffen.
Der Staatsfefretär bes Busmärtigen Bmts oon Scpoen
überreicht ben Bertretem granfreiebs unb Spaniens in Berlin
bie beutfepe Bntmort auf bie fpanifcp-franaöfifcpe *Barotfonote.
3n Xoulon toerben auf bem tfreu^er ßatoucpe*Ir 6 oiHe burep
eine ©efepüßeyplofion 13 SBann getötet.
23. September.
Der Äaifer trifft in Begleitung ber ßaiferin unb ber Prin*
aeffin Biftoria ßuife in Bominten ein.
OOO
bUfsmiffet im
fiai(ermanöt)er.
5ßon ©encrolmajor 3 . 2). 2t. 0 . Coebell.
5Dtit ber Steigerung ber Hilfsmittel bes ffieitoer*
tefjrs unb mit ben roid)tigen ©rftnbungen auf biefem
©ebiet ift aud) beren mititärifHe S3ebeutung getoadjfen.
3m beutfdyen Sjeer ift bas Berfudjftabium eines großen
Xeils biefer mobernen tedjnifdjen ÜJtittet beenbet. Sie
finb in ben Heercsbienft eingereitjt, regtementarifiert.
3t)re Serroenbung orbnet fid) an ber Honb ber gelb*
bienftorbnung. Sie gab ben biesjäbrigen Raifermanö=
oern bas ©epräge, benn mit ben ©rfinbungen auf
tedjnifdjem ©ebiet i)at fid) ber gan 3 e ©ßaratter bes
(Ertunbungs* unb üftetbebienftes, ber 23efef)lsübermitt=
(ung, ber 23erbinbung unb %eobad)tung, aud) ber
93erpf(egung geänbert. beamten bteibt, baß oon
alt ben mobernen SRittetn im gelbjug 187Ö/71 nur
ber Xetegrapf) unb biefer unootttommen ausgenußt
toorben ift. Sßie feßr aber 3 um Seifpiet bie Sebeutung
ber räumtießen Entfernung für bie 33efet)tsübermitt(ung
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©eite 1672.
Kummer 39.
roäbrenb bes Kampfes gefunfen ift, Ictjrt bic Schlacht
oon SJtufben, bie oom SKarfdjall Oqama non feinem
Quartier aus geleitet mürbe. Bebnlicb foü ber Äom»
manbierenbe ©eneral bes XV. Brmeetorps am 3roeiten
lag ber biesjäbrigen Saifermanöoer oerfabren fjaben.
Saß er, anfangs in 3toei Kolonnen oorgebenb, auf bie
SOtelbungen über bie feinblicße Slnmarfdjridjtung einen
ber Stäbe bes Feinbes megen immerbin nidjt gefabr»
tofen gtanfenmarf(b in einer Kolonne antrat, mar nur
baburtb möglich, baß er über erprobte teebnifebe Hilfs»
mittet ber Befeblsübermittlung oerfügte, oon benen er
mit JRecfjt annebmen fonnte, baß fie im wichtigen
SOtoment nidjt oerfagen mürben. (Es mar notmenbig,
fobatb bie SOlaßnabmen bes ©egners biefes erforberten,
a tempo mit fämtlicben Kolonnenteten nach beni geinb
3U ein3uf<bmenten. Unb biefes gelang, golgenbe ted)»
nifdje Xruppenförper ftanben biersu bem ©eneral mie
feinem ©egner 3ur Verfügung: Sie Korpstelegrapben»
abteitung, bie Sunfentelegrapbenabteitung, bie gern*
fpredjabteitung, bann 3U ©rfunbungs» unb Beobad)»
tungs3metfen bie ßuftfebifferabteilung fomie bei jeber
Sioifion eine Femfpredjabteilung unb bei ber Kaoallerie»
bioifion eine geibfignaiabteitung. Ser Kaoallerietele»
grapb, 3 nfanteriefernfpred)er, Kraftwagen, SWotorräber,
Fabrräber, Brieftauben, Kriegsbunbe, Signalflaggen
finb als ergän3enbe Hilfsmittel auf3U3äblen. SDtittels
ber Srabttelegrapbie unb bem Fernfprecber merben bie
Befehle unb 9 ta<bri<bten auf bem Kampfplaß oer»
mittelt. Ser Kabeltelegrapb mit galDanifdjem Strom
bat ben Borjug ber größten Zuoerläffigfeit, ba bie
SOtorfeftrelfen fdjriftlicbe Sotumente liefern. Schneller
3U legen finb bie bünnen unb leichten Sräbte für ben
Snbuftionsftrom, bei bem als Stationsmaterial auch
ber Fernfprecber oermanbt roirb. Ser Fernfprecber ift
meniger 3uoertäffig als bie Srabttelegrapbie, erforbert
aber fü^ere Bauseit. Ser Äaoallerietelegrapb oermag
Fernfpred)= unb Xetegrapbenleitungen ber3ufteüen. Sic
gemfpreebabteilungen oerbinben bie Kommanbobebörben
unb ermöglichen perfönlicbe Busfpracbe. 3 n ber gelb»
bienftorbnung roirb aber barauf bingeroiefen, baß ibr
3u häufiger ©ebraueb im ©efeebt bie ©efabr birgt,
baß bie Selbftänbigteit ber Unterführer Schaben leibet.
3nfanteriefernfprecbabtei(ungen ftellen roäbrenb bes ©e»
feebts bie Berbinbung innerhalb ber Xruppenteile her.
Sie oberften Kommanboftellen merben bureb Fünfen»
tetegrapbie oerbunben. 3 b« Bermenbbarfeit ift, ab»
gefeben oon magnetifeben Störungen, eingeengt bureb
ben erforberlicben Baüon unb basu notroenbige SRit»
fübrung oon ©as in gepreßtem SuTtanb, auch tann
fie bureb funfentelegrapbifebe (Einrichtungen ber eigenen
unb feinblicben Brmee geftört merben. Ser Bufbau
bauert brei oiertel Stunben. Steuerbings merben Sracben
3um Ho<bfübren bes ßeitbrabtes (Bntenne) oermanbt
unb in Oefterreicb ein 3erlegbarer 9 Raft. Seine Zu»
fanunenfeßung unb Bufftellung erforbert aber 3toei
Stunben Zeit. Sie Felbfignalabteilung ift mit Selb»
fignallampen unb Heliographen ausgerüftet. Freilich
bleibt 3U berüeffiebtigen, baß bie ßicßtfignale oon oer»
febiebenen ©inflüffen abhängig finb, ein teebnifeb febr
grünblicb ausgebilbetes Berfonal erforbern, bei Sage
bas Strahlen ber Sonne, bei Stacht eine Signallampe
als ßicbtquelle benötigen. Bugenoerbinbung ber Sta»
tionen ift notmenbig. Bei normalen Berbältniffen ge»
roäbrleiftet bas ßidjtfignal mittels 3Rorfe3ei<ben eine
Berftänbigungsentfernung oon 40 Silometer. Ser
Brennftoff für bic ßicbtquelle roirb geheim gehalten.
SDtittels ber ßicbttelegrapbie oerftänbigten ficb auch
roäbrenb ber SRanöoer bie ßeitung, ber oberfte Scbiebs*
riebter, bie Oberfcbiebsricbter untereinanber. Sa nun bie
Rührer nach ben eingegangenen SOtelbungen ihre ©nt»
feblüffe faft täglich noch roäbrenb bes Bormarfcbes in
einfctjneibenber SBeife änberten, fo märe ohne Ber»
menbung ber teebnifeben SJtittel eine Benachrichtigung
ber ßeitung unb Scbiebsricbter faum möglich fleroefen.
Ser ßeitung ftanb hierzu noch ein neutrales Xele»
grapbenneß 3ur Berfügung. SDtan muß im Buge be*
halten, baß bie Führer meber oon ber ßeitung noch
oon ben Scbiebsricbtem in ihren ©ntfeblüffen beeinflußt
rourben, unb baß ßeitung unb Scbiebsricbter mehrfach
noch 3ur SJtittag3eit am Sampftag ohne Stadjricbten
über bie ©ntfeblüffe maren. Sie Kraftwagen, bie
SOtotorräber unb bie F°brräber geftatten bas Z ur ücf»
legen großer ©ntfernungen in fünfter grift unb
machen fie baburd) 3u oor3üglicben Hilfsmitteln ber
Befeblsübermittlung unb Berbinbung. 3 n biefem SJta»
nöoer oerfügten ßeitung, Führung unb bie höheren
Äommanboftellen bei Sage unb bei Stacht über ange»
bei3te SOtafdjinen. Sie Sraftroagen finb oon beroor»
ragenber Bebeutung 3U Befid)tigungs« unb Befpredjungs»
führten ber Führer, 3ur Regelung ber Berpflegung,
auch 3ur Befeblsübermittlung, im Batrouillen» unb
Botenbienft finb fie oon ben SKotorräbern abgelöft,
unb mittels ber Fabrräber roirb bic Berbinbung ge»
halten.
Sas ©baratteriftifebe ber inobernen Sriegsfübrung
ift bie ßeere bes Scblacbtfelbes. Sie erfebmert bie Buf»
flärung unb Beobachtung, fie trat auch roäbrenb bes
SDtanöoers in bie ©rfebeinung. Sieben ben Fernrohren
fpielen bie ßuftballons bei ber gernaufllärung eine
große Stolle, FeffelbaUons, Freiballons unb lenfbarc
ßuftfebiffe finb in ben militärifeben Sienft getreten.
Freilid) ift bic Ballonaufflärung oon ber SBitterung
unb Beleuchtung abhängig. SDtit ben Feffelballons
oermag bie ßuftfd)ifferabteilung ben Felbtruppen in
jebem ©elänbe 3U folgen. ©itterung unb Beleuchtung
geftatteten täglich roäbrenb ber Saifermanöoer Bufftieg
unb Beobachtung. 3 n bem roecbfelootlen ©elänbe,
in bem bie Berbinbung ber Xruppen untereinanber häufig
abriß, beroäbrte fid) bie Ballonbeobachtung befonbers.
6s ift übrigens eine barte, nicht ungefährliche Bufgabe,
bei SBinb ftunbenlang in einem Feffelballon ausbarren
3U müffen. Sie Bbbängigteit oom ©etter oerroeifen
ben Freiballon in erfter ßinie auf ben Feftungs» unb
Bofitionsfrieg. Sort ift er in feinen ßeiftungen bereits
erprobt; aus einer belagerten Feftung auffteigenb, oer»
mag er mit Hilfe ber SDtilitärfernpbotograpbie unb ber
Brieftauben innerhalb weniger Stunben bem Berteibiger
ein Bilb feinblidjer Belagerungsarbeiten 3ugänglicb 3u
machen. 3 ur ftrategifeben Buftlärung bient bas lent»
bare ßuftfebiff. ©s tarn felbftoerftänblid) entgegen ben
Zeitungsnachrichten im Saifermanöoer nod) nicht 3ur
Berroenbung, benn bie ßuftfdjiffe aller Xqpen, unftarr,
balbftarr unb ftarr, beßnben ficb no <b im Berfucbs»
ftabium. So betriibenb bie Unfälle finb, bie bie ßuft»
febiffe oerfebiebener Xqpen in ben leßten SRonaten er»
litten haben, fo finb fie bod) ein Btifporn 3U Berbeffe»
rungen unb führten ber großen SWaffe bie nur bebingte
Berroenbbarfeit oor Bugen. SJtan barf bie Berroenb»
barfeit 3U Äriegs3roeden nicht überfebäßen. Sie Heeres»
oerroaltung erblicft in ihnen oorläufig nur ein febr
roillfommenes Hilfsmittel 3ur ftrategifeben Bufflärung.
Hat fie brauchbare ßuftfebiffe nach ftattgefunbener
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Kummer 39.
Seite 1673
Wer ein getreues
Spieseimid ^ Reichshanptstadt
haben und über alle wichtigen Vorgänge
zuverläßig unterrichtet sein will, bestelle
durch beiliegende Karte ein Probe*Abonne»
ment auf den »Berliner LokabAnzeiger« fiir
Monat Oktober zum Preise von 2 Mark.
Ißrobefahrt angetauft, finb fie 3 U ijeeressmeden aus»
3 ugeftalten, ju oeroolltommnen; bas ift ein rociter ffieg.
Ser grofje Umfang bes einen Xpps, ber niebrige glug
3 meier Xgps, bie Schmierigteit bes ßanbens, bas ©nt»
roeidjen bes ©afes, bie ©;plofionsgefat)r machen bie
ßuftfd)iffe oorläufig nod) nicht 3 U oolltommenen Kriegs»
n>ert 3 eugen. Das ßuftfrfjiff ift nod) nicht unbebingte
Veherrfcherin ber fiuft, aud) fann es erreicht unb 3 er»
ftört merben oon ©efdjoffen unb elementaren ©etoalten.
©raf Qeppelin h fl t ober Öen 2Beg gemiefen, Deutfdjlanb
ftet)t nad) langem gingen unb SRühen oben an unb
toirb halb in brauchbaren ßuftfdjiffen ein Vtittel mehr
3 ur Vollfommenheit feiner Sriegsbereitfdjaft befißen.
Vucf) auf bem midjtigen ©ebiet ber 5)eeresoerpfIegung
haben tedjnifdje ßrfinbungen eine oolltommene Um»
n>ä( 3 ung heroorgerufen. Die (Einführung ber gelb»
tüchenmagen ift oon
hoher Vebeutung für
biefriegsmäßigeVer»
oolltommnung un=
feres feeres. 2 lud)
bem ßaien bürfte es
oerftänblid) fein, mas
es für bie ©rnät) s
rung unb ßeiftungs»
fähigfeit ber Xruppe
bebeutet, toenn nun»
mehr in ber Siegel
bie fdpnadhaft 3 U»
bereitete URittagstoft
unb auch Kaffee ben
SKannfchaften in bas
Vimaf 3 ugeführt
merben. Selbft
menn ber Küdjen= 1 . ....
magen oerfpätet in
ber 9lad)t, am anbe»
ren läge eintreffen
füllte, tarne er immer nod) red)t 3 eitig. Der ÜRadpeil
ber Vermehrung ber ber Xruppe unmittelbar folgenben
gahrseuge roirb aufgemogen burd) bie gefieberte fräftige,
roarme Koft, fehmaefhaft, reinlich unb befömmlid) unter
2lusnußung bes ÜRährmertes aud) bes frifchen gleifdjes
unb unter Kontrolle 3 ubereitet, ohne bie erfdjöpften
2Rannfd)aften mit Kocharbeit 3 U belüften. Slüerbings
muß bie Xruppe 3 ur Unabhängigfeit oon ben Küchen»
magen exogen merben, baljer ift fie im ©in 3 eltocf)en
3 U üben, aud) fdjeint es nicht unbebentlid), bie britte
eiferne ißortion ber ©epädentlaftung megen um eine
3 u oerringern. Vlährenb ber Kaifermanöoer mar je
eine ßnfanteriebrigabe mit Küd)enmagen ausgerüftet.
Sie im grieben allen Xruppen ins URanöoer mit 3 ugeben,
ift nicht angängig, benn für ein Infanterieregiment
mären ba 3 u oierunb 3 toan 3 ig ißferbe notmenbig. Das
fertige Gffen bampfte bereits nod) mährenb bes Kampfes,
babei hielten bie Viagen nur einige Kilometer oon ben
Xruppen entfernt. (Eine midjtige Volle merben in gu»
funft bie Kraftlaftmagen bei ber 3 u füt>rung bes ißro»
oiants aus ben ^ßrooiantämtern in bie gelbmaga 3 ine
unb oon bort in oorgelegene groifchenmagasine fpielen.
Von ber f)eeresoermaltung mirb ber Slnfauf bes fo»
genannten einheitlichen (Einbürgerungsthps burd) ißrioate
burch Suboentionierung erleichtert. Die Käufer erhalten
beim 21 nfauf eine einmalige 2 lnfd)affungsprämie oon
4000 'JRarf unb eine alljähfige Vetriebsbeihilfe oon
1000 ÜRart auf fünf gafjre, fofem ber Viagen bei ben
alljährlich ftattfinbenben Veoifionen betriebsfähig unb
in gutem Suftanb befunben mirb. Der Viagen muß
eine ÜRotorminbeftftärfe oon 30 ißferbeträften hoben
unb eine Viinbeftnußlaft oon 47—80 Rentner beförbern
tönnen. ©ine berartige ÜRotorftärfe geftattet ohne
roeiteres bie URitführung eines Vnhängemagens, bei
guten Straßen, in ber ©bene fogar 3 meier 9tnf)änge»
magen, bie je eine Vußlaft oon 37—60 gentner beförbern.
2lls ©egenleiftung hot ber Käufer im Kriegsfälle bie
fuboentionierten galp^euge gegen ©ntgelt 3 ur Verfügung
3 u ftellen, auch barf er bie Viagen nicht an bas Vus*
lanb oertaufen. Ob bie 2lrt ber Suboentionierung bie
3 roedmäßigfte ift, bleibt bahingeftellt. gebenfalls finb
in ber ßnbuftrie 2 Sünfd)e laut gemorben, baf)in sielenb,
baß in gufunft feine Vnfchaffungsprämie gesahlt, bafür
aber bie alljährliche
Vetriebsbeihilfe er»
höht »irb. gum er»
ftenmal in biefem
gahr mürbe mährenb
ber Kaifermanöoer
bie Verpflegung für
bas gefamte XVI.
Vrmeeforps mittels
Kraftlaftmagen nadp
gehoben, hlersu
maren fie in folgen»
ber Vleife oerteilt:
a) 33. Infanterie»
bioifion: 1 . Siemens»
Sd)ucfert»flaft 3 ug
mit fünf Anhängern;
2.30=Vf.»Stol3»2Ba=
gen mit einem 2 ln=
hänger; 3. 20»Vf =
Stol 3 » Viagen; 4.
Vüffing»ßaftmagen
1906; 5. ©aggenau'ßaftmagen 1907; 6 . Ducummun»
ßaftmagen 1906; 7. tR.»2l.»©.»ßaftmagen 1905 mit
einem Vnijänger als fahrbare Vlerfftatt; 8 . ßeid)ter
2lrgus»ßieferungsmagen ($i(fsgerätmagen); 9. groei»
5ßerfonen»Kraftmagen (Kolonnenbegleitmagen).
b) 34. ßnfanteriebioifion: günf Daimler 1907 mit
je 3 toei Anhängern; 2. .3mei Vaimler 1907 mit je brei
Anhängern; 3. ©in Daimler 1905 mit einem Anhänger
(fahrbare Vlerfftatt); 4. Daimler=Sd)nellȧaftroagen 1907
(ijilfsgerätroagen); 5. Sroei'VerfonemKraftroagen (Ko»
lonnenbegleitmagen).
c) Kaoalleriebioifion A: 1 . günf Vüffing 1908
mit je einem Anhänger; 2 . gmei Daimler 1908 mit
je einem Vnhänger; 3. Vüffing 1908 mit einem 2ln»
hänger (fahrbare Vlerfftatt); 4. Vüffing»Omnibus mit
prooiforifchem Viagentaften (j)i(fsgerätemagen); 5. gmei
Verfonentraftmagen (Kolonnenbegleitmagen).
Die Kraftmagen ber Kaoalleriebioifion gehörten
bem einheitlichen ©inbürgerungstgp an.
Die Kraftlaftmagen hoben fid) bemährt, Stodungen
finb nid)t eingetreten. Die Xagesleiftung betrug 70 bis
90 Kilometer.
Vuf bem großen unb michtigen ©ebiet ber URilitär»
technif fann naturgemäß niemals ein Stitlftanb ein»
treten. Verbefferung folgt auf Verbefferung, ©rfinbuiig
auf ©rfinbung. Sluf ©rprobung muß ©inführung folgen,
follbie beutfd)e Vrmee auf ihrem hohen Stanb Derbleiben.
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Seit? 1674.
Kummer 39.
Die Diamatifenfunbe in Sübroeffafrifa
Von ißrof. Dr. (E. ® a g e l.
Sleußerft überrafeßenb unb größtenteils mit Un»
glauben unb ftarfem aufgenpmmen erfd)ienen
bie oor wenigen ©odjen na<ß Deutfcßlanb gelangten
Serielle über ben Qjunb oon Diamanten bei ftolmansfop,
wenige Kilometer öftlid) oon Üüberißbucßt, alfo aus bem
öbeften ©ebiete ber Kolonie, bas bisher nießt nur nichts
Vraudjbares geliefert, fonbern bßr<ß feinen Dünen»
gürtel unb ben faft oollftänbigen ffiaffermangel fid) als
bas größte jjinbernis ber (Erfcßließung unb 'Jtußbar»
maeßung bes Seßußgebietes erwiefen ßatte.
Vacßbem nun in3wif(ßen über 2500 biefer. eblen
Steine gefunben, 3aß(rei<ße Sdjürffdjeine ausgegeben
finb unb ein richtiges Diamantenfieber mit allen tßpi»
fißen tJolgeerfcßeinungen fid) infolgebeffen in Süb»
afrifa wieber entwitfelt ßat, fann an bem Vortommen
ergiebiger Diamantfunbftellen in jenem ©ebiet ni<ßt
meßr gut gejweifelt werben, unb es ift oielleicßt nitßt
unintereffant, fieß naeß bem, was wir bis jeßt oon
ber geologifcßen Vefcßaffenßeit jenes ©ebietes rniffen,
ein Vilb oon ber maßrfcßeinlicßen 2 lrt bes Vorfommens
unb bamit oon ben Vusfitßten ber Diamantengewinnung
bort 3u maeßen.
Sleußerft überrafeßenb war bie Vatßricßt oon ben
gunbeit gerabe an biefer Stelle, natßbem an ben 3iem=
li(ß saßlrciißen, feßon längere 3eit befannten Vlaugrunb»
ftellen ber ©egenb oon ©ibeon am ©roßen giftßfluß
bisßer oergebtieß na(ß Diamanten gefeßürft mar, unb ba
na<ß allem, was man über bie geologifcße Vefcßaffenßeit
ber neuen gunbftellen öftlicß oon Süberißbucßt weiß,
bas Vorfommen oon Vlaugrunb bort als 3iemli(ß aus»
gefcßloffen gelten mußte.
3 n ber Dat wirb in ben jüngft oeröffentlicßten Ve=
rießten unferer Dagespreffe ausbrüefließ ßeroorgeßoben,
baß bie Diamanten bort ni<ßt in einer „pipe*\ b. ß.
einer abgefcßloffenen Vlaugrunbftelle, fonbern feßr weit
oerbreitet lofe im S 3 ermitterungsfcßutt bes ©ranit»
gebirges gefunben finb, unb es wirb bort oon einem ber
„brafilianifeßen Formation" ber Diamanten entfpreeßen»
ben Vortommen gefproeßen.
Der leßtere Vusbrud ift nun offenbar unjutreffenb,
unb es mag baßer 3uerft in Srirje befprotßen werben,
unter weldjen Umftänben bisßer bie Diamanten ge»
funben würben, unb mit meldjer ber fonft befannten
Diamantenfunbftellen biefes ©ebiet Uebereinftimmung
acigt.
Sei weitem bie meiften Diamanten (etwa 90 Vrodent
ber ©eltprobuttion) würben in ben leßten gwei 3aßr=
3eßnten in ben De»Veers»Minen in Sübafrifa (Äaplanb
unb Xransoaal) gefunben, unb 3war im fogenannten
Vlaugrunb, einem ftarf oerwitterten, oul!anif(ßen ©e»
ftein oon feßr merfwürbiger Vefcßaffenßeit, bas mä<ß=
tige JRößren ober Scßlote oon annäßernb freisförmigem
Guerfcßnitt ober meßr ober minber große Spalten in
anbers gearteten ©efteinen erfüllt unb fi<ß nitßt nur
burd) feine petrograpßifcße Vefcßaffenßeit, fonbern aueß
bureß biefe 2 lrt feines Vorfommens als ein aus ber liefe
emporgebrungenes, eßemals glutflüffiges ©eftein er»
weift, in bem bie Diamanten als ein urfpriinglicßes 2 lus=
feßeibungs» unb (Erftarrungsprobuft erfeßeinen.)
*) SUrgl. (f. (Bügel: Die Scbmftjäfc» unferer Kolonien, f)t\t 27 t«r „ s 2Bod)e",
Sttte 1150.
2 lüf biefen in Scßloten unb Spalten auftretenben
Vlaugrunboorfommen fann alfo ein regelrecßter Verg»
bau auf Diamanten betrieben werben, ber bis 3U großer
liefe ßerunter mit gleicßbleibenbem, oft no<ß mit fteigen»
bem (Erfolg ausgefüßrt wirb.
2 lußer in biefen Vlaugrunbftellen finb nun Diainan»
teu noeß oielfatß lofe auf fogenannten „Seifen" gefunben,
b. ß. in ben loderen Sanb» unb ftiesablagerungen jeßi»
ger ober eßemaliger Orlüffe, bie bie Diamanten aus bem
oerwitterten unb 3erfeßten Urfprungsgeftein ausge»
wafeßen unb als bie ßärieften unb am feßwerften serftör»
baren Veftanbteile weit weg transportiert unb 3ufam»
men mit anberen äßnlicß ßarten unb wiberftanbsfäßigen
Mineralien ba abgelagert ßaben, wo bie Iransporttraft
bes fließenben ©affers 3ur ©eiterbewegung nießt meßr
ausreießte.
Solcße „Seifen" finb bie alten berüßmten Diamant»
funbftellen Oftinbiens, Vorneos, Vrafiliens ufw., bie oor
ber (Entbedung ber taplänbifeßen Vlaugrunbftellen bie
meiften Diamanten lieferten; auf foltßen „Seifen" finbeti
fitß Diamanten au<ß außerßalb ber Vlaugrunbftellen
Sübafrifas weit oerbreitet in ber Sapfolonie, im
Oranjeftaat, in Iransoaal unb in Vßobefia, aber biefe
in ben loderen, oberf(äd)li(ßen Vnfcßwemmungen ge»
Ugeneit Diamantenfunbftellen 3eigen naturgemäß feine
große (Ergiebigfeit nad) ber liefe, unb meiftens f<ßon
naeß gan3 wenigen Metern ift bie — allerbings oft feßr
reieße — ebelfteinfüßrenbe Sanbablagerung 3U ffinbe,
unb es erfißeint ber bie Unterlage bilbenbe ertraglofe,
fefte tJelsboben.
Auffällig war nun oon jeßer, baß bie Diamanten aus
ben lofen Vnfcßwemmungcn in Sübafrifa meiftens
Steine oon erßeblicß befferer Qualität unb reinerer, weißer
garbe waren als bie aus ben Vlaugrunbftellen ftam»
menben, bie meiftens einen gelblitßen Scßimmer jeigen,
unb baß oiele biefer Diamantfeifen bes Saplanbes unb
Oranjeftaates an Stellen lagen, wo bie f)erfunft aus
3erftörten unb ausgewafeßenen Vlaugrunbftellen naße3u
ausgefcßloffcn erfeßien, fo baß man für biefe in ben
Seifen ber „Sfarru" unb Vßobefias liegenben Diaman»
ten noiß ein anberes Urfprungsgeftein anneßmen mußte
als ben meiftens gelbließe Steine füßrenben Vlaugrunb.
Unb in ber lat ßat fid) im leßten 3 aßre geseigt, baß
fowoßl in Üluftralien wie in Sübafrifa Diamanten als
primärer, urfprünglicßer Veftanbteil ni(ßt nur im
„Scßaugrunb", fonbern aueß in Diabafen oorfommen,
alfo ebenfalls in einem oultanifcßen ©eftein, bas in
©ängen unb Sägern innerßalb anbers gearteter ©e»
fteine auftritt, in beren Spalten unb 5 )oßlräumen es bei
ben gebirgsbilbenben Vorgängen eingebrungen unb bort
erftarrt ift.
3 n biefen Diabafen finb bie Diamanten offenbar nur
feßr fpärlicß oorßanben, ba es fo feßr lange gebauert
ßat, bis man in ißnen eingewaeßfen Diamanten fanb;
ba biefe Diabafe aber in ber „Äarru" unb ben benadj»
barten Steppengebieten bes &aplanbes unb ber Oranje»
folonie in ungeßeurer Verbreitung oorfommen unb bie
Diamanten wegen ißrer ijärte unb (ßemifeßen Unan»
greifbarfeit naße3u un3erftörbar finb, fo ßaben fid) bie
Diamanten, bie in ben'feßr 3aßlreicßen, bereits burd)
(Erofion ober Verwitterung ftarf 3erftörten Diabas»
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Hummer 30.
Seite 1675.
lagern oorf)anben waren, im ßaufe ber feiten in Öen
glußablagerungen bod) in gong anfehnlichen (Bengen
angehäuft, fo baß fie bort in giemlid) gasreichen unb
aud) red)t ertragreichen ((einen ©räbereien gewonnen
werben, unb, wie fd)on erwähnt, werben bie Diamanten
aus biefen loderen Seifen wegen iJjrer auffallenb reinen,
fd)önen Besoffenheit befonbers hod)gefd)äßt.
Stad) allem, was wir nun über bie Besoffenheit ber
„Bamib", bes oben, wafferlofen ©ebietes öftlid) oon
ßüberißbucßt, wiffen, beftefjt biefes ganje ©ebiet bis in
bie ©egenb oon Bus—Kubub, alfo etwa 150 Kilometer
oon ber Küfte, nur aus ©neifen, ©raniten, Ijornblenbe»
fdjiefern unb anberen Urgebirgsgefteinen, in benen aud)
fd)on bid)t bei ßüberißbudjt oereinjelte Diabasgänge be»
obad)tet finb, unb biefes ganje, oon ber Stufte bis nad)
Bus allmählich unb jiemlid) gleichmäßig auf über 1600
'Dieter anfteigenbe Urgebirge ift feit fet)r langen feiten
einer fet>r intenfioen Berwitterung unb ßerftörung aus»
gefeßt gewefen.
'Befonbers bie gliibenbe Sonnenhiße unb bie wäf)=
renb ber Bad)t folgenbe fefjr ftarte Bbtühlung jerfefeen
unb aerfprengen biefe (riftallenen ©efteine, beren oer»
fd)iebene (Bineralbeftanbteile fef)r oerfdjiebene garbe,
©ärmeabforbtionsfähigfeit unb geftigteit höben, fcf>r
intenfio unb auf große liefe; bas fefte ©eftein verfällt
in einen loderen ©rus einjeiner (Bineralien, bie je nad)
ihrer ©iberftanbsfäßigfeit noch weiter 3 U feinem Buloer
verfallen unb oerwittern. Die feinften, ftaubförmigen
3 erfeßungsprobutte werben oom ©inb ausgeblafen unb
fortgeführt, bie gröberen Sanbförner werben 3 u ben ge»
wattigen Dünen 3 ufammengewet)t, bie ben Küftengürtel
3 u einer fo troftlofen ©üfte machen unb ben Siechten
Stuf oerfd)ulben, beffen fid) biefes füöwe[tafri!anifd)e
Schußgebiet allgemein erfreut; unb bie gröbften, fefteften
©efteinsbtoden unb (Bineralien bleiben entweber an
Ort unb Stelle liegen ober werben oon einem ber feite»
nen, aber heftigen Stegengüffe nach ben Bertiefungen bes
©ebirges hinabgefchwemmt; im großen unb gan 3 en aber
nicht weit transportiert. Das gan 3 e ©ebiet oon ber
Küfte bis nad) ber ©egenb oon Kubub ift ein „in feinem
eigenen Schutt erftidenbes ©ebirge", wie es ber erfte
Grforfcßer Brofeffor Sebent, ber es noch auf Beran»
(affung oon ßüberiß unterfuchte, genannt hot; nur bie
fefteften, wiberftanbsfähigften ©efteinspartien ragen
noch als Klippen unb gelfen aus bem alles überbedenben
Berwitterungsfchutt heroor, unb in bem loderen Ber»
Witterungsgrus biefes ©ranitgebirges finb nun nad)
allen bisher oorliegenben Berichten bie Diamanten ge»
funben worben.
Daß bie Diamanten urfprüuglid) aus bem ©neis
unb ©ranit bes Urgebirges biefer ©egenb ftammen, muß
nach ben bisherigen (Erfahrungen über bie Bilbungsweife
unb Gntftefjung ber Diamanten als ausgefchloffen be»
trachtet werben; alle babin gehenben Bngaben, baß
Diamanten in ©ranit gefunben finb, 3 . B. in (Rßobefia,
haben fid) bei genauer Unterfudjung als irrtümlich er»
wiefen. Das Bortommen oon Blaugrunb in bem ©ebiet
öftlich oon ßüberißbuebt wirb ausbrüdlich in Bbrebe ge»
ftellt; es hanbelt fich alfo aller ©abrfebeinlid)feit nach um
atluoiale ober eluoiale Seifen nad) Brt ber in ber
Karru, in ber Oranjefolonie unb Bbobefia oorfommen»
ben Diamantfeifen, unb ba bie Qualität ber Steine aus»
brüdlich als erfttlaffig be 3 eid)net wirb, fo ift bas ein
weiterer Hinweis nach biefer (Richtung, ba, wie fd)on er»
wähnt, gerabe bie oon Seifen ftammenben Diamanten
Sübafritas befonbers gefchäßt werben.
Diefe Buffaffung finbet eine Beftätigung burch bie
neueften gunbberiebte, nach benen bisher alle Steine nur
gan 3 oberflächlich gefunben finb, unb baß alle gunb»
ftellen in einem langgeftredten Streifen oon geringer
Breitenausbehnung liegen.
Da nun aus ber ©egenb oon ßüberißbucßt auch f<hau
oerein 3 elte Beobachtungen übet bas Auftreten oon
Diabasgängen oorliegen, fo ift bas immerhin ein ginger»
3 eig, woher bie gefunbenen Diamanten urfprünglich
ftammen fönnten. Sache ber genauen fachmännifchen
Unterfuchung wirb es nun fein, über bie Diamanten»
funbftellen balbigft bie wünfehenswerte Klarheit 3 U brin»
gen, benn es bebarf hoch weiter (einer (Erörterungen,
oon welcher Bebeututtg für bie (Entwidlung unb finan»
3 ielle Selbftänbigmacbung ber Kolonie es ift, wenn wirt»
lieh nachhaltige unb auf bie Dauer ausbeutbare
Diamantenlagerftätten gefunben werben füllten.
Bach bem (eßten Bericht ber Kol. Korr, fotlen fogar
jeßt an ber Glifabetßbat) f ü b l i ch oon ßüberißbucht
„Bipes", b. h- Blaugrunbftellen, gefunben fein, unb
ebenfo wirb barin ber gunb oon Diamanten bei ©root»
fontein, gan 3 im Borben bes Schußgebietes, öftlich oon
Dtaoi, gemelbet.
Diefe guube prebigen aber auch aufs neue unb b<Sft
einbringlich oon ber Botwenbigteit unb 3ojedmäßigfeit
einer genauen unb fachmännifchen geologifchen Durch’
forfdjung bes Schußgebietes, oon bem oiele taufenbe
Quabrattilometer noch oon (eines ©eißen — oiel weni»
ger eines ©eologen guß betreten finb.
Um was für Objette es fich unter Umftänben bei
wirtlich ergiebigen Diamantfunbftellen banbeln tann,
möge burch ben Hinweis erläutert werben, baß allein
die fübafritanifdjen De»Beers»(Binen in einem 3aßr
(1890/91) einen (Ertrag oon 2,200,000 Karat Diamanten
im ©erte oon etwa 65% (Billionen (Bart ergeben haben,
über bie fpäteren 3 a h r e s erträgniffe finb bann fchon
(eine genauen Berichte mehr in bie Oeffentlichteit ge»
fommen; fie füllen aber 80 (Billionen (Bart über»
feßreiten.
Bußer auf ben befproeßenen gunbfteUen finben fich
Diamanten in Brafilien auch noch in bem fogenannten
giatolumit ober ©e(entquar 3 , einem fetjr eigentümlichen
Sanbftein, bod) ift biefer gtatolumit wabrfcheinlid) nicht
bas eigentliche Urfprungsgeftein ber brafilifchen Diaman»
ten, fonbern biefe ftammen wohl aus ©ängen, bie ben
gtatolumit bureßfeßen. Gin biefer „brafilianifcßen gor»
mation" entfpreeßenbes Bortommen in unferem Schuß»
gebiet, wie es in einem Bericht behauptet würbe, er»
fcheint nach allem, was wir oon bort wiffen, als 00 H»
ftänbig ausgefchloffen.
b b e
Sie Mro tts töeitWMsItöns.
Blauberei oon 2tba (Robert.
Die gamilie.
©ir finb (eine freien Benaiffancemenfchen, bie ihre
©efelligteit als Kunft betreiben unb in bem geiftigen
Baffinement ben $aupt 3 wed bes 3ufammenfommens
fehen — wir haben ein burch ^ertommen unb (Bobe
geftempeltes Klifchee für unfere gef eilige Betätigung, in ber
bie intelleftuede Blüte etwas immerBebenfäd)lid)eres wirb.
Unfere fogenannte „©efelligteit" ift eine Sache,
bie mir „abmachen", gebulbig unb nad) bem Schema,
etwa wie ebronifeße ©interertältungen, ober wie man
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»eite 1076.
Kummer 39.
©am oon ber ffiinbe roidelt. Kein freies Berg lügen,
fonbern eine fomplisierte Slrbeit mit oiel Ropfjer*
brechen, Unfoften, Slerger am SRitmenfcgen . . . Slur
bie Unoergeirateten trinfen bequem ben Schaum ber
aSecfjer, ben bie anbem füllen.
2 Rit bem j)erbftanfang fcgon müffen fidj bie
gamilienbeftänbe entfctjliefeen, ob fie für ben nädjften
SBinter bas Kreuj toieber auf fid) nehmen roollen?
Cs ift ein Cntroeber*Dber. SRitten barin taum ein
2 lusbrecgen ober Stoppen möglich. Cs ift, roie roenn
man ein Diftan3reiten mitmadjt ober fid) einer Steife*
gefettfcgaft mit oorgerlger Bejahung angefdjioffen i>at.
SRan muß fid) einlaben laffen unb roieber einlaben,
unb burcgaus nidjt immer nad) freier ©efcgmadsrocihl,
fonbern nad) beftimmt feftfteijenben ©efegen ber Slang*
orbnung, ber toilegiaien Verpflichtungen, ber auf
©egenleiftung berugenben Be3iegungen.
Seiber ift ber 93 erfet>r manchmal ein Bittualienaus«
taufcf)- Dem SRenfcgen, bei bem man fieben ©änge ge*
geffen hat, muß man normalerroeife toieber fieben ©änge
oorfegen — ftreicgt man bas ferne 3 ro if<hengend)t ober
bas heiße ©emüfe nach bem ©eflügel, fo ift es, als
hätte man unberechtigt ettoas gefcgenft genommen.
Die freitoidigen Befannten jeboch (Beifebe3iegungen,
„fd)öne Seelen", an bie man nicht bienftlicg, fonbern
aus Sympathie geriet, alte Damen mit altmobifchen
Xrabitionen, bie einen felbft (iebenstoürbig mit fcgon*
gefftlger Unterhaltung unb ben leiber fo aus ber DJtobe
gefommenen äftgetifcgen Butterbroten regaliert haben),
biefe 2Trt 2Bahloerroanbtfd)aftsfreunbe jum $auptbiner
3U nehmen, märe jeboch roieber nicht richtig — Xee
mit Sluffcgnitt ift in folgen gälten roeit gebilbeter als
ber SRaffenoeraegr bei bem großen „Schlag".
Sich! ©ar nicht leicht ift es, in gefelligen Dingen,
toie fie heute feftftehenb finb, immer bie richtigen
Sluancen 3U treffen!
Sorgenootl unb feuf3enb halt mancher gamilien*
oater bie gifte ber Dinerprätenbenten unter ben fort*
gepadten Steifepapieren heroor. Cr barf nicht märten,
muß Cntfdjlüffe faffen, fobalb bie Oftoberblätter mirbeln,
einen Scglacgtptan entroerfen, mer 3uerft an ber Steige
ift? ©attin unb Xöcgter beraten mit. Cs ift eine
eneroierenbe Stunbe, ba ©attin unb Xöcgter in fold)en
©runbfragen immer anberer 2lnfid)t finb.
Der Hausherr oertritt bas @ered)tigteitsprin3ip.
Cr mill 3uerft einlaben, roem bas 3ufommt — bie
©attin, mer „ihr auf ber Seele liegt", ein gan3 behn*
barer Begriff, bei bem lauter fubjeftioe ©eficgts*
punfte mitfprechen. Pächter mollen immer nur „nette"
SRenfcgen auf bie ßifte fegen unb finb äußerft fritifcf),
bies Stbjeftio älteren Stanbesperfonen 3U3ubiüigen.
Cs mirb ein Borgefecht, lange ehe bie Sd)lad)t
beginnt. Der 3toeite Kampfpunft ift bie Cinlabungs*
frift, bie fid) neuerbings oon ben lange 3eit üblichen
3«oölf lagen auf oierjegn bis einunb3roan3ig ausge*
behnt hat unb in großen Käufern bereits nad) eng*
lifcgem unb ameritanifchem SJtufter auf oier SBocgen
ermeitert ift.
Cine äußerft geifle grage! Der Bater fd)lägt
bie normale Durchfchnittsfrift. Dor, roie er fie oon
Kollegen fennt. Die SJlutter proponiert energifd) eine
für3ere grift, bamit oielfeicht ein anberer ©aftgeber
3uoorfommen fann unb Slbfagen ermöglicht merben —
fie hat bereits oier Baare in 3roeiter fiinie oorgemerft
(2l’s, bie fchon pifierte ©efichter machen, roeil mir fie
fo lange nicht „roarm hatten"! B’s, bie 3um beften
Diner tommen müffen, ba fie eine Slbfütterung töbtich
übelnehmen mürben, mo fie uns boch 3u ihrer elegan*
teften Sache hatten mit Kaoiar, fünf Cf3eUen3en unb
brei glattrafierten ßognbienern! C’s, bie beftimmt
balb ein Oberpräfibium friegen unb als Konnexion für ben
Sohn bes Kaufes herangesogen merben müffen ufm.)
Der Hausherr, ftets bemüht, einen mürbigen Don
aufred)t3uert)a(ten, mißbilligt bas Stecgnen auf Stb*
fagen als ein Sqmptom intorrefter ©efinnung unb
hofft offi3ietl, baß alle tommen.
Die ©attin fdjneibet aus Stäche für bie tleine $u*
rechtroeifung fofort bas Xgema ber Blacierungsfchroierig*
teiten an. „Soll 2 L neben ber B. fißen, mo fie fich
notorifch nicht fehen tonnen? 2 Ber foll an C’s taubes
Ohr? 2Ber foll unten quer oor, menn man lauter
SBürbenträger einläbt? I hat es bis heute noch nicht
oergeben, baß er leßtes gahr untenan faß . . ." Die
Xöcgter erflären, ben Stbenb in ihren Klub 3U gehen,
roenn nicht etmas gugenb herange3ogen mirb — fie
banten prinsipieü für SRenfcgen über oier3ig . . . ba
fich ihnen bann bie SRarf für bie grifeufe nicht oer*
lohnt . . . tommt gugenb in Betracht, fo forbern fie
eine gan3 lange Cinlabungsfrift, ba bie beliebteren
ßeutnants immer fchon mochenlang oorher belegt finb.
Che biefe gragen ausgeftanben finb, merben SRenü*
oorfchläge 3mifchen bie SRenfcgennamen hereinge*
fcgleubert. „Hammel!" „Bitte, nur nicht Hammel!
Cs gibt nichts Bhantafieloferes als Hammel!" „ 3 a,
aber es geht bod) nichts über einen abgehangenen
fjammel!" „ißapa, nur tein Cis! Cis ift fo banal
— man geniert fich i° faft, menn bie Diener bamit
antommen — eine heiße Obftfchalotte ober einen Stuf*
lauf — Unb nur teine ßognbiener mit BoUbärten —
es ift fo gräßlich unfehid ..."
Die SRutter ruminiert inbeffen noch über ihren
Stadjbarn. Den SBirflicgen ©eh. Bat, ber ihr natur*
gemäß 3ufällt, möchte fie lieber gegen eine jüngere
Kraft eintaufchen, ba fie noch nicht gan3 jenfeit oon
©ut unb Böfe bes glirtbebürfniffes ift. Syiet ftreitt ber
Hausherr. Sie feuf3t mie ein munbes SBilb unb meiß
im ooraus, baß fie trog ber fieben ©änge toieber
einmal feelifd) oerhungern mirb . . .
Cin Diner ift für alle gamilien, beren Cinfommen
nicht über 3man3igtaufenb SRarf geht, ein großer Bufmanb.
Die gan3e SBognung in Slufrugr. grembe Jammer*
fpielartige Crfdjeinungen framen im intimften gamilien*
filber, hontieren mit ben Xaufbecgem ber Kinber, mit
ben ererbten Befteds alter Xanten. SBo noch Jein
eleJtrifches ßi<gt ift, füllt ber Kampf mit bem ßampen*
blaf bie legte halbe Stunbe oor bem erften ©oft aus.
3 m Stblauf oon 3ehn SRinuten bredjen bann 3toölf
läcgelnbe Dugenbe in bie 3 immer. Stiles geht JorreJt.
Schließlich fauft hoch ber unoermeibliche Hammel .um
ben Xifd). SRilbe unb refigniert erträgt bie j)aus*
frau ihren Stadjbarn. Silles rollt fid» ab, roie es
muß — comme il faut . . . Das größte ßob, mie
es unfern heutigen JonfeJtionierten geften erteilt mirb —
unb bie gamilie hot fich bas Stecgt erroorben, bei ben
smölf anbem Boaren einen Slbenb im SBinter auf
gleiche SBeife einsubreegen.
3 n tleinen Stäbten fennt man 3um ©lüd bies fo
monoton gemorbene Dußenbfcgema noch ntrfjt. Dort
hat jebe SBintergefellfcgaft noch ihre perfönliche Bote.
Kein beftellter Kocg braut in feinen berühmten Xiegeln
oon roeißer unb brauner Sauce bie ©änge 3ufammen.
DRan fegmedt, roie über allem bie Hausfrau fegmebt,
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Kummer 39
Seite 1677.
nie alte, trabitionelle gamilienoomdjte 311 ihrem 9ted)te
tommen. Die SKenfdjen merben nad) ihren geheimen
Sympathien placiert. ÜJtan tennt alle 3uneigungen
unb Antipathien bis auf ©enerationert 3urücf. Cs nirb
nidjt im ©atopp feroiert, fonbern fachte unb mit 3lad)=
brucf. Stach Xifd) 3ecf>t man meiter Spirituofen, gari3
unbefangen, entgegen allen SBermarnungen biefer ar=
terienoertaltten 3 e 't- ßohnbiener ift fein bleicher,
mefenlofer ißagobe, fonbern ein moblmollenber ©önner,
ber ben fDtantel ohne SBort erfennt unb nie eine gute
ftonnejrion uns bie Sd)luß3igarreti aufbrängt. Cs ift
alles gemütoolt, ohne Schablone, nidjt immer torrett,
feinesnegs tipdop — unb hoch oiel einprägfamer für bie
(Erinnerung, bem eigentlichen ©efelligfeitsbegriff oiel
näher fommenb als jene 3ahllofen ©rofjftabtabenbe, no
man fid) faum bie fDtühe nimmt, ben Stamen bes
Aifaois feft3uftellen unb all bie „meitgetrennten Cafe",
bie fid) bei lifch „fonber SBaljl 3ufammenfanben",
unten auf ber Strafe eilig unb gehest in alle Stich 1
tungen auseinanberftäuben nie Ameifen, nenn man
plößlid) einen Stocf in ben Raufen ftößt.
ge geringer bie perfönlidje Arbeit ber gamilie an
folch einer ©efellfdjaft ift, um fo meniger inbioibuell
mirtt fie naturgemäß. Der Xifd) mit ben gefticften
Säufern, ben ißenelopearbeiten ber Haustöchter, ben
fleinftäbtifchen SBinterblumen, bie in ftillofe SSafen
ohne Stei3, aber mit Affettionsnert bilettantifch ein»
geftecft finb, hot etrnas neit Siebensnürbigeres als ber
tabellofe SJtuftertifch mit ben ©ärtnerblumen, an beffen
falter Ißradjt bie Hausfrau feinen anbern Anteil hot
als nur bie iBeftedtarte an bie SSlumenfirma.
2Bas nüßt es aber fdjließlicß, baß bie 58lumen fo
[<hön finb, nenn bie Atenfdjen ringsum immer ge*
bantenträger unb unausgiebiger nerben, nie bas im
^Betrieb ber jeßigen ©efelligteit fo oft ber gatl ift?
Siegt es am all3U reichlichen Ronfum oon SKineral*
naffer? SBeil fie alle jene glafcße Champagner nicht mehr
im ßeibe hoben, burch bie ber Deutfche nach Sismarcf
überhaupt erft erträglich nirb? Siegt es an einer 3U
hohen IBenertung ber materiellen unb einer 3U nie*
brigen SSenertung ber geiftigen Seite ber Dinge?
Seuf3enb fteigen bie meiften gatnilien in bie neue
Saifon nie in ein Unternehmen, bei bem man bod)
nicht auf bie ßoften fommt, unb bem man fid) bennoch
nicht ent3iei)en fann, nenn man nicht für fanatoriums*
reif gelten mill ober nenigftens für leife libbitg ....
©erabe nenn unfere Cmpfinbungen einmal gan3
normal finb, fdjeinen fie ber ÜJtehrheit anormal.
Unsere Stifter
Die 3nterparlamentarifche Äonferen 3 in ©erlin
(Abb. 6 . 1679 unb 1680) bat einen olle ^Beteiligten in Ijobeni
ÜRafe befriebigenben ©erlauf genommen. Die ©erhanblungen
flangen ßarmonifd), mie fie geführt mürben, aus, bie Negierung
braute ihnen bas lebbaftefte Öntereffe entgegen, unb alles mar
getan, um ben ©äften aus bem Auslanb auch gef ellfchaft ließ
ben Aufenthalt fo angenehm mie möglich 3 U machen. Unter
anberem oeranftaltete auch Surft ©ülorn, ber in ber feierlichen
(Eröffnungfißung eine große, mit lang anhaltenbem ©eifall auf*
genommene Nebe gehalten hatte, für bie ÜTlitglieber bes ßon*
greffes ein Sfcft im ©arten bes Neicßsfanalerpalais. Auf ber
einen unferer Aufnahmen fehen mir ben banaler, mie er ben
feeßsunbaeßtaigjährigen Senior ber jjriebensfreunbe, ben fran*
aöfifeßen Nationalöfonomen gr 6 b£ric ©affi), begrüßt, unb ben
©ringen Heinrich 3 u Scßönaicß=(Earolath, ben ©räfibenten ber
Stonferena, auf ber anberen anbere h^roorragenbe ©erfön*
liebfeiten, bie 3 U bem Seft gelaben morben roaren.
©tanöoer (Abb. S. 16S0) oon ©ebeutung finb in Deutfcß-
lanb auch, abgefeßen oon ben Staifermanöoern in (Elfaß*
Lothringen, in oerfeßiebenen ©egenben abgehalten morben.
3Bir bringen heute eine Aufnahme oon ben Uebungen bes
VII. Armeeforps in SBeftfalen, bie ben ftronprin 3 en im
©ianöoergelänbe bei fterforb 3 eigt.
&
Die öfterreicßifcß-ungarifchen Äaifermanöoer (Abb.
6.1681) haben eine erfreuliche Aufflärung über bas ©efinben
ftaifer grana 3 ofefs gebracht. ©ieberßolt mar berichtet morben,
baß fein ©efunbßeitaufianb ihm nicht geftatten roerbe, feinem
2Bunf<h gemäß ben großen ftriegsübungen beisumohnen. Die
Xatfacßen haben bie ungünftigen ©erüeßte ins ©ereieß ber
Sabel oermiefen. Der greife ©tonareß ift nicht nur in ©esaprim
getoefen, er ift fogar 3 U ©ferbe geftiegen unb fcharf geritten.
Unfere Aufnahme 3 eigt ben ftaifer grana 3 ofef mit bem Xßron*
folger (Eraßeraog grana gerbinanb unb einem höheren Offner
beim Stubium ber Sterte bes ©tanöoergelänbes.
Die 5)erbftmanöoer in granfreieß (2Ibb. S. 1682)
3 eichneten fid) burch bie große 3 aßl öer beteiligten Gruppen
— oier oolle Armeeforps, eine Dioifion ber Stolonialinfantjerie
unb 3 mei ftaoaöeriebioifionen — aus. 3n ber ©eaenb amifeßen
©hateurou; unb ©ourges mürbe eine blaue (feinbliche) Armee
unter bem ftommanbo bes ©enerals Xr 6 mau gefchlaqen. Die
Oberleitung ber ©tanöoer lag in ben #änben bes St^cpräfi»
benten bes oberften &tiegsrats ©enerals Delacroij. ,
b
©rinaeffinnen (Abb. S. 1683). 3m oorliegenben S)eft
finben unfere Lefer bie neueften Aufnahmen ber ©rinaeffin
(Eitel*Sriebri<h oon ©reußen unb ber ©rinaeffin Aleyanbra
©iftoria 3 U Scßlesmig*f)oiftein*Sonberburg-©(ücfsburg. 5)er*
3 ogin Sophie ©harlotte oon Olbenburg ift befanntlicß feit 3 roei
fahren mit bem ©ringen (Eitel-griebricß oermählt, tbährenb
©rinaeffin Aleyanbra ©iftoria noch int Laufe biefes Jahres
bem ©rinaen Auguft ffiilhelm bie ^anb 3 um ©unbe fürs
Leben reichen mirb.
b
©rin 3 SBilhelm oon 6 chioeben (Abb. 6.1684) hat fich,
mie erinnerlich, am 3. ©tai biefes Sahres mit ber ©roßfürftin
©taria ©amlomna oon ©ußlanb oermählt. Der jungen ruffi eßen
©ringeffin ift es fchnelt gelungen, fich bie Sympathien ihrer
neuen Lanbsleute 3 U erringen, ba fie es oerfteht, beren (Eigen*
heiten ©echnung 3 U tragen. Unfere Aufnahme jeigt fie in
fchmebifcher Nationaltracht mit ihrem ©emahl-
b
Die ©ermählung ©tr. SBinfton ©hurchills (Abb.
S. 1685), bes englifchen fianbelsminifters, hat in ber englifchen
©efeüfdjaft allgemeines fympathifches Sntereffe erregt. Seine
©attin, geb. ©iiß ©lementine S) 03 ier, ift eine ungemöhnlid)
anmutige ©rfcheinung.
b
©eorg Sreiherr oon Ompteba (Abb. S. 1686), ber ©er*
faffer unferes neuen Nomans „Droefigl", gehört gu ben be¬
liebteren unb bebeutenbften beutfdjen Nomanciers. Am 29. ©tär 3
1863 geboren, trat er 1882 bei ben fächfifchen äönigsbufaren
in bie Armee ein unb mürbe im folgenben 3ohr Ofßgier.
Nahbem er 1892 megen eines Sturges mit bem ©ferbe hatte
ben Abfchieb nehmen müffen, roanbte er fich ber literarifchen
Xätigfeit gu, bie ihm balb bie größten (Erfolge brachte. Den
Leiem ber SBocße ift Ompteba bereits burd) feinen Noman
„Der ©lücfsjunge" befannt.
©ablo be Sarafate t (Abb. S. 1684). Aus ©iarriß
fommt bie Shmbe, baß bafelbft ber berühmte ©eiger ©ablo be
Sarafate plößlicß geftorben ift. (Er gehörte 3 U ben feltenen
©unberfinbem, bie ooll gehalten haben, mas fie in ihrer
3ugenb oerfprachen. Qu ©amplona am 10. ©tärg 1844 ge¬
boren, machte er fchon im Alter oon aehn 3ahr*n am ^of
oon ©tabrib bas größte Auffehen. Nachbem er bann 1856
bis 1859 emftlicßen Stubien auf bem ©arifer Äonferoatorium
obgelegen hatte, begann er feine ftonaertreifen, auf benen er
ju aüen 3*tten unb an allen Orten bie glän 3 enbften Triumphe
feierte, ©ine blenbenbe Xedjnif, ©legan 3 unb (Efprit unb un-
gemöhnlidje Schönheit bes Xones 3 eicßneten fein Spiel aus,
mit bem er alljährlich Daufenbe erfreut hat.
©orbon-©ennett-SBettfliegen (Abb. S. 1686). Der
britte SBettbemerb um ben ©orbon*©ennett*©ofal ber Lüfte
finbet im Oftober, ba aus bem gmeiten ber beutfehe (Erbslöh
als Sieger h^roorging, in Deutfchlanb ftatt. Der Aufftieg er*
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Seite 1678.
Stummer 39.
folgt in Berlin. SQBir bringen eine ©ruppenaufnahme bes
Organifationsausfchuffes für bas große fportltche (Ereignis, mit
bem noch einige anbere BaHonmetifahrten oerbunben merben.
&
Das Denfmal auf ber (Srube Stehen (Slbb. S. 1684),
bas ber preußifche Staat ben 150 im Januar oorigen Saftes
oerunglücften Bergleuten errietet bot, ift füglich feierlich ent«
bullt morben. Der Borfißenbe ber Bergmerfsbirettion ©eheimer
Bergrat ©leff bie SQBethrebe, in ber er bie Opfer ihres
Säerufs als gelben ber Slrbeit pries.
«
Slus bem #eer (Slbb. S. 1684). Der ftaifer bot ben
©eneralinfpefteur ber britten Slrmeeinfpeftion oon Bocf unb
Bolad) unb feinen bienfttuenben ©eneralabjutanten oon $(effen
3 u ©eneraloberften ernannt, ©eneral oon Bleffen, ber 1841
geboren mürbe, ftefjt feit 1892 an ber Spiße bes äaiferltchen
Hauptquartiers, ©eneral oon Bocf unb $olad), ber ein 3abr
junger ift, befleibet feine gegenmörtige Stellung feit bem
September bes oorigen Sabres.
griebrich Stbler f (Borträt S. 1683). Sn Berlin ift im
bo^en Sllter oon faft 81 Sohren ber SBirfUche ©ebeime Ober«
baurat Sßrof. Dr. griebrid) Slbler geftorben. Slm 25. Oftober
1827 geboren, mürbe er nach Bollenbung feiner Stubien 1850
Bauführer unb 1854 Baumeifter. 3m Sohr 1863 mürbe er
jum SJrofeffor an ber Bauafaberaie, 1877 3 um Bortragenben
Stat im SiRinifterium ber öffentlichen Arbeiten unb 1896 311 m
SBirflicben ©ebeimen Oberbaurat ernannt, ©er Bereinigte
mar einer ber erften feines gacbes, gleich bebeutenb als praf«
tifcher Slrdjiteft unb als $)iftorifer ber Slrchiteftur.
Slus ber Xürfei (Porträte S. 1683). Oer türfifefje
SRinifter bes Slusroärtigen Xemfif Bafcha feierte fein fünf 3 ig«
jähriges Dienftjubiläum. Slm 11. gebruar 1842 geboren, trat
er bereits 1868 ins* i)eer ein, aus bem er jeboeb frühseilig
mieber ausfehieb, um ficf> ber biplomatifchen Laufbahn 3 U 3 U*
menben. Stachbem er 3 unäd)ft in oerfdjiebenen europäifchen
f)auptftäbten als Slttach^ unb toefretär befdjäftlgt morben
mar, mürbe er nach bem Strieg mit Stußlanb, mäbrenb beffen
er als „politifcher Direftor ber Slrmee" in Stumelien fungiert
batte, ©efanbter in Sltf)*« unb 1884 Botfdjafter in Säerlin.
Seit 1895 befleibet er ben oerantmortungsoollen unb unbanf«
baren SRinifterpoften in ßonftantinopel. gür feine brroor«
ragenbe Xücßtigfeit gibt es mobl faum einen befferen Säemeis,
als baß er auch noch ber Ummähung in feinem Slmt oer«
bleiben fönnte. — hingegen ift ber Dioifionsgeneral Suleiman
$)afi Bafdja ein Opfer ber neuen gemorben. ©r ift aus
feinem ©arnifonort Pemlje in Sanbfchaf Stooiba 3 ar nad)
Slgram geflohen unb bat ficb oon bort nach 6 alonifi begeben.
©an 3 flar finb bie ©rünbe feiner glucht nicht; es mürbe su«
erft berichtet, bie feinem Säefebl unterteilten Iruppen bitten
gemeutert, unb er felbft foll oon Säerfolgungen ber Sungtürfen
gefproeben hoben. Säeibes aber ift fpäter beftritten morben.
5n SBahrheit toirb er roohl gefühlt hoben, baß er mit feinen
Slnfichten nicht in bie neuen Berhältniffe paffe.
SSBtrfl. ©eh- Oberbaurat Dr. griebrich Slbler, berühmter
Slrchiteft, -1 in Säerlin am 15. September im 81. fiebensjahr.
(Säortr. S. 1683).
Sanitätsrat Dr. Salomon Reumann, ehern. Senior ber
Säetliner Stabtoerorbnetenoerfammlung, t in Säerlin am
20. September im Sllter oon 89 Sohren.
Beidjstagsabgeorbneter Slnton Bamlus 3 fiemic 3 , f in
Sucha am 18. September im Sllter oon 45 Sohren.
SBilhelm Reißer, Bräfibent ber SfgL ©eneralfommiffion
für Schlefien, f am 21. September im Sllter oon 58 Sohren.
©ebeimer Oberjufti 3 rat Dr. Säiftor St int eien, ehern. 9teid)s«
tags* unb ßanbtagsabgeorbneter, f in griebenau bei Säerlin
am 21. September im Sllter oon 82 Sohren.
Sßifolas Salmeron q Sllonfo, ehern. Bräfibent ber fpa*
nifchen Bepublif, f in Borbeau£ im Sllter oon 70 Sohren.
Boblo be Sarafate, berühmter fpanifdjer ©eigenoirtuofe,
f in Biarriß am 21. September im Sllter oon 64 Sohren
(Bortr. S. 1684).
Die Börfenmocbe.
Unfere ©efchäftsmelt fann fich in ber leßten 3eit über
SRangel an Slbtoechflung nicht beflagen, benn es traten mehr«
fach recht michtige, 3 um Seil fogar fenfationelle ©reigniffe an
fie heran, 3 U benen fie Stellung 3 U nehmen hotte. Sn meiner
leßten Befprechung gebachte ich f<hon ber mistigen Borgängc
in ben Boheifenfqnbifaten unb ebenfo ber SäörfenerfMeinungen,
bie fich om SRarft ber ©leftri 3 itätsmerte abgefpielt hoben. Die
grage über bas Schicffol bes Düffelborfer Boheifenfqnbifats
unb bas oon bem Slusgang abhängige Schtcffal ber oer*
roanbten Säerbänbe ift 3 ur Stunbe noch nicht gelöft, aber bie
nächften Xage toerben bereits Klarheit barüber bringen, ob
ber Boheifenmarft burch einen 3 ufammenbrud) biefer ©emein*
fchaften in einen $reistampf geftür^t toirb, ober ob es noch
in leßter Stunbe gelingen bürfte, einen Slusmeg 3 U finben,
ber toenigftens fchtoere ©rfchütterungen hintanhält. Daß oon
einer Sentung ber noch immer unoerhältnismäßig hohen
Boheifenpreife bie oerarbeitenben Snbuftrien ertoünfehte Säor*
teile sieben tonnten, liegt ja auf ber 5)anb, unb bie Säörfe toar
nicht toohl beraten, toenn fie, toie bies in ben leßten Xagen
mehrfach ben Slnfchein hotte, ein ©eichen ber Boheifenpreife
als eine Kalamität für sahireiche in Säetracht tommenbe Slftien*
gefellfchaften ber 5)ütteninbuftrie auf 3 ufaffen fchien. Die ©nt*
toicflung ber Dinge toirb auch hier, unb 3 toar felbft im un*
günftigen gall einer ßöfung biefer Säerbänbe, halb genug
bartun, baß 3 U einer extrem peffimiftifeßen Sluffaffung feines*
roegs Beranlaffung oorhanben ift.
Die jüngfte Ueberrafchung, bie bem SRarft befeuert tourbe,
beftanb in ber ßoeferung ber Sntereffengemeinfchaft ber Dresbner
Säanf unb bes 31. Schaaffhaufen'fchen Säanfoereins. Diefes
©reignis tarn unferen ©efdjäftsfreifcn burchaus unerroartet,
benn toenn es auch ben 9täherftehenben längft fein ©e*
heimnis toar, baß fich &ie perfönlichen Säe 3 iehungen ber
beiben Snftitute, bie burd) ben oor ettoa fünf Sahren gc*
fchloffenen Säertrag auf bas engfte oertnüpft mürben, in=
3 mifcßen roefentlich gelocfert hotten, fo mar man hoch nicht
barauf oorbereitet, baß bie mefentlichfte Säeftimmung jenes
Säertrags fo rafd) mieber aufgehoben merben müffe. SRit
bem Slufhören ber gleichmäßigen ©eminnoerteilung* ift
auch ber i)auptbeftanbteil jenes Säertrags eliminiert, unb mie=
mohl bie beiberfeitigen Säertretungen in ben Sluffichts«
räten meiter befielen, fo läßt fich boch oorausfehen, baß nad)
erfolgter Slbmicflung noch fdjmebenber gemeinfamer ©efchäfte
auch biefe perfönlichen Säe 3 iehungen aufgehoben merben büriten.
©s ift nämlich faum benfbar, baß bie Snftitute bei ihren
fünftigen eigenen ©efcßäftsprojeften in fo ibealer SQßeife bi?
gegenfeitige $onfurren 3 ignorieren fönnten, baß bas jeßig:
Säertretungsoerhältnis fortbeftänbe.
SSäenn man bie eigentlichen Börfenoorgängc ber leßten
Xage überblirft, fo brängt fid) neuerbings bie SBahrnebmung
auf, baß bie europäifchen 5)auptmärfte nach mie oor im gahr=
maffer ber Sfteuqorfer Börfe 3 U fegeln ge 3 mungen finb. Berlin
machte 3 eitmeife ben anfd)einenb gelungenen Berfuch, fich oon
ben unfontroüierbaren unb unfteten ©inflüffen Sfauporfs , 31 t
eman 3 ipieren, aber ber meitere Berlauf 3 eigte benn boch, baß
SBaliftreet noch immer übermächtig auf bie Breisgeftaltung
ber europäifchen SRärfte einmirft. Die 3®«ifel, bie anläßlich
ber ©rgebniffe ein 3 elner ©ouoerneursmahlen be 3 üglich bes
Befultats ber Slnfang ftooember erfolgenben B^öfibentenmahl
aufgeftiegen finb, haben ben fteuqorfer SRarft beunruhigt unb
neroös gemacht, unb ba 3 mifdjenburch auch noch neuerbings
ein Spe 3 ialfrteg 3 mifdjen ein 3 elnen ©ifenbahnmagnaten ent«
brannte, fo oerfiel Steuqorf in anbauernbe Stursfchmanfungen,
bie mehr ober meniger auf bie ©efamthaltung unferer Börfc
3 urücfmirften. So ging h*^ r ein gut Xeil ber in ber leßten
3eit er 3 ielten Breisfteigerungen an ben Spefulationsmärften
mieber oerloren, unb, mas meit bebauerlicher ift: bie leßthin
erfolgte SSäieberannäherung ber ftunbenfreife an bie Börfe,
bie fie fo lange gemieben hotten, ift infolge ber mieber einge*
tretenen Unficherheit mehr unb mehr 3 urücfgetreten, fo baß
ber SRarft nach oorübergehenber Belebung mieber in ben
alten SRarasmus 3 urürf 3 ufallen broht. öeru*.
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gürft 3 Bü(oxd begrüfet bcn greifen griebensapo[tel Sr !ßaffg. ßinfs: ^rinj f)einrid) 3U Sd)önatd)-(raro!atf>.
Der 3nferpar(amenfarij(h<’ äongrefc in Berlin: Die leilneijmer beim Beidjsfanjler.
6peftialaufnabme für bic .©ocfce*.
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(Seite 1680.
Stummer 30.
l.HuUuaimnifter 5)oUc. 2. flriegsminifter o. Einern. 3. (Ejj. <Sd)önftebh 4. grill). Äriegsminifier v. SÖerb«) bu SJernois. 5. (Ey. grau o. Xbielen. 6. Sirgranr üasccües.
Dom 3nterparlamcnfarifcf)cn äongreft in Berlin: Der (Empfang beim Jürffen Büloro.
4>0fp^0t. ö. jeirfp.
Don ben TRanöoern in Befffaien: Der äronprin) (x) im (Beiänbe bei fterforb.
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Stummer 39.
©eite 1681,
Sion ben öfterreidjifdjen Saifermanöoern bei Siesjprim ip SBeftun^arn;
Hälfet Jtati 3 3o)ef unb Sfjrotifolger (Erjfjerjog Jranj Jetbinanb (in bet mitte)
btlm ©tubium ber Sorte bes 3)tonöoc:aeIänbe&
. * • *
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Srfte H 682 . ffltttnmer 39 .
3nfanteriften bei ber SBerteibigung einer Sarritabe am (Eingang eines Dorfes.
3W. ®rance»
(Eine oon frfjönen 5)änben improoifierte Kantine.
Die gtojjea fjetbfftnanöoet in Jranfreicfc.
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Kummer 39 .
Seite 168
prinsefftn (Eifel-Jriebrld) oon preufteti, Jkinjeffin 2ffejanbra XHffotia ju Sd)(esioig*f)olf(ein,
i)er 3 ogin oon DIbenburg. SBraut bes $rin 3 en 2Iuguft 5öiii)elm oon Jßreu&er
teufte Aufnahme oon äofpbot (EeUin. teufte Aufnahme oon ^ofpfcot ®- Sieber.
General Suleiman Ejafi pafd>a. pnTejfot Jriebrid) 2fbfer f leroficf pafd)a, fürMHinifler ö. 2teu^er
3« feiner Ölu$t aus $lemfje ©efc. Oberbaurat in Serltn. $u feinem bOjäbrtaen 2) ienftjublläu
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Seite 1684
Stummer 89.
Der ©eigetfönig JJablo be Sarafafe f
6e«craUiifprf(eur uon Bo d nab poladj Ocncralctynlanf von Rieften
mürben 311 (Beneraioberften beförbert.
vl>Ot. elruüctf.
(Enthüllung bes Denfmats auf bet ©tube Heben
für bie im Januar oerun glüdten 150 Bergleute.
(Eine ^lin^effin bes ruffifdjen ftai|erbaufes im (Beroanb einer fdfroe bi fdjen Bäuerin:
Beim Bifteltn von Stfjroeben mit feiner fangen ©emaijliu in fötoebiftfjer Jtattoualfradjf.
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Uhnttmer 39.
Seite 1685 .
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(Seite 1686.
Stummer 39.
Georg Jretyerr von Ompfeba, bet Uetfaffet nuferes neuen Romans „Dtoeftgl“.
23on Unfs nad) rcdjts: ftommeraienrat CEkbmann. 'XMrcftor 33ocf. Oberleutnant Sieoers. ftauptmann fitlbebranbt ^rloatler Otto Siebter. Oberleutnant
SJtoebebcrf. (Beb- iHeg.'Jtat 'Prof. duslet). tBeneralbir.’ftor 'JSraunbei ^tedbieamrial ©febenba b- Oberleutnant fRu^e. fRittmeiftcr '.Öroeding (fißenöj.
c abrnue ifccr 'JUta^ Kraale. UBirfl. (Be ieimer Oberaaurat ^imm.rminn. Direftor iRcbanfo.
3um 3. Wettbewerb um ben 0oröon-3ennelt*pofa( der Cüfte: Der Organ! iutio(tsau*fd)uf} für Me Internat BaUomoettfabrfen
du Berlin im Oftober 1908 .
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Kummer S9.
Seite 1687.
Vornan oon
©corg $rei()errn t>on ömjrteba.
©atf<h — bas SBaffer fprifete nad) ollen Seiten, als
bas oorberfte ißferb in ben Kanal fprang. '
©atfeh, patfef), patfeb — nun folgten fie alle oom
hohen ßanbungsufer mit mächtigem Safe. 9 lur ber
alte Steepler „(Emigrant" blieb mie angenagelt fteijen.
ßeutnant ©raf oon Keguier bu ©leffis brüdte bie
Sdjentel heran, aber ber E)engft, Sieger in monier
^inbemisfd>lad)t, fefete feine ©luden auf, bie feinen
Leitern fd)on manches Sennen aus ber $anb gemunben,
unb mar nid)t oom Sied 3u bringen.
Sie Stute ber ©räfin Mouline oon Kölln mar fdjon
mit ein paar Sprängen am jenfeitigen Ufer hinauf. 9lun
blieb bas junge Stäbchen galten unb erteilte förmlich
©eitunterrüht: „ßuft in ber Ejanb!"
3m nächften 2tugenblid machte ber f)engft einen
risfigen Safe mitten ins ffiaffer, unb redjts unb linfs
fpriftte in breitem Strahl bas SBaffer 3ur Seite. ßeut*
nant ©raf ©eguier folgte bem 3agbfetb, unb ber alte
Gmigrant t)0lte in feinem raumforbernben, gleichmäfei*
gen Sprung bie Herren unb Samen ein, el>e fie auf ben
nächften Stur3ader übergingen. Ser Sdjmarsfittel med)*
feite eben aus einer Sidung heraus unb mürbe nun in
Sidjt gejagt oon ben Diesig ©otröden hinter ber ©teute,
bie hnlsgebenb mit frohem ©eläut bahin3og.
©raf Kölln, ber ©tafter, mar groß, mit einem fo
trodenen Kopf roie ein Slutpferb. Ser meifte Schnurr»
hart quoll aus ben ©üftern, als ob 3mei fibirifefje Gis«
füchfe in feiner ©afe 3U Sau gefahren feien unb nur bie
Stuten rechts unb lints heraushingen. Sein fröhliches
©eficht mar bunfelrot oon frifdjer ßuft, ©otfpon unb
Sagbfreube. Stur roenn einer ber Säger, (Eifer unb
©robheit bes alten Ejerrn nicht achtenb, 3U nah nn bie
ijunbe tarn, fd)nau3te er ihn an: „ 3 urüd, S)txx — ©ott«
oerbammich — 3urüd!"
Gs ging in rafenber fjahrt bem Sd)mar3fittel nach-
Sie meinen, gelb unb braun gefledten fjunbe fafeen ihm
bicht auf ben $ad«n, unb mie bas Selb fo bahmfehoft,
flogen, oon ben greifenben #ufen gefchleubert, bie Grb*
ballen gleich Kartäflchenfeuer burd> bie ßuft, baft ab unb
3U praffelnb einer ben 3hlinberhut eines Steiters traf.
Sa hotte bie ©leute ihren Seinb eingeholt. SJtit
©runjen fteltte er fid) ihnen, budte fich auf bie Stachhanb
unb teilte mit ben meiftglän3enben ©emehren rechts unb
lints ijiebe aus. Gin junger ijunb flog burch bie ßuft
unb biieb ein paar SJteter entfernt minfelnb liegen; aber
fein Klagen marb übertönt oon bem mütenben ©eläut
ber anberen.
3mmer feuerte bet fjuntsman feine ©flegebefohtenen
an: „Come on! Gol Safe, ©tqlorb! ijierher, 3 one,
hierher!"
Sann faufte bie Ejeftpeitfche an bem tur3en Stiel mit
•ber langen Schnur burd) bie ßuft unb trieb ben feigen
©iglorb heran. Gin alter ©übe-faft bem Keiler im
Staden unb big fich feft tu ben bor 2 But gefträubten
©orften, bas i)aar aufgerichtet, mie ber Sdpoarse, ber
unter ihm lag.
©raf Kölln mar aus bem Sattel gefprungen. Seine
lodjter ihm nach- Sie padte ben Schtoar3rod bei ben
Unterlaufen, um bas grun3enbe Untier aushebenb auf
bie Seite 3U merfen. Sei ber Stnftrengung rutfdjte ihr
^ut 3ur Seite, unb ihr Kragen plafete auf.
ßeutnant ©raf Steguier ritt ber lebigen Stute ber
©räfin nach, bie uiit hängenber Srenfe unb hodjerhobe*
nem Kopf über ben SBiefengrunb trabte, mährenb bie
Sattelblätter floppten unb bie ©ügel flirrten. 2 lls er
fich näherte, feuerte fie hinten aus unb hätte ihn beinah
getroffen.- Sod) einen Stugenblid barauf hotte er ben
3ügel gepadt.
Ser alte ©raf hatte mit bem breiten 3 agbmeffer ben
Song gegeben. Ser Schmarsfittel fanf langfam auf bie
Seite. ©um liefe ber ©tafter feine Kappe freifen.
Saft 3mei SJleter hoch ftanb er ba im roten ©od mit
faft noch röterem ©eficht, über bem bas 3ur ©ürfte ge*
jehnittene ijaar filbrig glätte, unb rief: „Halali!
Halali! Halali!"
Sie Herren lüfteten ben 5 )ut. Sie Samen hoben bie
©erten: „Halali! Halali! Halali!"
Sie Sonne ftanb fchon tief. Ueber bem Kiefern*
malb hotte fich ber Fimmel blutig gefärbt. Schmale,
oiolette SBolfenftreifen lagen über ber meiten Gbene, bie
fich enblos 3U behnen fd>ien. Selb an Seß* t Hutung an
Ejutung, hier unb ba nur oon einer ©emife unter*
brochen. ©raf KöUn fab fich mit blifeenben Slugen um:
„Steine Herren, bem 3 üngften fällt es nach altem ©rauch
3U, bie ©räche 3U holen." —•
Sie jüngeren Herren blidten fich um, gleichfam als
mollten fie feftfteHen, mer ber Süngfte fei. Samt über*
gab ßeutnant ©raf ©eguier bas ©ferb ber ©räfin bem
ßeutnant oon ßiegen unb trabte 3um ©Jalbranb booon.
©alb barauf lehrte er mit einem gan3en ülrmocdl
Heiner Gid)en3meige 3urüd. Ser. ©tafter nahm fie. ihm
ab, inbem ein freunblicher Slid über bie fchtante ©eftalt
bes jungen Dfföiers glitt 2Bäf)renb bie $unbe mit ber
©eitfehe in gehörigem Slbftanb oom erlegten Keiler ge*
halten mürben unb ber fjuntsman babei mar, bie
rauchenben Gingemeibe ben mebelnb aus feltfam trüben
ßichtern ihn anäugenben ijunben oor3umerfen, brach
©raf Kölln ein3elne Gidjensroeige ab. 3 eber, ber beim
Halali gemefen mar, erhielt einen. .
Sie ©räfin fdjmang fich auf ih r ^Sferb, ohne bafe
jemanb ihr 3U helfen brauchte. Sann ritt bie ©efeUfchaft
ben 2 Beg 3urüd bis an ben Kanal. 3 n 3®ei Kolonnen,
rechts unb linfs auf bem meinen Seil ber Strafte ging
es an ihm hin-
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Gelte 1688.
Wummcr 39.
Der Vbenb fonf nieber. ®s mürbe merflid) fühl.
Unter rötlichem Schein gogen fcßmale, gelbe Streifen am
Sjorigont bin, bann oerfanf alles in Violett, balb 3U
eintönigem ©rau oerblaffenb.
Ueber bem ©affer ftiegen Webel auf, fchmebten auf
ben Reibern unb umfpannen ©ebüfcf) unb Saum; balb
lag bie gange (Ebene in bicfjtem Dunft begraben. Die
Weiter maren mie eine ©eifterfchar oom Webel oer«
fcfjlungen. SJlan l>örte nur noch bas klappern ber ijufe
unb ab unb gu bas Schnauben eines Sferbes.
Die Wteute taufte auf, btd>t fjinter bem Sjuntsman,
ber mit frummem Würfen ritt, ben Äragen Ejocfigef«bla»
- gen; bann oerfchmanben auch bie roebelnben Wüten im
herbftlichen Dunftmeer.
Die ©bene lag gum ©einen einfam ba, als fei nie ein
2Jtenfrf> ober ein Dier über biefe Selber gebrauft, unb
bie Wacht breitete ißre fcf>roargen Scfjmingen auf bas
• fcßmeigenb bampfenbe ßanb.
3 >n großen Saal glängten bie Sinter auf ben mäcf)»
tigen Sriftalllüftern.
Sringeffin ooit Sjoßengart in ausgefdjnittenem bunt«
lern Äleib, ißrer Sjaare Vlonb gur ©cltung bringenb, blieb
»or. bem Spiegel auf bem gemaltigen Sarorffamin
fteßen. Sie fcßob ben meinen Spißenfaum, ber aus bem
Wusfdjnitt ßeroorfah, tiefer hinab.
Sum Sjaushofmeifter, in ftfjmargem grad, alt, ge»
beugt, fagte bie Sringeffin: „(EIßmann, fefjen Sie benn
nicht, baß bie Äerge nicht brennt?"
Der alte SWann oerfucßte, bas eine oergeffene ßidjt gu
entgünben. 2 Cls ber fleine, fcßief gebrürfte Docht anfing,
in einem mingigen glämmchen gu erglimmen, bret)te ficf>
bie Ißringeffin herum, ©s mar ein buntes Durcßeinanber
in bem Saal. Von ber Wenaiffance bis gu ben breißiger
Sauren bes neungeßnten Saßrßunberts maren faft alle
Stile pertreten, aber bie alte Sracfjt ber Wlöbel tlang
gut gufammen, ohne baß eine befonbers gefchmadooHe
Sjanb georbnet hätte. Ißringeffin Sjoßengart trat noch
einmal oor ben Spiegel.
Da öffnete fich bie eine Seitentür. ©räfin Wgatße
oon Äötln fat) herein. Sie mar breit im ©egenfaß 3U
ihren Schmeftern ©räfin Sauline, bie bie 3 agb mit»
^geritten, unb Valerie, Sringeffin Sjoßengart.
2 tls fie bie fprtngeffin allein im Saale fah, gog fie
ben Stopf gurüd unb perf(hmanb.
•3mei Diener in blauer ßioree mit feibenen Änießofen
unb fchmargen Strümpfen öffneten bie großen glügel*
türen bes Saales. Die Snngeffin martete am Äamin
mit läffig aufgeftüßtem 2lrm, bas brennenbe geuer hin«
ter fi<h, bas ihre fcßöne ©eftalt beleuchtete, ©ingelne ber
Herren machten eine Verbeugung. Weitere ober näher
bcfannte fußten ihr bie Sjanb. Sie faß ©raf Weguier
freunblicß lächelnb an: ,,©ie geht es 3h r er grau
Wtama?"
„Danfe, Durchlaucht, ausgegeicßnct —"
©r trat ein menig perlegen gurürf. Dann perootl«
ftönbigte er ben Saß: „— unb Sapa läßt fid) 3 ßnen gu
Süßen legen, Durchlaucht."
3 n ben geuerfreis bes Sfamins trat ein Sjerr, beffen
roter grad einen erften Schneiber perriet. 3 m Änopf*
U>d) trug er ben (Eichenbruch oom Wadjmiücg. Cr
machte eine Verbeugung, nicht gu ergeben, nicht gu oben
hin, aber bie Sringeffin antmortete nur burch ein furges
Weigen.
Wllmäßlich mar bie Stille immer mehr fchmellenbem
Stimmengemirr geroichen. Wun famen auch einige
Damen, bie bie 3 agb mitgeritten hatten, barunter eine
eingige ältere: ©räfin ßittbenbach, eine geborene Sjoßen»
gart. Sie ging quer burch ben Saat unb feßte fich in
eine Vcrgere ßouis’ XV. 3 Rit ihrem beinah männlichen
©eficfjt unb ben fcharfen Stugen blirfte fie fich um un b
ftreifte bie langen Sjanbfchuße herauf. Die Diener
jchloffen bie beiben großen glügeltüren.
Die Sringeffin fragte einen Sjerrn: „Cs muß boch
längft ficben fein?"
Sjerr oon Wlettin, in feßmargem grad— er hatte bie
3 agb nicht mitgeritten — geigte feine Uhr, bie fäjon auf
gehn SJlinuten über fieben ftarib.
Die Sringeffin flüfterte ihm gu: „Sitte, fchirfen Sie
boch jemanb hinauf, um es Sapa unb Sauline fagen gu
taffen!"
©in fdjmäcßtiger, unfeheinbarer Sjerr mit mingigem
Schnurrbärtchen näherte fich bem tabellos ©efleibeten im
roten grad, ber ergebnislos ber Sringeffcn eine Serbeu*
gung gemacht: „Sinb Sie bas erftemal hier?"
Der anbere fchloß leicßt bie Vbfäße: „ 3 amoh(, Durch*
taucht, ©s ift fehr liebensroütbig pon ©raf SföEn . . .*
ßcife Wöte ftieg in Sri"} Sjohengarts ©eficht: „ 3 a,
mein Scßmiegeroater ift fehr gaftfrei. 3 <h habe boch ben
Sorgug, mit Sjerm pon ßiegen gu fpreeßen?"
„Wein, parbon . . . ßouis Droefigl.'— 3 <h habe
oorhin bie ©hre gehabt, mich befannt machen gu laffen,
Durchlaucht!"
Der Srina mürbe noch oerlegener: „ 3 ch bin erft por
einer halben Stunbe getommen. Sinb Sie fchon länger
hier?"
„ 3 amohl, ©raf Äölln ift fo liebensmürbig, mich fdpn
acht läge hier gu fehen. 3 <h habe meine Sferbe mit.
©ine Schmäche oon mir. 3 <h habe bie leere in ©ng*
lanb hinter ben Sjunben geritten . . ."
„So leben Sie in ©nglanb?"
„Wein, boch ntcf>t. 3 <h lebe un peu partout et
nulle part — ich habe ein pied ä terre in Saris,
febieße grouses bei meinen greunben in Schottlanb —
unb bann bin ich lein großer greunb unferes ©inters.
Die Winiera ober Äairo ift mir lieber. Dann bleibt nicht
piel für bie liebe Sjeimat!"
Der S^iag, ber nicht mußte, mit mem er es gu tun
hatte, bachte, er fieht eigentlich fehr anftänbig aus. —
(Er fragte gebehnt: ,,©s muß 3 eit gu Difcß fein?"
Da mürben bie beiben großen glügeltüren noch ein«
mal geöffnet. Der alte ©raf trat ein. Wtit einem frebs*
roten ©eficht, bem roeißen Sart unb Sjaar, bem roten
grad, ber meißen Sjembenbruft, eine Sinfonie in Wot
unb ©eiß. ©r füßte ©räfin ßinbenbaeß bie ginger*
fpißen, ging oon Dame gu Dame unb gog aller Sjänbe
an bie ßippen: „Sarbon, ich bin mieber einmal ber
fleßte."
Die runbliche 2 lgatße, bie ihm taum bis aur Sruft
reichte, flüfterte ihm gu: „Sauline ift noch nicht ba."
Der alte Sjerr rief ben Sjausßofmcifter: „©Ißmann,
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Kummer 39 .
Seite 1689 ,
fagen Sie Komteß, ber leufel folt fie reiten, fie hätte
3etjn Minuten »or ber 3 eit t)ier 3U fein!"
Kad) einer Meile öffnete fich oorficßtig eine Seiten«
tär, um ©räfin Routine oon Stölln ein3ulaffen. Sas
bunfetbraun gebrannte ©eficht über bem f>eQeu äus«
fcf)nitt ißres Kleibes naßm fid> merfmürbig aus.
Men bot ben Samen ben ärm, unb einen äugenblicf
barauf faß bie (BefeUfcfjaft in bem bureß 3®ei ©efeßoffe
geßenben Sanfettfaal, ber mit großen, bunflen Silbern,
3agb* unb grucßtftücfe barfteUenb, unb mit geroaltigen
©emeißen oom ungeraben 3®an3igenber herab gegiert
mar. Kon ber Sette feßmebte ein großer, aus äbmurf*
ftangen gebilbeter Kronleuchter herab. Sic Siener riiet»
ten bie Stühle an, unb ber ^jausßofmeifter oerteilte cn
ber hohen Sarocffrebeng bie Milbfuppe aus ber mie ein
laufbeefen großen Suppenlöffel alten gamilienfilbers.
Man fprath oon ber 3 agb, oom oorjüglicßen Sent
ber l)unbe, man bemunberte bie oielen Sferbe, bie in
bes ©rafen oon Kölln Stall ftanben, unb bie er feinen
©äften 3ur Verfügung ftellte.
Ser junge ©raf ßinbenbaeß — er trug ben Sthnurr»
hart tur3 gefeßnitten im braun gebrannten ©efttht —
fagte 3U ßeutnant oon Siegen, feinem Regiments»
tameraben: „Su brauchft bir fein ©eroiffen baraus 3U
machen, baß ber ©aul lahm ift, bas' ift beim alten Kölln
gan3 Murfcßt. äls ich noch Senäler mar, brach eine
englifche Kollblutftute, bie einen Kiefenßaufen Sappen
gefoftet hotte, mit Kapa im Sattel bie Mirbelföule unb
mußte getötet merben. ©raf Kölln hat fein Mort oer»
loren."
f>ert oon Siegen meinte: „Kiefig oornehm, aber hoch
felbftoerftänblich."
ijerr oon Siegen, ber troß feiner Jugenb mit feinen
langen, fchmargen Mimpern etmas Kachbenflicßes hatte,
ließ bie Klicfe über ben reichen, filbernen. Kafelfcßmucf
gleiten: „Gr ift moßl fehr reich?"
„Koloffal! Mir miffen’s ja bureß meine Goufine
ijoßengart."
Ses ©rafen oon Kölln Kopf glühte fchon beim gifeß.
Gr er3ählte rechts ber ©räfin ßinbenbaeß unb linfs ber
©räfin Scjogonp, ber grau bes öfterreidjifchen Kot»
feßaftsfefretärs, feine berühmte ©efdßicßte einer nacht»
ließen ißarforcejagb. 2 lus ber enbreeßenben Sunfelheit,
in ber in Mirfticßfeit einft bie 3 agb geenbet, mar im
Sauf ber 3 aßre längft Mitternacht gemerben. ijeutc
tarn bas $a(a(i, als fchon bie Morgenfonne fd)ien.
3n3mifchen liefen bie Siener in ihren blauen Köcfcn
herum unb feßenften, bie Marten nennenb, befonbere
Meine ein. Sie jungen Herren aber ließen alles flehen
um ben Seit. Ser begann beim ©rafen KöHn neben ben
übrigen Meinen fofort nach ber Suppe.
Ser alte $jerr 3®inferte mit ben äugen, unb bie
langen Cnben bes gemattigen roeißen Schnurrbartes
3itterten: „Sas macht Stimmung, unb bei mir foH man
fich unterhalten!"
äls nun bie Gisbombe tarn, hatte benn auch her
greubenfpenber feine Scßulbigfeit getan, unb bie Herren
hoben bie ©läfer gegeneinanber. Mer fid) megen ber
Klumenfträußc in blißenben Silberfchalen, megen ber
glammen ber Silberleuchter auf ber lafel nicht fchen
tonnte, ftanb oon feinem Siß auf unb ftreefte bie Seft*
fdjale in bie S)ö he.
3 mmer liefen bie Siener herum, um ein3ufchenten,
benn ber alte ©raf tonnte fein leeres ©las leiben. vSas
ift mie ein Menfch ohne Seele", pflegte er 3U fagen.
Sabei ließ er ben Mein burch feine ausgepichte Keiler«
fehle laufen, 3ehnmal, fünf8igmal, baß jeber anbere unter
ben. lifcß gefallen märe. 3h« rührte es nicht, nur fein
©efießt mürbe röter unb röter unb ber riefige Schnurr«
bart naß.
äls eben eine Sachfcloe erfcßoH, fah er ©räfin Sin*
benbach an: „ijören Sie, mie fie fich freuen? 3 <h fann
bie Irauerflöter nicht leiben. Ser Mein ift nad) bem
Kferbe bas ebelfte, roas ©ott uns gefchentt hat."
„Unb bie grauen?"
©raf Kölln machte runbe äugen unb blähte bie
Küftern auf, als fehe er in jungen lagen ein begehr«
licßes Mägbelein oor fich: „0 liebe ©räfin, bie g r a u e n
maren immer Kummer eins. #eute nur noch hie
Samen! Man rnirb eben alt —"
Sie ©räfin lachte: „Gs ift gait3 gut, baß es mal ein
Gnbe hat! Socß heute, fagen Sie, ift bas ißferb noch
Kummer eins, aber noch ein paar Stür3e fo mie
ooriges 3 af>r — unb es geht auch 3U Gnbe!"
„Unb bann bleibt immer noch her Mein!"
Sie alte Same broßte mit ber fchmalen, ringbebect«
ten fjanb, bie troß breiunbficb3ig 3aßren noch immer
feßön mar: „Ka, na —"
Sod) ©raf Kölln hob bas ©las gegen feine Kaeß*
barin, gegen ©räfin Scjogont) unb ließ feine Klicfe über
bie gegenüberfißenben Samen gleiten, fie gteichfam alle
einfcßließenb in ben Mein, nun halb ben Irojt feiner
alten läge.
Unb er behauptete, fünf glafcßen Seft mürfen ihn
nicht um. äls bie ungarifeßo ©räfin ißr Gntfeßen nidf)t
oerbarg, manbte er fich gan3 3U ißr: „©räfin, ich will
3 hnen nach fünf Stafdjen Seft bie Kamen aller Kferbe
ouffchreiben, bie id) je befeffen ßabe. Kach fünfjeßn
glafcßen fdjreibe ich 3 ßnen mein leftament mit 365 ein«
3?lnen Seftimmungen. Kur bie gnterpunftion . . ."
Sie ©räfin gab lacßenb 3urücf: „Sie moüen fchon
3ßr leftament machen? 3n 3ßrem älter?"
Gr brüefte mit beiben ijänben ben Schnurrbart mie
Matte sufammen: „ 3 <h benfe nicht ans Sterben. Mein
Kater hat immer gefagt, bie Köllns merben horrenb alt.
Uebrigens mürbe er 3®eiunbncun3ig. Schößen Sie mal,
mie alt bin ich?"
Gr richtete feine hagere ©eftalt noch ftraffer auf unb
faß fie an mit feinen fcharfen äugen, bie mirtlicß etmas
3ugenblicßes hatten.
Sie ©räfin 3Ögerte: „änfang fedföig —"
„Sanfe fehr, ich miß es 3 ßnen fagen, aber nur für
Sie: oierunbfieb3ig!"
©räfin Sc3ogonu mar erftaunt. äber nun entbeefte
fie bie gteichfam oerfnorpelten ijänbe unb ben hageren,
faltigen ijals.
Sa begann ©raf Kölln aus feinem ßeben 3U er»
jäßten. Sein Kater hätte fpät geheiratet, er felbft märe
auch fchon ein hoher Kiesiger gemefen unb habe fleh
auch nur entfcßloffen, meil nach einem ferneren Stur«
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Seite 1690;
Stummer 39:
währenb; feines 3franfenlagers berifjn pflegenbe Slam*
merbiener mit einem ber 5)ausmäb4en burcfjgegangen
fei. ©r hotte .eine-alte VaUfreunbin gehetratet, on bte er
i'm @rimbe genommen feit swanjig 3 at)ren gebaut, nur
„nie jbagu getommen mar".
’ ©r erjäbüe bas mit bet Statürlühfeit eines ©en*
f 4 en, bet mit einem gerüttelten ©aß fröhlicher Selbft»
jucht ein ftarfes S)tt& unb bie größte 2lufri4ttgfeit oer«'
binbet '
Bie junge ©räfin meinte: „So tommen nun Chen
3 uftanb?!" • •
„Viel mehr, als Sie glauben. Bie Vanbe ift nur }u
feige, es 3 U geftefjen. 34 ober habe aus meinem fersen
nie eine SRörbergrube gemacht.".
Bann fprach er oom lobe feiner grau, bie bei ber
©eburt feiner jüngften Bo 4 ter Vauline ihr ßeben ge«
laffen hotte, nicht fentimental, fonbern roie oon etwas,
bas ?ben fo hotte fein muffen.
Bie junge Gräfin, feit roenigen 3ohren erft oer*
heiratet, fragte naio: * 3 ft 3 hnen benn bas nicht nahe*
gegangen?".
Ba erwachte ein Bon warmen ©efühls: „Soll man
allen ßeuten feine ^erjensangelegenheiten aufbinben?
3 ammern unb beulen höbe ich nie oertragen tonnen,
fjabe auch nicht gejammert unb geheult, aber mir war,
als hotte ich ben böfeften Sturj meines ßebens getan.."
Cr lächelte oor fich hin» bie auffteigenbe ffiei4heit
bur<h einen S 4 er 3 bämpfenb: „©ir war, wie wenn
man eine einige glafche alten S 4 ioß°Vb 3 ug, auf bie
man ; fich 3 ohre gefreut hot, öffnet unb fie fdjmecft nach
bem pfropfen. ©ir war, als wenn man mittags auf«
wacht unb einem einfätlt, baß man in ber Stacht fein
gan 3 es Vermögen oerloren hat. ^wansig 3ahre hatte
ich gemußt,, einmal nimmft bu fie! Sie hot ja auch
Störbe ausgeteilt, weil fie auf mich wartete. Babei will
ich nicht fagen, bafj idy nicht auch mal ba 3 wifchen in
glommen geftanben hätte, aber ich bin immer in ®e*
banfen 3 U ihr 3 urücfgetehrt. Sie hat mir brei Böd)ter
gefchenft: meine ältefte, 33aUrj, ba brüben bie ijohengart,
bie 3 weite, Slgathe, ba ber tleine ©omtefloß, bißchen aus
ber 2lrt gefchlagen, benn bie Stölln finb nie bict gemefen.
Sta, unb bann bie Heine Vouline —"
®räfin Sc 3 ogong niette: „Sräfin 5ßotf4, nicht
wahr?"
„ 3 a, bas fagte fie nämlich fefjon- als ©äb 4 en oon
3 ehn Sohren, wenn’s bei ber 3agb ins ©affer ging,
benn ba ritt fie f4°n mit. Sta, unb bas ,Vatf4‘ ift
bann an ihr höngengeblieben. Vlfo fünf 3ahre bin ich
oerheiratet gewefen, bann war’s aus! Stann man fich
fo was benten? . Unb wie hätte bie grau bie ©äbel er«
3 ogen! ®lauben Sie, bafj bie fieb 3 ehn ©abemoifelles
unb ©iffes, bie hier ihr ©efen trieben, was Vernünfti»
ges fertiggetriegt haben? Bas S)er 3 fonnte einem
bluten! Unb was hot fie für einen guten ©influfj auf
mich gehabt!"
2 lls er bie weichen, braunen Slugen ber jungen grau
meinte feucht fchimmern 3 U fehen, fchüttete er ihr fein
Sjer 3 aus, als ob fie feine ältefte greunbin wäre: „Ba*
mals burfle ich nicht oor ber 3agb frühftücfen. Barum
bin ich auch beinah gar nicht gefallen. Unb wenn wir
hier faßen, hier inbem Säal — ein 5Bli~ oon ihr, unb
ich feßte bas ®(as ab. Unb wenn irgenbwo bie Starte
gebogen würbe — S 8 enen hot fie mir nicht gemocht,
bamit hätte, fie bei mir auch nichts erreicht, aber ange*
fehen hat fie mich- Ba bin ich mehr als einmal auf*
geftanben, obgleich ich in Verluft faß. Bamals war ich
ber glüdlkhfte ÜRenfcf) bet ©eit, Vielleicht h°t nur
eins gefehlt, baß ich leinen 3 ungen hotte, aber darüber
mußte fie fterben, fo habe ich leinen Sohn, nur ©äbel!"
Vis er einen Vugenblid fchwieg, fagte bie jm§e
grau: „Bie gürftin ift fehr fpmpathifchl" .
®raf Stölln lachte: „3a, bie Valin, wer hätte.ha*
gebacht— na, wiffen Sie, oerehrte ®täfin, mein Schale«
gerfoßn ift ja ein braoer ©enf 4 , aber ich möchte ihn nur
mal in bie ßuft gehen fehen! Bas finb furchtbar oor«
nehme ßeule, bie beiben —"
„Sie hätten wieber heiraten füllen.*
„Stach meiner grau?"
Sie fentte etwas befchämt bie Vugen.
Brüben im großen Saal würben oon ben Bienem
Staffee unb Schnäpfe gereicht. Bie ©räfinnen Vgte unb
Vatf4 boten 3 i$)orren unb 3 > 9 oretten an. Stun hoben
fich oon bem riefigen ©obelin, ber mit feinem grünen
Bon bie gan 3 e eine ©anb beßerrfchte, wunberood bie
roten gräde ber Herren ab, unb bas ßicht oon ben
ßüftem fiel auf bie weißen Schultern ber Barnen.
©raf Sc 3 ogont) ftanb mit feiner grau abfeits. Sie
er 3 ählte ihm oon bem ©efpräch, bas fte eben gehabt
hatte. Ber bunteiäugige, f<hwar 3 bärtige ©ann 30 g bie
Sjanb feiner grau an bie ßippen: „34 hob bi 4 8 war
ni4t 3 wan 3 ig 3ahre getannt, fonbern nur 3 w;i Bage,
na 4 bem ich ober ohne büß ni 4 t mehr hob fein tön*
nen —"
Sie fah 3 U 4m ouf, ber oiel größer war, unb legte
bie beiben planten, bloßen 2trme auf feine Vruft,
inbem fie bie Vuff4läge feines graefes umfaßte: „S4ou,
wenn 14 bente, wie bu 3 um Ißapa getommen bift, unb
i4 hob ni4t einmal beftimmt gewußt, wie bu mit Vor«
namen heißt."
„ 3 a, ba hätt i 4 hineinfallen tönnen."
„Vift’s ni4t?"
Sr gab 4 r einen Stuß auf ben ©unb. Bann blict«
ten fie fi 4 erf 4 rocfen um, ob es au 4 niemanb gefehen
hätte. Stur ber Sjausßofmeifter ftanb in ber Stahe.
Unb in bes alten, wohler 3 ogenen ©annes glattrafiertem
@efi 4 t rührte fi4 ni 4 ts.
®raf Sc 3 ogon»> f4lug oor, fie wollten fi4 3 ufammen
in eine ©de feßen. 2 lber fie la 4 te: „Äoloman, wir
müffen bo 4 mit jemanb fpreeßen!"
Ba fie Vrins Sjoljengart allein ftehen fahen, gingen
fie nebeneinanber über ben Beppicf), unb bie lange
S4feppe ber f4önen jungen grau rauf4to hinter ihr her.
„5Run, gürft Sjohengart, Sie waren ja ni4t bei ber
3 agb?"
„34 bin erft tur 3 oor Bif4 getommen."
„Bie gürftin war bo4 f4on hier?"
„3a, fie ift, glaub id), geftern f<f)on getommen. Sie
war mit Vefannten an ber Stioiera!"
Vrinseffin Sjohengart lehnte am Kamin, eine ijanb
auf ben Sims geftüßt, unb fpielte mit einer 0r4ibee.
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Kummer 39.
Seite 1691.
©ine Rnjcßl Herren umgab fie. SBäßrenb ©räfin Sin»
benbacß eine fomifcße ©efeßicßte aus ißret SDläbcfjenseit
ersäßlte, fpracß ißt Soßn, ber troß feiner fünfjig 3 abre
älter ausfaß als feine SRutter, mit 5 )errn oon SRettin.
Ser mar Rbgeorbneter, unb ©raf Sinbenbacß mar erb»
liebes ÜRitglieb bes Sjerrenßaufes. 6onft ein eifriger
Parlamentarier, ßatte er in ber leßten 3 c ‘t megen
Kränflicßteit fehlen müffen.
Run fragte er feinen Parteifreunb: „Sag mal,
Stettin, bes alten Sroefigls Siebe tlang in ber 3 ®üung
fo perfönlicß, gerabeßu geßäffig. SBas ßat ißm benn ber
SRinifter getan?"
„Rcß, fein Soßn ßat oon ber Socßter bes SRinifters
einen Korb getriegt, unb ba läßt er feine 9 But politifcß
aus. Pfui Seufel!"
©raf Sinbenbacß fiüfterte feinem greunb ju:
„Stimm bieß in a<f>t, er ift f)ter! Ser Soßn!"
©raf Sinbenbacß 3eigte ißn feinem greunb. #err
oon Stettin meinte: „ 2 lcß, ber! SJtan oerfteßt nicht
immer gleich bie tarnen. Sieht übrigens fehr anftänbig
aus. SBesßalb mag bie möhl nein gefagt hoben? Sen
hätte icß boeß genommen, unb einer ber reießften Seute
in ben Rßeinlanbett!"
©raf Cinbenbach feßte feinen Kneifer auf, um ben
jjerm, oon bem fie fpraeßen, genauer 3U betrachten:
„Sie Sroefigl füllen eine alte rfjeinifdjc Patrisier*
familie fein. Sta, unb ber ÜRinifter ift bod) erft oor 3toei
3 ahren geabelt morben! Rber ben alten Sroefigl !ann
ich nidd oerfteßen. ©r ift fonft ein feiner, gefdjeiter
ÜRann; nur menn bie ttRenfeßen in ihrer (Eitelfeit ge»
fränft merben, finb fie eben alle oerrüdt."
(Er feßte jich, benn er fonnte nicht lange ftehen. Seut»
nant ©raf ßinbenbad) fam oom Kamin herüber: „geßlt
bir etroas, Papa?"
„Stein, es mirb feßon oorübergehen. Saßt mich mal
ein bißchen rußen!"
6r nötigte bie beiben, ißn 3U oerlaffen, unb naßm ein
Such oom lifeß, ein illustriertes SBerf über engtifeße
gueßsjagben, bas ißn aber nießt unterhielt, benn er
pflegte ernfte Singe 3U tefen.
©räfin Potfeß hatte ißrem Pater einen 3toeiten
Schnaps gebracht. Sie ©elegenßeit benußte fie, um fieß
felbft oom alten (Elßmann einen Kognaf geben 3u laffen.
SEßäßrenb ber $ausßofmeifter bas Srett hielt, faß er bas
junge ÜRäbcßen an, bas er einft auf ben Knien geroiegt
hatte, unb broßte mit bem ginger. Slber fie fiüfterte
ißm 3u: „glßmann, nießt fo ftreng!"
Sann fteefte fie eine 3*9 Q rette an, unb als naeß
toenigen 3ügen fieß eine ßoße Rfcßenfäule gebilbet ßatte,
feßnippte fie fie einfach auf ben leppieß.
Patfcß, roie fie fur3 genannt mürbe, 30g mieber an
ißrer Zigarette, fo feßnett fie fonnte. (Einen Slugenblid
barauf mar ber labaf aufgebraueßt. Stun öffneten fieß
fo unb fo oiele filberne 3igorettentafcßen, ißr eine neue
Zigarette an3ubieten. Sie faß ber Steiße naeß bie Herren
an, tat, als motte fie nehmen, griff hin, 30g bie Sjanb
3urücf, faßte 3U, bann fagte fie lacßenb: „Sie ift fcßlecßt!
— Sie ift 3U ftarf!"
©nblicß ßatte fie oon E)errn Sroefigl eine 3 iflorette
genommen. Ser machte ein befriebigtes ©efießt. Sie
entbeefte ein fleines, golbenes Sßappen auf -bem Papier.
(Er fagte fo nebenbei: „Unfer SBappen. SReine gamilie
ftammt aus Pafel. ©in Sroefigl mar oor ber Stefor»
mation Pürgermeifter."
SRan fpraeß oon ber 3 ogb, oom Sleiten, oon Pfepben,
unb bas junge SRäbcßen rebete mit, etma mie ein Statt»
meifter ober ein Seutnant. Sie mußte, melcßen ©aul
jeber ber Herren ßeute geritten ßatte, fannte ©ebäube.»
feßler unb »oorsüge. ©iner marf etmas ein, um fie 8um
SBiberfprucß 3U rei3en, aber fie fußr auf ißn los, unb
menn er nicht fofort eine Rnimort fanb, fo lacßte fie ißn
ber artig aus, baß alles fuß freute über bas feefe, feßtag»
fertige Sing.
RttmäßHcß oerfammelte fieß bie gan3e ©efettfeßaft um
bas junge SRäbcßen, bas nun oon ben Herren 3U allerlei
lollßeiten ßerausgeforbert mürbe, ©räfin Sinbenbacß
beobachtete ben Vorgang läcßetnb bureß ißr Sorgnon.
Sie Prin3effin ßatte ißre feßöne Stellung am Kamin
oerlaffen unb ging 3ur jungen ungarifeßen ©räfin. ©raf
Sieguiers Rugqn ßingen an ber feßlanten, übermütig
ßin unb her faßrenben SRäbcßengeftalt, unb er freute
fieß jebesmal, roettn fie recht beßielt ober bie Rrtigfeit
ber Herren boeß fo tat.
©r fagte 3U feinem greunbe Sinbenbacß: „Sas ift
boeß ein famofes grauen3immer!"
Seutnant ©raf Sinbenbacß meinte: „Sie ift bei ben
Herren feßr beliebt —■*
„Pei ben Samen nicht?"
„3cß roeiß nießt —"
Reguier meinte megmerfenb: „Sann ift es Steib . . .
Uebrigens, bu feßeinft bir aus ber patfcß nießts 311
maeßen."
„Pielleicßt fennen mit uns 3U gut, mir finb ja {0311*
fagen oerroanbt."
Ser anbere meinte: „Sas gäbe eine Kaoatteriften»
frau!"
Unb ©raf Reguier begann 3U feßmärmen oon bes
jungen SRäbcßens grifeße, Statürlicßteit unb ißrem
munberootten Reiten, ©raf Sinbenbacß ließ feinen
greunb reben. Stuf bes jungen, erft 3meiunb3tnan3ig>
jößrigen Dfffoiers ©efießt lag etmas über feine 3aß«
(Emftes. Sr bliefte fieß um: man faß eben ein paar
Herren in ben Salon nebenan oerfeßminben. Sie beiben
jungen Offnere ftrebten 2 lrm in 2 lrm ißnen naeß.
3 n ber SRitte eines 3immers, bas fo 3iemlicß bie 3 c *t
um acßt3eßnßunbert feftßiett, ftanb ein großer lifcß, über
bem eine Sampe mit meit auslabenbem Scßirm ßing.
Sort faß ber größte Seil ber gagbgefettfcßaft, Herren
unb Samen, in bunter Reiße. Kein Siener mar 3U er«
bliefen, nur ber ijausßofmeifter mit feinem ftummen
©efießt, mit ben Rügen, bie nießts faßen, mit ben Oßren,
bie nießts ßörten, mit bem ©ang, ben man nießt oer*
naßm. ©r füllte bie Seftgläfer.
3 n ber SRitte ftanb ein Roulett. Sangfam treifte
bic Scßeibe, bie ©raf Kölln in Pemegung gefeßt ßatte.
Recßts unb lints lag auf bem Sifcß je eine SBacßslein*
manb mit ben 36 Rummern unb bem 3 ero * 33 or bem
alten ©rafen häuften fuß Panfnoten, ©olb» unb Silber«
ftücfe. ©r flatfcßte in bie ßänbe: „Messieurs, faites
votre jeu.“ (gortfeßung folgt.)
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©eite 1692 .
üfoimmer 39 .
X>le neuen Abfommen über bas Hofe Äteu3
Bon ^rofeffor 3 orn (Sonn).
Unterm 6. 3 uli 1906 mürbe in ©enf ein neues
SRote*Kreu3*Abfommen gezeichnet, bem ein meiteres
Abfommen oom 18 . Oftober 1907 3ur ©eite gefeftt
mürbe; jenes gilt für ben ßanbfrieg, biefes für ben
©eefrieg; jenes mar bas (Ergebnis einer mätjrenb bes
3 uni 1906 in ©enf abgehaltenen Staatenfonferen3,
biefes mar eins ber ©rgebniffe ber 3meiten Haager
griebensfonferen3; jenes ift beutfdjerfeits ratifi3iert unb
im SReichsgefeftblatt g a hrg. 1907 , S. 279 ff., oertünbigt,
alfo für bas Deutfche Seid» geitenbes SRedjt; biefes fjarrt
nod), mie alle aus ber 3meiten tJriebensfonferen3 heroor*
gegangenen Abmachungen, ber SRattfifation, ift aber bem
beutfdjen «Reichstag in bem SEßeiftbud) über bie 3meite
griebenstonferen3 amtlich mitgeteilt, unb es befiehl faum
ein 3 *»eifel/ baß bie SRatififation erfolgen mirb. Das
5 Rote»Kreuz*Abfommen färben ßanbfrieg hat auch bereits
miffenfchaftliche Bearbeitung gefunben, fo Don Steurer,
bem oerbienftoollen Berfaffer bes groften SEßerfes über
bie erfte Haager Konferenz, unb neueftens oon SRötfjlis*
berger, bem oerbienftoollen ©eneralfefretär ber ©enfer
3unitonferen3 oon 1906 .
Durch biefe beiben großen ©taatsoerträge barf bas
fchmierige unb bebeutfame SEßerf ber internationalen
©efeftgebung für bas SRote Kreu3 als in ber #aupt»
fache abgefchloffen betrachtet roerben; in ©inzelbeiten
mirb bas SEßerf mohl noch ©rgänzung unb Berbeffe*
rung finben, im ganzen aber ift ber Sau fertiggefteKt
3um ©egen ber SDtenfchheit.
Da lohnt es roofjt, einen SRüdblicf 3U tun auf ben
3urücfgelegten müheoollen SEßeg unb ben Snhalt ber
beiben großen ©taatsoerträge in einer fur3en ©fi33e
einer größeren Oeffentlichfeit 3U unterbreiten.
Den Beginn ber ganzen Semegung ftellt befanntlicft
bie Schrift bes ©chroeizers ijenri Dunant „un Souvenir
de Solferino“ bar ( 1862 ), bie ben SRotfdjrei eines eblen
Stenfchenfreunbes über bas furchtbare ©lenb ber Schlacht»
felber nach bem fran^öfifch= öfterreicfjifctjen Kriege oon
1859 in bie SEßelt hinaustrug. Diefer SRotfchrei fanb
mächtigen SEßiberhatl, bei niemanb aber mohl in foldjer
©tärfe, mie bei unferer Kaiferin Augufta, bie alsbalb
bas SEßerf unter ihren mächtigen Schuft nahm, an feiner
SEßeiterführung unb Bollenbung bis 3U ihrem leftten
Atem3ug arbeitete unb bas grofte ßiebesmerf ber
SDtenfchheit, bas ihr ßebensmerf mar, ihren SRach»
folgerinnen an ber Kaiferfrone als ein (Erbe \)oi)tr
Sßflichten hinterlieft. Auf Anregung ber ©cftmei3 traten
fobann im 3oh re 1864 Bertreter ber michtigften euro»
päifcften ©taaten in ©enf 3U einer Konferenz sufammen,
bie nach längerer angeftrengter Arbeit bie erfte ©enfer
Konoention oom 22. Auguft 1864 3uftanbe brachte;
bie Konoention mürbe oon zroölf Staaten ratifiziert
unb trat alsbalb in Kraft, ©in Berfucf), bie ©runb»
fäfte biefer nur für ben ßanbfrieg beftimmten Orönurtg
auch auf ben ©eefrieg 3U übertragen, ber oon einer
3meiten ©enfer Konferen3 im 3 ahre 1868 unternommen
mürbe, hotte feinen ©rfolg, ba ber aufgefteüte ©ntmurf
oon feiner ber beteiligten SDtächte ratifiziert mürbe.
©0 ftarf fich auch ber fegensreiche ©influft ber ©enfer
Konoention in allen Kriegen nach bem 3 ohre 1864
geltenb machte, unb fo umfaffenb auch bie Semegung
bes SRoten Kremes unb bie bureh fie heroorgerufenen
©inrichtungen unb Beranftaltungen in allen sioilifterten
©taaten gemorben maren, blieb boch bas SEßerf oorerft
noch unabgefchloffen unb lücfenhaft: ©inmal fehlte bas
erforberliche Abfommen für ben ©eefrieg, fobann hotten
fich ouch bezüglich bes ßanbfrieges in ber Kriegsprajis
nicht menige Sßunfte ber Konoention oon 1864 als
juriftifch ober militärifch bebentlich, ja felbft unaus»
führbar ge3eigt. ©ine nicht unbebeutenbe ßiteratur mar
in3mifchen über bie einfcftlägigen ^fragen ermachfen, als
beren bebeutenbfte ©rfdjeinung mohl bas mit einem
oon ber Kaiferin Augufta ausgefeftten Sßreife aus»
gezeichnete SEßerf oon ßueber über bie ©enfer Kon*
ocntion be3eichnet merben barf. ©in SReft oon Bereins*
organifationen bes SRoten Kremes umfpannte allmählich
bie ganze 3ioi(ifierte SEßelt; auch Amerita unb 3 opan
maren baran in heroorragenber SEßeife beteiligt.
©s mar unter biefen Umftänben faft felbftoerftänblich,
baft bas ruffifdje Programm für bie erfte Haager gfriebens«
fonferen3 auch bie Dinge bes SRoten Kreu3es unter ben
Seratungsgegenftänben aufzäi)lte. Unb 3toar mar es
bie im 3ohre 1868 unerlebigt gebliebene Ofrage einer
Orbnung biefer Dinge für ben ©eefrieg, bie 3unäd)ft
in Angriff genommen roerben foHte. Dies gefchah benn
auch, unb eine ber brei groften, oom 29 . 3 uli 1899
batierten Konoentionen, bie bas ©rgebnis ber erften
.fjaager Konferen3 maren, be3eichnet fleh als Abfommen
über bie Anmenbung ber ©runbfäfte ber ©enfer Kon«
oention auf ben ©eefrieg. Das SEßerf mar in ein*
gehenben SBeratungen zuftanbe gebracht roorben unb
fanb roettert)in ohne ©chmierigfeit — nur ein Artifel
mürbe beutfeher» unb englifcherfeits ausgefchaltet — bie
SRatififation ber beteiligten Konferenzmächte unb bie
Berfünbung als binbenbes SRedjt, für bas Deutfchc
SReich im SReidjsgefeftblatt 3 ohrg. 1901 , ©. 423 ff.
©inen henwragenben Slnteil an ber $aager Arbeit
hatte ber franzöfifche SRechtsgelehrte SRenault genommen,
bem in erfter ßinie bie ausge3eichnete juriftifch« tfoffung
bes i)aager Abfommens 3U banfen mar, unb ber aud;
ben oor3üglicben Bericht für bie @efamtfonferen3 er*
ftattete. Damit mar biefe empfinbliche ßücfe im Spftem
bes SRoten*Kreu3*5Eßerfes ausgefüllt.
Die SReoifion ber Konoention für ben ßanbfrieg
ftanb nicht auf bem Sßrogramm ber erften Haager
Konferens. Als bie ©a<he bei ©elegenheit ber ein*
fdjlägigen Berhanblungen für ben ©eefrieg 3ur Sprache
fam, erhob bie Schweiz, roirffam unterftüftt oon Deutfeh*
lanb unb SRumänien, bagegen SEBiberfprud), baft biefer
©egenftanb in ben Kreis ber Haager Beratungen ge*
3ogen roerbe, ba bie ©chroeiz einen roohlermorbenen
internationalen Anfprud) habe, bie fragen ber ©enfer
Konoention für ben ßanbfrieg in ihrer ijanb 3U be*
halten. Die Konferens erfannte bics auch an unb
begnügte fich bamit, eine SRefolution 3U faffen, in ber
bie SRotroenbigfeit ber SReoifion ber ©enfer Konoention
anerfannt unb ausgefprodjen mürbe, baft bie roeiteren
Schritte in biefer Beziehung ber Schweiz 3U überlaffen feien.
Demgemäft trat nach längeren biplomatifdjen Bor*
bereitungen im 3 uni 1906 eine neue Konferenz in
©enf sufammen, bie in oierroödjigen anftrengenben
unb intereffanten Berhanblungen bie notroenbig ge*
morbene SReoifionsarbeit burchführte. Die Konferenz
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Stummer 30.
Seite 1693.
beftanb au« Offneren, ©ißtärärsten, 3uriften unb
S3ertretern bes Roten Kremes; ben Porfig führte ber
eibgenöffifcge ©efanbte in Petersburg Obier; beutfcger*
feits moren in fjcroorragcnber ©eife an ber Arbeit
beteiligt ©enerat greigerr non ©anteuffel unb ©eneral«
arjt Pißaret; ber ©ißelpunft ber ganzen, auf mehrere
Kommiffionen oerteilten Slrbeit mar auh in ©enf, roie
1899 für bie analogen Slrbeiten im S)aag, ber aus»
gesegnete parifer Recgtsgelegrte Renautt; fo tarn bas
©er! 3 um Pbfcglug, mürbe am 6 . 3uli 1906 unter»
jjeidtnet unb fanb fet)r halb bie Raßfffaßon unb Per»
tunbigung feitens ber Konferen 3 mäcgte; für bas Deutfcge
Reich beruht bie recgtßhe Pinbung auf ber Peröffent*
Jicgung im Peic^sgefe^blatt 1907, S. 279—306.
Die in biefer ©eife erfolgte Reugeftaliung ber
hauptfonoention erforberte nunmegr mieber eine 21 b»
änberung ber Seitenlonoenßon für ben Seefrieg, eine
2trbeit, bie in bas Programm ber 3 meiten Haager
griebensfonferena aufgenomme* mürbe unb auf biefer
in trefflicher 2 Beife igre ©rlebigung fanb. ©s mar bies
bas einfacgfte ber auf ber 3 meiten Konferenz in 21ngriff
genommenen ©erfe, unb bas neue 21 b!ommen für ben
Seefrieg mar auch bemgemäg bas erfte ber oieraegn
Slbfommen, bie aus ber aroeiten Konferena geroorgingen.
Die Slrbeit mar burcg bie im beutfcgen 21usroärtigen
21mt unter ßeitung oon ©egeimrat Kriege burcggefügrten
Vorarbeiten in ausgezeichneter ©eife oorbereitet, fo bag
ber Konferenz felbft b 3 ro. ber III. Komnßffion, ber
biefer ©egenftanb 3 ugemiefen mar, unb in ber 21 bmira(
Siegel unb ßegaßonsrat ©öppert Deutfcglanb oer«
traten, nicht oiel mehr 3 U tun oblag, als ben beutfcgen
©ntrourf anaunegmen, mas auch nah einem abermals
oon Renault erftatteten SBeridjte ohne irgenbroelcge be»
fonbere Sdjroierigfeit gefcgag. Ratifiziert unb oerfünbigt
ift biefe Konoenßon mie überhaupt bie 21rbeiten ber
smeiten griebensfonferena bis jegt nicht. —
SBenn nah biefen Darlegungen über bie ©ntmicf»
lung unb ben Pbfcglug bes grogen fegensreihen ©erfes
bes Roten Kremes ber Perfucg unternommen mirb,
eine lurje Sfiaae bes 3ngalts ber beiben Konoentionen
3 U geben, fo bleiben an biefer Stelle ausgefhloffen bie
3 ab(reihen Heineren gragen. Die hauptpunfte ber bei»
ben Staatsoerträge über bas Rote Kreu 3 finb folgenbe:
1 . Perrounbete, Kranfe unb Schiffbrüchige aus bem
Greife ber bem heeresbienft offijieü 3 ugeteilten Perfonen
müffen ogne Unterfhieb ber Rationalität oon jebem
ber triegfübrenben Deite aufgenommen unb oerpflegt
merben.
2 . Perfonen biefer Kategorien, bie in bie hanb
bes geinbes gefallen finb, merben grunbfägticg Kriegs»
gefangene; felbftoerftänbßh ftebt bem 21 ustaufh folher
©efangenen ober ber ooßftänbigen greilaffung nichts
im ©eg; legteres ift aber niht Rehtspfliht, mie bies
nah her ©enfer Konoention oon 1864 ber galt mar;
auch ift bie Uebergabe oon Perrounbeten an neutrale
Staaten mit beren 3 u fümmung geftattet. Der ab»
3 iebenbe geinb mug, fomeit bies möglich, bie erforber»
liegen 21 er 3 te unb Pfleger bei ben Permunbeten surüct«
laffen. Kriegsfhiffe fönnen oon allen übrigen Schiffen
bie Verausgabe oon Permunbeten, Krönten ober Schiff»
brühigen oerlangen; neutrale Kriegsfhiffe, bie folcge
Perfonen an Porb hoben, müffen fie interniert holten.
3. 21 er 3 te, Krantenpfleger, Kranfenträger, gelb»
geiftlicge, bie mit Perrounbeten in bie ©eroalt bes geinbes
geraten finb, müffen in ihrer Slrbeit oerbleiben unb
barin beiaffen unb unter allen Umftänben, alfo auh
menn ge niht im Dienft finb, gefegügt merben; finb
fie niht mehr nötig, fo müffen fie unter ben erforber«
liegen militärifhen Porpcgtsmagregeln 3 U igrem eigenen
heere aurüdgefegieft merben unb tonnen igr Prioat«
eigentum, einfhliegßh ber är 3 tlihen Snftrumente, ber
©affen unb Pferbe, mitnegmen. Unter ben gleichen
©runbfägen gegen bie 3 ur Peroacgung oon Sanitäts*
formaßonen abgeorbneten militärifhen Kommanbos.
2lße biefe Perfonen erhalten auh ihren Solb nah ben
Sägen, bie bei bem ijeere gelten, in beffen ©eroalt
fie finb, meiter.
4. Peroeglihe unb unberoeglicge gelbfpitäler, hofpi*
talfcgiffe unb aße bem militärifhen Sanitätsbienft 3 U»
gehörigen 21 nftalten unb (Einrichtungen bürfen niht
3 um ©egenftanb militärifher Operationen gemäht, ins»
befonbere niht befhoffen merben, es fei benn, bag fie
als militärifcge Stügpuntte 3 U friegerifhen 3 roci fen
oermenbet merben; 3 um eigenen Scguge barf bas
Sanitätsperfonat ©affen führen. Die Ramen oon
ßaaarettfcgiffen müffen bem geinbe mitgeteilt merben.
guntentelegrapgifhe Einrichtungen auf ßaaarettfcgiffen
finb 3 u(äffig. Durch ein befonberes 2 tbtommen mürben
überbies bie ßaaareßfcgiffe für gebührenfrei ertlärt.
5. Sanitätsmaterial ber beroeglicgen Sanitätsfor*
maßonen, bie bem Veere folgen, ift niht ©egenftanb
bes Peuterecgtes; fällt folhes in bie i)onb bes geinbes,
fo ift es möglihft gleichartig mit ben ©annfegaften
3 urüd 3 ugeben ober im gaße ber Penugung burcg ben
geinb ©ntfhäbigung bafür 3 U leiften. Smmobile Sani*
tätsanftalten müffen fo lange, als bies nößg ift, igrer
Pefßmmung erhalten bleiben. ßaaareßfcgiffe bürfen
niht meggenommen merben. ßajareße auf Kriegs»
fegiffen bürfen igrer Peftimmung niht ent 3 ogen
merben; igr ©ateriat unterliegt ben aßgemeinen
Kriegsgefegen.
6 . Rah jeber Shloht mug eine forgfälßge 21 b»
fuegung bes Scglacgtfelbes erfolgen; bie ioten finb nah
genauer ßeiegenfegau 3 U beftaßen ober 3 U oerbrennen
unb bie ©rtennungsmarten fomie ©egenftänbe bes
Prioateigentumes bem eigenen heere aus 3 ufiefern; ins»
befonbere ift bafür Sorge 3 U tragen, bag bie auf bem
Scglacgtfelb liegenben Perfonen niht oerlegt ober aus«
geraubt merben. Die Kriegfügrenben gaben ffh gegen»
feitig Peraeicgniffe ber oon ignen beftaßeten loten
fomie ber aufgenommenen Permunbeten unb igres
3nternierungsortes 3 U 3 ufteßen.
7. ©oatuations 3 üge gegen unter ben gleichen Por«
fegriffen mie mobile gelbfpßäler; begnbet ffh ber geinb
in ber unbebingten Rotmenbigteit, ©agen ober ber*
gleichen Don folcgen 3ügen für ffh benugen 3 U müffen,
fo mug jebenfaüs 3 uoor für bie Permunbeten geforgt
unb für bas benugte ©aterial ©ntfhäbigung geleiftet
merben. Rihtmilitärifhes gugr* unb Permaltungs»
perfonat ift in folcgem gaße 3 u entlaffen.
8 . Perfonal unb ©inrihtungen ber freimütigen
Krantenpffege, einfhliegßh oon freimißigen ßa 3 areß»
fdjiffen, gaben ben ooßen Scgug ber ©enfer Kon*
oention, menn fie bem ftaatßcgen Sanitätsbienft an»
gegliebert unb unter militärifhe 2 tufficgt gefteßt finb;
über etroaige Vilfsgefeßfcgaften, ebenfo über ßa 3 areß»
fhiffe oon foldjen finb fhon im grieben ober im
Kriege oor Peginn igrer Permenbung oon Staat 3 U
Staat bie erforberlihen ©ißeilungen 3 U mähen. Dies
be 3 iegt ffh auh auf hßfsgefeßfcgoften aus neußalen
Staaten, bie jeöotg nur mit ©enegmigung igres eigenen
Staates in ben Dienft einer Iriegfügrenben ©aht ßeten
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Seite 1694.
Stummer S9.
bürfen. Das SRaterial ber freiroiüigen ©efellfchafien ift
als (Privateigentum gu betrachten, alfo nicht ©egenftanb
bes (Beuterechtes, unterliegt aber bem oölferrecf)tli<h 3 U*
(affigen Kequifitionsred)t. — Keutrale ßajarettfchiffe, bie
3 U .3roeden bes (Roten Äreujes beftimmt finb, miiffen
fich der militärifchen ßeitung des Kriegführenden, für
ben fie beftimmt finb, unterteilen.
9. Das äuftere Reichen für bie bem befonberen
Schufte ber ©enfer Konvention unterteilten (JJerfonen
unb Sachen ift „als Slnerfennung für bie Schroeij" bas
rote Äreuj im roeiften Selbe (bas eibgenöffifche SBunöes*
mappen mit umgeftellten Sorten). Durch glaggen,
Schilber, Slrmbinben mit biefem Seichen finb bemgemäft
bie unter bem Schuft ber Konvention ftehenben (Kenfchen
unb Dinge 3 u fennseicftnen. 23ei Hofpitalfchiffen tritt
an Stelle biefes Seicftens ber rocifte Slnftricft mit einem
breiten grünen, für neutrale unb frettoillige Sanitäts»
fcftiffe roten Querftreifen.
Die Dürfei hat bas rote Kreu 3 burch ben roten
Halbmond erfeftt; auch (Perficn nahm bas Kreu 3 nicht
an, bagegen taten bies 3apan, ©hina unb Siam cr=
freulichermeife; es ift in h°h cm ©rabe 3 U bebauem,
bafj burch bas Verhalten ber Dürfei bie (Einheit bes
Sanität 3 ei<hens ber SBelt durchbrochen mürbe.
(Reben ber Kote*Kreu 3 »gal)ne ift auf Sanitätsanftalten
unb $ofpitalfd)iffen bie (Rationalfahne 3 U Riffen; fällt
bie Slnftalt in bie (Kacht bes geinbes, fo ift bie (Rational»
faftne nieber 3 uholen unb ausfchlieftlich bie Kote*Kreu 3 *
tJlagge 3 U führen; ebenfo führen Sanitätsanftalten neu»
traler ßänber nur bie Kote=Kreu 3 *glagge.
10 . Die Slnroohner bes Kriegsfchauplaftes tonnen
von ben (Befehlshabern ber Heere 3 ur jjilfe bei ber 2luf=
nähme unb (Pflege ber (Berrounbeten aufgerufen unb,
roenn fie biefem (Ruf in roirffamer (EBeife golge leiften,
mit befonberen (Privilegien ( 3 . (B. in besug auf ©in»
quartierung, (Requifitionen u. bgl.) ausge 3 eichnet merben.
©ine analoge (Beftimmung hot bie Seefriegsfonvention
für neutrale iprivatfchiffe jeber Slrt.
11. Das (Rote Kreu 3 barf fünftig nicht mehr 3 U
anberen als 3 U Smecfen bes SRilitärfanitätsbienftes ver»
menbet merben, insbefonbere nicht 3 U geroerblichen
Smeden. Demgemäß verpflichtet bie Konvention bie
Deilneftmerftaaten, binnen fünf 3al)ren ftrafgefeftliche
(Beftimmungen 3 U erlaffen, bie gegen biefen (Kiftbrauch
gerichtet finb, roie bies , bas Deutfcfte (Reich ’ n oorbilb«
lieber SBeife fefton lange vorher in bem SReichsgefeft vom
22. ÜRärs 1902 ((Reichsgef. (Bl. S. 125) getan hotte.
Die @runb 3 üge, nach benen firtfjlichcn unb privaten
Drganifationen in Deutfcftlanb bas (Recht 3 ur güftrung
bes (Roten Kreu 3 es gemährt mirb, finb burch (Berorö*
nung bes (Bunbesrates vom 7. (Kai 1903 ((Reichsgef.
(Bl. 215) feftgeftellt morben. Handels* unb gabrif»
märten mit bem ©enfer Kreus bürfen oon (Beginn ber
(Rechtstraft ber Konvention an nirgenbs mehr eingetragen
merben. 3m Deutfdjen (Reiche fteht bie grofte, meit*
ver 3 meigte Organifation ber freimiüigen Krantenpflege
für ben Krieg fchon in griebens 3 eiten unter einem mili*
tärifchen ©eneralinfpefteur, bem dürften 3 U Solms»
(Baruth, unter beffen ßeitung biefe ©inrichtungen einen
hohen ©rab ber (BoQenbung erreicht hoben.
12. ©nblich verpflichten fich bie Staaten, bie (Bor»
fchriften ber ©enfer Konvention ben (Ungehörigen ihrer
beroaffneten (Kacht 3 ur (Rachachtung einsufchärfen unb
(Berleftungen burch ihre (Kilitärftrafgefefte gu ahnben,
mie bies gleichfalls bas Deutfche (Reich in vorbilblicher
SEBeife burch feine gelbbienftorbnung Kr. 495—498 fo*
roie im (Kilitärftrafgefeftbud) fchon vor ber neuen Kon»
oention getan hotte.
13. 2luf Anregung Kuftlanbs mürbe enblich noch
in bas Schluftprototoll 3 ur ©enfer Konvention non 1906
folgenber „SBunfch" aufgenommen: „Um eine möglichft
genaue Auslegung unb Slnroenbung ber ©enfer Kon*
oention 3 U fichem, fpricftt bie Konferen 3 ben SBunfch
aus, bie vertragfehtieftenben Staaten möchten bie in
griebens 3 eiten jmifchen ihnen hinficfttlich ber Auslegung
ber ermähnten Konvention entftehenben Streitfragen
bem ftänbigen Schiedsgerichte im Haag unterbreiten,
fofern bie einseinen gätle unb bie Umftänbe es als
angejeigt erfcheinen laffen." — Diefe (Beftimmung hat
feinen rechtlichen 3nhalt, fie ift nur ein „SBunfch", be*
3 ieht fich überbies nur auf Streitfragen im grieben
unb nur auf gäHe, mo „bie Umftänbe es als ange 3 eigt
erfcheinen laffen". 3 opan unb ©nglanb lehnten übrigens
auch öen „SBunfch" ohne (Rechtsinftalt ab.
14. Sion ben 36 Konferen 3 ftaaten ber ©enfer Kon*
feren 3 hotten bis 27. 3 Rär 3 1908 nach 5Rötl)lisbergers
SRitteilungen folgende Staaten bie Konvention für ben
ßanbfrieg ratiflsiert: Slls erfter Siam, bann oon ©roft*
machten bie (Bereinigten Staaten, Kuftlanb, ©nglanb,
Stalien, bas Deutfche Keich, Defterreich'Ungarn, ferner
von europäifchen Staaten Schroefo, Dänemarf, (Belgien,
Spanien, ßujemburg, meiter bie Dürfei, ber Kongo»
ftaat, SRejilo, Kifaragua, (Brafilien, (Bene 3 ueta, Ko*
Iumbien. Die ßifte ift aber noch feljr lüefenhaft, ins*
befonbere hotten non ben ©roftmächten ©nbe (Kär 3
biefes 3 af)res granfreieft unb 3 opan noch nicht ratifisiert.
Das Haager Slbfommen in ber gaffung ber sroeiten
Konferen 3 ift überhaupt noch nicht ratifoiert.
o
Waltet IJeferfen.
(Bon (Prof. Dr. ^ermann (Bo
Das befonbere Kennseichen ber Dame ift ber gute
©efeftmaef. Sie mirb nie etrods tun, nie etroas tragen,
roas ben SBoftllaut, bie Ginfteitlichfeit ihrer (perfönlich*
feit ftören fönnte. So mirb ihre duftere ©rfefteinung
immer bas harmonifche SBiberfpiel ihres inneren
SRenfchen fein. Ob nun alle Hilfsmittel raffinierter
Schneider* unb ©oiffeurfünfte aufgeroenbet merben,
ober ob mit befcheibenem Slufroanö eine ftiloolle ©in*
fachheit angeftrebt mirb, immer mirb ber gute ©e*
fehmaef ben Slusfcftlag darüber geben, ob Sleufteres
arb. — Hi« 3 u 8 Slbbilbungen.
und 3nneres 3 ufammengehen, ob bie (Trägerin aus
ihrer (Perfönlichfeit ein hormonifches Kunftroerf 3 U
fdjaffen verftanben hat.
Der befte (Beurteiler eines folchen Kunftmerfes
ift ber Künftler, befonbers ber SRaler, ber Porträt*
maler. ©r muft ein geübtes Sluge für die SBirfun*
gen ber (Toilette, für gorm unb Don bes Koftüms,
ein noch fidjereres für bie verfteeften Kegungen hoben,
bie fich hinter fragenden (Bliden unb formendem ßächeln
verbergen, ©s muft ein feines ©efühl für bas Kniftem
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Sftummcr 39 .
Sette 1696.
Stummer 39.
unb im übrigen ftefjt tf>r bie fonnige
griffe ihrer natürlichen gröhlidjfeit
prächtig 3U ©eficht. Unter biefen gefeg=
neten Äinbern bes ©lücfs finbet 2Bal=
ter Peterfen, einer ber beliebteften
Porträtmaler ber rf)cintfd>en Damen*
melt, feine föftlichften Vormürfe. gorfd)t
man nach bem ©eheimnis feiner um
gemöhnlichen (Erfolge, fo ftö&t man in
letzter ßinie mieber auf einen nie oer*
fagenben guten ©efchmacf. Peterfen
arbeitet nicht nach einem beftimmten
Stejept. 3eber einaelne feiner 2luf=
traggeber mirb nach / forgfamer Ve=
obachtung unb eingehenbem Stubium
fo miebergegeben, mie es eben nur
für feine Perfon angebracht erfcheint.
Dem mobernen Damenfoftiim toeih
er bie ihm in fo hohem SJiah inne*
mohnenben malerifdjen Steye ab3uge*
toinnen, hoch hebt er bas fcheinbar
Vergängliche, ber SJtobe Untermorfene
burd) bie fünftlerifdje Verarbeitung aus
ber glüdjtigfeit ber Xageserfcheinung
3um Vleibenben, Unoergänglichen her=
aus. SJtan ermarte heute nicht mehr
oon einem mobernen Porträtmaler,
bah er feine SJtobelle in Stoftüme fterfe,
bie uns auf ©runb hiftorifctjen SBiffens
oertraut gemorben finb unb oertraut
bleiben toerben. 2luch unfere Qeit
hat ihr Stecht. 2 lber bei einer fo
fchnell fich änbernben ©emanbung,
mie es bas heutige Damenfoftüm ift,
muh ber Äünftler gemiffe bauernbe
SBerte aus ber SJtobe heraus3U3iehen
Bildnis bes Jräuleins B
ber Stöbe, ben gall bes ©emanbes, ben
Duft bes Haares, für bas Parfüm be=
fifeen, um mit fein geftimmten Steroen bie
fubtilen 3tei3e ber geiftigen unb förper-
liehen Schönheit ber grau 311 einem einheit¬
lichen Äunftmerf oerfchme^en 3U fönnen.
Sticht aÜ3u oft trifft man biefe ©gern
fehaften bei Siinftlern an. Die (Englänber
haben fie in trabitioneüe Pflege genommen,
einige moberne gran3ofen befi^cn fie, aber
auch unter ben Deutfchen unb Oefterreichern
(inben fid) flangoolle Siamen, bie als bie
erflärten ßieblingsmaler bergrauen gelten.
s 2 tm Sthcin 3äl)lt Profeffor SBalter Peterfen
in Diiffelborf 3U ben Veuoi*3ugten. 3 mar
ift bas ©ebiet feiner Vetätigung nicht geo-
graphijd) begreift, bod) finbet er bei ben
grauen unb SJtäbchen feiner rheinifchen
.Qeimat befonbere (Eigenfcf)aften, bie feinen
Porträten d)arafterifti[d)eValeursoerleihen.
Dic©runbftimmung berStheinlänberin ift
heitereßebensfreube, bie felbft nicht burd) ben
neuerbings in SJtobe gefommenen (Einfd)Iag
englifcher 3uriidholtung gebämpft merben
fann. Der angeborenen Weiterleit gefeilt fid)
mit ©lücf etmas importierter Parifer Schief,
Porträt bes ftommerslenrats Je. Bai)er (üelgeraälöe, 1901).
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Stummer 39.
0e:tc 1697.
Eocfrät bet Xän 3 erin Kita Saatjetto (JJafteU, 1908).
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' '*n
«eite 1698.
Ohimmer 89.
porfrä» bes Jürffen Ceopolb 3a Satra-Salm.
BUbats bet Jran fit. (pafteH, 1900).
Mmä
unb flüchtiges ausaufrfjalten roiffen, um fein 3»ct 3U
erreichen, nämlich einerfeits ein Sotument seitgenöffifcher
Jtultur unb anberfeits ein bie feiten überbauernbes
Jtunftroerf fdjoffen ju tonnen. Unb l)ier tritt mieber
ber gute ©efcbmacf als , ber maßgebenbe faftor ein.
2Rit ißm allein jebodf ift ein fünftlerifdjes Porträt,
bas fid) oor allem aus ber _
Summe gemiffer ©harafter*
eigenfcßaften gufammen*
feßen fott, nicht 3U fd>affen.
Cben biefe gan3 inbioibu*
eilen ©igenfehaften 3U er*
tennen unb in tünftlerifdjer
©efdjloffentjeit als ein ©an*
3es miebersugeben, erfor*
bert ein ©harafterifierungs*
oermögen, mie es ©alter
Beterfen in l)oi)em ©aße
befißt. Sonnige, geioin*
nenbe Weiterleit, smingen*
be Siebensmürbigfeit unb
©ra3ie unb nicht 3uleßt
bas fein abgemogene ©aß
einer gerabe3u berüdenben
©leganj, bas finb bie ^er*
oorftedjenben ©igenfehaften
ber Samenbilbniffe, bie auf
unferenülbbilbungen für fid)
felbft fprecfjen. ©alter Be*
terfens 2lbfid)ten merben
burd) feine £ed)nit in ber
bantbarften ©eife unter*
ftüßt. Befonbers im Baftell*
ftift hat er ein ©aterial ge*
funben, bas fid) ben 3arten, "Porträt bes fiettn Bremetmann, Pirettots bes Ttorbb. Clopb.
buftigen Beußerungen feines fünftlerißhen ©ollens an*
feßmiegt. — Sie Straft feiner ©ßarafterifierungsfunft unb
bie fiebenbigteit bes ©rfaffens haben ißeterfen auch bort
3ur ©eitung gebracht, mo bie $eutlid)teit ber ©harafter»
fthilberung naturgemäß in ben Borbergrunb 3U ftetlen
ift, beim männlichen Porträt, ©rft oor menigen ©odjen
__ brachte biefe feitfdjrift jum
sehnjährigen lobestage
Bismards einige feießnun*
gen, bie ber Stünftler 3U
Seb3eiten bes 9teicßsfan3*
lers aufgenommen hat- ©it
welcher Siebe maren bort
bie feinen, frauenhaften Wan*
be bes gemaltigen ©annes,
mit melcßer ßiebensmürbig*
feit bas behagliche, moßl«
mollenbe ©efen bes Bar*
3iner ©utsherrn gefeßilbert
morbenl Unb mie fprießt
fich bie frifche, ficher 3 U»
greifenbe 2 lrt bes Stünftters
erft aus in ben Porträten
jener ©änner, bie auf
ihren oerantmortungsoollen
Boften für Wan bei unb 3 n*
buftrie in ihrer Ißerfönlid)*
feit felbft gu einem Stüd
feitgefeßießte gemorben finb!
©alter Ißeterfen ift burch
feine befonbere Begabung
auf bas ©ebiet ber Bilbnis*
malerei gebrängt morben.
Seine außerorbentlicße Bro*
buttioität, bie bei aller ©e*
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Sette 1700.
Stummer 39 .
miffenhaftigteit bes Staffens toeit Ober bas ÜRaß bes
Alltäglichen htomu^eht, läßt ihm aber noch Ptußc,
feiner garbenfreubigfeit In lanbfchaftlichen Stubien unb
feiner ©rfinbungsgabe in figürlichen Äompofitionen
naftsugeljen. Seiber fommen nur hier unb ba folche
Stubien, bie oon beftricfenbem, malerifchem Pei 3 finb,
an bie Oeffentlichfeit. 3m großen unb ganjen gilt
SBafter Peterfen als Porträtmaler, unb 3 tnar als ber
ÜJtdler bes repräfentatioen Porträts. Sein Puf als
folget 1 ift längft ein gefeftigter unb toirb es bleiben,
jo lange bas Pepräfentationsbilb ju ben unerläßlichen
Pequifiten bes oomehmen Salons unb bes Ronfererij*
3 immers gehört. Port, tno bie feinfte Aeußerung aller
©elftes* UHb tJe&enrtalfaf ihre Jtonsentration in ber
grau finbet, unb bort, tno bie 3 üfle eines einseinen
Piännes oon Piefenarbeit unb oorausblicfenbem ©eifte
Äunbe geben fallen, bort finbet es eine gemeihte Stätte.
Unb nicht nur unferer 3eit, auch 3 utünftigen ©efchlech*
tem roirb es buftige ©efchidjten oon grauenfchönßeit
unb fiebensfreubigfeit, emfte SRahnungen oon Strbelt
unb Stampf unb Sieg 3 U er 3 öhlen toiffen, roenn ihm
ber göttliche gunte tönftlerifcher Schöpfungstraft emiges
Seben oerliehen hot. Unb bas ift bei ÜBalter Peterfens
SBerfen ber gall.
louriftenleben in ben Pyrenäen.
s J 3 on Karl (Eugen 6 d)mibt. — $)terau 11 photograpbifdje 2 lufnabmen oon S)enrg Spont
Da 5 Steifen in ben ^prenäen
läßt fid) nicht mit einer Sdjmei^erreife
Dergleichen. 3n ben ^prenäen reift
man fjeute, mie man oor hunbert
fahren in ber Sd)mei 3 reifte.
Stirgenbs gibt es ein fo fomfortables
f)otel, mie in ben 2llpen, nirgenbs
eine auf bie ©ipfet fütjrenbe 3ahn=
rabbahn, nirgenbs etmas, bas an
bie in ben 2Ilpen fo großartig ein=
gerichtete grembeninbuftrie erinnern
fönnte. 9tein, ber 2Banberer, ber
bie $prenäen befudjen mill, ift auf
Sdjufters Etappen ober auf bas im
9iebel feinen 2Beg fuchenbe 9Jtaultier
angemiefen, oon bem man feit
SOtignons feiten nichts mehr auf
ben 2 IIpen 3 U feben befommt; er
mufe in engen Jütten fcf)lafen unb
fid) mit einer böcbft frugalen, einen
guten 9ttagen erheifdjenben 9iab 5
rung in ben 3Birtsl)äufern begnügen.
Zeltlager auf bem $ic b’Kneta
2tuf ber 33arbjagb.
3 nbeffen tann man bod) ein 3 eine
fünfte ber ^qrenaen gan 3 bequem
unb ohne 3Jtül)en unb Strapa 3 en be=
fuchen, banf ben 3 ablreid)en Mineral 5
quellen auf ben fran, 3 ofifd)en 21bf)ängen.
£)ier gab es fd)on 3 m* 5Römer3eit oiele
33abeorte, unb bie meiften baoon finb
mit jebem münfd)ensmerten Komfort
ausgeftattet. 2 ßer fid) alfo bamit be¬
gnügen rnill, ein flein menig in bie
^qrenäen hinein^uguden, mer nicht
glcid) bie ©letid)er= unb Schneemelt
oeilangt, ber tann bas bequem genug
haben, inbem er fein Quartie! in einem
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Stummer 39.
Sette 1701.
Dem 3ttfcmmeniegtocc Boot
Die kleinen im Styiaffod.
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gtummer 89.
ber IBabeorte roählt, in 2% les Ifjcrmes, iBagneres be
ßudjon, ßaruns, (FauE=bonnes ober auch am 5D?eet
in SBiarritj ober im SBallfahrtsort ßourbes, bet
im Sommer feljr einem SBabeort gleicht unb
es in ftriftem Sinn aud) ift. 23on allen biefen
unb oielen anbern Orten aus tann man
rounberhübfche Ausflüge in bas f)o<h«
gebirge machen, in beffen Ausläufern
bie 33abeorte gelegen finb. f>eine felbft
bat feinen Ißtjrenäenausflug, ber ben
2lnlafj 3 uni Atta Iroll gab, non bem
Sabeort (Fauteiets aus gemacht, ber
fd)on 3 ietnlid) ho<h in ben 23ergen
liegt. Ob man freilid) beute noch oon
hier aus auf bie Särenjagb gehen
tann, möchte ich etmas be 3 roeifeln,
obfchon SJteifter Ißef} noch nicht gütlich
aus ben Ißtjrenäen oerfchmunben ift
Uebrigens muff man fid> bie 23ärenjagÖ
nid)t gefährlicher oorftellen, als fie in
SBirtlichteit ift. Der SBetter IBraun, ber in
ben ißtjrenäen heimifd) ift, hat mie fein
Sollege in ben Alpen allmählich bie entfern*
Seim Jifdjfang im See oon ispringo.
Siefta im Säger.
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Sette 1702.
Stummer 39.
Sette 1703.
(Eine 3ufiud)tf(ätle in Öen JJgrenäen: Sie Sdja^fjüfte non Srats-Ceng.
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Seite 1704.
Stummer 89.
Das mitgeffibrte Boot tritt» ins Baffer gelaffen.
teften unb unzugänglich*
ften ©egenben aufge*
fucfjt, unb bie ijauptge«
fahr für ben ©egner ift
im ©runbe bie jeben ®e=
birgstletterer bebrobenbe
bes Sibfturjes. Ser Bär
felbft mac^t fich in größter
(Eile aus bem Staube
ober oielmebr in ben
Schnee, roenn er einen
ÜRenfchen fieht, unb nur
bie angefchoffene Bären*
mutter fann bem 3Ren*
f<hen gefährlich toerben.
933er bie Bgrenäen
befucfjt, um auf feltenes
3Bilb au jagen, bem
fchmebt neben Bleifter
fein Beffe Sfegrimm
oor, ber oiel häufiger ift
als ber Braune, ficb aber
ebenfo forgfältig ober
noch forgfältiger oerfteeft
hält: ben ©ebirgsbemob-
nern, bie ihm nicht in
feine fchmer zugänglichen
Schlupft» in tel nachftei«
gen, tommt er nur im
933inter zu ©eficht, menn
er fich in bie Bäbe oon
tim 1 l > ,'
■ ' s
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4
ttufbrnd) bet ÄeifegefeUfcbaff oon Cuctjon in bie Berge.
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Stummer 39.
beite 1705.
ÜBoßnungen mögt, um hier feine Stauung 3 U fucßen.
Sonn gibt es als feitene Sagbbeute: ßucßfe in giemllcß
großer 3aßi> SBilbfaßen, Steinböcfe unb ©emfen unb
non Sauboögeln Sartgeier unb bie auch in ben Sttpen
ßeimifcßen Slblerarten.
SEBer nicht Säger, fonbern nur Stletterfej ift, tommt
ebenfalls auf feine Rechnung. SUlerbings ftürgen in
ben ^qrencien nicht fo Diele Souriften ab tute in ben
Sllpen. Snbeffen fann man auch bas in ben ißgrenäen
haben, unb ber franaöftfche Scßriftftetler Sttfreb Spont
ift im oorigen 3of)re bei einer Sefteigung ber SBtala«
bettagipfei oerungtQctt. 6 s fehlt atfo im ©runbe nichts,
um bie ißprenäen gu gefährlichen Sonfurrentinnen ber
SUpen ju machen, außer ber Sequemlicßteit ber S) in*
reife, ber Untertunft unb ber totalen Serfeßrsmittel.
2Bie man einigermaßen bequem einen größeren
Stusftug in bas ©ebirge unternehmen tann, geigen bie
2tbb. 6 . 1704. Sie Seifegefedfcßaft, 3 U ber auch bie
betannte tßarifer Scßaufpielerin geanne ©ranier ge¬
hörte, brach am frühen SÖtorgen 3 u Sßferb unb Staut-
efet oon bem Sabeort ßucßon auf, nachbem bie ßelte
unb aües anbere ©erät fcßon oorher 3 U Sagen an
ben ßagerplaß abgegangen maren. 2 lts ßagerptaß
hatte man ben See oon 6 springo, einen ber ungäßligen
Keinen ©ebirgsfeen, beftimmt, ber bann beim gifcßen
unb ©onbein — benn auch «in 3 ufammenlegbares
Keines Soot hatte man mitgebracht — ben nötigen
3eitoertreib liefern mußte. Sie Sbbilbungen 3 eigen
3 ugteich, toas 3 U einem fotchen Susftug in bas ®e=
birge nötig ift, mo man feine Untertunft finbet: 3«üc,
Setten, ftocßgefchirr, altes muß mitgebracht toerben.
Sehr ftrapagiös ift ein fotcher Stusflug freilich nicht,
bafür aber um fo teurer, unb toeniger mit irbifchen
©ütem gefegnete lourtften fönnen fich einen fotchen
ßugus nicht geftatten.
Sie primitio bie toenigen oon bem Club alpin
frangais m ben ißqrenäen errichteten Schußhütten finb.
3 eigt bie Stbbitbung ber i)ütte auf bem Srats«ßong,
bie nur oier Steter lang unb nicht gan 3 fo breit ift
unb tnapp Schlafraum für fechs ißerfonen gemährt
( 2 lbb. S. 1703). 3m gangen gibt es auf bem meiten
©ebiet ber Sqrenäen nur fünf fotcher Schußhütten, bie
gleichfalls nur ben befcßeibenften Stnfprücßen genügen.
Sei ben meiften Sefteigungen, bie länger als einen
Za g bauern, muß atfo ein 3elt mitgenommen toerben,
mie ein fol;ßes auf bem Sic b’Stneto, bem hächften
Suntt ber SJtalabettagruppe unb fomit bes gangen
Sqrenäengebirges, auf Stbb. S. 1700 3 U feßen ift
Son ßucßon aus erfordert biefe Sefteigung gtoei Sage.
Sehr toßnenb ift fie für ben geübten Kletterer feines«
roegs, fonbern mie bei ber Sefteigung ber $etta auf
Sslanb banbeit es fich einfach um einen feßr ermübenben
unb tangmeiligen Slarfcß über gumeift tofes ©erött.
Ser ©ipfet ift 3404 Steter ßo<ß.
Sie gagbbeute, ber ber Äurgaft ber Sabeorte bei
feinen Ausflügen ins ©ebirge am meiften nachftettt,
ift ber ggarb, mie in ben Sqrenäen bie ©emfe ober
oiclmeßr ein naher Sermanbter ber Stlpengemfe ge«
nannt mirb. Ser einige Unterfcßieb ift bie etmas
bürftigere unb fcßlantere gorm bes Semoßners ber
Sqrenäen. Senn ber Äurgaft oon ßucßon recht feinen
Sartarin ßerausfeßren roiH, geßt er nicßt mie biejer
nach Algerien auf bie ßömenjagb, fonbern er gießt in
bie Stalabettagruppe, um ben 3garb gu erlegen. SIber
bie Sacße ift boiß fcßmieriger als bas 6 rlegen ber
S)a\en, ftanincßen unb Sebßüßner in ber Umgegenb
oon Saris, unb nur äußerft feiten bringt ein folcßer
Säger einen Sgarbbocf heim. Sefto häufiger fießt man
©emsßörner unb ©emsbart, unb mie in ber Schmeiß
unb in Sirot fragt man ficß überrafcßt, mo benn
eigentlich alte biefe Sagbtropßäen ßerfommen, unb ob
es nicht irgenbroo eine gabrif gibt, bie folche feltenen
Sachen fabrigiert — gang in ber gleichen Seife, mie grie«
cßifcßeStüngen unb ägqptifcße Sfarabäen fabrigiert merbett.
❖
Spielzeug*
JRoman oon
fians von Kahlenberg.
6. Sortierung.
Natürlich ftatfcßte bie gange Stabt, grau oon Safting
mürbe meiblich ausgefragt. Srgenbmie gemäßrte ißr bas
Sntmorten nicßt bas alte Sergnügen; es reigte fie, menn
man bie ©efcßicßte pitant fanb. gebet naßm Senebiftens
Sattei, grau oon Secßta hatte Segießungen ißres San*
nes 3 u ißrer Scßmefter entbecft, nun, oon Sill nach
ißrem Äofettieren unb ben frioolen Steben ließ fich nichts
anberes ermarten, ißre TOutter hatte fcßon bas gteicße
getan; Secßtas Schmäcße für bas meiblicße ©efcßlecßt mar
betannt. San begriff Senebitte unb beflagte ijeqfen*
borf.
5)epfenborf mürbe eigentlich am lauteften bebauert.
Senn ein fo ebler unb oorgüglicher SDtenfcß ficß enblicß
entfcßloß, eine Saßl gu treffen, burfte er ermarten, baß
bie ©rmäßlte ficß feiner mürbig geigte. Slltgemein fanb
man, baß bie befte Sanier, feine ©leicßgültigfeit angu»
beuten, für ißn märe, ficß gu oertoben. Sie ©efettfcßaft
ermies fich feßr bereit, ißn in biefem Sorßaben 3 U unter«
ftüßen. Sotläufig ging er mit bem „Scßman" auf
mehrere Socßen ins Stuslanb. Statürlicß!
Saum tonnte grau oon Dtafting altes ©erebe noch
ertragen. Sie burfte nicßt miberfprecßen, ber Scßein gab
jebem Älatfcß recßt, bocß mar altes anbers gemefen. Sie
mar es gefcßeßen? Sie fucßte; ba fie nur in ißrem #im
fucßen tonnte, fanb fie feinen gaben, ßüt unb Secßta
flirteten; bis baßin folgte fie. 2tus einem Spiel machte
man feinen 6 rnft; ©rnft mar gauenßaft unb ßäßlicß.
Sieben ißrem Srfcßrecfen empfanb fie SWitletb. Sill
hatte ißr nichts mitgeteilt, unb fie fcßrieb nicßt; fie mußte
nicßt recßt, ob man an ßüt noch fcßreiben tonnte, ßug
Secßta mar ßier, gang in ißrer Säße, fie tonnte ißn
feßen unb ficß für meiblicße JjUfeleiftungen anbieten.
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Seite 1706.
Stummer 39.
Sie, Gbitß Stafting, ßatte aueß ÜRut unb wollte beiseifen,
baß fie in ber Slot eine greunbin fein tonnte.
3ßr SRut erregte fogor ijocßaißtung. Sie fagte: „3iß
ßatte 3 u ßitl, was aud) gefeßießt. 3 <ß meiß, baß fie niißts
Gemeines tun tann." Den ganj jungen grauen impo»
nierte bie ©rttärung fofort. ßitl war eine tragifiße gi»
gur, unb grau oon Rafting war bie in Tragöbien ein«
geweifte greunbin. 3 ni übrigen erflärte ßitls greun«
bin, baß biefe ©efdjiißte il»re Sternen entfeßlicß angriffe,
fie mußte unbebingt ben SBinter naeß bem Süben.
grau oon Stafting fanb ßuß abgereift. SReta, Sene»
bittens oorjiiglicße SReta, gab bie berliner Mbreffe unb
ben lag ber Mbfaßrt an. Dis 5nbe ber SBocße würbe
bas S)au 5 geräumt, grau oon Detßta felbft 30 g nad) Ion«
ning. Die Dilta war 3 um Derfauf geftetlt, es tarnen
feßon 3 af)((ofe fieute auf bie Mnnonce ßin. Sie gingen
bureß bie Zimmer, befaßen ben Sorten unb bie Mutagen.
grau oon Stafting ftieg bas Treppißen 3 um oberen
Teil bes ©artens empor, bort befaß unb tarierte nie«
manb. $wifcßen Stoßt» unb ©urfenbeeten tagen ßitls
Dlumenftreifen; noeß trieb altes, aber oerwitbert unb
oerregnetl Der Stegen ßatte oiete ber 3 arten ©ifenßut»
unb ©locfenbtumenftauben umgebogen, ißre Dtüten
waren mit Sdjtnuß gefüllt, faulten, faum ßatberfcßloffen,
Sonnenblumen unb ©eorginen in unregelmäßigen 2tb«
ftänben waren übermäßig ins Straut geftßoffen, Sjaget»
feßlag unb Tßottenbrucß fdjienen über bas ©an 3 e nieber*
gegangen 3 U fein; bas Untraut, SBoIfsmiltß unb Sjüßner«
ttee, fro<ß in bie SBege. Stirgenbs oielteicßt war bie
Trofttofigfeit unb Deröbung, bie bem ©alten eines
freunblicßen, fegenfpenbenben ©eiftes folgte, auffatlen«
ber ats in biefem bem Sjausgebrautß beftimmten ®ar«
tenftüd.
(Ein Siß unter SBinben unb geuerboßnen mit einem
Däntcßen ßieß ßitls Ißron. Der Ort war früßer eine
Mblagerungftätte gewefen; ßitl fanb, baß er ben ©ar«
ten entftettte, unb ßatte fitß bie Stanten ßerangesogen.
Stur 3 U eifrig ßatten bie SSilbtinge ißrer Mufforberung
entfproeßen, befterntes ©rün umßüttte bas Heine Dänf»
eßen wie ein Stönigs 3 elt, ttetterte na<ß ben Obftbäumen
ßinüber unb umfeßlang mit 3 äßen unb 3 ärtlicßen Mrmen
bereits ißre Stefte.
Die traurig ©anbetnbe gtaubte einen menfeßtießen
ßaut 3 U oerneßmen. 3 «nanb fißlucß 3 te, unb es war tein
Kinb ober eine grau. 5s war Knips.
„ßerr Knpper" — fagte grau oon Stafting gans er»
ftaunt.
Knips feßämte fitß gar nitßt, ba 3 u war er oiel 3 U auf«
geregt unb 3 U empört. „ 3 a," fagte er, „icß bin ßierßer*
getommen, icß tonnte nießt anbersl 3 <ß weine um fie.
Sie mar 3 U refeenb!"
Der gute Knips f<ßneu 3 te fieß tärmenb, er ßatte gan 3
eßrtitß geßeult, unb was ßatf es nun, ßinterßer uneßrtitß
leugnen?
„Sie ift feßr rei 3 enb, S)err Knpper", fagte grau oon
Stafting fanft.
5r feß fie bantbar an. „SBie gut oon 3ßnen, bas 3 U
fagen. 6 s ift ftßön, baß Sie fo fpreeßen! Seßen Sie,
itß baißte, alte oerbammten fie ja, alte grauen."
„Docß nitßt alte oielteicßt"
„SReine SRutter ift bie ftßtimmfte. SReine SRutter ßat
bie übetften Dinge gefagt 3d) ßabe es ißr oerboten, itß
bin gegen meine SRutter grob unb uneßrerbietig ge«
worben."
3eber oerfteßt ijelbenmut auf feine Seife, baißte
grau oon Stafting.
„Sie fagt, itß tann ®ott banten, baß itß ba nitßt
ßängengebtieben bin. Unb itß — itß gäbe meine
Karriere, meine 5Item unb altes auf, itß ginge 3 um Jeu»
fei mit ißr, grau oon Stafting — gnäbige grau."
5in Heiner Stabelftitß oon Steib burtßguette 4RÜß
Stafting. Derbiente ßitl fo oiet ßeibenfißaft?
„Sie war 3 u rei 3 enbl" ftßlu<ß 3 te Knips ftßMMBttber,
ben Kopf gegen bie grüngeftrießene DanHeßne oerborgen.
6 r faß wie einer, ber an einem entfeßtießen Stßnupfen
arbeitet, unb teineswegs ftßön aus.
„Kommen Sie mit, lieber Knips, wir wollen oon ißr
fpretßen", fagte grau oon Stafting milbe. Sie mar bem
jungen SRann, ben fie oortaut unb fetbftbewußt fanb,
bisßer nitßt befonbers naß getreten, ßeute würben fie
greunbe.
Knips in feinem tiefen Ungtüft folgte ißr gan 3 ge«
ßorfam. „ 3 <ß mötßte abreifen, itß mötßte weit fort, nad)
©eftinbien ober ben Sübfeeinfeln, bamit itß nur nitßts
gegen fie 3 U ßören brautße. ©tauben Sie mir, iiß tann
bas nitßt ertragen, grau oon Stafting! Senn fie unretßt
getan ßätte, wir oerfteßen es eben nitßt! Unb fie tann
nitßts Unretßtes tun, nun eben, weit fie, wie fie ift, fein
muß!"
„Traurig, aber boeß autß erßebenb! ©roßl" befannte
Knips. „Seßen Sie, es ift botß etwas ©roßes, wenn
man feiner innerften ©ßrlitßfeit folgt. 6 r mußte fie
botß tiebßaben, man tonnte gar nitßt anbers, als fie lieb«
ßaben. Stun, tonnte man, gnäbige grau?"
„SRan mußte fie tiebßaben", fagte grau oon Stafting.
Knips faß fitß oorfießtig um. „Stun, gnäbige grau,
bafür muß icß 3 ßnen bie ißanb füffen. 3 <ß muß es ßier auf
ber Straße tun! 3<ß bin überßaupt fo oerteßrt unb
tüdifcß geworben, baß itß am liebften etwas gans gureßt»
bares täte für fie unb ber gan 3 en Seit 3 um Dort! So
wie bie Stitter früßer jeben, ber etwas Dosßaftes fagte,
in bie Scßranten forberten. Das täte itß gern unb ßiette
ßier mitten auf bem SRartt, inmitten, mitten in ber —"
ber moßter 3 ogene Knips fagte: „Danbe."
grau oon Staftings S)er$ würbe wirttieß warm gegen
ißn. „Kommen Sie lieber mit, Knipsißen, unb trinten
Sie bei mir Tee! Scßütten Sie mir 3ßr ^erg aus, unb
er 3 äß(en Sie oon ißr!"
Das braueßte Knips; ber 5rguß tat ißm überaus
woßt. 5bitß Stafting btieb 3 iemti<ß ftid, ßörte ißm 3U,
(egte ißm neue SRürbetucßen oor unb baißte, baß ßitl
eigentlich gtüdticß fein müßte, unb ob fie woßt gtüdticß
war?
„— grau Denebitte, feßen Sie, bas ift bas ßeben,
bie tftrofa unb Tücßtigteit", feßmärmte ber tosgetaffene
Knips. „Slber ßitl, ßitl ift ber Traum, bie tßoefie, bas
Stätfetßafte! ©tauben Sie mir, gnäbige grau, icß bin
ein SRann geworben, feit icß bas erlebt ßabe. Unb icß
werbe fie nie oergeffen, nie! Unb ißr bantbar fein — ja,
bantbarl grauen oerfteßen bas gar nießt, folcße grauen
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Nuntmer 89 .
©eite 1707 .
nie Nlama. Sin Nlann mug fo etmas in feinem ßeben
gaben, bamit er neig, bag es über ben Mittag hinaus
ein Mbnen unb Smarten gibt! fromme fieute gegen
folcg ein ©egeimnis. ©an3 fo ä^nlid) ift meins. Unb
id) oeregre Sie, »eil 6ie fie liebgaben. Nie oergeffe
ich 3 gnen ben heutigen lagl Unb barf ich 3 gnen fc^rei»
ben, unb »erben @ie mir antmorten?"
60 fing eine greunbfcgaft 3»ifcgen Knips unb grau
oon Nafting unter ßills oermahrloften lohnen an.
Knips gab fich ber Mnbetung feiner ©öttin hin, unb bie
tleine, raftlofe Sbith hotte ihren neuen glirt » 3 <h
avanciere 3U ben Nlüttern", fagte fie fich-
Die ganje Nlarine fanb bas ©efcgcgnis beifpiellos:
ßug unb ßill oon Becgta tonnten ihr ©eficht nirgenbs
mehr aeigen, fie »aren Berfemte. ©ie mürben auch
nur oon feiner ^ßenfion leben müffen. 3ubem ermartete
ßill, »ie es gieg, ein Kinb.
ßug unb ßill »aren glüctlich. 6ie »ognten in
griebenau an ber äugerften ©renje, mo bie ©rogftabt
in flaches ßanb übergeht. Des Nachmittags ftrichen fie
»eit umher burch bie i)eibe, über ©egmargenborf, bis an
ben blauen Kiefemfaum bes ©runemalbs. ßill fam»
mette Kornblumen unb Naben, fie fang leife, unb bie
Haubenlerchen flogen aus ben Meterfurchen auf. Ntancg-
mal ging bie ©onne prachtvoll unter, ober alle Kaftanien«
bäume bie Sgauffee nach fahlem entlang blühten. $ur
Mtajienaeit lag ein feiner Honigbuft in ber ßuft, unb
überall, foroie bie ©onne fchien, an ben Nahten, im ©ras,
unter ben Mhombäumen am 3Beg, fagen tleine Kinber,
jaudföten unb ftreeften bie Mrme nach bem ßicht.
3ebes entjücfte ßill. ©ie hotten eine tleine 2Bog»
nung oon oier 3 iuimern, mo in ben Bafen immer milbe
Blumen ftanben, ßills eigentümlich liebliche gröhlicgteit
unb ©leichmägigteit ber ßaune oerleugneten fleh nie, fie
fchien noch abgeftimmter, ftrahlenber gütig als früher.
©o »urbe biefe peinliche 3 c ü für ßug eine 3 e tt
fchmerjensooller ©eligteit. ©ie fahen teinen Nlenfcgen,
blieben Sinfiebler am Nanbe ber ÜJtiHionenftabt; oiel>
leicht fchmiebete ber Umftanb fie fo eng anehtanber.
Nein, ber Nlann bereute niemals unb »anbte fich ßUl
mit grögter ßeibenfehaft, mit gefteigerter 3nbrunft
3 U, bie gleichseitig töftlich unb löblich »ar. Sr
fah »oht nicht, bag bie grau blag, 3um 3erbrecgen hin¬
fällig unb bünn »urbe. ßills Honbgelenfe »aren fo
fchmat, bag man Mngft fie 3u umfaffen hotte. 3 h r «
Nlagb »ugte nicht, »ie ihre Kleiber über ihren Hüften
hielten, es beburfte ßills befonberer ©rasie unb ihrer
Kleiber, um fie rei3enb unb elegant 3U machen, ©enau
fo »unberbar blieb, »ie ihr targes Nlonatsgelb für alle
Bebürfniffe ausreichte, ©ie agen immer gut, leicht unb
ausgemählt, unb ßiU »ar bie refoenbfte Hausfrau, eine
Königin in ber Berbannung, erjäglte ftol3 Knips, ber
Bechtas bennoch unb trog 3 hrer Spellens befuegt hotte.
Knips fanb fich für feine Heldentat burch ben Sharme
feiner ©öttin überreich belohnt, Sechta »urbe grau unb
jch»erfälliger, er tränt mehr als gemöhnlich bei bem
Befuch feines früheren fieutnants. Knips hotte erfahren,
bag er für populäre ßettfehriften Nlarineartifel fegrieb;
oerfegiebene Nebattionen hotten ihm angeboten, bie ge«
famte gtottenberiegterftattung <$u übernehmen. Much
über toloniate gragen äugerte er fieg 3U»eilen.
Sr »ies Knipfens Mnfpielung auf jebe Mrt oon SCätig*
teit fegroff surücf: „ 3 cg faulen3e. Sßenn man im Königs»
bienft geftanben hot, tann man teinem anberen bienen.
2 Bas icg jegt tue, nenne leg nicht Mrbeit. 3 <h oerbiene
lebiglicg ©elb."
ßill »iberfpraeg igm nicht, gntmer nur, »o er ging
unb ftanb, folgten igre Mugen ihrem Nlann. Unb es
»aren bie alten, fehnfücgtigen, jenfeitigen Mugen, ßills
Ntäbcgenaugen noeg.
Sr gotte fie lieb. Unb trogbem fagte Becgta 3U feinem
früheren jungen Kameraben: „ 3 cg banfe 3 hnen, Knips,
für 3 hr^n Befuch. ©ie ftnb ein lieber Nlenfcg. Mber
bleiben ©ie bei ber ©tangel Das ift beffer als ©lücf."
„ 3 <h bemunbere 3 gre Dapferfeit", fagte Knips aus
bemegtem, reblicgem Syeritn.
„gür unfer ßanb, für unfere Kinber folten mir
tapfer fein, folten ©cglacgten fcglagen. — 3m Häufe
brauchen mir grieben."
Knips nagm bes Nlannes Hanb unb brüctte fie. „©lc
ftnb glücflicg, Herr Kapitän!"
„ 3 a, ich bin glüctlich", fagte ßug Becgta feft.
Sr hätte niegt für möglich gegolten, bag es auf ber
SBelt eine grau gab, bie mit folcger 3ortgeit ©egeimftes
erriet unb SBunbftetlen oermieb. SEßenn nach irgenb«
einer Srregung, »ie nach biefem Befucg oon Knips, ßill
fi<g su igm ftagl unb igre Mrme um feinen H°ls legte,
»ar er glüctlich, in fich feft unb ftogj.
„Hätteft bu gern einen reicheren Nlann, ßiücgen?'
fragte er fcger3enb.
ßill fagte: „3cg bin bie reiegfte grau ber 2Bett.
Berbiene icg fo oiel? Niein Neicgtum befegämt mich oft."
„ßiU, bu bift ein Sngel!" fagte er bemütig. „ 3 n bir
ift nichts Häglicges, nichts grbifeges."
„ 3 <h gäbe Nlenfcgen ßeib 3ugefügt", ermiberte fte
einfach. „Das ift ©ünbe." >
©ie nannten Benebittens Namen niemals. Die
©egeibungsformatitäten »aren burch grau oon Becgtas
Mboofaten erlebigt »orben; Benebitte blieb als ©uts-
gerrin in lönning.
Nlancgmal entftanben Naufen in bem Meinen, be¬
haglichen ffiognsimmer ber beiben, naegbem fie Mbenb-
brot gegeffen gatten unb bie 3«üung gelefen »ar. ßegt-
gin gatte fich ßug ange»ögnt 3U arbeiten, ßiU fegrieb
unter feinem Dittat unb fag bie Korretturen bureg. ©ie
lafen oiel 3ufammen.
Niemals fiel ein fegarfes ober hartes ffiort. Sins
»ollte bem anbern bienen, bem ©efägrten bie Hänbe
unter bie güge breiten. Sigentlicg »aren fie ootlfommen
glücflicg.
Sr blieb nur ein Nlann. ©eine ßiebe in igrer geft«
ftimmung »urbe 3umeilen praglerifcg unb ausfatlenb.
Sr läfterte faft: „ 3 cg gebe bir meine ©eele unb meine
©eligteit."
ßill flegte: „©ei bemütig l 9 Bir figen unter bem
©cgictfal »ie 3»ei gebuefte arme Hofen im Xroctnen.
gorbere es niegt heraus."
„3cg maege bir ein ©cgictfal. 3<h bringe bieg noch
goeg!" gelobte er. „3<h meig ja jegt erft, »as ßiebe iftl"
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Seite 1708.
Summer 39.
Dies tonnte fie am menigften ertragen. „Still!
bat fie angftooQ, im Dunfet ber Sad)t an ihn
gebrüdt. „ 2 Id>, igr Sänner mifjt nicht, mie igr geliebt
roerbet! grauen nur tönnen lieben."
„3d) tiebe bicf)! Did)!"
„Du fottft mid) fo nicht lieben. (Es bebrücft mid) bloß.
Siebe meine @ee(e, ßuß! Siebe meine Seele aucg!"
„Sift bu benn roas anberes roie Seele?"
„34) I>ab fo 2tngft manchmal, baß id) ein elbifches
Sefen bin!" fing Sill roieber an. „Du liebft mid).
Silber roas tiebft bu an mir? Seine ©eftalt, bie 2 tugen,
bie Sötfdjen."
„Did), bas ßill=Sefen, birf)!"
„ßuß! ßuß! ©laubft bu, baf) id) beffer roerbe, roemj
id) ein Heines Äinbdjen l>abe, baf) id) eine roirtlicf)e,
mütterliche, (ebenbige grau roerbe, roie" — fie flüfterte
ben Samen — „roie SBenebifte?"
„Du bift eine grau, bie füftefte alter grauen."
„Sirft bu mid) jemals oeregren roie fie?"
Cr jerbrüdte fie, er 30g aus biefem retynben unb
jerbred)(id)en Sefen immer neue greuben.
Sie bulbete auch feine ßeibenfchaft. Sie mußte, baß
non allen grauen fie nicht bas Sed)t hatte, ihr 3U roiber*
ftegen. Sie rourbe nur blaffer, burcgfcgeinenber unb
erfanb trogbem Scgmucf, um ftcf) rei3ootler 3U machen.
Cr rouftte nicht, baß fie bie Sage halb ohnmächtig
auf ihrem Sugebett hinbrachte, baf) Schmersen fie quäl*
ten unb eine ftete Sübigteit ihr beinah unüberroinbltcg
fchien, roenn fie fi<h bes 2tbenbs erhob, um für fein Sad)*
haufetommen fdjön unb heiter 311 fein.
Sie lebten im $örfelberg. Um fie herum branbete
bie (Broßftabt, ben Dag oerbrachte er bort in ßärm unb
Stidluft, ungeroiffer unb unbefriebigenber Dätigteit nach»
jagenb, 3toifd)en gobbern unb Sd>roinblem. 93 er*
gnügungen anberer 2lrt, geiftige ober finnliche, außer
ihr, feiner grau, feiner (Beliebten, gab es für ihn nicht.
Niemals roar ein Sann glüdlicher in feiner ßiebe.
Subroig 93ed)ta hätte es jebem gefegrooren unb gögnenb
gelacht, roenn man ihm irgenbeine Seligfeit ber Seit
als Daufd) angeboten hätte.
Cr hie» bas (Beheimnis bes ßebens tebenbig in
feinen ärmen unb gab ihm fein eigenes ßeben.
Sie roaren nur fie beibe, unb er läfterte alles, Pflicht,
(Ehre, Sugm!
Sur SBenebifte ließ fie ihn niemals läftern.
Die Statur felbft erlaubt bem Saufd) nicht, einen ge*
wiffen 5 )of)epuntt 3U überfegreiten. fitH fühlte fich Sutter,
unb oon biefem 2 tugenblid an oeränberte fich ihr Sefen
gegen ßubroig. Sie roar nun berechtigt, ihre Sürbe
gegen ihn 3U mähren um bes noch Ungeborenen roiüen.
Sie geftanb ihm ihre Hoffnung roie eine Sitte um
93 ergebung. (Er oerftanb bie Sitte unb fügte fie.
(S(üdlid)erroeife fanb ßubroig in biefer 3eit ®e*
fegäftigung. San erinnerte fich feiner gägigfeiten in
einer großen Safcginenfnbrif, roo er früher an ben Ser*
fueßen mit Dorpebos teilgenommen hatte. Sun rourbe
ihm oorgefchlagen, fich gegen (Behalt bort ein3uarbeiten.
Der Setrieb intereffierte ihn, es lag in feiner 2 lrt, jeber
Sache, bie er aufnahm, ben gleichen (Eifer 3U roibmen.
Äam er in biefer neuen Stellung mit früheren Sefann*
ten ober Serufsgenoffen 3ufammen, oergaßen fie über
bem tüchtigen unb tätigen Sann ben an einer Seiber*
gefd)id)te (Sefcheiterien.
Cr fagte einmal 3U ßill, baß er fid) jeßt genügenb ge«
roappnet fühlte, jeben 3U treffen, nur $egtenborf nicht.
Den roürbe er töten.
ßill fagte: „Du gaft unrecht gegen ^eqfenborf gehan*
beit. Cr hat bir 3U oerseihen. Das allein träntt bieg.
3d) rooKte gern, er oer3iehe uns unb roürbe glüdtich."
„Seißt bu, roas ich über ihn gehört habe?" ßubroig
3Ögerte immer ein roenig, er fegämte fich, Öen Samen
feiner früheren grau aus3ufprecgen; ßill tat feine Scham
weg. — „Cr geht auf greiersfüßen unb foll in Dönning
2lusfichten haben."
„Das ift fallet)!" fagte ßiQ ruhig. „Senebitte heiratet
ihn nie."
„Cr hätte gut für fie gepaßt", meinte ßubroig, „beffer
als ich-"
„Du paßteft [ehr gut für fie. 3 gr roart überhaupt
ein oollfommenes Saar. 3 <h burfte nicht ba3roifd)en*
fommen."
„Du — bu — 2tHerfüßeftes, ^eiliges!"
„3<h" — fagte ßiü leife. „3<h roollte es ja auch nicht.
3ch trennte euch hoch-"
„ 3 <h trennte mid). San tann in einer erlogenen
Situation nicht leben."
„Das fann man nicht. — Senn bu nicht mehr lügen
brauchteft, fönnteft bu roieber leben."
ßuß oerftanb oft nicht, roas ßill meinte. Cr fdjob
ihre 2lengftli<gfeit unb bie trüben 2lhnungen auf ihren
3uftanb, fie roaren grauen roährenb biefer eigen,
(gortfeßung folgt.)
}Jatifer fjerbff- unb Binfergüfe.
jjlerau 9 pfjotograpbtfdjc Slufitaljmen oon $enri Manuel, $aris.
Sit überlegenem ßächetn betrachteten roir früher bie
Ctagenfrifuren aus bem Spalter ber Sarie 2 tntoinette
unb rounberten uns über eine Sobetorgeit, bie es
nötig machte, bie Senftenbächer 3U erhöhen unb bie
heimlichen Dapetentüren, burch bie man 3um oer*
fchroiegenen Stetlbidjein ginfcglüpfte, 3U oergrößem.
Die Senften träumen in ben Sufeen, unb Dapetentüren
finb ein überrounbener Stanbpunft — aber bie lieber*
mobe aus ben luftigen Dagen oon 1770—80 ift roieber
erroaegt unb treibt es toller benn je. Selche 3 eit hat
fchon folcge #üte, #üte für ben Straßenoerfehr, ge*
fegen, roie bie unfrige?! größere 3agrhanberte tannten
eine Seraügemeinerung ber Dracgten, roie fie unter
bem Cinfluß ber fosialen Sioellierungsarbeiten heute
in allen ßänbem oor fid) geht, nicht. 2lbgefeßen ba*
oon, baß bas grauenleben egebem fid) weniger im
öffentlichen Sertegr abroidelte, marfierten bie ein3elnen
Stänbe aueg äußerlich >h re (Befeflfcgaftsunterfchiebe oon
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SUtaifon Compagnie Ruffe SRalfon Camille Slogcc.
1. Beider mit grauen und braunen Straußenfedern. 2. Duafetrofer Jtljßut mit parabiesuogetfeberu.
ber großen Sötaffe S)eute flutet eine neue ÜDiobe — genbe Stfforbe 3U bilben, aus garbe unb Stoff fi<f>
fie fei urfprünglid) nod) fo ejflufio gebadjt — gteid) eine tßerfönlidjfeitsnote 3U fd>affen, ble über bem Sling*
einer Stu^mede über alle 333 eit unb ipirbelt alles burd)^ tlang ber lagesmelobien fteßt. Sie Toiletten außer»
einanber: bie füßrenben unb bie folgenben Greife, bie ßalb bes Kaufes unb ber ©efellfdjaftfäle ftellen fjötjerc
oorneßmen unb bie talmieleganten, bie grau oon 333elt 9 Injprüd)e an ben ©efdjmad unb ben Saft bes ein»
unb bie SRibinettes, bie fid) auf ben freien Sonntag 3elnen als bie „große loilette" unb erforbern ein
freuen. 3 n einer fold>en 3eit nun roirb es 3ur fünft» gefteigertes ©efüßl für 3urüdßa(tung, erforbern inbi*
lerifdjen Stufgabe, aus ber güüe ber löne moßlflin* oibuelle grfenntnis unb 58 eobad)tung, benn nur
itoSett. iBarttjoiomcn.
3. Puafelbrauner JUjbuf mit pbanfafieieberuftbnturf. 4. gellet BeloetfUjbnt mit Xaubenftügetn für junge fnäbcßen.
GooqIc
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Seite 1710.
Stummer 8&
mit biefem ffiigenoerftänb*
nis ift es möglich, eine
Dtobe mitgumadjen unb
borf) oorn Sftaffengefcbmad
fiel) abjufonbern.
Die brei großen ©ruppen
ber £l>eater*, ÜBagen* unb
ißromenabenijüte f (Reiben
fid) in biefer Saifon fei)r
fd)arfooneinanber. Die erft»
genannten aeigen einen gana
aparten Stil, bie anberen
finb in bem genre fane
gehalten, beffen Sjauptmerf»
mal bie plumes pleureuses
finb, unb bie brüten ge»
fallen ficb in einer lieber*
fülle oon ißfyantafiefeber*
arrangements, in benen ade
©änfe, ißuten, Dauben unb
$übner, bie it)r rufjmlofes
Geben am Sratfpieg ober
in ber Schmorpfanne be*
fd)tiefjen mußten, noch ein
legtes SDlal in bie 2Belt
binausflattern.
Stuf 2lbb. 1 feigen mir
einen meinen gilabut mit
„roeinenben" gebern, tief
auf bie f)aa re gebrüdt unb
beinab fo umfangreich mie
bie 6d)u(terf)üte ber 3 ü 9 en»
birten oon ißerpignan. Die
Gebern finb meber gebleicht
noch gefärbt, fonbern tra*
aJtatfon StreL
5. Cunfter Jribetbuf mit Qabnenfebernftain.
gen bie natfirlicbe garben«
oermäfferung oon grau unb
braun, bie bem ©efieber
bes amerifanifeben Straußes
eigen ift ©ine ijutfebeibe
oon faft belaftenber ©rüge
jeigt Slbb. 2. Der buntel«
oiolette Samt ber Snnen*
feite harmoniert mit bem
tiefen $urpur bes Silkes.
Seibe Däne in ficb oer*
einenb, bedt ein mit bunten
Sehnigen untermifebtes ge*
berarrangement ben niebri*
gen ijuttopf. Der f)ut auf
SKbb. 3 eignet ficb norjüg*
(ich für Scbneibertleiber, au
beren einfachem Schnitt ber
ruhig gehaltene $ut mit
bem buntelterratottfarbenen
Samttnoten unb ber golb«
febimmernben gafanengar*
nitur gut pajjjt. Ziemlich
tlein unb bift ber ÜDtäb*
cbenbut auf SIbb. 4. Die
toeifj unb inbigo getönten
glügel finb abmärts ge*
richtet unb mit einer fran*
fenbefegten Seibentrepp*
febärpe oon gleicher garbe
umftedt. Die Stbb. 5, 6
unb 7 bringen mehr ober
minber aufgeraubte gelbel«
hüte mit einem geberpufc,
ber an bie fchönften Geber*
SKnifon Gerols
6. pflaumenblauer ^clbclf^ut mit J'.ainingofebern.
tüiatjon ©ftbec iXtf/tb
7. ©tobet Jelbelbuf mit Stra&lenrdberfebern.
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Stummer 39.
©eite 1711.
8. Schroarjer Samthuf mit Straußenfedern unb Rdhecalgteffen.
ftrutnpferjä^Iungen erinnert. 3«nfeit oon allaufeljr ins
Sluge fallenden 3Binterf)üten ftefjt ber fchmarae Samt»
t)ut auf SCfob. 8. SBeiße, furae Straußenfedern unb
fraufe IReiheraigretten umtränaen ben Kopf unb enben
in. einer gewaltigen JRofe aus vieux - rose- ÜJteffaline»
famt, bie wie eine JRiefenbtüte in ben gebern ruht.
SJtalfon SamiQo üiogcr.
9. Rofjfjaarfjut mit großer Schnalle unb ©rä(erfd)tnu(f.
2tbb. 9 jeigt einen jener ijüte, bie troß ihres Um»
fangs borf) ben Ginbrucf bes Seichten unb Schweben»
ben machen. (Sine große glißernbe Schnalle hält bie
langmebeligen fahlen (Sräfer aufammen, bie fd)on
im oergangenen Sommer oielfach an Stelle ber
gebern getreten waren. ¥«rifi»nne.
Bitber aus aUer Bett.
3n Bernau ift füralid) bie fatboIifdje^erj^^fu-Bfa^^^c burd) ben gürftbifdjof
oon Breslau Storbinal opp eingeu>eil)t worben. Bertreter ber ftaatlicben unb
ftäbtifd^en Beworben fotoie 3 at)lreid)e (Efyrengäfte wohnten ber 3eremonie
(Ein 2)enfmal Hermann Söiffmanns, bas für Daresfalam beftimmt ift, b<ü
ber Berliner Bilbbauer Sfürle geraffen. 2 )er grofte Slfrifaner ift in ber Xropen*
uniform bargeftellt; 3 U feinen güfcen ftebt ein Äsfarifrieger.
2 )er fcbwei 3 erif(be ßuftfd)iffer ©pelterini b^t unlängft, begleitet oon bem
i)ollänber fterrn be 5tattenbi)rfe, in feinem Ballon „Sirius" einen neuen Slug
über bie Blpen unlernommen. (Er ftieg in Qnterlafen auf unb lanbete
lid) »m Süben bes TOonte
1. ©eb- Stom.*9iat o. 9riebtänber>3ulb. 2. ©eb- Stom.-JRat o. SRenbcIsfobn/Bartbolbt). 3. fSürftbifcOof
2)r. Stopp. 4. Krittelt Ueberbol^ Erbauer ber Äircbe.
©brung unjeres groben Pioniers in 2)eutfcb*Oflafri!a:
01 e feierliche CEinroeihunq her fterj-Jefu-pfarrfircbe in Bernau: Da* IfirOaresfalambeHimmfeBiffmann'Oentmal,
$ürftbijd)of Sr. Stopp in (Erwartung bes geftjuges.
entworfen oon Silbbauer Stflrle.
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Seite 1712.
Stummer 39.
3m Ballon über bie Sllpen:
Set jüngffe ttufftieg bet Kapitäns Spelferini mif feem BaQon Sirius“ in 3nferlafen.
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fcine pacifer Bü^ncnfdjönljcit: fltabame töilba Darffjt) als £f)äl>ra.
^Uül. Botjfr 4 £crt.
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O
Seite 1713.
9lummer 39
Seite 1714.
stummer 39.
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II
M
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*M. S. O. ©obre.
1. Begietunnsaffeffor Blepolb, SReiningrn. 2. Brntier fiimmelreid), Meiningen. 3. ©taatsanmalt Cuge, SRrinitigen. 4. ferb Sfcrtlrb, Seilsborf. 5. Oberförfter
6 $ula, Oirabaufen. 6. Saurat (Eontag, RBilmersborf bei Berlin. 7. fL ffietfjbröfer, Jameln. 8. Oberforftmetfter Stnocpenbauer, SReinlngen. 0. Oberförfter
6 cbenf, SReTnitigen. 10. Baurat 2)50, uJteh. 11. (Beb. Beg.«Bat fteberatb, Olsberg, Kr. Brilon. 12. Blfreb Stümpers, 9t t) eine. 13. Bpotbefer Btfboff, 6$mal*
falben. 14. ftifcfyer, ©emsbaufen. 15. Begierungsfefretär Bietborf, Köln. 16. (Beb- Baurat Xreplin, Xrler. 17. (Beb. Beg.-Bat (Eonbrag, Bteiningen
18. Bmtsri(bter SBieganb. 10. Beg.> unb ftorftrat (Eberts, Kaffel. 20. 2tmteri$ter Bbicfes, Bienburg (RBeferi, Borfiftenber. 21. (Beb. Kommerzienrat
Br. ©trupp, SReiningen. 22. Oberförfter ©djmibt 23. fi. Berfes, $einri$s. 24. (Emil Baeftlein, 6ubl. 25. oon Brabenber, Blanfenburg-Gtbioarza. 26. $rof.
flul ertfi, Bonn 27. $rof. 9Retsfe, 3Rünben. 28. Bürgermeifter Betfer, ©(bleufingen. 20. Bauinfpeftor Stierau, ÜRagbeburg. 30. Kammerberr oon (Enfefurt
Blntrieb 31. f). i)erpt, (Eraimar. 32. (Beb- ©taatsrat ©Malier, UReiningen. 33. £obmann, Jameln. 34. (Butsbefifccr oon ©Araber, ©unben. 35. o. b. Bopp,
Ober (böneroeibe. 36 fforftmeifter Kübnlena, S)elba. 37. (Earl Saeste, Berlin. 38. $orftrat. Ben, UReiningen. 30. Oberförfter gopf, üReiningen. 40. Sieg,
©onneberg. 41. Oberförfter Beipolb, ffialopfdj bei ©alzungen. 42. $rof. $aufc, Bremen. 43. 2)r. Brebm, Berlin. 44 6efretär grauenberger, j)Ubburgbaufen.
Gruppenaufnahme oom Derbanbstag be» BeftbeuffGen Jifcfyeceioecbanbes in Beiningen.
XiUa Durieur als „fiimlfo“ in bem gleichnamigen japanifrfjen Sfücf.
6 pe:ialaufnabme für bie „ffiodje" oon 2L S)ertroig.
2Beiäe Starbinäle beim Befieigen eines (Eab.
Dom eud)arif(if(f)en ffcongreft in Conbon.
Die fran 3 Öfifd)e Scbaufpielerin ©ilba Dartbi), bie mit
©ocquelin au(b in Deutjcblanb f(bon aufgetreten ift, bat in
Jßaris bie „Bbäbra" gegeben unb großen (Erfolg enielt.
Der 3Beftbeutfd)e gtfcbereiDerein bat in biefem 3ab*
leine ©enerafoerjammlung in ütteiningen abgebalten.
Sieben anberen fragen mürbe namentlUb bie Schiff*
barmaebunq ber 2 Berra bebanbalt.
3n benftammerfpielen bes Berliner DeutfcbenXbeaters
mürben als 9tooitäten 3 mei (Einafter nad) japanijeben
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um nicht ben ©eliebten, ber fie betraten miü, 3 U entehren.
Der eud)arifti(cbe Kongreß ift in biefem 3abr 3 um
erftenmal auf englifebem Boben in ßonbon abgebalten
morben. Dbroobl bagegen in proteftantifeben Greifen
3 uerft ftarfer Söiberfprucb laut mürbe, ging ber Äon*
gre& ohne ftörenbe ^anfäenfälle oorüber.
$d)(ug bes rebaftioneUen leüs.
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'JJumrner 3&
26. September 1908.
Seite I
Seite II.
26. September 1909.
Stummer 33.
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Kummer 39.
26. September 1903.
Seite III.
2)ies unb bas.
3u ben lleberrafdjungen
in 2)eutfd)*<5übmeftafrifa gehören
aud) bie plö^lic^en Ueber|d)roem*
mutigen infolge ftarfer IRegengüffe.
Unfere Silber aeigen bie (Begenb
oon gelbfdjubborn mit ber Sabn
ßüberibbu4)t’£eetmansl)oop, bie für
geroöbnlid) einer SBüfte gleicht, in
ber ber glüt)enbe 6anb, burd)
ftarfen 3Binb aufgepeitfdjt, f)erum*
fliegt unb bie 9ttenfd)en auf bas
empfinblidjfte belaftigt. 3nnerf)alb
jtoeier Stunben mar biefes Sanb*
tal infolge eines fröftigen Segens
oon rei&enben SBafferftrömen über*
flutet, unb bie Szenerie glid) einem
Stranbibpü, bem aud) ergöhlid)*
3&)ifd)enfätle nic^t fehlten. Solche
Unterbrechungen bes emigen (Einer¬
leis in ober (Begenb fetyen fict> je*
bod) im allgemeinen aus ber gerne
beffer an als am Xatort felbft.
3umal in biefem galt, mo bie
meren 3Bogen bie mühfeligeti
rbeiten oieler SBodjen teils gart 3
(Sortierung auf Seite V.)
Fleisch
Ounke/ von Farbe. Stark conzentr/ert.
Besitzt den / Vo/r/ffeschmack des F/eisches.
Unter ständiger Staat/. Oon tro//e hergestei/t
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26. September 1908.
Kummer 39.
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atmosphärischen Druck herausgesaugt. Hohle Wangen, schlaffe Arme
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wirkt direkt auf die Blutzirkulation, führt dem Zellengcwebe neues, reines Blut
zu, baut es auf und macht das Fleisch frisch und fest. Sie gibt der Haut einen
blühend rosigen, klaren Teint, macht weich und geschmeidig, Pickeln, Balten,
Runzeln, graue Haut verschwinden. Wirkung unfehlbar. Im Gebrauch in höchsten
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Stimmer 39.
26. September 1908.
Seite V.
Dernid)teten, teils erheblid) |
brechungen ift ber 93au ber
löbigten. Drob biefer ftörenbm Unter«
3ahn glücflid) 3U (Snbe geführt toorben.
BücherlafeL
f rfprtcbung einzelner ffierft Vorbehalten. Äücffenbung finbet Hi feinem galt ftatt
ßubtotg (Äangbofer: „(Sefammelte Schriften". 2. Ser. II. 33b.:
Der hohe Schein. vtoman. Stuttgart, ©erlag oon ©bolf ©on*&(£omp.
©uguft Sperl: „Die Söhne bes i)errn ©ubUöoj". ©tünchen,
(£. $). ©etffche ©erlagshanblung. 6 3R.
ßubtoig Daoib: Ratgeber für Anfänger im Photographieren".
j)aüe a. 6., ©erlag oon SBilhelm Krupp. 1,50 3R.
SBanba 3Rofer*grtebrich: „Wie tann man t$leifd) erfparen?"
226 erprobte ©eaepte au nahrhaften unb fehmaefbaften ©tittags-
gerid)ten ohne gletfch- Öeipaig, ftonrab (Brethleins ©erlag.
(ftortfefeung auf Seite VI).
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NOISETTINE
OIE
BELIEBTEN
ESS •
CHOCOLAOEN.
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■ Für die, denen eine Ferienreise nicht mög¬
lich war, und die last den ganzen Som¬
mer zu ßause perbringen, bedeutet das
Pianola
eine tägliche Erholung. — Ganz unzweifel¬
haft trägt die fllustk wie nichts anderes
dazu bei, die haft des Uages und die
Abspannung der Berufsarbeit vergessen
zu machen. Huf dem unbeschränkten Ge¬
biet der Illuslfo findet man für jede Stim¬
mung Ausdruck, und beim Spiel kommt
ITIan perlange Prospekt H. unm e rkl,th R“he und Zerstreuung, fr« css
Preis m. 1250 .—.
s Choralion Co. Berlin Vf. 9
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(Potsdamer Piat}>.
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□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□
Seite VI.
26. September 1903.
Kummer 3?.
Dr. (E. Xeiermann: „Die Vererbung als erbaltenbe 3Jtad)t im
gluffe organifdjen ©eftfjebens". Stuttgart, gramft)fd)e Berlagsljanblg.
(Beo üunclb: „Stfjetnesaauber". (Ein Sang oom beutfdjen
9U>etn. ftarlsrube, ©erlag oon (S. ©raun.
(Ernft (Ebrlid): „Der Bdjtoinbel um bas Dafein", 3*’rtG*mp& e
Betrachtungen. ßeip 3 tg # ©erlag oon fad gr. ©fau.
Bubolf oon ©ottfc&all: „Die Btabonna oon giefota". Berlin,
ßeipjig, Berlag oon 5)ermann Eiliger. 20 Bf.
Margarete oon Derfeen: „Öore gregeifen". Berlin, ßetpäig,
Berlag oon Hermann Eiliger. 20 Bf.
Ob
Verschiedene Mitteilungen.
— Das Bestreben, gute Musik zu billigem Preis in den Handel
zu bringen, verdient jederzeit Anerkennung, und sei deshalb auf
»tnA tiAiiP K'llirrfl X/nllrcancrraKp* Tpirhc MnctlrflficpliA 9H _ P f rr _
Bibliothek (Verlag von C. F. Teich, Leipzig) aufmerksam gemacht
Diese neue Sammlung moderner und klassischer Musik zeichnet
sich vor allem durch eine vornehme, gediegene Ausstattung und
durch eine vorzügliche Wahl der Musikstücke aus. Betrachtet man
die teilweise künstlerischen Titel, so fragt man, wie ist es möglich,
so Gutes für 20 Pfg. zu bieten.
— Warum ist die Amerikanerin schön? Die eigenartige
Schönheit der Amerikanerin ist nicht so sehr ein Resultat ihrer
Eleganz und ihres Geschmacks, denn darin sind ihr die europäischen
Damen mindestens ebenbürtig, als vielmehr ihrer Gewohnheit ratio¬
nelle Körperpflege, vor allem Hautpflege zu betreiben. Es ist dies
in Amerika auch verhältnismässig leicht da die natürlichen Hilfs¬
mittel dieses reichgesegneten Landes den glücklichen Bewohnern
sehr zu Hilfe kommen. Da ist z. B. die kalifornische Haarwuchs¬
knolle „Jpe“, aus der man sich sein Haarwasser selbst bereiten
kann, ferner die Grundstoffe zur bekannten „Oja^-Wunderseife, die
_.___— '_ t e ~ _ \ MI \
Seid heiter, da Ihr's sein könnet! (Shakcspt
„BenefaCtOr U Schultem zurück,Brust heraus!
bewirkt durch seine sinnreiche Konstruktion
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maschinen,
Wasch
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maschinen,
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graphen
V. 3.00 M. an,
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yra-Fahrrad-Werke,
Prenzlau,Postf.No.l35|
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Bummer 39.
26. September 190S.
Sette V11.
für Gesicht und Hände ausserordentlich emptehlenswert ist, auch
die peruvianische Seifenwurzel „Rioret“, die die Haut glättet und
Jftmzelbildung hinten anhält, wird voll gewürdigt, und so hat die
Amerikanerin viele Kosmetika, nicht zu vergessen die „Oja“-Cremes,
die es ihr ermöglichen, alles zu tun, was ihren Körper frisch und
jung und elastisch erscheinen lässt.
— Für Nervenkranke. Die Spezialnervenheilanstalt „Silvana“
in Genf erfreut sich eines enormen Zuspruchs. Die Preise in der
Anstalt sind sehr mässige, weshalb allen nervös Geschwächten und
ernstlicher Erkrankten der Besuch und der Aufenthalt in der An¬
stalt bestens zu empfehlen ist. Das Dr, Rumlersche Nervensanatorium
„Silvana“, Besitzer und ärztlicher Leiter Dr. Ringelmann in Genf,
nimmt nur männliche Patienten auf und versendet illustrierten Pro¬
spekt auf Wunsch gratis an jedermann. Man wolle solchen verlangen.
- Mit dem Eintritt kühlerer Witterung tritt die Heiz¬
frage wieder in den Vordergrund und mit ihr die Erwägung, ob
die Einrichtung, die wir bisher benutzten, den Ansprüchen auf
Nutzeffekt, Bequemlichkeit und Hygiene genügt. Die beiden
ersteren Bedingungen erfüllen fast alle unsere Heizarten. Schlimm
steht es aber mit deren Wirkung auf unsere Gesundheit. Während
der Zimmerofen noch etwas ventilierend wirkt,
wird von unseren gebräuchlichsten Zentral ^
heizungen die Raumluft nur aufgewärmt und yT*7j\ 1
dazu noch durch ammoniakha’tige Gase her- yTlfflftvRsa
rührend von Staubverschwelung, vergiftet. Es -fr* pH J
verdient daher in den weitesten Kreisen bekannt Ojäfljjg
zu werden, dass von den Luftheizungswerken H, ”
Schwarzhaupt. Spiecker & Co. Nachl'g., B^fir
Frankfurt a. Main, seit einigen Jahren ein FjpSS4£
Heizsystem speziell für Villen und Ein- JjfflljjRQjri-
familunhäuser eingeführt und mit wachsen-, n ■ ■ -Wia l
dem Erfolg gebaut wird, das wohl die einfachste, *****
billigste, zuverlässigste und von allen gesündeste
Heizung darstellt. An bereits mehr als tausend Ausführungen,
darunter zahlreichen Anlagen in Häusern von Aerzten auf dem
Lande, an ganien Villenkolonien usw. hat sie den Beweis ge¬
liefert, dass Menschen und Pflanzen in der reinen, gesunden, staub¬
freien Luft, die diese Heizung permanent in den bewohnten Räumen
unterhält, sich bei weitem wohler tühlen als bei anderen Heizun-
(Fortsetzung auf Seite XV.)
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Natürliche Grösse — Preis M. 1 .—, kleine Tuben A\. 0.60
~ . . . .. Kr 1.50
Oesterreich-Ungarn: -j^gg-
wird seit fünfzehn Jahren ständig von Aerzten und Zahnärzten empfohlen.
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Brust- und Rockträger kann zu jeder
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£ 77 f\ | für Hausarbeit, Tanz, Spiel und Sport,
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i faltende weibliche Jugend, wie für die
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14.50 M. in Ganzseide. Umfang unter
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bestellung zurückvergütet wird.
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26. September 1908.
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Einzige Anstalt, die nur Fahnenjunker —
Heer u. Marine — aufnimmt. 1907 best 61.
Berlin W., Bülowstr. 103. Dr. Paul Uiich.
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l Maschinenteil and
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a Maschinenb,
Elektrotechni
Hoch- und Tiefbi
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Dr. J. Oloirrs Uorbereltnng$a«$talt
gegründet 1903, staatlich konzessioniert für die Elnflhiig-Frelwllllgen-, Filta-
rlchs-, Seekadetten-, Primaner- und Abiturienten - Prüfung sowie zum
Eintritt in die Sekunda einer höheren Lehranstalt. — Streng geregeltes
Pensionat mit sorgfältiger Beaufsichtigung der Schularbeiten. — viele vor¬
zügliche Empfehlungen aus allen Kreisen. 1906/07 und Ostern lb06 bestanden
135 Prüflinge, darunter 12 Abiturienten. :: :::::; |V Prospekt. *mg
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eröffnet. Ab Unterrichtsfächer sind vorgesehen: 1. Haushuttungskursus, welcher
umfasst: Küche, Wüsche, Handarbeiten; Haushaltungskunde einschl. Führung v.
Wirtschaftsbüchern; Elementarfftcher und Musik. Ausbildungsdauer 1 Jahfr. —
2. Kursus Stiokerei und Nadelmalerei. — 3. Kursus Handaraelt. N&hen mit der
Hand und Maschinennühen. — 4. Wieoheanfertigung. — 5. Kochkursus. —
6. Kurtue für Waschen und Plltten. — Die Spezialkurse Nr. 2 bis .6 können
einzeln belegt werden und sind von kürzerer Dauer. Lehrpläne und ausführliche
Prospekte gratis und franko. Auskunft erteilt jederzeit die Vorsteherin FrL Cranz.
Baldige Anmeldungen werden erbeten an die Vorsteherin.
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Maschinenb. u. Elektrotech. Abt. für
Ingenieure,Techniker u. Werkmeister.
ln den ersten Tacen des Oktober und des April beginnen neue Lehr¬
kurse an den dem Minister für Handel und Qewerbe unterstellten Preussi-
schen höheren und niederen Maschinenbauschulen. <
Königliche höhere Maschlnenbatiechulen, die den Zweck haben, Betriebs¬
und Konstruktionsbeamte heranzubilden und künftigen Besitzern und Leftem
maschinenindustrieller Anlagen Gelegenheit zum Erwerb der erforderlichen tech¬
nischen Kenntnisse zu geben, bestehen in Dortmund. Elberfeld-Barmen,
Köln, Stettin, Posen, Breslau, Magdeburg. Altona, Hagen i. W.,
Aachen und Kiel (Höhere Schiff- und Maschinenoauschule). In die höhere
Maschinenbauschule in Magdeburg werden neue Schüler bis auf weiteres all¬
jährlich nur zum April aufgenommen.
Das Reifezeugnis der höheren Maschinenbauschulen dient als
Nachweis der vorgeschriebenen technischen Kenntnisse für die Annahme
a) als technischer SekretXrsaspirant bei der Kaiserlichen-Marine,
b) als Anwärter für die Laufbahn zum EUenbahn-Betrlebe-Ingenleur 'Oder zum
maschinentechnischen Elsenbahnsekretür bei der Staatseisenbahn-
Verwaltung.
Das Schulgeld beträgt halbjährlich 75 M. (in Köln 100 M.).
Königliche Maschinenbauschulen (niedere) bestehen in Dortmund. Elber¬
feld-Barmen, Köln, Essen, Gleiwltz, Duisburg, Görlitz und Magde¬
burg; ausserdem besteht in Graudenz eine überwiegend vom Staate unter¬
haltene und mit den Königlichen Anstalten gleichberechtigte
städtische Maschinenbauschul s e. ln Magdeburg beginnen die neuen
Kurse bis auf weiteres nur im Okto'ber. Aul diesen Anstalten soll vornehmlich
Leuten mit längerer praktischer Erfahrung Gelegenheit gegeben werden, sich eine
abgeschlossene technische Ausbildung anzueignen, die sie zur Verwendung als
technische Beamte, insbesondere Werkmeister, Maschinenmeister und
Leiter kleinerer eigener oder fremder Betriebe geeignet macht.
Inhaber des Reifezeugnisses der Maschinenbauschulen sind zur Ab¬
legung der Elchmelsterprilfung berechtigt. Auch werden Bewerber mit diesem
Reifezeugnis bei der Annahme für den Werkmelsterdlenst an den Staatseisen¬
bahnen vorzugsweise berücksichtigt.
Das Schulgeld beträgt 30 M. halbjährlich.
Die den höheren und niederen Maschinenbaaschulen verliehenen Be¬
rechtigungen können In Preussen nur auf den vorgenannten Anstalten und
auf der stüdtischen Maschinenbauschule In Hannover (dort nur für den Eich¬
meister- and Staatselsenbahn-Werkmeisterdienst), nicht aber auf den in
grösserer Zahl ausserhalb Preussens bestehenden Privattechniken erworben
werden.
Die Kurse an allen höheren und niederen Maschinenbanschulen
dauern gegenwärtig ohne Unterbrechung des Lehrgangs vier Se¬
mester (zwei Jahre).
Zur Unterstützung des Unterrichts sind reichhaltige, chemische.
physikalische, maschinen- und elektrotechnische Sammlungen
sowie mit modernen Maschinen und Apparaten ausgestattete
maschinen- und elektrotechnische Versuchslaboratorien vor¬
handen.
Für Bücher, Zeichenmaterialien, Hefte usw. sind an allen Anstalten im ganzen
etwa 120 M., für Wohnung und Unterhalt eines Schülers für die jährlich 10 Monate
währende Unterrichtszeit etwa 600 M. erforderlich.
Bedürftigen preussischen Schülern können Stipendien und Schulgelderlass
gewährt werden.
Ueber die Aufnahmebedingungen und alles weitere geben die Programme
der Schulen Auskunft, die von den Direktionen jederzeit kostenfrei zu
beziehen sind.
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A. Fachschule.
Abteilung I. Kochschule.
Abteilung II. Industrieschule.
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Wirtschaftskunde. ( n _ riffiMrf *
AbteilungII. Handarbeitslehrerinnen.! , 1 rU i U ?^ Cn
Abteilung III. Turnlehrerinnen. J * n Erfurt.
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stummer 39.
26. September 1908.
Seite XIII.
fiAapiedpiehrPdyteehnikum]
3ÜFL, 6öthen*änhalt3i
\ / <fdti$& Z Programm durch das Sekretariat. /
Wß\m W Penslonat Relffenstein wno. Chamberdon (gegr. 1865) f. jg. Mädch. best. Fam.
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• /Äxas e i mir nahezu ausschliesslich angewendet, und immer
Pr6IS m ‘t vorzüglichem Erfolge. Dieser Puder hat den
'<;! grossen Vorzug vor anderen, dass er nicht so stark
[:■ stäubt, den Atmungsorganen gar nicht lästig fällt
Z5//1 n i iv/1 «I und sic ^ dennoch ß ut auftragen lässt. Beim Wund-
[;:r/nCH i •; sein kleiner Kinder ist er mir ganz unentbehrlich
geworden; in meiner ganzen Klientel sowie auch
j| ; fru/y n-pi\Qti\ : ;! m der Städtischen Entbindungsanstalt ist derselbe
u i eingeführt Bei starkem Transpirieren der Füsse u.
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erteilt jede Auskunft gerne.
— In den ersten Tagen des Oktober und des April beginnen
neue Lehrkurse an den dem Minister für Handel und Gewerbe
unterstellten Preussischen höheren und niederen Maschinenbau¬
schulen. — Siehe Inserat in dieser Nummer.
— Bingen a. Rh. Am Rheinischen Technikum wurde das
neue, von der Stadt erbaute Maschinenlaboratorium fertiggestellt
und soll mit Beginn des Wintersemesters in Gebrauch genommen
werden. All die Versuche an fertigen Dampfmaschinen, Dampf¬
kesseln, Gas- und Benzinmotoren, die. bisher auswärts angestellt
wurden, können nunmehr in der Anstalt selbst ausgeführt werden.
Die Frequenz wird im Winterhalbjahr abermals eine Zunahme er¬
fahren. Ausser Maschinenbau und Elektrotechnik werden Spezial¬
vorträge über Automobilbau und Brückenbau gehalten. Die seit drei
Jahren mit der Anstalt verbundene Chauffeurschule erfreut sich
ebenfalls einer guten Entwicklung. Der Leiter beider Anstalten ist
der in Fachkreisen bekannte Regierungsbaumeister Hoepke.
Gesonderte Programme über das Technikum wie über die Chauffeur¬
schule werden kostenfrei versandt.
Annahme von Inseraten
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pen, Papp-Iitui ... hl. 10,—
Nr. 6516. Grenadlllholz, 8 Klap-
pen, le ' nes Papp-Etui M. 16,—
Nr. 6518 Grenadillnolz. m. 8 Klap-
||||Pp9fl|F ^ cn (C*Fuss) in gutem Holz-
f T *3 Nr. 65211 Grenadlllholz, io klapp.
(H-Fuss), feines Instrument, in elegantem Holz-Etui M. 40, —
Nr. 6524. Grenadlllholz, mit 10 Klappen (H-Fuss), Elfenbein¬
kopf. feines Instrument, in gutem Holz-Etui . . M. 50.—
Nr. 6530. Grenadlllholz, 12 Klappen (H-Fuss), Elfenbein¬
kopf, Konzertflöte, in eleg. Holz-Etui . . . . hl. 60,—
Nr. 6540. Grenadlllholz, 15 Klappen (H-Fuss), Elfenbein¬
kopf, Konzertflöte, feinste Arb. in sehr eleg. Holz-Etui M. 90.—
Nr. 6544. Modell Zimmermann, eigen. Fabrik, Qrenadillholz,
13 Klapp., Elfenbeinkopf, bestes Soloinstrum., leichte An¬
sprache. voll., gleichmäss. schön. Ton in fein. Etui M. 150.—
Nr. 5849. FflrSchüler M. 22.-
Nr. 5855. do., i. Etui . M. 28,-
Nr. 5857^ Für Orchester, dop-
Nr.5861. do.^ m.Holzet. M.35
Nr. 5859. do , bess. QuaL ur
^ i i .A-Siift.ohn.Etui M.35,
No. 586V. do. lein. Qualität., in Etui . . . M.45. —
Nr. 5871. do. mit A- und As-Stift, feine Qualitüi.
in Holz-Etui. M. 60
Nr. 5975. Für Solisten, mit A- und As-Stift, in
feinem Holzetui.M. 75,— u. teurer.
Mit ZvIlnderventUen.
Nr. 5920. Für Orchester, ohne Etui.... M. 30
Nr. 5924. do. mit Holzetui, bessere Qu d. M.45.
Nr. 5928. Für Solisten, mit A-Bogen, feine Quali¬
tät, Holzetui. M. 50,
Nr. 5932. Konzertcornet, allerbeste Qual. M. 75.
Mandolinen
Vuef' Nr. 5498. Ahorn, einfach M. 7,—
Nr. 5499. Ahorn, bessere M. 9,—
Nr. 5500 Ahorn, echt ital. M. 12.—
Nr. 5504. Ahorn oder Palisander,
echt italien.. bessere M. 15,—
Nr 550^. Palisander m.Schalloch-
verzierg., echt italien. M. 20,—
Nr. 5506. Ahorn od. Palisand., echt
r i italienische . . M. 22,—
Nr. 5508. Palis., echt ital., bess. Ausstattung M. 30,—
Nr. 5509. Palls., ff. Mech.. sch. Ton. echt ital. M. 40,—
Nr.5510. Palis., echt ital.. f. Mech., gr., sch.Ton M. 60,—
Nr.5514. Palis ,s f.Arb., r. Perlni.-Verz M. 100 u. teurer.
Konzertzlthepn.
Nr. 5361. Ahorn, Palisander-lmit. M. 15,—
Nr. 5363. Palisander, besser . . M. 20,—
Nr. 5368. do. mit Mechanik . . M. 25,—
Nr. 5369. do. guter Ton . . . M. 35,—
Nr. 5370. do. in feinem Holz-Etui M. 50.—
Nr. 5372. do. do. sehr f. Arb., el. Etui M.75,
Akkordzithern.
Reform-Guitarrezither. ä M. 6.— u. 9.—
Meinhold’s Zithern ä M. 6,12, 17,50,34.
Müller» uGrunertsZlth.äM8,11,25,36,50,75
.2* Nr. 14007. Schulgeige, hbenliolzgarnitur, mit Bogen,
Kasten und Kolophonium. M. 12.—
<5 Nr. 14014. Orchesteroefge, gut im Ton. mit Bogen.
KasUReservesait., Kolophon, u. Stimmgab. M. 20.—
♦ Nr. 14017. Orchestergeige, besser im Ton, mit Fer-
j nambukbogen, Kasten. Reservesaiten, Dämpfer,
•5 Kinnhalter, Kolophonium u. Stimmgabel M. 30,—
_o Nr. 14032. Orchestergeige, sehr gut im Ton, mit
Js Femambukbogen, Kasten, Reservesaiten, Dämpfer,
^ Kinnhalt., Kolophon., Stimmgab.. Pinzette M. 50,—
o Nr. 14044. Sologeige, feinste Ausarbeit., mit ff. Fer-
Gitarren, 6saitig p mit Mechanik.
Nr. 5140. Ahornholz, Decke lackiert M. 10.
Nr. 5145. Ahorn, pol. Decke, Schalloch-
Einlage .M. 15,
Nr. 5148. Dsgl.,bcss.Arb.,Halsschraub. M. 20.
Nr. 5150. Desgl., feine Arbeit. gut.Ton M. 30
Nr. 5153. Palis, od. Ahorn, Mahagonih. M. 50.
Nr. 5156. Desgl., feine Ausstattung . M. 75.
Nr. 5160. Palis.od.ff.Ahorn,s.schön.TonM.100,
Nr. 5163. Palls, od. ff. Ahorn, Konzert-
instniment . M.153.
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Nordische, lOsaitig ä 65 M
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unb fterausflabe in Defteiietcb«Ungarn Derantroortlid): 55 l&irti, 2Bien. — iiür ben Anzeigenteil Dkrantroortlui): oron 3 iBoerner, Berlin.
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•4
Die Mil im Dienfte net SMMen
gür oiele ÜRenfchcn ift «ine non bcr Deutfcßcn Slfuftif»
©efelifchaft in Berlin W. 50 , Bacfjobftr. 34 , gemachte
Erfinbung, um Schroerhörige beffer hören au machen, non
hoher Bebeutung.
Die Steuerung bricht mit allen bisherigen OTethoben, oor
allem mit ber Einführung oon Hörrohren in bas Ohr, unb
roenbet bagegen eine Bieihobe an, beren Erfaß fo einleuch*
tenb für befferes i)örcn ift roie bcr Erfaß einer guten Briüe
für befferes Sehen.
Der ju oiclcm berufenen Eleftri3ität ift tatfäcblirh ber
gortfehritt oorbehaiten, auch bie Sdjroerhörigteit 3U be*
heben. Der Slpparat befteht aus einem fefjr empfinblichen
ÜJtihraphon oon ijanbteüergröfje, bas ber ©chtoerhörige
an einen Knopf feines JRocfes hängt ober fonftroo angemeffen
an fleh befeftigt, in einem ebenfo großen ielepbon, bas burch
Doppelbraht in üblicher SBeife mit bem Btifrophon oer*
bunben ift unb oom Scbtoerhörigen entmeber ans Dhr
gehalten ober burch einen Bügel in eine fefte Gage 3um
Ohr gebracht roirb, unb enblid) in einer (leinen Irocfen*
batterie, roelche
in bie Geitung
eingefchattet ift,
unb bie man be*
quem in ber
iafche trägt.
Die gunftion
bcs Apparates ift
dar: bie oomüRi*
frophon, bas er*
hcblid) größer als
bieOhrmufchelift,
3um leleptjon
roeiter gegebenen
Sdjallroelien er*
fahren burch ben
oon ber Irocfen*
batterie gebrach*
ten SuFfur5 bei
Erregung berle*
iephonmagneien
eine Serfiärfung
unb gelangen
bemnad) fo in
oerftärfter gönn
in bas Dßr bes Schroerhörenben. Die Erfinbung, roelche
oon einigen Berliner Spejialö^ten unb Eleftrotecßnitern ge»
meinfam gemacht rourbe, ift für Schroerhörige hoch*
bebeutenb. Die Deutfcße 2 ltufti(*©efellfd)aft in Berlin
oerfenbet B r ofpeft unb ör^tlic^e ©utactjten Foflenlos.
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pbofiologifcß reinen CecUßins. (ßauptbeftanbteil bes „Btodtin").
Aas geiftige, gefcßäftlicße unb gefellige fieben beanfprucßt
in unferem 3dtalter eine außergewöhnliche fieiftungsfäßig*
feit ber Heroen» unb Körperträfte. Sin Btenfcß mit über*
anftrengten, oerbraucßten Heroen, ob alt ober jung, leiftet
nicht bas, 1003U itjn feine Säfjtgfeitcn eigentlich
berechtigen; er mirb nur ju leicht auf allen ®e»
bieten überholt, oerliert bas Selbftoertrauen unb
fchafft felbft bei eifernem UBillen fein Ißenfum nur
mit Aufbietung eines übermäßigen Kraftoerbraucßs
an Uleroen unb ©eiftestätigteit, fo baß bas
Uebel mit jeber täglichen ßeiftung oermehrt toirb.
Blit ihren feinen Beräftelungen, bie im 3 «nlral*
neroenfgftem — $irn= unb Ulüctenmart — ihren
Ausgangspuntt hoben, oermitteln bie Uleroen jeben,
auch ben geringften, feinfühligften inneren unb äuße¬
ren ßebensoorgang bes menfcßlicßen Körpers. Ser
geringfte Schmers an irgenbeinem Körperteil, ja
felbft bie leifefte Berührung ber Sjaut burch irgend*
einen ©egenftanb ober ßufhjug, auch bie normale
ober geftörte gunttion irgenbeines inneren Organs
unb felbft unfer feelifcßes ©mpfinben toirb bem Bien*
fchen erft burch Bermittlung feiner unb feinfter Uleroen*
fafern 3um Beroußtfein unb 3um ©efüßl gebradu
Ser traftoolle Arm bes Athleten leiftet nichts
mehr, fobalb feine Uleroen irgenbtoie oerleßt ober
frant finb; überhaupt jebes beliebige Organ oer*
fagt, fobalb bie ihn burcß3ießenben Uleroen nicht
mehr mittun. Ser Blagen 3. B. — er mag
als folcher noch 9on3 gefunb fein — fann nicht
mehr bie Speifen genügenb oerbauen, Appetitlofigfeit unb
alle beren böfe golgeerfcßeinungen treten auf, roenn bie
Blagenneroen entträftet ober ertranft finb. Ser große,
ftarte Blustei toirb alfo oon bem tleinen, feinen Utero
beßerrfcht, ben man besßatb auch mit Utecht ben pftjcßifcßen,
feelifchen Blustei genannt hot. Cs ift besßalb durchaus
oerteßrt, toenn gan3 einfeitig auf bie Bflege ber Blustein
allein UBert gelegt toirb, toäßrenb man ber Bftege feiner
Uleroen nur fetjr geringe Aufmertfamfeit fcßentt. Sie mobeme
3 «t oertangt oon uns ja nicht Ueberanftrengung unferer
Körpermustein, benen mir fogar burch Sport unb Spiel
erft bie notmenbigfte 93 etoegung geben müf*
fen, aber fie forbert unerbittlich täglich aufs
neue ©infeßung unferer garten Kraft bes
©eiftes unb ber Uleroen. 3 eber 95 eruf un*
feres ßaftenben ßebens entnerot uns in
erfchrectenbem Blaße mehr unb mehr! Blit
Blühe erlebigen mir unluftig unb mecßa*
nifcß unfere tägliche 93 erufsarbeit, bie uns
teine Befriedigung gemährt. Uleroös über*
rei3t, finben mir feinen Appetit, unfer
i)eim oerfcßafft uns nicht mehr Beßaglicßteit, Buße unb
©rßolung. Unluft, Un3ufriebenßeit, Unruße, Sorgen rauben
uns ben Schlaf, treiben uns unftet umher unb (affen uns
notgebrungen 3U bebentlicßen Btitteln greifen, um unfere
Uleroen fünftlicß für tur3e grift auf3upeitfcßen ober 3U be=
täuben. ©egen biefes ©lenb, melcßes nur in unferen oer*
brauchten Uleroen fußt unb aus ißnen ftammt, finben mir in
unferen Blebitamenten teine bauernbe #ilfe, unb eine Bletßobe
bauernber raiffenfcßaftlich erprobter Bflege ber Uleroen, melche
allein mirtlich helfen tönnte, mar bisher noch nicht gefunben..
Sarin liegt aber bas 93 erbienft ber Arbeiten oon Brof.
Sr. i)abermann unb Sr. ©ßrenfelb, baß fie uns ein Blittel
3U einer folcßen Bflege unferer Uleroen an bie j)anb gaben,
mit bem mir hoffen bürfen, unfere Uleroen — bie feelifchen
Blusfeln — in abfeßbarer 3ctt ebenfo fräftigen 3U fönnen.
Da» Zentral > Sternen*
faftem, brr 6ifc bes
vemufstfeins, in ©el*
(bem olle törperlkßen
unb geiftigen (Empfin*
bungen autammenftrd*
men ba». ffiillensfunb*
gebungen ausgeben.
mie mir unfere phqfifcßen Blustein fcßon (ängft 3U ftäßlen
oermögen! — Siefe gorfcßer ftetlten nach einem neuen, oon
ißnen entbecften UJerfaßren Uleroenfubftan3 in pßqfiologifcß
reiner gorm aus ben Stoffen bar, aus melcßen 3. 95 . aucß
bas ficß aus bem ©i entmictelnbe ^üßncßen ©eßirn
unb Ulüctenmart aufbaut, nämlich aus ben Be*
ftanbteilen bes ©ibotters! Sie UBirtung folcßer
Uleroenfubftan3, melcße auch fiecitßin genannt toirb,
auf ben Organismus ift eine gan3 überrafcßend
günftige, mie es oon Serono, Sj. ©laube, A. 3 Q lt),
ßahcereau; unb Boulesco, ©arrier, Artes u. a. m.
mieberßolt bemiefen ift.
Someit biefe guten ©rfolge auf rein mebi3ini*
fcßem ©ebiet (bei Xuberfulofe, 3ucterfrantßeit, fcßme*
ren Uleroen« unb ©emütsleiben, Arterienoertaltung
ufm.) liegen, intereffieren fie üns hier nicht unb geben
nur ben prattifchen Ar3t an. UBoßl aber ift es für
jeben oon größtem ßntereffe, 3U erfahren, baß nach
ben gorfcßungen unferer Bhbfiologen unb Aer3te bie
erbößte 3 ufußr oon Uleroenfubftan3 in ben Organis*
mus oon außerorbentlicßer 95 ebeutung für überhaupt
jebe gefunbe ßebenstätigteit ift. Senn es findet
in ben Uleroen ein Stoffroecßfel an Uleroenfubftan3
ftatt, unb 3toar fo, baß in bem ermübeten, fcßmacßen
ober tränten Ulero bie Uleroenfubftan3 fcßminbet,
mie man es am Ouerfcßnitt ber Uleroen unter bem
Blitroftop beutlicß beobachten tann. güßrt man
einem fo gefchmächten Körper neue Uleroenfubftan3
3u, fo mirb, mie 3uerft bie gorfcßer Sesgre3 u. 3 otp
amtlichen Berichten ber fran3öfifchen 2 Öabemie ber
ermiefen haben, biefe befonbers im ©eßirn.
anmenbbar
Sarreicßung.
Ouerfcßnitt
eines gefunben 91 er
oenbünbeis.
in ben
UBiffenfcßaften
Ulüctenmart, überhaupt im gan3en Uleroenfpftem 3urüctgeßa(ten
unb für ben ßebenspro3eß fofort oermenbet. Blunterteit,
Kraft, Arbeite* unb ßebensfreube treten mieber ein unb machen
ben Körper gegen Ueberanftrengung miberftanbsfäßig.
Uleroenfubftan3, ßedtßin, nach bem Berfaßren oon Brof-
Sr. Dobermann unb Sr. ©ßrenfelb, in pßpfiologifcßer reiner
gorm, mie es allein für ben menfcßlicßen Organismus
gebrauchsfähig unb oon guter UBirtung
ift, gelangt nur im Biocitin 3ur prattifcßen
Biocitin ift ein moßlfcßmectenber, puloer*
förmiger ©jtratt aus ben Ieicßteft oerbau*
ließen, natürlichen, alfo eßemifeß unoeränber*
ten UBertanteilen oon ©ibotter unb Blilcß
(alles feßmerer Berbaulicße ift baraus ent*
femt) unb enthält oon biefen ca. 10% folcßer
pßqfiologifch reinen Uleroenfubftan3 — ßeci*
tßin — nach Brofeffor Sr. $abermann unb
Sr. ©ßrenfelb. So bilbet Biocitin bas oer*
trauensmerte Uläßr* unb Kräftigungsmittel
für jeben (eibenben unb erfeßöpften Organis*
mus jeber Alterftufe in geiftiger unb törper*
licßer ^infießt; es bilbet für ben Scßmertranf en
ein gern genommenes, leicht oerbaulicßes, traft*
fpenbenbes, überhaupt ibeales Ulaßrungsmittel, feßafft eine
funbamentale Uläßrquelle für fcßmächlicße unb blutarme B«r*
jonen, träftigt unb förbert ben Subftan3erfaß Uleroenleibenber
allmählich 3U gefunbergunttionstätigfeit unb ift für geiftig ermü*
bete unb erfcßlaffte 3 uftänbe oon taum je erhoffter Ulußbarteit.
Biocitin ift in Apotßeten unb Srogerien oorrätig, fonft
mirb es auch portofrei oon ber Biocitimgabrit, ®. m. b. S).,
Berlin 29 , C. 42 , bireft oerfenbet. 3 n teinem galle oer*
fäume man, ficß näßer über bie Bletßobe rationeller Uleroen*
pflege burch eine Brofcßüre 3U orientieren, melcße oon
oorgenannter gabrit oolltommen toftenlos oerfenbet mirb.
Ouerfcßnitt eines De¬
generierten Sternen*
bünbels; ein grafeer
leil ber Sternen*
fafern ift noUftänbh
xugrunbe gegangen
oureß SRangel an
geeigneter 6toff*
jufußr (reines Ce*
citßin).
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,2Bod>e« 9fr. 40.
Anzeigenteil.
3. Oftober 1908.
4 . 4 . ßelouan. 4.4.
3 mmer brängenber, immer gemaltiger roirb ber 3 ug Sic Krönung Helouans aber, im figürlichen unb im
ber URenfcgen nad) ber Sonne. Stiles, mas in unb an roirflicgen Sinne, bebeutet bas granbiofe Sjöte 1 „211 Hogot",
uns fied), leibenb ober auch nur unfroh ift, ftrebt fegnfücgtig 3 U beutfeh „Sas Sieben".
bem Sichte-unb ber SBärme 3 U, inftinftio abnenb, bag biefe 21uf bem Hochplateau bes ÜRoffatamgebirges, 40 ÜReter
macgtooUen Srörberer bes Sehens gleichseitig auch bie 23er» über ber Stabt, 96 SReter über bem Stil, ftebt es auf einem
tilger aller bafeinsfeinblichen Elemente fein müffen. So ber göcgften fünfte 2 leggptens. IDas fich ihm 3 U trügen
nimmt ber Sonnentultus auch in ber Heiltunbe einen immer breitenbe orientalifcge Sani» begerrfegenb, liegt es ba, ein
größeren Ißlag ein, unb bas 23eftreben, ben förperlich ober ftattlicher Komple;, ber prächtige IRäume für 250 ©äfte
feelifch Seibenben einer möglichft tonjentrierten unb an- befigt. 2Beitgin fegroeift ber ÜBlicf nach ben fßatmentälem
haltenben Einroirfung ber Sonne ausjufegen, hat bie Xgerapie
ber 2 Büfte geseitigt.
2Bie nach einem ÜRetta sieben bie „Schtoermütigen unb
Selabenen" nach ber Küfte biefes golben toogenben, fonnen*
burchglühten Sanbmeeres, unb bie SBüfte haucht ihren ge*
heimnisoollen 2Item über fie hin gleich einer Segnung. 2lber
nicht nur Krönte, auch gefunbe URenfcgen, bie fich 0 crn in
Sonne haben, tommen mit bem grembenftrom, benn mit
Entbehrungen hoben biefe mobemen SBüftenpilger mahrhaftig
nicht 3 U tämpfen; juft bort, roo bie Sage am gefünbeften, bie
Sonne am ftationärften unb bie Suft am troefenften ift,
lagern fich tultioierte, fchöne Kurpläge um ben 2Büftenfaum.
Unb einer baoon, bie rei 300 üe, Keine äggptifcge Stabt
Heleuan, brei ÜReilen öftlich über bem Stil, hot fich f<> 9 or
ein ertlectliches Stücf in bie SBüfte gineingemagt. Sie ift
oon Kairo in taum halbftünbiger Scgnellsugfahrt, alfo oon
Qeutfcglanb in 4—5 tägiger herrlicher Steife 3 u erreichen
unb bietet fo nebft ben eigenen auch noch bie Vorteile
ber unmittelbar benachbarten ©rogftabt. Snmitten ber
roeiten arabifchen Sanbebene bes SRottatamgebirges liegt fie
ba, eine tünftliche Dafe, bie SRenfcgenganb aus bem 2 Büften=
hoben gesäubert. 3gre Kolonifation mar eine überaus
glüctliche: feine gefchloffenen Höufersüge unb engen ©affen,
mie man fie fonft im Orient finbet, feine biihtbeoölterten
Häufet, alles roeit, frei, offen,
oon Himmelsbläue überftrahtt,
oom SBüftengolb umleuchtet. Stur _
bie buntlen Schluchten unb Klüfte M«irrui!wn<»»S!c!jV
bes ÜRoftatamgebirges bämpfen ***'.• " 1 "
bort unb ba ein rnenig ben
Sum SRai, alfo im Herbfte, 2Bin* jS
ter unb im erften Frühling, ift
Helouan auch in fanitärer 93e=
3 iehung ein Elborabo. qom ,.m i><w
Eine Staturgeiltraft oon un-
fchägbarem 2Berte befigt Helouan: feine Scgmefelroaffer*
ftoff*Kochfals*Quellen, bie naturmarm, fo mie fie aus ber
Erbe tommen, gebraucht merben. Ohre Xemperatur beträgt
30° G, fie finb bie gehaltooüften Quellen ber Erbe, unb
mo anbers oermöchte man fich noch im 2 Binter einer
Schmefeltur su untersieben?
Oie 2$äber finb im tomfortabelften Stil eingerichtet
unb merben burch ein oon beutfegen Kurärsten geleitetes
3anber*3nftitut mit Eleftrotgerapie, Heigluftbäbern, Kalt»
mafferbehanblung, SRaffageturen, Stöntgenftraglen ergänst.
2tDe Höufer hoben groge IBaltons, Xerraffen unb fchöne,
behaglich abaptierte fEßognungen.
I...+S
t)otel „Ul ^agat“ (*üt>roeftfeite).
bes Stil unb ber bahinter anfteigenben Sibgfcgen SBüfte mit
ihren bis in ben Himmel ragenben ißgramiben oon ©uiseh,
ben taufenbjährigen heiligen SBäcgtern 2 leggptens. 3 m SBeften
behnen fich Slbon Sir, Sattarah unb Xagfcgour bis nach
SRebün, unb im Often erhebt fich bas serriffene Stanbgebirge
bes arabifchen XBüftenplateaus. Oas Xerrain bes Hotels
geht öftlich unmittelbar in bie 21 rabifche SBüfte über —
ber oorgerüeftefte fßuntt ber am meiften in bie SBüfte
gebauten Stabt. 23is sum Stoten SReer hin gibt es bann
feine ftänbige menfchtiche 2 tnfiebtung mehr auf biefem heil 9
träftigen Sanbe.
2)er Sonnenuntergang, oon ber Hotelterraffe oon „211
Hagat" aus gefehen, ift ein Slaturfcgaufpiel oon rounber»
notier, übermältigenber ©röge. Ein ©lügen unb SSIüben,
ein Scgmelgen in Siegt unb färben, bas bie Sömmerung
füg unb leife bämpft, um fie bann oom 3ouber bes SRonb*
glanses überfluten su laffen.
Unb inmitten biefer SRärcgenpracbt bes rätfeloollen
SRorgenlanbes europäifeger Sujus oon ooüenbetftem Staffi*
nement. SRan gegt morgens in ber SBüfte fpa 3 ieren unb
fpeift mittags ein ejquifites Sund), man befuegt bie Königs*
unb Stiergräber oon Satfarag ober gegt naeg bem
fagenummobenen SRemplus unb fpielt g(eidt> barauf im
Hotelgarten Xennis ober ©olf auf oorsüglicgen fßlägen.
SRan mar auf bem tgpifeg äggp*
tifegen SSauernmarft in SSebracge
r . ober ln einem ber aus Schlamm*
'' • 1 gütten gebauten blutarmen gel*
lacgenbörfer unb malst bann auf
einer Steunion in ben glans*
U uollen ©efellfcgaftsräumen bes
gotels. 21uf Schritt unb Xritt
Bp > . biefe oerblüffenben Kontrafte oon
taufenbjägriger Bergangenbeit
unb mobernfter ©egenmart, oon
(iittmefcffcie). urfprünglicgfter Statur unb oer*
feinertften Kulturerrungenfcgaften.
2 lucg in biefem Sinn ift Helouan einsig in feiner 2 lrt unb auch
„211 Hogat" mieber bie Quinteffens feiner SRertmürbigteiten.
Ein orientalifcges Ißarabies mit gans irbifegen SRitteln su
erreichen, benn obgleich bie Hotelanlage, fotoogl mas ißenfion
als Untertunft betrifft, ben oermögnteften Slnfprücgen ge*
nügt, fo ift ber 2 lufentgalt bafelbft boeg teinesmegs foft*
fpielig. Sarum ftrömen igm auch alljährlich Xaufenbe oon
Ergolungsbebürftigen su, unb basHous trägt bas oomegmfte,
internationale ©epräge. 3n Helouan, ben „fügen Süften",
ftegt es unb bebeutet „211 Hogot" „2)as Seben" — ein
smingenb fgmbolifcges 2 Bagrseicgen inmitten bes ©efunbgeit
unb Qafeinsfreubigteit fpenbenben Heilquells ber SBüfte.
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gSofle" Ttr. 40.
3. Oftober 1908.
Schiffs-Proviant
*on Adolf Höferv
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Diewoche
Hummer 40.
Berlin, ben 3. Oftobet 1908.
10 . Ja^rgamg.
3nfjalf ber Hummer 40. 6rtf
Sie ftefren Zage ber 3Bo$e.1715
Sie Cfige im $'<>3*%. Son (Beb 3uftijrat Srof. Sr. DeQnug ... . 1715
Sie 6i.cerbett ber (^ifenbabneinri^tungen unb ifyre Seiterbtlbung. Son
Srofeffor BMIfcelm Äübler...1717
lieber Vctitterfd)aftsocifid)erung. Son 2)r. BIfons ftlfdjer.1720
liniere Silber.17 il
Sie Zoten ber 2Bo$e'.1722
Silber oom Zage. (Sfcotograpbifäe Sufnabmen).1723
Sroefigl Roman oon ©eora ftreiberrn oon Ompteba (Sortierung) . . 1731
Sa« $afteur|<be Snftitut für Setämpfung ber Snfeitionotrantbetten. Son
Srof. Sr ©. SKeif^nifoif.. . ;. 1736'
Sas Serliner Ääniglidje Sdjaufpiel. Son gtbor oon Aobeltih. (SNt
22 Bbbilbungen).. . • . *.1730
SBle Ouftballons gebaut merben. Son i)auptmana a. S. i)Ubebranbt.
(Stit 6 Bbbilbungen). 1745
6piel3eug. Roman oon $ans oon ftablenberg. (ffortfefeung) .... 1750
Böen blieb. <8ebid>t oon Rnna Sitter ..1754
Ser Sarifer BpaAentanj. 5 Bbbilbungen).1754
Silber aus aller Welt.1756
Die fieben Xaqe bet Bocfje.
Äonfulats geftettt Ratten, non frartjöfifcben Solbaten angegriffen
unb ins ©efängnis gefdjleppt würben. Der Stonfufoisfetretär
mürbe gefdjiagen unb oon einem Offner mit bem fteootoer bebrofjt.
27. September.
3n ben meiften Stabten Bulgariens merben groge Botts*
oerfommtungen abgei)aiten, bie bie Befefcung ber Drientbaljn*
linien gulfjeigen.
2$. September.
Dos fpanifAe Äönigspaar trifft aum Befud» bes ^rinjen
ßuitpotb oon Bauern in SJiiindjen ein.
Aus Sofia mirb gemeibet,. bag ber öfterreid)ifrf)*ungarifd)e
©efdiäftsträger unb ber beutfdje biplomatifcge Agent gegen
bie SBegnaipne ber Orientbabnlinien . proteftiert unb bie S)e r*
ftellung bes status quo ante geforbert hoben.
29. September.
Hus Snbien tommen dtocgrlcgten über furchtbare lieber«
fcfjmemmungen, bei benen aaglrelc^e dRenfdjen bas ßebett
oerloren haben.
Hus Xäbrls mirb gemeibet, bag bie Xruppen bes Schahs
unter Hln*eb*OauIef) im Stampf mit ben ftonftitutioneüen eine
fernere (Rieberlage erlitten haben.
. 30. September«
Hus $aris tommt bie Nachricht, bag in Borbeaur im
#aufe bes Äonfuls dReijer burd) Ejplofion eines mit 3agb*
puloer gefüllten ©egenftanbes ein Attentat oerübt mürbe,
ohne ernften Schaben anauriegten.
24« September«
3m bohmtfehen ßanbtag fchreiten bie beutfegen Hbgeorb*
neten aur Obftruttion, ba ihrem Verlangen, einen beuifcben
Beamten in bas Bureau aufaunegmen, nicht entfprochen mirb.
Oie Sigung mug infolge anbauemben Xumults gefchioffen merben.
Hus Pefingfommt bie dRelbung, bag berftaifer oon Ebina ben
(Beneral ®in Xfcgang aum ©efanbten in Berlin ernannt hat.
Oie Pforte oerlangt mieberholt oon ber buigarifchen Re¬
gierung bie Freigabe ber mährenb bes (egten Hrbeiterftreifes
befegten Orientbahn.
lieber (Reuqort tommt bie (Racfjricgt, bag burch einen Xaifun
auf ben Philippinen groge Bermüftungen angerichtet unb
aaglreicge dRenföen getötet mürben.
25« September«
Die bulgarifche (Regierung lehnt bie greigabe ber Orient*
bahnlinien ab. Oie türtifche (Regierung proteftiert in einer
Sirtularnote an bie Signatarmäcfjte bes Berliner Bertrages
gegen bie Einbehaltung unb forbert fle auf, in Sofia bie bem
Bertrag entfpredjenben Schritte au tun.
Oer rujfifche dRinifter bes (Beugern 3smolsfg trifft amn
Befuch bes Staatsfetretärs oon Schoen in Berchtesgaoen ein.
(Bus Helena in dRontana mirb gemeibet, bag bei Poungs*
point ein furchtbarer 3ufammenftog amilcgen einem Perfonen*
aug unb einem ©üteraug ftattfanb. 25 Perfonen mürben
getötet, 20 oerlegt.
Oas Äammergericht gibt ber Befcgmerbe ber Oberftaats*
anmaltfchaft gegen bie Entlaffung bes dürften Eulenburg aus
ber Unterfuchungshaft ftatt unb entfeheibet, bag er gegen Er*
legung oon 100000 dRarf Kaution auf freiem gug bleiben barf.
26. September.
Huf bem ©leisbreieef ber Berliner Hochbahn flogen amei
in ooller gahrt befmblidje Säge aufammen; ein dRotormagen
mirb über bie Brüftung gebröngt unb ftürat etma 8 dReter
tn bie Xiefe (Hbb. S. 1723 u. 1724). Oabet finben 21 *ßer*
fonen ben Xob, unb 18 merben fchmer oermunbet.
Oer Schah oerfügt bie Einberufung bes Parlaments aum
14. (Rooember.
Hus Eafabianca mirb gemeibet, bag amei beut (ehe Oeferteure
ber grembenlegion, bie (ich unter ben Schug bes beutfehen
Die Cüge im Bt 03 eg.
S 3 on ©et). Suftijrat fßrof. Dr. ^eUmig.
Irofe ber S 3 ortrefftirf)feit unferes JRidjter* unb
Hnroaltftonbes (eibet unfer ^ioilproaefj an einer
fd)(eid)enben ferneren Ärantbeit. Deffen müffen fid)
au<b bie TOtfjtjuriften unb auch bie unter if)nen, bie
noch (eine fßrojeffe geführt haben unb nie welche ju
führen hoffen, bewußt werben. Denn bie ©icherheit
bes 93 ertehrs ift nur fo lange gewährleist, als bie
®ewigheit befteht, bag (Recht (Recht bleibt unb man
einem (Redjtsbruch ficher unb rafch entgegentreteh tann.
(ffiir bürfen uns aber nicht oerhehlen, bag bas (Ber*
trauen hierauf 3U fchwinben beginnt unb fchnette 'S )ilfe
ein ©cbot ber Selbfterhaltung ift. (Roch fann fie uns
werben. (Es ift nur ber fefte Kille ber fHUgemeinheit
nötig, ohne (Rüdficht auf Sonberintereffen bie (Befunbung
herbeijufüijren.
Der bem (Reiihstag im Kinter biefes Jahres oor*
gelegte (Entwurf beabfidjtigt, in ber ijauptfache aunächft
nur bas amtsgerichtliche Verfahren ju oerbeffem, bas
Softenwefen 3U oereinfachen, bie Stnwaltsgebühren in
ben oberen Snftansen erheblich (um 8 Ao) ju erhöhen
unb bie Amtsgerichte für Streitfachen bis 3U 800 (IRart
3uftgnbig 3U machen. Daburch würbe bie (Reformie*
<mg bes 2lmtsgerid)tspro3effes eine noch »eit grögere
Bebeutung erhalten unb eine beffere Verteilung ber
Anwälte oeranlagt werben; für bie Anwälte an ben
Oberlanbesgerichten lägt fich am beften baburch forgen,
bag man in Sachen oon 300 bis 800 (IRart bie (B t-
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Seite 171«.
Stummer 40.
rufung an bie Dberlanbesgericbte geben lägt, eine
Blaßregel, bie auch Diele anbere Borteile mit ficf>
brächte.
Bicbt tedjnifche Einjelbeiten, fonbern nur bie große
grage ber Bro 3 eßoerfd)leppung roiü icf> hier bebanbeln
unb aud) fie nur nach einer beftimmten Bicßtung bin.
Die Berfd)leppung bat ihren ©runb einerfeits in einer
(ängft als falfdj erfannten Ueberfpannung bes Blünb*
lic^Feitsprinsips unb barin, baß bas ©efeß bie uner*
börtefte Berfpätung bes Borbringens erft ertaubt, bann
aber mit tleinlicben unb untauglichen Strafmitteln ju
betämpfen fucßt, anberfeits aber in ber meitoerbreiteten
unb betätigten Bnficht, baß im Brojeß bie Säge ein
ftattbaftes Kampfmittel fei. Diefen leßten Bunft will
ich hier befprecben.
Der Qwei bes B r <Wffes jeber Sttrt ergibt ficb
baraus, baß er „Becßtspflege" ift. Die Entfcheibung,
bie ber Staat burdj fein ®ericbt fällt, foll ein „Er*
fenntnis" fein. Der Bro 3 eß ift eine Einrichtung 3 ur
Sßabrung bes Utechts unb bpr ©erecßtigteit. 3n alten
Seiten fpra'd) ber König felbft Utecht. ijeute ift ber
töniglicbe Beruf, bas Utecht 3 U ftärten unb bas Unrecht
3 u tränten, in bie j)änbe bes Bidjters gelegt; er bat
ben Sachoerbatt feftjuftellen unb bie rechtliche golge
ausjufprecben, bie ficb aus ihm gemäß ber Bed)ts=
orbnung ergibt. — Der Unterfcßieb jwifdjen 3*oil*
unb Strafpro 3 eß liegt beute barin, baß bie Berfolgung
ber Straftat als Bufgabe bes Staats betrachtet mirb; ift
aber jemanb in feinen Brioatrechten bebrobt ober oer»
leßt, fo äberläßt ber Staat es ihm, ob unb inmiemeit
er bie ®erichtsbi(fe in Bnfpruch nehmen toill. hätten
mir allmiffenbe Bieter, fo müßte hiermit ber Unter*
fcbieb erfcßöpft fein. Bber ein folcßer beftebt noch > n
Be 3 iebung auf bie geftftellung ber Batfachen, oon
benen bas Urteil abbängt. 3m Strafpro 3 eß bat ber
dichter ben wahren Sachoerbalt mit allen Btitteln
ohne Bütffidjt auf Bnträge 3 u erforfchen. 3m 3i°il*
pro 3 eß glaubt ber ®efeßgeber mit Becbt, baß bas
eigene 3 ntereffe bie Parteien genügenb baju anfpornt,
bem Bichter ben Sachoerbalt oollftänbig rorsutragen
unb bie Bemeismittei anjugeben; ber Bichter bat nur
an ber Ermittlung bes wahren Sachoerljalts mit 3 u*
wirten, wenn er fiebt ober oermutet, baß bas Bartei*
oorbringen unoollftänbig ift unb fo für ihn bie ®efabr
beftebt, ein unrichtiges Urteil fällen su müffen. Dann
bat er bie Bartei barauf aufmertfam 3 U machen, ba*
mit fie bas geblenbe ergäben tann. lut fie es nun
nicht, fo bat fie ben Schaben 3 u tragen; genau fo,
als ob fie es überhaupt oerfäumte, ficb gegen ben
®egner 3 U wehren.
2Ran muß ben Becßtsftreit als eine Kranfbeit im
Bechtsleben betrachten. Der Bieter ift ber Brst, ben
bie Barteien anjurufen haben. Die'Bnmälte finb es,
bie bie Batienten 3 U bem Br 3 t binfübren unb ißm bie
Erlernungen barlegen. 2luf ©runb ihrer Hingaben
bat ber Bicßter banacb 3 u ftreben, rafcb unb ficher ben
Sachoerbalt 3 U ergrünben unb 3 u helfen. 2Bie ber Br 3 t
fi<h nicht ungerufen beranbrängt unb, wenn er bie
Bugen turieren foll, nicht bas Bein operiert, wie er
aber ein fdjlechter Br 3 t ift, wenn er unter einem Bor*
wanb bie #tlfe oerweigert ober oberflächlich gewährt,
fo auch ber Bichter. Er barf nicht froh fein, wenn er
einen oerbefferungsfäbigen Btangel, ber ihn ber Blühe
bes Spruchs überbebt, entbetft ober irgenbeinen Bara*
grapben finbet, mit bem er, ohne gerabe eine Becbts*
beugung 3 U begeben, ben Bro 3 eß „totmacht", ©erniß
barf ber Bichter nicht nach feinem ®efübl ober, wie
manche eupbemiftifch fagen, unter 3 ntereffenabmägung
urteilen. Bber eije er eine Entfcheibung (fei es eine
materielle ober pro 3 effua(e) fällt, bie bas gefunbe Becbts*
gefüßl nicht befrlebigt, muß er breimal fragen, ob fie
nicht oermieben werben fann. Ein gutes Urteil wirb
eben nicht nur mit bem formalen Berftanb unb falter
©elebrfamteit gemacht, fonbern auch mit bem fersen,
mit bem SBillen, ein Diener ber wahren ©erechtigfeit
3 u fein. Pectus iurisconsultum facit.
Der Deutfche liebt es, Brin 3 tpien aufsuftellen. So
fagt man, um bie erörterte gegenfäßliche Bebanblung
oon Straf* unb 3 >oilpro 3 eß 3 u be 3 ei<hnen: 3n jenem
gilt bie 3nquifitionsmaj:ime, in biefem bas Berbanb*
lungsprin 3 ip. Unter oölliger Berfennung bes bärge*
(egten 3>oects ber Becbtspflege unb bes ®runbes jenes
©egenfaßes ift eine weitoerbreitete Bteinung beftrebt,
biefen ins Ungemeffene ju oertiefen unb nach echter
beutfeher Unart über ben Brinflipien bie Sache 3 U ber*
geffen. Dabei benft man, wenn bas SEßort 3nguifitions*
majime genannt wirb, an ben goltertnecht unb fiebt
ihn mit ©rufetn in mobernifierter ©eftalt berannaben,
wenn nur bie Bebe baoon tft, baß bie Bicßtergewalt
oerftärft unb bie Borteipflichten etwas meßr betont
werben fallen, um ben Bro 3 eß 3 wecf beffer 3 U erreichen.
Eine ber übelften Erfdjeinungen ift ber ®laube,
aus bem Berbanblungsprin 3 ip müffe bas Becht 3 ur
ßüge abgeleitet werben. 2Bie fagt man hoch im Beben
oon einem Bienfchen, bem ber Bater mit einem Dar*
leben ausgebolfen bot, unb ber nach beffen lob ben
Sohn bewußtermaßen mabrbeitsmibrig glauben machen
will, baß er es nicht erhalten ober längft an ben Bater
3 urücfbe 3 abtt höbe unb ber Sohn ihm noch Quittung
erteilen müffe? Er ift ein ßügner unb Betrüger. 3m
Bro 3 eß aber foll bie ßüge erlaubt unb ftraflps fein!
Diefer Stanbpuntt wirb fogar in ber Bfojis bes Beicßs*
gerichts oertreten. Boch jüngft (Bb. 58 S. 334 f.) bat
es in einer böchft gelehrten Entfcheibung bas Becht
3 ur ßüge im Brojeß protlamiert.
Dies ift eine Buffaffung, bie bem gan 3 en Becht
unferer Bergangenbeit wiberfpricht. Sie proftituiert
gerabe 3 u ben Bro 3 eß. Bon ber Baffiniertbeit unb
StrupeKofigfeit ber Barteien, oon ber Bücfficbtslofigteit
im Erfinben unb Beftreiten unb in ber Benußung ber
Bemeisnot bes ©egners foll es oon Becbts wegen ab*
hängen, wer fiegt! Der Br° 3 e & ift nicht mehr Bechts*
gang, fonbern ein Kampf, in £em alle Btittel erlaubt
finb, bei beffen Beginn, wie füglich ein betannter
Becbtsleßrer gefagt bot, bie Bartei wie ber Solbat,
ber in ben Krieg 3 iebt, wiffen müffe, baß er fein
Scbicffal auf bas Spiet feße, ein Kampf, in bem ber
als befonbers tüchtig gilt, ber es am beften oerftebt,
in einer ungerechten Sache bem ©egner unb Bichter
Knüppel 3 wifchen bie Beine 3 U werfen, um 3 U fiegen
ober boch ben Sieg bes ©egners möglicbft lange
auf 3 uba(ten!
Dies ift eine ber allerwefentlichften gragen. SDtit
ihr hängen im tiefften ©runbe oielerlei Schöben 3 U*
fammen, oor allem auch bie Broseßoerfchleppung.
Deshalb mar es für bie, bie jene niebrige, ben Bichter
unb alle Beteiligten gerabe 3 u entwürbigenbe Buffaffung
bes Brojeffes fdjon für bas geltenbe Becht betämpfen,
wahrhaft eine Erlöfung, baß ber oorläußge Entwurf
tlipp unb tlar ausfprach, baß bie Barteien ficb „ooll*
ftänbig unb wahr" 3 U erflären haben. 3 n bem jeßt
oorliegenben Entwurf aber finb bie BJorte „unb wahr"
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Nummer 40.
Seite 1717.
geftrid)en. Alfo ein „unerhörter 9 tücf 3 ug oor ber
SBahrheit", tote ficf) Jtedjtsanroalt (E. gudjs (*Red)t unb
Starrheit) entrüftet ausbrücft! Sj ilft hier ber Neichstag
nicht noch, fo merben unfere Nachtommen in bem
Vorgang ein befchämenbes 3 eugnis für ben Xiefftanb
ber fitt(i(hen Auffaffung unferer erblicten. Ober
tönnen mir uns, roie man oerfucht hat» bamit ent=
fchulbigen, es roerbe troß ßügenoerbot roeiter gelogen
toerben? SDtüßten mir bann nicht auch ben Diebftahls*
Paragraphen ftreicfjcn ? ÜDlan hat auch gemeint, bie
ißro 3 egführung nach ben (Beboten ber Sittlichfeit gehe
über unfere Kraft. Aber roirb benn mehr oerlangt
als bas, mas im außergerichtlichen Serfehr oon jeber=
mann, ber nicht ein ßump unb Setrüger fein miü,
ermartet mirb? Sach römifchem Stecht mußte jebe
'.ßartei fcßmören, baß fie im ©tauben an ihr Stecht
projeffiere, nach ben ©efeßen bes alten Seichs (3S21.
§ 93), baß fie eine gerechte Sache ju haben glaube
unb bie Sßahrheit nicht oerhalten roerbe; griebrid) ber
©roße bebroßte bas freoelhafte ßeugnen mit Strafe;
bie Oefterreichifche Sr° 3 eßorbnung oon 1895 tut es
heute. 2 Bir aber foüen nicht imftanbe fein, ohne
ßügen 3 U proseffieren?
Oie Sechtsanmölte follten am meiften bahin mirfen,
baß bie SBahrheitspfticht im ©efeß ausgefprochen
mirb. Sie häüen bann in ihrem Kampfe gegen bie
'JBinfelfonfulenten eine gan 3 anbere Sofition unb be»
fäßen ein fcharfes SSittel, um ihren Stanb oon ben
(Elementen su fäubem, bie nach Art bes alten Aboo=
taten hanbeln, ber 3 u bem Säuern fagte: „SDtir muß
(Er bie SBahrheit fagen, bas ßügen beforge ich." 2Benn
alle Anroälte es oerabfcheuten, bem ©egner unter
Serleßung ber SBahrheitspfticht ein Sein 3 U ftellen,
bann mürbe alterbings bie 3 <»hl ber Ißro^cffc ober
hoch jener, in benen über bie tatfächlichen Sorgänge
geftritten mirb, erheblich abnehmen; namentlich bie
ffanbalöfen Unfattpro 3 effe, in benen jeßt bie auf ben
Samen bes Serficherten pro 3 effierenbe ©efeüfchaft bem
Serunglüctten alles unb jebes beftreitet unb jebe er*
ßnbbare (Einroenbung entgegenftellt, mürben aufhören.
Aber es märe eine Seteibigung ber beutfchen Anroalt»
fcßaft, menn man auch tiur ben Serbacht ausfprechen
mürbe, baß fie aus biefem ©runbe bie SBahrheitspfticht
betämpfen tönnte. Sinb aber ein 3 elne demente in
ihr, bie oon jenem ©efichtspunft aus hanbeln, fo
mürbe gerabe bie oon uns geforberte ©efeßesoorfchrift
bas SDtittel bieten, um fie rafcß 3 U befeitigen. Sur
folcße Sarteioertreter, bie fo benten unb hanbeln, mie
mir es oerlangen, finb’im Sn> 3 effe nüßlich, unb nur
folcße fann bas ©efeß im Auge haben, menn es uns
ba 3 u 3 mingt, uns burch Anroälte oertreten 3 U taffen.
Dies (eitet unteren Slicf auf bie geroerbtichen
Sonbergericßte. 5Dtan hört nur ©utes oon ihnen;
anbere Kreife brängen barauf, ebenfolche ©eridjte 3 U
erhalten, 3hre (Eigentümlichfeit liegt nicht in ber
Serfon bes Sorfißenben, nicht in ben ßaienbeifißern
(folche finb ja auch < n ben $anbelstammern), fonbern
in ber Sorfchrift: „Sechtsanmölte unb Serfonen, bie
bas Serhanbeln oor (Bericht gefchäftsmäßig betreiben,
roerben . . . nicht 3 ugelaffen" (©©©. § 31). Daburch
tft es erreicht, baß bas ©erid)t ben Sarteien in bas
Auge fieht; fie müffen bem Sichter Sebe unb Antroort
ftehcn unb fommen mit einer nacften Seftreitung nicht
burch, menn fie fie oerfuchen follten. Damit ift in
rabifaler SBeife bas große Problem, mie ein rafcher
unb ficherer Sro 3 eßoerIauf 3 U erreichen ift, gelöft. Der
Sichter braucht nur einigermaßen Slenfcßenfenner 3 U
fein. Die Anroefenheit ber Sarteien oerhütet bie un*
jeligen Derminsoerlegungen, bie im „orbentticßen" (!)
Sro 3 effe bie 3eit unb Arbeitsfraft oergeuben unb bie
Arbeitsluft ertöten.
Die Anroälte finb erbittert über ihre Ausfchließung
oom ©emerbegericht. Aber fie hanbeln gan 3 offenbar
gegen ihr eigenes Sntereffe, menn fie fich gegen bas
ßügenoerbot unb eine mit biefer grage 3 ufammen-
hängenbe Sorfchrift fträuben, anftatt fie 3 U erftreben
unb 3 u begünftigen. 3<h meine bie Sorfchrift bes
§ 141 3SO-, baß bas (Bericht bas perfönliche Cr»
fcßeinen ber oertretenen Sartei anorbnen fann. Sie
roirb befämpft, meil in ihr ein Stißtrauen gegen bie
Anroälte gefehen mirb. Aber nur ber Anroalt, ber
nach bem Se 3 ept jenes alten Abootaten oerfahren hat,
braucht bie Aufflärung ber Sartei 3 u fürchten. Um
bie 3nftitution, in ber bie Seele bes gemerbegericht*
liehen Serfahrens liegt, 3 u befämpfen, merben ihr
falfche 3 ®ecfe untergelegt. ÜJtan oerfchreit fie als
3 eichen für bas E)erannaf)en ber 3nquifitionsma£ime!
Solange bie Anroälte auf biefem Stanbpuntt oer»
harren, merben fie aus ber üblen ©efeüfchaft, in ber
fie in bem angeführten § 31 ©©©. ftehen, nicht
herausfommen. Sie tönnen bies nur, menn fie bie
SBahrheitspfticht (in Se 3 iehung auf tatfächliche Se»
hauptungen) als oberfte Srojeßpflicht anertennen unb
betätigen.
o
Die Sitf)erf)äf ber (Eifenba^neinrirftfungeu unb ttjte BeiferbUbung
Son iprofeffor Sßilhelm Kübler, Dresben.
3 ebermann meiß, baß bie gahrten ber 3 äflc auf
unferen (Eifenbahnen burch optifche Signale geregelt
merben, bie in regelmäßigen Abftänben ober in be»
ftimmten (Entfernungen oor ben Ejaltefteüen angebracht
merben unb geroöhnlich bie gorm fogenannter „Sema=
phore" (b. i. 3ei<henträger) erhalten. An ©ittermaften
befeftigte Arme 3 eigen burch fchräg nach oben gerichtete
ßage an, baß bie Strecfe frei ift, unb gebieten bei
roagerechter ßage fjalt. Sachts ift bie Steüung ber
Arme an ber garbe 3 U erfennen, tnit ber an ben
Armen befeftigte bunte Scheiben eine ßateme abblen»
ben, bei fchräg aufroärts seigenbem Arm erfcheint bas
ßicht grün, bei roagerechtem Arm rot. Das ift fchon
lange fo, für oiele fcheint es immer fo gemefen ju
fein, unb beshalb ift man an bie Sache fehr gemöhnt,
oielleicht ju fehr gemöhnt. Denn baß biefer Art
optifeßer Signalgebung grunbfäßliche Schmächen am
haften, bie burch *cinc Serooütommnung ber gorm-
gebung unb ber Ausführung 3 U befeitigen finb, baran
mirb menig gebacht, 3 uma( ja Unfäüe infolge oon
Nichtbeachtung ber Signale fehr feiten oortommen.
Aber fie fommen, mie erft in biefen lagen eine traurige
(Erfahrung in greüfter SBeife gezeigt hat, hoch manchmal
oor unb merben immer mieber oorfommen, folange
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©eite 1718 .
es beim biogen optifchen Signal bleibt. Unb hierbei
bat man es mit jener Brt oon Unfällen ju tun, gegen
bie ber Betroffene wehrlos ift; gibt es einen Sufammen*
ftofj, fo trifft bie Snfaffen ber 3 üge toeber ber Bor*
rourf, bag fie eine 3U geringe Kenntnis ber mobernen
Sebenseinricbtungen befigen noch ber Borrourf grober
gagrläffigteit. S )ier bat man aifo einmal roirflid) bas
Bedjt, oon ©efät)r(id)feit 3U fprechen, unb man roirb ber
©efährlichteit eine um fo grögere Bebeutung beimeffen,
als bei ben bur<b Unroirtfamfeit ber Signale oer*
urfacbten Äataftropgcn meift eine groge Slngabl oon
Berfonen 3U fernerem Schaben tommt. greilich barf
man bie Bebeutung biefer Grfenntnis nicht gigig über*
treiben; bie Betriebsficgerbeit unferer Bahnen ift bant
ber ausge3ei<bneten Organifation bes Bienftes unb ben
beroorragenben Gigertfcgaften bes Berfonals eine febr
groge: es foll fieute geben, bie an feinem Ort fi<b
ficberer fühlen als in einem in ber gagrt begriffenen
Sifenbabn3ug. Sie — unb barin roirb man ihnen
genug gern beipflicbten — haben oolle Bnerfennung für
bie ©eroiffenhaftigteit unb Opferfreubigfeit ber Beamten.
Um ficb oon ber Schroierigfeit ber Aufgaben bes
3 ugperfonals einen Begriff bilben su tonnen, mug
man einmal felbft ben Berfucf) machen, aus einem in
fcbneller gagrt babineilenben gagraeuge heraus too*
möglich noch neben anberer Befcgäftigung genau 3U
beobachten, was längs bes 3 Beges 3U {eben ift. Unb
biefen Berfucb mug man nicht auf unbelebter Strage
in offenem ©elänbe unb bei fchönem Metier machen,
fonbern unter ungünftigeren Berhältniffen unb nach
längerer gagrt, roenn man nicht mehr gan3 frifch ift.
Mer nicht febr oiel (Energie unb Uebung befigt, roirb
fich ba leicht auf einer Unaufmerffamfeit ertappen!
3 m äugerften galt roirb fchlieglich aller Bufroanb oon
(Energie unb gutem Miden oerfagen; benn es gibt
Mitterungsauftänbe, bei benen bas Buge nur gan3
furse (Entfernungen 3U burchbringen oermag, unb bei
benen bager natürlich auch bie optifchen Signale ber
Bahn unficbtbar bleiben.
Bag allein fcgon bie Bücffidjt auf folche Bebel
genügt, um bie Semaphore als eine unbefriebigenbe
(Einrichtung erfennen 3U taffen, roirb in gacgfreifen
nicht in Bbrebe geftedt; es fehlt auch nicht an Bor»
fchlägen 3U roirtfamerer Busgeftaltung ber Signale;
ba man es bisher auf ben Hauptbahnen faft aus*
fchlieglich mit Bampfbetrieb 3U tun hat, fo fchlägen
bie (Erfinber meift Ginrichtungen oor, bie beim Bor*
überfahren ber fiofomotioe oon irgenbeinem sugleich
mit bem Signal aufgerichteten, aus bem Bahnförper
heroorftehenben ©lieb ber Mafchine geftreift roerben
unb auf biefe Meife ein 3 ^><h en auf bem gührerftanb
auslöfen ober bergleichen. Ginroanbfreie Apparate
biefer Brt finb inbeffen bisher taum betannt geworben,
man ift oielmehr 8ulegt immer roieber ber Meinung
geroefen, bag bas einfache optifche Signal oorläufig
Doch noch bas befte fei, roas man haben tonne. Bie
Mißerfolge haben bie iatenluft beeinträchtigt unb bas
3 ntereffe für bie Berbefferung ber 3 eichengeber nicht
gerabe erhöht. Beim elettrifchen Betrieb mit Strom*
' 3uleitung 3um gagrseug liegt bie Sache aber gan3
anbers, unb biefe Strom3uleitung, bie oon älteren
(Eifenbahningenieuren gern als eine Schwäche bes
elettrifchen Betriebes be3eichnet roirb, 3eigt fich in bem
hier betrachteten 3ufammenhang als ein gan3 befon*
berer Boraug oon fo grogem Mert, bag ich über3eugt
bin, biefer Bor3ug mug im fiauf ber <3eit an oielen
Bummer 40 .
Stellen roefentlich mit ba3u beitragen, bag man 3ur
elettrifchen Bntriebsroeife übergehen roirb. Bie Strom*
3uführung gibt bas Mittel, ben auf bie Strecfe hinaus*
gelaffenen 3ug in ber Hanb 3U behalten; barauf ift
übrigens fchon öfter gingeroiefen worben. Schneibet
man bem 311g bie Stront3uführung ab, fo nimmt man
ihm 3unä<hft bas Bntriebsmittel; er tann bann höchftens
noch bis 3um Gnbe ber ber jeweiligen ©efchroinbigteit
entfprechenben Buslaufftrede laufen. Ba wäre nun
fchon ein für manche gäüe brauchbares Mittel 3ur
(Erhöhung ber Sicherheit: man oerbinbet einfach bas
Signal sroangläufig mit einem Busfcgalter, ber bei
Haltftedung bes Signals bie Stromaufügrung unter«
bricht, greilich lögt fich bas nur burcgfügren, roenn
bie gan3e Bahn oon oornherein entfprechenb angelegt
ift; bei oielen beftehenben elettrifchen Bahnen tönnte
man nur nach recht umfangreichen unb toftfpieligen
Umbauten 3ur Busführung bes Berfahrens tommen.
Baher mug an folche Binge oon oornherein bei ber
Brojettierung gebacht roerben.
(Es würbe natürlich nicht für ade gäüe genügen,
roenn man lebiglich bie Strom3ufuhr abfcgneiben roodte.
©rfdich roürbe bie Buslaufftrecfe Immer noch fo grog
fein, bag auf ihr aderlei Unheil angerichtet roerben
tönnte. Bann tönnte aber ber auch am Ort
ber ©efahr gerabe ftromlos fahren, 3. B. auf einer
Beigung, unb in bem gad wäre bie (Einrichtung wir*
tungslos. Biefe (Einroänbe finb aber nicht ftichhaltig;
es ift leicht, bie Bremsoorrichtungen fo aus3ugeftalten,
bag fie auch bei ftromtofer gahrt in gunttion treten,
roenn bie Berbinbung ber gahrleitung, auf ber ber
Magenftromabnehmer f^leift, mit bem (Elettrtaitätsroert
unterbrochen unb bie gahrleitung baburch, wie man
fagt, „fpannungslos" gemacht roirb.
Bie ermähnten oerhältnismägig alten Borfchläge
für bie felbfttätige Bcemfung begogen fich feiner3eit
auf Ginrichtungen an ber ßuftbrucfbremfe, bie 3ur3eit
adgemein eingeführt ift. Buch mit biefer an fich be*
währten Ginrichtung fcheint gan3 neuerbings eine noch
beffere in SBettberoerb treten 3U rooden. Man- roeig,
bag bas übliche Bremfen burch Bnbrüefen oon flögen
gegen bie Bäber nicht unbegren3t in feiner Mirtung
unb oon äugeren 3 u födigteiten, wie Mitterung u. bgl.,
abgängig ift. Bas richtige Brbeiten ber ßuftbrucf*
bremfen bebingt aubem, bas Borhanbenfein eines ge*
roiffen Borrats oon B're&luft in befonberen, ba3u be*
ftimmten Behältern.
Bas finb Schwächen, roenn auch geringfügige/ unb
biefe Schwächen oermeibet in roeitgehenbem Mag bie
elettromagnetifche Schienenbremfe, bie in jüngfter
burch prinjipiede Umgeftaltung ber gorm bes Magneten
fo weit oerbeffert worben ift, bag fie bereits auf mehreren
fehr fteilen Bergbahnen bie älteren Bremsftjfteme oer*
brängt hot. Berfuche, bie feit längerer 3 eit ouf ben
Bresbner Stragenbahnen ausgeführt roerben, hoben
ertennen (affen, bag bie neue Schienenbremfe auch für
gewöhnliche Bahnen nicht unerheblich oergrögerte Sicher*
heit ber Bremsroirtung bringen roirb.
Mie man aus bem ©efagten ficht, finb bie Äon*
ftrufteure bes Glettromafchinenbaus nicht mügig; fie
ftreben ber Grfüdung ber gorberung ber oodtommenen
Bugerfrageftedung ber Sicherheit unferer Gifenbahn*
transporte unermüblich 3U. 3 Benn man baraus 3U feiner
Beruhigung auf ein ftetiges Steigen ber Betriebficher*
heit gegenüber bem ja leiber unoermeiblichen Steigen ber
Betriebsgefahren fchliegen tann, barf man auch erwarten.
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tfnftyf be* <&lei#breie<f* in Berlin, beffen Zlrabou infolge ber fjo^bafmfafaftropfK beabfidjögf nrirb.
Der fiebel 3 um (elbfttätigen Bremfen. 6ignalfau(e unb i)ebe( jum felbfttätigen fönfefeen
Oben: ffiagenuntergeftell mit Bremsoeniil. ber ßuftbrudbremfe ber Babnmagen.
Si4er$eit*oorri4tungen auf ber Tlenporfer Qo^ba^n.
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9atmmer 40.
Seite 1720.
Wammer 40.
bag ber ernft gemeinten unb ernft 311 negmenben Sir*
beit ber Ingenieure burcg bie maggebenben gattoren
bie Slnertennung gegeben »erben möchte, bie fie als ein«
Sige oerlangen, nämlich bie ©eroägrung ber (Belegen«
beit, bas aus 3 ufügren, was als richtig erfannt toorben ift.
* *
3m Stnfcglug an bie oorftebenben allgemeinen
Erörterungen bürfte eine Betrachtung ber befonberen
Bergältniffe am ©leisbreiecf ber berliner ^ochbabn
unb einiger Speaialfonftruftionen nicht unintereffant
fein. Sas Berliner (Bleisbreiecf mürbe feinest mit
mechfetnben lieber« unb Unterführungen ber ein 3 elnen
(Steife berart angelegt, bafj bie brei Hauptgefagrpunfte,
bie ©leisfreliaungen mit entgegengefegter gagrricgtung,
fortfielen. Sin biefen fünften liegen bie (Bleife, mie
gefagt, in oerfchiebenem Slioeau.
Beftegen bleiben mußten bagegen bie brei fefun«
bären ©efagrpuntte, bie brei ©leisoerfcglingungen, an
benen gm ei (Bleife in eins 3 ufammen(aufen. Unfere
oorftebenbe Stbbilbung aeigt rechts eine (Bleisgablung
(fein ©efagrpuntt), (infs bagegen bie ©leisoerfcglingung,
auf ber bas Unglücf paffierte.
SBie bie Slbbilbung fattfam erfennen lägt, ift bie
Strecfe gier burcb bie Eifentonftruttion ber Ueber*
fübrungen febr unüberfichttich. Sie 3 um Berfcglin«
gungspunft gintaufenben 3 üge tonnten fich baber erft
bemerfen, als es aum Bremfen 3 U fpät mar. 3n
biefer ^inficbt ift ficberlicb bei ber Slnlage bes Sreiecfs
gefünbigt morben. Blan gälte bie ©leife erft oor bem
Zreffpuntt ein größeres 6 tücf auf überficbtlicher Strecfe
nebeneinanber führen müffen. Snjroifcben mürbe nun
ein oölliger Umbau bes (Sleisbreiecfs befchloffen, ber
auch Me bisherigen fetunbären (Befabrpuntte grünblich
ausmeraen roirb.
Bemerfensroert etfcheinen oncb bie oorftebenb' ab*
gebilbeten Sicherbeitsoorrichtungen ber Sleutjorfer H<uh'
unb llntergrunbbagn. Blit einer augerorbentlicg ein»
fachen Vorrichtung ift hier ein Ueberfabren ber Signale
unmöglich gemacht. Beim Stellen bes Signals auf
„Halt" roirb' gleichartig eine Slrt oon Boden ober
Slafe bicbt neben ber einen Schiene in bie H°ge ge«
richtet. gägrt nun ber $ug über bas gefchloffene
Signal, fo ftögt biefer Boden gegen einen unter bem
SBagen liegenben fyebel, roirft biefen herum unb fegt
baburcb bie Ißregiuftbremfen in Zätigteit. Ser 3ug
roirb mit ©eroalt gebremft unb gleicbaeitig infolge ber
Bremsbetätigung ber Strom ausgefcbaltet. Surcb biefe
Vorrichtung ift eine faft abfolute unb oon menfcglicger
Stufmertfamteit unabhängige Sicherung bes Betriebes
erreicht morben. Eine folcge SInorbnung hätte auch
ficher bie bebauerliche Hocgbagntataftropge oerbinbert,
unb bie Einführung ber SInorbnung auf beutfcben
Bahnen bürfte fich ®ogl empfehlen. «. ».
V V V
liebet Iftuffetftbaffeoetficberung.
Von Dr. med. Stlfons gifcger, Karlsruhe i. V.
3m September biefes gagres befchäftigten fich ärei
groge Berfammlungen in fjannooer, 3 üricg unb Vom
mit bem fcbroierigen ißro&lem ber SKutterfcgaftsoerficge*
rung. Seit einer Beige oon gagren roirb ein auf
oerficherungstechnifcher (Brunblage aufaubauenber Scgug
für alle bebürftigen Blütter geforbert. Sler 3 te, Volts*
roirte, Bolitifer, Frauenrechtlerinnen unb fonftige görberer
bes Btutterfcgaftsoerficgerungsgebantens finb fich barin
einig, bag eine aureicgenbe Unterftügung ber jungen
Blutter aus bem Slrbeiterftanbe unb ben ihr foaial
gteichgeftehenben fonftigen Beoölterungsfcgicgten ge«
fcgaffen »erben mug foroogt im Sntereffe ber grauen
felbft roie oor adern auch ber Säuglinge roegen. Blutter*
fcgug, Stidfähig* unb Stidtätigfeit, Säuglingsfterblich*
feitsoerminberung ftehen in fo engem 3 ufammengang,
bag jebe Säugtingsfürforge mit ber SBöcgnerinnen«
fürforge, ja fogar fcgon mit ber Scgroangerenfürforge
einaufegen gat. Unb trog biefer prinaipieden lieber«
einftimmung in aden roefentlichen Zeilen, bie ben Blutter*
fcguggebanten begrünben, roirb eine fo umfaffenbe
Bropaganbatätigfeit für biefe 3 been entfaltet, ba mir oon
einer felbft befcgeibenen Stnfprücgen genügen ben SJlutter*
fcgaftsoerficgerung noch fehr roeit entfernt finb. Siegt
man oon geringfügigen Verbefferungen, bie im gagre
1903 errungen mürben, ab, fo gaben bie legten gagr*
aegnte in Seutfcglanb auf bem ©ebiet bes Scgroangeren*
unb SBöcgnerinnenfcguges feine über bie erften Slnfänge
ginausgegenben gortfcgritte geaeitigt. Bis jegt gaben
bei uns nur bie in Orts« unb Vetriebstrantentaffen
oerficgerten Blätter Slnfprucg auf eine Unterftügung im
galie ber Scgroangerfcgaft unb bes SBocgenbettes. Unb
felbft biefe Berficgerten erhalten eine au geringe Beihilfe.
Slber bie groge Schar ber Sienftboten, ber Kednerinnen,
ber Heimarbeiterinnen unb oor adern bie nicht oer*
fieberten grauen oon Slrbeitern, fleinen H° n äroerfern
unb Kaufleuten, unteren Beamten ufro. gaben in ber
Begel auf teinerlei Scgug au rechnen. Sarum oerlangt
man eine Beform ber beftegenben Btagnagmen. Sie
einen rooden eine umfaffenbe Blutterfcgaftsoerficgerung
(angegliebert an bie Krantenoerficgerung), bie fich auf
ade grauen ber oben gefennaeiegneten Klaffen au er«
ftreefen gaben mürbe, anbere oerlangen bie Stusbegnung
ber gamilienoerficgerung, fo bag alfo auch bie grauen
oder Berficgerten bem Krantenoerficgerungsgefeg unter»
ftedt mären. Slde biefe Berbefferungsoorfcgläge beruhen
auf groger Sacgfenntnis unb gogem foaialem Berftänbnis.
Slber leiber ift bie Berroirflicgung biefer Bläne in ab*
fehbarer geit niegt au erroarten, teils roeil fotege Blag*
nagmen mit auraeit unerfcgromglicgen ©elbopfern oer«
bunben mären, teils roeil bie gegenwärtige politifege
Konftedation in ber Beicgsgefeggebung für folcge
Steuerungen roenig günftig ift.
Sas Seutfcge Beicg ftegt mit feiner bisherigen
Blutterfcgaftsoerficgerung aber immer noeg an erfter
Stede unter aden Kulturlänbem Europas, geboeg —
roägrenb in anberen Staaten, in Engtanb auf bem
Boben ber Selbftgilfe, in Italien unb oor adern in
grantreich, burcg ein oortrefflicges Sgftem ber SBogl«
fagrtspflege oiel im gntereffe bes SBöcgnerinnenfcguges
gefegiegt, ift in Seutfcglanb, roenn man oon etlichen
Besänftigungen einiger SIrbeitgeber abfiegt, äugerft
roenig aus prioater Onitiatioe heraus geleiftet morben,
um bebürftige Blätter au unterftügen. SBogl gaben
mir H<mspfIegeoereine, bie göcgft Stnertennensroertes
leiften unb auch ben SBöcgnerinnen Beiftanb geroägren;
aber fie bieten ben grauen in einer 3 eit, roo bie
Stusgaben fieg fo fegr ergögen, teinerlei Entfcgäbigung;
aueg bie an fich fegensreieg roirtenben SBöcgnerinnen*
geime oerfagen naturgemäg in biefer Hiuficgt oödig.
Sie SJlutterfcgugfaffen foden ben 3®^ gaben, bie igr
angegörenbe SBöcgnerin berart mit ©elbmitteln 3 U
unterftügen, bag fie fieg einige SBocgen ber Slrbeit
(aueg ber fegroeren Hausarbeit) entgalten, auf bie
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Schimmer 40.
Seite 1721.
pflege igres Körpers bebod)t fein uttb bem Säugling
fid) toibmen tann. Diefe Unterftügung foll ben grauen
aber ni<f)t etroa als ein ©efdjenf genährt ©erben,
fonbern als eine Prämie, auf bie fie auf ©runb ihrer
eingejahiten Beiträge einen rechtlichen Anfprud) haben.
9 tun bebarf man aber 3ur (Eröffnung einer folgen
Kaffe ber ftaatlidjen ©enehmigung, bie nur 3U er*
©arten ift, ©enn man bie bauembe (Erfüdbarfeit ber
aus ben Berficherungen ficf) ergebenben Berpflidjtungen
bartun tann. $ier3u finb ©ir jeboch im ftrengen
Sinn taum in ber Sage, ba es uns an ben nötigen
oerficherungstechnifchen Unterlagen fehlt. SDtan ©eig
nämlich nicht, ©ie grog (3ofjlenmägig) bie (Entbin*
bungshäufigteit bei ben grauen ber unteren Schichten
ift, noch weniger tann man berechnen, ©ie oiei grauen,
bie fich ber Kaffe anfchliefjen ©erben, pro gahr ge*
baren ©erben. Bon ber Summe ber (Entbinbungen
hängt bie Strahl ber oon ber Kaffe 3U 3ah(enben
Unterftiigungen ab. ©er Umfang ber Ausgaben abet
beftimmt bie ©röge ber Beiträge, bie bie Berficherten
3U ieiften haben, ©enn bas Unternehmen fod in ber
^auptfache auf fich felbft geftedt fein, b. h-, bie Ber*
fieberten haben bie Koften im ©efentlichen feibft auf*
3ubringen, aderbings ©irb auf S )iife oon feiten ber
ftäbtifchen unb ftaatiiehen Behörben 3U biefer Seibft*
hilfe gerechnet; auch wäre Unterftügung oon fo3ia(*
gefinnten Sßohttätern ©iQtommen. 3 Jlan ©irb nun
be3©eife(n, bag bie Beitragsieiftungen, ©enn fie nicht
für Arbeiterfrauen 3U hoch fein foüen, bie Ausgaben
für bie Brämien, ©enn (efttere nicht 3U gering fein
joden, beeten tönnen. 9 lun, ©ir nehmen an, bag
eine monatiiehe Beitrags3at)(ung oon 50 Pfennig teiner
Arbeiterfrau unerfch©ing(ich fein ©irb. Bad) bem larif,
ben ber Borfigenbe eines ©emertfehaftstarteds ent*
©orfen hat, jod ben grauen eine ißrämie erft bann
ausge3ah(t ©erben, ©enn fie ber Kaffe ein 3 af)r an*
gehört haben; nach einjähriger 3ugcljörigfeit erhalten
fie im gad ber (Entbinbung 20 ÜDtart, nach 3©ei*
jähriger 30 SOtarf, nach breijähriger 40 unb nach
oierjähriger 50 SDtarf als Unterflügung. ©emäfj ben
oorliegenben Statiftiten ift an3unehmen, bag unter
1000 grauen im Alter oon 20—45 gahren 122 im
gahr gebären. Auf ©runb biefer Seitenangaben
tönnte bie Kaffe fogar einen jährlichen lleberfcgug er*
reichen. Aber es ift 3U ermarten, bag bie (Entbin*
bungs3ahl unter ben Kaffenmitgliebem eine oerhältnis*
mägig groge fein ©irb, fo bag alfo mit einem ©efoit
3U rechnen fein bürfte. 2Bie grog biefer gehlbetrag
fein ©irb, lägt fich bei bem ÜBangel jeglicher (Erfah*
rungen nicht oorausfagen. Aber ©ir haben bie be*
grünbete Hoffnung, bag aus öffentlichen Mitteln Be*
träge sufliegen ©erben, um bas ©efi3it 3U beeten, gür
ben Anfang ©ürbe nur eine begren3te An3ahl leü*
nehmerinnen in bie Kaffeneinrichtung auf3unehmen fein,
um ben eoentueden Ausfad nicht 3U grog ©erben 3U
taffen, (Erwägnt fei noch, bag man mit ben ©enigen
Mart, bie gewöhnlich als Stidprämien ge3ah(t ©erben,
fehr fchöne Befultate eraielt hat. Aber Stidprämien,
bie auf reiner Sßohltätigteit gewährt ©erben, finb
©eher nach bem ©efdjmad gerabe ber beften grauen,
noch tönnen fie in genügenbem Umfang 3ur Aus3ahtung
gelangen. — So geben ©ir uns ber Hoffnung hin,
bag unfer ipian, ber überad leicht burdjfüfjrbar ift,
oon (Erfolg begleitet fein ©irb. 3 |'t aber einmal eine
grögere An3ai)l oon grauen in SButterfchaftstaffen or*
ganifiert, unb hat man befriebigenbe (Ergebnijfe mit
biefen (Einrichtungen gewonnen, bann ift 3U erwarten,
bag ähnlich ©ie bei bem ©enter Stiftern ber Arbeits*
(ofenoerficherung bie Stabtoerwaltung bie Kaffe regel*
mägig fuboentioniert; fo ©ürbe ber 9 Beg oon ber
ÜButterfchaftstaffe 3ur Mutterfdjaftsoerfidjerung führen.
ÜSflUnsere 93tlDer
Die ßataftrophe auf ber Berliner ftothbahn (Bbb.
6.1723 unb 1724) erhält bie ©emüter begretflichermeife in
bauember (Erregung; fie hat mieber einmal geaeigt, bag es
tm Berfehr eine abfolute Sicherheit nicht gibt. Bis ein
SBunbermerf ber Sngenieurfunft umrbe tas ©leisbreieef ge-
priefen, unb nun hat f«h d*?abe hier bas fernere Unglucf
ereignet, burch bas aahlreiche Blenfchenleben oemichtet ober
emftiich gefchäbigt morben finb. Die technifchen fragen, bie
babei in Betracht tommen, finben unfere ßefer in einem be*
fonberen Brtifel aus facftmännifcher fjeber auf 6.1717 be*
fprochen. Bn biefer Stelle foll nu; barauf hingemiefen merben,
bag zs ebenfo falfch märe, fich nan übertriebenen Borftellungen
über bie Gefahren bes Betriebs hinaugeben, n>ie bie ©röge
. biefer ©efahren au unterflögen. Die Xatfache, bag im
Stragenoertehr fehr ofel mehr B*rf°nen ben Xob finben ober
oerlegt toerben als im 5)ochbahnoertehr, ift unbeftreitbar, aber
fie bietet feinen Xroft. Einmal bemegt fich auch auf ben
Stragen eine oiel beträchtlichere Blenfchenmenge, als auf ber
Hochbahn fährt, unb fobann liegt bas ©rfchrecfenbe folcher
Sfataftrophen eben barin, bag bei ihnen in einem Bugenblicf
fo oiel ©ut unb Blut oerloren geht mie fonft nur in längeren
Zeiträumen. &
Soen i)ebins ttücffehr (Bbb.S. 1726 u. 1727). Ueber
bie Bntunft Soen SJebins in bem an ber inbifdMibettfchen
©rense gelegenen Blifflonsort Boa fchreibt uns ber bort
lebenoe oeutfege Bltffionar S). B. Biarj, mie folgt: Bm
28. Buguft nachmittags 3 Uhr traf ein (Eilbote mit hach*
gerötetem (Beficht auger Btem auf ber Bllffionsftation Bao
unmeit ber tibetifegen ©renae ein. Sn einem aufgefchligten
SBeibenftab fteefte eine Bifitentarte oon bem oerfcgollen geglaubten
grogen Bfienreifenben Dr. Soen #ebin, ber ganj unermartet
aus feiner langen Berborgenheit im geheimntsoouen Beich bes
Dalai ßama über ©artot berabfam, am 26. Buguft bei Scgipfe
bie tibetifefee ©renae überfchritt unb nun mit feiner fehr au»
S ammengefchmolaenen Staramane auf bem haben Seifenufer
)es Sutlejftromes lagerte, ©tma eine halbe Stunbe oon Bao
freuate ber 2Beg nach &*m nahen Xibet ben mächtigen Slug,
ber in feiner ganaen ßänge mtlb braufenb bie Saltengebirge
bes Himalaja burchbricht. ^och aufgetürmte Selsmaffen ge*
bieten bem breit baberfommenben ÜBaffer, feine nach Br. Soen
$ebins Schägung 400 Ouabratmeter meffenben Sluten burch
eine fünf Bieter enge S*lf*nfcblucbt h^nburchauamängen. Die
Spanne aber amifchen ben {entrechten Sfagufem, bie ber fühne
Beifenbe in fchminbelnber au treuaen hat, migt 35 Bieter
unb ift oon einem Drahtfeit überfpannt. Sn amei an einem
fnieförmig barüber gebogenen fjoU befeftlgten Stricffchlingen
nimmt man figenb $tag unb miro an einem lannen Stricf
oom anberen Ufer aus ruefmeife htnübergeaogen. 2Ber nicht
oom Schminbel frei ift, ber oertraue fi<h niemals biefer Brücfe
an, benn in ben ftrubetnben ©ifcht htnabgeftürat, ift er rettungs¬
los oerloren, unb märe es ber geübtefte Schmimmer. Dr. Soen
#ebin fagte barum mit Be<ht: w Diefe Drahtfeilbrücfe ift für
Selbftmörber." ©r ftiaaicrte bie oerhängnisoolle Brücfe, als
mir am Ufer anlangten, ©ine Berftänblgung machte bas
bonnerähnlithe ©etöfe bes Stromes unmöglich* Dr. Soen i)ebin
fanbte aunächft mehrere Labungen mit feinen mertoolten Buf*
jeichnungen unb Sfiaaenbücher h^über fomie fein geliebtes
yieitpferb unb einige Blaulefel. 2Bie ängftlich mürben bie
armen, an fotche Stagübergänge nicht gemohnten Xiere, als
man fie mit oieten $afhaarftricfen an bas ^Gaufhota feftbanb.
Sie bäumten fich &°<h auf, flauten mirr umher, bis fie, fich
ihrem Schtcffal ergebenb, in bie Stricffchlingen fielen. Die
©lieber ftarr oon fich geftreeft, mürben fie oon aehn Blännem
hinübergeaogen. Der Dottor als groger Xierfreunb hatte
heraliches Blitgefühl mit ihnen unb freute fich, als man ihnen
bie Bugen oerbanb. Seine Diener oon£abat unb bem$och*
ptateau bes inneren Xibet hatten auch e ^ne berartige Brücfe
noch nie gefehen unb fpietten eine rührenbe Saene oor ihrem
gütigen i)errn. Sie fielen meinenb mit bem Bngeficht a ur
©rbe unbf^luchaten: w Bun finb mir fo meit glücflich getonunen,
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Seite 1722.
Kummer 40.
unb nun müffen mir bocg noch fterben." 3gr furc^tlofer #err
aber machte ignen ©ut, inbern er felbft in bie Schlingen flieg
unb ginüberfugr. ©ie abenteuerlich ftanb nun ber grobe
gorfcgungsreifenbe oor uns! Um in bie oerfcgloffenen Pro-
oinften Übels oorjubringen, reifte Soen #ebin a(s tibetifcger
flirte oertleibet. unb in ber Zat, er mar in feinem abgetra¬
genen, fcgäbigen Äoftüm ferner oon feinen Seifebegleitern au
UlebaiOe 3 um 20 jährigen JnhlUtam bet JJafleurfcgen 3nfttfufs.
unterfcgeiben. ©an gärte auch Eingeborene lieg auflüftem:
„Zer Sahib fiegt ja mie ein übeter aus." An ben gügen
trug er abgelaufene parfanberftiefel. Sis au ben ftnien fcgühten
fcgief augefcgnittene fcgmugiggraue giialappen bie Seine. Sas
lange, rote rnoüene Eemanb ^ielt eine oieimais um bie lüften
geklungene Scgerpe aufammen, hoch lieg es einen Zeii feiner
fonnengebräunten Sruft frei. Als Äopfbebecfung biente eine
hob* Pelamüge aus Staffel!, über bie ein jerriffener roter
©ollfcgal gemidelt mar. Sur fo tonnte es Soen 5)ebin ge¬
tingen, oon oielen ber ftaramane nacggefanbten Spionen lange
unertaimt 3 U bleiben unb in bisher unerforfcgten ßanbftricgen
au reifen. Als eine meitere Urfacbe, bag er über amei 3agre
fich in bem jegt mehr als oor ber Eypebltion Ponggusbenbs
ängftlicg oerftgioffen gehaltenen ßanb aufbaiten tonnte, fei er¬
mähnt, bag er eine befonbers günftige (Babe befigt, mit ben
oerfcgloffenen Sibetern 3 U oertebren, unb fie für feine Pläne
» gegen ihren ©illen unb gegen aHergöchften Sefegl oon
a, ihm ben ©eg &u oerfperren, umauftimmen meig. Auch
fpracb er mit feinen Sienern geläufig parfanbiftg unb fagte
felbft, es fei ihm mie feine ©utterfpracge. Uns mar es natürlich
eine groge Egre, ben fich bei uns au #aufe fühlenben Sottor
amei tage als unferen Eaft au gaben, unb er freute fich auch
nach ameijägriger Abgefcgloffengeit oon aller 3ioüifation mieber
mit Europäern aufammenautreffen unb bie ©eltereigniffe au
erfahren. Ais mir uns am Ufer bes Suttej bie $)änbe fcgüt-
leiten, mar feine erftegrage: „3ft äönig Ostar II. oon Scgmeben
geftorben?" Sann gingen mir bie oerfcbiebenen Staaten Europas
ber Seihe nach burch unb eraählten bem auf Sacgricgt Ee*
fpannten oon Äörtigsmorben unb Xhronmecgfel, oon griebens«
politit unb gefabrbrobenben Soifsbemegungen. ©ie freute
pcg ber ßanaabgefcgiebene, bie„©ocge" au fegen, unb obmobl
er oon ber Seife auf gefahroollen ©egen ermübet mar, legte
er erft fpät bie Seitfcgrift aus ber i)anb. Sr. Soen f)ebins
lebhafter Säuberung feiner gocgintereffanten abenteuerlichen
Erlebnijfe unb ßebensgefagren auf biefer feiner oierten Seife
in Übel au laufcgen unb feine tünftlerifchen Stiaaen unb Starten
3 U bemunbern, mar ein mahrer #ocggenug.
©ig Eatherine Eltins (Abb. S. 1725). Siele reiche
Ameritanerinnen finb fchon oon Sproffen alter europäifcher
Abelsgefcgiecgter als Eattinnen heimgefügrt morben. ©ig
Eatherine Eltins aber mirb bie erfte fein, ber fich Zote eines
Äöniaiicgen Kaufes öffnen; ihre Permägiung mit bem 5)eraog
ber Slbruaaen Prinaen ßubmig oon Saoogen, bem Setter ber
Äönigs oon Stalien, fleht unmittelbar beoor.
w
©ogammeb ftaffan ©iraa (Abb. S. 1728) ift ber
jüngfte Sohn bes S<hags ©ogammeb Ali oon Perfien. Ser
Schah, ber felbft in erfter Seihe ©ilitär ift, legt auf bie mili*
tärifche Eraiegung feiner Söhne grogen ©ert. Unfer Silb
aeigt ben tleinen prinaen ©ogammeb S)affan in ftofafen*
uniform im Eefpräcg mit bem Stofatenfommanbeur Oberft
ßiatoff, ber bei ber Untermerfung bes perfifchen Parlaments
eine fo geroorragenbe Solle gefpielt hat- Unfere Aufnahme
ift oon f)erm ©alter ßug in Teheran gefertigt.
Ser XII. 3nternationaie Preffetongreg (Abb. S.1728)
hat fich in Serlin unmittelbar an bie fünfaehnte interparla¬
mentarische Stonferena angefchloffen unb eine gleich freunbiiehe
unb mürbige Aufnahme in ber Seicbsga^ptflabt gefunben.
So (ub auch gürft Sülom ben Stongreg, auf bem 96 Sereine
mit runb 15000 ©itgliebem aus 17 gänbem oertreten maren,
3 U einem (Bartenfeft ins Seicgstanalerpalais ein.
Sie Srüber ©right (Abb. S. 1729) behaupten heute
unter ben Aoiatitcm unftreitig ben erften Stag. Eine 3eit«
lang mürbe oon ihnen taum mehr emftüch gefprochen, bie
granaofen garman unb Selagrange maren bie Stänner bes
Soges; im oorigen 3ahr aber traten bie Stmeritaner mieber
in ben Sorbtrgrunb, um feitbem burch fteigenbe Erfolge bas
Erftaunen ber ©eit au erregen. 2lm 13. September b. 3-
(teilte Oroille ©right in Slmertta einen Setorb auf, inbem er
mit feinem Sleroplan eine Stunbe, 14 Stinuten unb 24 Se-
funben in ber ^Guft blieb, unb tura nachbem er feinen unglüd-
lichen Stura getan hutte, am 21. September, überbot fein
Sruber ©ilbur in grantreich biefe ßeiftung noch &urch eine
gahrt oon einer Stunbe, 31 ÜSinuten unb 25 4 /» Setunben.
w
Sie Eholera (2lbb. S. 1730) hut i^rc Schreden noch n ^t
oerloren, aber fie finb burch bie gortfehritte ber mebtaintfehen
©iffenfehaft mefentlich oerminbert morben. Sas hui fit) in
ben legten ©oegen mieber geaeigt; benn mährenb in Sug*
lanb bie Epibemie eine bebentliche Ausbreitung gemann unb
auch bie £)auptftabt Petersburg fchmer heimfudjte, blieb bie
Seoölterung ber benadbbarten fiänber oolltommen ruhig.
Unfere Aufnahmen gemahren Einblid in einige Slagnahmen
aur Setämpfung ber Seuche in Petersburg.
w
Sie Pafteurmebaille (Abb. nebenft.). Es ift ein fegöner
^Brauch, bie Erinnerung an groge Stänner ber ©iffenfehaft
bureg Slebaiüen macgauergalten, bie an igre bebeutenbften
©itftreiter ober Sacgfolger als Ausaeicgnung oergeben mürben,
©ir bringen heute eine Abbilbung ber pafteurmebaille aus
Anlag bes amanaigjährigen Peftens bes Pafteurinftituts für
Setämpfung ber 3nfettionstrantpeiten in Paris, bas Profeffor
Sletfcgnitoff in bem Artitel auf S. 1736 befprid^t.
3)ieÜblen öertSßocbe
Erabifcgof Eaputo, egem. Stüncgner Sunaius, f in Seapel
im Alter oon 65 3agren. '
Anna (Brobeder, einftige berühmte Offenbacg-Sängerin
unb Soubrette, f in Altgofen bei St. Seit am 28. September
im Alter oon 80 Sagten.
Albert ÜSaignan, bebeutenber franaöfifeger ©aler, f in
Paris am 29. September im 63. £ebensjagr.
Eeneraileutnant 3 . S. oon 3i*gner, Erünber unb fieiter
bes ^olonialoereins, f in 5aüe a. S. am 28. September im
Alter oon 70 3agren.
Hummer 40.
Seite 1723.
&g§r~ ] 33ilöer oomSage 1 ^*^
BNfOCD^I
Die UnglücfsfteUe nad) Der ftataftroptje. Unten: Die krümmer bes abgeftürßten SBagens.
$b4)t Ocbr. (tüctfci.
Der folcjenjdjroere 3ufammenfto(} 3 toeter 3üge. auf tuet Berliner £)od)baf)n.
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Die äiüci ineinanbergefabrenen 3üge. Cints ber überfjftngenbe 'Bagen II. 5Ua|(e
''lununei 40. ^
(bcii.: 1724.
IBlicf auf bas (Bleisbreietf nad) bem UngfücF.
4
Die feinere ftafafftopfje auf bet Betliner fyotybatyn.
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Otummer 40.
Seite 1725.
(£in lefctes 5)inbernis auj bem s itteg beö tül^neti 3orfd)ers>: 6uen 5)ebin überfcfyreitet am 3)ral)t[eil ben Suüejfiufc.
Soen fiebinß Hücffetjr non feiner ^roeijäfjriqen (Erpebition in bas 3nnere libefs.
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ytummer 40.
Seite 1727.
ütfnfunft bes gorfdjers in tibetifrfjer Ircufyt in ber üttiffionsftation tyoo ORorbinbien).
Sven fjebins ttütfeftr von feiner jtoeijctyrigen (Eppebifion in bas 3nnere Xibefs.
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Sette 1728.
SInfpra$e bes ^räfibenten (E&efrcbafteur Singer (2).
Der 3nfernafionafe pceffefoagrefc in Berlin: Die Seilne&mer beim Heidjefanjter (1).
(Eine fofette Heine $oi>eit:
prim TtJofjammeb fjaffan Tilirja (1), Sofia bes S<f)af)s von perfien, im (Befpräd) mif bern äofafenfommanbeur Oberff Ciafoff (2).
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Kummer 40.
Seite 1729.
Die Kefotbflüge bet ©ebrübet IDrigf)f.
1. 3Bilbur s 2Brigl)t rociijrenb feines 9Beltretorbfluges (1 Stunbe 32 9ttin.)
bei &e ÜNans am s 2lbenb bes 21. Septembers. (*ßbot. SBranger.)
2. Or Dille 9Brigl)t mäI)renb feines cforbfluges bei Ußnfljington.
3. 2)er fpäter uerunglücftc Oruille in feinem Slugapparat.
pW,
-
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•öPtte 1730.
Furnitur
opcjialauincilyncn xj
fiir Die „'ABod)«'
QOH CI 0 BullC
£tc|crung oon abgefodMem
Destnfiftierung eines Wagens.
öefunb befundene Cfyoteraoerbä^tlge roerben nach Der Unter fudjung roteber noch #ouft *ntlaff«iL
Die Cholera in Petersburg: TTCagnafymen ja ihrer Befämpfung.
GooqI
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Stummer 40.
Seite 1731.
*© Qmftgl*.
Stoman tum
©eorg ^reifyerrn t>cn öm^feba.
Sas Spiel fam juerft nitfet reifet in ©ang, man unter»
feielt fkfe 3U fet»r mit ben Samen.
©raf Äöttn nafem bas metallene Äreu3 in ber SDlitte
bcs nitfet atfeu groften JRouIetts sroifcfeen 3mei ginger,
liefe es feerumfcfenetten unb marf bie Äuget feinein.
- 3m tefeten Slugenblitf warb nocfe auf irgenbeine
3 afel ober auf bie rote ober ftfemar3e Seite gefefet. 2 tts
bas „Rien ne va plus“ erfldng, blitfte alles gefpannt
auf bie Äuget. Sie fummte, ftfenurrte, ftapperie.
3 mmer träger brefete fitfe ber ^glinber. Sie Äuget glitt
auf jecfe3efen, mieber heraus unb lief, mäferenb alte Äöpfe
fitfe oorbeugten, auf bie Sieben. Sann brefete ber
3t)linber tangfam weiter mit bem rufeenben ©liicfs«
geftfeofe.
©in älterer f)err, ber mit ©raf Äcttn bie S 5 tmf feieti,
tafelte aus unb 30g bie ©infäfee ein. Sann fcfenurrte
toieber bie Äugel, unb ber alte ©raf rief, inbem er feinen
meifeen Schnurrbart roirbette: „Messieurs, faltes
votre jeu!“
Sie Samen unterhielten fitfe föftlicfe. 3 e weniger fie
gcfefet featten, befto gröfeer war ifere greube an einem
©erninn, befto gröfeer ifer 3 ammer um einen SBertuft.
Unb immer tief ber ijausfeofmeifter umfeer unb
ftfecnfte ein. Ser alte ©raf featte bie IBlitfe überall.
2Benn er irgenbwo ein leeres ©las fafe, fo 3winterte er
mit ben ftfearfen Stugen.
Silber (einer matfete einen feöfeeren Safe.
Ser junge ©raf ßinbenbacfe ftanb neben bem Üifcfe
unb fafe mit rufeigen Stugen auf bas SRoulett. Ser alte
©raf rief ifem 3U: „ 9 tun, ©raf gran3, wenn Sie mal
mitfeetfen mürben, (amen mir oietlcicfet oorwärts!"
Ser junge Offner oerbeugte fitfe: „Ißarbon, icfe fpiele
nitfet."
„ 9 tanu, finb Sie fo moraliftfe?"
Ser junge Offner oerbeugte fitfe lätfeetnb abermals:
,,©s ift ©runbfafe bei mir."
„2lcfe was, ©runbfäfee gibt’s nitfet."
Sa oerbeugte fitfe ber junge Offner 3um brittenm'al:
„3cfe feabe aber ©runbfäfee."
„ 9 ta, bie finb bann jebenfalls für bie Stebenmenfcfeen
nitfet gerabe unterfealtenb."
Ser ßeutnant blitfte’ ifen feft an, aber ©räfin ßinben»
batfe minfte iferen ©ntel heran: „gran3, itfe bitte bitfe,
fei ruhig!"
©r (üfete ifere gingerfpifeen: „2Bas fott itfe fagen?
2Ber besmeifett, bafe ein SRenftfe ©runbfäfee feat, mit bem
ift mofet nitfet uiel 3U reben!"
Unb ber junge Offner oerftfewanb aufretfeten ©anges,
ofene einen 8lii( auf ben Sifcfe 3U werfen. Sie ©räfin
fegte 3 U iferem alten greunbe: „3Rein ßieber, taften
Sie bie ©^iefeung meines ffintets nitfet an. ©iner tut
bas, unb einer tut jenes. Sie haben fetbft gefagt, bafe
er fantos reitet. 9 ta atfo! Äommen Sie, fefeen Sie mir
bas auf 3 tot —"
Sabei nafem fie aus einer (feinen SBörfe ein 3 efen»
pfennigftütf. ©raf Äcttn ftfeob es fetbft auf Slot unb
oerbeugte fitfe babei fo tief, bafe feine meifeen Stfenurr*
bartenben ben Siftfe berührten: „ijoffentütfe bringt es
3fenen ein Vermögen, liebe ©räfin!"
2tts fie gewonnen featte, feähbigte er ifer 3mansig
Pfennig aus, inbem er fitfe mieber abfitfeüitfe tief oor
ifer oerneigte. Stber bie ©räfin nafem bas ©etb ftfemun»
3etnb entgegen: „So, itfe feöre für feeute auf —"
Stiles tatfete, ©raf Äöttn ftanb ärgertitfe auf: „ 3 <fe gebe
bie 58 anf ab —" ,• ' ;
Sliemanb wollte fie übernehmen. Sie anbern er»
feeben fitfe ebenfalls, unb ©raf üü&n fagte 3Ü i)erm ßouio
Sroefigt: „Samen in alten ©feren, itfe feabe ihnen genug
geopfert, aber an ben Spieltiftfe gehören fie nitfet. Sie
feaben (einen SRecfetsfinn."
Sarunter oerftanb er: „Sie motten nitfet oertieren."
Sßäferenb bie ©efellfcfeaft ein wenig oerftimmt bas
3 immer oerliefe, fagte ijerr Sroefigt, ber wie aus bem ©i
gepellt neben bem alten ijerrn ftanb:„Unb botfe, S)t rr
©raf, feabe itfe in SKonte ©arto, in Spaa unb gar in
Äonftantinopet Samen mit uiel gröfeerer Spielleiben»
ftfeaft (ennen gelernt, als fie je bei einem SDtanne oor»
fommt."
©raf Äöttn feielt #errn Sroefigt am Stermet surücf:
„ßaffen Sie man, lieber greunb, wenn erft bie Srauen
3U IBett gegangen finb, macfeen wir notfe ein deines
3eutfeen!"
2 Jtit ber Stusfitfet barauf war bes alten ijerrn gute
ßaune wieberfeergeftettt. ©r featte jefet nur notfe ben
einen SBunftfe, bafe es nitfet 3U lange bauern mötfete, bis
bie Samen fitfe 3urütf3ögen.
Sarum näherte er fitfe ber Samengruppe, 30g bie
Ufer, betrachtete fie lange unb matfete ein bebenditfees
©efitfet.
©räfin ßinbenbacfe featte bie SQtanöoer bes alten
ijerrn bemertt. Sie fagte sur ©räfin Sc3ogont): „ 2 Bir
follen äusgeräutfeert werben!"
5 )err ßouis Sroefigl fafe ^rinseffin ijofeengart unb
ifere Scfewefter Stgatfee ftumm nebeneinanberfifeen. ©r
näfeerte fitfe ber tßrin3effin: „Sftfe, es ift botfe oiel unter»
fealtenber feier als brüben beim Jtoutett . . ."
Sßrinseffn 5 )ofeengart brefete bie Stinge an ben gin»
gern.
„. . . obgleich ben meiften Samen bas Dtoulett botfe
auefe Spafe matfet ..."
Sie 5ßrin3effin tat nitfet, als ob fie angerebet mürbe.
Sigatfee füfelte bie Ungejogenfeett unb wanbte fitfe 5U
5 )errn Sroefigl: „SKir ift es oiel lieber, mir fifeen feier!"
S:eißrin3effin rauftfete baoon. Sroefigl blitfte ifer natfe.
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€«!(« 1732.
Stummer 40.
©räfin 2tgatße erriet, roas er bacßte, unb beutete auf
ben leer geroorbenen Stußl: „kommen Sie, feßen Sie
fich ein bißchen 3U mir!"
Sr naßm Blaß. aber er mar ßerftreut unb beobachtete,
mit roem bie Brinjcffin nun fpräcße. Sie junge ©räfin
toanbte ißm ißr breites ©eficßt 3u: „Sic benfen an
etmas anberes."
Sr tarn fofort 3U feiner MoßlerjogenheU jurütf:
„3<ß bitte um Be^eißung. 3<ß bocßte nur . . ."
„ 3 <h will 3 ßnen fagen, raas Sie bauten. Sie bacß*
ten: ,Unge3ogen!‘ Sitte, feien Sie meiner Scßrocfter
näßt böfe. Sie ift manchmal fo . . ."
Ejerr Sroefigl oemeigte fich: „©näbigfte ©räfin, Sie
finb fehr gut —"
„ 3 <h höbe hoch nichts Befonberes . . ."
„Socß, ©räfin, Sie hoben etmas Befonberes, bas
man nicht immer finbet, nämlich # er d- ijßrinjeffin
$oßengart mar nicht gerabe liebensmiirbig. .
Sann fuhr er ohne Ueberleitung fort: „Stuf meines
Baters fflinf hören 3ehntaufenb Sffen auf 3U rauchen,
menn er nämlich teine Soßten geben roilt. Senn mir
finb .Soßlenfriße*, mie ein ijerr hier» ouf beffen Mint
nicht eine aufhört 3U rauchen, bie Sieberisroürbigteit gc«
habt hot, es ausjubrüefen. Soßlcnfrißc, jamohl, unb
mein Same ift Sroefigl. Bon bem meiß teine Srin»
geffin etmas. Moßer auch? ®' e ift ja nicht oerpflichtet,
bie größten treibenben Sräfte in Seutfchlanb 3U fennen.
Allerbings märe es auch nicht unmöglich, baß oon ben
Soßlenfrißen feiner ben Samen j)oßengart gehört hätte,
©näbigfte ©räfin, 3 hr #err Bater hat oorhin gefagt:
,Samen in allen Shren, aber fie haben feinen Becßts*
finn —'‘
Agathe mar auf bem Stuhle befangen hin unb her
gerüeft, nun mieberholte fie: „Ss liegt meiner Schmcfter
mirflich fern, Sie 3U fränfen. Ss ift mal fo ihre Art.
Sas tut man ja in guter ©efellfchaft nicht!"
Als 5 )err Sroefigl antmortete, mar in feiner Stimme
nicht mehr ber natürliche Sto(3, fonbern ein roenig bas
Bebürfnis, fich in bas rechte Sicht ber ©efellfchaft 3U
rücfen: „ 3 ch habe berartige Anfcßauungen bort, roo ich
oerfehre, auch nie getroffen, unb Sorb giß=Benor, ber*
einftiger ijeraog oon $attenrom, mürbigt mich feiner
greunbfcßaft, unb beim dürften graisßeirmgraisheim
bin ich jeben S)exb\t auf Mocßen 3ür ©emsjagb."
Sie junge ©räfin unterbrach ihn lächelnb: „Sas follen
Sie mir nicht er3äß(en. 3 <ß glaube es 3 hnen aufs
Mort . . ."
#err Sroefigl biß bie Sippen aufeinanber unb fprach
oon ber 3 agb, bie er hier feit acht Sagen täglich mitritt.
Agathe ließ fich erjäßlen, benn fie mar bie emsige ber
brei Seßmeftem, bie nießt ritt. Sie hatte mit bem 3 n*
fpeftor 3U tun, mit bem Senbanten. Sie forgte für bie
Äüdje, fie teilte bas ©elb ein, menn fie folches oon ihrem
Bater befam, benn ba ber Bogen feit 3 ahren überfpannt
mürbe, pflegte es nicht regelmäßig einsulaufen. Sach*
3ufeßen, ob bie Sichter alle brannten, überließ fie gern
ihrer älteften Scßmefter, auch menn fte erft eine Stunbe
oorher angefommen mar.
Sa brachen mit einem Mal bie Samen auf, man
mußte nicht, marum.
©raf Solln hatte ©räfin Scsogoni) bie $anb getüßt,
nun raunte er ihrem Manne 3m „Mir fpielen oielleid)t
noch eine Bartie Qutnse ober Starte."
„3ch muß meine grau hinaufbringen!"
„Sominen Sie nur mieber, lieber ©raf!"
Sobalb bas leßte meiblicße Mefen gegangen mar,
feßte man fieß an ben Zifcß, mo bas Boutett geftanben.
Sort lagen jeßt eine Strahl Sartenfpiele. Mieber mar
ber einige, ber bebiente, ber alte fjausßofmeiftcr, ber
ftumm unb blinb unausgefeßt einfeßentte.
Bei ber Ouinse gingen bie Sorten oon einem 3um
anbern mie bas ©elb.
Bach einiger Z*ü übernahm ber alte ©raf 3um
BcKarat bie Bant. $err Sroefigl mar ber eine Sorten«
hatter, ber anbere mecßfelte. Sie fjöße ber ©infäße
feßien 3U maeßfen mit bem Zigarrenrauch, ber halb netrel»
artig über bem Zimmer lag. 3 mmer meßr ©elb erfeßien
oor ben Spielern auf bem Zifcß, immer ßößer fcßmoll
ber Raufen oon Bantnoten oor bem ©rafen oon Sölln.
3ebesmal, menn er einen großen ober tleinen Schlag
aufbeefte, blätterte er mit Siegermiene bie Sorten hin
unb neßm ben ©eminn in (Empfang. Menn er aus*
Saßlen mußte, fo tat er es mit ber größten Siebens*
mürbigfeit, immer ein Schersmort im Munb: „Cs ift mir
eine Gßre. — $arf '<ß 3 br e Saffe oeroollftänbigen?"
©in junger #err fragte über ben Zifcß: „ijerr ©raf,
mürben Sie mir rooßl aushelfen? 3 <ß habe nießt fo
oiel bei mir!"
©raf Sölln gab 3urüct: „ 3 cß nehme grunbfäßlicß
nießts aus ber Bant. Sann müßte icß erft einmal
Xoilette machen."
©r erßob fid), raffte ben riefigen Raufen Banfnoten
3ufammen unb trat an einen Bebentifcß.
ijerr oon Mellin, ber nießts 3U trinfen hatte, tlingette.
©raf Sölln fagte 3U bem jungen #erm, einem ©uts*
naeßbarn, ber bie 3 agben mit3ureiten pflegte: „Mit
mie oiel barf icß ausßelfen? ©ins, 3toei, brei, oier?"
„ 2 tcß, e i n brauner Sappen oietleießt!" *'
Ser alte i)err faß ißn unter ben bufeßigen roeißen
Augenbrauen an: „Sieber greunb, entroeber Sie hören
auf unb märten befferes Metter ab, ober Sie fangen
gleich mit meßr an. Sonft finb Sie bar ©elb."
Ser junge Mann oerbeugte fid): „Menn Sie mir
bann oielleicßt brei geben motten, ijerr ©raf?"
©raf*Sölln 30g bie linte Manfcßette aus feinem
gradärmel ßeroor unb notierte barauf ben Barnen unb
bie Summe.
„Sie Bant geßt mit fünf Mille meiter."
Sie Xür öffnete fid). Sas glattrafierte ©efießt eines
jüngeren Sieners erfeßien.
©raf Sölln rief: „Sarf icß bitten, bie Sienerfcßaft
nießt 3U rufen! #ier ßat nur GIßmann Zutritt!"
Ser Siener ging bureß bas Bilber^immer auf ben
©ang in bas Stiegenhaus, in bem bie hoppelte Zreppe
hinauf in Z°Pf ober Berüde, i n Söller ober Bon3er
lauter Herren unb ©rafen oon Sölln hingen; basmifeßen
Samen in Staatstleibern, ein Säcßeln auf ben Sippen,
fteif eine Blume in ber #anb ober einen Borßang hin*
ter fich, ber, an einer Säule gerafft, bie Sanbfcßaft feßen
ließ mit ben Benaiffancegiebeln bes Scßloffes Sölln.
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Stummer 40.
Seite 1733.
Dj^Dtener öffnete eine Settentür jum Sußraum
neben her Rüche unb faßte bem ijausßofmeifter, baß er
gerufen morben. Ser Sttte nahm ben jüngeren beifeite:
„Sie mtffen, baß id> allein bie Sebienung ßobe. Stiften
Sie ficß banad)'."
3 n biefem 2 tugenblicf batte ber gebeugte, alte (Elfi«
mann in feiner aufgericßtetcn Haltung, mit feiner fcßar»
fen Stimme etmas, mie ber S)t rr bes Scßloffes felbft
2ln langen lifcßen ftanben bie ßeute mit ben feibenen
Rnießofen unb Strümpfen, in ijembärmeln, Schüßen
umgebunben, beim Silberpußen.
Stls ber 2 llte ßinausgegangen mar, rief ber Stad«
burfcbe Römer, ber bei foldjen (Belegenbeiten mitbelfen
mußte: „Sergern Sie ben #errn (Brafen nicht —"
einige lachten, ^anbere pußten ruhig an ber SSafcßine
bie ÜJieffer meiter ober roifebten filberne Scbüffeln ab.
Sebenan lag ber Sufmafcßraum. Römer trat in bie
Dür unb fab einer ftarten, blonben fjrau 3U.
SBäßrenbbeffen er3äblte ber junge Diener, brinnen fei
bas Spiel im oollen (Bange, unb meinte: „Da mirb flrf>
mobl roieber einer totfeßießen, mie ber ißolacf, ber ?rin3,
ooriges 3afjr!"
©in anberer rief, möbrenb er eine Stabltlinge 3mi«
fd)en bie rotierenben ßeberftreifen bet ÜJtefferpußmafcbinc
hielt: „Das mar fein $rin3- i)err oon Rruc3insfil Den
bat ber (Braf fjöUifdj ausgeraubt!"
Doch ein alter ÜDtann mit feiftem, glattem ©efiebt, ber
bas gepußte Silber in Srriesübersüge fteette, brebte fid>
um: „galtet ’s Staul! So rebet ihr nicht oon unferem
©rafen —"
„Su, roenn’s mabr ift!"
Der anbere trat ihm entgegen, eine Silberfcbüffel im
grünen Uebcr3ug in ber $anb, unb machte mit bem fetten,
f<bmar3bebaarten Unterarm eine nacßbrücflicbe Seme»
gung: „So mirb nicht gerebet! Serftanben? 3 ft unfer
©raf nicht gerecht? So anftänbig mirb nirgenbmo ge«
3abtt!"
Doch ber junge SWenfcß, erft feit einem halben 3oßr
im $aufe, begann noch einmal: „Sa, mehr mie be3ablen,
als man fich oerbient bat, tut er boeb nicht!"
Der alte Diener, fonft fo oorfiebtig mit bem Silber
feines fjerrn, ftieß bie Scbüffel in ben Schranf, baß fie
an bie $intermanb bumfte: „So, unb menn einer
heiraten muß? 2 Bie mar’s benn bei lidmann unb
beim langen Sicfel? Dem SWäbel bat er roas gefeßenft
unb ihm ooeß. ©in anberer jehmeißt fie raus. Stlfo balt’s
3Jlaul!"
Der anbere ging unb fcßlug bie lür 3U, roäßrenb ber
alte Diener feinem liefen noch meiter ßuft machte:
„So ’n bummer ©rünfchnabel! 3 <b ®eiß mobl, baß
unfer ©raf fünf gerabe fein läßt, aber fo ’nen ijerrn
foll’n mir mal juchen!"
Der 3meite Rutfcßer, ber falt rauchenb an ber ffianb
lehnte, benn ©Ißmann litt ben Dabat nicht, ftimrate ihm
3u. 2 Ber ein Sf«b fcßlüge, flöge raus. 2 lbcr mer mas
leifte, bem febe ber ©raf jebes nach-
SBäbrenbbeffen fchmaßte Römer, ein paar filberne
©abcln abtroefnenb, mit ber Slonben, bie SorgeHan»
teilet mufch. 2 lls fie fertig mar, banb fie bie Scßürje
ab unb fragte ben Rüchenchef: ,,©s ift mobl nichts mehr?"
Der niefte 3erftreut. Die meiße Slüße auf bem
Ropf, feßrieb er in einem großen Sud).
2 lls bie Slonbe, bie Dienfttreppe oerlaffenb, eben ben
Rorribor betreten modte, ging ©raf Sc3ogong bie große
Dreppe hinab.
3 m Spiel3immer lag ber 3 iflorrenqualm fo biebt,
baß man nichts fab als im ßiebttreis ber ßampe bie
über ben Difcß gebeugten Röpfe unb baoor neroöfe
#änbe, ein menig übernächtig feßmußig, obmobl fie
lauter gepflegten Herren angebörten, mie es eine ijanb
eben mirb, bie lange ÜRetadgelb bin unb her fchiebt.
2 lber bas bare ©elb mar feltener gemorben, feine Stede
batten Sifitenfarten eingenommen, auf benen Summen
gefrißelt ftanben. $err ßouis Droefigl hielt jeßt bie
Sant. ©raf Rödn hotte bie Rarten ber einen Seite.
Sein ©efiebt fehlen noch röter benn oorber. 2 tb unb 3u
gtiff er nach rücfmärts, um fein ©las 3u fuchen.
2lls bie Rarten lagen unb einer ber Herren banad)
faßte, rief er grob: „ 3 um Donnerroetter, id) bebe immer
felbft auf!"
Der anbere ftanb auf: „Rein ©lüef auf biefer
Seite!"
Sun fab ©raf Rödn bie Rarten an: „ 3 mei 3 ebnen!"
— Die Seite hotte mirflicß fein ©lücf.
Der Santbatler legte feine Rarten mieber bin, gab
brühen eine Sieben, ©raf Rödn noch eine 3 eßn, fi<h
felbft eine ©ins, beefte auf unb fagte, ohne eine SRiene
3U oer3ieben: „©ins."
Die anbere Seite batte ficb totgefauft. 2 Rit ber arm»
ft-ligen ©ins 30g bie Sanf Daufenbe ein.
Der alte ©raf feßrie: „Sa, gegen folcßen Dufel ift
freilich nichts 3U moden!"
$)txx Droefigl fagte ein menig feßarf: „ 3 cß ßobe bie
Rarten nießt gemacht!"
„ 3 cb ooeb nicht!"
„Dann tonnen mir beibe nichts bafür."
©raf Rödn nahm aus ber Socftafcße einen Stoß
Sifitenfarten unb machte „Sens" baraus, inbem er große
©elbfummen barauf feßrieb.
©raf Sc3ogong ging oon Seite 3U Seite, aber er
feßte immer bort, mo bas ©lücf nießt mar. Unb es mar
am menigften bei ©raf Rödn. ©ine feiner Sifitenfarten
naeß ber anbern manberte in bie Sant.
Der Rreis ber Spieler naßm ab oon Siertelftunbe 3U
Siertelftunbe. Der mar mübe, bei jenem regte fieß bie
Semunft, anbere ftanben mit großem ©eminn auf, blie«
ben als 3ufcßouer einen Slugenblicf noeß ba unb maren
bann ftid oerfeßmunben. ßeute, fonft bie ©ßrenßaftig«
feit felbft, tlagten oßne Sot, mie oiel fie oerloren hätten,
mäßrenb fie boeß in SBirflicßfeit eine moßlgefüdte Srief»
tafeße auf ißr 3 immer nahmen. SBenn man herum»
ßörte, ßattc feiner gemonnen; babei mar bas Sargelb
oerfeßmunben, als hätten es bie Sißen bes Sorfetts auf»
genommen.
©raf Sc3ogong tonnte bei ben menigen Herren, bie
nur noeß ba maren, feinen leßten laufenbmartfcßein
nießt meßr „serfcßlagen", mie man es nannte, ©r ging
auf bes alten ©rafen Seite unb marf ißn etn menig
ärgerlich auf ben iifeß. Der alte S)exx aber plante in
biefem Sugenbltcf einen „großen Goup". ©r ßattc feine
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Seife 1734.
Slhnung, toie oiel er oerlorcn hatte, aber er wollte mit
einem 2Jtal altes 3urüdgewinnen.
(Er fragte: ,,©ie oiet ift bie Banf?"
Ejerr Droefigl 3udte bie Sldjfeln. „Bis 3U wie viel
nehmen Sie an?"
ßouis Droefigl legte bie Sorten bin unb fagte .in ber
ein wenig profeigen Slrt, bie trofe aller guten Sanieren
in gewiffen Slugenbliden an ihm war: „Ejerr ©raf, ief)
nehme jeben Safe an!"
©raf Sölln feferieb auf feine Bifitentarte eine feefes*
ftetlige Safel.
Die Sorten flogen rechts auf- ben Difcfe, ohne bafe fie
jemanb auf hob, unb nun erft merften bie Herren, bafe
aufeer bem Banfhalter, ©raf Sölln unb ©raf Scsogomj
ntemanb mehr im 3>»nnter mar.
Der alte ©raf blidte firf> wütenb um: „Berfludjte
Serls, falte Beene."
Ejerr Droefigl 3udte bie Stcfefeln: „Dann gebe id> hier
offen!"
(Er beefte bie rechte Seite auf. ÜJtit 3itternben, jefet
merfwürbig alten, oerfchrumpelten E)änben nahm ©raf
Söün bie beiben Blätter unb fagte, ohne absumarten,
was ber Banfhalter meinte: „ 3 d) mufe bitten."
S)e rr ßouis Droefigl beefte feine Sorten auf ben Dif<fe:
„Sleiner Schlag!"
©raf Sc3ogonn mcchte eine fur3e Berbeugung:
,,©ute Bacfet, meine Herren."
2 lber ber alte ©raf, ber bem Banffealter ben Daufenb*
marffefeein bes Ungarn unb bie Bifitenfarte feingefefeoben
hatte, rief faft befehlenb: „©raf Scsogont), wir fpielen
weiter!"
„Dut mir leib, ©raf Sölln, aber ich fpiele nie unbar."
„3<h gebe 3fenen was."
„Danfe, ich borge nie."
Der alte Ejerr rief sitternb in feiner Beroofität bei
feinem enormen Berluft, ben er felbft nicht überfat):
„2luch wieber ©runbfafe?"
„3<h habe es meiner grau nerfprochen."
Damit war er hinaus, unb bie beiben Herren blieben
bei ber bunfler brennenben ßampe, bie feine Bohrung
mehr hatte, allein.
Ejerr Droefigl fd)ob feinen ©ewinn gufammen. (Er
orbnete bie Bifitenfarten unb fteefte eine ßlngaf)! banon
in bie Dafd)e, fo bafe nur noch bie bes ©rafen Sölln
übrigblieben. Der fagte mit rauher Stimme: „ 3 efet
tommen Sie, Ejerr Droefigl, mir machen einen Schlag
um ben Srempel!"
„Bergeifeen Sie, Sjerr ©raf, bas tu ich grunbfäfelich
nicht."
,,©as? 3 cber hat feinen ©runbfafe! Scsogont) hat’s
feiner grau nerfprochen, ber junge ßinbenbach ber ©rofe*
mutter! 3Bem haben Sie’s benn nerfprochen? SBofel
3h rer grau ÜDiama?"
Ejerr Droefigl prefete bie ßippen aufeinc.iber: „©eine
arme, liebe, gute Btutter lebt nicht mehr, Ejerr ©raf."
„So? Da haben Sie’s wohl 3 hrer Dante ner*
fprocfjen?"
^err Droefigl flopfte mit bem Bad Bifitenfarten auf
ben Difd): „Ejerr ©raf, ich habe es niemanb nerfprochen.
3 <h habe meine ©runbfäfee. Das genügt! 3 ch wieber*
*
Bummer 40.
hole, morgen ftcfje ich 3i«r Berfügung, sb lag&t wir
beibe hier allein!"
„©orgen ftnb bie Herren nicht mehr ba. EjÄte war
bie lefete 3agb."
„Dann ein anbermal."
„ 3 <h tndfe nicht, wenn ich Sie wieberfefee."
„Sie haben bod) bie ßiebenswürbigteit gehabt, mich
als 3hren ©oft . . ."
„Doch nicht für ewig?"
Ejerr Droefigl ftedte bie Bifitenfarten in bie SBeften*
tafche: „ 2 lh, wollen Sie mir bann fagen, wie lange ich
hier noch eingelaben bin?"
„gür bie 3 agben. Bis morgen."
,,©utc Bad)t, S)e rr ©raf."
,,©ute Bad)t."
©raf SÖHn ahnte nicht recht, um welche Summen es
fi<h hanbelte. (Er wufete nur, bafe ber lefete Bon anf oier*
feunberttaufenb ©ar! lautete. Unb biefe Summe
fchwirrte in feinem burch ©ein unb Stufregung bes
Spieles umnebelten alten Ejirn. (Er baefete an bie gro*
feen Berlufte, bie er in lefeter 3 eit gehabt, wie ber Ben»
bant ihn barauf aufmerffam gemacht hatte, bafe feine
(Einnahmen eingelaufen feien, unb als Ejerr Droefigl fchon
bie Dür erreicht hatte, rief er: „ 3 <h merbe einen
©eneralbon ausftellen."
Ejerr Droefigl begann auf einer Bifitenfarte 3ufam*
men3U3öhlen.
©raf Sölln nahm bie eu^elnen Bons in (Empfang.
Seine Ejänbe gitterten, unb in biefem Slugenblid, wo er
hätte aufpaffen müffen, fchofe es ihm burch ben Sopf,
wie er Ejtjpotfeef auf Ejnpotfeet aufgenommen, wie ihn
Slgathe gemahnt hatte, Drbnung 3U fchaffen, bie ©aft*
freunbfehaft einsufeferänfen. ©ehr als oier Beitpferbe
für ihn unb ©räfin Batfd) würben nicht gebraucht,
©enn er fiefe mit noch 3®** 3udern begnügte, fo tonnte
man brei Biertel bes Berfonals entlaffen unb fünfunb»
3wan3ig Stänbe leeren. (Er bachte baran, wie Slgathe
oorgefchlagen, bas Schlofe 3U oermieten, irgenbwo im
Sluslanb 3U leben.
Slber ber alte S)err hatte bann gejagt: „©enn ich nicht
mehr hinter ben Ejunben reite, bin ich tot."
Ejerr Droefigl fagte fur3: „6s macht genau 672,450
©arf!"
©raf Sölln ftotterte: „Sie follen's haben! Slber oiel*
leicht betommen wir bod) noch eine Bartie 3ufammen.
©iffen Sie was, man fann hoch nicht gleich fcfelafen!
©ir wollen noch eine Beruhigungspartie fpielen."
Dabei ging er 3U einem Spieltischen am genfter,
wo bie Sorten lagen, mit benen jeben Dag nach Difcfe
©räfin Batfd) unb er fiefe bie 3eit oertrieben.
Slber währenb er in bem halben Duntel hemm*
taftete, fagte Ejerr Droefigl: „Ejerr ©raf, nach hem, was
Sie oorfein gefagt haben, rühre ich feine Sorte mehr an."
„©as habe ich henn gefagt?"
„ 3 ch möchte es nicht wieberfeolen. (Einem fo oiel
älteren Ejerrn, wie Sie finb, Ejerr ©raf, halte ich bie
(Erregung sugute. 3 d) benfe, bas ift bod) fair!"
„Unb Beoanche wollen Sie mir nicht geben?"
„Sie haben ja bas ©aftreefet aufgehoben! 3 <h hin
empfinblid), ich oergeffe bas nicht —"
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Kummer 40.
©raf Kölln oerfuchie es jeßt auf andere SBeife. Gr
Hopfte Herrn Droefigl auf bie Schulter: „Seien Sie fein
grofd). Das ift ja lächerlich- SBir roollen mal über bie
Sac^e reben."
„Gs ift beffer, mir fprecßen barüber nicht."
Nun blißte es mieber in ben Nugen bes alten Leiters,
Drinfers, Sägers unb Spielers, unb ihn überfam jäher
3 orn: „ 3 um Donnerroetter nochmal, bann gute Nacht,
aber ich mill Shnen etmas fagen, Herr Droefigl, Be*
bingungen in meinem Haufe laffe ich mir nicht oor*
fchreiben. Sch roerbe bie Sache orbnen. ©ut. aber ich
muß bann fofort morgen früh oerreifen. Unb Sie mer«
ben einfehen, baß, menn ich oerreife, ©äfte nicht hier
fein fönnen."
Herr Droefigl antmortete mit aittcrnber Stimme:
„Das heißt alfo fo oiel roie an bie Dür feßen! ©ut, Herr
©raf. DEollen Sie nach ber Uhr fehen? Binnen 24
Stunben ermarte ich alfo bie Zahlung oon 672,450 DNart.
Darf ich bitten an bie Deutfdje Bant. ©ute Nacf)t, Herr
©raf."
„©ute Nad)t!"
Herr Droefigl ging burch ben Saal, über bie Dreppe,
mo all bie alten Köllns hingen, bie, mie bie gamilien*
gefchichte berichtete, Draufgänger gemefen, aber boch alle
Habe unb ©ut gemehrt burch treue Dienfte ihrem San»
besßerrn, burch Beirat, Grbfdjaft unb ©efchicflichfeit.
am DNorgen fchien alles fpäter p ermachen als
fonft. Die ßäben blieben gefchloffen, nur bie Haus*
mäbchen fegten oerfchlafen bie ßäufer auf ber Dreppe.
Sn ben Ställen bagegen mar fchon ßeben. Dian hörte
Dürengehen unb Sßiehern. Der Stattburfche Körner
trat heraus, bie aermel aufgefrempelt, unb fchüttete
einen Gimer ffiaffer aus. 3 hm folgte ber jmeite Kutfcher
in roeiß unb blau geftreiftem Stallseug. Gr ftieg bie
Dreppe hinan.
auf ber oberften Stufe begegnete ihm ein Heiner
DNann in meißen Hofen, Stulpenftiefein, einreihigem
Nocf mit Silberfnöpfen, ben 3 hl*uber auf bem Kopf.
Unter bem glattrafierten hageren ©efidjt ftanb ein hoher
Kragen empor. Ueber bem linfen arm trug er ben
Siantet forgfältig jufammengelegt. Gr blieb fteßen:
„Döllfig, ’s ift höchfte Gifenbahnl"
Der 3meite Kutfcher fagte ärgerlich: ,, 3 d) habe meine
Ißferbe felber oerforgen muffen. Der Körner ift faum
’ne Stunbe oorm gutterfcljütten rübergefommen, mie
foll er bann aufftehen! DJleine grau fagt’s, bie macht ja
auf oon jeber Kleinigfeit."
©abriel Baromeit, ber erfte Kutfcher, fchnippte mit
bem britten ginger ber rechten Hanb ein Stäubchen oon
feinem linfen aermel: „DNan muß ihm auf bie ginger
fehen. Sft ober fonft ’n tüchtiger Kerl!"
an bem ©ang über bem Stall lag roie in einer
Kafernc Dür an Dür. Hier unb ba mar ein Namens*
fchilb ju fehen, bie ©locfe baneben.
Döllfig trat ein. auf ben DJtöbeln lagen meiße Scho»
ner, in ber Gcfe ftanb ein Schreibtifch, roh gearbeitete
Ißorsellanfigurett barauf, am genfter ein ©olbfifchglas,
aus bem garne ihre grünen SEßebcl ftreeften. Der Kut«
fdjer ging leije in bas Schwimmer, roo sroei Setten
nebeneinanber ftanben, unb begann fid) umjuaiehen.
Seite 1735.
Gine ©eftalt roanöte fid) herum, bie Nachthaube auf
bem Kopf: „DJlach hod) nicht folgen Stanbal! Daß man
nur einmal ausfcßlafen fönnte!"
Der Kutfcher fcßlich leife in bas ffiohnjimmer hin»
über unb bemühte fief), babei fo menig ßärm mie mög«
lieh 3u machen.
Unten ftanb eine Goach. ©abriel Baromeit ftieg auf
ben Bocf, nahm ben 3 ügel unb bie Seitfche, fuhr runb
um ben Hof, unb bie beiben 2Bagenhalter marteten mit
aufgeftemmten, bloßen armen, ob ber erfte Kutfcher
etmas 3U tabeln hätte. Ohne baß man ben ausge3eicf)ne»
ten gahrer fieh nur rühren fah, blieben bie oier Diere
auf einmal oerfammelt fteljen, baß fein Ortzeit ge«
hangen hätte. Nun fam auch öer groeite Kutfcher bie
Dreppe herab, ging um ben großen Sagbroagen herum,
gleichfalls mit oier Sferben befpannt, beutete auf bas
linfe Hinterbein bes Stangen*Sattel*Sferbes, unb Kör*
ner fprang 3U, einen Strohhalm fort3unehmen, ber am
j)uf hängcngeblieben mar. Dann ftieg Döllfig auf ben
Bocf.
Gin ©epäetmagen folgte mit einem Kutfcher, ber nur
eine DJiüße trug. Das ©epäcf mürbe aufgelaben, mäh»
renb bie Neittnecßte oor ben Borberpferben ftanben, bie
Kutfcher regungslos faßen unb nur ab unb 3u einmal
bie Diere mit ben Köpfen feßnieften ober neroös ben
Soben fcharrten.
©raf Kölln Hopfte an ber 3 totmertür.
„Herein!"
„©uten DNorgen, Herr Droefigl!"
„©uten DJlorgen, Herr ©raf!"
„Sie moUen boch nicht etroa fort?"
Herr Droefigl in einem langen, grauen Ulfter, ben
meinen Hut in ben rotbehanbfehuhten Hänben, meinte
mit ruhigem ©efießt, bas fchon frifch rafiert mar: „©eroiß,
Herr ©raf, Sie haben bas ©aftrecht aufgehoben. 3 <h
habe mir überlegt, ob ich nicht bafür eine Grtlärung p
forbem hätte, aber es ift rooht etmas getrunfen motben
geftem, unb auch bem rcichften DNann ift folrf) ein
Serluft . . ."
Glßmann erfchien: „Herr ©raf, bie abreifenben Herr»
fchaften finb unten —"
„Sch taffe bie Damen um einen augenUiif ©ebulb
bitten."
©raf Kölln Hopfte mit bem Neitftod neroös auf feine
©amafchen: „ 3 <h bitte, oergeffen Sie, roas ich Shuen
geftem gefügt habe. Sitte, bleiben Sie, folange Sie
roollen. Gs ift nur bie engfte gamilie ba! Steine Doch*
ter unb ßinbenbad)?. ©enügt Shuen bas?"
„Natürlich, Herr ©raf."
„Gntfchulbigen Sie mich, i<h uiuß nach meinen
Säften fehen."
Die beiben Herren reichten fid) bie Hänbe. ©raf
Kölln fchritt 3ur Dür; Herr Droefigl 30g feinen Ulfter
aus.
Gin paar DNinuten barauf ertlangcn Horatöne, unb
bie beiben Sierer3üge fuhren, bicf)t oon Herren unb
Damen befeßt, um bas Nunbell, mährenb ber ©epäcf*
magen noch martete, ba bie Sachen bes Herrn Droefigl
mieber abgetaben merben mußten.
(gortfeßung folgt)
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Seite 1736.
üRummer 40.
Bas JJafleurfche 3nffifuf für Befätnpfung brr 3nfeffionsfrantt)eifen.
3 um 3ioan5igjäf)rigen Jubiläum bes 3 nftituts. — Bon 5 ßrof. Sr. G. ÜWetfchnitoff, Baris.
Gs unterliegt feinem 3 m«'felr baß ber ©ebanfe
eines allgemeinen griebens mit ber immer mehr
an Boben gewonnen bat. Gs oereinigen fid) öffent*
lief) internationale Songreffe für bie Befeitigung ber
Kriege, unb jebe 3ufammenhmft ber Staatshäupter
bient unfehlbar ber erneuten Bertünbigung oon grie=
bensgebanfen.
3 e mehr aber ber SBunfd) einer frieb(id)en ßöfung
menfdjlicber 3miftigfeiten um fief) greift, befto eifriger
wirb ber Krieg gegen bie nieberften geinbe ber SKenfd)*
beit proflamiert unb geführt. StJlit bem Steigen bes
SBertes bes menfcblicben Sehens wirb alles, was gu
feiner Grbaltung bienen fann, um fo aufmertfamer
oom ißublifum oerfolgt. Gs wirb besbalb toobl an*
gemeffen fein, einiges über bas Barifer Snftitut Bafteur
3u fagen, bas als erftes feiner ©attung in wenigen
SJtonaten fein 3wan3igjäbriges Jubiläum feiern wirb.
3 n früheren 3 citen würbe bie mebigtnifche SBiffen*
fdjaft faft ausfdjließlid) in mebi3inif<ben Schulen fowie
in Kliniten unb Spitälern betrieben. Seitbem aber
bie SBebigin fid) ju einer ejraften Baturroiffenfdjaft
ausgebilbet hat, ift es notwenbig geworben, befonbere
Stnftalten für ihre pflege 3U grünben. Sen erften
Slnftoß ba3U gab bie berühmte Gntbecfung ißafteurs
ber Schulimpfungen gegen bie ü)unbswut, bie ben
Sd)lußftein ber fchöpferifchen lätigfeit bes genialen
grangofen bilbet.
Seit gahrhunberten ahnte man fd)on, baff oiele
unter ben menfd)lichen unb tierifdjen Krantheiten eine
2 trt ©ärung im lebenben Körper finb. Siefer überaus
richtige ©ebanfe muffte mit ßeidjtigteit aus folgen
Beobachtungen gefolgert werben, wo wir Slbfallftoffe
oom franfen Organismus ausgefdjieben fehen. Ser
$arn wirb bei einigen Krantheiten ber #arnblafe in
einem folgen 3uftanb ausgefchieben wie ber außer*
halb bes menfd)lichen Körpers oergorene ober oerfaulte
Urin. Sie bösartigen Gnt3ünbungen bes Bruft* b3w.
Bauchfells finb oft oon ber Bilbung eines übel rie=
chenben Giters begleitet. Siefe unb manche anberen
ähnlichen Grfcheinungen, bie feit ber Uraeit ber mebi*
3inifchen Kenntniffe am Krantenbett beobachtet würben,
trugen ba3u bei, um bie parallele gwifchen Kranfßeit
unb ©ärung b3w. gäulnis (bie ebenfalls eine 2lrt
©ärung ift) erfennen 3U laffen. Gs würbe fomit flar,
baß ber Sdjlüffel 3um Berftänbnis ber SJnfeftions*
franfheiten in ber Grfenntnis ber ©ärungserfdjei»
nungen liegt.
Gs waren nun aber Ghemifer, bie fid) mit bem
Stubium oon allerhanb ©ärungen befaßten. Sem
gan3en ©ebanfengang biefer gorfdjer gemäß fuchten
fie bie Urfache fämtlicher ©ärungserfcheinungen in rein
chemifchen ißroseffen. Sie glaubten, baß, wenn ber
Bebenfaft 3um SBein wirb ober bie Bierwürge fid) in
Bier oerwanbelt, bies ausfchließlich als golge oon
Kontaftwirfung einiger leblofer Giweißftoffe auf gucter»
haltige ßöfungen eintrete. Gs würben h*rr unb ba
Berfud)e gemacht, bie alfoholifche ©ärung auf SBirfung
mifroffopifcher ßebewefen 3urücf3uführen, aber bie che*
mifche Sluffaffung ber Singe war 3u machtooll, um
biefem ©ebanfen ben SBeg 3U ebnen. Gs gehörte ein
gut gefdjulter Ghemifer mit gang origineller ©eiftes*
richtung ba3u, um biefes 3 >®l 3U erreichen. Bafteur
ließ fich nicht burch herrfchenbe Bnfichten beeinfluffen
unb fuchte feinen eigenen SBeg sur Grlangung ber
SBaßrheit.
Sie nieberften ßebewefen, bie S)e fepil3e, fanb man
wohl maffenhaft in glüffigteiten, bie in a(fot)olif<her ©ä»
rung begriffen waren. Slber es gab genug anbere
©ärungen, in benen man feine folcße Organismen
auffinben fonnte. Sollten biefe Brogeffe auch organi*
fehen Urfprungs fein, fo mußte man 5 )efepilge ober
ähnliche Singe auch tu ber in ber SBitd)* ober Butter*
fäuregärung befinbliehen SBilch fehen fönnen. Um
biefem Ginwanb 3U entgehen, unternahm Bafteur
f<hon im Beginn feiner wiffenfchaftlichen lätigfeit,
was fehon über 50 3 ahre her ift (im 3 ahr 1857 ),
eine Unterfuehung ber SJlilchfäuregärung. Gs gelang
ihm, nachguweifen, baß bie leßtere nur bann 3uftanbe
fommen fann, wenn ber 3Jtitch3ucter burch bie Gin*
wirfung lebenber SBefen, bie ungemein oiel Heiner
als f)efepilge finb, in Btilchfäure oerwanbelt wirb.
SBährenb tote Eiweißträger nie imftanbe waren, biefe
Umwanbtung 3U bewirten, genügte fehon bie geringfte
Stenge ber ÜJtilchfäureorganismen, um ben SDtilchäucfer
in ©ärung 3U feßen. SBenige 3 ahre fpäter tonnte
Bafteur feftfteQen, baß auch bie Butterfäuregärung
burch Ginwirtung lebenber SBefen er3eugt wirb; nur
finb bie letzteren webet $efe* noch Btilchfäurebatterien,
fonbern fchnelf bewegliche, fcßlante Stäbchen, bie oon
ihrem Grfinber für Snfufionstierchen gehalten würben.
Sie geigten bie überrafchenbe Gigentümlichteit, burch
freie ßuft abgetötet gu werben, unb tonnten nur unter
ßuftabfcßluß gebeihen.
Ser enbgültige Bachweis, baß fämtliche ©ärungen
ebenfo wie bie gäulniserfdjeinungen als golge bes
©ebeihens nieberfter ßebewefen 3U betrachten finb,
führte gur Sinnahme, baß bie Snfettionsfrantheiten,
biefe tranthaften ©ärungen bes lebenben Körpers, bie
gleiche Urfache haben müßten. Bach mehreren un*
glücflichen Berfuchen, biefen Saß 3U beweifen, gelangten
Saoaine, Bobert Koch unb Bafteur felbft gu gang po*
fitioen Grgebniffen, inbem fie nachwiefen, baß ber
Btilgbranb, biefe löbliche ßnfettionsfrantheit, in ber
Sat eine nieberfte Bflange, bas 2 Jtilgbranbftäbd)en,
3ur eingigen Urfache hat.
Sic barauffolgenben glängenben Arbeiten oon Koch
unb feinen Schülern ftellten befinitio feft, baß bie
meiften Snfeftionsfranfheiten, wie Schwinbfucht, Slbbo*
minaltpphus, Siphthcrie u. bgt., oon befonberen Bat*
terien ergeugt werben.
Samit würbe ber erfte Slbfdjnitt in biefer neuen
Bichtung ber experimentellen Stebigin abgefchloffen:
oon nun an burfte es nicht mehr begweifelt werben,
baß allerlei ©ärung, gäulnis unb Snfettion auf
ßebensäußerungen nieberfter Organismen gurütfgu*
führen finb.
Bafteur woüte fich bamit nid)t begnügen. Gr
wünfd;te nun, bie neu gewonnenen Kenntniffe für bie
Brajis anguwenben, unb oerfuchte gunächft ben SBein
gegen abnorme ©ärungen gu fdjüßen fowie bie ratio*
nelle 3 ubereitung oergorener Säfte, wie Gffig unb
Bier, feftguftellen. Bachbem ihm bies gelungen war.
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Stummer 40.
Seite 1737.
ging er mit feinen Mitarbeitern, unter benen her für^*
lief) oerftorbene ©gamberlanb unb ber jegige Direttor
bes Snftituts (Pafteur (Rouj gan3 befonbers 3U nennen
finb, ben Mitteln gegen Snfeftionstrantbeiten nad)3u*
forfegen. ßange rooüte er fid) niegt basu entfegliegen,
auf bas mebiflinifege ©ebiet öber3Utreten; als er aber
ber #ilfe eines tatentooüen jungen States ©mite (Rouf
oerfidjert roar, unternahm er eine gan3e (Reibe Unter*
fuegungen, um bie Stolle ber Batterien ats Kranfgeits*
erreger 3U ftubieren. (Racgbem alle m biefer
(Richtung gehoben maren, forfdjte er nad) Metboben
3ur (Betämpfung ber batterieiten 3 nfeftionen. Un*
ermüblicg ftubierie er bie (Berte Senners unb altes,
mas fleh auf Gcgugpocfenimpfungen besteht, in bem
©tauben, baraus einen richtigen (Beg 3ur Vorbeugung
ber Zierfeucgen 3U finben. ©r lieg eine Un3abl oon
©jperimenten anftelten unb fanb nun halb bie überaus
nichtige Zatfaege, bag mifroftopifege Krantgeitserreger
einer toefentlicben (Aenberung ihrer ©igenfebaften fähig
finb unb aus burebaus töblicgen Organismen 3U ganfl
unftbutbigen (Befen ohne Mühe umgeroanbett roerben
fönnen. Damit mar bie (Bafis für feine (Betämpfungs*
metbobe gemonnen, ba es (eicht feftgefteltt merben
tonnte, bag folcbe umgeänberte (Batterien einen Schuf}
gegen bie fieger franfbeiterregenben Mitroorganismen
teiften.
Diefe epocbemacbenbe ©ntbectung beflog fid) aber
3unäcbft auf eine f)ül)nerfranfbeit, bie fog. Hübner*
cbotera, beren mirtfebafttiebe (Bebeutung nicht atlflubod)
3U fegägen roar. (Pafteur rooüte (Befferes erreichen, unb
ba3u bemühte er fid) mit ©bamberlanb unb (Rouj,
eine Metbobe ber Scgugimpfungen gegen ben Milfl*
branb ber Schafe unb (Rinber ausfluarbeiten. Stach
nieten mübeooüen SBerfuegen gelang ihm bies, unb fo
rourben bie (Refultate ber ßaboratoriumsforfebungen
batb in bie gröge Grafts übergefübrt. SAUjäbrlieg
rourben mehrere Xaufenbc oon Zieren ben neuen
Scgugimpfungen unterroorfen, unb bies mit bem
größten ©rfotg.
(über ber über 60 Sabre alte, tränfticbe, non einer
tintsfeitigen Körperlägmung betroffene (Pafteur roar
noch nicht befriebigt. ©r rooüte feine ßaufbabn mit
einer ©ntbectung befdjtiegen, bie eine unmittelbare 2tn*
roenbung auf bie Menfcggeit geftattete. Stad) nieten
orientierenben (Berfuegen über oerfebiebene menfebtiebe
3 nfettionstrantbeiten btieb er bei ber ©rforfebung ber
j)unbsrout fteben. Obroobt es ihm nicht gelang, ben
©rreger biefer fcbrectlicben Krantgeit 3U entbecten, tonnte
er boeb, bureb fein unerfcgöpflicges ©enie geleitet, eine
ebenfo einfache roie 3toedmägige Metbobe ausarbeiten,
©r rourbe babureb in ben Stanb gefegt, non noiorifcb
routtranfen Zieren (#unben, (Bötfen ufro.) gebiffene
Menfcgen bureb Mtematifeg burebgefübrte Smpfungen
nor bem (Ausbrud) ber Krantgeit 3U fegügen.
©rft biefe ©ntbectung machte bie aüergröfjten Kreife
auf ben (Bert ber Arbeiten (ßafteurs aufmertfam, roas
benn aud) bie Stiftung eines eigenen 3 nftitüts neran*
Iagte, bem man ben Stamen bes grogen Öorfcbers gab.
©s rourbe bureg eine öffentliche Subftription in
grantreieg unb in anberen ßänbern eine Summe non
3tneiunbeinbalb Miüionen grant sufammengebraegt,
mit ber man anfing, ein groges ©ebäube in einem
fliemlid) entlegenen füblicben Stabtteit non (Paris (nicht
roeit non bem Snoalibenbom) angutegen. (Beoor es
aber fertig roar, hatte man ein ((eines £)aus im fog.
(ateinifeben (Biertel gemietet, in bem bie Scgugimpfun*
gen ber oon routtranten (Eieren gebiffenen, aus aüer
Herren ßänbern bertiereiften ßeute beforgt rourben.
3u Stnfang febien es, als ob bas (ßafteurfdje 3 nftitut
einfach bie Stoüe einer Sentratfteüe für bie präoentioe
(Butbeganblung einnebmen mürbe. (Als aber bas
neue S)aus fertig roar mit mehreren grogen ßabora-
torien, rourbe fofort ttar, bag es aud) anberen Salden
bienen mügte. (Bei ber feierlichen (Eröffnung bes 3 n*
ftituts am 14 . Stooember 1888 bat (Pafteur fetbft erttärt,
bag „neben ber (Abteilung für Scgugimpfungen gegen
j)unbsrout bas Snftitut 3um o ß atrum non Unter*
fuegungen ,über bie Snfeftionstrantbeiten foroie für ben
Unterricht ber Metboben ber mitrobiologifcgen Stubien
beftimmt fei". Unb in ber lat rourbe bas Snftitut
feit feiner (Begrünbüng in mehrere ( 7 ) (Abteilungen
gegtiebert, in benen bie pbtjfiologifcge ©bemie burd)
Ductau»:, bie mebiflinifege (Bafteriologie burd) Stouj
oorgetragen rourben. (Reben biefen tgeoretifegen gräegern
biente bas 3 nftitut bem Stubium ber Snfettionstrant*
geiten, ber (Bereitung ber Scgugftoffe gegen Mitflbranb
unb Scgroeinerottauf foroie ben Scgugimpfungen gegen
bie l)unbsrout.
(Pafteur nagm grogen Stnteit an ber ©rünbung
bes Snftitus, roibmete aber feine Seit oorflugsroeife ber
(Beobachtung unb Kontrolle feiner j)unbsroutmetbobe.
Seben lag tarn er in bie (Abteilung, roo bie gebiffenen
Menfcgen oerfammett roaren, unb oertiefte fid) in aüe
Details über igre (Beganbtungsroeife. Dbroogt er fid)
ein eigenes ßaboratorium im unterften Stocf bes Sn*
ftituts referoiert gatte, fo tarn er boeg niegt ba3u, in
biefem irgenbeine fgftematifcge (Arbeit anflufangen. (Aucg
rourbe batb biefes ßaboratorium 3ur (Bereitung ber
Scgugftoffe benugt. Seinen Scgroanengefang bitbeten
einige SBerfudje 3ur fjeilung ber gaüfuegt (©pitepfie).
©s roar igm äufgefaüen, bag einige ber non biefer
Krantgeit geimgefuegten (Perfonen, bie fid) unter feinen
flaglreicgen, non routtranten Zieren gebiffenen (Patienten
befanben, fid) niegt nur gegen bie ijunbsrout gefegügt
erroiefen, fonbern aucg in ber ©pitepfie roenn niegt
Teilung, fo boeg entfegiebene (Befferung aufroiefen.
Deshalb tarn er auf ben ©ebanten, folcbe Krönten mit
©infprigungen non ©egirnfubftanfl 3U beganbetn. Mit
feiner teibenfcgaftlicgen ©nergie ging er an bie 2trbeit,
mugte fie nur batb unterbrechen, ba er fetbft babureg
ftart mitgenommen rourbe. ©anfle (Räcgte oerbraegte
er fegtaftos, über bas neue (Problem naegbentenb. Des
Morgens tarn er gefcgroäcgt unb matt in bie (Abteilung
ber Scgugimpfungen, unb fcglieglicg mugte er bem (Rat
feiner (Angehörigen fotgen unb bas Unternehmen ganfl
aufgeben, ©in foteger Stbfcgtug lieg ign aber fegr
unbefriebigt. ©r fügtte fid), im (Alter non 66 3 «br* n ,
niegt mehr imftanbe, (Beiteres 3U teiften, empfanb aber
babei niegt bie groge ©enugtuung, bie ein Mann roie
(Pafteur hätte empfinben müffen. ©r intereffierte fid)
jeboeg tebgaft für aües, roas im Snftitut gefegag; er
befuegte (Borlefungen, tarn oft in unfere ßaboratorien,
tno er fid) gemütUd) über feine oergangene Zätigfeit
foroie über bie (aufenben Arbeiten unterhielt. (Bor
aüem lieg er es fid) angelegen fein, feinem Snftitut
genügenbe ©elbmittel 3U oerfegaffen. (Racg ber ©nt*
becfmtg ber ^unbsroutfegugmetgobe rourbe ber aü*
gemeine ©ntgufiasmus bureg bie (preffe eine 3«tt(ang
unterhalten. (Batb aber tarn es fluin Stiüftanb, unb
bie erhofften Mittet (amen niegt. Das Snftitut tonnte
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©eile 1738.
Stummer 40.
nur mit Slüße ein oegetatioes ßeben führen. Die
Scßußimpfungen gegen fmnbsrout fofteten alljäijrtief)
25000 granf, mos ein Diertel bes gefamten Dubgets
ausmacßte. Da fie unentgeltlich gemacht mürben, fo
brauten fie natürlich foft gor nicßts ein. Das Perfonal
bes Snftituts mar ungenügenb unb mußte 3um großen
Xeil non ßeuten, bie ißr eigenes Vermögen hatten,
retrutiert merben. Pafteur tat alles mögliche, um
biefem Stißftanb absußelfen, aber ohne (Erfolg. Sn ber
Hoffnung, neue Stittel ßeran3U3ießen, oeröffentlicßte
Ductau;, ber bamatige Dijebireftor bes Snftituts, einen
Stufruf an bas tßubtitum unb bie Deßörben, ber ben
Parlamentsmitgliedern, ben Stabtoerorbneten u. a. 3m
gefdjirft mürbe. Stber altes umfonft Sn ber #off»
nung, bie ÜBoßltätigfeit reicßer ßelite anjuregen, oer«
fucßte Pafteur, bie betannteften unter ißnen für bas
Snftitut 3U intereffteren. So befam er einmal, nicht
fange nor feinem Xobe, ben Defucf) eines betannten
Parifer Stillionärs. Pafteur empfing ißn roie ein ge»
tröntes f)aupt; er ließ Ujm altes 3eigen. 2tts aber ber
Raron eine g(dn3enbe Sammlung non Kulturen unb
Präparaten non franfßeitserregenben RaMerien anfaß,
fragte er mit taltem 93 ticf: „rooju bas attes nüßlicß
fein tonnte" unb ging fort, oßne einen fetter für bas
Snftitut 3U geben.
Seit neibiicßem 2 fuge faß pafteur jeben Xag aus
ben genftem feiner SBoßnung im Snftitut bas gegen»
übertiegenbe ©runbftücf, in bem oerfdjiebene ©emüfe
futtioiert mürben. (Er f)ätte es gern getauft, tonnte
biefes Sbeat aber nid)t erreichen. So mar er bis 3U
feinem (Enbe non großen Sorgen über bie 3 utunft
feines Snftituts geplagt. (Erft nach feinem Xobe mürbe
bie ßage grünblich gebeffert.
Die materielle ßage bes Snftitutes änberte ficß mit
einem Schlag, als es fich herausftetlte, baß bas non
non Sehring entbedte antito;ifd>e Diphtherieferum eine
gan3 außerorbentliche SBirtfamfeit befißt. Sou; hat mit
feinen Stitarbeitern über 300 gälte non Diphtherie bei
Kindern behanbelt, unb 3tnar mit bem beften (Erfolge.
Die erften 3mei Pferbe, bie für bas ©eminnen bes i)eit»
mittels getauft mürben, mußten non Sou; aus eigener
Xafcße besohlt merben, fo bürftig maren bamats bie
©elbmittel bes Snftituts. Sach bem glücMicßen 2lus»
gange ber erften Rerfueßsreiße finb bann aber eine
ganse Snjaßi Pferbe angefchafft morben, unb fo ift
bie. Sereitung ber E)eilfera (außer Diphtherie» noch
Xetanus»Peftferum u. a.) halb 3U ber ^auptquelle ber
©innahmen bes Snftituts gemorben.
©egenmärtig befteht bas Snftitut aus mehreren
Abteilungen, non benen einige bem Unterricht unb
miffenfchaftlichen gorfchungen jeber Sri gemibmet finb,
mährenb anbere praftifcße 3 *rie oerfolgen. Die Schuß»
impfungen gegen ben Ausbruch ber fjunbsrout, bie
anfangs ber bouptfäcßlicßfte 3 mecf bes Snftituts maren,
bilben gegenmärtig nur einen Meinen Srucßteil feiner
Xätigfeit. Die Abteilung ber fjeilfera, in ber mehr als
150 Pferbe befcßäftigt finb, befindet fich m ber Um»
gebung non Paris in ber alten Domäne Silleneuoe
l'ffitang bei ©arcßes, ber ehemaligen Sommerrefibens
Sapoleons UI.
Obrooßl ber f)aupt3me<f bes Snftituts in ber De»
tämpfung ber Snfettionstrantheiten befteht, fo ift hoch
ein anfehnlicher Xeil phhfio(ogifch»chemifcben unb
phhftfalifd)»chemifchen Arbeiten gemibmet. ©s befißt
auch eine befonbere phnfiologifcße Abteilung, in ber
namentlich bie Derbauungsoorgänge gründlich erforfcßt
merben.
Die innige De3iei)ung stüifdjen Snfeftionserregem
unb ben ©rregern ber ©ärungen findet ihren Ausbrucf
in ber ©rünbung mehrerer Settionen bes Snftituts,
bie fich mif ber DarfteQung reiner ^efetulturen fomie
mit ber rationellen Räfesubereitung abgeben. Sud) gibt
es eine befonbere Abteilung für bie Ausarbeitung prat»
tifcher Stethoben 3ur Dertilgung ber Seterbau fcßäbi»
genben Xiere.
SQes in allem ift bas Snftitut fo meit herangemachfen,
baß es ein Dubget non etma 900000 grant befißt
unb ein Perfonal non über 150 Sngeftedten 3äßlt.
©rft füglich hot bas Snftitut, in ber Ausficßt auf bie
etma 20 Stillionen grant 3äf)lenbe ©rbfcßaft non Dfiris,
ein anliegendes neues ©runbftüd non etma 5000
Quabratmeter angetauft, mit ber Abficht, auf ihm
ein Snftitut für bie ©rforfeßung ber Xropentrantheiten
mit bem berühmten ©ntbeefer bes Stalariaerregers
ßaoeran an ber 6piße 3U gründen.
2Benn bas Snftitut Pafteur hoffen darf, baß es in
ber 3utunft für bas 2Bof)l ber Atenfcßheit noch manches
lecftcn fann, fo ift es engemeffen, 3a fragen, mos es
mährenb ber oerfloffenen 20 3ahre getan hot. gnbem es
über fünfunbbreißigtaufenb Stenfcßen gegen ben Susbrucß
ber fjunbsrout geimpft ßot, ßot es un3meifelßaft manches
ßeben gerettet. Stit ben Stillionen ber gegen Xier*
feueßen feßußgeimpften Schafe, Sinder unb Gcßmeine
hat es gemiß ber oießsueßttreibenben Deoölferung einen
feßr großen Rußen gebracht. Stit ben feßüßenben unb
heilenden Sera ift bereits eine unsäßlige Stenge
Stenfcßen gegen Diphtherie geheilt ober gefeßüßt unb
auch »tele Stenfcßen unb Pferbe gegen Xetanus ge»
borgen morben. Stit bem Peftferum ift ficßerlicß eine
gan3e Ansaßl Perfonen gerettet morben. Dbmoßl bas
Serum gegen Streptotoflentrantßeiten meniger fießere
©rfolge aufjuseießnen ßat, fo ift es boeß möglich, an«
3uneßmen, baß es in manchen gälten bei Stenfcßen
unb Pferben (Anafarfafranfßeit) gute Dienfte geleistet
ßat. Das 00m Snftitut bereitete Kocßfcße Xubertulin
fomie bas für bie Diagnofe bes Stoßes angemenbete
StalleTn haßen große prattifeße Anmenbung gefunden
unb tonnen als fießer mirtfam angefeßen merben. Sn
ber Datteriologie, ber pßpfiologifcßen ©ßemie unb der
©ärungseßemie finb laufende oon Zuhörern aus aller
Herren ßänbern unterrichtet morben. ©s gibt taum
ein ßanb, bas bem Snftitut nicht einige Scßüler 3U«
gefanbt hätte.
Sn miffenfcßaftlicßer De3ießung ßat bas Perfonal
bes Snftituts Diele Deiträge geliefert für bie ©rforfeßung
ber batteriellen ©ifte (Xo;ine), für bie Detämpfung ber
Peftfrantßeit, für bie Stetiologie ber ©ßolera unb bie
©rforfeßung des Stecßanismus ber SBiberftanbsfäßigteit
bes Organismus gegenüber Snfettionsfrantßeiten. 3 m
Snftitut Pafteur finb Stetßoben ausgearbeitet morben,
um unfießtbare Rafterien 3U 3Ücßten (Peripneumonie .
ber Rinder), unb um Stjpßilis auf Xiere 3U übertragen,
©s ift 3U hoffen, baß bie gan3e, auf bas SBoßl ber
Stenfcßßeit unb bie görberung bes griebens unter ben
Stenfcßen gerichtete Xätigfeit bes Snftituts noch maneße
griießte 3eitigen mirb.
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(Rümmer 40.
Seite 1739.
Das Berliner königliche Scfjaufpiel.
Bon gehör oon 3 obettiö- — ijierju 22 Spejtalaufnafjmen für bie „SBocfje" non SC i)ertmig.
(Es ift ein eigenes
Sing mit ben f)oftf)ea=
tem. Sie Sntenbanten
haben gemiffe Büdfid)'
ten 3U nehmen, bie fid)
nicht immer mit ber
hohen kunft »ertragen.
Unb biefe in ber Statur
ber Sache liegenbe Büd*
fichtnahnu beeinflußt
auch bei'uns 3umei(en
ben Spielplan bes Schau*
fpiethaufes. <9an3 frei ift
fjerr »on hülfen eigen!»
(ich nur in be3ug auf
bie 3»fammenfteUung
feines Berfonats, unb
ba hat er benn tnieber»
hott ge3eigt, meichen
fcßarfen Blid für bie (Ent*
becfung neuer latente
er befifct. (Er fanb bei
feiner Ueberfiebtung nach
Berlin ja fcßon ein treff*
(ich gefaultes (Enfembte
oor, aber es galt hoch
noch, mancherlei Süden
aus3ufüüen unb »or
allem für brauchbaren
Stad)rnuchs 3U forgen.
ber gemöhntich in ben
^oftheatem 3U SBies*
haben, ijannooer unb
Staffel eine gebiegene
Borbi(bung finbet.
Sie meiften Sarftel*
(er bes Schaufpielhaufes
fchreiten nicht nur er*
folgreich auf bem hohen
Sothum, fonbern (Öfen
ihre Stufgaben auch glän*
3enb im mobernen fiuft*
fpiet. SBie gut fie ben
Aufgaben bes 3eitgenöf*
fifchen Sramas gerecht
merben mürben, ift (ei*
ber bei bem SDtangel
eines folchen im Beper*
toire ber Berliner ijoj»
bühne taum feftsufteüen.
Sie Bitberreoue, ber
unfere furje (Eßarafte*
riftit als textliche Begtei*
tung bienen foK, eröffnen
mir am beften mit ber
Sogenne bes Schaufpiel*
haufes, ber Bachfolgerin
unferer unoergeßtidjen
grieb * Btumauer, ber
grau Slnna Schramm
TMm Koümer.
Krfhnr ftraußned.
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Seile 1740.
'Jlummer 40.
(Slbb. 6. 1743). ©nna Schramm — wer lacht ba
nicht oon uns Steiferen, bie mir bie fefche Soubrette
noch bei SBatlner nttt fReufdje unb ijelmerbtng über
bie Sretter tollen fahen?! Unb wer nid)t oon ben
güngeren, bie fie als ©tartbe Scf)wertlein ober als
$anne in Hiiemanns „3Bie bie Sitten fungen" gejeijen
haben i (Erft 1891 ift bie ehemalige „furchtbar nette.
hetta Cfcbborn.
3ierli<he Soubrette" flaffifch geworben: an jenem Slbenb,
ba fie als Slmme Julias fid) gum erftenmal als König*
liehe Schaufpieterin bem tßublifum oorftellte. 3b«
©aftreifen boten ihr auch < n mobernen Aufgaben (wie
in „Htasfolnifow") ©elegenheit, ihre betounbemsmerte
©eftaltungstraft 3U geigen. 3n ihrem gad) ift ihr
in ben lebten 3<*bren grau Siufcha SBufce erfolgreich
unb ebenbürtig gur Seite getreten, grau Schramm
oerfügt über eine Komif, bie immer 3um Sachen
reigt — grau SJufee über jenen fonnigen jjumor,
ber oom fersen tommt unb 3um bergen geht, unb
ben ihr auch ihre arbeitreiche Sirettionsfübrung am
Hteuen Xtjeoter nicht b a t nehmen fönnen. Sie h«t
etwas oon ber Jfunft bes beutfehen jjolgfchnitts: ihre
©eftalten finb ooltstümlich in ber Kontur, aber fjödtjft
betitat in ber CEingel^eit. Stls fie 1903 in ißaillerons
„SBelt, in ber man fid) langweilt" als igergogin bebü*
tierte, ftanb man gleidjfam oor einem neuen Stücf.
©tir felbft ift fie ftets am urfraftigften unb lebensreifften
in Stollen wie ber i)ebmig im „iell" erfd)ienen: nicht
fomifdje 2llte, fonbern mütterliche grau.
2)ie Partien ber ernften ©lütter teilt fie häufig mit
Suite Slbich (Slbb. S. 1742), bie bem $offchaufpiel fchon
feit einer langen Hteihe oon 3<*h«u angehört unb,
einftmals eine anmutige Sentimentale, nunmehr eine
oiel oerwenb*
bare unb im*
mer auf ihrem
Ißlag ftehenbe
„ältereSalon*
bame" gewor*
ben ift, um in
ber Zbtater*
fpradje gu re*
ben. 2lud) bas
gad)beri)ero*
inen ift burch
brei Sertrete*
rinnen befefet.
3)a ift gunächft
Sllice oon Sir*
naulb (Slbb.
S. 1745) 3U
nennen, ber
bie hrroifchen
grauen am
beften liegen;
fie bebütierte
feiner^eit als
Sabt) ©Otting*
f)am im ,,©f*
fej" unb ift
feither als ©li*
fabeth, Sfa* Dt. Dia; pofjL
beau unb be>
fonbers als Slrmgarb unerreicht geblieben. Hieben ihr
wirft Slmanba ßinbner (Slbb. S. 1742), beren 3ung«
frau oon Orleans fchon in ©teiningen gu ihren Sieb*
(ingsrollen gehörte. Stber auch als 3phiflcnie unb
Sfabella unb in fentimentaten Partien wie bem klärchen
hat fich ihre Stunft bewährt. Speicher noch, boch auch
Osfar fiefjlec.
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Hummer 40
Seite 1741 .
feurig im 2 Iffeft
ift bas Ia=
(ent non ßuifc
SBillig ( 2 lbb.
S. 1739), bie
S)err non S)ü\-
fen 1905 non
ffiiesbaben 3 u
uns hinüber
bolte. 3()re(Er s
folge als Il)eo=
bora unb Hta=
rianne unb in
ähnlich gear=
teten Hollen
merben burd)
bie Siege, bie
fic nun 3 toei
3 af)re lang
als Habenfteü
nerin erringt,
Odo Sommerfforff. * n & en
Schatten ge=
ftellt. SBilbenbrud) l)at ihrem glän 3 enben Spiel
3 toeifellos einen guten leil ber begeifterten 2 luf=
naf)me feines mirffamen Dramas 3 U banfen.
Selbftänbig 3 ioifd)en ber hergebrachten Xfyeatev*
fchablonierung für bie ein 3 elnen gächer fteht 3 o=
hanna 2 Irnftäbt — aud) eine oon benen, bie auf
ber SBiesbabener 5}ofbül)ne ihr Xalent 3 ur Gnt s
faltung bringen tonnten. Ohre grofee Sielfeitigfeit
befähigt fie, fid) halb als Salotibame, halb als
erfte ßiebhaberin unb Sentimentale 311 3 eigen; am
meiften aber fagen ihr mol)l Hollen 3U, in benen
fie (mie im „Schmur ber Xreuc") pifante Scf)el=
merei mit überlegener ©ra 3 ie oereinigen fann.
2 lehnlid) mie ihr ift 93ilma oon Htapburg ( 2 lbb.
(Ebitba Romminger.
Dilma oon lltatjburg.
nebenft.) bie ©abe mitjigen s ^lau=
berns oerliehen. ßinft ein rührenbes
Sätd)en unb bas rci 3 enbfte 2 lnnd)en,
bas falbes ÜRäbchengeftalt in ber
/, 3 ugenb" oerförperte, ift fie aü=
mählid) 311 Hollen mie ber s $boebe
im „Stillen ©äftdjen", ber Htari=
anne u. a. übergegangen. Die bei=
ben hübfd)en Hainen $)ella ©fdjborn
(2lbb. S. 1740) unb ©bitha Hominin 3
ger ( 2 lbb. nebenft.) gehören 3 U ben
jüngften ffirmerbungen bes ^ßerfonal*
beftanbes unferes Schaufpielbaufes.
gräulein ©fd)born tarn aus Dresben,
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Seite 1742.
Stummer 40.
gräulein IRomminger aus«©öttingen 3U
uns, unb beibe fpielen, roas jung tft
unb lieblich, mas lacht unb fd)luch3t,
bie tieinen Süben unb bie flehten
IBraufeföpfe, bie gan3 Hainen unb bie
Superflugen. ©nblid) fei nod) bes
luftigen ißucf unferer Hofbühne gebaut,
33 ertt)a Hausners ( 2 lbb. S. 1744 ), ber
bie granjisfa roie ber ßanselot ©obbo
gleich gut liegen, unb beren unoerroüft*
liehe 3ugenblicf)feit feiner gugenb be=
barf, um quellfrifd) 3u roirfen.
23 on ben männlichen ©litgliebern
bes Königlichen Sd)aufpiels finb bie
Herren Ißatrt) ( 2 lbb. 6. 1743 ), Kehler
( 2 Ibb. S. 1740 ) unb 58 öttd)er ( 2 lbb.
S. 1744 ) aud) als fRegiffeure tätig.
Ullbert Ißatrq tritt fogar — unb leiber
— nur 3iemlid) feiten als Sarfteller
auf, um befto eifriger ben fRegieftift
fdjmingen 3U
fönnen. 2Bir
fennen ihn
oom Schiller*
unb ßeffing*
theater her
alsausgeseidj*
neten 33 onoi*
oant; oor al*
lern ift er
ein glasen«
ber Sprach»
technifer, ein
23 or 3 ug, ber
fid) auch ben
oon ihm inf3e»
nierten Stüf»
fen aufprägt.
Osfar Kefjlers
leicht gefälli*
ger Ißlauber*
3ulie Itbid,. ton tommt be ‘
fonbers bem
mobernen ßuftfpiel 3ugute, bas er als fRegiffeur trefflich
ein3uftubieren oerfteht. (Bleiches läfjt fid) Hermann
58 oettd)er nachrühmen, beffen beroegliche ©legans an
bie Sarfteller ber fran3öfifdjen Komöbie erinnert, ob*
mobl er feine oftpreufjifche Heimat nie oerleugnet unb
in fleinem Kreis auch gern einmal föftlidje ©efd)id)ten
in ber heimatlichen ©tunbart er3ät)It.
5 Reid) tft bas Sdjaufpietbaus an Helbenfpielern.
21balbert ©tatforosft) ift noch heute fo ber ßiebling ber
Satnenroelt, roie er es bei Antritt feines ©ngagements
roar. Sein fonniger leü, fein prachtooll berber ©öfj
unb fein rool)lburd)bachter gauft füllen bas Iheater
felbft an fd)önen grühlingsabenben, unb immer jubelt
ihm bie ©tenge 3U. ©eftalten, roie er fie in bem feit*
(amen Uebermenfchen Holofernes unb. in 23 enebigs
fchroarsem ©onbottiere fcf)uf, gehören gu ben unoer*
limanba Cinbner.
geffenen in ber Kunftroelt. ©ber auch aus bem 3eit*
genöffifchen Schaufpiel hat er manche ©harafterfigur
herausgemeigelt, fo bah Hs bem ©ebächtnis haften
bleibt, roie beifpielsroeife ben gerleitner in gelif ißhi»
lippis „©rohem ßidjt".
Sie Herren Sr. Staegemann unb ©eifenbörfer
(2lbb. S. 1745 ) als jugenblidje Helben foroie Otto
Sommerftorff ( 2 lbb. S. 1741 ) als ernfterer Helb unb
Helbenoater reihen fid) ihm an. Sommerftorff, ber*
einft mit feiner fdjöncn ©attin Serefina ©ebner eine
ber Hauptftütjen bes Seutfdjen Iheaters ß’ 2 lrronges,
Heinrich Obetlänbet.
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Summer 10.
Seite 1743.
2tnna
Schramm.
tonnte jahrelang feine fefte Sätigfeit finben,
bis er enblid) auf unferer erften Ejofbüfjne
roieber einen geeigneten SBirtungsfreis fanb.'
Seine Spejialität ift bas bur<h ©ebanfem
arbeit gebämpfte ebte geuer eines ißofa unb
tarntet, unb aud) feine in ber erften Ulera bes Seutfchen Ibeaters
berühmtefte Solle, Sr. Sauft, toirb oon ihm toeit nadjbenf»
famer geftaitet als oon betn ftürmifdjer fdjaffenben Stat=
fotosfp; roährenb beffen Sauft jung geblieben ift unter
bem grauen #aar, nimmt ber Sommerftorffs bie
mühfelige SBelterfenntnis eines langen Gebens audj
2t(berf patrt).
in bie ißeriobe^ 3 auberifdjer Verjüngung
hinüber. Staegemann mit feinem frifchen
Sraufgängerblut tritt roieber mehr in bie
Sufjtapfen Statfotostgs. (Er ftanunt aus
einer berühmten Sünftlerfamilie; bie brei
Seorients mären ©rofjoheime Don ihm,
Staj Staegemann, ber langjährige Sireftor
bes ßeipgiger Stabttheaters, fein Vater,
(Eugen Staegemann, einft ber ocrgötterte
ßiebhaber ber Sronffurter Sühne, fein Ontel.
Von ben fdjönften äußeren Stitteln unter=
ftüfet, oon getoinnenber (Erfcheinung unb mit
einem prächtigen Organ begabt, getoann fid)
ber junge i)elb in oerfdjiebenen Sollen, als
Steldjthal, Someo, SBeislingen, im Umfehen
bie 5)erjen bes Verliner ißublifums. ©eifern
börfer, ber nach CEfjrifttars Slusfcheiben
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r
Seite 17 44.
Kummer 40.
lieber gehört 3 U ben menigen ©lütflichen, benen bie Statur bie
t)aibe DJtühe beim komponieren ber äufjeren SJtasfe abnorm.
Sein fonores Organ unterftüfct bie ftattliche (Erlernung
nod) mehr. (Er ift ein (EharafterbarfteUer erften 9tan=
ges, bem etma nur nod; ©eorg SJtolenar ( 2 Ibb. nebenft.)
3 ur Seite 3 U {teilen märe, ein ehemaliger öfterreid)ifd)er
Offi 3 ier, beffen prächtiger Dr (Ed in 2Bilbenbrud;s
„Xod;ter bes (Erasmus" unb eiferner ?)orf in ^ßforbtens
„1812" mir nod; befonbers lebhaft in ber (Erinnerung
fteben. 21 m liebften freilich ift er mir als grimmer
©eorg
TKolenar.
in ben Serbanb ber f)ofbül;ne trat,
fpielt fo 3 iemlid; bas gleiche gad;
unb gehört 3 U jenen oiel oerfpred;en*
ben Xalenten, oon benen mir aller
23orausfid;t nad; noch red;t oiel 3 U
erm arten haben.
fiiebenstoürbiger ®ejellfd;after im
fiebert unb fd;leichenber Intrigant
ohne SJtilberungsgrünbe: bas ift
Sr. WlaE %o\)i (2lbb. S. 1740), auch
ein ehemaliges SJtitglieb bes Deut=
fchen Xheaters, beffen grofte (Earlos
Hermann Böt^cr.
abenbe erals$l;*'
lipp 3 um Siege
führen half. Sein
Stollenfad; ift bas
alte geblieben;
Domingo, ©efj
ler, TOephifto unb
anbere interef-
fante Scheufäler
finb feine Do=
mäne, aber aud;
in d;argierten
Stollen, bie einen
gemiffen meh=
mutigen fjurnor
oertragen, fann
er gan ( 3 föftlid;
fein. 3m übrigen
nimmt er fid;
ber Sntereffen
feines Stanbes
mitroarmemE)er=
3 en an unb fleht
feit langem an ber
Spitze ber Deut-
fd;en Sühnen-
genoffenfehaft.
2 Bilhelm 2 Irnbt
Brtfjur (Eggeling.
E;agen in Hebbels „Stibelungen": eine fünftlerifchc
fieiftung oon be 3 toingenber kraft unb tragifcher ©röf 3 e.
Obroobl bie männlichen Darfteller länger im Sefitj
ihres Stollenfad;s bleiben formen als bie mehr unter
ben 2Uterseinflüffen leibenben Damen, ift bod; auch
Bertha
f)ausner.
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Stummer 40.
Seite 1745.
oon ben Herren (o mancher 3 um „öfteren gad)" über*
gegangen. So beifpielsroeife 3ofef Stefper (2lbb.
S. 1743), ben ich noch als SBallenftein berounbert
habe, unb ber fidj jefit als $e(benoater oerbient
macht, fo aud) Heinrich Oberlänber ( 2 lbb. S. 1742),
ber nun im 74. fiebensjabr ftet)t unb auf eine 52jäb*
rige ehren*
nolle Vübnen*
laufbabn 3 u=
rödbliden
fann. Unter
ben übrigen
©barafterfpie*
lern oerbient
2 lrtur Äraufi*
ned (2lbb. S.
1739) bie füb=
renbe Stel*
lung oollauf,
bie er be*
jonbers als
Sbafefpeare*
Interpret,bocf)
auch im mo<
bernen Schau*
fpiel geroon*
nen bat. ©oft
unb SBaUen*
ftein, Statban
unb Vrutus
geboren fei=
nem Steper*
toire fo gut an roie ber Vaftor ÜRanbers unb ber alte
i)ilfe — Stollen, bie er im Sd)aufpie(baufe 3 U fpielen
aus erflärlicben ©rünben freilich leine ©elegenbeit bat.
loni 3iaimerer ift erft oor fur 3 er 3®*t oom Ver*
liner Später 3 ur f)ofbübne übergefiebelt, ftebt aber,
roie man bört, bereits im Vegriff, fie roieber 3 U oer*
laffen, ba bort fein Sach, bas ber ©barafterbelben,
febon reichlich befetjt ift. Vielleicht finben roir ihn am
Steuen Schaufpielbaus roieber, bas für ihn beffere
Verroenbung haben bürfte. Sie Herren Vrtbur ©gge*
ling (2lbb. 6 . 1744) unb CErnft SRüller (2lbb. nebenft.J
finb bie Vertreter ber tomifchen ©bargen. 2lber
2C(ice von Mrnaulb.
bei all ihrer
Vegabung
unb ihrer rei*
fen Vübnen*
routine ba=
ben fie hoch
einen fchroeren
Stanb gegen*
über einem fo
erflärtenßieb*
ling bes 5ßu*
blitums, roie
esunferpracht*
ooller alter
Vrtbur Voll*
mer ift ( 2 lbb.
S.1739).2Ber
fennt nicht
feinen Sd)mocf ober ^iftol, feinen Runter Vleichroang,
feinen „Gingebilbeten Sranfen", feinen „Verrounfcbe*
3ulius ©eifenbörfer.
nen ^ßri^en'
nettftücf fein*
fter ©baraf*
terifierungs*
lunft. Gr ift
fein Komifer,
roie beifpiels*
roeife Gmil
Ibomas es
roar; fein 5)u*
mor ift uon
edjten i)er=
3 enstönengoi=
big gefärbt.
3bn mit ber
Schramm als
SBiberpart
fpielen 3 u fe=
ben, ift ein
©etiufj, ber
auch einen
S)ppod)onber
gefunben laf*
fen fann.
3ebe feiner Stollen ift ein Slabi*
«raff 2Hatter.
30 Oc
Wie Cuffballons gebaut werben.
Von j)auptmann a. S. S)ilbebranbt. — i)ier 3 u 6 Aufnahmen oon 0. ßiefenbabl.
/
infolge bes großen 3 ntereffes, bas man fegt in
aller SBelt für bie ßuftfd)iffabrt hegt, roirb auch bie
Stachfrage nach Valions aller Slrten unb ©rögen leb*
bafter. Sanf ber großen internationalen SBettfabrten,
roie fie 3 um Veifpiel oom „Vertiner Verein für ßuft*
febiffabrt" am 10 ., 11 . unb 12 . Oftober 3 U Verlin
oeranftaltet roerben, beginnt auch bie aeronautifebe
Snbuftrte fief) in Seutfd)lanb 3 u beben. Vorläufig aller*
bings ift bie 3 <*t)[ ber 3 U liefernben gab^euge noch
nicht fo grojj geroorben, bafj etroa bie jroei bei uns
beftebenben gabrifen bie Slrbeit nicht 3 u leiften oer»
möchten. 3um Vallonbau gehören aber nicht nur praf*
tifche Äenntniffe unb reiche Grfabrungen, fonbem auch
ein nicht unerhebliches Vetriebsfapital, roenn für ben
gabrifanten bei ben teuern SJtaterialpreifen, namentlich
für ©ummi, auch materiell etroas berausfommen foll.
Sie beutfdjen 2 leroftaten roerben meift aus Vaum*
roollftoff bergeftellt, ber biagonal aufeinanbergelegt
ift. 3 n> ifd)en beiben Stofflagen befinbet fich eine eht*
geroa^te, befonbers präparierte ©ummifchiebt. Veim
fransöfifchen SJtaterial roirb meiftenteils nur eine Stoff*
läge oerroenbet, beren Sichtung gegen bas ©ntroeichen
bes ©afes burch ßeinölfimis erfolgt. Sie Vallonfabrit
oon Stiebinger in Stugsburg fertigt oornebmtich Valions
aus gummiertem Stoff an, bie fie oon ben ffabrifen
be 3 iebt, bie fich mit ber Verarbeitung oon ©ummi be*
fchäftigen. 3n Seutfchlanb befinben fich nur brei beutfehe
gabrifen, bie folcben Stoff anfertigen; es finb bies
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9hmtmer
3 um Summieren
getrieben.
2 lrbeit gehört
bie 5)erftellung
ber Stoffe. Sei=
be wirb bei uns
wegen ber t)o=
i)en Soften unb
aud) wegen ber
geringen #alt=
barfeit unter
(Einwirfung ber
atmofpl)ärifd)en
©inffüffe faft
gar niefjt be=
nußt. Ser Stoff
muß möglidjft
bid)t gewebt
fein unb eine
gleiche 2 In 3 af)l
oon gäben in
ScfyußunbSette
befißen. Sie
©ummifd)id)t
wirb in außer 5
orbentlid) bün=
ner Sage beim
i)inburdjgel)en
burd) 3 wei 2 Bal 5
3 en eingepreßt,
wobei man eine
größere Sid)tig=
feit nod) burd)
gran 3 Cloutt)
inSöln=9tippes,
Continental in
5)annouer unb
9tteßlerin9Jtüm
d)en. Sie 3 weite
beutfdjeSallom
fabrif gran 3
©louti) betreibt
außer bem Sau
oon ©ummb
ballons, beren
Stoff fie in
eigener gabrif
tyerftetlt, aud)
nod) gan 3 be*
fonbers intenfio
ben Sau oon
girnisbaüons
nad) fran 3 Öfi-
fd)em Sorbilb.
©5 ift f)öd)ft
intereffant,
einen Siicf in
eine fold;e Sab
lonfabrif 311
werfen, in ber
bie oielfeitigften
Arbeiten ausge=
fül)rt werben
müffen. Qur
oorbereitenben
Jimiffen unb ?tttyen oon SaUonft.
jweimatiges
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9hnmner 40.
Sette 1747.
Die mit Cu ff aufgeblafene fyütte roirb oon innen nacbgefefjea.
Der bunfle 6tretf«n rechts ifl öer SRci&jdjlifc, burd) befftn Otffnrn btr 93 aUon t<fenell oom (800 entleert rotrb.
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Seite 174 8.
Stummer 40.
©intna^en bes
©ummia b«r*
beifüt>ren tarnt,
roeil eine et»
roaige beim er»
ftenmalentftan»
bene Unbiebtig*
feit burd) bas
3 tneite 2 lufroal*
3 en bes ©um»
mis entfernt
wirb. ©er Stoff
für bie girnis»
badons roirb
genau fogeroebt
roie ber anbere,
nur erfolgt bie
©id)tung erft
nach ber 5 er»
tigftedung ber
ganjen i)üde.
— Sobann
mufj bas ßuft»
febiff beregnet
roerben. 3Jtan
(teilt je nach
bem. 3 roed,bem
es 3 U bienen bat,
feft, roelcbe diuftlaft bas Sabtöeug beben foii, unb roelctje
S)ö ben man mit ibm 3 U erringen trachtet unter Se*
rüdficbtigung bes unbebingt erforberlicben toten ©e»
roicbtes, bas aus f)ütle, Steg, 33entil, Korb ufro. beftebt.
dtaeb biefen fahlen wirb ber ^Rauminhalt bes Sadons
beftiinmt. Stach
bem Durchntef*
fer ber Jtugel
berechnet man
fich bann un»
ter 3ugrunbe(e»
gung ber Sreite
bes oerfügba»
ren Stoffes, roie
oiele Sahnen
man für bie 5 er*
tigftellung nötig
bat, roobei auf
bie crforber«
lieben Stäbte
JRücfficbt ge«
nommen roer«
ben mug. Seim
■3uf<bneiben
entftebt natür*
lieb ein erbeb*
lieber Sbfad, ba
(ich bie ein 3 el«
nen Sahnen
uom Sequator
nach oben unb
nach unten ad»
mählich oerjün»
gen müffen. Srof. 5 infterroalber in München bot bie
Kugel in oerfchiebene Selber bureb SBürfel», Dobetaeber»,
Iriafontaeber* unb fßt) r <unibeneintei(ung 3 erlegt unb
burch gefebidtes 3 ufammenfegen ber ein 3 e(nen ©eile
ben entftebenben ftlbfad bebeutenb berabgefegt.
Batlomoetlffaff mit (Bonbein, Beben, Schlepptau unb Benfilen.
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Stummer 40.
Seite 1749.
Die fjütten von gepmifjten Ballons find 3 um Xrocfnen aufgepängi.
9ted)ts im 93orbergrunb eine mit fiuft aufgeblafene f)ülle
(Es wirb aisbann aus ißappe eine Elnsabl oon
Schablonen angefertigt, nach benen ber Stoff 3 uge*
fdjnitten wirb. Sas . 3 ufamtnennäben ber Sahnen er«
folgt auf gewöhnlichen fjtähmafchinen, bie natürlich fo
eingerichtet fein müffen, bafj ber Stoff oon ber Seite
her t)ineingef<hoben toerben fann. (Es ift hierbei 3 U
berüctfichtigen, bafj ein oom Sentil bis 3 um Slequator
reichenber Schliß offen gehalten wirb, ber 3 um Einbringen
ber ffteifjbahn bient, bie 3 ur fchnellen (Entleerung oon
©as oorhanben fein mujj (Elbb. S. 1747). Stad)
gertigftellen ber ijöUe werben fobann bas oben be«
finbliche SBentil fowie ber 9ting 3 um güUanfatj, burch
ben bas ©as in bie $ü(le geleitet wirb, angebracht.
— 3n einer befonberen SGBerfftatt wirb bas 9tefj an*
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Gelte 1750.
Stummer 48 .
gefertigt, beffen 3Rafegen alle fo eingerichtet werben,
bag ber jeweils ausgeübte 3 ug auf jwei im fpigen
SBinfet jueinanber iaufenbe gäben oerteilt wirb.
Sie ÜDlafcgen haben bemnach bte gorm eines tßaraüeio^
gramms. Sie werben oon oben bis unten immer
weiter, gehen fcgliegticg in bie Keinen, bann in bie
grogen ©änfefüge unb enbiich in bte Vuslaufleinen über.
Sie Körbe werben meift aus fpanifcgem Vogr ober
auch aus SBeiben geflochten. Seitenwänbe unb Voben
finb nicht aus 3 mei Stücfen 3 ufammengefegt, fonbem
bas Vogrgeflecgt greift hinüber.
3m 3nnern fönnen fie alte möglichen Vequemlicg»
feiten bieten. Ser gewöhnliche Sigfaften tann auf 3
flappbar eingerichtet werben, bamit bie ßuftfcgiffer bei
langbauernben gagrten ausgeftredt ber Vuge pflegen
fönnen. Sie fogenannte Schleiffeite, auf bie ber Korb
bei ber ßanbung ftür 3 t, ift meift gepolftert, bamit bie
Snfaffen feine Verlegungen ber Knie erfahren. Sie
@rögen ber Körbe fchwanfen 3 wifchen einem Steter im
Quabrat bis 3 U mehreren Stetem.
Vei ben burch girnis 3 u bicgtenben füllen wirb ber
Stoff auf lange $o( 3 tafe(n gelegt, unb mittels einiger
Vollen oon fßugwolle reibt man ben ßeinölfirnis in
heigem $uftanb unb bünfter Schicht in ben Stoff hinein.
3m allgemeinen genügt ein breimaliges ßadieren.
Vefonberer Sßert ift auf bie Stifchung unb bas Kochen
bes gimiffes 3 U legen. Sie Ve 3 epte bleiben meift
©egeimnis ihrer ©rfinber.
Von groger SBicgtigteit ift auch bas gute Srodnen
ber füllen, ba fchlecht getrocfnete füllen ftets 3 U 3
fammenfleben. Sie Valions werben 3 um Srodnen
entweber mit ßuft aufgepumpt ober an ber Secfe ber
grogen S)aüe aufgehängt (2lbb. S. 1749).
2lüe Valions müffen oor jeber gagrt eingehenb
nachgefehen werben, ob fie etwa unbichte Stellen ober
ßöcger befigen. Qu biefem 3 *oed bläft man bie ijülle
mit i)ilfe befonberer Ventilatoren mit ßuft auf, unb
bie Arbeiter Meegen bureg ben güllanfag in bas
Vatloninnere (21 bb. S. 1747). 3m buregfegeinenben
ßiegt wirb bann auch bas fleinfte ßoeg gefegen.
Sa es häufiger oorgetommen ift, bag Vallons bei
ber ßanbung oerbrannt finb, weil ein eleftrifcger gunfe
bas ausftrömenbe, bureg Stifcgung mit ßuft ejplofio
geworbene ©as ent 3 ünbet gatte, fo beftreiegt man
gäufig bie j)ül(e in igrem 3 nnern mit einer ßöfung
non <£gIorfal 3 fum. Siefes gat bie ©igenfegaft, geuegtig«
feit leidet ansufaugen unb babureg bie ijüHe gut leitenb
3 U machen. SBenn bann irgenbein Seil bes Stoffes
bei ber ßanbung ben Voben berührt, ooll 3 iegt füg fo*
fort ber Ausgleich ber eleftrifegen Spannung, unb bie
©efagr für eine ©ntsünbung tritt nicht fo leicht ein,
als wenn ber gunfe bet ber Verügrung bes meift
geöffneten Ventils mit ber (Erbe überfpringt. Sas
legte 3eppelinfcge ßuftfegiff ift befanntlicg ein Opfer
eleftrifcger ©utlabung geworben.
Sie ©röge ber ijülle oon VerfegrsbaHons fegmantt
gan 3 ergeblicg. Scgon 250 Kubifmeter faffenbe ßuft»
fegiffe oermögen eine fperfon in bie ßuft 3 U geben,
©ntfprecgenb ber Stegrbelaftung bureg weitere S^tfonen
mug aueg bie l)ülle gröger werben. Sie Vallons ber
beutfegen ßuftfegifferoereine finben igre @ren 3 e mit
2200 Kubifmeter. ©s ift bies bie ÜDtajimalgröge ber
beim ©orbon*Vennett*Vennen 3 ugelaffenen Sleroftaten.
Ser Vallon „Vreugen" bes Königlich fßreugifegen
Sleronautifcgen Obferoatoriums 3 U ßinbenberg, mit bem
bie Vrofefforen Verfon unb Süring igre beufwürbige
gagrt bis 11000 SWeter jjöge gemacht gaben, gatte
8400 Kubifmeter gngatt. Ser 3eppelinfcge Vallon oermag
in 19 ein 3 e(nen füllen im gan 3 en 15000 Kubifmeter
©as 3 u faffen, aber hiermit ift noch niegt bie ©renge
ber ©röge erreicht. Vei ber ißarifer Sßeltausfteüung
1878 befanb fug ein geffelbadon, ber einen 3ngalt oon
25 000 Kubifmeter befag. Sies bürfte wogt ber grögte
Veroftat fein, ber je gebaut worben ift.
$u einem oorfegriftsmägig ausgerüftetgn Vallon
gegört noch ferner ein etwa 3 .Zentimeter Wcfes,
100 Vteter langes Schlepptau, bas am Ving befeftigt
wirb. Siefes Sau gat einerfeits ben 3® C( ^ bureg feine
Veibung am ©rbboben unmittelbar oor ber ßanbung
ben Vallon fo 3 U bregen, bag fieg bie Veigbagn luo»
wärts befinbet, bamit fieg beim Steigen bie groge
Deffnung bes gagrseuges oben befinbet unb bas ©as
leicgt aus 3 uftrömen oermag, anberfeits bremft es
auch ben galt bes Vallons beim $erabgegen auf bie
©rbe, weil es bureg bas ©ewiegt bes auf ber ©rbe
(iegenben Seiles ben Veroftaten ebenfo entlaftet wie
bureg entfpreegenbes Vallaftwerfen. ©in Stnfer gegärt
niegt megr 3 ur Vusrüftung eines beutfegen Vallons,
wirb jeboeg noeg oiel in granfreieg, ©nglanb, Vmerifa,
Spanien, 3ta(ien, Velgien unb Defterreieg gebraucht.
Spielzeug*
Vornan oon
7.$ortfet)ung. Rans von Kahlenberg.
flug oon Vecgta arbeitete oieüeicgt noeg ener=
gifeger unb ausfcglieglicger als früger, um einer
möglichen Vicgtacgtung immer wieber 3 uoor 3 utommen.
©r wugte niegt, womit ßill fieg tagsüber befegäftigte.
2 Beil er felbft ermübet war, blieb es igm reegt, bag fie
bes Slbenbs rugig fagen. Sr ersäglte igr feine Vläne
unb Sageserlebniffe, es fiel igm nie auf, bag ßill blog
3 ugörte, felbft niegts 3 U berichten gatte.
ßill war jegt gan 3 feine grau; er gatte beinag oer»
aeffen, bag VenebiMe jemals 3 wifcgen ignen geftanben
gatte, er maegte Vtäne für ben Kleinen, wie man igm
©elb ginterlaffen fönnte. „Unfer 3 unge, ßill! SBirb
Sitania nun ein SDtütteregen?"
©inmal fagte ßill: „ 3 cg benfe oft, wie gern Vene ein
Kinb gegabt gaben möcgte! Unb wie fegwer es boeg für
fie mar, bag igr feins gattet. Sie ift eine fo mütterliche
grau."
„Sie gatte feins", fagte er faft graufam.
„Das war es. ©s gat eueg boeg am ©nbe unglücflid)
gemacht unb auseinanbergebraegt"
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Nummer 40.
Seite 1751.
„34) Wn nußt unglücflüß, Sifl."
»SBift im maßrßafttg ganj gCiicftirf)?" SU! faf) ißm
forfcßenb unb ftreng in bie 9lugen, unb feine Slugen
faßten. Sie lachten roie früher faft, als fie ihn unb
Benebifte juerft gefannt hatte unb er ber flotte, luftige
93e<hta gemefen mar.
Sill feuf 3 te ein roenig. „Nun oerfteh ich hieß nicht.
Berfteßt je eine grau einen Wann gand? Unb ein Wann
oerfteßt bie grau auch nicht." **
„Was oerftehe ich an bir nicht, Nätfel?"
Wan bemerfte an Sill noch feßr wenig oon ber 93er«
änberung, bie in ihr oorging. Troßbem mar fie nicht
mehr ganj fein, bes Wannes, fie fühlte es ftarf in biefem
Woment. Sie fragte necfenb, Sill, ber alte Sobolb:
„Siehft bu nicht, mie ich bir entfchlüpfe? 3“ einem
anbern hin."
„Wit bem Nebenbuhler nehm ich’s auf! Ser fjerrfcfjt
nur für furje 3 eit."
„Unb gcm 3 mar ich nie bei bir. Wan fann nicht jebe
anbere 3 ärtlid)feit, alle Erinnerungen aufgeben in
einem."
„ 3 n men marft bu oor mir oerliebt? 3 eßt geftehe
mir bas!"
Sie fah ihn fonberbar an, überlegen unb meitab.
„34) hatte 93enebitte fehr lieb. Bene mar meine
Wutter."
gaft rei 3 te ihn ihr beftänbiges 3 ur ücffommen auf
eine 93ergangenheit, bie tot fein mußte, tot bleiben mußte,
grauen maren fo angelegt, fie lebten in Träumereien
unb (Befählen. 2 ln ihn ftellte bas tätige Seben jeben
lag änforberungen.
Er reinigte fid> unb bereute in ber 3lrbeit. Den 2lus=
tritt aus feinem 93eruf hatte er hart, mie eine 2lrt
Schmach empfunben. 93einah fah er in biefem Scham«
gefühl, bas fie ihm auferlegt hatte, in ber erften 3 eit
Benebittens Nacße. Wan fing an, ihn roieber nötig 3 U
haben, ihn 3 U fchäßen; beshalb mar er ein brau 4 )barer
unb berechtigter Wenf4).
Sein jeßiger Ehef, ber faft fein greunb gemorben
mar, brachte einmal bas ©efpräcß auf Bed)tas häusliche
Sage.
„Es märe 3hnen am Enbe gar ni4)t unangenehm,
93e4)ta, eine 3eitlang außer Sanbes 3 U gehen? Was
fagen Sie 3 U ber Direttorftellung einer giliale in 93alpa«
raifo?"
„Smatopmunb märe mir lieber."
„So roeit finb mir no4) ni4)t." Der noch junge Wann
lachte fräftig. „Was nicht ift, fann roeröen. Ein paar
griebensjahre jeßt unb Selb ba hinein, in ben Sanb!"
„Wänner nach braußen unb beutfdje grauen!"
„Stellen Sie uns bie tünftige Wufterfoloniftenfamilie,
vorläufig in 93 alparaifo!"
Die Borftedung eines neuen Sebens im neuen Sanb
mirtte fräftigenb auf Berf)ta. So mar nach einem
3 meiten Ütnfang meites, reiches Sicßausleben möglich-
Was bahinten lag, blieb hinten.
Er malte fitf) gern aus, baß er anberen ben gleichen
freubigen Sebensmut mitteilen fönnte, ben fogenannten
gefcheiterten Ejiftenäen, feinesg(ei 4 )en, bie fieß an irgenb«
einem 93orurteil, einer Woraloorf4)rift, einer Seibenf4)aft
munb unb matt geftoßen hatten, bie barum maßt ur*
fprünglicß bie 93orurtei(slofeften, bie fträftigften unb
Wagemutigften maren; ober armen burch eine ein 3 ige
Stunbe ber Not, bes Seicßtfinns aus bem geraben (Bleis
ber Sebensbaßne'n ©emorfenen. 3ßr 93aterlanb mar grau«
fam, es mußte ißnen ein 3 meites Wal ^eimatfeßuß an«
bieten fönnen; ba unten mürben fie arbeiten, Wänner«
arbeit tun. Wänner quälten nicht unb behielten feine
Nacßfucßt.
9(11 fein Eifer mar ln biefe neue 93aßn gelenft. Er
fpraeß oft mit Sill barüber. 3ßr Soßn fodte folcß ein
neuer Deutfcßer, ein greier unb Starter merben. „Er
mirb nie erfahren, baß es Saften, baß es eine Salon«
fäßigteit gibt. 2lus ber gebilbeten Kraft entmicfeln fieß
geinßeit unb ©efeßmaef oon felbft."
Sill hörte ißm feßmeigfam 3 U. Sie faß jeßt oft mit
einer Keinen $anbarbeit für bas 3utünftige befcßäftigt.
Seltfam rüßrenb maren biefe min 3 igen fjembeßen unb
gäcfcßen 3 mifd)en ißren feinen unb gefeßieften gingern.
Wancßmal ßob er ein Spißenläppcßen auf.
„Weine Queen Wab als Wutterl 34) tann’s taun
glauben."
Seine Hoffnungen flogen meit ooraus in bie 3utunft,
fogar ein 93ermögen getraute er fieß 3 u machen. Die
Ermerbsmögli4)teiten für ben Offi 3 ier maren 3 u be«
feßränfte, ben gunggejeden brauchte bas menig 3 u
tümmern. Wenn man gamilienoater mar, burfte man
bie Seinen nidjt burch Wangel an 93orausfi4)t fojiater
Benachteiligung ausfeßen. „Die Dürftigfeit mirb uns
als Safte in Deutf 4 )lanb ruinieren. Deshalb brauchen
mir Solonien, roo unfere Eigenf 4 )aften bes Scßmertabels
fieß mit mobern praftif 4 )er 93egabung oermengen fönnen.
Sie muß uns einen neuen Herrenf4)Iag feßaffen. Der
2lbel muß aus bem Hof» unb Staatsbienft heraus, um
mieber eine mirflicße äuslefe 3 u merben. 3m Wett«
fampf helfen ißm bie gute törperli4)e Slnlage unb 93or«
bilbung, bas feftgefügte Ehrgefühl, fein in gefcßi 4 )tlicher
Ueberlieferung begrünbetes 93eßarrungsoermögen, roas
er allein befißt. Der Wenf4) oßne Ueberlieferung ift
mur 3 el(os, hält nießt aus. Der echte, gefcßicßtliche Sinn
tnüpft bas 93(utbanb an bie Erbe."
Sill erftaunte, mie ißm noch möglich mar, als
Bier 3 igjäßriger ein gan 3 neues Sebensprogramm auf 3 u«
neßmen unb burch 3 ufüßren. „Wie bu noch jung bift!"
fagte fie 3 umei(en, über ben büßten, obfcßon ergrauten
Scßopf ftreießenb.
Er fagte: „Du ßaft mid) jung gemad)t."
3n ber Tat jagte feine Seibenf4)aft neues Blut burch
feine 2 lbern.
311s fein alter greunb ißn eines Tages auf ber
Straße traf unb beim ©lafe Wein fragte: „Haben Sie
nießts bereut, Be4)ta?" fagte er aufrichtig aus ooOem
He^en: „Nießts, EE 3 ellen 3 '."
Dem alten Herrn Hatte es 3 uerft einen Sti4) gegeben,
ißn oßne Uniform 3 u feßen, aber bei Becßtas fßlänen
taute er auf. „Sie nüßen uns oielleicßt meßr fo als
oorßer. Weiß ber Teufel, Becßta, Sie faden au4) mie
eine Äaße immer mieber auf ißre oier güße!"
Er ßörte mit Bergnügen oon bem neuen, Kräftigen
Seben, bas fuß regte.
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©etie 1752.
Stummer 40.
„5Bon ba aus müffen mir ,ignen‘ bekommen 1 äfrifa
ift für uns btc goge Scgute. Srüben SRönner ranaiegen
unb gier Äanonen giegen!"
„älfo bann, (EfjeUcnä, auf ber galten Sinie: 2111»
fceutfeglanb for ever!"
Ser äbmiral jögerte ein wenig, als er ficg oerab»
fcgiebete: „(Brägen Sie 3bre grau!"
, Subwig' gatte auweilen gern gefegen, bag Sid ign ju
feinen neuen Sefannten begleitete, fie tonnte niegt immer
nur für ficg, gana augergalb ber (Befeüfcgaft, leben. Sie
fcgügte igren 3 uftanb oor, unb er glaubte igr (eicgt. Cs
mugte für eine tnabengafte unb anmutige grau wie Sill
gart fein, ficg entfteHt au fegen!
3n SBagrgeit liebte fie biefen 3uftanb gegemmter 5Be»
megungsfreigeit, ber igr Iräumen, 93erfuntengeit unb
©infamfeit geftattete. Sie bacgte beftänbig an 25ene»
bitte.
lieber igrer Dtägarbeit fügrte fie lange ©efpräcge mit
ber Scgwefter.
„Su, 58ene, ja, wirft ign liebgaben. 3cg gebe ign
bir. Cr wirb wonnige, wei(ge, tleine ©lieberegen gaben
unb froge äeugelcgen. SBlonb wirb er fein wie Sug,
fräftig unb ins Seben begegrenb. 3<g fege ign orbent»
lieg auf ftrammen iBeincgen, wie er in bie Scgule trabt,
im blauen Äittelcgen oon bir, 35ene, mit beinern Äug auf
ben Scgeitet unb mit feinen ^Butterbroten. So fodft bu
ign gaben, 93ene! Sann gaft bu Sill wieber lieb.
ÜRancgmal bentt igr an fiill. bag fie wie ein ÜRairegen
war, ber oorübergegt wie eine abgeblügte 58lume. 5Rie«
manb barf ßill gaffen. IRiemanb."
Sie fteQte ficg beutlicg Unbine oor, wie fie aus bem
23runnen fteigt, um igre fcglafenben Äinber in ber Äam*
mer au fegen. 2 Bie fie feufat unb freunblicg ift unb golbe»
nen Scgmucf ber liefe mitbringt!
3<g bin aueg fein reegtes SRenfcgenwefen, icg gäbe
fein IReegt au leben, fagte fie ficg immer wieber unb war
golb wie ein Iraum für Subwig, frieblicg unb fegön, wie
©ottes Cngel finb. „Unfere grau ift ein Cngel!" fegwur
igr einaiges tleines Sienftmäbcgen; ißoftboten, Semmel»
austräger unb Sieferanten fegwärmten für bas fanfte,
geilere 2Befen. Sie ift überhaupt au gut für bie 2Belt!
lautete bas Urteil ber fleinen ßeute.
3gr alter, finberlofer Softor oergag feine 93iel»
befcgäftigtgeit, um mit Sill au plaubern. Siefe grau
rügrte ign, ber boeg fo oiele igrer Scgweftern in gleicger
Sage gefegen gatte. Sie war immer allein, immer ge»
bulbig, immer lieblieg.
Oft lag fie bes 9tacgts in Iränen. Sug görte igre
Iränen niegt — Sill flagte nie, aeigte ficg immer fegmieg»
fam unb teilnegmenb, unb er agntc niegt, bag feelifeges
Seib ge aerrig unb beinag tötete.
Seine Siebfofungen waren begutfamer jegt, fie
würbe faft ein SBtäbcgen wieber für ign, ber Äopf mit ben
furaen, weiegen Södcgen blieb unbefcgreiblicg aart unb
jung.
3 mmer oerfolgte ign eine 2 lrt äftgetiftger SBorwurf,
ber ©ebanfe, ein Unrecgt begangen au gaben gegen ein
SBefen, bas oon ber 5 latur eigentlug 3 U anberem be»
ftimmt mar.
|5)abe icg bieg niegt oerlegt? . 3 ürnft bu mir aueg
niegt?" fagte er auf ben Änien oor biefer geliebten unb
leibenben ©eftalt.
Sill fagte: „3<g bin glüdticg. 3<g bin bantbar unb
frog, bag id) ÜRutter werben barf. Cs ift ein fo goges
Sing, 2Rutter au fein!"
„Su ÜRöbcgen", fagte er. „Su junges, jungfräulieges
5Beib!"
2Benn er mit SBenebifte früger fegon in begaglicger
gamilienoaterftimmung aufammen gefeffen, gatten fie
öfter baoon gefproegen, ein Sfinb au aboptieren; 93ene»
bitte fagte immer: „Vorläufig ift Sill unfer jtinb. Crft
mug Sill oergeiratet fein."
Subwig 93ecgta lebte in einem üRärcgen unb feglog
beibe äugen, um niegt 3 U erwaegen.
Cs wäre ©raufamfeit gewefen, Sill garte ober gäg»
liege Singe au eraöglen, er legte ficg fegon auf bem ©ege
bas 2lngenegme unb Crfreuliege aureegt; nie beläftigte
fie ign mit tleinen Älagen über igre ©efunbgeit ober
über ben ßausgalt. Cr ag mit beftem äppetit bie guten
unb aierlieg angeriegteten Singe, felbft jegt im SBinter
tarn er nie geim ogne ein 23eilegenfträugcgen ober eine
IRofe.
ÜBunbcrbar war, wie biefen gefunben unb tebgaften
3Rann bie irbifege Siebe feinfüglig unb gütig maegte.
Sill warb für fie bei igrer gimmtifegen Scgwefter: Cr
ift fo gut au mir. Cr gibt immer. 3gm tarnt nur oer*
geben werben! Seine 9tatur ift fo reieg unb gefunb, bag
er auf bem 3nftinttwege jebe geingeit unb Crgabengeit
finbet. Cr liebt au fegr. Bcraeig igm! Cr fann niegt
galb unb tann niegt unmagr fein.
Seine SreulofigteM gegen SBenebifte entfiel auf fie.
Um mieg gat er meine Scgwefter oerlaffen! 2Rir gegärt
bie Segulb.
3 «be 58erügrung ber äugenwett oerurfaegte igr
$ein in igrem goeggefpannten Crregungauftanb. Sie
lieg grau oon IRaftings ÜBrief unbeantwortet; bie
greunbin wollte wiffen, ob fie glüeftieg lebte, unb für
welege bas Äinb erwartet würbe.
Cinmal, in ber griebenauer Strage, traf fie eine
ftiigere 93efannte, eine junge Sapitänleutnantsfrau, bie
iBenebifte als Sraut gäufig empfangen gatte. Sill war
in einem langen, braunen Samtmantel, ber igre
©eftalt gana unb gar oergüllte. Sie trug eine Änaben»
müge wegen bes SBinbes unb einen Stod, weil igr bas
©egen oft fegwer würbe. Srog igrer Scgwere, in bem
weiten SRantel, flog fie faft, igr ©efiegt fag oergeiftigt
unb meltentrüdt aus.
Sie junge grau grügte unb errötete.
Sill erfegraf, igre äugen würben gana toeit in igrem
weigen ©efiegt. Sie gatte bas ©efügl, bag fie fliegen,
ficg oerfteden mugte, bag fie niegt ba fein burfte irgenb»
wie. Sie anbre war in eleganter IBifitentoilette, trug
ein Äartentäfegegen.
Sie Same maegte eine ^Bewegung au grau oon SScegta
gin, wie um etwas Sröftlicges ober URitleibiges au
fagen; ber äusbrud oon Segreden in Sills ©efiegt oer»
wirrte fie. — Sie läcgelte lintijcg unb befcgleunigte igre
Segritte.
Sill gatte naeg biefer Begegnung ben fegredlicgften,
fcgneibenbften änfall oon Heimweg naeg Senebitte.
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Stummer 40.
Seite 1753.
„Vene,. nimm micg 3 U bir! Vene, fei gut mit mir!"
mimmerte fie. 6 ie füllte, bag eigentlich gar nichts
Stnifcgen ihnen ftanb, bag bie Scgroefter ihr oergeben,
fie tiebhaben mürbe, menn fie nur an ihrer Vruft liegen
unb fich fefthalten tonnte.
Vene! Vene! Sie Riffen mußten ihren Votfcgre’t
erfticfen. Manchmal berührte fie noch frembartig, menn
fie fich auf 2tbreffen ats grau Kapitän oon Vechta ange»
rebet fag. grau Kapitän oon Vechta mar Venebifte,
fie mar fiitl. — Sann tarn ßubmig nach Haufe unb
fügte fie, fie tränt fich an feinen Küffen fatt unb mübe;
eigentlich gebührte feine 3 ärt(icgfeit ihr auch* nicht, fie
ftagl ihn Venebifte. Sie umfing ihn ftärter, um gan^
biegt an ihn geran 3 ufommen; er mar marm, ftart unb
gefunb!
Such bas Kinb, bas fie ermartete, gehörte nicht ihr.
Cs gehörte Venebifte.
Von bem gansen oermorrenen unb Überresten
Seelenjuftanb ber grau, feiner grau, ahnte ber Mann
nichts, ber bei ihr mar, unb ber fie liebte.
Venebifte führte bas einförmige unb geregelte ßeben
ber norbbeutfchen Cutsfrau, gm länbtichen Haushalt
mangelt es nie an Vefcgäftigung, fie hatte einen Kinber»
garten unb eine j)ausbattungfchute für ben Staegmucgs
ihrer Sagefögncr unb ber Sörfler eingerichtet unb
leitete mit einer einigen ©emeinbefcgmefter felbft ben
Unterricht.
Sie Schmefter mar gutartig, etmas unorbentticg
unb ber Herrin gegenüber frierfjerifch- grau oon Ved)ta
fcglog, bag es ihr besgalb an gebietenber Mürbe fehlen
mugte. Cs mar leicht, ©egorcgenbe 3 U leiten, aber
abhängige Köpfe unb Seelen Selbftbetätigung unb
Selbftachtung 3 U lehren, mar fchmer.
Sonntag bitbete in gemiffer Meife mirtlich, mie ßub»
mig Vechta immer fagte, eine Meiberrepublif. Venebifte
hatte mit groger Sufmerffamfeit alle Veftrebungen 3 ur
Hebung ihres 03eftfjlecf)ts oon jeher oerfolgt. Cs lag
nicht in ihrem Charafter, belegrenb h er oor 3 utreten,
grau oon Queerbts Vermächtnis gatte ihr einen
Mirtungsfrcis 3 u prattifchen Verwiegen angemiefen.
Sort 3 Üchtete unb hob fie auf ihre Meife. 3hr Mann
hielt fie für eine heimliche Umltürjlerin, unb grau oon
Vechta erroiberte bamals heiter (ächelnb immer: „Crft
tag mich Sonntag einrichten! Sann geh ich auch noch
an ben preugifcgen Staat."
Mamfell mar eine ®crte, tatfräftig unb angriffsfroh,
mit Siftatorgelüften unb etmas fcharfer 3unge. Sie
mar Venebiftens Vismard. Unter ben Mägben hielt fie
ftrengfte Orbnung. Cs gab in Sonntag nur ©erecgfe,
behauptete ßug, unb ber liebe ©ott hätte bies umgefegrte
Sobom nicht ausfieben brauchen. Venebiftens Sauber»
fcitsbrang entfaltete fich auf ihrem ©runb unb Vobcn
unumfcgränft.
3 hre ßeute maren es mögt sufrieben, bag bie grau
ihnen gan 3 3 urücfgegeben mar. Surch grau oon Queerbt
maren fie an bas Meiberregiinent auf Sonntag gemögnt.
Venebitte mar ein ßanbesfinb, 00 m ßanbe unb hing
mit ihnen feit Uroäterseiten sufammen; ber Mann mar
ja ein fcgöner, freunblicger Sjen gemefen, er hatte fich
ihrer grau eben nicht mert ermiefen. Ueber ßill ur»
teilten biefc ©erecgten unb einfachen furjmeg ab: Sas
mar ein grauen 3 immer! 1
Uebrigens erlaubte Venebifte niemals eine SInfpie»
lung ober Vemerfung. Sie hatte nach ihrer SRüdfunft
3 U MamfetI gefagt: „3ettchen, ich bleibe bei euch- 3<h
gehe 3 U meinem Mann nicht mieber 3 urüd, Kapitän
oon Vechta unb ich f>nb übereingefommen, unfre Che
fcheiben 3 U laffen. Seilen Sie bas ben fieuten mit! Unb
jegt tun mir meiter unfre Pflicht."
Sie ncroen 3 errüttenben Meitläufigfeiten bes Sehet»
bungspro 3 effes hatte Venebitte äugerlich ruhig ertragen.
Sie grögte Qual maren bie gefegtich oorgefegriebenen
perfönlicgen gufammenfünfte ber fogenaiinten Sühne»
oerfuege. Sie blieb falt unb feft, ßubmig oergärtete fieg
unter ihrer unbeugfamen Haltung.
Kegie ihrer Vertrauten hatte Venebitte Vecgta eine
Sräne oergiegen fegen, fie antmortete auf oiele teil»
negmenbe ober neugierige Vriefe nicht. Sie brauchte
feine Seilnagme. Ser einige, ber fte in Sönning regel»
mägig auffuegte, mar fjepfenborf.
Hepfenborf füglte fieg Venebifte oerfegmiftert in igrem
beiben miberfagrenen Unrecht. Menn er braugeh bei
igr in grau oon Queerbts altem Mognsimmer fag, mar
es, als feien alle ba 3 mifcgenliegenben 3 agre niegt ge»
mefen, er mar mieber gräulein oon Molbes gugenb»
freunb unb ein ffierbenber.
Venebifte fpraeg mit igm gern über ben feltfamen,
igr fo überall gegenmärtigen Cgaratter ber alten Same.
„Sie gat mieg boeg in igrer Meife liebgegabt, unb
fie füglte mogl eine Slegnlidjfeit ber ©emütsart bureg. —
3«h hätte niegt heiraten follen, Crgarbt! grauen mie icg
bürfen niegt heiraten."
„Sie bürfen niegt unter igrer eigenen Mürbe unb
Stärfe heiraten", fagte tfjepfenborf.
„Siefe fegeinbare Stärfe ift mogl nur eine Scgmäcge,"
meinte Venebifte nacgbenflicg, „Metall, bas niegt ebel
genug ober niegt genügenb bearbeitet ift, um fieg 3 U
biegen. Sie eigentliche grau, bie gan 3 beglüefen mürbe,
mügte gingebenb, gleicgfam feine Verfönlicgfeit fein."
„Meine grau foUte eine Verfönlicgfeit, mein greunb
unb mein Kamerab fein."
Venebifte mar errötet. 3gr greunb fanb* bag Cr»
röten igr äugerft lieblich ftanb, cbenfo mie eine gemiffe
mügfelige, langfame 2 lrt, fieg aussubrüden, bie igr eine
rügrenbe, taftenbe Unbegolfengeit gab. Venebifte er»
fegien igm mäbegengafter mie einft als grau oon Vecgta.
Sie mar eigentlicg ein Mäbcgen, gatte boeg ein grauen»
fcgidfal getragen — ogne bag es fie berührt gatte, fegmei»
cgelte er fieg. Venebifte Molbe mar in igrem oollen Mert
niegt anerfannt morben unb nagm einfach ooümertig
bie ©abe ihres Selbft 3 iirüd.
„Sie üben ©rogmut, es fo aus 3 ubrüden", fagte Vene»
bitte marm. „Unb icg glaube, Sie fügten es fo. Mancg»
mal meine icg, bie Männer ftnb geutjutoge überhaupt
niegt riidftänbig in igrer Vuffoffung, fonbern bie grauen.
Männer fügten, bag fie Vertraute, Helferinnen brauchen;
in ben grauen lebt bie alte primitioe Vorfteüung 00 m
Herrn unb ber Stlaoin. Sie fuegen Untermerfung, meü
Untermerfung füg ift."
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Seite 1754.
stummer 40.
„Stur burcß eine ©erbreßung natürlicher ©efüßle",
urteilte er ftreng.
tfrau non Secuta ermiberte: „Sie hoben mieber recht
Sie natürlich empfinbenbe, als bentenbes SBefen erlogene
tfrau follte biefe Süßigfeit nicht fuchen. Sie gibt ber
geigßeit unb ber Schwäche nach, fie übt Selbftoerrat.
Unb leibet bie Strafe bafür."
Stirn würbe hegtenborf nachbentlich. Cr bacßte, baß
bie grau fehr ftolj unb oodmicßtig fein muhte, bie ber»
gleichen oon ficf) felbft jugab. IDicfe Selbftertenntnis be»
(eibigte ihn ein wenig für ©enebitte unb tat ihm boch
auch wieber wohl, weil fie fo burchaus feiner ©uffaffung
ihres galles entfprach- Sie grau hotte fi<h an einen
niebriger bentenben SJtenfcßen, an ßuß, weggeworfen.
Sie hotte feine SJtinberroertigfeit fegt ertannt. 3n ber
gleichen Sage mar er Sill gegenüber gewefen.
„Cs ift eben fehr fchwer in biefen gälten, bas Ur»
fprüngliche oom Stnerjogenen, oom ©ererbten 3 U unter»
fcheiben. SBir follten uns auf bas rein SRenfcßlicße hin
tennen unb achten lernen, mehr bem Stachbenfen als bem
Irieb folgen."
„Ser Irieb gemährt bas ©lüd bes Iriebßaften", fagte
©enebitte oor fich hin-
3hr ©artner hatte bies ©lücf nie getonnt. Sill ftanb
er oom erften lag an ersießerifcß unb eiferfüchtig gegen»
über. Sie Ciferfucht ertlärte er oor fich felbft jeßt leicht
als berechtigten ©rgmoßn. 3 n ber lat hotte er mefent«
lieh nur in feiner Citetfeit gelitten, unb ©enebiftens gro»
fjesllnglücf begrub ba in benStugen ber ©Seit bas feine. Sie
grau, ein Stäbchen, blieb immerhin bas fchmache ©efäß,
ßuß mar ber eigentliche ©erräter, ber ©erführen
Cs maren bie ©Seihnachtstage in Sönning. Ser Suft
oon ©ebactenem unb 5 B«cß&ter 3 en burchftog bas große
haus. ^egfenborf mar 3 ur ©efeßerung ber ©utstinber
herübergetommen. Cr brachte ©enebitte neue©ücher mit.
„©Soden Sie 3hre SJtaleret nicht mieber aufnehmen?"
fragte er bie greunbin.
©enebitte fagte: „Stoch nicht. 3<h bin nicht heiter
genug bafür. Um eine Shmft au$ 3 uüben, muß man be»
fraulich fein."
ßeptenborf hätte 3 umeilen gern gemußt, ob ©ene»
bitte religiös fei Unter bem Cinbruct ber leßten
Scßictfalsfchläge unb ber ßerrfeßenben SJtobe folgenb, be»
fcßäftigte er fich fiel mit religiöfen Sgftemen, befonbers
folcßen, bie bas prattifche ßeben mit ben metapßpfifcßen
©ebürfniffen bes SJtenfcßen oerföhnen modten. Cr mar
fto (3 barauf, metapßgfifcße ©ebürfniffe 3 U befißen.
Cr fagte mit ©e 3 ug auf feine religionspßitofopßifchen
Stubien: „3ch finbe oiel Iroft barin. Cs feßeint mir
mürbig unb eine ßebensaufgabe, mie auch bas äußere
Scßictfal fich gehalten mag, bie ©erfönlicßteit aus 3 u«
bauen, in fich felbft 3 um Cintlang 3 U gelangen, ©ute
©ebanten feßaffen ©üte."
ßetjfenborf glaubte an bies ©jtom. Sein Sehr*
meifter feßrieb ißm oor, fich jeben Sag minbeftens seßn
SJtinuten lang in Borftedungen oon grieben unb Cr*
ßabenheit 3 U oerfenten. Cr befolgte biefe Sorfcßrift
nach ber Ußr. (gortfeßung folgt)
o= .. q
ftbendlied.
Hun iff es allerorten
8o traumhaft ftill geworden,
)Oes Tages Luft fehltet ein ...
nur an des Berges 8ct)iveIIe
8ingt murmelnd noch die Quelle
Cin Liedchen zivifctjen 0ras und 8tein.
XMe Ringelblumen nidten
Sich zu mit müden :01idten:
Wie feßön mar heut die Welt!
Cs feßauem leis die Tale,
Wenn aus des fDondes Schale
Cin Tropfen feßimmernd niederfällt...
Anna lütter.
Ser ©arifer ©padjenlanj.
$irrau 5 Kufnafymen.
©riftibe Bruant, ber ©oet ber ©arifer SJtontmartre»
tabarette, oerftanb es als erfter, bas Steicß ber Strolcße
in eine anmutigere Sphäre 3 U heben. Ser feefe ©Siß,
bie bumpfe ßeibenfcßaftlicßteit bes ©arifer ©paeßen»
tums würben in prächtigen ©erfen gebänbigt, bie eine
neue literarifeße SJtobe inaugurierten, ©uf manchem
Künftlerfeft biente bie oertommene ©eftalt bes ©er»
breeßers unb feiner ©efäßrtin 3 um SJtobed für bas
Koftüm. Sas „SJtasfemacßen" würbe 3 u einer Stunft,
bie übrigens auch Seutfcßlanb ißre ©nßänger fanb.
Sie SJtüncßner Kunftftubierenben lieben es gan 3 be»
fonbers, „ßumpenbäde" 3 u geben, auf benen oer»
blüffenbe unb erfcßrectenbe ©tasten 3 u feßen finb. 3 n
©arts ging man noch einen Schritt weiter. 3u einem
intimen Jtünftlerfeft lub man ©arifer ©paeßen unb
©paeßinnen in ©erfon unb gab ißnen als ©egenfpieler
richtige Sioujrinbianer, bie nun Sänje aufführten,
©efonberen ©eifad errangen fieß bie ©paeßen, bie mit
ßinreißenber ©eroe bie ©emoßnßeiten ißrer Xan^böben
3 um beften gaben. &riegstän 3 e einer oermegenen
©raaie führten biefe ©erbreeßer auf, unb ber Crfolg
mar ein fo burcßfcßlagenber, baß fieß fofort ein 3 m»
prefario ißrer annaßm. 3 ®ar hatte man nicht bie
Kühnheit, bie etwas gefährlichen Bewohner ber ©arifer
geftungswäde felbft auftreten 3 U laffen, fonbern man
gab sunäcßft einmal 3 toei ©arifer Künftlern ©elegenßeit,
bie eigenartigen Xanaformen genau 3 U ftubieren. Ser
Komifer SJtaj Searlß unb bie Cj 3 entritfoubrette
gräulein SJtiftinguette — fte ftubierten nicht uur mit
heißem ©emüßen, ißre lebenbige ©ßantafie feßuf neu«
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Ohimmer 40.
Seite 1755.
<f
mirfungsoolle Nuancen, bie
fie in einer üflontmartrereoue
3 um erftenmal ber Oeffent*
lidjfeit oorfüfjrten. Der ©r=
folg roar ein burd)fcf)lagem
ber. Cr fe^te nidjt nur bie
flatfrfjbereiten 5)änbe in 23e=
toegung; er übte auf bas
$)irn eines 2 leftf)eten fo ge=
maltig, baß er fid) fofort f)in*
fe^te, um eine $f)ilofopf)ie
biefes 2 an 3 e 5 3 U fdjreiben.
9ieue Iän 3 e aber mirfen in
^arismeniger mie eine9ttobe
benn mie eine Cpibemie, unb
es gab faum je eine neue,
oerroegene lansform, bie
nid)t alsbalb i^ren Cin 3 ug
in bie ^ßarifer Salons getyal*
ten l}ätte. 2 Ilfo brang aud)
ber Ian 3 ber 2 tpad)en in bie
i
(Beffalten aus bern
bunflen J3aris in
ben Salons ber
eleganten Belt.
Der 2tpadjenfan3,
oorgefübrf non 2Haj
Dearlp unb Fräulein
Dliffingueffe
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Seite 17S6.
Stummer 40.
elegante SBelt. Sie Salons metteiferten förmlich mit*
einander, apacbifcb begabte Rünftler au ihren Soireen
t)erbeiauaief)en. So ift es getommen, baff beute ptögiid)
amifcben ben toftbarften Stoben unb ben oollfommenften
gracfträgern unheimlich finftere ©eftalten auftaueben,
bie mit ihrer feltfamen lanafunft bie ©dfte ein bijjcben
((bäuerlich amfifieren. Stber auch ote Rabarette imb
5Barietes finb um eine neue (Eigenart bereichert, unb
ber Slpadjentana ift im Segriff, feinen Siegesaug in
bie SBett anautreten unb bie Sanafreunbe aller fiänber
in ÜBegeifterung au oerfefcen, bis ißaris eine neue unb
oieiieiebt no<b eigenartigere, {(bäuerlichere ÜRobe erfinbet.
0-
Die gegenwärtige ©eftaltbeg Neubau».
Die Bieberaafri^fang bes St Ularfusfuunes in Denebig.
Silber aus aller Belt
Mn bem BHeberaufbau bes Blartusturms in Benebig mtrb
nun feit oter 3af)ren gearbeitet, aber noch ein 3<*b* bürfte oer«
geben, ebe ber Sau oollenbet ift. Die alten gfunbamente
mürben beim Neubau teilmeife noch oermenbet. Die unterften
Seile bes Surmcs befteben aus iftrifebem ©eftein aller 3ett*
alter, unter bem ftcb fogar noch Steine mit ben Siegeln
römifdjer Staffel befinben. Unfer Bilb jeigt ben unfertigen
Stampanile in feiner gegenmärtigen ©eftalt.
Sein fünfunbaebtaigftes ßebensjabr ooüenbete ber Dieter,
Siterarbiftorifer unb Strititer ftubolf oon ©ottfdjaü in ßeipsig.
©r mürbe am 30. September 1823 in Breslau geboren.
Der meftfälifebe Snbufiriclle f}ftr fUbert ©olsman mürbe
oom ©rafen 3fppel!n als ©efdjäftsfübrer ber oom ©rafen
gegrünbeten ßuftf(biffbau*3*PPelin ©. m. b. S). berufen. S)err
aolsman bat bereits am 21. September b. 3. bie grübrung ber
©efebäfte biefes oieloerfprechenben Unternehmens übernommen.
Der öfterreiebifebe Btinifterpräfibent Freiherr oon Beet unb
feine ©emablin gaben tü^licb oer Stabt ©rabo am 2tbriatifd>en
©«*. Qofraf TL o. ©o«f4atl, Ulbert Colfman, SrtebrUbtfrifrop
Di $iu unb 6<briftfteQer in £eip$ig, ber ©eföäftöleiter ber neuen
feierte feinen 85. ©eburtsta 3*PP*Ün*©. m. b. S).
pyui. tfienny.
Der dffercei<f>if<f>e OTiniffetpräfibenf Jcdbett oon Beet (1) mit feinet Gemahlin (2) im Seebab Grabo bei XtiefL
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$ummer40. - Seite 1757^
®. ©cilad) 4 Co* Cctllu.
Don bet äöniglidjen Oper in Berlin: (Beralbine Jarrar als Btanon.
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Seite 1758.
9hmtmer 40.
SReer einen Sefuch abgeftattet. Unfer
Silb geigt ben ÜJlinlfter mit feiner
^Begleitung am ©tränt).
Oie preugifche Äamgterfängerin
©eralbine garrar übt gurgeit mieber
erfolgreich ihre Äunft am Serliner
königlichen Opernhaus aus. 3m
tRooember geht fie nach Seuport.
llnfere 2lufnahme geigt Die beliebte
Äünftlerin ats „URanon* in ber
gleichnamigen Oper.
Oie Leitung bes Serbanbes
ber Sorbbeutfchen grauenoereine,
bie in fo mannigfacher Steife (Butes
mirfen, ruht in oen tätigen $änben
einer Sngahl Oamen, bie mir heute
auf einem ©ruppenbitb oereinigt
unferen ßefertt Dorftellen.
gür ben elettrifchen Setrieb ber
preugifchen ©taatsbahnen ift eine
neue Stogenart gefchaffen morben.
(Es ift ein Stfumulatorboppetmagen,
ber mit einer ßabung 100 Äilo*
meter gurücflegen fann unb nament*
lieh imSorortoerfehr größerer 6täbte
fomie gur Serbicgtung bes Setriebs
auf oertehrsreichen ©treefen Ser*
menbung ßnben mirb.
©ein OOjfthr. Ooftorjubilaum fei*
erte ber praftifche 21rgt Or. Sallauf in
#annooer. (Er ift ber ältefte beutfehe
ÜRarineargt, benn er gehörte bereits
ber1852 oerfteigerten alten glotte an.
tMjot. jHenarb.
®on I i n f 9 nad) redjte (fifcenbi: grau Iraum ; grau Gid)bol3 (öorfifcenbe), Hamburg; grau Xacfmann, Kiel
Stebenb: grau $rof. Schumann, ttoftorf; grau Drof. SBenbt, Tambure; grau (Bel)-Kat Sdjröber, 6d)roerin
Oer Oorffanb bes Oerbanbes TtorDbeutfcger Jrauenoereine.
Die CUeHtijiiäf ab Rioaiin bet Dampfftaft: Die neuen Dffnutuiafotboppetoagcn bet ptenfeiföen Staat* bahnen.
Ihr. Baflattf» Qannooct,
ber ältefte beuiföe giottenarjt,
feierte fein 60 jä^r. Doftorjublläum.
Oer bekannte Stantft unb
Oirigent ©taoengagen hot
fich in ©enf gum gmeitenmal
oermählt. Oer talentoolle
©chüler bes Sltmeifters Cifgt
befieibet bas 2lmt eines erften
Srofeffors am Äonferoato*
rium unb bes Oireftors ber
Shüharmonifchen Äongerte
in ©enf. ©eine ©attin ift
feine Schülerin Stcfg Sogei.
$bot. 91. be Calancb, Öenf.
»on linfs nad) redjts (jifcenb): Dir. Meuffer, grau ffiuartn, $aftor Retter, grau «emb. Staoenbagen, geb. ©oget
J)offapeUmftr. Staoenbagen, grau 5jc>bl. S teb e n b: $rof. iöarblau,grau »arblau, Dr. 2öuarin,Dir.f>ob4 grL ©eorg,grL*)obL
Die $o4»eit be» tjoftapeUmetiter» öernhatb Staoenbagen mit JrL Di Op Bogei in «enf.
Sdftafc be« rebaffioneUeti Seit».
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Kummer 40.
3. Oftober 1908.
6eite I.
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6eite II.
3. Oftober 1908.
Stummer 40.
Hl III
8itztruhe in Flachschnitt und Metallplastik.
Liebhaber - Künste
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künsten beschäftigt, auskommen kann. Die Anleitungen für
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Kerbschnitt, ■ arsoarbeit, Samtglanzbrand, Mosaik,
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durch „Selbstunterricht“ zu einer gewissen Vollendung zu bringen.
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worden, dass „Mos Balsam“ das einzige Mittel der modernen Wissenschaft Ist, welches während 8 bis
14Tagen durch Einwirkung auf die Haarpapillen dieselben derartig beeinflusst, dass die Haare gleich zu wachsen anfangen.
Unschädlichkeit garantiert.
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■ nutzt hat. — Obs. x Wir sind die einzigste Firma, welche
eine derartige Garantie leistet. Aerztliche Beschreibungen und
d C3S a felfyS Empfehlungen. Vor Nachahmungen wird dringend gewarnt.
Betreffend meine Versuche mit Ihrem „Mos Balsam“ 4 kann ich
/ o3IaW Ihnen mitteilen. dass ich mit dem Balsam durchaus zufrieden bin.
\ [ Z\ Hg LJa Schon nach acht Tagen erscliien ein deutlicher Haarwuchs, und
^MbBaiS-vlHBzik itrrW nV trotzdem die Haare hell und weich waren, waren sie doch sehr
~ kräftig. Nach 2 Wochen nahm der Bart langsam seine natürliche
Mk Farbe an, und dann erst fiel die ausserordentlich günstige Wirkung
^res B al * ams recht ins Auge. Dankend ^verbleibe ich
Äk y|C. Ich. Unterzeichnele, kann jedem den echten dänischen Mos
^ / Balsam als ein unfehlbares Mittel zum Hervorrufen von neuem
/> fi ■ v 3nW YVßPi aJ^Hl y Haar empfehlen. Ich habe lange Zeit an starkem Haarausfall ge-
■A I litten, dass sogar nackte Flächen im Haar erschienen. Nachdem
\ ** 'Nu W J ich aber Mos Balsam während 3 Wochen benutzt habe, fing das
\. y Haar wieder zu wachsen an und wurde dicht und schwer.
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Stummer 40.
3. Oftober 1008.
Seite III.
Dies unb bas.
SRomentph ot ographien —be*
fonbers oon fportlicßen Spielen —
haben fid) allmählich 311 einem mich*
tigen görberer bes allgemeinen 3 n*
tereffes h*rausgebilbet. Ser nicht
felbft 3 «ttauer fein tonnte, fieljt
aus ben Bewegungen, ben oftjjcma
eigentümlichen Sprüngen unb Sen*
Zungen ber Ausübenben ben (Bang
ber ijanblungen, unb wer felbft im
Bingen um ben Sieg geftanben,
tann fpäter genau nachprüfen, ob
•auch alles fair augegangen. Bach*
fraglich freut fid) bann noch manch
einer an bem frafioollen (Eingreifen
unb ber fachgemäßen Anteilnahme,
an ben (Eifenmusfeln ober ben ge*
fcbicften (Briffen unb lernt wohl auch
für ben nächften Settfampf ben
einen ober anberen Borteil.
Die Beftrebungen jur fo*
3 ialen gürforge für unbemittelte,
ertoerbenbe grauen mehren fich in
erfreulicher Seife unb fchaffen oielen
eine austömmliche (E^ftenj. Der
große Stampf fließt aber er*
fahrungsgemäß auch manchen flei*
neren ein, unb fo mar bie (Brünbung
oonBechtf(hußftellen für unbemittelte
(Sortfefcung auf ©eite V)
(Eine golbene Jrage!
Ä ein Snftrument ift ju einem fo unentbehrlichen täglichen (Be*
brauchsgegenftanb für ben mobemen 2ttenfd)en geworben, wie
bie Xafchenuhr. Auf ^wertmäßige 3dteinteilung unb fonfequente
3 eitausnüßung fommt heut 3 utage alles an. Unfer ganzes Kultur *
leben fteht unter ber f)errfd)aft ber Uhr. An biefe werben beshalb
jeßt in technifcher mie tünftlerifcher 5)infid)t bie hödjften Anforberungen
geftellt. Sine wahrhaft moberne Uhr muß ein burd>aus folibes
unb feines Serf neuefter ftonftruttion haben. 3hr ©ang muß oon
auoerläffiger ©leichmäßigfeit unb größter ©enauigfeit fein. Unb foll
ein folches oollfommenes 3nftrument auch ln feinem Aeußeren ben
gefteigerten Anfprücßen unferer 3eit genügen, fo muß bas ©ehäufe
oon eblem Saterial, bie gan 3 e gorm unb Ausftattung oon ftil*
ooller Schönheit unb mobemer Slegana fein.
Allen biefen technifchen unb fünftlerifchen Bedingungen ent*
jpricht in oollenbeter Seife bie golbene NoMOS*Uhr. Die golbene
NoMOS*Uhr ift bie moberne ©e*
braud)5*Uhr par excellence, ausgeftattet
mit allen wertoollen Steuerungen ber
hochentwicfelten Uhrentechnit. Sie hat ein
folibes Serf, bas bauernb gleichmäßig unb
genau geht. 3n ihrem Aeußeren ift bie golbene
NOMOS*Ußr oon en* 3 Ücfenber Schönheit. Das
foftbare Saterial hat hier bie feinfte unb ge*
ßhmatfooUfte Bearbeitung gefutiben nach '$rind»P
unb Xechnif mobemer angemanbter Äunft. Dabei ift ber Breis
ber golbenen Nomos* Uhr ein burdjaus mäßiger, fo baß jeber
einigermaßen gut fitulerte fich blefes foftbare Stücf bequem
leiften tann.
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Seite IV.
3. Oftober 1908.
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ünffrumenfe in einem: ein vor¬
zügliches Piano und
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die beite Klaoierlpiel «Vorrichtung der Welt.
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Mitesser und
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ff «* >| schwinden
V'iWy r 0ber Nicht
^ wendunp des
, schlaues
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Stirn und Nase und sammetweu he
Haut erzeugt. Dose 3 M. Erflg. attestiert.
Rudolf Hotten Berlin 6, Koppenstr.9.
Kummer 40.
3. Ottober 1908,
©eite V.
grauen nicht nur eine 2Bohttat, fonbern eine Botmenbigfeit, um ben
grauen, bie Bed)t braunen, auch 9ted)t au ficfyem unb amar unent¬
geltlich 3n afi«n großen unb teilmeife auch in Heineren inbuftrie-
reifen ©tobten finb — uon ben grauenoereinen geförbett — folche
üechtfchuftpellen für unbemittelte grauen ins geben gerufen, bei
benen fie in ßohnftrettigfeiten, (Eheamiftigfeiten, Xeftamentfadjen,
Unterftüfeungsanfprüdjen, Berficherungsangelegenhetten unb oielen
anberen gißen P# redjtaeitigen Bat boten unb ficb bamit oor
©droben bemabren fönnen. Sie beutfcben BeÄtfchuftfieOen hoben
P<h- au einem Berbanb aufammengefchloffen, fo oap bie Btögli«hteit
aegeben ift, auch bie ausmittigen Sntereften ber Klientinnen au
fdrbem, aumal f!e uon einem beim BeichsoerPcherungsamt in Berlin
angefteHten Vertreter perflntich Hi Berufsfachen oertreten merben
fönnen. (Beleitet merben biefe Bffttfdmpfteßen oon Samen, benen
3 ur (Erlebtgung juriftifch fcpmieriger gelle fUecptsanmalte %ur ©eite
pehen. ßeiber ift biefe fo überaus praftifche unb fegensref^e (Ein¬
richtung noch immer nicht genug befannt, unb manche grau begibt
Pch ihrer Bechtsanfprüche, um ihr (Belb nicht in BroAefte au fteefen.
(Es tann ba|er nicht nachbrücfüch genua auf bie foftenlofen Bed)t-
fchupfteßen i$tngemiefen unb immer mieoer bie Sitte ausgefproefaen
meroen, auch Unbeteiligte unb gemftehenbe mögen ihre ums tägliche
Brot arbeitenben Bhtfchmeftern auf bie (Einrichtung aufmerffam machen.
OO
Büchertafel
Cf^rtchtittg einzelner fBertc Vorbehalten. Stfltffcnbuns flnbst in fdnem ff«0
Heinrich ©au ft: Tabellen Aur fdjnellften 3infenermiittung
3in§|ahlen". BUertngersleben, ©elbftoerlag. 1 BL
Bceta ©choepp: Jb\t ßeute auf Böböta*. Boman. Berlin,
Berlag oon g. gontane & (Eo. 2,50 BL, geb. 3,50 BL
Baut ßanaenfeheibt: „Um BichtsT (Ein Bueflroman. Berlin*
(Brop-filchterfeloe-Oft, Berlag oon Br. % ßangenfeheibt.
( 90 rt|c|nng auf Gelte XV.)
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3. Oftober 1908.
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rw gar Diele ÜRentoen ift eine, oon ber
Mm WM ©eutfdjeti Mfuftlf*®efellfd>aft in ©er*
/mW/ (in W. 80, 9tad)obftr. 34, gemalte (Er-
/ ' / finbung, um SAroerßörige beffer ßören
/ I ju machen, oon ooljer Sebeutung.
/ —. 2)ie Steuerung bricht mit ollen bisherigen
I / \ SJtethoben, oor ollem mit ber (Einführung oon
t / \ Hörrohren in bos Ohr* nnb roenbet bagegen
fiM / \ eine ®tethobe an, beren (Erfaß fo einleu<htenb
. Bpf I für befferes Obren ift mie ber (Erfaß einer
1 I guten »rille für befferes Sehen.
\ / I Ser *u oielem berufenen (Elettrijität
\J ift tatfärh«^ ber 8 fortf<hritt oorbehalten,
auch bie Schroerhörigleit 311 beheben. Oer »pparat befteht aus
einem fehr empfmblMjen 3Jtitrophon oon $anbtellergrö&e, bas ber
SAroerbörige an einen Knopf feines Slocfes hängt ober fonftoo
angemeffen an ftA befeftigt, in einem ebenfo gro&en Selephon, bas
burch Ooppelbraht in üblidher 2Betfe mit bem SBitrophon oerbunben
PHILODERMINE AUXOLIN
AUXOLIN
VEGETABILISCHES
<KOPF U.HAARWASSER
mii VEilchenqeruch^^i^
Pre/s:
AfA. 2 D/f FIASCH£
F.WÖLFF& SOHN. HOFLIEFERANTEN
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rTTnnyfSrTTiTü
ift unb oom 6 <fj»erf)örigen ent* I
»eher ans Dfjr gebalten ober bureb I
einen ȟgel in eine fefte Sage 311 m
Dbr gebraut »trb, unb enblicb in
einer fleinen Xrocfenbatterte, »eiche in
bie ßeitung eingefcbaltet ift, unb bie
I man bequem in ber Xafctye trägt.
Diegunftion bes 2 lpparates iftflar:
bie oomSHifropbon, bae er&eblUfajr öfter
als bie Öbrmufcbel ift, 3 um Xelepftoit
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Stummer 40.
ä. Ottoter 1908.
Seite VII.
Die 2lbmf )r bet üranffteifsfeime.
Der Köiper liegt ftets im Kampf mit ftfjäblidjen (Einbringtingen,
Batterien, Kotten ober mie all bie Keime fonft nod) fjeiften mögen,
bie uns als Krantbeitserreger gefäbrltd) werben. Der menf$li$e
Organismus ftebt biefen Seinben nidjt wehrlos gegenüber, benn er
oerfügt über ©Mionen oon ©erteibigern, bie meinen ©luttörper$en.
Diefe finb immer bereit, überall, n>o fi<b im Körper Krantbeitserreger
geigen, biefe anjuareifen unb unföäblid) ju machen. Sn biefem
Kampf (eiftet bie Körperjetle ben weiften ©luttörperdjen tattröftige
E)ilfe. Doch nicht immer genügt ihre Stbwefyrtätigfeit, benn bie 2ln«
griffsweife ber Krantbeitserreger ift eine beimtüctffcfte, fie bringen
nämlich burch ihren ©toffwecftfel (Btfte beroor, bie bie Sluttörper*
eben unb bie Körperjellen lähmen unb fie fo jur Slbmebr ihrer
Sfeinbe untauglich machen. (Erfabrungsgemäft finbet in ben tleinen
Kiffen unb 6cbrunben ber Schleimhaut ber ©htnb* unb ftaeften*
höhle eine ganje Keibe oon gefährlichen Krantbeitsteimen leicht
Gelegenheit jur ©nfieblung. hierher gehören bie Erreger ber ©er*
fchiebenen formen ber ÜDtanbel*, i)als* unb Kad^enentaünbungm
ober bie gefürchteten Keime ber bösartigen ©räune, ber Snfluenaa u. a.
UBeiter finben in ben Duchten ber ©tanbeln auch bie (Erreger bes
tDtamps (Ziegenpeter), bes Scharlachs, ber Dtafern ufw. Unterfchlupf
unb wanbern oon bort aus weiter in ben Körper. f)ter auf ihrer
oorläufigen Slnfieblungsftätte fpielen fich bann bie erben Kampfe
ftwifeften ben Keimen unb ben zlbmebrmittetn bes Körpers ab.
S)ier ift besbalb bie Stelle, um bem Körper au f)ilfe au tommen
unb bie (Einbringtinge au olrrtichten. Das gefebiebt am beften
bureb Sormamint-Iabletten. Diefe enthalten einen besinfiaierenben
Stoff» ber auf alle pflanzlichen Keime, au benen jene Kranff)etts*
erreger gehören, oemiebteno wirft, bie Kprperjellen bagegen oötlig
unoerfebrt lägt ffitr tommen biefen bd ihrer öerteioigung atfo
wirtfam au ftllfe, wenn wir aur Zeit oon (Ertältungsgefabren, bie in
ber Schleimhaut bes ÜDhmbes unb Aachens allen möglichen Krant»
heitserregem günftige Gelegenheit aur ©nfieblung oerfchaffen, oon
Zeit au Zeit eine Sormamint'Xamette nehmen. Sa, wir würben noch
weifer hanbetn, wenn wir regetmäftig täglich t5ormamtnt»Xabletten
benuftten unb fo es überhaupt nicht au einer Stnfiebtung ber Krant«
beitserreger in ber 2Runb**ünb Kachenböhte tommen liegen. Die gor«
mamint-Xabtetten löfen fich i«n ÜRunb unb laffen ihren besinfiaierenben
Stoff in ben Speichel übergeben, ber bie ganae ©hmb* unb Kochen-'
höhle überaiebt uno bort jebes ©atterienteben unmöglich macht
Sformamint-Xabtetten finb in (Stäfem mit 50 Stücf au M. 1,75
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3. Oftober 1003.
Seite XV.
Verschiedene Mitteilungen.
— Bis zu den Menschenfressern dringt die Ray-Seife,
wie aus einem an die Kompagnie Ray gelangten Bestellbrief zu
ersehen ist Der Besteller schreibt aus Puerto Mayro am Rio Pal-
cazu (Peru): »Ich befinde mich hier am äussersten Vorposten der
Zivilisation. Meine nächsten Nachbarn sind die menschenfressenden
Cashibos, von denen ich nur durch einen Fluss getrennt bin.“
Bekanntlich gilt der Seifenverbrauch als vornehmster Masstab für
die Kultur, und darf sich die Kompagnie Ray, die durch den Vertrieb
ihrer ausgezeichneten Ray-Seife diesem Kulturzweck dient rühmen,
ihr Fabrikat bis an die Grenzen der Zivilisation verbreitet zu haben.
— Antihydortuch. Unter diesem Namen bringt die
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(Fortsetzung auf Seite XVII.)
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6eite XVII.
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— Burgsteinfurt i. Westf., 14. September. (Neue Erfindung in
der Sprachheilkunst) Ein neues, wirksames Verfahren zur Heilung
von Stotternden hat neuerdings, wie wir hören, Herr Sprachheillehrer
Carl Matzke (Inhaber der Heilanstalt für Stotterer, Stammler usw.)
hierselbst erfunden, das bis jetzt einzig und unübertroffen dasteht.
Da er sich seit 28 Jahren mit der Heilung Sprachleidender aus¬
schliesslich befasst, also keineswegs ein Neuling, vielmehr ein alter
Praktiker auf diesem Gebiet ist und Hunderte von ihrem Leiden
befreite, so kann man dessen Errungenschaft im Interesse der
sprachleidenden Menschheit gewiss mit Freuden begrüssen.
— Für Hautkranke. Die Badesaison ist zu Ende. Nicht jeder
Kranke kehrt von seiner Kür befriedigt heim. Einen Misserfolg
werden namentlich viele Hautkrankheiten erleben. Nicht Baden
und Wassertrinken im Mode- und Luxusbad, eine gründliche Spezial¬
behandlung der erkrankten Hautpartien wäre am Platz gewesen!
Nicht bloss hartnäckige chronische Flechten, selbst die Be¬
seitigung einfacher Schönheitsfehler, wie schlechter Teint, Male,
rote Nasen, Bart- und Kopfhaärerkrankungen usw., können nur durch
Kuren, die nicht durch Rücksichtnahme und Genieren vor anderen
gestört werden, geheilt werden. Nur in einem Sanatorium ist das
zu ermöglichen, nie im offenen Kurort Eine Hautheilanstalt aber,
die auch alle Annehmlichkeiten eines Badeortes (Gondeln, Tennis,
grosse Parks usw.) bietet, ist das Sanatorium für Kosmetik, Haut-
und Haarleiden von Dr. Ihle und Dr. Böttger, Leipzig- Lindenau.
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— Eine neue Sprachlehrmethode, um mit Leichtigkeit,
Lust und Freude in kurzer Zeit eine fremde Sprache sprechen,
lesen und schreiben zu lempa. f Die ^grttesle -iiehrmeisterin der
(For tsettifrig auf Seite XIX.)
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3. Oftober 1903.
Seite XIX.
Menschen ist AUmutter Natur, und sic macht auch dem langwierigen
und kostspieligen Lernen fremder Sprachen nach alten, den Ler¬
nenden quälenden Methoden ein Ende, wenn man sich der neuen
natürlichen Lernmethode bedient, die der Generaldolmetscher
Dr. Rosenthal in seinem von hohen Behörden, angesehenen Bil¬
dungsvereinen und Privaten als pädagogisch anerkannten Meister¬
schaftsystem zur Erlernung fremder Sprachen klar, sicher und über¬
zeugend niedergelegt hat. Dr. Rosenthals Meisterschattsystem ist zur
tiaturf emässen Erlernung der englischen, französischen, italienischen,
spanischen, portugiesischen, hol ändischen, dänisch-norwegischen,
schwedischen, polnischen, russischen, böhmischen, ungarischen so¬
wie auch der deutschen Geschäfts- und Umgangssprache erschienen.
Jedes Werk ist in einzelnen Heften ä M. 1,- zu haben, und Probe¬
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6etie XX.
3. Oftober 1908.
Stummer 40.
Mit dem Javol bin ich sehr zufrieden
gewesen, iDasselbe hat in kurzer Zeit das
Slusfallen der Ulaare beseitigt und werde ich
nicht verfehlen, dasselbe in meinen Bekannten¬
kreisen zu empfehlen.
Slus freien Stucken teile ich Uhnen gern
mit, dass ich mit Uhrem Javol-Ulaarwasser
vorzügliche Grfolge erzielt habe, nachdem
ich zuvor viele andere Ulaarkonservierungs-
mittel nutzlos anwandte. 3)er iHaarausfall
auf meinem Mopfe hat nach kurzem Gebrauch
von Javol vollständig auf gehört. Mein spär¬
licher Siaarwuchs hat sich bedeutend gekräftigt.
dAVOtr hat gesiegt!
tfAVOtr tat qcsieatW!
jftVO l Vvats vollbiacbt
wWfrkjfcUtolwiw
W aares y TacKt)
Uch gebrauche nun Uhr UCaarwasser Javol
seit 1899 und fühle mich verpflichtet, Uhnen
für dieses höchst wertvolle Grzeugnis für
die UCaarpflege meine Ulnerkennung aus¬
zusprechen. Uch habe mehrere Butzende teure
und hochangepriesene Ulaarwasser gebraucht,
aber mit keinem habe ich je den Grfolg und
dje Genugtuung gehabt wie mit Javol, welches
Sh hiermit allen aufs wärmste empfehlen kann.
Seit fünf fahren schon gebrauche ich mit
grösstem Grfolg Uhr Javol und nehme jede
Gelegenheit wahr, meinen UColleginnen und
Bekannten die Vorzüge dieses ^Präparates
mitzuteilen. Ditein UCaar
ist durch den Gebrauch
des Javol (fettfr.) üppiger
u. glänzender gezoorden.
Uch benutze es täglich
und möchte es nicht mehr
entbehren.
Bemerke noch, dass ich
Uhr Ulaarwasser Javol
seit 1898 gebrauche und
mit demselben äusserst
zufrieden bin.
sMMOfcstehteinzigda!
PHerzte äussern sich:
Mit den mir s. Z. gütigst zur tyerffigung
gestellten zwei Ulaschen Javol war ich bezüg¬
lich des Grfolges ganz zufrieden. Uch verordne
Uhr ^Präparat jetzt viel in einschlägigen
Uallen. Bitte noch um einige Broben zu
Versuchen in meiner Brivat-UQinik.
Sillgemein wurde die belebende, erfrischende,
anregende Wirkung gelobt. BieUCopfschuppen
wurden prompt gelöst, es schwanden alle durch
sie bedingten Grscheinungen und Symptome.
Uch finde Uhr Javol als
das beste Mittel für
UCopf- und Ulaarpflege,
welches ich kenne und
es scheint mir wirklich
unentbehrlich.
Uhr Javol ist ausge¬
zeichnet und von vor¬
züglicher Wirkung. Uch
sehe mich daher veran¬
lasst, Uhnen mein höchstes
Xob auszusprechen.
Babei blieb das Ulaar weich und glatt. Jeden¬
falls ist nach meinen Grfahrungen das Javol
ein ausgezeichnetes UCopfwasser, auch für die
Bflege des Bartes dürfte es unentbehrlich sein.
Sehr skeptisch in der Slmvendung eines Ulaar¬
mittels, von denen fast täglich eins das Xicht
der Welt erblickt, willfahrte ich doch den
Bitten meiner Urau und liess mir zwei halbe
Ulaschen Uhres Javol kommen, und obgleich
meine Urau es erst nur kurze Zeit gebraucht,
ist sie mit dem Grfolg sehr zufrieden.
Die Namen der Aussteller dieser und der übrigen ungezählten Zeugnisse werden ernsten Interessenten gern bekannt gegeben .
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Gangschein
„Sehn befriedigend“.
Le Lock, den 9. August 1908.
get Der Direktor Cht. Huo«tn!n.
Wir liefern auf Teilzahlung
Dar Beataller‘bekommt aofort die Ware, die er wQnaoht,
ued die Bezahlung geschieht In monatlichen Raten.
Wer tinmii ao gekauft hat, macht es stets wieder so. Siehe folgenden
beglaubigten Bericht des öffentlich angesteUten beeidigten Hücher-Revisors und
Sachverständigen F. Qorakl in Berlin i
Ich bescheinige hierdurch, dass von 1000 (tausend) bei der Firma Jo nass
& Ca., O. m. b. H., Berlin, nacheinander eingegangrnen Aufträgen 374 von
Käufern herrührten, welche bereits jruher von aer Firma Waren bezogen hatten;
ick habe mich hiervon durch Prüfung der Bücher und Beläge überzeugt.
ga. F, Qoreki, beeidigt. Bücherrevisor und Sachverständiger.
Um einen Gangschein I. Klasse zu erhalten, werden die Uhren
14 Tage mit den Zeitangaben der Sternwarte von Neuenburg ver¬
glichen und beobachtet, und zwar
11 Tage in d. verschied. Lagen ln d. Zimmertemperatur
I „ im Hitzkasten
I ^ in Zimmeremperatur
I „ im Eisschrank
1 ,, in Zimmertemperatur
15 tage.
Gangaohelit ».Sehr befriedigend**
ist die höchste Auszeichnung.
Uhr Bo. 3 863 480
Silt Ankerhemraung, Breguct, Spiralfeder aus NIcfcdatthL
1908 Abweichung des tagt. Ganges
Juli 24-25.
25.-26.
36.-27.
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Variation per Tcmperaturgrad. 0,03
Qangaoheln „Sehr befriedigend**.
La Locle, den V. Aujnist 1908.
J _ gcr. Der D irektor Che. Hugnenin.
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STANFORD, CALIFORNIA
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