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Full text of "Dingler's polytechnisches Journal"

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(TIip  i.  1.  Hill  iCihrary 


North  (Earoltna  ^tatp  ^ninpraily 

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V.273 
1889 


BOEXBIIIDEß' 

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ARTONWERKER 
DELFT     . 


THIS  BOOK  MUST  NOT  BE  TAKEN 
FROM  THE  LIBRARY  BUILDING. 


«O — AUG.    68 FORM    Z 


Dingler's 


^^nliitrrfinisrlrs  Innraal 

Unter  Mitwirkang  von 

Professor  Dr.  C.  Engler  in  Karlsruhe 
herausgegeben  von 


Ingenieur  A.  Hollenberg  und  Docent  Dr.  H.  Käst 

in  Stuttgart.  in  Karlsruhe. 


Sechste  Reihe.     Dreiundzwanzigster  Band. 

Jahrgang  1889. 

Mit  124  in  den  Text  gedruckten  und  30  Tafeln  Abbildungen. 


Stuttgart. 

Verlag  der  J.   G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger. 


Dingler's 

'^nlijtprlnisrlps  InnriiaL 

Unter  Mitwirkung  von 

Professor  Dr.  0.  Engler  in  Karlsruhe 
herausgegeben  von 


Ingenieur  A.  Hollenl)erg  «nd  Docent  Dr.  H.  Käst 


Zweihundertdreiundsiebenzigster  Band. 

lahrpng  1889. 

Mit  124  in  den  Text  gedruckten  und  30  Tafeln  Abbildungen. 


Stuttgart. 

Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger, 


Druck  \on  Gebrüder  Krbner  in  Stuttgart. 


Inhalt  des  zweihundertdreiundsiebenzigsten  Bandes. 

(1889.) 


Abhandlungen,  Berichte  u.  dgl.  S.  1.  49.  97.  145.  193.  241.  289.  337.  385.  433. 
481.  529.  577. 

Kleinere   MittheUungen    S.  44.  96.  143.  189.  237.  335.  384.  430.  477.  528.  574. 
600. 

Namen-  und  Sachregister  des  273.  Bandes  von  Dingler's  polytechn.  Journal  S.  601. 


Sclireil)weise  chemisclier  Formeln  und  Bezeiclmmig  der  Citate. 

Um  in  der  Schreibweise  der  chemischen  Formeln  Verwechslungen  möglichst 
zu  vermeiden  und  das  gegenseitige  Verständnifs  der  neuen  und  alten  Formeln 
zu  erleichtern,  sind  die  alten  Aequivalentformeln  mit  Cursiv-  (schräger)  Schrift 
und  die  neuen  Atomformeln  mit  Antiqua-  (stehender)  Schrift  bezeichnet.  (Vgl. 
1874  212  145.) 

Alle  Dinglers  polytechn.  Journal  betreffenden  Citate  werden  in  dieser  Zeit- 
schrift einfach  durch  die  auf  einander  folgenden  Zahlen:  Jahrgang^  Band  (mit 
fettem  Druck)  und  Seitenzahl  ausgedrückt.     *  bedeutet:    Mit  Abbild. 


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in  2010  witii  funding  from 

NCSU  Libraries 


littp://www.arcliive.org/details/dinglerspolytecli273augs 


^^\^s;j^lä!^ 


Ueber  Neuerungen  an  Wirkereimaschinen. 

(Patentklasse  25.     Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  271  S.  58.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  1  und  2. 

Im  verflossenen  halben  Jahre  sind  Neuerungen  an  Handwirkstühlen 
nicht  bekannt  geworden,  es  sind  vielmehr  die  letzten  der  für  dergleichen 
Erfindungen  ertheilten  Patente  vollends  erloschen.  Es  ist  nun  zwar 
hieraus  ein  treffender  Schlufs  auf  den  Werth  dieser  Erfindungen  oder 
den  Werth  der  Hand  stuhle  für  die  Fabrikation  überhaupt  nicht  zu  ziehen, 
aber  es  ist  sonst  bekannt,  dafs  Handwirkstühle  für  die  zumeist  ver- 
langten glatten  Waaren  nur  noch  vereinzelt  verwendet  werden  können, 
während  sie  für  manche  Musterarbeiten  (Deckmaschinenwaaren  und 
zum  grofsen  Theile  auch  Patinetmuster)  gar  nicht  zu  entbehren  sind; 
im  ersteren  Falle  arbeiten  sie  zu  langsam  und  im  letzteren  gestatten 
sie  Abwechselungen  und  Mannigfaltigkeiten,  unter  deren  Einflufs  der 
Betrieb  mechanischer  Stühle  wesentlich  verschlechtert  werden  würde. 
Es  ist  deshalb  keineswegs  zu  sagen,  dafs  die  Handwirkerei  ausstürbe 
oder  entbehrlich  würde,  wenn  auch  Fortschritte  und  Neuerungen  in  ihr 
selten  und  in  geringer  Anzahl  bekannt  werden. 

In  den  mechanischen  flachen  Kulirstühlen  finden  sich  folgende  drei 
Neuheiten  vor:  Unter  dem  eigenthümlichen  Titel:  Flacher  Slrumpfkulir- 
stuhl  von  Schubert  und  Salzer  in  Chemnitz  ("""D.  R.  P.  Nr.  45388  vom 
15.  November  1887)  ist  eine  i-echt  zweckmäfsige  Bufferanordnung  patentirt 
worden,  welche  zur  Begrenzung  der  Fadenführerwege  auf  der  Innen- 
seite dann  verwendet  wird,  wenn  an  den  Strumpfläugen  die  beiden 
Fersentheile  angearbeitet  werden.  Für  den  Längen  A  (Fig.  1  Taf.  1) 
eines  Strumpfes  ist  bekanntlich  nur  ein  Fadenführer  zu  verwenden, 
welcher  den  Weg  der  ganzen  Breite  M  bis  1  zu  durchlaufen  hat  und 
auf  beiden  Seiten  an  die  bekannten  Bufferstücke  P  (Fig.  2  und  3)  an- 
stöfst.  Wenn  die  Ferse  ßB  beginnt,  so  kommt  ein  zweiter  Führer  in 
Betrieb  und  dieser  sowie  der  erstere  gehen  nun  nur  auf  die  Breite  L 
bis  2  und  F  bis  J,  sie  stofsen  dabei  aufsen  an  die  Buffer  P  an  und 
zwar  der  eine,  L,  rechts  und  der  andere,  F,  links;  innen  ist  nun  zur  Be- 
grenzung ihres  Ausschubes  das  Bufferstück  DE  (Fig.  2  und  3)  ange- 
bracht, welches  eine  der  Oeffnung  2  bis  F  (Fig.  1)  entsprechende  Breite 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  1.  1889/111.  1 


2  Ueber  Neueniiigeii  an  Wirkfreimabcliiiieii. 

hat,  so  dafs  au  dasselbe  der  Führer  L  rechts-  und  der  Führer  F  links- 
seitig anstülst.  Dieser  Buffer  DE  ist  um  H  drehbar  und  während  dei- 
Längenarbeit  in  der  Stellung,  welche  Fig.  2  zeigt ^  es  kann  also  der 
Führer  L  ungehindert  an  ihm  vorbei  gehen,  und  der  Führer  F  steht 
während  dieser  Zeit  überhaupt  in  Kühe.  Beim  Arbeiten  der  Ferse  M'ird 
er  in  die  Lage  Fig.  3  (oben)  gebracht  und  zwar  einfach  dadurch,  dafs 
der  Führer  F  in  seine  Arbeitsstellung  geschoben  wird  und  dabei  mit 
der  schiefen  Ebene  C  unter  D  gelangt  und  den  Hebel  DE  in  die  Arbeits- 
lage dreht.  Nun  stöfst  L  an  E  und  F  an  D-^  da  aber  die  Schiene  >' 
sich  ein  wenis;  wendet,  um  die  Fadenführer  am  Ende  ihres  Weaes 
durch  die  Nadelreihe  hinab  schwingen  zu  lassen,  so  stöfst  der  Arm  E 
am  Gestelle  G  an  und  wird,  wie  Fig.  3  (unten)  zeigt,  etwas  zurück- 
geschoben. Hierbei  drehen  sich  die  Hebelarme  D  und  E  im  Kreisbogen 
um  H  und  sie  schieben  die  Fadenführer  um  ein  kleines  Stück  x  wieder 
nach  aufsen  zurück,  d.  i.  um  eine  halbe  Nadeltheilung,  so  dafs  die  über 
einer  Nadel  stehenden  Führer  nun  über  eine  Nadellücke  rücken  und 
in  derselben  hinab  schwingen  können.  Durch  den  Anstofs  des  neu  an- 
kommenden Führers  wird  der  Buffer  DE  immer  wieder  in  die  richtige 
Lage  gebracht;  die  Gröfse  des  letzteren  richtet  sich  nach  der  Weite  2 
bis  F  und  man  müfste  deshalb  für  verschiedene  Strumpfgröfsen  auch 
verschiedene  Buffer  D  E  zum  Auswechseln  an  demselben  Stuhle  vor- 
räthig  halten. 

Der  mechanische  Kulirwirkstuhl  mit  lothrechlen  yadela  und  doppelt 
geführten  Kulirplalinen  von  Giistav  Heidler  in  Chemnitz  ("  D.R.  P.  Nr.  47  251 
vom  22.  August  1888)  ist  ein  Cotton-Stuhl,  in  welchem  jedoch  die  sonst 
diesem  Systeme  eigenen  Schwingen  fehlen,  welcher  aber  trotzdem  fallende 
und  stehende  Platinen  enthält,  also  kulirt  und  vertheilt.  Die  Vorzüge 
eines  solchen  sogen.  Zweinadelstuhles  werden  vielfach  von  ganz  falschen 
Ursachen  abgeleitet:  Der  Wirkstuhl  ist  nachweislich  ursprünglich  als 
Einnadelstuhl  erfunden  worden;  erst  mit  dem  Bedürfnisse,  ihn  feiner 
zu  bauen,  also  seine  Nadeltheilung  kleiner  zu  machen,  hat  sich  die 
Nothwendigkeit  gezeigt,  ihn  zweinädlig  einzurichten,  also  ihm  fallende 
und  stehende  Platinen  zu  geben,  so  dafs  er  nun  nach  dem  Kuliren  noch 
vertheilen  mufs,  weil  sonst  bei  immer  weiter  gehender  Feinheit  des 
Stuhles  die  Schwingen  zu  dünn  und  flattrig  wurden.  Das  Vertheilen, 
welches  sich  also  zunächst  als  Nothwendigkeit  eingeführt  hat,  wird  viel- 
fach als  ein  grofser  Vortheil  für  Herstellung  guter  gleichmäfsiger  Waare 
angesehen;  das  ist  jedoch  nur  insoweit  der  Fall,  als  man  in  einem 
Stuhle  auf  ein  ungleichmäfsiges  Kuliren  rechnet,  dann  nützt  das  Ver- 
theilen, indem  es  die  Schleifen  wieder  ausgleicht;  wird  indessen  gut 
und  regelmäfsig  kulirt,  so  kann  das  Vertheilen  nichts  weiter  nützen. 
Die  zweinädligen  Stühle  sind  aber  gewöhnlich  Schwingenstühle,  und 
hierin  liegt  wohl  ihr  Vorzug  gegen  die  meisten  Einnadelstühle,  welche 
eben   als   solche   gewöhnlich   keine  Schwinsen   haben.     Dieser  Vortheil 


Ueber  Neuerungen  au    Wirkereimaschineu.  3 

erklärt  sich  dadurch,  dafs  die  Schwingen  mit  ihren  kulirenden  Platinen 
mit  gvöfserer  Kraft  auf  den  Faden  drücken,  also  auch  einen  stärkeren 
Faden  verarbeiten  können   als  die  dünnen  und  leichten  Platinen  allein 
welche   oft  genug  nach  dem  Kuliren   durch   die  Elasticität  des  Fadens 
wieder  zurückgeschoben  oder  empor  gehoben   werden.     Es  haben  des- 
halb die  bisherigen  Versuche,  Zweiuadelstühle  ohne  Schwingen  zu  bauen 
nicht   zu   befriedigenden  Resultaten   geführt  und   das  ist  ein  deutlicher 
Beweis  dafür,  dafs  nicht  das  „Zweinädligsein^',  sondern  das  Wirken  der 
schweren  Schwingen  die  wirklichen  Vortheile  bringt.   In  dem  vorliegenden 
Stuhle  sind  nun   zwar  auch  die  Schwingen   weggelassen  worden     aber 
man  hat  ihre  Wirkung  doch  beachtet  und  auf  dieselbe  nicht  verzichtet, 
sondern    sie  durch   eine   besondere  Schwere  der  fallenden  Platinen  er- 
setzt.  Die  Fig.  4,  5  und  6  Taf.  1  zeigen  die  langen  fallenden  Platinen  f 
abwechselnd  neben  den   kurzen   stehenden  s  und   für   die  ersteren  die 
beiden  Führungen  s,  s.^  und  f,  f.,,  für  die  letzteren  aber  blofs  eine  solche, 
.*,  So.   Hinter  dieser  vorderen  Führung  sind  nun  die  fallenden  Platinen  f 
auf  beiden  Seiten  beschlagen,  d.  h.  es   sind    Platten  2  2  an   dieselben 
genietet  und  sie  führen  sich  in  dieser  vermehrten  Stärke  in  /",  /:,,  werden 
auch   an  dem   starken   Ende   vom    Röfschen  r   getrotten.     Durch   diese 
Verstärkung  werden  die  Platinen  f  beschwert,  in  der  längeren  Führung 
erhalten   sie   auch   entsprechend   Reibung,   so   dafs   sie   auch  wohl  mit 
gröfserer   Masse   auf  den   Faden   drücken   und   von   ihm   nicht   zurück- 
geschoben werden  können.   Das  Röfschen  r  endlieh  kann  die  verstärkten 
Enden  nicht   beschädigen   und   auch   die  Führungswände   in  /"[  /:,  nicht 
verbiegen,  weil  diese  eben  auch  wesentlich  stärker  sind  als  diejenigen 
in  5,  So.     Es  scheint  also,   dafs  man   in   dieser  Anordnung  bei  Verein- 
fachung   des    Cotton- Stuhles    doch    seinen    ursprünglichen    Werth    als 
Schwingenstuhl  zu  erhalten  beabsichtigt  hat. 

Zur  Sicherung  des  gleichförmigen  Ganges  hat  endlich  Theodor  Lieber- 
knecht in  Hohenstein-Ernstthal  in  Sachsen  einen  mechanischen  Kulincirk- 
stuhl  mit  slofsfrei  ein-  und  ausgerückter  Minderwelle  gebaut  ("D.  R.  P. 
Nr.  46507  vom  24.  August  1888).  In  diesem  Stuhle  (Fig.  7,  8  und  1» 
Taf.  1)  wird  eine  einzige  Excenterwelle  e  sowohl  zur  Arbeit  der  Mascheu- 
bildung  als  auch  zum  Mindern  verwendet  und  zu  dem  Zwecke  in  ihrer 
Längsrichtung  verschoben,  so  dafs  sie  in  einer  Lage  {10  11  Fig.  9)  die 
Theile  zur  Mascheubildung  und  in  der  anderen,  wenn  13  auf  14  trifft, 
diejenigen  zum  Mindern  bewegt.  Mit  dieser  Verschiebung  ist  zugleich 
eine  Veränderung  der  Umdrehungsgeschwindigkeit  verbunden,  da  man 
beim  Mindern  gern  vorsichtig  und  langsam  arbeitet,  die  Reihenbildung 
aber  wegen  der  gröfseren  Liefermenge  thunlichst  beschleunigt.  Um 
diese  Umsteuerungen  ohne  Stöfse  eintreten  zu  lassen,  ist  zwischen  die 
Antriebwelle  a  und  die  Excenterwelle  e  ein  Vorgelege  auf  dem  Bolzen  c 
eingeschaltet  worden,  dessen  beide  Riemenscheiben  c^  c,  abwechselnd  von 
der  Welle  a  gedreht   werden   und  je   eine   besondere  Verbindung   mit 


4  Üebor  NeUL-rungcn  uu  Wirkereimascliineu. 

der  Exceuterwelle  e  habeu:  Die  Scheibe  c,  sitzt  auf  der  langen  Nabe 
des  Rades  rf,,  welche  auf  c  sich  dreht  und  mit  dj^i  die  Welle  e  treibt, 
und  c.^  bildet  mit  dem  Rade  i^  ein  Stück,  dreht  sich  auf  der  eben  er- 
^vähntenNabe  und  treibt  durch  d.^i^  die  Welle  e.  Die  beiden  Räder  «i  ^^ 
l)ilden  ein  Stück  und  sind  auf  e  befestigt.  Der  gewöhnliche  Betrieb  des 
Stuhles  für  die  Herstellung  von  Maschenreihen  erfolgt  durch  c^  di  i  und 
ein  gewöhnlicher  Zählapparat  f  (Fig.  7)  bestimmt  die  Zeiten  zum  Mindern 
in  folgender  Weise:  Die  Zählkette  f  hebt  mit  einer  Erhöhung  auf  einem 
ihrer  Glieder  den  Hebel  g  und  wendet  durch  den  Stab  h  die  Kurbel  2k 
mit  Platte  /  (Fig.  7  und  8):,  auf  letztere  wirkt  nun  das  Excenter  </,  so 
dafs  der  Bolzen  r  mit  den  Ausrückarmeu  ss^  (Fig.  9)  gewendet  wird, 
worauf  t  an  s  stöfst  und  sich  und  die  Welle  e  nach  rechts  verschiebt. 
Gleichzeitig  drückt  der  Stab  n  (Fig.  9)  auf  den  Winkelhebel  oj}  und 
verschiebt  durch  diesen  die  Riemenführerstange  ^,  welche  den  Riemen  b 
von  c,  nach  c^  zieht.  Nun  überträgt  d.^i,  die  Drehung  auf  e  und  die- 
selbe erfolgt  deshalb  langsamer  als  vorher;  man  hat  mit  der  Wahl  der 
Räderuaare  d^d-^i^ii  die  Möglichkeit  in  der  Hand,  das  Mindern  ^.^ 
oder  -3  so  schnell  erfolgen  zu  lassen  wie  das  Reiheubilden.  Das  Gleiten 
des  Riemens  von  Cj  auf  c^  vermeidet  endlich  jede  stofsweise  Verände- 
runo- und  wenn  die  Erhöhung  der  Zählkette  f  weiter  gerückt  ist,  so 
fällt  gkkl  herab,  die  Ausrücker  ss^  kommen  in  ihre  frühere  Lage,  in 
welcher  t  an  «j  sich  mit  e  nach  links  verschiebt,  und  die  Feder  4  zieht 
die  Riemenführerstange  wieder  zurück  von  C2  nach  c^. 

Die  mechanischen  Kettenstühle,  und  darunter  speciell  diejenigen 
mit  zwei  Nadelreiheu,  also  die  Fangkettenstühle  oder  sogen.  Rachel- 
(Raschel-)Maschinen  zeigen  zwei  neue  Einrichtungen:  Der  Fangketten- 
stuhl für  erhaben  gemusterte  Wirkwaare  von  Fedor  Köbner  in  Breslau 
(*D.  R.  P.  Nr.  46198  vom  31.  August  1887)  ist  in  Fig.  12  Taf.  1  so  weit 
verdeutlicht,  dafs  seine  Eigenthümlichkeit,  die  Nadelbarren  UiU:^  mit 
den  Abschlagschieneu  s,  .s.^  seitlich  gegen  einander  zu  verstellen,  sichtbar 
ist.  Der  gewöhnliche  Fangkettenstuhl  hält  die  eben  genannten  Theile,  so 
wie  Fig.  10  zeigt,  immer  in  derselben  gegenseitigen  Lage  zu  einander  und 
liefert  daher  Waare,  deren  Rechts-  undRechts-Maschenstäbchena;a?|  immer 
gleichweit  von  einander  abstehen,  während  der  vorliegende  Eöbnersche 
Stuhl  im  Verlaufe  der  Arbeit  die  Nadelbarren  und  Abschlagschienen 
von  einander  entfernt  und  einander  wieder  nähert,  so  dafs  in  der  von 
ihm  hergestellten  Rechts-  und  Rechtswaare  die  Maschenstäbchen  uv 
(Fig.  11)  abwechselnd  weiter  oder  weniger  weit  von  einander  abstehen. 
Es  sind  an  diesen»  Stuhle  die  Führungswinkel  aa^  nicht  auf  dem  Ge- 
stelle fest  geschraubt,  sondern  in  Langlöchern  hin  und  her  zu  schieben 
(Fig.  13  und  14),  und  zwischen  ihnen  wird  an  jeder  Gestellwand  ein 
Keil  h  hin  und  her  bewegt.  Beide  Keilstücke  b  sind  auf  der  Schiene  c 
befestigt,  welche  von  de  und  einer  Gegenfeder  verschoben  wird;  dabei 
treiben  die  Keilstücke  b  die  Winkel  und  Nadelbarren  aus  einander  und 


Ueber  Neuerungen  an  Wirkereimaschinen.  5 

lassen  sie  durch  Federn  wieder  nahe  an  einander  rücken.  Da  die 
Kettenmaschinen  ntj  7/1.,  ihre  Fäden  abwechselnd  auf  beide  Nadelreihen  ni/j., 
leoen,  so  behalten  die  Maschenstäbchen  bei  jedem  Abstände  von  ein- 
ander ihre  geordnete  Verbindung  mit  einander  durch  die  Platineu- 
maschen  p. 

Ein  anderer  Fangkettenstuhl  von  Wilhelm  Kniestedt  in  Berlin  (*D.R.P. 
Nr.  45  791  vom  29,  Februar  1888)  erreicht  eine  gröfsere  Arbeitsgeschwin- 
dio-keit  dadurch,  dafs  nicht  nur  seine  Nadelbarren,  sondern  auch  seine 
Abschlagschieneu  sich  bewegen.  Die  Nadelbarren  nm  (Fig.  18  Taf.  2) 
werden  von  Stäben  n^m^^  und  Hebeln  «.2?».)  getragen  und  auf  die  letz- 
teren wirken  Excenter  b  der  Triebwelle  a.  Ebenso  werden  die  Ab- 
schlagschienen i  von  den  Stäben  ^^  und  Hebeln  12  getragen,  welche 
auch  durch  Excenter  der  Triebwelle  Bewegungen  erhalten,  und  zwar 
heben  sich  die  Absclilagschienen  t,  wenn  die  Nadelbarren  nm  sich 
senken,  so  dafs  von  jedem  Theile  nicht  der  volle,  sondern  nur  der  halbe 
Weg  zurückzulegen  ist,  und  daraus  eine  Vermehrung  der  Geschwindig- 
keit sefoleert  werden  kann.  Die  Excenter  b  sollen  nach  Art  der  Ge- 
triebe-Ketten  aus  einzelnen  um  eine  Nabe  herum  gelegten  Gliedern  zu- 
sammengesetzt werden,  damit  man  leicht  für  eine  Umdrehung  der  Welle 
mehrere  Hebungen  und  Senkungen  anbringen  und  während  dieser  Zeit 
mehrere  Maschenreihen  herstellen  kann. 

Die  Häkelmaschine  für  Zierfaden- Posamenten  von  Sander  und  Grajf 
in  Chemnitz  (*D.R.  P.  Nr.  46202  vom  14.  Februar  1888)  ist  wohl  auch 
als  ein  Kettenstuhl  zu  bezeichnen,  denn  sie  enthält  vor  der  mit  Zungen- 
nadeln z  (Fig.  15  und  16  Taf.  1)  versehenen  beweglichen  Nadelbarre  a 
die  Kettenmaschine  c  mit  den  Lochnadeln  n.  Diese  Maschine  c  schwingt 
um  ihre  Mittelachse,  so  dafs  ihre  Lochnadeln  unter  und  über  den  Zungen- 
nadeln liegen  können,  sie  wird  auch  mit  ihrem  Lagerträger  in  ihrer 
Länosrichtung;  verschoben  und  kann  somit  ihre  Fäden  über  die  Zuugen- 
nadeln  z  legen.  Vor  dem  Abschlagkamme  m  der  letzteren  werden 
Fadenführer  v  hin  und  her  bewegt,  welche  Schufsfäden  s  in  verschiedener 
Anzahl  und  Weite  quer  in  die  Waare  w  einlegen.  Die  vorgehenden 
Nadeln  z  gelangen  über  diese  Schufsfäden  und  halten  dann,  wenn  sie 
neue  Maschen  gebildet  haben,  die  ersteren  durch  die  entstandenen 
Platinenmaschen  fest.  Während  die  Nadeln  z  vorrücken,  fallen  ihre 
Maschen  nach  rückwärts  über  die  Zungen  hinab,  und  damit  hierdurch 
die  Zungen  nicht  wieder  nach  vorn  springen  und  die  Haken  schliefsen, 
so  ist  eine  Lochschiene  u  angebracht,  durch  deren  OetTnungen  die  Nadeln  z 
treten  und  an  deren  Kante  die  vorspringenden  Zungen  anschlagen  und 
sich  wieder  zurücklegen.  Die  entstehende  Waare  ist  Schufskettenfilet, 
wie  Fig.  17  in  einer  Ausführungsform  zeigt;  die  Maschenstäbchen  w^ 
von  je  einem  Faden  immer  auf  derselben  Zungennadel  hergestellte 
Maschen,  halten  die  verschiedenartig  geführten  Schufsfäden  s  fest  zu- 
sammen. 


6  Ueber  Neuerungen  an  Wiikei'eimaschinen. 

Die  Ertindungeu  an  Kundwirkstühleu  beschränken  sich  auf  zwei 
Neuenumen  von  Willtehn  HeidiUnann  in  Stuttgart:  deren  erste  betrifft 
einen  französischen  liuncltvirksluhl  mit  sleligein  \]'aarenabzuge  ("'D.  R.  P. 
Nr.  45  238  vom  20.  Mai  1888),  wie  er  in  Fig.  19,  20  und  21  Taf.  2 
skizzirt  ist.  Es  ist  nothwendig,  die  Waare  xo  mit  gewisser  Spannung 
von  den  Nadehi  n  abzuzieiien,  weil  sie  sonst  durch  die  Elasticität  dei' 
Fadenlagen  in  den  obersten  Reihen  leicht  so  hoch  empor  gehoben  wird, 
dafs  die  letzten,  eben  von  den  Nadeln  abgeschlagenen  alten  Maschen 
wieder  auf  die  Nadeln  aufspringen.  Man  hat  deshalb  gewöhnlich  eine 
kreisrunde  Scheibe  innen  in  die  Waare  eingebunden,  welche  mit  der 
Waare  herabsinkt  und  von  Zeit  zu  Zeit  empor  gehoben  und  frisch  ein- 
gebunden werden  niufs.  Zur  Vermeidung  dieser  Arbeit  ist  im  vor- 
liegenden Stuhle  die  Gewichtsscheibe  durch  eine  Anzahl  einzelner  Ge- 
wichtshebel  cab  ersetzt  worden,  welche  radial  liegend  an  einem  von 
der  Nadelscheibe  «,  getragenen  Ringe  f  hängen  und  in  deren  äufsere 
Rinne  die  Waare  w  auch  durch  ein  Band  h  eingebunden  ist.  An  einer 
Stelle  des  Umfanges  werden  die  inneren  Hebelenden  c  durch  ein  l^eil- 
förmiges  Stück  e  niedergedrückt  und  an  derselben  Stelle  wird  die 
Schnur  /<,  wie  Fig.  20  zeigt,  durch  vier  Leitrollen  von  der  Waare  und 
den  äufseren  Hebelenden  b  abgelenkt  und  (Fig.  21)  schräg  nach  oben 
geführt,  um  so  viel  wie  jeder  Hebel  bei  b  sich  hebt,  wenn  er  von  <- 
bei  c  gesenkt  wird.  An  dieser  Stelle  ist  also  der  Hebel  nicht  mit  der 
Waare  verbunden,  er  hebt  sich  empor  und  tritt  alsbald  wieder  in  die 
höher  liegende  Schnur  ein,  welche  die  Waare  nun  auch  an  einer  höher 
gelesenen  Stelle  an  ihn  herandrückt.  Während  der  weiteren  Drehung 
sinkt  nun  jeder  Hebel  wieder  herab  und  bildet  somit  ein  stetig  wirkendes 
Waarengewicht,  welches  selbsthätig  die  Waare  von  Neuen»  erfafst  und 
herabzieht,  so  dafs  sie  dann  lose  in  den  Waarenkorb  k  fällt.  Die  Trag- 
stange l  des  letzteren  ist  eine  Röhre  und  in  ihr  reicht  eine  Stange  /> 
von  dem  Handhebel  o  hinauf  bis  zu  dem  von  Armen  /  getragenen  Ringe  r, 
mit  welchem  man  sämmtliche  Gewichtshebel  a  empordrücken,  also  die 
Waare  entlasten  kann,  wenn  das  wegen  etwaiger  Reparaturen,  Auf- 
stofsen  von  Masehen  u.  s.  w.  nöthig  wird.  Nach  der  für  verschiedene 
Waaren  etwa  erforderlichen  verschiedenen  Spannung  müfste  man  freilich 
auch  das  Gewicht  der  Hebel  />  verändern,  aber  es  wird  das  wohl 
ebenso  selten  vorkommen,  wie  man  jetzt  das  Gewicht  der  Abzugsscheibe 
verändert. 

Der  weitere  französisc/ie  Jiunüwiikstuhl  mit  selbsthäiiger  Waaren- 
xvätjunfj  von  WUhdm  JJeiilelmunn  in  Stuttgart  (''D.  R.  P.  Nr.  46  539  vom 
1.  September  1.S88)  ist  in  Fig.  22  und  23  Taf.  2  gezeichnet.  Die  in 
der  Verlängerung  der  Rundstuiiluchse  liegende  Welle  b  ist  nicht  direkt 
fest  mit  dem  Waarenkcjrbe  a  verbunden,  sondern  geht  bei  x  lose  durch 
seinen  Roden  hindurch.  Es  sind  aber  die  vier  Ringe  f  fest  an  der 
Welle  b  imd    xon   ihnen   reichen  Führungs-Geleukstücke  eg   bis  an   die 


Ueber  Neuerungen  an  Wirkereimaschinen.  7 

Säulen  A,  welche  im  Boden  des  Waarenkorbes  a  befestigt  sind.  Hier- 
mit wird  eine  Geradführung  des  letzteren  erreicht  und  vermieden,  dafs 
der  Korb  a,  wenn  er  durch  die  zugeführte  Waare  belastet  wird  und 
sinkt,  sich  einseitig  senkt  und  an  b  festklemmt.  Es  hängt  nun  weiter 
der  Waarenkorb  mit  den  Federn  c  an  dem  oberen  Ringe  f  der  Welle  b 
und  er  trägt  eine  kleine  Querwelle  Ä,  welche  innen  mit  einem  Zahn- 
rädchen /  in  die  ebenfalls  an  f  festhängende  Zahnstange  m  eingreift, 
aufsen  aber  eine  getheilte  Kreisscheibe  q  trägt.  Sinkt  also  der  Korb  o 
durch  vermehrten  Zugang  von  Waare,  so  dreht  sich  /  an  m  und  durch  A- 
wird  die  Scheibe  q  gedi-eht,  an  deren  Theilung  ein  Zeiger  i  das  Ge- 
wicht der  im  Korbe  liegenden  Waare  angibt.  Die  Scheibe  q  ist  nach 
der  Spannung  der  Federn  c  durch  Einlegen  bekannter  Gewichte  ein- 
getheilt  worden.  Man  kann  also  jederzeit  während  der  Arbeit  das 
Waarengewicht  bei  i  ablesen  und  das  mag  deshalb  nützlich  erscheinen, 
weil  für  das  Arbeiten  von  Stoffstücken  am  Rundstuhle  vielfach  der 
Lohn  nach  dem  Gewichte  des  Garnes  oder  der  Waare  berechnet  wird. 

Die  Lamb^sche  Strickmaschine  hat  wiederum  Gelegenheit  zu  mehr- 
fachen Verbesserungen  nach  verschiedenen  Richtungen  hin  gegeben  und 
€s  ist  da  zunächst  die  Lamb^sche  Strickmaschine  für  Waaren  mit  ver- 
setztem Muster  von  August  Strudel  in  Reutlingen  (*  D.  R.  P.  Nr,  45  778 
vom  30.  März  1888)  zu  nennen.  Die  sogen,  versetzte  oder  verschobene 
Rechts-  und  Rechtswaare  entsteht  in  der  Weise,  dafs  zwei  Nadelreihen  ie 
und  i[  e^  (Fig.  24  und  25  Taf.  2)  nicht  immer  in  derselben  gegenseitigen 
Lage  zu  einander  belassen  werden,  sondern  dafs  z.  B.  in  einer  Reihe 
irgend  eine  Nadel  2  nach  Fig.  24  ihre  Masche  zwischen  den  Gegen- 
Nadeln  b  und  c,  in  der  nächsten  Reihe  aber  nach  Fig.  25  zwischen  den 
Gegen-Nadeln  o  und  b  herstellt.  Zur  Erreichung  solcher  Versetzungen 
hat  man  bisher  entweder  das  eine  Nadelbett  gegen  das  andere  seitlich 
verschoben,  oder,  um  gröfsere  Abwechselung  zu  erreichen,  ein  Nadel- 
bett in  einzelne  Theile,  je  mit  wenig  Nadeln,  getheilt  und  diese  Theile 
in  verchiedener  Weise  seitlich  verschoben.  Nach  der  vorliegenden  Ein- 
richtung sollen  jedoch  die  Nadelbetten  ruhig  liegen  bleiben  und  nur  die 
einzelnen  Nadeln  nach  Bedarf  aus  ihrer  geraden  Lage  abgebogen  werden. 
Deshalb  sind  die  Führungsrinnen  in  den  Nadelbetten  kurz,  die  Nadeln 
liegen  oben  auf  ein  langes  Stück  frei  und  werden  dort  von  Klammern 
einzelner  Schienen  aba^b^  erfafst.  Diese  Schienen  sind  mit  der  Hand 
direkt  oder  unter  Vermittelung  einer  Schieberplatte  C  zu  verschieben, 
sie  nehmen  dann  die  einzelnen  Nadeln,  während  dieselben  noch  unten 
in  der  Einschliefsstellung  liegen,  mit  fort  und  bringen  sie  in  schiefe 
Lagen,  so  dafs  sie  beim  Emporsteigen  sich  gegenseitig  in  anderer  Weise 
kreuzen,  als  wenn  sie  geradeliegend  sich  heben,  wie  Fig.  25  gegen 
Fig.  24  zeigt. 

Lamb^sche  Strickmaschine  für  plattirte  Waaren  von  Claes  und  Flentje 
in  Mühlhausen  in  Thüringen  (•'•'D.  R.  P.  Nr.  46199  vom  4.  Oktober  1887). 


8  Ueber  Neuerungen  an  VVirkereimaschinen. 

In  plattirten  Waaren  wird  jede  Masche  aus  zwei  Fäden  derart  gebildet, 
dals  einer  den  anderen  überdeckt  und  nur  der  erstere  auf  der  Waaren- 
vorderseite  sichtbar  oben  aufliegt.  In  den  gewöhnlichen  Wirkstühlen 
werden  diese  beiden  Fäden  so  hinter  einander  auf  die  Nadeln  gelegt, 
dafs  der  Platlirungsfaden  der  hinterste  ist,  also  am  weitesten  nach  dem 
Stuhle  hin  liegt,  denn  die  Waare  hängt  so  an  den  Nadeln,  dafs  sie  ihre 
Vorderseite  nach  dem  Stuhle  hin  wendet,  es  kommt  also  dann  der  eben 
genannte  Faden  auf  die  Waarenvorderseite.  In  einer  Strickmaschine 
ist  zu  gleichem  Zwecke  erförderUch,  dafs  der  Plattirungsfaden  f.^^  (Fig.  26 
Taf.  2)  am  weites-ten  nach  unten  auf  die  Nadeln  n  gelegt  wird,  und  dazu 
ist  wieder  nöthig,  dafs  er  in  der  Ausschubrichtung  dem  anderen  Faden  /", 
voranläuft.  Es  ist  deshalb  der  Fadenführer  u  mit  zwei  Bohrungen  ver- 
sehen (Fig.  28),  deren  jede  einen  Faden  führt,  und  er  liegt  drehbar  in 
einem  Lager  /,  damit  er  am  Ende  eines  Hubes  um  1800  gedreht  werden 
kann  und  auch  nach  der  entgegengesetzten  Schubrichtung  hin  der 
Faden  f^  wieder  voran  geht.  Zum  Zwecke  dieser  Drehung  trägt  die 
Welle  des  Führers  v  oben  ein  Zahnrädchen  fc,  in  welches  eine  ver- 
schiebbare Zahnstange  z  greift.  Diese  Zahnstange  stöfst  kurz  vor  Be- 
endigung des  Schlittenhubes  auf  jeder  Maschinenseite  au  einen  Riegel  r 
(Fig.  27  und  28j,  verschiebt  sich  an  demselben  und  wendet  den  Faden- 
führer r.  Die  Federn  Cj  c^  halten  die  Zahnstange  in  den  Einschnitten  e.  f.> 
fest  und  vermeiden  die  willkürliche  Verstellung,  und  die  Stifte  rf,  d<i 
begrenzen  den  Weg  ihrer  Verschiebung.  Da  in  Ränderwaaren  der 
Plattirungsfaden  auf  der  Stuhl-  und  Maschinenseite  oben  aufliegt,  so 
erhält  man  durch  solch  stetes  Wenden  des  Führers  eine  Waare,  die 
auf  beiden  Seiten  ein  und  dieselbe  Farbe  zeigt  und  eine  andere  Farbe 
nur  in  den  Platinenmaschen  versteckt  liegend  enthält.  Wenn  man  die 
seitlichen  Riegel  r  entfernt  und  den  Fadenführer  v  um  90^  wendet, 
also  so  fest  stellt,  dafs  die  beiden  Fäden  /",  f^  nicht  hinter,  sondern  neben 
einander  über  die  Nadelreihe  gelegt  werden,  so  erhält  die  eine  Waaren- 
seite  im  Wesentlichen  das  Aussehen  des  Fadens  /"j  und  die  andere  das- 
jenige von  fi ,  und  wenn  man  endlich  nur  einen  der  Seitenriegel  r  in 
Thätigkeit  läfst,  so  dafs  der  Führer  immer  in  der  Stellung  Fig.  28  ver- 
bleibt, so  plattirt  nach  rechts  hin  der  Faden  f-i  und  nach  links  hin 
derjenige  /",  und  die  Reihen  erhalten  abwechselnd  die  eine  und  die 
andere  Farbe. 

Da  das  Plattiren  von  Fäden  verschiedener  Farben  niemals  Sicher- 
heit gewährt,  die  Fäden  vielmehr  leicht  von  einander  abgleiten  und  der 
unten  liegende  nach  oben  hin  mit  sichtbar  wird,  also  die  Waare  mehr 
ein  melirtes  Aussehen  erhält,  so  wird  mehr  vorgezogen,  in  Fäden  von 
verschiedenen  Materialien  und  gleicher  Farbe  zu  plattiren. 

In  der  von  Perssun  ülsson  in  Stockhohn  gebauten  iLam^'schen  Strick- 
maschine (*D.  R.  P.  Nr.  46013  vom  4.  März  1888)  ist  nur  die  Feder  neu, 
welche   unten   am  Nadelbette  unter  jeder  Zungennadel   angebracht  ist, 


lieber  Neuerungen  an  Wirkei'eimaschinen.  9 

um  deren  jeweilige  Lage  zu  sichern.  Gewöhnlich  sind  solche  Federn 
an  Strickmaschinen  nur  in  der  Ausführung  vorhanden,  dafs  sie  klammern- 
förmig  das  Nadelbett  umfassen  und  nur  durch  Reibung  an  demselben 
in  einer  bestimmten  Stellung  erhalten  werden,  in  welcher  sie  dann  selbst 
wieder  die  an  sie  stofsenden  Zungennadeln  erhalten;  sie  werden  aber 
sehr  leicht  matt  und  gewähren  dann  nicht  mehr  die  nöthige  Sicherheit 
als  Stützfedern.  Die  neue  Einrichtung  (Fig.  29  und  30  Taf.  2)  zeigt  da- 
gegen die  Federn  o  mit  einer  Spiralwindung,  um  ihre  Elasticität  zu  er- 
höhen, und  ferner  mit  einer  Hakenform  am  inneren  Ende,  mit  welchem 
sie  in  eine  Rinne  o  des  Nadelbettes  eingreifen.  Der  Fufs  b  der  Zungen- 
nadel hat  nun  eine  solche  Gestalt  erhalten,  dafs  die  immer  fest  liegende 
Feder  ihn  entweder  so  wie  in  Fig.  29  oder  wie  in  Fig.  30  stützt  und  da- 
mit die  Nadel  entweder  in  der  Arbeitslage  oder  ausgerückt  bis  unter 
die  Arbeitsstellung  (Fig.  29)  festhält.  Es  können  auch  zwei  Federn, 
welche  neben  einander  liegen,  aus  einem  Stücke  Draht  hergestellt 
werden,  sie  haben  dann  ihre  Verbindung  an  der  Stelle  a  und  treffen 
mit  den  beiden  freien  Enden  die  Zungennadeln  b. 

Die  Sirickmaschine  für  Waaren  mit  verschiedener  Länge  der  Maschen- 
reihen von  Lambert  Herlitschka  in  Böhmisch-Kamnitz  ("D.  R.P.  Nr.  46385 
vom  29.  December  1887)  ist  in  der  dargestellten  Ausführung  nicht  eigent- 
lich eine  Strick-,  sondern  mehr  allgemein  eine  flache  Wirkmaschine  zu 
nennen,  weil  es  sich  ja  doch  empfiehlt,  mit  dem  Namen  „Strickmaschinen" 
nur  diejenigen  Wirkmaschinen  zu  bezeichnen,  welche  sowohl  die  Maschen- 
bildung als  auch  namentlich  die  Vollendung  der  Waaren  als  fertige  Ge- 
brauchsgegenstände nach  Art  des  Handstrickens  vornehmen.  Die  vor- 
liegende Maschine  enthält  aber  eine  gei-ade  gestreckte  Nadelreihe  und 
arbeitet  an  derselben  flache  Waarenstücke;  die  Neuheit  in  ihr  ist  die 
Art  der  Herstellung  von  verschieden  langen  oder  breiten  Maschenreihen. 
Von  den  Maschinen,  welche  gleichem  Zwecke  dienen,  unterscheidet  sie 
sich  durch  die  Form  der  Nadelfüfse,  welche  Fig.  31  Taf.  2  zeigt.  Diese 
Füfse  enthalten  einzelne  Stufen,  reichen  mit  denselben  über  das  Nadel- 
bett hinaus  und  werden  durch  Anschlagen  eines  Jacquardprismas  im 
Nadelbette  verschieden  weit  vorwärts  getrieben,  je  nachdem  die  Jacquai'd- 
karten  an  den  Stellen,  mit  denen  sie  die  Nadeln  treffen,  gar  nicht  odei- 
in  verschiedener  Gröfse  durchlocht  sind,  so  dafs  sie  die  Nadeln  ent- 
weder schon  bei  /  anstofsen  und  sehr  weit  fortschieben,  oder  erst  bei  2 
oder  5  treffen  und  nun  weniger  weit  verschieben,  oder  gänzlich  in  der 
untersten  Stellung  liegen  lassen.  Das  Jacquardprisma  bewirkt  also  an 
Stelle  des  Mitteldreieckes  eines  Schlosses  das  Heben  der  Nadeln  in  die 
Arbeits-  oder  Fangstellung  oder  läfst  sie  in  der  Einschliefs-  oder  Ab- 
schlagstellung und  das  Schlofs  besteht  nur  aus  einem  Dreiecke  zum 
Herab-  oder  Hereinziehen  der  Nadeln  behufs  des  Abschlagens.  Man 
kann  somit  ein  kurzes  oder  längeres  Stück  der  Nadelreihe  zur  Arbeit 
einer  Maschenreihe  einrücken  und  folglich  diese  Maschenreihen  verschieden 


10  Kick,  über  Bestimmung  der  Härte. 

lang  auf  einander  arbeiten  lassen.  Die  hierdurch  entstehende  Waare 
enthält  an  verschiedenen  Stellen  ihrer  Breite  verschiedene  Länge  und 
um  sie  stetig  von  den  Nadeln  abzuziehen,  hat  man  in  der  Maschinen- 
breite eine  Anzahl  Gewichtshebel  angebracht,  deren  hintere  Enden  von 
Excentern  zeitweilig  ausgehoben  werden,  worauf  beim  Verlassen  des 
Excenters  die  vorderen  mit  Spitzen  oder  Zähnchen  besetzten  Enden  in 
die-  Waare  einfallen  und  dieselbe  herabziehen. 

Lanj//sche  Strickmaschine  zur  Herstellung  einer  doppelßächigen^  stellen- 
ueise  erhabenen  Slrickwaare  von  G.  F.  Grofser  in  Markersdorf  bei  Burg- 
städt  in  Sachsen  ("D.  K.P.  Nr.  47129  vom  18.  Juli  1888).  Der  Zweck 
der  vorliegenden  Neuerung  ist  die  Herstellung  einer  Rechts-  und  Rechts- 
waare,  welche  an  verschiedenen  Stellen  verschiedenartige  Fadenverbin- 
dung hat,  z.  B.  im  Allgemeinen  aus  gewöhnlicher  Ränderwaare  besteht, 
an  einzelnen  Stellen  aber  Perlfangwaare,  vielleicht  mit  besonders  grol'sen 
Perlmaschen  enthält,  so  dafs  an  diesen  Stellen  die  breiter  bauende  Perl- 
waare  in  der  übrigen  Waarenebene  nicht  Platz  findet,  sondern  auf- 
staut, wie  dies  z.  B.  für  die  Corsetts  mit  Zwickeln  erforderlich  ist.  Man 
erhält  diese  verschiedenen  Waaren  dadurch,  dafs  man  die  Nadeln  der 
einen  Maschinenseite  durch  ein  gewöhnliches  Schlofs,  diejenigen  der 
anderen  Seite  aber,  welche  länger  sind  als  die  erstereu  und  zwei  Arbeits- 
füfse  tragen,  durch  zwei  Schlösser  bewegen  läfst  und  durch  ein  Jacquard- 
prisma  an  ihren  unteren  Enden  so  abbiegt,  dafs  einzelne  von  ihnen  zur 
Maschenbildung  und  andere  zur  Doppelmaschenbildung  gelangen.  Jede 
Maschenreihe  kann  hierdurch  an  verschiedenen  Stellen  verschiedene 
Fadenverbindunsen  erhalten.  Prof.   Willkomm. 


Bestimmung  der  Härte;  von  Prof.  Friedr.  Kick. 

Ais  vorläuligt'  Mittheilung  sei  als  Resultat  mannigfacher  Versuche 
die  Behauptung  aufgestellt,  dafs  die  Härte  der  Materialien  durch  den 
Ahscherungswiderstand  für  die  Flächeneinheit  ziffermäfsig  ausgedrückt  werden 
knnn^  wenn  dieser  Widerstand  so  ermittelt  wird,  dafs  eine  Inanspruch- 
nahme des  Materiales  auf  Biegung  ausgeschlossen  ist. 

Bei  den  gewöhnliehen  Scheren,  selbst  bei  jenen,  deren  Scher- 
backen vollkommen  dicht  an  einander  streifen,  ist  dies  nicht  der  Fall; 
wird  aber  das  abzuscherende  Material  allseits  umschlossen  und  sind  die 
Scherbacken  durch  Schabarbeit  ähnlich  den  Whilworth'Hchtü  Richtplatten 
exakt  hergestellt,  so  gelingt  eine  reine  Abscherung,  und  dann  erhält 
man  für  den  Ahscherungswiderstand  ziffermäfsige  Werthe,  welche  pro- 
portional der  Härte  sind.  Ist  dies  richtig,  so  müssen  zwei  ihrer  Natur 
nach  ganz  verschiedene  Körper,  welche  sich  gegenseitig  nicht  ritzen 
lassen,  also  nahezu  gleich  hart  sind,  auch  gleichen  Ahscherungswider- 
stand aufweisen.    Schellack  und  Zinn  lassen  sich  bei  sewöhnlicher  Tem- 


Keuere  Hammerconstructionen. 


11 


peratur  von  etwa  20  bis  250  C.  nicht  gegenseitig  ritzen.  Scharfe  Kanten 
jedes  dieser  Materialien  stumpfen  sich  an  glatten  Flächen  des  anderen 
ab,  ohne  Ritze  hervorzubringen.  Bei  diesen  Temperaturen  mufs  auch 
der  Abscherungswiderstand  derselbe  sein,  ich  fand  etwa  2\1  auf  den 
Quadratmillimeter  für  Schellack  und  für  Zinn.  Sehr  schwierig  ist  es, 
das  Material,  wenn  es  ein  spröder  Körper  ist,  allseits  so  dicht  zu  um- 
schliefsen,  dafs  die  reine  Abscherung  erhalten  wird,  aber  es  ist  möglich. 
Prag,  den  18.  Juni  1889. 


Neuere  Hammerconstructionen. 


Mit  Abbildungen. 


Glossofs  Schmiedehammer  mit  Kraflbetrieb  und  Luftivirkung. 


Die  Eigenthümlichkeit  dieses  in 
Fig.  1  dargestellten  Hammers  liegt 
in  der  bequemen  Regelung  der  Schlag- 
stärke und  Hubgröfse.  Derselbe  be- 
steht aus  dem  mit  einer  Kolbenstange 
veroundenen  und  im  Hammergestelle 
geführten  Hämmerbar,  dessen  Kolben 
im  Luftcylinder  234>"m  Weg  frei  hat, 
während  der  durch  das  Kurbeltrieb- 
werk in  Hubbewegung  versetzte 
Luftcylinder  blofs  130^^  Hub  erhält, 
so  dafs  im  günstigsten  Falle  der 
Hammerbär  einen  Gesammthub  von 
234  -f  130  =  364mm  erreichen  kann. 
(D.  R.  P.  Nr.  44407  vom  22.  Januar 
1888.) 

Nach  The 
Engineer^  1888 
Bd.  66  S.  79, 
sind  am  oberen 


Kie  1. 


Fig.  2. 


Theile  des  Luftcylinders  zwei  Luftsaugveutile  und 
an  dessen  Vorderseite  zwei  Druckregelungsventile 
angeordnet.  Dieses  in  Fig.  2  zur  Ansicht  gebrachte 
Luftdruckventil  besitzt  einen  kleinen  Kolben  D, 
M'elcher  mittels  einer  gewundenen  Drahtfeder  nicht 
nur  das  Ventil  C  belastet,  sondern  auch  die  im 
Ventilgehäuse  A  vorgesehenen  Austrittsöffnungen  E 
verengt  oder  verschliefst,  je  nachdem  dieser  Kol- 
ben D  seitens  der  stellbaren  Keilvorrichtung  (Text- 
lig.  1)  mehr  oder  weni2;er  zurückaestellt  wird. 


12 


Neuere  Hammerconstructionen. 


Die  in  der  Büchse  B  geführte  Kolbenstange  D  gleitet  während  der 
Cyiinderltewegung  an  der  Vorderfläche  des  angestellten  Keilstückes. 

Die  Wirkungsweise  dieses  Hammers  ist  in  Kürze  folgende:  Je  nach 
der  Höhe  des  Werkstückes  steht  der  Hammerkolben  annähernd  in  der 
Mitte  des  Luftcjünders  in  dessen  Tiefstellung.  Im  Aufgange  des  Luft- 
cy linders  wird  die  eingeschlossene  Luft  unter  dem  Kolben  verdichtet, 
demnach  der  Hammer  gehoben,  welcher  je  nach  Malsgabe  der  ein- 
tretenden Luftverdichtung  über  dem  Kolben  bis  an  den  oberen  Cylinder- 
deckel  ansteigen  kann.  Im  Niederhube  des  Luftcylinders  wirkt  das 
obere  Luftpolster  beschleunigend  auf  den  fallenden  Hammer  ein,  wäh- 
rend eine  Luftverdünnung  durch  die  früher  erwähnten  Saugventile  ver- 
hindert wird. 


Hackney's  Krafthammer  mit  Luftpujfer. 
Um  die  Schlagstärke  während  des  Betriebes  zu  regeln,  wird  mittels 
eines  Hebelwerkes  eine  Platte  parallel  zur  Hammerführung  angestellt. 
Dadurch  kann  die  Eröffnung  eines  an  der  Cylinderrückwand  angeord- 
neten Luftausströmungsventiles,  dessen  Ventilstift  an  dieser  Stellplatte 
gleitet,  ganz  oder  theilweise  verhindert  werden,  wodurch  die  oberhalb 


Fip.  3. 


Fig.  4 


Neuere  Hammerconstructioiien. 


13 


Pia.  5. 


des   Hammerkolbeus   verdichtete  Luft   als   treibende  Kraft    mehr   oder 
"weniger  wirksam  wird. 

Nach  American  Machinist ^  1888  Bd.  11  Nr.  36  ■""  S.  1,  befinden  sich 
in  der  Vorderwand  des  durch  eine  Triebkurbel  bewegten  Luftcylinders 
zwei  Luftansaugeventile,  um  die  unvermeidlichen  Luftverluste  in  den 
beiden  Cylinderräumen  zu  ersetzen.  Der  an  die  Kolbenstange  des  Luft- 
cylinders befestigte  Hammerbär  ist  in  der  Cylinderführung  geleitet,  deren 
Schienen  von  beiden  Seiten  stellbar  sind.  Die  Kolbenstangenstopfbüchse 
ist  luftdicht  hergestellt,  während  der  Steuerungstritt  als  eine  Schlinge 
rings  um  den  Ambofsfufs  ausgebildet  ist,  damit  die  Hammersteuerung 
von  allen  Seiten  bequem  ermöglicht  sei  (Fig.  3  und  4). 

Massex/ s  Gesenk- Dampfhammer. 
Bei  diesem  einfach  wirkenden  Dampfhammer  (Fig.  5)  wird  das 
Heben  des  Hammerbärs  mit  Dampf  be- 
werkstelligt, wobei  der  Bär  durch  den 
unter  dem  Kolben  befindlichen  Dampf 
so  lange  in  der  Hochstellung  gehalten 
wird,  bis  durch  Umsteuerung  das  Ueber- 
strömen  in  den  Cylinderraum  über  dem 
Kolben  der  Fall  eingeleitet  wird.  Eine 
auf  die  durchgehende  Kolbenstange 
wirkende  gewundene  Blattfeder  mildert 
den  Stofs  im  Auf  hübe,  begrenzt  den 
Hub  und  beschleunigt  den  .Fall.  Die 
Hammerführung  wird  durch  zwei  zwi- 
schen dem  Dampfcylinder  und  der 
Ambofsplatte  mittels  durchgehender 
Schrauben  eingespannte  Röhren  ge- 
bildet, während  die  Gegendruckfeder 
an  einem  Querbügel  sich  stützt.  Das 
Ausheben  der  Bodeugesenke  erfolgt 
rasch  mittels  eines  Tritthebels,  wäh- 
rend das  Hammergesenk  durch  einen 
Seitenkeil  sehalten  wird. 


Massey's  Blechhammer  mit  Dampfbetrieb. 
Dieser  kleine  mit  Selbstbetrieb  ein- 
gerichtete Dampfhammer  (Fig.  6)  wird 
freihängend  an  irgend  einem  Querbalken 
in  passender  Höhe  aufgeschraubt,  wäh- 
rend das  über  eine  Querstange  ge- 
schobene oder  gelegte  Werkstück  der  Hammerwirkung  ausgesetzt  wird. 
Dieser   Dampfhammer    leistet    in    Kessel-    oder    Kupferschmieden    für 


u 


Neuere  Haauuerouustruclionen. 


Blecharbeiten  gewils  gute  Dienste.   Die  vorstehenden  Massey'schen  Häm- 
mer entnehmen  wir  aus  Uhland's  Technische  Rundschau^  1888  Nr.  8  S.  61. 

Fic.  f..  t'iS-  7- 


Ainsworllis  Fallhammer. 
Die  bei  den  gewöhnlichen  Fallhämmern  auftretenden  Abnützungen 
der  hölzernen  Hammerschiene  oder  der  Abmachung  der  gufseisernen 
Grithvalzen,  welche  todten  und  unregelmäfsigen  Gang  der  Hammer- 
bewegung im  Gefolge  haben,  soll  durch  eine  geeignete  Wahl  des 
Schienen-  bezieh.  Rollenmaferiales  möglichst  beseitigt  werden. 

Nach  American  Machinist  ^  1888  Bd.  11  Nr.  8  S.  1,  ist  bei  diesem 
Fallhammer  (Fig.  7)  die  Hammerschiene  aus  Stahl  gefertigt,  während 
die  Griffrollen  aus  geprefstem  Papier  bestehen.  Die  Hammerschiene 
ist  mittels  Beilagen  aus  Gummi  oder  Kork  in 
den  Hammerbär  eingeklemmt,  wodurch  die  Rück- 
wirkung der  Schläge  auf  die  Hammerschiene 
Licmildert  wird. 

Das  aus  zwei  Riemensciiwungscheiben,  einer 
l'estgelagerten  Rollenwelle  und  einem  Zahnräder- 
paare zusammengesetzte  Triebwerk  (Fig.  8)  be- 
thütigt  die  im  excentrischen  Hebellager  laufende 
zweite  Klemmrolle,  während  durch  Verdrehung 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.         15 

des  Hebellagers  mittels  dex-  herabreichenden  Stange  sowohl  der  Betrieb 
eingeleitet,  als  auch  die  Hubhöhe  begrenzt  wird. 

E.  Hammesfahr  in  Solingen  betreibt  einen  Fallhammer  mit  Wickel- 
riemen nach  D.  R.  P.  KL  49  Nr.  44326  vom  10.  Juli  1887  mittels 
Reibungsrollen.  Der  Umfang  der  treibenden  Reibungsrolle  ist  auf  der 
Strecke  1,  2  zurückgesetzt,  dadurch  wird  die  Welle  mit  der  Wickelrolle 
frei,  der  am  Riemen  hängende  Hammerbär  fällt,  wird  aber  sofort  ge- 
hoben, sobald   die  Stelle  2  der  treibenden  Rollen  an  die  Rolle  gelangt. 

Beim  Fallhammer  von  M.  Hasse  in  Berlin  (vgl.  1879  234 """364  und 
D.  R.  P.  Nr.  2685  vom  12.  April  1878}  ist  die  Hammerschiene  nach 
oben  zu  allmählich  verstärkt,  dadurch  wird  es  bei  einer  entsprechenden 
Verstellung  der  Reibungstriebrollen  möglich,  den  Hammer  in  beliebiger 
Höhe  nicht  nur  schwebend  zu  erhalten,  sondern  auch  denselben  der 
Rollenstellung  gemäfs  in  bestimmter  Höhe  aufzufangen,  so  dafs  die 
volle  Schlagstärke  nur  dann  eintritt,  wenn  die  Triebrollen  in  die  Ent- 
fernung, welche  der  dicksten  Stelle  der  Hammerschiene  entspricht, 
gebracht  werden. 

Um  ein  Spalten  und  eine  all  zu  rasche  Abnützung  der  Hammer- 
schiene zu  vermeiden,  ist  dieselbe  aus  drei  Brettern  zusammengeleimt 
und  mit  harten  Holzstiften  verbunden,  die  Faserlage  aber  so  gewählt, 
dafs  sich  deren  Richtungen  möglichst  unter  spitzen  Winkeln  kreuzen. 
Das  Mittelbrett  ist  aus  Rüstern-,  die  Aufseubretter  sind  aus  Weifsbuchen- 
holz gefertigt.  Pr. 


Von  der  Deutschen  Allgemeinen  Ausstellung  für  Unfall- 
verhütung in  Berlin  1889. 

Das  Interesse  für  die  Unfallverhütung  in  gewerblichen  Anlagen,  für 
den  Schutz  der  Arbeiter  gegen  die  ihn  bei  Ausübung  seines  Berufes 
bedrohenden  Gefahren  ist  keineswegs  so  neuen  Datums,  wie  meist  an- 
genommen wird.  Die  anscheinend  ersten  durchgreifenden  und  heute 
noch  mafsgebenden  Schritte  unternahm  im  J.  1867  die  Gesellschaft  zur 
Verhütung  von  Fabrikunfällen  zu  Mülhausen  im  Elsafs^  welche  vom  rein 
philantropischen  Standpunkte  für  ihren  Wirkungskreis  den  Schutz  der 
Arbeiter  ausübte  und  in  ihrem  Leiter  Engel- Dollfufs  den  Ausspruch 
predigte,  dafs  die  Industrie  sich  nicht  genügen  lassen  dürfe,  dem  Arbeiter 
nur  den  Lohn  zu  zahlen   und   ihn  damit  als  abgefunden  zu  betrachten. 

Diese  Gesellschaft,  deren  segensreiches  Wirken  durch  die  ötfent- 
lichen  Blätter  weiteren  Kreisen  bekannt  wurde,  hat  trotz  aller  Be- 
mühungen über  den  Mülhauser  Bezirk  hinaus  keine  Schule  gemacht; 
sie  wurde  seitens  unserer  Industrie  gewissermafsen  mit  Verwunderung 
darüber  angestaunt,  dafs  sich  praktische  Leute  mit  solchen  gar  nicht 
durchführbaren  Ideen  abgeben  könnten.    Selbst  die  Einführung  des  Haft- 


16        Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

))tlichtgesetzes  vom  7.  Juui  1871  in  Deutschland  hatte  lauge  Zeit  nicht 
deu  Erfolg,  Schutzvorrichtungen  in  Fabriken  einzuführen,  vielmehr 
herrschte  und  herrscht  sogar  noch  immer  die  Ansicht,  dafs  ein  wirk- 
samer Schutz  für  die  meisten  Maschinen  gar  nicht  geschaffen  werden 
k<"»nne,  dafs  sogar  die  Gefahr  für  den  Arbeiter  nach  Anbringung  von 
Schutzvorrichtungen  um  so  gröfser  werde,  als  dem  Arbeiter  im  Hin- 
blicke auf  die  Schutzvorrichtung  das  Bewufstsein  für  die  Gefahr  der 
Maschine  verloren  gehe  und  er  dadurch  nur  leichtsinniger  in  der  Be- 
dienung der  Maschine  werde. 

Das  Streben  der  Gewerberäthe  und  Fabrikeninspektoren,  welche 
mit  dem  Jahre  1874  ihre  öffentliche  Thätigkeit  begannen,  i-ichtete  sich 
in  erster  Linie  auf  Einführung  gröfserer  Betriebssicherheit  in  den  ge- 
werblichen Anlagen.  Man  hat  aber  nur  die  Jahresberichte  dieser  Be- 
amten zu  Studiren,  um  herauszufinden,  wie  noch  jetzt  das  Verständnifs 
für  den  Werth  von  Schutzvorrichtungen  oft  vollständig  mangelt,  und 
zwar  sowohl  bei  den  Arbeitgebern  wie  bei  den  Arbeitnehmern,  welch 
letztere  in  der  Schutzvorrichtung  mehr  oder  weniger  nur  ein  Arbeits- 
hindernifs  erblicken  und  den  einzigen  sicheren  Schutz  gegen  Beschädi- 
gung durch  die  Maschine  in  der  Erkenutnifs  der  Gefahr,  Verständnifs 
für  die  Eigenart  der  Maschine  und  in  der  eigenen  Geschicklichkeit  bei  der 
Bedienung  suchen. 

Trotz  der  geringen  Beachtung,  welche  das  Streben  nach  Unfall- 
verhütung im  Allgemeinen  fand,  wurde  doch  schon  —  Mahrscheinlich 
nur  in  Anerkennung  der  Mülhauser  Bestrebungen  —  auf  der  internationalen 
Ausstellung  für  Hygiene  und  Rettuugswesen  in  Brüssel  vom  Jahre  1876 
laut  dem  aufgestellten  Programme  eine  besondere  Abtheilung  für  die 
Zwecke  der  Unfallverhütung  und  des  Arbeiterschutzes  unter  der  Be- 
zeichnung: Hygiene  moyens  pre'ventifs  et  sauvetoge  applifjue's  ä  l  Industrie 
geschaflen.  Diese  Klasse  bot  nur  wenige  einschlägliche  Gegenstände, 
welche  geeignet  gewesen  wären,  den  Nutzen  der  Schutzvorkehrungen 
zu  beweisen.  Diese  Ausstellung  fand  deshalb  keinerlei  Beachtung  und 
verlief  völlig  ohne  Ein\\irkung. 

Ein  zweiter  Versuch  wurde  gelegentlich  der  Düsseldorfer  Gewerbe- 
Ausstellung  im  J.  1880  vom  ISiederrheinischen  Vereine  für  öffentliche  Ge- 
xund/ieitupßege  unternommen.  Aber  auch  dieser  Versuch  hatte  rück- 
sichllich  der  gar  zu  mangelhaften  und  ungeeigneten  Vorführung  von 
Schutzmitteln  keinerlei  Erfolge. 

Das  Jahr  1882  bot  in  London  eine  Ausstellung  beschränkten  Um- 
fanges  für  Apjtarate  und  Einrichtungen  zum  Schutze  von  Menschenleben, 
bei  welcher  der  gewerbliche  Betrieb  eine  geringe,  unbedeutende  Ver- 
tretung gefunden  hatte. 

Den  ersten  einigermafsen  erfolgreichen  Versuch,  das  Wesen  der 
Schutzvorrichtungen  im  industriellen  Betriebe  zu  beweisen  und  gröfseren 
Kreisen   versiiindlieli   zu    maehon.    unternahm   die    wohl   noch    in   vieler 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.        17 

Erinnerung  stehende  Berliner  Hygiene- Ausstellung  des  Jahres  1882 — 83. 
Hier  fand  die  Unfallverhütung  bereits  eine  stattliche,  bisher  jedenfalls 
noch  nicht  erreichte  Vertretung-  hier  konnten  zum  ersten  Male  wirkliche 
Schutzvorkehrungen  für  den  Arbeiter  gezeigt  und  ihre  praktische  Brauch- 
barkeit verständlich  bewiesen  werden. 

Im  nächsten  Jahre  1883  bot  endlich  die  schweizerische  Landesaus- 
stellung in  Zürich  eine  nicht  unbedeutende  Sammlung  von  Schutzmitteln 
für  den  Fabrikbetrieb. 

Die  in  den  letzteren  Jahren  vielfach  abgehaltenen  kleinereu  Gewerbe- 
Ausstellungen  fanden  sich  veranlafst,  dem  „Zuge  der  Zeif*'  nachzugeben 
und  in  ihre  Programme  stets  eine  Gruppe  für  Schutzvorrichtungen  und 
Oewerbe-Hygiene  aufzunehmen.  Es  kann  aber  nicht  gesagt  werden, 
dafs  damit  etwas  hervorragend  Nützliches  für  die  praktische  Einführung 
von  Schutzmitteln  geleistet  worden  wäre. 

Die  ganze  Frage  des  Arbeiterschutzes  hat  erst  Bedeutung  für  Deutsch- 
land in  Folge  des  am  1.  Oktober  1885  in  Kraft  getretenen  ünfallver- 
sicherungsgesetzes  erlangt,  in  dessen  Ausübung  seitens  der  Genossen- 
schaften auf  strenge  Durchführung  des  Arbeiterschutzes  gesehen  wird, 
um  durch  Verminderung  der  Unfälle  die  Kosten  der  Unfallentschädigungen 
herabzusetzen.  Nur  dem  Zwange,  welchen  die  Berufsgenossenschaften 
■durch  die  ihrerseits  erlassenen  Unfallverhütungsvorschriften  ausüben, 
ist  es  zuzuschreiben,  dafs  sich  einerseits  die  Praxis  für  Anwendung  der 
ünfallverhütungsmafsregeln  zugängig  zeigt  und  andererseits  der  Erfin- 
dung neuer  und  zweckmäfsiger  Formen  des  Arbeiterschutzes  Vorschub 
geleistet  wird. 

Der  Erlafs  der  Unfallverhütungsvorschriften  seitens  der  Berufsge- 
nossenschaften setzte  die  Industrie  zu  einem  grofsen  Theile  in  nicht 
geringe  Verlegenheit,  weil  eben  keinerlei  Vorstellungen  über  das  Wesen 
und  die  Form  eines  wirksamen  Schutzes  der  gefahrbringenden  Arbeits- 
theile,  Maschinenelemeute  u.  s.  w,  bisher  verbreitet  war.  Wort  und 
Schrift  konnten  nicht  genügen,  um  geeigneten  Begriffen  Bahn  zu  brechen, 
so  dafs  sich  in  erster  Linie  das  Reichsversicherungsamt  entschlofs,  eine 
Sammlung  von  Unfallverhütungsmafsnahmen  zu  veranstalten  und  in 
einem  ständigen  Museum  zu  vereinigen.  Eine  gleiche  ständige  Aus- 
stellung besitzt  das  k.  k.  österreichisch-ungarische  Handelsministerium 
in  Wien. 

Eine  solche  Sammlung  ist  aber  namentlich  im  jetzigen  Zustande 
keineswegs  geeignet,  Belehrung  über  die  so  mannigfach  unterschiedliche 
Anwendung  der  Schutzmittel  zu  bieten,  andererseits  liegen  im  Bereiche 
der  Wirksamkeit  jeder  Berufsgenosseuschaft  besonders  geartete  Gefahren, 
deren  Erkennung  und  Verhütung  deshalb  nur  hier  möglich  wird.  Unter 
-diesem  Gesichtspunkte  machte  sich  in  den  Kreisen  der  Berufsgenos sen- 
sehaften die  Neigung  stark  bemerkbar,  besondere  Unfallverhütungsaus- 
stellungen für  den  Rahmen  der  Thätigkeit  der  einzelnen  Berufsgenossen- 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  1.  18891II.  2 


18        Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Uniallverhütung  in  Berlin. 

schiften  zu  veranstalten,  um  den  Berufsgenossen  ein  anschauliches  und 
namentlich  geschlosseues  Bild  der  Unfallverhütung  in  den  einzelnen 
indu.striellen  Betrieben  zu  bieten. 

Einen  thatsächlichen  Anfang  hiermit  machte  zuerst  die  Norddeutsche 
Holz-Berufsgenossenschaft  mit  der  Veranstaltung  einer  Ausstellung  für 
Schutzvorrichtungen  an  Holzbearbeitungsmaschinen  in  Köln.  Es  folgte 
im  März  des  Jahres  1887  eine  in  Chemnitz  vom  sächsischen  Müller- 
verbande veranstaltete  Ausstellung  von  Müllereifahrstühlen  aus  den  Ge- 
sichtspunkten der  Unfallverhütung  und  im  Sommer  desselben  Jahres  das 
Project  einer  im  J.  1889  in  Berlin  zu  veranstaltenden  Ausstellung  von 
Apparaten  und  Einrichtungen  zur  Verhütung  von  Unfällen  im  Brauge- 
werbe. Dieses  letztere  Project  sollte  indessen  für  sich  allein  nicht  zur 
Ausführung  gelangen,  weil  dasselbe  bereits  im  Oktober  1887  in  dem 
gröfseren  Plane  der  alle  Gewerbe  umfassenden  nunmehrigen  Deutschen 
Allgemeinen  Ausstellung  für  Unfallverhütung  aufging. 

Naturgemäfs  können  die  Sonderausstellungen  einzelner  Gewerbe 
auch  nur  ein  Sonderinteresse  haben,  so  dafs  es  als  ein  sehr  glücklicher 
Gedanke  bezeichnet  werden  mufste,  als  es  hiefs,  dafs  an  Stelle  der  Aus- 
stellung der  Brauereiberufsgenossenschaft  eine  grol'se  allgemeine  Aus- 
stellung für  Berlin  1889  geplant  werde.  Es  würde  zu  weit  führen,  den  Ent- 
wickelungsgang  des  Gedankens  einer  solchen  allgemeinen  Ausstellung 
hier  wiederzugeben.  Es  sei  deshalb  nur  kurz  mitgetheilt,  dafs  das  von 
Prof.  Delbrück-BerVm  aufgestellte  Programm  einer  Brauereiausstellung 
seitens  der  Brauereiberufsgenossenschaft  bereits  weit  verwirklicht  war, 
als  auf  Anregung  des  Kegierungsraths  lieichel  vom  Keichsversicherungs- 
amte  der  Plan  zu  der  allgemeinen,  alle  Gewerbe  einschliefsenden  Ausstel- 
lung gefafst  wurde,  welche  in  dem  seiner  Zeit  für  die  Zwecke  der  Berliner 
Hygieneausstellung  1883  gebauten  Ausstellungsgebäude  jetzt  stattfindet. 

Die  Ausstellung,  wie  sie  am  30.  April  d.  J.  durch  den  Kaiser  er- 
öffnet wurde,  hat  ihren  Stoff  in  22  Gruppen  vertheilt,  zu  denen  etwa 
1100  Aussteller  beigetragen  haben.  Da  das  aufgestellte  Programm  ein 
gutes  Bild  gibt,  in  welcher  Form  und  Gestaltung  die  Ausstellung  ge- 
dacht war,  so  sei  dasselbe  hier  abgekürzt  wiedergegeben. 

AhlhelUiiKj  A.     Schul zmafgnahmen  von  gemeinsamem  Interesse  für  die 
cersicherlen  Betriebe. 

Gruppe  1.  Verhütung  von  Unfällen  an  bewegten  Maschinentheilen 
im  Allgemeinen:  Schutzvorrichtungen  an  Transmissionswellen,  Zahn- 
rädern, Riemenzügen  u.  s.  w.  1)  Sc/iulzcorrichlunf/en  an  Wellen.  Stehende 
und  liegende  Wellen  —  oder  „Modelle,  Zeichnungen  und  Photographien '•'• 
von  Wellen  und  Wellenleitungen  —  mit  zweckmäfsigen  Umwehrungen 
zum  Schulze  der  Arbeiter,  Umliiillung,  Versenkung,  Vermeidung  vor- 
stehender Keile  und  Schrauben  bei  Welleneinrichtungen  (Kup])elungen) 
und  bei  der  Befestigung  von  Maschinentheilen  (Kiemenscheiben,  Zahn- 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  lür  ünl'allverhütung  in  Berlin.         19 

rädern,  Stellringen  u.  s.  \v.)  auf  Wellen.  Gegenüberstellung  gefährlicher 
Kuppelungen  mit  vorstehenden  Theilen  und  von  Kuppelungen  mit  Um- 
hüllungen oder  mit  neueren  constructiven  Verbesserungen  vom  Stand- 
punkte der  Unfallverhütung.  2)  Schutzvorrichtungen  an  Zahnrädern. 
Zahnradgetriebe  an  Transmissionen  und  Arbeitsmaschinen  mit  zweck- 
mäfsigen  Umhüllungen  (Kapseln,  Gitter,  Schutzschirme  aller  Art),  ins- 
besondere unter  Berücksichtigung  der  Wahrung  einer  leichten  Zugäng- 
lichkeit bei  Rädern,  welche  öfters  ausgewechselt  oder  geschmiert  werden 
müssen,  und  der  Wiedergewinnung  umhergeschleuderten  Schmiermaterials. 
Anordnungen,  bei  welchen  durch  Verlegung  der  Räder  eine  Gefahr  für 
die  Arbeiter  durch  Construction  von  Hause  aus  vermieden  wird.  3)  Schutz- 
vorrichtungen beim  Rieinenbetriebe.  Riemenscheiben,  welche  aus  den  Ge- 
sichtspunkten der  Unfallverhütung  Interesse  bieten :  Vermeidung  von 
Lücken  im  Rande  des  Kranzes  bei  Scheiben,  welche  aus  zwei  oder 
mehreren  Theilen  zusammengesetzt  sind  ^  Vollscheiben  5  schmiedeeiserne 
und  Wellblechscheiben  u.  a.  m.;  Riemen  Verbindungen  (Riemenschlösser) 
ohne  vorstehende  Theile.  Zugehörige  Werkzeuge.  Gegenüberstellung 
gefährlicher  und  ungefährlicher  Riemenverbindungen.  Vorkehrung  zur 
Verhütung  des  Abgleitens  der  Riemen  von  der  Scheibe.  Riemenscheiben 
mit  Rand  oder  mit  Wulst  in  der  Mitte;  eiserne  Dollen  neben  den 
Scheiben  5  Verwendung  von  Spannrollen;  Anwendung  von  Riemen,  vi^elche 
sich  nicht  dehnen  in  feuchten  Räumen,  u.  a.  m.  Vorrichtungen  an 
Riemenzügen  zur  Verhütung  gefährlicher  Berührung,  sowie  zum  Schutze 
gegen  schlagende,  abfallende  oder  zerreissende  Riemen  (Umwehrungen, 
Schutzrinnen,  Faugbäume  u.  a,  m.).  Vorrichtungen  zur  Aufnahme  ab- 
geworfener Riemen  und  zum  Auf-  und  Abwerfen  von  Riemen:  Riemen- 
haken, -gabeln,  -träger;  getingerte  Staugen;  Riemenstangen  und  Riemen- 
träger zusammen  wirkend  und  mechanische  Riemeuaufleger  jeder  Art. 
4)  Die  gleichen  Gesichtspunkte  (J  bis  5)  in  ihrer  Anwendung  auf  Achsen 
und  Maschinenspindeln  —  auf  Zahnstangengetriebe  —  auf  Seil-,  Ketten- 
uud  Schnurtriebe  auf  Schwungräder  und  umlaufende,  pendelnde,  stofsende 
Maschiuentheile  überhaupt.     (48  Aussteller.) 

Gruppe  2.  Ausrück-,  Brems-  und  Schmiervorrictitungen  u.  a.  m. 
1)  Ausrück-  und  Bremsvorrichtungen.  Losscheiben  (Leerscheiben,  todte 
Scheiben)  und  Ausrückgabeln  an  Transmissionen  und  Arbeitsmaschinen, 
Reibungsantriebe  für  Arbeitsmaschinen  und  lösbare  Kuppelungen  (ins- 
besondere neuere  Systeme  von  Reibungs-  und  Centrifugal-Kuppeluugen. 
Vorkehrungen  zur  Verhütung  selbsthätigen  Einrückens:  Losscheiben  mit 
kleinerem  Durchmesser  als  die  Riemenscheibe;  Absonderung  der  Los- 
scheibe (Anbringung  auf  besonderen  festen  Hülsen  u.  a.  m.);  Feststellung 
der  Riemengabeln  und  bezieh,  der  Ausrückhebel  an  Kuppelungen  durch 
Schrauben  oder  mittels  Einkerbungen,  Stiften,  Haken,  Federn.  Verbin- 
dung der  Ausrückvorrichtungen  mit  Bremsvorrichtungen.  Vorkehrungen, 
welche  dem  Arbeiter  bei  Gefahr  (z,  B.  beim  Erfassen  der  Hände  durch 


20        Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Wakenpaare)  das  Ausrücken  „ohne  Gebrauch  der  Hände"  gestatten 
(Trittbretter,  gespannte  Schnüre  u.  a.  m.).  Einrichtungen,  welche  das 
Abstellen  gröfserer  Arbeitsmaschinen  oder  von  Transmissionen  von  ver- 
schiedenen Stellen  bezieh,  von  entfernten  Punkten  aus  ermöglichen. 
2)  Sc/imiervurrichtungen.  Verbesserte  Oelkannen,  welche  zufolge  ihrer 
Einrichtung  ein  Vergiefsen  von  Schmiermaterial  (und  damit  Schlüpfrig- 
werdeu  des  Bodens)  verhüten  oder  sonst  eine  Verminderung  der  Gefahr 
für  den  Arbeiter  herbeiführen;  Anbringung  auf  Stangen  zur  gefahrlosen 
Erreichung  hochliegender  Lager  u.  s.  w.  Selbsthätige  Schmiervorrich- 
tungen aller  Art  für  flüssiges  und  consistentes  Schmiermaterial  zum  Ge- 
brauche bei  festen  und  schwingenden  Lagern,  bei  Losscheiben  u.  s.  w. 
Selbstschmierende  Lagerfutterungen.  3)  Stangenbürsten  und  ähnliche  Ge- 
räthe  zur  Verminderung  der  Gefahr  beim  Einfetten  von  Zahnrädern,  beim 
Auftragen  von  Kiemeuschmiere,  beim  Putzen  (Abschmirgeln)  von  Wellen, 
Kuppelungen,  Riemenscheiben,  Walzen  und  anderen  bewegten  Maschinen- 
theilen  mehr.  4)  Leitern  mit  besonderen  Vorrichtungen  (z.  B.  oben  mit 
Haken  oder  unten  mit  Spitzen  und  bezieh.  Gummiüberzügeu),  Laufbretter, 
Gallerieu,  Handgritfe  und  sonstige  Geräthe  und  Vorkehrungen,  welche 
durch  Schaffung  eines  festen  Standortes  die  Gefahr  für  den  Arbeiter 
beim  Schmieren,  Putzen,  Ausbessern  und  bei  sonstigen  Verrichtungen 
an  Transmissionen  und  bewegten  Maschinentheilen  vermindern.  5)  Dienst- 
vorschriften (Anweisungen)  für  Transmissionswärter  und  für  die  Arbeit 
an  Maschinen  im  Allgemeinen.  6)  Vorführung  ganzer  Transmissions- 
anlagen  mit  musterhafter  Ausrüstung  vom  Standpunkte  der  Unfallver- 
hütung.    (57  Aussteller.) 

Gruppe  3.  Schutzmafsnahmen  beim  Betriebe  von  FahrstüMen, 
Aufzügen,  Erahnen  und  Hebezeugen.  Umwehrung  der  Fahrstuhl-  und 
Aufzugölfnungen.  Selbsthätige  Abschlüsse.  Korbdächer  zum  Schutze 
gegen  herabfallende  Gegenstände.  Vorrichtung  zur  Feststellung  der 
Aufzugsschale  beim  Beladen  und  Abladen.  Antrieb-,  Abstell-  und 
Bremsvorrichtungen.  Fangvorrichtungen.  Signalsysteme  zur  Anzeige  der 
Bewegung  des  Fahrstuhles.  Signaltafeln,  Warnungstafeln.  Betriebsan- 
weisungen. Hydraulische  und  pneumatische  Aufzüge.  Elevatoren.  Krahne 
aller  Art.  Sicherheitskurbeln  und  -winden.  Sicherheitsketteu ,  Seile, 
Gurte  ii.  a.  m.  Vorführung  ganzer  Fahrstuhleinrichtungeu.  (55  Aus- 
steller.) 

Gruppe  4.  Schutzmafsnahmen  an  Motoren.  1)  Dampfmaschinen. 
Umwehrung  des  Schwungrades,  der  Kurbel,  der  durchgehenden  Kolben- 
stangen bei  liegenden  Cjlinderu,  der  conischen  Rädergetriebe  an  den 
Regulatoren,  der  Regulatoren  selbst  (bei  tiefer  Lage  der  Schwuugkugeln), 
des  Hauptriemens  oder  Hauptzahnradgetriebes,  der  Wellenverbindung  bei 
do]>pelten  oder  zusammenwirkenden  Maschinen,  der  vorstehenden  Wellen- 
köpfe und  der  sonstigen  bewegten  Theile.  Vorrichtungen  zur  gefahr- 
losen Erreichung  hochliegender  Theile  der  Maschine  (Laufbretter,  Gallerien 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.        21 

u.  s.  w.).  Selbsthätige  Schmiervomchtungen  an  den  Kurbelzapfen  und 
Kveuzkopflagern,  den  Excentern  u.  s.  w.  Vorkehrungen  zum  gefahrlosen 
Andrehen  des  Schwungrades  (Hebelvorkehrungen,  Klinkwerke,  Reibungs- 
antriebe), sowie  zum  Bremsen  und  zum  sicheren  Feststellen  bei  Aus- 
führung von  Ausbesserungen.  Mittheilungen  über  das  Zerspringen  von 
Schwungrädern.  Bezügliche  constructive  Schutzvorrichtungen  und  Be- 
triebsanweisungen. Absperrventile,  welche  ein  zuverlässiges  und  schnelles 
Stillsetzen  der  Maschine  ermöglichen.  Signalsysteme  zum  Z^'ecke  der 
Verständigung  zwischen  Dampfmaschine  und  Arbeitsraum  und  umgekehrt 
beim  Anlassen  der  Maschine  und  bei  Unfällen  an  Arbeitsmaschinen. 
Vorkehrungen  zum  jederzeitigen  direkten  Abstellen  der  Dampfmaschine 
von  den  Arbeitsräumen  aus  (einfache  Drahtzüge,  Anwendung  elektrischer 
und  pneumatischer  Einrichtungen).  Dienstanweisungen  für  Dampfma- 
schinenwärter. Schulen  zur  Ausbildung  von  Maschinisten.  Vorführung 
ganzer  Dampfmotorenanlagen,  welche  nach  Construction  der  Maschine, 
baulicher  Einrichtung  des  Maschinenraumes  und  Ausrüstung  im  Einzelnen 
allen  Anforderungen  der  Unfallverhütung  Genüge  leisten.  Sinngemäfse 
Anwendung  der  vorstehenden  und  von  sonstigen  einschlägigen  Gesichts- 
punkten (z.  B.  Fürsorge  für  Dichthaltung  der  Schützzeuge  bei  Wasser- 
motoren, der  Rohrleitungen  bei  Gasmotoren  u.  a.  m.)  auf:  2)  Turbinen 
und  Wasserräder-^  3)  GajATa/"f- (Petroleum-,  Benzin-)  imd  Beifshiflmotoren-^ 
4)  Elektrische  u.  5)  Thieri&clie  Motoren  (Rofs-,  Göpelwerke).  (78  Aussteller.) 
Gruppe  5.  Schutzmafsnahmen  beim  Betriebe  von  Dampfkesseln 
und  sonstigen  Apparaten  unter  Druck.  1)  Dampfkessel  (Dampfentwickler). 
Ausrüstuugsgegenstände  für  die  Sicherheit :  Wasserstandsanzeiger,  Schutz- 
hülsen für  Wasserstandsgläser,  Vorkehrungen  zum  selbsthätigen  Ab- 
schlüsse von  Dampf  und  Wasser  beim  Bruche  der  Gläser,  Manometer, 
Sicherheitsventile,  selbsthätige  Speisevorrichtungen,  selbsthätige  Appa- 
rate zur  Löschung  des  Kesselfeuers  bei  Gefahr,  Sicherheitsapparate  mit 
Signal-  und  Alarm  Vorrichtungen  zur  x4nzeige  zu  niedrigen  Wasser- 
standes, zu  hoher  Dampfspannung  u.  dgl.  m.  Vorkehrungen  zur  Reini- 
gung des  Speisewassers.  Verpackung  der  Dampfleitungen.  Mafsnahmen 
zu  sicherer  Absperrung  benachbarter  Kessel  von  einander  und  sonstige 
Vorsichtsmafsregeln  bei  Reinigung  der  Kessel.  Kesselsteinbildungen. 
Theile  explodirter  Kessel.  Kesselbaumaterial.  Prüfung  desselben.  Kessel- 
systeme. Bauliche  Einrichtung  von  Kesselhäusern.  Kesselrevisionswesen. 
Dienstvorschriften  für  Kesselwärter.  Heizerschulen.  Vorführung  ganzer 
Kesselanlagen  von  musterhafter  Ausrüstung.  2)  Dampf- ^  Koch-  xind 
Trockenapparate  und  sonstige  Apparate  unter  Druck  (von  Dämpfen,  Gasen, 
Luft  und  Flüssigkeiten)  von  mehr  als  1^^.  Ausrüstungsgegenstände  für 
die  Sicherheit:  Druckverminderungs-Entluftungsventile  u.a.m.  Revisions- 
wesen. Vorführung  ganzer  Kochapparate  u.  s.  w.,  so  weit  sie  zu  all- 
gemeinerem Gebrauche  in  verschiedenen  Gewerbszweigen  bestimmt  sind. 
(74  Aussteller.) 


22        Deutsclie  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Gruppe  6.  Vorbeugungsmittel  gegen  und  Rettungsmittel  bei  Feuers- 
gefahr in  versicherten  Betrieben.  1)  Feuersir/ierc  Bamomtruclion  im 
Allgemeinen  (Anlage  und  Material  von  Zwischenmauern  und  -decken, 
Dachdeckung,  Feuerlluiren  u.  a.  m.)-  Sichere  Lagerung  von  Vorräthen 
und  Abfällen.  Mafsnahmen  gegen  Selb.stentzündung  von  Materialien. 
Unverbrennbare  Vorhänge  zur  Verhütung  der  Weiterverbreitung  den 
Feuers  in  Arbeitsräumen.  Feuersichere  Imprägnirung  von  Holztheilen, 
Stoffen  und  Arbeitsräumen.  Asbest  und  seine  Verwendung  für  die  Feuer- 
sicherheit. Vorsichtsmal'sregeln  bei  der  Heizung:  Apparate  zum  gefahr- 
losen Kochen  von  Lack,  Pech  und  anderen  feuergefährlichen  Stoffen 
u.  a.  m.  Funkenfänger.  Blitzableiteranlagen.  2)  Apparate^  welche  zu 
hohe  Temperaturen  in  Trnckenräumen  und  den  Aufbruch  von  Feuer  anzeigen. 
Selbsthätige  Löscheinrichtungen.  Hydranten,  Systeme  von  Rohrleitungen, 
Verwendung  des  Kesseldampfes  zum  Löschen.  Benutzung  der  vorhan- 
denen Triebwerke  zum  Betriebe  von  Löschvorkehrungen.  Wasser- 
behälter, Löscheimer,  Hand-,  Dam])f-,  Gasspritzen,  Extinkteure,  Löscli- 
bomben.  3)  Featf  und  bewegliche  Uettungsleilern.  Sprungnetze  und  -tücher, 
Rettungssäcke,  -seile  u.  a.  m.  Organisation  von  Betriebsfeuerwehren; 
Ausrüstung  der  Lösch-  und  Rettungsmannschaft;  Darstellung  der  Räume 
und  Einrichtungen  zur  Bereithaltung  der  Lösch-  und  Rettungsgeräthe: 
Verhaltungsvorschriften.     (95  Aussteller.) 

Grup|)e  7.  Fürsorge  für  gute  Beleuchtung  und  Verhütung  von 
Unfällen  durch  die  Beleuchtungseinrichtungen.  Apparate  und  Gegen- 
stände aller  Art,  welche  zur  Beleuchtung  geschlossener  Arbeitsräume 
und  von  Arbeitsstätten  im  Freien  dienen,  Lampen,  Laternen  u.  s.  w. 
Einrichtungen  zur  Erleuchtung  feuer-  oder  explosionsgefährlicher  Räume 
von  aufsen.  Sicherheitslampen  und  -laternen.  Sicherbeitsfeuerzeuge. 
Elektrische  Gasanzünder.  Anwendung  von  Leuchtfarben.  Sicherheits- 
behälter für  Betriebsanlagen  zur  Aufnahme  gröfserer  Vorräthe  an  Erdöl 
und  Brennöl.  A])i)arate  zu  gefahrloser  und  reinlicher  Entnahme  kleinerer 
Oelmengen  aus  den  Behältern  (Kleinausgabe  für  den  Tagesbedarf).  Ein- 
richtungen zu  gefahrloser  Selbsterzeugung  von  Leuchtgas  (aus  Kohlen, 
Oel  und  Abfällen).  Elektrische  Beleuchtungsanlagen  für  Betriebe,  ins- 
besondere aus  dem  Gesichtsi)unkte  der  Verwerthung  vorhandener  Be- 
Iriebskräfte.  Organisation  des  Beleuchtungswesens  in  Betriebsanlagen: 
Vorschriften  über  das  Füllen,  Anzünden  und  Auslöschen  von  Oel- 
lampen,  —  über  die  Behandlung  von  Gasleitungen,  über  das  Verhalten 
bei  drohender  Gasexplosion,  —  ülier  die  Wartung  elektrischer  Licht- 
maschinen und  Leitungen  u.  a.  m.     (35  Aussteller.) 

Gruppe  H.  Verhütung  von  Unfällen  durch  giftige  und  ätzende 
Stoffe,  durch  schädliche  Gase  und  Verschiedenes.    (190  Aussteller). 

Grup])e  1).  Persönliche  Ausrüstung  der  Arbeiter.  Arbeitskleider, 
geeignet  zum  Gebrauche  für  Transmissionswärter,  sowie  für  Arbeiter 
und  Arbeiterinnen  an  Maschinen  überhaupt.   Schutzbrillen  und  Gesichts- 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.        23 

niasken  aller  Art  zum  Schutze  gegen  absplitternde  Stücke  Aon  Arbeits- 
materialien. Respiratoreu  aller  Art  zum  Schutze  gegen  Staub  und  Gase 
bei  der  Arbeit.  Eingehende  Mittheilungen  über  die  Erfahrungen,  welche 
insbesondere  mit  den  verschiedenen  Systemen  von  Schutzbrillen  und 
Respiratoren  in  den  versicherten  Betrieben  gemacht  worden  sind,  zur 
Erzielung  eines  Ausscheidens  des  wirklich  Brauchbaren  aus  dem  Werth- 
loseu.     (61  Aussteller.) 

Gruppe  10.  Fürsorge  für  Verletzte.  Anleitungen  zur  ersten  Hilfe- 
leistung bei  Unfällen,  zum  Gebrauche  für  das  Personal  in  versicherten 
Betrieben.  Geeignetes  Verbandmaterial,  Verbandkästen.  Tragbahren, 
Tragkörhe,  Transportwagen  u.  dgl.  m.  Einrichtung  von  Verbandzimmern 
(Krankenstuben)  in  Betriebsanlagen.  Einrichtungen  von  Arbeiter-Kranken- 
und  Invalidenhäusern.  Künstliche  Glied mafsen  für  Verstümmelte,  sowie 
mechanische  Vorrichtungen  zur  Unterstützung  Verstümmelter  bei  leichteren 
Arbeiten  (z.  B.  Uhrwerke,  welche  einen  künstlichen  Arm  selbsthätig 
gewisse  Arbeitsbewegungen  ausführen  lassen.  Mittheilung  von  Beschäfti- 
gung von  Invaliden  bei  der  Arbeit).     (73  Aussteller.) 

Abtheitung  ß. 

Schutzmafsnahmen,  vorwiegend  von  Interesse  für  einzelne  Gewerbe- 
zweige oder  i'ür  Gruppen  von  Gewerbezweigen. 

Es  sind  hier  die  folgenden  Gesichtspunkte  ins  Auge  zu  fassen: 

Arbeitsmaschinen  der  einzelnen  Gewerbe  —  oder  „Modelle,  Zeich- 
nungen und  Photographien*'  von  Arbeitsmaschinen  —  mit  musterhafter 
Ausrüstung:  Umfriedigung  bewegter  Theile,  zweckmäfsige  Ausrück- 
uud  Schmiervorrichtungen;  Vorkehrungen  gegen  das  Ausspringen  um- 
laufender Werkzeuge:  Vorrichtungen  (an  den  Maschinen)  zum  Schutze 
der  Arbeiter  gegen  absplitternde  Theile  der  Arbeitsstücke  und  fortge- 
schleuderte Materialien,  gegen  Staub,  der  bei  der  Arbeit  der  Maschine 
sich  entwickelt,  gegen  schädliche  Dämpfe  u.  s.  w.;  selbsthätige  Zufüh- 
rungsvorrichtungen, sowie  Maschinen  und  maschinelle  Vorrichtungen  aller 
Art,  welche  an  Stelle  des  Arbeiters  gefährliche  Arbeit  verrichten  (z.  B. 
selbsthätige  Einführung  von  Stoffen  und  Materialien  in  Stampf-,  Knet-  und 
Walzwerke;  Ersatz  der  Handarbeit  an  Laugebottichen  durch  selbsthätige 
Rühr-  und  Schöpfwerke  u.  a.  m.).  Gegenüberstellung  von  Maschinen  (oder 
Abbildungen  von  Maschinen)  „mit''-  und  „ohne"  Schutzvorrichtungen. 

Apparate  unter  Druck  und  sonstige  Apparate,  welche  den  einzelnen 
Gewerben  eigenthümlieh  sind,  mit  musterhafter  Ausrüscung  vom  Stand- 
punkte der  Unfallverhütung  und  des  Arbeiterschutzes  überhaupt. 

Schutzmafsnahmen  an  Ofenanlagen  und  Feuerungen,  an  Bassins  und 
Vertiefungen,  gegen  stürzende  Gegenstände,  bei  der  Behandlung  explo- 
siver, feuergefährlicher,  ätzender  Stoffe  und  sonstige  Vorkehrungen 
aller  Art  zum  Schutze  von  Leben  und  Gesundheit  bei  der  Arbeit  in 
den  einzelnen  Gewerben,  je  nach  der  Eigenart  derselben. 


24        Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Bezügliche  Dienstvorschriften^  Warnungsplakate,  Anweisungen. 

Darstellung  ganzer  Betriehsanlagen  oder  Betriebsabtheilungen  vod 
musterhafter  Gesammtanlage  (Modelle,  Pläne,  Photographien,  Beschrei- 
bungen). Situation.  Bauliehe  Anlage  (Baumaterial,  Bauart).  Zweck- 
mäfsige  Gesammtdisposition  der  Arbeitsstätten  und  Betriebseinrichtungen 
aus  den  Gesichtspunkten  der  Unfallverhütung:  Lage  des  Kesselhauses,, 
Aufstellung  der  Motoren  und  Transmissionen,  Gruppiruug  der  Arbeits- 
maschinen und  Betriebsapparate,  Lage  der  Treppen,  der  Aufzugsvor- 
richtungen, der  Vorrathsräume  und  Lagerplätze,  der  Schienenwege,  An- 
schlufsgeleise,  der  Wasserkanäle  u.  s.  w.  —  Beleuchtung,  Heizung, 
Lüftung,  Wohlfahrtseinrichtungen  für  die  Arbeiter. 

Entwürfe  von  Musteranlagen  für  die  einzelnen  Gewerbe. 
Anwendung  in  den  nachfolgenden  Gruppen: 

Gruppe  11.  Metallindustrie.    (58  Aussteller.) 

Gruj)pe  12.  Holzindustrie.    (70  Aussteller.) 

Gruppe  18.  Textilindustrie.    (60  Aussteller.) 

Gruppe  14.  Papier-,  Leder-  und  polygraphische  Industrie.  (29  Aus- 
steller.) 

Gruppe  15.  Industrie  der  Nahrungs-  und  Genufsniittel.  (77  Aus- 
steller.) 

Gruppe  16.  Chemische,  Glas-  und  keramische  Industrie.  (41  Aus- 
steller.) 

Gruppe  17.  Bergbau-  und  Steinbruchsindustrie.    (62  Aussteller.) 

Gruppe  18.  Baugewerbe.     (35  Aussteller.) 

Gruppe  19.  Verkehrsgewerbe  (Verkehr  zu  Lande).   (76  Aussteller.) 

Gruppe  20.  Verkehrsgewerbe  (Verkehr  zu  Wasser).  (33  Aussteller.) 

Gruppe  21.  Land-  und  Forstwirthschaft.    (17  Aussteller.) 

Gruppe  22.  Literatur  und  Bibliothek. 

Gehen  wir  nun  auf  eine  Betrachtung  der  Ausstellung  selbst  ein, 
so  müssen  wir  zunächst  sagen,  dafs  sie  weder  eine  Ausstellung  für  Un- 
fallverhütung, noch  eine  Industrie-Ausstellung  ist,  dafs  sie  vielmehr  nur 
ein  unvollständiges  Bild  vom  Stande  einzelner  Gewerbszweige  unter 
Berücksichtigung  mancher  der  zum  Schutze  der  Arbeiter  getroffenen 
bezieh,  zu  treffenden  Mafsregeln  bietet. 

Sollte  das  Unternehmen  die  Bezeichnung  ,,Unfallverhütungs-Aus- 
stellung''^  mit  Recht  verdienen,  so  müfste  doch  ganz  gewifs  auch  der 
Begriff  einer  Unfallverhütung  für  den  gewerblichen  Arbeiter  mehr  in 
den  Vordergrund  geschoben,  schärfer  betont  worden  sein,  als  dies  that- 
sächlich  geschehen  ist.  Wer  die  Ausstellung  ernst  und  ohne  Voreinge- 
nommenheit ])riift,  mufs  sehen,  kann  nicht  überblicken,  dafs  eine  gi'ofse 
Zahl  der  Unfall verhütungsmafsregeln  eben  nur  als  nothwendiges  Bei- 
werk sich  ausweist,  um  die  Vorführung  der  bezüglichen  Maschine  ao 
diesem  Orte   zu   erklären.     Man   erkennt   leicht   in   vielen   Fällen,   dafs 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.        25 

üicht  die  Maschine  der  zu  erläuternden  Schutzvorrichtung  halber  zur 
Ausstellung  gelangte,  sondern  dafs  der  Fabrikant  der  Maschine  eine 
Schutzvorkehrung  oft  sehr  nothdürftiger  Art  beigab,  nur  um  die  Aus- 
stellung der  Maschine  auf  einer  den  grofsen  Namen  „Unfallverhütungs- 
Ausstelluug''  führenden  Veranstaltung  zu  rechtfertigen.  Augenfällig 
wird  gar  oft,  wie  sehr  die  Schutzvorrichtungen  als  Nebending  ange- 
sehen sind  und  wie  oft  sie  au  die  dem  Beschauer  zu  zeigende  Maschine 
angeflickt  wurden. 

Ganz  besonders  haben  wir  hier  die  Behandlung  einiger  Triebwerke 
und  namentlich  vieler  Kraftmaschinen  im  Sinne. 

Der  unbedingteste  Freund  einer  Ausstellung,  wie  sie  hier  vor  uns 
liegt,  wird  die  einfache  ümfriedigung  einer  Kraftmaschine  mit  einer 
Schnur  oder  einer  etwa  1°°  hoch  an  senkrechten  Pfosten  gestützten 
Stange  als  Schutzvorrichtung,  in  einem  Sinne,  wie  sie  dem  Programme 
der  Ausstellung  entspricht,  kaum  vertheidigen  wollen.  Ganz  gewifs 
bietet  eine  Absperrung  durch  ein  Geländer  oder  ein  Gitter  auch  einen 
Schutz  gegen  Unfälle,  aber  nicht  in  dem  hier  zur  Anschauung  zu 
bringenden  Sinne  gegen  Unfälle  des  die  Maschine  bedienenden  Arbeiters. 
Wenn  für  eine  Kraftmaschine  eine  Leiter  zur  Erklimmung  der  Cylinder 
behufs  Besichtigung  der  Ventile  u.  s.  w.  nothwendig  wird ,  so  darf  ein 
einfaches  Geländer  für  diese  Leiter  nicht  als  einzige  Schutzvorrichtung 
leuchtend  roth  bezeichnet  sein.  Oder  soll  der  Beschauer  wirklich  zu 
dem  Glauben  veraulafst  werden,  dafs  die  Ausstellung  von  Kraftmaschinen 
nothwendig  war,  um  zu  zeigen,  wie  eine  Leiter  bei  Benutzung  eines 
Geländers  leichter  und  sicherer  zu  besteigen  ist,  und  dafs  ein  Geländer, 
welches  die  Maschine  gegen  jede  Annäherung  abschliefst,  auch  Unfälle 
durch  deren  Gangwerk  verhindert?!  Was  haben  das  Poetsch'sehe  Ge- 
frierwerk, was  das  Theater,  die  Vorstellungen  des  Tauchers,  die  Kugel- 
mühlen hier  zu  erläutern?  Was  nutzt  hier  die  Ausstellung  von  Panzer- 
schiffen und  Torpedobooten?!  Gerade  weil  die  Mehrzahl  der  als 
Uufallschutzmittel  bezeichneten  Dinge  durch  rothen  Anstrich  ausge- 
zeichnet sind ,  fällt  deren  häufige  Nebensächlichkeit  und  Unbedeuten- 
heit  am  meisten  auf.  Oder  soll  man  an  den  Eisenbahnwagen  die  Hand- 
griffe, welche  das  Besteigen  der  Wagenabtheilungen  (Coupee)  überhaupt 
er.st  ermöglichen,  als  Schutzmittel  gegen  Unfälle  wirklich  ansehen?! 

Es  ist  unbestreitbar,  dafs  noch  niemals  ein  Programm  voll  und  ganz 
Erfüllung  gefunden  hat:  bei  einem  Unternehmen,  welches  unter  der 
Empfehlung  des  Reichsversicherungsamtes  beschlossen  wurde,  durfte 
aber  der  Grundzug  des  Programms  nicht  in  so  erheblicher  Form  abge- 
ändert werden,  wie  es  hier  geschehen  ist.  Wenn  es  dem  geschäfts- 
führenden Ausschusse  nicht  gelang,  eine  hinreichend  stattliche  Ziffer 
von  Ausstellern  zusammenzubringen,  welche  sich  verpflichteten,  das  Aus- 
stellungsprogramm völlig  zu  erfüllen,  so  hätte  der  Wertk  der  Ausstel- 
lung darunter  in  den  Augen  des  Fachmannes  nicht  verloren,  die  Aus- 


2t)         ÜL'iusche  Allgeiueiiie  Ausstellung   lur  Unl'aUveihiiluug  in  Utilni. 

Stellung  hätte  aber  dann  ihrem  Namen  wenigstens  entsprochen  und  die 
Strenge  des  Ausschusses  wäre  verdientermafsen  anerkannt.  Nun  hat 
sieh  der  Ausschufs  aber  zu  allen  möglichen  Cnncessionen  herbeigelassen, 
so  dal's  sowohl  die  allgemeine  Industrie,  ohne  Rücksicht  auf  die  allein 
zur  augenfälligen  Darstellung  zu  bringende  Unfallverhütung,  als  auch 
das  Interesse  des  grofsen  Publikums,  welches  nur  zur  Befriedigung  seiner 
Schaulust  ein  häutiger  Besucher  eines  Ausstellungsunternehmens  wird, 
einen  ganz  unbegründeten  und  unzulässigen  grofsen  Eintlufs  gewonnen 
haben. 

Einerseits  sieht  man,  wie  die  Vorführung  eigentlicher  Arbeiter- 
schutzmafsnahmen  völlig  zurücktritt  hinter  der  Schaustellung  grofsartiger 
Industrieleistungen,  andererseits  staunt  man  über  die  Kühnheit,  mit 
welcher  Schaustellungen  wie  das  Theater,  der  Taucher,  die  Schocoladeu- 
fabrik  und  Ausstellungsstücke  wie  Betten,  zusammenlegbare  Möbel  u.s.w. 
in  den  Rahmen  des  Programms  eingezwängt  werden  konnten.  So  kommt 
es,  dafs  sehr  oft  das  wirklich  Beachtenswürdige  und  Bemerkenswerthe 
der  Ausstellung  in  einem  gar  nicht  hierher  gehörigen  Wust  gewöhn- 
licher Massenartikel  oder  Schaustücke  verloren  geht. 

Gehen  wir  auf  die  Gegenstände  der  Ausstellung  ein,  so  bleiben  als 
hervorragende  Punkte  der  allgemeinen  Beachtung  werth  in  erster  Linie 
die  Ausstellung  der  Gesellschaft  zur  Verhütung  von  Betriebsunfällen  in 
Mülhausen  im  Elsafs,  die  Ausstellung  der  Augsburger  Textilindustriellen, 
sowie  die  Sammlung  der  österreichischen  Abtheilung. 

Während  eine  grofse  Zahl  der  im  Betriebe  ausgestellten  Schutz- 
mafsnahmen  den  offenbaren  Eindruck  hervorbringt,  nur  als  Beweis  für 
die  Zulässigkeit  der  geschützten  Maschine  zur  Ausstellung  zu  dienen, 
findet  man  hier  bei  diesen  Sonderausstellungen  in  wohlthuendster  Form 
ausschliefslich  zum  Ausdruck  gebracht,  was  geschützt  werden  mufs  und 
wie  geschützt  werden  kann.  Hier  war  es  wirklich  nur  darum  zu  thun, 
durch  Herbeiziehung  von  Maschinen  zur  Ausstellung  das  Wesen  der 
Schutzvorrichtungen  klar  zur  Anschauung  zu  bringen  und  allgemeiner 
verständlich  zu  machen. 

Für  eine  grofse  Zahl  unserer  Fabrikanten  von  Arbeitsmaschinen 
wird  dieser  Standpunkt  aber  erst  dann  erreichbar  sein,  wenn  sie  es 
aufgeben,  die  Schutzvorrichtungen  noch  immer  als  ,,Specialität"  zu  be- 
handeln und  erst  nach  FertigsteUung  der  Maschine  „auf  Wunsch^'  des 
Bestellers  anzuflicken.  Eine  Schutzvorrichtung  kann  aber  nur  wirklich 
gut  sein,  wenn  ihre  Anordnung  und  Anpassung  bereits  beim  Entwürfe 
der  zu  schützenden  Maschine  berücksichtigt  worden  ist.  Zu  diesem 
Slandpimkte  wird  aber  hoffentlich  die  Industrie  im  eigensten  Interesse 
bald  kommen.  Dann  erst  wird  der  Begriff'  des  Arbeiterschulzes  richtig 
verstanden  sein,  wenn  der  entwerfende  Constructeur  immer  und  stets 
auf  die  richtige  und  glückliche  Anordnung  der  Schutzvorkehrungen  Rück- 
sicht nimmt.     Es  wird  nicht  geleugnet  werden   können,   dafs  vielfache 


Sandwell's  elektrischer  Eisenbahnwagen.  27 

Schutzmafsnahmeu  bereits  durch  entsprechende  Lage  der  bezüghchen 
Masehinentheile  im  Gestelle  geschaffen  werden,  dafs  aber  jedenfalls  alle 
Schutzmittel  besser  stehen  und  nicht  so  hindern,  wenn  sie  im  Entwürfe 
vorgesehen  waren.  (Fortsetzung  folgt.) 


Sandweirs  elektrischer  Eisenbahnwagen  mit  Beiwagen 
für  die  Speicherbatterien. 

Um  namentlich  den  Uebergang  von  dem  Betriebe  mit  Pferden  bei 
Strafsenbahnen  in  Städten  (vgl.  Ward^  Omnibus^  1889  272  335)  zum 
Betriebe  mittels  Elektricität  zu  erleichtern,  bringt  W.  D.  Sandwell^ 
Ingenieur  der  Victor  Emjineering  Works  in  Holloway,  London,  die  Speicher- 
batterien auf  einem  besonderen,  niedrigen  Beiwagen  oder  Karreu  au. 
Dadurch  soll  ein  solcher  Betriebswechsel  mit  möglichst  wenig  Aende- 
vungen  an  den  Bahnen  und  den  vorhandenen  Wagen  durchführbar  ge- 
macht werden;  zugleich  läfst  sich  dann  das  Laden  der  Batterien  in  be- 
quemster Weise  bewirken,  und  es  leiden  dieselben  keinen  Schaden 
durch  das  Einsetzen  und  Herausnehmen  aus  dem  Wagen;  auch  werden 
die  Anlagekosten  geringer,  da  man  nicht  entweder  grofse  Speicher- 
batterien anschaffen  mufs,  oder  —  wie  bei  Anwendung  besonderer  elek- 
trischer Locomotiven  —  doppelte  Motoren  nebst  Zubehör  nöthig  hat, 
ebenso  wenig  aber  auch  den  Wagen  zuzumuthen  braucht,  auch  noch 
das  schwere  Gewicht  der  Speicherbatterien  zu  tragen.  Mit  einem  solchen 
Wagen  sind  jüngst  auf  einer  Strafsenbahn  in  Holloway  (zwischen  Hollo- 
way und  Moorgate-Street)  Versuche  angestellt  worden,  wobei  der  Batterie- 
karren vor  oder  hinter  dem  den  Motor  und  die  üebertragung  enthaltenden 
Personenwagen  angehängt  wurde. 

Sandiccll  bringt  aber  nach  dem  Londoner  Electrica!  Engineer  vom 
17.  Mai  1889,  •"'S.  390,  ferner  noch  zwei  Anker  auf  gemeinschaftlicher 
Welle  an  und  lagert  die  Feldmagnete  des  Motors  so  auf  einem  Schlitten, 
dafs  sie  nach  Bedarf  auf  den  einen  oder  auf  den  anderen  Anker  wirken : 
dabei  können  entweder  verschieden  grofse  Betriebskräfte  beschafft  werden, 
oder  es  wird  der  zweite  Anker  benutzt,  sobald  der  erste  beim  Empor- 
fahren auf  Steigungen  sich  erhitzt  hat  oder  irgendwie  Schaden  leidet; 
letzteres  hat  Sandwell  besonders  im  Auge. 

Der  Batteriekarren  läuft  auf  niedrigen  Rädern,  hat  aber  dieselbe 
Spurweite  wie  der  Personenwagen;  die  Batterien  stehen  auf  Bänken 
und  bleiben  beständig  mit  einander  verbunden.  Der  Deckel  läfst  sich 
aufklappen,  damit  man  die  Batterien  nachsehen  kann;  die  Pole  bilden 
biegsame  Verbindungsstücke,  die  in  geeigneter  Entfernung  an  einem 
Griff'e  befestigt  sind,  der  sich  in  eine  doppelte  Federverbindung  ein- 
zulegen vermag.  Die  Batterie  besteht  aus  68  Zellen  der  jüngsten  Form 
der  Electrical  Power  Storage  Elemente  für  Züge:   die   nutzbare  elektro- 


28  Sandwell's  elektrischer  Eisenbahnwagen. 

motorische  Kraft  während  der  Fahrt  beträgt  130  Volt  auf  dem  Wagen; 
das  Leistungsvermögen  der  Batterie  bezitiert  sich  auf  140  Ampere- 
Stunden.  Die  Zellen  bleiben  beständig  auf  dem  Karren  und  sind  daher 
so  leicht  zu  behandeln,  dal's  ihre  Lebensdauer  beträchtlich  gröfser  ist. 
Dazu  tritt  eine  merkliche  Arbeitsersparnifs.  Endlich  fallen  die  Be- 
lästigungen der  Fahrenden  durch  die  Säuren  weg  und  ein  gelegent- 
liches Ausschnai)peu  der  Lösungen. 

Der  von  SandweU  benutzte  Personenwagen  ist  ein  von  der  North 
Metropolitan  Tramivmj  Company  geliehener  Moorgate-Street-Strafsen- 
wagen.  Es  sind  zur  Uebertragung  der  Bewegung  auf  die  Radachse  zwei 
Zahnräderpaare  vorhanden,  so  dafs  man  zwei  verschiedene  Fahrgeschwin- 
digkeiten erreichen  kann.  Von  der  Achse  des  Motors  wird  die  Be- 
wegung mittels  eines  Kieniens  auf  eine  Achse  übertragen;  auf  letzterer 
sind  aber  zwei  Riemenscheiben  vorhanden,  und  es  kann  der  Riemen 
auf  die  eine  oder  auf  die  andere  Scheibe  gelegt  werden;  diese  Zwischen- 
achse ist  nun  eigentlich  doppelt,  indem  die  eine  Scheibe  und  das  eine 
Zahnrad  auf  einer  massiven  Achse  sitzt,  während  die  zweite  Scheibe 
und  das  zweite  Zahnrad  auf  eine  die  massive  Achse  röhrenartig  um- 
gebende hohle  Achse  aufgesteckt  ist.  Die  Umlegung  des  Riemens  und 
dadurch  die  Umänderung  der  Geschwindigkeit  kann  sowohl  von  dem 
vorderen,  wie  von  dem  hinteren  Wagentritt  aus  bewirkt  werden;  ebenso 
die  elektrischen  Umschaltungen,  die  Einschaltung  der  Widerstände  und 
die  Verschiebung  der  Feldmagnete;  es  wird  dies  durch  geeignet  ange- 
ordnete Hebel  erreicht. 

Der  Motor  besitzt  einen  (rramme'schen  Anker,  die  Feldmagnete 
aber  haben  dieselbe  Anordnung,  wie  bei  den  ersten  Siemens'schen 
Dynamomaschinen  (vgl.  1875  217*260).  Der  Anker  ist  0^,241  lang, 
hat  0f",305  Durchmesser  und  besitzt  580  Windungen  aus  0"\0023  dickem 
Drahte.  Bei  Verschiebung  der  Feldmagnete  von  einem  Anker  zum 
anderen  werden  auch  die  Bürsten  in  der  nöthigen  Weise  verschoben. 
Aufserdem  können  die  Bürsten  zum  Zwecke  der  Umkehrung  der  Be- 
wegung verschoben  werden.  Zum  Einschmieren  des  Räderwerkes  be- 
nutzt SandwcU  Vaseline  und  lindet,  dafs  dasselbe  befriedigend  und  sauber 
wirkt,  ohne  dafs  das  Schmiermittel  umherspritzt. 

Der  dem  Motor  während  der  Fahrt  zugeführte  Strom  hat  35  bis 
45  Ampere;  auf  ebener  Strecke  sind  zum  Anfahren  ohne  Ladung  20^ 
mit  Ladung  30  Ampere  erforderlich.  Der  Wagen  fährt  in  seiner  der- 
zeitigen Einrichtung  Iteipiem  mit  gewöhnlicher  Geschwindigkeit  auf  einer 
Steigung  von  1:30  und  kann,  wenn  nöthig,  selbst  eine  von  1:20  er- 
steigen. Bei  sehr  steilen  Steigungen  sollen  am  Fufse  derselben  die 
Speicherbiitterien  zurückgelassen  und  der  Strom  mittels  einer  der  Länge 
der  Steigung  gleichen  Leitung  zugeführt  werden.  Die  angestellten 
Messungen  haben  für  den  Motor  im  Mittel  7,8183  KP  und  9,4604  elek- 
trische IP  ergeben,  also  einen  Wirkungsgrad  von  85  Proe.    Der  Motor 


Zsigmondy,  über  die  Löslichkeit  der  Sulfide  im  Glase.  29 

und  das  Räderwerk  wiegen  nahezu  750*^,  der  Wagen  selbst  2750'^:  die 
volle  Ladung  mit  Personen  kann  zu  2600"^  angenommen  werden.  Batterie 
und  Batteriekarren  wiegen  20001^.  Der  Wagen  läuft  mit  einem  frisch 
geladenen  Karren  S9^^  weit^  der  Karren  soll  für  jeden  Wagen  täglich 
zweimal  gewechselt  werden. 

Die  Kosten  können  nur  angenähert  angegeben  werden,  es  kann 
aber  angenommen  werden,  dafs  die  Umänderung  des  Wagens  500  M. 
kostet.  Die  Batterien  kosten  2200  M.,  da  für  jeden  Wagen  wegen 
des  Wechsels  und  der  Ausbesserungen  2^J2  ^^^^  nöthig  sind.  Motor 
und  Räderwerk  kosten  für  jeden  Wagen  etwa  3600  M.  Die  Be- 
triebskosten berechnen  sich  so,  dafs  Linien  mit  1:30  nicht  über- 
steigenden Steigungen  zum  Satze  von  37,5  Pf.  befahren  werden  können, 
sofern  die  Steigungen  20  Proc.  der  Länge  nicht  übersteigen.  Sandicelt 
hat  seine  Einrichtungen  bisher  nur  für  sich  persönlich  durchgeführt,  da 
aber  Geldmänner  hinter  ihm  stehen,  so  werden  sie  jetzt  in  ihren  Einzel- 
heiten vervollkommnet  und  bald  auf  schon  bestehenden  Strafseubahn- 
linien  eingeführt  werden. 


Die  Löslichkeit  der  Sulfide  im  Glase  (neue  Farben) ;  von 
Richard  Zsigmondy. 

Die  gelbe  bis  braungelbe  Färbung,  welche  dem  Glase  ertheilt  wird, 
wenn  dem  gewöhnlichen  weifsen  Glassatze  verkohlende  Substanzen,  wie 
Weinstein,  Zucker,  Rinde,  Borke  zugesetzt  werden,  ist  eine  dem  Prak- 
tiker seit  langem  bekannte  Thatsache.  Als  man  anfing,  chemische 
Kenntnisse  zur  Erklärung  der  Erscheinungen  der  Glasindustrie  zu  ver- 
werthen,  wurde  diese  Gelbfärbung  mit  ziemlich  richtigem  Blicke  der 
Reduction  von  Sulfaten,  die  aus  der  Potasche  stammen,  zugeschrieben. 
Schon  im  J.  1839  theilte  Splitgerber  {Pogg.  Bd.  47  S.  166,  Bd.  95  S.  472) 
seine  Beobachtungen  darüber  mit,  und  erklärt  die  Färbung  durch  Bil- 
dung von  Alkalisulfiden,  die  mit  dem  Glase  zusammenschmelzen:  Ein 
durch  organische  Substanz  gelb  gefärbtes  Glas  wird  durch  10  bis 
15  Minuten  dauerndes,  nicht  bis  zum  Erweichen  gesteigertes  Rothglühen 
dunkelroth  und  endlich  undurchsichtig.  Durch  stärkeres  Erhitzen  bis 
zum  beginnenden  Erweichen  wird  das  Glas  wieder  durchsichtige  diese 
Erscheinungen  sollen  darin  ihre  Erklärung  finden,  dafs  die  Schwefel- 
metalle analog  dem  freien  Schwefel  beim  Erhitzen  in  die  rothe  und 
schwarze  Modification  übergehen. 

Direkte  Beweise  für  die  Löslichkeit  von  Schwefelalkalien  im  Glase 
finden  sich  mehrere  in  der  Literatur  (vgl.  Pelouze^  Comp.  7'end.^  Nr.  60 
S.  985-  Ann.  Chim.  Phys.  [4]  Bd.  6  S.  467:  J.  B.  1865  S.  802).  Ferner 
Seleznew.  Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft.,  Bd.  15  S.  1191). 


oO  Zbigmundy,  über  die  Luoiiclikeil  der  Sullide  im  ülase. 

Eiuraeli-Selnvefelalkalieü  sollen  das  Glas  intensiv  loth,  ins  Braune, 
Mehrfach-Schwefelalkalieu  schön  roth  färben. 

l'.  thell  fand,  dals  freier  Schwefel  geschmolzenes  Glas,  welches 
mehr  Alkalien  enthält,  als  der  Formel  2H.^0,  5SiO.,  entsprechen,  gelb 
färbt,  dagegen  ein  kieselsäurereiclieres  nicht,  und  schreibt  daher  dem 
neutralen  Glase  die  obige  Formel  zu. 

Ohne  mich  in  eine  Discussion  über  diese  interessanten,  noch  weiterer 
Untersuchung  werthen  Erscheinungen  einzulassen,  will  ich  gleich  zu 
der  Besprechung  meiner  eigenen  Versuche  übergehen. 

In  einer  vor  etwa  2  Jahren  verölf'entlichten  Abhandlung  ^  habe  ich 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs  Sullide  der  Schwermetalle  und  speciell 
das  Schwefelcadmium  unverändert  vom  geschmolzenen  Glase  gelöst 
werden.  Es  ist  diese  Thatsache  nicht  nur  interessant  vom  Standpunkte 
des  Glastechnikers,  der  dadurch  in  Stand  gesetzt  wird,  eine  Reihe  neuer 
Farbstotl'e  für  Glas  zu  gewinnen,  sondern  auch  von  dem  des  Chemikers, 
da  im  Glase  ein  Lösungsmittel  für  einen  Körper  gefunden  wurde,  der 
bisher  ohne  Zersetzung  nicht  in  Lösung  gebracht  werden  konnte. 

Es  wurde  in  der  eben  citirteu  Abhandlung  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dafs  die  Farbe  durch  Oxydationsmittel  verschwindet,  dafs  das 
Glas  während  des  Abkühlens  dieselben  Farbenwandlungen  durchmacht, 
wie  das  Cadmiumsullid;  ferner  auf  die  eigenthümliche  Erscheinung  des 
Zerfallens  eines  durch  Schwefelcadmium  gefärbten  Glases  in  Tausende 
von  kleinen  Blättchen,  eine  Erscheinung,  die  durch  das  Bestreben  des 
Cadmiumsultids  erklärt  wurde,  noch  während  des  Erkaltens  aus  dem 
ihm  unbe(|uemen  Lösungsmittel  auszufallen,  was  im  kalten  Glase  nicht 
ohne  Aufhebung  des  Zusammenhanges  möglich  ist.  Diesem  Berichte  wäre 
noch  beizufügen,  dafs  bei  allzuhoher  Temperatur  das  Glas  gispig  wird, 
sich  nicht  gut  läutern  läfst,  wahrscheinlich  in  Folge  partieller  Ver- 
flüchtigung von  Schwefelcadmium  aus  dem  Glase.  Bei  der  Arbeit  wird 
das  Glas  durch  öfteres  Erwärmen  dunkler  gelb.  (Vgl.  Büchner^  Chem. 
Zeitung  Nr.  HS.  1108.) 

Die  oben  beschriebenen  Schwierigkeiten  sind  inzwischen  voll- 
ständig überwunden  worden,  und  das  gelbe  Glas  wird  auf  einer  öster- 
reichischen Hütte  im  Grofsen  fabricirt.  Auf  der  Wiener  Jubiläums- 
Gewerbeausstellung  war  unter  dem  Namen  Kaisergelb  eine  Reihe  von 
Luxusgegenständen  ausgestellt,  mit  CdS  gefärbte  Gläser,  die  sich  durch 
ihre  satt  gelbe,  feurige  Farbe  mit  einem  schwachen  Stich  ins  Grünliche 
von  den  bräunlich-gelben  Silbergläsern  unterschieden,  und  von  denen 
eine  bedeutende  Menge  aus  Oesterreich  exportirt  wird. 

Durch  diese  Erfolge  ernmthigt,  unternahm  ich  es  in  Gemeinschaft 
mit  Herrn  C.  Hader ^  Chemiker  aus  Prag,  eine  Reihe  von  Versuchen 
über  die  Löslichkeit  anderer  Sullide  im  Glase  anzustellen. 


1  JJeue  Lichter  und  Farben  aui'  Glas  18b7  206  36ü. 


Zsigmondy,  über  die  Löslichkeit  der  SiiHide  im  Glase.  31 

Zunächst  wollten  wir  feststellen,  in  welcher  Weise  Glas  sich  gegen 
einen  grofsen  üeberschufs  von  Schwefelalkalimetallen  verhält.  Zu 
diesem  Zwecke  wurde  folgender  Satz  geschmolzen: 

Nr.  1.  Sand 130tig 

Soda 20 

Mehrfacli-Schwefelkalium     ...     36 
Kalk 18 

Die  angewendeten  Materialien  waren  möglichst  rein,  eisenfrei,  die 
Potasche  85  bis  DOprocentig,  die  Soda  nach  dem  Ammoniakprozesse 
gewonnen,  der  Kalk  gebrannt  und  an  der  Luft  zerfallen.  Das  Glas 
wurde  in  kleinen ,  etwa  2^  fassenden  Thontiegeln  von  der  Form  der 
gewöhnlichen  Hafen  geschmolzen;  sie  wurden  von  den  Arbeitern  mit 
besonderer  Geschicklichkeit  mit  Hilfe  einer  zweizinkigen  Eisengabel 
gepackt,  und  auf  die  einander  zugekehrten  Randtheile  zweier  benach- 
barter Hafen  in  der  Weise  aufgestellt,  dafs  der  kleine  Tiegel  förmlich 
die  Brücke  von  einem  Hafen  zum  anderen  bildet.  Unsere  Versuche 
wurden  mit  laufenden  Nummern  versehen,  die  ich  hier  beibehalten 
will,  und  von  denen  viele  hier  nicht  angeführt  sind,  theils  weil  sie  zur 
Erledigung  ganz  specieller  Fragen  angestellt  wurden,  theils  aber,  weil 
die  Resultate  mancher  von  geringerem  Interesse  waren. 

Das  Glas  Nr.  1  wurde  in  2  Stunden  erschmolzen;  es  war  schwarz, 
stark  glänzend  und  spröde.  Nach  einigen  Tagen  zersprang  der  aus- 
gegossene Kuchen  in  mehrere  Stücke  ohne  äufsere  Veranlassung,  viel- 
leicht deshalb,  weil  wir  ihn  nicht  genügend  langsam  gekühlt  hatten. 
Auf  Krystall  überfangen,  gibt  es  ein  schwarzbraunes,  an  Dunkelumbra 
erinnerndes  Glas.  Schwefelleber  schmilzt  also  mit  dem  Glase  zu- 
sammen, selbst  wenn  man  dieselbe  in  grofser  Menge  zusetzt;  Glasgalle 
war  nicht  zu  bemerken. 

Da  wir  uns  durch  Vorversuche  überzeugt  hatten,  dafs  Metallsulfide 
in  den  kleinen  Tiegeln  durch  Einwirkung  der  Flammengase  sehr  leicht 
oxydirt  werden,  und  die  Anbringung  von  Deckeln  auf  den  Tiegeln  nicht 
gut  durchführbar  war,  wurde  zum  Schutze  der  Sultide  etwas  Einfach- 
Schwefelnatrium  zugesetzt,  in  Mengen  von  \  bis  3  Proc,  von  dessen 
Färbevermögen  wir  uns  durch  besondere  Proben  überzeugt  hatten;  da 
dasselbe  grofsentheils  oxydirt  wird,  färbt  es  nur  lichtbraungelb,  eine 
Färbung,  die  sich  von  den  weit  intensiveren  Färbungen  der  Sulfide 
von  Schwermetallen  leicht  unterscheiden  läfst,  und  auf  die  stets  Rück- 
sicht genommen  wurde  bei  der  Beurtheilung  der  erschmolzenen  Gläser. 

Nr.  3.  Uransaures  Natron  und  Schwefelnatron 

Sand 65 

Potasche 15 

Soda 5 

Kalk 9 

üransaures  Natron     .       0,75 
Schwefelnatron  .     .     .       1,5 

Hier   wurde   versucht,   eine  Umsetzung   zwischen    Uransilicat   und 


;32  Zsigraondy,  über  die  Loslichkeit  der  Öullide  irn  Glase. 

Na-jS  zu  veranlassen.  Das  Glas  war  lichtgelb  bräunlich,  die  Farbe  des 
Urans  war  verdeckt:  eine  Umsetzung  hat  wahrscheinlich  nicht  statt- 
gefunden, da  Uransultid  jedenfalls  weit  intensiver  gefärbt  haben  würde. 

Ein  Versuch  mit  Schwefelwolfram  unter  Zusatz  von  SchM'efel- 
natrium  gab  ein  unscheinbar  röthlichgelbes  Glas. 

Mehr  Interesse  bieten  die  Proben  mit  Molybdän. 

Nr.  17.                            Sand 65 

Potasche 15 

Soda 5 

Kalk 9 

Molybdänglanz  ...  3 

Na2S 2 

Es  resultirte  ein  dunkelrothbrauner  Rubin.  In  dünneren  Schichten 
erschien  das  Glas  licht  braungelb,  auf  Opal  überfangen  wurde  es 
schmutzig  schwai-zbraun.  Wir  haben  diese  Erscheinung  auch  bei  an- 
deren Sulfiden  beobachtet;  sie  ist  darauf  zurückzuführen,  dafs  das 
Sulfid  aus  der  ziemlich  concentrirten  Lösung  bei  wiederholtem  An- 
wärmen ausfällt.  Während  das  zuerst  ausgegossene  und  erkaltete  Glas 
schön  rothbraun  und  durchsichtig  ist,  wird  das  nochmals  eingewärmte 
dunkelbraun  und  undurchsichtig,  offenbar  hat  sich  ein  Niederschlag 
gebildet.  Gläser,  die  mit  Schwefelcadmium  übersättigt  sind,  zeigen 
diese  Erscheinung  noch  deutlicher,  sie  verändern  ihre  Farbe  nicht, 
werden  aber  oi)ak. 

Wir  haben  es  hier  mit  einer  ganz  allgemeinen  Erscheinung  der 
Glaschemie  zu  thun,  die  nicht  genug  Berücksichtigung  finden  kann. 
Milchgläser,  die  anfangs  nicht  oder  wenig  getrübt  erscheinen,  werden 
durch  ein-  bis  zweimaliges  Anwärmen  völlig  opak.  Durch  Edelmetalle 
gefärbte  Gläser  erhalten  ihre,  ihnen  eiuenthümliche  Färbung,  wenn  sie 
farblos  erkaltet  sind,  erst  durch  Nachwärmen.  Auch  die  Trübung  der 
mit  Oxyden  gesättigten  Boraxperle  durch  Flattern  gehört  hierher. 
Wir  sehen  an  diesen  Beispielen,  dafs  für  die  Bildung  gröfserer  Mole- 
cularcomplexe  bezieh,  die  .sich  darin  vollziehenden  Umlagerungen  (wir 
können  es  bei  Goldgläsern  mit  verschiedenen  Isomeriearten  zu  thun 
haben)  eine  Temperaturänderung  vielleicht  speciell  die  ansteigende 
Temperatur  besonders  begünstigend  wirkt. 

Nr.  27  war  wie  Nr.  17  zusammengesetzt,  nur  dafs  statt  65  Th. 
Sand  50  Th.  angewendet  wurden.  Nach  3  Stunden  war  das  Glas  ge- 
läutert, enthielt  aber  viel  Galle.  Im  Uebrigen  hatte  es  die  Eigenschaften 
des  Glases  Nr.  17.  Nach  IG  Stunden  fiel  der  Tiegel  durch  Zufall  in 
den  daneben  siehenden  Hafen,  der  mit  Opalglas  beschickt  war.  Nach 
einiger  Mühe  konnte  der  Thontiegel  wieder  herausgezogen  werden, 
sein  Inhalt  war  aber  mit  dem  des  grofsen  Hafens  gemischt  und  zeigte 
schön  carne(jlar(ige  Streifung  und  Bänderung. 

Nr.  28.  Aehnlich  wie  Nr.  17  zusammengesetzt,  wurde  mit  Minium 
versetzt,   um   zu   ))rüfen,  ob  Bloigehalt    des  Glases  verändernd  auf  die 


2,5 

5 

3 

3 

4.5 

2 

2 


Zsigmondy,  über  die  Löslichkeit  der  Sultide  im  Glase.  33 

f'arbe  einwirkt.    Das  Glas  war  gelbbraun ;  auf  Opal  überfangen,  wurde 

es  schwarzbraun. 

Nr.  30.  Sand 50Jg 

Potasche 15 

Soda 5 

Kalk 9 

Molj'^bdäiiglanz  ...  1 

Schwefelnatrium     .     .  2 

Hier  wurde  nur  der  dritte  Theil  an  Schwefelmolybdän  verwendet; 
das  Glas  war  gelb,  stark  anlaufend,  wurde  nach  24  Stunden  Schmelz- 
zeit mit  Opal  überfangen.     Diesmal  war  der   sepiafarbige  Niederschlag 
nicht  aufgetreten,  und  das  Glas  feurig  orange-rothbraun  gefärbt. 
Nr.  31.     Ein  Kryolithglas  mit  Schwefelmolybdän  versetzt. 

Sand 40dg 

Potasche    .     . 

Soda      .     .     . 

Kryolith     .     . 

Flufsspath 

Feldspath  .     . 

Molybdänglanz 

Schwefelnatron 

Schwärzlieh-grünbraun,  zeigte  schöne  Wolken,  wo  langsam  er- 
kaltet, wurde  das  Glas  opak  (weifslich  vom  Kryolith).  Ein  Glas  von 
dieser  Zusammensetzung  hat  offenbar  ein  sehr  geringes  Lösungsvermögen 
für  Schwefelmolybdän  und  dieses  hat  sich  lebrig  ausgeschieden. 

Nr.  33.  Derselbe  Satz  wie  Nr.  31,  nur  wurden  statt  2dg  MoSj  und 
2dg  NaoS  je  y.,''^  cler  beiden  Substanzen  verwendet.  Das  Glas  war 
gelbbraun,  der  Kryolith  ausgeschürt,  wahrscheinlich  in  Folge  zu  langer 
Einwirkung  des  Feuers. 

Nr.  40.  Herr  C.  Haller  hatte  die  Freundlichkeit,  mir  nachträglich 
noch    folgenden,   in    gröfserem    Mafsstabe    ausgeführten    Versuch    mit- 

zutheilen. 

Sand 9     Wr.-Pfd.  entsprechend  10  Th. 

Potasche      ...  3  „  „  3,3 

Soda 0.25       „  „  0,27 

Kalk 1,5         „  „  1,64 

Molybdänglanz     .  l,5dg  „  0,03 

Der  Satz  wurde  in  einem  10  bis  IS''  fassenden  Probehafen  nieder- 
geschmolzen, ohne  Zusatz  von  Schwefelnatrium,  der  hier  nicht  nöthig, 
da  eine  Oxydation  nur  an  der  Oberfläche  zu  befürchten  war.  Das 
Glas  war  durch  den  geringen  Zusatz  von  0,3  Proc.  Schwefelmolybdän 
röthlich-gelb  gefärbt  mit  sehr  schönem  Stich  ins  Rothe.  Aufserdem 
wurde  sehr  starke  Gallenbildung  beobachtet. 

Nr.  16.     Färbung  durch  Schwefelantimon.     Folgender  Satz   gab  ein 

farbloses  Glas: 

Sand 65dg 

Potasche 15 

Soda 9 

SboSg 5 

Na^S 1 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  27H  Nr.  1.  1889/III,  3 


34  Zsigmondy,  über  die  Löslichkeit  der  Sulfide  im  Glase. 

Der  SchwefelantimoD  scheint  sich  zu  verfUichtigen.  Ein  Kryolith- 
glas  mit  Schwetelantimou  und  Schwefeinatron  versetzt,  gab  ein  braun- 
gelbes  Glas;  die  Färbung  kann  hier  vom  Schwefelnatrium  herrühren, 
da  etwa  6  Proc.  des  letzteren  zugesetzt  wurden.  Eine  Wiederholung 
dieses  Versuches  mit  etwa  4''  Sand,  250f^'  Kryolith,  lOOs  Schwefel- 
antimon und  2008  Schwefel  hat  Herr  C.  Haller  ausgeführt;  er  erhielt 
ein  schön  rothbraunes,  durchaus  nicht  sprödes  Glas. 

Der  Glassatz   von  Nr.  16  statt  mit  Schwefelantimon   mit  2^^«  Zinn- 
sulfür  und  2'^s  Schwefeinatrium  versetzt,  gab  ein  schwach  grünlichgelb 
gefärbtes  Glas.     Der  Tiegel  war  jedenfalls   ungünstig  gestellt,   so  dafs 
das  Schwefelzinn  entweder  verflüchtigt  oder  oxydirt  vi'orden  war. 
Mit  Schwefelkupfer  wurden  mehrere  Glasproben  versetzt. 

Nr.  11.  Sand 100  Th. 

Potasche 26 

Soda 1,8 

Kalk 12 

Schwefelkupl'er  ...       1,7 
Schwefelnatrium     .     .       2,3 

Das  Glas  war  sepia-  bis  sienafarbig,  dunkelbraun,  so  dunkel,  dafs 
man  durch  die  einigermafsen  dicke  Schicht  nicht  mehr  hindurchsehen 
konnte;  dennoch  war  es  klar  und  ungetrübt.  Durch  Nachwärmen 
wurde  es  wieder  schmutzig  schwarzbraun  und  getrübt.  Wird  dieses 
Glas  mit  Schleifglas  verdünnt  und  auf  Opal  überfangen,  so  erhält  man 
angenehm  warme  sepiafarbige  Töne,  die  in  beliebiger  Intensität  her- 
stellbar, dem  sogen.  Naturpapiere  der  Maler  gleichen  und  sich  wohl 
als  Hintergrund  für  Zeichnungen  oder  edlere  Glasmalerei  eignen  dürften. 
Nr.  13.  Sand 60 

Potasche 4 

Soda 8 

Kryolith 5  ^ 

FInfsspath      ....       5 

Feldspatii 7 

Schwei'elkiipfer  .     .     .       0,8 

Schwefelnalriuni     .     .       1,2 

Der  Hafen  war  gesprungen,  der  gröfsere  Theil  des  Glases  aus- 
gelaufen; der  Rest  des  Glases  hatte  chocolatbraune  Farbe  und  war  opak. 

Nr.  14.  Sand 65 

Potasche 20 

Soda 10 

Kalk 9 

Kiipfernibinglas      .     .       6 
SchwofelkupCer       .     .       0,5 
Schwefelnatrium     .     .       1,1 

Der  intensiv  gefärbte  Kupferrubin  wurde  zugesetzt,  um  die  Farbe 
des  Glases  in  rothbraun  umzuändern.  Trotzdem  war  die  Färbung 
ähnlich  der  durch  Versuch  11  erzielten  und  kaiun  ins  Rothe  nüancirt, 
ein  Beweis,  dafs  die  färbende  Kraft  von  Schwefelkupfer  sehr  bedeutend 
ist.  Ebenso  hatte  ein  Zusatz  von  Schwefelcadmium  keinen  Einllufs  auf 
die  Nuance  des  Kupfersulfidglases. 


Zsigmondy,  über  die  Löslichkeit  der  Sulfide  im  Glase.  35 

Herr  C.  Baller  hat  noch  folgende  Versuche  ausgeführt: 

Nr.  37a.  Sand 10  Pfd. 

Potasche 3 

Kalk 1,2 

Soda 0.25 

Schwefelkupfer .     .     .  7,5dg 

Schwefelnatrium     .     .  10,5 

Borax 9,5 

Er  erhielt  ein  schön  kupferrubinrothes  Glas. 

Nr.  37b  war  eine  Wiederholung  von  37a.  unter  Hinzugäbe  von 
2<i?,5  CdS  und  3(^8.5  Schwefelnatrium;  es  wurde  ein  rothes  Glas  mit 
bräunlichem  Stich  erhalten.  Es  mag  auffallend  erscheinen,  dafs  die 
letzten  zwei  Versuche  rothe  Gläser  ergeben  haben,  während  durch 
Schwefelkupfer  sonst  stets  braune  Gläser  erzielt  wurden.  Uns  sind 
derartige  unerwartete  Farbwandlungen  öfter  bei  Sulfidgläsern  begegnet. 
Kleine  Differenzen  in  der  Zusammensetzung,  Temperaturunterschiede, 
Abänderung  der  Gröfse  der  Gefäfse  können  dieselben  bedingen  und  er- 
schweren einigermafsen  das  Studium  der  Sulfidgläser. 

Ein  Versuch,  Glas  mit  Schwefelwismuth  zu  färben,  schlug  fehl,  das 
Glas  war  fast  farblos  und  das  Sulfid  wahrscheinlich  verflüchtigt  worden. 

Schwefelblei  wurde  aus  der  Lösung  von  Bleinitrat  mit  Schwefelwasser- 
stoff gefällt  und  der  abfiltrirte  und  gewaschene  Niederschlag  verwendet. 

Kr.  34.  Sand 50ilg 

Potasche 15 

Soda 5 

Kalk 9 

Schwefelblei  ....       1 
Schwefelnatrium     .     .       1 

Das  Glas  war  spröde   und   sah   schwärzlich   lebrig   aus:    zu   einem 
dünnen  Kölbchen   aufgeblasen,   hatte   es  noch  immer  das  dunkle  Aus- 
sehen; sehr  grelles  Licht  kann  durch  dasselbe  gesehen  werden,  erscheint 
aber  roth,  wie  durch  berufstes  Glas  betrachtet. 
Nr.  36.  Sand 50dg 

Potasche 15 

Soda 5 

Kalk 9 

Schwefelblei  ....       0,5 

Schwefelnatrium     .     .       0,5 

gab  ein  schmutzigbraunes  Glas;  im  Ueberfang  erschien  es  ähnlich  dem 
Glase  Nr.  1.  Auch  hier  hat  sich  trotz  der  Verdünnung  Bleisulfid  aus- 
geschieden und  es  mufste  erst  durch  noch  stärkere  Verdünnung  fest- 
gestellt werden,  welche  Anlauffarbe  dem  gelösten  Bleisulfide  zukommt. 
Auch  das  Schwefelsilber  wurde  durch  Fällen  von  Nitrat  mit  Schwefel- 
wasserstoff gewonnen. 

Nr.  35.                            Sand 56 

Potasche 15 

Soda 5 

Kalk 9 

Schwefelsilber    ...  1 

Schwefelnatrium     .  1 


36  Zsigmondy,  über  die  Loslichkeit  der  Sullide  im  Glase. 

Das  Glas,  anfangs  schwärzlich-rubinroth,  wurde  nach  längerem 
Schmelzen  gelbbraun,  streifig,  ähnlieh  einem  schlecht  geschmolzenen 
Silberrubin.  Auch  hier  mulsten  weitere  Versuche  mit  passenden  Modi- 
ticationen  unsere  Beobachtungen  über  dieses  Glas  ergänzen. 

Durch  Zusatz  von  i  2  Proc.  Schwefelnickel  zu  einem  gewöhnlichen 
Glassatze  erhielt  Herr  Hallcr  ein  schön  amethystviolettes  Glas. 

Durch  Mittheilung  der  hier  angeführten  Versuche  wollte  ich  darauf 
aufmerksam  machen,  dafs  man  im  Stande  ist,  durch  Lösen  von  Metall- 
sultiden  in  Gläsern  denselben  neue,  vielleicht  sehr  brauchbare  Färbungen 
zu  ertheilen.  Allerdings  sind  die  durch  Sullide  gefärbten  Gläser  nicht 
so  leicht  herzustellen,  wie  die  durch  Silicate  gefärbten,  dies  liegt  in 
der  Natur  der  Sulüde,  in  ihrer  leichten  Oxydirbarkeit,  verhältnifsmäfsig 
gröfseren  Flüchtigkeit  und  dem  Umstände,  dafs  die  Metallsulfide  von 
der  Substanz  des  Glases  gänzlich  verschieden  sind,  sich  mit  ihnen  daher 
nicht  in  beliebiger  Menge  zusammenschmelzen  lassen.  Ein  weiterer 
erschwerender  Umstand  liegt  in  der  Sprödigkeit  vieler  Gläser,  der  die 
Verarbeitung  erschwert,  und  in  der  Veränderlichkeit  der  Farbe;  letztere 
kann  aber  unerwartet  zu  ganz  neuen  Färbungen  führen;  andererseits 
kann  man  sicher  sein,  dafs  wenn  man  stets  dieselben  Bedingungen  ein- 
hält, man  auch  stets  gleich  gefärbte  Gläser  erhalten  wird. 

Es  genügt  nicht,  um  die  Farbe  eines  Sulfids  zu  beurtheilen,  einen 
einzigen  Versuch,  etwa  in  einem  kleinen  Tiegel,  auszuführen,  dies  wird 
in  den  meisten  Fällen  zu  Mifserfolgen  führen.  Das  sicherste  Resultat 
geben  Schmelzproben  in  gröfserem  Mafsstabe  mit  10  bis  20"^  und  bei 
nicht  zu  starker  Hitze;  es  ist  sogar  nothwendig,  will  man  nicht  allzu 
verschwenderisch  mit  dem  Materiale  umgehen,  derartige  Versuche  an- 
zustellen, bevor  man  irgend  ein  in  kleineren  Tiegeln  erschmolzenes  Glas 
in  den  Grofsbetrieb  einführt. 

Die  hier  mitgetheilten  Versuche  sollen  das  Gebiet  nur  andeuten, 
das  noch  der  Bearbeitung  fähig  ist;  da  jedes  Metallsulfid  ein  eigenes 
Studium  erfordert,  ist  es  dem  Einzelnen  nicht  gut  möglich,  alle  hierher 
gehörigen  Proben  auszuführen,  weitere  Mittheilungen  von  Fachgeuossen 
werden  uns  daher  stets  willkommen  sein.  Die  Sulfidgläser  dürften,  nament- 
lich mit   andersfarbigen  Gläsern  gemischt,   brauchbare  Nuancen  geben. 

Aber  auch  einem  bisher  mit  Unrecht  stark  vernachlässigten  Zweige 
der  Wissenschaft,  ich  meine  die  Chemie  feuerfiüssiger  Körper,  dürften 
derartige  Versuche  werthvoU  sein.  Während  die  Reactionen  der  Körper 
bei  niedriger  Temperatur  schon  auf  den  weitverzweigtesten  Gebieten 
eingehend  studirt  wurden,  blieb  die  Erkenntnifs  der  Reactionen  feuer- 
fiüssiger Körper  in  einer  Periode  der  Entwickelung  stehen,  die  nicht 
weit  hinter  dem  Zeitalter  der  Phlogistontheorie  liegt.  Der  Grund  davon 
mag  darin  zu  suchen  sein,  dafs  derartige  Versuche  nicht  so  leicht  an- 
zustellen sind,  wie  solche  in  der  Eprouvette,  theils  auch  darin,  dafs 
dieses  Gebiet  dem  forschenden  Chemiker  etwas  abseits  liegt. 


Zur  Technologie  des  Glases.  37 

Eine  seit  etwa  100  Jahren  in  der  analytischen  Chemie  zur  Tren- 
nung von  Metallen  gebrauchte  Operation  ist  die  Fällung  derselben  mit 
Schwefelwasserstoff  bezieh,  mit  Schwefelalkalien.  Nachdem  wir  jetzt 
erkannt  haben,  dafs  sowohl  Silicate  der  Schwermetalle  als  auch 
Schwefelalkalieu  in  gröfserer  Menge  im  Glase  gelöst  werden  können.^ 
welch  letzteres  hier  die  Rolle  einer  neutralen  Flüssigkeit  spielt,  ferner 
-dafs  die  Sulfide  der  Schwermetalle  in  flüssigem  Glase  theils  in  gelöstem, 
theils  in  suspendirtem  Zustande  beständig  sind,  wäre  es  gewifs  nicht 
uninteressant  zu  erfahren,  in  welcher  "Weise  diese  Körper  in  feuer- 
flüssiger Lösung  auf  einander  einwirken,  ob  die  Silicate  der  Eisengruppe 
oder  vielleicht  die  der  Bleigruppe  mit  Schwefelnatrium  in  Reaction 
treten  oder  ob  derartige  Umsetzungen  überhaupt  nicht  stattfinden. 

Unsere  Arbeit  gab  uns  bereits  einige  Anhaltspunkte  zur  Ent- 
scheidung dieser  Frage;  wir  wollen  die  Versuche  in  dieser  Richtung 
gelegentlich  noch  fortsetzen  und  erst,  wenn  wir  einen  tieferen  Einblick 
in  die  Natur  dieser  Reactionen  gewonnen  haben,  darüber  Mittheilung 
machen. 

München,  im  Mai  1889. 


Zur  Technologie  des  Glases. 

Prof.  Rudolf  Weber^  der  Entdecker  der  Thatsache,  dafs  die  gleich- 
zeitige Anwesenheit  von  Kali  und  Natron  die  Ursache  der  Depressions- 
erscheinungen an  Thermometern  ist,  hat  weitere  werthvolle  Mittheilungen 
über  den  Einflufs  der  Zusammensetzung  des  Glases  auf  die  Depression  der 
Thermometer  im  Sprechsaal^  Jahrg.  21  S,  242,  gegeben.  Zunächst  wird  die 
Analyse  des  thonhaltigen  Martinsrodaer  Sandes  angeführt,  da  mit  dem- 
selben mehrere  Schmelzproben  durchgeführt  wurden: 

AI2O3 3,82  Proc. 

CaO 0,14      „ 

K2O 2,65      „ 

Na^O 0,29      „ 

SiO.^ 93,10     „ 

Die  chemische  Zusammensetzung,  das  Verhältnifs  der  Aequivalente 
A'on  SiO.)  zu  CaO,  K2O,  Na20  und  AI2O3  und  die  Depression  in  Graden 
Celsius  sind  in  einer  grofsen  Tabelle  zusammengestellt.  Der  Vergleich 
der  Resultate  ergibt  folgendes:  Der  Gehalt  an  Kieselsäure  kann  in  weiten 
Grenzen  schwanken,  ohne  auf  die  Depression  von  Einflufs  zu  sein.  Der 
Kalkgehalt  variirt  zwischen  10  und  15  Proc.  bei  abwechselnden  Ver- 
hältnissen zum  Alkali;  eine  namhafte  Influenz  auf  die  Depression  macht 
sich  nicht  geltend;  ein  gröfserer  Kalk-  oder  Kieselsäuregehalt  kann  den 
Fehler,  den  das  gleichzeitige  Vorhandensein  von  Kali  oder  Natron  her- 
vorruft, nicht  corrigiren.  Selbst  ein  hoher  Natrongehalt  (2,4  Aeq.  auf 
8  Aeq.  Si02   und   1  Aeq.  CaO)  gibt   gute  Resultate.     Thonerde   wurde 


38  Zur  Technologie  des  Glases. 

von  0,28  Proc.  bis  zu  4,39  Proc.  dem  Glase  zugesetzt,  sie  hat  keineo 
Einflufs  auf  die  Depression,  erleichtert  aber  die  Verarbeitung  (vgl. 
O.  Schott  weiter  unten).  Besonders  wichtig  ist  die  vollkommene  Durch- 
sehmelzung  und  Homogenität  der  Gläser.  Für  die  Praxis  wichtig  ist 
auch  die  Beobachtung,  dafs  der  Gehalt  an  Kali  in  Natrongläsern  selbst 
1  Proc.  übersteigen  kann,  ohne  den  Depressionsbetrag  wesentlich  zu 
steigern.  Aus  Versuchen,  die  in  kleineren  Mengen  mit  1  bis  2'^  der 
reinsten  Materialien  in  5c^er'öchen  Schmelzöfen  ausgeführt  wurden,  so- 
wie aus  früheren  Arbeiten  des  Verfassers  geht  zur  Evidenz  hervor,  dafs 
reines  Kali  oder  reines  Natron^  in  richtiger  Menge  dem  Glassatze  zu- 
gefügt, Gläser  gibt,  die  den  höchsten  Anforderungen  an  die  daraus 
gefertigten  Thermometer  Genüge  leisten. 

R.  Weber  bespricht  ferner  die  Herstellung  von  Thermometern  für 
höhere  Temperaturen  (vorläufige  Mittheilungen,  gegeben  in  der  Sitzung 
des  Vereins  zur  Beförderung  des  Gewerbe fleifses  in  Preufsen  vom  18.  Oktober 
1888;  Sprechsaal^  Jahrg.  22  S.  193).  Quecksilberthermometer,  die  längere 
Zeit  auf  Temperaturen  gegen  3000  C.  erhitzt  vi^erden,  erleiden  eine 
wesentliche,  oft  auf  7  bis  10°  C.  sich  beziffernde  Veränderung,  ein  Nach- 
theil, von  dem  nicht  nur  wissenschaftliche  Untersuchungen,  sondern  auch 
vielfach  Fabrikanten  betroffen  werden,  namentlich  solche,  welche  höher 
siedende  Zwischenproducte  durch  fractionirte  Destillation  zu  trennen 
haben.  Besonders  scharf  hervortretende  Abweichungen  sind  von  Friedet 
iComptes  rendus^  2.  August  1880  S.  291)  angeführt  worden.  Es  wurde 
bei  Thermometern,  die  auf  440"  C.  erhitzt  wurden,  eine  Erhöhung  der 
Temperatur  um  12  bis  170  C.  beobachtet.  Andere  Beobachter  con- 
statirten  eine  Erhöhung  von  110  C.  schon  bei  8200,  Die  Ergebnisse 
der  Versuche  von   Weber  sind  in  Kürze  folgende: 

Ein  aus  Bleiglas  gefertigtes  Thermometer  (aus  Ehrenfeld) 

^"'Tn"pro°"""^  Atomverhältnifs 

SiO.2 56,74'  6,4 

PbO 29,86  1,0 

CaO 0,18  — 

K^O 12,48  0,9 

ergab  schon  bei  zweistündiger  Erhitzung  auf  3200  C.  eine  Abweichung 
um  20. 

Ein  altes  Thermometer  aus  weichem  Thüringer  Glase  zeigte  beim 
achttägigen  Erhitzen  auf  2600  C.  eine  Erhöhung  um  40.  Das  Glas  hatte 
die  Zusammensetzung: 

AtomvQjihältnifs: 

fj??  65,18  gjQ  '  ge 

AI2O3  1,16  ^^  n   .        ^-^ 

K,0  15,16  l""!^  2,26 

Na.20         17,47  ^'^^     ' 

Da  diese  weichen  Gläser  im  Handel  die  Hauptrolle  spielen,  so  er- 
klärt sich  daraus  die  so  wiederholt  befühlte  Calamität. 


Zur  Technologie  des  Glases.  39 

\ 
In  Gemeinschaft  mit  Greiner  und  Friedrichs  in  Stützerbach  wurden 

viele  Gläser  geschmolzen  und  zu  Thermometern  verarbeitet.   Ein  weiches 
Natronglas  von  folgender  Zusammensetzung 

Atomverhältnifs: 
SiOj  69,84  ..^  .. 

Cad  8,18  SiO  S,0 

Al.Og  1.30  Jjf^Q  ^^« 

KjU  1,97  V.^  [       2,1 


SiO.2 

65,42 

A1203 

0.93 

CaO 

13,67 

K2O 

19,46 

Na2U         18,71  ^2^    - 

A\'urde  durch  8  Tage  auf  220  bis  260°  C.  erhitzt,  zeigte  dann  ein  An- 
steigen um  50  C. 

Ein  kalkreichere.s,  aber  natronärmeres  Glas 

Atomverhältnirs: 
SiO)  67,33  ^.^  _^ 

AI2O3  3.94  ^f^  5,0 

CaO  12,42  *^^y.    j        ■^^" 

K2O  0,49  ^f    i        1,2 

Na20         15,82  ^^•^'-'  ' 

verhielt  sich  ähnlich,  denn  es  zeigte  nach  achttägigem  Erhitzen  auf 
etwa  2600  ein  Ansteigen  von  50  C,  welches  sich  um  etwa  1^  ver- 
mehrte, als  die  Erhitzung  nochmals  8  Tage  lang  vorgenommen  wurde. 
Ein  weiches  Kaliglas,  das  ein  sehr  genaues  Thermometer,  fast 
depressionsfrei,  zwischen  0  und  100"  C.  ergab,  und  das  enthielt: 

Atomverhältnifs: 

Si02  4,4 

K2O  1,0 

CaO  0,84 

erfuhr  bei  achttägigem  Erhitzen  auf  260"  ein  Ansteigen  von  1,6". 

Das  sehr  harte  Kaliglas 

Atomverhältnifs: 

Si02  6,0 

CaO  1,0 

K2O  1,0 

gab  Thermometer,  die,  durch  8  Tage  auf  2600  C.  erhitzt,  ein  Ansteigen 
von  1,2  bezieh.  1,1"  C.  zeigten.  Ein  nochmaliges  Erhitzen  durch  8  Tage 
veränderte  nichts. 

Gläser  von  der  Zusammensetzung  6 SiO,,  INaoO,  ICaO  gaben  auch 
gute  Resultate. 

Weber  behält  sich  weitere  Mittheilungen  von  Details  vor. 

Versuche  über  die  Standänderungen  der  Thermometer  nach  Er- 
hitzung auf  höhere  Temperaturen  von  H.  F.  Wiebe  {Zeitschrift  für 
Inslrumentenkunde^  1888  S.  362)  führten  zu  folgenden  Schlufsfolgerungen: 
1)  CrafCs  Annahme,  dafs  bei  lang  andauernder  Erhitzung  auf  eine  und 
dieselbe  Temperatur  die  Eispunktserhebung  schliefslich  ein  Maximum 
erreicht,  scheint  sich  zu  bestätigen.  2)  Lang  andauernde  Erhitzungen 
auf  höhere  Temperaturen  machen  den  Eispunkt  für  niedere  Temperaturen 
nahezu   beständig.     Für   chemische   Thermometer    aus   Jenaer   Normal- 


SiO.) 

69,04 

A12Ö3 

0,89 

CaO 

12,21 

K2O 

18,52 

40  '^i"'  Technologie  des  Glases. 

/ 
glas  dürfte  in  den  meisten  Fällen  eine  etwa   24 stündige  Erhitzung  auf 

300"  C.  vor  Herstellung  der  Scale  ausreichen,  um  die  beim  Gebrauche  ein- 
tretenden Eispunktserhebungen  auf  unerhebliche  Gröfsen  einzuschränken. 
3)  Thermometer  aus  englischem  Bleiglase  und  solche  aus  Thüringer 
Gins  verhalten  sich  beim  Erhitzen  ungünstiger  als  Thermometer  aus 
Jenaer  Gläsern  und  aus  dem  bei  älteren  deutschen  Thermometern  an- 
gewandten Kaliglase.  4)  Das  Jenaer  Normalglas  verhält  sich  in  dieser 
Beziehung  mehr  als  dreimal  so  günstig  als  das  gewöhnliche  Thüringer 
Glas.  5)  Zwischen  den  durch  andauernde  Erhitzung  hervorgerufenen 
Eispunktsaustiegen  und  den  durch  kurze  Erwärmung  auf  1009  erzeugten 
vorübergehenden  Erniedrigungen  des  Eispunktes  besteht  für  die  hier 
untersuchten  Gläser  die  Beziehung,  dafs  einem  gröfsereu  Abstieg  auch 
ein  höherer  Anstieg  entspricht.  —  Schliefslich  ist  zu  erwähnen,  dafs  die 
durch  andauernde  Erhitzungen  bewirkten  Eispunktserhebungen  meistens 
von  einer  Gasabscheidung  begleitet  sind,  welche  sich  durch  kleine  Blasen 
im  Thermometergefäfse  zu  erkennen  gibt.  Der  Annahme,  dafs  das  ab- 
geschiedene Gas  aus  dem  Quecksilber  herrühre,  steht  der  Umstand  ent- 
gegen, dafs  die  kleinen  Bläschen  selbst  nach  tagelangem  Liegen  von 
dem  umgebenden  Quecksilber  nicht  wieder  aufgenommen  werden.  Es 
dürfte  demnach  die  Annahme  gerechtfertigt  sein,  dafs  das  durch  Er- 
hitzen abgeschiedene  Gas  aus  der  Glasmasse  herrühre.  Uebrigens  nöthigen 
die  Gasabscheidungen  nach  langem  Erhitzen  dazu,  die  Capillare  von 
Thermometern  oben  mit  einer  Erweiterung  zu  versehen,  da  es  sonst 
häufig  nicht  möglich  ist,  das  abgeschiedene  Gas  in  den  leeren  Theil 
der  Capillare  über  das  Quecksilber  zu  schaffen,  so  dafs  das  Thermo- 
meter in  der  Regel  unbrauchbar  wird.  —  Mit  der  Eispuuktserhebung 
geht  auch  eine  Aenderung  des  Ausdehuungscoefficienten  des  Glases  Hand 
in  Hand.  Es  ist  daher  zu  empfehlen,  Thermometer  für  höhere  Tem- 
peraturen vor  der  Herstellung  der  Scale  längeren  Erhitzungen  auszu- 
setzen. 

Die  Fehler  an  Libellen  sind  schon  öfters  der  Gegenstand  eingehender 
Untersuchungen  geworden  (vgl.  z.  B.  Hicth  1887  264  501j.  Es  wird 
einerseits  angenommen,  dafs  die  Beschall'enheit  des  Glases  dabei  eine 
mafsgebende  Rolle  s])iele,  andererseits  das  Auftreten  von  Beschlägen 
auf  die  Natur  der  Flüssigkeit  zurückgeführt.  Durch  mehr  als  4  Jahre 
währende  Beobachtungen  hat  nun  Prof.  Weber  die  Frage  ihrer  Entschei- 
dung zugeführt  (Sjirechiaal^  Jahrg.  21  S.  471).  Nach  wiederholtem  Aus- 
waschen mit  Alkohol  und  Salzsäure  wurden  die  Röhren  mit  Wasser, 
Alkohol,  Aelher  und  schliefslich  einige  Male  mit  der  Füllflüssigkeit  aus- 
gespiUt.  Die  Röhren  wurden  nun  einerseits  mit  Aether  gefüllt,  der 
über  gebranntem  Marmor  gestanden,  dann  bei  sehr  gelinder  Temperatur 
destillirt  wurde  und  sofort  zur  Anwendung  kam,  andererseits  mit  Aether, 
der  durch  Stehen  in  undichten  Flaschen  Feuchtigkeit   angezogen  hatte. 

Die  geprüften  Glasröhren  hatten  folgende  Zusammensetzung: 


Zur  Technologie  des  Glases.  41 


I 

II 

III 

IV 

VI 

SiO.2      . 

.     .     65,4 

69,0 

74,1 

78,4 

69,8 

AI2O3    . 

.     .       0,9 

0,9 

0,1 

1.3 

1,1 

CaO.     .     , 

.     13,7 

12,2 

7,2 

6,75 

3.0 

K.^O .     .     . 

.     19,8 

18,5 

18,9 

13,7 

8^9 

Ka.20     . 

0,5 

17,0 

Nr.  I  ist  ein  für  Thermometer  sehr  bewährtes,  etwas  weiches, 
.Nr.  II  ein  etwas  härteres,  sehr  widerstandsfähiges  Glas,  das  nahezu  der 
Formel  öSiO^,  ICaO,  IK.O  entspricht;  Nr.  III  und  IV  sind  die  Ana- 
\jsen  von  Böhmischem  Glase,  III  von  Weber  und  IV  von  Otto  (Mus- 
pratfs  Encycl.^  III  S.  191)  ausgeführt,  die  Gläser  V,  VI  und  VII,  von 
denen  hier  blofs  VI  angegeben,  sind  weiche  Libellengläser  des  Handels. 
Die  Versuche  mit  weichen,  leicht  beschlagenden  Gläsern  ergaben,  dafs 
sowohl  bei  Anwendung  von  schlechtem,  als  auch  von  rectificirtem  Aether 
Beschläge  auftraten,  im  ersteren  Falle  schneller  als  im  letzteren.  Auch 
die  Röhren  I  und  II  zeigten  Verschiedenheiten.  In  der  Röhre  I  ent- 
spannen sich  Beschläge,  wenn  auch  in  weit  geringerem  Mafse  als  bei 
den  Werkstattröhren.  Die  Röhren  Nr.  II  liefsen  nur  eine  sehr  gerinae 
Veränderung  erkennen:  die  mit  wässerigem  Aether  gefüllte  Libelle 
zeigte  sporadisch  auftretende  Beschlagspartikel,  wogegen  das  mit  reinem 
frisch  rectificirten  Aether  gefüllte  Rohr  frei  von  allen  Sedimenten,  von 
allen  der  Blasenbewegung  entgegentretenden  Hindernissen  war.  Bei  der 
Constatirung  dieser  Verhältnisse  wurden  die  empfindlichsten  Libellen- 
prüfer, die  exactesten  Instrumente  verwendet.  Das  Glas  Nr.  II  ent- 
spricht vollständig  allen  Anforderungen,  wenn  es  mit  gutem  Aether  ge- 
füllt wird.  Da  die  Verarbeitung  von  Libellen  aus  böhmischem  Glase 
auf  Schwierigkeiten  stöfst,  so  wäre  es  erwünscht,  auch  das  Verhalten 
von  ganz  wasserfreiem,  mit  Natrium  geschütteltem  Aether  auf  weichere 
Röhren  kennen  zu  lernen.  Versuche  in  dieser  Richtune,  sowie  unter 
Anwendung  von  Petroläther  als  Füllmaterial  werden  später  vom  Ver- 
fasser mitgetheilt  werden. 

Libellen  aus  böhmischem  Hartglase  mit  73,9  Proc.  SiO^,  1,3  Proc. 
AI2O3,  9,99  Proc.  CaO  und  14,83  Proc.  K2O  wurden  3  Monate  laug 
mit  wässerigem  Aether  besetzt;  die  Innenwand  der  Röhre  war  mit  den 
bekannten  Ansätzen  wie  übersäet.  Hartes  Glas  schützt  also  gegen 
schlechten  Aether  nicht,  die  Feuchtigkeit  greift  auch  das  härteste  Glas 
an  {Sprechsaal^  Jahrg.  21  S.  717). 

Prof.  Weber  hat  auch  Untersuchungen  über  den  Einflufs  von  Spiritus 
auf  die  Libellen  angestellt  {Sprechsaal^  Jahrg.  21  S.  768),  Der  Inhalt  der 
Libellen  des  Handels  für  gewerbliche  Zwecke  ist  etwa  93  procentiger 
Alkohol.  Selbst  hartes  Glas  von  der  Zusammensetzung:  7Si02,  ICaO, 
l,2Na20  wird  von  solchem  Alkohol  heftig  angegriffen.  Es  ist  daher 
dringend  anzurathen,  die  Röhren  des  Handels  mit  absolutem  Alkohol 
anzufüllen.  Röhren,  die  mit  reinem  Alkohol  angefüllt  waren,  zeigten 
nach  einem  halben  Jahre  keine  Veränderunsr. 


42  Zur  Technologie  des  Glases. 

Es  ist  eine  dem  ChemikLn-  wohl  bekannte  Tiiatsache,  dais  Gefäfse 
aus  Glati,  wenn  sie  längere  Zeit  mit  lieifser  Lauge  oder  mit  kochendem 
Wasser  in  Berührung  stehen,  zahh-eiche  Risse  bekommen  und  oft  eine 
weitergehende  Zersetzung  zeigen.  Häutig  wird  die  OI)erfläche  solcher 
Gläser  derart  verändert,  dafs  beim  Erhitzen  derselben  über  den  Siede- 
punkt des  Wassers,  amorphe  Schuppen  sich  ablösen,  während  die  übrige 
Glasmasse  keine  Veränderung  zeigt.  Diese  Erscheinung  ist  nicht  blofs 
auf  eine  chemische  Action  zurückzuführen,  sondern  auch  dem  Eindringen 
des  Wassers  in  die  Glasoherßäche  zuzuschreiben.  Eine  Untersuchung  über 
diesen  Gegenstand  hat  0.  Schott  in  Jena  in  der  Zeitschrift  für  Inslru- 
mentenkunde,  1889  Bd.  9  S.  86,  veröfFentlicht. 

Verschiedene  Glassorten  wurden  in  Form  von  Röhren  oder  Scheib- 
chen 5  Tage  lang  mit  heifsem  destillirten  Wasser  gekocht,  vor  und  nach 
der  Behandlung  mit  Wasser  und  nach  dem  Erhitzen  auf  1500  C.  gewogen. 

Das  Ergebnifs  der  Prüfung  war  folgendes: 

1)  Thüringer  Glas,  untergeordneter  Qualität  T.  Analyse:  K^O 
7,3  Proc;  NajO  15,87;  CaO  \66;  Al.^03  +  Fe.pg  2,11;  MgO  0,24; 
SiO.^  68,69. 

Sechs   Röhren   von    l,666qJ'^  Oberfläche   mit    einem  Gewichte    von 

328,9073. 

rt)  Gewichtsverlust  nach  Behandlung  mit  Wasser  0^,0176 

ß)  „  für  Iqdm  Oberfläche  ....  Og,0107 

;•)  „  nach  Erhitzen  auf  1500  C.  .     .  Og,0081 

S)  „  lür  Iqdm  Oberiläche  ....  0g,0049 

Nach  Erwärmen  im  Wasser  war  die  Glasoberfläche  unverändert; 
nach  Erhitzen  auf  1500  C.  im  Luftbade  corrodirte  sie  vollständig  und 
liefs  reichlich  Oberflächenpartikelchen  in  Form  kleiner  Schuppen  ab- 
fallen.    Der  Verlust  von  8mg,l  ist  also  nicht  allein  Wasser  gewesen. 

2)  Besseres  Thüringer  Glas  F  — Analyse:  KjO  3,38  Proc;  NajO 
16,0;  CaO  7,2;  Al.Og  3;  Fe.^Og  0,4;  MgO  0,3;  MnO  0,4;  As.Og  0,24'; 
SiO.2  —  69,0  wurde  in  3facher  Art  untersucht: 

a)  Nach  zweijährigem  Liegen  an  der  Luft. 

b)  Nach  voraufgegangener  Erwärmung  auf  1500. 

c)  Nach  Erliitzen  bis  zum  beginnenden  Erweichen. 

a)  Zwei  Röhren  von  3qdn\956  Oberfläche  und  einem  Gewichte  von 
23K,4598. 

a Og,0139 

ß 08,0035 

V 0g,0032 

's Og,0008 

(a,  /5*,  ;',  S  haben  dieselbe  Bedeutung  wie  oben.) 

i  Der  Gehalt  an  AS.2O5  wird  im  Thüringer  Glas  öfters  gefunden  und  er- 
klärt sich  durch  das  Verfahren,  die  Ueberbleibsel  von  der  Anfertigung  der 
mit  Emaille  belegten  Rühren  den  nächsten  Glasschmelzungen  beizumischen. 
Die  Emaille  enthält  9  bis  10  Proc.  As.,05;  diese  kann  sich  in  solchem  Mafse 
in  den  Röliren  ansammein,  dafs  dieselben  während  der  Verarbeitung  braun 
werden. 


Zur  Technologie  des  Glases.  43 

Nach  der  Entnahme  der  Röhren  aus  dem  Wasser  war  die  Ober- 
fläche des  Glases  unverändert;  nur  nach  dem  Erhitzen  im  Trocken- 
schranke bemerkte  man  sehr  feine,  die  Oberfläche  bedeckende  Risse, 
ohne  dafs  Glaspartikelchen  abgesprungen  wären.  Die  bessere  Beschaffen- 
heit dieses  Glases  erklärt  die  geringere  Veränderung, 

b)  Zwei  Röhren  von  S^idm^e?  Oberfläche  und  einem  Gewichte  von 
18§,2912   wurden  auf  1500  c.  erhitzt  und   dann   mit  Wasser   behandelt. 

a 0g,0094 

ß 0g,0025 

y Og,0031 

rT 0g,0008 

Die  nach  dem  Erhitzen  im  Trockenschranke  entstandenen  Risse 
waren  sehr  klein  und  kaum  zu  erkennen.  Die  Resistenz  der  Oberfläche 
war  gröfser  geworden. 

c)  Zwei  Röhren  von  3q'*™,626  Oberfläche  mit  einem  Gewichte  von 

228,1298. 

a Og,Ü067 

ß 0g,0018 

'-, 0g,0023 

5 0g,0006 

Es  waren  bei  diesem  Glase  auch  mit  bewatihetem  Auge  keine 
Oberflächenrisse  zu  sehen.  Eine  frisch  ausgeglühte  Glasoberfläche  ist 
widerstandsfähiger  als  eine  solche,  die  schon  längere  Zeit  atmosphärischen 
Einflüssen  ausgesetzt  war. 

3)  Eine  im  Jenaer  Laboratorium  hergestellte  Glasröhre  XVIII  von 
der  Zusammensetzung:  Na.20  13  Proc,  PbO  10  Proc,  ZnO  7  Proc..^ 
B2O3  8  Proc,  810.2  66  P''OC.  gab  einen  Gewichtsverlust  {ß)  bei  W^ 
von  0g,00r2  und  keinen  Gewichtsverlust  beim  Erhitzen  auf  150^  C.  Die 
Obei'fläche  zeigte  einen  bläulichen  Schiller  ohne  sonstige  Veränderung. 

4)  Glas  XXII  (Zusammensetzung:  Na20  14,  K^O  14,  CaO  6,  SiO., 
66  Proc).  Die  Röhren  zeigten  schon  nach  36  stündigem  Aufenthalte 
in  warmem  Wasser  zahlreiche,  unregelmäfsige  Sprünge  und  zerfielen 
theilweise. 

5)  Das  Jenaer  Glas  3'i>  (Zusammensetzung:  NajO  16,  CaO  16, 
AI2O3  2,  B2O3  4,  Si02  62  Proc).  15  Röhren  von  10qdm,i4  Oberfläche 
und  einem  Gewichte  von  98g,9257. 

n Og,0566 

ß 0g,0055 

Die  Röhren  hatten  einen  schwach  bläulichen  Schimmer  angenommen., 
zeigten  sonst  keine  Veränderung. 

6)  Glas  6"!  (Zusammensetzung:  Na20  15,  KjO  5,  AI2O3  5,  BjOg  2, 
Si02  73  Proc).  Der  Gewichtsverlust  ß  bei  l^dm  betrug  0g,0009,  nach 
Erhitzen  auf  150»  C.  S  0g,0007. 

7)  Glas  15»i  (Zusammensetzung:  Na.^O  8,  K2O  9,  CaO  7,  ZnO  7, 
AI2O3  2,  Si02  67  Proc).  Der  Gewichtsverlust  ß  betrug  0g,0009,  8 
0g,00006. 


44  Kleinere  Mittheilungen. 

8)  Glas  13"i  cZusammeusetzung:    K.^0  15,   ZnO  20,   B.^03  7,  SiOj 

58  Proc).    11  Röhren  mit  7Qdm^90  Oberfläche  und  einem  Gewichte  von 

74?,8306. 

a 0^.0126 

ß U5-'.0016 

y U?.ÜÜ19 

fj 0?,OU024 

Man  ersieht  aus  diesen  Zahlenangaben  einen  auffallenden  Unter- 
schied zwischen  Kali-  und  Natrongläsern,  während  die  letzteren  ein 
Erhitzen  auf  150"  C.  gestatten,  ohne  ihr  Gewicht  zu  ändern,  ist  bei 
ersteren  —  besonders  in  den  w^eniger  widerstandsfähig  zusammenge- 
setzten Arten  —  ein  erheblicher  Gewichtsverlust  zu  constatiren,  der  sich 
öfters  durch  Veränderung  der  OberflächenbeschafFenheit  zu  erkennen 
gibt.  Solche  Gläser  ziehen  leicht  aus  der  Luft  genügend  Wasser  an, 
um  nachher  beim  Erhitzen  Erscheinungen  zu  zeigen,  die  bei  oberfläch- 
licher Betrachtung  für  Entglasung  gehalten  werden  könnten.  Das  Rissig- 
werden der  Oberfläche  bei  Lampencylindern  gehört  hierher. 

Kaligläser  mit  33  bis  40  Proc.  KjO  bedeckten  sich  nach  längerem 
Liegen  an  der  Luft  mit  einer  Schicht,  die  mit  dem  Messer  wie  Hörn 
abgeschabt  werden  konnte. 

Reichlich  Natron  haltige  Gläser  sind  ebenso  wenig  beständig  wie 
die  Kaligläser,  bedecken  sich  aber  mit  einer  leicht  ablösbaren  kryslal- 
linischen  Kruste.  Wasserhaltiges  Kalisilicat  erscheint  stets  glasartig 
amorph,  wasserhaltiges  Natronsilicat  krjstallinisch.  Für  Fenstergläser 
ist  daher  schlecht  zusammengesetztes  Kaliglas  dem  Natronglase  über- 
legen: für  die  Verwendung  zu  chemischen  und  physikalischen  Zwecken 
wird  aber  das  Natronglas  stets  vorzuziehen  sein. 


Rayrs  Hilfssignal  für  Eisenbahnzüge. 

Die  in  D.  p.  J.  1888  270  517  gegebenen  Mittheilungen  über  die  für  W.  Rayl 
in  Wien  patentirte  Hilfssignaleinrichtung  für  Eisenbahnzüge  mögen  nach  dem 
Centralblalt  für  Elektrotechnik^  1889  *  S.  353,  woselbst  u.  a.  namentlich  auch  eine 
etwas  abweichende  Anordnung  der  Contacttheile  beschrieben  ist,  durch 
folgendes  ergänzt  werden. 

Die  Stromläufe  werden  in  drei  verschiedenen  Weisen  ausgeführt:  ent- 
weder laufen  zwei  isolirte  Leitungen  entlang  dem  ganzen  Zuge,  aber  es  ist 
nur  an  der  Spitze  des  Zuges  ein  Läutewerk  eingeschaltet;  oder  es  ist  beim 
Vorhandensein  zweier  isolirter  Leitungen  sowohl  am  Ende  wie  an  der  Spitze 
des  Zuges  ein  Läutewerk  aufgestellt;  oder  es  wird  an  der  Spitze  und  am 
Ende  des  Zuges  ein  Läutewerk  eingeschaltet,  es  ist  jedoch  nur  eine  durch- 
laufende isolirte  Leitung  vorhanden,  während  die  Rückleitung  durch  die 
Vacuumröhre  gebildet  wird.  Die  letztere  Anordnung  ist  die  gebräuchlichste. 
Dabei  ist  in  dem  ersten  und  in  dem  letzten  Wagen  des  Zuges  eine  Batterie 
(von  6  Lec/anc/ie-Elementen)  aufgestellt;  die  beiden  Batterien  sind  auf  Gegen- 
strom geschaltet;  daher  wird  für  jede  Batterie  ein  geschlossener  Stromkreis 
hergestellt,  sobald  an  irgend  einer  Stelle  des  Zuges  die  Leitung  mit  der  Rück- 
leitung in  leitende  Verbindung  gebracht  wird.  Dazu  läuft  auf  der  Decke 
jedes  Wagens  eine  Welle,  welche  vom  Bremsersitze  aus  und  von  jeder  Wagen- 
abtheilung aus  durch  eine  in  die  letztere   hinabreichende  Schnur   um  OOf*  ge- 


Kleinere  Mittheilungen.  45 

dreht  werden  kann  und  dadurch  einen  Contactstift  mit  einer  Contactfeder  und 
so  beide  Leitungen  mit  einander  in  Berührung  bringt. 

Als  Läutewerk  dient  ein  gewöhnlicher  Rasselwecker;  der  Klöppel  des- 
selben kann  jedoch  während  der  Fahrt  nicht  an  die  Glocke  schlagen,  denn 
er  wird  daran  durch  einen  Winkelhebel  verhindert,  so  lange  kein  Strom  die 
Spulen  des  Elektromagnetes  durchläuft. 

Frisch's  Messung  des  Gesammt-Isolationswiderstandes  elektrischer 
Anlagen  während  des  Betriebes. 

In  der  Zeitschrift  für  Elektrotechnik^  1889  "'S.  218,  hat  Gustiw  Frisch^  Assistent 
am  elektrotechnischen  Institute  der  k.  k.  technischen  Hochschule  in  Wien,  ge- 
zeigt, wie  man  den  Gesammt-Isolationswiderstand  einer  elektrischen  Anlage 
messen  kann,  ohne  den  Betrieb  einstellen  zu  müssen. 

Da  der  Isolationszustand  einer  elektrischen  Anlage  wesentlich  die  Be- 
triebssicherheit derselben  bedingt,  empfiehlt  es  sich,  in  entsprechenden  Zeit- 
räumen Isolationsmessungen  an  dem  Leitungsnetze  vorzunehmen,  weil  dadurch 
etwa  auftretende  Mängel  rechtzeitig,  also  noch  ehe  sie  zu  Betriebsstörungen 
Anlafs  geben  könnten,  entdeckt  und  einer  Ausbesserung  unterzogen  werden 
können.  Zu  diesem  Behüte  genügt  zunächst  die  Bestimmung  des  Gesammt- 
Isolationswiderstandes  der  ganzen  Anlage  gegen  Erde  und  erst  wenn  der  so 
erhaltene  Werth  als  unzureichend  gefunden  wird,  dann  tritt  die  Nothwendig- 
keit  heran,  die  Leitungsgruppen  und  endlich  die  Einzelnleitungen  zu  unter- 
suchen, um  so  die  fehlerhaften  ausfindig  zu  machen. 

Bei  allen  bisher  benutzten  Bestimmungsweisen  des  Gesammt-Isolations- 
widerstandes ist  jedoch  die  Einstellung  des  Betriebes  für  die  Dauer  der  Messung 
unbedingt  erforderlich.  Manche  Anlagen  sind  jedoch  in  ihrem  ganzen  Um- 
fange, oder  doch  wenigstens  theilweise  immerwährend  im  Betriebe.  So 
z.  B.  die  Beleuchtungsanlagen  der  beiden  Hoftheater  in  Wien,  bei  denen 
einige  Leitungsgruppen  auch  während  des  Tages  beansprucht  sind,  desgleichen 
manche  elektrische  Kraftübertragungsanlagen  u.  s.  w.  Könnte  nun  die  Isolations- 
messung während  des  Betriebes  ausgeführt  werden,  so  hätte  dieselbe  überdies 
den  wesentlichen  Vortheil,  dal's  die  Messungen  unter  den  thatsächlich  voi-- 
herrschenden  Betriebsverhältnissen  erfolgen,  ein  Umstand  auf  den  besonders 
Uppenborn  aufmerksam  gemacht  hat. 

A.  a.  0.  entwickelt  nun  Frisch^  wie  sich  die  Messung  während  des  Be- 
triebes ausführen  lasse  und  findet  den  Satz: 

Der  Isolationswiderstand  X  einer  beliebigen  elektrischen  Anlage  gegen 
Erde  kann  während  des  Betriebes  in  der  Weise  ermittelt  werden,  dal's  man 
mit  einem  geeigneten  Galvanometer,  dessen  Widerstand  R  (einschliefslich  Zu- 
satzwiderstand) bekannt  ist,  die  Stromstärken  Jj  und  J^  bestimmt,  welche  man 
erhält,  wenn  dieses  Galvanometer  einerseits  an  Erde,  andererseits  nach  ein- 
ander an  zwei  Punkte  a  und  b  der  Leitung  angelegt  wird,  deren  Spannungs- 
unterschied (zJ)  bekannt  ist.  Es  ist  sodann  die  Summe  aus  dem  Isolations-  und 
dem  Galvanometerwiderstande  gleich  dem  Quotienten  aus  jenem  Spann ungs- 
unterschiede  und  der  Difl'erenz  der  beiden  (mit  ihren  Vorzeichen  genommenen) 
Stromstärken;  oder  es  ist:  X=zJ:(«7|  +  J2)  —  R- 

Sollte  die  Messung  ergeben,  dafs  J^  und  J2  entgegengesetzte  Richtungen 
haben,  so  ist  die  Summe  derselben  zu  nehmen  und  die  Formel  lautet  sodann: 
.Y  =  J:(J,  +J^)-R.. 

Die  Punkte  a  und  6,  von  denen  aus  die  Messung  der  Stromstärken  Jj 
und  J.)  erfolgt,  können  natürlich  beliebig  gewählt  werden,  sofern  nur  ihr 
Spannungsunterschied  A  vor  der  Messung  bekannt  ist.  Am  einfachsten  wird 
es  sein,  wenn  man  unmittelbar  zu  beiden  Seiten  der  Stromquelle  anlegt,  denn 
dann  ist  A  die  (ohnedies  bekannte)  Betriebsspannung. 

Frisch  zeigt  schliel'slich  a.  a.  0.  noch,  wie  sich  selbst  die  kleinste  Anlage 
ohne  wesentliche  Kosten  und  ohne  Hinzuziehung  neuer  Instrumente  für  diese 
Zwecke  einrichten  lasse,  und  dafs  die  gefundene  Formel,  wenn  nicht  Strom- 
stärken,   sondern  Spannungsdiiferenzen  ri  abgelesen   werden,  in    die    Formel: 

X=r(  — 1 )  übergeht. 


46  Kleinere  Mittheilungen. 

Die  Herstellung  der  GlüMampen. 

Ueber  die  Herstelhnig  dvv  Lilühlamiieii  hat  J.  Zacharias  im  Centralblatt  für 
Elektrotechnik^  lö89  0.103,  nachfolgende  Darstellung  aller  Arbeitsstulen  gegeben. 
Die  Glasbirnen  beziehen  die  meisten  Fabriken  aus  den  Hütten,  fertig  ge- 
blasen. Für  die  weitere  Verarbeitung  ist  die  erste  Arbeit  die  Vorbereitung 
der  Liläser  zur  Aufnahme  des  Kohlenfadens.  Letzterer  ist  bekanntlich  an 
kurzen  Platindrähten  befestigt,  welche  in  besonders  vorgerichtetem  Glase  ein- 
geschmolzen sind. 

Zur  Herstellung  der  Fäden,  die  in  den  verschiedenen  Fabriken  in  oft  sehr 
abweichender  Weise  erfolgt,  verwendet  man  :  Baumwollfäden  (Sifan),  Gelatine 
oder  nitrirte  Cellulose  {Khotinski^  Lane-Fvx)^  Ptlanzenfaser  von  Gräsern  oder 
Bäumen  (^Edison^  Siemens  u.  A.).  Andere  Fabrikanten  benutzen  eine  natür- 
liche Faser  unter  Anwendung  eines  chemischen  Verfahrens  {Langbans.  Cruio^ 
Seel).  Je  nach  dem  Materiale  ist  auch  die  Verarbeitung  desselben  zu  einem 
Faden  von  mögliehst  gleichmäfsiger  Stärke  sehr  verschieden.  Die  Einen  haben 
Zieheisen,  die  Anderen  Walzen  dazu  nöthig,  oder  sie  schneiden  von  der 
plastischen  Masse  Streifen.  Um  dann  die  so  erzeugte  Faser  zu  einer  festen 
Kohle  zu  verwandeln,  packt  man  die  Fäden  entweder  in  kleine  feuerfeste 
Kästen  und  setzt  sie  längere  Zeit  einer  hohen  Hitze  aus,  oder  man  macht  sie 
dui'ch  Tränken  in  geeigneten  Flüssigkeiten  etwas  leitend  und  erhitzt  sie  durch 
einen  elektrischen  Strom.  Beide  "\'erfahren  bezwecken,  die  Faser  leitend  zu 
machen  und  auf  einen  gewissen  Widerstand  zu  bringen.  Da  derselbe  jedoch 
noch  nicht  hinreichend  gleichmäl'sig  ausfällt,  so  gibt  man  durch  Niederschlagen 
von  KohlenstotT  auf  der  Faser  derselben  genau  den  gewünschten  Widerstand. 
Das  Niederschlagen  von  Kohlenstoff  geschieht  gleichfalls  in  sehr  ver- 
schiedener Weise  und  ist  durch  zahlreiche  Patente  den  einzelnen  Fabriken 
geschützt.  Die  Patente  zerfallen  in  drei  Gruppen:  Die  Einen  verwenden  hierzu 
Gase,  Andere  flüssige  Kohlenwasserstoffe  und  die  Dritten  feste  Kohlenwasser- 
stoffe, Einige  auch  zwei  dieser  Stoffe.  Der  Erfolg  ist  stets  derselbe,  nur  die 
Kosten  der  Herstellung  und  die  Gleichmäfsigkeit  des  Niederschlages  dürften 
verschieden  sein.  Jeder  Fabrikant  behauptet  natürlich,  das  beste  Verfahren 
anzuwenden,  hauptsächlich  deshalb  wohl,  weil  er  die  anderen  Verfahrungs- 
weisen  wenig  oder  gar  nicht  kennt  oder  probirt  hat,  bezieh,  nicht  anwenden 
darf.  Ein  sehr  einfaches  Verfahren  besteht  z.  B.  darin,  die  zuvor  zu  Kohle 
verwandelte  Faser  in  Erdöl  zu  tauchen  und  in  dieser  Flüssigkeit  zum  Glühen 
zu  bringen. 

Hat  man  die  so  erzeugten  Kohlenfäden  auf  die  geeignete  Länge  geschnitten, 
so  werden  sie  mit  den  Platindrähten  verbunden.  Auch  hierin  weichen  die 
verschiedenen  Fabriken  sehr  von  einander  ab.  Edison  klemmt  die  Fäden  ein 
und  schlägt  Kupfer  auf  die  Enden  galvanisch  nieder,  Lane-Fox  und  Swan 
schlagen  gröfsere  Mengen  Kohlenstoff  an  der  Verbindungsstelle  auf,  während 
Andere  wieder  einen  geeigneten  Kitt  hierzu  anwenden.  Seit  einiger  Zeit 
scheint  man  den  Kupferniederschlag  verlassen  zu  haben  und  nur  noch  Kohlen- 
stoff zur  innigen  Verbindung  anzuwenden. 

Es  folgt  nun  das  Einsetzen  der  befestigten  Fäden  in  die  Glasbirnen :  ent- 
weder hat  man  beide  Platinenden  gemeinschaftlich  in  ein  Stück  Glas  ein- 
geschmolzen, das  man  nun  mit  dem  Halse  der  Birne  vereinigt,  oder  die  Drähte 
werden  getrennt  gehalten  und  sitzen  in  einem  gemeinschaftlichen  Obertheile, 
dessen  Ränder  mit  der  Birne  innig  zusammengeschmolzen  werden.  Zu  gleicher 
Zeit  hat  .man  an  der  Glasbirne  entweder  unten  oder  oben  ein  langes,  schwaches 
Rohr  angeblasen,  um  durch  dasselbe  die  Luft  auszupumpen. 

Das  Auspumpen  der  Lam|)en  bewirkt  man  durch  die  bekannten  Queck- 
silber-Luftpumpen. Entweder  sind  es  Pumpen  wie  die  Geister  sehe  und  deren 
zahlreiche  Abarten,  oder  die  Sprengel'sche  mit  fallendem  (iuecksilberstrahle. 
Letztere  wird  jetzt  ausschliefslich  für  diesen  Zweck  verweiuiet,  weil  sie  wenig 
Aufsiciit  verlangt  und  am  schnellsten  ein  hohes  Vacuum  erzeugt.  Zwei  bis 
zehn  Lampen,  je  nach  deren  Gröl'se,  schmilzt  man  auf  ein  gemeinsames  Rohr 
an  und  verbindet  dieses  mit  je  einer  Pumpe. 

An  sich  ist  die  Glühlampe  nun  zwar  fertig,  bis  sie  jedoch  zur  Verwendung 
geeignet  ist,  hat  sie  lujch  mancherlei  Stufen  zu  durchlaufen.    Zunächst  unter- 


Kleinere  Mittheilungen.  47 

sucht  man,  ob  die  Lampen  ohne  Fehler  sind,  und  merzt  dabei  den  Ausschul's 
aus;  dann  wandern  die  guten  Lampen  zur  Bestimmung  der  Helligkeit  zum 
Photometer.  Die  Lampen  werden  nach  Helligkeit,  Spannung  und  Strom- 
verbrauch genau  sortirt  und  in  Lagerräumen  in  geeigneten  Regalen  auf- 
bewahrt. Die  in  Bestellung  erhaltenen  wandern  in  die  Gypserei  und  hier  werden 
an  sie  zunächst  kurze  Kupferdrähte  angelöthet ;  dann  gypst  man  die  verlangten 
Contactstücke  daran  und  löthet  schliefslich  die  Kupferdrähte  an  den  Metall- 
theilen  der  Contacte  fest.  Vor  dem  Versandt  in  Kisten  oder  Fässern  erhält 
jede  Lampe  noch  die  erforderliche  Bezeichnung  und  Verpackung. 

Wollte  man  für  alle  verschiedenen  Ansprüche  bezüglich  der  Spannung, 
Kerzenstärke  und  der  Contacte  stets  Lampen  in  Vorrath  halten,  so  gäbe  das 
Hunderte  von  verschiedenen  Sorten.  Am  meisten  gebraucht  werden  Lampen 
von  16  Kerzen  und  65  bezieh.  100  bis  110  Volt. 

Grofs  ist  die  Zahl  von  Contacten  bezieh.  Lampenfassungen,  die  man  all- 
mählich eingeführt  hat.  Nur  wenige  genügen  allen  an  sie  zu  stellenden  An- 
forderungen voll  und  ganz.  Wenn  auch  fast  alle  sichere  Leitung  des  Stromes 
gewähren,  so  genügen  sie  nicht  für  Lampen,  welche  wie  in  Mühlen  oder  auf 
Schilfen  Erschütterungen  ausgesetzt  sind.  Bei  Lampen,  welche  in  geneigter 
oder  wao-erecht^r  Lage  brennen,  krümmen  die  Kohlenfäden  sich  oft  nach 
unten;  es  gibt  hiergegen  ein  sehr  einfaches  Mittel,  nämlich  die  Lampen  so  zu 
drehen,  dafs  sie  die  Krümmung  der  Faser  nach  oben  haben.  Die  allerwenigsten 
Arten  der  Fassungen  tragen  jedoch  diesem  Umstände  Rechnung. 

Reckenzauns  Elektricitätszähler. 

Die  Achse,  welche  das  Zählwerk  in  Gang  setzt,  stellt  A.  Reckenzann  in 
London  nach  seinem  Englischen  Patente  Nr.  13  529  vom  19.  September  1888 
lothrecht  und  steckt  auf  sie  eine  Reibungsrolle  auf,  welche  die  Bewegung  von 
einem  sich  mit  seiner  Stirnseite  an  die  Rolle  anlegenden  und  von  einem  Mot 
getriebenen  Reibungsrade  übernimmt.  Die  Rolle  ist  auf  eine  Röhre  aufge- 
steckt, die  mit  demröhrenförraigen  Kerne  eines  Solenoids  verbunden  ist.  Sind 
die  Lampen  nicht  eingeschaltet,  so  treibt  der  Strom  blofs  den  Motor,  der  Kern 
befindet  sich  in  seiner  tiefsten  Stelle,  und  dabei  berührt  die  Rolle  das  immer 
mit  gleicher  Geschwindigkeit  umlaufende  Reibungsrad  gerade  in  dessen  Mitte, 
wird  also  von  ihm  nicht  in  Umdrehung  versetzt.  Werden  die  Lampen  ein- 
geschaltet (oder  wird  die  Elektricität  zu  anderen  Zwecken  verbraucht),  so 
wächst  mit  ihrer  Zahl  die  Stärke-  des  das  Solenoid  durchlaufenden  Stromes, 
die  Rolle  steigt  mit  dem  Kerne  empor  nnd  dreht  sich  mit  einer  der  Lampen- 
zahl entsprechenden  Geschwindigkeit,  das  Zählwerk  aber  zählt  ihre  Um- 
drehungen. Ein  mit  der  Röhre  verbundener  Hebel  bewegt  gleichzeitig  den 
Kern  in  einem  zweiten  Solenoide.  um  dadurch  die  mit  der  Stellungsänderung 
des  Kernes  im  ersteren  eintretende  Aenderung  der  Stärke  der  von  diesem 
ersteren  auf  seinen  Kern  ausgeübten  Anziehung  auszugleichen. 

Pumpelly's  Speicherbatterie. 

In  Pumpelly's  Speicherbatterie  werden  (nach  dem  Electricien ,  durch  das 
Centralblatt  für  Elektrotechnik,  1889  S.  398)  zwar  als  Elektroden  wie  sonst 
gitterförmige  Bleiplatten  verwendet,  welche  mit  einer  activen  3Iasse  angefüllt 
sind,  dieselben  werden  aber  zur  Verhütung  einer  Kurzschliefsung  durch  ab- 
fallende Theilchen  mittels  Kautschukbänder  gegen  einander  isolirt  und  mit 
Asbestgewebe  bedeckt,  damit  die  abbröckelnden  Theilchen  der  Platten  auf 
diesem  Gewebe  liegen  bleiben. 

Die  gleichartigen  Platten  sind  unter  einander  durch  je  einen  Kupferstab 
verbunden,  welcher  zum  Schutze  gegen  den  Angriff  der  Säure  mit  Blei  über- 
zogen ist.  Jede  Batterie-Abtheilung  besteht  aus  11  positiven  und  12  negativen 
Platten  von  15cm^5  Seite,  welche  sich  in  einem  Kautschukgefäfse  befinden,  und 
wiegt  14l<,5;  ihre  Capacität  ist  240  Ampere-Stunden,  also  16  Ampere-Stunden 
für  Ik  des  Gesammtgewichtes;  die  normale  Entladung  geschieht  mit  25  Ampere. 
Der  Gebrauch  der  Asbestblätter  zur  Trennung  der  Platten  vermehrt  den 
inneren  Widerstand  nur  unmerklich,  denn  dieser  beträgt  blofs  0.003  Ohm. 


48  Bücher-Anzeigen. 

E.  Tyer's  galvanische  Zelle. 

Um  die  eine  Elektrode  einer  galvanischen  Zelle  auf  grölsere  oder  ge- 
rinu-ere  Tiefe  der  ErregiingsÜüssigkeit  aussetzen,  dieselbe  auch,  und  zwar  ohne 
sie^in  die  freie  Luft°zu  bringen,  ganz  von  der  Flüssigkeit  abschliolscn  zu 
können,  ordnet  E.  Tyer  in  London  nach  seinem  Englischen  Patente  Nr.  3312 
vom  3.  März  1888  die  Zelle  in  folgender  Weise  an.  Die  Zinkelektrode  erhält 
die  Form  einer  Röhre,  die  mit  ihrem  unteren  Ende  in  eine  ringlormige  Rinne 
im  Boden  des  Gefafses  eingesetzt  wird:  die  Rinne  ist  mit  Quecksilber  gelullt 
und  dieses  wird  durch  einen  in  dem  Boden  und  der  Wandung  des  Gefafses 
fortgeführten  isolirten  Draht  mit  der  Klemmschraube  verbunden,  üeber  die 
Zinkröhre  wird  eine  Glocke  aus  Glas  oder  Steinzeug  gestürzt,  die  mittels  einer 
Prefsschraube  in  gröfserer  oder  geringerer  Höhe  festgestellt  werden  kann;  in 
ihrer  tiefsten  Lage  sitzt  sie  auf  dem  Boden  des  Gefafses  auf;  je  höher  sie  ge- 
hoben wird,  desto  mehr  gibt  sie  von  der  Zinkröhre  der  Flüssigkeit  preis.  Der 
Raum  innerhalb  der  Zinkröhre  wird  zum  grofsten  Theil  von  einem  massiven 
Kern  ausgefüllt,  damit  sich  der  Spiegel  der  Flüssigkeit  im  Gefäfse  beim  Heben 
und  Senken  der  Glocke  möglichst  wenig  ändert.  Die  andere  Elektrode  bilden 
Kohlenblöcke,  welche  in  dem  Räume  zwischen  Glocke  und  Geial'swand  im 
Kreise  angeordnet  sind. 

Bücher-Anzeigen. 

Handbuch  der  Tiefbohrkunde   voia   Th.  Tecldenburg.     Band  111.    Das 
Diamantbohr System.    Leipzig  1889.    Baumgärtner.     14  Mk. 

Der  vorliegende  Band  sei  nicht  nur  den  eigentlichen  Bohrleuten,  sondern 
allen  Freunden  der  Technik  empfohlen.  Behandelt  er  doch  im  Diamant- 
bohren denjenigen  Zweig  des  Bohrfaches,  welcher  sich  durch  sinnreiche 
Einrichtung  seiner  Apparate  und  erstaunliche  Leistungen  auszeichnet.  Gleich 
seinen  Vorgängern  ist  der  neue  Theil  dem  praktischen  Bedürfnisse  der  Bohr- 
unternehmer angepafst,  woraus  sich  erklärt,  dafs  mitunter  maschinelle  Ein- 
richtungen eingehender  behandelt  sind,  als  es  für  das  Yerständnil's  geschulter 
Intfenieure  erforderlich  gewesen  wäre. 

Wenngleich  die  in  Deutschland  ausgeführte  grofsartigste  Bohrung  der 
Welt  mit  dem  Diamantbohrer  bewerkstelligt  ist  und  die  Zahl  der  Diamant- 
bohrungen von  Jahr  zu  Jahr  sich  mehrt,  so  fehlt  doch  noch  viel  daran,  dafs 
alle  Bohrungen,  welche  ihrer  Natur  nach  die  Diamantbohrung  erheischten, 
auch  nach  dieser  vollendetsten  Methode  ausgeführt  würden.  Der  Grund  für 
diese  Thatsache  liegt  wohl  gröfstentheils  in  der  Unbekanntschaft  der  Unter- 
nehmer mit  den  schon  zur  Verfügung  stehenden  Hilfsmitteln.  Diesem  Mangel 
wird  durch  den  vorliegenden  Band  gründlichst  abgeholfen. 

Die  30  beschriebenen  Diamantbohrmaschinen,  von  denen  20  amerikanischen, 
4  englischen,  .6  deutschen  Ursprunges  sind,  umfassen  alle  Einrichtunjjien  dieser 
Art ,  welche  Beachtung  verdienen.  Die  Form  der  Beschreibung  eröffnet  das 
Verständnifs  für  Jedermann,  wobei  die  vortrefflichen  Abbildungen  eine 
wesentliche  Unterstützung  bieten. 

Zur  Gewinnung  oines  Urtheiies  darüber,  ob  im  gegebenen  Falle  eine 
Diamantbolirung  am  Platze  bezieh,  welche  Maschine  am  geeignetsten  erscheint, 
dient  die  ausführlich  gegebene  Darstellung  von  Bohrungen,  welche  alle  er- 
hältlichen Daten  über  Leistungen,  Kosten,  Kraftaufwand  u.  dgl.  zuverlässig 
wiedergibt.  Wer  über  einzelne  Punkte  noch  eingehendere  Belehrung  sucht, 
findet  in  dem  reichhaltigen  Literaturnachweise  alle  Quellen,  weiche  bis  zum 
Abschlufs  des  Bandes  zugänglich  gewesen  sind. 

Hoffentlich  regen  die  gebotenen  Darstellungen  zu  neuen  Bestrebungen  an 
und   bringen    auch    diesen  Zweig  der  Technik    zu  immer  vollerer  Entfaltung. 

E.  Qad. 


Verlag  der  J.  ü.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Neuerungen  an  Sicherheitslampen.  49 

Neuerungeii  an  Sicherheitslampen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  264  S.  381.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  3  und  4. 

Am  30.  April  hat  die  Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfall- 
verhütung in  Berlin  ihre  Pforten  geöffnet,  eine  Ausstellung,  welche  dem 
Schutze  des  Arbeiters  gewidmet  ist  und  sich  aus  der  Reihe  der  letzt- 
jährigen Ausstellungen  edler  und  würdiger  heraushebt,  als  beispielsweise 
der  vorjährige  „Grand  concours"  in  Brüssel.  Die  Ausstellung  ist  reich- 
haltig beschickt  und  gewährt,  dank  den  Bemühungen  aller  betheiligten 
Kreise  und  den  erzielten  Resultaten,  die  Aussicht,  dafs  Leben  und 
Gesundheit  der  Arbeiter  in  Zukunft  mehr  als  bisher  gesichert  sein 
werden.  Sie  wird  daher  zweifellos  eine  nachhaltige  "Wirkung  ausüben 
und  mit  dazu  beitragen,  den  Frieden  zwischen  Arbeitgeber  und  Arbeit- 
nehmer zu  fördern  und  zu  befestigen. 

Es  ist  naturgemäfs,  wenn  auf  einer  derartigen  Ausstellung  auch  die 
dem  Bergbaue  so  unentbehrlichen  Sicherheitslampen  reich  vertreten 
sind,  und  zwar  haben  eine  ganze  Reihe  Firmen,  auch  ausländische, 
theils  bewährte,  theils  neue  Constructionen  ausgestellt.  Der  Catalog 
enthält  etwa  17  Nummern,  von  denen  indessen  noch  einige  fehlen. 
Unter  den  Ausstellern  sind  hervorzuheben  die  Eönigl.  Bergwerksdirektion 
zu  Saarbrücken,  das  Reichsversicherungsamt ^  Gebr.  Slern  in  Essen  an 
der  Ruhr,  W.  Seippel  in  Bochum  und  vor  allem  Friemann  und  Wolf  in 
Zwickau  i.  S.,  welche  letzteren  Firmen  zugleich  eine  Reihe  Neuerungen 
vorführen.  Ferner  sind  noch  zu  nennen  S.  Elster  in  Berlin  und  J.  Pintsch 
in  Berlin.  Auch  vom  Seiten  der  belgischen  Industrie  sind  Lampen  zur 
Ausstellung  gebracht,  und  zwar  von  A.  Merlin  in  Ans-lez-Liege  und 
von  A.  Verschueren  in  Antwerpen,  von  denen  die  letztere  indefs  bei 
Reinigung  von  Abortanlagen  Verwendung  findet  (Räumung  der  Fäkal- 
stoff"e  der  Stadt  Antwerpen).  Im  Folgenden  sei  nun  sowohl  über  die 
auf  der  Ausstellung  vertretenen  Lampen,  als  auch  überhaupt  über  die 
an  Sicherheitslampen  getroffenen  Abänderungen  berichtet. 

Von  den  ausgestellten  Lampen  sei  zunächst  die  Lampe  der  Königl. 
Bergwerksdirektion  zu  Saarbrücken  genannt,  welche  Lampe  bekanntlich 
eine  Abänderung  der  iWüse/er-Lampe  ist  und  sich  von  dieser  dadurch 
unterscheidet,  dafs  der  innere  Blechschornstein  und  das  diesen  ein- 
schliefsende, über  dem  Gl ascy linder  befindliche  wagerechte  Drahtgeflecht 
fehlt  (vgl.  Zeitschrift  für  Berg-.,  Hütten-  und  Salinenwesen.,  Bd.  31  und 
Bd.  33). 

Ferner  sind  in  mehreren  Exemplaren  von  Heckel  und  Nonweiler  in 
Saarbrücken  gefertigte,  mit  Magnetverschlufs  versehene  Schondorf' sehe 
und  Wenderoth' sehe  Lampen  ausgestellt  (vgl.  die  D.  R.  P.  Nr.  15150  und 
Nr.  16566);  auf  letztere  werden  wir  bei  einem  späteren  Berichte  aus- 
führlicher zurückkommen. 

Dingler-s  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  2.  1889/111.  4 


50  •  Neaerungen  an  öicherheitslampen. 

Eine  bevyährte  Lampe  'h^t  auch  das  Reichsversicherungsamt  vorge- 
führt, und  zwar  die  nach  den  Vorschriften  der  König!.  Preufsischen 
Wettercommission  hergestellte,  für  Rüböl  bestimmte  Lampe  von  W.  Seippel 
in  Bochum  in  W.  mit  dem  untei-  Nr.  24547  patentirten  Plombencontrol- 
verschlufs,  der  in  etwa  25000  Exemplaren  zur  Ausführung  gelangt  ist. 
W.  Seippel  hat  ferner,  wie  erwähnt,  selbst  Lampen  verschiedener  Systeme 
für  Oel  und  Benzin  ausgestellt,  theils  mit  einer  neuen  Zündvorrichtung. 

Die  Abänderungen  und  Vervollkommnungen,  welche  in  den  letzten 
Jahren  von  deutscher  Seite  an  der  i>ai'«/'scheu  Sicherheitslampe  getroffen 
worden  sind,  erstrecken  sich  überhaupt  in  der  grofsen  Mehrzahl,  und 
die  Ausstellung  bestätigt  dies  theilweis,  auf  die  zuerst  von  C.  Wolf  in 
Zwickau  i.  S.  vorgenommene  Anbringung  einer  von  aufsen  zu  bethäti- 
genden  Zündvorrichtung^  um  dadurch  dem  Arbeiter  jede  Veranlassung 
zu  nehmen,  die  Lampe  bei  eingetretenem  Erlöschen  zu  öffnen.  An 
diesen  Verbesserungen  der  Zündvorrichtung,  über  deren  Werth  die  Mei- 
nungen noch  getheilt  sind,  ist  C.  Wolf  selbst  mit  einer  Reihe  von  Con- 
structionen  betheiligt.  Einige  der  anderen  Anordnungen  zeigen  einen 
direkten  Zusammenhang  mit  der  oben  erwähnten  Wolf  sehen  Construction. 
Ein  Theil  der  Neuerungen  läfst  indefs  auch  das  Bestreben  erkennen, 
die  Sicherheit  des  Korbes  zu  erhöhen  und  so  die  Möglichkeit  zu  ver- 
ringern bezieh,  zu  beseitigen,  dafs  die  im  Inneren  des  Korbes  sich 
bildende  Explosionsflamme  sich  nach  aufsen  fortpflanze. 

Hinsichtlich  der  Zündvorrichtungen  sei  zuerst  die  Anordnung  von 
H.  Catrice  in  Peruwelz,  Belgien,  genannt  (*D.  R.  P.  Nr.  41140  vom 
22.  December  1886),  bei  welcher  ein  Reibzündhölzchen  dicht  neben  dem 
Dochtende  zur  Entzündung  gelangt.  Die  Anwendung  von  Reibzünd- 
hölzchen bietet  den  Vortheil,  dafs  auch  ein  mit  schweren  Oelen  ge- 
tränkter Docht  sicher  angezündet  werden  kann,  während  bei  anderen 
Anordnungen  der  Gebrauch  von  flüchtigen,  leicht  brennbaren  Stoffen 
erforderlich  ist. 

Die  in  Fig.  1  und  2  Taf.  3  dargestellte  Construction  besteht  in  einem, 
an  entsprechender  Stelle  der  Lampe  angebrachten  cylindrischen  Ge- 
häuse a  von  20'"'"  Durchmesser  und  25'^^'^^  Höhe,  in  welches  eine  Trommel  n 
lose  eingesetzt  wird.  Am  inneren  Umfange  derselben  sind  die  zur  Auf- 
nahme der  Streichhölzer  bestimmten  Röhrchen  e  angelöthet.  Dieselben 
sind  von  etwas  geringerer  Höhe  als  die  Trommel,  so  dafs  die  zwischen 
die  Röhrchen  gelötheten  Theilungswände  die  letzteren  überragen  und 
mit  der  äufseren  Trommelwand  Schutzfächer  bilden,  in  welchen  die 
Streichholzköpfe  vollständig  von  einander  getrennt  sind,  damit  durch 
Ueberspringen  eines  Funkens  die  ganze  Ladung  sich  nicht  auf  einmal 
entzünden  kann.  Oberhalb  der  Röhrchen  e  ist  auf  dem  Gehäuse  a  da& 
viereckige  Rohr  b  befestigt,  welches  mit  den  Röhrchen  e  durch  ein 
Loch  in  Verbindung  steht.  Rohr  b  enthält  im  Inneren  die  flache  Feder  c, 
welche  mit  ihrem  unteren  Ende  an  die  Rohrwand  gelöthet  ist  und  sieb 


Neuerungen  an  Sicherheitslampen.  51 

oben  gegen  eine  gerauhte  Fläche  der  gegenüberliegenden  Rohrwand 
legt.  Das  obere  Ende  der  Feder  ist  rechtwinkhg  umgebogen  und  ist 
auf  diesen  Winkel  ein  Plättchen  p  gelöthet,  welches  die  Mündung  des 
Rohres  vollständig  verschliefst.  Das  Gehäuse  a  hat  unten  einen  ziem- 
lich hohen  Flansch  A-,  auf  welchem  der  Deckel  d  drehbar  befestigt  ist. 
Der  Deckel  wird  durch  Ausschnitt  i  und  Stift  i^  verschlossen  gehalten, 
wobei  der  durch  Rohr  r  gesteckte  Draht  u  mit  seinem  unteren  Ende 
in  der  Höhlung  v  des  Deckels  steht.  Auf  dem  Deckel  d  befindet  sich 
an  entsprechender  Stelle  eine  Erhöhung  </,  welche  mit  einer  Curven- 
nuth  z  von  solcher  Länge  versehen  ist,  dafs  dieselbe  ungefähr  über  zwei 
Rohrmündungen  reicht,  so  dafs  also  die  Trommel  n  jederzeit  mittels 
des  Stiftes  in  Drehung  versetzt  bezieh,  ein  Streichholz  unter  Rohr  b 
eingestellt  werden  kann.  Am  Eingange  von  b  sind  noch  zwei  Federn  f 
angebracht,  welche  das  hinaufgedrückte  Streichholz  in  dieser  Stellung 
festhalten. 

Zur  Entzündung  der  Lampe  wird  nun  mittels  eines  durch  den 
Schlitz  z  eingeführten  Stiftes  ein  Streichholz  unter  Rohr  b  eingestellt 
und  kräftig  hinaufgedrückt,  wobei  die  Feder  c  zurückweicht,  das  Streich- 
holz auf  der  rauhen  bezieh,  chemisch  präparirten  Fläche  sich  entzündet 
und  neben  dem  Dochte  aufflammt.  Das  obere  Plättchen  p  weicht  dabei 
ebenfalls  mit  der  Feder  c  zurück  und  hält  im  Uebrigen  den  Apparat 
gegen  Eindringen  von  Gasen  verschlossen.  Die  Streichhölzchen  sind 
etwa  20™"!  lang  und  können  dicker  als  gewöhnliche  Zündhölzchen  sein; 
sie  werden  fest  in  die  Röhrchen  e  eingesteckt,  damit  sie  nicht  von 
selbst  herausfallen  können.  Die  Zündvorrichtung  wird  von  unten  loth- 
recht  in  die  Lampe  eingesetzt  und  am  Umfange  des  Flansches  k  mit 
dem  Lampenboden  verlöthet,  so  dafs  in  dieser  Lage  das  Rohrende  b 
gerade  mit  dem  Dochte  in  gleicher  Höhe  liegt  (vgl.  auch  Comptes  rendus 
de  la  socie'te  de  findustrie  minerale^  1887  S.  237). 

Wie  bereits  erwähnt,  liegen  neuere  Zündvorrichtungseonstructionen 
auch  von  Friemann  und  Wolf  in  Zwickau  i.  S.  vor,  welche  Neuerungen 
zum  Theil  auch  auf  der  Ausstellung  vertreten  sind. 

C.  Wolf  hatte  seine  Zündvorrichtung  früher  bereits  mit  einer  Schutz- 
kappe versehen  (vgl.  1887  263  132),  um  ein  Verspritzen  der  Zündpillen- 
theilchen  nach  oben  in  den  Drahtschornstein  oder  seitlich  an  den  Glas- 
eylinder  zu  verhindern.  Neuerdings  ist  nun  an  dieser  Schutzkappe  ein 
Messer  zum  Abschneiden  des  verbrauchten  Zündstreifens  angebracht,  um 
der  aus  Entzündung  des  Streifens  entstehenden  Gefahr  vorzubeugen 
und  so  die  Veranlassung  zu  Durchschlägen  zu  beseitigen  (*D.  R.  P. 
Nr.  43234  vom  30.  Juni  1887).  Das  Messer  b  (Fig.  3)  ist  unterhalb  des 
wagerechten  Theiles  der  bei  c  drehbaren  Schutzkappe  o  angebracht, 
und  die  letztere  ist  an  einer  Seite  mit  einer  gekrümmten  Verlängerung  d 
versehen,  welche  durch  Stifte  g  h  der  Schiebestange  e  beeinflufst  wird. 
Beim  Bethätigen  der  Zündvorrichtung  (Herabziehen  von  e)  erfährt  daher 


52  Neuerungen  an  Sicherheitslampen. 

die  Schutzkappe  a  eine  eutsprechende  Drehung,  wobei  ihr  Messer  b 
den  über  die  Zündvorrichtung  hinausragenden  Papierstreifen  b^  ab- 
schneidet. Beim  Emporschieben  der  Stange  e  tritt  dann  die  Kappe  a 
wieder  zurück  und  ermöglicht  damit  das  weitere  Vorschieben  des  Zünd- 
streifens, dessen  Zündung  wie  bekannt  erfolgt. 

Während  die  eben  genannte  Zündvorrichtung  für  mit  Benzin  ge- 
speiste Sicherheitslampen  bestimmt  ist,  hat  sich  C.  Wolf  in  Firma  Friemann 
und  Wulf  in  Zwickau  i.  S.  in  neuerer  Zeit  eine  Zündvorrichtung  pa- 
tentiren  lassen  für  Sicherheitslampen,  in  welchen  schwere  Oele  oder 
ein  Gemisch  von  Erdöl  und  Paraffin  gebrannt  werden  C^D.  R.  P.  Nr,  44392 
vom  24.  Februar  1888).  Zum  Entzünden  des  Dochtes  ist  in  diesem 
Falle  eine  länger  andauernde  Flamme  erforderlich,  als  durch  Zünd- 
pillenstreifen zu  erzeugen  möglich  ist.  Es  werden  deshalb  Streifen  mit 
Zündpillen  verwendet,  die  nicht  durch  Schlag,  sondern  durch  Reibung 
entzündet  werden  und  eine  lang  andauernde  Flamme  abgeben. 

Fig.  4  zeigt  die  Zündvorrichtung  im  Querschnitte,  während  Fig.  5 
die  im  Gehäuse  a  gelagerte  und  durch  den  Oelbehälter  der  Lampe 
hindurchtretende  Spindel  m  zeigt,  durch  welche  die  Zündvorrichtung 
bethätigt  wird.  Durch  das  nur  am  oberen  Ende  theilweise  offene  Ge- 
liäuse  o  der  Zündvorrichtung  geht  ein  fest  gelagerter  Bolzen  6,  welcher 
innerhalb  des  Gehäuses  zwei  zur  Transportirung  des  an  der  Platte  f 
geführten  Zündstreifens  e  dienende  Zahnräder  c  und  zwischen  diesen 
den  eigentlichen  Reiber  d  aufnimmt.  Dieser  Reiber  d  ist  in  der  Mitte 
mit  einem  Schlitze  versehen,  der  gröfser  als  der  durch  ihn  tretende 
Stift  b  ist,  so  dafs  der  Reiber  nicht  allein  eine  Auf-  und  Abwärts- 
bewegung, sondern  auch  eine  seitliche  Bewegung  ausführen  kann.  Im 
unteren  Theile  des  Reibers  d  ist  ein  zweiter  Führungsschlitz  vorgesehen, 
durch  den  ein  gleichfalls  in  dem  Gehäuse  a  gelagerter  Stift  g  hindurch 
tritt.  Ein  am  Reiber  d  befestigter  Stift  h  ist  durch  einen  Schlitz  des 
Gehäuses  a  nach  aufsen  geführt  und  wird  hier  von  dem  einen  Ende 
einer  um  einen  Bolzen  gewickelten  Feder  /  ergriffen,  welche  bestrebt 
ist,  den  Stift  h  und  hierdurch  den  Reiber  d  selbst  hochzuschnellen. 

Soll  der  Reiber  d  zur  Bethätigung  der  Zündvorrichtung  nach  unten 
gezogen  und  die  Feder  l  gespannt  werden,  so  dreht  man  die  aus  dem 
Oelbehälter  der  Lampe  heraustretende  Spindel  m  in  der  Pfeilrichtung 
(Fig.  4)  herum,  wobei  die  an  dem  excentrischen  Stifte  o  sitzende  Nase  n 
der  Spindel  den  Reiber  d  zuerst  nach  der  Seite  drückt,  so  dafs  der  aus 
dem  Kasten  a  heraustretende  Arm  ^Z,  mit  dem  zugespitzten  gebogenen 
Ende  d^  des  Reibers  d  von  dem  Zündstreifen  e  abgehoben  und  in  dieser 
abgehobenen  Lage  nach  unten  geführt  wird,  ohne  den  Papierstreifen  n 
mitzunehmen.  Zwischen  der  Nase  n  und  den  Theilen  m  w,  der  Spindel 
ist  genügender  Zwischenraum ,  um  ein  Hindurchtreten  der  Transport- 
räder c  zu  ermöglichen.  Bei  weiterer  Drehung  der  Spindel  und  nach 
Abheben  des  Reibers  von   dem  Zündstreifen  e  greift   der  excentrische 


Neuerungen  an  Sicherheitslampen.  53 

Stift  0  in  die  Zähne  der  Transporträder  c  ein,  dreht  die  letzteren  um 
einen  Zahn  herum  und  schiebt  dadurch  gleichzeitig  den  Papierstreifen  e 
um  die  Entfernung  zweier  Zündpillen  in  die  Höhe.  Der  Reiber  d  wird 
durch  die  Nase  n  in  seiner  untersten  Lage  so  lange  festgehalten,  bis 
letztere  bei  weiterer  Drehung  der  Spindel  m  den  Schulteransatz  am 
Reiber  d  verlassen  hat.  Nun  kann  die  Schlagfeder  /  in  Wirkung  treten, 
die  zuerst  durch  den  Angriff'  an  den  Stift  h  den  Reiber  d  nach  rechts 
drückt,  damit  die  Spitze  d.^  des  Armes  rfj  fest  an  dem  Papierstreifen  e 
zur  Anlage  kommt,  und  alsdann  den  Reiber  d  in  gerader  Führung 
schnell  nach  oben  treibt,  wobei  die  Spitze  des  Reibers  die  Zündpille 
aufreifst  und  dadurch  eine  Zündung  herbeiführt. 

Um  nicht  ein  Abreifsen  der  Zündpille  ohne  Zündung  derselben  zu 
veranlassen,  empfiehlt  es  sich,  dieselbe  in  der  Mitte  zu  schHtzen.  Die 
durch  die  besondere  Art  Zündmasse  durch  Reibung  derselben  erzeugte 
Flamme  brennt  ausreichend  lange,  um  den  mit  schweren  Oelen  oder 
Erdöl  und  Paraffin  gespeisten  Docht  zum  Entflammen  zu  bringen. 

Um  indefs  diese  Zündvorrichtung  auch  für  Benzinsicherheitslampen 
verwendbar  zu  machen,  hat  dieselbe  in  einem  neuesten  Patente  (* Zu- 
satzpatent Nr.  47  638  vom  24.  Februar  1888)  eine  Abänderung  dahin 
erfahren,  dafs  der  Reiber  für  den  Zündstreifen  wieder  durch  einen 
Hammer  ersetzt  ist,  der  indefs  durch  eine  Feder  nur  einen  begrenzten 
Antrieb  erhält,  so  dafs  er  den  letzten  Theil  seines  zur  Ausführung  des 
Schlages  nothwendigen  Hubes  durch  sein  Beharrungsvermögen  zurück- 
legt. Diese  Einrichtung  hat  den  Vortheil,  dafs  der  Hammer  zur  Zün- 
dung der  Pille  nur  einen  momentanen  Schlag  ausführt,  während  das 
Ausbrennen  derselben  unbehindert  durch  den  Hammer  erfolgt. 

Der  gufseiserne  Lampenölbehälter  enthält  einen  kastenförmigen 
Raum,  in  den  die  Zündvorrichtung,  in  einem  leicht*  auseinandernehm- 
baren Gehäuse  untergebracht,  von  unten  eingeschoben  und  durch  einen 
aufschraubbaren  Ring  festgehalten  wird.  Durch  die  Gehäuseplatten  a 
(Fig.  6  und  7)  der  Zündvorrichtung  führt  ein  Stift  fe,  auf  welchem  in 
derselben  Weise  wie  bei  der  Vorrichtung  des  Patentes  Nr.  44392  die 
Transporträder  c  sitzen,  zwischen  denen  sich  der  Schlaghammer  d  auf 
und  ab  bewegen  kann.  Dieser  Hammer  erhält,  wie  Fig.  7  erkennen 
läfst,  dadurch  eine  Geradführung,  dafs  der  Stift  b  in  einem  Schlitze  des 
Hammers  und  ein  Stift  e  des  letzteren  in  einem  Schlitze  Cj  des  Ge- 
häuses geführt  wird.  Die  Bewegung  des  Hammers  erfolgt  wie  bei  der 
Hauptconstruction  durch  eine  mit  Nase  p  versehene  Spindel  o  und 
mittels  einer  Feder  f.  Diese  letztere  sitzt  auf  den  Stiften  g  und  g^  und 
ist  derart  ausgebildet,  dafs  das  wirksame  gegen  den  Hammer  d  drückende 
Ende  in  dem  mit  Anschlagnase  versehenen  anderen  festen  Ende  der 
Feder  seinen  Anschlag  findet,  so  dafs  der  Hammer  d  den  letzten  Theil 
seines  Weges  durch  seine  lebendige  Kraft  zurücklegen  mufs. 

Das  Spannen   der  Feder  bezieh,  die  Abwärtsbewegung   des  Ham- 


54  Neuerungen  an  Sicherheitslampen. 

mers  d  erfolgt  durch  Drehung  der  Spindel  o  in  der  Pfeilrichtung,  indem 
die  Nase  p  des  excentrischen  Stiftes  q  sich  gegen  den  Ausatz  rfj  ^^^ 
Hammers  legt.  Ehe  aber  die  Nase  bei  weiterer  Drehung  der  Spindel 
den  Hammer  freigibt,  schiebt  der  Stift  q  durch  Eingriff  in  die  Zähne 
der  Transporträder  c  den  Zündstreifen  um  die  Entfernung  zweier  Zünd- 
l)illen  in  die  Höhe.  Zur  sicheren  Functionirung  des  Mechanismus  wird 
der  Hammer  d  dabei  auch  dann  noch  in  gespannter  Lage  von  der 
Nase  p  gehalten,  wenn  der  Vorschub  des  Zündstreifens  bereits  vollendet 
ist.  Gibt  nun  die  Nase  p  den  Hammer  frei,  so  zündet  derselbe  durch 
seinen  Anschlag  an  die  Ambosplatte  /j  die  darunter  liegende  Pille  und 
fällt  dann  sofort  etwas  zurück.  Durch  die  Kappe  m  W|,  welche  zugleich 
als  Schutz  gegen  versprengte  Theilchen  der  Zündpille  dient,  wird  der 
Feuerstrahl  dem  Benzindochte  zugeleitet  und  dieser  leicht  entzündet. 

Die  Drehung  der  Spindel  o  erfolgt  von  dem  zur  Herausnahme  der 
Zündvorrichtung  zurückziehbaren  Bolzen  r  aus.  Der  Zündstreifeu  i  ist 
in  der  gezeichneten  Weise  bezieh,  durch  einen  Ansatz  f/,  des  Hammers 
geführt  und  kann  zufolge  der  ganzen  Anordnung  des  Hammers  d 
zwischen  den  letzteren  und  der  Ambosplatte  l  eingeführt  werden,  ohne 
eine  Bewegung  der  Theile  uöthig  zu  machen.  Alle  beweglichen  Theile 
der  Vorrichtung  sind  von  Stahl  und  gehärtet  und  mit  Rücksicht  auf 
das  Rosten  noch  vei-zinnt. 

Wie  der  Zündstreifenabschneider  ist  auch  diese  letzte  Zündvorrich- 
tung auf  der  Unfallverhütungs-Ausstellung  in  mehreren  Exemplaren  ver- 
treten. Die  Friemann  und  Wolf  sehe  Ausstellung  ist  überhaupt  die 
i-eichhaltigste  auf  dem  Gebiete  der  Sicherheitslampen,  und  sind  ferner 
die  jPie/er"sche  Untersuchungslampe,  eine  Anzahl  Markscheiderlampen 
mit  beweglichen  und  feststehenden  Glaslinsen  (vgl.  1888  267  288),  eine 
Sicherheitslampe  mit  gefaltetem  und  längsgeschlitztem  Schutzmantel 
gegen  grofse  Wettergeschwindigkeiten  und  eine  Reihe  Universalsicher- 
heitslampen mit  Zündvorrichtung  vorgeführt.  Auch  der  Magnetver- 
schlufs,  der  Apparat  zum  gefahrlosen  Füllen  der  Sicherheitslampen  und 
der  Probirapparat  zur  Untersuchung  der  Lampen  auf  ihre  Sicherheit 
gegen  Gase  sind  ausgestellt. 

Die  jüngste  Wolfsche  Zündvorrichtung  (D.  R.  P.  Nr.  47638  vom 
24.  Februar  1888),  bei  welcher  das  Anschlagen  der  Zündpille  von  der 
Rückseite  aus  erfolgt,  so  dafs  das  Sprühfeuer  unbehindert  gegen  den 
Docht  geleitet  wird,  zeigt  damit  eine  gewisse  Verwandtschaft  mit  der 
um  wenige  Monate  älteren  Zündvorrichtung  von  W.Seippel  in  Bochum  i.W. 
(*D.  R.  P.  Nr.  44776  vom  28.  December  1887),  welch  letztere  als  aus 
der  ältesten  Wolf'schen  Consti'uction  hervorgegangen  angesehen  werden 
darf.  Bei  dieser  und  bei  den  späteren  Constructionen  wird  der  Zünd- 
streifen durch  eine  Transportvorrichtung  vor  der  Zündstelle  gegen  die 
feststehende  Gehäusewand  gedrückt  und  an  derselben  entlang  geschoben. 
Hierbei   wird   öfters  die  Zündpille  verletzt   und   unbrauchbar  gemacht, 


Neuerurigen  an  Sicherheitslampen.  55 

oder  der  Züudstreifeu  wird  sich,  besonders  /wenn  er  etwas. faucht '^er 
worden  ist,  vor  der  Zündstelle  in  Fähen  legen,  so  dafs  die  Zündpille 
durch  den  aufschlagenden  Haimmer  nicht  getroffen  wird  und  eine  Zun-/ 
düng  nicht  eintritt.  - 

Diese  Umstände  sucht  W.  Seippel  zu  vermeiden,  indem  er  den 
ZUndstreifen  hinler  der  Zündstelle  erfafst  und  den  Hammer  von  rücki- 
wärts  aufschlagen  läfst.  Der  Zündstreifen  s  (Fig.  8)  mit  seinen  Zünd^/ 
pillen  a,  die  in  möglichst  gleichen  Abständen  von  einander  auf  dem 
Streifen ,  angebracht  sind,  wird  von  einer  Rolle  innerhalb  der  Zwischen-i 
wände  w  und  Wj  (Fig.  9)  vor  die  Zündöffnung  e  geführt.  Diese  Zünd- 
öffnung  e  besteht  aus  einer  kurzen  Röhre  und  ist  mit  ihrer  Oeffnung 
nach  dem  zu  entzündenden  Dochte  gerichtet.  Die  ZündrÖhre  besitzt 
nach  innen  einen  Steg  s,  auf  welchem  die  Entzündung  der  Pille  a  durch 
Schlag  vor  sich  geht.  Der  Zündstreifen  z  ward  damit  von  hinten  ge- 
schlagen, und  die  Zündpille  sprüht  durch  die  freie  Oeffnung  der  Zünd- 
röhre das  Feuer  unmittelbar  gegen  den  Docht.  Der  schwache  Steg  s, 
welcher  vorzugsweise  den  Schlag  des  Hammers  aufnehmen  mufs,  ist 
dem  Sprühfeuer  nur  wenig  hinderlich.  Dabei  verdeckt  der  Hammer  c 
beim  Aufschlagen  die  Oeffnung  e  der  Zündröhre  voll  und  ganz,  so  dafs 
ein  Zurücktreten  von  Sprühfeuer  in  das  Innere  des  Zündapparates  ver- 
mieden ist. 

Die  Transportvorrichtung  für  den  Zünd streifen  besteht  aus  einem 
Schieber  6,  der  mittels  einer  am  Gehäuse  gut  geführten  Druckstange  d 
auf  und  ab  bewegt  wird  und  der  einen  Schlitz  f  besitzt,  durch  den  das 
verbrauchte  Zündband  hindurch  geführt  ist.:,  Am  oberen  Ende  des 
Schiebers  b  ist  ein  Daumen  n  drehbar,  welcher  einerseits  den  Schlag- 
hammer bethätigt,  andererseits  den  Vorschub  des  Zündstreifens  bewirkt. 
Der  Hammer  c  sitzt  an  dem  freien  Ende  der  im  Gehäuse  festgenieteten 
Schlagfeder  A,  welche  an  geeigneter  Stelle  eine  Nase  m  trägt. 

Beim  Niederziehen  des  Schiebers  b  mittels  der  Stange  d  wird  nun 
die  Nase  n  desselben  gegen  die:  schräge  Fläche  der  Nase  m  der  Schlag- 
feder h  und  damit  der  im  Schlitze  f  des  Schiebers  b  befindliche  Zünd- 
streifen z  fest  gegen  die  mitbewegte  Rück^'and  des  Schiebers  b  ge- 
drückt und  somit  festgeklemmt.  Beim  w^eiteren  Niederziehen  des 
Schiebers  b  wird  daher  der  festgeklemmte  Zündstreifen  z  nach  unten 
gezogen  und  hierbei  die  folgende  Zündpille  vor  die  Oeffnung  e  der  Zünd- 
röhre gebracht.  Bei  dieser  Bewegung  ist  auch  durch  die  Nase  n  und  m 
die  Schlagfeder  k  gespannt,  und  indem  die  beiden  Nasen  an  einander 
vorbei  gehen,  schlägt  der  Hammer  c  kräftig  auf  die  vor  der  Oeffnung  e 
befindhche  Zündpille  und  bringt  sie  zur  Entzündung.  Beim  Hochschieben 
der  Stange  d  wird  der  Daumen  n  durch  die  Nase  m  nach  unten  ge- 
drückt, so  dafs  die  Klemmwirkung  auf  den  Zündstreifen  aufhört  und 
der  letztere  in  Ruhe  bleibt. 

Vorausgesetzt,   dafs   der  Zündstreifen  immer   iutact  bleibt  und  ein 


56  Neuerungen  an  Sicherheitslarapen. 

sicheres  Functioniren  der  Vorrichtung  gestattet,  würde  diese  Art  des 
Transportes  des  Züudstreifens  auch  den  Vortheil  gewähren,  dafs  der 
verbrauchte  Züudstreifen  im  Gehäuse  bleibt  und  nicht  in  den  Lampen- 
raum tritt,  und  dafs  der  Zündstreifen  beim  Transport  nicht  gegen 
festliegende  Gegenflächen  gedrückt  wird,  sondern  gegen  mitbewegte 
Klemmflächen,  so  dafs  ein  Beschädigen  des  Zündstreifens  durch  Reibung 
vermieden  ist. 

Die  Firma  IV.  Seippel  hat,  wie  erwähnt,  ebenfalls  ihre  Lampen  mit 
Plombenverschlufs  (D.  R.  P.  Nr.  24547  vom  2.  Februar  1883)  auf  der 
Ausstellung  vorgeführt,  und  sind  4  der  16  ausgestellten  Lampen  mit  der 
genannten  Zündvorrichtung  versehen. 

Auch  die  Zündvorrichtung  von  Fischer  in  Homberg  a.  Rh.  (*D.  R.P. 
Nr.  44958  vom  28.  December  1887)  lehnt  sich  an  die  Wolf  sehe  Con- 
structioQ  an,  indem  der  Schlaghammer  durch  einen  Reiber  ersetzt  wird 
unter  Verwendung  einer  aus  Schwefel  und  Phosphor  bestehenden  Zünd- 
masse. 

An  der  Schiebestange  e  (Fig.  10  Taf.  3)  sitzt  drehbar  ein  Schieber  6, 
welcher  beim  Emporschieben  der  Stange  e  (von  der  punktirt  gezeich- 
neten Lage  aus)  mit  seinem  hakenförmigen  Ende  den  Zündstreifen  c 
und  mit  dem  anderen  Ende  den  Reiber  a  in  einer  Einkerbung  erfafst 
und  entgegen  der  Feder  f  mit  in  die  Höhe  führt,  bis  er  gegen  den 
festen  Bolzen  d  stöfst.  Beim  weiteren  Heben  von  e  dreht  sich  daher 
jetzt  der  Schieber  b  und  gibt  den  Reiber  a  frei,  welcher,  von  der 
Feder  m  an  den  Zündstreifen  c  angedrückt,  jetzt  unter  dem  Ein- 
flüsse der  Feder  f  über  die  Züudmasse  gezogen  wird  und  letztere  ent- 
flammt. Das  Erfassen  des  Züudstreifens  und  des  Reibers  erfolgt  beim 
Herunterziehen  der  Schiebestange  e  durch  Aufsetzen  des  Schiebers  b 
auf  den  Bolzen  /. 

Wie  Catrice  verwendet  auch  /.  Müller  auf  'Zeche  Mathias  bei 
Essen  a.  d.  Ruhr  für  seine  Zündvorrichtung  Streichhölzer,  welche  er 
mittels  einer  Schublade  in  das  Innere  der  Lampe  einführt  (*D.  R.  P. 
Nr.  45317  vom  29.  Februar  1888). 

Als  Vorrathsgehäuse  ist  aufsen  am  Oelbehälter  0  (Fig.  12  Taf.  3) 
ein  Gehäuse  g  angebracht,  in  dem  aufrecht  stehend  eine  Anzahl  Streich- 
hölzer $  enthalten  sind,  welche  durch  Federn  f  stets  nach  der  Oeffnung 
des  Gehäuses  hin  vorgedrückt  werden.  Diese  Oeffnung  mündet  in  einen 
schmalen,  in  das  Innere  des  Oelbehälters  hineingebauten,  ungefähr  bis 
an  die  Dochthülse  reichenden  Kasten  A,  in  welchem  der  mit  Halter  h 
ausgerüstete  Schieber  i  schubladenartig  verschiebbar  ist.  Der  Halter  h 
dient  zur  Aufnahme  der  aus  den»  Gehäuse^  vorgedrückten  Streichhölzer» 
und  ist  mittels  eines  Ansatzes  h^  in  einem  Schlitze  m  des  Schiebers  t 
senkrecht  verschiebbar.  Eine  weitere  Führung  erhält  der  Halter  h  durch 
den  Zapfen  A.^,  der  in  dem  Schlitze  a  der  im  Kasten  k  besonders  be- 
festigten   Platte  p    gleitet    (Fig.  11).     Zufolge    dieser    Schlitzführungen 


Neuerungen  an  Sicherheitslampen.  57 

mufs  daher  der  Halter  h  beim  Verschieben  des  Schiebers  i  eine  auf  und 
ab  steigende  Bewegung  ausführen. 

Soll  nun  die  Lampe  angezündet  werden,  so  zieht  man  den  Schieber  t, 
so  weit  als  der  Zapfen  h^  es  gestattet,  heraus.  Der  Halter  h  geht  dabei 
an  der  Oeffnung  des  Vorrathsgehäuses  g  vorbei,  kann  aber  jetzt  kein 
Streichholz  aufnehmen,  da  sich  in  ihm  noch  der  Rest  des  vorher  be- 
nutzten abgebrannten  Streichholzes  befindet.  Diesen  Rest  entfernt  man 
durch  die  im  äufseren  Theile  des  Kastens  k  angebrachte  Oeffnung  6, 
welche  indefs  nur  so  hoch  ist,  dafs  wohl  das  abgebrannte  Stück  durch 
dieselbe  herausgenommen,  nicht  aber  ein  ungebrauchtes  Streichholz  nach 
aufsen  gebracht  werden  kann.  Schiebt  man  nun  die  Schublade  i  ein- 
wärts, so  nimmt  der  Halter  beim  Passiren  der  Oeffnung  des  Gehäuses  g 
ein  Streichholz  in  sich  auf  und  führt  es  in  das  Innere  des  Kastens, 
während  die  Oefi'nung  des  Gehäuses  5  durch  die  Seitenwand  desSchie-^ 
bers  i  verschlossen  wird.  Beim  weiteren  Einschieben  des  Schiebers  i 
aber  macht  der  Halter  h  zufolge  der  Schlitzführungen  a  und  m  eine 
aufsteigende  Bewegung  und  führt  dadurch  das  in  ihm  enthaltene  Streich- 
holz s  an  der  gerauhten  oder  präparirten  federnden  Platte  c  entlang. 
Das  Streichholz  gelangt  dadurch  in  unmittelbarer  Nähe  des  Dochtes  zur 
Entzündung,  so  dafs  dieser  bei  einiger  Neigung  der  Lampe  angezündet 
werden  kann.  Das  Zündholz  (Wachszündhölzer)  läfst  man  bis  auf  den 
Halter  h  abbrennen. 

Zum  Einfüllen  neuer  Streichhölzer  erhält  das  Gehäuse  g  eine  ver- 
schliefsbare  Oeffnung,  so  dafs  bei  der  Abgabe  der  Lampe  die  Streich- 
hölzer unzugänglich  sind  und  die  Zündung  derselben  nur  im  Inneren 
der  Lampe  bewirkt  werden  kann.  Dieser  Verschlufs  des  Vorraths- 
gehäuses dürfte  allerdings  ein  wunder  Punkt  der  Construction  sein, 
da  ein  einfacher  Verschlufs  dem  Arbeiter  ein  unbefugtes  Oeffnen  und 
Entnahme  von  Streichhölzern  sehr  nahe  legt  und  ein  complicirter  Ver- 
schlufs sich  mit  Rücksicht  auf  die  praktische  Verwendbarkeit  der  Lampe 
wenig  empfehlen  würde. 

In  neueren  Ausführungsformen  ist  die  Schublade  und  das  Vorraths-  - 
gehäuse  durch  eine  Revolverzündvorrichtung  ersetzt,  und  mit  derartiger 
MüWcr'scher  Streichholzzündung   versehene  Sicherheitslampen   sind   von 
der  Firma  Gebr.  Stern  in  Essen  a.  d.  Ruhr  in  mehreren  Exemplaren  auf 
der  Ausstellung  vorgeführt. 

Als  letzte  Construction  auf  diesem  Gebiete  ist  endlich  noch  die 
Zündvorrichtung  von  E.  Bovermann  in  Essen  a.  d.  Ruhr  zu  nennen 
(*D.R.P.  Nr.  46257  vom  26.  Mai  1888),  bei  welcher  ein  durch  Schlag 
entzündbarer  Zündsatz  in  Kugelform  Verwendung  findet. 

An  dem  Boden  des  Lampenbehälters  o  (Fig.  13  Taf.  3)  befinden  sich 
im  Inneren  zwei   senkrecht  zum  Boden   stehende,    nach    unten   offene 
Röhren.     In  einer  derselben  ruht  eine  spiralförmig  gewundene  Feder  /;,  . 
deren  Enden  einerseits  an  dem  Deckel  der  Röhre,  andererseits  an  einem 


58  Neuerungen  an  Sicherheitslampen. 

Knopfe  g  befestigt  sind.  An  diesem  Knopfe  sitzt  noch  ein  Schlag- 
bolzen e,  welcher  in  der  am  oberen  Ende  mit  einer  rechtwinklig  zur 
Achse  stehenden,  dem  Dochthalter  zugewendeten  OefFnung  m  versehenen 
zweiten  Röhre  geführt  wird.  Vom  oberen  Kande  des  Gefafses  a  ist  an 
einer  Seite  ein  Rührchen  h  angebracht,  welches  in  absteigender  Rich- 
tung in  das  vorbeschriebene  Rohr  mündet  und  dadurch  eine  Verbindung 
von  aufsen  her  mit  dem  Schlagbolzenrohre  herstellt.  Dieser  Kanal 
dient  als  BehäUer  für  die  Zünd kugeln.  Ein  um  den  Deckel  des  Brenn- 
stofi'behälters  geschraubter  Ring  c,  an  welchem  die  Sicherungen  für 
den  Cylinder  d  angebracht  sind,  schliefst  den  Kanal  von  oben. 

Sobald  der  Knopf  g  vom  Boden  genügend  abgezogen  wird,  spannt 
sich  die  Feder  b  und  die  Oberkaute  des  Schlagbolzens  e  tritt  unter  die 
Einmündung  des  mit  Zündkugeln  gefüllten  Kanales  ä,  wodurch  eine 
derselben  aus  diesem  in  die  Schlagbolzenröhre  gelangt.  Wird  der 
Knopf  g  losgelassen,  so  schnellt  vermöge  der  gespannten  Feder  b  der 
Schlagbolzen  wieder  in  die  Röhre  hinein  und  entzündet  durch  den  ent- 
stehenden Schlag  die  vor  dem  Bolzen  gelagerte  Kugel  am  oberen  Ende 
der  Röhre  bei  der  seitlich  mündenden  OefFnung  m.  Der  aus  m  hervor- 
sprühende Feuerstrahl  entzündet  dabei  den  im  Dochthalter  befindlichen 
Docht.  Eine  vereinfachtere  Anordnung  würde  sieh  noch  ergeben,  wenn 
die  Schlagfeder  b  unmittelbar  um  den  Bolzen  e  gelegt  würde. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  den  Neuerungen  an  Sicherheitslampen, 
welche  speciell  eine  Erhöhung  der  Sicherheit  gegen  Explosionsgefahr 
bezwecken,  so  ist  zunächst  die  Anordnung  von  J.  Jaffin  Wien  (*D.R.  P. 
Nr.  41755  vom  21.  Mai  1887)  zu  erwähnen,  bei  welcher  über  den  Draht- 
korb ein  Mantel  gelegt  ist,  der  aus  einer  Reihe  von  neben  bezieh,  über 
einander  liegender  Wickelungen  einer  Art  Perlenschnur  besteht.  Die 
Schnur  ist  durch  Hohlkügelchen  a  (Fig.  15  Taf.  3)  aus  Eisen  oder  Stahl 
gebildet,  die  auf  einem  Drahte  aufgefädelt  und  daran  gelöthet  sind. 
Diese  Schnur  wird  nun  in  wagerechten  Lagen  um  das  Drahtgeflecht  d 
(Fig.  14)  gewickelt,  und  bilden  diese  über  einander  liegenden  Reihen 
eine  Art  Mantel,  welcher  wirksamen  Schutz  gegen  Explosionsgefahr 
bieten  soll.  Der  Anfangs-  und  Endpunkt  dieser  Schnur  wird  in  ge- 
eigneter Weise  (mittels  eines  feinen  Drahtes  oder  durch  Löthen)  an 
dem  Korbe  befestigt.  Auch  kann  man  nach  Belieben  einzelne  oder 
sämmtliche  Lagen  der  Perlenschnur  durch  senkrechte  Drähte,  welche 
nach  Art  der  Gewebefaden  die  einzelnen  Lagen  der  Schnur  durch- 
laufen, versteifen,  um  die  Festigkeit  der  Umhüllung  zu  erhöhen.  Der 
Drahtkorb  hat  oben  zwei  Lagen  Geflecht,  zwischen  denen  entweder 
eine  Perlenschnur  spiralförmig  zusammengerollt  angebracht  ist,  oder  es 
sind  die  hohlen  Eisenkügelchen  a  einfach  in  den  Raum  zwischen  die 
beiden  Lagen  des  Drahtgeflechtes  eingestreut,  so  dafs  der  ganze  innere 
Raum  oberhalb  des  Glascylinders  von  dem  Drahtgeflechte  und  der  Um- 
hüllung; o  umschlossen  ist. 


Neuerungen  an  Sicherheitslampen.  59 

Die  Fig.  14  zeigt  an  der  Lampe  noch  einen  doppelten,  mit  A.us- 
sclinitten  c  versehenen  Schirm  b  b^ ,  durch  den  mittels  Verdrehung  der 
Theile  auf  einander  der  Luftzutritt  zur  Lampe  beim  Vorhandensein  von 
Explosionsgasen  ganz  abgeschnitten  werden  kann. 

Eine  v^^enig  Vertrauen  erweckende  Schornsteinconstruction  schlägt 
H.  Siebeck  in  Bochum  i.  W.  vor  ("D.  R.  P.  Nr.  44243  vom  18.  November 
1887).  Die  durch  den  gebräuchlichen  Drahtschornsteiu  gebotene  Sicher- 
heit gegen  Entzündung  der  Schlagwetter  in  den  Gruben  ist  insofern 
nur  eine  mäfsige,  als  die  Möglichkeit,  die  Verbrennung  der  Schlag- 
M-etter  auf  das  Lampeninnere  zu  beschränken,  mit  der  Zunahme  der 
Wetterstromgeschwindigkeit  abnimmt.  Bei  einer  gewissen  Geschwin- 
digkeit versagt  dann  der  Korb  seinen  Dienst,  indem  der  an  der  einen 
Seite  des  Korbes  eintretende  Wetterstrom  die  innerhalb  der  Lampe 
verbrennenden  Gase  durch  die  andere  Seite  des  Drahtgeflechtes  hin- 
durchtreibt und  eine  Entzündung  der  Grubengase  herbeiführt.  Um  nun 
diese  Wirkungen  starker  Wetterströme  auf  das  Lampeninnere  zu  ver- 
meiden, ohne  dabei  die  Leuchtkraft  der  Lampe  zu  schwächen  oder 
eine  Erhitzung  der  letzteren  herbeizuführen,  bringt  B.  Siebeck  den  in 
Fig.  16  Taf.  3  dargestellten  Schornstein  in  Vorschlag,  a,  6,  c,  d  und  e 
sind  conische  Blechhülsen,  von  denen  der  in  der  Pfeilrichtung  ankom- 
mende Wetterstrom  in  seiner  Geschwindigkeit  gebrochen  und  verlang- 
samt wird,  dann  an  denselben  heruntergleitet  und  durch  die  mit  /■,  ^,  ä,  i 
und  k  bezeichneten  ringförmigen  Drahtgewebe  in  das  Innere  der  Lampe 
treten  kann.  Je  nach  der  Wettergesehwindigkeit  kann  man  nun  diese 
Drahtgewebe  ganz  wagerecht,  wie  bei  ^,  A,  i  und  ft,  oder  bei  geringerer 
Wettergeschwindigkeit,  wie  bei  f  gezeichnet,   etwas  geneigt  anordnen. 

Eine  Erhöhung  der  Betriebssicherheit  bezweckt  auch  die  Lampen- 
construction  von  J.  Pearson  in  Levenshulme  bei  Manchester  (Englische 
Patente  AD  1888  Nr.  1500  und  3071).  Die  Sicherheitslampe  [st  mit 
einer  Auslöschvorrichtung  versehen,  welche  durch  einen  Ring  aus  leicht 
schmelzbarem  Metalle  in  gespannter  Lage  erhalten  und  bei  gefahr- 
drohender Temperaturerhöhung  des  oberen  Lampentheiles  durch  Schmelzen 
des  Ringes  ausgelöst  wird  (vgl.  Clapp  und  Sandbrook  und  Marshatl^  1887 
263  ■""  134).  Die  zweite  Construction,  Nr.  3071,  ist  eine  Vervollkomm- 
nung des  erstereu,  Patent  Nr.  1500,  indem  bei  jener  bei  bevorstehender 
Gefahr  auch  die  Luftein-  und  Luftauslässe  der  Lampe  geschlossen  werden. 

Diese  Anordnung  zeigen  die  Fig.  17  und  18  Taf.  4.1  Auf  dem  Oel- 
behälter  der  Lampe  ist  ein  Ständer  m  errichtet,  an  dem  die  mehrfach 
gekröpfte  Stange  j  geführt  ist,  welche  von  dem  aus  leicht  schmelzbarer 
Legirung  gemachten  Ringe  /  in  gehobener  Lage  gehalten  wird.  Diese 
Stange  j  trägt  oben  eine  Platte  f  und  unten  den  Auslöscher /V,  den  eine 


1  Auf    der   Tafel    ist    anstatt   Pearson   irrthümlich   Sandbrock  und  Marshall 
angegeben. 


QQ  Neuerungen  an  Sicherheitslampen. 

Spiralfeder  ft,  über  die  Flamme  zu  stülpen  sucht,  woran  sie  durch  die 
gehobene  Stellung  der  Stange  j  gehindert  ist. 

Die  Lufteinlässe  a  sind  an  der  oberen  Glascylinderführung  ange- 
bracht, und  über  denselben  ist  eine  mit  correspondirenden  Löchern  e 
versehene  Platte  b  drehbar.  Eine  Spiralfeder  d  (Fig.  18)  sucht  diese 
Platte  so  zu  verstellen,  dafs  die  Löcher  c  nicht  mit  den  Löchern  o 
übereinstimmen,  dafs  mithin  die  Lufteinlässe  geschlossen  sind.  Diese 
Drehung  wird  aber  dadurch  verhindert,  dafs  ein  Stift ;;  der  Platte  b  an 
dem  kleinen  am  Gestelle  drehbaren  Hebel  o  Anlage  findet,  dessen 
anderer  in  das  Lampeninnere  reichender  Arm  in  eine  Oese  der  Stange  j 
hineinreicht. 

Wird  nun  die  Temperaturerhöhung  im  Drahtkorbe  eine  gefahr- 
drohende, so  kommt  der  Ring  l  zum  Schmelzen,  die  Stange  j  verliert 
ihre  Unterstützung  und  sinkt  herab.  Damit  kommt  die  Spiralfeder  /cj 
zur  Wirkung  und  dreht  die  Kappe  k  über  die  Flamme,  so  dafs  die 
letztere  erstickt  wird.  Mit  der  Stange  j  aber  senkt  sich  einerseits  auch 
die  Platte  f  auf  den  Ring  g  und  deckt  den  Luftauslafs  ab,  während 
andererseits  der  Hebel  o  derart  gedreht  wird,  dafs  der  Stift  p  der 
Platte  b  seine  Anlage  verliert.  Die  Platte  b  kann  daher  dem  Zuge  der 
Spiralfeder  d  bis  zur  Anlage  des  Stiftes  r  an  den  Steg  s  folgen  und  die 
Lufteinlässe  werden  geschlossen,  so  dafs  auch  jede  Luft-  oder  Gasbe- 
wegung abgeschnitten  wird. 

Endlich  sei  noch  einer  neueren  Sicherheitslampenconstruction  von 
F.  D.  Cambtssedh  in  Douai  gedacht  (*D.  R.  P.  Nr.  45  751  vom  15.  März 
1888),  welche  Construction  aber  den  unerläfslichen  Bedingungen  der 
Praxis,  einfach  und  dauerhaft  gebaut  zu  sein,  nur  wenig  zu  entsprechen 
scheint.  Cambessedes  bezweckt  mit  seiner  Construction,  die  Leuchtkraft 
der  Lampe  zu  erhöhen  und  den  Oelverbrauch  dadurch  genau  zu  regeln, 
dafs  mittels  einer  pneumatischen  Röhre  der  Oelspiegel  im  Dochtrohre 
constant  erhalten  wird.  Gleichzeitig  ist  die  Lampe  durch  Zulötheu  ge- 
schlossen, so  dafs  sie  von  Seiten  des  Arbeiters  wohl  gelöscht,  aber  nicht 
geöffnet  werden  kann. 

Zur  Festlegung  des  Oelspiegels  im  Dochtrohre  b  (Fig.  19  Taf.  4) 
wird  die  sogen.  Mariotte^ sehe  Flasche  verwendet,  indem  in  den  dem 
Brenner  gegenüber  höher  gelegenen,  luftdicht  geschlossenen  Oelbehälter  o 
das  an  beiden  Seiten  offene  Röhrchen  q  eingesetzt  ist,  dessen  untere 
OefFnung  bekanntlich  den  Oelspiegel  im  communicirenden  Rohre  b  in 
einer  durch  dieselbe  gelegten  Wagerechtebene  cc  ß  festlegt.  Sinkt  beim 
Brennen  der  Lampe  der  Oelspiegel  in  6,  so  treten  zur  Ausgleichung  des 
Druckes  Luftbläschen  durch  das  Röhrchen  q  in  den  Oelbehälter,  so  dafs 
der  Oelspiegel  im  Dochtrohre  constant  bleibt.  Dieser  seitliche  Oelbe- 
hälter hat  eine  sectorförmige  Gestaltung  und  nimmt  fast  ein  Drittel  des 
Lampenumfanges  ein,  so  dafs  dem  Vortheile  einer  gleichmäfsig  gespeisten 
Flamme  der  Nachtheil  einer  Begrenzung  des  Beleuchtungsfeldes  gegen- 


Neuerungen  an  Sicherheitslampen.  61 

übersteht.  Bei  Verwendung  von  Erdöl  ist  der  seitliehe  Behälter  über- 
flüssig und  wird  dasselbe  im  Räume  u  untergebracht. 

Besonders  hebt  Cambessedes  noch  an  seiner  Lampe  die  Luftführung 
hervor.  Die  Verbrennungsluft  tritt  bei  m  in  einen  mit  Drahtgewebe 
versehenen  Ringraum  i  und  von  hier  durch  die  nahezu  gleichmäfsig 
ringsherum  vertheilten  Lampenstützen  h  in  die  Kammer  ^,  von  wo  der 
gröfsere  Theil  durch  den  Conus  e  dem  Brenner  von  aufsen  zugeleitet 
wird,  während  ein  Theil  durch  die  Bohrungen  n  zum  Inneren  der 
Flamme  tritt.  Der  Schornstein  r  ist  oben  ebenfalls  durch  Metallgewebe 
abgedeckt.  Durch  diese  Luftführung  wird  dem  Brenner  sowohl  gleich- 
mäfsig vertheilte,  als  auch  vorgewärmte  Luft  zugeführt,  und  diese  beiden 
Eigenschaften  in  Verbindung  mit  der  Anordnung  eines  constanten  Oel- 
spiegels  hebt  Cambessedes  als  die  Hauptvorzüge  seiner  Construction  hervor. 
Nach  angestellten  Versuchen  soll  die  Lampe  bei  einer  vierfachen  Leucht- 
kraft gegenüber  den  Müseler -Lampen  kaum  die  Hälfte  des  Oelver- 
brauches  erreichen  (vgl.  Comptes  rendus  de  la  socie'te  de  Vindustrie  mine- 
rale^  1887  S.  26  und  1888  S.  72).  Zur  weiteren  Untersuchung  der 
Lampe  wurde  von  der  genannten  Gesellschaft  eine  Commission  von 
sechs  Mitgliedern  eingesetzt,  deren  Arbeiten  indefs  noch  nicht  abge- 
schlossen sind. 

In  derselben  Quelle  (1888  S.  92  und  125)  wird  auch  über  die  Lampe 
Fumat  berichtet.  Von  Seiten  Mallard's  und  Le  Chäteliefs  unternommene 
Versuche  ergaben,  dafs  die  Lampe  sich  in  einem  wagerechten  Wetter- 
strome von  4'^\5  Geschwindigkeit  in  der  Secunde  bei  senkrechter  Stel- 
lung gut  verhielt,  dafs  sie  bei  Neigung  mit  der  Haube  gegen  den  Strom 
lebhafter  brannte,  während  sie  bei  Neigung  des  Bodens  gegen  den  Strom 
verlöschte.  Die  Lampe  erhielt  dann  bezüglich  der  Luftein-  und  Luftaus- 
lässe eine  verbesserte  Construction,  so  dafs  Wetterströme  irgend  welcher 
Richtung  nie  direkt  in  das  Innere  der  Lampe  gelangen  konnten.  Die 
weiteren  Versuche  ergaben  dann,  dafs  kein  Durchschlag  erfolgte,  wäh- 
rend die  Lampe  20  Minuten  einem  explosiblen  Wetterstrome  von  4™,5 
Geschwindigkeit  in  der  Secunde  ausgesetzt  wurde,  welches  auch  die 
Stellung  der  Lampe  gegenüber  den  Wetterströmen  war. 

Eine  neuere  Ausführungsform  dieser  Lampe  zeigen  Fig.  20  und  21 
Taf.  4.  Der  Blechschornstein  besitzt  unten  und  oben  Löcher  zur  Zu- 
und  Abführung  der  Luft.  Concentrisch  zum  Glascylinder  ist  eine  zu- 
gleich als  Reflector  dienende  Luftkammer  angeordnet,  welche  sich  un- 
gefähr auf  i'j  des  Umfanges  erstreckt  und  durch  welche  die  Luft  in 
der  Pfeilrichtung  der  Flamme  zugeführt  wird.  Zufolge  dieser  Luftfüh- 
rung soll  die  Flamme  selbst  in  den  heftigsten  Strömen  sich  ruhig  ver- 
halten haben.  Die  Lampe  Fumat  ist  seit  längerer  Zeit  in  den  Minen 
von  Grand'  Combe  in  Gebrauch.  Kn. 


02  Neuheiieu  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  Spreng teclinik. 

Neuheiten  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  Sprengtechnik. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  4. 

England  scheint  gegenwärtig  das  Eldorado  der  Explosivstolf-Industrie 
zu  sein.  Es  gibt  kaum  einen  Sprengstoff,  dessen  Einführung  in  die 
allezeit  willigen  Kreise  englischer  Gründer  und  Speculanten  nicht  schon 
versucht  wurde,  es  ist  aber  bisher  auch  nicht  ein  Fall  bekannt,  wo 
ein  solches  mit  allen  Mitteln  der  Reclame  in  die  Welt  gesetztes  Spreng- 
mittel dauernde  Erfolge  aufweisen  konnte.  Zwei  in  den  Jüngsten  Tagen 
versuchte  Gründungen  haben  die  öffentliche  Aufmerksamkeit  lebhaft 
beschäftigt.  Die  erste  ist  die  Bildung  einer  „Bellite-'-Gesellschaft.  Der 
Prospect  und  die  denselben  begleitende  Broschüre  behaupten  ganz  eigen- 
thümliche  Dinge.  Danach  wäre  Bellit  (vgl.  1888  268  *  520)  so  „harm- 
los wie  Sägespäne^',  stärker  als  Schiefsbaumwolle,  Dynamit  und  Schiefs- 
pulver, könne  durch  Reibung,  Druck,  Schlag  und  Blitz  nicht  zur 
Explosion  gebracht  werden,  entwickelt  keine  schädlichen  Gase,  sei 
keiner  chemischen  Veränderung  unterworfen  und  billiger  zu  er- 
zeugen als  Dynamit.  Zum  Beweise  für  diese  Behauptungen  werden 
alle  möglichen  Gutachten  vorgebracht,  u.  A.  von  dem  bekannten  Paul 
F.  Chalon  (vgl.  1887  263  149),  welcher  hier  als  „die  leitende  Autorität 
Frankreichs  für  Explosivstoffe''  eingeführt  M'ird.  Wir  wollen  die  Leser 
mit  einer  Kritik  der  einzelnen  Versuche  verschonen.  Es  genügt  zu 
erwähnen,  dafs  der  Fall  eines  schweren  Gewichtes  auf  ein  Bündel  Pa- 
tronen, das  Werfen  von  Patronen  in  ein  Schmiedefeuer  u.  dgl.  keinen 
Beweis  gestatten,  da  dasselbe  vor  vielen  Jahren  schon  ebenso  mit  Dy- 
namit gemacht  wurde,  ohne  dafs  man  behaupten  M'oUte,  Dynamit  sei 
unempfindlich  gegen  Schlag  und  Feuer.  Wie  wenig  manche  der  ihr 
Gutachten  abgebenden  Herren  von  Sprengtechnik  verstehen,  ersieht  man 
aus  einem  der  Berichte,  wonach  Bellit  und  Dynamit  auf  1^"  starken 
Kesselblechplatten  detonirt  wurden,  und  wobei  Dynamit  entweder  Bruch 
innerhalb  einer  kleinen  Fläche  erzeugte  oder  ein  Stück  heraussprengte, 
während  Bellit  die  Platten  mehr  ausbauchte  oder  auf  einer  gi-öfseren 
Fläche  Risse  erzeugte.  Diese  Umstände  gestatten  nun  dem  begut- 
achtenden Herrn  zu  sagen,  dafs  die  Kraft  des  Bellites  ein  wenig 
gröfser  war  als  die  von  Dynamit!  Die  billigere  Erzeugung  ist  auch  so 
eine  für  gewöhnlich  uncontrolirbare  Behauptung.  Die  „Gründer''- 
scheinen  zu  glauben,  dafs  man  zu  den  in  Aussicht  genommenen  jähr- 
lichen 1052'  das  Nitrobenzol  und  den  Ammoniaksalpeter  auf  dem 
Markte  kaufen  könne,  und  scheinen  keine  Ahnung  von  den  Preisen 
oder  Gestehungskosten  derselben  zu  haben.  Obzwar  es  auch  noch  sehr 
fraglich  ist,  ob  die  englische  Regierung  eine  Licenz  für  die  Erzeugung 
des  Belhtes  geben  werde,  so  wollen  die  Gründer  doch  für  das  Patent 
allein  2800000  Mk.  bezahlen  und  nur  1100000  Mk.  für  Bau-  und  Be- 
triebscapital  behalten. 


Neuheiten  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  Sprengtechnik.  63 

Viel  interessanter  uocli  ist  die  Gründung  einer  ..r.  Dahmen  Sicher- 
heits-Dijnainit-Gesellschaff.  Dieses  Sicherhcits-Dijnamit  wurde  in  Frank- 
reich am  21.  Januar  1889  unter  Nr.  194656  an  Johann  Ritter  v.  Dahmen 
in  Wien  und  Abraham  Straufs-ColUn  in  London  gegeben.  Dahmen  und 
Straufs  mischen  das  Gl3'cerin  mit  drei  oder  mehr  Proceuten  Nitrobenzol, 
nitriren  dieses  Gemisch  auf  gewöhnliche  Weise  unter  fortwährender 
Zuführung  von  Stickstoffe  waschen  den  entstandenen  Nitrokörper  bei  50» 
und  mischen  ihn  dann  mit  Kieseiguhr.  Die  Erfinder  behaupten,  dafs 
die  Fabrication  und  das  so  erzeugte  Dynamit  ganz  ungefährlich  seien, 
dafs  sich  keine  nitrosen  Dämpfe  bilden,  dafs  ferner  (nach  dem  Prospecte 
und  Zeitungsartikeln)  dieses  Dynamit  Temperaturen  von  —  40°  und 
-\-  90°  vertrage  und  überhaupt  molekular  ganz  verschieden  sei.  Ver- 
schiedene Unrichtigkeiten  im  Patente,  z.  B.  dafs  man  gegenwärtig  dem 
Nitroglycerin  Lösungsmittel  (?)  hinzufüge,  dafs  man  es  sonst  nur  bei 
210  waschen  könne  u.  dgl.,  seien  nur  gestreift. 

Die  Eigenschaft  des  Nitrobenzols,  den  Gefrierpunkt  des  Nitro- 
glycerins herabzusetzen,  wurde  schon  vor  4  Jahren  ziemlich  gleichzeitig 
von  Alfred  Nobel  und  dem  Referenten  beobachtet,  und  der  Letztere  hat 
dann  gefunden,  dafs  noch  viele  andere  Körper  der  Benzol-  und  Phenol- 
Reihe,  einschliefslich  der  Pyridinbasen  und  Salze,  denselben  Einflufs 
ausüben.  Dieser  Einflufs  darf  jedoch  keineswegs  hoch  geschätzt  werden. 
Es  gelang  allerdings  nicht,  eine  Mischung  von  z.  B.  Nitroglycerin  und 
Nitrobenzol  in  irgend  einer  Kältemischung  zum  Gefrieren  zu  bringen, 
wohl  aber  gefror  sie,  der  Winterkälte  ausgesetzt,  ganz  leicht.  Warf 
man  in  solches  Nitrobenzol-Nitroglycerin  einen  Krystall  gewöhnlichen 
Nitroglycerins,  so  erstarrte  es  sofort  und,  einmal  zum  Gefrieren  gebracht, 
konnte  dies  stets  erreicht  werden.  Es  ist  aus  verschiedenen  Gründen 
anzunehmen,  dafs  v.  Dahmen  und  Straufs^  deren  Namen  in  der  Ex- 
plosivstoff-Industrie unbekannt  sind,  blofs  Laboratoriums- Versuche  an- 
stellten und  so  die  Enttäuschung  des  Gefrierens  noch  zu  erleben  haben, 
trotzdem  sie,  —  wohl  nur  um  nicht  das  iVotcfsche  Patent  zu  verletzen 
—  das  Nitrobenzol  schon  vor  der  Nitrirung  zum  Glycerin  mischen. 
Dieser  Zusatz  ist  aber  deshalb  werthlos  —  und  dies  veranlafste  uns 
die  Sache  nicht  weiter  zu  verfolgen  —  weil  selbst  ein  halbes  Procent 
Nitrobenzol  schon  die  Wirkung  des  Dynamites  um  2  Procent  verminderte 
und  dies  sich  ziemlich  regelmäfsig  steigerte.  Die  Einführung  von  Stick- 
stoff, um  die  Bildung  nitroser  Dämpfe  zu  verhindern  (selbst  wenn  man 
wüfste,  M'ie  solchen  Stickstoff  im  Grofsen  erzeugen  und  wie  einführen), 
die  Behauptung,  dafs  das  Nitroglycerin  bei  50^  gewaschen  werden  müsse, 
dafs  dieses  Nitroglycerin  gegen  Schlag  unempfindlich  sei,  sind  ebenso 
viele  Ungeheuerlichkeiten,  und  geradezu  ein  Problem  ist  es,  wie  sich 
Leute  finden  sollen,  um  2000000  Mk.  Capital  für  England  und  Frankreich 
und  3000000  Mk.  für  die  übrigen  Länder  herzugeben,  von  dem  der  be- 
scheidene Antheil  von  3500000  Mk.  dem  „Erfinder"  bezahlt  werden  soll. 


64  Neuheiten  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  Sprengtechnik. 

Das  Emmensit^  von  welchem  gleichfalls  viel  die  Rede  war,  ins- 
besondere wegen  der  vielfachen  früheren  Gründungen  des  Erfinders 
Dr.  Emtnens^  hat  gleichfalls  eine  interessante  Herstellungsweise.  Nach 
den  Annales  industrielles^  1889  S.  102,  löst  Dr.  Emmens  bei  mäfsiger 
Temperatur  einen  Ueberschufs  von  Pikrinsäure  in  Salpetersäure  von 
50  bis  60"  B.  Beim  Abdampfen  scheiden  sich  zuerst  gelbe  rhombische 
Krystalle,  dann  andere  von  lichterer  Farbe  und  endlich  ein  graues 
Pulver  ab;  Dr.  Emmens  hält  diese  3  Stoffe  für  isomer,  trotzdem  er  sie 
noch  nicht  untersucht  hat  und  es  scheint,  dafs  er  einfach  mit  schwefel- 
saurer Thonerde  verfälschte  Piki'insäure  verarbeitete.  Dr.  Emmens 
mischt  dann  5  Th.  der  wie  oben  erhalteneu  Krystalle  mit  5  Th.  Am- 
moniaksalpeter, indem  er  sie  auf  einem  Paraftinbade  zusammenschmilzt, 
was  bei  200°  geschehen  soll.  Das  ist  nun  die  oftgenannte  „Emmens- 
säure",  welche  wohl  Nichts  als  reine  Pikrinsäure  ist,  während  bei  der 
angegebenen  Temperatur  das  Ammounitrat  wahrscheinlich  nur  von  der 
schmelzenden  Pikrinsäure  umhüllt  wird. 

Viel  Hoffnungen  werden  auf  ein  neues  Patent  von  Alfred  Nobel  ge- 
setzt, welcher  salpetersaures  Kupferoxyd- Ammoniak  als  Sprengstoff  ein- 
zuführen gedenkt,  insbesondere  in  Verbindung  mit  Nitroglycerin-Prä- 
paraten.  Es  wird  abzuwarten  sein ,  welchen  Einflufs  die  Hygroskopi- 
cität  und  die  Veränderlichkeit  an  der  Luft  bei  diesem  und  ähnlichen 
Körpern  auf  die  Verwendbarkeit  in  Sprengstoffen  üben  wird. 

E.  Kubin  und  A.  Siersch  in  Wien  mischen  zum  Dynamit  20  bis 
50  Proc.  schwefelsaures  oder  chlorsaures  Ammon  (Englisches  Patent 
Nr.  3759  vom  10.  März  1888),  um  die  Explosionstemperatur  herab- 
zusetzen und  die  Explosionsgase  zu  verdünnen.  Diese  Mischung  gehört 
demnach  in  die  Kategorie  der   Wetter dijnamite. 

Oberingenieur  Joh.  Mayer  in  Poln.-Ostrau,  dem  die  Schlagwetter- 
frage in  jüngster  Zeit  wohl  die  meisten  positiven  Resultate  zu  verdanken 
hat,  versuchte  sowohl  Soda-Wetterdynamit  (vgl.  1888  267 ""' 373)  wie 
Ammon- Wetter dynamit  in  ausgedehnterem  Mafse  {Oesterr eichische  Zeit- 
schrift für  Berg-  und  Hüttenwesen^  März  1889  u.  ff.)  und  fand,  dafs 
letzteres  mit  wenigen  Ausnahmen,  ersteres  aber  stets  absolut  unge- 
fährlich in  Schlagwettern  und  Kohlenstaub  sei,  vorausgesetzt,  dafs  die 
Ladungsmenge  150^?  nicht  übersteigt.  Bei  gröfsereu  Mengen  wird,  wie 
wir  dies  oft  vertheidigten,  die  locale  Wärme-  und  Druckentwickelung 
unverhältnifsmäfsig  gesteigert,  aber  150^  sind  in  den  meisten  Fällen 
für  Schüsse  in  Kohlengruben  vollkommen  ausreichend,  100?  sind  in  der 
That  die  Kegel. 

Die  Lauer  sehen  Reibungszünder  (vgl.  1888  267  *  373)  sind  seit  ihrer 
Einführung  wesentlich  verbessert  worden;  wie  wir  einem  Berichte  von 
Joh.  Mayer  (Oesterr eichische  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttemvesen^  1889 
S.  62)  entnehmen,  sind  unsere  von  vornherein  geäulserteu  Bedenken 
durch  die  Praxis    vollinhaltlich   bestätigt   und    die  Zünder   unter  Rück- 


Neuheiten  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  .Sprengtechnik.  65 

sichtnahme  auf  dieselben  geändert  worden.  Dieselben  sind  iu  ihrer 
neuen  Gestalt  in  Fig.  1  Taf.  4  abgebildet.  Jeder  Zünder  wird  nun  in 
der  Fabrik  einem  Zuge  von  8  bis  10*^,  einem  Schlage  mit  einem  hölzernen 
Fallgewichte  und  einem  Falle  aus  l"i,5  Höhe  auf  eine  Eisenplatte  unter- 
zogen, was  einen  ganz  entsprechenden  Grad  von  Sicherheit  bietet.  Unter 
diesen  Voraussetzungen  kann  man  nun  wohl  mit  Mayer  annehmen,  dafs 
die  LoMer'schen  Zünder  sogar  Vortheile  gegenüber  der  elektrischen 
Zündung  bieten,  und  die  seitdem  erfolgte  ausgedehnte  Erprobung  im 
Grofsen  hat  deren  ausgezeichnete  Brauchbarkeit  auch  bewiesen. 

Es  ist  begreiflich,  dafs  dieser  günstige  Erfolg  eine  Reihe  gleich- 
artiger Zündungsweisen  ertinden  liefs,  welche  wir  im  Nachstehenden  an 
der  Hand  von  Mayer  s  Bericht  kurz  anführen. 

Sicher heitszilnder  von  Dr.  C.  Roth  in  Charlottenbui^-  (Fig.  2  bis  3). 
Die  Zündschnur  ist  von  einer  Blechhülse  oder  einem  Drahtgewebe  H 
umgeben,  eine  Zündpille  p  wird  entweder  durch  einen  Stecher  s,  oder 
durch  einen  Tropfen  Schwefelsäure,  oder  durch  einen  Reibedraht  ent- 
zündet. Zweck:  Die  Stichflamme  in  einem  geschlossenen  Räume  ent- 
stehen zu  lassen. 

Aehnlich  —  durch  Zerdrücken  einer  kleinen  Glaskugel  a  mit 
Schwefelsäure  —  wirkt  der  Sicherheitszünder  von  Bickford  und  Comp. 
(Fig.  4  und  5). 

Die  Pistole  von  Müller  und  Comp,  in  Clermont  ist  aus  der  Zeich- 
nung (Fig.  6)  ohne  Weiteres  verständlich.  Ein  späteres  Patent  der- 
selben Firma  (Oesterreichisches  Patent  vom  9.  Oktober  1888)  läfst  die 
Entzündung  innerhalb  einer  Drahthülse  durch  ein  Zündhütchen  erfolgen, 
welches  durch  einen  mittels  Federkraft  gespannten  Schlagbolzen  de- 
tonirt  wird  (Fig.  7). 

Der  Sc  Mag  Zünder  von  Nawratil  (Fig.  8  und  9)  ist  eigentlich  dem 
Lauer  sehen  ähnlich.  Ein  besonders  geformtes  Führungsstück  f  läfst 
durch  seine  Zacken  s  s^.^  welche  sich  an  ein  Stahlplättcheu  g  legen,  die 
Zündpille  k  vom  Dorne  d  abstehen;  wird  aber  der  Draht  a  angezogen, 
so  scheren  sich  die  Zacken  ab  und  der  Dorn  wird  in  die  Zündpille 
geti'ieben.  Die  Knallquecksilber-Zündhütchen  werden  erst  vor  dem  Ge- 
brauche eingeführt  und  die  Oeffnung  verklebt,  i 

Ein  Schlagbolzenzünder  von  F.  Tamann  und  H.  Tirmann  (Fig.  10) 
ist  aus  der  Zeichnung  erklärlich.  Der  Schlagbolzen  s  ist  durch  die 
Feder  vom  Zündsatze  entfernt  gehalten,  bis  durch  einen  Zug  am  Drahte 
die  Oese  o  abgerissen  und  der  Bolzen  vorgetrieben  wird. 

Bei  dem  pneumatischen  Zünder  von  li.  Zschokke  in  Witkowitz  wird 


1  Mayer  nimmt  irriger  Weise  an,  dafs  wir  die  Trennung  von  Zündvorrich- 
tung  tmd  Zündhütchen    als    wesentlich   bezeichneten,    weil    wir   hervorhoben, 
dafs  die  Beförderung  der  Lauerschen  Zünder  auf  Eisenba^hnen  eigentlich  nicht 
gestattet  sei:  wir  sind  vielmehr  stets  Feinde  der  „Fabriken  vor  Ort"  gewesen. 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  2   1889IIII.  5 


66  Neuheiten  in  dei'  Explosivstoff-Industrie  und  Sprengtechnik. 

eine  durch  eine  Feder  in  entsprechender  Entfernung  gehaltene  Nadel 
mittels  Luftdruck  in  den  Zündsatz  getrieben  (Fig.  11  und  12). 

Bei  dem  chemischen  Zünder  von  Zschokke  wird  ein  in  einem  U-förmigen 
Röhrchen  befindlicher  Tropfen  Schwefelsäure  durch  Luftdruck  zum  Zünd- 
satze getrieben.  Die  Fig.  13  und  14  zeigen,  wie  mehrere  solcher  Schüsse 
verbunden  werden. 

A.  und  R.  Hahn  in  Cassel  haben  an  ihrem  bekannten  Gasdruck- 
messer für  Gewehrpulver  die  Veränderung  vorgenommen,  dafs  sie  den 
Stauchappavat  etwa  20  bis  25'^"!'  vom  Geschosse  entfernt  anbringen, 
weil  an  dieser  Stelle  sich  der  höchste  Gasdruck  befindet.  Dadurch  kann 
nun  die  gewöhnliche  Patrone  verschossen  werden. 

Lieutenant  James  W.  Graydon  von  der  Marine  der  Vereinigten 
Staaten  scheint  das  Problem,  Dynamit  in  Granaten  zu  werfen^  der  Lösung 
näher  gebracht  zu  haben.  Bisher  haben  solche  Versuche  meist  schlecht 
geendet,  ja  eine  europäische  Macht  hatte  sogar  die  Zertrümmerung  einer 
Kanone  in  einem  solchen  Falle  zu  beklagen.  Graydon  theilt  die  Ladung 
in  viele  kleine,  wasserdicht  eingewickelte  Abtheilungen,  welche  durch 
Asbest  getrennt  sind,  und  der  Schlagbolzen  des  Zünders  wird  durch 
eine  starke  Feder  fern  gehalten,  welche  im  Augenblicke  des  Aufschlages 
erst  niedergedrückt  werden  mufs  und  so  der  Granate  eine  gewisse  Zeit 
zum  Eindringen  in  das  Ziel  läfst,  um  eine  gute  Wirkung  zu  erreichen. 
Versuche  mit  einer  Granate  von  55'^,  geladen  mit  V^^2  Dynamit  und 
abgefeuert  mit  einer  Pulverladung  von  104"^  gegen  eine  Panzerthurm- 
platte  von  35'^°", 5  Dicke  haben  sehr  schöne  Resultate  geliefert. 

Ueber  das  Rohurit  werden  in  England  jetzt  vielfach  Klagen  ge- 
hört, dafs  dessen  Explosionsgase  gesundheitsschädlich  seien.  Verhand- 
lungen darüber  wurden  in  der  Märzsitzung  der  Geologischen  Gesellschaft 
von  Manchester  geführt,  nach  welchen  es  scheint,  dafs  die  Explosions- 
gase viel  Kohlenoxyd  enthalten.  Auch  der  schädliche  Einflufs  auf  den 
menschlichen  Körper  beim  Handhaben  der  Patronen  wurde  hervor- 
gehoben. Dem  Referenten  hat  wieder  ein  Bauunternehmer  gesagt,  seine 
Leute  hättien  regelmäfsig  Diarrhöe-Anfälle  erlitten.  Es  ist  jedenfalls 
unmöglich,  einen  Explosivstoff  herzustellen,  welcher  ganz  vollständig 
verbrennt  und  nur  Kohlensäure  entwickelt,  ja  selbst  stöchiometrisch 
richtig  gemischte  Gase  lassen  einen  Theil  aufser  Reaction,  aber  anderer- 
seits gibt  es  Mischungen,  welche  schon  von  Haus  aus  eine  schlechte 
Verbrennung  vermuthen  lassen  und  bei  deren  Herstellung  besondere 
Sorgfalt  verwendet  werden  sollte. 

In  dieser  Zeit  der  rauchlosen  Pulver  wird  natürlich  eine  Menge 
neuer  Patente  augemeldet.     Von  solchen  sind  zu  erwähnen: 

J.  W.  Skoglund.  Mischung  von  Nitrocellulose  oder  Pikrinsäure  mit 
kohlensaurem  oder  oxalsaurem  Ammon. 

Hirum  Stevens  Maxim  in  London.  Schiefswolle  im  luftleeren  Räume 
durch  Essigätherdämpfe  gelöst,  sodann  geprefst  und  nach  Art  des  Kiesel- 


Neuheiten  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  Sprengtechnik.  67 

pulvers  zerschnitten.   (Eine  vollständige  Anlehnung  an  das  v.  Förster  sehe 
Patent.) 

Carl  Friedr.  Hengst.  Von  allem  Beiwerk  entkleidet,  handelt  es 
sich  einfach  um  Strohnitrocellulose,  deren  Stroh  auf  eine  nicht  ange- 
gebene Weise  angeblich  von  Kieselsäure  befreit  ist. 

Das  sogen.  Amid-Pulver  von  F.  Gaens  enthält  101  Th.  Kalisalpeter 
80  Th.  Ammoniaksalpeter  und  40  Th.  Holzkohle. 

Die  neueren  rauchlosen  Pulver  enthalten  meist  Schiefswolle  oder 
andere  Nitrocellulose,  deren  Brisanz  durch  besondere  Zusätze  herab- 
gemindert wird.  Die  Zusammensetzung  wird  meist  geheim  »ehalten. 
Dergleichen  Pulver  werden  u.  A.  von  Vieille  für  das  Lf6e/-Gewehr,  von 
der  Pulverfabrik  Rotticeil- Hamburg  und  von  Wolff  und  Comp,  in  Wals- 
rode  hergestellt.  Alfred  Nobel  in  Paris  erzeugt  eine  stark  mit  Kampher 
versetzte  Sprenggelatine  zu  demselben  Zwecke.  Nach  einem  Vortrage 
von  W.  H.  Deering  {Industries^  3.  Mai  1889)  macht  Nobel  zwei  Mischungen, 
welche  die  Grenzen  der  Veränderungen  ergeben.  Zur  ersten  werden 
100  Th.  Nitroglycerin  mit  10  Th.  Kampher  gelöst,  200  Th.  "Benzol 
hinzugefügt  (dies  ot^'enbar,  um  das  Dickwerden  der  Masse  zu  verhindern) 
und  dann  50  Th.  lösliche  Nitrocellulose  eingeknetet;  das  Benzol  wird 
abgedampft,  die  Masse  zwischen  mit  Dampf  auf  50  bis  60*'  geheizten 
Walzen  verarbeitet,  in  Blätter  gewalzt  und  zu  Körnern  zerschnitten. 
Zur  zweiten  werden  100  Th.  Nitroglycerin,  10  bis  25  Th.  Kampher 
und  200  bis  400  Th.  Amylessigäther  gemischt,  200  Th.  lösliche  Nitro- 
cellulose eingeknetet  und  wie  vor  behandelt. 

Die  englischen  Explosivstoff-Inspektoren  haben  ihren  Bericht  für 
das  Jahr  1888  veröffentlicht  (vgl.  1883  250  184.  1884  253  74.  1885 
258  222.  1886  261  29.  1887  265  278.  1888  268  525). 

Am  Ende  dieses  Jahres  bestanden  112  Fabriken  für  Explosivstoffe 
(-|--i}i  20  Fabriken  für  Kleinfeuerwerk,  11  für  Spielfeuerwerk  ( — 2). 
Es  wurden  43  Zusatzlicenzen  ertheilt,  Magazine  bestanden  353  (-f- 5), 
Lager  1972,  Verkaufsläden  22  262.  114  Eisenbahn-  und  107  Kanal- 
gesellschaften befördern  Explosivstoffe,  15  bezieh.  11  nicht.  Die  Ein- 
fuhr betrug:  376  022»^  Pulver  (-f  6147),  508395"^  Dynamit  (+187471), 
680k  Cooppafs  Pulver,  10000^  Roburit,  8674^  Knallquecksilber  (—1270^), 
7415000  Stück  Sprenghütchen  (+4840000),  die  Ausfuhr  von  Pulver 
betrug  6156350k  (+1717090).  Es  fanden  123  Unglücksfälle  statt  (—7), 
wobei   37  Personen   getödtet  und  97    verwundet   wurden.     Diese  Fälle 

vertheilen  sich  wie  folgt: 

p,                i  .f  v^..  Gebrauch 

E^-  y.   A"'-  ,  ^Z-             und            Summe 

Zeugung  bewahruDg  frachtung  verschied. 

Schiefsptilver 19  2  1  26  '          48 

Dynamit  und  Schiefswolle  .     .  5  —  —  27  32 

Knallquecksilber —  —  —  —  — 

Munition 17  —  —  8  25 

Feuerwerkskörper 9  —  —  5  14 

Verschiedene  StoflFe     ....  —  1  —  3  4 


68  Neuheiten  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  öprengtechnik. 

Während  z.  B.  iu  Oesterreich- Ungarn  bei  der  Herstellung  von 
Magazinen  ein  möglichst  leichler  Holzbau  zur  Vermeidung  des  Umher- 
fliegens  von  Sprengst  ticken  vorgeschrieben  ist,  wird  in  England  das 
Hauptgewicht  auf  die  Einbruchsicherheit  gelegt,  und  lautet  die  neueste 
Vorschrift  wie  folgt:  „Die  Mauern  der  Magazine  (welche  nicht  weniger 
als  18  Zoll  [55^=™]  dick  sein  müssen)  sollen  gut  und  massiv  aus  gutem 
Portlandcenient-Beton  gebaut  sein,  welcher  nicht  weniger  als  1  Th.  besten 
Portlandcement  und  5  Th.  reinen,  scharfkantigen  Quarzschotter  oder 
Steinschlag  mit  einer  genügenden  Menge  von  Sand  enthält.  Das  Dach 
soll  entweder  ebenso  wie  die  Mauern  hergestellt,  oder  mit  Schiefer  oder 
Ziegeln  gedeckt  sein  und  im  Inneren  durch  dicke  Tränie  oder  Holz- 
kreuze, welche  in  kurzen  Zwischenräumen  gelegt  sind,  oder  durch  dickes 
Eisendrahtgewebe,  Bandeisen,  Platten  von  Wellblech  oder  anderes  geeig- 
netes Material  so  gesichert  sein,  dafs  es  nach  Ansicht  eines  Regierungs- 
Inspektors  gegen  unerlaubten  Eintritt  genügende  Sicherheit  bietet.  Das 
Magazin  soll  vollständig  mit  Holz  verkleidet  und  mit  einem  dicht- 
gezimmerten Fufsboden  versehen  sein,  sowie  mit  zwei  guten  und  mas- 
siven Thüren,  welche  in  sicherer  Weise  an  das  Gebäude  befestigt  sind 
und  deren  Angeln,  soweit  als  möglich,  von  aufsen  unzugänglich  sind. 
Besagte  Thüren  sollen  nach  aufsen  öffnen,  und  die  äufsere  soll  aus 
Eisen  oder  äufserlich  mit  Eisen  beschlagen  sein.  Jede  dieser  Thüren 
soll  mit  wenigstens  zwei  starken  Schlössern  versehen  sein  oder  mit 
einem  dreiriegligen  Schlosse.  Die  Schlösser  sollen  solcher  Art  sein, 
dafs  sie  von  aufsen  nicht  leicht  beschädigt  oder  erbrochen  werden. 
Sollte  es  zu  irgend  einer  Zeit  dem  Minister  wünschenswerth  erscheinen, 
dafs  eine  Mauer  oder  ein  Zaun  um  das  Magazin  oder  einen  Theil  des- 
selben errichtet  werden  solle,  so  ist  eine  solche  Mauer  oder  Zaun  sofort 
zu  erbauen  und  zu  erhalten  nach  der  Vorschrift  des  Ministers  in  seinem 
Auftragsschreiben,  und  diese  Mauer  oder  Zaun  soll  als  ein  Theil 
der  Wälle,  Gebäude  oder  Werke  in  oder  in  Verbindung  mit  dem 
Magazine  angesehen  werden.^' 

In  Aden  (Arabien)  haben  innei-halb  weniger  Wochen  zwei  Ex- 
plosionen von  3  bezieh.  4'  Sprenggelatine  innerhalb  der  Festung  statt- 
gefunden. Es  erscheint  als  naheliegend,  dafs  eine  Zersetzung  durch 
zu  grofse  Hitze  erfolgte.  Die  Temperatur  an  einem  Tage  wurde  mit 
310  im  Freien  beobachtet;  diese  allein  würde  nicht  genügen,  um  eine 
Zersetzung  zu  erklären,  es  ist  aber  anzunehmen,  dafs  die  Construction 
der  betreffenden  Vorrathsräume  eine  sijlche  war,  welche  eine  Concen- 
trirung  der  Wärmestrahlen  und  wenig  Lüftung  gestattete.  Dem  Referenten 
ist  ein  Fall  bekannt,  wo  tadellos  erzeugtes  Kieselguhr-Dynamit  nach 
längerem  Lagern  in  einem  der  Sonne  stark  ausgesetzten,  mit  schwarzer 
Dachpappe  gedeckten  Magazine  so  sehr  alles  Nitroglycerin  ausschwitzen 
liefs,  dafs  die  Patronen  gar  nicht  mehr  entzündet  werden  konnten. 
Wird  aber  Sprenggelatine  einer  Temperatur  von  70"  durch   lange  Zeit 


Neuerungen  an  Eohrmaschinen.  69 

ausgesetzt,  so  erleidet  deren  Schiefswolle  eine  immer  weiter  um  sich 
greifende  Zersetzung,  welche  unter  ungünstigen  Umständen  sich  bis  zur 
Entzündung  steigern  kann. 

In  der  Schiefswollfabrik  in  Düren  brannten  IS??"^'  trockener  Bers;- 
werkspatronen  (50  Proc.  Schiefswolle,  50  Proc.  Barytsalpeter)  und  1085'^ 
nasser  Schiefswolle  ohne  Explosion  ab. 

In  Folge  einer  grofsen  Erdöl-Explosion  auf  einem  Schiffe  in  Bristol 
waren  die  Explosivstoff-Inspektoren  bemüht,  Vorkehrungen  gegen  die 
Wiederholung  solcher  Ereignisse  zu  treffen,  und  es  dürften  wohl  bald 
besondere  Vorschriften  zu  diesem  Zwecke  erscheinen. 

Zur  Beleuchtung  unserer  oft  ausgesprochenen  Ansicht  über  Blitz- 
ableiter an  Explosivstoff-Gebäuden  dient  der  Bericht  über  die  im  April 
stattgehabte  Explosion  eines  Pulvermagazines  in  der  Festung  Neisse, 
wovon  es  heifst,  dafs  ,,die  drei  auf  dem  betreffenden  Pulvermagazine 
angebrachten  Blitzableiter  erst  vor  wenigen  Tagen  geprüft  und  in 
bester  Ordnung  befunden  wurden. ''  In  England  hat  übrigens  soeben 
Dr.  Oliccr  Lodge  einen  Kampf  gegen  die  bisherige  Blitzableitertheorie 
unternommen,  welche  viel  Aufsehen  erregt,  weil  er  alle  seine  Be- 
hauptungen experimentell  beweist:  es  scheint  als  ob  ein  Gebäude, 
welches  Maschinen  enthält  und  an  dem  Rohrleitungen  vorübergehen, 
durch  Blitzableiter  noch  viel  mehr  gefährdet  wird.  Sobald  die  für  und 
wider  geltend  gemachten  Ansichten  sich  geklärt  haben,  wollen  wir 
uns  eingehender  damit  beschäftigen.  Oscar  GuUmann. 


Neuerungen  an  Bohrmaschinen. 

Mit  Abbildungen. 

Hichards^  Flügelbohrmaschine.  ^  Um  den  Uebelständen  abzuhelfen, 
welche  mit  rasch  laufenden  Winkelrädern  verknüpft  und  die  nament- 
lich bei  Flügelbohrmaschinen  wegen  ihrer  gröfseren  Anzahl  störend  sind, 
zu  begegnen,  baut  G.  Richards.,  Atlantic  Works  in  Manchester,  eine  Flügel- 
bohrmaschine mit  ausschliefslich  Riemenbetrieb,  wobei  nur  für  die 
kleineren  Umlaufszahlen  der  Bohrspindel  ein  Rädervorgelege  eingeschaltet 
wird,  das  unmittelbar  auf  der  Bohrspindel  liegt  und  nach  Drehbanksart 
augeordnet  ist  (Engineering.,  1888  Bd.  46  '"■  S.  468). 

An  der  Fufsplatte  der  Staudsäule  (Fig.  1)  läuft  auf  festem  Zapfen  die 
Stufenscheibe  und  treibt  mittels  eines  Winkelriemens  eine  Riemenrolle, 
von  welcher  läng-s  des  Flügels  ein  zweiter  wagerecht  laufender  Riemen 
über  die  Triebscheibe  auf  der  Bohrspindel  und  eine  entsprechende  End- 


1  Ueber  Flügelbohrmaschinen  vgl.  Asquith.  1887  264r  '•'  597.  Berry.,  1887  264 
"630.  Radial  Drill  Co.,  1887  265  *  314  und  266  *  586.  Hülse.  1887  266*583. 
Nile.",  1887  266*584.    Bett.  1888  270*398.    Grant,  1888  270  "399. 


70 


Neuerungen  an  Bohrmaschinen. 


rolle    geführt    ist,    \vol)ei    eine   Spannrolle    die    bessere   Anlage    dieses 
Riemens    an    die    Triebscheibe    vervollständigt.     Auf  einem    stehenden 

Zapfen  ist  das  ausrückbare 
Rädervorgelege  für  den  lang- 
samen Gang  angeordnet,  dessen 
Excenterzapfen  am  Bohr- 
sehlitten  sitzt.  Letzterer  ist 
nach  oben  in  einem  leicht- 
gebauten Rahmen  erweitert, 
welcher  die  Lager  für  die 
Steuerungstheile  und  den  die 
Bohrspindel  entlastenden  Ge- 
wichtshebel enthält.  Dieser 
ist  mittels  Hängestangen  mit 
der  runden  Zahnstange  der 
Spindelverlängeruug  durch  eine 
Zapfennufs  verbunden,  so  dafs 
nach  erfolgter  Auslösung  der 
oberen  Steuerungsschnecke  das 
Gegengewicht  wirksam  und  die 
Bohrspindel  gehoben  wird. 

Die  Universal- Flügelbohr- 
maschine der  Universal  Radial 
Drill  Co.  in  Ciucinnati,  Ohio, 
zeigt  nach  American  Machinist., 
1888  Nr.  46  *  S.  4,  die  schon  früher  beschriebene  Bauart  (vgl.  Radial 
Drill  Co.,  1887  265 ''314  und  Niles,  1887  266*584),  nur  dafs  hier  der 
Ausladearm  noch  um  seine  wagerechte  Achse  drehbar,  daher  die  Bohr- 
spindel auch  in  jeder  Ebene  schräg  stellbar  ist. 

Die  glatte  cylindrische  Bohrsäule  stützt  sich  vermöge  eines  Spur- 
zapfens auf  einen  Säulenstumpf,  welcher  auf  der  Grundplatte  befestigt 
ist.  Nur  bei  schwerer  Arbeit  wird  diese  leicht  drehbare  Bohrsäule 
mittels  der  im  Fufsrande  vorgesehenen,  in  einer  Ringnuth  laufenden 
Schraube  mit  der  Grundplatte  fest  verbunden.  Um  dadurch  aber  die 
leichte  Beweglichkeit  nicht  zu  verlieren,  ist  das  innere  Spurlager  der 
Bohrsäule  auf  einer  federnden  Platte  befestigt,  welche  die  Bohrsäule 
von  der  Grundplatte  abhebt,  sobald  die  Schrauben  gelüftet  werden. 
Der  Betrieb  erfolgt  von  einer  wagerechten  Deckenwelle  aus  durch 
Winkelräder  auf  die  mittlere  Welle  der  Bohrsäule,  welche  aus  der- 
selben verschiebbar  ist,  um  den  Eingriff  der  Winkelräder  den  örtlichen 
Verhältnissen  anpassend  zu  ermöglichen.  Mittels  Stirnradjjaares  wird 
eine  aufsen  hängende  Seitenwelle  betrieben,  welche  durch  ein  Winkel- 
radi)aar  die  Riemenstufenscheiben  und  von  diesen  aus  die  liegende 
Antriebswelle  im  Flügel  bethätigt. 


Neuerungen  an  Bohrmaschinen. 


71 


Diese  Scheiben-  sowie  Räderwerke  sind  am  Hintertheile  eines  ver- 
schiebbaren Kohrstückes  angeordnet,  an  dessen  Vordertheil  der  Aus- 
ladearm   um    einen    Scheibenzapfen    mittels    Schneckenradtriebwerkes 


Fis.  2. 


verdrehbar  ist.  Zwischenräder  vermitteln  den  Betrieb  zwischen  Flügel- 
welle und  untere  Stufenscheibenwelle,  während  die  am  Schlitten  schräg 
zu  stellende  Bohrspindel  mittels  Winkelräder  getrieben  wird.  Die 
Steuerun<^  wird  durch  zwei  Paar  Stirnräder  von  ungleicher  Uebersetzung 
in  der  Weise  nach  beiden  Richtungen  erzielt,  dafs  vermöge  einer 
zwischenliegenden  ausrückbaren  Kuppelung  immer  je  eines  dieser  Rader 
mit  der  Steuerwelle  gekuppelt  wird.     Da  nun  beim   unteren  Radpaare 


72 


Neuerungen  an  Bohrmaschinen. 


noch  ein  Zwischenrad  eingelegt  ist,  so  folgt,  dal's  bei  einer  mit  dem 
abgekröpfteu  Handhebel  erfolgten  Verstellung  dieser  Kii])pelung  ent- 
weder Stillstand  oder  langsamer  Steuerungsgang  in  der  Bohrrichtung 
oder  rascher  selbsthätiger  Rückgang  der  Bohrspindel  in  recht  einfacher 
Weise  erhalten  wird. 

Bei  Hulse's  Flügelbüfirmaschine  ist  die  Anordnung  des  Triebwerkes 
und  die  Einrichtung  zum  Heben  und  Senken  des  Flügels  mittels  Kraft- 
betrieb bemerkenswerth. 


Genau  in  der  Drehungsachse  des  Flügels  ist  eine  stehende  Welle 
gelegt,  welche  mittels  des  an  der  Rückseite  der  Standsäule  angebrachten 
Triebwerkes  bekannter  Anordnung  bethäligt  wird.  An  der  durch  den 
oberen  Flügelzapfen  gehenden  Verlängerung  ist  ein  schwaches  Winkel- 
rad aufgekeilt,  welches  durch  eine* ausrückbare  Keilbüchse  ein  Wende- 
getriebe und  dadurch  die  oben  liegende  Riemenscheibenwelle  nach 
irgend    einem   Drehsinn    in   Thätigkeit    setzt.     Hierdurch    wird    mittels 


Neuerungen  an  Bohrmaschinen. 


73 


eines  Riemens  die  untere  Schneckenwelle  betrieben  und  ein  Mutter- 
schneckenrad gedreht,  welches  auf  der  inneren  Staudspindel  aufgreift, 
wodurch  der  Flügellagerschlitten  getragen  wird. 

Längs  des  Flügels  ist  ferner  die  wagerechte  Triebwelle  abgezweigt, 
geht  an  der  Bohrspindel  vorbei  und  treibt  diese  durch  Vermittelung 
einer  stehenden  Zwischenwelle  durch  ein  Stirnradpaar  die  Bohrspindel- 
hülse. Am  unteren  Theile  dieser  Zwischenwelle  wird  die  Steuerscheibe 
durch  Winkelräder  betrieben  und  die  Steuerung  nach  üblicher  Art 
davon  abgeleitet  (^Industries  vom  11.  Januar  1888  "■  S.  29). 

G.  Booth's  Ausbohrmaschine  ^  bei  welcher  namentlich  der  Bohr- 
spindelschlitten bemerkenswerth  erseheint,  ist  nach  The  Engineer^  1888 
Bd.  65  ■"'  S.  531,  von  George  Booth  and  Co.  in  Halifax  gebaut  (vgl.  iVt'/e«, 
1888  267  *  583).    An  die  mit  Führungsschlitzen  und  Spannlöchern  ver- 


sehene Grundplatte  von  5029  zu  1956°^°!  Länge  und  Breite  ist  eine 
Querwange  angesetzt,  auf  welcher  mit  1524™'"  Verschiebung  die  Stand- 
säule mittels  Zahnstangenbetrieb  sich  einstellen  läfst.  An  deren  loth- 
rechter  Seitenführung  gleitet  der  Bohrschlitten,  welcher  in  seinem  weit 
vorragenden    Arme    Führung    für    das    verschiebbare    Bohrspindellager 


74 


KeiuTimgen  an  Bolirmaschinen. 


gewährt.  Die  Huclistellung  der  Bohrspindel  wird  bis  1830°^%  die  Aus- 
schiebiing  in  der  Achsenriehtung  bis  r220'"°i  ermöglicht.  Der  Betrieb 
der  giiisstählernen  100"i">  starken  Bohrspindel  erfolgt  nach  üblicher 
Art  von  einem  Spindelstockvorgelege  durch  Vermittelung  der  liegenden 
und  stehenden  Zwischenwelle  und  eines  Stirnradpaares,  während  die 
von  0,8  bis  6">ni  beliebig  abgestufte  Schaltung  der  Bohrspindel  sich  iu 
vortheilhafter  Weise  vor  älteren  Einrichtungen  dieser  Art  unterscheidet, 
indem  die  Schaltungsgröfse  nicht  von  Differentialrädern  oder  Stufen- 
.scheiben  abhängig  ist,  sondern  mittels  Versatzrädern,  wie  bei  einer 
Drehbank,  beliebig  bemessen  werden  kann. 

Dies  wird  dadurch  erreicht,  dafs  das  als  Spurlager  ausgebildete 
Bohrspindellager  mittels  einer  Leitspindel  schlittenartige  Bewegung 
erhält.  Diese  Leitspindel  wird  von  einer  gleichliegenden  Welle  von 
der  Bohrspindel  aus  betrieben,  indem  auf  einem,  am  Armende  befind- 
lichen drehbaren  Schlitzlager  (Schere)  nach  üblicher  Anordnung  die 
gewählten  Versatzräder  die  erforderliche  Verbindung  herstellen.    Durch 

eine  Ausrückkuppelung  wird 
der  Selbstgang  abgestellt  und 
alsdann  der  Vorschub  mit 
Handrad  bewerkstelligt. 

ßicliford's  freistehende  Bohr- 
maschine unterscheidet  sich  vor 
den  bekannten  amerikanischen 
Bohrmaschinen  (vgl.  Gould- 
Eberhardt,  1886  262*395  und 
Currier-Synder,  1888  268  *  20) 
mir  iu  unwesentlichen  Aen- 
derungen  der  Steuerungsan- 
ordnung und  in  weniger  ge- 
fälliger Formgebung.  Auch 
wird  durch  den  Wegfall  der 
üblichen  Rückenstrebe  die 
Standfestigkeit  der  ganzen 
Maschine  vermindert.  Der 
Steuerungsriemen  läuft  auf 
wagerechten  Stufenscheiben, 
betreibt  unmittelbar  von  der 
Bohrs])indel  aus  die  stehende 
Steuerwelle,  welche  vermöge 
Winkelrad  und  Schnecken- 
triebwerk die  Zahnstangen- 
hülse der  Bohrspindel  bethätigt. 
Sowohl  diese  Zahnstangenhülse  als  auch  das  untere  Schlittenlager  sind 
durch  selbständige  Gewichte  entlastet. 


Vorsichtsmafsregeln  gegen  Grubenbrände. 


75 


Fi.2.  6. 


Der  den  unteren  cjlindrisch  abgedrehten  Säulenfufs  lagerartig  um- 
fassende Tischwinkel  führt  eine  stehende  Zahnstange,  welche  sich  an  die 
Säule  anlegt  und  auf  den  unteren  Rand  derselben  stützt,  zur  Höhen- 
verstellung des  Bohrtisches  dient  und  mit  dem  Tischwinkel  um  die 
Säule  gedreht  werden  kann;  während  eine  Klemmschraube  die  Fest- 
stellung sichert  (American  Machinist^  1888  Bd.  11  Nr.  36  ""■  S.  7). 

Von  W.  Lodge  und  B.  Dreses 
in  Cincinnati,  Ohio,  wird  nach  dem 
Amerikanischen  Patent  Nr.  385  063 
vom  24.  December  1887  eine  Aus- 
rückvorrichtung der  Steuerung  für 
Bohrmaschinen  gebaut,  welche  aus 
einer  mittels  Handhebel  F  (Fig.  6) 
auf  der  Getriebswelle  C  verschieb- 
baren Zahnkuppelung  E  besteht, 
welche  in  das  lose  laufende  Schnecken- 
rad D  greift.  Federstifte  a  und  h 
und  eine  Stellplatte  i  sichern  die 
Einstelluno;    des    in    der  Gabel    der 


Getriebswelle  C  um  einen  Stift  drehbaren  Handhebels  F. 


Pr. 


Vorsichtsmafsregeln  gegen  Grubenbrände. 

In  der  Oesterreichischen  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenwesen^  1889 
S.  235,  bespricht  J.  Juzek  im  Anschlüsse  an  die  in  derselben  Zeitschrift 
dargelegten  Ansichten  A.  HonCs  {D.  p.  J.  1889  272  19)  zunächst  die 
Abbaumethoden  auf  einigen  Braunkohlenwerken  mit  Beziehung  zum 
Grubenbrande. 

In  Sagor  in  Krain  wird  die  36  bis  60™  mächtige  gute  Braunkohle 
von  geringer  Festigkeit,  welche  von  bituminösem  Hangendletten  bedeckt 
ist,  mittels  Querbau  in  5°^  hohen  Abtheilungen  von  oben  nach  unten 
abgebaut.  In  jeder  Abtheilung  gelangt  die  untere  Hälfte  zuerst  zum 
Aushiebe,  es  wird  voller  Versatz  eingebracht  und  sodann  die  obere 
Hälfte  gewonnen.  Die  Vorrichtung  konnte  bei  guter  Wetterversorgung 
mittels  einer  einzigen  Strecke  bis  zur  Abbaugrenze  erfolgen,  dann  wurde 
rückwärts  abgebaut.  Der  Versatz  bildete  für  die  nächstuntere  Abthei- 
lung ein  gutes  Dach  und  einen  guten  Abschlufs  gegen  den  alten  Mann; 
auf  reinen  Abbau  wurde  besonderer  Werth  gelegt  und  so  Grubenbraud 
glücklich  vermieden. 

Der  Oistroer  Kohlenbergbau  war  durch  unreinen  Abbau,  sowie  im 
abgebauten  Felde  zurückgelassene  Kohlenpfeiler  sehr  von  Grubenbrand 
bedrängt.  Juzek  gelang  es,  durch  Aufführen  gut  hergestellter  Versatz- 
dämme  an  zweckentsprechenden  Orten  den  Grubenbrand  zu  bewältigen. 


76  Schränibetrieb  im   Kohlenrevier  von  St.  Loiiis. 

Der  Knmmerbau  im  nordwestböhmischen  Braunkohlenrevier  besteht 
in  einer  Theilung  des  Abbaufeldes  in  Quadrate,  die  Kammern  werden 
12"!  im  Geviert  in  Streckenhöhe  ausgeweitet,  durch  Stempel  versichert 
und  dann  die  Decken  von  2  zu  2°^  Höhe  abgeschlitzt  und  herabgenommen. 
So  wird  bis  S)^  Höhe  fortgefahren,  der  Rest  des  12  bis  14"^  mächtigen 
Flötzes  sammt  mehreren  Kohlenpfeilern  bleibt  angebaut,  so  dafs  etwa 
50  Proc.  Kohlen  verloren  gehen.  Juzek  schreibt  dieser  Art  des  Abbaues 
nicht  nur  die  Entstehung  vieler  Grubenbrände  zu,  sondern  spricht  auch 
die  Ansicht  aus,  dafs  der  Wassereinbruch  vom  28.  November  1887  im 
Victoriaschachte  wesentlich  mit  durch  den  Kammerbau  veraulafst  worden 
sei,  da  durch  denselben  sehr  grofse  Flächen  des  Liegenden  für  längere 
Zeit  entblöföt  werden. 

Auf  dem  24°'  mächtigen  Lignittlötze  zu  Daviüxthal  im  Falkenuuer 
Reviere  hat  die  Firma  Stark  einen  Etagenbau  mit  vom  Tage  herab- 
gebremstem  Versätze  eingeleitet.  Die  Kosten  des  vollen  Versatzes  stellen 
sich  auf  1  Centner  Kohle  zu  1,6  Kreuzer.  Die  Grube  soll  durch  diesen 
Abbau  vor  Bränden  und  Wassereinbrüchen  gesichert  sein. 

Ferner  gedenkt  der  Verfasser  der  an  mehreren  Stellen  genannter 
Zeitschrift  ausgesprochenen  Ansicht  des  Oberingenieurs  Johann  Mayer ^ 
dafs  unreiner  Abbau  und  im  abgebauten  Felde  zurückgelassene  Kohlen- 
pfeiler vielfach  zu  Grubenbrand  Veranlassung  gegeben  haben. 

Juzek  schlägt  folgende  Mafsnahnien  zur  Hintanhaltung  von  Gruben- 
bränden vor,  namentlich  mit  Rücksicht  auf  die  vielfach  stattgehabte  Gefähr- 
dung von  Menschenleben  dui'ch  Grubenbrand,  sowie  in  Bezug  auf  den  durch 
unreinen  Abbau  und  dadurch  hervorgerufenen  Brand  veranlafsten  Ver- 
lust volkswirthschaftlich  wichtiger  Kohlenmengen: 

1)  Es  ist  mit  aller  Strenge  auf  einen  reinen  Abbau  zu  sehen. 

2)  In  den  Abbauen  dürfen  keine  Kohlen-,  sondern  nur  Versatzpfeiler 
zurückgelassen  werden. 

3)  Verdrückte  Flötztheile  ebenso  wie  der  Brandschiefer  müssen  aus 
der  Grube  entfernt  werden. 

4)  Es  mufs  für  eine  gute  Ventilation  Sorge  getragen  werden. 

5)  Bei  der  Vorrichtung  dürfen  nur  die  nöthigsten  Strecken  getrieben 
werden  und  mufs  man  auf  leichte  Absperrung  der  verschiedenen  Abbau- 
felder stets  Rücksicht  nehmen. 


Der  maschinelle  Schrämbetrieb  im  Kohlenrevier  von 
St.  Louis  in  Nordamerika. 

Nach  .^School  of  Mines  Quarlerly\  Vol.  IX  Nr.  4,  theilt  F.  Poeck  in 
Nr.  11  der  Oeslerreichischen  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenivesen^  1889, 
mit,  dafs  in  etwa  25  im  Kohlenrevier  von  St.  Louis  gelegenen  Gruben 
mit   rund    2 ''3  Millionen  Tonnen   .Jahresförderung   Schrämmaschinen   in 


öclirämbetrieb  im  Kohlenrevier  von  St.  Louis.  77 

Gebrauch  sind.  Veranlafst  wurde  die  Ingebrauchnahme  der  Maschinen 
durch  die  häutig  wiederkehrenden  Arbeitseinstellungen  und  den  damit 
verbundenen  Arbeitermangel.  Vorwiegend  wird  nur  ein  Flötz  von  2^'^ 
Mächtigkeit  und  regelmäfsiger  flacher  Lagerung  abgebaut.  Die  Leistuns; 
eines  Häuers  mittels  Handarbeit  beträgt  in  der  zehnstündigen  Schicht 
4f,  das  Häuergedinge  ist  50  Cents  und  die  gesammten  Gestehungskosten 
sind  75  Cents  für  die  Tonne,  während  der  Verkaufspreis  in  St.  Louis 
1,50  Doli,  beträgt. 

Drei  verschiedene  Maschinen  stehen  zur  Zeit  in  Verwendung,  die 
Harrison-^  die  Yoch-  und  die  Le^^-Maschine.  Die  beiden  ersten  arbeiten 
mit  stofseudem  Meifsel,  doch  ist  die  jETarr^son-Maschine  handlicher.  Die 
Le^^-Maschine  schrämt  mittels  einer  mit  Messern  versehenen  und  in 
Umdrehung  gesetzten  Welle,  sie  erfordert  häufige  Reparaturen  und 
ist  daher  nur  noch  wenig  in  Betrieb. 

Die  jETarr/son-Maschine  ist  etwa  2°i,4  lang  und  wiegt  -SdO*^,  sie  wird 
durch  Prefsluft  von  5^'  üeberdruck  betrieben  und  verbraucht  in  der 
Minute  O^bm^.s  bis  0,4:  die  Luftpresse  ist  so  bemessen,  dafs  auf  jede 
Schrämmaschine  6  TP  kommen.  Der  Kolben  hat  lOcm  Durchmesser  und 
25'^in  Hub,  die  Kolbenstange  ist  durch  die  Stopfbüchse  abgedichtet  und 
trägt  vorn  den  Meifselbohrer,  welcher  durch  ein  Metallfutter  so  geführt 
wird,  dafs  die  Schneide  stets  senkrecht  steht.  Die  Steuerung  erfolgt 
durch  einen  lauggebauteu  Muschelschieber,  welcher  von  einer  kleinen 
umlaufenden  Maschine  mit  Hilfe  eines  Spiralnuthenrades  bewegt  wird. 
Zum  Ingangsetzen  dient  ein  Handrad.  Die  Maschine  soll  mindestens 
7  Jahre  betriebstüchtig  bleiben,  in  dieser  Zeit  sind  nur  die  Dichtungen 
zu  erneuern:  sie  läuft  auf  2  Rädern  und  kann  mittels  zweier  Hand- 
haben leicht  geführt  werden.  Am  Arbeitsorte  wird  die  Maschine  auf 
einen  Bretterboden  von  2"i,5  Länge  und  0"i,9  Breite  mit  geringer  Xeigung 
nach  vorn  aufgestellt.  Der  Maschinenführer  nimmt  die  Maschine  in 
sitzender  Stellung  zwischen  seine  Füfse  und  versetzt  sie  mittels  der 
Handgriffe  in  langsam  schwingende  Bewegung,  wobei  gleichzeitig  lang- 
sam vorgerückt  wird.  Bei  200  bis  220  Schlägen  in  der  Minute  wird 
bei  jeder  Aufstellung  ein  Schräm  von  0°i,9  bis  l'",35  Breite  und  1^1,2 
Tiefe  hergestellt.  Die  Abbaupfeiler  haben  etwa  eine  Breite  von  13™,5, 
so  dafs  die  Maschine  zehnmal  seitlich  verstellt  werden  mufs,  bis  der 
Schräm  fertig  ist  und  die  Schiefsarbeit  beginnen  kann.  Das  Wieder- 
aufstellen der  Maschine  erfordert  etwa  7^.,  Minuten,  die  Ausarbeitung 
des  Schrames  in  einer  Stellung  etwa  16  Minuten.  Die  Leistung  der 
Maschine  beträgt  im  Mittel  19i\5  Länge  bei  li",2  Schramtiefe  oder 
23'i'^,5  Schramfläche  in  der  zehnstündigen  Schicht;  die  gröfste  Leistung 
betrug  48qm.  In  der  Schicht  werden  50'  Kohle  gewonnen,  zu  der 
gleichen  Arbeit  würden  10  gute  Häuer  erforderlich  sein.  Der  Schräm 
wird  an  der  Sohle  zwischen  dem  Liegendthon  und  der  Kohle  hergestellt. 

Zur  Bedienung  der  Maschine  ist  aufser  dem  Maschinenführer  noch 


78  £•  JJelüeu  s  selbsthätige  Eisenbahnsignale. 

ein  Hilfsarbeiter  nöthig,  welcher  mit  einer  eigenartig  geformten  Schaufel 
das  Bohrmehl  entfernt.  Nachdem  der  Arbeitsstols  auf  die  ganze  Breite 
unterschrämt  worden  ist,  wird  die  Maschine  in  einen  anderen  Abbau 
übergeführt.  Die  unterschrämte  Kohle  wird  von  einem  Schufsmeister 
hereingeschossen  und  durch  4  Förderleute  gefördert.  Für  jede  Maschine 
müssen  5  Abbaue  vorhanden  sein ,  damit  die  einzelnen  Arbeiten  unge- 
stört in  einander  greifen. 

Die  Anlagekosten  für  die  Einrichtungen  zum  maschinellen  Schrämen 
belaufen   sich  für  eine  Grube  mit  400^  täglicher  Förderung  wie  folgt: 

1   Verbund -Luttpresse    mit    Antriebsmaschine 

und  Kessel  für  50  IP 5000  Doli. 

Baulichkeiten 2500      „ 

Rohrleitungen  u.  dgl 4590      „ 

10  Schrämmaschinen  sammt  Zubehör       .     .     .  6620 

Frachten  u.  s.  w 1290      „ 

Sumraa~"2()Ö0Ö  Doli. 

Die    Gewinnungskosten    für    50^    Kohle    mittels    Maschinenarbeit 
stellen  sich: 

Löhne 15,50  Doli. 

Schmiedekosten  und  Material 1,94 

BeschatTung  der  Prefsluft 0,69      ,, 

Verzinsung  des  Anlagekapitals 0,84      „ 

Tilgung  „  „  1,00      „ 

Summa  19,97  Doli. 

oder  für  1^  Kohle  40  Cents  gegen  50  Cents  bei  der  Handarbeit,  mithin 
beträgt  die  Ersparung  durch  die  Maschinenarbeit  10  Cents  auf  1^  Kohlen. 


üeber  E.  Delfleu's  selbsthätige  Eisenbahnsignale. 

Mit  Abbildung. 

In  dem  Journal  te'le'graphique  vom  25.  Mai  1889,  Bd.  13  *  S.  106, 
beschreibt  der  Post-  und  Telegrapheucassirer  Emil  Delßeu  in  Alais  in 
Frankreich  elektrische  Signaleinrichtungen,  durch  welche  die  Sicherheit 
des  Eisenbahnbetriebes  erhöht  werden  soll.  Der  Zweck  dieser  Ein- 
richtungen ist  ein  mehrfacher.  Zunächst  wird  beabsichtigt,  dafs  jeder 
Zug  bei  seiner  Ausfahrt  aus  einem  Bahnhofe  selbsthätig  ein  Signal  nach 
dem  Bahnhofe,  wohin  er  fährt,  gebe  und  dafs  dieses  so  lauge  ertöne, 
bis  der  Zug  daselbst  eintritft.  Ferner  soll  der  Zug  an  gewissen  Stellen 
von  dem  Bahnhofe  aus  zum  Stillstehen  gebracht  werden  können  und 
dann  sich  in  telegraphischen  Verkehr  mit  diesem  Bahnhofe  zu  setzen 
vermögen.  Endlich  wird  es  unmöglich  gemacht,  dafs  zwei  Züge  gleich- 
zeitig in  entgegengesetzter  Richtung  dasselbe  Geleise  zwischen  zwei 
Bahnhöfen  befahren. 

1)  Selbsthätige  Meldung  der  Abfahrt  auf  doppelgeleisigen  Bahnen.  Da 
hier  jedes  Geleise   blofs  in  einer  Richtung   befahren  wird,    so  fällt  die 


E.  Delfieu's  selbsthätige  Eisenbahnsignale. 


79 


Einrichtung  sehr  einfach  aus.  An  der  Ausfahrtstelle  wird  ein  um  eine 
Achse  drehbarer  Hebel  angebracht,  dessen  Spiel  durch  zwei  Stell- 
schrauben begrenzt  wird;  ein 
Gegengewicht  hält  den  Hebel 
für  gewöhnlich  auf  der  untern 
Stellschraube  fest.  Fährt  ein 
Zug  aus,  so  drückt  jedes  Rad 
den  Hebel  nieder,  legt  daher 
durch  ihn  eine  Contactfeder  auf 
eine  zweite  und  entsendet  einen 
Strom  in  eine  nach  dem  Bestim- 
mungsorte geführte  Signalleitung,  mit  welcher  die  zweite  Feder  ver- 
bunden ist,  während  die  erste  mit  dem  einen  Pole  einer  Batterie,  der 
zweite  Pol  der  Batterie  aber  mit  der  Erde  leitend  verbunden  ist.  Am 
Bestimmungsorte  führt  die  Leitung  durch  die  Rollen  des  Elektromagnetes 
einer  elektrischen  Klingel  für  einfache  Schläge  zur  Erde:,  ein  durch 
diesen  Elektromagnet  gehender  Strom  löst  ein  Stäbchen  zugleich  aus, 
das  beim  Emporspringen  eine  Localbatterie  durch  einen  Rasselwecker 
schliefst,  weshalb  die  Rasselklingel  läutet,  bis  der  Zug  am  Bestimmungs- 
orte ankommt  und  daselbst  mittels  eines  ebenfalls  durch  die  Wagen- 
räder niedergedrückten  gleichen  zweiarmigen  Hebels  das  Stäbchen  wie- 
der nach  unten  in  seine  Ruhelage  zurückführt. 

2)  Selbsthätige  Meldung  der  Abfahrt  auf  eingeleisigen  Bahnen.  Wenn 
die  Züge  in  beiden  Richtungen  auf  demselben  Geleise  verkehren,  so 
braucht  Detßeu  in  jedem  Bahnhofe  drei  Hebel,  die  in  der  beigegebenen 
Skizze  des  Abfahrtsbahnhofes  mit  fij,  Hy  und  H^  bezeichnet  sind. 
Hl  ist  von  Hy  in  der  Richtung  nach  dem  nächsten  Bahnhofe  hin  um 
etwas  mehr  als  die  Länge  des  längsten  Güterzuges  entfernt  und  H^ 
von  H-i  aus  dann  noch  um  etwa  25«!.  Indem  der  ausfahrende  Zug  zu- 
nächst auf  Hy  wirkt,  schliefst  er  den  Strom  durch  einen  bei  H^  liegenden 
ÄM^Aes-Elektromagnet  M  und  bringt  dessen  Anker  o  zum  Abfallen,  da- 
durch aber  wird  die  mit  dem  einen  Pole  an  Erde  E  liegende  Batterie  ß 
mit  dem  zweiten  Pole  über  a  an  die  zweite  Contactfeder  bei  H^  ge- 
legt; gehen  dann  die  Räder  über  j^^i  ^^  ^^^^  durch  die  erste  Contact- 
feder der  Stromweg  weiter  bis  zum  Punkte  x  der  Signalleitung  L  her- 
gestellt; hier  verzweigt  sich  der  (positive)  Strom:  der  eine  Zweig  geht 
im  Abfahrtsbahnhofe  durch  einen  polarisirten  Elektromagnet  iV,  der 
blofs  auf  negative  Ströme  anspricht  (daher  jetzt  unthätig  bleibt),  zur 
Erde  Ey  E  und  zum  negativen  Pole  der  Batterie  ß  zurück;  der  andere 
Zweig  dagegen  durchläuft  L  und  einen  in  der  Skizze  nicht  mehr  sicht- 
baren gleichen  Elektromagnet  P  im  Ankunftsbahnhofe,  der  jedoch  auf 
positive  Ströme  anspricht,  jetzt  also  ebenfalls  ein  Stäbchen  auslöst,  das 
beim  Emporspringen  eine  Localbatterie  durch  eine  Rasselklingel  schliefst. 
Die  beiden  Stromzweige   sind  nahezu   gleichstark,   da   der  Widerstand 


80  E.  Delfieu's  selbsthätige  Eisenbahnsignale. 

im  Kreise  des  ersteren  500  Ohm,  der  beim  zweiten  600  Ohm  beträgt. 
Beim  Hinwegfahren  über  H^  legt  der  Zug  durch  B.^  den  Anker  a  des 
//«f//<fs-Elektromagnetes  M  wieder  auf  dessen  Pole  und  schaltet  die 
Batterie  B  von  der  Contactfeder  in  E.^  ab.  Dasselbe  würde  er  auch 
beim  Einfahren  in  den  Bestimmungsort  thun,  falls  dort  etwa  der  Anker  a 
durch  einen  zur  unrechten  Zeit  entsendeten  Strom  abgeworfen  worden 
sein  sollte.  Beide  Bahnhöfe  haben  ganz  gleiche  Einrichtung  und  sind 
blofs  durch  eine  einzige  Leitung  L  mit  einander  verbunden.  Die  Rassel- 
klingel ist  in  der  Skizze  nicht  angedeutet;  sie  wird  am  einfachsten  von 
der  einen  Klemme  aus  durch  den  Draht  n  an  die  Erde  E^  gelegt,  wäh- 
rend ihre  zweite  Klemme  durch  das  Auslösestäbchen  des  Elektromag- 
netes  iV  und  den  zugehörigen  Contact  über  z  mit  dem  positiven  Pole  der 
Batterie  B  verbunden  wird. 

Die  Signalbatterien  B  beider  Bahnhöfe  sind  natürlich  mit  entgegen- 
gesetzten Polen  an  Erde  E  gelegt,  damit  jede  nur  in  dem  Elektro- 
magnete  P  bezieh.  iV  des  anderen  Bahnhofes  wirken  kann. 

3)  Bremsung  des  Zuges  vom  Bahnhofe  aus.  Am  Tender  bringt  Delßeu 
fest  und  steif  eine  Eisenstange  an,  auf  deren  Spitze  eine  Contactbürste 
isolirt  befestigt  ist;  von  der  Bürste  führt  eine  Leitung,  welche  sich 
durch  eine  elektrische  Klingel  und  durch  einen  seinen  Anker  für  ge- 
wöhnlich auf  seinem  magnetischen  Kerne  festhaltenden  Auslöse-Elektro- 
magnet  verzweigt,  schliefslich  zur  Wagenachse  und  über  die  Räder  zu 
den  Schienen  und  zur  Erde.  In  Abständen  von  je  100°^  sind  an  der 
entlang  der  Bahn  laufenden  Signalleitung  L  6"^'"  dicke,  bis  auf  4", 55 
über  den  Schienen  herabreichende  Eisendrähte  angebracht.  Wird  daher 
in  einem  der  beiden  Bahnhöfe  der  polarisirte  Elektromagnet  durch  einen 
bei  ü  vorhandenen  Umschalter  ausgeschaltet  und  mittels  eines  (nebst 
den  sonst  noch  erforderlichen  telegraphischen  Apparaten)  zwischen  y 
und  z  eingeschalteten  Tasters  ein  Strom  dauernd  der  Leitung  L  zuge- 
führt, so  geht  der  Strom,  sobald  die  Metallbürste  unter  einen  der  Drähte 
gelangt,  durch  die  Klingel  und  den  Auslöse-Elektromagnet  auf  dem 
Tender  zur  Erde,  die  Rasselklingel  ertönt,  der  Elektromagnet  wirft 
seinen  Anker  ab,  schiebt  dadurch  einen  Auslösehebel  zur  Seite  und 
gibt  ein  Fallgewicht  frei,  das  nun  das  Ventil  der  Luftbremse  ötTnet,  die 
verdichtete  Luft  entweichen  läfst  und  den  Zug  bremst. 

4)  Zur  Ermöglichung  des  telegraphischen  Verkehrs  zwischen  dem  Zuge 
und  dem  Bahnhofe  braucht  vom  Zuge  aus  nach  dem  Bremsen  nur  ein 
Draht  an  die  Signalleitung  angelegt  zu  werden,  durch  welchen  ein  vom 
Zuge  mitgeführter  Apparatsatz  nebst  Batterie  eingeschaltet  wird.  Auch 
im  Bahnhofe  ist  dazu  ein  Apparatsatz  einzuschalten,  falls  dies  nicht 
bereits  bei  Einschaltung  des  Tasters  geschehen  sein  sollte. 

5)  Um  zu  verhüten,  dafs  auf  demselben  Geleise  zwei  Züge  sich  ent- 
gegenfahren.^  braucht  in  jedem  Bahnhofe  von  der  einen  (mit  z  und  dem 
positiven  Batteriepole  verbundenen)  Klemme  der  Rasselklingel  nur  noch 


E.  Delfieu's  selbsthätige  Eisenbahnsignale.  81 

ein  Leitungsdraht  nach  einem  Drahte  geführt  zu  werden,  der  ähnheh 
wie  die  von  der  Leitung  L  herabreichenden,  zur  Bremsung  dienenden 
Drähte  angeordnet  ist.  Während  ein  von  dem  einen  Bahnhofe  abge- 
fahrener Zug  auf  der  Strecke  fährt  und  daher  im  anderen  Bahnhofe 
die  Rasselkhngel  arbeitet,  wird  dann  jede  Locomotive,  welche  von  dem 
zweiten  Bahnhofe  noch  auszufahren  versucht  und  dabei  dem  von  dem 
ersteren  Bahnhofe  bereits  abgefahrenen  Zuge  begegnen  müfste,  mittels 
der  Stange  am  Tender  die  Localbatterie  durch  ihren  Auslöse-Elektro- 
magnet  schliefsen  und  so  sich  selbst  bremsen. 

6)  Vorschlag  zur  Aenderung  der  Anordnung  Delfieus.  Bei  Unter- 
brechung der  Signalleitung  und  selbst  bei  starken  Ableitungen  an  dieser 
Leitung  wird  es  bei  der  von  Detfieu  gewählten  Anordnung  geschehen 
können,  dafs  die  Abfahrt  nicht  selbsthätig  nach  dem  Bestimmungsorte 
gemeldet  wird,  und  davon  wird  man  an  der  Abfahrtsstelle  nicht  die 
geringste  Kenntnifs  erhalten;  der  Zug  wird  daher  in  der  Voraussetzung, 
dafs  seine  Abfahrt  richtig  gemeldet  sei,  dann  um  so  mehr  gefährdet 
sein.  Dem  wird  sich  bei  zweigeleisigen  Bahnen  leicht  und  einfach  da- 
durch abhelfen  lassen,  dafs  man  die  Batterie  nicht  in  dem  Bahnhofe 
aufstellt,  von  dem  der  Zug  ausfährt,  sondern  in  demjenigen,  nach  dem 
er  fährt,  und  dafs  man  in  ersterem  noch  eine  Klingel  in  die  Leitung 
einschaltet,  welche  das  Ertönen  des  Signals  am  Bestimmungsorte  meldet. 
Bei  eingeleisigen ,  in  beiden  Richtungen  befahrenen  Geleisen  dürfte  es 
sich  empfehlen,  die  Schaltung  auf  Gegenstrom  zu  wählen,  also  in  beiden 
Bahnhöfen  gleich  starke  Batterien  in  entgegengesetztem  Sinne  in  die 
Leitung  zu  legen,  so  dafs  diese  für  gewöhnlich  auch  stromlos  ist.  Der 
Hebel  B2  wird  dann  für  jede  der  beiden  Batterien  einen  neuen  ge- 
schlossenen Stromkreis  herstellen,  doch  wird  die  neue  Schliefsung  jetzt 
in  jedem  Bahnhofe  von  der  Linie  aus  hinter  dem  polarisirten  Elektromag- 
nete  erfolgen  müssen,  damit  die  beiden  polarisirten  Elektromagnete  der 
beiden  Bahnhöfe  stets  gleichzeitig  vom  Strome  einer  und  derselben 
Batterie  durchlaufen  werden  und  der  Strom  in  ihnen  verschiedene  Rich- 
tung hai,  je  nachdem  die  neue  Schliefsung  in  dem  einen  oder  in  dem 
anderen  Bahnhofe  erfolgt. 

Wollte  man  nun  dabei  in  verwandter  Weise  auch  die  Bremsung 
des  Zuges  von  den  Bahnhöfen  aus  möglich  machen,  so  würden  beim  Hin- 
weggehen der  Bürste  unter  einem  der  von  der  Leitung  L  herabreichenden 
Drähte  beide  Batterien  einen  Strom  von  derselben  Richtung  durch  die 
Klingel  und  den  Auslöse-Elektromagnet  senden,  und  beide  dürften  auf 
diesen  Strom  ebenso  wenig  ansprechen,  wie  zu  Folge  der  Stromlosig- 
keit  während  der  Zeit,  wo  die  Bürste  keinen  der  Drähte  berührt;  da- 
gegen müfsten  beide  in  zuverlässiger  Weise  etwa  für  die  Ausschaltung 
der  Batterie  in  dem  einen  Bahnhofe  empfindlich  gemacht  werden,  oder 
für  die  Umkehrung  des  Stromes  des  einen  Bahnhofes,  oder  am  besten 
wohl  unter  Anwendung  polarisirter  Elektromagnete  für  die  Umkehrung 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  2.  1889/111.  6 


82  Zur  Technologie  des  Glases. 

der  Stromrichtung  ohne  gleichzeitige  Aenderung  der  Stromstärke  bei 
vereinter  Thätigkeit  beider  Bahnhöfe.  Es  geht  daraus  hervor,  dafs  die 
hier  zu  lösende  Aufgabe  noch  verwickelter  ist  und  die  Schwierigkeiten 
bei  ihr  noch  gröfser  sind,  als  bei  der  von  F.  v.  Ronneburg  (vgl,  1875 
217*208.  Zetzsche,  Handbuch  der  elektrischen  Telegraphie,  Bd.  4*  S.  323) 
vorgeschlagenen  Art  und  Weise  des  Telegraphirens  zwischen  einem 
fahrenden  Eisenbahnzuge  und  den  benachbarten  Bahnämtern  unter  gleich- 
zeitis;er  Coutrole  der  Fahrgeschwindigkeit  des  Zuges.  E.  Z. 


Zur  Technologie  des  Glases. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  37    d.  Bd.") 

Untersuchungen  über  die  Löslichkeit  von  Glas  in  Wasser  wurden  von 
F.  Mylius  und  F.  Foerster  ausgeführt.  Zunächst  wurde  die  Einwirkung 
von  Wasser  auf  Natron-  und  Kaliwasserglas  studirt. 

18s,5  Natronwasserglas  wurden  als  grobes  Pulver  9  Tage  lang  unter 
häufigem  Umschütteln  mit  70^^  Wasser  von  20»  C.  in  Berührung  ge- 
lassen. Die  entstandene  Lösung  enthielt  in  60cc  0^,045  Natron  (Na.^O) 
und  0-,014  Kieselsäure  (SiOo).  Mithin  hatten  sich  nur  0,37  Proc.  des 
Glases  gelöst.  Als  bei  derselben  Glasmenge  die  Behandlung  mit  Wasser 
3  Monate  dauerte,  betrug  das  in  Lösung  gegangene  0,81  Proc.  des 
Olases.  Bei  diesen  Versuchen  betrug  die  wirkende  Oberfläche  des 
Glases  mindestens  S'i"".  Nach  der  Analyse  kamen  im  Wasserglase  auf 
je  1  Mol.  Na.^O  3,2  Mol.  810.2,  die  in  Lösung  gegangene  Substanz  be- 
trug aber  im  ersten  Versuche  auf  1  Mol.  Na.^O  0,32  Mol.  Si02,  im 
zweiten  0,55  Mol.  Aus  diesen  Versuchen  geht  hervor,  dafs  das  Natron- 
wasserglas als  solches  im  Wasser  unlöslich  sei.  Der  in  Lösung  gegangene 
Theil  des  Glases  ist  an  Alkali  viel  reicher  als  der  Rückstand.  Der 
Rückstand  der  Extraction  von  fein  gepulvertem  Glase  mit  viel  Wasser 
war  Kieselsäure  und  enthielt  etwa  1  Proc.  Na20,  und  an  der  Luft  auf- 
bewahrt 25  Proc.  H2O,  wovon  die  Hälfte  durch  Stehen  über  Schwefel- 
säure entzogen  werden  konnte,  der  Rest  beim  Glühen  entwich. 

Aus  diesen  und  ähnlichen  Versuchen  geht  hervor,  dafs  der  Ge- 
brauch der  atomistischen  Formel  Na2Si40c,  für  Natronwasserglas  un- 
statthaft ist. 

Nach  Ebell's  Versuchen  (1878  228  47  und  160)  bedarf  1  Mol.  Na20 
etwa  2,5  Mol.  SiO^  zur  Sättigung,  und  die  überschüssige  Kieselsäure 
ist  im  Glase  als  solche  vorhanden.  Man  kann  aber  leicht  zeigen,  dafs 
aus  einem  Glase,  w^elches  weniger  als  2,5  Mol.  Si02  enthält,  sich  solche 
durch  Wasser  abscheidet,  was  gegen  EbeWs  Annahme  spricht. 

Durch  Auflösen  von  Kieselsäure  in  Natronlauge,  Eindampfen  und 
kurzes  Glühen  des  Rückstandes  wurde  eine  ungeschmolzene,  bimsstein- 


Zur  Technologie  des  Glases.  83 

artige  Masse  erhalten,    die  durch   passende  Behandlung  mit  Wasser  in 
4  Fractionen  von  folgender  Zusammensetzung  zu  spalten  war: 

Angewendete  Menge:  2g,5. 


Es  enthielten 

NajO 

SiOj 

das  ursprüngliche  Material     . 
Fraction  I 

II 

III 

„       IV 

34,07  Proc. 
88,13 
41,64 
30,31 
3,1 

65,93  Proc. 

11,87 

58,33 

69,69 

96,7 

Fraction  I  war  durch  5  Minuten  dauernde  Behandlung  der  zer- 
riebenen Substanz  mit  kaltem  Wasser,  Fraction  II  durch  Waschen  mit 
heifsem  Wasser,  Fraction  III  durch  viertelstündiges  Kochen  mit  Wasser 
erhalten  worden,  während  Fraction  IV  0s,5  im  Rückstande  blieb.  Die 
Natriumverbindungen  der  Kieselsäure  werden  also  nach  der  Formel- 
gleichung 

Na20(Si02)x  +  HoO  =  2NaH0  +  xSiO, 

zersetzt.  (Hierbei  bedeutet  Si02  die  ungelöste  Kieselsäure  ohne  Rück- 
sicht auf  den  Wassergehalt.) 

Es  gelang  niemals,  die  Lösung  ganz  frei  von  Kieselsäure  zu  er- 
halten. Die  Auflösung  der  letzteren  wird  durch  eine  secundäre  Wirkung 
des  freien  Alkalis  bewirkt,  die  vielleicht  in  einer  Uebertragung  von 
Wasser  an  die  Kieselsäure  besteht.  Damit  im  Widerspruche  scheint 
der  Umstand  zu  stehen,  dafs  aus  Lösungen  von  Wasserglas  wohldefinirte 
Silicate  des  Natriums  (NaoSiOg  +  10  H,,0  und  Na2Si409 -|- 12H.,0)  er- 
halten werden  können.  Dieser  Widerspruch  löst  sich  bei  der  Betrach- 
tung, dafs  nach  neueren  Ansichten  die  Hydrate  von  Natron  und  Kiesel- 
säure in  einer  Lösung  neben  einander  vorhanden  sein  können,  ohne  zu 
einem  Salze  vereinigt  zu  sein.  Auch  ist  es  wahrscheinlich,  dafs  die  aus 
wässerigen  Lösungen  der  Kieselsäure  erhaltenen  Salze  Additionsverbin- 
dungen jener  Hydrate  sind,  worin  also  das  sogen.  Krystallwasser  als  Hydrat- 
wasser auf  das  Natron   und  auf  die  Kieselsäure  zu  vertheilen  wäre. 

Kaliwasserglas.  Gemäfs  seiner  stärkeren  Affinität  ist  die  hydrati- 
sirende  Wirkung  des  Kalis  auf  Si02  gröfser  als  die  des  Natrons.  Durch 
Schütteln  von  geglühter  Kieselsäure  mit  äquivalenten  Mengen  von  Kali- 
und  Natronlauge  von  verschiedener  Concentration  wurde  dies  gezeigt. 
So  wurden  von  einer  zweifach  normalen  Kalilösung  2s,5  Si02  in  Lösung 
gebracht,  von  der  äquivalenten  Natronlösung  nur  0s,66.  Daraus  ergibt 
sich  auch,  dafs  das  Kali  Wasserglas  viel  leichter  löslich  ist  als  das  Natron- 
wasserglas, andererseits,  dafs  man  aus  ersterem  bei  weitem  schwerer 
die  Kieselsäure  abscheiden  kann,  als  aus  letzterem. 

Die  grofse  Verwandtschaft  des  Kaliwasserglases  zum  Wasser  geht 
auch  aus  der  bedeutenden  Wärmeentwickelung  bei  geeigneter  Berührung 
hervor;  so  stieg  die  Temperatur  einer  Mischung  von  50s  Wasserglas 
mit  wenig  Wasser  von  18  auf  320  c. 


84  Zur  Technologie  des  Glases. 

Die  Eigenschaft  des  Kali  Wasserglases,  durch  Aufnahme  von  Wasser 
zu  einer  viscosen  Lösung  und  bei  Zusatz  von  wenig  Wasser  zu  einer 
festen  Gallerte  aufzuquellen,  erklärt  auch  das  mörtelartige  Erhärten  des- 
selben unter  Wasser.  Die  Theilchen  des  pulverförmigen  Glases  werden 
durch  das  Quellungsproduct  innig  verkittet  und  man  erhält  in  2  Tagen 
eine  steinharte,  glasige  Masse,  deren  Wassergehalt  (bis  zu  50  Proc.) 
beim  starken  Erhitzen  unter  Aufschäumen  entweicht.  Diese  Erschei- 
nungen treten    bei  Natronwasserglas  in   weitaus   geringerem  Mafse  auf. 

Die  Erscheinung,  dafs  Kaligläser  eine  gröfsere  Verwandtschaft  zum 
Wasser  haben  als  Natrongläser ,  findet  sich  selbst  bei  kalkhaltigen 
Gläsern  des  Handels  vor^  0.  Schott  {^Zeitschrift  für  Instrumentenkunde^ 
Bd.  9  S.  86)  hat  darauf  hingewiesen,  dafs  bei  derartigen  Gläsern  nach 
einiger  Zeit  eine  wasserhaltige  Oberflächenschicht  entsteht,  welche  die 
Haltbarkeit  derselben  wesentlich  vermindert  (vgl.  diesen  Bericht  weiter 
oben).  Dieselbe  kann  erst  durch  Erwärmen  entdeckt  werden,  indem 
sie  sich  durch  die  Erscheinung  des  Abblätterns  leicht  verräth  (vgl.  auch 
Geuther^  Wagner  s  Jahresbericht^  1869  S.  166.  Splittgerber^  1861  159  158. 
Vogel  und  Reischauer^  1859  152  181.  R.  Weber^  Wiedemanris  Annalen^ 
Bd.  6  S.  431). 

Die  Löslichkeit  der  Natrongläser  verglichen  mit  derjenigen  der  Kali- 
gläser. Wie  Schott  gezeigt  hat,  sind  die  Kaligläser  weniger  widerstands- 
fähig als  die  Natrongläser.  Um  einen  ziffernmäfsigen  Nachweis  der 
Unterschiede  in  der  Löslichkeit  der  Gläser  zu  bringen,  wurden  folgende 
Gläser  verschmolzen : 

I.  2K2O,  6Si02  IL  2Na.20,  6Si02 

III.  13/4  K2O    l  fio.^  IV.  13/,K20    )  ,,  CT. 

V.  11/2  K2O    l  fio-n  VI.  Vh^a^iO)  ^  or» 

VII.  II/4K2O    (  ß^.^  VIII.  ll/4Na20/  ...^ 

IX.  IK2O       l  fio-n  X.  lNa20      f  ßc-^ 

Um  dem  Glase  eine  möglichst  grofse,  aber  doch  annähernd  mefs- 
bare  Oberfläche  zu  geben,  wurde  das  grobe  Pulver  durch  2  Siebe,  von 
denen  das  eine  72,  das  andere  121  Maschen  auf  den  Quadratcentimeter 
hatte,  auf  ein  bestimmtes  Korn  gebracht.  Gleiche  Volumina  der  ver- 
schiedenen Gläser  entsprechen  dann  annähernd  gleichen  Oberflächen. 
Die  Gesammtoberfläche  der  Glasfragmente  wurde  unter  Annahme  der 
Kugelgestalt  zu  763ficm  berechnet. 

Als  Mafs  für  die  angewendete  Menge  der  Glasfragmente  diente  das 
Volumen  von  20s  Jenaer  Thermometerglas.  Diese  Mengen  wurden  in 
einem  Kolben  aus  Platinblech  5  Stunden  lang  mit  70*^^  Wasser  von 
100^  C.  erhitzt^  der  Platinkolben,  welcher  in  ein  siedendes  Wasserbad 
tauchte,   war  dabei  mit  einem    kleinen  Rückflufskühler  aus  Platin  und 


Zur  Technologie  des  Glases. 


85 


zum  Schutze  gegen  die  Luft  mit  einem  Liebig^scheu  Kaliapparat  ver- 
bunden. Nach  dem  Abkühlen  wurde  die  Lösung  filtrirt  und  in  60cc  des 
Filtrates  die  gelösten  Bestandtheile  bestimmt. 

Die  Bestimmung  der  Löslichkeit  nach  dieser  Methode  gibt  nur  an- 
nähernde Werthe^  die  Hauptfehlerquelle  sind  die  Schwankungen  der 
Oberflächengröfse.  Die  Zahl  der  Fragmente  in  einem  bestimmten  Volumen 
wurde  festgestellt,  und  dafür  Sorge  getragen,  dafs  ein  bestimmtes  Volumen 
Glas  immer  eine  bestimmte  Anzahl  von  Fragmenten  enthält,  wodurch 
der  genannte  Fehler  auf  ein  kleineres  Mafs  reducirt  wird. 

Die  Wassergläser  hatten  sich  nur  theilweise  gelöst,  und  an  Stelle 
der  Glasfragmente  befand  sich  nach  deui  Erkalten  eine  amorphe  Masse. 
Von  den  anderen  Gläsern  verhielt  sich  blofs  das  Glas  III  den  Wasser- 
gläsern ähnlich. 


2 

TS 

e 

2 
0  «  ac 

ClO 

s 

s 

S 

0 

71  60 

i| 

z 

Molekularformel 

es  L. 

=  c 

e 
0 

0 

0 

Mi 
-1^ 

< 

'i 

iZ 

iS 

Z 

•< 

^- 

1? 

6Si02,  2K2O 

18,824 

7300 

6624 

4246,8 

2377,2 



404,6 

0,36 

IL 

6Si02,  2Na20 

18,979 

7492 

2987 

2144,7 

— 

842,4 

217,3 

0,38 

III. 

68102,13/4X20,   i/4CaO 

18,948 

7420 

4674 

2997,6 

1675,8 

— 

285,2 

0,36 

IV. 

6Si02, 13/4Na20,  V4CaO 

18,979 

7510 

507,6 

303,9 

— 

202,8 

52,3 

0,64 

V. 

68102,11/2^201  V2CaO 

19,002 

7595 

223,5 

65,1 

158,4 

— 

26,9 

1,56 

VI. 

68102,  lV2Na20,V2CaO 

19,118 

7338 

42,4 

8,1 

— 

34,3 

8,9 

4,1 

VII. 

68109,11/4X20,  3/_jCaO 

19,072 

7624 

32,1 

5,4 

26,69 

— 

4,5 

3,15 

VIII. 

68102,  li/4Na20,3/4CaO 

19,257 

7620 

17,4 

5,9 

— 

11,5 

2,9 

1,9 

IX. 

68102,      IK2O,     ICaO 

19,125 

7424 

9,5 

3,5 

5,99 

— 

1,0 

1,1 

X. 

6SIO2,      lNa.20,  ICaO 

19,381 

7500 

7,4 

3,2 

— 

4,19 

1,1 

1,27 

Aus  nebenstehender  Tabelle  geht  zunächst  die  bekannte  Thatsache 
hervor,  dafs  die  Löslichkeit  der  Gläser  in  schneller  Weise  mit  dem 
zunehmenden  Kalkgehalte  abnimmt.  Wichtiger  ist  das  Ergebnifs,  dafs 
die  Natrongläser  gegen  den  Einflufs  des  Wassers  widerstandsfähiger 
sind  als  die  Kaligläser.  Die  Beobachtung  zeigt  jedoch,  dafs  der  Unter- 
schied um  so  mehr  verschwindet,  je  kalkreicher  die  Gläser  werden.  Die 
Beobachtungen  der  Verfasser  stehen  hier  mit  denen  von  F.  Schwarz 
in  Uebereinstimmung,  welcher  fand,  dafs  es  für  die  Angreifbarkeit  der 
Gläser  von  der  Formel  R'jO,  R"0,  6Si02  ohne  Belang  sei,  ob  sie  Kali 
oder  Natron  enthalten. 

Beachtenswerth  ist  das  Verhältnifs  des  in  Lösung  gegangenen  AlkaHs. 
Während  die  Lösung  I  und  II  auf  6  Mol.  SiOj  etwa  2  Mol.  Alkali  ent- 
hält, steigt  das  Alkali  gegenüber  der  Kieselsäure,  je  mehr  Kalk  dem 
Glase  zugefügt  und  je  mehr  Alkali  ihm  entzogen  wird,  um  in  der 
Natronreihe  bei  dem  Glase  von  der  Formel  li/2Na20,  i|2CaO,  6Si02  und 
in  der  Kalireihe  bei  demjenigen  der  Formel  II/4K2O,  3/^CaO,  6Si02  ein 
Maximum  zu  erreichen.  Bei  diesen  Gläsern  gingen  nämlich  auf  6  Mol. 
SiOa  24,6  bezieh.  18,9  Mol.  Alkali  in  Lösung.   Die  Verfasser  schliefsen 


86 


Zur  Technologie  des  Glases. 


daraus,  dafs  der  Kalk  anfangs  einen  erheblichen  Autheil  SiO^  gebunden 
enthält:  bei  gröfserem  Zusätze  von  Kalk  wirkt  dieser  auch  auf  das  Alkali 
bindend.,  mithin  sind  in  guten  Gläsern  Doppeiverbindungen  von  Alkali- 
Kalksilicaten  wirksam,  wie  auch  gewöhnlich  angenommen  wii-d. 

Vergleichende  Bestimmungen  der  Löslichkeit  von  Glassorten  des 
Handels  sind  schon  öfter  angestellt  worden  (vgl.  z.  B.  H.  5cÄtt'arz,  Ver- 
handlungen des  Vereins  zur  Beförderung  des  G e werbe ßeifses^  1887  S.  204). 
Man  verwendete  dazu  Kolben  oder  Röhren.  Verfasser  haben  nun  die  oben 
beschriebene  Methode  zur  Bestimmung  der  Löslichkeit  von  Glassorten 
des  Handels  benutzt,  und  ihre  Versuchsresultate  in  2  Tabellen  zusammen- 
gestellt. Tabelle  I  gibt  die  Löslichkeit  verschiedener  Glassorten  an,  II  ihre 
Zusammensetzung  (M  bedeutet:  Mylius^Y:  Foerster  als  Beobachter). 

I. 


S 

o 

■5  ^ 

ES 

tr. 

E 

a 

s 

k^ 

z 

Glassorten 

ü 
a> 

Ol. 

=  g  = 

a>  — 

13 

O 

q 

q 

z 

1. 

Gelbes,  alkalireiches  Glas 

M. 

2,514 

19,451 



249 

80.0 

60,0 

95,0 

43,6 

2. 

Schlechtes  Thüringer  Glas 

F. 

2,472 

19,125 

7497 

91,4 

14.3 

18,1 

59,0 

18,4 

3. 

Glas  von   Tutel  und  Comp. 

in  Geiersthal  .... 

M. 

2,495 

19,304 

7601 

30,4 

8,7 

7,8 

13,9 

4,92 

4. 

Flaschenglas  von  Schilling 

in  Gehlberg     .... 

F. 

2.466 

19,079 

7666 

10,4 

4,3 

1,76 

4,39 

1,43 

5. 

Böhm.  Glas   von  Kavalier 

M. 

2,387 

18,468 

7686 

10,1 

5,6 

4.5 

— 

0,77 

6. 

Rheinisches  Fensterglas  . 

F. 

2,451 

18,963 

7612 

9,4 

4,5 

— 

4,87 

1.26 

■7. 

Bleikrvst.  aus   Ehrenfeld 

M. 

3,043 

23,543!  7525 

8,5 

24 

6,4 

— 

1,09 

8. 

Grünes  Flaschenglas    aus 

Charlottenburg    .     .     . 

M. 

2,606 

20,162  7200 

6,5 

3,7 

— 

2,76 

0,71 

9. 

Thermometerglas  löH'  aus 

Jena 

F 

2,585 
3.596 

20,000  7330 
27,814  7156 

5,4 
3,3 

2,0 
1.9 

1,4 

3.39 

0,87 

10. 

Bleiglas  Nr.  483  aus  Jena 

M. 

0,24 

11. 

Bleisilicat 

M. 

6,336 

49,021 

— 

0,6 

0,6 

— 

— 

u. 


Nr.  1    SiOz 

AI2O3 
Fe^Oa 

MnO 

ZnO 

PbO 

CaO 

MgO 

K2O 

NaaO 

ASjOj 

B2O3 

s 

1. 

60,94 

1.77 

3,90 

_ 

_ 

5,42 

0,05 

13.3 

15.4 

_ 

_ 

0,22 

2. 

69,9 

2,95 

0,40 

— 

— 

3,72 

0,08 

6.6 

16,5 

— 

— 

— 

3. 

71.5 

0,4 

0,2 

— 

— 

6,7 

0,2 

7.1 

14,3 

— 

— 

— 

4. 

75,2 

0.7 

— 

— 

8,3 

Spur 

4.2 

11,9 

— 

— 

— 

5. 

78,3 

0,5 

— 

— 

— 

6,8 

— 

13,3 

1,4 





— 

6. 

71,2 

1,6 

— 

— 



13,4 

— 



13,5 







7. 

56,0 

— 

— 

31,2 

— 

0,06 

12,1 

0.6 

— 



— 

8. 

63.5 

4.9 

2.9 

— 



14.0 

3,9 

1,3 

9,5 





— 

9. 

67.5 

2,5 

— 

7,0 

— 

7,0 

— 

14.0 

— 

2,0 

— 

10. 

44,7 

0,5 

0,05 

47,0 



7,3 

0.2 

0,2 



11. 

21,7 

— 

— 

78,3 

— 

— 

— 

— 

— 

Die  Glassorten  sind  in  der  vorstehenden  Tabeile  nach  dem  Ge- 
wichtsverluste geordnet,  den  sie  durch  heifses  Wasser  erleiden;  diese 
schwanken  aufserordentlich  stark ,  zwischen  0,6  und  250"^".  Das  Glas 
von   Tittel  und  Comp,  ist  für  Glasbläserversuche   noch   brauchbar,   da- 


Zur  Technologie  des  Glases.  87 

gegen  die  voranstehenden  nicht  mehr  und  es  würde  ein  grofser  Gewinn 
sein,  wenn  solche  Gläser  aus  dem  Handel  verschwinden  würden.  Glas 
Nr.  2  ist  nach  kurzer  Zeit  mit  einer  Schicht  von  NajCOg  bedeckt.  Die 
Gläser  1  und  2  waren,  abgesehen  von  Carbonaten  und  Sulfaten,  mit 
einer  verwitterten  Oberflächenschicht  von  ilso^^"^  bedeckt,  die  sich  bei 
schwachem  Erwärmen  oder  beim  Liegen  über  Schwefelsäure  abblätterte. 
Die  Flintgläser  sind  gegen  reines  Wasser  sehr  widerstandsfähig, 
was  bemerkenswerth,  da  sie  von  Alkalien  wie  von  Säuren  leicht  zer- 
setzt werden.  —  Obenstehende  Zahlenreihe  bezieht  sich  auf  fünfstündiges 
Behandeln  der  Glassorten  mit  heifsem  Wasser;  gegen  kaltes  Wasser 
verhalten  sich  die  Glassorten  ähnlich,  wenn  auch  mit  kleinen  Ab- 
weichungen, wie  durch  Prüfung  mit  Eosin  (siehe  diesen  Bericht  weiter 
oben)  gezeigt  wurde.  Durch  vorliegende  Abhandlung  ist  auch  eine 
frühere  Ansicht,  dafs  die  Bestaudtheile  des  Glases  bei  der  Behandlung 
mit  Wasser  in  demselben  Verhältnisse  in  Lösung  gehen,  in  welchem 
sie  im  Glase  selbst  enthalten  sind,  widerlegt.  Die  Ergebnisse  der  Ver- 
suche lassen  sich  in  folgende  Sätze  zusammenfassen: 

1)  Wasserglas  zersetzt  sich  mit  Wasser  in  freies  Alkali  und  Kiesel- 
säure, von  welcher  ein  Theil,  je  nach  Zeit,  Concentration  und  Tem- 
peratur, durch  Alkali  hydratisirt  und  dadurch  gelöst  wird. 

2)  Die  Kaligläser  sind  bei  Weitem  löslicher  als  die  Natrongläser, 
die  Unterschiede  verschwinden  aber  in  dem  Mafse,  als  die  Gläser  reicher 
an  Kalk  werden. 

3)  Natron  und  Kali  werden  im  Glase  sowohl  durch  Kieselsäure  als 
durch  Kalk  gebunden.  Die  Widerstandsfähigkeit  von  Glas  gegen  Wasser 
wird  durch  das  Vorhandensein  von  Doppelsilicaten  von  Kalk  und  Natron 
oder  Kali  bedingt. 

4)  In  heifsem  Wasser  sind  von  allen  bekannten  Glassorten  die  blei- 
haltigen Flintgläser  am  wenigsten  löslich. 

5)  Die  relative  Angreifbarkeit  der  Gläser  durch  heifses  Wasser  ist 
von  derjenigen  durch  kaltes  Wasser  verschieden  {Berichte  der  deutschen 
chemischen  Gesellschaft^  Bd.  22  S.  1092). 

E.  Hussak  und  Schumacher  untersuchten  das  Kalksilicat  des  Glases 
und  der  Glasuren  (^Sprechsaal^  1888  .S.  881).  Als  Lösungsmittel  diente 
ein   Glas   von    der   Zusammensetzung  SNajO.SiOj    und   2CaOB203,    in 

welches  Calciumsilicat  CaSiOg  eingeführt  wurde.  —  Das  Glas  loCaO  B  0  ' 
schmolz  vollkommen  klar  und  zeigte  sich  nach  dem  Erkalten  frei  von 
Ausscheidungen.  Das  Glas  CaSiOj  ioCaü  ß  0^  schmolz  zu  reinem  Glase, 
ist  jedoch  stellenweise  reich  an  Bläschen  und  erfüllt  von  zahlreichen 
Sprüngen.  An  Stellen,  wo  eine  ganz  dünne  Glashaut  über  der  Tiegel- 
wandung sich  hinzieht,  bemerkt  man  jedoch  schon  einzelne  säulen- 
förmige, farblose  Kryställchen.    Die  dritte  Probe  2CaO.Si02  v2CaÖ.B  0^ 


88  Zur  Technologie  des  Glases. 

zeigte  in  reinem  Glase  schon  zahlreiche  Ausscheidungen,  vereinzelte, 
sich  öfter  durchkreuzende  farblose  Stäbchen,  die  auch  oft  zu  radial- 
strahligen  Kügelchen  aggregirt,  besonders  häufig  auf  der  Oberfläche  des 

Glases  sich  vorfinden.  —  Die  Mischung  3CaO.Si02  j2Ca6.B.  0  ^  erstarrte 
jedoch,  wenigstens  an  der  Oberfläche,  fast  vollkommen  krystallinisch, 
die  mikroskopische  Untersuchung  zeigte  aber  die  Anwesenheit  von 
Lösungsmittel.  Die  Oberfläche  der  Schmelzmasse  ist  blasig  und  in  die 
einzelnen  Hohlräume  ragen  die  Kryställchen  spiefsig  hinein.  Die  auf 
diese  Weise  ausgeschiedenen  Krystalle  wurden  als  Wollastonit  erkannt. 
Neben  dem  monoklinen  Kalksilicat  CaSiOg  wurde  auch  hexagonales 
Kalksilicat  bemerkt,  und  es  ist  wahrscheinlich,  dafs  letzteres  bei  zu- 
nehmender Concentration  ausschliefslich  aufgetreten  wäre.  Das  Silicat 
CaSiOg  für  sich  allein  geschmolzen  erstarrt  immer  in  hexagonaler  Form ; 
es  läfst  sich,  wie  die  Versuche  zeigen,  in  Wollastonitform  auf  schmelz- 
flüssigem Wege  ohne  Anwendung  von  Wasserdämpfen  oder  irgend 
welchen  Aenderungen  der  Abkühlungsweise  aus  Gläsern  zur  Ausschei- 
dung bringen,  worauf  auch  das  Vorkommen  des  Wollastonits  in  den 
Hochofenschlacken  hinweist. 

Eine  interessante  Untersuchung  über  sphärolilhische  Entglasungs- 
producte  hat  Dr.  E.  Hussak  in  Bonn  ausgeführt  {Sprechsaal^  Bd.  21  S.  221). 
Die  besprochenen  Sphärolithe  stammten  aus  der  Siemens'schen  Glas- 
hütte in  Elbogen,  und  hatten  sich  am  Boden  der  Glaswannen,  sowohl 
aus  braunem,  wie  aus  grünem  Glase  ausgeschieden.  Es  sind  solche  Aus- 
scheidungen bis  zu  10c°i  Durchmesser  beobachtet  worden,  und  finden 
sich  theils  einzeln,  theils  in  Gruppen  zu  gröfseren  Klumpen  vereinigt. 
Die  kleineren,  1  bis  3^^  im  Durchmesser  grofs,  sind  aus  höchst  feinen, 
radial  gestellten,  farblosen,  grünlich  oder  röthlichen  (vom  Mn-Gehalte) 
Fasern  aufgebaut,  die  oft  einen  Schiller,  ganz  ähnlich  dem  der  sogen. 
Katzenaugen,  zeigen.  Der  Kern  zeigt  sich  mehr  krystallinisch  als  die 
Rinde.  Die  chemische  Analyse,  von  A.  Haslam  ausgeführt,  ergab  die 
in  nebenstehender  Tabelle  zusammengestellten  Werthe.  Unter  I  ist  das 
aus  zwei  Analysen  gezogene  Mittel  von  der  Glaszusammensetzung  II  das 
Mittel  der  zwei  Sphärolithanalysen. 

I  II 

SiOo 63,24  61,00 

AloOg 9,84  16,79 

Fe.iOg 4,17  6,70 

MnO 10,48  3,61 

CaO 4,47  3,88 

MgO 0.31  - 

KoO 0,97  0,74 

n4o 5,16  7,62 

Glühverlust      .     .     ■      0,15  0,06 

Summe 98,795  100,41 

spec.  Gewicht   j   2,637   j    ^^^'^^    ^^Ol 


Zur  Technologie  des  Glases.  89 

Stellt  man  die  Molekularverhältnisse  der  Gläser  und  der  Sphärolithe 
gegenüber: 

Glas  Sphärolith 

Si02 1,06827  1,01387 

AljOg  +  FeaOg  .     .     0,12420  0,20584 

K2O 0,01039  0,00789 

Na^O 0,08431  0,12250 

so  ist  das  Verhältnifs  von  K2O :  Na20  =  1  :  8  im  Glase,  dagegen  im 
Sphärolithen  annähernd  wie  1 :  16.  Das  Kali  hat  sieh  im  Glase  eon- 
centrirt,  während  das  Natron  und  die  Thonerde  sieh  als  oligoklas- 
ähnliches  Silicat  ausgeschieden  haben.  Diese  Thatsachen  stehen  im  Ein- 
klänge mit  den  Beobachtungen  von  A.  Lagorio  über  die  natürlichen 
Sphärolithe  (Tschermak^s  Mineralogische  und  Petrographische  Mittheihmgen^ 
Bd.  8  N.  F.  S.  440). 

Prof.  Fr.  Knapp  gibt  einen  sehr  interessanten  Beitrag  zur  Kenntnifs 
getrübter  Gläser  in  der  Chemiker -Zeitung.,  Bd.  8  S.  388  (vgl.  Weinreb., 
1885  256  361,  Zsigmondy,  1889  271  36  und  Tedesco,  1889  271  425). 
Die  mitgetheilten  Beobachtungen  wurden  schon  vor  Jahren  gemacht. 
Norweger  Feldspath,  im  Porzellanofen  geschmolzen,  gab  eine  unansehn- 
liche, undurchsichtige,  aber  auch  keineswegs  dem  Milch-  oder  Alabaster- 
glase ähnliche  Schmelze.  Schon  bei  schwacher  Vergröfserung  unter 
dem  Mikroskope  gibt  sie  sich  als  ein  feinblasiger  Schaum  aus  völlig 
klarem  Glase  zu  erkennen.  Offenbar  absorbirt  das  schmelzende  Mineral 
im  feurigen  Flusse  Gase,  die  beim  Erkalten  erst  spät,  erst  bei  schon 
vorgeschrittener  Dickflüssigkeit,  und  darum  unvollkommen  entweichen. 

Anders  erschien  das  Schmelzproduct,  als  man  den  Feldspath  mit 
Zusatz  von  Kalk,  und  zwar  in  steigendem  Gewichtsverhältnisse,  schmolz. 
Bei  dem  kleinsten  Kalkzusatze  zu  dem  Feldspath  entstand  ein  voll- 
kommen farbloses,  blasenfreies  Glas  mit  lebhaftem  Glänze  und  schönstem 
Spiegel  der  glatt  geflossenen  Oberfläche.  —  Mit  einem  stärkeren  Zu- 
sätze von  Kalk  erhielt  man  Schmelzen  von  gleichem  Spiegel  und  Glänze, 
aber  mit  einer  zarten,  lichten,  in  Blau  spielenden  Trübung,  ein  Opal- 
glas, dessen  schönes,  höchst  ansprechendes,  schon  dem  natürlichen  Opal 
nahe  kommendes  Ansehen  hohen  Beifall  fand.  —  Mit  nochmals  ge- 
steigertem Kalkzusatze  gab  die  Schmelze  ein  vollkommenes  Milchglas, 
undurchsichtig,  ohne  Opalisiren,  aber  mit  gutem  Glänze  und  Spiegel.  — 
Diese  Versuche  stellen  aufser  Zweifel,  dafs  eine  milchige  Trübung  auch 
ohne  Zusatz  von  Phosphaten  und  Fluorverbindungen  im  Glase  auf- 
treten kann. 

Im  Sprechsaal,  Bd.  21  S.  394  und  414,  finden  sich  einige  Vorschriften 
zur  Entfärbung  von  durch  Eisen  grünlich  gefärbtem  Glase;  Braunstein 
allein,  der  von  Agricola  schon  1530  in  seiner  Wirkung  auf  Glas  be- 
sprochen wurde,  ist  nicht  genug  zuverlässig,  da  die  röth liehe  Farbe 
seines  Silicates  durch  reducirende  Einflüsse  zu  leicht  zerstört  wird.  Mit 
Mansan  allein  entfärbte  Gläser  nehmen  an  der  Sonne  leicht  einen  gelben 


90 


Zur  Technologie  des  Glases. 


Stich  an.  Sehr  geringe  Mengen  von  Kobaltoxyd  schwächen  die  Farbe 
ab  und  sind  als  Zusatz  auzurathen.  Die  besten  Resultate  ergibt  der 
Zusatz  von  Nickeloxydul.  Ein  Gemenge  von  68  Th.  Pyrolusit,  23  Th. 
grünem  Nickeloxydul  und  2,8  Th.  Kobaltoxyd  gibt  einem  stark  grünen 
halbweifsen  Glase,  in  geeigneter  Menge  (diese  mufs  durch  Versuch  fest- 
gestellt werden)  zugesetzt,  ein  sehr  brauchbares  weifses  Glas.  Der 
Nickelfärbung  ist  ein  schwacher  Stich  ins  Graue  eigenthümlich.  Antimon 
wirkt  nicht  farbenveräudernd. 

Das  Thüringer  Glas  hat  bekanntlich  die  vorzügliche  Eigenschaft, 
sich  wiederholt  bis  zum  Erweichen  erwärmen  zu  lassen,  ohne  zu  ent- 
glasen.  Dr.  Schott  fand  durch  Untersuchung  des  für  die  Herstellung  von 
Thüringer  Glas  verwendeten  Sandes,  dafs  der  hohe  Alumiuiumgehalt 
die  Ursache  dieser  Beständigkeit  sei.  Ein  in  der  Hütte  aus  solchem 
Sande  geschmolzenes  Thüringer  Glas  zeigte  folgende  Zusammensetzung. 

SiOj 67,7  Proc. 

Al.,03 3.0      „ 

Fe^Og 0,4      „ 

CaO 7,4      „ 

MgO 0,3 


Mn<,03 
K2Ö    . 

As.)05 


0,5 
3,4 
16.0 
0^24 


Durch  Zusatz  von  Thonerde  zu  Glassorten,  die  sich  vor  der  Lampe 
nicht  verarbeiten  lassen,  wurden  diesem  Zwecke  entsprechende  Gläser 
erschmolzen.  Die  Thonerde  scheint  die  Neigung  der  Gläser,  zu  krystalli- 
siren,  abzuschwächen  {Sprechsaal^  Bd.  21  S.  125). 

Um  die  Stellung  zu  charakterisiren,  welche  die  Thonerde  in  der 
Zusammensetzung  des  Glases  einnimmt,  hat  A.  Frank  viele  Gläser  analy- 
sirt  und  die  Analysen  jener  Gläser,  deren  Widerstandsfähigkeit  durch 
langen  Gebrauch  erwiesen  war,  besonders  hervorgehoben.  Die  Analysen 
einiger  widerstandsfähiger  Flaschengläser  ist  in  Folgendem  zusammen- 
gestellt: 


I 


II 


III 


IV 


SiÜ2 

AI.2Ü3 

Fe-fi^ 

MnO 

CaO 

MgO 

Na.20 

Verhältnils  von  CaO,Na20 
und    MnO  zu  Si02  wie 


60,4 
8,1 
1,2 

23,4 
1,1 

5,7 

1  : 1,85 


56,7 

9,7 

24,3 
0,5 
7,3 


57,3 

10,5 

1,3 

24,4 
1,5 
4,9 

1  : 1,72 


57,4 

10,6 

2,3 

23,9 
0,4 
5,4 

1  : 1,82 


56,7 

10,3 

1,3 

7,5 

13,9 

10,4 

1:18 


1 : 1,67 

Nr.  I  ist  das  grüne  Glas  einer  Champagnerflasche,  Clicquot  Veuve, 
also  einem  Glase  entnommen,  an  das  in  chemischer,  wie  in  mecha- 
nischer Hinsicht  grofse  Anforderungen  gestellt  werden,  da  es  wech- 
selndem Drucke,  sowie  der  Einwirkung  von  Kohlensäure  und  organischen 


Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie.  91 

Säuren  dauerud  Widerstand  leisten  mufs.  —  Nr.  II  und  III,  grün  ge- 
färbt —  eine  Burgunder-  und  Pouilloc-Flasche,  war  nachweislich  lange 
auf  dem  Lager  gewesen.  Nr.  IV  hatte  lange  Zeit  der  Einwirkung  von 
Alkalicarbonaten  widerstanden.  Nr.  V  war  eine  sehr  gute  Rheinwein- 
flasche von  braunem  5«emens'schen  Glase.  Während  für  gutes  Alkali- 
kalkglas das  Verhältnifs  von  Kieselsäure  zu  Basen  =3:1  gefordert 
wird,  ist  hier  das  Verhältnifs  =  1 : 1,8.  Verfasser  schliefst  daraus,  dafs 
die  Thonerde  in  den  Gläsern  die  Rolle  einer  Säure  spielt,  was  ja  auch 
mit  anderen  Beobachtungen  übereinstimmt.  Die  Ei-fahrung  lehrt,  dafs 
Thonerde  haltige  Gläser  viel  Kalk  erfordern,  um  blank  zu  schmelzen. 
Als  Beweis  gibt  Verfasser  die  Analyse  zweier  Glasschichten,  die  sich 
bei  Benutzung  von  Porphyr  gebildet  hatten;  die  obere  A  war  undurch- 
sichtig, lavaartig,  die  untere  B  ein  gutes  Glas 

A  B 

SiO, 61,4  63.3 

AloÖg 5,1           1,2 

FeaOg 3,0          2,5 

MnO 4,4          5,2 

CaO 14,5  14,8 

MgO 0,7          1,2 

Alkalien   ....  10,8  11,8 

Durch  Zusatz  von  Kalk  verschwanden  die  beiden  Schichten,  und 
man  erhielt  blanke,   gleichmäfsige  Schmelzen  (Diamant^  Bd.  11  Nr.  6). 

C.  Barus  und  F.  Slrouhal  haben  Glasthränen  mit  verdünnter  Flufs- 
säure  behandelt  und  gefunden,  dafs  die  Theilchen  der  Glasthräne  schon 
einen  gewissen  Zusammenhalt  zeigen,  wenn  man  auf  diese  Weise  eine 
Schichte  von  0°'°\03  ablöst,  dagegen  die  Neigung  zum  Explodiren  ganz 
verschwindet,  wenn  die  abgelöste  Schicht  0™'",5  ausmacht  {Sprechsaal^ 
Bd.  21  S.  307). 

Herrn  Direktor  0.  Rauter  ist  es  gelungen,  massives  Goldrubinglas 
herzustellen,  eine  Kunst,  die  trotz  zahlreicher  Versuche  seit  KunkeCs 
Zeit  verloren  gegangen  ist.  Derartige  rothe  Gläser  sind  von  der  Bhei- 
nischen  GlashUlten-Actienge Seilschaft  in  mehreren  Ausstellungen  exponirt 
worden.  Die  Erfindung  hat  Herrn  Rauter  mehrere  gehässige  Angriffe 
zugezogen,  auch  wurde  die  Priorität  der  Erfindung  bestritten  (Sprech- 
saal^  1887,  auch  Centralblatt  der  Keramik  und  Glasindustrie). 


lieber  die  Fortschritte  der  Pliotographie  und  der  photo- 
mechanischen  Druckverfahren;  von  Prof.  Dr.  J.  M.  Eder 

in  Wien. 

In  Folge  der  raschen  Steigerung  der  Bedeutung  der  Photographie 
und  photographischen  Druckverfahren  für  die  Druckgewerbe,  sowie 
für    künstlerische   und  wissenschaftliche  Zwecke    wuchs   das  Bedürfnifs 


92  Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie. 

nach  dem  Unterrichte  in  diesen  Fächern.  Es  ist  für  Lithographen,  Aetzer, 
Zeichner  u.  s.  w.  die  Photographie  ein  unentbehrliches  Hilfsmittel  ge- 
worden, und  es  schlössen  sich  z.  B.  die  Grennalschulen  der  Stein-  und 
Kupferdrucker  in  Wien  an  die  daselbst  neu  errichtete  Kaiser!.  Königl. 
Lehr-  und  Versuchsanstalt  für  Photographie  und  Reproductionsver fahren 
an.  Es  wird  an  dieser  Anstalt  in  drei  Jahrgängen  die  Theorie  und 
Praxis  der  einschlägigen  Methoden  gelehrt  und  in  den  Ateliers  und 
Druckersälen  praktisch  geübt  und  auch  Lichtdruck,  Photolithographie, 
Zinkätzung,  Photozinkographie  als  obligate  Gegenstände  gelehrt.  Auch 
in  Amerika  (Washington)  werden  Vorarbeiten  zur  Errichtung  eines 
grofsen  Institutes  und  Museums  für  graphische  Methoden  an  dem 
y^Smithsonian  institution'-'-  vorgenommen. 

Photographische  Objective. 

Wie  schon  mehrmals  in  diesen  Berichten  erwähnt  wurde,  gaben 
die  Arbeiten  des  glastechnischen  Laboratoriums  in  Jena  und  Prof.  Abbes 
wissenschaftliche  Arbeiten  neue  Impulse  zur  Herstellung  von  photo- 
graphischen Linsen.  Nachdem  Zeifs  in  Jena  zuerst  .^.^Apochromate^  für 
mikroskopische  Zwecke  erzeugt  hatte,  verwertheten  Voigtländer  (Braun- 
schweig), Sleinheil  (München),  Fritsch  (Wien)  die  neuen  Glassorten  zu 
gröfseren  Objectiven.  Ersterer  construirte  mittels  der  Jenenser  Baryt- 
gläser einfache  Landschaftslinsen,  sowie  neue  Eryskope,  bei  denen  der 
Vortheil  dieses  Glases  (nämlich  grofse  Farblosigkeit  und  Durchlässig- 
keit für  chemisch  wirksame  Strahlen)  zur  Geltung  kommt;  dadurch 
haben  die  neuen  Instrumente  bei  derselben  Oeffnung  und  Brennweite 
einen  gröfseren  scharfen  Bildkreis  und  gröfsere  Schärfe  bei  voller  Oeff- 
nung. Sleinheil  lieferte  hervorragende  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der 
Fernrohrobjective  (^Eders  Jahrbuch  für  Photographie  für  1889  S.  326),  und 
Fritsch  in  Wien  construirte  „Weitwinkel- Apochromate"-'.  Es  ist  jedoch 
bemerkenswerth,  dafs  die  mit  gewissen  neuen  Jenenser  Glassorten  herge- 
stellten Linsen  den  Witterungseinflüssen  mehr  zugänglich  sind  als  die  ge- 
wöhnlichen Flint-  und  Crownglassorten.  Hartnack  (Potsdam)  fertigt  sehr 
gute  Projectionsobjective  an,  welche  zu  Vergröfserungszwecken  dienen, 
einen  Bildwinkel  von  25  bis  26^  haben  und  ein  bis  zum  Rande  gleich- 
mäfsig  scharfes  Bild  geben. 

Bei  den  neuen  Objectivconstructionen  werden  häufig  sogen,  „/m- 
diaphragmen^^  angebracht,  welche  wohl  schon  seit  langer  Zeit  bekannt 
sind,  jedoch  erst  seit  ungefähr  einem  Jahre  in  ausgedehntei'em  Mafse 
angewendet  werden. 

Aufnahmen  mit  der  Lochcamera. 

Bekanntlich  erhält  man  in  einer  Camera  obscura  ein  mehr  oder 
weniger  deutliches  Bild,  wenn  man  statt  der  Linse  an  der  Vorderwand 
ein  kleines  Loch  anbringt.  Mit  dem  Studium  dieser  Camera  hat  man 
sich  mehrfach  beschäftigt,  und  A.  Miethe  {^ Photographische  Miltheilungen^ 


Eder,  übei-  Fortschritte  der  Photographie.  93 

1888  Bd.  24  S.  276)  rechnet  Tabellen  über  die  Bestimmung  der  günstigsten 
Oeflfnungen  der  Loehcamera  für  verschiedene  Cameralängen.  A.  Wagner 
(Wien)  stellte  hübsche  derartige  Aufnahmen  her  mit  einem  Lochdurch- 
messer von  0'^™,3  und  einem  Plattenabstande  von  10^™^  bei  einer  Be- 
lichtung von  ungefähr  einer  Minute.  Derartige  Photographien  sind  in- 
sofern interessant,  als  sie  frei  von  jeder  Verzerrung  sind. 

Photochemie. 

Ueber  Anfangswirkung  des  Lichtes  und  Effect  intermittirender  Licht- 
wirkungen auf  Bromsilbergelatiueplatten  stellten  A.  und  L.  Lumiere  in- 
teressante Versuche  an  {Moniteur  de  la  Photogr..,  1888.  Edefs  Jahrbuch.^ 
Bd.  3  S.  346). 

Um  festzustellen,  ob  bei  sehr  kurzen  schwachen  Lichtwirkungen  überhaupt 
kein  Eindruck  auf  der  Platte  vorhanden  ist  oder  ob  der  Entwickler  nur  nicht 
im  Stande  ist,  so  schwache  Eindrücke  hervorzurufen,  liefsen  die  Autoren  zu- 
nächst ein  constantes  Licht  3  Secunden  lang  auf  einen  Theil  einer  Platte 
wirken;  dann  liefsen  sie  dasselbe  Licht  mit  Hilfe  angemessener  Apparate  auf 
andere  Theile  der  Platte  in  intermittirender  Weise  so  fallen,  dafs  die  einzelnen 
Lichteindrücke  nur  Viooo  oder  V4000  Secunde  betrugen,  dafs  sich  aber  in  jedem 
einzelnen  Falle  so  A'iel  davon  folgen ,  um  zusammen  eine  Belichtung  von 
3  Secunden  auszumachen.  Beim  Entwickeln  waren  die  Lichteindrücke  auf 
der  Platte  in  allen  Fällen  genau  dieselben,  daraus  folgt,  dafs  auch  die  schwächste 
Belichtung  einen  genau  proportionalen  Eindruck  hervorbringt,  dafs  aber  der 
Entwickler  nicht  genügt,  ihn  hervorzurufen.  (Andererseits  sind  zahlreiche 
Beobachtungen  aus  der  Praxis  vorhanden,  welche  gegen  die  genaue  Gültigkeit 
dieser  Regel  sprechen.     Anm.  d.  Referenten.) 

Ueber  Lichtempfindlichkeit  verschiedener  Farbstoffe,  welche  in  der 
Druckindustrie  verwendet  werden,  machte  Inspektor  G.  Fritz  der  Wiener 
Hof-  und  Staatsdruckerei  Mittheilung  {Photographische  Correspondenz., 
1888  S.  243).  Wir  verweisen  auf  den  ausführlichen  Bericht  und  be- 
merken hier  nur,  dafs  Anilinfarben  auf  Holzstoffpapier  im  Sonnenlichte 
viel  rascher  zerstört  wurden,  als  dieselben  auf  Hadernpapier. 

Ueber  die  Photographie  dunkler  Wärmestrahlen  stellte  Ives  Ver- 
suche an. 

Ives  liefs  das  Licht  eines  Kalklichtes  in  eine  Camera  fallen  und 
stellte  einen  metallischen  Gegenstand  vor,  so  dafs  ein  Schattenbild  ent- 
stand. Dann  schob  er  vor  das  in  einem  Kasten  befindliche  Kalklicht 
einen  schwarzen  Glasschirm,  welcher  nur  die  Wärmestrahlen  durch- 
läfst,  und  brachte  dann  an  die  Stelle  der  Visirscheibe  eine  mit  Leucht- 
farbe bestrichene  phosphorescirende  Tafel.  Die  Wärmestrahlen  löschten 
nun  an  den  Bildstellen  das  Phosphorescenzlicht  aus,  und  wenn  er  die 
Tafel  mit  einer  Bromsilberplatte  in  Contact  brachte,  entstand  ein  posi- 
tives Bild.  Heifses  Eisen  an  Stelle  des  Kalklichtes  erwies  sich  nicht 
brauchbar,  indem  seine  Strahlen  durch  Wasserdampf  der  Luft  absorbirt 
wurden  {Philadelphia  Photogr..,  1887  S.  180). 

Photo grammetrie  und  Aufnahme  von  Baudenkmälern. 
Für  das  preufsische  Cultusministerium  werden  photographische  Auf- 
nahmen von  Baudenkmälern  im  Formate   von  40cm  jm  Quadrate  ange- 


Ö4  Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie. 

fertigt,  nach  Nvelcheu  die  geometrischen  Zeichnungen  angefertigt  werden; 
als  Linse  dient  das  Pautoscop  von  24  bis  52cm  Brennweite. 

Nach  Dr.  Meydenbauer's  Mittheilungen  wurden  diese  Negative  auf 
Bromsilbergelatinepapier  vergröfsert.  Hierzu  diente  ein  Kasten  aus 
dünnen  Brettern,  etwa  SOc'"  lang.  Der  Querschnitt  beträgt  im  Lichten 
42CD1  im  Quadrat.  Innen  sind  4  Spiegel  so  angebracht,  dafs  sie  an 
einem  Ende  den  Seitenwänden  anliegen,  am  anderen  jedoch  einen  recht- 
eckigen Raum  von  12^^  Breite  und  35""  Höhe  in  symmetrischer  An- 
ordnung einschliefseii,  woraus  die  geneigte  Lage  der  Spiegel  sich  von 
selbst  ergibt.  Die  grofse  Oeffnung  ist  durch  eine  leicht  herauszunehmende 
matte  Spiegelscheibe,  deren  Ecken  abgeschnitten  sind,  geschlossen;  am 
anderen  Ende  befindet  sich  eine  leicht  gehende  Thür,  innen  mit  weifsem 
Papier  bekleidet.  Endlich  befindet  sich  in  geringem  Abstände  von  der 
Thiirseite  eine  durch  die  Kastendecke  und  oberen  Spiegel  geschnittene 
kreisförmige  Oelfnung  von  S^m  Durchmesser  und  darüber  ein  nach  dem 
Schornsteine  führendes  Blechrohr  von  gleichem  Durchmesser.  Soll  das 
Negativ  belichtet  werden,  so  wird  der  Kasten  mit  der  matten  Scheibe 
dicht  an  das  Negativ  gedrückt,  welches  vergröfsert  wird,  unter  der 
Oeffnung  an  den  Draht  eine  oder  zwei  Magnesiumspiralen  (von  3  bis 
14'^°"  Länge)  angehängt,  angezündet  und  die  Thür  nicht  ganz  geschlossen, 
damit  Luft  eintreten  kann.  Die  Bilder  werden  mit  5<emÄej7-Aplanat 
Serie  VI,  Nr.  3  von  60cm  Breite  auf  1^,7  Bilddurchmesser  vergröfsert 
{Photographisches  Wochenblatt^  1888  S.  170). 

Ueber  Photogrammetrie  erschien  ein  ausführliches  Werk  von  C.  Koppe 
(y,Die  Photogrammetrie'-'- ^  Weimar  1889),  welches  den  Gegenstand  er- 
schöpfend behandelt.     (1889  272  383.) 

Anwendung  der  Photographie  in  der  Mikroskopie^  Spectralanalyse 
und  Astronomie. 

Die  Mikrophotographie  hat  durch  die  Einführung  der  orthochroma- 
tischen Platten  und  Apochroniate  sehr  schöne  Erfolge  erzielt.  Von 
Wichtigkeit  sind  Dr.  Zettnow's  Untersuchungen,  nach  welchen  man  bei 
grünem  Lichte  photographirt  und  die  Platten  grünempfindlich  macht. 
Man  bringt  vor  dem  Condensor  des  Mikroskops  eine  Glaswanne  an, 
welche  mit  einer  Lösung  von  175?  Kupfervitriol,  17?  Kaliumbichromat, 
2cc  Schwefelsäure  und   1/2  bis  1'  Wasser  gefüllt  ist. 

Besser  noch  wirkt  eine  Lösung  von  160?  Kupfernitrat,  14s  Chrom- 
säure und  250CC  Wasser,  welche  Licht  von  der  Wellenlänge  570  bis  550 
durch  läfst. 

Der  Referent  verwendet  auch  mit  Erfolg  eine  concentrirte  wässei'ige 
Pikrinsäurelösung  mit  Zusatz  von  etwas  Indigoschwefelsäure.  Die  Platten 
werden  in  Erythrosivlösung  in  der  bekannten  Weise  gebadet.  Bei  der 
Anwendung  dieser  Methode,  sowie  bei  Anwendung  von  Eosinsilber- 
platten,  deren  Empfindlichkeit  dem   grünen   Lichte  des  Kupferchrom- 


Eder,  über  Foi'tschritte  der  Photographie.  95 

filters  entspricht,  ist  es  nicht  nur  möglich,  blau  und  violett  gefärbte 
Bacillen  zu  photographiren,  sondern  man  kann  auch  mit  mangelhaft 
achromatisirten  mikroskopischen  Linsen  scharfe  Photographien  erhalten, 
weil  das  durchgelassene  grüne  Licht  einen  schmalen  Streifen  des  Spectrums 
repräsentirt  und  Achromatisirungsfehler  weniger  ins  Gewicht  fallen. 

Auf  diese  Weise  kann  man  sowohl  mittels  des  Sonnenlichtes,  als 
mit  dem  Zirkonlichte  sehr  gute  Vergröfserungen  erhalten.  Nähere  An- 
gaben siehe  Eders  Jahrbuch  für  Photographie  für  1880,  sowie  C.  Fränkel 
und  Pfeiffers  Schrift:  ^^Das  Verfahren  der  pholographischen  Darstellung 
von  Bakterien- Präparaten'"'-  (Berlin),  was  in  dem  Institute  Prof.  Koches 
abgefafst  und  mit  mustergültigen  Photographien  versehen  ist.  Dieselben 
sind  mit  Sonnenlicht  (mit  Hilfe  eines  Heliostaten)  aufgenommen  und 
die  damit  erzielte  Schärfe  ist  mit  künstlichen  Lichtquellen  unerreichbar. 

In  Ermangelung  von  Sonnenlicht  leistet  das  Zirkonlicht  in  der  von 
Schmidt  und  Haensch  in  Berlin  ausgeführten  Form  sehr  gute  Dienste,  und 
es  wurden  an  der  Kaiserl.  Königl.  Lehr-  und  Versuchsanstalt  für  Photo- 
graphie in  Wien  mit  vielem  Erfolge  Mikrophotographien  bis  1500facher 
Vergröfserung  hergestellt. 

Zur  Färbung  von  Bakterien  oder  Bacillen  zum  Zwecke  der  Photo- 
graphie bedient  man  sich  am  besten  rother,  brauner  oder  schwarzer 
Farben.  Am  leichtesten  und  bequemsten  ist  die  Färbung  mit  Anilin- 
roth, welches  sowohl  bei  gewöhnlichen  photographischen  Platten,  als 
auch  ganz  besonders  hinter  gi'ünen  Lichtfiltern  und  Eosinplatten  gute 
mikrophotographische  Bilder  gibt.  Nevhaus  empfiehlt  auch  die  Schwarz- 
färbung {Photographisches  Archiv^  1888  S.  393):  Man  löst  Campeche- 
holzextract  in  kochendem  Wasser  und  filtrirt  die  Lösung  möglichst 
heifs.  Nachdem  dieselbe  mindestens  8  Tage  gestanden  hat,  wird  sie 
vor  jedem  Gebrauche  stark  angewärmt.  Man  läfst  nun  die  zu  färbenden 
Deckgläschen  (mit  den  Bakteinen)  unter  leichtem  Aufkochen  10  Minuten 
auf  der  Lösung  schwimmen^  darauf  spült  man  in  heifsem  Wasser  ab 
und  legt  durch  längere  Zeit  auf  eine  ganz  schwache  Lösung  von  neu- 
tralem chromsauren  Natron.  In  der  Regel  mufs,  um  ein  tiefes  Schwarz 
zu  erzielen,  der  ganze  Vorgang  drei-  oder  viermal  wiederholt  werden. 
Manche  Bakterien  kommen  über  ein  dunkles  Braun  nicht  hinaus.  Man 
erhält  beim  Photographiren  derartig  schwarz  tingirter  Bakterien  kräftige, 
scharf  gezeichnete  Negative.  Die  Details  der  Bakterien  (Sporen  u.  s.  w.) 
treten  nach  Netihaus  mit  grofser  Deutlichkeit  hervor.  Auch  die  Geifseln, 
welche  Anilinfarben  nicht  annehmen,  färben  sich  schwarz. 

Mitunter  färbt  man  Bakterien  blau  (mit  Methylenblau)  oder  violett 
(Anilinviolett)  ^  solche  sind  mit  weifsem  Lichte  und  auf  gewöhnlichen 
photographischen  Platten  nicht  gut  zu  photographiren,  sondern  es  müssen 
gelbe,  grüne  oder  orangegelbe  Lichtfilter  angewendet  werden  und  die 
Platten  mit  Eosinsilber  oder  Erythrosinsilber  gelbempfindlich  gemacht 
werden. 


96  Kleinere  Mittheilungen.     « 

Die  Photographie  des  Speetrums  wird  immer  mehr  angewendet. 
Insbesondere  ist  die  Arbeit  von  Prof.  Kayser  und  Runge  in  Hannover 
bahnbrechend  {Berliner  Akademie  der  Wissenschaften^  1888),  welche  das 
normale  Spectrum  des  Eisens  mit  einem  Bowland' sehen  Gitter  photo- 
graphirten.  Prof.  Simony  (Wien)  photographirte  mit  einem  Schumann- 
schen  Quarzspectrographen  auf  den  Canarischen  Inseln  von  einem  hohen 
Berge  aus;  er  fand  ganz  neue  Erscheinungen  im  brechbarsten  Theile 
des  Sonnenspectrums  und  lieferte  eine  wichtige  Ergänzung  zu  dem  be- 
rühmten Cornw'schen  Normalspectrum  der  Sonne. 

Die  Vorbereitungen  zur  Herstellung  der  photographischen  Himmels- 
karte schreiten  rüstig  vorwärts  und  man  holft,  dafs  an  einigen  Stern- 
warten noch  im  J.  1889  die  Arbeit  begonnen  werden  kann. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Schallenberger's  Elektricitätszähler  für  Wechselströme. 

In  dem  von  dem  Elektriker  der  Westinghouse  Electric  Company^  0.  B^ 
Schallenher ger  in  Rochester,  angegebenen  und  von  der  Weslinghouse  Electric  Company 
für  Glühlampenanlagen  mit  Wechselstrombetrieb  benutzten  Elektricitätszähler 
werden  nach  dem  Telegraphic  Journal^  1888  Bd.  23  ^  S.  349,  und  dem  Engineering 
and  Mining  Journal  vom  4.  Mai  1889  *  S.  412  die  (secundären)  Wechselströme 
durch  eine  aus  wenigen  Windungen  isolirten  Drahtes  bestehende  Rolle  hin- 
durch geführt.  In  dieser  Rolle,  und  zum  gröfsten  Theil  von  ihr  umschlossen, 
liegt  ein  aus  Kupferringen  gebildeter  Leiter,  dessen  magnetische  Achse  einen 
Winkel  von  450  mit  derjenigen  der  Rolle  einschliefst;  beide  Achsen  sind 
wagerecht  und  der  Winkel  zwischen  ihnen  kann  durch  Verschiebung  und 
darauf  folgendes  Feststellen  der  Kupferringe  regulirt  werden;  von  diesem 
Winkel  hängt  die  Calibrirung  des  Zählers  ab. 

Auf  einer  lothrechten  Welle,  deren  Lager  sehr  klein  und  gut  polirt  sind, 
so  dafs  praktisch  keine  Reibung  in  ihnen  vorhanden  ist,  sitzt  eine  leichte 
metallene  Scheibe.  Wenn  nun  die  Wechselströme  durch  die  Rolle  gehen,  in- 
duciren  sie  auch  Ströme  in  dem  Leiter,  und  diese  beiderlei  Ströme  wirken 
auf  die  Scheibe  magnetisirend  und  versetzen  sie  zufolge  der  Anziehung  und 
Abstofsung  in  Umdrehung.  Die  Kraft  der  Drehung  ist  proportional  dem 
Quadrate  der  Stromstärke.  Deshalb  wird  auf  die  Achse  der  Scheibe  noch- 
ein empfindlicher  Windfang  aufgesteckt,  dessen  Aluminiumtlügel  in  der  Luft 
einen  mit  dem  Quadrate  der  Geschwindigkeit  wachsenden,  verzögernden 
Widerstand  finden.  Dadurch  kann  der  Stromverbrauch  unmittelbar  vom  Zähler 
abgelesen  werden,  da  die  Umdrehungen  der  Scheibe  einfach  durch  ein  Zähl- 
werk gezählt  werden.  Strenge  Prüfungen  haben  ergeben,  dafs  der  Zähler 
durch  die  Zahl  der  Umdrehungen  der  Scheibe  genau  den  Elektricitätsverbrauch 
der  Lampen  angibt.  Die  Gesellschaft  baut  solche  Zähler  für  25,  50  und! 
100  Lampen  von  16  Kerzen. 

Bent's  Stahlhalter. 

Um  einen  langen  Stahlstab  als  Werkzeug  zu  verwenden  und  denselben 
bis  auf  ein  kurzes  Endstück  auszunutzen,  wird  der  Schaft  des  Stahlhalters 
hohlgebohrt,  der  Schneidstahl  durchgeschoben  und  mittels  eines  geschlitzten 
Schraubbolzens  am  Winkelende  festgeklemmt  (vgl.  1887  264*105).  Der  ge- 
kröpfte Schneidstahl  wird  hierbei  durch  die  Kopftläche  des  Schraubbolzens  an 
die  obere  Fläche  des  Halterwinkels  geprefst  {Engineering^  1889  Bd.  67*S.  541). 


Verlag  der  J.  Ü.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfol|.er  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Neuerungen  an  Pumpen.  97 

Neuerungen  an  Pumpen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  272  S.  541.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  5. 

Die  in  Fig.  1  bis  3  dargestellte  Pumpe  ist  eine  direkt  wirkende 
Duplexpumpe  und  für  den  Betrieb  eines  hydraulischen  Aufzuges  be- 
stimmt. Besonderen  Werth  legen  die  Erbauer  derselben,  Smith  und 
Stevens^  auf  eine  sicher  wirkende  selbsthätige  Auslösung  für  den  Fall, 
dafs  der  Accumulator  seine  zulässige  Spannung  überschreitet.  Diesen 
Zweck  soll  die  in  Fig.  3  dargestellte  Vorrichtung  erfüllen.  Die  Dampf- 
cylindcr  Fig.  1  zeichnen  sich  vor  der  gebräuchlichen  Bauweise  dadurch 
aus,  dafs  sie  an  jeder  Seite  zwei  Kanäle  haben,  von  denen  der  innere  als 
Ausströmungskanal  dient.  Es  soll  dadurch,  wie  leicht  zu  übersehen 
ist,  ein  weicherer  Gang  erzielt  werden.  Der  Pumpenkörper  ist  mit  dem 
Dampfcylinder  durch  Stahlstangen  verbunden  und  bietet  nichts  Be- 
sonderes. 

Die  Auslösungsvorrichtung  Fig.  3  steht  stets  unter  dem  Drucke  des 
in  B  befindlichen  Dampfes,  welcher  das  Ventil  zu  öffnen  strebt.  Diesem 
Drucke  entgegen  wirkt  der  durch  das  Rohr  A  auf  den  Kolben  gegebene 
Wasserdruck  des  Accumulators.  Der  durch  zwei  Stopfbüchsen  ab- 
gedichtete Kolben  läfst  bei  gewöhnlichem  Betriebe  das  in  B  befindliche 
Ventil  geöffnet.  Letzteres  schliefst  sich  jedoch  sofort,  wenn  der  Druck 
im  Accumulator  eine  bestimmte  Höhe  übersteigt.  Diese  Regelung  voll- 
zieht sich  geräuschlos,  was  im  vorliegenden  B'alle,  wo  der  Aufzug  in 
einem  Gasthofe  verwendet  wird,  nur  angenehm  ist.  Der  erforderliche 
Hub  der  Auslösevorrichtung  beträgt  ö™'». 

Die  Woodward-Fum])e  hat  eigenthümliche  Ventile,  welche,  wie 
Fig.  4  und  5  zeigen,  aus  segmentförmigen  Klappen  C  bestehen,  welche, 
um  zwei  Zapfen  drehbar,  sich  an  die  cylindrisch  ausgebohrten  Ventil- 
gehäuse anlegen.  Wie  aus  Fig.  5  zu  ersehen,  haben  die  Zapfen  ihre 
Führung  in  zwei  Deckeln  6,  welche  zum  Verschlusse  der  Seitenöflnungen 
des  Ventilgehäuses  dienen.  Nebenbei  sei  erwähnt,  dafs  die  für  Dampf- 
und Pumpenkolben  gemeinschaftliche  Kolbenstange  so  eingerichtet  ist, 
dafs  der  Pumpenkolben  abgetrennt  und  die  Pumpe  als  gewöhnliche  Be- 
triebsdampfmaschine benutzt  werden  kann.  Die  Pumpe  wird  von  der 
„  Woodward  Steam  Pump  Comp.'-'-  in  New  York  City  angefertigt  und  soll 
sich  auch  für  ziemlich  dickflüssige  Stoffe,  als  Syrup,  Leim,  Theer  u.  dgl., 
gut  bewähren. 

Unter  den  Maschinen  der  letzten  amerikanischen  Ausstellung  war 
nach  Industries  vom  25.  November  1887  eine  direkt  wirkende  Dampf- 
pumpe, die  sogen.  ^TaW-Pumpe,  deren  Einrichtung  aus  dem  Längsschnitt 
(Fig.  7),  sowie  aus  den  schematischen  Zeichnungen  (Fig.  6  und  8)  zu 
ersehen  ist.  Die  Pumpe  ist  als  Zwillingspumpe  construirt,  hat  beide 
Kolben  mit  einer  Kolbenstange  direkt  verbunden,  und  wird,  wie  bei  der 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  3.  1889/111.  7 


yy  Neuerungen  an  Pumpen. 

fFor/Ain^/on-Pumpe,  die  Umsteuening  der  einen  Pumpe  von  der  neben- 
liegenden bewirkt.  Die  Danipfkanäle  sind  wie  bei  der  vorhin  be- 
sprochenen Pumpe  von  Smilh  und  Stevens  doppelt  vorhanden.  Die  be- 
merkenswerthe  Umsteuerung  ist  nach  den  angezogenen  Fig.  6  und  8 
wohl  zu  übersehen. 

Zum  leichteren  Verständnifs  fassen  wir  die  augenblickliche  Stellung 
ins  Auge.  Bei  dem  Cylinder  I  hat  der  Kolben,  der  sich  in  der  Rich- 
tung des  Pfeiles  bewegt,  soeben  die  OefFnung  €2  dem  Dampfe  frei  ge- 
geben und  demselben  somit  gestattet,  mittels  des  Doppel- Muschel- 
schiebers xx^  durch  den  Kanal  C2  hinter  den  Kolben  P^  zu  treten. 
Dadurch  entsteht  in  dem  Räume  Gi  eine  Spannung,  welche  genügt, 
den  zur  Steuerung  des  Cylinders  II  dienenden  Kolben  P^  in  der  Richtung 
des  Pfeiles  zu  verschieben.  Der  Dampf  im  Räume  vor  dem  Kolben  P^ 
steht  gleichzeitig  durch  das  Rohr  d2  mit  dem  Doppel-Muschelschieber 
von  Cylinder  I  in  Verbindung  und  kann  hier  entweichen.  Es  wieder- 
holt sich  nunmehr  der  ents})rechende  Vorgang  in  leicht  zu  übersehender 
Weise  bei  Cylinder  li,  an  welchem  die  einzelnen  Theile  mit  dem 
Cylinder  I  entsprechenden  Buchstaben  bezeichnet  sind.  Um  den  Gang 
der  Ventile  P^  und  P2  weich  zu  machen,  ist  an  jedem  Ende  der  Boh- 
rung Gl  und  G2  der  Kanal  g  angeordnet,  welcher  den  eigentlichen 
Kolben  von  P  an  beiden  Enden  überragt  und  somit  ein  Dampfkissen 
bildet.  Wir  wollen  die  weitere  ermüdende  Beschreibung  unserer  Quelle 
vermeiden,  da  wir  die  Zeichnung  zum  Verständnifs  für  vollständig  aus- 
reichend halten. 

Die  in  der  Ausstellung  befindliche  Pumpe,  von  der  Hall  Steam  Pump 
Company  in  New  York  angefertigt,  hatte  geringe  Gröfsenverhältnisse 
und  zwar  5  Zoll  Hub,  4  Zoll  Durchmesser  für  den  Dampfcyliuder, 
2,5  Zoll  für  den  Pumpencylinder  und  lieferte  bei  100  bis  200  Hüben 
in  der  Minute  20  bis  40  Gallonen  Wasser. 

Fielding  und  Platt  in  Gloucester  verwenden  nach  Revue  industrielle 
vom  18.  Februar  1888  zu  ihrer  Doppelpumpe  nur  einen  Schieber.  Wie 
die  Fig.  9  bis  11  zeigen,  ist  ein  Schieber  verwendet,  dessen  Gleitfläche 
nach  einer  Cyliuderfläche  geformt  ist  und  welcher  auf  eigenthümlich 
geformte  Kanäle  wirkt.  Der  Schieber  erhält  neben  der  hin  und  her 
gehenden  Bewegung  noch  eine  Drehung,  was  durch  eine  geeignete 
Hebelverbinduno;  bewirkt  wird.  Die  erreichten  Vortheile  sollen  in  ein- 
facher  Ausführung  und  weicherem  Gang  bestehen.  Aus  der  Lage  der 
Kanäle  ist  nach  dem  Vorstehenden  leicht  zu  ersehen,  in  welcher  Weise 
die  Vertheilung  des  Dampfes  erfolgt.  ' 

Die  Pumpe  von  Ellice-Clark  und  Chapman  in  London  (Englisches 
Patent  Nr.  16986  vom  9.  December  1887)  umgeht  die  Einströmungs- 
ventile  dadurch,  dafs  das  Cylinderfutter  in  der  Längsrichtung  verschiebbar 

I  In  der  Zeichnung  Fig.  11  sollte  die  Schral'tirung  der  Kanalwand  links 
voni  Schieber  oberhalb  des  Schieberspiegels  wegl'allen. 


Neuerungen  an  Pumpen.  99 

ist.  Bei  der  in  Fig.  12  dargestellten  Pumpe  bewegt  sich  der  Kolben 
nach  links,  er  nimmt  dabei  den  Cylinder  mit  nach  links,  wo  ev  sich 
an  dem  eingeschwalbten  Ringe  F  von  weichem  Metalle  dichtet,  so  dafs 
das  Wasser  aus  dem  Räume  C  durch  die  beiden  dort  befindlichen 
Ventile  entweicht.  Der  Eintritt  des  Wassers  erfolot  durch  die  Sauge- 
Öffnung  D  und  den  frei  gewordenen  ringförmigen  Schlitz  in  der  durch 
die  Pfeile  angegebenen  Richtung.  Das  Spiel  wiederholt  sich  beim  Rück- 
gänge des  Kolbens  an  dem  entsprechenden  anderen  Ende. 

Eine  Vorrichtung  zur  Steuerung  an  sogen.  Duplexpumpen  haben 
sich  T.  Jefferiss  und  Tangijes  durch  das  Englische  Patent  Nr.  15944  vom 
19.  November  1887  schützen  lassen.  Die  Steuerung  Fig.  13  und  14  be- 
zweckt, den  Schieber  der  einen  Pumpe  von  dem  Kolben  der  anderen 
Pumpe  zu  bewegen,  wie  dies  bekanntlich  bei  den  Worthington-Fampeü 
üblich  ist.  Der  Anschlufs  an  die  Kolbenstangen  J  wird  durch  die 
Büchsen  D  L  bewirkt,  welche  mittels  einer  Bohrung  den  Bolzen  F  des 
Führungsstückes  E  aufnehmen.  In  einer  Bohrung  des  Führungsstückes  E 
gleitet  das  Ende  des  Armes  G^  welcher  durch  die  im  Maschinenrahmen 
gelagerte  Achse  I  mit  dem  kürzeren  Arme  H  verbunden  ist.  Das  Ende 
des  letzteren  ist  zu  einem  Daumen  erweitert,  welcher  an  die  Schieber- 
stange K  mittels  des  Auges  R  anlenkt.  An  der  anderen  Kolbenstange 
ist  eine  ähnliche  Vorrichtung  angebracht.  Wegen  des  Spieles  im 
Auge  H  wirkt  der  Daumen  von  H  nur  während  einer  bestimmten  Hub- 
zeit, die  nach  Bedarf  gewählt  werden  kann. 

Die  vielfach  bestätigte  Erfahrung,  dafs  bei  rasch  gehenden  Pumpen 
in  Folge  der  Bewegungsbeharrung  des  Wassers  mehr  als  die  theoretische 
Menge  Flüssigkeit  gefördert  wird,  will  Henry  bei  seiner  Pumpe  Fig.  15, 
nach  Porlefeuille  e'conomique^  ausnutzen. 

Der  zugespitzte  Pluuger  C  wird  durch  ein  Kurbelgetriebe  Z),  E  in 
schnelle  Bewegung  versetzt  und  macht  etwa  200  bis  300  Hübe  in  der 
Minute.  Bei  so  schneller  Tourenzahl  mufs  gute  Schmierung  vorhanden 
sein  und  um  ein  Umherspritzen  des  Oeles  zu  verhüten,  ruht  der  Kurbel- 
mechanismus sammt  Stopfbüchse  des  Plungers  in  einem  kastenartigen 
Gehäuse.  Die  durch  den  Plunger  C  in  Bewegung  gesetzte  Wasser- 
säule B  öffnet  das  Ventil  A  während  des  Rückganges  des  Plungers. 

Nach  den  Erfahrungen  des  Berichterstatters  sollte  in  solchen  Fällen 
nicht,  wie  es  hier  geschehen  ist,  ein  gröfseres  Ventil  zur  Verwendung 
kommen,  sondern  statt  desselben  mehrere  kleinere,  womöglich  Gummi- 
klappen, welche  rasch  schliefsen  und  keine  Sehläge  verursachen.  Bei 
dem  raschen  Gange  ist  diese  Vorsicht  unbedingt  geboten. 

Es  ist  vielfach  bei  dem  Fördern  solcher  Flüssigkeiten,  welche  die 
zum  Pumpenbau  gebräuchlichen  Stoffe  angreifen,  ein  Futter  verwendet 
worden,  welches  der  Einwirkung  der  Flüssigkeit  widei-steht.  Eine  ein- 
fache Vorrichtung,  bei  welcher  zugleich  der  Kolben  durch  eine  elastische 
Wand  ersetzt  bezieh,  gebildet  wird,  ist  von  A,  L.  G.  Dehne  in  Halle  auf 


■^QQ  JNeiierungeu  an   Pumpen. 

den  Markt  gebracht.  In  der  Fig.  16  i.st  das  schützende  Futter  durch 
Schraftirung  hervorgehoben.  Der  Pumpenkolben  ist  von  der  zu  pum- 
penden Flüssigkeit  durch  eine  elastische  Wand  getrennt,  welche  die 
ihm  feindliche  Flüssigkeit  abhält.  Die  Bewegung  der  elastischen  Wand 
wird  wie  ersichtlich,  oben  und  unten  durch  eine  durchbrochene  Wand 
begrenzt,  und  somit  vor  Platzen  geschützt.  Zur  Vorsicht  ist  seitlich 
am  Pumpenstiefel  ein  Sicherheitsventil  angebracht,  welches  den  Fall 
vorsieht,  dafs  sich  durch  irgend  einen  Zufall  im  Pumpenstiefel  zu  viel 
Wasser  angesammelt  haben  sollte.  Als  schützendes  Material  dient  je 
nachdem  Blei,  Hartgummi,  Zinn  u.  dgl. 

Einige  bemerkenswerthe  Neuerungen  bieten  die  rotirenden  Pumpen, 
die,  wenngleich  die  Dichtung  schwierig  ist,  doch  den  Vortheil  der  un- 
unterbrochenen Förderung  bieten  und  aus  diesem  Grunde  zu  Ver- 
besserungen auffordern. 

Bei  der  Pumpe  von  Jakobs  (D.  R.  P.  Nr.  43403  vom  23.  September 
1887)  werden  die  Ventile  gänzlich  vermieden.  Wie  Fig.  17  zeigt,  ist 
die  liegende  Pumpe  rotirend,  von  fester  und  loser  Kiemenscheibe  ge- 
trieben. Der  Kolben  F  ist  während  seiner  Umdrehung  auf  der  Achse  /), 
die  zu  diesem  Zwecke  einen  quadratischen  Querschnitt  bekommen  hat, 
in  der  Längsrichtung  verschiebbar.  Diese  Bewegung  wird  durch  die 
Knaggen  J  bewirkt,  welche  den  spiralförmigen  Rändern  des  Kolbens 
als  Führung  dienen. 

Berrenherga  rotirende  Pumpe  (Fig.  18),  welche  nach  dem  Techniker 
von  den  Boston  Rotary  Pump  Works  gebaut  wird,  benutzt  zum  Ab- 
schliefsen  der  Sauge-  und  Druckvi-assersäule  kreisförmige  Büchsen, 
welche  leicht  herausgenommen  und  ausgewechselt  werden  können. 
Es  sind  dies  einfach  Messingröhren,  welche  sich  dem  Verschleifs  gemäfs 
einstellen  lassen.  Alle  Begrenzungslinien  sind  Kreisbögen,  so  dafs  die 
Maschine  sehr  leicht  läuft  und  das  Wasser  weniger  aufrüttelt,  als  dies 
bei  rotirenden  Pumpen  gewöhnlich  der  Fall  ist.  Die  beanspruchten 
Theile,  als  Lager  u.  s.  w,,  sind  aus  Bronze.  Die  Pumpe  ist  für  schweren 
Dienst  berechnet,  hat  doppelte  Räderübersetzung,  um  die  arbeitenden 
Theile  von  Spannungen  zu  entlasten,  und  conische  Lager,  um  allen 
Verschleifs  zu  compensiren,  so  dafs  die  Kolben  jederzeit  centrisch  laufen. 
Die  Sehcig'nche  rotirende  Pumpe  (D.  R.  P.  Nr.  47089  vom  19.  Sep- 
tember 1888)  ist  in  Fig.  19  dargestellt.  Ihre  Eigenthümlichkeit  besteht 
darin,  dafs  sie  aus  zwei  excentrisch  zu  einander  liegenden  Rädern  gebildet 
ist,  welche  in  Verbindung  mit  einem  festliegenden  halbmondförmigen 
Stücke  das  Wasser  in  der  Richtung  der  Pfeile  vorwärts  bewegen.  Bei 
der  vorliegenden  Ausführung  hat  das  gröfsere  Rad  sechs  Aussparungen, 
in  welche  die  drei  Zähne  des  kleineren  Rades  eingreifen.  Der  Betrieb 
erfolgt  von  einer  Riemenscheibe  aus  in  gewöhnlicher  Weise.  Die  Sauge- 
hühe  wird  zu  4  bis  6"^  angegeben,  die  ganze  Förderhöhe  zu  50°'. 
Die  Maschinenfabrik   von   Sehcig  und  Lange   hat   verschiedene   Gröfsen 


Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  dei*  Brauindustrie.  101 

ausgeführt  und  zwar  von  80°i°i  Durchmesser  mit  450  Umdrehungen  in 
der  Minute,  ISO™"!  Riemenseheibendurchmesser,  0',18  auf  die  Umdrehung 
bei  10"^  Förderhöhe  an,  bis  zu  oTS^nm  Durchmesser,  8701^^  Riemenscheibe, 
141,56  Fördermenge  für  jede  Umdrehung  entsprechend  1470'  in  der 
Minute,  wobei  112  Umdrehungen  vorausgesetzt  sind. 

Bei  der  rotirenden  Pumpe  von  Hoppe  in  Frankfurt  a.  M.  (Fig.  20 
bis  22)  dienen  die  Pumpenflügel  zugleich  als  Antriebszahnräder.  Nach 
Uhland's  praktischem  Maschinenconstructeur  dienen  hier  als  eigentliche 
Pumpmaschine  zwei  in  einem  gemeinsamen  ausgebohrten  und  aus- 
geschlitfenen  Gehäuse  drehbare  fünfarmige  Flügelwerke,  von  denen  das 
eine  als  Antriebs-  und  Saugrad  dient,  während  das  andere  lediglicii 
als  Auftriebrad  benutzt  wird.  Das  Antriebs-Flügelwerk  ist  auf  der 
Antriebswelle,  auf  der  zugleich  eine  Fest-  und  eine  Losscheibe  sich 
befinden,  aufgekeilt,  während  das  Uebertragungs-Flügelwerk  auf  einer 
zweiten,  in  zwei  geschlossenen  Büchsen  gelagerten  Welle  befestigt 
wurde.  Beide  Flügelwerke  rollen  sich  auf  einander  ab,  wodurch  ihre 
Leistung  gegenüber  ähnlichen  Maschinen  bedeutend  erhöht  wird. 
Ebenso  sind  die  Lager  in  achsialer  und  in  radialer  Richtung  conisch 
nachstellbar,  wodurch  die  Flügelachse  stets  centrisch  geführt  wird. 
Aufserdem  ist  eine  Abnutzung  der  Achsen  selbst  fast  vollständig  aus- 
geschlossen, da  die  auf  ihnen  befestigten  Conen  aus  bestem  Gufsstahl 
hergestellt  sind  und,  ohne  eine  Demontage  der  Pumpe  selbst  nöthig  zu 
machen,  jederzeit  leicht  abgenommen  und  nachgearbeitet  werden  können. 
Man  hat  nur  nöthig,  die  Lagerbüchse  nach  Lösung  einiger  Muttern 
herauszunehmen,  um  dadurch  den  Stahlgufsconus  freizulegen.  Zum 
Schmieren  der  Lager  dient  consistentes  Fett,  weil  letzteres  sich  in  den 
Achsenbüchsen  weniger  festsetzt  als  Schmieröl.  Unter  gewöhnlichen 
Verhältnissen  saugt  die  Pumpe  das  Wasser  in  der  durch  einen  Pfeil 
gekennzeichneten  Richtung  an  und  drückt  dasselbe  durch  den  an  der 
höchsten  Stelle  des  Gehäuses  ansieordneten  Stutzen  nach  aufsen. 


Uel}er  technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Brau- 
industrie (zugleich  Bericht  über  die  Stuttgarter  Brauerei- 
Ausstellung);  von  Prof.  Alois  Schwarz  in  Mährisch-Ostrau. 

(Schlafs  des  Berichtes  Bd.  272  S.  82.) 
Mit  Abbildungen. 

L.  A.  Enzinger^  der  Erfinder  und  rührige  Verfechter  der  vielfach 
beliebten  Papierfiltration,  hatte  seine  patentirten  Filterapparate,  deren 
Construction  durch  mehrfache  Besprechung  bekannt  ist,  in  allen  Gröfseu 
ausgestellt  und  führte  dieselben,  wie  die  gleichfalls  bekannten  Flaschen- 
abfüllapparate  für  zwei  und  acht  Flaschen  (letzteren  als  Revolverapparat) 
im  vollen  Betriebe  vor. 


1U2  Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  ßrauiudustrie. 

Enzinger  hatte  übrigens  auch  diesmal  zwei  Neuheiten  vorgeführt, 
und  zwar  eine  verbesserte  Fafsabfüllmaschine  und  eine  Flascheusehwenk- 
maschine.  Die  neue  Farsablüllniaschiue  ist  in  ihrem  Aeulseren  der 
älteren  Construetion  ähnlich  und  besteht  aus  dem  erhöht  auf  einem 
Tische  stehenden  Gegendruckkessel,  den  FafsabfüUhähnen  mit  Schläuchen 
und  den  Fafsauf lagern,  deren  Ständer  zur  Aufhängung  der  Fafsabfüll- 
hähne  dienen.  Am  Boden  des  Kessels  befindet  sich  der  Einlaufhahn 
von  40"""  lichter  Weite,  welche  Weite  auch  der  Zuleitungsschlauch 
haben  soll.  Unten  an  der  Vorderseite  des  Kessels  ist  der  Auslauf- 
stutzen angebracht,  an  dessen  drei  Armen  die  20  bezieh.  25'""i  weiten 
Bierschläuche  der  Abfüllhähne  angeschraubt  werden^  die  15"^'"  weiten 
Luftschläuche  der  Hähne  werden  ebenfalls  mittels  Verschraubung  au 
den  Gewindestutzen  auf  der  unteren  Seite  der  drei  Arme  befestigt.  Die 
7aim  weiten  Abspritzschläuche  der  Hähne  werden  durch  die  an  der 
Unterseite  befindliche  Schlauchöse  gesteckt  und  in  ein  unter  den  Tisch 
gestelltes  Gefäfs  geleitet.  Auf  dem  Auslaufstutzen  ist  eine  Glaslaterne 
angebracht  und  in  dieser  ein  Schwimmerventil,  welches  selbsthätig  den 
Austritt  der  überschüssigen  Luft  und  damit  den  Zulauf  des  Bieres 
regelt.  —  Die  Aufstellung  des  Apparates  geschieht  in  folgender  Weise: 
Die  Fafsauf  lager  werden,  nachdem  vorher  die  kleinen  Tische  mit  Leuch- 
tern an  den  Ständern  angeschraubt  wurden,  an  der  Vorderseite  des 
Kessels  in  gerader  Linie  aufgestellt  und  zwar  ein  Auflager  vor  der 
Mitte  des  Kessels,  die  beiden  anderen  rechts  und  links  davon  so  weit 
entfernt,  dafs  genügend  Platz  vorhanden,  wenn  die  gröfsten  Fässer  auf- 
liegen, also  etwa  800  bis  1000"im  von  Mitte  zu  Mitte.  Die  Universal- 
gelenke, durch  welche  die  Stangen  der  Hähne  gehen,  werden  dann  mit 
ihren  Zapfen  oben  in  die  Bohrungen  der  Ständer  gesteckt  und  mittels 
Stellschrauben  vor  dem  Herausfallen  gesichert,  worauf  dann  die  Schläuche 
der  Hähne  an  den  Auslauf-  bezieh.  Luftröhren  des  Kessels  angeschraubt 
werden. 

Die  neue,£'nz«>j^er'sche  patentirte  Flaschenschwenkmaschine  hat  den 
Vortheil,  dafs  bei  derselben,  entgegen  den  meisten  anderen  Constructionen, 
anstatt  der  Bürste  die  Flasche  rotirt  und  man  die  erstere,  welche  je 
nach  de:-  Form  der  Flasche  besonders  geformt  ist,  im  Inneren  der 
Flasche  ganz  nach  Belieben  dirigiren  kann.  Die  Handhabung  der 
Maschine  ist  die  denkbar  einfachste;  indem  man  durch  den  an  der 
Maschine  angebrachten  Fufstritt  das  senkrecht  stehende  Schwungrad 
der  Maschine  in  Bewegung  setzt,  beginnt  sofort  die  Umdrehung  der 
oben  eingelegten  wagerechten  Welle,  an  welcher  ein  bezieh,  zwei  Bolzen 
befestigt  sind.  Hier  wird  die  zu  reinigende  Flasche  mit  ihrem  unteren 
Ende  aufgesteckt  und  rotirt  sofort.  An  dem  oberen  Theile  des  ange- 
brachten, unten  mit  einem  verschiebbaren  Gewichte  versehenen  zwei- 
armigen Hebels  befindet  sich  ein  Aufsatz  mit  einem  Mundstücke,  durch 
welchen  die  Flasche  geführt  wird,  ohne  dafs  letztere  in  ihrer  Rotation 


Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Brauindustrie. 


103 


gehindert  ist.  Durch  dieses  Mundstück  ist  selbst  bei  der  schnellsten 
Umdrehung  mit  Leichtigkeit  die  Bürste  einzuführen,  und  die  vollständige 
Reinigung  der  Flasche  geht  durch  einfaches  Anlegen  der  Bürste  an  der 
inneren  Wandung  vor  sich.  Der  Hebel  ist  in  den  unteren  Seitenarmen 
des  Gestelles  verschiebbar  und  durch  eine  Stellmutter  verstellbar,  um 
den  Aufsatz  je  nach  der  Gröfse  der  Flasche  richten  zu  können,  so  dafs 
man  mit  dieser  Maschine  Flaschen  verschiedenster  Gröfse  reinigen  kann. 

Heinrich  Stockheim  in  Mannheim,  der  Erfinder  der  Cellulosefilter, 
hatte  die  Ausstellung  mit  einer  Collection  seiner  Filterapparate  be- 
schickt. 

Die  Construction  des  Stockheim' sehen  Filterapparates  mit  senkrechter 
Filtertrommel  ist  durch  die  aufserordentiiche  Verbreitung  zu  bekannt, 
um  noch  einer  besonderen  Beschreibung  zu  bedürfen.  Wir  erwähnen 
nur  der  neuerlich  angebrachten  vortheilhaften  Verbesserung  einer  cen- 
tralisirten  Entlüftung  und  einer  automatischen  Leerfiltration,  die,  vv'enn 
gewünscht,  im  geeigneten  Augenblicke  ermöglicht  ist;  ferner  die  An- 
ordnung an  dem  nunmehr  constructiv  sehr  vereinfachten  Apparate,  die 
Abfüllhähne  erforderlichenfalls  mit  einem  praktischen  und  sehr  ein- 
fachen isobarometrischen  Spundhahne  versehen  zu  können.  —  Recht 
zweckmäfsig  und  empfehlenswerth  erscheint  auch  der  ausgestellte  Röhren- 
kühler, der  bei  glutintrüben  Bieren  zwischen  Lagerfafs  und  Filter  ein- 
zuschalten ist,  um  das  gelöste  Glutin  durch  Abkühlung  von  der  Filtration 
auszuscheiden  und  im 
Filter  zurück  zu  behal- 
ten. Ferner  eine  neue 
Anzapfvorrichtung,  Pat. 
Stockheim ^  welche  den 
Vortheil  hat,  dafs  man 
den  Hahn  leicht  und  ein- 
fachaufsetzen kann, ohne 
Bierverlust ,  bei  vollem 
und  kräftigem  Ausflusse, 
und  dafs  man  das  im 
Fafsgrunde  lagernde  Bier 
mit  Hilfe  einer  gebo- 
genen Ansatzröhre  voll- 
ständig leer  ziehen  kann, 
ohne  die  festsitzend  blei- 
bende Hefe  wie  durch 
das  sonst  übliche  Kippen 
aufzurütteln,  so  dafs 
dieses  Restbier  gleich 
unter  dem  bestehenden 
Pressionsdrucke        ohne 


104  Technisclie  Neuerungen  aiil'  dem  Ciebiete  der  Brauiudustrie. 

Kohlensäureverlust  durch  das  Filter  getrieben  wird.  Dieser  Universal- 
anstichhahn wird  in  zwei  verschiedenen  Constructionen  ausgeführt. 

Fio-.  1  zeist  die  Ausführung  ohne  die  Kükenhahnen  mit  seitlichem 
Ausgange,  bei  welchem  nach  erfolgtem  Ausstofse  des  Pfropfens  der  mit 
Gummidichtung  versehene  Stöpsel  die  Abdichtung  gegen  die  Wandung 
der  Büchse  bewirkt.  Nachdem  die  Schlauchleitung  an  den  seitlichen 
Ausgang  angeschraubt  ist,  wird  der  Stöfser  zurückgezogen,  und  der 
Ausflufs  des  Bieres  erfolgt  so  lange,  bis  der  Stöfser  nach  innen  gedrückt 
wird.  Fig.  2  zeigt  einen  Kükenhahnen  mit  einem  gebohrten  Durch- 
gange, bei  welchem  die  Durchlafsvorrichtung  an  das  vordere  Gewinde 
geschraubt  wird. 

Die  Firma  Heinrich  Gehrke  in  Berlin  brachte  ihre  neu  construirten 
Bierfiltrir-  und  Abfüllapparate,  System  und  Patent  Gehrhe-Wohlfarth^ 
durch  vier  complete  Filteranlagen  zur  Ausstellung.  Der  Filter  hat 
Glockenform,  liegt  wagerecht  und  ist  mit  einem  Kühlmantel  umgeben: 
das  Ganze  ist  auf  einem  Wagen  montirt  und  sowohl  um  seine  senk- 
rechte als  auch  wagerechte  Achse  drehbar. 

In  Folge  der  Drehbarkeit  des  Filterapparates  um  seine  wagerechte 
Achse  läfst  sich  das  Bier  nicht  allein  von  unten  nach  oben,  sondern 
auch  umgekehrt  von  oben  nach  unten  filtriren.  Letztere  Anwendung 
empfiehlt  sich  besonders  bei  solchen  Bieren,  die  nicht  sehr  stark  ge- 
spundet sind  und  wobei  es  auf  eine  hohe  und  quantitative  Leistung 
abgesehen  ist;  erstere  Anwendung  ist  dagegen  bei  stark  gespannten 
Bieren  vorzuziehen.  Wird  von  unten  nach  oben  tiltrirt,  so  wird  am 
Schlüsse  der  Filtration  der  Apparat  (mittels  Zahnrad  und  Schnecke) 
um  seine  wagerechte  Achse  gestürzt;  das  Auslaufrohr  des  Apparates, 
das  durch  die  Achse  des  Filters  aus-  und  in  den  sogen.  Schaumverhüter 
einmündet,  braucht  dabei  nicht  gelöst  zu  werden.  An  einem  Dreiwege- 
hähnchen des  Luftabsperrkessels  und  dem  Leerlaufhähnchen  des  Filters 
ist  je  ein  Luftschlauch  angebracht,  der  gegebenen  Falls  durch  Schlauch- 
verschraubungen  verkuppelt  werden  kann.  Beim  Einziehen  des  Lager- 
fasses, wenn  sich  die  Ventilkugel  gesenkt  und  den  Zugang  zum  Filter 
abgesperrt  hat,  wird  der  Filtrirapparat  in  oben  beschriebener  Weise 
gestürzt.  Die  comprimirte  Luft  dringt  vom  Lagerfasse  durch  den  Bier- 
leitungsschlauch in  den  Luftabsperrkessel  und  aus  dem  Dreiwegehähuchen 
durch  die  verkuppelten  Luftschläuche  in  den  umgestürzten  Filterapparat 
und  drückt  auch  den  letzten  Rest  Bieres  in  tiltrirtem  Zustande  nach 
dem  Al)füllapparate,  wo  ersterer  in  der  gewöhnlichen  Weise  auf  die 
Versandt-  bezieh.  Schenkfässer  übergefüllt  wird. 

Unter  den  zahlreichen  von  der  Firma  Otto  Fromme  in  Frank- 
furt a.  M.  ausgestellten  Gegenständen  waren  gleichfalls  Filterai)parate 
eigenen  Systemes  vertreten.  Dieselben  bestehen  im  Wesentlichen  aus 
einer  oben  und  unten  ollenen  cylindrischen,  durch  Deckel  verschliefs- 
baren   Trommel,   die   mittels   zweier   Drehzapfen   auf  einem   fahrenden 


Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Brauindusti-ie.  105 

Gestelle  wagerecht  gelagei-t  und  durch  einen  in  der  Mitte  desselben 
angebrachten  schrägen  Boden  in  zwei  gleiche  über  einander  liegende 
Kammern  getheilt  ist.  In  diesen  Kammern  wird  die  breiartige  Filter- 
masse zwischen  gelochten  Kupferblechen  und  Drahtsieben  derart  ein- 
gelegt, dafs  zuerst  die  oberen  Kammern  bis  zum  Rande  gefüllt,  darauf 
der  Deckel  aufgesetzt  und  die  Schrauben  fest  verschlossen  werden,  wo- 
durch dann  derselbe  tief  in  die  Trommel  eindringt  und  die  eingebrachte 
Filtermasse  stark  zusammenprefst.  Nach  halber  Drehung  der  Trommel 
um  ihre  Achse,  so  dafs  jetzt  die  untere  Kammer  oben  ist,  wird  in 
gleicher  Weise  die  Füllung  auch  dieser  Kammer  vorgenommen.  Die 
Filtermasse  besteht  aus  zwei  verschiedenen  Materialien,  nämlich  die 
eine  Schichte  aus  Cellulose,  die  andere  aus  feiner  Baumwollfaser;  letz- 
tere tiltrirt  feiner  und  wird  daher  so  eingelegt,  dafs  das  Bier  dieselbe 
zuletzt  passirt.  Da  für  diese  Filtermassse  nur  bestes,  chemisch  reines 
Material  ohne  irgend  welchen  schädlichen  oder  verbotenen  Zusatz  in 
Verwendung  kommt,  so  ist  deren  Wirkung  eine  durchaus  gute;  die 
Masse  selbst  kann  nach  dem  Gebrauche  ausgewaschen  und  von  Neuem 
gebraucht  werden. 

Am  Apparate  selbst,  und  zwar  am  höchsten  Punkte  desselben,  ist 
der  Luftabsperrkesse!  angebracht,  durch  den  bei  Inbetriebsetzung  zu- 
nächst die  Zuleitung  vom  Lagerfasse  zum  Apparate  entlüftet  wird.  Von 
hier  aus  dringt  das  Bier  in  den  Apparat,  bei  doppelten  Apparaten  gleich- 
zeitig in  beide  Trommeln  und  prefst  die  über  den  Filterschichten  vor- 
handene Luft  durch  Lufthähnchen,  die  am  höchsten  Punkte  neben  dem 
Einlaufe  angebracht  sind,  heraus.  Die  unter  den  Filterschichten  befind- 
liche Luft  wird  durch  das  nun  stark  zuströmende  Bier  durch  die  untere 
Oeffnung  mit  nach  dem  Schaumverhüter  fortgerissen,  wo  sie  in  die 
Laterne  aufsteigt  und  dort  abgelassen  wird.  Ist  der  Apparat  auf  diese 
Weise  vollständig  entlüftet,  so  kann  keine  Luft  mehr  hineindringen,  da 
der  erwähnte  Luftabsperrkessel  alle  Luft,  die  etwa  noch  in  einer  Biegung 
des  Zuleitungsschlauches  verblieb  und  nachträglich  fortgerissen  wird, 
abhält.  Auch  ein  Freiwerden  von  Kohlensäure,  also  ein  Schäumen 
des  Bieres,  kann,  nachdem  der  Apparat  in  Betrieb  gesetzt  ist,  aus  den 
oben  angeführten  Gründen  nicht  vorkommen.  Wenn  das  Lagerfafs  leer 
ist,  sinkt  das  Bier  im  Luftabsperrkessel,  ein  darin  schwimmender  Gummi- 
ball setzt  sich  auf  die  Ablaufötfnung  und  verschliefst  luftdicht  den  Ein- 
gang der  Oeffnung.  Sowohl  der  Filter  selbst  als  auch  der  Luftabsperr- 
kessel und  Schaumverhüter  mit  Abfüllbock  sind  in  allen  ihren  Theilen 
aus  innen  gut  verzinntem  Kupfer,  Messing  und  Rothgufs  hergestellt,  so 
dafs  die  ganze  Einrichtung  einen  bedeutenden  Metallwerth  repräsentirt. 

Ein  weiterer  bekannter  und  bewährter  Filterapparat  ist  der  von  der 
Maschinen-  und  Armatur  fahr  ik  Frankenthal  vorm.  Klein  ^  Schanzlin  und 
Becker  ausgestellte.  Derselbe  hat  in  jüngster  Zeit  gleichfalls  wesent- 
liche Verbesserungen  durch  den  Erfinder,  den  Mitchef  der  Firma,  Herrn 


106  Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Brauindustrie. 

Klein^  erfahren  und  mufs  gleichfalls  als  einer  der  praktischsten  und 
leistungsfähigsten  Celluloselilter  bezeichnet  werden.  Die  neueste  Ver- 
besserung des  Filters  besteht  hauptsächlich  darin,  dafs  durch  eine  beson- 
dere Entluftungsvorrichtung  der  Filter  nicht  gekippt  zu  werden  braucht, 
dafs  ferner  durch  eine  besondere  Construction  der  Siebeinsätze  er- 
möglicht wird,  die  Filtermasse  nach  Wunsch  oder  Erfordernifs  stärker 
oder  schwächer  zu  pressen,  um  die  Filtratiousfähigkeit  nach  Bedarf  zu 
erhöhen. 

Unter  anderen  Apparaten  stellt  die  Firma  Otto  Fromme  in  Frank- 
furt a.M.  noch  als  neu  Lagerfafsbüchsen,  System  Munz-Göbel^  aus,  die  sich 
von  den  anderen  bekannten  Fafsbüchsen  durch  wesentliche  Vorzüge 
auszeichnen.  Diese  Lagerfafsbüchse  mit  Abfüllhahnen  wurde  nach  An- 
gabe des  verstorbenen  Herrn  Max  Munz^  Braumeisters  der  Wiirttem- 
bergi&ch-Hohenzoüer  seilen  Brauereigesellschaft  in  Stuttgart  angefertigt  und 
entspricht  allen  Anforderungen,  die  an  eine  derartige  Einrichtung  ge- 
stellt werden  können.  Es  ist  dies  eine  äufserst  einfache,  sehr  prak- 
tische und  mit  gröfster  Leichtigkeit  zu  handhabende  Construction.  Der 
ganze  Hahn  besteht  aus  zwei  Stücken,  -welche  unmöglich  in  Unordnung 
gebracht  werden  können.  VV^enn  das  Gehäuse  in  das  alte  Loch  des 
Fafsthürchens  eingeschraubt  ist,  so  dafs  das  0-Zeiehen  nach  oben  steht, 
wird  der  Hahn  immer  von  selbst  die  richtige  Stellung  einnehmen.  Wenn 
weiter  mit  dem  Schlüssel  die  innere  Büchse  eingedreht  ist,  werden  die 
Einlaufötinungen  stets  nach  unten  stehen,  wodurch  erreicht  wird,  dafs 
aus  einem  Fasse  etwa  l'^'  Bier  mehr  abgefafst  werden  kann  als  bei 
anderen  Systemen.  Sehr  vortheilhaft  ist  es  auch,  die  Büchse  statt  in 
das  Thürchen  von  unten  ins  Fafs,  in  der  Nähe  des  Thürchens,  also  in 
die  Daube  einzuschrauben,  dann  ist  es  möglich,  alles  brauchbare  Bier 
aus  dem  Fasse  zu  ziehen.  Es  empfiehlt  sich  dies  besonders  da,  wo 
Filterapparate  benutzt  werden.  Beim  Pichen  der  Fässer  wnd.  entweder 
die  innere  Büchse  fest  angezogen  oder  besser  noch  ein  äufserer  Schutz- 
deckel innen  eingeschraubt,  damit  sich  kein  Pech  ansetzen  kann. 

Von  bereits  bekannten  Constructionen  der  Filterapparate  sind 
noch  die  schon  früher  beschriebenen  /*ü'//ie-Filter,  ausgestellt  von  Arnold 
und  Schirmer  in  Berlin,  rühmlichst  hervorzuheben.  Die  Construction  der 
ausgestellten  Apparate  zeigt  wesentliche  Verbesserungen  gegenüber  den 
früheren  Ausführungen,  und  zwar  ist  der  Luftabscheider  mit  dem  Apparate 
jetzt  verbunden,  während  er  früher  von  detnselben  getrennt  montirt  war. 
Der  Entschäimier  ist  durch  eine  patentirte  Neuerung  derart  construirt, 
dafs  selbst  hoch  gespundete  Biere  mittels  derselben  spundvoll  abgefüllt 
werden  können.  Es  waren  die  Apparate  in  je  drei  Modellen,  und  zwar 
für  Wasser-  und  Bierfiltratiou  ausgestellt,  welche  sich  durch  hübsche 
und  elegante  Ausführung  auszeichneten.  Besondere  Beachtung  verdient 
ein  neu  construirter,  sehr  einfacher  und  praktischer  Apparat  für  die 
Reinigung  der  in  diesem  Filter  verwendeten  Filtermasse.    Derselbe  be- 


Technische  Keueruiigen  auf  dem  Gebiete  der  Brauindustrie.  107 

steht  aus  einem  Holzkasten,  der  durch  eine  in  dessen  Mitte  rotirende 
Trommel  aus  Metallgaze  in  zwei  Abtheilungen  geschieden  ist.  An  dieser 
Gazetrommel  liegt  eine  Filz  walze  an,  welche  durch  zwei  Hebel  in 
federndem  Zustande  erhalten  wird.  Die  durch  den  Wassergegenstrom 
aus  dem  Filterapparate  gespülte  Filtermasse  fliefst  in  die  mit  Holzboden 
versehene  erste  Abtheilung  des  Waschapparates.  Durch  Drehen  einer 
Kui-bel  wird  der  Gazecylinder  und  mit  ihm  gleichzeitig  die  Filzwalze 
bewegt  und  drückt  das  gewaschene  Filtermaterial  vollständig  aus.  Das 
Waschwassser  fliefst  durch  die  Gazetrommel  ab.  Die  Filzwalze  trans- 
portirt  die  Filtermasse  selbsthätig  in  die  zweite  Abtheilung  des  Wasch- 
apparates, welche  mit  Siebboden  aus  Metallgaze  versehen  ist,  durch 
welchen  das  Wasser  vollständig  abtropft.  Dieser  Waschprozefs  kann 
beliebig  oft  mit  kaltem  oder  heifsem  Wasser  vollzogen  werden,  und  er- 
fordert die  gesammte  Reinigung  höchstens  30  Minuten.  Der  Apparat 
dürfte  sich  wegen  seiner  einfachen  Handhabung  rasch  einführen.  Der 
Piefke  sehe  Filterapparat  war  auch  während  des  Brauertages  in  Betrieb 
zu  sehen,  und  zwar  in  der  Brauerei  von  B.  Rettenmeyer  in  Stuttgart 
und  in  der  Bachner  sehen  Brauerei  in  Tübingen. 

Die  Methode  von  Wasserfiltration  nach  Dr.  Gerson  in  Hamburg 
war  sowohl  in  einem  Modelle  als  auch  in  einer  kleinen  in  Betrieb 
stehenden  Anlage  in  der  Ausstellung  vertreten.  Dieses  Filtrationssystem 
versucht,  von  festen  Grundsätzen  ausgehend,  sich  möglichst  den  An- 
forderungen der  Praxis  anzubequemen.  Es  thut  dies  zunächst,  indem 
es  die  Filtration  des  Wassers  in  eine  Vor-  und  Nachfiltration  zerlegt, 
von  dem  Prinzipe  ausgehend,  dafs  dem  Besitzer  nicht  derselbe  Kosten- 
aufwand verursacht  Averden  darf,  wenn  er  gutes  Nutzwasser,  als  wenn 
er  tadelloses  Trinkwasser  ei'zielen  will.  Die  Vorfiltration  ist  dazu  be- 
stimmt, die  gröberen  mechanisch  suspendirten  Bestandtheile  aus  dem 
Wasser  zu  entfernen  und  so  ein  gutes,  klares  Nutzwasser  zu  erlangen. 
Sie  functionirt  unter  einem  Drucke  von  5°'.  Die  Nachfiltration  unter 
Hochdruck  {9^}  verwandelt  das  so  filtrirte  Wasser  in  schönes,  reines 
Trinkwasser,  welches  an  Qualität  gutem  Quellwasser  wenig  nachgibt. 
Will  man  ein  Wasser  erzielen,  welches  selbst  dem  schönsten  Quell- 
wasser ebenbürtig  an  die  Seite  gestellt  werden  darf,  so  kann  der  Nach- 
filtration unter  Hochdruck  noch  die  Nachfiltration  unter  schwachem 
Drucke  (0°\8)  folgen.  Um  in  diesem  Falle  dem  Wasser  alle  Eigen- 
schaften des  Quellwassers  zu  geben,  werden  ihm  noch  durch  einen  sehr 
einfachen,  selbsthätigen  Apparat  Luft  und  Kohlensäure  in  denselben 
Mengen  zugeführt,  wie  dieselben  im  Quellwasser  vorhanden. 

Das  Wasser  tritt  in  zwei  parallelen  Bahnen  von  unten  nach  oben 
durch  die  Filter,  und  bilden  zwei  solcher  Cylinder  immer  einen  Apparat. 
Bei  der  oben  erwähnten  Gegenspülung  passirt  nun,  in  Folge  des  Um- 
drehens  eines  Hahnes,  das  filtrirte  Wasser  des  einen  Cylinders  den  zu 
reinigenden  Filter,  statt  wie  gewöhnlich  von  unten  nach  oben,  von  oben 


108 


Technische  Neiieningen  auf  dem  Gebiete  der  Braiiindustrie. 


nach  unten  und  treibt  so  die  hauptsächlich  im  unteren  Theile  des 
Cylinders  befindlichen  Schmutztheile  heraus.  Bei  den  Vorfiltern  wird 
die  Wirkung  dieser  Reinigungsuiethode  noch  dadurch  erhöht,  dafs  das 
elastische  Filtermaterial  (mit  Eisentannat  impräguirte  Schwämme)  durch 
den  Druck  der  unteren  Schraube  comprimirt  und  so  die  Schmutzpartikel 
vollkommen  herausgepref'st  werden,  wohingegen  bei  den  Nachfiltern, 
in  welchen  sich  nur  die  feineren  organischen  Bestandtheile  absetzen, 
die  Reinigung  durch  einfache  Gegenspülung  genügt.  Nach  einem  halben 
Jahre  (bei  sehr  schmutzigem  Wasser  noch  früher)  wird  es  nöthig,  die 
Vorfilter  neu  zu  füllen,  doch  ist  dann  das  alte  Filtermaterial  nicht  un- 
brauchbar geworden,  sondern  mufs  nur  gründlich  ausgewaschen  werden 
und  kann  dann  wieder  als  neu  functioniren,  so  dafs  selbst,  wenn  ein 
Besitzer  den  Betrieb  nie  unterbrechen  will,  er  mit  einem  Reservefilter- 
material für  immer  genug  hat.  Die  Nachfilter  können  sogar  11/2  bis 
2  Jahre  ungestört  functioniren;  auch  dann  ist  es  möglich,  die  Filter- 
stoffe (mit  Eisentannat  imprägnirter  Bimsstein)  durch  Auswaschen  wieder 
zu  reinigen,  doch  ist  es  häufig,  speciell  wenn  das  Wasser  viel  organische 
Substanzen  enthält,  vorzuziehen,  eine  vollkommene  Neufüllung  eintreten 
zu  lassen. 

Der  von  der  Firma  Luhhardt  und  Alten  in  Kassel  ausgestellte  neue 
hydraulische  Patent-Spuudapparat  ist  in  beistehender  Figur  dargestellt. 
Die  schlechten  Erfahrungen,  welche  mit  den  seither  bekannten  Spund- 
apparaten mit  Leitungen  von  Wasser  oder  Quecksilbersäule  allgemein 

gemacht  worden  sind,  haben  die  genannte 
Firma  veranlafst,  einen  Apparat  zu  cou- 
struiren,  welcher  jedes  Fafs  für  sich  unter 
einem  beliebigen  Drucke  spundet.  Der  hy- 
draulische Patent-Spundapy^arat  ist  in  allen 
Theilen  solid  gehalten,  dabei  einfach  und 
praktisch  eingerichtet.  Derselbe  besteht 
aus  zwei  Hohlräumen  A  und  Ä,  welche 
eine  Plattenfeder  5  von  einander  trennt. 
In  dem  oberen  Hohlräume  A  befindet  sich 
eine  Flüssigkeit,  auf  welche  durch  Nieder- 
pressen der  Plattenfeder  5  ein  Druck  aus- 
geübt wird,  welcher  demjenigen  gleich- 
kommt, den  man  auf  dem  Bier  halten  will. 
Durch  einen  Manometer  wird  jeder  Ap- 
parat genau  controlirt.  Das  Ventil  /  in 
dem  Hohlräume  Ä,  welches  auf  der 
Plattenfeder  S  befestigt,  kann  sich  also 
erst  dann  öffnen,  wenn  der  Druck  von  unten  die  eingestellte  Höhe 
überschreitet,  während  sich  das  Ventil  sofort  wieder  schliefst,  sobald 
der  Ueberdruck  abgeführt  wird.     Ein  Ueberspunden  des  Bieres  ist  also 


Fig.  3. 


Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Brauindustrie.  109 

vollständig  ausgeschlossen.  Durch  die  untere  Mutter,  welche  an  dem 
Abzugsrohre  V  befestigt  ist,  läfst  sich  der  Druck  verstärken  und  ver- 
ringern. Man  kann  also  jedes  Fafs  für  sich  im  Verhältnisse  zu  dem 
gewünschten  Mousseux  spunden.  Soll  das  betreffende  Fafs  abgefüllt 
werden,  so  entfernt  man  den  Theil  C  des  Apparates,  nachdem  der 
Hahn  H  vorher  geschlossen  worden  ist,  und  schraubt  einen  Luftwinkel 
mit  dem  Schlauche  der  Luftpumpe  bei  M  an. 

Die  ausgestellten  hydraulischen  Patent-Spundapparate,  welche  unter 
Kohlensäuredruck  arbeiteten,  erregten  allgemeines  Interesse.  Es  wurde 
flüssige  Kohlensäure  verwendet  in  Flaschen  von  lOi^'  Inhalt  und  etwa 
60at  Druck.  Durch  einen  sehr  sinnreichen  hier  zum  erstenmal  öftent- 
lich  gezeigten  Hochdruckred ucirer,  welcher  der  Firma  Lukhardt  und 
Alten  ebenfalls  patentirt  ist,  wurde  dieser  Druck  bis  auf  i/jQ^t  ver- 
mindert. Liefs  man  nun  langsam  den  Druck  entsteigen,  so  öffneten 
sich  die  Ventile  der  Spundapparate  in  dem  Augenblicke,  wo  das  Mano- 
meter einen  höheren  als  den  eingestellten  Druck  anzeigte  und  der 
Ueberdruck  wurde  pfeifend  abgeführt.  Der  Hochdruckred  ucirer  wird 
für  Bierpression  mittels  flüssiger  Kohlensäure,  die  jetzt  sehr  billig  ge- 
worden ist,  eine  grofse  Zukunft  haben. 

K.  T.  Petrovitsch^  Braumeister  der  Exportbrauerei  Glück  auf  in 
Ueckendorf-Gelsenkirchen,  hatte  seine  verstellbare  Universal-Hefe-  und 
Bier-Ablafs-Spundbüchse  für  Gährbottiche  und  Lagerfässer  ausgestellt. 
Diese  verstellbare  Universal-Spundbüchse  hat  den  Zweck,  das  Spund- 
loch am  Gährbottich  unnöthig  zu  machen  und  das  Zapfenloch  gleich- 
mäfsig  sowohl  für  das  Abziehen  des  Bieres,  als  auch  für  das  Heraus- 
lassen der  Hefe  und  Mischen  des  Bieres  und  Satzes  mittels  geprefster 
reiner  Luft  zu  bewirken.  Dieselbe  besteht:  1)  Aus  der  zum  Heraus- 
uud  Hineinschrauben  eingerichteten,  mit  Skala  versehenen  Büchse^  2)  aus 
dem  Mutterringe,  welcher  mittels  sechskantiger  Mutter  im  Gährbottich- 
boden  in  der  V^eise  befestigt  wird,  dafs  der  obere  Rand  der  Büchse 
mit  dem  Bottichboden  ganz  gleich  steht;  3)  aus  dem  Schlauch  bezieh. 
Luftschlauch  nebst  zwei  Schlauch verschraubungen,  von  denen  die  eine 
zum  Befestigen  des  Luftschlauches  und  die  andere  zum  Befestigen  des 
Bierschlauches  dient,  und  endlich  4)  aus  dem  Doppelventil.  Der  Hahn 
fuuctionirt  wie  folgt:  Ist  der  Mutterring  im  Gährbottich  befestigt,  so 
dreht  man  die  Büchse  so  weit,  als  es  geht,  in  den  Bottich  hinein,  ver- 
sieht denselben  mit  Doppelventil  und  schlaucht  das  Bier  zum  Bottich; 
hierauf  dreht  man  den  Schlauchhahn  in  die  Büchse  und  versieht  den- 
selben mit  der  zum  Luftschlauch  passenden  Schlauchverschraubung, 
bringt  den  Schlauch  mit  der  vorhandenen  Luftpumpe  in  Verbindung, 
öffnet  den  Schlauchhahn  langsam,  läfst  so  viel  Luft  in  den  Bottich  ein- 
dringen als  erforderlich,  um  das  Bier  genügend  in  Bewegung  zu  bringen 
und  gibt  Satz.  Der  Satz  wird  vorerst  in  einem  SchäfFel  mit  Bier  auf- 
gelöst, indem    man  denselben   mit  einem  Besen   durchpeitscht,   sodann 


110  Techiiidche  Neuerungen  auf  dem  (jebiete  der  Brauiudustrie. 

den  Lufthahn  aufreibt  und  den  Satz  der  durch  den  Luftdruck  ent- 
sprudelnden Würze  langsam  zugiefst.  Nach  stattgehabtem  Gährprozesse 
schraubt  man  den  Schlauchhahn  (welcher  inzwischen  an  einen  anderen 
Bottich  gebracht  worden)  wieder  in  die  Büchse,  versieht  denselben  mit 
der  zum  Bierschlauche  passenden  Verschraubung,  nimmt  das  Doppel- 
ventil aus  der  Büchse  und  öffnet  den  Schlauchhahn,  wodurch  das  Bier 
entweder  selbsthätig  oder  mittels  Würgelpumpe  in  den  Lagerkeller  zum 
Lagerfasse  gefafst  werden  kann.  Durch  Retourschraubeu  der  Büchse 
kann  der  letzte  Tropfen  Bier  von  der  Hefe  abgelassen  werden.  Ist  das 
Bier  abgeschlaucht,  so  entfernt  man  den  Hahn  und  stellt  die  Hefe- 
wanne unter  den  Bottich,  dreht  die  Büchse,  an  welcher  eine  Scala  mit 
Centimetermafs  angebracht,  so  weit  zurück,  als  die  oberste  Hefeschichte 
lagert,  und  streift  die  letztere  mittels  Krücke  ab;  dieses  wiederholt 
sich  bei  jeder  Hefeschichte. 

Zu  jedem  Gährbottich  ist  eine  vorstellbare  Universal-Spundbüchse 
erforderlich,  jedoch  genügt  für  etwa  30  Bottiche  ein  Hahn  mit  einer 
Bier-  und  Luftschlauchverschraubung,  um  ungestört  arbeiten  zu  können. 

Ein  anderer  sehr  einfacher  und  äufserst  zweckmäfsiger  Keller- 
apparat, den  neuesten  Abfüllhahn  unter  Luftgegendruck,  hatte  nebst 
zahlreichen  anderen  praktischen  Hilfsapparaten  für  den  Brauereibetrieb 
der  Braumeister  Osivald  Kropf  in  Nürnberg  als  seine  jüngste  Erfindung 
ausgestellt.  Der  Kropf  sehe  Hahn  ist  der  erste  Apparat,  welcher  mittels 
eines  einzigen  Reibers  (Wirbel)  durch  eine  kleine  Drehung  das  Bier 
mit  Voi'druck  ins  Fafs  bringt  und  während  des  Bierzulaufes  den  Gegen- 
druck in  beliebiger  Stärke  regulirt. 

Die  Vortheile  dieses  neuen  Abfüllhahnes  sind  daher:  Das  Bier  wird 
vom  Mutterfasse  ohne  jeden  Verlust  an  Kohlensäure  und  Bier  in  das 
Transportgebinde  gebracht,  wodurch  dasselbe  haltbarer  wird  und  längere 
Zeit  am  Zapfen  Trieb  hält,  so  dafs  sich  der  Hahn  in  Kürze  bezahlt 
macht.  Nur  auf  diese  Weise  kann  man  Bier  mit  hohem  Kohlensäure- 
druck im  Lagerfasse  auf  Fässer  derart  abfüllen,  dafs  während  des  üeber- 
füllens  die  Spannung  des  kohlensauren  Gases  nicht  verringert  wird  und 
dasselbe  sich  durch  Kohlensäurereichthum  auszeichnet.  Das  häufige 
Heben  des  Fafsgelägers  ist  ganz  ausgeschlossen;  man  kann  die  Biere 
stärker  spunden  und  das  Abfüllen  unterbrechen,  da  auch  theilweise  ab- 
gefafste  Fässer  keine  Kohlensäure  durch  den  Druck  verlieren.  Jedes 
Nachfüllen  der  Fässer  ist  hierdurch  erspart,  da  durch  den  Gegendruck 
das  Bier  schaumfrei  in  das  Fafs  tritt  und  dasselbe  sofort  zugeschlagen 
wird.  Eine  allenfalls  nöthige  Reinigung  des  Hahnes  von  Werg  uud 
Pech,  die  bei  allen  bisherigen  Apparaten  sehr  zeitraubend  und  nur  durch 
Dampfdruck  ermöglicht  wurde,  ist  durch  das  einfache  Abschrauben  des 
Schaftes  auf  die  leichteste,  schnellste  und  gründlichste  Art  zu  bewerk- 
stelligen und  sonach  die  Gefahr  des  Platzens  der  Fässer  vollkommen 
aufgehoben.     Der   Hahn    kann    vermöge  seiner   Einfachheit    von  jedem 


Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Brauindustrie.  111 

Laien  leicht  bedient  werden,  da  die  ganze  Handhabung  desselben  in 
einer  Viertelsdrehung  von  rechts  nach  links  und  retour  besteht.  In 
wenigen  Seeunden  wird  durch  den  einzigen  Reiber  (Wirbel),  den  der 
Hahn  besitzt,  schlechte  oder  warme  Luft,  wenn  nöthig,  ausgelassen,  Vor- 
druck mit  reiner,  kalter  Luft  erzeugt  und  Bier  unter  fortwährendem, 
beliebig  regulirbarem  Gegendrucke  bei  gleichmäfsig  starkem  Einlaufe 
eingeführt,  nach  dem  Vollsein  wird  obige  Drehung  nur  entgegengesetzt 
ausgeführt. 

Ein  neues  Verfahren  zum  Spülen  von  Flaschen  u.  s.  w.  war  von 
G.  Reininghaus  in  Mainz  vorgeführt.  Bei  dem  vorliegenden  Spülapparate 
benützt  man  einen  geprefsten  Luftstrom,  welchen  eine  Pumpe  oder  ein 
Gebläse  erzeugt. 

Der  zu  reinigende  Gegenstand  wird  mit  geeigneter  Spülflüssigkeit 
versehen  und  der  Luftstrom  eingeleitet,  welcher  bei  geringer  Kraft  an- 
gewendet eine  reinigende  intensive  Wirkung  ausübt. 

Bei  Flaschenreinigung  wird  nach  und  nach  die  ganze  Spültlüssig- 
keit  aus  der  Flasche  herausgedrückt  und  dieselbe  durch  den  den  Hals 
umschliefseuden  Stülp  nach  dem  Spülbassin  zurückgeführt. 

Eine  mittelgrofse  Pumpe  genügt,  um  in  einer  Batterie  von  10  bis 
12  Flaschen  den  nöthigen  Luftstrom  zu  erzeugen. 

Ebenso  war  von  G.  Reininghaus  in  Mainz  eine  Neuerung  an  Spund - 
dauben  für  Fässer  ausgestellt. 

Die  Spundlöcher  der  Fafsdauben  bei  Bierfässern  werden  gewöhn- 
lich, um  dieselben  dauerhafter  zu  erhalten,  durch  eine  Metallbüchse 
ausgebüchst,  welche  in  die  Fafsdaube  eingeschraubt  wird.  Es  ist  nun 
ein  bekannter  Uebelstand,  dafs  beim  Pichen  die  um  die  Büchse  liegenden 
Holztheile  mehr  oder  weniger  verkohlen  und  die  Fässer  dadurch  un- 
dicht werden. 

Die  ausgestellte  Spunddaube  soll  dies  vermeiden.  Ein  weiterer 
Vortheil  derselben  ist,  dafs  man  Lager-  und  Transportfässer  schnell  und 
billig  repariren  kann,  indem  der  schadhafte  Theil  einer  Daube  aus- 
geschnitten und  durch  die  eiserne  Spunddaube  ersetzt  wird. 

Von  Hoz  und  Kempter  in  Constanz  war  ein  Turbinen-Hefeaufzieh- 
und  Lüftungsapparat  vorgeführt.  Der  Apparat  besteht  aus  einem  conischen 
Gefäfse,  in  dem  sich  ein  ähnlich  geformter  Einsatz-  oder  Circulations- 
Cylinder  befindet,  welcher  nicht  bis  auf  den  Boden  reicht  und  Schlag- 
leisten besitzt.  Oben  auf  dem  Blechn^antel  ist  lose  aufgelegt  ein  durch- 
löcherter Boden.  An  der  durchgehenden  Welle  befindet  sich  eine 
Flügelschraube,  welche  durch  die  Handkurbel  bewegt  wird.  —  In  den 
Apparat  wird  das  für  einen  Bottich  benöthigte  Quantum  Hefe  und 
Würze  gebracht  und  die  Kui-bel  in  rasche  Drehung  versetzt,  wodurch 
die  Flügelschraube  wie  auch  der  Inhalt  des  Apparates  in  Rotation  ge- 
langt. Durch  diese  Rotation  wird  das  Gemenge  von  Hefe  und  Würze 
beim  Anprall  an  die  Schlagleisten  innigst  gemischt  und  gleichzeitig  inner- 


112  Technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Brauindustrie. 

halb  des  Circulationscylinders  nach  unten,  sowie  von  da  aus  ringsherum 
zwischen  Circulationscjlinder  und  äufserer  Gefäfswand  in  die  Höhe  ge- 
drückt. Diese  im  äufseren  Zwischenräume  aufsteigende  Masse  gelangt 
oben  über  den  Rand  des  Circulationscylinders  wieder  nach  innen,  d.  h. 
nach  der  Mitte  des  Apparates,  auf  den  durchlöcherten  Boden  und  er- 
giefst  sich  durch  denselben  in  feiner  Vertheilung  mit  freiem  Falle  regen- 
artig zu  der  unten  in  Mischung  befindlichen  Masse  zurück.  Dieser 
ununterbrochene  Kreislauf  vollzieht  sich,  so  lange  gedreht  wird,  und  ist 
zu  einer  innigen  Mischung  und  Lüftung  etwa  1  bis  2  Minuten  erforder- 
lich, worauf  der  Apparat  durch  den  am  Boden  betindlichen  Hahn  ent- 
leert wird. 

Es  erfolgt  also  im  unteren  Theile  des  Apparates  die  Mischung  und 
im  oberen  die  Lüftung  und  zwar  in  einer  sehr  intensiven  Weise.  Zur 
Reinigung  ist  es  nur  erforderlich,  die  zw^ei  seitlichen  Klemmschrauben 
von  Hand  zu  lösen,  worauf  der  ganze  Mechanismus  —  Rührwerk  und 
Circulationscjlinder  —  gleichzeitig  herauszuheben  und  mit  der  Bürste 
überall  leicht  zugänglich  ist.  —  Der  Apparat  ist  für  etwa  40'  Hefe  und 
Würze  berechnet  (inclus.  Steigraum  etwa  80'). 

Dieselbe  Specialfirma  Hoz  und  Kempter  in  Constanz  hatte  aufser 
ihren  Kühlapparaten  noch  ein  reiches  Sortiment  verschiedener  Pich- 
apparate ausgestellt,  darunter  eine  neue  Heifsluft-Pichmaschine  für  Lager- 
und Transportfässer.  Die  Transportfässer  werden  mit  dem  Spundloche 
nach  unten  auf  die  seitlichen  Arme  gelegt,  die  Lagerfässer  ebenfalls 
mit  dem  Spund  loche  nach  unten  vor  den  mittleren  Stutzen.  Das  ver- 
schiebbare grofse,  gebogene  Rohr,  welches  beim  Pichen  von  Lager- 
fässern frei  durchs  Thürchen  ins  Fafs  ragt,  besitzt  im  vorderen  Theile 
doppelte  Wandung,  deren  Zwischenraum  mit  Isolirmasse  ausgefüllt  ist. 
Es  wird  hierdurch  jede  Beschädigung  der  Thürstücke  vermieden.  In 
dem  ausgemauerten  Ofen  wird  ein  Koksfeuer  unterhalten.  Das  an  der 
Maschine  befindliche  Gebläse  prefst  Luft  durch  den  glühenden  Koks  in 
die  aufgelegten  Transportfässer  oder  das  vorgelegte  Lagerfafs.  Diese 
in  Glühhitze  befindliche  Luft  bringt  das  alte  Pech  sehr  rasch  zum 
Schmelzen  und  Auslaufen,  worauf  die  Fässer  mit  frischem  Pech  aus- 
gegossen werden. 

Fleischer  und  Mühlich  in  Frankfurt  a.  M.  hatten  einen  Abseihbier- 
Klärapparat  (sogen.  Fafsgeläger-Reinigungsmaschine)  ausgestellt,  welche 
den  Zweck  hat,  das  sogen.  Restbier,  auch  Abseihbier  genannt,  dem 
Bierbrauer  wieder  dienstbar  zu  machen,  so  dafs  bei  Anwendung  dieses 
Geräthes  der  betreffenden  Brauerei  jährlich  ein  namhafter  Gewinn  er- 
wächst. In  dem  conisch  erweiterten  Stutzen,  woran  die  Filtersäcke 
befestigt  sind,  ist  ein  zweiter  trichterförmiger  Metallkörper  eingesetzt, 
welcher  das  von  oben  aus  dem  Reservoir  kommende  Bier  zwingt,  sich 
ringförmig  an  den  Innenwänden  des  Sackes  ganz  gleichmäfsig  zu  ver- 
theilen,   wodurch   eine  gröfsere  Leistungsfähigkeit  erzielt  wird.     Auch 


Pregel's  Scheibenkuppelung. 


113 


wird  das  Bier  vor  dem  plötzlichen  Einsturz,  wie  bei  dem  alten  System 
bewahrt,  wodurch  nur  die  im  Filtersack  befindlichen  Hefentheile  un- 
nöthig  aufgerüttelt  werden.  Eine  weitere  Verbesserung  besteht  in  der 
Auflage  von  Gummi  auf  dem  conischen  Stutzen  zur  Befestigung  der 
Säcke.  Durch  diese  Gummiauflage  wird  eine  absolute  dichte  Verbindung 
zwischen  Filtersack  und  Stutzen  hergestellt,  so  dafs  kein  ungeklärtes 
Bier  nach  oben  entweichen  kann.  Ferner  ist  der  Bierauslauf  nicht 
seitlich  am  Apparate,  sondern  im  conisch  gearbeiteten  Boden  desselben 
angebracht,  wodurch  der  letzte  Tropfen  ausfliefsen  kann  und  der  Apparat 
auch  leicht  zu  reinigen  ist. 

Hiermit  dürften  die  wesentlichen  Neuerungen,  welche  auf  der  Stutt- 
garter Fachausstellung  für  Brauwesen  zur  Ausstellung  gelangt  waren 
und  welche  gleichzeitig  ein  Bild  des  gegenwärtigen  Standes  der  Technik 
der  Brauindustrie  vorführen  sollten,  in  ihren  wichtigsten  Objecten  er- 
schöpfend besprochen  sein  und  glauben  wir  damit  den  Bedürfnissen  der 
Leser  dieses  Blattes,  soweit  sich  dieselben  für  diesen  speciellen  Zweig 
der  Technologie  besonders  interessiren,  vollkommen  entsprochen  zu  haben. 


Th.  Pregel's  Scheibenkuppelung. 

Mit  Abbildung. 

Leitender  Grundsatz  bei  der  Ausführung  dieser  Wellenkuppelung 
war,  eine  möglichst  centrische  Einstellung  der  Wellenmittel  und  dabei 
einfache  Sicherung  der  Kuppelungsschrauben  gegen  Abscheren  mittels 
an-  und  eingedrehter  Reibungsringe,  leichtes  Lösen  oder  Lostreiben  der 
Kuppelungsscheiben  durch  einige  Druckschrauben,  namentlich  aber  ein 
durch  die  Freilegung  der  sonst  durch  eine  Blechkapsel  verdeckten 
Schraubenmuttern  erleichtertes  Anziehen  derselben  zu  erreichen. 


Beachtenswerth  ist  besonders  dieser  letztere  Umstand,  weil  dadurch 
der  gewöhnlich  auf  einer  Leiter  stehende  Arbeiter  durch  die  bequeme 
Arbeitslage  gegen  Ausgleiten  gesichert  erscheint,  was  bei  den  älteren 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  3.  1889I1II.  8 


114  Berechnung  der  Antriebstheile  von  Bohrmaschinen. 

Scheibenkuppelungen,  wo  ein  fester  Bordrand  die  Muttern  überdeckt, 
nicht  der  Fall  ist,  wo  besonders  bei  kleineren  Abmessungen  die  Muttern 
beinahe  ganz  unzugänglich  sind. 


Ueber  die  Berechnung  der  Antriebstheile  von 
Bohrmaschinen. 

Mit  Abbildungen. 

Nicht  nur  für  den  Erbauer  von  Bohrmaschinen,  sondern  überhaupt 
für  jeden  Betriebstechniker  ist  die  Wahl  zweckentsprechender  Ge- 
schwindigkeitsverhältnisse der  im  Betriebe  befindlichen  Bohrmaschinen 
von  hoher  Wichtigkeit.  Namentlich  seit  der  allgemeineren  Einführung 
der  Spiralbohrer  gewinnt  diese  Frage  an  Bedeutung. 

Es  dürfte  daher  die  Besprechung  einer  einfachen  Bestimmungsweise 
dieser  Geschwindigkeitsverhältnisse  erwünscht  sein. 

Schon  früher  ist  in  den  Mütheilungen  des  Technologischen  Gewerbe - 
Museums,  1887  Bd.  3  Nr.  56  S.  156,  dieser  Gegenstand  von  C.  Pfaff  be- 
handelt worden. 

Erfahrungsmäfsig  beträgt  die  Geschwindigkeit  der  äufsersten  Bohrer - 
kante  für  härtere  Metalle,  wie  Gufseisen,  50'"'^,  für  das  weichere 
Schmiedeeisen  annähernd  100°i'n  für  1  Secunde.  Da  nun  die  Gröfse 
des  Bohrervorschubes  von  der  Festigkeit  des  Bohrers  abhängt,  so  folgt 
daraus,  dafs  bei  geringer  Zahl  von  Spindelumdrehungen  das  Bohren 
kleiner  Löcher  verhältnifsmäfsig  mehr  Arbeitszeit  erfordert  als  das 
Bohren  gröfserer  Löcher. 

Bezeichnet  d  den  Bohrerdurchmesser,  n  die  minutliche  Umlaufszahl 
und  V  die  Geschwindigkeit  des  Bohrerumfanges  in  ""'"sec,  so  folgt 

{nd.n')  :  60  =  v"""^  die  Geschwindigkeit, 
demnach  dn  =  (60.v)  :  7i^=C 

Constante,  weil  v  unveränderlich  angenommen  ist. 

d.n  =  C  entspricht  aber  der  Gleichung  der  gleichseitigen  Hyperbel. 
Es  ist  daher  ^/n  =:(/!«!, 

wenn  n,  die  Umlaufszahl  für  die  Bohrung  rfj  bei  gleichbleibender  Schnitt- 
geschwindigkeit V  ist. 

Zeichnet  man  daher  eine  gleichseitige  Hyperbel  (Fig.  1)  auf  eine  Stand- 
linie ox',  auf  welcher  die  Bohrungen  rf"^""  aufgetragen  werden,  auf  Grund 
einer  beliebig  angenommenen  Geschwindigkeit  r,  so  ergeben  die  Ordi- 
naten   der  einzelnen  Punkte  sofort  die  zugehörigen  Umlaufszahlen  n.  ^ 


1  Die  Aufzeichnung  der  gleicliseitigen  Hyperbel  erfolgt,  indem  man  z.  B. 
für  d  =  20  die  Umlaufszahl  n  =  o  bestimmt,  dieselbe  als  Strecke  in  beliebigem 
Mafsstabe  aufträgt,  so  zwar,  dafs  (20,a)  =  (60/)  = »?  ist,  das  Dreieck  0,(60)/' 
zeichnet  und  den  Schnittpunkt  g  der  schrägen  Seite  mit  der  o-Linie  auf  die 
Lothrechte  60  überträgt,  so  ist  die  Strecke  (60,6)  =  n  die  gesuchte  Umlaufszahl 
bezieh,  der  Hypcrbelpunkt. 


Berechnung  der  Antriebstheile  von  Bohrmaschinen. 


115 


Es  verhält  sich  zum  Beispiel: 

6  :  a  =  20  :  60,  d.  h.  es  ist 
a  .  20  =  6  .  60 
o  =  6  (60  :  20)  oder 
a  =  S  .b. 
Ebenso  folgt  für  d  =  100mm  ^  =  10,    entsprechend   für  d  =  10mm 
n  =  100.     Daraus  ergibt  sich  die  Schnittgeschwindigkeit: 

V  =  {nd  .  n)  :  60 

V  =:  (3,14 .  10  .  100)  :  60  =  52mm. 

Ist  der  Mafsstab  so  gewählt,  dafs  einer  minutlichen  Umdrehung 
1mm  Ordinate  entspricht,  so  werden  in  derselben  Hyperbel  für  die  Ordi- 
nate 1mm  und  für  die  doppelte  Schnittgeschwindigkeit  zwei  Umdrehungen 
entsprechen. 

Hiernach  ergeben  sich  die  den  vorbezeichneten  Bohrungen  von 
5  bis  100mm  zugehörigen  Umlaufszahlen. 

d-      5     10    20  30  40  50  60      70      80      90  100mm 
für  Gufseisen    .     .  n  =  200  100    50  33  25  20  16,7  14,3  12,5  11    10 
und  Schmiedeeisen  n  =  400  200  100  66  50  40  33,4  28,6  25      22    20  in  d.  Minute . 

Soll  nun  eine  Bohrmaschine  entworfen,  oder  eine  im  Betriebe  be- 
findliche untersucht  und  abgeändert  werden,  so  wird  man  einer  leicht - 
gebauten  die  gröfseren,  einer  schweren  Bohrmaschine  jedoch  möglichst 
alle  Umlaufszahlen  zuweisen,  weil  in  schweren  Werkstücken  nur  zu 
oft  schwache  Bohrungen 
(Vorbohren  oder  Oellöcher) 
vorkommen,  sofern  die  Rä- 
dertriebwerke der  Bohr- 
maschine einen  derartigen 
Schnellgang  zulassen.  Um 
aber  möglichst  allen  Boh- 
rungen zweckentsprechende 
Geschwindigkeiten  zuzu- 
weisen, wird  auf  der  Vor- 
gelegewelle ein  zweiter  Satz 
Antriebscheiben  vorgesehen, 
deren  Betrieb  bei  geschick- 
ter Wahl  der  Durchmesser 
ein  und  derselbe  Riemen 
übernehmen  kann.  Dadurch 
werden  die  Umlaufszahlen 
der  Bohrspindel  verdoppelt, 
so  dafs  hiermit  bei  einer 
vierstufigen  Scheibe  ohne  Räderwerk  acht  verschieden  abgestufte  Um- 
laufszahlen entstehen. 

Die  Riemengeschwindigkeit  ist  für  die  zusammenlaufenden  Scheiben  />i 
und  Z>4  (Fig.  2)  gleich  der  Umfangsgeschwindigkeit 


-  m=^ 


woraus  * 

"'4 


116  Berechnung  der  Antriebstheile  von  Bohrmaschinen. 

—  (;r/>in)  =  g^(^ß4  .714)  oder 

Z),  n  =  i>4n<l    ,.  .,. 
n  n  diviQirt,  entsteht 

sowie  Z>4n  =  />,  ni\  ' 

^_/>4    n^ 

/)4-2>ini 

-7)4"  K     n, 
das  Scheibenverhältnifs  oder  die  üebersetzung  folgt. 

Ist  das  Geschwindigkeitsverhältnifs  für  Löcher  in  Schmiedeeisen 
von  5  bis  40'"°i  angenommen 

n4  _  400  _  200  _ 

so  ist  das  Scheibenverhältnifs  i  =  Ys  =  2,83  gefunden. 

Das  Verhältnifs  der  Scheibenunterschiede  ist  hingegen: 

Wird  dieses  Verhältnifs  durch  die  um  1  abgeminderte  Stufenzahl  a 
dividirt,  so  erhält  man  eine  Verhältnifszahl  a?,  weiche  die  Berechnung 
der  Zwischenstufen  ermöglicht,  ohne  dafs  man  ihre  eigentlichen  Durch- 
messer zu  kennen  braucht. 

Ist  daher 

i-1 

x=. j 

a  —  1 

so  entstehen  die  folgenden  Zwischenübersetzungen: 

1  83 
Sobald  X  =  -^  =  0,61  ist  (d.  \.  x  =  2,83  und  a  =  4), 

(i>i  :  i>4)  =  (i  :  1)  =  (2,83  : 1)       =  2,83 

{D^  :  D3)  =  {i  —  x)    ■.{i  —  2x')  =  (2,22  : 1,61)  =  1,38 
(/>3  :  aj  =  (i  —  2x}:{i  —  x)    =  (1,61 :  2,22)  =  0,725 
(D4  :  Z)i)  =  (1:0  =  (1       :  2,83)  =  0,353 

«3  =  1,38  .  n. 
Ist  hingegen  n,/^  =  400  die  gröfste  Umlaufszahl, 
also  D^n  =  Dj^  .n^ 

und  n  =  ^.n4=^  =  0,353.  400, 

daher  die  gesuchte  Umlaufszahl  der  Deckenwelle 

n  =  141,2  V)  140. 
Mit  dieser  Umlaufszahl  n  =  140  folgen  die  Spindelumdrehungen 


entsprechend  Bohrungen  in   Gufseisen  von 
in  Schmiedeeisen  von 


z.  B. 


"4 

"3 

"'2 

"1 

396 

193 

102 

49,5 

— 

5 

10 

20mm 

5 

10 

20 

40mm 

Berechnung  der  Antriebstheile  von  Bohrmaschinen. 


117 


Diese  Spindelumdrehungen  sind  aber  für  Löcher  von  15,  25  und 
35mm  Durchmesser  nicht  gut  passend. 

Entnimmt  man  aus  der  Hyperbel  (Fig.  1)  die  der  Bohrung  d  =  16'^'^ 
entsprechende  Umlaufszahl  n^  =  67  und  setzt  man  Uq  statt  n  als  Um- 
laufszahl der  Deckenwelle  (Fig.  2),  so  erhält  man 

n„  =  (Z>2  :  /Jg)  .  «6  =  1,38  .  ng 
Hq  =  1,38  .  67  =  92,5. 

Rundet  man  dies  ab  auf  uq  =:  90,  so  entstehen  die  Spindel- 
drehungen 


255 

für  Bohrungen   in   Gufseisen     ei  =      4 
und  in  Schmiedeeisen     d=      8 


«7 

"6 

"5 

124 

65 

32 

8 

11,4 

32,5min 

16 

23 

65. 

Das  Uebersetzungsverhältnifs  y 
maschine  wird  nach  der  verlangten 
kleinsten  Umlaufszahl  der  Bohrspindel 
bestimmt,  wobei  das  Deckenvorge- 
lege für  den  langsamen  GangWQ  =  90 
eingestellt  wird  und  Wiederholungen 
von  Umlaufszahlen  zu  vermeiden  sind. 

Ist  n^g  :=  6  die  kleinste  Spindel- 

.   ,  w.       32      ^  „„ 
drehung,  so  wird  — ^  =  -^  =  5,33  =  y 

die  Räderumsetzung.  Werden,  wie 
üblich,  die  Räderpaare  gleich  ge- 
macht, so  ist  die  Uebersetzung  eines 
Radpaares  Yy  =  2,31. 

Durch  Hinzunahme  eines  Räder- 
vorgeleges und  eines  doppelten  Satzes 
Riemenscheiben  auf  der  Decken- 
welle werden  der  Bohrspindel  die 
folgenden  16  Umlaufszahlen  ertheilt. 


im    Rädervorgelege    einer   Bohr- 


n:rl40 

«0  =  90 

ohne  Räder 

mit 
Rädervorgelege 

ohne  Räder      RäderwJgelege 

396 
193 
102 
49,5 

74 
36,2 
19 
9,3 

255 

124 

65 

32 

47,8 

23,2 

12,1 

6 

Eine  Bohrmaschine  mit  Rädertriebwerk  ist  für  hohe  Umlaufszahlen 
ungeeignet. 


118  Guibal's  Ventilator  mit  Einlaufs-Conusen. 

Seilers  hat  die  in  Fig.  3  angedeutete  Anordnung  mit  Winkelriemen- 
trieb  und  seitlich  stehendem  Rädervorgelege  angewendet,  wobei  Winkel- 
räder vermieden  sind. 

Indem  hierbei  das  Rädervorgelege  nur  bei  mittleren  und  kleinen 
Umlaufszahlen  eingerückt  wird,  umgeht  man  in  einfacher  Weise  zu 
grofse  Zahnkreisgeschwindigkeiten,  während  man  der  Bohrspindel  die 
höchsten  Umlaufszahlen  ertheilen  kann.  Pregel. 


Guibal's  Ventilator  mit  Einlaufs-Conusen. 

In  der  Oesterr eichischen  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenwesen^  1888 
Nr.  51  S.  671,  berichtet  A.  Käs  über  Versuche,  welche  an  einem  Guibal- 
Ventilator  der  Grube  Heinitz  bei  Saarbrücken  angestellt  wurden  und 
die  zufolge  der  hierbei  in  Anwendung  gebrachten  beiderseitigen  Seiteu- 
Einlauf-Conuse,  mit  einer  in  den  Flügelraum  hineinreichenden  Zwischen- 
wand, einen  höheren  Wirkungsgrad  ergaben,  was  mit  Recht  der  rich- 
tigeren Lufteinführung  zugeschrieben  wird.  Der  in  einem  gemauerten 
Gehäuse  eingebaute  Ventilator  von  ll^"  Raddurchmesser  und  S'"  Flügel- 
breite hat  zwei  Eintrittsöffnungen  von  je  4fi°i,93  Querschnitt  und  saugt 
die  Luft  von  einem  Wetterschacht  von  15'it"  freier  Oeffnung. 

Versuclisnummer       4  5  6 
Minutliche  Umlaufszahl   des   Flügelrades  n     39,4        45,9         50,5 
Druckverminderung  h  in  Millimeter  Wasser- 
säule   45            60           73,4 

Secundliche  Wettermenge  Q  in  Cubikmeter 
(auf  00  C.   und   Normal-Barometerstand 

bezogen) 47,81       55,53       60,41 

Nutzleistung  iVe  =  0,01333.  Q.A      ....     28,7         44,4         59,1 
Indicatorleistung  Ni  in  Pferdestärken    .     .    43,8        67,7        89,7 

Wirkungsgrad  rj  =  ~ 0,66. 

Wird  für  einen  mittleren  Zustand  der  Grubenwetter  das  specifische 
Gewicht  y  =  1,2'^/cbm  angenommen,  so  ergibt  sich  bei  radialem  Auslaufe 
der  Flügelenden  der  Coefficient 

C  =  0,0183  (n.D:  Yä), 
sofern  n  minutliche  Umlaufszahl,  D  Flügelraddurchmesser  in  Meter  und 
h  Manometerstand  in  Millimeter  Wassersäule  bedeutet. 
Der  manometrische  Wirkungsgrad  ist  dann 
Ä  =  (1:C2), 
d.  h.  je  richtiger  die  Construction  in   theoretischer  Hinsicht  ist,   desto 
mehr  mufs  sich  K  der  Einheit  nähern. 

Für  den  Gutfta/- Ventilator  in  Heinitz  ist  daher 
C  =  0,2013  (n  :  YÄ), 
demnach  C  und  der  manometrische  Wirkungsgrad  K  für  die  Versuchsreihe 

1  Ueber  Grubenventilatoren  vgl.  1888  267  ^  1  und  1889  272  *  73. 


Kohn's  galvanisches  Element. 


119 


Nr.  4  5  6  Mittel 

Coefficient  C 1,18  1,19  1,19  1,19 

Manometrischer  "Wirkungsgrad  K    0,72  0,71  0,71  0,715 

d.  h.  die  tangentiale   Flügelradgeschwindigkeit  mufste   zur  Erzeugung 

der  beobachteten  Druckverminderung  um  19  Proc.  gröfser  sein,   als  es 

ein  theoretischer  Ventilator  erfordern  würde.  Pr. 


M.  Kohn's  galvanisches  Element. 

Mit  Abbildungen. 

Die  üebelstände,  welche  sich  bei  nur  selten  benutzten  galvanischen 

Elementen  zeigen,  von  denen  man  jedoch  während  des  Gebrauches  eine 

grofse  Constauz  fordert,  will  der  Inspector  der  Südbahn,  Moritz  Kohn 

in  Wien,    nach    der  Zeitschrift  für  Elektrotechnik^    1889  S.  127,    durch 

folgende  Anordnung  umgehen. 

In  das  Glasgefäfs  A  ist  oben  ein  Schraubengewinde  eingeprefst; 
auf  den  Hals  und  auf  den  ßand  des  Glases  wird  je  ein  Kautschukring  h 
gelegt,  worauf  dasselbe  mit  der  entsprechenden  Flüssigkeit  gefüllt  wird. 
Die  negative  Elektrode  B^  welche  zugleich  den  Deckel  des  Glasgefäfses 
bildet,  ist  eine  Scheibe  aus  Blei,  Kupfer,  Kohle,  Eisen,  Siliciumeisen 
u.  s.  w.,  durch  deren  Mitte  die  Verbindungs- 
schraube o  für  den  Zinkpol  C  isolirt  geführt 
ist.  Diese  Isolirung  wird  durch  einen  kleinen 
Cylinder  und  Ring  aus  Kautschuk  bewirkt. 
Der  obere  Theil  des  amalgamirten  Zinkpoles 
ist  kegelförmig  und  enthält  die  Schrauben- 
mutter für  die  Schraube  a.  In  die  Thonzelle  />, 
welche  vom  Boden  bis  beiläufig  zur  Mitte 
und  vom  oberen  Rande  bis  etwa  lOi^in  nach 
abwärts  aufsen  und  innen  glasirt  oder  in 
Wachs,  Paraffin  u.  dgl.  getränkt  ist,  wird 
verdünnte  Schwefelsäure  und  etwas  Queck- 
silber   gegeben.     Aufserdem    benöthigt    man 

einen  conisch  geformten,  in  der  Mitte  durch-    -v ^_ 

lochten  Stöpsel  b  aus  Kautschuk.  Schliefslich 
ist  noch  eine  Schraubenmutter  aus  Zinnblech  d  erforderlich,  an  welche 
3  Messingfüfschen  angelöthet  sind,  von  denen  eines  e  als  Verbindungs- 
klemme für  die  negative  Elektrode  dient. 

Um  das  Element  zusammenzustellen,  wird  der  Kautschukstöpsel 
auf  den  Zinkcylinder  gesteckt,  in  welch  letzteren  sodann  die  durch  die 
negative  Elektrode  isolirt  geführte  Verbindungsschraube  a  eingedi-eht 
wird.  Hierauf  gibt  man  den  Zinkpol  sammt  dem  Kautschukstöpsel  in 
die  Thonzelle,  legt  den  Verbindungsdraht  f  unter  den  Kopf  der  Ver- 
bindungsschraube a  und  zieht  diese  mäfsig  fest  an.     Durch  dieses  An- 


120  Guerin's  Erdleitungsprüfer  für  Blitzableiter. 

ziehen  wird  der  Kautsehukstöpsel  nicht  nur  an  das  Zink,  sondern  auch 
an  die  Thonzelle  und  an  die  innere  Fläche  der  negativen  Elektrode 
luftdicht  angeprefst.  Nunmehr  wird  die  Thonzelle  mit  beiden  Elektroden 
in  das  Glasgefäfs  gestellt  und  dieses  durch  Drehung  der  Schrauben- 
mutter d  bezieh,  in  Folge  der  hierdurch  bewirkten  Pressung  der  nega- 
tiven Elektrode  an  die  Kautschukringe  luftdicht  verschlossen.  Dabei 
wird  auch  eine  metallische  Verbindung  der  Schraubenmutter  bezieh, 
der  Klemme  e  mit  der  negativen  Elektrode  hergestellt. 

Wenn  Schraubenmuttern  aus  Steingut,  Porzellan  oder  Hartgummi 
verwendet  werden,  so  mufs  eine  besondere  metallische  Verbindung  für 
die  negative  Elektrode  angebracht  werden.  Ebenso  sind  besondere 
Contacte  nothwendig,  wenn  bei  Elementen  mit  Salpetersäure  nicht 
Eisen-,  sondern  Kohlenscheiben  verwendet  werden,  deren  äufsere 
Flächen  mit  Paraffin  getränkt  werden  müfsten,  um  das  Entweichen  der 
Gase  zu  verhüten. 

Um  das  Element  in  Thätigkeit  zu  setzen,  wird  dasselbe  gestürzt 
und  auf  die  Füfschen  gestellt. 

Ist  das  Element  erschöpft  oder  will  man  blofs  die  Gase  und  Dämpfe 
entweichen  lassen,  so  wird  die  Schraubenmutter  gelöst. 

Die  leichte  Handhabung  und  der  lange  Zeit  ziemlich  gleich  bleibende 
Widerstand  dieser  Elemente,  sowie  der  Umstand,  dafs  weder  das  Zink 
noch  die  Lösungselektroden  während  der  Ruhe  angegriffen  werden, 
dürfte  die  Anordnung  für  die  angegebenen  Zwecke  empfehlen. 


Guerin's  Erdleitungsprüfer  für  Blitzableiter. 

Mit  Abbildungen. 

Der  Widerstand  W  der  Erdleitung  pflegt  bei  Blitzableitern  in  ähn- 
licher Weise  wie  bei  Telegraphenleitungen  mit  Hilfe  zweier  Hilfserd- 
leitungen  gemessen  zu  werden,  so  dafs  man,  wenn  die  Widerstände  der 
beiden  letzteren  W  und  W"  sind,  zunächst  W-[-  FF',  W-{-  W"  und 
fF' +  W"  bestimmt  und  daraus  JF  ermittelt.  Der  Hauptmann  Gue'rin  der 
technischen  Abtheilung  der  französischen  Artillerie,  der  mit  der  Ausführung 
der  Blitzableiter  auf  den  militärischen  Gebäuden  betraut  ist,  hat  nach 
dem  Genie  civü^  1889*8.396,  ein  Prüfungsinstrument  angegeben,  mit 
welchem  die  Messungen  mit  hinreichender  Genauigkeit  ausgeführt  werden 
können,  das  sich  aber  au  Ort  und  Stelle  leicht  handhaben  läfst,  ohne 
dafs  der  Messende  ein  hohes  Mals  von  Geschick  und  Erfahrung  zu  be- 
sitzen braucht. 

Die  Messung  beruht  auf  der  bekannten  Verwendung  der  Wheatstone- 
sehen  Brücke.  Besitzen  in  Fig.  1  die  vier  Seiten  der  Brücke  die  Wider- 
stände tüj,  w.^^  tt'3  und  u'4,  und  liegt  in  der  Diagonale  A  D  die  Batterie  6, 
so  bleibt  das  in  der  Diagonale  BC  enthaltene  Galvanometer  G  stromlos, 
sofern   tu, :  w^  =  iV)  '■  w.^.     Gewöhnlich    nimmt    man   n'.^   und  1^3    unver- 


Guerin's  Erdleitungsprüfer  für  Blitzableiter. 


121 


änderlich,  und  mifst  w^  (=X)  durch  Veränderung  von  w^.  Nach 
Schwendler  besitzt  dabei  das  Galvanometer  die  gröfste  Empfindlichkeit 
wenn  w'^  +  tu^  =  m?2  +  "'s  ist;  im  Allgemeinen  also,  wenn  alle  vier 
Widerstände  einander  gleich  sind. 

Man  kann  aber  auch   beim  Messen  des  Widerstandes  w^  =  X  als 
veränderlichen  Widerstand  W=w^   wählen,   und   dann   mufs  iü^:X  = 

Fig.  2. 


W2 :  W   sein    und    zur   Erreichung    der    gröfsten    Empfindlichkeit   noch 
ti\  -{-  X  =  u'2  -j-  W.     Hieraus  findet  sich  dann  X=  W  und  w^  =  Wj. 

Wenn  nun  aber  X  und  W  sehr  grofs  im  Vergleiche  mit  w^^  und  1^2 
sind,  so  nimmt  fast  der  ganze  Strom  von  b  den  Weg  ABD^  und  das 
Galvanometer  G  erhält  nur  einen  sehr  schwachen  Stromzweig;  da  man 
weiter  im  Freien  unmöglich  Spiegelgalvanometer  verwenden  kann,  so 
wird  es  sich  empfehlen,  bei  Blitzableiterprüfungen  w^  und  w-i  zwar 
unter  sich  gleich  zu  machen,  sie  aber  jederzeit  proportional  mit  W 
wachsen  zu  lassen,  so  dafs  also  w^  :  X=iW2:  W=  C  bleibt,  worin  C  eine 
unveränderliche  Gröfse  ist. 

Dies  ist  nun  der  Gedanke,  von  welchem  sich  Guerin  bei  der  Her- 
stellung seines  Mefsinstrumentes  hat  leiten  lassen  und  welchen  er  ge- 
schickt in  folgender  Weise  durchgeführt  hat. 

Jeder  der  Widerstände  lo^,  1^2  ^^^  ^  besteht  aus  acht  Rollen;  in 
W  haben  diese  der  Reihe  nach  1,  2,  2,  4,  10,  20,  40  und  80  Ohm  Wider- 
stand, in  tü^  und  ^2  dagegen  nur  den  zehnten  Theil  davon,  also  0,1,  0,2, 
0,2,  0,4,  1,  2,  2,  4;  in  W  kann  man  daher  im  Ganzen  159,  in  il\  und 
M?2  aber  15,9  Ohm  einschalten.  Die  Ausschaltung  der  einzelnen  Rollen 
erfolgt  aber  nicht  durch  Stöpselung,  sondern  dadurch,  dafs  —  wie  es. 
in  Fig.  1  angedeutet  ist  —  eine  Feder  m  auf  einen  Contact  n  aufge- 
drückt wird  und  einen  kurzen  Schlufs  zur  Rolle  herstellt.  Wird  nun 
eine  Rolle  in  W  ausgeschaltet,  so  mufs  gleichzeitig  auch  die  entsprechende 
Rolle  in  w^  und  in  1^2  ausgeschaltet  werden.  Deshalb  sind  acht  Gruppen 
zu  je  drei  zusammen  gehörigen  Rollen  gebildet,  und  es  sind  die  drei 
zugehörigen  Federn  m,  wie  Fig.  2  erkennen  läfst,  so  neben  einander 
gestellt,   dafs  sie  von  einer  am  Hebel  h  befestigten  Ebonitwalze  g  zu- 


122  Giarin's  Erdleituugsprüfer  für  Blitzableiter. 

gleich  auf  ihre  Contacte  n  aufgedrückt  werden,  sobald  der  vorstehende 
Stift  e  des  Hebels  h  von  einem  Vorsprunge  der  um  eine  Achse  dreh- 
baren Scheibe  S  erfafst  und  der  Hebel  /*  sammt  g  und  den  drei  Federn  m 
nach  rechts  geschoben  wird. 

Die  acht  Gruppen  der  Widerstandsrollen  sind  symmetrisch  zu  beiden 
Seiten  der  Achse  der  acht  Scheiben  S  angeordnet.  Mittels  eines  Hand- 
griffes läfst  sich  aber  unmittelbar  nur  der  Theil  der  Achse  drehen,  auf 
welchem  die  vier  Scheiben  sitzen,  welche  den  Einern  des  Widerstandes  W 
entsprechen;  der  Theil  mit  den  vier  den  Zehnern  entsprechenden 
Scheiben  wird  von  dem  ersteren  Achsentheile  aus  in  derselben  Weise 
schrittweise  in  Umdrehung  versetzt,  die  ganz  gewöhnlich  in  Zählwerken 
benutzt  wird. 

Man  kann  indessen  auch  zwei  besondere  Achsen  anwenden  und 
jede  unabhängig  von  der  anderen  mittels  einer  Kurbel  drehbar  machen. 

In  beiden  Fällen  wird  auf  jeden  der  beiden  Achsentheile  bezieh. 
Achsen  noch  ein  als  Zeiger  dienendes  Rad  aufgesteckt,  von  denen  das 
eine  auf  dem  Umfange  die  zehn  Ziffern  0  bis  9  trägt,  das  andere  da- 
gegen die  0  und  die  15  Zehner  von  10  bis  150.  Durch  ein  im  Gehäuse 
angebrachtes  Fensterchen  können  stets  zwei  Ziffern  erblickt  und  aus 
ihnen  abgelesen  werden,  wie  viel  bei  der  derzeitigen  Stellung  der  beiden 
Achsen  Widerstand  in  W  eingeschaltet  ist;  den  Widerstand  in  w^  und 
M"2  findet  man  dann  durch  Division  mit  10. 

Wie  die  Vorsprünge  auf  den  acht  Scheiben  S  zu  gestalten  sind, 
damit  sie  stets  richtig  bei  jeder  Stellung  der  Achsen  die  entsprechenden 
Rollen  kurz  schliefsen,  ist  sehr  leicht  aufzufinden. 

Um  auch  Widerstände  über  159  Ohm  messen  zu  können,  sind  noch 
drei  Hilfswiderstände  zu  150  bezieh.  15  und  15  Ohm  vorhanden,  die 
sich  durch  den  Druck  auf  einen  Knopf  in  die  Stromkreise  bringen  lassen, 
so  dafs  man  dann  mit  gleicher  Empfindlichkeit  und  Bequemlichkeit  bis 
309  Ohm  messen  kann. 

Vier  Klemmen  am  Apparate  dienen  zur  Einschaltung  des  zu  messenden 
Widerstandest  (d.  h.  der  Erdplatten)  und  der  Batterie  ft;  zwei  andere 
Klemmen  dagegen  gestatten,  die  Rollen  W^  unter  Ausschaltung  des 
Galvanometers,  als  gewöhnlichen  Widerstand  zu  benutzen. 

Gui'rin  gibt  nun  ferner  noch  seinem  Blitzableiterprüfer  nicht  einen 
gewöhnlichen  Stromschliefser  J  bei,  sondern  er  rüstet  ihn  mit  einem 
Unterbrecher  und  Stromumkehrer  aus.  Die  Erfahrung  hat  nämlich  ge- 
lehrt, dafs  die  vorhandenen  Erdströme,  welche  die  Galvanometernadel 
je  nach  der  Richtung,  in  welcher  sie  durch  die  Windungen  hindurch- 
geführt werden,  nach  rechts  oder  nach  links  ablenken,  die  Nadel  ruhig 
auf  Null  stehen  lassen,  wenn  ihre  Richtung  in  den  Windungen  mittels 
eines  Stromumkehrers  in  entsprechend  rascher  Folge  umgekehrt  wird. 
Der  Unterbrecher  und  Umkehrer  enthält  einfach  zwei  Contactfedern, 
welche   durch  ein  Uhrwerk  mittels   zweier  Stufenscheiben   gleichzeitig 


Blitzschutzvorrichtungen  für  Telegraphen.  123 

auf  und  nieder  bewegt  werden  und  dabei  in  naheliegender  Weise  die 
beiden  X  einschaltenden  Erdplatten  zwischen  D  und  C  umschalten,  vor 
jeder  ümschaltung  aber  den  Strom  der  Batterie  b  unterbrechen. 

Dieser  Unterbrecher  und  ümkehrer  wirkt  aufserdem  noch  vortheil- 
haft,  indem  er  die  Polarisation  der  Batterie  und  der  Erdplatten  verzögert. 


Die  Blitzschutzvorrichtungen  für  Telegraphen  von  Czeija 
und  Nissl  und  von  Pawluk. 

Mit  Abbildung. 

In  dem  von  Dr.  A.  v.  Urbanitzky  in  der  Zeitschrift  für  Elektrotechnik^ 
1889  "■  S.  122,  erstatteten  Berichte  über  die  Blitzschutzvorrichtungen  und 
die  Blitzableiterprüfungsapparate  auf  der  Jubiläums-Gewerbe- Ausstellung 
in  Wien  1888  wird  bemerkt,  dafs  in  denselben  ein  besonders  bemerkens- 
werther  Fortschritt  nicht  zu  verzeichnen  ist  und  betont,  dafs  den  Blitz- 
schlägen und  den  durch  dieselben  Jahr  für  Jahr  bewirkten  Schäden 
noch  lange  nicht  jene  Aufmerksamkeit  zugewendet  wird,  welche  sie 
schon  der  ökonomischen  Seite  wegen  verdienen.  Von  Prüfungsapparaten 
werden  (a.  a.  0.*  S.  179)  nur  diejenigen  von  Carl  König  beschrieben,  von 
Schutzvorrichtungen  dagegen  die  von  Czeija  und  Nissl  in  Wien  (a.  a.  0. 
*S.  124)  und  von  dem  Telegraphencontroleur  J.  Pawluk  (a.  a.  0.""S.  126). 

Der  Apparat  von  Czeija  und  Nissl  ist  zum  Schutze  der  Umschalter 
in  Telephon- Vermittelungsämtern  bestimmt;  sämmtliche  Luftlinien  lassen 
sich  durch  eine  einzige  Kurbeldrehung  unmittelbar  mit  der  Erde  ver- 
binden. Dieser  Telephon-Blitzableiter  besteht  aus  einer  Messingstange, 
in  die  der  Länge  nach  eine  Nuth  eingefräst  ist.  In  diese  Nuth  werden 
ebensoviele  mit  Seidenband  ganz  bedeckte  Messingplättchen  eingelegt, 
als  Linien  eingeführt  werden  sollen.  Damit  die  Handhabung  nicht  zu 
umständlich  wird,  geht  man  dabei  nicht  über  50  Linien,  sondern  stellt 
lieber  einen  zweiten  Apparat  auf.  Je  eine  Schraube  hält  je  zwei  der 
genannten  Blättchen  an  den  zusammenstofsenden  Enden  fest.  Auf 
jedem  dieser  in  Seidenband  gehüllten  Plättchen  ruht  eine  Feder  auf, 
welche  die  Fortsetzung  einer  Aufsenleitung  bildet  und  diese  mit  dem 
Hauptumschalter  verbindet.  Die  Messingstange  ist  drehbar  gelagert  und 
an  einem  Ende  mit  einer  Kurbel  versehen.  Bei  der  jetzigen,  nur  Raum- 
ersparnifs  bezweckenden  Anordnung  sind  die  Leitungen  an  abwechselnd 
in  zwei  Reihen  stehende,  messingene  Klemmen  geführt,  deren  jede  durch 
einen  in  der  hohlen  Grundplatte  liegenden  Draht  mit  einer  auf  der 
anderen  Seite  der  Messingstange  liegenden  gleichen  Klemme  verbunden 
ist  und  von  der  die  Leitung  nach  dem  Umschalter  weiter  geht.  Auch 
die  letzteren  Klemmen  sind  in  zwei  Reihen  angeordnet  und  die  Federn 
nach  den  in  Seidenband  gehüllten  Plättchen  gehen  abwechselnd  von 
einer  Klemme    auf   der    einen    und    einer    auf   der  anderen  Seite    der 


124  I31itzsclmtzvorriclilungen  l'tlr  Telegraphen. 

Messingstange  aus,  stets  aber  von  einer  Klemme  in  der  der  Stange  am 
nächsten  liegenden  Reihe.  Hält  man  es  bei  sehr  heftigen  Gewittern 
für  geboten,  den  Telephonverkehr  trotz  dieser  Blitzschutzvorriehtung 
einzustellen,  so  genügt  eine  Drehung  der  Walze  durch  die  Kurbel,  um 
sofort  alle  Linien  an  die  Erde  zu  legen;  die  Federn  gelangen  nämlich 
hierdurch  von  den  Seidenisolirungen  auf  die  blanke  Mantelfläche  dei- 
Walze  und  setzen  dadurch  die  Aufsenleitungen  mit  der  Erdleitung  in 
ununterbrochene  metallische  Verbinduns. 

In  Pawluk^s  Schutzvorrichtung  werden  die  Leitungen  an  eine  Reihe 
von  kurzen  Messingschienen  geführt 5  jede  Schiene  ist  an  der  Unterseite 
des  lOofnm  langen,  TOi^ii  breiten  und  14mQi  hohen  Holzklötzchens  durch 
eine  Messingspirale  mit  einer  der  an  der  anderen  Langseite  des  Klötz- 
chens in  einer  Reihe  aufgeschraubten  Schienen  verbunden,  von  denen 
aus  die  Leitungen  nach  den  Telegraphen  weiter  geführt  werden.  In  der 
Mitte  zwischen  den  beiden  Schienenreihen  läuft 
eine  lange  Messingschiene,  welche  Pawluk  die  all- 
gemeine Entladungsschieue  nennt.  Von  jeder  Lei- 
tungsschiene reicht  eine  gebogene  Feder  bis  über  die 
Mittelschiene  und  legt  sich  mit  einem  an  ihr  be- 
festigten, abgerundeten  Kohlenstücke  auf  die  Mittel - 
schiene  auf,  doch  ist  zwischen  beide  ein  isolirender 
Papierstreifen  dazwischen  geschoben.  An  dem 
einen  Ende  ist  die  Mittelschiene  sägezahnartig  aus- 
gefeilt, und  es  steht  ihr  hier  das  ebenso  gestaltete 
Ende  der  Erdschiene  in  1°^"  Entfernung  gegenüber. 
Das  andere  Ende  der  Erdschiene  ist  im  rechten  Winkel  umgebogen 
und  auf  ihr  ruht,  seitwärts  von  der  gezahnten  Stelle  und  diese  nicht 
verdeckend,  auch  eine  Feder  mit  ihrem  Kohlenstücke  und  ebenfalls  mit 
zwischengelegten  Papierstreifen.  Jede  Feder  läfst  sich  mittels  eines 
Ebonitknopfes  emporheben,  wenn  der  Papierstreifen  ausgewechselt 
werden  soll.  Die  Mittelschiene  und  die  Erdschiene  sind  mit  Klemm- 
schrauben zur  Einschaltung  eines  Weckers  nebst  Batterie  versehen.  Durch 
Einstecken  eines  Stöpsels  lassen  sich  zwei  benachbarte  Leitungsschieneu 
unter  sich  und  mit  der  Erde  in  Verbindung  setzen;  im  letzteren  Falle 
reicht  der  Stöpsel  bis  auf  eine  mit  der  Erdleitung  verbundene  Schiene 
an  der  Unterseite  des  Brettes. 

Gehen  nun  nur  schwache  atmosphärische  Entladungen  durch  den 
Blitzableiter,  so  durchbohren  diese  das  Papier  ihrer  Leitung,  gehen 
dann  durch  den  Wecker  und  mahnen  durch  dessen  einmaliges  An- 
schlagen an  die  Auswechselung  des  durchbohrten  Streifens.  Stärkere 
Entladungen  durchbohren  auch  den  die  Feder  der  Mittelschiene  gegen 
die  Erdschiene  isolirenden  Streifen  und  bringen  den  Wecker  dauernd 
zum  Ertönen.  Noch  stärkere  Entladungen  vertheilen  sich  auf  diese 
beiden  Wege  und  springen  zugleich    zwischen   den  Zähnen    über,   und 


Magnetelektrische  Klingel  fiir  einzelne  Schläge. 


125 


diese  Vertheilung  wird  als  Vorzug  dieses  Blitzableiters  geltend  gemacht. 
Die  Anwendung  der  Kohle  verhindert  ein  Zusammenschmelzen  der 
Theile.  A.  a.  0.  werden  ein  paar  Fälle  erwähnt,  wo  der  Blitzableiter 
sich  besonders  gut  bewährt  hat. 


Cox-Walker's  und  Swinton's  magnetelektrische  Klingel  für 

einzelne  Schläge. 

Mit  Abbildung. 

Namentlich  für  Eisenbahnen,  Bergwerke  und  andere  die  Benutzung 
galvanischer  Batterien  nicht  wünschenswerth  machende  und  grofse  Ein- 
fachheit fordernde  Verhältnisse  liefern  Cox- Walker  in  Darlington  und 
A.  A.  Campbell  Swinton  in  London  magnetelektrische  Klingeln,  welche 
sich  als  Einzelnschläger  gut  zum  Signalisiren  eignen.  Sowohl  in  der 
Klingel,  als  in  dem  zugehörigen  Geber  wird  ein  Siemens^ scher  Cylinder- 
Inductor  mit  J-förmigem  Kerne  verwendet.  Im  Geber  liegt  derselbe 
nach  Telegraphic  Journal^  1888  S.  125  und  521  und  dem  Londoner  Elec- 
trical  Engineer  vom  3.  Mai  1889  "''  S.  351  auf  wagerechter  Achse  zwischen 
den  Schenkeln  des  ebenfalls  wagerechten  kräftigen  Stahlmagnetes;  an 
der  Achse  ist  ein  Druckknopf  angebracht,  so  dafs  durch  den  Druck  des 
Fingers    der   Inductor    in    rasche    Umdrehung    versetzt    werden    kann, 


worauf  ihn  eine  kräftige  Feder  in  seine  Ruhelage  zurückführt.  Bei 
Klingeln  für  dauerndes  Läuten  wird  der  Inductor  mittels  einer  Kurbel 
ringsum  gedreht.  In  der  Klingel  steht  bei  der  durch  die  Abbildung 
erläuterten  neuesten  Ausführung  der  aus  mehreren   Lagen    bestehende 


126 


Immisch's  elektrische  Locomotive  für  Bergwerke. 


kräftige  Stahlmagnet  und  der  Inductor  aufrecht,  und  es  ist  an  dem  lu- 
ductor  ein  Klöppel  angebracht,  welcher  einen  kräftigen  Schlag  gegen  die 
punktirt  angedeutete  152°!°^  Glocke  ausführt,  wenn  ein  Strom  die  Inductor- 
rolle  durchläuft.  Bei  der  derzeitigen  Bewickelung  des  Inductors  arbeitet 
die  Klingel  gut  in  gewöhnlichen  Leitungen  bis  zu  1000  Ohm  Wider- 
stand, und  vermag  selbst  in  Leitungen  von  2000  Ohm  noch  zu  arbeiten. 
Diese  Klingeln  sind  mit  gutem  Erfolge  auf  der  Cambrian  RaiUcay 
und  verschiedenen  Bergwerken  im  Norden  Englands  eingeführt  worden. 


Immiscli's  elektrische  Locomotive  für  Bergwerke. 

Mit  Abbildungen. 

Die  von  Immisch  und  Comp.  (vgl.  1889  271  45)  für  die  Whamcliffe 
Silkstone  Kohlenwerke  gebaute  und  daselbst  (nach  Iran  vom  8.  Februar 
1889,  *S.  138)  bei  0^,53  Spurweite  in  einem  Stollen  von  1^,22  Höhe 
und  l'",o7  Breite  laufende  elektrische  Locomotive  ist  für  den  Betrieb 
mit  Speicherbatterien  eingerichtet;,  ihr  Gesammtgewicht  in  arbeitsfähigem 
Zustande  sollte  2^,5  nicht  übersteigen.  Mit  ihr  wurden  von  E.  ß.  Walker 
auf  einer  Bahn  über  Tage  Versuche  angestellt;  die  Bahn  hatte  nur  auf 
einer  kurzen  Strecke  keine  Steigung,  auf  1821^  1:70,  auf  137°^  1:40, 
auf  228m  1 :  25  und  auf  182^  1 :  40.  Auf  der  Steigung  1 :  70  vermochte 
die  Locomotive  einen  Zug  von  20  geladenen  Wagen  von  zusammen 
11^  Gewicht  gerade  in  Bewegung  zu  setzen,  während  mit  15  Wagen 
von   8^,5  Gewicht  eine   Geschwindigkeit   von   4'^'",8  in   der  Stunde   er- 

Fig.  1. 


reicht  wurde,   wobei  die  Stromstärke  45  Ampere  bei  100  Volt  betrug. 
Auf  der  Steigung  1:40   war  die  höchste  Ladung    8  Wagen,   auf  der 


Immisch's  elektrische  Locomotive  für  Bergwerke.  127 

1 :  25  aber  6  Wagen,  wobei  die  Greschwindigkeit  ein  wenig  über  3'''",2 
mafs.  Auf  der  wagerechten  Strecke  konnte  die  Locomotive  30  Wagen 
ziehen,  bei  45  Ampere. 

Wie  die  Textfig.  1  sehen  läfst,  ruht  der  Rahmen  auf  Federn  aufser- 
halb  der  Räder  auf  den  Achslagern.  Um  möglichste  Gleichmäfsigkeit 
zu  sichern,  sind  4  Sätze  von  Speicherbatterien  vorhanden,  die  vor  und 
hinter  den  Rädern  und  auf  dem  Rahmen  untergebracht  sind.  Die  Rad- 
achsen haben  914°i°i  Abstand,  und  die  Räder  sind  gekuppelt,  damit  das 
Gewicht  möglichst  für  das  Anhaften  ausgenützt  wird.  Der  Rahmen 
hat  3^,10  Länge  und  0^,72  Breite^  die  Puffermitte  liegt  226mm  über 
dem  Geleise. 

Die  Speicherbatterie  besteht  aus  44  abgeänderten  JafAam-Elementen^ 
jede  Zelle  mifst  250  X  165mm  bei  280mm  Höhe.  Die  Zellen  sind  mit 
Blei  bekleidet  und  stehen  zu  3  in  hölzernen  Trögen.  Jede  Zelle  ent- 
hält 19  Platten  von  175  X  106  X  5'^'»,5  und  besitzt  ein  Leistungsvermögen 
von  150  Ampere-Stunden;  das  Gewicht  beträgt  24'^.  Die  Entladung  er- 
folgt bei  25  bis  50  Ampere  und  beim  Anlaufen  gelegentlich  mit  65  Ampere. 
Nimmt  man  im  Mittel  40  Ampere,  so  kommen  bei  diesen  Speicher- 
zellen auf  1  BP  etwa  227^  Gewicht  und  auf  1  IP-Stunde  608"^. 

Der  unter  dem  Wagenboden  und  zwischen  den  Rädern  unter- 
gebrachte Motor  (Textfig.  2)  hat  im  Wesentlichen  die  gewöhnliche 
Im/n«scÄ-Anordnung  (vgl.  1887  265  *  106.  1889  272  "■  123).  Der  Anker 
hat  254™in  Durchmesser  und  ist  aus  Draht  Nr.  12  S.  W.  G.  gewickelt; 
der  Widerstand  mifst  0,23  Ohm.  Der  Stromabgeber  hat  48  Abtheilungen. 
Das  Feld  besteht  aus  doppelten  Hufeisen,  ist  aus  Draht  Nr.  9  S.  W  G. 
gewickelt  und  besitzt  560  Windungen;  Widerstand  0,14  Ohm.  Bei 
1000  Umdrehungen  hat  der  Strom  45  Ampere  mit  100  Volt  Klemmen- 
spannung. Das  Gewicht  des  Motors  beträgt  203"^;  er  gibt  bei  800  Um- 
drehungen in  der  Minute  4  W.  Auf  der  Ankerwelle  sitzt  ein  kleines 
Getriebe  aus  Phosphorbronze;  dieses  steht  mit  4  Stahltrieben  im  Ein- 
griffe, die  in  derselben  Ebene  angeordnet  sind  und  um  90"  von  ein- 
ander abstehen.  Diese  Triebe  haben  Kanonenmetallfutter  und  laufen 
auf  Stiften,  die  von  einer  Gufseisenscheibe  getragen  werden.  Die  Scheibe 
dreht  sich  auf  einem  Zapfen  aufserhalb  der  Motorlager.  Auf  der  Aufsen- 
seite,  aber  in  derselben  Ebene  mit  den  Trieben  ist  ein  ringförmiges 
Gufsstüek  von  Kanonenmetall  befestigt,  mit  nach  innen  gerichteten 
Zähnen.  Die  Stahltriebe  greifen  in  den  Ring  ein,  welcher  als  Stütze 
für  sie  dient,  wenn  die  Motorwelle  umläuft.  Die  Kraft  wird  von  der 
Gufseisenscheibe  mittels  eines  auf  der  Innenseite  neben  dem  Motor  auf- 
gekeilten Kettentriebes  übertragen,  und  eine  Stahlkette  verbindet  diesen 
Trieb  mit  einem  ihm  entsprechenden  Rade,  das  auf  eine  der  Achsen 
aufgesteckt  ist,  während  die  andere  Achse  mit  dieser  durch  zwei  Stangen 
gekuppelt  ist.  Die  Fig.  2  zeigt  den  Motor  mit  einer  Riemenscheibe  an 
Stelle  der  die  Gesehwindiskeit  vermindernden  Uebertragung,  welche  im 


128 


Kapp's  Inductor-Regulator  für  Wechselstrom-Anlagen. 


vorliegenden  Falle  wegen  des  beschränkten  Raumes  und  des  grofsen 
Gesehwindigkeitsuntersehiedes  zwischen  Motorwelle  und  Triebachse  an- 
gewendet werden  mufste. 

Fig.  2. 


Zur  Umkehrung  der  Bewegungsrichtung  dient  ein  Umschalter,  der 
die  Pole  des  Feldes  umkehrt.  Zur  Geschwindigkeitsregulirung  sind 
Widerstandsrollen  vorhanden.  Auch  eine  Bremse  ist  vorhanden.  Die 
Ladung  der  Speicherbatterien  besorgt  eine  imwi/scA-Dynamo,  die  mittels 
Riemen  von  einer  IF<//ans-Dampfmaschine  getrieben  wird. 


G.  Kapp's  Inductor-Regulator  für  Wechselstrom-Anlagen. 

Mit  Abbildung. 

Für  elektrische  Anlagen  mit  Wechselstrombetrieb  wendet  Gisbert 
Kapp  als  Regulator  zur  Erzeugung  unveränderlicher  Spannung  an  den 
einzelnen  Verbrauchsstellen  für  jeden  Verbrauchsstromkreis  einen  be- 
sonderen kleinen  Inductor  an,  der  die  Spannung  in  der  Verbrauchsstelle 
gerade  um  soviel  erhöht,  als  sie  zufolge  des  Leitungswiderstandes  im 
Stromkreise  vermindert  wird.  Die  primäre  Rolle  dieses  Inductors  wird 
mit  den  Klemmen  der  Dynamo  verbunden,  die  secuudäre  dagegen  ist 
in  eine  Anzahl  Abtheilungen  getheilt,  von  denen  mittels  eines  Kurbel- 
umschalters gerade  die  nöthige  Anzahl  eingeschaltet  werden  kann. 

Ein  solcher  Regulator  ist  nach  den  Industries  vom  12.  April  1889 
*  S.  353  z.  B.  in  einer  Anlage  für  eine  elektrische  Hausbeleuchtung 
angewendet  worden.  Inductor  und  Umschalter  sind  auf  einem  gemein- 
schaftlichen Brette  angebracht.  Hier  sollte  die  Möglichkeit  zu  einer 
Erhöhung  und  Erniedrigung  der  Spannung  im  Lampenstromkreise  be- 
schaut werden.    Die  secundäre  Rolle  erhielt  daher  7  Abtheilungen  und 


Zur  Technologie  des  Glases. 


129 


der  Umschalter  7  Contacte;  steht  die  Kurbel  in  ihrer  Ruhelage,  so  sind 
alle  7  Abtheilungen  ausgeschaltet  und  der  Lampenstromkreis  empfängt 
blofs  den  Strom  aus  der  secundären  Rolle  des  Hauptstromumsetzers. 
Wird  die  Kurbel  nach  links 
herum  auf  die  Contacte  1 
bis  5  gestellt,  so  werden  1 
bis  5  Abtheilungen  des  Re- 
gulators in  gleichem  Sinne 
wie  im  Hauptinductor  ein- 
geschaltet und  die  Lampen 
erhalten  beziehentlich  2  bis 
10  Volt  mehr  Spannung. 
Dreht  man  dagegen  die 
Kurbel  rechts  herum  auf 
den  nächsten  oder  zweit- 
nächsten Contact,  so  wird 
eine  bezieh,  zwei  Abthei- 
lungen des  Regulatoi's  ein- 
geschaltet und  die  Span- 
nung um  2  bezieh.  4  Volt 
erniedrigt,  weil  diese  Ab- 
theilungen   in    einem    der 

secundären  Rolle  des  Hauptstromumsetzers  entgegengesetzten  Sinn 
gewickelt  sind.  Die  primäre  Rolle  des  Regulators  liegt  in  einem  Neben- 
schlüsse zum  Verbrauchsstromkreise,  sie  kann  aber  durch  einen  Um- 
schalter ausgeschaltet  werden,  wenn  der  Regulator  nicht  gebraucht  wird. 


Zur  Teclinologie  des  Glases. 

(Schiurs  des  Berichtes  S.  82  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  6. 

Im  Verein  zur  Befördervng  des  Geioerbefleifses  zu  Berlin  hielt 
Dr.  0.  Schott-Jena,  einen  Vortrag  über  Glasschmelzerei  für  optische  und 
andere  wissenschaftliche  Zwecke.  Verfasser  entwirft  zunächst  ein  Bild 
von  der  Entstehung  der  glastechnischen  Versuchsstation,  sowie  der  in 
Gemeinschaft  mit  Abbe  und  Dr.  Zeifs  in  Jena  begründeten  Fabrik  optischer 
Gläser.  Diese  sind  aus  dem  Bestreben  hervorgegangen,  neue  Glassorten 
zu  schmelzen,  die  für  optische  Zwecke  geeigneter  sind  als  die  bisher 
verwendeten.  Dies  konnte  geschehen  durch  Ausdehnung  der  Schmelz- 
versuche auf  eine  Reihe  von  neuen  Körpern,  wie  Borsäure,  Phosphor- 
säure, Lithium,  Zink,  Cadmium,  Cer,  Didym,  Erbium,  ThalHum,  Wis- 
muth,  Antimon,  Molybdän  u.  s.  w.     Der  für  die  Versuche  verwendete 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  3.  1889iIII.  9 


130  ^ur  Technologie  des  Glases. 

Ofen  war  der  von  Fleischer-^  Verfasser  beschrieb  die  Einrichtung  des- 
selben. In  erster  Linie  wurde  getrachtet,  die  chromatischen  Differenzen 
der  sphärischen  Aberration  zu  beseitigen.  Die  Möglichkeit  dazu  war 
gegeben  durch  die  Borsäure,  welche  eine  specifische  Contraction  des 
blauen,  bezüglich  Erweiterung  des  rothen  Endes  des  Spectrums  ver- 
anlafst,  durch  das  Fluor,  das  Kalium  und  Natrium,  welche  in  umge- 
kehrtem Sinne  ihre  Wirkung  geltend  machen.  Bei  allen  übrigen  Elementen 
ist  der  Gang  der  Dispersion  der  gewöhnliche,  wie  bei  den  Silicatgläsern. 
Da  die  Flintgläser  eine  Drehung  nach  dem  blauen  Ende  des  Spectrums 
zeigen,  so  ist  in  diese  Borsäure  einzuführen;  thatsächlich  wurde  die- 
selbe die  Grundlage  für  Flintgläser,  die  eine  Verminderung  des  secun- 
dären  Spectrums  geben  sollen.  Für  Crowngläser  wäre  der  Gehalt  an 
Kalium  zu  erhöhen;  da  man  davon  aber  nicht  mehr  als  30  Proc.  in  das 
Glas  einführen  kann,  wurden  Versuche  mit  Fluor  angestellt;  letzteres 
läfst  sich  in  grofser  Menge  in  Phosphatgläser  einführen.  Da  man  aber 
von  silicatischen  Schmelzgefäfsen  absehen  mufste  wegen  der  Entwicke- 
lung  von  F'luorsilicium,  und  selbst  aus  Platingefäfsen  Fluorverbiudungen 
entweichen,  mufste  von  weiteren  Versuchen  abgesehen  werden. 

Die  Phosphorsäure  gibt  mit  vielen  Metalloxyden  Gläser,  deren 
Dispersion  gering  und  deren  Brechungsexponent  grofs  ist;  diese  mit 
Borsäure- Flintgläsern  combinirt  können  Fernrohrobjective  geben,  bei 
denen  fast  das  ganze  secundäre  Spectrum  verschwindet. 

Bei  Boraten  und  Phosphaten  dürfen  die  Alkalien  nur  in  sehr  ge- 
ringer Menge  verwendet  werden,  da  sonst  eine  Zerstörung  der  Politur 
durch  Einflufs  der  Atmosphärilien  unvermeidlich  ist.  Durch  Zusatz 
gröfserer  Procentsätze  von  Thonerde,  Zinkoxyd  u.  s.  w.  konnten  hygro- 
skopische Gläser  brauchbar  gemacht  werden.  Da  die  Grenzen  der  Zu- 
sammensetzung, innerhalb  welcher  glasige  Erstarrung  vor  sich  geht, 
enge  gezogen  sind,  konnten  viele  Elemente  bei  solchen  Gläsern  nicht 
angewendet  werden,  deren  Zusatz  in  optischer  Hinsicht  sehr  wünschens- 
werth  wäre.  Für  Phosphate  gab  die  Beobachtung,  dafs  Magnesia,  Thon- 
erde und  Kali  die  geringste  Dispersion  liefern,  zur  Herstellung  eines 
Crownglases  Veranlassung,  dessen  Dispersionswerth  weit  unter  dem  der 
bisher  angewendeten  Glasflüsse  stand.  Baryt  und  Phosphorsäure  geben 
Crowngläser  mit  niedriger  Dispersion  und  Abstufungen  im  Brechungs- 
index von  1,55  bis  1,59. 

Die  Herstellung  von  schlierenfreien  Gläsern  war  besonders  schwierig; 
Porzellantiegel  mit  Kührvorrichtung  erwiesen  sich  als  unbrauchbar;  selbst 
ein  Platintiegel  von  3'  Inhalt  ging  zu  Grunde.  Platingefäfse  lassen  sich 
nur  für  Borat,  nicht  für  Phosphatgläser  anwenden,  da  letztere  das  Platin 
metallisch  lösen  und  bei  der  Abkühlung  in  grauem  Zustande  ausscheiden. 
Zur  Abkühlung  der  geschmolzenen  Gläser  \\nirde  eine  ganz  neue  Methode 
eingeführt:  Statt  wie  bisher  die  Kühlung  durch  Ausstrahlung  und  Mit- 
theilung eines  im  Mauerwerke  gesammelten  gröfseren  Wärmevorrathes 


Zur  Technologie  des  Glases.  131 

zu  bewirken,  wurde  dieselbe  durch  automatische  Reguliruug  einer  sich 
stetig  vermindernden  Wärmequelle  bewirkt.  Ein  cylindrischer  Kupfer- 
kessel —  das  Kühlgefäfs  —  liegt  im  Strome  einer  grofsen  Gasflamme 
und  steht  in  Verbindung  mit  einem  Quecksilbei-dampfdruckthermometer. 
Man  kann  dadurch  eine  bestimmte  Temperatur  beliebig  lang  andauern 
lassen  und  auch  den  Abfall  der  Temperatur  beliebig  lange  ausdehnen; 
dies  ist  in  diesem  Falle  sehr  wichtig:  Die  Maximaltemperatur,  bei  der 
jedes  Glas  die  vorhandene  Spannung  auslöste,  war  465^  C,  die  Minimal- 
temperatur,  unterhalb  welcher  jedes  Glas  vollkommen  erhärtet,  ist 
3700  C.  Das  Intervall  370«  bis  465»  C.  umfafst  also  die  Erstarrungs- 
temperaturen aller  bekannten  Gläser.  Dieser  Abfall  von  95^  C.  wurde 
von  wenigen  Tagen  auf  4  Wochen  ausgedehnt,  und  es  wurden  Kühlungs- 
resultate erhalten,  die  weitaus  günstiger  sind,  als  alle  bisherigen. 

Hierauf  wurden  die  Einrichtungen  und  Operationen  des  Betriebes 
besprochen.  Der  Vortragende  hat  an  der  i*üfscÄ''schen  Wechselhaube 
eine  Neuerung  eingeführt,  die  gestattet,  den  Wechsel  des  Gasstromes 
mit  Gas  und  Luft  gleichzeitig  vorzunehmen.  In  den  glühenden  Hafen 
werden  Glasbrocken  eingeworfen,  nachdem  diese  geschmolzen,  wird  der 
Glassatz  in  mehreren  Parthien  zugefügt;  vor  Zusatz  der  letzten  Parthie 
wird  zweckmäfsig  „geblasen''.  Das  Lauterschüren  dauert  6  bis  8  Stunden 
und  ist  mit  grofser  Vorsicht  durchzuführen.  Nach  dem  Abfeinen  wird 
der  eigenthümlich  construirte  Rührer  in  das  Glas  gebracht,  hier  längere 
Zeit  gelassen  und  nach  Verlauf  einer  Stunde  zum  Durchmischen  der 
Masse  auf  und  ab  bewegt.  Nachdem  die  Masse  durch  Abkühlung  zäh- 
flüssig geworden,  zieht  man  den  Hafen  aus  dem  Ofen  und  bringt  ihn 
in  den  Temperofen,  woselbst  er  nach  3  Tagen  völlig  abgekühlt  ist.  Die 
Bruchstücke  des  Glases  werden  sorgfältig  sortirt  und  die  brauchbaren 
in  Chamottekapseln  bis  zum  beginnenden  Schmelzen  erhitzt,  um  ihnen 
passende  Formen  zu  geben,  und  schliefslich  nach  zehn-  bis  zwölftägigem 
Abkühlen  geschliffen  und  auf  Schlieren  u.  s.  w.  geprüft.  Zum  Schlüsse 
sprach  der  Vortragende  noch  über  seine  Beobachtungen  über  Thermo- 
meterglas (vgl.  1886  260  94  und  Sprechsaal,  Jahrg.  21  S.  920,  939,  958 
und  Jahrg.  22  S.  118). 

F.  Mylius  gibt  ein  neues  Verfahren  zur  Prüfung  des  Glases  durch 
Farbreactionen  an  (Zeitschrift  für  Instrumentenkunde,  1889  S.  50).  Nach- 
dem Verfasser  sich  überzeugt  hatte,  dafs  eine  Mischung  von  klarer 
Stärkelösung  mit  reiner,  wässeriger  Jodlösung  durch  Glaspulver  sofort 
gebläut  wird  (JK  gibt  Veranlassung  zur  Bildung  von  Jodstärke),  schritt 
er  zur  Ausbildung  einer  Methode,  durch  die  die  Oberflächenbeschaffen- 
heit  der  Gläser  in  schärfster  Weise  geprüft  werden  kann.  Als  Grund- 
lage dieser  Methode  diente  die  Thatsache,  dafs  feuchter  Aether  durch 
seinen  Wassergehalt  zerstörend  auf  die  Gefäfswände  einwirkt  (vgl. 
Weber,  1889  273  41),  indem  dem  Glase  Alkalisilicat  entzogen  wird, 
das  sich  auf  der  Oberfläche  ansetzt.     Um  nun  das  lösliche  Silicat  dem 


132  '^ui'  Technologie  des  Glases. 

Auge  sichtbar  zu  machen,  wird  dasselbe  mit  ätherischer  Eosinlösung 
in  Berühruno;  gebracht.  Die  angegrillene  Stelle  des  Glases  färbt  sich 
durch  Bildung  des  Kali-  oder  Natronsalzes  von  Eosin  purpurroth.  Bei 
Anwendung  von  Jodeosin,  das  besonders  empfehlenswerth,  spielen  sich 
folgende  Reactionen  ab: 

I.  Na,0(Si0.2)x  +  H.^0  =  2NaH0  +  xSiO, 
IL  2NaH0  +  C.^oH.JjOg  =  C2oHfiNa.,J405  +  H.^0. 

Man  sollte  eigentlich  die  zu  prüfenden  Glasgegenstände  mehrere 
Stunden  mit  wasserhaltigem  Aether  stehen  lassen  und  diese  Flüssig- 
keit für  einige  Minuten  durch  ätherische  Eosinlösung  ersetzen.  Zweck- 
mäfsiger  ist  es  aber,  die  Eosinlösung  sogleich  zuzufügen;  diese  w^ird 
hergestellt  durch  Schütteln  von  käuflichem  Aether  mit  Wasser  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  und  durch  Zusatz  von  0",1  Jodeosin  zu  lOO'^^ 
dieser  Flüssigkeit. 

Glasgegenstände,  deren  Oberfläche  geprüft  werden  sollen,  müssen 
durch  sorgfältiges  Abspülen  mit  Wasser,  Alkohol  und  Aether  von  den 
anhaftenden  Verwitterungsproducten  gereinigt  werden,  und  kommen  so- 
gleich mit  Eosinlösung  in  Berührung.  Es  ist  vortheilhaft,  die  Ein- 
wirkung jedesmal  24  Stunden  andauern  zu  lassen.  Der  Glasgegenstand 
wird  dann  mit  Aether  abgespült.  Je  nach  der  Angreifbarkeit  ist  nun 
die  Oberfläche  mit  einer  mehr  oder  weniger  intensiv  gefärbten  Schicht 
bekleidet,  welche  gewöhnlich  durchsichtig,  nur  bei  sehr  schlechten 
Gläsern  undurchsichtig  trübe  erscheint.  Die  bleihaltigen  Gläser  er- 
scheinen besonders  stark  angegritfen.  In  der  Originalabhandlung  sind 
zur  Erläuterung  des  Textes  Farbentafeln  beigegeben.  Verwitterungs- 
erscheinungen geben  sich  durch  solche  Prüfung  deutlich  kund.  Ein  Glas- 
rohr nach  Warburg  (Wiedemanris  Annalen^  Bd.  21  S.  622)  der  Elektro- 
lyse unterworfen,  zeigt  sich  an  der  Berührungsstelle  der  Anode  gegen 
Eosinlösung  unempfindlich,  an  der  der  Kathode  wird  es  stark  gefärbt. 
Durch  mehrtägige  Behandlung  von  schlechtem  Glase  mit  Wasser  und 
nachheriges  Erhitzen  auf  300  bis  4000  C.  kann  diesem  eine  völlig  wider- 
standsfähige Oberfläche  gegeben  werden.  Das  beste  Glas  färbt  sich 
auf  frischen  Bruchflächen  mit  Eosinlösung  sogleich,  ein  Beweis,  wie 
locker  die  Bestandtheile  des  Glases  mit  einander  verbunden  sind. 

Gasofen  zu  Probeschmelzungen  für  Flüsse  und  Glasuren.  Nach  H.  Röfsler 
ist  in  den  kleinen  Ofen  ein  durchloch ter,  unten  abgerundeter  Schmelz- 
tiegel a  CFig-  1)  eingesetzt,  welcher  von  oben  gefüllt  wird,  ohne  dafs 
man  denselben  aus  dem  Ofen  zu  nehmen  braucht,  während  der  ge- 
schmolzene Flufs  durch  das  Loch  am  Boden  in  ein  untergestelltes  Ge- 
fäfs  mit  Wasser  läuft.  —  Trotz  der  Kleinheit  des  Apparates  kann  man 
doch  in  der  Stunde  mehrere  Kilogramm  Flufs  schmelzen,  und  der  Gas- 
verbrauch ist  nur  ein  sehr  geringer.  Was  den  Ofen  aber  besonders 
brauchbar  macht,  ist  eine  einfache  Vorrichtung,  um  die  Masse  erst 
dann    abfliefsen   zu   lassen,    wenn    sie    vollständig    gleichmäfsig  durch- 


Zur  Technologie  des  Glases.  133' 

geschmolzen  ist.  Auf  dem  Boden  des  Tiegels  liegt  nämlich  eine  Kugel 
von  Porzellan,  welche,  sobald  die  ganze  Masse  in  Flufs  ist,  in  der 
Schmelze  in  die  Höhe  steigt,  wodurch  die  Oeflnung  frei  wird,  und  alles 
durchfliefst.  Hierauf  setzt  sich  die  Kugel  wieder  auf  die  Oeffnung  und 
verschliefst  sie  so  lange,  bis  die  frische  Füllung  ganz  lauter  geschmolzen 
ist.  Das  Gas  kommt  durch  das  Rohr  b  des  ßunserischeu  Brenners  und 
tritt,  mit  Luft  gemischt,  aus  den  Löchern  des  eisernen  Hohlringes  e, 
wo  es  angezündet  wird.  Die  Flamme  schlägt  zunächst  um  den  Tiegel 
herum  und  dann  zwischen  dem  inneren,  aber  offenen,  und  dem  äufseren 
Mantel  wieder  herunter  nach  dem  Schornsteine  5.  Dieser  wird,  wenn 
der  Ofen  mitten  im  Zimmer  zu  stehen  hat,  durch  den  Gasbrenner  v 
angewärmt,  kann  aber  durch  jeden  gut  ziehenden,  gemauerten  Schorn- 
stein ersetzt  werden.  Selbst  strengflüssigere  Bleiglasuren  lassen  sich  in 
diesem  Ofen  schmelzen  (Sprechsaal^  1888  Jahrg.  21  S.  883). 

Eine  nicht  uninteressante  und  für  unsere  Zeit  charakteristische  Er- 
scheinung der  Industrie  ist  Ashley's  automatischer  Flaschenblasapparai  und 
die  damit  verbundene  Bewegung.  Die  Erfindung  bezweckt,  bei  der  Her- 
stellung von  Wein-,  Bierflaschen  u.  s.  w.  die  Arbeit  der  Menschenhände 
durch  die  von  Maschinen  zu  ersetzen,  würde  also  für  die  Glasindustrie 
etwa  das  bedeuten,  was  die  Erfindung  der  mechanischen  Webstühle  für 
die  Textilindustrie.  Die  Bekanntmachung  des  neuen  Apparates  wurde 
mit  grofser  Reclame  durchgeführt.  Mit  Hilfe  des  neuen  Apparates  sollte 
man  im  Stande  sein,  den  Arbeitspreis  für  das  Grofs  Flaschen  von 
3  Schilling  und  10  Pence  auf  3  Pence  (24  Pfg.)  zu  reduciren,  3  Arbeiter 
sollten  im  Stande  sein,  80  Grofs  Flaschen  in  einem  Tage  fertig  zu 
stellen.  Nach  englischen  Journalen  soll  sich  eine  Gesellschaft  zur  Aus- 
beutung der  neuen  Erfindung  mit  600  000  Pfd.  Sterl.  Actienkapital  ge- 
bildet haben  5  man  sprach  schon  von  einer  Umgestaltung  des  Betriebes 
der  Glasfabriken  von  ganz  Europa.  Die  deutschen  Fachmänner  ver- 
hielten sich  gleich  anfangs  der  neuen  Erfindung  gegenüber  sehr  reservirt« 
so  brachte  der  Sprechsaal  mehrmals  Artikel ,  in  denen  starke  Zweifel 
über  die  Leistungsfähigkeit  der  Maschine  ausgedrückt  wurden  {Sprech- 
saal^  Jahrg.  21  S.  165,  203,  244,  338,  619).  Trotzdem  dauerte  die  Be- 
wegung in  England  fort,  und  es  war  zwei  Gesellschaften  bereits  ge- 
glückt, dem  Betriebe  fernstehende  Kapitalisten  zu  namhaften  Beiträgen 
zu  bewegen. 

Der  Apparat  soll  etwa  folgender  Weise  functioniren :  Das  ge- 
schmolzene Glas  fliefst  in  eine  Form,  die  nur  das  für  eine  Flasche  er- 
forderliche Quantum  Glas  aufnimmt;  an  dem  unteren  Theile  des  Be- 
hälters findet  sich  der  Theil  für  den  Flaschenhals  und  in  diesen  dringt 
ein  hohler  Stempel,  der  comprimirte  Luft  in  die  Glasmasse  treibt,  so 
dafs  der  Hals  der  Flasche  sammt  dem  Wulste,  dem  Kragen,  gebildet 
wird.  Im  geeigneten  Momente  wird  der  Apparat  umgestürzt,  so  dafs 
der  Hals  nach  oben  kommt,  ein  Stempel,  der  das  Eindringen  der  Glas- 


134  ^'^"'  Technologie  des  Glases. 

masse  in  den  Bauch  der  Hohlform  verhindert  hat,  weicht  bis  zum  Boden 
der  Flasche  zurück,  und  das  Glas  wird  nunmehr  durch  die  nach- 
strömende Luft  zur  vollständigen  Flasche  ausgeblasen.  —  Dem  Fach- 
manne wird  sofort  auffallen,  dafs  ein  wichtiges  Moment  der  Flaschen- 
bildung, nämlich  das  Marbeln,  ganz  aufser  Acht  gelassen  ist;  ohne 
Bearbeitung  auf  der  Motze  ist  es  nach  bisherigen  Erfahrungen  nicht 
möglich,  eine  in  der  Wandung  gleichmäfsige  Flasche  zu  erzielen. 

Da  bald  viele  Actionäre  einsahen,  dafs  sie  durch  die  schwindel- 
haften Anpreisungen  irregeführt  wurden,  und  die  eingezahlten  Beträge 
zurückforderten,  endete  die  Actienunternehmung  mit  einer  Auflösung 
der  European  and  American  Machine-Made  Bottle  Company.  Dadurch 
liefs  sich  der  Erfinder  aber  dui-chaus  nicht  abschrecken,  schreitet  zu 
weiteren  Verbesserungen  des  Apparates  und  hat  in  vielen  Ländern,  so 
auch  in  Deutschland,  um  Patentertheilung  nachgesucht.  Nach  Erthei- 
lung  des  deutschen  Patentes  soll  der  Apparat  eingehend  beschrieben 
werden. 

Die  Glasgalle,  welche  besonders  in  Fabriken  von  ordinärem  Hohl- 
glase, die  mit  billigen  Materialien  arbeiten,  sich  in  unangenehmer  Weise 
bemerkbar  macht,  soll  sich  bei  Anwendung  der  Glasschmelzwanne  von 
Oswald  Lippert  (Fig.  2)  von  dem  übrigen  Glase  unschwer  trennen  lassen. 
Das  Material  wird  bei  d  in  den  Raum  a  eingeführt.  Die  neuen  Auf- 
lagen verdrängen  die  schon  halb  geschmolzene  Masse  in  der  Pfeil- 
richtung durch  e  f  in  die  Galle-Absonderungsräume  b.  Da  nun  bekannt- 
lich die  Galle  sofort  nach  oben  steigt,  sobald  die  Flamme  keinen  Einflufs 
ausübt,  und  die  Temperatur  etwas  herabgedrückt  ist,  sondert  sich  die- 
selbe ab  und  kann  leicht  abgelassen  werden.  Nachdem  die  Glasmasse 
in  b  von  der  Glasgalle  gereinigt  ist,  tritt  dieselbe  bei  g  in  den  Schmelz- 
raum a  hinüber,  in  welchem  die  sogen.  Blankschmelze  vollzogen  wird, 
um  bei  h  in  den  Verarbeitungsraum  /  zu  gelangen  und  in  i  verarbeitet 
zu  werden  (D.  R.  P.  Kl.  32  Nr.  45  063  vom  13.  Mai  1888). 

Um  dünne  Glas-  oder  Basaltplatten  unter  Abschlufs  kalter  Luft 
giefsen,  auswalzen  und  abkühlen  zu  können,  ist  nach  dem  Verfahren 
von  Josef  Trassel  in  Oberwarmensteinach  und  Heinrich  Lindner  in  Fichtel- 
berg (D.  R.  P.  Nr.  44  517  vom  16.  Juli  1887)  die  Einrichtung  (Fig.  3) 
getroffen,  dafs  dieselben  mit  den  von  der  Aufsenluft  abgeschlossenen 
Kanälen  B  und  K  in  Verbindung  gebracht  werden,  welche  zeitweise 
direkt  oder  durch  abziehende  Feuergase  auf  Glühhitze  erwärmt  werden, 
in  welchen  Kanälen  die  Formwagen  W  und  iV  eingebracht  werden,  die 
entweder  eine  grofse  Zahl  senkrechter  oder  schräger  Einzelformen  oder 
eine  einzelne  wagerechte  Form  enthalten. 

Apparat  zum  Herausheben  und  Einsetzen  von  Glaswannen  aus  dem 
Ofen  bezieh,  in  denselben  von  der  Socie'te  des  Manufactures  de  Glaces  u.  s.  w. 
in  Brüssel  (D.  R.  P.  Kl.  32  Nr.  40  718  vom  17.  December  1886).  Die 
Trommel  M  (Fig.  4)  ist  mit  Rillen  für  zwei  Ketten  X  und   V  versehen. 


Zur  Technologie  des  Glases.  I35 

Das  eine  Ende  der  Ketten  ist  an  je  einem  Ende  der  Trommel  befestio't, 
während  das  andere  Ende  bei  V  und  Y  an  den  Enden  des  Waoeus  T 
angreift.  Dieser  Wagen  ist  an  dem  Ende,  welches  dem  Ofen  zuge- 
kehrt ist,  mit  einer  Zange  zum  Erfassen  der  Glaswannen  ausgerüstet 
und  wird  einestheils  durch  die  mit  den  Rädern  m  versehene  Achse  Z 
getragen,  anderentheils  dadurch  gestützt,  dafs  die  Schenkel  T  in  dem 
Zwischenraum  zwischen  der  Trommel  M  und  einer  darunter  liegenden 
Walze  0  hindurchgehen.  Walze  O  und  Trommel  M  liegen  in  einem 
Rahmen  Ä,  welcher  an  einem  Kolben  sitzt,  der  im  Cylinder  E  durch 
Dampf,  Wasser  oder  Luft  passend  auf  und  ab  bewegt  werden  kann. 
Auf  diese  Weise  kann  der  linke  Theil  von  T  auf  und  nieder  bewegt 
werden.  Durch  zwei  kleine  Kolben,  welche  in  dem  Cjlinder  F  sich 
verschieben,  wird  die  Trommel  M  gedreht,  wodurch  der  Wagen  T  vor- 
und  rückwärts  bewegt  wird. 

Einrichtung  an  einer  mit  der  Glasbläserpfeife  verbundenen  Luftpumpe^ 
um  den  Druck  nach  beendetem  Blasen  aufzuheben-^  von  R.  E.  Donovan^ 
F.  Hazlett  und  /.  Johnston  in  Dublin  (D.  R.  P.  Kl.  32  Nr.  42  230  vom 
16.  Juli  1887).  Die  nach  dem  Hochziehen  in  der  Kammer  a  (Fig.  5) 
und  der  Pfeife  b  vorhandene  atmosphärische  Luft  wird  einerseits  durch 
den  auf  dem  unteren  Ende  von  b  gefangenen  Glasklumpen  und  anderer- 
seits durch  Niederdrücken  der  Kappe  gh  der  hohlen  Kolbenstange  d 
in  n,  h  und  d  eingeschlossen,  hierauf  durch  Abwärtsbewegen  des  Kolbens  e 
verdichtet  und  in  die  weiche  Glasmasse  eingeprefst.  Nach  Vollendung 
des  Gegenstandes  entfernt  der  Arbeiter  seine  Hand  vom  Knopfe  ^,  wo- 
rauf die  verdichtete  Luft,  deren  Spannung  durch  die  Hitze  des  ge- 
schmolzenen Glases  noch  vermehrt  wurde,  die  Knagge  gf  hebt  und 
durch  die  Löcher  der  Hülse  gh  entweicht,  so  dafs  Druckausgleich 
zwischen  der  Innen-  und  Aufsenseite  des  gefertigten  Gegenstandes  her- 
gestellt wird. 

Ein  neues  Verfahren  zur  Herstellung  von  Ballons  aus  Glas  mit  in- 
nerem Luftzuführungsrohre  für  Erdöl-  u.  dgl.  Lampen  beschreiben  August 
Walther  und  E.  Kaiser  zu  Moritzdorf  in  Sachsen.  Die  Erfindung  be- 
zweckt, die  bisher  gebräuchlichen  Oelbehälter  durch  die  vollkommen 
dichten  und  bedeutend  reinlicheren  Behälter  aus  Glas  zu  ersetzen  (D.R.P. 
Kl.  32  Nr.  45  979  vom  18.  Januar  1888.  Oesterreichisches  Patent  Kl.  4 
vom  1.  November  1888)  (Fig.  6  und  7).  Zur  Herstellung  des  Glas- 
ballons B  mit  Innenrohr  R  dienen  die  aus  Untertheil  U  und  den  beiden 
Obertheilen  O  0  bestehende,  auf  dem  Gestelle  G  gelagerte  Form,  sowie 
die  mittels  des  Tritthebels  H  im  Gestelle  G  senkrecht  bewegbare  Spindel  5. 
Der  Glasmacher  entnimmt  mit  seiner  Pfeife  P  aus  dem  Glasofen  ein 
Kölbchen  oder  eine  Birne  Rohglas,  setzt  sie  auf  die  Spindel  S  auf,  und 
bewegt  während  des  Blasens  diese  allmählich  aufwärts,  so  dafs  schliefs- 
lich  das  Rohr  R  gebildet  wird.  Gleichzeitig  erhielt  auch  der  Ballon 
in  der  Form  seine  Gestaltung.     Durch   Umschlagen   von  0  0  wird  der 


136  7mi'  Technologie  des  Glases. 

Ballon  aus  seiner  Form  befreit,  und  es  erübrigt  nur  noch,  die  Ränder  ab 
und  c  d  abzusprengen  und  die  Fülldose  D  aufzusetzen. 

Eine  mechanmhe  Schere  zum  Formen  von  Flaschenmündungen  (Fig.  8) 
wurde  von  fV.  Blumberg  in  Düsseldorf  beschrieben  (D.  R.  P.  Nr.  45062 
vom  1.  Mai  1888).  Am  Ende  der  rotirenden  Spindel  C  ist  eine  Seheibe  J 
befestigt,  in  welcher  sich  die  Formrollen  IS  radial  bewegen  können, 
während  sie  gleichzeitig  mit  ihr  um  ihre  eigenen  Achsen  rotiren.  Die 
radiale  gegenseitige  Näherung  bezieh.  Entfernung  der  Rollen  wird  mittel- 
bar von  der  Achse  6' regiert,  indem  diese  mittels  Schneckengetriebes  RS 
ein  Excenter  T  in  Drehung  versetzt,  das  durch  Schubstangen  V  einen 
Winkelhebelmechanismus  und  einen  auf  der  Achse  C  verschiebbaren 
MufF  X  die  Verschiebung  der  Formrollen  in  der  Scheibe  J  bewirkt. 

Grofse  Vortheile  vor  anderen  Maschinen  zu  gleichem  Zwecke  soll 
die  Maschine  zum  Auswalzen  von  Flaschenmündungen  von  Klein  und 
Herb  in  Burbach  bei  Saarbrücken  bieten  (D.  R.  P.  Nr.  44619  vom 
18.  November  1887).  Zur  Herstellung  von  Flaschenmündungen  mit 
innerem  Gewinde  wird  der  während  des  Auswalzens  feststehende  Dorn  e 
(Fig.  9)  angewendet,  dessen  Gewinde  durch  das  um  die  ebenfalls  fest- 
stehende Flasche  rotirende  und  formgebende  Walzenpaar  cc  in  die  Glas- 
masse eingeprefst  wird,  worauf,  entweder  durch  den  Conus  t  (Fig.  10) 
oder,  bei  Fufsbetrieb,  durch  das  Zusammenwirken  devTheüe  iklmnopq  r$ 
der  Dorn  selbsständig  aus  der  Flaschenmündung  herausgeschraubt  wird. 
Durch  diese  Maschine  lassen  sich  enge,  weite,  sowie  mit  Schrauben- 
gewinde versehene  Flaschenmündungen  herstellen.  Die  mit  Schrauben- 
gewinde versehenen  Flaschen  sollen  eine  Verkapselung  mit  Draht  er- 
sparen, indem  der  abgerundete  Schraubengang  den  Kork  derart  festhält, 
dafs  die  durch  Kohlensäure  u.  s.  w.  hervorgerufene  innere  Spannung 
der  Gase  denselben  nicht  herauszutreiben  im  Stande  ist. 

Henri  Leufant  in  Paris  stellt  Brillengläser  und  andere  optische  Glas- 
gegenstände her  durch  Blasen  derselben  in  Formen,  deren  vielflächige 
Innenwandung  der  einen  Fläche  des  zu  formenden  Gegenstandes  ent- 
spricht. Dadurch  wird  eine  nochmalige  Erweichung  der  Glasmasse 
überflüssig.  Die  Gläser  haben  nunmehr,  wie  z.  B.  in  der  Abbildung 
(Fig.  10)  dargestellt,  auf  der  einen  Seite  eine  so  gebogene  Fläche  abc^ 
dafs  sie  nur  auf  der  anderen  Seite  abgearbeitet  zu  werden  brauchen 
(D.  R.P.  Kl.  32  Nr.  42596  vom  23.  Juni  1887). 

Herstellung  von  Metallglanzätze  auf  Glas  oder  keramischen  Gegenständen 
von  Reich  und  Comp.  (D.  R.  P.  Nr.  44949  vom  24.  August  1887).  Zur 
Herstellung  einer  hellgelben,  grünen  bis  dunkelbraunen  Metallglanzätze 
vom  Silberglanze  bis  zum  tiefsten  Goldgianze  setzen  Reich  und  Comp. 
die  auf  gewöhnliche  Weise  geätzten  Gegenstände  dem  Einflüsse  re- 
ducirender  Gase  aus.  Trägt  man  z.  B.  auf  Glas  ein  Gemenge  von  1  Th. 
Chlorsilber  und  5  Th.  ungebrannter  Gelberde,  trocknet,  brennt  den 
Scherben  in  der  Mullel   bei    schwachem  Farbenfeuer,   wischt  dann   die 


Zur  Technologie  des  Glases.  137 

Erde  ab  und  brennt  zum  zweiten  Male  etwa  5  bis  6  Minuten,  indem 
man  den  Scherben  der  Einwirkung  von  Kohlengasen  aussetzt,  so  erhält 
man  eine  grünlich-bräunlich  durchscheinende,  goldglänzende  Fläche, 
während  das  Glas  nach  dem  ersten  Feuer  nur  einen  schwach  gelblichen 
Anflug  zeigte.  Hat  man  statt  der  Gelberde  ungebrannten  Ocker  ver- 
wendet, so  sind  die  Farben  noch  intensiver.  Ein  Gemenge  von  1  Th. 
Chlorsilber  und  20  Th.  Gelberde  erzeugt  nach  dem  Brennen  einen  kaum 
erkennbaren  gelben  Anflug.  Wird  derselbe  in  einer  Kohlenoxydgas- 
atmosphäre  5  bis  6  Minuten  lang  schwach  erhitzt,  so  erhält  man  ein 
stark  gelb  durchscheinendes  glänzendes  Glas  (vgl.  1887  266  364). 

Ein  ^^verbessertes  Verfahren^  Glas  zu  decoriren'-'-^  ist  von  R.  E.  Frank  an- 
gegeben und  ihm  patentirt.  Die  zu  ornamentirende  Fläche  wird  mit  einem 
lichtempfindlichen  Firnisse  überzogen,  das  Bild  oder  Muster  aufgelegt, 
und  das  Ganze  dem  Lichte  exponirt.  Nach  genügender  Einwirkung 
wird  die  Fläche  mit  färbenden  Oxyden  oder  Emails  eingestaubt,  die 
verschieden  stark  auf  der  Fläche  haften,  je  nach  der  Einwirkung  des 
Lichtes  auf  dieselbe.  Als  Firnifs  kann  folgende  Mischung  dienen :  500  Th. 
filtrirtes  Wasser,  1  Th.  Gelatine,  10  Th.  Gummitraganth,  3  Th.  Quitten- 
kerne, 40  Th.  Chromsalz  (Kaliumbichromat).  Die  Proportionen  variiren 
je  nach  der  Temperatur,  Feuchtigkeit  u.  s.  w.  Die  Oxydschicht  wird 
durch  einen  Ueberzug  von  dickem  Terpentin  geschützt,  und  der  Ueber- 
schufs  an  Firnifs  durch  Essig  weggenommen.  Nach  dem  Trocknen  und 
Ausbessern  wird  der  Gegenstand  noch  mit  Oxyden  colorirt,  und  in 
einem  Ofen  gebrannt  (Näheres  Hannover' sches  Gewerbeblatt.^  1889  S.  90). 

Maschine  zum  Aufreihen  von  Perlen  von  Haller  und  Berthold  in  Buch- 
holz, Sachsen  (D.  R.  P.  Kl.  32  Nr.  40914  vom  9.  März  1887).  Eine 
Nadel  n  von  ungefähr  1°^  Länge  besitzt  oben  eine  Oese  (Fig.  12)  und 
ist  unten  schraubenförmig  gebogen.  Die  Nadel  wird  oben  an  einer 
Spindel  b  festgeklemmt  und  wird  durch  diese  Spindel  gedreht.  Der 
schraubenförmige  Theil  der  Nadel  taucht  hierbei  in  den  Perlenbehälter  c 
und  nimmt  nach  und  nach  die  Perlen  auf,  die  sieh  auf  dem  Schafte 
der  Nadel  aufreihen.  Ist  die  Nadel  mit  Perlen  besetzt,  so  wird  sie 
von  der  Spindel  b  abgenommen,  an  der  Oese  wird  ein  Faden  befestigt, 
und  dann  werden  die  Perlen  auf  diesen  geschoben. 

Eine  andere  Perlenaufreihmaschine  von  denselben  Erfindern  datirt 
vom  6.  December  1887  (D.  R.  P.  Kl.  32  Nr.  44  620).  Die  Perlen  werden 
von  einer  rotirenden  Spirale  b  oder  einer  anderen  geeigneten  Trans- 
portvorrichtung gegen  das  vordere  Ende  der  nicht  rotirenden,  mit  dem 
Faden  t  verbundenen  Nadel  n  getrieben,  von  denen  die  zufällig  mit  der 
Oellhung  auf  die  Nadel  treflenden  auf  dieselbe  und  darüber  hinweg  auf 
den  Faden  gelangen,  so  dafs  die  Maschine  ohne  Unterbrechung  die 
Perlen  auf  den  Faden  reihen  kann.  Die  Nadel  n  wird  abwechselnd 
von  den  Zangen  d^  d^  d^  erfafst,  nachdem  die  rotirenden  Bürsten  ey  e^  e^ 
von  den  betreffenden  Stellen  der  Nadel  die  Perlen  weggeschoben  haben. 


138  Zur  Technologie  des  Glases. 

Die  Spiralen   Sj  «2  «3  s^   transportiren  die   Perlen    von   einer  Bürste   zur 
anderen. 

Die  bisher  angewendete  Methode  zum  Schleifen  von  Glasperlen, 
die  darin  besteht,  dafs  die  abgesprengten  Glasrohrstücke  auf  Draht  auf- 
gezogen und  vom  Schleifer  an  die  Schleifscheibe  angedrückt  werden, 
erfordert  bei  einem  gröfseren  Fabriksbetriebe  eine  nicht  geringe  An- 
zahl geschickter  Arbeitskräfte;  um  diesem  Uebelstande  zu  begegnen, 
bringt  Emanuel  Boessler  in  Wiesenthal  (Oesterreichisches  Patent  Kl.  32 
vom  19.  November  1888.  D.  R.  P.  Nr.  44712  vom  2.  März  1888)  ein 
neues  Verfahren  zur  Anwendung,  nach  welchem  es  möglich  ist,  das 
Schleifen  vollkommen  automatisch  durchzuführen.  Der  wesentliche  Theil 
des  Apparates  besteht  in  einer  an  ihren  Rand-  und  Seitenflächen  mit 
concentrischen  Ringkanälen  versehenen  Schleifscheibe  o  (Fig.  14),  die  in 
einem  mit  Wasser  gefüllten  Troge  cdef  rotirt.  In  den  letzteren  Averden 
die  rohen  Glasperlen  eingefüllt,  und  gelangen  auf  die  zwei  in  den  Trog 
eingebauten,  gegen  die  Schleifscheibe  geneigten  Rutschflächen  ghi^ 
welche  mit  kleinen  Löchern  versehen  sind.  Durch  die  Reibung,  theils 
gegen  die  Scheibe,  theils  gegen  einandei-,  werden  die  Perlen  abgeschliffen, 
und  fallen,  wenn  sie  genügend  klein  sind,  durch  die  Löcher  in  den 
Trog  cdef. 

Bürette  und  Pipette  mit  Patenthahn  von  Greiner  und  Friedrichs  [Zeit- 
schrift für  analytische  Chemie^  Bd.  27  S.  470).  Die  Bürette  unterscheidet 
sich  von  den  gewöhnlichen  Glashahnbüretten  dadurch,  dafs  sie  neben 
der  Ausflufsspitze  ein  zweites  Röhrchen  trägt,  welches  im  rechten  Winkel 
nach  hinten  gebogen  ist,  und  mit  dem  Reservoir  für  die  Titerflüssigkeit 
verbunden  wird.  Durch  den  mit  zwei  schrägen  Bohrungen  versehenen 
Hahn  1  kann  jedes  der  beiden  Röhrchen  mit  dem  Inneren  der  Bürette 
verbunden  werden. 

Die  Pipette  ist  ein  cylindrisches  Gefäfs,  welches  am  unteren  ver- 
engten Ende  den  zweimal  schräg  gebohrten  Hahn,  die  Auslaufspitze 
und  das  gebogene  Zuflufsrohr  trägt,  genau  so,  wie  bei  der  eben  be- 
schriebenen Bürette,  oben  aber  in  eine  offene  Röhre  ausläuft;  letztere 
trägt  mittels  eines  Stopfens  eine  flache,  doppelt  tubulirte  Glasglocke 
(genau  wie  die  des  Hüfnefschen  Apparates  zur  Bestimmung  des  Stick- 
stoffes im  Harn),  in  die  sie  ziemlich  hoch  hineinragt.  Die  Pipette  wird 
gefüllt,  indem  man  durch  das  Zuflufsrohr  die  Flüssigkeit  eintreten  läfst, 
bis  sie  in  die  Glocke  überzufliefsen  beginnt.  Der  Ueberschufs  kann 
durch  eine  zweite  Tubulatur  der  Glocke  entleert  werden. 

R.  Zsigmondy. 

1  Vgl.  1887  263  481. 


Müller- Jacobs,  über  die  sogen.  Resinatfarben.  139 

Ueber  die  sogen.  Resinatfarben;  von  A.  Müller- Jacobs. 

Vor  mehreren  Jahren  machte  Verfasser  dieses  die  Beobachtung,  dafs 
die  Niederschläge,  welche  durch  Ausfällen  wässeriger  Harzseifenlösungen 
mit  beliebigen  Metallsalzen  erhalten  werden,  sich  mit  sämmtlichen  Anilin- 
farbstoffen basischen  Charakters  zu  besonderen  Molekularverbindungen 
vereinigen  lassen. 

Die  auf  solche  Art  gefärbten  harzsauren  Metalloxyde  sind  seither 
unter  dem  Namen  „Resinatfarben''  in  die  Industrie  eingeführt  worden. 
Im  Nachstehenden  möge  es  mir  nun  gestattet  sein.  Näheres  über  die- 
selben mitzutheilen,  da  solche  ihrer  leichten  Darstellbarkeit,  ihrer  merk- 
würdigen Eigenschaften  und  ihrer  vielseitigen  Anwendbarkeit  wegen 
wohl  ein  allgemeineres  Interesse  beanspruchen  dürften. 

Darstellung  der  Resinatfarben. 

Man  bereitet  sich  zunächst  eine  Harzseifenlösung,  indem  man 
100  Gew.-Th.  helles  Colophonium  mit  10  Gew.-Th.  trockenem  kaustischen 
Natronhydrat  (96  Proc),  33  Gew.-Th.  krystallisirtem  kohlensauren  Natron 
(Na2C03 -f- 10  aq)  und  1000  Gew.-Th.  Wasser  während  einer  Stunde 
unter  Umrühren  kocht  und  hierauf  die  Temperatur  der  Lösung  durch 
Zugabe  fernerer  1000  Th.  kalten  Wassers  auf  etwa  50°  C.  abkühlt. 

Dieser  Seife  wird  nun  die  filtrirte  Lösung  eines  basischen  Anilin- 
farbstofFes,  z.  B.  von  Fuchsin,  Methylviolett,  Brillantgrün,  Safranin, 
Chrysoidin,  Auramin,  Methylenblau,  Rhodamin  u.  s.  w,,  und  zwar  je 
nach  der  gewünschten  Intensität  von  5  bis  15  Proc.  vom  Gewichte  des 
angewandten  Harzes  zugegeben. 

Bei  niedrigerer  Temperatur  und  zu  hoher  Concentration  der  Seifen- 
lösung scheiden  sich  die  betreffenden  Farbbasen  als  harzige  Abietate 
(Resinate)  aus,  was  unbedingt  zu  verhüten  ist.  Die  so  dargestellte 
alkalische  Farbmischung  wird  nun  mit  kleinen  Portionen  der  verdünnten 
wässerigen  Lösungen  eines  Metallsalzes  versetzt  und  zwar  unter  stetem 
Umrühren,  bis  vollständige  Fällung  eingetreten  ist,  was  leicht  durch  Ein- 
tauchen eines  Streifens  Filtrirpapier  in  die  Flüssigkeit  erkannt  wird.  Ein 
geringer  Ueberschufs  an  Metallsalz  erleichtert  das  nachträgliche  Filtriren 
und  Auswaschen.  —  Bei  der  Fällung  z.  B.  mit  Zink  verwende  ich  für 
obige  Quantität  Harz  etwa  55  Th.  Zinksulfat,  gelöst  in  1000  Th.  Wasser. 

Es  sei  noch  bemerkt,  dafs  die  mechanische  Beschaff'enheit  des  Nieder- 
schlages wesentlich  von  der  Menge  des  angewandten  Wassers  abhängt. 

Das  Präcipitat  wird  nunmehr  auf  Filtertücher  gebracht  und  sorg- 
fältig ausgewaschen,  was  übrigens  auch  mittels  Filterpressen  geschehen 
kann,  wobei  harte  Kuchen  mit  18  bis  25  Proc.  Resinatfarbgehalt  erzielt 
werden,  ein  Beweis  für  die  aufserordentlich  feine  Beschaffenheit  der 
wässerigen  Paste.  Eine  Ausnahme  in  dieser  Richtung  machen  die  Mag- 
nesiumresinatfarben,  welche,  wenn  sie  nicht  aus  sehr  verdünnter  Lösung 


140  .Müller-Jacobs,  über  die  soyen.  llesinatrarben. 

gefällt  werden,  harzig  zusainmeabacken.  Diese  Niederschläge  werden  auf 
Filtertüchern  gewaschen  und  bei  möglichst  hoher  Temperatur  getrocknet. 
Von  hier  gelangt  die  Waare,  falls  sie  nicht  als  wässerige  Paste 
verwendet  wird,  in  Trockenräume,  die  auf  40  bis  500  C.,  für  Magnesium- 
niederschläge  auf  70^  C.  erwärmt  sind  und  bleibt  darin  so  lange,  bis 
kleine  Proben  bei  mehrmaligem  Wägen  in  Zwischenräumen  von  einigen 
Stunden  keine  Gewichtsabnahme  mehr  zeigen. 

Eigenschaften  der  Resinat  färben. 

Dieselben  stellen  im  trockenen  Zustande  äufserst  leichte  Stücke  oder 
zart  anzufühlende,  amorphe,  pulverige  Niederschläge  von  ungemeiner 
Farbenfrische  und  Schönheit  dar.  Mehr  noch  als  die  gewöhnlichen 
Harze  werden  sie  durch  Reiben  stark  elektrisch.  Luft  und  Feuchtigkeit 
beeinflussen  sie  in  keiner  Weise.  Sie  geben  weder  an  kaltes  noch  an 
heifses  Wasser  irgend  welche  nennenswerthen  Mengen  des  aufgenom- 
menen Farbstoffes  ab.  Schwache  Säuren  und  Alkalien  sind  ebenfalls 
gänzlich  ohne  Wirkung  und  selbst  starke  Lösungen  von  unterchlorigsauren 
Salzen  vermögen  die  Farbkörper  erst  nach  längerer  Zeit  etwas  anzugreifen, 
vorausgesetzt,  dafs  solche  nicht  zuvor  dem  Lichte  ausgesetzt  wurden, 
in  welchem   Falle  sie  durch   Oxydationsmittel  leicht  zerstört  werden. 

In  Alkohol  sind  sie  mehr  oder  weniger  löslich,  und  zwar  hängt 
diese  Eigenschaft  innig  mit  der  zum  Abietat  verbundenen  metallischen 
Basis  zusammen.  Während  sich  nämlich  die  ungefärbten  oder  gefärbten 
Abietate  des  Aluminiums,  des  Berylliums,  Eisens,  Nickels,  Maugans  und 
des  Kupfers  nur  wenig  in  Alkohol  lösen,  sind  die  Zink-,  Blei-,  Cad- 
mium-  und  Silbersalze  schon  bedeutend  löslicher.  Die  Calcium-,  Strontium- 
und  Bariumsalze  lösen  sich  ziemlich  gut,  sehr  leicht  löslich  ist  das  Mag- 
nesiumsalz. 

In  Benzol  und  seinen  Homologen,  ferner  in  Aether,  Chloroform, 
Acetal  und  vielen  ätherischen  Oelen  lösen  sie  sich  im  trockenen  Zu- 
stande im  Verhältnisse  von  1 : 1  und  bilden  damit  je  nach  der  Menge 
des  Lösungsmittels  mehr  oder  Aveniger  dickflüssige  Firnisse,  welche  auf 
glatter  Oberfläche  rasch  zu  einem  glänzenden,  harten,  transparent  ge- 
färbten Ueberzug  einti'ocknen.  An  sich  allein  wird  dieser  leider  in 
kurzer  Zeit  sprüngig  und  fällt  ab.  —  Die  innere  Natur  und  Haltbarkeit 
solcher  Schichten  hängt  ebenfalls  wesentlich  ab  von  der  metallischen 
Basis  der  Resinatfarbe. 

Die  Präcipitate  sind  fernerhin  leicht  löslich  in  Alkohol-,  Benzin- 
oder Terpentinöllirnissen,  in  schmelzendem  Wachs,  in  Harzen,  Palmitin- 
und  Stearinsäure,  in  Oelsäure  und  deren  Homologen,  in  ranzigen  Oelen 
und  gekochtem  Leinöl.  Ihre  Löslichkeit  nimmt  mit  höherem  Farbstoff- 
gehalte —  der  überhaupt  20  Proc.  vom  Gewichte  des  Harzes  nicht 
übersteigen  darf  —  ab.  In  Terpentinöl  und  den  Kohlenwasserstoffen 
der  Erdölreihe  (C,oHi^),  z.  B.  in  Benzin,  sind  sie  völlig  unlöslich. 


Müller-Jacobs,   über  die  sogen.  Resinatfarben.  141 

Einige  der  Metallresinate,  z.  B.  die  Aluminiiimsalze,  zersetzen  sich 
in  Lösung,  selbst  bei  Lichtabschlufs,  in  verhältnifsmäfsig  kurzer  Zeit 
unter  Abseheidung  von  Metalloxyd-  oder  Oxydhydrat,  während  andere, 
wie  das  Zink-,  Blei-,  Calcium-  und  Magnesiumresinat,  sich  unbegrenzte 
Zeit  unverändert  halten. 

Etwas  über  100*^  erhitzt,  beginnen  die  Farbkörper  ohne  Zersetzung 
zu  schmelzen;  bei  höheren  Temperaturen  tritt  Zersetzung  ein.  In 
offener  Flamme  verbrennen  sie,  ähnlich  dem  gewöhnlichen  Colophonium 
mit  rufsender  Flamme  unter  Hinterlassung  des  entsprechenden  Metall- 
oxydes. Dem  Lichte  widerstehen  die  Resinatfarben  ziemlich  gut,  weit 
besser  als  die  ebenfa  11s  benzollöslichen  direkten  Verbindungen  der 
Anilinfarbbasen  mit  Oelsäure,  Palmitinsäure,  Stearinsäure  und  Abietin- 
säure.  Am  ungünstigsten  zeigte  sich  stets  Brillantgrün  (Sulfat  des 
Tetraäthyldiamidotriphenylcarbinols)  und  zwar  in  allen  Metallcombina- 
tionen;  sehr  gut  dagegen  Methylviolett,  Safranin,  Chrysoidin,  Auramin(?) 
und  namentlich  Rhodamin  (Chlorhydrat  des  Diäthylamidophenolphtaleins), 
abgesehen  von  der  hervorragenden  Brillanz  dieses  Farblackes.  An  Alu- 
minium- oder  Chromabietat  gebunden,  bleichen  sie  im  Allgemeinen  leichter 
aus  als  in  Vereinigung  mit  Zink-  oder  namentlich  mit  Magnesiumabietat. 

Durch  Einwirkung  des  Lichtes  namentlich  auf  dünne  Schichten 
verlieren  die  Farben  ihre  Löslichkeit  in  Benzol  vollständig  und  ver- 
halten sich  in  dieser  Beziehung  ähnHch  den  Harzen,  vornehmlich  dem 
Asphalt.  Es  kann  dabei  als  sicher  angenommen  werden,  dafs  das  Licht 
zunächst  den  Molekularzusammenhang  aufhebt  und  die  Verbindung  in 
freien  Farbstoff  und  Metallabietat  zerlegt,  welches  letztere  nun  noch 
weiter  verändert  wird.  Der  frei  gemachte  Farbstoff  kann  jetzt  durch 
warmes  Wasser  oder  Alkohol,  durch  Säuren  oder  Alkalien,  durch  unter- 
chlorigsaure  Salze  oder  andere  Oxydationsmittel  —  überhaupt  durch  jede 
Substanz,  die  ihn  im  gewöhnlichen  Zustand  lösen  oder  zerlegen  würde, 
abgezogen  werden.  An  den  belichteten  Stellen  verliert  z.  B.  Papier, 
das  mit  einem  Resinattirnifs  überzogen  ist,  seine  Farbe  durch  Einlegen 
in  verdünnten  Alkohol  oder  in  Eau  de  Javelle,  während  der  nicht 
insolirte  Theil  unaugegriffen  bleibt. 

Diese  Lichtreaction  tritt  bei  den  alkohollöslichen  Metallabietaten 
weit  schneller  ein  als  bei  den  anderen;  aber  auch  die  optische  Natur 
des  Farbstoffes  spielt  dabei  eine  wichtige  Rolle.  In  einer  weiteren,  ge- 
trennten Abhandlung  „über  die  Verwendung  der  Resinatfarben  zur 
photographischen  Reproduction*-'  werde  ich  Gelegenheit  haben,  auf  diese 
Verhältnisse  näher  einzutreten. 

Verwendung  der  Resinatfarben. 
Wie  aus  den  oben    beschriebenen  Eigenschaften  dieser  Körper  er- 
hellt, können  solche  sowohl  im  teigförmig-wässerigen,  wie  im  trockenen 
Zustande  zu  den  verschiedensten  Zwecken  angewandt  werden. 


142  Müller-Jacobs,  über  die  sogen.  Resinatfarben. 

Zunächst  zur  Darstellung  transparenter  Oel-  oder  Benzinfirnisse. 
Die  Resinatfarben  werden  in  einer  zur  Erreichung  der  gewünschten 
Intensität  geeigneten  Menge  den  Rohfirnissen  einfach  direkt  oder  in 
benzolischer  Lösung  beigegeben,  wodurch  gleichzeitig  noch  der  sogen. 
„Körper"  der  Firnisse  erhöht  wird.  Ich  verwende  hierzu  gewöhnlich 
Zink-,  Eisen-,  Kupfer-  oder  Magnesiumresinate  mit  nicht  über  8  bis 
12  Proc.  Farbstoflgehalt  vom  Gewichte  des  Colophoniums.  Durch  Zu- 
gabe von  Kautschuk-  oder  Guttaperchalösungen  wird  die  Elasticität  und 
Dauerhaftigkeit  der  Firnisse  wesentlich  erhöht.  Eine  derartige  Zu- 
sammenstellung von  besonderer  Güte  ist  folgende,  welche  sowohl  für 
sich  allein,  als  auch  als  Zugabe  zu  anderen  Firnissen  benutzt  werden 
kann:  Man  löse  30  Th.  Magnesiumresinatfarbe  in  80  Th.  Benzol  und 
20  Th.  Chloroform  und  vermische  mit  150  Th.  einer  1 1/2  procentigen, 
durch  Erhitzen  geklärten  Lösung  von  Kautschuk  in  Schwefelkohlenstoff 
und  Benzol. 

Derartige  Firnisse  eignen  sich  vortrefflich  zur  Decoration  glänzender 
Metalloberflächen  (Zinnfolie),  von  Holz,  Papier,  Leder,  Glas  u.  s.  w. 
In  vielen  Fällen,  namentlich  für  Holzanstriche  sind  die  schon  an  sich 
gefärbten  Metall resinate  des  Eisens,  Chroms,  Kupfers,  Mangans  u.  s.  w. 
in  Combination  mit  Bismarckbraun  oder  anderen  Farbstoffen  vorzuziehen, 
einerseits  aus  Billigkeitsrücksichten,  andererseits  um  dadurch  die  Licht- 
echtheit zu  erhöhen.  Sehr  hübsche  dunkelbraune  bis  schwarze  Nuancen 
werden  durch  geeignete  Mischungen  von  Resinatfuchsin,  -grün  oder 
-blau,  -chrysoidin  oder  -auramin  erhalten  und  eignen  sich  zu  gewöhn- 
lichen Drucker-  und  Lithographentinten,  zu  Schnellwichse   u.  s.  w. 

Mit  den  verdünnten  benzolischen  Lösungen  der  Resinatfarben  lassen 
sich  ferner  Textilstoffe,  einzeln  oder  gemischt,  in  einem  Bade  färben  — 
leider  nur  für  helle,  zarte  Töne  —  und  diese  Methode  wird  für  Seide, 
Seidenbänder  und  Satin,  sowie  für  Kunstblumen,  die  nicht  abfärben 
dürfen,  hier  bereits  im  Grofsen,  sowie  in  der  Hausindustrie  —  zum  Um- 
färben —  umfangreich  benutzt. 

Weiterhin  lassen  sich  die  Körper  zum  Färben  und  Drucken  von 
Kautschuk  und  Kautschukwaaren,  von  Celluloid,  von  Wachstuch  und 
Linoleumteppichen  benutzen,  ebenso  zum  Färben  von  Bleiweifs,  Zink- 
weifs,  Zinksulfid,  Schwerspath,  Kreide  u.  s.  w. 

Im  ungetrockneten,  pasteförmig-amorphen  Zustand  eignen  sie  sich 
zur  Fabrikation  von  Farbstiften,  mit  Thragant,  Gummi,  Stärke  oder 
Albumin  versetzt  für  den  Tapetendruck  u.  s.  w.,  M'obei  gleichzeitig  er- 
wähnenswerth  erscheint,  dafs  dieselben  durch  Einwirkung  der  Dämpfe 
ihrer  Lösungsmittel  in  den  gelösten,  transparenten  Zustand  übergehen^ 
in  welchem  sie  sich  auf  jeder  Fläche  firnifsartig  befestigen. 

New  York  im  Juni  1889. 


Kleinere  Mittheilungen. 


143 


Bogenfeile  zur  Herstellung  innerer  Schlitze, 

Während  man  zum  Einschneiden  des  Mittelbruches  der  Schlüsselbärte  und 
der  äufseren  Einschnitte  oder  Reifen  die  gewöhnliche  Bogenfeile  oder  Metall- 
säge benutzen  kann,  stand  bisher  zur  Herstellung  der  inneren,  in  den  Mittel- 
bruch des  Bartes  einmündenden  Einschnitte  nur  ein  höchst  unvollkommenes 
Werkzeug  zu  Gebote.  Mit  der  Spitze  einer  ganz  kleinen  Flachfeile  mufste 
man  diese  inneren  Einschnitte,  besonders  im  Beginne  der  Arbeit,  mehr  ein- 
kratzen als  einfeilen. 

Die  Maschinenfabrik  von   Wilh.  Hartmann  und  Comp,  in  Fulda,  welche  seit 
einigen  Jahren  die  wegen  ihrer  eigenthümlichen  hervorragenden  Härte  „Diamnnt- 
Metallsägen"   genannten    Bogenfeilen    liefert,    hat    nun    neuerdings    das    Ein- 
schneiden  der  inneren  Bartreifen   dadurch   zu  einer 
leichten  und  bequemen  Arbeit  gemacht,  dafs  sie  Säge- 
blätter von   der   in   Fig.  1  und  2   veranschaulichten 
Einrichtung  anfertigte.    Diese  Blätter,  welche  in  jeden 
Sägebogen    eingespannt   werden    können ,    sind    aus 
gewöhnlichen   flachen  Sägeblättern   entstanden,   von 
denen  man  einen  dreieckigen,   die  Zähne  enthalten- 
den Theil  a^  gegen    den    Rest  a    winkelrecht    abge- 
bogen hat.     Es    entsteht  auf  diese  Weise    ein   Blatt 
ähnlich  demjenigen,  welches  man  bei  der  Holzbear- 
beitung zum  Ausschneiden  des  Grundes  von  Zinken- 
schlitzen verwendet. 

Die  Anwendungsweise  der  neuen  Säge  wird  aus 
Fig.  3  ersichtlich.  Den  vorderen  flachen  Theil  a^  führt 
man  in  den  Mittelbruch  b  des  Schlüsselbartes  ein 
und  beginnt  nun,  mit  der  Spitze  des  gezahnten  Drei- 
eckes oj  zu  arbeiten.  Da  der  an  dieser  Spitze  lie- 
gende Winkel  sehr  klein  ist,  so  kommt,  auch  wenn 

der  Mittelbruch  b,  wie  üblich,  nur  eng  ist,  sogleich  eine  ziemlich  lange  Reihe 
von  Zähnen  zur  Wirkung,  die  man  bei  langsamer  Hin-  und  Herbewegung  des 
Werkzeuges  so  weit  anwachsen  läfst,  dafs  der  Reifen  oder  Einschnitt,  welcher 
bekanntlich  der  im  Schlosse  angebrachten  Besatzung  zu  entsprechen  hat,  in 
der  gewünschten  Tiefe  entsteht.  Da  die  Blätter  nach  demselben  Verfahren 
wie  die  gewöhnlichen  glatten  Diamantstahlsägen  gehärtet  sind,  mufs  jeder 
Druck  auf  den  Sägebogen  vermieden  werden.  Sonst  springen  leicht  die  glas- 
harten Zähne  aus,  welche  bei  richtiger  Behandlung  ungemein  schnell  in  Eisen 
und  weichen  Stahl  einschneiden. 

Auch  im  Maschinenbau  dürfte  sich  für  das  neue  Werkzeug  hier  und  da 
eine  geeignete  Verwendung  finden;  vielleicht  läfst  es  sich  zum  Ausschneiden 
des  Grundes  von  Schlitzen  in  Fällen,  in  denen  die  Benutzung  des  Kreuz- 
meifsels  nicht  zulässig  ist,  verwenden.  G. 

D.  Kuhnliardt's  Vielfachtelegrapli  ohne  synchrone  Laufwerke. 

Während  in  der  absatzweisen  mehrfachen  Telegraphie  die  Einrichtung  imd 
Schaltung  der  einzelnen  Apparatsätze  kaum  wesentlich  von  der  für  das  ein- 
fache Telegraphiren  erforderlichen  Einrichtung  und  Schaltung  abzuweichen 
braucht,  wird  das  Mehrfach-Telegraphiren  dadurch  erschwert,  dal's  die  einzelnen 
Apparatsätze  in  regelmäfsiger  Folge  mit  der  Telegraphenleitung  verbunden 
werden  müssen,  was  gewöhnlich  durch  synchron  laufende  Triebwerke  bewirkt 
wird,  welche  in  jedem  der  beiden  Aemter  einen  Vertheilerarm  in  Umdrehung 
versetzen.  Einen  Versuch,  ohne  Verwendung  von  synchron  laufenden  Trieb- 
werken bewegter  Vertheiler,  einen  Vielfachtelegraphen,  und  zwar  einen  sol- 
chen für  Huypes  Typendrucker,  betriebsfähig  zu  machen,  hat  bereits  im  J.  1876 
M.  Koch  in  Chur  gemacht  (vgl.  1877  326  500;  1878  228  "•  515).  Ein  neuerer 
Vorschlag  dazu  ist  von  Datid  Kuhnhardt  in  Aachen  (*D.  R.  P.  Kl.  21  Nr.  44585 
vom  1.  Juni  1887)  ausgegangen.  Kuhnhardt  beabsichtigt,  die  Ein-  und  Aus- 
schaltung jedes  einzelnen  Morse- Apparatsatzes  zur  rechten  Zeit  auf  elektrischem 


144  Bücher- Anzeigen. 

Wege  zu  bewirken  und  entsendet  daher  vor  und  nach  jedem  Morse-Zeichen 
einen  Strom,  dessen  Richtung  derjenigen  der  Telegraphirströme  entgegengesetzt 
ist;  natürlich  werden  diese  beiden  Ströme  unabiiängig  von  den  Telegraphir- 
strömen  und  durch  besondere  Hilfsmittel  entsendet,  also  auch  dann,  wenn 
etwa  einmal  nach  der  Einschaltung  eines  Apparatsatzes  in  der  Zeit,  während 
welcher  er  an  der  Leitung  liegt,  gar  kein  Zeichen  telegraphirt  werden  sollte. 
Die  Morse-Strome  lafst  Kuhnhardt  nicht  durch  die  Hand  des  Telegraphisten 
entsenden,  sondern  dieser  hat  stets  nur  eine  dem  zu  telegraphirenden  Buch- 
staben ents])rechende  Taste  zu  drücken,  welche  dann  gedrückt  bleibt,  bis  in 
der  bekannten  Weise  die  erforderlichen  Ströme  durch  unter  der  Taste  hin- 
streichende Contact  machende  Nasen  entsendet  sind.  Die  Nasen  und  die  Tasten 
mit  ihren  Contaclfedern  sind  unter  (bezieh,  neben)  einander  auf  einem  stehenden 
Kegel  (bezieh,  auf  einer  wagerechten  Walze)  angebracht.  Auf  dem  Kegel  (bezieh, 
der  Walze)  sind  so  viele  Sätze  Tasten  und  Contacttheile  angebracht,  als  im 
empfangenden  Amte  in  regelmäfsiger  Abwechselung  Empfänger  an  die  Linie 
gelegt  werden  soll.  Im  empfangenden  Amte  braucht  Kuhnhardt  für  jeden 
Apparatsatz  nicht  weniger  als  fünf  Elektromagnete  und  für  alle  Sätze  zu- 
sammen noch  ein  gemeinschaftliches  Relais  mit  zwei  Elektromagneten,  und 
diese  Häufung  von  Apparaten  macht  seinen  Vorschlag  zweifellos  unausführbar. 
Vergleicht  man  damit  die  Einfachheit  der  von  Koch,  gegebenen  Lösung,  so 
drängt  sich  die  Vermuthung  auf,  dafs  die  Aufgabe  sich  sicher  in  der  einfachsten 
Weise  dadurch  wird  lösen  lassen,  dafs  man  im  empfangenden  Amte  einen 
Walzenumschalter  aufstellt,  der  zur  rechten  Zeit  durch  einen  den  Telegraphir- 
strömen  entgegengesetzten  Strom  (oder  in  einer  anderen  geeigneten  Weise) 
um  einen  Schritt  gedreht  wird  und  dadurch  den  nächstfolgenden  Empfänger 
mit  der  Telegraphenleitung  verbindet,  den  bisher  mit  ihr  verbunden  gewesenen 
aber  abschaltet.  E.  Z. 


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Verzeichniss  der  technischen  Hochschulen,  Kunstakademien  und  Kunst- 
schulen, Bergakademien  und  höheren  Militär-  und  Marine-Bildungs- 
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Gewerbe-,  Bau-  und  Maschinenbauschulen,  Berg-  und  Seemauns- 
Schulen,  Weberei-,  Wirkerei-,  Färberei-  und  anderer  Schulen  der 
Industrie,  Städtische  Handwerker-  und  Fortbildungs-Schulen  etc.  etc. 
des  Deutschen  Reichs,  Oesterreich-Ungarns  und  der  Schweiz,  sowie 
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des  europäischen  Continents,  herausgegeben  von  A.  Seydel.  Verlag 
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Das    Heftchen    enthält    eine    Zusammenstellung    der    aufgeführten    Lehr- 
anstalten unter  namentlicher  Aufführung  des  Leiters  und  der  Fachlelirei". 


Verlag  der  J.  ü.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nnchfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


üeber  Rauhmaschinen.  I45 

lieber  Rauhmaschinen. 

(Patentklasse  8.     Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  268  S.  299.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  7  und  8. 

Beim  Rauhen  wollener  und  baumwollener  Zeuge  kommt  es  be- 
kanntlich darauf  an,  einen  dichten  Besatz  oder  Stapel  bei  möglichster 
Schonung  des  Stoffes  und  einem  geringen  Verlust  durch  Ausflocken  zu 
erzielen;  dementsprechend  also  ein  zu  festes  Anliegen  des  Stoffes  gegen 
die  Karden  zu  vermeiden. 

Gustav  Marcel  Bauche  und  Henry  Alexandre  Bauche  in  Paris  wollen 
bei  ihrer  durch  D.  R.  P.  Nr.  45  752  vom  16.  März  1888  geschützten  und 
in  den  Fig.  1  bis  3  Taf.  7  dargestellten  Rauhmaschine  eine  schöne 
und  dichte  Decke  bei  möglichster  Schonung  des  Stoffes  dadurch  er- 
reichen, dafs  sie  die  Rauhwalzen  in  rotirenden  Scheiben  in  verstell- 
bare Lagerschalen  einlegen,  welche  auf  Federn  ruhen,  durch  deren 
Spannung  die  elastische  Lagerung  der  Rauhwalzen  bezieh,  die  auto- 
matische Bremswirkung  der  Lagerschalen  auf  die  Walzen  je  nach  der 
Natur  des  zu  behandelnden  Stoffes  regulirt  wird. 

1  sind  die  mit  Kratzen  bezogenen  Rauhwalzen,  von  denen  beispiels- 
weise je  drei  auf  einem  Paar  Scheiben  B  gelagert  sind.  Die  Anzahl 
der  Scheibenpaare  und  demgemäfs  auch  die  Zahl  der  Rauhwalzen  kann 
geändert  werden. 

Das  zu  rauhende  und  in  den  genannten  Figuren  durch  eine  punk- 
tirte  Linie  a—a  angegebene  Gewebe  wird  in  der  ersichtlichen  Pfeil- 
richtung über  Leit-  oder  Führungswalzen  b  geführt,  die  es  in  die  Nähe 
der  die  Rauhwalzen  tragenden  Scheiben  Äj  Bo  B^  B^  bringen.  Die 
Vorrichtungen  zur  Zuführung  des  Stoffes  können  beliebige  sein;  in  der 
vorliegenden  Maschine  ist  P  eine  Holztrommel,  um  welche  das  Gewebe 
herumläuft;  B  ist  eine  Schraubenspindel  zum  Anspannen  und  Nach- 
lassen eines  als  Bremse  wirkenden  Riemens,  durch  die  der  Widerstand 
genannter  Trommel  gegen  den  Anzug  des  Gewebes  vermehrt  oder  ver- 
ringert werden  kann.  Q  ist  ein  Rad,  in  dessen  Zähne  die  Klinke  S 
«ingreift,  V  eine  Hemmwalze  für  das  Gewebe.  Am  anderen  Maschinen- 
ende befindet  sich  die  Zugwalze  H^  gegen  welche  eine  Druckwalze 
wirkt.  Zwischenrad  J  überträgt  den  Antrieb  auf  die  Abzugswalze  H. 
MO  ist  die  Faltvorrichtung  für  das  gerauhte  Gewebe. 

Beim  Herankommen  des  Gewebes  an  die  Scheiben  B^  wird  das- 
selbe zum  ersten  Male  der  Einwirkung  der  Rauhwalzen  unterworfen, 
geht  dann  auf  der  anderen  Seite  der  Scheiben  nach  unten,  um  ein 
zweites  Mal  von  den  Rauhwalzen  getroffen  zu  werden.  Die  Scheiben  B 
erhalten  ihre  Bewegung  von  der  Antriebswelle. 

Die  Achsen  A  der  Rauhwalzen  ruhen  in  den  verstellbaren  Lager- 
schalen 2^3  in  den  Scheiben  B^  während  die  Lagerschalen  selbst  wieder 
auf  Federn  K  aufsitzen.    Die  Federung  der  letzteren,  welche  nach  Art 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  4.  1889i'III.  10 


14G  Ueber  Kauhmaschiuen. 

der  Zeichnung  sektoravtig  gestaltet  sein  können,  wird  durch  denjenigen 
Widerstand  hervorgerufen,  welchen  das  Gewebe  bei  seiner  Berührung 
mit  den  Karden  der  Rauh  walzen  dem  letzteren  darbietet,  so  dafs  die- 
selben nur  der  der  Feder  innewohnenden  Elasticität  entsprechend  in 
das  zu  rauhende  Gewebe  eintreten,  welche  mau  je  nach  Mafsgabe  des 
zu  bearbeitenden  Gewebes  reguliren  kann. 

Aus  Vorstehendem  ergibt  sich,  dafs  jede  Rauh  walze  /  der  com- 
binirten  Einwirkung  einer  selbsthätig  verschiebbaren  Bremse  und  einer 
sektorartig  gestalteten  Feder  K  unterliegt,  die  durch  Druck  auf  die 
Achse  A  der  Rauhwalzen  wii-kt.  Genannte  Bremse  wird  durch  die 
beiden  über  einander  liegenden  Lagerschalen  2  und  o  gebildet,  von 
denen  immer  die  obere  5  durch  eine  auf  die  Scheiben  B  aufgeschraubte 
gebogene  Platte  6  auf  die  Achse  der  Rauhwalze  gedrückt  wird.  Ueber 
jeder  Lagerschale  5  ist  zum  Einbringen  von  Schmieröl  eine  Aus- 
sparung 9  vorgesehen,  deren  Boden  mit  Baumwolle  belegt  sein  kann 
und  welche  durch  ein  Kanälchen  10  mit  der  Achse  der  Rauhwalze  in 
Verbindung  steht,  so  dafs  Schmiervorrichtung  und  Lagerschale  ein 
Stück  bilden.  Die  unteren  Lager  schalen  tragen  je  einen  mit  Gewinde 
besetzten  Zapfen  ö,  auf  welchem  eine  als  Zahnrad  ausgebildete,  sich 
gegen  Feder  K  anlegende  Mutter  4  sitzt.  In  letztere  greifen  die  Zähne 
eines  Getriebes  7  ein,  durch  dessen  Drehung  nach  rechts  oder  links 
die  Muttern  4  entweder  nach  ein-  oder  auswärts  geschoben  und  da- 
durch der  Druck  gegen  die  Federn  K  vermehrt  oder  vermindert  wird, 
was  zur  Folge  hat,  dafs  die  Lagerschalen  2  mehr  oder  weniger  fest 
gegen  ihre  Achsen  A  angeprefst  werden,  so  dafs  sich  die  Rauhwalzen 
mehr  oder  weniger  schwer  drehen.  Nach  Mafsgabe  des  auftretenden 
Widerstandes  dringt  hierbei  das  Gewebe  in  den  Kratzenbeschlag  ein, 
ohne  dafs  es  verschoben  wird. 

Die  Drehung  des  Zahn  triebe  s  7  kann  durch  Einstecken  eines 
Bolzens  in  die  hinter  den  Zähnen  liegenden  Bohrungen  8  bewirkt  werden. 

Bei  der  Berührung  einer  Rauh  walze  i  mit  dem  Gewebe  durch 
Drehung  der  Seheiben  Ä,  B^  erleidet  die  Rauhwalze  einen  radialen 
Druck,  der  die  Feder  K  in  der  Weise  biegt,  dafs  die  Kratzen  nur  in 
der  das  Rauhen  richtig  bewirkenden  Weise  ohne  Verschiebung  des  Ge- 
webes auf  letzteres  einwirken,  woraus  folgt,  dafs,  wenn  mau  durch 
Drehung  des  Triebes  7  in  der  einen  oder  anderen  Richtung  die  Feder  K 
mehr  oder  weniger  anspannt,  man  auch  das  Gewebe  mehr  oder  weniger 
bearbeiten  kann,  da  dann  die  Bremswirkung  der  Lagerschalen  eine  mehr 
oder  weniger  starke  ist. 

Die  Berührung  des  Gewebes  mit  den  Kratzen  erfordert  eine  äufserst 
genaue  Einstelkmg  des  letzteren.  Dieselbe  erfolgt  im  vorliegenden  Falle 
durch  zwei  Zahnstangen  in  folgender  Weise:  Die  beiden  verschiebbar 
angeordneten  Schienen  E  E^  (Fig.  1  Taf.  7)  sind  an  den  Enden  der 
einen  Seite  mit  Zähnen  besetzt  und  können  in  am  Gestelle  angebrachten 


Ueber  Rauhmaschinen.  I47 

Backen  nach  vor-  oder  rückwärts  verschoben  werden.  Eine  durch  die 
Maschine  hiudurchgeführte  Welle  trägt  an  jedem  Ende  ein  Zahnrad, 
das  sich  auf  den  genannten  Zähnen  L  L^  der  Zahnstangen  abwälzt.  Auf 
jeder  der  beiden  Schienen  E  E^  sind  durchgehende  Führungs-  oder  Leit- 
walzeu  b  angebracht,  die  sich  nach  Mafsgabe  des  gesonderten  Angriffs 
der  Rauhwalzen  parallel  mit  den  Schienen  verschieben.  Ein  zu  beiden 
Seiten  des  Maschinengestelles  angebrachtes  Handstellrad  dient  zur  Ein- 
stellung der  gesammten  Vorrichtung,  ohne  dabei  von  der  Anzahl  der 
die  Rauhwalzen  tragenden  Scheiben  abhängig  zu  sein. 

Bei  der  dargestellten  Rauhmaschine  von  Bauche  sind  sämmtliche 
Lagerschalen  nur  von  einer  Feder,  die  drei  Sektoren  bildet,  unterstützt. 
An  Stelle  von  nur  einer  Feder  kann  auch  für  jede  Rauhwalze  eine  be- 
sondere Feder  gewählt  werden,  und  zwar  wird  dies  immer  dann  der  Fall 
sein  müssen,  wenn  jede  Rauhtrommel  eine  grofse  Anzahl  Rauhwalzen 
trägt.  Eine  derartig  ausgeführte  Rauhmaschine  zeigt  uns  das  Amerika- 
nische Patent  Nr.  344981  von  Frederick  Ott  in  Philadelphia.  Die  Lager 
der  einzelnen  Rauhwalzen  ruhen  auf  Spiralfedern,  und  der  Antrieb  der 
Rauhwalzen  erfolgt  nicht  wie  bei  der  vorbeschriebenen  Maschine  durch 
den  Widerstand,  welchen  die  Karden  bei  Umdrehung  der  Rauhtrommel 
im  Zeuge  finden,  sondern  unter  Vermittelung  von  Reibungsrollen,  welche 
auf  den  Lagerachsen  der  Rauhwalzen  sitzen  und  sich  bei  Drehung  der 
Trommel  auf  einem  dieselben  umschliefsenden  Geleise  abwälzen.  Die 
Führung  des  Stoffes  durch  die  Maschine  geschieht  in  solcher  Weise, 
dafs  die  Rauhwalzen  denselben  nur  leicht  berühi*en.  Die  Leitwalzen  für 
denselben  werden  positiv  bewegt. 

Die  besondere  Einrichtung  der  Rauhmaschine  ergibt  sich  aus  den 
Fig.  4,  5  und  6  Taf.  7.  In  den  beiden  Gestellwänden  f  ist  die  Welle  a 
gelagert,  welche  die  zwei  Armkreuze  c  trägt,  in  deren  Armen  auf  den 
Spiralfedern  g  die  Lagerschalen  d  für  die  Rauhwalzen  b  ruhen.  Die 
auf  den  Achsen  der  letzteren  sitzenden  Reibungsrollen  h  wälzen  sich, 
sobald  die  Trommel  ac  mittels  des  Riementriebes  ik  in  Umdrehung 
versetzt  wird,  auf  den  in  die  Seitenwände  f  des  Gestelles  eingesetzten 
Geleisen  e  ab  und  erhalten  dadurch  ihre  Umdrehung.  Der  in  punktirten 
Linien  angegebene  Stoff  läuft  durch  die  Zuführwalzenpaare  Im  und  no 
in  die  Maschine  ein  und  gelangt  von  letzteren  über  die  Stege  p  p^  nach 
der  ersten  Leitwalze  q  und  von  da  über  die  Leitwalzen  ?i  ^2  •  •  "°^  ^^^ 
^tegjJi3  wieder  nach  aufsen  zu  den  Abzugswalzenpaaren  ?j  mj  und  nj  Oj . 
Zwischen  je  zwei  Leitwalzen  q  kommt  der  Stoff  mit  den  Rauhwalzen 
in  Berührung,  die  Leitwalzen  q  werden,  wie  bereits  erwähnt,  zwang- 
läufig in  Umdrehung  versetzt,  und  zwar  erfolgt  dieses  durch  die  beiden 
über  die  Rollen  r  laufenden  Riementriebe  s  und  t. 

Die  Hauptwelle  a  macht  nach  Angabe  des  deutschen  Wollengewerbes 
100  bis  120  Umdrehungen. 

Die  Rauhwalzen  können    anstatt   durch  Reibungsrollen  auch  durcl\ 


148  Ueber  Rauhmaschinen 

Zahngetriebe  in  Umdrehung  versetzt  werden,  oder  es  können  auch  so- 
wohl die  Riementriebe  für  die  Stoffleitrollen,  als  auch  die  auf  den  Rauh- 
walzen sitzenden  Triebrollen  unabhängig  von  einander  bewegt  werden, 
wie  es  z.  B.  bei  den  Maschinen  von  Grosselin  pere  et  fils  in  Sedan  (1888 
268  299)  der  Fall  ist,  und  hierdurch  beliebige  Wirkungsgrade  erzielt 
werden. 

Wesentlich  verschieden  von  den  bisher  betrachteten  Rauhmaschinen 
ist  die  Maschine  von  Edward  Michaelis^  Alfred  Smelhurst  und  Charles 
Wood  in  Cable  Mills  (Oldham  Road),  Manchester,  England.  Bei  der- 
selben erfolgt  das  Rauhen  nicht  durch  eine  Rauhtrommel,  deren  Um- 
fang mit  Karden  besetzt  ist,  oder  durch  Rauhwalzen,  sondern  durch 
Rauhtrommeln,  welche  mit  Kardenträgern  versehen  sind,  die  gegen  die 
rotirenden  Ti'ommeln  eine  regulirbare  Hin-  und  Herbewegung  in  senk- 
rechter Richtung  zu  Radialebenen  der  Trommeln  besitzen. 

Die  durch  das  D.  R.  P.  Nr.  46357  vom  8.  Juli  1888  geschützte 
Maschine  ist  in  den  Fig.  7  bis  9  Taf.  7  u.  8  wiedergegeben.  In  dem  Ge- 
stelle a  ist  die  Hauptwelle  b  mit  ihrer  festen  und  losen  Riemenscheibe  b^  b^ 
gelagert;  zwei  Reibungsräder  cc^  geben  die  Bewegung  der  Welle  an 
die  Reibungsrollen  d  d^  weiter  und  drehen  so  die  Wellen  e  Cj ,  deren 
Geschwindigkeit  durch  Anwendung  der  Schraubenstellung  f^  f^  geregelt 
werden  kann,  welche  den  Reibrollen  dd^  ihre  Stellung  näher  oder 
weiter  von  dem  Mittelpunkte  der  Scheiben  c  q  geben.  Die  Kegelrad- 
getriebe ^2  g-i  vermitteln  von  der  Welle  e^  aus  die  Drehung  der  Achsen  g^ 
und  der  auf  ihnen  befestigten  Rauhtrommeln  g  g^.  Jede  Trommel  be- 
steht aus  zwei  Scheiben  h  (Fig.  9  Taf.  7),  welche  auf  der  Achse  g^ 
festsitzen,  und  jede  Scheibe  hat  vier  Schlitze  Äj,  symmeti-isch  nahe  der 
Peripherie  vertheilt.  Diese  sind  gewöhnlich  geradlinig  und  werden  von 
dem  sie  rechtwinkelig  schneidenden  Durchmesser  der  Rauhtrommeln 
halbirt,  können  aber  auch  etwas  gekrümmt  angeordnet  sein.  In  jedem 
Schlitze  gleitet  ein  Schlitten  i,  welcher  die  Karden  j  trägt  und  mit  dem 
entsprechenden  Schlitten  i  an  der  gegenüberliegenden  Seite  der  Trommel 
fest  verbunden  ist.  Diese  Schlitten  erhalten  eine  gleitende  Bewegung 
durch  die  Winkelhebel  /c,  die  ihre  Drehpunkte  in  den  Zapfen  k^  der 
Scheibe  h  haben.  Ihre  Bewegung  erhalten  die  Winkelhebel  durch  eine 
Profilscheibe  /,  auf  deren  Umfang  die  an  dem  einen  Winkelhebelarme  um 
Zapfen  k^  drehbaren  Rollen  ftg  laufen,  so  dafs  eine  schwingende  Be- 
wegung der  Wiukelhebel  erzielt  wird.  Nach  der  Anzahl  der  Er- 
höhungen auf  dem  Umfange  der  Profilscheibe  richtet  sich  die  Anzahl 
der  Hebelschwingungen  bei  einer  Umdrehung  der  Scheiben  h.  Der 
Paarschlufs  zwischen  den  Rollen  k^  und  der  Profilscheibe  /  wird  durch 
die  feste  Verbindung  je  zweier  gegenüberliegender  Rollenzapfen  er- 
reicht. Diese  Verbindungsglieder  sind  in  Fig.  9  Taf.  7  punktirt  an- 
gegeben und  enthalten  in  ihrer  Mitte  eine  OefFnung  für  den  freien  Durch- 
gang der  Achse  g^.   Aufserdem  hat  jedes  einen  Kopf  m  mit  verstellbarem 


lieber  Rauhmaschinen.  I4.9 

Lager  zum  genauen  Einstellen.  Die  zweiten  Arme  der  Winkelhebel  k 
greifen  an  Zapfen  t^  der  Kai-denträger  i  mit  Spielraum  an  und  bewegen 
sie  so  in  ihren  Schlitzen  Aj  hin  und  her.  Zweckmäfsig  wird  man  an 
jedem  Trommelende,  d.  h.  neben  jeder  Seheibe  h  eine  solche  Profil- 
scheibe anbringen,  um  einen  gleichmäfsigen  Antrieb  der  einzelnen 
Kardeuträger  zu  sichern.  Jede  dieser  Scheiben  ist  dann  an  der  Nabe 
eines  auf  der  Achse  ^3  lose  drehbaren  Zahnrades  n  befestigt.  Diese 
Zahnräder  n  erhalten  ihren  Antrieb  von  der  Welle  e  aus  mittels  der 
Räder  e^  0^  0  und  es  wird  auf  diese  Weise  die  Relativdrehung  der 
Räder  n  gegen  die  Scheiben  h  sich  zusammensetzen  aus  den  beiden  Dreh- 
bewegungen gegen  das  feste  Gestell  a. 

Der  zu  behandelnde  Stoff  gelangt  in  der  Richtung  des  Pfeiles  (Fig.  7) 
in  die  Maschine,  läuft  über  die  Rollen  jo  zur  ersten  Rauhtrommel  ^|,  über 
die  Rollen  r^  (nochmals)  zur  zweiten  Berührungsstelle  mit  dieser  Trommel 
und  dann  in  gleicher  Weise  über  die  Rolle  jOj  an  die  zweite  Trommel 
über  r  zu  dieser  zurück  und  über  die  Rollen  f^  zur  Faltvorrichtung  S. 
Diese  erhält  ihre  Bewegung  von  der  Kurbel  der  Scheibe  5|,  die  von 
der  Rolle  63  der  Achse  h  getrieben  wird.  Die  Führungsrollen  rr^  werden 
durch  Riementrieb  von  der  Rolle  64  aus  bewegt. 

Um  die  Kardenzähne  bequem  schleifen  zu  können,  sind  die  Lager  t 
der  einen  Rauhtrommel  g^  durch  Schrauben  t^  verschiebbar  angeordnet. 
Durch  eine  Verschiebung  dieser  Lager  kommt  die  Trommel  in  Folge 
des  Eingriffs  zwischen  e^  und  g^  in  eine  der  Trommel  g  gleichgerichtete 
Bewegung.  Allenfalls  kann  man  die  Kardenzähne  durch  Herausnehmen 
der  Beschläge  gleichgerichtet  einsetzen.  Natürlich  mufs  hierbei  die 
Welle  Ol  gesenkt,  d.  h.  aufser  Betrieb  gebracht  werden. 

Der  im  vorliegenden  Falle  angewendete  Mechanismus  zur  Bewegung 
der  Kardensektoren  kann  auch  durch  jeden  anderen  ersetzt  werden. 

Aus  der  Combination  der  Bewegungsrichtungen  und  Geschwindig- 
keiten der  Trommeln  gegen  die  des  Zeuges  und  die  der  Karden  relativ 
zu  der  der  Trommeln  ergeben  sich  eine  grofse  Anzahl  von  Wirkungs- 
graden der  Maschine.  Der  höchste  Grad  von  Wirkung  der  Karden 
wird  offenbar  erzielt,  wenn  beide  Trommeln  entgegengesetzt  der  Zeug- 
richtung sich  bewegen.  Der  niedrigste,  wenn  sie  sich  mit  der  Zeug- 
richtung umdrehen,  da  in  diesem  Falle  nur  die  Bewegung  der  Karden 
gegen  die  der  Trommeln  zur  Geltung  kommt.  Durch  Aenderung  der 
Relativgeschwindigkeit  der  Karden  gegen  die  Trommeln  kann  gemäfs 
der  Art  des  Stoffes  jeder  beliebige  Grad  von  Aufrauhung  erzielt  werden. 
Auf  demselben  Grundgedanken,  wie  die  im  letzten  Berichte  (1888 
268  305)  erwähnte  Hansori sehe  Rauhmaschine  beruht  die  in  Fig.  10 
Taf.  7  wiedergegebene  und  durch  das  Amerikanische  Patent  Nr.  358136 
geschützte  Maschine  von  Joseph  Woelfel  in  Philadelphia.  Der.  Rauh- 
prozefs  erfolgt  durch  eine  Anzahl  sternförmiger  Rauhtrommeln  a,  deren 
mit  Karden  besetzte   Arme   zwischen  Führungsstäben  hindurchgreifen. 


150  üeber  Rauhmascliinen. 

über  welche  das  Zeug  geführt  wird.  Diese  Führungsstäbe  b  sind  nicht, 
wie  bei  der  Maschine  von  Hangon^  fest  in  den  beiden  Seitenwänden 
des  Gestelles  gelagert,  sondern  es  ruht  jeder  in  zwei  Lagern  rf,  die 
mit  Hilfe  von  Stellschrauben  c  in  Führungsschlitzen  e  derart  verstellt 
werden  können,  dafs  die  Stäbe  einander  genau  parallel  zu  stehen 
kommen  und  aufserdem  das  Gewebe  u.  s.  w.  mehr  oder  weniger  stark 
von  den  Rauhkarden  getroffen  wird.  Das  Gewebe  läuft  in  Richtung  der 
eingezeichneten  Pfeile  über  die  Führungswalzen  gh  zu  den  Stäben  6, 
zwischen  welchen  es  seine  Bearbeitung  erfährt,  und  geht  von  da  über 
die  Leitwalze  k  nach  der  Führungsrolle  t,  welche  es  einer  rotirenden 
Bürste  /  zuführt,  die  den  Flor  niederstreicht  und  etwaigen  Staub  ent- 
fernt. 

Die  Rauhwalzen  selbst  werden  ebenfalls  durch  eine  rotirende 
Bürste  n  von  den  ihnen  anhaftenden  Fasern  u.  s.  w.  befreit,  und  zwar 
erfolgt  dies  unterhalb  der  Arbeitsstellen  der  Karden.  Das  Schutzblech  o 
fängt  den  von  der  Bürste  n  abgelösten  Abfall  auf. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  einer  StotFklemme  Erwähnung  gethan,  welche 
das  umständhche  Aneinandernähen  einer  Anzahl  Gewebestücke,  wie  es 
in  der  Appreturtechnik  entweder  durch  Hand  oder  mit  der  Maschine 
gebräuchlich  ist,  ersetzen  soll.  Diese  StotFklemme  rührt  von  Alfred 
F.  Binsmore  in  Boston,  Massachusetts,  her  und  ist  durch  das  Amerika- 
nische Patent  Nr.  356455  geschützt.  Fig.  12  Taf.  7  zeigt  diese  Stotf- 
klemme  im  Querschnitt  und  Fig.  11  Taf.  7  veranschaulicht  deren  An- 
wendung. Die  Verbindung  der  beiden  Stoffstücke  erfolgt  mit  Hilfe  der 
beiden  Leisten  a  und  b  in  der  Weise,  dafs  die  Enden  der  StofFstücke 
auf  die  auf  der  Leiste  o  befindlichen  Nadeln  c  aufgedrückt  und  auf 
denselben  durch  die  Leiste  6,  welche  mit  den  Nadeln  entsprechenden 
Aussparungen  d  versehen  ist,  gehalten  werden.  Das  Zusammenpressen 
der  Stoff  klemme  a  b  geschieht  einestheils  durch  die  auf  der  einen  Seite 
auf  die  Stäbe  aufgeschobene  Kappe  e,  welche  in  ihrer  Lage  durch  eine 
Druckschraube  gehalten  wird;  anderentheils  durch  die  Kappe  /",  welche 
-die  beiden  anderen  Stirnenden  der  Stäbe  ab  aufnimmt.  Eine  in  diese 
Kappe  eingeführte  Schraube  g  verschiebt  den  Stab  b  gegen  a  in  Folge 
ihrer  Wirkung  auf  die  schräge  Fläche  h  und  prefst  hierdurch  den  erst- 
genannten Stab  um  so  fester  auf  den  zweiten,  je  fester  die  an  ihm 
sitzenden  schrägen  Gleitstücke  i  unter  die  schräggeschnitteneu  Nasen  k 
gedrückt  werden.  , 

Um  den  Stoff  vor  einer  Beschädiguna;  durch  die  Klemme  zu  schützen, 
sobald  dieselbe  eingewickelt  wird,  ist  auf  dem  Stabe  a  ein  Ueberzug  / 
angeheftet,  welcher  auf  dem  Stabe  b  durch  die  Knöi)fe  m  gehalten  wird. 

H.  Glafey. 


Gad,  über  Keuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik.  151 

Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik;  von  E.  Gad 
in  Darmstadt. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  8. 

Die  in  meinem  früheren  Berichte  (D.  p.  J.,  1889  271  295)  als  bevor- 
stehend erwähnte  IV.  Bohrtechniker-Versammlung  hat  am  9.  bis  11,  Juni 
1889  zu  Budapest  stattgefunden. 

Es  kam  daselbst  ein  sehr  interessanter  Bericht  des  Herrn  Berg- 
ingenieur  Gnstav  Dehnhardt  zum  Vortrage  über  die  Tief  bohrung  Jessenitz^  11.^ 
welche  bei  Lübtheen  in  Mecklenburg  mittels  des  combinirten  Bohr- 
systems in  der  Zeit  vom  18.  März  bis  8.  August  1886  bis  451™,5  Teufe 
durchgeführt  worden  ist. 

Nachdem  durch  Kies  und  Gerolle  abwechselnd  mit  Schappe  und 
22^^,5  starker  Geröllstampfe  unter  Wasserspülung,  bei  gleichzeitigem 
Einpressen  einer  Röhrentour  von  26'^™,2  äufserem  Durchmesser,  die  Teufe 
von  135™,5  erreicht  war,  ging  man  behufs  Durchbohrung  der  daselbst 
angetroflenen  Gypsschicht  zunächst  zur  Anwendung  der  Stofsbohrung 
mit  Fabian  schem  Freifallinstrument  über.  Da  man  aber  nach  Arbeit 
von  zwei  Schichten  mit  der  Teufe  von  137™,9  glaubte  festgestellt  zu 
haben,  dafs  der  angetroffene  Gyps  zu  dem  erwarteten  Hauptlager  ge- 
höre, so  hofl'te  man  mit  der  Diamantbohrung  noch  günstigere  Resultate 
zu  erzielen.  Diese  Hofinung  ging  in  Erfüllung.  Das  Bohren  mit  17c'",5 
starker  Federringkrone,  sowie  das  Verrohren  mit  gleich  starker  Röhren- 
tour machte  bis  181^  Teufe  sehr  gute  Fortschritte,  ohne  Nachfall 
zu  ergeben.  Die  Bohrkerne  kamen  tadellos  zu  Tage.  Von  181°^  bis 
260"^,  woselbst  man  das  Steinsalzlager  erreichte,  fand  ein  Vorbohren 
mit  7-™,5-Krone  und  Erweiterung  mit  12'^™,5-Krone,  sowie  Verrohrung 
bis  zu  Tage  mit  12^^,5  starken  Röhren  statt.  Bei  Fortsetzung  der 
Bohrung  durch  Salz  mit  7cm^5-Krone  führte  die  Laugespülung  einige 
unwesentliche  Klemmungen  des  Bohrapparates  herbei,  worauf  besondere 
Sorgfalt  auf  Reinhaltung  des  Gestänges  und  des  Bohrapparates  ver- 
wandt wurde.  Bei  360™,7  bis  414'^,5  Teufe  traf  der  Bohrer  das  er- 
wartete Kalisalz,  weiterhin  bis  zu  451™, 4  das  ältere  Steinsalzlager.  Von 
Gyps,  Stein-  und  Kalisalzen  wurden  etwa  90  Proc.  Kerne  gefördert. 
Der  Durchmesser  der  Salz-  und  Kalibohrkerne  betrug  4^^%  im  Gesammt- 
gewicht  von  278'^',45. 

Die  zur  Arbeit  gebrauchten  Doppelschichten  vertheilen  sich  wie 
folgt: 

1)  Auf  das  Einlassen,  Bohren  und  Ziehen  des  Gestänges   .     65,8 

2)  Aufarbeiten  des  Kachfalles  und  verlorene  Kerne  ...       8,4 

3)  Herstellung  und  Reparatur  der  Werkzeuge 13,9 

4)  (Verrohrungen)  Erweiterungen 11,0 

5)  Verrohrungen 10,3 

6)  Wiederinbetriebsetzen  des  Bohrloches  nach  Unfällen  6,5 

Summa     115,9 

Doppelschichten 


152  Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tief  bohr technik. 

Der  Fortschritt  in  24  Stunden  war: 

1)  In  Berücksichtigung  der  ganzen  Arbeitszeit  von  115,9  Doppel- 
schichten: 3'n,92. 

2)  In  Betracht  der  auf  das  Bohren  verwendeten  Zeit:  6™,81. 
Diese  sehr  glücklich   verlaufene  Diamantbohrung   spricht  durchaus 

dafür,  diese  Methode  möglichst  allgemein  vor  dem  Schachtabteufen  in 
Anwendung  zu  bringen,  um  die  so  wichtigen  Deckgebirge  klar  zu  legen 
und  so  für  das  folgende  Schachtabteufen  viel  Geld  zu  ersparen. 

Wesentlich  zur  Klärung  der  Frage  betreffs  zweckmäfsiger  Anwend- 
barkeit der  Diamantbohrinelhode  wird  übrigens  der  inzwischen  erschienene 
III.  Band  der  Tiefbohrkunde  von  Tecklenburg  beitragen,  welcher  gerade 
dieses  Feld  behandelt.  Ich  habe  diesen  Theil  des  verdienstvollen  Werkes 
in  D.  p.  J.,  S.  48  d.  Bd.  besprochen. 

Herr  Fauck  stellte  in  der  Bohrtechniker- Versammlung  ein  neues 
Bohrverfahren  in  Aussicht ,  worüber  er  u.  a.  auch  schon  öffentlich  im 
Wiener  ßergwerksverein  am  7.  Februar  1889  gesprochen  hatte  und  dessen 
Patentirung  in  nächster  Aussicht  steht.  Es  handelt  sich  um  die  von 
ihm  bereits  erprobte  Durchführung  der  Wasserspülung  ohne  Hohl- 
gestänge,  indem  die  Sicherheitsröhren  als  Spülröhren  verwendet  werden. 

Grofse  Vortheile  dürften  sich  an  dieses  Verfahren  knüpfen;  so  könnte 
man  unter  Beibehaltung  des  gewöhnlichen  Bohrgestänges  das  Löffeln  voll- 
ständig entbehren  und  die  Verrohrung  stets  freigespült  und  gängig  er- 
halten. 

Ein  fernerer  Gegenstand  von  bedeutendem  Interesse,  besonders  für 
die  Verhältnisse  des  Oesterreich -Ungarischen  Kaiserreichs,  wurde  von 
Herrn  Julius  Noth  auf  die  Tagesordnung  gebracht,  indem  er  auf  die 
Entwickelungsfähigkeit  der  Erdölausbeute  in  der  südlich  der  Karpathen 
in  Ungarn  gelegenen  Oelregionen  hinwies,  welche  bei  rationellen  Ab- 
bohrungen  mindestens  dieselben  Ergebnisse  versprächen,  als  die  am 
Nordabhange  der  Karpathen  in  Galizien  betriebenen  Oelbrunnen. 

Die  nächste  Bohrtechniker- Versammlung,  die  fünfte,  ist  für  das 
nächste  Jahr  im  September  in  Prag  in  Aussicht  genommen. 

Von  den  mannigfachen  Bohrungen,  welche  neuerdings  ausgeführt 
bezieh,  in  Betrieb  gesetzt  sind,  verdienen  folgende  besondere  Erwähnung: 

Im  Herzoglich  Anhaltischen  Salzbergwerke  Leopolüshall  ist  am  15.  Mai 
1889  nach  Arbeit  von  1  Jahr  und  5  Monat  die  durchaus  gelungene 
Abbohrung  eines  Schachtes  nach  dem  Kind-Chaudron  sehen  Verfahren 
zur  Vollendung  gekommen,  welche  Arbeit  Herr  Ingenieur  E.  Hülsbruch 
im  Auftrage  der  Bohrunternehmer  Hantel  und  Lueg  in  Düsseldorf  seit 
dem  December  1887  geleitet  hat. 

Der  Schacht  wurde  bis  104"^  Teufe  von  Hand  abgeteuft  und  steht 
jetzt  bis  lOO""  bei  4f",65  Durchmesser  in  Mauerung. 

Als  bei  104"!  auf  der  Berührungsfläche  zwischen  blauen  Letten  und 
Gyps  etwa  Ißcbm  Wasser  in  der  Minute  angefahren  wurden,  stellte  man 


Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik.  153' 

das  Abteufen  von  Hand  ein  und  ging  zum  Kind-Chaudron  sehen  Bohr- 
verfahren über. 

Um  den  Schacht  von  den  in  ihm  befindlichen  Einstrichen,  Bühnen,- 
Pumpen  u.  s.  w.  frei  zu  machen,  wurden  die  Wasser  durch  einen  Beton- 
pfropfen abgesperrt,  welcher  den  Schacht  bis  zu  95""  Teufe  auffüllte. 
Nach  Freilegung  des  Schachtes  begann  im  December  1887  die  Bohrung 
mit  einem  Vorbohrer  von  2°i,5  Durchmesser  und  160001^  Gewicht. 

In  Teufe  von  95°^  bis  129",  also  im  Ganzen  in  Si^  wurden  durch- 

s unken: 

Beton 9m 

Blaue  Letten  und  Gyps  ....       3 

Gyps  und  Anhydrit 22 

Summa     Sim. 

Diese  Abbohrung  dauerte  74  Tage  mit  011,46  durchschnittlichem 
Fortgange  im  Tag  und  einer  Maximalleistung  von  0^,98  in  Gyps  an 
einem  Tage.  Gewöhnlich  fand  der  Kindische  Freifallapparat  mit  Bohr- 
cylinder  und  Schwengel  Anwendung,  wobei  durchschnittlich  17  Schläge 
in  der  Minute  bei  35  bis  40cm  Hub  erfolgten. 

Nachdem  etwa  16™  abgebohrt  waren,  verursachte  der  Bruch  des 
Bohrschaftes  einen  Aufenthalt  von  128  Tagen.  Herbeigeführt  wurde 
der  Bruch  durch  aufsergewöhnlich  ungleichmäfsige  Beanspruchung,  da 
beim  Verlassen  des  Schachtes  Holz-  und  Eisentheile  in  demselben  ver- 
blieben waren.  Der  Bruch  trat  an  einer  ganz  ungewöhnlichen  Stelle 
ein.  Die  vorhandenen  Fanggeräthe  reichten  nicht  aus,  und  während 
ein  besonderer  Fänger  construirt  und  angefertigt  wurde,  setzte  sich  der 
Gjpsschlamm  um  das  Bruchstück  so  fest,  dafs  dieses  bei  einem  Ge- 
wichte von  8000"^  mit  dem  Fänger  trotz  einer  Anwendung  von  50000*^ 
Zugkraft  nicht  los  zu  machen  war. 

Man   sah   sich   daher  genöthigt,    die  Fangarbeit    einzustellen,   das» 
Bruchstück  dagegen  mit   dem  Erweiterungsbohrer  freizubohren,   wobei 
man  noch  mit  einigen  Djnamitschüssen  nachhelfen  mufste. 

Die  Erweiterung  des  Vorschachtes  von  2m,5  Weite  fand  mit  einem 
Bohrer  von  4m,3  Durchmesser  und  18  000^  Gewicht  statt,  theils  mit  der 
Rutschschere,  theils  mit  dem  Kindischen  Freifallinstrumente,  bei  durch- 
schnittlich 15  Schlägen  in  der  Minute  und  etwa  30cm  Hub.  Durch- 
geführt wurde  die  Erweiterung  31m  tief  bis  zu  126m  Teufe,  woselbst 
sich  der  Anhydrit  völlig  dicht  und  abschlufsfähig  bewies.  Es  hatten 
dies  schon  vorausgegangene  Versuchsbohrungen  vermuthen  lassen.  Diese 
Durchbohrung  von  31™  mit  dem  grofsen  Bohrer  hatte  100  Arbeitstage 
beansprucht,  so  dafs  sich  eine  Durchschnittsleistung  von  0™,31  im  Tage 
bei  einem  gröfsten  Tagesfortschritte  von  0m,48  ergab. 

Da  sich  bei  der  Schachterweiterung  die  blaue  Lette  als  nicht  ständig 
genug  zeigte,  so  wurde  zur  Sicherung  der  Schachtwandung  eine  schmiede- 
eiserne Röhrentour  von  10™  Höhe,  4m,33  lichter  Weite  und  30mm  Wand- 
stärke eingebaut,  welche  mit  108™  Teufe  mit  dem  Fufse  in  Gyps  auf- 


154  Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tief  bohrtechnik. 

steht  und  nach  oben  noch  2"^  in  die  Schachtmauerung  hineinragt.    Diese 
Verrohrung  erforderte  35  Tage. 

Nach  Fertigstellung  des  gebohrten  Schachtes  erhielt  derselbe  eine 
eiserne  Verrohrung  von  hO^  unter  Wasser,  aus  einzelnen  Ringen  von 
3'^,65  lichtem  Durchmesser,  l'",5  Höhe  und  von  oben  nach  unten  wach- 
senden Wandstärken  von  33  bis  45i"™.  Das  Einhängen  der  Verrohrung 
war  nach  48  Tagen  beendigt.  Dann  erfolgte  die  Ausfüllung  des  Zwischen- 
raumes zwischen  dieser  Verrohrung  und  dem  Schachtstofs  mit  Beton 
mittels  eines  besonders  zu  diesem  Zwecke  construirten  Betonlöffels ;  dies 
war  in  11  Tagen  durchgeführt,  worauf  die  Arbeit  etwa  6  Wochen  bis 
zur  Verhärtung  des  Betons  ruhte.  Nachdem  alsdann  das  Abpumpen 
des  Wassers  stattgefunden  hatte,  konnte  festgestellt  werden,  dafs  die 
Absperrung  des  Wasserzudranges  von  IQcbm  Wasser  in  der  Minute  voll- 
ständig gelungen  war,  so  dafs  einem  weiteren  Abteufen  auf  trockener 
Sohle  von  Hand  nichts  im  Wege  stand.  Sämmtliche  Arbeiten  wurden 
in  3  Schichten  zu  8  Stunden  Tag  und  Nacht,  auch  Sonntags,  betrieben. 
Bei  den  Bohrarbeiten  arbeiteten  in  jeder  Schicht  6  Mann  aufser  dem 
Maschinenführer,  Kesselwärter  und  den  Schmieden  zur  Anfertigung  von 
Reparaturen. 

In  den  Brucher  Kohlenwerkeu  bei  Ossegg  in  Böhmen  hat  der 
Bohrmeister  Herr  Julius  Thiele  in  der  Zeit  vom  12.  November  1888  bis 
zum  2.  März  1889,  also  in  112  Tagen,  eine  sehr  glückliche  Bohrung 
mit  den  einfachsten  Mitteln  niedergebracht.  Mit  Löffelbohrer,  Spiral- 
bohrer und  Schmantbüchse  am  steifen  Gestänge  wurden  von  einem  4™ 
tiefen,  2^  weiten  Bohrschacht  aus  durch  drehendes  Bohren  mittels  eines 
Handkrahnes  und  Menschenkraft  388in,6  Teufe  erreicht,  in  abnehmenden 
Weiten  des  Bohrloches  von  220  bis  75"^  Durchmesser.  Allerdings 
.  führte  die  Arbeit  durch  günstige  Braunkohlenlette  mit  etwa  15  Sphäro- 
sideritschichten  von  100  bis  400"°'  Mächtigkeit,  welche  aber  auch  an- 
dererseits eine  durchgehende  Verrohrung  beanspruchte,  die  mit  patent- 
geschweifsten  Röhren  von  220,  156,  120,  95  und  76"°'  Stärke  durchgeführt 
wurde.  Der  Grundwasserspiegel  lag  56°'  unter  der  Oberfläche.  Das 
Resultat  bestand  im  Anfahren  eines  etwa  32"'  mächtigen  Braunkohlen- 
flötzes.  In  Tag-  und  Nachtschichten  waren  im  Ganzen  26  Mann  be- 
schäftigt, und  diese  erreichten  stündlich  einen  durchschnittlichen  Bohr- 
fortschritt von  0°',14,  welcher  sich  in  einer  Stunde  auf  8°'  steigerte. 
Die  ganze  Bohrung  kostete  nur  8351  M.,  von  denen  280  M.  auf  Be- 
schaffung des  Handkrahnes,  sowie  100  bis  140  M.  auf  Bohrer  und 
Schmantbüchsen  entfielen. 

Seit  Anfang  April  1889  wird  bei  Gleiwitz  sehr  eifrig  nach  Kohle 
gebohrt.  Der  preufsische  Fiskus  hatte  zunächst  im  dortigen  Kreise 
4  Bohrungen  bei  Schönwald,  Nieboro^vitz,  Deutsch-Zernitz  und  Gieralto- 
witz  unter  Oberleitung  des  Herrn  Oberberginspektor  Köbrich  mit  dem 
oeübten  Personal  und  dem  bewährten  Geräth  von  Schönebeck  begonnen. 


Gad,  über  Neuerungen  in   der  Tiefbohrtechnik.  155 

wozu  im  Mai  noch  eine  fünfte  Bohrung  bei  Sczyglowitz  getreten  ist. 
Die  Versuche  haben  unter  den  bäuerlichen  Besitzern  der  Umgegend  ein 
förmliches  Kohlenfieber  entfacht,  das  sich  in  10  oder  12  verschiedenen 
Bohrunternehmungen,  oft  mit  recht  unzulänglichen  Mitteln,  äufsert.  In- 
zwischen ist  Anfang  Mai  in  einem  dem  belgischen  Grofsindustriellen 
Suermondt  gehörigen  Bohrloche  bei  Trynek  in  dortiger  Gegend  in  181°^ 
Tiefe  Steinkohle  gefunden  worden,  welche  abbauwürdig  zu  sein  scheint. 

Der  Fortgang  der  von  der  Königl.  Württembergischen  Regierung 
veranlafsten  Tief  bohrung  bei  Sulz  am  Neckar  ist  im  vergangenen  Jahre 
ein  recht  guter  gewesen,  indem  das  Bohrloch  die  Tiefe  von  700°^  er- 
reicht hat.     Es  ist  eine   mächtige  Schicht  des  Rothliegenden  getroffen. 

Von  den  Tief  bohrungen,  welche  in  Berlin  auf  dem  Alexanderplatze, 
gegenüber  dem  Polizeipalaste,  Luisenufer  11,  Friedrichstrafse  8,  Lützow- 
strafse  74,  Wedding,  Paulstrafse  6,  Leibnitzstrafse  87,  in  Charlotten- 
burg und  Lichterfelde  vor  Jahr  und  Tag  auf  Veranlassung  des  glück- 
liehen Soolefundes  im  Admiralsgarten  in  Betrieb  gesetzt  wurden,  waren 
Anfang  Mai  1889  die  am  Alexanderplatz,  am  Luisenufer,  in  der  Lützow- 
strafse  und  in  Moabit  auf  Soolquellen  fündig  geworden.  Die  gröfste 
Tiefe  war  in  Lichterfelde  mit  333°^  erreicht,  und  dafs  die  mit  260™ 
angebohrten,  aber  damals  noch  nicht  durchsunkenen  Tlione  dem  Unter- 
oligocän  angehören,  findet  darin  Bestätigung,  dafs  aus  der  gleichen 
Formation  in  Moabit  mit  dem  Bohrkerne  die  Versteinerung  Natica  hau- 
toniensis  gefördert  ist. 

Einen  bedeutenden  Erfolg  hat  Herr  Olaf  Terp  vor  kurzer  Zeit  als 
sachverständiger  Bohrtechniker  durch  Begutachtung  einer  Tiefbohrung 
bei  Bunzlau  erzielt.  Am  11.  Mai  1889  wurde  derselbe  zur  Untersuchung 
des  Standes  eines  Bohrloches  herangezogen,  welches  mit  400°^  Tiefe 
das  gesuchte  Trinkwasser  nicht  erschlossen  hatte  und  dessen  Aufgabe 
in  Folge  dessen  in  Frage  stand.  Es  stellte  sich  heraus,  dafs  bereits 
bei  einer  Tiefe  von  136°^  ein  poröser,  grobkörniger,  weicher  Sandstein 
vorhanden  ist,  welcher  grofse  Wassermengen,  etwa  2chm  in  der  Minute, 
abgibt,  die  auch  durch  eigenen  Druck  über  der  Erdoberfläche  aus- 
strömen würden,  wenn  dies  nicht  eine  35°^  unter  Tage  mit  dem  Bober 
in  Verbindung  stehende  Schliefersandschicht  durch  Aufsaugen  verhin- 
derte. Dafs  das  aufsteigende  Wasser  aber  Zutritt  zu  der  oberen  ab- 
leitenden Schicht  fand,  ist  dem  verhängnifsvollen  Umstände  zuzuschreiben, 
dafs  undicht  genietete  Blechröhren  statt  patentgeschweifster  Bohrröhren 
mit  Verschraubung  zur  Bekleidung  verwandt  worden  waren.  Das  ganz 
zweck-  und  nutzlose  Tieferbohren  von  136  bis  400™  mit  einem  Kosten- 
aufwande  von  etwa  25000  M.  war  mithin  vielleicht  die  Folge  einer 
falschen  Sparsamkeit. 

Ich  habe  schon  in  meinem  Artikel:  ^^Der  neueste  artesische  Brunnen 
zu  Paris''  {D.  p.  J.,  1888  270  252)  auf  die  grofse  Wichtigkeit  einer 
sorgfältigen  Absperrung  der  höheren  wasserableit enden  Schichten  durch 


156  Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik. 

gute  Verrohrung  bei  artesischen  Brunnen  hingewiesen.  Jener  Brunnen 
auf  dem  Hebert-PIatz  zu  Laehapelle  im  Nordtheile  von  Paris,  welcher 
im  Oktober  1887  718°i  Tiefe  die  wasserreiche  Grünsandschicht  erreicht 
hatte,  läfst  zur  Zeit  seine  im  Tage  mit  3000cbm  bemessene  Wasser- 
menge in  einem  Kanäle  mit  4:^  unter  Tage  abfliefsen.  Dieses  Wasser- 
quantum bleibt  indefs  weit  hinter  dem  zu  erwartenden  Resultate  zurück, 
und  es  hat  sich  herausgestellt,  dafs  der  gröfste  Theil  sich  in  den  durch- 
sunkenen  Klüften  der  583'"  mächtigen  Kreideschichten  und  den  durch- 
lässigen, 135™  mächtigen  Tertiärformationen  verliert,  was  nur  an  der 
Undichtigkeit  der  Verrohrung  liegen  kann.  Der  Muuizipalrath  von  Paris 
hat  nun  im  Mai  1889  die  Mittel  zur  völligen  Herstellung  dieses  Brunnens 
bewilligt  und  den  Plan  des  Bohrunternehmers  desselben,  des  Herrn  Ed.  Lipp- 
mann in  Paris,  zur  Ausführung  einer  ausreichenden  Dichtung  des  ganzen 
Brunnens  angenommen. 

Gelegentlich  der  Erweiterung  der  Wasserwerke  für  die  Stadt  Crefeld 
wurden  in  letzter  Zeit  unter  Leitung  des  Wasserwerksinspektors 
Herrn  Zschau  Tiefbohrungen  ausgeführt,  bei  denen  einige  technische 
Einzelheiten  durchaus  neu  waren  und  für  die  Zukunft  hohe  Beachtung 
verdienen. 

Es  handelte  sich  zunächst  um  eine  grofse  Anzahl  von  Versuchs- 
bohrungen in  den  gröfstentheils  zum  Tertiär  gehörigen  Schichten  zwischen 
Crefeld  und  dem  Rheine  behufs  Ermittelung  der  günstigsten  Brunnen- 
bohrstellen. Zu  dem  Zwecke  wurden  Schlagbrunnen  (Fig.  1  und  2)  durch 
Rammen  von  Röhren  mit  der  einen  Seiher  tragenden  Stahlspitze  unter 
theilweiser  Wasserspülung  niedergetrieben.  Die  Construction  der  dazu 
verwendeten  Pumpen  kam  dabei  nicht  in  Betracht,  falls  nur  deren  Aus- 
führung eine  durchaus  sorgfältige  war  und  die  Ventile  besonders  tadellos 
schlössen.  Eine  Spülung  erfolgte  in  der  Regel  bei  jedem  Aufsetzen  eines 
neuen  Röhrenstückes  und  begann  mit  dem  im  Schachte  angesammelten 
Grundwasser,  nachdem  eine  zweite,  engere  Röhrentour  innerhalb  des 
äufseren  Röhrenzuges  bis  zur  Bohrsohle  geführt  und  oben  mit  den 
Pumpen  verbunden  war.  Nach  dem  Verbrauche  des  meist  nur  geringen 
Wasservorrathes  im  Schachte  fand  das  Pumpen  dennoch,  und  zwar  mit 
Luft  Fortsetzung.  Dies  führte  zu  folgenden  überraschenden  Resultaten: 
Vor  dem  Ausspülen  stand  Grundwasser  in  den  Rammröhren  meist  in 
einer  gewissen  Höhe,  während  der  Boden  mit  Schlamm,  Sand  und 
solchen  Partikeln  erfüllt  war,  wie  die  Seiheröffnuugen  durchzulassen  im 
Stande  waren.  Das  eingeführte  Spülrohr  nahm  sodann  Wasser  auf, 
welches  eine  Strecke  von  mehreren  Metern  unter  Tage  blieb.  Ein  durch 
die  Wasserpumpen  ausgeübter  Luftdruck  hatte  nunmehr  erst  die  auf 
dem  Wasser  ruhende  Luftsäule  zusammenzupressen,  ehe  die  Wasser- 
säule diesem  Drucke  nach  unten  weichend  nachgeben  mufste.  Sobald 
darauf  das  Wasser  unten  aus  dem  Spülrohre  herausgedrängt  war,  strömte 
die  zusammengedrückte  Luft  nach   und  dehnte   sich   bei   dem  Austritte 


Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik.  157 

aus  dem  Rohre  plötzlich  aus,  wobei  sie  den  Bohrschmant  kräftig  auf- 
wühlte und  hoch  oben  zum  Rammrohre  herausschleuderte.  Mit  zu- 
nehmender Tiefe  wuchs  der  Druck,  z.  B.  bei  20°^  Tiefe  bis  auf  2^^ 
Das  ausgespritzte  Material  gab  völlig  ausreichenden  Anhalt  zur  Fest- 
stellung der  durchsunkenen  Schichten. 

Dieses  Ausspülen  und  Ausblasen  griff  überdies  die  Bohrwand  aufser- 
halb  des  Seihers  kräftig  an  und  lockerte  dieselbe  wesentlich  zu  einem 
erleichterten  Fortgange  der  Rammarbeit.  Der  Bohrfortschi-itt  betrug 
mindestens  6^  im  Tage,  mitunter  bis  zu  12™,  je  nachdem  in  zähem  Thon 
oder  in  günstigem  Sand  und  Kies  gearbeitet  wurde.  In  ersterem  Falle 
ging  man  nur  etwa  20°^  tief,  während  man  anderenfalls  bis  40°i  tief 
bohrte. 

Die  Wasserbrunnen  (Fig.  3),  deren  im  Ganzen  17  in  Aussicht  sind, 
fanden  bereits  zum  Theil  an  besonders  günstig  erscheinenden  Stellen  ihre 
Ausführung.  Bemerkenswerth  hierbei  war  die  Construction  des  Schuhs 
an  der  Verrohrung.  Dieser  trug  einen  inneren  Verstärkungswulst,  wäh- 
rend sein  geschärfter  unterer  Rand  sich  unten  bis  auf  l°i,60  erweiterte, 
so  dafs  derselbe  40^™  über  die  1™,20  äufseren  Durchmesser  betragende 
Verrohrung  überstand.  Diese  Erweiterung  hatte  den  sehr  wichtigen 
Zweck,  während  des  Niederpressens  der  Verrohrung  durch  Wagen- 
winden einer  Kiesschicht  von  20^™  Stärke  Raum  zu  schaffen,  die  wäh- 
rend des  Niederganges  stets  nachgefüllt  wurde.  Dadurch  erfolgte  ein 
Schutz  der  Rohrwand  vor  der  Berührung  mit  den  zähen  Thonschichten, 
welche  sonst  so  oft  das  Versenken  von  Verrohrungen  erschwert. 

Die  Sackbohrer  (Fig.  4  und  5)  dienten  zum  Ausschöpfen  des  Bohr- 
materials in  den  Futterrohren. 

Die  Hebervorrichtung  (Fig.  3  und  6),  aus  etwa  30cm  starken  Röhren 
gefertigt  und  mit  Windkesseln  versehen,  holt  4™  tief  alles  Wasser  auf 
und  leitet  das  Wasser  sicher  auf  weiten  Entfernungen  nach  dem  Sammel- 
brunnen, von  dem  es  in  das  Hochreservoir  gepumpt  wird.  Von  Zeit 
zu  Zeit  mufs  die  Luft  aus   dem  Windkessel  entfernt  werden. 

Die  Abzweigungsröhren  (Fig.  6)  von  dem  Hauptstrange  nach  dem 
Brunnen  sind  aus  Kupfer,  damit  sie  federn  und  beim  Setzen  des  Mauer- 
werks nicht  brechen. 

Mit  grofsem  Intei-esse  wird  man  die  projektirte  Tiefbohrung  in 
Teplitz  verfolgen  können,  welche  auf  Grund  des  Stadtverordneten- 
Beschlusses  vom  29.  April  1889  gemäfs  der  Vereinbarung  mit  den  Be- 
sitzern der  inundirten  Dux-Ossegger  Schächte  an  den  Bohrtechniker 
Herrn  A.  Fauck  übergeben  ist  und  am  1.  Juli  1889  begonnen  werden 
mufs.  Die  Aufgabe  ist,  mit  einer  Tiefbohrung  bis  zu  500™  Teufe, 
bei  oberem  Minimaldurchmesser  von  60^™  und  unterem  Minimaldurch- 
messer von  15^™,  eine  möglichst  reichlich  ausströmende  Thermalquelle 
zu  erschliefsen.  Man  wünscht  die  grofsen  Kosten  des  Abpumpens  des 
Heilwassers,  wie  es  jetzt  betrieben  wird,  und  wohl  auch  das  damit  ver- 


158  Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tief bohrteclmtk. 

bundene  Vorurtheil  zu  vermeiden.  Das  Bohrloch  selbst  soll  im  Kur- 
garten und  zwar  zwischen  der  Jubiläumssäule  und  dem  Theater  in  Au- 
griti"  genommen  werden,  ein  Platz,  der  nach  anderen  als  geologischen 
Rücksichten  gewählt  zu  sein  scheint. 

Zwei  gelungene  Schachtabteufungen  nach  der  /*oe<scA'schen  Gefrier- 
methode sind  folgende: 

Die  erste  Arbeit  kam  im  Kohlenwerke  Houssu,  Haine-Saint-Paul 
in  Belgien  am  12.  December  1887  zum  Abschlüsse.  Es  war  ein  Schacht 
von  60"^  Tiefe,  dessen  Abteufung  bereits  800000  M.  Kosten  verursacht  hatte 
und  durch  schwimmende  Sandschichten  völlig  in  Stillstand  gekommen 
war,  als  Herr  Poetsch  das  Werk  iu  die  Hand  nahm.  Nach  dem  Abpumpen 
des  Wassers  wurde  eine  Erweiterung  des  Schachtes  54"^  tief  von  4^^ 
Durchmesser  auf  6"^  durchgeführt.  Dann  erfolgte  in  dem  Triebsaude 
auf  der  Schachtsohle  das  Niederbringen  von  20  schmalen  Bohrlöchern 
auf  weitere  22"^  Tiefe.  Als  darauf  die  Gefrierröhren  in  Thätigkeit  ge- 
setzt wurden,  trat  der  unerfreuliche  Umstand  ein,  dafs  nur  die  eine 
Schachthälfte  zum  Gefrieren  zu  bringen  war.  Als  Erklärung  stellte 
sich  alsbald  heraus,  dafs  Condensationswasser,  welches  von  der  Hebe- 
maschine eines  benachbarten  Schachtes  durchsickerte,  die  Erkältung 
verhinderte.  Diesem  Uebelstande  wurde  alsbald  abgeholfen.  Mit  T?"!^ 
Teufe  traf  man  auf  festen  Thon  und  bekleidete  nunmehr  den  Schacht 
mit  gufseisernen  Röhren,  welche  eine  0™,25  starke  Cementhinterfülluug 
erhielten.  Die  von  Herrn  Poetsch  ausgeführten  Arbeiten  verursachten 
80000  M.  Kosten,  das  Doppelte  von  dem,  was  ohne  den  Unfall  mit  dem 
Condensationswasser  erforderlich  gewesen  wäre. 

Das  zweite  derartige  Unternehmen  wurde  in  der  Zeit  vom  1.  Juni 
1886  bis  zum  5.  Juli  1888  im  Kalisalzbergwerk  zu  Jessenitz  bei  Lübtheen 
in  Mecklenburg  durchgeführt.  Hier  war  ein  5^  weiter  Schacht  80"° 
tief  durch  klüftiges  und  wasserführendes  Gestein,  Kalk,  Gyps  und  An- 
hydrit, herzustellen  und  mit  Eisen  zu  bekleiden.  Die  Vorarbeit  bestand 
in  Abbohrung  von  20  Bohrlöchern  70  bis  100'"  tief,  theils  mit  Köbrich- 
schem  Freifallinstrument  und  Meifselbohrer,  theils  mit  Diamantbohrung 
von  einem  7^  tiefen,  9"\28  weiten  Bohrschacht  aus,  in  welche  Bohr- 
löcher die  Gefrierröhren  geleitet  wurden.  Die  Herstellung  des  Frost- 
cylinders  von  9"^  Durchmesser  und  77"^  Tiefe  war  in  108  Tagen  mit 
80000  Calorien  stündlicher  Leistung  erreich t,  worauf  die  Abteufung  de& 
Schachtes  wie  in  festem,  trockenem  Gestein  vor  sich  ging. 

Andere  Ausführungen  stehen  jetzt  in  England  in  Aussicht. 

In  der  diesjährigen  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin  bietet 
der  Poelsch^chü  „Gefrierungsschacht^'  einen  der  anziehendsten  und  be- 
lehrendsten Gegenstände  der  Ausstellung  überhaupt. 

Ein  sehr  wichtiger  Fortschritt  in  Bezug  auf  das  Stollen-  bezieh. 
Tunnelbohren  ist  die  Uebertragung  des  Poetsch^ sehen  Gefrierverfahrens 
auf  diese   Arbeit.     Herr  Poetsch  hat  persönlich    auf  dem  Allgemeinen 


Tj'pen-Stauzapparat.  159- 

Bergmanustag  zu  Wien  im  September  1888  eingehend  seine  Vorsehläge 
zum  Vortrage  gebracht,  wonach  1°^  Tunnel  von  6°^^  Höhe  und  6°^ 
Breite,  fertig  in  Eisen  ausgebaut,  etwa  3000  bis  4000  M.  Kosten  bean- 
spruchen soll. 

In  Bezug  auf  das  maschinelle  Stollenbohren  überhaupt  läfst  sich 
schon  jetzt  die  Ueberzeugung  aussprechen,  dafs  die  nächste  Zukunft 
einen  wichtigen  Wandel  insofern  bringen  wird,  als  neben  dem  alten 
Verfahren  mit  Vorbohren  von  Schufslöcheru  und  Absprengen  des  Ge- 
birges ein  neues  Abbohren  von  Strecken  im  vollen  Querschnitte  immer 
mehr  Eingang  finden  würd. 

Von  den  alten  Gesteinsbohrmaschinen  hatte  man  besonders  zwei 
Gruppen  zu  unterscheiden ,  die  der  Stofsbohr-  und  die  der  Drehbokr- 
Apparate.  Die  Zahl  der  ersteren  Constructionen  ist  sehr  grofs,  doch 
haben  sich  nur  wenige  im  praktischen  Gebrauche  erhalten,  von  denen 
bei  uns  in  Deutschland  und  Oesterreich  die  von  Frölich^  Meyer  ^  Jäger. 
Schräm  und  Ferroux  zu  nennen  sind.  Diesen  steht  von  Drehbohr- 
maschinen eigentlich  nur  das  System  Brandt  gegenüber,  welches  bisher 
durch  kein  weiteres  überholt  ist. 

Neuerdings  auf  den  Mansfelder  Gruben  stattgehabte  Concurrenz- 
versuche  zwischen  den  S^^stemen  Frölich  und  Brandt  haben  in  Bezug 
auf  Gestehungskosten  und  Fortschritte  wesentliche  Unterschiede  nicht 
ergeben;  in  mildem  Gebirge  stellte  sich  beiderseitig  der  laufende  Meter 
auf  etwa  100  M.,  in  festem  Gebirge  auf  etwa  130  M.,  während  der 
Fortschritt  im  Maximum  6^,5  in  2-1:  Stunden  betrug.  Die  Brandt^sche 
Drehbohrmaschine  wird  mit  Wasserturbine  getrieben  und  eignet  sich 
daher  für  tiefe  Schächte,  wo  natürlicher,  wenn  auch  geringer  Wasser- 
druck vorhanden  ist,  während  die  Frölich''sche  Stofsbohrmaschine  ilirer 
Triebkraft  durch  comprimirte  Luft  wegen  bei  Stollenläugen  bis  3000°^ 
vortheilhaft  zur  Verwendung  kommt,  weil  das  Auspuffen  der  geprefsten 
Luft  noch  die  nöthige  Ventilation  besorgt.  (Schlui's  folgt.) 


Typen-Stanzapparat. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  9. 
Man  hat  bekanntlich  seit  Langem  versucht,  die  gebräuchliche  Her- 
stellung der  Druckschriften  und  des  Drucksatzes  dadurch  zu  umgehen, 
dafs  man  einerseits  alle  diese  Arbeiten  auf  rein  mechanischem  Wege 
vornahm,  oder  andererseits  die  Typen  eines  zu  bildenden  Drucksatzes 
mittels  Stahlstempel  in  eine  bildsame  Masse,  etwa  Blei,  einschlug  und 
die  so  hergestellte  Druckform  entweder  stereotypirte  oder  unmittelbar 
benutzte.  Derartige  Constructionen  fallen  natürlich,  namentlich  wenn 
sie  alle  beim  Handsatze  nöthigen  Hantirungen,  wie  Ausschliefsen  des 
Satzes  u.  s.  w.,   vereinigen  sollen,  sehr  complicirt  aus,  und  diese  Viel- 


160  Typen-Stanzapparat. 

theiligkeit  in  Verbindung  mit  dem  hohen  Preise  solcher  Maschinen  und 
die  in  der  Verwendung  eines  Schriftsatzes  liegende  Beschränkung  sind 
Veranlassung  gewesen,  dafs  diese,  namentlich  auch  von  amerikanischer 
Seite  gepflegten  Constructionen  sich  meist  nur  eines  kurzen  Daseins  zu 
erfreuen  hatten  und  für  die  Praxis  interessante  Versuche  blieben,  welche 
aber  keine  schnellere  und  billigere  Herstellung  einer  Druckform  brachten. 

Von  diesen  complicirten  Maschinen  unterscheidet  sich  vortheilhaft 
ein  von  dem  Belgier  A.  J.  Engelen  in  St.-Josse  ten  Noode  bei  Brüssel 
construirter  einfacher  kleiner  Apparat,  der  zwar  schon  einige  Jahre  be- 
kannt ist  (D.  R.  P.  Nr.  34214  vom  16.  Juni  1885),  in  neuerer  Zeit  aber 
Verbesserungen  erfahren  und  erhöhtere  praktische  Bedeutung  gewonnen 
hat  (Zusatzpatent  Nr.  43  762  vom  4.  Oktober  1887).  Der  Apparat,  der 
von  der  Maschinenfabrik  Gustav  Maack  in  Köln-Ehrenfeld  ausgeführt 
wird,  stanzt  den  Satz  mittels  stählerner,  vertieft  geschnittener  Matrizen- 
stempel in  schrifthohe  und  mit  dem  Kegel  der  betreffenden  Schrift  über- 
einstimmende Holzplättchen  in  die  obere  Hirnfläche  erhaben,  und  die 
so  hergestellten  Typen  werden  dann  in  Rahmen  zu  Formen  vereinigt, 
welche  für  den  Druck  wie  die  gebräuchlichen  Druckformen  behandelt 
werden.  Als  Typenmaterial  eignet  sich  hierzu  besonders  mit  Oel,  Fett, 
W^alrath  imprägnirtes  Holz,  gehärtetes  oder  mit  Kautschuk,  Harz  oder 
Lack  überzogenes  Holz,  Blei,  Celluloid,  Holzstoff,  Papiermasse  u.  s.  w. 

Der  in  den  Fig.  4  bis  8  Taf.  9  dargestellte  Apparat  besteht  im 
Wesentlichen  aus  einer  Platte  A  von  der  Form  eines  Kreissectors, 
welche  von  Füfsen  getragen  und  wagerecht  auf  einen  Tisch  gestellt 
wird.  An  der  Spitze  trägt  die  Platte  eine  senkrechte  Büchse,  welche 
dem  unter  gelinder  Reibung  darin  drehbaren  Bolzen  B  als  Lagerung 
dient.  An  diesem  Bolzen  B  ist  oben  parallel  zur  Platte  A  der  stählerne 
Sector  D  mittels  der  federnden  Arme  E  befestigt,  an  dessen  Unter- 
seite (Fig.  6j  die  Typen  und  verschiedenen  Druckzeichen,  welche  in 
Relief  hergestellt  werden  sollen,  vertieft  angeordnet  sind.  Unterhalb 
der  Grundplatte  A  ist  mit  dem  Drehbolzen  B  noch  der  Arm  C  ver- 
bunden, dessen  Vorderende  derart  aufgebogen  ist,  dafs  es  um  den  Rand 
der  Platte  herumgreift  und  so,  wie  Fig.  5  und  7  zeigen,  einen  Zeiger 
bildet,  der  auf  der  am  Rande  von  A  angebrachten  Buchstabenscala 
spielt.  Die  Reihenfolge  dieser  Buchstaben  steht  dabei,  ähnlich  wie 
bei  Typenschreibmaschinen  (vgl.  Becher^  1887  266*530),  in  solcher 
Beziehung  zu  den  vertieften  Typen  des  Sectors  Z),  dafs  sich  bei  Ein- 
stellung des  Zeigers  C  von  Hand  auf  ein  Zeichen  der  Platte  A  das  ent- 
sprechende Zeichen  des  Sectors  D  sich  über  der  Mittellinie  der  Platte  A 
befindet. 

In  dieser  Mittellinie  von  A  gleitet  nun  in  einer  Nuth  das  zur  Her- 
stellung der  Typen  dienende,  in  einem  Schlitten  F  gelagerte  Holz- 
klötzchen, das  eine  Feder  O  beständig  gegen  die  Spitze  des  Sectors 
vorzuschieben  trachtet.     Der  Abstand   des  Sectors  D  von   der  Platte  A 


Typen-Stanzapparat.  161 

genügt  dabei  für    den    Durchgang  des  Holzes.     Drückt  man  nun   den 
Sector  D  auf  das    Holzklötzchen   herab,   was  bei  der  Biegsamkeit  der 
Arme  E  möglich  ist,   so    wird   bei  einem  genügenden  Drucke  das  ein- 
gestellte Zeichen  auf  dem  Holze  gestanzt  werden.   Zur  Ausübung  dieses 
Druckes  ist  an  der  Platte  A  ein  Bügel  G  befestigt,  in  dessen  über  der 
Mittellinie  von  A  befindlicher  Oefinung   ein  Stempel  H  mit  Hilfe  eines 
um  den  Bolzen  K  im  Bügel  G  drehbaren  Hebels  J  nach   abwärts  be- 
wegt werden  kann.    Im  Stempel  H  selbst  sitzt  wieder  ein  kleiner,  zu- 
gespitzter Centrirstift  Ji,  der  durch  eine  Feder  nach  abwärts  gedrückt 
wird.   Dieser  Stift  tritt  beim  Senken  des  Stempels  H  in  das  gegenüber 
jeder  Type  befindliche  Centrirloch  ein  und  legt  damit  die  Stellung  des 
Sectors  />,  welche  mittels  des  Zeigers  ('  ungefähr  bestimmt  wurde,  ge- 
nau fest. 

Der  Niedergang  des  Sectors  D  wird  durch  den  auf  der  Platte  an- 
gebrachten  Bügel  N  begrenzt  und  dadurch  auch  die  Tiefe  der  Stanzung 
bestimmt.  Dieser  Bügel,  an  dem  noch  Führungstheile  für  das  Holz 
sitzen,  enthält  auch  die  verschiebbare  Arretirung  P,  an  welcher  das 
von  der  Feder  O  vorgeschobene  Holzklötzchen  Anlage  findet.  Die 
Arretirung  wird  dabei  von  einer  Feder  Q^  die  stärker  als  die  Feder  0 
ist,  in  ihrer  Lage  erhalten,  wird  aber  beim  Niedergange  des  Sectors  D 
durch  dessen  schräge  Fläche  zurückgeschoben.  Der  Eindruck  des  Sectors 
in  das  Holz  bewirkt  nun,  dafs  der  gestanzte  Theil  des  Klötzchens,  so- 
bald der  Sector  sich  hebt,  unter  der  Arretirung  hinweggeht,  während 
der  durch  das  Stanzen  hinter  der  Type  gebildete  Absatz  gegen  die 
Arretirung  stöfst  und  das  Klötzchen  in  der  zum  Stanzen  des  nächsten 
Zeichens  erforderlichen  Stellung  hält. 

Bei   der   neueren    Ausführung    ist    diese  Arretirung  P  durch    eine 
Arretirung  z  (Fig.  8)    ersetzt,  welche  durch  einen  vorstehenden  Rand 
am  Sectorrande  selbst  gebildet  wird.   Wenn  der  Sector  in  seiner  höchsten 
•Stellung   steht,   so   kann   das  Holzklötzchen   unter  dem  Eande  D  her- 
gleiten,  nicht   aber  unter   der  Arretirung  z.     Es    legt   sich   deshalb  in 
Folge    der  Wirkung    der    Feder   0    mit   seiner    Stirnfläche   gegen    die 
Arretirung  z.   Wenn  nun  durch  Niederdrücken  des  Sectorrandes  D  das 
Zeichen  gestanzt    wird,   so   vermindert  sieh  an  dieser  Stelle  die  Höhe 
des  Holzklötzchens   um  so  viel,  dafs  nach  dem  Zurückgehen  des  Sector- 
randes in   seine  höchste  Stellung  die  gestanzte  Fläche  unter  dem  An- 
sätze z  durchgeht,   bis  der  hinter  dem  gestanzten  Zeichen  entstandene 
Absatz  des  Holzklötzchens  sich  gegen  die  Arretirung  z  anlegt,  wie  es 
Fig.  8  zeigt. 

Das  Klötzchen  wird  so  durch  die  Feder  0  um   die  Breite  des  ge- 
stanzten Zeichens  vorgeschoben  und  steht  nun  in  der  Lage,  welche  für 
das  Stanzen  des  folgenden  Zeichens  erforderlieh  ist. 

Da  die  Höhe  der  Arretirung  z  klein  ist,  ebenso  wüe  auch  die  Höhe 
des   Absatzes,  welche  sich  hinter  zuletzt  gestanzten  Zeichen  bildet,  so 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  4.  1889(111.  11 


162  Typen-Stanzapparat. 

ist  es  nothwendig,  die  Höhe,  bis  zu  welcher  der  Sector  nach  dem 
Stanzen  zurückgeht,  genau  zu  begrenzen.  Diesem  Zweclce  dient  die 
Schraube  X^  gegen  welche  der  Sector  in  Folge  der  Federung  seiner 
Arme  E  beim  Zurückgehen  anschlägt.  Die  Schraube  läfst  sich  genau 
auf  die  erforderliche  Höhe  einstellen.  Der  Hub  des  Sectors  nach 
unten  wird  wieder  durch  Aufschlagen  auf  den  Bock  N  begrenzt.  Der 
als  Arretirung  dienende  Rand  z  bildet  beim  Stanzen  eine  Querrinne 
auf  dem  Holzklötzchen  und  mufs,  damit  die  Rinne  nicht  zu  breit  wird, 
abgeschärft  sein. 

Damit  die  Anfangsbuchstaben  der  einzelnen  Zeilen  genau  unter 
einander  zu  stehen  kommen,  empfiehlt  es  sich,  bei  Beginn  einer  neuen 
Zeile  jedesmal  eine  Ausschliefsung  zu  stanzen ,  ebenso  ist  dafür  Sorge 
zu  tragen,  dafs  der  letzte  Buchstabe  der  Zeile  nicht  zu  nahe  an  die 
Kante  kommt.  Das  Justiren  erfolgt,  indem  die  Klötzchen  zwischen  den 
einzelnen  Worten  aus  einander  geschnitten  und  die  nöthigen  leeren 
Klötzchen  (Spatien)  eingeschoben  werden.  Das  Zerschneiden  wird  in 
der  Weise  vorgenommen,  dafs  man  die  Klötzchen  flach  auf  eine  ge- 
neigte Ebene  legt,  so  dafs  der  Arbeiter  die  gestanzten  Typen  lesen  und 
die  Punkte  bezeichnen  kann,  wo  die  Schnitte  mit  dem  transversal 
zum  Holz  angeordneten  und  um  ein  Ende  drehbaren  Messer  geführt 
werden  sollen.  Dieses  Messer  kann  auf  der  Platte  der  Stanzmaschine 
drehbar  befestigt  sein. 

Der  Schlitten  des  Holzklötzchens  mufs  stets  leicht  und  frei  gehen, 
ist  dies  nicht  der  Fall  und  zeigen  sich  Unregelmäfsigkeiten  in  der 
gleichen  Entfernung  der  Buchstaben  von  einander,  so  mufs  der  Schlitten 
durch  Lösen  der  ihn  haltenden  Spiralfeder  frei  gemacht  und  heraus- 
genommen werden.  Das  Reinigen  desselben  und  seiner  Bahn  geschieht 
mit  einem  weichen  Lappen,  der  mit  ein  wenig  Erdöl  getränkt  ist,  und 
darauf  folgendem  Nachpoliren  mit  einem  trockenen  Lappen.  Schmier- 
material darf  nicht  angewendet  werden,  ausgenommen,  aber  nur  selten, 
an  den  Scharnieren  und  Drehpunkten  mit  Oel  bester  Qualität.  Ueber- 
haupt  ist  der  Apparat  so  viel  als  möglich  vor  Staub  zu  schützen  und 
deshalb  nach  Beendigung  der  Arbeit  gut  zuzudecken. 

Wenn  nach  einiger  Zeit  die  Buchstaben  nicht  mehr  scharf  und 
rein  kommen,  so  ist  das  ein  Zeichen,  dafs  sich  in  den  Matrizen  Holz- 
theile  festgesetzt  haben.  Der  Stahlbogen  mufs  dann  herausgenommen 
werden  und  wird  mit  den  Matrizen  nach  oben  auf  einen  Tisch  gelegt 
und  mit  einer  kleinen  harten  Bürste  ausgebüi-stet.  Es  empfiehlt  sich, 
dann  noch  mit  einer  Lupe  nachzusehen,  ob  sich  noch  Holzsplitterchen 
versteckt  vorfinden,  welche  mit  einer  feinen  Nadel  herauszustechen  sind. 
Da  sich  beim  Stanzen  meist  an  den  oberen  Kanten  der  Holzklötzchen 
ein  Grat  bildet,  so  ist  es  zweckmäfsig,  an  der  Seite  der  Maschine  einen 
Bogen  feines  Sandpapier  auf  dem  Tische  zu  befestigen,  um  nach  Be- 
endigung einer  Zeile  den  Grat  darauf  abzuschleifen.   Sobald  eine  Zeile 


Zugfestigkeitsprüfer  für  Papier,  Gespinnste  u.  dgl.  163 

gestanzt  ist,  ist  sie  durchzulesen,  von  etwa  darin  vorkommenden  Fehlern 
durch  Ausschneiden  und  Richtigstanzen  zu  befreien  und  in  der  ano-e- 
gebenen  Weise  auszuschliefsen. 

Zum  Waschen  der  Formen  darf  nur  Terpentin  zur  Verwendung 
kommen,  und  zum  Druck  ist  starke,  aber  fein  vertheilte  Farbe  in  ge- 
ringer Menge  am  geeignetsten.  Von  einer  Form  sollen  bei  sorgfältiger 
Behandlung  25000  Bogen  gedruckt  werden  können,  was  dadurch  er- 
klärlich wird,  dafs  die  in  die  Poren  des  Holzes  eindringende  fette  Farbe 
dasselbe  conservirt  (^Archiv  für  Buchdrucker kunst^  1889  Heft  5), 

Nach  dieser  Methode  wird  stets  mit  neuer  Schrift  gedruckt.  Die 
Haarstriche  der  Buchstaben  kommen  zwar  nicht  so  zart  wie  bei  Metall- 
typen, das  Lesen  macht  indefs  einen  wohlthuenden  Eindruck  auf  die 
Augen.  Im  Archiv  für  Buchdruckerkunst  wird  ferner  bemerkt,  dafs  die 
Nr.  27  des  bei  Franz  Greven  in  Köln  gedruckten  und  in  dessen  Verlag 
erscheinenden  Witzblattes  y^Alaaf  Köln'-'-  bezüglich  des  glatten  Textes 
(etwa  71I2  Seiten)  ganz  auf  dem  £'n^e/en'schen  Stanzapparate  hergestellt, 
und  das  Aussehen  der  Nummer  sowohl  bezüglich  des  Satzes  wie  auch 
des  Druckes  nur  zu  loben  ist.  Besonders  gibt  die  Nummer  den  Be- 
weis, dafs  die  gestanzten  Holzzeilen  sich  in  Massen  an  einander  stehend 
besser  drucken  als  vereinzelt. 

Die  Leistungsfähigkeit  der  Maschine  wird  je  nach  der  Gewandtheit 
des  sie  Bedienenden  zu  2000  bis  3000  Buchstaben  in  der  Stunde  an- 
gegeben. Ihr  Gewicht  beträgt  Ib^  und  ihr  Preis  350  M,  Dieser  ist 
im  Vergleiche  zu  den  Matrizenstanz-,  oder  den  Setz-  und  Ablege- 
maschinen natürlich  ein  niedriger.  Nach  einer  angestellten  Rechnung 
würden  für  ein  Jahr  von  350  Tagen  700000  Holzplättchen  im  Werthe 
von  2450  M.  (für  1000  3  M.  50  Pf.)  gebraucht.  Für  Setzen  und  Stanzen 
sind  5600  M.  in  Ansatz  gebracht,  zusammen  also  8050  M.  Da  sich  die 
Herstellung  eines  gleichen  Quantums  Handsatz  einschliefslich  der  Kapital- 
zinsen für  das  Schriftmaterial  auf  12000  M.  belaufen  würde,  so  würde 
sich  eine  Ersparnifs  von  33  Proc.  ergeben,  die  sich  durch  den  geringen 
Lokalzins  und  andere  Nebenumstände  bis  zu  40  Proc.  steigern  könnte. 
Ein  beachtenswerther  Vortheil  liegt  auch  darin,  dafs  die  Anschaffung  von 
Setzkasten,  Regalen  und  manchen  anderen  Geräthen  und  der  von  diesen 
in  Anspruch  genommene  grofse  Raum  wegfällt.  Kn. 


Zugfestigkeitsprüfer  für  Papier,  Gespinnste  u.  dgl. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  9. 

Zugfestigkeitsprüfungen  geben  nicht  allein  Aufschlufs  über  die  Festig- 
keitseigenschaften des  fertigen  Erzeugnisses,  sondern  ermöglichen  auch 
ein  Urtheil  über  die  bei  der  Herstellung  derselben  angewendeten  Ar- 
beitsmethoden,  ob  dieselben   von  Vortheil   oder  Nachtheil  für  die  Ver- 


164  Zugfestigkeitsprüfer  für  Papier,  Gespinn  ste  u.  dgl. 

änderung  der  Festigkeitseigenschaften  des  angewendeten  Rohmaterials 
gewesen  sind.  In  neuerer  Zeit  finden  Zugfestigkeitsprüfungen  eine 
immer  gröfsere  Aufnahme  und  ist  deren  Vornahme  besonders  bei  Be- 
hörden und  grofsen  Gesellschaften  für  Lieferungen  zum  Theil  Beding- 
nifs.  Die  Folge  davon  ist,  dafs  man  auch  bemüht  gewesen  ist,  die 
Apparate  zur  Ausführung  derartiger  Prüfungen  möglichst  zu  vervoll- 
kommnen, gleichzeitig  aber  auch  derart  zu  vereinfachen,  dafs  ihre 
Handhabung  eine  möglichst  leichte  ist.  Es  sei  deshalb  gestattet,  im 
Nachstehenden  Zugfestigkeitsprüfer,  welche  für  Prüfungen  von  Papier, 
Gespinnsten,  Geweben  u.  dgl.  Anwendung  finden,  einer  näheren  Be- 
trachtung zu  unterziehen. 

Der  erste  hier  zu  nennende  und  in  den  Fig.  9  bis  11  Taf.  9  dar- 
gestellte Apparat  rührt  von  Alexander  Wendler  her  und  ist  Gegenstand 
des  D.  R.  P.  Kl.  42  Nr.  39189  vom  6.  Oktober  1886.  Derselbe  gestattet 
ein  direktes  Ablesen  der  Dehnung  und  Bruchbelastung  und  hat  die 
nachfolgende  Einrichtung. 

Der  Apparat  besteht  im  Wesentlichen  aus  zwei  parallelen,  auf 
Metallblöcken  ruhenden  Schienen,  auf  welchen  ein  kleiner  zweirädriger 
Wagen  läuft.  Die  Achse  dieses  Wagens  ist  auf  der  einen  Seite  mit 
der  kräftigen  Spiralfeder  R  verbunden,  auf  der  anderen  Seite  sitzt  die 
Klemme  f.  Hier  wird  bei  der  Prüfung  ein  Ende  des  Versuchsstückes  ein- 
gespannt. Das  andere  Ende  wird  von  der  gleichartigen  Klemme  d  ergritten 
und   durch  Antrieb  der  Schraubenspindel  H  bis  zum  Reifsen  gespannt. 

Nach  dem  Einspannen  und  bevor  der  Versuch  beginnt,  mufs  die 
Länge  des  Versuchsstückes  genau  ermittelt  werden,  und  es  mufs  der 
feststehende  Nullstrich  des  Mafsstabes  M  mit  dem  beweglichen  Null- 
strich der  Marke  9,  und  andererseits  der  Nullstrich  von  Mafsstab  h  mit 
dem  von  Marke  n  zusammenfallen.  Um  die  erstgenannten  Nullpunkte 
in  Uebereinstimmung  zu  bringen,  hält  man  durch  Anziehen  der  Schraube  / 
die  Zugfeder  auf  dem  Punkte  fest,  welchen  sie  im  Zustande  der  Un- 
thätigkeit  einnimmt,  und  rückt  das  auf  der  Schiene  gleitende  Metall- 
stück g  hart  an  den  mit  einem  Kniestücke  an  der  Wagenachse  be- 
festigten Schlepper  c  an.  Jetzt  bezeichnet  der  Nullstrich  auf  g  die 
Stelle,  auf  welcher  bei  vollständig  mangelnder  Kraftwirkung  der  Null- 
strich des  Mafsstabes  M  stehen  mufs.  Durch  Schrauben  kann  der  Mafsstab, 
falls  er  nicht  schon  dort  stehen  sollte,  an  diese  Stelle  gerückt  werden, 
von  welcher  die  Abmessung  der  Kraftwirkung  ihren  Anfang  nimmt. 

Um  die  Nullstriche  des  Mafsstabes  h  und  der  Marke  n  in  Ueber- 
einstimmung zu  bringen,  kann  man  die  Verbindung  der  Schraubenspindel  fl 
mit  der  Schraubenmutter  im  Zahnrade  E  lösen,  so  dafs  sich  erstere 
ohne  Zeitverlust  verschieben  läfst.  Diese  Loslösung  geschieht  in  ein- 
facher Weise  durch  eine  Drehung  der  am  Rade  E  befindlichen  Kapsel  G 
um  etwa  450,  wobei  die  Spindel  vom  Eingrifle  des  zweitheilig  aus- 
geführten   Muttergewindes    befreit    wird.      Dann    verschiebt    man    die 


Zugfestigkeitsprüfer  für  Papier,  Gespinnste  u.  dgl.  165 

Spindel  H  mit  dem  Querstücke  K  so  lange,  bis  die  Nullstriche  von  h 
und  n  zusammenfallen,  und  macht  dann  durch  Wiedereinsetzen  der 
Mutterschraubentheile  auch  die  zweite  Klemmvorrichtung  unbeweglich. 

Nun  kann  man  das  Versuchsstück  zwischen  f  und  d  fest  und  straff 
einspannen.  Die  wellig  gestalteten  Klemmbacken  beider  Mäuler  sind 
mit  feinem  Leder  überzogen,  so  dafs  stärkste  Reibung  entsteht  und  der 
einmal  eingespannte  Gegenstand  nicht  wieder  herausgleiten  kann.  Sitzt 
derselbe  mit  mäfsiger  Spannung  fest,  so  löst  man  auch  die  Hemmung 
der  Feder  R  und  bewirkt  die  Spannung  durch  Drehung  des  Rades  E' 
oder,  bei  genaueren  Untersuchungen,  durch  Drehung  der  Kurbel  F. 

Wenn  das  Versuchsstück  reifst,  verharrt  nicht  allein  Spindel  fi, 
sondern  auch  der  Wagen  mit  Feder  R  fest  auf  dem  zuletzt  innegehabten 
Platz.  Dies  wird  dadurch  erreicht,  dafs  in  die  Zahnstange  k  zwei  Sperr- 
klinken s  und  Sj  eingreifen.  So  lange  die  Feder  angezogen  wird,  gleiten 
sie  lose  über  die  Verzahnung,  fassen  aber  sofort  ein,  wenn  die  Feder 
nach  Ueberwindung  des  vom  Versuchsstücke  gebotenen  Widerstandes 
zurückschnellen  will.  Um  störende  Erschütterung  zu  verhüten,  sind  die 
beiden  Sperrklinken  differenzirt.  Wenn  nämlich  die  eine  Klinke  sich 
fest  gegen  einen  Zahn  stemmt,  ruht  die  andere  locker  auf  dem  schrägen 
Rücken  eines  anderen  Zahnes.  Der  Rückgang  der  Feder  nach  erfolgtem 
Risse  wird  dadurch  auf  kleinste  Mafse  verringert. 

Auf  dem  Mafsstabe  M  ergibt  jetzt  der  Abstand  der  beiden  Null- 
striche die  Gröfse  der  zum  Zerreifsen  des  Versuchsstückes  aufgewendeten 
Kraft.  So  viele  Einheiten  dort  notirt  sind,  so  viele  Kilo  waren  zum 
Zerreifsen  erforderlich.  Die  Marke  n  notirt  auf  der  Scala  h  die  Gröfse 
der  Dehnung  in  Procenten.  An  beiden  Stellen  gibt  also  der  Apparat 
direkte  und  absolute  Gröfsen,  welche  eine  Umrechnung  entbehrlich 
machen.  Wie  man  aus  dem  ermittelten  Kraftwerthe  die  Reifslänge 
berechnet ,  ist  mehrfach  erläutert  worden  und  kann  wohl  als  bekannt 
gelten. 

Die  Dehnung  wird  durch  folgende  Vorrichtung  ermittelt. 

Wenn  die  Feder  R  dem  Zuge  des  von  der  Schraubenspindel  be- 
wegten Prüfungsstückes  folgt,  stöfst  der  Schlepper  c  die  Marke  g  vor 
sich  her.  Stand  letztere  beim  Beginne  der  Spannung  auf  dem  Null- 
punkte der  Scala  M,  so  mufs  ihr  Stand  nach  erfolgtem  Risse  den  Werth 
der  angewendeten  zum  Dehnen  und  Zerreifsen  des  Stückes  erforder- 
lichen Kraft  angeben. 

Genau  den  gleichen  Weg  wie  das  auf  der  Schiene  sich  bewegende 
Gleitstück  g  legt  aber  auch  das  gleichartige,  damit  verbundene  Gleit- 
stück, auf  welchem  Scala  h  befestigt  ist,  zurück.  Es  begleitet  also 
beim  Antriebe  der  Spindel  die  Marke  n  ein  gutes  Stück.  Die  Marke  n 
aber,  welche  am  Querstücke  K  festsitzt  und  dem  unelastischen  Zuge 
der  Schraubenspindel  folgt,  mufs  noch  einen  um  so  viel  längeren  Weg 
zurücklegen,   als  das  Stück   sich  unter  der  Spannung  dehnt.     Der  Ab- 


166  Zugfestigkeitsprüfer  für  Papier,  üespinnste  u.  dgl. 

stand  der  beiden  Nullstriche  von  g  und  n  ergibt  also  das  Mafs  der 
Dehnung,  und  zwar  in  Millimeter.  War  z.  B.  die  Einspannlänge  250ii°^ 
und  der  Dehnungszeiger  n  gibt  am  Mafsstabe  h  5™"",  so  haben  wir  auf 
250™ni  Einspannlänge  5"^™  Dehnung,  also  2  Proc. 

Dem  Appai-ate  sind  mehrere  Zugfedern  beigegeben,  von  denen  die 
schwächeren  für  feine  leicht  zerreifsbare  Objekte,  die  stärkeren  dagegen 
für  stärker  zu  belastende  Versuchsstücke  anzuwenden  sind. 

Um  die  Federn  auszuwechseln,  zieht  man  die  am  Wagen  befestigte 
Federbrücke  o  gegen  den  Wagen  an.  Dadurch  wird  eine  kleine  Spiral- 
feder, welche  zwischen  Wagen  und  Brücke  die  Zugstange  unischliefst, 
zusammengeprefst,  zwei  Ausschnitte  im  Lager  der  Brücke  gleiten  au* 
ihrem  Schutze  von  zwei  vorragenden  Schraubköpfen  heraus,  und  durch 
eine  Viertelsdrehung  der  Brücke  kann  man  diese  selbst  und  die  Feder 
vom  Wagen  loslösen.  Nun  zieht  man  den  Wagen  nebst  der  Führungs- 
stange aus  der  cylindrischen  Oeffnung  der  Gestellwand  C  heraus,  nimmt 
die  Feder  ab  und  setzt  die  andere  ein,  indem  man  dieselben  Hantirungen 
in  umgekehrter  Reihenfolge  ausführt. 

Zur  Nachprüfung  der  Federkraft  wird  jedem  Apparate  die  ober- 
halb von  Aufrifs  und  Grundrifs  gezeigte  Vorrichtung  beigegeben,  welche 
eine  Art  Wage  darstellt,  au  deren  einem  Balken  (L)  die  Feder  zieht, 
während  an  einem  anderen,  rechtwinkelig  dazu  stehenden  Balken  L2 
mittels  des  Hakens  t  Gewichte  angehängt  werden.  Um  diese  Vorrich- 
tung anzubringen,  wird  die  an  der  Spindel  H  befindliche  Klemme  d 
entfernt,  die  Verbindungsschraube  q  gelöst,  das  noch  aus  dem  Quer- 
stücke vorragende  Ende  der  Spindel  zurückgeschoben  und  die  Verbin- 
dungsschraube wieder  angezogen.  An  Stelle  des  Prüfungsstückes  tritt 
die  Stange  r,  welche  mit  einem  Ende  statt  der  Klemme  f  am  Wagen  e 
befestigt  wird,  mit  dem  anderen,  als  Haken  ausgebildeten  Ende  am 
Hebel  Lj  ansetzt. 

Die  Feder  mufs  regelrecht  eingelegt  sein,  der  zugehörige  Kräfte- 
bezieh.  Millimetermafsstab  mufs  mit  seinem  Nullpunkte  unter  der  Marke 
des  Gleitstückes  stehen.  Werden  an  dem  wagerechten  Schenkel  L2 
Gewichte  angehängt,  so  wird  sich  die  Feder  ausdehnen  und  demzufolge 
sich  der  senkrechte  Schenkel  L^  an  das  Querstück  K  legen.  Durch 
Drehung  des  Handrades  E  bei  eingerückter  Mutter  bewegt  man  das 
Querstück  mit  gespannter  Justirvorrichtung  nach  dem  Handrade  zu,  bis 
der  obere  Schenkel  Lj  wieder  senkrecht  einsteht,  d.  h.  bis  sich  die 
Feder  der  Hebelbelastung  entsprechend  ausgedehnt  hat. 

Beim  Anhängen  der  verschiedenen  Gewichte  mufs  die  Feder  sieh 
jedesmal  bis  zu  einer  bestimmten  Stelle  ausdehnen,  welche  mit  dem 
entsprechenden  Kräftemafsstabpunkte  zusammenfällt.  Sollte  dies  im 
Laufe  der  Zeit  nicht  mehr  der  Fall  sein,  so  ist  es  nöthig,  sich  eine 
Correctionstabelle  anzufertigen.  Mit  Hilfe  dieser  leicht  herzustellenden 
Tabelle  erzielt  man  dieselben  Ergebnisse  wie  vorher. 


Zugfestigkeitsprüfer  für  Papier,  Gespinnste  u.  dgl.  167 

Die  Wendler  sehen  Apparate,  mit  deren  Vertrieb  sich  die  Firma 
Fromme  und  Kroseberg  in  Berlin  befafst,  sind  vielfach  eingeführt,  unter 
anderem  besitzt  die  Kgl.  Prüfungsanstalt  zu  Charlottenburg  deren  fünf 
und  die  Kaiserl.  Reichsdruckerei  einen  solchen. 

Der  zweite  hier  zu  nennende  Festigkeitsprüfer  rührt  von  M.  M. 
Schlumberger^  Sohn  und  Comp,  in  Mühlhausen  i.  E.  her  und  ist  in  deren 
Etablissement  in  Anwendung  gekommen.  Das  Bulletin  de  la  socie'te'  de 
Mulhouse  gibt  von  dem  in  den  Fig.  12  bis  14  Taf.  9  dargestellten  Apparat 
folgende  Beschreibung:  Das  Versuchsstück  wird  in  die  beiden  Klem- 
men Äj  ^2  eingespannt,  deren  eine  h.2  mit  einer  Stange  in  Verbindung 
gebracht  ist.  welche  einen  Kolben  k  trägt,  der  sich  in  einem  mit  dem 
auf  der  Fundamentplatte  c  angeordneten  Lagerstücke  0.2  verbundenen 
Cylinder  führt.  Die  Kolbenstange  ist  über  diesen  Cylinder  hinaus  um 
die  Länge  des  letzteren  verlängert  und  besitzt  an  ihrem  Ende  eine 
Scheibe,  welche  einer  Spiralfeder  l  als  Widerlager  dient,  die  den  Kolben 
umgibt  und  sich  gleichzeitig  gegen  dessen  Träger  öq  anlehnt.  Die 
zweite  Klemme  h^  trägt  eine  Spindel  e,  welche  in  einem  als  Mutter 
ausgebildeten,  im  Lager  Oj  angeordneten  Futter  ihre  Führung  erhält 
und  mit  Hilfe  desselben  von  der  Kurbel  f  aus  unter  Vermittelung  des 
Triebes  g  und  des  auf  der  Mutter  sitzenden  Zahnrades  d  in  der  einen 
oder  anderen  Richtung  bewegt  werden  kann.  Die  beiden  Lager- 
ständer Äj  Ä-2  sind  durch  zwei  Traversen  b^  b.^ ,  deren  erste  zwei  Gleit- 
bahnen trägt,  in  welchen  sich  der  Mafsstab,  auf  welchem  die  Dehnung 
und  Belastung  abzulesen  ist,  führt,  verbunden. 

Beim  Verwenden  des  Apparates  wird  nach  dem  Einspannen  des 
Versuchsstückes  der  Mafsstab  an  die  Klemmbacke  ^2  herangeschoben 
und  somit  die  Marke  m  mit  dem  Nullpunkte  der  Scala  n,  welche  die 
Belastung  angibt,  in  Uebereinstimmung  gebracht  und  die  Stellung  des 
am  Wagen  ä,  sitzenden  Nonius  auf  der  Scala  p  vermerkt.  Beim  Drehen 
der  Kurbel  (also  einem  Anspannen  des  Versuchsstückes),  wird  der 
Wagen  ^2  den  Mafsstab  vor  sich  herschieben  und  ihn  beim  Bruche 
desselben  stehen  lassen,  während  er  zurückgehen  wird.  Damit  das 
letztere  nicht  plötzlich  erfolgt,  ist  der  den  Kolben  k  enthaltende  Cylinder 
mit  Oel  gefüllt,  welches  bei  Bewegung  des  Kolbens  von  rechts  nach 
links  der  Zeichnung  durch  ein  im  Kolben  vorgesehenes  Ventil  denselben 
passiren  kann,  beim  Bruche  des  Versuchsstückes  aber  ein  Zurück- 
schlagen des  Wagens  Aj,  wie  es  die  Feder  l  veranlafst,  verhindert. 

Der  Weg  des  Wagens  (Klemme)  h^  ergibt  sich  aus  der  Belastung 
der  Feder  /,  und  es  wird  somit  der  Mafsstab  n  mit  Hilfe  von  m  die 
Anzahl  der  Kilogramm  anzeigen;  die  Scala  j)  dagegen,  auf  welcher 
sich  der  Nonius  0  um  ein  Stück  bewegt,  welches  gleich  ist  Belastung 
und  Dehnung,  der  Mafsstab  sich  aber  auch  um  den  Betrag  der  Belastung 
verschiebt,  wird  direkt  die  Dehnung  angeben. 

Auf  der  mit   Papier    umspannten   Trommel  q  werden   gleichzeitig 


168  Nicholson's  MutterntVäsmaschine. 

Dehnung   und  Belastung  des   Versuchsstückes   graphisch   linear   aufge- 
zeichnet werden. 

Soll  der  Apparat  für  viele  Versuche  Verwendung  finden,  so  wird 
der  Kurbelantrieb  fg  durch  einen  Maschinen  trieb  mit  selbsthätiger  Aus- 
rückung ersetzt. 

Ein  dritter  hierher  gehörender  Apparat  des  durch  den  Bau  von  Zug- 
festigkeitsprüfern  bekannten  Oskar  Leuner  in  Dresden  ist  1888  270  *  165 
bereits  beschrieben  und  sei  auf  denselben  hiermit  verwiesen. 

H.  Glafey. 

T.  Hateley's  G-rundgewinde-Schiieidiiiaschiiie. 

Mit  Abbildung  auf  Tafel  9. 

Die    Verwendung   gewöhnlicher   freistehender    Bohrmaschinen    mit 
Zahustangengetriebschaltung    zum    Schneiden    von    Grundgewinden     in 
gröfseren  Werkstücken  hat  Verbi-eitung  aus  dem  Grunde  nicht  gefunden  j 
weil  die  Schneidbohrer  bei  dieser  Arbeit  aufserordentlich  gefährdet  sind. 
Durch  Einschaltung  von   den  Widerstand   begrenzenden   Einrichtungen 
(vgl.  J.  Hartnefs^  1886  261 ""' 241)   hat  man  diese  Unzuträglichkeit   zu 
beheben  gesucht. 

Erfolgreicher   ist   die  Sicherung  der  Gewindeschneidbohrer    durch 
entsprechende  Ausgestaltung    von    besonderen    zum    Gewindeschneiden 
geeigneten  Maschinen  zu  erreichen,  indem  hierbei  leicht  die  Triebkraft 
in  ein  bestimmtes  Verhältnifs  zur  Festigkeit  des  Werkzeuges  gebracht 
werden  kann.     Nach  dem  Englischen  Patent  Nr.  6653    vom  26.  Januar 
1889  besteht  die  Maschine   von  T.  Hatcleij  aus   der  Triebwelle  A  mit 
einem  verschiebbaren  Reibungskegelpaar  D  (Fig.  15),  welches  zwischen 
den  Lagerstellen  B  liegt.     Durch  irgend  ein  bekanntes  Mittel  wird  je 
nach    dem  Drehungssinne    einer   dieser   Reibungskegel    an    die    Kegel- 
scheibe F  mit  bestimmter  Druckkraft  angeprefsfc ,   wodurch   die  Hohl- 
spindel E  und  damit  auch  die  den  Gewindebohrer  tragende  Spindel  L 
in  Drehung  versetzt  wird.   Der  die  Hohlspindel  E  umfassende  Gewichts- 
hebel Mi\  hält  die  Spindeln  E  und  L  in  der  Schwebe  und  sichert  auch 
hiermit  das  Werkzeug,  während  die  im  Lagerrahmen  H  angeordneten 
Stützrollen  I  nur  die  Bundreibung  der  Kegelscheibe  F  herabzumindern 
bestimmt  sind. 

Nicholson's  Mutternfräsmaschine. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  9. 

Um   die    Kopfflächen    von    Muttern    und    Schraubenbolzen    mittels 

Messerfräser  zu  bearbeiten,  hierbei  aber  die  sonst  durch  das  Einspannen 

der  Werkstücke  verlorene  Zwischenzeit  zu  gewinnen  und  für  die  selbs- 

thätige  Bearbeitung  nutzbar  zu  machen,  bauen  Nicholson  und  Watern^anJ 


Nicholson's  Mutternfräsmaschine. 


169 


Providence,  R.  I.,  Amerika,  eine  Maschine  mit  zwei  Spindeln,  von 
welchen  nur  je  eine  auf  einmal  kreist,  während  die  andere,  stillstehende 
zur  Aufnahme  des  Werkstückes  bereit  steht,  so  dafs  jeder  Aufenthalt 
möglichst  beschränkt  wird  (Textfigur). 

Nach  American   Machinist ^   1889  Bd.  12  Nr.  18  ""' S.  5,   schwingt  in 
Ringlagern  ein  Spindelstück  (Fig.  18);  dasselbe  wird  mittels  eines  Griff- 


kreuzes gewendet  und  durch  einen  Federriegel  festgestellt,  so  dafs 
immer  nur  eine  Spindel  in  die  Achse  des  Werkstückhalters  föllt, 
während  die  andere  darüber  steht.  Dadurch  bethätigt  der  lothrecht  von 
einer  gröfseren  Deckenscheibe  herablaufende  Betriebsriemen  nur  die 
untere  Spindel,  während  die  obere  freiliegt  und  stillsteht. 

Der  Stahlhalter  (Fig.  16)  erhält  keine  Drehung,  sondern  blofs  achsiale 
Längs  Verschiebung  in  einem  Führungslager  durch  ein  besonderes  Riemen- 
und  Schneckentriebwerk  mittels  einer  Daumenscheibe.  Tritt  der  Leit- 
stift in  den  kleineren  Absatz  der  Daumenscheibe  ein,  so  wird  der  kolben- 
artige Messerhalter  durch  ein  Gegengewicht  zurückgestellt  und  so  lange 
in  dieser  Stellung  gehalten,  bis  der  höhere  Absatz  der  Daumenscheibe 
bei  fortschreitender  Drehung  wieder  eintrifft.  Während  dieses  Zeit- 
raumes wird  die  Wendung  des  Spindellagers  vorgenommen  und  das 
während  des  Arbeitsganges  vorher  bereits  aufgespannte  Werkstück  in 
den  Wirkungsbereich  der  Formmesser  gebracht.  Die  Arbeitsgeschwin- 
digkeit wird  durch  eine  Stufenscheibe  am  Schneckentriebwerk  des  Messer- 
halters geregelt  und  dadurch  die  Länge  der  Arbeitsperiode  eines  Werk- 
stückes bemessen.  In  Fig.  17  ist  der  Aufspannbolzen  für  Mutternbearbeituug 
dargestellt,  während  gewöhnliche  Kopfbolzen  in  die  Hohlspindeln  ge- 
schoben und  mittels  selbstspannender  Futter  gehalten  werden.        Pr. 


170  Neuere  ■Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 

Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  9. 

Spritzkühler  für  Condensationswasser  von  See.  In  einer  der  letzten 
Sitzungen  des  Gewerbevereins  für  Nordfrankreieh  haben  die  Gebr.  See 
in  Lille  die  Vorzüge  ihres  Condensationswasser-Spritzkühlers  gegen- 
über den  in  Zuckerfabriken  viel  verbreiteten  Reisig-(Gradir-)Kühlern 
auseinandergesetzt  {Sucrerie  indigene ,  Bd.  32  Nr.  8  S.  195  vom  19.  Fe- 
bruar 1889). 

Wie  Fig.  1  zeigt,  besteht  der  Spritzkühler  in  einer  gufseisernen, 
mit  vielen  Löchern  versehenen  Büchse,  in  welche  das  heifse  Wasser 
durch  die  Kreiselpumpe  gedrückt  wird,  so  dafs  es  daraus  unter  Druck 
in  Gestalt  einer  Wassergarbe  hinausbefördert  wird.  Das  Wasser  er- 
fährt dadurch  eine  Abkühlung  bis  unter  die  umgebende  Temperatur. 
Die  Kosten  der  Einrichtung  sind  unbedeutend,  die  Unterhaltungs- 
kosten Null. 

Die  oben  genannte  Gesellschaft  hat  den  Herren  See  für  den  Wett- 
bewerb 1888  eine  silberne  Medaille  ertheilt.  Man  erwartet,  da  auch 
•  der  Wasserverlust  geringer  sein  soll,  zahlreiche  Anwendungen  in  Zucker- 
fabriken. 

Eine  neue  Art  der  Vacuumeinrichtung  wurde  W.  Greiner  in  Braun- 
schweig patentirt  (*D.  R.P.  Nr.  31022). 

Es  wird  namentlich  die  Beseitigung  zweier  Arten  von  Verlusten 
beim  Kochen  im  Vacuum  durch  diese  Vacuumbeheizung  angestrebt. 

Das  Kochen  mit  gespannten,  also  heifsen  Dämpfen  bewirkt  be- 
kanntlich : 

a)  an  den  Wandungen  der  Heizkörper  Zersetzungen  in  der  Füll- 
masse ; 

b)  bei  der  grofsen  Differenz  zwischen  Dampf-  und  Füllmassen- 
temperatur ein  Ueberreifsen  von  Zuckertheilchen  aus  dem  Kochraume 
heraus  nach  dem  Condensator  hin,  welche  nur  zum  Theil  wiedergewonnen 
werden  können. 

Als  die  gemeinschaftliche  Ursache  ist  die  zu  hohe  Temperatur  des 
Heizdampfes  bekannt.  Ueber  beide  täuscht  man  sich  gern  hinweg. 
Ersteren  verschweigt  man,  dem  anderen  sucht  man  mit  dem  Saftfänger 
beizukommen. 

Es  gibt  nach  W.  Greiner  aber  nur  ein  naturgemäfses  Mittel,  die  ge- 
nannten Verluste  zu  vermeiden  oder  doch  auf  ein  sehr  kleines  Mafs 
zurückzuführen,  und  das  ist  ruhiges,  langsames  Kochen. 

Unter  Berücksichtigung  einer  mittleren  Heizdampftemperatur  von 
etwa  115  bis  120»  C.  bedarf  man  freilich  des  langsameren  Kochens  wegen 
gröfserer  Füllmassenräume  und  erweiterter,  den  Bedingungen  entspre- 
chend gestalteter  Heizfläche.  Da  dieser  Dampf  ein  2,2  mal  gröfseres 
Volumen   hat   als   der  Dampf  von  145»  C,   so   müssen  andere  Verhält- 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  171 

nisse  zwischen  der  Heizflächeoeinheit  und  den  Dampfdurchgangsquer- 
schnitten eingeführt  werden,  —  andere,  als  man  bis  jetzt  bei  den 
Schlangen  gewohnt  war. 

In  dem  (rretncr''schen  Systeme  von  Heizkörpern  ist  es  möglich  ge- 
worden, Heizdampf  von  geringer  Spannung  zu  verwenden  und  trotz 
des  grofsen  Volumens  dieser  Dämpfe  durch  reichlich  bemessene  Quer- 
schnitte die  Heizkörper  so  mit  Dampf  zu  füllen  und  gefüllt  zu  erhalten, 
dafs  ein  Spannungsverlust  kaum  eintritt,  beispielsweise  mit  Rückdampf 
zu  kochen. 

Wenn  man  ferner  das  schnelle  Ab-  und  Ausfliefsen  des  Condens- 
wassers  in  Betracht  zieht,  so  wird  man  die  Richtigkeit  dieses  Systemes 
anerkennen. 

Im  Allgemeinen  wird  man  sich  mit  gedrosseltem  direkten  Dampfe 
behelfen  müssen,  da  besondere  Kessel  für  die  Beheizung  des  Vacuums 
selten  zur  Disposition  stehen  werden.  Man  mufs  sich  dabei  an  den  Er- 
folgen des  verlustfreien  Kochens  genügen  lassen. 

Am  besten  jedoch  wird  Heizdampf  verbraucht,  welcher  in  möglichst 
dünnwandigen  Kesseln  unter  geringer  Spannung  erzeugt  und  verwendet 
wird  und  in  welche  das  Condenswasser  von  selbst  zurückfliefst.  Dieses 
System  der  einfachen  Dampfheizung,  welches  gar  keine  Wärmeverluste 
in  sich  trägt,  ist  in  Groningen  und  Wegeleben  eingerichtet,  wo  es  sich 
nun  bereits  zwei  Campagnen  hindurch  bestens  bewährt  hat.  Eine  Reihe 
älterer  Kessel  ist  hier  verwendet  worden. 

Einen  Regen-Gegenstrom-Condensator  liefs  F.  Schultze  in  Berlin 
patentiren  (D.  R.  P.  Kl.  89  Nr.  46  014  vom  21.  März  1888). 

In  den  in  Fig.  2  Taf.  9  dargestellten  zusammengesetzten  cylindri- 
schen  Körper  K  K  strömt  bei  B  der  Brüden  ein.  Letzterer  umspült 
den  in  K  lose  eingehängten  Cylinder  CC  und  tritt  bei  P  in  denselben 
ein,  dem  Luftpumpenanschlusse  L  zustrebend.  Das  Kühlwasser  wird 
bei  W  eingeführt,  verbreitet  sich  in  einem  noch  näher  zu  beschreibenden 
Napfe  N  N^  fällt  durch  dessen  Boden  zertheilt  herab  und  nimmt  wäh- 
rend des  Fallens  die  Wärme  des  Brüdens  auf,  um  schliefslich  im  Fall- 
rohre F  herabzusinken. 

Der  eintretende  Brüden  trifft  also  den  von  innen  gekühlten  Cy- 
linder C,  mufs  dann  das  zwar  schon  erwärmte,  aber  doch  minder  heifse 
Wasser  bei  P  durchstreichen  und  zieht  nun  dem  stetig  kälteren  frei 
fallenden  frischen  Wasser  aufwärts  entgegen. 

So  ist  der  vollkommene  Gegenstrom  hergestellt,  und  die  zur  Luft- 
pumpe geführten  nicht  condensirten  Brüden  oder  nicht  condensirbaren 
Gase  verlassen  den  Condensator  an  dessen  kühlstem  Theile. 

Die  Vorrichtungen  für  die  thunlichste  Ausnutzung  des  Kühlwassers 
sind  nun  folgende: 

Um  auf  dem  Napfe  iV  das  Spritzen  eines  einfallenden  Wasser- 
strahles zu  vermeiden,  wird  das  Wasser  von  unten  eingeführt  und  dessen 


172  Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 

weiteres  Emporsteigen  durch  eine  vor  die  Mündung  des  Rohres  gehaltene 
Platte  verhindert. 

Der  im  Boden  concentriseh  ausgeschnittene  Napf  N  liegt  indirekt 
(durch  eine  elastische  Zwischenlage  geschieden)  auf  dem  erweiterten 
Rande  mm  des  Wasserrohres.  Durch  mehrere  Schrauben  s  kann  der 
Napf  wagerecht  eingestellt  werden. 

Der  Boden  des  Napfes  enthält  Röhrchen,  welche  in  Kreisen  Vy  r.^  . . . 
stehen  und  zugleich  in  jedem  Kreise  verschiedene  Höhen  haben,  gleich- 
viel in  welcher  Folge.  Durch  diese  Röhrchen  fällt  das  Wasser  regen- 
artig aus  dem  Napfe  iV  in  den  Condensationsraum  ab.  Das  Hervor- 
ragen der  Röhrchen,  auch  der  kürzesten,  aus  dem  Boden  des  Napfes 
hat  den  Zweck,  ein  festes  Aufsitzen  von  etwa  mitgeführten  Theilen 
(Blättern  u.  s.  w.)  zu  verhindern,  indem  das  von  unten  nachströmende 
Wasser  solche  Theile  stets  abhebt,  während  ein  einfach  gelochter  Boden 
des  Napfes  bald  verstopft  sein  würde. 

Die  verschiedeneu  Höhen  der  Röhrchen  bewirken,  dafs  bei  geringer 
Verdampfung,  also  auch  bei  entsprechend  geringem  Wasserbedarfe,  ein 
geringer  Theil  Wasser  zugelassen  werden  kann,  und  dieser  dennoch, 
durch  den  Kreis  der  niedrigsten  Rohre  abfallend,  einen  geschlossenen 
Kranz  von  fallenden  Wasserstrahlen  unterhalb  des  Napfes  bilden  mufs. 
Bei  Mehrbedarf  und  gröfserem  Wasserzuflusse  steigt  der  Wasserspiegel 
im  Napfe,  und  ein  zweiter  Kreis  von  Röhrchen  tritt  in  Thätigkeit; 
dieser  letztere  Zweck  der  Röhrchen  könnte  auch  durch  Etagenbleche 
erreicht  werden. 

Der  Napf  iV  ist  zum  Auswechseln  eingerichtet. 

Ueber  die  Arbeit  mit  und  ohne  Knochenkohle  wurde  von  Herherger 
in  Waghäusel  eingehend  berichtet  {Zeitschrift  des  Vereins  für  Rüben- 
zuckerindustrie des  Deutschen  Reiches^  1889  Bd.  39  S.  279). 

In  einer  sehr  treffenden  Kennzeichnung  der  vielfach  unrichtig  be- 
gründeten Anschauungen  über  diese  beiden  Arbeitsweisen  bezeichnet  der 
Verfasser  als  Grund  derselben  vorzugsweise  die  meist  zum  Vergleiche 
benutzte  unrationelle  Knochenkohlenarbeit,  nämlich  diejenige  mit  un- 
bedeutenden Mengen  Knochenkohlen  und  mit  unrichtiger  Verwendung 
der  Absüfswasser,  in  Vergleich  zu  welcher  allerdings  die  gänzliche 
Weglassung  der  Knochenkohle  berechtigt  sei.  Reichlich  und  richtig 
angewandte  Knochenkohle  werde  dagegen,  namentlich  so  lange  die 
Käufer  reinen  und  weifsen  Zucker  zum  Verbrauche  beanspruchten,  einst- 
weilen nicht  entbehrt  und  auch  bei  den  jetzt  reicheren  und  reineren 
Rübensäften  durch  die  Nichtfiltration  mit  Anwendung  von  schwefliger 
Säure  nicht  ersetzt  werden. 

Das  Wesen  der  richtig  verstandenen  und  gut  geleiteten  Knochen - 
kohlenfiltration  bestehe  nicht  sowohl  in  einer  Aufbesserung  des  Reinheits- 
quotienten, welche  vielfach  nur  1  bis  2  Proc.  betrage,  als  in  dem  Um- 
stände, dafs  das  spätere  Verhalten  der  filtrirten  Producte  in  Bezug  auf 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken,  173 

Ausbringung  und  Beschaffenheit  ein  so  verschiedenes  von  dem  des  un- 
filtrirten  zeigt,  dafs  anzunehmen  sei,  es  bestehe  das  Wesen  der  Knochen- 
kohlenfiltration in  erster  Linie  in  einer  qualitativen  Veränderung  in  der 
Zusammensetzung  der  Nichtzuckerstoffe,  und  erst  in  zweiter  Linie  in  einer 
quantitativen  Absorption  derselben.  Daher  könne  sehr  wohl  eine  grofse 
Verbesserung  der  Farbe,  des  Geschmackes  und  des  Krystallisationsver- 
mögens  von  einer  nur  geringen  Aufbesserung  des  Reinheitsquotienten 
begleitet  sein.  Die  Beschaffenheit  und  Eigenthümiichkeit  eines  Saftes 
sei  durchaus  nicht  ausschliefslich  nach  dessen  Reinheitsquotienten  zu 
beurtheilen,  vielmehr  auch  die  Natur  des  Nichtzuckers  in  Betracht  zu 
ziehen. 

Bestimmte  Versuche,  welche  zu  einem  strengen,  anwendbaren  Ver- 
gleich zwischen  beiden  Arbeitsweisen  führen  können,  sind  trotz  der  seit 
Jahren  dauernden  Erörterungen  über  diesen  Gegenstand  nicht  angestellt, 
oder  wenigstens  nicht  veröffentlicht  worden,  und  die  allgemeinen  Be- 
richte über  den  Erfolg  der  Nichtfilti-ation  entbehren  so  lange  der  be- 
weisenden Grundlage,  als  solche  einwandsfreie  Vergleichsversuche  nicht 
vorliegen.  Der  Verfasser  theilt  daher  zur  Ausfüllung  dieser  fühlbaren 
Lücke  die  Ergebnisse  eines  derartigen,  vor  einigen  Jahren  in  Waghäusel 
ausgeführten  Versuches  mit,  welcher  derartig  angelegt  war,  wie  es  ein 
richtiger  Vergleich  nach  den  unbestreitbar  richtigen  Grundsätzen  er- 
fordert, d.  h.  sie  schliefseu  alle  anderen  Faktoren,  die  das  Ergebnifs  zu 
Gunsten  der  einen  oder  anderen  Arbeitsweise  verschieben  könnten,  aus, 
indem  sie  ein  gleiches  Rübenmaterial  verwenden,  die  gleichen  Kalk- 
mengen verbrauchen,  mit  derselben  Scheidung  und  derselben  ersten  und 
zweiten  Saturation  arbeiten  und  erst  dann  auseinandergehen,  wo  sich 
beide  Verfahren  im  Prinzipe  unterscheiden.  Wo  bei  der  Knochenkohlen- 
arbeit die  Filtration  des  Dünn-  und  Dicksaftes  über  ein  angemessenes 
Quantum  Kohle  eintritt,  da  tritt  bei  der  Nichtfiltration  die  ihrem  Wesen 
eigene  dritte  Schwefligsäuresaturation,  verbunden  mit  einer  Filtration 
durch  Pressen  und  über  Kies,  für  welch  letzteren  indessen  auch  ein  ge- 
ringes, ihm  gleich  zu  achtendes  Quantum  Knochenkohle,  das  also  rein 
mechanisch  wirkt,  eingestellt  werden  kann. 

Die  in  den  Versuchen  zu  Tage  tretenden  niedrigen  Zahlen  erklären 
sich  bald,  wenn  man  in  Betracht  zieht,  dafs  die  Versuche  volle  5  Jahre 
hinter  der  Gegenwart  zurück  liegen,  und  wenn  man  weiter  in  Erfahrung 
bringt,  dafs  die  Fabrik  bis  in  die  letzten  Jahre  hinein  mit  einer  äufsei'st 
mittelmäfsigen  Rübenqualität  hat  arbeiten  müssen,  bis  es  ihr  gelungen 
ist,  durch  geeignete  Samen  aus  wähl  und  Selbstzucht  dem  auch  für  süd- 
deutsche Verhältnisse  noch  ungünstigen  Boden  eine  lohnende  Rüben- 
qualität abzuringen,  obwohl,  wie  bekannt,  der  süddeutsche  Roh- 
zuckerfabrikant nie  mit  den  Zahlen  hat  rechnen  können,  wie  sie  in 
Norddeutschland  allenthalben  gang  und  gebe  waren. 

Gerade  deshalb  zeigen  aber  die  Versuche  um  so  schlagender,  dafs 


174 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 


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Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 


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176  Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 

bei  einer  relativ  nicht  so  guten  Rübenqualität  der  Unterschied  zwischen 
Filtration  und  Nichtfiltration  ein  recht  in  die  Augen  springender  ist. 

Die  Versuche  wurden  doppelt  in  zwei  verschiedenen  Perioden  der 
Campagne  1883,'84  angestellt,  und  zwar  wurde  in  der  Zusammenstel- 
lung stets  der  Versuch  über  die  Arbeit  mit  schwefliger  Säure  mit  der 
darauf  folgenden  Betriebswoche  verglichen.  Das  Rübenmaterial  war  um 
diese  Zeit  —  und  die  Zahlen  ergeben  das  ebenfalls  —  von  nahezu 
gleichem  Zuckergehalte  und  gleichem  Quotienten.  Beide  Arbeitsweisen 
sind  nach  dem  damals  noch  hier  üblichen  Verfahren  der  getrennten 
Scheidung  und  Saturation  ausgeführt.  Man  arbeitete  natürlich  mit 
gleichen  Kalkmengen,  und  zwar  l^j^  Proc.  Aetzkalk,  der  nach  der  für 
hiesige  Verhältnisse  am  besten  bewährten  Methode  in  der  Weise  ver- 
theilt  wurde,  dafs  etwa  1,5  Proc.  auf  die  Scheidung  und  1/4  Proc.  auf 
die  zweite  Saturation  kam. 

Bei  der  Arbeit  ohne  Knochenkohle  geschah  die  dritte  Saturation 
mit  schwefliger  Säure  bis  auf  0,02  Proc.  Alkalität.  Was  die  Verarbei- 
tung bei  dem  Versuche  mit  schwefliger  Säure  anbetrifft,  so  ging  die- 
selbe wie  überall  anderwärts  von  Statten.  Der  von  der  dritten  Satu- 
ration kommende  Dünnsaft  lief  durch  Filterpressen,  wurde  in  den 
Verdampf körpern  zu  Dicksaft  concentrirt  und  lief  von  da,  um  von  der 
beim  Verdampfen  ausgeschiedenen  Substanz  mechanisch  filtrirt  zu  werden, 
über  Filter,  die  —  da  die  Anwendung  des  Kieses  versagt  war  —  mit 
Knochenkohle  gefüllt  waren,  deren  geringes  Quantum  in  Bezug  zur 
ganzen  Verarbeitung  indessen  als  verbessernd  gar  nicht  in  Betracht 
kommen  konnte.  Der  so  rein  mechanisch  filtrirte  Dicksaft  wurde  als- 
dann im  Vacuum  verkocht.  Die  hierbei  gemachten  Beobachtungen 
waren  kurz  folgende:  Die  Verdampfung  der  Säfte  in  den  Verdampf- 
körpern ging  augenscheinlich  etwas  langsamer  vor  sich,  ebenfalls  brauchte 
beim  Verkochen  derselben  im  Vacuum  jeder  einzelne  Sud  etwas  mehr 
Zeit  als  bei  solchen,  die  der  Knochenkohlenfiltration  entstammten.  Die 
erhaltene  Füllmasse  erwies  sich  kurz  und  auch  mit  gut  ausgebildetem 
Korne,  freilich  zeigte  sie  eine  bedeutend  dunklere  Farbe  als  die  hellgelben 
Massen  der  Knochenkohlenarbeit.  Was  natürlich  der  Füllmasse  anhaftete, 
war  auch  an  dem  Zucker  auszusetzen,  der  nicht  die  rein  gelblich-weifse 
Farbe  der  filtrirten  Producte,  sondern  die  den  meisten  geschwefelten 
Producten  mehr  oder  minder  anhaftende  unreine  Schattirung  zeigte. 

Die  normale  Ai'beit  mit  Knochenkohle  ging  wie  gewöhnlich  vor 
sich.  Man  arbeitete  mit  12  Proc.  Knochenkohle,  liefs  die  DünnsaftHlter 
auf  die  Dicksaftfilter  übersteigen  und  sandte  die  Absüfswasser  in  die 
Kalklöschstation.     (S.  Tabelle  S.  174  und  175.) 

Da  die  Versuche  zur  Genüge  für  sich  selbst  sprechen,  so  ist  es 
wohl  kaum  nöthig,  einen  weiteren  Commentar  an  dieselben  zu  knüpfen. 
Nur  so  viel  sei  erwähnt,  dafs  sich  also  nach  dem  aus  beiden  Versuchen 
berechneten  Mittel  ein  gleiches  Rübenmaterial  auf  100^  Füllmasse 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  177 

a)  bei  der  Arbeit  ohne  Kohle  64,9  Proc.  eiues  Zuckers  v.  94,3 

b)  ^      ,,         -,        mit         ,.       68,2       ,.         „  „  ,,    94,7 
ergab;  oder  dafs  aus  100*^  Rüben  entfielen: 

a)  b.d.  Arbeit  ohne  Kohle:  8.49  l.Prod..    1.21  II.  Prod..  in  Sa.  9.70 Zucker,     2.92  Proc   Melasse 

b)  .,  ,.        ..      mit  ..       8.98        ..  0,99         ..         .,    ..    9,97        ..         2.48 

Unterschied:    —0.49  l.Prod. +0.22  11.  Prod.,  _0,27Zucker. +0.44  Proc.  Melasse 

Die  Versuche  zeigen  also,  dafs  bei  der  Arbeit  ohne  Kohle  einem 
Mindergewinne  von  0,49  Proc.  I.  Product  für  lOO"^  Rüben  ein  Mehr- 
gewinn von  0,22  Proc.  II.  Product  und  0,44  Proc.  Melasse  gegenüber- 
steht. Bei  einer  täglichen  Verarbeitung  von  5000  Centner  Rüben  würde 
mithin  der  Ausfall  von  24,5  Centner  I.  Product  durch  einen  Mehrgewinn 
von  11  Centner  II.  Product  und  22  Centner  Melasse  und  durch  die  se- 
ringeren  Filtrationsspesen  zu  decken  sein. 

Sicherlich  dürfte  Jeder  auf  den  ersten  Blick  sehen,  dafs  die  Preis- 
differenz in  dem  Werthe  der  auf  beiden  Seiten  erzielten  Producte  eine 
mehr  als  hinlängliche  ist,  die  gröfseren  Verarbeitungskosten  der  Knochen- 
kohlenarbeit zu  decken;  ein  Umstand,  der  also  unter  den  obwaltenden 
Bedingungen  sicherlich  zu  Gunsten  der  oben  genannten  Arbeitsweise 
spricht.  Wenn  man  nun  auch  andererseits  wieder  zugeben  mufs,  dafs 
in  Folge  besseren  Rübenmaterials  und  anderer  Arbeit  sich  das  Verhält- 
nifs  in  den  Ausbeuten  beider  Arbeitsweisen  für  die  Kichtfiltration 
günstiger  stellen  wird  und  mufs,  als  die  obigen  Versuche  ergeben  haben, 
so  wird  man  doch  immer,  auch  beim  besten  Rübenmateriale,  den  Mehr- 
aufwand, der  bei  der  Knochenkohlenarbeit  aus  den  Filtrationsspesen  be- 
steht, mit  Leichtigkeit  durch  die  Mehrproduction  an  I.  Product,  die 
nothgedrungen  eintreten  mufs,  decken  können.  Freilich  wird  man  bald 
mit  dem  Einwurfe  bereit  sein,  um  eine  erfolgreiche  Arbeit  ohne  Knochen- 
kohlen bei  den  Versuchen  zu  erzielen,  hätte  man  mit  bedeutend  mehr 
Kalk  arbeiten  müssen,  man  hätte  mindestens  3  bis  S^j  Proc.  verwenden 
sollen.  Ganz  abgesehen  nun  davon,  dafs  früher  in  der  That  mit  solchen 
Kalkmengen  auch  bei  der  NichtfiJtration  gearbeitet  wurde,  so  ist  doch 
wiederum  nicht  zu  verkennen,  dafs  diese  hohen  Kalkmengen  sicherlich 
auch  bei  der  Knochenkohlenfiltration  den  gleichen  wohlthätigen  Einflufs 
ausgeübt  haben  würden  :  hätte  man  sie  hier  angewandt,  so  wäre  ein 
richtiger  Vergleich  nicht  möglich. 

Wie  dem  auch  sein  mag,  so  viel  geht  aus  den  augeführten  Ver- 
suchen zur  Evidenz  hervor,  dafs  bei  schlechtem  Rübenmaterial  die 
Knochenkohlenarbeit  unstreitig  nicht  nur  die  bessere,  sondern  auch  die 
rentablere  ist,  da  sie  allein  wieder  gut  machen  kann,  und,  wenn  richtig 
und  sachgemäfs  angewandt,  auch  wieder  gut  macheu  wird,  woran  der 
Boden  bezieh,  eine  schlechte  Saftreinigung  der  Rüben  gefehlt  haben. 

B.  Jelinek  in  Prag  und  M.  Taussig  in  Sedlitz  bei  Kuttenberg  ist  ein 
Verfahren  zum  gleichmäfsigeu  Anwärmen  und  Auslaugen  von  Rübeu- 
schuitzeln  patentirt  worden  (D.  R.  P.  Kl.  89  Nr.  46023  vom  27.  Mai 
1888),  welches  im  Wesentlichen  darin  besteht,  dafs  man  den  Saft  eines 

Dingler's  polvt.  Journal  Bd.  273  Nr.  4.  1889,111.  12 


17S 


Neuere  Verrahren  uiul  Apparate  für  Zuckerfabriken. 


Ditruseuvb  einmal  oder  mehrmals  durch  den  Calorisator  und  den  DifFuseur 
eirkuliren  läfst.  Bei  dem  bisherigen  Verfahren  werden  die  Säfte  in  den 
Calorisatoren  oder  in  den  Vorwärmepfannen  (oder  auch  durch  Anwärme- 
injectoren)  bedeutend  höher  erwärmt,  als  die  Temperatur  des  Dilfuseurs 
sein  soll,  wenn  die  Mischung  des  erhitzten  Saftes  mit  den  Schnitzeln 
stattgefunden  hat.  In  Folge  dessen  werden  diejenigen  Schnitzel,  welche 
vom  heifsen  Safte  zuerst  getroffen  werden,  verbrüht,  während  die 
übrigen  Schnitzel  kalt  bleiben  und  daher  nicht  genügend  extrahirt 
werden.  Die  Cirkulation  wird  hier  durch  Uentrifugalpumpen  oder  auch 
andere  Pumpen  (eventuell  Injectoren)  hervorgerufen. 

Die  Wichtigkeit  der  vollkommenen  Gleichmäfsigkeit  der  Tempe- 
raturen in  jedem  Gefäfse  ist  wohl  bisher  nicht  genügend  beachtet  wor- 
den, doch  bleibt  es  fraglich,  ob  die  Erzielung  derselben  nicht  auf  einem 
zu  umständlichen  Wege  angestrebt  wird. 

H.  J.  Vrabec  in  Wegstädtl  hat  nach  Beobachtungen  in  14  böhmischen 
Zuckerfabriken  einen  Vergleich  zwischen  der  DiffUsionsarbeit  aufgestellt 
{Böhmische  Zeilschrift  für  Zuckerindustrie ^  Bd.  13  Heft  5  S.  828),  wie 
dieselbe  im  Vorjahre  unter  dem  früheren  und  in  diesem  Jahre  unter 
dem  neuen  österreichischen  Zuckergesetze  (vgl.  1888  270  89)  ausgeführt 
worden  ist.  Es  zeigt  sich  darin,  wie  abhängig  die  Arbeitsweise  von 
der  Besteuerungsart  ist  und  wie  viel  richtiger  dieselbe  geworden  ist, 
seit  sie  sich  nicht  mehr  allein  auf  die  zu  erzielenden  Steuervortheile 
zu  richten  hat. 


1887,88 


1888:89 


Die  DitTusionsbatterie  enthielt  Körper  .     . 

davon  in  Thätigkeit 

Auslangeraum  1  Körpers 

„  im  Durchschnitt     .... 

Aaslaugezeit 

„  im  Durchschnitt  .     .  .     . 

Füllung  für  l'il  Aaslaugeraum      .... 

„         im  Durchschnitt 

Täglich  abgefertigte  Diffaseure     .... 

„        im  Durchschnitt 

Tägliche  Rübenverarbeitang  pr.  Batterie     . 

„  „  „  Zuckerfabr. 

„  „  im  Durchschnitt 

„        Verarbeitung  pr.  l'i'  Auslaugeraum 

„  „  im  Durchsciinitt    . 

Abgezogene  Saftmenge  vom  Inhalt   .     .     . 

„  „  im  Durchschnitt    . 

„  „  pr.  lüük  Rübe  .     . 

„  „  im  Durchschnitt    . 

Der  abgezogene  DitTusionssaft  hatte      .     . 

Durchschn.  Zusammensetzung  des  Saftes  . 

„  Quotient  des  Rübensaftes    .     . 

Aufbesserung  des  Quotienten 

Die  aasgelaugten  Schnitte  polar 

„                 „                   „         im  Durchschnitt 
Auslaugetemperatur 


9 

8 

710-11471 

9221 

25,6  Min. 

25,6      „ 

57,5 -68,1k 

63,9k 

450 

450 

2079—3393  MC. 

2079  -4590    „ 

2840  iMC. 

3236 -3832k 

3593k 

9.') -114,61 

102,21 
149  -177,7 

161 

8,7-11,3  S 

9,82-8,31—84,5 

83,4 

1,1 

0,34—0,65 

0,5 
81—900  c. 


10-14 

9-11,5 

1700-37831 

26791 

43,3—82  Min. 

62,2  Min. 

44,9-58,7k 

52,3k 

200—308 

241 

2700—4222  MC. 

2700—5778    „ 

3739  MC. 

935— 1748k 

1229k 

51,8-83,81 

65,01 

108,8-142,9 

124,6 

10,0—12,8  S 

11,5-9,85-85,6 

83,0 

2,6 

0,10—0,30 

0,204 
63—850  C. 


Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimraung.  179 

Vorstehende   Tabelle    enthält    den   Vergleich    der    beiden   Arbeits- 
methoden. (Schlui's  folgt.) 


Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestim- 
mung;  von  Constantin  Klinge. 

(Mit  Abbildungen  auf  Tafel  11.) 
Dank    der   Anregung,   welche   Paterno    und   Nasini  ^^   sowie   Victor 
Meyer-  gegeben,   hat  die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichts- 
bestimmung   im   Laufe   der   letzten   zwei  Jahre    gewaltige  Fortschritte 
erfahren. 

Trotzdem  die  diesbezügliche  Literatur  leider  verschiedene  Wider- 
sprüche, sowie  bis  jetzt  noch  offen  stehende  Fragen  aufzuweisen  hat, 
so  ist  doch  durch  zahlreiche  Forscher,  welche  sich  mit  diesem  Thema 
eingehend  beschäftigt  haben,  theils  durch  wissenschaftliche  Grundlagen, 
theils  durch  praktische  Verbesserungen  bezieh.  Vereinfachungen  des 
Verfahrens,  die  Methode  gegenwärtig  auf  einen  Staudpunkt  der  Ent- 
wickelung  gelangt,  welcher  jedem  Chemiker  in  einer  grofsen  Anzahl  von 
Fällen  gestattet,  sich  dieser  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung 
ohne  gröfsere  Schwierigkeiten  und  mit  geringen  Hilfsmitteln  zu  bedienen. 
Die  Fülle  von  Arbeiten,  welche  über  diesen  Gegenstand  in  den 
verschiedensten  Zeitschriften  veröffentlicht  worden  sind,  haben  den  Ver- 
fasser bewogen,  eine  einheitliche  Darlegung  der  Methode,  so  weit  das 
bis  jetzt  überhaupt  durchführbar  ist,  zu  geben. 

Bei  Abfassung  der  nachstehenden  Abhandlung  ist  das  Hauptgewicht 
auf  eine  eingehende  Besprechung  der  praktischen  Anwendung  der 
Methode  gelegt  worden,  um  allen  denjenigen,  welche  in  Zukunft  der- 
artige Molekulargewichtsbestimmungen  auszuführen  gedenken,  einen 
kurzen  Leitfaden  an  die  Hand  zu  geben,  woher  denn  auch  von  der  Be- 
sprechung einiger  theoretischer  Fragen,  welche  in  das  Bereich  der 
mathematischen  Physik  gehören  und  zur  Zeit  zum  Theil  auch  noch 
keine  genügende  Beantwortung  gefunden  haben,  Abstand  genommen 
worden  ist. 

Der  Abhandlung  liegen  die  Arbeiten  von:  F.  31.  Raoult.,  Paterno., 
van  fHoff.,  Victor  Meijer^  K.  Auwers.,  Ostwald.,  Beckmann.,  Hollemann., 
Hentschell.,  Fabinyi  und  Eykmann  zu  Grunde. 

L  Theoretischer  Theil. 
Das   Prinzip   der  Methode   beruht  auf  der  Beobachtung,  dafs  der 
Erstarrungspunkt  irgend   eines  lösenden  Mediums   bei  Gegenwart  einer 
in  demselben  gelösten  fremden  Substanz  herabgedrückt  wird. 

1  Berichte,  XIX,  2530. 

2  Berichte.  XXI.   539. 


180  Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestiramung. 

Umfassende  üntersuehungeu,  welche  früher  von  Bladgen^^  Rüdorff^ 
und  Coppet^  mit  wässerigen  Lösungen,  in  neuester  Zeit  von  Raoult*'  auch 
mit  einer  Reihe  von  anderen  lösenden  Medien  angestellt  worden  waren, 
hatten  zur  Erkenntnifs  bestimmter  Gesetzmäfsigkeiten  bezüglich  des 
Einflusses  geführt,  welchen  die  chemische  Natur  und  die  Menge  eines 
gelösten  Körpers  auf  den  Erstarrungspunkt  des  Lösungsmittels  ausüben, 
und  auf  dieser  Grundlage  arbeitete  Raoult  eine  neue  Methode  der  Mole- 
kulargewichtsbestimmung aus. 

Leber  die  Gesetze,  durch  welche  Raoult  seine  Methode  begründet, 
hat  K.  Auwers''  folgende  kurze  Zusammenstellung  gegeben: 

Die  Erniedrigung  des  Erstarrungspunktes  (Depression),  welche  ein 
Lösungsmittel  durch  Auflösen  eines  festen,  flüssigen  oder  gasförmigen 
Körpers  erfährt,  ist  innerhalb  gewisser  Grenzen  und  unter  gewissen 
Bedingungen  der  Menge  des  gelösten  Körpers  direkt,  der  Menge  des 
Lösungsmittels  aber  umgekehrt  proportional. 

Bezeichnet  man  mit  C  die  Depression,  welche  durch  P'^  Substanz 
in  L§  Lösungsmittel  hervorgebracht  werden,  mit  A  dieselbe  Gröfse  für 
1"  Substanz  und  lOOfe'  Lösungsmittel,  so  gilt  die  Gleichung: 

P  .  100- 

Multiplicirt  man  die  Gröfse  A^  welche  Raoult  den  Depressions- 
coefficienten  (coefficient  d'abaissementj  der  betreftenden  Substanz  für 
das  betreffende  Lösungsmittel  nennt,  mit  dem  Molekulargewicht  der  ge- 
lösten Substanz  M^  so  erhält  man  nach  der  Gleichung 

M.A=T 
die  sogen,  molekulare  Depression  des  fraglichen  Körpers.  Für  jeden 
Körper  ändert  sich  der  Werth  von  A  und  folglich  auch  von  T  mit  der 
Natur  des  Lösungsmittels:  dagegen  ergab  sich  aus  den  genannten  Unter- 
suchungen, besonders  denen  von  Raoult^  dafs  bei  Anwendung  desselben 
Lösungsmittels  der  Werth  von  T  für  gröfse  Klassen  chemisch  analog 
zusammengesetzter  Stoffe  einen  constanten  oder  doch  annähernd  eon- 
stanten  Werth  annimmt,  mit  anderen  Worten,  dafs  Verbindungen  von 
analoger  chemischer  Constitution  gleiche  Molekulardepressionen  besitzen. 

Raoult  fand  jedoch  noch  allgemeinere,  umfassendere  Gesetzmäfsig- 
keiten auf.  Berechnet  man  nämlich  nicht  die  Depression,  welche  1" 
Substanz  in  100?  Lösungsmittel  hervorruft,  also  die  Gröfse  A^  sondern 
diejenige  Depression,  welche  durch  Auflösung  von  einem  Molekül  der 
betreffenden   Substanz   in    100   Molekülen    des    Lösuns-smittels    bewirkt 


3  Phil,  trans..  LVIII.  277. 

i  Pogo.  Ann.  CXIV.  (J3.     CXVI,  55. 

5  Ann.  chim.  pht/s..  [4]  XXIII.  366.     XXV.  5<)'2.     XXVI.  98. 

6  ^nn.  chim.  phys..    [5]  XX.   217.     XXVIII.   133.     [6|    II.    (5i).    03.    99,   lli 
IV,  401.     VII [.  289.  317.     Compt.  rend..  CII,  1307. 

<    Berichte.   XXI.  701. 


Die  Raoulfsche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung.  181 

wird,  so  erhält  man,  wenn  M,  wie  früher,  das  Molekulargewicht  des 
gelösten,  Mi  dasjenige  des  lösenden  Körpers  ausdrückt,  die  Gleichung: 

M  T 

Aus  derselben  ei-gibt  sich  zunächst  unmittelbar,  dafs  die  neue 
Gröfse  Jj  einen  coustauten  Werth  besitzt,  so  lange  T  constant  bleibt. 
Führt  man  aber  diese  Rechnungen  für  eine  Anzahl  verschiedener 
Lösungsmittel  durch,  so  gelangt  man  zu  dem  höchst  bemerkenswerthen 
Ergebnisse,  dafs,  obwohl  die  Gröfse  J,  wie  erwähnt,  von  einem  Medium 
zum  anderen  ihren  Werth  ändert,  und  zwar  in  erheblichster  Weise, 
die  Gröfse  Tj  dennoch  mit  grofser  Annäherung  constant  bleibt.  Be- 
zeichnet man  mit  ?],  t.j^  fg  ....  die  Werthe  von  T  für  eine  Anzahl 
beliebiger  Lösungsmittel,  mit  »»j,  m,,  m^  .  .  .  .  die  Molekulargewichte 
der  letzteren,  so  gilt  mithin: 

lL^il^ii  =  j       Const. 
mj       nio       '«3 

Der  Werth  der  Constanten  schwankt  nach  den  Versuchen  von  Raoult 
zwischen  0,590  und  0,650  und  ist  im  Mittel  gleich  0,630  zu  setzen.  In 
Worten  lautet  das  Gesetz^:  Löst  mau  1  Molekül  einer  beliebigen  Sub- 
stanz in  100  Molekülen  eines  beliebigen  Lösungsmittels,  so  wird  der 
Erstarrungspunkt  des  letzteren  um  0,630  herabgedrückt. 

Dieses  Gesetz  bezeichnet  Raoult  mit  dem  Namen  des  ..allgemeinen 
Gesetzes  der  Erstarrung"  (loi  generale  de  la  congelation).  Dieses  Ge- 
setz gilt  zunächst  für  das  Temperaturintervall  0  bis  800  Q^  (j^  der 
Schmelzpunkt  aller  der  von  Raoult  benutzten  Lösungsmittel  innerhalb 
dieser  Grenzen  lag,  während  noch  zu  untersuchen  bleibt,  ob  das  Gesetz 
seine  Gültigkeit  behält  auch  für  Medien,  welche  einen  höhei-en  oder 
niedrigeren  Schmelzpunkt  besitzen. 

Aber  auch  innerhalb  des  bezeichneten  Intervalls  gilt  das  Gesetz 
nicht  ausnahmslos.  Bei  seiner  soeben  gegebenen  Formulirung  ist  still- 
schweigend die  Voraussetzung  gemacht,  dafs  der  Werth  von  T  bei 
gleichbleibendem  Lösungsmittel  nicht  allein  innerhalb  grofser  Körper- 
klassen constant  bleibe,  wie  dies  oben  als  der  Wirklichkeit  entsprechend 
ausgeführt  ist,  sondern  dafs  diese  Constanz  überhaupt  für  alle  Körper 
gelte.  Zieht  man  nur  die  organischen  Verbindungen  in  den  Kreis  der 
Betrachtung,  so  scheint  es  in  der  That  eine  Reihe  von  Lösungsmitteln 
zu  geben,  welche  letzterer  Forderung  genügen,  d.  h.  sämmiliche  orga- 
nische Substanzen  zeigen  in  ihnen  die  nämliche  molekulare  Depression. 
Bei  einer  Reihe  anderer  Medien  ist  die  Bedingung  wenigstens  für  die 
weitaus  überwiegende  Mehrzahl  der  Substanzen  erfüllt,  während  eine 
kleine  Menge  von  Körperu  —  regelmäfsig  Alkohole,  Phenole  und 
Säuren  —  in  denselben  Depressionen  hervorrufen,  welche  nur  halb  so 
grofs  sind  wie  die  .,normalen''  der  übrigen  Substanzen. 

8  Ann.  chim.  phys..   [6]  II.  92. 


182  l->if  Kauultbclie  Methode  der  ilolekulargevviclitsbestiiumuiig. 

Ein  gäuzlich  abweichendes  Verhalten  von  allen  übrigen  untersuchten 
Lö^^ungsmitteln,  die  siimmtlich  in  der  erwähnten  mehr  oder  weniger 
vollkouinienen  Weise  dem  allgemeinen  Gesetz  der  Erstarrung  gehorchen, 
zeigt  jedoch  das  Wasser,  das  ja  auch  in  vielen  anderen  Beziehungen 
eine  besondere  Stellung  einnimmt.  Allerdings  besitzen,  nach  den  bis 
jetzt  vorliegenden  Erfahrungen,  alle  organischen  Substanzen  im  Wasser 
eine  annähernd  gleiche  molekulare  Depression  J",  allein  aus  derselben 
berechnet  sich  nicht  der  normale  Werth  T^  =0,63,  sondern  ein  Werth, 
der  etwa  zwischen  0,920  und  1,27^  schwankt. 

Noch  weniger  trifft  das  allgemeine  Gesetz  auf  wässerige  Lösungen 
anorganischer  Substanzen  zu,  indem  bei  diesen  T  für  jede  Klasse  von 
Salzen  einen  besonderen  Werth  annimmt.  Da  es  sich  jedoch  in  erster 
Liuie  darum  handelt,  die  Methode  zur  Molekulargewichtsbestimmuug 
organischer  Substanzen,  welche  ja,  wie  gesagt,  dem  Raoult  schftxx  Ge- 
setze unterworfen  sind,  nutzbar  zu  machen,  so  soll  auf  die  soeben  er- 
wähnten abnormen  Verhältnisse  nicht  weiter  eingegangen  werden,  zumal 
dieselben  zur  Zeit  noch  keine  genügende  Beurtheilung  zulassen. 

Wie  schon  oben  bemerkt,  rufen  verschiedene  organische  Substanzen 
in  einigen  Lösungsmitteln  Depressionen  hervor,  welche  nur  halb  so  grofs 
sind  wie  die  normalen  der  übrigen  Substanzen.  —  Demgemäfs  gibt  auch 
Hnoult  für  jedes  Lösungsmittel  stets  zwei  Werthe  der  molekularen  De- 
pression T  an. 

T 
normal  anormal 

Wasser 19  9,5 

Benzol 49  25,0 

Eisessig 39  18.5 

Naphtalin 82  41,0 

Die  Substanzen,  welche  anormale  Depressionen  zeigen,  existiren 
nur  in  kleiner  Zahl,  und  meist  ist  dieselbe  nicht  gleich  für  die  ver- 
schiedeneu Lösungsmittel;  die  Essigsäure  bietet  eine  sehr  kleine  Zahl 
von  Ausnahmen  dar,  während  das  Benzol  die  Hälfte  der  normalen 
Depression  für  die  Alkohole,  die  Säuren  und  die  Phenole  nach  den 
Untersuchungen  von  RaouU  und  auch  für  die  Oxime  nach  denjenigen 
von  Beckmann-^  ergibt,  und  ist  es  erwähnenswerth,  dafs  diese  Körper, 
welche  in  jedem  Lösungsmittel  normale  und  anormale  Depression  her- 
vorrufen, wohlbestimmten  Gruppen  angehören,  ii' 

Das  Raoult  sehe  Gesetz,  welches  sich  lediglich  auf  eine  experimentelle 
Grundlage  stützt,  ist  rein  empirisch,  und  seine  Gültigkeit,  wie  es  sich 
schon  am  Wasser  gezeigt  hatte  und  neuerdings  aus  den  Arbeiten  von 
HenlscheU^^  hervorgeht,  keineswegs  allgemein. 

Nach  Oslwald^'i  würde  der  Satz  von  Haotdt   dann  allgemeine  Gül- 

9  Berichte,  XXI,  766. 

10  Raoult,  Ann.  chim.  phys.,  [6]  II,  88.     Paferno.  Berichte.  XXIL  465. 

11  Zeitschr.  für  phys.  Chem.,  II,  306. 

12  Zeitschr.  für  phys.  Chem..  II,  311. 


Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekiilareewicbtsbesiimmung. 


183 


tigkeit  habeu,  -neun  die  molekulare  latente  Schmelzwärme  dem  Quadrat 
der  absoluten  Schmelztemperatur  proportional  wäre:  dies  scheint  that- 
sächlich  in  einigen  Fällen  stattzufinden,  aber  nicht  in  allen. 

Dagegen  hat  van  t'Hoß^^  der  Methode  eine  sichere  wissenschaft- 
liche Grundlage  gegeben. 

Derselbe  beweist  durch  die  homologen  Beziehungen,  welche  das 
Losen  und  Verdampfen  der  Körper  in  Bezug  auf  ihre  molekularen  Ver- 
hältnisse zeigen,  dafs  die  molekulare  Depression  eines  Lösungsmittels 
in  einfacher  Beziehung  zur  latenten  Schmelzwärme  dieses  Lösunos- 
mittels  steht. 

Bezeichnet  man  mit  T  die  absolute  Erstarrungstemperatur  (also 
Erstarruugstemperatur -f- 273)  des  Lösungsmittels  und  mit  TT' die  latente 
Schmelzwärme  desselben,  so  läfst  sich  nach  der  Formel 

0,02. -pp  =  f 

die  molekulare  Depression  berechnen. 

Diese  Formel  ist  thermodynamisch  begründet  und  daher  allgemein 
gültig  1^. 

Die  nach  dieser  Formel  von  van  l  Hoff  berechneten  Werthe  stimmen 
thatsächlich  mit  denjenigen,  welche  Raoult^^  durch  zahlreiche  Versuche 
festgestellt  hatte,  vollkommen  übereiu. 


Lösungsmittel 

Gefrierpunkt  rLat„S.hme^- 

0.02.  P      j        Mol. 
IT         1   Depression 

Wasser 

Essigsäure 

Ameisensäure      .... 

Benzol 

Kitrobenzol 

273 

273  -f  16,7 
273  -t-    8.5 
273  -i-    4.9 
273  4-    5,3 

79 

43.2H 
55,6  *t 
29.1  f 
22.3 1 

18.9 
38,8 
28.4 
53.0 
69.5 

IS.  5 
38.6 
27.7 
50.0 
70.7 

""■  Berthelot.   Essai  de  mecanique  chimique. 

f  Pelterson.  Journal  für  praktische  Chemie  (2)  XXIV,  129. 

Für  ein  bei  38^  schmelzendes  Phenol  berechnete  Eykmann^^  nach 
der  van  t  Hoff' scheu  Formel  die  Constante  J=76.  während  die  mole- 
kulare Depression  des  Phenols,  aus  der  iJaoM/fscheu  Formel  (0,62  X  Mole- 
kulargewicht des  Phenols)  berechnet,  blofs  58,3  beträgt.  Zahlreiche  Ver- 
suche, welche  Eykmann  mit  Phenol  gemacht  hat,  um  experimentell  die 
molekulare  Depression  dieses  Körpers  festzustellen,  haben  zu  einem 
Werthe  geführt,  der  mit  dem  van  f  Ho  ff' sehen  übereinstimmt. 

Für  Naphtalin  gibt /?ao«7f  i-  die  molekulare  Depression  T=S2  an, 
während  nach  der  ran  t'Hoff'schen  Formel   sich  dieser  Werth  auf  69.4 

13  Zeitschr.   für  phys.   Chem..  I.  497. 
1-1  Zeitschr.  für  phys.  Chem..  IL  311. 

15  Ann.  chim.  phys..  [5]  XXVIII.     [6J  XI. 

16  Zeitschrift  für^phys.  Chem..  III,  113. 
1<    Compt.  rend..  CIl'.  1307. 


184  Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestiramung. 

berechnen  läfst.  R.  Fabinyi  i^  erhält  nun  für  Naphtalin  einen  Werth 
T=  70,  welcher  sich  dem  Äaow/rschen  nähert,  jedoch  erweist  sich  um- 
gekehrt aus  den  Untersuchungen  Eykmanns  i*^,  dafs  die  molekulare  De- 
pression des  Naphtalins  mit  dem  aus  der  van  CBol]"schen  Formel  be- 
rechneten Werthe  übereinstimmend  ist. 

Diese  Widersprüche  können  zum  Theil  darin  eine  Erklärung  finden, 
dafs  Raoult  mit  einer  willkürlich  gewählten  Concentration  des  Lösungs- 
mittels arbeitete  und  seine  Werthe  für  die  molekularen  Depressionen 
daher  immer  die  gleichen  bleiben,  unabhängig  von  der  Concentration 
des  lösenden  Mediums. 

Durch  die  van  fHoffsche  Relation  ändert  sich  die  molekulare 
Depression  eines  Lösungsmittels  stetig  mit  der  Concentration  desselben, 
da  der  Erstarrungspunkt,  welcher  ja  mit  der  Concentration  immer 
wechselt,  ein  Hauptfactor  der  Formel  ist. 

Ueberhaupt  spielt  die  Concentration  des  Lösungsmittels  bei  der 
praktischen  Durchführung  der  Methode  eine  äufserst  wichtige  Rolle. 
Die  Äaou/t''schen  Gleichungen  gelten  nur  für  sehr  verdünnte  Lösungen. 

Bei  zunehmender  Concentration  des  Lösungsmittels  ergibt  sich  meist 
ein  gleichmäfsiges  Ansteigen  der  Molekulargewichte.  Diese  Verhält- 
nisse hat  Beckmann'^o  durch  Curventafeln  veranschaulicht,  in  welchen 
die  beobachteten  Depressionen  als  Abscissen,  die  Molekulargewichte  als 
Ordinalen  eingetragen  sind  (Fig.  A  und  B  Taf.  11). 

Dieses  Ansteigen  der  Werthe  ei-klärt  Beckmann'^ ^  aus  der  Veränder- 
lichkeit der  molekularen  Depressionen  mit  der  Erstarrungstemperatur, 
auf  welchen  Umstand  vorhin  schon  aufmerksam  gemacht  wurde. 

Andererseits  aber  darf  die  Verdünnung  auch  nicht  unter  ein  gewisses 
Maafs  herabsinken  22^   wenn   man  zu  normalen  Werthen  gelangen  will. 

So  gibt  beispielsweise  RaouW^^  als  Grenzen  für  die  regelmäfsigen 
Werthe,  bei  Anwendung  von  Benzol  als  Lösungsmittel,  Depressionen 
an,  welche  zwischen  0,50  und  2,50  liegen,  doch  hat  neuerdings  Beck- 
mann'-^ bei  Depressionen  von  0,2^  und  weniger  schon  brauchbare  Werthe 
erhalten. 

Eine  Hauptbedingung  für  die  Anwendbarkeit  der  RaoulC s,c\\Qn 
Methode  ist,  dafs  zwischen  der  gelösten  Substanz  und  dem  lösenden 
Medium  keine  chemische  Wirkung  stattfindet. '^5  Ausgenommen  sind 
hierbei  die  Fälle,  in  denen  die  gedachte  Wirkung  sich  auf  ein  einfaches 
Zusammentreten   der   beiden  Körper  nach   bekannten   Gewichtsverhält- 


1^  Zeitschr.  für  phys.  Chem.^  III,  38. 
19  Zeitschr.  für  phys.  Chem.,  III,  113. 
'^0  Zeitschr.  für  phys.  Chem..^  II,   719. 

21  Zeitschr.  für  phys.  Chem..^  II,   740. 

22  Aiiicers^  Berichte.,  XXI,  705. 

23  Ann.  chim.  phys..,  [G]   VIII,  259. 

24  Zeitschr.  für  phys.  Chem.,  II,  718. 

25  Auicers.^  Berichte.,  XXI,  705. 


Die  Raoult'sche  3Iethode  der  Molekulargewichtsbestimmung.  185 

nissen  beschränkt,  wie  z.  B.  bei  der  Auflösung  eines  der  Hydratbildung 
fähigen  Körpers  in  Wasser  oder  einer  organischen  Base  in  Eisessig 
u.  s.  w.  Mau  hat  in  diesen  Fällen  nur  die  Menge  l  des  Lösungsmittels, 
welche  von  den  P§  gelöster  Substanz  fixirt  werden,  entsprechend  in 
Rechnung  zu  tragen,  wodurch  die  Gleichung 

C.L 


A  = 


in  die  Form 


.4  = 


P  .100 
C.(L  —  l) 


...         .,  (P  +  l).  100 

übergeht. 

Hiermit  mögen  die  Gesetzmäfsigkeiten,  aufweiche  sich  die  Methode 
stützt,  sowie  die  Bedingungen,  unter  welchen  dieselben  zutreffen,  p-e- 
nügend  skizzirt  sein. 

Bemerkt  sei  noch,  dafs  Baoulfi^  bei  der  Untersuchung  von  etwa 
loO  organischen  Verbindungen  nur  zweimal  zu  Ergebnissen  gelangte. 
die  mit  der  gebräuchlichen  Formulirung  der  Körper  in  Widerspruch 
standen :  für  Jodoform  und  Morphin  fand  er  nämlich  die  Molekulargewichte 
doppelt  so  grofs,  als  dieselben  allgemein  angenommen  werden. 

Aus  den  neueren  Untersuchungen  von  Paterno'^-'^  ergibt  sich  jedoch, 
dafs  die  durch  das  Jodoform  bewirkte  Depression  des  Benzols  als  normal 
angesehen  werden  mufs  und  dafs,  wenn  sie  sich  wirklich  von  der 
Norm  entfernt,  dies  im  entgegengesetzten  Sinne  erfolgt,  um  eine  höhere 
molekulare  Complexität  anzunehmen,  und  sie  würde  höchstens  beweisen, 
dafs  das  Jodoform  eine  theil weise  Zersetzung  erleidet,  was  auch  that- 
sächlich  der  Fall  zu  sein  scheint.  Ueberhaupt  sind  alle  Abnormitäten 
höchst  wahrscheinlich  auf  Dissociationserscheinungen  zurückzuführen. 

H.  Praktischer  Theil. 

Will  man  das  Molekulargewicht  eines  beliebigen  Körpers  mittels 
der  Raoulf sehen  Methode  bestimmen,  so  wird  es  sich  empfehlen,  die 
molekulare  Depression  T  des  gewählten  Lösungsmittels  zuerst  theoretisch, 
mit  Hilfe  der  van  t  Hoff" sehen  Formel,  zu  berechnen,  und  dann  die- 
selbe Gröfse  durch  Versuche  mit  Substanzen  von  bekanntem  Molekular- 
gewichte experimentell  festzustellen. 

Ist  dies  geschehen,  so  findet  man  das  Molekulargewicht  jeder  Sub- 
stanz, indem  mau  durch  eine  Reihe  von  Versuchen  den  Depressions- 
coefficienten  ^  bestimmt  und  mit  dem  gefundenen  Werthe  in  Jdividirt2^: 

T 

Mit   der  Raoult'sehen   Methode   erhält    man   im  Allgemeinen   keine 


26  Auwers.   Berichte.  XXI.   704. 

2T  Berichte.  XXII.  465. 

2*^  Autcers.  Berichte.  XXI.   704. 


186  iJie  Kaoult  sehe  Methucie  der  Molekulargewichtsbeslinimung. 

absolut  genauen  Werthe  für  die  Molekulargewichte,  sondern  nur  Nähe- 
rungswerthe. 

Was  die  Schärfe  der  Resultate  anlangt,  die  man  mit  der  Methode 
zu  erreichen  vermag,  so  bemerkt  K.  ylwu-^rs^«,  dafs  dieselbe  wesent- 
lich durch  zwei  Punkte  bestimmt  wird:  erstens  durch  die  Strenge,  in 
der  das  /{aouU'sche  Gesetz  überhaupt  gültig  ist,  und  zweitens  durch  den 
Grad  der  Genauigkeit,  mit  dem  man  den  Erstarrungspunkt  der  Lösungen 
zu  bestimmen  vermag. 

Der  erste  Punkt  braucht  nach  dem,  was  im  theoretischen  Theile 
gesagt  worden  ist,  nicht  näher  erörtert  zu  werden:  was  jedoch  den 
zweiten  Punkt  anbelangt,  so  ist  die  Genauigkeit  der  Resultate  einerseits 
von  der  Wahl  des  Apparates,  andererseits  aber  von  der  Wahl  und  Cou- 
centration  des  Lösungsmittels  abhängig. 

Die  Apparate. 

Das  von  Raoult  ursprünglich  angewandte  Verfahren  hat  auf  Grund 
neuerer  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand  mannigfache  Abände- 
rungen erlitten,  und  sind  namentlich  in  der  letzten  Zeit  verschiedene 
Ai)parate  zur  Bestimmung  des  Molekulargewichtes  aus  der  Gefrierpunkts- 
erniedrigung in  Vorschlag  gebracht  worden,  deren  Einrichtung  und  Hand- 
habung jetzt  näher  bespi'ocheu  werden  soll. 

Apparat  von  Auwers^^  (Fig>  1  Taf.  11).  Der  untere  Theil  eines  Glas- 
mantels, wie  er  zur  UmhüUuug  von  Dampfdichteapparateu  dient,  wird  ab- 
gesprengt, und  dieses  Gefäfs,  etwa  4,5  bis  5cm  ^yeit  und  13  bis  16^°»  hoch, 
durch  einen  \ierfach  durchbohrten  Korkstopfen  verschlossen.  In  die  mitt- 
lere Bohrung  wird  das  Thermometer  eingesetzt,  und  zwar  so  tief,  dafs 
seine  Kugel  sich  in  der  Mitte  der  Flüssigkeit  beiludet.  Hinter  dem  Ther- 
mometer befindet  sich  eine  Röhre  mit  Chlorcalcium,  um  die  bei  der  Ab- 
kühlung des  Apparates  einströmende  Luft  zu  trocknen.  In  der  Bohrung  A 
steckt  eine  kurze,  weite  Glasröhre,  die  ihrerseits  durch  einen  kleinen 
Kork  verschlossen  ist;  diese  Röhre  wird  nur  geöffnet,  wenn  durch  sie 
ein  Krystall  von  Eisessig  in  die  Flüssigkeit  geworfen  wird,  um  die  Er- 
starrung einzuleiten.  In  die  Bohrung  ß  ist  gleichfalls  eine  kurze  Glas- 
röhre eingesetzt,  in  der  sich  der  Stab  der  Rührvorrichtung  aus  Glas  auf 
und  ab  bewegt.  Um  den  kleinen  Zwischenraum  zwischen  Röhre  und 
Stab  —  in  der  Skizze  der  Deutlichkeit  halber  weiter  gezeichuet  als  in 
Wirklichkeit  —  von  der  Luft  abzuschliefsen,  was  durchaus  nothwendig 
ist,  wenn  man  eine  Reihe  von  Versuchen  mit  derselben  Lösung  anstellen 
will,  wird  ein  kleiner  Ballon  aus  sehr  dünnem  Gummi  mit  Ansatzstück, 
wie  sie  gelegentlich  zu  Vorlesungszwecken  benutzt  werden,  in  den  man 
oben  ein  Loch  »eschnitten  hat  —  oder  ein  sehr  dünnwandiger,   weiter 


29  Berichte.  XXI,  708. 

30  Berichte.   XXI.  711. 


Die  Raoult'sclie  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung.  187 

Gummischlauch  —  über  Röhre  und  Glasstab  gezogen  und  an  denselben 
so  befestigt,  dafs  er  den  Bewegungen  des  Rührers  folgen  kann,  ohne 
dieselben  zu  hindern  oder  selbst  gespannt  zu  werden.  Zur  sicheren 
Befestigung  werden  über  Röhre  und  Glasstab  kurze,  dicke,  eng  anlie- 
gende Stückchen  Gummischlauch  gezogen  und  an  ihnen  der  Ballon  mit 
Seide  festgebunden.  Der  ganze  Apparat  wird  in  eine  Klammer  an 
einem  Stativ  eingespannt.  In  eine  zweite,  höher  betiudliche  Klammer  ist 
ein  Stückchen  Holz  eingespannt,  an  welchem  um  ein  Paar  Nägel  zwei 
Rollen  drehbar  sind,  die  man  sich  aus  eingekerbten  Korkstückchen 
herstellen  kann,  üeber  die  Rollen  läuft  ein  seidener  Faden,  der 
mittels  eines  Platinöhres  an  dem  Stab  des  Rührwerkes  befestigt  ist: 
durch  eine  passende  Uebertragung  kann  man  das  Rührwerk  mit  einer 
kleinen  Turbine  in  Verbindung  setzen,  oder  man  bewegt  dasselbe 
während  des  Versuches  mit  der  Hand,  was  die  Beobachtung  in  keiner 
Weise  stört. 

Zur  Messung  der  Temperatur  wird  ein  gewöhnliches  Thermometer 
benutzt,  welches  von  0  bis  50^  in  ^'^^  Grade  getheilt  ist.  Die  Ablesung 
geschieht  mit  einer  Lupe,  die  in  passender  Entfernung  vor  der  Scala 
an  einem  kleinen  Stativ  einges])annt  wird. 

Mittels  einiger  Uebung  gelingt  es,  Auge,  Lupe  und  Theilung  stets 
in  die  gleiche  Lage  zu  einander  zu  bringen:  nöthigenfalls  kann  die  Ab- 
lesung auch  mit  einem  Fernrohre  geschehen,  was  anfangs  zur  Controle 
der  direkten  Ablesungen  empfehlenswerth  ist.  —  Die  Körperwärme  des 
in  grofser  Nähe  betindlichen  Beobachters  kann  keinen  merklichen  Ein- 
flufs  auf  die  Angaben  des  Thermometers  ausüben,  da  nach  den  Beob- 
achtungen von  HaouU^  selbst  wenn  die  Temperatur  der  Gesammtumge- 
bung  des  Apparates  w^ährend  des  Erstarrungsprozesses  um  200  geändert 
wird,  die  Ditl'erenzen  in  den  Angaben  nie  mehr  als  0,01*^  betragen.  Der 
mögliche  Fehler  der  Ablesung  beträgt  etwa  0,005  bis  0,01":  hierzu  kann 
noch  ein  möglicher  Fehler  der  Theilung  treten,  dessen  Betrag  etwa 
eben  so  hoch  geschätzt  werden  darf.  Die  Bestimmung  des  Erstarrungs- 
punktes kann  also,  was  die  beiden  erwähnten  Fehlercjuellen  anlangt,  im 
ungünstigsten  Falle  bis  zu  Ji  ^lO^o  fehlerhaft  ausfallen.  Jedoch  darf 
angenommen  werden,  dafs  diese  extremen  Fälle  nur  äufserst  selten  vor- 
kommen; der  durchschnittliche  Fehler  würde  vielmehr  ^h  ^-Ol"  nicht 
übersteigen.  Auch  müssen  jedesmal  eine  Reihe  von  Controlbestimmungeu 
angestellt  werden,  um  etwaige  Fehler  der  Einzelbestimmungen  möglichst 
auszugleichen. 

Jedenfalls  ist  aber,  falls  man  nicht  in  der  Lage  ist,  geprüfte  Thermo- 
meter mit  feinerer  und  weiterer  Theilung  zu  benutzen,  auf  eine  mög- 
lichst genaue  Ablesung  des  Thermometers  das  gröfste  Gewicht  zu  legen, 
da  schon  eine  verhältnifsmäfsig  kleine  Ungenauigkeit  hierbei  den  Werth 
einer  Bestimmung  gänzlich  illusorisch  machen  kann.  Die  Versuche 
wurden  von  Auxi-ers  in  folgender  Weise  anoestellt:  In  das  Gefäfs  wurden 


188  Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung. 

etwa  100s  Eisessig  31  abgewogen  —  es  genügt,  bis  auf  zehntel  Gramme 
zu  wägen  —  und  darauf  der  Apparat  in  ein  grofses  Becherglas  mit 
Wasser  gesenkt,  dessen  Temperatur  sieh  etwa  1  bis  20  unter  der  jedes- 
maligen Erstarrungstemperatur  befand,  also  im  Mittel  etwa  140  betrug. 
Unter  beständigem  Rühren  wurde  der  Eisessig  langsam  bis  etwa  ^^  bis 
^'2^  unter  seinen  Erstarrungspunkt  abgekühlt  und  darauf  durch  einen 
eingeworfenen  Krystall  die  Erstarrung  eingeleitet.  Zunächst  sank  der 
Quecksilberfaden  noch  um  2  bis  3  zehntel  Grade,  darauf  stieg  er  erst 
rasch,  dann  langsamer,  um  nach  kurzer  Zeit  seinen  höchsten  Stand  zu 
erreichen,  auf  dem  er  lange  Zeit  unbeweglich  verharrte;  danach  begann 
er  äufserst  langsam  zu  sinken.  Während  der  ganzen  Operation  wurde 
das  Rührwerk  bewegt.  Man  braucht  das  Sinken  des  Quecksilbers  nicht 
abzuwarten,  sondern  kann  den  Versuch  unterbrechen,  sobald  man  sicher 
ist,  dafs  sich  die  Kuppe  des  Quecksilbers  fest  eingestellt  hat.  Dieser 
höchste  Stand  des  Thermometers  wurde  nach  Raoult  als  der  wahre  Er- 
starrungspunkt angenommen.  —  Nach  Beendigung  des  Versuches  wurde 
der  Apparat  auf  ein  Wasserbad  gesetzt,  doch  so,  dafs  er  nicht  von  den 
Dämpfen  umspült  werden  konnte ;  der  Eisessig,  von  dem  nur  ein  kleiner 
Theil  erstarrt  war,  wieder  völlig  aufgethaut  und  nun  sofort  die  zweite 
Bestimmung  des  Erstarrungspunktes  des  Eisessigs  in  der  nämlichen 
Weise  wie  die  erste  vorgenommen  u.  s.  f.  Hierbei  zeigte  es  sich,  dafs 
der  fragliche  Punkt  in  der  Regel  bei  der  zweiten  Bestimmung  gegen- 
über der  ersten  um  0,01 0,  0,02",  auch  0,030  herabgedrückt  w^ar;  in 
einigen  Fällen  zeigte  sich  auch  bei  der  dritten  Bestimmung  eine  noch- 
malige kleine  Depression  gegenüber  der  zweiten,  die  jedoch  nie  mehr 
als  0,0050  betrug.  In  anderen  Fällen  ergaben  die  beiden  ersten  Be- 
stimmungen denselben  oder  fast  denselben  Werth  für  den  Erstarrungs- 
punkt, alsdann  trat  die  stärkere  Depression  bei  der  dritten  Bestim- 
mung auf. 

In  allen  Fällen  ergab  jedoch  meist  die  dritte,  spätestens  die  vierte 
Bestimmung  einen  Werth,  der  nun  bei  allen  weiteren  zur  Controle 
unternommenen  Bestimmungen  sich  als  völlig  constant  erwies. 

Es  mag  dahin  gestellt  bleiben,  wie  diese  anfänglichen  Unregel- 
mäfsigkeiten  zu  erklären  sind,  bei  denen  jedenfalls  die' Feuchtigkeit,  die 
zu  Anfang  jeder  Versuchsreihe  an  den  Wänden  des  Apparates  und  im 
Inneren  des  Ballons  haftet,  eine  wesentliche  Rolle  spielt :  aus  der  That- 
sache  ergab  sich  die  praktische  Regel,  nie  früher  Substanz  in  den  Ap- 
parat zu  bringen,  bevor  nicht  der  Eisessig  einen  constanten  Erstarrungs- 
punkt zeigte.  Sobald  dies  der  Fall  war,  wurde  eine  abgewogene  Menge 
Substanz  —  es  genügt,  bis  auf  Milligramme  zu  wägen  —  in  den  Apparat 
gebracht,  durch  Rühren  aufgelöst,  nöthigenfalls  unter  gleichzeitigem, 
gelindem  Erwärmen,  und  darauf  wie  beim  reinen  Eisessig  in  der  Regel 

31  Auwers  hat  mit  Eisessig  die  besten  Resultate  erzielt  und  daher  den- 
selben ausschliefslich  als  Lösungsmittel  angewandt. 


Kleinere  Mittheilungen.  189 

dreimal  hinter  einander  der  Erstarrungspunkt  des  Gemisches  bestimmt.  — 
Die  erhaltenen  Werthe  zeigten  zwischen  der  ersten  und  dritten  Be- 
stimmung eine  DitFerenz  von  höchstens  0,010.  Hierauf  wurde  eine  neue 
Menge  Substanz  zugegeben  und  abermals  in  der  Regel  drei  Versuche 
angestellt,  die  mit  derselben  Annäherung  unter  einander  übereinstimmten. 
Bei  dieser  zweiten  Reihe  von  Versuchen  wurden  sämmtliche  Depressionen 
auf  den  Erstarrungspunkt  bezogen,  der  sich  bei  der  letzten  Bestimmung 
der  ersten  Reihe  ergeben  hatte.  Was  die  Zeit  anlangt,  die  diese  Ver- 
suche in  Anspruch  nahmen,  so  erforderte  eine  einzelne  Bestimmung 
etwa  10  Minuten^  eine  ganze  Reihe  von  gewöhnlich  11  zusammen- 
gehörigen Bestimmungen  liefs  sich  mit  den  dazu  nöthigen  Vorbereitungen 
und  Wägungen  bequem  in  3  bis  4  Stunden  ausführen. 

Die  Schärfe   der   Resultate,   welche  Auwers  mit   seinem  Verfahren 
erzielt  hat,  sind  aus  folgendem  Versuchsbeispiele  3^  ersichtlich. 
In  der  Tabelle  bedeutet: 

E  den  Erstarrungspunkt  der  Lösungen, 
C  die  beobachtete  Depression, 

A  die  für  Is  Substanz  und  100?  Eisessig  berechnete  Depression, 
M  das  daraus  berechnete  Molekulargewicht. 
Die  Zahlen  sind  mit  Hilfe  des  von  Baoitlt  für  die  molekulare  De- 
pression des  Eisessigs  aufgestellten  Werthes  T  =S9  berechnet. 
Naphtalin^  C^qE^^  M=  128. 
Erstarrungspunkt  des  Eisessigs:  16,1000. 


Angewanc 

It:  lg,7865  ] 

S^aphtaliu 

in  101g,0  ] 

Eisessig.     Gefunden : 

E 
15,5950 
15,5950 
15,5950 

C 

0,5050 
0,5050 
0.5050 

A 
0,2860 
0.2860 
0,2860 
0,2860 

136 
136 
136 
136. 

Zugesetzt; 

:  0?,7937  Naphtalin. 

Gefunden : 

E 
15,3800 
15,3800 
15,3800 

C 
0.2150 
0.2150 
0.2150 

A 
0.2740 
0.2740 
0.2740 
0,2740 

M 
142 
142 
142 
142. 

Theorie 
M  =  128 

Mittel  der  Versu 
il/  =  139. 

iche 

(Schlafs  folgt.3 

Regeln  für  die  Erhaltung  anfgefundener  Alterthümer. 

Das  preufsische  Cultusministerium  hat  vor  kurzem  eine  Reihe  von  Regeln 
für  die  Erhaltung  von  Alterthümern  veröffentlicht,  welche  den  Zweck  haben, 
eine  Anleitung  zu  der  ersten  Behandlung  der  Alterthümer  bei  der  Auffindung 
derselben  zu  geben,  damit  sie  nicht  von  vornherein  so  sehr  beschädigt  werden, 
dafs  eine  spätere  Behandlung   nicht  mehr  von  Erfolg  ist.     Wir  glauben,    dafs 

32  Berichte.  XXL  715. 


190  Kleinere  JMittheilungen. 

unseren  Lesern  die  Mittheilung   der  gedachten  Regeln  willkommen  sein  wird, 
und  geben  dieselben  daher  nachstehend  wieder: 

1)  Holz  muls  vor  zu  schnellem  Trocknen  und  Zerreil'sen  an  der  Luft 
durch  Lagerung  in  Wasser  oder  Bedecken  mit  feuchtem  Moor,  Rasen,  Moos 
geschützt  und  zum  Transport  mit  einer  dicken  Schicht  von  Moos  oder  Heu 
umgeben  und  mit  8troh  dicht  umwickelt  werden.  —  Erhaltung:  Tränkung  mit 
einem  Gemisciie  von  Erdöl  und  Anstreiclierlirnifs  (Rezept  1)  •  unter  mög- 
lichster Beibehaltung  der  das  Austrocknen  aufhaltenden  Hüllen.  Kleinere 
Gegenstände  werden  mit  der  Harzlösung  (Rezept  II)  getränkt  oder  können 
aucii  (aber  nicht  solche  von  Eichenholz)  in  einer  starken  Alaunlösung  gekocht 
werden. 

2)  Knocheu^  Zähne^  Hirschhorn^  Elfenbein^  Koralle  dürfen  ebenfalls  nur  ganz 
allmählich  trocknen.  Sehr  mürbe  Stücke  sind  in  der  umgebenden  Erde  zu  be- 
lassen und  erst  nach  der  Erhärtung  durch  die  Tränkung  herauszuschälen.  — 
Erhaltung:  Tränkung  mit  der  Harzlösung  (Rezept  H). 

3)  Leder  und  Gewebe  sind  ebenfalls  nur  allmählich  zu  trocknen.  —  Erhal- 
tung: Tränkung  mit  der  Harzlösung  (Rezept  II).  Wenn  es  bereits  hart  und 
brüchig  ist,  mit  der  Mohnöl-Benzinraischung  (Rezept  III). 

4)  Bronze  ist  höchst  vorsichtig  zu  behandeln,  da  sie  oft  sehr  mürbe  und 
brüchig  ist.  Auf  Spuren  von  anhaftendem  Holze,  Haaren  und  Gewebe  ist 
sorgfältig  zu  achten,  ebenso  auf  das  Vorkommen  von  Einlagen  in  Gold,  Silber, 
Knochen,  Koralle,  Glastlufs  (Email),  Bernstein.  —  Reinigung  durch  behutsames 
Abspülen  in  lauw-armem  Wasser;  wenn  die  Patina  fester  ist  und  ersteres  nicht 
genügt,  durch  Einlegen  in  Seifenwasser  oder  sehr  dünne  Lösung  von  reiner 
Pottasche  und  nachheriges  Abspülen  in  lauwarmem  Wasser  oder  Bürsten  mit 
ganz  weichen  Bürsten  oder  Haarpinseln.  —  Erhaltung:  Schön  grüne,  feste 
Patina  erfordert  keine  weitere  Behandlung.  Sehr  mürbe  und  lose  aufsitzende 
Patina  wird  mit  der  Harzlösung  (Rezept  11)  getränJvt,  trübe,  aber  feste  Patina 
mit  der  Mohnöl-Benzinmischung  (Rezept  III)  und  darin  mit  anfangs  weicheren, 
später  mit  härteren  Bürsten  gebürstet.  Stücke  mit  krystallinischer  Patina 
(Salzpatina)  müssen  in  temperirtem  Wasser,  dem  etwas  chemisch  reine  Soda 
(Natrum  carbonicum)  zugesetzt  ist,  ausgelaugt,  in  reinem  lauwarmem  Wasser 
abgebürstet  und  abgespült  und  nach  dem  Trocknen  mit  der  Harzlösung  ge- 
tränkt wei'den.  Einzelne  später  ausblühende  Stellen  werden  mit  dünnem  Fisch- 
leime oder  der  Schellacklösung  (Rezept  V)  betupft. 

5)  Gold  ist  nur  von  anhaftenden  Verunreinigungen  durch  Abspülen  mit 
lauwarrtiem  Wasser  zu  reinigen. 

6)  Silber  ist  sehr  vorsichtig  zu  behandeln,  da  es  häufig  sehr  mürbe  und 
brüchig  ist.  —  Reinigung  wie  Bronze.  -  Erhaltung:  Feste,  noch  ganz  metal- 
lische Stücke  sind  in  dünner  Ammoniaklösung  zu  waschen,  dann  in  lau- 
warmem Wasser  abzuspülen  und  vorsichtig  zu  erwärmen,  um  das  Ammoniak 
wieder  zu  entfernen.  Brüchige  Stücke  sind  nach  vorsichtiger  Reinigung  (Ab- 
spülen in  lauwarmem  Wasser)  mit  der  Harzlösung  (Rezept  II)  zu  tränken 
und  zu  weiterer  Behandlung  einem  erfahrenen  Gold-  oder  Silberarbeiter 
(Hofgoldschmied  P.  Te/pe,  Berlin  C,  Holzgartenstrafse  Nr.  8,  ist  zu  empfehlen) 
zn  ül)ergeben. 

7)  Blei  und  Zinn  sehen  knochenähnlich,  weifslich  grau  aus  und  sind  meist 
aufserordcntlich  mürbe  und  zerbrechlich.  Sie  sind  in  warmem  Wasser  abzu- 
spülen und  ganz  vorsichtig  zu  trocknen.  —  Erhaltung:  Tränkung  mit  der 
Harzlösung  (Rezept  II). 

8)  Eisen.  Abbröckelnde  Eisentheile,  wenn  es  auch  nur  Rost  ist,  müssen 
sorgfältig  aufbewahrt  und  mit  Fischleim  oder  Hausenblase  wieder  angekittet 
werden.  Vollständig  gut  erhaltenes  Eisen  mit  schwarzblauem  „Edelröste"  ist 
abzuspülen  und  mit  einem  die  Luft  abhaltenden  dünnen  Ueberzuge  (erwärmtes 
weifses  Wachs  oder  ParalTm  in  Benzin  u.  s.  w.  gelöst  [Rezept  IV])  zu  ver- 
sehen. Gerostetes  Eisen  mufs  mit  Gaze  umhüllt  und  in  lauwarmem  Wasser, 
dem  etwas  chemisch  reine  Soda  (Natrum  carbonicum)  oder  ungelöschter  Kalk 
zugesetzt  ist,  ausgelaugt  werden,  bis  das  täglich  zu  erneuernde  Wasser  keinen 


1  Die  „Rezepte"  siehe  weiter  unten. 


Kleinere  Mittheilungen.  191 

braunen  Niederschlag  mehr  gibt.  Die  Gegenstände  werden  hierauf  getrocknet, 
6  bis  8  Tage  in  absoluten  Alkohol  gelegt  und  bei  gelinder  Wärme  wieder 
allmählich  getrocknet.  Grölsere  Stücke  werden  alsdann  in  einer  Mischung  von 
Leinöl  oder  Firnils  und  Erdöl  zu  gleichen  Theilen,  am  besten  auf  dem  Wasser- 
bade gekocht  oder  in  erwärmtem  Zustande  wiederholt  mit  dieser  Mischung 
getränkt.  Kleine  Gegenstünde  dagegen  werden  mit  der  Harzlösung  (Rezept  II) 
getränkt.  Zeigen  sich  Spuren  von  Einlagen  (Tauschirung  u.  s.  w.),  so  sind 
die  Gegenstände  zunächst  nur  in  reinem  Wasser  auszulaugen  und  dann  einer 
bewährten  Anstalt  zur  weiteren  Behandlung  zuzusenden.  (Das  Römisch-Ger- 
manische Museum  in  Mainz  ist  darauf  eingerichtet,  für  andere  Institute  solche 
Arbeiten  zu  übernehmen.)  Ganz  durchgerostete  Stücke  sind,  wenn  sie  nicht 
zu  bröckelig  sind,  ebenfalls  in  Gaze  zu  hüllen,  vorsichtig  einige  Tage  eist  in 
Wasser,  später  in  Alkohol  auszulaugen  und  dann  allmählich  zu  trocknen;  die 
etwa  abgebrochenen  Theile  werden  darauf  mit  Hausenblase  oder  Fischleira 
angekittet  und  die  Gegenstände  schliefslich  ebenfalls  mit  Leinölßrnifs  und 
Erdöl  oder  noch  besser  mit  einer  Lösung  von  gebleichtem  Schellack  in  Al- 
kohol, dem  ein  ganz  geringes  Quantum  von  Ricinusöl  (Rezept  V)  zugesetzt 
ist,  getränkt.  Drohen  dergleichen  Stücke  schon  gleich  nach  der  Auffindung 
zu  zerfallen,  so  tränke  man  sie  sogleich  mit  obiger  Schellacklösung  (Re- 
zept V),  hülle  sie  in  Gaze  und  bewahre  sie  an  einem  warmen  trockenen 
Orte  auf.  Die  Tränkung  ist  dann  mehrfach  zu  wiederholen,  auch  noch  nach 
längerer  Zeit. 

9)  Thovgegenstände  wei'den  vorsichtig  getrocknet,  bis  der  Thon  wieder  fest 
ist,  dann  mit  weichen  Stielbürsten  abgebürstet,  mit  reinem  Wasser  mittels 
eines  Schwamnies  abgespült,  wieder  getrocknet  und  abgebürstet;  dabei  wird 
aber  sorgfältig  auf  Bemalung  geachtet,  damit  durch  das  Abbürsten  nicht  die 
etwa  zum  Vorschein  kommenden  Erdfarben  mit  abgebürstet  werden.  Zum 
Kitten  bedient  man  sich  des  Fischleimes,  am  besten  des  amerikanischen  oder 
des  kaltflüssigen  Leimes  (Rezept  VI).  Zum  Ergänzen  und  Ausfüllen  der  Fugen 
der  Steinpappe  (Rezept  VII).  —  Erhaltung:  Sehr  mürbe  Stücke  werden  mit 
Belmont3'löl  getränkt  oder  in  Ermangelung  dessen  mit  der  Harzlösung  (Re- 
zept II).  Die  Glättung  wird  durch  Tränkung  der  Oberfläche  mit  Mohnöl- 
ßenzinlösung  (Rezept  III)  und  vorsichtiges  Bürsten  nach  dem  Trocknen  wieder 
hervorgerufen,  ebenso  die  farbigen  Verzierungen. 

10)  Glas.  Farbiges  Glas  wird  in  lauwarmem -Wasser  vorsichtig  abgespült.  — 
Erhaltung:  Tränkung  mit  Mohnöl-Benzinlösung  (Rezept  III),  bei  starker  Ver- 
witterung mit  der  Harzlösung  (Rezept  II).  Zum  Kitten  wird  Fischleira  oder 
Hausenblase  angewendet.  Weifses  Glas  mit  irisirender  Schicht  erfährt,  wenn 
nicht  schon  gänzlicher  Zerfall  droht,  jetzt  gewöhnlich  keine  Behandlung. 

11)  Bernstein  wird  wie  Glas  behandelt.  — 

Die  „Rezepte",  welche  für  die  Bereitung  der  besonderen  Erhaltungsmittel 
gegeben  werden,  sind  folgende: 

I.  Firnifs-Erdölmischung.  Bester  Anstreicherfirnifs,  bestes  gereinigtes  Erdöl 
zu  gleichen  Theilen  zu  mischen. 

IL  Harzlösung.  15g  Dammarharz  werden  in  130g  reinsten  Benzins  gelöst, 
dieser  Lösung  ein  Gemenge  von  20g  gebleichten  Mohnöls  und  150g  Terpentin- 
spiritus bester  Qualität  hinzugesetzt.  Letzteres  Gemenge  ist  als  solches  (nicht 
die  Substanzen  einzeln)  der  Lösung  hinzuzusetzen.  Bei  längerem  Stehen  wird 
die  Lösung  dick,  sie  mufs  dann  zum  Gebrauche  wieder  mit  Benzin,  dem  etwas 
Terpentinspiritus  zugesetzt  ist,  genügend  verdünnt  werden. 

III.  Mohnöl-Benzinmischung.  20g  gebleichten  Mohnöls  werden  mit  270g 
besten  gereinigten  Benzins  gemischt. 

IV.  Eisensalben,  a)  Weifses  Wachs  wird  in  Benzin  oder  Terpentinspiritus 
gelöst,  b)  Paraffin  wird  in  Benzin  oder  Terpentinspiritus  gelöst,  c)  Virginia- 
Vaseline,  d)  Belmont_ylöl  (zu  haben  bei  Polborn.  Berlin  S,  Kohlenufer  Nr.  2, 
e)  Cerotine  (zu  haben  bei  Dr.  Jacobsen.  Berlin  N,  Sellerstrafse  Nr.  26). 

V.  Schellacklösung.  Gebleichter  Schellack  wird  in  einer  reichlichen  Menge 
Alkohol  gelöst  und  der  recht  dünnflüssigen  Lösung  ein  ganz  geringes  Quantum 
(einige  Tropfen)  Ricinusöl  zugesetzt. 

VI.  Kaltflüssig-er  Leim  für  Knochen  und  Thongegenstände  als  Nothbehelf 


192  Kleinere  Mittheilungen. 

für  Fischleim  zu  verwenden.  In  eine  dünnflüssige,  warme  Lösung  Cölner 
Leim  wird  etwa  das  Doppelte  ihres  Volumens  arabisches  Gummi  eingerührt, 
bis  die  Masse  die  Consistenz  des  Honigs  hat,  und  dann  ein  wenig  Glycerin 
zugesetzt. 

VIL  Steinpappe.  5(X)g  Cölnischer  Leim  werden  ziemlich  dick  eingekocht, 
hierin  drei  Bogen  starkes  weil'ses  Flieispapier  oder  vier  Bogen  weifses  Seiden- 
papier, das  vorher  in  mögliclist  kleine  Stücke  zerzupft  wird,  zerrührt,  bis  das 
Ganze  einen  gleiclimäl'sigen  Brei  bildet.  Man  kocht  denselben  dann  gut  durch, 
fügt  unter  stetem  Umrühren  und  Kneten  mittels  eines  dicken  Stabes  2^,5  recht 
fein  gesiebte,  trockene  Schlemrakreide  und,  nachdem  dies  Gemisch  tüchtig 
durchgearbeitet  ist,  80"  Leinöl  hinzu,  welches  ebenfalls  durch  tüclitiges  Kneten 
wieder  gleichmäl'sig  vertheilt  werden  mufö.  Um  das  Faulen  des  Leimes  zu 
verzögern,  setzt  man  dem  Gemische  zuletzt  noch  50S  venetianischen  Terpentin 
zu,  doch  ist  dies  nicht  gerade  dui-chaus  erforderlich,  tüchtiges  gleicbmäfsiges 
Durchkneten  der  Masse  ist  die  Hauptsache. 

Die  in  Wandtafelform  gedruckten  Regeln  schliefsen  mit  der  Warnung, 
dafs,  da  Erdöl,  Terpentin,  Alkohol  und  namentlich  Benzin  sehr  leicht,  letzteres 
schon  bei  verhältnifsmäfsig  niederen  Hitzegraden,  entzündlich  sind,  mit  diesen 
Stoffen  nur  in  einem  Räume  gearbeitet  werden  dürfe,  in  welchem  sich  kein 
hellbrennendes  Feuer  befindet.  Die  Erwärmung  der  zu  behandelnden  Gegen- 
stände dürfe,  wenn  nicht  ein  besonderer  Raum  mit  passender  Feuerungs-  und 
Trockenanlage  vorhanden  sei,  nur  in  abgeschlossenen  Röhren  von  Kachelöfen 
geschehen.  Am  besten  seien  solche  Oefen,  welche  von  einem  Kebenraume 
aus  geheizt  werden. 

Goolden's  feuersichere  Widerstandsralimen. 

Für  die  Prüfungszwecke  und  die  Regulirung  elektrischer  Ströme  fertigen 
Goolden  und  Comp,  feuersichere  Rahmen  für  Drahtwiderstände  an.  Die  kleineren 
haben  nach  dem  Etectrician,  1889  Bd.  23*  S.  203,  eine  Weite  von  305mm  und 
eine  dem  nöthigen  Widerstände  entsprechende  Länge  bis  zu  860mm.  Sie  be- 
stehen aus  einem  Gufseisenstück  oben  und  unten  und  zwei  diese  beiden  Stücke 
verbindenden  Eisenstäben  zur  Seite.  Die  beiden  Längsstücke  sind  hohl  und 
in  ihre  Höhlungen  sind  Schieferplatten  eingesetzt,  die  durch  durchgehende 
Bolzen  befestigt  sind.  Der  eine  Rand  jeder  Platte  steht  über  das  Gufsstück 
vor  und  an  ihm  sind  mittels  durch  den  Schiefer  gehender  messingener  Schrauben 
und  Muttern  die  Enden  der  Widerstandsspiralen  befestigt.  Im  unteren  Gufs- 
stücke  ist  ein  kreisbogenförmiger  Schlitz  angebracht,  in  welchem  von  der 
Schieferplatte  her  Contactsäulchen  stehen,  so  dafs  mittels  einer  Contactkurbel 
mehr  oder  weniger  Widerstände  eingeschaltet  werden  können. 

In  der  gröl'sei'en  Form  tragen  die  beiden  gufseisernen  Rahmenstücke  oben 
und  unten  je  10  in  der  Gufsform  eingesetzte  Schmiedeisenstifte;  auf  letzteren 
sind  durch  geschlitzte  Stifte  Isolatoren  befestigt,  woran  die  Enden  der  Wider- 
standsdrähte befestigt  sind;  die  Enden  von  je  2  benachbarten  Drähten  sind 
durch  ein  Verbindungsstück  vereinigt,  von  dem  ein  Draht  nach  dem  in  der 
Mitte  des  Rahmens  angeordneten  Kurbelumschalter  geführt  ist;  der  Umschalter 
enthält  auf  einer  auf  ein  eisernes,  an  den  seitlichen  Verbindungsstangen  be- 
festigtes Querstück  aufgeschraubten  Schieferplatte  die  nöthigen  Contaetstücke. 
Die  Weile  des  Rahmens  mifst  457mm  ^  die  Länge  bis  zu  lm.83.  Die  Wider- 
standsdrähte bestehen  aus  Platinoid,  Keusilber,  verzinntem  oder  galvanisirtem 
Eisen,  je  nach  dem  Zweck. 

Die  kleineren  Rahmen  reichen  bis  etwa  1000  oder  2000  Watt  aus,  ohne 
sich  zu  erwärmen,  die  gröfseren  bis  etwa  8000  bis  10000  Watt. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Neuerungen  in  der  Aufbereitung.  193 

Neuerungen  in  der  Aufbereitung. 

.Mit  Abbildungen  auf  Tafel  10. 

Julius  Miehe  in  Neuhofwäsehe  und  Heinrich  Zeitner  in  Friedrichs- 
grube haben  einen  schwingenden  Muldenherd  construirt,  welcher  bei- 
spielsweise zur  weitereu  Verarbeitung  der  Rückstände  aus  den  Fein- 
setzmaschinen, der  Schlämme  von  den  Planherden  und  ähnlichen  Gutes 
in  der  Hauptwäsche  der  Friedrichsgrube  (Schlesien)  in  Benutzung  ge- 
nommen ist.  Der  in  Fig.  1,  2  und  3  dargestellte  Apparat  besteht  aus 
dem  muldenförmigen  Herde  A^  der  Aufhängevorrichtung  B  B^  und  der 
excentrischen  Bewegung  C. 

Der  Herd  wird  durch  die  Excentervorrichtung  in  schwingende  Be- 
wegung versetzt:  die  Geschwindigkeit  richtet  sich  nach  der  Korngröfse 
des  zu  waschenden  Gutes.  Bei  feinen  Schlämmen  werden  etwa 
150  Schwingungen  erforderlich. 

Das  zu  verarbeitende  Gut  wird  bei  c  über  die  ganze  Breite  des 
Herdes  A  unter  Wasserzuführung,  am  besten  aus  einem  Vorschlämm- 
kasten,  aufgetragen.  Durch  die  vom  Hei-de  ausgeführten  Schwingungen 
entstehen  auf  denselben  Wellen,  welche  das  Leichte  über  die  Herd- 
fläche führen,  während  das  specifisch  Schwerere  auf  dem  Boden  von 
A  nach  den  Austragungen  d  und  e  gelangt  und  seitlich  abfliefst.  Die 
Austragungen  sind  durch  die  Rinnen  ff^^  welche  an  Schrauben  g  g^ 
hängen,  durch  letztere  stellbar.  Der  muldenförmige  Boden  ist  für  diese 
Austragungen  nöthig,  weil  je  nach  dem  Material  das  specifisch  Leichtere 
abgeschieden  werden  kann.  Die  Schwingherde  können  über  einander 
augeordnet  werden  und  richtet  sich  deren  Länge  und  Breite  nach  der 
beanspruchten  Leistung  (vgl.  D.  R.  P.  Nr.  40419  vom  9.  Oktober  1886). 

Ein  dachförmiger  Waschherd  (Fig.  4,  5  und  6)  ist  Georg  Scherbentng 
in  Lipine  (Oberschlesien)  unter  Nr.  46  760,  gültig  vom  19.  Oktober 
1888  ab,  in  Deutschland  patentirt  M'ordeu. 

Der  Herd  besteht  aus  einem  je  nach  der  Dichtigkeit  und  Schwere 
des  aufgegebenen  Materials  verschieden  breiten  Tuche  ohne  Ende  f, 
welches  aus  Zinkblech,  Gummituch,  Leinwand  o.  dgl.  besteht  und  über 
eine  Anzahl  Führungs-  und  Laufrollen  von  verschiedenem  Durchmesser 
mittels  Riemen-  oder  Zahnradverbindung  fortbewegt  werden  kann.  Die 
Anordnung  der  Rollen  ist  folgende:  In  zwei  hölzernen  oder  eisernen, 
gleich  oder  ungleich  langen  Rahmen  b  sind  mehrere  Führungsrollen  r 
fest  gelagert. 

Die  beiden  Rahmen  sind  dann  auf  ein  hölzernes  oder  eisernes  Unter- 
gestell a  so  aufgelegt,  dafs  zwei  Hauptrollen  r^  auf  den  entgegen- 
gesetzten Enden  desselben  ihren  Stützpunkt  finden  und  um  ihre  Achse 
eine  Drehung  jedes  einzelnen  Rahmens  b  ermöglichen.  Die  einander 
zugekehrten  Enden  der  beiden  beweglichen  Rahmen  b  können  zwischen 
schmiedeeisernen,   durchlochten   Führungen  c   durch   Vorstecker  d    mit 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  5.  1889illl.  13 


]^94  Neuerungen  in  der  Aufbereitung. 

Splinten,  durch  Zahnstangen  oder  in  anderer  zweckdienlicher  Weise 
höher  oder  niedriger  festgestellt  werden.  Zwischen  den  an  a  fest- 
sitzenden Winkeleisenschienen  e  werden  die  Rahmen  b  seitlich  geführt. 
Das  über  sämmtliche  Rollen  geführte  Tuch  ohne  Ende  t  erhält  durch 
diese  Einrichtung  in  der  Längsrichtung  zunächst  eine  unter  beliebigem 
Winkel  verstellbare  dachförmige  Theilung. 

Der  ganze  Apparat  ist  nun  noch  in  seiner  Querrichtung  verstellbar, 
so  dafs  er  auch  in  dieser  Richtung  eine  beliebige  Steigung  gegen  die 
Wagerechte  erhält.  Diese  Verstellbarkeit  wird  hier  dadurch  erreicht, 
dafs  das  Untergestell  a  auf  einer  Seite  bei  f  (Fig.  5)  scharnierartig  ge- 
lagert ist,  so  dafs  durch  Drehen  der  Spindel  s  die  andere  Seite  hoch- 
gehoben werden  kann. 

Statt  dieser  Einrichtung  läfst  sich  die  Querverstellung  auch  durch 
auf  einer  Seite  untergelegte  Keile,  durch  Zahnstangengetriebe  oder  auf 
sonstige  Weise  erzielen. 

Wie  leicht  ersichtlich,  erfährt  das  Tuch  ohne  Ende  damit  auf 
jeder  Seite  die  stärkste  Steigung  in  der  Diagonale  xxj^zij  jedes  Flügels 
(Fig.  6). 

Die  erzführende  Trübe  wird  auf  den  einen  Flügel  der  dachförmigen, 
schräg  geneigten  Ebene  nahe  dem  Gipfel  in  der  Nähe  des  höchsten 
Punktes  des  Herdes  mittels  eines  der  üblichen  Vertheilungsapparate  auf- 
gegeben, während  das  Tuch  ohne  Ende  durch  Drehung  der  Rollen  rri 
eine  der  herabfliefsenden  Trübe  entgegengesetzte  Bewegung  erhält,  wie 
die  Pfeile  in  Fig.  4  und  6  anzeigen.  Auf  jeden  Flügel  kann  ferner 
nahe  dem  Gipfel  durch  ein  über  die  ganze  Breite  des  Tuches  reichendes 
Brauserohr  gg  klares  Wasser  aufgegeben  werden,  während  andere 
starke  Wasserstrahlen  durch  Rohre  h  einzeln  auf  beliebige  Stellen  der 
Ebene  vertheilt  wirken  können. 

Die  Arbeitsweise  des  Apparates  ist  folgende: 

Die  schwersten,  in  der  Trübe  suspendirten  Theilchen  bleiben  gleich 
in  der  Nähe  der  Aufgabestelle  v  auf  dem  Tuche  ohne  Ende  haften  und 
werden  über  den  höchsten  Punkt  der  Ebene  hinweg  dem  entgegen- 
gesetzten, gewöhnlich  kürzeren  Flügel  als  Aufgabegut  zugeführt.  Die 
aus  den  Brauserohren  gg  ausströmenden,  verhältnifsmäfsig  schwachen 
Wasserstrahlen  sondern  nun  auf  jeder  Seite  die  leichteren  Bestand- 
theile  von  den  si)ecifisch  schwereren  ab  und  bewirken  eine  fächer- 
förmige Vertheilung  der  in  der  Trübe  aufgegebenen  Massen  nach  dem 
specidschen  Gewichte  über  die  ganze  Ebene  hin,  indem  die  leichtesten 
und  feinsten  Mehle  dem  tiefsten  Punkte  zugeführt  werden.  Diese  Art 
der  Vertheilung  ist  durch  strichpunktirte  Linien  in  Fig.  6  angedeutet. 

Die  stärkeren  Wasserstrahlen,  die  aus  Rohren  h  mehr  an  dem  tief- 
liegenden Ende  jedes  Flügels  immer  auf  einen  beliebig  kleinen  Sonder- 
theil  der  Ebene  aufgespritzt  werden,  spülen  dann  Producte  von  ganz 
bestimmter   Beschaffenheit   in   gesonderte  Rinnen   «,   .  .  .  i^■    unter    der 


Neuerungen  in  der  Aufbereitung.  195 

Ablaufkante  des  Tuches  ab  und  führen  so  eine  mehrfache  Theilung  des 
Ganzen   und   eine  Anreicherung   der  erzführenden  Bestandtheile  herbei. 

Der  in  der  Fig.  7  dargestellte  Apparat  von  Hering  und  Hardt  soll 
namentlich  dazu  dienen,  die  bei  der  Aufbereitung  fallenden  Schlämme 
so  zu  klassiren,  dafs  Fertigproducte,  Halbproducte  und  taube  Trübe 
entstehen. 

Der  Apparat  besteht  aus  einem  schmalen,  verhältnifsmäfsig  hohen 
und  langen  Kasten  aus  Blech  oder  Holz,  welcher  nach  oben  durch  eine 
mehr  oder  weniger  geneigte  Decke  i  i  fest  verschlossen  und  nur  am 
Ende  der  geneigten  Decke  bis  zum  Abflüsse  q  offen  ist.  Nach  unten 
zu  besitzt  der  Kasten  Spitzkasten  (Trichter)  l^  Z.,  .  .  .  als  Enden  von  Ab- 
theilungen P[  P2  •  •  -i  die  durch  die  angebrachten  Querwände  A-j  /c.,  .  .  . 
innerhalb  des  Kastens  gebildet  werden.  Diese  Querwände  können  senk- 
recht oder  entweder  der  Eintragseite  oder  der  Austragseite  zu  geneigt 
stehen  oder  auch  in  passender  Weise  und  Richtung  gekrümmt  sein;  sie 
können  fest  angebracht  oder  in  der  einen  oder  anderen  passenden 
Weise  verstellbar  oder  drehbar  angebracht  sein. 

Diese  Querwände  k^  Ä2  .  -  .  endigen  nach  oben  in  eine  gedrehte 
Ebene,  die  parallel  zur  geneigten  Decke  i  des  Kastens  so  liegt,  dafs  die 
am  unteren  Ende  der  geneigten  Decke  i  eingeführte  Trübe  in  diesem 
Spielräume  0  emporsteigen  mufs.  Die  Decke  i  kann  flach  oder  in  der 
einen  oder  anderen  Richtung  gebogen,  im  Apparate  fest  oder  in  passender 
Weise  drehbar  bezieh,  verstellbar  angeordnet  werden. 

Die  Trübe  läuft  durch  eine  Rinne  a  über  eine  Vertheilungsplatte  b 
in  den  Trichter  c  ein.  Vor  b^  wie  auch  in  c,  sind  je  ein  oder  mehrere 
Siebe  d  bezieh,  rf,  angebracht,  um  die  Vertheilung  der  Trübe  zu  ver- 
vollkommnen, sowie  auch,  um  die  Gleichmäfsigkeit  derselben  zu  be- 
wirken. Durch  den  an  den  Trichter  c  anschliefsenden  schmalen  Kanal  e 
wird  die  Trübe  in  den  Waschkasten  am  unteren  Ende  der  geneigten 
Decke  1  eingeführt.  Kurz  unter  diesem  Eintritte  wird  aus  g  durch  einen 
schmalen  Spalt  f  Klarwasser  zugeführt.  Der  Spalt  f  reicht  über  die 
lichte  Breite  des  Kastens;  das  Klarwasser  wird  unter  gröfserem  Drucke 
gewöhnlich  in  einer  zur  geneigten  Decke  parallelen  Richtung  zugeleitet^ 
doch  kann  dies  unter  Umständen  auch  in  einer  zweckentsprechenden 
anderen  Richtung  geschehen.  Hierdurch  werden  die  Schlämme  ver- 
waschen, das  specifisch  Schwere  sondert  sich  leichter  aus  dem  Strome 
ab  und  fällt  in  die  ersten  der  Abtheilungen  p,  /?,...,  während  die 
leichteren  Theilchen  vom  Wasserstrome  weiter  nach  oben  getragen 
werden  und  in  den  entsprechend  weiter  liegenden  Abtheilungen  zum 
Niederschlage  gelangen. 

Es  ist  augenscheinlich,  dafs  beim  Emporsteigen  der  Trübe  unter 
gröfserem  Drucke  eine  Trennung  nach  dem  specifischen  Gewichte 
wesentlich  befördert  wird,  und  dafs  die  Klarwasserzuführung  in  der  an- 
gegebenen Weise  die  Reinheit  der  abgetrennten  Masse  noch  mehr  erhölit. 


196  Neuerungen  in  der  Aufbereitung. 

Die  sich  ausscheidenden  Erzeugnisse  legen  sich  in  den  Abthei- 
lungen  ;)|  P2  •  •  •  ^^  ""^  werden  aus  diesen  durch  die  Ablafsrohre  mj  »«2  . . . 
von  Zeit  zu  Zeit  oder  geeignetenfalls  auch  beständig  abgelassen  und 
besonders  aufgehängt;  die  taube  Trübe  oder  das  specifisch  Leichteste 
oder  bezieh.  Feinste  fliefst  dagegen  stetig  bei  q  ab. 

Wie  ersichtlich,  ist  der  Apparat  ein  coutinuirlich  wirkender  Wasch- 
apparat, der  weiter  keine  Kraft  gebraucht,  als  zum  Heben  der  Massen 
und  Flüssigkeiten  erforderlich  ist  (D.  R.  P.  Nr.  47  024  vom  12.  August 
1888). 

Ein  anderer  Apparat  zum  Aufbereiten  von  Schlamm,  erfunden  von 
J.  Nastainzik  in  Beuthen  (Obei'schlesien),  ist  in  Fig.  8  dargestellt.  Der- 
selbe besteht  im  Wesentlichen  aus  zwei  communicirendeu  Behältern  A  ^j 
und  B  nebst  dem  Gutaufgabetrichter  b  und  den  am  Boden  von  B  ein- 
gesetzten Röhren  /?,  durch  welche  das  von  A  durch  J,  kommende 
Wasser  fliefst  und  eine  wallende  Bewegung  im  Schlammrumpfe  ß  her- 
vorbringt, wodurch  die  specifisch  leichten  Theile  oben  bei  e  abfliefsen 
und  das  schwere  Gut  durch  den  nach  Bedürfnifs  mittels  Schiebers  d 
YAi  stellenden  Schlitz  f  auf  eine  rauhe  und  verstellbare  Herdfläche  C 
lliefst  und  darauf  nach  seiner  specifischen  Schwere  abgesetzt  wird. 

Fig.  9  und  10  zeigen  die  von  0.  Bilharz  in  Freiberg  i.  S.  erfundene 
Bolzenmühle  zur  Zerkleinerung  von  Erzen  (D.  R.  P.  Nr.  45  780  vom 
21.  April  1888). 

Dieser  Mahlapparat  besteht  im  Wesentlichen  aus  einer  aufgerän- 
derten, nach  dem  Centrum  zu  geneigten  runden  Schale  a,  welche  im 
Centrum  eine  AbflufsöfFnung  hat.  Diese  Schale  hat  eine  auswechsel- 
bare Hartgufseiulage  c?,  ist  äufserlich  mit  einem  Zahnkranze  versehen, 
in  welchen  ein  Getriebe  eingreift,  und  rotirt  mittels  Rollen  auf 'einer 
kreisrunden  Schienenbahn.  Eine  durch  die  im  Centrum  befindliche  Ab- 
flufsöfFnung hindurchreichende  stehende  Welle  b  trägt  eine  au  derselben 
mittels  Stellringe  höher  oder  tiefer  zu  stellende  Scheibe  c  mit  zahlreichen 
Löchern.  In  dieselben  werden  Stahlbolzen  stehend  eingestellt,  so  dafs 
sie  sich  frei  auf  und  nieder  bewegen;  dieselben  üben  durch  ihr  Eigen- 
gewicht einen  Druck  auf  die  Hartgufseiulage  d  aus. 

Der  Scheibe  c  mit  ihren  Stahlbolzen  wird  eine  raschere  Drehung 
gegeben  als  der  Schale  a,  und  zwar  in  entgegengesetztem  Sinne.  An 
der  Peripherie  der  letzteren  sind  feststehende  Aufgabegefäfse  e  an- 
gebracht, welche  die  zu  trennenden  Substanzen  regenartig  auf  die 
Schalenwand  abfliefsen  lassen,  wonach  sie  von  den  Stahlbolzen  gefafst, 
um  je  nach  dem  Grade  der  Widerstandsfähigkeit  mehr  oder  weniger 
zerrieben  zu  werden. 

Das  auf  diese  Weise  durch  die  Stahlbolzen  hindurchgelangte  Gut 
wird  durch  die  Mitte  der  Schale  mittels  einer  Lutte  der  Sej)aralions- 
trommel  f  zugeführt,  in  welcher  die  Trennung  des  Stoffes  nach  Korn- 
sröfse  auf  einfache  Weise  bewirkt  wird. 


Anwendung  des  polarisirten  Lichtes  in  der  optischen  Telegraphie.       197 

Ein  Pochwerk  (Fig.  11),  bei  welchem  zwar  die  Einrichtung  der 
Pochstempel  und  die  Art  und  Weise,  dieselben  anzuheben  und  nieder- 
fallen zu  lassen,  nichts  Neues  bieten,  ist  von  Wilhelm  Schwamborn  in 
Deutz-Cöln  construirt  worden  (D.  R.  P.  Nr.  46031  vom  20.  Juli  1888). 
Das  Eigenthümliche  der  Einrichtung  besteht  darin,  dafs  die  Pochstempel 
auf  eine  cylinderförmige  Sohle  aufschlagen,  welche  sich  um  eine  wage- 
rechte Sohle  a  dreht. 

Die  Sohle  A  selbst  besteht  aus  einem  Kerne  b  mit  sechseckigem 
oder  anderem  passenden  Querschnitte.  Der  Kern  6  sitzt  auf  der  Achse  a 
fest,  und  es  ist  um  denselben  ein  ringförmiger  Mantel  oder  Cylinder  A^ 
dessen  lichte  Oetfnung  dem  Kernquerschnitte  entspricht,  aufgezogen. 
Das  Holzfutter  c  bildet  eine  elastische  Zwischenlage  zwischen  dem 
Kerne  und  dem  am  besten  aus  Gufsstahl  oder  Hartgufs  bestehenden 
Mantel. 

Die  bewegliche  Sohle  kann  aber-  auch  zweckmäfsige  andere  Ein- 
richtungen haben,  gerade  so,  wie  eine  Walze  eines  beliebigen  Erzwalk- 
werkes. 

Der  Mantel  von  A^  dessen  Breite  der  Anzahl  der  neben  einander 
angeordneten,  nach  einander  wirkenden  Pochstempel  entspricht,  ist  an 
beiden  Seiten  mit  ringförmigen  Schutzblechen  d  versehen. 

Die  von  dem  Amerikaner  W.  L.  Card  erfundene  Vorrichtung  (D.  R.P. 
Nr.  45832  vom  17.  Mai  1888)  zum  Scheiden  metallischer  Theilchen  vor 
ihrer  Gangart,  die  namentlich  für  Aufbereitung  von  Edelmetallen  be- 
stimmt ist,  besteht  im  Wesentlichen  aus  einem  Desintegrator  A  (Fig.  12), 
einem  unterhalb  desselben  geneigt  angeordneten  Rüttelsiebe  B^  einem 
Separator  C  mit  seitlicher  Rüttelbewegung  und  einem  Gebläse  D  zur 
Erzeugung  eines  den  Separator  (Erzbett)  in  aufsteigender  Richtung 
durchdringenden  Windstromes.  (Fortsetzung  folgt.) 


Ueber  die  Anwendung  des  polarisirten  Lichtes  in  der 
optischen  Telegraphie  für  militärische  Zwecke. 

Mit  Abbildungen. 

Die  neuesten  Untersuchungen  des  Ingenieurs  Raoul  Ellie^  vormaligen 
Zöglings  der  Ecole  centrale^  sind  der  Gegenstand  eines  ausführlichen 
Berichtes  im  Genie  civil ^  1889  S.  6,  dem  wir  in  Folgendem  das  Wich- 
tigste entnehmen. 

Der  heutzutage  am  häutigsten  in  Anwendung  kommende  optische 
Telegraph  für  mittlere  oder  gröfsere  Entfernungen  besteht  im  Wesent- 
lichen aus  einer  im  Brennpunkte  einer  Objectivlinse  oder  eines  Hohl- 
spiegels angeordneten  Lichtquelle.  Ein  mit  dem  Instrumente  verbundenes 
Fernrohr  dient  zum  Richten  des  Lichtsignals  auf  die  Station,  mit  welcher 
man  sich  in  telegraphische  Verbindung  zu  setzen  wünscht,  und  zugleich 


198       Anwendung  des  polarisirten  Lichtes  in  der  optischen  Telegraphie. 

zum  Beobachten  der  von  dieser  Station  gegebenen  Zeichen.  Das  Signal 
selbst  ist  nur  in  dem  Orte  des  konjugirten  Bildes  der  Lichtquelle  sichtbar. 

Bringt  mau  die  Lichtquelle  in  geeignetem  Abstände  von  einer  Linse 
oder  zwei  planconvexen  Linsen  an,  so  lassen  sich  die  von  ihr  aus- 
gehenden Strahlen  im  Brennpunkte  des  Objectivs  vereinigen.  Das  von 
dieser  Stelle  ausstrahlende  Lichtbündel  läfst  sich  so  ansehen,  als  käme 
es  aus  der  Lichtquelle  selbst,  die  man  nun  mit  Hilfe  eines  Diaphragmas 
abgrenzen  kann. 

Die  Sisnale  bestehen  aus  Lichtblitzen  und  lanuen  oder  kurzen  Ver- 
dunkelungen,  welche  dadurch  hervorgebracht  werden,  dafs  man  die 
Lichtstrahlen  mit  Hilfe  eines  beweglichen  Schirmes  längere  oder  kürzere 
Zeit  unterbricht.  Ein  kurzer  Lichtblitz  entspricht  dem  Punkte,  ein 
längerer  Lichtblitz  dem  Striche  des  iWorse'schen  Alphabetes.  Im  Uebrigen 
sind  für  die  optische  Zeichengebung  folgende  Regeln  eingeführt: 

1)  Ein  Strich  ist  gleich  vier« Punkten. 

2)  Der  Raum  zwischen  zwei  Signalen,  welche  einen  Buchstaben 
oder  eine  Ziffer  bilden,  ist  gleich  einem  Punkte. 

3)  Der  Raum  zwischen  zwei  Buchstaben  eines  Wortes  oder  zwei 
Ziffern  einer  Zahl  entspricht  vier  Punkten  oder  einem  Striche. 

4)  Der  Raum  zwischen  zwei  Worten  oder  zwei  Zahlen  entspricht 
acht  Punkten  oder  zwei  Strichen. 

Der  Signalempfänger  schliefst  aus  dem  Unterschiede  in  der  Dauer 
der  Lichtblitze  und  Verdunkelungen  auf  den  signalisirten  Buchstaben 
des  Alphabetes.  Die  Signale  müssen,  um  sie  leicht  von  einander  unter- 
scheiden zu  können,  rasch  und  taktmäfsig  dargestellt  werden.  Die 
Schirmvorrichtuug  ist  daher  bei  dem  Apparate  ohne  Beleuchtungslinse 
so  nahe  wie  möglich  an  der  Lichtquelle,  bei  dem  Apparate  mit  Be- 
leuchtungslinse sehr  nahe  am  Brennpunkte  des  Objektivs  anzubringen. 
Ein  Apparat  der  letzteren  Art  läfst  einen  kleinen  und  leichten  Schirm 
zu  und  gestattet  daher  ein  sehr  schnelles  Signalisiren.  Allein  diese 
Schnelligkeit  hat  eine  Grenze,  welche  von  der  Dauer  des  Lichteindrucks 
im  Auge  abhängt.  W^ürde  man  zu  schnell  signalisiren,  so  würden  die 
Eindrücke  der  Lichtblitze  in  einander  verschwimmen.  Nach  Mangin 
sollte  das  Maximum  der  Geschwindigkeit  die  Hälfte  der  bei  der  elek- 
trischen Telegraphie    erreichbaren   Geschwindigkeit    nicht    übersteigen. 

Bei  Anwendung  der  Polarisation  für  die  Zwecke  der  optischen 
Telegraphie  hat  EUie  darauf  Bedacht  genommen,  die  Transmissions- 
geschwindigkeit durch  gleichzeitige  Hervorbringung  der  Signalelemente 
eines  Buchstabens  zu  erhöhen.  Sein  Apparat  kann  Licht  entsenden, 
welches  in  einer  wagerechten  oder  senkrechten  Ebene  polarisirt  ist, 
sowie  auch  natürliches  Licht.  Als  Empfangsajjparat  bedient  man  sich 
eines  Fernrohrs,  welches  ein  Rochon  sches  Prisma  als  Analyseur  ent- 
hält. Bei  einem  polarisirten  Signal  kann  man  den  liuchon  so  anordnen, 
dafs  mau  nur  ein  einziges  Signal  rechts  oder  links  wahrnimmt,  während 


Anwendung  des  polarisirten  Lichtes  in  der  optischen  Telegraphie.       199 

man  mit  uatürlichera  Lichte  ein  Signal  doppelt  sieht.  Man  kann  also 
nach  Ellie  drei  elementare  Signale  erzeugen  und  z.  B.  den  Punkt  des 
3for»Y'schen  Alphabetes  durch  das  Signal  links,  den  Strich  durch  das 
Doppelsignal,  und  die  Trennung  der  Buchstaben  durch  das  Signal  rechts 
darstellen.  Es  scheint  leichter  zu  sein,  die  Signale  der  Lage  als  der 
Zeitdauer  nach  zu  unterscheiden.  Jedenfalls  erfordert  die  von  der  Zeit 
unabhängige  Manipulation,  wobei  nur  drei  Tasten  niederzudrücken  sind, 
keine  besondere  Uebung,  und  geht  auf  diese  Weise  die  Signahsiruug 
rascher  als  mit  dem  gewöhnlichen  Apparate  vor  sich. 

Die  nachstehende  Figur  dient  zur  Veranschaulichung  des  Ellie'schen 
Systemes.  S  ist  die  Lichtquelle,  E  die  Beleuchtungslinse,  0  die  Objectiv- 
linse.     Zwischen  diesen  sind  zu  beiden  Seiten  ihres  gemeinschaftlichen 


Brennpunktes  Sj  zwei  isländische  Doppelspathe  J  und  J^  von  gleicher 
Dicke  und  gleichem  Hauptschnitte  in  umgekehrter  Lage  angeordnet.  Ein 
von  der  Linse  E  herkommender  Lichtstrahl  (Strahlenbündel)  wird  durch 
den  Doppelspath  J  in  zwei  senkrecht  zu  einander  polarisirte  Strahlen 
zerlegt.  Der  ordentliche  Strahl  bleibt  in  der  Hauptachse :  er  ist  in  der 
Ebene  des  Hauptschuittes  —  dieselbe  mag  hier  wagerecht  angenommen 
werden  —  polarisirt,  der  aufserordentliche  Strahl  wird  seitwärts  abgelenkt. 
Diese  Ablenkung  ist  aber  nicht  für  alle  Farben  des  Spectrums  die  gleiche. 
Für  die  gelben  Strahlen  ist  ihr  Werth  =  e.fan^  6^^  13' 42",  wenn  e  die 
Dicke  des  Doppelspaths  und  6^  13'  -42 "  den  Ablenkungswinkel  der  Achse 
des  Strahleukegels  im  Späth  bezeichnet.  Uebrigens  ist  dieser  Strahl  in 
der  auf  dem  Hauptschnitte  senkrechten  Ebene  polarisirt.  Aber  der 
zweite  Doppelspath  J^  führt  denselben  in  die  Achse  des  Apparates  zu- 
rück, so  dafs  er  mit  dem  gewöhnlichen  Strahle  zusammenfällt  und  nun 
beide  Strahlen  in  geometrischem  Sinne  auf  gleiche  Weise  wirken:  sie 
haben  augenscheinlich  den  nämlichen  virtuellen  Brennpunkt  in  53. 

Es  ist  nun  möglich,  in  5j  und  S-i  zwei  kleine  Schirme  anzubringen, 
welche  den  einen  oder  den  anderen  Strahl,  oder  beide  zusammen, 
äquivalent  einem  Strahle  natürlichen  Lichtes,  durchlassen  werden.  Die 
Apparate  haben  daher  drei  Tasten,  wovon  die  beiden  äufseren  die  zwei 
Schirme,  jeden  für  sich  allein,  bewegen,  während  die  mittlere  ihnen 
eine  gemeinschaftliche  Bewegung  ertheilt.     Es  empfiehlt   sich,  ein   mit 


200       AiiweiRhuig  dos  pularisirleu  Lichtes  in  der  uptischen  Telegraphie. 

zwei  Oeffnungen  durchbohrtes  verschiebbares  Diaphragma  in  Si  und  S2 
anzubringen,  mit  dessen  Hilfe  sich,  wenn  man  es  wünscht,  das  Sicht- 
barkeitsfeld abgrenzen  läfst.  Dasselbe  ist  unerlälslich,  wenn  man  sich 
des  Sonnenlichtes  bedient,  und  dient  auf  alle  Fälle  zur  Regulirung.  Mit 
dieser  Anordnung  ist  man  im  Stande,  zwei  Depeschen  gleichzeitig  in 
der  nämlichen  Richtung  abzusenden.  Jeder  der  beiden  Telegraphirenden 
bedient  sich  alsdann  nur  einer  Taste  und  läfst  immer  eines  und  das- 
selbe Strahlenbündel  spielen.  Auf  der  Empfangsstation  hat  jeder  der 
beiden  Beobachter  ein  Fernrohr,  dessen  Analyseur  ein  einziges  Bild 
gibt.  Aber  beide  Analyseurs  sind  so  angeordnet,  dafs  der  eine  Beob- 
achter die  von  dem  anderen  empfangenen  Signale  nicht  wahrnimmt. 

Ein  Uebelstand  haftet  an  der  Anwendung  der  Polarisation,  be- 
sonders mit  zwei  Doppelspathen,  nämlich  die  erhebliche  Schwächung 
der  speciflschen  Lichtstärke  im  Vergleiche  mit  einem  gewöhnlichen 
Apparate,  als  Folge  der  Reflexion  des  Lichtes  beim  Durchgange  durch 
die  beiden  Krystalle.  Die  Verdoppelung  vermindert  gleichfalls  bei  Ent- 
sendung eines  einzigen  Strahles  die  Intensität  des  von  dem  Objectiv 
ausstrahlenden  Lichtes  um  die  Hälfte.  Diesem  liefse  sich  durch  Be- 
nützung einer  intensiveren  Lichtquelle,  statt  der  Erdöllampe  z,  B.  einer 
elektrischen  Lampe,  abhelfen. 

Bei  Anwendung  der  Doppelspathe  müssen  die  Bilder  5^  und  S2  der 
Lichtquelle  hinreichenden  Abstand  von  einander  haben,  so  dafs  sie  sich 
nicht,  auch  nicht  zum  Theil,  vermischen.  Die  Gröfse  dieser  Bilder  mufs 
zu  der  sphärischen  Aberration  der  Objectivlinse  in  richtigem  Verhält- 
nisse stehen.  Das  kleinste  der  von  Ellie  angewendeten  Objective  ist 
eine  planconvexe  Linse  von  16^°"  Durchmesser  und  44^"  Brennweite 
für  die  centralen  Strahlen.  Bei  Anwendung  homogenen  Lichtes  —  um 
die  ganze  Linsenfläche  auszunützen  —  mufs  für  diesen  Durchmesser  der 
kleinste  Durchmesser  des  Bildes  der  als  ebene  Fläche  angenommenen 
Lichtquelle  gleich  sein  dem  Durchmesser  des  Schnittes  des  Randstrahlen- 
kegels mit  der  kaustischen  Fläche.  Für  obiges  Objectiv  beträgt  der- 
selbe ungefähr  Idi'^,5.  Bei  weifsem  Lichte  ist  dieser  Werth,  um  der 
Abweichung  der  Brechbarkeit  Rechnung  zu  tragen,  bis  zu  ungefähr 
2mm^5  2u  vergröfsern.  Hieraus  leitet  man  die  den  Doppelspathen  zu 
gebende  Dicke  ab: 


e  = 


9  ^ 

■>  =23'"'". 


lang  60  13'  42' 

Bei  einem  ähnlichen  und  gröfseren  Objectiv  bedarf  es  verhältnifs- 
mäfsig  gröfserer  Doj)pelspathe.  Es  gibt  indessen  wegen  der  Seltenheit 
und  Kostspieligkeit  grofser  Exemplare  eine  Grenze,  welche  nicht  über- 
schritten werden  kann.  In  diesem  P'alle  wäre  die  Wahl  eines  Objectivs 
von  sehr  geringer  sphärischer  Abweichung,  z.  B.  Mangins  Reflector- 
linse,  vorzuziehen. 

Aber  selbst  bei  Anwendung  eines  vollkommenen  optischen  Systems 


Anwendung  des  polarisirten  Lichtes  in  der  optischen  Telegraphie.       201 

würde  die  Einschaltung  von  Doppelspathen  Abweichungen  hervorrufen. 
Zieht  man  zunächst  nur  das  homogene  Licht  in  Betracht,  so  zeigt  e& 
sich,  dafs  hauptsächhch  der  aufserordeutliche  Strahl  merkbare  Aende- 
rungen  erleidet.  So  verwandelt  sich  z.  B.  die  Kegelfläche  der  Kand- 
strahlen  in  eine  Fläche  ziemlich  complexer  Natur.  Es  dürfte  wohl 
genügen,  die  Längsabweichungen  für  diejenigen  Strahlen  zu  berechnen, 
welche  den  Krystall  in  der  Ebene  des  Hauptschnittes,  und  für  diejenigen, 
welche  ihn  in  der  auf  letzterer  senkrechten  Ebene  durchlaufen,  indem 
man  den  Brennpunkt  der  gewöhnlichen  Centralstrahlen  als  Fixpunkt 
betrachtet.     Es  bezeichne: 

e  die  Dicke  des  Doppelspathes, 

i  den  halben  Winkel  an  der  Kegelspitze  der  einfallenden  Randstrahlen ; 

a  und  b  die  Geschwindigkeiten  des  ordentlichen  und  des  aufser- 
ordentlichen  Strahls,  wenn  die  Einfallsebene  senkrecht,  o^  und  b^  die 
Geschwindigkeiten,  wenn  sie  parallel  zur  Hauptachse  des  Krystalls  ist. 
Für  die  der  Linie  D  des  Sonuenspectrums  entsprechende  Lichtgattung 
findet  man 

a  =  0,60297,  6  =  0,67273; 

6  =  450  23' 20"  der  Winkel,  welchen  die  Achse  des  Krystalls  mit 
der  Eintrittsfläche  bildet; 

6^,  bestimmt  durch  die  Gleichung 

62 
fang  «i  = — tang  50«  50'  22": 

R  Ablenkungswinkel  der  Achse  des  conischen  Strahlenbündels  im 
Doppelspath,  bestimmt  durch  die  Relation 

tang  R  =  — „- ,   f„  , 

^  a*  tang  e  -f"  ^ 

woraus  i?  =  6°  13'  42"  für  die  Linie  ß. 

ab 


A/a2  sin'^  £  -f-  62  cos2  e 


0,63545 


a  6 

61  =  „,  =  0,64211 

Va2  5/n2  fci  -\-  b'^  cos'^  e^ 

Nimmt  man  für  die  Dicke  des  Spathes  obigen  Werth  e  =  23°^°^  und 
den  Winkel  «  =  100,  so  ergibt  sich,  indem  man  die  Abstände  auf  der 
Seite  der  ßeleuchtungslinse  als  positiv  bezeichnet: 

Abstand  der  Centralstrahlen  und  der  ordentlichen  Randstrahlen : 

.^  .^    .     .  -a\  =  -  Onin.^135. 

tangt  VI  —  a'  smt         J 
Abstand   in  der  Richtung   der  Achse   des  Apparates:   der  ordentlichen 
und  aufserordentlichen  Centralstrahlen  im  Hauptschnitte: 

der  ordentlichen   und   aufserordentlichen   Centralstrahlen  in   dem    zum 
Hauptschnitte  senkrechten  Schnitte: 


202       Anwendung  des  polarisii-ten  Lichtes  in  der  optisclien  Telegraphie. 


r ü  —  «     =  +  2"!"' 438: 

|_o,  cos  n        J        '  '       ' 

ralstrahlen  und  der  aufserordeu 
ö^  lang  i cos  R  VI  —  Oj '^  sin'^  i        J 


der  ordentlichen  Centralstrahlen  und  der  aufserordeutlichen  Randstrahlen 
im  Hau])(schnitte: 


der  ordentlichen  Centralstrahlen  und  der  aufserordeutlichen  Randstrahlen 
in  dem  zum  Hauptschnitte  senkrechten  Schnitte : 


[}ß  sin  i  "j 

b,  lang  i  cos  H  Vi  —  b'^  sin'^  i         J 


2n>"',300. 
),  lang  i  cos 

Man  kann  indessen,  ohne  sich  mit  der  vollständigen  Untersuchung 
des  Querschnittes  der  aufserordeutlichen  Fläche  zu  befassen,  nach  den 
vorstehenden  Resultaten  voraussehen,  dafs  dieser  Schnitt  in  senkrechtem 
Sinne  in  die  Länge  gezogen  ist,  -w&un  die  schneidende  Ebene  dem 
Brennpunkte  der  ordentlichen  Strahlen  nahe  liegt.  Näher  der  Beleuch- 
tungslinse wird  das  Bild  eines  Punktes  rund;  dann  verlängert  es  sich 
in  wagerechtem  Sinne,  während  zugleich  das  ordentliche  Bild  nach  allen 
Richtungen  sich  erweitert.  Es  ist  aber  von  Belang,  dafs  die  ordent- 
lichen Strahlen  auf  dem  Diaphragma  zu  einem  klaren  Bilde  sich  ver- 
einigen, damit  das  aufserordentliche  Bild  sich  nicht  allzusehr  erweitere. 
Der  zweite  Späth  verdoppelt  diese  Abweichungen.  Diese  Ergebnisse 
finden  auf  experimentellem  Wege  ihre  Bestätigung,  wenn  man  sich 
einer  achromatischen  Beleuchtungslinse  bedient  und  die  Lichtquelle  in 
hinreichender  Entfernung  anbringt. 

Es  gibt  auch  chromatische,  im  Verhältnisse  zu  den  genannten  je- 
doch nur  schwache  Abweichungen.  Für  die  den  Linien  C  und  F  des 
Sonnenspectrums  entsprechenden  Lichtgattungen  z.  B.  läfst  sich  R  leicht 
berechnen.  Für  C  erhält  man  R=zQ^  h'  50",  für  F  ergibt  sich  R  = 
6^  23' 22".  Die  transversalen  Abstände  der  entsprechenden  Brennpunkte 
bezüglich  der  Achse  des  Apparates  sind  2"i°i,5101  und  2'"m,5789.  Unter- 
schied =  0mQi,0688,  stets  unter  der  Annahme,  dafs  e  =  23"im. 

Es  wurde  endlich  angenommen,  sämmtliche  Strahlen  des  polarisirten 
Lichtbündels  seien  in  der  nämlichen  Ebene  polarisirt,  was  jedoch  nicht 
streng  genau  ist.  Wie  gering  übrigens  diese  Ursache  des  Verlustes  ist, 
davon  kann  man  sich  überzeugen,  wenn  man  aus  hinreichender  Ent- 
fernung das  Objectiv  mit  einem  ÄocAon'schen  Fernrohr  betrachtet.  Eines 
der  Bilder  des  Objectivs  erscheint  alsdann  sehr  lichtschwach  und  sogar 
von  einem  schwarzen  Kreuz  durchzogen. 

Der  Glanz  eines  polarisirten  Signals  ist  ohne  Analyseur  halb  so 
grofs  als  der  eines  Doppelsignals.  Mit  Rochons  Prisma  haben  alle 
Signale  den  gleichen  Glanz.  Aber  es  ist  leicht,  den  Hintergrund  halb 
so  lichthell  zu  machen,  wodurch  die  relative  Sichtbarkeit  ungefähr  die- 
selbe wird  wie  mit  einem  gewöhnlichen  Apparate.  Zu  diesem  Zwecke 
braucht  man   nur  im   Brennpunkte    der  Objectivlinse    ein   Diaphragma 


Miller-Hauenfels'  Theorie  der  Aetherbewegungen.  203 

mit  kleiner  Oetfnung  anzubringen.  Zwischen  diesem  und  dem  Oeular 
schaltet  man  das  Rochon'sche  Prisma  ein.  Man  sieht  alsdann  zwei 
Bilder  der  Oeffnung,  welche  aber  nicht  über  einander  greifen  dürfen. 
Die  Helligkeit  des  Hintergrundes  ist  dabei  nur  halb  so  grofs  als  ohne 
Diaphragma,  während  das  polarisirte  Signal  die  absolute  Lichtstärke  bei- 
behält, wodurch  es  deutlicher  sichtbar  ist.  Bei  Nacht  müfste  man  das 
Diaphragma  schwach  beleuchten,  etwa  mit  Hilfe  eines  in  der  Nähe  an- 
gebrachten und  auf  galvanischem  Wege  glühend  gemachten  Platindrahtes. 

Etile  hat  mit  den  in  Rede  stehenden  Apparaten  im  September  1887 
mehrere  Versuche  angestellt,  wozu  er  sich  des  Sonnenlichtes  bediente. 
Ein  Versuch  mit  beiden  Apparaten  auf  5*^™  Entfernung  gelang  sehr  gut. 
Dank  der  Intensität  der  Lichtquelle  wirkte  das  Signal  auf  das  Auge 
beinahe  blendend.  Man  konnte  es  beobachten,  indem  man  einfach  den 
liochon  vor  das  Auge  brachte.  Der  entscheidendste  Versuch  wurde  auf 
20km  Entfernung  angestellt.  In  neuester  Zeit  bedient  sich  Ellie  einer 
Erdöllampe.  Auf  5*^™  Entfernung  ist  das  Signal  dem  blofsen  Auge  nicht 
sichtbar,  durch  ein  Fernrohr  mit  20facher  Vergröfserung  Jedoch  leicht 
zu  unterscheiden. 

Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dafs  das  Geheimnifs  der 
Correspondenz  jedem  gegenüber,  der  nicht  im  Besitze  eines  liochon  ist, 
gewahrt  bleibt:  und  hierin  liegt  auch  hauptsächlich  der  Grund,  warum 
das  Prinzip  der  Polarisation  in  der  optischen  Telegraphie  für  militärische 
Zwecke  eingeführt  ist.  Es  läfst  sich  allerdings  nicht  in  Abrede  stellen, 
dafs  der  entsendete  Lichtstrahl  in  Folge  von  Reflexionen  wohl  die  Hälfte 
seiner  Intensität  einbüfst,  dagegen  aber  ist  zu  bemerken,  dafs  der 
Analyseur  den  Glanz  des  Hintergrundes  um  die  Hälfte  vermindert. 
während  das  Signal  selbst  nur  sehr  wenig  geschwächt  wird. 


Richtigstellung  der  in  bisheriger  Fassung  unrichtigen 
mechanischen  Wärmetheorie  und  Grundzüge  einer   all- 
gemeinen Theorie  der  Aetherbewegungen;  von 
V.  Miller-Hauenfels/ 

Verfasser  erklärt  es  in  der  wie  vorstehend  betitelten  Studie  als  eine 
willkürliche  Annahme,  dafs  die  innere  Wärme  blofs  von  dem  Anfangs- 
und Endzustande  eines  Körpers  abhänge,  indem  er  die  Unzulässigkeit 
speciell  hei  den  Gasen  durch  Gegenüberstellen  der  Resultate  nachweist, 
welche  entweder  aus  der  Theorie  gefolgert  oder  durch  das  Experiment 
gewonnen  wurden.  Bei  der  Aufstellung;  eines  neuen  Ausdrucks  für  die 
innere  Wärme  bemerkt  der  Verfasser,  dafs  wir  bei  der  Erwärmung  des 
Constanten  Volumens  eines  Gases  zweierlei  wahrnehmen:    Erstens  eine 


1  Wien  1S89.     Verlaor  von  Manz. 


204  Millei'-Haiienlels'  Theorie  der  Aetlierbewegungen. 

Erwärmuug  unserer  Hand  und  zweitens  ein  Wachsen  der  Spannung. 
Dann  fährt  er  fort:  .,Da  hier  deutlieh  zweierlei  Wirkungen  auf  dasselbe 
Sinnesorgan  (das  Gemeiugefühl,  zugleich  Tastsinn)  erfolgen,  so  werden 
wir  auch  nothwendig  annehmen  müssen,  dafs  jede  derselben  ihren  beson- 
deren Energieaufwand  erfordere.-'  Verfasser  nimmt  daher  an,  dafs  stets 
ein  und  dieselben  Nerven  Temperatur  und  Druck  empfinden,  während 
dies  von  mediciuischer  Seite  nicht  als  allgemein  gültig  betrachtet  wird. 
Diesen  Einwand  ahnt  der  Verfasser  selbst,  da  er  am  Schlüsse  des  ersten 
Theils  in  einem  Anhange  darauf  zurück  kommt,  indem  er  trotz  dieses 
Einwandes  die  doppelte  Energieannahme  zu  rechtfertigen  sucht. 

In  der  allgemein  mathematischen  Ausdrucksweise  für  das  Wärme- 
increment  ist  die  Temperatur  vernachlässigt,  weil  bei  ihrer  Aufstellung 
die  bisherige  Voraussetzung  einer  allgemein  gültigen  Abhängigkeit 
zwischen  Temperatur,  Druck  und  Volumen  zu  Grunde  gelegt  wurde. 
Diese  Vernachlässigung  sei  unstatthaft,  weil  sie  in  einem  besonderen 
Falle  mit  der  Erfahrung  im  Widerspruche  stehe,  auch  werde  man  unter 
obiger  Annahme  auf  allgemein  nicht  integrabele  Werthe  geführt. 

Vorläufig  sieht  der  Verfasser  von  jeder  Annahme  über  den  Bau 
der  Moleküle  und  deren  inneren,  uns  unsichtbaren  Bewegungsweise  ab 
und  fafst  die  durch  die  Wärme  an  den  Körpern  hervorgebrachten  Er- 
scheinungen einfach  nur  als  das  Ergebnifs  anziehender  und  abstofsender 
Kräfte  auf.  Nunmehr  werden  die  Unterschiede  zwischen  der  Massen- 
und  Molekularanziehung  hervorgehoben  und  darauf  der  Nachweis  ge- 
liefert, dafs  die  Molekularanziehung  und  ihre  Unterarten,  insbesondere 
die  Krystallisation  ebenfalls  dem  Gesetze  für  Centralkräfte  unterliegen. 

Die  eigenartige  Aufstellung  der  allgemeinen  Temperaturgleichung 
fühlt  selbst  der  Verfasser,  indem  er  sagt:  Allfällige  Zweifel  gegen  die 
Richtigkeit  dieser  Formel  werden  dadurch  behoben,  dafs  sich  dieselbe 
später  aus  der  allgemeinen  Wärmegleichung  ableiten  lasse.  Letztere 
erleidet  je  nach  dem  Aggregatzustande  gewisse  Kürzungen.  Absicht- 
lich wurde  die  sogen,  absolute  Temperatur  vermieden,  weil  dieser  Be- 
griff" nur  für  Gase  zulässig  sei  und  in  diesem  Falle  als  Verdampfungs- 
temperatur eines  als  vollkommen  gedachten  Gases  zu  bezeichnen  wäre. 

Bei  den  Gasen  ergibt  sich  die  Abweichung  von  dem  iWarto«e'schen 
Gesetze  als  eine  Zusammenwirkung  dreier  Kräfte,  der  Massen-  und 
Molekularanziehung  und  der  Cohäsionskraft. 

Die  Ausdehnungscurven,  d.  h.  die  Beziehung  zwischen  Volumen 
und  Temperatur,  bestehen  nach  des  Verfassers  Ableitungen  bei  Gasen 
und  Flüssigkeiten  aus  Hyperbelzweigen,  bei  starren  Körpern  jedoch 
aus  einem  Parabelstück.  —  Bei  dem  Versuche,  ein  Bild  von  der  Tem- 
peraturfunction  in  den  drei  Aggregatzuständen  zu  erhalten,  dehnt  der 
Verfasser  das  Dulung-Petü''s(ihe  Gesetz  der  constanten  Atomwärme  bei 
starren  Körpern  zunächst  auf  Gase  aus  und  findet  hier  als  Constante 
3,431,  welche  Zahl  mit  Rücksicht  auf  die  von  ihm  aufgestellte  Formel 


Gollner,  zur  Festigkeitslehre.  205 

für  die  specifische  Wärme  bei  constantem  Drucke  der  Wahrheit  näher 
komme  als  die  Zahl  6,  .  .  .  welche  für  starre  Körper  gefunden  worden 
ist.  Auch  bei  den  Flüssigkeiten  gelte  das  Gesetz  der  constanten  Atom- 
wärme, das  sich  aber  direkt  nicht  erkennen  lasse,  weil  das  zweite  Glied 
in  der  soeben  erwähnten  Formel  zu  sehr  vorherrsche.  Es  bestehe  dem- 
nach kaum  mehr  ein  Zweifel,  dafs  das  Gesetz  der  constanten  Atom- 
wärme ein  wirkliches  Naturgesetz  sei,  und  es  sei  sehr  wahrscheinlich, 
dafs  die  Temperaturfunction  einen  für  alle  Körper  und  alle  Aggregat- 
zustände gemeinsamen  Bau  besitze.  Die  Ursache  des  eigenthümlichen 
Verhaltens  bei  Aeuderung  des  Aggregatzustandes,  wie  es  sich  in  Ueber- 
schmelzung  u.  s.  w.  zu  erkennen  gibt,  ist  in  dem  Bestreben  zu  suchen, 
dem  Tem))eraturgesetze  um  jeden  Preis  gerecht  zu  werden. 

Nachdem  noch  eiumal  ausdrücklich  hervorgehoben  worden  ist,  dafs 
die  Cohäsion  bei  jedem  der  drei  Aggregatzustände  einen  positiven  Werth 
besitze,  wird  die  Frage  ventilirt,  ob  denn  in  der  Schöpfung  nicht  auch 
ein  „Etwas"  existiren  könnte,  bei  welchem  die  Cohäsion  negativ  wäre. 
Ein  solches  Gebilde,  welches  sich  im  Weltall  körper-  und  umfanglos 
verbreiten  mufs,  ist  in  dem  Aether  repräsentirt.  Nunmehr  wird  der 
feste  Boden  der  naturwissenschaftlichen  Erkenntnifs  völlig  verlassen. 
Der  zweite,  gröfsere  Theil  des  Buches  ist  lediglich  eine  mathematisch- 
philosophische Ausarbeitung  der  Grundzüge  einer  allgemeinen  Theorie 
der  Aetherbewegungen.  So  interessant  auch  dieser  Theil  ist,  so  würde 
hier  ein  näheres  Daraufeingehen  zu  weit  führen,  zumal  es  sich  schliefs- 
lich  doch  nur  um  ein  „Glauben  oder  Nichtglauben"^  handeln  kann. 
Momentan  müssen  wir  unsere  gröfsere  Aufmerksamkeit  noch  dem  ersten 
Theil  des  Buchs  zuwenden.  Erst  wenn  hier  eine  völlige  Einigung  statt- 
gefunden hat,  sind  wir  berechtigt,  weiter  zu  gehen,  um  dem  rascheren 
Gedankenfluge  des  Verfassers  zu  folgen. 

So  oft  wir  auch  den  ersten  Theil  des  Buchs  betrachten,  immer 
kommen  wir  wieder  auf  die  erste  Hypothese  zurück  und  können  uns 
mit  derselben  bis  jetzt  noch  nicht  ganz  befreunden,  zumal  die  oft  eigen- 
artige Ableitung  specieller  Formeln  an  einigen  Stellen  den  Eindruck 
macht,  als  ob  das  Resultat  nur  erreicht  worden  wäre,  weil  es  schon 
vorher  bekannt  war.  —  Wenn  wir  demnach  nicht  vollständig  mit  dem 
Verfasser  einverstanden  sind,  so  sei  damit  sein  Verdienst  in  keiner  Weise 
geschmälert,  die  mechanische  Wärmetheorie  von  einer  neuen,  allge- 
meineren Seite  aus  betrachtet  zu  haben,  was  für  die  Theorie  selbst  nur 
fruchtbringend  ist,  indem  dadurch  neue  Gedanken  angeregt  werden. 


Zur  Festigkeitslehre;  von  Prof.  H.  Gollner. 

Die  experimentelle  Festigkeitslehre  ist  neuerdiugs  durch  eine  von  Prof. 
liach  durchgeführte  Arbeit  i  bereichert  worden,   welche   einerseits  eine 

1   Zeilsckrift   des    Vereins  deutscher  Lipeiiieure^  1889   S.  137. 


206  Gollner,  zur  Festigkeitslehre. 

Ueberprüfung  dei*  alten  und  neueren  Theorie  der  Dreluingsfestigkeif^ 
andererseits  die  Ermittelung  der  zulässigen  Inanspruchnahme  von  Stäben 
zum  Zwecke  hatte,  welche,  auf  Drehfestigkeit  beansprucht,  das  U-,  H  , 
-{--Profil  besitzen. 

Bach  verwendet  für  seine  interessanten  Untersuchungen  Probestäbe 
aus  Gufseisen^  obwohl  sich  dieses  Material  wegen  der  Veränderlichkeit 
des  Elasticitäts-Modulus  nicht  vollkommen  eignet  für  Untersuchungen, 
deren  Ergebnisse  zur  Controle  von  Theorien  verwerthet  werden  sollen, 
weil  erstens  die  Herstellung  solcher  Probestäbe  verhältnifsmäfsig  billig 
ist,  und  weil  zweitens  die  angedeutete  Veränderlichkeit  des  Schub- 
Elasticitäts-Modulus  nicht  so  bedeutend  ist,  als  dafs  die  Versuchs- 
ergebnisse und  deren  Vergleichungen  mit  den  Ergebnissen  der  Theorie 
—  welche  allerdings  die  Unveränderlichkeit  des  bezeichneten  Modulus 
voraussetzt  —  nicht  noch  als  Näherungswerthe  aufgefafst  und  ver- 
werthet werden  könnten. 

Ueber  die  Veränderlichkeit  des  Schub -Elasticitäts-Modulus  des 
Materiales  in  einem  bearbeiteten  cylindrischen  Gufseisen-Probestab  gibt 
folgende  Zusammenstellung  Aufschlufs,  deren  Werthe  von  einer  durch 
den  Referenten  erledigten  einschlägigen  Untersuchung  mit  Probestäben 
aus  böhmischem  Maschinen- Gufseisen  herrühren.  Es  sei  noch  bemerkt, 
dafs  bis  zu  einer  gewissen  Grenze  der  Inanspruchnahme  dieses  eigen- 
artigen Materiales,  die  auch  als  eine  Art  Fliefsgrenze  bezeichnet  werden 
könnte,  mit  genügender  Annäherung  für  gewisse  Inanspruchnahme- 
Grenzen  mehrerer  Schub-Elasticitäts- Module  sichergestellt  werden  können, 
deren  Werthe  mit  der  Erhöhung  der  Inanspruchnahme  abnehmen. 

Die  bis  zu  der  obenbezeichneten  „Fliefsgrenze''^  ermittelten  Schub- 
Elasticitäts-Module  haben  folgende  Werthe: 

Probestab:  Durchmesser  (/  =  6cm,98,  Probelänge  /  =  40cm,0,  Dreh- 
moment Md  in  Kg. ^^^  absolute  Verdrehung  (3~o  in  cm,  specifischer  Dreh- 
winkel im  Bogenmafs  (für  /  =  4,  =  1)  Ö  =  {Ö^):^l)^  Inanspruchnahme 
der  Drehfestigkeit  ffd'''S  Schub-Elasticitäts-Modulus  G->'. 

Md  =  0-7  500,  7  500-15  000,  15  000-22  500,  22  500-30  000 

Z<z  =  0-112,4,  112,4-224,8,  224,8-337,2,  337,2—449,6 

So  =    0.0102,               0,0228,  0,0370,  0,0560 

d'    =0,000072,           0,000163,  0,000264,  0,000401 

G    =  440,000,             395,000,  365,000,  321,000. 

In  Folge  der  Inanspruchnahme  mit  449'it,6  auf  Drehung  ist  die 
Fliefsgrenze  des  Probemateriales  erreicht.  Die  Festigkeitsgrenze  Ka 
liegt  bei  14G0",9.  Die  Zugfestigkeit  Ä/t  desselben  Materiales  wurde 
mit  1375",1  ermittelt,  daher  Ka  :  K^  =  1,06. 

Nach  Gegenüberstellung  der  Hauptergebnisse  der  alten  und  neueren 
(von  de  Saint  Venant  herrührenden)  Theorie  auf  Drehung  beanspruchter 
Körper   und   zwar   dafs   im   Sinne  der  alten  Theorie   die  gröfste  Inan- 


Gollner,  zur  Festigkeitslehre.  207 

spruchnahme  (Tmay.)  in  jenen  Querschnittspunkten  eintrete,  welche  am 
weitesten  von  der  Stabachse  abstehen,  dafs  nach  den  Ergebnissen  der 
Theorie  nach  de  Saint  Venant  die  gröfste  Schubspannung  in  denjenigen 
Umfangspunkten  des  Querschnittes  eintritt,  welche  der  Stabachse  am 
nächsten  liegen,  werden  die  Resultate  der  neueren  Theorie  für  fünf 
Querschnittsformen  übersichtlich  zusammengestellt,  welche  den  kreis- 
und  kreisringförmigen,  den  elliptischen  und  elliptisch-ringförmigen  um- 
fassen; an  diese  gewöhnlichen  Querschnittsformen  reiht  sich  die  ana- 
lytische Behandlung  des  gleichseitigen  Dreieckes  und  Sechseckes  als 
Querschnittsform  für  auf  Drehung  beanspruchte  stabförmige  Körper. 

Es  werden  hierbei  hauptsächlich  zwei  Gleichungen  aufgestellt  und 
entsprechend  specialisirt;  die  eine  bezieht  sich  auf  den  Werth  der 
maximalen  Inanspruchnahme  (Tmax),  die  zweite  behandelt  die  Beziehung 
des  specifischen  Verdrehungswinkels  8  zu   den   mafsgebenden  Gröfsen. 

Bezeichnet  (p  und  ip  je  einen  Coefficienten,  0  das  kleinere  der 
beiden  Haupt-Trägheitsmomente  des  Stabquerschnittes,  0p  das  polare 
Trägheitsmoment    desselben,    Md  das  Drehmoment,    F  die  Gröfse   des 

Stabquerschnittes,  ist  endlich  6  =  p,  gleich  dem  Radius  des  Vollkreises 

und  der  halben  kleinen  Achse  der  Vollellypse,  sowie  dem  äufseren 
Radius  bezieh,  der  äufseren  kleinen  Halbachse  des  Ellypsenringes,  so 
nehmen  die  Gleichungen  für  Tmax  und  S  folgende  allgemeine  Form  an: 

Tmax  =  cp.^.b  und  §  =  ^p.  —  .—. 

Es  folgen  im  Weiteren  die  Sonderwerthe  der  Coefficienten  (p  und  ip 
für  die  bezeichneten  Querschnittsformen,  wobei  hervorzuheben  ist,  dafs 
nach  Venanfs,  Theorie  für  den  rechteckigen  Querschnitt  der  Werth 
yj=:f(b:h)  ist.  Dieser  Werth  ip  variirt  zwischen  42,68  und  38,5  für 
die  Grenzwerthe  ä  :  6  =  1 : 1  und  ä  :  6  =  8  : 1 ,  wofür  der  abgerundete 
Werth  i//  =  40,0  eingeführt  wird. 

Bach  erörtert  das  zur  Verfügung  stehende  Versuchsmaterial  zur 
Prüfung  der  Theorie  nach  de  Saint  Venant  für  die  verschiedenen  Quer- 
schnittsformen und  erwähnt  hierbei  das  von  Bauschinger  gelieferte  Ma- 
terial durch  Untersuchung  von  10  gufseisernen  Wellen,  von  welchen 
je  zwei  den  kreis-  und  ellypsenförmigen,  den  quadratischen  und  recht- 
eckigen Querschnitt  (6  :  A  =  1  :  2  und  1  :  4)  nachweisen. 

de  Venant's  Theorie  liefert  für  die  bezeichneten  Stäbe  der  Reihe 
nach    folgende    Verhältnisse    der    specifischen    Verdrehungswinkel    für 

d 

(^=1=1)  und  zwar: 

Sa:§b:öc:öd:de=l:  1,25  : 1,13  :  1,40  :    9,1 
Nach  Bauschinger  wurde  gemessen  =  1 : 1,24  : 1,20  : 1,47  :    9,65 
Grashofs  Gleichungen  ergaben        =  1  :  1,25  :  1,43  : 1,79  :  12,30. 
Bauschinger  hat  noch  Stahlwellen  von  kreisförmigem  und  quadratischem 


208 


Gollner,  zur  Festigkeitslehre. 


Querschnitte   auf  Drehfestigkeit  erprobt   uud    für    13  Wellenpaare   den 
folgenden  mittleren  Verhältnifswerth  5\  :  ö-i^^  '■  0,696  festgestellt. 
Die  alte  Theorie  würde  ergeben:    =1:0.589 
die  neuere  Theorie :  1 :  0,833. 

Die  ältere  Theorie  liefert  demnach  zu  geringe  Formänderungen; 
diese  DifFerenz  wird  um  so  gröfser,  je  mehr  sich  der  Querschnitt  von 
der  Kreisform  entfernt. 

Die  nun  von  Bach  in  neuerer  Zeit  durchgeführten  Drehversuche 
mit  Probestäben  aus  Gufseisen  (unbearbeitet)  und  von  rechteckigem, 
kreis-,  kreisringförmigem  und  hohl  quadratischem  Querschnitte  liefern 
folgende  Durchschnittswerthe  betreffend  jTmax  und  das  Verhältniss  Ka :  Äj, 
welche  als  sehr  instructive  Versuchsergebnisse  zu  bezeichnen  und  in 
der  fola;enden  Tabelle  übersichtlich  zusammens-estellt  sind. 


Querschnittsform 


b:h 


quadratisch 
rechteckig 


1:1 
1:2,5 
1:5 
1:9 


Kd :  lU 


2228 
2529 
2366 

2508 


1,42 : 1 
1,60 : 1 
1,50 : 1 
1,59  : 1 


Bach  weist  weiters  nach,  dafs  die  neuere  Theorie  die  Beziehung 
zwischen  Tmnx  und  den  Wertheu  b  und  h  für  den  rechteckigen  Stabquer- 
schnitt nicht  vollkommen  richtig  darstellt'^,  wobei  allerdings  noch  auf 
die  Beschatienheit  des  Probemateriales  Rücksicht  zu  nehmen  sein  wird, 
wenn  obige  Verhältnifswerthe  für  Ka :  Kz  zur  Controle  der  Fenanfschen 
Gleichung  Tjnax  =  'ip  (Md'-b'^h)^  wobei  yj  =  4^5  ist,  verwerthet  werden. 

Die  ältere  Theorie  liefert  hingegen  für  Tmax  ganz  unbrauchbare 
Werthe,  wenn  nämlich  die  Gleichung  Tmax  =  QMd'-  bh  ('Vft'^ -f- A'^)  aus- 
genützt wird.  Die  mittleren  Versuchsergebnisse  mit  den  Probestäben 
von  kreis-,  kreisringförmigem  und  hohlquadratischem  Querschnitte  be- 
treffend dieselben  Gröfsen  Tmnx  und  Kd  :  Kz.  sind  in  der  folgenden  Ta- 
belle enthalten: 


Querschnittsform 

Durchmesser 

,  Seitenlänge 

T'max'^'' 

Kd :  K, 

aufsen 

innen 

kreisförmig 

10,3cm 

— 

1618 

1,02 : 1 

kreisringförmig      .     .     . 

10,2cm 

7,0cm 

1234 

0,82 : 1 

hohlquadratisch     .     .     . 

6,2cm 

3,2cm 

1788 

1,13  : 1 

Eine  Vergleichung  der  Drehungsfestigkeit  für  Probestäbe  mit  voll- 
und  liohl(|uadratischem,  sowie  von  kreis-  und  kreisringförmigem  Quer- 
schnitte hat  das  interessante  Ergebnifs  geliefert,  dafs  für  beide  Quer- 
schnittsgruppen der  Vollquerschnitt   um  25  Proc.  widerstandsfähiger  ist 

2  Vgl.  §  341  insbesondere  S.  KiU  von  Bach's  Elasticität  und  Festigkeit.  (S. 
I)ücheranzeige  S.  240.) 


Gollner,  zur  Festigkeitslehre.  209 

als  der  zugehörige  Hohlquersehnitt.  Hieraus  folgert  Bach  mit  Recht, 
dafs  die  Ausmitzung  der  Fo//quersehnitte  eine  günstigere  ist,  als  bisher 
angenommen  wurde. 

Die  „Rippenquerschnitte'',  welche  allerdings  im  modernen  Maschinen- 
bau als  auf  Drehfestigkeit  beanspruchte  Querschnitte  von  Maschineu- 
elementeu  immer  seltener  verwendet  werden,  besonders  wenn  diese  aus 
Gufseisen  hergestellt  werden  sollen,  erweisen  sich  als  instructive  Yer- 
suchsobjecte  an  Verdrehungs-Probestäben,  über  dei'en  zahlreiche  Er- 
gebnisse nachgelesen  werden  mufs.  Es  sei  hier  nur  hervorgehoben, 
dafs  schon  die  Art  des  Entstehens  der  ersten  Brüche,  ferner  die  Aen- 
derung  der  Widerstandsfähigkeit  der  schon  angebrochenen  Probestäbe 
bemerkenswerthe  Resultate  sind  und  dafs  endlich  auch  das  Verhältnifs 
der  Festigkeit  des  Rippenquerschnittes  zum  rechteckigen  Querschnitte 
von  gleichen  Hauptdimensionen  (6  und  h)  je  nach  der  Querschnittsform 
ein  eigenartiges  wird. 

So  hat  Bach  sicher  gestellt,  dafs  a)  die  U-Querschnitte  gegenüber 
Inanspruchnahme  auf  Drehfestigkeit  an  sich  von  geringer  Widerstands- 
fähigkeit sind,  dafs  b)  derselbe  Querschnitt  nicht  wesentlich  mehr 
widersteht,  als  der  aus  dem  Stege  des  Querschnittes  gebildete  recht- 
eckige Querschnitt;  c)  die  Gleichung  für  Jmax  als  Ergebnifs  der  neueren 
Theorie  für  den  in  Rede  stehenden  Querschnitt  nicht  brauchbar  ist; 
d)  als  mafsgebend  die  Festigkeitsgleichung  Md  =  "^l^b-h  .  Jmax  vorläufig 
angenommen  werden  kann. 

Für  die  H- Probequerschnitte  ist  folgendes  mafsgebend:  a)  die 
Gleichung  nach  de  Saint  Venant  für  Tmax  ist  auch  für  diese  Quer- 
schnitte nicht  brauchbar;  b)  es  mag  bis  auf  Weiteres  benutzt  werden: 
A/d  ^ '^.,  T'maxs'^  (A -f-.2io),  wenn  bedeutet:  s  die  Stegstärke  sowie  die 
Flanschenstärke,  ferner  bo=:(b  —  s),  wobei  b  die  Breite  der  Flansche 
bezeichnet. 

Für  den  -j-'P^'obequerschnitt  kann  genommen  werden: 
iMd  =  '^,TraaxsHh  +  hi-s). 
hierbei  bedeuten  h  und  h^   die  Höhen,  s  die  Stärke  der  beiden  Rippen. 

Ein  besonderes  Interesse  bieten  weiters  die  abgebildeten  Bruch- 
stücke hinsichtlich  der  Form  der  Brüche,  der  Lage  der  Bruchlinien, 
ferner  die  Beobachtungen,  aus  welchen  die  Art  der  Entstehung  der 
Bruchlinien  abzuleiten  wäre. 

Die  Probestäbe  mit  den  einfachen  Querschnitten  sind  durchaus 
plötzlich  und  ohne  vorherige  Anzeichen  gebrochen.  Bei  den  Stäben 
mit  voll-  und  hohlquadratischem  Querschnitte  scheint  der  Bruch  in  der 
Mitte  der  Flächen  (und  nicht  an  den  Kanten)  begonnen  zu  haben;  das 
Umgekehrte  scheint  für  die  Probestäbe  mit  rechteckigem  Querschnitte 
zutretfend  zu  sein.  Ge'naue  einschlägige  Beobachtungen  und  solche 
Ergebnisse  wären  für  die  Controle  der  de  Saint  Venant  scheu  Gleichungen 
von  entscheidender  Wichtigkeit. 

Dinglers  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  ö.  1889;lll.  14 


210 


Gollner,  zur  Festigkeitslehre. 


Bei  den  Probestäben  mit  sogen.  Rippenquerschnitten  treten  die 
Brüche  zuerst  in  den  (Querrippen)  Flanschen  ein,  wobei  das  Dreh- 
moment sinkt.  Dieses  kann  wieder  gesteigert  werden,  so  dafs  der 
Probestab  mit  eingerissenen  Querrippen  ividerstandsfähiger  ist  als  im 
unverletzten  Zustande.  Der  Bruch  des  Steges  erfordert  in  der  Regel 
ein  gröfseres  Drehmoment,  als  jenes  ist,  welches  zum  ersten  Einreifsen 
der  Flanschen  erforderlich  war. 

Es  ist  wohl  richtig,  vorauszusehen,  dafs  sich  dieselben  Probestäbe 
im  „bearbeiteten''  Zustande  gegenüber  der  Inanspruchnahme  auf  Dreh- 
festigkeit anders  verhalten  hätten  als  im  unbearbeiteten  Zustande,  in 
welchem  sie  durchaus  der  Probe  unterworfen  wurden. 

Von  Interesse  ist  überhaupt  die  Kenntnifs  des  Einflusses  der  Gufs- 
haut  auf  die  verschiedenen  Festigkeitsarten.  Bach  ermittelt  für  Probe- 
stäbe im  bearbeiteten  und  unbearbeiteten  Zustande  folgende  Verhältnifs- 
werthe  für  die  Biegefestigkeiten  (Ab): 

a)  quadratischer  Probequerschnitt  2765  :  2295  =  1,17, 

b)  H-  „  2254:2026  =  1,11, 

ferner  für  die  Biegefestigkeit  (Ab)  zur  Zugfestigkeit  K^  desselben  Ma- 
teriales  im  bearbeiteten  Zustande: 

c)  (juadratischer  Probequerschnitt  Eb :  Kz  =  1,73  :  1, 

d)  H-  „  Zb  :Ä=  =  1,45:1- 

Diese  Angaben,  welche  zunächst  erkennen  lassen,  dafs  der  Einflufs 
der  Gufshaut  von  der  Querschnittsform  abhängig  ist,  sollen  durch  die 
folgenden  ergänzt  werden,  die  vom  Referenten  durch  einschlägige  Unter- 
suchungen mit  gutem  böhmischen  Maschinen-Gufseisen  gewonnen 
wurden,  wobei  die  wichtigsten  Arten  der  statischen  Festigkeitsarteu 
berücksichtigt  wurden. 

Die  Biegestäbe  erhielten  rechteckigen  Probequerschnitt  (A  :  ft  =  9  :  5), 
alle  übrigen,  also  jene  für  Zug,  Druck,  Drehungs-  und  Abscherproben, 
den  Arejsförmigen  Probequerschnitt. 

Die  folgende  Tabelle  zeigt  die  Mittelwerthe  der  mafsgebenden 
Gröfsen  in  übersichtlicher  Zusammenstellung: 


B 

o 
S 

N 

Zustand 

Zug- 
festigkeit 
Z^at 

Druck- 
festigkeit 
/fj.at 

Biege- 
festigkeit 
ifb^t 

Dreh- 

festigkeil 

/i.iat 

Scher- 
festigkeit 
ÜT^at 

a 

Beai'beitet     .... 

1237,5 

6188,7 

2202,3 

1562,7 

1233,2 

6 

Unbearbeitet     .     .     . 

1375,1 

7295,0 

1961,0 

1791,6 

1256,6 

a 
b 

Verliältnifs  .... 

Ü,90 

0,85 

1,12 

0,87 

0,98 

Bearbeitet 

K,  =  1,00 

5,00  Kz 

1,78  Kz 

1.26  Kz 

0,99  Kz 

Uni 

jearbeitot 

if,  =  1,00 

5,30  Kz 

1,43  Kz 

1,30  üTs 

0,91  Kz 

Diese  Tabellenwerthe  lassen  erkennen: 

1)  dafs   mit  Ausnahme   der  Scherfestigkeit  alle   übrigen    statischen 


Controlapparate  für  den  Betrieb  elektrischer  Beleuchtungsanlagen.      211 

Festigkeiten    im    bearbeiteten    und    unbearbeiteten   Zustande    desselben 
Gufseisens  gröfser  sind  als  dessen  Zugfestigkeit- 

2)  dafs  mit  Ausnahme  der  jß/e^cfestigkeit  alle  übrigen  statischen 
Festigkeiten  desselben  Gufseisens  in  Folge  des  Einflusses  der  Gufshaut 
herabgedrückt  werden; 

3)  dafs  die  Gröfse  des  Einflusses  der  Gufshaut  auf  die  Veränderung 
der  Festigkeiten  bei  gleicher  Querschnittsform  für  die  einzelnen  Festig- 
keitsarten ein  verschiedener  ist  und  überhaupt  von  der  Form  des 
Querschnittes  abhängig  ist. 


W.  E.  Fein's  Controlapparate  für  den  Betrieb  elektrischer 
Beleuchtungsanlagen. 

Mit  Abbildungen. 

Um  ein«  vollkommen  gleichmäfsiges  Licht  der  Bogen-  und  Glüh- 
lampen und  zugleich  eine  möglichst  lange  Brenndauer  der  letzteren  zu 
erzielen,  mufs  die  Klemmenspannung  der  Dynamomaschine  möglichst 
unveränderlich  erhalten  wei'den.  Soll  deshalb,  namentlich  bei  Anlagen 
mit  einem  Betriebsmotor  mit  veränderlicher  ümlaufszahl,  der  Wärter 
so  oft  als  nur  thunlich  die  Spannung  seiner  Maschine  an  einem  Volt- 
meter beobachten,  so  ist  dies  umständlich  und  unzuverlässig,  v^^eil  ja  die 
Scalen  dieser  Mefsinstrumente  sich  nicht  leicht  in  so  grofsen  Dimensionen 
ausführen  lassen,  dafs  ihr  Ablesen  mit  Sicherheit  von  einiger  Entfernung 
aus  erfolgen  kann.  Man  hat  schon  mehrfach  sogen.  Spannungswecker 
hergestellt,  die  jede  die  normalen  Grenzen  in  einer  unzulässigen  Weise 
überschreitende  Spannungsänderung  der  Dynamomaschine  durch  ein  von 
Ferne  sichtbares  oder  hörbares  Signal  selbsthätig  anzeigen  und  dem 
Maschinisten  bestimmt  angeben,  ob  und  in  welcher  Weise  er  die  Touren- 
zahl seiner  Dynamomaschine  zu  verändern  bezieh.  Widerstände  ein- 
oder  auszuschalten  hat. 

W.  E.  Fein  in  Stuttgart  erreicht  dies  durch  die  im  Nachfolgenden 
beschriebenen  und  abgebildeten  Apparate  und  verwendet  für  gröfsere 
Beleuchtungsanlagen  gewöhnlich  zwei  derartige  Apparate,  von  welchen 
der  eine  im  Maschinenräume,  der  andere  im  Bureau  des  Betriebsbeamten 
aufgestellt  wird,  damit  auch  dieser  die  Spannung  und  zugleich  die  dies- 
bezügliche Thätigkeit  des  Maschinisten  controliren  kann.  Für  solche 
Fälle,  wo  dies  nicht  fortwährend  möglich  ist,  kann  der  Spannungs- 
wecker mit  einem  Registrirapparate  in  Verbindung  gebracht  werden, 
welcher  selbsthätig  aufzeichnet,  ob  und  wann  die  Spannung  der  Ma- 
schine zu  hoch  oder  zu  nieder  geworden  ist,  was  besonders  für  Be- 
leuchtungsanlagen, welche  die  ganze  Nacht  hindurch  im  Betriebe  sind, 
sehr  zu  empfehlen  ist. 


212      Controlapparate  Idr  den  Betrieb  elektrischer  Bclenclitungsanlagen. 


Nachstehende  Figur  zeigt  die  innere  Einrichtung  des  Spanuungs- 
weckers.  Der  Zeiger  Z  des  Voltmeters  F  ist  mit  zwei  Contactfedern  ver- 
sehen, welche  zwischen  den  beiden  Contaclschrauben  /  und  2  spielen; 
diese  sind   in  entsprechend  weiten  Grenzen  verstellbar  und   lassen  sich 

dadurch    leicht    auf    die    ge- 
wünschte Maximal-  und  Mini- 
malspannung   einstellen.      Sie 
stehen   mit  den    beiden  Glüh- 
ampen   G^   und  (r.,    derart    in 
Verbindung,  dafs  entweder  die 
eine  oder  die  andere  zum  Bren- 
nen  kommt,  je  nachdem  der 
Zeiger    des    Voltmeters    nach 
rechts  oder  links  ab- 
gelenkt wird,  d.  h.  je 
nachdem  die  Span- 
nung der  Maschine 
zu    hoch   oder   zu 
niedrig    geworden 
ist,    bei   normaler 
Spannung  berührt 
keine    der    beiden 
Federn  ihre   Con- 
tactschraube.    Vor 
den  beiden   Glüh- 
lampen    sind     in 
dem    den    ganzen 
Apparat  bedecken- 
den Metallgehäuse  zwei  kreisrunde  Ausschnitte  angebracht  und  in  die- 
selben Glasscheiben  eingesetzt,   wovon  die   eine  roth,   die  andere  grün 
gefärbt  ist;  aufserdem  ist  jede  Scheibe,  behufs  Ausschliefsuug  jeder  Ver- 
wechselung oder  Täuschung  beim  Beobachten  derselben,  noch  mit  einer 
Inschrift  versehen,  welche  beim  Erglühen  der  Lampe  weithin  sichtbar 
wird;  die  grüne  linke  Scheibe  zeigt  die  Inschrift:  „Tourenzahl  zu  klein", 
wenn  die  Spannung  der  Maschine    zu  niedrig   geworden   ist,    wogegen 
rechts  die  Inschrift:  „Tourenzahl  zu  grofs-"-  in  rothem  Lichte  erscheint, 
im  Falle  die  Spannung  die  zulässige  Gröfse  übersteigt.   Das  Metallgehäuse 
des.  Apparates  ist  nicht  fest,  sondern  durch  die  beiden  Scharniere  rj  und  r-^ 
mit  der  gufseisernen  Grundplatte  verbunden,   so  dafs  mau   zur   inneren 
Einrichtung  leicht  gelangen  kann,  im  Falle  ein  Auswechseln  der  Glüh- 
Iami)en  mit  der  Länge  der  Zeit  nothwendig  wird. 

In  den  Stromkreis  beider  Glühlampen  ist  ferner  der  Wecker  I  ge- 
schaltet, welcher  mit  dem  Erglühen  der  einen  oder  anderen  Lampe  ein 
hörbares  Signal  gibt,  und  zwar  so  lange,  bis  der  Wärter  seine  Dynamo 


Lockwood"s  Anordnung  zum  Schutze  der  Telephonleitungen.  213 

wieder  auf  die  richtige  Umdrehungsgeschwindigkeit  gebracht  oder  Ab- 
hilfe mittels  seines  Stromregulators  geschaffen  hat  5  ein  ]S'ichtbeachten 
des  Signals  erscheint  daher  vollständig  ausgeschlossen,  besonders  da 
erforderlichenfalls  mit  dem  Apparate  noch  ein  zweites  Läutewerk  ver- 
bunden werden  kann,  das  sich  in  jedem  beliebigen  anderen  Räume  auf- 
stellen läfst. 

Damit  die  Contacte  dieses  Weckers  nicht  schadhaft  werden  können 
und  dessen  Selbstunterbrechung  das  Brennen  der  Lampen  nicht  stört, 
ist  parallel  zu  dem  Elektromaguete  desselben  der  aus  Neusilberdraht 
hergestellte,  unter  dem  Elektromaguete  befindliche  Widerstand  W  ge- 
schaltet, und  so  bemessen,  dafs  nur  ein  ganz  geringer  Theil  des  Stromes 
durch  das  Läutewerk  selbst  seht. 

Da  das  Voltmeter  T'  keine  Stahlmagnete,  sowie  keine  verstellbaren 
Gegengewichte  oder  Federn  besitzt,  so  wird  auch  die  Richtigkeit  seiner 
Angaben  durch  äufsere  Einwirkungen  nicht  beeinflufst. 

Für  manche  Fälle,  besonders  zur  Coutrole  des  Maschinenwärters 
genügt  schon  ein  hörbares  Signal:  dann  verwendet  Fein  einen  etwas 
einfacheren  Apparat.  An  demselben  wird  der  Wecker  L  und  die 
beiden  Glühlampen  G,  und  G.^  durch  eine  Lampe  und  zwei  Läutewerke 
von  verschiedenem  Klange  ersetzt;  von  letzteren  kommt  das  eine  oder 
das  andere  in  Thätigkeit,  je  nachdem  die  Spannung  der  Maschine  zu 
hoch  oder  zu  niedrig  wird. 


Lockwood's  Anordnung  zum  Schutze  der  Telephonleitungen 
gegen  Induction  aus  anderen  Leitungen. 

Mit  Abbildung. 
T.  D.  Lockwood  in  Boston  hat  sich  kürzlich  eine  Anordnung  paten- 
tireu  lassen,  welche  die  schädlichen  inducirenden  Einwirkungen  von 
Licht-  und  Motoren-Leitungen  beseitigen  soll  und  nicht,  wie  andere 
dasselbe  bezweckende  Anordnungen,  das  Telephoniren  schwächt,  son- 
dern eher  noch  verbessert.  In  der  zugehörigen  Abbildung  ist  L  eine 
Telephonleitung,  welche  dem  Einflüsse  einer 
mit  Wechselströmen  arbeitenden  elektrischen 
Leitung  ausgesetzt  ist.  Von  ihr  wird  vor  dem 
Telephone  T  bei  x  eine  Abzweiguno;  zur 
Erde  E  angelegt,  in  welche  ein  Elektro- 
magnet e  von  geringem  Widerstände,  aber 
hoher  Selbstinduction  eingeschaltet  ist.  Wäh- 
rend nun  aber  die  von  der  Lichtleitung  indticirten  Ströme  in  Folge  der 
verhältnifsmäfsig  geringen  Anzahl  ihrer  Richtungs-  bezieh.  Stärken- 
wechsel einerseits  und  in  Folge  des  geringen  Widerstandes  von  e  der 
Hauptsache  nach  ihren  Weg  über  den  Elektromagnet  e  nehmen,  gehen 


214 


Warnungssignale  für  eine  bestimmte  Fahrtrichtung. 


die  Telephonströme  wegen  des  hohen  Widerstandes,  welchen  die  hohe 
Selbstinduction  von  e  so  raschen  Stromänderungen,  wie  sie  die  Grund- 
lage der  telephonischen  Uebertragung  bilden,  entgegensetzt,  im  Wesent- 
lichen über  T  zur  Erde  E^  d.  h.  die  störende  Wirkung  der  durch  die 
Lichtleitung  inducirten  Ströme  auf  T  wird  erheblich  verringert.  Das 
als  Geber  benutzte  Mikrophon  M  wird  durch  die  aus  der  Lichtleitung 
inducirten  Ströme  nicht  gestört,  und  deshalb  kann  die  secundäre  Win- 
dung seines  Inductors  in  die  Leitung  L  vor  x  eingeschaltet  werden; 
es  wird  dadurch  die  Wirksamkeit  des  Gebers  erhöht. 

In  Mittelstationen  kann  natürlich  eine  Abzweigung  x  E  zur  Erde 
nicht  angebracht  werden;  in  ihnen  wird  daher  der  Elektromagnet  e  in 
eine  Nebenschliefsuug  zum  Telephon  gelegt  und  kann  mittels  eines  Um- 
schalters ausgeschaltet  werden. 

Lockwood  hat  gefunden,  dafs  für  gewöhnlich  ein  Elektromagnet 
mit  Eisenkern  und  Eisenhülle  und  von  ungefähr  10  Ohm  Widerstand 
genügt. 


Warnungssignale  und  Schienencontacte  für  eine  bestimmte 

Fahrtrichtung. 

Mit  Abbildung. 

Wenn  an  eingeleisigen  Nebenbahnen  unbewachte  Wegübergänge 
durch  elektrische  Läutewerke  geschützt  werden  sollen,  welche  durch 
neben  den  Schienen  angebrachte,  durch  die  Räder  des  fahrenden  Zuges 
in  Thätigkeit  versetzte  Contacte  zum  Läuten  gebracht  werden,  so  sind 
diese  Contacte  so  einzurichten,  dafs  sie  den  Strom  nur  schliefsen,  wäh- 
rend der  Zug  in  der  einen  Richtung  fährt,  damit  der  sonstige  Verkehr 
nicht  durch  Warten  auf  einen  Zug  aufgehalten  wird ,  der  bereits  über 
den  üebergang  hinaus  ist. 

Zu  diesem  Zwecke  hat  der  Eisenbahn-Telegraphenaufseher  H.Seseman 
in  Erfurt  den  Contact  in  folgender  Weise  ein- 
gerichtet. In  einem  in  genügender  Entfernung  von 
der  Schiene  auf  einer  Eisenplatte  befestigten  Kugel- 
lager wird  eine  Welle  c  gelagert,  auf  welche  neben 
der  Schiene  ein  kleines  Stahlrädchen  drehbar  auf- 
gesteckt ist,  worüber  die  Räder  laufen;  auf  dem 
anderen  Ende  der  Welle  c  dagegen  sitzt  eine  eben- 
falls drehbare  Rolle  £",  welche,  wenn  die  Räder 
auf  das  Rädchen  wirken,  je  nach  der  Fahrtrichtung 
links  oder  rechts  in  dem  Ausschnitte  F  einer  Füh- 
rungsplatte emporgeht  und  dabei  einen  der  beiden, 
durch  die  Federn  k  und  k^  zurückgehaltenen  Con- 
tact i  und  i'i  auf  seinen  Ambofs  legt  und  so  einen  elektrischen  Strom- 
kreis  schliefst    und    das    Läutewerk    auslöst.     Auch    das   Stahlrädcheu 


Warnungssignale  für  eine  bestimmte  Fahrtrichtung.  215 

liegt  in  dem  Ausschnitte  einer  Führuugsplatte,  die  jedoch,  F  entgegen- 
gesetzt, die  geneigten  Flächen  oben  liegen  hat.  Eine  auf  c  wirkende 
Feder  zieht  E  beständig  im  Ausschnitte  F  nach  unten. 

Der  abgebildete  Contact  vermag  zwei  Läutewerke  für  zwei  zu 
beiden  Seiten  des  Contactes  liegende  Uebergänge  auszulösen,  bei  jeder 
Fahrtrichtung  jedoch  stets  nur  eines  und  zwar  das  in  der  Richtung  der 
Fahrt  liegende.  Auch  würde  ein  solcher  Contact  dem  Weichensteller, 
welcher  weit  entfernt  liegende  oder  nicht  sichtbare  Weichen  zu  be- 
dienen hat,  die  Vor-  oder  Rückwärtsbewegung  eines  Zuges  an  den  frag- 
lichen Stellen  bestimmt  anzeigen  können.  In  verwandter  Weise  würde 
der  eine  der  beiden  Contacte  für  die  selbsthätige  Controle  der  Fahr- 
geschwindigkeit benutzt  werden  können. 

Liegt  blofs  auf  der  einen  Seite  des  Contactes  ein  Uebergang,  so 
ist  blofs  ein  Läutewerk  nöthig,  aber  es  mufs  auf  jeder  Seite  des  Ueber- 
ganges  in  geeigneter  Entfernung  (1300"i  bis  1500°^)  ein  Schienencontact 
angebracht  werden,  dieser  braucht  aber  nur  einen  einzigen  Contactstift. 

Siemens  und  Halske  in  Berlin  verwenden  für  derartige  Fälle  ihren 
Schienendurchbiegungs-Quecksilbercontact  (vgl.  1888  261  *  374).  Sie 
lassen  dabei  nach  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift^  1889  S.  40,  alle 
Läutewerke  etwa  2  Minuten  lang  läuten,  aber  nur  alle  6  bis  7  Secunden 
einen  Schlag  geben,  damit  dasselbe  beim  Verkehre  von  15  Zügen  täg- 
lich doch  nur  jeden  Tag  einmal  aufgezogen  zu  werden  braucht.  Das 
Spindelläutewerk  wird  zu  besserem  Schutze  gegen  muth willige  Angriffe 
etwas  höher  gebaut.  Es  gibt  nach  jeder  Auslösung  2  Schläge.  Die 
erste  Auslösung  geschieht  durch  den  Schienencontact.  Dabei  zieht  das 
Läutewerk  ein  Neben  werk  auf,  dessen  Ablaufen  durch  ein  Pendel  werk 
verlangsamt  wird.  So  lange  das  Nebenwerk  läuft,  hält  es  die  elek- 
trische Leitung  unterbrochen;  zum  vollständigen  Ablaufen  braucht  es 
8  bis  10  Minuten,  und  deshalb  kann  auch  ein  langsam  fahrender  Zug 
beim  Hinwegfahren  über  den  in  der  Fahrtrichtung  hinter  dem  Läute- 
werke liegenden  zweiten  Schienencontact  hinwegkommen,  ohne  das 
Läutewerk  noch  ein  zweites  Mal  auszulösen.  Das  Nebenwerk  löst 
immer  nach  Ablauf  von  6  bis  7  Secunden  das  Läutewerk  mechanisch 
aus,  so  dafs  es  2  Schläge  gibt;  dies  geschieht  für  die  Dauer  von  2  Mi- 
nuten. Mit  dem  so  gegebenen  hörbaren  Warnungssignale  kann  auch 
noch  ein  sichtbares  verbunden  werden,  das  hauptsächlich  dazu  bestimmt 
ist,  den  Locomotivführer  des  vorüberfahrenden  Zuges  davon  in  Keuntnifs 
zu  setzen,  dafs  das  Läutewerk  das  Warnungssignal  wirklich  gegeben 
hat.  Dieses  sichtbare  Signal  erscheint,  wenn  das  Warnungssignal  durch 
den  Einflufs  des  Nebenwerkes  beginnt,  und  verschwindet  wieder,  wenn 
der  Zug  vorüberfährt,  oder  wenn  er  vorübergefahren  ist. 


216 


Wagner's  Mikrophon. 


Westinghouse's  Umsclialter  für  elektrische  Lichtleitungen. 


Mit  Abbildung. 

Der  nebeustehend  abgebildete  Um- 
.schalter  wird  von  der  fVestinghouse  Company 
in  ihren  Lichtanlagen  verwendet,  wo  die- 
selbe Dynamomaschine  abwechselnd  mit 
zwei  verschiedenen  Stromkreisen  ver- 
bunden werden  soll.  Die  beiden  von  der 
Dynamo  kommenden  Poldrähte  werden 
an  die  beiden  in  der  Mitte  des  Um- 
schalters links  und  rechts  sichtbaren 
Klemmen  geführt.  Die  beiden  oben  lie- 
genden Klemmen  nehmen  die  Leitungen 
des  einen  Stromkreises  auf,  die  unteren 
diejenigen  des  anderen.  Bei  der  gezeich- 
neten Lage  des  Umschalterhebels  wird 
also  der  Strom  dem  ujateren  Stromkreise 
zugeführt.  Soll  der  obere  den  Strom  be- 
kommen, so  wird  der  Griff  rasch  nach 
oben  bewegt  und  die  beiden  Klingen  am 
Hebel  in  die  beiden  oberen  Zangen  hin- 
eiugedrückt.  Der  Handgritf  besteht  natür- 
lich aus  einem  isolirenden  Stoffe. 


H.  J.  Wagner's  Mikrophon. 


In 


Mit  Abbildung. 

dem  Mikrophon  der  Geraer  Elektrotechnischen  Fabrik  H.  J. 
Wagner  in  Cuba  bei  Gera  (*D.  R.  P.  Kl.  21 
Nr.  444-65  vom  21.  Januar  1888)  wird  der 
Körper  durch  die  dem  Mikrophon  bei- 
gegebene Inductionsspule  gebildet,  deren 
vordere,  vergröfserte  Flanschenscheibe  b 
die  Platte  g  und  den  Schalltrichter  f  trägt, 
während  auf  den  hinteren  Flanschet  eine 
Schlufsscheibe  l  aufgeschraubt  ist,  welche 
den  Hohlraum  der  Spule  luftdicht  ab- 
schliefst. Im  Inneren  der  Spule  ist  ein 
Weichgummicy linder  k  angebracht,  gegen 
dessen  nach  aufsen  gebauchten  Boden 
sich  ein  in  der  Spule  dicht  eiugeschliffener 
Contact  i    anlegt.     Ein    an    der    Platte  g 


Die  Raoiüt'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmiing.  217 

sitzender  Contaet  h  steht  mit  dem  Contacte  i  in  Berührung.  Die  in 
dem  zwischen  der  Platte  g  und  der  Flansehenscheibe  b  betindlichen, 
luftdicht  abgeschlossenen  Räume  m  enthaltene  Luft  wirkt  als  Dämpfer 
für  die  Schwingungen  der  Platte.  Dieses  Mikrophon  ist  gleich  gut  für 
lange  und  kurze  Entfernungen  zu  benutzen.  In  ihm  sind  die  Contacte 
besonders  gut  gegen  Verstaubung  und  Beschädigung  von  aufsen  ge- 
schützt. Da  es  in  jeder  Stellung  gut  arbeitet,  läfst  es  sich  bequem 
tragbar  machen. 


Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekiilargewic]itsl)estim- 
mung;  von  Constantin  Klinge. 

(Fortsetzung  der  Abhandlung  S.  179  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  11. 

A.  F.  HoUemann^^  hat  ein  noch  einfacheres  Verfahren  in  Anwen- 
dung gebracht. 

Das  Gefäfs,  worin  sich  die  auf  ihren  Gefrierpunkt  zu  untersuchende 
Flüssigkeit  befindet,  ist  ein  weites  Probirrohr  (etwa  2^°^  Durchmesser); 
es  wird  durch  die  Klemmschraube  eines  Stativs  festgehalten.  Im  Probir- 
rohre hängt  ein  in  ijo  Gi'ade  getheiltes,  emptindliches  Thermometer; 
weiter  ist  noch  ein  Rührer  (ein  am  unteren  Ende  umgebogener  Glas- 
stab) darin  befindlich.  Als  Kühlgefäfs  wird  ein  mit  Eiswasser  gefülltes 
Becherglas  benutzt,  das  am  selben  Stativ  auf  einem  mit  Drahtnetz  ver- 
sehenen Ring  steht  und  während  des  Versuches  auf  und  ab  gehoben 
wird,  wogegen  die  relative  Lage  von  Probirrohr  und  Thermometer  un- 
verändert bleiben. 

Bei  Ausführung  eines  Versuches  kühlt  man  die  zu  untersuchende 
Flüssigkeit  (wovon  30  bis  40§  ausreichen)  ungefähr  ab  bis  0,5"  unter 
den  Gefrierpunkt  des  Lösungsmittels;  der  Rührer  wird  dabei  mit  der 
Hand  in  Bewegung  gehalten.  Danach  wird  das  Becherglas  mit  Eis- 
wasser ganz  vom  Probirrohre  weggenommen.  Durch  Reiben  mit  dem 
Rührer  an  der  Glaswand ,  oder  sicherer  durch  Einbringen  eines  mini- 
malen Krystallflitterchens  wird  jetzt  die  Krystallisation  eingeleitet.  So- 
bald diese  eintritt,  sieht  man  die  Temperatur,  die  bis  dahin  noch  stets 
sinkend  geblieben  ist,  plötzlich  steigen.  Man  wartet  einige  Augen- 
blicke, rührt  die  Flüssigkeit  nun  um  und  liest  die  Temperatur  ab  mit 
einer  kleinen  fFo//as/on"schen  Lupe,  wie  sie  auch  sonst  im  Laboratorium 
oft  benutzt  wird.  Dies  wird  in  kurzen  Intervallen  noch  zwei-  bis  dreimal 
wiederholt,  vor  jeder  Ablesung  erst  gerührt,  um  sich  zu  überzeugen, 
dafs  Constanz  der  Temperatur  eingetreten  ist. 

Man  thaut  jetzt  die  Kryställchen  wieder  auf,  das  Probirrohr  mit 
der   Hand    oder   mit   ein  wenig   lauwarmem  Wasser  erwärmend,    und 

33  Berichte^  XXI,  860. 


218       Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung. 


^viederholt  dann  in  derselben  Weise  die  Gefrierpunktsbestimmuug  noch 
zweimal.  Die  drei  so  erhaltenen  Gefrierpunktszahlen  differireu  dann 
höchstens  um  '^  loo  Grad. 

Als  Beweis,  dafs  dieses  höchst  einlache  Verfahren  für  den  Zweck 
ausreicht,  gibt  Hollemann  die  folgenden  Molekulargewichtsbestimmungen, 
die  danach  ausgeführt  worden  sind,  an  : 


Gefiierpunkts- 
Erniedrigui:i; 

1)  Benzamid 

1,96 

0,62; 

0,61;  0,61 

0,31 

126 

121 

2)  Phtalsäiireanliydrid 

1,57 

0,35; 

0,35;  0,35 

0,23 

169 

148 

3)  Acetoiihenon  .... 

1,82 

0,55; 

0,55;  0,55 

0,30 

130 

120 

4)  Naplitalin 

1,87 

0,54; 

0,55;  0,55 

0,29 

134 

128 

Die  Ausführung  einer  Molekulargewichtsbestimmung  nach  diesem 
hier  beschriebenen  Verfahren  dürfte,  das  Herstellen  der  Lösung,  wie 
auch  die  Gefrierpunktsbestimmung  des  Lösungsmittels  selber  mitgerechnet, 
kaum  mehr  als  '^[^  Stunden  in  Anspruch  nehmen. 

Auf  Veranlassung  des  Herrn  Prof.  Engler  habe  ich  mich  längere 
Zeit  mit  der  i?ao«/f sehen  Methode  beschäftigt.  Durch  die  von  mir  ge- 
machten Beobachtungen  wurden  schliefslich  die  beiden  eben  angegebenen 
Verfahren  gewissermafsen  mit  einander  vereinigt  und  die  Versuche  in 
folgender  Weise  angestellt: 

Der  Mantel  zur  Aufnahme  der  Flüssigkeit  erhielt  die  Gröfse,  dafs 
50s  Lösungsmittel  denselben  ungefähr  bis  zur  Hälfte  füllten. 

Zum  Schutze  gegen  die  Feuchtigkeit  der  Luft  wurde  der  Mantel 
mit  einem  doppelt  durchbohrten  Kork  verschlossen.  In  die  eine  Bohrung 
wurde  ein  in  zehntel  Grade  getheiltes  Thermometer,  in  die  andere  ein 
Rührwerk,  welches  genau  in  der  von  Auwers  angegebenen  Weise  aus- 
geführt war,  gesteckt.  Der  ganze  Apparat  wurde  in  ein  grofses  Becher- 
glas mit  Wasser  gesenkt,  dessen  Temperatur  sich  etwa  20  unter  der 
jedesmaligen  Erstarrungstemperatur  des  Lösungsmittels  befand,  und  die 
Versuche  unter  Einhaltung  der  von  Auwers  angegebenen  Vorschriften 
angestellt.  Nur  habe  ich  den  Krystalleinwurf  ganz  weggelassen,  da 
beim  Abkühlen  des  Lösungsmittels  (Eisessig  oder  Phenol)  auf  etwa  0,50 
unter  seinen  Erstarrungsi)unkt  die  Erstarrung  von  selbst  vor  sich  geht 
und  man  ganz  normale  Werthe  erhält.  —  Auf  diese  Weise  wurde 
erreicht,  dafs  zwischen  den  drei  Gefrierpunktszahlen  fast  niemals 
sich  eine  Temperaturdifferenz  ergab,  so  dafs  in  der  Folge  schon  der 
erste  beobachtete  Werth  als  brauchbar  angenommen  werden  konnte. 
Ich  neige  mich  daher  zu  der  Ansicht,  dafs  diese  Differenzen  bei 
Auwers  durch  den  Krystalleinwurf,  bei  Eolleinnnn  dagegen  durch  den 
Umstand,  dafs  ein  offenes  Gefäfs  angewandt  wird,  hervorgerufen  werden. 


Die  Raoult"sche  Methode  der  MolekulargewichtsbestimmuDg.  219 

Für  meine  Resultate    mag  das  folgende  Yersuchsbeispiel  sprechen: 
Trijilienylpyridin^  Cy^H^-l^^  iVi  =  307. 
Erstarrungspunkt  des  Phenols:  39,000. 
Angewandt:  0?,3235  Triphenylpjridin  in  52?,0  Eisessig. 
Gefunden : 


E 
33,840 
33,830 
33.830 

C 

0,160 
0,170 
0,170 

A 
0,2570 
0,2730 
0,2730 

3/ 
311 
296 
296 

Mittel 

0,2680 

300. 

Erstarrungspunkt  des  Phenols:  39,100. 

Angewandt:  0?,2050  Triphenylpjridin  in  52?,8  Eisessig. 

Gefunden : 

E                   C  A  M 

38.9600            0,1400  0.2590  309 

38.9600            0.1400  0.2590  309 

38,9600            0,1400  0,2590  309 

Mittel  0,2590  3Ü97 

Theorie  Mittel  der  Versuche 

3/ =307  i¥  =  304,5. 

Handelt  es  sieh  um  die  Bestimmung  des  Molekulargewichtes  einer 
Substanz  in  einem  Lösungsmittel,  dessen  molekulare  Depression  T  schon 
bekannt  ist,  so  wird  man  bei  Anwendung  eines  der  drei  eben  be- 
schriebenen Verfahren  in  den  meisten  Fällen  befriedigende  Werthe  er- 
halten. 

Hentschell^  welcher  Versuche  über  das  gegenseitige  Verhalten  von 
Benzol  und  Eisessig  angestellt  und  zu  seinen  Bestimmungen  ausschliefs- 
lich  Substanzen  von  flüssigem  Aggregatzustande  verwendet  hat,  be- 
nutzt einen  Apparat  ^^  (Fig-  2),  der  von  dem  ^Mioers'schen  abweicht. 

Zu  genaueren  Bestimmungen  ist  es,  zumal  wenn  man  das  leicht- 
flüchtige Benzol  als  Lösungsmittel  benutzt,  unbedingt  nöthig,  im  abge- 
schlossenen Räume  zu  arbeiten,  namentlich,  wenn  man  durch  Ausführung 
einer  Reihe  von  Bestimmungen  das  Verfahren  in  die  Länge  zieht.  Die 
Bewegung  der  theilweise  erstarrten  Flüssigkeit  wird  durch  das  Wirbeln 
eines  an  der  Glasbläserlampe  hergestellten  Flügelrades  erzielt,  dessen 
Stiel  A  den  Stöpsel  des  Versuchsgefäfses  durchsetzt,  wobei  durch  ein 
eingeschobenes  Glasröhrchen  für  leichte  Führung  gesorgt  ist;  diese 
Achse  des  Flügelrades  steht  etwas  schief,  so  dafs  das  flügeltragende 
Ende  des  Stieles  genau  im  Mittelpunkte  der  Gefäfskuppel  steht.  Die 
drehende  Bewegung  des  Flügelrades  wird  dadurch  bewirkt,  dafs  man 
leise  an  dem  aufgekitteten  Glasrohre  B  entlang  fährt;  ist  alles  sorgfältig 
eingerichtet,  so  genügt  diese  Bewegung,  um  den  Inhalt  des  Gefäfses 
heftig  durch  einander  zu  wirbeln. 

Da  es  sich  meist   um  Reihen  von  Bestimmungen  handelt,  so  wird 


34  Zeitsr.hr.  für  phys.  Chem..,  II,  306. 


22U  i-'ie  iiauull  sehe  Metliude  der  Jlulekulargewiclitsbesliinmung. 

die  zu  untersuchende  Flüssigkeit  in  ein  mit  eingeschliffenem  Tropfrohre 
versehenes  Flaschchen  gethan,  welches  nach  jedesmaligem  Eintragen 
von  Flüssigkeit  zurückgewogen  wird. 

Das  Eintragen  geschieht  durch  den  mit  Kork  verschlossenen  Stutzen  C. 
Die  Beobachtung  des  Erstarrungspunktes  kann  in  zweierlei  AA^eise  ge- 
schehen. Mau  läfst  entweder  die  Lösung  erstarren  und  beobachtet  unter 
beständigem  Umrühren  den  Wärmegrad  des  Thermometers,  bei  welchem 
eine  eben  noch  sichtbare  Wolke  von  Krystalleu  übrig  geblieben  ist, 
oder  man  läfst  vor  dem  Eintragen  der  zu  untersuchenden  Flüssigkeit 
einen  Theil  des  Lösungsmittels  oder  der  bereits  gewonnenen  Lösung  er- 
starren,  um  nun  erst  von  jener  Flüssigkeit  zuzutropfen;  bei  gleich- 
mäfsigem  Rühren  sinkt  die  Temperatur  jetzt  sehr  rasch  und  stellt  sich 
um  so  genauer  auf  den  Erstarrungspunkt  ein,  je  zarter  der  Flor  von 
Kr^'stallen  ist,  welcher  nach  Zusatz  der  Versuchsflüssigkeit  dem  Ver- 
thauen  widerstanden  hat.  Natürlich  ist  der  Versuch  mifsglückt,  Avenn 
alle  Krjstalle  nach  dem  Eintragen  verschwinden,  und  wird  dann  die 
Bestimmung  des  Schmelzpunktes  nach  dem  zuerst  angeführten  Verfahren 
nachgeholt.  Das  zweite  Verfahren  eignet  sich  besonders  bei  Benutzung 
von  Eisessig  als  Lösungsmittel;  das  Verfahren  beruht  auf  dem  aufser- 
ordentlichen  Ueberwiegen  der  latenten  Schmelzwärme  gegenüber  der 
specifischen  Wärme. 

Bei  Bestimmung  der  Schmelzpunkte  der  Lösungsmittel  selbst  thut 
man  gut,  dieselben  vorsichtig  überkalten  zu  lassen,  worauf  sie  in  ihrer 
ganzen  Masse  in  kleinen,  leichtlöslichen  Krystallen  erstarren,  anderen- 
falls scheiden  sich  leicht  Krusten  an  den  Wänden  des  Gefäfses  ab, 
welche  genaue  Bestimmungen  unmöglich  machen  5  mit  Zunahme  des  ge- 
lösten Körpers  hört  diese  Krustenbildung  auf. 

Man  hält  zweckmäfsig  doppelwandige  Staudgefäfse  (vgl.  D  D  auf 
Fig.  2)  bereit,  welche  man  trocken  als  Schutzmittel  zur  Abhaltung 
von  warmer  Zimmerluft  oder,  mit  Eiswasser  gefüllt,  zur  Kühlung  der 
Lösungen  benutzt. 

Bezüglich  der  Resultate  sei  auf  die  Originalarbeit  ^5  verwiesen. 

Für  sehr  genaue  Untersuchungen,  z.  B.  bei  Bestimmung  der  mole- 
kularen Depression  eines  Lösungsmittels,  leistet  ein  von  Beckmann^^' 
construirter  Apparat  (Fig.  3)  vortreffliche  Dienste.  Das  Gefäfs  A^ 
welches  die  zu  prüfende  Flüssigkeit  aufnimmt,  besteht  aus  einem  stark- 
waudigen  grofsen  Probirrohre,  welches  seitlich  einen  Stutzen  trägt,  be- 
hufs Einfüllung  der  Substanz.  Um  eine  Bestimmung  auszuführen,  gibt 
man  in  das  zuvor  mit  einigen  scharfkantigen  Platinschnitzeln  beschickte 
und  tarirte  Probirrohr,  welches  bis  zum  Stutzen  etwa  25cc  fafst,  unge- 
fähr 15^  Lösungsmittel,  trocknet  den  oberen  Theil  des  Rohres  mittels 
Filtrirpapier  und  wägt  nun  bis  auf  Centigramme  geuau.    Nachdem  der 

35  Zeüschr.  für  phys.  Chem.,  II,  308. 

36  Zeüschr.  für  phys.  Chem..,  II,  638. 


Die  Raoulfsche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung.  221 

aus  dickem  Platindrahte  bestehende  Rührer  eingelassen  ist,  wird  das 
Thermometer  mittels  Kork  aufgesetzt.  Um  das  Probirrohr  befestigt 
man  zunächst  mit  Kork  einen  weiteren  Cylinder  Ä,  der  als  Luftmantel 
dient,  erst  dieser  wird  in  das  Batterieglas  C  eingesenkt,  welches  mit 
Kühlflüssigkeit  gefüllt  ist. 

Zweckmäfsig  hält  man  die  Temperatur  in  dem  Batterieglase  etwa 
2  bis  50  unter  dem  Erstarrungspunkte  der  zu  prüfenden  Flüssigkeit. 
Bei  Arbeiten  mit  Eisessig,  dessen  Schmelzpunkt  bei  rund  160  Hegt,  läfst 
sich  eine  zu  hohe  Temperatur  durch  Einwerfen  von  Eisstüeken  und 
Umrühren  mit  dem  äufseren  Rührer  herabdrücken.  Ohne  Luftmantel 
wäre  das  natürlich  während  der  Arbeit  nicht  statthaft.  Wird  Benzol, 
welches  bei  rund  5,5^  schmilzt,  verwendet,  so  füllt  man  das  äufsere 
Gefäfs  zum  grofsen  Theile  mit  Eisstücken  und  läfst  es  dann  voll  Wasser 
laufen.  Die  Sorge  um  die  äufsere  Temperatur  fällt  hier  bei  genügend 
vorhandenem  Eise  fort,  bis  der  Gefrierpunkt  der  zu  prüfenden  Lösung 
unter  2^  sinkt.  Wird  stärkere  Abkühlung  nothwendig,  wie  es  bei  An- 
svendung  von  Wasser  als  Lösungsmittel  von  vornherein  der  Fall  ist, 
so  gibt  man  zu  der  Mischung  von  Eis  und  Wasser  im  äufseren  Gefäfse 
unter  Umrühren  so  viel  Kochsalz,  bis  die  gewünschte  Temperatur  er- 
reicht ist.  Ein  beständiges  Sichtbarbleiben  des  Gefriergefäfses  ist  ganz 
überflüssig.  Nach  einiger  üebung  braucht  man  die  äufsere  Temperatur 
gar  nicht  mehr  mit  dem  Thermometer  zu  controliren;  die  Schnelligkeit, 
mit  welcher  die  Temperatur  im  inneren  Gefäfse  sinkt,  genügt  zur  Be- 
urtheiluug. 

Nach  dem  Abkühlen  der  Flüssigkeit  unter  ihren  Gefrierpunkt  wird 
für  den  Beginn  der  Krystallabscheidung  Sorge  getragen  und  das  bei 
beständigem  Rühren  nun  rasch  steigende  Quecksilber  des  Thermometers 
gibt  in  seinem  höchsten  Stande  den  Gefrierpunkt  an.  Auch  bei  diesem 
Verfahren  wird  das  Einwerfen  von  Krystallen,  um  die  Erstarrung  ein- 
zuleiten, weggelassen.  Um  die  Möglichkeit  einer  Abkühlung  des  Lösungs- 
mittels zu  beschränken,  ist  das  Probirrohr  mit  Platinschnitzeln  be- 
schickt und  mit  einem  auf  und  ab  gehenden,  Erschütterungen  erzeugenden 
Rührer  versehen  worden.  Bei  Anwendung  von  Benzol  hat  dies  den 
Erfolg,  dafs  der  Quecksilberfaden  nur  wenige  Hundertstel-Grade  unter 
den  Gefrierpunkt  sinkt,  um  sich  in  Folge  einer  geringen  feinpulverigeu 
Krystallabscheidung  alsbald  sehr  genau  auf  den  Gefrierpunkt  einzu- 
stellen. 

Eisessig  läfst  sich  unter  diesen  Bedingungen  etwas  stärker,  bis  zu 
0,50,  Wasser  bis  zu  lo  überkühlen.  Für  die  Bestimmung  des  Gefrier- 
punktes der  reinen  Lösungsmittel  ist  die  in  den  letzteren  beiden  Fällen 
auftretende  stärkere  Eisabscheidung  ohne  Belang:  wie  für  concentrirtere 
Lösungen  der  entstehende  Fehler  leicht  vermieden  wird,  soll  sogleich 
erörtert  werden. 

Nachdem  der  Gefrierpunkt  des  Lösungsmittels  auf  diese  Weise  be- 


222         Die  Raonlt'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung. 

stimmt  und  nach  Aufthauen  des  abgeschiedenen  Eises  durch  wieder- 
holte Bestimmung  auf  seine  Constanz  geprüft  worden  ist,  wird  die  zu 
untersuchende  Substanz  durch  den  Stutzen  eingeführt  und  nach  erfolgter 
Lösuno-  —  dem  Stutzen  anhaftende  Partikeln  können  durch  Neigen  weg- 
o-espült  werden  —  der  Gefrierpunkt  aufs  Neue  zweimal  bestimmt. 
Durch  Subtraction  erfährt  man  ohne  Weiteres  die  stattgehabte  Erniedri- 
gung. Nach  Zufügung  einer  weiteren  Menge  Substanz  kann  sofort  die 
Bestimmuno-  für  höhere  Concentrationen  angeschlossen  werden.  Bei  der 
Untersuchung  von  Lösungen  tritt  mit  steigender  Conceutration  immer 
mehr  die  Nothwendigkeit  hervor,  eine  stärkere  Ueberkühlung  möglichst 
zu  vermeiden,  d.  h.  die  Menge  des  ausfrierenden  Lösungsmittels  thun- 
lichst  zu  beschränken.  Da  nur  dieses  sich  ausscheidet,  mufs  mit  dessen 
Entfernung  die  zurückbleibende  Lösung  concentrirter  werden  und  einen 
immer  niedrigeren  Schmelzpunkt  zeigen.  Die  möglichen  Fehler  werden 
bei  obio^em  Verfahren  um  so  gröfser,  wenn,  wie  das  besonders  bei  Eis- 
essig und  Wasser  der  Fall  ist,  durch  die  gelöste  Substanz  die  Krystall- 
abscheidung  in  höherem  Mafse,  unter  Umständen  um  viele  Grade,  hint- 
angehalten wird.  Aber  auch  in  diesen  Fällen  kann  man  ohne  Einbringen 
von  fertigem  Eise  einen  hohen  Grad  von  Genauigkeit  erreichen.  Nach- 
dem Eisausscheidung  durch  Abkühlung  ohne  Luftmantel  bei  kräftigem 
Umrühren  hervorgerufen  ist,  läfst  man  während  kurzer  Ruhe  am  Boden 
des  Gefriergefäfses  eine  ganz  dünne  Schicht  des  Lösungsmittels  anfrieren, 
thaut  sodann  die  in  der  Flüssigkeit  schwebende  feinzertheilte  Abbchei- 
dung,  welche  viel  leichter  zergeht  als  die  dünne  Eiskruste,  fast  völlig 
auf,  sistirt  weitere  Erwärmung  durch  Einsetzen  in  Luftmantel  und 
Kühlflüssigkeit  und  führt,  wenn  das  Thermometer  zu  sinken  beginnt, 
die  Bestimmung  wie  früher  aus.  Durch  einige  üebung  gelingt  es  leicht, 
den  Versuch  so  zu  leiten,  dafs  bei  einer  Ueberkühlung  von  0,1^  und 
weniger  Graden  bereits  genügend  feinzertheiltes  Eis  ausgeschieden  ist, 
um  das  Thermometer  wieder  aasteigen  zu  lassen. 

Zur  Vermeidung  grober  Täuschungen  verlasse  man  sich  bei  diesen 
Versuchen  nie  allein  auf  den  Gang  des  Quecksilberfadeus,  sondern 
betrachte  die  Beobachtung  nicht  eher  als  sicher,  bis  man  sich 
von  der  wirklich  erfolgten  Abscheid ung  fein  zertheilten  Eises  über- 
zeugt hat. 

Zum  Einbringen  fester  Substanz  in  den  A])parat  dient  ein  einseitig 
zugeschmolzenes  Glasrohr  von  einem  Durchmesser,  dafs  es  bequem 
durch  den  Stutzen  geht.  Für  die  Einführung  von  Flüssigkeiten  empfiehlt 
sich  überaus  der  nachstehend  abgebildete  (Fig.  4),  leicht  aus  Glas  her- 
zustellende Api)arat,  welcher  nur  eine  Modilication  des  Sprengel-Ostwald- 
schen  Pyknometers 3'  darstellt.  Der  Apparat  wird  gefüllt,  indem  man 
die  Kapillare,   welche   unten   am   cylindrischen   Gefäfse  angeschmolzen 


37  J.  /.  pr.   Chevi.,   [2]   16,  396. 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  223^ 

ist,  in  die  Flüssigkeit  eintaucht,  das  obere  Knierohr  zum  Schutze  gegen 
Feuchtigkeit  mit  einem  Chlorcaiciumrohre  verbindet  und  nun  ansaugt. 
Die  Entnahme  von  Substanz  geschieht  durch  Einblasen,  während  die 
Kapillare  in  den  Stutzen  geschoben  ist.  Eines  vollkommenen  Abtropfens 
halber  ist  die  Kapillare  an  der  Mündung  abwärts  gebogen  und  schief 
angeschlitfen. 

Auch  sehr  leicht  flüchtige  Flüssigkeiten  können  vor  einem  Ver- 
dunsten bewahrt  werden,  wenn  man  die  Kapillare  recht  eng  nimmt 
und  das  obere  Rohr,  wie  in  der  Figur,  an  einer  Stelle  kapillar  auszieht. 

Was  aber  den  Apparat  besonders  vor  den  vorhergehenden  aus- 
zeichnet, ist  das  empfindliche,  von  Beckmann  eigens  für  den  Apparat 
construirte  Thermometer  (Fig.  3  /)),  welches  durch  Billigkeit,  Hand- 
lichkeit, Zuverlässigkeit  und  Anwendbarkeit  bei  allen  hier  in  Betracht 
kommenden  Temperaturen  von  —  60  bis  -\-  60^  ausgezeichnet  ist.  ^8 

(Schlufs  folgt.) 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  170  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  9. 

Ueber  das  Vorkommen  und  die  Anhäufung  der  Raffinose  in  den 
Säften  und  Producten  der  Rübenzuckerfabrikation  veröffentlicht  J.  Ceck 
in  Dobrowitz  Untersuchungen  (Oesterreichisch-Ungarische  Zeitschrift  für 
Zuckerindustrie,  Bd.  18  Heft  1  S.  26.     Vgl.  1889  272  130,  132). 

Die  Untersuchung  erstreckte  sich  auf  jene  Säfte  der  Rohzucker- 
fabrikation, welche  nach  Beendigung  der  einzelnen  Operationen  des 
Zuckergewinnungsprozesses  einer  anderen  Station  zugeführt  werden, 
also  eine  chemische  oder  mechanische  Umwandlung  vollständig  durch- 
gemacht haben.     Es  waren  dies: 

1)  der  DifFusionssaft  von  der  Batterie, 

2)  der  aussaturirte  Rübensaft, 

3)  der  über  Spodium  filtrirte  Dünnsaft, 

4)  der  filtrirte  Dicksaft, 

5)  die  Füllmasse, 

6)  das  aus  der  Füllmasse  ausgeschleuderte  (I.)  Product,  und 

7)  der  von  den  Centrifugen  ablaufende  Syrup  (H.  Product),  deren 
direkte  Polarisationszahlen  mit  jenen  nach  der  Inversionsmethode  ge- 
fundenen in  Betracht  gezogen  werden  sollten. 


38  Der  ülastechniker  F.  0.  R.  Goftz-e  in  Leipzig  liefert  dieses  Thermometer 
aus  Jenaschem  Normalglase  zum  Preise  von  25  M.  Derselbe  fertigt  auch  die 
obigen  Apparate,  welche  übrigens  mit  den  Hilfsmitteln  eines  jeden  Labora- 
toriums leicht  hergestellt  werden  können. 


224 


Keuere  Veiiahruii   uiul  Apparate  für  Zuckerfabriken. 


Zucker  nach 

Trocken- 

Direkte 

der 

Nummer 

Differenz 

substanz 

Polarisation 

Inversions- 
methode 

Diffusionssaft 

1 

12,0 

10,23 

10,15 

0.08 

2 

12,4 

10.45 

10,45 

0.00 

3 

13,5 

11,82 

11,67 

o;i5 

4 

12,6 

11,05 

11,07 

-0.02 

5 

12,5 

10,20 

10,11 

0i09 

6 

12,0 

9,93 

9,90 

0.03 

7 

13,0 

11,07 

10,82 

0,25 

8 

12,7 

11,02 

10,93 

0,09 

Aussaturirter 

1 

12.3 

10,94 

10,96 

-0.02 

Saft 

2 

11,7 

10,59 

10,53 

0,06 

3 

13,4 

12,25 

12,05 

0,20 

4 

13,4 

12,25 

12.23 

0,02 

5 

12,6 

11,90 

11,75 

0,15 

6 

12,2 

11.34 

11.24 

0,10 

7 

12,4 

11,28 

11,34 

-0,06 

8 

13,2 

12,18 

12,00 

0,18 

Filtrirter 

1 

13,5 

12,45 

12,43 

0,02 

Diinnsaft 

2 

12,8 

11,73 

11,74 

—0,01 

3 

11,6 

10,52 

10,44 

0,08 

4 

11,5 

10,51 

10.45 

0,06 

5 

12,4 

11,21 

11,14 

0,07 

6 

12,6 

11.27 

11,25 

0,02 

7 

11,7 

10,72 

10,65 

0,07 

Dicksaft 

1 

49,0 

44,9 

44,63 

0,27 

2 

52,0 

47,8 

47,64 

0,16 

3 

49,4 

45,5 

45,14 

0,36 

4 

47,2 

43,25 

42,98 

0,27 

5 

50,1 

45.95 

45,53 

0,42 

6 

47,6 

43,4 

43,07 

0,33 

7 

46,2 

42,1 

41,79 

0,31 

Füllmasse 

1 

93.82 

87,5 

87,02 

0,48 

2 

93,56 

86,3 

85,89 

0,41 

3 

93.59 

86.6 

86,08 

0,58 

4 

92^90 

86,0 

85,42 

0,58 

5 

93,25 

87,2 

86,70 

0,50 

6 

92.93 

86,7 

86,03 

0,67 

I.  Product 

1 

99,32 

98,5 

98,48 

0,02 

2 

98.87 

97,9 

97,81 

0,09 

3 

98,94 

97,8 

97,73 

0,07 

4 

98.89 

97,6 

97.54 

0.06 

5 

98,95 

97,9 

97.80 

0,10 

6 

98,72 

97,5 

9747 

0,03 

Ablaufsyrup 

1 

80,3 

67,0 

65.99 

1.01 

2 

80,95 

68,4 

67,47 

0,93 

3 

80,15 

67,7 

66,51 

1,19 

4 

81,20 

68,1 

67,01 

1,09 

5 

81.35 

68,4 

67,15 

1,25 

G 

81.70 

68,9 

67,46 

1,44 

teuere  Vert'ahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  225 

Diese  und  eine  weitere  Reihe  von  angeschlossenen  Versuchen  be- 
stätigen nicht  die  Wahrnehmung  Pellets^  sie  spreclien  im  Gegeutlieile 
für  die  Ausführungen  Dr.  v.  Lippmann  s^  also  für  dessen  Anschauung, 
dafs  die  Raffinose  bereits  in  der  Rübe  vorkommt:  sie  beweisen  ferner, 
dafs  die  heutige  Fabriksmanipulation  mit  den  Säften  eine  Bildung  der 
Raffinose  aus  dem  Rohrzucker  nicht  verursachen  kann. 

Um  höhere  Ausbeuten  aus  den  Füllmassen  zu  erzielen,  empfiehlt 
Svoboda  in  Pecek  die  Abkühlung  sorgfältiger  zu  regeln  {Böhmische  Zeit- 
schrift für  Zuckerindustrie ^  Bd.  13  Heft.  5  8.  357),  und  zwar  in  folgender 
Weise: 

Man  läfst  die  Füllmasse  in  11™  lange,  0^,65  hohe,  2^,3  breite 
Reserven  ab,  zwischen  denen  sich  ein  ebenso  langer  Schneckentrans- 
porteur befindet,  der  die  Füllmasse  der  Maische  zuführt.  In  diesen 
Reserven  behält  die  Füllmasse  aber  noch  nach  12  Stunden  eine  der- 
artige Tempei'atur,  dafs  man  eine  raschere  Abkühlung  bewirken  mufs. 

Zu  diesem  Behufe  wird  die  offene  Rinne  des  Schneckeutransporteurs 
mit  einem  Mantel  mit  Gegenstrom-Kühlung  versehen,  wobei  die  Füll- 
masse, schraubenartig  in  dünnen  Schichten  vorwärts  geschoben,  wieder- 
holt mit  den  kalten  Wandungen  der  Rinne  in  Berührung  kommt. 

Bei  einer  solchen  Einrichtung  kann  die  Füllmasse  auf  einen  be- 
liebigen Wärmegrad  abgekühlt  werden,  in  Folge  dessen  eine  3  bis  4  Proc. 
höhere  Ausbeute  an  erstem  Producte  entfällt. 

Ein  Verfahren  zur  Entzuckeruug  von  Melassen  oder  anderen  Zucker- 
lösungen mittels  Calciumoxychlorides  oder  basischen  Chlorcalciums 
wurde  C.  Böge!  in  Brieg  patentirt  (D.  R.  P.  Nr.  46019  vom  25.  Februar 
1888). 

Dieses  Verfahren  der  ZuckergeM-innung  aus  Melasse  oder  anderen 
wässerigen  oder  alkoholischen  Zuckerlösungen  beruht  auf  der  Thatsache, 
dafs,  wenn  man  in  eine  mit  Kalk  gesättigte  Zuckerlösung  Calciumoxy- 
chlorid  oder  basisches  Chlorcalcium  einführt,  die  auf  solche  Weise  zu- 
geführte Kalkmenge  ausreicht,  allen  in  der  Auflösung  enthaltenen 
Zucker  als  in  Wasser  unlöslichen  Zuckerkalk  niederzuschlagen.  Um 
auf  billige  Weise  Aetzkalk  im  Status  nascendi  zu  erhalten,  wird  ein 
basisches  Chlorcalcium,  welches  wasserärmer  ist  als  das  durch  Kochen 
von  Chlorcalcium  mit  Wasser  und  Kalk  erhaltene,  in  folgender  Weise 
dargestellt:  Man  nimmt  Chlorcalcium  in  Pulverform,  mischt  es  mit  ge- 
pulvertem gebrannten  Kalk  und  bespritzt  das  Gemenge  mit  Wasser. 
Die  Operation  geschieht  am  besten  auf  einem  Kollergange,  um  eine 
recht  innige  Vermischung  hervorzubringen. 

Auf  der  Eigenschaft,  sich  im  kalten  Wasser  in  Chlorcalcium  und 
Calciumoxydhjdrat  zu  zersetzen,  beruht  nun  die  Anwendung  des  basi- 
schen Chlorcalciums  zur  Gewinnung  des  Zuckers  aus  Melasse  oder 
Syrupen  und  Pflanzensäften.  Gibt  man  nämlich  in  eine  kalte,  mit  Kalk 
gesättigte  wässerige  Zuckei'lösung,   deren  Concentration  nicht   zu  hoch 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  3.  1889/111.  15 


226  Meuere   Verlaine ii   und  Apparate  lur  Zuckerl'abrikeii. 

ist  (also  etwa  5  bis  12''  Zucker  in  l'''j  auf  einmal  oder  allmählich  dieses 
Pulver  von  basischem  Chlorcalcium  unter  stetem  Umrühren  hinzu,  und 
zwar  wegen  der  bedeutenden  Wärmeeutwickelung  in  einem  Gefälse  mit 
Kühlvorrichtung,  so  fällt  fast  sämmtlicher  Zucker  der  Lösung  als  un- 
löslicher Zuckerkalk  nieder;  die  Flüssigkeit  trennt  man  vom  Nieder- 
schlage mittels  irgend  einer  mechanischen  Filtrirvorrichtung  und  reinigt 
den  gesammelten  Niederschlag  des  unlöslichen  Zuckerkalkes  mittels 
Auswascheus  mit  heifsem  Wasser  und  verarbeitet  dann  den  so  gerei- 
nigten Zuckerkalk  in  bekannter  Weise  auf  Zucker.  Die  Laugen  werden 
calcinirt  und  das  so  erhaltene  Chlurcalcium  wieder  zur  Darstellung  von 
basischem  Chlorcalcium  verwendet,  bis  durch  die  wiederholte  Benützung 
ein  Umkrystallisiren  des  Chlorcalciums  nothwendig  wird. 

Es  ist  aber  nicht  nothwendig,  den  ganzen  Zucker  der  Lösung  durch 
Zusatz  und  Zersetzung  von  basischem  Chlorcalcium  auszuscheiden,  son- 
dern man  kann  auch  wie  folgt  verfahren:  Man  setzt  nur  so  viel  basisches 
Chlorcalcium  zu  der  mit  Kalk  gesättigten  Zuckerlösung,  dafs  ungefähr 
50  Proc.  des  Zuckers  der  Lösung  ausgefällt  werden;  hierauf  trennt  man 
mittels  Filterpressen  die  Flüssigkeit  vom  Zuckerkalke;  die  Mutterlauge 
erhitzt  man  zum  Sieden  und  gibt  kurz  vor  dem  Beginne  des  Kochens 
Natron  oder  Kali  hinzu.  Dadurch  wird  Chlornatrium  bezieh.  Chlor- 
kalium gebildet,  welches  in  Lösung  bleibt,  während  der  andererseits 
gebildete  Zuckerkalk  unlöslich  sich  ausscheidet;  der  so  erhaltene  Zucker- 
kalk wird  ebenfalls  mittels  Filterpressen  von  der  Flüssigkeit  getrennt, 
gereinigt  und  auf  bekannte  Art  auf  Zucker  verarbeitet.  Die  Mutter- 
lauge, falls  man  Melasse  oder  Syrupe  verarbeitet  hat,  enthält  regel- 
mäfsig  etwas  Chlorcalcium  und  Spuren  von  Zucker,  aus  welchem  Grunde 
man  dieselbe  zur  Verdünnung  der  Melasse  oder  Syrupe  statt  Wasser 
anwendet.  Die  Wiederbenützung  geht  so  lange,  bis  die  Flüssigkeit  zu 
salzhaltig  ist. 

Patent- Ansprik/ie:  1)  Verfahren  zur  Entzuckerung  von  Melasse  oder 
anderen  Zuckerlösungen  mittels  Calciumoxychlorid.s  oder  basischen  Chlor- 
calciums, darin  bestehend,  dafs  man  wässerige  oder  alkoholische  Zucker- 
lösungen oder  Zuckerkalklösuugen  zur  Fällung  von  Zuckerkalk  mit 
basischem  Chlorcalcium  versetzt.  2}  Herstellung  des  zu  dem  unter  1) 
angegebenen  Verfahren  erforderlichen  basischen  Chlorcalciums  durch 
Vermischen  von  gebranntem  Kalke  und  Chlorcalcium  in  Pulverform  und 
Bespritzen   des  Gemisches  mit  Wasser. 

Ein  Verfahren  und  Apparat  zur  Darstellung  von  Kafliuade  aus 
Sandzucker  wurde  N.  Tscherikowski  in  Smiela  (Rufsland)  patentirt  (D.  K.  P. 
Kl.  89  Nr.  46745  vom  L  December  1887). 

Diese.'^i  Verfahren  bezweckt  die  Herstellung  von  Kaftinade  aus  remem 
weifsen  Krystallsandzucker  oder  Zuckermehl,  ohne  dafs  es  nöthig  wäre, 
den  zu  verarbeitenden  Zucker  zu  lösen,  die  Zuckerlösung  zu  klären,  zu 
liltriren  und  einzuk(jchen. 


Neuere  Verjähren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  227 

Das  Verfahreo  besteht  wesentlich  darin,  den  Sandzucker  oder  das 
Zuckermehl  durch  Einwirkung  direkten  Dampfes  von  2  bis  3at  Span- 
nung in  der  Zeit  von  li,,  bis  3  Minuten  in  einen  füllmasseartigen,  un- 
gefähr 100"  C.  heifsen  Zuckerbrei  umzuwaudehi,  der  noch  Krvslalle 
enthält,  und  alsdann  diesen  Brei  schnell  auf  29  bis  33«  C.  abzukühlen. 

Behufs  Ausführung  des  Verfahrens  bringt  Tscherikowski  den  zu  raf- 
tinirenden  Sandzucker  oder  das  Zuckermehl  in  einen  Maischapparat  der  in 
der  Fig.  3  Taf.  9  im  Längsschnitte  dargestellt  ist.  Dieser  Maischapparat 
besteht  aus  einer  wagerechten,  mittels  Zapfen  M  und  IS  in  Gestellböcken  D 
drehbar  gelagerten  Trommel  F,  die  mit  Einfüllloch  L  und  Luft-  und 
Probirhahn  n  versehen  ist.  Dem  Einfüllloche  L  diametral  oeaenüber 
ist  die  Trommel  F  mit  mehreren  Ablafsöflnungeu  a  versehen  welche 
in  einer  Reihe  hinter  einander  liegend,  durch  einen  mit  Handgritfen  F^ 
ausgerüsteten  Schieber  h  verschlossen  und  geöffnet  werden  können.  An 
der  inneren  Trommelwand  sind  Rührschaufeln  Z  angeordnet.  Der 
Zapfen  M  der  Trommel  ist  hohl,  und  durch  denselben  geht  ein  Rohr  P 
hindurch,  in  die  Trommel  hinein  bis  zur  gegenüberliegenden  Stirnwand 
derselben.  Das  Rohr  P  ist  innerhalb  der  Trommel  perforirt,  am  hinteren 
Ende  geschlossen  und  wird  durch  einen  am  Gestelle  D  befestigten 
Arm  k  festgehalten,  so  dafs  es  sich  bei  der  Drehung  der  Trommel  nicht 
mitdrehen  kann.  Durch  einen  Dreiwegehahn  G  steht  das  Rohr  P  mit 
einer  Dampfleitung  und  einem  ins  Freie  führenden  Condensationswasser- 
Ableitunosrohre  in  Verbinduuo-. 

Die  Trommel  F  wird  etwa  bis  zu  zwei  Drittel  ihres  Inhaltes  mit 
zu  raftinirendem  Sandzucker  angefüllt  und  das  Einfüllloch  mit  dem 
Deckel  m  verschlossen.  Die  Trommel  wird  alsdann  in  Umdrehung  ver- 
setzt, das  in  der  Dampfleitung  etwa  vorhandene  Condensatiouswasser 
durch  den  Hahn  G  in  die  Condensationswasserleitung  abgelassen  und 
hierauf  der  Hahn  G  so  eingestellt,  dafs  der  Dampf  in  das  Rohr  P  und 
durch  dieses  in  die  Trommel  F  eintritt.  Mau  läfst  den  Dampf,  welcher 
eine  Spannung  von  2  bis  m  haben  mufs,  nur  1,5  bis  3  Minuten  lang 
auf  den  Zucker  einwirken  und  erhält  dadurch  einen  füllmasseartigen 
Brei,  welcher  sich  von  gewöhnlicher  Füllmasse  dadurch  unterscheidet, 
dafs  der  Zucker  nicht  vollständig  aufgelöst  ist,  sondern  die  Krystalle 
zum  Theil  intact  erhalten  sind.  Der  Zuckerbrei,  welcher  hierbei  eine 
Temperatur  von  97  bis  lOOO  C.  annimmt,  wird  alsdann  aus  der  Trommel 
abgelassen,  indem  man  durch  Oeffnen  des  Schiebers  b  den  Zuckerbrei 
durch  die  Abflufsöffnungen  a  hindurch  in  die  unter  denselben  befind- 
lichen Formen  Q  abfliefsen  läfst. 

Im  Anfange,  so  lange  durch  Erfahrung  und  Uebung  der  Zeitpunkt 
des  Ablassens  der  fertigen  Zuckermasse  noch  nicht  festgestellt  ist, 
nimmt  man  zuvörderst  durch  den  Hahn  n  eine  Probe,  zu  welchem 
Zwecke  der  Dampfhahn  G  geschlossen,  der  Cylinder  mit  dem  Hahne  n 
nach  unten  gekehrt   und  letzterer  geöffnet  wird.     Fliefst   die  Füllmasse 


228  Neuere  Veii'ahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 

durch  den  Hahn  in  Gestalt   eines  weifsen  Breies  heraus,   so  sieht  mau 
die  Operation  als  beendet  an. 

Die  Formen  Q  sind  an  der  Spitze  geschlossen  und  stehen  auf  einem 
\\'agen,  welcher  aus  einem  auf  Rädern  ruhenden  Kasten  R  besteht,  der 
die  Zuckerformen  Q  enthält,  oben  durch  einen  Deckel  r  geschlossen 
und  mit  Wasser  angefüllt  ist  zum  Kühlen  der  Formen.  Nachdem 
sämmtliehe  Formen  des  Wagens  gefüllt  sind,  befördert  mau  deu  Wagen 
in  jene  Fabrikabtheiluug,  in  welcher  die  endgültige  Abkühlung  der 
Zuckermasse  durch  rasche  künstlich  geregelte  Kühlung  vorzunehmen 
ist.  Zu  diesem  Zwecke  ist  an  der  einen  Seite  des  Kastens  U  ein  Rohr  5 
mit  einem  Trichter  s  angebracht;  von  diesem  Rohre  aus  durchlaufen 
den  Kasten  quer  zwischen  den  Formenreihen  die  perforirten  Röhrcheu  q. 
In  den  Trichter  s  läfst  man  nun  kaltes  Wasser  eiufliefsen,  welches  sich 
durch  die  Röhrchen  q  im  Kasten  vertheilt.  Die  Ableitung  des  Wassers 
geschieht  durch  das  Ueberlaufrohr  /.  In  l^/^  bis  3  Stunden,  je  nach 
der  Temperatur  des  kühlenden  Wassers  und  dem  Umfange  der  zu 
kühlenden  Formen,  erstarrt  die  Zuckermasse  so  weit,  dafs  sie  auf  die 
Centrifuge  zur  Ausschleuderung  des  zwischen  den  Krystallen  befind- 
lichen Sjrups  gebracht  werden  kann. 

Nach  dem  Ausschleudern  ist  der  Zucker  nur  noch  zu  trocknen; 
man  hat  dann  verkaufsfähige  Waare. 

Ueber  dieses  Raffiuations verfahren  Tscherikowsky's  berichtet  J.Bocquin 
(Journal  des  fahr,  de  sucre^  Bd.  30  Nr.  5  vom  30.  Januar  1889)  nach 
seinen  im  November  1888  in  der  dem  Grafen  ßobrinsktj  gehörigen  Raf- 
finerie Smela  gemachten  Wahrnehmungen. 

Die  Brode  waren  von  ö'/^  bis  7^12  Pfund  russisch,  und  vorzugsweise 
zur  Ausfuhr  nach  Persien  und  Mittelasien  bestimmt. 

Es  werden  durch  das  Tcherilwivski/ sehe  Verfahren  alle  fehlerhaften 
Brode,  alle  (reinlichen)  Abfälle  von  Raffinade,  geschnittenem  oder  ge- 
brochenem Zucker  der  gewöhnlichen  Verfahren  ausgenutzt.  Alles  dies 
geht  erst  durch  einen  Carr^schen  Zerkleiuerer  oder  eine  Mühle  mit  glatten 
Steinen,  um  ein  gleichmäfsiges  Mehl  zu  erhalten.  Dieses  Mehl  fällt 
durch  einen  Trichter  in  einen  Mischer.  In  diesem  Mischer  wird  aus 
dem  Zuckermehle  Raftinadefüllmasse  in  folgender  Weise  hergestellt. 
Man  öffnet  das  Mannloch,  setzt  den  Fülltrichter  auf  und  bringt  eine 
Ladung  von  40  Broden  ein.  Dann  schliefst  man  das  Mannloch,  öffnet 
den  Luft-  und  den  Dampfhahn,  verjagt  die  Luft  mittels  Dampf,  schliefst 
den  Lufthahn  wieder  und  setzt  das  Rührwerk  in  Bewegung,  welches 
40  Umdrehungen  in  der  Minute  macht.  Den  Dampfdruck  lüfst  man 
bis  2at  steigen  und  das  Umrühren  2  bis  3  Minuten  dauern,  worauf  die 
Ladung  des  mit  Gegenklingen  versehenen  Mischers  in  eine  gleichförmige, 
der  fertigen  Raffinadefüllmasse  ähnliche  Masse  umgewandelt  ist.  Man 
stellt  nun  das  Rührwerk  still  und  füllt  die  Formen.  Die  Formen  stehen 
je   in   einem    gemeinschaftlichen  Kühlkasten,   worin  Wasser  von   50  R. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  229 

enthalten  ist.  Das  Ausfüllen  gcbchieht  bei  80  bis  Sl«  R.  Nach  25  bis 
30  Minuten  ist  der  Inhalt  der  Formen  auf  24  bis  270  R.  erkaltet  und 
fest  geworden^  alsdann  kommen  die  Formen  in  Schleudertrommeln,  zu 
40  in  zwei  Reihen,  die  Spitze  nach  innen.  Bei  Umdrehung  der  Schleuder 
wird  der  Syrup  durch  den  mit  einer  Filzscheibe  bedeckten  Boden 
hinausgeschleudert,  und  das  Brod  kann  nach  30  bis  40  Minuten  heraus- 
genommen werden.  Der  Syrup  beträgt  16  Proc,  ist  weifs  und  wird 
direkt  verkocht.  Die  mit  einer  Papierkappe  bedeckten  Brode  werden 
senkrecht  in  einer  Trockenkammei-,  System  TikUein^  aufgestellt.  Diese 
Trockenkammern  sind  Cy linder  von  l'^,10  Durchmesser,  mit  Deckeln 
vom  selben  Durchmesser,  die  mittels  Ketten  und  Rollen  bewegt  werden 
und  luftdicht  schliefsen.  In  eine  Kammer  kommen  150  Formen,  der 
Deckel  wird  geschlossen  und  innerhalb  der  Kammer  durch  eine  Luft- 
pumpe eine  Luftleere  von  lOO^nm  erhalten.  Dadurch  wird  Luft  ein- 
gesaugt, welche  vorher  durch  einen  Dampfröhrenkörper  geht  und  heifs 
und  trocken  in  die  Kammer  gelangt.  Die  Temperatur  in  der  Kammer 
steigt  von  38  auf  53  bis  550  ß.  Die  Luftzu-  und  -ableitungsröhren  haben 
50mm  Durchmesser,  das  Trocknen  dauert  30  bis  35  Stunden,  worauf 
die  Brode  wie  gewöhnlich  behandelt  werden. 

Das  Verfahren  von  Tcherikowsky  kann  nach  Bocrjuin  in  der  Roh- 
zuckerfabrik in  Anwendung  kommen.  Man  braucht  nur  sehr  weifse 
Krystallzucker  zu  machen  und  zu  feinem  Mehl  zu  mahlen,  was  sehr 
leicht  durch  eine  Cylindermühle  oder  einen  (?rtrr  sehen  Zerkleinerer  ge- 
schieht. Man-  erzielt  das  gleiche  Product  ans  sehr  weifsem  Krystall- 
zucker, wie  aus  Abfallbroden  der  gewöhnlichen  Raffinerie,  sowie  auch 
aus   ifß  Lompskrystallen  und  '^'3  verdorbenen  Raftineriebroden. 

Stammer. 


lieber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Patentklasse  6.     Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  272  S.  29.) 

I.  Rohmaterialien  und  Malz. 
Lkber  die  Resultate  der  Anbauversuche  der  deutschen  Kartoffelkultur- 
station im  J.  1888  erstattete  der  Vorsteher  dieser  Station,  Dr.  r.  Ecken- 
brecher., in  der  Generalversammlung  des  Vereins  der  Spiritu.tfnhrikanten 
in  Deutschland  Bericht  {Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.,  Bd.  9  Ergänzungs- 
heft S.  36  und  68).  Wir  können  auf  die  sehr  umfangreiche,  mit  Sach- 
kenntnifs  und  grofsem  Fleifse  ausgeführte  Zusammenstellung  hier  nicht 
näher  eingehen,  um  so  mehr,  als  von  den  Versuchen  eines  Jahres  und 
noch  dazu  des  ersten  Versuchsjahres,  bei  der  grofsen  Schwierigkeit, 
welche  eine  derartige,  umfangreiche  Versuchsanstellung  in  der  Organi- 
sation und  Ausführung  bereitet,  definitive  Resultate  unmöglich  erwartet 
werden  können.    Ebenso  können  wir  auf  den  Bericht  über  vergleichende 


2oU  Uebcr  Furlächrille  iu  der  bpiriluölabrikaiiuii. 

AnOauversuchc  mit  verschiedenen  Karloß'elspielarten^  ausgeführt  im  J.  1888 
in  Emersleben,  mitgetheilt  von  F.  Heine  in  der  angeführten  Zeitschrift 
S.  97,  sowie  ferner  auf  die  Mittheilung  von  W.  Paulsen  (S.  107)  über 
PaithenH  Pßanzincthocle  der  Karlo/J'ein^  ähnlich  der  von  Gülicli^  hier  nur 
auiinerksain  machen. 

Das  Thermomcler  zur  Mietenconlrole  empfiehlt  W.  Martin  in  der 
Zeilschrift  für  Spirilusindustrie^  Bd.  12  S.  14.  Derselbe  hat  bei  Mes- 
sungen in  der  Temperatur  der  Kartollelmieten  grofse  Schwankungen 
von  6  bis  250  gefunden.  In. den  Mieten  mit  etwa  60  waren  die  Kartoffeln 
gesund,  in  denjenigen  mit  hoher  Temperatur  dagegen  stark  gekeimt  und 
im  Beginne  zu  faulen,  so  dafs  eine  schnelle  Verarbeitung  dieser  Kartoffeln 
geboten  war.  Eine  Temperatur  von  etwa  6^  hält  der  Verfasser  für  die 
geeignetste.  Er  empfiehlt  dringend,  die  Temperatur  in  den  Mieten  öfter 
zu  ermitteln,  um,  wo  die  Temperatur  zu  hoch  ist,  durch  geeignete 
Mafsregeln  dem  Verderben  der  Kartoffeln  rechtzeitig  vorbeugen  zu 
können. 

Ueber  das  Verarbeiten  von  int  Herbst  eingefrorenen  Kartoffeln  im  Früh- 
jahre macht  G.  Heinzeinwnn  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie^  Bd.  12 
S.  137,  Mittheihing.  Danach  liefsen  sich  Kartoffeln,  welche  im  Herbst 
eingefroren  und  im  April  wieder  ausgegraben  wurden,  noch  ohne  grofse 
Schwierigkeiten  und  mit  gutem  Erfolge  verarbeiten.  Die  eingefrorenen 
Kartoffeln  stellten  Stärkeklumpen  von  mehr  oder  weniger  trockener 
Beschaffenheit  dar,  welche  noch  lose  von  der  eingeschrumpften  Kartoffel- 
schale umhüllt  wurden.  Die  Stärke  war  theilweise  noch  weifs,  theil- 
weise  grau  bis  braun  gefärbt  und  zeigte  unter  dem  Mikroskop  aesunde 
und  durch  Pilze  verletzte  Körner;  das  Zellgewebe  schien  zum  Theil 
zersetzt  zu  sein.  Die  Kartoffeln  wurden  durch  Sieben  von  Erde  be- 
freit, da  beim  Waschen  ein  grofser  Theil  der  Stärke  verloren  gegangen 
wäre.  Es  erwies  sich  als  zweckmäfsig,  das  Dämpfen  genau  in  der- 
selben Weise  wie  beim  Mais  oder  Getreide  vorzunehmen,  d.  h.  den 
Dampf  von  Anfang  an  nur  von  unten  in  den  Henze^schen  Apparat  ein- 
zuführen, wähi-end  man  oben  etwas  Dampf  abblasen  liefs.  Dämpfzeit 
etwa  2  Stunden  bei  4  bis  4*^1,5.  Ferner  war  eine  Entschalung  der 
Maische  nothwendig,  wobei  sich  der  Müller  sehe  Apparat  sehr  bewährte. 
Die  enttrebertc  Maische  war  sehr  dünnflüssig  und  gebrauchte  deshalb 
nur  sehr  geringen  Steigraum,  da  ein  Steigen  und  Fallen  der  Maische 
während  der  Gährung  nicht  stattfand.  Der  Inhalt  der  Gährbottiche  be- 
trug im  Durchschnitt  3333'  und  zu  diesen  wurden  verarbeitet  etwa  3^' 
gesunde,  25'''  erfrorene  Kartoffeln  und  2001^  Grünmalz,  einschliefslich 
Hefe.  Die  Maische  zeigte  nach  dem  Abstellen  im  Gährbottich  25  bis 
260  B.  und  enthielt  noch  unaufgeschlossene  Stärkekörner.  Die  Ver- 
gährung  diesei-  Maische  war  nicht  gut,  was  Verfasser  darauf  schiebt, 
dafs  es  der  Hefe  an  stickstoff"haltigen  Nährstoffen  mangelte.  Die  Aus- 
beute war  jedoch  besser,  als  man  erwarten  konnte,  denn  es  wurden  im 


lieber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  231 

Durchschuitt  von  einer  bis  zur  anderen  amtlichen  Abnahme,  wobei 
stets  2/3  des  Maischmaterials  an  gefrorenen  Kartoffeln  verarbeitet  wurde, 
9,7  Proe.  vom  Maischraum  erzielt.  Von  einer  Maische,  deren  Alkohol- 
gehalt nach  Analyse  10,2  bis  11,7  Proc.  betrug,  wurde  eine  Probe, 
nachdem  der  Alkohol  verdunstet  war,  zunächst  mit  etwas  Diastase, 
dann  von  Neuem  mit  Hefe  in  Gährung  versetzt;  es  wurden  noch 
3  Vol. -Proc.  Alkohol  gebildet.  Die  chemische  Untersuchung  dieser 
Maische  hatte  noch  5,1  Proc.  Maltose  und  2,67  Proc.  Dextrin  ersehen. 
Die  Qualität  des  Alkohols  war  dieselbe  wie  die  des  gewöhnlichen  Roh- 
spiritus. Die  Abfälle  und  Treber  wurden  vom  Vieh  gern  und  mit 
Vortheil  aufgenommen.  Ob  sich  in  allen  Fällen  eingefrorene  Kartoffeln 
so  gut  halten  werden,  mufs  dahingestellt  bleiben:  Boden-  und  Witte- 
ruugsverhältnisse  spielen  dabei  gewifs  eine  grofse  Rolle. 

üeher  das  Mälzen  von  Mais  und  Gerste  auf  pneumatischem  Wege 
nach  Galland  theilt  Schrohe  in  der  Zeitschrift  für  Spiritiisindustrie,  Bd.  12 
S.  45,  die  Erfahrungen  mit,  welche  man  mit  der  pneumatischen  Mälzerei 
nach  Patent  Galland  in  der  Brennerei  der  Distilleric  Franco  Argentine 
in  Conchitas  bei  Buenos- Ayres  (vgl.  1889  271  281)  gemacht  hat.  Danach 
functionirt  die  Anlage  in  jeder  Weise  vorzüglich  und  zur  gröfsten  Zu- 
friedenheit, lieber  denselben  Gegenstand  mit  besonderer  Berücksich- 
tigung der  verschiedenen  Systeme  der  pneumatischen  Mälzerei  (vgl.  1888 
269  275)  berichtete  Verfasser  auch  in  der  Generalversammlung  des 
Vereins  der  Spiritusfahrikanten  (Ergänzungsheft  S.  51). 

Hiernach  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dafs  die  pneu- 
matische Mälzerei  für  die  gröfseren  Prefshefefabriken,  welche  Tag  und 
Nacht  arbeiten,  mit  Vortheil  Verwendung  findet:  ob  dieselbe  auch  für 
die  Spiritusfabrikation  sich  brauchbar  erweisen  wird,  wird  davon  ab- 
hängen, ob  es  möglich  sein  wird,  die  Bewegung  des  Apparates  wäh- 
rend der  Nacht  oder  wenigstens  für  einen  Theil  der  Zeit  zu  umgehen; 
Erfahrungen  darüber  liegen  noch  nicht  vor. 

Ueber  das  Verhältnifs  zwischen  Proteinkörpern  und  Amiden  in  einigen 
aus  böhmischen  Gerstenmalzen  bereiteten  Auszügen  veröffentlicht  J.  Bana- 
mann  in  der  Altgemeinen  Brauer-  und  Hopfenzeitung,  1889  Nr.  1  (auch 
Wochenschrift  für  Brauerei,  Bd.  6  S.  5)  Untersuchungen,  aus  denen  wir 
hier  nur  das  auch  für  die  Spiritusfabrikation  Wichtige  mittheilen.  Danach 
entsprach  die  Menge  des  löslichen  Stickstoffs  in  den  verschiedenen  Malz- 
sorten nicht  dem  Gesammtstickstoffe  des  Malzes.  Das  Verhältnifs  des 
Protein-  und  Pepton-Stickstoffs  einerseits  zum  Amidstickstoff  anderer- 
seits im  löslichen  Stickstoff  war  ein  sehr  verschiedenes,  indem  bei  den 
verschiedenen  Malzsorten  von  100  Th.  löslichen  Stickstoffs  in  minimo 
37,261,  in  maximo  52,941  Th.  in  Form  von  Protein  und  Peptonen  ge- 
funden wurden.  Die  schon  bekannte  Beobachtung,  dafs  durch  längeres 
Wachsen  des  Malzes  der  Amidstickstoff  eine  Zunahme  erfährt,  fand  auch 
bei  diesen  Versuchen  eine  Bestätiguns. 


232 


Ueber  Fortscliritte  in  der  Spiritusfabrikation. 


Im  Auschlusye  hieran  wollen  wir  kurz  über  die  sehr  interessanten 
älteren  Untersuchungen  Lintntr's  (^Zeitschrift  für  Spiritusinduslrie^  Bd.  6 
S.  979)  berichten.  Lintner  untersuchte  15  Malzproben  und  erhielt  dabei 
folgende  Zahlen: 


Nummer 

Gerste 

(Stickstollprocente 

der  Trocken- 

Malz 

(StickstolTprocente 

dei  Trocken- 

Lösliches Eiweils 

(StickstolTprocente 

der  Trockensubstanz 

Maltosezuwnchs 
in  lOOcc  Versuchs- 
flüssigkeit 

substanz) 

substanz) 

des  Mnizes) 

1 

1,926 

1,756 

U.2(I3 

0.609 

0 

1.438 

1,516 

0.224 

0,665 

3 

l,ti77 

1,880 

0,245 

0,758 

4 

1,432 

1,718 

0.258 

0,802 

5 

1,168 

1,381 

U.258 

0,810 

6 

1,760 

1,754 

0,254 

0,819 

7 

1.591 

1,414 

0.282 

0,906 

8 

1.459 

1,785 

0.271 

0,910 

9 

1,696 

1,598 

0^290 

0,977 

10 

1,537 

1,477 

0,349 

1,088 

11 

1,424 

1,646 

0,314 

1,106 

12 

2,150 

2,170 

0.312 

1.203 

13 

1,357 

1,394 

0,367 

1.318 

14 

1,424 

1,800 

0,381 

1,420 

15 

1,795 

1,760 

0,428 

1,616 

Aus  diesen  Zahlen  ergibt  sich  folgendes:  1)  Die  diastatische  Wirkung 
des  Malzes  steht  nicht,  wie  man  bisher  vielfach  glaubte,  im  Zusammen- 
hange mit  dem  StickstolFgehalte  der  Gerste,  aus  welcher  das  Malz  her- 
gestellt wurde;,  dagegen  bilden  2)  die  löslichen  Eiweifsstoti'e  des  Malzes 
ein  Mafs  für  die  diastatische  Wirkung  desselben.  Dafs  unter  Umständen 
eine  stickstoffreiche  Gerste  ein  sehr  wirksames  Malz  geben  kann,  ist 
aus  obiger  Zusammenstellung  zu  ersehen^  es  spricht  daher  nichts  gegen 
die  Anwendung  stickstoffreicher  Gerste  für  Brennereizwecke,  nur  darf 
man  nach  Lintner's  Untersuchungen  nicht  glauben,  dafs  eine  stickstofl- 
reiche  Gerste  auch  stets  ein  gutes  Malz  geben  mufs. 

Eine  einfache  Vorrichtung  zum  Waschen  des  Malzes  beschreibt  B.  Bahr- 
Bomsdorf  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.^  Bd.  12  S.  8.  Dieselbe 
wurde  hergestellt  aus  einem  kupfernen  Hefental'seiusatz,  in  welchen  ein 
herauszunehmender,  durchlöcherter  Boden,  S^°^  von  dem  unteren  ent- 
fernt, eingesetzt  wurde;  an  dem  unteren  Boden  wurde  ein  Wasser- 
abflufs-  und  Zuflufsrohr  angebracht.  Das  Malz  wird  hineingeschüttet, 
Wasser  hinzugefügt  und  kräftig  durchgerührt.  Dann  lülst  man  von  unten 
Wasser  eintreten  und  das  mit  dem  Schmutze  beladene  Wasser  durch 
ein  im  oberen  Theil  angebrachtes  Abflufsrohr  abfliefsen  imd  setzt  dies 
80  lange  fort,  bis  das  Wasser  nicht  mehr  schmutzig  erscheint.  Das 
Prinzip  dieses  Apparates  ist  jedenfalls  ein  richtiges,  wie  es  auch  bei 
den  Quellstöcken  zur  Anwendung  kommen  sollte.  Der  Zutritt  des 
Wassers  von  oben  und  der  Abflufs  von  unten  ist  entschieden  zu  ver- 
werfen,  denn   bei  dieser  Einrichtung  liltrirt  das  mit  Schmutz  beladene 


Oeber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  233 

Wasser  wieder  durch  die  Gerste  bezieli.  durch  das  Malz  hindurch  und 
A'erunreiniat  dieses  von  Neuem.  Dafs  das  Waschen  des  Malzes  em- 
pfehlenswerth,  bei  mangelhaftem,  mit  Pilzen  behaftetem  Malz,  besonders 
für  die  Malzmenge,  welche  zur  Hefebereituug  verwendet  wird,  sogar 
sehr  erwünscht  ist,  ist  bekannt. 

II.   Dämpfen  und  Maischen. 

Ueber  das  Dämpfen  mit  dem  Henze  sehen  Apparate  macht  K.  Kruis 
in  der  Oesterreidmch- Ungarischen  Brenner eizeüung.,  Bd.  13  8.  2,  sehr  be- 
achtenswerthe  Mittheilungen.  Der  Verfasser  bespricht  die  verschiedenen 
Constructionen,  welche  der  ^enze'sche  Apparat  in  den  16  Jahren  seit 
seiner  Erfindung  erhalten  hat,  von  denen  die  rein  conische  Form,  wie 
sie  H.  Paucksch  in  Landsberg  baut,  oder  diejenige,  welche  aus  einem 
langgedehnten  Conus  mit  einer  nur  kurzen  cylindrischen  Zarge  besteht, 
entschieden  den  Vorzug  vor  der  cylindrischen  Form  verdient,  da  bei 
den  couischen  Formen  in  allen  Fällen  zwei  Dampfeinströmungen  ge- 
nügen, um  eine  gleich  mäfsig  fortschreitende  Durchkoehung  und  gute 
Aufschliefsung  zu  erreichen.  Bei  den  Dämpfern  mit  conischer  Form 
ist  eine  geringere  Dauer  des  Dämpfens  ausreichend,  und  dieselben  liefern 
daher  durchweg  eine  lichtere  Maische,  woraus  auf  eine  geringere  Zer- 
setzung des  gährungsfähigen  Materials  während  der  Dämpfzeit  ge- 
schlossen werden  kann.  Der  Verfasser  bespricht  eingehend  die  ver- 
schiedene Arbeitsweise  mit  den  Apparaten  verschiedener  Construction, 
sowie  die  verschiedenen  Zerkleiuerungsvorrichtungen  und  macht  noch 
besonders  in  Bezug  auf  die  Armatur  darauf  aufmerksam,  dafs  es  sehr 
wünschenswerth  ist,  alle  Ventile  von  einer  Stelle  aus  erreichen  und 
von  derselben  Stelle  aus  auch  die  Ablesungen  am  Manometer  vornehmen 
zu  können. 

Ein  einfaches  Dampfmaischholz.,  welches  als  Vorzüge  Billigkeit  (Preis 
6,50  M.),  gute  Haltbarkeit  und  bequeme  Handhabung  besitzen  soll,  be- 
schreibt Heinrich  Konkart  in  Rondsen  bei  Graudenz  in  der  Zeitschrift 
für  Spiritusindustrie.,  Bd.  12  S.  92.  Die  Verwendung  eines  Dampfmaisch- 
hulzes  zum  Anwärmen  des  Hefegutes  empfiehlt  C.  Besage  in  Czerbienschin 
in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.,  Bd.  12  S.  52. 

Ueber  die  Nachtheile  des  Kühlschiffes  berichtet  A.  Schneider-'Sedlitz 
in  der  Zeitschrift  für  Siiritusindustrie.,  Bd.  12  S.  107.  Es  ist  dem  Ver- 
fasser nicht  gelungen,  bei  Verwendung  des  Kühlschifies  bakterienfreie 
Maischen  zu  erzielen.  Nachdem  das  Kühlschiff  durch  einen  Gährbottich- 
kühler  einfachster  Art  ersetzt  war,  wurde  eine  um  2*^"  Sacch.  bessere 
Vergährung  erreicht.  Entgegen  dieser  Ansicht  hält  Schultz  in  Bärfelde 
(^Zeitsc/irift  für  Spiritusinduslrie.,  Bd.  12  S.  124)  das  Kühlschitf  sehr  wohl 
für  brauchbar,  da  es  ihm  gelungen  ist,  damit  eine  Vergährung  bis  auf 
0,5°  Sacch.  zu  erreichen.  Bei  Ersatz  des  Kühlschiffes  durch  Kühl- 
bottiche kommt,  wie  Verfasser  bemerkt,  auch  der  Wasserverbrauch  in 


234  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritiisl'abrikatioii. 

Frage.  Die  Kedaction  der  genannten  Zeitschrift  bemerkt  dazu,  dafs  die 
Uehelstände  des  Kühlschiffs  sich  besonders  in  der  heifsen  Jahreszeit 
geltend  machen,  während  im  Winter  und  Frühjahr  das  Kühlschiff  dem 
Kühlbottich  als  gleichwerthig  zu  erachten  ist.  Ferner  bietet  die  Gähr- 
bottichkühlung,  deren  geringer  Wasserbedarf  wohl  stets  zu  decken  sein 
wird,  ein  vorzügliche^  Mittel,  um  die  Kühldauer  abzukürzen  und  da- 
durch die  Gefahren  des  Kühlschiffs  zu  vermeiden.  In  einer  weiteren 
Abhandlung  S.  144  gibt  Schneider  zu,  dafs  sein  Kühlschiff  sehr  ungünstig, 
nämlich  in  der  Nähe  von  Stallungen  gelegen  war,  so  dafs  es  unmöglich 
war,  damit  bakterienfreie  Maische  zu  erzielen.  Er  berechnet  sich  zu 
Gunsten  der  Wasserkühlung,  nach  Abzug  der  Kosten  für  Einrichtung, 
einen  Gewinn  von  2872,3  M.  für  die  Campagne. 

Im  Anschlüsse  hieran  weist  H einzelmann  noch  darauf  hin,  dafs  die 
Gährbottichkühlung  es  ermöglicht,  die  Maische  bedeutend  wärmer  ab- 
zustellen, so  dafs  dieselbe  nur  verhältnifsmäfsig  kurze  Zeit  auf  dem 
Kühlschiffe  zu  verweilen  haben  wird.  Endlich  bemerkt  Schrohe  S.  123, 
dafs  für  die  Prefshefefabrikation  das  Kühlschiff  schwer  zu  ersetzen  sein 
dürfte,  da  hier  die  Lüftung  der  Maische,  welche  auf  dem  Kühlschiffe 
stattfindet,  unentbehrlich  ist. 

Welche  Vortheile  bietet  dax  Hesse'sche  Verfahren^  die  Maische  am  zweiten 
Tage  zu  erwärmen  und  mittels  der  Kühl-  bezieh.  Wärm  schlangen  zu  be- 
wegen ? 

Bekanntlich  bezweckt  das  Verfahren  von  Hesse  (vgl.  1889  271  284) 
in  erster  Linie  eine  möglichste  Beschränkung  des  Steigraumes,  indem 
über  50  Proc.  des  sonst  gebrauchten  Steigraumes  mit  Maische  befüllt 
werden.     Die  Hauptpunkte  des  Verfahrens  sind  kurz  folgende: 

1)  Die  Vergähruug  darf  bis  zum  zweiten  Tage  nicht  zu  stürmisch  sein. 

2)  Die  Hauptgährung  wird  durch  Erwärmen  der  Maische  am  zweiten 
Tage  mittels  heifsen  Wassers,  welches  durch  die  beweglichen  Gähr- 
bottichkühlschlangen  geleitet  wird,  schnell  hervorgerufen. 

3)  Die  Maische  mufs  während  der  Giilirung  auf  einer  Temperatur 
von  29  bis  30^  durch  Abkühlung  mittels  kalten  Wassers  erhalten  werden. 

4)  Die  Maische  wird  mit  lauem  Wasser  bei  fallender  Gährung  so 
weit  verdünnt,  dafs  die  Bottiche  während  der  Nachgährung  bis  zum  Kande 
gefüllt  sind. 

Dem  Verfahren  liegt  der  Gedanke  zu  Grunde,  die  Hauptgährung 
zu  einer  Zeit  schnell  eintreten  zu  lassen,  in  welcher  sie  fortwährend 
beol)achtet  werden  kann,  also  bei  Tage,  ferner  die  während  der  Zucker- 
bildung entstandene  Maltose  schnell  durch  Gährung  aus  der  Maische  zu 
entfernen,  um  dann  möglichst  viel  Zeit  für  die  Nachgiihrung,  also  für 
die  Dextringährung  zu  gewinnen.  Vergleichende  Versuche,  welche 
Heinzelmann  nach  dem  ^esse'schen  Verfahren  mit  und  ohne  Bewegung 
des  Kühlers  ausführte  und  worüber  er  in  der  Zeitschrift  für  Spirilus- 
industrie.,  Bd.  12  S.  123,  berichtet,   ergaben  für  die  mit  der  Bewegung 


üeber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  235 

des  Kühlers  verarbeitete  Maische  eine  Mehrausbeute  von  0,64  Proc. 
Alkohol  vom  Maischraume:  im  Allgemeinen  veranschlagt  der  Verfasser 
die  Mehrausbeute  an  Alkohol  auf  0,50  bis  0,75  Proc,  Als  ein  Mangel 
des  Verfahi-ens  wird  hervorgehoben,  dafs  die  Maschine  zur  Beweguns; 
des  Kühlers  12  Stunden  in  Betrieb  bleiben  mufs.  Nach  neueren  Er- 
fahrungen soll  es  jedoch  gelungen  sein,  die  Zeit,  in  welcher  die  Kühl- 
schlange bewegt  werden  mufs,  auf  6  Stunden  zu  beschränken.  Ferner 
ist  man  bestrebt,  die  Bewegung  des  Kühlers  durch  das  Kühlwasser  selbst 
zu  bewirken.  Derartige  Constructionen  sind  schon  mehrfach,  so  auch 
von  G ontar d-'Mockau.  angegeben  (Zeltschrift  für  Spiritusinduslrie^  Bd.  12 
Ergänzungsheft  S.  149,  wo  auch  Delbrück  Mittheilungen  darüber  macht). 
Wenn  es  auch  dahingestellt  sein  mufs,  ob  diese  Frage  durch  die  bisher 
angegebenen  Constructionen  schon  vollständig  für  die  Praxis  seJöst 
ist  —  denn  Gontard  erreicht  mit  seinem  Apparate  nur  eine  Hubhöhe 
von  12  bis  15*^°\  während  nach  Hesse  die  Hubhöhe  fast  Q'^^h  betragen 
soll,  in  welchem  Falle  der  Wasserverbrauch  wohl  ein  zu  grofser  sein 
würde  —  so  ist  doch  anzunehmen,  dafs  es  der  Technik  gelingen  wird, 
diese  Schwierigkeiten  bald  zu  beseitigen. 

Wie  viel  Grüivnalz  ist  zur  Umwandelung  eines  Kilogramms  Stärke  in 
Maltose  und  Dextrin  erforderlich?  Zur  Entscheidung  dieser  Frage  hat 
J.  E.  Brauer  Versuche  ausgeführt  {Zeilschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  12 
S.  131),  indem  er  500?  Primastärke  verkleisterte  und  mit  verschiedenen 
Malzmengen  (Gemisch  aus  i.,  Roggen-,  1/4  Gerste-  und  i^  Hafermalz) 
versetzte  und  nach  Beendigung  der  Reaction  mit  Jod  prüfte.  Aus  den 
Resultaten  dieser  Versuche  berechnet  er  die  für  50^  Kartoffeln,  ent- 
sprechend lO"^  Stärkemehl,  erforderliche  Menge  Malzgetreide  und  kommt 
zu  dem  Schlüsse,  dafs  mindestens  1^,5  Malzkorn,  entsprechend  2'^',25 
Malz,  auf  50"^  Kartoffeln  verwendet  werden  müssen.  Die  Redaction  der 
Spirituszeitschrift  macht  darauf  aufmerksam,  dafs  bei  dieser  Umrech- 
nung ein  Fehler  stattgefunden  hat,  indem  der  Verfasser  den  Wasser- 
gehalt der  verwendeten  Stärke,  welcher  ungefähr  20  Proc.  beträgt,  un- 
berücksichtigt gelassen  hat,  so  dafs  er  in  Wirklichkeit  nicht  500?, 
sondern  400?  Stärke  zu  seinen  Versuchen  verwendet  hat.  Dafs  man 
aber  die  trockene  Stärke  für  die  Umrechnung  zu  Grunde  legen  mufs, 
ist  selbstverständhch,  da  der  procentische  Stärkegehalt  der  Kartoffeln 
sich  natürlich  auf  wasserfreie  Stärke  bezieht.  Die  Zahlen  des  Ver- 
fassers sind  daher  durchweg  zu  niedrig  und  nach  der  entsprechenden 
Umrechnung  ergibt  sich  als  Minimalgabe  l'^',88  Malzgetreide,  entsprechend 
2^8  Grünmalz,  für  50^  KartofTeln.  ^ 

Ueber  das  Entsc/wlen  der  Maische  und  die  dazu  construirten  Apparate 
berichtet  Prof.  Delbrück  in  der  Generalversammlung  des  Vereins  der 
Spiritusfabrikanten  in  Deutschland  (Zeitschrift  für  Spiritusinduslrle^  Bd.  12 
Ergänzungsheft  S.  148).  Eine  gewisse  Menge  von  Trebern  ist  in  der 
Maische  nothwendig,  denn  die  Hefe  bedarf  eines  Stoffes,  welcher  sich 


23t5  lieber  Fortschritte  in  der  öpiritusl'abriliation. 

zwischen  sie  lagert,  woran  sie  sich  reibt  oder  stöfst,  und  hierzu  sind 
die  Treber  sehr  geeignet.  Ein  Uebermafs  von  Trebern  ist  andererseits 
aber  von  Nachtheil,  weil  dadurch  die  durch  die  Versuche  von  Delbrück 
und  Foth  (vgl.  1887  263  530)  als  nothwendig  erwiesene  Bewegung  der 
Maische  leidet.  Von  diesen  Gesichtspunkten  aus  sind  die  Ei-folge  der 
Maischeentschalung  zu  beurtheilen.  Die  Entschalung  wird  nur  da  am 
Platze  sein  und  befriedigende  Resultate  liefern,  wo  ein  Uebermafs  von 
Trebern  vorhanden,  also  die  Entfernung  eines  Theiles  der  Treber  er- 
wünscht ist.  Dieser  Fall  liegt  vor  einmal  bei  sehr  dicken  Maischen, 
andererseits  bei  Verarbeittmg  sehr  dickschaliger  Kartot!eln.  In  diesen 
Fällen  werden  die  Eut.schalungsapparate  stets  gute  Dienste  thun.  Es 
kann  hiernach  aber  nicht  Wunder  nehmen,  dafs  die  Antwort  auf  die 
Frage,  wie  sich  die  Entschaluugapparate  bewährt  haben,  im  Allgemeinen 
sehr  verschieden  ausfallen  mufs;  denn  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dafs 
die  Enttreberungsapparate  vielfach  angewendet  werden,  wo  sie  gar 
nicht  hingehören.  Der  Enttreberungsapparat  hat  nur  dort  einen  Sinn, 
wo  so  viele  Treber  in  der  Maische  sind,  dafs  durch  sie  ein  unver- 
hältnifsmäföiger  Raum  in  Anspruch  genommen  oder  die  Gährung  ge- 
hemmt wird.  In  dünner  Maische  verwendet,  gewähren  die  Enttreberungs- 
apparate sicherlich  keinen  Nutzen.  Auch  bei  höheren  Concentrationen 
der  Maische  können  die  Apparate  zuweilen  überflüssig  sein,  so  be- 
sonders bei  der  Verarbeitung  sehr  dünnschaliger  Kartoffeln.  Nach  den 
dem  Verein  zugegangenen  Mittheilungen  sind  bis  jetzt  im  Ganzen 
über  300  Entschalungsapparate  im  Gebrauche  und  zwar  297  Apparate 
von  Eberhard- Müller  in  Bromberg,  5  Apparate  von  C.  G.  Böhm  in  Freders- 
dorf  und  3  Apparate  von  Vof$  in  Neuenburg  in  Westpreufsen.  Ueber 
die  Frage,  wie  sich  die  einzelnen  Constructiouen  in  der  Praxis  bewährt 
haben,  äufsert  sich  Delbrück  in  folgender  Weise.  An  der  Spitze  steht 
der  Müller  aoXxe,  A])parat.  Im  Grofsen  und  Ganzen  sollen  die  Resultate 
günstig  gewesen  sein,  nur  soll  der  A]ii)arat  leicht  reparaturbedürftig 
sein;  doch  wird  vom  Fabrikanten  mitgetheilt,  dafs  er,  um  diesem  Fehler 
zu  begegnen,  jetzt  Gufsstahl  im  Inneren  zur  Verwendung  bringt.  Als 
ein  weiterer  üebelstand  werden  die  grofsen  Dimensionen  des  Apparates 
und  die  dadurch  hervorgerufene  Schwierigkeit  des  Aufsteilens  in  der 
Brennerei  bezeichnet  (vgl.  1889  272  36);  doch  sollen  auch  in  dieser 
Beziehung  Verbesserungen  angebracht  sein  und  jetzt  Apparate  in  kürzerer 
Form  geliefert  werden.  Ueber  den  Ai)parat  von  Böhm  lautet  das  Urtheil 
nach  den  Beobachtungen  der  Vereinstechniker  Ueinzelmnnn  und  Stenglein 
günstig.  Der  Apparat  ist  kleiner  als  der  37»7/('r"sche,  so  dafs  er  über 
dem  Vormaischbottich  angebracht  werden  kann,  inid  also  die  heraus- 
gedrückten, flüssigen  Theile  direkt  bei  der  Entschalung  in  den  Maisch- 
bottich zurückfliefsen.  Nach  Delbrück^  Ansicht  würde  es  günstig  sein, 
die  Apparate  so  zu  liefern,  dafs  man  die  Maische  durch  den  Apparat 
hindiirelii)umpen  kann,  so  lange  dieselbe  noch  warm  ist;  denn  nach  er- 


Kieiiiere  Miilheilungen.  237 

folgter  Abkühlung  is^t  jede  VerzögeruDg  der  Gähvthätigkeit,  jedes  Duvch- 
pumpen  durch  Apparattheile,  die  nicht  unbedingt  reiniguugsfahig  sind, 
sehr  bedenklich.  Es  würde  sich  empfehlen,  die  Construction  so  zu 
machen,  dafs  die  süfse  Maische  enttrebert  \A'ird,  so  lauge  sie  noch  im 
Maischbottich  bei  62,5»  steht.  Der  Apparat  von  T'o/s,  dessen  nähere 
Beschreibung  nicht  vorliegt,  ist  in  drei  Brennereien  eingeführt  und  soll 
nach  Mittheiluusen  von  Dams  gut  fuuctioniren.  (Fortsetzung  folgt.) 


üeber  elektrolytische  Zerlegung  durch  Wechselströme. 

J.  Chappuis  und  G.  Maneuviier  theilen  in  den  Comptes  rendus ^  1888  Bd.  Iü7 
S.  31,  folgende  Erfahrungen  über  die  Elektrolyse  durch  Wechselströme  mit. 
Nimmt  man  in  dem  Platindraht-A^oltameter  statt  des  angesäuerten  AVassers 
eine  concentrirte  Kupfervitriollösung,  so  geben  Ströme  von  2.5  Ampere  mitt- 
lerer Stärke,  welche  vorher  reichliches  Knallgas  lieferten,  in  dem  Sulfat  aufser 
einer  starken  Erwärmung  nichts  mehr.  A'erkleinert  man  aber  alsdann  Durch- 
messer und  Länge  der  Elektroden  bis  zu  bezieh.  Otnm^l  und  20mm  (ungefähr 
6qnim  Oberfläche),  so  entsteht  auf  einmal  eine  Gasentwickelung  und  Kupfer- 
ausscheidung. Ebenso  gut  gelingt  die  Elektrolyse  mit  Kupferelektroden  von 
derselben  Dimension.  Man  sieht  beim  Durchgang  der  Ströme  einen  Strom 
feiner  Glasbläschen  gleichzeitig  mit  einer  braunrothen  Wolke  Kupferpulvers 
aufsteigen,  und  die  Elektroden  selbst  nehmen  rasch  das  Aussehen  schwam- 
migen frischreducirten  Kupfers  an. 

Aus  den  Versuchen  beider  Physiker  scheint  im  Ganzen  hervorzugehen, 
dafs  es  bei  der  Elektrolyse  durch  Wechselströme  immer  möglich  ist,  eine  Art 
Gleichgewicht  zwischen  der  Geschwindigkeit  der  Zerlegung  des  Elektrolyten  und 
der  Geschwindigkeit  der  Wicderrereinigung  seiner  Elemente  zu  bewerkstelligen. 
Ist  dieses  Gleichgewicht  einmal  hergestellt,  so  hört  die  eigentliche  Elektrolyse 
auf.  Dann  aber  werden  alle  Umstände,  welche  die  Geschwindigkeit  der  Zer- 
legung über  die  der  Wiederverbindung  vorherrschen  lassen,  die  Producte  der 
Elektrolj'se  wieder  zum  Vorschein  bringen,  dagegen  alle  diejenigen,  bei  welchen 
das  Umgekehrte  der  Fall  sein  wird,  dieselben  ton  2\euem  verschwinden  lassen. 
Unter  den  die  Elektrolyse  beschleunigenden  Umständen  nimmt  die  Strom- 
dichte.,  d.  h.  das  Yerhältnifs  der  mittleren  Stromstärke  zur  Oberfläche  der 
Elektroden  den  ersten  Rang  ein.  Es  ist  einleuchtend,  dafs  durch  die  Ver- 
mehrung der  den  Elektrolyten  durchströmenden  Elektricitätsmenge  einerseits, 
und  die  Verminderung  der  Elektrodenfläche  andererseits  die  Schnelligkeit  der 
Zerlegung  gröfser,  als  die  der  Wiederverbindung  gemacht  und  das  Auftreten 
der  Producte  der  Elektrolyse  begünstigt  wird.  Die  Versuche  haben  dieses 
bei  der  Elektrolyse  des  Wassers  bestätigt.  Ebenso  ist  es  begreiflich,  dafs 
die  Elektroden  und  der  Elektrolj't  vermöge  ihrer  chemischen  Verwandtschaften 
oder  ihrer  physikalischen  Eigenschaften  auf  die  Schnelligkeit  der  Wieder- 
verbindung einen  Einflufs  haben  können.  Die  Leichtigkeit  der  Elektrolyse 
mufs  also  auch  von  der  Natur  der  Elektroden  und  des  Elektrolyten  abhängen. 
Und  dieses  haben  die  vergleichenden  Versuche  der  Herren  Chappuis  und  Ma- 
neurrier  bei  der  Elektrolvse  des  Wassers  und  des  Kupfervitriols  mittels  Elek- 
troden aus  Platin  und  Kupfer  bewiesen. 

Es  läfst  sich  endlich  voraussehen,  dafs  die  mehr  oder  weniger  grofse 
Geschwindigkeit  der  Stromwechsel  unter  gleichen  übrigen  Umständen  eine 
wichtige  Rolle  im  Auftreten  und  Verschwinden  der  elektrolytischen  Erschei- 
nungen spielen  mufs.  Denn  angenommen,  die  Aufeinanderfolge  der  beiden 
Ströme  wäre  so  langsam,  dafs  die  Producte  der  Elektrolyse  des  ersten  Stromes 
schon  vor  Erscheinung  derjenigen  des  umgekehrten  Stromes,  sei  es  durch 
direkte  Lösung  oder  durch  Diffusion,  verschwunden  sein  würden,  so  wäre 
eine  Wiederverbindung  nicht  mehr  möglich:  jeder  der  Wechselströme  würde 
sich  in  dem  Voltameter.  einer  nach  dem  anderen,  verbalten,  wie  ein  stetiger 


2oS  Kleineie  Miltlieilungeu. 

Strom  von  kurzer  Dauer.  Man  sieht  also,  dals  die  Verlangsaraung  des  Strom- 
wechsels unter  gleichen  übrigen  Umständen  das  Auftreten  der  Elektrolyse 
erleichtern,  die  Beschleunigung  desselben  aber  das  Umgekehrte  bewirken  mul's. 
Direkte  Versuche  haben  dieses  bestätigt. 

Die  Anwendung  dynamo-elektrischer  Maschinen  mit  yetrennttm  Erreger 
gestattet  die  Geschwindigkeit  des  Strom  wechseis,  unbeschadet  der  mittleren 
Stärke  und  Dichte  der  Ströme,  zu  ändern.  In  der  That  wurde  einerseits 
durch  Steigerung  der  Geschwindigkeit  der  Maschine  von  1500  Umdrehungen 
in  der  Minute  auf  2600  die  Zahl  der  Stromwechsel  von  100  auf  173  in  der 
Secunde  gebracht;  andererseits  konnte  durch  geeignete  Aenderung  der  Inten- 
sität des  magnetischen  Inductionsfeldes  mittels  des  Erregerstronies  die  mittlere 
Stärke  der  inducirteu  Ströme  constant  erhalten  werden. 

Folgendes  ist  das  Ergebnifs  zweier  unter  diesen  Bedingungen  angestellter 
Versuche. 

1)  Wenn  die  Maschine  mit  ihrer  gewöhnlichen  Geschwindigkeit,  d.  h. 
2000  Umdrehungen  in  der  Minute  und  133  Stromwechseln  in  der  Secunde 
umläui't,  so  stellt  man  durch  geeignete  Regelung  der  Stromstärke  den  Gleich- 
gewichtszustand her,  wobei  alle  Gasentwickelung  im  Voltameter  aufhört. 
Mindert  man  in  diesem  Augenblicke  die  Geschwindigkeit  bis  zu  1500  Um- 
drehungen, so  sieht  man  das  Gas  wieder  erscheinen  und  sich  reichlich  an 
den  Elektroden  entwickeln. 

2)  Wenn  die  Maschine  mit  ihrer  gewölmlichen  Geschwindigkeit  im  Gang 
ist,  leitet  man  durch  Regelung  der  Stromdichte  eine  kräftige  und  regelmäfsige 
Gasentvvickelung  ein.  Steigert  man  nun  die  Geschwindigkeit  auf  2600  Um- 
drehungen, so  hört  die  Gasentwickelung  sofort  auf.  In  dem  einen  oder  dem 
anderen  Falle  läfst  sich  übrigens  die  Wirkung  dieser  Geschwindigkeits- 
änderung durch  entsprechende  Aenderung  der  Stromdichte  aufheben.  Ebenso 
kann  man  beim  ersten  Versuch  durch  Vergröl'serung  der  Elektrodentläche  das 
Gas  verschwinden,  beim  zweiten  Versuch  durch  Verminderung  dieser  Fläche 
wieder  ei'scheinen  lassen. 

Man  sieht  also,  dafs  die  Geschwindigkeitsänderungen  der  Stromwechsel 
und  die  Dichtigkeitsänderungen  der  Ströme  die  Elektrolyse  in  entgegen- 
gesetztem Sinne  beeinflussen,  und  dafs  man  die  Elektrolyse  mit  Strömen  von 
mittelmäfsiger  Dichte  erzielen  kann,  wenn  man  nur  die  Stromwechsel  hin- 
reichend verlangsamt.  So  erklärt  es  sich,  dafs  de  la  Rive  schon  im  J.  1837 
das  angesäuerte  Wasser  durch  die  wechselnden  Ströme  der  damals  erfundenen 
magnet-elektrischen  Maschinen  leicht  zerlegen  und  an  grofsen  Platinelektroden 
bis  zu  8qc  Oberfläche  Knallgas  erzeugen  konnte.  Für  ihn  scheint  die  Be- 
seüiyuny  der  Gase  schwer  gewesen  zu  sein,  während  die  Schwierigkeit  für 
uns  darin  besteht,  sie  zum  Vorschein  zu  bringen.  Dieser  Unterschied  kommt 
daher,  dafs  der  Elektromotor,  dessen  sich  de  la  Rire  bedient  hat,  höchstens 
50  Wechsel  in  der  Secunde  bewirkte ,  während  unsere ,  Dynamomaschinen 
deren  mindestens  100  hervorbringen. 

C.  V.  Boys'  Versuche  mit  Seifeiiblasen. 

In  der  physikalischen  Abtheilung  der  Royal  Society  stellte  nach  Engitietring^ 
Mai  1888  S.  488,  C.  V.  Boys  eine  Reihe  sehr  lehrreicher  Versuciie  mit  Seifen- 
blasen an,  um  zu  beweisen,  dafs  es  der  Einflufs  einer  zwischenliegenden  Luft- 
schicht ist,  welche  die  thatsächliche  Berührung  zweier  Seifenblasen  von 
gleichem  Stolfe  verhindert.  Er  liefs  zunächst  eine  Seifenblase  zwei  senkrecht 
und  parallel  einander  gegenüberstehenden  Drahtringen  sicii  anhängen  und  er- 
zeugte in  ihrem  Inneren  eine  zweite,  kleinere  Blase.  Durch  Entfernung  beider 
Ringe  von  einander  wurde  die  äufsere  Blase  in  ähnlicher  Weise,  wie  dieses 
schon  Plateau  an  seinen  „GleichgewicKtsiiguren"  gezeigt  hat,  zu  einem  Cylinder 
aus  einander  gezogen.  In  diesem  Cylinder  rollte  die  kleinere  Blase,  wenn 
der  eine  oder  der  andere  Drahtring  gehoben  wurde,  von  einem  Ende  bis  zum 
anderen.  Wurde  die  innere  Blase  mit  Wasserstoffgas  statt  mit  Luft  gefüllt, 
so  rollte  sie  auf  der  oberen  Seite  des  Cylinders.  Bei  dem  nächsten  Versuche 
zog  Boys  die  äufsere  Seifenblase  zwischen  beiden  Drahtringen  so  weit  in  die 
Länge,   dafs    ihr   äiiuatorialer  Durchmesser   bis   zu    dem    der   Ringe   sich   ver- 


Kleinere  Mittheüungeii.  239 

kleinerte.  Hatte  nun  die  innere  Blase  einen  grölseren  Durchmesser  als  die 
Ringe,  so  wurde  sie  durch  die  Seiten  der  äul'seren  Blase  in  Eiform  gedrückt, 
zum  Beweis,  dafs  beide  Blasen  trotz  des  verhältnifsmäfsig  starken  Druckes 
sich  nicht  vereinigten.  Um  diese  Eigenschaft  auch  noch  auf  einem  anderen 
Wege  zu  zeigen,  legte  Boys  eine  Seifenblase  auf  einen  Drahtring  von  bedeutend 
kleinerem  Durchmesser  als  die  Blase  selbst;  dann  spannte  er  durch  Eintauchen 
in  Seifenbrühe  ein  Flüssigkeitshäutchen  über  einen  anderen  Drahtring.  Mit 
diesem  Häutchen  zwängte  er  jene  Seifenblase  durch  den  Ring,  wobei  die 
Blase  ganz  aus  ihrer  Form  kam.  Sehr  hübsch  nahm  sich  folgendes  Experi- 
ment aus.  Innerhalb  einer  luftgefüllten  Seifenblase,  welche  an  einem  Faden 
eine  kleine  Papiergondel  trug  und  auf  einem  Drahtringe  ruhte,  wurde  eine 
mit  Gas  gefüllte  kleinere  Blase  erzeugt,  welche  nun  die  erstere  von  dem 
Ringe  löste  und  bis  zur  Decke  des  Hörsaales  mitnahm. 

Als  ein  interessanter  Beweis  der  Ditfusion  der  Gase  diente  folgender  Ver- 
such. Eine  Seifenblase  wurde  mittels  Adhäsion  einem  befestigten  Ringe  an- 
gehängt, und  innerhalb  derselben  eine  mit  einer  Mischung  von  Gas  und  Luft 
gefüllte  kleinere  Blase  erzeugt,  welche  sofort  au  die  höchste  Stelle  der  äul'seren 
Blase  schwebte.  Ueber  das  Ganze  wurde  eine  Glasglocke  gedeckt,  in  welche  man 
Leuchtgas  einströmen  liefs.  Nach  wenigen  Secunden  sah  man  die  innere 
Seifenblase  auf  den  Boden  der  äufseren  herabsinken,  zum  Beweis,  dafs  durch 
das  Häutchen  der  letzteren  DitYusion  stattgefunden,  in  deren  Folge  das  speci- 
lische  Gewicht  ihrer  Füllung  abgenommen  hatte,  um  die  Diffusion  noch  an 
einem  anderen  Beispiele  darzulegen,  wurde  eine  mit  SauerstoÖ'gas  gefüllte 
Seifenblase  wenige  Secunden  in  eine  Glasglocke  getaucht,  welche  Aetherdämpfe 
enthielt.  Als  die  Blase  herausgenommen  und  einem  Lichte  genähert  wurde, 
verpuffte  sie  mit  einer  Flamme,  zum  Beweis,  dafs  in  der  kurzen  Zeit,  wo  ihi'e 
Oberfläche  den  Aetherdünsten  ausgesetzt  war,  in  Folge  eingetretener  Dilfusion 
ein  explosives  Gemenge  von  Sauerstoff  und  Aetherdampf  die  Stelle  des  reinen 
Sauerstoffes  eingenommen  hatte. 

Die  elektrisclie  Beleuclituiig  der  Pariser  Ausstellung. 

Kach  den  Mittheilungeu,  welche  //.  Fontaine  in  einem  Vortrage  der  inter- 
nationalen Gesellschaft  der  Elektriker  gemacht  hat  (vgl.  Industries  vom  19.  April 
1889  ■"■  S.  378),  sind  die  Gesammtkosten,  welche  die  jetzige  Pariser  Ausstellung 
der  französischen  Regierung  und  der  Stadt  Paris  verursacht,  auf  lOOÜUÜÜÜ  M. 
zu  schätzen.  Von  den  50  000  Ausstellern  werden  im  Mittel  2100  M.  gezahlt, 
so  dafs  die  Kosten  im  Ganzen  auf  160000000  M.  steigen.  Die  Einnahmen 
aus  Ausstellungen  hängen  u.  a.  von  der  Zahl  der  Stunden  ab,  während  welcher 
dieselben  besucht  werden  können.  Ohne  künstliche  Beleuchtung  würde  die 
Stundenzahl  der  Pariser  Ausstellung  1620  betragen,  durch  die  elektrische  Be- 
leuchtung erhöht  sich  dieselbe  auf  2520,  und  es  vermindern  sich  dadurch  die 
stündlichen  Kosten  von  100000  auf  ein  wenig  über  60000  M.  Trotzdem  hat 
die  Verwaltung  die  elektrische  Beleuchtung  nicht  auf  eigene  Kosten  hergestellt, 
auch  bezahlt  sie  für  das  Licht  nicht  einen  festen  Preis,  wie  für  Wasser,  Dampf, 
Gas  u.  s.  w.,  sondern  sie  überläfst  den  Ausstellern  die  Hälfte  der  Einnahmen 
von  Abendbesuchern,  für  die  der  Eintrittspreis  in  der  Woche  1,6  M.,  Sonntags 
0,8  M.  beträgt,  bis  zum  Betrage  von  2  880  000  Mk.,  darüber  hinaus  nimmt 
der  Staat  mehr. 

Die  Beleuchtung  ist  einer  Reihe  von  Firmen  überlassen  worden  und 
bietet  prächtige  Gelegenheit  zu  Vergleichen.  Die  Maschinenhalle  mit  77000'ini 
Bodentläche  und  2000000cbm  Inhalt  wird  von  Bogenlampen  von  verschiedener 
Gröfse  erleuchtet.  Die  gröfsten  (von  60  Ampei-e,  mit  25mm  Kohlen)  hängen 
in  1  Gruppen  zu  12  Lampen  dicht  unter  dem  Dachlirst.  Ferner  sind  86  Lampen 
von  25  Ampere  in  5  Längsreihen  vertheilt  und  hängen  etwa  I5m  über  dem 
Boden.  Die  Seitengallerien  der  Maschinenhalle  und  die  anliegenden  Räume 
erhalten  276  Lampen  zu  8  Ampere  in  5Qi  Höhe  über  dem  Boden.  Aufserdem 
liefern  Woodtiouse  und  Rawson  8  Glülilampen  zu  200,  Garnot  10  zu  250,  Jarriant 
360  zu  8  und  Cromptou  160  zu  8  Kerzen. 

Der  den  Eisenbahnausstellungen  eingeräumte  Nebenraum  von  nahezu 
öOOOqm  Bodentläche  wird  durch  5  Larapen  zu  25  Ampere  und  30  zu  8  Ampere 


240  Bücher- Anzeigen. 

von  Borssat  orleucUtet,  wälirend  der  grol'se  Mitteldom  von  der  Soc'iete  Gramme 
mittels  48  Gliililampen  von  50Ü  Kerzen  beleuchtet  wird.  Vei-schiedene  andere 
Nebenräume  und  Höfe  erhalten  eigene  Anlagen.  Die  offenen  Räume  werden 
vorwiegend  mit  Gleichstrom  und  Jablochkoß'-lierzen  beleuchtet,  worein  sich 
die  Pariser  Edison  Co.^  die  Rothschild- Deprez-Gvmppt'^  Ducommun  und  die  Societe 
C Eclairage  Electriqut  theilen.  Der  gi'ol'se  Springbrunnen  wird  von  der  Pariser 
Gramme  Co.  mit  48  Bogenlampen  erleuchtet,  die  etwa  25Ü  iP  brauchen.  Ein 
zweiter  Springbrunnen  wird  mit  18  Bogenlampen  zu  60  Ampere  beleuchtet. 
Fontaine  gibt  folgende  Zusammenstellung,  in  der  1  Carcel  =  10  Kei'zen 
gesetzt  sind;  streng  genommen  ist  1  Carcel  nur  =  9,6  Kerzen,  wodurch  die 
iJchtmenge  auf  etwa  1700000  Kerzen  herabsinkt. 

51  Bogenlampen  zu  60  Ampere       510  000  Kerzen 

100  „  „    25         „  350  000 

10  „  „15         „  20  000 

726  „  „      8        „  726  000 

97  JahlochkotT-Kerzen     ....         38800 

16  Sonnenlampen 16  000        „ 

72  Glühlampen   zu  500  Kerzen  36  000 

10  „  „    250        „  2  500 

3500  „  „      10        „  35  000 

6500  „  „        5        „  32  500 

Summe  1  766  800  Kerzen. 
Noch   weiter  ins  Einzelne   gehende  Mittheilungen   enthält  der  EUctrician.^ 
Bd.  23  S.  5. 


Bücher-Anzeigen. 

Musterbucll  für  Eisenconstructioiieil  von  C.  Scharoiosky.     Erster  Theil. 

4.  Lieferung.     Leipzig.     Spamer.     1,50  Mk. 

Die  lange  erwartete  Schluislieferung  enthält  als  Schlufs  der  Abtheilung 
über  Dächer  die  flachen  Kuppeldächer  und  als  vierte  Abtheilung  die  Treppen, 
und  zwar  die  Treppenconstructionen,  die  eisernen  Wangen  und  Podestträger. 
In  der  fünften  Abtheilung  werden  die  Fufswegbrücken  nach  Constructions-  und 
Gröfsenverhältnissen  besprochen.  Der  lehrreiche  Anhang  zeigt  die  Anwendung 
an  einem  durchgeführten  Beispiele  für  ein  Geschäfts-  und  Wohnhaus.  Die 
Ausstattung  ist  ebenso  vorzüglich  wie  bei  den  vorhergehenden  Lieferungen 
und  die  ebenso  gewählten  als  unterrichtenden  Abbildungen  verdienen  alle 
Anerkennung. 

Das  nunmehr  in  seinem  ei-sten  Theile,  der  als  abgeschlossenes  Werk  an- 
gesehen werden  kann,  fertige  Musterbuch,  sollte  in  jedem  Baugeschäfte  zu 
finden  sein;  es  wird  sich  als  Ratligeber  für  die  gewöhnlich  vorkommenden 
Verwendungen  des  Eisens  bei  Bauten  vollständig  ausreichend  erweisen  und 
sich  in  kui'zer  Zeit  wegen  seiner  praktischen  Verwendbarkeit  unentbehrlich 
machen. 

Richtigstellung  der  in  bisheriger  Fassung  unrichtigen  mechanischen 
Wärmetheorie  und  Grundzüge  einer  allgemeinen  Theorie  der  Aether- 
bewegungen,  von  v.  Miller- Hauenfeh.    Wien.     Monz'  Verlag.     (Vgl. 

5.  20a  dieses  Heftes.) 

Elasticität  und  Festigkeit.  Die  für  die  Technik  wichtigsten  Sätze  und 
deren  erfahningsmäfsige  Grundlage  von  C  Bach.  Erste  Lieferung. 
Berlin.     Jul.  Springer.    210  S.     8  Mk.     (Vgl.  S.  206  dieses  Heftes.) 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stut^art. 


Blinden-Schreibapparate.  241 

Blinden  -  Schreibapparate. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  12. 

Die  Schreibapparate  für  Blinde  lassen  sieh  bekanntlich  insofern  in 
zwei  Klassen  theilen,  als  sie  entweder  auf  die  Anwendung  der  Braille- 
Schrift  berechnet  sind  oder  in  irgend  einer  Weise  die  Herstellung  ge- 
wöhnlicher Schriftzeichen  ermöglichen.  Die  Ausführung  und  Verbreitung 
der  ÄrmV/e- Schrift  bezieh,  den  die  letztere  und  die  gewöhnliche  Schrift 
zulassenden  Maulef  sehen  Schreibapparat  haben  wir  in  unserem  letzten 
Berichte  besprochen  (vgl.  1888  267  202)  und  es  sei  daher  heute  auch 
einiger  kleiner  Apparate  gedacht,  welche  für  diejenigen  Blinden  be- 
stimmt sind,  denen  ihr  Augenlicht  in  späteren  Jahren  verloren  gegangen 
ist  und  denen  die  ^raj7/e-Schrift  nicht  geläufig  ist. 

Ein  kleiner,  sehr  einfacher  derartiger  Schreibapparat  ist  der  von 
F.  A.  Boudard  in  Paris,  Bectographe  genannt,  welcher,  ohne  die  Viel- 
seitigkeit des  Maulef  scheu  Apparates  zu  besitzen,  doch  in  seiner  Ein- 
fachheit Vortheile  darbietet,  welche  ihn  für  viele  Fälle  geeignet  machen 
werden.  Der  Apparat  besitzt  eine  Grundplatte  aus  Holz,  Pappe  u.  s.  w., 
von  einer  Dicke  von  3  oder  4"°^  und  von  rechteckiger  P'orm,  deren  Ab- 
messungen der  zu  verwendenden  Papiergröfse  entsprechen.  Diese 
Platte  ist  mit  in  der  Schreibrichtung  verlaufenden  Nuthen  versehen, 
deren  Tiefe  etwa  0°^'^,5  beträgt  und  deren  Breite  der  Höhe  der  zu 
schreibenden  kleinen  Buchstaben  (m,  r  u.  s.  w.)  entspricht,  also  etwa 
gmm.  Diese  Nuthen  stehen  genügend  weit  von  einander  ab,  um  eine 
freie  Entfaltung  mittlerer  und  grofser  Buchstaben,  wie  z.  B.  g,  Z,  zu 
ermöglichen. 

Ueber  dieser  Grundplatte  ist  eine  zweite  Platte  von  l°i"\5  Dicke 
m  Scharnier  drehbar  angebracht,  welche  dadurch  einen  gitterartigen 
Anblick  gewährt,  dafs  sie  mit  langgezogenen,  rechteckigen  Ausschnitten 
versehen  ist,  deren  Entfernung  unter  einander  bezieh,  deren  Länge  mit 
den  oben  genannten,  in  der  Grundplatte  vorhandenen  Nuthen  überein- 
stimmt. Nach  links  laufen  diese  Ausschnitte,  deren  Kanten  zum  leichten 
Einführen  des  Schreibstiftes  verbrochen  sind,  in  eine  dreieckige  Kerbe  aus. 
Um  den  Apparat  zu  gebrauchen,  stellt  man  ihn  auf  einen  Tisch, 
hebt  die  gitterartige  obere  Platte  auf  und  legt  das  zu  beschreibende 
Papier  auf  die  Grundplatte,  derart,  dafs  es  gegen  die  Scharniere  zur 
Anlage  kommt.  Dann  schlägt  man  das  Gitter  wieder  nieder  und  regelt 
mit  den  Händen  die  seitliche  Lage  des  Papierblattes.  Nun  kann  das 
Sehreiben  beginnen,  indem  man  den  Zeige-  oder  Mittelfinger  in  die 
links  befindliche,  dreieckige  zur  Bezeichnung  der  Zeile  dienende 
Kerbe  einlegt,  und  den  Schreibstift  in  den  rechteckigen  Längsausschnitt 
des  Gitters  einführt,  wobei  zur  Bestimmung  des  Zeilenanfanges  die 
rechte  Hand  den  in  der  Kerbe  liegenden  Zeigefinger  der  linken  Hand 
berührt.     Diese  Lage   der   linken  Hand    mufs   der  Blinde    natürlich    bis 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  1>73  Nr.  6.  1889,111.  16 


242 


Blinden-Schreibapparaie. 


zur  Beendigung  der  Zeile   beibehalten,   um   nicht  in  eine  falsche  Zeile 
zu  gerathen. 

Indem  nun  so  der  Blinde,  vom  linken  Zeigefinger  ausgehend,  zu 
schreiben  beginnt,  zeigt  ihm  die  in  der  Grundplatte  beliudliche  Nuthe^ 
welche  bequem  durch*  das  Papier  hindurch  zu  fühlen  ist,  an,  wie  grofa 
die  kleinen  Buchstaben  zu  schreiben  sind,  während  der  rechteckige 
Längsausschnitt  eine  Begrenzung  der  gröfseren  Buchstaben,  wie  b,  h,  P, 
gibt.  Dabei  gelangt  man  nach  kurzer  Uebung  dahin,  am  Schlüsse  der 
Worte  den  Schreibstift  vom  Papiere  ein  wenig  abzuheben,  zur  Bildung 
der  Wortzwischenräume.  Das  Ende  einer  Zeile  wird  durch  die  rechts- 
seitige Begrenzung  des  Längsausschnittes  angezeigt,  und  man  legt  dann 
zur  Bestimmung  der  nächsten  Zeile  den  linken  Zeigefinger  in  die  nächste 
Kerbe.  Ist  auf  diese  Weise  die  ganze  Seite  beschrieben,  so  hebt  man 
die  obere,  gitterartige  Platte  des  Apparates  auf,  wendet  das  Papier 
und  legt  es  jetzt  derart  wieder  ein,  dafs  es  nicht  gegen  die  Scharniere 
antrifft,  sondern  gegen  die  untere  Kante  der  Grundplatte.  Durch  diese» 
Mittel  kommen  die  Zeilen  der  Rückseite  zwischen  die  Zeilen  der  Vorder- 
seite zu  stehen,  so  dafs  beide  Seiten  selbst  dann  leicht  lesbar  bleiben, 
wenn  der  Schreibstift  etwas  stark  aufgedrückt  wurde. 

Das  Arbeiten  mit  dem  Apparat  ist  leicht,  derart,  dafs  es  ohne  be- 
sondere Vorübung  gelang,  im  Dunklen  eine  ganze  Seite  zu  schreiben, 
welche  vollkommen  lesbar  war  {^Bulletin  de  la  Socie'te  d' Encouragement^ 
1888  S.  411). 

Ein    ähnlicher    Apparat    ist    neuerdings    von    einem    Oesterreicher 
Namens  Costel   angegeben,   welcher  Apparat  sich    ebenfalls   aus   einem 
kleinen,  die  Hand  des  Blinden   stützenden  Pulte   mit   im  Scharnier  be- 
weglicher Oberplatte 
,_^-^^;i^'\  zusammensetzt.  Diese 

Oberplatte  besitzt 
ebenfalls  einen  recht- 
eckigen Längsaus- 
schnitt zum  Einführen 
des  Schreibstiftes^ 
während  indefs  beim 
Apparat  von  Boudard 
so  viel  Ausschnitte 
vorhanden  sind,  als 
Linien  zu  schreiben 
sind,  besitzt  hier  die 
Oberplatte,  wie  die 
Textfigur  zeigt,  nur  einen  einzigen  Ausschnitt,  und  es  mufs  demgemäfs 
hier  das  zu  beschreibende  Papier  bewegt  werden.  Zu  dem  Zwecke  ist 
oben  der  kleine  Holzcy linder  gelagert,  auf  dem  das  Papier  befestigt  ist 
und  welcher  mittels  eines  gekerbten  Rädchens  und  Sperrfeder  in  seinei* 


Blinden-Schreibapparate.  243 

jeweiligen  Lage  gehalten  wird.  Unterhalb  des  Längsaussehnittes  ist  als 
Führung  für  die  Hand  ein  kleines  Lineal  in  entsprechendem  Abstände 
mittels  ansitzender  Zapfen  befestigt. 

Der  Längsausschnitt  hat  eine  der  zu  schreibenden  Schrift  ent- 
sprechende Höhe,  und  in  demselben  gleitet  ein  mit  Knopf  ausgerüsteter 
Schieber,  welcher,  indem  er  mit  der  linken  Hand  der  Schrift  nach- 
geschoben wird,  die  Stelle  anzeigt,  wo  im  betreffenden  Augenblicke  ge- 
schrieben worden  ist,  um  so  eine  Verwirrung  der  Schrift  zu  vermeiden. 
Ob  die  Grundplatte  hier  auch  wie  beim  Apparate  von  Boudard  mit  einer, 
der  Höhe  der  kleinen  Buchstaben  entsprechenden  Längsnuth  versehen 
ist,  läfst  unsere  Quelle  nicht  erkennen.  Die  Zeilenlänge  ist  natürlich 
durch  den  Längsausschnitt  der  Oberplatte  bestimmt,  und  man  hat  nach 
Beendigung  einer  Zeile  nur  nöthig,  den  kleinen  Schieber  an  das  linke 
Ende  zurückzuführen  und  den  Papiercylinder  zur  Einstellung  der  neuen 
Zeile  um  eine  dem  Abstand  der  Kerben  entsprechende  Gröfse  zu  drehen. 
Nach  Beendigung  der  Seite  wendet  man  das  Papier,  auf  dem  übrigens 
auch  mit  Tinte  geschrieben  wei'den  kann,  indem  der  kleine  Schieber 
einen  gewissen  Abstand  vom  Papiere  hat,  um  die  Schriftzeichen  nicht 
zu  verwischen.  Wie  beim  Apparate  von  Boudard  kann  auch  beim 
Schreibapparate  von  Costel  auf  mehreren  Papierlagen  geschrieben  werden. 

Wie  ein  Vergleich  mit  dem  Maulef soh^w  Schreibapparate  zeigt 
(vgl.  1888  267  205),  besitzen  beide  Apparate  Boudard  und  Costel  zu- 
folge der  Verwendung  flacher  Schrift  nicht  die  schätzenswerthe  Eigen- 
schaft, ein  Nachlesen  des  Geschriebenen  seitens  des  Blinden  zu  ermög- 
lichen; bei  der  Einfachheit  und  Billigkeit  der  Apparate  werden  sie  indefs 
doch  in  vielen  Fällen  gute  Dienste  leisten  können  und  mit  dazu  bei- 
tragen, das  Schicksal  der  Blinden  zu  erleichtern  {Bulletin  de  la  Sooiete 
d' Encouragement^  1889  S.  165). 

Zum  Schlüsse  sei  noch  eine  Schreibmaschinenconstruction  für  Braille- 
schrift von  B.  Stockbauer  und  F.  Woerz  in  Haspe  genannt  (D.  R.  P. 
Nr.  45947  vom  16.  August  1887).  Diese  Maschine  besitzt  als  wesent- 
lichen Theil  sechs  auf  einer  Achse  d  (Fig.  1  bis  3  Taf.  12)  gelagerte 
Hebel  rf,  bis  rfg,  welche  am  einen  Ende  Tasten  a  und  am  anderen  je 
einen  Druckstift  e  tragen,  und  zwar  sind  die  sechs  Druckstifte  in  der 
bekannten  Punktschriftform  zusammengestellt,  wie  Fig.  3  zeigt.  Die 
Druckstifte  e  erhalten  in  zwei  Platten  Führung,  und  ihnen  gegenüber 
befindet  sich  die  mit  sechs  entsprechenden  Aushöhlungen  versehene 
Matrize  g.  Zwischen  diese  und  die  eine  Platte  g^  wird  das  zu  be- 
schreibende Papier  eingelegt,  dessen  Transport  entweder  von  Hand  oder 
durch  eine  besondere  mechanische  Vorrichtung  erfolgen  kann.  Zum 
Schreiben  werden  nun  1,  2  bis  alle  6  Tasten  niedergedrückt,  entsprechend 
der  Punktgruppirung  des  zu  schreibenden  Buchstabens,  wobei  sich  die 
Druckstifte  e  heben  und  in  die  Aushöhlungen  der  Matrize  g  eintreten, 
so  den  Buchstaben  erhaben  in  Ärat7/e- Schrift  auf  dem  Papiere  erzeugend. 


244  Slrolilmt-Nähmaschine. 

In  der  Patentschrift  ist  noch  eine  vieltheiligere  Maschine  dargestellt, 
bei  welcher  für  jeden  Buchstaben  oder  für  jedes  Zeichen  eine  besondere 
Anschlagtaste  vorhanden  ist.  Diese  Anordnung  bedingt  natürlich  die 
Verwendung  weiterer  Zwischenmechanismen,  welche  die  Maschine,  die 
wohl  mehr  für  den  Verkehr  der  Sehenden  mit  den  Blinden  geeignet 
sein  dürfte,  complicirter  machen.  Die  Anordnung  der  Druckstifte  und 
Matrize  bleibt  im  Uebrigen  dieselbe.  Kn. 


Strohhut-Nähmaschine  von  Ernst  Köckritz,  Clemens  Köck- 
ritz  und  Franz  Schüller  in  Radeberg  bei  Dresden. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  13. 

Die  Bildung  des  Hutdeckels  erfolgt  bei  dieser  durch  D.R.P.  Kl.  52 
Nr.  43456  vom  26.  April  1887  geschützten  Nähmaschine  selbsthätig 
unter  Benutzung  eines  mit  dem  Werkstücke  in  lösbare  Verbindung  ge- 
brachten Formkörpers  n,  welcher  in  einem  nach  allen  Seiten  frei- 
schwingenden Rahmen  a^d?  aufgehängt  ist,  dadurch,  dafs  dieser  Form- 
körper vom  StotFschieber  der  Nähmaschine  aus  unter  Vermittelung  des 
Werkstücks  in  Umdrehung  versetzt  wird  und  hierbei  gleichzeitig  an 
einer  Schiene  o  gleitet  (Fig.  1  Taf.  13). 

Die  Bildung  des  Seitenstücks  des  Hutes  geschieht  selbsthätig  da- 
durch, dafs,  sobald  der  Hutdeckel  den  gewünschten  Durchmesser  er- 
reicht hat,  das  Werkstück  durch  Anstofsen  einer  am  schwingenden 
Rahmen  abx  sitzenden  Nase  v^  gegen  einen  an  der  Gleitschiene  o 
befindlichen  Anschlag  xc  (Fig.  2  Taf.  13)  um  einen  einstellbaren  Winkel 
geneigt  und  in  die  für  das  Nähen  des  Seitenstücks  erforderliche  Lage 
gebracht  wird,  während  gleichzeitig  der  Formkörper  n  aufser  Berührung 
mit  der  Gleitschiene  o  kommt  und  der  an  der  letzteren  sitzende  An- 
schlag w  aus  der  Bewegungsrichtung  des  das  Werkstück  tragenden 
Rahmens  entfernt  wird  (Fig.  3  Taf.  13). 

Die  selbsthätige  Bildung  der  Hutkrempe  wird  dadurch  ermöglicht, 
dafs  der  den  Formkörper  n  tragende  Rahmen  abx  in  einer  solchen 
Lage  aufgehängt  werden  kann,  dafs  der  Formkörper,  nachdem  das  Werk- 
stück um  den  für  die  Bildung  des  Seitentheils  erforderlich  gewesenen 
Winkel  zurückgedreht  worden  ist,  wieder  mit  der  Schiene  o  in  Be- 
rührung kommt. 

An  dem  Winkeleisenkörper  a  sitzt  verschiebbar  eine  Flacheisen- 
schiene 6,  mit  welcher  durch  ein  Querstück  c  das  Rohr  d  verbunden 
ist.  Am  unteren  Ende  ist  dieses  Rohr  zu  einem  Gelenk  e  ausgebildet 
(Fig.  5  Taf.  13),  an  welchem  bei  f  eine  Platte  g  befestigt  ist,  die  dem 
Hutkörper  als  Stützpunkt  dient  und  durch  den  federnden  Haken  //,  der 
sich  auf  einem  mit  der  Platte  g  verbundenen  Stabe  i  verschiebt  und  die 
Schiene   b  umfafst,   in  jede   beliebige  Schrägstellung  gebracht    werden 


Strohhut-Nähmaschine.  245 

kann.  An  einer  über  e  geschobenen  drehbaren  kleinen  Muffe  k  wird 
der  Hutanfang  befestigt.  Das  Rohr  d  wird  von  einem  Rohre  /  um- 
geben, welches  sich  um  d  drehen  kann,  sobald  ein  Ansatz  m  der  Muffe  /r, 
wie  in  Stellung  Fig.  2,  in  einen  entsprechenden  Ausschnitt  des  Rohres 
eingreift.  Auf  dem  Rohre  /  sitzt  der  elliptische  Formkegel  n,  welcher 
an  der  Stange  o  gleitet.  In  dem  inneren  Rohre  d  belindet  sich  eine 
Stange  p,  in  deren  Kopf  p^  das  Ende  eines  kleinen,  auf  c  drehbaren 
Hebels  q  eingreift,  der  mit  seinem  anderen  Ende  an  das  Hauptgestell  o 
sich  anlegt.  Das  untere  Ende  p^  ^^^'  Stange  p  wirkt  durch  die  Feder  r 
(Fig.  4  und  5  Taf.  13)  auf  das  Gelenk  e  des  Rohres  d.  Befindet  sich 
der  Apparat  in  einer  Stellung,  wie  Fig.  1  zeigt,  so  ist  diese  Wirkung 
aufgehoben,  da  dann  der  Hebel  q  die  Stange  p  nach  oben  zieht,  wobei 
die  Nase  5j  eines  Hebels  unter  den  Kopf  p^  greift  und  die  Stange  stützt. 
Mit  c  ist  ein  Ausatz  t  verbunden,  der  sich  auf  die  Nase  eines  auf  dem 
Hauptkörper  a  gelagerten  Hebels  u  legt,  welche  durch  den  in  ihn  ein- 
greifenden Arm  i'i  des  Hebels  v  bewegt  wird,  sobald  an  den  Arm  r^ 
des  Hebels  v  angestofsen  wird.  Wird  die  Nase  von  u  unter  t  weg- 
gezogen, so  können  die  Schiene  b  und  die  mit  ihr  verbundenen  Rohre 
in  den  Schlitzen  des  Hauptkörpers  a  nach  abwärts  gleiten.  Hebel- 
arm Wi  stöfst,  wenn  der  Apparat  aus  der  Stellung  in  Fig.  1  in  die  in 
Fig.  2  gelangt,  an  die  Platte  lo  einer  auf  Schiene  w  befindlichen  An- 
stofsvorrichtung.  Nach  oben  endigt  der  Hauptkörper  a  in  eine  Flach- 
schiene X,  auf  der  sich  eine  Aufhängevorrichtung  J  befindet,  mittels 
welcher  der  ganze  Apparat  auf  die  Schiene  z  bezieh,  z^  so  gehängt 
wird,  dafs  er  nach  allen  Seiten  frei  schwingen  kann.  Zg  ist  ein  Ge- 
wicht zum  Ausgleichen  der  Massen.  Die  Schienen  2  und  z^  werden 
von  den  beiden  Ständern  A  und  A^  gehalten,  die  auf  den  Tisch  B  einer 
Nähmaschine  aufgeschraubt  werden,  z^  ist  durch  ein  Zwischenstück  r., 
so  angeordnet,  dafs  es  höher  oder  tiefer  gestellt  werden  kann. 

Die  Wirkungsweise  der  ganzen  Vorrichtung  ist  nun  folgende:  In 
der  ersten  Stellung  Fig.  1  wird  der  Hutboden  fertig  genäht.  Zu  diesem 
Zwecke  wird  ein  kleiner  Strohhutanfang  bei  k  eingeklemmt  und  die 
Nähmaschine  C  in  Thätigkeit  gesetzt.  Der  Stotfschieber  F  derselben 
wirkt  nach  jedem  Stich  an  der  Peripherie  des  Strohhutanfanges  fort- 
schiebend. Hierdurch  wird  derselbe  und  mit  ihm  das  äufsere  Rohr, 
welchem  durch  den  Knaggen  m  die  Bewegung  mitgetheilt  wird,  in  Um- 
drehung versetzt.  Durch  den  Formkörper  /(,  welcher  sich  mit  dreht 
und  hierbei  an  der  Schiene  o  gleitet,  wird  diese  Bewegung  in  eine 
entsprechende  elliptische  verwandelt,  so  dafs  der  Hutboden  eine  ellip- 
tische Form  erhält.  Die  Gröfse  des  Hutbodens  hängt  von  der  Ein- 
stellung der  Anstofsvorrichtung  w  ab.  Hat  derselbe  die  gewünschte 
Gröfse  erhalten,  so  hat  sich  die  ganze  Vorrichtung,  wie  in  Fig.  2  ge- 
zeigt, eingestellt,  wo  eine  Umlegung  der  die  Hutplatte  tragenden  Theile 
um  900  bevorsteht. 


246  Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tierbohrlechnik. 

Stöfst  jetzt  Arm  i"2  des  Hebels  v  (Fig.  2)  an  die  Platte  iv  der  An- 
stofsvorrichtung,  so  geschieht  folgendes:  Die  Nase  des  Hebels  u  wird 
unter  t  weggezogen  und  die  mit  der  Schiene  b  verbundenen  Rohre 
machen  eine  Bewegung  nach  abwärts.  Das  äuCsere  Rohr  l  wird  hier- 
bei durch  den  Haken  G^  (Fig.  4),  der  sich  in  das  Halslager  einlegt, 
zunächst  so  lange  zurückgehalten,  bis  das  Gelenk  e  des  inneren  Rohres  (/ 
aus  dem  Rohre  /  herausgetreten  ist.  Ist  dieses  geschehen,  so  drückt 
die  Feder  r  auf  die  Stange  p,  so  dafs  deren  unteres  Ende  P2  auf  e 
drückt  und  das  Gelenk  nebst  dem  unter  der  Platte  g  befestigten  Hut- 
boden G  um  900  umgeklaj^pt  wird,  womit  die  dritte  Stellung  (Fig.  3) 
eingenommen  wird. 

Bei  der  Anstofsvorrichtung  geschieht  hierbei  gleichzeitig  folgendes: 
Die  senkrecht  zur  Bildebene  stehende  Platte  iv  (Fig.  1  und  2)  mufs, 
damit  die  Vorrichtung  noch  weiter  nach  links  ausschwingen  kann,  in 
die  Ebene  zurückklappen.  Dies  geschieht  dadui-ch,  dafs  beim  Sinken 
der  Rohre  ein  Arm  J  (Fig.  4)  auf  den  Arm  K  der  Anstofsvorrichtung 
drückt.  Dadurch  wird  eine  an  der  Platte  ic  sitzende  Nase  aus  einem 
im  Arme  K  vorgeseheneu  Ausschnitte  gelöst,  so  dafs  die  Spiralfeder  N 
die  Platte  iv  in  die  Ebene  zurücklegen  kann. 

Hierauf  wird  in  der  dritten  Stellung  (Fig.  3)  die  Seitenwand  des 
Hutes  fertig  genäht.  Ist  dieses  geschehen,  so  ist  noch  die  Krempe 
zu  nähen. 

Zu  diesem  Zwecke  wird  die  Vorrichtung  wieder  zusammengeschoben, 
wie  in  Stellung  Fig.  1,  und  mittels  der  Vorrichtung  J  auf  die  um  die 
gewünschte  Kopfhöhe  höher  eingestellte  Schiene  Zj  gehäugt.  Es  wird 
nunmehr  die  Krempe  in  ganz  derselben  Weise  wie  der  Hutboden  fertig- 
gestellt. Ist  derselbe  vollendet,  so  wird  der  Hut  herausgenommen,  ein 
neuer  Anfang  eingesetzt  und  der  Nähprozefs  beginnt  von  Neuem. 

H.  G. 

Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik;  von  E.  Gad 
in  Darmstadt. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  151  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  8  und  12 

Zur  Zeit  haben  die  Herren  T.  H.  IM,  Middlesbrough,  A.  L.  Stevenson, 
Durham,  und  li.  Cloug/t,  Willington,  Durham,  eine  sehr  vervollkommnete 
Drehbohrmaschine  (Fig.  9  und  10  Taf.  8)  in  den  Betrieb  gebracht,  welche 
das  Englische  Patent  Nr.  2928  vom  27.  Februar  1888  erhalten  hat.  Es 
handelt  sich  hierbei  hauptsächlich  um  die  Verbesserungen  des  Englischen 
Patents  Nr.  9985  vom  Jahre  1885  derselben  Erlinder,  dafs  die  damalige 
Wasserturbine  durch  schwingende  Cjlinder  für  comprimirte  Luft  er- 
setzt ist,  und  dafs  diese  Cylinder  zur  Abbalancirung  der  vorderwichtigen 
Bohrslanue  dienen. 


Gad.  über  Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik.  247 

Der  Drehbohrer  a  ist  voru  au  der  Bohrspindel  b  befestigt.  Die  Bohr- 
spindel überkommt  die  Drehung  durch  das  Getriebe  c,  rf,  e  und  f.  Das 
Triebrad  c  treibt  die  Bohrspindel  mittels  Keil  und  Nuthe,  so  dafs  die 
Bohrspindel  während  der  Drehung  fortschreiten  kann.  Die  Schrauben- 
mutter g  pafst  auf  das  äufsere  Schraubengewinde  der  Bohrspindel  und 
wird  durch  das  Getriebe  h  in  eine  Drehung  A-on  geringerer  Geschwin- 
digkeit gesetzt,  als  die  Hülse  des  Rades  c  hat.  Die  Schraubenmutter  g 
ist  aus  zwei  Theilen  gefertigt  und  kann  mithin  abgenommen  werden, 
um  die  Bohrspindel  zurückzustellen.  Das  Bohrgetriebe  ruht  mit  der 
Platte  t,  durch  die  Flansche  k  gehalten,  auf  dem  Vorderende  der  Bohr- 
stange /,  so  dafs  sich  jede  Winkelstellung  in  wagerechter  Richtung 
zwischen  Bohrspindel  und  Bohrstange  annehmen  läfst.  Das  Kegelrad  f 
sitzt  fest  vorn  an  der  Spitze  der  Bohrstange  /,  welche  ihrerseits  die 
Drehung  von  den  mit  comprimirter  Luft  arbeitenden,  schwingenden 
Ojlindern  m  erhält.  Die  Bohrstange  kann  frei  durch  die  Hülse  n  mit 
dem  gezahnten  Segment  o  gleiten.  Die  Mutterschraube  p  correspondirt 
mit  dem  äufseren  Schraubengange  der  Bohrstange,  so  dafs  eine  Drehung 
■der  Mutterschraube  die  Bohrstange  in  wagerechter  Richtung  bewegt. 
Das  Zahnrad  q  ist  im  Inneren  mit  einer  Feder  versehen,  wodurch  die 
Bohrstange  in  der  ersteren  freie  Längsbewegung  hat.  Mit  Hilfe  des 
Hebels  r  und  des  Schneckenrades  s  kann  man  das  Rad  q  und  damit 
-die  Bohrstange  in  jede  gewünschte  Stellung  drehen. 

Die  Hülse  n  ist  am  oberen  Ende  des  gegabelten  Pfeilers  i  gelagert, 
■welcher  bei  u  auf  dem  Luftreservoir  v  aufsteht.  Die  Schneckeuwelle  w 
dient  dazu,  mittels  eines  Hebels  durch  Eingreifen  in  die  Zähne  des 
Segmentes  o  die  Bohrstange  in  lothrechter  Richtung  umzustellen.  Durch 
die  Schneckenwelle  x  nebst  Hebel  y  am  unteren  Theile  des  Pfeilers  t 
wird  der  Azimuth  der  Bohrstange  geändert. 

Es  ist  auch  eine  Bewegungsvorrichtung  für  das  ganze  Fahrzeug 
unter  Benutzung  der  Kraftcylinder  vorgesehen.  Zu  dem  Zwecke  führt 
die  endlose  Kette  :;  über  ein  Klauenrad  an  der  Bohi'stange  /,  und  diese 
ist  durch  ein  Hebelwerk  mit  dem  Getriebe  zur  Bewegung  der  Rad- 
Achsen  einzustellen. 

Diese  Maschine  leidet,  wie  fast  alle  Gesteinsbohrmaschinen  an  einer 
gewissen  Complicirtheit.  Im  Ganzen  sind  die  Stofsbohrmaschinen  ein- 
facher gehalten,  weil  man  bei  diesen  meist  auf  die  selbsthätige  Vor- 
schubeinrichtung verzichtet. 

Die  englische  Stofsbohrmaschine  von  James  Mc  Culloch^  Manchester, 
welche  bereits  am  16.  August  1887  unter  Nr.  11 192  in  England  pateutirt 
war,  hat  auch  neuerdings  in  Amerika  am  26.  Februar  1889  das  Patent 
Nr.  398  637  erhalten. 

Eine  speciell  für  Kohlengewinnung  bestimmte  Handbohrmaschine 
ist  in  Amerika  dem  Herrn  Josef  Noice^  What  Cheer,  Jowa,  am  2.  April 
1889  unter  Nr.  400  593  patentirt  worden. 


248  Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik. 

Bei  aller  Vollkommenheit  der  Gesteiiisbohrmaschinen  alter  Art 
scheint,  wie  gesagt,  deren  Gebrauch  doch  zurückgedrängt  zu  werden. 
Die  hauptsächlichen  mit  dem  Systeme  untrennbar  verbundenen  Nach- 
theile sind  folgende: 

1)  In  Schlagwettergruben  ist  jede  Sprengung  gefährlich. 

2)  Das  Beräumen  nach  dem  Absprengen  setzt  den  kostspieligen 
Apparat  auf  die  halbe  Arbeitszeit  still. 

3)  Um  den  maschinellen  Betrieb  lohnend  zu  machen,  wird  ein  mög- 
lichst festes,  also  geradezu  ungünstiges  Gestein  verlangt. 

Alle  diese  Nachtheile  kommen  in  Fortfall,  wenn  es  gelingt,  die 
maschinelle  Arbeit  des  Stollenbohrens  als  Schrämmarbeit  in  fortdauerndem 
Betriebe  zu  erhalten,  wobei  also  die  Schüttmassen  während  des  Fort- 
ganges beseitigt  werden  müssen. 

Die  Idee,  einen  vollen  Stollen  von  2"\1  bis  2'",2  Durchmesser  zu 
bohren,  beschäftigt  eine  Reihe  von  Ingenieuren  schon  seit  langer  Zeit. 
Dennoch  hat  von  allen  Constructionen  bezieh,  Projekten  erst  die  Stan- 
ley^ sehe  Streckenbohrmaschine  allgemeine  Beachtung  gefunden.  Herr 
W.  Scholz  in  Aachen  gibt  in  der  Zeitschrift  Glückauf  vom  9.  Januar 
1889,  S.  18,  eine  Beschreibung  dieser  Maschine,  wie  er  sie  während  der 
Jubiläumsausstellung  in  Newcastle  1887  in  Thätigkeit  gesehen  hat,  wo- 
von das  Wichtigste  folgt:     (Vgl.  1888  271  67.) 

Die  Maschine  ist  in  den  Fig.  11  und  12  Taf.  8  dargestellt.  Der  Bohr- 
kopf o  mit  zwei  wagerechten  Armen  6,  welche  mit  Stahlschneiden  c  be- 
setzt sind,  bohrt  einen  Kern  von  etwa  l"i,6  Durchmesser  und  1"^  Länge 
aus.  Die  Bohrspindel  d  erhält  die  Bewegung  durch  das  Getriebe  f,  ^,  g^  h 
von  der  W^elle  i  übertragen,  welche  mittels  Pleuelstangen  von  der  auf 
dem  Bohrwagen  stehenden,  durch  geprefste  Luft  getriebenen  Zwillings- 
maschine k  gedreht  wird,  unter  Ausgleich  durch  das  Schwungrad  /. 
Die  Bohrspindel  d  ist  hinten  mit  einem  Schraubengewinde  versehen, 
das  durch  die  feste,  zweitheilige  Mutter  m  geht.  Bei  jeder  Umdrehung 
der  Bohrspindel  rückt  also  der  Bohrkopf  um  die  Ganghöhe  des  ge- 
dachten Schraubengewindes  vor.  Ist  letzteres  soweit  aus  der  Mutter 
herausgeschraubt,  dai's  kein  weiterer  Vorschub  mehr  möglich  ist,  so 
schiebt  man,  nach  vorheriger  Aufklappung  der  Mutter  hj,  entweder  die 
Bohrspindel  nebst  Bohrkopf  zurück,  oder  den  Bohrwagen  vor,  um  letz- 
teren dann  nach  Schliefsung  der  Mutter  von  Ort  wegzufahren.  Um 
den  Bohrwagen  wähi'end  des  Bohrens  festzustellen,  sind  die  ausschraub- 
baren Spreizen  n  angebracht,  welche  selbstredend  bei  jeder  Verschiebung 
des  Bohrwagens  gelockert  werden  müssen. 

Der  Preis  der  beschriebenen  Maschine  beträgt  4000  M.  Stanteij 
construirt  aber  noch  eine  andere  Maschine  für  5000  M.,  welche  unter 
Fortfall  des  Schraubengewindes  an  der  Bohrspindel  einen  selbsthätigeu 
Vorschub  des  Bohrwagens  besitzt.  Bei  der  letzteren  Einrichtung  ist 
allerdings  mehr  Platz  hinter  dem  Bohrkopfe  zur  Fortschntfung  des  Bohr- 


Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik.  249" 

mehls  während  der  Arbeit.  Die  Wegräumung  des  Kerns  ist  aber  auch 
nicht  ohne  Zurückschieben  der  Maschine  möglich.  Es  geht  hieraus 
hervor,  dafs  die  Stanley  sehe  Maschine  in  ihrer  beschriebenen  Form  die 
gestellte  Aufgabe  noch  keineswegs  löst.  In  festem  Gebirge  leistet  sie 
nichts,  kann  also  bei  wenig  mächtigen  Flötzen  das  Hangende  und 
Liegende  nicht  mit  ausbohren  und  ist  auch  nur  dort  zu  gebrauchen, 
wo  z.  B.  in  mächtigen  Flötzen  der  Kern  der  Kohle  auch  noch  nach 
dem  Abbohren  hält.  Die  angegebene  Leistung,  dafs  2  Mann  in  acht- 
stündiger Schicht  in  der  Nuneaton-Grube  bei  Nuueaton,  Warwickshire, 
4qi  abgebohrt  haben,  als  äufserste  Leistung  1^^  Strecke  in  45  Minuten, 
läfst  auf  sehr  günstige  Gebirgsverhältnisse  an  der  Arbeitsstelle  schliefsen. 

Die  Slanleij'äche  Maschine  ist  indefs  bereits  durch  die  von  ßeaumont 
und  Enylish  überholt,  bei  der  die  Fortschatfung  der  Trümmermassen 
vom  Ortsstofse  selbsthätig  ohne  Unterbrechung  der  Bohrarbeit  erfolgt. 
In  Thätigkeit  war  letztere  Maschine  schon  aufser  in  Steinkohlenwerken, 
auch  in  Versuchsstrecken  für  den  Kanaltunnel. 

Auch  die  österreichische  Streckenbohrmaschine  der  Herren  Hziha 
und  Heska  ist  vollkommener.  Für  dieselbe  ist  Antrieb  mit  geprefstem 
Wasser  vorgesehen.  Die  durchbrochene,  mit  Messern  besetzte  Bohr- 
scheibe am  Ende  des  Prefskolbens  erhält  ihre  Drehbewegung  durch 
zwei  Wassersäulenmaschinen.  Festgestellt  wird  die  Maschine  durch 
sechs  hydraulische  Pressen  mit  Pistons.  Bei  der  Drehung  unter  Vor- 
schub durch  den  Prefskolben  schaben  die  Messer  concentrische  Ringe 
aus  dem  Gestein.  Die  ringförmigen  Kerne  fallen  zerbröckelt  auf  die 
Stolleusohle,  von  wo  sie  während  der  Arbeit  fortgeschaufelt  werden, 
während  zugleich  Wasser  den  Schabsand  fortspült.  Ein  Nachrücken 
des  Maschinengestelles  wird  erforderlich,  sobald  der  Bohrfortschritt  dem 
Hube  des  Prefskolbens  entsprochen  hat. 

Der  Tiefbohr-Ingenieur  Herr  Olaf  Terp  in  Breslau  hat  neuerdings 
ein  Verfahren  patentiren  lassen  bezieh,  im  Auslande  zum  Patent  an- 
gemeldet, welches  die  Erhöhung  der  Ergiebigkeit  von  Erdöl-Bohrlöchern 
und  Schächten  bezweckt.  Er  geht  von  der  Ansicht  aus,  dafs  die  oft 
bedeutende  Abnahme  des  Oelzuflusses  zu  der  Brunnensohle  nach  ver- 
bal tnifsmäfsig  kurzer  Zeit  keineswegs  auf  dem  Versiegen  der  Quelle 
überhaupt  beruhe,  sondern  durch  Paraftinbildung  au  den  AusflufsöfFnungen 
und  Verstopfung  der  Gesteinsklüfte  herbeigeführt  werde.  Der  Vorgang 
hierbei  wird  folgendermafsen  gedacht:  Wenn  in  einem  Bohrloche  da& 
ölführende  Gestein  (gewöhnlich  poröser  Sandstein)  angebohrt  wird,  SQ 
bildet  sich  in  demselben  Augenblicke  eine  ganz  dünne  Paraffinerstarrungs- 
kruste auf  der  Sohle  und  an  den  Wänden  des  Bohrloches  in  Folge  des 
Zutritts  von  Kälte  und  Feuchtigkeit.  Diese  Paraffinkruste  wird  bei 
jedesmaligem  Abpumpen  des  Oeles  bezieh.  Leerpumpen  des  Bohrloches 
um  ein  klein  wenig  dicker,  mit  der  Zeit  aber  so  dick,  dafs  der  Oel- 
zuflufs   zum   Bohrloche  ganz   bedeutend    durch   die   klebrige   und   zähe 


250  Gad,  über  Neuerungen  in  der  Tiefbohrteclniik. 

Substanz  gehemmt  wird.  Dazu  kommt,  dafs  die  an  das  Bohrloch  zu- 
strömenden Gase  und  zufliefsenden  Oele  stets  ganz  feine  Sandkörner 
und  Gesteinspartikelchen  mitführen,  welche  an  der  Aufsenseite  der 
Paraffinschicht  haften  bleiben  und  die  Undurchlässigkeit  verstärken. 
'  Schliefslich  fallen  wohl  auch  von  oben  Gesteinsstücke  in  das  Bohrloch 
und  das  Tageswasser  setzt  losgespülte  Thon-  und  Schiefertheile  u.  dgl. 
auf  der  Sohle  ab.  so  dafs  mit  der  Zeit  eine  vollständig-e  Vertheeruns:, 
Verschlammung  und  Verstopfung  des  ölführenden  Gesteins  und  Ab- 
sperrung des  Oelzuflusses  erfolgt. 

Bestärkt  wird  die  Wahrscheinlichkeit  dieses  Vorganges  allerdings 
durch  die  Thatsachen,  dafs  oft  nach  dem  Versiegen  von  drei  mit  etwa 
30°i  im  gegenseitigen  Abstände  gebohrten  Brunnen  ein  vierter  nachträglich 
in  der  Mitte  der  ersteren  gesunkener  ergiebig  wird,  ebenso  dafs  ein 
Tieferbohren  in  frisches  ölführendes  Gestein  um  einen  halben  oder  ganzen 
Meter  oft  die  geschwundene  Productivität  einer  Bohrung  hebt,  welchen 
Erfolg  auch  wiederholtes  Torpediren   für   einige  Zeit  aufzuweisen  hat. 

Terp'a  Vorschläge  sind  nunmehr  zweierlei  Art,  indem  er  einmal 
der  Bildung  einer  Paraffinkruste  in  einem  neuen  Bohrloche  durch  Er- 
wärmung desselben  vorbeugen,  zweitens  eine  schon  gebildete  Kruste 
aus  einem  alten  Brunnen  durch  Ausbürsten  entfernen  will. 

Dem  ersten  Zwecke  soll  die  Vorrichtung  Fig.  9  Taf.  12  dienen. 
Ueberhitzter  Dampf  oder  heifses  Wasser  wird  durch  ein  Rohr  zur  Bohi*- 
lochsohle  geführt,  daselbst  in  einem  Schlangenrohre  zur  Erzielung  einer 
gröfseren  Wärmefläche  circulii'en  gelassen  und  von  dort  durch  ein  Steig- 
rohr wieder  zur  Oberfläche  geleitet,  woselbst  das  Coudensationswasser 
zum  Kesselspeisen  zu  benutzen  ist. 

Auch  möchten  wohl  erhitzte  Körper,  welche  man  mit  Hilfe  von 
Drahtseilen  oder  Ketten  niederführt,  oder  elektrische  Ströme  von  ent- 
sprechend grofser  Widerstandsfähigkeit,  die  man  durchleitet,  eine  hin- 
reichende Erwärmung  bewirken. 

Zur  Erreichung  des  zweiten  Zweckes  ist  der  Apparat  Fig.  10  Taf.  12 
bestimmt.  Es  handelt  sich  dabei  um  eine  Reinigung  der  Bohrlochswand 
mit  einer  Drahtbürste  am  Hohlgestänge,  unter  Spülung  mit  heifsem 
Wasser.  Es  drängt  sich  hierbei  allerdings  das  Bedenken  auf,  dafs  ein 
solches  Ausbürsten  eine  Bohrlochswandung  von  der  Glätte  eines  Kanonen- 
rohres oder  Lampencylinders  beanspruchen  möchte. 

Neuerdings  hat  Herr  Terp  nun  seinen  Erwärmungsapparat  eben- 
falls zur  Gewinnung  von  Erdwachs  (Ozokerit)  in  Vorschlag  gebracht. 
Zur  Zeit  wird  dieser  Stoff  noch  auf  kostspielige  bergmännische  Weise 
gewonnen,  wobei  viele  Lagerstätten  in  feinen  Klüften  u.  s.  w.  ihrer  ge- 
ringen Mächtigkeit  wegen  unberücksichtigt  bleiben.  Die  Gewinnungs- 
methüde,  das  Wachs,  welches  bei  50"  schmilzt,  durch  200  bis  300" 
heifse  Dämpfe  flüssig  zu  machen  und  dann  wie  gewöhnliches  Erdöl 
abzupumpen,  hat  viel  Verlockendes;  es  ist  nur  die  Frage,   ob  es  geht. 


Edoux"  Fahrstuhl  auf  dem  Eiffelthurm.  251 

Was  neue  Tiefbohrapparate  betrifft,  so  ist  in  Bezug  auf  Diamaut- 
bohrung als  sehr  bemerkenswerthe  Erfindung  zu  bezeichnen,  dafs  es 
einem  Schweden.  Herrn  P.  A.  Craelius  in  Engelsberg,  gelungen  ist,  eine 
Diamantschürf  bohrmaschiue  füv  Handbetrieb  herzustellen.  Dieselbe  (Fig.  11 
Taf.  12)  schliefst  sich  durchaus  an  die  bekannten  amerikanischen  Apparate 
an,  ist  nur  noch  leichter  construirt,  da  gerade  die  zum  Versuche  ge- 
langten amerikanischen  Maschinen  sich  für  die  betretTenden  schwedischen 
Bergwerksverhältnisse  als  noch  zu  platzraubend  erwiesen  hatten. 

Im  Laufe  des  Jahres  1888  haben  acht  dergleichen  Maschinen  in 
2375  Schichten  2613^,17  abgebohrt,  d.  h.  über  1™  für  die  Schicht,  was 
in  Anbetracht  des  harten  Gesteins  beträchtlich  ist,  etwa  das  15  fache  der 
anderweitigen  Bohrarbeiten  bei  bedeutend  geringeren  Kosten. 

Ein  Erdbohrer  zum  Vorbohren  von  Löchern  für  Pfosten  ist  von 
Herrn  Nelson  Neicman^  Springfield,  Illinois,  erfunden  und  am  9.  April 
1889  unter  Nr.  400939  für  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika 
patentirt.  Der  Bohrkopf  besteht  aus  einem  Stück  Metall,  welches  in 
zwei  entgegenstehende  Blätter  von  concaver  bezieh,  convexer  Form  ge- 
bogen ist,  deren  jedes  für  sich  unten  in  eine  abgerundete  Schürfe  übergeht. 
Der  Bohrkopf  ist  an  einem  gewöhnlichen  Stiel  mit  Griff  befestigt. 


Edoux'  Fahrstuhl  auf  dem  Eiffelthurm. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  12. 

Von  der  zweiten  Plattform  bis  zur  Spitze  des  Eiffelthurmes,  für 
eine  Förderhöhe  von  160^,4  ist  nach  Edoux'  System  ein  Fahrstuhl  mit 
zwei  Kammern  angenommen,  welche  sich  in  halber  Förderhöhe  (80™,2) 
gleichstellen,  i  Beide  sind  mit  über  Rollen  laufende  Kabel  derart  ver- 
bunden, dafs  dem  Aufstieg  der  einen  Kammer  in  der  oberen  Weghälfte 
die  Niederfahrt  der  anderen  in  der  unteren  Hälfte  entspricht.  Weil 
aber  die  eine  mittels  Druckkolben  gehobene  Kammer  A  nur  die  obere 
W^eghälfte  von  80'^,2,  dagegen  die  an  Kabeln  hängende  Kammer  B  nur 
die  untere  Förderhöhe  befährt,  so  ist  an  der  Zwischenplattform  ein 
Umsteigen  der  Fahrgäste  aus  einer  Kammer  in  die  andere  erforderlich. 
Diese  Anordnung  bietet  den  grofsen  Vorzug  einer  vortheilhaften  Ge- 
wichtsausgleichung, Einfachheit  und  Sicherheit  des  Betriebes. 

Die  hierbei  zu  erfüllenden  Bedingungen  hat  A.  Käs  in  der  Oester- 
reichischen  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenwesen^  1889  Bd.  37  Nr.  3"-"S.  25, 
dargelegt,  deren  gedrängte  Wiedergabe  hier  gestattet  sei. 

An  der  Thurmspitze,  in  H  =z  160™,4  Höhe,  ist  der  Sammelkasten  S 
(Fig.  4  und  5)  für  das  Druckwasser,  an  der  Wechselstelle  in  der  Höhe 
V2  H  ist  der  Behälter  W  für  das  Rücklaufwasser  angeordnet.   Aus  diesem 

1  Vgl.  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure.  1888  Bd.  32  *  S.  1016 
und  1042. 


252  Edoux'  Fahrstuhl  auf  dem  Eill'elthurni. 

entnehmen  die  tieferliegenden  Prel'spumpen  das  Betriebswasser  und  heben 
es  nach  S.  Die  Rohrleitungen  r  und  q  stellen  die  Verbindung  der  beiden 
Treibröhren  mit  den  Behältern  S  und  Wher.  Da  sieh  die  Gewichte  der 
beiden  Fahrkammern  ausgleichen,  so  bleibt  die  Nutzlast  Q^  das  Eigen- 
gewicht der  Treibkolben  G,  das  Gewicht  des  überhängenden  Kabels 
(p  in  1"^  für  1"!  Länge)  und  die  Wassersäule  (7  =  1000''  für  Icbm)  jq 
Rechnung  zu  ziehen,  wobei  jy  der  Wirkungsgrad  beim  Kolbenfall  und 
(f  beim    Kolbenaufstieg   und  f  die   Summe  der  Kolbenquerschnitte   ist. 

Bestimmung  des  Kabelgexjcichles. 

a)  Bedingung  für  die  Auffahrt  zur  Wechselstelle.  B  ist  belastet,  A  ist 
leer,  Rohrleitung  q  otFen.     Beim  Anhub  (Fig.  4) 

t;G  =  H.p-j-Q 1) 

beim  Hubende  an  der  Wechselstelle  (Fig.  5) 

rjG  =  0,^.y.H.f+0 2) 

durch  Gleichstellung  folgt 

p  =  0,5.y.f 3) 

b)  Bedingung  für  die  Auffahrt  von  der  Wechselstelle  zur  Thurm- 
spitze.  Kammer^  ist  belastet,  Ä  ist  leer,  die  Rohrleitung  7  geschlossen, 
r  aber  offen. 

Beim  Anhub  (Fig.  5) 

q).y.f.H=G^Q 4) 

beim  Hubende  an  der  Spitze  (Fig.  4) 

(p(0,5;'.^^+;).^):=ö  +  (? 5) 

Aus  der  Gleichsetzuug  folgt  Gl.  3) 

P^O.hy.f. 
Soll    daher    für    diesen  Fall   die    treibende   Kraft   gleichbleibenden 
Werth    behalten,    so    mufs   das   Kabelgewicht   der   Längeneinheit  (l"") 
gleich   dem  Gewichte   einer  Wassersäule    sein,    welche    bei    derselben 
Einheit  die  halbe  Fläche  der  Treibkolben  zum  Querschnitte  hat, 

p  =  y{0,hn 

Bestimmung  des  Treibkolbengesammtgeivichtes  G. 
Bedingung  für  die  Anfangsstellungen  im  Aufhube 

t]G-p.H=Q 1) 

und  cp.y.f.H—G  =  Q 4) 

oder  wenn  für  yf:=2p 3) 

gesetzt  wird 

cf  .2p.H  —  G  =  Q 4a) 

Bei  Gleichsetzung  von  4a)  und  1)  folüt 

«^W^-"-« «) 

während  sich  die  Gesammtfläche  der  beiden  Treibkolben  aus  Gl.  2) 
ergibt,  wie  folgt: 


Higginson's  Regulator.  253 

2iriG-Q) 

oder  aus  3): 

Wird  dieser  Werth  für  die  Kolbenfläche  in  Gl.  7)  gesetzt  und  das 
so  gefundene  p  in  die  Gl.  6)  eingeführt,  so  erhält  man  eine  unmittel- 
bare Beziehung  zwischen  Kolbengewicht  G  und  Nutzlast  Q. 

G  = rzr--   ■' 8) 

Werden  sämmtliche  Widerstände  \eruachlässigt,  also  jj  =  (f=l 
gemacht,  so  folgen  als  Näherungswerthe 

G  =  SQ 8) 

und  p  =  — o- 4a) 

Die   Verhältnisse    des   £c/oMa?"schen   Aufzuges    am    Eiftelthurme    in 

Rechnung  gebracht,  erhält  man  bei  einer  Förderhöhe  H  =  160™,4,  Hub 

der  Treibkolben  0,5  Jff  =  80'i\2,  Nutzlast  oder  Besetzung  einer  Kammer 

mit  60  Fahrgästen  Q  z=  AOOO^  ^  und  da  die  zwei  gleichen  Treibkolben, 

von    denen    jeder   c?=32cm    Durchmesser    hat,    ein    Gesammtgewicht 

(r  =  19200*^  besitzen,  und  da  ferner  das  Gewicht  eines  Meters  Kabelseil 

P  . 

zu  j  =  20'^  angegeben  ist,   demnach   Gesammtgewicht    der   vier   Seile 

p  =  SO''  für  1™  Länge,  der  Wirkungsgrad  beim  Kolbenfall  ?;  :=  0,876 
und  für  den  Auf hub  qj  =  0,904,  wegen  verminderter  Rollenzapfenreibung 
angenommen  wird,  so  folgt  durch  Rechnung  für  ^  =  19205'^,  für 
/"  =  0,16'im^  entsprechend  für  einen  Treibkolben  0,5 /"  =  0,08^11^  oder 
d  =  32cm  und  für  p  =  0,5  .  1000  .  0,16  =  80^.  Pr. 


J.  Higginson's  Regnlator. 

Mit  Abbildung  auf  Tafel  1'2. 

In  der  Peel  Mill  Spinning  Comp,  in  Bur}',  England,  ist  nach  Industries 
vom  12.  April  1889  "'  S.  340  an  der  1300  HP  Betriebsdampfmaschine  ein 
Regulator  mit  offenen  Stangen  angebracht,  an  dessen  Stellzeug  eine 
i^Uiecksilberwage  eingeschaltet  ist. 

Mit  dem  Zapfen  A  (Fig.  8)  des  Hülsenhebels  schwingt  eine  W^age 
mit  zwei  Gefäfsen  By  und  B^^  welche  durch  die  Rohre  C  und  D  ver- 
bunden sind. 

Durch  dieselben   tritt   in   der  Tiefstelluns   der  Regulatorhülse   das 


254 


Haas'  Triebwerkskuppelung  für  Hobelmaschinen. 


Quecksilber  in  das  Gefäfs  5,,  wodurch  ein,  einem  verstärkten  Hülsen- 
widerstand entsprechendes  Uebergewicht  hervorgerufen  wird.  Wenn 
aber  in  Folge  einer  durch  die  erhöhten  Umläufe  der  Maschine  bedingte 
Hülseuverschiebung  eintritt,  so  entsteht  durch  das  Ueberfliefsen  des 
Quecksilbers  nach  dem  Gefäfse  B^  eine  Drehkraft  von  wechselnder 
Stärke,  welche  in  ihrer  Wirkung  einer  Aenderung  des  mittleren  Be- 
lastungsgewichtes gleichkommt. 

Hiernach  wird  dieses  Gewicht  in  der  Hochstellung  durch  die  Queck- 
silberwage entlastet,  in  der  Tiefstellung  der  Kugeln  aber  stärker  be- 
lastet. Zur  Regelung  der  Durchflufsdauer  des  Quecksilbers  dient  der 
Hahn  C.  Mittels  in  den  Gefäfsen  B^  oder  B^  eingelegten  Eisenstücken 
kann  eine  Kraft  von  bleibender  Stärke  hinzugefügt  werden,  während 
die  angewendete  Quecksilberfüllung  die  Wirkuugsstärke  der  veränder- 
lichen Kraft  bedingt. 


M.  Haas'  Triebwerkskuppelung  für  Hobelmaschinen. 

xMit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  12. 

Um  eine  scharfe  Hubbegrenzung  des  Hobeltisches  bei  fortlaufender 
Antriebswelle  zu  erhalten,  schaltet  man  eine  ausrückbare  doppelseitige 
Klauenkuppelung  ein,  welche,  durch  geeignete  Räderwerke  verbunden, 
den  Vor-  und  Rücklauf  des  Hobeltisches  hervorbringt. 

Das  D.  R.  P.  Nr.  39  771  vom  24.  September  1886  bezweckt  einen 
stofsfreieu  Gang  dieser  Einrichtung  bezieh,  eine  von  den  Schwungmassen 
des  Triebwerkes  unabhängige  Tischbewegung  am  Hubwechsel. 

Zur  Erklärung  dieser  Vorrichtung  diene  die  in  Fig.  1  bis  7  dar- 
gestellte einfache  Ausrückkuppelung. 

Fig.  6.  Fig.  4.  Fig.  5.  Fig.  7. 


Fig.  3. 


^      Fig.  1. 


Fig.  2. 


TilTin's  Schraubenschneidmaschine.  255 

Auf  der  Welle  a  ist  eine  Schwungscheibe  frei,  d.  i.  ohne  Keil  auf- 
geschoben, so  dafs  bei  auftretenden  gröfseren  Widerständen  diese  Scheibe 
die  Welle  a  überholen  kann.  Die  für  den  gewöhnlichen  Betrieb  er- 
forderliche Reibung  zwischen  Welle  und  Nabenbohrung  des  Schwung- 
rades (Fig.  7)  wird  durch  die  Stirnscheibe  s  (Fig.  6),  welche  mittels 
Nase  in  der  Stirnfläche  des  Wellenendes  einsetzt,  vermöge  der  Schraube  u 
geregelt. 

Auf  der  Welle  a  verschiebt  sich  an  einem  Längskeil  die  Zahn- 
kuppelung c  (Fig.  1  und  2),  rückt  dadurch  die  Zahnscheibe  d  (Fig.  4), 
treibt  durch  Vermittelung  federnder  Zwischenglieder  das  Zahnstangen- 
getrieb b  und  hiermit  den  Hobeltisch.  Der  hintere  cylindrische  Theil  der 
Zahnscheibe  d  ist,  wie  Fig.  5  zeigt,  abgeflächt.  Auf  die  Fläche  f  legt 
sich  die  Nase  l  eines  kleinen  Hebels  i  (Fig.  2  und  3),  dessen  Dreh- 
zapfen in  einem  auf  das  Getriebe  b  geschraubten  Formringe  h  (Fig.  3) 
liegt,  in  welchem  auch  eine  kleine  Drahtfeder  k  eingesetzt  ist.  Dieser 
Federstift  drückt  den  Hebel  i  beständig  auf  die  Fläche  f  und  bringt 
dadurch  während  der  Auslösung  der  Kuppelung  am  Hubende  des  Tisches 
die  Scheibe  d  in  eine  bestimmte  Lage  zur  Scheibe  h.  Wenn  nun  un- 
mittelbar nach  erfolgter  Einrückung  die  Zahnscheibe  c  einsetzt  und  (/ 
kuppelt,  so  hebt  diese  zuerst  den  Hebel  e,  welcher  die  Drahtfeder  k 
zusammendrückt,  und  erst  dann  im  weiteren  Verlaufe  der  Drehung  wird 
der  Mitnehmerstift  g  die  Scheibe  h  bezieh,  das  Getriebe  b  für  die  Zahn- 
stange treiben. 

Aufserdem  ist  noch  eine  federnde  Verbindung  der  Zahnstange  mit 
dem  Hobeltische  von  iM.  Haas  zu  erwähnen,  welche  nach  Vhland's 
Technischer  Rundschau^  1889  Bd.  3  Nr.  29  S.  189,  in  Folgendem  besteht. 

An  die  untere  Tischfläche  (Fig.  6  und  7  Taf.  12)  sind  je  zwei  Stahl- 
bänder a  angeschraubt,  welche  vermöge  ihrer  V-förmigen  Kröpfungen 
die  durch  die  Zahnstange  gesteckten  Bolzen  b  übergreifen  und  dadurch 
die  Zahnstange  c  an  die  Tischleiste  mit  einer  bestimmten  Kraft  an- 
pressen. Irgendwo  in  der  Tischmitte  greift  ein  Mitnehmerstift  d  der 
Zahnstange  in  ein  Schlitzloch  der  Tischplatte  ein  und  treibt  dieselbe 
erst  beim  Anschlag  desselben. 

Dies  bedingt  aber  einen  todten  Hub  von  der  Gröfse  der  Schlitz- 
lochlänge, während  welchem  die  Zapfen  b  der  Zahnstange  die  beiden 
Ueberlegbänder  a,  o  spannen,  wodurch  vermöge  der  verstärkten  Reibung 
zwischen  Zahnstange  und  Tischleiste  ein  sanfter  Anhub  ermöglicht  wird.- 

Pr. 


Tiffin's  Schraubenschneidmaschine. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  12. 

Von    der  National  Machinery  Co.    in  Tiffin,  Ohio,  wird  nach  Ame- 
rican Machinist.,  1889  Bd.  12  Nr.  16  *  S.  3,  eine  Schraubenbolzen-Schneid- 


256 


Tillin's  8chraub'Jiischneidmaschiiie. 


maschine  gebaut,  deren  Verbesserung  in  einem  rasch  wirkenden  Aus- 
rüekschlols  besteht,  wodurch  es  möglich  wird,  Gewinde  von  ganz 
bestimmter  Länge  an  Schraubenbolzen  zu  schneiden. 

Wie  aus  dem  Schaubilde  leicht  zu  ersehen  ist,  liegt  zwischen  dem 
Schneidkopfe  und  dem  Spindellager  eine  Kuppelungshülse,  welche  ver- 
möge des  am  Winkelarme  angehängten  Zapfenringes  sich  verschieben 
läfst,  wobei  in  deren  Rechtsstellung  durch  dessen  Eingriff  die  Mitnahme 
des  Kopfes  und  demzufolge  der  Vorschub  der  Gewindestähle  erfolgt. 
Diese  Einstellung  wird  durch  den  Handhebel  L  (Fig.  12)  erhalten  und 
dadurch  gesichert,  dafs  die  Gelenkpunkte  vom  Hebel  /),  Lenkerschiene  F 
und  Zapfen  ring  H  in  eine  durch  den  Hebeldrehpunkt  C  gehende  gerade 
Linie  fallen.  In  dieser  gestreckten  Lage  der  Verbindungsglieder  /),  F 
und  H  vermag  die  an  der  Zugstange  R  angreifende  Spiralfeder  nicht 
zu  wirken  und  es  ist  hierdurch  der  Schlufs  einzig  durch  die  Rechtslage 
des  Handhebels  L  erreicht. 

An  dem  Handhebel  L  ist  ferner  eine  drehbare  Nufs  iV  angebracht, 
durch  welche  sich  die  am  Einspannschlitten  angehängte  Steuerstange  M 
schiebt  und  die  stellbaren  Anschläge  P  und  0  trägt. 


X-^ 


Wenn  nun  in  Folge  der  links  gerichteten  Schlittenbewegung  der 
Anschlag  P  an  dem  Hebel  A',  L  trifft,  so  genügt  ein  einziger  Ruck,  um 
■die  gestreckte  Zwangslage  der  Glieder  i),  F  und  H  zu  stören  und  da- 
durch die  Feder  auf  R  wirken  zu  lassen.  Diese  schwingt  den  Hand- 
hebel in  die  punktirt  gezeichnete  Linksstellung  bis  an  den  Anschlag  0, 


Kreissäge-Schärfmaschinen.  257 

während  gleichzeitig  die  Auslösung  der  Kuppelung  und  hiermit  das 
Zurückschieben  der  Gewindstähle  im  Schneidkopfe  vor  sich  geht. 

Um  aber  die  Schlufsstellung  des  Hebels  L  zu  sichern  bezieh,  die 
Lage  der  Glieder  Z),  F  und  H  hierfür  zu  regeln,  ist  die  Stellschraube  S 
vorgesehen,  welche  auf  die  untere  Nase  B  des  Handhebels  L  triflft. 

Bemerkenswerth  ist  noch  die  Einspannvorrichtung  (Fig.  13)  für  den 
Schraubenbolzen,  deren  achsiale  Einstellung  dadurch  erleichtert  wird, 
dafs  die  rechts-  und  linksgängige  Backenspindel  in  einer  Hülse  lagert, 
welche  im  eigentlichen  Schlittenauge  verschiebbar  ist.  Die  grobe 
Spiralnuth  dient  für  den  Einsatz  der  Stellschraube  und  Feststellung 
•der  Spindelbüchse.  Pr. 


Kreissäge-Schärfmaschinen. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  13. 

Sowohl  in  Holz-  als  auch  in  Melallsägewerken  bietet  eine  Schärf- 
maschine unzweifelhaft  Vortheile  gegenüber  dem  Nachschärfen  mittels 
Hand  dar.  Je  nach  der  Gröfse  einer  Werksanlage  wird  eine  einfache 
oder  eine  Maschine  mit  selbsthätigem  Betriebe  zu  wählen  sein.  In 
folgendem  werden  einige  neuere  Maschinen,  welche  vorzugsweise  zum 
Schärfen  von  Kreissägeblättern  eingerichtet  sind,  beschrieben. 

Das  Werkzeug,  ein  kreisendes  Schleifrad,  seltener  eine  hin  und 
her  gehende  Feile,  darf  die  Schleiffläche  des  Zahnes  nur  mit  einem 
Drucke  bestreichen,  welcher  eine  Erhitzung  der  Arbeitsstelle  vollständig 
ausschliefst.  Deshalb  sind  auch  manche  Schleifmaschinen  mit  Pumpen 
zum  Nafsschleifen  vorgesehen,  sofern  wegen  ungleicher  Zahntheilung 
des  Sägeblattes  ein  unvermuthet  stärkerer  Angriff  zu  befürchten  steht. 
Je  nach  der  Zahnlücke  wird  sich  nicht  nur  der  Formquerschnitt  des 
Schleifrades  richten,  sondern  auch  dessen  Achsenlage  zum  eingespannten 
Sägeblatt.  Die  Schleiffläche  des  Sägezahnes  wird  radial  bei  Metall- 
sägen, manchmal  nach  einem  gewissen  Zugkreise  bei  Holzsägen  ge- 
richtet, also  etwas  unterschnitten  sein.  Immer  sollte  aber  die  Ebene 
der  Schleiffläche  etwas  schräg  gegen  die  Sägeblattebene  angestellt  sein, 
wobei  zur  Aufhebung  des  dadurch  bedingten  Seitendrucks  abwechselnd 
«in  rechts  und  links  geschränkter  Zahn  auch  nach  rechts  und  links  zu 
schärfen  wäre. 

Hieraus  folgen  von  selbst  die  Bedingungen  für  den  Bau  solcher 
Maschinen. 

A.  Ransome's  Schärfmaschine. 

Das  mit  700  minutlichen  Umläufen  kreisende  Schleifrad  lagert  in 
einem  Bügelrahmen  (Fig.  1),  welcher  um  Zapfen,  die  in  einem  stell- 
baren Ringe  liegen,  schwingt.     Hierdurch  kann  die  Achse  des  Schleif- 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  6.  1889I1II.  17 


258 


Kreissäge-Schärfmaschinen. 


Fig.  1- 


rades  bequem  in  Sehrägstellungen  zur  Wagerechten  verlegt  werden, 
indem  Kreissehlitze  und  Stellschrauben  die  Verstellung  dieses  Bügel- 
rahmens am  Gestellbocke  ermöglichen. 

Ein  Gegengewicht  hebt 
beständig  den  Bügelrahmen, 
während  mittels  eines  Hand- 
grifles  und  mit  leichtem  An- 
drucke das  Schleifrad  an  da& 
Sägeblatt  geführt  wird,  wo- 
bei eine  Stellschraube  am 
Hebellager  den  Hub  begrenzt. 
Der  Betrieb  des  Schleifrades 
erfolgt  mittels  eines  über  Leit- 
rollen geführten  schmalen 
Riemens,  und  erfordert  eine 
halbe  Pferdestärke,  während 
die  Einstellung  des  Sägeblattes 
und  die  eigentliche  Schaltung 
des  Werkzeuges,  wie  schon  be- 
merkt, mit  Handbetrieb  durch- 
geführt wird.  Zum  Schärfen 
von  geraden  und  Bandsäge- 
blättern ist  die  am  Gestellfufse 
liegende  Backenvorrichtung  am 
Tisch  Winkel  anzuschrauben. 
Das  Gewicht  dieser  Maschine 
ibt  zu  ÖUU'-  angegeben  (Revue  industrielle^  1889  ^'  S.  229). 

Heiherington  s  Schärfmaschine. 

Auf  dem  wagerechten  Tischwinkel  (Fig.  2)  ist  der  Bolzenschlitten 
entsprechend  der  Gröfse  des  Kreissägeblattes  stellbar,  der  Bolzen  mit 
der  Kreissäge  wird  aber  vermöge  einer  Umwickehmgsschnur  und  durch 
ein  angehängtes  Gewicht  beständig  in  einer  Richtung  zu  drehen  ge- 
sucht, daran  aber  durch  einen  Stellzahn  gehindert.  Wird  dieser  durch 
irgend  ein  Mittel  zeitweilig  aus  dem  Sägezahne  zurückgehoben,  so  wird 
sich  das  Kreissägeblatt  so  lange  drehen,  bis  dieser  oder  irgend  ein 
zweiter  Stellzahn  wieder  in  Eingriff  kommt.  Hiermit  ist  die  Grund- 
lage einer  selbsthätigen  Schaltung  angedeutet. 

Der  Lagerschlitten  mit  dem  Schleifrade  wird  mittels  eines  Kurbel- 
triebwerkes an  dem  stehenden  Führungsbocke  in  lothrechte  Hubbewegung 
versetzt,  so  dafs  der  Seitenumfang  des  kreisenden  Schleifrades  längs 
dem  Sägezahne  geführt  wird.  Nach  jedem  einfachen  Aushube  erfolgt 
mittels  Anschlag  des  Lagerschlittens  die  Auslösung  des  vorbeschriebenen 
Stellzahnes,    hiermit   die  Schaltung  des   Sägeblattes.     Dieser  Maschine 


Kreissäae-Schärfmascliinen. 


259 


Fis.  '2 


ist  eine  kleine  Fächerpumpe  zum  Nafsschleifen   beigegeben  (Industries^ 
1889  S.  224). 

J.  Hill's  Säge-Schärfmaschine. 

Die  hohle  Standsäule  (Fig.  3)  trägt  seitlich  einen  in  der  Lothrechten 
stellbaren  Schlitten  mit  dem  Schaltwerk  bezieh,  dem  Aufspanndorn 
für  das  Kreissägeblatt.  Die  absatzweise  erfolgende  Verdrehung  oder 
Schaltung  der  Kreissäge  erfolgt  mittels  eines  Schneckenradtriebwerks  und 
fein  gezahntem  Schaltrade,  dessen  Sperrkegel  von  einem  Schlitzhebel 
vermöge  einer  schwachen  Verbindungsstange  bethätigt  wird.  Durch 
Verschiebung  des  Stangenzapfens  im  Hebelschlitze  wird  die  Schaltungs- 
gröfse  der  Zahntheilung  der  Kreissäge  entsprechend  gemacht.  Dieser 
Winkelhebel  wird  durch  einen  Kurbelzapfen  in  Schwingungen  versetzt, 
welcher  im  Schlitze  des  anderen  Hebelschenkels  einsetzt.  Auf  diesem 
Kurbelzapfeu  ist  aber  frei  eine  eigenartige  Hebelstange  aufgeschoben, 
welche  gleichsam  die  Verbindung  zwischen  diesem  Kurbelzapfen  und 
einem  federnden  Hebel  herstellt,  der  die  Fortsetzung  des  um  Schild- 
zapfen schwingenden  Lagers  des  Schleifrades  ist. 

Hierdurch  wird  dieses  Schleifrad  in  auf- und  absteigende  Schwingungen 
versetzt,  welchen  vermöge  des  federnden  Zwischenhebels  eine  gewisse 
Druckkraft  zugemessen  ist.  Die  Hubgrenzen  dieser  Schwingungen  werden 
durch  zwei  Stellschrauben  im  feststehenden  Gabellager  geregelt.  Der 
Betrieb  des  Schleifrades  und  des  Schalt-  und  Hubwerkes  erfolgt  von 
gleicher  Welle  aus,  das  Schleifrad  mit  Riemen,  das  Letztere  mittels 
Zahnradgetriebes. 


260 


Kreissäge-Schärfmasclünen. 


Das   Verstelleo    des  Kreissägeschlittens    mit    dem    angeschlossenen 
Schaltwerke  wird   vom    hinteren  Handrade    durch   Vermittelung    eines 

Fig.  3. 


Zahnstangengetriebes    beM'erkstelligt   (Industries^    1888  ■"S.  149   bezieh. 
Engineering,  1889  Bd.  67  ''  S.  277). 

C.  F.  Eax^  selbsthätige  Kreis-  und  Blattsägen-Schärfmaschine. 

Diese  Maschine  arbeitet  mit  einem  Schleifrade  und  mit  einer  Feile 
zugleich,  oder  beliebig  mit  je  einem  dieser  Werkzeuge  allein.  Nach 
dem  D.  R.  P.  Nr.  41954  vom  29.  März  1887  sind  auf  dem  Gestellrahmen 
(Fig.  6  und  7  Taf.  13)  zwei  wagerechte  Stöfselführungen  vorgesehen, 
in  denen  der  Feilenschlitten  und  der  Lagerschlitten  mit  dem  Schleif- 
rade durch  Vermittelung  von  zwei  Räderpaaren  und  wagerecht  liegenden 
Kurbelscheiben  derart  bewegt  werden,  dafs  der  Feilenschlitten  fünfmal 
so  viel  Hübe  macht,  als  in  gleicher  Zeit  der  Schleifradschlitten. 

Von  der  ersten  stehenden  Kurbelwelle  zweigt  mittels  Winkelräder 
das  Triebwerk  für  die  Schaltung  ab,  indem  am  Fufse  der  vorderen 
stehenden  Welle  eine  wagerechte  Daumenscheibe  ein  Hebelwerk  be- 
thätigt,  welches  im  oberen  Theile  den  Sperrhaken  trägt.  In  Folge  der 
knappen  Abmessung  des  steuernden  Daumens  erfolgt  der  Vorschub  des 


Peacock's  Schleiimaschine  für  Rundlöclier.  261 

Sägeblattes  um  einen  Zahn  möglichst  rasch  am  Hubwechsel  der  Schlitten, 
sowie  es  selbstverständlich  ist,  dafs  die  Vorschubgröfse  regelbar  sein 
mufs.  Bemerkenswerth  ist  noch  die  Aufspannvorrichtung  für  das  Säge- 
blatt. Der  Aufspannrahmen  ist  um  die  vordere  stehende  Steuerwelle 
in  Schräglagen  zur  Hubriehtung  der  Stöfsel  stellbar,  so  dafs  der  Schleif- 
fläche des  Sägezahnes  eine  beliebige  Neigung  zur  Blattebene  gegeben 
werden  kann,  während  durch  Verstellung  des  Spannbolzens  nicht  nur 
gebührende  Rücksicht  auf  den  Blattdurchmesser  der  Säge  genommen 
wird,  sondern  vermöge  der  feinen  Stellspindel  auch  der  Andruck  an 
die  Werkzeuge  gehörig  zu  bemessen  ist. 

Aufserdem  wird  die  schärfende  Feile  beim  Rücklaufe  aus  dem  Ein- 
griffe gehoben,  was  mittels  eines  federnden  Schlofsgrifffes  und  ent- 
sprechender Anschläge  erfolgt.  Pr. 


R.  Peacock's  Schleifmaschine  für  Rundlöcher. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  13. 

Zum  Ausschleifen  bezieh.  Richtigstellen  von  Bohrungen  mittels  des 
Schleifrades  baut  Peacock  in  Manchester  eine  Maschine  mit  doppelt 
excentrisch  gelagerter  Schleifspindel,  wodurch  es  möglich  wird,  die 
Berührungslinie  des  kreisenden  und  zugleich  achsial  schwingenden 
Schleifrades  in  beliebig  grofsen  Kreisen  zu  führen. 

Nach  dem  Enghschen  Patent  Nr.  696  vom  24.  Januar  1888  bezieh. 
Engineering  vom  20.  April  1888,  Bd.  45  S.  399,  sind  auf  dem  stellbaren 
Lagerschlitten  (Fig.  8}  ein  Seil-  und  ein  Kurbeltriebwerk  angeordnet, 
während  im  eigentlichen  Spindellager  eine  Büchse  A  sich  vermöge  eines 
Schneckentriebwerkes  langsam  um  ihre  Achse  dreht.  Um  dieselbe 
Achse  dreht  sich,  durch  den  Längs-  und  Verschiebungskeil  H  mit- 
genommen, die  Büchse  6,  welche  zwischen  Bunden  den  Hebel  K  fafst, 
welcher  durch  das  Kurbeltriebwerk  /,  m  der  Büchse  b  eine  schwingende 
Längsbewegung  ertheilt  und  zugleich  vermöge  eines  Gegengewichtes  p 
das  ganze  Spindelwerk  entlastet. 

In  der  Büchse  b  (Nebenfigur  zu  Fig.  8)  ist  eine  zweite  Büchse  f, 
durch  ein  Handrad  mit  Gegenmutter  f  excentrisch  stellbar,  während 
zu  c  excentrisch  die  durch  die  Seilrolle  i  getriebene  Schleifspindel  d 
mit  dem  Schleifrad  E  lagert.  Hierdurch  wird  die  kreisende  Schleifrolle 
mit  einem  berührenden  Element  im  Kreise  herumgeführt,  dessen  der 
Lochgröfse  entsprechender  Durchmesser  durch  die  excentrische  Ein- 
stellung durch  das  Handrad  f  bestimmt  wird. 


262  Hub  der  direkt  wirkenden  Fürderraasclüuen. 

Ist  der  grofse  Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermaschinen 
zweckmäfsig?     Von  A.  Bauer,   Professor  an  der  Berg- 
akademie in  Leoben.' 

Die  neueren  eincylindrigen  oder  Zwillingsbetriebs-Dampfmaschinen 
erhalten  einen  Hub,  der  von  dem  zweifachen  Cvlinderdurcbmesser  in 
der  Kegel  nur  wenig  abweicht.  Dies  Verhältnifs  laTst  sich  zwar  nicht 
rechnungsmäfsig  ableiten,  hat  sich  aber  im  Laufe  der  Jahre  als  zweck- 
mäfsig herausgestellt.  Einzelne  Maschinenfabriken,  insbesondere  ameri- 
kanische, vergrülsern  den  Hub  eincylindriger  Maschinen  bis  zum  Di'ei- 
fachen  der  Cjlinderbohrung. 

g 

Direkt  wirkende  Zwillings-Fördermaschinen  zeigen  ein  Verhältnifs  -j^ 

welches  zwischen  2  und  4  schwankt,  ja  bei  einzelnen  noch  über  letzteres 
Mafs  hinausgebt.  Insbesondere  sind  es  belgische  und  französische  Ma- 
schinen, die  einen  aufserordentlich  grofsen  Hub  besitzen-  sie  zeichnen 
sich  in  Folge  der  geringen  Gröfsen  ihrer  Steuerungsbestandtheile  durch 
die  Leichtigkeit  aus,  mit  welcher  das  Umsteuern  vor  sich  geht,  und  fallen 
auf  durch  ihre  schlanken  Formen. 

Zwei  Umstände  sind  es  hauptsächlich,  welche  zu  Gunsten  des 
grofsen  Hubes  angeführt  werden:  die  geringe  Kraft,  welche  das  Ein- 
greifen in  die  Steuerung  erfordert,  und  die  gröfsere  Kolbengeschwindig- 
keit, welche  erreicht  wird.  Auch  werden  manchmal  die  geringeren 
Dampfverluste  hervorgehoben,  welche  diese  Maschinen  in  Folge  ihres 
kleineren  Cylinderdurchmessers  besitzen  sollen. 

Die  Umdrehungszahl  der  Maschine  wird  durch  die  Fördergeschwin- 
digkeit und  durch  die  Gröfse  der  Treibkörbe  bestimmt;  aus  dem  Durch- 
messer der  letzteren  und  aus  der  Förderlast  ergibt  sich  auch  die  an 
der  Maschinenwelle  für  jede  Umdrehung  erforderliche  Arbeitsleistung. 
Zum  Vergleiche  werden  nun  zwei  Maschinen  gewählt,  welche  für  die- 
selbe Förderanlage  bestimmt  und  mit  vollständig  gleichen  Treibkörben, 
Seilen  u.  s.  w.  ausgerüstet  sind;  ihre  Umdrehungszahlen  und  elFectiven 
Arbeiten  für  den  Hub  sind  daher  in  gleichen  Zeitabschnitten  des  Auf- 
zuges dieselben.  Dies  gilt  auch  für  den  mittleren  Ueberdruck  p  ihrer 
Indicator- Diagramme,  wenn  beide  mit  einerlei  Anfangsspannung  und  der- 
selben Damj)fvertheilung  arbeiten. 

Einstweilen  werde  angenommen,  dafs  der  NutzefTect,  das  Verhält- 
nifs zwischen  gebremster  und  indicirter  Leistung,  bei  beiden  Maschinen  I 
und  n  den  gleichen  Werth  besitze,  so  dafs  nicht  nur  die  effectiven, 
sondern  auch  die  indicirten  Leistungen  für  jeden  Hub  dieselben  sind  und 


1  Nach  einem  uns  vom  Herrn  Verfasser  freundlich  eingesandten  Separat- 
abdrucke aus  der  Ocsterreichisclien  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenwesen,  37.  Jahr- 
gang, 1889. 


Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermaschinen.  263 

-^—  p  Sj  =  -— -^  p  s,^  ist.    liiS  wird  also :  f{Sy=z  /.,  s.^  sein,  d.  h,  bei  beiden 

Maschinen  durchläuft  der  Kolben  denselben  Raum.    Hierin  bezeichnet  d 

71  d 
den  Durchmesser,  s  den  Hub  und  f=—^  den  Querschnitt  des  Cjlinders. 

Der  Einflufs  des  Kolbenstangenquerschnittes  wird  bei  dieser  angenäherten 
Rechnung  vernachlässigt. 

In  gleichen  Kurbelstellungen  besitzen  die  Maschinen  Kolbengeschwin- 
digkeiten (c),  die  sich  zu  einander  verhalten  wie  die  Hübe  Sj  und  S2; 
von  diesen  Stellungen  ausgehend,  werden  daher  die  Kolben  in  darauf- 
folgenden gleichen  Zeiten  denselben  Raum  hinter  sich  lassen.  Beide 
Maschinen  bedürfen  daher  in  entsprechenden  Kurbelstellungen  dieselben 
Aus-  und  Einströmungscjuerschnitte,  also  genau  die  gleiche  äufsere  und 
innere  Steuerung,   z.  B.  denselben  Schieber  mit  dazu  gehörigem  Hube. 

Die  Maschine  mit  langem  Hube  ist  daher  nicht  leichter  umzusteuern 
als  diejenige  mit  kurzem,  letztere  wird  im  Gegentheile  bei  Coulissen- 
steuerungen  eine  geringere  Kraftanstrengung  von  Seite  des  Wärters  er- 
fordern, weil  sie  kürzere  und  leichtere  Excenterstangeu  besitzt.  Die 
irrige  Anschauung,  welche  in  dieser  Hinsicht  ziemlich  allgemein  ver- 
breitet ist,  dürfte  auf  die  veraltete  und  unrichtige  Constructionsregel 
zurückzuführen  sein,  dafs  die  Ein-  und  Ausströmungsquerschnitte  zur 
Kolbenfläche  in  einem  bestimmten  Verhältnisse  stehen  sollen,  welches 
je  nach  der  Umdrehungszahl  der  Maschine  ein  verschiedenes  ist. 

Die  gröfsere  Kolbengeschwindigkeit  langhubiger  Fördermaschinen 
ist  nicht  mit  den  gleichen  Vortheilen  verknüpft,  wie  diejenige  gewöhn- 
licher Betriebsmaschinen.  Eine  der  letzteren  Gattung,  welche  früher 
mit  30  bis  35  Umdrehungen  lief,  wird  bei  einer  Verdoppelung  ihrer 
Kolbengeschwindigkeit  bei  gleichem  mittleren  Ueberdrucke  auch  die 
doppelte  Leistung  geben  —  bei  der  Fördermaschine  sind  Geschwindig- 
keit und  Leistung  von  vornherein  festgelegt.  Eine  gröfsere  Kolben- 
geschwindigkeit  gibt  im  Zusammenhange  mit  höherem  Dampfdrucke 
und  weiter  gehender  Expansion  einen  ruhigeren  Gang;  nun  sind  aber 
auch  die  neueren  Fördermaschinen  meist  mit  Steuerungen  versehen, 
welche  für  die  kleinsten  Füllungen  keine  günstige  Dampfvertheilung 
mehr  geben.  Eigentliche  Präcisionssteuerungen  werden  —  und  wie  ich 
glaube  mit  Recht  —  zu  Gunsten  der  Betriebssicherheit  und  Einfachheit 
gern  vermieden.  Es  mufs  an  dieser  Stelle  bemerkt  werden,  dafs  auch 
bei  neueren  Fördermaschinen  die  Regelung  häufig  nicht  durch  Verände- 
rung der  Expansion,  sondern  durch  Drosselung  des  Dampfes  bewerk- 
stelligt wird;  die  Schuld  liegt  hierbei  weniger  auf  Seite  des  Wärters, 
als  auf  jener  der  ausführenden  Maschinenfabrik.  Weil  die  Bewegung 
des  Steuerhebels  einen  zu  grofsen  Kraftaufwand  erfordert,  benützt  der 
Maschinist  denselben  lediglich  zur  Umsteuerung,  stellt  ihn  auf  volle  oder 
nahezu  volle  Fülhmg  und  regelt  mit  der  Drossel.   Wer  selbst  versucht  hat, 


264  Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermaschinen. 

wie  schwer  die  Steuerhändel  meistens  zu  bewegen  sind,  wird  einsehen^ 
dafs  das  andauernde  Ueberwinden  dieses  Widerstandes  während  der 
ganzen  Fahrt  von  dem  ohnedies  in  jeder  Hinsicht  sehr  in  Anspruch  ge- 
nommenen Maschinenwärter  kaum  zu  verlangen  ist.  Soll  der  Gang  der 
Maschine  wirklicli  durch  die  Expansionsänderung  beherrscht  werden, 
so  mufs  die  Verstellung  der  Steuerung  keinen  besonderen  Kraftaufwand 
erfordern,  weil  sie  ja  während  der  ganzen  Fahrt  vorgenommen  werden- 
soll  und  nicht  wie  bei  Locomotiven  nur  innerhalb  bestimmter  Zeiträume. 
Um  die  mafsgebenden  Umstände  zu  überblicken,  werde  angenommen, 

dafs  bei  den  verü,lichenen  Maschinen  ^  =  2  und  -7^  =  4  sei  —  Verhält- 

(/,  (/., 

nisse,  welche  bei  Fördermaschinen  nach  unten  und  oben  nur  selten  über- 
schritten werden.     Es  folgt  hieraus  weiter : 

d^^  =  (2d2}^^  also:  t/j  =  1,26  (/.,  "od  f^  =1,6/12,  sowie:  «2  =  1:6*1 
und  C)  =:  1,6  c^.  Die  hin  und  her  gehenden  Massen  des  G^pstänges  werden 
bei  der  kurzhubigen  Maschine  etwas  gröfser  als  bei  der  mit  grofsem 
Kolbenwege,  was  insbesondere  in  dem  schwereren  Kolben  und  Kreuz- 
kopfe liegt.  (Die  Kolbendrücke  verhalten  sich  zu  einander  wie  1,6  : 1.) 
Ihr  Einflufs  wächst  aber  mit  dem  Quadrate  der  Kolbengeschwindigkeit, 
so  dafs  der  sogen.  Beschleunigungsdruck,  das  ist  jener  Theil  des  Dampf- 
druckes, welcher  in  einer  bestimmten  Kurbelstellung  zur  Bewegung  der 
Massen  aufgewendet,  oder  von  denselben  bei  ihrer  Verzögerung  abge- 
geben wird,  bei  der  Maschine  I  entschieden  kleiner  ist,  als  bei  der 
zweiten  Maschine.  Da  nun  die  erstere  aufserdem  einen  gröfseren  Kolben- 
druck besitzt,  haben  bei  ihr  die  hin  und  her  gehenden  Massen  einen 
viel  oeriuo-eren  Einflufs.  Diese  bewirken  aber  gerade  bei  Maschinen 
von  stark  wechselndem  Dampfdrucke,  also  hoher  Expansion,  den  Aus- 
gleich der  Kräfte,  weshalb  in  dieser  Hinsicht  die  Construction  der 
Maschine  II,  der  lange  Hub,  vorzuziehen  ist.  Es  ist  aber  ofl  nicht 
möglich,  diese  Gesetze  einzuhalten;  man  denke  z.  B.  nur  an  die  Wende- 
Walzenzugmaschinen,  welche  mit  hoher  Kolbengeschwindigkeit  und 
grofser  Füllung  arbeiten,  dabei  aber  bedeutende  hin  und  her  gehende 
Massen  besitzen.  Bei  Fördermaschinen  sind  nun  die  Verhältnisse  nicht 
derart,  dafs  eine  kleinere  Kolbengeschwindigkeit  auch  unbedingt  einen- 
unruhigen  Gang  nach  sich  ziehen  müfste. 

Andere  Vorzüge  als  den  besseren  Kräfteausgleich  besitzt  aber  der 
grofse  Hub  bei  Fördermaschinen  nicht.  Die  Eigenwiderstände  der  Ma- 
schine I  können  nur  unbedeutend  gröfser  sein  als  jene  der  Maschine  IL 
Die  Wege  der  hin  und  her  gehenden  Theile  des  Gestänges,  also  auch 
der  entsprechenden  Keibungen  stehen  bei  beiden  Maschinen  im  Ver- 
hältnisse 1:1,6,  die  normal  zur  Führung  gerichteten  Componenten  des 
Kolbendruckes  haben  das  umgekehrte  Verhältnifs,  nämlich  1,6  : 1.  Die 
Gewichte  der  geradlinig  bewegten  Theile:  des  Kolbens,  Kreuzkopfes 
u.  s.  w.  und  die  Kolbenreibung  betragen  in  ihrer  Gesammtheit  bei  der 


Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermaschinen.  265 

Maschine  I  aber  jedenfalls  weniger  als  das  1,6  fache  der  gleichen  VVerthe 
von  der  zweiten  Maschine,  so  dafs  also  erstere  dnrch  die  Reibung  dieser 
Theile  bei  jedem  Hube  eine  kleinere  Arbeit  verliert  als  letztere,  wäh- 
rend an  den  Zapfen  und  am  Kurbellager  das  Entgegengesetzte  eintritt. 
Alles  zusammen  genommen,  kann  der  Nutzeffect  der  Maschine  mit 
kurzem   Hube    nicht   wesentlich    kleiner    sein,    als   jener    mit    grofsem 

g 
Kolbenwege.     Geht   man   unter  das  Verhältnifs -^  =  2   herab,    so  wird 

derselbe  wegen  der  zunehmenden  Zapfenreibung  jedenfalls  ziemlieh  rasch 
sinken. 

Wäre  die  Entfernung  zwischen  dem  Cylinderdeckel  und  dem  in 
seiner  äufsersteu  Stellung  betindlichen  Kolben  bei  beiden  Maschinen 
gleich  grofs,  so  würden  sich  die  entsprechenden  Antheile  an  den  schäd- 
lichen Räumen  wie  die  Kolbenflächen,  also  wie  1,6  :  1  verhalten.  Wegen 
der  gröfseren  Länge  mufs  aber  der  Maschine  H  auch  ein  gröfserer 
Deckelspielraum  gegeben  werden,  so  dafs  sich  diese  Umstände  gegen- 
seitig wieder  ausgleichen.     (?  d.  R.) 

Der  Verlust  durch  Dampf  lässigkeit  des  Kolbens  ist  bei  der  Maschine  I 
jedenfalls  gröfser,  weil  ihr  Durchmesser  das  1,25  fache  desjenigen  der 
zweiten  Maschine  beträgt.  Die  neuereu  Versuche  haben  aber  gezeigt, 
dafs  dieser  Verlust  bei  guter  Ausführung  überhaupt  sehr  klein  ist  und 
von  dem  Abkühlungsverluste  der  Innenseite  des  Cylinders  um  ein  Viel- 
faches übertroffen  wird.  Dieser  hat  bekanntlich  darin  seine  Ursache, 
dafs  die  Überfläche  des  Cylinders  und  Kolbens  eine  Temperatur  besitzt.^ 
welche  zwischen  der  des  Einlafs-  uud  Ausputfdampfes  liegt.  Während 
der  Einströmung  und  eines  Theiles  der  Expansion  schlägt  sich  aus  dem 
Dampfe  Wasser  nieder,  welches  noch  gegen  Ende  der  Expansion  oder 
beim  Beginne  der  Ausströmung  auf  Kosten  der  Wärme  der  Cylinder- 
wand  wieder  theilweise  verdampft,  wovon  hauptsächlich  die  Erniedri- 
gung dieser  Temperatur  herrührt.  Unter  den  gemachten  Voraussetzungen 
wird  bei  beiden  Maschinen  das  Condensiren  des  Dampfes  bis  zur  gleichen 
Kurbelstellung  dauern,  also  während  eines  Kolben weges  as^  bezieh,  cis.^. 
Zum  angenäherten  Vergleich  des  Verlustes  kann  hierbei  die  Oberfläche  O 
benutzt  werden,  auf  welcher  die  Condensation  stattflndet,  da  alle  anderen 
Umstände,  die  auf  die  Menge  des  niedergeschlagenen  Wassers  von  Ein- 
flufs  sind,  sich  bei  beiden  Maschinen  gleichen.     Nun  sind: 

Ol  —  — 7 \-  nd^a *-i   und  0.,  =      ,  ^   -j-  n d.^  a .s ; 

da  die  Fläche  des  Kolbens  I  gröfser  ist  als  jene  des  zweiten,  wird  es 
von  dem  Verhältnisse  a  abhängen,  welche  der  beiden  Oberflächen  einen 

höheren  Werth  erreicht.   Bei  den  gewählten  Maschinen  |  -^  =  2,  3^  =  4  1 

wird  Oy^^O-i^  wenn  c^  =;  0,36  ist.  Ist  u  gröfser  als  0,36,  so  wird 
0^  <i  O2,  indem  die  Mantelfläche  gegenüber  der  Oberfläche  des  Deckels 


26G  Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermascliineu. 

und  Kolbens  das  Uebergewicht  erhält  und  die  Maschine  mit  langem 
Hube  wird  für  den  Hub,  also  auch  für  die  indicirte  Pferdekraft  und 
Arbeitsstunde  einen  gröfseren  Dampfverlust  besitzen  als  die  Maschine  I. 
Arbeiten  die  Maschinen  mit  gröfserer  Füllung  und  ungeheiztem  Cy- 
linder,  so  beginnt  das  Nachdampfen  erst  beim  Auspuffe,  der  Coefticient  a 
wird  also  angenähert  gleich  1  und  das  Verhältnifs  Oj  :  0~^  =  12,5  :  14. 
Besitzen  die  Cylinder  Dampfmäntel,  so  hört  die  Condensation  bei  kleiner 
Füllung  schon  vor  Ende  der  Expansion  auf,  doch  dürften  bei  Förder- 
maschinen so  geringe  Füllungen  selten  verwendet  werden,  dafs  dies 
schon  vor  Erreichung  von  0,36  des  Kolbenweges  der  Fall  ist.  Aufserdem 
bewirkt  die  weiter  unten  besprochene  Abkühlung  während  des  End- 
laufes eine  Verlängerung  der  Condensationsperiode,  so  dafs  im  Allge- 
meinen die  Maschine  mit  kurzem  Hube  einen  kleineren  Dampfverbrauch 
für  die  gleiche  Zeit  und  Leistung  besitzen  wird,  als  jene  mit  grofsem 
Kolbenwege.  Da  nun  der  Abkühlungsverlust  einen  sehr  bedeutenden 
Einflufs  übt  und  bei  stetig  laufenden  Auspuffmaschinen  mit  Expansion 
den  nutzbaren  Dampf  verbrauch  um  25  bis  50  Proc.  erhöht,  wird  mit 
Rücksicht  auf  das  Verhältnifs  der  Nutzeffecte  die  Maschine  I  mit  kurzem 

Hube  1-^  =  2)  höchstens  gleich  viel  Dampf  brauchen  als  die  Maschine  H, 

g 

bei  welcher  ^  =  4  ist. 
a 

Die  hier  gefundenen  Ergebnisse  werden  manchen  befremden,  nach- 
dem ja  doch  bekannt  ist,  dafs  gerade  die  Erhöhung  der  Kolben- 
geschwindigkeit den  Abkühlungsverlust  sehr  herabdrückt.  Versuche, 
bei  welchen  eine  und  dieselbe  Maschine  mit  verschiedenen  Umdrehungs- 
zahlen, also  auch  verschiedener  Kolbengeschwindigkeit  arbeitete,  zeigten, 
dafs  die  Verluste  für  die  Stunde  und  indicirte  Pferdekraft  sich  unter 
sonst  gleichen  Umständen  angenähert  wie  die  reciproken  Kolben- 
geschwindigkeiten verhielten.  Mafsgebend  für  den  Abkühlungsverlust 
sind  bei  einerlei  Dampfdruck  und  gleicher  Dampfvertheilung  die  Ober- 
fläche und  die  Zeit,  innerhalb  welcher  die  Abkühlung  vor  sich  geht. 
Läuft  die  Maschine  nur  mehr  mit  halber  Geschwindigkeit,  so  ist  für 
einen  Hub  die  doppelte  Zeit  erforderlich.  Nun  bleibt  die  während  des 
Hubes  geleistete  Arbeit  —  wenigstens  näherungsweise  —  ungeändert, 
während  der  Abkühlungsverlust  dieser  Periode  entsprechend  der  längeren 
Zeitdauer  steigt,  und  zwar  schätzungsweise  auf  den  doppelten  Betrag, 
weshalb  der  verbal tnifsmäftiige  Verlust  gröfser  wird.  Bei  Fördermaschinen 
bleibt  die  Dauer  eines  Hubes  und  die  Arbeit,  welche  der  Dampf  wäh- 
rend desselben  leistet,  auch  bei  der  Wahl  einer  anderen  Kolben- 
geschwindigkeit, eines  gröiseren  oder  kleineren  Hubes  ungeändert,  so 
dafs  der  Verlust  für  die  Arl)L'itseinheit  beinahe  ausschliefsiich  nur  von  den 
Veränderungen  der  abkühlenden  überlläche  beeiuflufst  wird.  Auch  bei 
Betriebsmaschinen  sind  ähnliche  Betrachtungen  am  Platze;  insbesondere 


Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermaschinen.  267 

bei  starken  inneren  Abkühlungen   (bei  Condeusationsmaschinen)  ist  ein 
zu  grofser  Hub  nicht  zweckmäfsig. 

Es  ist  bekannt,  dafs  die  Fördermaschinen  gegenüber  anderen  Motoren 
häufig  einen  sehr  grofsen  Dampfverbrauch  ausweisen:  die  Ursache  Hegt 
einerseits  in  der  schlechten  Dampfvertheilung,  insbesondere  dem  hohen 
Gegendrücke  und  der  geringen  Expansion,  andererseits  zeigen  diese 
Maschinen  aber  aufserordentliche  Dampfverluste  ^  indem  der  wahre 
Dampfverbrauch  manchmal  das  Doppelte  oder  sogar  noch  mehr  des 
nutzbaren,  aus  dem  Diagramm  bestimmten  beträgt.  Da  die  Dampf- 
lässigkeit verhältnifsmäfsig  geringfügig  ist,  müssen  diese  Verluste  der 
Abkühlung  zugeschrieben  werden,  welche,  wie  mau  häufig  annimmt, 
während  des  Stillstandes  der  Maschine  in  so  ungünstiger  Weise  wirkt. 
Die  Wärmeabgabe  der  Dampfleitung  und  des  Cjlinders  au  ihre  Um- 
gebung sind  jedoch  nicht  so  bedeutend,  dafs  durch  sie  allein  die  schlechte 
Wirkungsweise  zu  erklären  wäre,  insbesondere  bei  sorgfältiger  Um- 
hüllung dieser  Theile.  Dies  zeigen  alle  in  neuerer  Zeit  an  Dampflei- 
tungen gemachten  Versuche.  Die  Innenwand  des  Cyliuders  kann  auch 
dann,  wenn  die  Verbindung  mit  dem  Ausström ungsraume  hergestellt 
ist,  keine  erhebliche  Wärme  ableiten,  weil  keine  Circulation  vorhanden 
ist.  Der  einzige  Verlust,  welcher  eintreten  kann,  wird  durch  das  Ver- 
dampfen des  im  Cylinder  befindlichen  Wasserrestes  herbeigeführt. 

Ein  Umstand  ist  es,  dem  meiner  Ansicht  nach  ein  wesentlicher 
Antheil  an  der  ungünstigen  Wirkungsweise  zugeschrieben  werden  mufs: 
der  verhältnifsmäfsig  lange  Endlauf. 

Dieser  nimmt  bei  gröfseren  Fördergeschwiudigkeiten  einen  be- 
nierkenswerthen  Bruchtheil  der  ganzen  Förderzeit  ein,  und  zwar  bei 
Schächten  von  geringerer  und  gröfserer  Teufe.  Bei  ersteren  aus  dem 
Grunde,  weil  bei  ihnen  die  Zeit  eines  Aufzuges  überhaupt  nicht  grofs  ist, 
bei  letzteren,  weil  das  niedergehende  Seil  einen  bedeutenden  Eiuflufs  übt. 

Der  Endlauf,  bei  welchem  die  Maschine  nicht  mehr  als  Motor  wirkt, 
vollzieht  sich  je  nach  der  Art  der  Steuerung  in  verschiedener  Weise. 
Bei  Coulissensteuerungen  mit  nur  zwei  Excentern  ist  die  Dampfverthei- 
lung in  der  Mittellage  der  Coulisse  derart,  dafs  eine  sehr  frühe  Voi-aus- 
strömung  mit  einer  hohen  Compression  und  frühzeitigen  Voreinströmung 
vereint  ist.  Insbesondere  bei  geschlossenem  Absperrventil  sinkt  die 
Spannung  am  Ende  der  Expansion  meist  unter  die  atmosphärische,  so 
dafs  beim  Beginne  der  Vorausströmung  Luft  aus  dem  Auspuffrohre  in 
den  Cylinder  gesaugt  wird,  welche  bis  zum  Hubwechsel  nachströmt. 
Die  durch  die  Compression  hervorgerufene  Spannung  kann  eine  be- 
deutende Höhe  erreichen,  was  besonders  dann  der  Fall  ist,  wenn  der 
Schieber  wegen  sehr  grofser  äufserer  Deckung  den  Einströmungskanal  gar 
nicht  öffnet,  weil  dabei  die  Compression  bis  zum  Hubwechsel  dauert. 
Die  tödte  Lage  der  Coulisse  wird  deshalb  auch  seltener  verwendet. 

Ist  die  Steuerung  der  Drehungsrichtuns  entsprechend  gestellt,   der 


2(>ö  Hub  der  direkt  wirkenden  Furdermaschinen. 

Hebel  also  ganz  oder  theilweise  ausgelegt  und  das  Absperrventil  oder 
die  Drossel  geschlossen,  so  bildet  sich  zu  Ende  der  Expansion  im  Cy- 
linder  ein  theilweises  Vacuum,  so  zwar,  dafs  beim  Beginne  der  Aus- 
strömung Luft  eintritt,  welche  beim  Rückgange  des  Kolbens  wieder 
hinausgeschoben  wird.  Der  Endlauf  der  Maschine  vollzieht  sich  bei 
Ceulissensteuerungen  meist  in  dieser  Weise.  Die  zur  Entleerung  des 
Cyliuders  aufgewendete  Arbeit,  welche  von  den  bewegten  Massen  und 
vom  niedergehenden  Seile  bestritten  wird,  und  die  zu  Beginn  der  Förde- 
rung vom  Dampfe  geleistet  werden  mufste,  wird  hierbei  zerstört,  d.  h. 
durch  die  hereinstürzende  Luft  in  Wärme  verwandelt  und  mit  dieser 
wieder  fortgeführt. 

Aber  auch  in  anderer  Weise  wirkt  der  Endlauf  schädlich  auf  den 
Dampfconsum.  Das  Ein-  und  Ausströmen  der  Luft  kühlt  die  Cylinder- 
wand  ab,  was  zur  Folge  hat,  dafs  beim  nächsten  Aufzuge  eine  beträcht- 
liche Condensation  des  Admissionsdampfes  eintreten  mufs.  Ist  auch  das 
Auspuffrohr  zu  Beginn  des  Endlaufes  mit  Dampf  von  atmosphärischer 
Spannung  gefüllt,  so  wird  dieser,  insbesondere  bei  niederer  Aufsen- 
temperatur,  durch  die  nachgesogene  Luft  condensirt,  so  dafs  nach  einigen 
Drehungen  der  Maschine  und  kurzer  Leitung  direkt  kalte  Luft  in  den 
Cylinder  gelangt.  In  dieser  Hinsicht  ist  während  des  Endlaufes  das 
Fahren  mit  geschlossenem  Admissionsventile  und  ganz  ausgelegter  Steue- 
rung am  schlechtesten. 

Werden  die  Ein-  und  Auslafsorgane  von  getrennten  Mechanismen 
bewegt,  so  können  unter  Umständen  die  Verluste  des  Endlaufes  herab- 
gezogen werden.  Die  bekannte  Steuerung  von  Kraft- Brinlmont  z.  B. 
gelangt  in  zweierlei  Ausführung  zur  Verwendung:  in  der  Mittellage 
zwischen  Vor-  und  Rückwärtsgang  bleiben  stets  beide  Einlafsventile 
geschlossen,  die  Auslafsventile  werden  bei  dieser  Stellung  entweder 
ebenfalls  geschlossen  gehalten,  oder  sie  sind  —  und  zwar  jedes  während 
der  ganzen  Drehung  —  etwas  geöffnet.  Bei  der  ersten  Anordnung 
arbeitet  der  Cylinder  während  des  Endlaufes  gerade  so,  als  wenn  er 
überhaupt  keine  Ventile  hätte  und  die  im  schädlichen  Räume  enthaltene 
Dampfmenge  wird  abwechselnd  comprimirt  und  expandirt.  Jede  Cy- 
linderseite  mufs  dabei  mit  einem  verläfslich  arbeitenden  Sicherheits- 
ventile ausgestattet  werden,  damit  bei  der  ersten  Compression  nach  dem 
Einstellen  der  Steuerung  in  die  todte  Lage  der  zusammengedrückte 
Dampf  ins  Freie  gelassen  wird,  wobei  also  das  Sicherheitsventil  gleichsam 
die  Rolle  des  Ausströmungsventiles  übernimmt.  Mit  dieser  Anordnung 
sind  keine  wesentlichen  Verluste  verbunden,  aber  der  Nachtheil,  dafs 
die  Maschine,  wenn  sie  bei  einer  gewissen  Kurbelstellung  zur  Ruhe 
kommt,  sich  nach  dem  Lüften  der  Bremse  wieder  von  selbst  etwas  be- 
wegen kann,  und  zwar  in  Folge  des  eingeschlossenen  Dampfes.  Bei 
der  zweiten  Anordnung  stehen  beide  Cylinderseiten  während  des  End- 
laufes fortwährend    mit  dem  Auspuffrohre  in  Verbindung.     Das  gleiche 


Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermaschinen.  269 

Volumen,  welches  auf  der  einen  Kolbenseite  angesaugt  wird,  schiebt 
die  andere  Seite  hinaus,  so  dafs  der  Dampf  (von  atmosphärischer  Span- 
nung) durch  die  geötTneten  Auslafsventile  von  einer  Kolbenseite  auf  die 
andere  wechselt.  Stofsen  aber  die  Auspuffräume  beider  Cylinderseiten 
unter  einem  spitzen  Winkel  zusammen,  wie  es  eine  gute  Führung  des 
abströmenden  Dampfes  verlangt,  so  wird  ein  theilweises  Rückströmen 
und  Einziehen  von  äufserer  Luft  stattfinden.  Das  Gleiche  tritt  ein,  wenn 
die  rückwärtigen  und  vorderen  Auslafsventile  beider  Maschinen  —  der 
linken  und  rechten  —  mit  einander  verbunden  sind.  Ist  die  Eröffnung 
der  Ausströmungsventile  in  der  todten  Lage  der  Steuerung  nur  eine  ge- 
ringe, so  wirkt  der  Cjlinder  aufserdem  nach  Art  eines  Luftkataraktes 
bremsend  auf  die  Maschine. 

Es  liegt  wohl  auf  der  Hand,  dafs  die  Abkühlungsverluste  von  der 
Gröfse  der  inneren  Oberfläche  wesentlich  beeinflufst  werden;  da  beim 
Hubwechsel  das  Maximum  der  eingesogenen  Luft  vorhanden  ist,  mufs 
die  Oberfläche  entsprechend  der  Todtlage  der  Kurbel  bestimmt  werden, 
so  dafs  bei  beiden  verglichenen  Maschinen  ein  gegenseitiges  Verhältnifs 
derselben  von  12,5  :  14  vorhanden  ist,  weshalb  die  Maschine  H  auch  in 
dieser  Hinsicht  ungünstiger  arbeitet. 

Alles  zusammengenommen,  kann  wohl  ausgesprochen  werden,  dafs 
der  Dampfconsum  beider  Maschinen  höchstens  gleich  sein  wird,  wenn 
er  nicht  bei  der  Maschine  I  ein  niedrigerer  ist.  Zieht  man  noch  das 
gröfsere  Gewicht,  also  den  höheren  Preis  der  Maschine  mit  langem  Hube 
und  die  bedeutenderen  Kosten  ihres  Fundamentes  in  Betracht,  so  mufs 
der  Maschine  mit  mäfsigem  Verhältnisse  zwischen  Kolbenhub  und  Cy- 
linderbohrung  entschieden  der  Vorrang  eingeräumt  werden. 

Die  Achse  der  Maschine  wird  wohl  beim  kurzen  Hube  durch  den 
gröfseren  Dampfdruck  stärker  in  Anspruch  genommen;  bei  der  gewöhn- 
lichen Entfernung  beider  Kurbellager  von  einander  bestimmt  sich  aber 
die  Stärke  im  Lager  ohnedies  weniger  nach  der  Biegungsbeanspruchung, 
welche  die  Schubstangenkraft  an  dieser  Stelle  hervorruft,  als  mit  Rück- 
sicht auf  die  Wellenstärke  in  der  Mitte  der  Maschine,  indem  starke 
Querschnittsveränderungen  vermieden  werden  müssen. 
g 

Das  Verhältnifs  3  =  2   ist   also   dann   empfehlenswerth,    wenn    die 

Fördermaschine  mit  ungeheizten  Mänteln,  mit  mittlerem  Dampfdrucke 
und  mäfsiger  Expansion  arbeitet.  Ueber  dasselbe  hinauszugehen,  etwa  bis 

s 

-  =  3  ist  nur  dann  am  Platze,  wenn  hohe  Spannungen  und  kleine  Fül- 
lungen zur  Anwendung  gelangen,  wenn  der  Cylinder  ein  Dampf hemd 
besitzt  und  die  Steuerung  derart  construirt  ist,  dafs  beim  Endlauf  keine 

bedeuteuden  Abkühlungen  stattfinden.  Das  Verhältnifs  ,  aber  noch 
gröfser  zu  nehmen,  ist  durch  nichts  gerechtfertigt. 


270  Hub  der  direkt  wirkenden  Fördermaschinen. 

Nachdem  in  dieser  kleinen  Studie  auch  etwas  näher  auf  das  un- 
o-üDstio-e  Arbeiten  der  Fördermaschinen  eingegangen  wurde,  sollen  zum 
Schlüsse  auch  noch  jene  Mittel  besprochen  werden,  welche  den  grofsen 
Dampfeonsum  derselben  herabzudrücken  im  Stande  sind.  Dafs  diese 
Maschinen  mit  Expansion  arbeiten  sollen,  dafs  bei  ihnen  unter  Um- 
ständen sogar  das  Verbundsystem  am  Platze  ist  und  auch  schon  mit 
Erfolo-  Verwendung  fand,  wurde  schon  öfter  hervorgehoben.  Conden- 
sation  dürfte  nur  bei  flottem  Betriebe  und  dann  gerechtfertigt  sein, 
wenn  während  des  Endlaufes  keine  Verbindung  zwischen  den  Cylindern 
und  dem  Ausblaseraume  (dem  Condensator)  hergestellt  ist,  weil  sonst 
zu  grofse  Wärmeverluste  mit  in  den  Kauf  genommen  werden  müssen. 

Weil  aber  die  Condensation  auch  bei  Eincylindermaschinen  nicht 
von  jenen  Erfolgen  begleitet  ist,  als  man  früher  erwartete,  ist  ihre  An- 
wendung bei  reinen  Zwillings-Fördermaschinen  ohne  Verbundwirkung 
nicht  empfehlenswerth,  denn  die  verhältnifsmäfsig  geringen  durch  sie 
erzielten  Vortheile  werden  hier  durch  den  Nachtheil  der  verwickeiteren 
Bauweise  meistens  aufgewogen.  Das  Folgende  bezieht  sich  daher  auch 
nur  auf  Auspuff-Zwillingsmaschinen. 

Während  der  Fahrt  soll  die  Maschine  in  erster  Linie  durch  die 
Expansion  geregelt  werden  und  die  Steuerung  deshalb  leicht  zu  be- 
herrschen sein;  die  Drossel  soll  erst  später  und  die  Bremse  nur  zu 
allerletzt  Verwendung  finden.  Besitzt  die  Maschine  Coulisseusteuerung, 
so  soll  beim  Endlaufe  eine  solche  Dampfvertheilung  vorhanden  sein, 
bei  welcher  Arbeitsverluste  möglichst  vermieden  sind  und  die  aus  dem 
Auspuffrohre  angesaugte  Luftmenge  auf  das  geringste  Mafs  gebracht 
wird.  Dabei  darf  die  Spannung  am  Ende  der  Expansion  —  beim  Be- 
ginne der  Vorausströmung  nicht  viel  von  der  atmosphärischen  abweichen, 
es  soll  abwechselnd  dasselbe  Volumen  comprimirt  werden  und  expan- 
diren.  Dies  wird  bei  geschlossenem  Absperrventil  dann  der  Fall  sein, 
wenn  Admission  und  Expansion  beim  Vorwärtsgange  des  Kolbens  den- 
selben Weg  einnehmen,  als  Compression  und  Voreinströmung  beim  Rück- 
laufe desselben,  wobei  eine  zu  hohe  Spannung  durch  eine  genügend 
frühe  Eröffnung  der  Einströmung  verhindert  werden  niufs.  Unvermeid- 
lich ist  es  dabei,  dafs  bei  der  Vorausströmung  ein  Ansaugen  und  bei 
der  Ausströmung  ein  Hinausschieben  von  Luft  stattfindet,  weshalb  diese 
Perioden  möglichst  abgekürzt  werden  sollen.  Bei  Ventilsteuerungen  mit 
Gegenhebeln  kann  sich  der  Endlauf  auch  bei  vollständig  geschlossenen 
Ein-  und  Auslafsorganen  vollziehen,  was  bei  Schiebersteuerungen  nicht 
leicht  durchführbar  ist;  in  beiden  Fällen  müssen  aber  Sicherheitsventile 
zur  Anwendung  gelangen.  Dies  sind  jene  Verhältnisse,  welche  anzu- 
streben sind;  wie  weit  dies  bei  den  einzelnen  Steuerungen  möglich  ist, 
ohne  dafs  hierdurch  die  Dampfvertheilung  während  des  eigentlichen 
Arbeitens  der  Maschine  verschlechtert  wird,  mufs  eine  specielle  Unter- 
suchung derselben  zeigen. 


Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung.  271 

Steuerungen,  bei  welchen  man  die  Dampfvertheilung  der  todten 
Lage  vollständig  in  der  Hand  hat,  wie  die  Kraff sehe  Ventilsteuerung^ 
sind  den  anderen  vorzuziehen,  weil  man  bei  ihnen  die  Arbeits-  und 
Abkühlungsverluste  während  des  Endlaufes  sehr  herabziehen  kann. 
Dieser  kann  sich  dabei  entweder  bei  vollständig  geschlossenen  Ein-  und 
Auslafsventilen  vollziehen,  oder  es  können  die  Ein-  oder  Auslafsorgane 
offen  gehalten  werden. 

Sind  die  Auslafsventile  allein  offen,  so  mufs  das  Ueberströmen  des 
Dampfes  von  der  einen  zur  anderen  Kolbenseite  erleichtert  und  da& 
Eindringen  von  Luft  durch  das  Auspuffrohr  vermieden  werden.  Es 
wäre  dabei  zweckmäfsig,  die  Dampfableitung  eines  Cylinders  oder  beider 
zusammen  durch  einen  leichten,  genieteten  Sammelraum  zu  erweitern.^ 
der  vor  Wärmeverlusten  geschützt  ist  und  von  welchem  das  gemein- 
schaftliche Auspuffrohr  abzweigt. 

Vollzieht  sich  der  Endlauf  und  Stillstand  der  Maschine  bei  offenen 
Einlafsventilen  mit  gedrosseltem  Absperrventil,  so  stellt  sich  dabei  in 
den  Cjlindern  die  volle  Kesselspannung  ein,  wodurch  die  Abkühlung 
der  Innenwand  vollständig  vermieden  wird.  Dies  ersetzt  theilweise 
einen  Dampfmantel,  nur  mufs  für  eine  selbsthätige  Entfernung  des 
Condensationswassers  gesorgt  werden  und  eine  Einrichtung  vorhanden 
sein,  welche  es  gestattet,  den  Dampf  nach  Schlufs  des  Absperrventilea 
hinauszulassen.  Diese  Construction  ist  aber  hinsichtlich  der  Betriebs- 
sicherheit nicht  über  jeden  Zweifel  erhaben. 

Wie  bei  allen  Maschinen,  welche  starken  Abkühlungsverlusten  aus- 
gesetzt sind,  empfiehlt  sich  auch  bei  P'ördermaschiueu  die  Anwendung 
eines  Dampfmantels. 

Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestim- 
mung;  von  Constantin  Klinge. 

(Schluls  der  Abhandlung  S.  217  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  11. 

Dem  Thermometer  eigenthümlich  ist  das  besonders  (Fig.  5)  abge- 
bildete, an  die  Kapillare  angeschmolzene,  nach  abwärts  gebogene  Queck- 
silberreservegefäfs. 

Der  Quecksilbervorrath  in  dem  Thermometer  ist  so  grofs,  dafs  davon 
beim  Eintauchen  in  Eis  die  Kapillare  bis  zum  oberen  Theile  der  Scala 
gefüllt  wird.  Gesetzt  nun,  man  wolle  Gefrierpunktsbestimmungen  in 
Eisessig  ausführen,  so  mufs  so  viel  Quecksilber  aus  der  Kapillare  ent- 
fernt werden,  dafs  bei  160  und  darunter  Ablesungen  gemacht  werden 
können.  Zu  dem  Behufe  taucht  man  das  Instrument  in  Wasser  von 
170  bis  180  mj(j  schleudert  darauf  das  aus  der  Kapillare  ausgetretene 
Quecksilber  durch  einen  kurzen  Stofs  nach  abwärts  auf  den  Boden  des 
Reservegefäfses.     Beim   Abkühlen    wird    nun    die   Temperatur   auf  der 


272  Uie  Kaoullsclie  Methode  der  iMolekulargewiclilsbestimmuug. 

Scala  ablesbar  werden,  wenn  nickt,  wird  das  Ausschleudern  wiederholt. 
War  zu  viel  Quecksilber  entfernt,  so  läfst  sich  der  Schaden  schnell 
wieder  gut  machen,  indem  man  durch  leichtes  seitliches  Anklopfen  an 
das  Reservegefäfs  Qaecksilbertrö])fchen  in  die  Nähe  der  Kapillare  ver- 
spritzt und  diese  mit  dem  durch  Wärme  überzutreibenden  Quecksilber- 
faden zusammenfliefsen  läfst,  bis  derselbe  beim  Abkühlen  die  gewünschte 
Länge  zeigt.  Die  Vereinigung  des  gesammten  Quecksilbervorrathes  ge- 
schieht leicht,  indem  man  das  Thermometer  umkehrt,  etwas  Quecksilber 
in  das  Reservegefäfs  treten  läfst  und  nun  leicht  nach  unten  aufstöfst. 
Ein  Zurückfallen  des  abgetrennten  Quecksilbers  ist  bei  der  getroffenen 
Anordnung  natürlich  ausgeschlossen,  aber  auch  ein  Loslösen  des  Queck- 
silbers von  der  Kapillare,  wenn  es  theilweise  in  das  Reservegefäfs  über- 
getreten ist,  findet  beim  Arbeiten  niemals  statt;  man  kann  also  ohne 
Entfernung  des  Thermometers  schwerlösliche  Körper  sonder  Bedenken 
durch  Erwärmen  und  Rühren  in  Lösung  bringen.  Bei  wagerechter  Lage 
des  Thermometers  haftet  natürlich  das  Quecksilber  weniger  fest. 

Die  Scala  ist  in  i|j(,q  genaue  Celsiusgrade  getheilt,  aber  mit  will- 
kürlicher Bezifferung  versehen  und  umfafst  etwa  sechs  Gi*ade.  Um  die 
Kapillare,  den  theuren  Theil  des  Listrumentes,  für  die  Ablesung  völlig 
auszunutzen,  ist  zwischen  dieselbe  und  das  Quecksilbergefäfs  ein  längerer 
Olasstiel  eingeschaltet.  Das  Quecksilbergefäfs  ist  ziemlich  grofs  und 
stark  im  Glase  ausgeführt  worden,  um  einen  leichten  und  sicheren  Gang 
des  Quecksilberfadens  zu  erreichen. 

Nach  diesem  Verfahren  sind  bereits  Hunderte  von  Versuchen  aus- 
geführt worden,  und  gehören  die  Resultate 3''  wohl  zu  den  genauesten, 
welche  bis  jetzt  mit  Hilfe  der  RaoulCschen  Methode  erzielt  woi'den  sind. 

Ein  äufserst  einfaches  Verfahren  hat  ferner  Eykmann^^  in  Voi'schlag 
gebracht.  Der  Apparat  (Fig.  6)  besteht  aus  einem  kleinen  Kölbchen 
von  etwa  lO^c  Inhalt,  worin  ein  kleines  Thermometer,  über  etwa  50 
in  Zehntel  getheilt,  eingeschliffen  ist.  Nachdem  vorher  mit  dem  Appa- 
rate der  Gefriei-punkt  des  Lösungsmittels  festgestellt  worden  ist,  -wird 
in  das  Kölbchen  etwa  0,002  Grammmolekül  (bis  auf  mg  genau  ge- 
wogen) der  Substanz  hineingebracht,  ferner  etwa  bis  zur  Höhe  d  (ent- 
sprechend 6  bis  88)  Lösungsmittel  eingegossen,  das  Thermometer  ein- 
gesetzt und  die  Gesammtmenge  des  Lösungsmittels  -f-  Substanz  durch 
Wägung  des  ganzen  Apparates,  dessen  Tara  bekannt  ist,  bestimmt. 
Nachdem  die  Substanz  sich  gelöst  hat,  wird  der  Lihalt  zur  partiellen 
Krystallisation  gebracht  und  sodann  durch  Erwärmen  wieder  so  weit 
aufgethaut,  bis  nur  noch  wenige  Kr^^stallnadeln  in  der  Flüssigkeit 
schweben,  wobei  man  Sorge  trägt,  dafs  die  Temperatur  nicht  erheblich 
über  den  Gefrierpunkt  des  Gemisches  steigt.  Durch  Hin-  und  Her- 
schwenken des  Aj)parates,  welchen  man  bequem  zwischen  drei  Fingern 

39  Beckmann,  Zeitschr.   für  phys.   Chem.^  IL  717. 

40  Zeitschr.  für  phya.  Chem.,    II.   964. 


Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung.  273 

(bei  r/,  6,  c)  fafst,  wird  der  Inhalt  sanft  geschüttelt.  Die  Temperatur 
geht  zunächst  einige  Zehntel  unter  den  wahren  Gefrierpunkt  herab,  um 
sodann  unter  theilweisem  Ausfrieren  des  Lösungsmittels  schnell  zu 
steigen  und  nachher  wieder  zu  sinken,  wobei  das  genügend  lange  con- 
stant  bleibende  Maximum  zu  notiren  ist  (^/loo  Grrade  sind  zu  schätzen, 
w^o  nöthig  unter  Anwendung  einer  Lupe).  Durch  Wiederaufthauen 
u.  s.  w.  kann  die  Bestimmung  öfters  wiederholt  werden,  was  nur  wenige 
Minuten  in  Anspruch  nimmt.  Bei  richtigem  Handhaben  bekommt  man 
Resultate,  die  höchstens  um  ein  paar  Yioo'C^rade  differiren.  Erfolgt  die 
anfängliche  Krystallisation  des  Lösungsmittels  nicht  ohne  Weiteres  von 
selbst,  so  wird  dieselbe  durch  kurzes  Eintauchen  in  eine  kleine  Menge 
eines  Kältegemisches  hervorgerufen.  Die  Luft,  worin  das  Schütteln  vor- 
genommen werden  soll,  kann,  wo  nöthig,  mittels  eines  mit  kaltem 
Wasser  beschickten  Kalorimetergefäfses  abgekühlt  werden,  oder  auch 
der  ganze  Apparat  in  eine  weite  Reagensröhre  hineingesteckt  und 
mittels  Glaswollepfropfen  oben  und  unten  festgehalten,  zu  gleichem 
Zwecke  in  kaltes  Wasser  getaucht  werden.  Als  Vorzüge  des  Verfahrens 
mögen  hervorgehoben  sein,  dafs  das  Einwerfen  von  Krystallen  und 
das  Oeffnen  des  Apparates  während  der  Operation,  sowie  die  Rührvor- 
richtung umgangen  werden,  so  dafs  die  Bestimmung  mit  derselben  Menge 
Substanz  ohne  irgend  welchen  schädlichen  Einflufs  öfters  wiederholt 
werden  kann. 

Die  molekularen  Depressionen  von  Phenol  ^^  und  Naphtalin^a  sind, 
unter  Anwendung  dieses  Verfahrens,  von  Eykmann  festgestellt  worden. 

Der  Vollständigkeit  halber  sei  noch  ein  Apparat  erwähnt,  welchen 
R.  Fabinyi  zur  Bestimmung  der  molekularen  Depression  des  Naphtalins 
in  Benutzung  gezogen  hat.  Da  derselbe  jedoch  schwerlich  allgemeine 
praktische  Anwendung  finden  dürfte,  so  sei  bezüglich  näherer  Angaben 
auf  die  Originalarbeit  (Zeitschr.  für  phys.  Chem.^  III,  38)  verwiesen. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  ein  Apparat  von  Ciamician^^  beschrieben, 
welcher  gestattet,  das  Raoulf  sehe  Gesetz  einem  gröfseren  Publikum  zu 
demonstriren,  und  daher  zu  Vorlesungszwecken  empfehlenswerth  ist. 

Der  Apparat  (Fig.  7),  der  im  Wesentlichen  aus  einem  Luftthermo- 
meter besteht,  ist  schon  aus  der  Zeichnung  leicht  verständlich.  Ein 
gröfseres  Reagensglas  von  ungefähr  16cm  jjöhe  und  2cm^5  Durchmesser, 
zur  Aufnahme  der  Lösungen  bestimmt,  befindet  sich  in  einer  Kälte- 
mischung, die,  weil  die  Versuche  mit  wässerigen  Lösungen  ausgeführt 
wurden,  aus  Schnee  und  etwas  Kochsalz  bestand.  In  die  zu  unter- 
suchende Lösung  taucht,  in  der  aus  der  Zeichnung  ersichtlichen  Weise, 
ein  Luftthermometer,  dessen  cylindrisches  Gefäfs  eine  Länge  von  12cm 
und  einen  Durchmesser   von   lcm^5  besitzt;   letzteres  ist  an   ein   enges, 

41  Zeitschr.  für  phys.  Chem.^  II,   965. 

42  Zeitschr.  für  phys.  Chem.,  III,  113. 

43  Berichte,  XXII, 'Sl. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  6.  1889/III.  lg 


274  Üie  Raoultsche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung. 

zweimal  rechtwinklig  gebogenes  Glasrohr  von  etwa  l^^^b  Lichtweite, 
welches  in  ein  Becherglas  mit  gefärbtem  Wasser  taucht,  angeschmolzen. 
Das  etwa  70^"  lange  Rohr  ist  an  zwei  Stellen  kugelförmig  angeblasen, 
die  obere  Kugel  sichert  vor  einem  Zui-ücksteigen  der  Flüssigkeit  bei  zu 
starker  Abkühlung,  die  untere  verhindert  das  Auftreten  der  Luft  bei 
zu  starker  Erwärmung. 

Mau  beginnt  die  Versuche  mit  der  Bestimmung  des  Gfefrierpunktes 
des  Wassers;  beim  Eintauchen  des  Reagensrohres  A  in  die  Kälte- 
mischung und  lebhaftem  Rühren  mit  dem  Rührer  a  steigt  das  gefärbte 
Wasser  sehr  rasch  in  dem  engen  Rohre,  und  da  in  der  Regel  Ueber- 
kaltung  eintritt,  sinkt  bei  der  beginnenden  Eisbildung  die  Säule  plötz- 
lich auf  eine  bestimmte  Höhe,  auf  welcher  sie  dann  unverändert  stehen 
bleibt.  Auf  diese  Weise  wird  die  Erscheinung  sehr  schön  auch  von 
der  Ferne  sichtbar,  und  man  liest  den  Stand  des  gefärbten  Flüssigkeits- 
fadens entweder  auf  einer  papierenen  Scala  ab  oder  markirt  ihn  durch 
einen  Gummiring. 

Macht  man  jetzt  den  Versuch  mit  verschiedenen  Lösungen,  die  in 
dem  gleichen  Volumen  Wasser  (etwa  100'^'^)  molekulare  Mengen  ver- 
schiedener organischer  Verbindungen  enthalten,  so  stellt  sich  bei  den 
einzelnen  Bestimmungen  die  Flüssigkeitssäule  ziemlich  genau  auf  der- 
selben Höhe  ein,  und  zwar  natürlich  höher  als  bei  Anwendung  von 
reinem  Wasser.  Die  Differenz  betrug  bei  den  Versuchen  von  Ciamician 
mit  Lösungen  von  je  348,2  Rohrzucker,  188,2  Mannit,  58,8  Aceton,  6?,0 
Eisessig  gelöst  in  lOO'^c  Wasser  mehrere  Centimeter  und  war  daher 
auch  von  der  Ferne  recht  gut  bemerkbar.  Die  Lösungen  können  wäh- 
rend der  Vorlesungen  bereitet  werden,  und  es  läfst  sich  somit  auf  diese 
Weise  recht  schön  zeigen,  dafs  isotonische  Lösungen  dieselbe  Gefrier- 
punktserniedrigung besitzen. 

Lösungsmittel. 

Als  lösende  Mittel  benutzte  Raoult  im  Laufe  seiner  Untersuchungen 
Wasser,  Benzol,  Nitrobenzol,  Aethylenbromid,  Ameisensäure,  Essigsäure, 
Thymol  und  Naphtalin. 

In  neuerer  Zeit  sind  folgende  Lösungsmittel  in  Anwendung  ge- 
bracht worden.  ,.  ,  rx         ■     .,. 

Mol.;^ Depression  f 

Wasser 19 

Benzol 49 

Eisessig 39 

Phenol 76 

Naphtalin 10  (80). 

Da  die  Zahl  der  organischen  Verbindungen,  welche  hinreichend  in 
Wasser  löslich  sind,  eine  relativ  geringe  ist,  so  kann  das  Wasser  als 
Lösungsmittel  keine  ausgedehnte  Anwendung  finden ^f  und  würde  das- 
selbe vornehmlich  bei  der  Bestimmung  des  Molekulargewichtes  von 
Alkoholen,  Phenolen  und  Säuren  zu  gebrauchen  sein.  ^^    Raouh  schreibt 

»4  Auwers.^  Berichte,  XXI,  705. 


Die  Raoult'sche  Methode  der  Molekulargewichtsbestimmung.  275 

vor,  bei  Anwendung  von  Wasser  die  Concentration  so  zu  wählen,  dafs 
die  Depression  etwa  1"  beträgt.  Da  nun  die  molekulare  Depression 
des  Wassers  19  beträgt,  so  ergibt  sich  durch  einfache  Rechnung,  dafs, 
um  diesen  Vorschriften  Raoulfs  zu  genügen,  ziemlich  grofse  Substanz- 
mengen  erforderlich  sind,  namentlich  wenn  das  Molekulargewicht  der 
zu  untersuchenden  Substanz  ein  sehr  hohes  ist.  Dagegen  empfiehlt  sich 
das  Wasser  durch  seine  stark  dissociirenden  Eigenschaften.  *^  .Bedeutend 
günstiger  liegen  die  Verhältnisse  beim  Benzol,  welches  in  seiner  Hand- 
habung das  bequemste  und  die  relativ  gröfsten  Erniedrigungen  liefernde 
Lösungsmittel  ist.  Bei  seiner  geringen  dissociirenden  Kraft  ist  bisweilen 
starke  Verdünnung  erforderlich,  um  zu  normalen  Werthen  zu  gelangen. 
Alkohole,  Phenole  und  Säuren  rufen  in  Benzol  anormale  Depressionen 
hervor.  Für  diese  Körperklassen  gibt  Raoult  die  molekulare  Depression 
des  Benzols  T=2b  an. 

Die  allgemeinste  Anwendung  hat  Eisessig  gefunden.  Auch  dieser 
wirkt  stark  dissociirend  und  liefert  meist  normale,  von  der  Concentration 
unabhängige  Werthe.  Ein  günstiger  Umstand  liegt  ferner  darin,  dafs 
man  in  Folge  der  hohen  Erstarrungstemperatur  des  Eisessigs  mit  ihm 
bei  Temperaturen  arbeiten  kann,  welche  von  der  mittleren  Zimmer- 
temperatur wenig  oder  gar  nicht  abweichen.  Hierzu  kommt,  dafs  es 
im  Allgemeinen  nicht  nöthig  ist,  den  Eisessig  für  diese  Bestimmungen 
absolut  wasserfrei  anzuwenden.  Auivers^^  empfiehlt  daher,  wo  es  nur 
irgend  angängig  ist,  in  erster  Linie  Eisessig  als  Lösungsmittel  zu  benutzen. 

Phenol,  das  neben  seiner  Billigkeit  und  leicht  zu  habender  Rein- 
heit eine  grofse  Lösungsfähigkeit  für  die  meisten  Körper  besitzt,  ist 
von  Eykmann  ^^  mit  grofsem  Erfolge  als  Lösungsmittel  angewandt  worden. 

Für  die  molekulare  Depression  des  Naphtalins  sind  zwei  verschie- 
dene Werthe  aufgestellt  worden,  und  zwar  T=70  {Eykmann)  und 
T  =  80  (Fabinyi)^  doch  dürfte  wohl  der  kleinere  Werth  als  richtiger 
angenommen  werden,  da  derselbe  mit  dem  aus  der  van  f Hoff' sehen 
Formel  berechneten  Werthe  übereinstimmt. 

Es  ist  schon  im  theoretischen  Theile  darauf  hingedeutet  worden, 
welche  wichtige  Rolle  die  Concentration  des  Lösungsmittels  bezüglich 
der  Schärfe  der  Resultate  spielt.  —  Um  sich  daher  vor  Täuschungen 
zu  sichern,  erscheint  es  immer  gerathen,  sich  durch  den  Versuch  ein 
Urtheil  über  die  Abhängigkeit  der  Werthe  von  der  Concentration  zu 
bilden.  Man  führt  eine  Versuchsreihe  aus,  welche  sich  über  Depressionen 
von  etwa  0,2  bis  2  oder  mehr  Graden  erstreckt.  Ob  gröfsere  Ab- 
weichungen der  niedrigsten  Werthe  auf  Versuchsfehlern  beruhen,  wird 
durch  Betrachtnnff  der  folgenden  Werthe   sofort  ersichtlich.     Je  höher 


■lö  Beckmann^  Zeitschr.  für  phvs.  Chem.^  II,   742. 

46  Berichte,  XXI,   708. 

4^  Zeitschr.  Jür  phys.   Chem.,  II,  964. 


276         Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur. 

die  Gehalte  sind,  um  so  leichtei*  fallen  durch  theilweises  Ausfrieren  des 
Lösungsmittels  die  Erniedrigungen  zu  grofs  aus.  ^^ 


Die  Resultate,  welche  bis  jetzt  durch  die  Methode  erzielt  worden 
sind,  ergeben,  dafs  dieselbe  nicht  dazu  dienen  kann,  etwa  zwischen 
zwei  nahe  bei  einander  liegenden  Formeln  von  wenig  verschiedener 
procentischer  Zusammensetzung  eine  Entscheidung  zu  treffen,  wie  dies 
häufig  durch  eine  Dampfdichtebestimmung  möglich  ist.  Dagegen  wird 
die  RaouWsche  Methode  in  einer  grofsen  Anzahl  von  Fällen,  in  denen 
eine  Dampfdichtebestimmung  unmöglich  ist,  als  einzig  überbleibendes 
Mittel  zur  Bestimmung  der  Molekulargröfse  treffliche  Dienste  leisten, 
namentlich  wenn  es  sich  darum  handelt,  zwischen  irgend  einer  Formel 
und  einem  Multiplum  oder  Submultiplum  derselben  zu  entscheiden."*^ 

Die  Bedeutung  der  Methode  wird  am  besten  durch  die  Worte 
Victor  Meyer's^^:  „Die  HaouU'sche  Methode  der  Molekulargewichts- 
bestimmung ist  ohne  Zweifel  die  bedeutungsvollste  Bereicherung,  welche 
der  Vorrath  an  physikalischen  Hilfsmitteln,  über  den  die  chemische 
Forschung  verfügt,  seit  der  Entdeckung  der  Dulong-Petif  scheu  Methode 
der  Atomgewichtsbestimmung  erfahi'en  hat'\  charakterisirt. 


Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur 
und  erhöhten  Druck  bei  Gegenwart  von  Wasser;  von 

H.  Taufs. 

(Aus  dem  ehem.  techn.  Laboratorium  der  technischen  Hochschule  in  Graz.) 

Die  immer  weiter  sich  ausbreitende  Anwendung  des  reinen  Zell- 
ßtoffes,  der  Cellulose  aus  Holz,  zur  Erzeugung  von  Papier,  die  immer 
mehr  oder  weniger  geheimnifsvolle  Fabrikation  desselben  nach  den  ver- 
schiedensten Patenten  und  Vorschriften,  wobei  die  gröfsere  oder  ge- 
ringere Ausbeute,  die  Reinheit  des  gewonnenen  Productes  von  Factoren 
abhängig  ist,  die  heute  noch  nicht  genügend  aufgeklärt  sind,  macheu 
es  wünschenswerth ,  Angaben  über  das  Verhalten  des  Holzes  gegen 
höhere  Temj)eraturen  und  höheren  Druck  1)  bei  Gegenwart  von  Wasser, 
2)  von  verdünnten  Säuren,  3)  von  Natronlauge,  4)  von  saurem  schwef- 
ligsauren Kalke  zu  erhalten.  Ebenso  wünschenswerth  ist  es  aber 
auch,  die  Angreifbarkeit  der  reinen  Cellulose  unter  denselben  Bedin- 
gungen festzustellen  und  so,  durch  Gegenüberstellung  beider  Resultate, 
Aufschlüsse  über  die  Zersetzungsproducte  der  sogen,  inkrustirenden 
Substanzen  zu  erfahren. 


48  Beckmann,  Zeitschr.  für  phys.  Chem.^  H,  743. 

49  Auwers^  Belichte^  XXI.  719. 

50  Berichte,  XXI,  53'J. 


Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur.        277 

Nach  den  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Untersuchungen  enthalten 
die  verschiedenen  Hölzer  wechselnde  Mengen  von  Cellulose  und  holz- 
inkrustirenden  Substanzen. 


So  enthält: 

Holzarten* 

Wasser 

Wasserextract 

Harz 

Zellstofif 

inkrust.  Subst. 

Birken    .     .     .     . 

12.48 

2.65 

1.14 

55.52 

28.21 

Buchen   .     .     .     . 

12.57 

2.41 

0.41 

45^47 

39,14 

Bucbsbaum      .     . 

12,90 

2.63 

0.63 

48,14 

35,70 

Ebenholz    .     .     . 

9.40 

9.99 

2.54 

29,99 

48,08 

Eichen    .   ' .     .     . 

13,12 

12,20 

0.91 

39.47 

34.30 

Erlen      .     .     .     . 

10.70 

2.48 

0.87 

54.62 

31.33 

Inajak    .     .     .     . 

10.88 

6.06 

15,63 

32.22 

35.21 

Linden    .... 

10.10 

3.56 

3.93 

53.09 

29.32 

Kastanien  .     .     . 

12,03 

5.41 

1.10 

52.64 

18.82 

Kiefer    .... 

12.87 

4.05 

1.63 

53.27 

28.18 

Mahagoni    .     .     . 

12^39 

9,91 

1.02 

49.67 

27.61 

Pappel  (schwarzj 

12.10 

2.88 

i;37 

62.77 

20.88 

Tannen  .... 

13.87 

1.26 

0.97 

56.99 

26.91 

Teak 

11,05 

3.93 

3.74 

43.12 

38.16 

Weiden  .... 

11.66 

2.65 

1.23 

55,72 

28,74. 

■■    Wagnei\  Chem.   Technologie^  519. 

Ueber  das  Verhalten  der  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur  und 
Druck  bei  Gegenwart  von  Wasser  sind  schon  vielfach  Untersuchungen 
angestellt  worden.  Mulder  ^  fand  schon,  dafs  sich  beim  Erhitzen  von 
Cellulose  mit  Wasser  über  200"  etwas  Gljcose  bildet,  Hoppe-Seyler\ 
der  reines  schwedisches  Filtrirpapier  mit  Wasser  in  Glasröhren  ein- 
schmolz und  auf  etwa  200^  durch  4  bis  6^  erhitzte,  fand,  dafs  Papier 
sich  stark  bräunte,  eine  gelbe  Farbe  annahm ;  in  der  Flüssigkeit  schwammen 
metallisch  glänzende  Blättchen.  Es  entwich  beim  Oeffnen  der  Röhre 
Kohlensäure.  Die  Flüssigkeit  destillirt,  lieferte  Ameisensäure,  Essig- 
säure, als  Rückstand  (über  Schwefelsäure  verdunstet)  blieb  ein  Syrup, 
in  welchem  Brenzcatechin  leicht  nachzuweisen  war.  Williams  3  fand 
darin  Furfurol.  Münk  *  fand  beim  Erhitzen  mit  Wasser  auf  hohe  Tem- 
peratur einen  redncirenden,  nicht  gährungsfähigen  Körper. 

Ueber  das  Verhalten  der  inkrustirenden  Substanzen  gegen  höhere 
Temperaturen  und  höheren  Druck  bei  Gegenwart  von  Wasser  ist  bis 
jetzt  noch  wenig  bekannt.  Die  ersten  Untersuchungen  über  ,,inkrusti- 
rende  Materie''  rühren  von  Payen'^  her,  später  haben  sich  damit  be- 
schäftigt Schulze^  Fremy^  Terrail  u.  s.  w.  Erdmann^  nennt  das  mit 
Alkohol,  Aether,  verdünnter  Essigsäure  erschöpfte  Holz  von  Pinus  abies 
Glucolignose  und  gibt  an,  dafs  sich  dasselbe  beim  Kochen  mit  Säure 
in  Lignose  und  Traubenzucker  zersetze.  Fr.  Beute''  wiederholte  die 
letzteren  Untersuchungen,   bezweifelt   nach   seinen   Resultaten   die  Erd- 

J  Journ.  f.  prakt.  Chem.^  63.  565. 

2  Bert.  Btr.^  4,  15. 

3  Chem.  News^  265,  281  bis  293. 

4  Zeitschrift  f.  phys.  Chemie.,  I  S.  357. 

5  Näheres  siehe  Sachse.  Kohlenhtidrale. 

6  Ann.  Chem.  Pharm.,  138  S.  5,  223. 
"i  Berl.    Ber. 


278         Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur. 

mann  sehe  Anaahme,  dafs  die  Glucolignose  ein  chemisches  Individuum  sei, 
und  ermittelte,  dafs  sich  25  Proc.  der  Glucolignose  bei  der  Zersetzung 
mit  HCl  iu  der  Flüssigkeit  als  Traubenzucker  wiederfanden,  Thomson^ 
löste  aus  dem  Holze  verschiedener  Laubbäume  mittels  kalter  verdünnter 
Natronlauge  wechselnde  Mengen  (8  bis  26  Proc.)  einer  der  Cellulose  iso- 
meren Substanz,  welche  er  Holzgummi  nennt;  dasselbe  wird  durch  ver- 
dünnte Schwefelsäure  nicht  in  Zucker  übergeführt.  Friedrich  Koch"^  erhält 
ein  Holzgumrni,  das  beim  Kochen  mit  verdünnten  Säuren  eine  bisher 
unbekannte,  leicht  und  schön  krjstallisirende,  schwach  rechts  drehende 
Zuckerart  liefert,  welche  selbst  der  alkoholischen  Gähruno-  fähig-  ist  und 
mit  Phenylhydrazin  eine  bei  160*^  schmelzende  Verbindung  liefert. 

Als  Kennzeichen  des  Vorhandenseins  von  inkrustirender  Substanz 
im  Holze  oder  im  Holzschliffpapiere  oder  der  Holzcellulose  dienen  ge- 
wisse Farbenreactionen,  hervorgerufen  durch  salzsaures  Anilin,  nach 
Runge  und  Hoffmann^  schwefelsaures  Anilin,  Phloroglucin  in  Verbindung 
mit  Salzsäure  nach  Wiesner ^  durch  Phenol  in  Verbindung  mit  Salzsäure 
nach  Höfinel^  durch  Orcin,  Resorcin  u.  s.  w. 

Nach  Max  Singer  'o^  der  diese  Holzstoffreactionen  auf  ihre  Empfind- 
lichkeit prüfte,  ist  das  sicherste  und  beste  das  Phloi-ogluciu  in  Verbin- 
dung mit  Salzsäure.  Später  veröffentlichte  Ihl^^  mit  den  Farbenreac- 
tionen der  Phenole  mit  Kohlenhydraten  eine  ganze  Reihe  von  Reagentien 
auf  holzinkrustirende  Substanz.  Er  verwendet  dazu  alkoholische  Lö- 
sungen von  Phenolen,  bringt  sie  kalt  oder  erwärmt  gleichzeitig  mit  Salz- 
oder Schwefelsäure  auf  das  Papier.  So  gibt  dann  Orcin  mit  Salzsäure 
auf  Holz  eine  prachtvoll  dunkelrothe  Färbung;  reine  Cellulose  wird 
nicht  verändert,  Resorcin  und  Salzsäure  färbt  Holz  und  Holzstolipapier 
dunkelgrün,  reines  Cellulosepapier  wird  rothviolett,  Pyrogallussäure  und 
Salzsäure  färben  blaugrün,  Carbolsäure  und  Salzsäure  gelbgrün.  Phloro- 
glucin und  Salzsäure  färben  Holz  und  Holzstoffpapier  blauviolett,  reine 
Cellulose  wird  nicht  gefärbt. 

Aehnliche  Reactionen  geben  diese  Phenole  auch  mit  Zuckerarten, 
so  wird  Phloroglucin  mit  Rohrzucker  bei  schwachem  Erwärmen  intensiv 
gelbroth,  ebenso  Traubenzucker,  Dextrin  wird  gelb,  Dextrose  roth. 

In  einer  nachfolgenden  Mittheilung  führt  IM  '"•*  alle  diese  Reactionen 
auf  Färbungen  von  Gummisubstanzen,  Zersetzungsproducte  der  Zucker- 
arten zurück.  Die  Färbungen  sind  nach  Seliwanoip-^  wenig  beständig; 
mit  Ausnahme  der  Rohrzuckerfärbung  verschwinden  alle  beim  Ver- 
düDDen  mit  Wasser. 


H  Journ.  f.  prakt.   Chem.,  19   n.   F.   116. 
9  Bert.  Ber.  R.  20,  145.     Pharm.  Zeitsch.  f.   Rußland.  To. 
lü   Manatihefle   f.    Chem..^  1882,  3!)(3. 

11  Cliem.  Zeug.,  8,  457. 

12  Chem.  Zeitq.,  87,  24.  77.  19. 

13  Chem.    Zeitg.,   87,  24.   181. 


Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur.        279 

In  neuester  Zeit  schlägt  Wurster  ^^  (selbst  zur  quantitativen  Be- 
stimmung) als  Reagens  auf  HolzsehlifFpapier  das  Dimethjlparaphenylen- 
diamin  vor,  welches  dabei  fuchsroth  gefärbt  wird.  —  Als  Ursache  der 
Färbungen  mit  Phenolen  führt  Singer ^'^  einen  geringen  Gehalt  von 
Vanillin  und  Coniferin  im  Holze  an.  Durch  Auskochen  von  Fichten- 
holz mit  destillirtem  Wasser  erhält  er  wässerige  Extracte,  die  deutlich 
nach  Vanillin  riechen  und  die  alle  Holzstofi'reactionen  zeigen.  Doch  liefs 
sich  in  dem  rückständigen  Holze  trotz  monatelangem  Auskochen  keine 
Abnahme  der  Färbung  wahrnehmen.  Aehnlich  wie  Fichtenholz  gibt 
auch  Rothbuchenholz  solche  Auszüge,  Singer  erhielt  mit  reinem  Vanillin 
alle  die  Holzstotfreactionen,  gibt  aber  an,  dafs  die  Nuancen  nicht  immer 
übereinstimmen.  So  gibt  Vanillin  mit  Phloroglucin  und  Schwefelsäure 
eine  ziegelrothe,  mit  Resorcin  und  derselben  Säure  eine  zinnoberrothe 
Färbung,  während  verholzte  Gewebe  mehr  violett  bis  blauviolett  ge- 
färbt werden.  Die  Blaufärbung  der  Holzsubstanz  mit  Phenol  führt 
Singer  auf  einen  Gehalt  an  Coniferin  zurück,  gibt  aber  auch  hier  an, 
dafs  die  höchstempfindliche  Reaction  auf  Coniferin  nach  Kübel  ^  eine 
Rothviolettfärbung  desselben  mit  Schwefelsäure,  weder  im  Holze  noch 
im  Cambium,  das  reichlich  Coniferin  enthält,  eintrat,  und  hat  die  An- 
sicht, dafs  die  Anwesenheit  gewisser  Körper  jene  Coniferinreactionen 
bald  zu  verhindern,  bald  zu  verändern  im  Stande  ist. 

Nachdem  ich  mich  seit  längerer  Zeit  schon  damit  beschäftigt  habe, 
die  aus  einer  Fabrik  stammenden  Sulfitabfallslauge  enthaltenen  Körper 
zu  studireu,  habe  ich  dabei  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  diese  Laugen 
stets  mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  die  Reaction  auf  inkrustirende 
Substanzen  zeigten,  freilich  nur  dann,  wenn  ich  reines  schwedisches 
Filtrirpapier  mit  der  Lauge,  oder  besser  mit  einem  ätherischen  Aus- 
zuge aus  derselben  tränkte  und  trocknete.  Es  trat  dann  jedesmal  die 
violette  Reaction  ein,  wenn  das  Papier  mit  Phloroglucin  und  Salzsäure 
betupft  wurde.  Der  weitereu  Untersuchung  jedoch  waren  der  Gehalt 
an  Kalk  und  an  schwefliger  Säure  sehr  hinderlich.  Da  durch  Singer 
schon  bekannt  geworden,  dafs  ein  Kochen  mit  destillirtem  Wasser  ein 
theilweises  Auslösen  der  inkrustireuden  Substanzen  herbeiführt,  so  lag 
der  Gedanke  nahe,  die  lösende  Wirkung  des  Wassers  durch  höheren 
Druck  zu  verstärken. 

Meine  Versuche  theilen  sich  nun  wie  folgt  ein : 

1)  Auskochuugen  von  reiner  Cellulose  und  von  Holz  (Buchenholz  und 
Fichtenholz)  mit  destillirtem  Wasser  durch  3'^  bei  gewöhnlichem  Drucke. 

2)  Auskochungen  von  reiner  Cellulose  und  von  Holz  (Buchenholz 
und  Fichtenholz)  mit  destillirtem  Wasser  durch  3^  bei  höherem  Drucke 
von  5at. 

3)  Auskochungen  von   reiner  Cellulose  und  von  Holz  (Buchenholz 

»  Berl.  Ber..  87,  808. 
15  Monatshefte,  1882,  396. 


280         Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur. 

und  Fichtenholz)  mit  destilhrtem  Wasser  durch  3''  bei  höherem  Drucke 
von  10'". 

4)  Auskochungen  von  reiner  Cellulose  und  von  Holz  (Buchenholz 
und  Fichtenholz)  mit  destillirtem  Wasser  durch  3''  bei  höherem  Drucke 
von  20"'. 

Als  Material  verwendete  ich  einerseits  reines  schwedisches  Filtrir- 
papier,  andererseits  feine  Späne  von  Buchenholz  und  Fichtenholz.  Die 
Auskochungen  bei  gewöhnlichem  Drucke  wurden  in  einem  Glaskolben 
vorgenommen.  Der  höhere  Druck  wurde  erzielt  in  einem  Hoehdruck- 
digestor  nach  Müncke^  worin  sehr  leicht  ein  Druck  von  22'^'  erreicht 
werden  konnte. 

Ich  erhielt  dabei  stets  eine  mehr  oder  weniger  gelblich  gefärbte 
klare  Lösung,  welche  sich  an  der  Luft,  jedoch  langsam,  bräunte  und 
beim  Eindampfen  einen  schwarz  gefärbten,  harzartigen,  in  Alkali  leicht 
löslichen  Körper  ausschied. 

Diese  Lösungen  wurden  durch  Filtriren,  wiederholtes  Auspressen 
mit  Wasser  vollkommen  vom  Rückstande  getrennt  und  dann  weiter 
untersucht.  Sie  enthielten  wechselnde  Mengen  von  Trockenrückstand, 
reducirtenalleFeA/m^''schen  alkalischen  Kupferlösungen,  liefsen  mit  Aether 
einen  geringen  Antheil  ausschütteln;  derselbe  zeigte  mit  Phloroglucin 
und  Salzsäure  wechselnde  Farbenreactionen.  Die  Menge  des  Trocken- 
rückstandes erhielt  ich  durch  Eindampfen,  vorsichtiges  Trocknen  bei 
1000  durch  3''  und  Wägen.  Der  Gehalt  an  Zuckerbestandtheilen  wurde 
nach  Fehling  mit  der  S chwarz" scheu  ^'"  Abänderung  bestimmt  und  als 
Dextrose  berechnet.  Die  Farbenreactionen  mit  den  Phenolen  wurden 
so  durchgeführt,  wie  ich  schon  früher  erwähnte,  oder  ich  liefs  einen 
Theil  der  ätherischen  Lösung  in  einem  Porzellanschälchen  eintrocknen, 
brachte  die  alkoholische  Lösung  des  Phenols  dazu,  vertrieb  den  Alkohol 
auf  dem  Wasserbade.  Der  Zusatz  eines  Tropfens  concentrirter  Salz- 
säure, oder  oft  auch  schon  der  Dampf  derselben  genügte,  um  sofort  die 
prachtvollsten  Farbenreactionen  hervorzurufen.  Als  Phenol  benutzte 
ich  der  gröfsten  Mehrzahl  nach  das  Phloroglucin. 

Die  auftretenden  Farben  zeigten  dabei  ganz  charakteristische 
Nuancen.  Während  die  Auszüge  der  Cellulosekochungen  stets  rothe 
Färbungen  ergaben,  die  der  IhCschen  Reaction  auf  Dextrose  vollkommen 
gleichen  i^,  erhielt  ich  mit  den  Auszügen  der  Holzauskochungeu  stets 
blauviolette  Färbungen,  in  ihrer  Nuance  vollkommen  mit  der  direkten 
Reaction  auf  Holzspäne  übereinstimmend. 

Nach  diesen  Bemerkungen  stellen  sich  nun  meine  Untersuchungs- 
resultate wie  folgt  zusammen: 

16  Ann.  Chem.  Pharm..,  84,  84. 

'"  Um  möglichst  gleiche  Verhältnisse  zu  haben,  habe  ich  lOf!  reine  Dextrose 
mit  destillirtem  Wasser  bei  5'it  durch  3h  erhitzt;  Lösung  larbte  sich  gelb,  liefs 
mit  Aether  kleinen  Antheil  ausschütteln,  der  mit  Phenol  und  HCl  deutliche 
schöne  Rothfärbung  ergab. 


Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur.        281 

I.  Auskochung  von  Cellulose  und  Holz  bei  normalem  Drucke. 

20s  Cellulose,  mit  1'  destillirtem  Wasser  ausgekocht,  ergaben  sehr 
geringe,  nicht  wägbare  Mengen  Extract,  doch  liefs  sich  mit  der  coa- 
centrirten  Lösung  deutlich  die  Kupferoxjdulausscheidung  aus  Fehling- 
scher  Lösung  erkennen.  Phloroglucin  und  Salzsäure  ergaben  Rothfär- 
bung. Mit  der  gleichen  Substanz  wiederholt  ausgeführte  Kochungeu 
ergaben  dieselben  Resultate. 

208  Buchenholz,  dreimal  hinter  einander  durch  je  3^  mit  1^  destil- 
lirtem Wasser  ausgekocht,  ergaben: 

Trockenrückstand  12  3  Summe 

für    20g 0,760g  0,440g  0,250g  1.450g 

„    100g 3,80g  2,20g  1,25g  7,25g 

davon  ist  Zucker: 

aus    20g 0,313g  0,140g  0,020g  0,473^ 

„     100g 1,565g  0,700g  0,100g  2,365g 

Mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  tritt  deutliche  Rothfärbung  ein. 

20?  Fichtenholz  mit  1'  destillirtem  Wasser  durch  3^  ausgekocht, 
ergaben :  i^ 

Trockenrückstand  1 

für  je     20g  .     .     .     0,236g 
„     „   100g  .     .     .     1,180g 
davon  ist  Zucker: 

aus    20g  .     .     .     .    0,035g 
„     100g  ....     0,1758 

Reaction  mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  wie  vorher. 

Die  Behandlung  mit  Wasser  bei  normalem  Drucke  ergab,  dafs  aus 
der  reinen  Cellulose  Spuren  von  Zucker  ausgelöst  werden  können  (selbst 
aus  dem  reinsten  schwedischen  Filtrirpapiere);  dafs  aber  eine,  wenn 
auch  oft  nach  längerem  Warten  erst  auftretende  Rothfärbung  des  Pa- 
pieres  mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  durchaus  nicht  mafsgebend  ist 
für  das  Vorhandensein  von  holzinkrustirenden  Substanzen,  sondern  auf 
einen  geringen  Zuckergehalt  zurückzuführen  ist. 

Aus  Buchenholz  löst  kochendes  Wasser  gröfsere  Mengen  7,08  Proc. 
aus,  wovon  2,37  Proc.  Zuckersubstanzen  sind.  Aus  Fichtenholz  wird 
viel  weniger  ausgelöst. 

Die  gesammten  wässerigen  Auszüge  gaben  mit  Phloroglucin  und 
Salzsäure  rothe  Färbungen,  gleich  der  Dextrosereaction. 

IL  Auskochungen  von  Cellulose  und  Holz  unter  Druck  von  ö^^. 
20g  Cellulose  ergaben,  mit  l'  Wasser  3h  erhitzt: 

Trockenrückstand  12  3  Summe 

für     20g       ....     0,148g  0,080g  0,049g  0,277g 

„    100g       ....     0,740g  0,400g  0.245g  1,385g 


J8  Ich  habe  bei  den  Auskochungen  von  Fichtenholz  die  Wiederholungen 
nicht  ausgeführt,  weil  sie  von  keinem  wesentlichen  Einlluis  auf  das  Resultat 
waren. 


282         Verhalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur. 

davon  ist  Zucker: 

aus    20g      ....     0,021g  0,0025g  0,0012g  0,0247g 

„     100g      ....     0,105g  0,0125g  0,0060g  0,1235g 

Mit  Phlorogluciu  und  Salzsäure  tritt  deutliche  Rothfärbung  ein. 
20g  Buchenholz  durch  3'^  mit  1'  Wasser  erhitzt,  ergaben: 


Trockenrückstand            1 
für    20g      ....     4,320g 
„    100g      ....  21,60g 

2 
0,800g 
4,00g 

3 
0,250g 
1,25g 

Summe 
5,35g 
26,75g 

davon  ist  Zucker: 

aus    20g      ....     1,971g 
„     100g      ....     9,85g 

0,237g 
1,185g 

0,030g 
0,150g 

2,238g 
11,190g 

20g  Fichtenholz  ergaben  un 

ter  den  gleichen  Verhältnissen: 

Trockenrückstand           1 
von    20g      ...     .     3,08g 
„     100g      ....  15,40g 

2 
0,613g 
3,065g 

3 
0,142g 
0,710g 

Summe 

3,835g 

19,175g 

davon  ist  Zucker: 

aus     20g      ....     1.60g 
„     lOUg      ....     8,00g 

0,20g 
1,00g 

0,015g 

0,075g 

1,815g 
9,075g 

Mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  treten  blaue  bis  blauviolette  Farben  auf. 

Die  Behandlung  von  Cellulose  und  Holz  unter  Druck  ergab,  dafs 
die  Cellulose  bei  5'*'  noch  wenig  angegriffen  wird,  selbst  wiederholtes 
Auskochen  lieferte  nur  1,38  Proc.  des  angewandten  Materiales  als  ge- 
lösten Antheil,  dafs  aber  vom  Buchen-  wie  vom  Fichtenholze  beträcht- 
liche Mengen  ausgezogen  M^erden,  von  ersterem  26,75  Proc,  von  letz- 
terem 19,17  Proc.  und  dafs  fast  die  Hälfte  des  gelösten  Antheiles  als 
Zuckersubstanz  enthalten  ist,  von  Buchenholz  11,19  Proc,  von  Fichten- 
holz 9,072  Proc. 

Durch  diese  Behandlung  werden  auch  die,  charakteristische  Farben- 
reactionen  gebenden,  inkrustirenden  Substanzen  gröfstentheils  in  die 
lösliche  Form  übergeführt.  Die  Nuancen  gleichen  ganz  denen  bei  der 
direkten  Prüfung  aus  Holzbestandtheilen  erscheinenden. 

Ich  habe  in  diesem  Falle  nicht  nur  die  Reaction  mit  Phloroglucin 
und  Salzsäure,  sondern  auch  alle  anderen  früher  angegebenen  Phenole 
zur  Prüfung  verwendet.  Es  ergaben  alle  die  bezeichneten  Farben- 
reactionen  auf  holzinkrustirende  Substanzen. 

III.  Auskochungen  von  Cellulose  und  Holz  unter  Druck  von   /ö"'. 

10«  i**  Cellulose  mit  1'  Wasser  durch  3''  erhitzt,  ergaben: 

Trockenrückstand  12  3  Summe 

für    10g       ....     0,944g  0,384g  0.020g  1,348g 

„    100g      ....     9,44g  3,84g  0,20g  13,48g 

davon  ist  Zucker: 

aus     log      ....     0,394g  0,145g  0,010g  0,549g 

„     100g      ....     3,94g  1,45g  0,10g  5,49g 

Mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  trat  deutliche  Dextrosereaction  ein. 

ly  Um  die  Zersetzung  vollkommen  zu  machen,  habe  ich  nur  10g  Cellulose 
angewandt. 


Verbalten  von  Holz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur.        283 

lOs  Buchenholz  mit  1'  destillirtem  Wasser  durch  3'^  erhitzt,  ergaben : 

Trockenrückstand  12  3  Summe 

von     10g      ....     1,368g  0,412g  0,061g  1,841g 

„100g     ....  13,68g  4,12g  0,61g  18,41g 

davon  ist  Zucker:  , 

aus     10g      ....     0,424g  0,086g  0,021g  0,531g 

„     100g      ....     4,24g  0,86g  0,21g  5,31g 

10s  Fichtenholz  unter  denselben  Verhältnissen  ergaben: 
Trockenriickstand  12  3  Summe 

von     10g      ....     1,178g  0,312g  0,120g  1,610g 

„     100g     ....  11,78g  3,12g  1,20g  16,10g 

davon  ist  Zucker: 

aus     10g      ....     0,340g  0,085g  —  0,425g 

„     100g      ....     3,40g  0,85g  —  4,25g 

Mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  erscheinen  blauviolette  Farben. 

Bei  der  Behandlung  unter  Druck  von  lO^t  zeigte  sich,  dafs  die 
Cellulose  sich  ziemlich  stark  zersetzt,  in  der  Lösung  fanden  sich 
13,48  Proc,  wovon  5,49  Proc.  Zuckersubstanzen  sind. 

Auch  aus  dem  Holze  lösten  sich  noch  beträchtliche  Mengen,  doch 
sinkt  der  Zuckergehalt.  Nur  1/4  bis  ^j^  der  Gesammtmenge  ist  Zucker- 
substanz. 

IV.  Auskochung  von  Cellulose  und  Holz  unter  Druck  von  W^^. 
Dabei  zeigte  sich  die  Cellulose  vollkommen  verändert,  sie  vs^urde 
gallertig,  trocknete  dann  zu  einer  sehr  harten  Masse  aus,  die  sich 
pulvern  liefs.  Nachdem  ich  "einen  Theil  fein  gerieben,  gut  gewaschen 
und  bis  zum  constanten  Gewichte  getrocknet  hatte,  unterwarf  ich  ihn 
der  Elementaranalyse  und  erhielt,   auf  aschenfreie  Substanz  gerechnet: 

C 42,37  Proc. 

H 6,30     „ 

0 51,33      „ 

100,00  Proc. 
Die  Cellulose  hatte  Wasser  aufgenommen;  das  hydratisirte  Product 
ähnelte  der  Zusammensetzung  der  Hydrocellulose,  für  welche  Girard"^^ 
die  Formel  C12H22O11  aufgestellt  hat,  entsprechend  42,10  Proc.  C, 
6,43  Proc.  H,  51,47  Proc.  0.  Girard  stellte  dieselbe  dar  durch  längere 
Behandlung  von  reiner  Cellulose  mit  Schwefelsäure.  In  der  Lösung 
fand  sich  nur  ein  sehr  geringer  Zuckergehalt.  Mit  Phloroglucin  und 
HCl  trat  Rothfärbung  ein. 

10g  Buchenholz,  dem  sehr  hohen  Drucke  unterworfen,  wurden  eben- 
falls braun  und  ergaben  Lösungen  mit  dem  Trockenrückstand : 
für      10g    ...     .     0,326 
„     100g    ....     3,336 
davon  ist  Zucker: 

aus     10g    ...     .     0,14 
„     100g    ....     1,408 

•-'*!   Berl.    Ber.^   9,   65. 


284         Verhalten  von  Jlolz  und  Cellulose  gegen  erhöhte  Temperatur. 

Mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  zeigten  sich  blauviolette  Farben- 
nüancen. 

Bei  diesem  hohen  Druck  tritt  natürlich  schon  eine  theilweise  Zer- 
setzung des  gebildeten  Zuckers  ein,  daher  die  Menge  desselben  in  der 
Lösung  sehr  gering  ist.*  Eine  Hydratisirung  der  Cellulose  im  Holze 
unter  gleichzeitigem  Gallertigwerden  konnte  hier  nicht  beobachtet 
werden. 


Ich  habe  bei  den  Berechnungen  der  Zuckersubstanzen  stets  an- 
genommen, dafs  sich  Dextrose  bildet.  Aus  der  reinen  Cellulose  entsteht 
auch  nach  F/ecAs/^  21  Dextrose.  Der  Zucker  aus  den  Holzbestandtheilen, 
welcher  bei  Ö^t  Druck  (und  höherem  Druck)  entsteht,  zeigte  aber  von 
der  Dextrose  abweichende  Farbenreactionen.  Ich  versuchte  gröfsere 
Mengen  desselben  darzustellen,  indem  ich  die  Behandlung  von  Holz 
unter  Druck  von  5^^  öfter  wiederholte,  die  Extractlösungen  eindampfte 
und  auf  Zucker  verarbeitete.  Durch  Fällen  mit  Alkohol  wurde  stets  ein 
dextrinartiger  Körper  abgeschieden.  Filtrirte  ich,  um  zu  entfärben, 
über  Knochenkohle,  so  erhielt  ich  eine  ziemlich  reine  Zuckerlösung 
(Bestimmung  des  Zuckers  nach  Fehling  ergab  die  gesammte  Menge 
Trockensubstanz).  Die  Lösung  zeigte  nur  schwache  Rechtsdrehung; 
durch  Phenylhydrazin  schied  sich  eine  schöne  gelbe  Krystallverbindung 
ab,  die  den  Schmelzpunkt  1830  zeigte,  gegen  204^  des  von  Fischer^"^  dar- 
gestellten Glucosazon.  Der  Zucker  ist  gährungsfähig.  Es  mufs  nacH 
diesem  angenommen  werden,  dafs  neben  .der  Dextrose  noch  eine  andere 
Zuckerart  entsteht. 

Die  Farbenerscheinungen,  die  Reactionen  auf  inkrustirende  Sub- 
stanzen wurden  von  Singer^  wie  schon  erwähnt,  auf  einen  minimalen 
Gehalt  an  Vanillin  und  Coniferin  zurückgeführt.  Ich  habe  alle  die 
wässerigen  Auszüge  auf  Vanillin  untersucht.  Ich  konnte  keinerlei 
Geruch  wahrnehmen,  selbst  wenn  ich  sie  destillirte,  wobei  das  Vanillin 
mit  den  Wasserdämpfen  übergehen  mufste.  Weder  die  ursprüngliche 
Lösung,  noch  das  Destillat  gaben  an  Aether  Vanillin  ab,  obwohl  der 
ätherische  Rückstand  die  prachtvollsten  Farbenerscheinungen  zeigte. 
Auch  eine  Oxydation  mit  sauerm  chromsaurem  Kali  und  Schwefelsäure 
lieferte  kein  Vanillin. 

Dafür  gleichen  diese  Farbenreactionen  ungemein  den  7/i/'schen 
Reactionen  auf  Kohlenhydrate,  sind  ebenso  schön,  auch  ebenso  unbe- 
ständig gegen  Wasser. 

Ich  bin  durch  diese  Untersuchungen  zu  folgenden  Resultaten  gelangt: 

Cellulosepapier,  selbst  reinstes  Filtrirpapier,  gibt  beim  Kochen  mit 
destillirtem  Wasser  unter  gewöhnlichen  Druckverhältnissen  Spuren  von 
Zucker  ab.     Durch   höheren  Druck  vermehrt  sich  der  Zuckergehalt  in 

21  Zeitschr.  f.  physiol.  Ch.,  75,  23.  540. 
32   Berl.   ßer.,  17,   579. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  285 

der  Lösung,  aber  erst  bei  20^^  Druck  hydratisirt  sieh  die  Cellulose  voll- 
kommen und  geht  in  Hydroeellulose  C^^^ii^ii   über. 

Eine  Rothfärbuug  des  Papieres  mit  Phloroglucin  und  Salzsäure 
rührt  von  dem  Zucker  her,  ist  aber  kein  Beweis  für  das  Vorhandensein 
inkrustirender  Substanzen. 

Holz  gibt  beim  Kochen  mit  destillirtem  Wasser  in  offenen  Gefäfsen 
ziemlich  beträchtliche  Mengen  lösbarer  Körper  an  dasselbe  ab.  Bei 
gesteigertem  Drucke  vermehrt  sich  die  lösende  Wirkung  des  Wassers 
bedeutend  und  erreicht  bei  S^t  Druck  das  Maximum.  Ueber  5^^  ver- 
ringert sie  sich  ^neder.  Unter  den  günstigsten  Verhältnissen  werden 
dem  Buchenholze  26,75  Proc,  dem  Fichtenholze  19,17  Proc.  entzogen. 
Davon  sind  im  erstereu  Falle  11,19  Proc,  im  zweiten  Falle  9,07  Proc. 
Zuckersubstanz.  Diese  ist  nicht  Dextrose  allein.  Neben  dem  Zucker 
finden  sich  noch  dextrinartige,  durch  Alkohol  fällbare  Bestandtheile  in 
den  Extracten.  Aus  allen  Auszügen  des  Holzes  lassen  sich  durch 
Aether  braun  gefärbte  Zersetzungsproducte  ausziehen,  welche  nach  dem 
Verdunsten  des  Aethers  mit  Phenolen  und  Salzsäure  prachtvolle  Farben- 
reactionen  ergeben.  Die  Auszüge  bei  höherem  Druck  zeigen  Erschei- 
nungen, die  vollkommen  mit  jenen  übereinstimmen,  welche  als  Nach- 
weisungen von  holzinkrustireuder  Substanz  direkt  auf  der  Holzfaser 
hervorgebracht  werden  können.  Die  wässerigen  wie  die  ätherischen 
Flüssigkeiten  und  Rückstände  nach  Eintrocknen  oder  Verdunsten  haben 
keinen  Vanillingeruch,  zeigen  keine  anderweitige  Reaction  auf  dasselbe. 
Dafür  gleichen  alle  diese  Farbenerscheinungen  ungemein  den  /Ärschen 
Reactionen  der  Phenole  und  Salzsäure  mit  den  Zersetzungsproducten 
von  Kohlenhydraten;  sie  dürfen  daher  nicht  auf  einen  Gehalt  der  holz- 
inkrustireuden  Substanzen  an  Vanillin  oder  Coniferin,  sondern  müssen 
auf  die  Umwandlung  der  Holzsubstanz  in  Kohlenhydrate  und  deren 
Zersetzungsproducte  zurückgeführt  werden. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Patentldasse  6.    Fortsetzung  des  Berichtes  S.  229  d.  Bd.) 

III.  Gährung  und  Hefe. 

Ueber  den  Einflufs  der  Kohlensäure  auf  das  Wachsthum  und  die  Gähr- 
thätigkeit  der  Hefe  und  ihre  Bedeutung  für  die  Conservirung  des  Bieres 
von  Georg  Foth  (1889  272  475). 

Erfahrungen  über  die  Schaumgährung  theilt  £?esse-Czerbienschin  in 
der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.,  Bd.  12  S.  13,  mit.  Die  Vermuthung, 
dafs  die  Schaumgährung  verschiedene  Ursachen  haben  kann,  fand  Ver- 
fasser bestätigt.  In  einer  Brennerei,  in  welcher  ein  Röhrenkühler  von 
Venuleth  und  Ellenberger  benutzt  wurde,   trat  stets  Schaumgährung  auf. 


286  üeber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikaiion. 

wenn  die  Rohre  nicht  sehr  sorgfältig  gereinigt  wurden 5  dieselbe  konnte 
aber  stets  mit  Sicherheit  beseitigt  werden,  sobald  die  Reinigung  mit 
gröfster  Sorgfalt  ausgeführt  wurde.  In  einer  anderen  Brennerei  dagegen 
waren  alle  wiederholten  Bemühungen,  durch  peinlichste  Reinigung 
sämmtlicher  Appai-ate  die  Schaumgährung  zu  beseitigen,  ohne  jeden 
Erfolg.  Der  Verfasser  beobachtete  verschiedene  Formen  der  Schaum- 
gährung. So  trat  bei  Verarbeitung  stark  säurehaltiger,  zum  Theil  er- 
frorener Kartoffeln,  welche  nur  schwach  oder  kürzere  Zeit  gedämpft 
wurden,  der  Schaum  nicht  wie  gewöhnlich  bei  250  auf,  sondern  so- 
gleich nach  der  Angährung,  nachdem  der  Bottich  sich  etwa  um  einen 
Grad  erwärmt  hatte,  bildete  sich  ein  dicker,  zäher,  dunkel  gefärbter 
Schaum,  welcher  gegen  Oel  beinahe  gar  nicht,  gegen  Erdöl  auch  nur 
sehr  schwach  reagirte.  Diese  Art  der  Schaumgährung  blieb  aber  so- 
fort und  mit  Sicherheit  aus,  wenn  die  Kartoffeln  besser  gedämpft  wurden. 
Durch  sehr  concentrirtes  Einmaischen,  in  diesem  Falle  durch  Erzeugung 
einer  sehr  consistenten  Maische  aus  stärkearmen  Kartoffeln  dadurch, 
dafs  man  absichtlich  mangelhaft  zerkleinerte  und  die  Treber  nicht  ent- 
fernte, trat  der  Schaum  bei  der  Hauptgährung  zwar  in  verminderter 
Menge  auf,  konnte  aber  niemals  ganz  unterdrückt  werden.  Ein  Wechseln 
der  Mutterhefe,  bezogen  aus  einer  Brennerei,  in  welcher  niemals  Schaum- 
gährung vorkam,  hatte  nur  für  die  ersten  2  bis  3  Bottiche  Erfolg.  Auch 
das  Unterlassen  des  Versteilens  der  Hefe  war  ohne  Einflufs  auf  die  Art 
der  Gährung.  Der  Verfasser  schliefst  aus  seinen  Versuchen,  dafs  es 
Fälle  gibt,  in  denen  die  Schaumgährung  durch  keines  der  sonst  ge- 
bräuchlichen Mittel  beseitigt  werden  kann.  Wohl  aber  ist  bei  An- 
wendung dieser  Mittel  eine  bedeutende  Abnahme  der  schäumenden 
Gährung  zu  bemerken,  so  dafs  man  bei  richtiger  Gährungsführung  be- 
quem und  ohne  jeden  Verlust  durch  Uebergähren  arbeiten  kann.  Auf 
eine  Anfrage,  nach  welcher  die  Ursache  der  Schaumgährung  in  der 
Hefebereitung  zu  liegen  schien,  wird  in  der  genannten  Zeitschrift,  S.  21, 
Einhaltung  der  richtigen  Temperatur  von  47,50  für  die  Säuerung,  pein- 
lichste Reinlichkeit,  richtige  Hefeuführung  und  sorgfältiges  Waschen 
der  Gerste  und  des  Malzes  empfohlen.  Mit  Bezug  auf  dieselbe  Frage 
empfiehlt  fV.  Mann^  S.  27,  längeres  Dämpfen  und  Abtödten  des  Milch- 
säurefermentes  nach  dem  Säuern  der  Hefe,  bemerkt  jedoch,  dafs  dieses 
Verfahren  bei  ihm  wenig  Erfolg  gehabt  hat.  Endlich  wird  S.  58  eben- 
falls in  Beantwortung  einer  Anfrage  darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs 
ein  Zusatz  von  Oel  zur  Beseitigung  des  Schaumes  der  Genehmigung 
der  Steuerbehörde  bedarf,  dafs  diese  Genehmigung  aber  voraussichtlich 
ertheilt  werden  wird. 

Ueher  Milchsäure  und  Reinlichkeit  der  Gährung  bringt  Ig.  Krieser  in 
der  Zeitschrift  für  Spiritus-  und  Prefshefeindu$trie .,  Bd.  10  S.  3,  einen 
ausführlichen  Aufsatz,  welcher  zwar  nicht  über  neuere  Untersuchungen 
berichtet,   aber   eine   sehr  beachtenswerthe  Zusammenstellung   der   be- 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  287 

kannten  Erfahrungen  enthält.  Als  vielleicht  nicht  allgemein  bekannt 
und  wohl  auch  nicht  genügend  beachtet  wollen  wir  hier  nur  die  Mit- 
theilung hervorheben,  dafs  als  Ursache  für  die  bei  einem  üebermafse 
von  Milchsäure  so  oft  eintretende  schlechte  Vergährung  neben  der  ünter- 
di-ückung  der  Hefe  durch  das  Milchsäureferment  auch  besonders  die 
schädigende  Wirkung  herangezogen  wird,  welche  die  Milchsäure  auf 
die  Diastase  ausübt,  wodurch  die  so  unentbehrliche  Nachwirkung  der 
Diastase  beeinträchtigt  wird. 

Ueber  Hefeverfahren^  insbesondere  über  die  Bereitung  verschiedener 
Hefearten  als  Schlämpehefe,  Darrmalzhefe,  Hafer-,  Roggen-,  Malzhefe, 
Fischer'sche  Hefe  u.  s.  w.  schreibt  Wilhelm  Keller  in  der  Zeitschrift  für 
Spiritus-  und  Prefshefeindustrie^  Bd.  9  S.  523. 

Die  Bereitung  einer  continuirlichen  Kunsthefe  zur  Prefshefefabrikation 
wird  in  der  Zeitschrift   für  Spiritusindustrie^  Bd.  12  S.  8,  beschrieben. 

Erfahrungen  mit  den  Hefeverfahren  mit  kurzer  Säuerungszeit  und  mit 
Andampfen  des  invertirten  Hefenguts  bis  75^  theilt  Johann  Ernst  Brauer 
in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie^  Bd.  12  S.  77,  mit.  Derselbe  fand 
das  Verfahren  von  Boehme-Gurzno  (vgl.  1889  271  330),  bei  welchem 
die  reine  Säuerung  durch  Innehaltung  der  normalen  Säuerungstemperatur 
während  einiger  Stunden  am  Maischungstage  und  darauf  durch  sofortige 
Abkühlung  des  Hefegutes  auf  die  Anstelltemperatur  erzielt  wird,  sehr 
brauchbar,  besonders  bei  mehrfachem  Betriebe,  während  dasselbe  bei 
einfachem  Betriebe  unbequem  sein  soll,  weil  die  Kühlung  des  Hefen- 
gutes nach  Beendigung  des  Betriebes  erfolgen  mufs,  wo  es  oft  an  Wasser 
und  an  Arbeitern  mangelt.  Das  Verfahren  des  Verfassers  (vgl.  1888 
269  328),  welches  die  reine  Säuerung  durch  Andampfen  des  Hefen- 
gutes mittels  eines  Dampfmaischholzes  oder  einer  Dampfschlange  bis 
750  (nach  vier-  bis  fünfstündiger  Zuckerbildungsdauer),  um  während 
der  Nacht  die  normalen  Säuerungstemperaturen  von  52,50  bis  47,5^ 
innehalten  zu  können,  bewerkstelligt,  soll  namentlich  dann  vortheilhaft 
sein,  wenn  schlechtes  Maischmaterial,  z.  B.  verfaulte  Kartoffeln,  zur 
Verfügung  steht.  Die  Befürchtung,  dafs  das  Milchsäureferment  durch 
die  Temperatur  von  75^^  nachtheilig  beeinflufst  wird,  ist  nach  den  mit- 
getheilten  Versuchen  des  Verfassers  unbegründet,  denn  derselbe  hat  bei 
seinem  Hefeverfahren  bis  59,8  Proc.  Alkohol  vom  Kilogramm  einge- 
maischter Stärke  und  eine  durchschnittliche  Vergährung  der  Maischen 
während  der  Campagne  von  1,6^  B.  erzielt. 

Ein  Verfahren  zur  Bereitung  von  Hefe  mit  kurzer  Sduerungszeit  be- 
schreibt A.  Schneider  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie^  Bd.  12  S.  116. 


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struetionsregeln  von  Dr.  J.  J.  lohnen.     Weimar.     B.  J.  Voigt. 
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Theil  des  Lehrbuches  bietet  keine  besondere  Eigenthünalichkeiten.     Die    zahl- 
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am  Schlüsse   der   Abschnitte   sich    befinden,    machen    das   Werk    entschieden 
werthvoll,   um  so  mehr,   als    der  Verfasser  Gelegenheit   nimmt,   auch    solche 
Nebenumstände,    welche,    obschon   nicht  unmittelbar  der  Festigkeitslehre  zu- 
gehörig,   doch    für  das    Verständnifs    der   Aufgabe   von  Wichtigkeit   sind,  in 
Betracht  zu   ziehen.     Zwar   läfst  sich  über  einzelne  Annahmen,  die  der  Ver- 
fasser zu   Gunsten    einfacher   Grundbedingungen    macht,    streiten,   doch   thut 
dies  den  hervorgehobenen  Vorzügen  keinen  Eintrag. 

Graphisclie  Behandlung  der  Schiebersteuerungen  nach  Zeuner's  Dia- 
gramm von  P.  Kirchhof.  42  Seiten.  8  lithographirte  Tafeln.  Mitt- 
weida.     H.  Schlüter. 

Auf  Grund  12j ähriger  Erfahrung  behandelt  der  Verfasser  in  elementarer 
Weise  seine  Aufgabe  zunächst  als  Unterrichtsmittel  für  seine  Schüler,  jedoch 
auch  mit  Rücksicht  auf  die  Verwendung  für  die  Praxis,  insbesondere  für  den 
Entwurf  von  Steuerungen.  Die  Methoden  zur  Einführung  der  endlichen  Längen 
der  Zugstangen  haben  ihre  Würdigung  gefunden.  Wenngleich  wir  nicht 
sehr  für  das  Zewner'sche  Verfahren  eingenommen  sind ,  insbesondere  nicht 
bei  etwas  verwickelten  Kanalverhältnissen,  so  können  wir  doch  dem  voi'- 
liegenden  Werke  wegen  seiner  kurzen  und  klaren  Darstellungs weise  unsere 
Anerkennung  nicht  versagen. 

Der  Bau,  Betrieb  und  die  Reparaturen  der  elektrischen  Beleuchtungs- 
anlagen. Ein  Leitfaden  für  Monteure,  Werkmeister,  Techniker  etc. 
Herausgegeben  von  Grünwald.  II.  Aufl.  181  Seiten.  Halle  a.  G. 
W.  Knapp.     3  Mk. 

Nach  einer  kurzen,  auf  das  Nöthigste  beschränkten  theoretischen  Einleitung 
geht  der  Verfasser  zu  dem  Haupttheile  seiner  Aufgabe,  die  praktische  Seite 
des  Beleuchtungswesens  seinen  Lesern,  denen  ja  die  Hantirung  solcher  An- 
lagen zufällt,  klar  zu  machen.  Die  Behandlung  ist  so  sorgfältig,  dafs  der 
Praktiker,  der  sich  den  Stoff  angeeignet  hat,  schwerlich  in  Verlegenheit  ge- 
rathen  wird,  oder  doch  sich  aus  dem  Werke  stets  Rath  holen  kann.  Eine 
angenehme  Zugabe  bilden  die  am  Schlüsse  des  Werkes  befindlichen  Tabellen. 

Leitfaden  der  praktischen  Haustelegraphie.  Das  Wissenswertheste  aus 
dem  Gebiete  der  Haustelegraphie,  insbesondere  die  Herstellung, 
Unterhaltung  und  Reparatur  elektrischer  Telegrapheneinrichtungen. 
Für  Mechaniker,  Uhrmacher,  Schlosser  und  verwandte  Berufszweige, 
bearbeitet  von  M.  Lindner.  72  Seiten.  Mit  72  Abbild.  Halle  a.  S. 
W.  Knapp.     1,50  Mk. 

Die  in  dem  Titel  angegebene  Bestimmung  des  Werkchens,  als  praktisches 
Hilfsmittel  zu  dienen,  ist  in  ausreichendem  Mafse  und  in  geschickter  Weise 
erreicht  worden.  Da  der  Verfasser  naturgemäfs  voraussetzt,  dafs  die  Apparate 
aus  einer  zuverlässigen  elektrotechnischen  Fabrik  bezogen  werden ,  so  be- 
schreibt er  dieselben  nicht  weiter,  als  zum  Verständnifs  erforderlich  ist  und 
legt  mit  Recht  das  Hauptgewicht  auf  gute  Anlage  und  Handhabung  der 
Haustelegraphen. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stiittsart 


Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen).  289 

Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 

(Patentklasse  21.     Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  272  S.  163.  i) 
Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  H. 

1)  H.  C.  Bull  und  Comp,  und  Henry  Clay  Ball  in  London  ordnen 
nach  ihrem  Englischen  Patente  Nr.  10  200  vom  21.  Juli  1887  die  Feld- 
magnete ^,  wie  die  beiden  Schnitte  Fig.  1  und  2  sehen  lassen,  in  drei 
Gruppen.,  jede  zu  drei  Magneten,  um  den  Umfang  eines  sich  drehenden 
eisernen  oder  stählernen  Cylinders  B  an,  welcher  mit  irgend  welcher 
Bewickelung  nicht  versehen  ist  und  mit  seinen  Endzapfen  in  den  gegen 
die  Grundplatte  E  isolirten  Lagern  b  ruht.  Die  frei  durch  den  Cy- 
linder  B  gehende  Welle  C  der  Maschine  (Dynamo,  oder  Motor)  liegt 
in  den  Lagern  D  und  trägt  an  einer  Seite  die  Scheibe  rf,  welche  mit 
einem  Stifte  rfj  von  nicht  leitendem  Material  versehen  ist,  der  in  eine 
Scheibe  b.i  greift,  die  mit  dem  Lagerhalse  des  einen  Deckels  b  des 
Cylinders  B  aus  einem  Stücke  gegossen  ist.  Auf  diese  Weise  ist  B 
vollständig  isolirt.  Jeder  einzelne  Magnet  A  ist  eigen thümlich  gebildet^ 
er  besteht  aus  einem  metallischen  Kerne  Oj  und  daneben  aus  nicht 
leitendem  Material  Oj;  darum  ist  eine  Spule  a^  von  Draht  mit  zur 
Achse  C  parallel  laufenden  Windungen  gewickelt.  Aufserhalb  dieser 
Spule,  und  zwar  auf  der  Seite  des  nichtleitenden  Materials,  ist  die  zweite 
metallische  Hälfte  a^  des  Kernes  angebracht.  Von  links  nach  i-echts  hin 
kommt  also  zuerst  Metall,  dann  die  eine  Seite  der  Windungen,  dann 
das  isolirende  Material,  dann  wieder  Metall  und  endlich  die  zweite  Seite 
der  Windungen.  Die  Theile  des  Kernes  werden  durch  Klammern  a, 
von  denen  sie  isolirt  sind,  getragen  und  mittels  derselben  an  den 
Seitenständern  F  befestigt,  welche  auf  der  Grundplatte  E  festgemacht 
sind.  Der  Kern  a^  ist  auf  der  Aufsenseite  mit  Nuthen  zur  Aufnahme 
der  Spule  a^  vei'sehen.  Der  ganze  erzeugte  bezieh,  verbrauchte  Strom 
geht  durch  die  Spule.  Ebenso  ist  auch  der  äufsere  metallene  Theil  a^ 
des  Magnetes  mit  Nuthen  versehen,  damit  er  über  die  Wickelung  a^ 
pafst.  Die  inneren,  wirksamen  Flächen  der  Magnete  A  sind  ausgebohrt, 
so  dafs  die  Aufsenfläche  des  Cylinders  B  sich  ganz  nahe  an  ihnen 
bewegt,  ohne  sie  zu  berühren.  Durch  diese  Anordnung  der  Magnete 
sind  die  elektrischen  Kraftlinien  gezwungen,  sich  nur  in  einer  Richtung 
zu  bewegen,  so  dafs  dadurch  gleichzeitig  der  Commutator  an  der  Dy- 
namo bezieh,  dem  Motor  erspart  wird. 

Da  der  Cylinder  B  ohne  Wickelung  ist,  so  kann  derselbe  sehr  rasch 
gedreht  werden,  und  hat  dabei  in  den  Spulen  Strom  zu  erzeugen. 

2)  L.  Hanson  in  Halifax  stellt  die  Schenkel  a  der  Elektromagnete 
(Fig.  3)  aus  weichen  Eisendrähten  her;  die  Enden  derselben  werden  in 


1  Vgl.  auch  Immisch  1889  273  ■"■126;   Kapp  1889  273*128;   Sandwell  1889 
273  27. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  7.  1889/111.  19 


290  Neueningen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 

geeignete  Formen  eingelegt  und  diese  hierauf  mit  flüssigem  Eisen  aus- 
geo-ossen,  welches,  die  Drähte  innig  verbindend,  die  Polstücke  b  bezieh, 
den  Buo-  oder  das  Joch  b^  bildet.  In  b^  brauchen  die  Drähte  der  beiden 
Schenkel  nicht  getrennt  zu  sein.  (Englisches  Patent  Nr.  10240  vom 
22.  Juli  1887;  Zusatz  zu  Nr.  15  230  vom  Jahre  1886.) 

3)  5.  Z.  de  Ferranli  in  London  erhielt  das  Englische  Patent  Nr.  12418 
vom  13.  September  1887  auf  Verbesserungen  in  der  Fortleitung  des 
elektrischen  Stromes  und  der  Verwendung  desselben  als  bewegende  Kraft. 

Die  Verbesserung  in  den  Leitungen  besteht  darin,  dafs  er  einen 
elektrischen  Leiter  bezieh,  ein  Kabel  mittels  Lederriemen  an  Drähten 
aufhängt,  deren  jeder  mit  seinen  beiden  Enden  au  zwei  Isolatoren  be- 
festigt ist,  die  auf  zwei  benachbarten  Stangen  angebracht  sind.  Jeder 
Lederriemen  wird  um  das  Kabel  herum  gelegt  und  sein  Ende  wird 
durch  einen  über  dem  Kabel  im  Riemen  angebrachten  Schlitz  gesteckt. 

Bei  der  Verwendung  von  Wechselströmen  als  Betriebskraft  führt 
Ferranti  nach  Fig.  4  und  5  die  Wechselströme  durch  einen  aus  zwei 
Elektromotoren  gebildeten  Apparat.  Der  Hauptmotor  hat  keinen  Com- 
mutator  uud  ist  so  eingerichtet,  dafs,  wenn  er  mit  geeigneter  Geschwin- 
digkeit umläuft,  diese  Geschwindigkeit  immer  aufrecht  erhält  und  sich 
mit  den  Wechseln  des  durch  ihn  gehenden  Stromes  in  Uebereinstim- 
mung  hält.  Der  zweite  Motor  ist  viel  kleiner,  mit  Commutator  ver- 
sehen und  kann  sich  sofort  in  Thätigkeit  setzen,  sobald  der  Strom  durch 
ihn  hindurchgeht.  Sein  Anker  ist  entweder  mit  dem  des  ersten  Motors 
durch  Räder  gekuppelt,  oder  beide  sitzen  auf  derselben  Welle,  so  dafs, 
wenn  anfänglich  der  Stromkreis  geschlossen  wird,  der  kleine  Motor 
zunächst  den  Hauptmotor  treibt  und  ihn  in  diejenige  Geschwindigkeit 
versetzt,  bei  welcher  er  in  üebereinstimmung  mit  dem  ihm  aus  der 
Leitung  gelieferten  Strome  arbeitet. 

Der  in  Fig.  6  skizzirte  Motor  hat  ebenfalls  keinen  Commutator  uud 
ersetzt  für  den  gedachten  Zweck  die  beiden  in  Fig.  4  uud  5  dargestellten 
Motoren.  Der  ringförmige  Anker  iV  ist  innerhalb  eines  Ringes  0  an- 
gebracht, welcher  zwischen  Rollen  P  ruht,  die  mit  Flanschen  versehen 
und  an  seinem  Umfange  in  angemessenen  Abständen  vertheilt  sind. 
Der  Anker  bewegt  sich  zwischen  zwei  im  Kreise  angeordneten  Reihen 
von  Elektromagneten  (?,(?,  welche  abwechselnd  Nord-  und  Südpol 
haben  und  von  der  zum  Ringe  0  concentrischen  Welle  R  getragen 
werden.  In  seiner  drehenden  Bewegung  kann  der  Anker  mittels  eines 
Bremsbackens  S  angehalten  werden.  Um  die  Maschine  in  Gang  zu 
setzen,  werden  die  Wechselströme  mit  Hilfe  der  Drähte  a  und  b  in  den 
Anker  geleitet,  während  der  Anker  gleichzeitig  mit  der  Hand  in  Um- 
drehung gesetzt  wird;  diese  Bewegung  wird  durch  <len  Strom  unter- 
stützt, uud  die  Magnete  mit  ihrer  Welle  bleiben  hierbei  in  Ruhe.  Wird 
nun  die  Bremse  S  allmählich  gegen  den  Ring  0  geprefst,  so  wird  auch 
der  Anker  allmählich  zur  Ruhe  gelaneen,  wobei  aber  die  Magnete  mit 


Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen).  291 

ihrer  Welle  allmählich  in  Bewegung  kommen;  ihre  Geschwindigkeit 
nimmt  in  dem  Alalse  zu,  wie  die  des  Ankers  abnimmt,  und  wächst  so 
lange,  bis  dieser  zur  Ruhe  gekommen  ist,  wobei  dann  die  Welle  die- 
jenige Geschwindigkeit  besitzt,  welche  der  Strom  selbst  ihr  ertheilt. 
Die  hierbei  der  Welle  ertheilte  motorische  Kraft  kann  durch  Riemen- 
übertragung 0.  dgl.  nutzbar  gemacht  werden. 

4)  Eine  Dynamomaschine  ohne  Magnetkern  ist  von  L'ppenborn  und 
später  von  Prof.  Forbes  angeregt  (vgl.  Centralblatt  für  Elektrotechnik^ 
Bd.  8  S.  794:  Bd.  9  S.  305)  und  von  R.  Eickemeyer  in  New  York  zuerst 
ausgeführt  worden.  Fig.  7  ist  eine  Längenansicht  nach  Fortnahme  der 
einen  Eisendecke,  Fig.  8  und  9  sind  Querschnitte  derselben.  Der  Anker 
liegt  innerhalb  der  Magnetisirungsspulen,  die  durch  die  Seitentheile  oder 
den  Mantel  zusammen  gehalten  werden,  welcher  den  Anker  möglichst 
dicht  umschliefst  und  nur  die  eisernen  Verbindungsstücke  der  Magnet- 
kerne anderer  Maschinen  ersetzt.  Die  Vortheile  dieser  Anordnung  sind 
folgende.  Die  Magnetisirung  des  Ankers  erfolgt  unmittelbar  durch  die 
umgebenden  Drahtwinduugen;  die  Kraftlinien  nehmen  daher  ihren  An- 
fang im  Eisenkerne  des  Ankers,  und  es  wird  in  Folge  dessen  nahezu 
der  ganze  Magnetismus,  bis  auf  einen  ganz  geringen,  kaum  nachweis- 
baren Theil,  nutzbar  gemacht.  Wird  der  Eisenumhüllung  überall  ge- 
nügender Querschnitt  gegeben,  so  können  in  der  Aufsenseite  keine 
Kraftlinien  auftreten,  und  überdies  würden  sie,  wenn  sie  überhaupt  auf- 
treten wüi'den,  nicht  als  eigentlicher  Verlust  an  Magnetismus  betrachtet 
werden  können,  da  sie  den  Eisenkern  des  Ankers  bereits  durchlaufen 
haben. 

Der  Anker  Fig.  10  ähnelt  in  seiner  Wickelung  dem  schon  früher 
von  /?.  Alioth  und  Comp,  in  Basel  ("D.  R.  P.  Kl.  21  Nr.  34783  vom 
17.  März  1885;  vgl.  1887  265  "•  436)  benutzten.  Bei  der  in  Fig.  7  ab- 
gebildeten Maschine  hat  der  Anker  44  Abtheilungen,  jede  mit  vier  Win- 
dungen; die  Abtheilungen  haben  die  in  Fig.  11  dargestellte  Form  und 
werden  auf  entsprechenden  Holzrahmen  vorher  gewickelt,  alsdann  mit 
Schellackfirnifs  gut  getränkt  und  nachdem  sie  getrocknet  sind,  mit 
Seidenband  zusammen  gehalten,  worauf  sie  nach  nochmaligem  Firnissen 
und  Trocknen  auf  dem  cylindrischen  Ankerkern  befestigt  und  durch 
Bänder  zusammengehalten  werden.  Durch  diese  Anordnung  wird  der 
Anker  in  allen  Abtheilungen  vollkommen  gleichwerthig,  alle  Windungen 
jeder  Abtheilung  und  die  Abtheilungen  selbst  sind  parallel,  und  da  sie 
sich  auf  den  Stirnflächen  des  Ankerkernes  nicht  über  einander  legen, 
so  wird  weniger  Raum  beansprucht,  auch  ist  die  Gefahr  des  Durch- 
schlagens  geringer  als  bei  anderen  Wickelungsmethoden;  endlich  ist 
auch  die  Herstellung  der  Wickelung  einfach.  —  Nach  angestellten  Ver- 
suchen ist  die  Materialausnutzung  bei  dieser  Maschine  sehr  günstig; 
auch  soll  die  Maschine  nur  sehr  geringe  Funkenbildung  zeigen.  {^Central- 
blatt für  Elektrotechnik,  1888  "S.  477;  vgl.  auch  -'8.681.) 


292  Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 

5)  ^'icola  Tesifi  hat  iu  einem  vor  einiger  Zeit  in  dem  American 
Institute  of  Electrical  Eugineers  (vgl.  Transactiuns  of  the  Institute^  Bd.  5 
*  S.  308  und  325)  gehaltenen  Vortrage  einen  neuen  Motor  angegeben, 
welcher  mit  Wechselströmen  arbeitet  und  auf  der  elektrodynamischen 
Wirkuno-  beruht,  welche  zwei  mit  ihren  Achsen  rechtwinklig  zu  ein- 
ander  gestellte,  von  Wechselströmen  durchlaufene  Spulen  auf  das  mag- 
netische Feld  ausüben.  Mittels  solcher  Motoren  will  Tesla  die  Wechsel- 
ströme zur  Vertheilung  von  Elektricität  und  zur  Kraftübertragung  nutzbar 
machen. 

In  den  Dynamomaschinen  werden  Wechselströme  erzeugt  und  mit 
Hilfe  des  Commutators,  der  eine  wesentliche  Veranlassung  für  häutige 
Betriebsstörung  ist,  in  Gleichstrom  umgewandelt.  Dieser  Gleichstrom 
kann  nicht  unmittelbar  im  Motor  Verwendung  finden,  sondern  er  mufs 
wieder  mit  Hilfe  eines  ähnlichen  Mittels  in  seinen  ursprünglichen  Wechsel- 
strom-Zustand  zurückgeführt  werden.  Die  Thätigkeit  des  Commutators 
ist  daher  nur  eine  rein  äufserliche,  die  innere  Arbeit  der  Maschine  iu 
keiner  Weise  beeinflussende,  und  während  hiernach  alle  Maschinen 
thatsächlich  Wechselstrommaschinen  sind,  erscheint  der  Gleichstrom  nur 
im  äufseren  Stromkreise,  auf  seinem  Wege  vom  Stromerzeuger  zum 
Motor.  In  Hinblick  auf  diese  Thatsache  empfehlen  sich  die  Wechsel- 
ströme als  eine  mehr  unmittelbare  Anwendung  der  elektrischen  Arbeits- 
kraft, während  die  Anwendung  von  Gleichstrom  nur  dann  gerechtfertigt 
erscheinen  würde,  wenn  die  Dynamomaschine  denselben  unmittelbar 
erzeugt,  und  wenn  der  Motor  unmittelbar  durch  ihn  betrieben  werden 
könnte. 

Die  Thätigkeit  des  Commutators  an  einem  Motor  beschränkt  sich 
aber  nicht  blofs  auf  die  soeben  besprochene  Umkehrung  der  Ströme, 
sondern  er  veranlafst  auch  eine  selbsthätige,  fortschreitende  Verschie- 
bung der  Pole  in  dem  einen  der  magnetischen  Glieder  des  Motors. 
Könnte  man  also  die  Umwandlung  der  Wechselströme  des  Stromerzeugers 
und  ebenso  die  Rückverwandelung  des  Gleichstromes  im  Motor  um- 
gehen, so  würde,  um  eine  Drehung  des  Motors  zu  veranlassen,  noch 
immer  die  fortschreitende  Verschiebung  der  Pole  eines  seiner  magneti- 
schen Glieder  nothwendig  sein. 

Um  diesen  Zweck  durch  die  unmittelbare  Wirkung  der  Wechsel- 
ströme zu  erreichen,  verwendete  Tesla  bei  seinen  ersten  Versuchen 
einen  Trommelanker,  der  mit  zwei  rechtwinklig  zu  einander  liegenden 
Spulen  {€  C  und  6',  6'i)  versehen  war,  deren  Enden  in  der  gewöhnlichen 
Weise  mit  zwei  Paaren  isolirter  Contactringe  verbunden  wurden.  Ein 
aus  dünnen,  gegen  einander  isolirten  Eisenblechen  hergestellter  Ring 
wurde  ferner  mit  vier  S])ulen  f,,c.2,  C3  und  c^  bewickelt,  von  denen  je 
zwei  einander  gegenüberstehende  so  mit  einander  verbunden  wurden, 
dafs  sie  freie  Pole  an  einander  gerade  entgegengesetzten  Stellen  des 
Ringes  erzeugten.   Die  übrig  bleibenden  freien  Enden  der  Spulen  wurden 


Neuerungen  an  Elektromotoren  (^Dynamomaschinen).  293 

mit  den  Contactringeu  des  Ankers  im  Stromerzeuger  verbunden,  so 
dafs  zwei  unabhängige  Stromkreise  entstanden,  wie  in  Fig.  12  ange- 
deutet ist. 

Da  das  magnetische  Feld  des  Erzeugers  unabhängig  erregt  wird, 
so  erregt  die  Umdrehung  des  Ankers  in  den  Spulen  6"  C  Ströme,  die  in 
bekannter  Weise  in  Stärke  und  Richtung  wechseln.  Während  bei  der 
in  Fig.  13  abgebildeten  Stellung  der  Strom  in  den  Spulen  C  C  Null  ist, 
besitzt  der  in  den  Spulen  6\  6'i  seine  gröfste  Stärke,  die  Verbindungen 
aber  sind  so  gewählt,  dafs  der  Ring  durch  die  Wirkung  der  Spulen  6\  C^ 
so  mao-netisirt  wird,  wie  es  die  Buchstaben  iV  und  S  in  Fig.  13  an- 
deuten;  die  magnetisirende  Wirkung  der  Spulen  Cj,  Co  ist  gleich  Null, 
da  diese  Rollen  in  dem  Stromkreise  der  Spule  C  liegen. 

Ist  die  Drehung  der  Ankerspulen  um  \  Umdrehung  in  der  Pfeil- 
richtuuü  weiter  fortgeschritten  (Fig.  14),  so  erzeugt  die  Spule  Cj  einen 
Strom  von  der  nämlichen  Richtung,  jedoch  schwächer  wie  vorher, 
welcher  die  Pole  «j,  Sj  auf  dem  Ringe  hervorruft;  die  Spule  C  da- 
o-eaen  «ibt  ebenfalls  einen  Strom  von  derselben  Richtung  und  erregt  die 
Pole  n,  s  auf  dem  Ringe;  hieraus  ergibt  sich  dann  für  letzteren  die 
Polarität  N  S,  welche  um  ^^  Umdrehung  in  der  Pfeilrichtung  gegen  die 
in  Fig.  18  vorhandene  Lage  IS  S  vorgeschritten  ist. 

Bei  vollendeter  Vierteldrehung  des  Ankers  hat  die  Spule  C  ihren 
stärksten  Strom,  Cj  dagegen  befindet  sich  in  ihrer  neutralen  Stellung 
und  ist  stromlos;  die  Polarität  N  S  des  Ringes  stimmt  daher  jetzt  mit 
HS  in  Fig.  14  überein,  ist  also  nunmehr  ebenfalls  um  1/4  Umdrehung 
gegen  Fig.  13  fortgeschritten.  Bei  vollendeter  Halbdrehung  des  Ankers 
ist  der  Strom  in  C  Null,  dagegen  in  C^  am  stärksten ;  die  Polarität  des 
Ringes  rührt  von  C^  allein  her  und  ist  jetzt  gerade  entgegengesetzt  zu 
Fig.'' 13. 

Bei  der  folgenden  halben  Umdrehung  des  Ankers  wiederholen  sich 
dieselben  Erscheinungen  wie  vorher,  jedoch  unter  entgegengesetzter  Lage 
der  Pole  S  und  N. 

Während  einer  ganzen  Umdrehung  des  Ankers  durchlaufen  also  die 
Pole  des  Ringes  den  ganzen  Kreisumfang,  und  da  jede  Umdrehung  das 
nämliche  Spiel  erzeugt,  so  entsteht  ein  schneller  Wirbel  der  Pole. 
Werden  die  Verbindungen  bei  einem  der  Stromkreise  des  Ringes  um- 
gekehrt, so  drehen  sich  seine  Pole  im  entgegengesetzten  Sinne. 

Diese  Drehung  der  Pole  läfst  sich  auf  verschiedene  Arten  beweisen. 
Wird  z.  B.  eine,  auf  einem  Zapfen  leicht  drehbare  Stahlscheibe  in  die 
Nähe  des  Ringes  gebracht,  so  wird  dieselbe  in  schnelle  Umdrehung  ver- 
setzt, deren  Richtung  mit  der  Stellung  der  Scheibe  wechselt,  und  zwar 
ist,  falls  die  Scheibe  sich  innerhalb  des  Ringes  befindet,  ihre  Um- 
drehungsrichtung  entgegengesetzt  zu  der,  welche  sie  aufserhalb  des 
Ringes  annimmt  (vgl.  Fig.  12);  dagegen  bleibt  sie  in  Ruhe,  sobald  sie 
in   eine,   zum  Ringe   symmetrische  Stellung   gebracht  wird.     Diese  Er- 


294  Neuerungen  an  Elektromotoren  (Djnaraoraaschinen). 

scheinungen  erklären  sich  durch  folgendes:  Sobald  sich  ein  Pol  nähert, 
erzeugt  er  in  dem  nächstgelegenen  Punkte  der  Scheibe  einen  entgegen- 
gesetzten Pol,  so  dafs  dieser  Punkt  der  Scheibe  angezogen  wird.  Da 
sich  nun  der  Pol  des  Ringes  von  der  Scheibe  entfernt,  so  wird  eine 
tangentiale  Wirkung  auf  dieselbe  ausgeübt,  die  sich  fortwährend  wieder- 
holt, so  dafs  eine  Drehung  der  Scheibe  eintritt.  Ist  aber  die  Scheibe 
symmetrisch  zum  Ringe  angeordnet,  so  sind  solche  Tangentialkräfte  auf 
beiden  Seiten  der  Scheiben  thätig  und  heben  sich  auf,  so  dafs  dieselbe 
in  Ruhe  verbleibt.  Die  Wirkung  wird  durch  die  magnetische  Trägheit 
der  Scheibe  bedingt,  daher  ist  eine  Scheibe  aus  gehärtetem  Stahle  vor- 
zuziehen. Mit  einer  solchen  Scheibe  kann  man  allen  Uiiregelmäfsig- 
keiten  in  der  Wirkung  nachspüren.  Hält  man  Eisenfeilspäne  auf  einem 
Papiere  aufsen  nahe  an  den  Ring,  so  gerathen  sie  in  schwingende  Be- 
wegung und  bleiben  an  der  Stelle,  wenngleich  man  das  Papier  vor  und 
zurück  bewegt;  hebt  man  das  Papier  in  eine  gewisse  Höhe,  so  werden 
sie  weggeworfen,  stets  in  einer  der  Drehung  der  Pole  entgegengesetzten 
Richtung.  Legt  man  das  Papier  flach  auf  den  Ring  und  gibt  plötzlich 
Strom,  so  sieht  man  den  magnetischen  Wirbel  ganz  leicht. 

Die  Drehung  der  Pole  erzeugt  natürlich  entsprechende  Inductions- 
wirkungen  und  kann  zur  Erzeugung  von  Strömen  in  einem  geschlossenen 
Leiter  nutzbar  gemacht  werden,  welcher  sich  innerhalb  des  Wirkungs- 
kreises der  Pole  befindet.  Hierzu  ist  es  zweckmäfsig,  den  Ring  mit 
zwei  über  einander  gelegten  Spulen  zu  bewickeln,  von  denen  die  eine 
den  primären,  die  andere  den  secundären  Stromkreis  bildet,  wie  in 
Fig.  15  angedeutet  ist.  Der  magnetische  Kreis  mufs,  um  die  beste 
ökonomische  Wirkung  zu  erzielen,  geschlossen  sein. 

Die  auf  die  secundären  Spulen  ausgeübte  Inductionswirkung  wird 
liauptsächlich  eine  Folge  der  Verschiebung  oder  Bewegung  der  mag- 
netischen Thätigkeit  sein;  doch  werden  in  den  Stromkreisen  auch  Ströme 
in  Folge  der  Veränderung  in  der  Stärke  der  Pole  erzeugt  werden. 
Letztere  Wirkung  kann  jedoch  durch  geeignete  Anordnung  des  Strom- 
erzeugers und  durch  geeignete  Bestimmung  der  magnetisirenden  Wir- 
kung der  primären  Spulen  beseitigt  werden.  Wird  die  Stärke  der 
Pole  unveränderlich  erhalten,  so  wird  die  Wirkung  des  Apparates  eine 
vollkommene  sein,  und  es  wird  sich  damit  dasselbe  leisten  lassen,  als 
wenn  die  Polverschiebung  mit  Hilfe  eines  Commutators  mit  unendlich 
vielen  Abtheilungen  oder  Streifen  bewirkt  wurde. 

Die  Anwendung  dieser  Grundsätze  hat  zum  Baue  zweier  Grund- 
formen von  Motoren  geführt.  Die  eine  derselben  hat  eine  verhältnifs- 
mäfsig  geringe  Drehwirkung  bei  der  Ingangsetzung,  arbeitet  aber  mit 
vollkommen  gleichbleibender  Geschwindigkeit  bei  allen  Belastungen 
und  wird  „synchron*'  genannt.  Die  zweite  Gattung  hat  eine  starke 
Drehkraft  beim  Angehen  und  ist  in  ihrer  Geschwindigkeit  abhängig  von 
der   Belastung;.     Diese   Motoren   können   auf  drei   verschiedene   Weisen 


Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen).  295 

betrieben  werden:  1)  durch  die  Wechselströme  der  Quelle  allein, 
2)  durch  die  vereinigte  Wirkung  dieser  Ströme  und  inducirter  Ströme, 
S)  durch  vereinigte  Wirkung  von  Wechselströmen  und  Gleichstrom. 

Die  einfachste  Form  des  synchronen  Motors  ist  in  Fig.  12  dar- 
sestellt  und  besteht  in  einem,  aus  dünnen  Platten  hersestellten,  mit 
polartigen  Hervorragungen  versehenen  Ring,  der  mit  vier  in  der  vorher 
beschriebenen  Art  verbundenen  Spulen  bewickelt  ist.  Eine  eiserne, 
runde  Scheibe,  von  der  auf  zwei  gegenüberstehenden  Seiten  ein  Stück  weg- 
geschnitten ist,  dient  als  Anker;  sie  kann  sich  innerhalb  des  Ringes 
möglichst  dicht  an  dessen  Polen  drehen.  Diese  Scheibe  wird  in  Folge 
des  Bestrebens,  sich  immer  in  die  Stellung  zu  bringen,  in  welcher  sie 
die  gröfste  Zahl  der  Kraftlinien  fassen  kann,  der  fortwährend  sich  ver- 
schiebenden Polarität  unmittelbar  folgen  und  wird  dabei  synchron  mit 
dem  Anker  des  Stromerzeugers  bleiben.  In  der  Anordnung  nach  Big.  12 
gibt  der  Anker  bei  jeder  Umdrehung  zwei  Stromwechsel  in  jedem 
Stromkreise.  Würde  der  Anker  bei  jeder  Umdrehung  eine  gröfsere 
Zahl  von  Strömen  liefern,  so  würde  die  Geschwindigkeit  des  Motors 
entsprechend  zunehmen.  Da  die  auf  die  Scheibe  ausgeübte  Anziehung 
dann  am  gröfsteu  ist,  wenn  sich  die  Scheibe  in  nächster  Nähe  der  Pole 
befindet,  so  wird  ein  solcher  Motor  bei  allen  Belastungen  innerhalb  der 
Grenzen  seiner  Leistungsfähigkeit  immer  dieselbe  Geschwindigkeit  bei- 
behalten. 

Um  das  Angehen  des  Motors  zu  erleichtern,  kann  die  Scheibe 
mit  einer  in  sich  selbst  geschlossenen  Spule  versehen  werden.  Die 
in  der  Spule  beim  Anlassen  erzeugten  Ströme  erregen  zunächst  die 
Scheibe  sehr  kräftig,  so  dafs  die  vom  Ringe  auf  sie  ausgeübte  Anziehung 
verstärkt  wird,  und  da  in  dieser  Spule  so  lange  Ströme  erregt  werden, 
als  die  Geschwindigkeit  des  Ankers  noch  geringer  ist  als  die  der  Pole, 
so  kann  ein  solcher  Motor  eine  beträchtliche  Leistung  geben,  auch  wenn 
die  Geschwindigkeit  unter  der  normalen  ist.  Da  die  Polstärke  sich  nicht 
ändert,  so  werden  in  der  Spule  keine  Ströme  mehr  erzeugt,  wenn  der 
Motor  mit  normaler  Geschwindigkeit  läuft. 

Anstatt  die  Spule  in  sich  selbst  zu  schliefsen,  können  ihre  Enden 
auch  mit  zwei  isolirten  Schleifringen  verbunden  werden,  denen  ein  Gleich- 
strom von  einem  passenden  Erzeuger  zugeführt  wird.  Die  zweck- 
mäfsigste  Art,  einen  solchen  Motor  anzulassen,  besteht  darin,  dafs  man 
zunächst  die  Spule  in  sich  schliefst,  und  zwar  so  lange,  bis  die  normale 
Geschwindigkeit  ganz  oder  nahezu  ganz  erreicht  ist,  worauf  der  Gleich- 
strom zugeführt  wird.  Die  Scheibe  darf,  wenn  der  Motor  überhaupt 
angehen  soll,  durch  den  Gleichstrom  nur  so  weit  erregt  werden,  dafs 
die  magnetisirende  Wirkung  des  Ringes  noch  überwiegt.  Die  Drehung 
eines  solchen  Motors  kann  nicht  durch  Umkehrung  des  durch  die  Spule 
gesendeten  Gleichstromes  umgekehrt  werden. 

Der  Synchronismus  solcher  Motoren  kann  am  besten  durch  folgenden 


296  Neuerungen  an  Elektronaotoreii  (Dynamomaschinen), 

Versuch  bewiesen  werden.  Bei  einem  Motor  mit  feststehendem  Feld- 
magnete, zwischen  welchen  sich  der  Anker  dreht,  wie  in  Fig.  16,  wird 
durch  die  Verschiebung  der  Pole  des  Ankers  eine  Drehung  des  letzteren 
im  entgegengesetzten  Sinne  hervorgebracht;  hieraus  folgt,  dafs,  wenn 
die  normale  Geschwindigkeit  erreicht  ist,  die  Ankerpole  eine  feste  Stel- 
lung gegen  den  Feldmagnet  einnehmen  werden,  wobei  letzterer  durch 
Induction  magnetisirt  wird,  mit  einem  bestimmten  Pole  an  jedem  Pol- 
stücke. V^ird  dem  Feldmagnete  beim  Angehen  des  Motors  ein  Stück 
weichen  Eisens  genähert,  so  wird  es  in  Folge  der  Umkehrungen  in  der 
Polarität  des  Magnetes  mit  schnellei',  schwingender  Bewegung  angezogen, 
die  Schwingungen  werden  aber  mit  zunehmender  Geschwindigkeit  des 
Motors  allmählich  seltener,  bis  sie  zuletzt  ganz  aufhören.  Dann  wird 
das  Eisen  zwar  schwach,  aber  gleichmäfsig  angezogen,  und  beweist, 
dafs  der  Synchronismus  erreicht  und  der  Magnet  durch  Induction  er- 
regt ist.  —  Ebenso  wird  sich  die  Scheibe,  wenn  sie  dicht  an  den  Anker 
gehalten  wird,  so  lange  drehen,  als  die  Geschwindigkeit  der  Drehung 
der  Pole  diejenige  des  Ankers  übersteigt;  ist  aber  die  normale  Ge- 
schwindigkeit erreicht,  so  steht  die  Scheibe  still,  weil  sie  dauernd  an- 
gezogen wird. 

In  synchronen  Motoren  ist  es  wüuschenswerth,  die  Menge  des  ver- 
schiebenden Magnetismus  unveränderlich  zu  erhalten,  besonders  wenn 
die  Magnete  nicht  mit  entsprechenden  Unterabtheilungen  versehen  sind. 
Um  eine  Drehwirkung  in  diesen  Motoren  zu  erlangen,  mufste  die  Anord- 
nung so  getroffen  werden,  dafs,  während  die  Pole  des  einen  Gliedes  des 
Motors  durch  die  Wechselströme  der  Quelle  verschoben  werden,  die  auf 
dem  anderen  Gliede  desselben  erzeugten  Pole  stets  in  demselben  Verhält- 
nisse zu  den  ersteren  verbleiben,  ohne  Rücksicht  auf  die  Geschwindig- 
keit des  Motors. 

Dies  ist  der  Fall  bei  einem  Gleichstrommotor;  bei  einem  synchronen 
Motor,  wie  der  beschriebene,  ist  diese  Bedingung  dagegen  nur  erfüllt, 
wenn  die  Geschwindigkeit  die  normale  ist. 

Der  Zweck  ist  durch  Anbringung  eines  entsprechend  abgetheilten 
cylindrischen  Eisenkernes  innerhalb  des  Ringes  erreicht  worden,  der 
mit  mehreren  in  sich  selbst  geschlossenen  Spulen  bewickelt  ist.  Ob- 
wohl zwei  rechtwinklig  zu  einander  gestellte  Spulen  wie  in  Fig.  17  ge- 
nügen, ist  es  doch  vortheilhafter,  mehrere  anzuwenden.  In  Folge  dieser 
Anordnung  werden,  sobald  die  Pole  des  Ringes  verschoben  werden,  in 
den  geschlossenen  Ankerspulen  Ströme  erzeugt,  die  an  oder  nahe  bei 
den  Punkten  der  gröfsten  Dichte  der  Kraftlinien  am  stärksten  sind  und 
Pole  auf  dem  Anker  erzeugen,  die  —  wenigstens  theoretisch  —  recht- 
winklig zu  denen  des  Ringes  liegen.  Da  nun  diese  Wirkung,  so  weit 
die  Stellung  der  Pole  in  Betracht  kommt,  vollständig  unabliäniiig  von 
der  Geschwindigkeit  ist,  so  wird  ein  beständiger  Antrieb  auf  den  Um- 
fang des  Ankers  ausgeübt.   In  mancher  Beziehung  ähneln  diese  Motoren 


Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen).  297 

den  Gleichstrommotoren.  Wird  die  Belastung  vermehrt,  so  vermindert 
sieh  die  Geschwindigkeit  und  auch  der  Widerstand  des  Motors  und  es 
geht  mehr  Strom  durch  die  erregenden  Spulen,  vv'odurch  der  Trieb  ver- 
gröfsert  wird.  Wird  die  Belastung  weggenommen,  so  wächst  die  elektro- 
motorische Gegenkraft  und  es  geht  weniger  Strom  durch  die  primären 
oder  erregenden  Spulen.  Ohne  jede  Ladung  ist  die  Geschwindigkeit 
derjenigen  der  verschiebenden  Pole  des  Feldmagnetes  nahezu  gleich. 

Eine  besonders  bezeichnende  Eigenschaft  derartiger  Motoren  ist  die 
Leichtigkeit,  mit  welcher  ihre  Bewegung  umgekehrt  werden  kann.  Es 
ist  dies  eine  Folge  ihrer  eigenthümlichen  Wirkung.  Angenommen,  der 
Anker  sei  in  Bewegung  und  es  werde  die  Drehungsrichtung  der  Pole 
umgekehrt:  Der  Apparat  stellt  alsdann  eine  Dynamo  dar,  in  welcher 
die  zu  ihrem  Betriebe  nöthige  Kraft  das  im  Anker  aufgespeicherte 
Moment  ist  und  deren  Geschwindigkeit  die  Summe  der  Geschwindig- 
keit des  Ankers  und  der  der  Pole  darstellt. 

Da  nun  die  Kraft  zur  Bewegung  einer  solchen  Dynamo  nahezu 
proportional  der  dritten  Potenz  der  Geschwindigkeit  sein  würde,  würde 
schon  aus  diesem  Grunde  die  Ankerbeweguug  schnell  umkehren.  Aber 
gleichzeitig  mit  der  Umkehruug  tritt  noch  ein  anderes  Element  in  Thätig- 
keit;  sobald  nämlich  die  Bewegungsrichtung  der  Pole  gegen  die  des 
Ankers  umgekehrt  wird,  wirkt  der  Motor  als  ein  Stromumsetzer  (Trans- 
formator), in  welchem  der  Widerstand  des  secundären  Stromkreises 
ganz  aufserordentlich  vermindert  wird  durch  Erzeugung  einer  zusätz- 
liehen  elektromotorischen  Kraft  in  diesem  Stromkreise.  Die  Umkehrung 
erfolgt  aus  diesem  Grunde  augenblicklich. 

Will  man  unveränderliche  Geschwindigkeit  und  zugleich  eine  ge- 
wisse Drehwirkung  beim  Angehen  sichern,  so  erreicht  man  dies  unter 
anderem  dadurch,  dafs  man  zwei  Anker,  einen  für  Drehung  und  den 
anderen  für  Synchronismus,  auf  derselben  Achse  befestigt  und  dem  einen 
oder  dem  anderen  das  Uebergewicht  gibt.  Oder  es  kann  ein  Anker 
für  Dreh  Wirkung  bewickelt,  ihm  aber  eine  gröfsere  oder  kleinere  Nei- 
gung zum  Synchronismus  durch  die  besondere  Einrichtung  des  Eisen- 
kernes gegeben  werden. 

Die  erforderlichen  Stromphasen  in  den  beiden  Stromkreisen  kann 
man  —  allerdings  umständlicher  —  auch  anders  als  durch  zwei  recht- 
winklig zu  einander  gestellte  Spulen  erlangen.  Jede  der  gegen- 
wärtig gebräuchlichen  Dynamo  kann  leicht  für  diesen  Zweck  geschickt 
gemacht  werden,  indem  man  Verbindungen  nach  geeigneten  Punkten 
der  erzeugenden  Spulen  herstellt.  In  Ankern  mit  geschlossenem  Strom- 
kreise, wie  sie  bei  Gleichstrommaschinen  üblich  sind,  wird  dies  am 
besten  erreicht,  wenn  man  vier  Abzweigungen  von  ebenso  viel  gleich- 
weit entfernten  Punkten  oder  Streifen  des  Commutators  macht  und  jede 
Ableitung  mit  einem  isolirten  Schleifringe  auf  der  Welle  verbindet.  Es 
ist  dann  jeder  der  Motorstromkreise    mit   zwei   einander   genau  gegen- 


298  Neuerungen  au  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 

überliegenden  Streifen  des  Commutators  verbunden.  Bei  einer  solchen 
Anordnung  kann  der  Motor  auch  mit  halbem  Potential  arbeiten  und  in 
Dreidrahtleitungen,  wenn  man  die  Motorstromkreise  in  richtiger  Ord- 
nung mit  dreien  der  Contactringe  verbindet. 

Mehrpolige  Maschinen  werden  für  den  gedachten  Zweck  geeignet 
gemacht,  wenn  man  auf  dem  Anker  zwei  Reihen  von  Spulen  so  wickelt, 
dafs  die  eine  Reihe  derselben  den  stärksten  Strom  erzeugt,  wenn  die 
andere  genau  oder  nahezu  in  ihrer  neutralen  Stellung  ist,  wobei  beide 
Spulenreihen  gleichzeitig  oder  nach  einander  der  inducireuden  Wirkung 
der  Feldmagnete  ausgesetzt  sind. 

Im  Allgemeinen  werden  die  Stromkreise  im  Motor  ähnlich  ange- 
ordnet. Am  einfachsten  und  zweckmäfsigsten  ist  es  aber,  primäre  Strom- 
kreise auf  feststehenden  Theilen  des  Motors  anzuordnen  und  dabei  Schleif- 
contacte  zu  vermeiden.  Die  Magnetspulen  werden  dann  abwechselnd 
zu  den  beiden  Stromkreisen  verbunden,  also  die  Nummern  1,  3,  5  u.  s.  w. 
zu  dem  einen,  2,  4,  6  u.  s.  w.  zu  dem  anderen.  Die  Spulen  derselben 
Reihe  werden  entweder  alle  in  derselben  Weise,  oder  abwechselnd  in 
entgegengesetztem  Sinne  verbunden;  im  letzteren  Falle  wird  ein  Motor 
mit  der  halben  Polzahl  erhalten. 

Die  Anwendung  mehrpoliger  Motoren  bietet  bei  einer  derartigen 
Einrichtung  der  Maschinen  den  bei  dem  Gleichstrombetriebe  nicht  er- 
reichbaren Vortheil,  dafs  der  Motor  genau  mit  der  vorher  bestimmten 
Geschwindigkeit  läuft,  unbeeinflufst  von  Unvollkommenheiten  der  Aus- 
führung, von  der  Belastung  und  innerhalb  bestimmter  Grenzen  auch  un- 
beeinflufst von  der  elektromotorischen  Kraft  und  der  Stromstärke. 

Für  eine  Anlage  zur  allgemeinen  Vertheilung  des  Stromes  empfiehlt 
Tesla  folgenden  Plan  zu  Grunde  zu  legen.  In  der  Centralstation  ist  ein 
Stromerzeuger  mit  einer  beträchtlichen  Anzahl  von  Polen  zu  verwenden. 
Die  von  demselben  getriebenen  Motoren  sollen  „synchrone"  sein,  aber 
genügende  Drehwirkung  beim  Angeheu  besitzen.  Unter  Beobachtung 
bestimmter  Bauregeln  mag  die  Geschwindigkeit  jedes  Motors  nahezu  im 
umgekehrten  Verhältnisse  zu  seiner  Gröfse  stehen,  und  die  Polzahl  soll 
dementsprechend  gewählt  werden.  Nur  bei  ausnahmsweisen  Anforde- 
rungen soll  man  von  dieser  Regel  abgehen.  Mit  Rücksicht  hierauf  ist 
es  vortheilhaft,  jeden  Motor  mit  einer  gröfseren  Zahl  von  Polvorsprüngen 
oder  Spulen  zu  versehen;  deren  Zahl  soll  vorzugsweise  ein  Vielfaches 
von  2  oder  3  sein.  Durch  einfache  Veränderung  der  Verbindung  der 
Spulen  kann  man  dann  den  Motor  für  verschiedene  Anforderungen 
zweckentsj)rechend  machen. 

In  den  jetzt  gebräuchlichen  Stromumsetzern  (Transformatoren) 
werden  die  Ströme  im  secundären  Stromkreise  durch  Veränderung  der 
Stärke  der  primären  oder  erregenden  Ströme  erzeugt.  Findet  hier  eine 
Proportionalität  zum  Eisenkerne  statt,  so  wird  die  auf  die  secuudäre 
Spule   ausgeübte  Inductionswirkung  proportional   sein   der  Summe   der 


Neuer  Uligen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 


299 


in  der  Zeiteinheit  stattfindenden  Stärkenäuderungen  in  dem  erzeugenden 
Strome.  Hieraus  folgt,  dafs  für  eine  gegebene  Aenderung  die  Verlänge- 
rung des  primären  Stromes  einen  entsprechenden  Verlust  zur  Folge 
haben  wird.  Um  schnelle  Veränderungen  in  der  Stromstärke,  wie  sie 
für  wirksame  Induction  erforderlich  sind^  zu  erhalten,  mufs  eine  grofse 
Zahl  von  Schwingungen  angewendet  wei'den.  Hierdurch  werden  aber 
die  Kosten  erhöht,  und  die  Nutzwirkung  des  Erzeugers  wird  verringert; 
es  wird  mehr  Arbeitskraft  durch  Erhitzung  des  Kernes  verloren  und  die 
Leistung  des  Umsetzers  verriugei-t,  weil  der  Kern,  in  Folge  der  zu 
schnellen  Umkehrungen,  nicht  vollständig  nutzbar  gemacht  wird.  Durch 
Anwendung  von  Teslas  Verschiebung  der  Pole  in  einem  Umsetzer 
werden  diese  Nachtheile  vermieden. 

In  Fig.  18  ist  nach  Power-Steam  vom  Mai  1889  "•  S.  10  ein  Wechsel- 
strommotor von  Tesla  ohne  Commutator  abgebildet.  Er  enthält  eine 
Reihe  von  Feldmagneten 
mit  zwei  Gruppen  von 
Spulen,  deren  Enden  an 
zwei  Klemmschrauben 
geführt  sind,  in  denen 
der  Betriebsstrom  zuge- 
führt wird.  Letzterer 
wird  der  gewöhnlichen 
Beleuchtungsanlage  ent- 
nommen, aber  unter  An- 
wendung einer  Rücklei- 
tung, welche  es  möglich 
macht,  dafs  gleichzeitig 
zwei  Wechselströme 
durch  das  Feld  geleitet 
werden.  Der  Anker  ähnelt  dem  gewöhnlichen  Siemens- Trommelanker 
ohne  Commutator,  seine  Wickelung  ist  aber  einfacher,  besteht  aus  nur 
wenigen  Windungen  verhältnifsmäfsig  dünnen  Drahtes  und  ist  in  sich 
geschlossen.  Dieser  Motor  ist  gedrängter  als  ein  mit  unmittelbarem  Strome 
arbeitender  Motor  und  leichter  im  Vergleiche  zu  der  gelieferten  Kraft. 

6)  Die  Schmjler-Compamj  (vgl.  1884  254  "'■  471)  gibt  dem  Anker 
(Fig.  19),  welcher  die  Trommelform  hat  und  aus  Ringen  von  Eisenblech 
zusammengesetzt  ist,  vier  Spulen,  die  durch  Holzstreifen  von  einander 
getrennt  sind.  Der  Anker  ist  zwecks  guter  Ventilation  an  den  Enden 
oiYen.  Jede  Spule  besteht  aus  zwei  einander  im  Durchmesser  gegen- 
über liegenden  Wickelungen,  deren  innere  Enden  verbunden  sind,  um 
die  richtige  Stromrichtung  zu  sichern.  Hierdurch  bleiben  die  beiden 
Enden  an  der  Aufsenseite  frei,  und  es  ist  nicht  nöthig  die  ganze  Spule 
zu  erneuern,  falls  das  innere  Ende  bricht.  Bei  dieser  Art  der  Verbin- 
dung und  unter  Benutzung  eines  Commutators  geht  der  Strom  beständig 


300  Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 

in  Parallelschaltung  durcli  zwei  Spulen  und  durch  eine  Spule  in  Hinter- 
einanderschaltung, während  die  vierte  zwischen  den  Bürsten  ausgeschaltet 
ist.  Man  hat  noch  den  Vortheil,  dafs,  falls  eine  Spule  beschädigt  wird, 
die  Verbindung  mit  ihrer  Naclibarin  aufgehoben  werden  und  die  Maschine 
nnit  geringerer  Bela.^tung  weiter  arbeiten  kann.  Die  Enden  der  Spulen 
sind  mit  einem  isolirten  Ringe  verbunden,  von  welchem  parallel  zur 
Welle  liegende  Drähte  nach  dem  Commutator  geführt  sind.  {Etcclrical 
World  durch  Electricol  Engineer  vom  19.  Oktober  1888  *  S.  329.) 

7)  Nach  dem  von  G.  E.  ( (thnnvUaa  in  Nanteuil-le-Haudoie,  Frank- 
reich (*D.  K.  P.  Nr.  43910  vom  25.  Februar  1886)  gemachten  Vorschlage 
werden  die  homologen  Spulen,  d.  h.  die  in  gleicher  Weise  inducirten 
Spulen  einer  Dynamo  mit  Ringanker  und  mehr  als  zwei  Polen  in  fol- 
gender Weise  geschaltet.  Zunächst  werden  so  viel  Gruppen  angeordnet, 
als  Polpaare  vorhanden  sind,  wobei  die  einzelnen  Spulen  der  Gruppen 
hinter  einander  geschaltet  sind;  ebenso  werden  auch  die  Gruppen  selbst 
hinter  einander  geschaltet.  Liegen  bei  einem  Felde  mit  erregenden  viei' 
Polpaaren   auf  dem  Anker   im  Kreise   herum    auf  einander  folgend  die 

Spulen    7  ',  ^1 S^,  'l\  t^ 8'^,    'l\  "2'i <S'3,  1\2^ 8\    so 

sind  z.  B.  die  Spulen  7\  7\  7\  7^  und  die  Spulen  8\  8\  8%  8^  in  Hinter- 
einanderschaltung zu  je  einer  Gruppe  vereinigt,  während  durch  die  Ver- 
bindung von  7^  mit  S'  die  Gruppen  hinter  einander  geschaltet  werden. 
Auf  dem  Stromsammler  sind  ebenso  viel  Streifen  als  Spulen  angebracht, 
welche  in  gleicher  Weise  wie  letztere  eingetheilt  und  geschaltet  sind, 
also  /i,  /2,  /3^  '/J  und  8\  S'^  8'\  8^  unter  einander.  Durch  diese  Schal- 
tung wird  erreicht,  dafs  nur  je  eine  Spule  jeder  Grupj)e  mit  je  einem 
Streifen  des  Stromsammlers  verbunden  zu  werden  braucht,  während 
zwischen  den  anderen  Spulen  und  Streifen  keine  Verbindung  erforder- 
lich ist. 

Diese  Schaltung  kann  mit  einigen  Abänderungen  auch  auf  Trommel- 
ankern angewendet  werden. 

8)  Henrion's  Dynamo  xind  liegulatoren.  Zur  Beleuchtung  der  jetzigen 
Pariser  Ausstellung  (vgl.  1889  273  239)  hat  die  von  Krizih  (jetzt  in 
Prag)  angegebene  sogen.  Pilsen-Lampe  (vgl.  1882  243  428.  1884  251 
*  68)  in  einer  grofsen  Zahl  (etwa  160)  Verwendung  gefunden.  In  der 
Maschinenhalle  sind  im  Schiffe  vier  solcher  Lampen  zu  24  Ampere, 
sechs  zu  8  Ampere  in  der  unteren  und  zwei  in  den  oberen  Gallerien  ; 
die  vier  ersteren  und  die  vier  Paare  der  letzteren  sind  parallel  geschaltet, 
wobei  jedem  Paare  etwas  mehr  als  2  Ohm  und  jeder  grofsen  Lampe 
5  Ohm  Widerstand  zugeschaltet  sind.  Als  Motor  dient  eine  24pferdige 
dopi)elcjlindrige  Lenoir-Gasmaschine,  die  150  Umdrehungen  macht  und 
die  Dynamo  mit  680  Umdrehungen  mittels  Riemen  treibt;  letztere  liefert 
150  Ampere  bei  110  Volt  und  wiegt  im  Ganzen  16801^.  Diese  Lam])e 
wird  für  Frankreich  von  Fabiiis  Umrion  und  Comp,  in  Nancy  geliefert. 
Die  von  derselben  Fabrik  gebaute,  in  Fig.  20  abgebildete  Dynamo  er- 


Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 


301 


zeugt  den  Strom  für  die  Pilsen-Lampen  in  der  Maschinenhalle;  sie  ist 
(nach  dem  Engineer  vom  21.  Mai  1889  *  S.  457)  eine  Vierpolmaschine 
mit  gemischter  ^Yickelung   und    besitzt   einen  Gramme  s^ahen   Scheiben- 

Fig.  20. 


anker.  Fufsplatte,  Feldelektromagnetträger  und  Lager  sind  in  einem 
Stücke  gegossen.  Der  Anker,  welcher  auf  einen  weichen  Eisendraht- 
kern gewickelt  ist,  ist  an  einer  Kupferscheibe  befestigt,  deren  Rand  so 
gebogen  ist,  dafs  er  den  inneren  Rand  der  Spule  umfafst.  Letztere  ist 
dann  centrirt  und  wird  durch  Kupferarme  in  ihrer  Stellung  erhalten, 
die  an  einem  Ende  an  die  Scheibe  angenietet  sind.  Die  Verbindung 
der  sich  im  Durchmesser  gegenüber  liegenden  Spulen,  Avelche  in  einer 
Vierpolmaschine  beständig  das  nämliche  elektrische  Potential  besitzen, 
ist  in  gewöhnlicher  Weise  durch  eine  Reihe  von  Messingringen  her- 
gestellt, welche  gegen  einander  isolirt  sind  und  neben  einander  längs 
der  Welle  zwischen  Anker  und  Commutator  angebracht  sind:  jeder 
Ring  bildet  eine  obere  und  untere  Verbindung  zu  einem  Paare  gegen- 
überliegender Spulen.  Diese  Ringe  nehmen  eine  nahezu  der  Länge  der 
Feldmagnete  gleiche  Länge  des  Schaftes  ein,  so  dafs  der  Commutator 
und  die  Bürsten  ganz  frei  liegen.  Es  sind  blofs  zwei  Gruppen  von 
Bürsten  vorhanden;  diese  stehen  um  90^  von  einander  ab  und  lassen 
sich  mit  einander  auf  einem  beweglichen  Rahmen  drehen.  Jede  Gruppe 
enthält  zwei  Bürsten  und  jede  derselben  kann  unabhängig  von  der  anderen 
auf  den  richtigen  Druck  eingestellt  werden.  Nachdem  die  Bürste  li 
(Fig.  21)  in  den  Halter  eingesteckt  und  in  ihm  durch  die  Schraube  N 
festgemacht  ist,  kann  sie  durch  Bewegung  des  Handgriffes  H  gegen  die 
F'eder  S  von  dem  Commutator  C  entfernt  werden  oder  auf  ihn  aufgelegt. 


302  Neuerungen  an  Elektromotoren  (Dynamomaschinen). 

unter  entsprecheoder  Regulirung  des  Druckes;  in  der  ihr  ertheilten 
Stellung  wird  dann  die  Bürste  durch  Einschrauben  des  Handgriffes  selbst 
festgemacht. 

Jede  Dynamo  mit  guter  gemischter  Wickelung  besitzt  doch  nur  bei 
einer  bestimmten  Geschwindigkeit  die  richtige  Wickelung.  Daher  wird 
bei  Beleuchtung  von  Fabriken,  wo  die  Maschine  von  der  Fabriksmaschine 
oder  Betriebswelle  aus  getrieben  wird,  eine  weitere  Kegulirung  der  Ge- 
schwindigkeit nöthig.  Einen  guten  Regulator  hat  Henrion  entworfen 
und  schon  bei  vielen  Anlagen  mit  Erfolg  angewendet.  Derselbe  ist  in 
Fig.  22  abgebildet;  seine  Aufgabe  ist  die  selbsthätige  Einschaltung  von 
Widerständen  in  die  Nebenschlafswindungen  der  Feldmagnete  bei  zu 
grofser  Geschwindigkeit  und  umgekehrt.  Durch  Geschwindigkeitsände- 
rungen herbeigeführte  Aenderungen  in  der  Stärke  des  durch  die  Maschine 
in  den  Lampenstromkreis  gelieferten  Stromes  werden  also  durch  Wider- 
standsrollen von  richtiger  Gröfse  ausgeglichen.  In  erster  Linie  wird 
auf  mechanische  Weise  einem  zwei  Sperrkegel  R  tragenden  Hebel  eine 
hin  und  her  gehende  Bewegung  ertheilt.  In  Fig.  22  geschieht  dies 
durch  einen  Riemen,  der  von  der  Dynamowelle  oder  einer  anderen 
Welle  um  die  am  unteren  Ende  sichtbare  Rolle  gelegt  ist;  in  dieser 
Rolle  ist  in  einiger  Entfernung  vom  Mittelpunkte  ein  Stift  angebracht, 
welcher  in  einen  Schlitz  im  unteren  Ende  des  Hebels  hineinragt  und 
somit  den  Hebel  hin  und  her  bewegt.  Am  oberen  Ende  des  Hebels 
befindet  sich  der  Zapfen  für  einen  doppelten  Sperrkegel,  der  sich  frei 
um  den  Zapfen  drehen  kann  und  für  gewöhnlich  in  seiner  Gleich- 
gewichtslage erhalten  wird.  Auf  derselben  Achse  mit  dem  Hebel,  jedoch 
nicht  drehbar  mit  demselben,  sitzen  zwei  Sperrräder'-,  die  fest  mit  ein- 
ander und  mit  einem  Contactarme  C  verbunden  sind ;  ihre  Zähne  sind 
aber  entgegengesetzt  geschnitten.  Die  Pole  zweier  über  dem  Doppel- 
sperrkegel liegenden  Elektromagnete  5,  S  sind  der  Krümmung  desselben 
entsprechend  ausgenommen;  geht  ein  Strom  durch  einen  der  Elektro- 
magnete, so  zieht  er  den  unter  ihm  liegenden  Sperrkegel  an  sich  heran 
und  legt  dadurch  den  anderen  in  die  Zähne  seines  Sperrrades  ein;  bei 
der  Drehung  des  Hebels  wird  daher  das  eine  Sperrrad  um  einen  Zahn 
fortgeschoben  und  der  Umschalterarm  C  mitgenommen,  also  Widerstand 
ein-  oder  ausgeschaltet.  Die  beiden  Klemmschrauben  (4-  und  — )  der 
Maschine,  deren  Potential  bei  veränderlicher  Geschwindigkeit  unverändert 
erhalten  werden  soll,  sind  unmittelbar  mit  dem  oben  liegenden  Solenoid  A 
aus  dünnem  Drahte  verbunden.  Bei  regelrechter  Thätigkeit  der  Maschine 
wird  der  Eisenkern  des  Solenoids  in  einer  bestimmten  Lage  in  der 
Rolle  A  erhalten;  wächst  aber  das  Potential  der  Dynamo,  so  wird  der 
Kern  nach  unten  gezogen  und  schliefst  so  einen  Stromweg  nach  dem 
linken  Elektromagnete  5;  nun  ist  aber  der  Kern  selbst  durch  ein  bieg- 


'^  In  Fig.  22  ist  nur  das  eine  D  gezeichnet. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  des  Rettungswesens.  303 

sames  Glied  mit  dem  einen  Pole  der  Maschine  verbunden,  der  andere 
Pol  dagegen  mit  den  inneren  (unteren)  Enden  der  Rollen  S,  S  •  daher 
geht  bei  der  Zunahme  des  Potentials  ein  Strom  durch  den  linken 
Elektromagnet  S,  zieht  den  linken  Sperrkegel  an,  legt  den  rechten  in 
sein  Sperrrad  und  dreht  den  Contactarm  C  nach  links,  so  dafs  mehr 
Widerstand  in  den  Nebenschlufsstromkreis  der  Feldmagnete  eingeschaltet 
wird  und  dadurch  das  Potential  wieder  vermindert  wird.  Beim  Fallen 
des  Potentials  geht  der  Kern  an  den  oberen  Contact  hinauf,  der  rechte 
Elektromagnet  S  kommt  zur  Wirkung,  C  wird  nach  links  bewegt  und 
eine  entsprechende  Zahl  von  Widerstandsrollen  ausgeschaltet. 

Eine  gleiche  Anordnung  hat  Henrion  auch  einem  selbsthätigen 
Regulator  der  Bürstenstellung  gegeben.  Die  Stellung  der  Bürsten  auf 
dem  Stromsammler  (Commutator)  hängt  blofs  von  dem  von  der  Dynamo 
gelieferten  Strome  ab:  deshalb  ist  das  in  Fig.  23  oben  sichtbare,  die 
Regulirung  vermittelnde  Solenoid  A  aus  dickem  Drahte  gewickelt  und 
vom  Hauptstrome  durchlaufen.  Der  Kern  dieses  Solenoids  spielt 
wieder  zwischen  einem  oberen  und  einem  unteren  Contacte,  welche 
genau  wie  in  Fig.  22  mit  zwei  Solenoiden  S  aus  feinem  Drahte  ver- 
bunden sind.  Die  beiden  entgegengesetzt  geschnittenen  Reihen  von 
Sperrradzähnen  sind  auf  einem  Yiertelkreisbogen  angebracht  und  mit 
dem  hin  und  her  beweglichen  Rahmen  verbunden,  der  die  Bürsten  trägt: 
das  Ganze  wird  selbsthätig  vorwärts  und  rückwärts  geschoben,  wenn 
die  Stromstärke  zu-  oder  abnimmt.  In  diesem  Regulator  wird  die 
schwingende  Bewegung  dem  Hebel,  welcher  die  beiden  Sperrkegel 
trägt,  durch  das  in  Fig.  24  sichtbare  grofse  Zahnrad  mitgetheilt.  Ein 
an  der  Stirnfläche  dieses  Rades  sitzender  Stift  wirkt  in  einem  Schlitze 
des  Hebels.  Das  grofse  Zahnrad  wird  durch  ein  kleineres  in  Umdrehung 
versetzt,  welches  seinerseits  durch  eine  in  Fig.  24  nicht  sichtbare,  auf 
derselben  Achse  hinter  dem  Apparate  sitzende  Schnurscheibe  getrieben 
wird. 


Neue  Erscheimmgeii  auf  dem  Gebiete  des  Rettungswesens. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  15. 

Von  den  Apparaten  zur  Rettung  in  Wassersgefahr  erregt  zunächst 
ein  Geschofs  zum  Werfen  von  Rettungsleinen  unser  Interesse,  welches 
unter  Nr.  40063  Armand  Eugene  Marie  du  Bourblanc  in  Paris  patentirt 
worden  ist.  Dasselbe  wird  durch  ein  Geschütz  oder  eine  Handfeuer- 
waffe abgeschleudert,  um  einem  in  Gefahr  gerathenen  Schiflfe  eine 
Rettungsleine  zuzuführen. 

In  der  Zeichnung  zeist  Fis:.  1  einen  Längsschnitt  durch  das  Ge- 
schofs,  Fig.  2  die  Ansicht  desselben  im  Laufe  einer  Handfeuerwaffe. 

Das  Geschofs  besteht  aus  dem  Metallcylinder  A.  welcher  der  Länge 
nach  durchbohrt  ist.  um  die  mit  der  Spiralfeder  F  umwickelte  Stange  BC 


304  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  des  Rettungswesens. 

aufzunehmen.  Die  Spiralfeder  findet  in  der  Erweiterung  G  des  Cylinders 
Platz  und  legt  sich  gegen  die  durch  die  Schraube  D  gehaltene  Scheibe  E 
der  Stange.  Mit  der  Stange  BC  ist  ein  Ring  I  verbunden,  in  welchen 
die  Oese  J  einer  Stange  H  greift,  an  deren  Querst  tick  L  das  Ende  der 
Rettungsleine  befestigt  ist. 

Der  Cjlinder  A  liat  eine  seitliche  Rinne,  in  welche  die  Stange  H 
gelegt  wird,  wenn  das  Geschofs  in  den  Lauf  des  Geschützes  oder  Ge- 
wehrs eingeführt  wird. 

Hat  das  Geschols  den  Lauf  verlassen,  so  legt  sich  die  Stange  B 
nach  hinten  und  zieht  die  Leine  R  nach  sich.  Die  Feder  F  dient  dem 
Zwecke,  den  harten  Schlag  beim  Auffallen  des  Geschosses  und  eine 
Beschädigung  des  Schiffes  u.  s.  w.  zu  vermeiden.  Ein  Geschofs,  welches 
durch  ein  Geschütz  geworfen  wird,  hat  ein  Gewicht  von  4  bis  6^^  wäh- 
rend ein  durch  eine  Handfeuerwaffe  geschleudertes  Geschofs  nur  etwa 
100  bis  200g  wiegt. 

Eigenartig  ist  auch  die  F.  W.  Brewstcr  in  Westminster,  England, 
unter  Nr.  40175  patentirte  Rettungsleiter  für  Schiffbrüchige  construirt.  — 
Die  Seile  i  dieser  Leiter  sind  durch  die  Schwimmkörper  2  schwimm- 
fähig gemacht.  Letztere  bestehen  zweckmäfsig  aus  einer  Hülle  oder 
einem  Sack  5  aus  starkem  Segeltuche  oder  dünnem  Blech  u.  s.  w.  Sie 
können  eine  Ausfüllung  4  aus  gebranntem  Kork  erhalten  und  werden 
in  passenden  Abständen  von  einander  auf  dem  Seile  /  festgehalten, 
z.  B.  durch  Knoten  5,  welche  in  das  Seil  geschlagen  sind  und  im  In- 
neren der  Schwimmkörper  fest  anliegen.  Zwei  oder  mehr  solcher 
schwimmfähig  gemachten  Seile  sind  durch  Querseile  oder  Querverbin- 
dungen 6  aus  Holz  0.  dgl.  derart  mit  einander  verbunden,  dafs  eine 
Boje  entsteht,  an  welcher  schiffbrüchige  Personen  einen  passenden  Halt 
für  ihre  Rettung  finden  können. 

Zweckentsprechend  dürfte  sich  auch  das  dem  Engländer  Robert  Dawson 
Kay  in  Warrington  unter  Nr.  42  859  patentirt>e  Ventil  an  Rettungsapparaten 
erweisen.  In  der  Zeichnung  Fig.  4  bis  9  ist  dasselbe  in  der  Anwendung 
für  Rettungsapparate,  die,  um  den  Hals  getragen  und  mit  Luft  gefüllt, 
die  Gefahr  des  Ertrinkens  beseitigen  sollen,  dargestellt,  a  ist  ein  ring- 
förmiger Luftbehälter  aus  wasserdichtem  Zeuge,  welcher  mittels  des 
elastischen  Bandes  g  kragenartig  am  Halse  gehalten  wird.  An  a  be- 
findet sich  die  Gummiröhre  6,  welche  an  ihrem  freien  Ende  von  der 
Gummikappe  c  umschlossen  wird.  In  c  ist  nun  das  Ventil  d  so  ein- 
geschoben, dafs  es  einestheils,  auf  der  Röhre  b  aufsitzend,  sie  zusammen- 
drückt, d.  h.  in  unbenutztem  Zustande  letztere  schliefst,  und  anderen- 
theils  mit  der  Kajjpe  c  abschliefst.  Das  Ventil  selbst  besteht  aus  zwei 
an  einem  Stifte  e  beweglichen  Theilen  rf,  und  rfj,  welche  durch  die 
auf  e  sitzende  Feder  f  das  Rohrende  b  geschlossen  erhalten.  Zum  Auf- 
enthalt im  Wasser  setzt  man  den  Apparat  dadurch  in  Thätigkeit,  dafs 
man  cd  mit  dem  Munde  eriireift  und  zusammendrückt.   Hierdurch  wird 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  des  Rettungswesens.  305 

das  Rohr  &  geöffnet,  und  man  kann  den  Luftbehälter  a  soweit  aufblasen,  dafs 
er  seinen  Zweck,  als  Träger  im  Wasser  zu  dienen,  zu  erfüllen  vermag. 

Die  Erfindung  des  Charles  Joseph  Pigeon  und  Louis  Justin  Tristan 
Lacroix  in  Paris  —  P.  R.  Nr.  44965  —  betrifft  eine  für  den  Fall  eines 
Schiffbruches  zu  benutzende  Rettungsvorrichtung,  welche  für  gewöhn- 
lich als  Matratze  für  die  Schiffsbetten  dienen  soll.  Dieselbe  besteht  aus 
einer  Anzahl  geeigneter  luftdicht  geschlossener  Cylinder  A  (Fig.  10,  11 
und  12).  Letztere  sind  entweder  aus  einem  mit  einer  Leinwandhülle 
umgebenen  Kautschukrühre  oder  aus  einer  von  zwei  mit  Kautschuk  ge- 
tränkten Geweben  eingeschlossenen  Kautschukplatte  hergestellt.  Diese 
so  gebildeten  C^'linder  werden  neben  einander  durch  Nähte  vereinigt 
und  aufserdem,  falls  die  Vorrichtung  als  Matratze  dienen  soll,  in  einen 
gemeinsamen  leinenen  Ueberzug  untergebracht.  Um  jeden  der  Cylinder 
nach  Bedarf  mit  Luft  o.  dgl.  anfüllen  oder  von  dieser  entleeren  zu 
können,  ist  an  dem  einen  Ende  derselben  ein  Hahn  C  vorgesehen. 
Zwischen  den  beiden  centralen  Cylindern  ist  ein  wasserdichter  Sack  E 
angebracht,  welcher  die  Gestalt  des  unteren  Theiles  eines  Nachens  be- 
sitzt und  in  wasserdichter  Weise  mit  zwei  wasserdichten  Beintheilen  FF 
verbunden  ist.  Letztere  endigen  in  Fufstheile,  deren  Sohle  durch  eine 
Bleiplatte  beschwert  wird.  Beim  Gebrauche  als  Rettungsmittel  nimmt 
man,  nachdem  die  mittleren  Cylinder  aus  einander  geschoben  worden, 
in  dem  Sack  und  den  Beintheilen  Platz,  schnallt  einen  an  dem  Sack 
vorgesehenen  Riemen  um  den  Leib,  um  das  Eindringen  des  Wassers 
zu  hindern,  und  legt  um  die  Schultern  ein  Band  J,  welches  gestattet, 
den  Apparat  bis  zum  Sturze  in  das  Wasser  leichter  zu  tragen.  Die 
Bleiplatten  bringen  den  Apparat  immer  in  seine  richtige  Lage,  so  dafs 
der  Obertheil  und  der  Kopf  des  Schiffbrüchigen  stets  über  Wasser  bleiben. 
Die  Rettungsmatratze  ist  an  den  Seiten  mit  Ringen  oder  Stricken  K 
versehen,  welche  fest  mit  einem  den  ganzen  Umfang  des  Röhrensystems 
schützenden  Kabel  J  verbunden  sind.  Diese  Ringe  oder  Stricke  ge- 
statten, die  Matratzen  an  einander  zu  koppeln,  so  dafs  in  letzterem 
Falle  ein  un versenkbares  Flofs  gebildet  wird. 

Bei  der  durch  die  Fig.  13  und  14  gekennzeichneten  Abänderung 
bestehen  die  mittleren  Cylinder  je  aus  drei  kürzeren  Cylindern  LMiV, 
welche  derartig  angeordnet  sind,  dafs  in  dem  Mittelpunkte  ein  leerer 
Raum  entsteht,  sobald  die  Cylinder  MM^  welche  mit  den  hinteren 
Cylindern  NN  durch  ein  Scharnier  von  Stoff  verbunden  sind,  umge- 
klappt werden.  Die  aus  Cylindern  zusammengesetzte  Matratze  eignet 
sich  auch  sehr  gut  zu  Feldbetten.  Der  Schwefel  der  Kautschukcylinder 
übt  auf  den  Menschen  keine  schädlichen  Einwirkungen  aus,  vielmehr 
bekämpft  derselbe  mit  Erfolg  die  Ansteckungsstoffe  des  Typhus,  der 
Cholera  und  anderer  Krankheiten. 

Auch  der  John  Beynard  Hargin  in  Elizabeth,  New  Yersey,  Nord- 
amerika,  unter  Nr.  46639  patentirte  Gegenstand  bezieht   sich  auf  eine 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  7.  1889/III.  20 


306  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  des  Rettungswesens. 

Luftmatratze,  die,  leicht  aufgeblasen,  in  Verbindung  mit  anderen  als 
Rettungsflofs  Verwendung  finden  kann.  Der  innere  Raum  dieser  Matratze 
ist  durch  Querwände  in  mehrere  luftdichte  Abtheilungen  getheilt,  von 
denen  jede  durch  Schläuche  g  (Fig.  15,  16  und  17)  mit  der  Luftkammer 
eines  Blasebalges  verbunden  ist.  Letzterer  zieht  bei  der  Aufwärts- 
bewegung der  Klappe  G  die  Aufsenluft  durch  Ventile  e  und  Oelfnungen  e^ 
und  €2  in  die  Punipenkammer  und  prefst  dieselbe  bei  seiner  Abwärts- 
bewegung durch  Ventile  in  die  Luftkammer  F  und  von  da  durch 
Ventile  g  in  die  Abtheilungen.  Zur  Verbindung  dieser  Luftmatratze 
mit  anderen  gleichartigen  sind  auf  jeder  Seite  derselben  je  zwei  Bügel 
äuge  bracht,  dei-en  Kuppelung  dadurch  erfolgt,  dafs  die  mit  schrägen 
Anlaufflächen  U  (Fig-  18  und  19)  und  Durchbohrung  /j  versehene  Nase  t 
zwischen  zwei  im  anderen  Bügel  befindliche  Bolzen  Sj  geprefst  wird, 
die  durch  Spiralfedern  s.,  in  die  Durchbohrung  der  Nase  gedrückt  werden. 
Die  Lösung  der  Verbindung  erfolgt  durch  einen  Keil  ir,  der  zwischen 
zwei  an  den  Bolzen  befestigte  Niete  vv  gedrückt  wird  und  dadurch 
erstere  aufser  Eingriff  mit  der  Durchbohrung  der  Nase  bringt. 

Zur  Verhütung  von  Menschenverlusten  auf  See,  welche  durch  Ueber- 
bordfallen  aus  den  Masten  oder  durch  Sturzseen,  welche  die  Leute  von 
Deck  über  Bord  schlagen,  herbeigeführt  werden,  dient  die  Wilhelm  Küpper 
und  der  Firma  J.  U.  Rösing  im  Nordseebad  Wangerooge  unter  Nr.  46069 
patentirte  Nachtrettungsboje.  Läfst  man  diese  Boje,  welche  am  Heck 
eines  Schiffes  befestigt  ist,  sobald  der  Ruf  ertönt:  „Mann  über  Bord'-', 
ins  Meer  fallen,  so  bewirkt  der  ziemlich  hohe  Fall,  dafs  dieselbe  zu- 
nächst ganz  untertaucht.  Hierbei  füllt  sich  der  Raum  b  (Fig.  20  und  21) 
durch  die  unten  angebrachten  Oeffnungen  c  mit  Wasser,  während  die 
in  diesem  Räume  befindliche  Luft  durch  die  Röhren  d  entweicht. 
In  dem  Räume  h  befindet  sich  der  Schwimmer  /,  der  an  der  Zünd- 
stange f  befestigt  ist,  welche  letztere  durch  die  Führungen  gk  bis 
unter  den  Abdruckhebel  h  hinaufreicht.  Gleich  nachdem  die  Nacht- 
rettungsboje aus  dem  Wasser  zur  Oberfläche  emporgeschnellt  ist,  wird 
sich  durch  das  hinlänglich  in  den  Raum  b  eingedrungene  Wasser  der 
Schwimmer  /  mit  der  Zündstange  f  heben  und  den  Abdruckhebel  /* 
des  bis  dahin  luftdicht  verschlossenen  Zündapparates  i  zum  Abdrucke 
bringen.  Letzterer  in  den  Fig.  22  bis  29  dargestellte  Apparat  ist  in 
folgender  Weise  eingerichtet:  Fig.  26  stellt  den  Apparat  in  gespanntem, 
also  zum  Zünden  bereiten  Zustande  dar.  Dadurch,  dafs  der  Schlitten  a 
in  die  bezeichnete  Lage  gebracht  worden  ist,  wurde  die  Feder  6  an- 
gespannt und  ebenso  die  Feder  c,  welche  gegen  die  Zündholzbehälter  d 
und  diese  gegen  die  Reibfläche  drücken.  Der  Schlitten  a  ist  in  einer 
senkrechten  Führung  t  und  die  Zündholzbehälter  d  in  einer  wagerechten 
Führung  q  verstellbar.  In  vorbezeichneter  Stellung  docken  sich  die 
Löcher  f  im  Schlitten  und  in  der  Führung  Fig.  26,  und  durch  einen 
eingesteckten  Stift   werden   die  Federn  b  und  c  in  Spannung  gehalten. 


yeiie  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  des  Rettungswesens.  307 

Sobald  sich  mm  die  Schwimmerstange  aufwärts  bewegt,  zieht  sie 
den  Stift  aus  den  Löchern  ff  (Fig.  25),  und  der  Schlitten  a  wird  mit 
Hilfe  der  Feder  in  die  in  Fig.  22  bezeichnete  Stellung  gebracht.  Die 
kleinen  Zündholzbehälter  d  werden  mit  Hilfe  der  Feder  c  durch  die 
Oeffnungen  g  hinaustreten;  sie  werden  jedoch  durch  einen  kleinen 
Knasgen  vor  dem  gänzlichen  Herausfallen  behütet.  Durch  die  ent- 
standene Reibung  der  Zündhölzer  an  der  Reibfläche  haben  sich  erstere 
entzündet,  und  indem  sie  durch  die  Oeffnungen  g  treten,  entzünden  sie 
auch  die  präparirten  Kerzen  h.  Die  beiden  Knaggen  i  und  ä  begrenzen 
den  Hub  des  Schlittens,  um  ein  genaues  Functioniren  zu  sichern.  Ein 
kleiner  mit  dem  Schlitten  o  verbundener  Mitnehmer  r  ist  mit  einer 
Stange  s  (Fig.  20  bis  29)  verschraubt,  welche  zu  einem  Tellerventil  v 
führt.  Sobald  nun  der  Zündapparat  ausgelöst  wird,  geht  der  Mit- 
nehmer r  sammt  der  Stange  $  in  die  Höhe  und  öffnet  das  Tellerventil. 
Durch  das  Oeffnen  des  Tellerventils  im  Schornsteine  n  (Fig.  20  und  21) 
wird  ermöglicht,  dafs  die  durch  das  Licht  sich  entwickelnde  heifse  und 
verbrauchte  Luft  aus  unten  offenen  und  am  Schornsteine  angebrachten 
Rohren  o  ausströmen  kann,  während  durch  die  in  den  Tubus  rj  ofi'en 
mündende  Röhre  p  bewirkt  wird,  dafs  immer  frische  Luft  den  Kerzen 
zuströmt.  Der  Raum  b  (Fig.  20)  wird  sich  nur  bis  zur  Aufsenwasser- 
linie  mit  Wasser  füllen,  während  oberhalb  der  Wasserlinie  stets  von 
aufsen  durch  die  Röhren  d  frische  Luft  einströmen  kann,  welche  Luft 
dann  durch  die  Röhre  p  zunächst  in  den  Raum  des  Tubus  q.  von  hier 
in  den  Raum  t  und  mit  diesem  in  Verbindung  stehenden  Raum  u  weiter 
geführt  wird  und  so  das  gute  Brennen  der  Kerzen  sichert. 

Die  Wellen  werden  dadurch  geebnet,  dafs  im  unteren  Theile  des 
Luftraumes  f,  rings  umlaufend,  ein  Oelbehälter  ic  angebracht  ist,  dessen 
Inhalt  von  dem  Moment  an,  dafs  die  Nachtrettungsboje  ins  Wasser 
fällt,  langsam  durch  die  Röhren  z  ausströmt  (1888  267  *  113). 

An  zwei  entgegengesetzten  Seiten  der  Nachtrettungsboje  sind  die 
Oesen  m  (Fig.  20)  angebracht,  an  welchen  durch  2°^  lange  Taue  n  zwei 
besonders  construirte  Rettungsgürtel  befestigt  sind.  Diese  Rettungsgürtel 
sind  so  eingerichtet,  dafs  die  beiden  Hälften  eines  Gürtels  in  dem 
Scharnier  A  der  Fig.  10  bis  12  leicht  offen  gehalten  und  zugeklappt 
werden  können.  Erreicht  nun  der  Verunglückte  den  Gürtel,  so  wird 
es  ihm  ein  Leichtes  sein,  in  die  Oeffnung  hineinzuschwimmen,  die  Hälften 
zusammenzuhalten  und  den  leicht  beweglichen  Haken  D  über  den 
Knopf  E  zu  schieben  und  auf  diese  Weise  den  Ring  zu  schliefsen.  Damit 
ist  aber  der  Mann  auch  schon  gleichsam  gerettet,  denn  einestheils  wird 
es  ihm  nun  selbst  im  erschöpften  Zustande  möglich  sein,  sich  über 
Wasser  zu  halten,  anderentheils  wird  man  von  Bord  aus  oder  aus  den 
Masten  des  Schiffes  das  3i.,  Stunden  brennende  Licht  im  Auge  behalten 
haben  und  bereits  zurüeksegeln  oder  zurückdampfen,  um  den  Mann 
wieder  aufzunehmen. 


308  Neuere  Wägemaschinen. 

Der  in  Fig.  32  bis  34  dargestellte  Apparat,  welcher  Dr.  Josef 
Rudolf xj  in  Szegedin,  Ungarn,  unter  Nr.  40981  patentirt  worden  ist,  dient 
dazu,  die  Thätigkeit  der  Lunge  bei  in  Wasser,  Rauch  oder  schlagenden 
Wettern  Verunglückten  zu  unterstützen.  Es  wird  dies  durch  zwei  Blase- 
bälge erreicht,  welche  durch  Ansaugen  der  in  der  Lunge  betindlichen 
Luft  das  Ausathmen,  durch  Einpressen  reiner  Luft  die  Einathmung  er- 
setzen bezieh,  unterstützen. 

Die  Maske  o  wird  über  Mund  und  Nase  aufgesetzt  und  dabei  das 
Mundstück  b  zwischen  die  Zähne,  oder  wenn  diese  fest  auf  einander 
geprefst  sind,  zwischen  die  Lippen  gebracht.  Die  beiden  Flanschen  / 
und  wi,  welche  excentrisch  an  den  Rohren  in  ihren  Mittelpunkten  um 
einen  Stift  drehbar  befestigt  sind,  werden  so  gestellt,  dafs  die  Verbin- 
dung der  Rohre  e  und  n  stattfindet.  Darauf  wird  durch  Hochziehen 
der  Blasebälge  Luft  angesaugt,  welche  bei  dieser  Anordnung  aus  den 
Lungen  und  dem  Luftbehälter  zuströmen  mufs.  Darauf  werden  die 
Flanschen  um  900  gedreht,  der  Apparat  also  von  dem  Luftbehälter  ab- 
geschlossen, und  die  in  den  Blasebälgen  befindliche  Luft  wird  durch 
Zusammendrücken  derselben  in  die  Lungen  geprefst.  Alsdann  werden 
die  Scheiben  in  ihre  vorherige  gegenseitige  Stellung  gebracht,  durch 
Heben  der  Bälge  Luft  angesaugt,  die  Flanschen  zurückgedreht  und  die 
Luft  in  die  Lungen  geprefst  u.  s.  w.  In  einem  der  Blasebälge  ist  au 
einem  Stabe  ein  Schwämmchen  g  befestigt,  auf  welches  Ammoniak  durch 
eine  dicht  verschliefsbare  Oeffnung  h  geträufelt  wird.  Dadurch  wird 
die  zur  Lunge  zu  führende  Luft  mit  Ammoniakgas  geschwängert,  was 
einen  günstigen  Reiz  auf  die  inneren  Organe  ausübt.  Dicht  an  jedem 
Balge  befindet  sich  je  ein  Zeiger  j,  welcher  erkennen  läfst,  wie  weit 
der  betreffende  Balg  comprimirt  wurde;  an  einem  der  Zeiger  ist  ein 
Schallsignal  k  angebracht,  damit  die  den  Verunglückten  behandelnden 
Feuerwehrleute  sich  unter  einander  und  mit  den  Aufsenstehenden  ver- 
ständigen können.  Sfd. 

Neuere  Wägemascliineii. 

Mit  Abbildungen. 
Zählwage  von  Vincent  und  Vialalton. 

Zur  Bestimmung  der  Anzahl  gleichartiger  kleiner  Gegenstände,  wie 
Knöpfe,  Schreibfedern,  Perlen  u.  dgl.,  bedient  man  sich  mit  Vortheil 
des  Wägeverfahrens,  mittels  dessen  eine  bestimmte  Menge  abgezählter 
Gegenstände  mit  der  übrigen  Menge  verglichen  wird. 

Zu  solchem  Zwecke  werden  aber  besondere  Wagen  benützt,  von 
welchen  eine  der  neuesten  nach  ühland^s  Industrielle  Rundschau^  1888 
Nr.  10  *  S.  91,  die  oben  benannte  ist. 

Dieselbe  besteht  aus  einem  Doppelhebel,  dessen  langer  Schenkel 
mit  'J'heilstrichen  versehen  ist,   welche   die  Uebersetzungszahl  angeben 


Neuere  Wägemaschinen. 


309 


im  Verhältnisse  zu  jeaem  kurzen  Hebelarme,  an  dem  die  grofse  Wäge- 
schale hängt,  während  am  linken  glatten  Hebel  ein  Laufgewicht  gleich- 
zeitig und  gegensätzlich  zur  Zählschale  am  Strichhebel  sich  verschiebt. 

Dies  wird  mittels  zweier  über  Rollen  laufender  Kettchen  erreicht, 
und  zwar  ist  die  Zählschale  am  unteren,  das  Laufgewicht  aber  am 
oberen  Kettenzug  angehängt.  Die  auf  gemeinschaftlicher  Achse  be- 
findlichen Röllchen  sind  aber  im  Verhältnisse  der  Hebellänge  bezieh, 
der  laufenden  Gewichte  bemessen,  so  dafs  bei  deren  Verschiebung  be- 
ständig das  Gleichgewicht  von  selbst  hergestellt  wird.  Nun  ist  aufser- 
dem  die  leere  Wägeschale  ebenfalls  durch  ein  Gegengewicht  ausge- 
glichen. 

Wird  nun  eine  abgezählte  Menge  in  die  Zählschale  gelegt,  die 
übrige  Menge  aber  in  die  Wägeschale  geworfen,  so  wird  bei  erreichter 
Gleichgewichtslage  die  bekannte  Zahl  in  der  kleinen  Schale,  mit  der 
am  Strichhebel  abgelesenen  Uebersetzungszahl  multiplicirt,  die  Anzahl 
Gegenstände  in  der  Wägeschale  ergeben. 

Brückenwage  für  20^  von  Monchicourt  und  Rondet  (Fig.  1). 
Die  Uebersetzungen    dieser   Brückenwage  i   sind    nach   Annales  in- 
dustrielles^ 1888  Bd.  20  •"•  S.  14,  derart  vertheilt,  dafs  genau  (1 :  100)  auf 

Fig.  1. 


die  Brückenhebel   und   (1 :  10)   auf  die  Schnellwagenhebel   entfällt,  so 
1  Vgl.  Guillaumin^  1888  269  *  496. 


310  Neuere  Wägemaschineu. 

dalö  die  Gesammtübersetzuug  (1 :  1000)  wird.  Die  Hebelläuge  sind 
135mm  fiii-  den  Laslarm  und  demgemäfs  1350"i"'  für  die  Hebellänge  bis 
zur  Taraschale,  während  genau  1000°i°i  für  die  Eintheilung,  welche 
genau  nach  Centimetern  erfolgt,  frei  bleiben.  Auf  sauber  abgedrehten, 
parallelen  Hebelstangen  verschieben  sich  zwei  Laufgewichte,  deren 
scharfe  Bordränder  an  dem  Strichhebel  gleiten.  Der  Strichhebel  selbst 
ist  auf  einer  besonderen  Leitspindeldrehbank  eingetheilt. 

Die  Bestimmung  der  Laufgewichte   erfolgt    nach    folgendem   Ver- 
fahren: Wird  das  Laufgewicht  P  (Fig.  2)  zuerst  in  die  Nullstellung  ge- 
Fi?-  2.  bracht,  so  mufs  zur  Herbeiführung 

h- h >i     des  Gleichgewichtes  ein  bekanntes 

\'  '*T       I  "■       '     Gewicht  </  in  die  Taraschale  ge- 

;  1  i        I      legt  werden.    Wird  hiernach  das 

I  in  I      Taragewicht  o   entfernt  und   das 

'  Gleichgewicht  durch  Verlesung 
des  Laufgewichtes  P  in  die  Endstellung  der  Theilung  /  wieder  her- 
gestellt, so  erhält  man  zwei  Bedingungsgleichungeu,  aus  welchen  die 
Gröfse  des  Laufgewichtes  leicht  berechnet  werden  kann. 

0  =  Pl  +  qL  —  Ql (1) 

o=pa+i)-Qi 

P  =  -1'<1 (3) 

r  -I  QK  A 

Nun  ist  -T  =  L-^:^  =  1,35  und  y  =  10'^,  so  folgt  f  =  13 1^,5,  das  Ge- 
wicht des  gTofsen  Läufers,  und  für  ein  bekanntes  Laufgewicht  folgt  die 
Theilungslänge 

l  =  Lj, (4j 

z.  B.  für  q  =  l  und  P  =  lo^,h  wird,  da  L  =  1350  ist,  /  =  lOO^i^  = 
lOcm  sein. 

Nun  ist  1000  q  die  Brückenlast,  folglich  entspricht  einer  Strecke 
von  lOcm  eine  Last  von  1000*^  oder  l^ni  einer  solchen  von  lOO"^. 

Da  nun  das  kleine  Laufgewicht  f  =  135^,  der  hundertste  Theil  des 

P 

grofsen,  also  p^=  ^j-  ist,  so  entspricht  eine  diesbezügliche  Verschiebung 

von  1''"  einer  wirklichen  Last   von  l"^. 

Mit  diesen  beiden  Laufgewichten  ist  man  demnach  im  Stande,  eine 
Brückenlast  von  10'  zu  verwiegen.  Uebersteigt  jedoch  die  Brücken- 
last diese  Grenze,  so  wird  einfach  an  die  Taraschale  ein  Gewicht  von 
10"^  angehängt  und  mit  P  und  p  bis  20'  weiter  gewogen. 

B.  Trayvous  Schnelhvage. 
Die  scheinbar  sehr  einfache  Bedingung,  dafs  eine  tragbare  Schnell- 
wage unbelastet  ins  Gleichgewicht  zu  bringen  sei,  d.  h.  dafs  die  Unter- 


Neuere  Wägemaschinen. 


311 


suchung  ihrer  Genauigkeit  ohne  Zuhilfenahme  von  Gegengewichten 
möglich  werde,  dafs  also  die  Eintheilung  des  Hebels  von  Null  aus  be- 
ginne, diese  Aufgabe  ist  erst  in  neuerer  Zeit  gelöst  worden,  und  ist  als 
eine  gelungene  Lösung  die  Wage  Trayvous  zu  bezeichnen,  welche  in 
der  Revue  industrielle  vom  19.  Mai  1888,  '"'S.  106,  beschrieben  worden  ist. 

Der  lange  Strichhebel  ist  nach  der  entgegengesetzten  Seite  der 
Aufhängepunkte  verlängert,  die  von  Null  aus  beginnende  Eintheilung 
des  kurzen  Hebels  aber 
so  getroffen,  dafs  das 
auf  die  Nullstellung  ein- 
gestellte Laufgewicht 
(Fig.3)  den  langen  Strich- 
hebel leer  ins  Gleich- 
gewicht bringt,  während 
die  von  Null  bis  10'^  rei- 
chende Eintheilung  des 
kurzen  Hebels  für  kleine  Lasten  zureicht. 

Die  Wage  besitzt  zwei  Hängeringe,  welche  nach  entgegengesetzter 
Richtung  umschlagen  und  dadurch  zwei  verschiedene  Hebelübersetzungen 
darbieten;     deshalb    ist  Fig.  4. 

der  Lasthaken  in  einer 
Schleife  nach  beiden 
dieser  Richtungen  be- 
quem umzulegen  (Fig.  4). 
Dementsprechend  ist  die 
Eintheilung  des  langen 
Strichhebels  für  die  kleine 
Uebersetzung  (Fig.  4) 
von  10  bis  40^  auf  einer  Seite,  und  für  die  grofse  Hebelübersetzung 
(Fig.  3)  von  40  bis  100^  auf  der  anderen  Seite  des  Strichhebels  an- 
geordnet. 

Hierdurch  wird  nicht  nur  die  Untersuchung  der  Wage  erleichtert, 
sondern  auch  vermöge  der  breiteren  Strichtheilung  die  Genauigkeit  der 
Wägung  erhöht. 

Eill's  selbsthätige  Getreidewage  (Fig.  5). 

Die  allzurasche  Thätigkeit  der  schliefsenden  Gefäfsklappe  oder  das 
zu  energische  Hochdrehen  der  Kippschale  einer  Getreidewage  kann 
Veranlassung  sein,  dafs  ein  Rest  schon  abgewogenen  Getreides  ab- 
gefangen wird,  zur  erneuerten  Abwägung  gelangt  und  dadurch  die  Rich- 
tigkeit der  Messung  beeinflufst  wird. 

Dies  ist  um  so  bedeutungsvoller,  weil  dieser  fehlerhafte  Vorgang 
gar  nichts  mit  der  Genauigkeit  der  Wage  zu  thun  hat  und  lediglich 
davon  abhängt,  ob  das  zur  Verwiegung  gelangende  Getreide  mehr  oder 


812 


Neuere  Wägemaschinen. 


weniger  das  Bestreben  rascher  Bewegung  besitzt,  d.  h.  in  Folge  ver- 
stärkter Reibung  oder  Anhaftungsfähigkeit  längere  Zeit  zur  Entleerung 


Fig.  5. 


braucht,  als  demselben  durch  die  Wägethätigkeit  zugewiesen  ist.  Es 
wird  selbstverständlich  jede  Wage  diesbezüglich  zu  regeln  sein,  doch 
darf  nicht  übersehen  werden,  dafs  bei  feuchtem,  staubigem  Getreide 
dieser  Fall  unversehens  eintreten  kann.  Darin  ist  auch  die  Schwierig- 
keit der  Herstellung  einer  sicher  wirkenden  selbsthätigen  Mehhvage  be- 
gründet (vgl.  Reuther  und  Reixert,  1888  269  *  309). 

Dem  bereits  abgewogenen  Getreide  Zeit  zur  Entleerung  zu  lassen, 
ohne  deshalb  die  Wägegeschwindigkeit  herabzumindern,  scheint  Ver- 
anlassung zur  Bauart  der  Hiltschen  Wage  gewesen  zu  sein. 

Diese  von  The  Pratt  und  Whitney  Co.^  Hartford,  Conn.,  Amerika, 
gebaute  Wägemaschine  besteht  nach  American  Machinist ^  1888  Bd.  11 
Nr.  4^  *  S.  1,  aus  zwei  Gerüstständern,  deren  obere  Querverbindung  den 


Neuere  Wägemaschinen.  313 

Einlauftrichter  C  bildet.  An  dem  Doppelhebel  /*  ist  der  Gewiehts-_ 
balken  H  mit  den  Gewichtsstücken  q^  sowie  gegensätzlich  ein  Rahmen 
angehängt,  zwischen  welchen  in  Zapfen  lagernd  das  Wägegefäfs  derart 
schwingt,  dafs  abwechselnd  eine  der  beiden  unteren  Mündungen  frei- 
liegt, die  andere  aber  über  eine  Blechmulde  zu  stehen  kommt  und  da- 
durch verschlossen  bleibt. 

Die  Wägeschale  ist  durch  eine  stehende  Scheidewand  in  zwei 
gleich  grofse  Abtheilungen  getheilt,  von  welchen  immer  nur  jene  unter 
dem  Einlaufe  steht,  deren  untere  Mündung  abgeschlossen  ist. 

Deshalb  besitzt  der  Hängerahmen  zwei  solcher  Blechmulden,  die, 
zwischen  sich  einen  freien  Raum  lassend,  zugleich  Querverbindungen 
desselben  bilden.  Durch  das  Uebergewicht  der  gefüllten  Abtheilung  und 
behufs  der  Entleerung  neigt  sich  das  frei  gewordene  Wägegefäfs  nach 
der  gefüllten  Seite,  wodurch  die  untere  Auslafsöffnung  frei  gelegt  wird. 
Schon  bei  einer  theilweisen  Entleerung  beginnt  das  Heben  des  Wäge- 
gefäfses,  während  dasselbe  vermöge  des  Schliefshakens  /  und  des  An- 
schlagklötzchens m  in  der  eingenommenen  Schräglage  dauernd  erhalten 
wird.  Um  hierbei  das  Pendeln  der  Wägeschale  zu  verhindern,  dient 
der  am  Gestellarme  n  drehbare  Einlegehebel  o,  dessen  Einschnitt  sich 
an  einem  an  der  Hängeschiene  angebrachten  Zapfen  anlegt. 

Ist  die  Schale  in  die  Höchststellung  gelangt,  so  läfst  der  abwärts 
drehende  Wagehebel  h  einen  Gewichtshebel  k  frei,  welcher  die  Ein- 
lafsklappen  bethätigt.  Dementsprechend  wird  vor  beendeter  Schalen- 
füllung und  im  Niedergange  der  Schale  dieser  Hebel  h  vermöge  einer 
Stellschraube  g  den  Gewichtshebel  k  hochdrehen  und  dadurch  die  innere 
Klappe  c  schliefsen,  so  dafs  durch  einen  kleinen  Ausschnitt  derselben 
nur  ein  schwacher  Strahl  behufs  genauer  Einstellung  nachfliefsen  wird, 
Ist  dies  erfolgt,  so  beendet  die  Aufsenklappe  d  den  vollständigen  Ver- 
schlufs  der  Einlauföffnung.  Der  Schliefshaken  l  der  niedergehenden 
Hängeschiene  stöfst  an  den  Gestellarm  n  an,  hebt  sich  über  das  An- 
schlagklötzchen m,  wodurch  das  frei  gewordene  Wägegefäfs  sich  nach 
der  schweren,  gefüllten  Seite  neigt,  wodurch  die  untere  Ausströmungs- 
öffnung freigelegt  wird  und  die  Entleerung  stattfindet. 

Zur  Regelung  der  Wägegeschwindigkeit  ist  sowohl  die  Stellschraube  ^, 
als  auch  das  Schiebegewicht  k  vorgesehen,  während  zur  Richtigstellung 
der  Füllungsmenge  das  am  inneren  Wagenhebel  angeordnete  Schiebe- 
gewicht p  dient. 

Das  Zählwerk  t  wird  von  der  Einlafsklappenwelle  bethätigt,  die 
Einströmung  durch  Hand  aber  mittels  Schliefshaken  a,  h  abgestellt, 
während  vermöge  einer  im  Zählwerke  angebrachten  Abstellungsvorrich- 
tung s  nach  r  der  Einlauf  nach  einer  vorbestimmten,  abgewogenen  Ge- 
treidemenge selbsthätig  unterbrochen  und  der  Betrieb  der  Wage  hier- 
durch endgültig  eingestellt  wird.  Pr. 


314 


Mefswerkzeuge. 


Mefswerkzeuge. 

Mit  Abbildungen. 

a)  Lochlehren.  D.  G.  Brown  und  W.  Lancaster  in  Philadelphia  bauen 
nach  dem  Englischen  Patent  Nr.  13  703  vom  10.  Oktober  1887  die  in 
Fig.  1  dargestellte  Mefövorrichtung,  bei  welcher  die  auf 
die  Mittelschraube  D  aufzuschraubende  Büchse  A  zur  Ver- 
meidung jeden  todteu  Ganges  gespalten  und  mittels  der 
Schräubchen  C  gespannt  wird.  Die  mit  der  Mittel- 
schraube D  fest  verbundene  Hülse  F  ist  an  ihrem  ab- 
geschrägten Rande  in  25  Theile  getheilt,  so  dafs  mit  der 
Ganggröfse  der  Mittelschraube,  welche  ^;,q  eines  Zolles 
beträgt,  es  möglich  wird,  ein  Tausendstel  eines  Zolles 
(0,026ßim)  zu  messen. 

b)  J.  Tickeil  in   Cleveland,    Ohio,    hat    nach    American 

Machinist,   1888   Bd.  11    Nr.  10  S.  2,   die   Lochlehre    zum 

Verlängern  eingerichtet,   indem  in  die  Mefshülse  A  mittels 

der    Schraube    L    die    Stifthülse    H    derart    eingeschoben 

'{  ^  wird,   dafs  sie  aus  der  Hülse  A  mehr 

:Pv  I  ^r^^T?^--  oder  weniger  herausragt.    Um  nun  die 

geradlinige  Verschiebung  jedesmal  ab- 
lesen zu  können,   sind  in  der  Hülse  A 


^  drei  Schlitze  mit  entsprechenden  Thei- 


^-::^ 


fiiiiiiMfi^ 


Fig.  2. 


Fig.  1. 


lungen  in  verschiedener  Höhenlage 
vorgesehen,  von  welchen  in  der  Fig.  2 
nur  der  mittlere  sichtbar  ist.  M  ist 
die  GrilFscheibe,  an  welcher  die  mittlere 
Mefsschraube  steckt. 

c)  W.  Haddoxiis  Mefsvorrichtung. 
Um  Höhenabsätze  an  Werkstücken  un- 
mittelbar am  Hobeltisch  genau  zu  be- 
stimmen oder  Dicken  und  Innenabstände  messen  zu  können,  dient  das 
mit  Fühlhebel  ausgerüstete,  von  Baddow  in  Newton,  Mass.,  Amerika, 
gebaute  Mefswerkzeug.  Dieses  besteht  nach  American  Machinist,  1888 
Bd.  11  Nr.  27  S.  6,  aus  einem  Böckchen  ^  (Fig.  3),  der  Mefsschraube  />, 
deren  am  Bügel  geführte  Mutter  zwei  Verlängerungen  besitzt,  von  denen 
die  eine  den  Drehzapfen  für  den  Fühlhebel  ß,  die  andere  C  die  Marke 
für  den  Fühlhebel  und  zwei  Abschärfungen  enthält,  welche  zum  Ablesen 
der  Messungen  auf  der  Theilschiene  dienen. 

Beim  Messen  von  Dicken  wird  der  Schieber  E  unter  den  Fühlhebel 
gebracht  und  zwar  sind  diese  Bestand! heile  derart  eingerichtet,  dafs  die 
Ablesungen  an  der  Scala  bei  Stärkenmessungen  von  der  oberen  Kante 
von  6\  hingegen  bei  Abmessungen  von  Hohlräumen  von  der  unteren 
Armkante  erfolgen. 


Ertrag  der  Berg-  und  Hüttenwerke  Rufslands. 


315 


d)  Enos'  Neigungswagserwage  (Fig.  4).   Das  gebogene  Glasrohr  besitzt 
an  einem  Ende  eine   kleine  Blase,   in   welcher  Luft  abgefangen  wird. 


Fifr   4. 


Fi2.  3. 


Fig.  5. 

Wünscht  man  bei  vvagerechter  Lage  dieses  Instrumentes  eine  längere 
Luftblase  im  Rohr  zu  haben,  so  wird  dieses  mit  dem  Blasenende  zuerst 
hochgestellt,  dann  langsam  gesenkt,  damit  die  Luft  in  das  Rohr  treten 
kann.  Ebenso  wird  durch  rasche  Kippbewegung  Luft  in  der  Blase  ab- 
gefangen und  dadurch  die  Luftblase  im  Rohr  für  Winkelmessungen  ent- 
sprechend verkürzt.  Knapp  um  das  Rohr  ist  eine  Gradtheilungsschiene 
angelegt.     (^Scientific  American  vom  3.  März  1888.) 

e)  Wasserwage.  In  den  Werkstätten  von  Bement  und  Miles  in  Phila- 
delphia wird  nach  American  Machinist.,  1888  Bd.  11  Nr.  17  S.  6,  die  in 
Fig.  5  dargestellte  Wasserwage  verwendet,  bei  welcher  die  Glasröhre 
in  die  mittlere  Aussparung  des  Richtscheites  mittels  feiner  Schräubcheu 
eingestellt  wird. 


Ertrag  der  Berg-  und  Hüttenwerke  Rufslands  im  J.  1886. 

Dem  kürzlich  erschienenen  statistischen  Tabellenwerke  über  den 
Stand  der  Montanindustrie  in  Rufsland  im  J.  1886,  welches  Bergingenieur 
S.  Kulibin  nach  officiellen  Quellen  zusammengestellt  hat,  entnehmen  wir 
die  nachstehenden  Daten. 

Gold.  Verwaschen  wurden  im  J.  1886  rund  201/4  Millionen  Tonnen 
goldhaltigen  Sandes   und  Quarze.     Dabei   wurden   31246'^',874  Gold  aus 


316  Ertrag  der  Berg-  und  Hüttenwerke  Rulslands. 

dem  Sande  und  2205'^,299  aus  dem  Gesteine  gewonnen,  somit  im  Ganzen 
um  rund  434*^  mehr  als  im  J.  1885.  Die  gröfste  Ausbeute  an  Wasch- 
gold ergab  sich  iu  Sibirien  im  Olekminsker  Bergbezirk  (7646'^,763j,  am 
Amur  (5657^,670)  und  im  Perm'schen  Gouvernement  (5008^,253).  In 
der  Production  von  Berggold  stehen  dagegen  die  Gouvernements  Oren- 
burg  mit  1120'<,067  uud  Perm  mit  524'^',2  obenan.  Der  Goldgehalt  des 
verarbeiteten  Sandes  betrug  im  Mittel  Immg^ßj  Gold  für  1000^  Sand  und 
erreichte  8ni°i?,22.  Betrieben  wurden  1446  Goldwäschen  und  Bergwerke, 
mit  73612  Arbeitern.  Die  Laboratorien  in  Irkutsk,  Barnaul  und  Jeka- 
terinburg  gewannen  aus  dem  ihnen  zum  Einschmelzen  eingeschickten 
Gold  und  Silber  28174*^,583  chemisch  reines  Gold.  —  Bemerkenswerth 
ist,  dafs  im  J.  1886  der  Anfang  einer  Gewinnung  des  Goldes  auf 
chemischem  Wege  gemacht  wurde  durch  eine  specielle  Anlage  in 
Uspensk  im  Lande  der  Oi-enburger  Kosaken. 

Platin.  Die  Ausbeute  an  Platin  beschränkt  sich  bekanntlich  auf 
das  Gouvernement  Perm.  Daselbst  wurden  an  83  Fundorten  4317'^,148 
gewonnen,  um  1732"^  mehr  als  im  Vorjahre;  überhaupt  die  bedeutendste 
Production  des  letzten  Jahrzehnts. 

Silber.  Auf  11  Hüttenwerken  wurden  rund  27  700^  Silbererze  ver- 
schmolzen und  13272'^,989  Silber  erzeugt,  um  2012'*^  mehr  als  im  Vor- 
jahre. Der  Löwenantheil  fällt  auf  den  Bergbezirk  des  Altai  (10044'^,5). 
Nach  der  angestellten  Probe  enthielt  das  erzeugte  Silber  12492*^,434 
chemisch  reines  Metall;  fügen  wir  die  dem  Kohgolde  entzogeneu 
2476'<,634  Silber  hinzu,  so  erhalten  wir  eine  Gesammtausbeute  von 
14969'^',068  chemisch  reinem  Silber. 

ßlei  wurde  als  Neben product  der  Silberschmelze  auf  11  Hütten- 
werken gewonnen,  und  zwar  777'^,470,  um  61/4'  mehr  als  im  Vorjahre, 
aber  weniger  als  in  den  70er  Jahren. 

Kupfer.  An  der  Kupferproduction  betheiligten  sich  20  Hütten 
(davon  je  8  im  Ural  und  im  Kaukasus),  welche  aus  rund  100  400'  Erz 
4571'^,283  Kupfer  erzeugten,  um  150'  weniger  als  im  J.  1885.  Davon 
kamen  auf  den  Ural  2452^,960  und  auf  den  Kaukasus  1545^,832.  Die 
bedeutendsten  Kupferhütten  sind  die  von  Bogoslowsk  und  Wyja  im  Ural 
(1176  und  829')  und  Kedabek  im  Kaukasus  (852').  Der'  grofsartige 
Aufschwung  der  Kupfergewinnung  in  der  ganzen  Welt  (von  152000' 
im  J.  1883  auf  262000'  im  J.  1886)  hatte  ein  Sinken  des  Kupferpreises 
auf  dem  Weltmarkte  zur  Folge  und  dadurch  eine  Verstärkung  der  Con- 
currenz  des  ausländischen  Kupfers  mit  dem  russischen  im  Lande  selbst. 
Dies  veranlafste  die  Regierung,  den  Zoll  auf  importirtes  Kupfer  auf 
2,5  Rubel  Metall  für  das  Pud  a92,60  Rubel  Metall  für  die  Tonne)  zu 
erhöhen. 

Zink.  Im  Gouvernement  Petrikau  (Polen)  arbeiteten  vier  Hütten- 
werke, welche  aus  38181',5  Erz  4195',776  Zink  erzeugten,  um  390' 
weniger    als   im    Vorjahre.      Aus    dem    gewonnenen    Metalle    wurden 


Ertrag  der  Berg-  und  Hüttenwerke  Rufslands.  317 

3213t,067  Zinkbleche  ausgewalzt   und   738t  Zinkweifs  dargestellt.     Die 
bedeutendste  Hütte  ist  Paulina  mit  einer  Production  von  fast  2900'  Zink. 

Zinn.  Das  einzige  Hüttenwerk,  welches  Zinn  producirt,  ist  Pitka- 
rauta,  Gouvernement  Wyborg,  und  selbst  da  ist  die  Gewinnung  eine 
unbedeutende,  nämlich  17'. 

Kubalt.  Im  Daschkessan-Bergwerke ,  Gouvernement  Jelisawetpol 
(Kaukasus),  sank  im  J.  1886  die  Förderung  der  Erze  auf  1^,9.  Das  Berg- 
werk gehört  den  Gebr.  Siemens. 

Quecksilber.  Bei  Nikitoffka,  Station  der  Kursk-Asoff-Bahn,  wurden 
2818f,097  Zinnober  gebrochen,  aber  nicht  weiter  verarbeitet,  da  die  hierzu 
erforderlichen  Oefen  noch  im  Bau  begriffen  waren.  Das  Werk  gehört 
der  Firma  Auerbach  und  Comp. 

Mangan.  Im  Gouvernement  Kutais  wurden  69377,5,  in  den  Gouverne- 
ments Tiflis,  Jekaterinoslaw  und  Perm  5022,  insgesammt  74  399'  Man- 
ganerz gewonnen,  um  13867'  mehr  als  im  Vorjahre.  Der  gröfsere  Theil 
(54440',6)  wurde  über  Batum  oder  Poti  fast  ausschliefslich  ins  Ausland 
versandt. 

Kohle.  An  Steinkohlen  wurden  3971651',654  gefördert;  hiervon 
kommen  1942000'  auf  das  Königreich  Polen,  1571000'  auf  das  Becken 
des  Donetz,  233000'  auf  das  Moskauer  Bassin,  198000'  auf  den  Ural. 
Den  gröfsten  Ertrag  weisen  die  Gruben  Georg  und  Ignaz  im  Gouverne- 
ment Petrikau,  Eigenthum  der  Bergwerksgesellschaft  von  Kramsta,  mit 
426000  und  250000',  auf. 

Änthracit  wurde  ausschliefslich  im  Donetz-Becken  gefördert,  und 
zwar  5369041,079. 

An  Braunkohle  wurden  nur  67909',580  gewonnen,  hauptsächlich  in 
Polen  und  im  Moskauer  Bassin  (je  23590'). 

Die  Zunahme  der  Gesammtgewinnung  fossilen  Brennmaterials  be- 
trug 308000'  oder  71/4  Proc,  eine  Folge  des  Bestrebens,  die  Zollgebühren 
auf  ausländische  Kohlen  zu  erhöhen.  Dieselben  waren  im  J.  1884  schon 
auf  2  Kopeken  Gold  für  das  Pud  oder  122  Kopeken  für  die  Tonne  für 
die  Zufuhr  über  die  Schwarzmeerhäfen  gestiegen  und  wurden  1886  auf 
3  Kopeken  Gold  für  das  Pud  oder  183  Kopeken  für  die  Tonne  erhöht. 
Seitdem  (1887)  ist  auch  die  Einfuhr  ausländischer  Kohlen  über  die 
preufsisch-russische  Grenze  und  über  die  Baltischen  Häfen  mit  2  bezieh. 
1  Kopeken  oder  122  bezieh.  61  Kopeken  für  die  Tonne  besteuert  worden. 

Unsere  Quelle  fügt  im  Speciellen  über  den  Brennmaterialverbrauch 
der  russischen  Eisenbahnen  einige  Notizen  bei:  Die  Länge  der  Bahnen 
betrug  26 150km,  ausschliefslich  Finnland  und  Transkaspien.  Verbraucht 
wurden  8010'  Holzkohle,  5514222cbm  Holz,  112277',136  Änthracit, 
1 035364',616 Steinkohle,  17 163',292 Steinkohlenbriquetts,  3665',090 Koks, 
33048',845  Torf  und  94815',712  Naphta.  Denkt  man  sich  die  einzelnen 
Posten  durch  Cubikmeter  Holz  nach  Mafsgabe  des  Heizwerthes  ersetzt, 
so    erhält    man    als  Resultat,    dafs    dem   mineralischen  Brennmateriale 


318  Ertrag  der  Berg-  und  Hüttenwerke  Rufslands. 

7018862cbin  Holz  bei  gleichem  Heizeffecte  entsprechen,  gegenüber 
5500168c'j°i  vegetabilischen  Brennmateriales,  d,  h.  56  Proc.  bezieh. 
U  Proc. 

Naphta.  Gewonnen  wurden  1 972  330^984  Naphta  (Zunahme  gegen 
das  Vorjahr  G9915')  und  134316^  Erdwachs,  hiervon  rund  1950000'  im 
Gouvernement  Baku  und  17500'  im  Kuban-Gebiete.  Die  weitere  Ver- 
arbeitung ergab  1003^,766  Benzin,  619775',072  Leuchtöle  (Zunahme 
60600')  und  41378t,911  Schmieröle. 

Roheisen.  In  128  Hüttenwerken  wurden  rund  1041800'  Erze  und 
43  808'  Schlacken  und  Abfälle  verschmolzen  und  532094',750  Roheisen 
(Zunahme  gegen  1885:  4570')  gewonnen.  Davon  wurden  442260'  oder 
83,5  Proc.  mit  Holzkohle,  12,8  Proc.  mit  m.ineralischem  und  3,7  Proc. 
mit  gemischtem  Brennmaterial  erblasen.  Von  den  192  Hochöfen  arbeiten 
107  mit  Winderhitzung.  Die  gröfste  Production  weist  das  Uralgebiet 
auf,  344  000'  Roheisen,  geliefert  von  61  Hütten  mit  106  Hochöfen.  Nach 
Gouvernements  geordnet  folgen  sich :  Perm  mit  240114',  Ufa  mit  55 102"^ 
und  Jekaterinoslaw  mit  46994'  Roheisenproduction.  —  Die  Einfuhr  aus- 
ländischen Roheisens  (260000')  hat  im  J.  1886  um  65  500'  gegenüber 
1885  zugenommen  5  vermuthlich  hat  darauf  die  für  das  Jahr  1887  in 
Aussicht  genommene  Erhöhung  des  Zolles  auf  Roheisen  von  15  Kopeken 
auf  25  Kopeken  Gold  beim  Seetransport  und  30  Kopeken  Gold  für  das 
Pud  (9,16  bezieh.  15,25  bezieh.  18,32  Rubel  für  die  Tonne)  Einflufs 
gehabt. 

Schweifseisen.  In  190  Hütten  mit  497  Frischherden,  622  Puddelöfen, 
473  Schweifsöfen  und  450  Glühöfen  wurden  gewonnen  78007',129  ge- 
frischtes und  373419',709  gepuddeltes  Eisen.  Aufserdem  ergaben  sechs 
Schachtöfen  in  Finnland  durch  die  Rennarbeit  (direkt  aus  den  Erzen) 
668',484  Eisen.  Das  gesammte  Rohmaterial  ergab  bei  weiterer  Bear- 
beitung 363002',716  fertiger  Handelswaare,  worunter  248000'  Flach- 
und  Faconeisen,  91800'  Bleche,  19600'  Kessel-,  Schilfs-  und  Panzerbleche, 
im  Ganzen  um  720'  mehr  als  im  Vorjahre.  Auch  hierin  hat  das  Ural- 
gebiet die  gröfste  Production,  rund  200000'.  Unter  den  Gouvernements 
steht  das  Gouvernement  Perm  mit  155000'  den  anderen  weit  voran. 
Es  folgen  die  Gouvernements  Petrikau  mit  41000'  und  St.  Petersburg 
mit  28500'. 

Stahl.  Mit  der  Stahlbereitung  beschäftigten  sich  34  Hütten  mit 
17  Convertern,  67  Martinöfen,  31  Cementiröfen  und  282  Tiegelöfen. 
Hergestellt  wurden  241 790',569  Stahl,  und  zwar  1620',132  Cementstahl, 
5775',980  Puddelstahl,  67831',955  Bessemerstahl,  116  615',592  Martinstahl 
und  4476',490  Tiegelstahl;  bei  rund  48000'  fehlt  die  Angabe  der  Art 
der  Gewinnung.  Aus  diesem  Material  wurden  u.  A.  114000'  Schienen 
und  9219'  Bleche  ausgewalzt.  Die  Zunahme  gegen  1885  betrug  49000'. 
Am  meisten  Stahl  produciren  die  Gouvernements  St.  Petersburg  (74059'), 
Jekaterinoslaw  (46118')  und  Warschau  (25  956'). 


Ertrag  der  Berg-  und  Hüttenwerke  Rul'slands.  319 

Gufs-  und  Schweifseisenwaaren^  Maschinentheile  u.  s.  w.  Die  Hütten- 
werke Rufslands  lieferten  1886:  63485t,177  Gufseisenwaaren ,  1444^,454 
emaillirtes  Geschirr,  51 774^,706  sonstige  schweifseiserne  und  stählerne 
Waaren,  darunter  14087t  Draht  und  Drahtnägel ^  endlich  1004^,143 
Kupfer-  und  Bronzewaaren,  Maschinentheile  u.  dgl.  Nicht  eingerechnet 
sind  432  Waggons,  die  zum  Theil  neu  hergestellt,  zum  Theil  reparirt 
wurden,  drei  Dampfschiffe,  ferner  Gewehrläufe,  Stahlgeschosse,  Sicheln 
u.  dgl.  Im  gleichen  Zeiträume  stellten  die  1075  der  Metallindustrie 
dienenden  Fabriken  Rufslands,  welche  sich  nicht  zugleich  mit  metal- 
lurgischen Prozessen  beschäftigten.  Eisen-  und  Metallwaaren  im  Werthe 
von  86,5  Millionen  Rubeln  her,  darunter  die  Maschinenfabriken  Waaren 
im  Werthe  von  41 1/4  Millionen  Rubeln.  —  Auf  diesen  Fabriken  finden 
85446  Arbeiter  Beschäftig-ung. 

Kochsalz.  Steinsalzlager  wurden  hauptsächlich  im  Gouvernement 
Jekaterinoslaw  ausgebeutet,  sie  ergeben  von  Jahr  zu  Jahr  immer  gröfsere 
Mengen  Steinsalz,  1886:  230071^,321.  Noch  mehr  Salz  (rund  6290000 
producirten  die  Salzgärten  in  den  Gouvernements  Taurien,  Astrachan  u.a., 
welche  zur  Abscheidung  von  Salz  aus  dem  Meer-  und  Seewasser  dienen. 
Dagegen  geht  die  Gewinnung  von  Salz  aus  den  Soolen,  speciell  im 
Gouvernement  Perm,  zurück  (1886:  339  569^,505,  in  Perm  davon  217  000^ 
in  Folge  der  grofsen  Entfernung  der  Quellen  von  den  Verkehrscentren 
und  des  dadurch  bedingten  theuren  Transports.  —  Zunahme  der  Pro- 
duction  gegen  1885:  63  650t. 

Glaubersalz.  Gewonnen  wurden  4466t,220  in  den  Gouvernements 
Tiflis,  Wologda,  Tomsk  (hier  die  Seen  von  Mormjschansk,  welche  allein 
2685t,714  lieferten)  und  dem  Kubangebiete. 

Schwefel.  In  Kchint  (Daghestan)  wurde  aus  9828t  Schwefelerz 
1180t  Schwefel  erschmolzen. 

Porzellanerde.  Hauptsächlich  im  Gouvernement  Tschernigoff  wurden 
5589t  Kaolin  gefördert. 

Phosphorite  kommen  vor  im  Flufsgebiete  des  Dnjestr  (Gouverne- 
ments Podolien  und  Bessarabien)  und  in  den  Gouvernements  Kostroma 
und  Kursk.  Die  Gröfse  der  Production  läfst  sich  nicht  genau  angeben, 
doch  kann  man  annehmen,  dafs  im  Dnjestrthale  18000t  gewonnen 
wurden,  ^wovou  der  gröfste  Theil  zur  Ausfuhr  gelangte.  Der  Gehalt  an 
Phosphorsäure  beträgt  23  bis  38  Proc.  Die  Ausbeute  in  Kostroma  und 
Kursk  ist  geringer. 

Die  Zahl  der  Arbeiter  an  den  Hüttenwerken  betrug  356283  (6964 
mehr  als  im  Vorjahre);  davon  waren  197488  in  den  Eisenhütten  und 
zugehörigen  Bergwerken,  74950  auf  den  Gold-  und  Platin  waschen, 
33 158  in  den  Kohlengruben  angestellt.  Auf  den  Ural  kommen  196  573  Ar- 
beiter, auf  Süd-  und  Südwestrufsland  46681,  auf  Ostsibirien  28391,  Mittel- 
rufsland 24484,  Polen  20999  Mann. 

Verletzungen  erhielten  721  Arbeiter,  und  zwar  181  mit  tödtlichem 


320  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Ausgange.  Ungünstig  stellt  sich  der  nördliche  Bezirk  durch  die  grofse 
Zahl  allerdings  sehr  leichter  Verletzungen  (von  10130  Mann  wurden 
185  verletzt,  6  starben)  und  der  südliche  durch  die  grofse  Zahl  der 
schwer  Verletzten  (86  Verletzungen,  wovon  62  mit  tödtlichem  Aus- 
gange). 

Zahl  der  Motoren.  Die  Hüttenwerke  Rufslands  verfügen  über 
1196  Wasserräder  mit  26  902  HP,  55  Räder  ohne  Angabe  der  Leistung, 
200  Turbinen  mit  11471  HP,  1690  Dampfmaschinen  und  Locomobilen 
mit  61935  W  und  22  Dampfmaschinen  ohne  Angabe  der  Arbeitskraft. 

D. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Patentklasse  6.    Fortsetzung  des  Berichtes  S.  285  d.  ßd.) 

IV.  Destillation  und  Rectißcation. 

Ueber  die  Reinigung  des  Spiritus .,  über  die  Gewinnung  des  Spiritus 
direkt  aus  der  Maische  und  über  die  Schädlichkeit  der  Verunreinigungen 
des  Spiritus  wurden  bei  Gelegenheit  der  Referate  über  den  Reinigungs- 
zwang in  chemischer,  technischer  und  hygienischer  Beziehung  in  der 
Generalversammlung  des  Vereins  der  Spiritusfabrikanten  (Bd.  12  Er- 
gänzungsheft S.  31)  Mittheilungen  gemacht,  denen  wir  hier  das  Folgende 
entnehmen.  Ueber  den  Gehalt  des  Spiritus  an  Fuselöl,  Aldehyd  und 
Säure  berichtet  Hayduck  nach  Untersuchungen  von  Gronoio.  Von 
22  Proben  erwies  sich  nur  eine  als  aldehydfrei,  alle  anderen  zeigten 
mehr  oder  weniger  starke  Reaction.  In  allen  Fällen  zeigte  der  Roh- 
spiritus eine  saure  Reaction,  jedoch  betrug  der  Gehalt  an  Säure,  auf 
Essigsäure  bezogen,  ungefähr  0,01  Proc,  nur  in  einem  Falle  0,1  Proc. 
Die  Säure  erwies  sich  als  Ameisensäure,  nicht,  wie  man  vielfach  an- 
nimmt, Essigsäure.  Der  Fuselölgehalt,  bezogen  auf  100  Proc.  Alkohol, 
schwankte  bei  38  Proben  Kartoffelspiritus  zwischen  0,02  und  0,42  Proc, 
bei  8  Proben  Kornspiritus  zwischen  0,4  und  0,6  Proc;  eine  neunte  Probe 
Kornspiritus  von  94  Vol.-Proc.  Alkohol  enthielt  nur  0,2  Proc.  Fuselöl. 
Bei  der  Untersuchung  mehrerer  aus  einer  Brennerei  stammender  Proben 
zeigte  sich  die  Gesetzmäfsigkeit,  dafs  der  Spiritus  um  so  weniger  Fuselöl 
enthielt,  je  hochprocentiger  er  war;  bei  Proben  aus  verschiedenen  Bren- 
nereien traten  hierin  jedoch  vielfach  Ausnahmen  ein  (vgl.  hierüber  auch 
1889  272  87).  Ueber  die  Entstehung  des  Fuselöles  konnte  nichts 
Sicheres  ermittelt  werden.  Theilweise  bildet  sich  dasselbe  bei  der 
Gährung  durch  den  Einflufs  der  Hefe  (vgl.  die  Untersuchungen  von 
Ordonneau  und  von  Claudon  und  Morin.^  1887  265  330  und  1888  268 
182),  theilweise  entstehen  Verunreinigungen  auch  durch  die  Destillation, 
wie  z.  B.  das  Fui-furol  und  Acetal.  Ein  Einflufs  der  Construction  der 
Brennapparate  auf  den  Gehalt  an  Fuselöl  konnte  nicht  festgestellt  werden. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  321 

in  höherem  Grade  wie  die  Construction  scheint  die  Art  und  Weise,  wie 
der  Apparat  geführt  wird,  von  Einflufs  zu  sein.  Eine  Untersuchung 
von  2  Proben  Maische  auf  Fuselöl  ergab,  auf  100  Proc.  Alkohol  be- 
zogen, einen  Gehalt  von  0,352  bezieh,  von  0,305  Proc;  die  aus  den- 
selben Brennereien  stammenden  Rohspiritusproben  enthielten  0,1  bis 
0,2  Proc.  Fuselöl.  Es  scheint  demnach  ein  grofser  Theil  des  in  der 
Maische  enthaltenen  Fuselöls  nicht  in  den  Rohspiritus  zu  gelangen.  Die 
Resultate  der  Rohspiritusuntersuchungen  ergaben,  dafs  derselbe  schon 
durch  richtig  geleitete  Destillation  in  einem  sehr  reinen  Zustande  ge- 
wonnen werden  kann;  doch  besitzt  derselbe  immer  einen  sehr  unan- 
genehmen, wahrscheinlich  von  flüchtigen,  aus  den  Rohstoffen  stammenden 
Substanzen  herrührenden  Geruch.  Dieser  schlechte  Geruch  kann  fast 
vollständig  durch  Behandlung  des  Spiritus  mit  Kohle  beseitigt  werden, 
so  dafs  man  dann  ein  Product  erhält,  welches  wahrscheinlich  allen 
Anforderungen  der  Reinheit,  sowie  auch  des  Geruches  und  Geschmackes 
entspricht.  Die  Verwendung  der  Kohle  zur  Reinigung  verdient  daher 
jedenfalls  grofse  Beachtung  und  dieses  um  so  mehr,  als  die  vielfach 
geäufserte  Ansicht,  dafs  durch  die  Einwirkung  der  Kohle  auf  Spiritus 
Aldehyd  gebildet  wird,  sowie  andererseits,  dafs  durch  die  Kohle  das 
eigentliche  Fuselöl  nicht  entfernt  wird,  durch  diesbezügliche  Versuche 
nicht  bestätigt  wurde.  Es  zeigten  diese  Versuche  vielmehr  bei  Ge- 
mischen von  Alkohol  mit  Bestandtheilen  des  Fuselöls  nach  der  Behand- 
lung mit  Kohle  stets  eine  Abnahme  des  letzteren,  allerdings  kein  gänz- 
liches Verschwinden  desselben.  Eine  Bildung  von  Aldehyd  konnte 
ebenfalls  nicht  constatirt  werden;  es  fand  im  Gegentheile  eine  be- 
deutende Verminderung  daran  statt.  Verfasser  kritisirt  nun  einige  der 
bekanntesten  Reinigungsverfahren,  mit  welchen  Versuche  angestellt 
wurden.  Das  Verfahren  von  Bang  und  Rufßn  (vgl.  1889  272  34)  ist 
jedenfalls  rationell;  es  fragt  sich  jedoch,  ob  dasselbe  sich  für  den  Be- 
trieb kleinerer  Brennereien  eignen  würde.  Durch  das  Verfahren  von 
Grote  und  Pinette  (vgl.  1888  269  329)  gewonnener  Spiritus  zeigte  zwar 
einen  geringeren  Fuselgehalt,  war  aber  keineswegs  fuselfrei.  Weiter 
wurden  Proben  untersucht,  welche  nach  dem  Verfahren  von  Traube 
dargestellt  waren  (vgl.  1889  272  34).  Die  eine  Probe  aus  Daher  ent- 
hielt noch  0,37,  eine  andere  aus  Braunschweig  0,39  Proc.  Fuselöl.  Von 
einer  vollständigen  Entfuselung  war  also  hier  keine  Rede;  doch  waren 
beide  Proben  vollständig  frei  von  Aldehyd  und  zeichneten  sich  in  sehr 
vortheilhafter  Weise  durch  einen  viel  besseren  Geruch  und  Geschmack 
vor  allen  anderen  Proben  aus.  Von  den  genannten  Reinigungsmethoden 
hat  nach  Ansicht  des  Verfassers  wohl  die  meiste  Aussicht  auf  An- 
wendung im  kleineren  Betriebe  die  Verwendung  der  Kohle,  da  diese 
bereits  seit  langer  Zeit  sich  bewährt  hat  und  noch  den  grofsen  Vor- 
theil  besitzt,  dafs  sie  keine  kostspieligen  Betriebseinrichtungen  erfordert. 
Doch  glaubt  der  Verfasser  bei  den  günstigen  Resultaten,  die  er  bei  der 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  7.  1889/111.  21 


322  lieber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Untersuchung  von  Rohspiritusproben,  welche  doch  nur  einen  verhält- 
nifsmäfsig  geringen  Fuselölgehalt  besafsen,  erhielt,  die  Hoffnung  aus- 
sprechen 7Ai  können,  dafs  es  mit  einem  brauchbaren  Destillirapparate 
bei  richtio^er  Leitung  der  Destillation  schon  ohne  weitere  Reinigungs- 
mittel o-elingeu  wird,  einen  Spiritus  in  der  Breunerei  zu  erzeugen, 
welcher  allen   gesetzlichen  Anforderungen  der  Reinheit  genügen  wird. 

Delbrück  weist  darauf  hin,  dafs  es  in  erster  Linie  darauf  ankommen 
wird  in  den  Brennereien  direkt  Sprit  aus  der  Maische  zu  gewinnen. 
Dafs  dieses  möglich  sein  wird,  unterliegt  keinem  Zweifel,  denn  die 
Versuche  haben  gezeigt,  dafs  man  mit  guten  Brennapparaten  sehr  wohl 
einen  hochprocentigen  und  fuselarmen  Si)rit  erzeugen  kann.  Es  wird 
aber  weiter  darauf  ankommen,  dem  Sprit  auch  den  schlechten  Geruch, 
der  für  den  Consum  das  Ausschlaggebende  ist,  zu  nehmen.  Hierzu 
dürfte  die  Filtration  über  Kohle,  indem  man  an  den  Brennapparat  ein 
Kohlefilter  anschliefst,  geeignet  sein.  Die  Kohle,  welche  voraussichtlich 
schnell  unbrauchbar  werden  würde,  könnte  durch  überhitzten  Dampf 
wohl  leicht  regenerirt  werden, 

Zuntz  geht  auf  die  Versuche  über  die  Schädlichkeit  des  Fuselöls 
näher  ein  und  erwähnt  besonders  die  Versuche  von  Strafsmann ^  über 
welche  wir  bereits  berichtet  haben  (1889  272  89).  Aus  allen  bisherigen 
Erfahrungen  zieht  er  vorläufig  den  Schlufs,  dafs  man  nicht  berechtigt 
ist,  eine  Fuselölmenge  von  0,3  bis  0,4  Proc.  auf  100  Proc.  Alkohol  für 
besonders  schädlich  zu  halten. 

Ueber  das  Eni fuselurigsver fahren  von  J.  Traube  (vgl.  1889  272  34) 
liegen  mehrere  Aeufserungen  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusinduslrie,  Bd.  12 
S.  7,  108,  116  und  Ergänzungsheft  63,  vor.  Zunächst  berichtet  r.  Diest- 
Daber,  über  die  Resultate  seiner  Versuche  mit  diesem  Verfahren,  welche 
sehr  günstig  lauten.  Veranlafst  durch  die  Mittheilung  Bayduck^^  dafs 
die  Untersuchung  zweier  Proben  von  nach  Traul/e's  Verfahren  ge- 
reinigtem Spiritus  noch  0,37  bis  0,39  Proc.  Fuselöl  ergeben  habe,  be- 
hauptet Traube^  dafs  diese  Verunreinigung  nicht  eigentliches  Fuselöl 
gewesen  sein  könne,  und  dafs  das  zur  Prüfung  benutzte  Verfahren  von 
Jiöse  aufser  Fuselöl  auch  andere  Verunreinigungen  angäbe.  Er  erklärt, 
im  Stande  zu  sein,  aus  einem  Gemische  von  reinem  Alkohol  und  einer 
bestimmten  Menge  Fuselöl  das  letztere  nach  seinem  Verfahren  voll- 
ständig wieder  abzuscheiden.  Wenn  die  Versuche  in  Daher  und  in 
Braunschweig  noch  nicht  ganz  befriedigende  Resultate  ergeben  haben, 
so  läge  dieses  daran,  dafs  einmal  die  ersten  Apparate  nicht  ganz  nach 
Wunsch  construirt,  und  dafs  andererseits,  wie  dieses  in  Braunschweig 
der  Fall  war,  die  Vorrichtungen  noch  nicht  derart  gewesen  seien,  um 
die  nöthige  Zahl  von  Abhebungen^  welche  im  Interesse  der  absoluten 
Reinigung  nothwendig  sind,  erzielen  zu  können.  Hierzu  würden  vielleicht 
20  bis  25  Abhebungen  nothwendig  sein.  Nach  dem  Verfasser  ist  es  mög- 
lich, 20  bis  30  Abhebungen  innerhalb  li|2  Stunden,  bei  vollkommener 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  323 

Construction  sogar  in  noch  kürzerer  Zeit,  zu  machen,  so  dafs  es  auch 
für  kleinere  Brennereien  möglich  sein  würde,  auf  diese  Weise  eine 
vollständige  Entfuselung  vorzunehmen.  Verfasser  ist  überzeugt,  auch 
den  ersten  Ansprüchen  der  Raffineure  durch  den  alleinigen  Effect  seines 
Verfahrens  genügen  zu  können,  läfst  es  aber  dahingestellt,  ob  dieses  in 
allen  Fällen  zweckmäfsig  sein  würde,  oder  ob  nicht  vielmehr  die  ab- 
solute Entfuselung  durch  Combination  seines  Verfahrens  mit  anderen 
noch  besser  zu  erreichen  sein  würde.  In  Daher  z.  B.  habe  die  Ver- 
bindung mit  einer  Rectificationscolonne  eine  ganz  erhebliche  Verbesse- 
rung der  Waare  ergeben.  Dieses  bestätigt  v.  Diest  an  einer  anderen 
Stelle,  indem  er  anführt,  dafs  eine  in  Regen walde  von  Birner  unter- 
suchte Probe  als  fuselfrei  bezeichnet  wurde  und  dafs  nach  der  neuer- 
dings dem  Apparate  gegebenen  Gestaltung  ein  völlig  fuselfreier  Sprit 
von  guter  Qualität  und  zwar  bis  zu  95  Proc.  von  der  angewandten 
Rohwaare  erhalten  wurde.  Die  Redaction  der  Spirituszeitschrift  be- 
merkt hierzu,  dafs  der  erzielte  Reinheitsgrad  auch  der  mit  der  Colonne 
bewirkten  Rectification  zugeschrieben  werden  könne,  worauf  Traube  an 
einer  anderen  Stelle  nochmals  hervorhebt,  dafs  die  Colonne  nicht  noth- 
wendig  ist,  sondern  dafs  es  nach  seinem  Verfahren  gelingt,  selbst  bei 
einer  Füllung  von  nur  wenigen  hundert  Litern  Rohspiritus  bis  etwa 
95  Proc.  der  angewandten  Rohwaare  als  völlig  fuselfreien  Sprit  von 
guter  Qualität  zu  erhalten.  —  P'afst  man  alle  diese  Ausführungen  zu- 
sammen, so  mufs  man  wohl  die  Frage  nach  der  Brauchbarkeit  des 
Traube  sehen  Verfahrens  zur  Zeit  als  eine  noch  nicht  vollständig  ge- 
löste bezeichnen. 

Verfahren  zur  Reinigung  von  Rohalkoholen  mit  Hilfe  der  Alkalibisulfite ^ 
allein  oder  im  Gemische  mit  neutralen  Alkalisulfiten -^  von  la  socie'te  francaise 
des  alcools  purs  in  Paris  (D.  R.  P.  Nr.  46627  vom  13.  Mai  1888  ab).  Das 
Verfahren  ist  gekennzeichnet  durch:  a)  Die  Eliminirung  des  Gesammt- 
gehaltes  an  Aldehyd  und  Aceton  als  Vorlauf  und  Umwandelung  des- 
selben in  Aldehydsulfite  bezieh.  Acetonsulfit  mittels  einer  concentrirten 
Bisulfitlösung;  b)  bei  Gegenwart  von  Butylaldehjd  im  Rohalkohol  in 
Aldehydsulfit  durch  Zusatz  von  neutralem  Sulfit  zu  dem  Alkalibisulfit; 
c)  die  Destillation  der  nach  a)  oder  b)  erhaltenen  Gesammtmasse  zur 
Trennung  des  Alkohols  von  den  Aldehyd-  und  Acetonsulfiten,  welche 
im  Rückstande  verbleiben;  d)  nochmalige  Destillation  des  unter  c)  er- 
haltenen Destillates  in  Gegenwart  einer  Base,  wie  Natron,  Kali,  Kalk 
behufs  Bindung  der  unter  c)  mit  übergegangenen  schwefligen  Säure  und 
Gewinnung  chemisch  reinen  Alkohols  im  Destillat;  e)  die  Destillation 
der  bei  der  Fractionirung  verbleibenden,  schwerer  flüchtigen  Fraction 
nach  der  einer  bekannten  Arbeitsweise.  (Die  Verbinduogen  der  Aldehyde 
und  des  Acetons  können  zur  Gewinnung  dieser  Stoffe  benutzt  werden.) 

Zur  Beurtheilung  und  Controle  des  Destillationsbetriebes  empfiehlt 
Carl  Huber  in  den  Berichten  der  österreichischen  Gesellschaft  zur  Förderung 


324  lieber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

der  chemischen  Industrie^  Bd.  10  S.  145,  die  Feststellung  der  Temperatur 
an  allen  charakteristischen  Stellen  des  Apparates.  Aus  diesen  Daten 
kann  man  unter  Zuhilfenahme  der  latenten  Wärme  des  Alkohols  (210) 
und  des  Wassers  (550),  sowie  der  specifischen  Wärme,  des  Alkohols 
(0,7)  und  derjenigen  der  Alkoholdämpfe  (0,45)  und  endlich  aus  der 
stündlichen  Verarbeitung  an  Maische,  sowie  aus  der  stündlichen  Produetion 
von  Spiritus  durch  Rechnung  finden:  a)  den  Verbrauch  an  Wasser, 
b)  den  Verbrauch  an  Dampf,  c)  die  Menge  des  gebildeten  Lutterwassers, 
d)  die  Menge  der  erzeugten  Schlampe. 

V.  Schlampe. 

Füllerungsversuche  über  die  beste  Verwerthung  wasserreicher  Futter- 
mittel.^ insbesondere  der  Schlampe  der  Kartofjelspiritus-  und  Kornbrannt- 
wein-Brennereien. 

Hierüber  berichtet  Prof.  Märcker  in  der  Generalversammlung  des 
Vereins  deutscher  Spiritusfabrikanten  {Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.^  Bd.  12 
Ergänzungsheft  S.  42).  Im  Winter  1887  bis  1888  wurden  umfangreiche 
Fütterungsversuche  von  praktischen  Landwirthen  unter  Mitwirkung  der 
Versuchsstation  Halle  zur  Ausführung  gebracht.  Die  Versuche  erfolgten 
nach  einem  einheitlichen,  von  Prof.  Märcker  entworfenen  Plane  und 
unter  strenger,  analytischer  Controle  durch  die  Versuchsstation.  Durch 
die  Versuche  sollten  vor  Allem  zwei  Fragen  entschieden  werden,  nämlich 
erstens,  wie  man  die  Schlampe  verhältnifsmäfsig  am  besten  ausnutzt.,  und 
zwar  in  der  Richtung,  dafs  man  genau  die  Grenze  festzustellen  hat, 
bis  zu  welcher  die  Schlampe  von  den  Thieren  noch  vortheilhaft  ver- 
werthet  wird  —  zweitens,  wie  man  bezüglich  des  Gehaltes  an  Nährstoffen., 
sowohl  stickstoffhaltigen  wie  stickstofffreien.,  die  Rationen  einzurichten  hat., 
um  die  höchste  Rente  und  die  beste  Ausnutzung  des  Grundfutlers  zu  er- 
zielen. Nachdem  der  Verfasser  zunächst  die  Nachtheile,  welche  ein 
Uebermafs  von  Wasser  in  der  Ration  durch  Schädigung  der  Produetion 
im  Gefolge  hat,  des  Näheren  dargelegt  hat  (vgl.  hierüber  unser  Referat 
1888  269  331),  geht  derselbe  näher  ein  auf  die  Zusammensetzung  der 
Schlampe.  Die  zu  den  Versuchen  verwendete  KartofT'elschlämpe  ent- 
hielt im  Durchschnitt  zahlreicher  Analysen  etwa  7  Proc.  Trocken- 
substanz; diese  besteht  zu  etwa  25  Proc.  aus  stickstotFhaltigen  und  zu 
50  Proc.  aus  stickstofffreien  Stoffen,  so  dafs  sich  einschliefslich  des 
Fettes,  welches  etwa  3  bis  4  Proc.  der  Trockensubstanz  ausmacht,  ein 
NährstoffVerhäJtnifs  von  1  :2  berechnet,  ein  Verhältnifs,  wie  es  nur  in 
Kraftfuttermitteln,  z.  B.  den  Oelkuchen,  vorkommt.  Es  ist  also  die 
Trockensubstanz  der  Schlampe  als  ein  sehr  intensives  Nährmittel  zu 
bezeichnen  und  die  Erfolge,  welche  man  mit  derselben  erreicht,  ent- 
sprechen auch  denjenigen  der  Kraftfuttermittel  vollständig.  Dazu  kommt 
noch  die  hohe  Verdaulichkeit  der  stickstoffhaltigen  Stoffe,  welche  sich 
nach  den  zahlreich  ausgeführten  Bestimmungen  im  Durchschnitt  zu  82, 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  325 

in  maximo  zu  88  Proc.  ergaben.  Die  stickstofffreien  Stoffe  sind  zu 
etwa  85  Proc.  in  Wasser  löslich  und  dadurch  für  die  Production  des 
Thierkörpers  ausgezeichnet  zu  verwerthen.  Eine  der  interessantesten 
Erfahrungen,  die  bei  den  Versuchen  gemacht  wurden,  ist  die,  dafs  man 
in  Form  von  Schlampe  den  Thieren  weit  gröfsere  Wassermengen  zu- 
führen kann,  ehe  die  Production  geschädigt  wird,  als  in  Form  von  an- 
deren wasserreichen  Futtermitteln,  in  denen  Wasser  in  kaltem  Zustande 
oder  auch  in  anderem  Verhältnisse  zu  den  sonstigen  Nährstoffen  den 
Thieren  geboten  wird.  Denn  während  z.  B.  bei  Versuchen  an  Mast- 
thieren  mit  Diffusionsrückständen  schon  bei  einer  Gabe  von  35  bis  40"^ 
Wasser  für  das  Thier  von  etwa  600"^  Lebendgewicht  eine  Schädigung 
der  Production  eintrat,  mithin  also  30  bis  AO^  Wasser  als  die  Grenze 
der  Wassergabe  bezeichnet  Averden  müssen,  konnten  bei  der  Schlampe 
651^  Wasser  in  der  Ration  gegeben  werden,  ehe  ein  Sinken  der  Production 
hervortrat.  Bei  Verabreichung  von  Schlampe  kann  man  also  den  Thieren 
sehr  grofse  Wassermengen  zumuthen  und  erreicht  damit  doch  eine  zu- 
friedenstellende Production.  Aber  eine  gewisse  Gi'enze  hat  die  Schlämpe- 
gabe  auch,  und  um  diese  festzustellen  wurden  Versuche  mit  verschiedenen 
Schlämpemengen,  denen  in  der  Ration  Wassergaben  von  55  bis  72*^,5 
entsprachen,  ausgeführt.  Bei  diesen  Versuchen  sind  aus  einander  zu 
halten  diejenigen,  welche  mit  Maatthieren  und  andererseits  diejenigen, 
welche  mit  Milchkühen  ausgeführt  wurden.  Bei  einem  Versuche  mit 
Mastochsen ^  ausgeführt  von  Amtsrath  Wagner  in  Warmsdorf,  wurden 
z.  B.  folgende  Resultate  erhalten: 

bei  55k      Wasser  in  der  Ration  =  0^,914  Lebendgewichtszunahme 

„    65k  „         ^,      ..  .,       =ik.i41 

„    72,k5         „         „      „  „       =0k.845 

Durch  die  hohe  Schlämpegabe  fand  also  eine  sehr  erhebliche,  etwa 
26  Proc.  betragende  Verminderung  in  der  Lebendgewichtsproduction 
statt  und  man  mufs  nach  diesen  Erfahrungen  sagen,  dafs  die  äufserste 
zulässige  Schlämpegabe  für  Mastochsen  bei  höchstens  70'  liegt.  Bis  zu 
dieser  Gabe  wird  die  Schlampe  noch  in  einer,  ihrem  Nährstoffgehalte 
entsprechenden  Weise  zur  Wirkung  gelangen.  Zwar  erreicht  man  auch 
durch  hohe  Schlämpegaben  noch  einen  hohen  Masterfolg,  jedoch  einen 
verhältuifsmäfsig  geringeren  und  damit  in  Verbindung  eine  Verringerung 
der  Rente.  So  betrug  z.  B.  in  Warmsdorf  bei  der  mittleren  Schlämpegabe 
die  Rente  21,7  Pf.  für  Tag  und  Stück;  durch  die  hohe  Gabe  sank  die- 
selbe auf  8,2  Pf.  Ganz  anders  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  Milchkühen. 
Hier  gaben  die  höchsten  Schlämpegaben  das  beste  Resultat  in  Bezug  auf 
den  Milchertrag  und  es  fand  durch  die  hohe  Wassergabe  auch  nicht  ein 
ungünstiger  Einflufs  auf  die  Beschaffenheit  der  Milch  statt:  denn  es 
zeigte  dieselbe  den  gleichen  Gehalt  an  Trockensubstanz  und  Fett  wie 
bei  der  geringen  Gabe.  Während  nun  aber  durch  die  Erhöhung  der 
Schlämpegabe  eine  Steigerung  des  Milchertrages  von  beispielsweise  1^ 
beobachtet  wurde,  fand  in  Bezug  auf  das  Lebendsewicht  bei  den  Milch- 


326  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

küheu  genau  dasselbe  statt  wie  beiden  Mastthieren;  mit  Erhöhung  der 
Sehlämpegabe  verminderte  sich  die  Lebeudgewiehtszunahme,  denn  es 
betrug  dieselbe  z.  B.  in  einem  Versuche  bei  der  kleinsten  Wassergabe 
0'',586  Zunahme,  bei  der  höchsten  jedoch  nur  noch  Oi^'iOg.  Die  An- 
regung, welche  durch  grofse  Wassermengen  für  die  Milchproduction 
gegeben  wird,  geschieht  also  auf  Kosten  des  Lebendgewichts.  Gibt  man 
gleiche  Nährstoffmengen  bei  schwacher  und  bei  starker  Schlämperatiou, 
so  bekommt  man  durch  die  starke  Gabe  mehr  Milch,  aber  weniger 
Lebendgewicht,  durch  die  schwache  mehr  Lebendgewicht  und  weniger 
Milch.  Ob  das  Eine  oder  das  Andere  vortheilhafter  ist,  mufs  die  Rech- 
nung für  den  speciellen  Fall  ergeben.  Die  günstigen  Erfolge,  welche 
hohe  Schlämpegabeu  auf  die  Milchproduction  ausüben,  treten  jedoch 
nur  dann  zu  Tage,  ivenn  daneben  hohe  Gaben  an  verdaulichen^  stickstoff- 
haltigen Stoffen  verabreicht  werden.  Es  zeigte  sich  dieses  sehr  deutlich 
bei  einem  von  Amtsrath  Oesterreich  in  Siegersleben  ausgeführten  Ver- 
suche, [)ei  weichem  durch  einen  unbeabsichtigten  Zufall  neben  der 
höchsten  Schläm])egabe  eine  geringere  Menge  Protein  verabreicht  wurde. 
Dies  hatte  im  Gefolge,  dafs  der  Milcherti-ag,  welcher  bei  der  geringsten 
Sehlämpegabe  141^,19  betrug  und  welcher  durch  die  höhere  Gabe  auf 
141^,49  gesteigert  wurde,  durch  die  höchste  Sehlämpegabe  in  Folge  der 
unzureichenden  Menge  von  Protein  auf  12'',63  herabsank.  Aus  diesen 
Beobachtungen  folgt,  dafs  man  die  Rationen  in  den  Brennerei- Wirthschaften 
sehr  stickstoffreich  einrichten  mufs^  reicher  als  dies  bisher  geschehen  ist, 
wenn  man  rentabel  arbeiten  will. 

Endlich  richteten  sich  die  Versuche  darauf,  festzustellen,  wie  grofs 
man  die  Gaben  von  stickstoffhaltigen  und  stickslolffreien  Nährstoffen 
bemessen  müsse,  um  die  höchste  Production  zu  erzielen.  Nach  den 
Wolffschen  Normen  werden  für  500*^  Lebendgewicht  l'^',25  verdauliche 
stickstoffhaltige  Nährstoffe  erfordert,  und  auf  dieser  Grundlage  hat  man 
bisher  allgemein  die  Kationen  aufgebaut.  Es  wurde  nun  versucht,  die 
siicksloffhaltigen  Nährstoffe  bis  auf  2*^  zu  steigern,  und  das  Resultat  dieser 
Versuche  war  ein  aufserordentlich  günstiges,  denn  nicht  in  einem  ein- 
zigen Falle  ist  diese  bedeutende  Erhöhung  ohne  Erfolg  gewesen.  Ueberall 
ist  die  extremste  Stickstoffration  die  allerbilligste  gewesen,  sie  hat  sich 
gröfstentheils  durch  die  Production  selbst  bezahlt  gemacht,  und  wo  dieses 
nicht  der  Fall  war,  durch  die  viel  billigere  Erzeugung  des  Düngers. 
Je  stickstoffreicher  die  Ernährung,  um  so  billiger  wird  der  Dünger 
producirt.  Als  Beleg  für  diese  Schlufsfolgerungen  möge  aus  den  vielen 
übereinstimmenden  Versuchen  nur  der  eine  von  Amtsrath  /Umpan  in 
Schlanstedt  ausgeführte  hier  mitgetheilt  werden: 

Sticksiüirh.iltitjp  Niilir-  Lebendpewichtsziinnhme  Heute  pro  Tag  und 

stoiTe  in  der  Ration  pro  Tae  und  Sliicl<  Stiicii 

k  k  Pf. 

1,60  1,1  !)6  4,4 

1,85  1,279  12,6 

2,09  1,303  16,7 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  327 

In  einer  anderen  Versuchsreihe  fand  nun  eine  einseitige  Vermehrung 
<ier  stickstofffreien  Nährstoffe  statt.  Das  Resultat  war  hier  das  umgekehrte, 
indem  auch  nicht  in  einem  einzigen  Falle  von  allen  15  zur  Ausführung 
gelangten  Versuchen  durch  eine  Vermehrung  der  stickstofffreien  Nähr- 
stoffe über  das  jetzt  gebräuchliche  Mafs  hinaus  ein  günstiger  Erfolg  er- 
zielt wurde.  Bei  den  meisten  Versuchen  fand  überhaupt  keine  Erhöhung 
der  Production  statt ^  aber  auch  bei  den  Versuchen,  bei  welchen  eine 
Mehrproduction  an  Milch  oder  Lebendgewicht  erzielt  wurde,  machte 
sich  diese  in  keinem  Falle  bezahlt.  Es  ergibt  sich  aus  diesen  Versuchen, 
•dafs  die  Wolff'schen  Zahlen  über  das  Quantum  stickstofffreier  Nährstoffe 
für  die  Praxis  durchaus  zutreffend  sind,  während  die  Normen  für  die 
stickstoffhaltigen  Stoffe,  wenigstens  bei  sehr  wasserreicher  Ernährungi 
zu  gering  bemessen  sind.  Als  die  wichtigsten  Resultate  aller  Versuche 
ergeben  sich  folgende  Sätze:  1)  Die  Darreichung  extremer  Schlämpe- 
gaben  ist  weder  vortheilhaft  für  die  Production,  noch  auch  rentabel. 
2)  Die  Thiere  können  in  Form  von  heifser  Schlampe  innerhalb  gewisser 
Grenzen  mehr  Wasser  vertragen  als  in  Form  von  anderen  kalten,  wasser- 
reichen Futtermitteln.  3)  Hierzu  ist  jedoch  unerläfsliche  Voraussetzung, 
dafs  beim  Verfüttern  wasserreicher  Futtermittel  die  Ration  einen  sehr 
hohen  Stickstoffgehalt  besitzen  mufs.  4)  Als  zweckmäfsige  Höhe  der 
Oabe  von  stickstoffhaltigen  Nährstoffen  ist  zwar  noch  nicht  die  extremste 
zu  empfehlen,  wohl  aber  ist  zu  erwarten,  dafs  l^^b  stickstoffhaltige, 
verdauhche  Nährstoffe  auf  SOOi^  Lebendgewicht  nicht  zu  viel  sein  werden, 
keinerlei  Uuzuträglichkeiten  hervorrufen  und  die  höchste  und  billigste 
Production  leisten  werden.  (Der  Referent  kann  noch  hinzufügen,  dafs 
die  in  noch  gröfserem  Umfange  im  W^inter  1888  bis  1889  ausgeführten 
Fütterungsversuche  die  Resultate  der  vorjährigen  Versuche  durchweg 
bestätigt  haben.) 

In  der  an  den  Vortrag  sich  schliefsenden  Debatte  bemerkt  Professor 
Märcker  auf  eine  Frage,  bei  welcher  Temperatur  man  die  Schlampe 
verfüttern  solle,  dafs  er  es  für  zweckmäfsig  halte,  dieselbe  so  heifs  wie 
möglich  zu  verabreichen  (iVewÄauss-Selchow  gibt  50  bis  600  als  die  ge- 
eignetste Temperatur  an),  v.  BockelbergSchönow  berichtet  über  seine 
Erfahrungen,  welche  er  bei  der  Verfütterung  der  Süfsmaische  oder  Kunst- 
schlampe  (vgl.  1888  269  332),  einem  Futtermittel,  welches  bei  der 
jetzigen  Steuergesetzgebung  sehr  an  Bedeutung  gewinnt,  gemacht  hat. 
Er  hat  Anstofs  genommen  an  der  dünnen  Beschaffenheit  dieses  Futters, 
hervorgerufen  durch  einen  gröfseren  Malzzusatz,  und  hält  dasselbe  daher 
für  geringwerthiger.  Märcker  macht  auf  das  Unzutreffende  dieser  Ansicht 
aufmerksam^  durch  das  Malz  wird  die  Stärke  gelöst,  daher  die  Masse 
dünnflüssiger,  die  Nährstoffe  bleiben  natürlich  dieselben,  werden  im 
Gegentheile  durch  mehr  Malz  noch  vermehrt.  Im  weiteren  Verlaufe 
der  Debatte  wird  noch  das  Aufkochen  der  Süfsmaische,  um  dieselbe 
haltbar  und  bekömmlich  zu  machen,  als  dringend  nothwendig  bezeichnet. 


328  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Der  Referent  möchte  noch  hinzufügen,  dafs  bei  einem  in  diesem  Jahre 
ausgeführten  Versuche  an  Milchkühen  die  Süfsmaische  ein  überraschend 
günstiges  ResuUat  ergeben  hat.  Als  ein  Theil  der  DifFusionsrückstände 
durch  Süfsmaische  ersetzt  wurde,  fand  bei  gleichbleibenden  Nährstoft- 
meugen  eine  bedeutende  Steigerung  im  Milchertrage  statt.) 

In  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie  ^  S.  65,  72,  81,  werden  noch 
andere  Futtermischungen  als  Ersatz  für  die  Schlampe  mitgetheilt,  ver- 
anlafst  dadurch,  dafs  die  Verfütterung  von  Süfsmaische  bei  hohen  Kartoffel- 
preisen sich  nicht  rentiren  soll. 

Auf  eine  Verfälschung  der  getrockneten  Schlampe  durch  Keishülseny 
welche  Prof.  Schulze  in  letzter  Zeit  mehrfach  feststellen  konnte,  wird 
in  der  Zeitschrift  für  Spiritus-  und  Prefshefeindustrie^  Bd.  9  S.  501,  auf- 
merksam gemacht.  Dafs  durch  die  Beimengung  der  für  die  Ernährung 
ganz  werthlosen  Reishülsen  eine  bedeutende  Verringerung  des  Nähr- 
werthes  der  getrockneten  Schlampe  verursacht  wird,  liegt  auf  der  Hand. 

Die  Frage,  ob  eventuell  im  Futter  des  Milchviehs  enthaltene  flüchtige 
Fettsäuren  in  die  Milch  übergehen^  erörtert  Prof.  WeisU  in  der  Zeitschrift 
für  Spiritusindustrie ^  Bd.  12  S.  8  (daselbst  nach  Der  Landwirth).  Be- 
kanntlich beobachtet  man  bei  manchen  Futtermitteln  einen  ungünstigen 
Einflufs  auf  den  Geschmack  der  Milch.  Zu  diesen  Futtermitteln  ge- 
hören unter  anderen  auch  solche,  welche  Säuren  enthalten,  wie  z.  B» 
Schlampe,  Sauerfutter  u.  s.  w.,  und  bei  diesen  will  man  auch  vielfach 
gefunden  haben,  dafs  die  Milch  der  mit  ihnen  ernährten  Thiere  leicht 
säuert.  Dieses  hat  zu  der  Vermuthung  geführt,  dafs  die  Säure  dieser 
Futtermittel  direkt  in  die  Milch  übergehe  und  das  Säuern  derselben, 
sowie  den  schlechten  Geschmack  verursache.  Exacte  Versuche  von 
Soxhlet  haben  jedoch  gezeigt,  dafs  diese  Ansicht  unrichtig  ist  und  dafs 
die  ungünstige  Wirkung  auf  die  Milch  vielmehr  darauf  zurückzuführen 
ist,  dafs  die  genannten  Futtermittel,  welche  reich  an  Spaltpilzen  sind, 
die  Stallluft  mit  diesen  stark  iuficiren,  und  dafs  nun  aus  der  Stallluft 
beim  Melken  die  Pilze  in  die  Milch  gelangen  und  die  geringere  Halt- 
barkeit derselben  verursachen.  Aehnlich  dürfte  es  sich  nach  Weiske''s 
Ansicht  bezüglich  des  Geruchs  und  Geschmacks  der  Milch  verhalten, 
denn  wenn  auch  manche  Futtermittel  sehr  beträchtliche  Mengen  von 
Säuren,  darunter  auch  übelriechende,  flüchtige  Fettsäuren,  enthalten 
(z.  B.  die  gesäuerten  Diffusionsrückstände  nach  Untersuchungen  des 
Referenten  bis  zu  einem  Drittel  der  Trockensubstanz  auf  Milchsäure 
berechnet),  so  ist  doch  anzunehmen,  dafs  unter  normalen  Verhältnissen 
diese  Säuren  im  Thierkörper  verbrannt  werden  und  nichts  davon  in 
die  Milch  gelangt.  Diese  Annahme  fand  Weiske  durch  eiaen  Versuch 
bestätigt.  Er  gab  einer  Ziege  täglich  1*-'  Buttersäure  unter  den  nöthigen 
Vorsichtsmafsregeln,  so  dafs  nichts  von  dem  Buttersäuregeruche  in  die 
Stallluft  gelangen  konnte.  Der  Geruch  und  Geschmack  der  Milch  blieb 
vollständig  rein  und  frei  von  Buttersäure.   Auch  die  chemische  Prüfung 


üeber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  329 

der  Milch  ergab  in  derselben  keinen  gröfseren  Säuregehalt  als  bei 
normaler  Fütterung.  Verfasser  schliefst  daraus,  dafs,  sofern  nicht  zu 
grofse  Quantitäten  von  organischen  Säuren  zur  Aufnahme  gelangen  und 
sofern  durch  die  Säureaufuahme  keine  Verdauungsstörungen,  sowie  andere 
der  Gesundheit  nachtheilige  Folgen  eintreten,  ein  Uebergaug  dieser 
Säuren  in  die  Milch  nicht  stattzufinden  scheint,  sondern  vielmehr  auch 
hier  die  verunreinigte  Stallluft  als  die  Ursache  der  schlechten  Beschaffen- 
heit der  Milch  anzusehen  sein  dürfte. 

Ueber  den  Glyceringehalt  der  Branntweinachlämpe  veröffentlicht  Bans 
Graf  V.  Torring  in  den  Landwirthschaftlichen  Versuchsstationen^  1889  Bd.  36 
S.  23,  eine  umfangreiche  Arbeit.  Der  Verfasser  prüfte  nach  einer  von 
ihm  ausgearbeiteten  Methode  (ähnlich  der  von  Dietz^  vgl.  1888  268  128) 
7  Proben  Schlampe  auf  ihren  Gehalt  an  Glycerin  und  fand  im  Durch- 
schnitte auf  1^  Schlampe  2?,520  oder  auf  lOOs  Schlämpetrockensubstanz 
3?,12  Glycerin.  Diese  Zahlen  bleiben  erheblich  unter  denen,  welche 
sich  aus  dem  Alkoholgehalte  der  Maischen  auf  Grund  der  von  Pasteiir 
ermittelten  Zahlen  berechnen  lassen.  Diese  Differenz  ist  wohl  dadurch 
zu  erklären,  dafs  ein  Theil  des  Glycerins  durch  Nebengährungen  wieder 
zerstört  wird.  Möglicherweise  bildet  sich  durch  diese  Zersetzung  des 
Glycerins  der  im  Rohspiritus  enthaltene  Propyl-  und  ßutylalkohol.  In 
der  getrockneten  Schlampe  fand  Verfasser,  auf  wasserfreie  Substanz 
berechnet,  nur  1,9  Proc.  Glycerin,  während  100  Th.  Trockensubstanz 
der  frischen  Schlampe  2,57  bis  3,92  Th.  Glj^cerin  enthielten.  Es  geht 
also  beim  Trocknen  fast  die  Hälfte  des  Glycerins  verloren.  Verfasser 
berechnet  die  Menge  Glycerin,  welche  die  Thiere  in  den  üblichen 
Schlämpegaben  erhalten,  und  glaubt  nach  den  bis  jetzt  vorliegenden 
Beobachtungen  über  die  Ausnutzung  und  Bekömmlichkeit  des  Glycerins, 
dafs  diese  Mengen,  besonders  in  der  grofsen  Verdünnung,  nicht  nur 
ohne  Nachtheil  für  die  Gesundheit  der  Thiere  sein  werden,  sondern 
auch  voll  zur  Ausnutzung  gelangen,  d.  h.  eine  ihrem  Verbrennungs- 
werthe  entsprechende  Menge  Wärme  liefern  werden.  Da  nun  100  Th. 
Glycerin  dieselbe  Wärmemenge  liefern  wie  110  Th.  Stärke  und  da 
andererseits  das  Glycerin  leicht  löslich  und  resorbirbar  und  vollständig 
verdaulich  ist,  so  hält  Verfasser  dasselbe  für  einen  sehr  werthvollen 
Bestandtheil  der  Schlampe.  Andererseits  macht  Verfasser  darauf  auf- 
merksam, dafs  in  Folge  des  Gehaltes  der  Schlampe  an  Holzfaser  und 
incrustirenden  Substanzen  die  Annahme,  dafs  die  gesammten  stickstoff- 
freien Extractstoffe  der  Schlampe  den  Werth  der  Stärke  besitzen,  un- 
zutreffend sei  und  eine  ungerechtfertigte  üeberschätzung  des  wirklichen 
Nährwerthes  dieser  Stoffe  in  sich  schliefsen.  (So  viel  dem  Referenten 
bekannt  ist,  bringt  man  auch  nur  85  Proc.  der  stickstofffreien  Stoffe  als 
verdaulich  in  Rechnung.) 

Die  Frage,  weshalb  sich  auf  Maismaischen  ^  welche  mittels  Hochdruck 
hergestellt  sind ^   kein  Oel  absondert^  während  bei  Maischen,   nach  altem 


330  üeber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei. 

Verfahren  bereitet,  eine  bedeutende  Oelabsonderung  stattfindet,  wird  in 
der  Zeilschrift  für  Spiritusindustrie^  Bd.  12  S.  144,  von  Heinzehnann  dahin 
beantwortet,  dafs  das  Oel  sich  hauptsächlich  in  den  Zellen  des  Embryo 
vorfindet,  und  dafs  durch  das  Zerkleinern  des  Maiskorns  durch  Schroten 
der  Embryo  von  den  Umhüllungen  befreit  und  dadurch  das  Oel  blofs- 
gelegt  wird.  Beim  Dämpfen  unter  Hochdruck  ohne  Zerkleinerung  findet 
eine  solche  Freilegung  der  ölhaltigen  Zellen  wahrscheinlich  nicht  in 
dem  Mafse  statt.  Jedenfalls  aber  ist  eine  Zersetzung  des  Oeles,  wie 
der  Fragesteller  sie  vermuthet,  nach  den  Versuchen,  welche  Heinzelmann 
durch  Erhitzen  von  Maisöl  mit  Wasser  unter  hohem  Drucke  ausgeführt 
hat,  nicht  zu  befürchten.  (Fortsetzung  folgt.) 


üeber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei. 

Ueber  die  Reinigung  der  Abgang swüsser  aus  der  Brauerei  von  Franz 
Schicackhöfer  {Millheilungen  der  österreichischen  Versuchsstation  für  Brauerei 
und  Mälzerei  in  Wien^  IL  Heft,  Wien  1889.  Wochenschrift  für  Brauerei^ 
1889  Bd.  6  S.  313). 

Im  Laufe  des  vorigen  Jahres  wurden  in  Niederösterreich  eine  ganze 
Reihe  von  Fabriken  wegen  ungenügender  bezieh,  ganz  unterlassener 
Reinigung  ihrer  Abgangswässer  und  Auslaufenlasseu  in  ein  öffentliches 
Gerinne  von  Seite  der  Behörde  beanstandet.  Darunter  befinden  sich  auch 
zwei  gröfsere  Brauereien.  Die  chemische  und  bakteriologische  Unter- 
suchung der  Abwässer  derselben  fiel  dem  Laboratorium  der  Versuchs- 
station an  der  k.  k.  Hochschule  für  Bodenkultur  zu. 

Beide  Brauereien  besitzen  Reinigungsanlagen,  in  welchen  Kalkmilch 
als  Desinfectionsmittel  in  Anwendung  kommt.  Die  eine  Brauerei  hat 
hierfür  eine  eigene  maschinelle  Einrichtung  mit  Rührbottichen  und  ge- 
schlossenen Filtern,  die  andere  hingegen  nur  eine  Sedimentäranlage, 
bestehend  aus  langen,  mehrfach  gewundenen  gemauerten  Kanälen  von 
geringem  Gefälle,  in  welchem  der  durch  die  Kalkfällung  erzeugte  Nieder- 
schlag zum  Absitzen  gebracht  wird. 

Der  Verfasser  theilt  in  dem  Originalaufsatze  nur  die  Resultate  mit, 
welche  er  bei  Untersuchung  des  Abwassers  aus  der  Brauerei  mit 
maschineller  Einrichtung  erhielt.  Die  bei  dem  Abwasser  der  anderen 
Brauerei  erzielten  hält  Verfasser  nicht  für  mafsgebend,  da  die  kommissio- 
nelle  Erhebung  und  Probenahme  in  der  Brauerei  nach  dreitäüisem 
Regenwetter  stattfand,  wodurch  das  in  der  olFenen  Reinigungsanlage 
sich  befindende  Abwasser  stark  verdünnt  wurde  und  somit  reiner  er- 
schien, als  es  in  Wirklichkeit  sein  konnte. 

Bezüglich  der  erhaltenen  Zahlen  auf  das  Original  verweisend  be- 
gnügen wir  uns  hier  damit,  das  Gesammtergebnifs  der  Untersuchung 
mitzutheilen  wie  folgt: 


üeber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei.  331 

Die  Reinigung  der  Brauereiabwässer  mit  Aetzkalk.  erfüllt  ihren 
Zweck  nur  unvollständig.  Eine  ausgiebige  Wirkung  ist  nur  bezüglich 
der  suspendirten  Stoffe  und  des  Bakteriengehaltes  zu  verzeichnen.  Auf 
die  gelösten  Stoffe  (mit  Ausnahme  der  Phosphorsäure)  wirkt  die  Kalk- 
fällung so  gut  wie  gar  nicht  und  ist  summarisch  sogar  eine  Zunahme 
dieser  Substanzen  wahrzunehmen.  Der  organische  Antheil  dieser  letzleren 
gibt  einen  guten  Nährboden  für  die  Mikroorganismen  ab  und  wenn 
neuerdings  eine  lufection  durch  Luft,  Staub  und  Boden  stattfindet,  wie 
das  in  einem  offenen  Gerinne  der  Fall  ist,  so  gehen  diese  Wässer  (bei 
geringem  Kalküberschusse.  D.  Ref.  Vgl.  König  ^  Die  Verunreinigung 
der  Gewässer  u.  s.  to.  S.  237.  Berlin  J.  Springer  1887)  in  der  wärmeren 
Jahreszeit  alsbald  wieder  in  Zersetzung  über.  Die  dadurch  entstandene 
Kalamität  wird  um  so  gröfser,  je  weniger  Wasser  das  offene  Gerinne  führt. 

Nach  Schwackhöfer  ist  die  Kalkfällung  und  nachfolgende  Filtration 
leider  das  einzige  zweckmäfsige  Verfahren  der  Abwasserreinigung, 
vi^elches  man  bis  heute  kennt.  Zusätze  von  Eisenchlorid,  Mauganchlorür, 
Alaun  u.  s.  w.  vertheuern  die  Verfahren  und  bleiben  ohne  erheblichen 
Erfolg. 

Die  Beseitigung  der  Abwässer  aus  der  Brauerei  bespricht  Prof.  Friedrich 
Zajicek  {Allgemeine  Brauer-  und  Hopfenzeitung  ^  1889  Bd.  29  S.  605,  aus 
dem  18.  Jahresberichte  der  I.  österreichischen  Brauerschule  an  der 
landwirthschaftlichen  Lehranstalt  Francisco- Josephiuum  in  Mödling 
1887/88).  In  einem  längeren  Aufsatze  verbreitet  sich  Verfasser  über 
die  zu  dem  Zwecke  der  Ableitung  der  Abwässer  dienenden  Einrich- 
tungen in  den  einzelnen  Brauereigebäuden,  so  in  der  Malztenne,  dem 
Sudhause,  dem  Gähr-  und  dem  Lagerkeller,  dann  über  die  Ableitung 
der  Abwässer  durch  entsprechend  angelegte  Kanäle,  endlich  über  Be- 
seitigung der  schädlichen  Sinkstoffe  des  Kaualwassers. 

Die  ziceite  mährische  Braugerste- Ausstellung  in  Brunn.  Bericht  er- 
stattet an  den  Centralausschufs  der  k.  k.  mährisch-schlesischen  Ackerbau- 
gesellschaft von  Prof.  Dr.  A.  Zoebl  (im  Auszuge:  Allgemeine  Brauer-  und 
Eopfenzeitung,  1889  Bd.  29  S.  853). 

Die  mährisch-schlesische  Ackerbaugesellschaft  hat  in  der  richtigen 
Erwägung  der  grofsen  Bedeutung  der  Braugersteproduction  für  Mähren 
und  in  der  Absicht,  die  Gerstenkultur  zu  heben,  die  Veranstaltung  von 
Gerstenausstellungen  beschlossen,  deren  erste  im  August  des  Jahres  1886, 
die  zweite  1887  in  Brunn  stattfand. 

An  der  zweiten  Ausstellung  betheiligten  sich  808  Aussteller  mit 
975  Gerstenproben. 

Wir  entnehmen  der  umfangreichen  mit  zahlreichen  Tabellen  aus- 
gestatteten Abhandlung  lediglich  die  folgende  Uebersicht,  welche  die 
von  Prof.  F.  Schindler.,  Prof.  S.  Adametz  und  Prof.  E.  Fischer  ermittelten 
Grenzwerthe  und  Durchschnittsergebnisse  der  Qualitätszahlen  für  20  mit 
den  ersten  Preisen  ausgezeichnete  Gerstenproben  enthält. 


332 


Ueber  Fortsclirittc  in  der  Bicrbraueiei. 


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lieber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei.  333 

Es  übertraf  also  unter  den  mit  ersten  Preisen  ausgezeichneten 
Gersten  die  Hannagerste  alle  übrigen  im  Hektolitergewiehte  und  in  der 
Vollkörnigkeit  auch  bezüglich  des  Proteingehaltes  verhielt  sie  sich  am 
günstigsten.  Im  Extractgehalte  war  die  Goldmeloneugerste  die  beste  ^ 
am  dünnspelzigsten  war  die  Pfauengerste,  welche  auch  zu  den  grofs- 
körnigsten  zählte.  Durch  Grofskörnigkeit  zeichneten  sich  auch  einzelne 
Nummern  der  Goldmelonen-,  Oregon-  und  Chevaliergerste  aus. 

Ein  Vergleich  der  für  die  „hochfeinen"  Gersten  erhaltenen  Durch- 
schnittswerthe  mit  jenen  der  nächst  besten  „feinen"  zeigt  die  ersteren 
überlegen  in  Korngröfse  und  auch  im  Hektolitergewiehte^  um  ein  Ge- 
ringes ist  bei  den  „hochfeinen"  Gersten  auch  das  Verhältnifs  der  Länge 
und  Breite  der  Körner  günstiger.  Dagegen  ergeben  sich  bezüglich  der 
übrigen  Eigenschaften  keine  nennenswerthen  Unterschiede.  Immerhin 
zeigt  der  bedeutende  Unterschied  in  der  Korngröfse,  dafs  die  Preisrichter 
auf  diese  Eigenschaft  ein  grofses  Gewicht  legen.  Ein  anderes  schwer 
in  die  Wagschale  fallendes  Beurtheilungsmoment  war  die  Farbe  der 
Körner,  welche  allerdings  in  den  vorliegenden  Untersuchungsresultaten 
nicht  zum  Ausdrucke  gelangt. 

Ein  Rückblick  auf  die  bei  beiden  Ausstellungen  erzielten  Resultate 
zeigt,  dafs  unter  den  Eigenschaften  der  Gerste  —  ausreichende  Wachs- 
thumsbedingungen  vorausgesetzt  —  die  Gröfse  und  Gestalt  des  Kornes  noch 
die  gröfste  Constanz  in  der  Vererbung  zeigen,  während  die  übrigen  Eigen- 
schaften von  den  äufseren  Vegetationsverhältnissen  (Klima,  Boden)  beein- 
flufst  werden.  »In  dem  günstigen  Zusammenwirken  dieser  Factoren  liegt 
ohne  Zweifel  das  Schwergewicht  für  die  Production  vorzüglicher  Braugerste, 

Ueber  die  Resultate  der  im  J.  IS88  in  Schleswig- Holstein  ausgeführten 
Anbauversuche  mit  Braugerste  macht  Dr.  A.  Emmerling  {Zeitschrift  für 
das  gesammte  Brauwesen^  1889  Bd.  12  S.  135)  Mittheilung.  Da  über  die 
Beziehungen  der  Qualität  zu  den  inneren  Eigenschaften  der  Gersten- 
körner mit  Rücksicht  auf  den  laudwirthschaftlichen  praktischen  Zweck 
dieser  Versuche  eingehendere  Untersuchungen  nicht  unternommen  wurden, 
so  begnügen  wir  uns  hier  mit  dem  Hinweise  auf  den  Bericht.  Nur  das 
eine  liefs  sich  in  Uebereinstimmung  mit  dem  vorjährigen  Ergebnisse 
(vgl.  1888  270  279)  feststellen,  dafs  die  geringeren  Qualitäten  im 
Durchschnitte  die  gröfste  Zahl  der  glasigen  und  die  geiüngste  Zahl  der 
mehligen  (inclusive  halbmehligen  Körner)  enthalten,  wie  folgende  Zu- 
sammenstellung lehrt: 

Durchschnittliche  Procentzahlen  der  mehligen  und  glasigen 
Qualität:  glasig  Körner:  mehlig         halbmehlig 

über  mittel  25,3  6,4  68,2 

mittel  26,4  4,7  69,0 

unter  mittel  29,0  3,5  67,5 

71,0 


334  Ueber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei. 

Gleichfalls  mehr  landwirthschaftliches  Interesse  beanspruchen  die  unter 
der  Leitung  des  Prof.  Märcker  in  der  Provinz  Sachsen  ausgeführten  Gersten- 
culturversuche  {Altgemeine  Brauer-  und  Hopfenzeitung.^  1889  Bd.  29  S.  1164). 

Ueber  das  Wasserbinden  der  Malztrockensubstanz  beim  Lagern^  beim 
Einteigen  und  beim  Maischen.,  und  im  Zusammenhange  damit  über  die 
indirekten  Ejctractbestimmungsmvthoden  von  Dr.  W.  Schnitze  {Miltheilungen 
der  österreichischen  Versuchsstation  für  Brauerei  und  Mälzerei  in  Wien.^ 
II.  Heft.  —  Zeitschrift  für  das  gesummte  Brauwesen.^  1889  Bd.  12  S.  126). 
Die  Resultate  seiner  umfangreichen  Arbeit,  welche  in  innigem  Zusammen- 
hange mit  einer  1884  Bd.  7  S.  53  letztgenannter  Zeitschrift  erschienenen 
Untersuchung  von  Franz  Heim  steht  (vgl.  auch  Zeitschrift  für  das  ge- 
sammte  Brauwesen,  1889  Bd.  12  S.  85,  164,  179),  fafst  Dr.  Schultze  in 
folgenden  Sätzen  zusammen: 

I.  Wenn  trockenes  Malzschrot  mit  Wasser  eingeteigt  vrird,  so  bindet 
das  Malzschrot  einen  Theil  des  Wassers. 

II.  Die  Wasserbindung  durch  trockenes  Malzschrot  ist  die  Ursache 
der  beim  Einteigen  frei  werdenden  Wärme. 

Aus  I  und  II  folgt: 

1)  Da  100  Gew.-Th.  Versuchsmalz,  bestehend  aus  98,2  Trockensub- 
stanz und  1,8  sogen.  Feuchtigkeit,  4,21  Th.  Wasser  binden,  so  dürfen 
1,8  Th.  sogen.  Feuchtigkeit,  welche  bereits  vor  dem  Einteigen  vorhanden 
waren,  nicht  als  blofs  adhärirendes,  sondern  diese  müssen  als  ge- 
bundenes Wasser  angesehen  werden.  Jede  Malztrockensubstanz  hat 
ein  gewisses  wasserbindendes  Vermögen.  Bei  Malzsorten  mit  Wasser- 
gehalten, die  über  das  wassei-bindende  Vermögen  derselben  hinaus- 
gehen, ist  zwischen  dem  gebundenen  und  dem  freien  Wasser  zu  unter- 
scheiden. 

2)  Es  erklärt  sich  jetzt,  warum  bei  Trockeugehaltsbestimmungen 
das  Wasser  aus  dem  Malze  so  schwer  völlig  zu  entfernen  ist. 

3)  Wenn  gut  ausgedarrtes  Malz  an  der  atmosphärischen  Luft  lagert, 
so  absorbirt  und  bindet  es  Feuchtigkeit;  hierbei  wird  Wärme  im  lagernden 
Haufen  frei. 

4)  Kommt  Malzschrot  zur  Einmaischung,  dessen  wasserbindendes 
Vermögen  bereits  während  der  Lagerung  durch  atmosphärisches  Wasser 
gesättigt  worden  ist,  so  kann  beim  Einteigen  keine  Wärme  mehr  frei 
werden. 

5)  Bei  dem  in  früheren  Zeiten  üblichen  Einsprengen  des  Malzes 
mit  5  bis  10  Proc.  Wasser  unmittelbar  vor  dem  Zermahlen  auf  ge- 
wöhnlichen Malzmühlen  hat  jedenfalls  dann  eine  Wasserbindung  statt- 
gefunden, wenn  das  Wasserbindungsvermögen  des  betretfenden  Malzes 
nicht  bereits  während  der  Lagerzeit  gesättigt  worden  war.  Die  alten 
Brauer  haben  dann  thatsächlich,  wenn  auch  nicht  absichtlich  die  Wasser- 
bindung im  Maischbottiche  schon  auf  der  „Einspi'enge'-'  vorweg  ge- 
nommen.    Unter  diesem  Gesichtspunkte  verliert  die  Methode  des  Ein- 


Kleinere  Mittheilungen. 


335 


sprengens  für  den  heutigen  Brauer,  der  dieselbe  in  Folge  Einführung 
der  Quetschmühlen  nicht  mehr  anwendet,  das  Befremdende.  (Das  „Ein- 
sprengen" wird  auch  heutzutage  zuweilen  noch  angewendet,  wenn  es 
sich  darum  handelt,  die  Hülsen  des  Malzes  durch  Befeuchten  geschmei- 
diger zu  machen,  so  dafs  sie  auf  der  Schrotmühle  weniger  stark  zer- 
kleinert werden  und  nachher  beim  Abläutern  eine  bessere  Filtrirschicht 
abgeben  können.     D.  Ref.) 

III.  Wird  eingeteigtes  Malzschrot  gemaischt,  so  findet  während  des 
Maischens  eine  abermalige  Wasserbindung  statt. 

100  Gew.-Th.  des  Versuchsmalzes  =  98,2  Gew.-Th.  Trockensub- 
stanz banden 

a)  als  sogen.  Feuchtigkeit     1,80  Th.  Wasser  =  1,83  Proc.  der  Malztrockensiibst. 

b)  beim  Einteigen    .     .     .     4,21    „  „       =  4,58     „        „  „ 

c)  beim  Maischen     .     .     .     1,11   „  „       =  1,13     »        «  u 

insgesammt     7,12  Th.  Wasser  =  7,24  Proc.  der  Malztrockensubst. 

IV.  Das  gesammt  gebundene  Wasser  geht  theils  in  die  Substanz 
des  Würzeextractes,  theils  in  die  Substanz  der  Trebern  ein. 

V.  Die  allgemein  gebräuchliche  Annahme,  dafs  100*^  Malzschrot 
den  Raum  von  75^  einnehmen,  oder  mit  anderen  Worten,  dafs  das 
specifische  Gewicht  des  Malzschrotes  =  1,3333  und  sein  specifisches 
Volumen  =  0,75  sei,  ist  falsch.  (Fortsetzung  folgt.) 


J.  Comstock's  Cirkelmesser-ScMelfmaschine. 

Das  auf  einen  Bolzen  gespannte  Scheibenmesser  dreht  sich  mittels  eines 
Winkelrades  in  langsamer  Gangart,  während  die  Schleifscheibe  vermöge  Räder- 
umsetzungen rascher  kreist.     Den   verschiedenen  Messergröfsen   entsprechend, 


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wird  die  Schleifscheibenwelle  sammt  ihren  Lagerbüchsen  im  Lagerbocke  ver- 
schoben, während  das  Vorderlager  selbst  in  der  Höhe  einstellbar  ist,  um  die 
Zuschärfungswinkel  zu  regeln ,  weil  sonst  die  Schrägstellnng  des  Aufspann- 
dornes  zur  Schleifradwelle  unveränderlich  ist. 

Die  elektrische  Stadtbahn  in  Budapest. 

1^-  Ueber  die  am  22.  Juli  d.  J.  eröffnete  und  am  30.  dem  öffentlichen  Ver- 
kehr übergebene  elektrische  Stadtbahn  in  Budapest  bringt  der  Elelttrotechniker^ 
1889  Bd.  8  S.  138,  folgende  Mittheilungen; 


336  Kleinere  Mittheilungen. 

Die  Bahn  ist  durchwegs  mit  eisernem  Oberbau  ausgeführt.  Die  Schienen 
sind  symmetrische  Doppelschienen.  Unter  dem  einen  Schienenstrange  belindet 
sich  die  unterirdische  Stromzuleitung  in  einem  eiförmigen  Betonkana],  welcher 
oben  aufgeschlitzt  ist  und  mit  dem  Schlitze  zwischen  den  Doppelschienen  in 
Verbindung  steht.  Die  elektrische  Stromzuleitung  vermitteln  zwei  gegenüber 
stehende  Winkeleisen,  welche  in  dem  Betonkanal  mitteis  Isolatoren  befestigt 
sind;  die  im  Strafsenpllaster  liegenden  Faiirschienen  werden  zur  Stromzuleitung 
nicht  benutzt.  In  diesem  unterirdischen  Kanäle  läuft  unter  jedem  Wagen  ein 
sogen.  Contactschitf ,  welches  den  Strom  von  der  beschriebenen  Leitung  zur 
Wagenmaschine  führt. 

Die  Weichen  des  beschriebenen  Oberbaues  mufsten  natürlich  für  den  voi*- 
liegenden  Zweck  besonders  eingerichtet  werden;  sie  sind  einfach  und  zweck- 
mäfsig.  Selbstredend  raufste  jede  einzelne  Weiche  nach  ihrer  Verlegung  ganz 
genau  ausgerichtet,  nachgearbeitet  und  ausprobirt  werden.  Die  Aufstellung 
und  Ausrichtung  der  Weichen  konnte  bei  der  Neuheit  der  Construction  mit 
dem  auf  letztere  noch  nicht  eingeübten  Arbeiterpersonal  nur  sehr  langsam 
vor  sich  gehen.  Die  Weichen  werden  von  den  Wagen  selbsthätig  gestellt. 
Bis  die  Weichen  ganz  geläufig  gehen,  wird  jedoch  die  Stellung  mit  der  Hand 
vorgenommen. 

Die  Wagen  unterscheiden  sich  äufserlich  fast  in  Nichts  von  den  üblichen 
Strafsenbahnwagen,  nur  dafs  sie  durchwegs  haltbarer  und  demzufolge  auch 
etwas  schwerer  sind.  Zwischen  den  Wagenachsen  unter  dem  Wagenkasten 
liegt  die  secundär  getriebene  Dynamomaschine,  welche  durch  den  durch  das 
Contactschitf  ihr  zugeführten  elektrischen  Strom  in  Bewegung  gesetzt  wird. 
Die  Umdrehungen  der  elektrischen  Maschine  werden  mittels  elastischer  Stahl- 
spiralschnüre  auf  die  Wagenachsen  übertragen.  Die  Maschine  wird  durch  den 
Ausschalter,  welcher  an  jedem  Wagentritte  angebracht  ist,  ein-  bezieh,  aus- 
geschaltet. Es  geschieht  dies  durch  Einstecken  eines  Schlüssels,  welcher  die 
Form  einer  Kurbel  hat.  Je  nachdem  die  Einschaltung  erfolgt,  fährt  der 
Wagen  langsamer  oder  schneller,  vor-  oder  rückwärts.  Durch  allmähliche 
Einschaltung  oder  Ausschaltung  wird  ein  sanftes  Anfahren  oder  Stehenbleiben 
des  Wagens  bewirkt.  Doch  kann  durch  schnelles  Ausschalten  auch  ein  sehr 
schnelles  Stehenbleiben  des  Wagens  veranlafst  werden.  Im  Falle  von  Gefahr 
kann  sogar  durch  Anwendung  von  Gegenstrom  der  Wagen  fast  augenblicklich 
zum  Stehen  gebracht  werden.  Die  Ausschaltung  wird  vom  Wagenführer  mit 
der  linken  Hand  bewirkt,  während  er  mit  der  rechten  Hand  die  Bremse 
handhabt.  Da  der  Wagenführer  den  Ausschalter  und  die  Bremse  nicht  aus 
der  Hand  lassen  soll,  so  ist  die  Anordnung  getroffen,  dafs  er  die  Signal- 
glocke, welche  an  jedem  Perronende  angebracht  ist,  mit  dem  Fufse  in  Be- 
wegung setzt. 

Die  Bahn  erhält  den  elektrischen  Strom  von  einer  Centralstelle.  Die 
Centralstelle  ist  die  erste  derartige  gröfsere  elektrische  Centralstelle  in  der 
Monarchie  und  jedenfalls  die  erste  ungarische  Anstalt  für  elektrische  Kraft- 
übertragung, wie  denn  überhaupt  eine  elektrische  Bahn  in  dem  Umfange  des 
genehmigten  Netzes  und  in  der  beschriebenen  Vollkommenheit  der  Anordnung 
noch  nirgends  vorhanden  ist. 

Die  Centralstelle  hat  vorläufig  drei  Dampfkessel,  drei  Dampfmaschinen 
zu  je  lüü  H*  und  dem  entsprechend  drei  Dynamomaschinen,  welche  nach 
Belieben  einzeln  in  die  Kabel  der  einzelnen  Linien  oder  mittels  Parallel- 
schaltung gemeinschaftlich  in  das  verbundene  Kabelnetz  arbeiten  können. 


Verlag  der  J.  ü.  Cotta'schen  Uuchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Neuerungen  an  Oefeu  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke.  33^7 

Neuerungen  an  Oefen  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  16  und  17. 

Emaillirofen  von  Friedrich  Siemens.  Derselbe  ist  mit  zwei  oder 
mehr  Ofenkammern  0  0^  ausgestattet,  welche  die  Muffel  vertreten.  Ein 
stetiges  Emailliren  wird  dadurch  ermöglicht,  dafs  mittels  einer  Rege- 
nerativgasfeuerung immer  mindestens  eine  Ofenkammer  von  innen  (nicht 
von  aufsen)  erhitzt  und  mindestens  eine  andere  zum  Emailliren  benutzt 
wird  und  die  beiden  so  bezeichneten  Vorgänge  in  regelmäfsiger  Weise 
zwischen  den  zwei  paarweise  zusammengehörigen  Ofenkammern  ab- 
wechseln. 

In  den  Fig.  1  bis  8  sind  zwei  verschiedene  Ausführungsformen  von 
Emailliröfen  mit  Regenerativgasfeuerung  dargestellt,  welche  gestatten, 
dafs  ohne  Unterbrechung  emaillirt  wird.  Es  wird  dies  nach  Fig.  1  bis  4 
durch  zwei  derart  vereinigte  selbständige  Oefen  mit  Regeneratoren 
ohne  Zugumkehr  erreicht.  Hierbei  gestattet  nur  eine  Gaswechselklappe 
und  eine  Luftwechselvorrichtung  den  Ofenbetrieb  so  einzurichten,  dafs 
in  der  Kammer  0  des  einen  Ofens  ohne  Flamme  emaillirt,  während 
die  Kammer  des  zweiten  Ofens  0^  zu  gleichem  Zwecke  vorgewärmt 
wird.  Der  Betrieb  der  beiden  Oefen  wird  demnach  wie  derjenige  eines 
einzigen  Ofens  mit  zwei  getrennten  Kammern  geführt.  Wird  z.  B.  in 
der  Ofenkammer  Oj  emaillirt,  so  wird  die  Ofenkammer  0  gleichzeitig 
vorgewärmt.  Die  Stellung  der  Regelungs-  bezieh.  Wechselklappen  ist 
dann  derart,  dafs  Luft-  und  Gaszutritt  zu  Ofenkammer  Oj ,  sowie  ihr 
Schornsteinzug  offen,  die  entsprechenden  Regelungsmittel  der  Ofen- 
kammer 0  aber  geschlossen  sind.  In  letzterer  herrscht  also  vollkommene 
Ruhe.  Durch  entsprechende  Umstellung  der  Wechselklappen  und  des 
Schornsteins  wechseln  die  Ofenkammern  und  unter  übrigens  gleichen 
Umständen  ihre  Thätigkeit. 

In  der  dieser  Construction  entsprechenden  Zeichnung  ist  das  Gas- 
regulirungsventil  mit  B  bezeichnet.  Gas  wechselklappe  mit  K^  die  Zu- 
führungskanäle mit  g  bezieh,  g^^  die  Luftzuführungskanäle  mit  /  bezieh,  /j, 
der  Gasfuchs  mit  G  bezieh.  Gj,  der  Luftfuchs  mit  L  bezieh.  Z<i,  der 
Abgangsfuchs  der  Verbrennungsproducte  mit  V  bezieh.  }\.  Die  Luft- 
zuführungskanäle l  bezieh,  /j,  sowie  die  Abzugskanäle  v  bezieh,  v^  nach 
dem  Essenkanal  5  sind  behufs  Regulirbarkeit  mit  Schiebern  Sj  $2  bezieh. 
«3  «4  versehen. 

Fig.  5  bis  8  stellen  die  zweite  Ausführungsform  von  Emailliröfen 
mit  Regenerativgasfeuerung  dar,  welche  ebenfalls  gestattet,  dafs  ohne 
Unterbrechung  emaillirt  wird. 

Der  wesentliche  Unterschied  zwischen  beiden  Ausführungsformen 
liegt  darin,  dafs,  während  der  in  Fig.  1  bis  4  dargestellte  Ofen  Rege- 
neratoren ohne  Zugumkehr,  sogen.  Gegenstrom-  oder  Leitungsregene- 
ratoren besitzt,   der  in  den  Fig.  5  bis  8   dargestellte  Ofen   mit  Regene- 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr. 8.  1889|HI.  22 


338  Neuerungen  an  Oefen  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke. 

ratoren  mit  Zugumkehr,  sogen.  Oberflächenregeneratoreo,  versehen  ist. 
Der  letztgenannte  Ofen  besitzt  zwei  Ofenkammern  0  0^  und  unter 
diesen  angeordnet  zwei  Oberflächenregeneratoren  R  H^  zum  Vorwärmen 
der  Verbrennungsluft,  während  das  Gas  unvorgewärmt  durch  das  Re- 
gulirungsventil  V  und  den  in  der  Trennwand  beider  Ofenkammern  ge- 
legenen Gaskanal  g  zu-  und  aus  dem  Gasfuchs  G  ausströmt.  Die 
Brennluft  tritt  durch  die  Luftwechselklappe  K  ein,  durchströmt  den 
einen  Regenerator  Ä,  wird  dort  vorgewärmt  und  gelangt  heifs  durch 
die  Füchse  L  in  die  Ofenkammer  O,  wo  sie  im  Flammenfuchs  F  mit 
dem  Gas  zusammentrifft  und  mit  diesem  als  Heizflamme  nach  der 
Ofenkammer  Oj  abzieht;  in  dieser  hat  die  Heizflamme  freien  Raum 
zu  unt^ehinderter  Entwickelung,  beschreibt  ein  doppeltes,  nahezu  in 
einer  Wagerechtebene  gelegenes  Hufeisen,  vollendet  dort  das  active 
Stadium  ihrer  Verbrennung  und  gibt  strahlende  Wärme  an  die  Ofen- 
kammerwandungen ab;  die  Verbrennungsproducte  entweichen  durch 
die  Füchse  Lj  nach  dem  Regenerator  Ä|,  geben  dort  ihre  Wärme  durch 
Berührung  ab  für  spätere  Vorwärmung  der  Brennluft  und  gelangen 
dann,  die  Klappe  K  passirend,  nach  dem  Essenkanal  5,  dessen  Zug- 
wirkung durch  den  Schieber  s  geregelt  wird.  Während  also  die  Ofen- 
kammer Ol  erhitzt  wird,  wird  in  der  Ofenkammer  0  ohne  Flamme 
unter  ausschliefslicher  Benutzung  der  von  den  Kammerwandungen  aus- 
o-estrahlten  Wärme  emaillirt. 

Ist  die  Beschickung  gar  gebrannt,  entfernt  man  sie  aus  dem  Ofen  O 
und  legt  die  Luftklappe  K  auf  die  andere  Seite,  dann  kehren  sich  die 
Verbrennungsvorgänge  im  Ofen  in  bekannter  Weise  um.  Die  Heiz- 
flamme wird  durch  den  Essenzug  nach  Ofenkammer  0  gebracht  und 
Ofenkammer  0^  ist  zum  Einbringen  einer  neuen  Beschickung  bereit. 
Ein  solcher  Ofen  mit  Oberflächenregeneratoren  ist  sehr  leistungsfähig, 
weil  man  die  Temperatur  der  Heizflamme  durch  die  Oberflächen- 
regeneratoren erheblich  steigern  kann.  Er  ist  deshalb  für  gröfsere 
bezieh,  dickere  zu  emaillirende  Stücke,  wie  Gährbottiche,  Badewannen, 
Waschkessel  bestimmt.  Ein  Uebelstand,  welcher  für  feinere  Waare  in 
Betracht  kommen  könnte,  ist  der,  dafs  in  dem  beschriebenen  Ofen  die 
zur  Verbrennung  strömende  heifse  Brennluft  die  mit  der  Beschickung 
besetzte  Ofenkammer  passirt.  Obgleich  diese  Luft  fast  ebenso  heifs 
wie  die  Ofenwandungen  und  staubfrei  ist,  auch  der  Wirkung  der  strah- 
lenden Wärme  auf  die  Beschickung  kein  Hindernifs  bietet,  so  könnte 
doch  für  kleinere  Waaren  erster  Güte  vollkommene  Ruhe  in  der  Ofen- 
kammer erwünscht  sein,  derart,  dafs  das  Arbeiten  in  derselben  dem- 
jenigen in  einer  von  aufsen  beheizten  Muffel  genau  entspricht.  Diesen 
Bedingungen  wird  durch  die  in  den  Fig.  1  bis  4  dargestellte  Ausführungs- 
form eines  Emaillirofens  genügt.  (D.  R.  P.  Nr.  45838  vom  15.  Juli  1888.) 
Da  bei  dem  vorstehend  gekennzeichneten  Emaillirofen  die  Zeit  zur 
Aufspeicherung  der  Wärme  während  des  Anheizens  der  Arbeitskammer, 


Neuerungen  an  Oefen  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke.  339 

sowie  die  aufgenommene  Wärmemenge  die  für  die  Leistung  des  Ofens 
bestimmenden  Factoren  sind,  so  mufs  eine  erhebliehe  Steigerung  der 
Ofenleistung  eintreten,  wenn  die  Aufnahme-  bezieh.  Abgabezeit  ver- 
mindert und  die  ausgetauschte  Wärmemenge  gleichzeitig  vermehrt 
werden  kann.  Da  nun  Aufnahme-  und  Abgabezeit,  sowie  die  dabei  in 
Frage  kommende  Menge  von  Wärme  in  bedeutendem  Mafse  von  den 
Abmessungen  der  den  Wärmeaustausch  vermittelnden  Oberfläche  ab- 
hängen, so  wird  durch  Vergröfserung  der  Innenfläche  der  Arbeits- 
kammer eine  Steigerung  der  Ofenleistung  unmittelbar  herbeigeführt 
werden.  Diese  Oberflächen  vergröfserung  bewirkt  Siemens  nach  dem 
Zusatzpatente  Nr.  46742  vom  25.  September  1888  dadurch,  dafs  er  die 
Innenflächen  gewellt  herstellt  oder  Längsrippen,  Querrippen,  Buckel 
oder  sonstige  Vorsprünge  in  den  Innenflächen  der  Arbeitskammern 
anbringt. 

Rivas  Schachtofen  zum  Brennen  von  Gyps.  Der  obere  Theil  des 
dem  Alberto  Riva  in  Mailand  patentirten  Schachtofens  zum  Brennen 
von  Gyps  (D.  R.  P.  Nr.  45  969  vom  30.  Mai  1888)  unterscheidet  sich  nur 
wenig  oder  gar  nicht  von  bekannten  Kalköfen,  der  untere  Theil  besteht 
aus  einem  Lufterhitzungsapparat,  welcher  eine  genügende  Menge  Luft 
auf  3000  c.  erhitzt.  Dieser  Temperaturgrad  ist  erforderlich,  um  Gyps 
zu  brennen,  denn,  obwohl  der  letztere  schon  bei  viel  niederer  Tem- 
peratur sein  Wasser  verliert,  so  mufs  doch  die  Luft,  welche  in  die 
Gypsmasse  einströmt,  eine  höhere  Temperatur  haben,  um  die  verschie- 
denen Wärmeverluste,   welche  beim  Brennen  vorkommen,  zu  ersetzen. 

Der  Lufterhitzungsapparat  (Fig.  9  und  10)  besteht  aus  einer  Feu- 
erung a  und  einem  System  von  Heizröhren,  durch  welche  die  Ver- 
brennungsgase hindurchziehen.  Diese  Heizröhren  sind  vorn  und  hinten 
in  Wänden  äA,  gelagert  und  in  Abtheilungen  angeordnet,  welche  durch 
senkrechte  Scheidewände  b  (Fig.  10)  und  wagerechte  Platten  b^  ge- 
bildet werden.  Solcher  Abtheilungen  sind  im  Ganzen  12  vorhanden. 
Die  rechts  und  links  gelegenen  Abtheilungen  sind  von  unten  nach  oben 
mit  I,  II,  III,  IV  und  die  mittleren  vier  Abtheilungen  von  oben  nach 
unten  mit  V,  VI,  VII,  VIII  bezeichnet. 

Die  Verbrennungsgase  strömen  nun  aus  dem  Feuerraum  zunächst 
durch  die  Röhren  in  den  Abtheilungen  VII  und  VIII  von  vorn  nach 
hinten,  dann  durch  die  Röhren  der  Kammern  IV  und  V  von  hinten 
nach  vorn,  dann  links  und  rechts  durch  die  Röhren  der  Kammern  IV 
und  III  von  vorn  nach  hinten  und  schliefslich  durch  die  Röhren  der 
Kammern  II  und  I  von  hinten  nach  vorn  und  durch  Kanäle  d  zum 
Schornstein.  Unter  den  Feuerungsrost  wird  durch  seitliche  Kanäle  c 
Luft  eingeblasen.  Die  Kanäle  e  sind  zu  beiden  Seiten  der  Feuerung 
von  Kanälen  e  abgezweigt,  durch  welche  Luft  mit  Hilfe  eines  Ven- 
tilators eingeblasen  wird.  Die  Kanäle  c  münden  in  die  Abtheilungen  I. 
Die  durch  e  eintretende  Luft  strömt  durch  die  Abtheiluneen  I  von  vorn 


340  Neuerungen  an  Oelen  lur  verschiedene  gewerbliche  Zwecke. 

nach  hinten,  tritt  iu  die  Abtheilungen  11,  durchströmt  diese  von  hinten 
nach  vorn,  durchströmt  dann  die  Abtheiluugen  III  von  vorn  nach 
hinten,  dann  die  Abtheilungen  IV  von  hinten  nach  vorn,  tritt  dann  vorn 
in  die  Abtheilung  V  ein  und  hinten  aus  derselben  aus,  um  die  Ab- 
theilung VI  von  hinten  nach  vorn,  dann  die  Abtheil uug  VII  von  vorn 
nach  hinten  und  schliefslich  die  Abtheilung  VIII  von  hinten  nach  vorn 
zu  durchströmen.  Auf  diesem  Wege  hat  sich  die  Luft  bis  auf  3000  C. 
erhitzt.  Sie  strömt  nunmehr  senkrecht  nach  oben  und  tritt  durch 
Kanäle  f  und  Schlitze  g  zu  den  im  Ofenschacht  befindlichen  Gy])sstücken. 

In  die  Kanäle  c  sind  Schieber  Cj  (Fig.  10)  eingeschaltet,  durch 
welche  die  Menge  der  unter  dem  Rost  einströmenden  Luft  regulirt  wird. 

An  das  untere  Ende  des  Ofenschachtes  schliefst  sich  ein  Trichter  k 
an,  welcher  in  ein  schräg  liegendes  Ablaufrohr  k^  ausmündet,  das  am 
Ende  mit  einer  Thür  k^  verschlossen  ist.  Der  im  Ofenschacht  in  faust- 
grofsen  Stücken  liegende  Gyps  wird  durch  das  RohrA-j,  das  aus  Gufs- 
eisen  besteht,  von  Zeit  zu  Zeit  ausgesogen  und  oben  wird  in  den  Ofen 
eine  gleich  grofse  Menge  rohen  Gypses  aufgegeben.  Um  ein  etwaiges 
Versacken  des  Ofens  durch  Aufblähen  der  Gypsstücke  leicht  beseitigen 
zu  können,  sind  zwei  einander  gegenüberliegende  OefFnungen  ii  vor- 
gesehen, durch  welche  man  mit  einer  eisernen  Stange  den  Gyps  auf- 
stofsen  kann. 

Glühofen  der  Well's  Bustless  Iron  Co.  (New  York).  Die  genannte 
Gesellschaft  bringt  (vgl.  Uhland.,  Prakt.  Maschinenconstructeur .^  Nr.  35 
S.  238)  Stahl-  und  Eisenerzeugnisse  auf  den  Markt,  welche  durch  eine 
schwarze  Oxydschicht  vor  dem  Rosten  geschützt  sind.  Zur  Herstellung 
dieser  Oxydsehicht  müssen  die  betreffenden  Gegenstände  einem  beson- 
deren Glühprozesse  ausgesetzt  werden,  bei  welchem  von  Well  construirte 
Oefen  benutzt  werden  (Fig.  11  bis  16).  Die  betreffenden  Gegenstände 
von  Eisen  und  Stahl  finden  in  einer  Menge  von  etwa  12000  engl.  Pfd. 
in  der  Heizkammer  desselben  Platz  und  werden  im  Laufe  von  12  Stunden 
allmählich  auf  starke  Rothglut  erhitzt.  Nach  dem  Eintritt  der  Roth- 
glut wird  bei  geschlossenem  Essenschieber  ein  Gemisch  von  Dampf 
und  Kohlensäuregas  in  die  Kammer  gebracht,  welchem  Gasgemenge 
die  Gegenstände  noch  etwa  5  Stunden  ausgesetzt  werden,  worauf  sich 
die  gewünschte  Oxydschicht  bilden  soll.  Der  Ofen  wird  durch  Gase, 
welche  mit  einem  i>?emens-Generator  erzeugt  sind,  geheizt.  Dieselben 
treten  durch  eine  unterhalb  der  geschlossenen  Dampfdüse  H  (Fig.  12) 
gelegene  Klappe  ein  und  entnehmen  die  geringe  Menge  der  zur  Ver- 
brennung erforderliehen  Luft  aus  einem  Ventil  über  H.  Die  innige 
Mischung  von  Luft  und  Gas  geschieht  beim  Durchgang  durch  die  durch- 
löcherte Wand  P  (Fig.  12,  14  und  15).  Alsdann  gelangen  die  Gase  in 
die  Verbrennungskammer  hinter  P  und  nehmen  ihren  Weg  durch  den 
Kanal  0  (Fig.  14),  um  durch  die  in  der  Decke  des  letzteren  befind- 
lichen Oelfnuugen  h  in  die  darüber    liegende  Heizkammer  zu  gelangen. 


Neuerungen  an  Rotationsdnickpressen.  341 

Auf  der  entgegengesetzten  Seite  der  letzteren  gehen  die  Gase  durch 
eine  zweite  Serie  Oeffnungen  ä,  nachdem  sie  die  zu  erhitzenden  Gegen- 
stände gleichmäfsig  umspült  haben,  in  den  Kanal  E  und  entweichen 
endlich  in  den  Kamin  F  (Fig.  13).  Nachdem  Rothglut  erreicht  ist, 
werden  die  Einlafsschieber  für  Gase  und  Luft  geschlossen,  und  während 
man  den  Essenschieber  D  geschlossen  hält,  wird  durch  die  Düse  H 
Dampf  eingelassen,  welcher  sich  mit  der  vorhandenen  Kohlensäure 
mischt. 

Stroekmer's  Koksofen^  welcher  in  Fig.  17  bis  19  dargestellt  ist,  be- 
sitzt die  eigen thümliche  Einrichtung,  dafs  die  vom  Theer  und  Ammoniak 
befreiten  Gase  theils  in  Hohlräume  der  Ofenwände  treten  behufs  Ver- 
brennung mit  zugeführter  Luft,  theils  in  die  Oefen  selbst,  wo  sie  Kohlen- 
stotf  absetzen  und  Ammoniak  entführen.  (D.  R.  P.  Nr.  46  595  vom 
17.  Juli  1888.)  (Fortsetzung  folgt.) 

Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen. 

Patentklasse  15.     Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  18. 

Die  Rotationsdruckmaschinen,  deren  grofse  Vortheile  in  der  Ver- 
wendbarkeit endlosen  Papieres  und  stetigen  Drehung  der  Druckcylinder 
liegen,  sind  bekanntlich  amerikanisch-englischen  Ursprunges  und  ver- 
hältnifsmäfsig  jungen  Alters,  haben  aber  wohl  von  allen  Druckmaschinen 
zufolge  des  grofsen  Aufschwunges  des  Zeitungswesens  die  bedeutendste 
Entwickelung  durchgemacht.  In  Deutschland  war  die  Augsburger  Ma- 
schinenfabrik diejenige  Firma,  welche  1872  den  Rotationsmaschinenbau 
zuerst  in  die  Hand  nahm  (vgl.  1882  244  "429),  und  diese  Augsburger 
Maschinen  sind  auch  insofern  bemerkenswerth,  als  sie  die  ersten  Ma- 
schinen waren,  die  dauernd  zum  Werkdruck  (^Pierers  Lexikon  und 
Meyers  Conversationslexikon)  und  ferner  zum  Illustrationsdrucke  (^HaU- 
berger  sehe  Illustrirte  Blätter)  verwendet  wurden.  Bald  folgten  auch 
Koenig  und  Bauer  in  Oberzell  bei  Würzburg  u.  A. 

Die  Rotationsmaschine  hat  bekanntlich  die  Beschränkung  au  sich, 
dafs  ein  und  dieselbe  Maschine  stets  das  gleiche  Format  liefert  und  das 
Papier  für  dieselbe  in  entsprechender  Breite  angefertigt  werden  mufs. 
Die  Maschine  kann  daher  immer  nur  zur  gleichen  Arbeit  bezieh,  zu 
Arbeiten  gleichen  Formats  verwendet  werden,  welcher  Nachtheil  für 
Zeitungsdruck  nicht  hervortritt,  da  hier  zu  einem  Wechsel  des  Formates 
eine  Veranlassung  nicht  vorliegt,  hingegen  bei  Werkdruck  bemerkbar 
wird.  Diese  Einseitigkeit  der  Rotationsmaschine  hat  ihre  unangenehme 
Seite  für  die  liefernde  Maschinenfabrik,  da  diese  bei  der  grofsen  Ver- 
schiedenheit der  Zeitungsformate  selten  in  der  Lage  sein  wird,  die  be- 
tretfende  Maschinengröfse  in  einer  gröfseren  Reihe  von  Exemplaren 
auszuführen,  .sondern  häutig  zur  Neubeschaffung  von  Modellen  wird 
schreiten   müssen.     Diese    Verhältnisse  haben   naturgemäfs    den   Anlafs 


342 


Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen. 


Neuerungen  an  Rotationsdruekpressen.  343 

gegeben,  auf  den  Bau  von  Rotationsmasehinen  hinzuwirken,  welche  die 
Benutzung  verschiedener  Formate  bezieh,  einen  Wechsel  des  Formates 
gestatten,  und  war  es  hier  Jules  Derriey  in  Paris,  welcher  1876  die  Be- 
schreibung einer  derartigen  Maschine  veröffentlichte.  Die  Maschine, 
welche  auf  der  Pariser  Ausstellung  1878  vertreten  war,  bewirkte  den 
Wechsel  des  Formates  durch  Schneiden  des  Papieres  vor  dem  Drucke 
und  mittels  Einlaufwalzen  mit  veränderlicher  Geschwindigkeit,  scheint 
indessen  nur  ein  Ausstellungsdasein  geführt  zu  haben. 

In  neuerer  Zeit  haben  nun  Koenig  und  Bauer  diese  Frage  wieder 
aufgenommen,  und  ist  es  dieser  Firma  gelungen,  eine  Rotationsmaschine 
für  wechselnde  Formate  zu  bauen,  welche  den  an  eine  derartige  Maschine 
zu  stellenden  Anforderungen  in  der  vollkommensten  Weise  entspricht. 
Der  Wechsel  des  Formates  wird  ebenfalls  mittels  Einlaufwalzen  mit 
veränderbarer  Geschwindigkeit  erreicht,  die  genaue  Führung  der  ab- 
geschnittenen Bogen  beim  Schön-  und  Widerdruck  und  zum  Ausleger 
aber  erfolgt  unter  Vermeidung  von  Bändern  oder  Greifern  auf  pneu- 
matischem Wege.  Diese  Einrichtungen  sind  der  Firma  unter  Nr.  36  459 
vom  10.  November  1885  patentirt. 

Die  Textfigur  gibt  eine  perspectivische  Ansicht  der  ganzen  Maschine, 
an  deren  vom  Beschauer  abgewendeten  Gestellseite  ganz  rechts  die  für 
den  Wechsel  des  Formates  getroffene  Einrichtung  angeordnet  ist,  welche 
in  den  Fig.  1  bis  4  Taf.  18  gesondert  zur  Darstellung  gebracht  ist.  Das 
zu  bedruckende  Papier  wickelt  sich  in  bekannter  Weise  von  der  Papier- 
rolle ab  und  wird  zwischen  Leitwalzen,  den  Einlaufwalzen  E E^  und 
den  Schneidcylindern  5  S^  hindurchgeführt,  wobei  das  Abschneiden  der 
einzelnen  Bogen  bezieh,  das  Umstellen  der  Maschine  für  ein  anderes 
Format  in  folgender  Weise  bewirkt  wird.  Die  Schneidcylinder,  von 
denen  der  eine  S  das  Schneidmesser  oder  vielmehr  Perforirmesser,  der 
andere  S^  die  Nuth  enthält,  werden  durch  Zwischenräder  vom  Druck- 
cylinder  aus  getrieben,  haben  somit  dieselbe  Umfangsgeschwindigkeit 
wie  dieser,  und  da  aufserdem  der  das  Schneidmesser  enthaltende  Cj- 
linder  5  den  gleichen  Durchmesser  wie  der  Druckcylinder  hat,  so  wird 
bei  jeder  Umdrehung  des  letzteren  ein  Bogen  abgeschnitten.  Würden 
die  Einlaufwalzen  E  Ei  dieselbe  Umfangsgeschwindigkeit  haben  wie 
SSy^  SO  müfsten  selbstredend  Bogen  abgeschnitten  werden,  welche  in 
ihrer  Länge  genau  dem  Umfange  des  oberen  Schneidcylinders  S  bezieh, 
des  Druckcylinders  entsprechen.  Verringert  man  dagegen  die  Geschwin- 
digkeit der  Walzen  EE^^  so  dafs  das  Papier  langsamer  von  der  Rolle 
abgewickelt  und  durch  die  sich  nur  im  Moment  des  Schnittes  berührenden 
Schneidcylinder  geführt  wird,  so  werden,  wie  leicht  ersichtlich,  ent- 
sprechend kleinere  Bogen  abgeschnitten.  Man  hat  es  sonach  in  der 
Hand,  durch  Aenderung  der  Geschwindigkeit  der  Walzen  E  E^  beliebige 
Formate  herzustellen,  indem  man  die  Walze  E  mit  einem  gröfseren  oder 
kleineren  Wechselrade   W  versieht. 


344  Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen. 

Zu  dem  Zwecke  ist  auf  den  Zapfen  des  Cylinders  5^  ein  schwin- 
gender, mittels  Schlitz  g  und  Stift  /*  in  verschiedenen  Lagen  festzu- 
stellender Arm  f  aufgesteckt,  welcher  das  auf  einem  Stifte  sich  drehende 
Zwischenrad  Z  trägt.  Dieses  doppelt  breite  Rad  ist  sowohl  mit  dem 
Rade  des  Cylinders  S  als  auch  mit  dem  Wechselrade  W  in  Eingriff 
und  überträgt  mithin  die  Bewegung  von  5,  auf  E. 

Fig.  1  stellt  die  Vorrichtung  für  das  gröfste  Format  dar.  In  diesem 
Falle  ist  das  kleinste  Wechselrad  W  aufgesteckt  und  steht  der  Arm  f 
in  seiner  äufsersten  Stellung  rechts. 

Um  schnell  den  richtigen  Eingriff"  der  Zahnräder  bei  jedem  Wechsel 
des  Formates  zu  linden,  ist  an  der  Seitenwand  der  Maschine  eine  Scala  k 
angebracht,  welche  so  viele  Stationslöcher  enthält  als  Formate  gedruckt 
werden  sollen.  Durch  Einstecken  eines  Stellstiftes  i  in  das  entsprechende 
Loch  ist  der  Arm  f  sofort  in  die  für  das  gewünschte  Format  erforder- 
liehe Lage  gebracht. 

Hat  z.  B.  das  Druckcylinderrad  bezieh,  das  Rad  an  S  60  Zähne 
und  das  Rad  an  E  30  Zähne,  so  wird  (wenn  man  den  halben  Umfang 
des  Druckcylinders  als  kleinstes  Format  annimmt)  das  Wechselrad  W 
für  diesen  Fall  60  Zähne  haben  müssen,  dagegen  für  das  gröfste  Format, 
welches  gleich  dem  Umfange  des  Druckcylinders  weniger  der  Ausspa- 
rung l  (Fig.  5)  ist,  ein  Wechselrad  mit  32  Zähnen  erforderlich  sein. 
Man  kann  demnach  durch  abwechselndes  Einschalten  von  Wechselrädern, 
deren  Zähnezahl  von  32  bis  60  immer  um  1  wächst,  29  verschiedene 
Längenformate  herstellen. 

Die  Zuführung  der  einzelnen  abgeschnittenen  Bogen  mufs  selbst- 
verständlich, um  ein  genaues  Register  zu  erzielen,  eine  durchaus  exaete 
sein.  Es  wird  dies  dadurch  erreicht,  dafs  die  gleichmäfsig  gespannten 
Bänder  zwischen  Schneid-  und  Druckcylinder  mittels  Walzen,  welche 
durch  Zwischenräder  mit  dem  Druckcylinderrade  in  Verbindung  stehen, 
mit  der  Umfangsgeschwindigkeit  des  Druckcylinders  getrieben  werden. 
Aufserdem  ist  es  für  die  registerhaltige  Zuführung  der  Bogen  nach 
dem  Druckcylinder  erforderlich,  bei  dem  Umstellen  der  Maschine  für 
ein  anderes  Format  jedesmal  die  Schneidcylinder  so  einzustellen,  dafs 
der  abgeschnittene  Bogen  genau  an  der  Stelle  eintrifft,  wo  er  vom 
Druckcylinder  übernommen  wird.  Um  diese  genaue  und  feine  Einstel- 
lung zu  ermöglichen,  sind  die  äufseren  Schneidcylinderräder  S  Sy  nicht 
direkt  auf  den  Zapfen  aufgekeilt,  sondern  sitzen  jedes  auf  einem  mit 
dem  Zapfen  fest  verbundenen  Frictionsconus,  auf  welchem  sie  mittels 
Schraube  fest  aufgeprefst  werden  können  (Fig.  3).  Nach  Lösen  dieser 
Schrauben  kann  man  die  Schneidcylinder  mittels  eines  auf  der  ver- 
längerten Achse  von  S  mit  Nuth  und  Feder  sitzenden  Schneckenrades  r.^ 
(Fig.  3  und  4)  und  einer  am  Rade  S  gelagerten  Schnecke  rg,  sowie  der 
inneren,  auf  den  Achsen  von  S  und  S,  festsitzenden  Räder  S.^S^  be- 
liebig gegen  die  hierbei  still  stehen  bleibenden  eigentlichen  Triebräder  SSi 


Neuerungen  an  Rotationsdi'uckpressen.  345 

verstellen.  Fig.  3  und  4  veranschaulichen  zugleich  die  eine  genaue  Ein- 
stellung sichernde  Scala  d  und  den  Zeiger  d^^  erstere  am  Triebrade  5, 
letzterer  am  Schneckeurade  r,  angebracht. 

Diese  Einrichtung  zum  Wechseln  des  Formates  hat  bei  der  in  der 
Reichsdruckerei  in  Berlin  aufgestellten,  für  Werk-  und  Tabellendruck 
bestimmten  Maschinen  insofern  später  eine  Abänderung  erfahren,  indem 
die  Scala  k  in  Fig.  1  zu  einer  Scalenplatte  k^  ausgebildet  und  der  Arm  f 
in  seiner  Länge  veränderbar  gemacht  ist.  Die  Mannigfaltigkeit  der 
möglichen  Formate  ist  damit  natürlich  sehr  gesteigert. 

Die  Eingangs  genannte  pneumatische  Führung  der  so  abgeschnittenen 
Bogen  durch  den  Schön-  und  Widerdruck  nach  dem  Falz-  oder  Ablege- 
apparate,  ohne  Anwendung  von  Bändern  oder  Greifern,  ist  in  Fig.  5 
dargestellt.  Die  Anordnung  besteht  im  Wesentlichen  erstens  aus  einem 
stetig  wirkenden,  ganz  unabhängig  von  dem  Bewegungsmechanismus 
der  Maschine  betriebenen  Luftverdünnungsapparat,  zweitens  aus  einem 
denselben  mit  den  beiden  Druckcylindern  verbindenden  Rohrsysteme,  in 
welchem  durch  ersteren  eine  dauernde  Luftverdüunung  erzeugt  wird,  und 
drittens  aus  einer  doppelten  Hahnsteuerung,  welche  bewirkt,  dafs  das 
Papier  abwechselnd  angesaugt  und  durch  Unterbrechen  des  Saugens, 
sowie  gleichzeitige  Luftzuführung  wieder  abgegeben  wird. 

Die  Druckcylinder  D  D^ ,  welche  in  einer  Wagerechtebene  liegen, 
währenü  die  beiden  Flattencylinder  P  P,  im  Winkel  zur  Centrallinie 
der  Druckcylinder  gestellt  sind,  tragen  jeder  in  einer  Vertiefung  eine 
um  Zapfen  drehbare  Stange  m  bezieh.  OTj,  welche,  gleichzeitig  mittels 
eines  Hebelarmes  das  Festklemmen  des  Druckfilzes  bewirkend,  das 
Werkzeug  zum  Festhalten  des  Papierbogens  auf  dem  Druckcylinder 
bildet.  Dieselbe  ist  mit  einer  der  Breite  des  gröfsten  Formates  ent- 
sprechenden durchlaufenden  Nuth  n  versehen,  welche  durch  gleichmäfsig 
vertheilte  Stege  in  mehrere  längliche  Saugschlitze  abgetheilt  wird,  um 
das  Hineinsaugen  des  Papieres  zu  verhüten.  Unterhalb  der  Nuth  n  ist 
die  Stange  durch  den  einen  Zapfen  hindurch  bis  zur  Mitte  ausgebohrt 
und  an  dieser  Stelle  diese  Bohrung  o  durch  einen  länglichen  Schlitz  mit 
der  Nuth  n  in  Verbindung  gesetzt.  Die  Bohrung  o  steht  durch  ein  ge- 
bogenes Rohr  p  mit  einer  durch  den  Zapfen  der  Druckcylinderwelle 
gehenden  Bohrung  q  in  Verbindung,  an  welche  sich  wieder  ein  durch 
eine  Stopfbüchse  gestecktes,  nach  dem  Steuerungshahne  r  führendes 
Rohr  s  anschliefst.  Die  beiden  Hähne  r  r^  sind  durch  ein  Rohr  l  mit 
einander  verbunden,  in  welches  schliefslich  das  von  dem  Luftverdün- 
nungsapparate abgeleitete  Rohr  tt  mündet. 

Die  Hahnkegel,  welche,  wie  aus  der  Zeichnung  deutlich  erkennbar, 
mit  einem  gerade  durchgehenden  und  einem  im  Winkel  in  diesen  mün- 
denden Kanal  versehen  sind,  werden  mittels  der  Excenter  v  Vj  und  der 
zweiarmigen  Hebel  tüte,,  welche  an  ihrem  oberen  Ende  eine  Rolle  und 
an  ihrem  unteren  ein  in  das  Zahnrädchen  z  eingreifendes  Zahnsegment 


346  Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen. 

tragen  (vgl.  auch  die  Textfigur),  abwechselnd  in  eine  kurze  Drehung 
versetzt,  wodurch  einmal  die  Verbindung  der  Stange  m  mit  dem  Saug- 
rohre u  hergestellt,  das  andei-e  Mal  dieselbe  geschlossen  und  dagegen 
bei  y  der  äufseren  Luft  Eintritt  gewährt  wird. 

Fig.  5  zeigt  die  Stellung  der  Druckcylinder,  bei  welcher  der  von 
den  Schneidcylindern  kommende  Bogen  an  die  obere,  geschlitzte  Fläche 
der  Stange  m  angesaugt  wird,  während  der  vorhergehende,  bereits  um 
D  und  Dl  herumgeführte  Bogen  von  wjj  losgelassen  bezieh,  abgestofsen 
und  dem  Ausgangsbändersysteme  übergeben  wird. 

Diese  Hahnsteuerung  arbeitet  sehr  zuverlässig,  so  dafs  die  Ueber- 
führung  der  Bogen  von  dem  einen  Cylinder  auf  den  anderen  augen- 
blicklich erfolgt  und  die  Maschine  mit  einer  Geschwindigkeit  laufen 
kann,  welche  die  Herstellung  von  etwa  10000  auf  beiden  Seiten  be- 
druckten Exemplaren  in  der  Stunde  ermöglicht.  —  Eine  wesentliche 
Bedingung  für  das  gute  Arbeiten  der  pneumatischen  Vorrichtung  bildet 
dabei  natürlich  eine  glatte,  faltenlose  Papierrolle. 

Auch  dieser  Theil  der  Rotationsmaschine  hat  in  neuerer  Zeit  Ver- 
besserungen erfahren,  und  zwar  betrifft  dies  den  Steuerungsapparat, 
indem  die  Hähne  rr^  durch  Ventile  ersetzt  sind,  deren  Anbringungs- 
stelle und  Antrieb  im  Wesentlichen  gleichartig  ist.  Die  Maschine  der 
Reichsdruckerei  besitzt  bereits  eine  derartige  Ventilsteuerung,  während 
unsere  Textfigur  noch  eine  Maschine  mit  Hahnsteuerung  zeigt. 

Eine  weitere  Vervollkommnung  hat  die  Maschine  erfahren  durch 
Anordnung  einer  Abschmut trolle  für  Werk-  und  Illustrationsdruck,  welche, 
wie  die  Textfigur  erkennen  läfst,  auf  einem  Wagen  gelagert  ist,  der 
auf  die  Grundplatte  der  Maschine  ungefähr  in  die  Mitte  der  letzteren 
hineingeschoben  wird.  Das  Papier  wird  über  den  Widerdruckcylinder 
geleitet  und  wickelt  sich  nachdem  wieder  auf  eine  Achse  auf,  welche 
in  Lagern  eines  gleichen  Wagens  am  Ende  der  Maschine  (Textfigur 
links)  ruht.  Bei  der  Schnelligkeit,  mit  der  die  Maschine  zu  arbeiten 
bestimmt  ist,  und  welche  zwischen  8000  bis  14000  Exemplaren  in  der 
Stunde  (gewöhnlich  12000)  liegt,  schien  es  für  Werk-  und  Illustrations- 
druck unerläfölich,  Vorkehrungen  gegen  das  Abschmutzen  zu  treffen, 
die  Schwierigkeit  aber  lag  darin,  da  der  Bogen  unmittelbar  an  den 
Druckcylinder  angesaugt  wird,  das  Abschmutzpapier  zwischen  beiden 
hindurchzuführen  ohne  die  Saugwirkung  auf  den  Bogen  zu  beeinträch- 
tigen. Dem  ist  man  dadurch  begegnet,  dafs  das  Abschmutzpapier,  ehe 
es  den  Widerdruckcylinder  erreicht,  durch  eine  Perforirvorrichtung  geführt 
und  an  der  Ansaugstelle  gelocht  wird,  so  dafs  für  den  mit  dem  Schön- 
drucke versehenen  Bogen  die  Verbindung  mit  dem  Saugapparate  her- 
gestellt wird.  Bei  der  Maschine  der  Reichsdruckerei  hat  eine  Benutzung 
der  Abschmutzrolle  bis  jetzt  nicht  stattgefunden. 

Bei  dieser  für  alle  feineren  Arbeiten  bestimmten  Maschine  sind 
naturgemäfs  auch  möglichst  vollkommene  Farbwerke  vorgesehen,  welche, 


Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen.  347 

wie  die  Textfigur  zeigt,  unterhalb  des  Schöndruek-  und  oberhalb  des 
Widerdruckcylinders  liegen.  Sie  enthalten  je  vier  Auftragwalzen  grofsen 
Durchmessers  und  fünf  Nacktcjlinder  verschiedenen  Durchmessers  mit 
seitlicher  Bewegung,  nebst  allen  dazu  gehörigen  Masse-  und  Vertheilungs- 
walzen. 

Die  fertig  bedruckten  Exemplare  werden  entweder  zu  fünf  oder 
zehn  Stück  auf  einer  Trommel  gesammelt  und  dann  packweise  aus- 
gelegt (Maschine  der  Reichsdruckerei),  oder  zur  Verhütung  des  Ab- 
schmierens  durch  einen  pneumatischen  Ausleger  einzeln  ausgelegt,  welcher 
eine  vierte  wesentliche  Vervollkommnung  der  Maschine  bildet  (Maschine 
von  C.  G.  Naumann  in  Leipzig).  Dieser  Ausleger  ist  auf  der  Textfigur 
ganz  links  unten,  direkt  über  dem  Ausführungstuche,  durch  das  Gestell 
hindurch  sichtbar  und  besteht  aus  fünf  schmalen,  mit  Saugschlitzen  ver- 
sehenen Scheiben  von  dem  doppelten  Durchmesser  der  Druckcylinder, 
die  auf  einer  hohlen,  mit  den  Schlitzen  und  der  Luftpumpe  in  Verbin- 
dung stehenden  Welle  sitzen,  und  zwar  so,  dafs  die  beiden  äufseren  je 
nach  der  Breite  der  Papierrolle  enger  zusammen  oder  weiter  aus  ein- 
ander gerückt  werden  können  (^Journal  für  Buchdruckerkunst^  1888  Nr.  34). 
Diesen  Scheiben  werden  die  Bogen,  sowie  sie  den  Widerdruckcylinder 
verlassen,  durch  Bänder,  die  nur  im  Mittelstege  und  an  den  Rändern 
doppelt  laufen,  zugeführt,  und,  sobald  sie  dieselben  berühren,  an  ihrem 
Vorderrande  angesaugt  und  so  lange  festgehalten,  bis  sich  die  Scheiben 
um  ihren  halben  Umfang  gedreht  haben,  worauf  die  Saugwirkung  auf- 
hört und  sie  mittels  leicht  gebogener  dünner  Rundstäbe,  die  nur  einen 
kleinen  Weg  zwischen  den  Scheiben  auf  und  nieder  machen,  auf  ein 
unterhalb  der  letzteren  angebrachtes  endloses  Tuch  ausgelegt  werden. 
Haben  sie  sich  hier  in  genügender  Menge  angesammelt,  so  wird  das 
Tuch  mittels  einer  nur  einen  Handgriff  erfordernden  übersetzten  Kurbel- 
bewegung rasch  nach  vorn  geschoben  und  der  Stofs  weggenommen. 

Die  im  Vorstehenden  beschriebene  Maschine,  welche  zur  Zeit  ohne 
Nebenbuhlerin  dasteht  und  zur  vollen  Zufriedenheit  ihrer  Besitzer  ar- 
beitet, zeigt,  in  welch  grofsartiger  Weise  Koenig  und  Bauer  die  Aufgabe, 
eine  Rotationsmaschine  für  wechselnde  Formate  zu  schaffen,  gelöst  haben. 
Die  Maschine,  deren  Preis  alles  in  allem  etwa  40000  M.  beträgt,  ist 
natürlich  mit  der  Sorgfalt  ausgeführt,  welche  an  Koenig  und  Bauer  sehen 
Maschinen  bekannt  ist,  und  ist  bis  jetzt  in  fünf  Exemplaren  in  Arbeit 
bezieh,  zur  Ausführung  gelangt:  die  erste  und  fünfte  für  C.  G.  Naumann 
in  Leipzig  und  die  übrigen  drei  für  die  deutsche  Reichsdruckerei  in 
Berlin,  für  die  österreichische  Hof-  und  Staatsdruckerei  in  Wien  und  für 
die  Druckerei  des  heiligen  Synods  in  St.  Petersburg. 

Eine  Rotatiousmaschine  für  wechselnde  Formate  ist  auch  von 
J.  Missong  in  Höchst  a.  M.  construirt  worden  C"D.  R.P.  Nr.  43544  vom 
15.  December  1886).  Dieser  Construction  scheint  die  genannte  Koenig 
und  Bauer  sehe  Maschine   zum  Ausgangspunkte   gedient  zu   haben   und 


348  Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen. 

soll  auch  dieselbe  die  Einstellung  des  Schneidapparates  beim  Wechsel 
des  Formates  und  die  Führung  der  abgeschnittenen  Bogen  zum  Schön- 
druckcy linder  mittels  Bänder  vermieden  werden.  Auch  würden  damit 
eine  Reihe  von  Zwischenrädern  für  den  Antrieb  der  Band  walzen  ent- 
behrlich, wodurch  das  Geräusch  der  Maschine  und  auch  die  Länge  der 
letzteren  verringert  würde.  Die  Führung  des  Bogens  erfolgt  demgemäfs 
bei  dieser  Construction  in  der  Weise,  dafs  der  Bogen  unmittelbar  nach 
dem  Schnitte  am  hinteren  Rande  (vor  der  Schnittlinie)  an  den  unteren 
Schneidcyünder  angesaugt  und  von  diesem  an  den  Schöndruckcylinder 
unmittelbar  übergeben  wird. 

Die  Fig.  6  Taf.  18  zeigt  ein  schematisches  Bild  der  ganzen  Maschine. 
Das  zu  bedruckende  endlose  Papier  a  wird  von  der  Rolle  R  durch  die 
Leitwalzen  /j  /2  geführt,  von  den  Speisewalzen  L;  L.,,  welche  das  Papier 
ruckweise  verschieben,  erfafst  und  entsprechend  der  Bogenlänge  durch 
die  einen  Zwischenraum  lassenden  Schneidcyllnder  C|  C-,  geführt,  und 
in  die  in  der  Figur  dargestellte  senkrechte  Lage  gebracht.  Nachdem 
so  das  Papier  um  die  Formatlänge  zwischen  den  Schneidcylindern  sowie 
dem  unteren  Schneidcyünder  C^  und  dem  Schöndruckcylinder  S  hin- 
durchgeschoben ist,  erfolgt  das  Abschneiden  des  Papierbogens,  und  in 
demselben  Augenblicke  wird  derselbe  am  hinteren  Rande  (vor  der 
Schnittlinie)  an  den  unteren  Schneidcyünder  C\  angesaugt  und  so  lange 
gehalten  und  geführt,  bis  die  Uebergabe  au  den  Schöndruckcylinder  S 
erfolgt,  während  gleichzeitig  der  vordere  Rand  des  endlosen  Papieres 
mittels  einer  gemeinsamen  oder  einer  getrennten  Saugvorrichtung  eben- 
falls angesaugt  und  zwischen  Cj  und  5  eingeführt  wird.  In  der  ge- 
zeichneten Stellung  wird  somit  das  Abschneiden  des  unbedruckten  Bogens 
bewirkt,  alsdann  erfolgt  die  Uebergabe  des  Bogens  an  den  Schöndruck- 
cylinder S,  welcher  ihn  mit  dem  Schöndruck  versieht  und  dann  dem 
Widerdruckcyünder  W  übergibt,  wobei  die  Theile  wieder  die  in  der 
Fig.  6  gezeichnete  gegenseitige  Stellung  einnehmen.  Nach  dem  Wider- 
drucke erfolgt  das  Loslassen  des  beiderseitig  bedruckten  Bogens  und 
Erfassen  seitens  des  ebenfalls  mit  Saugvorrichtung  versehenen  Führungs- 
cyünders  f^  worauf  der  Bogen  zwischen  den  Bändern  xy  nach  dem 
Falz-  oder  Auslegeapparate  geführt  wird. 

Die  obere  Speisewalze  Z-j  ist  eine  gewöhnliche  cylindrische  Walze, 
welche  durch  ihr  Eigengewicht  und  eine  elastische  Feder  gegen  die 
untere  Speisewalze  L^  geprefst  wird  und  im  Berührungsfalle  mit  der 
Arbeitsfläche  der  letzteren  das  Vorziehen  des  Papieres  bewirkt.  Die 
untere  Speisewalze  Lj  dagegen  besteht  aus  mehreren  gegen  einander 
verstellbaren  Scheiben  Oj  a.^  (Fig.  7  und  8),  von  denen  wechselsweise 
eine  fest  und  die  andere  lose  auf  einer  gemeinsamen  Achse  d  sitzen. 
Die  auf  der  Achse  d  festsitzenden  Scheiben  Oj  sind  mit  einem  Schütze  b 
und  die  losen  Scheiben  a,,  mit  einer  Nabe  c  (Fig.  7)  versehen,  durch 
welche  eine  runde  Stange  e  lose  hindurchgesteckt  ist,  auf  welcher  auf 


Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen.  349 

einer  Seite  ein  Zahnrad  z^  fest  aufgekeilt  ist,  während  auf  deren  anderen 
Seite  ein  Zahnrad  Sg  sitzt,  welches,  durch  Nuth  und  Feder  gegen 
Drehung  auf  der  Stange  e  gesichert,  in  achsialer  Richtung  verschieb- 
bar ist. 

Die  Zahnräder  Zj  und  z^  stehen  in  Eingriff  mit  den  auf  der  Welle  d 
festsitzenden  Zahnrädern  Z2  und  z^ ,  und  durch  diese  beiden  Räder- 
paare Zj  und  Zo,  und  Z3  und  z^  wird  die  Verstellung  der  Scheiben  a^ 
und  «2  gegen  einander  bewirkt. 

Das  Feststellen  der  Stange  e  und  mit  dieser  der  Scheiben  a^  und  a.^ 
wird  durch  die  Mutter  m  bewirkt.  Die  Stange  e  ist  an  beiden  Enden 
mit  einem  Vierecke  für  eine  kleine  Kurbel  versehen.  Der  Zeiger  z  zeigt 
auf  einer  Scala  die  Länge  des  von  der  oberen  Speisewalze  L2  berührten 
ümfanges  der  unteren  Speisewalze  L^ ,  d.  i.  die  Länge  des  jeweiligen 
Formates,  an. 

Beim  Wechseln  bezieh.  Einstellen  des  Formates  wird  die  Mutter  m 
gelöst  und  mittels  auf  die  Stange  e  gesteckter  Kurbeln  die  Scheiben  Oj 
und  02  so  gegen  einander  verstellt,  bis  der  Zeiger  z  die  gewünschte 
Formatlänge  anzeigt,  worauf  die  Mutter  m  wieder  angezogen  wird. 

Die  Mantelfläche  der  gegen  einander  verstellbaren  Scheiben  a^  a.^  . .  . 
der  Speisewalze  L^  ist  somit  in  ihrem  Umfange  in  zwei  Hälften  ab- 
gesetzt in  der  Weise,  dafs  die  eine  Hälfte  mit  dem  gröfseren  Radius 
von  der  oberen  gewöhnlichen  Speisewalze  Lj  berührt  und  demnach  das 
Papier  je  nach  der  gegenseitigen  Stellung  der  Scheiben  a^  a^  mehr  oder 
weniger  ruckweise  vorgeschoben  wird.  Dieses  ruckweise  Vorschieben 
des  Papieres  ermöglicht,  dafs  dasselbe  mit  der  Umfangsgeschwindigkeit 
der  Druck-  und  Schneidcylinder  zugeführt  wird,  und  somit  auch  das 
Ansaugen  des  vorderen  Papierbogenrandes  an  den  unteren  Schneidcylinder. 
Die  Formatlänge  kann  bis  auf  die  Hälfte  des  Maximalformates  reducirt 
werden,  und  wenn  die  obere  Speisewalze  £2  durch  die  gleiche  Walze 
wie  Z,j  ersetzt  wird,  so  kann  man  die  Formatläuge  beliebig  verringern. 

Die  Steuerung  für  die  verschiedeneu  Luftzu-  und  Abführungen  er- 
folgt mittels  eines  Flachschiebers,  welcher  durch  eine  unrunde  Scheibe 
bethätigt  wird,  wobei  die  letztere  auf  einer  Welle  sitzt,  welche  die 
gleiche  Anzahl  Umdrehungen  macht  wie  die  Druckcylinder. 

Die  beschriebene  Führung  des  Papieres  läfst  sich  mit  entsprechenden 
Abänderungen  auch  für  Schön-  und  Widerdruckmaschinen  mit  hin  und 
her  gehendem  Typenfundamente  verwenden  (vgl.  ferner  1889  271*566), 
wobei  sich  die  Einschaltung  eines  über  dem  Schöndruckcylinder  liegenden 
Führungscylinders  zwischen  dem  unteren  Schneidcylinder  und  dem  Schön- 
druckcylinder nothwendig  macht,  um  Platz  für  den  in  die  senkrechte 
Lage  gebrachten  Papierbogen  zu  gewinnen,  weil  bei  unmittelbarer  Ueber- 
gabe  an  den  Schöndruckcylinder  die  Höhe  zwischen  dem  hin  und  her 
gehenden  Typenfundament  und  der  Druckcylindermitte  für  das  gröfste 
Format  nicht  ausreicht. 


350  Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen. 

Eine  weitere  Neuerung  im  Rotationsmasehinenbaue  liegt  von  Seiten 
der  bekannten  Firma  J.  H.  Buccton^  D.  Braithwaite  und  M.  Smith  in 
Manchester,  England,  vor,  und  zwar  betreffs  der  Einfügung  wichtiger 
Nachrichten,  wenn  die  cylindrischen  Platten  bereits  gegossen  und  auf- 
geschraubt sind.  Nach  dem  Archiv  für  Buchdruckerkunst  ^  1889  Heft  4, 
werden  zu  diesem  Zwecke  in  England  und  Amerika  beispielsweise 
folgende  Verfahren  angewendet.  Handelt  es  sich  darum,  bei  Wettrennen 
die  Namen  der  Sieger  nachträglich  noch  den  Stereotypplatten  der 
Rotationsmaschinen  einzuverleiben,  so  werden  die  Platten  an  den  be- 
treffenden Stellen  hochgegossen,  so  dafs  sie  hier  schwarze  Felder  drucken. 
Sobald  nun  die  betreffenden  Namen  gemeldet  werden,  schlägt  man  sie 
mittels  Stahlstempel  ein,  so  dafs  dieselben  weifs  auf  schwarzem  Grunde 
erscheinen.  Zuweilen  stellt  man  die  „Letzten  Nachrichten'^  auch  wohl 
als  schmale  Stereotypleiste  her,  welche  in  irgend  einen  Steg  des 
Stereotypcy linders  eingeschoben  wird,  falls  man  es  nicht  vorzieht,  in 
einen  der  geraden  genutheten  Stege  des  Stereotypcy  linders  einen  mit 
der  gesetzten  Zeile  ausgestatteten  Setzkasten  einzuschieben. 

Dieses  Verfahren  soll  nach  Printer  s  Register  in  der  Druckerei  der 
Midland  Press  in  Wolverhampton  in  Anwendung  sein,  und  ist  der  ge- 
nannte Setzkasten  ein  kleines  flaches  Kästchen,  dessen  dünner  Boden 
der  Rundung  des  Schriftcylinders  angepafst  und  genau  so  stark  ist,  dafs 
das  Bild  der  eingefügten  Schrift  mit  dem  Bilde  der  Schrift  der  Stereotyp- 
platte in  ein  und  dieselbe  cylindrische  Ebene  fällt.  Da  die  Dicke  der 
gekrümmten  Stereotypplatten  nur  9  bis  12'»'"  beträgt,  also  etwa  halb 
so  viel  als  die  Schrifthöhe,  so  müssen  die  zu  solchem  Satze  bestimmten 
Lettern  vorher  durch  Abhobeln  auf  entsprechende  Höhe  gebracht  werden. 
Es  ist  indefs  nicht  immer  zu  erreichen,  dafs  die  Bildflächen  der  Lettern 
genau  in  die  Druckfläche  des  Stereotypcylinders  fallen,  so  dafs  deren 
Druck  nicht  immer  regelmäfsig  wird,  wenn  er  auch  deutlich  und  gut 
lesbar  bleibt. 

Bei  den  lediglich  von  Typen  gedruckten  Zeitungen  hat  es  sich  als 
zu  umständlich  erwiesen,  späte  Nachrichten  dadurch  einzufügen,  dafs 
man  eine  ganze  Columne  vom  Cylinder  abnimmt,  in  den  Setzersaal 
bringt,  daselbst  aus  einander  nimmt,  von  Neuem  wieder  setzt  und  dann 
auf  die  Maschine  schraubt.  Dieses  Verfahren  verlangt  meist  mehr  Zeit 
als  wenn  man  nur  eine  Stereotypplatte  auszuwechseln  hätte. 

Man  ist  daher  in  neuerer  Zeit  dazu  übergegangen,  noch  einen  be- 
sonderen kleinen  Nebenformencylinder  in  der  Maschine  anzuordnen,  der, 
gewünschten  Falles  mit  einem  besonderen  Farbwerke  ausgestattet,  er- 
möglicht, die  „Letzten  Nachrichten"  in  anderer  Farbe,  z.  B.  in  Roth, 
einzudrucken,  wie  das  von  Alauzet  in  Paris  bewirkt  wird.  Dieses  Ver- 
fahren, zu  Reclamezwecken  einzelne  Theile  oder  Annoncen  der  Zeitung 
farbig  zu  drucken,  scheint  überhaupt  neuerdings  in  Frankreich  eine 
ausgedehntere  Anwendung  zu  finden,   und  wird  theilweise  auch  der  in 


Neuerungen  an  Rotationsdruckpressen.  351 

einer  zweiten  Farbe  druckende  Theil  der  Schriftform  oder  der  Stereotyp- 
platte in  dieser  beweglich  angeordnet,  derart,  dafs  er  mittels  Curven- 
scheiben,  Hebel  u.  s.  w.  über  die  übrige  Druckformfläche  herausgehoben 
und  besonders  eingefärbt  wird,  worauf  er  in  die  Druckform  wieder 
zurücktritt  und  nun  mit  der  ganzen  Form  wie  sonst  gedruckt  wird. 

Die  weiter  oben  genannte  Neuerung  von  J.  H.  Buccton^  D.  ßrailh- 
waite  und  M.  Smith  in  Manchester  betrifft  nun  ebenfalls  die  Anordnung 
eines  solchen  Nebenformencylinders  zum  Eindrucken  der  „Letzten  Nach- 
richten" (*D.  R.  P.  Nr.  45850  vom  S.März  1888),  und  ist  dessen  An- 
ordnung, sowie  Befestigung  und  Anordnung  seiner  Typen  in  Fig.  9  bis  13 
zur  Darstellung  gebracht.  Dieser  Nebenformcyliuder  ß  ergänzt  die  auf 
dem  Hauptcylinder  A  nicht  ausgefüllten  Theile  des  Letternsatzes  bezieh, 
der  Zeitungsspalten  und  ist  in  der  Rotationspresse,  wie  Fig.  9  und  10 
zeigen,  angeordnet.  C  bezeichnet  darin  den  Cylinder,  über  den  sich  das 
Papier  bewegt;  E  sind  die  Färb  walzen  für  den  Nebenformen-  und  für 
den  Hauptformencylinder  A.  Das  Farbwerk  kann  natürlich  auch  ge- 
trennt werden,  so  dafs  der  Nebenformcylinder  ein  eigenes  Farbwerk, 
eventuell  in  einer  zweiten  Farbe,  erhält.  Der  Cylinder  ß  wird  mittels 
eines  Excenters  T  an  den  Papiercylinder  C  entsprechend  angeprefst  und 
mittels  der  Theile  UI  in  der  Druckstellung  festgestellt.  Zur  Aufnahme 
der  Typenkästen  besitzt  der  Nebenformcylinder  am  Umfange  parallel 
der  Achse  verlaufende  schwalbenschwanzförmige  Ausschnitte,  in  welche 
die  Kästen  mit  entsprechenden  Ansätzen  K  eingeschoben  werden. 

Die  Einrichtung  dieser  Typenkästen  zeigen  Fig.  11  und  12.  Der 
Kasten  ist  segmentförmig  gestaltet  und  besteht  aus  dem  Segmentringe  F 
mit  Schwalbenschwanzkörper  fi,  aus  den  bei  M  ausgeschnittenen  Seiten- 
wänden F  und  aus  den  schmalen  Stirnwänden  R  Äj ,  von  denen  die 
letztere  drehbar  angeordnet  ist  und  von  der  mit  Hakennase  n  versehenen 
Feder  P  geschlossen  gehalten  wird.  Der  Kasten  ist  ferner  mit  einer 
Ausbuchtung  versehen,  zur  Aufnahme  der  Feder  P  des  auf  dem  Cy- 
linder B  ihm  benachbarten  Typenkastens,  so  dafs  die  einzelneu  Typen- 
segmente auf  dem  Nebenformencylinder  eine  fortlaufend  sich  an  einander 
schliefsende  Druckfläche  bilden  können.  Die  einzelnen  Typen  sind 
natürlich  keilförmig  gestaltet  und  werden  durch  eingelegte  gekerbte 
Regletten  H^  deren  Gestalt  aus  Fig.  13  ersichtlich  ist,  in  Linien  gehalten. 
Die  Regletten  H  greifen  mit  ihren  Ansätzen  S  in  die  seitlichen  Nuthen  M 
der  Wände  F  und  sichern  im  Vereine  mit  den  Ausfüllstücken  iV  die 
Lage  der  Typen  im  Segmentkasten.  Die  Anordnung  macht  natürlich 
ein  sorgsames  Schliefsen  des  Satzes  nöthig,  wenn  das  bei  der  schnellen 
Umdrehung  stets  drohende  Herausfallen  von  Satztheilen  verhütet  werden 
soll.  Die  Befestigung  der  Typensegmentkästen  auf  dem  Nebenformen- 
cylinder erfolgt  einerseits  mittels  der  Schwalbenschwänze  Ä",  anderer- 
seits mittels  einer  ebenfalls  mit  schwalbenschwanzförmigen  Ausschnitten 
versehenen,    am   Cylinder  ß   drehbaren   Ringplatte.     Sind   durch  diese 


352 


Neville's  Hobelmaschine. 


die  Kästen    eingeschoben,    so   wird   diese  Ringdeckplatte  entsprechend 
verdreht  und  mittels  eines  Federstiftes  in  ihrer  Lage  gesichert.  En. 


J.  G.  Neville's  Hobelmaschine. 

Mit  Abbildung. 

Diese  eigenartig  zusammengestellte  Hobelmaschine  weist  bemerkens- 
werthe  Eigenthümlichkeiten  auf,  durch  welche  eine  Fertigstellung  schwerer 
Gufsstücke  mit  möglichst  wenig  Umspannungeu  angestrebt  wird.  Zu 
diesem  Behufe  ist  die  nach  Industries  vom  21.  September  1888  *  S.  280  in 
der  Textfigur  dargestellte  und  von  Julius  G.  Neville  in  Liverpool  gebaute 
Maschine  mit  zwei  Hobelsupporten  ausgerüstet,  von  welchen  der  eine  zum 


Querhobeln  mit  selbständigem  Antriebe  eingerichtet  ist.  Die  im  Quer- 
balken gelagerte  starke  Schraubenspindel  trägt  an  ihrer  Verlängerung  die 
Antriebsriemenscheiben  in  bekannter  Anordnung  für  zwei  Riemen,  während 
die  Ausrückstange  über  den  Querbalken  der  Hobelmaschine  gelegt  ist. 
Durch  diese  wird  nicht  nur  die  Schnittbewegung  des  Supports  geregelt, 
sondern  auch  der  Hobeltisch  nach  jedem  Querhube  mittels  des  fein- 
zähnigen  Schneckenrades  um  die  Spandicke  vorgerückt. 

Die  Tischbewegung  für  das  Langhobeln  ist  mittels  eines  schweren 
Schneckentriebwerkes  und  Zahnstangengetriebe  mit  raschem  Rücklaufe 
durchgeführt.  Auf  dieser  Schneckenwelle  sitzt  das  früher  erwähnte 
Schneckenrad  für  die  Steuerung  des  Hobeltisches,  deren  Schnecke  beim 
Langhobeln  ausgehoben  wird.  Zum  Seitenhobeln  ist  ein  besonderer 
Ständer  an  das  Bett  angeordnet,  dessen  Supportschlitten  selbsthätige 
Höhenverstellung  von  den  Umsteuerungstheilen  des  Hobeltisches  erhält. 

Aufser  diesen  zum  Hobeln  bestimmten  Theilen  ist  auf  dem  Quer- 
balken noch  ein  vom  Hobelwerke  unabhängiges  Bohrwerk  angebracht 


Heineiiiann's  Hobelmaschinen  für  das  Kleingewerbe. 


353 


mit  welchem  406™'i^   tiefe   Löcher  gebohrt    werden   können.     Die   Ab- 
messungen dieser  28^,5  schweren  Maschine  sind : 

Tischlänge  6096^"™,  innere  Ständerentfernung  1830™%  Verschiebung 
des  seitlichen  Einzel. Ständers  längs  des  Bettes  3048°^™,  Höhenverstellung 
des  Stichelkastens  1830™%  Theilung  des  Autriebschneckenrades  63™™,5. 

Pr. 


Heinemann's  Hobelmaschinen  für  das  Kleingewerbe. 


Mit  Abbildungen. 


Von  Gebr.  Heinemann  in  St.  Georgen,  Schweiz,  war  in  München 
1888  eine  kleine  Hobelmaschine  mit  freier  Arbeitsseite  (vgl.  Detrick 
und  Harvey.,  1888  267*161)  ausgestellt,  die  für  Handbetrieb  eingerichtet 
ist,  und  sich  recht  gut  für  das  Kleingewerbe  eignet. 


Fia.  1. 


Fis.  2. 


Nach    Uhland's   Technische  Runduiiau,   1889  Bd.  3  Nr.  29*8.  190, 
beträgt  die   Hobellänge   derselben  350™™,   die   Tischbreite  225™™,   die 

Oingler-s  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  8.  1889 III.  23 


354 


Brownell's  Rollendrucklager  für  Bohrspindeln. 


durch  die  freie  Arbeitsseite  ermöglichte  Hobelbreite  aber  bis  350°"% 
die  Werkstückhühe    120'n«i.     Das  Gewicht  der  Maschine  erreicht  215''. 

Wie  aus  dem  beigegebenen  Schaubilde  (Fig.  1)  zu  ersehen  ist, 
überragt  der  Arm  mit  der  Supportführung  den  Hobeltisch,  an  welchem 
seitlich  eine  kleine  Schraubstockeinrichtung  angeschraubt  wird.  Um 
den  Stofs  beim  Schnittbeginu  zu  mildern,  welcher  durch  die  lebendige 
Kraft  des  gleichmäfsig  kreisenden  Schwungrades  bedingt  wäre,  ist  eine 
federnde  Ausrückkuppelung  von  M.  Haas  (D.  R.  P.  Nr.  39771)  im  Trieb- 
werk eingeschaltet  (vgl.  1889  273*254).  Mit  Vortheil  werden  an  solchen 
kleinen  Hobelmaschinen  noch  Fräsevorrichtungeu  angeordnet,  wodurch 
für  das  Kleingewerbe  aufserordentlich  nützliche  Hilfsmaschinen  ent- 
stehen. 

Eine  solche  Hobelmaschine  mit  Fräsewerk  ist  im  Schaubilde,  Fig.  2, 
dargestellt,  welche  ebenfalls  von  Gebr.  Heinemann  herrührt.  Dieselbe 
ist  für  Fufsbetrieb  eingerichtet  und  mit  Haas  federnder  Kuppelung 
versehen.  Das  Fräsewerk  wird  an  den  Hobelsupport  aufgeschoben  und 
mittels  Schnurtrieb  mit  zweierlei  Geschwindigkeit  bethätigt.  Hierbei 
wird  der  Tisch  in  der  Längsrichtung  mittels  einer  Schraubenspindel 
durch  Handkurbel  A  geschaltet,  wähi'end  die  Querschaltung  des  Fräsers 
durch  die  Spindel  B  im  Querstück  vermittelt  wird.  Die  Abmessungen 
dieser  Maschine  sind  550mm^  330  und  220  Hobellänge,  Breite  und  Höhe, 
deren  Gewicht  350"^. 


G.  L.  BrowneU's  Rollendrucklager  für  Bohrspindeln. 

Mit  Abbildung. 

Um  die  Ringflächeni'eibuug  an  der 
Berührungsstelle  zwischen  Bohrspindel  und 
Druckspindel  zu  vermindern,  wird  nach 
American  Machinist  ^  1888  Bd.  11  Nr.  42 
S.  1,  in  den  Bohrmaschinen  von  Currier 
und  Synder  (vgl.  1888  268*20)  das  Rollen- 
lager von  Brownell  in  Worcester,  Mass., 
Amerika,  eingeschaltet. 

Die  Eigenthümlichkeit  desselben  be- 
steht in  einem  freien  dreieckförmigen  Rah- 
men, an  dessen  Zapfen  drei  Kegelrollen 
frei  umlaufen.  Die  Richtungen  der  kegel- 
erzeugenden schneiden  sich  in  der  Bohr- 
spindelachse, liegen  an  einer  schrägen 
Ringplatte  eines  den  Rolleukörper  öldicht 
umschliefsenden  Gehäuses  auf,  welches  mit 
der   Bohrspindel    kreist   und   werden   von 


Kammen'orwänner  und  Kühlei*  „Sj'stem  Klein". 


355 


einem  gleichfalls  kegelförmigen  Stahlring  überdeckt,  der  an  der  hohlen 
Druckspindel  sitzt. 

Hierdurch  wird  die  gleitende  Ringflächen-  oder  Bundreibung  in 
eine  rollende  umgewandelt,  wobei  natürlich  ein  Walzprozefs  sich  ab- 
spielt, dessen  Wirkungen  nur  durch  die  hohe  Härte  der  reibenden 
Flächen  erst  nach  längerer  Betriebsdauer  ersichtlich  wird,  und  die  in 
einer  Verdichtung  des  Rollenmaterials  bezieh,  einer  wellenförmigen 
Streckung  der  Druckringe  bestehen.  Die  Dreirollenunterstützung  hat 
aber  den  Vorzug  einer  gleichmäfsigeren  Druckübertragung  gegenüber 
vier  oder  mehreren  Rollen,  da  in  Folge  des  vorhandenen  Spielraumes 
die  Einstellung  des  Zapfenrahmens  selbsthätig  vor  sich  geht,  weil  die 
radial  nach  aufsen  wirkenden  drei  Druckcomponenten  sich  das  Gleich- 
gewicht halten  müssen,  was  bei  vier  Rollen  nicht  der  Fall  zu  sein 
braucht,  indem  hierzu  schon  zwei  Rollenkräfte  genügen,  so  dafs  zwei 
gegenüberliegende  Rollen  gänzlich  unbelastet  sein  können,  während 
zwei  davon  den  ganzen  achsialen  Druck  zu  übertragen  haben. 

Die  hohe  Umlaufszahl  der  auf  schwachen  Zäpfchen  laufenden 
Rollen  dürfte  störend  sein  und  den  praktischen  Werth  dieser  zweifellos 
kraftsparenden  Einrichtung  sehr  in  Frage  stellen.  Die  Rollenzäpfchen 
sind  aber  unumgänglich  erforderlich,  um  den  Abstand  der  Druckrollen 
zu  sichern,  dadurch  wird  eine  langsame  Relativverdrehung  des  Dreieck- 
rahmens hervorgerufen,  welche  bei  der  geringsten  Verbiegung  der  Zäpf- 
chen eine  nicht  unbeträchtliche  Zapfenreibung  bedingt.  Pr. 


Kammervorwärmer  und  Kühler  „System  Klein". 

Mit  Abbildungen. 
Es  ist  allgemein    bekannt,   dafs  sich  Rippenheizkörper  vorzüglich 
zum  Ueberführen  von  Wärme  aus  Dampf  in  Luft  oder   Wasser  eignen. 

Kig.  1. 


356 


Kamiuervorwärmer  und  Kühler  „System  Klein" 


Wenn  man  die  Heizkörper  als  flache  hohle  Kasten  ausführt  und  auf 
die  Ränder  derselben  Leisten  giefst,  so  kann  man  diese  Kasten  zu 
einemygrofsen  Körper  zusammensetzen  und  man  erhält  dabei  zweierlei 
Kammern. 

Die  eine  Serie  der  Kammern  ist  ringsum  zugegossen.  Dieselben 
werden  mit  Dampf  gefüllt.  Die  übrigen  Kammern  entstehen  durch  die 
Nebeneinanderreihung  der  hohlen  Kasten,  die  mit  Wasser  gefüllt  werden. 
Die  unter  sich  gleichen  flachen  Kasten  werden  zu  einem  lang  gestreckten 
Apparate  zusammengebaut,  die  Wärmeüberführung  von  Dam])f  in 
Wasser  ist  hierbei  eine  aufserordentlich  grofse.  Auf  l'i"'  Heizfläche 
bezieh.  Kühlfläche  wird  70^  Dampf  in  der  Stunde  coudensirt,  wobei 
die  Rippen  an  den  Wänden  noch  als  Kühlfläche  gerechnet  sind. 

Die  Hohlkörper  sind  wie  eine  Filterpresse  zusammengesetzt  und 
können  daher  leicht  oeveinigt  werden.    Man  kann  auch  zwei  Apparate 


Fi2.  2 


Flg.  3. 


*-Wasseraasfflff 


über  einander  setzen,  um  Raum  zu 
ersparen,  wie  Fig.  2  zeigt.  Des- 
gleichen kann  man  die  Platten  auch 
auf  einander  legen,  wie  Fig.  3  dar- 
stellt. 

Diese  Apparate  dienen  zum  An- 
wärmen  von  Kesaehpeiaeivasser^  Zucker- 
säften u.  s.  w.,  zum  Kühlen  von  Spiritus^  Schlampe^  Anilinöi  u.  dgl. 

Vielfache  Verwendung  finden  diese  Apparate  bei  der  Speiseuasser- 
reinigung  nach  System  Spengler.  Bei  dieser  Art  der  Reinigung  wird 
das  mit  Chemikalien  versetzte  Wasser  erhitzt  und  dann  in  einer  Filter- 
presse filtrirt.  Zum  Erhitzen  des  Wassers  nahm  man  früher  Rnhren- 
vorwärmer.  Dieselben  waren  aber  sehr  theuer,  nahmen  viel  Platz  in 
Anspruch  und  konnten  nur  schwer  gereinigt  werden.  Zu  dem  vor- 
genannten Zwecke  wird  das  Gestell  der  eigentlichen  Filterpresse  länger 


Kammervorwärmer  und  Kühler  „System  Kl  ^lu 


357 


gemacht  und  werden  die  Heizplatten  an  die  hohle  Kopfwand  vor  die 
Filterplatten  gesetzt.  (Man  kann  auch  den  Vorwärmer  über  die  eigent- 
liche Filterpresse,  ähnlich  Fig.  2  setzen.)  Die  Wärmeplatten  haben  die 
gleiche  Gröfse  wie  die  Filterplatten,  nur  sind  dieselben  etwas  dicker. 
Dieselben  werden  mit  der  gleichen  Spindel  der  Filterpresse  zugespannt 
(Fig.  4). 

Eine  solche  Presse  mufs  alle  8  Tage  gereinigt  werden,  dabei  kann 
man  die  Wärmplatten  ruhig  sitzen  lassen.    Erst  bei  dem  sechstmaligeu 

Fie.  4. 


VttSSER-AUSTfilir 


^.nLTERKSMMCRf.l.--MHE'2Ka*MERN....»; 


Oeffnen  der  Presse  werden  auch  die  Wärmplatten  aus  einander  ge- 
schoben und  gereinigt. 

Die  meiste  Verwendung  werden  die  beschriebenen  Apparate  in 
Zukunft  als  Oberßächencondensatoren  finden. 

Wenn  man  dieselben  grofs  genug  macht  und  entsprechend  Wasser 
hindurch  laufen  läfst,  so  wird  aller  Dampf  condensirt.  Es  erübrigt 
dann  nur  noch,  eine  Luftpumpe  an  den  Apparat  zu  setzen  und  der 
Oberßächencondensator  ist  fertig. 

Ein  solcher  Apparat  wird  nach  dem  Gegenstromprinzip  ausgeführt, 
d.  h.  das  Wasser  tritt  an  der  Stelle  in  den  Apparat  ein,  wo  die  Luft 
und  das  Condensat  abgesogen  werden  und  es  tritt  da  aus,  wo  der 
frische  Dampf  einströmt.  Die  Folge  davon  ist,  dafs  das  Condensat  und 
die  Luft  den  Apparat  mit  einer  niederen  Temperatur  verlassen  als  der 
des  abgehenden  Kühlwassers  oder  mit  anderen  Worten,  das  Vacuum 
wird  höher  als  es  der  Temperatur  des  abgehenden  Kühlwassers  ent- 
sprechen würde. 

Das  abgehende  Kühlwasser  verläfst  den  Apparat  mit  einer  Tem- 
peratur von  etwa  65^  C.  Man  braucht  auf  1'  Condensat  9^  Kühlwasser. 
Bei  gewöhnlichen  Einsprilzcondensatoren  braucht  man  dagegen  das  20- 
bis  25  fache.  Das  Kühlwasser  wird  nicht  von  Fett  verunreinigt  und 
kann  defswegen  für  gewerbliche  Zwecke  als  Kesselspeisewasser  sehr 
vortheilhaft  verwendet  werden. 

Der  Oberflächencondensator  kann  auch  an  einem  Vacuumapparat 
angewendet  werden  (Fig.  5).  Derselbe  braucht  weniger  Wasser  als 
ein   Einspritzcondensator   und   darf  das   Kühlwasser    unrein    sein.     Bei 


358 


Karamervorwärmer  uml  Kühler  „System  Klein". 


Fi?.  5. 


QberFlächen  Condensator 


1      rr ijL^ 

3lllilllllllllillllllHillllllllllllllllllllillllllllllillli 


sehr  grofsen  Anlagen  werden  auch  mehrere  Condensatoren  neben  ein- 
ander gestellt  und  mit  einander  durch  Röhren  mit  Absperrventilen 
verbunden. 

Man   kann  dann   nach  Belieben  ein   oder  das  andere  System  aus- 
schalten (Fig.  6). 


LiifKOSl. 


lll'|&3<—     . 


Hie  und  da  stellt  man  auch  2  Condensatoren   hinter  einander  auf, 
wenn   man  als  Kühlwasser  aufser  reinem  Wasser  noch  Abwasser  ver- 


l^asseraustrltt. 


Fig.  7. 
iVasserubertntf  r...    OßmpfeinMtt.  Misseraustritt 

ihn 


ipfeintrilt 


Kammervorwärmei"  und  Kühler  „Sjstem  Klein". 


359 


wenden  will.  Es  liefert  dann  der  eine  Condensator  für  sich  reines,  sehr 
heifses  Wasser,  welches  zum  Kesselspeisen  u.  s.  w.  verwendet  wird, 
während  von  dem  zweiten  Condensator  das  weniger  warme,  unreine 
Abwasser  unbenutzt  fortläuft. 


Fig.  8, 


Die  Reinigung  des  Apparates  geht  sehr  leicht  von  statten,  während 
die  älteren  Oberflächencondensatoren  mit  Röhren  hier  zu  viel  Zeit  er- 
fordern. Man  kann  sich  auch  einen  Satz  Reserverahmen  (Fig.  7)  halten 
und  beansprucht  deren  Einwechselung  behufs  Reinigung  der  ersten 
Rahmen    keine    nen- 


nenswerthe  Zeit. 

Um  zu  verhüten, 
dafs  jemals  Luft  in  den 
zellenartigen  Apparat 
in  den  Stofsfugen  ein- 
treten könnte,  wird 
der  ganze  Apparat  in 
ein  Wasserbad  gesetzt 
(Fig.  8).  Sollte  an 
der  Verdichtung  je- 
mals eine  schadhafte 
Stelle  entstehen,  st^ 
würde  nur  Wasser  in 
den  Dampfraum  rin- 
nen, das  durch  die 
Brüdenpumpe  weg- 
genommen würde  und 
nicht  schaden  könnte. 

Ein  solcher  Oher- 
ßächencondensator^ 
der  sehr  gut  functio- 
nirt,  ist  vor  Kurzem  für  den  Norddeutschen  Lloyd  in  Bremen  aufgestellt. 


,^,'>:| 
J>^ 


360  Bernstein's  Glühlampenanordnung. 

In  Fällen,  in  denen  man  auch  diesem  geringeren  Wasserbedarf 
nicht  genügen  kann,  mufs  man  einen  Verdunstapparat  zu  Hilfe  nehmen. 
Nach  Vereinbarung  mit  Herrn  Professor  Linde  in  Wiesbaden  darf  die 
Maschinen-  und  Armaturfabrik^  vorm.  Kiein^  Schanzlin  und  Becker^  dessen 
bewährtes  Patent  auf  Verdunstanlagen  zum  Kühlen  anwenden  (Fig.  9). 
(Das  Patent  Linde  stimmt  zwar  in  dem  Prinzip  mit  dem  Patent  Theisen 
überein,  doch  ist  das  Erstere  2  Jahre  älter  als  das  Letztere.)  Das  zu 
kühlende  Wasser  wii*d  in  Tröge  gebracht,  in  denen  Seheiben  rotiren, 
an  welchen  Luft  vorbei  geblasen  wird.  Das  Wasser  geht  von  einem 
Trog  zum  anderen,  wird  immer  kühler  und  das  kälteste  Wasser  wird 
alsdann  nach  dem  Condensator  gedrückt  (1888  267  *  585), 

Es  findet  auch  hier  Gegenstrom  statt,  wobei  nur  kaltes  Wasser  an 
den  letzten  Dampfproducten  des  Condensators  vorbeigeht  und  das  Va- 
cuum  erhöht  wird. 


A.  Bernstein's  Glühlampenanordnung. 

Mit  Abbildungen. 

Die  Hintereinanderschaltung  oder  Reihenschaltung  der  elektrischen 
Glühlampen  ist  zuerst  von  Alexander  Bernstein  in  London  zur  Durch- 
führung gebracht  worden;  bei  ihr  arbeitet  die  Anlage  mit  constantem 
Strom,  bei  der  Nebeneinanderschaltung  oder  Parallelschaltung  der 
Lampen  dagegen  mit  constanter  Spannung.  Bei  der  Reihenschaltung 
sind  die  Kraftverluste  geringer,  die  Leitungen  in  den  Häusern  billiger 
und  die  Anwendung  dickerer  Kohlenstäbe  wirkt  auf  das  Auge  an- 
genehmer, als  die  bei  der  Parallelschaltung  benutzten  dünnen  Fäden 
(vgl.  1888  269  167).  Bei  der  Reihenschaltung  sind  keine  Schmelzdrähte 
nöthig,  aber  die  vorhandene  höhere  Spannung  macht  eine  bessere  Iso- 
lation erforderlich. 

Zur  Erzeugung  eines  eonstanten  Stromes  (von  10  Ampere)  bedient 
man  sich  am  besten  einer  gut  construirten  Dynamo  mit  (rramme'schem 
Commutator,  welche  unmittelbar  von  einer  Dampfmaschine  getrieben 
wird.  Beseitigt  man  an  dieser  Dampfmaschine  den  Centrifugalregulator, 
so  regulirt  sich  die  Geschwindigkeit  der  Maschine  von  selbst,  je  nach 
der  Anzahl  der  Lampen  im  Stromkreis,  d.  h.  wenn  diese  Anzahl  grofs 
ist,  dann  läuft  die  Dampfmaschine  rasch,  wird  die  Anzahl  der  Lampen 
verringert,  so  verringert  sich  auch  von  selbst  die  Umdrehungszahl  der 
Dampfmaschine.  In  vielen  Fällen  ist  diese  Regulirung  genügend,  wenn 
jedoch  die  Anzahl  der  auszuschaltenden  Lampen  sehr  grofs  ist,  so  mufs 
die  Dampfmaschine  mit  einem  elektrischen  Regulator  versehen  sein; 
alsdann  ist  die  Regulirung  vollkommen. 

Diese  Einrichtung  bietet  folgende  Vortheile:  1)  die  Dampfmaschine 
arbeitet  bei  grofser  Belastung  ebenso  wie  bei  kleiner  mit  dem  höchsten 
unveränderlichen  Grade  der  Expansion,  daher  mit  der  gröfsten  erreich- 


Bernsteins  Glühlampenanoidnung. 


361 


baren  Oekonomie^  2)  die  Abnutzung  der  Maschine  ist  wesentlich  ver- 
ringert, indem  die  Maschine  bei  geringer  Last  eine  verhältnifsmäfsig 
geringe  Tourenzahl  macht;  3)  die  Bürsten  am  Commutator  der  Dynamo- 
maschine können  immer  in  der  normalen  funkenlosen  Lage  verbleiben, 
da  sowohl  der  Strom  in  den  Feldmagneten  wie  im  Anker  constant  bleibt. 

In  der  neuesten  Form  seiner  Glühlampe  (vgl.  1886  261  *  24.  1888 
269 "  168)  hat  Bernstein  in  wesentlich  einfacherer  Weise  als  früher 
(vgl.  1887  264  190  und  1888  269 '"'  167.  1887  264 ''  609)  die  Unter- 
brechung der  Leitung  innerhalb  der  Lampe  beim  Brechen  des  Kohlen- 
stabes  und   beim  Herausheben   der  Lampe   aus   ihrem  Halter  verhütet. 

Der  leuchtende  Körper  hat  (vgl.  Zeitschrift  für  Elektrotechnik^  1889 
*  S.  233)  jetzt  die  Form  eines  geraden  Kohlenstabes  o,  welcher  an  den 
Enden  der  Zuleitungsdrähte  b  und  6,   befestigt   ist.     Diese  Drähte  sind 

Fig.  1  Flg.  2. 


so  gebogen,  dafs  sie  sich  an  der  etwas  verstärkten  Stelle  c  fast  be- 
rühren, d  und  d^^  sind  zwei  Hülsen  aus  isolirendem  Material,  welche 
die  Zuleitungsdrähte  umgeben;  diese  Hülsen  werden  durch  eine  Spiral- 
feder e  aneinander  gedrückt,  doch  kann  diese  Spiralfeder  auch  weg- 
bleiben, wenn  man  einen  der  Drähte  b  und  6j   federnd  macht. 

So  lange  nun  die  Kohle  o  unverletzt  ist,  verhindert  diese  selbst 
ein  Berühren  der  Drähte  bei  c;  entsteht  jedoch  ein  Fehler  in  der  Kohle, 
so  dafs  der  Strom  an  dieser  Stelle  eine  Verzehrung  der  Kohle  bewirkt, 
so  drückt  die  Feder  e  die  Zuleitungsdrähte  langsam  zusammen,  bis  an 
der  Stelle  c  der  Kurzschlufs  in  der  Lampe  hei'gestellt  wird.  Dabei  ist 
aufserdem  die  Bildung  eines  Lichtbogens  in  der  Lampe,  mit  den  dadurch 
entstehenden  Nachtheilen,  vollständig  vermieden. 


362  Bernsteins  Glühlampenauordaung. 

Diese  Lampen  werden  meist  von  16  bis  50  Kerzen  hergestellt. 
Eine  gröfsere  Kerzenstärke,  z.  B.  zur  Beleuchtung  von  Plätzen,  beschafft 
man  durch  Gruppirung  mehrerer  solcher  Lampen  in  einer  Laterne. 
Es  ist  dies  besser  als  die  Anwendung  einzelner  Lampen  von  sehr  hoher 
Kerzenstärke,  da  letztere  Lampen  meist  keine  sehr  lange  Lebensdauer 
haben  und  aufserdem  das  Versagen  einer  Lampe  das  Erlöschen  der 
Laterne  zur  Folge  hat.  Der  Ersatz  von  kleinen  Bogenlampen  durch 
derartige  Glühlampen  ist  von  grofsem  Vortheil^  die  jetzt  in  Deutschland 
beliebte  parallele  Anordnung  kleiner  Bogenlampen  ist  ganz  unvortheil- 
haft,  weil  ein  sehr  grofser  Betrag  der  Leistung  der  Dynamomaschine 
in  den  Ausgleichungs- Widerständen  nutzlos  verschwindet  und  überdies 
die  Beleuchtungswirkung  dieser  kleinen  Bogenlampen  nur  ein  sehr 
geringer  ist. 

Bei  diesen  Lampen  für  Reihenschaltung  wird  eine  Unterbrechung 
des  Sti'omes  beim  Herausnehmen  einer  Lampe  aus  dem  Halter  dadurch 
verhindert,  dafs  eine  Entfernung  der  Lampe  nur  dann  möglich  ist, 
wenn  vorher  ein  Kurzschlufs  im  Halter  selbst  hergestellt  ist;  ferner 
kann  dieser  Kurzschlufs  auch  nur  dann  aufgehoben  werden,  wenn  sich 
eine  Lampe  in  dem  Halter  befindet. 

Der  Halter  ist  in  Fig.  2  dargestellt.  Eine  Platte  aus  isolirendem 
Material  h  trägt  zwei  Metallhülsen  i  und  tj ,  in  welche  die  quadi*a- 
tischen  Stifte  g  und  g^  (Fig.  1)  der  Lampenkappe  n  hineinpassen.  Um 
einen  guten  Contact  zwischen  den  Stiften  und  den  Metallhülsen  zu  er- 
zielen, sind  die  vordem  Wände  der  letzteren  durch  zwei  Blattfedern  A- 
und  k^  ersetzt.  Die  Zuleitungsdrähte  werden  durch  Schrauben  an  den 
Metallhülsen  befestigt.  Das  S-förmige  Stück  m,  welches  von  aufsen 
durch  einen  Griff  gedreht  werden  kann,  hat  im  Halter  einen  Kurzschlufs 
herzustellen,  indem  es  sich  in  wagerechter  Lage  an  die  beiden  auf  den 
Innenseiten  der  Metallhülsen  i  und  ij  angebrachten  Blattfedern  anlegt; 
die  an  i  befindliche  ist  unten  etwas  umgebogen,  an  der  Blattfeder  Äj 
aber  ist  unten  ein  Stift  angebracht,  welcher  nach  der  Herstellung  des 
Kurzschlusses  und  dem  Herausziehen  der  Stifte  g  und  j,  aus  i  und  i, 
eine  Drehung  des  Stückes  m  verhindert;  es  kann  daher  dann  ein 
Oeffnen  des  Stromkreises  nicht  stattfinden. 

Wird  jedoch  die  Lampe  in  den  Halter  eingesetzt,  so  heben  g  und  ^i 
die  Blattfedern  k  und  Äi,  der  an  letzterer  befindliche  Stift  kommt  jetzt 
aufserhalb  des  Bereiches  von  m,  und  m  kann  in  die  Stellung  Fig.  2 
gedreht  werden.  Während  dieser  Stellung  geht  der  Strom  durch  die 
Lampe.  Jetzt  aber  kann  die  Lampe  aus  dem  Halter  nicht  entfernf 
werden,  weil  das  S-förmige  Stück  m  über  den  Kopf  des  Stiftes  f 
(Fig.  1)  an  der  Lampenkappe  n  hinüber  greift.  Dagegen  kann  nach 
Belieben  der  Strom  an-  und  abgedreht  werden.  Will  man  die  Lampe 
entfernen,  so  mufs  zuerst  das  Stück  m  wieder  in  die  wagerechte  Lage 
gedreht  werden,  d.  h.  Kurzschlufs  im  Halter  hergestellt  sein. 


Mix  und  Genest's  neuere  Telephon-Einrichtungen.  363 

Sollen  ganze  Gruppen  von  Lampen  zugleich  ausgeschaltet  werden, 
so  verwendet  man  einen  gewöhnlichen  Umschalter  zur  Herstellung  des 
Kurzschlusses  in  der  Leitung. 

Es  empfiehlt  sich,  an  der  Dynamomaschine  ein  Amperemeter  ein- 
zuschalten. 

Für  die  Strafsenbeleuchtung  bietet  diese  Einrichtung  gegenüber 
der  Anwendung  von  Bogenlampen  noch  den  grofsen  Vortheil,  dafs  man 
von  der  Centralstelle  aus  nach  Belieben  die  gesammte  Beleuchtung  zu 
solchen  Zeiten  verringern  kann,  in  denen  eine  helle  Beleuchtung  der 
Strafsen  nicht  erforderlich  ist,  was  bei  Anwendung  von  Bogenlampen 
nicht  möglich  ist.     Hierdurch  wird  erheblich  an  Kosten  erspart. 


Neuere  Telephon-Einrichtungen  von  Mix  und  Genest. 

Mit  Abbildungen. 

In  den  letzten  Jahren  haben  sich  in  Deutschland  in  den  telepho- 
nischen Sprecheinrichtungen  manchei'lei  Aenderungen  vollzogen^  es  sind 
namentlich  handlichere  und  weniger  Raum  einnehmende,  dabei  aber 
eher  leistungsfähigere  Apparate  eingeführt  worden.  Auch  in  den  im 
Betrieb  der  Deutschen  Reichs-Telegraphenverwaltung  stehenden  städ- 
tischen Telephonanlagen  macht  sich  dies  merkbar.  Die  vor  einigen 
Jahren  ausschliefslich  benutzten,  grofsen  und  schweren  Telephone  sind 
verdrängt  worden;  das  zum  Sprechen  benutzte  durch  Mikrophone,  das 
zum  Hören  benutzte  aber  durch  ein  Paar  leichtere  und  Fig.  i. 
bequemere  Telephone,  die  nach  ihrer  Gestalt  allgemein 
als  Lö/fel-Telephone  —  reichsamtlich  als  „Fernhörer"  —  be- 
zeichnet werden. 

Ein  solches  Löffel-Telephon,  wie  es  von  Mix  und  Genest 
in  Berlin  ausgeführt  wird,  zeigt  Fig.  1 ;  dasselbe  wird  zweck- 
mäfsig  an  dem  am  eigentlichen  Telephon  befindlichen  Haken 
aufgehängt  und  die  Leitungsschnur  tritt  unten  am  Bug  des 
Hufeisenmagnetes  heraus.  ^  Die  Löffel-Telephone  werden 
links  und  rechts  an  dem  Kasten  angehängt,  der  jetzt  eine 
wesenthch  kleinere  und  gefälligere  Form  hat  erhalten  können, 
selbst  —  z.  B.  auch  von  Mio;  und  Genest  —  als  ein  künst- 
lerisch ausgestattetes  Gehäuse  ausgeführt  worden  ist,  be- 
sonders für  Haustelephonanlagen. 

1  Die  umgekehrte  Anordnung  hatten  Siemens  und  FJalske  für  ihre  Löffel- 
Telephone  gewählt.  Die  Löffel-Telephone  von  Mix  und  Genest  unterscheiden 
sich  von  den  iStemen*'schen  sonst  nur  noch  durch  die  Art  und  Weise,  wie  das 
die  Sprechplatte  tragende  Mundstück  auf  den  mit  den  Drahtrollen  und  einem 
Schraubengewinde  versehenen  Hufeisenmagnet  aufgeschraubt,  damit  zugleich 
der  Abstand  zwischen  Magnetkernen  und  Sprechplatte  bestimmt  und  dann  die 
Theile  in  ihrer  gegenseitigen  Lage  festgehalten  werden. 


364  'Mi-"^  111(1  Geneet's  neuere  Telephon-Einrichtungen. 

Aufser  den  Lötfel-Telephonen  werden  nicht  selten  auch  solche  mit 
stabförmigem  Magnet  benutzt. 

Wenn  nun  die  Apparate  in  einem  an  der  Wand  hängenden  Ge- 
häuse untergebracht  werden,  so  bleibt  immerhin  eine  gewisse  Un- 
bequemlichkeit im  Gebrauche  derselben,  denn  man  mufs  sich  von  einem 
bequemen  Sitze  erheben,  zu  einem,  wenn  auch  nur  einige  Schritte  ent- 
fernten Sprechapparate  gehen  und  das  Gespräch  stehend,  in  einer  mehr 
oder  weniger  gezwungenen  Stellung  führen;  darin  liegt  für  jeden  eine 
Unbequemlichkeit,  für  viele  ist  es  ein  Opfer,  für  manchen,  z.  B.  für 
Kranke,  Gelähmte  u.  dgl.,  eine  Unmöglichkeit. 

Daher  schritt  man  zur  Herstellung  von  Tischgehäusen,  die  mit  den 
in  ihnen  untergebrachten  Apparaten  auf  dem  Tische  aufgestellt  werden 
können.  Damit  war  indessen  die  Unbequemlichkeit  nicht  ganz  beseitigt, 
da  man  meistens  nahe  an  dem  Mikrophon  sprechen  und  dieses  an  sich 
heranziehen  oder  lauter  sprechen  mufste.  Besser  vermindert  man  die 
genannten  Unzuträglichkeiten  durch  die  seit  einiger  Zeit  in  Gebrauch 
kommenden  tragbaren  Sprechapparate,  welche  namentlich  auch  in 
hübscher  Form  und  Ausstattung  von  der  Aktiengesellschaft  Mix  und  Genest 
in  Berlin  in  den  Handel  gebracht  werden.  Der  Sprechappai-at,  den  die 
genannte  Firma  zuerst  vor  3  Jahren  zum  Gebrauche  in  den  Telephon- 
Vermittelungsämtern  baute,  hat  jetzt  die  aus  Fig.  2a  und  b  ersichtliche 
Anordnung:  einen  Durchschnitt  der  älteren  Ausführung  zeigt  Fig.  3.  Dieses 
f'S-  -a  Fi2-  -h  tragbare    Mikrotelephon 

besteht  aus  einem  Löffel- 
Telephon,  an  dessen  Griff 
mittels  eines  gebogenen 
Metallrohres  ein  Mikro- 
phon von  Mix  und  Genest 
(vgl.  1887  265  *  266. 
1889  272  477)  derart  be- 
festigt ist,  dafs,  während 
man  die  Muschel  des 
Telephons  an  das  Ohr 
legt,  das  Mikrophon  mit 
seiner  Sprechplatte  sich 
unmittelbar  vor  dem 
Munde  befindet.  Das 
1^ Umschalter  ohne  UmschniieT  Lölfel-Telephon      unter- 

scheidet sich  nicht  von  dem  oben  erwähnten.  Das  jetzige  Mikrotelephon 
ist  entweder  nach  Fig.  2b  angeordnet  oder  es  ist  nach  Fig.  2a  an  der 
inneren  Seite  des  Griffes  noch  ein  federnder  Contact  angebracht,  der  den 
Sprechapparat  einschaltet  und  die  Mikrophonbatterie  schliefst  Der  aus 
dem  Griffe  heraustretende  Contacthebel  schliefst  sich  beim  Halten  des 
Telephons  ganz  mühelos  von  selbst.     Das  Mikrophon  ist  bezüglich  der 


Mix  und  Genest's  neuere  Telephon-Einrichtungen.  365 

Bewegung  seiner  Theile  gegen  einander  etwas  anders  eingerichtet  als  an 
den  feststehenden  Apparaten,  wodurch  es  befähigt  wird,  in  jeder  Lage  — 
sosar  während  der  Bewegung  —  ohne  Nebengeräusche  gut  und  klar  zu 
sprechen.   Die  Leitungsschnüre  treten  aus  dem  gebogenen  Rohre  heraus. 

In  Fig.  3  ist  das  Mikrophon  unten  verschiebbar  in  einem  Schlitze 
des  Messingbügels  C  angeordnet.  Die  früher  aus  Tannenholz  gefertigte, 
durch  Lackanstrich  segen  Feuchtiskeit  seschützte  Sprech-  ^ 

platte  m  ist  jetzt  auf  beiden  Seiten  mit  Glimmer  belegt, 
und  zwischen  dem  Mundstück  F  und  der  Messingdose  D 
eingeklemmt.  Auf  der  Platte  sind  nur  die  beiden  Kohlen- 
lager b.b  befestigt,  welche  mit  den  Stromzuführungsdrähten 
in  leitender  Verbindung  stehen.  Zwischen  beiden  war 
früher  die  Kohlenrolle  K  gelagert,  welche  durch  die 
Bremsfeder  f  gegen  die  Platten  gedrückt  wurde:  jetzt 
erhalten  die  Mikrophone  drei  Kohlenrollen.  Die  Fort- 
setzung des  schon  erwähnten  Messingwinkels  C  trägt  das 
beim  Hören  zu  benützende  Telephon,  welches,  dem  be- 
sonderen Zwecke  entsprechend,  mit  seitlicher  HöröflFnung 
eingerichtet  wurde. 

Die  conisehe  Messingbüchse  E.  welche  die  Eiseu- 
blechplatte  i\  und  das  Mundstück  0  trägt,  ist  auf  der 
Innenseite  mit  einem  Mutter-  m  p 

gewinde  versehen  und  auf  die 
Platte  R  aufgeschraubt.  Ver- 
mittels dieses  Gewindes  erfolgt 


zugleich  die  Regulirung  des 
Telephons,  d.  h.  die  mehr  oder  minder  grofse  Annäherung  der  Platte  A 
an  die  Magnetkerne.  Ein  bei  s  angebrachter  kleiner  Druckhebel  mit 
Schraube  dient  dazu,  die  Theile  R  und  E  in  der  einmal  ermittelten  gün- 
stigsten Stellung  festzuhalten.  Den  Hufeisenmagnet  h  und  den  Messing- 
bügel C  umgibt  ein  aus  Ebenholz  hergestellter  Handgriff  H:  die  Ent- 
fernung der  Telephonöffnuug  0  von  dem  Bügel  C  liefs  sich  früher  nach 
Lüftung  der  Schraube  5-2  ändern,  damit  das  Instrument  jeder  Kopfform 
angepafst  werden  kann.  Neuerdings  erscheint  diese  Verschiebbarkeit 
überflüssig. 

Die  vom  Mikrotelephon  ausgehende  vierfache  Leitungsschuur  endet 
an  einem  Verbindungsstöpsel,  welcher  mit  seinem  rechteckigen  vorderen 
Ende  in  eine  entsprechend  geformte  Oetfnung  des  Stöpselkastens  hinein 
gesteckt  wird.  Die  weitere  Ausführung  ist  nun  verschieden,  insofern 
entweder  Tischsehäuse  angewendet  werden,  welche  sämmtliche  zum  Be- 
trieb  erforderliche  Apparate  enthalten,  oder  auf  den  Tisch  zu  stellende 
Untersätze,  welche  nur  einige  der  erforderlichen  Apparate  aufzunehmen 
bestimmt  sind.  Einen  Apparat  ersterer  Art  zeigen  die  Fig.  -i  bis  6  in 
perspectivischer  Ansicht  und  in  zwei  Durchschnitten.   K  ist  ein  reich  aus- 


366 


Mix  und  Genest  s  neuere  Telephon-Einrichtungen. 


H'ig.  4. 


gestatteter  Kasten  von  Nufsbaumholz  mit  Bronzebeschlägen  und  Füfsen, 
aus  dessen  schmalen  Seitentheilen  unten  zwei  halbkreisförmige,  mit  Tuch, 
Plüsch  o.  dgl.  belegte  Flächen  ^j   und  A2  hervorragen,  deren  eine  dem 

Mikrophon  als  Auflager 
dient,  während  der  Griff 
des  Telephons  nahe  am 
oberen  Ende  auf  den 
entsprechend  geformten 
Haken  des  Umschalte- 
hebels hl  zu  liegen 
kommt.  Der  Hebel  A, 
hat  sein  Lager  in  Aj  und 
liegt  entweder  im  Ruhe- 
zustande auf  dem  Con- 
tacte  Cj  oder  beim  Spre- 
chen auf  dem  Contacte  c.,. 

Im  letzteren  Falle 
schliefst  der  Umschalte- 
hebel zugleich  beim,,7n2dieMikrophonbatterie^  es  kann  demzufolge  auch 
ein  Sprechapparat  angewendet  werden,  welcher  den  federnden  Contact 


an  dem  Griffe  des  Telephons  (Fig.  2)  nicht  besitzt.  G  ist  die  Glocke; 
aus  ihr  steht  oben  der  Weckknopf  T  vor,  dessen  Schaft  J,  durch  den 
Ständer  der  Glocke  hindurchgeht;  /r,  r,  o  sind  die  inneren  Theile  der 
Taste,  welche  an  dem  Deckel  D  befestigt  sind.  An  dem  Deckel  ist  auch 
der  Wecker  iv  angebracht,  der  insofern  eigenartig  eingerichtet  ist,  als 
sich  in  einem  festen  Metallstücke  zwei  Regulirschrauben  »•,  und  s.2  be- 
finden, welche  es  gestatten,  die  Glocke  entweder  als  Wecker  mit 
Selbstunterbrechung   oder   als    Wecker    mit    Selbstausschaltung   durch 


Mix  und  Genest's  neuere  Telephon-Einrichtungen. 


367 


Nebenschlufs  einzuschalten.  Im  ersteren  Falle  kommt  die  Schraube  Sj, 
im  zweiten  dagegen  die  Sehraube  S2  zur  Verwendung.  Der  Deckel 
kann  an  dem  Scharnier  aufgeklappt  werden,  die  drei  Federn  f2  dienen 
bei  verschlossenem  Zustande  des  Kastens  zur  Verbindung  der  am  Deckel 
befestigten  Klemmschrauben,  deren  Verbindung  mit  der  Zimmerleitung 
durch  Leitungsschnüre  bewirkt  wird. 

Zwei  andere  Formen  von  Untersätzen  zeigen  Fig.  7  bis  9.  Diese 
Untersätze  besitzen  an  Nebenapparaten  nur  die  Anruftaste  und  dienen 
imUebrigen  nur  dem  Sprech-  Fig.  7. 

apparate  als  Auflager.  Das 
Gestell  (Fig.  7)  besteht  aus 
einem  Kästchen  aus  polir- 
tem  Nufsbaumholz ;  der 
Knopf  der  Anruftaste  sieht 
aus  der  mittelsten  von  drei 
Rosetten  hervor.  Die  beiden 
anderen  Rosetten  können 
ebenfalls  zu  Tasten  für  eine 
zweite  und  dritte  Leitung 
benutzt  werden.  Das  mit 
Füfsen  aus  vergoldeter  Bronze  versehene  Kästchen  trägt  ein  künstlerisch 
geformtes  Gestell  von  demselben  Material.  Die  weiteren  Zubehörstücke 
(Wecker,  Inductionsrolle, 
Mikrophon batterie  u.  s.  w.) 
betinden  sich  in  einem  klei- 
nen Wand  kästchen,  welches 
an  einem  unauffälligen  Orte, 
z.  B.  hinter  einem  Vorhange, 
in  einem  Möbel  u.dgl.  unter- 
gebracht werden  kann. 

Der  in  Fig.  8  und  9  ab- 
gebildete Untersatz  besteht 
aus  einem  Rahmen  aus  ver- 
nickeltem    Eisengufs,     von  Obere  Ansicht. 
vergoldeter  Bronze  u.  s.  w.,  dessen  mit  grünem  Plüsch  u.  dgl.  bezogene 
Holzfüllung  dem  Sprechapparate  als  Auflager  dient.    Von  den  drei  auf 
der  Innenseite  des  Rahmens  Fig.  9. 
betindlichen    Rosetten    ent- 
hält wieder  die  mittlere  den 
Druckknopf. 

Die  Metalltheile  der 
Sprechapparate  selbst  sind 
entsprechend  der  Ausstat- 
tung   der    Untersätze    ver-  -^eiien-Ansicin 


3t>8  L'eber  FuilschriUe  iu  der  jDpiriLusl'abrikaliou. 

nickelt  oder  vergoldet.  Die  Ausstattung  aller  Apparate  ist  eine  solche, 
dafs  sie  auch  dem  verwöhntesten  Geschmacke  genügen  und  den  ele- 
gantesten Räumen  zur  Zierde  gereichen.  Besonders  hervorgehoben  mag 
aber  noch  werden,  dafs  die  vorstehend  beschriebenen  Apparate  selbst 
beim  Sprechen  auf  die  gröfsten  Entfernungen  benutzt  werden  können, 
dafs  sie  daher  nicht  blofs  in  der  Telephonie  für  häusliche  Zwecke, 
sondern  ebenso  gut  auch  in  den  städtischen  Telephonnetzen,  etwa  als 
zweite,  dritte  u.  s.  w.  Apparate  benutzt  werden  können  und  beim 
Sprechen  von  einer  Stadt  zur  andern. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Patentklasse  6.    Fortsetzung  des  Berichtes  S.  320  d.  Bd.) 

VI.  Apparate. 

Einen  Maischdestillirapparat  zur  Gewinnung  eines  möglichst  fuselfreien 
Spiritus  hat  die  Kupferwaareufabrik  von  Fr.  Rath  in  Neuhaldenslebeu 
hergestellt.  Die  Firma  ist  bereit,  einen  neuen  Apparat  ihrer  Construction 
in  einer  Brennerei  von  nicht  zu  kleinem  Umfange  aufzustellen,  und 
falls  wider  Erwarten  der  Spiritus  nicht  möglichst  rein  sein  sollte,  den 
Apparattheil,  welcher  die  Entfuselung  bewirken  soll,  zurückzunehmen, 
ohne  dafs  dem  Besteller  Kosten  dadurch  entstehen,  während  der  übrige 
Apparat  in  den  Händen  des  Besitzers  bleibt. 

Deslillirapparat  zur  direkten  Gewinnung  von  Feinsprit.,  Vorlauf  und 
Nachlauf  aus  der  Maische  von  Georg  Braun  in  Dürkheim  a.  H.,  Pfalz 
(D.  K.P.  Nr.  46112  vom  15.  Juli  1888). 

Coinbinirler  Maisch-.,  Brmn-  und  Spiritusrectißcirapparat  von  Joseph 
Scheibner  in  Berlin  (D.  R.  P.  Nr.  46389  vom  9.  August  1888.  Zusatz- 
patent zu  Nr.  42  907  vom  11.  August  1887).  Nach  dem  Hauptpatent 
wurde  die  Maischcoloune  bezieh,  die  Maisch-  und  Luttercolonne  mit 
einer  daneben  stehenden  Spritblase  verbunden.  Nach  dem  vorliegenden 
Patent  wird  die  Luttercolonne  allein  und  direkt  mit  einer  daneben 
stehenden  Spritblase  mittels  der  Alkoholdampfübersteigrohre  und  der 
Phlegmarücklaufrohre  verbunden,  während  die  anderen,  darunter  liegen- 
den Colonnentheile  abgeschlossen  und  mit  Wasser  ausgefüllt  sind  (vgl. 
auch  1889  271  365). 

Dampfdeslillircolonne  zur  Destillation  von  dicken  Flüssigkeilen  oder 
deren  Behandlung  mittels  Gasen  von  Paul  Alfred  Mallet  und  Tiburce  Albert 
Pagniez  in  Paris  (D.  K.  P.  Nr.  46523  vom  28.  April  1888.  Zusatzpatent 
zu  Nr.  31003  vom  17.  Februar  1884). 

Condensations-  und  Kühlapparat  von  Langen  und  Hundhausen  in 
Grevenbroich  (D.  R.  P.  Nr.  44920  vom  1.  December  1887.  Zusatzpatent 
zu  Nr.  37  534  vom  26.  Juli  1885). 


lieber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  369 

Neuerungen  an  diesem  Apparate  unter  D.  R.  P.  Nr.  46  570  vom  8.  Mai 
1888.    Zweites  Zusatzpatent  zu  Nv.  37  534  vom  26.  Juli  1885. 

Weitere  Neuerungen  an  demselben  Apparate  unter  D.  R.P.  Nr.  46889 
vom  6.  Mai  1888.     Zusatzpatent  zu  Nr.  37  250  vom  26.  Juli  1885. 

Gährbottich-  und  Hefenbottichkühler^  beiceglich  durch  das  zum  Kühlen 
gebrauchte  Wasser  von  Julius  Geyer  in  Löbau,  Westpreufsen  (D.  R.  P. 
Nr.  46406  vom  16.  August  1888).  Die  Umsteuerung  des  Kühlwasser- 
zuflusses geht  in  der  Weise  vor  sich,  dafs  durch  die  Zunge  a,  des  die 
Kühlschlange  tragenden  Wagebalkens  a  unter  Vermittelung  eines  Hebels  h 
ein  Kipprad  (oder  Kipphebel)  k  bethätigt  wird,  welches  durch  Zugkraft- 
orgaue mit  im  Wasserzuflufsbehälter  d  angeordneten  Ventilen  d^  rf.,  ^'^^- 
bunden,  diese  abwechselnd  öffnet  und  schliefst,  während  gleichzeitig  die 
am  oberen  Ende  der  Kühlschlangen  in  den  Behältern  bx  und  by  be- 
findlichen Ventile  v  und  r,  durch  am  Wagebalken  befestigte  Zugkraft- 
organe abwechselnd  geschlossen  und  geöffnet  werden. 

In  der  Zeitschrift  für  Spiritusinduslrie ^  Bd.  12  S.  16,  berichtet  der 
Erfinder  noch  über  einige  Veränderungen  an  seinem  Apparate,  welche 
er  für  die  Zwecke  der  Gährbottichkühlung  in  Folge  Anordnung  der 
Steuerbehörde  angebracht  hat.  Daselbst  ward  auch  mitgetheilt,  dafs 
die  Hubhöhe  jeder  Schlange  35  bis  50^^  beträgt,  und  dafs  in  der  Minute 
2  bis  3  Hub,  jeder  zu  3  bis  4^  Wasser,  stattfinden. 

Apparat  zum  Kühlen  und  Erhitzen  von  Flüssigkeiten  von  J.  Fischer 
in  Wien  (D.  R.  P.  Nr.  46104  vom  22.  April  1888.  Zusatzpatent  zu 
Nr.  31  794  vom  2.  December  1884). 

Maisch-  und  Kühlapparat  mit  rotirendem  oder  oscillirendem  Gehäuse 
von  Johann  Hampel  in  Dresden  (D.  R.  P.  Nr.  46646  vom  4.  April  1888). 
Verfahren  und  Apparat  zum  Weichen  von  Gerste  von  Karl  Kern- 
reulher  und  Wilhelm  Kumpf milier  in  München  (D.  R.  P.  Nr.  46440  vom 
14.  März  1888.  Zusatzpatent  zu  Nr.  43  758  vom  28.  December  1887). 
Einen  elektrischen  Signalapparat  zum  Anzeigen  des  Kohlensäuregehaltes 
der  Luft^  welcher  bei  einem  Gehalte  der  Luft  von  6  Proc.  Kohlensäure 
in  Thätigkeit  tritt,  hat  Dr.  Emmerlich  in  München  in  Gemeinschaft  mit 
C.  Martini  angefertigt.  Nach  den  Sitzungsberichten  der  Münchener  Ge- 
sellschaft für  Morphologie  und  Physiologie^  1888  Heft  2,  gründet  sich  der 
Apparat  auf  der  Ausdehnung  eines  Metallstabes  durch  die  Wärme  einer 
unter  dieser  befindfichen  Flamme,  welche,  sobald  der  Kohlensäuregehalt 
der  Luft  auf  6  Proc.  steigt,  kleiner  wird  und  bei  8  Proc.  erlischt.  Durch 
die  Verminderung  der  Wärmequelle  und  die  dadurch  bedingte  Zu- 
sammenziehung des  Metallstabes  wird  der  Läuteapparat  in  Thätigkeit 
gesetzt.  Durch  Versuche  wurde  festgestellt,  dafs  ein  Gehalt  der  Luft 
von  6  Proc.  Kohlensäure  für  den  Menschen  noch  nicht  gefährlich  ist, 
die  Gefahr  vielmehr  erst  bei  15  bis  20  Proc.  beginnt.  Der  Apparat 
warnt  also  rechtzeitig.  Seine  Aufstellung  ist  in  Eisfabriken,  Prefshefe- 
fabriken,  Gährkellern  u.  s.  w.  angezeigt.     Da  ein  sehr  grofser  Kohlen- 

Dingler's  polyt  Journal  Bd.  27^  Nr,  S.  1889,111.  24 


370  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Säuregehalt  der  Luft  auch  für  die  Gährung  ungünstig  wirkt,  so  kann 
der  Apparat  auch  Verwendung  linden,  um  die  Nothwendigkeit  der  Luft- 
veränderung in  Kellern  anzuzeigen.  Zur  Erwärmung  kann  jede  be- 
liebitre  Flamme  (Erdöl,  Gas,  Kerze  u.  s.  w.)  benutzt  werden.  Preis  des 
Apparates  20  M. 

VIL  Analyse. 
(Jeher  den  Nachweis  von  Fuselöl  in  Spiritus  veröffentlicht  L.  v.  Udransky 
in  der  Zeilschrift  für  physiologische  Chemie.,  Bd.  13  S.  248,  eine  Unter- 
suchung, welche  sich  an  seine  Arbeiten  über  Furfurolreactioneu,  über 
welche  wir  bereits  berichtet  haben  (1889  271  371),  anschliefst.  Der 
Verfasser  fand,  dafs  der  käufliche  Amylalkohol  stets  Verunreinigungen 
enthält,  zu  denen  auch  das  Furfurol  gehört  und  in  Folge  dieser  Ver- 
unreinigungen ganz  andere  Eigenschaften  besitzt  als  absolut  reiner  Amyl- 
alkohol, welchen  der  Verfasser  sich  nach  einem  sehr  umständlichen 
Verfahren  darstellte.  Dieses  reine  Product  besafs  den  widrigen,  die 
Schleimhäute  intensiv  reizenden  Geruch  in  viel  geringerem  Mafse,  gab 
beim  Schütteln  mit  Wasser  nur  eine  vorübergehende  Opalescenz  und 
zeigte  vor  Allem  ein  ganz  anderes  Verhalten  gegen  Alkalien  und  Säuren, 
Während  das  käufliche  Product  mit  diesen  Reagentien  intensive  Färbungen 
gibt,  blieb  der  gereinigte  Amylalkohol  auch  bei  der  Behandlung  mit 
oTÖfsereu  Mengen  Alkalien  oder  Säuren  entweder  vollständig  farblos 
oder  zeigte  doch  nur  ganz  schwach  gelbe  Färbungen.  Der  Verfasser 
schliefst  aus  seinen  Versuchen,  dafs  das  Furfurol  es  ist,  welches  im 
käuflichen  Amylalkohol  die  Verfärbung  und  Verharzung  verursacht; 
denn  als  er  dem  reinen  Präparate  0,15  Proc.  Furfurol  zusetzte,  erhielt 
er  mit  Natronlauge,  Salzsäure  und  Schwefelsäure  dieselben  Farben- 
erscheinungen wie  mit  dem  käuflichen  Producte.  Giefst  man  zu  einer 
Lösung  von  einigen  Tropfen  furfurolfreien  Amylalkohols  und  zwei 
Tropfen  0,5  procentigen  Furfurolwassers  in  l^c  reinsten  Aethylalkohols 
etwa  2"^^  concentrirte  Schwefelsäure,  so  entsteht  an  der  Berührungs- 
fläche ein  lebhaft  indigorother  (?)  Farbenring,  welcher  bei  passender 
Ausführung  des  Experimentes  recht  lange  Zeit  gleich  bleibt  und  erst 
allmählich  violettfarben  wird.  Neben  diesem  rothen  bezieh,  blauen 
Farbenton  ist  auch  noch  ein  brauner  bei  der  Reaction  zu  bemerken; 
er  ist  jedoch  sehr  schwach  und  zwar  um  so  schwächer,  je  vorsichtiger 
die  Reaction  ausgeführt  wird.  Im  Spectroskop  zeigt  diese  Rothfärbung 
eine  kräftige  Absorption,  welche  zwischen  E  und  b  beginnt  und  bis  F 
oder  noch  etwas  darüber  hinaus  reicht.  Die  Reaction  ist  sehr  beständig, 
und  die  Spektralerscheinungen  sind  noch  nach  Wochen  ganz  rein  und 
scharf  zu  erkennen.  Rohspiritus  zeigt  schon  direkt  bei  Behandlung  mit 
concentrirter  Schwefelsäure,  jedenfalls  in  Folge  seines  Gehaltes  an 
Furfurol,  dieselbe  Reaction,  jedoch  sind  die  Farbenerscheinungen  wegen 
anderer  Verunreinigungen  nicht   so   deutlich.     Dieser   störende  Einflufs 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  371 

läfst  sich  aber  beseitigen,  wenn  man  den  Rohsprit  mit  reinstem  Aethyl- 
alkohol  verdünnt  und  noch  Furfurolwasser  hinzufügt. 

Der  Verfasser  benutzt  nun  diese  Reaction,  welche  Amylalkohol 
mit  Furfurol  und  Schwefelsäure  gibt,  zum  Nachweise  des  Amylalkohols 
und  verfährt  dabei  wie  folgt:  5'^'^  des  zu  prüfenden  Weingeistes  werden 
mit  2  Tropfen  0,5  procentigen  Furfurolwassers  versetzt.  Dann  läfst  man 
5cc  concentrirte  Schwefelsäure  zufliefsen,  indem  man  durch  Abkühlen 
dafür  sorgt,  dafs  die  Temperatur  nicht  über  600  steigt.  Bei  Gegenwart 
von  Fuselöl  entsteht  an  der  Berührungsfläche  ein  rother,  allmählich  in 
Violett  übergehender  Farbeuring,  welcher  nach  unten  und  oben  durch 
einen  bräunlichen  Saum  begrenzt  ist.  Bei  viel  Fuselöl  ist  die  Roth- 
färbung gleich  so  intensiv,  dafs  die  Prüfung  im  Spectralapparate  vor- 
genommen werden  kann.  Ist  der  Fuselölgehalt  gering,  so  läfst  man 
eine  halbe  Stunde  stehen  und  befördert  durch  langsames  Schwenken 
unter  Abkühlung  das  Vermischen  der  Flüssigkeiten.  Bei  sehr  geringem 
Fuselgehalte  empfiehlt  sich  fractionirte  Destillation  und  Prüfung  der 
letzten  Fraction.  Die  Reaction  soll  noch  bei  einer  Verdünnung  von 
1 :  10000  Amylalkohol  auffinden  lassen^  doch  ist  in  diesem  Falle  die 
Färbung  schon  so  schwach,  dafs  die  spectroskopische  Prüfung  ein 
negatives  Resultat  gibt.  Für  diese  Prüfung  liegt  die  Grenze  bei  1 :  -±000 
bis  1  :  5000.  Als  charakteristisch  für  den  Amylalkohol  darf  nur  die  in 
violett  übergehende  Rothfärbung  und  der  Absorptionsstreifen  gelten. 
Verunreinigungen,  welche  der  Spiritus  beim  Aufbewahren  in  Holz- 
gefäfsen  aufnimmt,  geben  auch  die  Furfurolreaction,  jedoch  in  anderer 
Weise  bezüglich  der  Farbe  ^  auch  zeigen  diese  Reactionen  keine  Spectral- 
erscheinungen.  Verfasser  hat  auch  versucht,  die  Reaction  zur  quanti- 
tativen Bestimmung  des  Fuselöls  zu  benutzen,  jedoch  sind,  wie  bekannt, 
derartige  colorimetrische  Methoden  mit  grofsen  Unsicherheiten  behaftet. 

Eine  Zusammenstellung  und  kritische  Besprechung  der  zahlreichen^  zum 
Nachweise  und  zur  Bestimmung  des  Fuselöls  in  Trinkbranntweinen  in  Vor- 
schlag gebrachten  Methoden  bringt  Karl  Windisch  in  den  Arbeiten  aus  dem 
kaiserlichen  Gesundheitsamt ^  Bd.  5  S.  373  (auch  Zeitschrift  für  Spiritus- 
industrie^  Bd.  12  S.  143  und  158).  Der  Verfasser  bespricht  zunächst 
die  Methoden  zum  qualitativen  Nachweise  des  Fuselöls,  von  denen  wir 
diejenigen  von  v.  Udransky  (siehe  voriges  Referat),  Godefroy^  Uffelmann 
und  Ekmann  an  dieser  Stelle  bereits  erwähnt  haben  (vgl.  1886  261  442. 
1889  271  371).  Der  Verfasser  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dafs  von  allen 
in  Vorschlag  gebrachten  Methoden  nur  die  folgenden  empfohlen  werden 
können.  Man  macht  zunächst  die  Geruchsprobe  durch  Riechen  am  stark 
verdünnten  Branntwein-  ferner  extrahirt  man  den  Branntwein  nach 
Marquardl  mit  Chloroform,  verdunstet  letzteres,  oxydirt  den  Rückstand 
des  Chloroformauszuges  entweder  nach  Wagner  mit  Platinmohr  oder 
nach  Otto  und  Marquardt  mit  Kaliumpermanganat  und  Schwefelsäure 
und  prüft  alsdann  durch  den  Geruch.     Ist  Amylalkohol  vorhanden,   so 


372  Ueber  Forlsclirilte  in  der  Spirituslabrikation. 

entsteht  nach  einander  dei*  Geruch  nach  Valeraldehyd,  Valeriansäure- 
amyläther  und  zuletzt  nach  Valeriansäure;  man  soll  auf  diese  Weise 
noch  0'-*^,005  Amylalkohol  nachweisen  können.  Zu  bemerken  ist,  dafs 
;itheri>che  Oele  den  Geruch  verdecken  und  die  Prüfung  vielfach  ganz 
unmöglich  macheu.  Es  ist  daher  eine  Abscheiduug  derselben  vorher 
nothwendig.  Nach  Hager  soll  diese  mittels  Glycerin  oder  mittels  ge- 
schmolzenen Wachses  oder  Paraffins  geschehen  können.  Auch  Aldehyd, 
Furfurol  und  Fettsäureäther  machen  die  Prüfung  oft  unmöglich.  Wenn 
man  den  Spiritus  nach  Rose  untersucht,  so  kann  man  die  Chloroform- 
schicht in  der  Bürette,  welche  das  Fuselöl  enthält,  nach  der  Entfernung 
des  Aethylalkohols  mit  Wasser  zur  Oxydation  nach  Marquardl  benutzen. 
Als  weitere  Methode  empfiehlt  Verfasser  die  U ß'e Im ann  sehe  Melhylviulett- 
probe.  Zur  Darstellung  der  Reagensflüssigkeit  löst  man  1  Th.  Methyl- 
violett in  100  Th.  Wasser  und  setzt  so  viel  2procentige  Salzsäure  zu, 
bis  die  Lösung  deutlich  grün  ist.  Aus  dieser  grünen,  frisch  bereiteten 
Lösung  nimmt  Amylalkohol  den  Farbstoff  in  seiner  natürlichen  Farbe, 
also  violett,  heraus.  Setzt  man  daher  in  einer  Porzellanschale  zu  dem 
Verdunstungsrückstande  des  Chloroformauszuges  etwa  die  vierfache 
Menge  dieser  Lösung  zu,  so  entstehen  bei  Anwesenheit  von  Amylalkohol 
violette  Tröpfchen,  welche  auf  der  grünen  Flüssigkeit  schwimmen.  Die 
Methode  liefert,  wie  Verfasser  sich  überzeugt  hat,  gute  Resultate;  doch 
ist  zu  beachten,  dafs  auch  einige  andere  Körper  dieselbe  oder  doch 
eine  sehr  ähnliche  Reaction  geben.  So  sollen  Furfurol,  Cassiaöl  und 
Nitrobenzol  sich  genau  so  verhalten  wie  Amylalkohol,  nur  sollen  die 
Tröpfchen  am  Boden  schwimmen  und  beim  Furfurol  rasch  mifsfarben 
werden;  auch  kommen  Cassiaöl  und  Nitrobenzol  im  Spiritus  wohl  kaum 
vor.  Normaler  und  Isobutylalkohol  geben  ebenfalls  Tröpfchen,  doch 
sind  diese  blau,  nicht  violett.  Einige  ätherische  Oele  geben  theils  blaue, 
theils  violette  Trö])fchen,  jedoch  erst  bei  starkem  und  anhaltendem 
Schütteln,  während  sie  bei  Amylalkohol  sofort  und  ohne  Schütteln  auftreten. 
Von  den  Methoden  zur  quantitativen  Bestimmung  des  F'uselöls  er- 
wähnt Verfasser  zunächst  diejenige  von  Marquardt  und  das  Diaphano- 
meter  von  Savalle.  Die  Unsicherheit  beider  Methoden  ist  bekannt  und 
wird  vom  Verfasser  bestätigt.  Ebenso  ist  die  Ekinann  sehe  Methode 
(188'J  271  371)  nur  in  beschränktem  Mafse  brauchbar.  Zu  der  Möse- 
schen  Methode  erwähnt  Verfasser  eine  von  ihm  angegebene  Verbesse- 
rung der  Her zfeldi  sehen  Schüttelbürette,  welche  eine  wesentlich  ge- 
nauere Ablesung,  nämlich  bis  zu  0'^'^,01,  mit  absoluter  Sicherheit  ermöglicht. 
Die  Verbesserung  l)esteht  darin,  dafs  Verfasser  der  Röhre  einen  Radius 
von  nur  2'n"',l  gibt,  so  dafs  1'"^  in  der  Röhre  eine  Längenausdehnung 
von  7cm^2  besitzt.  Die  Röhre  des  neuen  Apparates  ist  IS^m  lang  und 
fafst  nur  2cc^5.  In  Bezug  auf  die  Jrau/^e'schen  Verfahren  macht  Ver- 
fasser darauf  aufmerksam,  dafs  zwischen  der  Steighöheuerniedrigung 
im  Capillarimeter  und  der  Tropfenzahlenvermehrung  des  Stalagmometers 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  373 

eine  Beziehung  besteht,  in  der  Art,  dafs  bei  Anwendung  derselben  Sub- 
stanzen das  Verhältnifs  der  Erhöhung  der  Tropfenzahl,  gemessen  in 
Tropfen,  zu  der  Erniedrigung  der  Steighöhe,  gemessen  in  Millimetern, 
eine  constante  Zahl  ist^  dieselbe  war  bei  den  im  Gesundheitsamt  be- 
nutzten Apparaten  =  1,7.  Zum  Schlüsse  geben  wir  nach  der  Zeitschrift 
für  Spiritusindustrie  nachstehend  eine  Zusammenstellung  der  umfang- 
reichen Literatur  des  besprochenen  Gegenstandes: 

1)  Hager^  Pharmaceutische  Centralhalle^  1881  Nr.  25.  Chemisches  Centralblatt^ 
1881  S.  712. 

2)  Allen,  Archiv  für  Pharmacie,  1880  I.  Hälfte  S.  232. 

3)  Bolley^   Bolleys   Handbuch  der  chemisch-technischen    Untersuchung,  S.  743. 

I)  Stein,  Ebendaselbst. 

5)  Otto,  Zeitschrift  für  analytische  Chemie,  Bd.  6  S.  275. 

6)  Betelli.  Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft,  Bd.  8  S.  72. 

7)  Vffelmann.  Archiv  für  Hygiene,  1886  Bd.  4  S.  232. 

8)  Wagner,  Gerhardts  org.   Chemie  von    Wagnir,  Bd.  2   S.  782. 

9}  Otto  und  Marquardt,  Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft,  1882 
S.  1665. 

10)  Hager,  Pharmaceutische  Centralhalle^  1881  Nr.  25.  Chemisches  Centralblatt, 
1881  S.  712  ff. 

II)  Savalle,  Stenberg,  Wagner,  Bär,  Die  Verunremi(,ung  des  Trinkbranntweins, 
insbesondere  in  hygienischer  Beziehung.     Bonn  1885,  bei  StrauJS. 

12)  F.  L.   Ekmann,  Chemiker-Zeitung,  1888  Bd.  12  S.  564. 

13)  Bang,  Calcool,  la  sante  publique  et  le  budget  par  L.  Grandeaxi.  Paris  1888. 
Librairie  du    Temps. 

14)  L.   Godefroy,  Comptes  rendus,  1888  Bd.  106  S.  1018. 

15)  Ä.  Rocques,  Comptes  rendus,  1888  Bd.  106  S.  1296. 

16)  W.    Windisch,  Zeitschrift  für  Spiritnsindustrie,  1888  Bd.  11   S.  145. 

17)  Jorissen,  Bull.  Acad.  Beige,  Bd.  50  S.  108.  Berichte  der  deutschen  chemischen 
Gesellschaft,  1880  Bd.  8  S.  2439. 

18)  K.  Förster,  Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft,  1882  Bd.  15 
S.  238. 

19)  Böttger,  Bolley's  Handbuch  der  chemisch-technischen   Untersuchung,    S.  743. 

20)  Bouvier,  Zeitschrift  für  analytische  Chemie,  Bd.  11   S.  343. 

21)  Flügge,  Ftügge's  Handbuch  der  hygienischen    Untersuchungsmethoden. 

22)  Uff'eimann,  Archiv  für  Hygiene,  1883  Bd.  1   S.  445.  1886  Bd.  4  S.  229. 

23)  W.    Windisch,  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  1886   Bd.  9  S.  517. 

24)  Uffelmann,  Archiv  für  Hygiene,  1886  Bd.  4  S.  339. 

25)  Hager,  Pharmaceutische  Centralhalle,  1881  Nr.  25.  Chemisches  Centralblatt, 
1881  S.  712. 

26)  Savalle,  Das  Diaphanometer,  Abbildung  des  ganzen  Apparates  und  der 
Typen  des  Diaphanometers  siehe  Märcker,  Handbuch  der  Spiritus fabrikation.i  3.  Aufl. 
S.  210;  4.  Aufl.  S.  171. 

27)  F.  L.  Ekmann,  Om  Bräurins  finkelolja  och  deß  quantitativa  Bestämnivg. 
Stockholm  1887.  Ref.  hierüber:  Chemiker-Zeitung,  1888  Bd.  11  S.  564.  Zeit- 
schrift für  Spiritusindustrie,  1888   Bd.  11   Nr.  19  S.  145. 

28)  W.  Windisch,  Zeitschrift  für  Spiritusindusirie,  1888  Bd.  11  Nr.  19  S.  145. 

29)  Marquardt,  Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft ,  1882  Bd.  15 
S.  1370  und  1661. 

Zur  Untersuchung  des  Spiritus  gibt  H.  Bornträger  in  der  Zeitschrift 
für  analytische  Chemie.,  Bd.  28  S.  60,  eine  Zusammenstellung  über  das 
Verhalten  der  wichtigsten  Verunreinigungen  des  Handelsspiritus,  nämlich 
des  Aldehyds,  des  Acetals  und  des  Amylalkohols,  welches  diese  in 
reinem  Zustande  oder  wenn  sie  in  erheblichen  Mengen  im  Spiritus  ge- 
löst sind,  zeigen.     Wir  lassen  diese  Zusammenstellung  hier  folgen: 


374 


Ueber  Forlsclirille  in  der  Sinritusl'abrikation. 


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Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  375 

Die  Farbenreactionen  werden  am  besten  in  einer  kleinen  weifseu 
Porzellanschale  gemacht. 

1)  Eine  Probe  desselben  verdünnt  man  mit  viel  Wasser  und  be- 
obachtet, ob  sich  obenauf  ölige  Tropfen  ansammeln,  Ist  dies  der  Fall, 
so  prüft  man  dieselben  nach  obiger  Vorschrift  auf  Acetal  mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  und  Kalilauge  (Acroleingeruch)  und  auf  Amyl- 
alkohol mit  conceutrirter  Salzsäure  und  Anilinöl.  Eine  weitere  Probe 
prüft  man  auf  Aldehyd  mit  Jodkalium  und  saurer  schwefligsaurer 
Natriumfuchsinlösung  (Spuren  von  Aldehyd  enthält  jeder  Spiritus). 

2)  Scheiden  sich  keine  Tropfen  ab,  so  prüft  man 

a)  wie  oben  auf  Aldehyd, 

b)  eine  weitere  Probe  verdünnt  man  mit  2  Th.  Wasser,  schüttelt 
mit  etwas  Chloroform,  trennt  dasselbe,  läfst  bei  gelinder  Temperatur 
verdunsten  und  prüft  den  etwa  bleibenden  Rückstand  wie  oben  auf 
Acetal  und  Amylalkohol.  Auch  die  spanische  Pi-üfung  des  Spiritus, 
nur  mit  concentrirter  Schwefelsäure  und  Kalilauge,  ist  nach  Ansicht 
des  Verfassers  recht  gut  und  genügt  für  die  meisten  Fälle,  denn  wenn 
beide  Lösungen  für  sich  den  Spiritus  nicht  färben,  so  enthält  derselbe 
obige  3  Stoffe  entweder   gar  nicht  oder  nur  in  ganz  geringen  Spuren. 

In  derselben  Zeitschrift,  1889  S.  26  (auch  Zeitschrift  für  angewandte 
Chemie^  1889  S.  112)  empfiehlt  /.  Traube  zur  Untersuchung  des  Spiritus 
das  Geifskr  sehe  Vaporimeter.     Setzt  man  die  vaporimetrische  Queck- 
silberhöhe =  0,  so  ergaben  sich  folgende  Höhen : 
Concentration  50   Volumprocent. 

Sprit  rein 0 

„      mit  0,25  Volumproc.  Aldehyd     .     .     .     +16,2 
„     0,25  „  Kartoffelfuselöl  .     —  2,1 

„        „     0,25  „  Kornfuselöl    .     .     —  1,7 

„        „     0,25  „  Maisfuselöl     .     .     —  1,1 

„        „     0,25  „  Isoamj-lalkohol   .     —  2,5 

Concentration  10   Volumprocent. 

Sprit  rein 0 

„      mit  0,05  Volumproc.  Aldehyd     .     .     .     +6,0 
„        „     0,05  „  Kartoffelfuselöl  .     +  0,5 

„        „     0,05  „  Kornfuselöl    .     .     +0,5 

„        „     0,05  „  Maisfuselöl     .     .     +0,0 

„        „     0,05  „  Isoamylalkohol  .     +  0,6. 

VIII.  Allgemeines  und  Theoretisches. 
Ueber  das  Verhalten  der  Stärke  beim  Erhitzen  mit  Wasser  und  über 
die  Kleisterb ildung  einiger  Stärkesorten  hat  C.  J.  Lintner  Untersuchungen 
ausgeführt  {Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.,  Bd.  12  S.  91,  daselbst  nach 
Brauer-  und  Mälzer- Kalender).  Bekanntlich  sind  die  Temperaturen,  bei 
welchen  die  verschiedenen  Stärkesorten  verkleistern,  sehr  verschieden. 
Die  hierüber  vielfach  gemachten  Angaben  entsprechen  jedoch  nicht 
völlig  den  thatsächlichen  Verhältnissen;  namentlich  gilt  dieses  für  die 
Stärke  der  Getreidearten,  für  welche  die  angeführten  Werthe  durch- 
weg zu  niedrig  sind  und  mit  vielen  neueren  Beobachtungen  nicht  über- 


37G  Uebcr  Foriscliritle  in  der  Spirituslabrikaliun. 

einstimmen.  Dieses  gab  die  Veranlassung  zu  den  vorliegenden  Ver- 
suchen, bei  welchen  der  Verfasser  das  Verhalten  der  Stärke  beim 
Erhitzen  mit  Wasser  in  der  Weise  prüfte,  dafs  in  Zwischenräumen 
von  5  zu  5  Graden  die  Veränderungen,  welche  das  Stärkekorn  erlitten 
hatte,  durch  das  Mikroskop  und  mittels  der  Jodreaction  festgestellt 
wurden.  In  der  einen  Versuchsreihe  wurde  die  Stärke  mit  viel  Wasser, 
in  einer  anderen  zur  Erzeugung  eines  steifen  Stärkekleisters  nur  mit 
wenig  Wasser  ei-hitzt.  Den  Angaben  des  Verfassers  über  die  beob- 
achteten Veränderungen  entnehmen  wir  hier  nur  die  Temperaturen, 
bei  welchen  vollständige  Kleisterbildung  eintrat.     Es  verkleisterten: 


Kartoffel    . 

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Gerste   .     . 

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Hafer     .     . 

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Beobachtungen  über  die  Zuckerbildung  durch  Diaslase  theilt  L.  Lindet 
in  Comptes  rendus^  1889,  608.  453,  mit.  Die  Zeitschrift  für  Spiriius- 
industrie^  Bd.  12  S.  109,  berichtet  über  diese  interessanten  Unter- 
suchungen, wie  folgt: 

..Die  Zersetzung  der  Stärke   in   Maltose    und   Dextrin    unter    dem 
Einflufs  der  Diastase  ist  stets  von  einer  secundären  Reaction  begleitet, 
während    welcher    die   Diastase    die    Dextrine    in   Maltose    umwandelt. 
Diese   Reaction   ist  indefs  nie   vollständig;   sie   kommt  zum   Stillstand, 
sobald  sich  eine  bestimmte  Menge  Maltose  gebildet  hat,  welche  dann 
ein    Hindernifs    für   jede    weitere  Verzuckerung    der    Dextrine    bildet. 
Nach  Payen^   der  diese  Beobachtung  machte,  ist   das   Hindernifs   nur 
vorübergehend,  indem  bei  der  Entfernung  der  Maltose  durch  alkoholische 
Gährung  in   dem  Mafse,   wie   dieselbe  verschwindet,   die  Diastase  von 
neuem  Maltose   auf  Kosten   der  Dextrine   zu   erzeugen   vermag.     Diese 
Theorie  ist  von  O'SuUivan  und  von  Kjeldahl  in  Zweifel  gezogen  worden. 
Nach  ersterem  wird  die  Verzuckerung  des  Dextrins  durch   die   gleich- 
zeitige Einwirkung  der   Diastase   und   der  Bierhefe   bewirkt.     Kjeldahl 
behauptete,  dafs  die  spätere  Wirkung  der  Diastase  während  der  Gäh- 
rung nicht  auf  die  Entfernung  des  Zuckers  zurückzuführen  ist  und  dafs 
in  der  Flüssigkeit  bei  genügend  langem  Stehen  die  Verzuckerung  die- 
selben Grenzen   erreicht,   als  wenn  die  Flüssigkeit  dtu-  Gährung  unter- 
worfen ist.    Diese  Widersprüche  veranlafsten  Lindet^  die  Maltose  mittels 
Phenylhydrazin  als  unlösliches  Phenylmaltosazon  zu  fällen,  wobei  sich 
stets   zeigte,   dal's   nach   der  Entfernung  der  Maltose   die  Diastase  ihre 
Thätigkeit  wieder  aufnimmt  und   die  Dextrine  verzuckert.     Man  muls 
also   annehmen,    dafs  die  Anhäufung    der   Maltose   in   der  Würze   die 
Ursache    des   Stillstandes    im  Verzuckerungsprozefs  ist    und    dafs    mit 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  377 

dem  Verschwinden  derselben  die  Diastase  ihre  verzuckernde  Wirkung 
gegenüber  den  Dextrinen  wieder  erlangt.  Lindet  glaubt  somit,  Paxjens 
Theorie  bestätigen  zu  könnend'  Für  die  Ansicht  Lindefs  dürfte  auch 
die  bekannte  Erfahrung  sprechen,  dafs  es  in  Dickmaischen  niemals 
gelingt,  mehr  als  80  Proc.  Maltose  zu  erzeugen,  während  in  dünnen 
Maischen,  also  in  verdünnten  Lösungen,  wie  sie  z.  B.  Cuisinier  für  sein 
Verfahren  anwendet,  es  sehr  wohl  möglich  ist,  fast  die  ganze  Menge 
der  Kohlehydrate  in  Maltose  umzuwandeln,  jedenfalls,  weil  in  diesen 
verdünnten  Lösungen  die  hemmende  Wirkung  auf  die  Diastase  durch 
den  gebildeten  Zucker  eine  nur  geringe  ist.  (Der  Ref.  vgl.  über  diese 
Frage  auch  unser  Referat  über  die  Untersuchungen  von  Müller-Turgau^ 
1887  265  224  und  ebendaselbst  S.  465  über  die  Arbeit  von  Porion.) 

Ein  Verfahren  zur  Umwandlung  der  Stärke  durch  Malz  zu  Maltose 
bezieh.  Maltose-Dextrin  ist  Paul  Degener  in  Berlin  patentirt  (D.  R.  P. 
Nr.  46110  vom  1.  Juni  1887).  Die  Umwandlung  geschieht  in  der  Weise, 
dafs  man  die  Stärke  nicht  mit  Wasser,  sondern  mit  einer  mehr  oder 
weniger  concentrirten  Lösung  bereits  verzuckerter  Stärke  verkleistert 
und  danach  durch  Malz  oder  Malzaufgufs  invertirt. 

Kohlehydrate  als  Oxydationsproducte  der  Eiweifsstoffe.  In  einer  Ab- 
handlung in  den  Berichten  der  deutschen  botanischen  Gesellschaft.,  Bd.  7 
S.  126,  kommt  W.  Palladin  auf  Grund  eigener  Untersuchungen  wie  Be- 
obachtungen anderer  Forscher  zu  dem  Schlufs,  dafs  aufser  durch  den 
Assimilationsprozefs  auch  durch  unvollständige  Oxydation  der  Eiweifs- 
stoffe Kohlehydrate  in  der  Pflanze  gebildet  werden. 

L-Acrose.,  eine  neue  Zuckerart.,  haben  E.  Fischer  und  T.  Tafel  syn- 
thethisch  dargestellt  (Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft.,  1889 
S.  97).  Die  L-Acrose  ist  die  erste  künstliche  Zuckerart  der  Hexanreihe, 
welche  mit  Hefe  gährt.  Sie  liefert  alle  charakteristischen  Reactionen 
der  natürlichen  Zuckerarteu,  wie  Dextrose,  Lävulose  und  Galactose  und 
unterscheidet  sich  von  diesen  nur  durch  die  optische  Inactivität.  Den- 
selben Körper  erhielten  E.  Fischer  und  Passmore  (Berichte  der  deutschen 
chemischen  Gesellschaft.,  1889  S.  359)  aus  dem  zuckerähnlichen  Product 
(Formose),  welches  Loew  (Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft., 
1889  S.  470.  482)  durch  Condensation  des  Formaldehyds  erhalten  hatte 
und  welches  sich  als  Gemisch  von  drei  verschiedenen  Aldehyd-  bezieh. 
Keton-Alkoholen  erwies.  Loeic  beschreibt  in  der  angeführten  Arbeit 
auch  das  Verfahren,  um  durch  Condensation  des  Formaldehyds  die 
gröfste  Menge  gährungsfähigen  Zuckers  zu  erhalten.  Dieser  gährungs- 
fähige  Zucker  ist  der  Lävulose  ähnlicher  als  der  Dextrose.  Loew  nennt 
ihn  Methose. 

Untersuchungen  über  Mannose  haben  E.  Fischer  und  J.  Birschherger 
ausgeführt  (Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft.,  Bd.  22  S.  365). 
Danach  ist  die  Mannose  ein  Oxydationsproduct  des  Mannits,  also  der 
Aldehyd  des  Mannits,  und  besitzt  dieselbe  Constitution  wie  die  Dextrose. 


378  Ueber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei. 

Dextrose  und  Mannose  bilden  demnach  in  der  Zuckergruppe  zwei 
Isomere,  welche  gleiche  Structur  besitzen  und  in  einander  übergeführt 
werden  können.  (Schhifs  folgt.) 


üeber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei. 

(Schlafs  des  Berichtes  S.  328  d.  Bd.) 

Schullze  berechnet  aus  seinen  Versuchen 

a)  specifisches  Gewicht  des  Malzschrotes  1,4540. 

b)  „  Volumen  „  „  0,6877. 

VI.  Die  Proportinalitätsmethode,  wie  sie  bisher  allgemein  gehaud- 
habt  wird,  "gibt  die  Extractausbeute  aus  einem  Malze  stets  um  mehr 
als  ein  Procent  zu  hoch  an,  und  zwar  deshalb,  weil  die  durch  die  ver- 
maischte Malztrockensubstanz  gebundene  Wassermenge  bei  der  Berech- 
nung des  Maischwassergewichtes  nicht  in  Abzug  gebracht  wird.  Sobald 
jedoch  das  gebundene  Wasser  ermittelt  und  in  Abrechnung  gebracht 
wird,  so  stimmen  die  Angaben  der  Proporüonalitätsmethode  gut  überein 
mit  den  Angaben  der  Zweifiltratsmethode,  sonst  gleiche  Umstände  vor- 
ausgesetzt. 

Zur  Beantwortung  der  Frage,  nach  welcher  Methode  die  Extract- 
ausbeute aus  einem  Malze  ermittelt  werden  soll,  unterwirft  der  Ver- 
fasser die  drei  gegenwärtig  zur  Verfügung  stehenden  Methoden  einer 
kritischen,  vergleichenden  Untersuchung,  nämlich: 

a)  Die  Proportionalitätsmethode  ohne  oder  mit  Berücksichtigung  des 
gebundenen  Wassers. 

b)  Die  Treberfiltratsmethode. 

c)  Die  Zweifiltratsmethode. 

ad  a)  Die  Proportionalitätsmethode  ohne  Berücksichtigung  des  ge- 
bundenen Wassers  kann  überall  da,  wo  eine  exacte  Extractbestimmung 
erforderlich  ist,  z.  B.  bei  der  Erforschung  der  Entstehungsbedingungen 
des  Extractes  aus  dem  Malze,  nicht  zur  Anwendung  kommen,  weil  sie 
erwiesenermafsen  die  Extractausbeute  um  mehr  als  1  Proc.  zu  hoch 
ergibt.  In  allen  Fällen  jedoch,  wo  es  auf  ein  paar  Zehntelprocent  zu 
viel  nicht  ankommt  (und  das  sind  doch  wohl  die  häufigeren.  D.  Ref.), 
kann  man  sie  der  Einfachheit  wegen  dulden,  wenn  von  der  errechneten 
Extractausbeute  1,2  Proc.  abgezogen  und  der  verbleibende  Rest  als  un- 
gefähre Extractausbeute  gegeben  wird. 

Die  Proportionalitätsmethode  mit  Berücksichtigung  des  gebundenen 
Wassers  ist  eine  exacte  Methode,  verlangt  aber  mehr  Arbeit,  mehr  Material 
und  mehr  Apparate;  denn  sie  fordert: 

a)  dafs  die  aus  den  gewöhnlichen  50:-  Malzschrot  erhaltene  Maische 
nach  dem  Abkühlen  in  einem  Halb-  oder  Ganzliterkolben  verdünnt, 
durch  etwa  3  Stunden    mittels   einer  Wasserluftpumpe   entlüftet,   dann 


Ueber  Fortscliritte  in  der  Bierbrauerei.  379 

bei  150  C.  im  Wasserbade  teraperirt  und  endlieh  sorgfältig  auf  die 
Marke  des  Kolbens  eingestellt  werde; 

ß)  dafs  das  Erdölvolumen  ermittelt  werde.  Des  Erdöles  bedient 
sieh  SchuUze  zur  Ermittelung  des  wahren  Volumens  des  Malzschrotes. 
Das  Erdöl  erwies  sich  hierzu  geeignet  wegen  seines  geringen  Lösungs- 
vermögens gegenüber  dem  Malzschrote.  Es  ist  das  in  einem  Halb-  oder 
Ganzliterkolben  befindliche  Maischschrotgewicht  nach  völliger  Entlüftung 
und  bei  150  C.  aufzufüllen. 

ad  b)  Die  Methode  der  Extractbestimmuug  aus  dem  Treberfiltrate 
führt  zu  Extractausbeuten ,  welche  mit  denen  der  richtigen  Proportio- 
nalitäts-  und  denen  der  Zweifiltratsmethode  übereinstimmen,  wenn  die 
Trebern  völlig  ausgewaschen  und  das  absolute  Gewicht,  sowie  das 
specifische  Gewicht  des  Filtrates  (dieses  bis  auf  die  5.  Decimale)  sorg- 
fältig ermittelt  werden,  natürlich  unter  Anwendung  der  Schultze- Osler- 
??iaMn'schen  Extracttabelle. 

Die  Methode,  zu  welcher  nach  Schultze  nicht  mehr  als  7?,5  Malz- 
schrot zu  verwenden  sind,  ist  des  Aussüfsens  der  Trebern  wegen  zeit- 
raubend und  daher  für  Laboratorien  mit  massenhaften  Extractbestim- 
muugen  nicht  geeignet. 

ad  c)  Die  Zweifiltratsmethode  erfordert  den  geringsten  Zeitaufwand 
und  hat  deshalb  am  meisten  Aussicht,  nach  dem  Hinfalle  der  gewöhn- 
lichen Proportionalitätsmethode  in  allgemeine  Aufnahme  zu  kommen 
(s.  o.     D.  Ref.). 

In  der  Voraussetzung,  dafs  die  Zweifiltratsmethode  allgemeine 
Annahme  bei  den  Brautechnikern  finden  werden,  hat  Schultze  die  Aus- 
rechnung der  bei  dieser  Methode  in  Betracht  kommenden  Gehaltsfactoren 

P       Q  P       ^  i    P       ^       \  '^ 

4~  und  -jTT^   und  des  Productes  250  i  4^  j    mit  der  grofsen  Thomafs- 

schen  Rechenmaschine  ein  für  allemal  ausgeführt  und  die  drei  Gröfsen 
in  zwei  Tabellen  zusammengestellt. 

Bei  den  Versuchen  über  die  Proportionalitätsmethode  mit  Berück- 
sichtigung des  gebundenen  Wassers  machte  Schultze  eine  Beobachtung, 
welche  er  in  Satz  VH  niederlegt^  nämlich: 

Vn.  Das  wahre  Volumen  aus  Extract  -|-  Trebern  in  1'  Maische  ist 
immer  gleich  dem  wahren  Volumen  der  Malzschrotmenge,  aus  welcher 
der  Extract  und  die  Trebern  durch  Maischung  entstanden  sind.  Oder: 
Bei  der  Umwandlung  von  Malzschrot  in  Extract  und  Trebern  wird  das 
wahre  Volumen  nicht  verändert. 

Das  IL  Heft  der  oben  genannten  Mittheilungen  aus  der  österreichischen 
Versuchsstation  für  Brauerei  und  Mälzerei  in   Wien  enthält  ferner: 

Beobachtungen  von  S.  Bohn  über  die  Aenderungen^  welche  im  Laufe 
der  Zeit  im  Rauminhalte  der  Schankfässer  eintreten. 

Es  ergab  sich: 


3bO  üeber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei. 

1)  Bei  den  Hektoliterfässern  treten  bereits  nach  einjährigem  Ge- 
brauche bedeutende  Schwankungen  im  Fafsinhalte  ein. 

2)  Da  diese  Schwankungen  sowohl  in  Ab-  als  auch  in  Zunahmen 
des  Volumens  bestehen,  so  erhält  sich  der  mittlere  Falsinhalt  selbst  in 
drei  Jahren  auf  nahezu  gleicher  Höhe. 

3)  Bei  Einhalb-Hektoliter-  und  Einviertel-Hektoliterfässern  unter- 
liegt der  Inhalt  selbst  nach  dreijährigem  Gebrauche  keinen  wesent- 
lichen Veränderungen. 

4)  Beim  Abziehen  des  Bieres  ohne  besondere  Abziehvorrichtung 
entsteht  in  Anbetracht  der  niederen  Temperatur  des  Bieres  (ungefähr 
-f-  2"  C.)  nur  wenig  Schaum. 

5)  Der  in  Folge  des  Bierschaumens  beim  Füllen  der  Fässer  sich 
ergebende,  zum  Theil  mit  Schaum  erfüllte  Raum  ist  sehr  gering  und  be- 
trägt im  Mittel  nur  0,5  Proc. 

6)  Selbst  das  (mittels  eines  Apparates  von  Stocbheim)  filtrirte  Bier 
schäumt  wenig  und  übersteigt  der  Abgang  an  leerem  Baume  auch  hier 
nicht  0,5  Proc. 

Ueber  die  Temperatur  der  Pfannenböden  von  Franz  Schwackhöfer. 

Als  Versuchsgegenstände  dienten  ein  Maischkessel  aus  Kupfer,  eine 
Würzepfanne,  deren  Boden  theils  aus  Eisen  und  theils  aus  Kupfertafeln 
zusammengesetzt  ist  und  eine  neue  eiserne  Pfanne,  welche  sowohl  zum 
Maisch-  als  zum  Würzekochen  dient.  Es  wurden  auf  der  Innen-  und 
Aufsenseite  Platten  angelöthet,  welche  aus  Legirungen  von  bekannten 
Schmelzpunkten  bestanden.  Dabei  zeigte  es  sich,  dafs  die  Temperatur 
auf  den  Aufsenseiten  der  Pfannen  unmittelbar  über  den  Feuerbrücken 
mehr  als  192^0.  betragen  kann,  während  auf  den  correspondirenden 
Stellen  der  Innenseiten  die  Temperatur  höchstens  1300  (j.  und  im  übrigen 
Theile  der  Pfanne  durchschnittlich  1150  C.  war. 

Eine  darauf  folgende  Mittheilung  von  S.  Hohn  und  Dr.  H.  Wichmann 
betrifft  einen  bemerkensiverihen  Fall  von  einem  unreinen  Tiefbrunnenwasser. 
Das  Bohrloch  von  der  Erdoberfläche  an  ist  168"^  tief;  ein  gemauerter 
Brunnenschacht  geht  30°i  tief  in  den  Boden.  Da,  wo  dieser  Schacht 
auf  dem  Erdreiche  aufsitzt,  sind  seitliche  Zuflüsse  vorhanden,  welche 
sich  dem  aus  dem  138™  tiefen  Bohrloche  kommenden  Wasser  zu- 
mischen. Es  wurde  zufliefsendes  Wasser  und  solches  aus  dem  Bohr- 
loche gesondert   aufgefangen    und   untersucht.     Die   chemische  Analyse 

beider  Wässer  ergab: 

in  11  Wasser  Milligramm  oben  (30ni)  unten  (168m) 

üesammtabdampfrückstand     .     .  875,6  818,0 

Chlor 38,0  9,1 

Salpetersäure 84,0  2.8 

Salpetrige  Säure 0,6  1,3 

Ammoniak Spuren  20,2 

Organische  Substanz       ....  59,6  94,8 
Sauerstoir   zur   Oxydation    erfor- 
derlich        3,1  2.2 


Ueber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei.  381 

Schliefslich  wird  noch  eine  gutachtliche  Aeufserung  des  Prof.  Schivack- 
höfer  mitgetheilt  über  die  Frage,  ob  die  Anwendung  von  geschwefeltem 
Hopfen  in  der  Bierfabrikation  als  gesundheitsschädlich  anzusehen  sei 
bezieh,  sich  als  gesundheitsschädlich  erwiesen  habe. 

Die  Frage  wurde  dahin  beantwortet,  dafs  vom  sanitären  Staud- 
punkte aus  die  Verwendung  von  geschwefeltem  Hopfen,  namentlich 
wenn  dieser  nach  der  Schwefelungsprocedur  noch  einige  Zeit  hindurch 
aufbewahrt  wird,  nicht  beanstandet  werden  kann.  (Dafs  geschwefelter 
Hopfen  bei  seiner  Verwendung  in  der  Brauerei  keine  gesundheitsschäd- 
liche Wirkung  des  Bieres  bedingt,  wurde  bereits  von  Liebig  nachge- 
wiesen.    D.  Ref ) 

Zur  Frage  des  Einßusses  der  aus  Würze  erzeugten  Röststoffe  auf  die 
Gährung  veröffentlicht  W.  Irmisch  (Wochenschrift  für  Brauerei.,  1889 
Bd.  6  S.  413,  neue  Versuche,  welche  zum  Theil  schon  vor  den  bereits 
verötfentlichten  (1889  272  474)  im  Vereinslaboratorium  von  Niemeyer 
ausgeführt  wurden.  Bei  den  Versuchen  wurde  Caramel,  Farbmalzauszug 
und  Producte  der  trockenen  Destillation  von  Malz  und  Würze  zu  Rohr- 
zuckerlösungen gesetzt,  welche  in  Gährung  versetzt  wurden.  In  keinem 
Falle  wui'de  ein  gährungshindernder  Einflufs  wahrgenommen. 

Durch  Erhitzen  von  Würze  unter  Hochdruck  bei  3,5  bezieh.  3"' 
(135  bis  140"  C.)  wurde  nachher  ein  niedriger  Vergährungsgrad  erzielt. 
Die  Dunkelfärbung  der  Würzen,  die  Ausscheidung  von  braunen  Massen 
und  im  Zusammenhange  damit  die  niedriger  gewordene  Saccharometer- 
anzeige,  der  geringere  Vergährungsgrad,  der  höhere  Säuregehalt  u.  s.  w. 
weisen  darauf  hin,  dafs  die  Erhitzung  der  Würze  unter  Hochdruck 
weitgehende  Veränderungen  derselben  hervorruft. 

Die  Erniedrigung  des  Vergährungsgrades  könnte  nach  Irmisch  davon 
herrühren,  dafs  durch  die  sich  ausscheidenden  Massen,  die  wohl  Eiweifs- 
körper  sein  könnten,  der  Hefe  ein  Nährstoff  entzogen  wird.  (Sollte  es 
nicht  wahrscheinlicher  sein,  dafs  durch  Erhitzen  der  Würze  auf  135  bis 
1400  etwas  Maltose  caramelisirt  und  dadurch  unvergährbar  geworden 
ist?    D.  Ref.) 

Ueber  bakteriologische  Wasseruntersuchung.,  sowie  Anwendung  der  Hefe- 
reinzucht bei  der  Obergährung  hielt  E.  Chr.  Hansen  im  Laboratoriums- 
klub zu  London  einen  Vortrag  (nach  The  Brewer's  Journal  in  Wochen- 
schrift für  Brauerei.,  1889  Bd.  6  S.  474).  Im  ersten  Theile  seines  Vor- 
trages sucht  Hansen  die  Vorzüge  seines  Verfahrens  gegenüber  dem 
hygienischen  zur  Prüfung  auf  Bakterien  im  Brauwasser  darzulegen. 
Neue  Thatsacheu  wurden  indessen  hierbei  nicht  vorgebracht  (vgl.  1888 
268  564). 

Was  die  Anwendung  der  Hefereinzucht  bei  der  Obergährung  be- 
trifft, so  ergeben  sich  vorläufig  noch  Schwierigkeiten  für  die  Einführung 
derselben.  Hansen  zweifelt  indessen  nicht,  dafs  es  den  englischen 
Technikern  gelingen  wird,  sein  Verfahren  der  englischen  Brauerei  an- 


382  lieber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei. 

zupassen.  Im  grofsen  Ganzen  liegen  die  Verliältnisse  gegenwärtig  ähn- 
lich in  England  wie  vor  der  Einführung  der  Reinzucht  in  den  unter- 
"ährisen  Brauereien.  Hansens  und  die  Untersuchungen  anderer  haben 
dargethan,  dafs  die  englische  Satzhefe  nicht  aus  einer  einheitlichen 
Hefeart  besteht,  sondern  aus  mehreren  Arten,  und  dafs  sie  gewöhnlich 
von  sehr  verschiedener  Zusammensetzung  ist,  welche  selbst  in  derselben 
Brauerei  zu  verschiedenen  Zeiten  wechselt,  und  welche  daher  Biere 
von  verschiedenen  Eigenschaften  erzeugt  und  damit  eine  unregelmäfsige 
Biererzeugung  zur  Folge  hat.  Um  die  Gährung  zu  beherrschen,  ist  es 
daher  sicher  nöthig,  mit  systematisch  gezüchteter  Hefe  zu  arbeiten.  Die 
Schwierigkeit  liegt  nun  lediglich  darin,  dafs  noch  nicht  entschieden  ist, 
ob  die  Gährungen  mit  einer  einzigen  Hefe  geführt  werden  können,  oder 
ob,  wie  die  englischen  Brautechniker  vielfach  der  Meinung  sind,  deren 
mehrei'e  nöthig  sind,  und  zwar  eine  Hefe  für  die  Hauptgährung  und 
andere  „wilde  Hefen^'  für  die  Nachgährung,  Man  scheint  gegenwärtig 
in  England  allgemein  der  Ansicht  zu  sein,  dafs  sich  das  Reinzuchtver- 
fahren wohl  für  sogen.  Jungbiere,  aber  nicht  für  Lagerbiere  eigne. 
Letztere  sollen  ihre  charakteristischen  Eigenschaften  erst  durch  eine 
zweite  Gährung  erhalten,  welche  abhängig  sein  soll  von  der  Zersetzung 
von  Maltodextrin  oder  dextrinartigen  Körpern,  welche  nur  durch  ge- 
wisse wilde  Hefeformen  vergohren  werden  könnten.  Ein  Beweis  für 
die  Richtigkeit  dieser  Ansicht  ist  bis  jetzt  noch  nicht  geliefert  worden 
(dürfte  auch  nicht  so  leicht  zu  liefern  sein,  denn  diese  Ansicht  hat  doch 
sehr  viel  Unwahrscheinlichkeit.     D.  Ref.). 

In  Australien,  wo  ebenso  gebraut  wird  wie  in  England,  wurde  die 
Reinzucht  wiederholt  ohne  Abänderung  mit  bestem  Erfolge  eingeführt, 
und  soll  die  allgemeine  Einführung  reingezüchteter  Hefe  in  den  austra- 
lischen Colonien  bevorstehen. 

Viele  dänische  und  ausländische  Brauereien,  so  in  Rotterdam,  Ham- 
burg, in  Frankreich,  arbeiten  mit  reingezüchteter  Oberhefe. 

In  Burton  on  Trent  dagegen  wurden  Versuche  ohne  entscheidendes 
Resultat  gemacht.  Es  wurden  Versuche  augestellt  in  grofsem  Mafsstabe 
mit  mehreren  Arten  Reinhefe,  welche  sich  sehr  unter  einander  unter- 
schieden bezüglich  des  Vergährungsgrades,  des  Feuers,  Geruches  und 
Geschmackes  des  daraus  fabricirten  Bieres,  Unterschiede,  welche  lange 
Zeit  constant  blieben.  Das  Bier  klärte  sich  jedoch  äufserst  langsam. 
Aus  diesem  Grunde  wurde  keine  der  erprobten  Hefen  als  tauglich  für 
die  Burtoner  Gährung  befunden. 

Ueber  die  Anzahl  der  Hefezellen  im  Biere  von  Dr.  M.  Wahl  (nach 
„Mittheilung  aus  der  Versuchsstation  für  Brauereien  in  Chicago'-'  aus 
dem  dort  erscheinenden  Braumeister  in  der  Allgemeinen  Brauer-  und 
Hopfenzeitung,  1889  Bd.  29  S.  1179). 

In  l<i>mm  wurde  die  folgende  Anzahl  von  Hefezellen  gefunden: 


Uebei'  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei.  383 

Durchschnitt 

von  Zellen 

Zählungen 

1)  Würze  nach  Zusatz  von  ll/o  Pfund  Hefe  per  Barrel         10      =21600 

2)  4  Tage  nach  dem  Anstellen 3      =67  200 

3)  8  Tage  nach  dem  Anstellen 3      =64  800 

•4)  Nach  der  Gährung  18  Tage  ^  a)  das  Bier  ist  lauter  4=1  600 

nach  dem  Anstellen  f  b)  das   Bier   ist   grün  2      =    9  200 

5)  3  Wochen  auf  R„h  !  ^-^-^f^^f     !     !    !    !    !    !  \     Z  ^fS> 

6,  6  vvochen  auf  Ruh  J  |,t,lf -'1^,^,,.  :    ;    ;    ;    ;        l    Z     ^ 

7,  3  Mouate  auf  Ruh   j  Sj^lf  rbgese.n  l    !    !     !    !  l     l      l^ 

8)  Bier  10  Tage  im  Vacuu.  j  '^ ^    ;    ;    ;    ;  \     Z      3« 

9)  Bier  nach  dem  Auf  krausen 3=1  830 

10)  Bier  vor  dem  Spunden 5      =         62 

i  staubig 6     =        82 

fein 8      =        18 

glanzfein 4      =  5 

12)  Filtrirtes  Bier  durch  \  ^°^'  ^j^^'  ^llf^;!«"  f ^^^ig     .6=5 

Stockheim-Filter  )  ^«^'  ^/^'  F^\^|f^^^.°"  ^''f      :  .  •  ^      =  1 

(  vor  der  Piltration    glanztem  4      =         i/^ 

Als  besonders  merkwürdig  erseheint,  dafs  ein  Bier,  das  gewöhn- 
lich als  glanzfein  bezeichnet  wird,  noch  fünf  Zellen  im  Cubikmillimeter 
ergab,  also  in  1'  nicht  weniger  als  fünf  Millionen  Hefezellen. 

Auf  der   7.  ordentlichen    Generalversammlung   des   Vereins   ^^Versuchs- 
und  Lehranstalt  für  Brauerei^'-  in  Berlin  kamen  in  Form  von  Vorträgen 
eine  Reihe  bedeutsamer  Fragen  für  die  Brauindustrie  zur  Sprache,   be- 
züglich   deren    wir    auf  den    Bericht    über   die    Versammlung    in    der 
Wochenschrift  für  Brauerei^  1889  Bd.  6  S.  557,  verweisen  müssen.   Hier 
sei  nur  bemerkt,    dafs   Prof.  Delbrück  über    das   Kühlschiff,    als   einen 
Apparat,    in  dem    besonders  leicht  Infectionen    der   Würze  stattfinden 
können,  und  über  den  Ersatz  desselben  durch  andere  eine  Infection  ver- 
hütende Apparate  sprach.     Als  solche  Apparate  wurden  angeführt,  der 
Apparat   zum  Sterilisiren   und  Kühlen  der   Würze   von    Hoffmann    und 
Ebert  (1888  269  79),  der  Apparat  von  Ergang  in  Magdeburg,  ein  Satz- 
bottich  mit   gewellten   Wänden,    an    denen   das   Kühlwasser  herunter- 
rieselt,   so    dafs  Klären   und   Kühlen   zugleich  stattfindet.     Auf   diesen 
Apparat,    sowie    auf   den    als    Kühlbottich    dienenden   Satzbottich    von 
Eckert  in  Berlin   werden    wir  noch  zurückkommen;   ferner  wurde  noch 
erwähnt  die  Klärcentrifuge   von  Burmeister  und  Wains  in  Kopenhagen. 
Der    Vortrag  Dr.  Lindner' s   behandelte   die   Organismen^   welche  In- 
fectionen verursachen,  und  die  Wege,  auf  welchen  derartige  Infectionen 
stattfinden    können.     Als    derartige   Organismen    kommen    in    Betracht: 
wilde  Hefen,   von   Bakterien  im   Grofsen   und   Ganzen   nur  zwei:    die 
Sarcina  und  allenfalls  auch  das  Milchsäureferment   und  Schimmelpilze, 
welche  weniger  einen  direkten  Einflufs,   als  vielmehr   einen   indirekten 
ausüben,  indem  durch  Wucherungen  derselben  auf  der  Malztenne  eine 
Zersetzung  organischer  Substanz  hervorgerufen  wird ,  wodurch  dumpfe 


384  Kleinere  Mittheilungen. 

Gerüche,  schimmeliger  Geschmack  u.  s.  w.  entstehen,  die  sich  schliefs- 
lich  dem  Biere  mittheilen.  Solche  Mikroorganismen  finden  sich  mm 
reichlich  auf  der  Gerste,  feuchten  und  trockenen  Trebern,  Malzstaub, 
auf  dem  Stalldünger  u.  s.  w.  und  können  durch  die  Luft  oder  das 
Wasser  der  Würze  bezieh,  dem  Biere  sich  mittheilen. 

Dr.  Heinke  machte  nach  Versuchen  in  der  Praxis  Mittheilungen  über 
den   Vergährungsgrad  und  über  Eiweifstrübung. 

Ingenieur  Goslich  endlich  theilt  Beobachtungen  über  die  Controle 
der  Leistungen  von  Feuerungsanlagen  und  Dampfmaschinen  mit  und 
empfiehlt  schliefslich  dem  Vereine  die  Anstellung  eines  Lehrheizers, 
der  nach  solchen  Brauereien  hingeschickt  werden  soll,  welche  thatsäch- 
lich  zu  viel  Kohlen  brauchen. 

Gelegentlich  der  Generalversammlung  veranstaltete  der  genannte 
Verein  eine  sehr  bemerkenswerlhe  Ausstellung  von  Apparaten  zur  Verhütung 
der  Infection  in  der  Brauerei  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Einrichtungen 
zum  Ersätze  des  Kühlschiffes^  der  Hefereinzucht  und  der  Hefewasch  und 
Aufziehapparate.  Ueber  die  wichtigsten  der  dort  vertretenen  Apparate 
soll  in  dem  nächsten  Berichte  Mittheilung  gemacht  werden. 

C.  J.  Lintner. 


Sheldon's  elektrisclies  Löthrohr. 

Von  der  Eigenschaft  des  Lichtbogens  einem,  von  einem  ilim  genäherten 
kräftigen  Magnetpole  abgestofsen  zu  werden,  macht  Prof.  S.  Sheldon  an  der 
Harvard  Universität  Gebrauch  zur  Herstellung  eines  elektrischen  Löthrohres. 
In  den  Stromkreis  einer  gewöhnlichen  Bogenlampe  fügt  er  in  Hintereinander- 
schaltung einen  Elektromagnet  ein ;  wird  ein  Pol  desselben  dem  Lichtbogen 
ganz  nahe  gebracht,  so  wird  der  letztere  abgestofsen  und  nimmt  eine  Ge- 
stalt an,  welche  der  gewöhnlichen  Lcthrohrflamme  mit  seiner  Spitze  ganz 
ähnlich  ist  und  eine  so  hohe  Temperatur  besitzt,  dafs  in  ihr  ein  K.upferdraht 
Nr.  14  augenblicklich  schmilzt.  Noch  erscheint  aber  das  Ganze  für  den  Ge- 
brauch noch  nicht  handlich  genug  zu  sein.  {Engineering,  Bd.  47  S.  188,  vom 
22.  Februar  1889.) 

R.  Kennedy's  elektrischer  Regulator. 

Nach  seinem  Englischen  Patente  Nr.  1162  vom  16.  Januar  1889  will 
R.  Kennedy  in  Glasgow  den  Centrifugal-Regulator  einer  Dampfmaschine,  welche 
eine  Dynamo  treibt,  durch  den  Strom  der  letzteren  so  beeinllussen,  dafs  die 
Dampfmaschine  schneller  läuft,  wenn  die  Dynamo  stärker  belastet  wird.  Er 
bringt  dazu  in  der  Verlängerung  des  Centrifugal-Regulators  einen  von  zwei 
Solenoiden  umgebenen  Eisenkern  an,  von  denen  das  obere,  feindrähtige,  in 
einen  Nebenschlufs  zu  den  Klemmen  der  Dynamo  gelegt  wird,  das  untere, 
dickdrähtige,  dagegen  in  den  Hauptstromkreis  selbst.  Bei  Dynamo  mit  un- 
veränderlicher Spannung  unterstützt  das  dickdrähtige  Solenoid  die  Federn  des 
Regulators  in  ihrem  Bestreben,  der  Maschine  mehr  Dampf  zuzuführen,  wogegen 
der  dünndrähtige  Solenoid  den  Federn  entgegenarbeitet. 


Verlas  der  J.  G.  Gotta'schen  Riichliandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
DruoL'  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      385 

Von  der  Deutschen  Allgemeinen  Ausstellung  für  Unfall- 
verhütung in  Berlin  1889. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  15  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  19  und  21. 

AbStellvorrichtungen  für  Dampfmaschinen. 

Auf  der  Ausstellung  sind  die  in  Betrieb  befindlichen  Dampfmaschinen 
sämmtlich  mit  Vorrichtungen  ausgerüstet,  welche  ein  mehr  oder  weniger 
schnelles  Anhalten  der  Dampfmaschine  bezieh,  des  von  derselben  be- 
thätigteu  Triebwerkes  gestatten  sollen.  Eine  erhebliche  Anzahl  solcher 
Vorrichtungen  ist  ferner  in  Modellen  und  Zeichnungen  zur  Anschauung 
gebracht,  so  dafs  wohl  die  Vollzähligkeit  der  auf  diesem  Gebiete  be- 
kannten Systeme  behauptet  werden  kann. 

Bei  der  Beurtheilung  der  Abstellvorrichtungen  ist  zu  beachten,  dafs 
derartige  Anordnungen  nicht  nur  im  Interesse  der  Sicherung  der  im 
bezüglichen  Kraftbetriebe  thätigen  Arbeiter  vor  Verletzungen  durch  das 
Triebwerk  zu  treffen  sind,  sondern  dafs  auch  die  Sicherung  des  Trieb- 
werkes selbst  durch  Anwendung  einer  Absteilvorrichtung  erreichbar  ist. 
Wie  oft  kommt  es  vor,  dafs  durch  Zerreifsung  eines  Treibseiles,  durch 
einen  Zahnbruch  u.  dgl.  das  gesammte  Getriebe  einer  ernsten  Beschä- 
digung ausgesetzt  wird,  wenn  nicht  eine  zeitige  Absperrung  des  Trieb- 
werkes herbeigeführt  werden  kann. 

Immer  kommt  es  darauf  an,  das  Triebwerk  bezieh,  die  treibende 
Dampfmaschine  so  schnell  wie  möglich  zum  Stillstande  zu  bringen.  In 
dieser  Beziehung  ist  es  beachtenswerth,  dafs  einige  der  auf  der  Aus- 
stellung gezeigten  Ausführungen  den  Stillstand  der  Dampfmaschine  be- 
reits nach  einer  Viertelumdrehung  zweifellos  erreichen,  während  aller- 
dings bei  den  meisten  Anordnungen  noch  drei,  ja  fünf  und  sechs  volle 
Umgänge  verstreichen,  bevor  die  Stillsetzung  bewirkt  ist. 

Nach  Lage  der  Sache  kann  von  Absteilvorrichtungen  im  Interesse 
der  Sicherung  der  Arbeiter  und  des  Betriebes  ein  Nutzen  nur  erhofft 
werden,  wenn  die  möglichst  sofortige  Stillsetzung  gewährleistet  ist. 
Man  kann  auf  verschiedenen  Wegen  zu  diesem  Ziele  kommen.  Einmal 
durch  Abstellung  des  Dampfes  von  der  Dampfmaschine,  sodann  durch 
Trennung  des  Triebstranges  von  der  Dampfmaschine.  In  beiden  Fällen 
wird  der  Erfolg  durch  Anwendung  von  Bremsen  erhöht.  Es  gibt  ferner 
Einrichtungen,  bei  denen  durch  Einwirkung  auf  die  Steuerung  der 
Dampfcjlinder  gewissermafsen  als  Bremse  benutzt  wird,  indem  durch 
Abschlufs  des  Auspuffes  der  eingeschlossene  Dampf  als  Buffer  dienen 
soll,  um  zu  verhindern,   dafs  der  Dampf kolben  seinen  Weg  vollendet. 

Die  Einwirkung  auf  den  Dampfabschlufs  findet  sich  am  häufigsten 
ausgeführt.  Rücksichtlich  des  Umstandes,  dafs  die  lebendige  Kraft  des 
Schwungrades  meist  selbst  bei  Anwendung  einer  gleichzeitig  wirkenden 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  9.  188911II.  25 


386      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Bremse  nur  schwer  in  der  erforderlichen  Schnelligkeit  zu  vernichten 
sein  wird,  erscheint  es  im  Allgemeinen  zweckmäfsiger,  die  Sicherung 
in  der  Abtrennung  des  Triebwerkes  von  der  Dampfmaschine  zu  suchen. 
Zu  diesem  Behufe  wird  zwischen  die  Haupttriebwelle  und  die  Dampf- 
maschine eine  Kuppelung  eingeschaltet,  deren  Lösung  naturgemäfs  auch 
ohne  Anwendung  einer  Bremse  den  Stillstand  des  Triebwerkes  schneller 
herbeizuführen  vermag,  da'die  bedeutende  lebendige  Kraft  des  Schwung- 
rades nun  nicht  mehr  zu  vernichten  nöthig  ist.  Jedenfalls  vermag  der 
schnelle  Stillstand  mit  geringeren  Gewaltmitteln  erzwungen  zu  werden 
und  ohne  Gefährdung  der  Dampfmaschine  durch  die  Bremsung  selbst. 
Gegen  diese  Anordnung  spricht  jedoch  die  Thatsache,  dafs  die  Lösung 
einer  solchen  Kraftkuppelung  recht  schwierig  sich  gestaltet,  weil  zu 
ihrer  Lösung  selbst  unter  Berücksichtigung  der  neuen,  später  zur  Be- 
sprechung gelangenden  Ausführungen  immerhin  eine  beträchtliche  Kraft 
gehört,  welche  durch  eine  Leitung  nicht  immer  zu  übertragen  ist; 
andererseits  befinden  sich  erfahrungsgemäfs  solche  Kuppelungen  meistens 
in  schlechtem  Zustande,  während  sie  endlich  noch  wesentlich  zur  Ver- 
theuerung  der  Anlage  beitragen. 

Die  Bethätigung  der  Abstellvorrichtungen  bedarf  einer  gewissen 
Kraft,  welche  meist  durch  Herabfallen  eines  entsprechend  schweren 
Gewichtes  geliefert  wird.  Die  Auslösung  des  letzteren  erfolgt  gewöhn- 
lich durch  eine  elektrische  Leitung,  mittels  welcher  durch  Stromschlufs 
oder  Stromunterbrechung  ein  Elektromagnet  die  das  Gewicht  haltende 
Klinke  frei  gibt.  So  viele  Annehmlichkeiten  die  elektrische  Leitung 
gerade  für  diese  Zwecke  hat,  wo  es  darauf  ankommt,  von  möglichst 
vielen  Stellen  der  Werkstatt  aus  die  Vorrichtung  bethätigen  zu  können, 
so  darf  doch  trotz  des  Standes  unserer  Elektrotechnik  nicht  vergessen 
werden,  dafs  gerade  diese  Leitungen  meist  der  schwächste  Punkt  der 
ganzen  Anlage  sind.  Die  elektrische  Leitung  ist  bei  sorgfältigster  Iso- 
lirung  der  Drähte  in  der  Werkstatt  wohl  niemals  vor  Beschädigung  zu 
sichern.  Eine  feuchte  Stelle  an  der  Wand,  ein  unvorsichtig  einge- 
schlagener Nagel  sind  im  Stande,  die  Zuverlässigkeit  der  elektrischen 
Leitung  in  Frage  zu  stellen,  weil  durch  diese  Zufälligkeiten  ein  Neben- 
schlufs  herbeigeführt  wird,  welcher  den  Strom  einen  anderen  als  den 
zur  Abstellung  des  Betriebes  erforderlichen  Weg  schickt. 

Wird  ständig  ein  Strom  durch  die  Leitung  geschickt,  so  dafs  die 
Wirkung  erfolgt  bei  Unterbrechung  der  Leitung,  so  hat  man  den  besten 
Schutz  gegen  die  angedeuteten  Gefahren.  Diese  Einrichtung  findet  sich 
bei  der  Vorrichtung  von  Siemens  und  Halske  (Berlin).  Es  wird  jedoch 
meist  ein  Ruhestrom  angewendet,  so  dafs  die  Wirkung  erst  bei  Schlufs 
der  Leitung  statthat.  Für  letzteren  Fall  bleibt  es  aber  unbedingte  Noth- 
wendigkeit,  zur  Sicherung  der  Wirksamkeit  der  Absteilvorrichtung  eine 
weitere  Sicherung  anzubringen,  welche  in  Controlleitungen  o.  dgl.  be- 
stehen mufs. 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      387 

Einige  der  ausgestellten  Abstellvornchtungen  besitzen  keine  elek- 
trische Leitung,  sondern  einen  mechanischen  Zug  zur  Bethätigung 
der  Schutzvorrichtung.  Es  findet  dies  statt  bei  zwei  Modellen  (einer 
mechanischen  Schreinerei  und  einer  Dreherei),  welche  von  der  Königl. 
preufsischen  Staatseisenbahnverwaltung  ausgestellt  sind,  sowie  bei  der 
Schutzvorrichtung  von  Richard  Wens  in  Berlin.  Hier  wird  eine  Ab- 
lösung des  gesammten  Triebstranges  von  dem  unbeeinflufst  bleibenden 
Motor  durch  Drahtzüge  bewirkt,  »welche  die  verbindende  Kuppelung 
von  mehreren  Punkten  der  Werkstatt  durch  Bewegung  eines  Hebels 
ausrücken. 

Die  Verwendung  von  Schnur-  oder  Drahtzügen  ist  jedoch  nur, 
wie  in  diesem  Falle,  zu  treffen,  wenn  die  Leitung  nicht  zu  lang  und 
möglichst  ohne  Winkel  geführt  werden  kann;  sonst  ist  der  Kraftauf- 
wand selbst  unter  Hinzuziehung   von  Gewichten  schwerlich  zu  leisten. 

Des  Weiteren  haben  wir  in  je  einem  Falle  der  Verwendung  von 
Leitungen  für  Prefsluft,  verdünnte  Luft  und  Druckwasser  zu  gedenken. 
Diese  Leitungen  scheinen  am  zweckdienlichsten  zu  sein,  weil  sie  in 
Bezug  auf  Abwinkelung  selbst  der  elektrischen  Leitung  ebenbürtig  sind, 
während  sie  dieselbe  bezüglich  der  Sicherheit  entschieden  überragen. 
Der  in  den  Leitungen  zur  Bethätigung  der  Auslösevorrichtungen  er- 
forderliche Druck  ist  so  gering,  dafs  Undichtigkeiten  kaum  zu  befürchten 
sind.     Der  Preis  ist  allerdings  erheblich  höher. 

Wir  gehen  nunmehr  auf  die  Besprechung  der  einzelnen  Vorrich- 
tungen ein. 

Bei  einer  im  Modell  gezeigten  Ausführung  der  Königl.  preufsischen 
Staatseisenbahnverwaltung  bewirkt  der  Schlufs  der  elektrischen  Leitung 
unter  Vermittelung  eines  Elektromagneten  die  Oeffnung  eines  Ventiles, 
durch  welches  nun  der  frische  Kesseldampf  aus  der  Dampfzuleitung  in 
einen  kleinen  Dampfcjlinder  tritt,  dessen  vorwärts  getriebener  Kolben 
nunmehr  mittels  eines  doppelarmigen  Hebels  die  Kuppelung  zwischen 
Schwungradachse  und  Triebwelle  löst  und  gleichzeitig  ein  Bremsband 
auf  letzterer  anzieht. 

Die  von  der  Firma  Siemens  und  Halske  in  Berlin  ausgestellte  Vor- 
richtung wird  selbstverständlich  mit  ausgedehntester  Verwendung  elektri- 
scher Einrichtungen  bethätigt.  Der  Apparat  wirkt  im  Allgemeinen 
derart,  dafs  im  Dampfmaschinenraume  und  an  allen  betreffenden  Ar- 
beitsorten Läutewerke  in  Thätigkeit  gesetzt  werden,  zugleich  aber  auch 
die  Drosselklappe  im  Dampfzuleitungsrohre  für  die  Betriebsmaschine 
sich  zudreht  und  eine  kräftige  Bremse  auf  das  Schwungrad  dieser  Ma- 
schine einwirkt. 

Fig.  1  zeigt  die  Wand  des  Dampfmasehinenraumes  mit  dem  Läute- 
werke (mit  abgehobenen  Schutzkasten)  und  den  damit  verbundenen, 
zur  Bethätigung  der  Drosselklappe,  sowie  der  Schwungradbremse 
dienenden  Mechanismus.     Ferner  ist   noch  ein  elektrischer  Umschalter, 


388      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

sowie  ein  Aussehalter  vorhanden,  womit  der  Maschinist  bezieh,  die 
Läutewerke  der  Arbeitsorte  behufs  Hervorbringung  der  vorschriftsmäfsigen 
Signale  für  das  Anlassen  der  Dampfmaschine,  sowie  für  Ruhepausen  in 
Thätigkeit  setzen,  oder  bei  Beginn  jeder  Ruhepause  den  ganzen  Mecha- 
nismus auslösen  mufs,  um  sich  von  dessen  orduungsmäfsigem  Zustande 
zu  überzeugen.  Fig.  2  zeigt  in  schematischer  Darstellung  den  vollstän- 
digen Apparat  nebst  dem  Dampfmaschinencj'linder. 

Der  Apparat  ist  so  eingerichtet,,  dafs  für  gewöhnlich,  d.  i.  im  regel- 
mäfsigen  Gange  des  Dampfbetriebes,  der  Strom  der  dazu  dienenden 
kleinen  elektrischen  Batterie  durch  alle  Apparate  hindurchgeht,  wobei 
die  Läutewerke  in  Ruhe  bleiben  und  die  Auslösemechanismen  für 
Drosselklappe  und  Schwungradbremse  gesperrt,  d.  i.  unwirksam  erhalten 
werden.  Der  Apparat  arbeitet  daher  mit  Ruhestrom,  d.  h.  derselbe 
kommt  erst  zur  Thätigkeit,  wenn  der  elektrische  Stromkreis  unterbrochen, 
also  der  Strom  von  den  Apparaten  ausgeschaltet  oder  in  Ruhe  versetzt 
wird.  So  lange  der  elektrische  Strom  durch  die  Läutewerke  geht,  sind 
deren  Elektromagnete  wirksam,  so  dafs  dieselben  ihre  Anker  festhalten, 
damit  die  Wirkung  der  Zuggewichte  hemmen  und  zugleich  die  mit 
ihnen  durch  Zugdrähte  verbundenen  Auslösemechanismen  für  Drossel- 
klappe und  Schwungradbremse  aufgesperrt  erhalten.  Wird  aber  der 
elekti'ische  Strom  in  der  Leitung  an  irgend  einer  Stelle  unterbrochen, 
so  verlieren  die  Elektromagnete  der  Läutewerke  sofort  ihre  Kraft,  ihre 
bewegbaren  Anker  werden  durch  Federn  zurückgezogen  und  damit  der 
ganze  Signal-  und  Abstellmechanismus  ausgelöst.  Unter  der  Wirkung 
der  herabsinkenden  Gewichte  schlagen  dann  die  Hämmer  der  Läute- 
werke gegen  die  Glocken,  die  Drosselklappe  sperrt  den  Dampf  nach 
dem  Dampfmaschinencylinder  ab  und  die  Bremse  wird  durch  einen 
langen  Gegengewichtshebel  kräftig  gegen  den  Umfang  des  Dampf- 
maschinenschwungrades gedrückt,  so  dafs  die  Dampfmaschine  so  rasch 
als  möglich  ihre  Umdrehung  einstellt  und  alle  Transmissionen  fast 
augenblicklich  zum  Stillstande  kommen. 

In  der  schematischen  Darstellung  Fig.  2  bezeichnet  D  das  Drossel- 
klappengehäuse und  .S  das  Schwungrad  der  Dampfmaschine;  B  ist  die 
mit  einem  langen,  kräftig  wirkenden  Gegengewichtshebel  H  versehene 
Schwungradbremse.  Am  freien  Ende  des  Bremshebels  ist  ein  dünnes 
Drahtseil  f,  welches  über  zwei  oberhalb  angebrachte  Leitrollen  nach 
der  Wand  geführt  und  unterhalb  über  eine  Rolle  gewunden  ist,  auf 
deren  Achse  ein  kleines  Schwung-  und  Handrad  K  sitzt.  Am  Umfange 
dieses  Rades  ist  eine  Nase  angebracht,  welche  sich  auf  eine  kleine 
Welle  c  auflegt,  die  an  der  Auflegestelle  halb  cylindrisch  angefeilt  ist, 
um  bei  einer  gewissen  Stellung  die  Nase  vorbeigehen  zu  lassen  und 
dem  Rade  K  unter  der  Wirkung  des  vom  niedersinkenden  und  dadurch 
die  Bremse  gegen  das  Schwungrad  pressenden  Bremshebels  H  ange- 
zogenen Drahtseiles  t  die  Umdrehung  zu  gestatten.    Durch  die  Drehung 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      389 

dieses  Rades  wird  das  Anziehen  der  Bremse  insoweit  gemäfsigt,  dafs 
kein  Stofs  erfolgt.  Am  hinteren  Ende  der  erwähnten  Welle  c  sitzt  ein 
Hebelarm,  welcher  durch  einen  Zugdraht  mit  dem  oberhalb  befindlichen, 
durch  ein  kleines  Gewicht  angezogenen  Kreuzhebel  b  in  Verbindung 
steht,  und  dieser  Kreuzhebel  ist  wiederum  durch  zwei  überkreuzte  Zug- 
drähte mit  einem  doppelarmigen  Hebel  a  verbunden,  welcher  auf  einer 
langen  unterhalb  der  Zimmerdecke  gelagerten  Welle  f  liegt,  deren 
anderes  Ende  sich  oberhalb  der  Drosselklappe  D  befindet  und  mittels 
eines  Hebelarmes  durch  einen  Zugdraht  mit  dem  Gegengewichtshebel 
der  Drosselklappe  derartig  verbunden  ist,  dafs  die  Drosselklappe  offen 
bleibt,  so  lange  die  Nase  des  Rades  K  auf  dem  halbcylindrischen  Ende 
der  Welle  c  aufliegt,  während  der  Gegengewichtshebel  die  Drossel- 
klappe sofort  schliefst,  wenn  durch  eine  geringe  Drehung  der  Welle  c 
das  Rad  K  dem  Zuge  des  Bremshebels  folgen  kann. 

Die  Welle  f  trägt  an  dem  an  der  Wand  befindlichen  Ende  einen 
kleinen  Hebelarm,  der  mit  dem  Läutewerke  L  des  Dampfmaschinen- 
raumes durch  einen  Zugdraht  verbunden  ist,  so  dafs  das  unter  dem  Ein- 
flüsse des  elektrischen  Stromes  im  Ruhezustande,  d.  i.  gesperrt  erhaltene 
Läutewerk  den  Abstellmechanismus  der  Dampfmaschine  ebenfalls  ge- 
sperrt erhält.  Die  übrigen,  an  den  verschiedenen  Arbeitsorten  ver- 
theilten  Läutewerke  L  sind  einfach  mit  der  elektrischen  Stromleitung 
verbunden  und  bleiben  in  Ruhe,  so  lange  der  Strom  durch  dieselben 
hindurchgeht  und  demzufolge  deren  Elektromagnete  ihre  Anker  fest- 
halten. 

Tritt  nun  an  einem  der  Arbeitsorte  ein  Umstand  ein,  welcher  das 
rasche  Abstellen  der  Dampfmaschine  erwünscht  erscheinen  läfst,  so  wird 
auf  den  Knopf  des  zunächst  befindlichen  Stromausschalters  A^  gedrückt 
und  damit  der  elektrische  Strom  in  der  ganzen  Leitung  unterbrochen, 
so  dafs  sämmtliche  Läutewerke  ihr  lang  andauerndes  Signal  geben  und 
die  Abstellvorrichtung  der  Dampfmaschine  zur  Wirkung  kommt.  Die- 
selbe Auslösung  des  ganzen  Apparates  kann  der  Maschinist  auch  durch 
einen  Druck  auf  den  Knopf  des  Ausschalters  R  bewirken,  um  sich  von 
dem  arbeitsfähigen  Zustande  des  ganzen  Apparates  zu  überzeugen.  Zur 
Abgabe  kurz  andauernder  Läutesignale,  durch  welche  gewöhnliche 
Ruhepausen,  insbesondere  der  Arbeitsschlufs  zur  Mittags-  und  Feier- 
abendszeit angezeigt  wird,  bedient  der  Maschinist  sich  des  Stromum- 
schalters -4,  indem  er  dessen  durch  eine  Spiralfeder  stets  nach  rechts, 
zum  allgemeinen  Stromschlusse  gezogene  Kurbel  nach  links  dreht;  da- 
durch wird  für  die  in  den  Arbeitsräumen  angebrachten  Läutewerke  Lj 
der  Stromkreis  unterbrochen,  so  dafs  dieselben  zum.  Anschlagen  kurzer 
Signale,  wie  solche  zur  Angabe  der  gewöhnlichen  Ruhepausen  dienen, 
gebi-acht  werden.  Das  im  Maschinenräume  befindliche,  mit  dem  Ab- 
stellmechanismus verbundene  Läutewerk  L,  dessen  Thätigkeit  hierbei 
unnöthig  ist,  wird  durch  die  Umstellung  dieses  Umschalters  mit  einem 


390      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Theile   der  elektrischen  Batterie    in   kurzen  Sehlufs    gebracht   und   im 
Ruhezustande  erhalten. 

Der  elektrische  Abstellapparat  mit  Alarmvorrichtung  von  H.  Mohren- 
berg  in  Reicheuau  bei  Zittau  besteht  im  Wesentlichen  aus  einem  kräf- 
tigen Elekti'omagnete  und  drei  Hebeln,  von  welchen  der  eine  den 
Magnetanker  trägt,  der  andere  als  Zwischenhebel  dient  und  der  dritte 
als  Gewichtshebel  mit  einem  mehr  oder  minder  schweren  Gewichte  in 
Verbindung  steht.  Alle  drei  Hebel  haben  ihre  Auflage  und  Drehpunkte 
an  einem  Gestelle,  auf  welchem  auch  der  Elektromagnet  und  ein  Con- 
taet  für  das  Alarmsignal  sich  befindet. 

Die  Wirkung  des  Abstellapparates  ist  folgende:  Durch  eine  ge- 
nügend starke  Batterie  wird  so  viel  Elektricität  erzeugt,  um  in  einem 
Elektromagnete  eine  kräftige  Erregung  hervorzubringen,  sobald  durch 
den  einen  oder  den  anderen  der  an  verschiedenen  Orten  angebrachten 
Contacte  der  elektrische  Stromkreis  geschlossen  wird.  Der  Elektro- 
magnet A  (Fig.  3)  zieht  nun  den  schwingenden  Anker  a  an,  wodurch 
die  anderen  Hebel  b  c  ihre  Auflagepunkte  verlieren  und  das  Gewicht  d 
niederfallen  kann,  um  hierbei  die  mit  demselben  verbundene  Drossel- 
klappe zu  schliefsen. 

Die  Vorrichtung  kann  auch  zum  Abstellen  von  Wasserrädern  dienen, 
indem  man  den  fallenden  Gewichtshebel  mit  einer  Nothschütze  ver- 
bindet. Ebenso  kann  der  Stillstand  von  Wellenleitungen  durch  Auslösen 
von  Kuppelungen^  Ueber schieben  der  Riemen  von  Los-  auf  Festscheibe  und 
umgekehrt  bewerkstelligt  werden. 

Mix  und  Genest  in  Berlin  bewirken  mit  der  ihrerseits  ausgestellten 
Einrichtung  keine  Abstellung  des  Betriebes,  sondern  lassen  nur  ein 
Signal  an  den  Maschinenwärter  abgeben,  um  diesen  zum  Abstellen  der 
Maschine  zu  veranlassen.  Natürlich  entspricht  eine  solche  einfache 
Klingelvorrichtung  in  keiner  Weise  den  hier  zum  Ausdruck  zu  bringenden 
Grundsätzen. 

Das  gröfste  Interesse  beanspruchen  jene  Vorrichtungen,  welche  den 
Dampf  selbst  zur  Leistung  der  Aufhalte-  bezieh.  Bremsarbeit  für  die 
Dampfmaschine  verwenden.  Zur  Einleitung  der  Bewegung  werden 
meist  Drahtzüge  benutzt,  seltener  eine  elektrische  Leitung. 

So  ist  in  der  Abtheilung  der  Königl.  preufsischen  Eisenbahnverwaltung 
das  Modell  einer  Dampfmaschine  ausgestellt,  bei  welchem  durch  einen 
Drahtzug  der  Grundschieber  von  der  Excenterstange  losgelöst  wird,  so 
dafs  die  Dampfvertlieilung  aufhört  und  der  im  Cylinder  eingeschlossene 
Dampf  als  Buffer  bezieh.  Bremse  wirken  mufs.  Der  Drahtzug  wirkt 
auf  einen  Winkelhebel,  welcher  die  Excenterstange  von  der  Grund- 
schieberstange aushebt. 

Eine  vom  königl.  Maschineuinspektor  Oelert  in  Halberstadt  ersonnene 
Absteilvorrichtung  wird  von  der  König-Friedrich- August- Hütte  in  Pot- 
schappel   ausgestellt.     Die   Ausführung  ist  in  Fig.  4  abgebildet.     Die- 


Deutsche  AHgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      391 

selbe  stimmt  im  Wesentlichen  mit  der  eben  beschriebenen  Anordnuna; 
überein. 

Bei  dieser  Vorrichtung  ist  zur  Verbindung  der  Excenter-  mit  der 
Schieberstange  kein  geschlossenes,  sondern  ein  offenes  gabelförmiges 
Auge  zur  Verwendung  gebracht,  wodurch  es  möglich  wird,  die  Ex- 
centerstauge  von  der  Schieberstange  sofort  zu  trennen  und  den  Ver- 
theilungsschieber  zum  Stillstande  zu  bringen.  Der  Cylinder  füllt  sich 
in  Folge  dessen,  da  das  Dampfzulafsventii  offen  bleibt,  entweder  vor 
oder  hinter  dem  Kolben  in  demselben  Augenblicke  mit  Dampf  und 
wird  die  ganze  Dampfkraft,  welche  bis  dahin  die  Dampfmaschine  und 
durch  diese  die  bezüglichen  Maschinen  in  Bewegung  setzte,  nicht  allein 
in  diesem  Sinne  aufgehoben,  sondern  in  eine  direkte  und  zwar  sehr 
elastische  Bremskraft  verwandelt. 

Der  von  dem  Kessel  zuströmende  Dampf,  welchem  durch  den  Still- 
stand des  Schiebers  nur  eine  einseitige  Füllung  des  Cjlinders  gestattet 
ist,  arbeitet  der  Bewegung  des  Kolbens  entgegen  und  bewirkt  den  Still- 
stand der  Maschine  innerhalb  kurzer  Zeit,  ohne  irgend  welchen  nach- 
theiligen Stofs  auf  die  Maschine  oder  das  Triebwerk. 

Die  Vorrichtung  wird  durch  den  Drahtzug  h  angelassen,  welcher 
an  dem  Winkelhebel  w  befestigt  ist.  Auf  den  Ansatz  i  des  Winkel- 
hebels w  legt  sich  der  Gewichtshebel  ^,  welcher  an  seinem  kleineren 
Schenkel  unterhalb  der  auszulösenden  Excenterstange  eine  Rolle  trägt. 
Der  Hebel  a,  welcher  um  den  Punkt  h  schwingt,  wird  mittels  der  Spiral- 
feder c  mit  der  an  der  Excenterstange  angebrachten  Rolle  d  so  lange 
in  Berührung  gehalten,  bis  der  am  oberen  Ende  des  Hebels  a  befind- 
liche kleine  Anschlag  e  sich  gegen  den  Ansatz  f  des  grofsen  Hebels  g 
legt.  Bewegt  sich  nun  die  Excenterstange  weiter  nach  rückwärts,  so 
trennt  sich  die  Rolle  d  von  dem  Hebel  a  so  lange,  bis  die  Excenter- 
stange ihren  Lauf  nach  vorwärts  wieder  begonnen  hat  und  den  Hebel  o 
wieder  in  die  gezeichnete  Stellung  drückt.  Dieser  Vorgang  wiederholt 
sich  bei  jeder  Umdrehung  der  Maschine. 

Wenn  nun  dem  langen  Hebel  g  durch  Ziehen  an  dem  Drahte  h 
seine  Unterstützung  in  i  genommen  wird,  so  kann  derselbe  nur  dann 
herunterfallen  und  die  Trennung  der  Schieberstange  von  der  Excenter- 
stange veranlassen,  wenn  der  Ansatz  f  des  langen  Hebels  g  nicht  direkt 
über  dem  Hebel  a  steht,  in  welchem  Falle  der  Schieber  seinen  gröfsten 
Hub  erreicht  hat.  Wird  der  Hebel  g  in  einer  anderen  Stellung  als  ge- 
zeichnet ausgeklinkt,  so  legt  sich  der  Ansatz  f  auf  die  obere  Fläche 
des  Hebels  a,  in  welcher  Lage  derselbe  so  lange  liegen  mufs,  bis  die 
Excenterstange  bezieh,  die  daran  angebrachte  Rolle  d  den  Hebel  a  auf 
die  Seite  schiebt  und  den  Hebel  g  fallen  läfst. 

Der  Schieber  kann  in  Folge  dieser  Vorrichtung  nur  bei  zurück- 
gelegtem gröfsten  Wege  stillgestellt  werden,  wodurch  eine  volle  Fül- 
lung der  einen  Cylinderhälfte  mit  frischem  Kesseldampfe  und  hierdurch 


392      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

jedesmal  der  gröfstmögliche  EtFeet  in  Bezug  auf  das  Stillstellen  der 
Maschine  erreicht  wird. 

Es  kann  auch  auf  diese  Weise  in  dem  Cjlinder  nach  erfolgter 
Ausrückung  durch  die  vielleicht  noch  erfolgende  1-  oder  2  malige  Be- 
wegung des  Kolbens  ein  Zusammenpressen  des  Dampfes  nicht  statt- 
finden, da  dem  Dampfe  der  Rückgang  nach  dem  Kessel  offen  ge- 
blieben ist. 

Soll  nun  die  Excenterstange  mit  der  Schieberstauge  wieder  ver- 
bunden und  somit  die  Maschine  wieder  betriebsfähig  gemacht  werden, 
so  hat  man  zunächst  das  Dampfventil  zu  schliefsen,  die  Cylinderablafs- 
hähne  zu  öffnen  und  dann  die  Excenterstange  mit  der  Schieberstange 
wieder  zu  verbinden.  Die  ganze  Arbeit  der  Wiederinbetriebsetzung  der 
Maschine  dauert  mithin  kaum  eine  Minute. 

Die  Absteilvorrichtung  von  P.  Brennicke  und  Comp,  in  Berlin,  welche 
in  Fig.  5  veranschaulicht  ist,  hat  ihren  Sitz  ebenfalls  zwischen  der  Ex- 
centerstange und  dem  Schieberkasten.  Dieselbe  besteht  aus  einem 
Rahmen  a,  welcher  in  seinem  kreissegmentartigen  oberen  Ende  mit 
mehreren  Eintheilungen  versehen  ist,  in  welche  ein  senkrecht  stehender 
Hebel  b  entsprechend,  der  beabsichtigten  Inanspruchnahme  der  vorhan- 
denen Dampfkraft  eingelegt  wird.  Dieser  Hebel  ist  nach  rechts  oder 
links  beweglich.  Mit  demselben  stehen  mittels  eines  senkrechten  Ge- 
lenkstückes zv\'ei  andere  wagerecht  und  über  einander  liegende  Hebel- 
arme cd  in  Verbindung,  welche  in  einer  sogen.  Führung  drehbar  sich 
bewegen  können,  während  dieses  Führungsstück  wieder  in  Verbindung 
mit  der  Excenterstange  e  steht.  An  dem  unteren  Ende  des  Rahmens  o  — 
gegenüber  —  sind  beispielsweise  Elektromagnete  gelagert. 

Soll  nun  die  Dampfmaschine  abgestellt  werden,  so  ist  die  Einwir- 
kung der  Vorrichtung  folgende: 

Durch  Anziehen  des  unteren  Theiles  des  Rahmens  a  wird  ein  Vor- 
wärtsschlagen des  oberen  Theiles  des  Rahmens  eintreten,  wodurch  der 
eingestellte  Hebel  b  ausgelöst  wird  und  dieser,  der  Schwere  folgend, 
sinkt.  Gleichzeitig  tritt  eine  Aufwärtsbewegung  der  Excenterstange  e 
ein  und  da  in  Folge  seiner  kreisartigen  Bewegung  das  Führungsstück 
sich  ebenfalls  nach  abwärts  bewegt,  so  wird  die  Schieberstange  weiter 
hervorgezogen.  Hierdurch  wird  aber  der  Schieber  in  eine  Lage  ge- 
bracht, welche  beide  Dampfströmungen  in  allen  Stellungen  abschliefst. 
Der  Zweck  ist  nun  hiermit  erreicht,  denn  dadurch,  dafs  der  Schieber 
aufser  Wirkung  gesetzt  ist  und  die  Dampf-Ein-  und  Ausströmungen  ge- 
schlossen sind,  bilden  sich  auf  beiden  Seiten  des  Kolbens  zwei  von 
einander  vollständig  gesonderte  Dampfkissen,  welche  den  Kolben  sofort 
derart  bremsen,  dafs  die  Maschine  im  Momente  sanft  und  ohne  Rück- 
schlag zum  Stillstande  gelangt. 

Die  Absteilvorrichtung  für  Compoundmaschinen  von  R.  Wolf  in 
Buckau-Magdeburg  ist  in  Fig.  6  bis  9  dargestellt.    Dieselbe  erzielt  ihre 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  lür  Unfallverhütung  in  Berlin.      393 

Wirkung  dadurch,  dafs  der  abgehende  Dampf  des  kleinen  Cylinders 
beim  üebertritte  nach  dem  Receiver  durch  einen  cylindrischen  Schieber^ 
beim  Heben  des  Hebels  B  abgesperrt  wird  und  nun  im  kleinen  Cy- 
linder  verbleibend,  bei  der  Weiterbewegung  des  Dampf kolbens,  ver- 
dichtet, durch  den  entstandenen  Gegendruck  letzteren  im  Laufe  hemmt 
und  festhält. 

Beim  Schliefsen  des  hohlen  Bremsschiebers  wird  zugleich  die  Oeff- 
nung  des  Rohres  C  frei;  der  Recei verdampf  entweicht  durch  dasselbe 
und  entlastet  in  Folge  dessen  den  grofsen  Cylinder. 

Um  auch  den  frischen  Dampf  vom  Schieberkasten  nach  dem  kleinen 
Cylinder  zum  Abschlüsse  zu  bringen,  ist  auf  der  Drehstange  der  Ex- 
pansionssteuerung ein  Hebel  D  angeordnet,  welcher  in  Verbindung  mit 
der  Welle  E  beim  Einstellen  des  Bremsschiebers  den  Expansionsschieber  F 
bis  zur  Procent-Füllung  herumdreht. 

Das  Gewicht  G^  welches  auf  der  Welle  E  aufgekeilt  ist,  soll  die 
Einschaltung  der  Bremse  mechanisch  oder  unabhängig  vom  Maschinisten 
machen.  Die  Festhaltung  des  Gewichtes  geschieht  von  einer  am  Hebel  B 
beiindlichen  Klinke  H^  welche  sich  auf  das  Segmentstück  des  Dreh- 
zapfens J  stützt,  sobald  durch  Drehung  des  Segmentstückes  der  Klinke 
ihr  Stützpunkt  entzogen  wird,  fällt  das  Gewicht  G  und  bringt  den 
Bremsmechanismus  zur  Wirkung.  Leitet  man  von  dem  Hebel  -fiT,  wel- 
cher auf  dem  Drehzapfen  J  befestigt  ist,  Zugstangen  oder  Drähte  durch 
die  Fabrikanlage,  so  kann  man  mit  Hilfe  dieser  von  jeder  beliebigen 
Stelle  aus  die  Maschine  anhalten. 

Noch  besser  läfst  sich  dies  dadurch  bewerkstelligen,  dafs,  wie  es 
auch  bei  der  ausgestellten  Maschine  geschehen  ist,  eine  von  der  Firma 
Siemens  und  Hahke  in  Berlin  gefertigte  elektrische  Ausschaltevorrich- 
tung, verbunden  mit  einem  Läutewerke,  an  eine  Zugstange  in  der  Nähe 
der  Maschine  angeschlossen  wird. 

Von  dieser  Aussehaltevorrichtung  aus  laufen  nach  den  verschiedenen 
Fabrikstationen  Leitungsdrähte  mit  Contacten.  Ein  leichter  Druck  auf 
irgend  einen  dieser  Contacte  genügt,  um  die  elekti-ische  Ausschaltung 
und  mit  ihr  die  Bremse  an  der  Maschine  in  Bewegung  zu  setzen,  wo- 
durch der  ganze  Betrieb  zum  Stillstande  gebracht  wird,  während  das 
Läutewerk  durch  seine  Glockensignale  den  Vorgang  weithin  zur  An- 
zeige bringt. 

Durch  Einwirkung  auf  die  Steuerung  des  Expansionsregulirapparates 
wird  an  der  Ausführung  von  Keil  und  Meisler  in  Glauchau  die  Ab- 
stellung des  Dampfes  hervorgebracht.  Fig.  10  zeigt  den  Expansions- 
apparat, dessen  wagerecht  bewegte  Klinken  f  beim  regelmäfsigen  Be- 
triebe auf  das  Drehventil  b  einwirken  und  den  Dampfzulafs  steuern. 
Mittels  eines  Zugdrahtes  können  die  Klinken  f  aufser  EingriflE"  mit  b  ge- 
bracht werden.   Der  Hebel  e  gestattet  die  Wiedereinrückung  der  Klinken. 

Aehnlich  wirkt  die  an  der  Betriebsmaschine  der  Spindler' B,c\ie,xi  Ab- 


394      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  fiir  Unfallverhütung  in  Berlin. 

theilung  angeordnete  Vorrichtung.  Durch  einen  Drahtzug  wird  hier  das 
Dampfzulaföventil  am  Regulirapparate  ausgelöst,  so  dafs  es  durch  seine 
eigene  Schwere  zur  Wirkung  gelangt,  d.  h.  den  Dampfzulafs  abstellt. 
Ebenfalls  auf  gleicher  Grundlage  beruhen  die  Vorrichtungen  von 
Dr.  Pröll  in  Dresden,  bei  dessen  bekanntem  Expansionsregulirapparate 
das  Zulafsventil  mittels  einer  elektrischen  Leitung  zum  Abschlüsse  ge- 
bracht wird. 

An  einem  gröfseren  gangbaren  Modelle  wird  die  drastische  Wirkung 
der  Absteilvorrichtung  von  Döring  und  Rückert  in  Charlottenburg  ver- 
anschaulicht. In  einer  durch  die  Fabrikräume  gelegten  Rohrleitung 
(Fig.  11),  welche  in  das  theilweise  mit  Wasser  gefüllte  Gefäfs  6  aus- 
mündet, wird  nur  durch  Aufziehen  der  Glocke  a  eine  geringe  Luftver- 
dünnung herbeigeführt.  Diese  Glocke  dient  nun  zur  Feststellung  von 
Klinken  c  und  eines  Gesperres  f/,  durch  welche  Theile  das  Gewicht  e 
hochgehalten  wird.  Wenn  nun  eine  der  in  der  Rohrleitung  an  passenden 
Stellen  angebrachten  Gummipapierhülsen  so  durchstofsen  wird,  dafs  die 
Atmosphäre  in  das  Rohr  eindringen  kann,  so  wird  die  Luftverdünnung 
in  der  Rohrleitung  aufgehoben,  die  Glocke  a  sinkt,  Hebel  c  löst  aus 
und  das  Gewicht  e  fällt  nieder.  Hierbei  wird  die  Welle  h  so  weit  ge- 
dreht, dafs  ein  mit  ihr  verbundenes  Bremsband  g  in  der  Pfeilrichtung 
niederrutscht  und  sich  zwischen  die  Riemenscheibe  d  und  den  Treib- 
riemen einklemmt.  Die  Bremsung  erfolgt  fast  augenblicklich,  da  auch 
gleichzeitig  der  Dampfzulafs  durch  Gestängeübertragung  abgesperrt  ward. 
Das  Bremsband  ist  ein  kräftiger,  auf  der  Innenseite  mit  feinem 
Stahlbleche  und  einem  nachgiebigen  Bremsklotze  ausgerüsteter  Riemen. 
Diese  Anordnung  dürfte  sich  noch  mehr  zur  Sicherung  der  einzelnen 
Triebstränge  einer  Werkstatt  eignen  als  zum  Stillstellen  von  Dampf- 
maschinen. 

Bei  der  Absteilvorrichtung  von  G.  Hambruch  in  Berlin  wird  eine 
mit  Druckwasser  gefüllte  Rohrleitung  angewendet.  Die  bezügliche  Ein- 
richtung sei  mit  Bezug  auf  Fig.  12  bis  19  erläutert,  indem  der  Fall 
vorausgesetzt  ist,  dafs  die  Druckflüssigkeit  aus  dem  Betriebsdampfkessel 
entnommen  wird. 

Fig.  12  zeigt  den  Durchschnitt  eines  Fabrikgebäudes  mit  Kesselhaus 
und  Dampfmaschine. 

An  dem  Dampfkessel  sitzt  das  Dampfventil  a  mit  der  zur  Dampf- 
maschine führenden  Dampfleitung  q. 

Eine  dünne  Rohrleitung  i  führt  von  dem  Kesselwasser  aus  durch  alle 
Räume,  von  denen  aus  das  Ventil  beeinflufst  werden  soll,  nach  dem 
Ventile  a.  nn  sind  Dreiwegehähne,  durch  deren  Drehung  die  Kessel- 
wassercirculation  in  ii  unterbrochen  wird.  /  ist  ein  Rohr,  in  welchem 
das  Druckwasser  vom  Sicherheitsabsperrventile  abläuft. 

Fig.  13  stellt  das  Sicherheitsabsperrventil  ohne  Einrichtung  für  die 
Maschinenbremse  dar. 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverliütung  in  Berlin.      395 

Das  Ventilgehäuse  a  ist  mit  dem  Flansch  a  gegen  den  Kesseldom 
geschraubt.  Von  dem  entgegengesetzten  Flansch  führt  eine  Rohrver- 
bindung nach  der  Dampfmaschine,  h  ist  das  absperrende  Ventil.  An 
das  Gehäuse  schliefst  sich  rechtwinkelig  zu  der  Ventilachse  ein  Doppel- 
cylinder  mit  einem  DifFerentialkolben  cd  an,  von  denen  der  kleine 
Kolben  c  dem  Ventilgehäuse  zugekehrt  ist.  Dieser  Cylinder  ist  mit 
einem  Deckel  versehen,  in  den  das  Kesselwassercirculationsrohr  i 
mündet,  k  ist  eine  Verbindung  des  Raumes  zwischen  beiden  Kolben 
mit  der  Atmosphäre. 

Das  Kuiehebelsystem  e/"^  verbindet  den  DifFerentialkolben  mit  dem 
Ventile  h  und  dem  festen  Drehpunkte  g. 

Tritt  Dampf  in  das  Ventilgehäuse  a  ein,  so  drückt  derselbe  auf  den 
Kolben  c,  treibt  diesen  heraus  und  schliefst  mittels  des  Kniehebels  efg 
das  Ventil  h  mit  grofser  Pressung,  zu  welcher  noch  der  auf  dem  Ventile 
lastende  direkte  Druck  addirt.  Wird  die  Druckflüssigkeit  durch  das 
Rohr  i  hinter  den  Kolben  d  geleitet,  so  bewegt  derselbe,  weil  d  gröfser 
als  c  ist,  den  DifFerentialkolben  nach  vorn  und  öfinet  das  Ventil,  hält 
es  auch  so  lange  geöffnet,  als  der  Druck  auf  d  lastet.  Ein  Brechen  des 
Kniehebels  hat  stets  den  Schlufs  des  Ventiles  h  zur  Folge. 

Fig.  14  und  15  zeigen  das  Absperrorgan,  durch  einen  Schieber  er- 
setzt, der  so  construirt  ist,  dafs  er  gleichzeitig  mit  der  Unterbrechung 
der  Dampfverbindung  nach  der  Maschine  eine  Verbindung  mit  der 
Bremsvorrichtung  herstellt. 

a  ist  ein  Schiebergehäuse,  welches  mit  Rohr  2  an  den  Dampfkessel 
augeschraubt  ist.  Rohr  1  führt  zum  Schieberkasten  der  Dampfmaschine, 
Rohr  4  zur  Bremse,  während  3  in  die  Atmosphäre  mündet.  Der 
Muschelschieber  b  ist  an  den  DifFerentialkolben  d  c  angeschlossen  und 
schafFt  abwechselnd  eine  Verbindung  zwischen  2  und  ^,  sowie  4  und  3 
oder  2  und  4,  sowie  3  und  /.  Tritt  die  Umlaufsflüssigkeit  hinter  den 
Kolben  c,  so  wird  der  DifFerentialkolben  und  mit  ihm  der  Schieber  b 
nach  links  geschoben,  OefFnung  i  mit  dem  Inneren  des  Gehäuses,  4  mit 
der  Atmosphäre  verbunden.  Die  Dampfmaschine  erhält  also  Kessel- 
dampf, während  die  Bremse  geöffnet  ist.  Wird  der  Druck  aus  der 
Druckleitung  hinter  dem  Kolben  c  entfernt,  so  schiebt  der  auf  d  wirkende 
Dampf  den  Schieber  b  in  die  Stellung  Fig.  14.  Das  nach  der  Dampf- 
maschine führende  Rohr  4  wird  geschlossen,  der  im  Schieberkasten 
noch  befindliche  Dampf  entweicht  nach  der  Atmosphäre  durch  5,  wäh- 
rend die  Bremse  durch  Rohr  4  Dampf  erhält. 

Verdichtete  Luft  aus  einer  Rohrleitung  wird  zur  Bethätigung  der 
Abstellvorrichtung  von  G.  A.  Schütz  in  Würzen  benutzt.  Die  Leitung 
geht  wie  üblich  durch  das  zu  schützende  Gebäude.  Durch  den  Zulafs 
von  verdichteter  Luft  zu  einem  Ventile  an  der  Maschine  wird  zunächst 
der  Dampf  abgesperrt  und  dann  das  Schwungrad  gebremst. 

Tritt  bei  Maschinen  mit  Ridersteuerung ,   wie  die  Fig.  20  und  21 


396      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

veranschaulichen,  bei  Abgabe  der  Nothsignale  verdichtete  Luft  in  den 
kleinen  Cylinder  /  durch  E  ein,  so  hebt  dieselbe  den  Kolben  k  und  mit 
diesem  das  ganze  Regulatorstellzeug,  wodurch  der  Riderschieber  auf 
0  Füllung  gestellt  wird,  d.  h.  den  Dampfzutritt  absperrt. 

Bei  Maschinen  mit  Ventilsteuerung  wird  in  gleicher  Weise  wie  bei 
der  Ridersteuerung  der  Regulator  gehoben,  so  dafs  die  von  den  Steuer- 
exceutern  bewegten  Klinken  der  Einlafsventile  nicht  gehoben  und  letztere 
nicht  geöffnet  werden  können. 

In  beiden  Fällen  ist  der  Luftcylinder  so  construirt,  dafs  die  ver- 
dichtete Luft,  nachdem  sie  den  Kolben  in  die  höchste  Stellung  getrieben 
hat,  durch  eine  besondere  OefFnung  entweicht  und  mittels  einer  Rohr- 
leitung zum  Bremscylinder  L  geführt  wird.  Bei  E^  tritt  sie  in  denselben 
ein,  wodurch  der  Kolben  K  mit  dem  Hebel  H  niedergedrückt  und  die 
Bremse  fest  angezogen  wird.  —  Das  Entweichenlassen  der  verdichteten 
Luft  durch  OefFnen  des  Hahnes  h  bewirkt,  (fafs  Regulator  und  Bremse 
selbsthätig  in  ihre  vorige  Lage  zurückkehren.  Sind  ferner  in  Fabrik- 
betrieben Transmissionsleitungen  durch  Kuppelungen  ausschaltbar,  so 
können  auch  diese  durch  direkten  Eingriff  aus  beliebiger  Entfernung 
selbsthätig  ausgelöst  werden.  An  der  ausgestellten  Maschine  wird 
gleichzeitig  als  Signal  ein  Pfiff  gegeben. 

Bei  der  Anordnung  von  Rieh.  Werts  in  Berlin  wird  durch  einen 
Drahtzug  eine  durch  ihr  eigenes  Gewicht  wirkende  Bandbremse  aus- 
gelöst, welche  vor  Beginn  ihrer  Bremsarbeit  eine  Kuppelung  zwischen 
der  Maschinenwelle  und  der  Triebwerkswelle  ausrückt. 

Die  Abstellvorrichtung  von  Ed.  Herbertz  in  M.-Gladbach  wirkt  auf 
Abstellung  des  Dampfzulafsventils  zum  Schieberkasteu  durch  Nieder- 
fallen eines  Gewichtes,  welches  auf  elektrischem  Wege  zur  Auslösung 
gebracht  wird.  Die  getroffene  Einrichtung  ist  in  den  Textfiguren  dar- 
gestellt unter  Anwendung  auf  eine  C'or/is5-Damj)fmaschine,  für  welche 
die  Abstellung  durch  Auslösung  der  Klinken  für  die  Einlafsventile 
bewirkt  wird. 

Fig.  2  zeigt  eine  Cor/m-Dampfmaschine.  Der  Regulator  R  steht 
durch  Hebel  B  C  mit  der  Steuerung  in  direkter  Verbindung.  Diese 
Verbindung,  welche  sonst  eine  feste  ist,  wird  bei  Anwendung  des  Ap- 
parates auslösbar  hergestellt.  Auf  der  Achse  des  Hebels  ß  C  sitzt  ein 
Gewichtshebel  C,  welcher  dem  oben  am  Regulator  angebrachten  Ge- 
wichtshebel Z  das  Gleichgewicht  hält.  Wird  nun  die  Verbindung  mit 
dem  Regulator  beiz  durch  einen  von  F  kommenden  Zug  ausgelöst,  so 
hat  das  Gewicht  C^  freie  Wirkung  und  in  Folge  dessen  drückt  der 
Hebel  RC  auf  die  Klinken  B  derart,  dafs  letztere  nicht  mehr  bei  J 
einhaken  können,  wodurch  die  Einlafsschieber  vollständig  geschlossen 
bleiben  und  somit  die  Dampfmaschine  sofort  zum  Stillstand  gelangen  mufs. 

Die  Regulator- Auslösung  bei  z,  also  der  Zug  von  F  erfolgt  durch 
einen    eingeschalteten    elektro-magnetischen    Apparat  G    (Fig.  1).     Ein 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  UnfallverMtung  in  Berlin.      397 

Elektromagnet  A  zieht,  wenn  der  Strom  diesen  passirt,  den  Anker  b 
an.  Der  letztere,  um  d  drehbar,  wird  durch  eine  Feder  f  und  Prefs- 
schraube  C  in  bestimmter  Stellung  gehalten  und  trägt  mittels  der  Nase  t^ 


S.VVi-.^'A.Vx^V.'.^sV^V.^^V'^V,^  V  V  y.^-Xx. ^.V-.Ns'^^Wvs ■-.',-,■ A.'v.^.V V'^V.^VV^..V; 


den  Wagebalken  1 1  nebst  den  auf  der  Spindel  sitzenden  Gewichten  m 
und  m^.  Das  auf  der  Spindel  fest  aufgeschraubte  Gewicht  »ij  ist  so 
justirt,  dafs  es  für  sich  allein  den  Wagebalken  tt  nach  rechts  drehen 
würde,  wenn  bei  t^  eine  Auslösung  erfolgte.  Ist  dieses  der  Fall,  so 
gleitet  m  sofort  nach,  legt  sich  an  m^  an  und  wirkt  dann  das  Gesammt- 
gewicht  m-\-m^  als  Zugkraft  in  F,  welcher  Zug  stark  genug  ist,  die 
Regulator-Auslösung  bei  z  zu  bewirken. 

Eine  Batterie  Ä"  erzeugt  den  Strom  ^  mit  derselben  und  dem  Elektro- 
magneten A  sind  nun  die  in  allen  Fabrikräumen  angebrachten  Lei- 
tungen L  in  Verbindung  gebracht.  Ein  Druck  auf  einen  Knopf  0  genügt 
nun,  um  den  Strom  passiren  zu  lassen,  wodurch,  wie  gesagt,  der 
Magnet  A  den  Anker  b  anzieht,  t^  auslöst  und  durch  Drehung  von  tt 
den  Zug  F  bewirkt  und  die  Maschine  zum  Stillstand  bringt. 

Schliefslich  sind  noch  einige  interessante  Ausführungen  zu  erwähnen, 


398  Neuerungen  im  Metallhüttenwesen. 

welche  in  der  Abtheilung  der  Königl.  Staatseisenbahn- Verwaltung  an 
Modellen  erläutert  sind. 

Durch  einen  Drahtzug  kann  die  Drosselklappe  unter  Vermittelung 
eines  belasteten  Hebels  geschlossen  und  eine  am  Schwungrade  ange- 
brachte Bremse  ausgelöst  werden,  so  dafs  sich  diese  festbremst. 

Für  eine  Corlifsmaschine  wird  vorgeschlagen,  mittels  Drahtzuges 
die  Steuerklinken  auszuheben,  so  dafs  diese  den  Dampfzulafs  abspei'ren. 
Auch  hier  ist  noch  eine  Bremse  vorgesehen. 

Als  Dampfbremse  ist  eine  Vorrichtung  zu  bezeichnen,  bei  welcher 
durch  Umlegen  eines  Stellhebels  der  frische  Dampf  durch  Abschliefsen 
der  Drosselklappe  von  der  Maschine  abgesperrt,  aber  ein  auf  das 
Schwungrad  wirkender  Dampf  bremskolben  gleichzeitig  durch  eine  vom 
Hebel  geöffnete  Nebenleitung  mit  frischem  Dampfe  gespeist  wird,  wel- 
cher unterhalb  der  Drosselklappe  entnommen  wird. 

Eigenthümlich  berührt  es  den  Beschauer,  dafs  trotz  der  schai'fen 
Concurrenz  auf  dem  Gebiete  der  Kleinkraftmaschinen  für  keine  der 
zahlreich  ausgestellten  Gasmaschinen  eine  besondere  Vorrichtung  zur 
Abstellung  bezieh.  Stillstellung  vorgesehen  ist,  trotzdem  hier  doch  ge- 
rade die  Verhältnisse  für  bezügliche  Constructionen  sehr  einfach  liegen. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Neuerungen  im  Metallhüttenwesen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  20  und  21. 
Quecksilber. 

Gustav  Kroupa  bespricht  in  der  Oesterreichischen  Zeitung  für  Berg- 
und  Hüttenwesen^  1889  Nr.  2  bis  6,  B.  Christys  Broschüren:  Quicksilver- 
Reduclion  at  New-Almaden  und  Quicksilver-Condensation  at  New-Almaden 
(vgl.  Transactions  of  the  American  Inst,  of  Mining  Engineers^  Bd.  13 
und  14),  welche  in  Bezug  auf  die  Metallurgie  des  Quecksilbers  über- 
haupt, sowie  insbesondere  über  die  Gewinnung  desselben  in  Californien 
interessante  Mittheilungen  enthalten  und  daher  auszugsweise  hier  wieder 
gegeben  werden  sollen. 

A)  Die  Erze. 

Gediegenes  Quecksilber  kommt  selten  vor,  meistens  wird  Zinnober 
gewonnen,  der  in  der  Regel  von  zerbrechlichem,  glänzend  schwarzem 
Bitumen  und  zuweilen  von  Pyriten  begleitet  ist  und  verschiedene  Schichten 
von  Chlorit-  nnd  Talkschiefer  imprägnirt.  Das  erzführende  Gestein  ist 
mit  kleinen  Serpentin-  oder  Dolomitadern  durchzogen.  Mitunter  er- 
scheint das  Bitumen  flüssig  wie  Steinkohlentheer. 

Durch    die    Aufbereitung    werden    die  Erze    in    folgende    Klassen 


zerlegt: 


a)  Granza     ...     3,5  bis  9  Zoll,  reich,  Stufferze 

b)  Terrero   .     .     .     3  5    „    6      „      arm,  J  (.  ^^^     .^^ 

c)  Granzita       .     .     II/4  „    31/2»      arm,)  ° 

d)  Tierras    .     .      Staub  „    IV4  „      arm,  Feingries. 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  399 

B)  Oefen^  deren  Construction^  Arbeit^  Betriebsresultate. 
Was  die  Oefen  anbetrifft,    so   sind  Oefen   a)  mit   intermittirendem 
und  b)  mit  continuirliehem  Betriebe  vorhanden. 

a)  Oefen  mit  intermittirendem  Betriebe : 

Nur  einer  von  den  vielen  hier  erbauten  derartigen  Oefen  hat  sich 
erhalten  iChristy''s  Ofen),  dessen  Construction  aus  den  Fig.  1  bis  3  er- 
sichtlich ist. 

Der  eigentliche  Ofenschacht  O  ist  durch  Gewölbemauern  von  der 
Feuerung  F  auf  der  einen  und  von  der  Gaskammer  auf  der  anderen 
Seite  getrennt.  Die  Scheidemauern  bekamen  die  Form  eines  mit  dem 
convexen  Theile  gegen  den  Ofenraum  gekehrten  Gewölbes,  damit  ihre 
Widerstandsfähigkeit  gegen  den  seitlichen  Druck  der  Erzsäule  erhöht 
werde.  Die  Scheidemauern  sind  mit  einer  grofsen  Anzahl  von  Oeff- 
nungen  versehen,  durch  welche  die  Feuerungsgase  von  der  Feuerung 
aus  eintreten  und  durch  die  Erzsäule  gegen  die  Gaskammer  auf  der 
linken  Seite  ziehen.  Die  Erze  werden  in  Körben  oben  in  den  Ofen- 
schacht eingelassen.  Auf  dem  Boden  des  Ofens  wird  aus  groben  Erz- 
stücken eine  Anzahl  Kanäle  derart  gebildet,  dafs  dieselben  eine  Fort- 
setzung der  Oeffnungen  in  der  Scheidemauer  bilden  5  früher  hat  man 
Erzziegel  hierzu  verwendet. 

Nach  Vollendung  dieser  Reihe  von  Kanälen  wird  eine  Lage  von 
2  bis  3  Fufs  Dicke  der  grobkörnigen  Erze  eingetragen  und  dann  werden 
wieder  auf  früher  erwähnte  Art  mit  der  zweiten  Reihe  der  Löcher  über- 
einstimmende Kanäle  in  der  Erzsäule  ausgespart.  Dies  wiederholt  sich, 
bis  der  Ofen  bis  zur  Gicht  beschickt  ist.  Um  der  natürlichen  Neigung 
der  Flamme,  sich  nach  oben  zu  verbreiten,  entgegen  zu  wirkeu,  werden 
die  Kanäle  im  oberen  Theile  des  Ofens  kleiner  gemacht ;  auch  wird  aus 
diesem  Grunde  zu  den  grobkörnigen  Erzen  in  diesem  Falle  vor  der  Be- 
schickung etwas  Feinkörniges  zugeschlagen.  Der  Erzschacht  ist  im 
Inneren  12  Fufs  lang,  9  Fufs  breit  und  17  Fufs  6  Zoll  hoch. 

Die  Beschickung  beträgt  80  bis  100*.  Der  Ofen  hat  auf  jeder  Seite 
zwei  ZiehölFnungen,  welche  während  des  Brandes  zugemauert  sind.  In 
ihnen  befinden  sich  Schaulöcher,  welche  durch  je  einen  luttirten  Ziegel 
verschlossen  werden.  Das  Beschicken  geschieht  durch  acht  Arbeiter 
in  einem  Tag.  Auf  die  oberste  Schicht  des  beschickten  Ofens  kommen 
Stücke  von  altem  Eisen,  und  darauf  in  2  bis  3  Zoll  dicker  Lage  Stroh- 
dünger und  schliefslich  eine  ebenso  dicke  Lage  von  feuchtem  Lehm  zu 
liegen.  Nun  kann  die  Röstperiode,  welche  in  der  Regel  fünf  Tage 
und  vier  Nächte  dauert,  erfolgen.  Den  Ofen  bedient  ein  Arbeiter  in 
zw-ölfstündiger  Schicht.  Der  Arbeiter  hat  die  Feuerung  zu  bedienen, 
die  in  den  zugemauerten  Ziehöffnungen  entstehenden  Risse  zu  ver- 
schmieren und  die  Sprünge  in  der  Lehmdecke  an  der  Gicht  mit  Asche 
zu   bedecken.     Nach   beendeter  Röstperiode  folgt    das  Abkühlenlassen 


4üü  Neuerungen  im  iMetailhuttenwesen. 

des  Ofens.  Dies  verlangt  natürlich  keine  Arbeit  und  geschieht  in  drei 
Tagen  und  drei  Nächten.  Die  Luft  zieht  durch  den  Ofen  und  reifst  die 
etwa  noch  im  Ofen  eingeschlossenen  Quecksilberdämpfe  mit  in  die  Con- 
densatoren,  welche  aus  gemauerten  Kammern  mit  auf-  und  absteigendem 
Zuge  bestehen.  Nach  dieser  Zeit  sind  die  ausgebrannten  Erze  derart 
abgekühlt,  dafs  sie  aus  dem  Ofen  gezogen  werden  können.  Diese  Arbeit 
besorgen  vier  Arbeiter.  Vor  dem  Ziehen  wird  die  Decke  an  der  Gicht 
weggebrochen,  damit  ein  kräftiger  Zug  nach  oben  hergestellt  werde.  Es 
dauert  somit  eine  Beschickung  oder  ein  Brennen  10  Tage  und  können 
daher  nur  drei  Brände  im  Monate  gemacht  werden. 

Früher  währte  ein  Brand  in  Ermangelung  guter  Oefen  nicht  so 
lange.  Die  Rückstände  waren  aber  haltig  und  die  beim  Ziehen  be- 
schäftigten Arbeiter  hatten  durch  Hitze  und  Quecksilberdämpfe  viel 
zu  leiden.  Zu  bemerken  wäre  noch,  dafs  in  dem  ersten  Condensator 
zwei  Trockenkammern  für  Erze  eingebaut  sind,  was  auch  aus  Fig.  1 
und  3  ersichtlich  ist. 

An  Holz  und  Arbeit  kostet  eine  Tonne  Erz  1,368  Doli,  bei  der 
Verarbeitung  und  die  Erzeugung  an  Quecksilber  beträgt  1,873  Flaschen. 

b)  Oefen  mit  continuirlichem  Betriebe  und  zwar 
1)  Grobkornöfen. 
Als  solche  dienen  Schachtöfen,  welche  nach  dem  Muster  des  von 
Exeu  in  Idria  aufgestellten  Schachtofens  erbaut  sind  (vgl.  Berg-  und 
Hüttenmännische  Zeitung,  1874  S.  79  Taf.  3  Fig.  18  bis  20  und  1876  S.  79 
85.  1879  S.  239.  1888  S.  411).  Dieselben  werden  zunächst  bis  über  das 
Niveau  der  drei  Holzfeuerungen  mit  Rückständen  und  dann  bis  zum 
obersten  Schauloch  mit  Erzen  gefüllt.  Ueber  der  Erzsäule  bleibt  ein 
Raum  von  140  Cubikfufs  frei,  in  welchem  sich  die  Gase  vor  dem  Aus- 
tritte aus  dem  Ofen  sammeln.  Die  Erze  werden  mit  II/2  Proc.  Kohle, 
Holzkohle  oder  Koks  aufgegichtet,  wodurch  bezweckt  werden  soll,  die 
Erzsäule  lockerer  und  die  Temperatur  auch  im  höheren  Ofentheile  mög- 
lichst beständig  zu  erhalten.  In  den  Beschickungstrichter  kommen  als 
Satz  276'^  Erz  und  1,5  Proc.  Koks  oder  Kohle.  Der  Trichter  wird  ent- 
leert, nachdem  ein  Theil  Erz  in  den  Aschenfall  gezogen  ist,  was  geschieht, 
sobald  sich  im  obersten  Schauloch  Dunkelrothglut  zeigt.  Alle  2  Stunden 
wird  gegichtet  und  man  setzt  in  24  Stunden  8^,71  durch.  Die  ganze 
Ofenfüllung  beträgt  19^,05.  Eine  Post  verweilt  etwas  über  52  Stunden 
im  Ofen.  Die  Kosten  betragen  für  1^  Erz  bei  7  Proc.  Ausbringen 
(=  1,831  Flaschen  Quecksilber)  an  Brennmaterial  und  Arbeitslöhnen 
0,9527  Doli.,  d.  h.  nur  70  Proc.  der  Betriebskosten  der  intermittirenden 
Oefen. 

2)  Grobgriesöfen  {Granzitaöfen). 

Oefen  für  dieses  Material  sind   von  Scott  und  Hiitlner  den   älteren 
Hasenclever- Helbig''sahen  Schüttröstöfen   nachgebildet.     Der  Granzitaöfen 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  401 

Nr.  i  ist  in  der  Metallurgie  von  Dr.  Stölzel^  S.  1459,  beschrieben  und  ab- 
gebildet und  besitzt  4  Rutschschäciite.  Der  Ofen  verarbeitet  in  24  Stunden 
36t  (engl.  Tons)  =  32^,66  (metr.  Tonnen)  bei  45  engl.  Tons  Füllung. 
Jede  Post  verweilt  30  Stunden  im  Ofen.  Die  Kosten  betragen  für  die 
englische  Tonne  (0,9072  metr.  Tonn.)  verarbeitetes  Erz  0,640  Doli. 

Der  Granzitaofen  Nr.  2  (Fig.  4  bis  6)  besitzt  nur  zwei  Schächte  mit 
einem  gemeinschaftlichen  Beschickungstrichter  a  und  zwei  Essen  oder 
Gaskammern  g^  welche  durch  zwei  Scheider  derart  eingetheilt  sind,  dafs 
der  Scheider  oberhalb  der  Feuerung  im  ersten  unteren  Drittel  der  Höhe 
und  in  der  zweiten  Gaskammer  im  mittleren  Höhendrittel  sich  befindet. 
Die  Feuergase  durchstreichen  zunächst  das  unterste  Drittel  des  Ofens, 
kommen  in  die  zweite  Gaskammer  und  treten  hier,  gezwungen  durch 
den  Scheider  wieder  in  den  Ofen,  durchziehen  sein  zweites  Drittel  und 
treten  in  den  oberen  Theil  der  Gaskammer  über  der  Feuerung  ein. 
Von  da  strömen  sie  wieder  durch  das  letzte  Drittel  des  Ofens  zu  der 
oberen  Hälfte  der  zweiten  Gaskammer,  von  wo  sie  schliefslich  durch 
das  Rohr  zu  den  Condensatoren  geleitet  werden.  Der  Beschickungs- 
trichter ist  in  Abtheilungen  getheilt,  deren  jede  abwechselnd  mit  1000 Pfund 
(453'^,6)  beladen,  in  40  Minuten  geleert  wird,  nachdem  eine  Ziehung 
durch  zwei  Ziehöffnungen  h  auf  jeder  Seite  und  an  einem  Ende  des 
Ofens  stattgefunden  hat.  Aus  jeder  Oeffnung  werden  250  Pfund  ge- 
zogen. Nach  40  Minuten  wird  aus  den  übrigen  vier  Oeffnungen  gezogen, 
was  sich  in  40  Minuten  abwechselnd  wiederholt.  Beim  Ziehen  der  aus- 
gebrannten Erze  bewegt  sich  die  ganze  Erzsäule,  das  Gut  rollt  über 
unter  45^  geneigten  Thonplatten  hinab,  mischt  sich  und  bietet  dem 
Feuer  neue  Oberflächen.  Die  Erze  werden  also  automatisch  gewendet 
und  gekrählt.  Die  Kosten  der  Verarbeitung  von  1  engl.  Tonne  Erz 
(0,9072  metr.  Tonnen)   mit  2,09  Proc.  Quecksilber  beträgt  1,006   Doli. 

3)  Tierraöfen  {Feingries-  und  Schliechöfen). 

Der  Ofen  Nr.  3  dient  zur  Verarbeitung  von  feinkörnigen  Erzen. 
Derselbe  hat  drei  Paar  Ofenschächte  (Fig.  7  und  8)  und  daher  eine 
eigenthümliche  Entleervorrichtung. 

Die  beiden  äufseren  Paare  der  Erzschächte  haben  einen  Platten- 
spalt von  3  Zoll  und  das  innere  Paar  einen  solchen  von  5  Zoll.  Das 
letztere  Paar  war  ursprünglich  zum  Rösten  der  „granzita^'  bestimmt; 
doch  wird  nun  im  ganzen  Ofen  nur  „tierra"  geröstet.  Die  Entleer- 
vorrichtung, die  Feuerungen,  die  Mauern  mit  den  Ein-,  und  Austritts- 
öffnungen, die  Gaskammern  und  der  „Erzrechen"  zum  Auflockern  der 
zusammengefrittenen  Erze  in  dem  obersten  Theile  sind  ganz  so  wie 
beim  Ofen  Nr.  1  hergestellt. 

Unter  jedem  Paar  Schächten  befindet  sich  aber  ein  Kanal  zum 
Unterfahren  der  Rückstandswagen,  welche  von  einer  Eisenbahn  herein- 
gefahren werden.    Der  ganze  Ofen  ruht  auf  einer  geneigten  Ofenplatte, 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  9.  1889)111.  26 


402  Neuerungen  im  Metallhüttenwesen. 

die  für  je  zwei  Ofenschächte  Ablalsöllbungen  ausgespart  hat.  Die  beiden 
äufseren  Oeflbungen  sind  3  Zoll  und  die  mittlere  5  Zoll  breit.  Un- 
mittelbar unter  jeder  AblafsöfTnung  befindet  sich  ein  flacher  gufseiserner 
Träger  o,  welcher  dreimal  so  grofs  ist  wie  die  Ablafsöffnung  über  ihm. 
Der  Träger  ruht  an  seinen  beiden  Enden  auf  Rollen,  und  zwar  bewegt 
er  sich  in  einer  zu  seiner  Längenausdehnung  senkrechten  Richtung. 
Jeder  dieser  Träger  ist  mit  einem  Hebelarme  h  verbunden,  durch 
welchen  von  aufsen  die  Platte  in  eine  hin  und  her  gehende  Bewegung 
gebracht  werden  kann.  Wenn  .sich  der  Träger  in  der  mittleren  Lage 
befindet,  so  ruht  auf  ihm  die  ganze  Erzsäule,  indem  die  Erze  so  lange 
ausströmen  bis  sich  auf  allen  Kanten  des  Trägers  der  natürliche  Böschungs- 
winkel gebildet  hat,  wodurch  die  ganze  Erzsäule  im  Gleichgewichte  er- 
halten bleibt. 

Wenn  aber  dem  Träger  mittels  des  Hebels  li  eine  kleine  hin  und 
her  gehende  Bewegung  ertheilt  wird,  so  wird  die  Erzsäule  aus  dem 
Gleichgewichte  gebracht  und  die  ausgebrannten  Erze  fallen  von  allen 
Kanten  des  Trägers  in  die  untergestellten  Wagen  herab.  Die  Scheide- 
mauern zwischen  zwei  Erzkammern  ruhen  auf  gufseisernen  hohlen 
Trägern  e. 

Ursprünglich  war  der  Raum  unter  diesem  Träger  gegen  die  Aus- 
strömungsöffnung in  der  Bodenplatte  frei.  Da  es  aber  oft  geschah,  dafs 
die  Erze  des  einen  Schacht-Paares  die  Erze  des  zweiten  im  Herab- 
strömen hemmten,  ja  oft  den  Ausflufs  desselben  vollständig  verhinderten, 
so  mufste  man  bei  e  eiserne  Scheider  anbringen,  welche  an  die  hohlen 
Träger  befestigt  wurden. 

Die  Thonplatten  sind  bei  diesem  Ofen  etwas  anders  angebracht  als 
bei  den  Oefen  Nr.  1  und  2. 

Die  Feuerung  des  Ofens  befindet  sich  5  Fufs  über  der  Ziehöffnung 
und  die  zur  Verbrennung  nöthige  Luft  wird  durch  die  heifsen,  aus- 
gebrannten Erze  unter  den  Rost  geleitet.  Hierdurch  werden  die  auf 
den  austragenden  Träger  angelangten  Rückstände  möglichst  von  den 
eingeschlossenen  Quecksilberdämpfen  und  der  lästigen  Hitze  frei.  Beim 
Ofen  Nr.  1  und  2  ist  die  Feuerung  fast  in  gleicher  Höhe  mit  den  Zieh- 
öffnungen augebracht,  und  die  ausgebrannten  Erze  kühlen  nur  in  den 
Ziehöllhungen  aus. 

Der  Ofen  Nr.  3  ist  von  einem  aus  grofsen  Eisenblechplatten  be- 
stehenden Mantel  gänzlich  eingeschlossen.  Der  vorhandenen  Anzahl  der 
Thonplatten  entspricht  auch  eine  gerade  so  grofse  Anzahl  der  in  der 
Ofenansicht  Fig.  8  ersichtlich  gemachten  Schaulöcher,  durch  welche  man 
bei  eintretenden  Verstopfungen  nöthigenfalls  mittels  einer  Stange  nach- 
helfen kann.  Die  gewöhnliche  Leistung  dieses  Ofens  ist  36  engl.  Tonnen 
=  32,659  metr.  Tonnen. 

Der  Ofen  fafst  51  engl.  Tonnen  =  46,267  metr.  Tonnen.  Eine  Be- 
schickuno   verweilt  34  Stunden  im  Ofen. 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  403 

Die  Arbeit  bei  diesem  Ofen  ist  folgende:  Die  Träger  oder  Rüttelplatten 
werden  in  Zeitpausen  von  10  bis  15  Minuten  so  in  Bewegung  gesetzt, 
dafs  aus  jeder  Ablafsöffnung  1'  in  2  Stunden  herausströmt.  Insoweit 
nun  die  Erzsäule  in  den  verschiedenen  Ofenschächten  in  Folge  des 
Ziehens  nachgeht,  wird  oben  aus  den  betreffenden  Beschickungstrichtern 
gegichtet.  Es  wird  stets  1^  Erz  für  einen  der  drei  Trichter  zugeführt; 
dieselben  werden  der  Reihe  nach,  aber  in  Zwischenräumen  von  40  zu 
40  Minuten,  gefüllt,  so  dafs  mit  mit  anderen  Worten  in  2  Stunden  durch 
jeden  Trichter  It  (0,9072  metr.  Tonnen)  Erz  zugeführt  wird. 

Die  Kosten  der  Verarbeitung  betrugen  für  die  Tonne  (oder 
0,9072  metr.  Tonnen)  0,721  oder  für  1  metr.  Tonne  =  0,795  Doli. 

Ofen  Nr.  4  war  ein  intermittirender  Ofen,  welcher  abgetragen  werden 
mufste. 

Ofen  Nr.  5  war  der  Versuchsofen  von  Büttner  and  Scott -^  die 
Leistungsfähigkeit  betrug  ursprünglich  nur  6',  später,  nach  der  Ver- 
gröfserung  desselben,  leistete  er  das  Doppelte.  Wegen  seiner  geringen 
Höhe  wird  das  Brennmaterial  nicht  genügend  ausgenützt  und  stellen 
sich  in  Folge  dieses  Umstandes  auch  die  Kosten  höher,  so  dafs  der  Ofen 
sich  nur  selten  im  Betriebe  befindet. 

Ofen  Nr.  8  ist  der  letzte  in  der  Reihe  der  Oefen  für  feinkörnige  Erze; 
er  wurde  bereits  früher  von  M.  G.  Rolland  veröffentlicht  (vgl.  auch  Langer : 
,,Z>te  Quecksilbergewinnung  in  Californien'-'-).  Er  besteht  eigentlich  aus  zwei 
ganz  getrennten  Oefen,  welche  in  einem  Ofen  massiv  vereinigt  sind. 

Jeder  Ofen  besitzt  zwei  Schächte,  eigene  Feuerung  und  Gaskammern. 

Die  Feuerung  befindet  sich  3  Fufs  über  der  Entleeröffnung,  so  dafs 
der  untere  Theil  des  Ofens  als  Kühlraum  fungirt.  Das  Einsetzen  der 
Thonplatten  geschieht  wie  beim  Ofen  Nr.  3.  Die  letzten  Platten  —  nahe 
an  der  Entleeröffnung  —  sind  aus  Gufseisen  hergestellt.  Der  Ofen  ist 
mit  Eisenpanzer  versehen.  Seine  normale  Leistung  beträgt  24^  in 
24  Stunden,  die  Ofenfassung  beträgt  82*,  und  dem  zu  Folge  bleibt  eine 
Post  82  Stunden  im  Ofen. 

Gegichtet  wird  1'  (engl.)  Erz  auf  einmal  und  für  einen  Ofen. 

Die  Entleervorrichtung  bei  diesem  Ofen  beruht  auf  demselben  Grund- 
satze wie  diejenige  des  Ofens  Nr.  3,  nur  hat  hier  die  Rüttelplatte  eine 
andere  Form  und  wird  auf  eine  andere  Art  in  Bewegung  gesetzt.  Sie 
ruht  nicht  auf  Rollen,  sondern  ist  auf  einem  grofsen  gufseisernen  Rahmen 
befestigt,  welcher  die  Form  des  Buchstaben  H  besitzt.  Die  Füfse  des- 
selben ruhen  in  Lagern,  welche  eine  hin  und  her  gehende  Bewegung 
des  ganzen  Stückes  zulassen.  Die  Verbindungsstangen  des  Rahmens 
befinden  sich  unter  der  Hüttensohle  und  tragen  eine  Platte,  auf  welcher 
auf  einem  Geleise  ein  niedriger  Blockwagen  steht.  Dieser  Blockwagen 
hat  ebenfalls  ein  Geleise  (in  senkrechter  Richtung  auf  das  Geleise  der 
Platte),  auf  welchem  ein  7  Fufs  langer  Rückstandswagen  unterhalb, 
genau  an  die  Entleerplatte,  eingeschoben  wird. 


4ü4  Neuerungen  im  Metallhiittenweseu, 

Setzt  man  uim  mit  Hilfe  vou  Hebeln  den  H-föimigen  Rahmen  in 
Bewegung,  so  bewegt  sich  damit  auch  die  Platte  und  somit  auch  der 
Rückstandswagen  und  es  müssen  dem  zu  Folge  die  von  der  Entleer- 
platte herabrutschendeu  Erze  in  den  Rückstandswagen  fallen. 

It  Erz  (0,9072  metr.  Tonnen)  mit  1,298  Proc.  Hg  erforderte  0,837  Doli. 
Kosten  =  0,9225  Doli,  für  die  metr.  Tonne. 

Im  J.  1887  wurden  beispielsweise  in  Neu-Almadeu  12648300  Pfd. 
grobkörnige  und  51  503000  Pfd.  feinkörnige  Erze  bei  einem  Erfolge  von 
2000  Flaschen  (Flasche  =  75,5  Pfd.)  verarbeitet,  was  einem  Ausbringen 
von  2,38  Proc.  entspricht. 

Was  das  Geschichtliche  der  Oefen  anbetriff't,  so  behandelte  man 
anfangs  die  Erze  unter  Kalkzuschlag  in  Retorten.  Hierbei  bedurfte 
man  aber  bei  kostspieligem  Betriebe  reicher  Erze  (weshalb  man  zur 
billigeren  Röstung  derselben  überging  und  intermittirende  Oefen  ein- 
richtete, von  denen  sich  aber  nur  der  oben  erwähnte  erhalten  hat,  in- 
dem solche  Oefen  grofse  Quecksilberverluste  und  für  die  Arbeiter  Ge- 
sundheitsschädigung herbeiführen  und  sich  nur  Stückerze  verarbeiten 
lassen,  weshalb  man  die  Schliege  mit  Thon  zu  Ziegeln  anbalzen  mufste. 
Dies  wurde  durch  Einführung  von  Exeli-Schachtöien  für  grobes  Korn 
und  Scott-Hüllner  sehe  (eigentlich  Hasenclever-Helbüf  sehe)  Oefen  für  Gries 
und  Schliege  vermieden. 

C.  Condensatoren. 

Die  benutzten  Systeme  beruhen  auf  nachstehenden  Grundsätzen: 
Kühlen  der  Ofengase  durch  Berührung  mit  der  Luft  oder  dem  Wasser 
ausgesetzten  grofsen  strahlenden  Oberflächen;  Condensation  der  Dämpfe 
in  grofsen,  die  Geschwindigkeit  des  Gasstromes  vermindernden  Kammern: 
Wirkenlassen  der  Adhäsionskraft  dui-ch  Anbringung  von  Reibungsflächen 
und  Benutzung  von  Querströmen  und  Wirbelbewegungen.  Die  Constructiou 
der  Condensatoren  ist  nachstehende: 

1)  Gemauerte  Condensatoren. 

Dieselben  sind  besonders  bei  intermittirenden  Oefen  in  Anwendung. 
Man  sieht  aus  Fig.  9,  10  und  11,  dals  jeder  Condensator  eine  kleine 
und  enge  Kammer  ist,  die  durch  eine  senkrechte  Scheidemauer  in  zwei 
Abtheilungen  getheilt  ist.  Die  Gase  treten  in  den  Condensator  nahe 
an  der  Decke  ein,  gehen  in  einer  Abtheiluug  herab  und  ziehen  unten 
durch  überwölbte  Oeffnungen  in  der  Scheidemauer  in  die  andere  Ab- 
theilung, aus  welcher  sie  oben  dann  in  einen  zweiten  Condensator  aus- 
treten. Früher  waren  die  Condensatoren  oben  mittels  eines  gemauerten 
Kanals  verbunden,  neuerlich  benützt  man  zu  diesem  Zwecke  mit  Vor- 
theil  Röhren  aus  Thon  und  Eisen. 

Die  Decken  der  heifsen  Condensatoren  siud  zeitweise  aus  gufs- 
eisernen  Platten  hergestellt.  Diese  Decken  werden  zum  Trocknen  der 
feuchten  „tierra'^  benützt.     In  anderen  Fällen  sind   sie  mit  flachen  ge- 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  405 

mauerten  Gewölben  bedeckt.  Der  Boden  hat,  wie  Fig.  9  zeigt,  eine  Nei- 
gung von  10*^  von  der  Mitte  nach  beiden  Enden  zu.  Dies  bezweckt  das 
beständige  Abfliefsen  des  Quecksilbers  in  die  Ablafsrinnen.  Der  Boden 
ist  sehr  sorgfältig  und  dicht  gemauert  und  dann  mit  einer  Lage  von 
Cement  versehen.  Darauf  kommt  bei  allen  Condensatoren  —  die 
heifsesten  ausgenommen  —'eine  Schutzdecke  von  Asphalt.  In  den  End- 
mauern am  Boden  sind  Mannlöcher  von  2  Fufs  im  Quadrat  gelassen, 
welche  zur  Reinigung  der  Condensatoren  dienen.  Bei  den  heifsen  Con- 
densatoren sind  diese  Löcher  durch  eiserne  Platten  geschlossen,  die  mit 
Letten  und  Asche  luttirt  werden. 

In  den  kalten  Condensatoren  müssen  —  weil  sie  saure  Wasser  ent- 
halten —  zum  Verschlusse  Glas-Schiebfenster  angewendet  M^erden. 

Die  Condensatoren  sind  in  einer  Reihe  neben  einander  derart  auf- 
gestellt, dafs  zwischen  jedem  Paar  ein  Luftraum  entsteht.  Das  früher 
erwähnte  Gerinne  geht  auf  beiden  Seiten  einer  Reihe  von  Condensatoren 
und  erhält  das  von  den  Condensatoren  abfliefsende  Quecksilber.  Dieses 
Gerinne  ist  gemauert  und  mit  Cement  und  Asphalt  ausgefüttert.  Durch 
eine  angemessene  Neigung  führt  dieses  Gerinne  die  Producte  der  Con- 
densation  zu  Kästen,  aus  welchen  dieselben  mittels  Röhren  in  das  Wäg- 
und  Verpackungslokal  geleitet  werden.  Jeder  Ofen  hat  sein  eigenes 
Wäg-  und  Verpackungslokal. 

Ein  gemauerter  Condensator,  verbunden  mit  Ti'oekenkammern  für 
„tierras")  ist  in  der  Zeichnung  des  intermittirenden  Ofens  angegeben. 
Es  sind  in  den  Condensator  zwei  senkrechte  Kammern  T  eingebaut,  in 
welche  die  zu  trocknende  „tierra"  oben  eingebracht  und  unten  im  heifsen 
Zustande  auf  die  Sohle  vor  den  Ziehöffnungen  ausgebreitet  wird.  Die 
Feuchtigkeit  dunstet  rasch  aus.  Die  heifsen  Gase  des  Ofens  circuliren 
um  die  Trockenkammern.  Eine  Verbesserung  dieses  Entwurfes  zeigen 
die  Fig.  12,  13  und  14.  Diese  Form  ist  ein  Theil  der  Condensations- 
anlage  des  Ofens  Nr.  3.  Bei  dieser  Anordnung  ist  die  Trockenkammer 
mit  Thonplatten  versehen,  welche  so  gestellt  sind,  wie  in  dem  Ofen 
von  Scott- Hüttner.     Die  Platten  ruhen  auf  eisernen  Querstangen. 

Die  Art,  auf  welche  die  getrocknete  „tierra"  aus  der  Trocken- 
kammer gezogen  wird,  ist  aus  der  Zeichnung  ersichtlich.  Die  Ofen- 
gase gehen  um  die  Kammern  herum  und  erhitzen  deren  Inhalt.  Der 
aus  der  Feuchtigkeit  erzeugte  Wasserdampf  entweicht  durch  die 
in  den  hohlen  Wänden  der  Kammern  gebauten  Kanäle  in  die  Atmo- 
sphäre. 

Um  Quecksilberverluste  zu  vermindern,  werden  diese  Conden- 
satoren unterkanalisirt  und  mit  geneigten,  mit  Theer  gestrichenen  Eisen- 
platten in  Fundamenten  versehen. 

Um  das  Mauerwerk  vor  dem  Einflüsse  der  Säure  zu  schützen,  wird 
dasselbe  nach  Randol  mit  einer  heifsen  Mischung  von  Asphalt  und  Stein- 
kohlentheer  gestrichen. 


406  Neuerungen  im  Metallliüttenwesen. 

2)  Eiserne  Condensatoren. 

Dieselben  besitzen  mehr  Kühlungsflüssigkeit  als  gemauerte.  Sie 
wurden  zuerst  1873  von  Fiedler  in  Gestalt  eines  grofsen  Kastens  (vgl. 
Berg-  und  HüttenmänniiKhe  Zeitung^  1879  S.  239  Fig.  21  bis  23  Taf.  7 
und  1889  S.  145)  eingeführt,  der  sich  aber  wegen  zu  grofsen  Zuges  und 
raschen  stellenweisen  Wegfressens  des  Eisens  nicht  bewährte. 

Schachtöfen  für  Stückerze  sind  mit  einer  Flugstaubkammer  ver- 
sehen, aus  welcher  Gase  und  Dämpfe  durch  drei  20  Fufs  lange,  22  Zoll 
weite  und  unter  lOO  geneigte  Blechröhren  in  einen  aus  mehreren  U-Röhren 
bestehenden  Condeusator  treten. 

RandoCs  Oberflächencondensator  (Waterback)  hat  in  den  beiden 
Endmauern  des  gemauerten  Condensators  gufseiserue,  durch  eine  wage- 
rechte Scheidewand  in  zwei  Theile  getheilte  Kästen  von  3  Fufs  6  Zoll 
Länge,  16,5  Fufs  Höhe  und  14,5  Zoll  Tiefe  mit  3(^  Zoll  dicken  Wänden, 
welche  durch  eiserne  Röhren,  in  denen  Wasser  circulirt,  oben  und 
unten  mit  einander  verbunden  sind.  Diese  Einrichtung  wird  hauptsäch- 
lich am  ersten  gemauerten  Condensator  jedes  Systems  angebracht,  wo 
dann  in  Folge  der  herrschenden  Hitze  das  saure  Wasser  nicht  angi-eift. 
Die  Anschallüngskosten  sind  gering  und  ein  solcher  Condensator  wirkt 
so  viel  wie  drei  gewöhnliehe  gemauerte.  Durch  Anstrich  mit  Asphalt 
und  Steinkohlentheer  sucht  man  das  Eisen  vor  dem  Verderben  zu 
schützen. 

3)  Condensatoren  aus  Holz  und  Glas. 

Randol  und  Fiedler  liefsen  sich  einen  solchen  Condensator  patentiren. 
Der  Zweck  desselben  war,  das  schwere  Mauerwerk  überhaupt,  besonders 
aber,  wo  die  Temperaturen  niedrig  und  die  sauren  Wasser  sehr  ätzend 
sind,  durch  eine  leichtere  Construciion  von  Holz  und  Glas  zu  ersetzen. 

Man  entnimmt  aus  Fig.  15,  dafs  alle  Seiten  eines  solchen  Conden- 
sators aus  Glasscheiben  gemacht  sind,  welche  ohne  Glaserkitt  eingesetzt 
werden.  Die  Holzbestand  theile  sind  sehr  gering-  Nägel  und  andere 
Metallbestandtheile  sind  zur  Herstellung  dieser  Condensatoren  nicht  be- 
nützt worden.  Der  sanft  geneigte  Boden  ist  aus  geschnittenen  Glas- 
scheiben nach  Art  der  Schindeln  auf  einem  Dache  zusammengelegt. 
Die  Glasscheiben  sind  am  unteren  Ende  in  V-Form  geschnitten.  Ueber 
diesen  geneigten  Boden  fliefst  das  condensirte  Quecksilber  in  ein  hölzernes 
Gerinne. 

Die  Hauptfigur  des  Condensators  ist  ein  <|uadratisches  Prisma 
(4^2' ^'i ^12' X  25'),  bedeckt  mit  einem  Glasdache.  Die  Condensatoren 
sind  durch  kurze  Lutten  verbunden,  welche  den  Prismen  ähnlich  con- 
struirt  sind. 

Diese  Lutten  verbinden  abwechselnd  die  Prismen  oben  und  unten 
4  Fufs  über  dem  Boden.  Es  steigen  dem  zu  Folge  die  Gase  in  einem 
Prisma  auf  und  gehen  im  zweiten  herunter. 

Damit  die   condensirten  Kügelchen   aus   der  Wirkuna;  des  Stromes 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  407 

weggeschafft  werden,  ist  in  jedem  Prisma  ein  todter  Raum  gelassen 
(oben  und  unten),  wo  die  Kügelchen  die  nöthige  Zeit  zum  Absetzen 
gewinnen.  Diese  Condensatoren  widerstehen  den  sauren  Wassern  gut, 
und  so  lange  sie  in  continuirlichem  Betriebe  sich  befinden,  arbeiten  sie 
auch  gut. 

Nur  im  Falle  einer  zeitweiligen  Stockung  des  Ofenbetriebes  trocknen 
sie  aus  und  in  Folge  dessen  schrumpfen  die  Holzbestandtheile  zusammen, 
wodurch  der  Condensator  leck  und  der  Ofenzug  dann  gestört  wird. 

Diesem  zeitweiligen  Uebel  läfst  sich  aber  abhelfen,  wenn  die  Holz- 
bestandtheile nach  dem  Auspumpen  der  Luft  aus  den  Poren  mit  Stein- 
kohlentheer  oder  heifsem  Asphalt  imprägnirt  werden.  Da  nur  wenig 
Holz  bei  der  Constructiou  angewendet  wird,  werden  auch  die  Imprä- 
gnirungskosten  unwesentlich  sein. 

Als  den  Säuren  am  besten  widerstehendes  Holz  ist  das  der  Fichte 
erkannt  worden. 

4)  Frictions-Condensatoren. 

Sie  werden  vorzugsweise  in  Gestalt  von  Drehsieben  in  gemauerten 
und  eisernen  Condensatoren  angebracht.  Statt  Scheidemauern  sind  in 
denselben  drei  Drehsiebe  angebracht. 

Jedes  Sieb  besteht  aus  einer  schweren  hölzernen  Achse,  deren 
Lager  sich  im  Mauerwerke  des  Condensators  befinden,  so  dafs  man  von 
aufsen  der  Achse  eine  beliebige  Lage  ertheilen  kann.  Jede  dieser  drei 
Achsen  trägt  eine  Sperrklappe  von  dicken  Bohlen.  Ist  diese  Klappe 
wagerecht  gestellt,  so  versperrt  sie  den  Durchgang  der  Gase  gänzlich. 

Wenn  alle  drei  Klappen  senkrecht  stehen,  so  ist  der  Condensator 
in  zwei  Abtheilungeu  getheilt  und  bei  Aenderung  der  Winkel  werden 
auch  dem  Gasstrome  verschiedene  Richtungen  vorgeschrieben. 

Aufserdem  trägt  die  Achse  hölzerne  Arme,  die  ähnlich  den  Zähnen 
eines  Kammes  angebracht,  jedoch  so  vertheilt  sind,  dafs  hierdurch  die 
Elemente  einer  Schraubenfläche  gebildet  werden.  Diese  Arme  bieten 
dem  Zuge  der  Gase  ein  kleines  Hindernifs,  verursachen  aber  mehrfache 
Richtungsänderungen  derselben  und  geben  Veranlassung  zur  Wirbel- 
bildung, wobei  sie  natürlicher  Weise  gleichzeitig  eine  beträchtliche 
Frictions-  und  Adhäsionsoberfläche  bilden. 

Der  Condensator,  sowie  auch  die  Siebe  sind  mit  einer  starken 
Schicht  von  Asphalt  bedeckt. 

Aus  den  Condensatoren  treten  die  abgehenden  Gase  durch  Baker  sehe 
Holzlutten  (Fig.  16)  von  36  X  36  Zoll  zu  gemauerten  Thürmen  und  werden 
von  da  durch  am  Bergabhange  gemauerte  theilweise  in  die  Erde  eingebaute 
Kanäle  zur  Esse  geführt.  Die  Lutten  sind  doppelt.  Die  einzelnen 
Theile  werden  mit  Feder  und  Nuth  eingepafst^  zwischen  die  einzelnen 
Lagen  wird  eine  Schicht  von  Asphaltpapier   oder  Asphaltfilz  gebracht. 

Am  Fufse  der  Thürme  sind  Hilfsfeuerungen  angebracht  oder  diese 
werden  durch  einen  mittels  Wasserrades  betriebenen  GuibaCschen  Ven- 


4ü8  Neuerungen  im  Metallhültenwesen. 

tilator  ersetzt.  Dertselbe  hat  Vorzüge  vor  den  Feuerungen,  indem  dabei 
die  früher  geheizte  lange  Kanalleitung  als  Theil  eines  Condensators 
betrachtet  werden  kann.  Der  kürzeste  Weg  für  die  Gase  bis  zu  ihren» 
Austritte  in  die  Atmosphäre  darf  nicht  unter  690  Fufs  betragen. 

Die  höchste  Temperatur  in  einem  Ofen  betrug  946^  C,  die  Dämpfe 
entwichen  mit  372^'  C.  in  die  Condensatoren  und  verliefsen  dieselben 
bei  13  bis  14"  C. 

Der  Quecksilberverlust  in  den  Rückständen  beträgt  nach  Christy 
nur  0,05  Proc,  dagegen  werden  durch  die  Esse  gröfsere  Mengen  von 
Quecksilber  in  festem  und  flüssigem  Zustande  fortgeführt,  während  der 
Verlust  im  Condensator  gleich  Null  ist,  da  das  ins  Gemäuer  eindringende 
Quecksilber  beim  Abreifsen  der  Condensatoren  wieder  gewonnen  wird. 
Der  durchschnittliche  Quecksilberverlust  in  New-Almaden  liegt  zwischen 

4  und  5  Proc. 

D)  Die  Condensationsproducte. 

An  den  inneren  Flächen  der  Condensatoren  u.  s.  w.  bildet  sich 
neben  Quecksilber  Rufs,  die  sogen.  Stupp,  welche  aus  Kohlenstoff  und 
Kohlenwasserstoff  besteht  und  feinvertheiltes  Quecksilber,  Sulfide,  Queck- 
silbersalze u.  s.  w.  eingeschlossen  enthält.  Die  Stupp  enthält  auch 
Bruchstücke  aus  den  gemauerten  Condensatoren.  In  den  Glas-  und  Holz- 
condensatoren  ist  sie  mit  verdünnter  Schwefelsäure  gemischt. 

Die  Stupp  der  letzteren  wird  in  besonderen  Setzkästen  separirt  und 
filtrirt.  Letztere  sind  aus  starken  Bohlen  construirt  und  besitzen  senk- 
rechte Scheidewände,  die  den  Strom  zu  einem  Wege  in  Schlangenlinie 
zwingen.  In  den  einzelnen  Abtheilungen  befinden  sich  Filter  von  Holz- 
kohle und  Koks,  welche  von  Zeit  zu  Zeit  herausgenommen  und  er- 
neuert werden.  Die  benutzten  Filter  werden  der  Beschickung  zuge- 
schlagen, das  durchgegangene  Quecksilber  wird  vom  Boden  durch  ein 
Rohr  abgeleitet. 

Die  trockene  Stupp  wird  auf  geneigten  Flächen  aus  Cement  nach 
Zusatz  trockener  Holzasche   kräftig  durchgekrückt,   wobei  etwa  4  bis 

5  Proc.  Hg  ausfliefsen.    Der  Rückstand  geht  in  die  Beschickung  zurück. 

Die  Arbeiter  leiden  zuweilen  an  Quecksilbervergiftung,  weshalb  die 
Handarbeit,  wenn  möglich,  durch  hydraulische  Pressen  ersetzt  werden  soll. 

Man  schützt  die  Stupparbeiter  vor  Vergiftung  durch  Anwendung 
von  Masken  und  dadurch,  dafs  man  sie  fleifsig  Bäder  nehmen  läfst. 

Wegen  der  Analyse  derjGasj)roducte  und  der  daran  geknüpften,  sehr 
interessanten  Erörterungen  wird  auf  die  S.  65  u.  ff.  der  Quelle  verwiesen. 

E)  Zukünftige   Verbesserungen  der  Quecksilber condensation. 
Christy  schlägt  auf  Grund    seiner  Erfahrungen  die   folgenden  vor: 
1)  Das  Volumen   der  sogen,  permanenten  Gase,   welche  den  Con- 
densator durchstreichen,  mufs  auf  ein  Minimum  gebracht  werden. 

Diese   Reduction   des   Volumens  steht    in   einem   direkten   Verhält- 


Neuerungen  im  Metalllüittenwesen.  409 

nisse  mit  dem  Quecksilberdampfverluste.  Der  Verlust  an  flüssigem 
Quecksilber  würde  sich  hierdurch  verhältnifsmäfsig  noch  kleiner  ge- 
stalten. Wenn  beispielsweise  das  Volumen  der  entweichenden  Gase 
auf  die  Hälfte  reducirt  wird,  so  reducirt  sich  der  Quecksilberdampf- 
verlust auf  die  Hälfte  und  der  Verlust  an  flüssigem  Quecksilber  wird 
nicht  mehr  als  1/4  des  gegenwärtigen  Verlustes  betragen.  Der  Verlust 
an  flüssigem  Quecksilber  (durch  die  Esse)  wird  eine  Function  der  Ge- 
schwindigkeit sein,  oder  des  Volumens"  der  entweichenden  Gase. 

Dieser  Verlust  wird  sich  wahrscheinlich  mit  dem  Quadrate  der  Ge- 
schwindigkeit ändern.  Ferner  wäre  durch  Reduciren  des  Volumens 
auch  die  Zahl  der  Wärmeeinheiten,  welche  der  Condensator  zu  kühlen 
hat,  verringert  und  daher  die  Leistungsfähigkeit  der  bestehenden  Con- 
densatorsanlage  vergröfsert,  oder  es  wäre  die  frühere  Leistung  durch 
kleinere  Anlage  zu  erzielen. 

Es  mufs  bemerkt  werden,  dafs  die  Bedingungen  für  eine  voll- 
kommene Condensation  und  eine  ökonomische  Verhüttung  im  direkten 
Widerspruche  stehen. 

Die  beste  Condensation  müfste  bei  Benützung  des  alten  Retorten- 
systems und  des  Kalkzuschlages  zu  erzielen  sein.  Dies  ist  aber  die 
theuerste  Verhüttung.  Man  kann  deshalb  die  Hüttenmanipulation  und 
die  Hütteneinrichtung  in  New-Almaden  als  die  am  meisten  ökonomische 
von  allen,  welche  zur  Zeit  in  dieser  Art  bestehen,  betrachten,  obwohl 
das  Volumen  und  dem  zu  Folge  der  Verlust  viel  gröfser  ist,  als  er 
bei  einem  gut  geleiteten  Retortensysteme  sein  würde. 

Da  die  Quecksilbergewinnung  nur  einen  kaufmännischen  Vortheil 
bezweckt  und  nicht  der  Zweck  wissenschaftlicher  Versuche  ist,  so  mufs 
nur  eine  Erwägung  der  beiden  Umstände  bestimmen,  ob  und  wie  die 
Verbesserungen  in  dieser  Richtung  —  ohne  dabei  das  kaufmännische 
Interesse  zu  schädigen  —  platzgreifen  sollen. 

Die  einfachste  Einführung,  welche  in  grofsen  Hüttenanlagen  ange- 
wendet werden  könnte,  wäre  die  Benützung  des  Gases  statt  des  festen 
Brennmaterials.  Das  Lowe-Strong-Gas  (Wassergas)  würde  das  zweck- 
mäfsigste  sein. 

Die  Oefen  müfsten  von  aufsen  zu  heizen  sein;  in  das  Innere  der 
Retorten  dürfte  nur  so  viel  Luft  zugeführt  werden,  als  gerade  zur 
Oxydation  des  Schwefels  nothwendig  ist.  Dies  wäre  vom  gröfsten  Vor- 
theil für  die  Condensation,  doch  wäre  der  Brennmaterialverbrauch  hier- 
bei grofs,  die  Ofenconstruction  schwer  und  die  Ausbesserungen  des 
Ofens  theuer. 

2)  Wichtig  ist  ferner  ein  hinreichendes  Volumen  zum  Absetzen  des 
Quecksilbers  und  eine  genügende  Reibungs-  und  Kühloberfläche. 

Der  Verlust  an  flüssigem  Quecksilber  (durch  die  Esse)  scheint  nach 
dem  früher  Angeführten  jetzt  zwei-  bis  dreimal  so  grofs  zu  sein  als 
der  Quecksilberdampfverlust.     Es  scheint  möglich,  dafs  in  dieser  Rieh- 


410  Neuerungen  im  MelallhUltenwesen. 

tung  eine  Reduction  des  Verlustes  durch  Verminderung  der  Geschwindig- 
keit und  bei  Benützung  einer  grofseren  Reibungsoberfläche  zu  erreichen 
wäre. 

Die  Anwendung  des  Condensators  von  Pelouze  und  Audoin  wäre 
vielleicht  von  Vortheil. 

3)  Die  Temperatur  beim  AustriUe  darf  nicht  75"  oder  20^  übersteigen. 
Es  ist  schon  früher  gesagt  worden,  dals  eine  Kühlung  unter  150  keinen 
Einflufs  auf  Verminderung  des  -Quecksilberdampfverlustes  ausübt,  und 
es  kann  deshalb  von  der  Anwendung  der  Eismaschinen  (zur  künstlichen 
weiteren  Kühlung)  keine  materielle  Erhöhung  der  Leistung  des  Conden- 
sators erwartet  werden. 

In  Gegenden,  wo  das  Brennmaterial  billig  und  Wasserkraft  im 
Ueberflusse  vorhanden  ist,  wäre  die  Benützung  der  künstlichen  Kühlung 
nur  aus  dem  Grunde  zu  rechtfertigen,  weil  die  Condensationsanlagen 
bedeutend  kleiner  sein  könnten,  aber  eine  gröfsere  Oekonomie  düi-fte 
nicht  zu  erwarten  sein. 

Es  gibt  noch  einen  Umstand,  der  gegen  die  Anwendung  der  Eis- 
maschinen spricht-  die  plötzliche  Condensation  des  Quecksilberdampfes 
würde  stärkere  Bildung  von  kleineren  Kügelchen  verursachen,  als  es 
bei  allmählicher  Kühlung  der  Fall  ist,  und  es  würde  dem  zu  Folge 
ein  gröfserer  Verlust  an  flüssigem  Quecksilber  (durch  die  Esse)  folgen. 

4)  Weitere  Erwähnung  verdient  der  künstliche  Zug^  die  gröfste  Noth- 
wendigkeit  zur  Kühlung  der  Gase. 

Hilfsfeuerungen  und  üampfstrahlgebläse  sind  öfters  benützt  worden, 
doch  waren  beide  eine  Verschwendung  an  Kraft  und  Wärme. 

Ein  einfacher  Saugventilator  —  ähnlich  dem  ,.Guibal"  —  oder  ein 
modiücirter  und  entsprechend  modificirter  Rootblovver  wären  die  besten 
Anordnungen. 

5)  Material  für  den  Bau  der  Condensatoren.  Dieses  bildet  noch  ein 
offenes  Feld  für  Erfindungen.  Das  Material  mufs  möglichst  dünn  und 
ein  guter  Wärmeleiter  sein,  mufs  jedoch  dem  Abreiben  und  der  wech- 
selnden Einwirkung  von  Wärme  und  Kälte,  ohne  zu  springen  oder  Risse 
zu  bekommen,  widerstehen  und  gleichzeitig  der  Einwirkung  von  Queck- 
silber und  verdünnter  Schwefelsäure  Widerstand  leisten.  Vielleicht  em- 
pfiehlt sich  das  Barff'sche  nichtrostende  Eisen. 

Die  Condensatoren  müssen  leicht  und  ohne  Unterbrechung  des  Be- 
triebes gereinigt  werden  können. 

Nach  den  Annales  des  mines.,  1887  Nr.  1  S.  136,  wird  zu  Almaden 
in  Spanien  der  gewonnene  Zinnober  in  grobe  Stücke  und  Kleinerz  ge- 
trennt. Man  verarbeitet  die  groben  Stücke  und  einen  Theil  der  Klein- 
erze in  22  Aludelöfen  und  in  2  Idriaöfen.  Ein  Theil  des  Kleinerzes 
dagegen  wird  in  zwei  neueren  Oefen,  den  sogen.  Ljvermore-Oefen ,  zu 
Gute  gemacht.  Sie  ähneln  den  Hasenclever-Oefeu.  Das  Erz  rutscht  in 
einer  Reihe    paralleler   Rinnen    allmählich   hinab,   während   die  Feuer- 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  411 

gase  einer  am  unteren  Ende  des  Ofens  vorhandenen  Rostfeuerung  in 
dem  Ofen  emporsteigen.  Kleine  Vorsprünge  aus  Mauerwerk  auf  der 
Sohle  und  am  Gewölbe  verhindern,  dafs  das  Erz  zu  schnell  hinab- 
rutscht, und  drücken  die  Flamme  auf  die  Erzschicht.  Die  Ofensohle  ist 
7"!  lang  und  um  470  geneigt.  Der  eine  der  genannten  Oefen  besitzt  10, 
der  andere  12  Rinnen.  Die  Condensatoren  sind  aus  Mauerwei'k,  Blech, 
Schiefer  oder  auch  aus  Glas  hergestellt,  wenn  sie  nahe  an  der  Esse 
liegen. 

Bei  einem  Kohlenverbrauche  von  300  bis  350'  werden  in  den  Oefen 
bis  zu  8t  Erze  in  24  Stunden  verarbeitet.  Schnabel  berichtet  in  der 
Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure^  1888  S.  425,  über  Idria  nach 
eigener  Anschauung  folgendes: 

Im  J.  1886  sind  daselbst  5001  metr.  Centner  (100*^)  gewonnen  worden. 
Der  Quecksilbergehalt  der  Erze  beträgt  bei 

Stufferzen      .     .     .     0,30  bis  0,50  Proc. 

Grobgries       .     .     .     0,40    „    0,60      „ 

Feingries       .     .     .     0,80    „    1,00      „ 

Sogen.  „Erzen"      .     3,00    „  10,00      „ 

Oefen  und  Condensatoren  zeigen  eine  hohe  Stufe  der  Vollkommenheit. 
Das  Werk  gedeiht  daher  bei  einem  Durchschnittsgehalte  von  noch  nicht 
1  Proc. 

Die  Stufferze  werden  in  gepanzerten  Schachtöfen  verarbeitet,  der 
Feingries  zum  Theil  in  Fortschaufelungsöfen,  zum  Theil  in  Schüttöfen, 
der  Grobgries  in  Alberti- Flammöfen  und  die  sogen.  Erze  in  Fort- 
schaufelungsöfen. 

Als  Condensatoren  werden  gabelförmige  Gufseisenrohre  in  Ver- 
bindung mit  einem  Kasten  aus  Eisen  (^Czermalische  Condensatoren)  ver- 
wendet. Der  Quecksilberverlust  wird  angegeben  bei  Schachtöfen  und 
Czerinak^ sehen  Condensatoren  zu  5  Proc,  bei  Albert i-Oei'en  zu  14,80  Proc, 
bei  Fortschaufelungsöfen  zu  10  bis  12  Proc,  bei  Schüttöfen  zu  6,5  Proc. 

In  Almaden  sowohl  wie  in  Idria  ist  das  Verfahren  der  Quecksilber- 
gewinnung ein  Oxydationsvorgang,  indem  durch  den  Sauerstoff  der  Luft 
der  Schwefel  des  Zinnobers  zu  schwefliger  Säui-e  oxydirt  wird,  während 
das  frei  gewordene  Quecksilber  verdampft  (Brenn-  und  Verdampfungs- 
verfahren). Hingegen  werden  zu  Cornachino  in  Toscana  die  Erze  mit 
Kalk  (140K  Erz  mit  84^  Kalk)  in  Muffeln  (2°i,7  lang,  64"=^  breit,  32cm 
hoch)  aus  Gufseisen  geglüht  (Niederschlags-  und  Verdampfungsverfahren), 
wobei  das  Quecksilber  je  einer  Ladung  in  6  Stunden  abdestillirt. 

Blei  bezieh.  Silber. 

Im  Nachstehenden  finden  wir  eine  Abänderung  des  bekannten 
Zinkentsilberungsverfahrens  {Parkes-  Prozefs). 

Nach  dem  üblichen  Verfahren  der  Entsilberung  des  Werkbleies 
mittels  Zink  wird  dieses  in  das  Bleibad  eingerührt  und  nach  einer  ge- 
wissen Ruhepause    der    sich    auf   der   Oberfläche    ansammelnde  silber- 


412  Neuerungen  im  Metallhiittenwesen. 

haltige  Zinkschaum  abgeschöpft.  Da  diese  Behandhingsweise  einen 
grofsen  Zeitaufwand  und  viele  Entsilberungskessel  erfordert,  auch  an 
den  Arbeiter  grofse  Anforderungen  gestellt  werden,  so  schlägt  E.  Honold 
in  Bleihütte  Binsfeldhammer  bei  Stolberg  (Rheinland)  ein  abgeändertes 
Verfahren  und  einen  Apparat  vor,  wodurch  die  Arbeit  mehr  zu  einer 
continuirlichen  und  mehr  mechanischen  gemacht  werden  soll. 

Nach  Honold^  Verfahren  (D.  R.  P.  Nr.  47218  vom  7.  Oktober  1888) 
wird  das  Zink  nicht  mehr  in  das  Werkblei  eingerührt,  sondern  das  Blei 
wird  in  geschmolzenem  Zustande  in  feinen  Strahlen  durch  ein  Zinkbad 
geleitet,  indem  das  auf  die  Oberfläche  des  letzteren  niederrieselnde  Blei 
von  selbst  durch  das  Zinkbad  hindurchstreicht,  weil  das  Blei  specifisch 
schwerer  als  das  Zink  ist. 

Das  Zinkbad  entzieht  dem  Werkblei  seinen  Silbergehalt,  wobei  der 
Zinkschaum  nach  oben  steigt  und  sich  auf  der  Oberfläche  des  Zink- 
bades ansammelt. 

Zur  Ausführung  dieses  Verfahrens  dient  die  in  Fig.  17  und  18  dar- 
gestellte Einrichtung. 

Die  Batterie  enthält  hier  fünf  bis  sechs  etagenförmig  angeordnete 
Einzelapparate  A^  bis  A^.  Jeder  Apparat  besteht  aus  einem  trichter- 
förmigen Zinkbadbehälter  a,  welcher  einen  durchlöcherten  Boden  a^ 
besitzt.  Dieser  Trichter  ist  in  ein  gleichgestaltetes,  etwas  gröfseres  Ge- 
fäfs  b  eingesetzt,  an  dessen  Boden,  durch  einen  Krümmer  c  vermittelt, 
sich  ein  nach  oben  steigendes  Rohr  d  anschliefst,  so  dafs  a  und  d  com- 
municirende  Röhren  bilden. 

Auf  die  Mündung  des  Behälters  a  wird  ein  Sieb  a.^  gelegt.  Rohr  d 
besitzt  einen  Abflufs  e,  welcher  nach  dem  nächsten  Apparat  führt. 

Die  Feuergase  durchziehen  in  Richtung  der  Pfeile  die  ganze  Batterie 
der  Länge  nach,  wobei  sie  zuerst  den  oberen  Theil  der  Apparate  und 
dann  die  Krümmer  c  bestreichen. 

Behufs  Ingangsetzens  der  Batterie  werden  die  Trichter  o  mit  Kauf- 
blei beschickt  und  dasselbe  eingeschmolzen.  Wenn  dies  geschehen, 
wird  das  Zink  aufgegeben  und  ebenfalls  eingeschmolzen. 

Der  Stand  des  Bleies  ist  dann  ungefähr  der  aus  der  Zeichnung  er- 
sichtliche; das  Zink  wird  in  a  entsprechend  dem  geringeren  specifischen 
Gewichte  höher  stehen  als  das  Blei  in  d.  Aus  dem  Einschmelzkessel, 
welcher  seinen  Platz  auf  der  linken  Längsseite  der  Batterie  findet,  ge- 
langt das  Werkblei  auf  das  Sieb  a^  des  ersten  Apparates  A^  und  rieselt 
von  hier  in  feinen  Strahlen  auf  das  Zink  nieder  und  durchstreicht  das- 
selbe, sein  Silber  abgebend. 

Das  zum  gröfsten  Theil  entsilberte  Blei  geht  seinen  Weg  weiter 
durch  c  und  d  nach  A.^^  um  hier  weiter  entsilbert  zu  werden.  So  wird 
das  Blei  durch  sämmtliche  Apparate  geführt  und  fliefst  aus  dem  letzten 
Apparate  ^5  silberarm  ab;  aus  diesem  gelangt  das  Blei  nach  einem  auf 
der  rechten  Seite  aufgestellten  Kessel,  um  hier  in  üblicher  Weise  mittels 


Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie.  413 

Wasserdampfes  vom  mitgefiihrten  Zink  befreit  zu  werden.  Der  sich 
bildende  Zinkschaum  wird  in  Folge  seines  leichteren  specifischen  Ge- 
wichtes in  dem  Gefäfse  a  zurückbleiben  und  sich  auf  der  Oberfläche 
des  Metallbades  ansammeln.  Von  Zeit  zu  Zeit  wird  der  Betrieb  unter- 
brochen, die  Gefäfse  werden  durch  Unterbrechung  der  Feuerung  ab- 
gekühlt und  dann  mittels  einer  Hebevorrichtung  auf  einmal  heraus- 
gezogen. Das  verbleibende  Metall  tritt  durch  den  durchlöcherten  Boden  a^ 
zurück,  während  der  Zinkschaum  auf  demselben  liegen  bleibt,  um  von 
hier  entfernt  zu  werden. 

Sollte  es  nun  z.  B.  wünschenswerth  erscheinen,  den  Reichschaum 
bezieh.  Goldschaum  vor  dem  Herausnehmen  aus  den  Trichtern  a  noch 
vorher  besser  auszusaigern,  so  könnte  dies,  nachdem  die  Batterie  ab- 
gekühlt war,  einfach  dadurch  geschehen,  dafs  man  die'  Feuerung  derart 
absperrt,  dafs  nur  die  beiden  ersten  Kessel  gefeuert  werden. 

Die  Krümmer  c  liegen  in  einer  kälteren  Zone  der  Feuerung.  Dies 
hat  den  Zweck,  zu  verhindern,  dafs  nicht  wie  bei  den  bisherigen  Feue- 
rungsanlagen der  Entsilberungskessel  durch  die  Circulation  des  von 
unten  nach  oben  steigenden  wärmeren  Bleies  eine  schlechte  Abscheidung 
des  Zinkschaumes  erfolgt,  sondern  dafs  dieser  Schaum  und  das  ein- 
geschmolzene Zink  ruhig  auf  dem  Blei  schwimmen,  ohne  sich  weiter 
mit  demselben  zu  mischen. 

Die  Feuerungsanlage  ist  ferner  derart  einzurichten,  dafs  die  vier 
bis  fünf  ersten  Kessel  sehr  stark  geheizt  werden  können,  während  die 
Temperatur  der  folgenden  Kessel  mehr  oder  weniger  niedrig  gehalten 
werden  kann,  um  während  des  Entsilberns  zu  bewirken,  dafs  die  aus 
den  heifsen  Kesseln  mit  übergerissenen  Zinkschaumtheilchen  iu  den  letz- 
teren kälteren  Gefäfsen  zum  Ausscheiden  gebracht  werden. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Ueber  die  Fortschritte  der  Pliotographie  und  der  photo- 
mechanischen  Druckverfahren;  von  Prof.  Dr.  J.  M.  Eder 

in  Wien. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  91  d.  Bd.) 

Pholoyraphie  bei  künstlichem  Lichte. 
Bereits  in  unserem  Berichte  (Z>.  p.  J.,  1888  267  174  ff.)  haben  wir 
auf  die  durch  Gädike  und  Mielhe  eingeführte  Photographie  mit  Magnesium- 
blilzUcht  hingewiesen,  welche  aus  einer  blitzartig  abbrennenden  Mischung 
von  Magnesiumpulver,  Kaliumchlorat  und  Schwefelantimon  bestand. 
Diese  Mischung  gab  wegen  ihrer  Explodirbarkeit  hier  und  da  zu  Un- 
fällen Veranlassung  und  wurde  durch  das  reine  Magnesiumpulver  ersetzt. 
Bringt  man  Magnesiumpulver  (i|2  bis  Is)  in  eine  Glasröhre  und  bläst 
dasselbe  durch   eine   Kerzen-   oder  Weinaeistflamme,    so   verbrennt   es 


414  Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie. 

momentan  mit  so  bedeutender  Lichtentwickelung,  dals  man  Photographien 
von  Porträts,  Gruppen,  Interieur«  u.  s.  w.  herstellen  kann.  Diese  Vor- 
richtungen wurden  besonders  durch  Prof.  Schirm  (Breslau)  verbessert, 
welcher  das  Magnesiumpulver  niclit  qxier^  sondern  in  der  Längsrichtung 
der  Flamme  durch  eine  ringförmige  Weingeisttlamme  mit  Hilfe  eines 
Kautschukballons  bläst.  Man  kann  mit  kleinen  Verbinduugsröhren  und 
Kautschukschläucheu  auch  zwei  oder  mehrere  Lampen  verbinden  und 
mit  einem  Drucke  des  Ballons  mehrere  Magnesiumblitzlampen  zugleich 
zur  Wirkung  bringen.  Diese  von  Meyer  in  Breslau  (Paulstrafse  20)  in 
den  Handel  gesetzten  Lampen  bewährten  sich  gut.  Aufserdem  wurden 
später  verschiedene  Anordnungen  auf  ähnlicher  Grundlage  getroffen 
{Edefn  Jahrbuch  für  Photographie  für  1889,  S.  373.     Mit  Figuren). 

Die  Photographie  bei  Magnesiumblitzlicht  fand  bereits  zahlreiche 
Anwendung  nicht  nur  von  Photographen,  welche  Interieurs  oder  Gruppen 
bei  Nacht  oder  Porträts  bei  Bällen  aufnahmen,  sondern  auch  von  Aerzten 
zur  Aufnahme  von  anatomischen  Pi'äparaten,  von  Vorgängen  in  Kranken- 
häusern u.  s.  w.,  wie  solche  z.  B.  in  der  Lehr-  und  Versuchsanstalt  für 
Photographie  ausgestellt  waren.  Es  ist  bemerkenswerth,  dafs  die  Photo- 
graphien bei  geschickter  Anbringung  von  weifsen  Reflectoren  sowie 
Scheiben  von  transparentem  Papier  (um  die  Grellheit  des  direkt  auf- 
fallenden Lichtes  zu  mildern)  an  künstlerischem  Werthe  den  Tages- 
aufnahmen vollkommen  ebenbürtig  sind. 

Eine  eigenthümliche  Form  von  orthochromatischem  Blitzlichte  em- 
pfiehlt Newcomb  {Phot.  Times,  Bd.  19  S.  247.  Phot.  Archiv,  1889  S.  212), 
welcher  auf  1  Th.  Magnesiumpulver  5  bis  7  Th.  reines  trockenes  Natrium- 
nitrat mit  Hilfe  eines  Hornspatels  mischt  und  anzündet  (mittels  eines 
langen  Zünders),  um  ein  gelb  brennendes  Blitzlicht  zu  erhalten.  Gegen 
dieses  sind  orthochromatische  Platten  sehr  empfindlich  und  es  hat  den- 
selben Effect  wie  eine  Gelbscheibe  bei  der  Aufnahme.  Es  soll  hierbei 
ein  reiciies  Detail  in  den  dunklen  Tönen  des  Bildes,  sowie  eine  sehr  gute 
Farbenwirkung  auf  orthochromatischen  Platten  erhalten  werden.  Newcomb 
hat  auf  diese  Weise  in  einem  grofsen  Theater  in  New  York  den  Zu- 
schauerraum photographirt  und  ein  gut  durchgearbeitetes  Negativ  erhalten. 

Auch  gewöhnliche  bengalische  Feuer  liefern  so  viel  aclinisches 
Licht,  dafs  man  Photographien  herstellen  kann,  ßoissonas  in  Genf  stellt 
photographische  Aufnahmen  des  Genfer  Sees  bei  bengalischer  Beleuch- 
tung her  und  zwar  bei  rothem,  als  grünem  Lichte.  Die  auffallende 
Erscheinung,  dafs  bei  rothem  bengalischen  Lichte  gute  Photographien 
erhalten  wurden,  erklärt  sich  jedenfalls  daraus,  dafs  Strontiumsalze  be- 
nutzt wurden,  in  deren  Licht  viel  Blau  enthalten  ist. 

Photographie  leuchtender  Käfer  und  Bakterien. 
Mit  Hilfe  empfindlicher  Trockenplatten  gelang  es,  die  leuchtenden 
Bakterien   zu   photographiren,    welche   das  Leuchten  der  Seefische  be- 


Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie.  415 

wirken  {Photographisches  Wochenblatt^  1888  S.  493.  Edefs  Jahrbuch  für 
Photographie  für  1889  S.  379).  E.  v.  Gothard  beobachtete,  dafs  nicht 
nur  die  Johanniskäfer,  sondern  auch  die  schwächer  leuchtenden  Larven 
derselben  binnen  10  Secunden  ein  deutliches  photographisches  Bild  auf 
Bromsilbertrockenplatten  geben.  Viel  heller  ist  das  Licht  tropischer 
Leuchtkäfer  (Lampyris  noctiluca),  bei  welchem  Vanrout  in  St.  Louis, 
sowie  Farini  sogar  photographische  Diapositive  herstellten,  welche  Photo- 
graphie  in  Fachjournalen   abgebildet   wurde  (Eders  Jahrbuch^   S.  379). 

Herstellung  von  Bromsilbergelatine. 

Die  Erzeugung  der  Bromsilbergelatine  geht  immer  mehr  in  die 
Hände  der  grofsen  Fabriken  über.  Publikationen  neuerer  Darstellungs- 
methoden werden  wenige  veröffentlicht. 

Als  wichtige  Beobachtung  theilte  L.  Belitski  in  Nordhausen  mit,  dafs 
der  Uebelstand  des  unsicheren  „Reifens'^  der  Bromsilbergelatineemulsion 
beim  ammoniakalischen  Prozesse  hauptsächlich  darauf  zurückzuführen 
sei,  dafs  die  in  der  Wärme  digerirten  Gemische  von  ammoniakalischer 
Silbernitratlösung,  Bromkalium  und  Gelatine  nach  Unterbrechung  der 
Digestion  ungleichmäfsig  abkühlen  und  das  Ammoniak  während  des 
mehrstündigen  Erstarrens  einen  nicht  genau  controlirbaren  Einflufs  auf 
die  Empfindlichkeit  des  Bromsilbers  und  die  Widerstandskraft  der 
Gelatine  ausüben.  Belitski  stellt  deshalb  Emulsion  mittels  Silberoxyd- 
ammoniak (nach  Eders  Methode)  her  und  fügt  nach  beendigter  Digestion 
in  der  Wärme  eine  genau  gemessene  Menge  verdünnter  Schwefelsäure 
hinzu.  Da  man  die  Grenze  der  Neutralisirung  im  Dunklen  bei  rothem 
Lichte  nicht  beobachten  kann,  so  wird  die  Menge  des  Ammoniaks  und 
zur  Neutralisation  dienenden  Schwefelsäure  zuvor  genau  festgestellt,  je- 
doch um  5  Proc.  weniger  Säure  zugesetzt,  als  zur  völligen  Neutralisation 
des  Ammoniaks  erforderlich  ist  {Eder's  Jahrbuch  für  1889,  S.  107). 

Der  Referent  beschreibt  {Photographische  Correspondenz.^  1880)  eine 
Methode  zur  Herstellung  von  Emulsion  mit  citronensaurer  Silberoxyd- 
ammoniaklösung, welche  für  Platten  mittlerer  Empfindlichkeit  empfehlens- 
werth  ist. 

Es  werden  gelöst: 

A)  24g    Bromkalium, 

6cc  Jodkaliumlösung  (1  :  10), 
20g    Winterthur-Gelatine, 
250CC  Wasser. 

B)  30g    Silbernitrat, 

3g    Citronensäure, 
250CC  Wasser, 

wozu  man  nach  erfolgter  Lösung  so  viel  Ammoniak  hinzufügt,  bis  sich 

die  anfangs  stark  milchig  trübe  Flüssigkeit  vollkommen  geklärt  hat. 

Man  bringt  sowohl  A  als  B  auf  die  Temperatur  von  40  bis  50°  C, 

mischt  beide  in  der  Dunkelkammer  bei   rothem  Lichte,   läfst  in  einem 

Wasserbade  bei  ungefähr  400  C.  durch  1/2  bis  ^j^  Stunden  stehen,  fügt 


416  Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie. 

dann  noch  15  bis  20-  im  Wasser  gequollene  und  geschmolzene  Gelatine 
hinzu  und  giefst  zum  Erstarren  in  flache  Schalen  aus,  worauf  die  Emulsion 
gewaschen  wird. 

Die  einzelnen  Details  über  Herstellung  empfindlicher  Emulsionen, 
sowie  von  Maschinen  zum  Begielsen  von  Emulsiousplatten  siehe  Eder's 
Photographie  mit  Bromsilbergelatine^  4.  Auflage  (Halle  a.  S.). 

lieber  orthochromatische  Gelatineemulsion  ist  zu  bemerken,  dafs  gegen- 
wärtig fast  alle  in  den  Handel  kommenden  derartigen  Emulsionsplatten 
mittels  des  vom  Berichterstatter  zuerst  in  die  Photographie  eingeführten 
Erythrosins  gefärbt  sind. 

Perutz  in  München  bringt  Obernetter  und  VogeVs  Eosinsilberplatten  in 
den  Handel,  bei  welchen  die  Emulsion  in  geeigneter  Weise  mit  Eosiu- 
silberlösung  (oder  Erythrosinsilber)  versetzt  ist.  Sie  sind  ohne  Gelb- 
scheibe verwendbar  (besonders  zu  Landschaflsaufnahmen),  sobald  nicht 
viel  Blau  oder  Violett  in  dem  zu  reproducirenden  Objecte  vorhanden  ist. 

Die  Anwendung  der  orthochromatischen  Platten  zu  Gemäldereproduc- 
tionen  u.  s.  w.  ist  bekannt. 

Gegenwärtig  benutzt  man  nach  Dr.  Zeltnow  grünempfmdliche  Ery- 
throsinplatten  zur  Mikrophotographie^  indem  man  zwischen  Lichtquelle 
und  Mikroskop  ein  grünes  Lichtfilter  einschaltet.  Dr.  Zeltnow  verwendet 
Erythrosinplatten  und  eine  Lösung  von 

160g  Kupfernitrat, 
14g  Chromsäure, 

welche  mit  Wasser  zu  250cc  aufgelöst  sind.  Damit  wird  eine  plan- 
parallele Glaswanne  von  ungefähr  l^ra  Abstand  der  Gläser  gefüllt.  Der 
Referent  benutzt  Eosinsilberplatten^  welche  durch  Baden  von  Bromsilber- 
gelatinetrockenj)latten  in  folgender  Lösung  durch  2  Minuten  und  Trocknen 
hergestellt  sind: 

25CC  einer  Lösung  von  krystallisirtem  Eosin  (1  :  1000), 
Icc  Silbernitratlösung  (1  :  80), 
1  bis  2cc  Amnioniali, 
75CC  Wasser. 

Als  grünes  Lichtfilter  dient  eine  Mischung  von  Indigoschwefelsäure 
und  Pikrinsäure,  als  Entwickler  die  bekannte  Mischung  von  Pyrogallol 
und  Soda  (Eder). 

Zur  Erledigung  der  Frage:  Welchen  Einfiufs  übt  eine  sich  steigernde 
Menge  von  Ery throsin  auf  die  Gelbempfindlichkeit  aus?  badete  V.  Schumann 
Bromsilberplatten  in  ammoniakalischen  Erythrosiulösungen  von  folgen- 
der Concentration:  a)  1:170000,  b)  1:85000,  c)  1:28000,  d)  1:14000, 
e)  1:7000,  f)  1:3500:  es  erschien: 

das  Blau  das  Gelb  also  Blau     Gelb 

bei  a  mit  13  bis  14  Secunden,  mit  5  bis  6  Secnnden  wie  1:2  bis  2V'2 

„    b  „14  „  „     4  bis  5  „  „1:3  bis  31/2 

„    c  „    12  bis  13  „  „     2  „  „     1:61/2 

„    d  und  e     „      6  bis     8  „  „1  „  „1:6  bis  8 

„     f  „5  bis     ()  „  „     1  „ 

schon  stark  wie  1  :  5  bis  6. 


Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie.  417 

Die  Emulsion  gewann  also  mit  Vermehrung  des  Farbstoffes  an  Ge- 
sammt-  und  Gelbempfindlichkeit;  auch  gewann  der  Beleg  im  Gelb  an 
Intensität  und  konnte  die  Zunahme  der  Kraft  noch  bei  den  beiden 
stärksten  Lösungen  bemerkt  werden  (Photographische  Correspondenz^  1889). 

Eosinsilber  ist  ein  rother  Niederschlag,  welcher  sich  beim  Mischen 
von  Eosin  mit  Silbernitrat  bildet  und  ist  ein  sehr  guter  Sensibilisator. 
Die  Farbe  ist  mehr  bläulichroth  als  jene  des  Eosins;  im  Ammoniak 
löst  sich  der  Niederschlag  unter  Zersetzung,  indem  sich  Eosin  und 
Silberoxj'dammoniak  bildet;  beim  Verdunsten  bildet  sich  wieder  Eosin- 
silber und  bleibt  zurück.  Der  Absorptionsstreifen  liegt  weiter  gegen 
Orange  als  jener  von  Eosin. 

Dr.  E.  Zettnow  fand  (Photographische  Cofrespondenz  ^  1889),  dafs 
Erythrosinsilber  bei  Gegenwart  von  Bromkalium  zersetzt  wird  (in  Brom- 
silber und  Erythrosin),  dafs  jedoch  der  Farbstoff  das  Bromsilber  in 
Lösung  hält  und  zwar  ungefähr  das  21/2  bis  7 fache  seines  Gewichtes. 
Aehnlich  verhält  sich  Chlor-  und  Jodsalz. 

In  reinem  Wasser  löst  sich  Erythrosinsilber  im  Verhältnisse  von 
1 :  60000  bis  1 :  80000,  je  nach  der  Sorte  des  Erythrosins. 

Methyleosinsilber  löst  sich  in  1125  Th.  Wasser;  Rose  bengalsilber 
dagegen  erst  in  100000  Th.  Wasser. 

Dr.  Zettnow  stellt  Eosinsilber  oder  Erythrosinsilber  dar,  indem  er 
Is  Farbstoff  in  200^^  Wasser  löst,  auf  60  bis  80"  C.  erhitzt  und  hierauf 
Is  Silbernitrat  gelöst  in  lO^c  Wasser  zusetzt;  man  läfst  den  Nieder- 
schlag absetzen  und  filtrirt  nach  dem  Abkühlen;  das  Auswaschen  des 
Niederschlages  am  Filter  geschieht  so  lange,  bis  die  durchlaufende 
Flüssigkeit  gefärbt  erscheint.  Alsdann  wird  das  Filter  durchstofsen, 
der  Niederschlag  abgespritzt  und  mit  Wasser  so  weit  verdünnt,  dafs 
sein  Volumen  250cc  beträgt,  1^^  der  gut  umgeschüttelten  Flüssigkeit,  in 
welcher  die  fein  vertheilte  Silberverbinduug  gleichmäfsig  aufgeschwemmt 
ist,  entspricht  also  ^^^s  des  ursprünglich  genommenen  Farbstoffes.  Bei 
Eosinsilber  und  Methyleosinsilber  ballt  sich  nach  6  bis  8  Tagen  der 
Niederschlag  zusammen  und  setzt  sich  am  Boden  fest,  bei  Rose  bengal- 
silber und  Erythrosinsilber  läfst  sich  der  Niederschlag  tadellos  noch 
nach  Monaten  aufschütteln. 

Dr.  Zettnow  untersuchte  Eosin,  Erythrosin,  Methyleosin  und  Rose 
bengal,  sowie  deren  Silberverbindungen  im  Spectrum  und  fand: 

1)  Dafs  Erythrosin  und  Erythrosinsilber  den  anderen  Eosinen  so 
aufserordenthch  überlegen  ist,  dafs  nur  dieser  Farbstoff  in  Betracht 
kommen  kann,  wenn  es  sich  darum  handelt,  eine  Platte  von  starker 
Oelb-  und  hoher  Gesammtempfindlichkeit  herzustellen. 

2)  Es  zeigte  sich,  dafs  der  Unterschied  zwischen  der  mit  dem 
reinen  Farbstoffe  und  seiner  Silberverbindung  gefärbten  Emulsion  sehr 
gering  ist;  durchschnittlich  zeichnet  die  Silberverbindung  eine  Wenig- 
keit brillanter  und  klarer.     Die  Ursache  findet   er  in  der  bereits   oben 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  9.  1889I1I1.  27 


418  Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie. 

abgegebenen  Erklärung  in  folgender  Betrachtung:  Von  Brom-  bezieh, 
Chlorverbindungen  ist  keine  Emulsion  völlig  zu  befreien,  vielleicht  auch 
dann  nicht,  wenn  man  zuletzt  anhaltend  mit  destillirtem  Wasser  wäscht. 
Unter  Umständen  genügt  schon  der  Chlorgehalt  des  in  der  gewaschenen 
Emulsion  zurückgehaltenen  Wassers,  um  die  Silberverbindungen  um- 
zuwandeln. Nach  Zetinow  hat  man  in  allen  Fällen  bei  Gelatineemulsionen 
die  öchliefsliche  Wirkung  nicht  der  Silberverbindung  zu  verdanken, 
sondern  dem  freien  Erythrosin-,  versetzt  man  absichtlich  Erythrosin- 
emulsion  mit  so  viel  einer  löslichen  Silberverbindung,  dafs  dieselbe  vor- 
herrscht, oder  badet  man  eine  Platte  in  einem  Gemische  von  Erythrosin 
und  mehr  Silbersalz,  als  zur  Zersetzung  des  Bromkaliums  in  der  Platte 
noch  nothwendig  ist,  so  erhält  man  je  nach  der  Menge  des  leicht  re- 
ducirbaren  Silbersalzes  schwachen  oder  starken  dichroitischen  Roth- 
schleier. 

3)  Die  Eosine  uud  die  wässerigen  Lösungen  ihrer  reinen  Silber- 
verbindungen zeigen  dasselbe  Spectrum,  dagegen  die  festen  Silber- 
verbindungen ein  anderes 5  besonders  auffallend  ist  der  Unterschied  bei 
Rose  bengalsilber. 

4)  Die  neuen  „Eosinsilberplatten"  des  Handels  verhalten  sich  genau 
so,  wie  mit  Erythrosin  gefärbte  Emulsion,  und  dieselben  verdanken  in 
Wirklichkeit  diesem  Farbstoffe  bezieh,  seiner  Silberverbindung  ihre  ortho- 
chromatische Wirksamkeit. 

Wie  zuerst  F.  Schumann  mittheilte,  ist  eine  mit  Cyauin  gefärbte 
Emulsion  besonders  gut  empfindlich  für  Gelb  und  Orange,  wenn  sie  auf 
die  Platten  gegossen,  getrocknet  und  dann  mit  Ammoniak  gebadet  wird. 
Die  Emulsion  darf  kein  Jod  enthalten;  gut  wirkt  Eder's  Silberammoniak- 
emulsion, welche  bei  40  bis  44^'  C.  gemischt  und  dann  auf  je  100''^ 
Emulsion  mit  50  Tro])fen  alkoholischer  Cyaninlösung  1  :  500  versetzt 
wird.  Man  digerirt  1  Stunde  bei  40  bis  37»  C,  giefst  in  eine  Schale, 
läfst  mehrere  Stunden  erstarren  und  wäscht  im  fliefseuden  Wasser. 
Kurz  vor  dem  Begiefsen  der  Platten  wird  der  Emulsion  5  Proc.  Alkohol 
zugesetzt.  Diese  Emulsion  ist  wenig  empfindlich;  die  Platte  hat  eine 
relativ  bessere  Rothem])findlichkeit,  aber  wenig  Gelbempfindlichkeit,  und 
die  Negative  sind  dünn.  Das  Verhalten  ändert  sich  vollständig,  wenn 
man  die  Platten  mit  Ammoniak  badet,  z.  B.  in  100™  destillirtem  Wasser 
und  1/2  bis  6«'  Ammoniak  und  dann  nochmals  trocknet.  Die  Empfind- 
lichkeit steigt  dadurch  bedeutend  (P/ioto(iraphischc  liundschau^  1889  S.  143). 

linrhack  j)liotographirte  den  infrarothen  Theil  des  Sonnenspectrums 
mittels  des  /foit7an «/-Gitters  und  Cyaninplatten  von  der  Fraunhofer  sehen 
Linie  A  bis  Wellenlänge  9900.  Er  erhielt  52  Linien  mit  7100  bis  8000, 
während  Abney  nur  24  Linien  erhalten  hatte.  Die  Färbung  der  Platten 
wurde  folgendermaCsen  hergestellt:  15"  Cyanin,  480-  Chloralhydrat, 
2'  Wasser  wurden  3/4  Stunden  erwärmt,  480^0  Ammoniak  zugesetzt,  wo- 
rauf unter  Aufschäumen  (Entweichen  von  Chloroform)  sich  Cyanin  nieder- 


Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie.  419 

schlägt,  welches  man  sammelt,  in  1500^0  Alkohol  löst  und  128  Chinin- 
sulfat in  100^*^  Alkohol  zusetzt;  die  ganze  Flüssigkeit  wird  mit  Alkohol 
auf  4'  gebracht.  Zum  Gebrauche  verdünnt  man  stark  mit  Wasser,  fügt 
Ammoniak  zu  und  badet  die  Platten  durch  4  Minuten  (Photographisches 
Archiv,  1889  S.  61;  aus  Philos.  Magaz.,  1888  Ser.  5  Vol.  26  S.  391). 

Orthochromatische  CoUodionemulsion. 

Die  orthochromatische  CoUodionemulsion  hat  vor  der  analogen 
Gelatineemulsion  den  Vorzug,  dafs  sie  eine  relativ  viel  gröfsere  Em- 
pfindlichkeit für  Gelb  und  Grün  besitzt  und  Gemäldereproductionen 
mittels  der  ersteren  ohne  Gelbscheibe  gemacht  werden  können.  Seit 
1888  bringt  Dr.  E.  Albert  in  München  solche  Emulsion  in  den  Handel. 
Sie  besteht  aus  gewaschener  Bromsilber-Collodionemulsion  von  geringer 
Empfindlichkeit.  Erst  durch  Zusatz  einer  Lösung  von  Eosiosilber  in 
alkoholischem  Ammoniak,  bei  welcher  das  überschüssige  Ammoniak 
und  Pikrinsäure  neutralisirt  ist,  wird  die  Emulsion  sehr  farbenempfind- 
lich. Man  übergiefst  damit  Glasplatten,  exponirt  sie  im  feuchten  Zu- 
stande, wäscht  nachher  mit  Wasser  gut  ab  und  ruft  mit  Hydrochinon 
hervor. 

Die  Emulsion  ist  unter  Umständen  so  empfindlich  wie  Gelatine- 
emulsion und  können  damit  Porträts  in  einigen  Secunden  angefertigt 
werden.  Jedoch  scheint  die  Darstellung  unsicher,  da  die  Emulsionen 
selten  diese  hohe  Empfindlichkeit  besitzen;  ferner  scheint  die  Emulsion 
während  des  Aufbewahrens  an  Empfindlichkeit  einzubüfsen. 

Auch  andere  in  dieser  Richtung  angestellte  Untersuchungen  führten 
zu  keiner  definitiven  Lösung  dieser  Aufgabe  (siehe  Eder's  Jahrbuch  für 
Photographie  für  1889  S.  402). 

Entivickelung  von  Trockenplatten. 
Die  neueren  Untersuchungen  über  die  Verwendbarkeit  verschiedener 
stark  reducirender  organischer  Substanzen  ergaben,  dafs  die  Eigenschaft, 
das  latente  Lichtbild  auf  Bromsilbergelatine  hervorzurufen,  vielen  Sub- 
stanzen zukommt.  Das  Pyrogallol  wurde  (neben  Eisenoxalat)  bis  vor 
Kurzem  fast  ausschliefslich  verwendet.  Dann  wurde  Hydrochinon,  dessen 
Eigenschaften  als  Entwickler  schon  vor  längerer  Zeit  von  Abney  (für 
Bromsilberplatten),  sowie  von  Eder  und  Pizzighelli  (für  Chlorsilbergelatine) 
entdeckt  wurden,  allgemeiner  als  Entwickler  verwendet,  da  es  im  Preise 
wesentlich  gesunken  ist  und  durch  von  Balagny  in  Paris  (1889)  ver- 
öffentlichte Vorschriften  das  Arbeiten  mit  dem  Hydrochinonentwickler 
vereinfacht  wurde.  Balagny  zeigte,  dafs  man  Hydrochinon,  Soda  und 
Natriumsulfit  im  Vorrathe  mischen  und  als  Entwickler  sofort  oder  nach 
längerem  Aufbewahren  verwenden  kann,  dafs  die  Mischung  sich  lange 
Zeit  farblos  erhält  und  nicht  wie  Pyrogallol  die  Platten  und  die  Hände 
braun   färbt.     Balagny   löst  1  Th.  Natriumsulfit  in   4  Th.  Wasser,  an- 


420  Edcr,  Über  FortschriUe  der  Photograpliie. 

dererseits  1  Th.  Natriumcarbonat  in  4  Th.  Wasser;  zur  Herstellung  des 
Entwicklers  mischt  er  Tö^c  der  Sultitlösung  mit  löO^c  der  Natrium- 
carbonatlösung  und  löst  darin  58  Hjdrochinon  auf.  Als  Verzögerer  (und 
um  etwaige  Verschleimung  der  Platten  zu  vermeiden)  kann  man  auf 
100  Th.  des  Entwicklers  10  Tropfen  Eisessig  zusetzen.  —  Verwendet 
man  an  Stelle  des  Natriumearbonats  das  kräftiger  wirkende  Kalium- 
carbonat,  so  wirkt  der  Entwickler  rascher,  worauf  Baltin  u.  A.  auf- 
merksam machten.  Folgende  von  Eder  und  Lenhard  (^Photographische 
Correspondenz^  1889)  angegebene  Vorschrift  wirkt  sehr  günstig: 

Hydrochinonlösung : 

Hydroehinon 10? 

Katriumsulfit 40g 

Wasser 400cc 

Potaschenlösung : 

Potasche 20g 

Wasser 200cc 

Man  mischt  40cc  Hydrochinonlösung  mit  20^^  Potaschenlösung;  die 
Ent Wickelung  dauert  länger  als  Pyrosoda,  ungefähr  4  bis  8  Minuten. 
Man  kann  auch  40*^^  Potaschenlösung  mit  20^^  Hydrochinonlösung  nehmen 
und  bekommt  dadurch  mehr  Kraft  und  kürzere  Entwickelungsdauer: 
auch  gleiche  Theile  Hydroehinon  und  Potasche  geben  grofse  Kraft. 
Durch  Verdünnen  des  Entwicklers  mit  Wasser,  sowie  Zusatz  von  etwas 
Essigsäure  kann  man  zu  lang  belichtete  Platten  gut  entwickeln.  Manche 
Plattensorten  zeigen  während  der  Entwickelung  einen  grauen  Schleier, 
welcher  beim  Fixiren  grofsentheils  verschwindet  und  der  Copirfähigkeit 
nicht  schadet.  Dieselbe  Hydrochinonlösung  kann  auch  zum  Sodaentwickler 
benützt  werden.  ^ 

Derartige  fertig  gemischte  Hydrochinonentwickler  kommen  in  ver- 
schlossenen Flaschen  in  den  Handel  und  werden  unter  verschiedenen 
Namen,  z.  B.  Universalentwickler  u.  s.  w.,  verkauft. 

Pyrocaiechin  (C,;H4(OH).2)  wurde  von  Eder  und  Töth  im  J.  1880 
zuerst  in  der  Photographie  verwendet  und  dessen  Eigenschaften  als 
Entwickler  für  Bromsilberplatten  (nach  Zusatz  von  Ammoniak)  ent- 
deckt. Damals  wurde  gezeigt,  dafs  das  Resorcin^  welches  dem  Pyro- 
caiechin isomer  ein  sehr  geringes  Entwickelungsvermögen  besitzt,  wäh- 
rend das  gleichfalls  isomere  Hydroehinon  kräftig  wirkt.  Neun  Jahre 
später  machte  Dr.  Arnold  neuerdings  Versuche  mit  Pyrocaiechin,  welches 
er  mit  Kaliumcarbonat  alkalisch  machte  und  gute  Erfolge  erzielte.  Die 
daran  von  Dr.  ßannow^  E.  Vogel^  C.  Srna  angeschlossenen  Versuche  er- 
gaben widersprechende  Resultate. 

In  Anbetracht  dieser  verschiedenen  Angaben  untersuchte  der  Referent 
neuerdings  das  Brenzeatechin  als  Entwickler.   Das  reine  Brenzcatechin 

1  Z.  B.  gleiche  Theile  obiger  Hydrochinonlösung  und  Sodalösung  (1  Th. 
krystallisirte  Soda  gelöst  in  8  Th.  Wasser),  oder  2  Th.  Hydrochinonlösung  und 
1  Th.  Sodalösun"-. 


Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie.  421 

stammte  aus  der  chemischen  Fabrik  von  Dr.  Schuchard  in  Görlitz  und 
entwickelte  mit  Potasche  das  latente  Bild  auf  Bromsilbergelatine  rasch 
und  kräftig.  Das  Silber  wurde  mit  kaffeebrauner  Farbe  reducirt;  die 
Flüssigkeit  färbte  sich  bald  braun.  Gut  wirkte  folgende  Vorschrift: 
A)  1  Th.  Brenzcatechin,  4  Th.  Natriumsulfit,  40  Th.  Wasser.  B)  4  Th. 
Potasche  in  40  Th.  Wasser.  Man  mischt  1  Vol.  von  A  mit  2  Vol.  von  B. 
Dieser  Entwickler  hält  sich  viel  besser  klar,  als  bei  Abwesenheit  von 
Natriumsulfit ^  die  Entwickelung  erfolgt  weniger  rasch,  aber  immer  noch 
viel  rascher  als  bei  Verwendung  eines  analog  zusammengesetzten  Hydro- 
chinonentwicklers.  Der  Brenzcatechinentwickler  gibt  die  gleiche  oder 
eine  etwas  höhere  Empfindlichkeit  als  der  Hydrochinonentwickler,  und 
die  Platten  nehmen  schneller  die  nöthige  Kraft  an.  Selbst  wenn  man 
die  Menge  des  Brenzcatechins  auf  ein  Drittel  herabsetzt,  ist  die  ent- 
wickelnde Kraft  noch  eine  grofse. 

Daraus  geht  hervor,  dafs  das  Brenzcatechin  eine  vortreffliche  Ent- 
wickelungssubstanz  ist,  welche  neben  den  gegenwärtig  gebräuchlichen 
Entwicklern  (Pyrogallol,  Hydrochinon  und  Eisenoxalat)  vollste  Beach- 
tung verdient  und  deren  vielseitiger  Anwendung  nur  der  hohe  Preis  im 
Wege  steht. 

Von  neuen  Entwicklersubstanzen  entdeckte  M.  Andresen  in  Berlin 
(D.  R.  P.  Nr.  46915  vom  1.  August  1888.  Photographische  Mittheilungen^ 
1889  Bd.  26  S.  28),  dafs  Paraphenylendiamin,  Paratoluydendiamin  und 
Xylidendiamin  Entwickler  für  Brom-,  Chlor-  und  Jodsilber  enthaltende 
Schichten  sind,  sobald  man  sie  in  schwach  alkalischer  wässeriger  Lösung 
anwendet.  In  der  Patentbeschreibung  wird  die  Klarheit  der  Matrizen 
und  Durcharbeitung  in  allen  Tonabstufungen  hervorgehoben. 

Nach  einigen  vorläufigen  Versuchen,  welche  ich  unter  Mitwirkung 
von  Herrn  Ritter  v.  Reisinger  anstellte,  wirkt  das  Paraphenylendiamin 
(CßH4(HN)2),  welches  aus  der  chemischen  Fabrik  von  Dr.  Schuchard  in 
Görlitz  stammte,  gut  als  Entwickler  für  Bromsilber-Gelatineplatten.  Es 
gibt  ungefähr  dieselbe  Empfindlichkeit  (bei  Belichtungsproben  am  War- 
ner/ie-Sensitometer)  wie  Pyro-  oder  Hydrochinonentwickler.  Es  wurde 
1  Th.  Paraphenylendiamin  hydrochloric.  in  50  Th.  Wasser  gelöst  und 
1  Vol.  dieser  Lösung  mit  1  bis  2  Vol.  einer  Potaschelösung  (1  :  10) 
vermischt.  Die  Entwickelung  erfolgte  regelmäfsig,  die  Farbe  des  Silber- 
niederschlages ist  grau  und  das  Bild  zart.  Schwefligsaures  Natron  hält 
die  Lösung  länger  farblos,  verzögert  aber  die  Hervorrufung  in  sehr 
hohem  Grade. 

Von  allen  diesen  neu  in  die  Photographie  eingeführten  Entwickler- 
substanzen verdient  das  von  den  Anilinfarbenfabriken  (Actiengesell- 
schaft)  in  Berlin  erzeugte,  von  Dr.  M.  Andresen  als  Entwickler  zum 
Patente  angemeldete  ^^Eikonogen'-'-  besondere  Beachtung.  Unter  dem 
Namen  „Eikonogen"'  kommt  das  Natriumsalz  der  Amido-/?  Naphtol-/?- 
Monosulfosäure 


422  Eder,  über  Fortschritte  der  Photographie. 

,    SOgNa 
C,oH,5      OH 

'  NH.^ 
seit  Juni  1889  in  den  Handel.     Es  ist  im  Preise  nicht  höher  als  Pyro- 
gallol  oder  Hydrochiuou;  der  Entwickler  bräunt  sich  nicht  an  der  Luft, 
ruft  Bromsilberplatten  rasch  hervor,  ist  nicht  giftig  und  besitzt  gröfsere 
Haltbarkeit  als  Pyrogallol. 

Vorschriften  zum  Entwickeln. 
I.  Für  getrennte  Lösungen: 

A.  2008  schwefligsaures  Natron  werden  in  3'  destillirtem  Wasser 
gelöst.  Zu  dieser  Lösung  fügt  man  50?  Eikonogen,  welches  sich  bald 
auflöst. 

B.  150s  krystallisirte  Soda  werden  in  1'  destillirtem  Wasser  gelöst. 
Zum  Gebrauche  mischt  man:  3  Th.  Lösung  A 

1      r  „         B. 

Lösung  A  wird  nicht  angesäuert. 

IL  Für  gemischte  Lösungen: 

2008  schwefligsaures  Natron  und  150s  krystallisirte  Soda  werden 
in  4'  destilUrtem  Wasser  kalt  gelöst,  und  zuletzt  50"  Eikonogen  als 
trockenes  Pulver  in  die  Flasche  gegeben.  Diese  Lösung  verwendet  man 
direkt  zum  Entwickeln,  ohne  Wasserzusatz. 

Für  diese  in  A  und  B  angegebenen  Vorschriften  genügt  die  halbe 
Expositionszeit,  bezogen  auf  das  Eisenoxalat.  Für  noch  kürzere  Ex- 
position wendet  man  das  Vorbad  an. 

Für  längere  Expositionen  mufs  mit  etwa  der  Hälfte  Wasser  ver- 
dünnt, oder  Bromkali  zugesetzt  werden. 

Die  krystallisirte  Soda  braucht  durchaus  nicht  chemisch  reine,  son- 
dern kann  solche  sein,  wie  sie  in  jedem  Haushalte  benutzt  wird. 

HL  Für  sehr  kurze  Momentaufnahmen: 
Man    löst    10s  schwefligsaures  Natron    und   5s  Potasche   in    ISO"^^*^ 
destillirtem  Wasser  und  fügt  alsdann  5s  Eikonogen  hinzu. 

Nach  E.  Vogel  (Photographische  Mittheilungen.,  Bd.  26  S.  95)  kann 
man  die  Menge  des  Eikonogen  im  Entwickler  herabsetzen:  Es  werden 
gelöst:  A)  45s  Natriumsultit,  5s  Eikonogen,  500^^  Wasser.  B)  60  bis 
75s  Kalium-  oder  Natriumcarbonat  (calcinirt).  Man  mischt  vor  dem 
Gebrauche  gleiche  Volumen  von  A  und  B. 

Vor  dem  Fixiren  legt  man  in  ein  Alaunbad,  dann  wird  gewaschen 
und  mit  Fixirnatron  fixirt.  Die  Farbe  des  Silberniederschlages  ist  grau- 
schwarz. (Fortsetzung  folgt.) 


Wetzke's  Spreewasser-Analysen,  423 

Spreewasser- Analysen;  von  Dr.  Th.  Wetzke. 

Unter  die  Flüsse,  deren  Verunreinigung  seit  längerer  Zeit  beklagt 
wird,  gehört  die  Spree.  Um  zu  sehen,  inwieweit  diese  Klagen  berech- 
tigt seien,  und  da  auch  für  mich  persönlich  die  Wasserverhältnisse  der 
Lausitz  Interesse  bieten,  habe  ich  an  verschiedenen  Stellen  genannten 
Flusses  Proben  entnommen  und  untersucht.  Die  Wasserproben  sind 
geschöpft  von  der  Spreequelle  bis  zu  dem  nahe  der  preufsischen  Landes- 
grenze gelegenen  Kirchdorfe  Klix. 

Die  Spree  entsteht  aus  dem  Zusammenflusse  einiger  sehr  kleiner 
Quellen.  Die  Festschrift  des  Ehershacher  Humboldt-Vereins  (1886)  nennt 
deren  vier,  die  eigentlichen  Spreequellen,  Dorfbach,  Flüssel  und  Ritter- 
bach. Die  eigentliche  Spreequelle,  bei  Alt-  und  Neu- Gersdorf  auf  den 
Pfarrwiesen  entspringend,  in  der  Minute  etwa  28'  Wasser  liefernd,  ver- 
eint sich  noch  auf  der  Flur  desselben  Ortes  mit  der  Quelle  des  Spree- 
häuschens, letztere  etwa  10'  Wasser  in  der  Minute  gebend.  Dorfbach, 
Flüssel  und  Ritterbach  führen  ebenfalls  nur  sehr  geringe  Wassermengen. 
Dasselbe  kann  von  den  weiteren  sichtbaren  Zuflüssen  gesagt  werden, 
welche  die  Spree  innerhalb  des  sächsischen  Gebietes  aufnimmt.  Da 
aber  der  Wasserreichthum  des  Flusses  in  Verfolg  des  Laufes  sichtlich 
wächst,  so  mufs  der  Zuwachs  auf  unterirdische  Zuflüsse  von  Grund- 
wasser gesetzt  wei-den.  Leider  habe  ich  über  die  von  der  Spree  an 
den  einzelnen  Orten  geführten  Wassermassen,  sowie  über  die  Strom- 
geschwindigkeit nichts  in  Erfahrung  bringen  können,  auch  keine  Ge- 
legenheit gehabt,  darüber  Untersuchungen  anzustellen. 

Die  Probeentnahme  selbst  ist  au  20  verschiedenen  Stellen  erfolgt, 
und  zwar  sind  die  Proben  an  ein  und  demselben  Tage  annähernd  zur 
gleichen  Stunde  in  der  Menge  von  3  bis  4'  mitten  aus  dem  Flusse  ent- 
nommen. Durch  das  ganze  Gebiet  hatte  es  12  Tage  hindurch  nicht 
geregnet,  der  Wasserstand  der  Spree  war  unter  Mittel,  doch  nicht  gerade 
klein.  Die  Zeit  der  Probeentnahme  fällt  in  den  September  auf  einen 
Tag,  als  alle  Fabriken  in  voller  Thätigkeit  waren. 

Ueber  die  einzelnen  Schöpfstätten  sei  folgendes  bemerkt:  Nr.  1 
und  2  sind  den  beiden  Spreequellen,  Nr.  1  auf  den  Pfarrwiesen,  Nr.  2 
•der  Quelle  im  Spreehäuschen,  entnommen.  Die  Probe  Nr.  3  ist  im 
Wiesenthal  geschöpft,  dicht  hinter  Alt-  und  Neu-Gersdorf,  und  zwar 
sind  dort  mit  der  Spree  bereits  die  Abflüsse  aus  den  zahlreichen  und 
grofsartigen  Fabriken  genannten  Dorfes  vereint.  Das  zeigt  sich  auch 
an  Farbe  und  Geruch  des  Wassers.  Die  4.  Schöpfstelle  liegt  vor  Ebers- 
bach oberhalb,  die  5.  dicht  unterhalb  der  Wünsche'schen  Fabrik.  Die 
€.  und  7.  Schöpfstelle  befinden  sich  vor  und  hinter  dem  Flecken  Neu- 
salza,  unweit  der  7.  Schöpfstelle  stromauf  liegt  dicht  am  Spreeflusse 
«ine  grofse  Bleicherei ;  Schöpfstelle  8  und  9  schliefsen  das  grofse  Kirch- 
dorf Postwitz  ein,  in  welchem  wohl  Landwirthschaft,  aber  keine  nennens- 


424  Wetzke's  Spreevvasser-Analysen. 

werthe  Industrie  getrieben  wird.  Die  10.  Schöpfstelle  liegt  bei  Klein- 
Döbschütz,  oberhalb  derselben  die  Spinnerei  Heinilz.  Durch  diese  Probe 
sollte  der  Zustand  des  Wassers  ermittelt  werden,  bevor  dasselbe  die 
bei  Sinkwitz  (11),  Schiungwitz  (12)  und  Grubschütz-Doberschau  (13)  ge- 
legenen Papierfabriken  passirt.  Die  Schöpfstellen  11,  12,  13  liegen 
dicht  hinter  den  betrelfenden  Fabriken.  Die  14.  Wasserprobe  (Schüler- 
Weinberg)  soll  über  die  Bestandtheile  des  Wassers  Aufschlufs  geben, 
bevor  es  in  das  Weichbild  der  Stadt  Bautzen  tritt.  Die  folgenden 
Schöpfstellen  15  (Heilige  Geist-Brücke),  16  (Wasserkunst),  17  (Seidau) 
und  18  (Kupferhammer)  liegen  unmittelbar  im  Bereiche  der  Abwässer 
von  Bautzen  und  dem  Vorort  Seidau  und  wenig  von  einander  entfernt. 
Vor  15  liegen  eine  Färberei  und  eine  Brauerei,  vor  16  Wasch-  und  Bade- 
anstalten, sowie  eine  Lohgerberei,  vor  17  die  ehemals  Mörbitz'sche 
Tuchfabrik  und  Kunstmühle,  eine  Walke;  die  kleinen  Häuser  von  Seidau 
treten  dicht  an  den  Flufs  heran,  vor  18  endlich  befindet  sich  ein  weiterer 
Theil  von  Seidau,  eine  Papierfabrik,  die  städtische  Gasanstalt,  sowie 
auch  ein  Kupferwerk.  Die  beiden  letzten  Schöpfstellen  19  (Nimschütz) 
und  20  (Klix)  sind  gewählt,  um  über  die  Selbstentmischuug  bezieh. 
Selbstreinigung  des  Spreewassers  einigen  Aufschlufs  zu  erhalten.  Zwischen 
Bautzen  und  Nimschütz  befinden  sich  an  der  Spree  nur  Mahlmühlen, 
eine  Pulvermühle,  dann  die  kleinen  Dörfer  Oehna  und  Malsitz,  zwischen 
Nimschütz  und  Klix  keinerlei  gewerbhche  Aulagen.  Wie  aus  Vor- 
stehendem erhellt,  hat  der  Spreeflufs  reichlich  Gelegenheit,  sich  mit 
häuslichen  und  industriellen  Abfallstoffen  zu  beladen.  Um  einen  Ein- 
blick zu  erhalten,  ob  durch  einzelne  gewerbliche  Anlagen  dem  Flusse 
erhebliche  Verunreinigungen  zugeführt  werden,  sind  die  Schöpfstellen, 
wo  angängig,  so  gewählt,  dafs  sie  die  betreffende  Anlage  einschliefsen,, 
so  die  Wünschesche  Fabrik  in  Ebersbach,  Bleicherei  bei  Neusalza,  so 
die  Spinnerei  in  Heinitz,  die  Papierfabriken  in  Obergurig  (11),  Schlung- 
witz  (12)  und  Doberschau  (13).  Bemerkt  soll  noch  werden,  dafs,  da 
die  Spree  vielfach  von  Wehren  durchkreuzt  und  zum  Zwecke  der 
Wassernutzung  in  Kunstgräben  abgeleitet  ist,  die  Proben  an  solchen 
Stellen  entnommen  sind,  wo  die  gesammte  Wassermenge  des  Flusses 
in  einem  Bette  dahinfliefst. 

Bestimmt  sind  in  jeder  Wasserprobe  die  suspendirten  Stoffe  und 
ihr  unverbrennlicher  Antheil,  der  Gesammtrückstand,  dessen  Glühverlust, 
die  organische  Substanz  durch  Ermittelung  des  Verbrauchs  von  über- 
mangansaurem Kali,  das  Chlor,  das  Ammoniak  und  die  Schwefelsäure, 
in  den  meisten  die  Salpetersäure,  der  Kalk,  in  einigen  die  Alkalien. 
Der  Glühverlust  ist  ermittelt  durch  schwaches  Glühen  des  Gesammt- 
rückstandes,  nachheriges  Befeuchten  mit  kohlensaurem  Ammoniak  und 
wiederholtem  Glühen  bis  zu  constantem  Gewicht.  Zur  Ermittelung  der 
organischen  Substanz  mittels  übermangansauren  Kalis  ist  nach  Fresenius 
( Quant.  Analyse.^  Bd.  2  S.  169)  verfahren.  Die  Salpetersäure  ist  nach  der 


Wetzke's  Spreewasser-Analysen.  425 

Tieinann  sehen  Modification  des  Schlösing' scheu  Verfahrens  bestimmt,  das 
Ammoniak  durch  Ausfällen  desselben  mit  iVefslerschem  Reagenz  und 
Feststellung  des  Quecksilbers  im  abgeschiedenen  Niederschlage  {Fleck'). 

Zur  Bestimmung  der  Alkalien  wurde  der  geglühte  Gesammtrück- 
stand  verwendet,  die  Nichtalkalien  durch  Barytwasser  (unter  thun- 
lichster  Vermeidung  des  Ueberschusses)  und  Ammoniumcarbonat  gefällt, 
die  Summen  der  Chloralkalien  gewogen  und  diese  dann  mit  Platinchlorid 
getrennt.  Chlor,  Schwefelsäure  und  Kalk  sind  nach  den  üblichen 
Methoden  ermittelt.  Bemerkt  sei  übrigens,  dafs  in  sämmtlichen  Wasser- 
proben diejenigen  Bestandtheile,  welche  einer  Zerstörung  oder  Aende- 
rung  unterworfen  sein  konnten,  wie  Schwefelsäure,  Ammoniak,  Salpeter- 
säure und  organische  Substanz,  so  rasch  als  möglich  (innerhalb  14  Tagen) 
nach  dem  Eintreffen  der  Proben  bestimmt  wurden.  Ob  bei  den  stark 
verunreinigten  Wässern  3,  4  und  5  nicht,  ehe  dieselben  untersucht 
werden  konnten,  schon  Reductionsvorgänge  eingetreten  sein  können,  ob 
also  die  analjsirte  Wasserprobe  von  diesen  drei  Schöpfstellen  wirklich 
ein  getreues  Bild  des  im  Flufslaufe  befindlichen  Wassers  bietet,  mufs 
dahingestellt  bleiben.  Die  erhaltenen  Resultate  sind  in  folgender  Tabelle 
niedergelegt  (vgl.  S.  426  und  427) : 

Aus  den  erhaltenen  Versuchsergebnissen  kann  man  ei'kennen,  dafs 
die  Spreequellen  zunächst  ein  sehr  gutes,  zu  Genufs-  und  Haushaltungs- 
zwecken brauchbares  Wasser  liefern.  Dasselbe  wird  jedoch  nach  kurzem 
Laufe  durch  die  Abwässer  der  grofsen  Gersdorfer  Fabriken  in  hohem 
Grade  verunreinigt,  so  dafs  seine  Benutzung  zu  irgend  einem  Zwecke 
ausgeschlossen  erscheint.  Lassen  sich  doch  in  dem  suspendirten  Schlamme 
dieses  Wassers  Stärkekörner  mikroskopisch  und  chemisch,  Kupfer  (16™? 
Kupferoxyd  im  Schlamme  eines  Liters),  ferner  Zinn,  Eisen  und  Thon- 
erde  nachweisen,  dazu  der  stark  hervortretende  Geruch  nach  Schwefel- 
wasserstoff. Kein  Wunder,  wenn  in  solchem  Wasser  kein  Thier  und 
keine  Pflanze  fortzukommen  vermag.  Wohl  haben  die  Gersdorfer 
Fabriken  Anlagen  für  Reinigung  ihrer  Abwässer,  doch  können  dieselben 
nur  sehr  unvollkommen  functioniren.  Allerdings  ist  auch  zu  berück- 
sichtigen, dafs  die  Fabriken  in  Gersdorf  zu  einer  Zeit  entstanden  sind, 
wo  niemand  an  Flufsverunreinigung  und  deren  Hintanhaltung  dachte. 
Weiter  liegen  diese  Fabriken  auf  verhältnifsmäfsig  engem  Räume  zu- 
sammen, verfügen  über  ein  nur  geringes  Wasserquantum,  müssen  also  das 
zur  Verfügung  stehende  Wasser  nach  Möglichkeit  ausnutzen  und  mit  den 
unvermeidUchen  Abfallstofien  stark  beladen.  Andererseits  erscheint  nach 
den  Erfahrungen,  die  man  anderwärts  gemacht  hat,  eine  entsprechende  Rei- 
nigung des  Wassers  durchaus  nicht  unmöglich.  Wenigstens  als  wünschens- 
werth  mufs  die  Entfernung  der  schweren  Metalle  und  der  grofsen  Mengen 
Schwefelsäure  gefordert  werden,  um  so  mehr  als  sich  diese  Entfernung 
durch  eine  einfache  Kalkreinigung  bewirken  liefse.  Als  Bach  mit  mifs- 
farbenem  Wasser  von   üblem  Geruch  durchläuft   die  Spree  die  Strecke 


426 


Wetzke's  Spreewasser- Analysen. 


Spreewasser-Analysen 

11    Wasser   enthält 


Benennung  der  Schöpfstelle. 


o  S  = 

3  3  2 


1.  Spreequelle  . 

2.  Spreehäuschen 

3.  Wiesenthal    . 


4.  Ebersbach,  oberh.    Wünsche's  Fabrik  . 

5.  Ebersbach,  unterh.    Wünfche''s  Fabrik . 

6.  Neusalza,  vor  der  Stadt 

7.  Neusalza,  hinter  der  Stadt     .... 

8.  Postwitz,  vor  dem  Dorfe 

9.  Postwitz,  hinter  dem  Dorfe    .... 

10.  Döbschütz 

11.  Sinkwitz 

12.  Schiungwitz 

13.  Grubschütz 

14.  Schüler- Weinberg 

15.  Brücke  zum  heiligen  Geist    .... 

16.  Wasserkunst 

17.  Seidau 

18.  Kupferhammer 

19.  Nimschütz 

20.  Klix 


5,0 
fehlen 
1036,0 


208,5 
51,0 
16,0 

7,0 

unwägb, 

6,5 

5,0 

13,0 

17,0 

17,5 

21,5 

7,5 

32,0 

unwägb. 

22,0 

3,0 

9,0 


2,5 
fehlt 
384,0 


114,0 

144,0 

1111,0 


8,22 

6,96 

165,74 


73,0 


14,0 


880,0 


474,0 


5,0    176,0 


2,0 

fehlt 
5,5 

7,0 
4,0 
9,0 

11,5 
2,0 

24,0 
fehlt 

14,0 
1,0 
6,0 


196,0 

128,0 
129,0 
138,0 
131,0 
148,0 
178,0 
140,0 
228,0 
226,0 
160,0 
156,0 
144,0 
166,0 


70,22 
62,63 
32,00 

33,21 

22,14 
22,14 
21,00 
23,41 
25,62 
24,67 
21,12 
26,57 
27,21 
22,77 
25,94 
21,63 
31,63 


Wetzke's  Spreewasser-Analysen. 


427 


von    Dr.   Wetzke. 

in   Milligrammen 


u 
o 

o 

p 
?5 

CO 

3 

S 
> 

3 

3 

o 
g 

< 

Bemerkungen. 

8,75 

1,72 

25,00 

1,22 

— 

20,0 

fehlt 

klar,  wasserhell. 

8,75 

fehlt 

20,00 

— 

— 

24,0 

fehlt 

klar,  wasserhell. 

69,16 

250,72 

282,50 

211,72 

50,57 

304,0 

0,52 

starker ,  schwarzer  Absatz, 
riecht  nach  Schwefelwasser- 
stoff, das  klare  Wasser  gelb, 
enthält  auf  11  4mg  schwere 
durch  Schwefelwasserstoft" 
füllbare  Metalle,  8mg  Eisen. 

36,45 

181,79 

167,50 

65,81 

75,23 

174,0 

0,52 

schwarzer  Absatz,  Farbe  des 
Wassers  dunkelgelb,  riecht 
nach  Schwefelwasserstoff. 

36,45 

24,01 

120,00 

24,12 

35,14 

166,0 

0,56 

schwarzer  Absatz,  Farbe  des 
Wassers  gelb,  riecht  nach 
Schwefelwasserstoff. 

19,52 

13,72 

27,50 

— 



41,0 

0,62 

wenig  Absatz,  Farbe  gelb- 
lich, riecht  schwach  nach 
Schwefelwasserstoft". 

26,63 

22,96 

40,00 

— 

— 

0,62 

wenig  Absatz,  schwach  gelb- 
lich, riecht  nicht. 

12,42 

8,58 

27,50 

— 

— 

20,0 

0,54 

hell. 

12,42 

10,15 

30,00 

— 

— 

20,0 

0,54 

hell. 

12,42 

7,72 

40,00 

— 

— 

32,0 

0,54 

hell. 

12,20 

10,29 

35,00 

— 

— 

25,0 

0,58 

hell. 

15,98 

13,72 

37,50 

— 

— 

26,0 

0,62 

gelblich  weifs,  wenig  Absatz. 

16,96 

14,58 

40,00 

— 

— 

26,0 

0,62 

gelblich  weifs. 

17,75 

13,72 

65,00 

7,72 

15,79 

22,0 

0,62 

gelblich  weifs. 

17,75 

12,01 

50,00 

6,75 

61,12 

27,0 

0,82 

gelblich. 

17,75 

11,15 

40,00 

6,75 

58,47 

32,0 

0,86 

gelblich. 

17,75 

11,15 

40,00 

6,37 

18,26 

32,0 

0,92 

gelblich. 

22,08 

13,72 

40,00 

6,56 

22,06 

32,0 

1,52 

gelblich,  trübe. 

17,75 

11,15 

40,00 

5,86 

15,85 

29,0 

0,56 

hell. 

19,26 

13,54 

— 

— 

40,0 

— 

ins  Gelbliche  spielend. 

428  Wetzke's  Spreewasser-Analysen. 

von  Gersdorf  bis  Ebersbaeh,  stellenweise  die  Landesgreuze  gegen  üester- 
reich  bildend.  In  Ebersbach  vor  der  Wünsche' sehen  Fabrik  sind  die- 
jenigen Verunreinigungen,  welche  in  Gersdorf  zugetreten  waren,  theil- 
weise  als  Schlamm  niedergesunken.''  Durch  das  grofsartige  Etablissement 
von  Wünsc/ie^  das  allein  an  3000  Weber  beschäftigt,  werden  dem  Wasser 
der  Spree  nicht  nur  keine  weiteren  Verunreinigungen  mehr  zugeführt, 
sondern  die  vorzüglich  functionirenden  Wasserreinigungsanlagen  daselbst 
gestatten  sogar,  das  Wasser  erheblich  reiner  zu  entlassen,  als  wie  es 
in  die  Fabrik  eintrat.  Früher  war  dort  das  Hulwa  sehe  Verfahren  ein- 
geführt und  arbeitete  zur  Zufriedenheit  des  Besitzers,  die  jetzigen  Er- 
folge sind  durch  einfache  Kalkreinigung  erreicht.  Besonders  hervor- 
tretend ist  der  Rückgang  der  suspendirten  StofTe  und  der  Schwefelsäure. 
Ein  Vergleich  zwischen  dem  hinter  der  Wünsche' ^chen  Fabrik  und  dem 
vor  Neusalza  geschöpften  Wasser  bietet  ein  Beispiel,  wie  verhältnifs- 
mäfsig  rasch  die  Selbstreinigung  —  Selbstentmischung  —  eines  stark 
verunreinigten  Flufslaufes  sich  vollzieht.  Die  direkte  Entfernung  zwischen 
Schöpfstelle  5  und  6  beträgt  wenig  über  4^^^  die  vielfach  gewundene 
Spree  mag  wohl  über  die  doppelte  Strecke  zurücklegen.  Während 
dieses  Laufes  verliert  das  Wasser  einen  grofsen  Theil  seiner  suspen- 
dirten und  gelösten  verunreinigenden  Stoffe;  die  Farbe  des  Wassers, 
welche  noch  bei  Ebersbach  im  Flufsbette  tief  schwarz  erscheint,  wird 
heller  und  durchsichtig,  die  durch  industrielle  Anlagen  hervorgerufenen 
Verunreinigungen  treten  zurück  und  die  aus  menschlichen  Wohnungen  her- 
rührenden putriden  Abfallstoffe  beginnen  vorzuherrschen.  Den  Charakter 
putrider  Verunreinigung  bewahrt  nunmehr  das  Wasser  der  Spree  bis 
zum  Verlassen  des  sächsischen  Gebietes.  Die  kleine  Stadt  Neusalza 
mit  anliegendem  Friedersdorf  ändert  die  Zusammensetzung  der  Mineral- 
bestandtheile  des  Wassers  nur  wenig,  und  die  geringe  Erhöhung,  welche 
der  Chlor-,  Schwefelsäure-  und  Kalkgehalt  erfährt,  darf  wohl  auf  Rech- 
nung der  in  Neusalza  dicht  bei  der  7.  Schöpfstelle  gelegenen  grofsen 
Bleicherei  gesetzt  werden.  Das  grofse  Kirchdorf  Postwitz  übt  einen 
uachtheiligen  Einflufs  auf  die  Spree  nicht  aus  und  dasselbe  läfst  sich 
von  der  Spinnerei  Heinitz  und  den  bei  Singwitz,  Schiungwitz  und  Dober- 
öchau-Grubschütz  gelegenen  Papierfabriken  sagen.  Die  Fabrik  in  Schlung- 
witz  verarbeitet  Stroh  auf  Papiermasse,  und  gerade  diese  Strohstotf- 
fabriken  stehen  allgemein  im  Rufe,  die  ärgsten  Verunreiniger  der  Flufsläufe 
zu  sein. 

Wenn  nun  durch  vorliegende  Untersuchungen  eine  Verschlechterung 
des  Spreewassers  seitens  der  Schlungwitzer  Strohstoil'fabrik  nicht  hat  con- 
statirt  werden  können,  so  ist  dies  ein  Beweis,  dafs  die  dortigen  Wasser- 
reiniiiuuss-  und  Kläranlagen  eut  functioniren.   Zudem  arbeitet  die  Fabrik 


1  Schwere  Metalle  lassen  sich  weder  im  Wasser  selbst,  noch  in  den  darin 
suspendirten  Stoflfen  mehr  nachweisen. 


^yetzke"s  Spreewasser-Analysen.  429 

nach  einem  Verfahren  (Sulfat),  welches  nur  geringe  Mengen  wenig  ver- 
unreinigten Abwassers  liefert.  Die  Schöpfstelle  14  (Schüler- Weinberg) 
constatirt  die  Zusammensetzung  des  Spreewassers  kurz  vor  Bautzen. 
Die  in  letzterer  Stadt  geschöpften  Wasserproben  lassen  stromabwärts 
eine,  wenn  auch  nur  geringe  Steigerung  von  Salpetersäure  und  Am- 
moniak erkennen.  Auffällig  ist  die  Vermehrung  des  Gesammtrück- 
standes  in  den  an  der  Brücke  zum  heiligen  Geist  und  an  der  Wasser- 
kunst entnommenen  Wässern;  diese  Vermehrung  ist  besonders  auf 
Steigerung  des  Natrongehaltes  zu  setzen.  Zur  Erkläi-ung  mag  die  Be- 
merkung dienen,  dafs  gerade  zwischen  jenen  Orten  eine  ganze  Anzahl 
viel  benutzter  Wäscheschweifen  sich  befinden.  Wie  es  nun  kommen 
mag,  dafs  der  Gehalt  an  Gesammtrückstand  bezieh,  an  Natron  bei  der 
Schöpfstelle  Seidau  wieder  auf  den  Gehalt  etwa  gesunken  ist,  welchen 
das  Spree wasser  vor  Eintritt  in  die  Stadt  zeigte,  weifs  ich  nicht  zu 
erklären,  denn  besondere  wasserreiche  Zuflüsse  sind  auf  dieser  Flufs- 
strecke  nicht  zu  verzeichnen.  Auch  die  Papierfabrik  in  Seidau  und  die 
Gasanstalt  der  Stadt  Bautzen  verunreinigen  das  Spreewasser  nicht 
wesentlich,  überhaupt  zeigt  sich  die  auch  schon  anderwärts  beobachtete 
Erscheinung,  dafs  die  Effluvien  einer  immerhin  volkreichen  Stadt 
(Bautzen  hat  zuzüglich  Seidau  eine  Einwohnerzahl  von  etwa  22000)  mit 
mancherlei  industriellen  Anlagen  keine  erhebliche  Abänderung  in  der 
Zusammensetzung  des  Wassers  eines  selbst  geringe  Wassermengen 
führenden  Flufslaufes  hervorrufen.  Bis  Nimschütz,  etwa  S^'^^h  von 
Bautzen  entfernt,  ist  eine  entsprechende  Klärung  und  Selbstentmischuug 
des  Spreewassers  eingetreten,  bei  Klix  aber  zeigt  sich  wiederum  eine 
Zunahme  des  Gesammtrückstandes  und  des  Chlorgehaltes.  In  Folge 
nicht  ausreichender  Probemenge  konnte  die  Analj^se  dieses  Wassers 
nicht  in  demselben  Umfange  wie  bei  den  übrigen  Proben  durchgeführt 
werden.  Zur  Erklärung  der  Zunahme  der  Verunreinigungen  im  Klixer 
Wasser  mag  die  Bemerkung  dienen,  dafs  die  Spree  das  ganze  Kirch- 
dorf durchfliefst,  dafs  einzelne  Wirthschaften  daselbst  dicht  an  den  Flufs 
herantreten,  dafs  die  Ufer  sehr  flach  sind,  weshalb  das  Wasser  bei  nur 
irgend  gesteigerter  Fluth  aus  dem  Bett  auf  die  umliegenden  Wiesen 
übertritt,  jedoch  seinen  Rücklauf  ins  Flufsbett  nimmt,  sobald  dort  die 
Wassermenge  abnimmt.  Zur  Zeit  der  Probeentnahme  war,  wie  be- 
merkt, das  Wasser  der  Spree  im  Rückgange. 

Mufs  nach  vorstehenden  Untersuchungen  das  Wasser  der  Spree  in 
der  That  als  ein  verunreinigtes  bezeichnet  und  kann  den  eingangs  er- 
wähnten Klagen  über  die  Verunreinigung  eine  Berechtigung  nicht  ab- 
gesprochen werden,  so  mufs  doch  auch  constatirt  werden,  dafs  die 
"N  erunreinigung  besonders  durch  industrielle  Anlagen  vor  wenigen  Jahren 
eine  bedeutendere  gewesen  ist  als  heute.  So  wenigstens  versichern 
übereinstimmend  glaubhafte  Leute,  die  darüber  ein  Urtheil  wohl  haben 
können.     Also   eine  Wendung   zum  Besseren   ist   schon  eingetreten  und 


430  Kleinere  Älittheilungen. 

dafs  die  Bemühungen  in  dieser  Hinsicht  fortgesetzt  werden,  erscheint 
gewifs  wünschenswerth.  Es  ist  eine  unerfüllbare  Forderung,  zu  ver- 
langen, dafs  Wasser,  welches  industriellen  Zwecken  gedient  hat,  in 
demselben  Zustande  dem  Flufslaufe  zurückgegeben  werde,  wie  es  ent- 
nommen wurde.  Was  aber  erreichbar,  sollte  erstrebt  werden.  Das 
liegt  nicht  nur  im  Interesse  der  öffentlichen  Gesundheitspflege,  sondern 
auch  in  dem  der  Industrie  und  des  Gewerbes  selbst.  Es  wurde  nur  in 
der  Wünsche'' scheu  Fabrik  in  Ebersbach  über  das  zu  stark  verunreinigte 
Wasser  geklagt;  auch  stellen  sich  im  Hochsommer  in  den  Papierfabriken, 
welche  auf  fertige  Papiere  arbeiten,  Schwierigkeiten  im  Betriebe  bei 
kleinem  Wasserstande  ein  und  es  läfst  sich  recht  wohl  denken,  dafs 
die  Schwierigkeiten  durch  das  in  der  Fabrikation  benutzte  Wasser  her- 
vorgerufen werden,  welches,  durch  hohe  Temperaturen  in  seiner  Auf- 
nahmefähigkeit für  allerhand  Stoffe  gesteigert,  solche  dann  in  gröfseren 
Mengen  mit  sich  führt  als  gewöhnlich.  Mit  der  Entwickelung  der 
Industrie  ist  naturgemäfs  der  Fischreichthum  der  Spree  qualitativ  und 
quantitativ  zurückgegangen,  besonders  sind  die  feineren  Fischarten  Forelle 
und  Barbe  (Salmo  fario  und  Barbus  fluviatilis)  vollständig  verschwunden. 
Mit  hoch  entwickelter  Industrie  verträgt  sich  eine  ausgiebige  Fischzucht 
ebenso  wenig,  wie  ein  starker  Hoch-  und  Schwarzwildstand  mit  inten- 
siver Landvvirthschaft.  Eine  längst  anerkannte  Thatsache  und  geradezu 
incommensurabel  ist  die  Zahl  der  Menschen,  welche  je  gleichzeitig  von 
dem  Erträgnifs  der  Fischerei  in  der  Spree  in  der  Oberlausitz  gelebt 
haben  können,  mit  der,  welche  gegenwärtig  aus  der  Industrie  ihren 
Lebensunterhalt  zieht.  Und  doch  sollte  auch  im  Interesse  der  Fisch- 
zucht die  möglichste  Reinhaltung  des  Spreewassers  angestrebt  werden, 
denn  dies  Gewerbe  ist  von  hoher  Bedeutung  für  die  Niederlausitz,  deren 
grofse,  zahlreiche  Teiche  vielfach  von  der  Spree  aus  gespeist  w^erden. 
Wie  wenig  geeignet  das  Spreewasser  in  seiner  jetzigen  Zusammensetzung 
für  die  Fischzucht  ist,  mag  aus  folgenden  Zahlen  erhellen:  Bei  Strich- 
überwinterung (Karpfen)  rechnet  man  einen  regelmäfsigen  Verlust  von 
15  bis  30  Proc,  in  einem  Quellwasserteiche  des  Rittergutes  Caupa  be- 
trug der  Verlust  der  Ueberwinterung  1887  bis  1888  15,2  Proc,  in  einem 
Spreewasserteiche  desselben  Gutes  94,68  Proc. 


Selbstrichtende  Schleifsteine. 

Zwei  mit  den  Riickenlläclien  sich  berührende  und  iiacli  entgegengesetztem 
Sinne  umlaufende  Schleil'steine  sind  in  einem  Troge  derart  gelagert,  dal's  bei 
jeder  Umdrehung  der  eine  der  beiden  Steine  eine  hin  und  her  gehende  achsiale 
Bewegung  gegen  den  anderen,  festgelagerten  erhält,  welche  durch  Andruck 
einer  Kamrascheibe  zu  dem  Zwecke  hervorgebracht  wird,  die  Steine  wäh- 
rend des  regelrecliten  Hetriebes  sich  selbst  abrichten  zu  lassen.  {Portefeuille 
iconomique  des   Machines^  1888  Bd.  13  ^^  S.  75,  nach   American  Machinist.^ 


Kleinere  Mittheilungen. 


431 


J.  W.  Dennis'  Klammer. 

Dieses  Werkmittel  zum  Spannen,  Ver- 
schliefsen  von  Formkasten  u.  dgl.  besteht  nach 
American  Machinist^  1888  Nr.  8  "■  S.  4,  aus  zwei 
hakenartigen  Winkelschlitten  A  und  B  (Fig.  1 
und  2).  Während  in  der  Rückwand  des  einen, 
J5,  zahnstangenförmig  Muttergewinde  C  ein- 
gefräst ist,  trägt  der  andere  Fiihrungstheil  .4, 
zwischen  einen  Verschlufsdeckel  gelagert,  die 
zugehörige  Schraube  D.  Das  Gewinde  der- 
selben ist  an  einer  Seite  abgeflacht,  so  dafs 
dadurch  der  Eingriff  aufgehoben  und  die 
Schlitten  fi-ei  angeschoben  werden  können. 
Der  Verschlufs  erfolgt  durch  Drehung  der 
Schraube  D  mittels  des  Griffes  E. 

J.  Birkenhead's  Bohrer  und  Billing  s 
Holzbohrer. 

Zum  Nachbohren  bezieh.  Ausreiben  fer- 
tiger Löcher  erzeugen  John  Birkenhead  in  Mans- 
field,  Mass.,  Amerika,  den  nebengezeichneten  A 
Bohrer  (Fig.  3).  Die  abgeflächte  Bohrstange  ist 
mit  zwei  Schwalbenschwanznuthen  versehen, 
in  welche  die  Schneidstähle  passen.  Durch  das 
Querloch  wird  die  (vergröfserte)  Kopfschraube 
geschoben,  welche  sich  in  das  linke  Mutter- 
stück einschraubt,  vermöge  des  freiliegenden 
Zwischenstückes  die  beiden  auf  Lochgröfse 
eingestellten  Schneidstähle  klemmt  und  an  Ort 
festhält.     ^American  Machinist  ^   1888  Bd.  11  Nr.  24  S.  7.) 

Um  einen  und  denselben  Bohrer  für  verschiedene  Lochgröfsen  gebrauchen 
zu  können,  wird  nach  Billing  der  Schneider  als  Plättchen  ausgebildet  (Fig.  4), 


Fig.  2. 


Fig.  4, 


Fig.  3. 


welches  durch  ein  Deckplättchen  geführt  und  mittels  Zähnchen  in  der  gegebenen 
Einstellung  gehalten  wird.  Die  eingeschlossene  Feder  hebt  beim  Lösen  der 
Schraube  das  Führungsplättchen  und  erleichtert  dadurch  wesentlich  die  Ver- 
legung des  Lochschneiders.     {American  Machinist^  1887  Bd.  10  Nr.  25  S.  2.) 

Ein  phonographisch-telephonischer  Versuch. 

Bei  Gelegenheit  eines  Vortrags  über  Edison  s  Erfindungen  hat  W.J.  Hammer 
aus    East-Orange,    N.J..    zwischen    New  York   und    Philadelphia   einen   inter- 


432  Kleinere  Mittheiluugen. 

essanten  Versuch  angestellt,  bei  welchem  er  drei  Erfindiinjren  Edison''3  benutzte. 
In  New  York  wurde  (nach  Engineering  vom  15.  März  1889  *  S.  260)  gegen 
einen  Phonographen  (vgl.  1878  227  409.  22{)*264.  1888  2ö9  *247.  1889  271  44) 
gesprochen.  Die  vom  empfangenden  Stifte  in  den  Wachscylinder  eingegra- 
benen Schwingungslinien  setzten  den  die  Rede  wiedergebenden  Stift  in  Be- 
wegung, und  dieser  wirkte  auf  ein  Kohlen-Mikrophon  (1878  227  51.  229 "263): 
die  durchs  Mikrophon  verursachten  Stromschwankungen  übertrug  ein  Inductor 
als  Wechselströme  in  eine  geschlossene  (zweidrähtige)  Leitung  zwischen  New 
York  und  Philadelphia;  in  dieser  165kni  langen  Linie  lag  ein  nahezu  lOkm 
langes  unterirdisches  Kabel,  dessen  Leiter  in  den  einen  Draht  eingeschaltet 
war,  während  die  Schutzhülle  einen  Theil  des  zweiten  Drahtes  ersetzte.  In 
Philadelphia  wirkten  die  Wechselströme  zunächst  in  einem  Motograph-Em- 
pfänger  (vgl.  1874  214  255)  und  setzten  durch  diesen  den  empfangenden  Stift 
eines  Phonographen  in  Bewegung,  dessen  gebender  Stift  wieder  auf  ein 
Kohlen-Mikrophon  wirkte  und  durch  dieses  unter  Mithilfe  eines  Inductors 
endlich  einen  zweiten  Motographen  in  Thätigkeit  versetzte,  der  aber  so  laut 
sprach,  dafs  die  Zuhörerschaft  es  deutlich  hören  konnte. 

Zwergbatterie  zum  Nachweise  der  Empfindlichkeit  des  Telephons. 

Um  die  Empfindlichkeit  des  Telephons  nachzuweisen,  hat  J.  H.  Farnham 
eine  Zwergbatterie  aus  einer  kleinen  Glasperle  so  hergestellt,  dafs  er  durch 
dieselbe  einen  feinen  Kupferdraht  und  einen  feinen  Eisendraht  hindurchsteckte 
und  das  Ende  jeden  Drahtes  auf  den  Draht  aufwickelte,  in  die  noch  bleibende 
OefTnung  aber  ein  Tröpfchen  angesäuertes  oder  mit  Salmiak  u.  dgl.  versetztes 
Wasser  hineinbrachte.  Diese  Batterie  liefert  einen  Strom,  dessen  Stärke  völlig 
hinreicht,  um  im  Telephon  vernommen  zu  werden;  ja  es  konnten  sogar 
Signale  auf  einem  Drahte  von  über  300km  Länge  gegeben  werden.  (Vgl. 
1881  242  390.) 

Elektrische  Kraftübertragung  in  der  Comstock-Grube. 

Nach  dem  Engineering  and  Mining  Journal^  1889  **  S.  498,  wird  in  der 
Comstock  Grube  von  der  Sohle  des  Sutro-Tiuinels  in  dem  Chollar-Schachte 
die  Kraft  elektrisch  nach  der  Nevada  Mühle  übertragen,  auf  850m  Entfernung. 
Die  Anlage  ist  von  der  Brush  Electric  Company  ausgeführt  worden.  In  dem 
1650-Fufs-Niveau  ist  eine  Kammer  von  15m  Länge,  7m.5  Breite  und  4m  Höhe 
ausgehöhlt  worden  und  frei  von  allem  Holzwerk;  darin  befinden  sich  die 
D3mamomaschinen  und  die  Wasserräder.  Von  dem  Behälter,  worin  die  un- 
geheueren Tagewässer  sind,  gehen  zwei  Gufseisenrohre  nach  der  Kraftkammer, 
eines  von  250mm^  Jas  andere  von  200mm  Durchmesser.  Auf  dem  Grunde  des 
Schachtes  vereinigt  ein  Y'I^o'"'  ^^i^  beiden  Rohre  zu  einem  von  350mm  and 
von  diesem  gelien  sechs  I50mm  Rohre  nach  den  Pelton-Rädern,  welche  die 
sechs  ßruiA-Maschinen  treiben.  Jede  Dynamo  liefert  130  IP;  es  sind  D3rnamo 
mit  gemischter  Wickelung  für  unveränderlichen  Strom;  ihre  Stromkreise  laufen 
nach  einem  Umschalter,  in  dem  jede  Dynamo  auf  jeden  der  sechs  abgehenden 
Motor-Stromkreise  geschaltet  werden  kann.  Im  Chollar-Schachte  empor  gehen 
die  Stromleiter  aus  Kupferdraht,  einer  für  jeden  Stromerzeuger;  vom  Schacht 
gehen  sie  über  Tage  nach  dem  Motorraume  in  der  Nevada  Mühle,  einem  Poch- 
werke mit  60  Stampfen.     Jeder  Stromkreis  ist  etwas  über  Ikm^ß  lang. 

Im  Motorraume  stehen  sechs  ßras/i-Dynamo  für  unveränderlichen  Strom, 
jede  von  80  LP;  sie  stehen  in  einer  Reihe  parallel  zu  der  gemeinschaftlichen 
Triebwelle,  die  sie  in  gewöhnlicher  Weise  mittels  Riemen  treiben.  Sie  laufen 
mit  850  Umdreiiungen  in  der  Minute  und  arbeiten  in  beliebiger  Zahl  zu- 
sammen, für  sich  allein  oder  zusammen  mit  einem  Wasserrade.  Die  befürch- 
teten Uebelstände  aus  dem  Zusammenarbeiten  der  Motoren  auf  einer  und  der- 
selben Welle  haben  sich  nicht  eingestellt. 

Der  gesammte  Wirkungsgrad  ist  etwa  0,70;  es  werden  also  70  Proc.  der 
der  Welle  des  Stromerzeugers  zugeführten  Arbeit  der  Welle  in  der  Mühle 
überliefert. 

Verlag  der  J.  ü.  Cotta'schen  Buchhnndlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Oruclc  von  (lebrüder  Kroner  in  Stuttgart. 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.       433 

Von  der  Deutschen  Allgemeinen  Ausstellung  für  Unfall- 
verhütung in  Berlin  1889. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  385  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  22. 

Trieb  Werkskuppelung  €71  und  Einrichtungen  zu  deren  Auslösung. 

Der  Construction  und  Anwendung  von  Ausrückevorrichtungen  ist 
erst  in  der  jüngsten  Zeit  erhöhte  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Erst  jetzt  ist 
es  zur  Regel  geworden,  möglichst  jeden  einzelnen  Betriebsstrang  für 
sich  abstellbar  und  ohne  Störung  des  Hauptbetriebes  ausrückbar  zu 
machen,  so  dafs  man  jeden  beliebigen  Zweig  eines  Triebwerkes  für  sich 
beherrscht.  Diese  Einrichtung  hat  sich  als  nothwendig  erwiesen,  um 
den  gesammten  Betrieb  möglichst  zweckmäfsig  zu  leiten.  Die  früher 
für  hinlänglich  erachtete  Anordnung  einer  Abstellung  für  jede  einzelne 
Arbeitsmaschine,  entweder  eine  Klauenkuppelung  oder  nur  die  An- 
bringung einer  losen  Scheibe,  hat  sich  doch  nicht  als  ausreichend  er- 
wiesen, so  dafs  die  Neuzeit  die  Verbindung  jeder  Zweigwelle  mit  der 
Hauptwelle  durch  eine  leicht  lösbare  und  ebenso  leicht  einstellbare 
Kuppelung  als  Erfordernifs  ansieht. 

Zwei  Gesichtspunkte  sprechen  entschieden  für  diese  Trennung  des 
Triebwerkes  durch  Kuppelungen.  Es  sind  dies  die  Sicherung  des  Be- 
triebes selbst,  sowie  die  Sicherung  der  in  dem  Betriebe  beschäftigten 
Arbeiter. 

Hatte  der  Hinweis  auf  die  Sicherung  der  Arbeiter  den  hauptsäch- 
lichsten Anstofs  zur  Einführung  der  Kuppelungen  für  die  Zweigleitungen 
gegeben  —  die  Gev.'erberäthe  in  erster  Linie  und  sodann  die  Beauftragten 
der  Genossenschaften  sind  die  ursprünglichen  Vertreter  dieser  Forde- 
rung —  und  wurde  die  Einschaltung  der  Kuppelungen  zunächst  nur  als 
eine  rein  arbeiterfreundliche  Einrichtung  angesehen,  so  ergab  sich  doch 
durch  die  Praxis,  dafs  durch  die  Einführung  der  Kuppelungen  eine 
wesentliche  Sicherung  des  Betriebes  herbeigeführt  werde.  Es  ergab 
sich,  dafs  die  Möglichkeit  einer  stofsfreien  Aus-  und  Einrückuug  der 
Zweigleitungen  hervorragende  Vortheile  bietet. 

Dem  Zwecke  der  Ausstellung  entspricht  es  naturgemäfs,  nur  den 
M'ohlthätigen  Einflufs  des  Vorhandenseins  von  Kuppelungen  auf  die 
Sicherung  der  Arbeiter  darzuthun  und  zu  zeigen,  dafs  bei  einer  Gefähr- 
dung des  Arbeiters  durch  das  Triebwerk  die  Gröfse  der  Gefahr  M^esent- 
lich  herabgemindert  wird,  wenn  es  möglich  ist,  das  gesammte  Trieb- 
werk möglichst  schnell  zum  Stillstande  zu  bringen.  Es  können  unter 
diesem  Gesichtspunkte  die  Ausrückekuppelungen  an  den  Triebwerken 
als  wesentliche  Ergänzungen,  ja  vielleicht  sogar  stellenweise  als  ein 
vollgültiger  Ersatz  der  früher  besprochenen  Absteilvorrichtungen  für  die 
Kraftmaschinen  betrachtet  werden. 

Dingler's  polyt  Journal  Bd.  273  Nr.  10.  1889/111.  28 


434      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverliütung  in  Berlin. 

Wenn  letztere  für  kleinere  und  mittlere  Betriebe  nothwendig  am 
Platze  sein  werden,  kann  eine  genügende  Sicherung  für  grofse  und  stark 
verzweigte  oder  über  mehrere  Stockwerke  vertheilte  Betriebe  nur  durch 
ausgiebige  Verwendung  von  Zweigkuppelungen  erzielt  werden.  Dem- 
gemäfs  ist  auf  entsprechende  Ergänzung  beider  Ausrückearten  für  die 
Praxis  Bedacht  zu  nehmen  und  ihre  gleichzeitige  Anwendung  oder  die 
Wahl  der  einen  oder  anderen  Art  von  Fall  zu  Fall  jedesmal  sorgfältig 
zu  entscheiden. 

Die  Kuppelungen  müssen  den  Bedingungen  einer  stofsfreien  Aus- 
und  Einrückung  des  Betriebsstranges  vollständig  genügen,  sollen  sie  ihre 
Aufgabe  erfüllen.  Namentlich  die  allmähliche  stofsfreie  Einrückung  des 
Triebstranges  mufs  im  Interesse  der  Beanspruchung  der  Kraftmaschine 
wie  auch  des  ruhigen,  ungestörten  Weiterlaufes  des  übrigen  Triebwerkes 
unbedingt  gefordert  werden.  Aus  diesem  Grunde  hat  die  sogen.  Rei- 
bungskuppelung sich  wohl  allgemeineren  Eingang  verschatTt  und  hat  als 
Grundlage  für  eine  Unzahl  meist  sehr  zweckdienlicher  und  eigenartiger 
Ausführungsformen  gedient.  Nur  durch  die  Reibungskuppelung  erscheint 
es  möglich,  den  beim  Einrücken  eines  schweren  Triebstranges  unver- 
meidlichen Stol's  auf  das  vorhergehende  Triebwerk  und  die  Kraftmaschine 
derart  zu  mildern,  dal's  zunächst  nur  ein  Gleiten  der  mit  einander  ver- 
bundenen Theile  an  einander  erfolgt  und  erst  allmählich  nach  und  nach 
ein  sicheres  Mitnehmen  stattfindet. 

Andererseits  darf  sich  eine  Kuppelung  nicht  schwer  lösen  lassen: 
es  mufs  vielmehr  möglich  sein,  ohne  grofse  Kraftaustrengung  die  Lösung 
herbeizuführen,  damit  es  angängig  ist,  die  Kuppelung  auch  von  entfern- 
teren Punkten  mittels  Drahtzuges  oder  elektrischer  Leitung  abzustellen. 

So  weit  sich  beurtheilen  läfst,  genügen  die  ausgestellten  Ausfidi- 
rungen  diesen  Grundbedingungen,  so  dafs  für  ihre  praktische  Anwen- 
dung der  Preis,  die  Leichtigkeit  der  Anbringung  und  die  Instandhaltung 
in  Frage  kommen. 

Eine  gröfsere  Triebwerksanlage  mit  ausrückbaren  Reibungskuppe- 
lungen hat  die  /ieriin-Anhaltische  Maschinenfabrik  in  Dessau  geliefert. 
Die  Kuppelungen  nach  dem  Systeme  Dohmen- Leblnnk  linden  sich  noch 
an  ver.^chiedenen  Stellen  in  der  Ausstellung;  dieselben  zeigen  gegenüber 
den  älteren  Anordnungen  (D.K.P.  Nr.  16952,  vgl.  D.  p.  J.  1882  243"27M) 
manche  beachtenswerthe  Aenderungen.  Eine  solche  Kupi)elung  i«t  in 
Fig.  1  dargestellt. 

Auf  der  Welle  A  sitzt  die  Hülse  C.  welche  sich  mit  der  Welle  A 
dreht  und  sich  auf  derselben  verschieben  läfst.  Auf  der  Welle  B  sitzt 
fest  die  Scheibe  S.  Durch  Verschiebung  der  Hülse  C  auf  der  Welle  A 
werden  mittels  hakenförmiger  Druckstangen  die  vier  Gleitklötze  F  in 
einem  aufyl  festsitzenden  Armkreuze  (r  verschoben  und  entweder  gegen 
die  innere  Ringfläche  der  Scheibe  5  gedrückt  oder  von  dieser  entfernt. 

Im  ersteren  Falle  wird  durch  die  entstehende  Reibung  die  Welle  B 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  ünfallverliütung  in  Berlin.      435 

mit  A  verkuppelt,  im  letzteren  Falle  dagegen  wird  die  Reibung  auf- 
gehoben, und  es  erfolgt  Stillstand  der  Welle  J?,  sobald  die  Kuppelung 
gelöst  ist. 

Die  hakenförmigen  Schubstangen  /i",  welche  aus  Stahl  gefertigt 
werden,  sind  elastisch  und  können  dementsprechend  in  der  Druckrich- 
tung nachgeben.  Sie  werden  beim  Einrücken  der  Kuppelung  über  die 
Mittelebene  hinausgeschoben,  wodurch  Selbstauslösung  verhindert  ist. 

Bei  kleinen  Geschwindigkeiten  ist  es  ohne  wesentlichen  Einflufs, 
ob  die  Welle  A  die  stetig  sich  drehende  Antriebwelle  ist,  oder  dif^ 
Welle  ß.  Man  vermeide  jedoch,  die  Welle  A  zur  Äntriebwelle  zu 
nehmen ,  insbesondere  bei  gröf'seren  Umlaufsgeschwindigkeiten.  Man 
sorge  vielmehr  dafür,  dafs  die  Kuppelungshülse  S  stetig  umläuft,  weil 
dann  im  ausgerückten  Zustande  die  Bremsklötze  in  Ruhe  sind  und  die 
Fliehkraft  derselben,  welche  sich  durch  andauernden  Druck  auf  den 
Ausrückring  schädlich  äufsert,  nicht  erst  durch  eine  besondere  Vorrich- 
tung aufgehoben  zu  werden  braucht. 

Die  Bremsringkuppelung  von  Max  Friedrich  und  Comp,  in  Plagwitz 
ist  in  Fig.  2  und  3  abgebildet.  Sie  besieht  aus  der  Hülse  ^,  gegen 
welche  der  ßremsring  C  durch  Auseinandersperren  der  Hebel  c  c  ge- 
prefst  wird.  Werden  die  Hebel  b  b  durch  die  übliche  Handstange  in 
die  Hülse  hineingeschoben,  so  sperren  die  Hebel  cc  den  Ring  C  aus 
einandei*.  Mitnehmer  B  B  sind  beiderseits  angeordnet.  Der  kegelför- 
mige Bolzen  o  dient  zur  Verstellung  der  Hebel  c  c. 

Das  Anbringen  von  Glockensignalen  zum  Alarmiren  bei  Schnellig- 
keitsabweichungen ist  zu  empfehlen,  sobald  es  darauf  ankommt,  Ab- 
weichungen der  Schnelligkeit  bezieh.  Geschwindigkeit  der  Kuppelungs- 
übertragung sofort  zu  erkennen.  Diese  Alarmglocken  bestehen  aus  einer 
Glocke  und  einem  anschlagenden  Klöppel  bezieh.  Stifte.  In  der  Skizze 
Fig.  3  ist  die  Glocke  x  an  der  Kuppelung  und  der  Klöppel  y  an  dem 
Ausrücker  angebracht,  oder  umgekehrt,  und  zwar  derart,  dafs  auch  mit 
Zurückziehung  des  Ausrückers  gleichzeitig  ein  Ausschalten  der  Alarm- 
glocke stattfindet,  durch  Trennen  der  Glocke  x  und  des  anschlagenden 
Klöppels  y,  so  dafs  also  ein  Anschlagen  der  Alarmglocke  im  ausge- 
rückten Zustande  der  Kuppelung  ausgeschlossen  ist. 

Fig.  4  und  5  erläutern  die  Kuppelung  von  Lohmann  und  Slolterfoht 
in  Berlin  (vgl.  1887  265  ""  530). 

Auf  der  treibenden  Welle  ist  der  mit  Zähnen  versehene  Körper  c, 
auf  der  getriebenen  Welle  der  mit  Reibungsflächen  ausgestattete  Körper  a 
festgekeilt,  b  ist  ein  loser  Reibungskegel,  welcher  bewegliche  Klinken  g 
trägt  und  durch  Druckring  d  mittels  Schrauben  gegen  a  so  stark  an- 
geprefst  wird,  dafs  die  zu  übertragende  Kraft  bei  guter  Oelung  der 
Reibungsflächen  ohne  Gleiten  derselben  übertragen  werden  kann.  Der 
Druck  ist  sehr  elastisch  durch  unter  die  Schrauben  gelegte  Gummiringe. 
Der  Reibuneswiderstand   bleibt  sowohl   im   aus-   wie   eingerückten  Zu- 


436      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Stande  bestehen,  und  geschieht  das  Ein-  und  Ausrücken  mittels  der 
Klinken.  Dieselben  werden  selbsthätig  ausgehoben  durch  excentrische 
Anlaufflächen  der  gegen  die  Kuppelung  geschobenen  Ausrückhülse  /c, 
welche  letztere  durch  den  Ausrückhebel  an  Drehung  verhindert  und 
leicht  auf  der  Welle  verschiebbar  ist.  Eingerückt  werden  dieselben 
durch  Zurückziehen  der  Hülse,  welche  alsdann  ganz  aufser  Verbindung 
mit  der  Kuppelung  ist.  Um  das  Gleiten  der  Reibungsflächen  wahr- 
nehmbar zu  machen,  ist  eine  Signalglocke  t  angebracht,  welche  bei 
jedesmaligem  Schleifen  ertönt.  Dieses  Signal  ertönt  beim  jedesmaligen 
Einrücken  und  überzeugt  man  sich  unwillkürlich  durch  die  Dauer  des- 
selben von  der  zuverlässigen  Einrückung  wie  von  dem  guten  Zustande 
der  Anlage. 

Sollen  Kiemenscheiben  u.  s.  w.  ausrückbar  gemacht  werden,  so  werden 
dieselben  auf  die  entsprechend  verlängerte  Nabe  von  a  festgekeilt,  und 
läuft  alsdann  dieser  Theil  lose  auf  der  Welle. 

Bei  Kuppelungen,  welche  nur  den  Antrieb  von  Reservemotoren  ver- 
mitteln, ist  a  treibend  zu  nehmen.  Ebenso  kann  in  den  Fällen,  wo 
das  treibende  Wellenende  zu  kurz  ist  oder  die  Kuppelung  mit  einer 
die  Welle  antreibenden  Riemenscheibe  verbunden  wird,  die  Anordnung 
umgekehrt  sein. 

Die  Kuppelung  von  St.  Lentner  und  Comp»  in  Breslau  ('■'D.  R.  P. 
Nr.  44460  und  45190)  ist  1889  272*437  erläutert. 

Die  Gawron-Ku'p'pelung^  ausgestellt  von  der  Königl.  Staatseisenbahn- 
verwaltung und  den  Gebr.  Gawron  in  Stettin,  hat  gegen  die  frühere  Aus- 
führung (1888  269*53)  eine  constructive  Aenderung  erfahren  (*D.R.P. 
Nr.  41757  und  42529).  Fig.  6  bis  9  stellen  diese  Lamellenkuppelung  dar, 
welche  besonders  durch  ihre  geringen  Abmessungen  den  übrigen  Kuppe- 
lungen gegenüber  auffällt.  Die  Kuppelung  ist  im  eingerückten  Zustande 
dargestellt,  wie  sie  die  beiden  Wellen  o  und  b  kuppelt.  Das  treibende 
oder  getriebene  Gehäuse  c  wird  oft  als  Riemenscheibe  benutzt.  Die 
Zwischenlamellen  g  sind  durch  Nabe  f,  mit  der  sie  meist  in  einem 
Stücke  hergestellt  werden,  auf  der  hier  als  treibend  angenommenen 
Welle  a  befestigt.  Das  Gehäuse  c  ist  dagegen  mit  den  Lamellen  d 
und  (/;  auf  der  Welle  b  befestigt.  Die  Lamellen  d  sind  durch  Schrauben  h 
und  die  Lamellen  rfj  durch  Schrauben  h^  in  dem  Gehäuse  c  drehbar 
gelagert  und  durch  Zahnräder  unmittelbar  mit  einander  verbunden,  so 
dafs  eine  Rechtsdrehung  der  Schrauben  i  eine  Linksdrehung  der  Zahn- 
räder zur  Folge  haben  wird  und  umgekehrt.  Bei  einer  Drehung  der 
Schrauben  h  nach  der  einen  oder  der  anderen  Richtung  werden  die 
Lamellen  rfrf(  in  Richtung  der  Wellenachse  einander  genähert  oder  von 
einander  entfernt. 

Bei  einer  Näherung  der  Lamellen  d  und  rfj  werden  die  Zwischen- 
lamellen g  festgeprefst  und  die  mit  Nabe  f  befestigte  Welle  a  durch 
Reibung  mitgenommen.     Werden   die  Lamellen  d  und  d^  von  einander 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      437 

entfernt,  so  wird  die  Pressung  der  Zwischenlamellen  g  aufgehoben  und 
die  Nabe  f  mit  den  Lamellen  auf  der  Welle  o  nimmt  an  der  Drehung 
der  Welle  b  nicht  mehr  Theil. 

Die  Einrückung  und  Ausrückung  bezieh,  das  Nähern  und  Entfernen 
der  Lamellen  wird  durch  folgende  Einrichtung  erreicht. 

Ein  Paar  gegenüberliegende  Schrauben  h  oder  Äj  sind  nach  aufsen 
verlängert  und  mit  je  drei  Ausrückarmen  n  «j  «2  verbunden.  Der  Aus- 
rücker l  besteht  aus  den  beiden  Curvenstücken  m,  welche  in  den  Cy- 
linder  p  übergehen;  er  sitzt  lose  auf  der  Welle  a  und  ist  durch  einen 
Ausrückhebel  k  nur  in  der  Richtung  der  Wellenachse  verschiebbar. 
Soll  jedoch  das  Gehäuse  getrieben  werden,  so  ist  der  Ausrücker 
mittels  Feder  auf  Welle  a  verschiebbar  und  mufs  dann  an  der  Drehung 
der  letzteren  theilnehmen. 

Um  auszurücken,  mufs  der  Ausrücker  /  gegen  die  Kuppelung  be- 
wegt werden ,  so  dafs  dabei  die  Ausrückarme  n  n^  n.,  der  Reihe  nach 
von  den  Curven  m  auf  den  Cy linder  p  gehoben  werden.  Die  Abbil- 
dungen lassen  die  verschiedenen  Stellungen  der  Arme  erkennen.  Die 
Bewegung  der  Arme  wird  auf  die  Schrauben  übertragen  und  die 
Lamellen  d  und  rfj  werden  von  einander  entfernt,  so  dafs  die  Kuppe- 
lung ausgerückt  ist. 

Um  einzurücken,  wird  der  Ausrücker  l  entgegengesetzt  verschoben, 
so  dafs  die  Federn  g  die  Arme  n  n^  n,,  in  die  Anfangsstellung  zu- 
rückbringen, die  Lamellen  rfrfj  also  einander  genähert  werden  und 
durch  Pressung  der  Zwischenlamellen  g  die  Kuppelung  stofsfrei  erfolgt. 

Ausgestellt  sind  ferner  noch  die  Kuppelungen  von  Frederking  in 
Leipzig  und  Oeser  in  Penig,  welche  bereits  früher  in  D.  p.  ./.  1887  265 
*  531  und  *  533  beschrieben  wurden. 

Die  Mehrzahl  der  ausgestellten  Kuppelungen  gestattet  ihre  Lösung 
von  entfernteren  Punkten  der  Werkstatt  durch  Drahtzüee  oder  auf 
elektrischem  Wege.  Zur  Leistung  der  Ausrückarbeit,  welche  trotz  der 
Leichtbeweglichkeit  der  Kuppelungen  nicht  gering  ist,  wird  meistens 
ein  Gewicht  benutzt,  dessen  Fallkraft  nach  Auslösung  eines  Stützhebels 
die  Kuppelung  öffnet.  Im  Allgemeinen  gelten  für  diese  Fernausrückungen 
die  Grundsätze,  welche  bei  Besprechung  der  Abstellvorrichtungen  für 
die  Kraftmaschinen  entwickelt  worden  sind. 

Die  Verwendung  von  Drahtzügen  ist  bei  zwei  Modellen  in  der  Ab- 
theilung der  Königl.  preufsischen  Slaatseisenbahnvericallung  zu  erkennen. 
Bei  dem  einen  Modelle  führen  Drahtzüge  zu  einer  gemeinsamen  Aus- 
lösevorrichtung an  dem  Belastungshebel  einer  Bremse,  welche  gleich- 
zeitig mit  der  Lösung  der  Kuppelung  in  Thätigkeit  tritt. 

Bei  dem  zweiten  Modelle  einer  Holzbearbeitungswerkstatt,  für 
welche  das  gesammte  Triebwerk  unter  dem  Fufsboden  angeordnet  ist, 
wird  die  Kuppelung  durch  Drahtzüge,  welche  durch  Einschaltung  von 
Winkelhebehi  abgewinkelt  sind,  ausgerückt. 


438      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Bei  der  von  Hichard  Wens  iu  Berlin  ausgestellten  Vorrichtung  wird 
durch  Anziehen  eines  durch  den  ganzen  Arbeitsraum  klingelzugartiu 
irezoueuen  Drahtes  eine  durch  ihr  eie,enes  Gewicht  wirkende  Band- 
bremse  ausgelost  und  also  zur  Wirkung  gebracht.  Diese  Bremse  löst 
ihrerseits,  bevor  dieselbe  zur  vollen  Wirkung  gebracht  ist,  die  Ver- 
kui)|)elung  zwischen  der  treibenden  und  der  getriebenen  Welle,  so  dafs 
diese  zum  sofortigen  Stillstande  gelangt,  während  jene  sich  weiter 
bewegt. 

Eine  sehr  interessante  Ausrückevorrichtung  hat  Freäerking  in  Leipzig 
für  seine  Kuppelungen  ausgestellt  ("D.  R.  P.  Nr.  46409).  Neben  der 
Kuppelung  A  (Fig.  10)  ist  ein  Rahmen  mit  zwei  Coulissen  a  und  b  an- 
geordnet, von  welcher  die  Coulisse  a  nur  eine  senkrecht  auf  und  nieder 
gehende  Bewegung  machen  kann,  während  der  in  der  Coulisse  h  an- 
geordnete Stein  c  mit  der  lösbaren  Kuppelungshälfte  verbunden  ist. 
Wird  nun  die  Stange  d  durch  ein  Gewicht  niedergezogen,  \velches 
durch  Fortziehung  eines  Stützhebels  auf  elektrischem  Wege  frei  wird, 
so  wird  die  Coulisse  a  niederfallen  und  dabei  der  Stein  c  durch  die 
schräg  ansteigende  Coulisse  b  nach  links  geschoben  werden,  so  dafs  iu 
Folge  der  Verbindung  von  c  mit  der  beweglichen  Kuppelungshälfte  die 
Kuppelung  ausgerückt  wird. 

Vom  Civilingenieur  Fr.  Selffert  iu  Berlin  ist  das  Modell  einer 
„Momentausrückuug^-  ausgestellt.  Angenommen  ist  ein  Wellenstrang 
von  45'"'"  Durchmesser  mit  Klauenkuppelung  bei  300  Umläufen  iu  der 
Minute  (Fig.  11). 

Die  Wellenhälfte  rechts  ist  der  treibende,  die  Wellenhälfte  links 
der  getriebene  Strang.  Auf  dem  mittels  Kuppelung  getriebenen  Strange 
sitzt  die  verschiebbare  Ku])pelungshälfte,  an  welcher  flaches  Gewinde 
von  SO"!'"  Steigung  eingeschnitten  ist,  ferner  eine  Lagerstelle  mit  zwei 
Bunden.  Ueber  der  letzteren  und  der  mit  Gewinde  versehenen  halben 
Kuppelung  ist  ein  Bock  an  der  Decke  angebracht,  in  welchem  eine 
Gabel  mittels  Index  festgehalten  wird.  Au  dem  Index  befindet  sich  ein 
Anker,  welcher  bei  Berührung  eines  Knopfes  mit  einem  Elektromagneten 
in  Verbindung  gesetzt,  von  letzterem  angezogen  und  ausgelöst  wird. 

Durch  die  Lösung  des  Index  fällt  die  Gabel  nun  einerseits  in  die 
Lagerstelle,  andererseits  in  den  Gewindegang.  Die  Gabel  wird  an  einer 
Seite  in  der  Lagerstelle  festgehalten,  folglich  auch  der  an  der  anderen 
Seite  der  Gabel  befindliche  Gewindezahn,  an  welchem  das  Gewinde  sich 
abwickeln  mufs.  Da  nun  der  Schraubengang  fest  an  der  verschiebbaren 
halben  Kuppelung  sitzt,  wird  die  Kuppelung  aus  der  anderen  Kuppe- 
lungshälfte, Avelche  auf  der  treibenden  Welle  festsitzt,  herausgezogen; 
da  die  Auslösung  bei  einer  Umdrehung  der  Welle  erfolgt,  wird  bei 
300  Umläufen  in  der  Minute  die  Auslösung  in  1/5  Seeunde  erfolgen. 

Soll  die  Auslösung  mechanisch  wirken,  wird  an  dem  am  Index 
befindlichen  Anker  ein  Draht zug  nach  verschiedenen  Richtungen  in  die 


Deutsche  Ailgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      439 

Fabrikräume   gelegt:   ein  Zug   genügt,    um  die  Gabel   fallen   zu   lassen 
und  in  oben  beschriebener  Weise  die  Auslösung  zu  veranlassen. 

Die  Kraft  der  Ausrückung  geht  immer  von  der  zu  lösenden  Welle 
aus,  mithin  wirkt  das  Beharrungsvermögen  der  auszulösenden  Welle 
gleichzeitig  als  Bremse. 

Bei  der  ebenfalls  durch  Elektricität  bethätigten  Ausrückevorrichtung 
von  C.  Blanke  in  Barmen  wird  die  Auslösung  durch  den  Anker  eines 
Elektromagneten  gebildet;  dieser  Anker  stützt  einen  Hebel,  der  die 
Sperrung  derjenigen  Achse  vermittelt,  auf  deren  Drehung  der  Druck 
des  den  auszurückenden  Maschinentheil  beeinflussenden  Hebels  gerichtet 
ist.  Der  letztere  wird  nun  von  einem  Arme  gehalten,  weicher  mit  der 
vorbezeichueten  gesperrten  Achse  der  Vorrichtung  durch  ein  Knie  derart 
in  Verbindung  steht,  dafs  nur  ein  Theil  des  Gewichtes  des  Ausrück- 
hebels auf  Drehung  der  mehrerwähnten  Achse  wirkt,  so  dafs  also  der 
Widerstand,  den  der  Anker  des  Elektromagneten  bei  der  Auslösung  der 
Vorrichtung  zu  überwinden  hat,  ein  ganz  geringer  wird.  Durch  die  so 
erzielte  fast  völlige  Entlastung  des  Ankers  gibt  derselbe  dem  Anzüge 
des  Magneten  in  jedem  Falle  nach,  sobald  die  Vorrichtung  durch  Schlufs 
des  Stromes  in  Thätigkeit  gesetzt  werden  mufs.  Durch  eine  geeignete 
Verbindung  des  von  dem  Anker  gehaltenen  Hebels  mit  einem  auf  der 
gesperrten  Achse  angebrachten  Mechanismus  kommt  die  Vorrichtung 
ohne  Weiteres  wieder  zur  Einstellung,  sobald  der  Ausrückehebel  mit 
seinem  Gewichte  gehoben,  d.  h.  die  Kuppelung  oder  der  ausgerückt 
gewesene  Maschinentheil  Avieder  eingerückt  wird. 

Au  dieser  Stelle  sei  noch  einer  Ausrückevorrichtung  von  L.  Heller 
in  Liebenstein  in  Thüringen  gedacht,  welche  besonders  das  Ein-  und 
Ausrücken  schwerer  Massen,  in  diesem  Falle  eines  Schleifsteines  be- 
wirken soll.     In  Fig.  12  bis  14  ist  die  Einrichtung  veranschaulicht. 

In  der  Ausstellung  ist  die  Vorrichtung  mit  einem  Schleifsteine  von 
1™,5  Durchmesser  verbunden. 

Die  Einrichtung  gestattet,  den  schwersten  Schleifstein  bei  voller 
Transmissionsgeschwindigkeit,  ohne  Rutschen  des  Treibriemens  im  Be- 
triebe einzurücken  und  die  für  das  Schleifen  nothwendige  Umgangs- 
geschwindigkeit mit  dem  Kleinerwerden  des  Steines  gleichmäfsig  zu 
erhalten.  Bei  plötzlichem  Anhalten  der  Kraftmaschine  bezieh.  Still- 
setzen der  Triebwerkswellenleitung  tritt  die  treibende  Riemenscheibe 
selbsthätig  aufser  Verbindung  mit  dem  laufenden  Schleifsteine  und  gleich- 
zeitig mit  der  Wellenleitung  in  Stillstand;  dagegen  läuft  der  Stein,  ent- 
sprechend der  aufgespeicherten  Kraft,  weiter  und  kommt  allmählich  zur 
Ruhe.  Der  Antriebriemen  kann  senkrecht,  wagerecht,  offen  oder  ge- 
kreuzt laufen  und  das  sonst  so  oft  vorkommende  Abspringen  des  Riemens 
ist  ausgeschlossen. 

Die  Riemenscheibe  für  verschiedene  Geschwindigkeiten  besteht  aus 
der  massiven  Scheibe  /  fFig.  12  und  13)  und  den  aufgesetzten  wechsel- 


4iO      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  lür  L'nlallverhutung  m  Berlin. 

baren,  aus  je  zwei  Hälften  bestehenden  Rändern  i  und  J,  welche  sieh 
nach  Bedürtnil's  vermehren  lassen.  Die  Riemenscheibe  /  sitzt  lose  auf 
der  Schleifsteinwelle  4.  Vor  der  Riemenscheibe  sitzt  auf  der  Welle  der 
BremsmufF  5  mit  dem  KlauenmufFe  6  (Fig.  14) ,  welche  beide  mittels 
Hebel  7  und  S  auf  Keilen  wagerecht  verschiebbar  sind. 

Zur  Inbetriebsetzung  des  Schleifsteines  wird  mittels  Hebel  7  der 
Bremsmuff  ö,  welcher  an  der  Bremsfläche  mit  Leder  10  gefüttert  ist, 
gegen  die  umlaufende  Riemenscheibe  /  gedrückt.  Durch  die  Reibung 
wird  alsbald  der  Stein  aus  seiner  Ruhe  gebracht  und  nimmt  allmählich 
die  Geschwindigkeit  der  Riemenscheibe  an.  Ist  diese  Geschwindigkeit 
erreicht,  dann  wird  der  Klauenmutf  6  mittels  Hebels  8  mit  seinen  zwei 
Klauen  9  in  die  entsprechenden  Aussparungen  der  Riemenscheibe  /  ein- 
gerückt und  der  Bremsmuff  wird  frei.  —  Die  willkürliche  Ausrückung 
während  des  Betriebes  geschieht  einfach  durch  entgegengesetzte  Be- 
wegung des  Hebels  <S,  wodurch  die  Riemenscheibe  von  dem  Klauen- 
muffe 6  frei  wird. 

Bei  unerwartetem  plötzlichen  Stillstande  der  Triebwerkswellenlei- 
tung wird  der  Klauenmuff  durch  die  Beharrung  des  Schleifsteines  mit 
Leichtigkeit  durch  die  schrägen  Gleitflächen  9  der  Klauen  (Fig.  14) 
selbsthätig  von  der  Riemenscheibe  gelöst  und  der  Schleifstein  läuft  sich 
aus,  während  die  Riemenscheibe  gleichzeitig  mit  der  Wellenleitung  zum 
Stillstande  kommt. 

Es  ist  für  den  ruhigen  Antrieb  des  Schleifsteines  unbedingt  noth- 
wendig,  dafs  der  Bremsmuff  so  lange  gegen  die  umlaufende  Riemen- 
scheibe geprefst  wird,  bis  der  Stein  die  gleiche  Geschwindigkeit  der 
Riemenscheibe  erlangt  hat  und  dann  erst  darf  der  KlauenmutT  eingerückt 
werden.  Zuweilen  dauert  es  einige  Secunden,  bis  die  Klauen  den  Aus- 
sparungen in  der  Riemenscheibe  gegenüberstehen.  Es  ist  besser,  den 
BremsmufF  etwas  zu  lange  anzupressen  und  dann  den  KlauenmufF  einzu- 
rücken, als  den  KlauenmufF  einzurücken,  bevor  der  Stein  die  gleiche 
Geschwindigkeit  der  Riemenscheibe  hat. 

Es  ist  bekannt,  dafs  die  Praxis  den  Ausrückevorrichtungen,  soweit 
dieselben  als  Sicherheitsmafsregeln  für  die  im  Betriebe  thätigen  Arbeiter 
dienen  sollen,  theilweise  noch  sehr  ablehnend  gegenübersteht.  Zur 
Erläuterung  dieses  Standpunktes  sei  eines  Briefwechsels  zwischen 
Dr.  Bock  und  Herrn  FilUner^  dem  Aussteller  der  grofsen  Papiermaschine, 
gedacht,  welcher  in  der  Papierzeüung ^  1889  S.  1002  und  1047,  abge- 
druckt ist. 

Herr  Dr.  Bock  schreibt: 

..  ...  Eine  Ausrückevorrichtung  ist  bei  langsam  laufenden  Maschinen 
überall  am  Platze  und  bereits  lange  in  Thätigkeit.  Bei  den  Theilen 
der  Papiermaschine  aber,  die  etwa  mit  70"^  in  der  Minute  laufen,  sind 
nur  Vorrichtungen  am  Platze,  die  ein  Hineingerathen  absolut  verhindern. 
Und  solche  Vorrichtungen   haben   allein  Werth.     Ich  selbst   bin  in  den 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      441 

Papiermaschinen-Kalander  hineingekommen,  bei  einer  Geschwindigkeit., 
die  derart  war,  dafs  mein  ganzer  etwa  90'"'^  lauger  Zeigefinger  bereits> 
zerquetscht  war,  ehe  mir  die  Empfindung,  von  der  Maschine  erfafst  zu 
sein,  zum  Bewufstwerden  kam.  Man  nimmt  au,  dafs  eine  Siebentel 
Secunde  verstreicht,  ehe  vou  der  Fingerspitze  feinfühliger  Menschen  die 
Empfindung  des  Schmerzes  gedacht  wird.  Wenn  auch  der  Umgang  mit 
schnellgehenden  Maschinen  die  daran  beschäftigten  Leute  zu  schnelleren 
Nervenübertragungen  erzieht,  wird  das  angegebene  Mafs  immer  die  ge- 
ringste Gröfse  bleiben.  Nun  verstreicht  wiederum  ein  Bruchlheil  einer 
Secunde  bis  zur  unbewufsten  Reflexbewegung,  so  dafs,  ehe  der  Finger 
zurückgezogen  werden  kann,  er  bereits  mit  einem  ganzen  Stücke  des 
Armes  verloren  ist.  Ganz  unmöglich  ist  aber,  darauf  zu  rechnen,  dafs 
man  schreie,  denn  gerade  diese  Aeufserungen  erscheinen  erst  nach  so 
langer  Zeit,  dafs  durch  eine  zweite  Person,  bei  der  auch  erst  ein  geistiges 
Erfassen  des  Vorganges  und  Erkenntnifs,  was  zu  thun,  eintreten  mufs, 
keine  wirkliche  Hilfe  mehr  zu  erwarten  ist.  Leider  habe  ich  in  meiner 
langen  Erfahrung  gesehen,  dafs  die  schweren  Verunglückungen  immer 
ohne  jeden  Laut  erlitten  werden. 

„Es  sollte  einmal  aufhören,  dafs  bei  den  Behörden  der  Eindruck 
hervorgerufen  wird,  als  ob  wir  Fabrikanten  nur  durch  Geistesträgheit 
oder  Böswilligkeit  daran  verhindert  würden,  so  einfache  Vorrichtungen 
anzubringen.  Ich  hatte  noch  keine  Gelegenheit,  die  Ausstellung  zu 
sehen,  aber  bei  allen  Erörterungen  über  Unfallverhütung,  die  mir  zu 
Gesicht  gekommen  sind,  ist  der  oben  geschilderte  Vorgang  im  mensch- 
lichen Körper  aufser  Beachtung  geblieben. 

.,Auch  die  Vorschrift,  dafs  keine  Maschine  schneller  gehen  dürfe, 
als  die  Nerventransmission  im  Körper  leitet,  würde  nichts  helfen,  weil 
eben  diese  bei  fast  allen  Menschen  verschieden  ist,  und  sogar  bei  ein 
und  demselben  Individuum  zu  verschiedenen  Zeiten  um  bedeutende  Mafse 
schwankt." 

Hierauf  antwortet  nun  Herr  Füllner: 

.....  Ich  bin  sehr  zufrieden,  wenn  ich  mit  meinen  Schutzmafs- 
regelu  erreicht  habe,  dafs  manche  Unfälle  unmöglich  werden  und  augen- 
blickliches Stillstehen  der  Maschine  vou  jedem  Punkte  aus  möglich  ist, 
wenn  trotz  aller  sonstigen  Unfallverhütungsmafsregeln  ein  Unglück  ein- 
tritt und  der  Schmerz  zum  Bewufstsein  kommt.  Nach  Herrn  Dr.  Bock's 
Meinung  mufs  man  sich  nach  eingetretenem  Unglücke  in  das  Unver- 
meidliche fügen  und  es  dem  Zufalle  überlassen,  wie  grofs  das  Unglück 
wird. 

„So  wie  mich  im  Eisenbahnwagen  das  Gefühl  beruhigt,  den  Hebel 
der  Carpenterbremse  zur  Hand  zu  haben,  ohne  dafs  ich  dadurch  jedes 
Unglück  ganz  abwenden  kann,  so  wird  manchen  Papierfabrikanten  — 
allen  kann  man  es  nicht  recht  machen  —  das  Gefühl  beruhigen,  im 
Augenblicke  und  an  jeder  Stelle  der  Papiermaschine  deren  Herr  zu  sein. 


442  iSeiierungen  an  Ueleii  l'iir  versciiiedene  gewerbliclie  Zwecke. 

,. Geistesträgheit  oder  Böswilligkeit  der  Fabrikanten  sind  sicher  nicht 
schuld,  wenn  manche  Unfallverhütungsvorrichtungen  nicht  angebracht 
werden.  Vor  allem  mul's  man  die  Unfallverhütungsvorrichtungen,  auch 
■wenn  solche  nachher  noch  so  einfach  erscheinen,  kennen  lernen,  und 
dazu  ist  die  Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  ins 
Leben  gerufen  worden. ■■•  (Fortsetzung  folgt.) 


Neuerungen  an  Oefen  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke. 

(Fortsetzung    des    Berichtes    S.  337    d.   Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  23. 

Oskar  Bilharz  in  Freiberg  in  Sachsen  hat  (vgl.  ü.  R.  P.  Nr.  47992 
vom  4.  Se])tember  1888)   einen  Glühofen   für   körnige  Stoffe  construirt. 

Der  in  Fig.  1  im  Längenschnitte,  in  Fig.  2  im  Querschnitte  und  in 
Fig.  3  in  Hinteransicht  dargestellte  Ofen  besteht  aus  einem  oder  einer 
Reihe  über  Rostfeuer  eingesetzter  cylinderförmiger  Blechgefäfse  A  mit 
conusartigen  Enden  C  und  C^. 

Diese  Cylinder  sind  aus  starken  schmiedeiserneu  Rippen  gebildet, 
die  mit  den  conischen  Stirnenden  C  und  C'j  fest  verschraubt  sind.  Jene 
Rippen  umschliefst  ein  Mantel  von  schwachem  Eisenbleche,  die  Stirn- 
endeu  aber  laufen  in  Röhren  O  und  0,   aus. 

Der  zu  glühende  Stoff  wird  durch  die  Röhren  0  in  den  C^'linder 
eingeführt,  und  nachdem  er  längere  oder  kürzere  Zeit  darin  geglüht 
worden  ist,  wird  er  durch  das  entgegengesetzte  Rohr  O,  hinausbefördert. 

Während  des  Glühprozesses  wird  der  Cylinder  in  langsame  Um- 
drehung versetzt.  Die  durch  Riemen  angetriebene  Welle  X  hat  einen 
Wurm  r,  welcher  das  Wurmrad  W  antreibt  und  so  den  Cylinder  in 
Umdrehung  versetzt. 

Der  Cylinder  selbst  hat  eine  nach  hinten  geneigte  Lage,  und  würde 
der  Stoff  allmählich  nach  hinten  wandern,  wenn  nicht  die  Längs- 
rippen LL  desselben  so  schräg  zur  Achse  gestellt  wären,  dafs  dies 
Bestreben  dadurch  aufgehoben  wird.  Der  Stolf  wird  also,  wenn  die 
Umdrehung  in  diesem  Sinne  erfolgt,  innner  im  Cylinder  gleichmäfsig 
verbreitet  bleiben. 

Hat  nun  eine  Probeentnahme  gezeigt,  dafs  die  Post  genügend  ge- 
glüht ist,  so  wird  der  Cylinder  in  die  entgegengesetzte  Umdrehung  ver- 
setzt, die  erwähnten  schräg  gestellten  Längsrippen  LL  befördern  den 
Stoff  nach  hinten,  vou  wo  er  durch  die  spirali'örmig  gestellten  Ripjjen 
des  Coilus  6'i   zur  Oeffnung  O^  hinausgeschafft  wird. 

Die  Wand,  welclie  zwei  Feuerherde  trennt,  ist  durch  gewölbte 
Schlitzöll'nungen  S  S  S  unterbrochen.  Dadurch  soll  eine  rauchlose  Ver- 
brennung der  Kohlen  erzielt  werden. 

Der  Feuerraum  ist  über  dem  Blechcvlinder  durch  ein  Eisengewölbe 


Neuerungen  an  Oefen  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke.  443 

mit  Chamotteausfütterung  abgeschlossen;  dasselbe  besteht  aus  zwei 
Hälften,  die  Scharniere  haben  und  aufgeklappt  werden  können.  Der 
Rauchkanal  K  ist  durch  Oetlnungen  mit  demselben  verbunden.  Diese 
Oeffnungen  sind  so  angeordnet,  dafs  eine  gleichmäfsige  Vertheilung  der 
Flamme  erzielt  wird. 

Das  Aufklappen  des  Gewölbes  hat  den  Zweck,  den  Cjliuder  A  be- 
hufs Ausbesserns  des  Blechmantels  herausnehmen  zu  können. 

Der  Patentanspruch,  welcher  sich  auf  die  Combination  der  einzelnen 
Theile  erstreckt,  lautet: 

,,Ein  Grlühofen  für  körnige  Stoffe  mit  einem  oder  mehreren  cylindri- 
schen  Gefäfsen  A^  deren  innere  Rippenanordnung  L  L  so  getroffen  ist, 
dafs  das  durch  0  eingeführte  Röstgut  bei  Drehung  in  der  einen  Rich- 
tung gleichmäfsig  vertheilt  und  bei  Drehung  in  der  anderen  Richtung 
durch  0[  hinausgefördert  wird,  wobei  jedes  G-efäfs  A  mit  einem  um 
Scharniere  aufklappbaren  Gewölbe  versehen  ist." 

Wegen  ähnlicher  Rösttrommeln  vgl.  Kerl's  Gmndrifs  der  allgemeinen 
Hüttenkunde,  2.  Aufl.  S.  293. 

Fig.  4  stellt  eine  Einrichtung  von  Schachtöfen  mit  Vorwärmern  zum 
continuirlichen  Brennen  von  Cemeut  und  Kalk  dar.  Diese  Einrichtung 
ist  von  F.  Kaicalewski  und  L.  du  Pasquier  in  Grandchamp  bei  Veytaux- 
Chillon  (Schweiz)  angegeben  worden  (D.  R.  P.  Nr.  48293  vom  18.  Sep- 
tember 1888).  Nach  dem  Patentansprüche  ist  eine  eigenartige  Verbin- 
dung geschützt,  nämli'ch  die  „Combination  zweier  oder  mehrerer,  je  aus 
einem  Vorwärmer  £",  einem  Schmelzraume  B  mit  Gewölbe  D  und  Oeff- 
nungen P  und  d  und  einem  mit  durch  den  Rost  C  hindurchreichenden 
Kegel  R  versehenen  Kühlraume  A  bestehenden  Schachtöfen  und  eines 
Kamins  F  mittels  der  mit  Schiebern  L  und  M  bezieh.  L,  und  M^  ver- 
sehenen Kanälen  NO  bezieh.  N^  O^  in  der  Weise,  dafs  die  aus  dem 
ersten  Ofen  unbenutzt  entweichenden  Gase  durch  den  Schmelzraum  des 
zweiten  Ofens  geführt  werden,  bevor  sie  in  den  Kamin  entweichen,  und 
umgekehrt". 

Zur  näheren  Erläuterung  möge  Folgendes  dienen: 

Der  senkrecht  unter  dem  Schmelzraume  B  befindliche  und  durch 
eine  stufenförmige  Erweiterung  mit  demselben  verbundene  Kühh-aum  A 
enthält  einen  durch  den  Rost  C  hindurchreichenden  Kegel  R,  welcher 
bezweckt,  das  Herunterfallen  des  gebrannten  Cementes  derartig  zu 
regeln,  dafs  die  im  Centrum  des  Schmelzraunies  befindliche  Masse, 
welche  gewöhnlich  zu  schnell  herunterfällt,  zurückgehalten  wird,  wäh- 
rend die  am  Umfange  des  Ofens  befindliche  Masse  frei  herunterfällt. 

Ferner  sind  im  Gewölbe  D  mehrere  senkrechte  Kanäle  d  ange- 
bracht, welche  so  angeordnet  sind,  dafs  ein  durch  dieselben  hindurch- 
dringendes Werkzeug  den  Wänden  des  Ofens  entlang  laufe.  Endlich 
ist  im  Centrum  des  Gewölbes  D  eine  zum  Einwerfen  des  Brennmaterials 
bestimmte  Oeffnung  P  vorgesehen. 


44-1:  JS'eiierungL'ii  an  Oel'eii  lür  verschiedene  gewerbliche  Zwecke. 

Der  Voi'wärmer  Zi,  welcher  sich  zwischen  dem  Schmelzraume  B 
und  dem  Kamine  F  befindet,  enthält  eine  mechanische  Vorrichtung  zum 
Vorschieben  der  zu  brennenden  Steine.  Jene  Vorrichtung  besteht  aus 
zwei  Trommeln  G  und  H^  über  welche  zwei  oder  mehr  endlose  Ketten  I 
laufen,  auf  welche  die  zu  brennenden  Steine  durch  die  OeiFnung  J  ein- 
gesetzt werden.  Ein  eiserner  Schieber  K  schützt  die  mechanische  Vor- 
richtung vor  dem  zerstörenden  Einflüsse  der  vom  Schmelzraume  in  den 
Vorwärmer  ziehenden  Flammen. 

Die  Kette  /  wird  mittels  der  einen  oder  anderen  der  verzahnten 
Trommeln  G  oder  H  in  Bewegung  versetzt  und  durch  Rollen  i  unterstützt. 

Mittels  eines  Schiebers  L  kann  die  Verbindung  des  Vorwärmers  E 
mit  dem  Kamine  F  abgeschnitten  werden.  Gleichzeitig  wird  durch 
OefTnen  des  Schiebers  M  die  Verbindung  von  E  mit  dem  nach  unten 
laufenden  Kanäle  i\  und  mit  dem  wagerechten  Kanäle  0  hergestellt. 
Letzterer  führt  entweder  direkt  oder,  wie  in  der  Zeichnung  angenommen, 
in  zwei  um  den  zweiten  Ofen  herumlaufende  Zweigkanäle  zertheilt,  in 
den  unteren  Theil  des  Schuielzraumes  B^  des  linken  Ofens. 

Die  eben  beschriebene  Verbindung  des  Vorwärmers  E  des  rechten 
Ofens  mit  dem  Schmelzraume  B^  des  linken  Ofens  wird  in  dem  Augen- 
blicke hergestellt,  in  welchem  Brennmaterial  in  den  rechten  Ofen  ein- 
geworfen wird,  wobei  während  einer  gewissen  Zeit  sehr  viele  Gase  un- 
verbrannt und  unbenutzt  aus  dem  Vorwärmer  E  in  den  Kamin  entweichen 
würden.  Dieselben  werden  statt  dessen  im  Schmelzraume  B^  des  zweiten 
Ofens  verwerthet.  Hierbei  sind  in  letzterem  der  Schieber  Ly  geöffnet 
und  iVi  geschlossen,  so  dafs  der  Vorwärmer  E^  des  linken  Ofens  direkt 
mit  dem  Kamine  F  in  Verbindung  steht.  Nach  einer  gewissen  Zeit 
wird  durch  Verstellen  der  vier  Schieber  die  entgegengesetzte  Verbin- 
dung hergestellt  und  das  Brennmaterial  im  linken  Ofen  aufgegeben,  wobei 
dann  die  Gase  von  E^  durch  iYj  öj  nach  B  gelangen,  um  nach  ihrer 
Verbrennung  durch  E  in  den  Kamin  zu  entweichen. 

Für  Interessenten  dürfte  zu  empfehlen  «ein,  die  Oefen  von  C.  Dietzsch 
in  Saarbrücken,  welche  gleichfalls  zum  continuirlichen  Brennen  von 
Cement,  Kalk  u.  s.  w.  bestimmt  sind  (D.  R.  P.  Nr.  23  919  nebst  Zusätzen) 
in  Betracht  zu  ziehen  (1887  264  191.  1888  270  "■  294). 

Die  Actiengesdlschaft  der  vereinigten  chemischen  Fabriken  zu  Leopolds- 
hall  hat  unter  Nr.  48  050  ein  vom  U.Oktober  1888  laufendes  D.  R.  P. 
für  einen  Ofen  zum  Brennen  von  cementartigen  Stoffen  erhalten.  Der 
in  den  Fig.  5  bis  9  dargestellte  Ofen  ist  ein  Fächerbrennofen  für  con- 
tinuirlichen Betrieb  mit  Führung  der  zu  brennenden  Körper  durch  ge- 
furchte Seitenwände  und  geschlitzten  Deckel.  Er  ist,  wie  gesagt,  mit 
Rücksicht  auf  solche  Stoffe  construirt,  welche  beim  Garbrennen  müi'be 
werden  und  zerfallen. 

Der  Hauptbrennraum  besteht  aus  einer  Kammer  A^  an  der  zwei 
gegenüberliegende   Wände    mit    parallelen   Vertiefungen    oder    Furchen 


Neuerungen  an  Oefen  für  verschiedene  gewerbliclie  Zwecke.  445 

versehen  sind.  Die  Kammer  verengt  sieh  an  ihrem  unteren  Theile  bei 
JJ  dadurch,  dafs  die  Furchen  aufhören.  Unter  der  Kammer  ist  ein 
herdartiger  Raum  H  angeordnet,  an  dessen  seitlicher  OetYnung  B  die 
beliebig  erzeugten  Heizgase  eintreten.  Oben  an  einer  gefurchten  Seite 
der  Kammer  ist  der  Fuchs  C  zum  Austritte  der  Heizgase;  jF  ist  eine 
OefJhuug  zum  Ausziehen  gebrannten  Materials.  Oben  ist  die  Kammer 
durch  einen  Deckel  D  geschlossen,  der  mit  Schlitzen  sss  versehen  ist, 
deren  schmalere  Baden  genau  mit  den  Furchungen  der  Seitenwände 
übereinstimmen. 

Die  Arbeit  vollzieht  sich  nun  in  folgender  Weise:  Das  zu  brennende 
Material  wird  in  Tafeln  geformt,  deren  Querschnitt  genau  den  Schlitzen 
des  Deckels  entspricht.  Nachdem  der  Ofen  (wobei  natürlich  die  Schlitze 
des  Deckels  zunächst  bedeckt  werden)  angeheizt  ist,  werden  diese 
Tafeln  durch  die  Schlitze  des  Deckels  eingeführt  und  so  weit  hinab- 
gelassen, bis  sie  auf  der  Verengung  des  Ofens  bei  J  J  aufstehen,  wäh- 
rend die  oberen  Enden  über  den  Deckel  durch  die  Schlitze  herausragen 
und  dadurch  diese  abschliefsen.  Der  Ofen  bildet  nun  eine  Zahl  von 
engen  Abtheilungen,  Fächern,  deren  Scheidewände  das  zu  brennende 
Material  (die  Tafeln)  darstellen.  Unten  sind  diese  Fächer  bei  J  J  offen, 
oben  durch  den  Deckel  geschlossen,  während  seitlich  bei  C  die  Heiz- 
gase ihren  Ausweg  finden.  Die  Heizgase  treten  durch  den  Herd  H  in 
die  Kammer  A  bezieh,  die  Fächer,  durchstreichen  diese  und  ziehen 
durch  den  Fuchs  C  ab. 

Der  untere  Theil  der  Tafeln  bei  B  empfängt  naturgemäfs  die 
stärkste  Hitze,  brennt  sich  deshalb  früher  gar  als  die  oberen  Theile. 
Er  erweicht  also  oder  zerbröckelt,  und  durch  ihre  eigene  Schwere  sinkt 
die  Tafel,  durch  den  Deckel  und  die  Furchungen  der  Wände  geführt, 
entsprechend,  wie  sie  sich  gar  brennt,  langsam  nach. 

Das  erweichte,  gar  gebrannte  Material  fällt  herab  auf  den  Herd  B^ 
um  dort  noch  etwas  nachzubrennen,  und  wird,  sobald  es  sich  ansammelt, 
durch  die  Oeffnung  P  herausgezogen. 

Sobald  die  Tafeln  so  weit  nachgesunken  sind,  dafs  ihre  oberen 
Enden  in  den  Schlitzen  des  Deckels  verschwinden,  werden  neue  Tafeln 
auf  die  Schlitze  aufgesetzt,  die,  der  ersten  Tafel  folgend,  durch  die 
Schlitze  in  den  Ofen  nachsinken,  um  in  gleicher  Weise  gebrannt  zu 
werden. 

Der  Betrieb  kann  in  dieser  Weise  ohne  Unterbrechung  fortgeführt 
werden,  so  lange  Material  zum  Brennen  vorhanden  und  der  Ofen  nicht 
der  Ausbesserung  bedürftig  ist. 

Die  Stellung  der  Ofenkammer  A  braucht  nicht  genau  senkrecht  zu 
sein,  sondern  kann  in  einem  beliebigen  Winkel  geneigt  hergestellt 
werden;  dies  würde  z.  B.  nothwendig  sein,  wenn  das  Gewicht  der 
Tafeln  zu  grofs  und  dadurch  der  Prozefs  des  Nachsinkens  ein  zu 
rascher  wäre. 


440  Neuerungen  an  Oefeu  für  verscliiedene  gewerbliche  Zwecke. 

Helmuth  Dueherg  in  Berlin  hat  Neuerungen  an  Ringöfen  zum  Brennen 
von  Ziegeln  und  anderen  Materialien  vorgeschlagen  (vgl.  D.  R.  P.  Nr.  48071 
vom  19.  Januar  1889),  welche  im  Wesentlichen  darin  bestehen,  dals  der 
Brennkanal  nicht  in  einer  Wagerechtebene  angeordnet  ist,  sondern  in 
zwei  oder  mehreren  verschiedenen  Höhen.  Zweck  dieser  Neuerungen 
ist  entweder  eine  Ersparnifs  an  dem  für  den  Ofen  erforderlichen  Bau- 
platze oder  aber  eine  Anpassung  des  Ofens  an  eine  bestehende  Fabrik- 
einrichtung mit  mehreren  Stockwerken  u.  s.  w. 

In  Fig.  10  und  11  ist  ein  Ringofen  dargestellt,  dessen  Brenukanal 
aus  zwei  Theilen  o  und  a,  besteht,  welche  in  zwei  verschiedenen  Höhen 
senkrecht  über  einander  angeordnet  sind.  Zwischen  denselben  befindet 
sich  ein  Zwischenraum  b  von  genügender  Höhe,  um  dem  Brenner  das 
Betreten  des  unteren  Theiles  a  des  Brennkanales  zu  ermöglichen.  Beide 
Theile  a  und  «j  des  Brennkanales  sind  durch  die  senkrechten  Züge  c 
mit  einander  verbunden,  so  dafs  der  Zug  und  das  Feuer  im  Ofen  einen 
ununterbrochenen  Kreislauf  machen  kann,  dessen  Richtung  in  den 
Figuren  durch  Pfeile  angedeutet  ist.  Dieser  Kreislauf  liegt  bei  der  in 
Rede  stehenden  Ofenconstruction  in  einer  senkrechten  Ebene,  während 
er  bei  den  bisherigen  Ringöfen  in  einer  wagerechten  Ebene  liegt. 

Die  Rauchabzüge  d  d^  liegen  bei  der  in  Rede  stehenden  Con- 
htruction  naturgemäfser  Weise  auch  in  verschiedenen  Höhen;  die  oberen 
Rauchabziige  d^  führen  mittels  transportabler  Rohre  e  in  den  Rauch- 
sammler /■;  letzterer  steht  mit  dem  Schornsteine  in  Verbindung. 

In  den  Fig.  12  und  13  ist  eine  andere  Construction  des  Ringofens 
dargestellt,  bei  welcher  der  Brennkanal  ebenfalls  aus  zwei  in  verschie- 
denen Höhen  gelegenen  Theilen  o  a^  besteht,  Avelche  jedoch  nicht  senk- 
recht über  einander,  sondern  terrassenförmig  angeordnet  sind,  wie  aus 
dem  Schnitte  in  Fig.  12  ersichtlich  ist.  Beide  Theile  des  Brennkanales 
stehen  durch  die  schräg  geneigten  Züge  c  mit  einander  in  Verbindung, 
welche  den  continuirlichen  Kreislauf  des  Feuers  ermöglichen,  dessen  Rich- 
tung in  den  Figuren  durch  Pfeile  angedeutet  ist. 

Die  Rauchabzüge  dd^  führen  auch  hier  in  einen  Rauchsammler  f 
und  durch  diesen  in  den  Schornstein. 

Der  Brennkanal  des  Ringofens  kann  bei  beiden  Constructionen 
offenbar  auch  aus  mehr  als  zwei  Theilen  bestehen,  welche  in  drei  oder 
mehr  verschiedenen  Höhen  angeordnet  sind  und  an  ihren  Enden  durch 
senkrechte  oder  schräg  geneigte  Züge  mit  einander  in  Verbindung  stehen. 

Die  Befeuerung  der  beschriebenen  Ofenconstructiouon  kann  entweder 
mittels  direkter  oder  mittels  Gasfeuerung  geschehen. 

Es  handelt  sich  also,  wenn  man  den  Zweck  der  vorgeschriebenen 
Einrichtung  zusammenfafst,  darum,  Ringöfen  zu  construiren,  deren 
Brennkanal  aus  zwei  oder  mehr  Theilen  besteht,  welche  in  verschie- 
denen Höhen  liegen,  sei  es,  dafs  die  einzelnen  Theile  des  Brennkanales 
senkrecht  über  einander  oder  terrassenförmig  angeordnet  sind. 


Xeiieriiugen  an  Üel'en  für  veröclücLleue  gewerbliche  Zwecke.  447 

Andere  Neuerungen  an  Ringöfen  sind  von  Dr.  Ludmg  Erdinenger 
in  Misburg  bei  Hannover  und  dem  oben  genannten  Belmitth  Dueberg  in 
Berlin  angegeben  worden  (vgl.  D.  R.  P.  Nr.  48046  vom  29.  August  1888). 

Fig.  14  bis  17  stellen  diese  Neuerungen  dar.  A  A  ist  der  in  sich 
zurückkehrende  Brennkanal,  in  welchem  das  Feuer  den  continuirlichen 
Kreislauf  macht.  B  B  ist  der  sogen.  Rauehsammler,  welcher  durch  den 
unterirdischen  Rauchkanal  C  mit  einem  aufserhalb  des  Ofens  stehenden 
Schornsteine  in  Verbindung  steht.  D  D  sind  die  Thürötfnungen  zur 
Beschickung  und  Entleerung  der  Ofenabtheilungen;  ZZ  sind  die  im 
Gewölbe  des  Brennkanales  angebrachten  Heizlöcher  zur  Befeuerung  des 
Ofens. 

Die  Erfinder  bezwecken  namentlich,  in  den  Ringöfen  mit  einem 
stärkeren  Luftzuge  arbeiten  zu  können,  als  wie  es  bei  deren  bisheriger 
Einrichtung  möglich  war. 

Die  bisher  gebräuchlichen  Rauchabzüge  bestehen  in  Rauchkanälen 
oder  Füchsen,  welche  meistens  am  unteren  Theile  der  inneren  oder 
äufseren  Ringmauer  des  Brennkanales  beginnen  und  von  dort  in  den 
Rauchsammler  führen,  wo  sie  mit  einem  Glockenventile  zur  Regelung 
bezieh.  Absperrung  des  Zuges  versehen  sind.  Durch  Vermehrung  dieser 
bisher  gebräuchlichen  Rauchabzüge  läfst  sich  allerdings  eine  Verstärkung 
des  Luftzuges  im  Ringofen  erzielen,  aber  nicht  in  dem  oft  wünschens- 
werthen  Mafse,  weil  die  Anzahl  der  in  bisheriger  Weise  von  unten  in 
den  Rauchsammler  einmündenden  Füchse  durch  die  Ausdehnung  des 
ersteren  begrenzt  ist.  Die  Erfinder  vertheilen  die  Rauchabzugsöffnungen 
oder  Füchse  auf  die  äufsere  und  die  innere  Ringmauer  des  Brenn- 
kanales, wie  aus  dem  Grundrisse  und  aus  dem  Querschnitte  in  Fig.  15 
ersichtlich  ist. 

g  g  sind  Rauchabzüge,  welche  beispielsweise  von  der  äufseren  Seite 
des  Brennkanales  abgehen,  von  unten  in  den  Rauchsammler  B  eintreten 
und  hier  in  bekannter  Weise  mit  Ventilen  versehen  sind;  lihh^h^  sind 
neue  Rauchabzüge,  welche  unten  an  der  inneren  Seite  des  Brennkanales 
beginnen,  dagegen  von  oben  durch  die  Hauben  oder  Dome  ii  in  den 
Rauchsammler  B  einmünden. 

Eine  andere  Art  und  Weise  des  Rauchabzuges  ist  in  der  rechten 
Hälfte  der  Fig.  14  (in  der  oberen  Ansicht  des  Ofens)  und  im  Quer- 
schnitte in  Fig.  16  dargestellt.  Hier  geschieht  der  Rauchabzug,  aufser 
durch  die  bereits  bekannten  Füchse  g^  ^j,  durch  die  Oeffnungen  kk  im 
Gewölbe  der  Thüröffnungen  D  D  mittels  der  transportablen  Rohre  Ä-^  Aj, 
welche  mit  den  Hauben  ei  und  durch  diese  von  oben  mit  dem  Rauch- 
sammler B  in  Verbindung  stehen. 

Da  die  vorstehend  beschriebenen  Rauchabzüge  h  hy  bezieh,  kk^ 
hauptsächlich  nur  zur  Verstärkung  des  Luftzuges  dienen  sollen,  während 
das  Regeln  desselben  durch  die  Glockenventile  der  bereits  früher  an- 
gewendeten Füchse   geschieht,  so  brauchen   diese   neuen  Rauchabzüge 


448  "Neuerungen  an  Oel'en  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke. 

nicht  auch  noch  mit  Ventilen  zum  Zugregeln  versehen  zu  werden.  Die 
in  Rede  stehenden  neuen  Rauchabzüge  werden  einfach  dadurch  in 
Thätigkeit  gesetzt,  dafs  man  die  transportablen  Rohre  h^  h^  bezieh,  k^  A, 
an  den  betreflenden  Stellen  einschaltet.  Um  dieselben  aufser  Thätigkeit 
zu  setzen,  werden  die  eben  genannten  Rohre  fortgenommen  und  die 
dadurch  frei  werdenden  Oeffnungen  mittels  ents))rechender  Deckel  ver- 
schlossen. In  Fällen,  wo  bei  den  in  Rede  stehenden  Rauchabzügeu 
dennoch  eine  Vorrichtung  zum  Regeln  des  Zuges  wünschenswert!!  sein 
sollte,  wird  solche  am  einfachsten  in  einer  Drosselklappe  innerhalb  der 
transportablen  Rohre  h^  bezieh,  k^  bestehen. 

Um  den  Luftzug  im  unteren  Theile  des  Brennkanales  noch  mehr 
zu  verstärken,  d.  h.  um  ihn  zu  zwingen,  durch  das  geschwundene  bezieh, 
gesinterte  Brenugut  zu  passiren,  machen  die  Erfinder  bei  Oefen  zum 
Brennen  von  ausnahmsweise  stark  schwindendem  Material  den  Gewölbe- 
scheitel nicht  wagerecht,  sondern  construiren  das  Gewölbe  aus  stark 
geneigten  Absätzen  mit  abwärts  gerichteten  Vorsprüngen  //,  wie  aus 
dem  Schnitte  in  Fig.  17  deutlich  ersichtlich  ist.  Diese  in  kurzen  Ab- 
ständen einander  folgenden,  nach  unten  gerichteten  Vorsprünge  des 
Ofeugewölbes  bilden  jedesmal  eine  Unterbrechung  des  in  Folge  der 
Schwindung  des  Brenngutes  im  oberen  Theile  des  Brennkanales  ent- 
standenen leeren  Raumes. 

Um  die  Unterbrechungen  dieses  leeren  Raumes  noch  vollständiger  zu 
machen,  schüttet  man  während  des  Brandes  noch  Brenngut  durch  die 
Heizlöcher  z  z  in  den  Brennkanal,  und  zwar  wird  man  hierzu  am  besten 
diejenigen  Heizlöcher  benutzen,  welche  unmittelbar  neben  den  Vor- 
sprüngen //  liegen,  weil  das  auf  diese  Weise  nachgefüllte  Brenngut 
sich  hier  an  diesen  Vorsprüngen  ablagern  und  auf  diese  Weise  einen 
vollständigen  Abschlufs  des  in  Rede  stehenden  leeren  Raumes  bilden  kann. 

Fafst  man  also  die  beabsichtigten  Neuerungen  kurz  zusammen,  so 
sollen  erstens  zwecks  Verstärkung  des  Luftzuges  im  Brennraume  der 
Oefen  die  Rauchabzugskanäle  A  A,  und  hk^  angebracht  werden,  welche 
entweder  vom  unteren  Theile  des  Brennraumes  oder  von  dessen  Thür- 
öffnungen  ausgehen  und  von  oben  in  den  Rauchsammler  B  einmünden. 
Zweitens  sollen  in  Verbindung  mit  den  Rauchabzugskanälen  Ä/tj,  kk^ 
oder  g  g^  zwecks  Verstärkung  des  Luftzuges  im  unteren  Theile  des 
Brennraumes  die  Brennkanalgewölbe  aus  einzelnen  in  der  Zugrichtung 
stark  geneigten  Gewölben  mit  abwärts  gerichteten  Vorsprüngen  II  con- 
struirt  werden.  (Fortsetzung  folgt.) 


lieber  Schleifräder  und  Schleifmaschinen.  449 

Ueber  Schleifräder  und  SchleifmascMnen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  24. 

In  der  Revue  generale  des  macfünen-outils  ^  1888  Bd.  2  Nr.  5  ""' 8.  85 
bezieh,  in  ArmengauiTs  PubHcation  industrielle^  1889  Bd.  32  Nr.  9*8.  193, 
ist  das  Schmirgelschleifrad  und  die  zugehörigen  Maschinen  in  eingehender 
Weise  von  Higoni  bezieh,  Poulot  besprochen  worden,  Arbeiten,  welche 
als  recht  bemerkenswerthe  zu  bezeichnen  sind. 

Das  Schleifrad  aus  Naxos-8chmirgel,  welches  die  Leistung  von  achtzig 
Feilen  überbietet  und  mit  hundertmal  gröfserer  Arbeitsgeschwindigkeit 
wirkt  als  diese,  welches  mit  1*^  abgenutzten  Schleifradmaterials  an- 
nähernd b^  vom  härtesten  Spanmaterial  liefert,  ist  für  die  Bearbeitung 
harter  Metalle  und  gehärteter  Werkzeuge  unentbehrlich,  eigentlich  für 
gewisse  Zweige  des  Metallgewerbes  das  Zukunftswerkzeug  geworden, 
bei'ufen.  Feile  und  Meifsel  zu  verdrängen  und  die  Handarbeit  zu  be- 
schränken. 

Der  in  zwanzig  und  mehr  Abstufungen  nach  Korngröfse  gesichtete 
Schmirgelsand  wird  mit  einem  Bindemittel  im  Verhältnisse  9  zu  1  ge- 
mengt und  unter  starkem  Druck  in  die  entsprechenden  Seheibenformen 
geprefst. 

Während  hauptsächlich  nur  der  Corundsand  aus  Naxos  in  Griechen- 
land bezieh,  aus  Smyrna  in  Kleinasien  zu  Schleifrädern  verwendet  wird, 
sind  die  verschiedensten  Bindemittel,  welche  zum  Theile  Geheimnifs  der 
Sehleifradfabriken  geblieben  sind,  in  Anwendung.  Da  aber  das  Binde- 
mittel nicht  nur  Einflufs  auf  die  Eigenschaft,  Leistungsfähigkeit,  Festig- 
keit und  das  Verhalten  des  Schleifrades  während  der  Arbeit  besitzt, 
sondern  auch  den  eigentlichen  Werth  dieses  Werkzeuges  bedingt,  so 
ist  die  Bedeutung  dieser  Bindemittel  einleuchtend. 

Der  Magnesia-Cement  ^  ein  billiges  und  energisches  Bindemittel,  ist 
h3^droskopisch,  die  Kohlensäure  der  Luft  bedingt  Volumenänderung  des 
Scheibenkörpers,  dem  zu  Folge  innere  Spannungen  auftreten,  welche  zu 
gefährlichen  Brüchen  Veranlassung  geben  können.  Uebrigens  wird  die 
Bindung  zu  kompakt.  Andere  mineralische  Cemente  sind  weniger  wirksam 
und  daher  auch  weniger  in  Anwendung. 

Das  Wasserglas^  ein  flüssiges  Silicat,  Bindemittel  bei  Ransome'a 
Schleifrad,  gibt  harte  Schleifscheiben,  welche  im  Betriebe  die  Lebhaf- 
tigkeit des  Griffes  nur  kurze  Zeit  behalten  und  die  aufserdem  sehr 
spröde  und  zerbrechlich  sind. 

Bindemittel,  die  bei  einer  Temperatur  von  130"  zum  Abgüsse  der 
Schmirgelmasse  verwendet  werden,  wie  Leim,  Gummi  mit  Leinöl,  sind 
wohl  gut,  es  haftet  aber  solchen  Scheiben  der  Uebelstand  an,  dafs  sie 
beim  Warmarbeiten  weich  werden,  die  Form  verlieren  und  sich  dann 
verschmieren. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  27a  Nr.  10.  1889/111.  29 


450  lieber  Sclileiiräder  und  Schleifmaschinen. 

Das  Bindemittel  der  bekannten  vorzüglichen  amerikanischen  Tanil- 
Schmirgelscheihen  ist  eine  Gelatine-,  Tannin-  und  Leimmischung. 

Die  Schmirgelscheiben  von  Poulot  erhalten  als  Bindemittel  vulkani- 
slrten  Kautschuk^  wodurch  die  Scheiben  bei  einiger  Elasticität  grofse 
Widerstandsfähigkeit  und  ein  stets  offenes  Korn  besitzen.  Auch  sind 
dieselben  gegen  die  schädlichen  Einflüsse  von  Luft  und  Feuchtigkeit 
gesichert. 

Schwefel  als  Bindemittel  soll  sich  nicht  bewährt  haben,  da  er  die 
Scheiben  bröcklig,  übelriechend  und  leicht  entzündbar  macht. 

Alle  sonstigen  fremdartigen  Beimischungen  zum  Schmirgelmateriale 
entwerthen  die  Schleifscheiben. 

Die  Härte  der  Scheiben  hängt  von  dem  Verhältnisse  des  Schmirgel- 
sandes zum  Bindemittel  und  von  der  Stärke  der  Formpressung  ab. 

Im  Allgemeinen  arbeitet  eine  weiche  Schmirgelscheibe  rascher  bei 
gleichzeitig  stärkerer  Abnützung  als  eine  hartgeprefste. 

Weiche  Scheiben  dienen  zum  Schärfen  der  Stahlwerkzeuge  und 
der  Sägen,  überhaupt  überall  dort,  wo  man  die  Härtung  der  Schneide 
schonen  will. 

Die  mittelharten  Schmirgelscheiben  verwendet  man  als  eigentliches 
Ersatzwerkzeug  an  Stelle  von  Feile,  Dreh-  und  Hobelstahl,  während 
die  harten  als  Schleif-  und  Polirscheiben  für  kleinere  Werkstücke  in 
grofser  Wiederholung  Verwendung  finden. 

Die  Korngröfse,  d.  i.  die  Angrifisfähigkeit  der  Scheibe,  bedingt  die 
Stärke  und  Art  der  Arbeit,  sowie  ebenfalls  die  Abnützung  der  Scheibe 
selbst.  Je  gröfser  die  Kornstärke  und  je  schwächer  das  Bindemittel, 
desto  auffälliger  die  Abnützung,  welche  aber  bei  harten  Scheiben  oder 
solchen  von  ungleicher  Zusammensetzung  dadurch  zur  Erscheinung 
kommt,  dafs  die  Scheiben  den  Griff  verlierend,  unrund  werden  oder 
ausbröckeln. 

Eines  wie  das  andere  bedingt  ein  Nachdrehen  der  Scheibe,  welches 
am  besten  mittels  eines  schwarzen  Diamanten  bei  einer  Umlaufgeschwin- 
digkeit, welche  annähernd  ein  Zehntel  der  Arbeitsgeschwindigkeit  ist, 
durchgeführt  wird. 

Diese  Arbeitsgeschwindigkeit  ist  für  Scheiben  mit  den  folgenden 
Bindemitteln  in  Metern  für  eine  Secunde: 

Alafrne.siacement  ....  .     .     ISm 

Leimbindung 18 

Kautschuk       25 

Tanitsclieiben 2(> 

Wenn  eine  rundlaufende,  sonst  aber  unverletzte  Scheibe  glatt  ge- 
worden ist  und  den  Grill"  verloren  hat,  so  kann  man  dieselbe  mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  behandeln,  mufs  sie  aber  nachher  sorgfältig 
mit  reinem  Wasser  abwaschen  und  vor  der  Wiederverwendung  geh()rig 
abtrocknen  lassen;  oder  man  rauht  die  Fläche  mit  dem  Bruchstücke 
einer  Säge  oder  P'eile   auf.     Auch  soll   während   der  Betriebsstillstände 


Ueber  Schleifräder  und  Schleifmaschinen.  451 

bei  Nafsschleifscheiben  darauf  gesehen  werden,  dafs  nicht  etwa  die 
Schmirgelscheibe  im  Trogwasser  eingetaucht  bleibt  denn  sonst  wird 
dieselbe  Feuchtigkeit  anziehen,  excentrisch  werden  und  leicht  der  Zer- 
störung anheimfallen. 

In  Bezug  auf  die  Gefahr  des  Zerspringens  rasch  kreisender  Schmirgel- 
räder obwalten  insofern  noch  Irrthümer,  als  die  allgemeine  Ansicht  die 
Schmirgelräder  von  grofsem  Durchmesser  als  die  gefährlicheren,  also 
die  schwächeren  bezeichnet. 

Die  Centralkraft,  welche  zwei  zugehörige  Scheibenhälften  trennt,  ist: 

TT  f^'V' 

n  = =  mr  .  lü'ä  =  ;^  r  .  n- 

r 


1)2  _ 

mr . 

w'^ 

m 
~9Ö^ 

K  = 

G 

900 

.  r. 

n^ 

oder  annähernd 

wenn  (G  :  g}=:  m  die  Masse  einer  Scheibenhälfte  vom  Gewichte  G, 
g  =  9,81  die  Beschleunigung  der  Schwerkraft, 
r  der  Scheibenhalbmesser  in  m, 

V  Umfangs-,   w   Winkelgeschwindigkeit    und   n    minutliche    Um- 
laufszahl sind. 

Daraus  folgt,  dafs  die  Fliehkraft  für  eine  Masseneinheit  im  ein- 
fachen Verhältnisse  zum  Halbmesser,  im  quadratischen  zur  ümlaufszahl 
zunimmt,  demnach  die  absolute  Festigkeit  des  Sehmirgelradmateriales 
für  sonst  gleiche  Umfangsgeschwindigkeit  zweier  ungleich  grofser  Scheiben 
mit  abnehmendem  Durchmesser  zunehmen  mufs.  Die  tangentiale  Wurf- 
kraft für  gleich  grofse  Bruchstücke  ist  aber  gleichbleibend. 

Die  Schmirgelräder  der  Norton  Emery  Wheel  Co.  in  Worcester, 
Mass.  (vgl.  American  Machbust  vom  27.  Oktober  1888  Bd.  11  *  S.  5), 
haben  für  allgemeine  Schleifarbeit  300  bis  175™'"  Durchmesser,  zum 
Werkzeugschleifen  175  bis  100"°"",  und  die  Schleifräder  zum  Aus- 
schleifen von  Bohrungen  50  bis  20'"°i  Durchmesser. 

Die  Schleifmaschinen  bestehen  in  der  Hauptsache  aus  einem  sorg- 
fältig ausgeführten  Spindellager  für  das  Schleifrad  und  einer  Auflage 
für  das  Werkstück,  welche  nach  Erfordernifs  zu  einem  Support  von 
entsprechender  Vollkommenheit  ausgebildet  ist.  Hiernach  unterscheidet 
man  Maschinen  für  allgemeinen  Schleif  betrieb,  Schleifmaschine  für 
Schneidwerkzeuge,  Bohrer,  Fräser  u.  dgl.,  und  endlich  Sondermaschinen 
zum  Schleifen.  Poliren  u.  s.  w. 

Weil  aber  das  Schleifrad  ein  rauh  w^irkendes  Werkzeug  ist,  welches 
überdies  mit  hoher  Umlaufsgesehwindigkeit  arbeitet,  so  mufs  das  ganze 
Maschinengestell  derart  fest  und  massig  ausgeführt  werden,  dafs 
Schwingungen  und  Stöfse  ohne  merklichen  Einflufs  auf  die  Arbeits- 
führung bleiben.  Um  sich  der  möglichst  günstigen  Arbeitsgeschwindig- 
keit zu  nähern,  sollen  für  den  Antrieb  Stufenscheiben  schon  aus  dem 
Grunde  vorgesehen  sein,  weil  mit  der  Abnahme  des  Durchmessers  stets 
eine  Zunahme  der  minutliehen  Umlaufszahl  Schritt   halten   sollte.     Um 


452  üeber  Schleifräder  und  Schleifmaschinen. 

dieses  zu  umgehen,  benützt  mau  für  gewisse  Arbeitsverrichtung  sogen. 
Tellerscheiben,  das  sind  Scheiben,  die  mit  ihrem  winkelrecht  vorstehenden 
schmalen  Bordrand  arbeiten.  Im  Allgemeinen  können  Schleifräder  mit 
dem  ebenen,  schrägen  oder  abgerundeten  Umfange  oder  mit  ihren  Stirn- 
flächen wirken,  man  kann  mit  denselben  trocken  oder  nafs,  mit  Wasser 
und  Oel  schleifen. 

Das  Trockenschleifen  bietet  den  Vortheil  einer  genaueren  Beobach- 
tung des  Arbeitsganges  und  der  sorgfältigsten  Arbeitsführung,  hat  je- 
doch den  Nachtheil,  dafs  bei  kräftiger  Wirkung  eine  Erhitzung  und 
lästige  Staubbildung  nicht  zu  vermeiden  ist.  Deshalb  umschliefst  man 
das  Schleifrad  mit  einem  nur  an  der  Arbeitsstelle  etwas  offenen  Helm 
und  saugt  den  sich  bildenden  Staub  mit  Ventilatoren  ab.  —  Beim  Nafs- 
schleifen  ist  der  Verlauf  der  Arbeit  nicht  genau  zu  verfolgen,  man  be- 
darf daher  geeigneter  Spannvorrichtungen  für  das  Werkstück,  die  ein 
genaues  Anstellen  ermöglichen.  Ueberdies  verliert  die  Arbeitsfläche  des 
Werkstückes  an  Politur  und  wird  leicht  rostig.  Eine  kleine  Fächer- 
])umpe  und  entsprechende  Strahlrohi-e  sind  hierzu  selbstverständlich  er- 
forderlich. 

Das  Schleifen  mit  Oel  wendet  man  nur  an,  wenn  höhere  Politur 
erforderlich  ist.  Die  Lager  der  Schleifradspindel  müssen  reichlich  be- 
messen, gut  geölt  und  gegen  Staub  und  Spülwasser  gut  gesichert  sein. 
Entsteht  beim  Schleifen  ein  Druck  in  der  Achsrichtung,  so  mufs  dieser 
im  Hinterlager  durch  stellbare  Spurzapfen  unbedingt  aufgefangen  werden. 

Die  Verbindung  und  Centrirung  des  Schleifrades  auf  die  Spindel 
wird  bei  der  Vorführung  der  betreuenden  Maschinen  Erwähnung  flnden. 

Schleifmaschinen^  welche  mit  dem  Scheibenumfange  arbeiten. 

Grofse  Schleifmaschine  (Fig.  1  und  2).  Das  Schleifrad  M  von  lOOG^m 
Durchmesser  und  200'^ti^  Breite  greift  in  eine  Aussparung  des  Hohlgufs- 
ständers  B  ein,  welcher  Auflage  und  Führung  einer  Tischplatte  T  ge- 
währt, die  mittels  der  Spindel  V  angestellt  werden  kann.  Das  durch 
eine  Stufenscheibe  C  bethätigte  Schleifrad  kreist  mit  500  minutlichen 
Umdrehungen. 

Die  kleine  Schleifmaschine  (Fig.  3  und  4)  arbeitet  mit  zwei  Schleif- 
rädern von  850"'"'  Durchmesser  und  GO"^'"!  Breite,  deren  gemeinschaft- 
liche Spindel  mit  1400  minutlichen  Umdrehungen  läuft,  während  die 
zugehörige  Vorgelegewelle  blofs  350  Umdrehungen  macht.  Die  Aus- 
rückung wird  durch  den  in  Fig.  4  und  deren  Nebenfigur  dargestellten 
Drehgriff  mit  Gabelschlitten  F  durchgeführt.  Um  feste  Zapfen  des  Tisch- 
winkels T  sind  Arme  s  drehbar,  in  welchen  die  Auflagen  T  für  das 
Werkstück  drehbar  und  in  der  Hochrichtung  stellbar  sind.  Die  Koru- 
gröfse,  der  Griff  oder  die  Härte  dieser  Scheiben  kann  nach  Bedarf  ver- 
schieden gewählt  sein. 

Die  in    Fig.  5   dargestellte    Maschine   ist  zum   Nafsschleifen   einge- 


Ueber  Schleifräder  und  Schleifmaschinen.  453 

richtet.  Zu  diesem  Behufe  ist  der  Helm  d  mit  dem  Strahlrohre  e  ver- 
sehen, welchem  das  Wasser  von  der  Fächerpampe  a  zugeführt  wird. 
Die  feste  Auflage  b  ist  über  einem  am  Gestelle  angegossenen  Tische 
mit  Seitenrändern  angeordnet,  v/elcher  das  Spritzwasser  sammelt  und 
einem  im  Gestelle  vorgesehenen  Behälter  zuleitet. 

Flachschleifmaschine  (Fig.  6,  7  und  8).  Bei  dieser  Maschine  wird 
das  Werkstück  nicht  gegen  den  Umfang  des  Schleifrades,  sondern  längs 
desselben  bewegt,  wobei  eine  gröfsere  ebene  Fläche  des  Werkstückes 
abgeschliffen  werden  soll.  —  Deshalb  ragt  nur  eine  kleine,  durch  die 
Tischstellung  regelbare  Zone  des  Schleifrades  über  die  Tischebene  vor. 
Diese  Maschine  ist  mit  zwei  Schleifrädern  ausgerüstet,  von  welchen  das 
eine  grobkörnig  für  die  Vorarbeit,  das  andere  feinkörnig  für  das  Glatt- 
schleifen bestimmt  wird. 

Bemerkenswerth  ist  die  Befestigung  des  Schleifrades  auf  der  Spindel, 
die  Hochstellung  der  Winkeltische  und  die  Lagerung  der  Spindel.  Die 
Scheiben  von  600  und  280"i°i  Durchmesser  und  Breite  machen  800  minut- 
liche Umläufe. 

Gewöhnlich  wird  der  Spindel  der  zehnte  Theil  des  Schleifraddurch- 
messers als  Stärke  zugemessen.  Um  den  Arbeitsraum  nicht  zu  be- 
schränken, ist  ein  Betrieb  mit  wagerecht  laufenden  Riemen  empfehlens- 
werth. 

Für  gewisse  Zwecke  in  Schlofsfabriken  u.  dgl.  ist  die  in  Fig.  9 
dargestellte  Maschine  mit  stehend  laufender  Spindel  recht  brauchbar, 
wobei  die  obere  Stirnfläche,  sowie  auch  der  Umfang  zum  Abschleifen 
benutzt  werden  kann.  Eine  Tischauflage  ist  bei  einer  gewissen  Klein- 
heit der  Werkstücke  kaum  erforderlich. 

Schleifmaschinen^  welche  mit  der  Stirnfläche  des  Schleifradea  xvirken. 

Grofse  Planschleifmaschine  (Fig.  10  bis  12).  Bei  dieser  Maschine 
ist  die  Festklemmung  des  Schleifringes  M  von  1000™°'  Durchmesser  bei 
130mm  Breite  durch  mehrere  Riugsectoren  J?,  deren  Bordränder  den 
Schleifring  fassen,  beachtenswerth.  Diese  an  der  Rückseite  der  Plan- 
scheibe G  geführten  Sectoren  werden  durch  Schrauben  g  centrisch  an- 
gestellt. Zu  bemerken  ist  noch  die  auch  in  Fig.  12  abgebildete  Lagerung, 
die  Gegendruckschraube  a  am  Hinterlager  und  die  Riemenverstellung. 
•  An  der  Arbeitsseite  befindet  sich  ein  glatter,  durch  die  Spindel  e 
austellbarer  Tisch  J,  auf  welchem  die  in  Fig.  13  und  14  abgebildeten 
Spannvorrichtungen  die  erforderliche  Auflage  finden.  —  Die  winkel- 
artige Spannvorrichtung  K  (Fig.  14)  mit  Schraubstock  /  und  J^  besitzt 
zwei  Griffschlitze,  während  jene  Fig.  13  mit  zwei  Handgriffen  aus- 
gestattet ist. 

Kleiner  Planschleifer  (Fig.  15  und  16).  Der  Schleifring  M  von  350 
und  80™°!  Durchmesser  und  Breite  wird  durch  einen  schmalen  Aufsen- 
bord   der   Planscheibe   G  und   durch   eine   etwas    abgeschrägte   Gegen- 


454  lieber  Schleifräder  und  Sclileifmaschiaen. 

Scheibe  Gi  durch  die  Mittelschraube  g  gehaheu,  während  der  Quer- 
tiöch  T  vermöge  zweier  Säulenstützeu  t  getragen  wird.  Die  S])indel 
macht  1400  minutliche  Drehungen.  Bei  dieser  Befestigungsweise  ist  auf 
die  verschieden  grofse  Ausdehnung  durch  die  Wärme,  der  beiden 
Materialien,  der  Planscheibe  und  des  Schleifringes  keine  Rücksicht  ge- 
nommen, ein  Umstand,  der  bei  grofsen  Ausführungen  leicht  zu  Mifs- 
stäuden  Veranlassung  geben  kann. 

Setbsthätige  Messerschleifmaschine.  Zum  Schleifen  der  Hobelmesser 
für  Holzhobel-,  Papierschneidemaschinen  u.  s.  w.,  unter  Winkel  bis  zu 
90*^,  ist  die  in  Fig.  17  und  18  zur  Ansicht  gebrachte  Maschine  mit 
Tellerscheibe  von  225  zu  100Q"ii  Durchmesser  und  Breite  bestimmt. 
Von  der  mit  1200  miuutlichen  Umläufen  kreisenden  Schleifradspindel 
wird  mittels  der  Scheiben  P^  und  P  eine  untere  Seitenwelle  f  getrieben, 
welche  wieder  mittels  Rollen  c  und  C  eine  seitlich  am  Tischwinkel  ge- 
lagerte Welle  e  mit  annähernd  130  minutlichen  Umgängen  treibt.  Auf 
dieser  Welle  ist  ein  aus  drei  Winkelrädern  r  und  einer  Zwischenkuppe- 
lung d  zusammengesetztes  Wendegetriebwerk  angeoi-dnet,  durch  welches 
die  Tischspindel  v  bethätigt  und  dadurch  der  Tischschlitten  K  in  be- 
grenzte Hubbewegung  versetzt  wird.  Auf  diesen  ist  ein  Querschlitten  Ä^j 
mit  zwei  Lagerflügeln  anstellbar,  zwischen  welchen  der  Aufspannwinkel  L 
mittels  durch  die  beiderseitigen  Bogenschlitze  gesteckte  Schrauben  n  in 
die  dem  Schleifwinkel  entsprechende  Winkellage  eingestellt  wird.  Eine 
Steuerstange  F  mit  Anschlagklötzchen  f  vermittelt  die  selbsthätige  Hub- 
bewegung des  Tischschlittens  K. 

Doppelle  Schleifmaschine  (Fig.  19).  Auf  beiden  Enden  der  Haupt- 
spindel sind  fliegend  eine  einfache  Schleifscheibe  mit  Auflage  und  eine 
Tellerscheibe  mit  stellbarem  Tischwinkel  und  verschiebbarem  Kreuz- 
supportschlitten angeordnet.  Durch  diese  Verdoppelung  entsteht  eine 
für  kleinere  Betriebe  recht  brauchbare  Schleifmaschine,  Prege'l. 


1  Ueber  Schleif-  und  Schmirgelscheiben  vgl.  1879  232  381.  1881  230  413 
bezieh.  240  405.  241  76.  242  ^'' 173.  1882  245  45.  1884  253  301.  254*335. 
1885  256  487  bezieh.  257  111).  1886  261*402.  1887  263**366.  Röh-  1887 
264  46.  Geiger  1887  264  139.  266  283  bezieh.  ^'334.  1888  268 '•■288.  Schmirgel- 
scheiben auf  Naxos  1889  272  598. 

2  Ueber  Schleifmaschinen  vgl.  Thomas  und  Sterne  1878  220  202  bezieh.  1879 
231*106.  1880  237  "269.  240*349.  Pfaff  1882  244*35.  Tanite  1883  248 
*  158.  Oppenheim  1881  251  *  395  bezieh.  Sondermann  und  Stier  253  *  19.  1885 
258*437.  Laurent  1885  256*21.  Päschke  1886  250*218.  Munker  und  Schuckert 
261*11  bezieh.  Brown  und  S/tarpe  *  157.  Reinecker  262*68.  1887  266*300 
bezieh.  Luke  und  Spencer  *  359  bezieh.  Sterne  *  392.  Oppenheim  1888  260  *  414 
bezieh.  Parks  *  433.     Shoemaker  1889  271  *  251.  272  *  18. 


Querschlags-Betrieb.  455 

Querschlags-Betrieb. 

lu  Nr.  8  uud  9  der  OeMerreichischen  Zeitschrift^  1889,  bespricht 
A.  TschebuU  die  von  dem  Neuschachte  des  Braunkohlenbergbaus  Annathal 
bei  Gran  (Ungarn)  mittels  Handbohrarbeit  ausgeführten  Querschlags- 
betriebe, und  besonders  eingehend  den  in  50"^  Schachtteufe  auf  etwa 
€00™  Länge  zur  Ausrichtung  eines  verworfenen  Feldtheiles  aufgefahrenen 
oberen  Querschlag.  Die  zu  durchörternden  Gesteine  waren  schieferige 
Sandsteine  und  Schieferthon  der  Eocänformation,  sowie  Kalke  der  Trias- 
formation ^  die  Schichten  Helen  flach  nach  dem  Orte  zu  ein.  Die  Ab- 
messungen waren  bei  1"\8  Breite,  2™,2  Höhe,  somit  betrug  die  Quer- 
schuittsfläche  etwa  4^1'". 

Die  Mannschaft  bestand  aus  9  Häuern  in  drei  Dritteln,  dazu  die 
uöthigen  Förderleute.  Um  die  oft  beobachteten  Fehler  beim  Orts- 
betriebe :  unrichtige  Anlage  der  Bohrlöcher  in  Rücksicht  auf  die  Schichtung 
und  das  sonstige  Verhalten  des  Gesteins,  sowie  unzweckmäfsige  Sparsam- 
keit mit  dem  Sprengstoffe  zu  vermeiden,  wurde  der  Betrieb  derart  ein- 
gerichtet, dafs  die  Richtung,  Tiefe  und  Neigung  der  Löcher  jedesmal 
von  einem  Steiger  angegeben  und  die  richtige  Ausführung  genau  über- 
wacht wurde,  dabei  betrug  die  Tiefe  der  Bohrlöcher  selten  unter  1"^. 
Das  Laden  der  Löcher  war  ausschliefslich  Sache  der  Steiger,  welche 
auch  die  erforderliche  Sprengstoffmenge  bestimmten.  In  Folge  dessen 
waren  Dynamit,  Kapseln  und  Zünder  nicht  im  Gedinge  mit  einbegriffen, 
€s  war  vielmehr  das  Hauptgedinge  lediglich  nach  dem  Cubikmeter  ge- 
stellt und  zwar  anfänglich  auf  2  fl.  50  kr.,  später  2  fl.  70  kr.  Hierin 
war  auch  der  Verdienst  der  Förderleute  mit  eingeschlossen.  Letztere 
hatten  die  gewonnenen  Massen  bis  zum  Schichtwechsel  wegzufüllen  und 
zu  fördern,  sie  erhielten  1  fl.  für  die  Schicht,  gegen  65  bis  80  kr.  bei 
den  anderen  Betrieben.  Die  Leistung  beim  Wegfüllen  wurde  übrigens 
■wie  seiner  Zeit  beim  Betriebe  des  Arlbergtunnels  dadurch  wesentlich  er- 
höht, dafs  vor  dem  Wegthun  der  Schüsse  die  Sohle  mit  Blechtafeln 
belegt  wurde,  auf  welchen  der  gröfste  Theil  des  Haufwerkes  liegen 
blieb.  Die  ebene  Unterlage  war  für  die  Arbeit  mit  der  Schaufel  oder 
mit  Trog  uud  Kratze  sehr  vortheilhaft. 

Die  Bohrlöcher  wurden  je  nach  der  GesteinsbeschafFenheit  ent- 
weder mittels  Meifselbohrern  von  27"i'"  Schneideubreite  oder  mittels 
Oewindebohrern  hergestellt.  In  der  achtstündigen  Schicht  vertheilten 
sich  im  grofsen  Durchschnitte  die  Arbeiten  wie  folgt: 

Ansetzen  und  Bohren  der  Löcher     .     .     .     .     5  bis  51/2  Stunden 

Besetzen  und  Wegthun 1  „ 

Versäumnifs  wegen  Rauch I/2  »    ^U  " 

Abtreiben  von  Sohle,  Firste  und  ühnen    .     .  II/2  „    3/^  „ 

Im  Gedinge  eingeschlossen  war  auch  das  Nachlegen  der  Eisenbahn 
und    der  Ausbau   in   schwachem  Eichenholz.     Diese   Arbeiten   wurden 


456  Legirungen  von  Nickel  und  Eisen. 

gewöhnlich  vun  dem  abgelösten  Drittel,  zum  Theil  mit  Hilfe  des  neuen 
Drittels  schnell  ausgelührt.    Der  Schichtwechsel  fand  stets  vor  Ort  statt. 

Die  Sehmiedelöhne  und  der  Materialaufgang  beliefen  sich  auf  etwa 
1  fl.  50  kr.  täglich,  wurden  jedoch  bei  den  Kosten  des  Ortsbetriebes 
nicht  mit  in  Rechnung  gebracht. 

Die  Wetterführung  wurde  dadurch  erreicht,  dafs  ein  Theil  der  ge- 
hobenen Schachtwasser  in  eisernen  Rohren  in  den  Schacht  fallen  ge- 
lassen und  die  mitgerissenen  Wetter  in  Lutten  vor  Ort  geführt  wurden. 

Die  Leistung  in  einer  achtstündigen  Häuerschicht  war  im  Mittel 
0'^,28  oder  l'^''"!,!!,  der  Dynamitverbrauch  betrug  auf  den  laufenden 
Meter  4'',1  im  Werthe  von  6  fl.  57  kr.  einschliefslich  Zünder  und  Kapseln, 
so  dafs  auf  l^'m  1  fl.  66  kr.  entfallen.  Die  Gesammtkosten  für  den 
laufenden  Meter  beliefen  sich  auf  17  fl.  87  kr.  und  für  den  Cubikmeter 
auf  4  fl.  45  kr.,  doch  sind  hierbei  die  Sprengmittel  20  Proc.  über  dem 
Anschaffungspreise  berechnet,  so  dafs  reine  Gestehungskosten  nur  16  fl. 
48  kr.  bezieh.  4  fl.  12  kr.  erwuchsen^  dabei  betrug  der  Schichtverdienst 
der  Häuer  durchschnittlich  2  fl.  44  kr. 

Die  tägliche  Leistung  im  Durchschnitt  der  7  Betriebsmonate  war 
2'",57,  im  günstigsten  Monat  betrug  dieselbe  3ß\31  und  die  gröfste  täg- 
liche Auffahrung  erreichte  4%2,  für  reine  Handarbeit  eine  sehr  hohe 
Leistung. 

Als  ein  ferneres  Beispiel  für  hohe  Leistung  bei  Ausschlufs  der  Schiefs- 
arbeit wird  das  Folgende  angeführt:  Im  J.  1887  wurde  auf  dem  Leontinen- 
flötz  zu  Annathal  in  ziemlich  fester  Kohle  eine  Förderstrecke  90°^  im 
Monat  aufgefahren.  Das  Schiefsen  wurde  hier  vermieden,  um  die 
Streckenulmen  nicht  zu  zerklüften  und  um  so  an  Unterhaltungkosten 
zu  sparen,  da  die  Strecke  auf  diese  Weise  in  der  Kohle  zum  Theile 
ohne  Ausbau  stand. 


Legirungen  von  Nickel  und  Eisen. 

Auszug  aus  einem  Vortrage  von  James  Riley  bei  der  Frühjalirsversammlung  1889 
des  „Iren  and  Steel  Institute"  in  London. 

Legirungen  von  Nickel  und  Eisen  können,  die  erforderliche  Hitze 
vorausgesetzt,  in  jedem  Flammofen  hergestellt  werden;  das  Einschmelzen 
derselben  erfolgt  in  derselben  Zeit  wie  das  einer  gewöhnlichen  Schrott- 
charge —  7  bis  8  Stunden  —  und  beansprucht  einen  besonderen  Auf- 
wand von  Sorgfalt  nicht.  Ihre  Zusammensetzung  ist  leicht  und  mit 
Sicherheit  zu  controliren.  Die  gewöhnliche  Pfanne  und  Koquille  genügt 
für  den  Gufs,  für  den  überhaupt  aufsergewöhnliche  Anordnungen  völlig 
entbehrlich  sind.  Wenn  das  Einschmelzen  in  Ordnung  verlief,  geht  das 
Nickel  nahezu  gänzlich  in  das  Metall  und  kaum  etwas  davon  in  die 
Schlacke  über,  wodurch  sich  das  Nickel  wesentlich  vom  Chrom  unter- 
scheidet. 


Legirungen  von  Nickel  und  Eisen. 


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458  Legirungen  von  Nickel  und  Eisen. 

Das  Metall  ist  in  den  Koquillen  ruhig  und  dünnflüssiger  als  ge- 
wöhnliches Flufsmetall,  es  erstarrt  schneller  und  erscheint  durch  und 
durch  homogen.  Die  Blöcke  haben  ebene  und  glatte  Oberflächen,  die 
nickelreich.sten  aber  machen  gröfsere  Pfeifen,  als  Blöcke  gewöhnlichen 
Flufsmetalles.  Die  Metalloide  sondern  sich  in  denselben  weniger  ab, 
weshalb  durch  diese  sonst  veranlafste  Uebelstände  hier  zurücktreten. 
Der  bei  der  Bearbeitung  entstehende  Abfall  kann  ohne  Verlust  au  Nickel 
wieder  eingeschmolzen  werden. 

Das  Wärmen  der  Blöcke  zum  Ausschmieden  und  zum  Walzen  be- 
ans])rucht  keine  besondere  Vorsicht;  sie  ertragen  gleichstarke  Erhitzung 
wie  nickelfreie  Blöcke  mit  gleichem  Kohlengehalte,  es  sei  denn,  der 
Nickelgehalt  übersteige  25  Proc,  in  welchem  Falle  eine  etwas  ge- 
ringere Temperatur  und  gröfsere  Sorgsamkeit  beim  Schmieden  erfor- 
dert Mird. 

Wurde  das  Metall  ordentlich  hergestellt  und  war  seine  Zusammen- 
setzung richtig,  so  erträgt  es,  sei  der  Nickelgehalt  grofs  oder  klein, 
Schmieden  und  Walzen  gut;  wohl  aber  kann  dasselbe  in  anderer  Rich- 
tung so  schlecht  sein,  dafs  es  bei  der  Bearbeitung  rissig  wird,  wie  dies 
auch  bei  gewöhnlichem  Flufsmetalle  der  Fall  möglich  ist. 

Die  vorstehende  Tabelle  enthält  die  Resultate  einer  Reihe  an  Eisen- 
nickelmetall ausgeführter  Zerreifsproben. 

Der  Kohlengehalt  der  Probe  Nr.  6  (0,22  Proc.)  ist  klein  genug,  um 
Vergleichungen  mit  sewöhnlichem  Flufseisen  zu  g-estatten,  welches  nach 
dem  Ausglühen  folgende  Resultate  gibt:  Elasticitätsgrenze  251^  für  l'inini 
Zerreifsbelastung  471^  für  Itimm^  Verlängerung  auf  203mm,2  23  Proc.  und  Con- 
traction  der  Bruchfläche  48  Proc.  Es  hat  also  hier  eine  Beimischung 
von  4,7  Proc.  Ni  die  Elasticitätsgrenze  von  25  auf  44'^',11  und  die  Zer- 
reifsbelastung von  47  auf  63'^,95  gehoben,  ohne  dafs  die  Verlängerung 
und  die  Contraction  wesentlich  vermindert  worden  wären. 

Die  Probe  Nr.  3  gab  bei  nur  3  Proc.  Ni  und  auf  0,35  Proc.  ver- 
gröfsertem  Kohlengehalte  nahezu  gleiche  Resultate. 

Die  Proben  Nr.  2  und  Nr.  5  sind  sehr  hart,  theils  in  Folge  hohen 
Kohlengehaltes,  theils  aber  auch  durch  den  grofsen  Gehalt  an  Nickel; 
bei  Probe  Nr.  9  mit  mäfsigem  Kohlengehalte  mufs  aber  die  Härte  vor- 
zugsweise dem  zehnprocentigen  Nickelgehalte  zugeschrieben  werden. 

Die  Härte  wächst  mit  dem  Nickelgehalte,  doch  tritt  in  dieser  Be- 
ziehung eine  Aenderung  wieder  ein,  sobald  derselbe  20  Proc.  erreicht 
und  übersteigt;  das  Metall  wird  dann  wieder  weicher,  dehnbarer  und 
neutralisirt  sogar  den  Einflufs  der  Kohle,  wie  aus  Probe  11  ersichtlich 
ist,  welche  20  Proc.  Ni  und  0,82  Proc.  C  enthält. 

In  Hinsicht  aul"  die  durch  Erhöhung  des  Nickelgehaltes  hervorge- 
rufene Härte  gleicht  letztere  Probe  dem  von  Mr.  Hadficld  beschriebenen 
Eisenmanganmetalle;  aber  es  ist  erfreulicher  Weise  zu  constatiren,  dafs, 
bevor  die  Grenze  gröfserer  Bearbeitungsschwierigkeit  erreicht  wird,  eine 


Legrirungen  von  Nickel  uad  Eisen. 


459 


Reihe  von  Nickellegiruugeu  möglich  bleibt,  die  für  eine  Menge  von 
Zwecken  vom  höchsten  Werthe  sind. 

Eisenuickelmetall  mit  25  Proc.  Ni  hat  eigenthümliche  und  beachteus- 
Averthe  Eigenschaften.  Bei  nach  dem  Auswalzen  nicht  wieder  ausge- 
glühten Stücken  ist  die  Zerreifsbelastung  grofs  und  auch  die  Elasticitäts- 
grenze  liegt  einigermafsen  hoch;  aber  im  ungeglühten  Zustande  bleibt 
die  Zerreifsbelastung  gut,  während  die  Elasticitätsgrenze  auf  ungefähr 
1/3  der  Zerreifsbelastung  zurückgeht.  In  beiden  Fällen  ist  wieder  die 
durch  die  Verlängerung  vor  dem  Zerreifsen  ausgedrückte  Dehnbarkeit 
merkwürdig:  sie  beträgt  bei  203™™,2  bis  zu  40  Proc.  Eine  andere 
Eigenschaft,  welche  aus  den  Proben  Nr.  10  und  11  hervorgeht,  am 
deutlichsten  aber  durch  die  geringe  Contraction  der  Querschnittsfläche 
von  Nr.  10  nachgewiesen  wird,  ist  die,  dafs  die  Verlängerung  sich  nahezu 
gleichmäfsig  auf  das  ganze  Stück  erstrecken  mufs. 

Die  Härtungsproben  geben  die  Möglichkeit  an  die  Hand,  die  Zer- 
reifsbelastung, Elasticitätsgrenze  und  Härte  dieser  Legirungen  sehr  er- 
heblich zu  steigern.  Es  sind  Stücke  probirt  worden,  deren  Zerreifs- 
belastung bis  zu  ISTi^^Oö  und  deren  Elasticitätsgrenze  81'^,91  betrug,  und 
sogar  150,59  bezieh.  85*^,06  sind  erreicht  worden,  während  sich  die  Ver- 
längerung auf  9,37  Proc.  bei  101aiD\6  und  die  Contraction  auf  49,2  Proc. 
stellte.  Zwei  von  Mr.  Kirkaldy  geprobte  Stücke  ergaben  als  Zerreifs- 
belastung 148,36  und  147'<,85,  als  Elasticitätsgrenze  81,93  und  83^,94, 
als  Verlängerung  7,8  und  8,2  Proc.  und  als  Contraction  52,4  und 
50  Proc. 

Die  nachfolgende  Torsionsproben tabelle  gibt  in  der  Colonne  „Be- 
merkungen'' die  Nummerirung   nach   der  vorher  mitgetheilten  Tabelle, 


0 

Durchmesser  der 

Stange  25,*  mm 

Hebellänee 

30i,8mm 

Zustand 

Hestandtheile 
in  Procenten 

Bemerkungen 

Elas- 
ticitäts- 
grenze 

Bruch- 
be- 
lastung 

Ni 

Mn       C 

1 

l'/s 

k 
388,8 

k 
838,9 

geschmiedet 

1,0 

0,58 

0,42 

Nr.  1  nicht  ausgeglüht 

l 

'^Vs 

307,2 

683,7 

)) 

5,0 

0,30 

0,30 

»     '       11               11 

3 

1% 

301,7 

784,4 

» 

3,0 

0,57 

0,35| 

n     3        ,,                    „ 

i 

l'/8 

281,7     677,3 

n 

4,7 

0,25 

0,22 

„    6      „              „ 

5 

2% 

250,9  1  705,0 

)) 

50,0 

— 

0,35 

—             — 

) 

3 

231,4 

884,7 

)> 

25,0 

0,85 

0,27 

Nr.  10  nicht  ausgeglüht 

2% 

316,2 
296,2 

820,7 
673,7 

geschmiedet 
u.  ausgeglüht 

1,0 
5,0 

0,53 
0,36 

0,42 
0,30 

„      1  ausgeglüht 

,1       7 

A. 

23/8 

295,8 

654,7 

n 

4,7 

0,23 

0,22 

11      6          „ 

A. 

5 

163,3 

952,7 

n 

25,0 

0,85 

0,27 

„    10 

c=: 

H5/16 

272,7 

766,3 

ri 

— 

— 

0,51 

absol.  Festigkeit  74k,35  für  Iqmm 

:  0 

19/16 

272,7 

769,9 

geschmiedet 

— 

— 

0,51! 

79k,39   „  imrn 

?.  2 

31/2 

201,9 

557,6 

n 

— 

— 

— 

47k,41    „  iqmm 

460  Legirungen  von  Nickel  und  Eisen. 

um  danach  leicht  die  Zerreifshehistung  u.  s.  w.  der  Proben  in  dieser 
aufsuchen  zu  können.  Diese  Proben  sind  am  Metalle  theils  unmittelbar 
nach  dem  Schmieden,  theils  nach  darauf  vorangegangenem  Ausglühen 
ausgeführt  worden;  sie  sind  nach  ihrer  Güte  geordnet  und  ist  dabei 
auf  Festigkeit,  Elasticitätsgrenze  und  Dehnbarkeit,  letztere  bestimmt 
durch  die  Anzahl  der  ausgehalteneu  Windungen,  gerücksichtigt. 

Es  bedarf  nicht  der  Anwendung  der  nickelreichsten  Sorten,  um  die 
besten  Resultate  zu  erhalten,  denn  in  beiden  Klassen  enthalten  die  am 
höchsten  stehenden  Proben  nur  1  Proc.  Ni.  Am  Schlüsse  der  Tabelle 
sind  auch  die  Resultate  einiger  Torsionsproben  an  gewöhnlichem  Martin- 
metalle aufgeführt.  Nr.  7  und  8  sind  Proben  eines  Stahles,  theils  nach 
vorausgegangenem  Ausglühen  nach  dem  Schmieden,  theils  unausgeglüht, 
der  eine  absolute  Festigkeit  von  74,35  und  79*^,39  besitzt.  Beim  Ver- 
gleiche dieser  beiden  Proben  mit  einander  zeigt  sich  eine  ganz  un- 
bedeutende Verbesserung  durch  das  Ausglühen.  Vergleicht  mau  die- 
selben weiter  mit  Nr.  9,  einer  Probe  gewöhnlichen  Flufsmetalles  mit 
47'*,41  absoluter  Festigkeit,  so  wird  man  finden,  dafs  es  besser  ist,  etwas 
von  der  durch  eine  gröfsere  Anzahl  von  Windungen  angezeigten  Dehn- 
barkeit zu  opfern,  um  eine  etwas  gröfsere  Stärke  zu  haben,  wie  die 
höhere  Elasticitätsgrenze  und  Zerreifsbelastung  bei  Nr.  7  und  8  angeben. 

Es  ist  gebräuchlich  geworden,  Propeller-  uud  andere  Achsen  aus 
weichem  Metalle  anfertigen  zu  lassen;  es  dürfte  aber  gestattet  sein, 
anzunehmen,  dafs  die  erforderliche  Widerstandskraft  derselben  gegen 
Spannung  und  Verschleifs  durch  Anwendung  eines  härteren  Metalles 
mit  trotzdem  hinreichender  Dehnbarkeit  vergröfsert  werden  könnte. 

Es  ist  interessant  zu  sehen,  mit  welcher  Schärfe  die  vorstehende 
Probereihe  das  bestätigt,  was  durch  die  zuerst  mitgetheilte  Tabelle  vor- 
geführt wurde.  Sowohl  die  Elasticitätsgrenze  wie  die  Zerreifsbelastung 
bei  den  geglühten  und  ungeglühten  Proben  stimmen  überein  und  stehen 
im  gleichen  Verhältnisse  zu  einander  in  beiden  Reihen,  während  die 
Zahl  der  Windungen  genau  mit  der  Verlängerung  bei  den  Zerreifsproben 
einig  geht. 

Einige  Eigenschaften  der  Eisennickellegirungen  seien  nachfolgend 
kurz  aufgeführt. 

Das  specifische  Gewicht  des  Nickels  soll  8,66  sein  (8,86  ?),  das  des 
Eisennickels  mit  25  Proc.  Ni  ist  8,08,  das  des  zehnprocentigen  7,866, 
und  bei  5  Proc.  Ni  beträgt  es  7,846,  während  das  specifische  Gewicht 
gewöhnlichen  geschmiedeten  Flufsmetalles  7,84  ist. 

Sämmtliche  Nickellegirungen  bis  zu  50  Proc.  Ni  hinauf  nehmen 
gute  Politur  mit  schöner  Fläche  an;  ihre  Farbe  wird  mit  steigendem 
Ni-Gehalte  immer  heller. 

In  Rücksicht  auf  die  sehr  wichtige  Frage  des  Verrostens  ist  fest- 
zustellen, dafs  die  nickelreichen  Legirungen  praktisch  genommen  un- 
verrostbar  sind  und  dafs  die  nickelärmeren  anderes  Flufsmetall  in  dieser 


Legirangen  von  Nickel  und  Eisen.  461 

Beziehung  weit  hinter  sich  zurücklassen.  Angestellte  Versuche  haben 
ergeben,  dafs  im  Vergleiche  zu  Flufsmetall  mit  0,18  Proc.  C  fünfproceu- 
tiges  Eisennickelmetall  rostet  wie  10 :  12  und  verglichen  mit  Flufsmetall 
mit  0,4  Proc.  C  und  1,6  Cr  wie  10  :  15.  Gehen  die  Gehalte  an  Ni  bis 
zu  25  Proc.  in  die  Höhe,  so  stellen  sich  diese  Verhältnisse  wie  10  :  870 
bezieh.  10  :  1160.  Einige  Proben  der  nickelreicheren  Legirungen,  welche 
mehrere  Wochen  hindurch  der  Einwirkung  der  Atmosphärilien  ausge- 
setzt waren,  zeigen  jetzt  noch  reine  Bruchflächeu. 

Legirungen  mit  bis  5  Proc.  Ni  lassen  sich  ziemlich  leicht  mit  Dreh- 
und  Hobelstahl  bearbeiten,  mit  weiter  steigendem  Ni-Gehalte  wird 
dies  schwieriger.  Die  nickelärmeren  lassen  sich  besonders  gut  lochen, 
sowohl  wenn  sie  nach  dem  Walzen  ausgeglüht  wurden  als  auch  un- 
ausgeglüht.  Die  Löcher  können  einander  bis  auf  3°i°i  nahe  stehen,  ohne 
dafs  ein  Reifsen  eintritt. 

Legirungen  mit  bis  1  Proc.  Ni  schweifseu  recht  gut;  darüber  hinaus 
verringert  sich  die  Schweifsbarkeit  mit  jeder  weiteren  Steigerung  des 
Ni- Gehaltes. 

Die  nickelarmen  Legirungen  besitzen  keinen  Glanz,  die  reicheren 
aber  sind  glänzend  nach  Beseitigung  des  Glühspanes. 

Die  Erfinder  dieser  Legirungen  huldigen  der  Ansicht,  dafs  der  Stahl 
zusammengesetzt  sei  von  Krystallen  metallischen  Eisens,  zusammen- 
cementirt  durch  ein  Eisencarburet,  und  halten  dafür,  dafs  die  grofse 
Stärke  ihres  Produetes  darauf  basire,  dafs  das  Nickel  mit  diesem  Eisen- 
carburet einen  stärkeren  Cement  bilde,  dafs  der  Raum  zwischen  den 
Eisenkrystallen  vollständiger  ausgefüllt  und  die  Kohäsion  zwischen  den- 
selben energischer  werde  und  dafs  die  Erstarrungspunkte  des  Cementes 
und  der  Krystalle  einander  näher  liegen  und  dadurch  ein  festerer  Zu- 
sammenschlufs  der  Elemente  befördert  werde. 

Sie  halten  aufserdem  die  Art  ihres  Herstellungsverfahrens  für  un- 
erläfslich,  um  den  Nickel  zum  Eingehen  der  Verbindung  mit  dem  Eisen 
zu  zwingen  und  eine  homogene  Legirung  zu  bilden ;  ohne  dies  Verfahren 
werde  nur  eine  mechanische  Mischung  gebildet  werden,  welcher  weder 
Gleichmäfsigkeit  noch  Schmiedbarkeit  und  Dehnbarkeit  eigen  wäre. 

Es  bedarf  keiner  reichen  Phantasie,  eine  Anzahl  von  passenden 
Verwendungszwecken  für  diese  Legirungen  nachzuweisen,  und  es  fällt 
schwer,  in  diesem  Punkte  nicht  Enthusiast  zu  werden,  denn  die  viel- 
fachen besonderen  Eigenschaften  derselben  qualiüciren  sie  zur  Verwen- 
dung fast  für  jeden  denkbaren  Zweck. 

Das  25procentige  Eisennickelmetall  mit  seiner  grofsen  Festigkeit 
und  Dehnbarkeit  und  nach  dem  Ausglühen  der  niedrig  gelegenen  Elasticitäts- 
grenze  ist  für  alle  Operationen  gut  geeignet,  welche  eine  ansehnliche 
Formveränderung  einbegreifen  wie  Austeufen  oder  Treiben,  während 
seine  Widerstandskraft  gegen  das  Rosten  es  unschätzbar  für  eine  Menge 
anderer  Zwecke  erscheinen  läfst. 


462  Legiruiigen  von  Nickel  und  Eisen. 

Diese  Eigenschaften  zusammen  mit  der  im  unausgeglühten  Zu- 
stande immer  noch  hohen  Elasticitätsgrenze  machen  es  für  alle  Zweciie 
passend,  bei  denen  die  Materialkosten  im  Vergleiche  zu  den  Kosten  der 
Bearbeitung  keine  Rolle  spielen  und  für  einzelne  Specialzwecke,  z.  B. 
kleine  Dampfkessel  und  solche  von  Specialtjpen,  Locomotivfeuerbüchsen, 
Schrauben  für  Torpedo-  und  andere  Fahrzeuge,  bei  denen  Leichtigkeit, 
Stärke  und  Widerstand  gegen  das  Rosten  von  wesentlichem  Gewichte 
sind,  und  die  Legirungen  von  25  bis  herab  zu  5  Proc.  Ni  bieten  zahl- 
reichste Möglichkeiten,  ein  Material  zu  Werkzeugstahl  herzustellen, 
ebenso  gut,  wenn  nicht  besser,  als  bisher  bekannt. 

Aber  erst  bei  5  Proc.  Ni  und  darunter  ist  dem  Eisennickelmetalle 
ein  hochgradiges  Interesse  seitens  der  Consumenten  sicher  in  Aussicht 
zu  stellen. 

Die  in  neuerer  Zeit  auf  die  Anwendung  höherer  Dampfspannung 
sich  stützenden  Fortschritte  in  der  Construction  von  Seedampfmaschinen 
wären  nicht  möglich  gewesen,  hätte  dem  Ingenieur  nicht  ein  besseres 
Material  als  Puddeleisen  zur  Verfügung  gestellt  werden  können.  Man 
denke  sich  nun  die  Möglichkeiten,  die  sich  durch  ein  Metall  eröffnen 
wie  Nr.  6  der  ersten  Tabelle,  welches  nach  dem  Ausglühen  noch  eine 
um  30  Proc.  gröfsere  absolute  Festigkeit  und  eine  um  60  bis  70  Proc. 
höhere  Elasticitätsgrenze  hat  als  gewöhnliches  Flufsmetall,  während 
seine  Dehnbarkeit  fast  unvermindert  ist  und  es  besser  dem  Rosten 
widersteht.  Für  die  derzeitig  benutzte  Dampfspannung  kann  bei  seiner 
Anwendung  das  Gewicht  erheblich  reducirt  werden  und  viele  Con- 
structionsschwierigkeiten  fallen  dann  weg,  oder  aber  die  Dampfspannung 
könnte  in  Folge  der  gröfseren  Stärke  des  Metalles  noch  weiter  erhöht 
werden. 

Diese  Metalle  sind  ebenso  wichtig  für  den  Schitfsbauer  wie  für  den 
Civilingenieur.  Ersichtlich  wird  dies,  wenn  man  die  Vortheile  erwägt, 
welche  ihre  Verwendung  bei  »rofsen  Bauwerken  gewähren  kann.  Man 
denke  hierbei  an  die  Forthbrücke  und  an  den  Eilfelthurm.  Hätten  den 
Ingenieuren  für  diese  Bauwerke  Metalle  zur  Verfügung  gestanden  mit 
63''  absoluter  Festigkeit  und  44'^  Elasticitätsgrenze  anstatt  mit  47  bezieh. 
27'^  im  einen  und  mit  nahezu  35  bezieh.  22  bis  'Ib^  im  anderen  Falle, 
wie  viele  Schwierigkeiten  zu  überwinden  wäre  ihnen  dann  durch  das 
geringere  Gewicht  des  Materials  erspart  geblieben;  die  Forthbrücke 
wäre  leichter  und  luftiger,  der  Eillelthurm  geschmackvoller  ausgefallen, 
als  sie  nun  sind. 

Der  Militäringenieur  hat  noch  kein  Material  gehabt,  welches  sich 
zu  Panzer  und  Kanone  so  eignet,  wie  das  Eisennickelmetall.  Schon 
im  ursprünglichen  Zustande  hat  dasselbe  viele  Eigenschaften,  welche 
sie  für  diese  Zwecke  empfehlen;  nachdem  aber  auch  das  beste  Verfahren 
gefunden  sein  wird,  sie  zu  härten,  werden  sie  unübertrefflich  für  Her- 
stellung von  Panzern  sein.  Dr.  Leo. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  463 

Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Patentklasse  6.     Schlufs  des  Berichtes  S.  368  d.  Bd.) 

Ueber  die  in  den  Samen  als  Heservestoff  abgelagerte  Cellulose  und  eine 
daraus  erhaltene  neue  Zucker art^  die  Seminose^  berichtet  Ä.  Reis  in  den 
Berichten  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft^  1889  S.  609. 

Ueber  polar istrobometrisch-chemische  Analyse  hat  A.  Landolt  im  Vereine 
mit  F.  Rathgen  und  F.  Schutt  eine  grofse  Arbeit  über  die  Zahlen,  welche 
man  bei  Rechnungen  und  Beobachtungen  auf  dem  Gebiete  der  Polari- 
sation zu  Grunde  legen  soll,  in  den  Sitzungsberichten  der  königl.  preufsischen 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin^  1887  Bd.  48,  verötientlicht,  auf 
welche  wir  hier  nur  aufmerksam  machen  können. 

Ueber  Zuckerbildung  und  andtre  Fermentationen  der  Hefe  hat  E.  Sal- 
kowski  Untersuchungen  angestellt  {Wochenschrift  für  Brauerei^  Bd.  6 
S.  462).  Bewahrt  man  Hefe  in  Chloroformwasser  auf,  so  findet  keine 
Selbstgährung  statt,  dagegen  eine  Reihe  anderer  Vorgänge,  nämlich  die 
Bildung  von  Zucker,  Leucin  und  Tyrosin  und  die  Spaltung  von  Nuclein. 
Diese  Prozesse  sind  fernientativ,  denn  bei  Anwendung  sterihsirter  Hefe 
findet  die  Zersetzung  des  Nucleins  nur  in  beschränktem  Umfange,  die 
anderen  Vorgänge  gar  nicht  statt.  Da  die  Lebensäufserungen  der  Hefe 
beim  Aufbewahren  in  Chloroformwasser  erlöschen,  so  müssen  die  Prozesse 
durch  lösliche  Fermente,  Enzyme,  bedingt  sein,  welche  unabhängig  von 
dem  Leben  des  Protoplasmas  auch  nach  dem  Tode  desselben  fortwirken. 
Die  Menge  des  gebildeten  Zuckers  betrug  zwischen  4,24  und  8,47  Proc. 
des  Trockengewichtes  der  Hefe.  Derselbe  stammte  jedenfalls  aus  einem 
Kohlehydrat  der  Hefe,  wahrscheinlich  aus  dem  Hefegummi. 

Ueber  einen  reducirenden  Bestandtheil  der  Hefe  berichtet  Griesmayer 
in  der  Allgemeinen  Brauer-  und  Hopfen- Zeitung^  Bd.  29  S.  476.  J.  de  Bey 
Peilhade  hatte  in  der  Hefe  und  später  auch  in  verschiedenen  Thier-  und 
Pflanzentheilen  durch  Extraction  mit  Methylalkohol  eine  Substanz  er- 
halten, welche  ein  so  starkes  Reductionsvermögen  besafs,  dafs  sie 
Schwefel  in  Schwefelwasserstoff  umzuwandeln  vermochte,  und  welchen 
er  ,.Philothion'"  nannte.  Griesmayer  hält  diesen  Stot!  für  Diamid  oder 
Hydracin  bezieh,  für  ein  Salz  desselben.  Denn  nach  Curtius  soll  das 
Hydracin  das  stärkste  Reductionsmittel  sein,  welches  beim  Erhitzen 
seines  Sulfates  zum  Schmelzen  die  Schwefelsäure  nicht  nur  zu  Schwefel, 
sondern  zu  Schwefelwasserstoff  redueiren  soll. 

Ueber  künstliche  Diastase  berichtet  A.  Reychler  in  den  Berichten  der 
deutschen  chemischen  Gesellschaft^  Bd.  22  S.  414  (auch  Zeitschrift  für  Spiritus- 
industrie^  Bd.  12  S.  109).  Durch  Digeriren  von  frisch  bereitetem  Weizen- 
kleber mit  sehr  verdünnten  Säuren  oder  sauren  Salzen  —  Salzsäure, 
Kaliumbisulfit,  Phosphorsäure,  Alkalimonophosphat,  Essigsäure,  Wein- 
säure und  Milchsäure  —  bei  30  bis  40«  erhält  man  eine  opalisirende 
Flüssigkeit,  wel6he  folgende  Reactionen  zeigt: 


464  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Durch  Kochen  wird  die  Lösung  nicht  coagulirt.  Durch  äufserst 
verdünnte  KaHlauge  entsteht  ein  Niederschlag,  welcher  sich  in  geringem 
Ueberschusse  an  Kali  wieder  löst.  Durch  wenig  Alkohol  wird  die 
Flüssigkeit  geklärt,  durch  mehr  Alkohol  getrübt.  Kaliumferrocyanid 
bewirkt  einen  in  viel  Essigsäure  löslichen  Niederschlag.  Quecksilber- 
chlorid scheint  ohne  Wirkung  zu  sein.  Mit  Guajaktinktur  und  Wasser- 
stoffsuperoxyd entsteht  eine  intensive  blaue  Färbung,  diese  Reaction 
bleibt  jedoch  aus,  wenn  die  Lösung  vorher  gekocht  oder  mit  viel  Säure 
versetzt  wurde.  Die  Lösung  zeigt  diastatische  Wirkung,  denn  ein  Kleister 
aus  28  Stärke  mit  250^^  Wasser,  welcher  mit  2''c  einer  Fermentlösung, 
die  durch  Digeriren  des  aus  20"  Weizenmehl  gewonnenen  Klebers  mit 
lOOcc  einer  0,2  procentigen  Kaliumphosphatlösung  erhalten  war,  versetzt 
und  5  Stunden  auf  50  bis  GO*^*  erwärmt  wurde,  war  im  Stande,  135^^ 
alkalischer  Kupferlösung  zu  reduciren.  Diese  fermentative  Wirkung, 
sowie  das  Verhalten  gegen  Guajaktinctur,  welches  nach  Lintner  für 
Diastase  charakteristisch  ist,  lassen  auf  die  Anwesenheit  eines  mit  der 
Diastase  identischen  oder  ihr  doch  sehr  ähnlichen  Fermentes  schliefsen. 
Aus  anderen  Eiweifskörpern,  wie  Albumin  und  Gelatin,  gelang  es 
lieychler  nicht,  ein  gleich  wirksames  Ferment  zu  bereiten.  Dagegen 
läfst  sich,  wie  schon  Lintner  beobachtet  hat,  mit  den  löslichen  Eiweifs- 
stofFen  des  Weizenmehles  ebenfalls  Diastasereaction  hervorrufen  und 
auch  eine  gewisse  Zuckerbildung  bewirken,  welche  durch  wenig  Säure 
noch  erhöht  wird.  Auch  in  ungekeimter  Gerste  konnte  die  diastatische 
Wirkung  nachgewiesen  werden.  Auch  hier  erhöhte  ein  Zusatz  einer 
äufserst  geringen  Säuremenge  die  Umsetzung  der  Stärke  um  einige 
Procente,  während  eine  gröfsere  Menge  Säure  hemmend  wirkt.  Der 
Verfasser  hält  es  nach  seinen  Untersuchungen  für  nicht  unwahrschein- 
lich, dafs  beim  Keimungsprozesse  der  Gerste  und  anderer  Samen  die 
Löslichkeit  und  Fermentkraft  eines  Theiles  der  Eiweifskörper  durch 
eine  ähnliche  Reaction  bewirkt  werde,  wie  beim  Auflösen  des  Klebers 
in  sehr  verdünnter  Säure  (vgl.  auch  die  Untersuchungen  Bernlieim's^ 
welcher  die  Bildung  von  Diastase  aus  Kleber  durch  Bakterien  beob- 
achtete, 1889  272  89). 

Die  Frage^  üb  Matz  ein  oder  zwei  Fermente  enthält  sucht  O.  E.  Nykander 
in  der  Deulschen  Brauindustrie^  Nr.  13  S.  48,  zu  beantworten.  Entgegen 
den  Beobachtungen  Lintner  s  und  Anderer  (vgl.  1889  272  90)  soll  nach 
dem  Verfasser  sowohl  das  Malz  aus  verschiedenen  Getreidearten,  wie 
auch  der  Speichel  zwei  Fermente  enthalten. 

[Jeher  die  Ausführung  der  Jodprobe  schreibt  K.  Kruis  in  der  Oester- 
reichisch- Ungarischen  Brennereizeiiung^  Bd.  12  S.  65.  Die  richtige  Art  der 
Ausführung  der  Prüfung  als  bekannt  voraussetzend,  heben  wir  hier  nur 
hervor,  dafs  de^  Verfasser  die  Prüfung  der  Maische  unmittelbar  nach 
dem  Ausblasen  empfiehlt.  Er  hat  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  bei 
guter  Beschaffenheit  des  Malzes  dann  niemals  eine  Rothfärbung  eintritt, 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  465 

während  bei  schlechtem  Malze  die  Rothfärbung  vorhanden  ist  und  erst 
nach  20  bis  25  Minuten  die  farblose  Reaction  eintritt.  In  der  unmittelbar 
nach  beendigtem  Ausblasen  vorgenommenen  Jodprobe  hat  man  daher, 
nach  Ansicht  des  Verfassers,  ein  verläfsliches  und  sehr  werth volles 
Mittel  zur  Beurtheilung  eines  der  wichtigsten  Prozesse  der  Spiritus- 
erzeuouna:,  sowie  namentlich  ein  untrügliches  Mittel  zur  Bestimmuna 
der  Wirksamkeit  des  verwendeten  Grünmalzes.  Dieser  Ansicht  tritt, 
besonders  in  Bezug  auf  die  Dickmaischen,  Heinzelmann  in  der  Zeitschrift 
für  Spiritusindustrie^  Bd.  12  S.  99,  entgegen.  Er  läfst  gelten,  dafs  man 
bei  Dünnmaischen  einen  Anhalt  für  die  Qualität  des  Zuckerbildungsvor- 
ganges an  der  kürzeren  oder  längeren  Zeit  des  Verschwindens  der 
Rothfärbung  besitzen  kann,  bemerkt  aber  andererseits,  dafs  es  ihm  in 
einer  ganzen  Reihe  von  Brennereien,  mit  Vormaischbottichen  verschie- 
dener Systeme,  selbst  bei  Steigerung  des  Malzes  bis  zu  5  Proc.  des 
Kartoffelgewichtes,  nicht  geglückt  ist,  Maischen  zu  erhalten,  welche  mit 
Jod  keine  Rothfärbung  mehr  zeigten.  Es  trat  stets  eine  intensive  Roth- 
färbuug  ein,  welche  erst  nach  10  bis  35  Minuten  verschwand.  Trotz- 
dem liefs  die  Vergährung  nichts  zu  wünschen  übrig.  In  den  Dick- 
maischen steht  die  Menge  des  Achroodextrins  zu  derjenigen  der  Maltose 
in  einem  Verhältnisse  von  1 :5  oder  gar  1:4;  es  sind  daher  hier  grofse 
Mengen  von  Dextrin  durch  die  Nachwirkung  der  Diastase  zu  verarbeiten 
und  man  hat  sehr  oft  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  die  Vergährung 
mangelhaft  war,  auch  dann,  wenn  das  Malz  durchaus  normal,  d.  h.  für 
die  Zuckerbildung  ausreichend  gewesen  war;  es  reichte  dann  die  Diastase- 
menge doch  nicht  mehr  für  die  Nachwirkung  aus,  besonders  auch,  weil 
die  bei  Dickmaischen  während  der  Nachgährung  einzuhaltende  niedrigere 
Tempei-atur  von  etwa  29°  für  die  Diastasewirkung  weniger  günstig  ist 
als  die  höhere  Temperatur  von  etwa  33^,  welche  man  bei  Dünnmaischen 
einhalten  kann.  Heinzelmann  ist  daher  der  Ansicht,  dafs  bei  Dick- 
maischen die  Jodreaction  für  die  Beurtheilung  des  weiteren  Verlaufes 
der  Gährung  von  gar  keinem  Nutzen  ist,  und  dafs  man  nur  durch  eine 
Mehrgabe  von  Malz  dem  Uebelstande  der  schlechten  Vergährung  ab- 
helfen kann. 

Gährversuche  mit  Galactose^  Arabinose^  Sorbose  und  anderen  Zucker- 
arten haben  Stone  und  Tollens  ausgeführt  (Zeitschrift  für  Spiritusitidustrie^ 
Bd.  12  S.  109,  daselbst  nach  Zeitschrift  für  Rübenzuckerindustrie ^  1889 
Nr.  4).  Aus  diesen  Versuchen  werden  folgende  Schlufsfolgerungen  ge- 
zogen: Die  Galactose  gährt  mit  Bierhefe  und  Nährlösung  annähernd 
ebenso  vollständig  wie  Dextrose,  wenn  auch  langsamer.  Auch  Sorbose 
gährt  (nach  einem  Versuche  zu  urtheilen)  mit  gewöhnlicher  Bierhefe 
und  Nährlösung,  wenn  auch  langsam  und  unvollständig.  Arabinose 
'  gährt  mit  Bierhefe  und  Nährlösung  sehr  langsam  und  unvollständig,  mit 
rein  gezüchteter  Hefe  gar  nicht.  Milchzucker  hat"  noch  schwächere 
Gährung   als  Arabinose  gezeigt.     Nach    den    beschriebenen   Versuchen 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  10.  1889/111.  30 


466  üeber  Fortschritte  in  der  Spirituslabrikation. 

kann  man  die  betrachteten  Zuckerarten  nach  ihrer  gröfseren  oder  ge- 
ringeren Gährungsfähigkeit  in  folgende  Reihe  bringen:  Dextrose,  Lävu- 
lose,  Galactose,  Sorbose  (Arabinose,  Milchzucker).  Ueber  Galactose  vgL 
auch  1889  271  418. 

Zur  Beseitigung  des  üblen  Geruches  von  Spiritus  aus  angefaulten  Kar- 
toffeln wird  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie  Filtration  durch  Kies- 
lilter  empfohlen,  oder,  falls  der  Spiritus  noch  einmal  destillirt  werden 
kann  ein  Zusatz  von  Kaliumpermanganat,  wodurch  bei  Trennung  des 
Vorlaufes  und  Nachlaufes  ein  ziemlich  reines  Hauptproduct  zu  erzielen 
sein  dürfte.  An  derselben  Stelle  wird  ein  in  einem  Falle  beobachteter 
Fettgeruch  eines  sonst  guten  Spiritus  auf  den  durch  die  Schmiermittel 
veranlafsten  Fettgehalt  des  Retourdampfes  zurückgeführt  und  zur  Be- 
seitigung des  Uebelstandes  die  Anwendung  indirekten  Dampfes  ange- 
rathen.  Für  denselben  Zweck  wird  S.  20  die  Verwendung  eines  sehr 
reinen  Talges  statt  des  Mineralöles  zum  Schmieren  empfohlen. 

Eine  Zusammenstellung  über  den  Fuselölgehalt  der  Branntweine  auf  Grund 
der  im  Reichsgesundheitsamte  ausgeführten  Untersuchungen  (vgl.  1889 
272  87)  bringt  die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie  ^  Bd.  12  S.  19.  Eine 
Gegenüberstellung  der  wesentlich  Kornbranntwein  herstellenden  Gegenden 
zu  den  hauptsächlich  Kartoffeln  verarbeitenden  Gebieten  ergibt  folgende 

Zahlen : 

a)  Gebiet  des  Kornbranntweinx. 

Westfalen 0,397  Proc.  Fuselöl  in  100  Proc.  Alkohol 

Rheinprovinz      .     .     .  0,332      „            „  „    100  „             „ 

Schleswig-Holstein      .  0,321      „            „  „    100  „             „ 

Bremen 0,291      „            „  „    100  „ 

Hannover 0,201      „            „  „    100  „ 


Ostpreul'sen  . 
Posen  .  .  . 
Westpreulsen 
Pommern  .  . 
Schlesien  .  . 
Brandenburg 


Mittel    0,3025    „  „        „    100  „ 

b)  Gebiet  des  Kartojfelbranntweins. 

.     0,381  Proc.  Fuselöl  in  100  Proc.  Alkohol 

0,365      „  „         „    100  „ 

.     0,326      „  „        „    100  „ 

.     0,264      „  „        „    100  „ 

.     0,263      „  „        „    100  „ 

.     0,162      „  „         „    100  „ 


Mittel     0,3215    „  „        „    100      „ 

Zu  diesen  Zahlen  ist  jedoch  zu  bemerken,  dais  der  annähernd 
gleiche  Fuselgehalt  beider  Kategorien  keine  Schlüsse  auf  den  Stand  der 
Brennerei  und  auf  die  Beschaffenheit  des  Rohspiritus  zu  ziehen  ge- 
stattet, denn  es  ist  zu  berücksichtigen,  dafs  in  den  östlichen  Gebiets- 
theilen  in  grofsem  Umfange  Rohspiritus  zur  Fabrikation  von  Trink- 
branntwein verwendet  wird,  während  in  den  westlichen  Gebietstheilea 
zum  Theil  eine  mehrmalige  Rectification  des  Rohspiritus  stattfindet,  zum 
Theil  ein  Verschneiden  mit  Sprit  üblich  ist,  also  Maisnahmen,  durch 
welche  der  Gehalt  an  Fuselöl  vermindert  wird.  Berücksichtigt  man 
dieses,  so  kommt  man  zu  dem  Schlüsse,  dafs  der  Kornrohspiritus  dem 
Kartotfelrohspiritus  gegenüber  der  fuselreichere  ist. 


Üeber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  467 

(Jeher  den  Einflufs  des  Aethylalkohols  auf  den  Stoffwechsel  des  Menschen 
hat  B.  Keller  Untersuchungen  ausgeführt  {Zeitschrift  für  physiologische 
Chemie^  1889  S.  128),  welche  zu  folgenden  Resultaten  führten : 

1)  Eine  erhebliche  diuretische  Wirkung  am  Alkoholtage,  überein- 
stimmend mit  allen  Autoren.  2)  Eine  geringe  Verminderung  der  Stick- 
stoffausscheidung am  Alkoholtage,  was  vielleicht  aus  einer  durch  den 
Alkohol  bewirkten  Störung  der  Verdauung  und  Resorption  zu  erklären 
wäre.  An  dem  dem  Alkoholtage  folgenden  Tage  zeigte  sich  eine  leichte 
Vermehrung  der  Stickstoftausscheidung ,  was  aus  einer  nachträglichen 
Resorption  erklärt  werden  könnte.  3)  Die  Angabe  über  vermehrte 
Phosphorsäureausscheidung  kann  Verfasser  nicht  mit  Sicherheit  be- 
stätigen. 4)  Die  Chlorausscheidung  ist  nicht  unbedeutend  vermehrt 
(vgl.  auch  1887  265  366). 

Statistische  Erhebungen  über  die  durchschnittliche  Lebensdauer  der 
Trinker  und  Nichttrinker  hat  die  British  medical  Society  veranlafst  {Oester- 
reichisch- Ungarische  Brennereizeitung^  Bd.  13  S.  61,  daselbst  nach  Amer. 
Bierbrauer).  Dieselben  ergaben,  dafs  den  mäfsigen  Gewohnheitstrinkern 
im  Durchschnitte  eine  beträchtlich  längere  Lebensdauer  (etwas  über 
9  Jahre)  beschieden  ist  als  den  Total-Abstinenzlern. 

Denaturirler  Spiritus.  Reinhardt  erhebt  in  der  Zeitschrift  für  ange- 
wandte Chemie.,  1888  S.  684,  Klagen  über  den  denaturirten  Spiritus,  weil 
derselbe  Metalle,  besonders  Messing,  stark  angreifen  soll.  Schenkel  macht 
in  derselben  Zeitschrift,  1889  S.  66,  darauf  aufmerksam,  dafs  nicht  das 
Denaturirungsmittel  diese  Eigenschaft  besitzt,  sondern  dafs  dieselbe  durch 
einen  Zusatz  von  Säure  im  Ueberschusse,  welcher  vielfach  zur  Neutra- 
lisirung  der  Pyridinbasen  ausgeübt  wurde,  veranlafst  ist.  Jetzt  ist  dieser 
Uebelstand  beseitigt,  nachdem  durch  den  Beschlufs  des  Bundesrathes 
vom  21.  Juni  1888  jeder  Zusatz  zu  dem  denaturirten  Spiritus,  durch 
welchen  das  Denaturirungsmittel  ganz  oder  theilweise  aus  dem  Spiritus 
ausgeschieden  oder  durch  welchen  die  Wirkung  des  Denaturirungsmittels 
in  Bezug  auf  Geschmack  oder  Geruch  verändert  wird,  verboten  ist. 

Einen  Spiritusprobenehmer  beschreibt  Vinc.  Th.  Magerstein  in  Troppau 
in  der  Oesterreichisch- Ungarischen  Brennereizeitung.,  Bd.  13  S.  101.  Der- 
selbe besteht  im  Wesentlichen  aus  einem  Blechrohre,  dessen  untere 
Oeflfhung  durch  eine  besondere  Vorrichtung  mittels  eines  Pfropfes  ver- 
schlossen werden  kann,  nachdem  das  otfene  Blechrohr  in  das  Fafs  ein- 
gesenkt worden  ist.  Es  wird  also  hierdurch  eine  ganze  Spiritussäule 
durch  die  ganze  Tiefe  des  Fasses  herausgestoehen  und  dadurch,  wenn 
der  Spiritus  nicht  gut  gemischt  war,  eine  bessere  Durchschnittsprobe 
erhalten,  als  sie  durch  den  Stechheber  gewonnen  werden  kann. 

Ueber  Beziehungen  zwischen  den  Angaben  eines  Vohimen  und  eines 
Gewichts- Alkoholometers  bringt  die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.,  Bd.  12 
S.  1,  nach  den  Mittheilungen  der  kaiserlichen  Normalaichungscommission 
folgende  Tabelle  zur  Umwandlung  der  Volumprocente  in  Gewichtsprocente. 


468 


Ueber  Fortschritte  in  der  Öpiritusl'abrUiatioii. 


'  s 

Sc 

3  0) 


Gewichtsprocente 


Sc 


Gewichtsprocente 


Gewichtsprocente 


0 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

20 

21 

22 

23 

24 

25 

26 

27 

28 

29 

30 

31 

32 

33 


0,04 

0,85 

1,66 

2,47 

3,27 

4,08 

4,88 

5,69 

6,50 

7,31 

8,12 

8,94 

9,75 

10,57 

11,39 

12,22 

13,05 

13,88 

14,72 

15,55 

16,39 

17,23 

18,08 

18,92 

19,76 

20,60 

21,44 

22,28 

23,13 

23.99 

24,85 

25.71 

26,57 

27,43 


0,81 
0,81 
0,81 
0,80 
0,81 
0,80 
0,81 
0,81 
0,81 
0,81 
0,82 
0,81 
0,82 
0,82 
0,83 
0,83 
0,83 
0,84 
0,83 
0,84 
0,84 
0,85 
0,84 
0,84 
0,84 
0,84 
0,84 
ü,85 
0,86 
0,86 
0,86 
0,86 
0,86 
0,86 


34 

28,29 

35 

29,16 

36 

30,03 

37 

30,90 

38 

31,78 

39 

32,66 

40 

33,54 

41 

34,43 

42 

35,33 

43 

36,23 

44 

37,13 

45 

38,04 

46 

38,94 

47 

39,86 

48 

40,78 

49 

41,71 

50 

42,64 

51 

43,58 

52 

44,53 

53 

45,48 

54 

46,44 

55 

47,40 

56 

48,37 

57 

49,35 

58 

50,33 

59 

51,32 

60 

52,31 

61 

53.31 

62 

54,32 

63 

55,33 

64 

56.35 

65 

57,37 

66 

58,40 

67 

59,44 

0,87 
0,87 
0.87 
0'87 
0.88 
0,88 
0,89 
0.90 
0,90 
0,90 
0,91 
0,90 
0,92 
0,92 
0,93 
0,93 
0,94 
0,95 
0,95 
0,96 
0,96 
0,97 
0,98 
0,98 
0,99 
0,99 
1,00 
1,01 
1,01 
1,02 
1,02 
1,03 
1,04 
1.04 


68 
69 
70 
71 
72 
73 
74 
75 
76 
77 
78 
79 
80 
81 
82 
83 
84 
85 
86 
87 
88 
89 
90 
91 
92 
93 
94 
95 
96 
97 
98 
99 
100 


60,48 
61,53 
62,59 
63,66 
64,74 
65,83 
66,92 
68,02 
69,13 
70.26 
71.39 
72,53 
73,68 
74,84 
76,00 
77,18 
78.37 
79,58 
80,80 
82,03 
83,28 
84,54 
85,82 
87,12 
88.44 
89,79 
91,16 
92,56 
93,99 
95.45 
96,95 
98.51 
100.13 


1,05 
1,06 
1,07 
1,08 
1,09 
1,09 
1,10 
1,11 
1,13 
1,13 
1,14 
1,15 
1,16 
1,16 
1,18 
1,19 
1,21 
1,22 
1,23 
1,25 
1,26 
1.28 
1,30 
1,32 
1,35 
1,37 
1,40 
1,43 
1,46 
1.50 
1.56 
1.62 


Die  Tabelle  gibt  für  die  bei  verschiedenen  Temperaturen  abge- 
lesenen scheinbaren  Volumproeente  die  scheinbaren  Gewichtsprocente  au. 
Letztere  müssen  alsdann  mit  Hilfe  der  Tabellen  für  die  Gewichtsalkolo- 
meter  in  die  wahren  Gewichtsprocente  bei  Normaltemperatur  um- 
gewandelt werden,  wobei  jedoch  zu  beachten  ist,  dafs  die  Volumen- 
alkoholometer  Thermometer  nach  Keaumur  haben,  während  die  Tafeln 
für  die  Gewichtsalkoholometer  nach  dem  hunderttheiligen  Thermometer 
angeordnet  worden  sind.  Hat  man  also  die  Temperatur  beim  Volumen- 
alkoholometer  nach  Reaumur  abgelesen,  so  mufs  dieselbe  erst  in  Grade 
Celsius  umgerechnet  werden,  bevor  man  die  Keduction  der  scheinbaren 
Stärke  auf  die  wahre  Stärke  mit  Hilfe  der  Tabellen  für  das  Gewichts- 
alkoholometer vornimmt.  Zu  der  hier  mitgetheilten  Tabelle  ist  noch 
zu  bemerken,  dafs  die  rechts  von  den  Gewichtsproceuten  stehenden 
Zahlen  die  1  Volum|)roeeut  entsprechende  Differenz  in  Gewichtsprocenten 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  469 

anseben  und  dazu  dienen,  um  Bruehtheile  der  Volumprocente  in  Ge- 
wichtsprocente  umzurechnen. 

In  der  Zeitschrift  für  Spirituiindustrie ^  Bd.  12  S.  115,  wird  darauf 
aufmerksam  gemacht,  dafs  neuerdings  Gewichtsalkoholometer  zu  sehr 
billigen  Preisen  angeboten  werden,  deren  Zuverlässigkeit  aber  vielfach 
keine  absolute  ist,  trotzdem  sie  den  Aichungsstempel  tragen,  denn  da 
in  dem  aichamtlichen  Prüfuugsverfahren  die  Richtigkeit  der  Instrumente, 
namentlich  für  die  Alkoholometerscala,  immer  nur  an  einzelnen  wenigen 
Stellen  untersucht  wird,  so  bleibt  in  einem  gewissen  Umfang  die  Zu- 
verlässigkeit der  Instrumente  trotz  der  Aichung  ausschliefslich  von  der 
Sorgfalt  der  auf  die  Herstellung  verwendeten  Arbeit  abhängig. 

Ueber  die  Producte  der  alkoholischen  Gährung^  mit  specieller  Berück- 
sichtigung der  Gli/cerinbildung  haben  V.  Thylmann  und  .4.  Hilger  {Archiv 
für  Hygiene^  Bd.  8  S.  451)  eine  grofse  Reihe  von  Gährversuchen  aus- 
geführt mit  Lösungen  von  verschiedenen  Zuckerarten,  bei  verschiedenen 
Temperaturen,  bei  Luftzutritt  und  Luftabschlufs,  mit  und  ohne  Nähr- 
lösung, bei  verschiedener  Gälirdauer,  ferner  theils  mit  reiner,  normaler 
Bierhefe,  theils  mit  Reinculturen.  Die  Resultate  dieser  Versuche  waren 
folgende:  1)  bei  langsamer  Gährung  und  niederer  Temperatur  ist  die 
Glycerinbildung  vermindert^  2)  bei  Zuckerlösungen,  welche  einen  Zusatz 
von  Nährlösungen  erhalten  haben,  ist  die  Glycerinbildung  meistens  in 
erhöhtem  Mafse  zu  beobachten;  3)  ob  die  Gährung  bei  Zutritt  oder 
Abschlufs  von  Luft  stattfindet,  ist  von  keinem  merklichen  Einflufs  auf 
die  Glycerinbildung-  4)  die  Temperatur  von  340  verlangsamt  die  Gäh- 
rung, zugleich  aber  auch  die  Glycerinbildung.  Das  Optimum  liegt 
zwischen  25  und  300.  ßei  150  geht  die  Gährung  langsam,  aber  sehr 
regelmäfsig  vor  sich;  5)  eine  starke  Concentration  der  Zuckerlösungen 
verlangsamt  die  Gährung,  aber  nicht  die  Glycerinbildung.  Es  ist  daher 
das  Verhältnifs  von  Glyeerin  zu  Alkohol  in  vermehrtem  Mafse  zu  be- 
obachten und  zwar  am  erheblichsten  bei  Luftzutritt. 

Ueber  das  Vorkommen  von  Bakterien  im  normalen  Pflanzengeivebe^ 
welches  Hernheim  beobachtete  (vgl.  1889  272  89),  hat  Buchner  Versuche 
angestellt  {Münchener  medicinische  Wochenschrift^  1888  Nr.  52  S.  906), 
welche  die  Beobachtungen  Bernheim''s  nicht  bestätigen.  Der  Verfasser 
konnte  niemals  Bakterien  auffinden  und  hält,  wenn  solche  im  Inneren 
von  vegetabilischen  Geweben  vorkommen,  dieses  Auftreten  für  eine 
pathologische  Erscheinung.  Der  von  Bernheim  beobachtete  Hof  in  den 
Kulturen  besteht  nach  den  Untersuchungen  des  Verfassers  nicht  aus 
Bakterien,  sondern  aus  fein  vertheiltem  Fette. 

Untersuchungen  über  die  Zuckersloß'e  einiger  Pilzarten  veröflentlicht 
E.  M.  Bourquelot  im  Comptes  rendus^  1889  Bd.  108  S.  568. 

Ueber  den  Einflufs  des  Saccharins  auf  verschiedene  Fermente  hat 
A.  Stift  Versuche  ausgeführt  {Zeitschrift  für  Bübenzuckerindustrie  der 
österreichisch-ungarischen  Monarchie^  1889),  welche  zum  Theil  in  Wider- 


470  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Spruch  mit  denen  vuu  Bruylants  (1889  272  91)  zu  dem  Resultate  führten, 
dafs  durch  Saccharin  sowohl  die  Pepsin-  wie  die  Pankreas-Verdauung 
und  ebenso  auch  die  diastatische  Wirkung  nicht  unerheblich  gehindert 
wird,  demnach  das  Saccharin  nach  Ansicht  des  Verfassers  als  ein  ver- 
dauungsstörender   und  daher  gesundheitsschädlicher  Stoff  anzusehen  ist. 

Entfärbunyspulver  für  dunkelgefärbte,  insbesondere  für  invertirte 
Melasse-  und  Zuckerlösungen,  ferner  für  Fuselöl,  Holzgeist,  Spiritus, 
Essigsäure  u.  s.  \v.  von  A.  Gawalowsktj.  Dasselbe  wird  nach  der  All- 
gemeinen Zeilschrift  für  Spiritus-  und  Prefshefeindustrie^  Bd.  9  S.  453,  ge- 
wonnen durch  auf  einander  folgende  Behandlung  des  sogen.  Salzpulvers 
der  Blutlaugensalzfabriken  mit  Salzsäure  und  Sodalösung-  es  soll  selbst 
die  dunkelst  gefärbten  Melasse-  und  Zuckerlösuugen,  wie  solche  insbe- 
sondere bei  der  Rafßnosebestimmung  nach  der  luvertmethode  resultireu, 
fast  wasserhell  entfärben,  ohne  dafs  hierdurch  die  Drehung  alterirt 
wird.     Preis  für  1^  18  bis  20  Kreuzer  österr.  W. 

Eine  Uebersicht  über  di^  Thätigkeit  des  kaiserl.  Patentamtes  mit  beson- 
derer Berücksichtigung  der  Patentklasse  VI  bringt  die  Zeitschrift  für  Spiritus- 
industrie^  Bd.  12  Ergänzungsheft  S.  108. 

IrisReagenspapier^  bereitet  durch  Tränken  von  Filtrirpapier  mit 
einem  heifs  bereiteten,  wässerigen  Auszuge  von  frischer  Iris  versicolor, 
welches  durch  Säuren  magentaroth,  durch  Alkalien  grün  gefärbt  wird, 
wird  in  der  Zeitschrift  für  Spiritus-  und  Prefshefeindustrie^  Bd.  9  S.  483, 
daselbst  nach  .4»).  Journ.  pharm.  ^  zum  Nachweise  von  Säuren  und 
Alkalien  empfohlen. 

Oxalsäuregährung  an  Stelle  von  Alkoholgährung  bei  einem  typischen.^ 
endosporen  Saccharomyceten  (^Sacch.  Hansenii  n.  sp.)  beobachtete  W.  Zopf 
{Wochenschrift  für  Brauerei.^  Bd.  6  S.  457,  daselbst  nach  Berichten  der 
deutschen  botanischen  Gesellschaft).  Der  Pilz  war  aus  dem  Substrat  von 
Baumwollsaatmehl  isolirt.  Er  vermag  sowohl  Zuckerlösungen  der  Trauben- 
zuckerreihe (Galactose,  Traubenzucker)  als  auch  der  Rohrzuckerreihe 
(Rohrzucker,  Milchzucker,  Maltose)  als  auch  mehrwerthige  Alkohole 
(Dulcit,  Glycerin,  Mannit)  zu  Oxalsäure  zu  oxydiren. 

Die  antiseptischen  Eigenschaften  des  Hydroxylamins  prüfte  G.  Marp- 
mann  ( Wochenschrift  für  Brauerei.^  Bd.  6  S.  482,  daselbst  nach  Pharma- 
ceutische  Centralhalle.^  neue  Folge,  1889  Bd.  10  S.  145).  Die  Untersuchungen 
des  Verfassers  ergeben,  dafs  Hydroxylamin  eines  der  stärksten  Pilzgifte 
ist,  die  bis  jetzt  bekannt  geworden  sind.  In  einer  Verdünnung  von 
1 :  5000  \verden  beispielsweise  Gähruugen  verhindert,  auch  dann,  wenn 
die  Flüssigkeiten  sowohl  reich  an  organischer  Substanz  überhaupt  als 
auch  an  entwickelungsfähigen  Keimen  sind.  Keimfreie  Substanzen  werden 
schon  durch  bedeutend  gi-öfsere  Verdünnung  geschützt.  Nährgelatine 
mit  1:30000  Hydroxylamin  wurde  in  Glasschälchen  4  Stunden  offen 
im  Arbeitszimmer  stehen  gelassen,  dann  mit  einer  Glasplatte  bedeckt 
und  nach  24  Stunden  untersucht.   Während  drei  Schälchen  ohne  Zusatz 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  471 

Ton  Hydroxylamin  je  8  bis  20  Colonien  entwickelt  hatten,  fanden  sich 
auf  sechs  Hydroxylaminschälchen  keine  Entwickelungen.  Morgen. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 

1)  Prüfung  von  Cement. 
Ein  neues  Werk  über  Portland-Cement  y^Etude  pratique  sur  k  ciment 
de  Portland^'-  von  M.  Candlot  bespricht  B.  le  Chatelier  {Bulletin  de  la 
societe  d'encouragement.,  1889  S.  212  bis  229).  Dieses  Werk  befafst  sich 
mit  dem  eingehenden  Studium  der  Methoden,  die  zur  Prüfung  der 
Cemente  Anwendung  finden.  Der  eigentliche  Werth  des  Buches  besteht 
darin,  durch  Ziffern,  die  aus  einer  grofsen  Anzahl  von  "Versuchen  sich 
ergeben  haben,  die  unbestimmten  und  häufig  sich  widersprechenden 
Angaben  der  Fachleute  in  Frankreich  richtiggestellt  und  in  wissen- 
schaftlicher Weise  zum  Ausdruck  gebracht  zu  haben.  Der  Reihe  nach 
werden  folgende  Prüfungsmethoden  der  Cemente  besprochen: 

Die  chemische  Analyse. 

Probe  auf  Feinheit  der  Mahlung. 

Dichtebestimmung. 

Ermittelung  der  Bindezeit. 

Prüfung  der  Zug-  und  Druckfestigkeit. 
Einige  Beispiele,  in   welcher  Weise   Candlot  den   Stoff  behandelt, 
mögen  hier  gegeben  werden: 

1)  Die  chemische  Analyse.  Durch  eine  Zusammenstellung  von  mehr 
als  30  Analysen  von  Portland-Cementen  verschiedener  Länder  findet 
der  Verfasser,  dafs  die  Zusammensetzung  derselben  nur  zwischen  engen 
Grenzen  schwankt.  Berechnet  man  aus  diesen  Analysen  die  Zusammen- 
setzung der  Cemente  in  Aequivalenten,  so  erhält  man  auf  1  Mol.  SiO.^ : 
AI2O3  0,14  bis  0,27,  FejOg  0,03  bis  0,07,  CaO  2,77  bis  8,26  und  MgO 
0,07  bis  0,10  Mol.  —  Die  Analysen  beziehen  sich  auf  möglichst  aschen- 
freie Cemente.  Die  chemische  Analyse  allein  erlaubt  aber  nur  einige 
Cemente  von  besonders  schlechter  Qualität  auszuscheiden,  sie  gestattet 
keinen  Einblick  in  die  physikalischen  Eigenschaften  der  besseren 
Cemente. 

2)  Feinheit  der  Mahlung.  Körner,  die  durch  ein  Sieb  von  900  Maschen 
auf  das  Quadratcentimeter  nicht  hindurchgehen,  betrachtet  Candlot  als 
indifferent  und  dem  Sande  gleichwerthig;  die  feinsten  Cementtheilchen, 
welche  durch  das  Seidensieb  hindurchgehen,  haben  allein  Einflufs  auf 
die  Erhärtung  der  Mörtel  während  der  ersten  Periode  des  Erhärtens. 
Jene  Theilchen,  die  durch  ein  Sieb  von  5000  Maschen  auf  l^^m  hin- 
durchgehen, erhärten  sämmtlich  früher  oder  später  und  tragen  zur  end- 
giltigen  Festigkeit  der  Mörtel  bei,  ebenso  sehr  wie  die  feineren  Theil- 
chen.    Die  Bestimmung  der  Feinheit   der  Mahlung  ist   schon   deshalb 


472  üeber  die   rntersiiclumg  und  das   V^erlialteii  von  Cement. 

nothwendig,  weil  grofse  Körner  als  Cement  bezahlt  werden  und  wie 
Sand  wirken,  noch  wichtiger  erscheint  diese  Probe  aber  unter  einem 
anderen  Gesichtspunkte:  Die  Feinheit  der  Cemente  hat  einen  wesent- 
lichen Einflufs  auf  gewisse  Eigenschaften  derselben,  die  gewöhnlich 
auch  Gegenstand  der  Untersuchung  bilden,  nämlich  die  Dichtigkeit  und 
die  Bindezeit.  Der  Bestimmung  der  letzteren  ohne  Bezug  auf  die  Fein- 
heit der  Mahlung  kann  nicht  viel  Werth  beigelegt  werden, 

3)  Dichtigkeit.  Die  Bestimmung  der  Dichte  wird  deshalb  aus- 
geführt, weil  man  eine  bestimmte  Relation  annimmt  zwischen  der 
Dichte  und  dem  Grade  des  Brandes.  Nach  Versuchen  von  Candlot 
schwankt  der  Werth  für  die  „absolute-  Dichte  zwischen  3,154  und 
3,108;  erstere  Zahl  bezieht  sich  auf  normal  gebrannten  Portland-Cement, 
letztere  auf  schlecht  gebrannten  Cement:  man  könnte  bei  diesen  ge- 
ringen Schwankungen  die  Bestimmung  der  absoluten  Dichte  weglassen 
(vgl.  1885  256  551  und  552).  Die  Bestimmung  der  scheinbaren  Dichte 
wird  allein  heute  noch  ausgeführt;  aber  diese  hängt  nicht  vom  Grade 
des  Brennens,  sondern  von  einer  Keihe  von  anderen  Umständen  ab. 
In  erster  Linie  von  der  Art  des  Aufschichtens;  ein  und  derselbe  Cement 
kann  auf  verschiedene  Weise  aufgeschichtet,  die  Dichten  1,2  bis  2,3 
ergeben.  Einen  wesentlichen  Einflufs  auf  die  Dichte  hat  auch  die  Gröfse 
der  Gefäfse;  so  erhielt  Candlot  folgende  Werthe: 


Gröfse  des  Gefäfses 

DichtP 

0.010' 

1,150 

1 

1,250 

100 

1,450 

Ferner  ist  sie  abhängig  von  der  Feinheit  der  Mahlung.  Die  Dichte 
jener  Portland-Cemente,  die  vollständig  durch  ein  Sieb  von  5000  Maschen 
hindurchgingen,  war  sehr  nahe  an  1,000.  Da  aber  auch  hier  die  Unter- 
schiede zwischen  den  Dichten  gut  und  schlecht  gebrannter  Cemente 
innerhalb  der  Grenzen  unvermeidlicher  Versuchsfehler  lieaen,  ist  der 
Werth  dieser  Bestimmung  vollkommen  illusorisch.  Man  schrieb  früher 
dem  Brande  einen  bedeutenden  Eintlul's  auf  die  scheinbare  Dichte  zu; 
dies  geschah  aber  nur,  weil  man  ungleich  feine  Cemente  mit  einander 
verglich.  Schlecht  gebrannte  Cemente  geben  bei  gleicher  Mahlung  ein 
viel  feineres  Pulver  als  gargebrannte. 

4)  Bindeznt.  Da  die  Anwendung  verschiedener  Nadeln  zur  Be- 
stimmung der  Bindezeit  sehr  abweichende  Resultate  gibt,  so  wird  der 
Gebrauch  der  Nadel  von  300^^  Gewicht  und  l"im  Querschnitt  empfohlen, 
die  von  Vient  vorgeschlagen  wurde,  und  auch  in  Deutschland  in  An- 
wendung kommt  (vgl.  1886  261  345).  Die  Dauer  der  Bindezeit  ver- 
ändert sich  auffallend  mit  der  Temperatur,  wie  folgende  von  Candlot 
ausgeführte  Versuche  ergeben : 

Temperatur  der  Masse     7*' 

1.  Cement      .     .     .     .     4'" 

2.  ^  ....    28' 


15" 

200 

250 

300 

350  C. 

3h 

21118' 

25' 

10' 

augenblicklich 

14' 

10' 

9' 

8' 

., 

Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 


47S 


verzögern ,    während 
Versuche  mit  Chlor- 


20 

40        60 

1211 

8h        6ii 

Candlot 

hat   gezeigt, 

"at    und 

Chlorid    des 

Eine  Veränderung  der  Temperatur  um  230  C.  genügt,  um  die 
Bindezeit  von  4  Stunden  auf  10  Minuten  herabzusetzen.  Die  SehnelHg- 
keit  des  Abbindens  hängt  auch  ab  von  der  Menge  des  zugesetzten 
Wassers.   Aus  der  Tabelle  von  Candlot  ist  folgendes  Beispiel  entnommen: 

Wasser  auf  100  Th.  Cement     24  Th.         28  Th.         32  Th.         34  Th. 

1.  Cement 5'  20'  42'  45' 

2.  „         Ih  lh37'  3h37'  4h 

Mörtel,  die  aus  Cement  und  Saud  bestehen,  binden  immer  lang- 
samer ab  als  reine  Cemente,  da  die  nöthige  Menge  Wasser  bei  ersteren 
gröfser  ist.  —  Candlot  fand,  dafs  alle  Kalksalze  —  das  Sulfat,  Chlorid, 
Nitrat  u.  s.  w.  —  das  Abbinden  der  Cemente 
Kochsalz  auf  die  Bindezeit  keinen  Einflufs  ausübt, 
calciumlösungen  ergaben  z.  B.  folgende  Werthe: 

Gramme  Chlorcalcium  in  1'       0         2        5         10 
Biudezeit 52'      Ih      10h      10h 

Meerwasser  verzögert  sehr  das  Abbinden, 
dafs  diese  Verzögerung  ausschliefslich  dem  Sul 
Calciums  zuzuschreiben  ist,  die  durch  Umsetzung  zwischen  den  Mag- 
nesiumsalzen des  Meerwassers  und  dem  Kalke  der  Cemente  entstanden 
sind.  Welchen  Einflufs  die  atmosphärische  Luft  auf  die  Bindezeit  der 
Cemente  ausübt,  geht  aus  der  folgenden  Versuchsreihe  hervor.  Dei^ 
Cement  wurde  in  Säcken  an  einem  trockenen  Orte  aufbewahrt,  und 
vor  jedem  Versuch  der  Inhalt  derselben  tüchtig  durchgeschüttelt. 
Zeit  der  Lufteinwirkung  in  Monaten    .1  2  3  4 

Bindezeit  auf  Süfswasser     bezogen       .    40'  Ih         4h 25'     11h  50' 

„  „     Meerwasser  „  .    3h        6h  40'    10h  25'     14h  20' 

Der  Gehalt  an  Kohlensäure  und  Wasser  war  nach  4  Monaten  2,45  Proc. 
Candlot  befafst  sich  eingehend  mit  der  Bestimmung  der  Zugfestig- 
keit und  bespricht  nicht  die  Druckfestigkeit,  da  letztere,  obgleich  weit- 
aus zuverlässiger,  weniger  gebräuchlich  ist  (vgl.  die  deutschen  Normen). 
An  ersterer  hat  er  allerlei  auszusetzen;  so  stimmen  die  Angaben  der 
Probekörperchen  untereinander  nicht  überein,  wenn  sie  auch  aus  dem- 
selben Materiale  und  auf  die  gleiche  Art  hergestellt  wurden.  Ein 
anderer,  sehr  bedeutender  Fehler  besteht  darin,  dafs  die  Zugfestigkeit 
nicht  dem  Querschnitt  der  Probekörper  proportional  ist.  Candlot  erhielt 
folgende  Resultate  mit  Probekörperchen  von  16qcm  und  5qcm  Querschnitt: 
Zugfestigkeit  in  Kilogrammen  für  Iqc. 


Quer- 
schnitt 

7  Tage 

28  Tage 

3  Mon. 

6  Mon.     9  Mon. 

1.  Cement 

Mörtel  1:3      ... 

2.  Cement  ..... 
Mörtel  1:2      .     .     . 

(    5qc 

neqc 

\    5qc 
?16qc 

\   5qc 

}  16qc 
S    5qc 
(  16qc 

34,6 

14 

13 

8,1 
32,2 
14,8 
15,9 

8,4 

53,5 

37,9 
16 

9,7 
58,4 
28,7 

18,6 
11,8 

68,9 
47,2 
16,5 
10,5 
64,9 
29,7 
21,8 
12,2 

58 

40,0 

16,2 

10,6 

68,4 

32 

24,4 

14,7 

56,6 

41 

18 

10,5 

72,6 

28,1 

25,4 

16,3 

474  Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Ceraent. 

Die  Zugfestigkeit  scheint  eher  dem  Umfange  als  der  Fläche  pro- 
portional zu  wachsen. 

Aenderung  der  Festigkeit  mit  der  Zeit.  Guter  Cement  nimmt  an 
Festigkeit  zu,  bis  er  nach  einer  bestimmten  Zeit  ein  Maximum  der- 
selben erreicht  hat,  auf  welchem  sich  die  Festigkeit  ohne  merkbare 
Abnahme  erhält.  Andere  Cemente  nehmen  nach  einiger  Zeit  an  Festig- 
keit bedeutend  ab,  so  z.  B.  Bindemittel,  die  zu  viel  Kalk  enthalten 
oder  unvollständig  gebrannt  sind ;  nachdem  sie  die  Festigkeit  der  besten 
Cemente  erreicht  haben,  bekommen  sie  Risse  und  zerfallen  nach  einem 
oder  mehreren  Jahren.  Eine  ähnliche  Erscheinung  zeigen  auch  zu- 
weilen gute  Cemente  unter  gewissen  Umständen.  Reiner  Cement, 
genügend  fein  gemahlen  und  mit  Meerwasser  befeuchtet,  zeigt  ein 
Maximum  der  Festigkeit  zwischen  dem  3.  und  6.  Monat  der  Erhärtung. 
Die  schliefsliche  Festiokeit  ist  etwas  seringer.  Aber  in  diesem  Falle 
ist  die  scheinbare  Anomalie  die  Folge  der  Vorgänge  bei  den  Versuchen  5 
sie  bezeichnet  keine  Verminderung  des  wahren  Zusammenhalts  des 
Cementes,  denn  man  findet  sie  nicht  wieder  in  den  daraus  hergestellten 
Mörteln.  Diese  scheinbare  Verminderung  der  Festigkeit  ist  nur  bei 
Probekörpern  zu  beobachten,  die  im  Bruche  sich  dem  Glase  ähnlich 
verhalten,  die  nicht  am  kleinsten  Querschnitt,  sondern  an  verschiedeneu 
anderen  Stellen  brechen,  bei  denen  der  Bruch  häutig  von  der  AngrifFs- 
stelle  der  Eisenzaugen  seinen  Ausgang  nimmt  (vgl.  W.  Michaelis  .^^Zur 
Beurtheilung  des  Cementes'-'  BerHn  1876).  Die  Zahlen  für  die  Zugfestig- 
keit schwanken  in  solchen  Fällen  sehr  bedeutend,  eine  Probe  ergibt 
oft  den  doppelten  Werth  der  anderen.  —  Aus  den  Tabellen  des  Herrn 
Candlot  ist  auch  zu  ersehen,  dafs  die  Erhärtung  der  Cemente  nach 
8  bis  50  Tagen  ein  nur  sehr  unvollständiges  Bild  gil)t  von  der  Festig- 
keit der  Cemente  nach  1  bis  2  Jahren. 

Die  Menge  Anmachwasser  wird  besprochen,  ebenso  die  Beschaffenheit 
des  letzteren.  Das  Meerwasser  gibt  andere  Festigkeiten  als  Süfswasser; 
aus  seinen  Tabellen  konnte  der  Verfasser  aber  keine  bestimmte  Regel 
ableiten.  Die  Unterschiede  schwanken  mit  der  Natur  der  Cemente, 
der  Menge  des  Anmachwassers,  des  zugesetzten  Sandes  u.  s.  w.  Die 
Abweichungen  sind  aber  nie  sehr  bedeutend. 

Die  Temperatur  hat  nicht  nur  Einflufs  auf  die  Bindezeit,  sondern 
auch  auf  die  Widerstandsfähigkeit  der  Cemente,  die  mit  zunehmender 
Temperatur  etwas  abzunehmen  scheint.  Aber  die  Versuche  sind  hier 
nicht  sehr  beweiskräftig:  Candlot  scheint  nur  sehr  kalkreiche  Cemente 
untersucht  zu  haben,  auf  die  allerdings  der  Einflufs  der  Temj)eratur 
unbestreitbar  ist;  ihre  Zugfestigkeit  nimmt  in  hohem  Mafse  ab  mit  der 
Steigerung  der  Temperatur.  Hier  wären  noch  weitere  Versuche  wün- 
schenswerth. 

Candlot  fand,  dafs  Mörtel,  die  mit  Meerwasser  angemacht  und  dann  der 
Luft  ausgesetzt  wurden,  fester  wurden,  als  wenn  sie  im  Wasser  verblieben: 


üeber  die  Untersuchung  und  das  Vei-halten  von  Cement. 


475 


3  Monate         6  Monate        9  Monate 
Wasser    ....       15,6  20,7  19,5 

Luft 29,5  36  42 

Bei  Süfswasser  waren  die  Resultate  zweifelhaft.  Man  hat  hier 
den  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  zu  berücksichtigen  (vgl.  die  Versuche 
von  Dyckerhoff  weiter  unten).  Bei  Meerwasser  scheint  der  Gehalt  an 
hygroskopischen  Salzen  die  Erhärtung  zu  begünstigen. 

Poröse  Oberflächen  verursachen  eine  schnellere  Erhärtung  als 
solche,  die  kein  Wasser  aufzunehmen  vermögen.  Dafs  die  Natur  des 
Sandes,  die  Quantität  desselben,  die  Menge  des  Anmachwassers  die 
Festigkeit  beeinflussen,  ist  bekannt.  Alle  bisher  besprochenen  Umstände 
von  Einflufs  auf  die  Festigkeit  sind  von  der  Natur  der  Cemente  un- 
abhängig; sie  verändern  die  Resultate  der  Festigkeitsprüfung  und  würden 
Fehler  hervoi-rufen,  wenn  man  sie  nicht  berücksichtigen  würde.  Die 
wichtigsten  Eigenschaften  der  Cemente  selbst,  welche  die  Art  ihrer 
Erhärtung  bedingen,  sind  die  Zusammensetzung,  der  Grad  des  Brandes, 
des  Alters  und  die  Feinheit  der  Mahlung. 

Abweichungen  in  der  Zusammensetzung  haben  zwei  ganz  entgegen- 
gesetzte Wirkungen,  je  nachdem  der  Kalk-  oder  der  Thongehalt  vor- 
herrscht. Ein  Ueberschufs  an  Kalk  gibt  Cemente,  die  schnell  erhärten, 
aber  bald  rissig  werden  und  zerfallen;  ein  Ueberschufs  an  Thon  be- 
wirkt, dafs  der  Cement  während  des  Erkaltens  zu  Staub  zerfällt,  lang- 
sam bindet,  aber  seine  Festigkeit  beibehält. 


I  7  Tage    28  Tage    3  Mon.     6  Mon.     9  Mon 


38 
49 
25 


49 
41 
35 


56 


58 


35 


38 


Normaler  Cement 21 

Cement  mit  viel  Kalk    ....     I      37 
Schwerer  kieselreicher  Staub      .    H      18 

Cemente,  die  nicht  genügend  gebrannt  sind,  verhalten  sich  wie 
solche  mit  einem  Ueberschufs  an  Kalk. 

Die  sicherste  Schlufsfolgerung,  die  man  aus  den  Experimenten 
Candlot's  ziehen  kann,  ist  die,  dafs  die  Proben  auf  Zugfestigkeit  kein 
Bild  von  der  wahren  Widerstandsfähigkeit  der  Cemente  geben.  Die 
Zugfestigkeit  hängt  in  der  That  aufser  von  der  Qualität  der  Cemente 
auch  noch  von  einer  grofsen  Anzahl  äufserer  Umstände  ab.  So  ändert 
sich  der  Widerstand  auf  l^cm  mit  dem  Querschnitte;  er  ist  von  der 
Temperatur,  der  Menge  und  Beschaffenheit  des  Anmachwassers  ab- 
hängig; endlich  wird  der  Cement  meist  nicht  auf  Zug-,  sondern  ge- 
wöhnlich auf  Druckfestigkeit  beansprucht. 

Die  Proben  mit  heifsem  Wasser  verwirft  Candlot  vollständig,  ohne 
für  seine  Anschauung  die  genügende  Anzahl  von  Beweisen  zu  bringen. 
Le  ChateUer  rügt  diesen  Mangel,  indem  Versuche  mit  heifsem  Wasser 
doch  gewisse  Vortheile  bieten :  heifses  Wasser  beschleunigt  die  Hydra- 
tisation  der  Cemente  und  läfst  einen  Ueberschufs  an  Kalk  und  andere 
Mängel  eher  erkennen,  als  die  Versuche  mit  kaltem  Wasser. 


476  Uebcr  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 

Nachdem  Candlot  in  höchst  genauer  Weise  alle  Umstände  studirt 
hat,  die  auf  die  Untersuchung  der  Cemente  von  Einflufs  sein  können, 
trachtet  er  eine  Methode  anzugeben,  diese  Proben  möglichst  fehlerfrei 
auszuführen.  In  der  That,  eine  Schlufsfolgerung,  die  man  aus  der 
Arbeit  des  Verfassers  ziehen  kann,  ist  die,  dafs  die  Proben,  man  möge 
sie  mit  der  peinlichsten  Genauigkeit  ausführen,  nur  sehr  wenig  von 
den  wahren  Eigenschaften  der  Cemente  erkennen  lassen.  Man  wird 
mit  ihrer  Hilfe  in  bestimmten  Fällen  mit  Sicherheit  sagen  können,  dafs 
ein  Cement  schlecht,  aber  niemals,  dafs  er  wirklich  gut  ist,  was  zu 
wissen  viel  interessanter  wäre.  Zum  Schlüsse  des  Referates  wird 
hervorgehoben,  welche  Eigenschaften  der  Cemente  für  die  Praxis  zu 
bestimmen  wünschenswerth  wäre. 

Die  Arbeit  von  Candlot  ist  jedenfalls  als  recht  werthvoU  der  Auf- 
merksamkeit der  Fachmänner  zu  empfehlen.  Die  wenigen  hier  wieder- 
gesehenen Zahlenangaben  sind  aus  Tabellen  des  Werkes  entnommen, 
das  viele  Hunderte  derselben  enthält,  und  diese  selbst  wieder  sind  aus 
Verzeichnissen  von  Versuchen  ausgezogen,  die  Tausende  derselben 
enthalten.  Die  so  bestimmten  Zahlen  verdienen  ein  ganz  besonderes 
Vertrauen.  —  Aufserdem  enthält  das  Werk  CandloCs  noch  sehr  nützliche 
Anweisungen  über  den  Gebrauch  der  Portland-Cemente  im  Allgemeinen, 
über  den  rasch  bindenden  Portland-Cement  und  über  die  Anwendung 
von  Chlorcalcium,  um  die  Eigenschaften  desselben  zu  verändern. 

Die  Normen  für  die  einheitliche  Lieferung  und  Prüfung  von  Portland- 
Cement  (vgl.  1886  2ßl  344)  sind  nach  Erlafs  vom  28.  Juli  1887  des 
Ministers  für  öffentliche  Arbeiten  von  den  ihm  unterstehenden  Behörden 
in  Zukunft  den  Lieferungen  von  Cement  zu  Grunde  zu  legen.  An  dem 
Entwürfe  wurden  vorher  wenige  kleine  Abänderungen  vorgenommen. 
Statt  „Definition''  ist  „Begriflserklärung"'  gewählt.  Die  Begründung 
zu  I  ist  geändert  worden;  sie  heifst  jetzt: 

„Im  Interesse  der  Verkäufer  und  des  sicheren  Geschäftes  ist  die  Durcli- 
führung  eines  einheitliclicn  Gewichtes  dringend  geboten.  Hierzu  ist  das  weit- 
aus gebräuclilichste  und  im  Weltverkehr  fast  ausschliefslich  geltende  Gev?icht 
von  180k  Brutto  =  etwa  400  Pfd.  englisch  gewählt  worden." 

Der  zweite  Absatz  fällt  weg.  In  den  Erläuterungen  zu  II  ist  das 
Wort  „Consistenz'''  durch  „Dickflüssigkeit"  ersetzt  worden.  Im  2.  Ab- 
satz heifst  es: 

„Für  genaue  Ermittelung  der  Bindezeit  und  zur  Feststellung  des  Beginnes 
des  Abbindens,  welche  (da  der  Cement  vor  dem  Beginne  des  Abbindens  ver- 
arbeitet werden  mufs)  bei  rasch  bindenden  Cementen  von  Wiclitigkeit  ist, 
bedient  man  sich  einer  Normaiuadel  von  SÜUp  Gewicht,  welche  einen  cylin- 
drischen  (?  D.  Ref.)  Querscluiitt  von  Iqmni  Fläche  hat  und  senkrecht  zur 
Achse  abgeschnitten  ist." 

Eine  der  wichtigsten   Aenderungen    betrifft    den    Absatz   über  die 
Volumenbeständigkeit.     Derselbe  lautet  jetzt: 
„Portland-Cement  ioll  volumenheständig  sein.^' 
Die  Worte:    „Als  vorläufige,  eine  rasche  Beurtheilung  gestattende 


Kleinere  Mittheilungen.  477 

Probe  wird  die  Darrprobe  empfohlen'-  sind  gestrichen  worden,  ebenso 
die  Erläuterungen  zu  III,  worin  die  Durchführung  der  Darrprobe  aus- 
einandergesetzt ist,  und  desgleichen  ist  im  ersten  Absatz  der  Erläute- 
rungen hinter  den  Eingangsworten  „Zur  Ausführung  der"  das  Wort 
„entscheidenden"  gestrichen  worden.  Der  Antrag  auf  Fortfall  der  Darr- 
probe wurde  vom  Vorstande  des  Vereins  deutscher  Cementfabrikanten 
selbst  beantragt,  und  zwar  weil  sie  in  zwei  Richtungen  zu  schweren 
Irrthümern  Veranlassung  geben  kann.  Sie  kann  einen  Cement  als  nicht 
\  olumenbeständig  darstellen,  der  in  der  That  volumenbeständig  ist,  und 
kann  einen  Cement  als  volumenbestäudig  darstellen,  der  es  nicht  ist. 

In  der  Begründung  zu  Nr.  V:  „Festigkeitsproben"  sind  die  Worte 
am  Schlüsse  des  3.  Satzes:  „Die  Zugsprobe  soll  nur  als  Controlprobe 
für  die  Gleichmäfsigkeit  der  gelieferten  Waare  gelten"  gestrichen  worden. 

Der  Vorstand  des  Vereins  deutscher  Cementfabrikanten  macht  in 
einem  Rundschreiben  noch  besonders  darauf  aufmerksam,  dafs  die 
Normen,  wie  schon  ihre  Ueberschrift  ergibt,  nur  zum  Vergleiche  ver- 
schiedener Portland-Ceviente  unter  einander,  nicht  aber  zur  Werthver- 
gleichung  mit  anderen  hydraulischen  Bindemitteln  benutzt  werden  können. 
Durch  alleinige  Prüfung  auf  Bindekraft  zu  Sand,  wie  sie  die  Normen  zur 
Prüfung  von  Portland-Cement  vorschreiben,  kommen  nicht  alle  Eigen- 
schaften eines  hydraulischen  Bindemittels  zum  Ausdrucke.  Dieselben 
zeigen  in  Bezug  auf  Volumenbeständigkeit,  Festigkeit  mit  anderen  Sand- 
zusätzen und  bei  anderen  Erhärtungsweisen,  wie  die  in  den  Normen 
vorgeschriebenen,  ferner  in  Bezug  auf  Wasserundurchlässigkeit,  ihre 
Widerstandskraft  gegen  Witterungseinflüsse  u.  s.  w.  ein  sehr  verschie- 
denes Verhalten.  Sie  müssen  daher  auch  in  dieser  Richtung  geprüft 
werden.  (Fortsetzung  folgt.) 


Die  Prüfung  des  Schweifseiseiis  der  Kettenbrücke  in  Kiew 

bildete  den  Gegenstand  einer  Mittheilung,  welche  der  Brückenbau-Ingenieur 
Professor  Belelvbski  in  einer  Sitzung  der  Kaiserlich  Russischen  Technischen 
(Gesellschaft  vorgetragen  hat.  Die  in  Rede  stehenden  Prüfungen  sind  im  me- 
chanischen Laboratorium  des  Petersbui-ger  Instituts  der  Verkehrsingenieure 
ausgeführt  und  liefern  einen  werthvollen  Beitrag  zur  Beantwortung  der  Frage, 
ob  das  Eisen  der  Brücken  nach  langjähriger  Beanspruchung  einer  Aenderung 
seiner  mechanischen  Eigenschaften  aiisgesetzt  ist  oder  nicht.  Der  Frage  konnte 
nähergetreten  werden,  da  sich  im  Magazin  der  Kiewer  Kettenbrücke  einige 
Kettenglieder  befanden,  die  bei  der  Herstellung  des  Bauwerkes  übrig  geblieben 
waren.  Die  Prüfungen  fanden  an  zwei  Gruppen  von  Probestücken  statt,  von 
denen  die  einen  aus  einem  der  Brücke  entnommenen  Kettengliede,  die  anderen 
aus  einem  der  im  Magazin  vorhandenen  Vorrathsglieder,  und  zwar  unter  Be- 
nutzung einander  entsprechenderstellen  der  Stäbe,  hergestellt  waren.  Die 
mittels  einer  W^erder'schen  Maschine  ausgeführten  Versuche  haben  ergeben,  dafs: 
1)  das  vor  mehr  als  vierzig  .Jahren  zubereitete  Eisen  vollständig  den  Be- 
dingungen entspricht,  welche  gegenwärtig  an  das  Brückeneisen  gestellt  werden  5 
2)  dafs  nennenswerthe  Aenderungen  der  mechanischen  Eigenschaften  des 
Eisens  durch  dessen  vierzigjährige  Beanspruchung  nicht  hervorgerufen  worden 
sind.     Das  letztere  Ergebnifs  deckt  sich  mit  den  Schlufsfolgerungen  über  die 


478 


Kleinere  Mittheilungen. 


Beständigkeit  der  Eigenschaften  des  Eisens,  zu  welchen  Professor  Baufchinger 
in  München  auf  Grund  seiner  Untersuchungen  des  Eisens  aus  alten  Brücken 
und  bei  Prüfungen  mit  wiederholten  Beanspruchungen  gelangt  ist. 

Die  Länge  derjenigen  Probestücke  der  Kiewer  Brücke,  bei  welchen  die 
Beanspruchung  parallel  zur  AValzriehtung  erfolgte,  betrug  SOOcnni.  Das  aus 
einem  der  Kettenglieder  der  Brücke  entnommene  Eisen  zeigte  eine  Zugfestig- 
keit von  rund  3J:1<,5  auf  l'imm,  eine  relative  Ausdehnung  von  rund  14  Proc, 
eine  Zusammenziehung  des  Querschnittes  von  rund  17.4  Proc;  das  aus  einem 
der  Vorrathsglieder  entnommene  Eisen  dagegen  zeigte  eine  Zugfestigkeit  von 
rund  35k  auf  Iqmm  ^  eine  relative  Ausdehnung  von  rund  13,4  Proc.  und  eine 
Zusamraenziehung  des  Querschnittes  von  rund  18,8  Proc.  (Nach  Centralblatt 
der  Baurerwaltung  vom  24.  August  1889.) 

Schwungrad  mit  aus  Draht  gewickeltem  Schwungringe. 

Die  sich  stets  wiederholenden  und  namentlich  im  Walzvverksbetriebe  (vgl. 
1887  265*65)  vorkommenden  Schwuiigradexplosionen  haben  wiederholt  die 
Frage  angeregt,  ob  das  bisher  zu  den  Schwungrädern  benutzte  Material  nicht 
durch  ein  widerstandsfähigeres  zu  ersetzen  sei.  Aus  diesem  Bestreben  gingen 
die  Constructionen  aus  Schmiedeeisen  hervor,  in  denen  entweder  das  ganze 
Schwungrad  aus  Schmiedeeisen  hergestellt  wurde  oder  aber  es  wurde  wenig- 
stens der  Schwungring  aus  Schmiedeeisen  hergestellt.  Im  ersteren  Falle 
wurden  die  Speichen  durch  zwei  geschlossene,  llach  kegelförmige  Wände  von 
Kesselblech  ersetzt,  deren  radiale  Verbindungsstellen  durch  Laschen  vernietet 
wurden,  welche  zugleich  zum  Abstützen  dienten.  Der  Schwungring  besteht 
aus  Flacheisen,  welche  in  einfacher  Weise  und  mit  versetzten  Stöfsen  ent- 
weder hochkantig  oder  llach  gebogen,  zum  Ringe  zusammengebaut  werden. 
Im  anderen  Falle  beschränkte  man  sich  darauf,  nur  den  Ring  aus  Schmiede- 
eisen herzustellen  oder  aber  den  Gufseisen-Schwungring  durch  warm  umgelegte 
schmiedeeiserne  Ringe  zu  verstärken;  wobei  in  Folge  des  Schwindens  des 
Ringes  ein  für  das  feste  Gefüge  des  Schwungringes  vortheilhaftes  Zwängen 
entsteht.  Nicht  selten  wählte  man  zu  diesem  Verstärkungsringe  ein  breites 
Flacheisen,  um  dasselbe  zugleich  als  Riemscheibe  benutzen  zu  können. 

Neuerdings  hat  sich  R.  Manneimann  eine  Schwungradoinrichtung  patentiren 
lassen  (D.  R.  P.  Nr.  47209  vom  12.  August  1888),  bei  welcher  der  Schwungring 
aus  straff  gewickeltem  Drahte  besteht  und  welche  stab-  oder  ringförmige 
Speichenstützen  aufweist.  Die  Absicht  des  Ertinders  ist,  alle  auf  Ueberwin- 
dung  von  Zugkräften  berechneten  Verbindungen  des  Schwungringes  mit  den 
zwischen  dem  Schwungringe  und  der  Nabe  befindlichen  Gliedern  des  Schwung- 
rades zu  vermeiden.     Demgemäfs  wird  Draht  um  eine  Nahe,   mit   oder   ohne 


Einschaltung  loser,  lediglich  Druckkräften  Widerstand  leistender  Zwischen- 
glieder mit  einer  so  hohen  Spannkraft  aufgewickelt,  dafs  bei  der  für  das 
Schwungrad  bestimmten  Umfangsgeschwindigkeit"  die  beim  Aufwickeln  dem 
Drahte  ertheilte  Zugspannung  einschliefslich  der  durch  die  Fliehkraft  in  der 
Bewickelung  erzeugten  Zugspannung  noch  eben  unter  der  zulässigen  höchsten 


lüeinere  Mittheilungen.  479. 

Beanspruchung  des  Drahtes  bleibt.  Die  Zwischenglieder  brauchen  demnach 
nur  die  durch  die  Wickelung  erzeugten  Druckspannungen  auszuhalten  und 
kann  deshalb  die  Umfangsgeschwindigkeit  gegenüber  der  gebräuchlichen  um 
das  Doppelte  erhöht  werden,  ohne  dal's  Explosionen  zu  befürchten  wären. 
Das  Schwungrad  besteht  nach  der  Textfigur  aus  der  Gufseisennabe  a,  den 
daran  geschraubten  zwei  seitlichen  Blechscheiben  6  und  den  Stützen  r,  welche 
mit  b  verschraubt  sind.  Der  Draht  wird  so  über  die  Stützen  gewickelt,  dal's 
er  sich  gleichmäfsig  zwischen  die  Scheiben  b  legt.  Der  Stahldraht  hat  am 
besten  einen  Durchmesser  von  4mm  und  wird  auf  das  Schwungrad  gewickelt, 
während  die  fertig  aufgestellte  Maschine  dieses  langsam  dreht. 

Zum  Anspannen  des  Drahtes  dient  ein  Richtwalzwerk,  durch  welches 
derselbe  über  drei  untere  Rollen  streicht,  auf  welche  er  durch  zwei  obere, 
anstellbai-e  Rollen  aufgedrückt  wird.  Zur  genauen  Regelung  der  Spannung 
ist  zwischen  dem  Rieht  walz  werke  und  dem  Schwungrade  ein  Gewicht  an- 
gebracht, welches  mit  einer  Rolle  auf  dem  Drahte  gleitet.  Zur  Führung  des 
Drahtes  behufs  richtiger  Aufwickelung  dient  ein  nahe  vor  der  Aufwickelungs- 
stelle angebrachtes  Führungsauge.  Es  bedarf  wohl  nicht  der  Erwähnung, 
dafs  es  nicht  genügt,  das  Schwungrad  lediglich  gegen  die  Einwirkung  der 
Fliehkraft  zu  sichern.  Mit  besonderer  Sorgfalt  wird  man  auch  darauf  zu 
achten  haben,  dafs  die  Construction  bei  Störungen  in  der  Bewegungsrichtung, 
wie  es  bei  Walzwerken  gar  häutig  vorkommt,  hinreichend  fest  ist.  Dieser 
Bedingung  kann  durch  die  Wahl  der  Blechstärke  b  in  jedem  Falle  genügt 
werden. 

Verllütmig  des  Abblätterns  von  Oelfarbenanstrieli  auf  Cementverputz. 

Dem  bekannten  Uebelstand  des  Abblätterns  von  Oelfarbenanstrich  von 
Cementvei-putz  wird  bekanntlich  durch  sogen.  Tödten  des  freien  Aetzkalkes 
begegnet.  Bisher  wurde  für  diesen  Zweck  Eisenvitriol  verwendet;  viel  besser 
kommt  man  nach  Dr.  Sels  zum  Ziele,  wenn  man  statt  Eisenvitriol  freie  Leinöl- 
fettsäure anwendet.  Der  frische  Cementverputz  ist  mehrmals  mit  Wasser  gut 
abzuspritzen,  um  das  Alkali  zu  entfernen,  die  Fläche  zweimal  mit  Leinöl- 
fettsäure zu  tränken,  worauf  man  nach  dem  Trocknen  die  Leinölfarbe  streichen 
kann  (^Chemiker- Zeitung.  1889).  Zg. 

Neues  optisches  Glas. 

üeber  ein  neues  optisches  Glas,  das  in  Schweden  seit  Kurzem  hergestellt 
werden  soll ,  haben  schon  mehrfach  kleinere  Notizen  die  technische  Literatur 
durchlaufen.  Nach  einer  Notiz  im  Diamant.^  1889  S.  347,  ist  das  neue  Glas 
absolut  durchsichtig,  sehr  hart  und  nimmt  eine  vorzügliche  Politur  an.  Es 
wird  dies  durch  geringe  Zusätze  von  Phosphor  und  Bor  erreicht,  von  Stoffen, 
welche  bisher  niemals  in  der  Glasfabrikation  Verwendung  fanden.  (Diese 
Angabe  ist  wohl  auf  einen  Irrthum  zurückzuführen,  indem  Bor  oder  Phosphor, 
als  solche  dem  Glassatze  zugesetzt,  sich  entweder  vertlüchtigen  oder  Färbungen 
hervorrufen  würden :  es  soll  wohl  heifsen  Borsäure  und  Phosphorsäure.  Körper, 
mit  denen  Schott  auch  gute  Erfolge    erzielt    hat.    Vgl.  1889  273  129.     D.  Ref.) 

Die  werthvollste  Eigenschaft  der  neuen  Glasmasse  soll  darin  liegen,  dafs 
sich  daraus  mit  Leichtigkeit  vollkommen  achromatische,  d.  h.  keine  störenden 
Farbenränder  zeigende  Linsen  herstellen  lassen.  Die  bisher  gebrauchten  . 
Mikroskoplinsen  gestatten  das  Erkennen  von  i/jgQQQmm^  die  neuen  Linsen  sollen 
^/SSOOOOO™"^  noch  erkennen  lassen,  also  mehr  als  SOOmal  so  leistungsfähig  sein 
als  die  bisher  gebräuchlichen  Gläser  (!).  Dafs  der  Besitz  eines  solchen  Glases 
allerdings  bedeutende  Umwälzungen  hervorrufen  würde  in  jenen  Wissen- 
schaften, deren  Entwickelung  auf  die  Brauchbarkeit  optischer  Instrumente 
angewiesen  ist,  liegt  klar  auf  der  Hand:  vorläufig  müssen  wir  die  Nachricht 
etwas  vorsichtig  aufnehmen.  Zg. 

Tafelgeschirre  ans  Metallschlacken. 

Gegenwärtig  sollen  in  grofsem  Mafsstabe  in  dem  Staate  Colorado  der 
Vereinigten  Staaten  Amerikas  Tafelgeschirre  aus  Metalischlacken  erzeugt  werden. 
In  den  Gold-,  Silber-  und  Kupfer-Schmelzhütten,  welche  die  Stadt  Argo  um- 
geben, wird  jährlich  eine  kolossale  Menge  von  Metallschlacken  erzeugt.    Nach 


4bU  BucllLT-AuZClgtJJl. 

langem,  vergeblichem  Sinnen,  diese  Abfälle  zu  verwertlien .  hat  man  neuer- 
dings angelangen,  diese  Sclilacken  nochmals  einzusclmielzen,  um  alle  mög- 
liclien  Tafelgeschirre  und  Ziergefiifse  daraus  herzustellen.  Trinkgefäfse, 
Schüsseln,  Teller,  Schalen,  Vasen,  Krüge  u.  s.  w.  aus  diesem  Materiale  bilden 
gegenwärtig  einen  beliebten  Luxusartikel  in  den  Vereinigten  Staaten. 

Da  die  geschmolzonen  Schlacken  sich  sehr  llüssig  erweisen,  so  lassen  sich 
die  zartesten  Formen  daraus  giefsen.  Die  hergestellten  Gegenstände  nehmen 
sich  ganz  reizend  aus,  und  die  wellenförmigen,  in  herrlichen  Farben  schillern- 
den Flammen  und  Linien,  welche  das  Material  durchziehen,  geben  demselben 
eine  Aulsentläche  von  opalartigem  oder  onj'xälmlichem  Aussehen.  Dazu 
kommt  noch,  dafs  die  Geschirre  aus  dem  metallischen  Glase  grofse  Wider- 
standsfähigkeit gegen  Zerbrechen  zeigen,  welche  nach  Scientific  American  sogar 
der  des  Gufseisens  nahe  kommen  soll. 

Die  Schlacke  soll  zunächst  bei  intensiver  Hitze  geschmolzen  und  dann 
in  Wasser  abgelassen  werden.  Nach  dem  Abkühlen  wird  die  Schlacke  mit 
einem  sauren  Zuschlag  versehen,  nochmals  eingeschmolzen  und  gegossen. 
Die  als  färbende  Zusätze  verwendeten  Metalloxyde  sind  Geheimnifs  der 
Fabriken.  Jedenfalls  verdient  die  neue  Industrie  auch  bei  uns  volle  Beachtung 
{Bayerisches  Industrie-  inid  Gewtrheblatl).  Zy. 

Darstellung  von  Cement  unter  Benutzung  von  Alkallsalzen. 

Ein  verbessertes  Verfahren  der  Fabrikation  von  Cement  unter  Anwendung 
von  Alkalisalzen  liefsen  sich  A.  Brandreth  und  0.  Tropp  in  Wien  patentiren. 
Die  Schlacke,  wie  man  sie  bei  der  Roheisenerzeugung  erhält,  Kalkstein, 
Dolomit  oder  Kreide,  und,  wenn  die  Schlacke  arm  an  Thonerde  ist,  auch 
noch  Bantit  oder  ein  demselben  gleich  zusammengesetztes  künstliches  Ge- 
menge, werden  fein  gepulvert  und  gemischt,  so  dafs  das  Gemenge 

60  bis  GS  Proc.     CaO 

22    „    26       „        SiO., 
6     „     10        „  Al.^Ög 

enthält;  die  Mischungsverhältnisse  werden  aus  der  chemischen  Anal3'se  be- 
rechnet. Dieses  Gemenge  wird  mit  der  wässerigen  Lösung  eines  Alkalisalzes, 
z.B.  Chlorkalium,  Steinsalz,  Salpeter,  Soda  u.  s.  w.  gemengt,  zu  Klumpen 
oder  Ziegeln  geformt,  welche  getrocknet,  gebrannt,  zerkleinert  werden,  und 
zwar  in  derselben  Weise,  wie  dies  gewöhnlich  bei  der  Fabrikation  von  Port- 
land-Cement  gebräuchlich,  bis  derselbe  zum  Gebrauch  fertig  ist.  Die  Menge 
des  zugesetzten  Alkalisalzes  beträgt  0,3  bis  1  Proc.  des  Ilohraateriales  (Oester- 
reichisch-Ungarisches  Patent  vom  27.  Januar  1889).  Zq. 


Bücher-Anzeigen. 

Tecliniscli-cliemische  Rechenaufgaben  von  Kalwann  und  Morawski.  Wien 
A.  Holder.     44  S. 

Die  Verfasser  haben  ihre  Aufgaben  dem  Gebiete  der  chemischen  Tech- 
nologie entnommen,  um  dem  Unterrichte  in  demselben  mehr  Anreguno-  zu 
geben.  Die  ersten  7  Abschnitte  behandeln  Theile  aus  der  anorganischen 
Chemie:  1)  Verlirenuung,  2)  Schwefel  und  Salpetersäure,  3)  Kochsalz,  Sulfat, 
Salzsäure,  Soda,  Natron,  Chlor,  4)  Kalisalze,  Brom,  Jod,  Ammoniak,  5)  Kalk, 
Cement,  Glas,  Keramik,  6)  Eisen,  7)  Beizmittei.  Die  folgenden  Abschnitte 
sind  8)  der  Stärke-  und  Zuckerfabrikatiou,  ü)  Bierbrauerei,  10)  Spiritus-,  Li- 
queur-  und  Essigi'abrikation,  11)  Fettindustrie,  12)  der  Düngerfabrikatioii  ge- 
widmet. Die  Aufgaben  sollen  den  Sinn  für  die  Praxis  wecken  und  als 
Wiederholung  der  betreffenden  Theile  der  Technologie  dienen.  Wenngleich 
die  Sammlung  zunächst  nur  für  Gewerbeschulen  (technische  Mittelschulen) 
bestimmt  ist,  so  wird  sie  doch  auch  anderen  Kreisen  willkommen  sein. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Neue  Prefsluftanlagen.  481 

Neue  Prefsluftanlagen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  26  und  27. 

Die  Einrichtung  der  Prefsluftanlagen  in  Paris,  Leeds,  Birmingham 
u.  s.  w,  (vgl.  1889  272  *  108)  und  deren  erfolgreicher  Betrieb  haben 
veranlafst,  dafs  die  Technik  sich  der  Ausbildung  der  Kraftleitungen  mit 
besonderer  Sorgfalt  hingibt,  um  sowohl  die  Verwendung  der  in  den 
Leitungen  fortgeführten  Prefsluft  zu  erweitern,  als  auch  die  Einzelein- 
richtungen für  die  Anlagen  einfacher  zu  gestalten. 

Der  Constructeur  der  Pariser  Prefsluftanlage,  Victor  Popp  in  Paris, 
bringt  eine  neue  Art  der  Verwendung  verdichteter  Luft  zur  Bethätigung 
von  Dynamomaschinen  behufs  Erzeugung  elektrischen  Lichtes  in  Vorschlag 
.(-"■D.  R.  P.  Kl.  46  Nr.  47  546  vom  25.  December  1887).  Eine  solche  An- 
lage hat  naturgemäfs  nur  dort  Zweck  und  Aussicht  auf  praktische  Ver- 
wendbarkeit, wo  —  wie  dies  eigenthiimlicher  Weise  in  Paris  der  Fall 
ist  —  die  Erzeugung  elektrischer  Ströme  an  Centralstellen  und  deren 
Fortleitung  an  die  Gebrauchsorte  nicht  eine  so  vorzügliche  und  grofsartige 
Ausdehnung  gefunden  hat  wie  in  Deutschland. 

Die  in  folgendem  zu  beschreibende  Anlage  soll  in  Paris  vielfache 
Verwendung  bereits  erfahren  haben  und  mit  bestem  Erfolge  seit  Jahres- 
frist in  Thätigkeit  sein. 

Handelt  es  sich  um  die  Herstellung  von  elektrischem  Lichte,  so 
mufs  der  Arbeitsdruck  auf  den  Kolben  des  Cjlinders  der  Betriebs- 
maschine und  die  Kraft  zur  Erzeugung  dieses  Druckes  im  Verhältnisse 
stehen  zu  der  Elektricitätsmenge,  welche  durch  eine  bestimmte  Anzahl 
im  Betriebe  befindlicher  elektrischer  Lampen  verbraucht  wird.  Aus 
diesem  Verbrauche  bestimmt  sich  dann  die  auf  eine  Dynamomaschine 
zu  übertragende  Kraft.  Nöthig  ist  es  also,  in  jedem  Augenblicke  selbs- 
thätig  den  betreffenden  Schwankungen  Rechnung  zu  tragen,  damit  nicht 
die  Lampen  beschädigt  oder  mehr  Kraft  verbraucht  wird  als  nothwendig 
ist,  und  ferner  eine  Erhitzung  der  Dynamomaschine  verhindert  wird. 
Aufserdem  ist  auch  durch  eine  selbsthätige  und  ununterbrochene  Schmie- 
rung der  Theile  dafür  zu  sorgen,  dafs  ein  Heifslaufen  nicht  eintritt. 

Diesen  Anforderungen  entspricht  die  in  Fig.  1  dargestellte  Ein- 
richtung. 

Die  verdichtete  Luft,  die  den  Hahn  A^  gleichviel  unter  welchem 
Drucke,  durchströmt,  nachdem  sie  bei  B  von  mitgeführtem  Wasser  be- 
fi-eit  worden  ist,  tritt  bei  C  in  einen  Apparat  ein,  der  den  Druck  und 
den  Widerstand  in  der  elektrischen  Stromleitung  selbsthätig  regulirt. 
Der  Apparat  enthält  entlastete  Ventile  und  wird  auf  den  gewünschten 
Druck  und  für  veränderliche  Leistung  eingestellt.  Durch  eine  Gasuhr 
bei  E  wird  die  Menge  der  durchstreichenden  Luft  gemessen.  Die  Lutt 
durchströmt  bei  F  einen  Wärmofen  mit  ununterbrochener  Heizung  und 
Rauchabzug  f  und  tritt  dann  gegen  den  Kolben  einer  als  Betriebsmaschine 

Dingler-s  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  11.  1889/111.  31 


482  Neue  Prefsluftanlagen. 

dienenden  rotirenden  Maschine  G  mit  selbsthätiger  Schmierung.  Die 
bei  H  ausströmende  Luft  wird  gegen  die  Dynamo  geleitet,  um  diese 
kühl  zu  erhalten. 

Der  selbsthätige  Apparat  enthält  eine  Riemenscheibe  und  einen 
Kugelregulator  und  steht  mit  der  Dynamo  J  in  Verbindung,  um  die 
Einlafsöffnung  für  Luft  mehr  oder  weniger  zu  öffnen  oder  zu  schliefsen, 
je  nach  der  Umdrehungszahl,  welche  die  Dynamo  hat.  Druck  und 
Menge  der  gegen  den  Kolben  der  Maschine  zu  lassenden  Luft  oder  dea 
Dampfes  werden  vermindert  oder  vermehrt,  indem  man  ihre  Leistung 
an  Kraft  und  Geschwindigkeit  je  nach  dem  Wechsel  in  der  Geschwin- 
digkeit der  Dynamo  vermehrt  oder  vermindert. 

Der  Hebel  c  'folgt  der  Auf-  und  Abbewegung  des  Regulatorstell- 
zeuges, und  mehrere  vom  Hebel  Cj  getragene  Eisenspitzen  tauchen  je 
nach  der  Hebelstellung  in  ein  oder  mehrere  mit  Quecksilber  gefüllte 
Gefäfse  c^  ein.  Mit  diesen  sind  Widerstände  verbunden,  die  von  dem 
elektrischen  Strome  in  gröfserer  oder  kleinerer  Anzahl  zu  durchfliefsen 
sind,  je  nachdem  die  Anzahl  der  in  das  Quecksilber  eintauchendea 
Spitzen  eine  gröfsere  oder  kleinere  ist. 

Diese  Regulirung  durch  die  Geschwindigkeit  der  Dynamo  und  einen 
selbsthätigen  Widerstand  vermeidet  unrichtigen  Gang  des  Motors  und 
begegnet  jedem  Wechsel  der  Geschwindigkeit  der  Dynamo  und  einer 
übermäfsigen  Leistung  derselben  im  Verhältnisse  zu  dem  Verbrauche 
der  Lampen. 

Fig.  2  zeigt  im  Senkrechtschnitte  einen  Regulator,  durch  welchen 
mittels  mechanischer  Einwirkung  der  Dynamo  der  Luftdruck  selbsthätig 
geregelt  wird.  Der  Regulator  soll  bei  der  elektrischen  Beleuchtung 
einerseits  die  Betriebskraft  und  andererseits  den  Widerstand  in  der 
elektrischen  Stromleitung  regeln.  Derselbe  enthält  einen  Ventilkasten  A. 
Ein  Ständer  mit  zwei  Füfsen  B  auf  diesem  Kasten  dient  zur  Lagerung 
eines  Schwungkugelregulators,  und  die  Ventilstange  r  ist  bei  s  an  die 
Stange  i  angekuppelt,  die  durch  die  Hohlspindel  n  führt,  auf  welcher 
das  Kegelrad  f  festsitzt.  Bei  v  ist  die  Stange  i  mit  der  Regulatormuffe 
verbunden;  sie  folgt  also  dem  Steigen  oder  Sinken  der  Kugeln  nj.  Oben 
bei  B^  VAi  die  Spindel  n  am  Ständer  drehbar  gelagert.  Der  bei  X  an 
die  Regulatormuffe  angreifende  Hebel  h  ist  bei  Aj  an  einem  Halter  am 
Ständer  drehbar  und  steht  bei  A,i  durch  einen  Bolzen  mit  dem  läng- 
lichen Auge  eines  zweiten  Hebels  h  in  Verbindung,  welcher  einen  Dreh- 
punkt A,  an  einem  zweiten  Halter  ,hat.  An  diesem  Hebel  ist  mittels 
Kautschuklage  eine  Contactschiene  k  isolirt  und  von  dieser  führen 
Spitzen  l  von  verschiedener  Länge  abwärts  in  Gefäfse  m,  die  Queck- 
silber oder  ein  anderes  leitendes  Metall  enthalten.  In  diese  Gefäfse 
münden  andererseits  elektrische  Leitungsdrähte  ein,  die  mit  elektrischen 
Widerständen  verbunden  sind.  Bei  o  schliefst  sich  der  Leitungsdraht 
an  die   Klemme  k  an',  die   den   Strom  weiter   leitet.     Wenn  nun  der 


Neue  Prefsluftanlagen.  483 

Hebel  h  gegen  die  Gefäfse  m  gesenkt  wird  und  mehrere  Spitzen  l  in 
deren  Inhalt  eintauchen,  so  wird  dem  elektrischen  Strome  ein  vermehrter 
Leitungswiderstand  gegeben.  Mit  dem  Kegelrade  f  der  Regulatorspindel 
ist  das  Kegelrad  /"j  in  Eingriff,  auf  dessen  Welle  eine  Schnurscheibe  e 
sitzt,  von  welcher  eine  Treibschnur  nach  einer  Scheibe  der  Welle  der 
Dynamo  führt. 

Wenn  nun  z.  B.  mehrere  Lampen  gelöscht  werden,  so  würde  dies 
einen  geringeren  Bedarf  an  Elektricität  erfordern,  es  würde  aber  die 
motorische  Kraft  nicht  geändert  werden.  Die  Geschwindigkeit  der 
Maschine  wird  also  etwas  zunehmen,  und  diese  Zunahme  wird  durch 
die  Kegelräder  //",  auch  auf  die  Regulatorspindel  n  übertragen.  Die 
Kugeln  des  Regulators  heben  sich  dann  und  vermindern  unter  Hebung 
der  Ventile  b  mittels  der  Stange  r  das  Volumen  Luft,  das  durch  den 
Stutzen  c  nach  dem  Motor  strömt,  während  die  Spitzen  l  aus  dem  Queck- 
silber mehr  heraustreten  und  den  Leitungswiderstand  des  nach  den  noch 
brennenden  Lampen  fliefsenden  Stromes  vermehren. 

Eine  sehr  interessante  Einrichtung  zur  Regulirung  von  Lüftungs-  und 
Heizungsanlagen  durch  verdichtete  Luft  bringt  der  wohl  erste  Urheber 
der  Verwendung  verdichteter  Luft  aus  Leitungen ,  C.  A.  Mayrhofer  in 
Berlin  (*D.  R.  P.  Kl.  36  Nr.  46579  vom  16.  November  1887)  in  Vor- 
schlag. Die  Erfindung  Mayrhofer  s  bezweckt  die  in  einem  Gebäude  an 
beliebigen  Stellen  vorhandenen  Ventilations-  und  Luft-  oder  Dampf- 
heizungsvorrichtungen, welche  von  der  verschiedensten  Art  sein  können, 
von  einer  Centralstelle  aus  durch  Prefsluft  zu  steuern  und  den  jeweiligen 
Stand  dieser  Vorrichtungen  ebenfalls  auf  pneumatischem  Wege  an  der 
Centralstelle  selbsthätig  zur  Anzeige  zu  bringen. 

In  Fig.  3  ist  eine  solche  Centralregulireinrichtung  für  verschiedene 
etwa  in  einem  Gebäude  vorhandene  Lüftungs-  bezieh.  Heizungsvorrich- 
tungen schematisch  dargestellt. 

Von  dem  mit  unter  einem  bestimmten  Drucke  befindlicher  Luft  ge- 
füllten Betriebskessel  Ä  aus  führt  eine  Rohrleitung  R  nach  der  Central- 
stelle, an  welch  letzterer  für  jede  in  dem  Gebäude  befindliche  Lüftungs- 
eiurichtung  u.  s.  w.  je  eine  bezieh,  je  zwei  Rohrleitungen  r^r-^r^  .  .  .  von 
dem  Rohre  R  abgezweigt  sind.  In  diese  Zweigrohrleitungen  sind  an 
der  Centralstelle  je  ein  tasterähulicher  Dreiwegehahn  Ai  A2  A^  .  .  .  ein- 
geschaltet, mittels  dessen  die  betreffende  Rohrleitung  geöffnet  und  ge- 
schlossen werden  kann,  so  dafs  die  verdichtete  Luft  entweder  zu  der 
entsprechenden  Lüftungsvorrichtung  gelangt  und  dieselbe  umstellt  oder 
von  derselben  abgesperrt  wird.  Von  den  Zweigleitungen  rj  r2  rg  .  .  . 
sind,  kurz  bevor  dieselben  bei  der  zugehörigen  Lüftuugseinrichtung  in 
die  dort  befindliche  Stellvorrichtung  ausmünden,  je  ein  weiteres  Rohr 
«I  «2  %  .  .  .  abgezweigt,  welche  von  dort  nach  der  Centralstelle  zurück- 
führen und  hier  in  Anzeigeapparate  Ä,  B.,  B^  . . ,  ausmünden,  von  welchen 
je  einer  bei  einem  der  Tasterhähne  Ai  A2  A^  .  .  .   bezieh,  bei  zwei  der- 


484  ^'eue  Prelsiuftanlagen. 

selben  angeordnet  ist,  und  welche  den  Zweck  haben,  dem  die  Taster 
Bedienenden  anzuzeigen,  dafs  die  von  ihm  beabsichtigte  Anordnung  in 
der  Stellung  der  betreffenden  Lüftungs-  oder  Heizungsvorriehtungen 
auch  wirklich  eingetreten  ist.  Zu  diesem  Zwecke  ist  die  Arbeit  dieser 
Anzeigeapparate  von  der  richtigen  Arbeit  der  betreffenden  Stellvorrich- 
tungen abhängig  gemacht.  Es  ist  nämlich  in  jede  der  Rohrleitungen  Sj  «2  «3 
.  .  .  kurz  nach  ihrem  Beginne  bei  der  Lüftungseinrichtung  ein  Hahn  t 
eingeschaltet,  welcher  die  Rückleitung  s^  .s.,  S3  .  .  .  gewöhnlich  verschliefst 
und  von  der  Stellvorrichtung  der  Lüftungseinrichtung  erst  geöffnet  werden 
mufs,  bevor  der  betreffende  Anzeigeapparat  B  arbeiten,  d.  h.  die  Stel- 
lung der  Lüftungseinrichtung  anzeigen  kann. 

In  der  Zeichnung  sind  fünf  verschiedene  Lüftungs-  bezieh.  Heizungs- 
einrichtungen angenommen.  Der  Tasterhahn  ^,  dient  zum  Stellen  eines 
Lüftungsschiebers  M,  welcher  nur  zwei  verschiedene  Lagen  einnehmen, 
d.  h.  die  Lüftungsöffnung  entweder  ganz  frei  lassen  oder  ganz  ver- 
schliefsen  soll;  der  Hahn  A2  steht  mit  einer  Klappenjalousie  iV  in  Ver- 
bindung; die  Hähne  A^  und  A^  bethätigen  einen  Lüftungsschieber  O, 
welcher  in  verschiedenen  Höhenlagen  festgestellt  werden  soll,  so  dafs 
eine  gröfsere  oder  kleinere  Lüftungsöffnung  hergestellt  werden  kann: 
der  Hahn  A^  bedient  eine  Vorrichtung,  mittels  welcher  zwei  Schieber  P 
und  /*!,  welche  etwa  für  den  Einlafs  von  kalter  und  warmer  Luft  be- 
stimmt sein  können,  umgestellt,  und  zwar  der  eine  geöffnet  und  der 
andere  geschlossen  wird,  und  der  Hahn  A^  dient  zum  Oeflnen  und  Ab- 
sperren einer  Dampfleitung  Q  für  Dampfheizung. 

Die  Stellvorrichtung  des  Lüftungsschiebers  M  veranschaulicht  Fig.  4 
in  gröfserem  Mafsstabe.  Der  Schieber  M  ist  an  einer  Kette  m  aufge- 
hängt, welche  über  eine  Führungsrolle  t  und  eine  Kettenscheibe  k  läuft 
und  an  ihrem  anderen  Ende  ein  Gegengewicht  ^,  trägt.  Auf  der  Achse 
der  Kettenscheibe  k  ist  ein  Zahntrieb  h  befestigt,  in  welches  eine  Zahn- 
stange /  eingreift,  deren  untere  Verlängerung  in  das  Luftgehäuse  Oj 
hineinragt  und  dort  mit  einer  in  dem  letzteren  befindlichen  Membran  x 
verbunden  ist.  Neben  der  Zahnstange  /  ist  der  bereits  oben  erwähnte 
Hahn  t  angebracht,  dessen  gabelig  gestalteter  Griff  um  einen  an  der 
Zahnstange  l  befestigten  Stift  l^  greift.  Wird  nun  der  Tasterhahn  A^ 
fFig.  3)  geöffnet,  so  strömt  die  verdichtete  Luft  aus  dem  Rohre  R  durch 
die  Leitung  r^  nach  dem  Luftgehäuse  a,  (Fig.  4),  drückt  hier  die  Mem- 
bran X  und  mit  ihr  die  Zahnstange  l  nach  oben  und  bewirkt  dadurch 
die  Drehung  des  Triebes  h  und  des  Kettenrades  k  in  der  Richtung  des 
Pfeiles,  so  dafs  der  Schieber  M  gehoben  wird.  Die  Gröfse  des  Triebes  h 
und  der  Kettenscheibe  k  ist  so  gewählt,  dafs  bei  der  Hebung  der  Mem- 
bran X  von  der  untersten  in  die  oberste  Lage  auch  der  Schieber  A7 
von  seiner  tiefsten  in  seine  höchste  Lage  gehoben  wird,  uud  umgekehrt. 
Das  Hochgehen  der  Zahpstange  /  bewirkt  aber  auch  das  Umstellen  des 
Hahnes  f,  welcher  vorher  die  Luftleitung  «1   verschlossen  hielt,  so  dafs 


Neue  Prefsluftanlagen.  485 

nunmehr  ein  Theil  der  durch  r^  strömenden  Luft  durch  die  Leitung  Sj 
nach  dem  Anzeigeapparate  -ßj  (Fig.  3)  zurückströmen  kann.  In  das 
Rohr  Tj  ist  unterhalb  des  Gehäuses  a^  ein  Hahn  y  eingeschaltet,  damit 
die  Vorrichtung  abgesperrt  werden  kann,  wenn  sie  nicht  von  der  Central- 
stelle  aus  beeinflufst  werden  soll. 

Die  Dreiwegehähne  A^  A2  A^  .  .  .  und  die  Anzeigeapparate  B^  Bo  B^ 
.  .  .  können,  anstatt  einzeln  angeordnet  zu  werden,  zweckmäfsig  auch 
zu  je  einem  einzigen  Apparate  mit  einander  vereinigt  sein.  Die  Fig.  5 
und  6  zeigen  im  Querschnitte  und  in  Vorderansicht  einen  solchen  den 
Dreiwegehahn  ^1  und  die  Anzeigevorrichtung  5,  enthaltenden  Apparat. 
Das  Gehäuse  b  desselben  ist  über  der  Hauptrohrleitung  R  an  der  Wand 
oder  auf  einem  Tische  angebracht.  Auf  der  Zweigstütze  R^  des 
Rohres  R  ist  der  Dreiwegehahn  A^  aufgeschraubt,  dessen  zweiter  Weg 
mit  der  Leitung  rj  in  Verbindung  steht  und  dessen  dritter  Weg  A*  ins 
Freie  führt.  Der  Griff  des  Hahnes  ^1  ist  zu  einem  Taster  c  ausgebildet, 
welcher  durch  eine  am  Gehäuse  b  befestigte  Feder  Cj  stets  nach  oben 
gedrückt  wird,  dagegen  in  der  niedergedrückten  (punktirten)  Lage  durch 
eine  zweite  an  b  befestigte  und  über  die  an  c  sitzende  Nase  Co  greifende 
Feder  c^  festgehalten  wird.  Hinter  dem  Rohre  r^  ist  auf  dem  Boden 
des  Gehäuses  b  ein  Luftbalg  fej  (oder  ein  mit  einer  Membran  versehenes 
Luftgehäuse)  befestigt,  in  welchen  die  von  der  Lüftungseinrichtung 
zurückführende  Controlleitung  Sj  einmündet.  Auf  dem  Balge  b^  ist  ein 
Halter  b.^  augebracht,  der  ein  mit  den  Bezeichnungen  ..zu"  und  ..offen''' 
(Fig.  6)  versehenes  Anzeigeschild  63  trägt,  welches  letztere  in  an  dem 
Gehäuse  b  angebrachten  Führungen  b^  auf  und  ab  beweglich  ist,  derart, 
dafs  durch  eine  in  b  vorgesehene  entsprechende  Oeffnung  65,  je  nachdem 
das  Schild  63  sich  in  der  unteren  oder  in  der  oberen  Lage  befindet,  die 
Bezeichnung  y,su''  oder  ..offen'^  von  aufsen  sichtbar  wird. 

Befindet  sich  der  Taster  c  in  der  oberen  Lage  (Fig.  5),  so  ist  die 
Hauptleitung  R  verschlossen  und  es  kann  aus  derselben  keine  Luft  in 
die  Leitung  r,  übertreten.  Wird  dagegen  der  Taster  c  niedergedrückt  bis 
in  die  punktirte  Lage,  so  strömt  die  verdichtete  Luft  aus  R  nach  der 
Leitung  r^  und  durch  diese  nach  dem  Luftgehäuse  a^  (Fig.  4),  bewirkt 
dort  das  Oeffnen  des  Schiebers  iW,  sowie  das  Umstellen  des  Hahnes  f, 
strömt  in  Folge  dessen  durch  die  jetzt  geöffnete  Controlleitung  s,  nach 
dem  Luftbalge  6j  (Fig.  5),  bläht  denselben  auf  und  schiebt  dadurch 
das  Anzeigeschild  b  nach  oben,  so  dafs  nunmehr  durch  die  Oeffnung  65 
die  Bezeichnung  .^offen^^  sichtbar  ist. 

Will  man  den  Schieber  M  wieder  schliefsen,  so  drückt  man  nur 
auf  den  Knopf  der  Feder  C3.  Dadurch  wird  der  Taster  c  frei  und  geht 
in  Folge  der  Wirkung  der  Feder  Cj  wieder  nach  oben,  wodurch  die 
Leitung  R  verschlossen,  dagegen  die  Leitung  Tj  mit  dem  dritten  Wege  -4* 
des  Hahnes  A^  io  Verbindung  gebracht  wird.  Die  vorher  in  r  geprefste 
und  bis  nach  a^  und  b^  gelangte  Luft  strömt  nun  durch  r^  zurück  und 


486  Neue  PrefBluftanlagen. 

entweicht  durch  A^  ins  Freie,  der  Schieber  M  und  mit  ihm  die  Zahn- 
stange /  senken  sich  wieder,  da  der  Druck  auf  die  Membran  x  auf- 
gehört hat,  der  Hahn  t  wird  wieder  geschlossen  und  gleichzeitig  hat 
sich  auch  der  Luftbalg  6,  wieder  zusammengezogen  und  das  Anzeige- 
schild 63  niederbewegt,  so  dafs  wieder  die  Bezeichnung  „su^'  sichtbar  ist. 

Die  Fig.  7  und  8  zeigen  die  Einrichtung  zum  Oeffnen  und  Schliefsen 
einer  Klappenjalousie  N  (Fig.  3)  in  Vorder-  und  Seitenansicht.  Die  ein- 
zelnen Kla])pen  der  Jalousie  sind  mit  Kurbeln  j  versehen,  deren  äufsere 
Enden  in  einer  gemeinschaftlichen  senkrechten  Verbiudungsstangen  dreh- 
bar befestigt  sind,  welche  letztere  zwei  seitlich  hervorstehende  wagerechte 
Arme  n,  und  «2  trägt.  An  den  oberen  Arm  n^  ist  ein  Gewicht  g^  an- 
gehängt, welches  bestrebt  ist,  die  Stange  n  nach  unten  zu  drücken  und 
dadurch  die  Jalousie  zu  schliefsen.  An  der  in  dem  Luftgehäuse  a^  be- 
findlichen Membran  ist  das  untere  Ende  der  Stange  0  befestigt,  welche 
mit  einem  seitlichen  Stifte  o,  versehen  ist,  auf  welchem  der  Arm  n.^ 
der  Stange  n  aufruht;  um  einen  am  oberen  Ende  der  Stange  0  sitzenden 
zweiten  seitlichen  Stift  o^  greift  der  gabelförmige  Griff'  des  Hahnes  t 
der  Controlleitung  s-i.  Wird  der  Dreiwegehahu  ^2  C^ig-  3),  welcher, 
wie  auch  der  zugehörige  Controlapparat  H^^  die  in  den  Fig.  5  und  6 
dargestellte  Ausführung  zeigt,  durch  Niederdrücken  seines  Tastergriffes  c 
geöffnet,  so  strömt  Luft  durch  die  Leitung  r-^  nach  dem  Luftgehäuse  «2 
(Fig.  7  und  8),  hebt  die  in  demselben  befindliche  Membran  und  mit  ihr 
die  Stange  o  hoch,  wodui-ch  einestheils  der  Arm  n-i  und  mit  ihm  die 
Stange  n  gehoben,  die  Kurbeln  j  gedreht  und  die  Klappen  der  Jalousie 
geöffnet  werden  und  anderentheils  auch  der  Hahn  /  geöffnet  wird.  Die 
Luft  strömt  in  Folge  dessen  durch  die  Leitung  «2  weiter  nach  dem 
Controlapparate  Bi  und  stellt  sein  Anzeigeschild  fcg  auf  ^^offen'-'-.  Wird 
der  Hahn  A2  wieder  geschlossen,  so  bewirkt  das  Gewicht  g^  das 
Schliefsen  der  Jalousie,  sowie  das  Herabdrücken  der  Stange  0  und  da- 
durch das  Schliefsen  des  Hahnes  f,  und  mittlerweile  hat  sich  auch  der 
Controlapparat  B.^  wieder  auf  „zm^'  eingestellt. 

In  Fig.  9  ist  eine  Vorrichtung  dargestellt,  mittels  welcher  ein  Lüf- 
tungsschieber 0  (Fig.  8)  in  verschiedenen  Höhenlagen  festgestellt  werden 
kann,  und  die  Fig.  10,  11  und  12  veranschaulichen  den  zugehörigen 
Controlapparat  ^3,  welcher  dem  an  der  Centralstelle  befindlichen  Be- 
amten die  jeweilige  Höhenlage  des  Schiebers  O  anzeigt. 

Das  Kettenrad  k  (Fig.  9  und  3),  über  welches  die  den  Schieber  O 
tragende  Kette  m  läuft,  ist  mit  einer  von  der  Gröfse  des  Kettenrades 
im  Verhältnisse  zur  Hubhöhe  des  Schiebers  abhängigen  Anzahl,  z.  B. 
mit  vier  seitlichen  Stiften  Ai,  versehen.  An  der  mit  der  Membran  des 
Luftgehäuses  «3  verbundenen  Stange  7;,  welche  durch  ein  Gewicht  p^ 
belastet  ist,  ist  eine  Nase  p2  drehbar  befestigt,  welche  beim  Aufwärts- 
gange der  Stange  p  sich  gegen  einen  der  Stifte  /c,  des  Kettenrades  an- 
legt und  das  letztere  um   einen   gewissen  Betrag  (hier  um  900)  dreht, 


Neue  Preisluftanlagen.  487 

•wodurch  der  Schieber  0  (Fig.  3)  sich  um  ein  entsprechendes  Stück  ab- 
wärts bewegt,  während  beim  Abwärtsgange  der  Stange  p  die  Nase  f<^ 
an  dem  betreffenden  Stifte  /cj  vorbeigleitet  und  das  Kettenrad  k  ;nicht 
beeinflufst.  Das  an  der  Kette  m  angehängte  Gegengewicht  ^g  ist  schwerer 
als  der  Schieber  0  und  daher  bestrebt,  das  Kettenrad  k  in  der  der  Wir- 
kung der  Nase  y>^  entgegengesetzten  Richtung  zu  drehen.  Um  nun  das 
Kettenrad  und  damit  den  Schieber  in  jeder  ihm  von  der  Nase  f-^  er- 
theilten  Stellung  festzuhalten,  ist  ein  Winkelhebel  q,^  q^  angeordnet, 
dessen  einer  Arm  q^  mit  einer  Stange  ^g  drehbar  verbunden  ist,  welche 
in  ein  Luftgehäuse  04  hineinragt  und  dort  entweder  mit  einer  Membran 
verbunden  ist  oder  einen  Kolben  trägt.  Die  Stange  gg  ist  durch  ein 
Gewicht  q^  belastet,  welches  bestrebt  ist,  den  Arm  q^  des  Winkelhebels 
stets  gegen  einen  festen  Anschlag  q^  zu  drücken.  In  dieser  Lage  des 
Winkelhebels,  d.  h.  wenn  der  Arm  ^j  des  letzteren  an  dem  Anschlag  ^5 
anliegt,  liegt  stets  einer  der  Stifte  k^  des  Kettenrades  k  an  dem  anderen 
Arm  q^i  des  Winkelhebels  an,  so  dafs  sich  das  Kettenrad  nicht  zurück- 
drehen kann,  d,  h.  gesperrt  ist.  Die  Gröfse  des  Kettenrades  k  ist  hier 
so  gewählt,  dafs  dasselbe  zwei  volle  Umdrehungen  machen  mufs,  bis 
der  Schieber  0  von  seiner  höchsten  in  die  tiefste  Lage  oder  umgekehrt 
befördert  wird,  so  dafs,  da  das  Kettenrad  vier  Stifte  ftj  besitzt,  der 
Schieber  0  in  acht  verschiedenen  Höhenlagen  festgestellt  werden  kann. 
Der  Controlhahn  t  ist,  ähnlich  wie  bei  den  vorigen  Einrichtungen,  neben 
der  Stange  p  angeordnet  und  sein  gabelförmiger  Griff  greift  um  einen 
an  p  sitzenden  Stift  pg.  Das  Luftgehäuse  03  steht  durch  die  Rohrlei- 
tung Tg  mit  dem  Dreiwegehahne  A^  (Fig.  3)  und  das  Luftgehäuse  a^ 
durch  die  Leitung  T/^  mit  dem  Dreiwegehahne  A;^  in  Verbindung,  und 
zwar  dient  der  Hahn  A-^  nur  zum  OefFnen  und  der  Hahn  .4^  nur  zum 
Schliefsen  des  Schiebers  0.  Wird  der  Hahn  A^  geöffnet,  so  strömt 
Luft  durch  rg  nach  dem  Gehäuse  Og  und  hebt  die  Stange  p  hoch,  die 
Nase  P2  erfafst  den  zunächstliegenden  /q  des  Kettenrades  k  und  dreht 
letzteres  um  900;  hierbei  bewegt  sich  der  über  dem  von  der  Nase  pa 
erfafsten  Stift  \  liegende  Stift  k^  gegen  den  Winkelhebel  q^  q^  ,  stöfst 
sodann  an  den  Arm  q,^  des  letzteren  und  dreht  denselben  so  weit  zur 
Seite,  bis  er  an  ihm  vorbeigleiten  kann,  worauf  der  Arm  q~i  unter  der 
Wirkung  des  Gewichtes  g'^  in  seine  senkrechte  Lage  zurückschwingt 
und  nun  den  unter  ihm  liegenden  Stift  \  verhindert,  sich  wieder  zurück- 
zubewegen. Dadurch  ist  der  Schieber  0  um  den  achten  Theil  seines 
Hubes  gesenkt,  d.  h.  geöffnet  worden.  Sehliefst  man  ;den  Hahn  A<^ 
wieder,  so  strömt  die  in  rg  gedrungene  Luft  ins  Freie,  die  Stange  p  mit 
der  Nase  P2  sinkt  unter  dem  Einflüsse  des  Gewichtes  pj  herab,  ohne 
das  Kettenrad  k  zu  bewegen,  und  der  Schieber  O  verharrt  in  der 
ihm  ertheilten  Lage.  Wird  darauf  der  Hahn  ylg  abermals  geöffnet,  so 
wird  das  Kettenrad  wieder  um  90"  gedreht  und  der  Schieber  O  um  Ys 
seines  Hubes  weiter  geöffnet  u.  s.  w.     Soll   der  Schieber  0  wieder  ge- 


488  Neue  Prel'sluftanlagen. 

schlössen  werden,  so  öflnet  man  den  Dreiwegehahn  Aj^  (Fig.  3),  wodurch 
Luft  durch  rj  in  das  Gehäuse  a^  (Fig.  9)  eintritt,  die  Stange  g^  und  den 
Arm  5»!  des  Winkelhebels  hochhebt  und  den  anderen  Arm  />2  ^^^ 
letzteren  zur  Seite  bewegt,  so  dafs  der  an  dem  Arme  q^  anliegende 
Stift  Äj  von  demselben  abgleitet  und  das  Kettenrad  sich  unter  der  Wir- 
kung des  Gewichtes  ^3  zurückdreht,  bis  der  nächste  Stift  A,  an  q^  an- 
liegt. Damit  bei  diesem  Zurückdrehen  des  Kettenrades  ft,  wenn  der 
Winkelhebel  ^j  ^2  zur  Seite  bewegt  ist,  nicht  auch  der  nächste  Stift  k^ 
bezieh,  alle  folgenden  Stifte  bis  zum  vollständigen  Schlüsse  des  Schie- 
bers O  an  dem  Arme  (/2  vorbeigleiten  können,  ist  der  Winkelhebel  mit 
einer  Sicherheitsvorrichtung  versehen. 

Der  in  den  Fig.  10,  11  und  12  veranschaulichte  Controlapparat  B^ 
ist  folgend ermafsen  eingerichtet.  An  einer  um  eine  feste  wagerechte 
Achse  d  drehbaren  Hülse  rf^  sind  zwei  kleine  Scheiben  d^  und  d^  be- 
festigt, von  denen  die  äufsere  d,^  ein  rundes  Anzeigeschild  d^  trägt, 
welches  mit  den  aus  Fig.  12  ersichtlichen  Bezeichnungen  versehen  ist, 
während  an  der  inneren  Scheibe  ^3  eine  entsprechende  Anzahl  (hier 
neun)  wagerechter  Stifte  d^  angebracht  sind.  Seitwärts  von  der  Achse  d 
ist  bei  Cq  ein  einarmiger  Hebel  e  gelagert,  dessen  freies  Ende  eine  dreh- 
bare Klinke  e^  trägt,  welche  durch  eine  an  e  befestigte  Feder  e^  stets 
gegen  einen  ebenfalls  an  e  sitzenden  Anschlagstift  e^  gedrückt  wird. 
Mit  dem  Hebel  e  ist  bei  e^  die  an  der  Membran  des  Luftgehäuses  Sj 
befestigte  und  durch  ein  Gewicht  e^  belastete  Stange  e^  drehbar  ver- 
bunden. Wird  die  Stange  e^  durch  Druck  auf  die  Membran  des  Ge- 
häuses Sj  nach  oben  bewegt,  so  erfafst  der  Hebel  e  den  zunächst 
liegenden  Stift  d^  der  Scheibe  ^3  und  dreht  letztere  um  einen  bestimmten 
Betrag  (hier  um  ^y  einer  Umdrehung),  während  beim  Abwärtsgange 
der  Stange  e^  die  drehbare  Klinke  e^  des  Hebels  e  an  dem  nächste» 
Stifte  rfj  vorbeigleitet,  ohne  die  Scheibe  d^  zu  beeinflussen.  Die  Scheibe  d^ 
steht  unter  dem  Einflüsse  einer  mit  dem  einen  Ende  an  d^  und  mit 
dem  anderen  Ende  an  der  festen  Achse  d  befestigten  Spiralfeder  </,;, 
welche  die  Scheibe  d^  in  der  der  Wirkung  des  Hebels  e  entgegen- 
gesetzten Richtung  zu  drehen  sucht.  Um  die  Scheibe  d^  in  jeder  ihr 
von  dem  Hebel  e  ertheilten  Stellung  festzuhalten,  ist  ein  Sperrhebel  q^ 
angeordnet,  gegen  welchen  sich  in  dessen  Normallage  stets  einer  der 
Stifte  d^  anlehnt,  während  der  Sperrhebel,  wenn  er  ausgelöst  ist,  nur 
je  einen  Stift  rfj  an  sich  vorbeigleiten  läfst.  In  das  Luftgehäuse  S^  des 
Hebels  e  mündet  die  von  dem  Controlhahne  t  (Fig.  9)  kommende  Control- 
leitung  «3  und  in  das  Luftgehäuse  ^2  des  Sperrhebels  7*  die  gleich 
hinter  dem  Dreiwegehahne  A:^  von  der  Leitung  r^  abgezweigte  Lei- 
tung «4  (Fig.  3).  Das  Gehäuse  des  Controlapparates  B^  ist  mit  einem 
passenden  Ausschnitte  B^  (Fig.  12)  versehen,  durch  welchen  stets  eine 
der  auf  dem  Anzeigeschilde  d^  befindlichen  (neun)  Aufschriften  von 
aufsen  sichtbar  ist. 


Neue  Prefsluftanlagen.  489 

Ist  der  Schieber  O  vollständig  geschlossen,  so  ist  durch  den  Aus- 
schnitt B^  des  Anzeigeapparates  B^,  die  Bezeichnung  ^^zu'-'-  sichtbar. 
Drückt  man  nun  den  Taster  des  Dreiwegehahnes  A^  (Fig.  3)  nieder,  so 
wird  der  Schieber  O  um  \  seines  vollen  Hubes,  welcher  in  dem  vor- 
liegenden Beispiele  1™  betragen  soll,  geöffnet  und  zugleich  auch  der 
Controlhahn  t  (Fig.  9)  geöffnet.  Die  Luft  strömt  nun  weiter  durch  die 
Leitung  s^  zum  Gehäuse  S^  (Fig.  10}  und  bewirkt  die  Drehung  der 
Stiftenscheibe  d^  um  i/y-ümdrehung,  wodurch  hinter  dem  Ausschnitte  B^ 
die  folgende  Aufschrift  ,J/q  Meter  ofjen'-'-  sichtbar  wird.  Wird  der  Hahn  Jg 
wieder  geschlossen,  so  kehren  die  Stangen  p  (Fig.  9)  und  e^  (Fig.  10) 
in  ihre  Anfangslage  zurück  und  bei  einer  zweiten  Oeffnung  des  Hahnes  J3 
wird  der  Schieber  0  um  ein  weiteres  Achtel  Meter  geöffnet  und  in 
Folge  dessen  die  folgende  Aufschrift  „1/4  Meter  offen'''-  hinter  den  Aus- 
schnitt B^  befördert.  Ist  auf  diese  Weise  der  Schieber  0  nach  und  nach 
vollständig  geöffnet  worden,  so  befindet  sich  der  Controlapparat  B^  in 
der  in  den  Fig.  10  bis  12  gezeichneten  Stellung,  in  welcher  er  „1  Qü/efer 
offen'-''  anzeigt  (wobei  angenommen  ist,  dafs  die  Breite  des  Schiebers  O 
ebenfalls  V^  betrage).  Würde  nun  der  Hahn  A^  nochmals  geöffnet,  so 
würden  der  Stellapparat  und  der  Controlapparat  in  der  beschriebenen 
Weise  weiter  arbeiten;  der  Stellapparat  wäre  aber  nicht  im  Stande,  an 
der  Stellung  des  Schiebers  0  noch  etwas  zu  ändern,  da  derselbe  schon 
vollständig  offen  ist,  während  dagegen  beim  Controlapparate  die  fol- 
gende Bezeichnung  „sm'-'  zum  Vorscheine  käme,  die  der  Stellung  des 
Schiebers  nicht  entspricht.  Um  eine  solche  falsche  Angabe  des  Control- 
apparates  unmöglich  zu  machen,  ist  zwischen  den  Scheiben  (/.,  und  rfg 
(Fig.  10  und  11)  ein  Anschlagstift  d~  und  an  dem  Gestelle  des  Control- 
apparates  ein  fester  Anschlag  6-=  angeordnet.  In  der  gezeichneten  End- 
stellung der  Stiftenscheibe  und  des  Anzeigeschildes  stöfst  der  Stift  rf^ 
gegen  den  Anschlag  6^,  und  es  ist  unmöglich,  das  Auzeigeschild  in 
dieser  Richtung  noch  weiter  zu  drehen.  Soll  der  Schieber  0  wieder 
zurückgestellt  werden,  so  öffnet  man  den  Hahn  A^  (Fig.  3).  Die  Luft 
strömt  dann  zugleich  durch  die  Leitung  r^  zum  Gehäuse  04  (Fig.  9), 
wo  sie  die  Auslösung  des  Sperrhebels  q^  q^  und  dadurch  die  Zurück- 
stellung des  Schiebers  O  bewirkt,  und  durch  die  Leitung  «4  zum  Ge- 
häuse 5.2  (Fig.  10),  wo  sie  die  Auslösung  des  Sperrhebels  7^  und  die 
Zurückstellung  des  Anzeigeschildes  ^4  veranlafst.  Die  Leitung  «4  ist 
deshalb  schon  gleich  hinter  dem  Hahne  A^  von  der  Leitung  r^  abge- 
zweigt und  ihre  Oeffnung  nicht  von  dem  Sperrhebel  q^  q.^  (Fig.  9)  ab- 
hängig gemacht,  weil  für  die  Auslösung  des  letzteren  so  wenig  Kraft 
erforderlich  ist,  dafs  die  Auslösung  bei  Oeffnung  des  Hahnes  A^  jedesmal 
sicher  erfolgt.  Aus  diesem  Grunde  ist  bei  der  getroffenen  Anordnung 
keine  Gefahr  vorhanden,  dafs  beim  Zurückstellen  des  Schiebers  0  der 
Controlapparat  eine  Stellung  anzeigen  wird,  die  der  Schieber  nicht 
wirklich  eingenommen  hat. 


490  Neue  Prefslurtanlagen. 

Ist  der  Schieber  0  auf  die  beschriebene  Weise  wieder  vollständig 
geschlossen  worden,  wobei  der  Controlapparat  B^  „zu^"  anzeigt,  so  stöfst 
der  Anschlagestift  d-  gegen  die  andere  Seite  des  festen  Anschlages  6*. 
Es  ist  deshalb  nicht  möglieh,  bei  etwaigem  weiteren  Oeffnen  des 
Hahnes  A^  das  Anzeigeschild  noch  weiter  zurückzustellen,  wobei  die 
Bezeichnung  „1  □  iWetcr  offen^'-  sichtbar  würde,  die  dem  geschlossenen 
Schieber  0  nicht  entspräche. 

Damit  beim  Oeffnen  des  Schiebers  O  nach  einmal  stattgehabter 
Oefiuung  des  Hahnes  A-^  der  letztere  nicht  eher  wieder  geöffnet  wird, 
als  bis  die  Stange  /)  mit  der  Nase  'p.i  (Fig.  9)  und  die  Stange  e^  mit 
dem  Hebel  e  (Fig.  10)  sich  wieder  bis  unter  die  nächstfolgenden  Stifte  ftj 
bezieh,  d-^  gesenkt  haben,  ist  an  dem  Controlapparate  A3  eine  Vorrich- 
tung angebracht,  welche  anzeigt,  ob  die  Stange  e^  sich  in  der  gehobenen 
oder  gesenkten  Lage  befindet.  Dieselbe  besteht  aus  einem  am  Deckel 
des  Apparates  drehbar  gelagerten  Hebel  /",  welcher  an  seinem  freien 
Ende  eine  Signalscheibe  f^  trägt.  Wird  die  Stange  Cg  bei  geöffnetem 
Hahne  A^  nach  oben  bewegt,  so  hebt  sie  den  Hebel  f  empor  und  die 
Scheibe  f^ ,  die  durch  einen  im  Deckel  vorgesehenen  Schlitz  /^  hin- 
durchtritt, wird  von  aufsen  sichtbar  (Fig.  12).  Nun  darf  der  Hahn  A^ 
nicht  eher  wieder  geöffnet  werden,  als  bis  die  Scheibe  fj  sich  wieder 
so  weit  gesenkt  hat,  dafs  sie  von  aufsen  unsichtbar  ist,  denn  erst  dann 
ist  die  Stange  e^  so  weit  zurückgegangen,  dafs  die  Klinke  Cj  unterhalb 
des  das  nächste  Mal  von  ihr  zu  erfassenden  Stiftes  rfg  liegt.  Da  die 
Stange  p  des  Stellapparates  (Fig.  9)  höchstens  ebenso  viel  Zeit  braucht, 
um  sich  vollständig  zu  senken,  als  die  Stange  e^  des  Controlapparates, 
so  dient  das  Verschwinden  der  Scheibe  /"[  auch  gleichzeitig  als  Zeichen 
dafür,  dafs  sich  auch  die  Stange  y  mit  der  Nase  p^  genügend  ge- 
senkt hat,  um  bei  Wiederöffnung  des  Hahnes  ^3  den  nächsten  Stift  Aj 
des  Kettenrades  k  erfassen  zu  können. 

Die  Kalt-  und  Warmschieber  P  und  Pj  (Fig.  3)  sind  mit  derselben 
Stell-  und  Controlvorrichtung  versehen  wie  der  Schieber  M  (Fig.  4)^ 
es  ist  hier  einfach  an  die  Kette  m  anstatt  des  Gegengewichtes  g^  der 
zweite  Schieber  P^  augehängt.  Dagegen  ist  hier  noch  eine  Einrichtung 
getroffen,  mittels  welcher  die  Schieber  P  und  P^ ,  anstatt  von  Hand 
mittels  des  Tasterhahnes  ^5  geöffnet  und  geschlossen  zu  werden,  durch 
die  in  dem  betreflendeu  Räume  herrschende  Temperatur  selbsthätig  um- 
gestellt werden.  Zu  diesem  Zwecke  ist  das  Rohr  H  (Fig.  3)  mit  einem 
Vierwegehahne  C  verbunden,  dessen  gegenüberliegender  Weg  durch  ein 
Rohr  7^1  mit  der  Rohrleitung  r^  in  Verbindung  steht.  Einer  der  zwischen- 
liegenden Wege  des  Halmes  C  ist  durch  ein  Rohr  Ri  mit  dem  Rohre  Äj 
verbunden  und  der  vierte  Weg  11^  führt  ins  Freie.  An  der  Verbin- 
dungsstelle der  Rohre  Äj  und  r^  ist  ein  von  Hand  zu  verstellender 
Hahn  T  angebracht.  Soll  die  Stellvorrichtung  der  Schieber  P  P^  durch 
einen  Beamten  mittels  des  Tasterhahnes  A^  bethätigt  werden,  so  wird 


Neue  Prefsluftanlagen.  491 

der  Hahn  T  so  gestellt,  dafs  das  Rohr  Ry  abgesperrt  ist,  dagegen  in 
der  Leitung  r^  Verbindung  zwischen  dem  Hahne  A^  und  der  Stellvor- 
richtung besteht.  Soll  dagegen  die  letztere  durch  die  Temperatur  des 
betreffenden  Raumes  automatisch  bethätigt  werden,  so  wird  der  Hahn  T 
so  gestellt,  dafs  er  zwischen  dem  Rohre  R^  und  der  Leitung  r^  Ver- 
bindung herstellt  und  den  Theil  rg^  der  letzteren  von  der  übrigen  Lei- 
tung Tg  absperrt. 

Der  Vierwegehahn  C  bezieh,  dessen  Küken  ist  durch  eine  Kette  Dq 
mit  einem  Uhrwerke  D  verbunden,  welches  mit  einer  Hemmvorrichtung 
bekannter  Construction  versehen  ist,  die  durch  einen  Elektromagneten 
ausgelöst  werden  kann.  Hat  die  Temperatur  in  dem  betreffenden  Räume 
den  höchsten  Grad  der  Zulässigkeit  erreicht,  so  wird  durch  ein  Ther- 
mometer ein  elektrischer  Strom  geschlossen.  In  Folge  dessen  wird  das 
Uhrwerk  ausgelöst  und  dreht  den  Hahn  C. 

Die  in  dem  betreffenden  Räume  herrschende  Temperatur  bewirkt 
selbsthätig  den  Einlafs  der  erforderlichen  warmen  oder  kalten  Luft 
bezieh,  den  Abschlufs  derselben  und  regelt  demnach  die  Temperatur 
sich  selbst.  Das  Uhrwerk  wird  bei  jeder  zweiten  Auslösung  selbsthätig 
aufgezogen,  indem  durch  ein  von  dem  Rohre  Äj  abgezweigtes  Rohr  Tq 
Luft  zu  einem  Luftgehäuse  a^^  (Fig.  3)  geführt  wird,  welche  dort  eine 
-Zahnstange  hochtreibt,  die  mittels  eines  Triebes  und  Zahnrades  das  Auf- 
ziehen des  Uhrwerkes  bewirkt. 

Die  an  der  Hand  der  Fig.  4  für  den  Lüftungsschieber  M  beschriebene 
Stellvorrichtung  ist  in  Fig.  3  rechts  oben  auch  zum  Oeffnen  und  Schliefsen 
einer  für  Dampfheizung  bestimmten  Dampfleitung  Q  angewendet.  Der 
Zahntrieb  h  (Fig.  4)  ist  hier  auf  der  Achse  eines  in  die  Dampfleitung  Q 
eingeschalteten  Hahnes  Q^  befestigt,  so  dafs  der  letztere  durch  Oeffnen 
und  Schliefsen  des  Dreiwegehahnes  A^  und  dadurch  bewirktes  Heben 
und  Senken  der  Zahnstange  /  geöffnet  und  verschlossen  werden  kann, 
wobei  der  jedesmalige  Stand  des  Hahnes  Q^  durch  den  Controlappa- 
rat  J5g,  ebenso  wie  dies  für  den  Schieber  M  beschrieben  wurde,  ange- 
zeigt wird. 

Der  die  Hauptrohrleitung  R  speisende  Betriebskessel  K  (Fig.  3)  ist 
■mit  Luft  gefüllt,  welche  stets  unter  einem  gewissen  mäfsigen  Drucke 
steht.  Um  diesen  zum  Betriebe  der  verschiedenen  oben  beschriebenen 
Apparate  erforderlichen  Druck  stets  in  dem  Kessel  K  zu  erhalten,  steht 
derselbe  durch  eine  Rohrleitung  K^  L2,  in  welche  ein  Druckminde- 
rungsventil F  eingeschaltet  ist,  mit  einem  Hochdruckkessel  L  in  Ver- 
bindung, welcher  mit  sehr  hochgespannter  Luft  gefüllt  ist.  Der  Kessel  L 
ist  mit  einem  Ventile  Ly  versehen,  von  welchem  aus  das  Rohr  L^  nach 
dem  Miuderungsventile  V  führt. 

Diese  Anlage  ist  in  Zusammenhang  mit  einem  eigenen  Luftkessel 
beschrieben  und  dargestellt,  um  deren  Unabhängigkeit  von  einer  Luft- 
leitung darzustellen.   Naturgemäfs  ist  für  eine  derartige  Anlage,  welche 


492  Neue  Prelsluftanlagen. 

sich  auf  den  Bereich  eines  grölseren  Hauses  erstrecken  soll,  die  allge- 
meine öfrentliche  Luftleitung  keine  Vorbedingung. 

Für  die  Verwendung  der  Prefsluft  und  deren  Fortleitung  auf  gröfsere 
Entfernungen  haben  sich  besondere  Einrichtungen  nothwendig  gemacht, 
auf  welche  bereits  in  dem  Aufsatze  in  D.  p.  J.  1889  272  *  204  hinge- 
wiesen wurde.  Genauere  Angaben  über  diese  Einrichtungen,  von  deren 
sorgfältiger  Anordnung  der  Wirkungsgrad  der  Anlage  wesentlich  ab- 
hängt, finden  sich  in  der  Popii^ichen  Patentschrift  Nr.  47  546. 

Wenn  man  verdichtete  Luft  oder  Dampf  durch  Leitungen  nach 
den  Wohnungen  einer  Stadt  leiten  will,  so  ist  es  zunächst  erforderlich, 
dafs  der  Admissionsdruck  selbsthätig  je  nach  Bedarf  geregelt  werden 
kann.  Das  Condensationswasser  mufs  aus  diesen  Flüssigkeiten  aufserdem 
fortgeschaß't  werden,  bevor  sie  an  der  Gebrauchsstelle  ankommen.  Um 
nun  insbesondere  bei  verdichteter  Luft  einen  gröfseren  Nutzeffect  zu 
erhalten,  ist  es  nothwendig,  dafs  sie  zuvor  auf  irgend  eine  Weise 
selbsthätig  erwärmt  wird,  und  zwar  mufs  die  auf  die  Luft  bei  ihrer 
Fortleitung  zu  übertragende  Wärme  so  lange  einwirken,  als  die  Luft 
gebraucht  wird. 

Fig.  13  stellt  einen  selbsthätigen  Wasserabieiter  dar.  Die  Luft  tritt 
in  diesen  Apparat  bei  a  ein,  stöfst  sich  an  der  Wand  B  des  Behälters  A 
und  streift  das  mitgeführte  Wasser  an  dem  Metallgewebe  C  ab.  Das 
Wasser  fliefst  durch  das  Gewebe  ab,  auf  diesem  bleiben  aber  feste 
Körper,  die  geeignet  wären,  die  Leitungen  und  die  Ventile  zu  verstopfen, 
liegen.  Im  unteren  Theile  c  des  Behälters  sammelt  sich  das  Wasser. 
Der  an  A  angeschraubte  Boden  h  trägt  ein  mittels  Hahnes  It  verschliefs- 
bares  Rohr  /.  Dasselbe  ist  am  oberen  Ende  mit  einem  Ringansatze  m 
versehen,  an  welchem  ein  kleiner  Cylinder  n  geschraubt  werden  kann, 
dessen  oberer  Theil  o  einen  kugeligen  Hohlraum  enthält.  Am  oberen 
und  am  unteren  Theile  dieses  Raumes  befinden  sich  zwei  runde  Oeff- 
nungen  ^,  die  den  beiden  Kegelventilen  f  als  Sitz  dienen.  Letztere  sind 
durch  eine  Stange  x  mit  einander  verbunden,  deren  obere  Verlängerung 
mit  einem  Schwimmer  d  aus  Holz  oder  Kork  verbunden  ist.  Die  Ventil- 
stange X  ist  in  der  Decke  des  centralen  Rohres  e  geführt,  dessen  unterer 
erweiterter  Theil  kleine  Löcher  g  enthält.  Das  in  c  gesammelte  und 
unter  dem  Drucke  der  verdichteten  Luft  stehende  Wasser  übt  auf  den 
oberen  Theil  des  Ventiles  f  einen  Druck  aus,  der  das  Ventil  zu  schliefsen 
strebt.  Ein  gleicher  Druck  in  entgegengesetzter  Richtung  wird  auf  das 
untere  Ventil  f  durch  das  Wasser  ausgeübt,  das  durch  i  zutreten  kann. 
Da  die  beiden  Drucke  sich  gegenseitig  aufheben,  so  findet  eine  Oeff- 
nung  der  Ventile  nicht  statt.  Wenn  aber  der  Wasserstand  steigt,  so 
wird  der  Schwimmer  gehoben,  die  Ventile  f  werden  durch  die  Stange  x 
geöffnet  und  die  Verbindung  zwischen  dem  Behälter  A  und  dem 
Abflufsrohre  /  wird  hergestellt.  Das  Wasser  fliefst  nun  so  lange  ab, 
bis  der   Spiegel   so    weit   sinkt,    dafs    der  Schwimmer  d   seine  frühere 


Neue  Prefsluftanlagen.  493 

Stellung  wieder  einnimmt  und  die  Ventile  f  auf  ihren  Sitz  zurück- 
fallen. Ein  Hahn  k  am  Abflufsrohre  l  gestattet  OefFnen  und  Schliefsen 
desselben. 

Fig.  14  zeigt  eine  Vorrichtung  mit  entlastetem  Ventil  zur  selbs- 
thätigen  Regulirung  des  Volumens  und  des  Druckes  der  zu  verthei- 
lenden  Luft. 

Die  Vorrichtung  enthält  ein  Ventilgehäuse  A  mit  zwei  Rohrstutzen  m 
und  n  und  zwei  Ventilsitzen.  Oben  bei  D  ist  ein  Cylinder  c  an  das 
Ventilgehäuse  geschraubt.  In  diesem  Cylinder  ist  ein  Kolben  p  mit 
einer  Stange  E  beweglich,  an  welcher  die  beiden  Ventile  o  sitzen.  Die 
Stange  E  führt  durch  den  Kolben  /;  hindurch  und  steht  oben  bei  F 
durch  einen  Bolzen  g  mit  einer  Stange  H  in  Verbindung,  die  bei  Ä] 
an  dem  Hebel  J  angreift,  der  am  Halter  K  drehbar  ist.  Der  Hebel  J 
ist  durch  ein  Gegengewicht  q  belastet  und  enthält  eine  Anzahl  von 
Bohrungen  r^Vor^r^  zum  Einhängen  des  Gewichtes,  das  mau  durch 
Auflegen  von  Scheiben  q^  beschweren  kann.  Je  nachdem  man  das 
Gewicht  q  bei  r  oder  r^  anhängt  oder  Scheiben  auflegt  oder  entfernt, 
erhält  man  einen  mehr  oder  minder  starken,  vorher  bestimmten  Druck. 
Wenn  z,  B.  Luft  mit  einer  Spannung  von  4^1  bei  m  eintritt  und  das 
Gewicht  q  bei  r^  aufgehängt  ist,  so  würde  der  Kolben  p  mit  einem 
Gewichte  belastet  werden,  das  einem  nothwendigen  Drucke  von  S^t  am 
Austritte  n  entspricht,  und  das  die  Ventile  o  wenig  von  ihrem  Sitze 
abgerückt  halten  würde  und  ein  Volumen  Luft  durchströmen  liefse,  das 
genau  der  Austrittsmenge  bei  n  entspricht,  wobei  die  Spannung  am 
Austritte  auf  3^^  erhalten  würde. 

Falls  die  Spannung  der  verdichteten  Luft  am  Eintritte  m  vermindert 
werden  sollte,  so  vermindert  sich  der  auf  den  Kolben  p  wirkende  Druck 
ebenfalls  und  das  Gegengewicht  q  wirkt  dann  durch  die  Stange  H  auf 
den  Kolben  und  auf  die  Ventilstange  E^  so  dafs  die  Ventile  sich  ent- 
sprechend der  Abnahme  des  auf  den  Kolben  p  entfallenden  Druckes 
senken.  Die  Ventile  vergröfsern  dann  den  Durchlafs,  und  indem  ein 
gröfseres  Volumen  Luft  durchströmt,  wird  die  Spannung  constant  er- 
halten. Die  beiden  Ventile  sind  dadurch  entlastet,  dafs  sie  ihre  obere 
und  untere  Fläche  dem  Luftdrucke  darbieten;  man  vermeidet  dadurch 
einen  aus  einem  Druckunterschiede  sich  ergebenden  Belastungswechsel. 
Es  genügt  demnach  die  Verlegung  des  Gegengewichtes  ^,  um  in  der 
Leitung  eine  bestimmte  Menge  Luft  mit  constantem  Drucke  zur  Verthei- 
lung  zu  bringen. 

In  der  Fig.  15  ist  ein  Ofen  zum  Heizen  der  verdichteten  Luft  dar- 
gestellt. Durch  Rohr  i  wird  die  verdichtete  Luft  eingeführt;  dieselbe 
strömt  durch  die  Kanäle  /  von  oben  abwärts  und  von  unten  aufwärts 
durch  die  Kanäle  m  und  weiter  durch  Rohr  n  unmittelbar  nach  dem 
Motor.  Die  Kanäle  l  sind  von  einem  Gufseisenmantel  k  umgeben,  der 
auf  einem  Untersatze  l  angeordnet  ist,  und  das  Ganze  umschliefst  ein 


494  Neue  Prefsluftanlagen. 

Blechmantel  o,  der  oben  einen  Deckel  p  trägt.  Nach  Abnahme  dieses 
Deckels  wird  von  oben  der  Brennstofi"  eingeführt.  Derselbe  schichtet 
sich  auf  dem  Roste  q  auf,  während  die  Asche  in  den  im  Untersatze  t 
gebildeten  Aschenkasten  fällt.  Die  vom  Herdfeuer  aufsteigende  Wärme 
erhitzt  die  Luft  bei  ihrem  Durchgange  durch  die  erhitzten  Kanäle, 
welche  selbst  von  beiden  Seiten  her  erwärmt  werden,  und  zwar  zunächst 
von  innen  her  und  dann  durch  die  Heizgase,  welche  durch  die  Oeff- 
nungen  r  zwischen  dem  Gufsmantel  und  dem  Blechmantel  fortströmen, 
bevor  sie  in  den  Abzug  S  gelangen. 

Fig.  16  zeigt  einen  Apparat  zum  ununterbrochenen  und  selbsthätigen 
Schmieren  des  Motors.  Der  Apparat  enthält  ein  Blechgefäfs  o  von 
cylindrischer  Form,  das  oben  offen  ist.  Die  vom  Motor  abströmende 
Luft,  die  beständig  Oel  mit  sich  führt,  tritt  durch  Rohr  f  in  einen 
Raum  g  ein,  der  von  Filz  und  Metallgewebe  umgeben  ist  und  das  Oel 
aus  dem  Luftstrome  zurückhält.  Die  Luft  strömt  also  gereinigt  durch 
das  Metallgewebe.  Das  Oel  tropft  durch  das  Filter  und  sammelt  sich 
gereinigt  im  tiefsten  Theile  h  des  Gefäfses  o.  In  o  taucht  ein  zweiter 
Behälter  k  in  das  Oel  ein,  und  an  den  Deckel  dieses  Behälters  sind  zwei 
kleine  Röhren  m  und  n  angelöthet.  Das  Rohr  n  hat  Anschlufs  an  das 
Schmiergefäfs  z,  das  auf  das  zu  schmierende  Organ  geschraubt  wird, 
während  das  Rohr  m  an  die  Luft-,  Dampf-  oder  Gasleitung  sich  an- 
schliefst, die  diese  Flüssigkeiten  unter  Druck  den  Motoren  zuführt. 
Unten  im  Behälter  befindet  sich  ein  aus  einer  Stahlfeder  i  gebildetes 
Ventil,  das  geschlossen  ist,  wenn  der  Druck  durch  das  Rohr  m  kommt 
und  auf  die  Oberfläche  des  Oeles  sich  überträgt.  Dies  Ventil  öffnet 
sich  aber,  wenn  ein  Vacuum  durch  Ansaugen  im  Behälter  k  erzeugt 
wird.  Schliefst  man  den  Hahn,  der  vor  dem  Rohre  m  der  Vertheiluugs- 
zuleitung  für  Luft  und  Dampf  angeordnet  ist,  so  macht  der  Motor  immer 
noch  einige  Umdrehungen  und  wirkt  dann  wie  eine  Pumpe.  Er  erzeugt 
dadurch  ein  theilweises  Vacuum  in  dem  Behälter  ä,  durch  den  Gegen- 
druck öffnet  sich  das  Ventil  und  dadurch  wird  Oel  in  den  Behälter  k 
angesaugt.  Setzt  man  dann  den  Motor  wieder  in  Gang,  indem  man  den 
Einlafshahn  für  die  verdichtete  Luft  öflnet,  so  pflanzt  sich  dieser  Druck 
zugleich  auf  die  Oberfläche  des  Oeles  im  Behälter  k  fort  und  das  Oel 
•tritt  dann  durch  das  Rohr  n  in  das  Schmiergefäfs  z  (Fig.  17)  über  und 
schmiert  den  betreffenden  Theil.  Das  Oel  wird  dem  Gefäfse  z  durch 
Rohr  n,  also  unter  Druck  zugeführt.  Durch  Einstellen  der  Schraube  r 
kann  man  die  Oelzufuhr  nach  z  regeln,  andererseits  läfst  sich  durch  den 
Glascylinder  (  die  Zuführung  beobachten. 

Zur  Gesammteinrichtung  gehört  endlich  noch  eine  Vorrichtung  zum 
Reinigen  und  zur  Benutzung  von  abströmender  Luft  (Fig.  18).  Bei  q 
tritt  die  Luft  in  diese  Vorrichtung  ein  und  bei  «  entweicht  sie  aus  der- 
selben, nachdem  sie  einen  Behälter  r  durchströmt  hat,  der  eine  Filter- 
hülle t  aus  Filz   und  Metallgewebe   enthält.     Das   von  der  Luft  mitge- 


Ansaldi's  Krummzapfen-Drehbank  mit  kreisenden  Werkzeugstählen.      495 

führte  Wasser  oder  Oel  wird  in  diesem  Filter  t  zurückgelassen  und 
sammelt  sich  allmählich  am  Boden  des  Behälters,  von  welchem  es 
mittels  Ablafshahnes  u  abgelassen  werden  kann. 


G.  Ansaldi's  Krummzapfeii-Drelibaiik  mit  kreisenden  Werk- 
zeugstählen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  25. 

Zum  Abdrehen  der  Kurbelzapfen  gekröpfter  Schiffsmaschinenwellen, 
zum  Abstechen  der  Gufsköpfe  an  Dampfcjlindern,  zum  Ausstechen  kreis- 
förmiger Löcher  in  Kesselplatten,  überhaupt  zu  manchen  Nebenarbeiten 
an  schweren  Werkstücken,  wie  beispielsweise  Abfräfsen  der  Fufsflächen 
grofser  Maschinengestelle  u.  s.  w.,  ist  diese  in  Revue  industrielle^  1889 
Bd.  3  Nr.  4  """  S.  26,  beschriebene  Werkzeugmaschine  recht  wohl  geeignet 
(vgl.  Craven  1887  263*319). 

Der  grofse  Bettrahmen  gewährt  in  den  Seitentheilen  A  (Fig.  1  und  2) 
Führung  einem  Ringkörper  C,  dessen  Füfse  B  und  B^  zur  Auflage  dienen. 
Seitlich  am  Ringkörper  C  dreht  sich  eine  Planscheibe  D,  die  eine 
eigenthümliche  Aussparung  (Fig.  3)  besitzt  und  welche  zwei  schmale 
SupportschHtten  G  H  bezieh,  (rj  Hi   trägt. 

Der  Betrieb  erfolgt  seitens  der  Stufenscheibe  Q,  der  Keilnuthwelle  iV, 
dem  am  Ringkörper  gelagerten  Zwischenradpaare  Ä,Äi  auf  das  Getriebe  E^ 
welches  aus  Rothgufs  besteht,  und  endlich  durch  Vermittelung  des  Zahn- 
kranzes F.  Die  mit  der  Planscheibe  D  kreisenden  Supporte  bezieh,  ihre 
Stahlhalter  erhalten  blofs  radiale  Verstellung  durch  Sternkreuze,  welche 
auf  den  Spindeln  aufgesteckt  sind,  während  die  Schaltung  in  der  Achs- 
richtung durch  Verschiebung  des  ganzen  Ringkörpers  erhalten  wird. 

Hierzu  dient  das  von  der  Betriebswelle  N  bethätigte  Schnecken- 
radtriebwerk 0  mit  den  Stufenscheiben  P,  das  Wendetriebwerk  M  und 
die  Querwelle  L.  Von  dieser  Steuerwelle  L  zweigen  die  durch  selb- 
ständige Schneckentriebwerke  bethätigten  Steuerspindeln  J,  welche  in 
Muttern  des  Ringkörpers  eingreifen  und  dadurch  die  Verschiebung  des- 
selben hervorrufen  können.'; 

Die  Abstellung  und  Umkehrung  dieser  Bewegung  wird  durch  den 
Handhebel  m  am  Wendetriebwerke  bequem  erreicht. 

Die  Kurbelachse  wird  in  Lagerkörpern  S,  S^  derart  eingespannt,  dafs 
die  Achse  des  Kurbelzapfens  in  die  Mittellinie  der  Maschine,  d.  i.  in 
ihre  geometrische  Achse  fällt.  Mit  dieser  Maschine  können  aber  nicht 
nur  die  Kurbelzapfen,  sondern  ebenso  wohl  auch  die  Wellenenden  der 
Kurbelachse  abgedreht  werden.  Pr. 


496  Bollino's  Getreideentladevorrichtung. 

J.  W.  Walles'  Ingotschere. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  2ö. 

Die  Köj)fe  der  Stahlgufsblöcke,  sogen.  lugots,  werden  nach  dem 
Englischen  Patente  Nr.  1668  vom  1.  März  1889  mittels  einer  Kreisschere 
abgeschnitten,  welche  in  Fig.  6  und  7  abgebildet  ist. 

Der  Block  e  stützt  sich  auf  zwei  nach  gleichem  Drehsinne  kreisende 
Walzen  ^,  welche  in  Gestellrahmen  c  lagern  und  durch  ein  Räderwerk  d 
bethätigt  werden. 

Zwischen  den  Gestellführungen  a  verschiebt  sich  ein  Kreuzkopf  9, 
in  welchem  ein  Rollenkörper  f  mit  eingespanntem  Scheibenmesser  i  frei 
lagernd  kreist.  Dieser  Kreuzkopf  wird  vermöge  des  angesetzten  Kolbens  h 
und  mittels  Druckwasser  an  den  kreisenden  Stahlgufsblock  geprefst, 
wodurch  derselbe  beschnitten  werden  kann. 

Nach  beendetem  Schnitte  wird  der  an  Hängestangeu  m  schwebende 
Kreuzkopf  durch  den  oberen  Druckwasserkolben  k  hochgehoben.  An 
den  im  oberen  Querstücke  angeordneten  Druckwassercylinder  _;'  und  l 
sind  die  üblichen  Steuerungsventile  vorgesehen,  welche  aus  den  Fig.  6 
und  7  nicht  zu  ersehen  sind. 


Bollino's  Getreideentladevorrichtuiig. 

Mit  Abbildung  aul  Tafel  ib. 

Zur  Fortbewegung  von  Getreide  in  der  Wagerechten  bedient  man 
sich  schon  seit  langer  Zeit  der  Schneckenwerke  mit  Vortheil;  zum 
Heben  von  Getreide  jedoch  wendet  man  mit  Vorliebe  die  bekannten 
Becherwerke  an,  welche  beinahe  auch  ausschliefslich  als  Entladevorrich- 
tung für  Getreide  auf  Schiffen  benützt  werden. 

Diese  vom  Staden  aus  betriebenen  Becherwerke  hängen  an  Ki'ahne, 
um  den  jeweiligen  Wasserständen  sowohl,  als  auch  der  abnehmenden 
Getreidemenge  im  Schiffsräume  entsprechend  nachgestellt  zu  werden. 

Bei  der  in  L'industria  vom  10.  März  1889  bezieh.  Revue  industrielle^ 
1889  Bd.  3  Nr.  4*8.29,  beschriebenen  und  in  Fig.4  und  5  dargestellten  Ent- 
lade Vorrichtung  kommen  ausschliefslich  doppelgängige  Flachschnecken,  in 
dichtumschliefsenden  Rohrleitungen  laufend,  zur  Anwendung.  Die  Ueber- 
tragung  der  Bewegung  in  den  Abzweigungen  erfolgt  mittels  Gelenk- 
kuppelungen, der  Antrieb  durch  aufsenliegende  Winkelräder  D.  Die 
als  Hohlkugeln  ausgebildeten  Eckgelenke  F  sind  sammt  dem  Zu-  und 
Abführungsrohre  ß  um  das  Hauptrohr  A  drehbar. 

Die  Schneckenspindel  macht  angeblich  300  minutliche  Umläufe. 


Gegenstromcondensation  für  Dampfmaschinenanlagen.  497 

Gegenstromcondensation  für  DampfmascMneiiaiilageii 

nach  Weiss. 

Mit  Abbildungen. 

In  einer  Versammlung  des  Eisenhüttenvereins  hielt  Herr  Civilingenieur 
F.  J.  Weiss-Bsisel  nach  Stahl  und  Eisen^  1889  Nr.  8,  einen  Vortrag  über 
eine  neuere  Art  von  Misehcondensation ,  nämlich  über  Gegenstrom- 
condensation (im  Gegensätze  zur  gewöhnlichen,  der  Parallelstromconden- 
sation),  welch  erstere  sich  besonders  zum  Condensiren  grofser  Dampf- 
massen eignet,  also  für  grofse  Dampfmaschinen  und  für  Centralcondensation 
für  mehrere  Dampfmaschinen. 

Eine  jede  Condensation  besteht  aus  zwei  zusammenarbeitenden 
Theilen: 

a)  dem  eigentlichen  Condensator,  welcher  durch  eingeführtes  Kühl- 
wasser die  Dämpfe  möglichst  vollständig  zu  tropfbarer  Flüssig- 
keit verdichten  soll; 

b)  einer  Luftpumpe,  welche  die  Luftverdünnung  im  Condensator 
herstellt  und  unterhält,  indem  sie  die  dort  verhandene,  im  Kühl- 
wasser absorbirt  gewesene  oder  durch  undichte  Stellen  einge- 
führte Luft  absaugt. 

Wenn  die  Luftpumpe  zugleich  mit  der  Luft  auch  das  warme  Wasser 
aus  dem  Condensator  zu  schaffen  hat,  so  nennt  man  sie  eine  ,,nasse 
Luftpumpe'-'.  Findet  aber  die  Warmwasserabfuhr  aus  dem  Condensator 
getrennt  von  der  Luftausfuhr  statt  (entweder  durch  eine  Warmwasser- 
pumpe, oder  durch  ein  mindestens  10™  hohes  Wasserbarometerrohr  oder 
„Abfallrohr^'),  hat  also  die  Luftpumpe  nur  die  Luft  aus  dem  Condensator 
zu  schaffen,  so  nennt  man  sie  eine  „trockene  Luftpumpe". 

Der  in  einem  jeden  Condensator  herrschende  Gesammtdruck  Pq  setzt 
sich  zusammen  aus  zwei  Theilen: 

1)  dem  Druck  d  des  im  Condensator  anwesenden  Dampfes, 

2)  dem  Druck  /  der  im  Condensator  anwesenden  Luft,  und  zwar 
60,  dafs 

Po  =  d  +  l (1). 

Diesen  Gesammtdruck  p^  mit  möglichst  kleinen  Mitteln  (kleiner 
Kühlwassermenge,  kleiner  Luftpumpe,  geringer  Betriebskraft)  möglichst 
niedrig  zu  halten,  ist  die  Aufgabe  der  Condensationsanlage. 

Der  eine  Theil  dieses  Gesammtdruckes  poi  nämlich  der  Dampf- 
druck d,  hängt  —  zweckentsprechend  gute  Vertheilung  des  Kühlwassers 
vorausgesetzt  —  nur  von  der  Temperatur  t'  des  ablaufenden  Warm- 
wassers ab,  und  diese  wiederum  nur  von  der  Menge  (und  Temperatur) 
des  zur  Verfügung  stehenden  oder  in  Verwendung  genommenen  Kühl- 
wassers. Dieser  Theil  des  Gesammtdruckes  hat  also  unter  gegebenen 
Verhältnissen  ein  für  allemal  eine  bestimmte  Gröfse,  von  der  nichts  ab- 
zumarkten ist. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  11.  1889;in.  32 


498  Gegenstromcondensation  Jür  Dampfmaschinenanlagen. 

Den  anderen  Theil  jenes  Gesammtdruckes  pj,,  den  Druck  /  der  an- 
wesenden Luft,  können  wir  aber  beliebig  weit  herabmindern;  er  hängt 
wesentlich  ab  von  der  Art  und  Weise,  wie  diese  Luft  aus  dem  Con- 
denpator  geschafft  wird,  d.  h.  wie  und  wo  die  Lufij)umpe  am  Con- 
densator  angreift,  und  hier  kommen  wir  auf  den  Kernpunkt  der  Sache. 
Während  bei  richtiger  Anlage  die  Luftpumpe  ein  Gasgemenge  aus  dem 
Condensator  saugt,  das  nur  aus  Luft  bestehen  soll,  ist  sie  bei  der  ge- 
wöhnlichen Condensation  so  angelegt,  dafs  jenes  Gasgemenge  zum  weitaus 
gröfsten  Theile  aus  Dampf  und  nur  zum  geringsten  Theile  aus  Luft  be- 
steht. Dampfabsaugen  aus  dem  Condensator  hat  aber  durchaus  keinen 
Zweck;  das  Vacuum  wird  dadurch  nicht  erhöht,  weil  Dampf  im  Con- 
densator in  einer  für  die  Luftpumpe  unerschöpflichen  Menge  vorhanden 
ist  bezieh,  aus  dem  vorhandenen  Wässer  sich  sofort  wieder  erzeugt. 
Der  Dampf  soll  eben  im  Condensator  möglichst  vollkommen  condensirt 
werden,  und  zwar  vor  Eintritt  in  die  Luftpumpe. 

Dies  kann  nun  dadurch  bewirkt  werden,  dafs  man  den  Dampf 
unten,  das  kalte  Wasser  aber  oben  in  den  Condensator  treten  läfst,  und 
dafs  man  die  Luftpumpe  ebenfalls  oben  am  Condensator  die  Luft  ab- 
saugen läfst.  Der  zu  condensirende  Dampf  strömt  somit  dem  nieder- 
gehenden Kühlwasser  entgegen  und  die  Luftpumpe  saugt  ihre  Luft  an 
der  Stelle  aus  dem  Condensator,  wo  er  am  kältesten  ist,  weil  eben  dort 
auch  das  frische  Kühlwasser  eintritt,  und  wo  in  Folge  der  Kälte  kein 
bezieh,  nur  wenig  condensirter  Dampf  vorhanden  ist. 

Im  Gegensatze  zu  dieser  Gegenstromcondensation  darf  man  die  ge- 
wöhnliche Condensation  mit  nasser  Luft-  bezieh.  Warmwasserpumpe, 
wo  Wasser  und  Luft  zusammen  abgeführt  werden,  als  Parallelstrom- 
condensation  bezeichnen. 

Ein  Beispiel  mag  nun  die  grundverschiedene  Wirkungsweise  der 
beiden  Condensationsarten  darthun: 

Man  habe  Kühlwasser  von  Iq  =  15^  und  gebe  so  viel  davon  bei, 
dafs  die  Temperatur  des  ablaufenden  warmen  Wassers  ('  =  400  werde; 
dabei  zeige  das  Vacuummeter  einen  Gesammtdruck  von  pg  =  O^^^IO  abs. 

Hat  man  es  nun  mit  gewöhnlicher  Condensation  zu  thun,  so  herrscht 
hinter  dem  Kolben  der  Luftpumpe  während  ihres  Saugens  natürlich 
auch  der  Condensatordruck  /)q  =  0'",10  abs.  (abgesehen  von  kleinen 
Differenzen,  herrührend  von  Widerständen  der  Ventile  u.  s.  w.).  Da 
aber  aufser  der  Luft  auch  noch  Wasser  in  der  Luftpumpe  ist,  und  zwar 
warmes  Wasser  von  t'  =  40°,  so  beträgt  der  Druck  des  Dampfes  aus 
diesem  warmen  Wasser  nach  RegnauUs  Damjjftabollen  allein  schon 
,/^„  =  0«t,072  abs. 

Für  den  Luftdruck  in  der  Pumpe  bleibt  sonach  nur  ein  Druck 
übrig  von 

/par.  =  Po  —  dv  =  0,100  —  0,072  =  0'S028. 

Wir  saugen  also  die  Luft  in  sehr  verdünntem  Zustande  ab;  damit 


Gegenstromcondensation  für  Dampfmaschinenanlagen. 


499 


Fig.  1. 


wir  also  genügend  Luft  absaugen,  nämlich  in  der  Zeiteinheit  gerade  so 
viel,  als  in  den  Condensator  eintritt,  mufs  die  Luftpumpe  sehr  grofs 
sein,  oder  mit  anderen  Worten:  Weil  an  dem  Orte,  wo  die  nasse  Luft- 
pumpe die  Luft  aus  dem  Condensator  absaugen  mufs,  warmes  Wasser 
vorhanden  ist,  so  mufs  dort  nutzlos  eine  Masse  Dampf  abgesaugt  werden, 
mit  welchem  die  zu  entfernende  Luft,  auf  welche  es  einzig  und  allein 
abgesehen  sein  sollte,  vermischt  ist. 

Haben  wir  nun  aber  einen  Gegenstromcondensator  mit  trockener 
Luftpumpe  (siehe  Fig.  1),  so  wird  oben,  wo  das  Kühlwasser  eintritt 
und  wo  die  Luftpumpe  ihr  Gas- 
gemenge absaugt,  der  kühlste 
Ort  im  Condensator  sein;  es  wird 
sich  also  dort  oben  der  Dampf 
—  bis  auf  einen  ganz  geringen 
Rest  —  kräftig  niederschlagen ^ 
dadurch  will  aber  dort  der  Druck 
abnehmen;  es  entsteht  daher, 
um  diesen  Druck  wieder  herzu- 
stellen, eine  lebhafte  Strömung 
des  unteren  Gasgemenges  dort- 
hin, aus  dem  sich  immer  wieder 
der  Dampf  condensirt,  so  dafs 
schliefslich  die  Luft  dort  oben  so 
dicht  ist,  dafs  sie  nahezu  allein 
schon  den  Gesammtdruck  po 
ausübt. 

In  einem  Gegenstromconden- 
sator concentrirt  sich  also  die 
schädliche  Luft  nach  oben,  wo  sie 
in  concentrirtem  Zustande  von  der 
(trockenen)  Luftpumpe  weggeholt  wird,  während  der  Dampf  nach  unten 
gedrängt  wird;  wir  haben  unten  in  dem  Gegenstromcondensator,  beim 
Dampfeintritt,  wo  es  heifs  ist,  dichten  Dampf  und  dünne  Luft  =  Ge- 
sammtdruck Pq-^  und  oben,  beim  Eintritt  des  Kühlwassers,  wo  es  kalt 
ist,  und  von  wo  die  Luftpumpe  die  schädliche  Luft  absaugt,  dünnen 
Dampf  und  dichte  Luft  =  demselben  Gesammtdruck  p,,,  wie  das  in  dem 
Diagramm  neben  Fig.  1  versinnbildlicht  ist. 

Es  kann  nun  der  oben  abzusaugenden  Luft  genügend  Oberfläche 
zur  Abkühlung  am  kalt  eintretenden  Kühlwasser  gegeben  werden,  dafs 
die  Temperatur  t"  oben  im  Condensator  gleich  oder  nur  wenige  Grade 
höher  ist  als  die  Temperatur  ^o  des  eintretenden  Kühlwassers.  Ange- 
nommen, diese  Temperatur  t"  sei  in  unserem  Fall  <"  =  200;  dem  ent- 
spricht ein  Dampfdruck  rft"=0at,023  absolut.  Da  wir  sonst  nichts  ge- 
ändert haben,  so  wird  der  Gesammtdruck  />o  im  Condensator  derselbe 


500  Gegenstroracondensation  für  Dampfraaschinenanlagen. 

geblieben  sein  wie  vorhin,  d.  h.  wieder  Pq^O'^^^IO.  Also  bleibt  jetzt 
für  die  Luft  im  oberen  Theile  des  Condensators,  von  wo  aus  die  Luft- 
pumpe ihr  Gasgemisch  absaugt,  ein  Druck  l  übrig,  der  sich  wieder  aus 
Gl.  (1)  ergibt: 

l  =  Po  —  rft"  =  0,10  —  0,023  =  03f,077 
Die  Luft  ist  also  im  oberen  kühleren  Theile  des  Gegenstromconden- 

0  077 
sators  in  einem  tttt^ö  =  2,75  mal  dichteren  Zustande  vorhanden  als  bei 

Parallelstrom;  die  trockene  Luftpumpe  bei  Gegenstrom  saugt  also  ihre 
Luft  in  diesem  2,75 mal  dichteren  Zustande  ab:  ihr  Hubvolumen  kann 
also  2,75  mal  kleiner  sein  als  derjenige  Theil  des  Hubvolumens  der 
„nassen'^  Luftpumpe,  der  auf  Förderung  der  Luft  verwendet  wird:  da- 
durch wird  aber  bei  der  trockenen  Luftpumpe  und  bei  Gegenstrom  auch 
die  Arbeit  23  4  mal  kleiner. 

Das  ist  der  eine  Vortheil  von  Gegenstromcondensation  gegenüber 
Parallelstromcondensation:  bedeutend  kleinere  Luftpumpe,  und  dem- 
entsprechend bedeutend  verminderte  Betriebsarbeit  für  dieselbe. 

Der  andere  Vortheil  des  Gegenstroms  über  Parallelstrom  betrifft 
die  Kühlwasserersparnifs. 

Im  Fall  einer  nassen  Luftpumpe  saugt  die  Pumpe  die  Luft  und  das 
warme  Wasser  am  selben  Orte  ab.  Die  Luft  bezieh,  das  Gasgemenge, 
bestehend  aus  Luft  -f-  Wasserdampf,  hat  natürlich  den  Gesammtdruck  Pq, 
der  im  Condensator  herrscht.  Dieser  Gesammtdruck  p^  besteht  aus  der 
Summe:  Luftdruck  / -f"  Dampfdruck  d.  Der  Luftdruck  /  ist  dabei  immer 
vorhanden,  weil  eben  dort  die  Luftpumpe  die  Luft  absaugt.  Also  mufs 
der  Druck  d  des  Dampfes  des  warmen  Wassers  nothwendigerweise  um 
eben  diesen  Luftdruck  l  kleiner  sein  als  der  Gesammtdruck  p^  (oder 
das  ,.Vacuum")  im  Condensator.  Von  diesem  Dampfdruck  d  hängt  aber 
unmittelbar  die  Temperatur  t'  ab,  auf  welche  sich  das  ablaufende  Wasser 
erwärmen  kann;  und  da  dieser  Dampfdruck  d  kleiner  ist  als  der  Ge- 
sammtdruck p,„  so  folgt  nothwendig,  dafs  auch  die  Temperatur  des  ab- 
laufenden Wassers  kleiner  ist,  als  dem  Vacuum  im  Condensator  ent- 
sprechen würde. 

Nehmen  wir  beispielsweise  an,  wir  hätten  im  Condensator  einen 
Gesammtdruck  (oder  ein  Vacuum)  von /Jq  =  Ö^S^Ö  absolut,  so  würde 
diesem  Druck  eine  Dampftemperatur,  also  auch  eine  Temperatur  des 
ablaufenden  warmen  Wassers  von  46^  C.  entsprechen.  So  warm  kann 
aber  hierbei  das  ablaufende  Wasser  nicht  werden;  denn  seine  Dämpfe 
würden  allein  schon  den  Gesammtdruck  p,,  =  0'",10  ausüben,  für  die 
Luft  bliebe  nichts  mehr  übrig.  Es  darf  und  kann  sich  nicht  bis  auf 
jene  Temperatur  erwärmen,  damit  der  Druck  seiner  Dämpfe  kleiner 
bleibe,  also  nur  einen  Theil  des  Gesammtdruckes  ausmache,  dem  Druck 
der  Luft  den  anderen  Theil  überlassend. 

Ganz  anders   bei  Gegenstrom:   Hier   wird  aus  dem  unteren  Theile 


Gegenstromcondensation  für  Dampfmaschinenanlagen.  501 

des  Condensators  die  Luft  nach  oben  verdrängt.  Und  wenn  die  Luft- 
pumpe eine  bestimmte  zu  berechnende  Gröfse  hat,  so  wird  die  Luft 
vollständig  aus  dem  unteren  Theile  des  Condensators  nach  oben  ver- 
drängt. Es  ist  also  l  =  0  geworden,  und  der  Gesammtdruck  Pq  besteht 
lediglich  nur  aus  Dampfdruck.  Alsdann  aber  kann  sich  das  ablaufende 
warme  Wasser  bis  vollständig  auf  die  dem  Vacuum  entsprechende  Tem- 
peratur erwärmen  (was  bei  Parallelstrom  eben  nicht  möglich  ist), 
und  es  erwärmt  sich  dann  auch  vollständig  bis  zu  jener  höchstmöglichen 
Temperatur,  wenn  nur  für  eine  gute  Kühlwasserzertheilung  gesorgt  ist^ 
denn  jedes  Wassertheilchen  kommt  am  Ende  seines  Weges  im  Con- 
densator,  bevor  es  denselben  verläfst,  noch  mit  den  eben  anlangenden 
heifsesten  Dämpfen  in  innige  Berührung,  und  der  Wärmeaustausch  von 
Wasserdampf  und  Wasser,  wenn  sich  beide  unmittelbar  berühren,  ist 
ungemein  energisch. 

Wenn  sich  aber  das  Kühlwasser  bis  völlig  auf  die  dem  Vacuum 
im  Condensator  entsprechende  Temperatur  erwärmt,  so  ist  klar,  dafs 
dann  die  Kälte  des  Kühlwassers  vollständig  ausgenützt  wird,  und  dafs 
man  also  unter  diesen  Umständen  die  geringstmögliche  Menge  davon 
braucht.  Die  Arbeit,  die  zur  Förderung  dieses  Wassers  gebraucht  wird, 
und  zwar  sowohl  in  den  Condensator  hinein,  als  aus  demselben  hinaus, 
wird  dann  dabei  ebenfalls  die  kleinstmögliche. 

Ein  richtig  angelegter  Gegenstromcondensator  erfüllt  folgende  zwei 
Bedingungen: 

1)  Sein  oberer  Theil,  und  insbesondere  das  Verbindungsrohr  zur 
Luftpumpe  hin,  soll  sich  kalt  anfühlen;  alsdann  ist  man  sicher,  dafs 
die  Luftpumpe  nur  Luft  absaugt,  weil  eben  in  einem  kalten  Gemenge 
von  Luft  und  Wasserdampf  letzterer  nur  in  sehr  verdünntem  Mafse  ent- 
halten sein  kann.  Die  Luftpumpe  —  und  damit  auch  deren  Arbeit  — 
wird  also  möglichst  klein. 

2)  Das  ablaufende  Warmwasser  erwärmt  sich  vollständig  bis  auf 
die  dem  Vacuum  entsprechende  Temperatur,  d.  h.  man  braucht  nur  so 
viel  Wasser  zu  geben,  dafs  es  sich  wirklich  bis  auf  diese  Temperatur 
erwärmt,  womit  auch  der  Kühlwasserverbrauch  sein  Minimum,  und  der 
Kraftverbrauch  für  Förderung  des  Wassers  ebenfalls  sein  Minimum  erreicht. 

Mifst  man  z.  B.  an  einem  gewöhnlichen  Dampfmaschinencondensator 
(also  mit  Parallelstrom  und  nasser  Luftpumpe)  nur  die  Temperatur  des 
Kühlwassers  (to)  und  die  des  ablaufenden  warmen  Wassers  (t'),  so  er- 
hält man  durch  Einsetzen  dieser  beiden  Werthe  in  die  bekannte  Formel 

625  —  t' 

das  vorliegende  Kühlwasserverhältnifs  n  (d.  h.  das  Verhältnifs  des  in 
den  Condensator  eingeführten  Kühlwassers  zu  dem  gleichzeitig  einge- 
tretenen Dampfe),  ohne  dafs  man  nöthig  hätte,  Dampfmenge  und  Kühl- 
wassermenge jede  für  sich  zu  messen. 


502  Gegeustioracondensation  für  Darapfmaschinenanlagen. 

Liest  mau  dann  auch  noch  den  Vacuummeterstand  ab,  so  hat  man 
den  Druck  p^)^  der  zur  Zeit  der  Beobachtung  im  Condensator  herrscht. 
Mit  diesem  Druck  findet  man  nach  den  RegnauW sehen  Dampftabellen 
die  diesem  Drucke  ents])rechende  Temperatur  gesättigten  Wasser- 
dampfes; und  diese  Tem])eratur  {t')  ist  nach  den  vorhergehenden  Ent- 
wickelungen  diejenige,  auf  die  sich  das  Wasser  im  Condensator  er- 
wärmen könnte  und  würde,  wenn  man  Gegenstromcondensation  verwendet 
hätte.  Setzt  man  dann  auch  diese  Temperatur  in  die  Formel  für  das 
Kühhvasserverhältnifs  n  ein,  so  findet  man  nun,  wie  viel  oder  vielmehr 
wie  wenig  Kühlwasser  bei  Gegenstrom  gebraucht  worden  wäre  anstatt 
bei  Parallelstrom,  und  zwar  unter  sonst  gleichen  Umständen,  d.  h.  bei 
gleicher  Temperatur  des  Kühlwassers  und  bei  gleicher  Höhe  des  Vacuums. 

Bei  einem  Versuche  an  einem  gewöhnlichen  Condensator  wurde 
gefunden:  Kühlwassertemperatur  <o  =  18'*  coustant  und  die  Temperatur 
des  ablaufenden  Warmwassers  t'  =  29«,  36»  und  57". 

Die  erste  Temperatur  von  t'  =  29^  war  vorhanden  bei  der  Stellung 
des  Einspritzhahnes  (also  derjenigen  Zugabe  von  Kühlwassermenge), 
die  der  Wärter  der  betreffenden  Maschine  als  die  nach  seiner  Meinung 
vortheilhafteste  von  sich  aus  ausgewählt  hatte,  die  er  immer  einhielt 
und  wobei  er  ein  Vacuum  von  64cii  erhielt.  Bei  Zufuhr  von  mehr  und 
von  wenigfer  Wasser  wurde  das  Vacuum  geringer.  Die  zweite  Tem- 
peratur f  =  360  ergab  sich,  als  der  Einspritzhahn  etwas  mehr  zugedreht 
und  gewartet  wurde,  bis  wieder  Beharrungszustaud  eingetreten  war;  die 
dritte  Temperatur  l'  =  57"  wurde  erhalten  durch  Nochmehrzudrehen  des 
Kaltwasserhahnes. 

Setzen  wir  nun  diese  Werthe  der  Temperaturen  t^^  und  t'  in  die 
Formel  für  n  ein,  so  erhalten  wir: 

n  =  66        33         14,5. 

Im  ersten  Fall,  den  der  Maschinist  für  den  günstigsten  hielt  und 
wo  mit  „höchstem  Vacuum-'  gearbeitet  wurde,  gebrauchte  also  der 
Condensator  eine  enorme  Kühlwassermenge,  nämlich  das  66 fache  Ge- 
wicht von  dem  in  derselben  Zeit  condensirten  Dampf. 

Es  waren  dann  auch  gleichzeitig  die  Vacuummeterstände  abgelesen 
worden,  und  ergaben  diese  für  die  3  Fälle: 

64  62,5         51cm,5 

also  /Jo  =  0,15  0,18         0^",32  absolut. 

Diesen  Drucken  entsj)rechen  aber  nach  Hegnault'a  Dampftabellen 
Temperaturen  von 

'Wenslr.  =  550  58"  71", 

auf  welche  das  Kühlwasser  bei  Gegenstrom  sich  hätte  erwärmen  können 
und  sollen. 

Setzen  wir  diese  Werthe  von  t'  (und  den  gleichbleibenden  Werth 
von  fj)  =  18")  in  die  Formel  für  n  ein,  so  ergibt  sich: 
ngeg.  =  15         14         10,5. 


Gegenstromcondensation  für  Dampt'maschiiienanlagen.  503 

Anstatt,  dafs  man  also  bei  Parallelstrom  das  66-,  33-  und  14 1/2  fache 
vom  Dampfgewiehte  thatsächlieh  gebraucht  hat,  hätte  man  bei  Gegen- 
strom nur  das  15-,  14-  und  IOI/2 fache  gebraucht,  man  hätte  also  ent- 
sprechend i|4,  V2  ^^^  etwa  2|g  so  viel  Wasser  in  Verwendung  nehmen 
müssen,  als  wie  bei  Parallelstrom. 

Man  könnte  nun  sagen,  dafs  dort,  wo  Wasser  in  reichlicher  Menge 
vorhanden  ist,  es  auch  nichts  mache,  wenn  man  mehr  davon  brauche, 
da  es  ja  nichts  koste!  Diese  Meinung  ist  aber  nicht  richtig.  Der  Nutzen 
der  Condensation  für  die  Dampfmaschine,  an  der  sie  wirkt,  besteht  in 
der  Arbeitssteigerung  der  letzteren  durch  vermehrte  Druckdifferenz  auf 
Vorder-  und  Hinterseite  der  Dampfkolben,  jedoch  abzüglich  der  Arbeit, 
die  der  Betrieb  der  Condensation  selber  wieder  erfordert;  oder  in  der 
durch  die  Anbringung  der  Condensation  erzielten  Dampf-  also  Kohlen- 
ersparnifs  abzüghch  der  Kosten,  die  man  für  den  Betrieb  der  Conden- 
sation selber  wieder  ausgeben  mufs,  bei  welcher  der  Kraftverbrauch 
proportional  dem  Kühlwasserverbrauch  ist. 

Aber  die  Arbeit  zur  Förderung  der  Luft  —  nämlich  die  Compres- 
sionsarbeit,  um  die  Luft  vom  niedrigen  Condensatordruck  auf  den  Druck 
der  vollen  Atmosphäre  zu  bringen  und  selbe  in  diese  hinauszuschieben  — 
ist  der  absorbirten  Luft  wegen  auch  proportional  der  verwendeten 
Kühlwassermenge.  Da  aber  Gegenstromcondensation  mit  der  jeweiligen 
kleinstmöglicheu  Kühlwassermenge  auskommt,  so  ist  schon  aus  diesem 
Grunde  ihr  Kraftbedarf  zum  eigenen  Betriebe  der  kleinstmögliche. 

Zu  dieser  Verminderung  des  Kraftverbrauches,  welche  von  ver- 
mindertem Kühlwasserverbrauche  herrührt,  kommt  noch  deren  weitere 
Verminderung,  welche  davon  herrührt,  dafs  das  Hubvolumen  der  Luft- 
pumpe kleiner  sein  kann,  w-eil  sie  die  Luft  in  coucentrirtem  Zustande 
absaugt.  Die  Arbeit  der  Luftpumpe  ist  ihrem  Hubvolumen  auch  immer 
proportional,  gleichgültig,  ob  das  letztere  nützlicherweise  nur  mit  Luft, 
oder  unuützerweise  auch  mit  Dampf  erfüllt  sei. 

Der  Gesammtaufwand  an  Arbeit  zum  Betriebe  der  Condensation 
ist  bei  Gegenstrom  der  kleinstmögliche;  also  ist  auch  der  Nutzen  dieser 
Art  Condensation  für  die  Dampfmaschine  der  überhaupt  höchsterreich- 
bare. 

Nachdem  im  Vorstehenden  die  grundsätzlichen  Unterschiede  zwischen 
gewöhnlicher  Parallelstrom-  und  Gegenstromcondensation  gewonnen, 
führte  der  Vortragende  eine  bestimmte  Ausführungsform  solcher  Gegen- 
stromcondensation vor,  wie  sie  ihm  und  der  Sangerhauser  Actienmaschinen- 
fabrik  patentirt  ist,  und  welche  eine  Reihe  Eigen thümlichkeiten  enthält. 

Eine  solche  Anlage  wird  zur  Zeit  für  die  Condensation  des  Ab- 
dampfes einer  1200  pferdigen  Gebläsemaschine  der  Bochumer  Gesellschaft 
für  Stahlindustrie  ausgeführt;  eine  andere  als  Centralcondensation  für 
den  Abdampf  von  7  Dampfmaschinen  mit  zusammen  etwa  750  ff  der 
Zellstofffabrik  Waldhof  bei  Mannheim. 


504 


Gegenstromcondensation  für  Dampfmaschinenanlagen. 


Bei  der  schematischen  Darstellung  (Fig.  2)  saugt  eine  Kaltwasser- 
pumpe M  das  Kühlwasser  an  und  fördert  es  in  ein  Gefäfs  F,  von 
welchem  aus  es  vom  Condensator  C  angesogen  wird.    In   diesem  föllt 


Fig.  2. 


es  über  eine  Stufenfolge  von  Tellern  herab,  dem  durch  das  Rohr  B 
einströmenden  zu  condensirenden  Dampfe  entgegen.  Durch  das  10°^ 
hohe  Fallrohr  A^  welches  unter  Wasser  ausmündet,  wird  das  warme 
Wasser  selbsthätig  aus  dem  Condensator  entfernt,  indem  eine  Wasser- 
säule von  der  Höhe  A,  welche  der  jeweilig  herrschenden  Saugkraft  im 
Condensator  entspricht,  in  diesem  Abfallrohre  hängen  bleibt,  und  unten 
an  diesem  Rohre  gerade  so  viel  Wasser  ausläuft,  als  oben  zufliel'st. 

Oben  im  Condensator  saugt  durch  das  Rohr  E  die  trockene  Luft- 
pumpe L  die  Luft  ab,  und  zwar,  wie  vorhin  gezeigt,  möglichst  nur 
Luft  und  nicht  auch  Dampf,  weil  sie  die  kühlsten  Orte  des  Condensators 
angreift,  wo  das  frische  Kühlwasser  eintritt. 

Als  besondere  Einrichtungen  bei  dieser  Condensationsanlage  be- 
spricht der  Vortragende  folgende: 


Gegenstromcondensation  für  Dampfmaschinenanlagen.  505 

Eine  Untugend  an  den  erstgebauten  Gegenstromcondensatoren  war, 
dals,  obsehon  die  Condensationskörper  C  weit  naehr  als  die  Wasser- 
barometerhöhe —  10™,3  —  über  dem  Unterwasserspiegel  Z—Z  lagen, 
trotzdem  die  Luftpumpe  stromweise  Wasser  zog.  Das  darf  natürlich 
die  als  trockene  Luftpumpe  eingerichtete  Pumpe  nicht.  Man  wollte 
dies  Vorkommnifs  damit  erklären,  dafs  im  Condensator  starke  Dampf- 
und Luftströmungen  herrschen,  welche  das  Wasser  bis  in  die  Höhe 
zum  Luftrohre  reifsen  können.  Es  ist  das  eine  völlig  unrichtige  An- 
schauung. Oben  im  Condensator  über  dem  Kühlwasser  und  wo  keine 
Condensation  mehr  stattfindet,  herrscht  keine  stärkere  Strömung  und 
kann  keine  stärkere  Strömung  herrschen,  als  wie  sie  durch  die  Luft- 
pumpe erzeugt  wird,  und  diese  Geschwindigkeit  der  Dämpfe  oder  Luft 
Volumen  des  durch  die  Luftpumpe  angesogenen  Gasgemenges 

ist    = j=: r — TT •     Ö16 

Querschnitt 
ist  in  dem  weiten  Condensator  so  gering,  dafs  durch  sie  sicherlich  kein 
Wasser  in  die  Höhe  gehoben  wird.  Mag  der  Dampf  unten  in  den 
Condensator  mit  100  und  200™  Geschwindigkeit  in  der  Secunde  ein- 
strömen, oben  findet  nur  die  geringe  Strömung  statt,  welche  von  der 
Luftpumpe  herrührt,  und  deren  Hubvolumen  entspricht. 

Die  Gründe  für  die  erwähnte  Erscheinung  sind  folgende: 

al  Die  freihängende  Wassersäule  im  Fallrohre  A  kann  durch  irgend 
welche  Einflüsse  in  senkrechte  Schwingungen  gerathen,  welche  in  der 
That  so  grofs  sein  können,  dafs  das  Wasser  zu  oberst  in  den  Conden- 
sator hinaufschlägt.  Es  ist  ja  auch  bekannt,  wie  die  Quecksilbersäule 
eines  gewöhnlichen  Quecksilberbarometers  in  starke  Schwankungen  ge- 
räth,  wenn  man  das  Instrument  nur  wenig  bewegt.  Dergleichen  Ein- 
flüsse sind  aber  vorhanden:  so  entnimmt  die  Luftpumpe  ihre  Luft  dem 
Condensator  stofsweise,  und  stofsweise  kommt  auch  der  Dampf  in  den 
Condensator.  Stehen  zufälliger  Weise  die  Intervalle  zwischen  diesen 
kleinen  Dampf-  und  Luftstöfsen  in  einem  einfachen  Zahlenverhältnisse 
zurSehwingungsdauer  der  Fallwassersäule,  so  addiren  sich  ihre  Wirkungen 
und  bringen  so  die  gröfsten  Schwankungen  hervor. 

Die  Schwankungen  der  Fallwassersäule  kann  man  in  einfacher  und 
sicherer  Weise  durch  Anbringung  einer  Klappe  K  am  unteren  Ende  des 
Fallrohres  verhindern.  Bei  Schwankungen  nach  abwärts  läfst  die  Klappe 
das  Wasser  wohl  austreten:  bei  der  nun  beginnenwollenden  Schwan- 
kung nach  aufwärts  schliefst  aber  die  Klappe  und  verhindert  so  diese 
Schwankung  und  damit  auch  die  naturgemäfs  folgende  nach  abwärts, 
so  dafs  der  Wasserspiegel  x  —  y  ruhig  bleibt.  Dabei  wird  dann  auch 
das  zu  fürchtende  Rücklaufen  von  Fallwasser  in  das  Abdampfrohr  B 
vermieden,  und  zwar  ohne  dafs  man  nöthig  hätte,  den  Condensator 
mehr  als  die  Wasserbarometerhöhe  (10^,3)  über  den  Unterwasser- 
spiegel Z,  Z  zu  legen. 

Wir  haben  aber  noch  eine  freischwebende  Wassersäule,  die  Saug- 


506  Gegenstromcondensation  für  Dampfmaschinenanlagen. 

Wassersäule  im  Zulaufrohre  0;  auch  hier  könnten  wir  nicht  gewollte 
Schwankungen  durch  das  gleiche  Mittel  wie  vorhin  verhindern,  nämlich 
durch  Anbringen  eines  Kückschlagventiles  K^.  Diese  Klappen  und 
Ventile  brauchen  nicht  dicht  zu  sein;  ihre  Wirkung,  Schwankungen  zu 
verhindern,  äulsern  sie  doch. 

Wenn  hiernach  Schwankungen  des  Wassers  im  Condensator  unmög- 
lich gemacht  sind,  so  gibt  es  doch  noch  einen  zweiten  Grund  zum 
Wasserüberreifsen  in  der  Luft])umpe.  *  Liefse  man  nämlich  das  Kühl- 
wasser direkt  in  den  Condensator  treten,  so  würde  es  dort  heftig  auf- 
schäumen, da  sich  die  im  Wasser  absorbirt  gewesene  Luft  unter  dem 
verminderten  Drucke  frei  macht.  Dieses  Aufschäumen  kann  leicht  so 
stark  werden,  dafs,  wenn  der  Condensatorhut  nicht  übermäfsig  hoch 
und  weit  ist,  die  Luftpumpe  schaumiges  Wasser  ansaugt.  Deswegen 
bringen  wir  ein  Entluftungsgefäfs  G  an  und  lassen  das  Wasser  zuerst 
in  dieses  eintreten,  in  welchem  es  anstandslos  aufschäumen  und  seine 
Luft  abgeben  kann,  wonach  es  durch  das  Verbindungsrohr  Q  entlüftet 
und  ruhig  in  den  Condensator  tritt.  Die  Luft,  die  sich  im  Entlüfter  G 
frei  macht,  tritt  durch  Rohr  P  in  den  Condensator,  und  weil  es  nach 
abwärts  gerichtet  ist,  wird  auch  etwa  mitgerissenes  Wasser  nach  ab- 
wärts in  das  übrige  Wasser  laufen  und  von  der  Luft  abgeschieden. 

Indem  wir  so  die  Entlüftung  des  Kühlwassers  in  einem  besonderen 
Gefäfse,  dem  Entlüfter  G  vornehmen,  liegt  nun  der  weitere  Gedanke 
nahe,  diese  Luft  gar  nicht  in  den  eigentlichen  Condensationsraum  ein- 
treten zu  lassen,  wo  sie  nur  schaden  kann,  indem  sie  die  am  Wasser 
sich  condensirensollenden  Dampftheilchen  mit  einer  isolirenden  Luft- 
schicht umgibt,  sondern  sie  unmittelbar  der  Luftpumpe  zuzuführen.  Das 
erreichen   wir   durch  einfaches  Ueberstülpen   einer  Glocke  J  über  den 

1  Ein  weiterer  Grund  kann  allerdings  bei  unzweckmäl'siger  Anlage  noch 
existiren :  wenn  der  Condensator  sein  Wasser  aus  einem  hochgelegenen  Be- 
hälter ansaugt  —  was,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  immer  unzweck- 
mäfsig  ist  —  und  wenn  das  Saugrohr  eng  ist  oder  ein  Regulirhahn  —  der 
bei  unserer  Anordnung  gar  nicht  vorhanden  sein  darf  —  nur  wenig  geöffnet 
ist,  so  stürzt  sich  ein  Wasserstrahl  mit  gröfster  Heftigkeit  in  den  luftver- 
dünnten Raum  im  Condensator,  und  es  können  dann  die  Flächen  (Nietköpfe 
n.  s.  w.),  auf  die  der  Strahl  auftrifft,  zulallig  derart  liegen,  dafs  der  ganze 
Strahl  oder  ein  Theil  desselben  gegen  die  Luftabsaugeöffnung  hinaufspritzt 
und  dort  von  der  Luftpumpe  angesogen  wird.  Dem  wird  abgeholfen,  indem 
man,  wie  in  Fig.  2  angedeutet,  das  Wasser  mittels  eines  weiten  Rohres  in 
den  Condensator  füln-t,  wodurch  es  ruhig  einläuft,  ohne  zu  spritzen.  Man  hat 
bei  Gegenstromcondensation  sich  überhaupt  von  dem  Bcgritf  „Einspritzung" 
vollständig  frei  zu  machen:  das  Wasser  soll  ruhig  einlaufen,  auf  dafs  man 
sicher  sei,  dafs  es  thatsächlich  auch  den  ihm  vorgeschriebenen  Weg  einschlägt. 
Grundsätzlich  soll  das  Saugrohr  D  (Fig.  2)  genau  so  weit  sein,  wie  das  Ab- 
fallrohr  .4,  weil  beide  dieselbe  Wassermenge,  abgesehen  von  dem  Condens- 
wasser,  zu  fördern  haben,  und  beide  dies  mit  einer  mäfsigen  Geschwindigkeit 
(0,5  bis  ltn,3,  wachsend  mit  der  Rohrweite)  thun  sollen.  Wenn  man  dann  in 
der  Praxis  das  Abfallrohr  A  noch  weiter  macht,  so  hat  das  seinen  berechtigten 
Grund  darin,  dafs  dieses  Rohr  in  gröfserem  Mafse  der  Bildung  von  Ansätzen, 
Kesselstein  u.  s.  w.,  ausgesetzt  ist,  als  das  Saugrohr  des  Kaltwassers. 


Gegenstromcondeasation  für  Darapfmasclünenanlageu.  507 

obersten  Teller,  welche  dem  Wasser  wohl  den  Eintritt  in  den  Couden- 
sationsraum  gestattet,  die  Luft  aber  von  diesem  abhält. 

Die  geringen  Luftmengen,  welche  durch  Undichtheiten  an  Stopf- 
büchsen'der  Dampfcylinder,  Ventilen,  Rohrleitungen  u.  s.  w.  eingedrungen 
sein  können  und  welche  vermöge  des  G-egenstromprinzipes  im  Conden- 
sator  nach  oben  gedrängt  werden,  treten  durch  das  Röhrchen  R  eben- 
falls in  den  Raum  über  der  Glocke  und  werden  von  dort  auch  von  der 
Luftpumpe  fortgeholt.  Die  Abhaltung  der  Luft  von  dem  eigentlichen 
Condensationsraume  bewirkt  eine  kräftigere  Condensation. 

Der  Vortragende  erwähnt  zum  Schlüsse  die  eigenartige  Kühlwasser- 
zuführung zum  Condensator.  Die  Kaltwasserpumpe  M  pumpt  ihr  Wasser 
in  ein  i-ohrförmiges  Zwischengefäfs  F,  aus  welchem  der  Condensator 
sein  Wasser  durch  das  Rohr  D  selbsthätig  ansaugt.  Es  ist  klar,  dafs 
bei  dieser  Anordnung  die  ganze  Saugkraft  des  Condensators  voll  aus- 
genützt wird,  dafs  sich  der  Wasserspiegel  m — n  jeweilen  von  selbst  so 
tief  einstellt,  als  es  der  jeweiligen  Saugkraft  des  Condensators  entspricht. 
Die  Kaltwasserpumpe  hat  also  ihr  Wasser  nicht  auf  die  volle  Höhe  bis 
zum  Condensator  hinauf  zu  heben,  sondern  nur  auf  die  kleinstmögliche 
Höhe  fiQ.  Dabei  wird  auch  die  Arbeit  der  Kaltwasserpumpe  ein  Mini- 
mum und  wird  bei  dieser  Anordnung  die  Arbeit  zur  Wasserfbrderung 
(die  letztere,  im  allgemeinsten  Sinne  genommen  als  Summe  von  Arbeit 
zur  Förderung  des  kalten  und  des  warmen  Wassers)  überhaupt  die 
kleinstmögliche  und  ist  insbesondere  kleiner  als  bei  gewöhnlicher  Con- 
densation mit  Parallelstrom. 

Bei  Condensatoren,  die  ihr  Wasser  selber  ansaugen  sollen,  und  zwar 
auf  die  gröfstmögliche  Höhe,  treten  oft  Betriebsstörungen  durch  Fallen- 
lassen des  Wassers  ein,  wenn  durch  irgend  einen  Zufall  einmal  die 
Kühlwasserzufuhr  unterbrochen  wird.  Man  kann  einen  gewöhnlichen 
Condensator  alsdann  nur  wieder  in  Gang  bringen,  wenn  man  ihn  auf  um- 
ständliche Weise  wieder  abkühlt.  Dieser  Uebelstand  ist  bei  unserer 
Einrichtung  folgendermafsen  vermieden :  Wäre  hier  einmal  der  Conden- 
sator heifs  geworden  und  in  Folge  dessen  der  Luftdruck  in  ihm  so  weit 
gestiegen,  dafs  er  sein  Wasser  hätte  fallen  lassen,  so  wird,  wenn  sowohl 
Luftpumpe  L  als  auch  Kaltwasserpumpe  M  ruhig  weiterarbeiten,  der 
Wasserspiegel  m — n  sowohl  in  Rohr  F,  und  nachher  in  Röhrchen  Fj, 
als  auch  in  Rohr  D  steigen,  und  zwar  bis  zum  Condensator  hinauf 
(deswegen  mufs  das  Röhrchen  jFj  bis  über  ihn  hinaus  geführt  werden), 
worauf  von  selber  sich  das  Kühlwasser  in  den  Condensator  ergiefst; 
dadurch  kühlt  er  sich  sofort  von  selber  wieder  ab,  die  Dämpfe  werden 
wieder  condensirt,  das  Vacuum  steigt,  der  Wasserspiegel  m — n  senkt 
sich  wieder,  und  die  Kaltwasserpumpe  hat  ihr  W^asser  nur  wieder  auf 
ihre  normale  Höhe  h^  zu  heben,  während  sie  es  vorher  —  vorüber- 
gehend —  auf  eine  gröfsere  Höhe,  selbst  bis  h^^ -\- h^^  zu  heben  hatte. 
Betriebsstörungen  durch  Fallenlassen  des  Wassers  sind  also  bei  unserem 


508  Gegeiistromcondeneation  i'ür  Dampl'maschinenanlagen. 

Condensator  von  vornherein  ausgeschlossen,  und  zwar  trotzdem  die  volle 
Saugkraft  desselben  ausgenutzt  wird. 

Aber  ebenso  wenig  darf  ein  Leersaugen  des  Behälters,  aus  dem  der 
Condensator  ansaugt,  vorkommen,  indem  solches  Leersaugen  die'  gleichen 
Folgen  bewirken  würde,  wie  das  Fallenlassen  des  Wassers.  Solches 
Leersaugen  des  Kühlwasserbehälters  kommt  dann  leicht  vor,  wenn  man 
nicht  viel  Kühlwasser  zur  Verfügung  hat  bezieh,  in  Verwendung  nimmt. 
Es  wird  bei  unserer  Einrichtung  von  vornherein  dadurch  ausgeschlossen, 
dafs  wir  die  untere  Mündung  des  Saugrohres  D  mindestens  um  die 
Wasserbarometerhöhe,  d.  h.  mindestens  um  10", 3  unterhalb  des  Ober- 
wasserspiegels verlegen.  Alsdann  nimmt  der  Condensator  gerade  so 
viel  oder  so  wenig  Wasser  aus  dem  Zwischengefäfse  F  weg,  als  die 
Kaltwasserpumpe  diesem  Gefäfse  zubringt.  2  Selbst  wenn  die  Kaltwasser- 
pumpe einmal  gar  kein  Wasser  mehr  zubringen  würde,  so  würde  das 
Gefäfs  F  doch  nicht  leergesogen,  sondern  es  würde  im  Steigrohre  D 
einfach  eine  Wassersäule  bewegungslos  hängen  bleiben,  und  zwar  vom 
Zwischengefäfse  F  aus  so  hoch,  dafs  die  Höhe  dieser  hängenden  Wasser- 
säule gerade  der  zur  Zeit  im  Condensator  herrschenden  Saugkraft  ent- 
spräche, gerade  wie  auch  im  Fallrohre  A  immer  eine  solche  Wasser- 
säule hängt.  Die  geschilderten  Zwecke  unserer  besonderen  Art  der 
Kalt  wasserzufuhr:  geringste  Betriebsarbeit  in  Folge  Ausnutzung  der 
vollen  Saugkraft  des  Condensators,  unter  gleichzeitiger  Verhinderung 
von  Betriebsstörungen  einerseits  durch  Fallenlassen  des  Wassers,  anderer- 
seits durch  Leersaugen  des  Kaltwasserbehälters  hätte  man  auch  er- 
reichen können,  wenn  man  das  Zwischenrohr  F  ganz  weggelassen,  und 
das  Druckrohr  iV  der  Kaltwasserpumpe  direkt  an  das  Saugrohr  D  an- 
geschlossen hätte.  Alsdann  würde  aber  auch  solche  Luft,  die  etwa 
durch  undichte  Stellen  in  der  Saugleitung  der  Kaltwasserpumpe  oder 
durch  deren  Stopfbüchse  eingedrungen  wäre,  oder  welche  man  vielleicht 
absichtlich  zur  Verhinderung  von  Ventilschlägen  —  im  Falle  einer 
Kolbenpumpe  —  beigegeben  hätte,  solche  Luft  würde  dann  mit  in  den 
Condensator  gelangen,  was  natürlich  vom  Uebel  wäre,  indem  dadurch 
das  Vacuum  vermindert  würde  und  die  Lufpumpe  nutzlos  mehr  Arbeit 
bekäme.  Diesen  Uebelstand  verhindern  wir  nun  mit  unserem  „Zwischen- 
rohre-'  F,  indem  wir  das  Druckrohr  N  etwas  über  der  Mündung  des 
Saugrohres  D    in    dieses    Zwischenrohr    führen.      Dadurch    macht    sich 

■^  Eine  Regelungsvorrichtung  (Ventil,  Halm,  Drosselklappe  u.  s.  w.)  darf 
in  der  Kaltwasserzuleitung  nicht  angebracht  werden;  es  würde  dadurch  der 
eine  Zweck  unserer  Anordnung,  die  Verminderung  der  Arbeit  der  W^asser- 
pumpe  auf  ein  möglichst  geringes  Mals,  geradezu  vereitelt.  Eine  Drosselung 
im  Rohre  D  hätte  sofort  eine  Hebung  des  Wasserspiegels  m— n,  damit  eine 
Veniiehruiig  der  Hubhöhe  Äq  und  damit  eine  nutzlose  Vermehrung  der  Arbeit 
der  Kaltwasserpumpe  zur  Folge. 

Die  Regelung  der  Kühlwassermenge  soll  durch  die  Kaltwasserpumpe  M 
selber  bewirkt  werden,  und  zwar,  indem  man  deren  Umdrehungszahl  ver- 
änderlich Triaelit. 


Gegenstromcondensation  für  Dampfmaschinenanlagen.  509 

solche  eingedrungene  oder  absichtlich  beigegebene  Luft  in  diesem 
Zwischengefäfse  in  aufsteigenden  Blasen  frei  und  entweicht  durch  das 
Röhrchen  F^  ins  Freie,  gelangt  also  nicht  in  den  Condensator. 

Als  Kaltwasserpumpe  kann  jede  Pumpe  dienen,  nur  nicht  eine 
Centrifugalpumpe.  Denn  wenn  sie  auch  ihr  Wasser  während  des  regel- 
mäfsigen  Betriebes  nur  auf  die  geringe  und  wenig  veränderliche  Mini- 
malhöhe Äq  zu  heben  hat,  so  mufs  sie  es  doch  ausnahmsweise  auch 
höher  heben  können,  unter  Umständen  sogar  bis  zum  Condensator  hinauf. 
Das  könnte  eine  Centrifugalpumpe  ohne  Aenderung  ihrer  Umdrehunss- 
zahl  nicht.  Als  Kaltwasserpumpe  genügt  hier  eine  billige  Kapselpumpe, 
welche  auf  beliebige  Höhe  hebt. 

Fassen  wir  die  Eigenschaften  dieser  Condensation  zusammen: 

Vermöge  des  Gegenstromprinzipes  erhalten  wir  kleinstmösliche 
Kühlwassermenge,  kleinstmögliche  Luft-  und  Wasserpumpe,  und  dann 
auch  kleinstmögliche  Betriebsarbeit  zum  Betriebe  der  Condensation. 
Diese  Betriebsarbeit  wird  vermöge  der  eigenartigen  Art  der  Wasserfüh- 
rung bei  unserem  Condensator  nochmals  vermindert,  weil  die  schon  in 
Folge  des  Gegenstromes  verminderte  Wassermenge  auch  noch  weniger 
hoch  gehoben  werden  mufs.  Die  Gesammtarbeit  zum  Betriebe  solcher 
Patentcondensationen  beträgt  unter  gewöhnlichen  Umständen  nur  1  bis 
1,5  Proc.  der  gesammten  Maschinenleistung. 

Vermöge  der  besonderen  Anordnungen  sind  sämmtliche  Betriebs- 
störungen, die  sonst  bei  solchen  Condensatoren  vorkommen,  unmöglich, 
als:  Falsches  Wasserüberreifsen.  sowohl  nach  dem  Luftabsaugerohr  als 
nach  dem  Abdampfrohre  hin.  Fallenlassen  des  Wassers  und  Leersaugen 
des  Kaltwasserbehälters.  Durch  Abhaltung  des  Hauptquantums  der  Luft 
vom  eigentlichen  Condensationsraume  wird  der  Vorgang  der  Conden- 
sation erleichtert  und  wirksamer. 

Das  verwendete  Kühlwasser  endlich  braucht  nicht  rein  zu  sein,  weil 
es  nur  eine  Kaltwasserpumpe,  nicht  aber  eine  empfindliche  nasse  Luft- 
pumpe zu  durchstreichen  hat.  Daher  können  auch  Betriebswässer,  die 
schon  anderen  Zwecken  gedient  haben,  verwendet  werden,  und  welche 
durch  Verstopfungen  und  Verlegen  von  Ventilen  die  nasse  Luftpumpe 
einer  gewöhnlichen  Condensation  bald  aufser  Betrieb  bringen  würden. 
Unter  solchen  Umständen  wird  auch  die  vorhin  erwähnte  Centralcon- 
densation  der  Zellstofffabrik  Waldhoff  arbeiten,  wo  schleimige  und  faser- 
haltige  Betriebswässer  für  unsere  Condensation  verwendet  werden,  welche 
für  gewöhnliche  Condensation  nicht  gebraucht  werden  könnten.  Wenn 
wir  früher  dargethan  haben,  dafs  die  Gegenstromcondensation  weniger 
Wasser  von  derselben  Temperatur  gebraucht,  als  die  Condensation  mit 
nasser  Luftpumpe,  so  können  wir  natürlich  auch  sagen,  dafs  wir  mit 
Gegenstrom  auch  bei  wärmerem  Kühlwasser,  aber  in  gleicher  Menge, 
ein  ebenso  hohes  Vacuum  erzielen  können  als  mit  Parallelstrom,  d.  h. 
dafs  sich  Gegenstrom  auch  mit  wärmerem  Kühlwasser  begnügt. 


510  Gegenstromcondensation  fiir  Darapiraaschinenanlagen. 

Das  ist  an  solcher  Stelle  von  Bedeutung,  wo  wegen  Wassermangel 
immer  ein  und  dasselbe  Wasser  zur  Kühlung  verwendet  wird,  indem 
mau  es  in  seinem  Kreislaufe  auf  irgend  eine  Weise  wieder  abkühlt.  ^ 
Es  ist  da  natürlich  sehr  angenehm,  wenn  man  es  nicht  sehr  tief  abzu- 
kühlen braucht,  weil  dann  die  Kühlungsanlage  viel  kleiner,  einfacher 
und  sicherer  wirkend  wird,  besonders  auch  im  heifsen  Sommer,  Heifses 
Wasser  auf  z.  B.  -|-  400  abzukühlen ,  ist  unvergleichlich  viel  leichter, 
als  wenn  es  auf  80"  oder  auf  250  abgekühlt  werden  müfste.  Und  wenn 
man  das  Wasser  nur  bis  auf  -|-400  kühlt,  so  erreicht  man  bei  Gregen- 
strom,  wo  eben  das  Kühlwasser  vollständig  ausgenützt  wird,  doch  noch 
schöne  Ergebnisse,  wie  das  Beispiel  zeigt,  das  ich  Ihnen  zum  Schlüsse 
noch  geben  möchte: 

Ein  Walzwerk,  das  bis  jetzt  wegen  Wassermangels  nicht  condeusirt 
hat,  möchte  für  seine  verschiedenen  Walzenzugdampfmaschinen  Central- 
condensation  nach  unserem  Systeme  einführen  und  stellte,  um  sich  zu 
Orientiren,  die  Frage,  wenn  beispielsweise  eine  Walzenzugmaschine  von 
lOOOnim  Cylinderdurchmesser,  1250'n'n  Hub  und  100  Umdrehungen  in 
der  Minute  machend,  bei  6^^  absoluter  Spannung,  und  ohne  Conden- 
sation  mit  1/5  Füllung  arbeitend,  nun  mit  Condensatiou  versehen  würde, 
wie  es  mit  der  erreichten  Dampfersparnifs,  dem  Wasserverbrauche 
u.  s.  w.  stände,  und  zwar  unter  der  Voraussetzung,  dafs  die  Maschine 
die  gleiche  Arbeit  leiste  als  wie  vorhin  ohne  Condensation. 

Der  Vortragende  führte  die  Untersuchung  durch  unter  der  Annahme, 
dafs  man  gar  kein  Wasser  zuzugeben  habe,  sondern  stets  dasselbe 
Wasserquantum,  das  man  sich  ein  für  allemal  verschafft  habe,  benütze, 
und  kühle  es  nach  Verlassen  des  Condensators  immer  wieder  ab,  und 
zwar  nur  bis  auf +400,  vvas  leicht  auch  im  Sommer  zu  erreichen 
sein  sollte,  welche  Abkühlung  aber  bei  Parallelstrom  nicht  genügen 
würde. 

Alsdann  ergibt  sich  folgendes:  Wird  das  15 fache  Gewicht  Kühl- 
wasser von  40"  von  dem  gleichzeitig  zu  eondensirenden  Dampfgewichte 
verwendet  (also  n  =  15),  so  gibt  sich  ein  Vacuum  von  po  =  0^i',41  ab- 
solut, und  in  Folge  dessen  sich  der  nöthige  Füllungsgrad  des  Dampf- 
cy linders  von  1/5  auf  1/-  erniedrigt,  damit  die  Maschine  die  gleiche 
Arbeit  leiste,  wie  vorhin  ohne  Condensation;  diese  Reduction  des  Fül- 
lungsgi-ades  von  ^j^  auf  ^/^  entspricht  einer  Dampfersparnifs  von  28  Proc. 
Läfst  man  das  28 fache  Gewicht  Kühlwasser  (also  n  =  28)  vom  Dampf- 
gewichte circuliren,  so  erhält  man  ein  Vacuum  von  po  =  O'^^IO  absolut, 
wobei  sich  der  Füllungsgrad  von  1/5  auf  '/g  verringert  und  eine  Dampf- 
ersparnifs von  37  Proc.  erzielt  wird. 

Also  selbst  von  so  warmem  Kühlwasser  (40")  braucht  man  mit 
Gegenstrom  nur  so  wenig,   nämlich    nur  das  15-  bezieh.  28 fache  vom 


3  1888  267  ''  586  Theisen's  Obertlächen-Condensator. 


Ergebnisse  mit  dem  Freretschen  Holztrocknungsverfahren.  511 

Dampfsewichte,  und  erhält  dabei  doch  schon  Dampfersparnisse  von  28 
bezieh.  37  Proc. 

Wenn  man  aber  nur  wenig  Kühlwasser  braucht,  so  werden  auch 
die  Anlasekosten  der  Condensation  geringer,  weil  diese  hauptsächlich 
von  der  Kühlwassermenge  abhängen,  indem  alle  Querschnitte  von  Con- 
densator,  Rohrleitungen  und  Pumpen  dieser  Kühlwassermenge  entsprechen 
müssen. 


Ergebnisse  mit  dem  Freret'schen  Holztrocknungsverfalireii. 

Ueber  das  vorstehende  Verfahren  und  die  zu  demselben  erforderlichen 
Einrichtungen  wurde  1875  218  106  bereits  berichtet.  In  dem  Organ  für  die 
Fortschritte  des  Eisenbahnwesens.  1889  S.  89,  veröffentlicht  Geh.  Oberbaurath  Funk 
einige  Beti'iebsergebnisse,  die  mit  einer  nach  der  an  angezogener  Stelle  ge- 
gebenen Abbildung  einer  Freret'schen  Holztrocknungsvorrichtung  in  den  Eisen- 
bahnwerkstätten zu  Dortmund  erzielt  worden  sind.  Die  mit  den  betreffenden 
Hölzern  angestellten  Festigkeitsversuche  verdienen  ebenfalls  Beachtung.  Wir 
lassen  den  Bericht  nachstehend  folgen. 

Die  ziemlich  verbreitete  Ansicht,  dafs  durch  künstliche  Trocknung  die 
Festigkeit  des  Holzes  beeinträchtigt  werde,  hat  sich  nach  den  Versuchen  in 
der  Central- Wagenwerkstätte  zu  Dortmund  bei  Kiefernhölzern,  welche  nach 
dem  f  rereTschen  Verfahren  getrocknet  waren ,  nicht  bestätigt.  Diese  ver- 
gleichenden neueren  Versuche  mit  frischen  polnischen  und  Ostseekiefern  sind 
in  der  Weise  angestellt,  dafs  aus  ein  und  derselben,  thunlichst  von  Aesten 
und  sonstigen  Fehlern  freien  Bohle  von  55mni  Stärke  vier  Abschnitte  von  je 
lm.250  Länge  und  llömm  Breite  der  Dicke  nach  in  gleiche  Hälften  zerschnitten 
wurden,  und  dafs  die  eine  Hälfte  vor  den  Versuchen  8  Tage  hindurch  in  der 
FrereVschen  Trockenkammer  getrocknet  wurde,  während  die  andere  Hälfte 
nach  dem  Schneiden  etwa  1  bis  5  Wochen  an  der  Luft  gelegen  hatte.  Die 
Abschnitte  wurden  770™ni  freitragend  in  der  Mitte  unter  langsamer  Zunahme 
der  Gewichte  mittels  eines  Hebels  bis  zum  Eintritte  des  Bruches  belastet. 
Diese  Versuche  ergaben  für  die  Stücke  von  jeder  einzelnen  Bohle: 
L  Aus  frischen  polnischen  Kiefern. 


Durchbiesuna 

Bruch  bei 

vor  Bruch 

Belastung  mit 

mm 

k 

Bohle  1. 

a)  frisch     .... 

18 

1700 

b)  getrocknet      .     .■ 

19 

2242 

Bohle  2. 

a)  frisch      .... 

27 

1750 

b)  getrocknet      .     . 

24 

2130 

Bohle  3. 

a)  frisch     .... 

21 

1810 

b)  getrocknet      .     . 

16 

2195 

IL  Aus  frischen  Ostseekiefern. 


Bohle  1.    a)  frisch     .... 

25 

2275 

b)  getrocknet      .     . 

22 

2500 

Bohle  2.    a)  frisch     .... 

23 

2015 

b)  getrocknet      .     . 

23 

2370 

Bohle  3.    a)  frisch     .... 

24 

2050 

b)  getrocknet      .     . 

22 

2550 

Durchschnitt  a)  frisch   .     .     . 

23 

194U 

b)  getrocknet    . 

21 

2331 

Aus  diesen  neueren,  sowie  aus  den  schon  im  .J.  1878  an  derselben  Stelle 
angestellten   ähnlichen  Versuchen    mit   lufttrockenem  Holze    ergibt   sich,    dafs 

1  Vgl.  auch  1889  271  228. 


512  Ergebnisse  mit  dem  Freret'schen  Holztrocknungsverfahren. 

durch  das  Räucherverfahren  die  Festigkeit  sowohl  des  frischen  wie  des  luft- 
trockenen Holzes  nicht  unerheblich  erhöht  wird  und  zwar 

a)  bei  frischem  Kiefernholze  durchschnittlich  um  20  Proc, 

b)  bei  Holz  über  4  Jahre  an  der  Luft  getrocknet  um  8  Proc,  dafs  dagegen 
das  Kiefernholz  dadurch  an  seiner  Elasticität  und  Biegsamkeit  um  ein  Ge- 
ringes verliert. 

Die  Ermittelung  des  Schwindmafses  bei  dem  Räucher^'erfahren  hat  bei 
den  frischen  Kiefernbohlen 

a)  nach  der  Breite  (in  der  Richtung  der  Markstrahlen)  durchschnittlich 
2  Proc, 

b)  nach  der  Dicke  (in  der  Richtung  der  Jahresringe)  durchschnittlich 
4  Proc.  ergeben, 

wobei  die  Breiten-Abnahme  am  Zopfende  am  stärksten  ist  und  nach  dem 
Stammende  gleichraäfsig  geringer  wird,  während  umgekehrt  die  Abnahme  in 
der  Dicke  der  Bohlen  am  Stammende  am  stärksten  und  in  der  Mitte  am 
schwächsten  war. 

Versuche  über  Wasseraufnahme  bei  Kiefei'nhölzern  mit  frischem  Holze 
(vier  bis  fünf  Wochen  nach  dem  Schneiden)  mit  lufttrockenem  (vierjähriger 
Lagerung)  und  mit  geräuchertem  (aus  frischem  Holze)  haben  ergeben,  dals, 
nachdem  die  Hölzer  18  Tage  unter  Wasser  gehalten  waren,  die  Gewichts- 
zunahme betragen  hat: 

1.  bei  frischem  Holze  a)  vom   Stammende  =    9  Proc. 

b)      „      Zopfende      =  24      „ 

2.  bei  lufttrockenem  Holze    a)      „      Stammende  =  18      „ 

b)      „     Zopfende     =27      „ 

3.  bei  geräuchertem  Holze    a)      „     Stammende  =  16      „ 

b)      „     Zopfende      =33      „ 

Was  die  Kosten  der  Holzräucherung  nach  dem  Freret'schen  Verfahren  an- 
betrifft, so  stellen  sich  diese  bei  einem  einigermafsen  starken  Holzverbrauche 
als  sehr  gering  heraus.  Für  das  Ein-  und  Ausbringen  des  Holzes  und  für 
die  Bedienung  der  Feuerung  wurden  für  das  Cubikmeter  0,50  Mk.  verausgabt. 
Als  Brennmaterial  wurden  nur  Schrupphobelspäne  aus  harten  Hölzern  ver- 
wendet, die  sonst  schlecht  zu  verwerthen  sind  und  als  minderwerthiges 
Material  nicht  verrechnet  wurden,  und  von  denen  für  Icbm  zu  trocknendes 
Holz  74k  verbraucht  worden  sind. 

Von  den  beiden  Trockenkammern  ist  die  eine  im  J.  1877  mit  einem 
Kostenaufwande  von  7720  Mk.,  die  andere,  lnn,8  längere,  im  J.  1884  mit  einem 
Kostenbetrage  von  8776  Mk.  hergestellt.  Im  J.  1885  86  wurden  in  den  beiden 
Trockenkammern  bei  56  Füllungen  2742cbin^5i  Kiefernbohlen  getrocknet  und 
hat  das  Trocknen  der  einen  Hälfte  des  Holzes  einschlielslich  4  Proc.  Verzin- 
sung und  10  Proc.  Tilgung  der  Anlagekosten  in  der  ersten  Kammer 

1371,25  X  0,50  +  77,20  X  4  +  77,20  X  10  =  1713  Mk., 
und  das  Trocknen  der  anderen  Hälfte  in  der  zweiten  Kammer 

1371,25  X  0,50  +  87,76  X  4  +  87,76  X  10  =  1913  Mk., 
zusammen  also  3626  Mk.  oder  für  das  Cubikmeter  =  1,33  Mk.  gekostet. 

Hätte  dieses  Holz,  dessen  AnschafTungskosten  rund  145000  Mk.  betragen 
haben,  eine  dreijährige  Lagerung  vor  seiner  Verwendung  durchgemacht,  welche 
mindestens  erforderlich  gewesen  wäre,  um  es  genügend  lufttrocken  zu  machen, 
80  wäre  bei  einem  Zinsfufse  von  4  Proc.  ein  Verlust  von  6277  Mk.  zu  ver- 
zeichnen gewesen,  welchen  Kosten  noch  die  Beträge  der  Verzinsung  und 
Tilgung  der  Anlagekosten  für  die  Holzschuppen  hinzuzurechnen  sein  würden. 
—  Die  Kosten  der  künstlichen  Trocknung  sind  daher  nicht  unerheblich  billiger 
als  die  Kosten  der  natürlichen  Trocknung. 

Aus  den  vorstehend  beschriebenen  Versuchen  in  Verbindung  mit  den 
Wahrnehmungen,  welche  durch  eine  Reihe  von  9  Jahren  in  der  Central- 
Wagenwerkstatt  zu  Dortmund  mit  künstlich  getrockneten  (geräucherten) 
Kiefernbohlen  gemacht  worden  sind,  ergeben  sich  für  dieses  Verfahren,  der 
Lufttrocknung  solcher  Hölzer  gegenüber,  folgende  Vortheile: 

1)  das   nach   dem    Verfahren   von   Freret    künstlich   getrocknete  Holz  hat 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  513 

einen   höheren  Grad   von  Trockenheit  als  drei  bis  vier  Jahi-e  lang  in  gut  an- 
gelegten Schuppen  gelagertes  Holz; 

2)  in  dem  künstlich  getrockneten  Holze  sind  die  verderblichen  Eiweifs- 
stoffe  unschädlich  gemacht; 

3)  die  Bruchfestigkeit  wii'd  um  ein  Wesentliches  hoher; 

4)  das  Reifsen  und  Werfen  tritt  in  geringerem  Mafse  ein ; 

5)  der  Farbenanstrich  auf  derart  künstlich  getrocknetem  Holze,  namentlich 
wenn  derselbe  bald  nach  dem  Trocknen  vorgenommen  wii'd,  ist  durch  ein 
festeres  Anhaften  ein  haltbarerer  und  vermag  nicht  den  schädlichen  Einflufs 
auszuüben,  den  ein  Anstrich  auf  nicht  völlig  trockenes,  gelagertes  Holz  in 
Folge  der  Zurückhaltung  der  Verdunstung  der  im  Inneren  eingeschlossenen 
Feuchtigkeit  unter  dem  Einflüsse  der  nicht  unschädlich  gemachten  Eiweil's- 
stoffe  haben  mufs; 

6)  die  Kosten  der  künstlichen  Trocknung,  einschliefslich  der  Verzinsung 
und  Tilgung  der  Anlagekosten  der  Trockenkammern,  sind  nicht  unerheblich 
geringer  als  die  Verzinsung  drei  Jahre  gelagerter  Holzvorräthe  und  der  Ver- 
zinsung und  Tilgung  der  Anlagekosten  der  grofsen  Lagerschuppen; 

7)  es  kann  frisch  geschnittenes  Holz  sofort  verwendet  werden,  was  für 
Fälle  unvorhergesehenen  Bedürfnisses  von  grofsem  Vortheile  ist. 

Wenn  in  den  vorstehenden  Mittheilungen  auch  meist  bekannte  Thatsachen 
enthalten  sind,  so  dürfte  es  doch  nicht  ohne  Interesse  sein,  die  Aufmerksam- 
keit betheiligter  Kreise  von  Neuem  auf  dieses  Verfahren  zur  Trocknung  und 
Erhaltung  von  Kiefernhölzer  zu  lenken,  da  dasselbe  nach  neunjähriger  Er- 
fahrung an  Kiefernbohlen  zum  Wagenbau  der  früheren  Köln-Mindener  Eisen- 
bahn-Gesellschaft und  der  jetzigen  Kgl.  Eisenbahn-Direction  (rechtsrheinischen) 
zu  Köln   mit  voller  Ueberzeugung   zur  Anwendung  empfohlen    werden  kann. 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 

Patentklasse  89, 

Bekanntlich  hatte  A'.  Rillieux  im  J.  1878  am  20.  Februar  ein  Reichs- 
patent (Nr.  3852)  auf  einen  ^^Vacmimverdampfapjjarat  unter  Auwendung 
von  mehr  als  drei  Körpern  für  Zuckersäfte  und  anderen  Flüssigkeiten", 
sowie  (vom  14.  Januar  ab)  im  J.  1881  das  Reichspatent  Nr.  15569  (ab- 
gedruckt mit  den  11  Patentansprüchen  in  Stammer  s  Lehrbuch  der  Zucker- 
fabrikation^  2.  Aufl.  S.  825  ff.)  auf  „Neuerungen  an  Yacuumkochapparaten 
für  Zuckersäfte  und  andere  Flüssigkeiten'-'  erhalten. 

In  Folge  der  vielfachen  Belästigungen,  welche  den  Zuckerfabrikanten 
hierdurch  erwuchsen,  erhob  F.  Walkhoß'  in  Magdeburg  die  Nichtigkeits- 
klage in  Betreff  der  wesentlichsten  obiger  Patentansprüche,  und  das 
kaiserl.  Patentamt  hat  durch  Entscheidung  vom  29.  November  1888  das 
Patent  Nr.  3852  eingeschränkt,  sowie  das  Patent  Nr.  15  569  in  Bezug 
auf  die  Ansprüche  2  und  3  vernichtet. 

N.  Rillieux  hat  gegen  dieses  Urtheil  beim  Reichsgericht  Berufung 
eingelegt,  und  zwar  in  Bezug  auf  die  Einschränkung  des  Patentes 
Nr.  3852  und  auf  die  Vernichtung  des  Anspruches  2  des  Patentes 
Nr.  15569. 

In  der  Sitzung  vom  1.  Juni  1889  hat  jedoch  das  Reichsgericht,  erster 
Civilsenat,  die  Entscheidung  des  Patentamtes  vom  29.  November  1888  be- 

Dingler's  polyt.  Journal  Bi  273  Nr.  11.  1889 III.  33 


514  ^'euei'f   Vtirahifu   und  Apparate  lür  Zuckeilabiikeii. 

sUitiyt    und   die   Kosten   des   Berufungsvertahrens   dem   Berufungskläger 
auferlegt. 

Hierdurch  ist,  auch  nach  dem  Zugeständnisse  RiUieux\  endgültig 
entschieden,  dafs  dessen  Patentansprüche  auf  die  Verwendung  gespannter 
Dämpfe,  sowie  auf  die  alternirende  Brüdenentnahme  zu  Verkochzwecken 
nicht  als  patentfähig  im  Sinne  der  deutschen  Patentgesetzgebung  zu  er- 
achten sind. 

Indem  hier  auf  die  Besprechung  des  sogen.  Äe'/ZifMa;- Verfahrens  in 
Stammer  s  oben  genannten  Lehrbuch  S.  776,  825  und  834  verwiesen  wii*d, 
mag  noch  mitgetheilt  werden,  dafs  F.  Walkhoff  in  einem  Rundschreiben 
vom  Juli  1889  den  Wortlaut  der  Entscheidung  des  Reichsgerichtes  mit 
der  Begründung  veröffentlicht  und  genau  angegeben  hat,  in  welcher 
zeitlichen  Reihenfolge  die  Patente  auf  die  einzelnen  Formen  der  Mehr- 
verdampfkörper bezieh,  die  mehrfache  Benützung  der  Wärme  ertheilt 
worden  sind.  Es  wird  nun  endgültig  die  Zuckerindustrie  nicht  weiter 
durch  Ausnutzung  von  zu  Unrecht  ertheilten  Patenten  beunruhigt  werden, 
und  es  können  nun  nicht  mehr,  wie  in  den  letzten  Jahren,  die  Ver- 
dienste anderer  Erfinder  herabgewürdigt  und  die  Urheberschaft  für  Ver- 
dampfeinrichtungen unrechtmäfsiger  Weise  in  Anspruch  genommen 
werden. 

J.  Hyros  in  Böhm.-Brod  berichtete  über  den  neuen  Kasalovsky^achttn 
Vacuumverkochapparat  für  continuirlichen  Betrieb  {^Oesterreichisch- Unga- 
rische Zeitschrift  für  Zuckerindustrie  ^  Bd.  18  Heft  2 '"■  S.  203).  Dieser 
Apparat  besteht  aus  zwei  oder  mehreren  Abtheilungen,  selbständigen 
Vacuums,  und  ist  zu  dem  Zwecke  abgetheilt,  um  bei  Brüdendampf- 
Beheizung  eine  continuirliche  Verkochung  bezieh,  eine  ununterbrochene 
Entnahme  der  Dämpfe  aus  den  Verdampfapparaten  zu  bewirken,  also 
eine  höhere  Wirkung  der  letzteren  zu  erzielen.  Gleichzeitig  gewährt  die 
ununterbrochene  Verkochung  auch  den  Vortheil  einer  rationellen  Aus- 
nützung der  Heizfläche  des  Vacuumapparates. 

Wie  allgemein  bekannt  ist,  mufs  man  im  gewöhnlichen  Vaeuum 
zuerst  auf  Kornbildung  verkochen,  was  in  der  Weise  geschieht,  dafs 
man  den  untei-en  Theil  des  Vacuums  mit  Dicksaft  füllt  und  so  lange 
mit  dem  untersten  Theile  der  Heizfläche  kocht,  bis  sich  das  nöthige 
Korn  gebildet  hat.  Dabei  wird,  wie  begreiflich,  der  gröfste  Theil  der 
Heizfläche  durch  längere  Zeit  gänzlich  aufser  Betrieb  gelassen. 

Beim  Kasalovskif  sahen  Vaeuum  ist  dies  nicht  der  Fall,  da  sich  stets 
in  einer  der  Abtheilungen  ein  mit  Korn  durchsetzter  Saft  vorfindet,  so 
dafs  ein  bestimmtes  Quantum  von  diesem  in  den  unteren  Theil  der 
eben  entleerten  Abtheilungen  abgelassen  werden  kann,  und  es  auf  diese 
Weise  möglich  ist,  beide  Heizkammern  bezieh,  die  ganze  Heizfläche 
der  betreifenden  Abtheilung  sofort  in  Thätigkeit  zu  setzen,  wenn  man 
zuvor  noch  frischen  Dicksaft  nachgezogen  hat. 

Es   ist   klar,    dafs    man    mil    einem    solchen    Vaeuum    unter    sonst 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  515 

e;leichen  Umständen  eine  gröfsere  Leistung  zu  erreichen  vermag,  bezieh, 
dafs  man  bei  derselben  Leistung  mit  Dampf  niedrigerer  Temperatur, 
welcher  billiger  zu  beschaffen  ist  als  der  einer  höheren  Temperatur, 
sein  Auskommen  findet. 

Das  Kasalovsky'' sehe  Vacuum  mit  continuirlichem  Betriebe  gewährt 
in  Hinsicht  auf  die  Ax-t  der  Verkochung  bezieh,  der  Kornbildung 
wenigstens  dieselben  Vortheile  wie  andere  grofse  Vacuums,  die  eben- 
falls ,  wie  dieses ,  darauf  berechnet  sind ,  den  Sud  weit  längere  Zeit 
hindurch  andauern  zu  lassen,  als  es  bei  den  alten  Apparaten  der  Fall 
ist,  wo  mangels  Heizfläche  und  Raum  der  Sud  in  einigen  Stunden  bei 
Anwendung  von  hochgespanntem  Dampfe  beendigt  sein  mufs. 

Dieses  Vacuum  bietet  nach  dem  Berichterstatter  folgende  Vorzüge: 

1)  Eine  continuirliche  Verwerthung  der  von  den  Verdampfapparaten 
kommenden  Brüdendämpfe  zur  Beheizung  des  Verkochapparates  durch 
die  ununterbrochene  Verkochung,  daher  eine  günstigere  Wirkung  und 
eine  gleichmäfsigere  Arbeit  der  Verdampfanlage  ^ 

2)  eine  ökonomische  Ausnützung  der  Brüdendämpfe  mittels  des  Strahl- 
apparates, da  Dämpfe  niedriger  Ordnung  vorwiegend  Verwendung  finden ; 

3)  eine  rationellere  Benützung  der  Heizfläche  und  eine  leichtere 
Wartung  der  Kocharbeit  durch  das  Ueberziehen  des  mit  Korn  durch- 
setzten Saftes  aus  einer  Abtheilung  in  die  andere^ 

4)  die  leicht  mögliche  Vergröfserung  des  Vacuums  durch  Zustel- 
lung einer  oder  mehrerer  Abtheilungen  zu  den  vorhandenen  zu  dem 
Zwecke,  um  entweder  von  Retourdämpfen  auf  Brüdendämpfe  zu  über- 
gehen oder  um  die  Leistung  zu  erhöhen^ 

5)  die  kurze,  daher  sichere  Lagerung  der  Heizrohre,  die  kleinen 
Dampf kammern  (gegen  Bruch),  die  Versteifung  des  ganzen  Körpers 
durch  die  Scheidewände,  als  auch  die  rasche  Entleerung  des  Sudes; 

6)  wegen  abtheilungsweisen  Ablassens  kleinerer  Raum-  bezieh. 
Pfannenbedarf  für  die  entleerte  Füllmasse,  oder  die  MögHchkeit ,  mit 
einem  kleinen  Kühler  auszureichen. 

Ein  anderes  Vacuum  ist  von  Samuel  Morris  Lillie  in  Philadelphia 
construirt  worden  ("D.  R.  P.  Nr.  46377). 

Diese  Erfindung  betrifft  eine  Vereinigung  mehrerer,  eine  besondere 
Construction  besitzender  Verdampfer  zu  einem  Mehrkörpersysteme,  ferner 
eine  Reihe  von  Oberflächenheizern,  welche  in  Verbindung  mit  dem  Mehr- 
körpersysteme angeordnet  sind  und  in  der  Weise  arbeiten,  dafs  ein 
Theil  der  von  den  verschiedenen  Verdampfern  ausgehenden  Dämpfe  zum 
Heizen  entweder  einer  einzigen,  von  dem  kältesten  zu  dem  wärmsten 
Heizer  übergehenden  Flüssigkeit  oder  mehrerer  in  den  verschiedenen 
Heizern  untergebrachten  Flüssigkeiten  dient. 

Die  Patentansprüche  lauten: 

Ein  Verdampfapparat,  bei  welchem  nachstehende  Einrichtungen 
gleichzeitig  vorhanden  sind : 


516  Neuere  Verlalueu  und  Apparate  lür  Zuckerfabriken. 

a)  Zwei  oder  mehr  Verdampfer  /,  2  .  .  .,  von  welchen  jeder  eine 
Sammelkammer  P  an  seinem  Boden,  eine  mit  Rohren  und  einer  für 
diese  K«jhre  dienenden  Zuführungsvorrichluug  G  und  Dampfabführuugs- 
rohren  ausgestattete  Heizkammer  und  ein  die  Verdampfer  verbindendes 
Dampfrohr  erhalten  hat,  um  ein  Mehrkörpersystem  zu  bilden: 

b)  die  Anordnung  von  Rohren,  welche  die  Kammer  P  des  einen 
Verdampfers  mit  der  Zuführungsvorrichtuug  (?  desselben  und  des  nächsten 
Verdampfers  verbinden,  zu  dem  Zwecke,  durch  eine  Pumpe  oder  gleieh- 
werthige  Mittel  die  Flüssigkeit  entweder  nach  demselben  oder  nach  dem 
nächsten  Verdampfer  überzuführen: 

c)  Oberflächenheizer,  von  welchen  einer  zu  jedem  Verdampfer  ge- 
hört, und  welche  mit  einander  durch  Flüssigkeitsrohre  verbunden  sind 
und  mit  Dampf  von  den  verschiedenen  Verdampfern  versehen  werden, 
in  Combination  mit  einem  Zuführungsrohre  an  dem  ersten  und  einem 
Enleerungsrohre  an  dem  letzten  Heizer. 

Das  neue  Sexjferth' sehe  Reinigungsverfahren  für  Rohzucker,  das  sogen. 
Paraffinerieverfahren ,  beruht  (f.  Lippmann ^  Cfieiniker-Zeitung^  Bd.  13 
Nr.  61  S.  995)  nach  einer  Beschreibung,  die  Dr.  Cunze^  der  Direktor  der  " 
Zuckerfabrik  Waghäusel,  gelegentlich  der  Prüfung  desselben  gab,  auf  der 
Anwendung  von  Paraftinöl  (vom  Siedepunkte  220  bis  2500).  Rohzucker- 
füllmasse wird  in  der  Centrifuge  nach  dem  Abschleudern  des  Syrups 
direkt  mit  einem  breiten  Strahle  Paraftinöl  ausgedeckt,  welches  den  den 
Krystallen  noch  anhaftenden  Syrup  so  vollständig  verdrängt,  dafs 
eine  Nachdecke  mit  Wasser  (Sprühregen  unter  Druck)  entweder  ganz 
unnöthig  ist  oder  sich  auf  ein  Minimum  beschränken  läfst.  Syrup  und 
Oel  laufen  gemeinsam  in  einen  Behälter,  in  welchem  das  specifisch  viel 
leichtere  Oel  rasch  nach  oben  steigt,  von  dem  schweren  und  darin  ganz 
unlöslichen  Syrupe  abgezogen  wird  und  sofort  wieder  zu  neuer  Verwen- 
dung bereit  ist. 

Den  Zucker  erhält  man  binnen  20  bis  30  Minuten  in  Gestalt  fast 
weifser  und  trockener  Waare,  und  zwar  entspricht  sein  Gewicht  fast 
quantitativ  jenem  des  in  der  ursprünglichen  Füllmasse  enthaltenen  Kry- 
stallzuckers.  Die  Füllmasse  wird  also  nicht  in  mehr  oder  minder 
syruphaltigen  Rohzucker  und  in  Syrup  zerlegt,  sondern  direkt  in  Syrup 
und  fast  reinen  Krystallzucker.  Diesem  haftet  jedoch  etwas  Paraftinöl 
an,  dessen  übler  Geruch  die  sämmtlichen  Rohproducte  des  Verfahrens 
zum  direkten  Consum  ungeeignet  macht.  Durch  Auflösen  und  Kochen 
des  Zuckers,  also  beim  Raffinationsj)rozesse,  verliert  sich  aber  dieser 
Geruch  vollständig.  Nach  genauen  Versuchen  mit  entsprechenden  Füll- 
massen und  laut  Berechnung,  gemäfs  den  in  Waghäusel  herrschenden 
Verhältnissen,  würde  die  neue  Methode  für  lOOi^  Rohzuckerfüllmasse 
etwa  2,48  M.,  oder  für  lOOi^  Rübe  etwa  40  bis  50  Pf.  Mehrertrag  geben, 
wenn  man  in  beiden  Fällen  bestimmte,  zu  einer  gewissen  Zeit  gültig 
gewesene  Preise  zu  Grunde  legt. 


Neuere   Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  517 

Der  zur  Raffination  bestimmte  Rohzucker  kann  ebenfalls,  trocken 
oder  gemaischt  (eventuell  mit  durch  Auflösen  festen  Paraffines  ver- 
dicktem Oele),  in  Centrifugen  gefüllt  und  mit  Paraffinöl  ausgewaschen 
werden,  wobei  gleichfalls  ein  hoher  Prozentsatz  fast  reinen  Krystall- 
zuckers  gewonnen  wird,  der  als  Einwurf  für  die  Verfeinerungsarbeit 
dient;  der  nöthige  Deckzucker  kann  auf  dem  nämlichen  Wege  her- 
gestellt werden.  Die  Analyse  zeigte,  dafs  von  den  Aschenbestaudtheilen 
vorzugsweise  die  Alkalisalze  entfernt  werden,  indem  z.  B.  das  Verhält- 
nifs  derselben  zu  den  Kalksalzen  von  100  :  5,6  auf  100  :  39,1  stieg.  Dies 
ist  jedoch  deshalb  unbedenklich,  weil  die  Knochenkohle  gerade  "für  die 
Kalksalze  ein  hohes  Absorptionsvermögen  besitzt,  und  daher  schliefslich 
trotzdem  aschenarme  Füllmassen  gewonnen  werden.  Laut  Versuch  und 
genauer  Berechnung  liefern  in  Waghäusel  100  MC.  Rohzucker  von 
95,8  Proc.  Pol.  bisher  65,24  Proc.  weifser  Waare,  28  Proc.  Nachpro- 
ducte  und  6  Proc.  Melasse,  während  die  neue  Methode  86,22  Proc, 
4,85  Proc.  und  8,25  Proc.  der  nämlichen  Producte  ergibt,  so  dafs  statt 
25  Proc.  nur  mehr  4  Proc.  des  Einwurfes  wieder  in  den  Arbeitskreis- 
lauf zurückgehen.  Der  reine  Nutzen  für  lOO"^'  Rohzucker  berechnet  sich 
hiernach  auf  1,26  M.  bis  1,70  M. 

Hiernach  und  durch  den  günstigen  Ausfall  gröfserer  Versuche  (mit 
emigen  lOO  Centner  Zucker)  bewogen,   hat  die  Zuckerfabrik  Waghäusel 
die  sofortige  Einführung   des  Seyferlh' sehen  Verfahrens  im  Grofsen  be- 
schlossen.  Bei  den  dortigen  Verhältnissen  wird  dies  für  die  Rohzucker- 
fabrik etwa  5  bis  6000  M.,  für  die  Raffinerie  100000  M    kosten      Die 
Befürchtungen,  dafs  der  Paraffingeruch  des  Zuckers  nicht  zu  vertreiben 
sei,  dafs  das  flüchtige  Paraffinöl  grofse  Verluste  durch  Verdunstung  be- 
dmgen  und  feuergefährlich  sein  werde,   sowie  dafs  sich  das  Verfahren 
für    geringere    Rohzucker    und    Nachproducte    überhaupt    nicht    eigne 
sollen  nach  den  bisherigen  Versuchen  unbegründet  sein;  doch  bedürfen 
diese  Momente  jedenfalls  noch  der  genaueren  Prüfung  im  Grofsbetriebe. 
Das  Steffen  sehe  Auslaugeverfahren  dagegen  (vgl.  1888  269  377)  zer- 
legt Rohzucker  oder  Füllmassen  gleichfalls  durch  Auswaschen  m  weifse 
Waare  und  Syrup,  bedient  sich  jedoch  hierzu  blofs  wässeriger  Zucker- 
losungen   verschiedener  Reinheit    unter    Anwendung    des   Gegenstrom- 
prinzipes.    In  Rübenzuckerfabriken   wird   direkt  die   Füllmasse    ausge- 
waschen, in  Raffinerien  aber  aufserdem  noch  der  Rohzucker  vorgereintgt 
und  dann  entweder  dem  üblichen  Verfeinerungsprozesse  zugeführt,  oder 
in    Form   von   Füllmasse  nochmals   dem    Waschverfahren   unterworfen. 
Zur  Ausführung  dieses  letzteren   dienen  sogen.  Wannen,  welche  8  bis 
10  tentner  fassen,  den  beim  Strontianitverfahren  gebräuchlichen  Nutschen 
nachgebildet  und   einzeln   oder   zusammen   mit  Luftpumpen   verbunden 
sind.     Die  Füllmassen    bezieh,  die  Rohzucker  (letztere  eventuell  einge- 
maischt)  werden  in  dünner  Schicht  in  die  Wanne  gebracht  und  da'nn 
systematisch  mit  16  bis  32  einzelnen  Antheilen  Syrup  von  immer  stei- 


51b  Meuere  Verlahren  und  Appuraie  lür  Zuckerlabriken. 

gender  Reinheit  ausgewaschen,  indem  man  jede  derselben  für  sich  auf- 
bringt, sie  mit  Hilfe  der  Luftleere  die  Masse  durchdringen  läfst  und 
dann  wieder  für  sich  auffängt.  Bei  vollem  Betriebe  wäre  der  Ideal- 
zustand erreicht,  wenn  die  ersten  Lösungen  als  Melasse  abflössen,  die 
folgenden,  von  langsam  steigender  Reinheit,  bei  der  nächsten  Arbeit 
als  Vordecken  Verwendung  finden  könnten,  und  die  letzten  Lösungen 
aus  reiner,  neu  in  Betrieb  genommener  Deckkläre  beständen,  so  dafs 
schliefslich  weifser,  mit  reiner  Deckkläre  durchtränkter  Krystallzucker 
zurückbliebe.  In  der  Praxis  kann  dies  natürlich  nicht  erreicht  ■werden. 
Weder  besteht  der  ausgewaschene  Zucker  (das  sogen.  Waschgut)  blofs 
aus  feuchtem  Zucker,  noch  findet  die  Trennung  vom  Sjrupe  so  quan- 
titativ statt,  dafs  als  anderes  Endproduct  wirkliche  Melasse  erzielt  wird. 
Man  erhält  vielmehr  Syrupe  von  70  und  mehr  Quotient,  aus  denen  noch 
1  bis  2  Nachproducte  gekocht  werden  können,  und  Waschgut  von  sehr 
hoher,  aber  nicht  absoluter  Reinheit.  Die  Dauer  des  Waschprozesses  be- 
trägt 12  bis  16  Stunden  und  mehr,  wobei  jedoch  sehr  viel  auf  die  Güte 
und  gleichförmige  Beschaffenheit  des  Rohmaterials  ankommt. 

Was  die  Verarbeitung  von  Rübenfüllmassen  anbelangt,  so  hat  das 
Verfahren  noch  die  Feuerprobe  zu  bestehen,  insbesondere  liegen  über 
das  Verhalten  geringer  Füllmassen  (ohne  Einwurf  hergestellt)  keine 
genügenden  Erfahrungen  vor.  Für  den  Betrieb  hat  es  sich  indessen 
als  sehr  wichtig  herausgestellt,  möglichst  gleichmäfsig  zusammengesetzte 
und  in  gleichbleibender  Korngröfse  gekochte  Füllmassen  anzuwenden, 
da  das  Auswaschen,  das  sonst  leicht  und  ohne  besondere  Schwierigkeit 
erfolgt,  anderenfalls  unangenehmen  Störungen  ausgesetzt  ist.  Für  den 
Raffineriebetrieb  gilt  dasselbe  bezüglich  der  Rohzucker;,  je  gleichmäfsiger 
deren  Korn  und  deren  Zusammensetzung  ist,  desto  glatter  geht  das  Aus- 
waschen von  statten,  während  die  Behandlung  ungleichförmiger  Mi- 
schungen schwierig,  zuweilen  selbst  unmöglich,  oder  mindestens  un- 
rationell ist.  Bis  zu  gewissem  Grade  kann  man  sich  indessen  durch 
vorheriges  Einmaischen  der  Rohzucker,  sowie  durch  Sieben  oder  Sor- 
tiren helfen. 

Das  Auswaschverfahren  ist  bereits  in  einer  Anzahl  von  Raffi- 
nerien eingeführt,  war  jedoch  in  der  eben  zu  Ende  gehenden  Cam- 
pagne  meist  nur  kurze  Zeit  in  Betrieb,  theils  technisclier  Gründe  wegen, 
theils  weil  die  Arbeit  in  Folge  der  Marktverhältuisse  frühzeitig  einge- 
stellt wurde.  Man  wird  daher  über  dieses,  sowie  auch  über  Seijferlh'b 
Verfahren  jedenfalls  erst  im  Laufe  der  kommenden  Cami)agne  genauere 
Aufklärung  erhalten  können  und  Klarheit  darüber  gewinnen,  in  welchem 
Umfange  der  Grofsbetrieb  die  gehegten  ganz  aufserordentlichen  Erwar- 
tungen bestätigt  und  die  hohen  Patent-  und  Anlage-Kosten  gerechtfertigt 
erscheinen  läfst. 

Die  licslimniung  der  liaffmose  in  Hohzuckern  (vgl.  1888  270  227) 
wird  nach  77/.  Breycr  (New  York)  in  Amerika  folgendermafsen  (Chemiker- 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  519 

Zeitung,  Bd.  13  Nr.  35  S.  499)  auf  etwas  abgekürztem  Wege  ausgeführt: 
Die  Zuckerlösuüg  wird  nach  vollendeter  Inversion  durch  Einstellen  in 
kaltes  Wasser  rasch  abgekühlt  und  dann  in  dem  Räume,  wo  sie  pola- 
risirt  werden  soll,  für  einige  Stunden  sich  selbst  überlassen.  Nach 
genauem  Auffüllen  bis  zur  Marke  und  vielleicht  nothwendigem  Ent- 
färben mittels  0?,2  bis  0?,5  mit  Salzsäure  ausgezogener  und  ge- 
trockneter Knochenkohle  wird  durch  ein  gut  bedeckt  zu  haltendes 
Filter  in  einen  bedeckten  Cylinder  tiltrirt.  Die  Lösung  wird  zum  Pola- 
risiren  in  ein  Glasrohr  gefüllt,  das  ein  weites  Ansatzrohr  für  das  Ther- 
mometer hat. 

Aus  der  Polarisation  vor  und  nach  der  Inversion  und  der  Ther- 
mometerablesung wird  der  scheinbare  Rohrzuckergehalt  nach  Clerget  s 
Formel  berechnet.  Ergibt  sich  eine  Differenz  von  0,5  oder  darüber,  so 
ist  die  Anwesenheit  von  optisch  activen  Substanzen  neben  Rohrzucker 
als  erwiesen  zu  erachten.  Ist  der  nach  Clergefs  Formel  gefundene 
Rohrzuckergehalt  geringer  als  die  direkte  Polarisation,  und  sind  keine 
Fehling'sche  Lösung  reducirenden  Substanzen  vorhanden,  so  wird  der 
wahre  Rohrzuckergehalt  nach  folgender  Formel,  die  eine  Combination 
von  Clerget  8  und  Creydt's  Formeln  ist,  berechnet.  Die  Differenz  aus 
der  so  gefundenen  Rohrzuckerzahl  und  der  direkten  Polarisation  wird 
als   von  einem  Gehalte   an  Raffinose   herrührend   angesehen   und   dem- 

gemäfs  berechnet. 

Rohrzucker  Rafflnose 

A.  Direkte  Polarisation     ...  +100  + 100 

B.  Pol.  nach  der  Inversion  bei  <o     —  1  44  — n\  +  ^^i'^ 


C.  Differenz  für  je  lo  Ursprung-  /  100+44 — x  0  493 

lieber  Polarisation  ( -h-j^j 

z  Pioc.  Rohrzucker         R  Proc.  Raffinose 

1)  A  =  Z  -f  1,85  R. 

100  +  44  —  .^ 

2)  C  = jöö ^  +  ^'^^  ^  ^  ^''^^^• 

3)  0,493^  =  0,493  Z  +  1,85  R  X  0,493. 

144-^ 
(2—3)  C  -  0,493  A  =  —jöö~  ^  ~  ^'493/. 
C  — 0,493^ C  — 0,493^ 

—  0,498 


100 

1^85" 


^ Z 

R  =    .,  c,-   .    Ff  wird  aus  u  achstehender  Tabelle  entnommen. 


520 


Neuere  VerJahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken. 


U-i  —  .5 
Tabelle  für  Ft  =      ^^^^  "^  —  0,493. 


t                Ft                t 

Ft 

t 

Ft 

t 

Ft 

15,0 

0.8720 

20,0 

0,8470 

25,0 

0,8220 

30,0 

0,7970 

15,5 

0,8695 

20,5 

0,8445 

25,5 

0.8195 

30,5 

0,7945 

16,0 

0.8670 

21,0 

0,8420 

26,0 

0,8170 

31,0 

0,7920 

16,5 

0,8645 

21,5 

0,8395 

26,5 

0.8145 

31,5 

0,7895 

17,0 

0,8620 

22,0 

0,8370 

27,0 

0,8120 

32,0 

0,7870 

17,5 

0.8595 

22,5 

0,8345 

27,5 

0,8095 

32,5 

0,7845 

18,0 

0,8570 

23,0 

0,8320 

28,0 

0.8U7O 

33,0 

0,7820 

18,5 

0,8545 

23,5 

0,8295 

28,5 

0.8045 

33,5 

0,7795 

19,0 

0,8520 

24,0 

0,8270 

29,0 

0.8020 

34,0 

0,7770 

19.5 

0,8495 

24,5 

0,8245 

29,5 

0,7995 

34,5 
35,0 

0,7745 
0,7720 

Gegen  diese  Art  der  Berechnung  würde  nun  einzuwenden  sein, 
dafs  dabei  die  von  Creydt  für  die  Temperatur  20°  C.  und  die  Concen- 
tration  16,575  festgestellte  Drehungseonstante  der  invertirten  Raftinose- 
lösung  bei  anderen  Temperaturen  und  Concentrationen  als  gültig  an- 
genommen wird.     Dem  ist  das  Folgende  zu  entgegnen. 

Die  Produete  der  Inversion  der  Raffinose  sind  Lävulose,  Galactose 
und  vielleicht  Dextrose. 

Der  Einflufs  der  Concentration  wird  auch  in  Creydt's  Formel  ver- 
nachlässigt. Derselbe  wird  aber,  wie  aus  MeissCs  Formel  für  die  spec. 
Drehung  der  Galactose  hervorgeht,  nur  ein  geringer  sein  können.  Da 
nach  der  Inversion  noch  eine  bedeutende  Rechtsdrehung  bestehen  bleibt, 
und  da  die  Galactose  für  mittlere  Temperaturen  nur  wenig  stärker  nach 
rechts  als  die  Lävulose  nach  links  dreht,  so  mufs  mehr  Galactose  als 
Lävulose  vorhanden  sein.  Die  Rechtsdrehung  der  Galactose  und  die 
Linksdrehung  der  Lävulose  werden  durch  Temperaturerhöhung  erniedrigt. 
Die  Drehungsänderungen  heben  sich  also  theilweise  auf.  Der  Einflufs 
der  Temperatur  auf  das  Drehungsvermögen  der  Galactose  ist  geringer 
als  auf  das  der  Lävulose,  andererseits  ist  aber  mehr  Galactose  als 
Lävulose  vorhanden.  Aus  diesem  Grunde  wird  man  nicht  sehr  fehl 
gehen,  wenn  man  annimmt,  dafs  sich  die  durch  Temperaturänderungen 
hervorgebrachten  Drehungsänderungen  nahezu  aufheben. 

Der  direkte  Versuch  bestätigt  die  vorstehende  Annahme.  Die 
Drehung  einer  invertirten  Raffinoselösung  ist  bei  niederer  Temperatur 
geringer  als  bei  höherer,  ist  aber  bei  Weitem  nicht  in  dem  Mafse,  wie 
die  Drehung  einer  invertirten  Rohrzuckerlösung,  von  der  Temperatur 
abhängig.  Da  die  Rohrzucker  verhältnifsmäfsig  wenig  Raffinose  ent- 
halten, so  kann  die  für  die  Temperatur  nöthige  Correctur  innerhalb 
gewisser  Grenzen  vernachlässigt  werden. 

Die  vorstehende  Abänderung  des  Creydt'schen  Verfahrens  war  für 
New  Yorker  Verhältnisse  darum  angezeigt,  weil  bei  der  dort  im  Som- 
mer  oft  sehr   hohen   Temperatur    und    dem    dabei   sehr    hohen  Feuch- 


Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  Zuckerfabriken.  521 

tiskeitssehalte  der  Luft  die  Polarisation  bei  200  Q.  nur  mit  gvofsen 
Scliwierigkeiten  in  Folge  des  Beschlagens  der  Deckgläser  auszuführen 
ist.  Aufserdem  erlaubt  diese  Abänderung  selbstverständlich  ein  rascheres 
Arbeiten. 

T.  L.  Phipson  berichtete  {Chemical  News^  Bd.  59  S.  255)  über  die 
Gegenwart  von  Zinn  in  gewissen  Zuckern  (über  Zusatz  von  Zinnsalze 
bei  der  Zuckerfabrikation  vgl.  1886  259  322),  den  Einflufs  des  Zinnes 
auf  die  Gesundheit  und  ein  Mittel  zu  seiner  Entdeckung. 

Eine  Dame,  die  den  sogen.  Demerara-Zucker  in  ihrem  Haushalte 
verwandte,  hatte  heftige  kolikartige  Diarrhöe  bei  dessen  Genufs  be- 
kommen, die  sofort  ausblieb,  als  der  Gebrauch  dieses  Zuckers  ausgesetzt 
wurde.  Auch  die  Dienerschaft  der  Dame  hatte  sich  gegen  den  Genufs 
des  Zuckers  siesträubt,  wiewohl  er  von  sehr  angenehmem  aromatischen 
Geruch  und  sehr  süfsem  Geschmack  ist;  die  Farbe  ist  goldgelb.  Bei 
der  Untersuchung  auf  Metalle,  die  vorgenommen  wurde,  indem  eine 
gröfsere  Menge  des  Zuckers  in  Wasser  gelöst,  ohne  Filtration  mit  Salz- 
säure und  Schwefelwasserstoff  versetzt  und  dann  mindestens  48  Stunden 
im  verschlossenen  Gefäfs  stehen  gelassen  wurde,  ergab  sich  ein  ziemlich 
reichlicher  Niederschlag  von  Schwefelzinn,  der  einer  Menge  von  0,04  Proc. 
Zinnoxyd  entsprach.  Aufser  dem  Zinn  war  von  fremden  Substanzen 
nur  noch  etwas  Glycose  und  2,7  Proc.  einer  aus  Kalk,  Eisenoxyd  und 
Kalkphosphat  bestehenden  Asche  in  dem  Zucker  vorhanden.  Verfasser 
hatte  selbst  früher  angegeben,  dafs  ein  sehr  kleiner  Zusatz  von  Zinn- 
chlorid, der  vielfach  angewandt  wird,  um  dem  Zucker  eine  goldgelbe 
Farbe  zu  geben,  nicht  schädlich  sei,  kann  aber  diese  Ansicht  nicht 
mehr  für  die,  wie  es  scheint,  jetzt  ausgiebigere  Verwendung  von  Zinn- 
chlorid aufrecht  erhalten,  zumal  nach  den  Untersuchungen  von  Ungar 
und  Bodländer  bewiesen  ist,  dafs  durch  die  Aufnahme  von  Zinn  in  den 
Organismen  nicht  nur  akute,  sondern  bei  fortgesetzter  Einführung  kleiner 
Mengen  chronische  Vergiftungen,  die  selbst  zum  Tode  führen,  bewirkt 
werden.  Bei  der  grofsen  Verwendung  des  Zuckers  ist  die  Gefahr  vor- 
handen, dafs  durch  Aufspeicherung  auch  kleiner,  täglich  mit  demselben 
aufgenommener  Mengen  Zinn  eine  ernstliche  Gesundheitsstörung  bewirkt 
werde,  und  Verfasser  hält  es  deshalb  für  rathsam,  bei  Zuckerunter- 
suchungen, die  im  hygienischen  Interesse  vorgenommen  werden,  auf  die 
Gegenwart  von  Zinn  besonders  zu  prüfen. 

Die  Verwendung  des  .,flüssigen  Fruchtzuckers'',  d.  h.  des  jetzt 
fabrikmäfsig  dargestellten  Invertzuckers  an  Stelle  des  Rohrzuckers,  soll 
für  Haushaltungen  bei  Zubereitung  von  eingemachten  Früchten,  Frucht- 
suppe, Creme,  Compot,  süfse  Speisen,  Bowle,  Limonade  u.  s.  w.  nach 
Fühting's  landuirthschafiHche  Zeitung^  Bd.  38  Heft  15  vom  1.  August  1889 
S.  548,  folgende  Vortheile  gewähren: 

1)  Fällt  das  lästige,  zeitraubende  und  verlustgebende  Lösen  und 
Läutern   weg   und   es  ist  die  Verwendung  des  Fruchtzuckers  eine  sehr 


522  Neue  künstliche  Medicameule. 

bequeme,  indem  1'  Fruchtzuekersyrup  1*^  Fruchtzucker  von  lOO  Procent 
enthält,  somit  1'  einem  Kilo  geläuterten,  reinsten  Zucker  gleichzuachteu 
ist;  da  jedoch  der  Fruchtzucker  eine  sehr  starke  versüfsende  Wirkung 
übt,  so  hat  die  Erfahrung  einen  sparsameren  Verbrauch  des  Frucht- 
zuckers ergeben. 

2)  Versüfst  mau  Früchte  mit  derselben  Zuckerart  von  mildem 
Geschmack,  die  sie  bei  der  Reife  natürlich  enthalten,  während  Raffinade 
(Hutzucker)  eine  ganz  andere  Zuckerart  ist. 

3)  Krystallisirt  der  Fruchtzucker  nicht  aus  den  damit  versüfsten 
Producten  aus,  wie  es  bei  Raffmade  häufig  der  Fall  unter  Erzeugung 
ungleichmäfsiger  Süfse,  wie  z.  B.  in  körnig  gewordenem  Gelee. 

4)  Tritt  das  natürliche  Aroma  der  Früchte,  Speisen,  Getränke  u.  s.w. 
beim  Gebrauch  des  Fruchtzuckers  vi'eit  mehr  hervor  als  es  bei  An- 
wendung von  Raffinade  der  Fall  sein  kann. 

5)  Indem  man  den  flüssigen  Fruchtzucker  den  einzumachenden 
Früchten  hinzugefügt  und  allmählich  und  gleichmäfsig  bei  gelindem 
Feuer  (besser  noch  im  Wasserbade)  erwärmt,  wird  die  Form  und 
Struktur  der  Früchte  geschont  und  ein  Weichwerden  und  Aufplatzen 
verhindert,  wie  es  sehr  leicht  stattfindet  beim  Zusammenbringen  heifser 
Raffinadelösung  mit  kalten  Früchten.  In  gut  verschlossenen,  sauberen 
Gefäfsen,  vor  Licht  und  Kälte  geschützt,  kann  der  Fruchtzucker  un- 
verändert bewahrt  werden. 


Neue   künstliche   Medicamente :   Cocain,   Cocainderivate, 
Narcein,  Hydrazin,  Moschusersatz. 

(Nacli  den  einschlägigen  Patentschriften.) 

In  den  Cocablättern  kommen  bekanntlich  neben  dem  Cocain  nicht 
unbeträchtliche  Mengen  amorpher  Nebenalkaloide  vor,  welche  die 
physiologische  Wirkung  des  Cocains  stark  beeinträchtigen  und  daher 
vom  Cocain  geti-ennt  bezieh,  aus  dem  Rohcocaiu  entfernt  werden  müssen, 
bevor  das  Cocain  zur  therapeutischen  Benutzung  gelangt.  Löst  man 
dieses  Rohcocaiu  in  der  Wärme  in  wenig  Alkohol,  so  krystallisirt  nach 
dem  Erkalten  und  längerem  Stehen  das  Cocain  gröfstentheils  heraus, 
während  die  amorphen  Basen  in  Lösung  bleiben  und  durch  Abdampfen 
des  Alkohols  gewonnen  werden. 

Diese  amorphen  Nebenbasen ^  welche  bisher  als  recht  unliebsame 
Nebenproducte  der  Cocaingewinnung  angesehen  wurden,  lassen  sich 
nach  einem  von  Dr.  Carl  Liebermann  in  Berlin  und  Dr.  Friiz  Giesel 
in  Braunschweig  (D.  R.  F.  Nr.  47  602  vom  14.  August  1888)  ange- 
gebenen Verfahren  auf  Cocain  verarbeiten,  indem  durch  Spaltung  der- 
selben leicht  und  in  reichlicher  Menge  Ecgonin  gewonnen  wird,  welches 
benzoylirt,  sich  nach  bekannten  Methoden   leicht  in  Cocain  überführen 


Keue  künstliche  Medicamente.  523 

läfst.  Die  Spaltung  der  Kebenbasen  kann  sowohl  durch  Säuren  als 
durch  Alkalien  und  alkalische  Erden  —  theihveise  und  unvollkommen 
sogar  durch  überhitzten  Wasserdampf  —  bewirkt  werden.  Die  Spal- 
tungsproducte  sind  Ecgonin,  organische  Säuren  und  meist  Methylalkohol. 
Am  vortheilhaftesten  ist  es,  die  Spaltung  durch  Kochen  mit  Salzsäure 
zu  bewerkstelligen.  Die  Concentration  und  die  Mengen  der  über- 
schüssigen Salzsäure  sind  dabei  von  nur  geringer  Bedeutung,  doch  ist 
der  Salzsäure  von  1,1  bis  1,2  spec.  Gew.,  die  in  beträchtlichem  Ueber- 
schusse  anzuwenden  ist,  der  Vorzug  zu  geben.  Je  nach  der  Concentration 
der  Säure  und  den  angewendeten  Mengenverhältnissen  vollendet  sich 
die  Reactiou  in  kürzerer  Zeit  oder  in  1  bis  2  Stunden.  Die  bei  der 
Spaltung  ausgeschiedenen  organischen  Säuren  werden  nach  dem  Er- 
kalten abfiltrirt  und  das  salzsaure  Ecgonin  enthaltende  Filtrat  zur 
Trockne  verdampft.  Der  Salzrückstand,  mit  etwas  warmem  Alkohol 
gewaschen,  ist  fast  reines  salzsaures  Ecgonin,  aus  dem  durch  die 
äquivalente  Menge  Alkali  oder  Alkahcarbonat  die  Base  freigemacht 
wird.  Die  letztere  wird,  wenn  nöthig,  durch  Umkrystallisiren  aus  Al- 
kohol gereinigt. 

Das  auf  vorbeschriebene  Weise  hergestellte  Ecgonin  läfst  sich  leicht 
in  Benzoylecgonin  verwandeln.  Die  Benzoylirung  kann  sowohl  durch 
Benzoylchlorid  wie  durch  Beuzoesäureanhjdrid,  und  sowohl  mit  Ecgonin 
in  trockenem  Zustande  als  auch  bei  Gegenwart  von  etwas  Wasser  be- 
werkstelligt werden.  Am  zweckmäfsigsten  verfahrt  man  in  folgender 
Weise : 

Eine  bei  Siedetemperatur  gesättigte  wässerige  Lösung  von  Ecgonin 
(etwa  2  Th.  Ecgonin  auf  1  Th.  Wasser)  —  1  Molekül  —  wird  mit 
etwas  mehr  als  der  äquivalenten  Menge  Benzoesäureanhydrid  (1  Molekül) 
versetzt  und  zur  Vollendung  der  Reaction  kurze  Zeit,  etwa  ^,2  ^^^ 
1  Stunde,  auf  der  Siedetemperatur  der  Mischung  erhalten.  Zur  Ent- 
fernung der  gebildeten  Benzoesäure  aus  der  Reactionsmasse  wird  diese 
nach  dem  Erkalten  einige  Male  mit  Aether  ausgeschüttelt.  Die  rück- 
ständige wässerige  Lösung  erstarrt  schon  beim  Schütteln  oder  nach 
kurzem  Stehen  zu  einem  Krystallblei  von  Benzoylecgonin.  Die  Krystalle 
werden  von  der  Mutterlauge  durch  Absaugen  getrennt  und  mit  sehr 
wenig  Wasser  ausgewaschen.  Die  zurückbleibenden  Krystalle  sind 
Benzoylecgonin  mit  allen  Eigenschaften  des  bisher  bekannten.  Die 
Mutterlauge  enthält  das  der  Benzoylirung  entgangene  Ecgonin.  Sie  kann 
entweder  direkt  zu  neuen  Benzoylirungen  benutzt  oder  aus  ihr  das 
Ecgonin  wiedergewonnen  werden. 

Merck  (Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft^  Bd.  18  S.  29 
und  53)  hat  vergeblich  versucht,  die  vorstehend  beschriebene,  leicht  und 
glatt  verlaufende  Benzoylirung  des  Ecgonins  auszuführen. 

Zum  Theil  lag  dies  nach  Ansicht  Liebermanns  in  der  Anwendung 
solcher  Methoden    seitens  Merck' s^  z.  B.  Behandlung   von  Ecgonin   mit 


524  Neue  künstliche  Medicamente. 

Benzoesäure,  Wasser  und  etwas  Salzsäure,  welche  überhaupt  nicht  zum 
Ziele  führen,  zum  Theil  aber  auch  wie  bei  dem  Versuch  mit  trockenem 
Eegonin  und  Benzoesäureanhydrid,  der  ja  nach  Obigem  Benzoylecgonin, 
wenn  auch  in  ungemein  viel  schlechterer  Ausbeute  als  bei  gleicher 
Anwesenheit  von  Wasser  liefert,  wohl  darin,  dafs  die  Zeitdauer  der 
Reaction  zu  kurz  gewählt  wurde. 

C.  F.  Böhringer  und  Söhne  in  Waldhof  bei  Mannheim  (D.  R.  P. 
Nr.  47  713  vom  S.November  1888)  stellen  Cocain  und  homologe  Alka- 
loide  aus  den  Estern  des  Ecgonins  durch  Einführung  von  Säureradi- 
calen  in  die  letztei-en  dar.  Als  solche  finden  namentlich  der  salzsaure 
Ecgoninmethyl-  und  -äthylester,  als  Säureradieale  Benzoesäure,  Phtal- 
säure,  Phenylessigsäure  und  Isovaleriansäure  Anwendung.  Zur  Dar- 
stellung des  Ecgoninmethylesters  wird  1"^  salzsaures  Eegonin  mit  10'* 
absolutem  Methylalkohol  auf  60^  erhitzt  und  trockenes  Salzsäuregas  bis 
zur  Sättigung  während  2  bis  3  Stunden  eingeleitet.  Die  Flüssigkeit 
wird  abkühlen  gelassen,  mit  lOi^  Aether  versetzt,  wobei  der  salzsaure 
Ecgoninmethylester  auskrystallisirt,  während  unangegrifFenes  Eegonin  in 
der  Lösung  verbleibt.  Die  Krystalle  des  salzsauren  Esters  werden 
tiltrirt,  mit  etwas  Aether  gewaschen  und  geti-ocknet.  Der  salzsaure 
Ecgoninmethylester  ist  in  absolutem  Alkohol,  Aether,  Benzol  und  Benzin 
schwer  löslich,  in  Wasser  sehr  leicht  löslich,  mit  Alkalien  nicht  fällbar 
und  durch  solche  leicht  zersetzlich  in  Eegonin  und  Methylalkohol. 
Starke  Mineralsäuren  führen  in  der  Wärme  ebenfalls  diese  Zersetzung 
herbei.  Zur  Darstellung  des  Cocains  aus  salzsaurem  Ecgoninmethyl- 
ester und  Beuzoylchlorid  wird  l"*  salzsaurer  Ecgoninmethylester  fein 
gepulvert,  mit  l^  Benzoylchlorid  einige  Stunden  in  einem  Glaskolben 
im  kochenden  Wasserbade  erhitzt,  bis  die  Salzsäuregasentwickelung 
nachgelassen  hat  und  die  Mischung  zusammengeschmolzen  ist.  Die 
Schmelze  wird  in  10'  kaltes  Wasser  vertheilt,  wobei  sich  Benzoesäure 
abscheidet.  Diese  wird  abtiltrirt  und  mit  Wasser  gewaschen.  Das 
Filtrat  wird  mit  Sodalösung  niedergeschlagen,  das  ausfallende  Cocain 
mit  Wasser  gewaschen,  getrocknet  und  in  bekannter  Weise  gereinigt. 
Es  besitzt  alle  Eigenschaften  des  natürlichen  Cocains.  Aus  der  alka- 
lischen Lauge  kann  durch  Eindampfen  derselben  und  Extraction  des 
Verdampfungsrückstandes  mit  Alkohol  Eegonin  wiedergewonnen  werden. 

In  gleicher  Weise  wird  unter  Anwendung  von  Aethylalkohol  (statt 
Methylalkohol)  aus  salzsaurem  Eegonin  der  salzsaure  Ecgoninäthylester 
dargestellt  und  unter  den  gleichen  Bedingungen  in  Benzoylecgoninäthyl- 
ester  verwandelt,  welcher  Cocäthylin  oder  Homcocain  genannt  wird. 

Aus  gleichen  Gewichtstheilen  salzsaurem  Ecgoninmethylester  und 
Orthophtalylchlorid  erhält  man  unter  Entwickelung  von  Salzsäuregas 
bei  5  stündigem  Erwärmen  im  kochenden  Wasserbade  eine  halbfeste 
Schmelze,  welche,  in  Sodalösung  vertheilt,  den  freien  Phtalyldiecgonin- 
met/njlester : 


Keue  künstliche  Medicameute.  525 

.CO.C,oHi,N03 
^6H4.cO.C,oH,,N03 

in  Form  eines  Harzkuchens  ergibt.  Die  freie  Base  mit  Bromwasser- 
stofFsäure  in  alicoholischer  Lösung  neutralisirt,  ergibt  ein  bromwasser- 
stofFsaures  Salz  in  kleinen  körnigen  Kry stallen.  Die  freie  Base  ist  in 
Wasser  unlöslich,  in  Sprit  leicht  lösUch.  Die  Salze  mit  Mineralsäuren 
sind  leicht  löslich  in  Wasser. 

Gleiche  Gewichtstheile  salzsaurer  Ecgoninmethjlester  und  Isovalenjl- 
chlorid  werden  am  Rückflufskühler  im  kochenden  Wasserbade  erhitzt. 
Die  Reaction  geht  unter  lebhafter  Entwickelung  von  Salzsäuregas  vor 
sich  und  ist  in  i|2  Stunde  beendigt.  Die  geschmolzene  Masse  wird  in 
Wasser  gegossen  und  mit  Soda  der  freie  Isovalerylecgoninmethijtester: 
C5H9O .  C^oHi^NOg  in  Form  eines  Oeles  ausgefällt.  Dieses  wird,  von 
der  alkalischen  Flüssigkeit  getrennt,  in  absoluter  alkoholischer  Lösung 
mit  Jod-  oder  BromwasserstofFsäure  neutralisirt.  Es  kr^-stallisiren  beide 
Salze  in  schönen  Krystallblättern.  Die  Salze  dieser  Verbindung  mit 
Mineralsäuren  sind  in  Wasser  löslich.  Schwer  löslich  ist  das  Ferro- 
cjanat.     Das  freie  Alkaloid  ist  in  Wasser  schwer  löslich. 

Phenylacetylchlorid  und  salzsaurer  Ecgoninmethjlester  werden  zu 
gleichen  Theilen  in  einem  Glaskolben  im  kochenden  Wasserbade  wäh- 
rend 4  Stunden  erhitzt.  Die  geschmolzene  Masse  wird  in  Wasser  ge- 
gossen, der  gebildete  Phenylacetykcgoninmethylester: 

CfiH^CH^CO.CioHieNOg 
mit  Soda  gefällt.  Die  freie  Base  fällt  ölig  aus  und  wird  in  absoluter 
alkoholischer  Lösung  mit  JodwasserstofFsäure  neutralisirt.  Auf  Zusatz 
von  etwas  Aether  fällt  das  JodwasserstofFsäure  Salz  in  kleinen  Blättchen 
aus.  Das  jod-  und  bromwasserstoffsaure  Salz,  sowie  das  schwefelsaure 
Salz  des  Phenylacetylecgoninmethylesters  sind  in  Wasser  leicht  löslich. 
Die  freie  Base  ist  ölig,  in  Wasser  unlöslich  und  in  Sprit  leicht  löslich. 
Die  genannten  neuen  Alkaloide  sollen  in  gleicher  Weise  wie  Cocain  zu 
medicinischen  Zwecken  Anwendung  finden. 

Weitere  physiologisch  xmrksame  Cocainderivate  stellen  C.  F.  ßöhringer 
und  Söhne  in  Waldhof  bei  Mannheim  (D.  R.  P.  Nr.  48274  vom  9.  Ok- 
tober 1888)  dar. 

Die  Spaltuugsproducte  des  Cocains:  Benzoylecgoniu  und  Ecgoniu 
gehen  bei  der  Oxydation  mit  übermangansaurem  Kali  in  verdünnter 
wässeriger  Lösung  in  um  1  KohlenstofFatom  und  2  WasserstofFatome 
ärmere  stickstofFhaltige  Säuren  über.  Die  Säure  aus  Benzoylecgoniu, 
von  den  Erfindern  Cocaylbenzoyloxyessigsäure  genannt,  und  nach  der 
Formel  C,gHj-N04  zusammengesetzt,  krystailisirt  aus  Alkohol  oder 
Wasser  in  Prismen  vom  Schmelzpunkte  etwa  2300. 

Die  Säure  aus  Ecgonin  wird  Cocayloxyessigsäure  genannt;  sie  ist 
nach  der  Formel  C3H13NO3  zusammengesetzt  und  bildet  weifse  Krystalle, 
die  bei  etwa   2330   schmelzen.     Diese  Verbindungen,   welche   zugleich 


526  Nene  künstliche  Medicamente. 

saure  und  basische  Eigenschaften  besitzen,  bilden  Salze  und  Ester,  die 
zum  Theil  eigenthümliche  physiologische  Wirkungen  zeigen  und  zu 
medicinischen  Zwecken  verwendet  werden  sollen. 

Andere  physiologisch  wirksame  Cocainderivate  stellen  C.  F.  Böhringer 
und  Söhne  in  Waldhof  bei  Mannheim  (D.  R.  P.  Nr.  48273  vom  9.  Ok- 
tober 1888)  durch  Halogenalkylirung  des  Cocains  dar.  Cocain  addirt 
schon  in  der  Kälte,  aber  leichter  bei  mehrstündigem  Erhitzen  unter 
Druck  molekulare  Mengen  Halogenalkyle.  Diese  neuen  Verbindungen 
sind  meistens  schön  krystallisirt  und  physiologisch  wirksam. 

Erwärmt  man  z.  B.  30  Gew.-Th.  Cocain  mit  14  bis  15  Gew.-Th. 
Methyljodid  im  Autoclaven  2  Stunden  auf  lOOO,  so  entsteht  das  Cocain- 
jodmethylat  C|-H.2iNO,CH3J,  welches  aus  absolutem  Alkohol  in  Blätt- 
chen vom  Schmelzpunkte  164^  krystallisirt.  In  Wasser  suspendirt,  geht 
es  durch  Schütteln  mit  Chlorsilber  in  Cocainchlormethylat  über, 

Ci^H.iNO^CHgCl, 
welches  sich  aus  absolutem  Alkohol  bei  Zusatz  von  Aether  in  weifsen 
Krystallen  vom  Schmelzpunkte  152,5^  abscheidet. 

Erwärmt  man  äquivalente  Mengen  Cocain  und  Brommethyl  im 
Autoclaven  2  Stunden  auf  100^',  so  entsteht  das  Cocai'nbrommethylat, 
welches  z.  B.  aus  Alkohol  in  weifsen  Krystallen  erhalten  werden  kann. 

Dr.  W.  Roser  in  Marburg  (D.  K.  P.  Nr.  44890  vom  1.  November 
1887)  stellt  Narce'in  und  dessen  Homologe  durch  Behandlung  der  Alkyl- 
halogen-Additionsproducte  des  Narcotins  mit  verdünnten  Alkalien  dar. 
Zur  Darstellung  von  Narce'in  versetzt  man  hiernach  Narcotinmethyl- 
chlorid  in  wässeriger  Lösung  mit  Natronlauge,  wodurch  eine  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  halbfeste  Verbindung,  wahrscheinlich  Narcotin- 
methylhydroxyd,  gefällt  wird.  Diese  Verbindung  geht  beim  Stehen  von 
selbst  in  Narcein  über,  entsprechend  der  Gleichung: 

CojH.^gNO,  —  CHgCOH)  +  3H2O  =  C^gH.^yNO,  -h  2H2O. 

Schneller  findet  diese  Umwandlung  beim  Erwärmen  mit  Wasser 
statt.  Das  gebildete  Narcein  wird  durch  Krystallisation  aus  Wasser 
leicht  in  reinem  Zustande  erhalten. 

Homonarce'in  wird  aus  Narcotinäthylchlorid  in  ganz  derselben  Weise 
erhalten  wie  das  Narcein  aus  Narcotinmethylchlorid.  Das  Homonarcein 
gleicht  in  seinen  Eigenschaften  dem  Narcein  und  krystallisirt  aus  Wasser, 
in  dem  es  ziemlich  schwer  löslich  ist,  in  farblosen  kleinen,  concentrisch 
gruppirten  Nädelchen. 

Die  anderen  Homologen  werden  in  ganz  analoger  Weise  dargestellt. 
Es  ist  selbstverständlich,  dafs  an  Stelle  der  Alkylchlorid-Additionspro- 
ducte  des  Narcotins  auch  die  entsprechenden  Bromide  und  Jodide  ver- 
wendet werden  kitnnen. 

Zur  Darstellung  von  als  Medicamente  und  in  der  Photographie  ver- 
wendbaren Hydrazinrerbindungen  benutzt  Dr.  Ph.  Cxirtiua  in  Erlangen 
(D.  K.  P.  Nr.  47600  vom  7.  August  1888)  die  Triazoessigsäure^  welche  aus 


Neue  künstliche  Medicamente.  527 

Diazoessigestern  mittels  Aetzalkalien  gewonnen  wird.  Die  Triazoessig- 
säure  liefert  beim  Kochen  mit  einer  eoncentrirten  iSäure  Hjdrazinsalz. 
Hiernach  gestaltet  sich  die  Ausführung  des  Verfahrens  wie  folgt: 

Zu  4'*  auf  1000  erhitzter  concentrirter  Natronlauge  (2  Th.  Aetznatron 
und  3  Th.  Wasser)  lälst  man  l"^  Diazoessigäther  CHN2CO2C2H5  unter 
beständigem  Umrühren  allmählich  zufliefsen  und  digerirt  die  gelbe, 
breiige  Masse  so  lange,  bis  der  Geruch  nach  Diazoessigäther  ver- 
schwunden ist. 

Nach  der  Gleichung: 

/CO,Na 
3CHN2CO2C2H5  +  3NaOH  =  CaHgNfi— CO^Na  +  3C2H5OH 

\CO2Na 

Diazoessigäther  triazoessigsaures  Natron 

entsteht  triazoessigsaures  Natron. 

Man  versetzt  mit  Ih^  90 procentigen  Alkohol,  rührt  das  abgesaugte 
und  mit  Alkohol  ausgewaschene,  lufttrockene  Salz  (Ausbeute  etwa  174"") 
mit  4'^,5  verdünnter  Schwefelsäure  (2  Th.  Wasser  und  1  Th.  Schwefel- 
säure) an  und  filtrirt  nach  zwölfstündigem  Stehen  die  ausgeschiedene 
Triazoessigsäure 

/COOK 

CoHoNe^-COOH 

\COOH 

(Schmelzpunkt  1510)  ab.     1^  Triazoessigsäure  wird  mit  8'  Wasser  und 
i^  concentrirter  Schwefelsäure  zum  Kochen  erhitzt,  bis  unter  Entfärbung 
der    Lösung    die   Gasentwickelung    beendet    ist.      Nach    dem    Erkalten 
scheidet  sich  das  nach  der  Gleichung: 
/COOH 

C3H3Nt^^COOH-f3S04H2  +  6H20  =  3N2H4SO,H2  +  HCOOH  +  3COo 
\COOH  42^2  2442-r  -r,2 

Triazoessigsäure  Hydrazinsulfat 

in  berechneter  Menge  gebildete  schwer  lösliche  Hydrazinsulfat  in  reinem 
Zustande  aus. 

Um  aus  den  sauren,  beliebig  verdünnten  und  selbst  stark  verunrei- 
nigten Mutterlaugen  alles  Hydrazin  zu  gewinnen,   werden  dieselben  so 
lange  mit  Bittermandelöl  geschüttelt,  als  noch  nach  der  Gleichung: 
N2H4SO4H2  -f  2C,iH5CHO  =  N2(CHCfiH5)2  +  2H2O  -|-  SO4H2 

Hydrazinsulfat  Benzalazin 

(Benzylidenhj'drazin) 

eine  Ausscheidung  von  in  Wasser  und  Säuren  ganz  unlöslichem  Benzalazin 

(Benzylidenhydrazin    N2(CHCßH5)2    —    Schmelzpunkt   93«   —   entsteht. 

Letzteres  wird  abfiltrirt  und  durch  Kochen  mit  verdünnter  Schwefelsäure 

(bezieh.  Salzsäure  u.  s.  w.)   in   Hydrazinsulfat  (bezieh.   Hydrazinchlorid 

u.  s.  w.)  und  Bittermandelöl  zurückverwandelt: 

N2(CHCeHg)2  -f  2  H2O  -f  SO4H2  =  N2H4SO4H2  +  2  C.HgCHO. 

Einen  billigen  Moschusersatz  stellt  Dr.  Albert  Baur  in  Gispersleben 

(D.  R.  P.  Kl.  12  Nr.  47  599  vom  3.  Juli  1888)  in   folgender  Weise   dar. 


528 


Kleinere  Mittheüungen. 


Toluol  wird  mit  den  Halogenverbindungen  des  Butans  gemischt  und 
am  Rückflufskühler  unter  Zusatz  von  Aluminiuuiehlorid  oder  Aluminium- 
brumid  gekocht.  Das  Reactionsproduct  wird  mit  Wasser  versetzt  und 
mit  Wasserdampf  destillirt,  die  zwischen  170  bis  200"  C.  übergehende 
Fraction  aufgefangen  und  mit  rauchender  Sal])etersäure  und  rauchender 
Schwefelsäure  behandelt.  Das  erhaltene  Product  wird  nach  dem  Waschen 
mit  Wasser  aus  Alkohol  umkrystallisirt.  Die  gelblich  weifsen,  stark 
nach  Moschus  riechenden  Kr>'stalle  werden  in  Alkohol  gelöst  und  mit 
einer  Spur  Ammoniak  oder  kohlensaurem  Ammonium  versetzt,  wodurch 
eine  der  Moschustinctur  höchst  ähnliche  Flüssigkeit  erhalten  wird.  Der 
intensive  Geruch  dieses  neuen  Präparates  nach  Moschus  ist  geradezu 
enorm.  Dr.  Ulrich  Sachse. 


Wärmofen  für  Nieten. 

Einen  bemerkenswerthen  drehbaren  Wärniol'en  l'iir  Nieten  gibt  Revue 
industrielle  in  der  Kummer  vom  22.  Juni  1889  nach  den  Angaben  Enfer^s 
(Fig.  19  bis  22  Taf.  27).  Der  Ofen  ist  entweder  für  feste  Aufstellung  in  der 
Werkstatt  (Fig.  21  und  22)  oder  für  die  Aufstellungsarbeiten  beweglich  ein- 
gerichtet. Im  ersteren  Falle  ruht  er  auf  einer  Gul'seisensäule,  im  zweiten 
Falle  ist  er  nach  Art  der  Feldschmieden  mit  cylindrischem  Blasbalge  ein- 
gerichtet. Der  Ofen  bietet  den  Vortheil ,  dafs  die  Nieten  nicht  mit  dem 
Brennmaterial  in  unmittelbare  Berührung  kommen ,  sondern  nur  von  den 
Gasen  umspült  werden,  wodurch  die  Gefahr  des  Verbrennens  der  Nieten  ver- 
mindert wird.  Der  obere  Theil,  der  eigentliche  Ofen,  ist  auf  einem  Zapfen, 
durch  welchen  der  Wind  zugeführt  wird,  drehbar,  so  dafs  der  Arbeiter,  ohne 
seinen  Platz  zu  wechseln,  durch  einfaches  Drehen  des  Oberstückes  die  vier 
Stellen,  an  welchen  die  Nieten  liegen,  erreichen  kann.  Diese  Einrichtung 
erleichtert  aufserdem  etwaige  Reparaturen  und  gestattet  ein  sofortiges  Aus- 
wechseln des  Oberstückes.  Die  mit  vier  Bohrungen 
versehene  Düse  bei  Fig.  19  kann  leicht  ersetzt  wer- 
den. Bei  der  feststehenden  Anordnung  (Fig.  21) 
ist  anstatt  der  Düse  eine  durchlöcherte  Platte  ver- 
wendet. Der  Ofen  ist  behufs  Reinigen  von  kSchlacken 
nach  dem  Lösen  weniger  Schrauben  in  allen  Theilen 
zugänglich,  auch  können  die  feuerfesten  Wände  durch 
Umlegen  zweimal  verwendbar  werden. 

D.  B.  Morison's  Indicatorkolben. 

Der  hohle,  durch  einen  Deckel  mit  olfenem 
Rohrstutzen  abgeschlossene  Kulbenkörper  bildet 
einen  Behälter,  aus  welchem  das  eingebrachte  Oel 
durch  kleine  Querlöchcr  der  Kolbenwand  in  Ring- 
nuthen  des  Kolbenmantels  vermöge  des  auf  der 
Oelschicht  wirkenden  Dampfdruckes  lliefst,  wo- 
durch das  Oel  nicht  nur  als  Schmierung,  sondern 
zugleich  als  Dichtung  wirkt  (^Indusiries  vom  3.  Mai 
1889,  *S.  416). 


Verla«  der  J.  ü.  Cotta'schen  Huchhindlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Neuere  Drehbänke. 


529 


Neuere  Drehbänke. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  28  und  29. 

Lodge  und  Davis    Drehbank  für  Rothgufsarbeüen  (Fig.  1). 
Um  Hähne,  Ventile   und   dergleichen   Bestandtheile   mit  möglichst 
wenigen  Umspannungen  fertig  zu  stellen  und  doch  regelrechte  Bearbei- 

Fig.  1. 


tung  zu  ermöglichen,  bauen  Lodge^  Davis  und  Comp,  in  Cincinnati,  Ohio' 
Amerika,  eine  Drehbank,  welche  mit  stärkerem  Spindelbetriebe,  selbs- 
thätiger  Schlittenverschiebung,  drehbarem  Stichelsatz  und  selbständiger 
Gewiudschneidevorrichtung  ausgerüstet  ist. 

Nach  American  Machinist,.  188S  Bd.  11  Nr.  25*S.  1,  liegen  die 
Eigenthümlichkeiten  dieser  Drehbank  in  der  besonderen  Ausführung 
des  doppelten  Querschlittens,  wodurch  bei  festgelegter  Einstellung  der 
Werkzeuge  eine  gröfsere  Unabhängigkeit  für  die  Planarbeit  erhalten 
wird.  Der  obere  Parallelschlitten,  auf  welchem  der  drehbare  Stichel- 
satz angebracht  ist,  besitzt  Spindelverstellung  durch  die  Griffkurbel, 
rasche  Verschiebung  aber  mittels  eines  sperrenden  Griff  hebeis. 

Der  Hauptschlitten  wird  nach  gewöhnlicher  Art  mittels  Stufen- 
scheiben, Schneckentriebwerk  und  Zahnstangengetrieb  selbsthätig  und 
nach  erfolgter  Auslösung  des  eingeschalteten  Reibungsschlosses  auch 
durch  Hand  bethätigt. 

Auf  der  durch  ein  Belastungsgewicht  zurückgezogenen,  hinter  der 
Wange  liegenden  Parallelwelle  ist  das  Gewindeschneidzeug  angebracht, 
welches    aus    einem    die  Wange    übergreifenden   Winkel   besteht,    um 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  27:?  Nr.  12.  1889/III.  34 


530 


Neuere  Drehbänke. 


dessen  Zapfen  der  Schneidstahlsupport  schwingt,  und  nach  Bedarf  zurück 
gelegt  werden  kann. 

Diese  Parallelwelle  wird  mittels  Stirnräder  von  der  Drehbanks- 
sjnndel  in  Drehung  versetzt,  während  durch  eine  aufgeschobene  Gewinde- 
patrone die  Längsverschiebung  in  deren  Achsrichtung  dadurch  hervor- 
gebracht wird,  dafs  ein  geführter  Gewindbacken  an  dieselbe  angeschoben 
wird.  Behufs  richtiger  Anstellung  ist  der  Schneidstahl  in  einem  kleinen 
Schlitten  eingespannt. 

G.  Birch  und  Comp,  in  Salford  bei  Manchester  bauen  nach  Indmtries 
vom  27.  Mai  1887  S.  532  eine  Mechaniker-Drehbank,  welche  mit  Doppel- 

Fig.  2. 


Spindel  und  mit  allen  Vorrichtungen  zum  Drehen,  Theilen,  Schrauben- 
schneiden und  Fräsen  ausgerüstet  ist,  welche  hohen  Ansprüchen  an  Ge- 
nauigkeit entspricht  (Fig.  2). 

Aufser  der  vorderen  Zeigertheilscheibe  ist  auf  der  Drehbanksspindel 
noch  eine  zweite  Schneckenradtheilscheibe  mit  Interpolationsvorrichtung 
(Zwischentheiler)  vorgesehen,  mittels  welcher  es  möglich  wird,  Schlitten- 
verschiebungen  bis  TK?^  Zoll   nachzuweisen.     Das   auf  der  Leitspindel 

vorgesehene  Spindeltriebwerk  bietet  in  Verbindung  mit  Versatzrädern 
ein  bequemes  Hilfsmittel  zu  Bogen-  und  Lineareintheilungen,  sowie  zu 
Schlittenverschiebungen.  Die  Reitstockspindel,  sowie  die  Bewegungs- 
spindel für  den  Querschlitten  sind  mit  Mikrometerscheiben  ausgerüstet, 
so  dafs  die  feinsten  Quer-  und  Tiefstellungen  erhältlich  werden.  Der 
Betrieb  der  zweiten  Spindel,  welche  für  Gravirarbeit  von  Medaillonen 
bestimmt  ist,  erfolgt  in  langsamer  Gangart  mittels  Räderumsetzungen 
von  der  Hauptsi)indel  aus,  der  Arbeitsvorgang  ist  hierbei  dem  Panto- 
graph])rinzipe  ents])rechend. 

Von  der   Werkzeugmaschinenfabrik  Ludwigshafen.,  Geiger  und  Hessen- 


Neuere  Drehbänke.  531 

müller^  sind  in  München  1888  unter  anderem  aucii  einige  Drehbänke 
ausgestellt  worden,  von  denen  eine,  nach  Uhlands  Technische  Rundschau^ 
1889  Bd.  3  Nr.  29  *  S.  190,  auf  Fig.  1  und  2  Taf.  28  dargestellt  ist. 

Nebst  den  recht  gefälligen  Verhältnissen  dieser  Drehbank  ist  die 
Trittbewegungsvorrichtung  bemerkenswerth.  Durch  die  eigenthümliche 
Anordnung  der  Kurbelstange  an  einem  Winkelhebel  in  einer  gewissen 
Schräglage  zum  Schwingungsbogen  wird  erreicht,  dafs  der  Weg  im 
Kurbelzapfenkreise  für  den  Niedergang  des  Trittes  gröfser  wird,  als 
für  den  Aufgang  desselben.  Hiernach  wird  aber  auch  die  Zeitdauer 
für  die  Kraftäufserung  durch  den  Fufs  verlängert,  während  für  den 
Rückgang,  für  das  Heben  des  Fufses  eine  kleinere  Zeit  gebraucht  wird, 
oder  der  Tritt  dem  sich  erhebenden  Fufse  rasch  folgt.  Diese  aus  Fig.  1 
und  2  Taf.  28  leicht  verständliche  Drehbank  ist  mit  Rädervorgelege 
und  Leitspindel  ausgestattet. 

Drehbank  mit  Fufsbetrieb  für  Feinmechaniker. 

Von  der  London  Lathe  and  Tool  Company  wird  nach  The  Engineer 
vom  17.  Februar  1888 ''■"  S.  138  eine  Fufsdrehbank  gebaut,  welche  be- 
merkenswerthe  Eigenthümlichkeiten  zeigt. 

Die  Verbindung  der  Antriebwelle  mit  dem  Tritthebel  ist  mittels 
Kette  und  Kettenräder  durchgeführt  (Fig.  3  und  4),  von  denen  das 
untere  lose  und  excentrisch  auf  der  Trittspindel  läuft,  wodurch  ein 
rascher  Rücklauf  und  bequeme  Hubregelung  erhalten  wird.  Ein  leichtes 
Gerüst  aus  Eisenrohr  mit  Wandstreben  trägt  das  Vorgelege  für  Fräser- 
arbeit, von  welchem  mittels  Schnurrolle  und  Schneckentriebwerk  die 
Leitspindel  für  den  Fall  bethätigt  wird,  wenn  die  Drehbankspindel  steht. 
Die  Sicherung  dieser  Spindel  erfolgt  durch  den  federnden  Stellstift, 
welcher  in  die  Theilscheibe  eingesetzt  wird.  Um  die  Leitspindel  un- 
abhängig von  dem  Versatzräderwerke  zu  machen,  ist  dieselbe  getheilt 
und  diese  Theile  mit  einer  Zahnkuppelung  leicht  zu  verkuppeln  (Fig.  3). 
Der  Schlitten  gleitet  an  der  Vorderseite  der  Wange  und  wird  bei  Hand 
durch  ein  Getriebe  verstellt,  welches  in  die  festgestellte  Leitspindel 
eingreift,  die  gleichsam  als  Zahnstange  wirkt,  während  beim  Selbst- 
betriebe dieses  Getriebe  durch  einen  federnden  Sperrzahn  (Fig.  3) 
festgelegt,  die  Wirkung  einer  Spindelmutter  erfüllt.  Auf  dem  Quer- 
schlitten wird  ein  Drehstück  aufgeschraubt,  in  welchem  nach  Bedarf 
der  Stahlhalter  für  die  gewöhnliche  Dreharbeit  oder  ein  Fräsersupport 
eingesetzt  wird,  der  für  das  Räderfräsen  sowohl  als  für  besondere  Fräse- 
arbeit eine  Fräsegabel  trägt.  Zum  Freidrehen  kann  in  dem  Halter 
entweder  eine  Stahlauflage  oder  eine  Führungsplatte  für  das  Bohren 
eingestellt  werden.  Selbstverständlich  sind  sämmtliche  Schlittenverschie- 
bungen bei  theilweisen  Spindeldrehungen  aus  der  Zahl  der  Sperrzähne 

leicht  zu  bestimmen,  so  dafs  beispielsweise  der  Querschlitteu  um  -^ttx  Zoll 


532  Neuere  Drehbänke. 

vorgeschoben  wird,  sobald  das  25  zähnige  Sperrrad  um  einen  Zahn  vor- 
gedreht wird. 

J.  Benz    Rohrßanschen-Doppeldrehbank. 

Nach  einem  bei  den  Locomotivräderdrehbänkeu  verwendeten  Grund- 
satze ist  diese  Doppeldrehbank  ausgeführt,  nur  dafs  hierbei  die  kreisende 
Reitstockspindel  keinen  selbständigen  Antrieb  besitzt,  sondern  durch  das 
Werkstück  mitgedreht  wird. 

Eigenthümlich  und  bemerkenswerth  ist  nach  dem  Praktischen  Ma 
schinen-Constructeur^  1889  Bd.  22  *  S.  101,  die  dem  Zwecke  des  Flanschen- 
drehens  recht  gut  entsprechende  Anordnung  der  Supporte,  deren  Schlitten- 
winkel (Fig.  5  und  6),  seitlich  vorragend,  an  dem  Vorderlager  des 
Spindel-  bezieh.  Reitstockkörpers  angegossen  sind.  Besonders  einfach 
ist  die  Einspannvorrichtung  für  gleichartige  Rohrstutzen  mittels  Spann- 
büchse und  Kegel  durchgeführt,  welche  auf  den  inneren  Spindeln  der 
Drehbank  aufgeschraubt,  mittels  Handradmuttern  gegensätzlich  an- 
geschoben werden,  wodurch  sich  die  geschlitzte  Spannbüchse  in  das 
abzudrehende  Rohrwerkstück  einprefst.  Selbstverständlich  ist  diese 
Drehbank  für  die  verschiedensten  Rohrlängen  eingerichtet. 

Geiger  und  HessenmüUer's  Säulenfräse-  und  Drehbank. 

Verzierte  Holzsäulen,  Füfse  u.  dgl.  werden  auf  der  mit  Fräsevor- 
richtung ausgerüsteten  Drechselbank  rasch  und  sauber  bearbeitet,  mit 
geraden  und  gewundenen  Canellirungen,  Sternwulsten,  Perlenleisten  in 
beliebiger  Theilzahl  versehen. 

Die  in  der  Bevue  industrielle  des  Machines  outils^  1889  Bd.  3  Nr.  4*S.  25, 
beschriebene  und  in  Fig.  1  bis  4  Taf.  29  dargestellte,  mit  Tritt-  und 
Riemenantriebstheilen  ausgerüstete  Maschine  hat  nebst  den  einer  Drechsel- 
bank eigenthümlichen  Bestandtheilen,  wie  Spindel-  und  Reitstock,  sowie 
Stahlauflage,  noch  einen  drehbaren  Kreuzsupport  mit  der  Fräsespindel, 
sowie  die  zu  deren  Betriebe  erforderliche  Schnurleitung. 

Aufserdem  ist  die  Spindel  mit  Theilvorrichtung  ausgerüstet,  und  zur 
Erzeugung  von  Gewindnuthen  am  Werkstücke  ist  noch  eine  die  Haupt- 
spindel mit  den  Supporttheilen  verbindende  üebertragungswelle  vor- 
gesehen. 

Soll  nun  der  auf  dieser  oder  einer  anderen  Drechselbank  glatt  ab- 
gedrehte Säulenfufs  verziert  werden,  so  wird  vorerst  der  Schnurtrieb 
über  drei  Leitrollen  6,  c  und  d  in  wagerechter  Ebene,  und  gleichzeitig 
die  Fräserrolle  f  umschlingend,  längs  der  Wange  dreieckförmig  ab- 
geleitet. 

Für  die  Bildung  von  Perlenschnüren  wird  alsdann  die  Üebertragungs- 
welle m  ausgerückt  und  der  dadurch  selbständig  gewordene  Fräser- 
support an  die  zu  verzierende  Leiste  angestellt,  die  Hauptspindel  mit 
dem  Werkstücke  aber  durch  den  Stellhebel  s  (Fig.  3)  und  mittels  der 
Theilscheibe  i  festgestellt.   Bei  entsprechender  Dreh  Verstellung  der  Theil- 


Neuerungen  an  standfesten  Bohrmaschinen.  533 

Scheibe  i  werden  mittels  ausgewählter  Formfräser  Perlen-  und  Knopf- 
verzierungen mittels  der  Handkurbel  g  angearbeitet.  Zur  Herstellung 
erhabener  und  vertiefter  Sternmuster  in  Wülsten  ist  zwischen  Fräser- 
lager und  Kreuzsupport  eine  Formplatte  eingeschaltet,  welche  sonst  bei 
glatter  Arbeit  festgestellt  ist. 

Die  gleiche  Einrichtung  besteht  für  die  Erzeugung  gerader  Schaft- 
canellirungen,  nur  dafs  hierbei  die  Bethätigung  der  Fräserspindel  durch 
die  Handkurbel  h  bewerkstelligt  wird,  wobei  zur  genauen  Begrenzung 
der  Nuthenlänge  Stellklötzchen  r,  r  am  Supporte  a  angeordnet  werden. 
Selbstverständlich  wird  der  Support  a  der  Kegelform  des  Säulenschaftes 
entsprechend  schräg  anzustellen  sein. 

Wenn  aber  spiralig  gewundene  Nuthen  einzufräsen  sind,  so  braucht 
blofs  zwischen  der  Leitspindel  h  im  Supporte  a  und  der  Hauptspindel 
eine  Verbindung  durch  die  gelenkige  Uebertragungs welle  m  mittels 
eigens  gewählter  Versatzräder  /r,  /  stattzufinden,  um  die  geradlinige 
Fräserschlittenbewegung  durch  h  zu  einer  verhältnifsmäfsig  bemessenen 
Drehbewegung  des  Werkstückes  mit  verwenden  zu  können. 

Bei  mehrfachen  Gewindnuthen  wird  nach  Beendigung  jeder  Nuth 
der  Stellzeiger  s  in  einem  beliebigen  Punkte  der  Theilscheibe  i  einge- 
stellt, das  Räderwerk  ausgerückt,  die  der  Nuthzahl  entsprechende  Ver- 
drehung des  Werkstückes  vorgenommen,  das  Räderwerk  Ä,  /  wieder 
eingerückt,  der  Stellzeiger  s  zurückgestellt  und  der  Fräsebetrieb  in 
früherer  Weise  wiederholt. 

Zur  Bildung  ebener  Sternrosetten  ist  die  aus  Fig.  4  ersichtliche 
Anordnung  getroffen,  wobei  y  und  z  die  Leitrollenträger  bedeuten. 

Pr. 


Neuerungen  an  standfesten  Bohrmaschinen. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  28. 

R.  G.  Fuges  freistehende  Bohrmaschine  für  Handbetrieb  bietet  in  der 
baulichen  Zusammenstellung  und  in  den  Theilausführungen  Bemerkens- 
werthes.  Dieselbe  ist  nach  Engineering^  1888  Bd.  46  *  S.  541 ,  haupt- 
sächlich für  Schlosserwerkstätten  und  kleinere  Werke  ohne  Dampf  kraft 
bestimmt  und  dementsprechend  ausgebildet. 

Auf  eine  gabelförmige  Grundplatte  (Fig.  8  und  9)  ist  eine  glatt- 
gedrehte hohle  Standsäule  aufgeschraubt,  auf  welcher  mittels  eines 
durchgehenden  Schraubenbolzens  der  Lagerrahmen  befestigt  ist.  Die 
durch  eine  Rohrhülse  geschobene  Bohrspindel  wird  mittels  Handrades 
oder  Kurbel  durch  Vermittelung  zweier  Stirnräderpaare  mit  verschieden 
grofser  Uebersetzung  betrieben  und  vermöge  der  angesetzten  Schrauben- 
spindel durch  Excenterbetrieb  gesteuert,  während  die  als  Kegelrad  aus- 
gebildete  Spindelmutter    mittels    eines    Handrädchens    gedreht   werden 


534 


Neuerungen  an  standfesten  Bohrmaschinen. 


kann.  Die  Steuerspindel  wird  durch  den  angesetzten  festen  Bügel, 
welcher  sich  an  der  Antriebswelle  führt,  gegen  Verdrehung  gehalten. 
Eine  eigenthümliche  Anordnung  weist  der  auch  im  Textbilde  l)e- 
sonders  dargestellte  Bohrtisch  auf.  Um  die  glatte  Standsäule  ist  der- 
selbe sammt  der  Zahnstange  leicht  drehbar,  durch  Vermittelung  eines 


mit  der  Kui'bel  zu  bethätigenden  Schneekenradtriebwerkes  an  der  stehen- 
den Zahnstange  hochstellbar,  durch  das  kleine  Zahnstangeurädchen  wird 
der  in  Führungen  laufende  Auslader  herausgeschoben,  während  sich  auf 
demselben  der  aus  zwei  Theilen  bestehende  Tisch,  einen  Schraubstock 
bildend,  führt.  In  den  durch  eine  rechts  und  links  geschnittene  Schrauben- 
spindel verstellbaren  Gleitstücken  ist  aufserdem  jede  Kreisplattenhälfte 
drehbar,  deren  Griftflächen  mit  S(ahlj)latten  belegt  sind. 

J.  Wilden  Bohrmaschinensteuerung.  Nach  dem  Englischen  Patent 
Nr.  16086  vom  23.  November  1887  wird  durch  diese  Einrichtung  eine 
Umgehung  der  Kuppelung  zwischen  Bohr-  und  Steuerspindel  bezweckt; 
es  ist  hiernach  das  Gewinde  der  Steuerspindel  unmittelbar  an  den 
oberen  Theil  der  Bohrspindel  angeschnitten.  Die  achsiale  Verschiebung 
der  Bohrspindel  oder  deren  Vorschub  erfolgt  mittels  des  bekannten 
Differentialtriebwerkes,  wodurch  eine  kleine  Vor-  oder  Nacheilung  der 
Spindelmutter  gegen  die  Bohrspindeldrehung  hervorgerufen  wird.  Nebst- 
dem  wird  durch  die  in  Fig.  10  Taf.  28  zur  Darstellung  gebrachte  Ein- 
richtung noch  eine  zweite  Gangart  der  Selbststeuerung,  rasche  Rück- 
stellung der  Bohrspindel  und  Handeinstellung  angestrebt. 

Das  auf  der  Bohrspindelhülse  f  sitzende  Rad  a  treibt  durch  Ver- 
mittelung des  auf  den  Excenterzapfen   lose   laufenden  Radpaares  (6,  c) 


Harris'  Herstellung  plüschartiger  Teppiche  durch  Benähen.  535 

das  Rad  d  auf  der  Spindelmutter  r.  In  Folge  der  in  diesen  Rädern 
vorgesehenen  Uebersetzung  entsteht  die  den  Vorschub  bedingende  relative 
Verdrehung  der  Spindelmutter  gegen  die  Bohrspindel  s.  Das  Radpaar  c,  d 
kann  bei  Drehung  des  exceutrischen  Bolzens  aufser  Eingriff  gesetzt 
werden.  Mit  dem  Rade  a  steht  auch  g  in  Eingriff,  sowie  das  Rad  / 
an  dem  oberen  Theile  der  Spindelmutter  fest  ist,  während  das  Rad  A,  der 
Reibungskegel  i  und  die  stellbare  Hülse  j  ein  Stück  bilden.  Wird  nun 
vermöge  des  Handrades  o  der  Hebel  n  und  dadurch  die  Rohrhülse  j 
niedergezogen,  so  wird  eine  selbsthätige  Spindelsteuerung  entstehen,  die 
durch  die  Räder  a,  g^  h  und  /  vermittelt  wird,  die  entsprechend  der 
Räderübersetzung  verschieden  von  der  ei-steren  bemessen  ist.  Beim 
Hochstellen  der  Hülse  j  wird  i  ausgerückt,  dafür  aber  das  Rad  h  an 
einen  feststehenden  Reibungskegel  k  gedrückt  und  festgehalten,  wodurch 
die  Bohrspindel  in  rascher  Gangart  hochgeht.  In  der  Mittelstellung 
von  j  wird  mittels  Handrad  p  und  Rad  m  der  Bohrer  nach  Belieben 
eingestellt. 

Zwischen  der  unteren  Lagerfläche  und  dem  Rade  d  ist  ein  Druck- 
Rollkugellager  zur  Verminderung  der  Reibung  eingeschaltet.  Obwohl 
diese  Steuerungseinrichtungen  bei  langsam  kreisenden  Bohrwerken  aus- 
gedehnte Verwendung  finden,  so  dürften  dieselben  bei  rasch  laufenden 
Bohrmaschinen  schon  wegen  der  vielen  Räder  weniger  zweckentsprechend 
sein,  nichtsdestoweniger  ist  die  soeben  beschriebene  Einrichtung  be- 
achtenswerth ,  schon  wegen  der  Einschaltung  des  zum  Rücklaufe  mit- 
verwendeten zweiten  Differentialtriebwerkes.  Pr. 


Herstellung  plüschartiger  Teppiche  durch  Benähen;  von 
Henry  Barham  Harris  in  London. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  29. 

Teppiche  mit  plüschartiger  Oberfläche  werden  entweder  auf  dem 
Webstuhl  und  zwar  nach  Art  der  Sammtweberei  oder  in  der  Weise 
hergestellt,  dafs  Chenillefäden  bezieh.  Florbänder  neben  dem  Grund- 
schufs  in  das  Kettenfach  eingetragen  werden,  oder  es  erfolgt  die  Flor- 
bildung durch  einen  Knüpfprozefs  (vgl.  1888  270  339). 

H.  B.  Harris  in  London  schlägt  nun  vor,  den  Flor  durch  einen 
Nähprozefs  zu  bilden,  und  zwar  besteht  sein  durch  D.  R.  P.  Kl.  52 
Nr.  47631  vom  29.  August  1888  geschütztes  Verfahren  darin,  dafs  die 
Polfäden  mittels  Nadeln  in  einen  Grundstoff  derart  eingetragen  werden, 
dafs  die  Nadeln  den  um  eine  Kante  geführten  Stoff  zweimal  bei  jedem 
Hub  durchdringen  und  die  Nadelfadenschleifen  von  Hakenmessern  ge- 
fangen werden,  die  sie  beim  Verschieben  des  Stoffes  selbsthätig  auf- 
schneiden. 


536  Harris'  Herstellung  plüschartiger  Teppiche  durch  Benähen. 

Die  Fig.  10  uud  11  Taf.  29  zeigen  die  nach  diesem  Verfahren  erzielte 
Knotenbildung,  welche,  wie  sich  aus  dieser  schematischen  Darstellung 
ergibt,  identisch  ist  mit  einer  Abart  des  Smyrnaknotens  (1888  270  385). 
Würde  z.  B.  der  Florfaden  CxDx  nur  einfach  durch  das  fertige  Gewebe 
gezogen,  so  würde  ein  Zug  an  dem  einen  Fadenende  genügen,  um  ihn 
herauszuziehen.  Legt  man  das  Gewebe  doppelt  und  streckt  dasselbe, 
nachdem  man  den  Florfaden  durch  die  umgelegte  Kante  gezogen,  so 
erreicht  man  zwar,  dafs  beide  Fadenenden  auf  einer  Seite  des  Gewebes 
liegen,  indessen  ist  der  Florfaden  noch  immer  lose  uud  leicht  heraus- 
zuziehen. Wird  dagegen  der  Faden  wie  in  Fig.  10  Taf.  29  zweimal 
durch  die  umgelegte  Kante  einer  doppelten  Lage  des  Gewebes  gezogen 
und  dieses  dabei  entsprechend  weiter  geführt,  so  wird  in  dem  wieder 
gestreckten  Gewebe  eine  Schleife  gebildet,  welche  etwa  die  Form 
einer  liegenden  Acht  (Fig.  11  Taf.  29)  hat  und  zugezogen  im  Gewebe  ^,  J?, 
festgehalten  ist. 

Das  freie  Ende  des  Grundgewebes  A^  wird  von  der  Trommel  A 
ab  über  das  auf  die  Rollen  C  geführte  endlose  Band  C^  geleitet,  durch 
das  mit  Nadeln  besetzte,  auf  den  Walzen  D  E  geführte  Vorschubtuch  E^ 
dem  keilförmigen  Führungsstück  K  zugeführt,  um  die  abgerundete  mit 
"Nadelführungen  ausgestattete  polirte  Kante  desselben  herumgelegt  und 
unter  die  Abzugsrollen  F  aus  Gummi  zurückgeleitet. 

Der  Antrieb  der  Vorschubvorrichtung  erfolgt  durch  einen  auf  der 
Welle  a  sitzenden  Daumen  (Fig.  12  Taf.  29),  welcher  einen  die  Schalt- 
klinke c  tragenden  Arm  e  anhebt  und  dadurch  das  auf  gleicher  Welle 
mit  der  Walze  D  sitzende  Schaltrad  bethätigt.  Der  Ausschlag  des 
Hebels  e  kann  mittels  einer  Stellschraube  d  regulirt  werden,  durch 
Bewegung  desselben  mit  der  Hand  kann  das  Gewebe,  während  die 
übrigen  Organe  stillstehen,  nach  Belieben  verschoben  werden. 

Die  zur  Florbildung  dienenden  Fäden  sind  entweder  auf  eine 
Trommel  B  aufgewickelt  oder  sie  werden  in  verschiedenen  Farben 
einer  Reihe  von  Spulen  entnommen  und  in  die  auf  der  Schiene  N  an- 
geordneten Nadeln  77  eingezogen;  diese  in  Fig.  15  Taf.  29  dargestellten 
Nadeln  weichen  von  den  gewöhnlichen  Nähmaschinennadeln  insofern 
ab,  als  erstens  die  Spitze  derselben  grabstichelförmig  zuläuft,  und 
speciell  insofern,  als  das  Auge  der  Spitze  nicht  quer  hindurch,  sondern 
in  einem  kurzen  Bogen  von  einer  Seite  ausgehend  durch  die  anstofsende 
Seite  geführt  ist  und  dann  einseitig  in  eine  lange  liefe  Rinne  ausläuft. 
Die  der  einseitigen  Spitze  gegenüberstehende  gerade  Kante  der  Nadel 
ist  dem  Rahmen  K  zugewendet  (Fig.  14  Taf.  29)  und  das  aus  der  Seite 
des  Oehrs  ohne  Rinne  austretende  Fadenende  zur  Seite  angeordnet, 
während  das  entgegengesetzte  Fadenende  in  der  von  dem  Rahmen  K 
abgewendeten  Rinne  liegt.  Die  Nadelstange  N  wird  durch  eine  Herz- 
scheibe O  (Fig.  12  Taf.  29)  bethätigt,  und  zwar  hebt  sie  sich  zunächst 
bis    zu    ihrer    höchsten    Stellung,    wobei    die    Nadeln    durch    die    um- 

O  7 


Räuber's  Blechpolirmaschine.  537 

gelegte  Kante  des  Stoffes  dringen  (Fig.  13  Taf.  29),  schwingt  dann 
ein  wenig  zurück,  um  das  Garn  freizulassen,  steht  einen  Augenblick 
still  und  senkt  sich  dann  ganz. 

Hinter  dem  Stickrahmen  K  ist  einer  jeden  Nadel  gegenüber  ein  in 
der  Höhenrichtung  einstellbares  Hakenmesser  auf  einer  quer  und  parallel 
zur  Nadelstange  laufenden  Schiene  angeordnet.  Der  Messerträger  m 
wird  durch  eine  Herzscheibe  R  (Fig.  12  Taf.  29)  so  bewegt,  dafs  die 
Hakenmesser  G  in  die  beim  Abwärtsgehen  der  Nadeln  sich  bildenden 
Fadenschlingen  eintreten.  Die  sich  auf  den  wagerechten  Theil  der 
Messer  G  auflegenden  Schlingen  werden  durch  je  eine  Nase  verhindert, 
vorn  abzugleiten  und  schieben  sich,  der  Bewegung  des  Stoffes  folgend, 
auf  den  horizontalen  Kanten  der  Messer  weiter,  bis  sie  an  die  zu  diesen 
in  einem  Winkel  ansteigenden  Schneidkanten  gelangen  und  von  diesen 
beim  weiteren  Vorgehen  des  Stoffes  aufgeschnitten  werden.  Durch  die 
besondere  Anordnung  der  Nadeln  wird  jedem  Hakenmesser  immer  nur 
eine  Fadenschlinge  gegenüber  gebracht,  und  es  können  dieselben  auch 
immer  nur  auf  der  gleichen  Seite  der  Nadeln  gefafst  werden.  Damit 
hierbei  auch  immer  eine  regelrechte  Stichbildung  zu  Stande  kommt,  ist 
parallel  zur  Nadelstange  eine  Serie  oder  ein  einziger  durchgehender 
Fadenhebel  angeordnet,  welche  die  Fäden  straff  ziehen,  nachdem  die 
Nadeln  durch  das  Gewebe  hindurchgetreten  sind;  hinter  diesen  Faden- 
hebeln sind  die  Fadenspanner,  mittels  welcher  die  Spannung  der  Fäden 
selbst  regulirt  werden  kann,  angeordnet  und  zwar  können  dieselben  in 
Form  von  Spannscheiben  direkt  auf  den  Fadenhebel  M  untergebracht 
werden.  Einer  jeden  Nadel  gegenüber  steht  der  Haken  oder  Zahn  einer 
Drückerstange  Z,,  welche  das  Gewebe  gegen  den  Rahmen  K  andrückt 
und  die  Fäden  fafst,  wenn  die  Nadeln  das  Gewebe  verlassen;  dieselben 
dagegen  bei  der  Herstellung  der  nächsten  Stichreihe  freigibt,  so  dafs 
sie  beim  Aufsteigen  der  Nadeln  festgezogen  werden  können. 

Bei  Beginn  der  Arbeit  werden  die  Florfäden  zunächst  durch  je 
ein  Auge  J  am  Stoffdrücker  L  gezogen,  dann  um  den  Hebel  M  mit  den 
Spannscheiben  /  gelegt,  durch  ein  zweites  Auge  /  des  Stofifdrückers 
und  von  der  vorderen  Seite  durch  das  Nadelöhr  geführt  und  vor  dem 
Ingangsetzen  der  Maschine  mit  je  einem  Knoten  versehen,  die  sich  beim 
ersten  Eintritt  der  Nadeln  in  den  Stoff  in  diesen  festsetzen.  H.  Gl. 


Räuber's  Blechpolirmascliine. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  29. 

Feinbleche  aus  Eisen,  Kupfer,  Nickel  u.  s.  w.  werden  mittels  einer 
Polirmasehine  geglättet,  die  in  der  Hauptsache  aus  einem  mit  13%3  Um- 
fangsgeschwindigkeit kreisenden  Schmirgelcylinder  k  (Fig.  5  bis  7)  von 
320  zu   650™™  Durchmesser   und   Länse   und    einer    schwächeren    frei- 


538  Räuber's  Blechpol irmaschine. 

kreisenden  Gegenwalze  l  von  gleicher  Längenabmesbung,  die  mit  ver- 
änderlichem Andruck  das  zu  polirende  Blech  an  die  Schmirgelwalze 
prefst.  Dieses  Blech  wird  mittels  eines  starken  Seilzuges,  der  Be- 
wegungsrichtung der  Schmirgelwalze  entgegen,  durchgezogen.  Um  nun 
in  der  Blechoberfläche  Riflenbilduugen  zu  vermeiden,  wird  dem  Tisch  /<, 
in  welchem  die  Uuterwalze  /  lagert,  eine  um  den  Stützzapfen  v  schwin- 
gende Bewegung  in  der  Achsrichtung  der  \Valzen  ertheilt.  Hierzu 
dient  das  an  der  Vorgelegewelle  b  vorgesehene  Excenter  f  (Fig.  5), 
welches  mittels  t  und  des  Wiukelhebels  s  (Fig.  7j  die  Tischplatte  in 
dem  vorerwähnten  Sinne  bethätigt.  Drei  stellbare  Federschrauben  wi 
(Fig.  5  und  6)  ermöglichen  die  Regelung  des  Andruckes  der  Rolle  l 
dadurch,  dafs  dieselbe  zugleich  drei  Stützpunkte  für  den  Tisch  h  ab- 
geben. 

Die  Blechtafel  wird  ferner  möglichst  in  der  Mittellinie  von  der 
Zange  q  erfafst,  diese  aber  in  einem  Schlitz  des  Tisches  h  geführt, 
während  das  um  eine  Rolle  geführte  Zugseil  auf  die  Trommel  o  des 
unteren  von  der  Vorgelegewelle  b  betriebenen  Windwerkes  aufge- 
wickelt wird. 

Die  Schnelligkeit  dieser  Seilbewegung  wird  ferner  durch  eine  mit 
Fufshebel  r  bethätigte  Bremse  geregelt,  die  Ausrückung  dieses  Trieb- 
werkes aber  mittels  der,  durch  den  Handhebel  y  verbundenen  Zahn- 
kuppelung  bewerkstelligt.  Alsdann  wirkt  der  mit  800  minutlicheu  Um- 
gängen kreisende  Schmirgelcylinder  k  als  Triebwerk,  zieht  die  Blechtafel 
zurück  und  wickelt  das  Zugseil  von  der  freigewordenen  Trommel  ab, 
wobei  nach  wiedererfolgter  Einrückung  durch  y  der  Arbeitsvorgang 
wiederholt  werden  kann. 

Soll  aber  ein  neues,  auf  den  festen  Vorfisch  p  aufgelegtes  Blech 
eingespannt  werden,  so  wird  der  Tisch  h  sammt  der  Gegeurolle  durch 
den  Fufshebel  w  gesenkt,  wobei  die  Spannung  der  Andruckfedern  r/i 
überwunden  werden  mufs.  Zur  Sicherung  dieser  Tiefstellung  des 
Tisches  h  ist  ein  Riegel  vorgesehen,  während  die  Abstellung  der  Ma- 
schine dui'ch  die  Riemengabel  z  erreicht  wird.  Das  Vorgelege  besteht 
aus  Fest-  und  Losscheibe  c,  c,  der  Triebscheibe  d  für  den  Schmirgel- 
cylinder A,  der  Scheibe  e  für  den  Betrieb  des  Windwerkes  7i,  o,  dem 
Excenter  f  für  die  schwingende  Querbewegung  des  Tisches  ä,  welche 
sämmtlich  auf  einer  in  den  Lagern  a  laufenden  Welle  b  angeordnet 
sind  (Annales  indusirielles,  1889  Bd.  21  *  S.  218).  Pr. 


Die  Lartigue'schen  einschienigen  Eisenbahnen.  539 

E.  Slanina's  Schleif-  und  Polirmascliiiie  für  Glas-,  Stein- 
und  Metallplatten. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  29. 

Nach  dem  Oesterreichisch-Ungarischen  Patente  vom  14.  August 
1888  werden  Platten  mittels  Schmirgelpulver  oder  Sand  in  der  Weise 
geschliffen,  dafs  über  die,  auf  einer  elastischen  Kautschukunterlage 
gespannte  Platte,  ein  Schleifhobel  unter  federndem  Andruck  hin  und 
her  bewegt  wird. 

Die  zu  polirende  Platte  A  (Fig.  8  und  9)  wird  mittels  Winkel  b  au 
den  Stirnseiten  eingespannt  und  durch  das  Querstück  C  auf  die  im 
Tisch  ß  eingelassene  Gummiplatte  geprefst. 

Dieses  Querstück  C  mit  der  Druckfeder  E  und  den  Druckregulirungs- 
schrauben  e  bildet  sammt  den  beiden  Seitenständern  den  Schleifhobel. 
Diese  an  Seitenprismen  C,  der  Tischplatte  B  geführten  Ständer  werden 
mittels  Kurbelstangen  f,  der  Schlitzkurbel  F.  den  Rädern  g.  von  einem 
Handkurbelrade  betrieben.  Um  das  Schleifwasser  abzufangen,  ist  der 
Tischrand  ringsum  als  Rinne  ausgebildet. 


Die  Lartigue' sehen  einscliienigen  Eisenbalinen. 

Mit  Abbildungen. 

Die  Bahnen  mit  einer  einzigen  auf  Pfosten  oder  Boekgestellen  ge- 
lagerten Fahrschiene  wurden  lange  Zeit  als  Spielerei  betrachtet,  haben 
aber  in  jüngster  Zeit  einige  Erfolge  aufzuweisen,  die  es  rechtfertigen, 
wenn  dem  System  mehr  Aufmerksamkeit  geschenkt  wird.  Ueber  die 
Vorläufer  der  Lartigue'schen  Bahnen  findet  sich  im  Engineering  vom 
24.  December  1886  *  eine  durch  Zeichnungen  erläuterte  Zusammen- 
stellung, aus  welcher  hier  angeführt  sein  mag.  dafs  die  erste  einschienige 
Bahn  1821  von  Henry  Robinson  Palmer  construirt  wurde.  Eine  fort- 
laufende Schiene  war  auf  hölzernen  Balken  befestigt,  die  durch  eine 
Reihe  von  Pfosten  unterstützt  waren.  1876  stellte  der  General  Le  Roy 
Stone  in  Philadelphia  eine  Bahn  im  Betriebe  aus,  welche  auf  Pfosten 
von  35  Fufs  Höhe  ruhte  und  welche  aufser  der  Tragschiene  noch  zwei 
seitliche  Leitschienen  besafs. 

Die  erste  ausgedehnte  praktische  Anwendung  fanden  die  ein- 
schienigen Bahnen  in  Algier  zur  Ernte  des  Espartograses  (Alfa).  Nach 
La  Chronique  Industrielle.  1883  S.  546.  waren  1882  bereits  lOo^m  solcher 
Bahn,  und  zwar  nach  dem  System  Lartigue.^  verlegt.  Dieses  System 
zeigte  in  der  damaligen  Gestalt  eine  durch  eiserne  Böcke  von  rund 
80cm  Höhe  und  14^  Gewicht  unterstützte,  etwa  3"  lange,  15"^  schwere 


1  V?l.  1886  262*498. 


540  Die  Lartigue'schen  einschienigen  Eisenbahnen. 

Bandeisenschiene,  die  in  beliebigen  Krümmungen  gebogen  werden  konnte. 
Seitliche  Leitschienen  waren  nicht  vorhanden,  weshalb  der  Schwerpunkt 
der  sattelartigen  Fahrzeuge  ziemlich  tief  gelegt  werden  mufste,  damit 
sich  bei  ungleicher  Belastung  der  beiden  Hälften  des  Fahrzeuges  das- 
selbe nicht  zu  schief  gegen  die  Bahn  stellte. 

Der  Umstand,  dafs  die  Bahn  nicht  theurer  war  als  eine  Feldbahn, 
der  bequemeren  Verlegung  wegen,  und  dafs  ferner  der  Flugsand  den 
Bahnbetrieb  gar  nicht  beeinträchtigte,  während  gewöhnliche  Feldbahnen 
darunter  sehr  zu  leiden  hatten,  verschallte  dem  System  für  die  in  Rede 
stehenden  Verhältnisse  eine  bedeutende  Ueberlegenheit  über  die  Mit- 
bewerber. Aehnliche  Verhältnisse  walten  in  denjenigen  Gegenden  ob, 
in  welchen  die  Bahnen  dem  Betriebe  von  Bergwerken  u.  dgl.  dienen 
und  häufigen  Schneeverwehungen  ausgesetzt  sind,  wie  beispielsweise 
am  Amur. 

Für  deutsche  Verhältnisse  könnte  vielleicht  einmal  die  Anlage  einer 
solchen  Bahn  angezeigt  erscheinen,  wie  sie  zum  Betriebe  der  Minen  von 
Ria  (östliche  Pj'renäen)  ausgeführt  ist.  Diese  Bahn  besitzt  Krümmungs- 
halbmesser bis  zu  S""  (?)  und  Steigungen  bis  1  :  12.  Sie  wird  dadurch 
betrieben,  dafs  der  zu  Thal  fahrende  Zug  nicht  im  eigentlichen  Sinne 
gebremst  wird,  sondern  seine  verfügbare  Arbeit  mittels  einer  Dynamo- 
maschine in  elektrischen  Strom  umsetzt,  welcher  durch  einen  besonderen 
seitlichen  Leiter  weitergeführt  und  zum  Heraufziehen  eines  leeren  Zuges 
wieder  verwendet  wird.  Die  kleine,  beim  Bergabfahren  Strom  liefernde, 
beim  Bergauffahren  Strom  verzehrende  elektrische  Locomotive  wiegt  640''. 

Nach  längeren  Versuchen  auf  einem  Grundstücke  der  Victoriastrafse, 
Westminster,  London,  wurden  die  Lartigue'schen  Eisenbahnen  so  weit 
ausgebildet,  dafs  sie  jetzt  für  befähigt  erachtet  werden  können,  den 
Personen-  und  Güterverkehr  von  Nebenbahnen  aufzunehmen. 

Engineer  bringt  in  der  Nummer  vom  2.  März  1888  einen  durch 
Constructionszeichnungen  des  Oberbaues  und  schaubildliche  Darstellungen 
der  Betriebsmittel  erläuterten  Bericht  über  die  Bahn  zwischen  Listowel 
und  Ballybunion,  Grafschaft  Kerry,  Irland,  die  nach  Larligue'scher  Bau- 
art ausgeführt  wurde  und  zwar  an  Stelle  einer  anderen  vom  Parlamente 
bereits  genehmigten  Bahn  zwischen  diesen  beiden  Orten,  so  dafs  von 
der  Linienführung  des  ersten  Entwurfs  nicht  mehr  wesentlich  abge- 
wichen werden  durfte.  In  den  Annales  des  Ponts  et  Chausse'es  vom 
August  1888  ist  ein  von  zwei  Blatt  Zeichnungen  des  Oberbaues  be- 
gleiteter Bericht  veröllentlicht,  den  der  Oberingenieur  Nicou  des  Departe- 
ments der  Loire  an  den  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten  über  seine 
Wahrnehmungen  auf  der  gedachten  Bahn  erstattet  hat.  Diesem  Be- 
richte und  dem  zur  Feier  der  Einweihung  vom  29.  Februar  1888  er- 
schienenen Schriftchen  sind  die  folgenden  Bemerkungen  entnommen. 

Die  Bahn  liegt  in  Südwesten  von  Irland  und  verbindet  Listowel, 
eine  Station  der  Kerry-Eisenbahn,  mit  Ballybunion,  einem  kleinen  auf- 


Die  Lartigue'schen  einschienigen  Eisenbahnen. 


541 


blühenden  Seebade.  Die  Länge  der  Bahn  zwischen  den  beiden  Orten 
beträgt  ISi^n^.  Die  Bahn  geht  aber  noch  über  Ballybunion  hinaus  und 
ist  dem  Strande  entlang  gelegt,  woselbst  Sandlager  zur  Aufhöhung  von 
Grundstücken  in  Listowel  ausgebeutet  werden.  Der  kleinste  Krümmungs- 
halbmesser beträgt  25™,  die  gröfste  Steigung  1  :  50  (letztere  auf  640^' 
Länge). 

Die   Gestalt   der  Böcke,   der  Trag-  und  Leitschienen   ist   aus   den 
Fig.  1   bis  3   zu  ersehen.     Die   Entfernung  der  Böcke   beträgt  in   der 

tig.  1.  Fig.  2.  Flg.  3.  Fig.  7. 


Fig.  8. 
ßegel  1™,  am   Stofs  der  Tragschiene,  der   schwebend   angeordnet   ist, 
50cm.     j)ie  Tragschienen  sind  9^,5,   die  Leitschienen   6^  lang.    In  der 
Mitte  jeder  Fahrschiene  sind   zwei   benachbarte  Böcke  durch  Andreas- 
kreuze verbunden.     Der 


ganze  Oberbau  ist  aus 
Stahl  und  wiegt  471^  auf 
1™  Länge.  Hieran  be- 
theiligen sich  die  Fahr- 
schiene mit  13,3  und 
die  Leitschienen  mit  je 
5^,5.  An  besonders 
sumpfigen  Stellen  sind 
die  Böcke  durch  Faschi- 
nen, Dielenunterlagen 
und  selbst  durch  Länes- 
balken  unterstützt. 

Die  Weichen  sind 
eigentlich  Drehscheiben, 
unter  der  Bezeichnung 
..Drehscheiben  mit  ge- 
krümmtem       Schienen- 


Fig.4. 


Fig.  5. 


542 


Die  Lartigue'schen  einschienigen  Eisenbahnen. 


Strange,  Lartigue\che  Eisenbahnbau-Gesellsckaft  in  London'-'  für  Deutsch- 
land unter  Nr.  45962  patentirt.  Durch  die  Krümmung  RR  (Fig.  4) 
des  Schienenstranges  können  nicht  blofs  einzelne  Fahrzeuge,  sondern 
ganze  Züge  beispielsweise  vom  Geleise  A  auf  das  Geleise  D  oder  .E 
geleitet  werden.  Die  Scheibe  ist  am  Zapfen  P  (Fig.  5)  durch  zwei 
Räder  V  unterstützt,  die  auf  der  Gufseisenplatte  laufen.  Eine  weitere 
Unterstützung  erhält  der  7™,8  lange  Träger  durch  Räder  an  seinen 
Enden,  welche  auf  einem  ringförmigen  Schienenstrange  von  7%4  Durch- 
messer laufen.  Der  Krümmungshalbmesser  der  beweglichen  Bahn- 
strecke RR  beträgt  30%  ihr  Gewicht  750^ 

An  Betriebsmitteln  sind  vorhanden:  drei  Verbund  -  Locomotiven 
Mallet'scheT  Form,  jede  mit  zwei  wagerechten,  l'",6  in  den  Achsen  von 
einander  entfernten  Kesseln  und  einem  Tender,  der  eine  kleine  Hilfs- 
maschine besitzt,  also  auf  Steigungen  auch  als  Locomotive  wirkt  (Fig.  6). 
Die  Gesammtheizfläche  einer  Locomotive  beträgt  13nm^4,  der  Cjlinder- 
durchmesser  178'^'"  uhd  der  Hub  305°^"i.     Die  Locomotiven  haben  ein 

Fig.  6. 


Leergewicht  von  4^,5  und  ein  Dienstgewicht  von  6^,5.  Ein  Tender 
wiegt  leer  3^,1  und  kann  900'  Wasser  und  500"^  Kohlen  aufnehmen. 
Die  Maschine  hat  drei  gekuppelte  Räder,  die  das  Befahren  äufserst 
scharfer  Krümmungen  ermöglichen.  Nach  der  auch  in  Deutschland  unter 
Nr.  39126  an  Anatole  Maltet  in  Paris  patentirten  Einrichtung  sind  die 
Achsen  A  (Fig.  7)  des  mittleren  Triebrades  W  und  der  beiden  äui'seren 
Triebräder  W^  auf  die  gewöhnliche  Weise  gekuppelt.  Nur  das  Rad  W 
sitzt  aber  fest  auf  seiner  Achse ,  während  die  anderen  W^  mit  einer 
kugelförmigen  Höhlung  auf  einem  Gleitstück  N  sitzen,  das  auf  der 
Achse  A  sich  hin  und  her  schieben  kann  und  durch  zwei  runde  Nocken  n 
das  Rad  mitnimmt.  Hierbei  kann  das  Rad  fF,  sich  stets  der  Krümmung 
der  Tragschiene  R  entsprechend  einstellen. 

An  Betriebsmitteln  sind  ferner  vorhanden :  drei  Personenwagen 
L/II.  Klasse  und  4  Wagen  UL  Klasse  4"',9  lang,  2'",5  weit,  im  un- 
belasteten Zustande  rund  2^,7  schwer.     Sie  bieten  20  bis  24  Reisenden 


Die  Lartigue"schen  einschienigen  Eisenbahnen.  543 

Platz  und  haben  drei  Laufräder  von  öl^'^  Durchmesser  und  an  jeder 
Seite  zwei  Leiträder  (mit  lothrechter  Achse)  von  30^™  Durchmesser  und 
12cm  Kranzhöhe.  Aufser  verschiedenen  Güterwagen  für  Pferde  und 
Schlachtvieh  besitzt  die  Bahn  noch  20  Sandwagen  für  je  4'  Nutzlast. 
Die  Züse  sind  mit  der  Westinghousebremse  ausgerüstet,  und  verkehren 
mit  einer  re^elmäfsigen  Geschwindigkeit  von  21'^°^  in  der  Stunde.  Bei 
den  Probefahrten  wurde  bis  zu  35'^'"  Geschwindigkeit  gegangen,  ohne 
dafs  das  Durchfahren  der  Krümmungen  Schwierigkeiten  bot. 

Was  nun  die  Aussichten  der  Lartigue' scheu  Bahnen,  insoweit  sie 
mit  gewöhnlichen  Nebenbahnen  in  Wettbewerb  treten,  anlangt,  so  eignen 
sich  dieselben  für  ebenes  oder  nur  mäfsig  welliges  Gelände  sicher  nicht. 
Selbst  wenn  der  Bau  und  Betrieb  nicht  theurer  als  der  einer  Schmal- 
spurbahn zu  stehen  kommen  würde,  so  würde  doch  die  Unmöglichkeit, 
feste  Uebergänge  in  Höhe  der  Fahrschiene  zu  schaffen,  die  Bewirth- 
schaftung  der  angrenzenden  Ländereien  bedeutend  erschweren.  Diese 
Eigenschaft  der  Bahn,  dafs  das  Geleis  auf  ebenem  Boden  eine  fort- 
laufende l°i  hohe  Schranke  bildet,  macht  sich  selbst  für  den  Betrieb 
der  Bahnhöfe  in  so  lästiger  Weise  bemerkbar,  dafs  man  als  Aushilfs- 
mittel besondere  Wagen  baute,  die  keinen  anderen  Zweck  haben  als 
den,  verstellbare  Treppen  für  Ueberschreitung  der  Geleise  zu  schallen. 
.Je  welliger  aber  das  Gelände  wird,  je  mehr  Erdarbeiten  also  auch  eine 
Schmalspurbahn  erfordern  würde,  um  so  günstiger  liegen  die  Verhält- 
nisse für  den  Bau  einer  Lar t ig ue' sehen  Bahn.  In  einem  Einzelfalle  wurde 
der  Preis  einer  Bahnlinie,  die  mit  Schmalspur  ausgeführt  120000  M. 
das  Kilometer  gekostet  haben  würde,  durch  Anwendung  der  Lartigue- 
schen  Bahn  auf  48000  M.  ermäfsigt.  Die  Gesellschaft  hat  denn  auch 
bereits  weitere  Linien  im  Bau,  so  eine  23^^  lange  Strecke  von  Listowel 
nach  Tarbert,  femer  besitzt  sie  in  England  selbst  die  Bauerlaubnifs  für 
rund  ei"^"^.  nämlich  die  Lynton-Bahn  (Devonshire)  und  die  Langbourne- 
Thal-Bahn  (Berkshire).  Auch  in  Frankreich  soll,  Mittheilungen  dortiger 
Blätter  zu  Folge,  im  Loire-Departement  eine  derartige  Bahn  in  Angriff 
genommen  worden  sein. 

Für  städtische  Hochbahnen  eignet  sich  das  System,  abgesehen  von 
der  Möglichkeit  der  Durchführung  scharfer  Krümmungen,  namentlich 
noch  deshalb,  weil  es  nur  einen  Träger,  also  keine  Plattform  besitzt 
und  somit  von  allen  Systemen  den  Lichteinfall  in  den  Strafsen  am 
wenigsten  beeinträchtigt. 

Seitens  der  Lartigue" sehen  Eisenbahnbau-Gesellschaft  wird  beab- 
sichtigt, solche  Bahnen  als  Nebenbahnen  der  zu  erbauenden  Pariser 
Stadtbahn  in  den  volkreichen,  aber  weniger  feinen  Stadtvierteln  her- 
zustellen. Nach  einem  Berichte  von  Leon  Donnet  ^  namens  des  mit 
Prüfung  der  Stadtbahnfrage  beauftragten  Ausschusses  an  den  Stadtrath 
von  Paris  soll  der  Betrieb  auf  Ringlinien  (die  also  in  sich  zurückkehren) 
erfolgen,   so   dafs    die  Züge  stets   in  derselben  Richtung  laufen.     Jeder 


544  Die  elektrische  Eisenbahn  zu  Northüeet. 

Zug  soll  aus  einer  elektrischen  Locomotive  und  zwei  Wagen  bestehen. 
Ein-  und  Aussteigen,  Fahrscheinabnahme  u.  s.  w.  soll  wie  bei  den 
kleinen  Flulsdampfern  erfolgen,  so  dals  die  mit  dem  Bürgersteig  durch 
je  zwei  Treppen  verbundenen  Stationen  nicht  länger  als  5""  zu  sein 
brauchen  (Fig.  8).  Der  Stadtrath  von  Paris  hat  zunächst  die  Bau- 
erlaubuils  für  eine  Versuchslinie  ertheilt,  die  entweder  auf  dem  rechten 
Ufer  der  Seine  mit  dem  Trocaderoplatz  als  Anfangs-  und  Endpunkt,  oder 
auf  dem  linken  Ufer  mit  dem  Montparnasse-Bahnhof  als  Anfangs-  und 
Endpunkt  ausgeführt  werden  soll.  (Nach  Cenlralblatt  der  Bauverwallung.) 


Die  elektrische  Eisenbalin  zu  Northfleet  mit  in  Reihen- 
schaltung fahrenden  Wagen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  2«. 

Nach  dem  Londoner  Electrical  Engineer^  1889*8.215  (vgl.  auch 
Engineering  vom  15.  März  1889,  Bd.  47  *  S.  219)  hat  im  Frühjahre  1889 
das  Series  Electrical  Traction  Syndicate  in  London,  das  die  Patente  der 
Prof.  Ayrlon  und  Perry  und  des  verstorbenen  Prof.  Fteeming  Jenkin  er- 
worben hat,  zu  Northfleet,  Kent,  die  erste  elektrische  Eisenbahn  Europas 
gebaut,  auf  welcher  die  Wagen  in  Hintereinanderschaltung  fahren.  Das- 
selbe haben  Jenkin^  Ayrton  und  Perry  schon  bei  dem  (Telpher-)Seil- 
bahn-Betrieb  für  Güter  (vgl.  1886  259*410.  1884  252*114.  1883  248 
419)  gethan,  während  Prof.  Short  diese  Schaltungsweise  auf  elektrischen 
Eisenbahnen  in  Amerika  mit  Erfolg  zur  Durchführung  gebracht  hat. 
Elektrische  Bahnen  mit  oberirdisch  geführten  Leitern  sind  in  den  neuen 
Städten  Amerikas  sehr  beliebt  i,  im  Allgemeinen  dürften  sie  sich  aber 
fürs  Land  empfehlen;  in  belebten  Städten  dagegen  dürften  nur  Wagen 

1  Im  Electrical  Engineer^  1889  '^S.  170,  linden  sich  Mittheilungen  über  einige 
solche  amerikanische  Üahnen,  die  in  jüngster  Zeit  von  der  Sprapue  Company 
gebaut  worden  sind.  Auf  der  etwa  6km^4  langen  IJahn  zu  ßrokton,  auf  der 
4  Wagen  im  Betriebe  sind,  wurden  versuchsweise  alle  4  Wagen  an  einer  vom 
Maschinenhause  möglichst  entfernten  Stelle  hinter  einander  aufgestellt  und 
gleichzeitig  in  Betrieb  gesetzt.  Der  Versuch  gelang  vollkommen.  Obgleich 
die  Kraft  für  alle  Wagen  aus  3  bis  5km  Entfernung  geliefert  wurde,  liefen  die 
Wagen  pünktlich  an  und  fuhren  schnell.  —  Bei  der  Spra^weschen  oberirdischen 
Leitung  ist  der  eigentlich  arbeitende  Draht  ein  dünner  Siliciumbronzedraht, 
der  über  der  Mitte  des  Geleises  auf  Querstangen  hingeführt  wird;  der  Haupt- 
theil  des  Stromes  geht  aber  durch  einen  Hauptleiter,  der  alle  33  bis  66m  mit 
dem  arbeitenden  Leiter  verbunden  ist  und  entweder  unterirdisch  oder  ober- 
irdisch zur  Seite  der  ßaliii  geführt  wird.  Der  Querschnitt  des  arbeitenden 
Leiters  ist  weder  von  der  Zahl  der  Wagen,  noch  von  der  Länge  der  Bahn 
abhängig.  Die  Gesellscliaft  in  Brokton  bezieht  ihre  Elektricitäl  von  der  dortigen 
Beleuciitungsgesellschaft.  Die  Bahn  in  Wilmington  City  hat  sich  so  gut  be- 
währt, dafs  nach  achtmonatlichem  Betriebe  die  Zahl  der  Wagen  vergröfsert 
worden  ist.  Im  Vergleiche  mit  dem  Pferdebetriebe  erweist  sie  sich  entschieden 
billiger  und  leistungsfähiger.  Die  Zahl  der  nach  Sprapue's  Weise  betriebenen 
Bahnen  wächst  sehr  rasch. 


Die  elektrische  Eisenbahn  zu  Northfleet.  545 

mit  Speicherbatterien  und  Bahnen  mit  unterirdisch  in  Kanälen  geführten 
Leitern  zulässig  sein.  Im  letzteren  Falle  legt  man  gewöhnlich  zwei 
Leiter  in  die  Kanäle  und  schaltet  die  Motoren  mehrerer  zu  gleicher 
Zeit  fahrender  Wagen  parallel  zu  einander  in  das  Leiterpaar  ein.  Bei 
der  Reihenschaltung  werden  die  Motoren  sämmtlicher  Wagen  hinter 
einander  in  den  einen  Leiter  eingeschaltet  und  der  andere  Leiter  bildet 
eine  stets  ununterbrochene,  zusammenhängende  Rückleitung. 

Die  Reihenschaltung  bietet  hier,  ähnlich  wie  bei  Glühlampen  (vgl. 
1889  273  360),  den  grofsen  Vortheil,  dafs  der  Querschnitt  des  Rupfer- 
kabels nur  so  grofs  zu  sein  braucht,  als  es  für  einen  Motor  nöthig  ist, 
■weil  ja  derselbe  Strom  alle  Motoren  nach  einander  durchläuft;  daher 
gewährt  die  Reihenschaltung  grofse  Ersparnifs  in  den  Kosten  fürs  Kupfer 
und  im  Kraftverluste  in  den  Leitern.  Dagegen  mufs  die  Spannung  in  den 
Leitern  sehr  grofs  sein,  weil  der  Strom  die  ganze  Folge  von  Motoren 
durchläuft;  dies  erschwert  aber  die  Isolirung  und  beraubt  alle  Motoren 
des  Stromes,  falls  eine  Linienunterbrechung  eintritt.  Bei  einer  Bahn 
von  8^^  Länge  würden,  wenn  die  Spannung  an  den  Klemmen  eines 
Motors  zu  200  Volt  angenommen  wird  und  400  HP  mit  dieser  Spannung 
bis  zum  Mittelpunkte  der  Linie  übertragen  werden  sollen,  bei  einem 
sehr  dicken  Leiter  von  etwa  0,1  Ohm  Widerstand  in  1^^  (was  3^  Kupfer 
auf  1  engl.  Meile,  oder  1900^  auf  l^m  entspricht)  am  Anfange  der  Linie 
2500  ff  erforderlich  sein,  wobei  das  Mehr  durch  den  Widerstand  der 
Leiter  verloren  geht.  Bei  der  Reihenschaltung  würden  für  dieselbe 
Spannung  von  200  Volt  an  jedem  Motor  etwa  405  ff  im  Maschinen- 
hause erforderlich  sein.  Bei  gröfserer  Spannung  —  etwa  400  Volt  — 
würde  der  Verlust  bei  der  Parallelschaltung  viel  kleiner  sein,  indessen 
ist  die  Erhöhung  der  Spannung  an  den  Motoren  über  eine  gewisse  Grenze 
hinaus  nicht  sicher,  und  die  Kraftersparnifs  beim  Laufen  mehrerer 
Wagen  auf  derselben  Bahn  ist  stets  bei  der  Reihenschaltung  weit  vor- 
wiegend. 

Die  ausgeführte  Bahn  ist  blofs  ein  Theil  der  Gravesend-Rosherville- 
Northfleet-Pferdebahn  und  reicht  von  der  Station  Northfleet  bis  zu  dem 
Magazine  der  Gesellschaft;  sie  hat  eine  Länge  von  etwa  l'^™,2;  zu  ihrem 
Betriebe  reichen  2  Wagen  aus,  doch  eignet  die  Bahn  sich  zu  einem 
Versuche  mit  der  neuen  Betriebsweise  und  ist  gleich  von  Anfang  zum 
elektrischen  Betriebe  bestimmt  worden.  Es  sind  einige  steile  Steigungen 
von  1 :  30  und  1  :  42  da;  wagerechte  Strecken;  eine  Weiche;  ein  Magazin 
mit  sehr  scharfer  Krümmung:  doppeltes  Geleise;  einfaches  Geleise  mit 
Kreuzungen.  Die  Enge  an  der  einen  Stelle  hat  nicht  gestattet,  ein  ein- 
faches Geleise  in  die  Mitte  zu  legen,  deshalb  hat  man,  um  Raum  für  vor- 
überfahrende Wagen  zu  schaffen,  ein  doppelt-einfaches  Geleise  gelegt, 
nämlich  (wie  aus  dem  in  Fig.  14  gegebenen  Querschnitte  ersichtlich  wird) 
drei  Schienen,  von  denen  zwei  über  Leitungskanälen  liegen,  während  die 
dritte  eine  gewöhnliche  Langschwellenschiene  ist:  beim  Fahren  in  beiden 

Dingler's  poljrt.  Journal  Bd.  273  Nr.  12.  1889)UI,  35 


546  Die  elektrische  Eisenbahn  zu  Northfleet. 

Richtungen  läuft  der  Wagen  auf  der  Mittelschiene,  welche  aber  bei 
der  Fahrt  in  der  einen  Richtung  als  Zuleitung.sschiene  dient,  bei  der 
Fahrt  in  der  anderen  Richtung  als  gewöhnliche  Laufschiene.  An  den 
Weichen  mufsten  die  Kanäle  unter  dem  Erdboden  besondere  Einrich- 
tungen bekommen  und  besondere  Weichenzungen  angeordnet  werden, 
damit  der  Wagen  stets  von  selbst  auf  die  linke  Seite  der  Strafse  ge- 
leitet werde.  An  dem  Gabelende  bei  der  Station  Northfleet  kann  der 
Wagen  mittels  eines  Hebels  in  das  gewünschte  Geleise  gelenkt  werden. 

Der  Grundgedanke  des  Betriebs  läfst  sich  mit  Hilfe  von  Fig.  13  er- 
läutern. Die  Dynamo  hat  die  für  sämmtliche  hinter  einander  geschaltete 
Motoren  nöthige  Spannung  zu  liefern;  ein  Leiter  leitet  den  Strom  ent- 
lang der  ganzen  Bahn  und  mufs  ihn  den  Motoren  zufühi-en  können;  ein 
zweiter  Leiter  führt  ihn  zur  Maschine  zurück;  im  ersteren  Leiter  sind 
Contacte  nöthig,  welche  den  Strom  nach  den  Motoren  abführen  können, 
jedoch  ohne  dafs  dabei  der  Stromkreis  unterbrochen  wird.  Solche  Con- 
tacte sind  0,  b  und  y,  h  in  Fig.  13,  jedes  Contactpaar  wird  durch  Federn 
für  gewöhnlich  an  einander  gedrückt,  kann  aber  durch  ein  als  ..,PfeiF 
bezeichnetes,  vom  Wagen  herabreichendes  Contactstück  getrennt  werden, 
das  sich  zwischen  den  Contactpaaren  hindurch  drängt  und  etwas  länger 
als  der  Abstand  zweier  benachbarter  Contactpaare  ist,  so  dafs  es  jedes 
Paar  erst  verläfst,  nachdem  es  in  das  nächstfolgende  schon  eingetreten 
ist.  Der  Pfeil  ist  zu  beiden  Seiten  mit  einem  Kupferstreifen  n  und  u 
belegt,  welche  jeder  um  das  eine  Pfeilende  herum  geführt  sind;  von 
den  Streifen  n  und  u  gehen  die  beiden  Drähte  d^  d  aus,  in  welche  der 
Motor  M  auf  dem  Wagen  eingeschaltet  ist.  Bei  der  in  Fig.  13  gezeich- 
neten Stellung  liegen  die  Contacte  b  und  g  an  nichtleitenden  Stellen 
des  Pfeiles,  der  Strom  nimmt  daher  den  Weg  oc^  a,  w,  rf,  AI,  rf,  n,  ä,  i. 
Geht  in  Fig.  13  der  Wagen  von  links  nach  rechts,  so  trennt  der  Pfeil, 
wenn  er  zwischen  a  und  b  tritt,  zunächst  dieses  Contactpaar,  ohne  die 
leitende  Verbindung  zwischen  beiden  zu  unterbrechen:  g  liegt  jetzt  noch 
an  M,  und  der  Strom  nimmt  den  Weg  ar,  a,  u  (6,  c,  ^,  m),  rf,  3/,  rf,  ä,  i; 
dann  folgt  die  in  Fig.  1  gezeichnete  Stellung  des  Pfeiles;  endlich  ge- 
langt b  an  n  und  g  an  n  bezieh,  in  unmittelbare  Berührung  mit  A,  und 
dann  ist  der  Stromweg  x^  a.  m,  d,  M^  rf,  w,  6,  c,  ^,  ä,  i.  So  lange  der 
Pfeil  sich  nicht  innerhalb  der  Paare  a,  b  und  ^,  /*  befindet,  geht  der 
Strom  von  x  nach  a,  6,  c,  g^  ä,  t.  Es  können  dabei  beliebig  viele 
Wagen  gleichzeitig  auf  der  Bahn  laufen. 

Das  Geleise  sieht  nicht  viel  anders  aus,  als  bei  jeder  gewöhnlichen 
Stral'senbahn.  Der  Kanal  für  die  Leiter  liegt  nämlich  nicht  in  der  Mitte, 
wie  es  sonst  bei  elektrischen  Bahnen  üblich  ist,  sondern  unter  der  einen 
Schiene.  Diese  Schiene  ist  geschlitzt,  wie  dies  Fig.  14  sehen  läfst;  der 
Schlitz  ist  reichlich  21°ini  breit  und  durch  ihn  geht  der  Träger  des 
Pfeils  hinab  in  den  Kanal.  Die  federnden  Contacte  sind  seitwärts  vom 
Sclilitze  angebracht,  so  dafs  sie  durch  den  Schlitz  nicht  gesehen  werden 


Die  elektrische  Eisenbahn  zu  Northfleet.  547 

können:  auch  kann  durch  den  Schlitz  eindringender  Regen  und  Sehmutz 
nicht  zu  den  Verbindungsstellen  gelangen;  ferner  können  unachtsame 
und  neugierige  Personen  keinen  elektrischen  Schlag  erhalten.  Die  Kanäle 
sind  stark  genug  ausgeführt,  dafs  sie  den  schweren  Verkehr  der  Grofs- 
städte  aushalten  können:  zugleich  sind  sie  möglichst  klein  gehalten,  so 
dafs  sie  den  Wasser-  und  Gasröhren  unter  der  Strafsenfläche  thunlichst 
wenig  in  den  Weg  kommen.  Das  Strafsenwerk  ist  nach  den  Zeich- 
nungen des  Gesellschaftsingenieurs  Kincaid^  die  elektrischen  Anlagen 
unter  der  Aufsicht  des  Direktors  der  United  Electrical  Enginering  Company 
E.  ManvHle  ausgeführt  worden. 

Das  in  Gravesend  hergestellte  Rohr  des  Kanals  ist  203™°i  weit  und 
liegt  mit  dem  Boden  330™'"  unter  der  Strafsenfläche.  Der  Schlitz,  durch 
welchen  die  Leitung  vom  Leiter  nach  dem  Motor  auf  dem  Wagen  her- 
gestellt wird,  wird  dadurch  gebildet,  dafs  zwei  Schienenköpfe  einen 
Spalt  von  21™™  zwischen  sich  lassen:  die  Schienen  sind  den  gewöhn- 
lichen Vignolschienen  ähnlich,  113™™  hoch,  mit  44™™  breiten  Köpfen. 
Die  äufsere  von  diesen  beiden  Schienen  dient  als  Pfad  für  das  Wagen- 
rad, die  innere  entspricht  dem  Spurrande  einer  gewöhnlichen  Strafsen- 
bahnschiene.  Die  Schienen  stehen  durch  ihren  Steg  mit  gufseisernen 
Stühlen  oder  Jochen  in  Verbindung,  in  Abständen  von  etwa  1™,2:  die 
Joche  lassen  unter  sich  einen  freien  Raum  unter  der  unteren  Schienen- 
kante von  330™™  Höhe  und  203™™  Breite.  Die  Wände  des  Kanals  sind 
152™™  dick  von  Portlandcement  hergestellt.  Die  Schienen  haben  eine 
Länge  von  6™,4:  die  Joche  sind  zu  beiden  Seiten  der  Schienstöfse  in 
430™™  Abstand,  von  Mitte  zu  Mitte,  angebracht,  und  es  ist  eine  Kammer 
gebildet,  worin  diese  Stöfse  liegen,  welche  den  Zugang  zu  den  federnden 
Contacten  gewähren,  die  Entfernung  des  sich  etwa  in  der  Röhre  an- 
sammelnden Schmutzes  gestatten  und  einen  Zugang  zu  den  Laschen 
des  Stofses  ermöglichen.  Die  zugehörige  zweite  Schiene  liegt  wie  bei 
den  gewöhnlichen  Strafsenbahnen  auf  Langschwellen:  die  Geleisweite 
wird  durch  Verbindungsstücke  gefestigt,  welche  an  den  letzteren  Schienen 
und  den  gufseisernen  Jochen  angebracht  sind. 

Auf  jeder  Seite  des  Geleises  liegt  in  dem  Cement  eine  75™™  weite 
Thonröhre,  deren  Enden  in  die  Kammern  unter  dem  Kanäle  hinein- 
ragen und  hier  offen  und  zugänglich  sind.  In  diese  Röhren  sind  Längen 
von  etwa  6™,4  A'on  Henletj's  gut  isolirtem  Ozokerit-Kautschuk- Kabel  (von 
12  000  Megohm  Widerstand  auf  1"^™)  eingezogen.  Auch  das  aus  einem 
Ganzen  bestehende  Rückleitungskabel  ist  in  solche  Röhren  eingezogen, 
da  es  hier  sehr  wesentlich  ist,  dafs  die  Erde  keinen  Leitungsschlufs 
bilde.  Die  kurzen  Kabelstücke  verbinden  die  federnden  Contacte  mit 
einander. 

In  jeder  Kammer  des  Kanales  liegt  ein  Contactpaar.  Dieses  besteht 
nach  Fig.  15  aus  einem  Paar  glasirter  Thonwaarenblöcke  (355x75X100™™), 
die  auf  an  die  Joche  angegossenen  Stützen  ruhen;  die  Blöcke  liegen  an 


548  Die  elektrische  Eisenbahn  zu  Northfleet. 

den  entgegengesetzten  Seiten  der  Röhre.  An  jedem  Block  ist  mittels 
einer  doppelten  Spiralfeder  ein  Gufsstiiek  aus  Kanonenmetall  angebracht, 
das  an  seinen  Enden  gebogen,  in  der  Mitte  aber  flach  ist;  die  Federn 
drücken  die  beiden  Stücke  fest  mit  S^  Druck  gegen  einander. 

Der  Pfeil  liegt  unter  dem  Wagen  in  dessen  ganzer  Länge.  Er 
besteht  aus  zwei  Kautschukriemen,  und  auf  jeden  ist  fast  auf  die  ganze 
Länge  ein  Messingstreifen  genietet.  An  jedem  Ende  ist  die  Nase  des 
Pfeiles  mit  in  eine  Schneide  auslaufendem  Schmiedeisen  belegt,  so 
dafs  der  Pfeil  leicht  zwischen  die  Contactpaare  eindringen  kann.  Die 
gröfste  Dicke  des  Pfeiles  beträgt  25'"°^.  Der  an  jeder  Seite  des  Pfeiles 
angebrachte  Leiter  greift  um  das  eine  Pfeilende  herum,  läfst  aber  nahe 
am  Ende  zwischen  sich  und  dem  zweiten  Leiter  einen  nichtleitenden 
Zwischenraum,  der  an  Länge  die  Contactfläche  des  Contactes  etwas 
übertrifft. 

Die  Contacte  lassen  sich  in  dem  Kanäle  leicht  und  in  wenigen 
Minuten  abnehmen  und  auswechseln.  Damit  aber  bei  einer  solchen 
Auswechselung  eines  Contactes  der  Dienst  nicht  unterbrochen  werde, 
sind  Vorkehrungen  zur  Kurzschliefsung  getroffen,  so  dafs  der  Strom- 
kreis ununterbrochen  bleibt;  auf  die  Länge  von  6'^^S  aber  vermag  der 
im  Gange  befindliche  Wagen  bequem  durch  seine  Trägheit  zu  laufen, 
und  dann  bekommt  er  ja  von  Neuem  Strom.  Die  Contacte  sind  sehr 
einfach  und  billig;  sie  machen  an  ihren  gegen  einander  geprefsten  Ober- 
flächen einen  ganz  guten  Contact  und  der  Widerstand  der  Leitung  ist 
nur  sehr  wenig  gröfser,  als  er  sich  nach  dem  blofsen  Widerstände  der 
Kabel  berechnet. 

Die  Wagen  sind  in  den  Falcon  Engine  and  Car  Works  in  Lough- 
borough  gebaut.  Die  Motoren  sind  eine  besonders  von  EhveU-Parker  in 
Wolverhampton  erbaute  (vgl.  1888  267 ''''404)  Sorte  und  besonders  schmal, 
damit  sie  in  die  auf  dem  nur  1",067  breiten  Geleise  laufenden  Wagen 
passen.  Vorn  ruht  der  Motor  in  zwei  Lagern  auf  der  Triebachse  des 
Wagens,  hinten  wird  er  von  einer  vom  Wagenkörper  herabreichenden 
starken  Spiralfeder  getragen.  Die  Motorwelle  wirkt  durch  doppelte 
Schneckenräder  unmittelbar  auf  die  Wagenachse,  bei  einem  Verhält- 
nisse 1 : 4,5  der  Räder.  Der  Motor  läuft  mit  400  Umdrehungen  in  der 
Minute  und  leistet  dabei,  wenn  die  Feldmagnete  vollständig  erregt  sind, 
15  IP  an  der  Bremse.  Der  verhältnifsmäfsig  grofse  Motor  läuft  also 
langsam;  es  ist  dies  zwar  etwas  theuerer,  allein  die  ausführenden  In- 
genieure hielten  es  für  besser,  als  die  Verwendung  eines  kleinen  und 
rasch  laufenden  Motors. 

Der  Pfeil  liegt  unter  der  einen  Seite  des  Wagens.  Er  wird  in 
Abständen  von  l"",?  auf  fünf  gufseisernen  Blöcken,  welche  entlang  der 
Oberfläche  der  Schiene  gleiten  und  durch  eiserne  Stangen  unter  ein- 
ander verbunden  sind,  die  jede  Beanspruchung  auf  Zug  von  dem  Kaut- 
schukriemen fernhalten    angebracht. 


Glendale's  Blitzableiter  für  Telegraphen.  549 

Zur  Regulirung  der  Wagengeschwindigkeit  läfst  sich  ein  Neben- 
schlufs  von  ijg,  oder  von  '^/g  zu  den  Feldmagneten  des  Motors  herstellen, 
oder  eine  Kurzschliefsung  derselben.  Die  Bürsten  lassen  sich  umstellen 
und  dadurch  die  Bewegungsrichtungen  umkehren;  diese  Umstellung  der 
Bürsten  bildet  zugleich  eine  sehr  wirksame  Bremsung  und  ermöglicht, 
den  Wagen  sehr  rasch  zum  Stillstehen  zu  bringen.  Doch  ist  auch  eine 
gewöhnliche  Fufsbremse  vorhanden.  Jede  Dynamo  ist  mit  einem  Ampere- 
meter versehen,  auf  welchem  die  normale  Stromstärke  (50  Ampere) 
durch  einen  rothen  Strich  markirt  ist.  Einer  der  Wagen  wird  mittels 
Bernsteinlampen  von  geringem  Widerstände  (vgl.  1888  269  •'  168.  1889 
273  "''  360)  elektrisch  beleuchtet,  unter  Mitbenutzung  von  drei  Electrical 
Power  Sfora^e-Zellen,  welche  grofs  genug  sind,  um  nöthigenfalls  die 
Lampen  allein  zu  speisen. 

Für  die  Reihenschaltung  mufs  der  Strom  in  der  Leitung  sehr  un- 
veränderlich erhalten  werden;  die  Spannung  hat  sich  nach  der  Bean- 
spruchung und  der  Zahl  der  laufenden  Wagen  zu  richten.  Deshalb  hat  das 
Syndicat  eine  Dynamo  mit  unveränderlichem  Strom  von  Statter  und  Comp. 
(vgl.  1888  268  *  359)  gewählt,  welche  sich  für  diesen  Zweck  ganz  zu- 
friedenstellend erweist.  Die  Spannung  ändert  sich  von  wenigen  Volt 
bis  über  400. 

Der  Verlust  in  der  Linie  erscheint  bei  dieser  Bahn  etwas  hoch;  er 
wird  praktisch  zu  etwa  ^'4  der  ganzen  Kraft  angegeben.  Es  ist  aber 
das  Kabel  möglichst  dünn  genommen  worden,  weil  sein  Preis  niedriger 
sein  sollte.  Der  Verlust  wird  auch  nicht  gröfser,  ob  1  oder  12  Wagen 
laufen. 

Die  Probefahrten  im  März  waren  sehr  befriedigend.  Die  Wagen 
liefen,   sehr  wenig  lärmend,   mit  16^°^^  Geschwindigkeit  in  der  Stunde. 

Die  Linie  soll  mit  voller  Ausrüstung  120000  bis  140000  M.  kosten. 
Der  Preis  einer  gewöhnlichen  Strafsenbahnlinie  beträgt  140000  M.  für 
1  engl.  Meile  (87  500  M.  für  l^m)-  für  Anlage  der  Leitung  kommen 
30000  M.  hinzu  (knapp  20000  für  1^^).  Die  Umwandelung  einer  schon 
bestehenden  Linie  dürfte  25  000  bis  51000  M.  kosten;  der  Motor  nebst 
Zubehör  kostet  für  jeden  Wagen  wenig  über  4000  M. 


Glendale's  Blitzableiter  für  Telegraphen. 

Mit  Abbildung  auf  Tafel  28. 

Dieser  Blitzableiter  nimmt  sehr  wenig  Platz  weg  und  läfst  sich 
schnell  und  bequem  aufstellen.  Nach  Lumiere  Electrique  vom  3.  August 
1889,  Bd.  238  *  S.  238,  besteht  er  aus  einem  25™'"  langen  runden  Holz- 
zapfen z,  der  sich  bequem  in  ein  gleichgrofses  Loch  einsetzen  läfst. 
Am  unteren  Ende  desselben  befinden  sich  zwei  Klemmschrauben  A,  /r, 
welche    mit    zwei    auf   seiner    oberen    Fläche    befestigten    Federn  /",  f 


550  Maytield's  Amperemeter. 

leitend  verbunden  sind.  Diese  Federn  berühren  sicli  für  gewöhnlich, 
aber  ihre  Keriihruug  wird  durch  ein  dazwi.schen  gesteckte«  Papierblatt 
aufgehüben,  durch  welches  die  Entladung  hindurchgeht.  Ströme  von 
gefahrbringender  Stärke  durchbohren  das  Papier  hinreichend,  um  eine 
metallische  Verbindung  der  Federn  unter  sich  und  dadui'ch  mit  der 
Erde  herzustellen.  Nach  dem  Gewitter  werden  die  Papierblätter  aus- 
gewechselt und,  wenn  sie  aufgehoben  werden,  mit  der  Nummer  der 
Leitung,  dem  Datum  und  der  Zahl  der  Löcher  beschrieben.  Je  dünner 
das  Papier  ist,  desto  wirksamer  ist  der  Blitzableiter.  Am  besten  ist 
Seidenpapier,  Die  eine  Klemmschraube  k  wird  mit  der  Leitung,  die 
andere  mit  der  Erde  verbunden. 

Auf  der  Tisch])latte  wird  der  Zapfen  durch  zwei  in  seine  bogen- 
förmigen Metallstücke  eingeschraubte  Holzschrauben  befestigt.  Durch 
die  ganze  Länge  des  Zapfens  gehen  noch  zwei  Löcher,  so  dafs  man 
die  Drähte  mit  den  Klemmen  hinter  der  Tisch])latle  verbinden  oder 
unter  die  Köj)fe  der  Schrauben  in  den  bogenförmigen  Metallstücken 
legen  kann. 

Will  man  den  Blitzableiter  in  anderer  Weise  unmittelbar  in  die 
Linie  einschalten,  so  werden  die  Federn  zangenartig  verlängert  und 
zwischen  sie  ein  Holzblock  eingesetzt,  welcher  sie  trennt.  Die  beiden 
Federn  sind  durch  auf  Papier  aufgeleimtes  Blattgold  metallisch  mit  ein- 
ander verbunden.  Das  Blattgold  bildet  somit  einen  Theil  der  Leitung 
selbst  und  schmilzt  unter  der  Wirkung  eines  gefahrdrohenden  Stromes 
und  läfst  die  Leitung  offen.  Nach  dem  Gewitter  mufs  das  Blatt  er- 
neuert werden,  man  kann  aber  auch  den  Holzblock  rasch  herausziehen, 
um  die  Leitung  wieder  zu  schliefsen.  Man  hält  vorbereitete  Blätter 
vorräthig  und  kann  sie  rasch  auswechseln,  man  wird  aber  auch  einige 
fertige  Blitzableiter  in  Vorrath  Iia]ten. 


Mayfleld's  Taschen-Ampere-  und  -Voltmeter. 

Mit  Abbildung  aul  Talel  30. 

Mayfield  und  Comp,  in  London  liefern  nach  dem  Londoner  Eleclrical 
Engineer  vom  7.  Juni  1889  *S.  456  für  Elektriker  kleine  und  nette  Taschen- 
instrumente, sowohl  Amp^remeter  als  Voltmeter,  Wie  die  Abbildung 
(Fig.  17)  sehen  läfst,  haben  dieselben  die  Gestalt  einer  Taschenuhr.  Sie 
sind  äufserlich  mit  Nickel  platirt.  im  Inneren  befindet  sich  ein  Solenoid 
mit  einem  gekrümmten,  nach  vorn  zu  schwächer  werdenden  Kerne.  Die 
lange,  spirallörmig  gewundene  Uhrfeder  ist  aus  einem  besonderen  Material 
hergestellt,  welches  den  Temperaturwechseln  widersteht.  Die  Instru- 
mente reichen  theils  bis  5,  theils  von  10  bis  50  Ampere;  die  Voltmeter 
bis  5,  von  10  bis  50  und  von  20  bis  100  Volt.  Die  Zuleitungen  sind 
oben  und  unten  angebracht.     Oben  ist  noch   eine  Schraube  vorhanden, 


Ueber  die  Untei'suchung  und  das  Verhalten  von  Cenient.  551 

welche  mittels  eines  Fingers  die  Nadel  festklemmt,  während  das  Instru- 
ment nicht  gebraucht  wird.  Die  Zapfen  des  Zeigers  liegen  in  Stein- 
lagern.   ^^^^ 

Selbsthätiger  Verkauf  elektrischen  Lichtes  und  telephonischer  Anschlüsse. 

D.  H.  Davies  in  Leeds  (York)  und  J.  Mesny  Tourtel  in  Westminster  (Middlesex) 
erhielten  durch  *D.  R.  P.  Nr.  46091  vom  8.  April  1888  einen  Apparat  paten- 
tirt,  in  dem  nach  dem  Einwerfen  einer  Münze  von  bestimmter  Gröfse  durch 
Eindrücken  eines  Knopfes  mittels  eines  Zwischenhebels  ein  Contacthebel  ge- 
dreht und  der  Stromweg  durch  einen  Elektromagnet  nach  der  Lampe  herge- 
stellt wird;  zugleich  wird  ein  Uhrwerk  ein  Stück  aufgezogen.  Ist  Strom  vor- 
handen, so  hält  der  Elektromagnet  seinen  am  Zwischenhebel  sitzenden  Anker 
und  dadurch  beide  Hebel  und  läfst  die  Münze  in  die  Kasse  fallen.  Ist  kein 
Strom  vorhanden,  so  geht  der  Zwischenhebel  sofort  zurück  und  wirft  die 
Münze  in  einen  Spalt,  durch  den  sie  wieder  aus  dem  Kasten  herausfällt.  Ist 
die  Münze  zu  klein,  so  geht  der  Stift  des  Knopfes  über  sie  hinweg  und  ver- 
mag den  Zwischenhebel  nur  so  weit  zu  verschieben,  dafs  die  Münze  ebenfalls 
durch  den  Spalt  wieder  herausfällt. 

Die  selbsthätige  Einhebung  der  Gebühr  für  telephonische  Gespräche  will 
Charles  Wittenberg  in  Indianopolis,  Nordamerika  ('""D.  R.  P.  Nr.  45135  vom 
11.  Januar  1887)  durch  einen  Apparat  elnkassiren,  in  welchem  die  einge- 
worfene Münze  durch  einen  Winkelhebel  einen  Schieber  frei  macht,  so  dafs 
er  nach  dem  Abheben  des  Telephons  durch  eine  Feder  gehoben  werden  kann, 
wobei  selbsthätig  die  Verbindung  nach  dem  Vermittelungsamte  hergestellt 
und  dieses  angerufen  wird.  Konnte  der  vom  Rufenden  gewünschte  Anschlufs 
hergestellt  werden,  so  wird  beim  Wiedereinhängen  des  Telephons  die  Münze 
in  die  Kasse  befördert;  war  dagegen  der  gewünschte  Theilnehmer  besetzt,  so 
sendet  dei  Beamte  des  Vermittelungsamtes  einen  Strom  durch  einen  Elektro- 
magnet, der  die  Münze  in  eine  Rinne  fallen  macht,  aus  der  es  entnommen 
■werden  kann. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cenient. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  471  d.  Bd.) 

Die  Anfertigungsweise  der  Probekörper  bespricht  R.  Dyckerhoff^.  So 
lange  Zug-  und  Druckproben  durch  Handarbeit  hergestellt  wurden,  war 
man  bestrebt,  für  beide  Arten  der  Probekörper  gleiche  Dichte  zu  er- 
zielen. Nach  Einführung  des  Rammapparates  zur  Anfertigung  der 
Würfel  gab  man  150  Schläge  ä  2^  mit  dem  .ßöÄme'schen  Hammer- 
apparate (vgl.  1884  256  492)  und  erzielte  dadurch  die  gleiche  Dichte, 
wie  bei  Anfertigung  durch  Handarbeit.  Als  die  Zugproben  ebenfalls 
mit  dem  Hammerapparate  hergestellt  wurden,  war  man  bestrebt,  die 
seitherige  Zugfestigkeit  zu  erhalten.  Zufällig  waren  da  auch  150  Schläge 
ä  2"^  noth wendig;  die  Dichte  mufs  aber  in  diesem  Falle  gröfser  ausfallen, 
als  bei  den  Druckproben,  indem  der  gleiche  Arbeitsaufwand  auf  eine 
5  mal  kleinere  Masse  verwendet  wird.  Gibt  man  aber  nur  30  Schläge, 
so  erhält  man  Probekörper  von  der  gleichen  Dichte  wie  bei  der  Hand- 
arbeit, aber  die  Festigkeit  ist  erheblich  geringer.  Als  Beleg  dafür  mag 
die  folgende  Tabelle  angeführt  werden. 

1  X.  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Cementfabrikanten. 


552 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 


1   Cement  :  3  Norraalsand. 


arke 

An  f  e  r 

t  i  g  u  n  g 

Wasser- 
Zusatz 

Spec.  Gew. 

Festigkeit 
28  Tage 

S 

Zug 

Druck 

Zug 

Druck 

A 

Schlagapparat 
Handapparat  . 

Schlagapparat 

150  Schläge  .     . 

10  Proc. 
10     „ 
10      „ 

2,304 
2.228 

2,220 

22,1 
22,4 
18,6 

224,0 

W 

30  Schläge    .     . 

2.232 

— 

— 

B 

Schlagapparat 

Handarbeit 

Schlagapparat 

150  Schläge  .     . 

10  Proc. 
10      „ 
10      „ 

2.304    2,230 
2,235       — 
2,228 1     — 

20,5 
20,6 

193,6 

n 

30  Schläge    .     . 

15,6 

— 

Der  Grund,  warum  die  Handarbeit  bei  gleiciier  Festigkeit  geringere 
Dichte  gibt,  liegt  jedenfalls  in  der  verschiedenen  Art  der  Bearbeitung. 
Die  mit  der  Hand  hergestellten  Probestücke  sind  weicher  und  elastischer 
als  die  mit  dem  Apparate  hergestellten,  welche  auffallend  fest  sind. 
Wie  Dyckerhoff  schon  früher  gezeigt  hatte,  ist  sogar  die  Festigkeit  ver- 
schieden bei  gleicher  Dichte  und  gleichem  Arbeitsaufwande,  wenn  die 
Arbeit  in  verschiedener  Weise  ausgeführt  wurde.  Die  Dichte  kann 
daher  nur  dann  ein  Mafsstab  für  die  richtige  Anfertigung  der  Probe- 
körper für  Zug  und  Druck  sein,  wenn  die  beiden  Proben  in  gleicher 
Form  und  auf  dieselbe  Weise  hergestellt  werden. 

Zur  Normirung  der  Schlagzahl  mit  dem  2'^-Hammer  für  die  Her- 
stellung der  Zugprobekörper  hat  Böhme  wiederholt  verschiedene  Ver- 
suchsreihen ausgeführt,  bei  welchen  wechselnde  Schlagzahlen  benutzt 
wurden.  Es  ergab  sich  für  Normalproben  aus  1  Th.  Cement  und  3  Th. 
Normalsand: 


Mittleres 

Gewicht 

nach  dem 

lEinschlagen 

Mittlere 
Zuglestig- 
keit  na  eil 
7  Tagen 

T 

durch  Handarbeil 

160,0 
158,0 
159,5 
159,5 
159,0 

2,225 
2,246 
2,246 
2,239 

16,06 

II. 
III. 
IV. 

V. 

„       Apparatarbeit  75  Schläge 
100 

125        „ 
150 

ä  2k  . 

ä  2k       ... 

12,75 
13,25 
14,56 
15,56 

Mithin  bei  150  Schlägen  eine  Differenz  gegen  die  Handarbeit  um 
0k,5.  Wenn  also  behauptet  wird,  dafs  die  Handarbeit  gröfsere  Zug- 
festigkeit gibt,  so  erklärt  dies  Böhme  dahin,  dafs  dieselbe  zu  lebhaft 
durchgeführt  wurde.  Es  ist  auch  nicht  ausgeschlossen,  dafs  beim  Ab- 
schneiden und  Glätten  der  Apparatproben  gefehlt  wurde,  indem  auch 
hier  die  bekannte  Uebung  in  der  Handhabung  des  Formkastens  eine 
unerläfsliche  Bedingung  ist.  Auch  die  Dichte  der  Apparatzugprobe- 
körper und  der  Apparatdruckprobekörper  ist  fast  ganz  gleich. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 


553 


Töpffer  bestätigt,  dafs  man  mit  dem  Böhme  sehen  Apparate  sehr 
gleichmäfsige  Resultate  erhält,  und  führt  Versuche  an,  die  mit  z\vei 
verschiedenen  Apparaten  durchgeführt  wurden. 

Dyckerhoff  bemerkt,  dafs  er  schon  wiederholt  Verschiedenheiten  in 
den  Dichtigkeitsverhältnissen  der  Zug-  und  Druckprobekörper  bemerkt 
hat,  will  auf  die  Dichte  aber  kein  besonderes  Gewicht  legen,  indem 
man  hauptsächlich  darauf  zu  sehen  hat,  dafs  man  mit  der  Maschine  die- 
selbe Zugfestigkeit  erhält,  wie  mit  der  Hand. 

Schumann  bespricht  die  Herstellung  der  Druckprobekörper.'-  Läfst 
man  dieselben  in  der  Form  erhärten,  so  ergeben  sich  andere  Festig- 
keitszahlen, als  beim  Ablösen  derselben  gleich  nach  der  Anfertigung. 
Bei  der  Mischung  von  1  Cement :  3  Sand  mit  10  Proc.  Wasser  wurden 
z.  B.  folgende  Festigkeitszahlen  erhalten: 


In  der  Form  erhärtet 

Form  gleich  abgelöst 

Differenz 

Cement  1 

244,0 

227,0 

17,0 

,,        2 

242,0 

208,0 

34,0 

,,        3 

222,0 

195,0 

27,5 

4 

220,0 

201,6 

18,4 

„        5 

166,0 

142,0 

24,0 

Die  Würfel,  welche  in  der  Form  erhärteten,  haben  sämmtlich  eine 
höhere  Festigkeit  geliefert,  als  jene,  die  gleich  herausgenommen  wurden, 
aber  aus  den  Differenzen  läfst  sich  keine  bestimmte  Regel  ableiten.  — 
Böhme  bestätigt,  dafs  derartige  Unterschiede  vorkommen,  bei  seinen 
Versuchen  aber  von  höchstens  10  bis  ll"*.  —  Schott  macht  darauf  auf- 
merksam, dafs  die  Differenzen  abhängig  sind  von  dem  gröfseren  oder 
geringeren  Gehalte  an  Feuchtigkeit.  Man  erhält  bei  weichem  Mörtel 
nach  dem  Auseinandernehmen  der  Form  leicht  keine  Würfel,  sondern 
abgestumpfte  Rhomboeder.  Die  Versammlung  beschliefst,  die  Druck- 
probekörper erst  24  Stunden  nach  dem  Einschlagen  aus  der  Form  zu 
nehmen. 

Schiffner  bespricht  die  Prüfung  rasch  bindender  Cemente  nach  den 
Normen.  Diese  ist  mitunter  recht  schwierig,  da  wirklich  rasch  bindende 
Cemente  häufig  abbinden,  bevor  man  im  Stande  ist,  die  Probekörperchen 
herzustellen;  besonders  zu  berücksichtigen  ist  dabei  der  Einflufs  der 
Temperatur.  Bei  schnell  bindenden  Cementen  sollte  die  Temperatur  nie 
höher  als  15  bis  180  C  sein,  da  sonst  die  Festigkeitszahlen  in  Folge 
theilweiser  Abbindung  während  der  Verarbeitung  zu  Ungunsten  des 
Cementes  ausfallen.  (Ueber  den  Einflufs  der  Temperatur  auf  die  Binde- 
zeit vgl.  das  Werk  Candlofs.)  Wenn  selbst  bei  niedriger  Temperatur 
die  Abbind ung  zu  rasch  stattfinden  sollte,  so  schlägt  Schiffner  vor,  die 
Probekörper  nicht  mit  der  Maschine,  sondern  mit  der  Hand  herzustellen, 
und   die  Mörtelquantitäten    der  Bindezeit  entsprechend,    so   gering   zu 

'■*  XI.  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Cementfabrikanten. 


554  Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Ceraent. 

nehmen,  dafs  je  nach  der  Schnelligkeit  nur  Mörtel  für  1  bis  2  Zug- 
proben verarbeitet  und  die  Proben  mit  möglichster  Schnelligkeit  her- 
gestellt werden.  In  gleicher  Weise  hergestellte  Maschinen])robekörper 
ergaben  bei  sehr  schnell  bindenden  Cementen  nur  2^3  der  Festigkeit 
der  Probekörper  von  Handarbeit. 

Die  strenge  Prüfung  eines  Cementes  hat  lange  nicht  den  ihr  an- 
gemessenen Werth,  wenn  die  Sicherheit  dafür  fehlt,  dafs  am  Bauplatze 
der  Mörtel  in  dem  zuvor  bestimmten  Verhältnisse  zusammengesetzt 
wird:  es  ist  daher  zur  zeitweiligen  Controle  wünscheuswerth,  ein  Ver- 
fahren zur  Untersuchung  der  Cemenlniörtel  auf  dem  Bauplatze  zu  besitzen. 

Der  russische  Ingenieur  P.  Goloubialnikuw  schlägt  nun  ein  einfaches 

Verfahren  vor,  das  sich  bewährt  haben  soll  und  das  auf  der  Bestimmung 

der  Siebfeinheit  beruht.    Man  schlägt  100"  Cemeut  durch  ein  900  maschiges 

Sieb  und  bestimmt  so  die  Procente  a  des  Siebfeinen.    Ebenso  bestimmt 

man  6,    die   Procente    Sand,    welche    das    gleiche   Sieb    hindurchläfst. 

Nimmt  man   nun   100^  der  Mischung,   enthaltend   C"  Cement   und    Z" 

Sand,  so  erhält  man  eine  durchgesiebte  Menge  M  und  es  ist: 

C-f  Z=100  und  ac-l-hz  =  M, 

aus  welchen  Gleichungen  sich  c  und  Z  leicht  bestimmen  läfst.    Es  ist: 

,.       M—lOOh        ,    ,,      100  a  — 3/ 

6  =  ^ ; —    und    Z  = ; — . 

a  —  u  a  —  b 

Durch  Versuche  wurde  ermittelt,  dafs  die  Summe  der  beiden  mög- 
lichen Fehler  höchstens  4,5  Proc.  beträgt,  während  bei  Bestimmung  des 
Bruchgewichtes  10  Proc.  Fehler  nicht  ausgeschlossen  sind. 

r.       TT     ,     .     -n    c     ,             T^       .      .              .  ,    .       .        ,   .   .    M— 1006 
üas  Verhaltnils  ^  dessen  Ermittelung  wichtig,  ist  gleich  ^7:7^ =5. 

"Wenn  a  =  6,  so  wählt  man  ein  andermaschiges  Sieb. 

Auch  für  feuchte  Mörtel  eignet  sich  das  Verfahren:  mau  macht  den 
Mörtel  mit  viel  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  an  und  verdampft  das- 
selbe unter  stetem  Umrühren  auf  freier  Flamme.  Der  KücUstand  läfst 
sich  mit  den  Fingern  zu  Mehlfeinheit  zerdrücken  und  in  der  Korngröfse 
der  Cemente  hat  sich  nichts  geändert  (Deutsche  ßauzeitung^  1888). 

M.  Meyer  berichtet  in  einem  über  den  Dielz'^vlxen  Etagenofen  ge- 
haltenen Vortrage  über  Bestimmungen  der  Sinlerungsiempiraturen  der 
Cemente,  die  im  Laboratorium  für  Thonindustrie  ausgeführt  wurden. 
Sechs  verschiedene  Cementrohmassen  wurden  zu  Tetraedern  geformt, 
diese  möglichst  enge  an  einander  auf  eine  Thonplatte  gestellt  und  damit 
Vorversuche  angestellt^  dieselben  ergeben,  dafs  der  Schmelzpunkt 
sämmtlicher  Massen  zwischen  der  Garbrenntemperatur  des  Hartporzellans 
und  der  des  Segerporzellans  liegt.  Weitere  Versuche  im  Senfströmofen 
ergal)en,  dafs  Sinterungspunkt  und  Schmelzpunkt  der  Proben  sehr  nahe 
an  einander  liegen  bei  den  einzelnen  Proben,  und  dafs  auch  die  Schmelz- 
punkte verschiedener  Massen  nicht  fern  von  einander  liegen.  Um  zu 
genaueren  Resultaten  zu  gelangen,  wurde  das  Brennmaterial  abgewogen. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  555 

Es  zeigt  sich,  dafs  die  Tetraeder  zu  Glas  zusammeuschmelzen,  wenu 
der  Seger  sehe  Normalkegel  15  noch  nicht  geschmolzen  war.  Da  die 
Thonuuterlage  einen  gewissen  Einflufs  auf  die  Schmelzbarkeit  der  Proben 
ausübt,  wurde  zunächst  Marmorpulver  und  dann  gesiebte  Koke  als 
Unterlage  verwendet.  Bei  einem  Brennmaterialverbrauche  von  llOOs 
Koks  zeigten  sämmtliche  Proben  ein  poröses  Aussehen,  während  bei 
1150g  Koks  sämmtliche  Pi'obeu  zu  Tropfen  zusammengeschmolzen  waren. 
Die  geschmolzenen  Proben  zerfielen  spontan.  Nach  der  Schmelzbarkeit 
geordnet  enthielten  die  Rohmassen  folgende  Mengen  kohlensauren  Kalk- 
in  Procenten  ausgedrückt: 

1  76,6  3  75,2  5  77,4 

2  76,2  4  76,3  6  78,8 

Nr.  3  enthielt  viel  Magnesia,  Nr.  1  und  2  enthalten  viel  Eisenoxyd. 
Berücksichtigt  mau  dies,  so  ergibt  sich  die  Schmelzbarkeit  abhängig 
von  der  Zusammensetzung  des  Rohmaterials,  aber  nicht  von  der  Ab- 
stammung desselben. 

Um  einen  Einblick  in  die  bei  der  Einwirkung  des  Kalkes  auf  den 
Cement  auftretenden  Wärmeverhältnisse  zu  gewinnen,  wurden  einige 
calorimetrische  Versuche  angestellt:  Ein  Erlenmey er  scher  Kolben  wurde 
nach  aufsen  gut  isolirt,  mit  250cc  lOprocentiger  Salzsäure  und  mit  20§ 
mit  Säure  gereinigtem  Normalsande  gefüllt:  der  Apparat  wurde  auf 
Zimmertemperatur  gebracht,  die  Temperatur  mittels  eines  in  Voo*'  ^• 
getheilten  Thermometers  abgelesen,  dann  unter  Umschwenken  rasch  der 
auf  das  Feinste  gepulverte  Cement  eingeworfen,  die  Flasche  gut  ge- 
schüttelt und  in  jeder  Minute  das  Thermometer  abgelesen.  So  war 
binnen  2  bis  3  Minuten  das  Maximum  der  Wärme  erreicht,  und  es  be- 
gann dann  ein  regelmäfsiges  Sinken  derselben.  Der  Wasserwerth  des 
Apparates,  sowie  die  Correctur  für  die  Verluste  durch  Strahlung  wurden 
durch  Füllung  desselben  mit  warmem  Wasser,  sowie  durch  Auflösen 
mit  reinem  Aetzkalke  in  demselben  bestimmt. 

Die  sechs  verschiedenen  Cemente  geben,  nach  ihrer  Schmelzbarkeit 

geordnet,  folgende  Zahlen: 

Kalkgehalt 

1  1,760  C.  60,3 

2  1,770  „  61,1 

3  1,780  „  61,1 

4  1,820  „  63,8 

5  1,800  „  65,3 

6  1,800  „  67,7 

Die  Differenzen  sind  hier  vom  Kalkgehalte  abhängig.  Weiter  hat 
sich  ergeben,  dafs  je  stärker  ein  Cement  gebrannt  ist,  um  so  geringere 
Wärmemengen  von  ihm  abgegeben  werden;  da  die  Endproducte  die- 
selben sind,  so  mufs  beim  Garbrennen  eine  Wärmeentwickelung  vor 
sich  gehen.  Ein  ungleichmäfsig  gebranntes  Stück  Cement  wurde  in 
drei  Theile  zerlegt,  je  nachdem  die  Hitze  eingewirkt  hatte.  Beim  Auf- 
lösen entwickelte  das  Ungare  auf  1?  20  C,  der  bessere  Brand  1,940  und 


55t)  Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 

der  Garbrand  1,820,  Basische  Hochofenschlacken  ergaben :  ungranulirt 
0,80,  granulirt  1,80.  —  Die  calorimetrische  Prüfung  gibt  also  ein  ein- 
faches Mittel,  Cemente  auf  Gehalt  an  Schlacken  zu  prüfen. 

Einwirkung  der  Luft^  des  Süfs-  und  Seewassers  ^   des  Frostes   auf  Cement. 
a)  Vor  der  Verwendung. 
Dr.  Tomei  in   Oppeln   berichtet  über  die  Einwirkung   der  Luft  auf 
Cement  im  Anschlüsse  an  frühere  Mittheilungen,   bei   welchen   sich  er- 
geben hafte,  dafs 

1)  die  Einwirkung  der  Luft  am  intensivsten  nachzuweisen  ist  bei 
Proben  mit  reinem  Cement, 

2)  die  trockene  Kohlensäui-e  nicht  wesentlich  nachtheilig,  in  einzelnen 
Fällen  sogar  bessernd, 

3)  die  feuchte  Luft  bei  längerer  Einwirkung  unbedingt  schädlich 
wirkt. 

Der  Cement  war  in  festgeschlossenen  Kästen  ausgebreitet  der  Ein- 
wirkung von  Kohlensäure  bezieh.  Luft  ausgesetzt.  Die  Trocknung  der 
Luft  wurde  mit  Chlorcalcium  und  Schwefelsäure  bewii-kt. 

Um  Aufschlufs  über  das  sogen.  Nachfeinen  der  Cemente  zu  er- 
halten, wurden  genaue  Siebproben  angestellt,  dabei  aber  gefunden,  dafs 
dieselben  keinerlei  wesentlichen  Unterschied  ergeben.  Die  Temperatur- 
erhöhung hat  bei  Einwirkung  von  feuchter  Luft  regelmäfsig  abgenommen. 
Aus  den  Zahlen  einer  beigegebenen  Tabelle  ibt  sowohl  die  schädliche 
Einwirkung  der  feuchten  Luft  als  auch  der  trockenen  und  feuchten 
Kohlensäure  zu  ersehen.  Eine  besonders  grofse  Verschlechterung  tritt 
bei  der  Einwirkung  von  Feuchtigkeit  ein.  Diese  Versuche  beweisen, 
dafs  ein  rationelles  Lagern  des  Cementes  bessernd  auf  denselben  ein- 
wirkt, mindestens  nicht  schädlich  wirkt,  während  nicht  sachgemäfses 
Lagern  besonders  bei  feuchter  Luft  entschieden  nachtheilig  den  Cement  be- 
einflufst  (XI.  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Cementfabri- 
kanten). 

b)  Nach  der  Verwendung. 

Für  die  praktische  Verwendung  von  Portland-Cement  ist  es  nicht 
unwichtig,  das  Verhalten  des  Cementes  unter  verschiedenen  Bedingungen 
der  Erhärtung  kennen  zu  lernen.  Untersuchungen  über  diesen  Gegen- 
stand hat  H.  Dijckerhoff'^  angestellt.  Um  die  Festigkeit  der  Cemente 
zu  prüfen,  wenn  sie  nicht  nach  24  Stunden  unter  }^^asser  gebracht  werden., 
sondern  früher^  wurden  drei  Reihen  von  Würfeln  in  der  Mischung  von 
1  Cement :  3  Sand  nach  dem  Normenverfahren  hergestellt  und  nach  6^ 
12  und  24  Stunden  unter  Wasser  gebracht.  Einer  der  geprüften  Cemente 
hatte  eine  Bindezeit  von  6  Stunden  und,  nach  Normen  geprüft,  24^  Zug- 

3  Protokoll  der  XI.  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Cement- 
fabrikanten. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cemeut.  557 

festigkeit.      Die    Druckfestigkeit    der    drei    Würfelreihen    betrug    nach 

28  Tagen: 

nach  6  Stunden  12  Stunden  24  St.  unter  Wasser  gebracht 

244,0  250,0  252k/qcm 

Die  Festigkeiten  sind  also  annähernd  die  gleichen,  gleichgültig,  ob 
man  die  Proben  nach  6,  12  oder  24  Stunden  unter  Wasser  bringt. 
Fettere  Cemente  können  noch  früher  unter  Wasser  gebracht  werden, 
magere  werden  dagegen  durch  Eindringen  des  Wassers  zerstört. 

Wird  der  Mörtel  statt  mit  10  Proc.  Wasser  mit  12  oder  15  Proc. 
Wasser  angemacht,  so  bindet  er  später  ab  und  kann  daher  erst  später 
unter  Wasser  gebracht  werden.  Man  darf  also  Cementmörtel  unter 
Wasser  setzen,  sobald  sie  abgebunden  haben. 

Wird  dagegen  der  Cementmörtel  xmhrend  des  Abbindens  einem  Wasser- 
drucke ausgesetzt,  so  erhärtet  er  nur  theilweise,  unter  Umständen  auch 
gar  nicht.  Beweise  dafür  wurden  bei  Versuchen  mit  einer  Cisterne  er- 
bracht. Eine  solche  wurde  aus  Ziegelsteinen  aufgeführt,  und  zwar  2"^ 
hoch  mit  50^™  lichter  Weite.  Die  Wandstärke  betrug  i'..  Stein:  der 
Mörtel  bestand  aus  1  Portland-Cement  :  3  Sand.  Nach  einigen  Tagen 
wurde  die  Cisterne  mit  Wasser  gefüllt,  welches  im  unteren  Theile  durch 
Fugen  und  Steine  drang.  Zwei  Tage  später  wurde  das  Wasser  ab- 
gelassen und  eine  Seite  mit  Mörtel  1  Cement  :  1  Sand  verputzt  und  mit 
reinem  Cemente  eingeschlifFen.  Der  Verputz  war  vollkommen  wasser- 
dicht^ ein  Versuch,  die  anderen  drei  Seiten  unter  Wasser  zu  verputzen 
gab  ein  ungünstiges  Resultat,  da  nur  der  Mörtel  im  oberen  Drittel  das 
Wasser  gut  hielt,  unten  aber  durchlässig  war.  Bei  steigendem  Wasser- 
andrange nimmt  also  die  Erhärtungsfähigkeit  der  Cemente  ab,  und 
wird  bei  einem  gewissen  Drucke  gleich  Null.  Man  hat  bei  Wasser- 
andraug  den  Druck  desselben  nach  Möglichkeit  zu  beseitigen  und  — 
kann  dies  nicht  vollständig  geschehen  —  einen  rasch  bindenden  Cement 
anzuwenden,  in  der  Mischung  1  Cement  :  1  Sand  oder  bei  der  Mischung 
1  :  3  unter  Zusatz  von  1/4  Kalkhydrat  (um  den  Mörtel  dicht  zu  machen). 
Probekörper  aus  dieser  Mischung  erhärteten  nach  1/4  Stunde. 

Verhalten  der  Cementmörtel  beim  Erhärten  an  der  Luft.  Aus  der 
nachstehend  wiedergegebenen  Tabelle  lassen  sich  folgende  Schlüsse  ziehen - 
Der  benutzte  Cement,  welcher  bei  5  Stunden  Bindezeit  nach  der  Normen- 
probe 211^,0  Festigkeit  ergab  —  also  kein  Cement  von  aufsergewöhn- 
licher  Festigkeit  war  —  lieferte  nach  Jahresfrist  beim  Erhärten  in 
Wasser  321^,9.  Vergleicht  man  die  Versuchsreihe  1  mit  den  Reihen  2 
bis  10,  so  ersieht  man,  dafs  die  Festigkeit  in  der  Luft  unter  allen  an- 
gewendeten Verhältnissen  höher  ist,  als  im  Wasser,  woraus  folgt,  dafs 
Portland-Cement  auch  ausgezeichnete  Luftmörtel  liefert.  Für  die  End- 
festigkeit ist  es  unwesentlich,  ob  der  Mörtel  nur  einige  Tage  oder 
mehrere  Wochen  unter  Wasser  war.  Erhärtet  der  Mörtel  im  Freien, 
wobei  er  zeitweilig  nafs  wird,  so  ergibt  er  die  gröfste  Festigkeit. 


558  Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 

Festigkeit  der  Portland-Cement-Mörtel  beim  Erhärten  in  Wasser  und  an  der  Luft. 


Mörtel - 
Mischung 

Erhär  t  u  ngsart 

Z  ugfey  t 

iglieil 

in  k/qcm 

>« 

1  Woche 

4  Wocli. 

13  W. 

26  \V. 

t  Jahr 

1 

1  Gera. :  3  Sand 

Im  Wasser 

17,5 

21,0 

22,7 

28,2 

32,9 

2 

,, 

An  d.  otrenen  Luft  im  Zimmer 

17,9 

22,7 

26,1 

32,4 

35,6 

3 

1  Tag  im  Wasser,   dann  an 

der  Luft  im  Zimmer     .     . 

18,7 

25,4 

29,3 

34,1 

38,4 

4 

2  Tage  im  Wasser,  dann  an 

der  Luft  im  Zimmer     .     . 

19,3 

26,9 

31,5 

38,1 

40,1 

5 

i  Tage  im  Wasser,  dann  an 

der  Luft  im  Zimmer     .     . 

18,0 

28,9 

33,4 

38,7 

41.3 

6 

1  Woche  im  Wasser,  dann  an 

der  Luft  im  Zimmer     .     . 

17,4 

28,2 

34,9 

39,4 

41,9 

7 

2  Wochen  im  Wasser,  dann 

an  der  Luft  im  Zimmer    . 

— 

26,5 

35,2 

40,0 

42,2 

8 

4  Wochen  im  Wasser,  dann 

an  der  Luft  im  Zimmer    . 

— 

21,3 

34,9 

41,2 

42,9 

9 

Im  Freien 

16,1 

27,6 

25,5 

35,4 

53,5 

10 

1  Woclie    im   Wasser,   dann 

ins  Freie 

17,6 

22,1 

30,3 

33,9 

56,1 

11 

1  Gem. :  6  Sand 

Im  Wasser 

8,0 

12,0 

16,6 

20,1 

23,8 

12 

1/.,  Kalkhydrat 

Im  Freien 

8,6 

13,5 

22,9 

24,1 

35,1 

13 

1  Woche   im    Wasser,   dann 

im  Freien     .... 

— 

12,6 

23,6 

24,2 

40,2 

Sämmtliche  Proben  wurden  normengemäfs  mit  dem  Hammerapparate  ein- 
geschlagen und  die  ersten  24  Stunden  in  einem  feuchten  Räume  aufbewahi-t. 

Schumann  berichtet  über  das  Verhalten  des  Portland-Cementes  beim 
Erhärten  in  Seewasser.  Das  verwendete  Seewasser  stammte  aus  der 
Nordsee.  Zur  Herstellung  der  Mörtel  wurde  gewöhnlicher  Mauersand 
verwendet. 


9         OJ 

=    3 

Zugfestigk 

e  i  t    in    k/qcm 

Mit  Sülswasser 

angemacht, 

in  Süfswasser 

erhärtet 

.Mit  Süfswasser 

angemacht, 

in  Seewasser 

erhärtet 

Mit  Seewasser 

angemacht, 

in  Sülswasser 

erhärtet 

Mit  Seewasser 

angemacht, 

in  Seewasser 

erhärtet 

1  Woche 

4  Wochen 

1  Woche 

4  Wochen 

1  Woche!  4  Wochen 

1  Woche 

4  Wochen 

A 

8 

20,9 

26,7 

18,6 

25,1 

17,1  1     '24,8 

16,9 

23,2 

B 

6 

— ■ 

25,6 

17,5 

22,4 

— 

22,8 

15,5 

20,6 

G 

6 

18,1 

23,6 

16,7 

21,2 

14,9 

20,5 

15,3 

19,3 

D 

6 

15,6 

21,1 

13,8 

19,3 

11,4 

18,0 

11,0 

17,7 

E 

V2 

15,4 

20,4 

14,9 

18,6 

12,9 

17.1 

12,0 

17,0 

Alle  Proben,  bei  welchen  Mörtel  mit  Seewasser  in  Berührung  kam, 
haben  eine  etwas  geringere  Festigkeit  ergeben,  als  bei  der  gewöhnlichen 
Prüfungsweise.  Am  schädlichsten  wirkt  das  Anmachen  des  Cementes 
mit  Seewasser;  man  wird  deshalb  wo  möglich  den  Cement  mit  Süfs- 
wasser anmachen  müssen.  Dem  zerstörenden  Einflüsse  des  Seewassers 
entgegen  wirkt  das  rasche  Erhärten  des  Cementes,  der  ein  weiteres 
Eindringen  des  Wassers  und  damit  auch  der  darin  gelösten  Magnesia- 
salze verhindert.     Dafs  dabei   die  Dichtigkeit   eine    grofse  Rolle   spielt, 


üeber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  559 

geht  schon  daraus  hervor,  dafs,  wenn  man  z.  B.  den  Mörtel  1  Cement 
zu  3  Sand  durch  Zusatz  von  Kalkhydrat  dichter  macht,  dieser  wider- 
standsfähiger wird,  obgleich  gerade  Kalkhjdrat  der  Einwirkung  des 
Seewassers  leichter  zugänglich  ist,  als  Portland-Cement.  Dafs  der 
Cementmörtel  in  der  That  in  Seewasser  gut  erhärtet,  geht  auch  aus 
Mittheilungen  des  Oberinspektors  ßömches  hervor,  wonach  Probekörper, 
die  1  Jahr  lang  im  Seewasser  gelegen  hatten,  an  Festigkeit  beständig 
zunahmen,  und  dafs  Prismen  aus  1  Cement  :  3  Sand  nach  20  monatlichem 
Liegen  im  Seewasser  vollkommen  hart  und  scharfkantig  sich  erwiesen. 

Entgegen  diesen  Erfahrungen  sind  neuerdings  Bedenken  gegen  die 
Haltbarkeit  des  Portland-Cementes  geltend  gemacht  worden,  und  zwar 
auf  Grund  gewisser  Laboratoriumsversuche  von  Prof.  Brazier  und  der 
in  neuerer  Zeit  an  verschiedenen  Häfen  Englands  beobachteten  Zer- 
störungen durch  Einwirkung  des  Meerwassers.  Insbesondere  lenkten 
die  Schäden  am  Hafendamme  zu  Aberdeen  die  Aufmerksamkeit  der 
Fachmänner  auf  diesen  Gegenstand.  Der  Wellenbrecher  zu  Aberdeen 
wurde  wie  folgt  hergestellt: 

Auf  dem  Meeresboden  wurden  zunächst  grofse,  mit  Gufsbeton  ge- 
füllte Säcke  von  1000001^  Gewicht  verlegt  und  die  Oberfläche  durch 
Taucher  möglichst  eben  gemacht.  Die  Mischung  des  Betons  war  1  Th. 
Cement,  21/2  Th.  Sand  und  31/2  Th.  Kies.  Auf  diese  Betonsäcke  kamen 
zunächst  Betonblöcke  zu  liegen,  welche  aus  Gufsbeton  in  der  Mischung 
1  Cement  :  4  Sand  :  5  Kies  hergestellt  und  an  der  Luft  erhärtet  waren. 
Dem  Beton  waren  noch  gi-ofse  Steinstücke  einverleibt.  Das  Gewicht 
der  Blöcke  betrug  anfangs  7500  bis  18  000^,  später  10000  bis  240001^'. 
Diese  Blöcke  wurden  mit  offenen  Fugen  über  einander  gesetzt  bis  zu 
8™  Höhe  und  bis  30cm  über  Niedrigwasser.  Auf  die  Betonblöcke  kam 
endlich  eine  5°\5  hohe  Schicht  aus  Gufsbeton  zu  liegen,  welcher  zwischen 
Spundwänden  eingebracht  wurde  und  aus  der  Mischung  1  Cement :  3  Sand 
und  4  Kies  bestand.  Die  mittlere  Dicke  des  Wellenbrechers  betrug 
etwa  12™.  Die  verwendeten  Materialien  waren  angeblich  gut.  —  Schon 
nach  einigen  Jahren  zeigten  sich  nun  bedeutende  Schäden.  Bei  schweren 
Stürmen  waren  einzelne  Betonblöcke  aus  dem  Damme  herausgeschleudert 
worden.  (Aehnliche  Erscheinungen  sind  nicht  selten,  so  wurde  z.  B. 
an  der  Nordsee  beobachtet,  dafs  20000"^  schwere  Blöcke  bei  schwerem 
Seegange  5°i  hoch  gehoben  und  über  den  Damm  geworfen  wurden.) 
Durch  die  entstandenen  Spalten  konnte  das  Seewasser  eindringen  und 
bewirkte  weitere  Zerstörung  des  Dammes,  In  einzelnen  Fugen  und 
Spalten  wurde  das  Auftreten  eines  rahmartigen  Schlammes  beobachtet, 
der  nach  Untersuchung  von  Prof.  Brazier  aus  Magnesia  und  kohlen- 
saurem Kalke  bestand. 

Nach  dem  ürtheile  von  Fachmännern  ist  es  fehlerhaft,  Betonblöcke 
von  so  geringem  Gewichte  anzuwenden.  Ein  zweiter  Fehler  ist  der, 
dafs  man  mit  dem  Cement  zu  sehr  gespart  hat.    Nach  Schumann  sollte 


660  Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 

selbst  bei  gestampftem  Beton  kein  schwächeres  Mischungsverhältuifs 
als  1  Cement  :  2  Sand  :  3  Kies  angewendet  werden,  an  jenen  Stellen, 
die  dem  Angrille  des  Meerwassers  direkt  ausgesetzt  sind.  Die  Zer- 
störung des  Hafens  zu  Aberdeen  ist  also  mechanischen  Einflüssen  zu- 
zuschreiben. Hätte  man  in  Aberdeen  so  gebaut,  wie  jetzt  in  Holland 
gebaut  wird,  so  wären  die  Schäden  nicht  aufgetreten.  In  Deutschland 
wird  bei  Hafenbauten  seit  20  bis  25  Jahren  reichlich  Purtland- Cement 
verwendet,  es  sind  aber  nur  ausnahmsweise  üble  Erfahrungen  damit  ge- 
macht worden,  und  dies  in  vereinzelten  Fällen,  wenn  schlechtes  Material 
zur  Verwendung  kam. 

M.  V.  Froidevitle^  und  Schott  machen  darauf  aufmerksam,  dafs 
Mörtel,  die  mit  einem  Ueberschusse  von  Wasser  angemacht  werden,  im 
Froste  sich  leicht  abblättern-  die  Ursache  davon  ist  das  unter  der  Ober- 
fläche eingeschlossene  Wasser,  welches  als  Eis  schädlich  wirkt.  Manske 
bestätigt,  dafs  Betonbauten  aus  magerem  Mörtel  dem  Froste  gut  wider- 
stehen, fand  aber  in  Uebereinstimmung  mit  Schott  und  Froideville^  dafs 
bei  Betouarbeiten,  bei  denen  ein  glattes  Abreiben  der  Oberfläche  stalt- 
flndet,  der  Frost  dieselbe  zerstört. 

Delbrück  erinnert  an  den  Bau  eines  Schornsteines  von  SO"^  Höhe, 
der  bei  10  bis  12»  Kälte  aufgeführt  wurde;  das  Abtragen  dieses  Schorn- 
steines war  sehr  schwierig,  da  der  Mörtel  sich  nur  mit  grofser  Mühe 
von  den  Mauersteinen  trennen  liefs. 

Ueber  den  Einflufs  des  Frostes  auf  die  Festigkeit  der  Cemente  hat 
Dr.  Böhme  (Mittheilungen  aus  den  königl.  technischen  Versuchsanstalten  zu 
Berlin^  1889  S.  43)  eine  Reihe  von  Versuchen  angestellt  und  die  Resultate 
derselben  in  vier  Tabellen  wiedergegeben.  Die  Ausfühi-ung  der  Versuche 
erfolgte  für  jede  der  benutzten  zehn  Cementmarken : 

1)  in  Bezug  auf  die  allgemeinen  Eigenschaften  der  Cemente, 

2)  auf  Zugfestigkeit  und  Druckfestigkeit  derselben  mit  reinem  Cement 
und  einem  Gemenge  aus  1  Gew.-Th.  Cement  -\-  3  Gew.-Th.  Normal- 
sand, und  zwar  für  7  Tage  und  28  Tage  alte  Normenproben, 

3)  auf  Abnutzbarkeit  des  reinen  Cementes  und  der  Möi'tel  aus 
1,  2,  3  und  4  Gew.-Th.  Normalsand  auf  1  Gew.-Th.  Cement  an  Probe- 
körpern, welche 

a)  im  feuchten  Räume  an  der  Luft, 

b)  die  ersten  24  Stunden  an  der  Luft,  die  übrige  Zeit  unter  Wasser 
erhärteten, 

c)  die  ersten  24  Stund.en  an  der  Luft  erhärteten  und  hierauf  durch 
Frost  beansprucht  wurden,  indem  sie  20  Stunden  in  den  Frost  von 
—  12°  C.  bis  —  15°  C,  hierauf  4  Stunden  zur  Aufthauung  unter  Wasser 
von  18"  C,  dann  nochmals  20  Stunden  in  den  Frost,  schliefslich  4  Stunden 
zur  Aufthauung  kamen  und  die  übrige  Zeit  unter  Wasser  gesetzt  wurden. 

4  Protokoll  der  XI.  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Cement- 
fabrikanten. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  561 

Die  Angaben  über  den  Ursprung  der  benützten  Cemente  sind  weg- 
gelassen. 

Aus  der  Tabelle  B  und  C  ist  folgendes  Beispiel  entlehnt :  Cement  I 
zeigte  nach  7  Tagen  eine  Zugfestigkeit  von  32,25  und  nach  28  Tagen 
von  37,23'^  qcm",  wenn  er  wie  unter  b)  angegeben  erhärtet:  erhärtet  er 
dagegen  nach  c),  also  dem  Froste  ausgesetzt,  so  ist  die  Zugfestigkeit 
nach  7  Tagen  83,15,  nach  28  Tagen  36,9.  Die  Druckfestigkeit  ergibt 
für  denselben  Cement  nach  b)  226,6  nach  7  Tagen  und  281,2  nach 
28  Tagen,  nach  c)  die  Werthe  207,3  und  266,7k/qcm.  In  kleingedruckten 
Zahlen  sind  die  durch  den  Frost  hervorgerufenen  Festigkeitsänderungen 
in  Procenten  der  Festigkeit  der  nicht  ausgefrorenen  Proben  beigesetzt. 
Im  Allgemeinen  ergibt  sich,  dafs  die  Werthe  der  28  Tageproben  ein 
wesentlich  geringeres  Zurückbleiben  der  ausgefrorenen  Proben  gegen 
die  nicht  ausgefrorenen  zeigen,  als  dies  bei  den  7  Tageproben  der  Fall 
ist.  Hierdurch  erweist  sich  unverkennbar  ein  gewisses  Nacheilen  der 
Frostproben  zwischen  7  und  28  Tagen,  was  zweifellos  als  eine  günstige 
Erscheinung  bezeichnet  werden  mufs,  indem  hiernach  angenommen 
werden  darf,  dafs  solche  ausgefrorenen  Cemente,  welche  gegen  das 
Ausfrieren  überhaupt  intact  bleiben,  durch  den  Einflufs  desselben  nur 
in  der  ersten  Erhärtungszeit  zurückgehalten  werden,  jedoch  nachher  be- 
strebt sind,  das  Versäumte  nachzuholen.  Hierfür  sprechen  auch  die  Ver- 
suche mit  den  Plattenproben,  die  ergeben  haben,  dafs  die  kurz  vor 
erfolgtem  Abbinden  mit  dem  Fingernagel  noch  ritzbaren  nach  c)  in 
den  Frost  gebrachten  Platten  unmittelbar  nach  dem  Aufthauen  ebenfalls 
mit  dem  Fingernagel  ritzbar,  also  in  der  Erhärtung  nicht  fortgeschritten 
waren,  während  die  gleichen,  nicht  ausgefrorenen  Platten  sich  vollständig 
erhärtet  zeigten.  Die  Abnutzungsversuche  erfolgten  an  Würfeln  mit 
50qcm  Fläche  durch  Schleif  beanspruchung  auf  einer  wagerecht  laufenden 
Gufseisenscheibe  mit  22  Umdrehungen  in  der  Minute  und  30  Umgängen 
Laufzeit  bei  Anwendung  von  20s  Naxosschmirgel  Nr.  3  auf  je  15  Scheiben- 
umgänge, 22cm  Schleifradius  und  25"^  Belastung  des  Probestückes:  Aus 
der  Gewichtsdifferenz  (G  —  G^)  =  A  der  Proben  vor  und  nach  dem 
Schleifen   in  Grammen  ergab   sich  durch  Division    mit  der  Dichte   der 

7-Tagesproben  (y-)  die  Volumenabnutzung  derselben  auf  — =  F;Cc. 

Zur  Bestimmung  der   Abnutzung   für   28  Tage   alte   Proben   ergab 
sich  die  Dichte  der  ursprünglich  355^^  fassenden  Würfel  aus 
Gew.  d.  28  Tage  alten  Proben 

355  —  V,  -  ^'^^ 

und  die  Abnutzung  selbst  auf 

Gewichtsverlust  der  28-Taeesproben 

Die  Abnutzbarkeit  ist  in  Tabelle  D  zusammengestellt;  aus  dieser 
sei  wieder  der  Cement  I  als  Beispiel  gewählt. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  12.  1889/111.  36 


562 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 


Mischungsverhältnils  in 
Gewicht  stheilen 

7 

A 

^      '                    A 

7     1 

A 

r 

7  Tage  alte  Proben      ll     28  Tage  alte  Proben 

2,099 
2,034 
2,226 
2,139 
2,042 

11,6 

8,6 

7,7 

13,1 

18,2 

5,5 
4,2 
3,5 
6,1 
8,9 

2,084 
2.023 
2>15 
2,120 
2,040 

16.4 

8,2 

4,1 

20,5 

28,7 

79 

\l  Cement  +  1  Normalsand 
a  n1        n             2             „ 
/l        „            3 
fl        «             4 

4,5 

1,9 

9.7 

13.8 

2,220 
2,264 
2,230 
2,247 
2,208 

11,2 
8,3 

8,4 
17.8 
22,9 

5,0 
3,7 

3,8 

7,9 

10,7 

2,239 
2,279 
2,247 
2,263 
2,223 

6,4 
4,0 
6,0 
9,3 
15,1 

2,9 

il  Cement  +  1  Normalsand 
b     1        „             2 
/l        „             3 
1        „             4 

1,8 

2,7 

4,1 

6,8 

Reiner  Cement     .... 
11  Cement  +  1  Normalsand 
c    ,1        .,             2            „ 
1        „            3 
1        „             4             „ 

2.169 
2,276 
2.337 
2'333 
2,051 

16,3 
12,5 
11,0 
17,3 
22,4 

7,5 
5,5 

4,7 

7,7 

10,9 

2,116 
2,253 
2,313 
2,221 
2,042 

13,2 
6,1 
6,9 
9,5 

16,2 

6,2 
2,7 
3,0 
4,3 
7,9 

a,  b  und  c  haben  hier  die  oben  angegebene  Bedeutung. 
Auch  Dyckerhoff  hatte  gefunden,  dafs  Portland-Cement  dem  Froste 
ausgesetzt  in  der  Festigkeit  anfangs  zurückbleibt,   später  aber  normale 
Festigkeit  erreicht  (Thonindustrie- Zeitung ^   Bd.  12  S.  312).     Als  Beispiel 
sei  folgende  Versuchsreihe  gewählt: 

Mörtel  1  Woche      4  Wochen    13  Wochen         |26  Wochen 

1  Cement  :  1  Sand  26,1  27,0  26,3  56,4k/qcm 

1        „        :  3      „  9,1  16,8  21,8  46,4 

Die  Proben  kamen  sofort  nach  der  Anfertigung  ins  Freie  bei  —  8^  C. 
Die  erste  Nacht  betrug  [die  Temperatur  —  lio  C.  Der  Cement  hatte 
bei  der  Normenprobe  24'',0  und  eine  Bindezeit  von  6  Stunden.  Die 
Festigkeit  wurde  also  bei  der  Mischung  1  Cement  :  3  Sand'^durch  den 
Frost  nach  4  Wochen  bis  16i*,8  zurückgehalten',  sie  steigt  jedoch  nach 
26  Wochen  schon  auf  461^,4.  Bei  dem  Mörtel  1  Cement :  1  Sand  ist 
der  Einflufs  des  Frostes  geringer,  da  bei  dieser  Mischung  die  Festigkeit 
im  Wasser  nach  28  Tagen  31  "^',7  betrug,  also  eine  Herabsetzung  der- 
selben von  nur  4\7  constatirt  werden  konnte. 

Ebenso  ergaben  Versuche  von  E.  Biggenback  mit  langsam  bindendem 
Portland-Cemente  unter  Anwendung  von  scharf  körnigem  Eibsand,  dafs 
durch  Frost  der  Erhärtungsprozefsg  nicht  zum  Stillstehen  gebracht, 
sondein  nur  verzögert  wird  (Deutsche  Bauzeitung .,  Thonindustrie- Zeitung^ 
Bd.  12  S.  225).  Um  ermitteln  zu  können,  ob  auch  bei  starkem  Froste 
mit  Cementmörtel  gemauert  werden  darf,  wurden  Probeklötze  aus  je 
sechs  im  Verbände  auf  einander  gemauerten  Ziegelsteinen  hergestellt. 
Die  80  erhaltenen  Würfel  waren  Mauerkörper  von  etwa  25^™  Seiten- 
länge; als  Mörtel  hatte  eine  Mischung  von  1  Raumtheil  Portland-Cement 
mit  6  Raumtheilen  Sand  gedient.  Die  Steine  waren  vor  Schnee  und 
Eis  geschützt  worden.  Jene  Probeklötze,  die  ausschliefslich  starkem 
Froste  ausgesetzt  waren,   hatten   nach  7  bis  12  Tagen   eine  etwas  ge- 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  563 

ringere  Festigkeit  als  die  unter  normalen  Verhältnissen  hergestellten 
Mauerwerke.  Andere  Proben,  die  nach  dem  Froste  einige  Zeit  bei 
Thauwetter  erhärten  konnten,  hatten  normale  Festigkeit;  dieselben 
konnten  nur  durch  starke  Hammersehläge  zerstört  werden.  Dabei  er- 
folgte der  Bruch  nicht  in  den  Fugen,  sondern  der  Mörtel  haftete  noch 
an  den  einzelnen  losgetrennten  Steintheilchen.  Von  einer  schädlichen 
Einwirkung  des  Frostes  war  nichts  zu  bemerken. 

Wenn  die  nöthigen  Vorsichtsmafsregeln  (Verwendung  von  eis-  und 
schneefreien  Ziegeln,  Anmachen  des  Mörtels  und  Abspritzen  der  ge- 
mauerten Oberflächen  mit  warmem  Wasser)  eingehalten  werden,  so  ist 
das  Mauern  bei  Frost  jedenfalls  zulässig;  werden  diese  Hauptbedingungen 
nicht  erfüllt,  so  kann  mit  dem  frostbeständigsten  Mörtel  das  Mauern  bei 
starker  Kälte  von  unsicherem  Erfolge  sein. 

Vor  Salzzusatz  zu  ;Cementmörtel  oder  Cement-Kalkmörtel  wird 
gewarnt  {Dyckerhojf^  Seger^  Delbrück;  Generalversammlung  des  Vereins  für 
Fabrikation  von  Ziegeln^  Thonwaaren^  Kalk  und  Cement).  Nach  Dyckerhoff 
ist  ein  Salzzusatz  bei  Cementmörteln  nicht  nothwendig,  erscheint  aber 
bei  Roman-Cement  und  Kalkmörtel  erforderlich.  Seger  hält  es  für  be- 
denklich, zum  Mörtelmateriale  lösliche  Salze  zuzusetzen;  die  Salze 
ziehen  sich  in  die  Steine  hinein,  und  diese  werden  durch  die  Krystalli- 
sation  der  Salze  zerstört.  Es  hat  wenig  Werth,  bei  Frostwetter  ein 
Mauerwerk  aufzuführen,  wenn  dasselbe  nach  10  Jahren  unbrauchbar 
wird.  Goerke  erwähnt,  dafs  im  Norden,  an  der  Ostsee  der  Gebrauch 
von  salzigem  Sande  zur  Mörtelbereitung  verboten  sei. 

Das  Verhalten  verschiedener  hydraulischer  Bindemittel  bei  verschiedener 
Art  der  Erhärtung  hat  B.  Dyckerhoff  geprüft  und  das  Resultat  seiner 
Versuche  in  der  10.  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Cement- 
fabrikanten  mitgetheilt.  Aus  den  Verhandlungen  dieses  Vereins  sind 
die  folgenden  Mittheilungen  entlehnt.  (Schlufs  folgt.) 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

Mit  Abbildung. 

Veber  Ferrocyanbestimmung  in  gebrauchter  Beinigungsmasse\  von  0.  Knub- 
lauch.  Der  Verkauf  der  ausgebrauchten  Gasreinigungsmasse  geschieht 
in  den  meisten  Fällen  nach  ihrem  Gehalte  an  Ferrocyanverbindungen, 
und  zwar  wird  dieser  Gehalt  entweder  als  krystallisirtes  Blutlaugen- 
salz, oder  als  trockenes  Berlinerblau  (Fe-Cjig)  angegeben.  Die  Be- 
stimmung des  Ferrocyans  stöfst  auf  erhebliche  Schwierigkeiten,  indem 
die  beigemischten  Substanzen,  Schwefel,  Rhodan,  Theerbestandtheile, 
alle  Reactionen  stören.  Aus  diesem  Grunde  ist  ein  einfaches  Titriren 
der  Lösung  mit  Kupferlösung  nach  Bohlig  oder  mit  übermangansaurem 
Kali   nach  de  Haen   unmöglich.     Verfasser  hat  nun    eine  Methode  aus- 


5t)4  Neuerungeu  in  der  Gasindustrie. 

gearbeitet,  welche  bereits  in  den  meisten  Fabriken,  sowohl  der  Käufer 
als  Verkäufer,  Eingang  gefunden  hat.  Die  Methode  schliefst  sich 
der  technischen  Verarbeitung  der  Masse  an,  nämlich  Umsetzen  der 
unlöslichen  Verbindungen  in  ein  einfaches  lösliches  Salz,  Reinigen 
dieses  Auszuges  und  Bestimmung  des  Ferrocyans  mit  Kupferlösung. 
Die  Versuche  des  Verfassers  richteten  sich  demgemäfs  auf  die  Haupt- 
punkte: Die  Temperatur,  bei  welcher  die  Masse  ohne  Zersetzung 
zu  trocknen  ist-,  die  quantitative  Ueberführung  der  unlöslichen  Ferro- 
cyanverbindungen  in  Lösung  unter  möglichster  Vermeidung  löslicher 
störender  StotVe;  weiter  die  Fortschaffung  der  Verunreinigungen  und 
schliefslich  auf  die  scharfe  Erkennung  des  Endpunktes  bei  der  Titration 
mit  Kupferlösang.  —  Der  Gang  der  Untersuchung  ist  nach  den  ange- 
stellten Proben  folgender:  Die  ganze  Mischprobe,  etwa  200  bis  250?, 
wird  5  bis  6  Stunden  bei  50  bis  600  C.  getrocknet,  die  trockene  Masse 
fein  gepulvert  und  durch  ein  Sieb  mit  360  Maschen  für  l^cm  gegeben. 
Nach  dem  Mischen  w^erden  lOs  abgewogen  und  in  einem  Kolben  mit 
Marke  bei  250  bis  255cc  mittels  50^^  einer  10  procentigen  Aetzkali- 
lösung  zersetzt^  dies  geht  vor  sich  entweder  in  15  Stunden  unter 
häufigem  Umschütteln  oder  in  16  Stunden  unter  Umschütteln  während 
der  ersten  und  letzten  zwei  Stunden.  Nunmehr  wird  auf  255'^'^  auf- 
gefüllt, gut  geschüttelt  und  filtrirt.  lOO^c  Filtrat  werden  in  heifse,  salzsaure 
Eisenchloridlösung  (608  Eisenchlorid  und  200^^  Salzsäure  1,19  spec.  Gew. 
im  Liter)  eingegossen  und  die  heifse  Fällung  durch  ein  Faltenfilter  rasch 
filtrirt,  das  zurückbleibende  Blau  mit  heifsem  Wasser  gut  ausgewaschen. 
Das  Filter  sammt  Niederschlag  wird  im  Becherglase  mit  20^^'  einer 
10  procentigen  Kalilösung  übergössen  und  das  Blau  so  in  Blutlaugensalz 
umgewandelt.  Filter  mit  Flüssigkeit  werden  in  einen  Mefskolben  ge- 
spült, die  Lösung  auf  250cc  aufgefüllt.  Das  Filtrat  prüft  man  mit  Nitro- 
prussidnatrium  auf  Schwefelwasserstoff';  bei  dessen  Abwesenheit  kann 
die  Flüssigkeit  direkt  nach  dem  Ansäuern  mit  Kupferlösung  titrirt 
werden,  ist  Schwefelwasserstoff'  nachgewiesen,  so  kann  derselbe  durch 
Schütteln  mit  1  bis  2s  kohlensaurem  Blei  leicht  entfernt  werden.  50 
oder  lOOcc  Filtrat,  entsprechend  0,8  bezieh.  1?,6  trockener  Masse,  werden 
nach  dem  Ansäuern  mit  2,5  oder  5cc  Schwefelsäure  1  :  5  mit  Kupfer- 
lösung titrirt.  Letztere  enthält  im  Liter  12  bis  13^  Kupfervitriol  und 
ist  auf  50'^'^  einer  Ferrocyankaliumlösung  gestellt,  welche  im  Liter  4^ 
reines  Salz  enthält.  Die  Endtitration  gibt  etwas  abweichende  Resultate, 
je  nachdem  man  auf  Papier  mit  Eisenchlorid  tuplt,  bis  keine  blaue 
Färbung  mehr  entsteht,  oder  ob  man  einen  Tropfen  Filtrat  mit  Eisen- 
chlorid prüft.  Doch  ist  die  Differenz  in  den  meisten  Fällen  nicht  be- 
deutend; wird  mit  kohlensaurem  Blei  die  Lösung  gereinigt,  so  ist  immer 
der  Filtrirtiter  zu  wählen.  In  wenigen  Fällen  kam  es  vor,  dafs  sich 
eine  erhebliche  Differenz  zwischen  Tupftiter  und  Filtrirtiter  zeigte,  in- 
dem auch  der  Endpunkt  nicht  sicher  zu  erkennen  war;  das  Filtrat  von 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  565 

Kupferuiederschlag  blieb  mit  Eisenlösung  grün  bis  grüngelb.  Durch 
mehrmaliges  Fällen  des  Kupferliltrats  vom  Tupftiter  und  abermaliges 
Titriren  wird  der  Tupftiter  höher,  der  Filtertiter  in  diesem  Falle  ge- 
rino-er,  so  dafs  die  Differenz  kleiner  wird.  Die  genannten  Störungen 
der  Titration  treten  aber  selten  auf,  nach  Ansicht  des  Verfassers  nur 
dann,  wenn  die  Masse  nicht  genügend  übersättigt  oder  nicht  gründlich 
rei^enerirt  ist.  Eine  Reihe  von  Schwefel-  und  Blaubestimmungen  in 
alten  Massen  vervollständigt  die  sehr  interessante  Arbeit.  Nach  des 
Verfassers  Ansicht  ist  der  Aufnahmefähigkeit  von  Massen  für  Cyan 
gröfsere  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  indem  dieselbe  bei  verschiedenen 
Massen  sehr  wechselt  und  denselben  ganz  verschiedenen  Werth  ver- 
leihen kann  (Journal  für  Gasbeleuchtung^  1889  Bd.  32  S.  450). 

Ueber  Untersuchung  gebrauchter  Gasreinigungsmasse-^  von  C.  Molden- 
hauer  und  W.  Leybold.  Die  ausgebrauchte  Reinigungsmasse  enthält 
etwa  folgende  Bestandtheile:  Schwefel  und  Schwefeleisen,  etwas  re- 
generirtes  Eisenoxydhvdrat,  Rhodanammonium,  Rhodaneisen,  Ferro- 
cyanverbindungen  mit  Eisen  und  Ammoniak  in  wechselnder  Menge  als 
Basis,  häufig  schwefelsaures  und  kohlensaures  Ammoniak,  Theersub- 
stanzen,  meist  auch  Auflockerungsmaterial  in  Form  von  Sägespänen, 
Torf,  Spreu,  Reishülsen,  Gerberlohe  u.  dgl.^  an  hygroskopischem  Wasser 
sind  gegen  30  Proc.  vorhanden.  Eine  Masse  wird  als  „ausgebraucht'^ 
bezeichnet,  wenn  die  ausgeschiedene  Schwefelmenge  bei  der  Regenerirung 
den  Zutritt  der  Luft  verhindert,  so  dafs  die  Oxydation  des  gebildeten 
Eisensulfürs  zu  Oxydhydrat  nicht  mehr  genügend  stattfinden  kann  und 
schliefslich  ganz  zum  Stillstande  gelangt.  Dies  tritt  in  der  Regel  ein, 
wenn  die  Masse  30  bis  45  Proc.  Schwefel  aufgenommen  hat^  Deicke'sche 
Masse,  welche  nach  der  Ausnützung  mit  Eisenspänen  unter  Kochen 
oder  Erhitzen  in  Haufen  wieder  gebrauchsfähig  gemacht  wird,  kann 
sogar  65  Proc.  Schwefel  enthalten.  Mit  dem  Gehalte  an  Schwefel 
nehmen  auch  die  Cyanverbindungen  zu,  welche  sich  zum  Theil  als 
Ferrocyan-,  zum  Theil  als  Schwefeleyansalze  ablagern.  Beide  bilden 
sich  erst  in  der  Masse  aus  Cyanwasserstoff,  der  im  gewaschenen  Gase 
frei  auftritt.  Zur  Zeit  wird  die  alte  Masse  meist  nach  ihrem  Ferro- 
cy angehalte  verkauft,  während  Schwefel,  Rhodan,  Ammoniak  unberück- 
sichtigt bleiben.  Der  Gehalt  wird  zumeist  in  Procenten  trockenes 
Berlinerblau  (Fe^Cyjg),  oder  in  Procenten  krystallisirtes  gelbes  Blut- 
laugensalz angegeben.  Die  Bestimmung  geschieht  bisher  in  den  meisten 
Fabriken  nach  Knubtauch  i  durch  Titration  mit  Kupferlösung  nach 
Reinigung  der  Ferrocyanlösung.  Da  die  Titration  hier  manchmal  zu 
Ende  versagt,  so  wenden  die  Verfasser  zum  Titriren  Chamäleon  au 
nach  Entfernung  aller  organischen  Substanzen.  Reines  Blutlaugensalz 
wird  nach  de  Eaen'^  einfach   mit  Chamäleon  titrirt-    zerstört  man  das- 

1  Siehe  D.  p.  J.,  1888  267  323. 

2  Posf,  Chemisch-technische  Analyse^  1888   S.  166. 


566  Neuerungen  in  der  Gasiudustrie. 

selbe  durch  AlxJampfen  mit  Schwefelsäure,  so  bleibt  Eisensulfat  zu- 
rück, das  reducirt  beim  Titriren  dieselbe  Menge  Chamäleon  verbraucht 
wie  das  entsprechende  Quantum  Blutlaugeusalz. 

Diese  Methode  auf  alte  Reiniguugsmasse  angewandt,  gestaltet  sich 
das  Verfahren  wie  folgt:  Die  Masse  wird  mit  Aetznatron  und  etwas 
Soda  zerlegt,  ein  Theil  der  filtrirten  Lösung  abgedampft,  mit  Schwefel- 
säure zerlegt  und  die  organische  Substanz  durch  Glühen  entfernt.  Der 
Rückstand,  bestehend  aus  schwefelsaurem  Eisenoxyd  und  saurem  Natrium- 
sulfat,  wird  in  Schwefelsäure  gelöst,  mit  Zink  in  der  Wärme  reducirt, 
das  Oxydulsalz  mit  Chamäleon  titrirt.  Erforderlich  ist  zu  dem  Ver- 
fahren: lOprocentige  Natronlauge  mit  2  Proc.  wasserfreier  Soda,  reine 
Schwefelsäiire  1  :  10  (Vol.)  mit  Wasser  verdünnt,  reines  eisenfreies  Zink, 
ferner  eine  Lösung  von  übermangansaurem  Kali.  12^,5  krystallisirtes 
Salz  wird  zu  2'  gelöst,  lOO^c  davon  mit  700cc  destillirtem  Wasser  ver- 
setzt; die  Lösung  wird  auf  Eisen  eingestellt,  l'^'^  entspricht  etwa  l'^s,o2 
Eisen  =  lOmfe'  ßlutlaugensalz  =  1^^,78  Fe^Cy,«  Berlinerblau. 

Die  Ausführung  der  Bestimmung  des  Berlinerblau  in  alter  Masse 
geschieht  wie  folgt: 

Von  der  Masse  wird  ein  Theil  im  eisernen  Mörser  rasch  zerstofseu, 
mit  dem  Löflfel  gemischt  und  davon  508  in  einem  Beehergläschen  auf  der 
Centigrammwage  abgewogen.  Die  abgewogene  Menge  bringt  man  in 
einen  Literkolben  und  fügt  100^*^  der  angegebenen  Lösung  von  10  Proc. 
Aetznatron  und  2  Proc.  calcinirter  Soda  hinzu;  bei  Massen,  welche  nicht 
über  3  bis  4  Proc.  Blau  enthalten,  genügt  6  Proc.  Aetznatron  nebst 
2  Proc.  Soda  in  der  Lösung. 

Den  Literkolben  stellt  man  4  bis  5  Stunden  auf  ein  warmes  Sand- 
bad oder  auf  einen  warmen  Ofen;  nach  dieser  Zeit  ist  die  Zersetzung 
sicher  vorgegangen  und  es  kann  nun  mit  destillirtem  Wasser  auf  1030'-^^ 
aufgefüllt  werden,  wozu  man  am  Hals  des  Kolbens  eine  Marke  ange- 
bracht hat.  Mit  den  üblichen  Massen  angestellte  Versuche  ergaben, 
dafs  der  Rückstand  von  50g  bei  dieser  Zersetzung  im  Mittel  SO^c  Volumen 
besitzt  mit  nur  geringen  Abweichungen,  welche  bei  dem  grofsen  Volumen 
nicht  in  Betracht  kommen.  Nach  gründlichem  Schütteln  wird  tiltrirt, 
vom  Filtrat  lOOc^^  in  einer  Porzellanschale  auf  etwa  lO^c  abgedampft, 
wobei  der  Ammoniakgehalt  sich  verflüchtigt.  Der  Rest  wird  in  eine 
Platinschale  gespült  und  langsam  25''^'  Schwefelsäure  1  :  10  zugegeben, 
wobei  starkes  Aufbrausen  zu  verhüten  ist.  Man  dampft  auf  dem  Sand- 
bade vollständig  ab,  bis  die  Schwefelsäure  abgeraucht  ist  und  glüht 
zuletzt  über  ofl'ener  Flamme.  Es  bleibt  eine  gelbe  geschmolzene  Salz- 
masse von  Eisenoxydsulfat  und  saurem  Natriumsulfat  zurück,  die  voll- 
ständig frei  von  organischer  Substanz  ist.  Nach  dem  Erkalten  wird 
dieselbe  unter  Erwärmen  in  lOO»^^»^^  Schwefelsäure  1  :  10  gelöst,  zuerst  in 
einem  Theile  der  Säure  unter  Nachspülen  mit  dem  Reste  und  noch- 
maligem Ausspülen  mit  50cc  warmem  Wasser.    Die  ganze  Lösung  bringt 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  567 

man  in  einen  etwa  1,4'  fassenden  Kolben  und  fügt  10s  chemisch  reines 
Zink  sowie  1^*^  einer  Lösung  von  reinem  Kupfervitriol  1 :  10  hinzu, 
welch  letztere  die  Reduction  wesentlich  beschleunigt.  Nach  ungefähr 
3  Stunden  dauerndem  Erwärmen  auf  dem  Wasserbade  ist  das  Eisen- 
oxydsalz vollständig  reducirt;  in  einem  Tropfen,  welcher  auf  Porzellan 
mit  einem  Tropfen  Rhodankalium  zusammengebracht  wird,  darf  keine 
rothe  Färbung  mehr  entstehen. 

Die  Lösung  wird  nach  vollendeter  Reduction  kalt  filtrirt,  um  das 
ausgeschiedene  Kupfer  zurückzuhalten.  Man  braucht  nicht  Sorge  zu 
tragen,  dafs  sich  hierbei  wieder  Oxydsalz  bilde,  da  eine  stark  saure 
Eisenoxydullösuug  sich  nicht  rasch  verändert,  selbst  nicht  nach  mehreren 
Tagen.  Xach  dem  Ausspülen  und  Verdünnen  des  Filtrats  auf  0',4  titrirt 
man  aus  der  Bürette  mit  Glashahn  oder  besser  aus  der  Gay-Lussac  scheu 
Bürette,  bis  zur  schwachen  Rothfärbung.  Ein  blinder  Versuch  mit 
10-  Zink,  derselben  Menge  Säure,  Wasser  und  Kupfervitriol,  ergab  einen 
Verbrauch  von  0^*^,4  Chamäleonlösung,  um  dieselbe  Farbe  zu  erlangen, 
welche  also  von  dem  verbrauchten  Volumen  abgezogen  werden  müssen. 
Der  Rest  X 10  ergibt  die  Cubikcentimeter  Chamäleon  auf  den  Liter 
Lösung,  und  X2  auf  100?  alte  Masse.  Durch  Multiplication  mit  dem 
Coefficienten  der  Chamäleonlösung  für  Blau  erhält  man  direkt  Procente 
trockenes  Berlinerblau,  FeXy^s  {Journal  für  Gasbeleuchtung^  1889  Bd.  32 
S.  155). 

Gewinnung  des  Sulfo-  und  Ferrocyans  aus  gebrauchten  Gasreinigungs- 
massen: von  J.  V.  Esop.  Verfasser  untersuchte  verschiedene  Gasreinigungs- 
massen^und  fand  darin  0,85  bis  4,06  Proc.  SchwefelcyanwasserstofF  (als 
Eisen-jund  Ammoniaksalz),  3,51  bis  9,03  Proc.  krystallisirtes  Blutlaugen- 
salz an  Ferrocyanverbindungen ,  1,03  bis  2,42  Proc.  Ammoniak.  Das 
Sulfocyan  ist  in  Wasser  löslich,  Ferrocyan  nur  in  Alkalien:  es  erscheint 
also  von  Wichtigkeit,  die  Auslaugung  möglichst  vollständig  vorzunehmen 
und  bei  den  geringen  Mengen  der  zu  lösenden  Stoffe  doch  möglichst 
ooncentrirte  Laugen  und  wenig  Waschwasser  zu  erhalten.  Auslauge- 
versuche mit  einem  Systeme  Shank'scher  Kästen,  wie  sie  in  der  Leblanc- 
Sodafabrikation  verwendet  werden,  ergeben  keine  günstigen  Resultate, 
indem  man  sehr  grofser  Gefäfse  bedarf  und  bei  der  grofsen  Wasser- 
menge zur  Ausfüllung  des  Porenvolumens  der  Masse  dünne  Laugen  er- 
hielt. Es  wurden  nunmehr  die  Massen  in  Rührwerken  mit  Wasser 
digerirt,  dann  abgeprefst:  die  erhaltene  Lauge  ist  sehr  concentrirt,  die 
Behandlung  geht  schnell  vor  sich  und  in  den  Rückständen  verbleiben 
nur  sehr  geringe  Menoen  Rhodan.  Die  Auslaugung  geschieht  heifs  oder 
nur  warm  mit  gleichem  Erfolge;  dagegen  mufs  zur  Auslaugung  des 
Ferrocyans  mit  alkalischer  Lauge  bestimmte  Temperatur  eingehalten 
werden;  bei  zu  niedriger  Temperatur  erzielt  man  nur  unvollständige 
Erschöpfung,  bei  zu  hoher  entstehen  Schwefelverbiudungen  und  dadurch 
aus  Ferrocyan  Schwefelcyansalze.   Aetzkalk  ist  am  billigsten,  doch  mufs 


568  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

man  mit  grofsem  üeberschusse  arbeiten.  Aetznatron  wirkt  sehr  energisch, 
ist  aber  theuer,  da  auf  den  Gehalt  an  Blutlaugensalz  in  der  Masse 
80  Proe.  Aetznatron  verwendet  werden  mufs,  bei  sehr  lange  gelagerten 
Massen  sogar  100  Proe. 

Nach  dem  Patente  Kunheim  und  Comp,  wird  die  fein  gemahlene, 
mit  Wasser  erschöpfte  Masse  mit  Kalkpulver  in  geschlossenen  Gefäfsen 
erhitzt  und  dadurch  Ammoniak  frei  gemacht.  Bei  folgendem  Auslaugen 
mit  Wasser  geht  Ferrocyan  in  Lösung,  doch  nicht  vollständig.  Ver- 
fasser stellte  nun  Versuche  an  mit  Schwefelnalvium,  ferner  mit  Soda 
und  Kalk,  schliefblich  mit  Natriunisulfat  und  Aetzkalk  und  erzielte  mit 
letzterem  sehr  gute  Resultate,  welche  sogleich  im  Grofsbetriebe  ein- 
geführt wurden.  Nach  Ansicht  des  Verfassers  wird  durch  den  Aetz- 
kalk ein  Theil  des  Ammoniaks  frei  und  dies  bewirkt  die  Umsetzung 
des  Natronsulfats  und  Aetzkalks  zu  Aetznatron  und  schwefelsaurem 
Kalk,  welcher  Vorgang  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  nicht  vor  sich 
geht.  Bei  normalen,  ausgebrauchten  Massen  that  Kochsalz  und  Kalk 
denselben  Dienst,  jedoch  nicht  bei  länger  gelagerten  Massen.  Durch- 
schnittlich wurde  so  viel  Natronsulfat  verbraucht,  als  Blutlaugensalz  aus 
der  Masse  zu  erzielen  ist,  aber  mehr  Kalk,  als  der  Rechnung  zur  Zer- 
setzung entspricht. 

Behufs  rascher  Auslaugung  wurden  unter  erhöhtem  Kalkzusatz 
Rhodan  und  Ferrocyan  gleichzeitig  gelöst,  die  Lauge  angesäuert  und 
durch  fractionirte  Fällung  Berlinerblau  ausgeschieden.  Bei  dieser  Art 
des  Auslaugens  wurde  mehr  Rhodan  erzielt  als  bei  einfachem  Lösen 
in  Wasser.  Rhodan  ist  demnach  zum  Theil  in  wasserunlöslicher  Form 
vorhanden.  So  wurden  z.  B.  bei  folgenden  Massen  erhalten  Rhodan, 
als  Procent  Rhodan  Wasserstoff  berechnet: 

gelöst  mit  1)  Wasser     2)  Alkali 

Masse  aus  iMainz     .     .     3,56     .     .     5.98  Proe.  HCNS 

„         „     Zürich   .     .     2,56     .     .     2,85       „  „ 

„         „     Hanau    .     .     3,72     .     .     4,40       „  „ 

„         „     Pforzheim  .     3,56     .     .     5,98       „  „ 

Bei  nicht  genügender  Vorsicht  gehen  Polysulfurete  in  Lösung,  welche 
die  Verarbeitung  sehr  stören.  Die  ganze  Verarbeitung  geschieht  im 
stehenden  schmiedeeisernen  Kessel  mit  Rührwerk  mit  Einblasen  von 
Dampf.  Eine  Luftpumpe  saugt  die  Luft  ab  und  drückt  dieselbe  mit 
dem  frei  werdenden  Ammoniak  in  ein  Säuregefäfs.  Der  gesammte  In- 
halt wird  nach  mehrstündiger  Arbeit  in  ein  Klärbassin  gedrückt,  die 
klare  Flüssigkeit  verarbeitet,  der  Satz  abgeprefst  und  naehgewaschen, 
wobei  die  Waschwasser  für  neue  Quantitäten  Masse  zum  Auslaugen 
dienen  (Zeitschrift  für  angewandte  Chemie,  1889  S.  305). 

Verfahren  und  Apparate  zur  Reinigung  des  Leucht-  oder  Kohlengases  von 
seinen  Schwefelverbindungen-  von  C.  Estcouri  in  Manchester,  H.  Veeven 
in  The  Lakes,  Duckinfield,  Chester  und  i»/.  Schwab  in  Manchester  (D.K.P. 
Kl.  26  Nr.  45948  vom  16.  September  1887).    Um  Kohlengas  von  seinen 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 


569 


Schwefelverbindungen  zu  reinigen  und  gleichzeitig  den  Schwefel  daraus 
zu  gewinnen,  wird  das  Gas  der  Einwirkung  von  schwefliger  Säure  in 
Lösung    oder    in    gasförmigem    Zustande    und    von    einer    Lösung    von 


Chloriden,  Sulfaten  oder  Carbonaten  der  Alkalien  oder  alkalischen  Erden 
ausgesetzt.  Dadurch  werden  die  im  Gas  enthaltenen  Schwefelverbin- 
dungen zersetzt  und  der  Schwefel  wird  gefällt.  —  Zur  Durchführung 
dieses  Verfahrens  wird  ein  Apparat  angewendet,  der  aus  einer  Reihe 
von  Behältern  J,  5,  C,  D  mit  Scrubber  S  besteht.  Die  zum  Ent- 
schwefeln dienende  Chlorcalciumlösung  befindet  sich  im  Behälter  A^ 
circulirt  von  hier  aus  durch  B^  C  und  den  Scrubber  S  in  den  Behälter  D 
und  dann  durch  ein  Speiserohr  in  den  durch  Wände  in  eine  beliebige 
Anzahl  von  Kammern  getheilten,  geschlossenen  Kessel  £,  von  wo  sie 
durch  ein  Abflufsrohr  in  den  ersten  Behälter  zurückkehrt. 

Die  nöthige  schweflige  Säure  wird  der  Chlorcalciumlösung  während 
der  Circulation  zugeführt.  Dieselbe,  in  einem  Ofen  G  durch  Verbrennen 
von  Schwefel  entwickelt,  steigt  durch  das  Rohr  g  in  ein  Schlangen- 
rohr, welches  sich  in  der  circulirenden  Lösung  im  Behälter  C  befindet, 
und  wird  hier  von  der  durch  die  Brause  gehenden  Flüssigkeit  aufge- 
nommen. Die  schweflige  Säure  enthaltende  Lösung  geht  in  den  Kessel  £", 
in  welchem  sich  Holzkugeln  F  drehen,  und  kommt  hier  in  innigen  Con- 
tact  mit  dem  zu  reinigenden  Gas,  wodurch  dasselbe  gewaschen  und  der 
darin  befindliche  Schwefel  am  Boden  der  Kammern  des  Kessels  E  nieder- 
geschlagen wird. 

(Die  Idee  des  Verfahrens  ist  eine  sehr  gute,  indem  sowohl  Schwefel- 
wasserstoff als  auch  Schwefelkohlenstoff'  durch  schweflige  Säure  um- 
gesetzt worden  unter  Auscheidung  von  freiem  Schwefel.  Statt  des  Ver- 
brennens  von  Schwefel  wird  wohl  die  flüssige  schweflige  Säure  des 
Handels  mit  Vortheil  dienen  können.  Das  Verfahren  bedarf  aber  einer 
sorgfältigen  Ueberwachung;  die  schweflige  Säure  soll  etwas  im  Ueber- 
schusse  vorhanden  sein,  welche  wieder  herausgenommen  werden  mufs. 


570  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

Ferner  ist  eine  eigene  Cyanreiuigung  nöthig,  indem  der  Cyanwasser- 
stoH"  des  Rohgases  durch  schwei'lige  Säure  wie  durch  den  Scrubber 
nicht  herausgenommen  wird.  Anstände  wird  auch  das  Material  der 
Api)arate  bieten,  indem  Eisen  von  schwefliger  Säure  augegrillen  wird.) 

Neue  Form  der  Pentanlampe-^  von  A.  Vernon  Uarcourl.  Zu  sehr  ge- 
nauen photometrischen  Messungen  wird  in  England  manchmal  HarcourCa 
Pentantlamme  angewandt,  eine  Einlochflamme,  welche  ein  Gemenge  von 
Pentandampf  mit  Luft  verbrennt.  Dieselbe  zeichnet  sich  nach  Dibdinn 
Verfahren.durch  aufserordentliche  Gleichmäfsigkeit  und  Genauigkeit  aus, 
indem  von  100  Versuchen  98  Proc.  keinen  gröfseren  Fehler  als  2  Proc. 
aufwiesen.  Doch  ist  der  Apparat  complicirt,  nur  mit  Vorsicht  zu  hand- 
haben und  schwierig  zu  transportireu.  Barcourt  construirte  nun  eine 
neue,  einfachere  Lampe,  welche  Pentandampf  allein  verbrennt.  Die- 
selbe ist  einer  gewöhnlichen  Spirituslampe  ähnlich,  mit  einem  Metall- 
cylinder  darüber  stehend,  ohne  Glascylinder.  Der  Metallcylinder  er- 
zeugt einen  Zug  nach  aufwärts  und  dadurch  der  Flamme  etwas  gröfsere 
Steiligkeit;  auch  erhöht  er  die  Verbrennungstemperatur  etwas  und  er- 
zeugt damit  eine  mehr  weifse  Flammenfärbuug.  Der  Docht  im  Ver- 
breunungsröhrchen  ist  dazu  da,  das  Pentan  in  die  Höhe  zu  saugen; 
indessen  brennt  die  Flamme  50  bis  75°i°i  über  dem  Dochtende.  Die 
absteigende  Wärme  verdampft  das  Pentan  und  führt  es  der  Flamme  zu. 
Das  Dochtröhrchen  steckt  in  einem  weiteren  Röhrchen,  welches  die 
Temperatur  des  ersteren  gleichmäfsig  erhält.  Beide  stecken  in  einem 
weiteren  Rohre,  welches  sich  nach  oben  verengt.  Der  auf  die  Flamme 
gesetzte  Kamin  erweitert  sich  oben  5  unten  ist  er  mit  Bändern  auf  die 
Dochtrohre  aufgesetzt.  Der  Kamin  ist  verstellbar  und  so  die  Entfernung 
zwischen  den  zwei  Rohren  zu  verändern.  Zwischen  den  Rohrstückon 
ist  die  Flamme  sichtbar,   und   zwar   immer  dieselbe   eingestellte  Höhe. 

Um  die  Normalflamme  in  Gebrauch  zu  nehmen,  dreht  man  das 
weite  Rohr  hinweg  und  erwärmt  das  Dochtröhrchen  mit  der  Hand;  es 
lassen  sich  dann  die  Pentaudämpfe  oben  entzünden.  Das  Rohr  mit  dem 
Kamine  wird  wieder  aufgesetzt,  der  Docht  etwas  in  die  Höhe  geschraubt. 
Dann  steigt  die  Flamme  zum  Theil  in  den  Kamin  hineiu  und  ist  zwischen 
dem  oberen  und  unteren  Rand  der  Rohre  sichtbar.  Dies  ist  der  Theil 
der  Flamme,  welcher  als  Normalmafs  dient:  ändert  sich  auch  die  Höhe 
der  Flamme  etwas,  so  bleibt  doch  die  Helligkeit  des  mittleren  Flammen- 
stücks fast  unverändert.  Harcourt  stellt  Versuche  an,  um  den  hellsten 
Theil  der  Flamme  so  heraus  zu  schneiden;  dann  stellte  er  die  Höhe 
des  Flammenausschnitts  fest,  dessen  Lichtstärke  1,  !•■.,  und  1.^  engl-  Kerze 
entspricht.  Dazwischen  liegende  Helligkeiten  lassen  sich  durch  Ein- 
stelleu auf  cingravirte  Masse  leiclit  herstellen.  Die  Aeuderuug  der  ge- 
sammten  Flammeuhöhe  lassen  sich  durch  zwei  schmale  Schlitze  von 
\Qam\  Höhe  im  Kamin  controliren.  Innerhalb  dieser  Gröfse  darf  die 
Flammenliöhe  schwanken,  ohne  dafs  eine  Aenderung  in  der  Helligkeit 


Jahne,  über  Koksschmelzen.  571 

des  Ausschnittes  entstände.  Diese  Schwankungen  der  Flammenhöhe 
sind  aber  nach  10  Minuten  dauerndem  Brennen  sehr  gering,  sobald  also 
die  Rohre  eine  gleichmäfsige  Temperatur  erlangt  haben.  Das  ganze 
Instrument  steht  bequem  auf  3  Stellschrauben;  die  Ueberwachung  der 
Flammeuhöhe  ist  erleichtert  durch  ein  Stückchen  Spiegel,  in  welchem 
der  Beobachter  dieselbe  stets  sieht.  Die  Farbe  des  Lichts  ist  weifs, 
wie  die  der  früheren  Pentanflamme  (^Journal  of  Gaslighting^  1888  Bd.  51 
S.   371).  W.  Leybold. 

lieber  Koksschmelzen;  von  Ludwig  Jahne  in  Petrowitz. 

Eine  Reihe  von  Erfindungen  in  der  Sodaerzeugung  beziehen  sich 
darauf,  den  Eisengehalt  der  Soda  zu  verringern,  wozu  man  bekanntlich 
oft  recht  kostspielige  und  umständliche  Vorrichtungen  anwendet  oder 
nach  Verfahren  arbeitet,  welche  eine  sorgfältige  Beobachtung  vieler 
Einzelnheiten  erfordern.  Das  Eisen  der  Soda  entstammt  verschiedenen 
Quellen,  eine  der  mächtigsten  davon  ist  die  Abnützung  der  eisernen 
Handwerkszeuge  bei  Handöfen,  insbesondere  wenn  stark  stickstoff'haltige 
Kohlen  zur  Mischung  genommen  werden.  Da  die  Bedingungen  zur 
Bildung  von  Ferrocyanalkalien  gegeben  sind,  so  löst  sich  das  Eisen  in 
der  Schmelze  geradezu  auf,  wie  jeder  Sodachemiker  leider  an  der 
raschen  Abnützung  der  Krücken,  Spateln  u.  s.  w.  erfährt.  Es  ist  nun 
naheliegend,  einen  stickstofffreien  Rohstoff' zur  Schmeizmischung  zu  suchen, 
bei  dessen  Anwendung  die  erwähnte  Ursache  der  Eisenaufnahme  weg- 
fällt. Ein  solcher  Rohstotr  ist  im  Koks  gegeben,  und  wenn  als  Grund 
gegen  seine  allgemeine  diesbezügliche  Verwendung  der  hohe  Preis  des- 
selben angeführt  wird,  so  mufs  bemerkt  werden,  dafs  bei  Kokswerken 
auch  ein  Abfallkoks  zu  billigem  Preise  zu  haben  ist. 

Koksschmelzen  zu  machen  wurde  schon  an  verschiedenen  Orten 
versucht,  und  es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  dafs  dieselben  frei  von 
Cyan  sind  und  demnach  in  salzsaurer  Lösung  mit  Eisenvitriol  keine 
Spur  einer  blauen  Färbung  geben.  Im  Nachstehenden  will  ich  einiges 
von  eigenen  Erfahrungen  mittheilen,  die  ich  mit  Koksschmelzeu  zu 
machen  Gelegenheit  hatte. 

Es  wurde  zunächst  in  den  gewöhnlichen,  hier  üblichen  Mischungs- 
verhältnissen die  Kohle  durch  Koks  ersetzt  und  wie  sonst  im  Ofen  ge- 
arbeitet. Die  Masse  wurde  erst  nach  längerer  Zeit,  dann  aber  sehr 
rasch  dünnflüssig,  beim  Ziehen  fand  im  Wagen  noch  eine  heftige 
Bewegung  statt  und  nach  dem  Erkalten  und  Erstarren  war  die  Schmelze 
sehr  blasig.  Sie  zeigte  am  Rande  eine  gelbliche,  innen  eine  graue 
Farbe,  unzersetzter  Kalkstein  war  deutlich  sichtbar  und  bei  der  Unter- 
suchung ergab  sich  eine  Alkalität  weit  unter  der  gewöhnlichen  statt- 
haften Grenze.  Die  Schmelze  war  also  roh,  unfertig,  was  auch  die  vor- 
handene bedeutende  Menge  von  Glaubersalz  bewies. 


572  Jahne,  über  Koksschmelzen. 

Nun  wurde  eine  Schmelze  versucht,  deren  Koksmenge  um  3'^  der 
gewöhnliehen  Kühlenmenge  erhöht  war,  im  Uebrigen  aber  gleich  ge- 
arbeitet. Die  Untersuchung  ergab  denselben  ungünstigen  Befund,  die 
Vermehrung  des  Koks  hatte  also  nichts  genützt. 

Eine  dritte  Schmelze,  wieder  mit  einer  Vermehrung  von  -'^  an 
Koks,  liefs  man  nun  länger  als  gewöhnlich  im  Ofen.  Jetzt  zeigten  sich 
nur  noch  einzelne  unzersetzte  Kalkstücke,  die  Alkalität  stieg,  blieb  aber 
doch  noch  unter  dem  Erlaubten.  Bei  einer  Wiederholung  des  Versuches 
mit  der  gleichen  Mischung  blieb  die  Schmelze  etwa  1 3  über  die  übliche 
Zeit  im  Ofen  und  nun  zeigte  sich  kein  unzersetzter  Kalkstein  mehr  und 
die  Alkalität  gab  eine  günstige  Zahl. 

Das  späte  Eintreten  der  Verschmelzung  brachte  auf  den  Gedanken, 
durch  weitere  Zerkleinerung  den  chemischen  Vorgang  zu  beschleunigen. 
Es  wurde  nun  der  Koks  gemahlen  und  der  Kalk  gesiebt,  also  in  Pulver- 
form angewendet.  Das  Ergebnifs  war  ein  günstiges.  Beim  nächsten 
Versuch  mit  verfeinerten  Mischungsbestandtheilen  wurde  nur  ^j^  mehr 
an  Koks  gegeben,  die  Schmelze  aber  um  die  Hälfte  länger  als  sonst 
im  Ofen  gelassen.  Diesmal  zeigte  die  Alkalität  das  Höchste  durch 
Handbetrieb  Erreichbare.  Weitere  Schmelzen,  in  dieser  Art  behandelt, 
gaben  gleich  günstige  Zahlen,  auch  als  wieder  grober  Kalkstein  und 
nur  gemahlener  Koks  angewendet  wurde.  In  der  Folge  versuchte  man 
auch  Schmelzen  mit  gewöhnlichem  ungem.ahlenen  Koks  und  längerer 
Schmelzdauer,  erhielt  aber  dabei  nur  gerade  die  gestattete  Alkalität 
und  nichts  darüber. 

Aus  diesen  Versuchen,  die  in  gröfserer  Zahl  fortgesetzt  wurden, 
ergab  sich,  dafs  es  zur  Erzeugung  guter  Koksschmelzen  weniger  auf 
eine  Vermehrung  des  Koksgehaltes  der  Mischung  oder  den  Feinheits- 
grad derselben,  als  auf  die  Länge  der  Zeit  beim  Schmelzen  ankommt, 
welche  bei  geeignetem  Bau  der  Oefen  wohl  auch  durch  eine  stärkere 
Hitze  ersetzt  werden  kann.  Die  Behandlung  der  Koksschmelzen  im 
Ofen  erfordert  aber  eine  gewisse  Schulung,  denn  es  zeigte  sich,  dafs 
auch  tüchtige  Arbeiter  bei  Einhaltung  der  erkannten  richtigen  Verhält- 
nisse doch  erst  nach  einigen  Versuchen  eine  gute  hochgradige  Schmelze 
zu  Stande  brachten.  Diese  meine  Erfahrungen  stimmen  auch  mit  denen 
anderer  Fachgenossen  überein,  soweit  ich  mir  Kenntnifs  davon  ver- 
schaffen konnte. 

Ein  Ueberschufs  an  Koks  bei  der  Schmelze  dürfte  nothwendig  sein, 
weil  dessen  KohlenstofI"  jedenfalls  schwieriger  auf  die  Zersetzung  ein- 
wirkt als  jener  der  Kohle.  Diese  Einwirkung  beginnt  auch  erst  zu 
einer  Zeit,  wenn  die  Schmelzmischung  schon  ziemlich  heifs  ist  und 
darum  erfolgt  die  Zersetzung  jetzt  rasch,  wodurch  sich  wohl  das  schnelle 
Flüssigwerden  der  Masse  erklärt.  Von  den  sonstigen  Eigenschaften  der 
Koksschmelzen  sei  erwähnt,  dafs  sich  diese  meist  schon  beim  äufseren 
Ansehen  von  Kohlenschmelzen  unterscheiden;   sie  sind   lichter  als  letz- 


Jahne,  über  Koksschmelzen.  573 

tere  und  zeigen  oft  eine  röthliche  Farbe,  ohne  dafs  sie  dabei  als  y,yeY- 
brannf-'  bezeichnet  werden  können.  Sehr  leicht  kommt  es  bei  ihrem 
Erstarren  vor,  dafs  sich  Krusten  schalig  absondern,  welche  dann  stets 
eine  niedere  Alkalität  aufweisen.  Die  Causticität  der  Schmelze  fand 
ich  durchschnittlich  um  1/4  bis  i/g  geringer  als  bei  Kohlenschmelzen. 
Die  Lösung  derselben  war  bald  hellgelblich,  bald  dunkelbraungrün,  ohne 
dafs  ich  einen  Zusammenhang  mit  der  Höhe  der  Alkalität  nachweisen 
konnte.  Schwefeluatrium  war  nur  in  Schmelzen  von  höchster  Alkalität, 
also  über  97^*,  nachzuweisen,  wobei  man  die  Alkalität  in  der  Art  ver- 
mittelte, dafs  eine  Lösung  der  Schmelze  eingedampft,  calcinirt  und  der 
nun  bleibende  Rückstand  zur  Bestimmung  verwendet  wurde.  Selbst- 
verständlich enthielt  keine  der  Schmelzen  Cyan. 

Um  den  Gesammteisengehalt  festzustellen,  führte  ich  mehrere  Unter- 
suchungen aus  und  fand  dabei: 

Eisen  in  der  gesammten  Koksschmelze  .     .     .     0,600  Proc. 

Eisen  im  Löslichen  der  Koksschmelze    .     .     .     0,016       „ 

Vergleicht  man  damit  den  Eisengehalt  hochgradiger  Kohlenschmelzen, 
die  sonst  aus  denselben  Rohstoffen  dargestellt  waren,  so  ergibt  sich : 
Eisen  in  der  gesammten  Kohlenschmelze   .     .     0,360  Proc. 
Eisen  im  Löslichen  der  Kohlenschmelze     .     .     0,029       „ 

Mithin  zeigt  sich,  dafs  die  Koksschmelze  im  Ganzen  bedeutend  mehr 
Eisen  enthält  als  die  Kohlenschmelze,  nur  im  Löslichen  vermindert  es 
sich  auf  die  Hälfte  und  darauf  kommt  es  bei  der  Sodaerzeugung  wohl 
nur  an.  Der  Mehrgehalt  an  Eisen  im  Unlöslichen  der  Koksschmelze 
erklärt  sich  zum  Theil  aus  dem  gröfseren  Eisengehalte  des  Koks,  -wie 
nachstehende  Zahlen  deutlich  zeigen: 

Trockene  Karwiner  Kohle  enthält  im  Mittel     0,6  Proc.  Eisen 
Trockener  Koks  rund 0,9      „  „ 

mithin  die  anderthalbfache  Menge  von  der  Kohle.  Wie  weiter  unten 
zu  ersehen,  wurde  bei  Anwendung  eines  guten  Koks  zur  Schmelze, 
statt  der  eingangs  erwähnten  Abfälle  der  Eisengehalt  des  Löslichen  be- 
deutend niederer  gefunden. 

Durch  Carbonisiren  und  vorhergegangene  Oxydation  der  Rohlauge 
mit  Luft  wird  bekanntlich  das  in  Form  von  Ferrocyannatrium  vor- 
handene Eisen  nicht  ausgeschieden.  Es  blieb  nun  wissenswerth ,  das 
Verhalten  der  Laugen  von  Koksschmelzen  beim  Carbonisiren  zu  beob- 
achten, die  doch  frei  von  Cyanverbindungen  waren.  Ein  Versuch  im 
Laboratorium,  mit  einer  kleinen  Menge  ausgeführt,  ergab  nachstehende 
Zahlen,  und  zwar  beziehen  sich  diese  auf  Schmelze,  die  mit  gutem 
Koks  gemacht  wurde. 

Eisen  im  Löslichen  der  Koksschmelze  .     .     .     0,0036  Proc. 
Eisen  in  der  Fällung  vom  Carbonisiren    .     ,     0,0034       „ 
Eisen  in  der  carbonisirten  Lauge     ....     0,0002  Proc. 
(Alle  Zahlen  berechnet  auf  ursprüngliche  Schmelze.) 

Nach  dieser  Erfahrung  wäre  man  also  durch  Oxydation  und  Carboni- 


574  Kleinere  Mittheilungen. 

siren  der  Rohlaugen  in  der  Lage  von  Koksschmelzen  fast  eisenfreie 
Lösungen  und  mithin  auch  sehr  eisenarrne  Soda  zu  erhalten,  da  sich 
beim  ferneren  Verkochen  der  Laugen  doch  nur  wenig  Eisen  von  den 
Pfannen  und  Werkzeugen  löst.  Der  allgemeinen  Einführung  des  Koks 
als  Rohstoff  zur  Sodamischung  steht  wohl  sein  höherer  Preis,  als  auch 
die  Vermehrung  der  Arbeitskosten  entgegen,  da  in  Folge  der  längeren 
Schmelzdauer  während  derselben  Zeit  weniger  Schmelzen  erzeugt  werden 
können,  als  bei  Anwendung  von  Kohle,  es  sei  denn,  dafs  die  Schmelz- 
öfen entsprechend  umgestaltet  werden. 


Rauchverzehrender  Drehrost. 

Dieser  von  L.  Hopcraft  angegebene  Rost  (Fig.  11  und  12  Taf.  28)  soll 
nach  Revue  industrielle  vom  25.  Mai  1889  bei  äufserst  sparsamem  Brennmaterial- 
verbrauch die  Verzehrung  des  Rauches  in  wirksamer  Weise  ermöglichen. 
Unsere  Quelle  gibt  an,  dals,  da  die  ersten  Versuche  mit  diesem  Roste  an  Bord 
des  Lotus  günstig  ausgefallen  sind,  die  Eigenthiimerin ,  die  Victoria  Steamboat 
Association^  beabsichtigt,  den  Rost  auf  weiteren  acht  ihrer  Dampfer  zu  ver- 
wenden und  auf  eine  jährliche  Ersparnifs  von  100000  Franks  hofft. 

Der  Drehrost  besteht  im  Wesentlichen  aus  einem  etwas  geneigt  liegenden 
kreisförmigen  Roste,  mit  der  Neigung  nach  der  Kesselseite  hin.  Er  ist  aus 
concentrischen  Ringen  gebildet,  die  annähernd  76tnni  hoch  und  12tnDi  stark 
und  auf  einem  Rippenkreuz  gelagert  sind.  Der  zum  Durchströmen  der  Luft 
gebildete  Schlitz  ist  6nun^5  weit.  In  der  Mitte  des  Rostes  befindet  sich  eine 
0™,25  weite  Oeffnung,  durch  welche  das  Brennmaterial  stetig  eingeführt  wird. 
Letzteres  wird  in  den  vorne  befindlichen,  stets  gelullt  gehaltenen  Trichter, 
aufgegeben  und  durch  eine  stetig  langsam  sich  drehende,  aus  beweglichen 
Gliedern  bestehende  Schnecke  dem  Roste  zugeführt.  Die  Drehung  wird  durch 
Schnecke  und  Schneckenschraube  bewirkt.  Von  demselben  Triebwerke  aus 
wird  durch  Räderübertragung  und  durch  eine  geschlungene  Kette  die  Be- 
wegung des  Rostes  bethätigt.  LTm  diese  Bewegung  zu  erleichtern,  ist,  wie 
aus  der  Figur  ersichtlich,  eine  Reibungsrollenvorrichtung  angeordnet. 

Es  ist  ersichtlich,  dafs  die  Feuerung  vollständig  selbsthätig  ist.  Besondern 
Werth  erhält  diese  Vorriclitung  bei  künstlich  verstecktem  Zuge,  der  bei  See- 
fahrzeugen bekanntlich  vielfach  zur  Verwendung  kommt  (1888  270*481). 
Wenngleich  der  Rost  sich  für  jede  Kohlensorte  eignet,  so  ist  er  doch  insofern 
vortheilhaft,  als  er  auch  die  Verwendung  der  billigen  mageren  Kohle  an- 
standslos gestattet. 

Die  Leistungen  des  Hopcra/i'schen  Drehrostes  sollen  sich  bei  zwei  Ver- 
gleichsversuchen mit  gewöhnlicher  Feuerung  (welche?  ist  nicht  angegeben) 
fiir  den  //opcro/Vschen  Rost  günstig  stellen,  da  die  Verdampfung  des  Wassers 
auf  l'icm  und  Stunde  für  gewöhnliche  Feuerung  4,35  und  10k  gegen  4,95  und 
llk^2  für  eine  Hopcra/t-Feuerung  betrug. 

Köckler's  geschmiedeter  stählerner  Schraubenschlüssel. 

Der  in  der  Textfigur  dargestellte  Schraubenschlüssel  von  H.  Köckler 
(D.  R.  P.  Nr.  38533)  ist  in  seinen  Haupttheilen  aus  Stahl  geschmiedet. 

Da  die  Stellvorrichtung  unabhängig  vom  Griffe  angeordnet  wurde  und 
der  (jriff  G  nicht  drelibar  ist,  so  ist  jede  unbeabsichtigte  Verstellung  der  Maulweite 
tDährend  des  Gebrauches^  somit  auch  das  Abgleiten  des  Schlüssels  unmöglich^ 
wodurch  eine  Reihe  von  Uebelständen  wegfallen. 

Die  Steilmutter  H  gestattet  ein  kräftiges  Umfassen  mit  der  ganzen  Faust 
und  ein  festes  Anziehen  im  Gegensatze  zu  solchen  Constructionen,  deren  Stell- 
vorrichtungen nur  mit  Daumen  und  Fingerspitze  zu  erfassen  sind.  —  Das 
kräftige  Flachgewinde  bewirkt  eine  schnelle  Verstellung  der  Maulweite.     Der 


Bö  eher- Anzeigen. 


575 


Stiel  S  hat  im  Getoindet heile  dieselbe  Stärke  wid  Q^iier schnittst orm  wie  im  Führungs- 
theile^  um  ein  Abbrechen  der  Schraube  auszuschliefsen. 


H.Kückler's  D.R.P.N?SS533 


Die  gerade  Stellung  des  einen  und  die  schräge  Stellung  des  anderen  Maiües 
gestatten  eine  mannigfache  Verwendbarkeit  dieses  Schraubenschlüssels. 

Die  üblichen  Ausführungsgröfsen  sind: 

Ganze  Länge  in  cm  25  30  35  40 

Maximal-Spannweite  mm  35  50  65  75 

Stärke  des  Stieles  mm  26  X  16     30  X  20     34  X  23     34  X  23 

BaumwoUindustrie  der  Welt. 

Ueber  die  Spindeln,  Webstühle  und  Zwirnspindeln  aller  industriellen 
Länder  der  Erde  gibt  Ellison^  wie  Das  Deutsche  WoUengewerbe  in  Nr.  63  mit- 
theilt, für  1888  folgende  Zahlen:  Spindeln:  England  42  740  000,  europäischer 
Continent  23  380  000,  amerikanische  Union  13  525  000 ,  Ostindien  2  490  000, 
Summa  81 135  000.  Dazu  sind  zu  rechnen:  Canada,  Mexico,  Südamerika  etwa 
600  000,  Japan  etwa  100  000,  Gesammtzahl  aller  Spindeln  der  Welt  82  835  000; 
1884  76  685  000,  Vermehrung  6150  000.  Alle  Länder  haben  eine  Vermehrung 
der  Spindelzahl  erfahren,  mit  Ausnahme  der  Schweiz,  wo  sie  sogar  um  etwa 
120  000  Spindeln  zurückgegangen  ist.  Auf  dem  europäischen  Continent  ist 
Deutschland  mit  etwa  5 50U 000  Spindeln  an  die  erste  Stelle  gerückt,  Frank- 
reich nimmt  mit  5  200  000  die  zweite  Stelle  ein.  —  Die  Weberei  und  Zwir- 
nerei sind  von  der  Statistik  auffallend  vernachlässigt;  es  gibt  über  diese  zwei 
Industriezweige  keine  zuverlässigen  Angaben.  Man  weifs  nur,  dafs  die  An- 
zahl der  Webstuhle  sich  in  England  um  etwa  70  000,  in  Deutschland  um 
etwa  7000,  in  Oesterreich  um  etwa  4000,  in  Frankreich  um  etwa  3000  ver- 
mehrt hat.  Die  Gesammtzahl  aller  mechanischen  Webstühle  in  Europa  wird 
man  auf  mehr  als  1  Million  schätzen  dürfen,  davon  etwa  600000  in  England. 


Bücher-Anzeigen. 

Sammlimg  von  Vorrichtungen  und  Apparaten  zur  Verhütung  von  Un- 
fällen an  Maschinen.  42  Tafeln  mit  französischem,  deutschem  und 
englischem  Text.     Mühlhausen.     C.  DettlofF's  Verlag. 

Wenn  zur  Zeit,  in  welcher  in  Berlin  auf  einer  eigenen  „Ausstellung  zur 
Verhütung  von  Unglücksfällen"  eine  ungetheilte,  und  in  Paris  auf  der  Welt- 
ausstellung dem  Gegenstande  des  vorstehend  angeführten  Werkes  eine  hervor- 
ragende Aufmerksamkeit  geschenkt  wird,  so  wird  darin  die  „Gesellschaft  zur 
Verhütung  von  Fabrikunfällen  in  Mühlhausen"  eine  Rechtfertigung  der  von 
ihr  ausgegangenen,  lange  Zeit  nur  wenig  beachteten,  sogar  hin  und  wieder 
als  Tindurchführbar  angefeindeten  Bestrebungen  erblicken  (1889  273  15). 


576  Bücher-Anzeigen. 

Das  vorliegende  Werk  erstattet  in  drei  Sprachen  Bericht  über  die  bis- 
herige Thätigkeit  genannter  Gesellschaft  und  beschreibt  in  Wort  und  Bild  die 
zur  Verwendung  gekommenen  einschlagenden  Constructionon,  mit  Ausschlufs 
derjenigen,  welche  sich  in  der  Praxis  weniger  bewälirten. 

Der  erste  Abschnitt  ist  den  Motoren,  der  zweite  den  Transmissionen  ge- 
widmet. Dann  folgen  die  Aufzüge  mit  einer  grofsen  Menge  von  Fangvor- 
richtungen, wie  sie  auch  im  Bergwerksbetriebe  zur  Verwendung  kommen. 
Die  weiteren  Abschnitte  behandeln  die  so  besonders  wichtigen  Arbeits- 
maschinen für  Holz-,  Gewebe-(Textil-)Industrie.  Zum  Schlufs  werden  noch 
einige  Sicherheitsvorrichtungen  für  verschiedene  Gewerbe  besprochen. 

Der  Preis  des  Wei'kes  ist  bezüglich  des  Gebotenen  ungewöhnlich  niedrig 
gestellt,  da  der  Verein  dem  Werke  eine  möglichst  grofse  Verbreitung  zu 
geben  wünscht.  Wir  schliefsen  uns  diesem  Wunsche  gerne  an  und  sind 
überzeugt,  dafs  das  Werk  in  jedem  mechanischen  Betriebe  Nutzen  stiften 
und  die  geringe  Auslage  reichlich  lohnen  wird. 

Die  Bleiclimittel,  Beizen  und  Farbstoffe.  Eigenschaften,  Prüfung  und 
praktische  Anwendung  auf  Baumwolle,  Wolle,  Seide,  Halbwolle, 
Halbseide,  Jute,  Leinen  etc.  von  Dr.  J.  Herzfeld.  268  S.  geb.  5  Mk. 
Berlin.     S.  Fischer. 

Das  vorliegende  Werk  bildet  den  auch  für  sich  käuflichen  ersten  Theil 
von  „Das  Färben  und  Bleichen",  dessen  zweiter  Theil  das  einschlägige  Ma- 
schinenwesen enthalten  soll. 

Das  Werk  ist  zunächst  für  des  Verfassers  Schüler  an  der  höheren  Webe- 
schule bestimmt,  doch  hat  derselbe  „versucht,  dem  Bildungsstande  des  Färbens 
in  Deutschland  zu  entsprechen,  und  schwierige  theoretisch- wissenschaftliche 
Auseinandersetzungen  vermieden,  und  so  das  Werk  gröfseren  Kreisen  dienlich 
gemacht." 

Unter  „Bleichmittel"  (S.  1  bis  44)  werden  zunächst  die  bleichenden  StolTe, 
dann  die  Hilfsmittel  zum  Bleichen,  sowie  schliefslich  die  Vorbereitungsmittel 
zum  Bleichen  behandelt.  Die  „Beizen"  (S.  45  bis  lOÜ)  werden  in  anoi'ganische 
und  organische  eingetheilt.  Die  „Farbstoffe"  (von  S.  lÜO  al))  hat  der  Verfasser 
nach  den  Farben  klassificirt,  was  sich  durch  den  Zweck  und  die  Anlage  des 
Werkes  wohl  rechtfertigen  läfst. 

Solche  Werke,  für  gröfsere  Kreise  der  Praxis  von  fachmännischer  Seite 
klar  und  kurz  geschrieben,  sind  ein  Bedürfnifs  und  eine  Wohlthat  für  unsere 
Industrie,  insbesondere  da,  wo,  wie  auf  dem  vorliegenden  Gebiete,  noch  so 
viel  Gclieimthuerei  herrscht.  Wenn  der  Verfasser  seine  Aufgabe  in  der  dem 
Zweck  entsprechenden  Beschränkung  auch  im  Ganzen  recht  gut  gelöst  hat, 
so  möchten  wir  ihm  dennoch  empfehlen,  das  gewifs  löbliche  Bestreben  nach 
kurzer  Fassung  des  Textes  dem  Bestreljen  nach  Deutlichkeit  etwas  mehr 
unterzuordnen  und  sich  einige  Worte  mehr  zu  gestatten,  wenn  dadurch  das 
Verständnils  erleichtert  und  die  Ausdrucksweise  folgerichtiger  wird. 


Verlag  dor  J.  G.  Cotta'schen  Uuchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
DrueV  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Neues  im  Hoclibauwesen.  577 

Neues  im  Hochbauwesen. 

Patentklasse  37.    Mit  Abbildungen  auf  Tafel  30. 

Die  weit  gehende  Verwendung  von  Eisen,  namentlich  in  der  Ge- 
stalt eiserner  Träger  im  Hochbau  hat  die  Ausbildung  besonderer  Formen 
für  den  Eisenbau  hervorgebracht.  Besonders  wird  darauf  Bedacht  ge- 
nommen, die  eisernen  Träger  unter  Sicherung  gröfster  Tragfähigkeit 
möglichst  leicht  herzustellen.  Unter  diesem  Gesichtspunkte  ist  die  Her- 
stellung eiserner  Träger  mit  wellenförmig  ausgebauchtem  Stege  nach 
dem  Patent  von  W.  Daehr  in  Berlin  (""D.R.P.  Nr.  46414  vom  20.  April 
1888)  beachtenswerth.  Fig.  5  und  6  zeigen  das  Profil  eines  Trägers 
von  50cm  Höhe  mit  wellenförmig  ausgebauchtem  Stege  von  7'"'^  Stärke 
in  der  Mitte  und  S'"'^  Stärke  an  den  Flanschen  dargestellt.  Die  Aus- 
bauchung bezieh.  Entfernung  der  äufsersten  Faser  von  der  senkrechten 

Symmetrieachse   des  Profils   beträgt  bei  einer  Wellenlänge   von  ^  =  öt 

50 
=:  —  =  25cm  rund  2cm,2  und  nimmt  nach  den  Flanschen  zu  allmählich 

ab,  bis  sie  zuletzt  ganz  verschwindet,  um  den  Steg  in  alter  Weise  in 
die  Flanschen  übergehen  zu  lassen.  Die  Knickfestigkeit  des  Profils  ist 
gleich  derjenigen  des  frühereu  mit  18°^i^  Stegstärke. 

Die  Verringerung  des  Gewichtes  beträgt  rund  27,7  Proc,  die 
Materialersparnifs  aber  selbst  nach  Abzug  desjenigen  Theiles,  der  durch 
die  Verringerung  des  Widerstandsmoments  gegen  Biegung  als  aufgehoben 
betrachtet  werden  mufs,  immer  noch  12,5  Proc.  des  Gesammtgewichtes 
des  früheren  Profils. 

Das  Profil  ist  mit  Rücksicht  auf  die  Wiederverwendung  der  alten 
Walzen  in  seiner  ganzen  Höhe  um  18  —  8  =  10°i™  geschwächt  gedacht, 

weil  alsdann  die  Ränder  der  alten  Walzen  nur  um  je  -h-  =  5°^"^  ab- 
gedreht zu  werden  brauchen,  um  für  die  Herstellung  des  neuen  Profils 
verwendbar  gemacht  zu  werden. 

Für  die  Herstellung  der  wellenförmigen  Ausbauchung  des  mit  einer 
gleichmäfsigen  Stärke  von  8'^°"  ausgewalzten  Steges  und  der  Verringe- 
rung seiner  Stärke  nach  der  Mitte  zu,  entsprechend  der  Ausbauchung 
bis  auf  7'^'^,  ist  dann  nur  noch  für  jede  Walzenstrafse  ein  neues  Walzen- 
paar erforderlich,  dessen  Beschaffung  die  Gesammtherstellungskosten 
nur  um  ein  Geringes  erhöhen  kann. 

Es  mufs  hier  jedoch  noch  hervorgehoben  werden,  dafs  die  Material- 
ersparnifs sich  noch  um  rund  1,5  Proc.  gröfser  ergibt,  wenn  man  die 
Flanschen  in  alter  Breite  stehen  läfst,  d.  h.  also,  die  in  die  Walzen 
eiugeschliffenen  Profile  derselben  unter  gleichzeitiger  Abdrehung  der 
Walzenränder  um  das  gleiche  Mafs  vertieft,  um  welches  der  Randhalb - 
messer  verkürzt  wird. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  13.  1889111.  37 


578  Neueis  im   Hoclibauwesen. 

Bei  unveränderten  Flanschen  berechnet  sich  die  Verringerung  des 
Widerstandsmoments  des  ganzen  Profils  zu  rund  10  Proc,  diejenige  des 
Gewichtes  zu  rund  23,9  Proc,  die  Materialersparnifs  am  ganzen  Profil 
mithin  zu  rund  13,9  Proc. 

Noch  günstiger  stellt  sich  die  Materialersparnüs,  wenn  es  möglich 
ist,  die  Flanschen  um  je  3™""  zu  verstärken.  Das  Widerstandsmoment 
bleibt  dann  nur  noch  um  2,6  Proc.  hinter  dem  früheren  zurück,  und 
die  Materialersparnifs  berechnet  sich  zu  rund  18  Proc. 

Ferner  ist  noch  darauf  hinzuweisen,  dafs  mit  der  jetzt  für  den  Steg 
gefundenen  Form  zugleich  ein  Mittel  gegeben  ist,  Profile  von  noch 
gröfserer  Höhe,  als  bisher  üblich,  hinsichtlich  der  Materialausnutzung 
zweckmäfsig  herzustellen. 

Um  den  Uebelstand  eiserner  Wellblechdächer,  das  Abtropfen,  zu 
beseitigen,  bringt  W.  Lorenz  iu  Karlsruhe  (*D.  R.  P.  Nr.  46178  vom 
19.  Juli  1888)  eine  Verkleidung  an,  welche  völlig  aus  Abfallholz  nur 
durch  Nagelung  hergestellt  werden  kann. 

In  die  Wellen  o  des  Daches  (Fig.  7)  werden  in  gewissen  Abständen 
(etwa  1"',5)  Träger  h  eingepafst.  Dieselben  sind  aus  einzelnen  stumpf 
geaen  einander  stofsenden  Stücken  gebildet,  Avelche  auf  beiden  Seiten 
mit  Latten  c  c,  von  unten  mit  einem  rechts  und  links  vorstehenden  Band- 
eisen e  so  benagelt  sind,  dafs  ein  zusammenhängender  Bogen  gebildet 
ist,  welcher  sich  frei,  ohne  jede  Befestigung  oder  Verbindung,  mit  dem 
Wellblech  oder  dessen  Verstrebung  gegen  die  Auflager  des  Daches 
stützt  und  in  sich  stark  genug  ist,  die  Verkleidung  zu  tragen.  Diese 
besteht  aus  Brettern  f/,  welche  in  die  zwischen  den  Latten  cc  und  Band- 
eisen e  gebildeten  Nuthen  eingeschoben  werden,  bis  die  Wölbung  des 
Daches  bis  oben  hin  damit  geschlossen  bezieh,  verkleidet  ist.  Eine  Be- 
festigung dieser  Bretter  oder  Verkleidung  ist  nicht  erforderlich.  Des 
besseren  Aussehens  halber  wird  die  untere  sichtbare  Fläche  mit  hellem, 
eventuell  mit  feuersicherem  Anstrich  versehen.  Der  Zwischenraum 
zwischen  Wellblech  und  Verkleidung  kann  nach  Bedarf  mit  schlechten 
Wärmeleitern,  z.  B.  Schlackenwolle  oder  anderem  Materiale,  ausgefüllt 
werden. 

So  wenig  Eingang  in  die  Praxis  die  Verwendung  von  Baugerüst- 
halterr;,  weiche  eine  gröfsere  Sicherung  der  Gerüste,  wie  auch  deren 
leichteren  und  billigeren  Aufbau  bezwecken,  auch  gefunden  hat,  so 
werden  doch  immer  neue  Formen  für  dieselben  in  Vorschlag  gebracht, 
da   Ihatsächlich  ein  Bedürfnifs  nach  einem  solchen  Halter  vorliegen  soll. 

K.  Birmelin  in  Lörrach,  Bayern  (*D.  R.  P.  Nr.  45871  vom  23.  Mai 
1888)  bringt  die  in  Fig.  8  dargestellte  Einrichtung  in  Vorschlag,  um  die 
stehenden  und  liegenden  Stangen  rasch,  fest  und  sicher  zu  verbinden, 
deren  böswillige  Entfernung  durch  Anwendung  eines  Gesi)erres  ver- 
hindert wird,  dessen  Handhebel  b  deshalb  abnehmbar  ist. 

In  einem  säbelförmigen  Gufsstück  A^   das  unten  in  den  stählernen 


Neues  im  Hoclibauwesen.  579 

Haken  h  endigt  und  dessen  Spitzen  mit  je  zwei  Zähnen  z  z  ausgerüstet 
sind,  ist  ein  schmiedeeiserner  oder  stählerner  Bolzen  b  drehbar  ange- 
ordnet, mit  dem  ein  fein  gezahntes  Sperrrad  r  fest  verbunden  ist,  und 
dessen  verstärkter  mittlerer  Theil  eine  Durchbohrung  zeigt,  in  welche 
ein  Handhebel  l  eingesteckt  wei-den  kann.  Aufserdem  ist  an  dem 
Bolzen  h  einerseits  mittels  einer  eingeschraubten  Oese  eine  Kette  k  be- 
festigt, die,  nachdem  das  starre  Stück  A  mit  dem  Haken  h  in  die 
stehende  Gerüststange  eingeschlagen  worden,  um  diese  herumgeschluugen 
und  in  eine  am  anderen  Ende  des  Bolzens  angebrachte,  entsprechend 
geformte  Nase  n  derart  eingehängt  wird,  dafs  die  liegende  Stange  auf 
dieselbe  zu  ruhen  kommt.  Bewegt  man  nun  den  Handhebel  nach 
unten  zu,  so  wird  der  Bolzen  gedreht  und  die  Kette  auf  ihn  auf- 
gewickelt 5  der  Obertheil  des  Stückes  A  fafst  in  der  Folge  die  liegende 
Stange  mit  den  Zähneu  z  und  drückt  sie  fest  an  die  stehende  an. 

Zur  Verhinderung  des  Zurückdrehens  ist  in  dem  Stücke  A  die  Sperr- 
klinke s  angebracht,  die  in  das  Sperrrad  r  einfällt. 

Der  in  Fig.  9  abgebildete  Gerüsthalter  von  Fr.  Traebert  in  Rathenow 
("D.  R.  P.  Nr.  48112  vom  6.  Februar  1889)  hat  die  Form  einer  Zange, 
bei  welcher  die  zu  den  Schenkeln  CC^  rechtwinkelig  stehende  Klaue  ä/C[ 
den  senkrechten  Gerüstbaum  umfafst  und  mit  den  an  den  Innenseiten 
der  Klaue  befindHchen  Dornen  sich  fest  in  den  Gerüstbaum  eindrückt, 
wenn  der  auf  den  Schenkeln  C6\  verschiebbare  Spannring  E  an- 
gezogen wird,  welcher  auch  das  selbsthätige  Oeffnen  der  Klaue  ver- 
hindert. Die  Schenkel  C  C^  sind  am  unteren  Ende  aufwärts  gebogen, 
zum  Zwecke,  das  Querholz  aufzunehmen.  Das  Herausfallen  der  Quer- 
hölzer aus  dem  aufgebogenen  Theile  der  Schenkel  C  C^  wird  durch  eine 
Schliefsvorrichtung  verhindert,  bestehend  aus  einem  an  dem  Schenkel  C 
bei  o  drehbar  befestigten  federnden  Eisenstabe  /),  welcher  in  den  ge- 
zahnten Theil  z  des  Schenkels  6',  entsprechend  der  Stärke  der  Quer- 
hölzer, eingestellt  werden  kann.  Nahe  an  dem  Di-ehbolzeu  a  schliefst 
der  Stab  D  sich  der  Biegung  des  Schenkels  C  au,  während  er  nach 
dem  anderen  Ende  eine  nach  aufsen  geschweifte  Form  erhält,  damit  er 
beim  Eindrücken  in  den  gezahnten  Theil  z  auch  an  dem  Gerüstbaum 
seitlich  vorbeikommen  kann. 

Die  Handgriffe  bei  Anwendung  des  Gerüsthalters  sind  sehr  einfach. 
Derselbe  wird  an  den  Schenkeln  erfafst  und  das  Oeffnen  der  Klaue 
durch  Drehen  der  Schenkel  C  C^  um  den  Bolzen  b  bewirkt,  dann  die 
Klaue  um  den  Gerüstbaum  gelegt  und  nun  der  Spannring  angezogen. 
Wenn  die  Klaue  festsitzt,  wird  das  Querholz  in  den  aufgebogenen  Theil 
der  Schenkel  gelegt,  der  Stab  D  über  das  Querholz  genommen  uud 
unter  einen  Zahn  z  gedrückt. 

Bei  Leitergerüstträgern  werden  meist  zwei  Klauen  mittels  Schraube 
gegen  die  Leiterstange  geprefst,  wobei  eine  Parallelführung  der  ange- 
wendeten  zwei   Träger   mittels    eines  Scherenkreuzes    vermittelt    wird. 


580  Neues  im  Hochbauwesen. 

Durch  Anwendung  zweier  Träger  wird  die  Vorrichtung  aber  sehr  un- 
handlich, auch  ist  das  Schrauben  umständlich.  Durch  die  Erfindung 
von  W.  Ueist  in  Edenkoben,  Rheinpfalz  C*D.  R.  P.  Nr.  47202  vom 
24.  April  1888)  soll  nur  ein  Leitergerüstträger  geschaffen  werden,  welcher 
möo;lichst  leicht  herzustellen,  einfach  zu  handhaben  ist  und  sich  selbs- 
thätio  befestigt.     Die  Anordnung  ist  in  Fig.  10  und  11  dargestellt. 

Auf  der  Eisenschiene  6  sind  um  62  drehbar  die  beiden  Schenkel  a 
befestigt.  Erstere  ist  aufserdem  mit  einem  Schlitz  63  versehen,  in 
welchem  ein  Klötzchen  mit  Zapfen  z  auf-  und  abschiebbar  ist.  Letzterer 
verbindet  die  einen  Enden  der  beiden  Streben  f  mit  einander,  deren 
andere  Enden  mit  denen  der  Schenkel  a  durch  Bolzen  Oj  verbunden 
sind.  Durch  Flügelmuttern  Z2  bezieh.  02  können  die  verschiedenen 
Stellungen  der  Schenkel  bezieh.  Streben  festgestellt  werden.  Aufser- 
dem ist  mit  Zapfen  z  der  Leitersprofshaken  z^  in  Verbindung,  während 
mit  dem  Bolzen  Oj  die  Leiterbaumhaken  03,  welche  innen  mit  Spitzen 
versehen  sind,  die  beim  Gebrauche  in  den  Leiterbaum  eingreifen,  ver- 
bunden sind.  Am  oberen  Theile  der  Eisenschiene  b  ist  eine  zweite  wage- 
rechte Schiene  i  befestigt,  welche,  da  die  Leiter  gewöhnlich  schräg 
steht,  gegen  die  Schiene  b  etwas  geneigt  ist.  Diese  Schiene  i  wird 
durch  Strebe  k  getragen  und  ist  vorn  rechtwinkelig  abgebogen,  damit, 
wenn  die  Bretter  daraufgelegt  werden,  dieselben  gegen  Herausfallen  ge- 
sichert sind. 

Die  Vorrichtung  wird  beim  Gebrauche  mit  dem  Leitersprofshaken  Zj 
in  die  entsprechende  Sprosse  eingehängt  und  durch  die  eigene  Schwere 
gleitet  nun  Schiene  b  mittels  Schlitzes  63  an  dem  Zapfen  z  nach  ab- 
wärts, was  zur  Folge  hat,  dafs  die  Leiterbaumhaken  03  sich  fest  gegen 
die  Leiterbäume  drücken,  so  dafs  ihre  Spitzen  in  dieselben  eingreifen. 
Nach  dem  Einhängen  können  dann  die  Schrauben  z.^a.^  angezogen  werden. 

Zur  gröfseren  Sicherheit  bei  höheren  Gerüsten  wird  die  folgende 
Einrichtung  verwendet.  Schiene  i  erhält  au  ihrem  äufseren  Ende  eine 
Bohrung,  in  welche  eine  Stange  mittels  ihres  Zapfens  eingesteckt  und 
durch  Einschieben  eines  Riegels  in  ein  Oehr  festgehalten  wird.  Am 
oberen  Ende  der  Stange  ist  eine  Kette  angebracht,  welche  um  die 
gegenüberliegende  Leitersprosse  gewunden  und  dann  eingehakt  wird. 
Am  inneren  Theile  der  Stange  ist  eine  Schiene  befestigt,  zwischen 
welche  und  die  Stange  ein  Brett  eingeschoben  und  dadurch  eine  Rück- 
wand gebildet  wird. 

Die  unter  dem  Namen  Rabitzpulz  allgemeiner  bekannte  und  in  der 
Neuzeit  wohl  bei  Ausführung  feuei'sicherer  Bauten  stets  angewandte 
Bekleidung  der  Wände  und  Zwischendecken  mit  Drahtgewebe,  auf 
welches  geputzt  wird,  hat  durch  den  Erlinder  C  Rabitz  in  Berlin  (*D.R.  P. 
Nr.  46887  vom  22.  März  1888)  eine  weitere  Ausbildung  erfahren.  Die 
Benutzung  von  Putz  mit  Putzträgern  aus  Drahtgewebe  zur  Bekleidung 
von   Wänden,  Säulen,   Röhren,  Kesseln  u.  s.  w.    unter   Belassung  von 


Neues  im  Hochbauwesen.  581 

isolJrenden  Luftschichten  hat  sich  als  sehr  feuersicher  erwiesen,  so  lange 
nicht  durch  irgend  welche  gewaltthätigen  Eingriffe  eine  Beschädigung 
des  Putzes  stattfindet.  Tritt  aber  ein  solcher  Fall  ein  und  wird  hier- 
durch ein  Theil  des  Mörtelbewurfes  zertrümmert,  so  kann  die  Flamme, 
selbst  wenn  das  Drahtgewebe  hierbei  nicht  mit  zerrissen  wurde,  durch 
die  weiten  Maschen  desselben  hindurch  nunmehr  unbehindert  an  die  zu 
schützende  Säule,  Wand  o.  dgl.  schlagen. 

Ferner  hat  es  sich  hierbei  herausgestellt,  dafs  es  praktisch  Schwierig- 
keiten bietet,  dem  zum  Theil  durch  das  Drahtgewebe  hindurchgedrückten 
Mörtel  durchweg  eine  gleiche  Dicke  zu  geben,  so  dafs  also  auch  die 
Isolirschicht  eine  ungleichmäfsige  Weite  zeigt,  was  naturgemäfs  auch 
einen  ungleichmäfsigen  Feuerschutz  mit  sich  bringt. 

Dieser  unsicheren  Wirkung  soll  nun  dadurch  abgeholfen  werden, 
dafs  die  Mörtelschicht  nach  innen  zu  durch  eine  Drahtgaze  begrenzt 
wird,  so  dafs  einerseits  beim  Durchdrücken  durch  das  äufsere  weit- 
maschige Drahtgewebe  der  Mörtel  nicht  in  den  Isolirraum  hinabfalleu 
kann,  sondern  eine  ganz  gleichmäfsig  starke  Schicht  entsteht,  und  an- 
dererseits selbst  in  dem  Falle,  wo  die  Mörtelschicht  durch  Gewalt  eine 
Zertrümmerung  erfährt,  die  Flamme  doch  nicht  an  den  zu  schützenden 
Bauconstructionstheil  gelangen  kann,  da  die  ganze  freimaschige  Draht- 
gaze ein  Hindurchschlagen  der  Flamme  wirksam  verhindert,  wie  dies 
von  den  Sicherheitslampen  für  Bergwerke,  Gasfabriken  u.  s.  w.  her 
bekannt  ist. 

Die  neue,  durchaus  feuerfeste  Ummantelung  kennzeichnet  sich  also 
dadurch,  dafs  der  zu  schützende  Eisen-  oder  Holzconstructionstheil, 
z.  B.  eine  Säule,  in  einem  Abstände  von  3  bis  4cm  zunächst  mit  einem 
Mantel  von  Drahtgaze  umgeben  wird.  In  einem  weiteren  Abstände 
von  3  bis  4^™  wird  dann  erst  das  als  eigentlicher  Putzträger  dienende 
Drahtgewebe  von  etwa  2^™  Maschenweite  angebracht. 

Der  Raum  zwischen  der  Drahtgaze  und  dem  grobmaschigen  Trag- 
gewebe wird  von  unten  auf  mit  Mörtel  aus  Cement  mit  Grand,  Salz 
oder  Blutlaugensalz  oder  mit  Mörtel  von  Gyps,  Kalk,  Grand,  Salz, 
Chamottemehl  u.  s.  w.  ausgetragen  und  das  Traggewebe  hierbei  gleich- 
zeitig mit  verputzt. 

Die  feinmaschige  Drahtgaze  A  ist  gemäfs  Fig.  12  in  einem  Abstände 
von  etwa  3  bis  4cm  von  dem  Unterzuge  LI  angeordnet.  Diese  Draht- 
gaze wird  in  gleichem  Abstände  von  dem  grobmaschigen  Drahtgewebe  B 
umgeben,  welches  als  eigentlicher  Putzträger  dient.  Der  Raum  zwischen 
der  Drahtgaze  A  und  dem  Drahtgewebe  ß  wird  mit  Mörtel  ausgefüllt. 
Dieser  wird  auch  gleichseitig  aufsen  auf  das  Drahtgewebe  B  in  ge- 
eignet dicker  Lage  aufgetragen  und  die  Oberfläche  desselben  entweder 
glatt  geputzt  oder  bei  Säulen  durch  Anwendung  geeigneter  Schablonen, 
welche  sich  oben  und  unten  an  Lehren  führen,  auch  gleich  ein  architek- 
tonisches Fufsgesims    oder    ein    einfaches    Capital    hergestellt    bezieh. 


5b2  ISc'üf^  IUI  llochbuiiw  eaeii. 

bei  den  Unterzügen  eine  geeignete  Profilirung  der  Ecken  und  Kanten 
mit  iiusgezogen. 

Es  läfst  sich  auf  diese  Weise  der  Ummantelung  das  Aussehen  eines 
architektonisch  geghederten  massiven  Unterzuges  bezieh,  einer  Säule 
geben  und  somit  neben  der  Erzielung  eines  feuerfesten  Schutzes  gleich- 
zeitig auch  die  unästhetische  Wirkung  umgehen,  welche  z.  B.  eine 
dünne  eiserne  Säule  als  Stütze  schwerer  Gebälke  darbietet. 

Selbst  wenn  durch  einen  gewaltthätigen  Eingritf  der  Mörtel  zum 
Theil  heruntergerissen  wird,  kann  die  Flamme  doch  niemals  bis  an  den 
zu  schützenden  Bauconstructionstheil  heranzüngeln,  da  die  feine  Draht- 
gaze .4  dies  in  der  von  den  Sicherheitslampen  für  Bergwerke,  Gas- 
fabriken u.  s.  w.  her  bekannten  Weise  unbedingt  verhindert. 

Statt  der  Verblendziegel  schlägt  A.  liöckel  in  Erfurt  gemäfs  der 
Patentschrift  Nr.  47  018  eiserne  hohle  Ziegel  vor,  welche  auf  den  beiden 
Lagerflächen  mit  Löchern  bezieh.  Hohlzapfen  versehen  sind,  um  durch 
das  Einpressen  derselben  die  Verbindung  zu  sichern. 

Das  so  vielfach  bearbeitete  Problem  der  Herstellung  eines  dichten 
Schlusses  von  Fenstern  und  Thüren  wird  neuerdings  wieder  in  eigen- 
artiger Weise  zu  lösen  gesucht.  A.  Kersten  in  Hannover  ("" D.  R.  P. 
Nr.  46379  vom  1.  April  1888)  will  den  Abschlufs  dadurch  bewirken,  dafs 
Fa^oneisen  sich  gegen  einander  einklemmen.  Nur  die  Fagoneisen  auf 
dem  einen  Theile  des  Fensters  sind  starr  und  unbeweglich  befestigt,  die 
anderen  dagegen  beweglich  und  elastisch  auf  dem  anderen  Theile  des 
Fensters  derartig  befestigt,  dafs  sich  beim  Schliefsen  des  Fensters  die 
elastischen  Fa(,-oneisen  gegen  die  starren  pressen  und  die  Fugen  da- 
durch immer  schützen  und  decken,  auch  wenn  eine  Verschiebung  durch 
Verziehen  der  Rahmenhölzer  eingetreten  ist.  Die  beweglichen  Fagon- 
eisen  sind  dabei  entweder  in  sich  federnd  construirt,  oder  sie  sind  um 
Endzapfen  drehbar  und  mittels  besonders  angeordneter  Federn  an  will- 
kürlicher Drehung  gehindert. 

Derselbe  Erfinder  verhindert  bei  einer  anderen  Ausführung  (*D.R.P. 
Nr.  46602  vom  21.  Januar  1888)  die  Bildung  von  Spalten  durch  An- 
wendung von  zapfeuartig  in  den  gegenüber  liegenden  Rahmen  eingreifende 
Leisten.  » 

Der  Verschlul's  und  die  Verstellung  von  Oberlichlienstern  mit  wage- 
rechter Drehachse  wird  nach  der  Construction  von  1\  Kalbe  und  Comp. 
in  Braunschweig  (*D.  R.  P.  Nr.  47654  vom  25.  JuH  1888)  bewirkt  ge- 
mäfs Fig.  13  durch  einen  am  Fensterrahmen  drehbar  befestigten  ge- 
zahnten Bügel  Ä,  der  sich  durch  sein  eigenes  Gewicht  mit  seinem  ersten 
Zahn  0  über  eine  am  Fensterflügel  befestigte  Nase  e  legt.  Der  Fenster- 
flügel läfst  sich  öllnen,  wenn  dieser  Bügel  angehoben  und  dadurch  die 
Nase  e  von  dem  Zahn  o  frei  wird,  so  dafs  der  Fensterfiügel  ohne 
Hindernifs  sich  unter  dem  Bügel  bewegen  läfst. 

Das  Anheben  des  Bügels  wird  bewirkt  durch  Drehung  der  zwischen 


Neues  im  Hochbauwesen.  583 

zwei  au  dem  FcDsterflügel  augeuieteten  Lappen  pp  drehbar  gelagerten 
excentrischen  Scheibe  A  in  ihre  höchste  Stellung.  Zum  Anheben  bezieh. 
Drehen  dieser  Scheibe  bedient  man  sich  einer  Stange  s  mit  angebogenem 
Haken,  welcher  in  das  Äuge  r  gebracht  wird.  Hat  nun  die  Scheibe 
und  der  Bügel  die  punktirte  Lage  angenommen,  so  läfst  sich  der  Fenster- 
flügel um  seine  Drehachse,  durch  die  Stange  s  gelenkt,  frei  unter  den 
Zähnen  des  Verschlufs-  bezieh.  Verstellbügels  so  weit  fortbewegen,  bis 
ein  am  Fensterflügel  in  der  Nähe  der  Drehachse  angenieteter  Winkel 
von  dem  Fensterrahmen  an  der  weiteren  Bewegung  gehindert  wird. 
Da  bei  diesem  Vorgange  der  Bügel  auf  der  Rolle  A  ruht,  ist  kein 
Hiuderuifs  vorhanden,  welches  die  Bewegung  hemmen  könnte. 

Soll  das  Fenster  nicht  ganz  geöffnet  werden,  sondern  eine  andere 
beliebige  Lage  einnehmen,  so  verfährt  man  in  folgender  Weise:  Das 
Fenster  wird  erst  ganz  geöffnet.  Nachdem  man  nun  durch  Loslassen 
der  Stange  s  die  Scheibe  in  ihre  tiefste  Lage  sinken  läfst,  sinkt  auch 
der  Bügel  B  durch  sein  eigenes  Gewicht  auf  die  Nase  e.  Durch  die 
mit  ihrem  Haken  in  dem  Auge  r  der  Scheibe  A  hängende  Stange  be- 
wegt man  nun,  ohne  die  Scheibe  anzuheben,  den  Fensterflügel  um  seine 
Drehachse  in  der  Zahnrichtung,  wobei  immer  ein  Zahn  des  Bügels  nach 
dem  anderen  über  die  Nase  e  schnappt,  so  lange,  bis  der  Fensterflügel 
die  Lage  eingenommen  hat,  die  man  demselben  zu  geben  wünscht. 
Sollte  auf  das  Feststellen  des  Fensterflügels  in  jeder  gewünschten  Lage 
verzichtet  und  nur  auf  das  ganze  Oefiuen  desselben  und  den  Verschlufs 
Werth  gelegt  werden,  kommt  der  Bügel  entsprechend  verkürzt  und  nur 
mit  dem  Verschlufs  zahn  o  in  Anwendung.  Ein  zu  beiden  Seiten  auf 
die  excentrische  Scheibe  A  aufgegossener  offener  Kranz  g  begrenzt 
durch  Anschlag  an  die  Lappen  p  p  die  höchste  und  die  tiefste  Stellung 
der  Scheibe. 

Nach  der  in  Fig.  14  dargestellten  Ausführung  von  W.  Bubmann  und 
Hirgchmann  in  Wassertrüdiugen  (*D.  R.  P.  Nr.  46  329  vom  2.  August 
1888)  besteht  die  zum  Oeflnen  und  Schliefsen  dienende  Vorrichtung 
aus  dem  Gehäuse  A^  dem  Zahnhebel  B  und  der  Zahnstange  C,  welch 
letztere  in  den  beiden  am  Fensterstock  befestigten  Gehäusen  A  und  in 
der  Führungshülse  D  gelagert  ist  und  mit  den  Stiften  /  des  Hebel- 
armes E  mittels  des  Steges  r  verbunden  ist.  An  den  Hebelarmen  E  E 
befindet  sich  ein  zur  Aufnahme  des  am  Fensterflügel  angeschraubten 
Fühvungsstiftes  ss  dienender  offener  Längsschlitz  a,  während  parallel 
die  beiden  Hebelarme  EE  mit  der  Achse  o  zu  einem  Ganzen  vereint 
sind,  deren  Drehung  die  beiden  am  Fensterstocke  haftenden  Lager  tt 
gestatten.  Zum  Zwecke  des  FlügelöfFnens  drückt  man  die  an  dem 
Zahnhebel  B  drehbar  angebrachte  Falle  b  bei  x  nach  unten,  so  dafs 
dieselbe  aus  der  Gehäuserast  i  tritt  und  frei  wird.  Bei  fernerem  Drücken 
des  Zahnhebels  B  nach  unten  wird  die  Zahnstange  C  und  die  mit  der- 
selben  mittels   des  Steves  r   verbundenen  Hebelarme  EE  in   die  Höhe 


584       Gebauer's  revolvirender  Apparat  zum  Bleichen,  Kochen  u.  s.  w. 

gehoben,  wobei  beide  Hebelarme  auf  die  in  denselben  gelagerten 
Führungsstifte  ss  einen  gleichzeitigen  Druck  ausüben,  wodurch  das 
Oellnen  des  Flügels  stattfindet,  bis  die  Führungsstifte  ss  den  unteren 
kurzen  Schlitztheil  e  e  verlassen  haben.  In  Folge  der  eigenen  Flügel- 
schwere legen  sich  sodann  beide  Führungsstifte  fest  an  die  Hebelarme 
an,  welche  beim  Vorgange  des  Steigens  und  Fallens  beider  Hebelarme 
stets  vor-  bezieh,  nachrücken  und  dadurch  den  Flügel  bis  zu  der  durch 
den  Zahnhebel  B  bedingten  gröfsten  erreichbaren  OefFnung  in  jeder  be- 
liebigen Stelluug  festhalten. 

Behufs  theilweisen  oder  gänzlichen  Schliefseus  des  Flügels  wird 
der  Zahnhebel  B  nach  oben  gedrückt,  wodurch  die  den  Flügel  mit- 
nehmenden Hebelarme  E  E  nach  abwärts  sich  neigen.  Sobald  die  an 
dem  Hebel  B  sich  befindende  Falle  b  in  die  Rast  i  des  Gehäuses  A 
fällt,  ist  durch  den  dauernd  erzeugten  Druck  auf  die  Führungsstifte  des 
Flügels  ein  sicherer  Verschlufs  erzielt,  so  dafs  ein  Oef!'nen  von  aufsen 
unmöglich  ist,  so  lange  das  Oberlicht  mit  dem  unteren  Triebwerke 
bezieh,  mit  der  Zahnstange  C  verbunden  bleibt.  Hebt  man  den  Steg  r 
von  den  Stiften  l  des  rechten  Hebelarmes  E  weg,  so  ist  der  Oberlicht- 
flUgel  von  der  Zahnstange  C  befreit. 


Revolvirender  Apparat  zum  Bleichen,  Kochen,  Imprägniren 
u.  s.  w.;  von  Fr.  Gebauer  in  Charlottenhurg. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  30. 

Der  durch  das  D.  R.  P.  Kl.  8  Nr.  47  567  vom  5.  December  1888 
geschützte  Apparat  zum  Bleichen,  Kochen,  Imprägniren,  Laugen, 
Dämpfen,  Beizen,  Färben,  Waschen  u.  s.  w.  wird  durch  eine  beliebige 
Anzahl  auf  einer  Drehscheibe  angeordneter  Kessel  gekennzeichnet, 
welche  mit  einem  gemeinsamen  Flottencirculationsapparat  (Centrifugal- 
pumpe,  Injector  u.  s.  w.)  derart  verbunden  sind,  dafs  durch  entsprechende 
Schaltung  der  Drehscheibe  entweder: 

a)  in  continuirlicher  Folge  ein  Kessel  nach  dem  anderen  behufs 
Kochung,  Ausleerung  und  neuer  Beschickung  an  das  gemeinsame 
Flottencirculationsrohr  angeschlossen  bezieh,  von  demselben  abgesondert 
werden  kann  5 

b)  in  beliebiger  Anzahl  zwei  und  drei  Kessel  gleichzeitig  ange- 
schlossen oder  ausgeschaltet  werden  können. 

Den  ersten  Fall  veranschaulichen  die  Fig.  1  und  2  Taf.  30.  Die 
auf  der  Drehscheibe  A  angeordneten  Kessel  G  sind  an  die  gemeinsame 
Flottenrohrleitiing  B  B  durch  die  Verschlüsse  a  derart  angeschlossen, 
dafs  mit  Hilfe  der  Ventile  6,  Dreiweghähne  c  eine  Verbindung  mit  B  B 
und  G   hergestellt   bezieh,  unterbrochen  werden    kann.     Die    zwischen 


Maschine  zum  Ablösen  des  Kesselsteins  von  Siederöliren. 


585 


die  Rohrleitung  eingeschaltete  rotirende  Pumpe,  welche  entweder, 
wie  es  Fig.  1  und  2  Taf.  30  erkennen  lassen,  auf  der  Drehscheibe  A 
oder  aufserhalb  derselben  (Fig.  3  und  4  Taf.  30)  montirt  ist,  bewirkt 
einen  Kreislauf  der  in  den  Kesseln  G  und  der  Rohrleitung  B  B  be- 
findlichen Flotte  derart,  dafs  gleichzeitig  eine  beliebige  Anzahl  der 
vorhandenen  Kessel  mit  Flotte  berieselt  werden  kann.  Durch  die  Rohr- 
stutzen e  wird  das  Anschliefsen  der  Dampfleitung  möglich,  sobald  die 
Flotte  im  Kochen  erhalten  werden  soll. 

Durch  Schliefsung  des  Ventils  b  eines  Kessels,  also  Absperrung 
desselben  von  der  gemeinsamen  Rohrleitung  BB^  sowie  Einstellung 
der  zugehörigen  mit  einem  Injector  F  verbundenen  Leitung  durch  den 
Dreiweghahn  c  wird  der  genannte  Injector  einen  Kreislauf  der  Flotte 
in  dem  Kessel  derart  herbeiführen,  dafs  dieselbe  aus  G  durch  EFD 
wieder  in  den  Kessel  zurücktritt,  ohne  die  Rohrleitung  B  B  zu  durch- 
laufen. 

Der  geringe  Inhalt  der  Kessel  (400  bis  SOO^^'  Waare)  ermöghcht 
eine  Behandlung  des  Gutes  in  kleinen  Partien,  wodurch  wiederum  eine 
Abkürzung  der  Arbeitszeit  erreicht  wird,  da  der  Kreislauf  der  Flotte 
in  einem  kleineren  Kessel  wesentlich  erleichtert  wird  und  in  Folge 
dessen  auch  der  Inhalt  desselben  schneller  zum  Kochen  gelangt. 

Die  zweite  unter  b)  in  der  Einleitung  gekennzeichnete  Aus- 
führungsform des  Apparates  ist  in  den  Fig.  3  und  4  Taf.  30  dargestellt. 
Auf  der  Drehscheibe  A  sind  vier  Kessel  angeordnet,  von  denen  sich 
immer  zwei  in  Kochung  befinden,  während  der  dritte  gefüllt  und  der 
vierte  entleert  wird.  H.  Gl. 


Maschine  zum  Ablösen  des  Kesselsteins  von  Siederöliren. 


Von  Schneider  und  Hel- 
mecke in  Magdeburg  wird 
eine  recht  brauchbare  Ma- 
schine ausgeführt,  mit  wel- 
cher der  an  Siederöhren 
anhaftende  Kesselstein  rasch 
und  ohne  Verletzung  des 
Rohres  abgerieben  wird. 
Diese  Maschine  besteht  nach 
Uhland\  Praktischem  Ma- 
schinen-Constructeur.,  1889 
Bd.  22 ''S.  101,  aus  zwei 
gleichliegenden  und  nach 
gleicher  Drehrichtung  krei- 


Mit  Abbildung. 


586  ilutor  für  elektrische  Eisenbahnen. 

senden  Wellen,  auf  welchen  zwei  Schrägzahn-  bezieh.  Winkelzahu- 
räder  als  Stütze  für  das  Siederohr  dienen,  sonst  aber  nicht  im  gegen- 
seitigen Eingriff  stehen.  Diese  Bewegung  wird  dadurch  erhalten,  dafs 
blofs  ein  Kiemen  über  beide  Scheiben  der  einzelnen  Wellen  geht.  Dar- 
über ist  ein  federnder  Gabelhebel  gelegt,  in  welchem  eine  Rillenrolle 
etwas  schräg  gegen  die  Achse  des  Siederohres  lagert.  Hiermit  wird  ein 
selbsthätiger,  ununterbrochener  Vorschub  des  Siederohres  in  einfacher 
Weise  erhalten.  Die  obere  Rillenrolle  sowie  die  Winkelzahnräder  sind 
aus  Hartgufs  gefertigt. 


Sprague's  und  Bentley-Knight's  Motor  für  elektrische 
Eisenbahnen.^ 

In  dem  Londoner  Eleclrical  Engineer^  1888  "'•■  S.  502,  ist  die  neueste 
Anordnung  dargestellt,  welche  die  Sprague  Electric  Raihvay  and  Motor 
Company  in  New  York  gewählt  hat. 

Der  Motor  wird  in  zwei  Gröfsen  gebaut,  zu  7,5  und  15  IP,  welche  in 
ihrer  äufseren  allgemeinen  Erscheinung  übereinstimmen.  Der  Wagen 
besitzt  zwei  Motoren  von  15  H*.  Dieselben  können  entweder  auf  bereits 
vorhandene  Wagen,  oder  auf  besonderen  angebracht  werden.  Sie 
haben  die  gewöhnliche  Anordnung  von  Sprague :  sie  sind  mitten  zwischen 
die  Achsen  gelegt  und  biegsam  aufgehängt.  Sie  sind  sehr  gedrängt 
und  kräftig  und  zeigen  die  neuesten  dem  Bedürfnisse  des  Strafsenwageu- 
verkehrs  angepafsten  Verbesserungen.  Das  Getriebe  auf  der  Anker- 
welle greift  zur  Sicherstellung  eines  ruhigen  Ganges  in  ein  Zwischenrad 
mit  Zähnen  aus  vulkanisirter  Faser  ein  und  das  Getriebe  auf  dessen 
Achse  in  das  Hauptrad  auf  der  Räderachse.  Alle  Lager  sind  selbst- 
ölend, staubsicher  und  lassen  sich  einzeln  abnehmen.  Alles  ist  auf 
grofse  Dauer  und  rasche  Auswechselung  berechnet.  Die  Bürsten  lassen 
sieh  leicht  stellen  und  sind  nach  neuen  Grundsätzen  hergestellt.  Jede 
Bürste  besteht  aus  einer  Anzahl  flacher,  viereckiger  Kupferstreifen,  die 
lose  in  einem  Halter  durch  einen  durch  die  Mitte  hindurch  gehenden 
Stift  gehalten  werden.  Die  Streifen  stellen  sich  selbst  in  die  Richtung 
der  Bewegung  und  die  Oberfläche  des  Bürstencontactes  stimmt  mit  der 
des  Stromumschalters  überein,  worauf  die  Bürsten  liegen. 

Ein  dicht  schliefsender  Deckel,  der  die  in  einander  greifenden 
Räder  einschliefst,  kann  hinzugegeben  werden.  Sowohl  die  sich  selbst 
centrirenden  Lager  des  Ankers,  wie  die  Zwischenlager  sind  mit  Oel- 
und  Staub-Schutz  ausgestattet. 

Der  Wagen  von  Bentley- Knight  erhält,  wenn  starke  Inanspruch- 
nahme vorhanden  ist,  zwei  Motoren,  deren  jeder  unabhängig  vom 
anderen  eine  Achse  treibt.   Gewöhnlich  wird  nur  ein  Motor  angewendet, 


'  Vgl.  1887  264  140.  208  ii.  s.  w. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  587 

der  an  der  einen  Wagenaehse  angebracht  wird.  So  wird  zugleich  das 
Gewicht  vorwiegend  auf  die  getriebene  Achse  vereinigt  und  gutes 
Anhaften  für  den  Zug  gesichert.  Jeder  Wagen  ist  ganz  unabhängig 
von  dem  anderen  und  kann,  wenn  er  durch  einen  Zufall  dienstunfähig 
wird,  von  der  Bahn  entfernt  werden.  Auch  die  Dynamo  in  der  Kraft- 
station sind  von  einander  unabhängig.  Der  Motor  und  das  Räderwerk 
am  Wagen  arbeiten  geräuschlos  und  sind  unsichtbar  unter  dem  Wagen- 
boden angebracht.  Geräth  ein  Wagen  von  den  Schienen,  so  kann  er 
sich  selbst  wieder  auf  dieselben  bewegen.  Das  Motorgestell  ist  ganz 
unabhängig  vom  Wagenkörper  und  kann  an  jedem  vorhandenen  Wagen 
angebracht  werden,  ohne  dafs  etwas  abgeschnitten  oder  geändert  zu 
werden  braucht.  Der  Motor  kann  von  jedem  Wagenende  aus  über- 
wacht werden,  wozu  nur  eine  an  der  Spindel  der  gewöhnlichen  Bremse 
angebrachte  Kette  nöthig  ist^  wird  der  gewöhnliche  Griff  der  Bremse 
in  der  einen  Richtung  gedreht,  so  wird  die  Bremse  gelöst  und  der 
Wagen  in  Gang  gesetzt;  bei  der  Drehung  des  Griffes  in  der  anderen 
Richtung  wird  der  Wagen  angehalten  und  gebremst.  Durchweg  ist 
Zahnradübertragung  angewendet,  die  geräuschlos  arbeitet.  Die  Bürsten 
liegen  fest  und  bedürfen  keiner  Nachstellung,  weder  bei  wechselnder 
Ladung,  noch  bei  Aenderung  der  Fahrtrichtung.  Selbst  bei  schwerster 
Ladung  findet  kein  Funkenüberspringen  statt.  Wagen,  welche  in  der 
Stadt  mit  9,6  bis  12km^8  in  der  Stunde  laufen,  können  in  den  Vor- 
städten 32  bis  48*^°"  Geschwindigkeit  annehmen. 


üeber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  551  d.  Bd.) 

Dyckerhoff  stellte  Mörtelproben  aus  Portland-Cement,  Trafsmörtel, 
Cement-Kalkmörtel  und  Puzzolan-Cement  her,  und  zwar  der  Einfach- 
heit halber  blofs  Zugproben,  welche  1)  nur  im  Wasser  erhärteten, 
2)  Proben,  die  nach  24  Stunden  ins  Freie  kamen,  und  3)  Proben,  die 
1  Woche  im  Wasser  erhärteten  und  dann  ins  Freie  gesetzt  wurden. 
Die  Festigkeitsergebnisse  sind  in  Tabelle  I  (S.  588)  mitgetheilt. 

Bei  der  Betrachtung  der  ersten  Rubrik  der  Tabelle  („Normenprobe") 
fällt  auf,  dafs  Puzzolan-Cement  bei  fast  gleicher  Zugfestigkeit  eine 
wesentlich  geringere  Druckfestigkeit  besitzt,  als  der  Portland-Cement. 
Aus  der  zweiten  Rubrik  ersieht  man,  dafs  Portland-Cement  nach 
26  Wochen  an  Festigkeit  weit  mehr  zugenommen  hat,  als  Puzzolan- 
Cement;  Trafsmörtel  nimmt  an  Festigkeit  allmählich  zu,  so  dafs  nach 
26  Wochen  die  Zugfestigkeit  des  Cement-Kalkmörtels  erreicht  wird,  da- 
gegen steht  er  in  der  Druckfestigkeit  hinter  Portland-Cement  zurück. 
Die  dritte  Rubrik  erweist,  dafs  beim  Erhärten  im  Freien  der  Portland- 
Cement   und   der  Cement-Kalkmörtel    dem   Trafsmörtel   und   Puzzolan- 


588 


lieber  die  Untersuchung  und  das  "Verhalten  von  Cement. 


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3 
3 

Cement  weit  überlegen 
sind.  Dasselbe  ergibt 
sich  auch  aus  der  vier- 
ten Rubrik,  Während 
Portland-Cement  beim 
Erhärten  an  der  Luft 
eine  höhere  Festigkeit 
erlangt  als  beim  Er- 
härten im  Wasser,  ver- 
hält sich  Trafs  und 
Puzzolan- Cement  ge- 
rade umgekehrt. 

Auch  die  folgende 
Versuchsreihe,  bei  wel- 
cher Rheinsand,  der 
durch  ein  Sieb  von 
fünf  Maschen  auf  den 
Quadratcentimeter  ge- 
siebt war,  verwendet 
wurde,  zeigt  den  Unter- 
schied der  verschiede- 
nen Mörtelarten. 

Wenn  man  die 
Zahlen  der  Tabelle  II 
bei  Erhärtung  an  der 
Luft  im  Zimmer  mit 
den  ZahlenderTabellel 
bei  Erhärtung  im  Freien 
vergleicht,  so  ergibt 
sich,  dafs  nach  4  Wo- 
chen bei  Erhärtung  im 
Zimmer  die  Festigkeit 
bei  allen  vier  Mörtel- 
arten höher  ausfällt 
als  bei  Erhärtung  im 
Freien.  Dies  hat  jeden- 
falls seinen  Grund  in 
dem  langsamen  und 
gleichmäfsigen  Aus- 
trocknen an  der  Zim- 
merluft. 

Das  Verhalten  der 
Mörtel  bei  Festigkeits- 
prüfungen   mit    3   Th. 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 


589 


Tabelle  IL 


Mörtelmischunsr  in  Gewichtstheilen 


4  Wochen  in  Wasser     1  Woche  in  Wasser 
erhärtet  3  Wochen  Luft 


ZU2 


Druck 


Zug 


Druck 


Portland-Cement  1 : 3  Rheinsand      .     .     . 

+  1  2  Kalkhydrat 

Puzzolan-Cement  1 : 3  Rheinsand  .  .  . 
Trafsmörtel:    1  Vol.  Trafs.    1  Vol.  Kalk, 

1  Vol.  Rheinsand 


22.1 

242,0 

38,4 

1 
17,1 
23,5 

152,0 
130,0 

24,3     1 
19,3     1 

10,7 

77,6 

11,2  : 

318.0 

226.0 
132.0 

81,6 

Sand  läfst  keinen  Rüekschlufs  ziehen  auf  das  Verhalten  fetterer  Mischungen, 
z.  B.  mit  1  Th.  Sand.  Es  ist  charakteristisch,  dafs  die  specifisch 
leichteren  Bindemittel  (Roman-Cement.  Trafsmörtel.  Puzzolan-Cement 
u.  s.  w.)  bei  gleichem  Arbeitsaufwande  und  gleicher  Consistenz  der 
Mörtel  mit  1  Th.  Sand  beträchtlich  weniger  dichte  Probestücke  geben 
als  mit  3  Th.  Sand,  während  der  schwere  Portland-Cement  mit  1  Th. 
Sand  gleich  dichte,  oder  sogar  dichtere  Probestücke  liefert  als  mit  3  Th. 
Sand.  In  der  folgenden  Tabelle  ist  das  Gewicht  der  Würfel  von  50'i^ 
Fläche  angegeben,  die  mit  dem  jßö^me'schen  Hammerapparate  bei 
150  Schiäsen  hergestellt  wurden. 


1 

:3  Sand 

1 

:1  Sand 

Portland-Cement 

n                 n 

Roman-         „ 

I 

II 

801g,0 
807g.5 
757g.5 

811g,5 
807g,5 
716g.O 

Puzzolan-      ,. 

I 

II 

807g,5 
796g.O 

750?,5 
740g,0 

Trafsmörtel:  2g  Trai's.  I3  Kalk  .     .     [        759g.5  684s,5 

In  diesen  Dichtigkeitsverhältnissen  scheint  der  Grund  zu  liegen, 
warum  die  specifisch  leichteren  Bindemittel  in  fetten  Mischungen  sich 
ungünstiger  verhalten,  als  man  nach  der  Normenprobe  mit  3  Th.  Sand 
erwarten  sollte.  Die  Erfahrung  hat  gezeigt,  dafs  die  leichteren  Binde- 
mittel in  fetteren  Mischungen,  wie  sie  angewendet  werden  müssen,  wenn 
es  sich  um  Wetterbeständigkeit  handelt,  sich  weniger  widerstandsfähig 
erweisen,  als  man  nach  der  Festigkeitsprobe  glauben  sollte. 

Aus  all  diesen  Thatsachen  geht  deutlich  hervor,  dafs  die  Normen 
für  Portland-Cement  nicht  dazu  dienen  können,  andere  hydraulische 
Bindemittel  unter  einander  auf  ihren  Werth  zu  vergleichen. 

Dr.  Schumann  erinnert  an  seinen  Bericht  über  Schlacken-  und  Puz- 
zolan-Cement (vgl.  1886  261  529)  und  bemerkt,  dafs  die  Fabrik  T/iale 
jetzt  in  eine  Actiengesellschaft  umgewandelt  worden  ist  und  ihr  Fabrikat 
unter  dem  Namen  Victoria-Cement  in  den  Handel  bringt.  Die  Behaup- 
tung, Puzzolan-Cement  von  Braunschweig  übertretfe  an  Festigkeit  be- 
deutend die  Portland-Cemente.  ist  darauf  zurückzuführen,  dafs  besondere, 
sehr  fein  gemahlene  Proben  von  Puzzolan-Cement  mit  grob  gemahlenen 
Portland-Cementen  verglichen  werden. 


590 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  vun  Cemenl. 


Schumann  untersuchte  daher  sechs  aus  diesen  Fabriken  bezogene 
Proben  und  fand  die  Zugfestigkeit  von  20,4'^/qc  bis  24,8'</qc  und  die 
Druckfestigkeit  in  den  Grenzen  von  105,6  bis  218'^/qc.  Da  diese  Re- 
sultate das  ganze  Verhalten  der  Cemente  nicht  charakterisiren,  wurden 
die  Versuche  weiter  ausgedehnt.  Die  Prüfung  auf  Festigkeit  geschah 
mit  Mischungen  von  1  Cement :  1  Sand  und  1  Cement  :  3  Sand,  Alle 
Proben  wurden  normengemäfs  eingeschlagen. 

Tabelle  I. 


1  Cement :  3  Sand 

1  Cement :  1  Sand 

Cementsorte 

4  Wochen 
Wasser 

1  Woche  Wasser 
3  Wochen  Luft 

4  Wochen 

Wasser 

1  Woche  Wasser 
3  Wochen  Luft 

Zug    1   Druck 

Zug 

Druck 

Zug    1  Druck        Zug    |  Druck 

Portland-Cement  I    . 
Puzzolan-      „        I    . 

20,8     240,0 
21,2     142,0 

31,3 
15,0 

306,0 
152,0 

27,6 
25,1 

344,0 
184,0 

47,8 
20,9 

428,0 
210,0 

Portland-Cement  II  . 
Puzzolan-      „        II   . 

24,0 

24,8 

280,0 
218,0 

33,8 
22,1 

360,0 
234,0 

32,1 
32,5 

372,0 
274,0 

51,2 
32,3 

500,0 
340,0 

Aus  dieser  Tabelle  sind  folgende  Schlufsfolgerungen  zu  ziehen:  Bei 
den  Portland-Cementen  I  und  II,  welche  in  der  Mischung  1  Cement :  3  Sand 
im  Wasser  bezieh,  die  gleiche  Zugfestigkeit  haben  wie  die  Puzzolan- 
Cemente  I  und  II,  ist  die  Druckfestigkeit  um  60  bis  100"^  höher,  bei 
der  Mischung  1  Cement  :  1  Sand  aber  um  100  bis  1601^  als  bei  Puz- 
zolan-Cementen.  Beim  Erhärten  an  der  Luft  ist  der  Portland-Cement 
überlegen : 

bei  1:3  im  Zug  um  11  bis  16k,  im  Druck  um  130  bis  150k 
„    1:1    „      „       „19     „    27k,    „        „         „     160     „    220k. 

Es  wurde  lerner  die  Adhäsion  und  der  Einflufs  des  Frostes  auf  die 
beiden  Cemente  geprüft.  Die  bei  —  3"  C.  der  Luft  ausgesetzten  Probe- 
körper von  Puzzolan-Cement  zeigten  Risse.  In  der  folgenden  Tabelle 
sind  die  Resultate  weiterer  Versuche  zusammengestellt.  Die  Probe- 
körper wurden  nach  24  Stunden  ins  B'reie  gesetzt^  erst  nach  3  Tagen 
fiel  das  Thermometer  unter  Null.  Während  der  Erhärtung  trat  ab- 
wechselnd Thau-  und  Frostwetter  ein. 


ilörielmischung  in 
Gewichtstheilen 


Festigkeit  nach  28  Tagen 
im  Wasser        im  Freien 


Zug       Druck        Zug       Druck 


ijonicrkungen. 


Portland-Cement  I 
1  :  3  Rheinsand 

Puzzolan-Cement  I 
1  :  3  Rheinsand 


22,1 
23,5 


242,0 
130,0 


21,8 
12,7 


250,6 

82,6 


Nach    4  Tagen    trat 
der  erste  Frost  ein. 


Portland-Cement  II 
1  :  3  Rheinsand 

Puzzolan-Cement  II 
1  :  3  Rheinsand 


25,6 
26,4 


292,0 
210,0 


22,9 
15,7 


224,0 
104,0 


Nach    3   Tagen    der 
erste  Frost. 


üeber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  591 

• 
Verputze  aus  Puzzolau-Cement  werden  viel  leichter  rissig  als  solche 

aus  Portland-Cemeot,  ebenso  nützen  sich  Platten  des  ersteren  Materials 
leichter  ab  als  die  des  letzteren.  Schlacken-  oder  Puzzolan-Cement 
ist  eben  ein  Gemisch  aus  Schlacke  und  Kalk,  in  welchem  die  Kalk- 
moleküle neben  den  Schlackentheilchen  liegen  und  erst  durch  an- 
dauernde Berührung  mit  Wasser  zur  Wirkung  gelangen,  dagegen  Port- 
land-Cement  ein  auf  feurigem  Wege  gebildeter  homogener  Körper,  der 
seine  Erhärtungsfähigkeit  entwickelt,  sobald  er  nur  einmal  den  nöthigen 
Wasserzusatz  erhält.  Puzzolan-Mörtel  aus  Schlacke  und  Kalk  zeigt 
grofse  Aehnlichkeit  mit  einem  anderen  Puzzolan-Mörtel,  nämlich  dem 
Mörtel  aus  Trafs  und  Kalk.  Vom  Trafs-Mörtel  ist  es  ja  längst  be- 
kannt, dafs  er  an  der  Luft  schlechter  erhärtet  als  im  Wasser. 

R.  Bosse  vertheidigt  den  Puzzolan-Cement  {Thonindustrie- Zeitung^ 
1887  Nr.  33  und  34). 

Volumenveränderung  und  Schäden. 

Die  Volumenbeständigkeit  hydraulischer  Bindemittel  bespricht  L.  Tet- 
majer  {^Bericht  über  die  iSomenclatur  und  Prüfungsbestimmungen  hydrau- 
lischer Bindemittel).  Absolut  volumenbeständige  Bindemittel  existiren 
überhaupt  nicht.  Alle  dehnen  sich  im  Wasser  etwas  aus  und  contrahiren 
an  der  Luft.  Nur  solche  Methoden  der  Prüfung,  die  diesem  Umstände 
Rechnung  tragen,  sind  brauchbar,  andere,  wie  z.  B.  die  manchmal  noch 
gebrauchten  Glasproben,  bei  welchen  dickwandige  Gefäfse  mit  einem 
entsprechend  cousistenten  Brei  des  Bindemittels  angefüllt  und  bei  Luft- 
oder W asser lagerung  beobachtet  werden,  zu  verwerfen.  Die  gröfsten 
Schäden  werden  durch  das  Treiben  der  Cemente  veranlafst.  Man  unter- 
scheidet das  Lufttreiben  und  das    fVassertreiben  der  Bindemittel. 

Das  Lufttreiben  kommt  bei  scharf  gebrannten  Cementen  vor  und 
besteht  in  einem  durch  Kohlensäureaufnahme  begleiteten,  von  aufseu 
nach  innen  zunehmenden  Zerfallen  des  Materials. 

Zwei  Cemente,  die  sich  ein  Jahr  lang  unter  Wasser  gut  gehalten 

hatten,  nachher,  der  Luft  ausgesetzt,  zu  treiben  begannen,  hatten  folgende 

Zusammensetzung : 

A  B 

SiO-, 19,73  Proc.  20.16  Proc. 

AI2Ö3 8,40  ..                  6,19      „ 

FeoOg 3,42      .,                  2,90      „ 

Gab 61.63  .,  62,28      „ 

CaCOg Spur                          — 

CaSOj 3.16  ..                  — 

MgO 1.95  ,.                  3,76      „ 

HoO 1.63      „      J^^O    J3^o5      „ 

SO3 -         „  ^      0,75      „ 

Eine  Probe  von  A  (Kuchen  von  12  auf  12cni)  war  2  Jahre  nach 
der  Verarbeitung  mürbe  und  bröcklig  geworden.  Dr.  Treadwell  con- 
statirte    in    den    abgebi'öckelten   Körnchen   8,75  Proc.    CO2.  —  B,    ein 


592  L'cber  die  Untersucüuiig  und  das  ^'erllalteu  von  Cemeiit. 

künstlicher  Portland-Cement,  erwies  sich  anfangs  als  schwach,  hatte 
aber  nach  84  Tagen  die  Zugfestigkeit  221^  qc-  Nach  etwa  li/^  Jahren 
begann  ein  an  der  Luft  gelassener  Würfel  abzusondern. 

Ein  nach  3 monatlicher  Luftlagerung  treibeudtr  Cement  hat  folgende 
Zusammensetzung:  SiO.^  21,85  Proc,  Al.^Og  7,20,  Fe.pa  2,82,  CaO  60,42, 
MgO  0,83,  CaS04  1,93,  CaCOg  1,34,  H2O  2,13  Proc.  —  Nach  3  monat- 
licher Lagerung  im  Sack  zeigte  derselbe  Cement  die  Zusammensetzung: 
SiO.2  21,47,  AI2O3  6,97,  Fe-pg  2,73,  CaO  54,93,  MgO  0,81,  CaSOj  1,85, 
CaCOg  7,52,  H2O  2,66  Proc.  Der  Cement  war  also  degenerirt;  aus 
solchem  degenerirten  Cemente  angefertigte  Platten  erwiesen  sich  volum- 
beständig. Unter  Wasser  zeigte  auch  der  nicht  degenerirte  Cement 
normales  Verhalten. 

Die  über  das  Lufttreiben  angebahnten  Nachforschungen  haben  über- 
einstimmend dargethan,  dafs  der  Grund  der  Erscheinungen  nicht  in  der 
chemischen  Zusammensetzung,  sondern  in  der  unvollkommenen  Auf- 
bereitung des  Rohmaterials,  in  der  ungenügenden  Homogenität,  der  un- 
genügend innigen  Mischung  der  Rohmaterialien,  verbunden  mit  unvoll- 
kommener Aufschliefsung  des  Silicats  im  Feuer  zu  suchen  ist,  wodurch 
Producte  entstehen,  die  in  ihrem  Verhalten  mit  den  thonerdereichen, 
kalkarmen  Portland-Cementen  manche  Aehnlichkeit  besitzen.  —  Macht 
man  das  Mehl  solcher  Cemente  mit  Wasser  an,  so  tritt  eine  Dissociation 
der  im  Feuer  gebildeten  Verbindungen  ein,  wobei  sich  wahrscheinlich 
labile  Hydrosilicate  und  Kalkaluminate  bilden,  die,  wie  Le  Chatelier 
zeigte,  schon  bei  einer  relativ  niedrigen  Temperatur  einen  Theil  ihres 
Wassergehaltes  verlieren,  zerfallen  und  durch  Hinzutritt  der  Kohlen- 
säure möglicher  Weise  auch  zersetzt  werden  können.  Unter  Wasser 
sind  derartige  Verbindungen  ganz  beständig.  Aber  auch  der  freie  Aetz- 
kalk  übt  innerhalb  gewisser  Grenzen  keinen  schädlichen  Einflufs  auf 
die  Wassererhärtung  ^  im  Gegeutheil,  die  nur  allmählich  und  unter 
gleichmäfsigcm  Gedeihen  sich  löschenden  todtgebrannten  Aetzkalkpar- 
tikelchen  werden  zunächst  eine  intermolekulare  Verdichtung  der  col- 
loidalen  Stoffe  des  Bindemittels  bewirken  und  dadurch  nicht  unwesent- 
lich zur  Verfestigung  desselben  beitragen.  Solche  Cemente  sind  unter 
Wasser  gewöhnlich  steinhart  und  erlangen  eine  ungewöhnliche  Festig- 
keit. Nur  wenn  der  Gehalt  an  freiem  Aetzkalk  gewisse  Grenzen  über- 
schreitet, treten  in  der  in  Versteinerung  begrillenen  Cementmasse  Span- 
nungen auf,  die,  und  zwar  je  nach  Umständen,  schon  nach  wenigen 
Tagen  der  Wasserlagerung  die  gefürchteten  Treibschäden  echter  Kalk- 
treiber erzeugen.  (Ausgeruhte,  d.  h.  degenerirte  Cemente  sind  meist 
sehr  kräftige  Mörtelbildner;  bei  ihrer  Verwendung  ist  aber  Vorsicht 
geboten.)  Aehnliche  Wirkungen  kann  auch  die  freie  Magnesia  hervor- 
rufen, nur  löschen  sich  todtgebrannte  Magnesiatheilchen  langsamer  als 
die  todtgebrannten  Kalktheilchen.  —  Die  Lufttreiber  werden,  mit  Wasser 
augemacht,   tadellos  erhärten.     Ihre  Grundmasse  verliert  indessen  nach 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  593 

einiger  Zeit  au  der  Luft  zufolge  Wasserverlust  ihre  Cohäsiou,  sie  wird 
mürbe,  brüchig  uud  schliefslich  auch  rissig.  Der  nunmehr  blofsgelegte 
Kalk  kann  aus  der  Luft  Kohlensäure  uud  Wasser  aufnehmen,  die 
Kohlensäure  scheint  aber  keinen  activen  Autheil  an  der  Zersetzung  zu 
nehmen.  —  Da  viele  Cemente  in  Wasser  und  an  feuchter  Luft  ein 
tadelloses  Verhalten  zeigen,  an  trockener  Luft  aber  zerfallen,  ist  (nach 
Tetmajer)  die  deutsche  Plattenprobe  einseitig  und  unzulänglich. 

Das  Wassertreiben  der  hydraulischen  Bindemittel  kann  hervorgerufeu 
werden: 

a)  Durch  übermäfsigen  Gehalt  an  Stoffen,  die  durch  Oxydation  und 
nachträgliche  Wasseraufnahme  eine  Volumenvergröfserung  erfahren. 
Hierher  gehören  angeblich  die  Sulfide,  insbesondere  das  Sulfid  des 
Kalkes,  welches  sich  in  ein  basisches  Kalksulfat  (€82805  -f-  THjO)  ver- 
wandeln soll.  Sulfide  können  in  Portland-  und  Schlacken-Cement  vor- 
kommen. Li  hydraulischen  Kalken  und  Roman-Cementen  reicht  die 
Braudtemperatur  in  der  Regel  nicht  auf  die  zur  Bildung  des  Kalksulfids 
CaS  erforderfiche  Höhe.  Bei  Hochofenschlacken  konnte  selbst  bei  drei- 
jähriger Beobachtungsdauer  eine  schädliche  Wirkung  des  Sulfids  im  Be- 
trage bis  auf  -\-  5  Proc.  nicht  beobachtet  werden.  In  Portland-Cemeuten 
sollen  die  Sulfide  schon  bei  1  Proc.  Gehalt  schädlich  wirken. 

b)  Durch  grobes  Koru,  ungenügende  Homogenität  und  fehlerhaften 
Brand  des  Rohmateriales  oder  mangelhafte  Behandlung  des  gebrannten 
Materiales.  Das  treibende  Agens  ist  hier  das  freie,  durch  eine  Haut 
von  Kalkferrat  umgebene  Aetzkalkkoru,  welches  sein  Volumen  ver- 
gröfsert. 

c)  Bei  entsprechend  feinem  Korne,  inniger  Mischung  und  normalem 
Brande  des  Rohmateriales  durch  überflüssigen  Gehalt  an  quelluno-sfähioeu 
Stoffen.  Hierher  gehört  der  Kalk,  die  Magnesia,  der  wasserfreie  Gy])s, 
möglicher  Weise  auch  andere  Colloidbildner.  Schädliche  Gypswirkunoen 
koiumen  selten  vor.  Der  überschüssige  Kalk  v»ird  durch  die  englische 
Darrprobe  u.  s.  w.  angezeigt,  die  Normeuprobe  gibt  gleichzeitig  das 
Gypstreiben  zu  erkennen,  während  die  beschleunigten  Proben  das  Gvps- 
treiben  nicht  markiren,  weil  sie  seine  Wassersättiguug  hindern  (T/wn- 
industrie- Zeitung^  Bd.  11  S.  443  uud  455). 

Das  Verhalten  des  Portland-Cementes  am  Stepbans-Dome  in  Wien 
wurde  von  Dr.  W.  Michaelis  im  Bautechniker,  1889,  bes])rochen.  Der 
verwendete  Cement  war  vor  etwa  30  Jahren  aus  zuverlässiger  Quelle 
in  England  bezogen  worden.  Einzelne  Bruchstücke  davon  kamen  dem 
Verfasser  durch  Vermittelung  des  Stadtbaudirektors  Franz  Berger  in 
Wien  zu.  Das  Material  zeigte  normalen  Habitus,  einzelne  Stücke  waren 
bräunlich  verfärbt,  andere  liefsen  weifse  warzenförmige  Efflorescenzen 
erkennen,  die  aus  kohlensaurem  und  schwefelsaurem  Kalke  bestanden. 
Alle  Stücke  hatten  gute  Steinhärte  erlangt.  Die  Analyse  der  von  Ge- 
steintheilen  befreiten  Stücke  wurde  in  folgender  Weise  ausgeführt:  Ein 

Oingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  13.  1889  III.  '"3g 


594 


Lieber  die  üniersuchurig  und  das  Verlialten  von  Uement. 


Theil  der  Stücke  (a)  wurde  nur  auf  Trockenverlust  bei  100  bis  110«  C. 

und   auf  den  Glühverlust   bei  Gelbglut  geprüft,   ein   anderer  Theil   auf 

Trockengehalt,  Glühverlust   und  Kohlensäuregehalt   geprüft.     Von  dem 

Muster  a  wurde  nach   dem  Glühen   (wodurch   der   Cement   weich   und 

mürbe  wird)  der  äufsere  Theil  durch   vorsichtiges  Schaben  abgetrennt 

und  zur  Analyse  1  verwendet:  der  innerste  Kern  davon  zur  Analyse  II, 

eine    weitere   Partie   Stücke    zur  Pauschanalyse  III    und   der   Rest  zur 

Analyse  iV  verwendet. 

a  und  1)  zeigten  folgende  Zusammensetzung: 

a  b 
Procente 

Wasser  bei  100  bis  1100  C 3.113  2,916 

Glühverliist  bei  etwa  8000  C.      .     .     .  22^758  — 

„    10000  C.      .     .     .  5,889  5,69 

COo —  25,65 

SiOo 15,79  15,28 

Unaufgeschlossener  Rest 0.11  0.44 

AI2O3 6^31  5,78 

Fe.,03 2,29  2,21 

CaO 41,24  39.81 

MgO 0.68  0,65 

SO, 0,82  0,81 

MnO,  KoO,  NaoO nicht  best,  nicht  best. 


99,115  99,252. 

Die  Theile  I,   11,  III,  IV    hatten    nach  dem  Glühen  folgende  Zusammen- 
setzung in  Proc. 


I 


II 


III 


IV 


SiO.) 

Unaufgeschlossener  Rest 

AI0O3 

Fe.";03 

Cab 

MgO 

SO3 

Mn,  K.,0 


22,5 
0,7 
7,8 
3,4 
61,1 
1,0 
2,0 
nicht  best. 


98,711 


23,6 
1,1 
8,9 
3,5 
60,1 
0,9 
0,9 
nicht  best. 


22,9 
0,1 
9,1 
3,2 
61,2 
1,0 
1,5 
nicht  best. 


23,36 
0,9 

8,1 

3,2 

60,6 

1,2 

1,8 
nicht  best. 


99,096 


99,207    I       99,462 


Der  verwendete  Cement  hatte  demnach  auf  1  Gew.-Th.  Silicate 
1,71  Gew.-Th.  Kalkerde,  war  also  der  chemischen  Zusammensetzung  nach 
kein  Treiber.  Interessant  ist  die  Erscheinung,  dafs  der  Cement  an  der 
Luft  beinahe  vollständig  durch  Kohlensäure  zersetzt  worden  war.  Der 
gefundenen  Kohlensäure  entsprechen  31,7  Proc.  Kalkerde,  es  bleiben 
demnach  nur  7,5  Proc.  Kalkerde,  oder  nahe  20  Proc.  des  Kalkgehaltes 
an  SiO^  und  Al.^O.j  gebunden.  Die  durch  die  Einwirkung  der  Kohlen- 
säure freigewordenen  Hydrate  des  Kalkes  und  der  Kieselsäure  werden 
nun  durch  Wasserverlust  an  der  Luft  schwinden,  zur  Bildung  von  Rissen 
Veranlassung  geben,  in  die  Wasser  und  Eis  eindringen  können,  so  dafs 
Gelegenheit  zu  weiterer  Zerstörung  geboten  ist. 

}^ach  Ansicht  des  Verfassers  war  der  gröfste  Fehler  der,  dafs  zur 
Herstellung   der  Güsse  reiner  Cement   verwendet  wurde.     Auch  Mörtel 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  L'emeut.  595 

in  fetter  Mischung  trägt  den  Keim  des  Zerfallens  in  sich.    Die  Schivin- 
dung  derartiger  Cemente  oder  Mörtel  ist  die  Ursache  des  Zerfalles. 

Auch  in  der  letzten  Versammlung  des  Vereins  deutscher  Portland- 
C'ementfabrikanten  1889  sind  die  Cementschäden  am  Stephans-Dome 
einer  Discussion  unterworfen  worden.  B.  Dyckerhoff  hatte  von  Herrn 
Dombaumeister  r.  Schmidt  zwei  Werkstücke  erhalten,  die  aus  je  zwei 
durch  Dübel  verbundenen  Theilen  von  ziemlich  porösem  Kalksteine  be- 
standen. Die  auf  wasser-  und  kohlensäurefreien  Cement  umgerechnete 
Analyse  von  R.  Fresenius  ergab  im  Wesentlichen  dasselbe  Resultat  wie 
die  oben  angeführten  Analysen.  Dyckerhoff  spricht  sich  über  den  Fall 
etwa  folgender  Weise  aus:  Der  Cementmörtel  zwischen  den  Werkstücken 
und  dem  Dübel  zeigt  zwar  Risse,  aber  nicht  netzförmige  Risse,  wie  sie 
bei  treibendem  Cemente  immer  beobachtet  werden.  Die  Risse  waren 
wohl  durch  Einflufs  der  Witterung  auf  den  Mörtel  entstanden  und 
konnten  sich  im  Laufe  der  Zeit  erweitern,  wie  dies  bei  reinem  Cement 
stets  der  Fall  ist.  Im  vorliegenden  Falle,  wo  der  Mörtel  dünnflüssig 
vergossen  wurde,  ist  die  Neigung  zum  Schwinden  besonders  stark,  und 
es  löste  sich  daher  auch  der  Mörtel  vom  Steine  los.  In  Folge  dessen 
konnte  durch  die  Fugen  und  den  porösen  Stein  Wasser  in  die  Risse 
des  Mörtels  bis  ins  Innere  der  Werkstücke  eindringen,  und  der  Frost 
sprengte  dann  mit  der  Zeit  die  Steine.  Wenn  die  Sprengung  der  Steine 
durch  Ausdehnung  des  Portland-Cementes  hervorgerufen  worden  wäre, 
so  wäre  dies  schon  in  der  ersten  Woche  geschehen.  Die  Zerstörung 
der  Werkstücke  würde  nicht  eingetreten  sein,  wenn  man  zum  Vergiefsen 
Mörtel  aus  1  Th.  Cement  und  1  bis  2  Th.  Sand  genonmien  hätte. 
Portland-Cement  ohne  Sandzusatz  darf  nicht  verarbeitet  iverden^  wenn  man 
wetterbeständige  Mörtel  erhalten  will. 

Prof.  Hauenschild  in  Aarau,  der  seiner  Zeit  die  beim  Stephansthurme 
verwendeten  Materialien  geprüft  hat,  ist  der  Ansicht,  dafs  der  Stein  die 
Schuld  an  der  Zerstörung  trägt  und  nicht  der  Cement.  Dieser  Stein 
ist  nicht  ein  Sandstein,  sondern  weicher  Nulliporenkalk  der  sogen. 
Eggenburger  Schichten,  der  eine  Porosität  von  17  Proc.  und  darüber 
besitzt.  Wenn  derselbe  nun  eine  Unterbrechung  seiner  Porosität  er- 
leidet ,  durch  eine  Unterlage,  bestehend  aus  einer  Cementfuge,  so  kann 
folgender  Fall  eintreten:  Bei  Durchnässung  durch  Regen  kann  das 
Wasser  von  der  Fläche  aus,  die  den  Cement  bildet,  schwerer  ver- 
dunsten, es  ist  eine  Durchfeuchtung  der  Cementfuge  vorhanden.  Tritt 
nun  während  dieser  Zeit  Frost  ein,  so  können  sich  dort  sehr  leicht 
Spalten  bilden  gerade  in  Folge  des  Cementgusses.  —  Wäre  der  Cement 
nicht  rein,  sondern  porös,  mager  verwendet  worden,  so  wäre  eine  der- 
artige Schädigung  vielleicht  nicht  eingetreten. 

Einflufs  fremder  Bestandtheile  auf  Portland-Cement. 

Die  Plattenfabrikanten  sind  häutig  mit  dem  ihnen  gelieferten  Cemente 
unzufrieden;  die  Platten  bekommen  manchmal  Risse  und  zeigen  andere 


596  üeber  die  Unlersuchung  und  das  Verliallen  von  (Jeraent. 

Defecte,  selbst  wenn  der  gelieferte  Cement  nachweislich  ein  guter  war. 
Nach  F.  Kawaleu'ski  ist  an  diesen  Uebelständen  nicht  immer  der  Cement, 
sondern  häuiig  die  zur  Verzierung  der  Platte  zugesetzte  Farbe  schuld. 
Schädliche  Einflüsse  der  Farbenzusätze  bei  der  Cevientplatlenfabrikafion 
können  z.  B.  hervorgerufen  werden  durch  einen  nicht  unbeträchtlichen 
Schwefelsäuregehalt  der  Farbe.  Verfasser  fand  in  einer  rothen  Farbe, 
die  bis  zu  17  Proc.  dem  Plattensatze  zugesetzt  wurde,  22  Proc.  Schwefel- 
säure. Die  damit  hergestellten  Platten  waren  bald  unbrauchbar  ge- 
worden, wodurch  der  Fabrik  ein  grofser  Schaden  entstand.  Der  ver- 
wendete Cement,  dem  ursprünglich  die  Schuld  an  dem  Verderbnisse 
beigemessen  wurde,  war  von  vorzüglicher  Qualität  und  bestand  alle 
damit  angestellten  Proben.  Die  Treibschäden  sind  auf  die  Bildung  von 
Gyps  zurückzuführen. 

Verfasser  theilt  hierauf  seine  langjährigen  Erfahrungen  über  Gypn- 
treihen  mit.  Das  Gj'pstreiben  äufsert  sich  anders  als  das  Kalktreiben. 
Der  starke  Gypstreiber  ist  im  Entstehen  dem  unschädlichen  ganz  gleich. 
Nach  einigen  Tagen  Wasserlageruug  bildet  sich  eiu  Netz  von  Haar- 
rissen, das  aber  nicht,  wie  beim  Kalktreiber,  an  der  scharfen  Kaute 
seinen  Anfang  nimmt.  Der  unschädliche  Gypstreiber  hat  ganz  feine 
Risse,  die  häufig  erst  kenntlich  werden,  wenn  mau  die  heifs  getrocknete 
Platte  in  Wasser  taucht.  Nach  dem  Verdunsten  des  Wassers  kommen 
die  Risse  zum  Vorscheine.  Solche  Proben  mit  feinem  Haarnetze  sind 
im  Kerne  gesund  und  können  hohe  Festigkeit  aufweisen.  Bei  den 
Normenproben  (1  Cement  :  3  Sand)  treten  diese  Erscheinungen  nicht 
auf.  Zur  Unterscheidung  der  Kalktreiber  von  Gvpstreibern  kocht  oder 
glüht  man  die  Proben  je  nach  dem  Alter  derselben  eine  Zeitlang.  Lag 
ein  Kalktreiben  vor,  so  wird  auch  der  innere,  gesunde  Theil  mürbe, 
war  es  ein  Gypstreiben,  so  wird  der  Kern  vollständig  gesund  erhalten 
bleiben.  Solche  Proben  sind  nothwendig  für  diejenigen,  welche  Schwefel- 
säurebestimmungen nicht  ausführen  können,  wie  die  meisten  Platteu- 
fa brikanten. 

Die  schädlichen  Wirkungen  stark  magnesiahaltiger  Cemenle  sind  mehr- 
mals Gegenstand  eingehender  Erörterungen  geworden.  In  den  Comptes 
rendues  de  l'Acadcmie  des  Sciences  vom  Jahre  1886  theilt  Lechartier  mit, 
dafs  bei  einer  Anzahl  von  Cementarbeiten  sehr  spät  eingetretenes 
Treiben  seinen  Grund  in  einem  hohen  Magnesiagehalte  des  scharf  ge- 
brannten Cementes  gehabt  habe.  Die  betrettenden  Cemente  dehnten  sich 
bei  sehr  grofser  Härte  später  so  stark  aus,  dafs  u.  a.  starke  Granitsteine 
gesprengt  wurden.  Die  Zerstörung  von  drei  im  westlichen  Frankreich 
ausgeführten  Eisenbahnbrücken,  zu  welchen  Cement  aus  derselben  Fabrik 
verwendet  wurde,  i.st  el)enfall.s  auf  den  hohen  Magnesiagehalt  zurück- 
zuführen: das  Dehnen  und  Treiben  wurde  erst  nach  Jalursfrist  beob- 
achtet (Thonindustrie- Zeitung ^  Bd.  10  Nr.  44).  Die  Analysen  ergaben 
einen  Gehalt  von  16  bis  28  Proc.  M2O. 


üeber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  597 

Dijckerhoff  berichtet  ferner  in  der  10.  Generaloersammlimg  des  Vereins 
deutscher  Ceinentfabrikanten  über  Mittheilungen  des  Ingenieurs  Hayler  in 
der  Civil  Institution.,  1887.  Hayter  hatte  eine  Betonmauer  von  25  Fufs 
Höhe  ausgeführt,  die  sich  nach 'einiger  Zeit  um  2''.,  Zoll  gehoben  hatte. 
Eine  andere  Betonmauer  von  16  Fufs  Dicke  hatte  sich  um  '^L^  bis  1%  Zoll 
gehoben.  Der  Cement  war  vor  der  Verarbeitung  geprüft  worden  und 
hatte  die  vorgeschriebenen  Prüfungen  bestanden.  Die  chemische  Unter- 
suchung ergab,  dafs  der  Cement  gröfsere  Mengen  von  Magnesia  enthielt; 
nach  Angabe  des  Analytikers  war  wahrscheinlich  dolomitischer  Kalk 
zur  Herstellung  verwendet  worden. 

Auf  Veranlassung  von  Dyckerhoff  wurden  Proben  der  Mörtel.,  die 
am  Justizgebäude  in  Kassel  so  grofse  Treibschäden  verursacht  hatten, 
und  solche  von  der  grofsen  Kirche  in  Kassel  von  Fresenius  anaijsirt. 
Die  Analyse  erweist,  dafs  der  von  Kohlensäure  und  Wasser  freie  Cement 
in  100  Theilen  enthielt: 

a)  Justizgebäude         b]  Grolse  Kirche 
Gesammt-Kieselsäure  .     .  24,3  Proc.  19,2  Proc. 

Eisenoxyd  und  Thonerde  9,1      „  11,1      „ 

Kalk  .    ' 39,4      „  41,1      „ 

Magnesia 27,1      „  28,4      „ 

Der  au  dem  Justizgebäude  in  Kassel  verwendete  Cement,  welcher 
zu  dem  bekannten  Ministerialerlasse  vom  9.  September  1885  Veranlas- 
sung gegeben  hatte,  war  also  gar  kein  Portland-Cement  gewesen! 
Dyckerhoff  zeigt  an  diesen  und  anderen  Beispielen,  dafs  die  Normenprobe 
nur  füvPortland-Cemente,  nicht  aber  für  anders  zusammengesetzte  Cemente 
angewendet  werden  dürfe. 

Dyckerhoff  hat  weitere  Versuche  über  die  Wirkung  der  Magnesia 
in  Cementen  angestellt  und  darüber  in  der  H.  Generalversammlung  des 
Vereins  deutscher  Cementfabrikanten  am  24.  und  25.  Februar  1888  be- 
richtet. Ein  Gemenge  aus  62,15  Proc.  kohlensaurem  Kalke,  17,2  Proc. 
kohlensaurer  Magnesia  und  20,65  Proc.  thouigem  Rückstände,  ent- 
sprechend 12,9  Proc.  Magnesia  im  gebrannten  Cemente,  wurde  zur 
Sinterung  gebrannt,  dann  so  fein  gemahlen,  dafs  ein  900-Maschensieb 
3,7  Proc.  Rückstand  hinterliefs,  und  mit  3  Th.  Sand  in  bekannter  Weise 
geprüft.     Die  Zugfestigkeit  betrug  nach 

1  4  13  26  52     Wochen 

17,4  21,4  21,8  22,5  I5,6k/c,c. 

Nach  4  Wochen  hatte  also  der  Cement  normale  Festigkeit  erlangt, 
die  von  der  26.  Woche  an  continuirlich  sank,  so  dafs  nach  einem  Jahre 
die  Festigkeit  unter  die  7-Tagefestigkeit  zurückgegangen  war.  In  dieser 
Zeit  machte  sich  auch  eine  auffallende  Dehnung  des  Cementes  bemerk- 
bar. —  Frühere  Untersuchungen  von  Schumann  hatten  ergeben,  dafs 
lO^m  lange  Prismen  aus  Portland-Cementmörtel  (1 :  3)  sich  allmählich 
ausdehnen,  und  zwar  in  folgendem  Mafse: 


Portland-Cement 

Magnesia-Cement 

0 

bis     1   Woche 

0,0123 

0.(X>77 

1 

„      4  Wochen 

0.0051 

0,0081 

4 

„    13 

0.0025 

0.0103 

13 

,,    26         „ 

(J,0029 

0.0123 

26 

«    52         „ 

0.0072 

0.0597 

598  Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement. 


Von 


Vergleicht  man  diese  Ausdelinungen  mit  den  Ergebnissen  der  bezieh. 
Untersuchungen  mit  Magnesia-Cenientmörtel,  so  ergibt  sich,  dafs  die 
Dehnung  des  letzteren  anfangs  nicht  höher  ist,  als  bei  Portland-Oement, 
bald  aber  bedeutend  mehr  zunimmt,  und  nach  einem  Jahre  etwa  das 
ISfache  der  7tägigen  Ausdehnung  erreicht.  Auffallend  ist  die  starke 
Dehnung  in  der  Zeit  von  26  auf  52  Wochen,  sie  ist  in  diesem  Zeit- 
räume 8  mal  so  stark  als  bei  Portland-Cement,  und  jedenfalls  die  Ur- 
sache der  abnehmenden  Zugfestigkeit.  —  Durch  Ersatz  eines  Theiles 
des  kohlensauren  Kalkes  in  der  Rohmischung  durch  Dolomit  wurden 
ferner  Cemente  hergestellt,  die  5  bis  28  Proe.  Magnesia  enthielten.  Die 
nach  Normen  mit  diesen  Cementen  ausgeführten  Versuche  ergaben,  dai's 
nach  4  Monaten  weder  an  den  Luftprobeu  noch  au  den  Wasserproben 
Treiberscheinungen  wahrzunehmen  waren.  Es  kann  also  die  schädliche 
Wirkung  der  Magnesia  selbst  bei  einem  Gehalte  bis  zu  28  Proc.  nach 
der  Normenprobe  nicht  erkannt  werden.  Dieser  gibt  sich  auch  durch 
die  Darrprobe  nicht  zu  erkennen.  Die  gesinterten  Cemente  mit  hohem 
Maguesiagehalte  sind  eben  keine  Portland-Cemente  und  können  nach 
deren  Prüfungsweisen  nicht  beux'theilt  werden.  Es  wäre  daher  zu 
empfehlen,  einen  bestimmten  Höchstgehalt  der  Portland-Cemente  an 
Magnesia  lestzustellen:  2,9  Proc.  MgO  haben  bis  jetzt  keine  schlechten 
Eigenschaften  gezeigt.  In  nicht  bis  zur  Sinterung  gebrannten  Cementen, 
sogen.  Koman-Cementen,  scheint  die  Magnesia  diese  schädlichen  Wir- 
kungen nicht  zu  haben. 

Auch  in  Frankreich  wurde  der  Einflufs  der  Magnesia  eingehend 
studirt.  Lechartier  hat  denselben  durch  8  Jahre  an  verschiedeneu  Bau- 
objekten studirt. 

Während  bei  400^  C.  entwässerte  Magnesia  nacli  kurzer  Zeit  mit 
Wasser  ein  Hydrat  bildet,  geschieht  dies  bei  stark  gebrannter  Magnesia 
erst  nach  langer  Zeit.  Diese  Erscheinung  erklärt  die  Verderbnifs  der 
Mörtel:  die  Cemente  sind  Gemenge  von  Portland  mit  Magnesia  (Tkon- 
induslrie-Zeihing^  Bd.  12  S.  299  und  565). 

Candlot,  der  Verfasser  des  Werkes  über  Portland-Cement,  kam  bei 
seinen  Studien  über  die  verzögernde  Wirkung  des  Meerwassers  auf  das 
Abbinden  der  Cemente  zur  Ueberzeugung,  dafs  die  Kalksalze  und  insbe- 
sondere das  Chlorcalcium  die  Ursache  des  langsameren  Abbindens  sei.  — 
Kochsalzauf lösungeu  (1  bis  5  Proc.)  zeigten  keinen  bemerkenswerthen 
Einflufs  auf  die  Bindezeit.  Chlormagnesium  (10^  auf  1'  Wasser)  ver- 
langsamt wie  Meerwasser  das  Al)l)iuden  der  Cemente;  dieses  Salz  wird 
in  Berührung;  mit  Cement   sofort  in  Clilorcalcium    und  Magnesia   umge- 


Ueber  die  Untersuchung  und  das  Verhalten  von  Cement.  599 

setzt.  Mit  Chlorcalcium  hat  sich  Candlot  eingehender  beschäftigt.  Wider 
Erwarten  hat  sich  gezeigt,  dafs  die  Bindezeit  des  Cementes  mit  der 
Menge  des  Salzes  bis  zu  einem  gewissen  Höhepunkte  zunimmt,  dann 
aber  rasch  abnimmt. 

Gehalt  an  CaClj  in  H       0        2       5       10     20     40     60     100    200     300g 
Abbindezeit  ....     0h25     ll>     lOl'     10l>     12      8       6     0li20'     9'         8' 

Bei  diesem  Cemente  zeigt  sich  ein  Maximum  im  Anwachsen  der 
Bindezeit  bei  20?  auf  1',  bei  anderen  Cementen  lag  es  zwischen  10 
und  40?  für  l'.  Unter  60?  sieht  man  die  Bildung  hexagoualer  Tafeln 
von  Kalkhydrat,  die  Reactionen  sind  dieselben  wie  mit  Süfswasser,  die 
Chlorverbindung  spielt  keine  chemische  Rolle.  Ueber  100?  sieht  man 
aber  die  Bildung  langer  Nadeln  von  Calciumoxychlorid:  damit  im  Zu- 
sammenhange steht  die  schroÖe  Beschleunigung  im  Abbinden  zwischen 
60  und  100s  von  6  Stunden  auf  20  Minuten.  Durch  Löslichkeits- 
bestimmung  des  Kalkes  im  Wasser  kam  Candlot  zu  folgenden  Resultaten: 

Gewicht  d.  CaCl.2  in  H  .     .     .        0  15  36  61         100 

Gewicht  d.  CaO  (gelöst)  in  II    1,298    1,003     1,032    1,121    1,312 

Die  Löslichkeit  schwankt  also  in  demselben  Sinne  wie  die  Ab- 
bindezeit. 

Da  diese  Erscheinungen  industrielle  Verwerthung  zulassen,  wurde 
Candlot  für  seine  Arbeiten  von  der  Societe  d' encouragement  pour  Vindustrie 
nationale  durch  einen  Preis  ausgezeichnet  {Thonindustrie- Zeitung  ^  1889 
Bd.  13  S.  346). 

C.  Heinzel  macht  darauf  aufmerksam,  dafs  er  hygroskopische  Salze, 
besonders  Chlorcalcium,  schon  seit  einigen  Jahren  zum  Langsammacheu 
der  Cemente  anwendet  {Thonindustrie- Zeitung^  1889  Bd.  13  S.  373). 

A.  Rinne  sucht  die  Wirkung  des  Chlor  Calciums  auf  Cement  zu  er- 
klären {Thonindustrie- Zeitung ^  1889  Bd.  13  S.  405).  Die  Erscheinung 
des  Abbindens  kommt  nur  colloiden  Körpern  zu  und  besteht  darin,  dafs 
dieselben  beim  Niedersinken  im  Wasser  dank  ihrer  halbflüssigen  Ober- 
flächenbeschatTenheit  und  ihrer  immensen  Feinheit,  welche  au  die  mole- 
kulare grenzt,  sich  ohne  Zwischenräume  zu  einer  harten,  festen  Masse 
abzusetzen  vermögen.  Der  colloide  Zustand  wird  begünstigt  durch 
alkalische  Reaction,  aufgehoben  durch  saure,  und  die  Gegenwart  von 
Salzen.  Ein  festes  Absetzen  beim  Schlämmen  des  Ultramarins  oder 
Thons,  was  weiter  nichts  als  Abbinden  ist,  ist  bei  Gegenwart  von  Salzen 
unmöglich.  Setzt  man  zu  aufgeschlämmtem  Ultramarin  etwas  Chlor- 
calcium, so  setzt  sich  derselbe  bald  als  flockiger  Niederschlag  ab.  In 
ähnlicher  Weise  wirkt  nach  Rinne^  den  colloiden  Zustand  der  Spaltungs- 
producte  des  Cementes  mit  Wasser  aufhebend,  das  Chlorcalcium  auf 
Cement.  Verfasser  ist  der  Ansicht,  dafs  chemische  Reactionen,  theilweise 
Aufhebung  der  alkalischen  Reaction,  vielleicht  die  Bildung  von  Calcium- 
oxychlorid, die  schon  Bitte  und  Candlot  beobachtet  haben,  die  Ursache 
dieser  Erscheinungen  ist. 


600 


Kleinere  J^littheüuiigeii. 


Die  BeobachtuugCa/ic//o('s,  darsChlorcalcium  in  coucentrirterer Lösung 
eine  Beschleunigung  der  Bindezeit  hervorruft,  beruht  nach  Rinne  auf 
einem  Irrthume.  Verfasser  verniuthet,  dafs  Candlot  von  den  coneentrirten 
Lösungen  beim  Anrühren  mit  Cement  zu  wenig  in  Anwendung  gebracht 
hat,  indem  z.  B.  ein  Cement,  der  33  Proc.  Wasser  braucht,  um  einen 
nicht  allzu  dickflüssigen  Brei  abzugeben,  einen  Zusatz  von  40  Proc. 
einer  20proceDtigen  Chlorcalciumlösung  bedarf,  um  mit  derselben  Wasser- 
menge versehen  zu  werden,  abgesehen  von  der  wasserbindenden  Eigen- 
schaft des  Calciumchlorids. 

W.  Michaelis  vertheidigt  den  Zusatz  von  richtig  gewählter,  fein  ge- 
mahlener Schlacke  zu  Portland-Cement.  Portland-Cement  von  bester 
Qualität,  der  jedwede  Pi-obe  auf  Volumenbeständigkeit  u.  s.  w.  bestand, 
wurde  mit  Schlackencompositionen  bis  zu  25  Proc.  versetzt  und  die 
Erhiirtungsweise  dieser  Gemische  mit  der  des  reinen  Cementes  ver- 
glichen. Die  Beobachtungen  erstreckten  sich  auf  die  Zeitdauer  von 
5  Jahren.  Die  Zug-  bezieh.  Druckfestigkeit  der  Proben  mit  gemischtem 
Cement  übertrifft  die  des  reinen  Cementes.  (Analysen  des  Schlacken - 
und  des  Portland-Cementes,  sowie  Zahlenangaben  siehe  in  der  Original- 
abhandiung  Wochenblatt  für  ßaukunde^  sowie  Thonindustrie-Zeitung^  1888 
S.  534.)  R.  Zsigmondxj. 


Der  Eiffelthurm  und  die  Forthbrücke. 

Lieber  letzteres  Bauwerk  berichteten  wir  1888  268  ■■■241.  Um  einen  augen- 
fälligen Vergleich  zwischen  dem  vielbesprochenen  und  angestaunten  EitTel- 
thiirm  und  dem  Riesenbau  der  Forthbrücke  zu  liefern,  hat  Chapman  nach 
Engineering  vom  3.  Mai  1889  die  nachstehende  Figur  entworfen,  in  -welcher  in 
geeigneter  Weise   die  Umrisse   des  Eiffelthurmes   in    die  der  Forthbrücke  ein- 


gezeichnet sind.  Es  ergibt  sich  aus  der  Figur,  dal's  der  Eitfelthurm  bis  zur 
Hälfte  der  freien  Üelfnung  reicht.  Die  Forthbrücke  würde  mithin  etwa 
(>  Eilfflthürmen  in  der  Länge  entsprechen.  Bedenkt  man  dabei,  dafs  die  Auf- 
stellung der  Fortlibrüclic  vom  Pfeiler  aus  ohne  Tragegerüst  geschieht  und  in 
wagerechter  Riclitung,  so  erscheint  der  Eitfelthurm  bei  der  Vergleichung  aller- 
dings nur  als  ein  Kinderspielzeug.  Das  Wunderbarste  au  demselben  erscheint 
dann  nur  noch  die  Reclame,  welche  ihn  zu  einem  Weltwunder  ersten  Ranges 
gemacht  hat. 


1889, 


Namen-  und  Sachregister 


des 


273.  Bandes  von  Dingler's  polytechnischem  Journal. 


bedeutet:  Mit  Abbildung. 


Namenregister. 


A. 


Abbe,  Photographie  92. 
—  Glas  129. 

Abney,  Photographie  418. 
Adariietz,  Braugerste  331. 
Ainsworth,  Hammer ""'  14. 
Albert,  Photographie  419. 
Alber ti,  Quecksilber  411. 
Alioth  und  Co.,  Dynamo  *'' 291. 
Andresen,  Photographie  421. 
Ansaldi,  Drehbank  *  495. 
Arnold,  Photographie  420. 
Arnold  und  Schirmer,  Brauerei  106. 
Ashley,  Glas  133. 

Augsburger  Maschinenfabrik ,   Druck- 
presse '"'  341. 
Auvers,  Gewichtsbestimmung ""  186. 
Ayrton,  Eisenbahn  •■'  544. 

B. 

Bach,  Festigkeitslehre  205.  240. 
Bachner,  Brauerei  107. 
Bahr,  Spiritus  232. 
Balagny,  Photographie  419. 
Baltin,  Photographie  420. 
Bannow,  Photographie  420. 
Barus,  Glas  91. 
Bauche,  Rauhmaschine*  145.- 
Bauer,  Dampfmaschine  262. 
Baur,  Medicament  528. 
Bauschinger,  Festigkeitslehre  207. 
Beaumont,  Streckenbohrer  249. 


65. 


Beckmann,  Molekulargewicht  220. 

Belelubski,  Eisen  477. 

Belitski,  Photographie  415. 

Bell,  Tief  bohren  ■"■  246. 

Bement  und  Miles,  Merswerkzeug'"'315, 

Bent,  Stahlhalter  96. 

Bentley-Knight,  Eisenbahnmotor  586. 

Benz,  Drehbank  532. 

Berlin  -Anhaltische     Maschinenfabrik, 

Triebw^erk  *  434. 
Bernstein,  Glühlampe '"'  360. 
Berrenberg,  Pumpe  ■•"  100. 
Bickford  und  Co.,  Zünder 
—  Bohrmaschine '"'  74. 
Bilharz,  Aufbereitung""  196.    Ofen*442. 
Billing,  Bohrer* 431. 
Birch,  Drehbank  *  530. 
Birkenhead,  Bohrer-  431. 
Birmelin,  Hochbau  *  578. 
Blanke,  Triebwerk  439. 
Blumberg,  Glas ""  136. 
Bobrinsky,  Zucker  228. 
Bock,  Triebwerk  440. 
Böckel,  Hochbau  582. 
Bockellaerg,  Schlampe  327. 
Bocquin,  Zucker  228. 
Bodländer,  Zucker  521. 
Bögel,  Zucker  225. 
Böhm,  Spiritus  236. 
Böhme,  Cement  551.  560. 
Böhringer,  Medicamente  524. 
Boissonas,  Photographie  414. 
Bollino,  Entladevorrichtung  ■"■  496. 
Bömches,  Cement  559. 


6U2 


Isamenrei'isitT  ßd.  273. 


Bouth,  Bolirniascliine  "  73. 

Born  träger,  Spiritus  373. 

Borssat,  Lampe  240. 

Bosse,  Ceuient  591.  ["100. 

Boston  Rotary  Pump  Works,   Pumpe 

Boudard,  Schreibmaschine  241. 

Bourblanc,  Rettungswesen  *  303. 

Bourquelot,  ZuckerstotY  4G9. 

Bovermann,  Sicherheitslampe  *'  57. 

Boy,  Seitenblasen  238. 

Braithwaite,  Druckpresse  350. 

Brandreth,  Cement  480. 

Brandt,  Tiefbohren  159. 

Brasier,  Cement  559. 

Brauer,  Stärke  235. 

—  Hefe  287. 

Braun,  Spiritus  368.  ["■392. 

Brennicke  und  Co.,  Abstellvorrichtung 
Brewster,  Rettungswesen  '"■  304. 
Breyer,  Zucker  518. 
British  medical  society,   Spiritus  467. 
Brown,  Mefswerkzeug  "'  314. 
Brownell,  Rollendrucklager  "'  354. 
Brush    Electric   Comp.,    Kraftübertra- 
Bruyjants,  Spiritus  470.       fgung  432. 
Bubmann  und  Hirschmann,  Hochbau 
Buchner,  Bakterien  469.  [•••'583. 

Bull,  Dynamo -'289. 
Burback,  Photographie  418. 
Burmeister,   Centrifuge  383. 
Buxton,  Druckpresse  350. 

C. 

Oabanellas,  Dynamo  300. 
Cambessedes,  Sicherheitslampe  "■  60. 
Candlot,  Cement  471.  598. 
Card,  Aufbereitung  •■"  197. 
Catrice,  Sicherheitslampe  "  50. 
Cech,  Zucker  223. 
Chalon,  Sprengtechnik  62. 
Chapman,  Pumpe  ''  98. 

—  Brücke*  600. 
Chappuis,  Elektrolyse  237. 

Le  Cluitelier,  Sicherheitslampe  61. 

—  Cement  471.  592. 
ehester,  Gas  568. 

Christy,  Quecksilber  ••  398.  408. 
Ciamician,  Molekulargewicht ""'  273. 
Claes,  Wirkerei  *  7. 
Clark,  Pumpe  •'  98. 
Clerget,  Zucker  519. 
Clough,  Tief  boiiren  "  246. 
Comstock,  Schleifmaschine  *  335. 
Costel,  Schreibmaschine  '■''  242. 
Cox- Walker,  Klingel  ••125. 
Craelius,  Tiefbohren  251. 
Creydt,  Zucker  519. 
Crompton,  Lamjje  239. 
McCulloch,  Tiefbohren  247. 


Cunze,  Zucker  516. 
Curtius,  Medicamente  526. 
Czeija,  Telegraphie  ""  123. 
Czermak,  Quecksilber  411. 

D. 

Daehr,  Hochbau  *  577. 
Dahmen  v.,  Sprengtechnik  63. 
Davis,  Drehbank  ■•  529. 
Deering,  Sprengstoff  67. 
Degener,  Spiritus  377. 
Dehne,  Pumpe  ■■■  99. 
Dehnhardt,  Tiefbohren  151. 
Delbrück,  Spiritus  235.  322. 

—  Kühlschiff  383. 

—  Cement  560. 
Delfieu,  Signal  "  78. 
Dennis,  Klammer  "431. 

Derriey,  Rotationsdruckpresse  343. 

Dibdin,  Gas  570. 

Dietzsch,  Ofen  444. 

Ditte,  Cement  599. 

Dohmen-Leblanc.  Triebwerk  ""  434. 

Donnet,  Eisenbahn  543. 

Donovan,  Glas  "■  135. 

Döring  und  Rückert,  Abstellung '■■  394. 

Dreses,  Bohrmaschine  *  75. 

Duckinlield,  Gas  568. 

Ducommun,  Lampe  240. 

Dueberg,  Ringofen  *  446.  [595. 

Dyckerhotr,  Cement  551.  556.  563.  587. 

E. 

Ebell,  Glas  30.  82. 
Eberhard-Müller,  Spiritus  236. 
Ebcrt,  Bier  383. 
Eckenbrecher,  Spiritus  229. 
Eder,  Photographie  91.  413.  420. 
Edison,  Telejihon  431. 
Edoux,  Fahrstuhl  ■"■251. 
Ellie,  Telegraphie  ■■  197. 
Ellison,  Baumwolle  575. 
Elster.  Sicherheitslampe  49. 
Elwell-Parker,  Eisenbahn  548. 
Emmens,  Sprengtechnik  64. 
Emmerlich,  Spiritus  369. 
Emmerling,   Hraugerste  333. 
Enfer,  Kietofen  ■•'  528. 
Engelen,  Typenstanze  *•  160. 
Engler,  Molekulargewicht  218. 
English,  Streckenl)ohrer  249. 
Enos,  Mefswerkzeug  ^'  315. 
Enzinger,  Brauerei  101. 
Erdmenger,  Ringofen  '■■  447. 
Ergang,  Kühlschiff  383. 
Esop,  Gas  567. 
Estcourt,  Gas  ^''  568. 
Exeli,  Quecksilber  *  400. 
Eykmann,  Molekulargewicht  *  272. 


Kamenreg ister  Bd.  273. 


603 


F. 

Fabinyi.  Molekulargewicht  273. 
Falcon  Engine  and  Car  Works.  Eisen- 
Farini.  Photographie  415.      [bahn  548. 
Farnham,  Telephon  432. 
Faiick.  Tiefbohren  152.  157. 
Fein.  Beleuchtung '■' 211. 
Ferranti  de,  Dynamo  ■"'  290. 
Fiedler,  Quecksilber  406. 
Fiege,  Bohrmaschine  '"'  533. 
Fielding  und  Platt,  Pumpe  98. 
Fischer.  Sicherheitslampe  *  56. 

—  Cellulose  284. 

—  Braugerste  331. 

—  J.,  Spiritus  369. 

—  E..  Spiritus  377. 
Flechsig,  Cellulose  284. 

Fleischer  und  Mühlich,   Bratierei  112. 

Flentje,  Wirkerei '"' 7. 

Fletscher.  Ofen  130. 

Foerster,  Glas  82. 

Fontaine,  Beleuchtung  239. 

Forbes,  Dynamo  *  291. 

Foth.  Spiritus  236.  285. 

Frank.  Glas  90.  137. 

Fränkel.  Photographie  95. 

Frederking,  Triebwerk  437.  =■  438. 

Freret.  Holztrocknung  511. 

Fresenius,  Cement  595. 

Friederich  und  Co.,  Triebwerk  *  435. 

Friemann  und  Wolf,  Sicherheitslampe 

49.  -"•  52. 
Frisch.  Isolationswiderstand  45. 
Fritsch.  Photographie  92. 
Fritz.  Photochemie  93. 
Froideville  v.,  Cement  560. 
Frölich,  Tiefbohren  159. 
Fromme.  Brauerei  104.  106. 
Fromme  und  Kroseberg,   Festigkeits- 
prüfer *  167. 
Fühling,  Zucker  521. 
Füllner.  Triebwerk  440. 
Fumat,  Sicherheitslampe  *  61. 
Funk,  Holztrocknunsr  511. 


G. 


■246. 


Gad,  Tiefbohrkunde  48.-  151. 

Gädike,  Photographie  413. 

Garnot,  Lampe  239. 

Gawalowsky,  Spiritus  470. 

Gawron,  Kuppelung  *  436. 

Gebauer,  Appretur  *  584. 

Gehrke.  Brauerei  104. 

Geiger  und  Hessenmüller """  530.  •■"  532. 

Gerson.  Brauerei  107. 

Geyer,  Spiritus  369. 

Giesel,  Medicamente  522. 

Girard.  Cellulose  283. 


Glafe}-,  Rauhmaschine  "■  145. 

—  Festigkeitsprüfer  ■'•'  163. 
Glendale,  Blitzableiter  ••"  549. 
Glossop,  Hammer  *  11. 
Goerke.  Cement  563. 
GoUner,  Festigkeitslehre  205. 
Goloubiatnikow.  Cement  554. 
Goolden,  Widerstandsrahmen  192. 
Goslich,  Bier  384. 

Gotthard  v.,  Photographie  415. 

Graft",  Wirkerei  "  5. 

Grashof,  Festigkeitslehre  208. 

Graydon.  Dynamit-Granate  66. 

Greiner,  Zucker  170. 

Greiner  und  Friederichs,  Glas  39. 

—  Bürette  138. 
Griesmayer.  Spiritus  463. 
Gronow,  Spiritus  320. 
Grosser,  Wirkerei  10. 

Grünwald ,   Beleuchtungsanlagen  288. 
Guerin,  Blitzableiter  *  120. 
Guttmann.  Sprengtechnik  *  62. 


H. 


Haas,  Hobelmaschine  '"■  254. 

Hackney,  Hammer  "-■"  12. 

Haddow,  Mefsvorrichtung  "■  314. 

Haen,  Gas  565. 

Hager,  Spiritus  372. 

Halm,  Gasdruckmesser  66. 

Hall,  Pumpe  "  97. 

Haller,  Glas  30. 

Haller  und  Berthold,  Glas  "••  137. 

Hambruch,  Abstellung ""'  394. 

Hammer,  Telephon  431. 

Hammesfahr,  Hammer  15. 

Hampel,  Spiritus  369. 

Hanamann,  Spiritus  231. 

Haniel  und  Lueg,  Tiefbohren  153. 

Hansen.  Hefereinzucht  381. 

Hanson,  Dynamo* 289. 

Harcourt,  Gas  570. 

Hardt,  Aufbereitung  ■■"  195. 

Hargin,  Rettungswesen  """  305. 

Harris,  Teppich  "'  535. 

Harrison,  Bergbau  77. 

Hartmann  und  Co.,   Säge  *  143. 

Hartnack,  Photographie  92. 

Hasenclever-Helbig,    Quecksilber  400. 

Haslam,  Glas  88. 

Hasse,  Hammer  15. 

Hateley,  Gewindeschneid  maschiue"'-168. 

Hauenschild,  Cement  595. 

Hax,  Schärfmaschine  "''260. 

Hayduck,  Spiritus  320. 

Hazlett,  Glas  ■■■  135.  [lampe  49. 

Heckel    und    Nonweiler,    Sicherheits- 

Heidelmann,  Wirkerei  "  6. 

Heidler.  Wirkerei  '■'  2. 


604 


Nan>eiuvt;isler  Üd.  '2~i3. 


Heine,  Spiritus  "230. 

Heineniann,  Hobelniascliiru'  ■*  353. 

Heinzt'l,  Cement  599. 

Heinzelmann.    Spiritus  23U.  234.  4G5. 

—  Maismaische  329. 
Heller,  Triebwerk  '*  439. 
Helnieclce.  Siederuhren  "  585. 
Hengst,  Sprengstüll"  67. 
Henley,  Eisenbahn  *  547. 
Henrion,  Dynamo  ■"  300. 
Henry,  Pumpe  '■*  99. 

Hentschell,  Molekulargewicht  *  219. 
Henze,  Spiritus  233. 
Herberger,  Zucker  172. 
Herbertz,  Abstellung  *  397. 
Hering,  Aufbereitung  '■*  195. 
Herlitschka.  Wirkerei  *  9. 
Herzl'eld.  Bleichmittel  576. 
Hesse,  Spiritus  233.  234. 

—  Schaumgährung  285. 
Hetherington,  Schärl'maschine  *  258. 
Higginson,  Regulator  253. 
Hilger,  Spiritus  469. 

Hill,  Sägeschärlmaschine  ^'  259. 

—  Wage  ^311. 
Hirsciiberger,  31anuose  377. 

HolV  van  t\  Molekulargewicht  275. 

HotVmann,  Bier  383.  [mung*217. 

Hollemann.  Molekulargewichtsbestim- 

Honl,  Bergbau  75. 

Honold.  Silber  *  412. 

Hopcral't,  Rost  ^  574. 

Hoppe,  Pumpe  '■*  101. 

Hoyter.  Cement  597. 

Hoz  und  Kempter,  Brauerei  111. 

Huber,  Spiritus  323. 

Hülsbrnch,  Tiefbohren  152. 

Hülse,  Fliigelbohrmaschine  ■'  72. 

Hussak,  Glas  87. 

Hüttner,  Quecksilber  ■UOO.  403. 

Hyros,  Zucker  514. 


Ihl,  Cellulose  278. 

Immisch,  Elektrische  Locomotive*126. 

Irmisch.  Bier  381. 

Ives.  Photochenne  93. 


Jalf,  Siclierlieitsliunpe  '*  58. 
Jahne,  Koksschmelze  571. 
Jakobs,  Pumpe  •*  lUO. 
Jarriant,  Lampe  239. 
Jetferiss,  Pumpe  ^'  99. 
Jeliuek,  Zucker  177. 
Jeukiii,  Eisenbahn  **  544. 
Johnen,   Festigkeitsleiire  288. 
Joiinston,  Glas  ■'  135. 
Juzek,  Bergbau  75. 


K. 

Kaiser,  Glas"-*  135.  [aufgaben  480. 

Kalmann,  Chemisch-technische  Rechen- 
Kapp.  Inductor-Regulator  *  128. 
Käs,  Ventilator  118. 

—  Fahrstuhl  251. 
Kasalovsky,  Zucker  514. 
Kawalewski.  Ofen  *  443. 

—  Cement  596. 

Kay,  Rettungswesen  •'  304. 
Kayser,  Photographie  96. 
Keil  und  Meister,  Abstellung  "  393. 
Keller,  Hefeverfahren  287. 

—  Spiritus  467. 
Kennedy.  Regulator  384. 
Kernreuther,  Spiritus  369. 
Kersten,  Hociibau  582. 
Kick,  Härtebestimmung  10. 
Kincaid.  Eisenbahn  ■''  547. 
Kirchhoir,  Schieber  288. 

Klein ,  Vorwärmer  und  Kühler  "  355. 
Klein,Schanzlin  u.  Becker,  Brauereil05. 
Klinge,  Molekulargewichtsbestimmung 

179.  217.  "271. 
Knapp,  Glas  89. 
Kniestedt,  Wirkerei  "  5. 
Knublauch,  Gas  563. 
Köbner,  Wirkerei  '*  4. 
Kübrich,  Tiefbohren  154.  158. 
Köckler,  Schraubensclilüssel  '■"  575. 
Köckritz ,   Strohhutnähmaschine  ""  244. 
Kohn,  Elektricität""119. 
Kolbe.  Hochbau  *  582. 
König  und  Bauer,  Druckpresse*  341. 
König  -  Friedrich  -  August  -  Hütte ,    Ab- 

stellvorrichtung '"'  390. 
Königl.    Preufsische    Staatseisenbahn, 

Triebwerk  436. 
Konkart,  Spiritus  233. 
Koppe,  Photogramraetrie  94. 
Krieser,  Gährung  286. 
Krizik,  Dynamo  300. 
Kropf,  Brauerei  110. 
Kroupa,  Quecksilber  "  398. 
Kruis,  Spiritus  233.  464. 
Kubin,  Sprengteohnik  64. 
Kuhnhardt,  Telegraph  143. 
Kulibin,  Ertrag  russischer  Werke  315. 
Kumpfnnller,  Spiritus  369. 
Kunheira  und  Co.,  Gas  568. 
Küpper,  Rettungswesen  ^''  306. 


Lacroi.x,  Rettungswesen  *  305. 
Lancaster,  Mefswerkzeug  ^*  314. 
Langen  und  Hundhausen,  Spiritus  368. 
Lartigue,  Eisenbahn  *  539. 
Lauer,  Zünder  •*  64. 


Kamenregister  Bd.  273. 


605 


Lechartier.  Cement  596.  598. 
Legg.  Bergbau  77. 
Lenfant.  Glas  *  136. 
Lenhard.  Photographie  420. 
Leo.  Nickeleisen  457. 
Leopoldshaller  Actiengesellschaft. 

Cementofen  *  444. 
Leybold.  Gas  565.  571. 
Lieberknecht.  Wirkerei "  3. 
Liebermann.  Medicamente  522. 
Lillie.  Zucker  515. 
Lindet,  Spiritus  376. 
Lindner.  Glas  "- 134. 

—  Haustelegraphie  288. 

—  Bier  383^ 

Lintner.  Spiritus  232.  378. 

—  Kleisterbilditng  375. 
Lippen.  Glas  *  134. 
Lippmann.  Tiefbohren  156. 

—  Zucker  225. 
Lockwood.  Telephon  "  213. 
Lodge.  Blitzableiter  69. 

—  ^Y..  Bohrmaschine  *  75. 

—  Drehbank  -  529. 

Loew.  Spiritus  377.  [-■  435. 

Lohmann  und  Stolterfoht.  Triebwerk 
London   Lathe   and  Tool    Co..    Dreh- 
bank "  531. 
Lorenz.  Hochbau  *  578. 
Luckhardt   und  Alten.   Brauerei   108. 
Lumiere.  Photochemie  93. 

M. 

Maack.  Typenstauze "-'  160. 
Magerstein,  Spiritus  467. 
Mallard,  Sicherheitslampe  61. 
Mallet,  Spiritus  368. 

—  Eisenbahn  542. 
Maneuvrier.  Elektrolyse  237. 
Mann,  Schaumgährung  286. 
Mannesmann.  Schwungrad  '"'  478. 
Manville.  Eisenbahn  "'■' 547. 
Märcker,  Spiritus  324.  334. 
Marpmann.  Hydroxylamin  470. 
Marquardt,  Spiritus  371. 
Martin,  'Spiritus  230. 

Martini,  Spiritus  369. 
Massey,  Hammer  -'  13. 
Maxim.  Sprengstoff  66. 
Mayer  Joh..  Dynamit  64. 
Mayfield.  Amperemeter  55. 
Mayrhofer.  Prelsluftanlagen  *  483. 
Meissl.  Zucker  520. 
Merck.  Medicamente  523. 
Merlin,  Sicherheitslampe  49. 
Meydenbauer.  Photographie  94. 
Meyer.  Photographie  414. 

—  Cement  554. 

Michaelis.  Rauhmaschine ""'  148. 


Michaelis.  Cement  593.  600. 

Miehe.  Aufbereitung  ''■  193. 

Miethe.  Photographie  92.  413.       [240. 

Miller-Hauenfels .    Wärmetheorie  203. 

MissoD.  Druckpresse  ■"'  347. 

Mix  und  Genest.  Telephon  •■"  363. 

—  Absteilvorrichtung  390. 
Mohrenberg.  Abstellung  *  390. 
Moldenhauer.  Gas  565. 
Monchicourt  und  Rondet.  Wage  ""309. 
Morawski,    Chemisch -techn.    Rechen- 
aufgaben 480. 

Morgen.  Spiritus  368.  463. 
Morison,  Indicatorkolben  '"  528. 
Müller  J.,  Sicherheitslampe  "  56. 
Müller  und  Co..  Zünder  "'"  65. 
Müller-Jacobs.  Resinatfarbeu  139. 
Münz.  Brauerei  106. 
•Mylius.  Glas  82.  131. 

Nastainzik,  Aufbereitung  -"  196. 
Naumann,  Druckpresse  347. 
Nawratil.  Zünder  -  65. 
Neuhatis.  Photographie  95. 

—  Spiritus  327. 

Neville.  Hobelmaschine  "-  352. 
Newcomb.  Photographie  414. 
Newman.  Tiefbohren  251. 
Nicholson.  Mutterfraise '"'  168. 
Nissl,  Telegraphie "-'  123. 
Nobel,  Sprengtechnik  64.  67. 
Noice,  Tiefbohren  247.  [451. 

Norton  Emerv  Wheel  Co.,   Schleifrad 
Noth.  Tiefbohren  152. 
Nykander.  Spiritus  464 

0. 

Oeser.  Triebwerk  437. 
Ott.  Rauhmaschine  •■'  147. 
Otto.  Glas  41. 

—  Spirius  371. 

P. 

Pagniez.  Spiritus  369. 
Palladin.  Spiritus  377. 
Palmer.  Eisenbahn  539. 
Pariser  Edison  Co..  Lampe  240. 
Parkes.  Silber  411. 
Pasquier  du.  Ofen  443. 
Passmore.  Spiritus  377. 
Paucksch.  Spiritus  233. 
Paulsen,  Spiritus  230. 
Pawluk,  Telegraphie  "••  123. 
Peacock.   Schleifmaschine  ""'  261. 
Pearsou.  Sicherheitslampe  "'  59. 
Pellet.  Zucker  225. 


tiOH 


Naineiiref^isler  Ud.  273. 


Perry.  Eisen hahn  544. 
Perssoii-Olssoii.   WirUen-i  -'8. 
Perulz,  Pliotogrnphie  416. 
Petrovitscli.  Brauerei  109. 
PlalT,   Bohrmaschine  "  114. 
PfeilTer.  Pliotograiihie  95. 
Phipson.  Zucker  521. 
Pigeon.  Rettuugswesen  *  305. 
Pintsch.  Sicheriieitslampe  49. 
Pizzighelli,  Photographie  419. 
Poech,  Bergbau  76. 
Poetsch.  Tiefbohren  158. 
Popp,  Prersluft*481.*492. 
Poulot.  Schleifrad  *  449. 
Pratt  and  Whitney  Co.,  Wage*  313. 
Pregel.  Scheibenkuppelung  *  113. 

—  Bohrnaaschine  ^^  118. 

—  Schleifrad  *  449. 
PrölK  Abstellung  394. 
Pumpelly,  Speicherbatterie  47. 
Putsch,  Glas  131. 

R 

Rabitz,  Hochbau  ''  580. 
Randol,  Quecksilber  405. 
Raiisome.  Schärfmaschine  "■•■  257. 

—  Schleifrad  449.  ["179.^217.*  271. 
Raoult,  Molekulargewichtsbestimmung 
Rath,  Spiritus  368. 

Rathgen.   Spiritus  463. 
Räuber,  Polirmaschine  "■  537. 
Rayl,  Hilfssignai  44. 
Reckenzaun.  Elektricitätszähler  47. 
Reich  und  Co.,  Glas  136. 
Reichsversicherungsamt ,     Sicherheits- 
Reim,  Malz  334.  [lampe  49. 
Reinhardt.  Spiritus  467. 
Reininghans.  Brauerei  111. 
Reinke.  Bier  384. 
Reis.  Seminose  463. 
Reisinger  v..  Photographie  421. 
Reska,  Streckenbohrer  249. 
Rettenmeyer.  Brauerei  107. 
Reychler.  Diastase  463. 
Richards,  Bohrmaschine  '^  69. 
Riggenbacii.  Cement  562. 
Rigoni.  Schleifrad  *  449. 
Riley,  Nickeieiseii  456. 
Rillieux.  Zucker  513. 
Rinne.  Cement  599. 
Riva,  Gvpsofen  ^^  339. 
Rohn,  Bier  379.  380. 
Rolland.  Quecksilber  403. 
Roser,  Medicamente  526. 
Rösing.  Retlungswesen  *  306. 
Rössler,  Glas  **  132.^138. 
Roth,  Zünder  "  65. 
Rothschild-Deprez,  Lampe  240. 
Rottweil.  Pulver  67. 


Rowland,  Photographie  418. 
Rudolfy,  Rettungswesen  *"'  308. 
Runge,  Photographie  96. 
Rziha,  Streckenbohrer  249. 

S. 

Saarbrückener   Bergwerksdirektion, 

Sicherheitslampe  49. 
Sachse,  Medicamente  522. 
Saint  Venant  de.  Festigkeitslehre  207. 
Salzer,  Wirkerei  "  1. 
vSander,  Wirkerei  *  5. 
Sandwell,  Speicherbattei-iewagen  27. 
Savall,  Diaphanometer  372. 
Schallenberger,  Elektricitätszähler  96. 
Scharowsky,  Musterbuch  240. 
Scheibner,  Spiritus  368. 
Scherbening,  Aufbereitung  "  193. 
SchilTner,  Cement  553. 
Schindler.  Braugerste  331. 
Schirm,  Photographie  414. 
Schhimberger,  Festigkeitspriifer  *  167. 
Schmidt  und  Haensch,  Photographie  95. 
Schnabel,  Quecksilber  411. 
Schneider,  Kühlschiff  233. 

—  Spiritus  234. 

—  Hefe  287. 

—  Siederöhren  •'  585. 
Scholz,  Streckenbohrer  *  248. 
Schondorf,  Sicherheitslampe  49. 
Schott.  Glas  42.  84.  90.  129. 

—  Cement  560. 
Schrohe,  Spiritus  231. 
Schubert,  Wirkerei  "■'  1. 
Schucliard,  Photographie  421. 
Schüller,  Strohhutnähmaschine  *  244. 
Schultz,  Kühlschiff  233. 

Schultze.  Condensator  *  171. 

—  W..  Malz  334. 

—  Bier  378. 
Schulze,  Schlampe  328. 
Schumacher,  Glas  87. 
Schumann,  Photographie  416. 

—  Cement  553.  558.  589. 
Schutt,  Spiritus  463. 
Schütz,  Abstellung*  395. 
Schuyler  Company,  Dynamo  *  299. 
Schwab,  Gas  *  569. 
Schwackhöfer,  Bier  330.  380. 
Schwamborn,  Aufbereitung  *  197. 
Schwarz,  Brauerei  *  101. 

Scott,  Quecksilber  "  400.  403. 
See,  Spritzkühier  *  170. 
SeifTert,  Triebwerk  *  438. 
Seippel,  Sicheriieitslampe  49.  *54. 
Seliwanoff.  Cellulose  278. 
Sels,  Cenientver[iutz  479. 
Selwig,  Pumpe  "  100. 
Sesemann,  Signal  *  214. 


Namenregister  Bd.  273. 


607 


Seyde],  Schulen  144. 

Seyferth.  Zucker  516. 

Sheldon,  Löthrohr  384. 

Short.  Eisenbahn  544. 

Siebeck,  Sicherheitslampe  "' 59.      [215. 

Siemens  und  Halske,  Warnungssignal 

—  AbStellvorrichtung  386.  "•  387.  393. 
Siemens  Fr.,  Emaillirofen  "  337. 
Siersch,  Sprengtechnik  64. 
Simony,  Photographie  96. 

Singer,  Cellulose  278. 
Skoglund.  Sprengst  off  66. 
Slanina,  Schleifmaschine  "  539. 
Smethurst,  Rauhmaschine  '^  148. 
Smith.  Druckpresse  350. 
Smith  und  Stevens,  Pumpe  *  97. 
Societe  TEclairage  Electrique,  Lampe 
240.  [Spiritus  323. 

Societe    francaise    des    alcools     purs, 

—  Gramme,  Lampe  240. 

—  des  Manufactures  de  Glaces,  Glas 
Spindler.  Abstellung  393.  ["•  134. 
Splitgerber.  Glas  29. 

Sprague,  Eisenbahn  544.  586. 
Sprengel-Ostwald ,    Pyknometer  "  222. 
Srna,  Photogi'aphie  420. 
Staatseisenbahnverwaltung,  Abstellung 

387.  390.  398. 
Stammer,  Zucker  170.  223. 
Stanley,  Streckenbohrer  *  248. 
Statter  and  Co.,  Eiser.ijahn  549. 
Steifen,  Zucker  517. 
Steinheil,  Photographie  92. 
Stern  Gebr.,  Sicherheitslampe  49.  57. 
Stevenson.  Tief bohrer  ^-  246. 
Stift.  Spiritus  469. 
Stockbauer,  Schreibmaschine  •■'  243. 
Stockheim.  Brauerei """  103. 
Stölzel,  Quecksilber* 401. 
Stone.  Spiritus  465. 

—  Eisenbahn  539. 
Strauss-Collin,  Sprengtechnik  63. 
Stroehmer,  Koksofen """  341. 
Strouhal,  Glas  91. 

Strudel.  Wirkerei  *  7. 
Svoboda,  Zucker  225. 
Swinton,  magnetische  Klingel  "■  125. 

T. 

Tafel,  Spiritus  377. 

Tamann,  Zünder  *  65. 

Tangyes,  Pumpe  *  99. 

Tauss,  Cellulose  276. 

Taussig-  Zucker  177. 

Tecklenburg,  Tiefbohrktmde  48.  152. 

Terp,  Tiefbohren  155.  249. 

Tesla.  Dynamo  "■  292. 

Thiele,  Tiefbohren  154. 

Thvlmann,  Spiritus  469. 


Tickeil.  Mefswerkzeug  ""  314. 

Tiffin.  Schraubenschneidmaschine  "■255_ 

Tirmann.  Zünder  "  65. 

Tischer,  Mannose  377. 

Tittel  und  Co..  Glas  86. 

Tollens,  Spiritus  465. 

Tomei.  Cement  556. 

Töpffer.  Cement  553. 

Torring  v..  Glycerin  329. 

Töth,  Photographie  420. 

Traebert,  Hochbau  "  579. 

Trapp.  Cement  4^0. 

Trassel,  Glas  *  134. 

Traube,  Spiritus  322.  375. 

Trayvou,  Wage """  310. 

Treadwell,  Cement  591. 

Tschebull.  Bergbau  455. 

Tscherikowski.  Zucker  226. 

Tyer,  Galvanische  Zelle  48. 

TJ. 

Udransky  v.,  Spiritus  370. 
Uffelmann,  Branntweinprobe  372. 
Ungar,  Zucker  521. 
Universal    Radial     Drill    Co.,     Bohr- 
maschine *  70. 
Uppenborn,  Dynamo  "'•'291. 
Urbanitzky  v.,  Telegraphie  123. 

V. 

Vanrout,  Photographie  415. 

Veevers,  Gas  "'  568. 

Verschueren,  Sicherheitslampe  49. 

Vicat.  Thon  472. 

Vieille,  Pulver  67. 

Vincent  und  Vialatton,  Wage  309. 

Vogel,  Photographie  420.  422. 

Voigtländer,  Photographie  92. 

Vrabec,  Zucker  178. 

W. 

Wagner.  Photographie  93. 

—  Mikrophon  '■■  217. 

—  Spiritus  371. 
Wahl,  Hefezellen  382. 
Wains,  Centrifuge  383. 

Walker,  Elektrische  Locomotive  "••"  126^ 

Walkhoff,  Zucker  513. 

Walles,  Ingotschere  496. 

Walther,  Glas  ■' 135. 

Warburg.  Glas  132. 

Weber,  Glas  37. 

Weiske,  Spiritus  328. 

Weiss,  Condensation  ■'"  497.  ["  340. 

Well's    Rustless    Iron    Co.,    Glühofen 

Wenderoth,  Sicherheitslampe  49. 

Wendler,  Festigkeitsprüfer  "  164. 


€08 


Sachregister  Bd.  273. 


Wens,  Abstellvorricliluug  387.  396. 

—  Triebwerk  438. 
Westinghouse,  Umschalter  ''  216. 
Wetzke,  Spreewasser  423. 
Wichmann,  Bier  380. 

Wiebe,  Glas  39. 
Wild,  Bohrmaschine  *  534. 
Willkomm,  Wirkerei  *^1. 
Windifich,  Spiritus  371. 
Woelfel,  Rauhmaschine  "  149. 
Woerz,  Schreibmasclune  ^'^  243. 
\\'ülf,   Sicherheitslanipe  *  5U. 

—  R.,  Abstellung  "  392. 
Wood,  Rauhmaschine  "  148. 
Woodhouse  und  Rawson,  Lampe  239. 
Woodward,  Pumpe  ^''  97. 

Wurster,  Cellulose  279. 


Yoch,  Bei-gbau  77. 


Y. 

7. 

z. 


Zacharias,  Glühlampe  46. 
Zajicek.  Abwässer  331. 
Zeiss.  Photographie  92. 
—  Glas  129. 

Zettnow,  Photographie  94.  417. 
Zeuner,  Aufbereitung  *'  193. 
Zoebl,  Braugerste  331. 
Zopf,  Oxalsäuregährung  470. 
Zschau,  Tiefbohren  "  1 56. 
Zschokke,  Zünder  ^'  65. 
Zsigmondy,  Glas  29.  ••129.  600. 
Zuntz,  Spiritus  322. 


Sachregister. 


Abblättern.     —  des  Oelfarbenaustriches  auf  Ccmentverputz  479. 

Abfüllapparat.     S.  Brauerei  101. 

Abkühlnng.     Verluste  durch  —  s.  Fördermaschine  268. 

Abscheruiig-swiderstaiid.    —  als  Bestimmungsmiitel  für  den  Grad  der  Harte ; 

Abschmutzrolle.     S.  Rotationsdruckpresse  ^'  346.  [von  Kick  10. 

Absperrreutil.     —  zur  Hambruchschcn  Ausrückvorrichtung"  394. 

AbstellTOrrichtiing'.     —  an  Dampfmaschinen  ^^  385. 

Abwasser.     Reinigung  der  —  aus  der  Brauerei  330. 

Acrose  («).     —  eine  neue  Zuckerart  377. 

Aetherbeweguiig.     S.  Wärmetheorie  203. 

Aethylalkohol.     Einflufs  auf  den  Stoffwechsel  des  Menschen  467. 

Alarmrorrichtung.     —  an  Mohrenberg'schen  Ansrückvorrichtungeu  "  390. 

Alkalisalze.     S.  Darstellung  des  Cemenies  480. 

Alkalisnlfat.     —  und  Alkalibisulfit  zur  Reinigung  von  Rohalkohol  323. 

Alkoholometer.    —  467. 

Alterthiimer.     Regeln  für  die  Erhaltung  aufgefundener  —  189. 

Amide.     —  in  Gerstenmalzauszügen  231. 

Animon.     Kohlensaures  und  o.xalsaures  —  s.  Sprengtechnik  66. 

Ammoii-Wetterdynaiiiit.    —  64. 

Amperemeter.     Maylleld's  Taschen — "550. 

Analyse.  Prüfung  des  Glases  durch  Farbenreaction  131.  Die  Raoultsche  Me- 
thode der  Molekulargewichtsbeslimmung;  von  C.  Klinge  "••' 179.  ^'^  217. '* 271. 
—  verschiedener  Gerstensorten  332.  S.  Spiritus  370.  Bestimmung  des 
Fuselöles  371.  Verunreinigung  des  Handelsspiritus  373.  —  des  Spiritus 
mit  Geifsler's  Vaporimeter  375.  —  des  Malzschrotes  378.  Polaristrobo- 
metrische  —  s.  Spiritus  463.  S.  Iris-Reagenspapier  470.  S.  Cement  471. 
Bestimmung  der  Raffinose  in  Rohzuckern  518.  Ferrocyanbestimmnng  in 
gebrauchter  Reinigungsmasse  563. 

—  Untersutduing  von  Gasreinigungsmasse  563. 

—  Spreewasser n  von  Dr.  Th.  Wetzke  423. 

AiibauTersiich.     —  mit  Gerste  in  Schleswig-Holstein  333. 

Anstrich.      Verhütung   des   Abblätterns    von   Oelfarbenanstrich    auf  Cement- 
Antiseptikuni.     S.  Hydroxylamin  470.  [verputz  479. 

Antriebstheile.     —  der  Bohrmaschine  ^'  114. 
Apochromat.     —  92. 


Sachregister  Bd.  273.  609 

Appretur.     S.  Rauhmaschinen -"  145. 

—  Revolvirender  Apparat  zum  Bleichen,  Kochen,  Imprägniren  u.  s.  w.;  von 
Arabiiiose.  Gährversuche  mit  —  465.  [Gebauer  ^''  584. 
Arznei.     S.  Medicamente  522. 

Astronomie.     Anwendung  der  Photographie  auf  die  —  94. 

Athmen.     Rudoliy"s  Apparat  zur  Anregung  der  Lungenthätigkeit "  308. 

Aufbereitung.     Neuerungen  in  der  —  '^  193. 

Schwingender  Muldenherd  von  Miehe  und  Zeuner  *  193.  Dachförmiger 
Waschherd  von  Scherbening  *  193.  Klassirvorrichtung  für  Schlämme  von 
Hering  und  Hardt '"^  195.  Schlammaufbereitung  von  Nastainzik '■•' 196.  Bil- 
hai'z'  Bolzenmühle  '"■  196.  Pochwerk  mit  cj'linderförmiger  Sohle  von 
Schwamborn  *  197.      Card's   Vorrichtung    zum    Ausscheiden    metallischer 

Anslaugeverfahren.     —  nach  Steffen  s.  Zucker  517.  [Theile*197. 

Ausleger.     Pneumatischer  —  für  Rotationspressen  **  347. 

Auslösung.     —  von  Triebwerkskuppelung  s.  Ausstellung '""  433. 

Ausstellung.     S.  Sicherheitslampe  *  49.     Brauerei  *  101.     Die    elektrische  Be- 
leuclitung  der  Pariser  —  239.    Edoux'  Fahrstuhl  auf  dem  Eiffelthurm*25l. 

Beleuchtung  der  Pariser  —  ""'  300.     Braugerste in  Brunn  331.    —  zur 

Verhütung  der  Infection  in  der  Brauerei  384. 

—  Von   der    Deutschen  Allgemeinen    —    für  Unfallverhütung   in  Berlin   1889 

15.*  385. -"-433. 

Vorgänger  der  —  15.  Gruppeneintheilung  18.  Charakteristik  der  —  25. 
Abstellvon-iehtung  für  Dampfmaschinen,  allgemeine  Grundsätze  385. 
Lösung  der  Kuppelung  durch  einen  vom  Elektromagneten  ausgelösten 
Dampfcylinder,  von  der  preul'sischen  Staatseisenbahnverwaltung  387. 
Elektrische  Absteilvorrichtung  von  Siemens  und  Halske  *  387.  Desgl. 
mit  Alarmvorrichtung  von  Mohrenberg  *  390.  Mix  und  Genest's  Signal 
für  den  Maschinenwärter  390.  Drahtzug  zum  Loslösen  des  Grundschiebers 
der  Betriebsdampfmaschine  von  der  Excenterstange  390.  Absteilvorrich- 
tung durch  Auslösen  des  Schiebers  von  der  Excenterstange  und  Bremsung 
des  Dampfcylinders,  von  der  König-Friedrich-August-Hütte  *  390.  Absteil- 
vorrichtung, bei  welcher  die  Auslösung  der  Excenterstange  durch  einen 
segmentartigen  Rahmen  bewirkt  w^ird,  von  Brennicke  und  Co.'"-  392.  Wolfs 
Absperrung  mittels  Absperren  des  Dampfes  beim  Uebertritt  in  den 
Receiver  *  392.  Abstellung  der  Dampfmaschine  durch  Einwirkung  auf  den 
Expansionsregulirapparat  von  Keil  und  Meister  '•-  393.  Desgl.  von  Winter 
394  und  von  PröU  394.  Döring  und  Rückert's  Abstellung  durch  Glocke 
mit  Luftverdünnung  *  394.  Hambruch's  Abstellung  mittels  Druckwassers 
*  394.  Abstellung  mit  verdichteter  Luft  von  Schütz  *  395.  Auslösung 
durch  das  Gewicht  einer  Bandbremse  von  Wens  '^  396.  Herbertz'  Abstel- 
lung durch  Niederfallen  eines  elektrisch  ausgelösten  Gewichtes  *  397.  Ab- 
stellungen der  Königl.  Staatseisenbahnverwaltung  mittels  Drahtzug  und 
Drosselklappe  bez.  Steuerklinke  398.  Triebwerkskuppelung  und  Einrich- 
tungen zu  deren  Auslösung:  Allgemeines  433.  Dohmen-Leblanc'sche Kuppe- 
lung, ausgeführt  von  der  Berlin- Anhalt'schen  Maschinenfabrik* 434.  Brems- 
ringkuppelung von  Max  Friederich  und  Co.  '^  435.  Kuppelung  von  Lohmann 
und  Stolterfoht  '•-  435.  Gawron-Kuppelung,  aus  Lamellen  bestehend  *  436. 
Auslösung  der  Kuppelung  mittels  Drahtzuges  von  der  Königl.  preufsischen 
Eisenbahnverwaltung  437.  Wens'  Klingelzug  mit  Bandbremse  zum  Aus- 
rücken 438.  Frederking'sche  Ausrückung  mittels  Coulisse  *  438.  Seyffert's 
Momentausrückung  mit  Hilfe  einer  elektrischen  Auslösung  *  438.  Blanke's 
Auslösung  mittels  auf  einen  Hebel  wirkenden  Magnetes  439.  Heller's 
Ausrückvorrichtung  bei  vorhandenen  schweren  Schwungmassen,  insbe- 
sondere bei  Schleifsteinen "  439.  Bock  und  Füllner's  Ansichten  über  Aus- 
rückvorrichtungen 440. 

B. 

Bahuwesen.     Die  elektrische  Stadtbahn  in  Budapest  335. 
Bakterien.    Photographiren  der  —    95.   S.  Bier  381.    Photographie  von  —  414. 
—  im  normalen  Pflanzengewebe  469. 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  273  Nr.  13.  1889/III.  39 


610  Sachregister  Md.  273. 

Bandbremse.     S.  Ansriickung  von  Dampfmascliinen  *  39G. 

Barytgrlas.     —  zu  Landschaftslinsen  92. 

Batterie.     Zwerg—   für  Teleplion  432. 

Baiini^olle.     — industrie  der  Welt  575. 

Bauwesen.  Musterbuch  für  Eisenconstructioneii;  von  Scharowsky  240.  Elasti- 
cität  und  Festigkeit;  von  Bach  24(1. 

Beleuchtung.  Die  Herstellung  der  Glühlampen  46.  S.  Sicherheitslampe '*  49. 
W.  E.  Fein's  Controlapparate  für  den  Betrieb  elektrischer  — sanlagen  '^211. 
Weslinghouse's  Umschalter  für  elektrische  Lichtleitungen* 216.  Elektrische 
—  der  Pariser  Ausstellung  239.  Der  Bau,  Betrieb  und  die  Reparaturen 
der  elektrischen  — sanlagen;  von  Grünvvald  288.  —  der  Pariser  Aus- 
stellung **  300.  Bernstein's  Glühlampenanordnung  *  360.  S.  Photographie 
413.     Selbsthätiger  Verlauf  elektrischen  Lichtes  551. 

Benähen.     Herstellung  plüschartiger  Teppiche  durch  — ;  von  Harris  *  535. 

Bergbau.     S.  Sicherheitslampe  *  49. 

—  Der   maschinelle   Schrämbetrieb  im  Kohlenreviere  von    St.  Louis  in  Nord- 

amerika. Die  Harrison-,  Yoeh-  und  Legg-Maschine  und  deren  Verwen- 
dung 76. 

—  Vorsichtsmafsrcgeln  gegen  Grubenbrände  75.    Guibal's  Ventilator  mit  Ein- 

lauf-Conusen  118.  Magnetelektrische  Klingel  für  einzelne  Schläge  *  125. 
Iniuiisch's  elektrische  Locomotive  für  Bergwerke  ■' 126.  S.Tiefbohren 
*  151.*  246.  Hubgröfse  der  Fördermaschinen  261.  Production  der  Berg- 
und  Hüttenwerke  Rufslands  im  J.  1886  315.  Elektrische  Kraftübertra- 
gung in  der  Comstock-Grube  432. 

—  Querschlag-Betrieb  455. 

Mittheilung  von  Tschebull  über  die  Gewinnung  in  Annathal  455.  Kosten 
des  Betriebes  bei  Ausschlufs  der  Schiefsarbeit  456. 

Bier.     Ueber  Fortschritte  in  der  Bierbrauerei  330.  378. 

Reinigung  der  Abwässer  von  Schwackhöfer  330.  Beseitigung  der  Ab- 
wässer von  Zajicek  331.  Mährische  Braugerste- Ausstellung  in  Brunn  331. 
Ergebnisse  der  Anbauversuche  mit  Braugerste  in  Schleswig-Holstein ;  von 
Emmerling  333  und  in  Sachsen  333.  Ueber  das  Wasserbinden  der  Malz- 
trockensubstanz; von  Schnitze  334.  Analyse  des  Malzschrotes  378.  Beob- 
achtungen von  Rohn  über  die  Aenderung  des  Rauminhaltes  der  Schank- 
tasser  379.  Temperatur  der  Pfannenböden  von  Schwackhöfer  380.  Un- 
reines Tiefbrunnenwasser  von  Rohn  und  Wichniann  380.  Aenfserung 
Schwackhöfer's  über  die  Gesundheitsschädlichkeit  geschwefelten  Hopfens 
381.  Eintlufs  der  aus  Würze  erzeugten  Röststoffe  auf  die  Gährung;  von 
Irmisch  381.  Bakteriologische  Wasseruntersuchung,  sowie  Anwendung  der 
Hefereinzucht  bei  der  Obergährung;  von  Hansen  381.  Anzahl  der  Hefe- 
zellen im  —  e  von  Wahl  382.  Generalversammlung  des  Vereins  „Ver- 
suchs- und  Lehranstalt  für  Brauerei"  383.  Vortrag  Delbrück's  über  das 
Kühlschiff  und  Ersatz  desselben.  Apparat  zum  Sterilisiren  von  Hoffmann 
und  Ebert  bezieh.  Ergang.  Kühlbottich  von  Eckert.  Vortrag  Lindners 
über  Infectionen  383.  Reinke's  Mittheilungen  über  Vergährungsgrad. 
Goslich's  Vortrag  über  Feuerung  384. 

Binden.     Bindezeil  des  Cementes  472. 

Blech.     Räuber's  -  polirmaschine  537. 

Blechhammer.     —  *13. 

Blei.     S.  Hüttenwesen  411. 

Bleichen.     Apparat  zum  —  s.  Appretur  *  584. 

Blinden-Schreibapparate.     —  *241. 

Boudard's  Rektograph  für  Schreibschrift  241.  Costel's  dem  Rektographen 
ähnlicher  Schreibapparat  *  242.  Apparat  für  Braille-Sclnift  von  Stock- 
baucr  und  Woerz  *  243. 

Blitzableiter.  —  an  Explosivstoff-Gebäuden  69.  Guerin's  Erdleitungsprüfer 
für  —  M20.     Glendale's  —  für  Telegraphen  "  549. 

Blitzlicht.     Orlliochninialisches  —  von  Mewcomb  414. 

BlitzschntzTorrlchtung-.    —  für  Telegraphen  von  Czeija,  Nissl,  Pawluk  '•"123. 

Bopenfeile.     Zur  Herstellung  innerer  Sdilitze  "' 143. 


Sachregister  Bd.  273.  611 

Bohren.     S.  Tief— *  151. 

Bohrer.     Birkenhead's  und  Billing's  —  "'431. 

Bohrloch.     S.  Querschlag  455. 

Bohrmaschinen.     Neuerungen  an  —  *  69. 

Richards' Flügelbohrmaschine  mit  ausschlielslich  Riemenbetrieb* 69.  üni- 
versalUügelbohrmaschine  der  Radial-Drill  Comp,  mit  in  jeder  Ebene  schräg 
stellbarer  Bohrspindel  *  70.  Hulse's  Flügelbohrmaschine  mit  Einrichtung 
zum  Heben  und  Senken  des  Flügels  *  72.  Booth's  Ausbohrmaschine* 73. 
Bickford's  freistehende  Bohrmaschine  "  74.  Ausrückvorrichtung  von  Lodge 
und  Dreses  "■  75. 

—  lieber  die  Berechnung  der  Antriebstheile  von  —  "  114. 

—  Neuerungen  an  standfesten  —  *  533.  [rung  -  534. 

Fiege's  freistehende  Bohrmaschine  für  Handbetrieb  ■•' 533.    Wild's  — steue- 

Bohrspindel.     Rollendrucklager  für  —  von  Brownell  *  354. 

Boje.     Nachtrettungs— "■  306. 

Braile-Schrift,     S.  Blinden-Schreibapparate  '■•  241. 

Brauerei.  Ueber  technische  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  —Industrie 
(zugleich  Bericht  über  die  Stuttgarter  — ausstellung);  von  Prof.  Alois 
Schwarz  *  101. 

Enzinger's  Fafsabfüllmaschine  und  Flaschenschwenkmaschine  102.  Stock- 
heims  Filterapparate  und  Abfüllhähne  *  103.  Gehrke's  Filtrir-  und  Abfüll- 
apparate 104.  Fromme's  Filterapparat  104;  desgl.  von  Klein,  Schanzlin  und 
Becker  105.  Fromme's  Lagerfafsbüchsen  nach  Münz  106.  Arnold  und 
Schirmer's  Piefke-Filter  106.  Gersons  VVasserßltration  107.  Luckhardt 
und  Alten's  hydraulischer  Spundapparat """  108.  Hefe-  und  Bier-Ablafs- 
Spundbüchse  von  Petrowitsch  109.  Abfüllhahn  unter  Luftgegendruck 
von  Kropf  110.  Flaschenspülvorrichtung  und  Spunddauben  von  Reining- 
haus  111.  Turbinen-Hefeaufzieh-  und  Lüftungsapparat  und  Pichapparate 
von  Hoz  und  Kempter  111.  Fafsgeläger-Reinigungsmaschine  von  Fleischer 
und  Mühlich  112. 

Braugerste.     —  auf  der  Ausstellung  in  Brunn  331. 

Bremse.     Bremsringkuppelung  von  M.  Friederich*  435. 

Brilleng'las.     Lenfant's  Herstellung  des  —es  *  136. 

Bromsilberg'elatine.     Herstellung  der  —  415.     Lichtwirkung  auf  —  93. 

Bronze.     Erhaltung  alterthümlicher  —  190. 

Brücke.     Prüfung  des  Schweilseisens  der  Ketten—  in  Kiew  477. 

Brnckenwage.     —  für  20t  nach  Monchicourt  und  Rondet  *  309. 

Brunnen.     Bohren  der  —  in  Crefeld  "'  156.     S.  Spiritus  380. 

Bürette.     —  mit  Patenthahn  von  Greiner  und  Friederichs  138. 

C. 

Cellnlose.    S.  Filter  103. 

—  Verhalten  von  Holz  und  —  gegen  erhöhte  Temperatur  und  erhöhten  Druck 

—  S.  Spiritus  463.  [bei  Gegenwart  von  Wasser;  von  H.  Tauss  276. 
Cement.     Ueber   die  Untersuchung  und   das  Verhalten  von  —  471.  551.  587. 

Prüfung  von  —  471.  Die  chemische  Analyse  471.  Feinheit  der  Mahlung 
471.  Dichtigkeit  472.  Bindezeit  472.  Probenadel  von  Vicat  472.  Ein- 
flufs  des  Meerwassers  auf  die  Bindezeit  473.  Vei'suche  Candlot's  über  Zug- 
festigkeit des  —es.  Aenderung  der  Festigkeit  mit  der  Zeit  474.  Menge 
und  Beschaffenheit  des  Anmachwassers  474.  Eintlufs  der  Temperatur  auf 
die  Bindezeit  474.  Proben  mit  heifsem  Wasser  475.  Normen  für  Lieferung 
und  Prüfung  von  Portland-—  476.  Anfertigungsweise  der  Probekörper 
von  Dyckerhoff,  Töpffer  und  Schumann  551.  Prüfung  rasch  bindender 
— e  von  Schiffner.  Vorschläge  von  Goloubiatnikow  553.  Ueber  Sinterungs- 
temperatur von  Meyer  554.  Einwirkung  des  Kalkes  auf  die  Wärmeverhält- 
nisse des  —es  555'.  Einwirkung  von  Luft,  Süfs-  und  Seewasser,  Frost 
auf  den  — ;  von  Tomei.  Einwirkung  des  Wasserdruckes  557.  Verhalten 
der  — mörtel  beim  Erhärten  an  der  Luft;  beim  Erhärten  in  Seewasser 
nach  Thumann.   Einwirkung  des  Ueberschusses  von  Wasser  beim  Binden 


612  Sachregister  Bd.  273. 

des  — es.  Einflufs  des  Frostes  nach  Böhme  561;  desgl.  von  Riggenbach 
562.  Salzzusatz  zu  — mörtel  503.  Dyckerhofl's  und  Thumann's  Mörtel- 
probeu  587.  Volumenänderung  und  Schäden  der  — e  von  Tetmajer  591. 
Lufttreiben  und  Wassertreiben  derselben  591.  Verhalten  des  Portland- 
— es  am  Stephansdorae  593.  Eintlufs  fremder  Bestandtheile  auf  Port- 
land—  595.  Farbezusätze  bei  — platten  596.  Erfahrungen  über  Gj-ps- 
treiben.  Magnesiahaltige — e  596.  Einlluls  der  Kalksalze  auf  das  Binden; 
von  Candlot  598.     Zusatz  von  Schlacke  zum  — e;  von  Michaelis  600. 

Cement.  Ofen  zum  Brennen  von  —  *  443.  Ofen  zum  Brennen  — haltiger 
Stoffe* 444.     Darstellung  von  —  unter  Benutzung  von  Alkalisalzen  480. 

Cirkelmesser.     Schleifmaschine   für  —  *  335.  [ — verputz  479. 

Cocain.     —  und  Cocainderivate  522. 

Cocäthylin.     S.  Medicamente  524. 

Coudeusation.     Gegenstrora—  für  Daiiipfraaschineu  ^^  497. 

—  See's  Spritzkühler  für  — swasser  *  170.  [silber  *  404. 
Coiidensator.  S.  Vorwärmer  und  Kühler,  System  Klein*  355.  —  für  Queck- 
Coulisse.     Frederking'sche  Ausrückung  mittels  —  *  438. 

Cjauiu.     —  zu  Emulsionen  s.  Photographie  418. 

D. 

Dach.     Wellblech—  von  Lorenz  *  577. 

Dampfkessel.     Rauchverzehrender  Drehrost  von  Hopcraft  *•'  574. 

Dampfmaschine.     Higginson's  Regulator  *  253.  [von  A.  Bauer  261. 

—  Ist  der  grofse  Hub    der   direkt   wirkenden  Fördermaschinen   zweckmäfsig? 

—  S.  Schiebersteuerung  288.     Kennedy's  elektrischer  Regulator  384.     Abstell- 

vorrichtungen  für  —  *  385.    Gegenstromcondensation  für  — nanlagen  nach 

Deuaturirter  Spiritus. 467.  [Weiss '^497. 

Depression.     —  der  Thermometer  37. 

Destillationsbetrieb.     Beurtheilung  und  Controle  des  — s  323. 

Diamantbohren.     S.  Tiefbohren  251. 

Diaphanometer.     S.  Spiritus  372. 

Diastase.     Künstliche  —  463. 

Dichtigkeit.     —  des  Cementes  472. 

Draht.     Schwungrad  mit  Schwungring  aus  — *  478. 

Drahtmantel.     S.  Sicherheitslampe  *  58. 

Drahtzug.     Abstellung  der  Dampfmaschine  mittels  —  390.  397.'"*  437. 

Drehbank.    Bent's  Stahlhalter  96.   Ansaldi's  Krummzapfen —  mit  kreisenden 

—  'Neuere  Drehbänke  *  529.  [Werkzeugstählen  *  495.  529. 

Lodge  und  Davis'  —  mit  doppeltem  Querschlitten  für  Rothgufsarbeiten 
■'  529.  Birch's  —  mit  Doppelspindel  *  530.  Tritt—  mit  beim  Niedergang 
des  Trittes  vergröfsertem  Kurbelkreise  von  Geiger  und  Hessenmüller 
*  531.  —  mit  Fufsbetrieb  für  Feinmechaniker  von  der  London  Lathe  and 
Tool  Comp.*  531.  Benz'  Rohrllanschen -Doppel— *  532.  Säulen-Fräse 
und von  Geiger  und  Hessenmüller  *'"  532. 

Drehrost,     —  von  Hopcraft  *  574. 

Drehsieb.     —  bei  Frictionscondensatoren  s.  Hüttenwesen  *  407. 

Drackerei.     Typenstanzverfahren  von   Engelen  *  159. 

—  Neueri.ngen   an   Rotationsdruckpressen  *  341. 

Rotationsmaschine  für  wechselnde  Formate  und  pneumatische  Führung 
der  Bogen*  343.  Anordnung  einer  Abschrautzrolle  für  Werk-  und  Hlustra- 
tionsdruck*  346,  pneumatischer  Ausleger  *  347;  von  König  und  Bauer*. 
Missong's  Rotationsmaschine  für  wecliselnde  Formate  -  347.  Rotations- 
raaschine  mit  Einrichtung  zum  nachträglichen  Einfügen  von  Satz;  von 
Buxton,  Braithwaite  und  Smith  350.  Verwendung  der  Einrichtung  in  der 
—  der  Midland  Press  350.  Anordnung  eines  Nebenformencylinders  an 
der  vorgenannten  Maschine  zum  Eindrucken  der  „letzten  Nachrichten"* 351. 

Drnckrerfahren.     Photomechanische  —  91.  413. 

Druckwasser.    —  zur  Ausrückung  von  Dampfmaschinen;  von  Hambruch*394 

Dnplcxpumpe.    S.  Pumpe  *  97. 


Sachregister  Bd.  273.  613 

Dynamit-Oranate.    —  66. 

Dynamo.     —  mit  Prefsluft  als  Betriebskraft  ■•"481. 

E, 

Ecgouiu.     S.  Medicamente  522. 

Eiflfelthurm.     Der  —  und  die  Forthbrücke  "'  600. 

Eikonogeu.     S.  Photographie  421. 

Eiseu.     Prüfung  der  Festigkeit  des  —  s  der  Kettenbrücke  zu  Kiew  477. 

—  Legirung  von  Nickel  und  — .    Vortrag   von  Riley    vor  Iron  and  Steel  In- 

stitute 456. 

—  — gehalt  der  Soda  s.  Koksschmelzen  571.    Träger  mit  gewelltem  Stege  "577. 

Eisenbahn.  SandwelTs  elektrische  — wagen  mit  Beiwagen  für  Speicher- 
batterien 27.  Rayrs  Hilfssignal  für  — züge  44.  Delfieu's  selbsthätige 
— Signale  *  78.  Magnetelektrische  Klingel  für  einzelne  Schläge  von  Cox- 
Walker  und  Swinton*125.  Warnungssignale  und  Schienencontacte  für 
eine  bestimmte  Fahrrichtung* 214.  Die  Lartigue'schen  einschienigen  — en 
■"'  539.  Die  elektrische  —  zu  NorthÜeet  mit  in  Reihenschaltung  fahren- 
den Wagen  *  544.  — wagen  der  elektrischen  Bahn  zu  Northtleet  548. 
Sprague's  und  Bentley-Knight's  Motor  für  elektrische  —  en  586. 

Eiseuconstructionen.     Musterbuch  für  —  von  Scharowsky  240. 

Eiweifstrubnng.    S.  Bier  384. 

Elasticität.     —  und  Festigkeit  von  Bach  205.  240. 

Elektricität.  Sandwell's  elektrische  Eisenbahnwagen  mit  Beiwagen  für  Speicher- 
batterien 27.  Frisch's  Messung  des  Isolationswiderstandes  elektrischer  An- 
lagen 45.  Herstellung  der  Glühlampen  46.  Reckenzaun's  — szähler  47. 
Pumpelly's  Speicherbatterie  47.  Tyers  galvanische  Zelle  48.  Deltleu's 
selbsthätige  Eisenbahnsignale* 78.  Schallenberger  s  — szähler  für  Wechsel- 
ströme 96.  Immisch's  elektrische  Locomotive  für  Bergwerke  ■''126.  Kohn's 
galvanisches  Element  *  119.     Guerin's  Erdleitungsprüfer  für  Blitzableiter 

*  120.  Cox-Walker's  und  Swinton's  magnetelektrische  Klingel  für  ein- 
zelne Schläge*  125.  Kapp's  Inductorregulator  für  Wechselstromanlagen 
*128.  Kuhnhardt's  Vieli'achtelegraph  ohne  synchrone  Laufwerke  143. 
Goolden's  feuersichere  Widerstandsrahmen  192.  Fein's  Controlapparat 
für  elektrische  Beleuchtangsbetriebe*211.  Warnungssignale  und  Schienen- 
contacte für  eine  bestimmte  Fahrrichtung  *  214.  Die  elektrische  Beleuch- 
tung der  Pariser  Ausstellung  239.  Westinghouse's  Umschalter  für  elek- 
trische Lichtleitungen  ■""  216.  Die  elektrische  Stadtbahn  in  Budapest  335. 
Bernstein's  Glühlampenanordnnng '"'  360.    S.  Telephon  von  Mix  und  Genest 

*  363.  Kennedy's  elektrischer  Regulator  384.  Sheldon's  elektrisches  Lötli- 
rohr  384.  —  zur  Auslösung  von  Betrieben  s.  Ausstellung  "'  385.  S.  Aus- 
lösung von  Dampfmaschinen  nach  Herbertz"  Construction  "'396.  Elektrische 
Kraftübertragung  in  der  Comstock-Grube  432.  Zwergbatterie  zum  Nach- 
weise der  Empfindlichkeit  des  Telephons  432.  S.  Dynamos  mit  Prefsluft- 
betrieb  *  481.  Die  elektrische  Eisenbahn  zu  Northtleet  *  544.  Glendale's 
Blitzableiter  für  Telegraphen  *  549.  Mayfield's  Taschen -Ampere-  und 
Voltmeter  *  550.  Selbsthätiger  Verkauf  "elektrischen  Lichtes  und  tele- 
phonischer Anschlüsse  551.  Sprague  und  Bentley's  Motor  für  elektrische 
Eisenbahnen  586.     S.  Telephon. 

Elektrolyse,     lieber  elektrolytische  Zerlegung  durch  Wechselströme  237. 

Elektromotoren.     Neuerungen  an  —  (Dynamomaschinen)  289. 

Anordnung  der  Feldmagnete  in  drei  Gruppen  zu  je  drei  Magneten  von 
Bull* 289.  Elektromagnete  aus  weichen  Eisendrähten  hergestellt;  von 
Hanson*289.  Ferranti's  verbesserte  Fortleitung  des  elektrischen  Stromes 
"290.  Dynamomaschine  ohne  Magnetkern  von  Uppenborn,  Forbes  bez. 
Eickemeyer  ""■  291.  Tesla's  Motor,  welcher  mit  Wechselströmen  arbeitet 
und  zwei  mit  ihren  Achsen  rechtwinklig  zu  einander  stehende  Spulen  hat 
■""  292.  Form  des  synchronen  Motors  *  295.  Plan  für  eine  Anlage  zur 
allgemeinen  Vertheilung  des  Stromes  von  Tesla  298.  Wechselstrommotor 
ohne  Coramutator  von  Tesla  ■'■  299.     Anker,    von  Trommelform   und  aus 


614  fcJachiegiDier  Bd.  273. 

Eiseiiblechriii^en  bestehend,  mit  vier  Spulen,  von  der  Scliuyler-Companj' 
*  299.  Schaltung  homologer  Spulen  nach  Cabanellas  300.  Henrion's 
Dynamo  und  Regulatoren  **  300.  Beleuchtung  der  Pariser  Ausstellung  mit 
Krizik's  Pilsenlampe  *  300.     Ausführung  derselben  von  Henrion  ^  302. 

Element.     Kohn's  galvanisches  —  *  119. 

Kniailliröfen.     —  von  Siemens  *  337. 

Euinicnslt.     S.  Sprengtechnik  64. 

EmpüudiiiigsUbertraguug'.     —  bei  Unlailen  440. 

Entfärbung:,     — spulver  s.  Spiritus  470. 

EntfuselungrsTorfahren.    —  322. 

Entplasuugsprodncte.     S.  Glas  88. 

Entschnlen.     Das  —  der  Maische  235. 

Eutwlckelung-.     —  von  Trockenplatten  419. 

Eosinsilberplatte.     —  416.  417. 

Erdbohrer.     —  zum  Vorbohren  von  Pfostenlöchern  251.     S.  Tiefbohren. 

Erdleitnng'spröfer.     Guerin's  —  für  Blitzableiter  *  120. 

Erdöl.     Eriiöhung  der  Ergiebigkeit  von  —  bohrlöchern  249. 

Erdwachs.     Gewinnung  von  —  (Ozokerit)  durch  Schmelzen  250. 

Erhaltungsniittel.     —  für  alterthümliche  Gegenstände  189. 

Erythrosin.     S.  Gclbempfindlichkeit  416.  417. 

Expansion.     Ausriickung  durch  Einwirkung  des  — sregulirapparates  *  393. 

Explosionsstolfe.     S.  Sprengtechnik  *  62. 


Fahrstuhl.     Edoux'  —  auf  dem  Eiffelthurm  •' 251. 

Fallhaninier.     —  von  Ainsworth,  Hammesfahr  und  Hasse  '■*  14. 

Fang"kettenstnhl.     S.  Wirkerei  *  4. 

Färberei.     Die  Bleichmittel,  Beizen  und  Farbstoffe  von  Herzfeld  576. 

Farbstofr.     Heber  die  sogen.  Resinatfarben  von  Müller-Jacobs  139. 

Fafs.     Aendcrung  des  Rauminhaltes  von  Schankfässern  379. 

Fafsabfilllmaschine.     —  102. 

Feile.     S.  Bogen— "■  143. 

Feldmagrnet.     S.  Elektromotoren  *  289. 

Fenster.     Verschlufs  von  Oberlicht — n  *  582. 

Ferment,     Ein  oder  zwei  — e  im  Malz  464. 

Ferrocjan.     Bestimmung  des  — s  in  Reinigungsmassen  563.    Gewinnung  des 

— s  aus  Gasreinigiingsmasse  567. 
Festijarkeit,     Bestimmung  der  Härte;   von  Prof.  F.  Kick  10.     S.  Zug — sprüfer 

für   Papier,  Gespinnste  u.  dgl."163.     Elasticität    und  — ;  von  Bach  240. 

—  der  Legirung  von  Nickel  und  Eisen  456.  S.  Ceraent  473.  Die  Prüfung 
des  Schweifseisens  der  Kettenbrücke  in  Kiew  477.  —  des  nach  dem 
Freret'schen  Verfahren  getrockneten  Holzes  511.    Untersuchung  über  die 

—  des  Cementes  551.  587.  [Gollner  206. 
Festig'keitslehre.     Elemente   der  — •,  von    Johnen    288.     Zur  — ;    von    Prof. 
Fettsäure.     Flüchtige  — ,  ob  (liesell)e  in  die  Milch  übergeht?  328. 
Fenerung'.     S.  Bier  384.     Rauchverzehrender  Drehrost  von  Hopcraft  574. 
Filter.     S.  Brauerei  101.     Piefke's  —  106. 

Firnifs.      —  zur  Erhaltung  alterthümlicher  Gegenstände  191. 

Flasche.     Automatischer  — nbla.sapparat  133.    Schere  für  die  — nmündungen. 

Auswalzen  der  — nmündungen  **  136. 
Flaschenschwenkmaschinc.     Enzinger's  —  102. 
Flul'swasser,     S.  Analy.se  des  Sproewassers  423. 
Fördermaschine.     Hubgröfse  der  —  261. 
Format.     Itdlalionsdruckpresse  für  wechselndes  — *  342. 
Forthbrilcke.     —  *>  (WO. 
Fraise.     —   für  Säulen  s.  Drclil)ank  **  532. 
Fraismaschine.     Nicholaon's  Muttern —  *  169. 
Frost.     Eintlufs  des  — es  auf  Cement  556. 
Frucht/ucker.     S.  Zucker  521. 


Sachregister  Bd.  273.  615 

Fuselöl.     S.  Spiritus  321.    Nachweis  und  Bestimmung  von  —  in  Spiritus  370. 

Gehalt  der  Branntweine  an  —  466. 
Fütterung'STersuche.    —  mit  Schlampe  und  wasserreichen  Futtermitteln  324. 

G. 

IJährbottich.     —  von  Geyer  369. 
Oalaktose.     Gährversuche  mit  —  465. 
Gas.     Boy's  Versuche  mit  Seifenblasen  238. 

—  Neuerungen  in  der  — industrie  563 

Ferrocyanbestimmung  in  der  Reinigungsmasse  von  Knublauch  563.  Unter- 
suchung gebrauchter  Reinigungsmasse  von  Moldenhauer  und  Le)'bold  565. 
Gewinnung  des  Sulfo-  und  Ferrocyans  aus  gebrauchter  — reinigungs- 
masse  von  Esop  567.  Verfahren  von  Kunheim  und  Co.  568.  Verfahren 
und  Apparate  zur  Reinigung  des  Leucht-  und  Kohlen — es  von  Estcourt 
563.     Neue  Form  der  Pentanlampe  von  Harcourt  570. 

Gasdruckmesser.     —  für  Gewehrpulver  66. 

Gasofen.    S.  Glas*  132. 

GefrierTerfahren.    S.  Tiefbohren  158. 

Gegenstroin.     S.  Condensation  *  497.     S.  Zucker  171. 

Gelatineemnlsion.     Orthochromatische  —  416. 

Gelbempfliidlichkeit.     —  bei  Erythrosin  417.  [466. 

Geruch.     Beseitigung  des  üblen  — es  von  Spiritus  aus  angefaulten  Kartoffeln 

Gerusthalter.     S.  Hochbauwesen  *  578.^- 579. 

Geschofs.     Bourblanc's  —  zum  Zuwerfen  von  Rettungsleine  ""  303. 

Geschwindigkeit.     —  der  Bohrmaschine  '"■'  114. 

Geseukhammer.    —  *  13. 

Getreide.     BoUino's  — entladevorrichtung  *  496.     Hill's  — wage  *"  311. 

Getrübtes  Glas.    S.  Glas  89. 

Gewicht.     — s-  und  Volumprocente  s.  Spiritus  467. 

Gewichtsalkoholometer.    —  469. 

Gewinde.     Hateley's  Grund — Schneidraaschine  *  168. 

Giefsen.     —  der  Glasplatten  *  134.  [mondy  29. 

^las.     Die  Löslichkeit  der  Sulfide  im  Glase  (neue  Farben)  5  von  Richard  Zsig- 

—  Zur  Technologie  des  —es  37.  82.*  129. 

Eintlufs  der  Zusammensetzung  des  — es  auf  die  Depression  der  Thermo- 
meter 37.  Standänderungen  der  Thermometer  nacli  Erhitzung  auf  höhere 
Temperaturen  von  Wiebe  39.  Fehler  an  Libellen  40.  Einflufs  des  Spiritus 
auf  Libellen  41.  Untersuchungen  über  die  Löslichkeit  des  — es  in  Wasser 
nach  Versuchen  von  Mylius  und  Foerster  82,  desgl.  von  Ebell  82.  Kali- 
wasser— im  Verhalten  zu  Wasser  83.  Löslichkeit  der  Kaligläser,  verglichen 
mit  derjenigen  der  Natrongläser  84,  und  vergleichende  Löslichkeit  von 
— Sorten  des  Handels  86.  Untersuchungen  von  Hussak  und  Schumacher 
über  das  Kalksilicat  des  — es  87.  Sphärolithische  Ent— ungsproducte  von 
Hussak  88.  Getrübte  Gläser  von  Knapp  89.  Entfärbung  von  durch  Eisen 
gefärbten  Gläsern  89.  Thüringer  —  90.  Thonerde  in  der  Zusammen- 
setzung des  — es  von  Frank  90.  — thränen  mit  verdünnter  Flufssäure  be- 
handelt von  Barus  und  Strouhal.  Rauter's  massives  Goldrubin—  91. 
Schott's  — schmelzerei  für  optische  und  andere  wissenschaftliche  Zwecke 
129.  Aenderung  der  Pütsch'schen  Wechselhaube  131.  Mylius'  Prüfung 
des  — es  durch  Farbreaction  131.  Rössler's  — ofen  zu  Probeschmelzungen 
für  Flüsse  und  Glasuren*  132.  Ashley's  automatischer  Flaschenblasapparat 
133.  Lippert's  — schmelzwanne  *  134.  Auswalzen  dünner  — platten  nach 
Lindner  und  Trassel  *  134.  Apparat  zum  Hantiren  von  — wannen  vor 
und  in  dem  Ofen  *  134.  Mit  der  —bläserpfeife  verbundene  Luftpumpe 
von  Donovan  "  135.  Ballons  aus —  mit  innerem  Luftzuführungsrohre  für 
Lampen  von  Walther  und  Kaiser  *  135.  Schere  zum  Formen  der  Flaschen- 
mündungen von  Blumberg  *  136.  Auswalzvorrichtung  für  Flaschenmün- 
dungen von  Klein  und  Herb  *  136.  Lenfant's  Herstellung  von  Brillen- 
gläsern* 136.     Metallglanzätze    auf  —   oder    keramischen    Gegenständen 


616  Sachregister  Bd.  273. 

von  Reich  und  Comp.  136.  Verfahren,  um  —  zu  decoriren,  von  Frank  137. 
Perlenaut'reihmaschinen  von  Haller  und  Berthold  *  137.  Rössler's  auto- 
matisches Schleifen  der  —perlen  *  138.  Bürette  und  Pipette  mit  Patent- 
hahn von  Greiner  und  Friederichs  138. 
Glas.  Neues  optisches  —  479.  S.  Schleifmaschine  für  —  ^^  539.  — bläser- 
färbe  '29.  [pfeife  mit  Luftpumpe  s.  —  *  135. 

—  Schleifen  der  —perle*  138. 

—  — thranen  91. 

Glühlampe.     Herstellung  der  —  46.  [Bilharz  *  442. 

Glühofen.     —  der  Wells  Kuslless  Iron  Co.  *  340.     —  für  körnige  Stoffe  von 

Gljceriii.     — gehalt  der  Branntweinschlämpe  329.     S.  Spiritus  469. 

Gold.     Erhaltung  alterthümlicher  Gegenstände  aus  —  19U. 

Goldrubini2:las.     —  91. 

Granate.     S.  Dynamit—  66. 

Granzitaot'en.     S.  Quecksilber  *  400. 

Grubenbrand.     Vorsichtsmafsregeln  gegen  —  75. 

Grilnmalz.     —  zur  Umwandlung  der  Stärke  235.  [lung  15. 

Gruppe.      — neintheilung    der    Ausstellung    für    Unfallverhütung    s.  Ausstel- 

Gyps.     Rivas  Ofen  zum  Brennen  von  —  *  339. 

Gypstrelben.     S.  Cement  596. 

H. 

Häkelmaschine.     —  für  Posamenten  *  5. 

Hammer.     Neuere  — constrnctionen  *  11. 

Glossop's  Schmiede —  mit  Kraftbetrieb  und  Luftwirk luig '' 11.  Hackney's 
Kraft —  mit  LuftpufTer*  12.  Massay's  Gesenk-  und  Blech—  mit  Dampf- 
betrieb *  13.     Aiusworth's    Fall—  14.     Fall —   von    Hammesfahr   und  von 

Härte.     Bestimmung  von  — ;  von  Kick  10.  [Hasse  "  15. 

Hebezeug:.     Bollino's  Getreideentladevorrichtung  "496.     S.  Fahrstuhl  *  251. 

Hefe.     Zuckerbildung  der  —  463. 

—  — reinzucht  381. 

—  — verfahren  s.  Spiritus  287. 

—  Anzahl  der  — zellen  im  Biere  382. 
Heizung.     Regulirung  der  —  durch  Prefsluft  *  483. 
Herd.     S.  Aufbereitung*  193. 

Himmelskarte.     —  96.  [Heinemann's  —  für  das  Kleingewerbe  *'  353. 

Hobelmaschine.    Haas'  Triebwerkskuppelung  für  — n  *' 254.    Neville's  — *352 

HochbauTTesen.     Neues  im  —  *  577. 

Daehr's  Trägereisen  mit  gewelltem  Stege  *  577.  Lorenz'  Wellblechdach 
*  578.  Birmelin's  Gerüsthalter  *  578.  Desgl.  von  Traebert  *  579.  Leiter- 
gerüstträger von  Heist  *  580.  Rabitzputz  *  580.  Böckel's  Verblendziegel 
mit  Hohlzapfen  582.  Kersten's  Fensterverschlufs  *  582.  Verschlufs  und 
Stellvorrichtung   für   Oberlichtfenster  von  Kolbe  **  582.     Desgl.  von  Bub- 

Uolz.     Erhaltung  alter  —gegenstände  190.  [mann  und  Hirschmann "583. 

—  Verhalten   von  —   und  Cellulose  gegen    erhöhte  Temperatur  und  erhöhten 

Druck  bei  Gegenwart  von  Wasser;  von  H.  Tauss  276. 

—  Ergebnisse  mit  dem  Freret'schen  —trocknungsverfahren  511. 
Holzbearbeitnngr.     Birkenhead's  Bohrer*  431. 

Holzlutte.     Baker's  —  s.  Hüttenwesen  *  408. 

Homcocain.     S.  Medicamente  524. 

Hubg'röfse.     —  der  Fördermaschinen  261. 

Hüttenwerke.     Production  der  —  Rufslands  im  J.  1886  315. 

Hüttenwesen.     Neuerungen  im  Metall — **  398. 

Quecksilber,  Verarbeitung  des  Quecksilbers  zu  New-Almaden  von  Christy 
bez.  Kroupa  398.  Die  Erze,  die  Oefen  *  399.  Grobkornöfen  400.  Gran- 
zitaöfen  *^  400.  Tierraöfen  **  401.  Versuchsofen  von  Hüttner  and  Scott  403. 
Rolland's  Ofen  403.  Die  gemauerten  Condensatoren  *  404.  Schutz  der 
Mauerwerke  durch  Asphalt  nach  Randol  405.  Eiserne  Coudensatoren 
von  Fiedler-Randol  406.    Coudensatoren  von  Holz  und  Glas  nach  Randol 


Sachregister  Bd.  273.  617 

xmd  Fiedler* 406.  Frictions-Condensatoren  mit  Drehsieben  *  407.  Holz- 
lutten von  Baker  ^^  408.  Die  Condensationsproducte  408.  Zukünftige  Ver- 
besserungen in  der  Condensation,  Vorschläge  von  Christy,  Verringerung 
der  den  Condensator  durchstreichenden  Gasmenge  etwa  durch  Anwendung 
des  Wassergases.  Erforderlicher  Raum  zum  Absetzen  des  Quecksilbers 
409:  die  Temperatur  beim  Austritt  aus  dem  Condensator  soll  200  nicht 
übersteigen.  Wahl  des  Materiales  für  die  Condensatoren  410.  Verar- 
beitung der  Erze  zu  Almaden  410.  Bericht  von  Schnabel  411.  Blei  und 
Silberverarbeitung  nach  Parkes'  Verfahren  411.  Entsilberung  des  Bleies 
durch  Hindurchleiten  von  Zink ;  von  Honold  *  412. 

Hüttenwesen.     Walles"  Ingotschere  *  496. 

—  S.  Aufbereitung. 

Hydrazin.    —  523. 

Hydrochinou.     S.  Photographie  420. 

Hydroxylamin.     —  als  Antiseptikum  470. 


Imprägulreu.     S.  Appretur  *  584. 
ludicator.     Morison's  — kolben  *  528. 
Inductor.     Kapp's  — Regulator  für  Wechselströme ''' 128. 
Infection.    Organismen,  welche   —  des  Bieres  bewirken;  von  Lindner  383. 
Ingotschere.     S.  Schere  "  496. 
Iris.     — Reagenspapier  470. 

Isolationswiderstand.    Frisch's  Messung  des  — es  elektrischer  Anlagen  wäh- 
rend des  Betriebes  45. 
IsOTalerylchlorid.     S.  Medicamente  525. 


J. 

Jodprobe.     Ausführung  der  —  s.  Spiritus  464. 


Käfer.     Photographie  leuchtender  —  414. 
Ealiwasserglas.     —  im  Verhalten  zu  Wasser  83. 
Kalk.     Ofen  zum  Brennen  von  —  "  443. 
Ealksalz.     Einflufs  der  — e  auf  Cement  598. 
Kalksilicat.     —  des  Glases  und  der  Glasuren  87. 

Kartoffel.     Anbauversuche  der  —  229.    Verarbeiten  eingefrorener  —  n  231. 
Kantschnk.     —  als  Bindemittel  für  Schleifräder  450. 
Kellereiapparate.     S.  Bierbrauerei  *  101. 

Kesselstein.     Maschine  zum  Ablösen  des  —es  von  Siederöhren  *  585. 
Kettenstuhl.     S.  Wirkerei  *1. 

Klammer.     Dennis'  —  *  431.     —  für  Gerüste  s.  Hochbau  "■  578.  ^=' 579. 
Klingel.    Cox- Walker  und  Swinton's  magnetelektrische  —  für  einzelne  Schläge 
Knochen.     Erhaltung  alterthümlicher  Gegenstände  von  —  190.  [*  125. 

Knochenkohle.     Arbeit  mit  und  ohne  —  in  Zuckerfabriken  172. 
Kochen.     S.  Appretur  *  584. 
Kohlefäden.     —  für  Glühlampen  46. 

Kohlehydrat.     —  als  Oxydationsproduet  der  Eiweifsstoffe  377. 
Kohlensäure.     Elektrischer  Signalapparat  zum  Anzeigen   des  — gehaltes   der 
Koksofen.     Stroehmer's  —"341.  [Luft  s.  Spiritus  369. 

Koksschmelze.     Ueber  — n  von  L.  Jahne  571. 
Kolben.     Indicator—  von  Morison  *  528. 

Kraftübertragung.    S.  Elektromotoi-en  *292.    Elektrische  —  in  der  Comstock- 
_  Grube  432.     S.  Prefsluft  *481. 

Kreissäge. Schärfmaschinen  "'  256. 

Kriegswesen.     Anwendung   des   polarisirten    Lichtes   in    der    optischen  Tele- 
graphie  für  militärische  Zwecke  '■'  197. 


618  Sachregister  Bd.  273. 

KriiiiiDizapfen.     Drehbank  für  —  *  495. 

KHhlapparatc.     S.  Spiritus  368.  [Klein* 355. 

Kflhler.    —  für  Condensationswasser  *  170.  Kanimervorwärmer  und  — ,  Svstem 

Kühlschiff.     Nachtheile  des  —es  233.     S.  Bier  383. 

Kulirstuhl.     S.  Wirkerei*!. 

Knpferoxyd-Animoniak.     Salpetersaures  —  als  Sprengstoff  64. 

Kappelniigr.  PregeFs  Sclieiben — *113.  Haas' Triebwerks —  für  Hobelmaschinen 
**  254.  Lösung  der  — en  an  Dampfmaschinen  und  Triebwerken  s.  Aus- 
stellung *  386.  *•' 433. 


Laboratorium.  Apparate  zur  Molekulargewichtsbestimraung  nach  Raoult's 
Metliüde  *186.     S.  Molekulargewichtsbestimmung  *  197.*  217.*  271.     Iris- 

Laderorrichtiing.     Bollino's  Getreideentladung  *  496.        [Reagenspapicr  470. 

Lag-erfalsbilchse.     —  106. 

Lamellenkiippelnng.     —  von  Gawron  '  436. 

Lampe.     Ballons  aus  Glas  mit  innerem  Luftzuführungsrohre  *  135. 

Laufwerk.     Kuhnhardt's  Vielfachtelegraph  ohne  synchrone  — e  143. 

Lauge.     Einllufs  der  —  auf  Glasobertlächen  42. 

Lebensdauer.     Durchschnittliche—  der  Trinker  und  Nichttrinker  467. 

Leder.     Erhaltung  alterthümlicher  —  190. 

Leiter.     Rettungs—  für  Schiffbrüchige  *  304.     Gerüstträger  für  —  *  580. 

Xeitnug'.  Guerin's  Erd— sprüfer  für  Blitzableiter  "'  120.  — s Vorrichtungen  für 
Preisluft  von  Popp  *  492. 

Leuchtgas.     S.  Gas. 

Libelle.     Fehler  an  —  n  40.     Einllufs  des  Spiritus  auf  —  41. 

Licht.  S.  Photographie  91.  Polarisirtes  —  zum  Telegraphiren  *  197.  Künst- 
liches —  zum  Photographiren  413. 

Literatur.     —   über  Fuselölbestimmung  373. 

Lochcamera.     Aufnahmen  in  der  —   92. 

Lochlehre.     S.  Mefswerkzeuge  *  314. 

Locomotire.     Immisch's  elektrische  —  für  Bergwerke  *  126. 

Löslichkeit.     —  des  Glases  in  Wasser  82.  [wendeten  —  274. 

Lösungsmittel.    Die  bei  der  Raoult'schen  Molekulargewichtsbestimmung  ver- 

Löthrohr.     Sheldon's  elektrisches  —  384. 

Lnft.  Verdünnte  —  zur  Ausrückung  von  Dampfmaschinen  von  Döring  und 
Rückert*394. 

—  Verdichtete  —  zur  Ausrückung  der  Dampfmaschine  von  Schütz  *  395. 

—  S.  Prefsluft*481. 

—  Einllufs  der  —  auf  Cement  556. 
Lnftpnffer.     —  an  Hackney's  Hämmern  *  12. 
Lnfttreiben.     S.  Cement  591. 

Lüftung.     Regulirung  der  —  durch  Prefsluft  *  483. 

M. 

Magnesia.     Einwirkung  der  —  auf  Cemente  596. 
Magnesia-Cemeut.     —  zur  Herstellung  von  Schleifrädern  449. 
Magnesium.     —  zum  Photographiren  413. 
Magnet.     Dynamo  ohne  — kern*  291. 
Mahlung.     Feinheit  der  —  bei  Cement  471. 
Maischdestillirapparat.    S.  Spiritus  368. 
Maismaische.     —  bei  Hochdruck  kein  Oel  absondernd  329. 
Maltose.     S.  Spiritus  377. 
Malzschrot.     S.  Bier  378. 

Mannose.     S.  S])iritus  377.  [Drahtschwungring  *  478. 

Maschinenelement.     Preg^l's   Scheibenkuppelung  *  113.     S.Schwungrad   mit 
Medicament.   Neue  künstliche  — e:  Cocain,  Cocai'nderivate,  Narcein,  Hydrazin, 
Moschnsersatz  522. 


Sachregister  Bd.  273.  619 

Gewinnung  von  Cocain  aus  dessen  amorphen  Nebenbasen  nach  Liebermann 
und  Giesel  522.  Darstellung  des  Cocains  aus  den  Estern  des  Ecgonins 
nach  Böhringer  524.  Darstellung  des  Cjocathylins  und  Homcocains. 
Physiologisch  wirksame  Cocainderivate  von  Böhringer  525.  Darstellung 
des  Narceins  und  Homonarceins  von  Böser  526.  Darstellung  der  Hydrazin- 
verbindungen  aus  Triazoessigsäure  von  Curtius  526.     Moschusersatz   von 

Membranpiimpe.    Dehne's  —  ^'  99.  [Baur  528. 

MefSTOrrichtung".  Reckenzaun's  Elektricitätszähler  47.  Frisch's  Messung  des 
Gesammt-Isolationswiderstandes  elektrischer  Anlagen  während  des  Be- 
triebes 45.  Schallenberger's  Elektricitätszähler  96.  Guerin's  Erdleitungs- 
prüfer für  Blitzableiter  *  120.  Zugfestigkeitsprüfer  für  Papier,  Gespinnste 
u.  dgl.  "163.     Mayfield's  Taschen-Ampere-  und  -Voltmeter  ^^  550. 

Mefswerkzeuge.    —  ^''  314. 

Lochlehre  von  Brown  und  Lancaster  "  314.  Tickell's  verlängerbare  Loch- 
lehre *  314.  Haddow's  Mefsvorrichtung  für  Dicken  und  für  Höhenabsätze 
an  Werkstücken  "  314.  Enos'  Neigungswage  '•'  315.  Wasserwage  von 
Bement  und  Miles  *  315. 

Metall.  Erhaltung  alterthümlicher  Gegenstände  aus  —  190.  Ertrag  der  Berg- 
und  Hüttenwerke  Rufslands  im  J.  1886  315. 

Metallbearbeitung.  Bogenfeile  zur  Herstellung  innerer  Schlitze  "'  143.  Typen- 
Stanzapparat  von  Engelen  *  159.  Hateley's  Grundgewinde-Sclmeidmaschine 
"168.  Nicholson's  Mutternfräsmaschine  ^^  169.  Tiffin's  Schraubenschneid- 
maschine*255.  Peacock's  Schleifmaschine  für  Rundlöcher  ^^  261.  S.Hobel- 
maschine *  352.  *  353.  Rollendrucklager  für  Bohrspindeln  ""'  354.  Selbst- 
richtende Schleifsteine  430.  S.  Schleifen  ■*•  449.  S.  Drehbank  mit  kreisen- 
den Stählen  *  495.  Walles'  Ingotschere  *  496.  S.  Drehbank  *  529.  Bohr- 
maschine *  533.     Polirmaschine  für  Blech  *  537.     Schleifmaschine  für  Me- 

Metallglanzätze.    —  auf  Glas  136.  [tall ""'  539. 

Methyleosin.    —  417. 

Mikrophon.     Wagner's  —  ""  216. 

Mikrophotographie.    —  416. 

Mikroskopie.    Anwendung  der  Photographie  auf  die  —  94. 

Milchsäure.     S.  Spiritus  286.  [--- 179.-"-217.  *  271. 

Molekulargei/richt.   Bestimmung  des  — es  nach  Raoult's  Methode :  von  Klinge 

MomentausrOcknng.    —  von  Seyffert  -  438. 

Mörtel.     S.  Cement  587. 

Moschus.    —  522. 

Motor.     —  für  elektrische  Eisenbalnien  nach  Sprague  586. 

Mühle.     Bolzen—  s.  Auf  bereitung  *  196. 

Mutternfriismaschine.    —  von  Nicholson  "'  169. 

N. 

Nähmaschine.    Strohhut —  von  Köckritz  und  Schüller  *  244. 

Narcei'u.     Darstellung  des  —  s  523. 

Natronglas.    —  84. 

Nebenformencylinder.     S.  Rotationsdruckpresse  *  341. 

Nickel.     Legirungen  von  —  und  Eisen  456. 

Niet.     Wärmofen  für  — e  von  Enfer*528. 

Nitrocellulose.     S.  Sprengtechnik  66. 

0. 

Oberflächencondensator.    S.  Kühler,  System  Klein  *  355. 

ObjektiT.     Photographische  — e  92. 

Oel.     Absonderung  von  —  bei  Maismaischen  329. 

Ofen.  Neuerungen  an  Oefen  für  verschiedene  gewerbliche  Zwecke  ^''337.  ^''442. 
Siemens'  Emailliröfen  mit  Regenerativfeuerung  für  stetigen  Betrieb  "'337. 
Riva's  Schacht —  zum  Brennen  von  Gyps*  339.  Glüh —  der  Well's  Rustless 
Iron  Co.'- 340.     Stroehmer's  Koks— '■  341.     Bilharz'    Glüh—   für  körnige 


62U  iSachregister  Bd.  273. 

Stoffe  '■*  442.     Schacht —   mit  Vorwarmer  zum    Brennen   von  Ceraent    und 

Kalk  von  Kawalewskj'  und  du  Pasqiüer  *  443.     —  von  Dietzsch  444.    — 

zum    Brennen    cementhaltiger    StotlV    von    den    vereinigten    chemischen 

Fabriken   zu    Leopoldshall  *  444.      Dueberg's    Ring—    zum    Brennen   von 

Ziegeln  *  446.     Aenderungen  an  demselben  von  Erdmenger  *  447. 

Ofen.     —  zur  Gewinnung  von  Quecksilber  *  398.    Wärm—  für  Niete  von  Enfer 

Optik.     S.  Gla.s  129.     Neues  optisches  Glas  479.  [*  528. 

Orthochromatisches  Licht.     S.  Photographie  414. 

—  —  Gelatineomulsion  416. 

—  —  Collodiumemulsion  419. 
Orthophtalylchlorid.     S.  Medicamente  524. 
Oxalsäure.     — gührung  s.  Spiritus  470. 

P. 

Papier.   Zugl'estigkeitsprüfer  fiir  —  ■'  163.   — führung  s.  Rotationsdruckpresse. 

Parapheiiylendiamin.     S.  Photographie  421. 

Paratolnjdendiamiu.     S.  Photographie  421. 

Perleiiaufreihmaschiue.     —  *137. 

Pfanneiiböden.     Die  Temperatur  der  —  380. 

Pheuylacetylchlorid.     S.  Medicamente  525. 

Philothion.     S.  Spiritus  463. 

Phonograph.     Ein  —  isch-telcphonischer  Versuch  431. 

Photochemie.     —  93. 

Photogrammetrie.    —  93. 

Photographie.     Ueber  die   Fortschritte  der  —   und   der  photomechanischen 
Druckverfahren;  von  Prof.  J.  M.  Eder  91.  413. 

Schule  für  —  und  Reproductionsverfahren  92.  Photographische  Objek- 
tive. Zeifs'  Apochi'omate  92.  Landsfhaftslinsen  aus  Barytgläsern.  Stein- 
heil's  Fernrohrobjektive.  Fritsch's  Weitwinkelapochromate.  Hartnack's 
Projectionsobjektive.  Irisdiaphragraen  92.  Aufnahmen  mit  der  Loch- 
camera von  Miethe  und  Wagner  92.  Photochemie.  Intermittirende  Licht- 
wirkung auf  Bromsilbergelatineplatten  von  Lumiere  93.  Lichtempfindlich- 
keit verschiedener  FarbstotTe  von  Fritz  93.  Ives'  Versuche  über  die  — 
dunkler  Wärmestrahlen  93.  Photogrammetrie  und  Aufnahme  von  Bau- 
denkmälern. Einschlägige  Versuche,  welche  vom  preufsischen  Ministerium 
veranlafst  sind.  Mittheilungen  von  Meidenbauer.  Koppe's  Photogrammetrie 
94.  Anwendung  der  —  in  der  Mikroskopie,  der  Spectralanalyse  und  der 
Astronomie  94.  Zettnow's  Untersuchungen  über  Jlikro —  94.  Verwendung 
des  Zirkonlichtes  95.  Schwarz-  und  Blaufärbung  der  Deckgläschen  bez.  der 
Bakterien  95.  —  des  Spectrums  von  Kayser  und  Runge  bez.  Simony  96. 
—  bei  künstlichem  Lichte.  Beleuchtung  durch  Magnesiumpulver  413,  ortho- 
chromatisches Blitzlicht  von  Newcomb  414.  Boissonas'  Aufnahmen  bei 
bengalisclier  Beleuchtung  414.  —  leuchtender  Käfer  und  Bakterien  414. 
Herstellung  von  Bromsilbergelatine  415.  Orthochromatische  Gelatine- 
emulsion: Perul'z'  Eosinsilberplatten,  Erythrosinplatten  zur  Mikro —  416. 
Schumann's  Versuche  über  die  Gelbempfindlichkeit  der  Erythrosinplatten 
416.  Zettnow's  Versuche  mit  Erythrosinsilber  417.  Burback's  — n  des 
Son.nenspectrums  418.  Orthochromatische  Collodioneraulsion  419.  Ent- 
wickelung  von  Trockenplatten  mittels  Hydrochinon,  Pyrocatechin.  Andresen's 
neuer  Entwickler:  Eikonogen  421.     Vorschriften  zum  Entwickeln  422. 

Phtalyldiecgonin.     8.  Medicamenie  524. 

Physili.     Boy's  Versuche  mit  Seifenblasen  238. 

Pikrinsäure.     S.  Sprengtechnik  66. 

Pilzart.     ZuckerstolY  einiger  — en  469. 

Pistole.     —  zum  Zünden  s.  Sprengtechnik  *^  65. 

PlombenTerschlufs.     S.  Sicherheitslampe  56. 

Plüsch.     S.  Teppich*  535. 

Pneumatische  Mälzerei.     —  —  231. 

Pnenmatischer  .Mitnehmer.     S.  Rotationsdruckpressen  *  343. 


Sachregister  Bd.  273.  621 

Pochwerk.     S.  Auf bereitung  "■  197. 

Polarisation.     —  angewendet  zum  optischen  Telegraphiren  ■■'  197. 

Polaristrobometrische  Analyse.    S.  Spiritus  463. 

Polirmaschine.     —  für  Blech ''537. 

füi-  Glas-,  Stein-  und  Metallplatten  *  539. 

Posamenten.     S.  Wirkerei '''  5. 

Prefslnft.     Neue  -anlagen  *  481. 

Verwendung  der  —  zum  Betriebe  von  Dynamos;  von  Popp  '481.  hm- 
richtung  zur  Regulirung  von  Lüftungs-  und  Heizungsanlagen  durch  — ; 
von  Mayrhofer""483.  Einrichtungen  an  Fortleitungen  von  —  nach  Popp  "492. 
Vorrichtung  zum  Schmieren  des  Motors  ■""  494. 

Probenehnier.    —  für  Spiritus  467. 

Proteinkörper.     —  in  Gerstenmalzauszügen  s.  Spiritus  231. 

Pulrer.     Rauchloses  -r-  s.  Sprengtechnik  66. 

—  — magazin  s.  Sprengtechnik  68. 

Pumpe.     ]!^euerungen  an  — n  '^  97. 

—  von  Smith  und  Stevens  mit  vom  Accumulator  gethätigter  Auslösevor- 
richtung *  97.  Woodward's  —  mit  Klappen  aus  Cylinderstreifen  '""  97.  Die 
Hall-—  der  amerikanischen  Ausstellung* 97.  Fielding  und  Hall's  Doppel— 
mit  nur  einem  Schieber  *  98.  Ellice  Clark  und  Chapman's  —  mit  der 
Länge  nach  verschiebbarem  Cylinderfutter '•  98.  Jefiferiss  und  Tangyes' 
äufsere  Steuerung  für  Duplex— n* 99.  Henry's  —  mit  raschem  Gange* 99. 
Dehne's  Membran—  für  Säuren  u.  dgl."'99.  Rotirende  —  ohne  Ventile  von 
Jakobs  *  100.  Berrenberg's  rotirende  —  mit  Rohrstücken  als  Dichtung 
■"■  100.  Selwig's  rotirende  —  mit  zwei  excentrisch  liegenden  Rädern  *  100. 
Hoppe's  rotirende  — ,  bei  welcher  die  — nflügel  als  Antriebszahnräder 
dienen  *  101. 

Pyrocatechin.     —  zur  Photographie  420. 

Q. 

(Jnarzspectrograph.    —  96. 

Quecksilber.    Higginson's  Regulator  mit  —Spiegel  "•  253.  Verhüttung  des  — s 

Quecksilbercontact.     —  für  Warnungsapparate  •■  214.  V"'  398. 
Querschlag.     S.  Bergbau  455. 

E. 

Raffinade.     S.  Zucker  226. 

Rafflnose.     S.  Zucker  223.     Bestimmung  der  —  in  Rohzuckern  518. 
Rauch,     —verzehrender  Drehrost  von  Hopcraft  ■"■  574. 
Rauhmaschinen.     üeber  —  *  145. 

—  mit  in  rotirenden  Scheiben  gelagerten  Rauhwalzen  von  Bauche '""  145. 
Ott's  Rauhmaschine  mit  durch  Federn  verstellbaren,  in  einer  Rauh- 
trommel befindlichen  Rauhwalzen  *  147.  Rauhmaschine  von  Michaelis, 
Smethurst  und  Wood  aus  mit  hin  und  her  gehenden  Kardenträgern  ver- 
sehenen Rauhtrommeln  bestehend  *  148.  Rauhmaschine  aus  sternförmigen 
Rauhtrommeln  bestehend  von  Wölfel """  149.     Stoff  klemme  von  Dinsmore 

Reagenspapier.    Iris —  470.  [*  150. 

ReceiTer.     Absperrung  des  — s  behufs  Ausrückung  des  Betriebes  s.  Ausstel- 
lung ■•'  393. 
Rechenaufgaben.     Chemisch-technische  —  von  Kalmann  und  Marowski  480. 
Rectograph.     S.  Blinden-Schreibmaschinen*241. 
Reduction.     Reducirender  Bestandtheil  der  Hefe  463. 
Regulator.     Kapp's   Inductor—   für   Wechselstromanlagen  *  128.     Higginson  s 

—  ••^253.  —  für  Dynamos  s.  Elektromotoren  *  289.  Kennedy's  elektri- 
scher —  384.     —  zum  Regeln  der  Prefsluftzuströmung  *  482. 

Reihenschaltung.     —  fahrender  Wagen   der   Eisenbahn   zu   Northfleet  *  544. 
Reinigung.     —    des    Rohzuckers    nach   Seyferth  516.      —    des   Leucht-    und 

Kohlengases  von  Schwefelverbindungen  *  568. 
Reishfllse.     —  zur  Verfälschung  getrockneter  Schlampe  328. 


622  öachregister  Bd.  273. 

Resinat  färben.     Ueber  die  sogen.  — ;  von  Müller-Jakobs  139. 

Rettiingsweseu.     Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  des  — s  *  303. 

Uourblancs  Geschofs  zum  Zuwerfen  der  Rettungsleine* 303.  Brewster's 
Reltungsleiter  für  Schiffbrüchige  *  304.  Davvson's  Ventil  an  Rettungs- 
apparaten *  304.  Rettungsvorrichtung,  welche  für  gewöhnlich  als  Matratze 
dient,  von  Pigeon  und  Lacroix  *  305.  Hargin's  Luftmatratze* 305.  Küpper 
und  Rösing's  Rettungsboje  mit  selbsthätiger  Entzündung  eines  Laternen- 
paares *  306.    Rudolfy's  Apparat  zur  Anregung  der  Lungenthätigkeit  *  308. 

Robiirit.     Gesundheitsschädlichkeit  der  Gase  des  —  66. 

Rohrflansche.     Bearbeitung  der  —  auf  der  Drehbank  *  532. 

RoUendnicklag'er.     BrownelFs  —   für  Bohrspindeln  *  354. 

Rose  bengal. 417. 

Rotationsdrnckpresse.     —  *  341. 

Rotlrende  Pnmpe. "100. 

S. 

Saccharin.     Einllufs  des  — s  auf  Fermente  469. 

Säge.     Kreis  — n-Schärfmaschinen  *  256. 

Salpetersaures  Knpferoxyd-Ammouiak.     S.  Sprengstoff  64. 

Säiiernugszeit.     Kurze  —  s.  Spiritus  287. 

Saale.     S.   Drehbank  zum  Bearbeiten  der  — n*532. 

Schachtabteufen.    S.  Tiefbohren  158. 

Schärfmaschiue.     Kreissäge —  *  256. 

Schanmgiihrnng.     S.  Spiritus  285. 

Schere.     Walles'  Ingotschere  *  496. 

Schieberstange.     Auslösung  der  —  s.  Ausstellung* 391. 

Schiebersteuernngen.     Graphische  Behandlung  der  —  von  Kirchhofif  288. 

SchiefsiTOlle.     S.  Sprengtechnik  66. 

Schiffbruch.     S.  Rettungswesen  *  303. 

Sclllacke.  Tafelgeschirre  aus  Metall —  479.  S.  Cement  589.  Zusatz  von  — 
zum  Cemente  600. 

Schliinime.     S.  Auf bereitung  *  195. 

Schlampe.     Temperatur  zur  Verfütterung  der  —  327. 

Schleifen.     Ueber  Schleifräder  und  Schleifmaschinen  *  449. 

Bindemittel  für  Schleifräder  449.  Arbeitsweise  der  Schmirgelräder  450. 
Einllufs  der  Gröfse  auf  die  Haltbarkeit.  Allgemeines  über  Schleifmaschinen 
451.     Ausgeführte  Beispiele  *  453. 

Schleifmaschine.  Kreit^säge-Schärfmaschinen  *256.  Schärfmaschine  von  Ran- 
sonie*257,  von  Hetherington  *  258,  von  Hill  *  259.  Peacock's  —  für 
Rundlöcher  *  261.  Comstock's  Cirkelmesser — *  335.  Slanina's  Schleif- 
iind  Polirmaschine  für  Glas-,  Stein-  und  Metallplatten  *  539. 

Schleifstein.     Selbslrichlende  — e  430.     Ausrückvorrichtnng  für  — e*439. 

Schmelze.     —  für  die  SodafabriUation  s.  Koksschmelze  571. 

Schmiede.     S.  Wärmofen  für  Niete. 

Schmiedehammer.     S.  Hammer*  11. 

Schmieren.     —  des  Motors  mittels  geprefster  Luft  *  494. 

Schmirgelrad.     Kreissäge-Schärfmaschiuen  *  256.     S.  Schleifen  *  449. 

Schnecke.     Bollino's  Getreideentladevorrichtung  *  496. 

Schrämbetrieb.     Der  maschinelle  —  76. 

Schraube.  Hateley's  Grundgewinde-Schneidmaschine*  168.  Nicholson's  Mutter- 
fräsmaschine *  169.     Tiffin's  — nschneidmaschine  *  255. 

Schraubenschlüssel.     Köckler's  —  *  574. 

Schreibmaschine.     S.  Bliuden-Schreibapparat  *241. 

Schule.     Verzeichnifs  lechuisclier  Sciiulen  von  Seydel  144. 

Schrrefel.     Reinigung  des  Leuchtgases  von  — Verbindungen  *  569. 

—  — saures  und  chlorsaures  Aiiimon  als  Explosivstoff  64. 

Schwefeln.     Gesundheitsschädlichkeit  des  — s  von  Hopfen  381. 

Schwnngrad.     —  mit  aus  Draht  gewickeltem  Schwungringe  *  478. 

Seewesen.     S.  Rettungswesen  ■' 303. 


Sachregister  Bd.  273.  623 

Seifenblase.     Boy's  Versuche  mit  — n  238. 
Seminose.     S.  Spiritus  463. 

Sicherheit.     Vorsichtsmal'sregeln   gegen   Grubenbrände   75.     Delfieu's    selbs- 
thätiges  Eisenbahnsignal* 78.    Guerin's  Erdleitungsprüfer  für  Blitzableiter 

*  120.  Magnetelektrische  Klingel  für  einzelne  Schläge  "  125.  Die  ßlitz- 
schutzvorrichtung  für  Telegraphen  von  Czeija  und  Nissl  und  von  Pawluk 

*  123.  Goolden's  feuersicherer  Widerstandsrahnien  192.  Warnungssignale 
und  Schienencontacte  für  eine  bestimmte  Fahrrichtung  *  214.  Auslösen 
von  Ti'iebwerkskuppelungen"'433.  Schwungrad  mit  aus  Draht  gewickeltem 
Schwungringe  *  478.  lieber  die  Anwendung  des  polarisirten  Lichtes  in 
der  optischen  Telegraphie  für  militärische  Zwecke*  197.  S.  Ausstellung. 
Unfallverhütung. 

Sicherheitslampe.    Neuerungen  an  — n  "••  49. 

Die  Aussteller  der  Deutschen  Allgemeinen  Ausstellung  für  Unfallversiche- 
rung in  Berlin  49.  Zündvorrichtung  unter  Anwendung  eines  Reibzünd- 
hölzchens von  Catrice  *  50.  Wolf 's  Zündvorrichtung  mit  Zündpille  unter 
Verhütung  des  Umherspritzens  der  Zündmasse  und  mit  Messer  zum  Ab- 
schneiden des  verbrauchten  Zündstreifens  *  51.  Desselben  Zündvorrich- 
tung für  schwere  Oele*  52.  sowie  für  Benzin  *  53.  Wolfs  Zündvorrichtung 
mit  Anschlagen  der  Zündpille  von  der  Rückseite  *  54  als  Abart  der 
Seippel'schen  Zündvorrichtung  *  55.  Plombenverschlufs  der  Seippel'schen 
Zündvorrichtung  56.  Zündvorrichtung,  bei  welcher  der  Schlaghammer 
durch  einen  Reiber  ersetzt  ist,  von  Fischer  -"  56.  Müller's  Zündvorrichtung 
mit  Verwendung  von  Streichhölzern  *  56.  —  mit  Revolverzündung  von 
Gebr.  Stern  57.  Bovermann's  Zündvonichtung  mit  Zündsatz  in  Kugel- 
l'orm """  57.  Jaff' s  —  mit  über  den  Drahtkorb  gelegten  Mantel  aus  Perlen- 
schnur *  58.  Schornsteinconstruction  von  Siebeck  *  59.  Pearson's  —  mit 
leicht  schmelzbarem  Metallringe,  welcher  die  Löschvorrichtung  auslösen 
kann  "■  59.  Cambessedes'  Lampe  mit  festliegendem  Oelspiegel  und  Zu- 
führung vorgewärmter  Luft  *  60.  Berichte  über  die  Fumat'sche  Lampe 
und  neuere  Austuhrungsform  derselben  ""■  61. 

Sieb.     — feinheit  für  Cemente  554. 

Siederohr.     Maschine  zum  Ablösen  des  Kesselsteines  von  —  *  585. 

Sigual.    Rayl's  Hilfs—  für  Eisenbahnzüge  44.    E.  Delfieus'  selbsthätige  Eisen- 
bahn— e  ■""  78. 

Silber.    Erhaltung  alterthümlicher  Gegenstände  aus  —  190.   S.  Hüttenwesen  411. 

Sinterung:.     — stemperatur  s.  Cement  554. 

Soda.     S.  Koksschmelzen  571. 

—  —  und  Ammon-Wettei'dynamit  64. 

Sonne.     Normalspectrum  der  —  96. 

Sounenspectrnni.    S.  Photographie  418. 

Sorbose.     Gährversuche  mit  —  465. 

SpannTOrrichtung.     Dennis'  Klammer  "'  431. 

Spectralanalyse.     Anwendung  der  Photographie  auf  die  —  94. 

Speicherbatterie.    Sandwell's  Eisenbahnbeiwagen  für  —  27.    Pumpelly's  —  47. 

Speisewasser.     S.  Vorwärmer,  Svstem  Klein  *  355. 

Spiritus.     Ueber  Fortschritte  in  der  -läbrikation  229.  285.  320.  368.  463. 

L  Rohmaterialien  und  Malz.  Aubauversuche  der  deutschen  Kartotfelkultur- 
stationen  von  Eckenbrecher  229.  Thermometer  zur  Mietencontrole  von 
Martin  230.  Verarbeiten  von  im  Herbste  eingefrorenen  Kartoffeln  im  Früh- 
jahre; von  Heinzelmann  230.  Mälzen  von  Mais  und  Gerste  auf  pneu- 
matischem Wege;  von  Schrohe  231.  Verhältnifs  zwischen  Proteinkörper 
und  Amiden  in  aus  böhmischen  Gerstenmalzen  bereiteten  Auszügen;  von 
Hanamann  231.  Waschvorriclitung  für  Malz  von  Bahr.  O.  Dämpfen  und 
Maischen.  Dämpfen  mit  Henze's  Apparat;  von  Kruis  233.  Einfaches  Dampf- 
maischholz ;  von  Konkart  233.  Die  Nachtheile  des  Kühlschiffes ;  von  Schneider 
233.  Vortheile  des  Hesse'schen  V'erfahrens,  die  Maische  am  zweiten  Tage 
zu  erwärmen  234.  Wie  viel  Grünmalz  ist  zur  Umwandlung  eines  Kilos 
Stärke  in  Maltose  und  Dextrin  erforderlich?  von  Brauer  235.  Entschalen 
der  Maische;  von  Delbrück  235.     HL  Gährnng   und    Hefe.     Einflufs   der 


624  Sachregister  Bd.  273. 

Kohlensäure  auf  Hefe;  von  Foth  285.  Erfahrungen  über  Schaiimgährungj 
von  Hesse  285  bez.  J\lann  286.  Ueber  Milclisäure  und  Reinliclikeit  der 
Gährung;  von  Krieser  286.  Ueber  Hefeverfahren  von  Keller  und  con- 
tinuirliche  Kunsthefe.  Erfahrungen  mit  dem  Hefevi-rfahren  bei  kurzer 
Säuerungszeit  und  mit  Andampfen  des  invertirten  Hefegutes;  von  Brauer 
bez.  Schneider  287.  IV.  Destillation  und  Rectification  320.  Reinigung 
des  —  nach  einem  Berichte  von  Hayduck  und  Gronow.  Das  Entfuselungs- 
verfahren  von  Traube  322.  Reinigung  von  Rohalkoholen  mittels  Alkali- 
bisulfiten allein  oder  gemischt  mit  Alkalisulfiten  von  der  Societe  fran9aise 
des  alcools  purs  323.  Beurtheilung  und  Controle  des  Destillationsbetriebes; 
von  Huber  323.  V.  Schlampe.  Fütterungsversuche  über  die  beste  Ver- 
vverthung  wasserreicher  Futtermittel,  insbesondere  der  Sciilämpe  und  stick- 
stofi'haltiger  Futtermittel;  von  Märcker  324.  Verlalschung  getrockneter 
Schlampe  durch  Reishülsen,  Mittheilung  von  Schulze  328.  Uebergehen 
llüchtiger  Fettsäuren  in  die  Milch  des  Milchviehes;  von  Weiske  328. 
Glyceringehalt  der  Branntweinschlämpe;  von  v.  Torring  329.  Fehlende 
Oelabsonderung  auf  mit  Hochdruck  hergestellten  Maismaischen  von  Heinzel- 
mann  329.  VI.  Apparate.  Maischdestillirapparat  für  möglichst  fuselfreien 
—  von  Rath  368.  Destillirapparat  zur  direkten  Gewinnung  von  Fein- 
sprit u.  s.  w.  aus  der  Maische  von  Braun  368.  Combinirter  Maisch-, 
Brenn-  und  Rectificationsapparat  von  Scheibner.  Aufzählung  verschiedener 
neuerer  Patente  und  Zusatzpatente  an  Apparaten  368.  Gährbottich  von 
Geyer  369.  Elektrischer  Signalapparat  zum  Anzeigen  des  Kohlensäure- 
gehaltes der  Luft  von  Emmerlich  und  Martini  369.  VII.  Analyse.  Kach- 
weis von  Fuselöl  in  — ;  von  Udranskj^  370.  Die  Bestimmungen  des 
Fuselöles  in  Trinkbranntwein,  einschlägige  Literatur;  von  Windisch  371. 
Untersuchung  des  —  von  Bornträger  373.  VIII.  Allgemeines  und  Theore- 
tisches. Verhalten  der  Stärke  beim  Erhitzen  mit  Wasser  und  über  Kleister- 
bildung einiger  Stärkesorten ;  von  Lintner  375.  Beobachtungen  über  Zucker- 
bildung durch  Diastase;  von  Lindet  376.  Umwandelung  der  Stärke  durch 
iMalz  zu  Maltose;  von  Degener  377.  Kohlehydrate  als  Oxydationsproducte 
der  Eiweifsstoflfe;  von  Palladin  377.  a-Acrose,  eine  neue  Zuckerart;  von 
Fischer  und  Tafel  377.  Ueber  Mannose;  von  Fischer  und  Hirschberger  377. 
Seminose;  von  Reis  463.  Polaristrobometrische  Analyse  vonLandolt,Rathgen 
und  Schutt  463.  Zuckerbildung  und  andere  Fermentationen  der  Hefe;  von 
Salkowski  463.  Reducirender  Bestandtheil  der  Hefe;  von  Griesmayer  463. 
Künstliche  Diastase  von  Reychler  463.   Ferment  des  Malzes;  von  Nykander 

464.  Ausführung  der  Jodprobe  von  Kruis  464.  Gährversuche  mit  Galak- 
tose, Arabinose,  Sorbose  und  anderen  Zuckerarten  von  Stone  und  Tollens 

465.  Beseitigung   des   Geruches    von  Spiritus   aus   angefaulten  KartotYeln 

466.  Fuselölgehalt  der  Branntweine.  Einllufs  des  Aothylalkohols  auf  den 
Stoffwechsel  des  Menschen;  von  Keller  467.  Lebensdauer  der  Trinker  und 
Nichttrinker  467.  Denaturirter  —  von  Reinhardt  bez.  Schenkel  467.  — 
Probenehmer  von  Magerstein  467.  Angaben  des  Volumen-  und  Gewichts- 
alkoholometers  von  der  Kaiserlichen  Normalaichungscommission  467. 
Alkoholische  Gährung  und  Glycerinbildung;  von  Thylmann   und  Hilger 

469.  Bakterien  im  normalen  Pllanzengewebe;  von  Bernheim  469.  Zucker- 
stofTe  einiger  Pilzarten;  von  Bourquelot  469.  Einllufs  des  Saccharins  auf 
verschiedene  Fermente;  von  Stift  469.   Entiarbungspulver  von  Gawalowsky 

470.  Thätigkeit  des  Patentamtes  in  Klasse  VI.  470.  Iris-Reagenspapier 
zum  Kachweis  von  Säuren  und  Alkalien  470.  Oxalsäuregälirung  bei 
Saccharomyceten  von  Zopf  470.  Antiseptische  Eigenschaften  des  Hydro- 
xylamins  von  Marpmann  470. 

Sprengtechnik.     Neuheiten  in  der  Explosivstoff-Industrie  und  —  *  62. 

Gründungen  und  Verkehrtheiten  auf  dem  genannten  Gebiete  62.  Das 
Emmensit  64.  Nobel's  neuer  Sprengstoff  aus  salpetersaurem  Kupferoxyd- 
Ammoniak  in  Verbindung  mit  Nitroglycerinpräparaten  64.  Zusatz  von 
schwefelsaurem  und  chlorsaurem  Araraon  zum  Dynamit  von  Kubin  und 
Siersch  64.  Mayer's  Soda-  und  Aramon- Wetterdynamit  64.  Lauer's 
Reibungszünder  und  dessen  Verbesserungen  *  65.     Sicherheitszünder   von 


Sachregister  Bd.  273.  625 

Roth ■■•'65,  Biekford  und  Comp.".  Müller  und  Comp. 's  Pistole  und  Zünd- 
vorrichtung mit  Schlagbolzen  "••'65.  Schlagzünder  von  Nawratil  ■••' 65.  Schlag- 
bolzenzünder von  Tamann  und  Tirmann*  65.  Pneumatischer  und  chemischer 
Zünder  von  Zschokke  '•■  65.  Gasdruckmesser  von  Hahn  66.  Graydon's  Ver- 
fahren, Dynamit  in  Granaten  zu  werfen  66.  Gesundheitsschädlichkeit  der 
Gase  des  Roburit  66.  Patentanmeldungen  von  Skoglund  für  Sprengstoff- 
gemisch, von  Maxim:  Schiefswollepräpar8,t,  von  Hengst:  Strohnitrocellulose, 
von  Gaens:  Amidpulver  67.  Die  neueren  rauchlosen  Pulver  67.  Bericht 
der  englischen  Explosivstoft'-lnspektoren  67.  Herstellung  der  Magazine  68. 
Explosionen  68.     Blitzableiter  an  Explosivstoff-Gebäuden  69. 

Spnudhahii.     Stockheim's  — *  103.  ""■  108. 

Stadtbahn.     Die  elektrische  —  in  Budapest  335. 

Stanzapparat.     —  für  Typen  -"  159. 

Stärke.  Umwandelung  der  —  in  Maltose  und  Dextrin  235.  Verhalten  der 
—  beim  Erhitzen  mit  Wasser  375.   Umwandelung  der  —  durch  Malz  377. 

Statistik.  Kosten  von  SandwelTs  Speicherbatterie  29.  Gründungen  in  der 
Explosivstoff-Industrie  62.  Bericht  der  englischen  Explosivstoff-Inspek- 
toren 67.  Zuckerfabrikation  178.  Die  Production  der  Berg-  und  Hütten- 
werke Rufslands  im  J.  1886  315.  Kosten  des  Querschlag-Betriebes  455. 
Durchschnittliche  Lebensdauer  der  Trinker  und  Nichttrinker  467.  Er- 
gebnisse mit  dem  Freret'schen  Holztrocknungsverfahren  511.  Baum- 
wollindustrie der  Welt  575.     EitTelthurm  und  Forthbrücke  *  600. 

Stein.     S.  Schleifmaschine  für  —  ''•■  539. 

Stephansdom.     Verhalten  der  Cemente  am  —  593. 

Stereotypplatte.   Nachträgliche  Einfügungen  von  Nachrichten  in  die — n*350. 

Stickstoff,     —reiche  Futtermittel  326.     S.  Koksschmelzen  571. 

Stoffweclisel.     —  des  Menschen,  beeintlufst  durch  Aethvlalkohol  467. 

Stollenbohren.     S.  Tiefbohren  159. 

Strafsenbahn.     S.  Eisenbahn. 

Streckenbohrmaschinen.    S.  Tiefbohren  ••"  248. 

Streichholz.     —  zu  Zündvorrichtungen  s.  Sicherheitslampen  '•■  49. 

Strickmaschine.    S.  Wirkerei  •'"  1. 

Strohhut.     — nähmaschine  von  Köckeritz  und  Schüller  ■•  244. 

Strumpf.     S.  Wirkerei  ■•- 1 . 

Snliid.     Löslichkeit  der  — e  im  Glase;  von  Zsigmondy  29. 

Sulfocyan.     Gewinnung  des  — s  s.  Gas  567. 

Synchronismus.     S.  Elektromotoren  296. 

T. 

Tafelgeschirr.     —  aus  Metallschlacken  479. 

Technolog'ie.     Chemisch-technische  Rechenaufgaben  480. 

Telegraph.  Blitzschutzvorrichtung  für  — en  ""  123.  Kuhnhardt's  Vielfach — 
ohne  synchrone  Laufwerke  143.     Glendale's  Blitzableiter   für  — en  *  549. 

Teleg'raphie.  Leitfaden  der  praktischen  Haus — ;  von  Lindner  288.  Ueber 
die  Anwendung  des  polarisirten  Lichtes  in  der  optischen  —  für  mili- 
tärische Zwecke  "■  197. 

Telephon.  Lockwood's  Anordnung  zum  Schutze  der  — leitungen  gegen  In- 
duction  aus  anderen  Leitungen  ""'  213.  Neuere  — einrichtungen  von  Mix 
und  Genest ■^•'363.  Ein  phonographisch-telephonischer  Versuch  431.  Zwerg- 
batterie zum  Nachweise  der  Empfindlichkeit  des  — s  432.  Selbsthätiger 
Verkauf  telephonischer  Anschlüsse  551.  [*  535. 

Teppich.     Herstellung   plüschartiger    — e    durch    Benähen ;    von   H.  B.  Harris 

Thermometer.  Depression  der  —  37.  —  zur  Mietencontrole  230.  —  in 
Anwendung  bei  der  Raoult'schen  Molekulargewichtsbestimraung '"  271. 

Thonerde.     —  in  der  Zusammensetzung  des  Glases  90. 

Thonsregenstände.    Erhaltung  alterthümlicher  —  191. 

Thüringer  Glas.     —  90. 

Tiefbohren.     Neuerungen  in  der  Tiefbohrtechnik;  von  E.  Gad  in  Darmstadt 
"151.*  246. 
Dineler's  polyt.  Journal  Bd.  573  Nr.  13.  1SS9  III.  40 


C26  Sachregister  Bd.  273. 

Deluihardt's  Angaben  über  die  Tielbohrung  in  Jessenitz  151.  Fauck's 
Wasserspülung  ohne  Hohlgestänge  152.  Schachtbohnnig  in  Leopoldshall 
152.  Thiele's  Bohrung  in  den  Brucher  Kohlenwerken  154.  Bohrungen 
in  Gleiwitz,  Sulz  und  Boilin  154.  Tiefbohrung  bei  Bunzlau  155.  Wich- 
tigkeit der  Absperrung  der  liuheren,  Wasser  ableitenden  Schichten  155. 
Bohren  der  Wasserwerk.sbrunnen  in  Crei'eld  *  156.  Fauck's  Bohrungen 
bei  Teplitz  157.  Schachtabteul'ungen  und  Tunnclbohrungen  mit  dem 
Gel'rierverl'ahren  von  Pötsch  158.  Bevorstehende  Wandelungen  im  ma- 
schinellen Stollenbohren  159.  Drehbohrniaschine  mit  comprimirier  Luft 
als  Betriebsmittel  von  Bell,  Stevenson  und  Clough*246.  Culloch's  Stol's- 
bohrmaschine  247.  Noice's  Handbohrmaschine  zur  Kohlengewinnung  247. 
Stanley's  Streckenbohrmaschine  zum  Bohren  des  vollen  Stollens*  248. 
Beauraont  und  English's  Maschine  für  denselben  Zweck,  jedoch  mit  selbs- 
thätiger  FortschalYung  der  Trümmermassen  249.  Streckenbohrmaschiue  mit 
geprelstem  Wasser  von  Rziha  und  Reska  249.  Terp's  Verfahren,  die 
Erdöl-Bohrlöcher  ergiebiger  zu  machen,  indem  verdickte  Stoffe  (Paraffin, 
Sand)  durch  Erwärmen  oder  Ausbürsten  entfernt  werden*  249.  Be- 
nutzung des  Terp'schen  Erwärmungsapparates  zur  Gewinnung  von  Ozo- 
kerit  250.  Craelius'  Diamantschürf  bohrmaschine  für  Handbetrieb  *  251. 
Neumann's  Erdbohrei  zum  Vorbohren  von  Löchern  für  Pfosten  251. 

Tiefbohrkinide.     Handbuch  der  —  von  Tecklenburg  48. 

Tierraofen.     —   s.  (Quecksilber  ■'401. 

Träger.     — eisen  mit  gewelltem  Stege*  577. 

Triazoessig:säure.     S.  Medicamente  526. 

Trockenplatte.     Entwickelung  der  —  419. 

Trocknuiigsrerfahreii.     —  für  Holz  nacii  Freret  511. 

Tniinelbohriing.     S.  Tiefbohren  158. 

Turbine.     — n-Aufzieh-  und  Lüftungsapparat  111. 

Typen.     — Stanzapparat  von  Engelen  *  159. 

ü. 

Umschalter.     —  für  elektrische  Lichtleitungen  *  216: 

Unfall.     S.  Ausstellung. 

ünfallTerhiitnng'.     Sammlung  von  Vorrichtungen  zur  —  575. 

V. 

Vacuuni.     Greiner's  —  einrichtung  170. 

—  — Verdampfapparat  s.  Zucker  513. 

Vaporlmeter.     Geil'sler's  —  zur  Untersuchung  des  Spiritu.=:  375. 

Ventil.     —  an  Rettungsapparaten  *  304. 

Ventilator.     GuibaPs  —  mit  Einiaufconusen  118. 

Vergährnngsgrad.     S.  Bier  384. 

Verputz.     Kabitz —  mit  Drahteinlage  *  580. 

Verunreinigung.     Analyse  des  Spreewassers  423. 

Victoria-Cement.     —  589. 

Voltmeter.     Mayüeld's  Taschen— *  550. 

Volum.     —  und  Gewichtsprocente  s.  Sj)iritus  467. 

Vorwärmer.     Kammer—  und  Kühler  „System  Klein"*  355. 

W. 

WaarenirUgung.    Selbsthätige  —  *  6. 

Wage.     Neuere  Wägemaschinen  *  308. 

Zähl —  von  Vincent  und  Vialatton  308.  Brücken —  für  20i  von  Monchicourt 
und  Rondct*309.  Trayvou's  Schnell— *  310.  Hill's  selbsthätige  Ge- 
treide—*  311. 

Wärmestrahlen.     Pliotographie  der  — :  von  Ives  93. 


Sachregister  Bd.  273.  627 

Wärmetheorie.  Richtigstellung  der  in  bisheriger  Fassung  unrichtigen  mecha- 
nischen —  und  Grundzüge  einer  allgemeinen  Theorie  der  Aetherbe- 
wegungen;  von  v.  Miller-Hauenfels  203.  240.  ['"^li. 

WaruTliig'SSig'nal.     —  und  Schienencontact   für  eine  bestimmte  Falirrichtuug 

Wasser.     Einflufs  des  destillirten  —  s  auf  Glas  42. 

—  Spree — Analysen  von  Wetzke  423. 

—  Einllufs  des  — s  auf  Cement  556. 
Wasserglas.     S.  Quecksilberverhüttung  409. 

Wassergehalt.     Ueber  das  Wasserbinden  der  Malztrockensubstanz  334. 

Wasserglas.     —  zur  Herstellung  von  Schmirgelrädern  449. 

Wassertreibeii.    S.  Cement  591. 

Wasserwage.     —  von  Enos  und  Bement-Miles  """  315. 

Wechselstrom.  Kapp's  Inductor-Regulator  für  Wechselströme  "  128.  Elektro- 
Ivtische  Zerlegung  durch  —  237. 

Wellblechdach.    S.  Dach  •  578. 

Werkzeug.     Bent's  Stahlhalter  96. 

Widerstandsralimen.     Goolden's  feuersicherer  —  192. 

Wirkereimaschiiien.     Ueber  Neuerungen  an  —"""1. 

Flacher  Strumpfkulirstuhl  mit  Bulferanordnung  zur  Begrenzung  der 
Fadenführerwege  von  Schubert  und  Salzer  ■"1.  Mechanischer  Webstuhl 
mit  lothrecliten  Nadeln  und  doppelt  geführten  Kulirplatten  von  Heidler '•■2. 
Mechanischer  Kulirwirkstuhl  mit  stofsfrei  ein-  und  ausgerückter  Minder- 
welle von  Lieberknecht  *  3.  Fangkettenstuhl  für  erhaben  gemusterte 
Wirkwaare  von  F.  Köbner'"'4.  Fangkettenstuhl  von  Kniestedt*5.  Häkel- 
maschine für  Zierfaden-Posamenten  von  Sander  und  GrafF'''5.  Französi- 
scher Rundwirkstuhl  mit  stetigem  Abzüge;  desgl.  mit  selbsthätiger  Waaren- 
wägung  von  Heidelmann*6.  Verbesserung  der  Lamb'schen  Strickmaschine 
zum  Gebrauche  für  Waaren  mit  versetztem  Muster  von  Strudel  ■'•■  7.  Lamb'sche 
Strickmaschine  für  plattirte  Waaren  von  Claes  und  Flentje'""7.  Lamb  sehe 
Strickmaschine  mit  eigenthümlicher  Feder  von  Fersson-01sson'"'8.  Strick- 
maschine für  Waaren  mit  verschiedener  Länge  der  Maschenreihen  von 
Herlitschka  ""■  9.  Lamb'sche  Strickmaschine  zur  Herstellung  einer  doppel- 
tlächigen,  stellenweise  erhabenen  Strickwaare  von  Grosser  10. 

X. 

Xylideudiamiu.    S.  Photographie  411. 


Zählwage.     —  308. 

Zelle.     Tyer's  galvanische  —  48. 

Zerspringen.     —  der  Schmirgelscheiben  451. 

Ziegel.    Ringofen  zum  Brennen  von — n  ^^446."""  447.    Hohl—  mit  Zapfen  582. 

Zink.     —  zur  Gewinnung  von  Silber  nach  Honold  s.  Hüttenwesen  *  412. 

Zinn.     — gehalt  im  Zucker  521. 

Zirkonlicht.     S.  Photographie  95. 

Zucker.     Neuere  Verfahren  und  Apparate  für  — fabriken '"' 170."223.  513. 

See's  Spritzkühler  für  Condensationswasser  "  170.  Greiner's  Vacuumein- 
richtung  170.  Schultze's  Gegenstromcondensator  "  171.  Arbeit  mit  und 
ohne  Knochenkohle,  nach  dem  Berichte  von  Herberger  172.  Verfahren 
zum  gleichmäfsigen  Anwärmen  und  Auslaugen  von  Rübenschnitzeln  von 
Jelinek  und  Taussig  177.  Vrabec's  Diffusionsarbeit  in  Beziehung  zur 
Besteuerung  in  Oesterreich  178.  Raffmose  bei  der  Rüben — fabrikation 
von  Cech  223.  Regelung  der  Abkühlung  zur  Erzielung  höherer  Ausbeute 
aus  den  Füllmassen  von  Svoboda  225.  Ent— ung  von  Melasse  mittels 
Calciumoxychlorid  von  Bögel  225.  Darstellung  von  Raffinade  aus  Sand— 
vonTscherikowski""'226.  Bericht  Bocquin's  über  diese  Darstellungsweise  228. 
Beschränkung  der  Rillieux'schen  Patente  513.  Bericht  Hyros'  über  den 
Kasalovsky'schen  Vacuum-Verkochapparat  514.    Lillie's  Vacuum  515.   Das 


62h  Sachregister  Bd.  "273. 

Seyrerthsche  Reinigiingsvenahren  in  der  — labrik  Waghausel  516.  Steifen's 
Anslangeverfahren  517.  Bestimmung  der  Raftinose  in  Roii— n-,  von  Breyer 
518.  Die  Abänderung  des  C'reydt'schen  Verfahrens  520.  Gegenwart  von 
Zinn  in  —  nach  Phipson  521.    Verwendung  des  „flüssigen  Frucht — s"  521. 

Zucker.     —  hildung  durch  Diastase  376. 

Ziifffesticrkeit.     — sprüfer  für  Papier,  Gespinnste  u.dgl. ^'163  s.  Cement. 

Zilndcr.     S.  Sprengtechnik  *  64. 

Ziliidsatz.     —  für  Sicherheitslampen  *  57. 

ZihidTorrichtnng'.     S.  Sicherheitslanipe  *49 


I>riiokl'eliler-Boriohtigiiiig. 

S.  286  Zeile  3  von  oben  lies  „Vorstellens"  anstatt  .,  Versteilens". 
S.  377  Zeile  18  und  20  von  unten  lies  „a-Akrose". 
8.  472  Zeile  7  von  unten  lies  „Vicaf  anstatt  „Vient". 
S.  480  Zeile  22  von  oben  lies  „Trapp". 
S.  480  Zeile  25  von  oben  lies  „Bauxit". 


Verlap  der  J.  G.  Cotts'schen  Ructihandlimg  Nachfolser  in  St'jttsart. 
Druck  von  Gebrüder  Kröner  in  Stuttgart. 


Atlas 


linölert  pliitfrlinifdim  ^mml 


Band  273. 

(Siebenzigster  Jahrgang.) 

Jahrgang  1889. 


Enthaltend  30  lithographirte  Tafeln. 


Stuttgart. 

Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger. 


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