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Full text of "Dingler's polytechnisches Journal"

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North  (Carolina  S>tat?  Hmnerfittij 

13 
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v.277 

1890 


30EKBINDER 


THIS  BOOK  MUST  NOT  BE  TAKEN 
FROM  THE  LIBRARY  BUILDING. 


IO— AUG.    68 FORM    2 


Dingler's 

Unter  Mitwirkung  von 

Professor  Dr.  C.  Engler  in  Karlsruhe 
herausgegeben  von 


Ingenieur  A.  Hollenberg  und  Docent  Dr.  H.  Käst 

in  Stuttgart.  in  Karlsruhe. 


Sechste  Reihe.    Siebenundzwanzigster  Band. 

JaJtrpttjg  1890. 

Mit  196  in  den  Text  gedruckten  und  30  Tafeln  Abbildungen. 


Stuttgart. 

Verlag  der  J.  Gr.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger. 


Dingler's 

ftolijWnrisijjps  JmmnL 

Unter  Mitwirkung  von 

Professor  Dr.  C.  Engler  in  Karlsruhe 
herausgegeben  von 

Ingenieur  A.  Hollenberg  _und_Docent  Dr.  H.  Käst 

in  Stuttgart.  .      in  Karlsruhe. 


Zweihundertsiebenundsiebenzigster  Band. 

Jahrpno,  1890. 

Mit  196  in  den  Text  gedruckten  und  30  Tafeln  Abbildungen. 


Stuttgart. 

Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger. 


Druck  der  Union  Deutsche  Verla gsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Inhalt  des  zweihuDdertsiebenundsiebenzigsten  Bandes. 

(1890.) 


Abhandlungen,  Berichte  u.  dgl.  S.  1.  49.  97.  145.  193.  241.  289.  337.  385.  433. 

481.  529.  577. 
Kleinere   Mittheilungen    S.  43.  95.  141.  189.  240.  287.  336.  382.  478.  527.  574. 

612. 

Namen-  und  Sachregister  des  277.  Bandes  von  Dingler's  polytechn.  Journal  S.  613. 


Schreibweise  chemischer  Formeln  und  Bezeichnung  der  Citate. 

Um  in  der  Schreibweise  der  chemischen  Formeln  Verwechslungen  möglichst 
zu  vermeiden  und  das  gegenseitige  Verständnifs  der  neuen  and  alten  Formeln 
zu  erleichtern,  sind  die  alten  Aequivalentformeln  mit  Cursiv-  (schräger)  Schrift 
und  die  neuen  Atomformeln  mit  Antiqua-  (stehender)  Schrift  bezeichnet.  (Vgl. 
1874  212  145.) 

Alle  Dingler's  polytechn.  Journal  betreffenden  Citate  werden  in  dieser  Zeit- 
schrift einfach  durch  die  auf  einander  folgenden  Zahlen:  Jahrgang,  Band  (mit 
fettem  Druck)  und  Seitenzahl  ausgedrückt.     *  bedeutet:    Mit  Abbild. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2010  with  funding  from 

NCSU  Libraries 


http://www.archive.org/details/dinglerspolytech277augs 


N 


Neue  Regulatoren. 

Patentklasse  60.    Mit  Abbildungen  auf  Tafel  1. 

Zur  direkten  Verstellung  eines  als  Dampfzulafs  dienenden  Dreh- 
schiebers, welcher  im  Regula torgestelle  eingebaut  ist,  bringen  Schäffer 
und  Budenberg  in  Manchester  nach  einer  Mittheilung  in  Industries,  1890 
";:"S.  42,  unter  dem  Namen  Exact-Regulator  eine  Anordnung  in  den 
Handel,  bei  welcher  der  Kugelregulator  unmittelbar  durch  einen  Hebel 
an  den  Kurbelzapfen  des  Drehgitterschiebers  angeschlossen  ist. 

Die  Anordnung  des  Regulators  selbst  ist  aus  Fig.  1  Taf.  1  erkenn- 
bar. Die  Pendeldrehpunkte  C  liegen  in  dem  Hülsengewichte  W,  welches 
auf  der  hohlen  Stange  S  verschiebbar  ist,  aber  von  dieser  bei  ihrer 
mittels  Kegelräder  bewirkten  Umdrehung  mitgenommen  wird.  Die  im 
Boden  des  Regulatorgehäuses  verschraubte  Stange  Z  dient  nur  als 
Führung  für  den  Regulator  bezieh,  die  hohle  Stange  S.  Die  Pendel 
des  Regulators  sind  mit  Verlängerungen  P  versehen,  mit  welchen  sie 
sich  auf  den  Kopf  der  Stange  S  stützen,  um  das  Gewicht  W  heben  zu 
können,  wenn  die  Kugeln  nach  oben  ausschlagen.  Zwischen  die  Nasen  L 
der  Hebel  ist  eine  Ausgleichfeder  F  eingelegt. 

Die  früher  beschriebene  Regulirvorrichtung  von  E.  Klein  in  Tilsil 
("D.  R.  P.  Nr.  39  737  vom  13.  Oktober  1886)  hat  folgende  Abänderung 
erfahren  (*D.R.P.  Nr.  50  581  vom  2.  April  1890). 

A  und  B  (Fig.  2)  zeigen  einen  Theil  des  hinteren  Cylinderdeckels 
und  des  Schieberkastens  einer  liegenden  Dampfmaschine  mit  der  hinteren 
Stopfbüchse  der  Expansionsschieberstange  bezieh,  der  Grundschieber- 
stange K.  Auf  dem  Schieberkasten  ist  das  Hauptlagerconsol  D  fest- 
geschraubt. Die  Schnecken  welle  f  ruht  mit  ihrem  unteren  Ende  auf 
einer  Stellschraube  mit  Körnerspitze.  Unterhalb  der  Nabe  des  wage- 
rechten Rades  r  ist  die  Schneckenwelle  f  in  einem  Kugellager  gehalten, 
welches  das  Ende  des  doppelt  geführten  Lagerbolzens  p  bildet.  Eine 
Stellvorrichtung  ist  mit  Pmpd,  die  Ausrückvorrichtung  mit  g  bezeichnet. 
Die  Riemenscheibe  w  ist  auf  die  Seite  der  Kugel  herübergebracht,  um 
ein  Auflegen  und  Abnehmen  des  Riemens  zu  ermöglichen,  ohne  den- 
selben aufzutrennen.  Die  Reibungsscheibe  q2  ist,  damit  sie  genau  cen- 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  1.  1890,111.  1 


2  Neue  Regulatoren. 

Irisch  laufen  und  nicht  schlagen  kann,  auf  einem  Kegel  der  Achse  a 
aufgeschliffeö  und  durch  eine  Mutter  festgehalten,  während  die  Reibungs- 
Bcheibe  7,  auf  dem  cylindrischen  Ende  der  Achse  a  zwischen  zwei 
Muttern  eingeklemmt  und  dem  Durchmesser  des  wagerechten  Rades  r 
entsprechend  eingestellt  wird.  Die  ganze  Achse  a  läfst  sich  nach  Ab- 
schrauben  der  an  ihrem  linken  Ende  befindlichen  Doppelmuttern  be- 
hufs  Reinigung  nach  rechts  herausziehen,  wenn  man  den  Splint  bei  dp 
löst  und  den  Bolzen  /)  nebst  der  Schneckenwelle  f  um  90°  verdreht. 

Die  Schwunggewichte  k  erhalten  je  zwei  flache  Federn,  welche 
gemeinschaftlich  mittels  einer  Schraube  mit  versenkter  Mutter  in  ihrer 
Mitte  totgeschraubt  werden.  Die  Tragfeder  xa  liegt  mit  ihren  Enden 
auf  der  Innenseite  der  anderen,  xb,  frei  auf  und  ist  somit  als  ein  mit 
beiden  Enden  frei  aufliegender,  in  der  Mitte  belasteter  Balken  zu  be- 
trachten. Die  Feder  ist  in  gespanntem  Zustande  in  die  Höhlung  des 
Kugelsectors  hineingebracht  und  soll  der  Centrifugalkraft  das  Gleich- 
gewicht halten.  Die  übertragende  Feder  b  wird  mit  ihren  Enden  durch 
die  Schrauben  nn  gehalten,  ist  in  der  Ruhe  nicht  gespannt  und  über- 
traut den  Druck  bezieh.  Zug  auf  den  Kopf  0  der  inneren  Achse  a,  je 
nachdem  entweder  die  Spannung  der  Feder  xa  oder  die  Centrifugal- 
kraft des  Gewichtes  k  überwiegt. 

Damit  die  Elasticitätsgrenze  der  Tragfedern  xa  niemals  überschritten 
werde,  wurden  die  Gewichte  k  k  bei  y  y  in  der  gezeichneten  Weise  ab- 
gesetzt, so  dafs  sie  mit  ihren  viertelkreisförmigen  Vorsprüngen  in  die 
übergreifenden  Ränder  der  Muffe  v  bezieh,  der  Riemenscheibe  w  ein- 
fassen, sobald  sie  über  die  ihnen  bestimmte  Grenze  hinaus  sich  von  der 
Drehungsachse  entfernen  wollen.  Die  Muffe  v  sowohl  als  die  Riemen- 
scheibe w  umschliefsen  mit  ihrer  quadratischen  Oeffhung  die  Enden  der 
übertragenden  Feder  Xb-,  welche  ihrerseits  auf  dem  quadratischen  Theile 
der  durchbohrten  Welle  b  aufliegt  und  mittels  genau  gebohrter  Löcher 
die  Schafte  der  Schrauben  nn  umschliefst.  Die  übertragenden  Federn  XbXb 
vermitteln  solchergestalt  die  bezweckte  Verbindung  zwischen  der  Welle  b 
und  der  inneren  Achse  a. 

Die  Schneckenwelle  f  und  mit  ihr  das  Rad  r  soll  in  der  Richtung 
der  Regulatorachse  innerhalb  geringer  Grenzen  genau  und  zugleich  be- 
quem eingestellt  werden  können.  Ist  die  Normalstellung  der  Schnecken- 
welle durch  die  Stellschraube  bestimmt,  so  soll  demnach  das  Rad  r 
dem  Drucke  von  rechts  oder  links  nachgeben,  sobald  der  Druck  das 
erforderliche  Mals  überschreitet,  soll  aber  dann  wieder  in  die  vorige 
Stellung  zurückkehren.  Wenn  die  bezweckte  Regulirung  in  ihrer 
schliefsenden  bezieh,  öffnenden  Endstellung  anlangt,  soll  das  Rad  r 
aufser  Berührung  mit  den  Reibungsscheiben  q  gebracht  werden,  indem 
dein  Lagerbolzen  p  eine  Verschiebung  nach  rechts  bezieh,  links  mit- 
getheih  wird.  Behufs  genauer  Einstellung  dient  zunächst  die  Differential- 
Bchraube  P.     Dieselbe  hat   zwei  Gewindetheile,   deren  Gänge   dieselbe 


Neue  Regulatoren.  3 

Richtung  (hier  rechts),  aber  verschiedene  Steigung  haben.  Das  gröbere 
Gewinde  hat  sein  Muttergewinde  in  der  Nabe  des  Lagerconsols  bei  P, 
das  feine  trägt  eine  vierkantige  Mutter  m,  welche  durch  einen  Schlüssel  d 
gegen  Drehen  gehindert  wird;  der  Schlüssel  ist  mittels  eines  Splintes 
mit  dem  Lagerbolzen  p  fest  verbunden.  Bei  einer  Umdrehung  der 
Scheibe  P  rechts  herum  bewegt  sich  die  Mutter  m  um  die  Differenz 
der  beiden  Gewiudeganghöhen  vorwärts,  drückt  die  Spiralfeder  S,  um 
diese  Gröfse  zusammen,  und  der  Lagerbolzen  mit  dem  Schlüssel  d 
folgt  dieser  Bewegung  in  Folge  der  Spannung  der  Spiralfeder  S.>.  Letz- 
tere ist  annähernd  halb  so  stark  gespannt  als  die  Feder  Si  und  ent- 
spricht dem  Drucke,  welcher  zwischen  den  Reibungsscheiben  erforder- 
lich ist.  Die  doppelt  so  starke  Feder  Sj  drückt  an  ihrer  linken  Seite 
mittels  des  Bundes  einer  zugleich  zum  Schutze  des  Gewindes  dienenden 
Hülse  t  gegen  den  Schlüssel  d  und  die  Mutter  m  gleichzeitig,  nimmt 
also  die  Spannung  der  Feder  52  auf  und  gibt  den  Ueberschufs  an  die 
Mutter  m  ab. 

Der  Lagerbolzen  p  trägt  entweder  einen  Metallkopf  z  mit  Kugel- 
lagerbohrung oder  eine  Gabel,  welche  die  Zapfen  einer  conisch  gebohrten 
Lagerbüchse  aufnimmt,  beides,  um  eine  Verdrehung  der  Schneckenwelle 
um  ihren  Unterstützungspunkt  in  geringen  Grenzen  zu  ermöglichen. 

Das  Stellrad  J  hat  an  seinem  Rande  einen  Schlitz,  in  welchem 
der  Anschlag  g  verstellbar  befestigt  wird.  Letzterer  stöfst  mit  seinem 
Kopfe  an  das  untere  Ende  des  Schlüssels  rf,  sobald  der  Apparat  fest- 
gehalten werden  soll,  und  zwar  nach  einem  nahezu  vollen  Umgange 
des  Stellrades  J  entweder  von  rechts  oder  von  links.  Falls  ein  ee- 
ringerer  Umdrehungswinkel  des  Stellrades  J  bezweckt  wird  (z.  B.  für 
ßü/er-S teuer ung),  so  ist  an  geeigneter  Stelle  ein  zweiter  Anschlagbolzen 
am  Rande  des  Stellrades  J  angeordnet. 

Auf  einer  durch  die  Stopfbüchsschrauben  festgehaltenen,  über  die 
Expansionsschieberstange  lose  aufgesteckten  Hülse  dreht  sich  das 
durch  die  Schnecke  bewegte  Stellrad  J.  Auf  der  Zeichnung  ist  mü- 
der Theilkreis  und  ein  Arm  angedeutet.  Dasselbe  hat  bei  L  einen 
Schlitz,  in  welchem  ein  Mitnehmerbolzen  verstellbar  befestigt  ist.  Auf 
dem  vierkantigen  Ende  der  Expansionsschieberstange  ist  mittels  eines 
Winkel keiles  ein  Hebel  befestigt,  welcher  mit  seinem  länglich  runden 
Loche  auf  dem  Mitnehmer  hin  und  her  gleitet  und  die  drehende  Be- 
wegung des  Stellrades  J  auf  die  Expansionsschieberstange  überträgt. 

Eine  Reihe  verschiedenartiger  Ausführungen  eines  Regulators  gibt 
G.  Schmitz -Dumont  in  Dresden  (*  D.  R.  P.  Nr.  50  385  vom  6.  Juli 
1889)  an. 

Die  Bewegungsübertragung  von  der  Maschine  auf  den  Schwung- 
kugelregulator, dessen  Kugeln  sich  in  einer  astatischen  Curve  bewegen, 
geschieht  durch  eine  Schraube  und  eine  Mutter,  von  denen  die  eine 
mit  der  Maschine,  die  andere  mit  dem  Regulator  verbunden  ist.   Indem 


4  Neue  Regulatoren. 

die  Mutter  entweder  unter  dem  Drucke  der  Schwerkraft  an  der  Schraube 
herabzulaufen  trachtet  oder  unter  dem  Zug  der  Centrifugalkraft  sich  an 

der  Schraube  hinaufzuschrauben  sucht,  wird  folgendes  erreicht: 

1)  Der  Regulator  ist  in  allen  Stellungen  nur  für  ein  und  dieselbe, 
der   asiatischen  Cime   entsprechende   Winkelgeschwindigkeit    in  Kühe: 

2)  eine  Aenderung  der  Stellung  der  Kugeln  kann  nicht  mehr  sprung- 
weise, sondern  nur  durch  ein  Herauf-  und  Herunterschrauben  der  Mutter 
geschehen: 

3)  die  Schwungkugeln  mit  der  Mutter  behalten  obige  bestimmte 
Winkelgeschwindigkeit  constant  bei,  so  lange  sie  nicht  durch  die  Enden 
der  Schraube  aufgehalten  werden. 

Bei  einer  Verlaugsamung  des  Maschinenganges  ersetzt  die  Schwer- 
kraft durch  eine  Abwärtsbewegung  der  Mutter  den  Betrag,  den  die 
Schwungkugeln  an  lebendiger  Kraft  verloren  haben.  Bei  einer  Be- 
schleunigung des  Maschinenganges  bremst  die  zu  viel  erzeugte  Centri- 
fugalkraft  der  Kugeln  durch  eine  Aufwärtsbewegung  der  Mutter  ihre 
eigene  Winkelgeschwindigkeit  wieder  auf  die  bestimmte  constante  Winkel- 
geschwindigkeit  herab.  Indem  diese  Wirkungen  zugleich  von  statten 
gehen,  kommen  die  Geschwindigkeitsänderungen  der  Maschine  nur  durch 
ein  Auf-  und  Abwärtssteigen  der  Kugeln  mit  Mutter  zum  Ausdruck, 
während  die  Winkelgeschwindigkeit  beider  constant  bleibt. 

Bei  einem  Schwungradregulator  von  D.  P.  Davis  in  Allendale,  N.-J.. 
Nordamerika  ('''Englisches  Patent  Nr.  323  vom  8.  Januar  1889),  wird 
das  vom  Regulator  beeinflufste  Excenter  mittels  eines  Kataraktes  fest- 
gehalten. Die  Regulirung  erfolgt  zunächst  auf  die  Steuerung  des  Katarakt- 
eylinders,  wodurch  vor  oder  hinter  den  Kolben  desselben  mehr  Flüssig- 
keit treten  und  dadurch  eine  Verschiebung  des  Kolbens  und  somit  des 
Stellexcenters  erfolgen  kann. 

Ein  Schwungradregulator  der  Maschinenfabrik  Oerlikon  ('"  D.  R.  P. 
Nr.  47  751  vom  6.  Mai  1888)  ist  in  Fig.  3  und  4  dargestellt. 

Das  Gehäuse  a  mit  concentrischer  Nabe  al  sitzt  auf  der  Kurbel- 
welle ß  fest;  auf  der  Nabe  a{  dreht  sich  das  Excenterstück  e,  welches 
zwei  einander  gegenüberstehende  Arme  mit  Zapfen  e{  und  e2  hat.  Die 
Stangen  b{  und  b.,  verbinden  die  Zapfen  r,  und  e2  (also  auch  das  Ex- 
centerstück e)  mit  den  Centrifugal hebeln  c{  und  c2,  deren  Drehpunkte  </, 
und  a\  im  Gehäuse  a  befestigte  Zapfen  sind.  Die  während  der  Wellen- 
umdrehung als  Centrifugalgewichte  wirkenden  Hebel  c,  und  c2  fassen 
die  linden  der  zwischen  ihnen  liegenden  Spiralfeder  /",  und  zwar  der- 
art, dal's  die  Feder  und  somit  auch  ihre  Wirkung  durch  das  Wellen- 
mittel  geht,  womit  jedes  durch  Centrifugalkraft  sonst  vorhandene  Aus- 
biegen der  Feder  vermieden  ist.  Die  Spannung  der  Feder  wird  die 
Hebel  r,  und  c.,  nach  innen  ziehen,  und  sie  wird  nur  überwunden  durch 
Einwirkung  der  Centriftigalkrafl  auf  diese  Gewichtshebel  c,  und  c,, 
welche  vollständig  symmetrisch  angeordnet  und  gleich  schwer  sind.   Die 


Neue  Regulatoren.  5 

Enden  /",  und  f2  dev  Feder  f  werden  je  von  einer  Mutter  ml  gefafst. 
Der  Mutterkopf  stützt  sich  auf  einen  Ring,  der  mittels  Kerben  sich  gegen 
eine   am  Centrifugalhebel  c{   bezieh.  c2    befindliche  Schneide  g{    anlegt. 

Im  Gegensatze  zu  anderen  Constructionen  wirkt  hier  durch  die 
gemeinsame  Zugspannung  der  Feder  /'  die  Centrifugalkraft  des  einen 
Gewichtes  c{  direkt  zur  Ausbalancirung  der  Centrifugalkraft  des  an- 
deren Gewichtes  c2,  ohne  dafs  diese  Kraft  noch  durch  andere  Gelenke 
übertragen  würde  als  durch  die  leicht  beweglichen  Schneiden  g{  (bei  f{) 
bezieh.  g2  (bei  f2).  In  Folge  der  Gemeinsamkeit  der  Wirkung  der 
Feder  f  auf  die  Hebel  c{  und  c2  können  auch  keine  Differenzen  in  der 
Kraftwirkung  auf  diese  Hebel  c{  und  c2  auftreten,  welche  Differenzen 
durch  die  Bewegungsgelenke  e{  und  e2  und  durch  das  Excenter  e  zu 
übertragen  wären. 

Durch  Drehung  des  inneren  Excenters  oder  Excenterstückes  e  in 
Folge  der  Centrifugalhebelwirkung  wird  auch  das  äufsere,  auf  e  dreh- 
bare Ringstück  Ee,  welches  das  Schieberexcenter  bildet,  mit  dem 
Arme  h0  verschoben.  Der  Arm  h0  ist  durch  die  Stange  i{  mit  dem 
festen  Punkte  i  des  Gehäuses  a  verbunden  und  dreht  das  Ringstück  Ee 
mit  der  Welle  herum,  so  dafs  es  die  zur  Bewegung  eines  Expansions- 
schiebers nöthige  Excenterscheibe  bildet.  Hierbei  entspricht  jeder  ver- 
schiedenen Lage  der  Centrifugalhebel  c{  und  e2  eine  andere  relative 
Lage  der  Excenterscheibe  Ee  zur  Kurbelwelle. 

Die  Reibung  des  äufseren  Exceuterringes  E0  auf  der  Excenter- 
scheibe Ee  oder  eine  Zug-  oder  Druckwirkung  in  der  Richtung  der 
Excenterstange  hat  keine  Rückwirkung  auf  die  Centrifugalgewichte  c{ 
und  c2,  um  sie  aus  ihrer  relativen  Lage  zu  bringen.  Die  Excentricitäten 
des  Excenters  e  und  des  Ringstückes  Ee  und  der  Drehungswinkel  von  e 
können  so  gewählt  sein,  dafs  sie  für  die  veränderliche  Bewegung  eines 
einzelnen  Vertheilungsschiebers  geeignet  sind,  oder  aber  sie  können  so 
gewählt  werden,  dafs  die  resultirende  veränderliche  Bewegung  der  Ex- 
centerstange für  einen  Expansionsschieber  pafst,  der  auf  dem  Rücken 
eines  von  einem  festen  Excenter  bewegten  Vertheilungsschiebers  hin 
und  her  gleitet. 

Der  Schwungradregulator  von  A.  G.  Brown  in  Globe  Iron  Works, 
Bolton,  England  (*D.R.P.  Nr.  48  859  vom  2.  April  1889),  ist  in  Fig.  5 
und  6  abgebildet;  bei  dieser  Ausführung  ist  besondere  Rücksicht  darauf 
genommen,  den  Regulator  einer  veränderten  Geschwindigkeit  der  Maschine 
anzupassen. 

a  ist  die  Triebwelle  der  Maschine,  welche  regulirt  werden  soll,  b 
eine  Scheibe,  welche  mit  der  Welle  ein  Stück  bildet  oder  auf  derselben 
festgekeilt  ist.  cc  sind  von  der  Platte  b  vorstehende  Zapfen,  die  mit 
den  beiden  Schwunggewichten  (/  in  Verbindung  stehen,  die  auf  ihrer 
anderen  Seite  die  Verbindungsglieder  e  e  tragen,  durch  welche  die  Ver- 
bindung mit  dem  Hilfsexcenter  f  hergestellt  ist.    Die  Gewichte  dd  sind 


r,  Neue  Regulatoren. 

an  dem  einen  äufsersten  Ende  mit  der  einen  Seite  einer  starken  Spiral- 
feder g  verbunden,  deren  andere  Seite  verstellbar  an  einer  Schraube 
befestig!  ist,  welch  letztere  durch  eine  Lasche  hl  geht,  welche  einen 
Vorsprung  auf  der  Fläche  der  Scheibe  b  bildet:  die  segmentartigen 
Einschnitte  </,  sind  dazu  bestimmt,  den  Ausschlag  der  Hebel  d  durch 
Contacl   mit  den  Kurbelstiften  d-t  zu  begrenzen. 

Unmittelbar    vor    dem    Hilfsexcenter    f   befindet    sich    das    Haupt  - 

•Hier  i  so  augeordnet,  dafs  es  im  Stande  ist,  an  dem  auf  der 
Welle  a  festsitzenden  Führungsschuh  j  hin  und  her  zu  gleiten.  Der 
Excenterbügel  k  des  Hilfsexcenters  steht  mit  der  inneren  Fläche  des 
Bauptexcenters  i  in  Verbindung  mittels  der  Kurbelscheibe  Im.  Der 
eine  dieser  Stifte  /  ist  in  das  Hauptexcenter  eingenietet  und  der  andere 
Stift  m,  der  in  der  angegebenen  Weise  kurbelartig  abgesetzt  ist,  ist 
verbunden  mit  dem  Bügel  k  des  Hilfsexcenters. 

Um  den  Regulator  der  verlangten  Schnelligkeit  anzupassen,  wird 
der  Spiralfeder  g  g  dadurch  eine  entsprechende  Spannkraft  gegeben,  dafs 
die  Adjustirschrauben  h  h  so  angezogen  werden,  dafs  die  Federn  der 
Centrifugalkraft  der  Schwunggewichte  dd  das  Gleichgewicht  halten, 
wenn  die  letzteren  die  innerste  Stellung  und  ihre  normale  Schnelligkeit 
erreicht  haben. 

Sobald  sich  die  Schnelligkeit  der  Umdrehung  der  Welle  o  ver- 
mehrt, werden  die  Schwunggewichte  d  noch  mehr  nach  aufsen  ge- 
trieben und  ziehen  durch  ihre  Verbindung  mit  dem  Zapfen  e  das  Hilfs- 
excenter f  derart,  dafs  sich  letzteres  auf  der  Welle  a  dreht.  Dadurch 
wird  der  Excenterwinkel  des  Hilfsexcenters  verstellt,  und  der  Bügel  Ä 
des  Hilfsexcenters  führt  in  Folge  dessen  eine  Bewegung  in  Richtung 
des  Pfeiles  aus. 

Durch  die  Verbindung  des  Excenterbügels  k  mit  dem  Haupt- 
excenter  i  mittels  des  Kurbelstiftes  Im  wird  letzterer  bei  der  be- 
schriebenen  Bewegung  des  Hilfsexcenters  f  veranlafst,  eine  Bewegung 
in  der  Richtung  des  Pfeiles  auszuführen,  indem  dasselbe  mit  seinen 
Führungen  auf  dem  Schuh  j  auf  der  Welle  gleitet.  Dadurch  wird  der 
um  das  Hauptexcenter  gelegte  Bügel  und  die  starren  Verbindungstheile 
des  Rügeis  mit  der  Steuervorrichtung  (Muschelschieber  u.  dgl.)  ver- 
:i nla Ist,  eine  Rückwärtsbewegung  auszuführen.  Da  ferner  die  Steuerung 
eine  Rückwärtsbewegung  macht,  so  wird  der  Dampfkanal  geschlossen 
und  dementsprechend  die  Geschwindigkeit  der  Maschine  vermindert. 

Nimmt   umgekehrt   die   Umlaufzahl  der  Welle   a    unter    einer  ge- 

en  Grenze  ab,  so  wird  durch  die  Gewichte  d  das  Hilfsexcenter  f 
aus  der  Stellung  Fig.  5  noch  mehr  nach  rechts  getrieben,  dadurch  der 
Bügel  k  des  Excenters  vom  Centrum  der  Welle  a  entfernt  und  wiederum 
durch  die  Verbindung  des  Bügels  k  mit  dem  Hauptexcenter  i  durch 
den  Kurbelstift  Im  letzterer  nach  aufsen  gezogen,  und  tritt  dann  gröfsere 
Dampffüllune  und  erhöhte  Geschwindigkeit  ein. 


Neue  Regulatoren.  7 

Die  besondere  Art,  in  welcher  die  Federn  g  g  auf  der  einen  Seite 
mit  den  Schwuuggewichten  d  d  und  auf  der  anderen  Seite  mit  den 
Stellschrauben  hh  verbunden  sind,  wird  durch  die  mittels  der  Schrauben 
verschiebbaren  Aufsätze  o  bewerkstelligt.  Diese  Aufsätze  haben  auf 
ihrer  Aufsenseite  eine  schraubenförmige  Eindrehung,  die  den  inneren 
Windungen  der  Schraubenfedern  entspricht,  in  Bezug  auf  Durchmesser 
und  Steigung,  so  dafs,  wenn  diese  Aufsätze  auf  beiden  Enden  in  die 
Schraubenfedern  geschraubt  werden,  eine  einfache  und  sichere  Verbin- 
dung hergestellt  ist  und  die  Federn  nach  Erfordernifs  verlängert  oder 
verkürzt  werden  können.  Durch  Einschrauben  der  Aufsätze  o  in  die 
beiden  Enden  der  Schraubenfedern  g  g  wird  die  Stärke  derselben  er- 
höht, wodurch  die  Möglichkeit  gegeben  ist,  die  Spannkraft  der  Federn 
auf  das  Genaueste  einstellen  zu  können. 

Der  Regulator  von  Hees  und  Wilberg  in  Magdeburg -Sudeuburg 
(*D.  R.  P.  Nr.  48633  vom  21.  December  1888)  arbeitet  in  der  Weise, 
dafs  er  die  Geschwindigkeit,  durch  ein  Hemmnifs  hervorgerufen,  durch 
Verdünnung  der  Luft  in  einem  Behälter,  dessen  Bewegungsmechanismen 
mittels  Hebelwerkes  von  einem  hin  und  her  gehenden  Theile  der 
Maschine  gesteuert  werden,  dadurch  regelt,  dafs  er  periodisch  das  Re- 
gulirventil  in  oder  aufser  Thätigkeit  setzt. 

In  Fig.  7  und  8  ist  a  ein  hin  und  her  gehender  Theil  einer  Maschine, 
der  sich  bei  jedem  Abwärtsgange  auf  den  in  b  beweglichen  Hebel  c 
.setzt,  diesen  nach  unten  drückt  und  dadurch  den  Kolben  d  des  Be- 
hälters e  nach  oben  bewegt,  was  ein  Heraustreiben  der  im  Behälter  e 
befindlichen  Luft  durch  die  Oefthungen  f  im  Gefolge  hat.  Um  ein 
Herabgehen  des  Kolbens  d  zu  ermöglichen,  ist  im  oberen  Theile  des 
Behälters  eine  Schraube  h  angebracht,  deren  Gewindegänge  von  einem 
nach  aufsen  spitz  zulaufenden  Schlitz  unterbrochen  sind.  Je  langsamer 
die  Maschine  arbeiten  soll,  je  mehr  mufs  die  Schraube  nach  innen  zu 
gedreht  und  der  Schlitz  für  den  Luftzutritt  verkleinert  werden:  je 
schneller  die  Maschine  laufen  soll,  je  weiter  mufs  die  Schraube  h  heraus- 
gedreht und  dadurch  der  Luftzutritt  vergröfsert  werdeu. 

Der  Kolben,  der  so  schwer  ist,  dafs  er  den  Hebel  c  und  k  in  die 
Aussparung  des  Ventils  /  drückt  und  somit  als  Gegengewicht  wirkt, 
kann  je  schneller  nach  unten  fallen,  je  gröfser  der  Querschnitt  des 
Luftzutrittes  in  der  Schraube  h  ist,  und  je  langsamer,  je  kleiner  dieser 
Querschnitt  ist.  Wenn  nun  das  Herabfallen  des  Kolbens  durch  die 
Stellung  der  Schraube  h  für  eine  bestimmte  Tourenzahl  eingestellt  ist 
und  der  hin  und  her  gehende  Theil  a  durch  die  Kraftimpulse  im  Cylinder 
eine  schnelle  Gangart  annimmt,  so  wird  a  den  Hebel  c  mitnehmen, 
bevor  der  Kolben  d  so  weit  heruntergegangen,  dafs  der  Ansatz  m  des 
Hebels  k  bereits  bei  /  unter  das  Ventil  gegriffen  hat.  Das  Ventil  wird 
in  dem  Falle  also  von  der  Steuerung  der  Maschine  nicht  gehoben,  und 
die  wirkende  Kraft  ist  so  lauge  dadurch  abgeschlossen,    bis  die  Gang- 


Xt'iie  Regulatoren. 

an  der  Maschine  wieder  so  langsam  geworden  ist,  dafs  der  Hebel  k 
die  Aussparung  /  erreicht.  Damit  ein  schnelles  und  sicheres  Einrücken 
des  Hebels  k  möglich,  ist  in  der  Seitenwand  des  Behälters  e  eine  Oeff- 
Dung  n  derart  angeordnet,  dafs  kurz  vor  dem  Momente,  wo  der  An- 
Batz  m  des  Hebels  k  in  die  Aussparung  /  greift,  der  Kolben  d  beim 
Abwärtegange  die  OefFnung  n  freilegt.  Es  hört  dann  durch  den  Zu- 
tritt der  Luft  durch  n  die  Luftverdünnung  im  Behälter  e  auf  und  das 
Gewicht  des  Kolbens  d  drückt  schnell  den  Hebel  k  mit  Ansatz  m  in 
die  Aussparung  /,  80  dafs  das  Regulirventil  von  der  Steuerung  wieder 
mitgenommen  werden  kann. 

Der  in  Fig.  8  dargestellte  Apparat  wirkt  durch  Luftverdichtung. 
Sobald  der  Kolben  im  Behälter  nach  oben  gezogen  wird,  tritt  durch 
Ventil  g  Luft  in  den  Raum  q.  Beim  Abwärtsgange  des  Kolbens  geht 
derselbe  je  nach  der  Gröfse  des  Querschnittes  in  der  Schraube  //,  welche 
den  Austritt  der  Luft  vermittelt,  in  gröfseren  oder  kleineren  Zwischen- 
räumen  durch  seine  eigene  Schwere  nach  unten.  Im  Uebrigen  functionirt 
der  Apparat  wie  eingangs  beschrieben. 

Die  dargestellte  Einrichtung  dient  für  einfach  wirkende  Gasmotoren. 
Für  doppelt  wirkende  Maschinen  ist  die  Vorrichtung  doppelt  auszuführen; 
für  Dampf-  und  Heifsluftmaschinen  erleidet  der  Regulator  unwesentliche 
Abänderungen. 

Der  Pendelregulator  von  H.  Reisert  in  Köln  (*D.  R.  P.  Nr.  48  674 
vom  8.  Februar  1889)  benutzt  ein  frei  schwingendes  Pendel  durch 
dessen  direkte  Einwirkung  auf  den  Steuermechanismus.  Die  Regulirung 
ist  bei  Ventilen,  Flach-  und  Rundschiebern  anzuwenden.  Die  Zeich- 
nung (Fig.  9  und  10)  stellt  eine  Anwendung  mit  einem  bei  Flach- 
schiebersteuerungen üblichen  Expansionsapparate  dar. 

Auf  dem  Gehäuse  des  Schiebers  oder  Kolbenventiles  V  befindet 
sich,  mit  dem  Deckel  desselben  fest  verbunden,  der  Ständer  S  mit 
Lager  a,  für  die  das  Ventil  V  bethätigende  Welle  ^4,  welche  von  der 
Scliieberstange  oder  einem  anderen  Maschinenorgan  aus  eine  oscillirende 
Bewegung  erhält.  Diese  Bewegung  wird  durch  zwei  an  den  Enden 
eines  Balanciers  M  drehbar  gelagerte  Knaggenhebel  /t/r,  welche  sich 
unter  dem  Einflüsse  einer  Feder  f  gegen  das  Querhaupt  B  der  durch 
Federn  /",  abwärts  gedrückten  Ventilstange  b  anlegen,  abwechselnd 
übertragen,  indem  die  Nase  des  einen  oder  anderen  Hebels  klein  be- 
kannter Weise  gegen  entsprechende  Nasen  des  Querhauptes  H  fafst 
und  dieses  mit  dem  Ventil   V  bei  seiner  Aufwärtsbewegung  anhebt. 

Am  oberen  Ende  des  Ständers  S  ist  ein  frei  schwingendes  Pendel  P 
in  ir,  und  //  aufgehängt,  welches  zur  Regulirung  seiner  Schwingungs- 
dauer  zwei  verstellbare  Gewichte  G  G{  trägt  und  mit  dessen  Achse  d 
ein  kurzer  Balancier  Q  verbunden  ist,  an  welchem  um  Zapfen  z  z  zwei 
zurAuslösung  der  Knaggenhebel  kk  dienende  Schienen  ss  drehbar  auf- 
gehängt   Bind.    Dieselben  legen  sich  durch  ihr  Eigengewicht  gegen  eine 


Neue  Regulatoren.  9 

Gleitrolle  F,  erhalten  daher  durch  die  schwingende  Bewegung  des  Pendels 
eine  abwechselnde  Auf-  und  Abwärtsbewegung  und  siud  von  solcher 
Länge,  dafs  sie  mit  ihrem  keilförmig  abgeschrägten  freien  Ende  gegen 
die  Knaggenhebel  kk  wirken,  um  dieselben  auszulösen  und  um  gleich- 
zeitig durch  dieselben  einen  neuen  Antrieb  zu  erhalten,  welcher,  auf 
das  Pendel  selbst  übertragen,  dieses  in  regelmäfsiger  Schwingung  erhält. 

Die  Entfernung  der  beiden  Zapfen  z  z  von  der  Schwingungsachse 
des  Pendels  ist  so  gewählt,  dafs  die  Beweguug  der  beiden  Schienen  $  s 
eine  wesentlich  langsamere  bezieh,  geringere  als  diejenige  der  Knaggen- 
hebel kk  ist,  so  dafs  also  diese  die  Schienen  s  s  in  ihrer  Bewegung 
überholen  und  je  nach  ihrer  gröfseren  oder  geringeren  Geschwindig- 
keit früher  oder  später  gegen  die  Schienen  s  s  treffen  und  ausgelöst 
werden,  in  Folge  dessen  auch  das  Ventil  u.  s.  w.  jeweilig  früher  oder 
später  abschliefsen  bezieh,  eine  längere  oder  kürzere  Zeit  geöffnet  halten. 
Im  Momente  der  Auslösung  ist  die  Bewegung  der  Schienen  s  s  und  der 
Knaggenhebel  stets  in  einer  Richtung. 

Ist  die  Geschwindigkeit  der  Maschine  zu  grofs,  so  hebt  sich  der 
betreffende  Knaggenhebel  k  schneller  und  wird  frühzeitiger  durch  die 
entsprechende  Schiene  s  ausgelöst,  so  dafs  die  Dampffüllung  des  Cylmders 
eine  geringere  und  in  Folge  dessen  der  Gang  der  Maschine  ein  lang- 
samerer wird. 

Nimmt  dagegen  die  Geschwindigkeit  der  Maschine  ab,  so  verzögert 
sich  in  gleichem  Verhältnisse  die  Geschwindigkeit  der  Knaggenhebel, 
welche  in  Folge  dessen  später  ausgelöst  werden,  so  dafs  die  Dampf- 
füllung eine  gröfsere  wird  und  die  Geschwindigkeit  zunimmt. 

Der  den  Schienen  ss  ertheilte  Antrieb  ist  innerhalb  gewisser  Grenzen 
ein  gleicher  und  in  Folge  dessen  auf  die  Schwingungsdauer  des  Pendels 
eine  stets  gleichbleibende.  In  besonderen  Fällen  kann  eine  Begrenzung 
des  Ausschlages  durch  entsprechende  Anordnung  von  Schleppfedern  er- 
zielt werden,  welche  erst  dann  in  Wirkung  treten,  wenn  der  Ausschlag 
eine  gewisse  Grenze  übersteigt. 

Der  in  Fig.  11  abgebildete  Regulator  von  F.  Westphat  in  Görlitz 
(*D.  R.  P.  Nr.  51997  vom  10.  December  1889)  ist  zur  Regulirung  von 
Schiebermaschinen  mit  Meyer-  oder  ftü/er-Steuerung  bestimmt. 

Es  ist  vielfach  versucht  worden,  die  Meyer- Steuerung,  welche  unter 
den  Expansionssteuerungen  sich  als  die  beste  bewährt  hat,  unmittelbar 
vom  Regulator  zu  beeinflussen.  Dies  Bestreben  zeitigte  die  vielen  Aus- 
lösemechanismen, die  wohl  sinnreich  genannt  zu  werden  verdienen,  aber 
dennoch  so  zusammengesetzt  sind,  dafs  sie  zu  manchen  Unzuträglich- 
keiten Veranlassung  geben,  die  ihrer  weitereu  Einführung  entgegen- 
stehen. Da  man  mit  einer  Aenderung  der  Steuerung  nichts  erreichen 
konnte,  wurde  nun  versucht,  den  Regulatoren  gröfsere  Energie  zu  ver- 
leihen oder  auch  ihre  Bewegung  mittelbar  auf  die  Steuerung  zu  über- 
tragen.    Auch   diese   Constructionen    sind   nicht   frei    von   Mängeln   und 


llj  Neue  Regulatoren. 

leiden  die  mittelbaren  Uebertragev  namentlich  au  dem  Uebelstande,  dafs 
sie  zu  langsam  reguliren,   wenigstens   bei  gröfseren  Schwankungen  im 

Kraftbedarfe. 

Dieser  Nachtheil  ist  bei  dem  im  Folgenden  beschriebenen  Regulator 
vermieden.  Man  kann  die  Empfindlichkeit  desselben  verändern,  ohne 
die  übrigen  Eigenschaften  dadurch  zu  beeinflussen.  Der  Regulator  be- 
steht aus  einem  Hohlkörper  A,  der  im  unteren  Theile  zu  einem  Cylinder 
ausgebildet  ist :  in  diesem  letzteren  befindet  sich  ein  auf  der  Regulator- 
spindel festsitzender  Kolben  K.  Die  Cylinderwandung  ist  so  stark  aus- 
geführt, dafs  dieselbe  in  einer  parallel  mit  der  Cylinderachse  verlaufenden 
Bohrung  einen  Cylinderschieber  aufnehmen  kann.  Dieser  Schieber  5 
enthält  eine  axiale  Bohrung,  in  die  zwei  die  Wandung  durchbrechende 
Bohrungen  t>  fc,  einmünden;  aufserdem  sind  noch  zwei  ringförmige 
Nuthen  e  e{  in  den  Cylinderschieber  eingedreht.  Dieser  Schieber  steht 
mit  dem  Muff  m  zweier  oder  mehrerer  Centrifugalpendel  in  Verbindung 
und  wird  somit  bei  schnellerer  Rotation  der  Spindel  R  gehoben  und 
beim  langsameren  Umlauf  derselben  gesenkt.  Die  Bewegung  des  Muffes  m 
ist  nach  oben  durch  einen  Stellring  s  und  nach  unten  durch  den  Cylinder- 
boden  begrenzt.  Die  Spindel  R  ist  bis  etwa  zur  halben  Höhe  des  Ge- 
häuses A  axial  durchbohrt,  um  Druckluft  in  den  Behälter  A  hinein* 
leiten  zu  können. 

Bei  schnellerem  Gange  der  Maschine  hebt  sich  Muff  m  und  somit 
Schieber  S,  dadurch  tritt  Bohrung  b  mit  einer  in  den  oberen  Cylinder- 
theil  führenden  Bohrung  a,  und  Nuth  c{  mit  der  unten  in  den  Cylinder 
führenden  Bohrung  a{  in  Verbindung;  es  tritt  also  Druckluft  aus  dem 
Behälter  A  durch  Bohrungen  b  und  a  über  den  Kolben  und  hebt  da- 
durch den  Behälter,  der  durch  eine  in  Ringnuth  JV  eingreifende  Schelle 
und  Gestänge  mit  der  Steuerung  verbunden  ist,  und  verstellt  dieselbe. 
Die  unter  dem  Kolben  befindliche  Luft  kann  bei  dem  Aufwärtssteigen 
des  Regulators  durch  Bohrung  ot,  Ringnuth  e{  und  Bohrung  o{  ins  Freie 
gelangen.  Die  Aufwärtsbewegung  des  Regulators  hört  auf,  sobald  die 
beiden  Cylinderkanäle  a  al  von  dem  Schieber  S  wieder  verschlossen 
sind.  Es  wird  also  mit  anderen  Worten  die  Stellung  des  Regulators 
stete  mit  der  des  Muffes  m  übereinstimmen.  Bleibt  nämlich  die  Maschine 
mit  ihrer  Umlaufzahl  hinter  der  normalen  Zahl  zurück,  so  wird  Muff  m 
sich  senken  und  der  Schieber  S  den  Behälter  A  durch  Bohrung  b{ 
und  a1  mit  dem  unter  dem  Kolben  K  befindlichen  Cylinderraume  in 
Verbindung  setzen  und  A  abwärts  drücken;  dem  ebenfalls  abwärts 
wirkenden  Eigengewichte  des  Apparates  ist  dadurch  Rechnung  getragen, 
dafs  die  Spindel  li  unter  dem  Kolben  K  entsprechend  stärker  gehalten 
ist-  wie  über  demselben.  —  Die  über  dem  Kolben  befindliche  Luft 
strömt  durch  Bohrung  a,  Ringnuth  c  und  Bohrung  o  ins  Freie. 

Eine  andere  Ausführungsform  des  Schiebers  erscheint  dann  ge- 
boten.   wenn   der  Behälter  .4    mit   einem  Vacuum   (z.  B.  dem  Conden- 


Neue  Regulatoren.  11 

sator)  in  Verbindung  gesetzt  wird.  Es  wird  daun  die  atmosphärische 
Luft  die  Rolle  der  Druckluft  übernehmen,  indem  sie  von  aufsen  über 
oder  unter  den  Kolben  K  tritt,  wobei  stets  die  entgegengesetzte  Cylinder- 
seite  mit  dem  Vacuum  verbunden  wird. 

Durch  ein  in  die  Dampfzuleitung  zur  Maschine  eingefügtes  Flügel- 
rad wirkt  der  Regulator  von  J.  W.  Brown  und  W.  W.  Sutclijfe  in 
New  Orleans  (*D.R.P.  Nr.  51935  vom  23.  November  1889),  welcher 
in  Fig.  12  abgebildet  ist. 

Das  Gehäuse  A  trägt  den  ganzen  Apparat;  dasselbe  ist  mit  einem 
Flansch  r  versehen,  mittels  dessen  das  Gehäuse  auf  dem  Schieber- 
kasten befestigt  wird.  Dieses  Gehäuse  besitzt  Dampfkanäle  von  ge- 
wöhnlicher Form  und  die  nöthigen  Ventile.  Ueber  dem  oberen  Ventil 
ist  in  dem  Gehäusedeckel  V  ein  Packungsring  W  zur  Abdichtung  der 
Ventilstange  angeordnet.  Auf  dem  Gehäuse  A  ist  die  Zwischenkammer  B 
durch  Flanschen  und  Bolzen  d  befestigt.  Die  Kammer  B  geht  an  ihrem 
oberen  Ende  in  ein  Gehäuse  C  über,  welches  mit  einem  Dampfeinlafs- 
kanal  N  versehen  ist.  Innerhalb  der  äufseren  Gehäusewand  ist  in  ge- 
nügender Entfernung  eine  zweite  Wand  angeordnet,  wodurch  ein  Kanal  P[ 
gebildet  wird.  In  der  inneren  ringförmigen  Wandung  sind  eine  Reihe 
schräg  gerichteter  Kanäle  P  angebracht,  von  denen  einer  der  Mündung 
des  Einströmungskanals  N  gegenüberliegt.  Geschlossen  ist  das  Ge- 
häuse C  mit  einer  Scheibe,  welche  auf  demselben  durch  Bolzen  fest- 
geschraubt wird  und  das  Gestell  W  trägt.  In  der  Mitte  der  Scheibe 
ist  ein  mit  Gewinde  versehenes  Loch  angeordnet,  in  das  eine  Muffe  m 
geschraubt  wird,  die  ihrerseits  ein  die  Ventilstange  umgebendes  Rohr 
aufnimmt. 

Um  eine  dichte  Verbindung  am  oberen  Theile  des  Gehäuses  C  zu 
bilden,  wird  über  die  Muffe  eine  Mutter  mit  glattem,  senkrechtem  Loch 
für  den  Durchgang  der  Ventilstange  und  des  diese  umgebenden  Rohres 
geschraubt. 

Ein  Rohr  M  umgibt  die  Ventilstange  und  geht  mit  seinem  unteren 
Ende  durch  das  Gehäuse  C  und  das  Flügelrad,  in  welchem  es  mittels 
eines  Schraubenbolzens  befestigt  ist.  Wird  jetzt  dem  Flügelrade  durch 
den  gegen  seine  Flügel  Q  stofsenden  Dampf  eine  Bewegung  ertheilt, 
so  dreht  sich  das  Rohr  M  mit,  und  zwar  mit  gleicher  Geschwindigkeit. 

Die  Regulatorkugeln  G  sitzen  an  Armen,  die  wiederum  mit  ihren 
Enden  an  zwei  Scheiben  befestigt  sind.  Die  untere,  .F,  dieser  Scheiben 
ist  durch  einen  Schraubenbolzen  an  dem  rotirenden  Rohr  M  in  einer 
beliebigen  Stellung  befestigt.  Oberhalb  der  Scheibe  F  befindet  sich  auf 
dem  Rohr  M  ein  ringförmiger  Ansatz  A,  welcher  auf  demselben  ver- 
schoben werden  kann  und  zur  Regulirung  der  Schraubenfeder  i  dient, 
die  um  das  Rohr  M  zwischen  dem  Ansätze  h  und  der  oberen  beweg- 
lichen Scheibe  H  angeordnet  ist.  Die  obere  Scheibe  H  ist  an  ihrer 
unteren  Seite  mit  einem  Ansätze  g  versehen,  gegen  den  das  obere  Ende 


12  Neue  Regulatoren. 

der  Feder  i  stöfst,  während  auf  der  oberen  Seite  sieh  ein  bügelartiges 
Öe8tell  erhebt,  das  mit  einer  senkrechten  Hülse  J  versehen  ist,  durch 
welche  die  Ventilstange  geht. 

In  der  Bube  J  \ai  eine  Muffe  angebracht,  die  am  unteren  Ende 
einen  Ansatz  f  besitzt,  mit  welchem  sie  gegen  die  untere  Seite  des  Ge- 
Btelles  Btöfst.  Die  Mulle  ist  mit  einem  Muttergewinde  versehen  und 
besitzt  aufserdem  am  oberen  Ende  ein  Aufsengewinde,  auf  welches  die 
.Mutter  L  geschraubt  wird,  wodurch,  nachdem  die  das  Gestell  tragende 
Scluilic  und  die  Mulle  L  auf  das  Rohr  M  geschoben  ist,  die  Ventil- 
Btange  herabgeschraubt  werden  kann,  um  die  Ventilkörper  auf  ihren 
sitz  zu  pressen.  Auf  das  obere  Ende  des  rotirenden  Rohres  M  ist  eine 
Mutter  e  geschraubt,  welche  gleichfalls  mit  einem  Loche  für  die  durch 
dieselbe  gehende  Veutilstange  versehen  ist.  In  das  obere  Ende  der 
Ventilstange  ist  ein  Gewinde  geschnitten,  auf  welches  eine  Mutter  K 
geschraubt  ist,  durch  welche  die  Ventilstange  mit  den  Ventilkörpern 
unabhängig  von  den  Regulatorkugeln  und  dem  einströmenden  Dampfe 
beeinflufsl  werden  kann,  b  und  C  sind  die  Ventilkörper,  die  an  der 
Stange  D  befestigt  sind,  /  die  obere  Platte  des  Gestelles  W  über  dem 
Gehäuse  C. 

Die  Wirkungsweise  des  Apparates  ist  folgende: 

Der  vom  Kessel  kommende  Dampf  tritt  durch  den  Einlafskaual 
in  den  Raum  Pl  und  weiter  durch  die  Oeffnungen  P,  wobei  er  gegen 
die  Flügel  Q  des  Flügelrades  Z  stöfst  und  dieses  dreht;  gleichzeitig 
hiermit  wird  auch  das  am  Flügelrade  befestigte  Rohr  M  gedreht.  Der 
Dampf  geht  dann  weiter  durch  den  Kanal  t,  hebt  die  Ventile  und  tritt 
in  den  Schieberkasten,  wobei  die  Kraft  des  Dampfes  oder  die  Gröfse 
der  Einströmung  vom  Regulator  in  der  nachstehend  beschriebenen  Weise 
regulirt  wird. 

Nachdem  der  Schraube  die  erforderliche  Spannung  gegeben  ist  und 
der  Damj)!'  wie  vorher  eintritt,  werden  die  Regulatorkugeln  durch  die 
Centrifugalkrafl  von  der  Mitte  entfernt;  dadurch  ziehen  sie  die  obere 
Scheibe  H  und  den   damit   verbundenen  Bügel   herab,   welcher  mittels 

Ansatzes  f  der  Muffe  die  Ventilstange  herabdrückt  und  die  Ventil- 
körper  auf  ihren  Sitz  preist,  wodurch  die  Dampfeinströmung  zum  Schieber- 
kasten  aufgehoben  wird. 

Ein  indirekt  wirkender  Regulator  ist  von  H.  und  W.  Palaluj  iu 
Berlin  (*D.R.P.  Nr.  50208  vom  11.  Juli  1889)  patentirt.  Derselbe  ist 
in  Fig.  13  dargestellt. 

o  bezeichnet  den  vom  Centrifugalregulator  bewegten  Hebel,  b  die 
8tange,  welche  den  Hebel  a  mit  dem  Hebel  des  Drosselventils  verbindet, 
und  c  eine  bewegliche  Muffe,  die  oben  und  unten  mit  Flanschen  ver- 
sehen ist,  deren  Bewegung  durch  die  Stellringe  d  d  begrenzt  wird. 
Zwei  Sternräder  e  e,  sind  an  der  Muffe  c  befestigt.  Die  Mutter  f  ist 
durch  Kreuzkopfverbindung  an  dem  Drosselventilhebel  /",   befestigt  und 


Neue  Regulatoren.  13 

schiebt  sich  auf  dem  Gewinde  des  unteren  Theiles  der  Muffe  c  auf  und  ab. 
Eine  mit  Schnurlauf  versehene  Scheibe  g  besitzt  auf  der  einen  Seite  vor- 
stehende Stifte  0,.  Diese  Scheibe  g  dreht  sich  auf  einer  Spindel,  welche 
an  dem  verschiebbaren  Ständer  h  befestigt  ist,  und  wird  von  der  Schwung- 
radwelle aus  angetrieben.  Anstatt  einer  Scheibe  g  mit  einem  einzigen 
Schnurlauf  kann  ein  Stufenkranz  in  Verwendung  kommen. 

Wenn  die  Maschine  mit  normaler  Schnelligkeit  läuft,  so  bewegen 
sieh  die  Stifte  g{  der  Scheibe  g  zwischen  den  Sternrädern  eeu  ohne 
dieselben  zu  berühren:  wenn  die  Geschwindigkeit  sich  vermehrt  oder 
vermindert,  so  wird  die  Stange  b  durch  den  Regulatorhebel  a  gehoben 
oder  gesenkt  und  eines  oder  das  andere  der  beiden  Sternräder  e  kommt 
in  Eingriff  mit  dem  Zapfen  g{  der  umlaufenden  Scheibe  #,  wodurch  die 
Muffe  c  in  der  einen  oder  anderen  Richtung  gedreht  wird  und  die 
Mutter  f  sich  in  Folge  dessen  hinauf  oder  herunter  schraubt.  Hierdurch 
wird  der  Klappenhebel  fx  gehoben  oder  gesenkt  und  dadurch  die  Dampl- 
zuströmung  entsprechend  geregelt. 

Anstatt  der  Muffe  c  kann  die  Stange  b  drehbar  angeordnet  werden; 
in  diesem  Falle  sind  die  beiden  Sternräder  an  dieser  Stange,  deren 
Ende  mit  Gewinde  versehen  ist,  befestigt.  Anstatt  zwei  Sternräder 
kann  auch  nur  ein  solches  von  entsprechender  Höhe  angewendet  werden, 
in  welchem  Falle  die  Stifte  das  Rad  oberhalb  des  Mittelpunktes  der 
Scheibe  g  in  der  einen  Richtung  und  unterhalb  dieses  Centrums  in  der 
anderen  Richtung  bewegen. 

Um  das  Ueberschrauben  der  Gewinde  zu  verhindern,  sind  mehrere 
daumenartige  Vorsprünge  an  dem  Umfange  der  Zapfenscheibe  g  sowie 
am  Kreuzkopf  f  der  Mutter  verstellbar  angeordnet,  so  dafs  bei  erfolgtem 
gröfsten  Hub  des  Kreuzkopfes  f  der  Vorsprung  an  der  Scheibe  g  in 
Berührung  mit  dem  Vorsprunge  am  Kreuzkopfe  kommt,  wodurch  die 
Umdrehung  der  Zapfenscheibe  g  aufhört  und  ein  Ueberschrauben  ver- 
hindert wird. 

Der  von  Breitmann  in  Weifsenfeis  (*D.  R.  P.  Nr.  48562  vom  14.  No- 
vember 1888)  angegebene,  in  Fig.  14  und  15  abgebildete  elektrisch- 
mechanische Geschwindigkeitsregler  besteht  aus  einem  Stromschalter 
und  aus  der  Vorrichtung  zum  Uebertragen  der  Wirkung  eines  elek- 
trischen Stromes  auf  die  Kraftmaschine.  Der  Stromschalter  hat  folgende 
Einrichtung.  Angetrieben  durch  eine  Schnecke  s,  welche  mit  derjenigen 
Maschine  in  Verbindung  steht,  deren  Geschwindigkeit  —  unmittelbar, 
wenn  es  die  Kraftmaschine  selbst  ist,  mittelbar,  wenn  es  eine  Arbeits- 
maschine —  geregelt  werden  soll,  dreht  sich  das  Schneckenrad  S  bei 
vorgeschriebener  Umdrehungszahl  der  Maschine  einmal  in  der  Minute 
um,  also  auch  der  auf  der  Schneckenradwelle  befestigte  Arm  w.  Durch 
diese  Welle  hindurch  geht  eine  von  einem  gewöhnlichen  Uhrwerke  be- 
wegte Welle  W,  welche  sich,  sowie  der  darauf  angebrachte  Arm  Z 
ebenfalls  einmal  in  der  Minute  umdreht.     Werden  die  Arme  w  und  Z 


14  Neue  Regulatoren. 

einander  gegenübergestellt,  so  müssen  bei  richtiger  Umdrehungszahl  der 
Maschine  beide  in  dieser  Stellung  zusammen  umlaufen.  Je  nachdem 
jedoch  die  Maschine  schneller  oder  langsamer,  als  vorgeschrieben,  läuft, 
wird  eine  Verschiebung  des  Armes  w  gegen  Z  nach  der  einen  oder 
anderen  Richtung  eintreten.  Die  beiden  Arme  w  und  Z  sitzen,  durch 
Büchsen  von  Hartgummi  isolirt,  auf  ihren  Wellen  und  stehen  mit  ein- 
ander durch  das  Röllchen  r  insofern  in  Verbindung,  als  stets  eine  Be- 
rührung beider  vorhanden  ist.  Stehen  beide  Arme  einander  gegenüber, 
so  liegt  das  Röllchen  r  auf  einem  am  Arme  iv  angeschraubten  Stücke 
Hartgummi;  weicht  Z  nach  rechts  oder  links  ab,  so  trifft  das  Röllchen  r 
mit  der  schrägen  Kante  eines  der  gegen  w  isolirten  Metallplättchen  pp 
zusammen.  Von  den  Plättchen  pp  gehen  isolirte  Leitungsdrähte  d 
und  (/,  nach  den  über  die  Schneckenradwelle  isolirt  gegen  diese  ge- 
zogenen Messingringen  v  und  vt,  an  welchen  Federn  F  und  F{  schleifen, 
die  wiederum  mit  Leitungsdrähten  für  elektrischen  Strom  in  Verbindung 
stehen.  An  der  Nabe  des  Armes  Z  schleift  ebenfalls  eine  Feder  (/*), 
die  auch  mit  einem  Leitungsdraht  verbunden  ist. 

Von  der  Breite  der  zwischen  den  Plättchen  p  p  liegenden  Hart- 
gummiplatte hängt  es  ab,  wie  grofs  die  Abweichung  der  Geschwindig- 
keit der  Maschine  von  der  vorgeschriebenen  werden  kann,  bis  die  elek- 
trische Leitung  geschlossen  wird;  man  kann  diese  Abweichung  so  klein 
halten,  als  man  will.  Der  Arm  Z  sitzt  nicht  fest  auf  der  Welle  JF, 
sondern  wird  mittels  des  Klinkrades  k  bewegt,  was  den  Zweck  hat, 
dafs,  wenn  wider  Erwarten  sich  der  Arm  Z  bedeutend  gegen  w  zu  ver- 
schieben strebt,  das  Uhrwerk  aufser  Verbindung  gesetzt  wird,  indem 
durch  die  schiefe  Ebene  der  Plättchen  /)  p  die  Klinke  kl  ausgehoben 
wird. 

Die  Einwirkung  auf  die  Kraftmaschine  kann  in  verschiedener  Weise 
statttinden.  Erstens  kann  man  auf  den  Zutritt  von  Dampf  (bei  Dampf- 
maschinen) oder  Wasser  (bei  Turbinen)  u.  s.  w.  wirken.  Versieht  man 
z.  B.  die  Drehachse  der  Drosselklappe  einer  Dampfmaschine  oder  die 
Schieberstange  eines  Meyer^schen  Expansionsschiebers  oder  die  Achse 
eines  Drehschiebers  mit  einem  Schraubenrade,  das  im  Eingriffe  steht 
mit  einer  von  der  Dampfmaschine  zu  treibenden  Schnecke,  so  kann 
man  mittels  Elektricität  durch  Ein-  und  Ausrücken  einer  entsprechenden 
Kuppelung  es  erreichen,  dafs  die  Schnecke  nebst  Schneckenrad  fest- 
steht, wenn  die  Maschine  die  vorgeschriebene  Umdrehungszahl  hat,  und 
dafs  sie  rück-  oder  vorwärts  dreht  und  damit  eine  entsprechende  Ver- 
stellung der  Drosselklappe  oder  der  Expansionsvorrichtung  veranlafst, 
«renn  die  .Maschine  zu  rasch  oder  zu  langsam  läuft.  Man  hat  nur 
oöthig,  den  Ausrücker  für  die  Kuppelung  zwischen  zwei  Elektromagnete 
zu  legen,  durch  die  er  nach  links  oder  rechts  gezogen  wird,  je  nach- 
dem ein  Stromkreis  durch  den  Stromschalter  geschlossen  wird.  Bei  unter- 
I unebener  Leitung,  also  bei  ordnungsmäfsigem  Gange  der  Maschine  mufs 


Neue  Regulatoren.  15 

dann  der  Ausrücker  in  der  Mittelstellung  sich  befinden,  in  welche  er 
nach  Unterbrechung  des  Stromes  durch  Abreifsfedern  zurückgeführt  wird. 

Hat  man  elektrischen  Kraftstrom  zur  Verfügung,  wie  bei  elek- 
trischen Beleuchtungsanlagen,  so  kann  man  die  Drehung  der  Steuerungs- 
schnecke unmittelbar  durch  einen  kleinen  Elektromotor  bewirken,  so 
dafs  dann  der  Ausrücker  und  die  Elekü'omagnete  fortfallen. 

Statt  auf  den  Dampfzutritt  u.  s.  w.  zu  wirken,  kann  man,  wenn 
nur  die  Ueberschreitung  einer  Höchstgeschwindigkeit  zu  verhüten  ist, 
zweitens  auch  eine  Bremsung  der  Maschine  durch  elektrischen  Strom 
veranlassen,  indem  man  z.  B.  bei  Locomotiven  mit  Luftdruckbremse 
diese  Bremse  auf  elektrischem  Wege  in  einer  der  bekannten  Weisen 
mit  Hilfe  des  Stromschalters  auslöst. 

Kommt  es  bei  Maschinen,  von  welchen  der  Stromschalter  bewegt 
wird,  vor,  dafs  sie  bald  vorwärts,  bald  rückwärts  laufen  müssen,  dann 
ist  es  erforderlich,  eine  Umsteuerung  für  den  Stromschalter  anzubringen, 
so  dafs  der  Arm  10  stets  nach  derselben  Richtung  umläuft. 

Diese  Umsteuerung  geschieht  durch  die  Antriebsschnecke  s  selbst 
vermöge  des  bei  der  Bewegung  in  der  Richtung  der  Achse  auftretenden 
Druckes.  Setzt  man  das  Schraubenrad  S  lose  auf  die  Welle,  dagegen 
das  Kegelrad  R  fest,  und  bringt  einen  Hebel  H  mit  zwei  Uebertragungs- 
kegelrollen  U  U  so  auf  dem  Zapfen  i  an,  dafs  er  durch  die  auf  der 
Welle  verschiebbare  Schnecke  s  (je  nach  ihrer  Drehung)  nach  links 
oder  nach  rechts  gedrückt  und  eine  der  Kegelrollen  U  U  zwischen  die 
Kegelflächen  von  R  und  S  geprefst  wird,  so  wird  sich  R  und  auch  iv 
immer  in  derselben  Richtung  drehen,  wie  auch  S  umläuft. 

Um  bei  Apparaten,  bei  welchen  die  Ueberschreitung  einer  bestimmten 
Umdrehungszahl  unzulässig  ist,  nicht  allein  auf  die  Regulirung  der 
Dampfmaschine  angewiesen  zu  sein,  wird  nach  dem  Vorschlage  von 
W.  Leffeldt  und  Lentsch  in  Schöningen  (*D.R.P.  Nr.  49113  vom  16.  April 
1889)  das  in  Fig.  16  dargestellte  Sicherheitsvorgelege  eingeschaltet.  Das- 
selbe überträgt  die  beispielsweise  durch  Riemen  eingeleitete  Kraft  nur 
so  lange,  bis  eine  vorher  bestimmte  und  eingestellte  Umdrehungs- 
geschwindigkeit erreicht  ist,  stellt  bei  Ueberschreitung  derselben  die 
Ausrückgabel  selbsthätig  auf  die  Losscheibe  und  veranlafst  auf  diese 
Weise  einen  Stillstand  des  Vorgeleges  und  des  durch  dasselbe  ange- 
triebenen Apparates. 

Das  Sicherheits vorgelege  besteht  aus  einem  Gufskörper  A,  welcher 
auf  einer  Befestigungsplatte  mit  säulenartiger  Fortsetzung  die  beiden 
Lagerarme  mit  der  Welle  to  trägt.  Auf  letzterer  ist  die  Festscheibe  f 
zur  Einleitung  der  Kraft,  die  Losscheibe  fn  sowie  die  zur  Ableitung 
der  Kraft  hier  als  Schnurscheibe  gedachte  Scheibe  R  angebracht.  Zum 
Aus-  und  Einrücken  von  Hand  ist  in  dem  Gufskörper  eine  Schrauben- 
spindel s  drehbar,  aber  nicht  verschieblich  gelagert,  welche  je  nach 
Drehung  des  mit  ihr   fest  verbundenen  Rades  r  in   der  einen  oder  an- 


lt;  üeber  das  Sengen  (Abtlaiumtn)  der  Gewebe  und  Garne. 

deren  Richtung  die  mit  Muttergewinde  versehene  und  iu  dein  Gufskörper 
entsprechend  g< 'führte  Ausrückgabel  nach  rechts  oder  links  verstellt. 

Auf  dem  zweiten,  lliegenden  Schenkel  der  Welle  w  ist  ein  Centn- 
rugalpendelpaar  pf\  angebracht,  welches  mit  den  Heheln  hli{  gegen 
die  Hülse  U  wirkt,  sobald  sich  die  Welle  dreht.  Dem  durch  Centrifugal- 
kiiil't  hervorgerufenen  Drucke  wirkt  eine  Feder  b  entgegen,  welche 
einerseits  an  der  Hülse  //,  andererseits  an  dem  durch  Gewinde  ver- 
stellbaren Stellringe  cc{  anliegt.  Je  nach  Stärke  der  Feder  oder  deren 
Ausspannung  kann  der  Widerstand  und  damit  auch  die  erreichbare 
höchste  Umlaufzahl  regulirt  werden.  Die  Hülse  //,  deren  Drehung  durch 
einen  Stift  d,  der  sich  gegen  eine  Fläche  der  Welle  10  legt,  gesichert, 
i-t  iu  ihrer  Fortsetzung  zu  einem  Mitnehmerrade  r{  ausgebildet  und 
greift,  wenn  die  Centrifugalkraft  entsprechend  gewachsen,  an  das  der 
Aus-  und  Einrückung  von  Hand  dienende  Rad  r  an.  Hierdurch  wird 
dasselbe  veranlafst,  an  der  Drehung  theilzunehmen,  und  schiebt  sich  so 
bei  passender  Wahl  von  Gewinde  und  Umdrehungsrichtung  die  Aus- 
rückgabel a  mit  dem  darin  befindlichen  Riemen  auf  die  Losscheibe  f{. 
Der  Centrifugalpendelapparat  ist  durch  eine  mitrotirende  Schutzglocke  G 
eingeschlossen. 


Ueber  das  Sertgen  (Abflammen)  der  Gewebe  und  Garne. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  263  S.  507.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  2. 

Das  Sengen  erfolgt  im  Allgemeinen  entweder  durch  glühende 
Metallkörper,  durch  eine  offene  Flamme  oder  mittels  überhitzten  Dampfes. 
Der  glühende  Metallkörper  wird  entweder  gebildet  durch  einen  Eisen- 
stab, welcher  in  einem  Ofen  erhitzt  und  dann  in  eine  Vorrichtung  ein- 
gesetzt wird,  in  welcher  das  Gewebe  über  ihn  hinweggeht  (Stabsengerei), 
oder  es  wird  eine  Platte  bezieh,  ein  Halbcylinder  aus  Eisen  oder  Kupfer 
über  einem  Feuer  genügend  erhitzt  (Plattensengerei),  oder  das  Gewebe 
läuft  über  eine  Metallwalze,  die  halb  im  Feuer  liegt  und  sich  langsam 
dreht.  Ferner  können  in  Anwendung  kommen  eine  Eisenplatte  oder 
Cylinder  mit  Innenfeuerung:  zwei  Halbcylinder  für  doppelseitiges  Sengen 
auf  einmal;  eine  Platte  mit  indirekter  Heizung  und  endlich  ein  Metall- 
körper (Draht),  welcher  durch  starke  elektrische  Ströme  zum  Glühen 
gebracht  wird.  Bei  dem  Sengen  mit  offener  Flamme  sind  vorgeschlagen 
worden  die  Oelflamme,  die  Alkoholflamme,  das  Leuchtgas,  Wassergas 
u.  s.  w.,  sowie  die  heifse  Luft  (Brenngase).  Sobald  das  Sengen  mit 
Leuchtgas  erfolgt,  werden  die  Verbrennungsgase  oberhalb  der  Flamme 
angesaugt,  oder  es  wird  Luft  zur  Gasflamme  geblasen,  oder  es  kommt 
endlich  ein  rotirender  Gasbrennercylinder  in  Anwendung. 

Eine   Plattensengmaschine   für  doppelseitiges  Sengen   ist   in   Fig.  1 


Ueber  das  Sengen  (Abdämmen)  der  Gewebe  und  Garne.  17 

Taf.  2  wiedergegeben.  Die  Coiistruction  dieser  Maschine,  welche  übri- 
gens Gegenstand  des  Amerikanischen  Patents  Nr.  373856  ist,  rührt  von 
F.  C.  Sayles  in  Pawtucket  und  0.  E.  Drown  in  Lincoln  her  und  ergibt 
sich  aus  Nachstehendem. 

Das  zu  behandelnde  Gewebe  läuft  in  der  Richtung  des  eingezeich- 
neten Pfeiles  über  die  Leitwalzen  2,  5  zu  der  ersten  Sengplatte  und 
von  da  über  die  Walzen  4  und  5  zu  der  zweiten  Sengplatte  in  der 
Weise,  dafs  diejenige  Seite  des  Gewebes  auf  dieselbe  zu  liegen  kommt, 
welche  auf  der  ersten  genannten  Sengplatte  oben  aufgelegen  hat.  Durch 
die  Walzen  6,  7  und  S  wird  das  auf  beiden  Seiten  behandelte  Gewebe 
abgeführt,  nachdem  es  bei  b  noch  mit  einer  Feuchtwalze  in  Berührung 
gekommen  ist.  Das  Heizen  der  Sengplatten  K  erfolgt  durch  Gas, 
welchem  erhitzte  Luft  zugeführt  wird,  und  ist  zu  diesem  Zweck  jede 
Sengplatte  Ä  über  einer  Heizvorrichtung  angeordnet,  welche  aus  vier 
Kammern  d  d{  d2  besteht,  deren  erste  ihren  Abschlufs  in  der  genannten 
Sengplatte  K  findet,  während  in  die  zweite  d2  die  Gasbrenner  f{  ein- 
münden und  die  beiden  noch  verbleibenden  dl  von  Rohren  g2  durch- 
zogen werden,  die  mit  einem  Gebläse  durch  das  Rohr  g  in  Verbindung 
stehen.  Die  Verbrennungsgase  werden  durch  ein  das  Rohr  g  um- 
schliefsendes  Saugrohr  H  abgeführt,  welches  mit  jeder  Heizkammer  d 
durch  die  Kanäle  e  in  Verbindung  steht  und  aufserdem  auch  an  jede 
Kammer  d{  angeschlossen  ist,  in  welche  wiederum  die  Verbrennungs- 
gase durch  die  Oeffnungeu  el  gelangen  können.  Es  wird  in  Folge 
dieser  Anordnung  also  die  durch  das  Gebläse  in  das  Rohr  g  eingetriebene 
Luft  im  Saugrohr  H  im  Gegenstromprinzip  vorgewärmt  und  weiterhin 
in  Folge  Durchführens  durch  die  Kammern  d{  mittels  der  Leitungen  g2 
erhitzt  und  gelangt  in  diesem  Zustand  durch  die  Rohre  g{  g3  in  die 
untere  Kammer  rf2,  an  deren  Ausgangsöffnungen  e2  sie  sich  mit  dem 
aus  den  mit  Ventilen  f2  ausgestatteten  Brennern  ausströmenden  Gas 
mischt.  Die  Luft  wird  also  nur  in  erhitztem  Zustand  in  die  Flammen 
eingeführt   und   hierdurch  ein  hoher  Wirkungsgrad  der  Anlage  erzielt. 

Das  Abdämmen  mit  Oel-  und  Alkoholflamme  ist  älteren  Datums 
und  sind  hierzu  etwa  seit  dem  Jahre  1823  verschiedene  Vorschläge 
gemacht  worden  (1825  16  203.  1828  29  114.  1866  181  258),  m.  W. 
aber  zu  keiner  grofsen  praktischen  Verwendung  gekommen  gegenüber 
der  aus  dem  Jahre  1817  stammenden  Gassengerei.  Der  Vollständigkeit 
halber  aber  mögen  hier  zwei  in  dies  Gebiet  einschlagende  Vorrich- 
tungen eine  nähere  Betrachtung  finden. 

Die  eine  ist  Gegenstand  des  D.  R.  P.  Kl.  8  Nr.  48  579  vom  25.  De- 
cember  1888  und  rührt  von  Ferd.  Rutzky  in  Crefeld  her.  Ihre  Ein- 
richtung ergibt  sich  aus  den  Fig.  2  bis  4  Taf.  2.  Der  Spiritusbehälter 
ist  mit  dem  Brennerbehälter  c  durch  das  Rohr  b  verbunden,  an  welch 
letzterem  sich  der  Verschlufshahn  h  befindet.  Der  Brennerbehälter  c 
hat  die  Breite  des  zu  behandelnden  Seidenstoffes  o.  dgl.  und  ebenso 
Dinglers  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  I.  1890/111.  2 


18  Ueber  das  Sengen  (Abllamnien)  der  Gewebe  und  Garne. 

breit  ist  der  eingesetzte  Brenner  </,  in  welchem  sieh  der  den  Docht  ab- 
gebende Filzstoff  n  befindet.  Der  Brenner  ist  durchlocht,  so  dafs  sich 
der  Filz  voll  Alkohol  saugen  kann  und  seine  Ränder  i  sind  mit  Boh- 
rungen versehen,  durch  welche  der  Flamme  die  Luft  zugeführt  wird. 
Damit  die  Vorrichtung  zum  Abflammen  schmaler  und  breiter  Stoffe 
Anwendung  linden  kann,  sind  über  den  Brenneröffnungen  f  Schieber  e 
angebracht,  durch  welche  die  Flamme  verkürzt  werden  kann.  Um 
die  Flamme  bequem  ganz  zu  löschen,  ist  die  durch  Scharnier  befestigte 
Klappe  k  vorgesehen,  durch  deren  Umlegen  die  Brenneröffnung  f  ge- 
schlossen wird.  Zur  Erkennung  der  Höhe  des  Alkoholstandes  ist  das 
Zeigerrohr  m  angebracht. 

Der  zu  behandelnde  Stoff  wird  wie  gewöhnlieh  über  eine  Walze  w 
geleitet,  die  sich  über  dem  Brenner  befindet,  so  dafs,  wie  durch  die 
Zeichnung  dargestellt,  der  Stoff  von  der  Flamme  getroffen  wird.  Um 
den  Docht  bequem  verstellen  zu  können,  sind  an  beiden  Seiten  des 
Brenners  die  Stellschrauben  s  vorgesehen,  durch  die  der  Dochtträger  r 
gehoben  oder  gesenkt  werden  kann. 

Während  bei  der  im  Vorstehenden  besprochenen  Einrichtung  der 
Alkohol  mit  Hilfe  eines  Dochtes  zur  Verbrennung  gebracht  wird,  ver- 
wandelt der  Brenner  von  Julius  Alfred  ßourry  in  Zürich  den  Alkohol 
erst  in  Dampf,  und  ist  zu  diesem  Zweck  derart  construirt,  dafs  er, 
durch  seine  eigene  Flamme  erhitzt,  in  ähnlicher  Weise  wie  eine  Gas- 
retorte functionirt,  indem  er  den  zufliefsenden  Alkohol  oder  flüssigen 
Kohlenwasserstoff  in  Dampf  verwandelt  und  dieser  in  Form  von  Stich- 
flammen brennt.  Der  durch  D.  R.  P.  Kl.  8  Nr.  47649  vom  21.  December 
1888  geschützte  und  in  den  Fig.  5  bis  10  Taf.  2  wiedergegebene  Brenner 
ist  somit  gleichzeitig  Gasentwickler  und  Flammenerzeuger  und  bleibt, 
wenn  einmal  bis  zur  Dampfbildung  erhitzt,  ohne  Anwendung  eines 
Ueberdruckes  von  Luft  oder  Spannung  der  Gase  aufserhalb  des  Brenners 
selbst  so  lange  in  Function,  bis  die  Speisung  aufhört.  Erreicht  wird  dieses 
durch  Metallhülsen,  vorzugsweise  aus  Kupfer  von  zweckentsprechen- 
dem Querschnitt  (Fig.  5  cylindrisch;  Fig.  6  elliptisch;  Fig.  7  länglich 
viereckig),  die  an  beiden  Enden  geschlossen  und  mit  einem  festen 
Bündel  von  sehr  feinen  Drähten  d  aus  beliebigem  Material  gefüllt  sind, 
welche  für  sich  noch  in  ein  feines  Metallgewebe  eingehüllt  werden 
können.  Die  Hülse  dieses  Brenners,  welcher  auf  beliebige  Weise  durch 
Speiseröhren  a  a,  a2  mit  einem  Flüssigkeitsbehälter  verbunden  ist,  er- 
hält eine  dem  Zweck  entsprechende  Anzahl  Bohrlöcher  b  von  lj2  bis 
1 >  .,uini  grofsem  Durchmesser.  Je  gröfser  die  Anzahl  der  Löcher,  desto 
kleiner  soll  ihr  Durchmesser  sein. 

Dem  Brenner  selbst  kann  eine  beliebige  Form  gegeben  werden, 
so  kann  er  die  Form  eines  geraden  Cylinders  haben  (Fig.  10),  kreis- 
rund (Fig.  8),  spiralförmig  (Fig.  9)  u.  s.  w.  sein.  Er  wird  auf  beliebige 
Weise  so  weit  vorgewärmt,  bis  das  in  ihm  enthaltene  Drahtbündel  heifs 


Ueber  das  Sengen  (Abflammen)  der  Gewebe  und  Garne.  19 

genug  ist,  um  die  eintretende  brennbare  Flüssigkeit  zu  verdampfen.  Das 
Löschen  des  Brenners  erfolgt  durch  Absperrung  der  letzteren. 

Eine  Sengmaschiue,  bei  welcher  das  Abflammen  durch  Leuchtgas 
stattfindet,  zeigen  die  Fig.  14  bis  16  Taf.  2.  Dieselbe  ist  durch  das 
Amerikanische  Patent  Nr.  334474  geschützt  und  rührt  von  John  Byte 
in  Paterson,  New  Jersey,  her.  Ihr  charakteristisches  Merkmal  besteht 
darin,  dafs  die  Brenner  derart  angeordnet  sind,  dafs  sie  nach  Belieben 
unter  den  Stoff,  hier  ein  Band  Z),  gebracht  oder  von  demselben  ent- 
fernt werden  können  und  hierbei  gleichzeitig  die  Maschine  aus-  bezieh, 
einrücken. 

Das  zu  sengende  Band  D  ist  auf  den  im  Gestell  gelagerten  Haspel  B 
aufgewunden,  der  einerseits  zum  Zweck  des  Aufwickeins  mit  einem 
Handgriff  E  ausgestattet  ist,  andererseits  auf  seiner  Achse  eine  Brems- 
scheibe G  trägt,  über  die  ein  Bremsband  F  gespannt  ist,  das  ein  gleich- 
mäfsiges  Abziehen  des  Bandes  D  vom  Haspel  B  ermöglichen  soll.  Von 
diesem  Haspel  wird  das  Band  mit  Hilfe  des  durch  Fest-  und  Los- 
scheibe Q  Q{  angetriebenen  zweiten  Haspels  C  durch  die  Maschine 
gezogen  und  passirt  hierbei  die  beiden  Führungswalzenpaare  HI,  zwi- 
schen welchen  die  eigentliche  Sengvorrichtung  vorgesehen  ist.  Dieselbe 
besteht  aus  dem  mit  dem  Leitungsschlauch  O  verbundenen  auf  dem  Gleit- 
stück L  montirten  Brenner  5,  zu  dessen  beiden  Seiten  je  eine  Schutz- 
wand T  angeordnet  ist,  die  ebenfalls  vom  Gleitstück  L  getragen  werden. 
Das  letztere  wird  zwischen  den  beiden  am  Gestell  A  befestigten  Füh- 
rungen K  gehalten  und  steht  durch  einen  Lenker  N  mit  dem  doppel- 
armigen,  um  U  drehbaren  Hebel  M  in  Verbindung,  dessen  freier  Schenkel 
eine  Riemengabel  P  trägt. 

Beim  Anlassen  der  Maschine  nehmen  die  Theile  M  iV  L  die  in 
Fig.  16  wiedergegebene  Lage  zu  dem  Band  ein,  d.  h.  der  Brenner  steht 
nicht  unter  demselben  und  die  Riemengabel  hält  den  Riemen  auf  der 
Losscheibe  des  Haspels  C.  Sobald  nun  der  Brenner  entflammt  ist,  wird 
das  denselben  tragende  Gleitstück  L  in  Richtung  des  Pfeiles  (Fig.  16)  in 
die  in  Fig.  14  und  15  angegebene  Stellung  geschoben  und  dieses  hat  zur 
Folge,  dafs  die  Hebel  WM  bezieh.  N  M  den  Riemen  von  der  Los-  auf 
die  Festscheibe  bringen,  die  Maschine  also  in  Gang  setzen.  Bei  der  Be- 
wegung des  Schlittens  L  in  der  umgekehrten  Richtung  findet  der  ent- 
gegengesetzte Vorgang  statt,  d.  h.  die  Maschine  kommt  zum  Stillstand. 

Für  das  Sengen  von  Garnen  *,  welches  bekanntlich  den  Zweck  hat, 
dieselben  auf  allen  Seiten  von  den  abstehenden  Fäserchen  zu  befreien 
und  ihnen  hierdurch  ein  glätteres  und  dichteres  Aussehen  zu  geben,  gibt 
Arnold  Villain  in  Lille  (Depart.  Nord,  Frankreich)  in  dem  D.  R.  P.  Kl.  8 
Nr.  49328  vom  22.  Januar  1889  die  Construction  einer  Maschine  an, 
bei   welcher   ein   etwa  reifsender  Faden  sofort  zum  Stillstand  gebracht 


1  D.  p.  J.  1837  63  360. 


20  üeber  das  Sengen  (Abflammen)  der  Gewebe  und  Garne. 

und  aus  den  Flammen  entfernt  wird.  Die  besondere  Ausführung  dieser 
Maschine  ergibt  sich  aus  den  Fig.  17  bis  23  Taf.  3  (folgt  mit  Heft  2). 

Der  Brenner,  welcher  mit  Leuchtgas  gespeist  wird  (Fig.  17),  besteht 
aus  einem  cylindrischen  Gefäfs  A  von  ziemlich  grofsem  Durchmesser, 
welches  als  Vbrrathsraum  für  das  Gemisch  von  Gas  und  Luft  dient. 
Der  obere  Theil  dieses  Gefäfses  wird  durch  zwei  geneigte  Flächen, 
welche  in  eine  längliche  Oeffnung  auslaufen,  gebildet.  Diese  Oeffnung 
ist  mit  einem  metallischen  Gewebe  überzogen.  Der  untere  Theil  des 
Cylindere  A  ist  durch  eiu  Bodenstück  vei-schlossen,  durch  welches 
zwei  concentrisch  in  einander  gesteckte  Röhren  hindurchgehen.  Von 
diesen  dient  erstere  zur  Zuführung  des  Gases,  letztere  zur  Zuführung 
der  comprimirten  Luft;  beide  sind  zur  Regulirung  des  Gas-  bezieh. 
Luftzutrittes  mit  einem  Hahn  versehen.  Der  Cylinder  A  sowohl,  als 
auch  die  Röhren  sind  zur  Erleichterung  der  Montage  als  selbständige 
Theile  construirt.  Eine  Modifikation  dieses  Brenners  zeigt  Fig.  20. 
Derselbe  besteht  hiernach  aus  einem  Reservoir  A{,  in  welchem  sich 
das  nach  bestimmtem  Verhältnifs  zusammengesetzte  Gemisch  von  Gas 
und  comprimirter  Luft  befindet.  An  dem  äufseren  Ende  desselben 
ist  das  Gaszuführungsrohr  Bt  und  das  Luftzuiührungsrohr  D{  an- 
geschlossen. Die  Rohrstutzen  A2  und  .43l  welche  auf  dem  Reservoir 
befestigt  sind,  führen  entweder  zu  einem  Brenner  für  eine  Reihe  kleiner 
besonderer  Flämmchen  oder  aber  zu  einem  Brenner  für  eine  lange, 
zusammenhängende  Flamme,  dessen  längliche  Oeffnung  von  einem 
Metallgewebe  überdeckt  ist. 

Eine  andere  Modification  des  Brenners  ist  in  den  Fig.  22  und  23 
dargestellt.  Hierbei  tritt  das  Gas  durch  ein  centrales  Rohr  /?2i  das  in 
eine  dem  Brenner  entsprechend  geformte  Erweiterung  ausläuft,  in  die 
Brenneröfihung  aus.  Die  Luft  hingegen  wird  mittels  des  Rohres  D2 
dem  Gefäfse  K{  zugeführt  und  kommt  alsdann  an  der  Brenneröffnung 
mit  dem  Gase  zur  Verbrennung.  Das  Gefäfs  K{  wird  durch  Boden- 
stück C{  geschlossen. 

Der  Faden  x  (Fig.  17),  welcher  durch  die  Flamme  des  Brenners 
hindurchgeführt  wird,  geht  durch  die  Führungsösen  aaa  und  SS  und 
durch  die  Nadel  J;  er  kommt  von  der  Spule  N  und  wickelt  sich  ver- 
möge der  Reibung  zwischen  dem  rotirenden  Tambour  P  und  der  Rolle  H 
auf  letztere  auf. 

Die  Führungsösen  aaa  sind  unwandelbar  fest,  dagegen  sind  die 
Oesen  S  S  an  beweglichen  Supports  R  befestigt.  Die  Nadel  I  ist  in 
eine  Büchse  E  eingeschlossen,  in  welcher  sie  sich  in  senkrechter  Rich- 
tung frei  bewegen  kann.  Bei  der  Bewegung  der  Rolle  H  wird  der 
Faden  x  angespannt  und  damit  die  Nadel  /  nach  oben  gehalten.  Wenn 
zufälliger  Weise  der  Faden  zerreifst,  sinkt  die  Nadel  I  abwärts  und 
stöfst  gegen  die  dreikantige  Spindel  J",  welche,  indem  sie  sich  dreht, 
gegen  die  Nadel  I  drückt,  wodurch  die  Hülse  £,  welche  in  o  drehbar 


Ueber  das  Sengen  (Abflararaen)  der  Gewebe  und  Garne.  21 

auf  einem  Support  befestigt  ist,  um  einen  kleinen  Winkel  gedreht  wird. 
In  Folge  dieser  Drehbewegung  wird  der  sich  auf  einen  Stift  b  der 
Hülse  E  stützende  kleine  Hebel  G  frei  und  fällt  abwärts.  Damit  aber 
tritt  der  durch  einen  Lenker  mit  dem  Hebel  G  verbundene  Auslöse- 
hebel L,  der  mit  einem  Gegengewicht  versehen  ist,  in  die  Lage,  wie 
punktirte  Zeichnung  angibt.  Eine  Folge  davon  ist,  dal's  die  Kolle  i7, 
welche  sich  in  einem  in  o,  pendelartig  gelagerten  Hebel  V  dreht,  ge- 
hoben und  von  dem  Tambour  P  entfernt  und  damit  zum  Stillstand  ge- 
bracht wird. 

Gleichzeitig  aber  verliert  der  vom  Auslösehebel  L  getragene  Sup- 
port R  der  Führungsösen  SS  auf  der  einen  Seite  seine  Unterstützung; 
in  Folge  dessen  dreht  er  sich  um  seine  Achse  M  und  zieht  damit  die 
Führungen  seitwärts  aus  der  Flamme  fort.  Der  zerrissene  Faden  kann 
nun  leicht  wieder  angeknüpft  werden,  und  genügt  alsdann  ein  Druck 
auf  das  Ende  l  des  Auslösehebels  Z,  um  das  ganze  Hebelsystem  in  die 
frühere  Lage  (ausgezogene  Linien  der  Zeichnung)  zu  bringen. 

In  neuerer  Zeit  hat  man  auch  versucht,  das  Leuchtgas  durch  das 
besonders  in  Amerika  mehr  und  mehr  in  Aufnahme  kommende  Wasser- 
gas zu  ersetzen.  Eine  zur  Verwendung  von  demselben  eingerichtete 
Sengmaschine  für  Gewebe  zeigen  die  Fig.  11  bis  13  Taf.  2.  Dieselbe 
ist  Gegenstand  des  Amerikanischen  Patents  Nr.  373857  und  rührt  von 
F.  C.  Sayles  in  Pawtucket  und  0.  E.  Droivn  in  Lincoln  her. 

Das  zu  behandelnde  Gewebe  wird  bei  dieser  Maschine  mit  Hilfe 
der  Abzugswalzen  a  c  und  unter  Vermittelung  der  Leitrollen  hidqq 
derart  über  die  beiden  Brenner  e1  gezogen,  dafs  beide  Seiten  des  Ge- 
webes von  den  Flammen  getroffen  werden.  Die  beiden  Brenner  selbst 
bestehen,  wie  Fig.  12  erkennen  läfst,  aus  einem  an  den  Seiten  ge- 
schlosseneu Rohr  e,  das  auf  seinem  Scheitel  einen  parallel  zur  Achse 
verlaufenden  Spalt  hat  und  auf  beiden  Seiten  der  Maschine  in  den 
zangenförmigen  Armen  o  k  k{  gelagert  ist,  durch  welche  die  Weite  des 
Spaltes  für  den  Gasaustritt  bestimmt  und  aufserdem  ein  Oeffnen  des- 
selben bei  der  Erhitzung  des  Brenners  verhindert  wird.  Die  Gaszufuhr 
erfolgt  durch  das  gemeinsame  Leitungsrohr  E,  von  welchem  aus  die 
Ableitung  in  die  beiden  Brenner  durch  die  Rohre  e  bezieh.  I  bewirkt 
wird.  Um  den  Brenner  der  Breite  des  Gewebes  entsprechend  einstellen 
zu  können,  sind  muldenförmige  Deckstücke  n  in  Anwendung  gebracht, 
welche  mit  Hilfe  von  Klemmringen  mp  auf  das  Rohr  e{  bezieh. /[  auf- 
geprefst  werden  und  somit  den  Spalt  mehr  oder  weniger  schliefsen. 
Ueber  jedem  Brenner  e{  bezieh.  lx  ist  ein  Saugrohr  /",  das  mit  einem  Ven- 
tilator G F  in  Verbindung  steht,  derart  angeordnet,  dafs  erstens  die 
Flammen  durch  das  Gewebe  hindurchgezogen,  zweitens  aber  auch 
Fasertheile  u.  s.  w.  von  dem  letzteren  entfernt  werden.        U.  Glafey. 


Zi  Manneamann'scues  Walzverfahren  mittels  Schr&gwalzwerkafl. 

Ueber  das  Mannesmann'sche  Walzverfahren  mittels 
Schrägwalzwerkes. ' 

Mit  Abbildungen. 

Lange  Zeil  hindurch  fehlte  in  der  technischen  Literatur  jede  zu- 
verlässige Blittheilung  über  die  Entwickelung  des  Mannesmann  sehen 
Walz  verfahrene:  man  wufste  nur.  dafa  in  den  betreffenden  Anlagen,  in 
Remscheid.  Komotau  und  in  Bous,  unablässig  Versuche  mit  dem  Ver- 
fahren  and  den  Einrichtungen  gemacht  wurden.  In  Folge  der  langen 
Dauer  dieser  Versuche  wurden  vielfach  Stimmen  dahin  laut,  dafs  das 
ganz»-  Verfahren  sieh  als  praktisch  unbrauchbar  herausgestellt  habe. 
Derjenige  Techniker,  welcher  schon  vor  der  Aufgabe  gestanden  hat, 
eine  Construction  oder  ein  Arbeitsverfahren  auszubilden,  für  welches 
Vorarbeiten  Doch  nicht  vorliegen,  konnte  sich  die  Verzögerung  wohl 
erklären  und  w;ir  aus  diesem  Grunde  mit  seinem  Urtheile  zurückhaltend. 
Im  vorliegenden  Falle  war  dies  um  so  mehr  angezeigt,  als  für  das 
vollständig  neue  Verfahren,  für  welches  nur  einige  geringe  Anhalts- 
punkte aus  ähnlichen  Verfahren,  die  jedoch  ganz  andere  Ziele  verfolgten 
und  mit  geringeren  Vorrichtungen  arbeiteten,  als  nunmehr  erforderlich 
sind,  vorlagen,  und  mithin  sowohl  das  Verfahren  selbst,  als  auch  die 
einschlägigen  mechanischen  Vorrichtungen  von  Grund  aus  durchgeprobt 
bezieh,  erfunden  werden  mufsten. 

Nach  den  neuerlichen  Mittheilungen,  welche  Geheimrath  Heuleaux 
im  Vereine  deutscher  Ingenieure,  sowie  in  der  Sitzung  des  Vereins  für 
Eitenbahnkunde  machte,  bei  welcher  Gelegenheit  überraschende  Probe- 
stücke aus  dem  Schrägwalzverfahren  vorgelegt  wurden,  sind  wohl  alle 
Zweifel,  welche  noch  gehegl  werden  konnten,  als  beseitigt  anzusehen. 
Wir  entnehmen  dem  in  Glasers  Annalen  für  Gewerbe  und  Bauwesen  vom 
1.  Juni  1890,  S.  265,  mitgetheilten  Reuleaux'schen  Vortrage  das  Nach- 
stehende, soweit  dasselbe  unsere  früheren  Berichte  ergänzt  oder  neue 
Gesichtspunkte  für  die  Erklärung  des  Vorganges  bietet. 

Die  äufsersl  hemerkenswerthe  Probesammlung  enthielt  Röhren  von 
jeder  Weite  zwischen  21/2  und  363mni,  mit  Wandstärken  von  3  bis 
50mm,  Längen  von  irgendwie  üblicher  Ausdehnung  3,  4,  5m,  ja  als  Kraft- 
stiiek  in  Längenausdehnung  ein  siebenfach  zusammengefaltenes  Rohr  von 
nahezu  15'"  Länge;  ferner  eine  „Flasche"  für  Kohlensäure,  welche  mit 
20081  Druck  geprüfl  ist:  eine  Reihe  Wasserleitungsröhren  von  100mm 
Weite  hei  >""  Wanddicke,  alle  auf  150at  geprüft  und  zu  einer  Wasser- 
leitung für  Südamerika  bestimmt.  Mehrere  der  Röhren  waren  zu 
Schlingen  gebogen,  in  welcher  Form  sie  als  Dehnungskuppelungen 
(Compensationsvorrichtungen)  dienen  sollen;  diese  Bearbeitung  würde 
ein  geschweifstea  Rohr  kaum  irgendwie   vertragen,   noch  weniger  aber 

i  Vgl.  L887  265    542.   L888  •-»<;!>     i.,i     503.  1889  278*478. 


Mannesrnann'sches  Walzverfahren  mittels  Schräs:walzwerkes. 


23 


die  Biegung  in  Schleifen  und  Knoten,  welche  in  mehreren  Ausführungen 
an  Rohren  von  etwa  lmm,5  Wanddicke  vorgelegt  waren,  Güteproben, 
welche  man  früher  auf  Ausstellungen  anstaunte,  wenn  sie  an  vollen 
Rundstäben  aus  Schmiedeeisen  gelungen  waren,  ohne  demselben  Längs- 
risse zu  ertheilen,  die  aber  hier  an  blechdünnen  Röhren  ohne  eine  Spur 
von  Wandbruch  ausgeführt  sind.  Ein  etwa  fufsweites  Stahlrohr  war 
durch  eine  Reihe  sich  kreuzweise  folgender  Dampfhammerschläge  zu 
einem  Gebilde  gehämmert,  welches  Kinderspiel  wohl  aus  Papier  als 
sogen.  Hexentreppe  gestaltet.  Ferner  wurde  ausgestellt:  Ein  Dampf- 
dom, sauber  und  scharf,  oben  nach  innen,  unten  nach  aufsen  gebörtelt: 
Röhren,  breit  und  dünn  ausgeflanscht,  ja  umgestülpt  wie  Handschuh- 
finger  —  und  nirgends  auch  nur  einen  Einrifs,  einen  Fehler,  eine  schlechte 
Stelle  in  der  Wandung.  Zum  Nachweise  der  Dehnbarkeit  waren  Muster 
von  kalt  gezogenen  Röhren  ausgestellt,  Röhren  von  1  und  lmm,5  Wand- 
dicke, welche  aus  6  und  8mm  in  der  Wand  haltenden  Rohstücken  ge- 
zogen sind  und  sich  rifsfrei,  glatt  und  sauber,  sowohl  aufsen  als  innen, 
erweisen.  Das  sind  wahrlich  Leistungen,  welche  die  technische  Brauch- 
barkeit der  Erzeugnisse  in  ein  glänzendes,  die  erwähnten  Zweifel  völlig 
beseitigendes  Licht  stellen. 

Der  Vortragende  betrachtet  vom  kinematischen  Standpunkte  aus 
das  alte  Walz  verfahren  als  ein  Getriebe,  bei  welchem  die  obere  und 
untere  Walze  die  Treibräder  bilden,  während  der  zwischen  denselben 
bewegte  Stab  als  aus  zwei  conaxialen  Reibrädern  von  unendlich  grofsem 
Halbmesser  aufzufassen  wäre. 

Reibrad  Wirkung  besonderer  Art  ist  es  auch,  welche  bei  dem 
Mannesmann  sehen  Verfahren  zur  Anwendung  kommt.  Fig.  1  stellt  ein 
Reibräderwerk   dar,    bei    welchem    beispielsweise  das    scheibenförmige 


Fig.  1. 


Fig.  2. 


Rad  a  treibend  zu  wirken  haben  möge;  c  ist  dann  das  getriebene  Stück, 
welches  bei  rf,  und  d2  drehbar  und  zugleich  verschiebbar  gelagert  sei. 
Umtreibung  von  a  mittels  der  Kurbel  setzt,  wenn  genügende  Anpressung 
vorhanden  ist,  das  walzenförmige  Stück  c  in  Bewegung  und  zwar  in 
der  Ebene  des  Rades  a  mit  der  Geschwindigkeit  v.  Diese  Bewegung 
zerlegt  sich  an  c  in  eine  Drehung  mit  der  Umfangsschnelle  v  cos  a  und 


24  Mannesmann'schefi  Walzverfahren  mittels  Schrägwalzwei'kes. 

eine  axiale  Schiebung  von  der  Schnelle  v  sin  «,  wenn  a  den  Winkel 
bedeutet,  welchen  die  Ebene  von  o  mit  der  Normalebene  von  c  ein- 
schliefst. Das  Stück  c  wird  also  sowohl  gedreht,  als  vorwärts  getrieben, 
letzteres  um  BO  schneller,  als  u  gröfser  gewählt  worden. 

Sicherer  noch  kann  man  diese  Wirkung  machen,  wenn  man  zwei 
treibende  Reibräder  einander  gegenüber  auf  c  wirken  läfst  (Fig.  2);  die 
Achse  von  c  wird  dann  nicht  mehr  durch  den  Druck  gebogen.  Die 
treibendes  Räder  a  und  b  müssen  in  gleichem  Sinne  angetrieben,  auch 
mit  gleichen  Pressungen  angedrückt,  sowie  gleich  schräg  eingestellt 
werden.  An  dieser  so  vervollkommneten  Vorrichtung  wollen  wir  nuu 
noch  eine  Aenderung  anbringen,  nämlich  bei  rf2  den  Zapfen  der  Achse 
mit  Anläufen  versehen,  vermöge  deren  er  das  Lager  mitzunehmen  suchen 
wird-  dieses  Lager  aber  wollen  wir  zwischen  Führungsschienen  etwas 
einklemmen,  so  dafs  sich  seinem  Fortschreiten  Reibung  entgegensetzt. 
Die  Folge  wird  sein,  dafs  nun  zwar  die  Drehung  der  Walze  c  noch 
wie  vorhin  stattfinden  kann  (mit  der  Unifangsschnelle  v  cos  a)-,  die 
Schiebung  aber  behindert  sein  wird.  Dabei  aber  entsteht  an  der  Um- 
fläche  von  c  eine  treibende  Wirkung  vermöge  der  Reibung  zwischen  a 
und  b  einerseits,  c  andererseits,  eine  Wirkung,  welche  die  Oberflächen- 
theilchen  der  Walze  c  in  der  Richtung  der  erwähnten  Schiebung  zu 
verlegen  sucht.  Ist  nun  der  Stoff',  aus  dem  c  besteht,  bildsam  nach- 
giebig, so  findet  eine  derartige  Verlegung  der  Oberflächentheile  der  Walze 
wirklich  statt.  Solches  aber  geschieht  bei  dem  Mannesmann  sehen  „Schräg- 
walzwerk1'. 

Fig.  3  stellt  dasselbe  schematisch  dar.     Statt  der  scheibenförmigen 

Reibräder  o  und   b   sind   stählerne  Walzen   angewandt,  welche   behufs 

Vergröfserung  der   Reibung  an    ihren    Umfangen    mit    spiraligen  Auf- 

d/  Fi„  3  rauhungen    („Treibwülsten")    ausgestattet 

jß=  ~^9$fh  sind ;    zwischen   sie    ist    der    erhitzte   und 

J~  -- ■  HV7 \/lj_\T~—^'  "*  dadurch  bildsam  gemachte  Block,  Knüppel 

^^^^^^^^^^^       oder  Zain  gebracht,  der  durch  seitlich  auf- 

^^^^^^^^^  C/  gestellte   Schienen    am   Herausfallen    ver- 
I  ;.v::  .::^v:: ^:>- ':-:;:>>-        hindert  wird.    Triebe  man  nun  die  Walzen 

i    ^^^^oS888^^S       entsprechend  um,  so  würde  der  Stab,  wie 

.ii _n - 4P^fffljMWnB' ~  bei   Fig.  1    besprochen,   mit  der  Schnelle 

i.— ' II  \  \&  v  stn  u    vorgetrieben,    mit  der   Umfangs- 

x<5  schnelle  veosee  gedreht  werden.    Noch  fehlt 

die  obige  Bremsung,  die  aber  dadurch  erzielt  wird,  dafs  die  Walzen  an 
ihrem  hinteren  Ende  kegelförmig  abgestumpft  sind  und  so  nahe  zusammen- 
gestellt werden,  dafs  der  Zain  zuerst  eine  Verdünnung  annehmen  mufs, 
um  zwischen  die  Walzen  zu  gelangen.  Dadurch  bildet  sich  an  dem 
Stabe  eine  Schulter,  ein  Anpafs,  welcher  sich  gegen  die  erwähnten  Ab- 
stumpfungen der  Walzen  stemmt  und  ein  Aufhalten  des  Zaines,  eine 
Behinderung    des    Fortschreitens    desselben    als   Ganzes    bewirkt.     Die 


Mannesmann'scbes  Walzverfahren  mittels  Schrägwalzwerkes.  25 

Folge  ist,  dafs  nun  wirklich  die  Oberfläche  des  Stabes  mehr  vorgeschoben 
wird,  als  der  Stab  als  Ganzes,  und  sich  demnach  gerade  an  der  Griff- 
steile  des  Walzenpaares  eine  becherförmige  Vertiefung  des  Blockes 
bilden  mufs.  Indem  nun  der  Stab  nachrückt,  geht  immer  aufs  Neue 
gerade  an  der  Griffstelle  die  Becherbildung  vor  sich.  Der  Becherrand, 
es  so  zu  nennen,  kommt  während  dessen  zwischen  die  vorderen,  ge- 
glätteten Umflächentheile  der  Walzen  und  erhält  äufserliche  Glättung. 
Die  Aufeinanderfolge  der  Becherränder  bildet  das  durch  Punktirung 
angedeutete  Rohr.  Dem  Blocke  wird  also,  um  es  mit  einem  Bilde 
zu  bezeichnen,  gleichsam  die  Haut  über  den  Kopf  gestreift,  und 
das  geschieht  fortgesetzt,  bis  der  Stab  den  Walzraum  durchschritten 
hat  und  ganz  als  Rohr  gestaltet  vorn  herausgetreten  ist.  Man  hat  sich 
den  Vorgang  als  äufserst  rasch  verlaufend  vorzustellen.  Grofse  Schnelle 
mufs  angewandt  werden,  damit  der  Stab  sich  nicht  während  der  Arbeit 
abkühlt.  Sehr  bemerkenswerth  ist  für  den  Zuschauer  der  Augenblick, 
wo  auch  das  letzte  Ende  des  Stabes  sich  zum  Rohr  gestaltet.  Ein 
Lichtpunkt  blitzt  auf  am  Stabende,  rasch  sich  zu  einem  hellglühenden 
Kreislein  erweiternd  und  dann  rüttelnd  und  rollend  sich  als  das  Ende 
des  Rohrinnern  offenbarend.  Der  volle  Block  wird  auf  diese  Weise 
zum  Rohr  umgestaltet;  die  Erfinder  nennen  das  Verfahren  das  Blocken 
des  Rohrs.  Die  Innenfläche  des  geblockten  Rohrs  zeigt  sich  verhält- 
nifsmäfsig  sauber  und  so  zu  sagen  glatt,  weit  gleichförmiger,  als  man 
vermuthen  sollte;  die  Gleichförmigkeit  der  Einwirkung  von  allen  Um- 
fangspunkten  aus,  eine  gleichförmige  Erhitzung  des  ganzen  Stabes  voraus- 
gesetzt, bedingt  auch,  dafs  ziemlich  genau  dieselbe  Wirkung  auf  jedes 
Stofftheilchen  komme  und  dafs  demnach  die  neu  verlegten  Theilchen 
sich  auch  genau  ringförmig,  parallel  der  Umfläche  anordnen. 

Sollte  aber  nun  die  Aufhaltung  des  Blockes  am  hinteren  Ende  der 
Walzen,  welche  die  Bremsung  vertritt,  einmal  nicht  bewirkt  werden-) 
was  wird  geschehen?  Die  Becherbildung  tritt  nicht  ein.  Dies  aber  kann 
man  benutzen,  um  das  Rohr  am  Ende  geschlossen  herzustellen,  mit 
anderen  Worten:  dem  Becher  einen  Boden  zu  geben.  Zu  dem  Ende 
braucht  man  blofs  den  Zain  am  hinteren  Ende  zuzuspitzen,  so  dafs  die 
Walzenabstumpfungen  das  Ende  nicht  mehr  fassen  können;  dann  bleibt 
ein  Boden  stehen.  Denselben  Kunstgriff  kann  man  aber  auch  am  vor- 
dersten Ende  des  Zaines  anwenden,  dann  öffnet  sich  auch  vorn  der  Block 
nicht.  Wohl  aber  thut  er  das  auf  der  mittleren  Erstreckung  des  Blockes, 
und  dieser  mufs  sich  zu  einem  Hohlkörper  gestalten,  welcher  an  beiden 
Enden  geschlossen  ist,  etwa  wie  der  Cocon  einer  Seidenraupe.  Solche 
Coconröhren  haben  die  Erfinder  vielfach  hergestellt.  Man  durfte  ge- 
spannt sein,  was  sich  im  Inneren  des  so  merkwürdigen  Hohlraumes 
vorfinde,  vielleicht  Luftleere,  oder  ein  Gas?  Sehr  sorgfältige  Unter- 
suchungen, welche  Prof.  Finkener  hierselbst  vorgenommen,  haben  er- 
wiesen, dafs  die  Höhlung  zu  99  Proc.  Wasserstoffgas  barg,   das   letzte 


MaiiiR-Miiaim  .-dies   WalzviTlaliien   mittels  SchrägwalzwerkeS. 


Procenl  war  Stickstoff  und  unbestimmtes.   Für  die  Stahltheorie  ist  dieses 
Ergebnils  von  keineswegs  unbedeutendem  Werthe  (1890  276  575). 

Die  bisher  beschriebene  Arbeitsweise,  das  Rohrstück  mittels  der 
Walzenabstumpfungen  zurückzuhalten,  ist  nicht  immer  bequem,  z.  B. 
dann  nicht ,  wenn  die  Schrägstellung  der  Walzen  aus  irgend  welchen 
(i runden  grol's  sein  mufs.  Deshalb  wenden  die  Erfinder  auch  noch  ein 
anderes  Aufhaltungsmitte]  an,  nämlich  den  Dorn.  Derselbe  ist  rundlich 
zugespitzt,  mit  seiner  Stange  drehbar  aufgestellt,  und  wird  dem  vor- 
sohreitenden  Block  gerade  an  der  Stelle  entgegengestellt,  wo  die 
Becherbildung  beginnt.  Um  ihn  herum  legen  sich  dann  die  Stoff- 
t heilchen  während  des  Vorschreitens  des  Rohres.  Mittels  Stellschraube 
am  Handrad  wird  während  des  Walzens  der  Dorn  so  weit  entgegen- 
gesehoben,  als  es  dem  Walzvorgang  am  besten  entspricht,  was  ein  ein- 
geübter Mann  sehr  bald  lernt.  Der  Dornkolben,  der  lose  auf  der  vier- 
kantigen Spitze  der  Dornstange  sitzt,  fällt  herab,  sobald  die  Rohrbildung 
vollzogen  ist,  worauf  die  Stange  herausgezogen  wird. 

Der  Betrieb  der  Walzen  wird  mittels  gelenkiger  Kuppelungen 
bewirkt;  diese  gestatten,  die  Walzenachsen  völlig  nach  Bedarf  mehr 
oder  weniger  schräg,  weit  aus  einander  oder  eng  zusammen  zu  stellen. 
Ans  dem  Besprochenen  geht  übrigens  auch  hervor,  dafs  Dicke  und 
Weite  des  zu  erzeugenden  Rohres  aufser  von  der  Dicke  des  Rohstücks 
stark  von  der  Walzeneinstellung  abhängen.  In  der  That  kann  man 
denn  auch  mit  demselben  Walzenpaare  ganz  dünne,  wie  auch  ganz 
dicke,  stark  wandige  sowohl  als  dünnwandige  Rohre  herstellen. 

Fertig  gestellte,  ohne  oder  mit  Dorn  erzeugte  Rohre  kann  man  auf 
dem  Schrägwalzwerk  auch  noch  aufweiten,  indem  man  sie,  nachdem 
sie  wieder  erhitzt  sind,  bei  angemessener  Walzeneinstellung  wieder  in 

das  Walzwerk  einführt. 
Stärkere  Erweiterungen 
werden  indessen  von  den 
Erfindern  mit  Vorzug  auf 
einem     zweiten     Walz- 
werk,    dem     Scheiben- 
,  walzwerk   (Fig.  4)  aus- 
geführt.   Die  Walzschei- 
ben a  und  b  sind  stumpfe 
Kegel ,   welche    mit 
schneckenförmigen 
Treibwülsten  ausgerüstet 
sind.  Man  gibtden Schei- 
ben entgegengesetzte,  an 
ßröfse  gleiche  Drehungen,  derart,  dafs  sie  ein  zwischen  sie  gebrachtes 
Rohstück,  hier  ein  Bohr,  in  Drehung  versetzen,  aber  vermöge  der  Treib- 
wülste  auch   vorauschieben.     Hier  wird   nun  ein   Dorn  d  in  besondere 


Fig.  4. 


Mannesmann'sches  Walzverfahren  mittels  Schrägwalzwerkes. 


27 


Mitwirkung  gezogen,  indem  derselbe  so  in  seiner  Form  gewählt  ist, 
dafs  er  zwischen  sich  und  den  Scheiben  Raum  für  einen  kegelförmigen 
Mantel  von  abnehmender  Stoffdicke  läfst,  auch  entsprechend  angeprefst, 
nämlich  der  Vorschreitungsrichtung  des  Rohres  entgegengestellt  wird. 
Zwischen  a  und  d  sowie  b  und  d  tindet  nunmehr  Walzung  statt,  welche 
mit  dem  alten  Walzverfahren  verwandt  ist.  Das  Rohr  c  wird  gleich- 
sam durch  drei  Walzen,  ein  „Walzentrio",  bearbeitet,  dabei  von  den 
schneckenförmigen  Wülsten  stets  zwischen  die  Walzenballen  gedrängt 
und  tritt  in  der  ausgeweiteten,  in  der  Wand  verdünnten  Form  ct  aus 
dem  Scheibeuwerk  heraus. 

Blockstrafse  und  Scheibenstrafse  sind  die  wichtigsten  der  neuen 
Walzwerke,  die  beschriebenen  Verfahrungsweisen  auch  die  am  meisten 
angewandten;  auf  andere  einzugehen,  ist  hier  Fig.  5. 

nicht  der  Ort.  Dagegen  mufs  ich  noch  von 
den  mechanischen  Mitteln  sprechen,  durch 
welche  die  Walzen  betrieben,  ihnen  die  er- 
forderliche Triebkraft  zugeleitet  wird.  In 
der  That  stellten  sich  den  Erfindern  an  diesem 
Punkte  Hindernisse  nicht  geringer  Art  ent- 
gegen; ja,  Berge  von  Hindernissen  fanden 
sie  zu  überwinden,  um  zu  dem  klar  erkannten 
Ziele  vorzudringen. 

Früh  schon  wurde  nach  dem  Bekannt- 
werden der  Patentschriften  von  mehreren 
Seiten    dem    neuen   Verfahren    der   Einwurf 

gemacht,   dafs  es   zu   viel   Betriebskraft    er-  ytt>>A>?\ 

fordere  (1888  269  *463).  Es  wurde  berechnet, 
dafs  für  die   Herstellung  eines   50  bis  60mm 

weiten  Rohres  gegen    2000  H3  aufzuwenden  wa,(a,a 

sein  würden.  Diese  Berechnung  ist  im  Allge- 
meinen als  vollkommen  richtig  anzuerkennen, 
die  daraus  gezogene  Folgerung,   dafs   dieses  viafy'V 

Krafterfoi'dernifs  das  Verfahren  verurtheile, 
aber  nicht.  Zunächst  darf  man  nicht  ver- 
gessen, dafs  zur  Umwandlung  des  Blockes  in 
Blech  und  Bildung  eines  Rohres  der  alten  Art  aus  diesem  ganz  ebenso 
viel  Arbeit  zur  Verlegung  der  Stofftheilchen  nöthig  ist,  wie  bei  dem 
neuen  Verfahren.  Dieses  letztere  vollzieht  die  Formumwandlung  nur  in 
ganz  kurzer  Zeit,  statt  in  langer.  Aber  gerade  in  der  Kürze  dieser  Zeit 
liegt  auch  wieder  das  Mittel,  der  zu  grofsen  Maschinenstärke  auszu- 
weichen, indem  man  die  in  dieser  kurzen  Zeit  erforderliche  Triebkraft 
einer  Krafthaltung  entnehmen  kann,  und  dieser  Krafthalter  ist  das  im 
Walzwesen  schon  so  lange  üblich  gewesene  Schwungrad.  Nur  mufste 
dieses   befähigt   werden,    eine    weit  gröfsere   Arbeitsstärke    aufnehmen 


28  KEftnnesmann'sches  Waliverfahren  mittels  Schrägwalzwerkee. 

und  in  kurzer  Zeil  abgeben  zu  können,  als  bisher  möglich  war.  Der 
Fehler  der  älteren  Schwungräder  ist,  dafs  man  ihre  Umfangsschnelle 
nicht  hoch  Bteigern  darf.  40m  ist  hierfür  ein  Meist  wert  h.  den  man 
nicht  ohne  Gefahr  überschreiten  darf.  Die  Herren  Mannesmann  schufen 
nun  für  ihre  Walzwerke  ein  ganz  neues  Schwungrad'2,  welchem  man  mit 
aller  Sicherheit  100'"  Umfangsschnelle  ertheilen  kann. 

Der  Erfolg  isl  aufserordentlich ,  wie  folgende  oberflächliche  Be- 
rechnung  zeigt.  Hat  der  Radkranz  die  Schnelle  v  und  wird  diese 
durch  die  Kraflabgabe  auf  r,  vermindert,  so  ist  bei  einer  Masse  m  des 
Kranzes  die  Arbeitsgröfse 

A  =  ■£&  —  *& 

abgegeben  worden.  Geschieht  dies  vermöge  gleichförmigen  Wider- 
standes P  im  Walzwerk  durch  den  Weg  s  in  der  Zeit  f,  so  betrug  die 
secundlich  abgegebene  Arbeit,  d.  i.  die  Arbeitsstärke  S  in  Secunden- 
kilogrammmetern : 

P  s m(«2  —  v{1) 

oder  in  Pferdestärken,  da  s :  t  die  Geschwindigkeit  c  ist: 

TP  —  ——  m  (-"2  ~  V[  2) 
75  150 t 

Für  die  Masse  m  noch  das  Gewicht  G  eingeführt,  erhält  man 

G 

xp 

150. g t 
Führt    man    G   mit   1000k  =  1 1  ein   und  nimmt  an,   dafs  die  Umfangs- 
schnelle v  des  Rades  während  des  Walzvorganges  auf  die  Hälfte  sinken 
dürfe,  so  erhält  man  als  Ausdruck  für  die  auf  jede  Tonne  Kranzgewicht 
dem  Rade  entziehbaren  Pferdestärken: 

3  .  1000      »2  1  ,2 

IPt=:4.150.9,8l7oderrund  2  7 
Nun  beträgt  die  Durchwalzungszeit    bei  Block-  wie  Scheibenwalze 
etwa  30  Secunden,   so  dafs  auf  jede  Tonne   Kranzgewicht   abgegeben 

werden  ^  HP,  d.  i. 

bei  v  =  A0  60  80  100™ 

HP(  =  27  60  107  166*  3  H\ 

Bei  SO  t  Schwungriuggewicht  ergeben  sich  also  schon 
810  1800  3210  5000  H> 

als  verfügbar.    Um  diese  Arbeitsstärke  dem  Rade  in  5  Minuten  zu  er- 
setzen,  bedarf  es  je   den  zehnten  Theil  der  ermittelten  Anzahlen  von 
Pferdestärken,  d.  h.  man  reicht  mit  Dampfmaschinen  von 
81  180  321  500  ff 


-f1"®*) 


•i  1889  273*478  beschrieben. 


Mannesmann'sches  Walzverfahren  mittels  Schräsrwalzwerkes. 


29 


aus.  Es  zeigt  sich  also,  dafs  die  Gröfse  der  beim  Walzvorgang  er- 
forderlichen Arbeitsstärke  kein  praktisches  Hindernifs  für  die  Beschaffung 
der  nöthigen  Dampfkraft  bildet.  Eine  verhältnifsmäfsig  kleine  Dampf- 
maschine sammelt  in  den  Pausen  die  Kraft  wieder  an,  wie  eine  Wasser- 
pumpe den  Druckhalter  oder  „Accumulatorcc  in  Hebewerkanlagen.  Hier 
wie  dort  ist  es  die  zu  Anfang  als  Anwendungsform  der  Maschine  her- 
vorgehobene „Haltung",  was  mit  so  grofsem  Erfolge  benutzt  wird  zu 
ungewöhnlichen  Leistungen. 

Ein  zweites  mächtiges  Hindernifs,  welches  sich  der  Erzielung  eines 
regelmäfsigen  Betriebes  entgegenstellte,  vor  Allem  bei  gröfseren  An- 
lagen, zeigte  sich  in  der  Mangelhaftigkeit  unserer  üblichen  Winkel- 
zahnräder. Man  mufste  nämlich  zu  Winkelrädern  als  Uebertragungs- 
getriebe  greifen,  weil  die  Hüttenwerksanordnung  dies  gebieterisch 
forderte.  Um  nämlich  die  Bewegung  der  erhitzten  Blöcke  vom  Ofen 
nach  dem  Walzwerke  hin  gut  ausführbar  zu  machen,  mufste  man  da- 
von abstehen,  die  Schwungradachse  in  der  Längsrichtung  der  Walzen- 
achsen, oder  parallel  dazu  aufzustellen,  weil  ja  in  dieser  Längsrichtung 
dem  Walzwerke  die  Rohstücke  zuzuführen  waren  (Fig.  5).  Unsere 
gebräuchlichen  Kegelräder,  wenn  auch  aus  Stahlgufs  in  der  besten 
Weise  hergestellt,  erwiesen  sich  als  nicht  haltbar,  weil  zu  grofse  Ab- 
nutzungen und  namentlich  auch  unvermeidliche  Ausführungsfehler  bei 
den  erforderlichen  hohen  Umlaufzahlen  —  300  in  der  Minute  und 
mehr  —  den  Gang  der  Räder  bald  sehr  störend  beeinträchtigten.  Den 
Erfindern  gelang  es,  durch  ihre  neuen  „Flächendruckräder"  die  Uebel- 
stände  zu  beseitigen.  In  Fig.  6  ist  ein  solches  Räderpaar  schematisch 
dargestellt.  Flächendruckräder  haben  sie  die  Räder  genannt,  weil  bei 
denselben  die  Zähne  nicht  mehr  geometrisch  in  einer  Linie,  sondern  in 
einer  beliebig  grofs  zu  machenden  Fläche  auf  einander  pressen. 

Die  Zähne,  von  denen  bei  u{  und  b{  ein  aus  den  Rädern  heraus- 
gehobenes Paar  dargestellt  ist,  sind  so  gestaltet,  dafs  der  eine,  au  den 
anderen,  6t,  wie  eine  Gabel  umfafst.  Denkt  man  sich  vorerst  die  Räder 
mit   parallelen  Achsen    aufgestellt   und   mit  gleichen   Zähnezahlen    aus- 


geführt, so  ist  bald  ersichtlich,  dafs  dann  die  Gabeln  und  Klingen  stets 
genau  zusammentreffen  werden,  wenn  alle  Zähne  stets  parallel  geführt 
werden,   insbesondere   so,   dafs  die  ebenen  Zahnbegrenzungen  parallel 


30  .Mniiiirsiiiiiiiii "si-lit-s  Walzverfahren  mittels  Schrägwalzwerkes. 

der  Ebenen  der  Radachsen  gehalten  werden.  Dies  geschieht  bei  beiden 
Rädern  des  Paares  durch  eine  passend  angebrachte  Parallelführung. 
Nun    aber    kann    man    auch   die   Kader  nebst    ihren   Achsenlagern  gegen 

O  DO 

einander  um  die  senkrechte  Achse  A  A  drehen,  ohne  die  Richtigkeit 
des  Eingriffes  zu  stören.  So  wird  denn  u.  a.  die  rechts  in  Fig.  6  skiz- 
zirte  rechtwinkelige  Achsenlage  erzielt.  Die  Räder  arbeiten  ganz  vor- 
züglich, gute  Oeluug  selbstverständlich  vorausgesetzt.  Bei  einer  Aus- 
führung von  lni  im  Durchmesser  zeigenden  Rädern  haben  die  auf 
einander  pressenden  Zahnflächen  100  auf  100mm,  d.  i.  10000'i^m  Gröfse 
bei  5000k  Druck:  dies  entspricht  einem  Flächendruck  von  1.,k,  wie  es 
bei  Zapfenlagern  häufig  vorkommt.  Ein  stählernes  Kegelräderpaar  für 
dieselbe  Aufgabe  und  Gröfse  würde  400mm  breite  Zähne  erhalten; 
nimmt  man  an,  dafs  die  gewölbten  Zahnflanken  einander  so  zusammen- 
drückten, dafs  selbst  eine  2Dim  breite  Berührungsfläche  entstände,  so 
gibt  dies  immer  nur  800mm  Druckfläche,  also  einen  Flächendruck  von 
6000  :  800  =  6k,26,  was  eine  rasche  Zerstörung  durch  Abnutzung  nach 
sich  ziehen  müfste. 

Eine  dritte  sehr  bedeutende  Schwierigkeit,  welche  aber  die  Herren 
Mannesmann  gleich  von  Anfang  an  erkannten,  lag  in  der  Aufgabe,  die 
Walzen  und  ihre  Zuleitungswellen  angemessen  mit  den  festgelagerten 
Triebwellen  zu  kuppeln.  Es  bedurfte  bei  dem  einfachsten  Blockwalz- 
werk vier  Kuppelungen,  zwei  für  jede  Walze,  welche  eine  weitgehende 
Verstellung,  sowohl  im  Winkel,  als  auch  der  Länge  nach  gestatten 
mufsten;  zugleich  aber  mufste  wegen  der  grofsen  Drehschnelle  die 
Treibung  ganz  gleichförmig  vor  sich  gehen.  Eine  gute  Kuppelung  für 
diese  Anforderungen  gab  es  nicht:  die  bekannte  /ZooÄe'sche  Kreuz- 
gelenkkuppelung hat  einen  zu  grofsen  Bewegungsfehler,  erfordert  auch 
viel  zu  viel  Raum.  Die  von  den  Erfindern  hergestellte  Kuppelung  ar- 
beitet ohne  Bewegungsfehler  und  nimmt  nur  so  viel  Raum  ein,  wie 
eine  gewöhnliche  Klauenkuppelung.  Fig.  7  stellt  sie  schematisch  dar. 
Denkt  man  sich  die  Achsen  a  und  6  von  zwei  Punkten  aus,  die  gleich 
weit  von  dem  Schnittpunkt  s  abliegen,  mit  dünnen,  hier  sich  als  Linien 
darstellenden  Armen  versehen,  welche  gleiche  Winkel  mit  bs  und  as 
einschliefsen,  so  bleiben  die  berührenden  Paare  dieser  Arme  bei  gleich- 
förmiger Drehung  beider  Achsen  stets  in  Berührung;  aus  der  Lage  s. 
gelangt  z.  B.  der  Berührungspunkt  nach  einer  Achsendrehung  von  180° 
in  die  Lage  sv  Der  Berührungspunkt  wird  dabei  den  Umrifs  eines 
schrägen  Schnittes  durch  einen  Kegel  an  a  wie  an  b  beschreiben,  hier 
also  eine  Ellipse.  Um  die  Berührung  der  Linien  zu  verwirklichen, 
könnte  man  sie  als  Kanten  von  Stahlklingen  ausführen,  würde  indessen 
damit  ein  der  Zerstörung  rasch  verfallendes  Getriebe  erzielen.  Die 
Herren  Mannesmann  wandten  statt  dieser  Kanten  oder  Schneiden  eine 
neue  Art  Gelenk  an,  bestehend  aus  zwei  halben  Drehkörpern  a1  und  bx 
(Fig.  7).     Hier   nind    halbe  Cylinder   zu   dem   Zweck    benutzt,    welche 


Mannesmann'sches  Walzverfahren  mittels  Schräffwalzwerkes. 


31 


mit  ihren  ebenen  Schnittflächen  auf  einander  liegen,  während  sie  mit 
ihren  runden  Rückenflächen  die  nothwendigen  Wiukelbewegungen  in 
entsprechenden  Lagerflächen  ausführen.  Das  ganze  Gelenk  au  sich 
war  neu  und  hat  auf  meinen  Vorschlag   den  Namen  Schnittgelenk   er- 


halten, die  Kuppelung  demnach  die  Bezeichnung  Schnittgelenkkuppelung. 
Diese  Kuppelung,  aus  Stahlgufs  in  den  Hauptkörpern,  aus  harter  Bronze 
in  den  Schnittgelenken,  die  auch  gelegentlich  kugelig  gestaltet  werden, 
hat  sich  in  jeder  Beziehung  vortrefflich  bewährt  und  leistet  bei  den 
praktischen  Betrieben  der  Aia/mesmann-Walzwerke  die  vorzüglichsten 
Dienste. 

In  ähnlicher  Weise  wie  die  hier  etwas  eingehender  behandelten 
Haupttheile,  mufsten  noch  zahlreiche  Nebentheile  der  Walzwerke  und 
ihres  Getriebes  besonders  entworfen  und  ersonnen,  gröfstentheils  völlig 
neu  geschaffen  werden.  Dies  erklärt  die  Vielen  aufgefallene  Ver- 
zögerung der  industriellen  Einführung  des  neuen  Verfahrens;  diese  Ver- 
zögerung wurde  für  diejenigen  mehr  als  begreiflich,  welche  die  sich 
auf  Schritt  und  Tritt  erhebenden  Hindernisse  und  Schwierigkeiten  zu 
beobachten  Gelegenheit  hatten. 

Betrachten  wir  nun  das  fertige  Rohr,  welches  z.  B.  aus  dem  Block- 
walzwerk hervorgeht,  so  bemerken  wir  an  ihm  mehrere  merkwürdige 
Eigenschaften,  Zunächst  bringt  die  Bearbeitungsweise,  der  technolo- 
gische Vorgang  der  Neuordnung  der  Stofftheilchen,  es  mit  sich,  dafs 
sich  gleichsam  Fasern  bilden,'  welche  schraubenförmig  die  Rohrwand 
durchziehen  und  zwar  so,  dafs  die  inneren  Fasern  eine  stärkere  Stei- 
gung als  die  äufseren  annehmen.  Somit  liegen  die  Fasern  gleichsam 
in  Kreuzung  über  einander,  und  schraubenförmig  gebildete  Faser- 
schichten um  einander.  (Diese  Faseranordnung  hat  Geheimrath  Dr. 
Wedding  durch  mikroskopische  Untersuchung  von  Rohrquerschnitten 
auch  nachgewiesen  und  an  schönen  Präparaten  für  das  bewalfnete  Auge 
deutlich  erkennbar  gemacht.)  Mit  dieser  Faserlagerung  aber  steht  noth- 
wendig  eine  hohe  Festigkeit  des  Rohres  in  unmittelbarem  Zusammen- 
hang. In  der  That  zeigen  die  Mannesmann-Röhren  5-  bis  6mal  so  viel 
Widerstandsfähigkeit  gegen  inneren  Druck,  als  gleich  grofse  geschweifste 
Röhren.  Ein  Rohr  von  37mm  äufserem,  30mm  innerem  Durchmesser 
gab  erst  bei  einem  inneren  Wasserdrucke  von  1700:,t  nach,  aber  nur 
indem  es  sich  ausweitete,  nicht  aber  zersprang. 


32  Mannesmann'BcheB  Walzverfahren  mittels  Schrägwalzwerkes. 

Eine  weitere  Folge  der  günstigen  Faserlagerung  ist,  dafs  sich  das 
fertige  Rohr  sehr  gut  weiter  bearbeiteu,  z.  B.  biegen,  börtelu,  platt 
schlagen,  auftreiben,  ausweiten,  überhaupt  noch  umgestalten  läfst,  ohne 
irgendwie  in  die  Gefahr  zu  geratben,  Nathrisse  zu  bekommen;  die 
vorgelegten  Muster  zeigen  Beispiele  von  wahrhafter  Mifshandluug  der 
Probestücke. 

Auf  der  anderen  Seite  bedingt  die  starke  Theilcbenverlegung, 
welche  das  neue  Verfahren  an  dem  Werkstück  ausführt,  dafs  Fehler 
im  Rohstoff,  insbesondere  unganze  Stellen  im  Stahl,  Blasen  oder  Quer- 
risse nicht  zulässig  sind,  vielmehr  zur  Folge  haben,  dafs  das  Stück  bei 
der  Durchwalzung  zerbricht.  So  ist  denn  das  Gelingen  eines  Kohres 
zugleich  schon  eine  Probe  auf  die  Güte  des  Rohstoffes.  Auch  erklärt 
sich  hier,  warum  Schmiedeeisen  sich  zu  Mann^smann-Röhren  nicht 
eignet,  es  hat  im  heifsen  Zustande  eine  zu  geringe  Festigkeit,  einen 
nicht  ausreichenden  Zusammenhang  der  kleinsten  Theilchen.  Wohl 
aber  sind  Kupfer,  Delta-Metall,  Heifsmessing  neben  dem  Stahl  in  dessen 
verschiedenen  Stufen  an  Kohlenstoffgehalt  als  Rohstoffe  geeignet. 

Einleuchtend  ist,  dafs  für  grofse  Röhrenlieferungen  die  Beschallung 
tadelloser  Rohstücke  ihre  Schwierigkeiten  hat;  die  Mannesmann-Röhren- 
werke haben  sich  deshalb  genöthigt  gesehen,  eigene  Stahlöfen,  für 
Tiegelstahl  wie  für  Siemensstahl,  anzulegen.  Erst  nachdem  dies  ge- 
schehen war,  konnte  diejenige  Regelmäfsigkeit  der  Ablieferung  fest- 
gehalten werden,  welche  für  den  Grofsbetrieb  unerläfslich  ist. 

Im  Betrieb  befinden  sich  jetzt  vier  Werke  für  Stahlröhren,  das 
eine,  die  Mutterwerkstatt,  in  Remscheid,  das  zweite  in  Komotau  in 
Böhmen,  ein  kleineres  in  Bous  bei  Saarbrücken  und  ein  besonders 
grofses  in  Landore  in  Wales  (England).  Ein  fünftes  Werk,  für  Kupfer- 
röhren bestimmt,  errichten  Gebrüder  Heckmann  in  Duisburg;  dasselbe 
wird  im  kommenden  Herbst  in  Betrieb  gelangen. 

Die  Anwendungen,  welche  die  nach  dem  neuen  Verfahren  her- 
gestellten Röhren  finden  können  und  in  beträchtlicher  Menge  bereits 
finden,  sind  sehr  mannigfaltig.  Erwähnt  sei,  dafs  sie  sich  für  Trieb- 
wellen, wo  sie,  mit  9/ln  Höhlung,  auf  rund  die  Hälfte  des  Gewichtes 
der  üblichen  Wellen  gebracht  werden,  bereits  trefflich  bewährt 
haben.  Im  Brückenbauwesen  können  die  Röhren  sowohl  in  runder 
Form,  als  namentlich  bei  Anwendung  rechteckiger  Querschnitte  grofse 
Dienste  leisten.  Denn  die  schon  hervorgehobene  Eigenschaft  der  Mannes- 
rnann-Röhren,  sieh  noch  umgestalten  zu  lassen,  hat  dazu  geführt,  aus 
ihnen  Baiken  von  Rechteckquerschnitt  herzustellen,  was  auf  dem  Quer- 
walzwerk geschieht.  Kleinere  Proben  liegen  hier  vor.  Den  Balken 
kann  man  sogar  an  seiner  oberen  und  unteren  Wand  in  der  Mitte  des 
Balkens  stärker  als  am  Ende  machen  und  somit  ihn  als  Körper  von 
gleicher  Festigkeit  herstellen.  Ja  man  kann  ihn  an  seinen  beiden  Enden 
luftdicht    verschliefsen    und    dadurch,    bei    der   Wahl    einer    genügend 


Fortschritte  in  der  Thonindustrie.  33 

kleinen  Wanddicke,  so  leicht  erhalten,  dafs  er  auf  dem  Wasser  schwimmt, 
was  mancherlei  Vortheile  in  sich  schliefen  würde.  Auch  für  die 
Eisenbahnen  kann  das  Mannesmann-Rohv  Anwendung  finden,  indem 
man  ihm  eine  für  die  Schiene  geeignete  Querschnittform  geben  kann; 
eine  solche  Schiene  böte  neben  der  Tragfestigkeit  auch  eine  grolse 
Widerstandsfähigkeit  gegen  den  Radflanschendruck  und  liefse  sich  im 
Verhältnils  zu  ihrem  Gewicht  weit  fester  machen,  als  unsere  übliche 
Schiene.  Auch  für  die  Wagenachsen  läfst  sich  das  neue  Verfahren 
mit  Vortheil  anwenden.  Das  Muster  einer  unbearbeiteten  hohlen  Eisen- 
bahn-Wagenachse, welches  bei  den  Probestücken  befindlich  ist,  zeigt, 
wie  durch  Zusammenziehen  der  Enden  eines  kräftigen  Rohres  dem- 
selben die  Zapfen  angeschmiedet,  die  Anläufe  und  Stauchungen  nach 
Belieben  gegeben  werden  können.  Es  eröffnet  sich  somit  hier  sowohl 
ein  weites  Anwendungsfeld  für  die  neuen  Röhren,  als  auch  bedeutsame 
Verbesserungen  in  Fahrpark  und  Gestänge  dabei  in  Aussicht  genommen 
werden  dürfen. 

Höchst  wichtige  Anwendungen  können  die  neuen  Röhren  auch  im 
Bedarf  für  Heer  und  Flotte  finden.  Da  das  Manne  smann-Rohr  das 
Ausarbeiten  auf  der  Ziehbank  so  vorzüglich  verträgt,  läfst  sich  dasselbe 
für  Gewehrmäntel,  Lanzen,  Fuhrwerkstheile  u.  s.  w.,  welche  sehr  leicht 
und  doch  fest  sein  sollen,  sehr  gut  verwerthen;  so  viel  mir  bekannt, 
sind  auch  Versuche  hierzu  von  der  Heeresverwaltung  in  Aussicht  ge- 
nommen. Für  schwere  Hohlkörper,  wie  Granaten  mit  bereits  auge- 
walztem  Boden,  dann  für  Gewehrläufe,  vielleicht  sogar  für  Geschütze 
möchten  die  Röhren  dienen  können;  in  der  That  ist  denn  auch  ein 
Stück,  welches  als  Kanonenseele  vielleicht  brauchbar  wäre,  unter  den 
Probestücken  als  Muster  eines  dickwandigen  Rohres  aus  sehr  hartem 
Stahl  vorgeführt. 

Es  steht  wohl  aufser  Zweifel,  dafs  wir  in  dem  Mannesmann  sehen 
Verfahren  eine  epochemachende  Erfindung  vor  uns  haben;  sie  ist  an- 
gethan,  eine  ganz  bedeutsame  Wandlung  im  Walzwevkläch  herbei  zu 
führen,  ja  hat  eine  solche  bereits  kräftig  eingeleitet. 


Fortschritte  in  der  Thonindustrie. 

(Schlufe  des  Berichtes  Bd.  276  S.  578.) 

Neue  Massen. 
Verfahren  zur  Herstellung  von  widerstandsfähigen  Blocken  aus  Kiesel- 
säure im  Tridymitzustand  von  B.  L.  Mosely  und  Cr.  Chambers  (D.  R.  P. 
Nr.  49670  vom  18.  December  1888).  Schwere  Kieselerden  werden  er- 
hitzt, bis  keine  Ausdehnung  mehr  stattfindet;  es  ist  dann  die  Kiesel- 
säure in  den  Tridymitzustand  übergegangen.  Das  erhaltene  Product  in 
Dinners  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  1.  18901111.  3 


:',[  Fortschritte  in  der  Thonindustrie. 

Pulverform  wird  mit  so  viel  kieselhaltigem  Wasser  gemischt,  dafs  eine 
cohärente  oder  plastische  Masse  entsteht.  Letztere  wird  in  Formen  ge- 
lu;iclit.  Btark  comprimirt  und  nach  dem  Trocknen  der  Glühhitze  des 
Porzellanofens  ausgesetzt,  bis  die  in  Wasser  gelöste  Kieselsäure  eben- 
falls in  den  Tridy  mitzustand  übergeführt  ist.  Das  kieselhaltige  Wasser 
wird  durch  Lösen  von  Kieselsäure  in  einer  kleinen  Menge  von  Nation 
erhalten.  Eine  Lösung  von  1  Th.  NaHO  in  10000  Th.  H20  genügt, 
um  200  Th.  gallertige  Kieselsäure  in  Lösung  zu  bringen;  das  kiesel- 
haltige Wasser  besteht  demnach  aus  einer  Lösung  von  freiem  Kiesel- 
Bäorehydrat  in  einer  ganz  geringen  Menge  von  Alkalisilicat.  Die  nach 
diesem  Verfahren  hergestellten  Massen  finden  eine  vorteilhafte  Ver- 
wendung als  künstlicher  Marmor  u.  s.  w. 

Digby  und  Lycet  empfehlen  eine  neue  Masse  für  Schmelztiegel,  Glas- 
häfen u.  s.  w.,  welche  erhalten  wird  durch  Mengen  von  3  Th.  Granit, 
3  Th.  Thonschiefer,  4  Th.  plastischem  Thon  und  4  Th.  Lehm.  Die 
Materialien  werden  gekollert,  mit  Wasser  zu  einem  Brei  eingesumpft 
und  auf  einer  Mühle  oder  im  Thonschneider  gemengt,  geformt  und  ge- 
brannt (Moniteur  de  la  ccramique  et  verrerie,  Bd.  20  S.  227). 

Als  feuerfestes  Material  für  viele  Zwecke  eignet  sich  nach  dem 
Englischen  Patente  Nr.  1549  vom  2.  Februar  1888  ein  Gemisch  von 
T honer  de  und  Asbest,  mit  oder  ohne  Kalk,  Kieselsäure,  gebrannten 
Thon  u.  8.  w.  und  dient  besonders  zur  Herstellung  von  Gasretorten  und 
von  Brennkapseln  für  die  Thonwaarenindustrie,  sowie  zum  Füttern  von 
Oefen  und  Feuerungen.  Ein  hoch  thonerdehaltiger  Asbest,  der  zu  Natal 
gefunden  wird,  ist  vorzugsweise  anwendbar. 

Als  neues  Material  für  Bauornamente  und  Gefäfse  wird  von  Gillet 
neuerdings  die  Lava  in  der  Art  verwendet,  dafs  dieselbe  gepulvert  und 
mit  Hilfe  von  Bindemitteln  aus  Thon  oder  Klebestoffen  in  eine  plastische 
Masse  verwandelt  wird,  welche  ein  Modelliren  gestattet  und  wegen 
des  geringen  Schwindens  nicht  so  leicht  reifst,  wie  die  stark  schwin- 
denden Thongegenstände.  Vermöge  ihrer  grofsen  Härte  eignet  sich  die 
Masse  auch  zu  vielen  anderen  technischen  Zwecken.  Die  Malerei  mit 
Emaillen  geschieht  auf  diesen  Producten  in  derselben  Weise  wie  auf 
anderen  Thonwaaren  (Deutsche  Töpfer-  und  Ziegler-Zeitung,  1889  Bd.  20 
S.  783). 

Künstlich  polirter  Marmor  aus  Cement  wird  nach  der  Baugewerbe- 
Zeitung  aus  gutem  Portland-Cement  und  cementechten  Farben  her- 
gestellt. Die  Stoffe  werden  gemengt,  mit  Wasser  zu  einem  Teige 
angemacht.  Die  verschiedenfarbigen  Teige  werden  lagenweise  auf 
einander  gelegt,  und  von  allen  Seiten  zusammengeklopft  und  breit  ge- 
schlagen. Die  aus  dem  Cementkuehen  geschnittenen  Scheiben  werden 
in  Formen  geprefst  und  die  fertigen  Gegenstände  nach  12  Tagen  heraus- 
genommen. Das  Schleifen  und  Poliren  geschieht  unter  Verwendung 
von  Wasserglas. 


Fortschritte  in  der  Thonindustrie. 


geschlämmt 

53.2 

52.6 

39.5 

45.2 

2,2 

0,7 

0,7 

0,3 

3,9 

1,3 

.     i  3,3  14,72. 

ien   der  Vereinigten  Staaten   hat 


Lehm 

57,2 

78,9 

41.3 

9,5 

0,4 

3.9 

1,1 

1.2 

M 

— 

3.2 

— 

1,9. 

Rohmaterialien. 

Ueber  (in  Kaolinlager  in  Nassau  berichtet  A.  Kiesewalter  (Sprech- 
s«a/,  Jahrg.  21  Nr.  15.).   Dasselbe  hat  eine  Durchschnittsmächtigkeit  von 

15  bis  20m  bei  einem  Umfange  von  500  Morgen.  In  pyrometrischer 
Beziehung  variirt  der  Rohthon  von  10  bis  50  Proc.  nach  Bischofs  Feuer- 
festigkeitsscala.  Die  Analysen  besserer  Schichten  sprechen  für  das 
Material: 

SiOa 

Ai,r>, 

Ff-lu, 
CaU 
MgO 
K,0 

Der  Glühverlust  beträgt 

Analysen   von   feuerfesten  Materia 

Barnes  ausgeführt  (United  States  Geol.  Surveiß: 

Quarzfels  vom  Westpennsvh.     Düsenmaterial 

Oberen  See  Mischung 

SiO.>                  96,3  91,0 

Al263                  1,9  5.3 

Feö03                  0,9  1,5 

Cat)                   -  0,5 

MgO                   0,2  — 

K,0                     0,7  — 

HÖO  LT 

Feuerfeste  Thone  von  Briesen  und  Lettowitz  in  Mähren  von  H.  Hecht 
(Thonindustrie- Zeitung,  Jahrg.  12  S.  261).  Die  Analyse  der  aus  dem 
Ferdinandsschachte  stammenden  Marke  T.  I  stimmt  mit  der  von  Bischof 
im  J.  1886  ausgeführten  Analyse  überein,  ein  Beweis  der  unveränder- 
lichen Beschaffenheit  des  Materials.     Die  rationelle  Analyse  ergab: 

Thonsubstanz 99.07  Proc. 

Quarz 0,32      „ 

Feldspathreste 0,62      „ 

Das  vom  Antonsschachte  entstammende  Material  setzt  sich  folgender- 
mafsen  zusammen: 

Si02 

A12Ö3 

Fe203 

CaO 

MgO 

K20 

Gltihverlust 

100,33. 

Rationelle  Analyse: 

Thonsubstanz 99,67  Proc. 

Quarz —        „ 

Feldspathreste 0,33      „ 

Beide  Marken  sind  etwas  schwerer  schmelzbar  als  der  frühere 
Normalthon  II  von  Bischof.  —  Ein  ebenso  hoch  feuerfestes  Material  ist 


In  verd.  H2Sü4 

Thonsubstanz 

unlöslich 

berechnet               Theorie 

45.6 

0,2 

45.56                  46.3 

39.3 

0,06 

39.37                  39,7 

1.1 

— 

1.13                    — 

0,4 

— 

0.37                     — 

0,7 

0,05 

0.61                    — 

13,2 

— 

13.29                 13,9 

36  Fortschritte  In  der  Thoninduetrie. 

der  Thon  von  Lettowitz,  dessen  Analyse  und  pyrometrisches  Verhalten 
in  genannter  Abhandlung  mitgetheilt  werden. 

Ueber  lio/tlensandstein  nnd  Thonscfriefer  aus  dem  Johnsdorf-Brieseuer 
Bezirk  bei  Krönau  in  Mühren  berichtet  H.  Hecht  in  der  Tkonindustrie- 
Zeitung,  1881)  Nr.  26.  Die  Zusammensetzung  des  ziemlich  festen,  weifs- 
lich  grauen  Kohlensandsteines  aus  dem  Werner-Stollen  ist  die  folgende: 

Sit», 73,42  Proc, 

A12Ö3 19,60      „ 

Fe,()( 0,55      ,. 

CaO' -        .. 

MgO Spur 

K20 0,21      „ 

Glühverlust 6,66      „ 

100,44  Proc. 

Derselbe  enthält  viele  etwa  erbsengrofse  weifse  Quarzkörner  und 
brennt  im  Gutbrande  des  Porzellanofens  zu  einer  völlig  weifsen,  von 
wenig  gelben  und  braunen  Eisenpünktchen  durchsetzten  porösen  Masse, 
in  welcher  die  Quarzkörner  besonders  deutlich  zu  erkennen  sind.  Der 
Schmelzpunkt  des  Sandsteines  liegt  zwischen  den  Kegeln  33  und  34 
der  Seger  sehen  Scala. 

Die  beiden  aus  dem  Antonsschachte  entstammenden  Thonschiefer 
sind  hochbasischer  Natur.     Die  chemische  Analyse  ergab: 

Thonschiefer  Nr.  1.  Thonschiefer  Nr.  2. 

in  veril.  U2SO4  unlösl  :  in  verd    H2?04  unlösl.: 

43.48  Proc.  Si02      0,09  \n„.   Q.n  46,13  Proc.  Si02      2,82  )  ,  ,q  e.n 

-  „      TiO,      0,25  )  U^4  blU2  0,16      „      Ti02      1,61  )  ^6  blU2 
39,43      „      A1203              0,07  A1203  36,24      „      A1203  0,64  Al.,0-, 

1,61      „      Fe.,(»:i  1,26      „      Fe203 

0,22      „      CaO  0,60      „      CaO 

-  „      MgO  0,12      „      MgO 

0.34      „       K20  0,06  K.,0  0,85      „      K20  0,58  K20 

15,26      „ Glühverlust  14,68      „      Glühverlust 

100,34  ProcT  100,04  Proc. 

In  der  rationellen  Analyse  wurde  das  Verhältnifs  zwischen  Thon- 
substanz,  Quarz  und  Feldspath  gefunden: 

Thonschiefer  Nr.  1.  Thonschiefer  Nr.  2. 

99,53  Proc.  Thonsubstanz  93,72  Proc.  Thonsubstanz 
0,09      „      Quarz  2,82      „      Quarz 

0,38      „      Feldspath  3,46      „      Feldspath 

"100,00  Proc.  100,00  Proc. 

Danach  berechnet  sich  die  Zusammensetzung  der  Thonsubstanz, 
wie  folgt: 

Im  Thonschiefer  Nr.  1.  Im  Thonschiefer  Nr.  2. 

43,20  Proc.  Si02  44,34  Proc.  Si02 

39,41      „      A1203  37,70      „      A1203 

1,62      „      Fe203  1,35      „      Fe,u. 

0,22     „      CaO  0,63      „      CaO 

—        ,.      MgO  0,12      „      MgO 

0,28      „      K20  0,26      „      K20 

15,27      „      Ii-7«  1  15,55      „      H2(  I 

99,93  Proc.  99,95  Proc. 


Fortschritte  in  der  Thonindastrie.  37 

Die  Thonsubstanz,  welche,  theoretisch  betrachtet,  als  chemisch 
reines  kieselsaures  Thonerdehydrat  von  der  Formel  Al.2032SiO.,2H20 
gedacht  werden  mufs,  ist  in  dem  vorliegenden  Falle  nur  durch  ge- 
ringe Spuren  von  Eisenoxyd,  Kalk,  Magnesia,  Alkalien  verunreinigt. 

Thonschiefer  Nr.  1  ist  ein  blauschwarzes,  Thonschiefer  Nr.  2  ein 
dunkelgraues  Material;  der  Bruch  muschelig,  von  feinem  Korn.  Beide 
sind  aufserordentlich  hart  und  nur  mit  dem  Meifsel  zu  zerkleinern. 
Faustgrofse  Stücke,  mit  Wasser  übergössen,  waren  nach  einer  Viertel- 
stunde durch  und  durch  erweicht,  ohne  harte  Rückstände  zu  hinter- 
lassen. Sie  waren  dabei  vollkommen  plastisch  und  leicht  knetbar. 
Die  Feuerfestigkeit  beider  Materialien  steht  derjenigen  des  besten  ge- 
schlämmten Zettlitzer  Kaolins  sehr  nahe,  sie  sind  also  fast  unschmelzbar. 
Nr.  2  steht  Nr.  34  der  Se^schen  Scala  (vgl.  1889  272  522)  gleich, 
Nr.  1  zwischen  34  und  35.  (Der  Probekegel  Nr.  35  ist  reiner,  ge- 
schlämmter, für  die  Versuchsanstalt  der  königl.  Porzellan- Manu factur  be- 
sonders ausgesuchter  Kaolin  von  Grünstadt  dem  besten  Zettlitzer  Kaolin 
gleich,  wenn  nicht  etwas  höher  als  dieses.)  Die  Verwendbarkeit  dieser 
Thonschiefer  aus  dem  Antonsschacht,  im  Besitze  der  Herren  Pohl,  Gefsner 
und  Co.,  dürfte  wie  die  der  darunter  stehenden,  hoch  feuerfesten  Thone 
für  alle  Industriezweige  werthvoll  sein,  welche  aufserordentlich  wider- 
standsfähige feuerfeste  Materialien  basischer  Natur  für  ihren  Betrieb  oder 
ihre  Fabrikation  nothwendig  haben. 

Ueber  das  Schiefert  honvorkommen  in  den  Steinkohlenschichten  Böhmens, 
seine  historische  Entwickelung  und  technische,  sowie  wissenschaftliche 
Bedeutung  schreibt  Dr.  C.  Bischof  in  der  Oesterreichischen  Zeitschrift  für 
Berg-  und  Hüttenwesen.  Verfasser  hat  das  grofse  Verdienst,  als  erster 
auf  das  Vorkommen  und  die  hohe  Bedeutung  des  Schieferthons  für  die 
Industrie  auf  dem  Continente  aufmerksam  gemacht,  mit  unermüdlicher 
Ausdauer  nach  neuen  Fundorten  gesucht  und  die  nutzbringende  Ver- 
wendung dieses  werthvollen  Materials  zuwege  gebracht  zu  haben.  Es 
gelang  dem  Verfasser,  1852  den  Schieferthon  von  Saarbrücken  zu  ent- 
decken und  dessen  industrielle  Verwerthung  zu  veranlassen,  1859  die 
Fundgruben  im  Waldenburgischen.  Im  darauf  folgenden  Jahre  wurden 
mit  bestem  Erfolge  die  Steinkohlengruben  in  Böhmen  untersucht.  In 
grofser  Fülle  wurde  der  Schieferthon  im  Kladnoer  Bezirke  (dort  unter 
dem  Namen  Opuka  bekannt)  aufgefunden.  Es  ist  charakteristisch  für 
die  österreichischen  Industriellen,  dafs  die  Gewinnung  dieses  Materials 
erst  dann  mit  Energie  aufgenommen  wurde,  als  eine  deutsche  Actien- 
gesellschaft  sich  für  die  Anwerbung  desselben  interessirte,  und  das  war 
volle  20  Jahre,  nachdem  Bischof  auf  seinen  Werth  aufmerksam  gemacht 
hatte. 

Man  trifft  den  Schieferthon  in  den  Steinkohlengruben  folgender 
Bezirke  an:  1)  im  Pilsner  Becken,  2)  bei  Kladno  und  Schlan,  3)  bei 
Rakonitz  und  4)  bei  Liebau. 


38  Fortschritte  in  der  Thonindust 

1)  Pilsen.  Auf  den  nachgenannten  Gruben  findet  .sich  der  Schiefer- 
thon: bei  Pankratius  (hornartig),  Lazarus  (theils  eigenthümlich  rogen- 
artiges Aussehen),  AVetnsche  Schächte  bei  Blattnitz  (hornartig),  Con- 
cordisi  (eigenthümlich  basaltähnlich  und  hornartig),  auch  theils  auf 
Mantau  und  Sulkow,  auf  Humboldt  (stärker  kohlehaltig),  Zieglerschacht 
(stark  kohlehaltig),  dann  bei  Tremoschna  als  fingerdicke  Streifen,  in 
Geringster  Qualität  bei  Kasnau.  Das  Material  aus  den  Gruben  Lazarus, 
Kfom'sche  Schächte  und  Concordia  ist  kobalthaltig. 

2)  tiladno.  Zu  nennen  sind  die  Schächte  Bresson,  Engerth,  Prouhon, 
Thinfeld  und  Barre:  dann  Amalia,  Franz,  Wenzel,  Leyer,  Wittowka, 
Mayrau:  ferner  Procopi,  Franz-Josef,  Antonia  und  Ferdinandi.  Unter  den 
angeführten  Kohlengruben,  bei  welchen  allen  ein  vorherrschend  körniger 
Schieferthon  nachzuweisen  ist,  begegnet  man  demselben  ziemlich  häufig, 
in  theils  guter  Qualität  bei  den  fünf  erstgenannten  Punkten.  In  gröfseren 
Mengen  findet  sich  der  Thon  bei  Wittowka  und  Mayrau. 

3)  Rakonitz,  Lubna,  Hostokrej,  Moravia  und  Woller'svhe  Kohlen- 
grube. Ueberall  stöfst  man  auf  den  Schiefer;  gewonnen  wird  er  aber 
nur  in  Lubna  und  der  Wolter  sehen  Grube.  Das  bis  zu  0m,5  mächtige 
Material  gehört  zu  den  kohlenreichsten  (enthält  bis  50  Proc.  Kohle).  Auf 
Lubna  finden  sich  verschiedene  Varietäten,  welche  in  der  Mächtigkeit 
(16  bis  30cm)  wie  in  der  Qualität  stark  wechseln.  Die  Production  ist 
bis  jetzt  in  dem  Rakonitzer  Bezirke  die  bedeutendste. 

4)  Liebau.  Angetroffen  wird  der  Schieferthon  in  den  Kohlengruben 
bei  Schatzlar  (mit  Kobalt)  und  Schwadowitz;  bei  ersteren  als  schmaler 
und  bei  letzteren  als  noch  schwächerer  Streifen,  in  guter  und  bei 
stärkerem  Auftreten  in  geringerer  Qualität. 

In  einer  Tabelle  (Thoninduslrie- Zeitung,  1889  S.  276)  stellte  der 
Verfasser  die  Anatysen  des  Schieferthons  von  Altwasser,  des  Thou- 
steins  von  Weilersweiler,  des  Schiefers  von  Garnkirk,  des  Schieferthons 
vom  Engerthschacht  (Kladnoer  Becken),  von  Lubna  (Rakonitzer  Becken), 
Blattnitz,  Sulkow  (Becken  bei  Nürschan),  Thinfeld  (Becken  bei  Kladuo), 
Tremoschna  (Becken  daselbst)  zusammen,  nebst  Angabe  der  chemischen 
Formel  und  des  Feuerfestigkeits-Quotienten.  Aus  den  Analysen  geht 
hervor,  dafs  sich  der  Schieferthon  in  seiner  Zusammensetzung  den 
Kaolinen  anschliefst,  wie  dies  schon  von  Richters  und  Kosmann  dar- 
gelegt worden  ist  {Thonindustrie- Zeitung,  1889  Nr.  40). 

Verfasser  vergleicht  den  Schieferthon  mit  dem  Kaolin  in  chemischer, 
physikalischer  und  pyrometrischer  Hinsicht.  Kaolin  zeichnet  sich  durch 
Lockerheit,  Feinkörnigkeit,  Voluminosität  aus,  er  erscheint  mehr  staubig, 
matt,  trocken,  mager,  als  plastisch;  aus  diesen  Umständen  erklärt  sich 
das  starke  Schwinden  der  Kaoline  beim  Brennen.  Die  lockere  Be- 
schaffenheit des  Kaolins  ist  beim  Schieferthon  nicht  wahrzunehmen,  da- 
gegen gibt  sich  die  grofse  Feinkörnigkeit  durch  den  zarten  muscheligen 
Bruch  sofort   zu  erkennen.    Trotz  des  grofsen  Wassergehaltes  schwindet 


Fortschritte  in  der  Thonindustrie.  39 

der  Schiefer  nicht  so  stark  wie  Kaolin  in  Folge  seiner  dichteren  Be- 
schaffenheit. Um  die  ganze  Schwindung  hervorzurufen,  ist  wie  beim 
Kaolin  eine  wesentlich  höhere  Erhitzung  erforderlich;  in  hohen  Tem- 
peraturen brennt  der  Schiefer  rein  weife  und  zeigt  einen  eigenartigen 
porzellanartigen  Bruch.  Man  erkennt  hieraus  eine  grofse  Ueberein- 
stimmung  der  Grundmasse  des  Schieferthons  mit  der  des  Kaolins,  wenn 
das  Grundmaterial  des  ersteren  auch  kein  primäres  ist. 

Für  die  natürliche  Reinigung  dürfte  das  Zusammentreffen  mehr- 
facher günstiger  Umstände  von  wesentlicher  Bedeutung  sein:  Eine  üppige 
tropische  Vegetation  brachte  Kalk,  Magnesia,  Alkalien  und  Eisen  in 
Lösung  und  bewirkte  deren  Entfernung.  Dazu  gesellen  sich  noch  an- 
dere Prozesse,  die  während  immenser  geologischer  Zeiträume  andauernd, 
jetzt  als  vollendet  betrachtet  werden  können,  so  die  Umwandelung  des 
im  Thone  enthaltenen  Eisenoxyds  in  lösliches  doppeltkohlensaures 
Eiseuoxydul,  die  reinigende  Wirkung  der  Kohle,  welche  daraus  hervor- 
geht, dafs  nicht  mit  Kohle  in  Berührung  stehende  Schiefer  aus  weniger 
reinem  Thon  bestehen  u.  a.  m. 

Das  jetzige  Förderungsquantum  an  Schieferthon  aus  sämmtlichen 
böhmischen  Steinkohlengruben  läfst  sich  auf  etwa  500  Doppelwaggons 
im  Jahr  veranschlagen,  wovon  der  gröfste  Theil  ins  Ausland  geht.  Die 
Gewinnung  zerfällt  in  eine  solche  des  Rohmaterials  und  des  gebrannten, 
welch  erstere  wegen  Mangels  einer  zuverlässigen  Qualitätsbestimmung 
und  deren  Controlirung,  sowie  ferner  wegen  der  gröfseren  Frachtkosten 
sich  nicht  bewährt  und  fast  ganz  aufgehört  hat.  Das  Brennen  geschieht 
entweder  in  Meilern  oder  besser  in  Oefen.  Als  mafsgebenden  Preis 
hat  man  an  dem  für  die  bessere  Kohle  festgehalten,  und  bei  dem  ge- 
brannten Material  die  Brennkosten  noch  darauf  geschlagen.  Selbst- 
verständlich  wird  der  Preis  in  erster  Linie  durch  die  Frachtkosten  be- 
stimmt (Thonindustrie-Zeitung,  1889  S.  259.  275.  291.  305.  319). 

Nach  Wiggert  gehört  die  Ablagerung  feuerbeständiger  Thone  in  der 
Nähe  von  Grofsalmerode  dem  Tertiär  an,  welches  von  Flötzgebirgsschichten 
unterteuft  wird.  Man  unterscheidet  drei  Arten  von  Thon:  Ober-  oder 
Töpferthon,  der  die  Decke  des  Hauptlagers  von  feuerfestem  Thon  bildet, 
sowie  im  Hauptlager  selbst  Tiegelthon  und  Glashafenthon.  Der  Tiegel- 
thon  ist  davon  der  wichtigste,  weil  er  der  feuerbeständigste  ist  und 
den  gröfsten  Zusatz  von  Magerungsmitteln  verträgt,  ohne  seine  Bild- 
samkeit einzubüfsen.  Derselbe  zeigt  auf  dem  Bruche  eine  gelblich-  bis 
bläulichweifse  Farbe  und  Wachsglanz  und  wird  zur  Herstellung  von 
feuerfesten  Tiegeln,  von  Schreibstiften  für  Schneider  u.  s.  w.  verwendet. 

Der  im  Bruche  uneben  erdige  Glashafenthon  mit  weniger  glänzendem 
Striche  knirscht  zwischen  den  Zähnen  und  dient  hauptsächlich  zur  Her- 
stellung von  Glashäfen  und  Wannenöfen,  auch  zu  Chamottesteinen  und 
irdenen  Pfeifen.  Der  Töpferthon  unterscheidet  sich  nach  der  technischen 
Verwendbarkeit   in   drei   ziemlich  regelmäfsig   über   einander  gelagerte 


40  Fortschritte  in  der  Thonindustrie. 

Arten:  a)  Krüge-  und  Röhventhon,  in  den  vei-schiedensten  Färbungen, 
ziemlich  feuerbeständig,  fett,  ist  besonders  geeignet  für  feuerfeste  Steine, 
Wasserrohren,  Krüge  u.  s.  w.  b)  Ziegelthon,  sehr  unrein,  bräunlich  und 
gelblich,  würfelig  brechend,  mager,  wenig  feuerbeständig,  zur  Darstellung 
vorzüglicher  Dachziegel  geeignet,  c)  Gemeiner  Töpferthon,  gelblich- 
wfilV.  fett,  wenig  feuerbeständig,  zu  gemeinen  Kochgeschirren  verarbeitet. 
Der  Glashafenthon  ist  räumlich  am  meisten  ausgebreitet,  und  hat 
dem  zu  Folge  die  gröfste  Bedeutung;  seine  Zusammensetzung  ist  — 
verglichen  mit  anderen  Thonen : 

a                  b  c  d 

A1.,Ü3 34,52  31.63  33.68  19 

öiüj  ehemisch  geb..  43.38  34.14/  ,„  „  _n 

Si02  mech.    beigem.  6.53  21,03 )  '  'ü 

WgO 0.37              0^25  IUI  — 

CaO 0.76              0,15  0.48  — 

Fe.,Ü3 1,66              0,70  1,90  3 

K,0 1,51               0.38  1,81  - 

S* 0,26              0,08  0.036  — 

Glühverlust     .     .     .  11,04  11,40  11,63  7 

a  Grol'salmerofle.  6  Löthain  bei  Meii'sen.  c  Klingenberg  a.  M.  d  Stour- 
bridge. 

Im  J.  1885  betrug  die  Förderung  an  gutem,  feuerbeständigem  Thon 
654000  Centner,  an  Töpferthon  70000  Centner;  %  des  Glashafenthones 
geht  nach  Amerika.  Roher  Glashafenthon  kostet  100  bis  160  M.  für 
200  Centner,  gebrannt  200  M.  Töpferthon  nur  20  bis  30  M.  Wasch- 
erde 115  bis  130  M. 

Während  die  Pfeifen-  und  Röhrenfabrikation  fast  vollständig  er- 
loschen ist,  werden  jährlich  50000  Centner  hessische  Tiegel  in  den 
Handel  gebracht.  Die  Graphittiegel  bestehen  aus  einem  Gemenge  besten 
Tiegelthones  mit  reinstem  Ceylon-Graphit.  (Früher  wurde  Passauer 
Graphit  vei-wendet.) 

Als  Brennmaterial  dient  für  Schmelztiegel  und  mit  Blei  glasirte 
Waare  Buchenspaltholz,  welches  zunächst  auf  den  Rost  gebracht  und 
dann  durch  Oeffnungen  im  Gewölbe  nachgesetzt  wird.  Alle  übrigen 
Waaren  brennt  man  mit  Braunkohle.  Gewöhnliche  Kochgeschirre  brennen 
in  24  Stunden  gar,  Schmelztiegel  in  3  Tagen. 

Zur  Herstellung  von  Schneider-  und  Billardkreide  und  von  Farb- 
stiften wird  der  fetteste  Thon  geschlämmt,  zur  Syrupconsistenz  einge- 
dampft und  nötigenfalls  mit  Farbzusatz  in  Formen  geprefst, 

Bei  der  gesammteu  Thonwaarenindustrie  von  Grofsalmerode  und 
Umgegend  wurden  284  Arbeiter  beschäftigt.  Im  J.  1885  wurden  fabri- 
cirt:  153  760  Centner  Chamottesteine,  7200  Centner  Graphittiegel, 
51  500  Centner  Schmelztiegel,  13 100  Centner  Dachziegel  u.  s.  w.  Der 
Geldwerth  der  Production  vom  Jahre  1885  an  Thon  und  Thonwaaren 
berechnete  sich  auf  930000  M.  (Preufsische  Zeitschrift,  Bd.  35.  Berg-  und 
Hüttenmännische  Zeitung,  1889  S.  198). 


Fortschritte  in  der  Thonindustrie.  41 

Thon  von  Coatbridge.  Die  Analyse  des  gebrannten  Thones,  von 
E.   liiley  ausgeführt,  ergab: 

SiOo 65,4 

TiO~2 1,3 

A1203 30,5 

Feopg 1,7 

CaO 0,7 

MgO 0,6 

K,0,Na.>0 0,6 

100^9. 

Aus  diesem  Materiale  werden  von  der  Glenboing  union  fire  Clay  Cie. 
Gasretorten  und  höchst  feuerfeste  Steine  hergestellt  (Stahl  und  Eisen, 
1889). 

Thon  von  Forges  les  Eaux  und  Kaolin  von  Breteul.  Analysen  der- 
selben in  Thonindustrie- Zeitung,  1890  S.  4. 

Die  in  folgender  Tabelle  zusammengestellten  Analysen  feuerfester 
Steine   wurden   von  Prof.  Abel  im    Arsenal   von  Woolwich   ausgeführt: 

Bezeichnung  SiO,  Al203  Ke20<      A've!lu"td 

Kilmarnak 59,1  35,7  2,5  2,6 

Stourbridge 65,6  26,6  5,7  2,0 

67,0  25,8  4,9  2,3 

66,5  26,7  6,3  0,6 

58,5  35,7  3,0  0,7 

63,4  31,7  3,0  1,9 

Newcastle     .....  59,8  27,3  6,9  6,0 

63.5  27,6  6,4  6,5 

Glenboig 62,5  34,0  2,7  0,8 

Die  Zusammensetzung  der  Gesteine,  welche  in  China  zur  Porzellan- 
fabrikation verwendet  werden,  haben  schon  1850  Ebelmen  und  Salvetat 
studirt.  G.  Vogt,  Chemiker  in  Sevres,  hat  von  Neuem  die  im  Besitze 
der  Sevres- Manu factur  befindlichen  Gesteinsarten  einer  Untersuchung 
unterzogen  und  fand  im  Gegensatze  zu  den  Erfahrungen  der  genannten 
Forscher,  dafs  die  chinesischen  Rohmaterialien  den  europäischen  nicht 
analog  zusammengesetzt  sind. 

Der  Yeou-Ko  (von  Koui-Ki),  eine  leichter  schmelzende  Abart  des 
Petun-tse,  schmilzt  bei  etwa  1550°  C.  Die  Bauschanalyse  ergab  Werthe, 
welche  den  von  Ebelmen  und  Salvetat  für  das  gleiche  Mineral  und  den 
Pegmatit  von  Limousin  gefundenen  annähernd  gleich  kamen,  nicht  aber 
die  rationelle  Analyse.  Behandelt  man  beide  Mineralien  mit  heifser, 
concentrirter  Schwefelsäure,  so  lösen  sich  vom  Pegmatit  3,3  Proc,  vom 
chinesischen  Gestein  dagegen  34,15  Proc.  Die  folgende  Tabelle  gibt 
die  Zusammensetzung  des  in  Schwefelsäure  löslichen  und  unlöslichen 
Theiles  von  Yeou-Ko: 

Löslich  in  Unlöslich  von 
H2SO<  H2S04 

Lösliche  Kieselsäure     ....       1,01  — 

SiOn 14.20  62.11 

A]203 11. 28  2,61 

26  19  64,72 


42  ächritte  in  der  Thonindustrie. 

Löslich  in  Unlöslich  \on 

112S04  Il2SO, 

U  ebertrag     .     .     26,49  64,72 

Fr,i  i ., 0,46  — 

t;if» 1,14  — 

K,n 2,97  0.08 

NaoO 0,39  t,56 

COa 0,90  - 

Glühverlust  (H20) 1,80 

34.15  66,36. 

Der  in  Säure  unlösliche  Theil  besteht  aus  52,9  Th.  Quarz  und 
13  4  Th.  Natronfeldspath,  während  der  französische  Pegmatit  75  Proc. 
Feldspath  enthält.  Aus  dem  löslichen  Theile  läfst  sich  nach  Abzug  der 
1,01  Proc.  löslichen  Kieselsäure  und  der  2,04  Proc.  CaC03  die  Formel 
des  Muscovits  (6Si023Al203lK202H20)  berechnen. 
Der  Yeou-Ko  ist  demnach  zusammengesetzt  aus: 

Quarz 52,9 

Glimmer 31,3 

Feldspath 13,4 

Calcit 2,0 

Kieselsäurehydrat 1,0 

IööjT 

während  der  Pegmatit  von  Limousin  besteht  aus: 

Quarz 23,8 

Feldspath 72,8 

Löslichen  Bestandteilen      .     .     .       3,3. 

Auch  die  chinesischen  Kaoline  enthalten  eine  bedeutende  Menge 
Muscovit,  dessen  Vorkommen  in  beiden  Fällen  durch  die  mikroskopische 
Untersuchung  bestätigt  wurde.  Dem  zu  Folge  enthält  die  chinesische 
Porzellanmasse  häufig  mehr  als  20  Proc.  Kaliglimmer,  eine  Quantität, 
die  einen  nicht  unbedeutenden  Einflufs  auf  die  Eigenschaften  des  so  zu- 
sammengesetzten Porzellans  ausüben  kann. 

Verfasser  führt  noch  den  Glimmergehalt  der  folgenden  Rohmateria- 
lien an: 

Petunse  von 

Cheo-Ki  Yu-Kan  Ki-Men  Sang-Pao-Pong 

40,6  37,3  31,1  18,6  Proc. 

(Comptes  rendus  des  se'ances  de  l'academie  des  sciences,  1890  Bd.  110  S.  43). 

Ueber  Beziehungen  zwischen  Plasticität  und  Feuerfestigkeit  der  Thone 
sprach  Prof.  Seger  im  Verein  deutscher  Fabrikanten  feuerfester  Produett. 
Die  Bildsamkeit  der  Thone  steht  im  Zusammenhange  mit  der  gröfseren 
oder  geringeren  Festigkeit,  welche  dieselben  beim  Trocknen  erlangen. 
Redner  vergleicht  das  Verhalten  von  Zettlitzer  Kaolin  mit  dem  Thon 
von  Mülheim  bei  Koblenz.  Beide  enthalten  nur  geringe  Verunreinigungen 
von  Quarzstein  und  zeigen  blofs  im  Eisengehalte  kleine  Abweichungen 
von  etwa  1  Proc.  Im  Uebrigen  sind  sie  nahezu  reine  Thousubstanz. 
Nach  dem  Aufweichen  und  Trocknen  erscheinen  die  Körper  aus  Zett- 
litzer  Kaolin    locker,    zerreiblich,    haben    einen   Porenraum   von    etwa 


Oeffentliche  Beleuchtung  von  New    York.  43 

42  Proc. ,  während  die  Körper  aus  Mülheimer  Thon  sehr  fest  sind  uud 
einen  Porenraum  von  28  Proc.  aufweisen.  Beim  Glühen  verhalten  sieh 
beide  Thone  ganz  verschieden:  Während  Kaolin  bis  zu  hoher  Hitze 
hinauf  porös  bleibt,  verdichtet  sich  der  Thon  von  Mülheim  schon  wenig 
über  Goldschmelzhitze  bei  etwa  1100  bis  1500°  C.  vollständig.  Das 
Dichterwerden  des  plastischen  Thoues  ist  keineswegs  als  beginnende 
Schmelzung  anzusehen,  da  der  Schmelzpunkt  dieses  sehr  reinen  Materiales 
viel  höher  liegt,  ist  vielmehr  als  Folge  einer  dichteren  molekularen 
Lagerung  der  Masse  aufzufassen  und  steht  jedenfalls  im  Zusammenhange 
mit  der  ursprünglichen  Verdichtung  des  Materials  beim  Trocknen.  Dem 
Mülheimer  Thon  ähnlich  verhalten  sich  andere  plastische,  hart  trock- 
nende Thone.  Die  beschriebene  Erscheinung  ist  sehr  wohl  zu  beachten, 
wenn  es  sich  um  Erzeugung  feuerfester  Materialien  handelt,  die  bei 
hoher  Temperatur  gewissen  chemischen  Agentien  Widerstand  leisten 
sollen.  Es  ist  klar,  dafs  in  solchen  Fällen  der  dichter  brennende  Thon 
den  Vorzug  verdient.  Bei  Industrien,  welche  es  mit  flüchtigen  Alkalien, 
Kochsalzdämpfen,  schmelzenden  Silicaten  u.  s.  w.  zu  thun  haben,  wird 
sich  daher  die  Anwendung  einer  festen,  dicht  gebrannten  Chamotte  aus 
plastischem  Thon  empfehlen  (Thonindustrie-Zeitung,  1890  S.  201). 

Dr.  R.  Zsigmondy. 


Oeffentliche  Beleuchtung  von  New  York. 

Der  städtische  Beleuchtungsinspector  in  New  York,  Dr.  Lore1  hat  vor  Kurzem 
in  einem  amerikanischen  Journale  einen  Bericht  über  die  öffentliche  Strafsen- 
beleuchtung  in  New  York  veröffentlicht,  dem  wir  nachfolgende  Mittheilungen 
entnehmen: 

Der  erste  Versuch,  die  Strafsen  New  Y'orks  mit  Gas  zu  beleuchten,  wurde 
im  Jahre  1823  gemacht,  als  ein  Vertrag  mit  der  neu  gegründeten  „New  Y'ork 
Gas  Light  Company"  aufgestellt  wurde.  Der  Vertrag  lief  auf  30  Jahre  und 
gewährte  der  Gesellschaft,  den  Stadttheil  südlich  von  Grand  Street  ausschliefs- 
lich  mit  Gas  zu  versehen.  Die  Kosten  für  eine  Strafsenilamme  sollten  den 
Betrag  für  eine  Oellampe  nicht  überschreiten.  Dieser  Vertrag  lief  im  Jahre 
1853  ab,  und  an  Stelle  dessen  trat  ein  anderer  für  ein  Jahr.  Derselbe  war 
ähnlich  dem  ersten,  mit  der  Abänderung,  dafs  das  ausschliefsliche  Recht  für 
das  Terrain  jenseits  Grand  Street  weggelassen  wurde.  Der  Preis  für  jede 
Strafsentlamme  mit  2300  stündiger  Brennzeit  jährlich  wurde  auf  68  M.  fest- 
gesetzt, mit  einem  entsprechenden  Zuschufs  für  das  Ueberschreiten  der  Stunden- 
zahl. Bis  dahin  hatte  man  bei  Mondschein  die  Laternen  nicht  angezündet; 
gegen  Ende  des  Jahres  1853  wurde  beschlossen,  die  Laternen  jeden  Abend 
anzuzünden.  Dies  vermehrte  die  Gesammtbrennzeit  einer  Flamme  auf  3833 
Stunden  jährlich,  und  die  Kosten  für  jede  Flamme  stiegen  dementsprechend 
auf  110  M.  jährlich.  Diese  Zahl  von  Brennstunden  blieb  bis  1879  die  gleiche, 
dann  wurde  dieselbe  auf  4000  Stunden  vermehrt,  und  bis  jetzl  ist  diese  Zahl 
nicht  geändert  worden. 

Etwa  10  Jahre  nach  der  Einführung  von  Gaslicht  in  der  City  wurde  die 
„Manhattan  Gas  Company"  gegründet  und  erhielt  eine  contraetliche  Berechti- 
gung, den  Theil  zwischen  Grand  Street  und  der  sechsten  Strafse  zu  beleuchten 
für  die  Dauer  von  20  Jahren.  In  Folge  des  bedeutenden  Wachsthums  der  City 
wurde  eine  Vergröfserung  des  Beleuchtungsgebietes  nothwendig;  der  Vertrag 
wurde  daher  1848  zurückgenommen  und  ein  anderer  für  20  Jahre  aufgestellt, 
in    welchem    das   Beleuchtungseebiel    bis  zur  42.   Strafse   ausgedehnt    wurde. 


44  I  (öffentliche  Beleuchtung  von  New  York. 

Wie  in  dem  früheren  Vertrage  wurde  der  Preis  für  eine  Flamme  bei  2300 
ständiger  Brennzeil  auf  etwa  66  Bf.  oder  bei  3833  stündiger  Brennzeit  auf 
I  hi  .\l.  festgesetzt 

Dieser  zweite  Vertrag  wurde  mit  beiderseitiger  Zustimmung  im  Jahre  181)5 
zurückgezogen  und  für  die  kommenden  8  Jahre  existirten  nur  kurze  oder  gar 
keine  Abschlüsse.  Während  des  gröfsten  Theiles  dieser  Periode  verlangten 
die  Gasgesellschaften,  welche  sich  eine  Entscheidung  des  Court  of  Appeals  zu 
Mutzen  machten,  233  M.  für  eine  Flamme  jährlich. 

Die  verbesserte  City-Urkunde  berechtigte  die  Gascommission,  bestehend 
aus  dem  Commissär  der  öffentlichen  Arbeiten,  dem  Bürgermeister  und  einem 
Aufsichtsrath,  Vertrage  für  die  Beleuchtung  von  Strafsen  und  Öffentlichen 
Plätzen  abzuschließen,  aber  nur  für  1  Jahr,  was  noch  bis  heute  zu  geschehen 
pflegt  Auf  diesen  Beschlul's  hin  wurde  für  das  Jahr  1874  ein  Vertrag  mit 
bedeutend  ermäfsigten  Preisen  abgeschlossen.  Die  Vertragspreise  waren  im 
Jahre  1888  77  M.  bei  der  „Consolidated  Gas  Company"  und  bei  der  „Mutual 
Gas  Company".  Bei  der  „Equitable  Company",  bei  welcher  das  Gericht  den 
Preis  festsetzte,  belief  sich  derselbe  für  eine  Strafsenilamme  auf  52  M.  jährlich. 

Diejenigen  Gesellschaften,  welche  das  Gebiet  jenseits  des  Harlem-Flusses 
beleuchteten,  bekamen  123  bis  127  M.  für  jede  Flamme  jährlich. 

Im  Jahre  1879  wurde  vom  Gemeinderath  in  der  Februarsitznng  beantragt, 
die  Gasgesellschaften  zu  bitten,  Experimente  mit  elektrischem  Licht  behufs 
Iieleuchtung  der  Strafsen  und  öffentlichen  Plätze  anzustellen,  und  die  Kosten 
sowohl  für  Gas  als  auch  für  elektrisches  Licht  festzusetzen.  Da  die  Stadt  nicht 
dafür  zahlen  wollte,  unterblieben  die  Kostenanschläge.  Im  November  1880 
suchte  die  „Brush  Electric  Light  Company"  um  Erlaubnifs  nach,  auf  Broadway 
zwischen  der  14.  und  34.  Strafse  elektrische  Candelaber  setzen  zu  dürfen,  um 
die  Zweekmäfsigkeit  der  elektrischen  Strafsenbeleuchtung  praktisch  zu  beweisen. 
Die  Bitte  wurde  gewährt,  und  am  15.  Januar  1881  wurden  22  Bogenlampen 
in  Betrieb  gesetzt,  welche  bis  zum  1.  Juni  desselben  Jahres  jeden  Abend  auf 
Küsten  der  „Brush  Company"  brannten.  Dann  wurde  ein  Vertrag  geschlossen, 
nach  welchem  für  55  Bogenlampen  jährlich  32  560  M.  gezahlt  wurden.  Ein 
fernerer  Abschlufs  wurde  1882  mit  der  „Brush  Company"  und  ein  anderer 
mit  der  „United  States  Electric  Illuminating  Company"  gemacht.  In  der  City 
wurden  jeden  Abend  3,08  M.  für  eine  Bogenlampe  oder  1124  M.  jährlich  i  .is- 
gesetzt.  Dies  wurde  bis  zum  1.  Mai  1887  bezahlt,  trotzdem  die  Zahl  der 
Lampen  von  Jahr  zu  Jahr  gewachsen  war. 

Am  31.  December  1882  brannten     128  Bogenlampen 
„       „  „  1884  „  647 

„       „  „  1886  „  711  „ 

„       „  „  1888         „         1328  „ 

Vor  1887  waren  nur  die  beiden  erwähnten  Gesellschaften  durch  Verträge 
gebunden,  nun  aber  kamen  neue  Gesellschaften  hinzu,  und  der  Vertragspreis 
der  verschiedenen  Gesellschaften  schwankte  zwischen  0,87  und  2,22  M.  pro 
Lampe  für  jeden  Abend.  Die  Preise,  welche  man  1888  zahlte,  schwankten 
zwischen  1,40  und  2,64  M.  pro  Lampe  für  jeden  Abend.  Der  Mittelpreis  war 
L,54  M. 

um  zu  einem  Kostenvergleich  zwischen  Gaslicht  und  elektrischem  Licht 
langen,  kann  man  annehmen,  dafs  eine  Bogenlampe  4.5  Gasllammen  zu 
ersetzen  vermag.  Im  Jahre  1885  waren  708  Bogenlampen  im  Betriebe,  welche 
3185  Gasbrenner  ersetzen. 

Eine  Bogenlampe  kostete  jährlich  1124  M.,  also  708  =  795  792  M. 

Eine  Gastlamrne  kostete  jährlich  77  M..  dazu  kommen  7  M.  für  Anzünden 
u.  s.  w.,  also  waren  die  Gesammtkosten  für  einen  Gasbrenner  jährlich  84  M. 
oder  für  die  Zahl  der  ersetzten  Gasbrenner  (3186)  =  267  624.  Die  elektrische 
Beleuchtung  kostete  also  528168  M.  mehr,  oder  das  Dreifache  der  Gasbeleuch- 
tung. Die  Beleuchtunpskosten  hatten  sich  demnach  beim  Uebergang  von  Gas- 
licht auf  elektrisches  Licht  um  rund  200  Proc.  vermehrt. 

Am  31.  December  1888  waren  1328  Bogenlampen  im  Betriebe.  Eine 
Bogenlampe   kostete  jährlich   565  M.  also  1328  =  750  320.     1328  Bogenlampen 


Kleinen'  Mittheilungen.  45 

ersetzten  5976  Gasbrenner.  Ein  Gasbrenner  nebst  Zubehör  (Anzünden  u.  8.  w.) 
kostete  jährlich  84  M.,  also  5976  =  501984  M. 

In  diesem  Falle  kostete  das  elektrische  Licht  248  336  M.,  also  etwa  die 
Hallte  mehr  als  das  Gaslicht. 

Die  Mehrkosten  für  elektrisches  Licht  beliefen  sich  demnach  im  Jahre  1888 
nur  noch  auf  ungefähr  50  Proc.  dem  Gaslicht  gegenüber,  ein  Procentsatz,  unter 
welchen  man  bei  den  gegenwärtigen  Kosten  des  elektrischen  Lichtes  wohl  kaum 
kommen  wird.  Wie  man  ersieht,  hat  man  für  die  Annehmlichkeiten,  welche 
das  elektrische  Licht  unzweifelhaft  hat,  unverhältnil'smäfsig  zu  zahlen,  und  es 
wird  eine  Frage  der  Zukunft  sein,  wie  weit  es  zweckmäfsig  ist,  das  Gaslicht 
durch  elektrisches  Licht  zu  ersetzen. 

Der  Aufsichtsrath  der  Gascommission  in  New  York  schätzte,  dafs  wenn  es 
möglich  gewesen  wäre,  allen  Gesuchen,  elektrisches  Licht,  einzuführen,  nachzu- 
kommen, man  2000  Bogenlampen  nöthig  gehabt  hätte,  welche  2  318  096  M.  zur 
Unterhaltung  gekostet  hätten  und  nur  für  395  392  M.  Gas  ersetzt  haben  würden. 
Die  Mehrkosten  für  elektrisches  Licht  würden  1922  704  M.,  also  mehr  als  die 
Hälfte  der  ganzen  Summe  betragen  haben,  welche  für  die  öffentliche  Beleuch- 
tung in  New  York  ausgesetzt  worden  ist. 

Zum  Schlufs  macht  Dr.  Love  noch  darauf  aufmerksam,  dafs  man  die  Inten- 
sität des  elektrischen  Lichtes  früher  überschätzt  hat,  indem  man  sie  zu  2000 
Normalkerzen  annahm.  Nach  Messungen,  welche  von  einigen  Gesellschaften 
angestellt  wurden,  haben  die  Bogenlampen  eine  Lichtstärke  von  1300  bis  500 
Normalkerzen.  Da  die  Menge  Licht,  welche  auf  das  Trottoir  und  die  Fahr- 
strafse  geworfen  wird,  von  gröfserer  Wichtigkeit  ist,  als  die  Lichtmenge,  welche 
eine  Bogenlampe  in  wagerechter  Richtung  ausstrahlt,  so  lautet  die  Bestimmung 
in  den  Verträgen,  welche  die  City  mit  den  Gesellschaften  abschliefst,  dafs  eine 
Bogenlampe  Licht  von  wenigstens  1000  Normalkerzen  bei  einem  Winkel  von 
40°  unter  der  wagerechten  Ebene  geben  soll. 

Kürzlich  ist  von  den  Gasgesellschaften  ein  Versuch  gemacht  worden,  einen 
grofsen  Regenerativbrenner,  den  sogen.  Gordon-Brenner,  für  die  Strafsenbeleuch- 
tung  einzuführen.  Derselbe  ist  versuchsweise  auf  einigen  Strecken  der  5.  und 
der  Madisonstral'se,  ferner  auf  der  49.  und  50.  Strafse  mit  sehr  gutem  Erfolge 
angewandt,  und  ohne  Kosten  für  die  Stadt.  Während  des  Monats  December 
wurde  ferner  der  Versuch  gemacht,  Lenox  Avenue  von  der  110.  bis  zur  129. 
>Strafse  mit  75  dieser  Brenner  zu  beleuchten.  Die  hohen  Kosteu,  welche  sich 
auf  5  Doli,  oder  22  M.  pro  Brenner  und  Monat  belaufen  sollen,  werden  nach 
Ansicht  des  Berichterstatters  wohl  seine  weitere  Verbreitung  unmöglich  machen. 

Das  kürzlich  stattgefundene  Versagen  der  elektrischen  Lampen  und  die 
damit  verbundene  völlige  Dunkelheit  vieler  belebter  Strafsen  New  Yorks  hat 
die  allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  das  System  der  Strafsenbeleuchtung  ge- 
zogen und  gezeigt,  dafs  es  nothwendig  ist,  die  Strafsengastlammen  im  guten 
Zustande  für  sofortigen  Gebrauch  zu  erhalten,  jedenfalls  bis  zu  dem  Zeitpunkt, 
wo  das  elektrische  Licht  zuverlässiger  geworden  ist  und  sich  mehr  eingebürgert 
haben  wird  (aus  Journal  für  Gasbeleuchtung  1890  Bd.  33). 


Quarzfäden. 

Ueber  die  Vorzüge  der  Quarzfäden  vor  den  bisher  verwendeten  Fäden 
handelt  eine  Abhandlung  von  C.  V.  Boys  in  Roy.  Instit.  qf  Great  Britain  vom 
14.  Juni  1889.  Dieselben  lassen  sich  ihrer  Feinheit  und  aufserordentlichen 
Stärke  wegen  besonders  als  Torsionsfäden  verwenden ,  zumal  sie  nicht  wie 
Glasfäden  der  permanenten  Torsion  unterliegen.  In  mit  Wasserdämpfen  ge- 
sättigter  Atmosphäre  isoliren  sie  ebenso  gut  wie  Bleiglas  in  trockener  Luft. 
Der  Grad  der  Feinheit,  in  welcher  sie  sich  darstellen  lassen,  ist  so  grofs,  dafs 
sie  die  bei  Spinnfäden  bekannten  Farben  zeigen,  deren  Reihenfolge  jedoch 
wegen  der  Gleichmäfsigkeit  der  Fäden  ganz  regelmäfsig  ist.  Die  feinsten 
Fäden  sind  so  fein,  dafs  sie  keine  Farben  mehr  hervorrufen;  dieselben  ent- 
sprechen   dem  Grau    und  Schwarz   in  Newtons  Seala.     Auch  mit    dem    besten 


46  Kleinere  Mittheilungen. 

Mikroskop  lassen  Bie  sich  nicht  bis  zu  Ende  verfolgen.  Der  CavendisK sehe 
Versuch  wurde  mit  einem  kleinen  Apparate,  bei  «iem  der  Torsionsfaden  ein 
Quarzfaden  war,  angestellt.  Die  Anziehung,  welche  die  Bewegung  hervor- 
brachte,  betrug  nur  5  X  10—6  Dyn.     (Elektrotechnische  Zeitschrift.) 

Ein  neuer  Plan  zu  einem  Verbindungswege  zwischen  England  und 

Frankreich. 

Nachdem  '1er  geplante  Tunnel  durch  den  Kanal  aus  militärischen  Rück- 
sichten die  Billigung  Englands  nicht  gefunden  hat,  auch  die  Anlage  einer  festen 
Brücke  (1890  276  356)  sowohl  wegen  der  damit  verbundenen  Belästigung 
der  Schifffahrt  als  auch  wegen  der  sehr  grofsen  Kosten  auf  Bedenken  ge- 
Btofsen  ist,  bringt  jetzt  nach  Genie  civil  vom  7.  Juni  1890  ein  französischer 
Ingenieur    Varilla  eine   gemischte  Anordnung  in  Vorschlag.     Danach    soll    die 

je  der  Hauptsache  nach  aus  einem  Tunnel  bestehen,  an  dessen  beiden 
Enden,  in  einer  so  grofsen  Entfernung  vom  Ufer,  als  den  Betheiligten  vom 
Standpunkte  der  Landesverteidigung  aus  erforderlich  erscheint,  Hebethiirme 
angebracht  werden ;  von  diesen  aus  soll  die  Verbindung  mit  dem  Ufer  mittels 
Brücke  bewirkt  werden.  Varilla  glaubt  mit  diesem  Vorschlage  allen  An- 
liuilerungen  zu  genügen,  da  die  Hebevorrichtungen  dem  Ingenieur  durchaus 
keine  Schwierigkeit  bieten,  und  bei  einer  etwaigen  feindlichen  Invasion  die 
Hebethürme  sowohl  wie  auch  die  Verbindungsbrücken  mit  Leichtigkeit  zer- 
Btört  werden  können.  Auf  die  Vorschläge  Varilla  s  zur  Beseitigung  der  voraus- 
sichtlichen Schwierigkeiten  wollen  wir  nicht  eingehen,  da  dieselben  noch  zu 
allgemein  und  unbestimmt  gehalten  sind.  Pariser  Blätter  behandeln  den  Vor- 
schlag mit  bösem  Spott. 

Messen  höherer  Wärmegrade. 

Nach  Revue  Industrielle  vom  24.  Mai  1890,  S.  204,  hat  Le  Chatelier  der 
Societe  frangaise  de  Physique  einen  Apparat  vorgeführt,  welcher  die  von  dem 
amerikanischen  Physiker  Barus  beobachtete  Erscheinung  benutzt,  dafs  erhitzte 
enge  Röhren  (Haarröhren)  dem  Durchströmen  von  Gasen  einen  bedeutenden 
Widerstand  darbieten.  Der  Versuchsapparat  hatte  silberne  Haarröhren  von 
200mm  Länge  und  0mm,43  Durchmesser.  Die  erforderliche  Durchllufszeit  einer 
gleichen  Luftmenge,  bei  dem  gleichen  Druckunterschiede  von  etwa  150mm 
Wassersäule,  ergibt  sich  aus  nachstehender  Zusammenstellung: 
Wärmegrad  150  iooo  320«  5000  7000 
Durchllufszeit  80  115  270  310  427  Secunden. 

Zur  wissenschaftlichen  und  praktischen  Durcharbeitung  scheint  der  Apparat 
noch  nicht  vorgeschritten  zu  sein. 

Asbest-Kork-Kunstholz. 

Nach  dem  österreichisch-ungarischen  Privilegium  vom  1.  Mai  1890  besteht 
das  Asbest-Kork-Kunstholz  von  Zeman  in  Tismitz  aus  50  Th.  Sägespäne  oder 
Korkmehl ,  20  bis  30  Th.  Asbestpulver  oder  Infusorienerde  und  20  bis  30  Th. 
gebrannter  Magnesia,  welche  untereinander  innig  gemengt  mit  einer  Lösung 
von  (Jhlormagnesium  von  25  bis  28°  B.  oder  schwacher  Salzsäure  zu  einem 
steifen  Brei  angerührt  werden,  welcher  in  Formen,  wie  solche  zur  Herstellung 
von  Cementplatten  üblich  sind,  ausgegossen  wird.  Die  abgeformten  Platten 
werden  an  der  Luft  getrocknet  und  sodann  mit  einer  aus  65  Th.  Paraffin, 
10  bis  20  Th.  Creosot,  5  bis  15  Th.  weichem  Wachs  und  5  bis  15  Th.  Ter- 
pentin bestehenden  Imprägnirungsmasse  getränkt. 

Das  so  erhaltene  Asbest-Kork-Kunstholz  erhärtet  in  sehr  kurzer  Zeit  und 
erreicht  den  Härtegrad  6,  soll  sich  aber  trotzdem  wie  natürliches  Holz  sägen, 
hobeln,  bohren  und  poliren  lassen.  Durch  die  Imprägnirungsmasse  ist  das 
Kunstholz    gegen    Säuren    und    Fäulnifs    geschützt,    vollkommen    teuer-    und 

erbeständig,  wegen  seiner  grofsen  Dichte  zur  Aufnahme  von  Wasser 
gänzlich  ungeeignet  und  zeigt  bei  geringem  Gewicht  und  grofser  Elasticität 
bedeutende  Widerstandsfähigkeit  gegen  Druck  und  Stofs. 

Zufolge  dieser  Eigenschaften  wird  das  Asbest-Kork-Kunstholz  zur  Her- 
stellung von  Bauten,  insbesondere  Lagerhäusern,  Fabrikgebäuden  und  Ba- 
racken, für   1  ufsböden.  Wandbekleidungen,  Bedachungen,  für  Ornamente  und 


Kleinere  Mittheilungen.  4.7 

verschiedene  Kunstgegenstände,  hauptsächlich  aber  als  Pilaster  empfohlen,  da 
die  aus  Kunstholz  hergestellten  Platten  eine  mäfsig  rauhe  Oberfläche  besitzen 
und  gleichzeitig  billiger  zu  stehen  kommen  als  die  glatten  Chamotte-  und 
Cementplatten.     (Vgl.  1889  272  527.) 

Guter  Kitt  für  Kautschuk. 

Nach  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift  weicht  man  gepulverten  Schellack 
in  einer  starken  wässerigen  Lösung  von  Ammoniak  und  bestreicht  mit  der 
durch  Erwärmen  llüssig  gemachten  Gallerte  die  an  einander  zu  kittenden 
Stellen.  Auch  zum  Aufkitten  auf  Metall,  Glas,  überhaupt  glatte  Flächen,  soll 
der  Kitt  geeignet  sein. 

Eingeleisige  Eisenbahn. 

Nach  Engineering  and  Mining  Journal  werden  mit  der  für  die  Strafsen- 
bahnen  New  Yorks  bestimmten  eingeleisigen,  von  Boynton  erfundenen  Eisen- 
bahn Versuche  angestellt.  Die  Locomotive  hat  zwei  Cylinder,  welche  auf  ein 
in  der  Mitte  befindliches,  mit  Rinne  versehenes  Triebrad  wirken.  Das  Gewicht 
der  Maschine  wird  zu  22l,  der  Durchmesser  des  Treibrades  zu  2^40,  Kessel- 
spannung zu  10a',5,  Cylinderdurehmesser  zu  300mm,  bei  350mm  Hub,  die  Zahl  der 
minntlichen  Umdrehungen  zu  500  angegeben.  Die  Personenwagen  mit  zwei 
Stockwerken  wiegen  5*  und  fassen  108  Fahrende.  Die  Personenwagen  haben 
13m.20  Breite  auf  4m,20  Höhe;  die  Güterwagen  entsprechend  9m,60  auf  4m,20 
bei  lm.20  Breite  nur  QX  Gewicht.  Der  wunde  Punkt  des  Systems  ist  die  Noth- 
wendigkeit  einer  oberen  Leitschiene,  sowie  deren  Befestigung  im  Boden,  da 
die  mit  Leitrollen  versehenen  Fahrzeuge  einer  Stütze  nicht  wohl  entbehren 
können.  Die  Anwendung  des  Systemes  wird  deshalb  nur  in  seltenen  Fällen 
sich  empfehlen. 

Baron's  galvanisches  Element. 

Aime  Baron  hat  der  Societe  d encouragement  (1890  S.  6)  Mittheilung  über  ein 
galvanisches  Element  gemacht,  welchem  die  Bleioxyde,  die  Kohle  und  das 
Zink  in  Lösung,  in  gewissen  Fällen  auch  der  Ammoniakalaun  und  die  Wein- 
steinsäure grofse  Kraft  und  lange  Dauer  verschaffen.  In  diesem  Elemente 
arbeitet  die  Kohle  wirklich,  wie  man  an  zahlreichen  Kügelchen,  welche  sich 
beständig  rings  um  die  Kohle  neu  bilden,  leicht  nachweisen  kann;  in  anderen 
Elementen  dagegen  dient  die  Kohle  blofs  als  Leiter.  Die  Erregungstlüssigkeit 
ist  sehr  reich  an  metallischen  Theilen,  und  wenn  man  diese  niederschlägt, 
erstaunt  man  über  die  Menge  von  Körpern,  welche  sich  absetzen,  besonders 
bei  Berücksichtigung  der  Klarheit  der  Flüssigkeit. 

Die  Vorschrift  zu  der  einfachen  und  billigen  Herstellung  der  Flüssigkeit 
lautet:  Thue  20k  Hörn-  oder  Holzkohle  in  ein  Gefäfs  aus  Steingut  oder  email- 
lirtem  Gufseisen;  giefse  1001  filtrirtes  Wasser  darauf,  setze  10k  Zink  hinzu; 
mische  der  sofort  aufbrausenden  Flüssigkeit  5k  sehr  reine  Bleimennige  oder 
dieselbe  Menge  Bleiglätte  bei;  lafs  etwa  3  Stunden  aufwallen  und  filtrire 
dann;  nach  dem  Abkühlen  setze  etwa  20'  Salpetersäure  hinzu. 

Mit  6  kleinen  Elementen  von  11,5  Fassungsraum  vermochte  Baron  eine 
Lampe  von  8  Volt  12  mal  24  Stunden  ununterbrochen  brennend  zu  erhalten, 
abgerechnet  die  Zeit,  welche  zum  Auswechseln  des  Salzwassers  in  den  porösen 
Gefäfsen  alle  10  bis  12  Tage  nöthig  war.  Bei  5  bis  6  Stunden  täglicher 
Brennzeit  würde  die  Lampe  wenigstens  2  Monate  in  Gang  erhalten  werden 
können. 

Das  Salzwasser  besteht  aus  100'  filtrirtem  Wasser  und  1500g  Meersalz. 

Die  Menge  der  Salpetersäure  kann  vermindert  und  letztere  durch  Wein- 
steinsäure ersetzt  werden,  so  dafs  die  Flüssigkeit  beinahe  geruchlos  wird. 
In  diesem  Falle  mufs  man  5k  Ammoniakalaun  zusetzen. 

Dieses  Element  empfiehlt  sich  besonders  für  häusliche  Zwecke,  sowohl 
zur  elektrischen  Beleuchtung  als  auch  zur  Beschaffung  kleiner  Betriebskräfte. 


48  Bücher-  Anzeigen. 


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Gestützt   auf  das    bekannte    Werk    „Die   Gesetze   des  Turbinenbaues   von 

r.  Reiche"   werden    in    vorstehender   Studie   eine   Reihe   von    Formeln   für    die 

'/wecke  des    praktischen    Constrncteurs    entwickelt.     Als   Anhang  findet    sich 

die   Berechnung    und  Beschreibung   der  Turbine    von  100  H>  für  Beleuchtung 

einer  Bindfadenfabrik  in  Immenstadt,   sowie   der  Hochdruckturbine  für  die 

Bessemeranlage  in  Terni.    Die  beigegebenen  Abbildungen  entsprechen  den  an 

technische  Zeichnungen  zu  stellenden  Anforderungen. 

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Deutschen  Reiches  nebst  den  Zolltarifen  aller  Länder  für  chemische 
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Im  ersten  Theile  1)  chemische  Fabriken  und  Laboratorien  sowie  deren  geo- 
graphische Uebersicht,  2)  chemische  Producte  mit  Angabe  ihrer  Fabrikanten, 
und  Rohmaterialien  mit  Angabe  der  Lieferanten,  sowie  ein  Sachregister, 
3)  Agenturgeschäfte,  Grofshandlungen,  Export-  und  Importhäuser  des  In-  und 
Auslandes,  4)  als  Anhang:  Markenschutzbestimmungen  und  Patentvorschriften 
verschiedener  Staaten;  Vereine.  Im  zweiten  Theile  finden  sich  die  Zolle  auf 
chemische  Producte  sowie  statistische  Mittheilungen  über  Ein-  und  Ausfuhr. 
Den  dritten  Theil  bilden  Geschäftsanzeigen  und  zwar  Bezugsquellen  Nachweis 
und  Inserate.  Die  erste  Abtheilung  ist  das  eigentliche  Adrefsbuch,  die  zweite 
bildet  einen  ausführlichen  Bezugsquellen-Nachweis,  in  welchem  die  Bezeich- 
nungen deutsch,  englisch,  franzosisch,  spanisch  und  italienisch  angegeben  sind. 
Aus  Vorstehendem  ergibt  sich,  dafs  der  Inhalt  (vgl.  1888  270  144)  bedeutend 
erweitert  ist,  so  dafs  das  Werk  ein  für  den  praktischen  Geschäftsmann  kaum 
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hilfenahme der  jeweiligen  neuesten  Preislisten  zu  verwenden. 


der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Maschinen  für  die  Herstellung  von  Zahnrädern.  49 

Maschinen  für  die  Herstellung  von  Zahnrädern. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  276  S.  545) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  3. 

Kleine   Winkelräder- Hobelmaschine. 

Von  der  Maschinenfabrik  Oerlikon  bei  Zürich  wird  eine  Hobel- 
maschine für  Winkelradzähne  gebaut,  die  nach  Industries,  1889  Bd.  7 
*S.  344,  und  Engineering,  1889  Bd.  50  *  S.  535,  die  in  Fig.  6  bis  9 
Taf.  3  dargestellten  Einrichtungen  besitzt. 

Auf  dem  hohlen  Säulenfufse  ist  ein  Obertheil  aufgeschraubt,  welcher 
rechts  die  sämmtlichen  Lager  für  die  Antriebstheile,  in  der  Mitte  die 
Stöfselführung  für  den  Hobelstahl  und,  weit  nach  vorn  vorragend,  zwei 
Gabellager  für  die  Aufspann-  und  Theilvorrichtung  in  einem  einzigen 
Oufsstücke  enthält. 

Das  mit  Rädervorgelege  ausgestattete  Triebwerk  (Fig.  8  und  9) 
bethätigt  mittels  einer  zweiläufigen  Stufenscheibe  5  eine  Kurbelscheibe, 
deren  Zapfen  in  eine  Kurbelschleife  einsetzt,  welche  an  dem  Stöfsel- 
schlitten  angeschraubt  wird. 

Am  vorderen  Kopfende  des  Stöfselschlittens  ist  ein  Stahlhalter- 
support mit  Kreuz  Verschiebung  angebracht,  während  behufs  Einstellung 
an  das  Werkstück  der  Stöfselschlitten  eine  längsseitig  durchgehende 
Nuth  besitzt,  in  welcher  die  Kopfschrauben  der  verstellbaren  Kurbel- 
schleife einsetzen. 

Eine  Hubveränderung  ist  durch  Verstellung  des  Kurbelzapfens  im 
Schlitz  der  Kurbelscheibe  ermöglicht. 

Der  Arbeitsvorgang  wird  immer  auf  nur  eine  Zahnflanke  beschränkt 
und  so  lange  durchgeführt,  bis  alle  Radzähne  auf  einer  Flankenseite 
fertig  gestellt  sind.  Alsdann  wird  der  Schneidstahl  ausgewechselt  und 
der  Führungsstift  K  für  die  Formplatte  H  auf  die  entsprechende  andere 
Seite  umgespannt. 

Damit  aber  eine  Führung  bezieh,  eine  Einstellung  nach  der  Lehr- 
schiene (Schablone)  möglich  werde,  nach  welcher  die  Flankenform  der 
Radzähne  gebildet  wird,  mufs  die  mit  dem  Werkrade  in  Verbindung 
gebrachte  Formschiene  H  vermöge  einer  Federkraft  beständig  an  den 
Führungsstift  K  angedrückt  werden,  wozu  die  Knöpfe  L  an  den  Zahn- 
bögen G  vorgesehen  sind. 

Die  Aufspannvorrichtung  für  das  Werkstückrad  besteht  aus  einem 
gabelförmigen  Querstück  mit  zwei  Seitenzapfen  FF,  zu  welchen  mittel- 
punktsgemäfs  sich  flügelartig  zwei  seitliche  Zahnradbögen  G  anschliefsen, 
die  von  eingreifenden  Getrieben  M  gehalten  und  bethätigt  werden. 

Winkelrecht  zur  Drehungsachse  FF  ist  der  Mittelbolzen  für  die 
Aufspann-  und  Eintheilvorrichtung  durch  dieses  Querstück  geführt,  an 
dessen  unterem  Ende  die  zur  Einstellung  und  Zahneintheilung  erforder- 

Dingler's  polyt  Journal  Bd.  277  Nr.  2.  1890/111.  4 


50  Maschinen  für  die  Herstellung  von  Zahnrädern. 

liehen  Theile  anschliefsen.  Dieses  Stellzeug  ist  auf  einem  mittleren 
Bogenhebel  angeordnet,  an  dessen  oberem  Ende  die  Schablone  H  be- 
festigt ist,  durch  deren  Anschlag  an  den  festen  Stift  K  der  Bogen- 
hebel sammt  dem  Mittelbolzen  mit  dem  Winkelrade  C  um  dessen  Achse 
schwingt. 

Hiernach  wird  mit  dem  Stellzeuge  E  das  zu  bearbeitende  Rad  C 
nach  Vollendung  je  einer  Zahnflanke  um  den  Betrag  der  Zahnbogen- 
theilung  verdreht  und  eingestellt. 

Wird  nun  vermöge  des  Zahnrädchens  M  diese  ganze  Vorrichtung 
um  FF  etwas  gedreht,  so  wird  damit  je  Dach  der  Form  der  Schablone 
gleichzeitig  eine  Drehung  des  Werkrades  C  um  seine  eigene  Achse 
verbunden  sein. 

Da  nun  nach  jedem  Stöfselhube  bezieh,  nach  jedem  Schnitte  die 
Zahnbögen  G  um  den  Betrag  der  Schaltungsgröfse  gehoben  werden,  so 
wird  auch  gleichzeitig  damit  jene  Verdrehung  des  Rades  durch  Ver- 
mittelung  der  Schablone  H  verknüpft  sein,  durch  welche  die  Flanken- 
form des  Radzahnes  bedingt  wird. 

Selbstverständlich  mufs  die  Richtung  des  Schnittes  mit  dem  Schnitt- 
punkte der  Radkegelachse  zusammentreffen. 

Diese  Schaltbewegung  wird  durch  eine  Herznuth  hervorgerufen, 
welche  in  der  inneren  Nabenseite  des  Schwungrades  N  eingegossen  ist. 
In  diese  setzt  der  Hebel  0  ein,  welcher  vermöge  des  Sperrkegel- 
werkes 0  0  das  Sperrrad  P  auf  W  treibt,  an  dem  ein  Zahnrad  Q  sitz^ 
welches  das  Getriebe  M  und  dadurch  die  Zahnbögen  G  bethätigt. 

Um  diese  Einstellungen  gegen  Rückwirkung  sicher  zu  stellen,  sind 
zwei  Sperrkegel  R  R  vorgesehen ,  sowie  auch  Vorsorge  getroffen  ist, 
eine  Begrenzung  des  Schaltungshubes  durch  eine  selbsthätige  Aus- 
rückung der  Schaltbewegung  herbeizuführen.  Mit  dem  Schneckentrieb- 
werk T  U  wird  das  Rädervorgelege  (Fig.  9)  aus  und  ein  gerückt.  Das- 
selbe liegt  genau  lothrecht  unter  der  Kurbelwelle  S  in  einer  Mulde  des 
Obertheiles  eingebettet.  Diese  Maschine  ist  zur  Bearbeitung  von  Winkel- 
rädern bis  360mm  Durchmesser  bemessen. 

Leupolfs  doppelt  wirkende  Winkelräder- Hobelmaschine. 

Die  Maschinenfabrik  Oerlikon  baut  auch  Winkelräder- Hobelmaschinen 
für  Durchmesser  bis  3000mm  mit  einem  zusätzlichen  Fräsewerk  zur  Her- 
stellung von  Stirnrädern.  Bemerkenswerth  ist  das  Hobelwerk,  welches 
nach  LeupolCs,  Bauweise  (vgl.  1878  229  216)  mit  verschiedenen  Ab- 
änderungen ausgeführt  ist. 

Die  nach  Industries,  1889  Bd.  7  *  S.  343  bezieh.  Engineering,  1889 
Bd.  50  *S.  488,  in  Fig.  11  bis  13  Taf.  3  dargestellte  grofse  Räderbear- 
beitungsmaschine besteht  aus  einer  auf  der  Grubensohle  befindlichen 
Grundplatte,  auf  welcher  der  Spindelstock  A  mit  dem  Theil-  und  Auf- 
spannwerk /?,  E  sich  gegen  den  Drehpunkt  H  der  Hobelwerkwangen  G 


Maschinen  für  die  Herstellung  von  Zahnrädern.  51 

anschieben  läfst.  Das  Hobelvverk,  der  zweite  Haupttheil  dieser  Maschine, 
ist  aus  dem  auf  einer  niedrigen  Standsäule  angeordneten  Kurbeltrieb  M 
bis  F,  den  beiden  scherenartig  gelenkigen  Wangen  £,  G  für  die*Hobel- 
schlitten  F,  F,  welche  ihren  Stützpunkt  im  gemeinschaftlichen  Dreh- 
punkte H  auf  der  Standsäule  einerseits,  und  andererseits  gesondert  an 
der  Formschiene  (Schablone)  L  ihre  Unterstützungen  finden,  welche 
an  einem  Ständer  angebracht  sind,  der  auf  einer  kreisbogenförmigen 
Grundplatte  aufgestellt  wird. 

In  diesem  Falle  ist  dieser  Bogentheil  an  eine  rechteckige  Grund- 
platte mit  zwei  parallelen  Spannschlitzen  angesetzt,  auf  welcher  die 
Schlittenplatte  für  das  Fräsewerk  läuft  und  welche  sachgemäfs  bis  zur 
Standsäule  des  Triebwerkes  verlängert  ist. 

Während  die  Einrichtungen  des  Spindelstockes,  sowie  des  Fräsewerkes 
als  bekannt  vorausgesetzt  und  aus  den  Fig.  11  bis  13  leicht  wahr- 
nehmbar sind,  bedarf  die  Bauweise  des  Hobelwerkes  einer  eingehenden 
Beschreibung. 

Auf  den  inneren  Führungsflächen  des  scherenartigen  Wangenpaares 
gleiten  zwei  von  einander  unabhängige  Schlitten  F,  F,  an  dessen  vor- 
deren Enden  die  Schneidstähle  EE  angebracht  sind,  von  denen  gleich- 
zeitig die  beiden  Flauken  eines  Zahnes  bearbeitet  werden. 

Diese  beiden  Schlitten  werden  ferner  vermöge  eines  gemeinschaft- 
lichen Querstückes  durch  die  Schubstange  RQ,  welche  mittels  eines 
Zwischengliedes  Q  P  an  einem  Schleifenhebel  P  0  angelenkt  ist,  in 
Hubbewegung  versetzt,  und  zwar,  wie  ersichtlich,  mit  beschleunigtem 
Rücklaufe.  Der  Schleifenhebel  wird  durch  einen  Kurbelzapfen,  welcher 
vermöge  Stufenscheibe  M  und  Schneckentriebwerk  N  bethätigt  wird,  um 
den  Bolzen  0  in  Schwingungen  versetzt. 

Der  Mitteltheil  der  Standsäule,  an  welchem  das  Kurbeltriebwerk 
mit  dem  Schleifhebel  0  P  angeordnet  ist,  kann  um  die  lothrechte  Achse 
der  Schneckenspindel  verdreht  werden,  um  eine  Anstellung  der  Scher- 
wangen an  das  zu  bearbeitende  Winkelrad  zu  ermöglichen. 

In  dieser  Lage  wird  das  Mittelstück,  und  mit  demselben  auch  das 
Kurbeltriebwerk  festgelegt.  Weil  aber  während  der  Bearbeitung  der 
Zahnflanken  noch  eine,  wenn  auch  kleine  Verdrehung  der  beiden  Scher- 
wangen in  wagerechter  Ebene  erforderlich  wird,  welche  der  Schaltung 
der  Schneidstähle  vom  Zahnkopfe  bis  zur  Zahnwurzel  des  Werkrades 
entspricht,  so  ist  ein  gelenkiges  Mittelglied  QP  zwischen  Schubstange  H 
und  Schleifhebelbolzen  P  unerläfslich.  Demgemäfs  findet  der  Gelenk- 
punkt Q  in  einer  feststehenden  Kreisbogenschleife  die  nöthige  Führung, 
während  der  Gelenkbolzen  H  der  Scherwangen  sammt  dem  Lagerdeckel 
jene  bereits  erwähnte  Drehung  vollführen  kann. 

Die  Wangen  G,  G  endigen  in  schwache,  cylindrische  Stahlzapfen  Ä, 
welche  sich  auf  die  Formschiene  (Schablone)  stützen  und  längs  dieser 
verlegt  werden. 


52  Desgoffe  bezieh.  Durand's  Locomotivenwage. 

Damit  aber  auch  die  Hohlkehle  an  der  Zahnwurzel  nachgehobelt 
werden  kann,  müssen  diese  Führungszapfen  zur  Hälfte  abgehobelt  werden, 
um  eine  stete  Berührung  längs  der  Formschiene  zu  ermöglichen. 

Diese  Führungszapfen  K  werden  von  Schlitzplättchen  L  gehalten, 
welche  mittels  Zugstangen  5  an  einem  Kreuzkopfe  T  angelenkt  sind, 
welcher,  auf  einer  Führungswange  gleitend,  vermöge  einer  Schrauben- 
spindel nach  rechts  geschaltet  wird,  welche  von  einer  Schaltstange  U 
von  der  Schubstange  R  bethätigt  wird. 

Sobald  während  des  Hobeins  der  Zahngrund  erreicht  ist,  wird  durch 
Anschlagknaggen  W  eine  Ausrückstange  verschoben  und  damit  ein  Ge- 
wichtshebel ausgelöst,  welcher  die  Abstellung  der  bisher  selbsthätig 
wirkenden  Schaltung  herbeiführt. 

Da  die  Formschiene  des  Zahnquerschnittes  in  wagerechter  Lage  am 
festen  Standgerüste  aufgeschraubt  wird,  so  mufs  ein  Andruck  des 
Führungszapfens  der  unteren  Wange  G  an  die  untere  Flankenform  der 
Schablone  durch  Gegengewichte  oder  Federkraft  erhalten   werden. 1 

Prege'l. 


Desgoffe  bezieh.  Durand's  Locomotivenwage. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  4. 

Diese  auf  der  Paris-  und  Orleans-Eisenbahn  in  Gebrauch  stehende 
standfeste  Wage  dient  zur  Bestimmung  des  Gewichtes  von  Locomotiven 
und  Tender  bezieh,  der  Gewichtsvertheilung  auf  die  einzelnen  Rad- 
achsen und  Räder. 

Nach  Engineering,  1889  Bd.  48*626,  besteht  diese  Locomotiven- 
wage im  Wesentlichen  aus  acht  Geleisstücken,  von  denen  jedes  einzeln 
ihre  Stütze  auf  einer  Wägevorrichtung  findet,  die  aus  zwei  gleich- 
armigen Doppelhebeln  zusammengesetzt  ist,  die  auf  eine  Dose  wirken, 
deren  Druckflüssigkeit  in  einem  Steigrohre  die  Gröfse  der  Belastung 
angibt. 

Das  Prinzip  dieser  Wage  ist  aus  Fig.  1  zu  ersehen,  nach  welchem 
der  Geleisträger  a  sich  auf  die  Hebel  bbl  stützt,  während  dieselben  mit 
ihren  inneren  Enden  gemeinschaftlich  auf  den  Dosendeckel  d  wirken, 
welcher  auf  die  federnde  Platte  e  drückt  und  dadurch  die  in  der  Dose  g 
eingeschlossene  Flüssigkeit  durch  die  Rohrleitung  f  nach  i  und  das 
Quecksilber  h  in  das  Steigrohr  /  treibt. 


1  Ueber  Maschinen  zur  Bearbeitung  von  Zahnrädern  vgl.  Grube,  1877  223 
*  445.  Corli/i,  1877  223  *  449.  G.  Hermann,  1877  225  396.  Haus,  1878  229  *  28. 
Leupolt,  1878  229  216.  Bement,  1878  230*126.  Piat,  1879  232*490.  Renk,  1880 
238*280.  Junker,  1882  244*272.  Ruh,  336.  Denag,  1882  246*314.  Albro,  1883 
250  *  59.  Bilgram,  1885  25«  *  442.  Wilkinson  und  Lister,  1886  262  484.  Glen- 
wood und  Batley,  1887  263*268.  Eberhardt,  1887  264*366.  Sloan  und  Chaze, 
1887  264*545.  Theilrad,  1887  264*594.  Wohlenberg,  1888  268*104.  Hetherington, 
1«88  268*106. 


Desgoffe  bezieh.  Durand's  Locomotivenwage.  53 

Die  von  der  eingeschlossenen  Flüssigkeitsmenge  bedingte  und  von 
der  Belastungsgröfse  abhängige  Steighöhe  wird  zur  Ermittelung  der 
Last  benutzt,  indem  durch  Versuchsbelastungen  die  Eintheilung  am  Mafs- 
stabe  bestimmt  wird.  Vermöge  dieser  Hebelverbindung  wird  der  Druck 
am  Dosendeckel  stets  die  Summe  der  beiden  Hebeldrücke  unabhängig 
von  der  Stellung  des  belastenden  Rades  am  Geleise  sein.  Um  aber 
den  verschiedenen  Radständen  Rechnung  zu  tragen,  sind  die  beiden 
aufsenliegenden  Geleisstücke  2121mm,  die  beiden  inneren  jedoch  nur 
1206mm  lang,  während  festliegende  Querträger  (Fig.  3)  zwischen  den 
Wägegeleisen  das  Auffahren  der  Locomotive  erleichtern  und  die  Un- 
abhängigkeit der  einzelnen  Wagen  sicherstellen. 

Der  Geleisträger  c  (Fig.  2)  ist  der  seitlichen  Standfestigkeit  ent- 
sprechend auf  zwei  Bügeln  d  genietet,  welche  durch  Längsschienen  ee 
verbunden  einen  starren  Rahmen  bilden,  welcher  sich  auf  die  Quer- 
bolzen f  stützt,  die  in  zwei  Hängerahmen  g  sitzen,  die  wieder  in 
Schneiden  h  auf  den  äufseren  Hebelenden  i  spielen. 

An  die  Tellerdose  von  550mm  lichtem  Durchmesser  ist  eine  bieg- 
same Gummischeibe  von  3mm  Stärke  mittels  Ringflansches  wasserdicht 
befestigt,  das  Dosengehäuse  selbst  mittels  vier  Bänder  (Fig.  3  bis  6) 
an  den  gemeinschaftlichen  Bettrahmen  verankert,  welcher  auch  die 
Plännenlager  der  Wiegehebel  trägt. 

Während  der  Dosenboden,  um  den  Hub  der  Federscheibe  zu  be- 
grenzen, ringförmig  abgesetzt  ist,  legt  sich  der  von  den  Hebeln  ge- 
tragene Deckel  glatt  gegen  die  Gummischeibe  an.  Der  gröfsten  Be- 
lastung eines  Locomotivrades  von  9l,5  entsprechend,  stellt  sich  sonach 
der  Flächendruck  der  Gummischeibe  auf  4k  für  1<1C  (2376  X  4  =  9504k) 
und  die  Quecksilbersäule  auf  annähernd  3m,  hingegen  wird  bei  einer 
mittleren  Radbelastung  von  6000k  eine  Flüssigkeitsspannung  von  2al,52 
und  eine  Quecksilbersäule  von  1915ram  entstehen,  eine  Höhe,  welche 
dem  Beobachter  keine  Schwierigkeiten  beim  Ablesen  bereitet. 

Das  vom  Boden  der  Tellerdose  abzweigende  Rohr  mündet  in  ein 
Gefäfs  (Fig.  7),  an  welches  das  Steigrohr,  ein  Fülltrichter  mit  Ver- 
schlufsschraube  und  ein  Abschlufsventil  angebracht  sind.  Um  beim 
Anfahren  der  Locomotive  das  gläserne  Steigrohr  vor  Stöfsen  zu  be- 
wahren, wird  mittels  Handrädchen  das  Ventil  geschlossen  und  die 
Flüssigkeit  in  der  Dose  abgefangen,  wodurch  ein  fester  Stützpunkt  für 
das  Traggeleise  erhalten  wird.  Erst  nach  erfolgter  Einstellung  der 
Locomotive  werden  diese  Ventile  vorsichtig  geöffnet  und  der  Queck- 
silberspiegel auf  dem  Mafsstabe  abgelesen. 

Damit  aber  selbst  im  Falle  einer  vorkommenden  Unvorsichtigkeit 
ein  Herausschleudern  von  Quecksilber  aus  dem  Steigrohre  vermieden 
wird,  ist  das  obere  Ende  desselben  an  einem  erweiterten  Behälter  aus 
Gufseisen  angesetzt,  während  der  Nullpunkt  des  Theilstabes  der  Be- 
lastung des  leeren  Geleisträgers  zukommt. 


54  Dampfmaschine  mit  4  Flachschiebern. 

Wie  aus  der  Gesammtansicht  fFig.  8  bis  10)  ersichtlich  ist,  sind 
alle  acht  Steigrohre  an  einer  Wandfläche  angeordnet,  was  die  Ab- 
lesungen und  Vergleichungen  der  Belastungen  ganz  aufserordentlich  er- 
leichtert. Pr. 


Dampfmaschine  mit  4  Flachschiebern  (System  Corlifs); 
von  C.  Mailliet  und  Co.  in  Anzin. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  5. 

Namentlich  in  Frankreich  befassen  sich,  wie  auch  die  vorjährige 
Pariser  Weltausstellung  zeigte,  viele  und  hervorragende  Firmen  mit 
der  Herstellung  von  Corlifs- Dampfmaschinen,  die  seit  der  Einführung 
im  J.  1862  eine  stete  Vervollkommnung  ihrer  einzelnen  Theile,  be- 
sonders der  ursprünglich  complicirten  und  nur  innerhalb  niederer 
Füllungsgrade  arbeitenden  Steuerung  erfahren  und  defshalb  in  diesem 
Lande  immer  gröfsere  Verbreitung  gefunden  haben,  während  es  in  Deutsch- 
land augenblicklich  den  Anschein  hat,  als  ob  die  Ventilmaschine  die 
Cor/i/«-Maschine  völlig  verdrängen  würde. 

Eine  weitere  Neuerung  haben  C.  Mailliet  und  Co.  in  Anzin  an 
CoWt'/«-Maschinen  getroffen,  indem  dieselben  an  Stelle  der  zur  Regelung 
des  Ein-  und  Ausströmdampfes  dienenden  Rundschieber  flache  Rost- 
schieber benutzen,  welche  durch  eine  vom  Regulator  abhängige  Klinken- 
steuerung beeinflufst  werden. 

Wie  ArmengaucVs  Publication  industrielle,  Bd.  32  S.  425,  zu  entnehmen 
ist,  hat  diese  in  Fig.  8  bis  12  Taf.  5  dargestellte  Maschine  von 
350mm  Cylinderdurchmesser  und  850mm  Kolbenhub  ein  bayonettförmiges 
Bett  A,  welches  mit  dem  Lager  der  Schwungradwelle  aus  einem  Stück 
gegossen  ist;  letztere  steht  durch  Kurbelstange  B  und  Kolbenstange  D 
mit  dem  Kolben  des  Cylinders  C  in  Verbindung,  der  mit  einem  Mantel 
umgeben  ist,  in  welchen  nach  Oeffnen  des  Ventiles  V  frischer  Kessel- 
dampf eintreten  kann.  Die  verlängerte  Kolbenstange  dient  zum  Betreiben 
der  Luftpumpe  E{,  welche  mit  dem  Condensator  ein  Stück  bildet. 

Letzterer  ist  schon  seit  längerer  Zeit  von  der  Firma  an  Conden- 
sationsmaschinen  mehrfach  ausgeführt  und  hat  selbst  bei  gröfseren  Ge- 
schwindigkeiten zufriedenstellend  gearbeitet;  es  besteht  aus  zwei,  mit 
den  Saug-  und  Druckklappen  f  und  /",  in  Verbindung  stehenden,  durch 
eine  schräge  Zwischenwand  getrennten  Abtheilungen  g  und  V/[.  Der 
vom  Cylinder  kommende  Abdampf  tritt  bei  e  in  den  Condensator,  ent- 
weicht in  die  Abtheilung  g  und  aus  dieser  durch  eine  obere  rechteckige 
Oell'nung  um  den  Pumpencylinder  herum  nach  den  unten  seitwärts  an- 
geordneten Saugklappen  f.  Das  Einspritz wasser  kommt  beim  Verlassen 
der  am  Hahne  F  anschliefsenden  Brause  direkt  mit   dem  Abdampfe  in 


BonnefoncTs  Locomotiv-Steuerung.  55 

Berührung,  wird  nach  erfolgter  Condensation  des  Dampfes  vom  Pumpen- 
kolbeu  angesaugt  und  durch  die  rostartig  durchbrochenen  Oeffnungen 
der  Klappen  f{  gedrückt,  geht  dann  in  die  Kammer  gi  und  fliefst 
durch  el  ab. 

Die  zur  Regelung  der  Einströmung  des  Arbeitsdampfes  dienenden 
Flachschieber  k  und  k[  liegen,  wie  Fig.  8  und  10  Taf.  5  erkennen 
lassen,  über  den,  an  den  oberen  äufsersten  Cylinderenden  sitzenden,  im 
Schieberspiegel  getheilten  Einströmkanälen,  während  die  nach  aufsen 
durchbrochenen  Ausströmschieber  oo{  entgegengesetzt,  am  unteren  Theile 
des  Cylinders  angeordnet  sind. 

Die  Schieber  erhalten  ihre  Bewegung  vom  Excenter  H  der  Schwung- 
radwelle aus,  unter  Zwischenschaltung  der  Stange  Hl  und  eines  auf 
der  Welle  i  befestigten  Hebels  I;  letzterer  steht  durch  eine  Verbindungs- 
stange mit  der  an  ihren  Enden  gegabelten  Stange  J  und  diese  mittels 
kleiner,  ebenfalls  gegabelter  und  die  Stange  J  umfassender  Hebel  m 
mit  den  Einströmschiebern,  sowie  durch  den  auf  derselben  Welle  i  be- 
festigten kleinen  Hebel  n  und  Stange  n1  mit  den  Ausströmschiebern  in 
Verbindung.  Die  Welle  i  ist  in  einer,  an  der  Kreuzkopfführung  an- 
geschraubten Büchse  drehbar  gelagert. 

Der  mittels  Riemen  von  der  Schwungradwelle  betriebene  Kugel- 
regulator ist  durch  den  Balancier  M{  und  Stange  m{  mit  dem  wage- 
rechten Schenkel  des  zum  Schieber  K  gehörigen  kleinen  Hebels  m 
verbunden,  dessen  senkrechter  Schenkel  sich,  wie  Fig.  11  veranschaulicht, 
um  einen  etwas  excentrisch  zum  Drehpunkte  des  wagerechten  Schenkels 
gelegenen  Mittelpunkt  bewegt  und  mit  einer  federnden  Klinke  c  ver- 
sehen ist,  welche  je  nach  der  Regulatorstellung  die  Auslösung  des  auf 
der  Schieberspindel  befestigten  Winkelhebels  b  und  unter  Mitwirkung 
des  durch  Stange  l  mit  ihm  verbundenen  Luftbuffers  K  den  schnellen 
Verschlufs  der  Dampfeinströmkanäle  früher  oder  später  bewirkt. 

Die  Maschine  ist  ungefähr  ein  Jahr  in  den  Werkstätten  von  Mailliet 
und  Co.  zur  gröfsten  Zufriedenheit  der  Erbauer  im  Betrieb  und  es  zeigen 
auch  die  untenstehenden,  bei  60  minutlichen  Umdrehungen  der  Maschine 
abgenommenen  Diagramme  (Fig.  12)  eine  genügende  Regelmäfsigkeit  der 
Dampfvertheilung.  Fr. 


Locomotiv-Steuerung  von  M.  A.  Bonnefond. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  6. 

Die  französischen  Staatsbahnen  haben  eine  grofse  Anzahl  ihrer 
Locomotiven  mit  einer  Steuerung  nach  dem  System  ßonnefond  ausge- 
rüstet, welche  behufs  Verringerung  der  schädlichen  Räume  mit  getrennten 
Ein-  und  Auslafsschiebern  arbeitet,  constante  Compression  und  Voraus- 
strömung des  Dampfes  [gestattet   und   die  durch  den  schleichenden  Ab- 


50  Bonnefond's  Locomotiv-Steuerung. 

schlufs  der  gewöhnlichen  Schiebersteuerungen  entstehenden  Dampfdrosse- 
lungsverluste  aufhebt. 

Eine  von  der  Verwaltung  der  Staatsbahnen  in  Paris  1889  ausgestellte 
Schnellzuglocomotive  war  mit  der  Steuerung  versehen  und  es  zeigen  die 
Engineering  1889  *  S.  710  entnommenen  Abbildungen  Fig.  1  bis  7  Taf.  5 
eine  Gesammtauordnung,  sowie  in  gröfserem  Maafsstabe  gezeichnete 
Einzelheiten  derselben. 

Die  von  einem  Excenter  bewegte,  zum  Umsteuern  dienende  Cou- 
lisse  A  ist  durch  Stange  C  mit  einem  doppelarmigen  Hebel  D  verbunden, 
dessen  unteres  Ende  mit  den'Auslai'sschiebern  in  direkter  Verbindung 
steht,  während  das  obere  Ende  mit  einem  starken,  wagerecht  verschieb- 
baren Rahmen  G  G  verbunden  ist,  in  welchem  zwei  rechtwinklige  Mit- 
nehmer F  für  die  Einlafsschieber  drehbar  befestigt  sind;  letztere  werden 
durch  zwischenliegende  Federn  so  beeinflufst,  dafs  sich  ihre  kürzeren, 
die  Stangen  der  Einströmschieber  bethätigenden  Schenkel  wagerecht,  die 
anderen  senkrecht  hierzu  einstellen. 

Die  mit  schraubenförmigen  Vorsprüngen  J  versehene  Steuerwelle 
wird  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  der  Steuerung  von  Heusinger  von  Wal- 
degg vom  Kreuzkopf  aus  hin  und  her  bewegt  und  sobald  die  senkrechten 
Schenkel  der  Mitnehmer  F  mit  den  Vorsprüngen  in  Berührung  kommen, 
erfolgt  eine  Drehung  der  ersteren,  und  die  Verbindung  zwischen  ihnen 
und  den  Schieberstangen  wird  ausgelöst;  die  Schieber  schliefsen  dann 
mittels  kleiner  Differentialkolben  E  unter  Mitwirkung  kräftiger  Federn 
schnell  die  Einströmkanäle. 

Das  von  der  Stellung  der  Auslöser  J  abhängige,  frühere  oder  spätere 
Schliefsen  der  Dampfzuführungskanäle  wird  vom  Führerstande  aus  ge- 
regelt, indem  mittels  Zugstange  M  unter  Zwischenschaltung  der  Zahn- 
getriebe L  und  K  eine  Drehung  der  Steuerwelle  in  dem  einen  oder  an- 
deren Sinne  möglich  ist. 

Die  Schieberstangen,  sowie  Mitnehmer  F  sind  aus  Stahl  gefertigt 
und  an  ihren  Berührungsstellen  gehärtet. 

Die  von  der  Elsäfsischen  Maschinenbaugesellschaft  in  vorzüglicher 
Ausführung  gebaute  Locomotive  mit  400mm  Durchmesser  der  Cylinder 
und  050mm  Kolbenhub  zeigte  bezüglich  der  Dampfvertheilung  die  folgen- 
den Verhältnisse: 

Dampfvoreinströmung    .     .     .  II/2  Proc.  des  Kolbenhubes 

Compression 10       „        „  „ 

Füllung 0  bis  80      „        „ 

Aeui'seres  lineares  Voreilen  .  10mm 

Inneres  „  „         .  20mm 

Als  Hauptvortheil  dieser  Steuerung,  der  auch  zu  ihrer  Construction 
Veranlassung  gegeben  hat,  wird  die  Vermeidung  des  Drosselungsver- 
lustes bezeichnet  und  dies  veranlafste  Prof.  Salomon  auf  Grundlage  von 
Diagrammen  gut  construirter  Maschinen,  da  Indicatordiagramme  der  Aus- 
stellungsmaschine leider  nicht  vorlagen,  eine  Untersuchung  darüber  an- 


Rationelle  Turbinenformerei. 


57 


zustellen,  wie  grofs  obiger  Verlust  im  Allgemeinen  und  höchstens  sein 
wird. 

Hiernach  soll,  wie  die  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure 
1890  *  S.  253  berichtet,  jedoch  abgenommene  Diagramme  erst  bestätigen 
müfsten,  der  erzielte  Gewinn  auf  so  niedrige  Beträge  sinken,  dafs  die 
Anwendung  dieser,  für  den  Betrieb  aufserdem  als  wenig  zuverläfsig  an- 
zusehenden Präcisionssteuerung  nicht  zu  empfehlen  ist  —  selbst  wenn 
sie  sich,  wie  angegeben  wird,  an  einer  Locomotive  mit  25  542km  Gesammt- 
iährt  bewährt  haben  soll. 

Die  Trennung  der  Ein-  und  Auslafsschieber  mufs  dagegen  als  zweck- 
mäfsig  bezeichnet  werden  und  es  wäre  wünschenswerth,  wenn  behufs 
möglichster  Dampfersparnifs  weitere  Versuche  mit  derartigen  Steuerungen 
angestellt  würden. 


Rationelle  Turbinenformerei. 

(Abdruck  nur  mit  Genehmigung  des  Herrn  Verfassers  gestattet.) 
Mit  Abbildungen. 

Der  Turbinenbau,  den  wir  seinen  Grundgesetzen  nach  als  bereits 
abgeschlossen  betrachten  können,  hat  in  den  letzten  Jahrzehnten  da- 
durch einen  bedeutenden  Aufschwung  genommen,  dafs  in  Folge  der 
Concurrenz  bedeutender  Firmen,  die  diesen  Theil  des  Maschinenbaues 
als  Specialität  betreiben,  eine  gute  constructive  Durchbildung  und  eine 
rationelle  Herstellung  der  Turbinen  herbeigeführt  wurde.  Die  Berech- 
nung der  verschiedenen  Turbinengattungen  bietet  nichts  Neues;  nur 
durch  die  Wahl  richtiger  Coefticienten  und  durch  die  eingehende  Be- 
handlung eines  jeden  Einzelfalles  bezüglich  der  verschiedensten  Wasser- 
verhältnisse können  wir  den  besten  Nutzeffect  verzeichnen.  Die  Con- 
structionsprinzipien  nach  J.  C.  B.  Lehmann  und  Andern  stehen  mustergültig 
da,  sowohl  in  der  Berechnung  aller  Turbinenkategorien,  als  auch  in  einem 
Fig.  1  Fig.  2. 


Verfahren,  Fehler  in  der  Ausführung 
durch  eine  ebenso  einfache  als 
vorzügliche  Lehmformerei  möglichst 
verschwinden  zu  lassen.  Gegen- 
über der  Lehmformerei  bietet  die  Kernformerei,  d.  h.  das  Aufstellen 
des  Schaufelkranzes  mittels  Kernstücken  (Fig.  1  und  2),  grofse  Schwierig- 
keiten und  selbst  bei  der  aecuratesten  Arbeit  der  einzelnen  Kernstücke 


58 


Rationelle  Turbinenformerei. 


treten  in  der  Aufstellung  derselben  Fehler  hervor,  welche  bei  grofsem 
Durchmesser  des  Turbinenrades  sich  summiren  und  ganz  ungenaue  Winkel 
ergeben.  Die  Kernstücke  werden  bekanntlich  mittels  einer  Kernform 
geprefst  und  nachher  im  Trockenofen  getrocknet.  In  Folge  dieses  Vor- 
ganges schwinden  die  Stücke  mehr  oder  weniger,  so  dafs  bei  der  Auf- 
stellung der  Gesammtform  die  Theilung  und  die  vorgeschriebenen 
Winkel  des  Schaufelkranzes  nie  genau  stimmen.  Aufserdem  erfordert 
diese  Formerei  sehr  viel  Arbeitszeit  und  bei  flottem  Betriebe  kann 
diese  Art  der  Turbinenfabrikation  nie  concurrenzfähig  sein.  Mit  der 
Lehmformerei  läfst  sich  sehr  viel  erreichen;  sie  erfordert  zwar  ge- 
wissenhafte Arbeiter  bedingt  aber  wenig  Raum,  und  die  kleinste  Giefserei 
kann  die  gesteigertsten  Anforderungen  in  der  Fabrikation  vollkommen 
befriedigen.  Ebenso  ist  die  Controle  der  Schaufelrichtung  und  der 
Winkel  eine  sehr  einfache  und  sichere. 

In  der  Herstellung  der  Turbinenform  unterscheidet  man  verschie- 
dene Stadien,  welche  im  Nachstehenden  beschrieben  werden  sollen. 

I.  Die  Herstellung  des  Holzmodells  der  Schaufeln,  welche  wind- 
schiefe Flächen  bilden. 

II.  Das  Formen  der  windschiefen  Schaufeln. 

III.  Das  Aufstellen  der  Schaufeln. 

IV.  Zusammenstellung  der  Gesammtform. 

I.  Die  windschiefen  Flächen  sind  nach  den  Forderungen  der  theore- 
tischen Constructionen,  die  wir  im  Prinzip  als  bekannt  voraussetzen, 
durchaus  nicht  so  einfach  und  lassen  sich  nach  denselben  ohne  specielle 


Fig.  3. 


Fig.  4. 


Fig.  5. 


Fig.  6. 


Kunstgriffe  nur  schwer  richtig  herstellen.  Demnach  mufs  auf  die  Richtig- 
keit der  Winkel  und  der  Zellenquerschnitte  grofse  Sorgfalt  verwendet 
werden.  Zunächst  wird  ein  Segment  des  Kranzprofils  (Fig.  3)  mit  nöthigen 
Zugaben  für  Schwinden  des  Lehms  durch  die  Schablone  aufgedreht.  Mit 
dem  Richtscheit  reifst  man  auf  der  Eintrittsfläche  (Fig.  4)  die  Theilung 
an  und  zieht  mittels  Winkel  und  Lineal  die  Schnittlinien  einer  radial 
und  senkrecht  durch  den  Theilrifs  gelegten  Ebene.   Aufserdem  werden 


Rationelle  Turbinenformerei. 


59 


Fig.  7. 


Fig.  8. 


Fig.  9 


mit  dem  Parallelreifser  (Fig.  5)  die  Parallelrisse  vorgezeichnet,  welche 
zum  Abtragen  der  Schaufelcurven  nöthig  sind.  Hierauf  trägt  man  nach 
dem  Querschnitt  und  Grundrifs  der  Schaufelzeichnung  den  inneren  und 
äufseren  Schaufelschnitt  in  die  betreffenden  Parallelrisse  auf  (Fig.  6). 
Das  Ausschneiden  der  windschiefen  Fläche  geschieht  mit  einem  recht 
dünnen  und  schmalen  Sägeblatt  und  das 
Einhalten  der  Curven  des  inneren  und 
äufseren  Schnittes  erfordert  einige 
Uebung  und  Geschicklichkeit.  Die  für 
den  Tischler  brauchbare  Curve  ist  die 
Rückcurve  der  Schaufel,  welche  auch 
zuerst  angerissen  und  ausgeschnitten 
wird.  Damit  zur  Bearbeitung  des  in 
den  Klotz  eingeleimten  Holzes  noch 
genügend  Material  stehen  bleibt,  feilt 
man  2  bis  3mm  der  windschiefen  Fläche 
weg  und  leimt  dann  einzelne  passend 
gehobelte  sich  anschmiegende  Leisten 
(Fig.  7),  von  der  Grundfläche  ange- 
fangen, in  den  Lehmklotz  ein.  Das 
Abtragen  der  Curvenpunkte  auf  den 
zugehörigen  Parallelrissen  geschieht 
nach  der  angegebenen  Weise.  Nach- 
dem die  Schaufel  sauber  ausgehobelt  ist, 
werden  an  die  Seitenflächen  (Fig.  7) 
Kernmarken  angeleimt  und  aufserdem 
ein  schmaler  abnehmbarer  Streifen 
(Fig.  8)  hergestellt,  welcher  die  Wand- 
stärke der  Rückcurve  repräsentirt.  Derselbe  ist  schwer  zu  ersetzen 
und  darf  nicht  verloren  gehen.  Um  das  Verziehen  des  Holzmodells  zu 
verhindern  (Fig.  9),   dienen  zwei  in  die  Höhlung  der  Vorderfläche  ein- 

Fig.  11.  geleimte     Leisten.      Damit 

das  Holzmodell  im  feuchten 
Sand  nicht  leidet,  wird  so- 
fort  für   alle  ferneren  Ab- 
güsse  ein    eisernes  Modell 
hergestellt  (Fig.  10),  das  wegen  des  schweren  Ge- 
wichtes  zur    leichteren   Handhabung   einen   einge- 
schraubten Griff  erhält.     Die  Kerne  der  Hohlgufs- 
schaufeln  formt  man  aus  Lehm,  und  zur  Erleichterung 
der  Herstellung  mufs  ein  Kernkasten  für  dieselben 
hergestellt    werden.      Am    besten    geschieht   dies, 
indem    man   das   Holzmodell    einstampft  (Fig.  11), 
heraushebt,    die   untere    Höhlung   mit    Lehm   aus- 


Fie.  12. 


60 


Rationelle  Turbinenformerei. 


schmiert  (Fig.  12)  und  die  obere  Fläche  derselben  mit  dem  Lineal, 
welches  auf  den  Rändern  der  Sandform  geführt  wird,  glatt  streicht. 
Der  getrocknete  Kern,  welcher  genau  der  Schauf'elkrümmung  entspricht, 
dient  als  Modell  zur  Anfertigung  eines  Kernkastens.  Um  an  Gewicht  zu 
sparen,  stellt  man  überhaupt  alle  Leitschaufeln,  ferner  die  Laufschaufeln 
der  Reaktionsturbinen  und  Actionsturbinen,  als  Girardturbinen  und  Ac- 
tionsturbinen  mit  Kranzeinschnürung,  aus  5mm  starkem  Blech  her.  Das 
Fig.  15.  Fig.  16- 


SWuhickcmftl 


Fig.  13.  Fig.  14.  Fig.  18.  Fig.  20. 

Biegen  der  Blechschaufeln  wird  auf  einem  gufseisernen  convexen  Klotz 
(Fig.  13  und  14)  ausgeführt,  der  auf  die  angegebene  Art  in  Lehm 
(Fig.  15)  aufgedreht  und  ausgeschnitten  wird.  Zur  Bearbeitung  des  ab- 
gegossenen Leit-  und  Laufrades  müssen  an  der  Blechschaufel  unten  und 
oben  5mm  Zugabe  sein.  Der  in  Lehm  (Fig.  16,  17  und  18)  ausge- 
schnittene Schaufelklotz  gibt  auch  zu  gleicher  Zeit  die  Abwickelungs- 
fläche der  Schaufel  und  darf  man  nicht  versäumen,  vor  dem  Abgufs 
desselben  auf  die  Krümmung  ein  Papierblatt  aufzulegen    und    die  Ab- 

Fig.  17.  Fig.  21.  Fig.  19. 


wickelung  der  Fläche  vorzuzeichnen.  Auf  dem  Abwickelungsblatt 
(Fig.  19  und  20)  verzeichnet  man  auch  die  Punkte  der  Parallelrisse, 
verbindet  dieselben  und  controlirt  die  Längen  der  Verbindungslinien  mit 
dem  Grundrifs  der  Schaufelzeichnung,  da  durch  ungenaues  Anreifsen  der 
Curven  erhebliche  Fehler  entstanden  sein  könnten.  Die  Begrenzungs- 
linie der  Schaufel  (Fig.  21)  sitzt  5mm  im  Schaufelkranz  und  erhält  die 
Schaufel  gegen  Verschiebung  vier  Lappen,  die  man  an  der  Papier- 
schablone ansetzt.  Für  jedes  Turbinenrad  werden  nach  der  Papier- 
schablone die  betreffende  Anzahl  Blechschaufeln  angerissen,  ausgehauen 
und  auf  dem  gufseisernen  convexen  Klotz  warm   gebogen. 


Rationelle  Turbinenformerei. 


61 


Fig.  22. 


Fig.  83. 


II.  Zur  Formerei  der  Hohlgufsschaufelu  gehört  als  Formeinrichtung 
nur  ein  Oberkasten.  Man  formt  das  Modell  (Fig.  22)  mit  der  Krüm- 
mung; nach  unten  so  ein,  dafs  kein  hervorstehender  Theil  das  Abheben 
des  aufgesetzten  Oberkastens  behindert.  Als  Fixirung  des  Kastens 
dienen  vier  Holzpflöcke.  Auf  den  gelagerten  Kern  kommen  die  modellirten 
Gypsstücke  (Fig.  8) 
zu  liegen:  das  Eisen 
läuft  daher  im  Ober- 
kasten über  den  durch 
die  Schaufel  begrenz- 
ten Kern  nicht  hinaus. 
Die  Gypsstücke  wer- 
den durch  Auftragen 
von  Gyps  am  Modell 
selbst  hergestellt.  Alle 
Abgüsse  fallen  nach  dieser  Formerei  sehr  sauber  aus  und  bedürfen 
weiter  keiner  Bearbeitung.  Die  Rückschaufeln  der  J.  C.  B.  Lehmann- 
schen  Combinationsturbinen  (Fig.  23)  erhalten  in  die  Wandstärke  der 
Rückcurve  drei  gebohrte  Löcher  von  15mm  Durchmesser,  welche  den 
Zutritt  der  vom  Mantel  durch  den  Kranz  zugeführten  Luft  in  die  Zellen 
gestatten. 

HI.  Als  Formeinrichtung  zum  Aufstellen  der  Schaufeln  gehören 
gufseiserne  Grundringe  von  25  bis  50mm  Dicke  für  alle  möglichen  Rad- 
dimensionen.    Auf  den   centrirten   Grundring    wird    eine  25   bis   30™* 


Fig.  24. 


Fig.  27. 


Fig.  25. 


Fig.  26. 


starke  Lehmschicht  aufgetragen.  Hierauf  zieht 
man  den  Theilkreis,  d.  h.  einen  Kreis  vom  mitt- 
leren Durchmesser  des  Turbinenrades,  markirt 
die  Theilung  der  Schaufeln,  legt  die  Centrumlatte  (Fig.  24)  mit  der  vor- 
her bestimmten  unteren  Schaufelschräge  an  und  reifst  (Fig.  25)  dieselbe 
durch  die  Theilpunkte  vor.    Um  den  aufzustellenden  Schaufeln  an  dieser 


62 


Rationelle  Turbinenformerei. 


Kante  einen  festen  Halt  zu  geben  (Fig.  26),  werden  in  die  Theilpunkte 
breite  Kopfnägel  eingesteckt.  Die  einzelnen  Schaufeln  werden  nun  nach 
einander  aufgestellt  und  in  die  Kanalweiten  passend  geschnittene  Lehm- 
stücke (Fig.  27)  eingeklemmt.  Stimmen  die  untere  und  obere  Schräge 
genau,  so  geht  auch  jede  Schaufel  durch  eine  um  das  Centrum  gedrehte 
Schablone  hindurch.  Die  Kanäle  stampft  man  mit  Formsand  aus  und 
bekleidet  nur  das  Kranzprofil  mit  einer  15  bis  20mm  dicken  Lehmschicht, 
die  durch  die  Schablone  glatt  gestrichen  wird.  Nach  dem  Trocknen 
des  Klotzes  wird  aus  den  Kanälen  je  eine  Schicht  von  5mm  Stärke 
herausgekratzt;  es  entsteht  das  richtige  Kranzprofil  (Fig.  28),  und  5mm 


Fig.  28. 


Fig.  32. 


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Fig.  31. 

Schaufelrand  ragt  zum  Eingufs  her- 
vor. Bei  Girardturbinen  und  Actions- 
turbinen  mit  Rückschaufelung  setzt 
man  noch  die  Kernmarken  (Fig.  28, 
29  und  30)  für  Ventilationslöcher 
mit  Drahtstiften  an,  schwärzt  den 
Klotz  und  nach  dem  Trocknen  ist  der- 
selbe zum  Einbau  in  die  Gesammt-  Fig.  34. 
form  fertig.  Alle  Leiträder  der  verschiedensten  Construction  werden 
auf  dieselbe  Weise  aufgestellt  und  eine  gewisse  Anzahl  von  Schaufeln, 
z.  B.  4,  6,  8  (Fig.  31),  die  eine  feste  Verbindung  mit  den  Radkränzen 
herstellen  sollen,  werden  aus  Composition  etwa  12  bis  15mm  stark  ab- 
gegossen,  aufgestellt   und   nachdem  der  Klotz   getrocknet  ist,   mit   der 


Rationelle  Turbinenformerei. 


63 


Fig.  35. 


Fig.  37. 


Fig.  36. 


Säge  wieder  herausgeschnitten.  Soll  das  Leitrad  einen  haubenförmigen 
Aufsatz  besitzen  (Fig.  32),  so  müssen  die  Hälfte  der  Schaufeln  mit  dem- 
selben ausgehauen  sein,  und  es  bekommt  zum  Aufstellen  der  Schaufeln 
die  Schablone  dasselbe  Protil.  Eine  ganz  eigenartige  Behandlung  er- 
fährt das  Aufstellen  des  Leitrades  (Fig.  33)  mit  verwandten  Kanälen. 
Die  eine  Hälfte  der  Schaufeln  (Fig.  34)  hängt  nach  der  inneren,  die 
andere  Hälfte  nach  der  äufseren  Peripherie  über.  Zur  Befestigung  und 
zum  Halt  des  ganzen  Aufbaues  dienen  dünne  um  die  Schaufel  und 
radial  nach  dem  Centrum  gespannte 
Drähte.  Sobald  der  Klotz  getrocknet 
und  dadurch  stabil  geworden  ist,  sind 
die  Drähte  überflüssig.  —  Regulirun- 
gen mittels  Klappen  oder  senkrechten 
Schiebern  bedingen  eine  gute  Auf- 
lage und  Abdichtung  der  Klappen 
oder  Schieber.  Diesen  Zweck  er- 
füllen kleine  schmiedeeiserne  Stege 
(Fig.  35,  36  und  37),  welche  auf 
die  Oberkante  der  Blechschaufeln  nach 
der  Aufstellung  aufgesetzt  werden. 
Als  Eingufs  in  die  "Wandstärke  des 
Kranzes  dienen  schwalbenschwanzförmige  Ansätze.  —  Im  Allgemeinen 
sei  noch  bemerkt,  dafs  die  Blechschaufeln  nie  ganz  genau  gebogen  sind, 
und  beim  Aufstellen  derselben  stellen  sich  kleine  Fehler  in  der  Kanten- 
richtung heraus,  die  leicht  durch  ein  Nachrichten  des  Bleches  zu  be- 
seitigen sind,  und  es  bleibt  diese  Arbeit  der  Geschicklichkeit  des 
Arbeiters  überlassen. 

IV.  Die  Zusammenstellung    der  Gesammtform    geschieht    meisten- 
theils  aus  grofsen  Kernstücken,  der  R    38 

Armsegmente,  dem  Kern  der  Rad- 
nabe u.  s.  w.  und  dem  Schaufelkranz. 
Auf  das  Ganze  kommt  ein  Ober- 
kasten u.  s.  w.  Bei  Leiträdern  mit  hau- 
benförmigem  Zellenaufsatz  (Fig.  38) 
wird  es  nöthig,  ein  Modell  desselben 
separat  aus  Lehm  anzufertigen,  um 
dasselbe  in  den  Oberkasten  ein- 
stampfen zu  können.  Meistenteils 
sind  Haubengestelle  aus  Eisenstäben 
(Fig.  39)  für  mehrere  Durchmesser 
vorhanden.  Dieses  Gestell  ist  mit 
Sand  auszufüllen  und  mit  einer  Lehm- 
schicht   zu    bekleben,    welche    mit 


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Fig.  39. 


einer  um  die  Wandstärke  des  Schaufelklotzes  gröfseren   Schablone   ge- 


64  Ueber  neuere  Centrirvorrichtungen. 

glättet  wird.  Ist  der  Oberkasten  hergestellt,  so  wird  die  provisorische 
Haube  abgenommen,  der  Schaufelklotz  eingesetzt,  der  Oberkasten  auf- 
gelegt und  die  Form  ist  zum  Abgufs  fertig.  —  Messungen  an  der  Aus- 
führung des  fertigen  Turbinenrades  ergeben  ganz  genaue  Winkel,  und 
auch  die  Abmessungen  der  Kanalweiten  sind  durchschnittlich  gleich. 

Die  Lehmformerei  in  dieser  Specialität  läfst  in  sauberer  Ausführung 
nichts  zu  wünschen  übrig,  während  die  Kernformerei  weit  hinter  der- 
selben zurücksteht.  Max  Kaerger,  Ingenieur. 


Ueber  neuere  Centrirvorrichtungen. 

Mit  Abbildungen. 

Die  Erkenntnis  der  Wichtigkeit  genauer  Centrirung  der  Instrumente 
und  Signale  bei  Polygonzugsvermessungen,  insbesondere  bei  Stadtauf- 
nahmen, wo  der  Werth  von  Grund  und  Boden  ein  bedeutender  ist  und 
woselbst  auch  häufig  kurze  Seiten ,  bei  welchen  der  Centrirungsfehler 
von  um  so  gröfserem  Einflufs  ist,  unvermeidlich  sind,  haben  Geodäten 
und  Mechaniker  veranlafst,  auf  Vorrichtungen  zu  sinnen,  die  ein  schärferes 
Centriren  ermöglichen,  als  dies  mit  dem  gewöhnlichen  Schnurloth  der 
Fall  ist,  um  sich  von  diesem  oft  beträchtlichen  Fehler  unabhängig  zu 
machen.  Das  für  den  gewöhnlichen  Bedarf  vollkommen  ausreichende, 
ja  überhaupt  geradezu  unentbehrliche  Schnurloth  hat  man  zur  Erreichung 
des  genannten  Zweckes  durch  das  feste  Loth  und  durch  das  optische 
Loth  zu  ersetzen,  oder  besser  gesagt,  zu  ergänzen  versucht,  und  mit 
Erfolg. 

In  diesem  Journal  (1888  268  409)  haben  wir  bereits  über  derartige 
Vorrichtungen  berichtet  und  Abbildung  und  Beschreibung  des  festen 
Lothes  von  Müller- Reinecke  (Firma  Meifsner  in  Berlin)  und  des  optischen 
Lothes  nach  Prof.  Nagel  in  Dresden  von  Hildebrand  in  Freiberg  gebracht 
und  dargetban,  wie  mit  Hilfe  des  ersten  Horizontirung  und  Centrirung 
einfach  und  rasch,  mit  Hilfe  des  zweiten  die  Centrirung  von  Instrument 
und  Signal  mit  grofser  Schärfe  bewerkstelligt  werden  kann. 

Die  Idee  des  festen  Lothes  ist  nicht  neu,  Prof.  Dr.  M.  Schmidt  in 
Freiberg  weist  auf  ein  solches  (vgl.  Zeitschrift  für  Vermessungswesen,  1888 
S.  250)  schon  Ende  des  verflossenen  Jahrhunderts  von  Studer  in  Frei- 
berg verfertigtes  und  von  diesem  1801  beschriebenes  festes  Loth  hin, 
das  damals  ziemlich  häufig  im  Gebrauche  gestanden  haben  soll,  und 
gibt  aufserdem  noch  verschiedene'  Einrichtungen  zum  schnellen  Hori- 
zont iren  an,  die  theils  deutschen,  theils  amerikanischen  Ursprungs  sind. 

Hier  wollen  wir  auf  die  Beschreibung  einiger  neuerer  Einrichtungen 
des  optischen  Lothes  eingehen. 

Ganz  nach  dem  Prinzipe  des  optischen  Lothes  von  Hildebrand  ist 
die  Vorrichtung,  wie  sie  Prof.  Dr.  Jordan  durch  Handhagen  in  Hannover 


Ueber  neuere  Centrirvorrichtungen. 


65 


Fig1. 


anfertigen  liefs.  Dieses  optische  Loth  ist  aus  einem  älteren,  ebenfalls 
von  Randhagen  für  Prof.  Dr.  Jordan  ausgeführten  Centrirapparate  für 
Theodolit  und  Signale  entstanden.  Dieser  besteht  (Zeitschrift  für  Ver- 
memingswesen,  1884  S.  520  und  1888  S.  9)  aus  einem  Messingdreifurs 
(Textfigur)  mit  Stellschrauben;  der  Centralcylinder  F  trägt  senkrecht 
in  seiner  Fortsetzung  einen  Aufsatzstift,  der  zum  Avisiren  bestimmt 
ist  und  aus  einem  unteren  stärkeren  (t)  und  einem  oberen  schwächeren 
Theil  besteht  (f,),  für  verschiedene  Entfernungen 
berechnet.  Eine  zur  Cylinderachse  senkrechte 
Dosenlibelle  L  dient  zur  Beurtheilung  der  senk- 
rechten Stellung  dieses  Signales.  Der  Dreifufs 
wird  mit  den  Stellschrauben  in  die  Rinnen,  die 
in  die  3  unter  120°  gegen  einander  geneigten 
Arme  einer  Fufslagerplatte  central  geschnitten 
sind,  gestellt  (Fig.  2). 

Die  Fufslagerplatte  hat  in  der  Mitte  ein 
kreisrundes  Loch,  in  welches  eine  eben  solche 
Scheibe  a  mit  rechtwinkeligem,  das  Centrum  C 
markirendem  Ausschnitt  pafst  und  eingelegt  wer- 
den kann.  Mit  Hilfe  des  Schnurlothes  und  Ver- 
schiebung der  Platte  auf  dem  annähernd  gut 
gestellten  Holzstativ  wird  die  Centrirung,  so  gut 
es  mit  dem  Schnurloth  geht,  bewerkstelligt. 
Sowohl  im  Winkelscheitelpunkt  als  auch  in  den 
Endpunkten  der  Schenkel  des  zu  messenden 
Winkels  wird  je  ein  Stativ  mit  auf  diese  Weise 
richtig  gestellter  Fufslagerplatte  aufgestellt.  Die 
letztere  kann  durch  Niederschrauben  von  kleinen, 
unten  spitzen  Schrauben  s,  deren  Muttergewinde 
in  den  Armen  der  Fufsplatte  sind,  durch  das 
Eindrücken  der  Spitzen  in  das  Holz  der  Stativ- 
platte gegen  eine  zufällige  Verschiebung  ge- 
sichert werden.  Auf  diesen  Fufslagern  findet 
nun  das  bei  der  fortschreitenden  Winkelmessung 

erforderliche  Umsetzen  von  Instrument  und  Signal  statt,  und  wie  man  be- 
urtheilen  kann,  mit  ziemlicher  Schärfe,  wenn  anders  die  Ausführung  der 
Details  der  Vorrichtung  exact  erfolgt  ist.  Allerdings  erfolgt  das  Ab- 
lothen,  weil  mit  dem  Schnurloth  geschehen,  nicht  mit  derselben  Schärfe, 
und  es  wird  bei  diesem  Vorgange  nur  eine  genaue  Winkelmessung,  vom 
Centrirungsfehler  ziemlich  unabhängig,  erreicht,  während  das  abgelothete 
Polygon  innerhalb  der  Ablothungsfehler  mit  dem  Senkel  ein  anderes 
ist,  dessen  Seiten  dann  gemessen  werden.  Da  aber  das  Messen  der 
Polygonseiten,  wenn  auch  mit  Latten  wohl  noch  immer  nicht  so  scharf 
erfolgt,  als  dieses  Ablothen  geschieht,  so  entspricht  dieser  Vorgang 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  2.  1890)111.  5 


(3(J  Ueber  neuere  Centrirvorrichtungen. 

vollkommen,  und  mit  Recht  redet  Prof.  Dr.  Jordan  demselben  bei 
Stadtaufnahmen  das  Wort. 

Um  auch  das  Ablothen  mit  derselben  Schärfe  zu  erzielen,  wie  das 
Umsetzen  bei  diesem  Verfahren  möglich  ist,  hat  nun  Prof.  Dr.  Jordan 
{Zeitschrift  für  Vermessungswesen,  1889  S.  41)  den  Centralcylinder  F 
(Fig.  1)  des  Messingdreifufses  cylindrisch  durchbohrt  und  als  Objectiv- 
röhre  eines  kleinen  Fernrohres  eingerichtet,  in  welcher  sich  die  mit 
einem  Fadenkreuz  versehene  Ocularröhre  verschieben  läfst.  Ist  die  an- 
nähernde Richtigstellung  der  Fufslagerplatte  auf  dem  Stativ  mit  Hilfe 
des  Senkels  erfolgt,  so  wird  mit  Benutzung  dieses  ganz  wie  das  Eilde- 
brand*sche  zu  gebrauchenden  und  demselben  ganz  ähnlichen  Abloth- 
fernrohres  die  Platte  so  lange  verschoben,  bis  der  Kreuzungspunkt  der 
Fäden  genau  den  Winkelpunkt  deckt  und  dann  die  Platte  mittels  der 
genannten  Druckschräubchen  gesichert.  Der  Ansatzstift  befindet  sich 
auf  einem  kleinen,  mit  kurzem  Gewinde  versehenen  Üculardeckel  und 
wird  mit  diesem  auf  das  Ocular  aufgeschraubt,  nachdem  die  Centrirung 
erfolgt  ist.  Die  Dosenlibelle,  welche  mit  den  Stellschrauben  vorher 
zum  Einspielen  gebracht  werden  und  auch  in  dieser  Stellung  erhalten 
werden  mufs,  ist  auf  einer  die  Objectivröhre  concentrisch  umgebenden, 
um  diese  drehbaren  Büchse  senkrecht  zur  Achse  des  Fernröhrchens 
befestigt.  Wird  das  Signal  weggehoben  und  der  Theodolit  auf  die 
Fufslagerplatten  mit  den  Stellschrauben  in  die  Rinnen  gestellt,  so  ist 
auch  dieser  so  genau  eben  die  Umsetzung  erfolgen  kann,  centrirt. 

Auf  die  zur  Richtigkeit  erforderlichen  Punkte,  ihre  Prüfung  und 
Berichtigung,  eventuell  auf  die  Mittel,  die  Unrichtigkeit  in  gegebenen 
Fällen  unschädlich  zu  machen,  braucht  hier,  wo  wir  lediglich  die  Be- 
schreibung der  Centrirvorrichtungen  bringen  wollen,  nicht  eingegangen 
zu  werden. 

Um  den  Theodolit  möglichst  scharf  centriren  zu  können,  haben 
0.  Fennel  in  Cassel  und  Dennert  und  Pape  in  Altona  Einrichtungen  ge- 
troffen, die  sich  von  den  früher  genannten  optischen  Lothen  dadurch 
wesentlich  unterscheiden,  dafs  sie  in  Verbindung  mit  dem  zu  centri- 
renden  Instrumente  selbst  sind  und  nicht  besondere  Instrumente  wie 
das  von  Hildebrand  und  Randhagen. 

Bei  beiden  ist  die  senkrechte  Umdrehungsachse  des  Instrumentes 
cylindrisch  durchbohrt  und  gewährt  eine  völlig  freie  Durchsicht  auf 
den  senkrecht  unterhalb  gelegenen  Punkt.  Es  ist  daher  auch  der  Ge- 
windezapfen und  eine  allenfalls  vorhandene  Tragfeder  oder  Verschlul's- 
kapsel  u.  s.  w.  durchbohrt.  Bei  der  Einrichtung,  wie  sie  0.  Fennet 
patentirt  wurde  (D.  R.  P.  Nr.  45593,  vgl.  Zeitschrift  für  Vermessungsweseny 
1890  S.  33),  ist  im  unteren  Ende  der  durchbohrten  Achse  ein  achro- 
matisches Objectiv  eingesetzt,  und  vor  dem  oberen  Ende  ein  Glas- 
prisma und  darüber  ein  Fadenkreuz  mit  Correctionsschräubchen  zur 
Justirung.     In   der  Richtung   der   durch  das  Prisma    abgelenkten,    von 


Ueber  neuere  Centrirvomchtungen.  67 

unten  kommenden  senkrechten  Yisur  ist  das  Ocular  ausziehbar  und 
eingelagert  in  einem  kastenförmigen  Gufsstück,  welches  zwischen  Al- 
hidade  und  Fernrohrträger  angeordnet  ist.  Für  dieses  kleine  gebrochene 
Hills fernrohr  besteht  eine  grofse  Schwierigkeit  darin,  den  Ocularauszug 
parallel  der  durch  das  Prisma  gebrochenen  Visur  richtig  herzustellen: 
diese  Schwierigkeit  ist  dadurch  behoben  worden,  dafs  eine  passende 
Constructionsabänderung  vorgenommen  wurde,  darin  bestehend,  dafs  das 
Prisma  bei  der  neuesten  Einrichtung  nicht  zwischen  Fadenplatte  und 
Objectiv  angebracht  erscheint,  sondern  im  gebrochenen  terrestrischen 
Oculare.  Die  Aufstellung  eines  solchen  Theodoliten  auf  dem  Stative 
geschieht  am  zweckmäfsigsten  wie  bei  der  Freiberger  Aufstellung  (wie 
auch  beim  iVa<?erschen  Centrirapparate),  also  mit  einer  durchbohrten 
Platte,  da  dann  auch  der  Gebrauch  durch  ähnlich  eingerichtete  Signale 
möglich  ist.  Natürlich  ist  auch  hier  zur  vorläufigen  Aufstellung  der 
Senkel  von  grofsem  Vortheile,  da  sonst  bei  der  Beschränktheit  des 
Gesichtsfeldes  des  kleinen  Hilfsfernrohres  die  genaue  Centrirung  wohl 
zu  zeitraubend  ausfallen  könnte,  da  man  den  anzuvisirenden  Punkt 
nicht  im  Gesichtsfelde  hätte  und  nicht  weifs,  wohin  die  Verschiebung 
zu  erfolgen  hätte. 

Prof.  Dr.  Jordan  hat  unabhängig  von  der  vorstehend  beschriebenen 
Einrichtung  im  J.  1888  vom  Mechaniker  Handhagen  in  Hannover  einen 
Theodoliten  anfertigen  lassen,  wo  derselbe  Gedanke,  die  senkrechte 
Instrumentenachse  als  Fernrohr  einzurichten,  Anwendung  gefunden. 
Nur  ist  das  Fernröhrchen,  das  zum  Ablothen  dient,  kein  gebrochenes, 
sondern  man  sieht  von  oben  hinein:  um  dies  durchführen  zu  können, 
mufste  das  Fernrohr  des  Instrumentes  excentrisch  angeordnet  werden 
(Zeitschrift  für  Vermessungswesen,  1890  S.  35  und  36). 

Dennert  und  Pape  in  Altona  verwenden  das  Fernrohr  des  Instru- 
mentes selbst  zum  Ablothen  (D.  R.  P.  Nr.  47061,  Zeitschrift  für  Ver- 
viessungswesen,  1890  S.  270),  also  als  optisches  Loth.  In  den  unteren 
Theil  des  durchbohrten  Gewindezapfens,  mit  welchem  das  Instrument 
mit  dem  Stativ  in  Verbindung  gebracht  wird,  wird  erstlich  ein  Loth 
eingeschraubt,  und  damit  die  annähernd  richtige  Aufstellung  besorgt. 
Die  Libellen  des  Instrumentes  werden  mit  den  Stellschrauben  zum 
Einspielen  gebracht,  die  Umdrehungsachse  des  Instrumentes  dadurch 
senkrecht  gestellt,  das  Fernrohr  mit  dem  Objectiv  nach  unten  gerichtet, 
mit  Hilfe  der  Nonien  und  des  Höhenkreises  ebenfalls  senkrecht  gerichtet 
und  die  Objectivblende  herabgeschoben.  Nachdem  das  Loth  weg- 
genommen, hat  man  durch  die  hohle  Achse  freien  Durchblick  nach 
abwärts.  Da  nun,  wenn  das  Instrument  für  die  auszuführende  Wiukel- 
messung  passend  aufgestellt  ist,  die  Einstellung  der  Visur  aufdenFufs- 
punkt  unbequem  wäre,  so  wird  man  entweder  ein  Prisma  auflegen  oder 
ein  gebrochenes  Ocular  einsetzen;  das  Instrument  ist  nun  so  lange  zu 
verschieben,    bis    der    Fadenkreuzungspunkt    den    Winkelpunkt    genau 


68 


Absteckpt'ahl  mit  Loth. 


deckt,  dann   wird  mit  der  vorhandenen  Klemmschraube  die  feste  Ver- 
bindung von  Instrument  und  Stativ  hergestellt. 

Eine  Centrirvorrichtung  mit  optischem  Loth  in  Verbindung  mit  einer 
Horizontirvorrichtung  hat  O.  Fennel  patentiren  lassen  (D. K.P.  Nr.  48147), 
welche  im  Wesentlichen  in  Folgendem  besteht.  Die  Stativplatte,  durch- 
bohrt in  der  Mitte,  wird  mit  zwei  Stellschrauben  wagerecht  gerichtet 
und  auf  dieser  ist  eine  Platte  mit  Rinnen,  in  welche  die  Stellschrauben 
des  Instrumentes  kommen,  verschiebbar.  Diese  Instrumentenplatte  trägt 
in  der  Mitte  ein  zu  ihr  senkrecht  gerichtetes  Visirrohr,  mit  welchem 
die  Platte  lothrecht  über  einen  gegebenen  Punkt  gebracht  und  in  dieser 
Lage  mit  einer  dritten  Schraube  festgestellt  werden  kann.  Der  Theo- 
dolit ist  mit  einer  Centrirkugel  versehen.  Zur  Erreichung  der  Hori- 
zontirung  und  Centrirung  sind  aber,  wie  zu  ersehen,  zwei  getrennte 
Vorgänge  nothwendig;  erstlich  die  Wagerechtstellung  der  Stativplatte 
mit  den  genannten  zwei  Stellschrauben,  dann  die  Herstellung  der  rich- 
tigen Lage  der  Instrumentenplatte  mit  dem  Visirrohr  und  Feststellung 
dieser  mit  der  dritten  Schraube,  und  dann  ist  selbstverständlich  das 
aufgestellte  Instrument   noch   mit  den  Stellschrauben  richtig  zu  stellen. 

H. 


Absteckpfahl  mit  Loth. 


Mit  Abbildung. 

In  Amerika  wird  ein  Absteckpfahl  von  etwa  2m,5  Länge  mit  recht- 
eckigem Querschnitt  verwendet,  der  in  seinem  unteren  Drittel  auf- 
geschlitzt ist  und  dessen  Theile  durch  eine  Spreitze  aus  einander  ge- 
halten werden.  Im  Schlitze  hängt 
ein  Loth  und  am  Fufsende  sind  zwei 
mit  Spitzen  versehene  Winkelstücke, 
in  Schlitzen  verschiebbar  mit  Flügel- 
schrauben befestigt.  Man  kann  nun 
den  Pfahl  als  Signal,  wie  in  der 
Figur    ersichtlich,    leicht   mit  Hilfe 


des  Lothes  genau  über  einen  Pflock 
bringen  und  mit  den  Spitzen  fest- 
stecken. Dreht  man  nach  Lüftung  der 
Flügelschrauben  die  beiden  Winkel- 
stücke um  180°,  schiebt  sie  zu- 
sammen und  klemmt  sie,  so  hat  man 
einen  Stab  mit  einfacher  Spitze,  der 

mit  Hilfe  des  Lothes  leicht  senkrecht  gestellt  werden  kann  (Engineering 

Neirg,  December  1888,  S.  447). 


Weichensperrschlofs  von  v.  Götz  und  Söhne.  69 

Weichensperrschlofs  von  S.  v.  Götz  und  Söhne. 

Zu  Verhütung  der  Geiahren,  welche  durch  unrichtige  Stellung  oder 
durch  mangelhaftes  Anschliefsen  der  Weichenzunge  an  die  Mutterschiene 
entstehen  können,  haben  Stefan  v.  Götz  und  Söhne  in  Wien  ein  Weichen- 
sperrschlofs hergestellt,  das  unmittelbar  an  dem  Schienenstrang  ange- 
bracht und  blofs  mit  einem  gewöhnlichen  Schlüssel  bethätigt  wird.  Das 
Schlofs  ist  derart  eingerichtet,  dafs  der  zugehörige  Schlüssel  nur  dann 
abgezogen  werden  kann,  wenn  die  Weiche  auf  „freie  Fahrt  im  Haupt- 
geleise'1 gestellt  und  verriegelt  ist;  sobald  also  der  entsprechende  Con- 
trolschlüssel  sich  im  Gewahrsam  der  Centralsignalstelle  befindet,  hat 
man  dort  die  Sicherheit,  dafs  die  Weiche  richtig  steht. 

Nach  Unlandes  Technischer  Rundschau  1890  *  S.  178  ist  an  der  Schiene 
eine  starke  Eisenplatte  festgeschraubt,  welche  zwei  kräftige  Führungs- 
leisten für  den  Schlofsriegel  trägt.  Der  Riegel  hat  einen  Ausschnitt  für 
den  Eingriff  des  Schlüssels  in  Form  eines  Dreiecks  mit  gekrümmten 
Seiten,  so  dafs  bei  Drehung  des  Schlüssels  um  180°  der  Riegel  selbst 
das  Schlüsselloch  hinter  dem  Schlüssel  versperrt  und  auch  ein  Weiter- 
drehen desselben  hindert.  Erst  nachdem  der  Schlüssel  auf  demselben 
Wege  zurückgedreht  worden  ist,  kann  er  wieder  aus  dem  Schlosse  ent- 
fernt werden.  Da  der  Riegel  mit  einem  halbrunden  Maul  in  eine  ent- 
sprechende Eindrehung  des  Sperrbolzens  einzutreten  hat,  so  kann  er  nur, 
wenn  diese  Eindrehung  sich  vor  ihm  befindet,  durch  den  Schlüssel  bewegt 
werden.  Es  mufs  der  Sperrbolzen  also  entsprechend  weit  vorgeschoben 
werden,  was  wieder  nur  möglich  ist,  nachdem  die  Weiche  in  der  rich- 
tigen Weise  umgelegt  worden  ist.  Befindet  sich  also  der  Schlüssel  im 
Schlosse,  so  mufs  zunächst  die  Weiche  umgelegt  werden;  dann  erst  kann 
der  Bolzen  vorgeschoben,  das  Schlofs  zurückgedreht,  d.  h.  der  Bolzen 
verriegelt  und  hierauf  erst  der  Schlüssel  wieder  aus  dem  Schlosse  entfernt 
werden.  Durch  eine  Sperrfeder  wie  bei  den  gewöhnlichen  Schlössern 
wird  der  Schlofsriegel  in  seiner  jeweiligen  Lage  festgehalten.  Diejenigen 
Theile  des  Schlosses,  welche  nach  dem  Verschliefsen  einem  etwaigen 
Versuche,  die  Weiche  zu  öffnen,  Widerstand  zu  leisten  haben,  sind 
hinreichend  stark.  Die  Möglichkeit  eines  Falschsteilens  der  Weiche  mit 
Ueberlegung,  etwa  durch  Lösen  von  Schrauben  oder  nach  Zerstörung 
des  Schlofskastens,  welche  bei  anderen  Einrichtungen  nicht  minder 
ausgeschlossen  ist,  darf  bei  dieser  Anordnung  aufser  Acht  bleiben. 
Um  einem  allmählichen  Verschleifs  Rechnung  zu  tragen,  ist  der  Bolzen 
mit  einer  Druckschraube  versehen,  welche  ermöglicht,  den  Bolzen  der 
Lage  der  Weichenschiene  entsprechend  genau  einzustellen,  ohne  dafs 
dieselbe  jedoch  so  viel  Spielraum  hat,  um  nach  dem  Einschrauben  ein 
Verstellen  der  Weiche  zu  gestatten. 

Jede  Weiche  kann  nur  mit  dem  eigens  für  sie  bestimmten  Schlüssel 
geöffnet  und    geschlossen    werden;    die   Schlüssel   werden   wie  die  der 


7ii  Weichensperrschlofs  von  v.  Götz  und  Söhne. 

Thürschlösser  mit  von  einander  möglichst  verschiedenen  Barttypen  ge- 
fertigt. 

In  ganz  gleicher  Weise  und  zwar  in  Verbindung  mit  dem  Weichen- 
schlosse erfolgt  die  Sicherung  des  Sperrhaumes  bezieh,  der  Ablenk- 
weiche im  Zweiggeleise.  Um  nicht  für  denselben  Zweck  auf  Hern  Bahnhofe 
zwei  Schlüssel  beachten  zu  müssen,  ist  die  Anordnung  so  gewählt,  dafs 
der  Schlüssel,  welcher  nach  der  richtigen  Stellung  der  Weiche  von  dem 
Schlols  derselben  abgezogen  wurde,  auch  zum  Verschliefsen  des  Sperr- 
baumes bezieh,  der  Ablenkungsweiche  dient,  nach  dem  Verschliefsen 
aber  in  dem  Schlosse  fest  bleibt,  während  ein  zweiter  Schlüssel  durch 
dieselbe  Thätigkeit  frei  wird.  Nur  mit  diesem  zweiten  Schlüssel,  dem 
zur  Controle  auf  dem  Bahnhofe  aufzubewahrenden,  kann  das  Sperrbaum- 
schlofs  geöffnet  werden;  derselbe  bleibt  nach  dem  Oeffnen  im  Schlosse 
fest  und  dann  erst  ist  es  möglich,  den  ersten  Schlüssel  abzuziehen,  um 
mit  demselben  die  Weiche  zu  öffnen. 

Die  Einrichtung  des  Schlosses  kann  nicht  ganz  so  einfach  sein  wie 
die  der  Weichensperre,  weil  derselbe  Schlüssel  immer  nur  öffnen  bezieh, 
nur  schliefsen  soll.  Die  Ausschnitte  im  Riegel  sind  daher  weiter  als  bei 
dem  Weichenschlofs,  damit  der  Schlüssel,  nachdem  er  seine  Aufgabe 
verrichtet,  beim  Zurückdrehen  das  Schlofs  nicht  wieder  mitnimmt,  son- 
dern sich  frei  herum  dreht.  Um  das  Entfernen  desselben  aus  dem 
Schlosse  aber  unmöglich  zu  machen,  sind  an  dem  Riegel  kleine  Deck- 
platten angebracht,  in  Form  von  Winkelblechen,  welche  sich  beim  Um- 
drehen des  Schlosses  vor  das  betreffende  Schlüsselloch  schieben.  Die 
Schlofsfeder  ist  doppeltwirkend  und  liegt  mit  ihrem  Sperrzapfen  bei  vor- 
geschobenem Schlosse  in  der  hinteren,  bei  geöffnetem  in  der  vorderen 
Einkerbung  des  Riegels.  Der  Riegel  des  Schlosses  greift  in  einen  Riegel 
am  Sperrbaume  ein  und  kann  also  nur  dann  bewegt  werden,  wenn  die 
entsprechende  Einkerbung  an  letzterem  dem  Schlofsriegel  gegenüber 
steht;  dies  findet  aber  nur  statt,  wenn  der  Sperrbaum  quer  über  dem 
Geleise  liegt  und  seine  Schliefsstange  in  die  entsprechenden  Befestigungs- 
löcher an  der  Anschlagsäule  eingeschoben  worden  ist.  Bei  geöffnetem 
Sperrbaume  ist  die  Schliefsstange  nach  rechts  geschoben  und  der  mit 
ihr  verbundene  Sperrbaumriegel  steht  nicht  links  von  der  Drehsäule  vor, 
sondern  rechts  von  derselben  aus  dem  Schlosse  heraus.  Erst  nachdem 
der  Sperrbaum  über  das  Geleise  gelegt,  ist  es  möglich,  den  Riegel  durch 
das  links  an  der  Drehsäule  angebrachte  Pafsloch  zurückzuschieben  und 
alsdann  das  Sperrbaumschlofs  zu  verschliefsen. 

Das  Zusammenwirken  der  beschriebenen  Apparate  zur  Sicherung 
des  Bahnbetriebes  geschieht  nun  folgendermafsen: 

Im  Allgemeinen  ist  das  Hauptgeleise  der  Bahn  für  den  durchgehen- 
den Verkehr  frei,  das  abzweigende  oder  Industriegeleise  ist  verschlossen 
und  der  Controlschlüssel  befindet  sich  auf  der  Signalcentralstelle  bezieh, 
dem    Bahnhofe.     Es  ist  unmöglich,    ohne   Zerstörung   der   betreffenden 


Weichensperrschlofs  von  v.  Götz  und  Söhne.  71 

Schlösser  den  Sperrbaum  vom  Zweiggeleise  zu  entfernen,  oder  die  ins 
Hauptgeleise  führende  Weiche  zu  öffnen.  Der  die  Verkehrssignale  be- 
dienende Beamte  des  Bahnhofes  hat  also  ohne  ein  besonderes  Signal, 
nur  dadurch,  dafs  der  Schlüssel  in  seinem  Gewahrsam  ist,  die  Gewifs- 
heit,  dafs  die  Weiche  des  Zweiggeleises  richtig  steht.  Soll  ein  Zug  in 
das  abzweigende  Geleise  gehen,  so  gibt  er  den  Schlüssel  aus  der  Hand 
und  wird  zugleich  bis  zur  Zurücklieferung  des  Schlüssels  das  Signal  der 
Hauptbahn  auf  „Halt1'  stellen  bezieh,  stehen  lassen.  Der  Weichensteller 
öffnet  mittels  des  Schlüssels  das  Sperrbaumschlofs  und  nimmt  den  dabei 
frei  gewordenen  Weichenschlüssel  heraus,  während  der  Sperrbaum- 
schlüssel, wie  oben  bemerkt,  zu  gleicher  Zeit  im  Schlosse  fest  bleibt. 
Der  Riegel  des  Sperrbaumes  wird  zurückgeschoben  und  dieser  selbst 
vom  Geleise  weg  zur  Seite  gedreht.  Mit  dem  Weichenschlüssel  öffnet 
der  Wärter  darauf  die  Weichensperre  und  legt  die  Weiche  auf  Einfahrt 
ins  Zweiggeleise  um.  Der  Schlüssel  bleibt  im  Schlosse  so  lange  fest, 
bis  die  Weiche  wieder  auf  freie  Fahrt  im  Hauptgeleise  gestellt  und  in 
dieser  Stellung  wieder  verschlossen  ist. 

Während  beide  Schlüssel  in  den  betreffenden  Schlössern  fest  sind, 
ist  die  Einfahrt  ins  Nebengeleise  frei  und  Züge  dahin  können  ungehindert 
verkehren,  wogegen  der  Verkehr  im  Hauptgeleise  durch  das  Haltsignal 
gesperrt  ist.  Ist  der  Verkehr  im  Nebengeleise  erledigt,  so  wird  die 
Weiche  wieder  fürs  Hauptgeleise  gestellt,  in  dieser  Stellung  verschlossen, 
der  Weichenschlüssel  aus  dem  Schlosse  genommen,  der  Sperrbaum  über 
das  Geleise  gelegt,  der  Riegel  desselben  vorgeschoben  und  durch  das 
Sperrbaumschlofs  mit  dem  Weichenschlüssel  in  seiner  Stellung  festge- 
schlossen. Nach  dem  Verschlufs  bleibt  der  Weichenschlüssel  in  dem 
Sperrbaumschlofs  fest  und  der  Sperrbaumschlüssel  wird  frei.  Derselbe 
wird  abgezogen  und  auf  dem  Bahnhofe  abgeliefert.  Der  Beamte  hat 
die  Gewähr,  dafs  das  Nebengeleise  wieder  richtig  verschlossen  ist,  und 
kann  das  Signal  der  Hauptbahn  wieder  auf  „freie  Fahrt1'  stellen. 

Eine  Vervollständigung  recht  nützlicher  Art  namentlich  für  Stationen 
mit  sehr  lebhaftem  Verkehr  wird  a.  a.  0.  S.  179  noch  angeregt.  In 
der  vorliegenden  Anordnung  ist  es  nicht  ausgeschlossen,  dafs  der  die 
Signale  bedienende  Beamte  aus  Fahrlässigkeit  das  Einfahrtsignal  für  die 
Hauptbahn  zieht,  während  das  Zweiggeleise  geöffnet  ist.  Um  auch  dann 
eine  Gefährdung  des  Zuges  auszuschliefsen,  müfste  der  Signalhebel,  so 
lange  Gefahr  für  einen  durchfahrenden  Zug  vorhanden,  in  der  Stellung 
des  Signals  auf  Halt  nach  dem  Vorbilde  der  Blockapparate  mechanisch 
festgehalten  werden.  Bei  der  vorliegenden  Sicherung  kann  diese  Arre- 
tirung  einfach  von  der  Auslieferung  des  Schlüssels  abhängig  gemacht 
werden,  wenn  man  an  dem  Signalapparate  für  jedes  Zweiggeleise  ein 
Schlofs  anbringt  von  ganz  derselben  Form  wie  das  Weichenschlofs,  nur 
mit  dem  betreffenden  Controlschlüssel  schliefsbar.  Mit  diesem  wird  das 
Schlofs  geöffnet,  während  zugleich  der  Schlüssel  in  demselben  fest  bleibt 


72 


Lau  rent-Cely-Speicherbatterie. 


und  dann  erst  kann  das  Signal  für  „freie  Fahrt*1  gezogen  werden,  ganz 
entsprechend  der  Weiche,  welche  erst  nach  dem  OeH'nen  des  Schlosses 
und  Zurücklassen  des  Schlüssels  in  demselben  umgestellt  werden  kann. 
Das  Signal  „freie  Fahrt"  kann  dann  also  niemals  eher  gegeben  werden, 
als  bis  die  Controlschlüssel  der  Zweiggeleise  sämmtlich  eingeliefert  und 
die  Signalsperrschlösser  sämmtlich  geöffnet  sind.  Sowie  ein  Schlüssel 
fortgegeben  wird,  mufs  man,  um  ihn  aus  dem  Schlofs  zu  entfernen, 
dieses  zunächst  schliefsen,  was  erst  möglich  ist,  wenn  das  Signal  auf 
„Halt*'  gestellt  wurde.  Für  den  allgemeinen  Verkehr  im  Hauptgeleise 
würde  die  Bedienung  des  Fahrsignales  genau  dieselbe  und  dieses  ebenso 
frei  beweglich  bleiben:,  die  Controlschlüssel  befänden  sich  für  gewöhn- 
lich sämmtlich  in  ihren  geöffneten  Schlössern,  welche  zugleich  die  sicher- 
sten Aufbewahrungsorte  für  die  Schlüssel  bilden  würden. 


F&L_ 


Fix).  1. 


Laurent-Cely-Speicherbatterie. 

Mit  Abbildungen. 

Die  Laurent-Cely-Bsittei'ie  wird  von  der  Societe  Anonyme  pour  le 
Travail  Electrique  des  Metaux  gebaut,  welche  bekanntlich  ein  Neben- 
zweig der  von  Gebr.  Rothschild  beschützten  Societe  pour  la  Transmission 
Electrique  de  la  Force  ist.  Bei  ihr  wird  eine  besondere  Blei-Paste  ver- 
wendet und  in  eigenthümlicher  Weise  auf  den  Platten  befestigt. 

Die  wirksame  Masse  ist  (nach  Engineering ,  1890  Bd.  49  *  S.  373) 
eine  Mischung  aus  Bleichlorid  und  Zinkchlorid. 
Das  geschmolzene  Bleichlorid  hat  5,6  Dichte; 
durch  den  Zusatz  von  Zinkchlorid  in  bestimmtem 
Verhältnifs  wird  die  Dichte  auf  4,5  gebracht. 
Der  geschmolzenen  Mischung  wird  in  Gufs- 
eisenformen  die  Gestalt  kleiner  Knöpfe  mit  ab- 
gerundeten Kanten  gegeben;  dieselben  sind  auf 
der  Oberfläche  entweder  glatt  oder  gerieft,  wie 
Fig.  1  und  2  sehen  lassen.  Nach  dem  Abkühlen 
werden  die  Knöpfe  gewaschen,  um  das  Zink- 
chlorid zu  entfernen  und  sie  so  etwas  porös  zu 
machen;  ihre  Dichte  schwankt  dann  zwischen 
4,2  und  3,4. 

Die  zur  Herstellung  der  negativen  Platten 
dienenden  Knöpfe  werden  dann  in  einer  Metall- 
form aufgestellt,  in  welche  Antimonblei  gegossen 
wird;  dieses  umgibt  die  Platten  als  ein  sie  festhaltender  Rahmen,  in 
der  aus  Fig.  3  ersichtlichen  Weise.  Die  so  gebildeten  negativen  Platten 
werden  in  Zellen  aufgestellt,  welche  mit  angesäuertem  Wasser  angefüllt 
und  mit  löslichen  Zinkelektroden  versehen  sind.   Die  Mischungs-  und  Zink- 


Fig.3 


□DDD 
DQDG 
ÜDDÜ 
□DDD 


Halsey's  elektrische  Bohrmaschine.  73 

platten  werden  iu  kurzen  Schlufs  gebracht  und  ein  elektrischer  Strom 
hindurch  gesendet.  Der  sich  an  der  positiven  Elektrode  entwickelnde 
Wasserstoff  reducirt  das  Bleichlorid  und  bringt  es  in  den  metallischen 
Zustand  zurück.  Man  erhält  so  Knöpfe  aus  schwammigtem  Blei,  von  2,5 
bis  3,1  Dichte,  während  die  Dichte  des  gewöhnlichen  Bleies  11,35  ist. 

Die  zur  Herstellung  der  positiven  Platten  benutzten  Knöpfe  werden 
zunächst  in  schwammigtes  Blei  verwandelt,  dann  an  der  Luft  erhitzt, 
damit  sie  sich  oxydiren,  und  in  schwammigte  Bleiglätte  verwandelt. 
Wie  die  negativen  werden  sie  in  ein  Gefäfs  mit  Antimonblei  gehängt. 
Formirt  werden  sie  in  gewöhnlicher  Weise.  Die  glatten  Knöpfe  wer- 
den in  Bleisuperoxyd  verwandelt  und  haben  eine  Dichte  unter  5. 

Nach  Fig.  3  haben  die  positiven  und  negativen  Platten  einen 
Schwanz,  mit  welchem  sie  in  abwechselnder  Stellung  auf  zwei  Bolzen 
aufgereiht  und  mittels  Schrauben  befestigt  werden  können,  wobei  sie 
zugleich  mit  ihren  Kanten  in  entsprechende  Nuthen  im  Boden  und  in 
zwei  Stäben  an  den  Seitenwänden  eingesetzt  werden. 

Gewöhnlich  werden  die  Platten  in  zwei  Gröfsen  ausgeführt;  die 
einen  messen  213  X  213  X  100mm,  die  anderen  425  X  425  X  100mm. 

Eine  solche  Batterie  ist  über  18  Monate  lang  von  der  französischen 
Nordbahn  versucht  worden-  in  jeder  Zelle  waren  25k  Platten;  sie  trieb 
zu  voller  Befriedigung  eine  Dynamo.  Auch  zur  Wagenbeleuchtung  sind 
solche  Batterien  benutzt  worden. 

Zur  Ladung  sind  0,5  Ampere  für  lk  Platten  erforderlich.  Die 
Ladung  ist  vollendet,  wenn  sich  der  Wasserstoff  an  der  negativen  in 
feinen  Blasen  zu  entwickeln  beginnt.  Bei  der  Entladung  soll  nicht 
mehr  als  1  Ampere  auf  lk  Platten  entnommen  werden.  Im  Nothfalle 
kann  man  dies  bis  auf  4  und  5  Ampere  steigern,  jedoch  unter  merk- 
licher Verminderung  der  Leistung.  Die  verwendbare  Ladung  ist  er- 
schöpft, wenn  das  Potential  an  den  Klemmen  einer  Zelle  auf  1,75  Volt 
herabgesunken  i^-t. 

Halsey's  elektrische  Bohrmaschine. 

Mit  Abbildungen. 

Die  beiden  Abbildungen  lassen  die  Anordnung  erkennen,  welche 
James  T.  Halsey  in  Morristown,  N.-J.,  jetzt  (nach  dem  American  Mac/iinist., 
1890  *  S.  5)  den  von  ihm  gebauten  Bohrern  mit  elektrischem  Betriebe 
gibt.  Diese  tragbaren  Bohrer  lassen  sich  bequem  aus  einer  Lage  in  eine 
andere  bringen  und  sind  leicht;  einer  für  Löcher  bis  28nim  wiegt  nur 
22k,7.  Es  ist  ferner  wünschenswerth,  dafs  der  Arbeiter  Löcher  innerhalb 
eines  Kreises  von  18m  Halbmesser  bohren  könne.  Dazu  sind  zwei  mehr- 
fache Seilscheiben  in  einem  Rahmen  angeordnet,  welcher  zugleich  mit 
einer  5  EP- Dynamo  auf  eine  Grundplatte  festgeschraubt  ist;  mittels 
Führunsisrollen    kann    das   ablaufende    Seil    in    jeder   Richtung    geführt 


74 


Drake  und  Gorham's  Umschalter  für  elektrische  Leitungen. 


werden.     Die  obere  Seilscheibe  liegt  fest  im  Rahmen,  die  untere  kann 
höher  oder  tiefer  gestellt  werden,  damit  das  Seil  lang  genug  wird,  um 
Fig.  1.  Fig.  2. 


bis  zu  dem  innerhalb  18m 
Entfernung  irgendwo  be- 
nutzten Bohrer  zu  reichen; 
da  in  jeder  Scheibe  14  Nu- 
then  sind,  so  braucht  die 
untere  nur  etwa  lm,28  höher 
gestellt  zu  werden,  wenn  der  Bohrer  18m  vom  Rahmen  entfernt  ist. 

Diese  Bohrer  eignen  sich  besonders  zum  Bohren  der  Löcher  in  die 
Schiffsrahmen  zwischen  den  Decken,  ebenso  für  die  Arbeiten  in  den 
Rundhäusern  für  Locomotiven.  Eine  Verwickelung  des  Treibseiles  ist 
verhindert.  Der  tragbare  Bohrer  für  Löcher  von  28mm  Weite  kann 
150mm  tief  bohren;  auf  25mm  macht  er  160  Umdrehungen. 


Drake  und  Gorham's  Umschalter  für  elektrische  Leitungen. 


Mit  Abbildung. 


Bei  der  auf  3500  Lam- 
pen von  16  Kerzenstärken 
berechneten  Lichtanlage 
welche  die  Ingenieure  Drake 
und  Gorham  für  die  Pru- 
dential Assurance  Company 
in  London  (Holborn)  aus- 
geführt haben  und  für  welche 
6  Crompton- Dynamo,  jede 
von  650  Ampere  bei  80  Volt 
Spannung,  den  Strom  lie- 
fern, sind  die  für  Drake  und 


Elektrische  Anlage  in  den  Kellereien  von  Chandon  und  Cie.  ,  5 

Gorham  patentirten  Ring-Contact-Umschalter  zur  Verwendung  gekommen 
und  vermitteln  mit  bestem  Erfolge  die  Ueberiuhrung  der  in  der  Anlage 
vorhandenen  starken  Ströme.  In  der  beigegebenen  Abbildung  ist  ein 
solcher  Umschalter  (nach  Engineering,  1890  ßd.  49  *  S.  163)  dargestellt 
und  seine  Einrichtung  läfst  sich  aus  der  Figur  deutlich  genug  erkennen. 


Elektrische  Anlage  in  den  Schaumwein-Kellereien  von  Chandon  nnd  Cie. 

in  Epernay. 

Die  Weinberge  der  Champagne  umfassen  ungefähr  14300|li,1  der  jährliche 
Ertrag  2  bis  500000h',  die  gesammte  Versendung  in  Frankreich  und  ins  Aus- 
land schwankt  um  160000hl,  die  in  20000000  Flaschen  (3000000  für  Frank- 
reich und  17000000  fürs  Ausland)  gefüllt  sind.  Um  aber  dem  Weine  die 
nöthige  Klarheit,  das  feine  Bouquet  und  vor  Allem  die  völlig  gleichmäfsige 
Güte  zu  geben,  mufs  er  5  Jahre  in  den  Kellern  bleiben.  Trotz  der  stetig 
wachsenden  Ausdehnung  der  Hauptkellereien  hatte  man  sich  seither  auf  die 
Handarbeit  beschränkt  und  in  allen  unterirdischen  Räumen  war  die  Kerzen- 
beleuchtung beibehalten  worden,  weil  die  Temperatur  möglichst  niedrig  er- 
halten werden  mufs.  Seit  Kurzem  hat  aber  das  Grofshaus  Chandon  und  Cie.. 
Nachfolger  von  Moet  et  Chandon.  eines  der  ältesten  in  der  Champagne,  zur  An- 
wendung der  Elektricität  gegriffen.  Die  Anlage  ist  vom  Haus  Breguet  unter 
Mitwirkung  von  H.  Portuvin  ausgeführt  und  von  letzterem  im  Genie  cün/, 
1890  Ed.  16*  S.  417,  ausführlich  beschrieben  worden  unter  Vorausschickung 
einer  Erörterung  über  die  mit  dem  Schaumweine  vorzunehmenden  Arbeiten. 
Dieser  Beschreibung  sind  die  nachfolgenden  Angaben  entnommen. 

Die  meisten  Arbeiten  müssen  bei  einer  unveränderlichen  und  möglichst 
niedrigen  Temperatur  vollzogen  werden,  weil  jede  Temperatursteigerung  die 
Spannung  der  Kohlensäure  im  Wein  merklich  steigert  und  durch  das  Zer- 
sprengen der  Flaschen  zu  empfindlichen  Verlusten  führt.  In  den  unter- 
irdischen Kellern  mufs  das  ganze  Jahr  hindurch  während  der  ganzen  Dauer 
der  Arbeitsstunden  eine  gute  künstliche  Beleuchtung  unterhalten  werden,  und 
dies  ist  günstig  für  die  Anwendung  elektrischer  Beleuchtung,  da  sich  Ver- 
zinsung der  Anlagekosten  und  die  Abschreibung  für  dieselben  auf  eine  grofse 
Zahl  Arbeitsstunden  vertheilen.  Indessen  würden  die  Gröfse  der  zu  erleuch- 
tenden Räume,  die  Beschaffung  einer  grofsen  Lichtmenge  bald  da,  bald  dort, 
die  Ausrüstung  einzelner  Arbeiter  auf  ihrem  Arbeitsgange  durch  die  Keller 
mit  einer  Lichtquelle,  welche  eine  scharfe  Prüfung  des  Weines  ermöglicht, 
einen  unverhältnifsmäfsig  grofsen  Aufwand  für  die  Anlage  erfordert  haben, 
wenn  man  überall  da,  wo  sie  etwa  gebraucht  werden  können,  hätte  feste 
Lampen  anbringen  wollen.  Man  gab  daher  der  Beleuchtung  volle  Beweg- 
lichkeit, indem  man  nackte  Drähte  zog,  an  denen  die  Lampen  mittels  be- 
sonderer, beweglicher  Träger  zur  Entnahme  des  Stromes  befestigt  werden 
können,  mit  denen  sie  durch  biegsame  Schnuren  verbunden  sind;  dabei  er- 
zielte man  ein  Gleichgewicht  in  den  Stromkreisen,  indem  man  dieselben  rost- 
artig anordnete  und  so  bei  jeder  beliebigen  Vertheilung  der  Lampen  den 
Verlust  an  Spannung  unveränderlich  machte.  So  in  den  Kellern  und  einigen 
Theilen  der  oberirdischen  Weingewölbe.  In  den  anderen  Räumen,  Schreib- 
zimmern, Arbeitsräumen,  Vorrathsräumen  ward  die  sonst  gewöhnliche  An- 
ordnung beibehalten.  Für  die  Anwendung  der  elektrischen  Kraftübertragung 
bieten  die  mit  dem  Weine  vorzunehmenden  Arbeiten  viel  Gelegenheit;  es 
sind  zahlreiche  Fortschaffungen  nach  oben  zu  vollziehen,  mittels  Hebewerken  ; 
es  wird  viel  Wasser  gebraucht,  das  man  mit  Pumpen  heben  mufs,  zum  Theil 
zur  Trockenhaltung  der  von  Ueberschwemmung  bedrohten  Keller;  die  Flaschen- 
spülmaschinen sind  in  Gang  zu  setzen,  die  Fässer  zur  Bereitung  des  Liqneur 
in  Umdrehung  zu  versetzen,  und  eine  Anzahl  von  neuen  Maschinen  sollen 
noch  eingeführt  werden,   um    gewisse  feine  und   theuere  Handarbeiten  durch 


76  Elektrische  Anlage  in  den  Kellereien  von  Chandon  und  Cie. 

sie  ausfahren  zu  lassen.  Elektrisch  lassen  sich  diese  Maschinen  von  einer 
Stelle  aus  in  Gang  setzen,  während  bis  jetzt  selten  möglich  war,  die  an  weit 
von  einander  auszuführenden  Arbeiten  mechanisch  zu  verrichten. 

Die  elektrische  Beleuchtung  bei  Chandon  und  Cie.  Die  Keller  dieses  über  ein 
Jahrhundert  alten  Geschäftes  bilden  Gänge  von  fast  15km  Länge  und  liegen 
in  zwei  Stockwerken  unter  vier  verschiedenen,  durch  Strafsen  getrennten 
Grundstücken,  welche  mit  den  Vorrathsräumen,  den  Schreibzimmern  und  den 
Wohnungen  der  Geschaftstheilhaber  bedeckt  sind.  Alle  Keller  beider  Stock- 
werke sind  den  ganzen  Tag  durch  tragbare  Lampen,  gewöhnlich  von  16  Kerzen, 
erhellt,  welche  man  den  Arbeitsbedürfnissen  entsprechend  auf  den  an  der 
Wölbung  hingeführten  nackten  Drähten  befestigt.  Nur  die  grofsen  Gänge  für 
die  allgemeine  Bewegung  werden  mittels  fester  Lampen  von  16  oder  32  Kerzen 
beleuchtet ,  die  in  Spiegeln  von  geeigneter  Form  angebracht  sind.  Auch  in 
den  im  Erdgeschosse  liegenden  Gewölben  laufen  nackte  Drähte  für  beweg- 
liche Lampen;  einige  derselben,  die  Verpackung,  das  Gewölbe  der  Pressen, 
der  Maschinensaal,  sowie  die  Gänge  erhielten  Bogenlampen  von  ungefähr 
70  Carcel.  Die  Schreibzimmer,  die  Werkstätten  für  die  Instandhaltung  und 
die  Pferdeställe  werden  von  Lampen  von  16  und  32  Kerzen  erleuchtet,  welche 
auf  den  früher  für  die  Gasbeleuchtung  benutzten  Vorrichtungen  angebracht 
sind.  Die  Wohnungen  der  Geschaftstheilhaber  haben  zum  Theil  schon  elek- 
trische Beleuchtung  und  diese  Anlagen  müssen  vervollständigt  werden. 

Die  bewegende  Kraft  liefern  3  Dampfmaschinen  der  gewöhnlichen  Art  des 
Hauses  Breguet;  jede  treibt  2  Dynamo,  von  denen  die  eine  für  die  Glüh- 
lampen, die  andere  für  die  Bogenlampen  oder  die  Kraftübertragung  bestimmt 
ist.  Die  Dampfmaschinen  sind  zweistiefelig,  laufen  mit  350  Umdrehungen  in 
der  Minute  und  können  bei  6k  anfänglichem  Druck  eine  gröfste  Leistung 
von  60  EP  liefern.  Sie  haben  freien  Dampfauslafs,  aber  sämmtliche  Auslässe 
vereinigen  sich  in  einem  Sammler,  welcher  vor  dem  Austritt  über  Dach  durch 
einen  Speisewasserwärmer  geht.  Sie  wie  auch  die  Dynamo  ruhen  auf  asphal- 
tirtem  Mauerwerke,  damit  die  Erzitterungen  nicht  in  die  Gewölbe  der  Keller 
übertreten,  weil  diese  der  Gährung  des  Weines  sehr  schädlich   sein  würden. 

Jeder  der  3  Dampfkessel  Babcock  und  Wilcox  kann  1100k  Dampf  liefern; 
für  gewöhnlich  reichen  2  für  die  3  Maschinen  aus.  Sie  haben  versenkte 
fio&fn-Roste,  denen  die  Luft  durch  einen  Ser-Ventilator  zugeführt  wird;  man 
kann  daher  ein  sehr  billiges  Gemisch  aus  fetter  Kohle  und  Koksstaub  brennen. 
Das  Wasser  in  Epernay  ist  kalkig  und  mufs  deshalb  vor  dem  Einführen  in 
den  Kessel  (mittels  Worthington-P  nmpe  und  2  Giffard  als  Aushilfe)  gereinigt 
werden;  dies  geschieht  durch  einen  stehenden  GaMef-Reiniger. 

Eine  Rollbrücke  im  Maschinensaale  ermöglicht  das  Vornehmen  aller 
Arbeiten  an  den  Dampfmaschinen  und  Dynamo. 

Von  den  6  Dynamo  dienen  3  fürs  Glühlicht  und  haben  250  Ampere,  100 
bis  115  Volt;  sie  sind  Nebenschlufsmaschinen,  weil  die  Spannung  veränder- 
lich sein  mufs,  da  für  die  entfernteren  Oertlichkeiten  der  Anlage  nicht  so 
theuere  Leiter  verwendet  worden  sind,  um  den  Spannungsverlust,  wie  bei  den 
um  die  Centrale  liegenden,  auf  2  Volt  herabzudrücken,  vielmehr  in  diesen 
Stromkreisen  12  Volt  Verlust  zugelassen  ist  und  dieselben  von  der  einen 
oder  der  anderen  Dynamo  gespeist  werden,  deren  Spannung  mittels  des 
Rheostaten  entsprechend  regulirt  wird.  Die  Anlage  gestattet,  dafs  jede  be- 
liebige Dynamo  jeden  beliebigen  Stromkreis  speisen  kann.  Diese  Dynamo 
sind  Breguefsche,  mit  Pacinotti-Gramme-Rmg. 

Von  den  drei  anderen  (Manchester-)  Dynamo  mit  gemischter  Wickelung 
dienen  zwei  mit  55  Ampere  und  250  Volt  für  die  Kraftübertragung,  die  dritte 
mit  200  Ampere  und  70  Volt  für  die  Bogenbeleuchtung.  Die  getriebenen 
Dynamo  für  die  Kraftübertragung  sind  Raffard'' sehe  mit  Pacinotti-Gramme-Rmg ; 
diese  als  Besonderheit  von  Breguet  gebaute  Maschinenart  besitzt  llaclie  Elektro- 
magnete  und  zweitheilige  Gestelle,  damit  man  den  Ring  leicht  herausnehmen 
kann.  Ein  in  den  Erregerstromkreis  eingeschalteter  Rheostat  gestattet,  die 
Geschwindigkeit  zu  reguliren. 

Speicherzellen.  Da  die  Schreibzimmer  und  namentlich  die  Wohnungen  mit 
einer   geringeren  Zahl   von   Lampen    über   die  Arbeitsstunden    hinaus    zu   be- 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  77 

leuchten  sein  könnte,  so  wurde  eine  Batterie  von  Speicherzellen  aufgestellt. 
Anfänglich  sollte  sie  einfach  als  Hilfsapparat  dienen  und  war  aus  57  Zellen 
vun  20k  zusammengestellt.  Später  erkannte  man  es  für  nöthig,  eine  kräf- 
tigere Batterie  zu  nehmen,  um  nicht  die  Maschinen  über  die  Arbeitszeit 
hinaus  laufen  lassen  zu  müssen,  und  hat  zu  jener  noch  2  Batterien  aus  Zellen 
von  20k,  in  Parallelschaltung  zu  jener,  hinzugefügt  und  2  Batterien  aus  je 
57  Zellen  zu  60k.  Diese  Zellen  werden  über  Tags  von  einer  der  Dynamo  ge- 
laden, bei  130  Volt,  und  entladen  sich  Abends  bei  102  bis  112  Volt,  je  nach 
den  zu  ,-peisenden  Stromkreisen.  Behufs  regelmäfsiger  Abnutzung  ist  dafür 
gesorgt,  dafs  die  ersten  und  letzten  Zellen  jeder  Batterie  vertauscht  werden 
können. 

Die  Stromkreise  werden  am  Ausgange  von  den  Umschaltern  aus  isolirten 
Kabeln  gebildet.  In  den  Kellern  werden  Silicium-Kupfer-Drähte  von  Glocken, 
oder  häufiger  von  Rollen  aus  Porzellan  getragen,  die  ihrerseits  auf  Eisen- 
bügeln befestigt  sind.  Die  positiven  und  negativen  Drähte  kreuzen  sich 
sämmtlich  rostartig  in  den  verschiedenen  Kellerabtheilungen,  so  dafs  das 
ganze  Kupfer  einer  Gruppe  zur  Speisung  eines  beliebigen  Punktes  des  Ganzen 
mitwirkt  und  die  Lampen  bei  gegebenem  Kupferaufwande  mit  möglichst  ge- 
ringem Spannungsverlust  so  gruppirt  werden  können,  wie  es  die  Arbeit  er- 
fordert. Die  beiden  Stromkreise  für  112  Volt  zur  Speisung  des  (4  Dynamo 
enthaltenden,  für  Aufzug.  Pumpen,  Spülmaschinen  und  Drehung  der  Fässer 
zur  Lösung  des  Kandis)  Baumes  für  die  Kraftübertragung  und  der  Wohnungen 
können  unter  einander  verbunden  werden,  dafs  sie  bei  jeder  Leistung  der 
einzelnen  den  Spannungsverlust  ausgleichen,  wenn  sie  von  derselben  Dynamo 
gespeist  werden,  und  dafs  auch  das  Kupfer  des  Raumes  für  Kraftübertragung 
zur  Speisung  der  Wohnungen  benutzt  werden  kann,  wenn  diese  von  den 
Speicherzellen  gespeist  werden  und  die  Maschinen  still  stehen. 

Auch  in  den  meisten  anderen  Kellereien  der  Champagne  werden  jetzt 
ähnliche  Anlagen  ausgeführt. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Patentklasse  6.     Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  275  S.  430.) 

I.  Rohmaterialien  und  Malz. 
Die  Frage  nach  dem  Ersatz  des  in  der  Brennerei  zu  verwendenden 
Malzkorns  durch  Mais  wird  in  der  Zeitschrift  für  Spirilusindustrie  Bd.  13 
S.  1  aufgeworfen  und  an  derselben  Stelle  S.  31  werden  Beobachtungen 
aus  der  Praxis  über  die  Verwendung  von  Mais  zur  Erzeugung  von  Malz 
mitgetheilt,  welche  im  Allgemeinen  ein  günstiges  Resultat  ergeben  haben. 
Vom  wirtschaftlichen  Standpunkte  ist  der  Mais  jetzt  bei  dem  verhält- 
nifsmäfsig  niedrigen  Preise  im  Vergleich  zu  dem  Preise  der  Gerste  zu 
empfehlen,  andererseits  ist  technisch  die  Herstellung  von  Maismalz 
mit  gröfseren  Schwierigkeiten  verbunden.  Hauptbedingung  ist  eine  gute 
Beschaffenheit,  vor  Allem  gute  Keimfähigkeit  des  Mais,  die  jedoch  ge- 
rade oft  so  schlecht  ist,  dafs  solcher  Mais  dann  überhaupt  nicht  zu  Malz 
verarbeitet  werden  kann.  Ein  weiterer  Uebelstand  ist  der  oft  hohe 
Procentsatz  an  beschädigten  Körnern,  die  sich  nicht  vollständig  entfernen 
lassen  und  die  um  so  mehr  zu  Schimmelbildung  Veranlassung  geben, 
als  der  Mais  in  Folge  der  höheren  Temperatur  und  der  gröfseren  Höhe 
der  Haufen,  die  für  seine  Verarbeitung  erforderlich  sind,  überhaupt  schon 


78  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

sehr  zur  Schimmelbildung  neigt.  Es  ist  daher  eine  sorgfältige  Behand- 
lung auf  der  Tenne  und  eine  gründliche  jedesmalige  Reinigung  der  Tennen- 
steilen,  auf  denen  der  keimende  Mais  gelegen  hat,  durchaus  noth wendig, 
Märcker  empfiehlt  ferner  in  seinem  Handbuch  ein  sorgfältiges  Waschen 
des  halbquellreifen  Mais,  sowie  die  Anwendung  von  Salicylsäure  oder 
saurem  schwefligsaurem  Kalk  oder  auch  nur  von  mit  Salzsäure  schwach 
angesäuertem  Wasser.  Die  Höhe  der  Beete  soll  etwa  25cm,  die  Tem- 
peratur in  den  Haufen  25  bis  30°  betragen.  Wegen  der  in  Folge  der 
hohen  Mälzungstemperatur  starken  Wasserverdunstung  ist  ein  öfteres 
Begiefsen  des  wachsenden  Haufens  empfehlenswerth.  Beim  Wenden 
des  Haufens  vermeide  man  das  Werfen  in  breitem  Fluge,  um  eine  zu 
starke  Abkühlung  zu  verhüten.  Besondere  Sorgfalt  ist  auch  auf  das 
Zerkleinern  des  Maismalzes  zu  verwenden;  da  dasselbe  sich  schlecht 
zerkleinert,  mufs  es,  wenn  man  nicht  einen  gut  arbeitenden  Zerkleine- 
rungsapparat, sondern  nur  eine  gewöhnliche  Malzquetsche  verwendet, 
mindestens  dreimal  durch  dieselbe  gelassen  werden.  Ein  Waschen  des 
fertigen  Malzes  ist  zu  empfehlen.  Als  Reifezeichen  für  das  Maismalz 
ist  das  Gelbwerden  der  Spitze  des  Wurzelkeimes  anzusehen.  Gut  be- 
reitetes Maismalz  ist  auch  zur  Verarbeitung  von  Dickmaischen  wohl 
geeignet,  jedenfalls  ist  ein  theilweiser  Ersatz  der  Gerste  durch  Mais  zu 
empfehlen.  Zur  besseren  Ausnutzung  der  in  dem  Maismalz  enthaltenen 
Stärke  wird  auf  das  von  Schuster  vorgeschlagene  Verfahren  aufmerksam 
gemacht,  wonach  man  zur  Zuckerbildung  nur  einen  M&lzauszug  ver- 
wendet und  den  die  Stärke  enthaltenden  Rückstand  zu  den  Kartoffeln 
beim  Ausblasen  hinzugibt. 

Ueber  die  Anbauversuche  der  deutschen  Kartoffelkulturstation  im  Jahre 
1889  berichtet  der  Vorsteher  der  Station,  C.  v.  Eckenbrecher,  in  der  General- 
versammlung des  Vereins  der  Spiritusfabrikanten.  Der  umfangreiche, 
alle  Einzelheiten  sowohl  der  im  grofsen  Mafsstabe  auf  17  verschiedenen 
Gütern,  wie  der  im  Kleinen  auf  dem  Versuchsfelde  zu  Marienfelde  aus- 
geführten Versuche  umfassende  Bericht  ist  in  der  Zeitschrift  für  Spiritus- 
industrie Bd.  13,  Ergänzungsheft  S.  48  bis  80  veröffentlicht.  An  der- 
selben Stelle  S.  81  findet  sich  der  Bericht  von  F.  Beine  über  die  im 
Jahre  1889  zu  Kloster  Hadmersleben  ausgeführten  vergleichenden  Anbau- 
versuche mit  verschiedenen  Kartoffelspielarten,  ferner  S.  92  ein  von 
Holde  fleifs  erstatteter  Bericht  über  im  Jahre  1889  auf  Veranlassung  des 
Breslauer  landwirthschaftlichen  Vereins  ausgeführte  Kartoffelanbauversuche. 
Wir  können  auf  alle  drei  Berichte  hier  nur  aufmerksam  machen. 

II.  Dämpfen  und  Maischen. 
Ein   Maischverfahren,    welches   eine   Malzerspat  nifs    von   50   Proc.    er- 
möglicht, indem  lk  Gerste  für  50k  Kartoffeln  zur  Herstellung  einer  Maische 
von   24   bis   26    Proc.   genügen   soll,    ist    von    dem    Brenuereiverwalter 
C.  Dräger  in  Wulkow  bei   Neuhardenberg  erfunden.     Ein  von  dem  Er- 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  79 

finder  an  die  Brennereibesitzer  versandtes  Circular  gab,  wegen  der  in 
demselben  enthaltenen,  sehr  unwahrscheinlichen  Angaben  über  die  mit 
dem  Verfahren  erzielten  Erfolge,  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie 
Bd.  13  S.  39  Veranlassung,  die  gröfste  Vorsicht  bei  der  Beurtheilung 
des  Verfahrens  anzuempfehlen.  Versuche,  welche  dann  auf  Wunsch  des 
Erfinders  in  Gegenwart  Heinzelmanns  ausgeführt  wurden,  lieferten  nach 
einer  Mittheilung  in  der  genannten  Zeitschrift  S.  59  ein  namentlich  in 
Rücksicht  auf  den  geringen  Malzverbrauch  sehr  günstiges  Resultat,  so 
dafs  den  Brennereibesitzern  anheimgestellt  werden  kann,  sich  wegen 
des  Verfahrens  mit  dem  Erfinder  in  Verbindung  zu  setzen.  —  Auch  in 
der  Generalversammlung  theilte  Delbrück  mit,  dafs  die  bei  den  Versuchen 
mit  dem  Verfahren  Drägers  erzielten  Erfolge  recht  gute  gewesen  wären 
und  er  stellte  den  Antrag,  dem  Erfinder  für  das  Verfahren,  sofern  es 
sich  bei  weiterer  Prüfung  gut  erweist,  seitens  des  Vereins  eine  Prämie 
zu  zahlen  und  es  alsdann  zu  publiciren,  damit  es  an  andern  Stellen 
geprüft  werden  könne.  Die  Versammlung  stimmte  diesem  Vorschlag 
nach  dem  Bericht  im  Ergänzungsheft  des  Bd.  13  S.  28  zu. 

III.  Gährung  und  Hefe. 
Ueber  die  Anwendung  der  Fluorwasserstoßsäure  bei  der  Vergährung  von 
Maischen  nach  dem  Verfahren  der  Socie'te  generale  de  Mallose,  über  welches 
wir  1890  275  425  berichteten,  liegen  bis  jetzt  nur  wenige  Beobachtungen 
vor,  aus  denen  sich  ein  abschliefsendes  Urtheil  über  das  Verfahren  noch 
nicht  gewinnen  läfst.  Wir  entnehmen  den  in  der  Zeitschrift  für  Spiritus- 
industrie Bd.  13  S.  3,  19,  75,  83,  97  Ergänzungsheft  S.  26  und  in  der  Oester- 
reichisch-  Ungarischen  Brennereizeitung  Bd.  14  Nr.  5  und  6  veröffentlichten 
Mittheilungen  hier  das  Folgende.  Die  Anwendung  der  Flufssäure  für 
die  Hefe  scheint  sich  nicht  bewährt  zu  haben.  So  berichtet  Koser,  dafs 
nach  einem  Zusatz  von  15§  Flufssäure  zu  lhl  Hefe  die  Thätigkeit  der 
Hefe  sofort  in  Stillstand  gerieth,  so  dafs  dieselbe  verworfen  werden 
mufste.  Bei  einem  Versuch  im  Kleinen,  bei  welchem  06,5  Flufssäure 
zu  101  Hefe,  welcher  dann  noch  31  süfser  Maische  hinzugefügt  wurden, 
gegeben  war,  trat  nach  6  Stunden  noch  keine  Gährung  ein.  Diese 
Beobachtung  bestätigt  J.  Spitzer,  bei  dessen  Versuchen  die  Gährthätig- 
keit  der  Hefe  auch  vollständig  erlosch,  als  derselben  15?  Flufssäure  zu 
lhl  zugesetzt  waren.  Ein  Zusatz  der  Säure  zur  Malzmilch  war  ohne 
Nachtheil,  aber  auch  ohne  Erfolg  für  die  Ausbeute,  und  dieses  Resultat 
ist  bei  den  meisten  der  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Versuche,  bei 
denen  die  Flufssäure  zu  der  Maische  gegeben  wurde,  zu  verzeichnen. 
Trotzdem  ist  ein  abschliefsendes  Urtheil  über  das  Verfahren  noch  nicht 
zulässig,  denn  der  Widerspruch,  in  dem  die  in  Deutschland  geinachten 
Erfahrungen  mit  den  von  den  Erfindern  in  Frankreich  erzielten  Erfolgen 
stehen,  kann  sehr  wohl  darin  seine  Erklärung  finden,  dafs  die  deutschen 
Versuche  in  sehr  gut  geleiteten  Brennereien  zur  Ausführung  gekommen 


80  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

sind,  wo  eine  Steigerung  im  Ertrage  überhaupt  vielleicht  nicht  mehr  mög- 
lich war.  Der  Umstand  nämlich,  dafs  durchweg  bei  allen  Versuchen 
entschieden  eine  Verminderung  in  der  Säurebildung  beobachtet  wurde, 
mithin  die  Ansicht  der  Erfinder,  dafs  durch  die  Flufssäure  die  Spalt- 
pilzgährungen  unterdrückt  werden,  sich  bestätigte,  rechtfertigt  die  An- 
nahme, dafs  das  Verfahren  in  solchen  Brennereien,  in  denen  starke 
Säurebildung  auftritt,  einen  sehr  guten  Erfolg  haben  kann.  Es  ist  daher 
auch  gerechtfertigt,  wenn  die  Erfinder  zur  Prüfung  ihres  Verfahrens  in 
solchen  minder  gut  geleiteten  oder  an  unvermeidlichen  Fehlern  leiden- 
den Brennereien  auffordern,  um  so  mehr,  als  sie  die  Kosten  der  Ver- 
suche zu  tragen  sich  bereit  erklären. 

Kruis  verwendete  bei  seinen  Versuchen  nur  400^  Flufssäure  auf 
45hl  Maische  und  glaubt,  dafs  das  Ausbleiben  des  Erfolges  in  Bezug  auf 
die  Ausbeute  auch  in  der  ungenügenden  Menge  der  zur  Anwendung 
gelangten  Säure  liegen  könne.  Er  weist  noch  darauf  hin,  dafs  die 
antiseptische  Wirkung  der  Flufssäure  jedenfalls  auch  deren  Salzen  zu- 
kommen mufs,  da  doch  anzunehmen  sei,  dafs  die  Säure  in  der  Maische 
sich  nicht  mehr  im  freien  Zustande  befinden  wird.  Eine  antiseptische 
Wirkung  der  Fluoride  ist  auch  sehr  wahrscheinlich,  da  dieselbe  für  die 
Salze  der  Kiesel-  und  Borfluorwasserstoffsäure  bereits  nachgewiesen  ist. 
So  fand  J.  F.  Homeyer  eine  gährungshemmende  Wirkung  beider  Säuren, 
sowie  ihrer  löslichen  Salze,  wenn  dieselben  in  Mengen  von  0,1  bis  0,5 
Proc.  einer  lOprocentigen  Traubenzuckerhefemischung  zugesetzt  wurden 
(Pharmaceutische  Zeitung  1889  34  761). 

Auf  die  Versuche,  über  welche  Delbrück  in  der  Generalversamm- 
lung berichtete,  mag  hier  noch  etwas  näher  eingegangen  werden.  Der 
eine  Versuch  wurde  von  Hesse  in  Marzdorf  ausgeführt.  Die  Säurezu- 
nahme während  der  Gährung  betrug  bei  Anwendung  von  Flufssäure  nur 
0,2  gegen  0,4  bis  0,6  ohne  Flufssäure.  Es  hatte  hier  also  die  Flufs- 
säure die  Spaltpilzgährungen  vollständig  unterdrückt,  da  die  geringe 
Säurezunahme  von  0,2  auch  auf  die  Hefe  zurückgeführt  werden  kann 
(gesunde  Säure).  Die  Angährung  fand  etwas  schnell  statt,  die  Nach- 
gährung  wurde  aber  durch  die  Flufssäure  so  verlangsamt,  dafs  der  Er- 
trag zurückblieb.  Bei  dem  zweiten  Versuch,  welchen  Mankiewicz  in 
Falkenrehde  ausführte,  fand  bei  Gegenwart  von  Flufssäure  auch  keine 
Säurebildung  statt,  der  Ertrag  wurde  auch  nicht  erhöht,  aber  die  Gäh- 
rung war  eine  reinere,  denn  trotz  der  geringeren  Vergährung  mit  Flufs- 
säure blieb  der  Ertrag  nicht  zurück.  Auch  schien  der  gewonnene 
Spiritus  reiner  zu  sein,  so  dafs  derselbe  voraussichtlich  einen  höheren 
Kaftinationswerth  besitzen  wird.  Auch  aus  diesem  Grunde  erscheinen 
weitere  Versuche  mit  dem  Verfahren  erwünscht,  Delbrück  spricht  auch 
an  dieser  Stelle  die  Ansicht  aus,  dafs  die  Flufssäure  ein  Mittel  sein 
wird,  um  in  weniger  guten  Betrieben  Fehler,  welche  durch  schlechtes 
M:ilz   oder    nicht   ganz    sachkundige  Leitung   entstehen,    auszugleichen. 


Uebei  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikatioti.  81 

Bemerkt  sei  noch;  dafs  bei  der  Verfütterung  der  nach  dem  Verfahren 
erhaltenen  Schlampe  keine  Unzuträglichkeiten  beobachtet  sind.  Man- 
kieuicz  legt  ein  besonderes  Gewicht  darauf,  dafs  durch  die  Anwendung 
der  Flufssäure  die  Säurebildung  in  der  Schlampe  vollständig  vermieden 
wird.  Bei  seinen  Versuchen  trat  sogar  dann  keine  Säurebildung  auf, 
als  48  Stunden  über  die  gewöhnliche  Gährdauer  hinausgegangen  wurde. 
Die  Versuche  wurden  mit  Malzmilch  ausgeführt  in  der  Art,  dafs  nach 
dem  Ausblasen  die  Malzträber  zugesetzt,  auf  50°  gekühlt,  die  Flufssäure 
zugegeben,  unmittelbar  darauf  die  Malzmilch,  dann  sogleich  auf  20  bis 
22,5°  heruntergekühlt,  die  Hefe  zugesetzt  und  der  Bottich  ausgepumpt 
wurde.  Trotz  dieser  Arbeitsweise,  bei  welcher  in  Folge  der  niedrigen 
Temperatur  ohne  Flufssäure  unzweifelhaft  eine  starke  Säurebildung  ein- 
getreten wäre,  war  bei  Anwendung  der  Flufssäure  der  Ertrag  der  gleiche 
wie  bei  normaler  Arbeitsweise.  Mankiewicz  hält  daher  dies  Resultat 
für  ein  sehr  günstiges  und  glaubt,  dafs  die  Flufssäure  da,  wo  sich  leicht 
Nebenfermente  bilden,  eine  grofse  Zukunft  hat. 

Welches  sind  die  besten  Heferassen  zur  Vergährung  von  Dickmaischen^ 
und  icelche  eignen  sich  hervorragend  zur  Erzielung  hoher  Hefeausbeuten  in 
der  Prefshefefabrikation?  Mittheilung  von  Züchtungsresultaten  mit  37 
Reinhefen.  Von  Lindner.  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie  Bd.  13  Er- 
gänzungsheft S.  29.  In  der  einen  Versuchsreihe  wurden  22,  hauptsäch- 
lich aus  Brauereien  stammende  Hefen,  in  der  zweiten  Versuchsreihe  die 
aus  Prefshefefabriken,  Brennereien  und  obergährigen  Brauereien  her- 
stammenden Hefen  geprüft.  Die  Prüfung  erstreckte  sich  nach  zwei 
Richtungen,  indem  sowohl  die  Hefeproduction,  wie  auch  das  Vermögen 
zur  Vergährung  hochconcentrirter  Maischen  festgestellt  wurde.  Für  den 
ersten  Zweck  diente  eine  etwa  12procentige,  gehopfte,  aus  einer  unter- 
gährigen  Brauerei  bezogene  Würze,  für  die  Vergährungsfähigkeit  wurde 
eine  29procentige  Maltoselösung  benutzt.  Bei  der  ersten  Versuchsreihe 
schwankte  die  Hefeernte  von  4,3  bis  12?:  im  Allgemeinen  zeichneten 
sich  die  Hefen  aus  obergährigen  Brauereien  durch  eine  aufserordentliche 
Hefeproduction  aus.  Bezüglich  des  Zusammenhanges  zwischen  Hefe- 
production und  Vergährung,  Säurebildung  und  Stickstoffentnahme,  hat 
sich  im  Allgemeinen  ergeben,  dafs  mit  zunehmender  Hefeernte  auch  aus 
der  Würze  mehr  Extract  herausgenommen  wurde:  je  mehr  Hefe  produ- 
eirt  wurde,  desto  mehr  Säure  wurde  auch  gebildet  und  desto  mehr  Stick- 
stoff wurde  aus  der  Würze  herausgenommen.  Jedoch  erfahren  diese 
allgemeinen  Regeln  auch  viele  und  oft  sehr  merkwürdige  Ausnahmen. 
Die  bei  diesen  Versuchen  gewonnenen  Hefen  wurden  später  zur  Ver- 
gährung concentrirter  Maltoselösung  verwendet,  und  es  zeigte  sich  hier- 
bei im  Allgemeinen,  dafs  diejenigen  Hefen,  welche  in  Bierwürze  die 
höchsten  Erträge  an  Hefe  geliefert  hatten,  auch  im  Stande  waren,  die 
höchsten  Alkoholausbeuten  in  der  concentrirten  Maltoselösung  zu  geben, 
jedoch  stiegen  die  Zahlen  nicht  gleichmäfsig,  denn  die  höchste  Alkohol- 

Oingler's  polyt.  Journal  Hri.277  Nr.  t.  1890,111.  6 


82  lieber  Fortschritte  in  der  Spiritusi'abrikation. 

ausbeute  gab  z.  B.  eine  Hefe  mit  dem  mittleren  Erntegewicht  von  88,9. 
In  der  zweiten   Versuchsreihe   schwankte    die   Hefeernte   zwischen   9,3 
und  19^,5.    Die  höchsten  Ernten  gaben  einige  Weifsbierhefen,  die  Prefs- 
hefen   lieferten   zumeist  nur  mittlere  und  die  Brenuereihefen  zum  Theil 
mittlere,   zum  Theil   geringe  Ernten.     Aber  es  kommt  ja  nicht  auf  die 
Hefeproduction  allein  an,  sondern  auch  darauf,  ob  die  Hefen  energisch 
gähren.     Als   Mafsstab   für   die  Gährungsenergie   wurde  die  Zeit  ange- 
nommen, innerhalb  welcher  ein  Kohlensäureverlust  von  368  eintrat,  und 
es  zeigte  sich  hierbei,  dafs  die  Energie  am  bedeutendsten  war  bei  einer 
Brennereihefe,   einer  Weifsbierhefe   und   einer  Prefshefe,   dafs   aber  im 
Allgemeinen  die  Prefshefen  zu  den  energischst  vergährenden  Hefen  ge- 
hören, während  unter  den  Brennereihefen  solche  sind,  welche  nur  lang- 
sam   den    genannten    Kohlensäureverlust    erreichen.      Auch    bei    dieser 
Versuchsreihe  wiederholte  sich,  allerdings  wieder  mit  Ausnahmen,  die 
Regel,  dafs  je  mehr  Hefe  producirt  wird,  auch  desto  mehr  Extract  ver- 
gohren  wird.    Bei  der  Prüfung  dieser  Hefen  zur  Vergährung  der  Maltose- 
lösung zeigte  sich  dagegen  ein  grofser  Unterschied  gegen  die  erste  Ver- 
suchsreihe, denn  während  bei  den  Bierhefen  diejenigen,  welche  das  gröfste 
Sprofsvermögen  besafsen,  auch  den  gröfsten  Alkoholertrag  lieferten,  trat 
hier  das  Umgekehrte   ein;   die  Maltoselösung  wurde  am  stärksten  von 
denjenigen  Hefen   vergohren,   welche  in  der   untergährigen  Würze  die 
niedrigste    Ernte    gegeben    hatten.     Eine   Ausnahme    machte  hier  eine 
Weifsbierhefe,  welche  die  höchste  Hefemenge  gegeben  hatte  und  in  der 
Maltoselösung  auch  den  meisten  Alkohol  lieferte.   Zieht  man  beide  Ver- 
suchsreihen in  Betracht,  so  ergibt  sich  folgendes  Resultat.     Es  sind  die 
höchsten   Hefeernten  hauptsächlich   von   Hefen  aus  obergährigen   Bier- 
brauereien  ei-reicht,    insbesondere    von  Hefen    aus  Weifsbierbrauereien 
und   letztere  waren  es  auch,   welche   bei  der  Vergährung  hochconcen- 
trirter  Maltoselösungen  sehr  hohe  Alkoholausbeuten  lieferten.   Betrachtet 
man   endlich   die  in  der  zweiten  Versuchsreihe  untersuchten  drei  Hefe- 
arten für  sich,  so  ergibt  sich  folgendes.     Bei  den  Prefshefen  linden  sich 
in  der  Hefeproduction  Differenzen  zwischen  9,3  und  16",3,  in  der  Alko- 
holausbeute solche  von  11,8  bis  14,1  Vol.-Proc.    Die  höchste  Alkoholaus- 
beute  gaben   zwei   Prefshefen   mit   nur  9,3  resp.  12^,1    Hefeproduction. 
Bei    den    Brennereihefen    schwankt    die   Hefeproduction    zwischen    9,3 
und  14«,3,  die  beste  Hefe  erreichte  also  die  beste  Prefshefe  in  der  Pro- 
duktion nicht.    Die  höchste  Alkoholausbeute  lieferten  auch  hier  die  Hefen 
mit  der  geringsten  Production,  nämlich  eine  solche  mit  98,8  einen  Alko- 
holertrag von   14,5  Vol.-Proc.     Unter  den  Brennereihefen  kamen   auch 
solche    vor,   welche   sehr   wenig  geeignet  zur  Vergährung  concentrirter 
Maltoselösung  sich  erwiesen,  denn  es  lieferte  z.  B.  eine  Hefe  mit  12-,1 
Ernte  nur  9,1   Vol.-Proc.   Alkohol,   ja,    es  fand   sich   sogar  eine  Hefe, 
welche  in  Würze   überhaupt  nicht  zu  gähren  vermochte;    dieselbe  war 
aus  einer  Hefeprobe  isolirt,  welche  aus  einer  Brennerei  stammte,  die  an 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  83 

Schaumgährimg  litt.  Die  Bierhefen  ergaben  in  der  Ernte  Schwankungen 
von  11,8  bis  198,5,  letztere  Zahl  stellt  unter  allen  Proben  die  höchste 
Ernte  vor.  Bei  der  Vergährung  der  Maltoselösung  gab  eine  Weifsbier- 
hefe  den  höchsten  beobachteten  Ertrag  von  15,2  Vol.-Proc.  Alkohol. 
Der  Verfasser  ist  der  Ansicht,  dafs  die  von  ihm  beobachteten  Verschieden- 
heiten der  Heferassen  sich  auch  bei  der  Verpflanzung  derselben  in  den 
Betrieb  zeigen  werden,  und  dafs  es  demnach  sowohl  für  die  Brennerei 
wie  für  die  Prefshefefabrikation  durchaus  nicht  gleichgültig  sein  kann, 
ob  man  diese  oder  jene  Hefe  verwendet.  Von  besonderem  Interesse  ist 
noch  die  bei  den  Versuchen  gemachte  Beobachtung,  dafs  sich  unter  den 
Hefen  der  obergährigen  Brauereien  solche  linden,  welche  sowohl  in  Be- 
zug auf  Hefeproduction,  wie  auch  im  Sinne  der  Vergährung  hochcon- 
centrirter  Maltoselösungen  das  Meiste  leisten. 

Im  Anschlufs  an  diese  Untersuchungen  berichtet  Delbrück  an  der- 
selben Stelle  S.  30  über  den  Einflufs  der  Lüftung  auf  Hefe  und  Gährung 
und  ihre  Benutzung  zur  Vermehrung  der  Hefeausbeute  in  der  Prefshefe- 
fabrikation und  zur  Vergährung  der  Dickmaischen,  nach  Untersuchungen 
von  Gronow  und  Irmisch.  Durch  diese  Versuche  sollte  festgestellt  wer- 
den, wie  die  Hefe  durch  die  Anwendung  von  Luft  beeinflufst  wird,  wenn 
Luft  in  die  Maische  oder  in  die  Flüssigkeiten,  in  denen  Hefe  enthalten 
ist,  eingeprefst  wird,  und  wie  sich  die  verschiedenen  Hefearten  zu  dieser 
Mitwirkung  der  Luft  verhalten.  Schon  aus  den  Untersuchungen  von 
Hayduck  war  bekannt,  dafs  die  Zuführung  von  Luft  das  Hefewachsthum 
ungemein  befördert,  auch  in  der  Praxis  hat  man  Versuche  mit  der  Lüf- 
tung bereits  gemacht,  aber  zu  einer  Ausnutzung  des  Lüftungsverfahrens 
in  umfangreicher  Weise  ist  es  in  Deutschland  bisher  nicht  gekommen. 
Erst  neuerdings  ist  die  Frage  wieder  angeregt  durch  den  Vorschlag  von 
Bennewitz  (vgl.  1890  275  381).  Für  die  vorliegenden  Versuche  wurde 
eine  klare,  etwa  Sprocentige,  aus  Darrmalz  hergestellte  Würze  verwendet. 
Dieselbe  wurde  mit  Prefshefe  zur  Gährung  angestellt  und  während  der 
Gährung  gelüftet;  nach  beendeter  Gährung  wurde  tiltrirt,  die  auf  dem 
Filter  verbleibende  Hefe  geprefst  und  gewogen.  Bei  einer  Gährdauer 
von  nur  8  Stunden  und  einer  Temperatur  von  28,7  bis  30°  erhielt  man, 
auf  100k  Malz  bezogen,  30k  Hefe,  also  eine  enorm  hohe  Ausbeute,  denn 
dieselbe  beträgt  das  Zwei-  bis  Dreifache  der  Ausbeute  in  der  Praxis  der 
Prefshefefabrikation.  Der  vergleichende  Versuch  ohne  Lüftung  ergab 
eine  Ausbeute  von  20,9  bis  23k,l  Hefe.  Der  günstige  Einflufs  der  Lüf- 
tung ist  also  unverkennbar,  aber  auch  ohne  Lüftung  ergab  die  klare 
Würze  etwa  das  Doppelte  der  Ausbeute  der  Praxis,  welche  nur  11  bis  l-k 
auf  100k  Malz  beträgt.  Nach  diesem  Resultat  erscheint  es  dem  Ver- 
fasser angezeigt,  dafs  die  Prefshefefabrikation  jedenfalls  mit  Versuchen 
vorgehen  mufs,  mit  Würzen  zu  arbeiten,  wie  es  seit  alter  Zeit  in  Hol- 
land geschieht,  und  dafs  dabei  weiter  so  vorgegangen  werden  mufs,  dafs 
in  die  Würze  Luft  während  der  Gährung  eingeblasen  wird. 


84  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Es  wurden  nun  Versuche  über  die  Dauer  des  Lüftens  angestellt  und 
/.war  mit  folgendem  Resultat: 

Bei    2,5stündiger  Lüftung  28,0  bis  29,3  Proc.  Ausbeute 

„      0,5         „  „         30,8  „  „ 

8,5         „  „         31,6  „  „ 

„    21,0        n  »        30,8  „  „ 

Es  ist  also  nicht  erforderlich,  länger  als  etwa  4  Stunden  zu  lüften, 
und  eine  übermäfsige  Lüftung  erscheint  dem  Verfasser  sogar  schädlich. 

Weitere  Versuche  über  den  Einfluß  der  Säure  auf  die  Hefeausbeutc 
zeigten,  dafs  mit  oder  ohne  Säure  ganz  gleich  viel  Hefe  producirt  wurde, 
und  wenn  man  den  Zusatz  von  Säure  etwas  übertrieb,  sogar  eine  ent- 
schiedene Schädigung  herbeigeführt  wurde.  Es  wurden  erzielt  28,3  bis 
30,4  Proc.  Hefe  ohne  Säure,  28,6  Proc.  bei  0,1  Säure,  27,3  bei  0,2  und 
23,0  bei  0,3  Säure.  Ein  geringes  Uebermafs  von  Säure  hatte  also  eine 
Verminderung  der  Ausbeute  um  7  Proc.  bewirkt. 

Da  die  Hefeproductiou,  wie  schon  von  Reinke  festgestellt  war,  bis 
zu  einem  gewissen  Grade  auch  von  der  Gröfse  der  Aussaat  abhängig 
ist,  wurden  auch  in  dieser  Richtung  Versuche  angestellt,  indem  auf 
100cc  Würze  08,5,  ls,0  und  28,0  Prefshefe  gegeben  wurden,  und  es  wur- 
den dabei  28,2,  30,6  und  30,4  Proc.  Hefe  erhalten;  eine  Aussaat  von 
0,5  Proc.  war  also  zu  gering,  1,0  Proc.  ist  günstig  und  2,0  Proc.  gibt 
keinen  höheren  Ertrag  mehr.  Da  Malz  zur  Herstellung  der  Würze  zu 
theuer  ist,  wurde  in  einem  Versuch  die  Hälfte  Malz  und  die  Hälfte 
Roggen  gemaischt,  nachdem  man  den  Roggen  nach  Ilaydudts  Vorgang 
zur  Löslichmachung  der  Eiweifsstoffe  18  Stunden  bei  50  bis  55°  mit 
0,4procentiger  Milchsäure  behandelt  hatte.  Der  Versuch  war  aber  von 
keinem  Erfolge,  denn  trotz  der  Lüftung  wurden  nur  11,5  resp.  11,8  Proc. 
Hefe  gewonnen. 

Durch  die  Lüftung  findet  natürlich  ein  Verlust  an  Alkohol  statt.  Der- 
selbe ist  aber  nicht  sehr  bedeutend,  denn  es  wurde  durch  den  Versuch 
nur  ein  Verlust  von  8  Proc.  des  zu  erzeugenden  Alkohols  ermittelt. 
Delbrück  macht  zur  Verminderung  dieses  Verlustes  den  Vorschlag,  ver- 
schiedene geschlossene  Gährbottiche  mit  einander  in  Verbindung  zu 
stellen  und  nun  die  mit  Alkohol  geschwängerte  Luft  aus  dem  einen  in 
den  anderen  streichen  zu  lassen,  damit  nur  die  Luft,  welche  aus  dem 
letzten  Bottich  abgeht,  Alkohol  mitnimmt. 

Eine  Prüfung,  wie  sich  die  verschiedenen  Heferassen  zur  Lüftung  ver- 
halten, führte  wider  Erwarten  zu  dem  merkwürdigen  Resultat,  dafs  die- 
jenigen Hefen,  welche  ein  grofses  Sprofsvermögen  besitzen,  und  daher 
in  der  Behandlung  ohne  Luft  gerade  die  besten  waren,  sich  mit  der 
Lüftung  nicht  gut  erwiesen.  Allerdings  waren  hier  die  Resultate  sehr 
ungleich,  so  dafs  sichere  Schlüsse  nicht  gezogen  werden  können.  Im 
Allgemeinen  wurde  mit  den  aus  gehopften  Bierwürzen  gezogenen  Hefen 
eine  geringere  Ausbeute  als  mit  den  Prefshefen  erzielt.    Als  Grund  hier- 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  85 

für  vermuthet  der  Verfasser,  dafs  die  gekochte  und  gehopfte  Würze, 
aus  welcher  die  Eiweifsstoffe  durch  das  Kochen  entfernt  waren,  die 
Helen  nicht  so  gut  ernährt  hat.  Abgesehen  von  der  geringeren  absoluten 
Ausbeute  mit  diesen  Versuchshefen  gegenüber  der  Prefshefe  zeigten  die 
einzelnen  Rassen  aber  unter  einander  sehr  grofse  Unterschiede,  nämlich 
von  14,1  bis  zu  25  Proc.  Hefeausbeute. 

Es  war  nun  weiter  die  Qualität  der  durch  Lüftung  gewonnenen 
Hefe  zu  prüfen,  und  dies  geschah,  indem  man  sie  zur  Vergährung  von 
concentrirten  Dickmaischen  verwendete.  Dabei  zeigte  sich,  dafs  die 
mit  Lüftung  behandelten  Hefen  doch  an  Gährkraft  offenbar  etwas  ein- 
büfsten,  denn  wenn  dieselben  direkt  in  die  Maische  übertragen  und  nicht 
besondere  Manipulationen  vorgenommen  wurden,  um  sie  in  ihrer  Thätig- 
keit  zu  unterstützen,  so  wurden  nicht  so  hohe  Vergährungen  damit  er- 
zielt als  mit  der  ungelüfteten  Hefe.  Nach  Versuchen  von  Hayduck, 
wonach  man  Hefe  ohne  stickstoffhaltige  Stoffe  in  einer  lOprocentigen 
Zuckerlösung  unter  Zusatz  von  etwas  Salzen  durch  Lüftung  zum  Sprossen 
bringen  kann,  ist  die  geringe  Gährkraft  der  gelüfteten  Hefe  auch  er- 
klärlich, denn  es  ist  zu  vermuthen,  dafs  die  Vermehrung  der  Hefeaus- 
beute darauf  beruht,  dafs  das  Nährmaterial  an  Stickstoff  oder  Eiweifs- 
stoffen  auf  viel  mehr  Hefezellen  vertheilt  wird.  Schlüsse  über  die 
Verwendbarkeit  der  gelüfteten  Hefe  für  Backzwecke  kann  der  Verfasser 
vorläufig  noch  nicht  ziehen. 

In  einer  anderen  Versuchsreihe  wurde  die  Frage  der  Lüftung  in 
Bezug  auf  die  Gährung  von  Dickmaischen  energisch  in  Angriff  genommen. 
Frühere  Versuche  über  die  Vergährung  concentrirter  Maischen  hatten 
gezeigt,  dafs  es  leicht  gelingt,  Rohrzuckerlösungen  innerhalb  der  gesetz- 
lichen Gährzeit  so  zu  vergähren,  dafs  die  Lösung  18  Proc.  Alkohol 
enthält,  während  bei  Maltoselösungen  nur  unter  Zuhilfenahme  eines  Zu- 
satzes von  Trabern  oder  Roggenschrot  13  bis  14  Proc.  erreicht  werden 
konnten.  Es  lag  nun  der  Gedanke  nahe,  durch  Anwendung  der  Lüftung 
auch  bei  der  Maltose  eine  bessere  Vergährung  zu  erzielen.  Versuche 
in  dieser  Richtung  mit  einer  concentrirten  Maltoselösung,  welche  bei 
vollständiger  Vergährung  16  Proc.  Alkohol  geben  mufste,  führten  aber 
zunächst  zu  keinem  Resultat.  Es  'wurden  nun  die  verschiedenen,  bei 
den  Versuchen  Lindner  s  gewonnenen  Heferassen  geprüft  und  zwar  in 
der  Weise,  dafs  in  der  einen  Serie  die  eine  Hälfte  der  Hefen  ohne  Lüf- 
tung, in  der  anderen  Serie  die  zweite  Hälfte  mit  Sstündiger  Lüftung  ver- 
wendet wurde.  Der  Erfolg  war,  dafs  mit  wenigen  Ausnahmen  durch 
die  Zuführung  von  Luft  ein  Mehrgehalt  von  Alkohol  erzielt  wurde;  es 
fand  also  nicht  blofs  ein  Mehrwachsen  von  Hefe,  sondern  auch  eine 
höhere  Vergährung  statt.  So  ergab  eine  Hefe  ohne  Luft  11,2,  mit 
Luft  12,  eine  andere  ohne  Luft  13,  mit  Luft  14,6,  endlich  die  aus  einer 
Weifsbierbrauerei  stammende  Hefe,  welche  auch  in  der  Bierwürze  das 
höchste  Sprofsvermögen  gezeigt  hatte,  ohne  Luft  15,  mit  Luft  aber  die 


86  lieber  Fortschritte  in  der  Spiritasfabrikation. 

höchst  mögliche  Ausbeute  von  16  Proc.  Alkohol.  Diese  Zahlen  über 
den  Alkoholgehalt  sind  durch  Alkoholbestimmung  in  den  Maischen,  wie 
sie  vorlagen,  gewonnen.  Mit  der  Lüftung  ist  also  nicht  blofs  mehr 
Alkohol  in  der  Maische  übrig  geblieben,  sondern  es  ist  auch  für  den 
Verlust  Ersatz  geschaffen,  welcher  sich  ergibt  durch  den  Alkohol,  wel- 
chen die  durchstreichende  Luft  mit  sich  nimmt. 

Der  Verfasser  geht  nun  zu  Versuchen  über,  welche  von  Heinzelmann 
in  Niemojewo  mit  dem  Verfahren  von  Bennewitz  ausgeführt  wurden. 
Die  wesentlichsten  Beobachtungen,  welche  bei  diesen  Versuchen  im 
Grofsen  gemacht  wurden,  waren  folgende:  1)  es  findet  eine  sehr  starke 
Angährung  statt,  welche,  wie  die  ausgeführten  Hefezählungen  zeigen, 
durch  eine  starke  Vermehrung  der  Hefe  bewirkt  wird.  2)  Der  Alkohol- 
gehalt in  der  vergohrenen  Maische  war  nicht  erhöht,  aber  auch  nicht 
vermindert,  also  ein  Beweis,  dafs,  wenn  der  Luftstrom  Alkohol  aufnimmt, 
dieser  Verlust  jedenfalls  durch    bessere   Vergährung  eingebracht  wird. 

3)  Man  ist  in  der  Lage,  durch  die  lebhafte  Bewegung,  welche  der  ein- 
geblasene  Luftstrom   hervorbringt,    erheblich    an   Steigraum    zu   sparen. 

4)  Der  Spiritus  der  gelüfteten  Maische  erwies  sich  als  reiner.  Hiernach 
fafet  Delbrück  seine  Schlufsbetrachtungen  dahin  zusammen,  dafs  man 
mit  der  Lüftung  in  der  Praxis  ganz  entschieden  vorgehen  müsse,  zwar 
nicht  bei  der  Hauptgährung,  denn  diese  Wirkung  der  Luft  als  Rühr- 
mittel käme  weniger  in  Frage  und  es  mufste  dahingestellt  bleiben,  ob 
ein  wirkliches  Rührwerk  nicht  mehr  und  Bequemeres  leisten  könnte, 
dagegen  müfste  die  Eingangslüftung  entschieden  durchgeführt  werden, 
wenn  es  nur  in  der  Praxis  gelingt,  die  dann  allerdings  eintretende  sehr 
stürmische  Gährung  zu  bändigen,  so  dafs  die  Temperatureutwickelung  in 
angemessenen  Grenzen  gehalten  werden  kann.  Veranlafst  durch  die  Be- 
obachtung, dafs  die  mit  Luft  behandelte  Hefe  in  den  Dickmaischen  einen 
besseren  Alkoholertrag  hervorgebracht,  aber  zu  ihrer  Thätigkeit  eine 
längere  Zeit  gebraucht  hat,  regt  Verfasser  die  Frage  an,  ob  es  nicht 
zweckmäfsig  wäre,  dahin  zu  streben,  bei  Dickmaischen  die  Gährzeit  um 
einen  Tag  zu  verlängern;  man  würde  dann  mit  Hilfe  einer  ausreichen- 
den Kühlung  zu  einem  Resultat  kommen  können.  Die  Lüftung  selbst 
würde  so  durchzuführen  sein,  dafs  man  Luftcompressoren  aufstellt,  die 
Luft  in  Bassins  sammelt  und  dann  weiter  verwendet.  Die  Prefsluft 
könnte  ausgenutzt  werden:  1)  als  Triebkraft  nach  dem  System  Popp 
zum  Bewegen  von  Schlampe  und  Spiritus,  2)  zum  Kühlen  und  Concen- 
triren  der  Maische  in  den  Maischbottichen,  3)  zum  Lüften  der  Hefe  beim 
Säuren  im  Hefegefäfs,  4)  zum  Lüften  der  Hefe  während  der  Angährung, 

5)  zum  Lüften  der  Gährbottiche,  6)  endlich  zum  Ventiliren  von  Gähr- 
und  Malzkeller.  In  einfachster  Weise,  ohne  Anwenduug  besonderer 
Vorrichtungen,  wäre  auch  die  Lüftung  im  Vormaischbottich  durch  ein- 
faches Durcharbeiten  der  Maische  zu  versuchen.  In  jedem  Falle  aber 
mufs,  wrenn  man  Lüftungsversuche  macht,  eine  energische  Kühlung  an- 


öeber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  87 

gewandt   werden,    nm   eine   allzu    hohe   Temperatursteigerung   zu    ver- 
hindern. 

Zum  Schiufa  kommt  der  Verlasser  noch  auf  die  Schwierigkeiten  zu 
sprechen,  welche  die  Beschaffung  der  Reinzucht  liefe  für  die  Brennerei 
hat  (vgl.  1890  275  347)  und  bemerkt,  dafs  diese  Frage  im  Ausschufs 
erörtert  ist,  und  dafs  er  holft,  dafs  es  in  nicht  allzulanger  Zeit  möglich 
sein  wird,  zu  nicht  zu  hohen  Preisen  Reinzuchthefen  der  Praxis  zur 
Verfügung  zu  stellen. 

Von  Interesse  für  die  Frage  über  den  Einflufs  der  Lüftung  auf  die 
Gährung  sind  auch  die  Beobachtungen  von  Durin.  welche  wir  schon  in 
unserem  Referate,  1890  275  381,  kurz  mittheilten.  Wir  geben  hier  die 
Schlufsfolgerungen,  welche  der  Verfasser  aus  seinen  Untersuchungen 
zieht,  nach  Moniteur  Industriell  1890  S.  37,  wieder:  1)  Obgleich  es  ab- 
solut sicher  ist,  dafs  die  Kohlensäure  keinen  eigentlich  schädlichen  Ein- 
flufs auf  die  Hefe  ausübt,  läfst  sich  doch  nicht  läugnen,  dafs  die  Ab- 
wesenheit der  Luft  unter  Umständen  schwere  Störungen  in  der  Gährung 
hervorgerufen  hat  und  dafs  diese  Störungen  nach  Durchleitung  von 
Luft  verschwunden  sind.  2)  Luftabschlufs,  verbunden  mit  dem  Ein- 
flüsse besonderer  Umstände,  hat  die  Lebenskraft  des  Fermentes  zu 
schwächen  vermocht,  und  die  Bildung  von  der  Hefe  schädlichen  Producten 
(Untersalpetersäure  u.  s.  w.)  war  die  Folge  der  reducirenden  Wirkung 
der  Gährung.  3)  Die  Reductionswirkung  kann  die  Ursache  oder  eine 
der  Ursachen  zu  der  Gegenwart  der  Aldehyde  und  der  höheren  Alkohole 
in  allen  industriellen  Gährungen  sein.  Luftzufuhr  kann  diese  Reduction 
vorteilhaft  verändern.  4)  Es  ist  ebenso  möglich  —  wie  aus  den  Ver- 
suchen mit  Getreidemaischen  hervorgeht  —  dafs  die  durch  eine  be- 
stimmte Luftzufuhr  erregte  Gährkraft  der  Hefe  mehr  oder  weniger 
veränderte  Zuckerarten  vergährt.  5)  Der  Verlust  an  Alkohol,  welcher 
durch  eine  passend  geregelte  Luftzufuhr  hervorgebracht  wird,  beträgt 
nur  den  zehnten  Theil  von  dem,  welchen  die  natürliche  Entwickelung 
der  Kohlensäure  mit  sich  bringt.  —  Ueber  die  Verluste,  welche  durch 
Verdunsten  von  Alkohol  während  der  Gährung  entstehen,  führte  der  ^  Er- 
fasser auch  Versuche  aus.  Nach  einem  Bericht  über  diese  im  Journal 
de  la  Distillerie  francaise,  1889  Nr.  277,  erschienene  Arbeit  in  der  Zeit- 
schrift für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  40,  führten  diese  Versuche  zu  dem 
Resultate,  dafs  der  Verlust  an  Alkohol  durch  Verdunstung  in  den  Bot- 
tichen abhängig  ist  von  der  Temperatur  des  Alkohols;  je  höher  diese 
ist,  um  so  beträchtlicher  die  Verdunstung,  ferner  dafs  der  Alkohol- 
verlust abhängig  ist  von  der  Stärke  des  Alkohols;  bei  6-  bis  7procen- 
tigem  Alkohol  kann  der  Verlust  1  bis  1,5  Proc.  des  Gesammtalkohols 
betragen.  Hierzu  ist  zu  bemerken,  dafs  bei  den  Versuchen  nur  die 
Zeit  in  Betracht  gezogen  ist,  die  von  der  Beendigung  der  Gährung  bis 
zur  Destillation  verstreicht,  wobei  vorausgesetzt  wurde,  dafs  während 
der   Gährung   die  über  dem   Bottich    lagernde  Kohlensäureschicht   eine 


88  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritushibrikation. 

Verdunstung  von  Alkohol  hindere,  was  jedoch  nicht  ganz  richtig  ist. 
Der  Verlust  wird  sich  ändern  je  nach  der  Bewegung  der  Kellerluft, 
der  Natur  der  Gährflüssigkeit  u.  s.  w.  Wenn  die  Oberfläche  des  Bot- 
tichs mit  einer  Hefeschicht  bedeckt  ist,  wird  die  Verdunstung  ebenfalls 
gehindert.  Im  Ganzen  ergibt  sich  jedoch  ein  ganz  beträchtlicher  Alkohol- 
verlust, der  bei  unbedeckten,  der  Luft  frei  ausgesetzten  Bottichen  auf- 
treten kann;  derselbe  ist  ungefähr  10-  bis  12mal  gröfser  als  derjenige, 
welcher  bei  der  kräftigsten  Lüftung  der  Maische  eintritt.  Der  Verfasser 
räth  daher  dringend  an,  die  Bottiche  wenigstens  in  der  Zeit  von  der 
Beendigung  der  Gährung  bis  zur  Destillation  zu  bedecken. 

Ueber  Erfahrungen  mit  den  neueren  Einrichtungen  zur  Bewegung  der 
Kühlschlangen  berichtet  Heinzelmann  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie, 
Bd.  13  Ergänzungsheft  S.  27.  Er  bespricht  die  von  Hesse,  Geyer,  Gomolka, 
Weiland,  Eckert  und  Gontard  in  Vorschlag  gebrachten  Einrichtungen 
zur  selbsthätigen  Bewegung  der  Kühler  und  kommt  zu  dem  Seh  hisse,  dafs 
wohl  schwerlich  jemals  die  mit  Wasser  bewegten  Kühler  die  Vortheile  zu 
leisten  im  Stande  sein  werden,  welche  die  mit  maschineller  Kraft  be- 
wegten Kühler  gewährt  haben  (vgl.  auch  später  unter  Abschnitt  VI 
Apparate  von  Gontard).  Auf  eine  Anfrage  bemerkt  der  Verfasser 
noch,  dafs  die  Wasserkraftapparate  sich  in  der  Einrichtung  auch  nicht 
billiger  stellen  und  dafs  besonders  da,  wo  täglich  mehrere  Gährbottiche 
zu  bemaischen  sind,  die  maschinelle  Anlage  zu  empfehlen  ist,  da  diese 
für  täglich  einen  Bottich  dasselbe  kostet  als  für  drei  Bottiche;  der 
Preis  wird  zwischen  600  bis  900  M.  liegen,  bei  Anwendung  der 
Wasserkraft  würde  für  jeden  Bottich  ein  Kühler  erforderlich  sein,  der 
250  bis  300  M.  kostet.  Auch  lassen  sich  die  vorhandenen  Kühler  zur 
Bewegung  mit  Maschinenkraft  leicht  einrichten.  Die  Ausbeute  ist  bei 
Anwendung  der  beweglichen  Kühler  um  etwa  0,5  Proc.  höher.  Die 
Mehrausbeute  wird  durch  Ersparung  an  Steigraum  erreicht,  diese  tritt 
aber  nur  ein  bei  genügender  Leistungsfähigkeit  der  Anlage,  vor  Allem 
genügender  Anzahl  und  Gröfse  der  Hube,  worin  die  Maschinenkraft  der 
Wasserkraft  überlegen  ist. 

Eine  sehr  einfache  Vorrichtung  zur  schnellen  Abkühlung  der  Hefe, 
welche  in  der  durch  Handbetrieb  mittels  eines  ungleicharmigen  Hebels 
ausgeführten  Bewegung  des  Kühlers  besteht,  wird  in  der  Zeitschrift  für 
Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  32,  beschrieben  und  empfohlen.  Es  soll  mit 
dieser  einfachen  Vorrichtung  gelingen,  den  Inhalt  eines  Hefegefäfses 
von  etwa  2501  in  etwa  20  Minuten  von  47,5  auf  19  bis  20°  abzukühlen. 

Eine  Vorschrift  zur  Bereitung  von  Bierprefshefe  gibt  K.  Tiller  in  der 
Prager  Brauer-  und  Hopfenzeilung.  Auch  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie, 
Bd.  13  S.  101. 

Zur  Geivinnung  von  Nährstoffen  für  die  Fabrikation  von  Prefshefe 
empfiehlt  C.  R.  Bonne  in  London  nach  einer  Mittheilung  von  Schrohe 
in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie ,  Bd.  13  S.  98,  das  Ausziehen  der 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritußfabrikation.  89 

Kleie,  Schlämperückstände,  Treber,  Malzkeime  u.  8.  w.  mit  Wasser  in 
Dämpfern  bei  -i;U  Druck  unter  Zusatz  von  etwas  Weinsäure,  um  Carameli- 
sirung  etwa   vorhandenen  Zuckers  zu  vermeiden. 

Gewährt  die  Beobachtung  der  Form  der  Hefezellen  dem  Prefshefe- 
fabrikanten  einen  Nutxtnl  Hierüber  berichtet  Schrohe  in  der  Zeitschrift 
für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  32.  Der  Umstand,  dafs  die  aus  einer 
Zelle  erhaltene  Kultur  Zellen  aufweist,  welche  von  der  Mutterzelle  oft 
sehr  in  der  Form  abweichen,  könnte  zu  dem  Schlüsse  führen,  dafs  die 
Beobachtung  der  Form  von  keinem  Nutzen  sein  wird.  Dieser  Schlufs 
wäre  aber  durchaus  nicht  gerechtfertigt,  denn  die  Veränderung  der 
Form  erfolgt  nur  ganz  allmählich  und  tritt  erst  bei  den  späteren  Ge- 
nerationen hervor,  so  dafs  man  bei  einiger  Uebung  sehr  wohl  im  Stande 
ist,  durch  Vergleich  mit  der  Satzhefe  zu  erkennen,  ob  die  Hefe  beginnt 
schlechter  zu  werden  und  auszuarten,  so  dafs  ein  Wechsel  erforderlich 
wird.  Natürlich  aber  würden  diese  Beobachtungen  um  so  leichter  sein 
und  die  Folgerungen  daraus  erheblich  an  Sicherheit  gewinnen,  wenn 
man  es  in  der  Fabrikation  nur  immer  mit  einer  Rasse  zu  thun  hätte, 
wenn  also,  wie  schon  vorgeschlagen,  die  Reinzuchthefe  auch  in  der 
Prefshefefabrikatiou  zur  Einführung  gelangte. 

IV.  Destillation  und  Rectißcation. 
Leber  die  Reinigung  con  Rohspiritus  und  Branntwein  nach  dem  Ver- 
fahren von  J.  Traube  und  G.  Bodländer.  Das  Traube'sche  Verfahren 
zur  Entfuselung  von  Rohspiritus  (vgl.  1890  275  81)  ist  von  Seiten  des 
Reichsgesundheitsamts  einer  eingehenden  Prüfung  unterzogen  worden, 
worüber  Prof.  Seil  in  den  Arbeiten  aus  dem  Kaiserl.  Gesundheitsamt,  Bd.  6 
S.  124,  berichtet.  Die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  75.  81. 
91.  97,  bringt  über  diese  Arbeit  einen  sehr  eingehenden  Bericht,  welchem 
wir  hier  das  Folgende  entnehmen.  Die  Versuche  wurden  in  Braun- 
schweig  und  in  Daber  ausgeführt.  Prof.  Seil  und  Dr.  Carl  Windisch 
wohnten  denselben  bei.  Die  Untersuchung  erstreckte  sich  auf  die  Be- 
stimmung des  Alkohols,  des  Fuselöls  und  der  Potasche  in  den  einzelnen 
Abhebungen  bezieh,  in  dem  zur  Bildung  der  letzten  Schichten  zur  Ver- 
wendung kommenden  Feinsprit  und  Potasche,  ferner  auf  die  Bestimmung 
des  Alkohols  und  des  Fuselöls  in  dem  Rohspiritus  und  in  den  Destillaten. 
Der  Alkoholgehalt  der  entnommenen  Proben  wurde  pyknometrisch  be- 
stimmt, das  Fuselöl  nach  dem  Chloroformausschüttelungsverfahren  mit 
der  von  Windisch  angegebenen  Schüttelbürette  und  die  Potasche 
durch  Titration  mit  0,1  bezieh.  0,5  Normalschwefelsäure  unter  Anwen- 
dung von  Phenacetolin  als  Indicator.  Bei  der  Destillation  wurde  so 
verfahren,  dafs  eine  gröfsere  Anzahl  —  gewöhnlich  11  —  von  Theil- 
destillaten,  jedes  zu  101,  hergestellt  wurde.  Bei  einigen  Versuchen 
wurde  auch  noch  ein  Vorlauf  genommen.  Von  jedem  Theildestillate 
wurde  l1  als  Probe  zur  Untersuchung  abgenommen.  Der  Rest  der 
Theildestillate    wurde    zu    einer   Durchschnittsprobe    vereinigt,    welche 


90  UebiT  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

ebenfalls  untersucht  wurde.  Zu  dieser  Durchschnittsprobe  wurden  je- 
doch nur  die  ersten  9  Theildestillate  benatzt,  die  letzten  Destillate 
wurden  dazu  absichtlich  nicht  verwendet.  Die  Destillation  wurde 
nämlich  bis  zum  Uebergange  sämmtlichen  Alkohols  fortgesetzt,  die 
letzten  Desillate  waren  daher  sehr  arm  an  Alkohol  und  wurden  für  die 
Durchschnittsprobe  nicht  verwendet,  um  den  Alkoholgehalt  derselben 
nicht  zu  sehr  herabzudrücken,  da  es  wünschenswert h  erschien,  dafs  der- 
selbe demjenigen  der  gewöhnlichen  Handelswaare  möglichst  gleich  kam. 
Die  Untersuchung  des  bei  dem  ersten  am  13.  December  1888  in 
Braunschweig  ausgeführten  Versuche  gewonnenen  Spiritus  ergab  folgendes 
Resultat: 


Bezeichnung 

Alkohol 
Vol.-Proc.       Gew.-Proc. 

Fuselöl 
Vol.-Proc. 

Rohspiritus 

80,42 

74.03 

0.303 
0.171 

Durchschnittspi 

•obe  .     . 

.     75,95 

68,93 

1.  Zehnliterportion 

.     77,87 

71,11 

0,322 

2. 

.     84,57 

78,88 

0,336 

3. 

.     83.57 

77,67 

0,299 

4. 

.     82,77 

76,72 

0,240 

5. 

.     80,63 

74,26 

0,198 

6. 

.     78,18 

71,46 

(».139 

7. 

.     76,12 

69,12 

0,085 

8. 

.     68,65 

61,60 

0 

9. 

.     56.60 

48,79 

0 

10. 

.     31,40 

25,86 

0 

11 

.       6,07 

4,85 

0 

Der  Rohspiritus  war  schwach  gelblich  gefärbt,  hatte  einen  unan- 
genehmen Geruch,  gab  mit  Kalilauge,  mit  Schwefelsäure-Fuchsin  und 
mit  salzsaurem  Metaphenylendiamin  starke  Aldehydreaction,  bei  der 
Behandlung  des  Rückstandes  des  Chloroformauszuges  mit  Kaliumper- 
manganat trat  ein  starker  Geruch  nach  Baldriansäure  auf-  auch  die 
Uffelmann  sehe  Fuselreaction  mit  durch  Salzsäure  entfärbtem  Methyl- 
violett trat  deutlich  ein.  Die  erste  und  weniger  die  zweite  Zehnliter- 
portion enthielten  Aldehyd,  die  Durchschnittsprobe  enthielt  Aldehyd 
und  gab  die  MarquarCsehe  und  Uffelmann  sehe  Fuselreaction.  Die  ersten 
Fractionen  enthalten  das  meiste  Fuselöl,  die  erste  und  zweite  sogar 
mehr,  die  dritte  fast  ebenso  viel  wie  der  Rohspiritus,  bei  den  späteren 
Fractionen  nimmt  der  Fuselgehalt  ab  und  verschwindet  schliefslich  ganz. 

Berechnet  man  auf  Grund  der  Ergebnisse  der  Untersuchung  den 
Reinheitsgrad,  so  ergibt  sich,  dafs  durch  den  Reinigungsprozefs  40  bezieh. 
37  Proc.  des  vorhandenen  Fuselöls  entfernt  worden  sind,  je  nachdem 
man  die  Zusammensetzung  des  fertigen  Fabrikats,  also  der  Durch- 
schnittsprobe, oder  die  Zusammensetzung  der  Einzeldestillate  für  die 
Rechnung  zu  Grunde  legt.  Die  Berechnung  aus  den  Einzeldestillaten 
bietet  nach  Ansicht  des  Verfassers  gröfsere  Sicherheit.  Ferner  ergibt 
sich  aus  dem  Gehalte  an  Alkohol  im  Rohspiritus  und  im  Durchschnitts- 
produete,  dafs  bei  diesem  Versuche  ein  Verlust  an  Alkohol  nicht  ein- 
getreten ist. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  91 

Da  mau  zur  Erzeugung  der  Schichten  bekanntlich  nur  für  die 
letzten  Abhebungen  Feinsprit  und  Potasehelösung  verwendet,  für  die 
übrigen  Schichten  dagegen  bei  früheren  Operationen  gewonnene  Ab- 
hebungen, welche  natürlich  Fuselöl  enthalten,  benutzt,  so  wird  hier- 
durch auch  dem  Rohspiritus  eine  gewisse  Menge  Fuselöl  zugeführt. 
Der  Verfasser  gibt  eine  Uebersicht  über  die  absoluten  Mengen  an 
Alkohol,  Fuselöl  und  Potasche,  welche  durch  die  Schichten  zugeführt 
und  andererseits  durch  die  Abhebungen  entfernt  wurden.  Die  Differenz 
aus  den  Zusätzen  und  Abhebungen  stellt  die  Menge  der  einzelnen  Sub- 
stanzen dar,  welche  durch  jede  Schichtenbildung  herausgenommen  oder 
aber  hineingebracht  ist  ( — ).  In  dem  vorliegenden  Versuche  waren  diese 
Zahlen  die  folgenden: 


Nummer  der  Schicht 

Alkohol 

Fuselöl 

Potasche 

1 

—  11.130 

—    700,6 

—    17g 

2 

-  01,822 

—    8cc,2 

-    226 

3 

—  11,338 

—   7cc,9 

—    47g 

4 

+  01,482 

+  10cc,8 

+    35g 

5 

—  01,029 

+  llcc^ 

+    13g 

6 

-  01,039 

+10cc,3 

+    10g 

7 

+  01,019 

+  12cc,0 

+      4§ 

8 

+  H,383 

+  43cc,5 

-  810g 

9 

+  01,782 

+  24cc,0 

—  444g 

zusammen 

—  01,692 

88cc,3 

—  1278g 

Aus  diesen  Zahlen  ergibt  sich  folgendes:  Durch  jede  der  drei  ersten 
Schichtenbildungen  sind  etwa  8CC  Fuselöl  in  den  Apparat  gebracht. 
Durch  die  drei  ersten  Schichtenabhebungen  hat  sich  der  Fuselölgehalt 
des  Rohspiritus  um  23cc,7  oder,  da  der  Rohspiritus  selbst  257C(\5  Fuselöl 
enthält,  um  9,2  Proc.  vermehrt.  Durch  die  vier  folgenden  Schichten  - 
abhebungen  wurden  jedesmal  etwa  llcc  Fuselöl  entfernt,  durch  die 
vierte  und  fünfte  allein  zusammen  22cc,2.  Da  nun  durch  die  drei  ersten 
Abhebungen  23cc,7  Fuselöl  dem  Inhalte  des  Apparates  hinzugefügt 
worden  sind,  so  enthält  der  Spiritus  nach  der  Abhebung  der  fünften 
Schicht  noch  lcc,5  Fuselöl  mehr,  als  der  Rohspiritus  ursprünglich  hatte. 
Die  fünf  ersten  Schichtenabhebungen  sind  demnach  resultatlos  verlaufen, 
erst  mit  der  sechsten  beginnt  eine  zunächst  nur  geringe  Entfuselung. 
Durch  die  sechste  und  siebente  Abhebung  sind  zusammen  22cc,3  Fuselöl 
entfernt  worden,  da  aber  nach  der  fünften  Abhebung  noch  lcc,5  Fuselöl 
mehr  im  Apparate  waren,  als  der  ursprüngliche  Rohspiritus  enthielt,  so 
sind  durch  die  sieben  Abhebungen  insgesammt  20cc,8  oder  8  Proc.  des 
Fuselöls  aus  dem  Rohspiritus  entfernt  worden.  Die  zugesetzten  fuseligen 
Schichten  haben  daher  nur  eine  geringe  entfuselnde  Wirkung  gehabt. 
Erst  die  beiden  letzten  Schichten,  welche  durch  Zusatz  von  Potasche- 
lösung und  Feinsprit  erzeugt  wurden,  haben  eine  energische  entfuselnde 
Wirkung.  Durch  die  achte  und  neunte  Abhebung  wurden  dem  Apparate 
67cc,5  oder  26,2  Proc.  des  im  Rohspiritus  enthaltenen  Fuselöls  entzogen. 
Da  in  den  85'  Rohspiritus  mit  0,303  Vol.-Proc.  Fuselöl  257<*,5  Fuselöl 


Alkohol 

Fuselöl 

Alkohol 

Fuselöl 

Vol.-Proc.   Gew.-Proc. 

Vol. -Proc. 

1 

cc 

81,96         75,77 

0,324 

491.760 

1944,0 

82,38        76,26 

0,224 

453,090 

1232,0 

84,02        78,21 

0,304 

8,402 

30,4 

92  Qeber  Fortschritte  in  der  Spirituslabrikation. 

enthalten  waren,  wovon  durch  die  neun  Abhebungen  88cc,3  entfernt 
sind,  so  ergibt  sich  aus  diesen  Zahlen  eine  Entfuselung  von  34,3  Proc. 
Das  Mittel  aus  diesen  drei  Zahlen  (40,  37,  34,3  Proc.)  ergibt  als  End- 
resultat eine  Verminderung  des  Fuselöls  im  Rohspiritus  um  37  Proc. 

Ein  ganz  ähnliches  Resultat  ergab  ein  am  28.  December  1888  in 
Daher  ausgeführter  Versuch.  Bei  der  Destillation  wurden  die  ersten 
10'  als  Vorlauf  besonders  aufgefangen,  dann  folgten  11  Theildestillate 
zu  je  501.  Der  Tabelle  über  das  Resultat  der  Untersuchungen  ent- 
nehmen wir  hier  nur  die  folgenden  Zahlen: 

Rp7pirhrmn"  Gröfse  der 

Bezeicnnuii^  Proben  1 

Rohspiritus  .  .  .  600 
Durchschnittsprobe  550 
Vorlauf     ....       10 

Der  Reinheitsgrad  berechnet  sich  bei  diesem  Versuche  aus  der 
Zusammensetzung  der  Durchschnittsprobe  zu  36,6  Proc,  aus  den  Theil- 
destillaten  ohne  Vorlauf  zu  33,8  Proc.  und  aus  den  zugesetzten  und  ab- 
gehobenen Schichten  zu  33,5  Proc.  Entfuselung.  Als  Gesammtwirkung 
einer  fünfmaligen  Abhebung,  die  bei  diesem  Versuche  nur  stattfand, 
ergibt  sich  eine  Beseitigung  von  652cc,3  Fuselöl,  was  einer  Entfuselung 
des  Rohspiritus  um  33,5  Proc.  des  in  ihm  ursprünglich  enthaltenen 
Fuselöls  entspricht. 

Gleichzeitig  sind  durch  die  Schichtenabhebung  rund  461  Alkohol 
in  die  abgehobenen  Schichten  übergegangen,  es  hat  demnach  ein  Alkohol- 
verlust von  9,3  Proc.  des  im  Rohspiritus  vorhandenen  Alkohols  statt- 
gefunden. 

Es  folgen  nun  Versuche,  welche  in  Braunschweig  am  28.  und 
29.  August  1888  mit  dem  verbesserten,  die  scharfe  Abhebung  der 
Schichten  gestattenden  Apparate  ausgeführt  wurden.  Hierbei  wurde 
auch  eine  gröfsere  Anzahl  von  Abhebungen  vorgenommen,  ferner  fand 
die  Destillation  mit  und  ohne  Anwendung  einer  Colonne  statt.  Auch 
wurde  Vorlauf  und  Nachlauf  genommen  und  die  Durchschnittsprobe  nur 
aus  den  mittleren  Portionen  hergestellt. 

Versuch  ohne  Colonne.  Es  fanden  13  Abhebungen  statt.  Bei  der 
Destillation  wurde  ein  Vorlauf  und  10  Theildestillate  genommen.  Die 
Durchschnittsprobe  wurde  aus  den  ersten  sechs  und  der  Hälfte  der 
siebenten  Portion  hergestellt,  die  andere  Hälfte  der  siebenten  Portion 
und  die  ganze  achte  wurden  zur  Erzeugung  der  letzten  Schicht  der 
nächsten  Operation  zurückgehalten.  Der  Vorlauf  und  die  neunte  Portion 
wurden  den  gesammelten  ersten  „besonders  unreinen11  Schichten  bei- 
gegeben. Eine  Probe  dieses  Gemisches  aus  Vorlauf,  Nachlauf  und  ersten 
Schichten  ergab  folgende  Zusammensetzung:  Alkohol  51,96  Vol.-Proc. 
=  44,32  Gew.-Proc,  Fuselöl  0,595  Vol.-Proc,  Potasche  278,6  im  Liter. 
Die  zehnte  Portion  wurde  ganz  verworfen.  Die  Zusammensetzung  der 
Durchschnittsprobe  u.  s.  w.  war  folgende: 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikatiou.  93 


Bezeichnung         Grttader 

Alkohol 

Fuselöl 

Alkohol 

Fuselöl 

Vol.-Proc.  Gew.-Proc. 

Vol.-Proc. 

1 

cc 

Rohspiritus    ...       95 

80,08         73,63 

0.114 

76,076 

108,3 

Vorlauf     ....         3 

78,44        71,75 

0,157 

•1.21S 

4,7 

Durchschnittsprobe       65 

89,15         84,57 

0.033 

57,947 

21,45 

Der  Vorlauf  und  die  erste  Portion  enthielten  viel  Aldehyd,  der  mit 
den  verschiedensten  Reagentien  nachgewiesen  wurde;  der  Rohspiritus 
enthielt  weniger  Aldehyd,  desgleichen  die  Durchschnittsprobe.  Aufser- 
dem  machte  sich  in  der  neunten  Portion  Furfurol  bemerkbar.  Der 
Reinheitsgrad  berechnet  sich  aus  der  Durchschuittsprobe  zu  80  Proc. 
Entfuselung,  wobei  aber  eine  Verminderung  des  Alkoholgehalts  um 
18',129  oder  24  Proc.  eingetreten  war.  Aus  der  Zusammensetzung  der 
Theildestillate,  welche  als  Grundlage  für  die  Berechnung,  wenn  es  sich 
um  die  Beurtheilung  des  Verfahrens  handelt,  allein  mafsgebend  sind, 
ergibt  sich  eine  Entfuselung  von  nur  45  Proc,  während  der  Alkohol- 
gehalt nur  um  0',193  vermindert,  also  fast  der  gleiche  geblieben  ist. 
Aus  der  Tabelle  über  die  Wirkung  der  einzelnen  Schichtenabhebungen 
ist  ersichtlich,  dafs  bei  diesem,  wie  auch  bei  den  früheren  Versuchen, 
mehrere  der  Abhebungen  nicht  entfuselnd  wirkten,  sondern  im  Gegen- 
theile  noch  Fuselöl  in  den  Apparat  einführen,  dagegen  die  Haupt- 
entfuselung  immer  nur  durch  die  letzten,  namentlich  durch  diejenige 
Schicht  herbeigeführt  wird,  welche  durch  hochprocentigen  Sprit  erzeugt 
wurde.  Der  Verfasser  zieht  aus  diesem  Versuche  den  folgenden  Schlufs: 
,,Durch  dreizehnmalige  Abhebung  wurde  der  Fuselölgehalt  des  Roh- 
spiritus  um  rund  45  Proc.  vermindert,  während  der  Alkoholgehalt  nicht 
verändert  wurde.  Bei  Ausschaltung  eines  Vor-  und  Nachlaufes  wurde 
unter  Anwendung  einer  Condensationsvurrichtung  ein  Product  erhalten, 
in  dem  80  Proc.  des  im  Rohspiritus  enthaltenen  Fuselöls  entfernt  waren, 
zugleich  trat  ein  Verlust  an  Alkohol  von  24  Proc.  ein." 

Versuch  mit  der  Colonne.  Es  wurden  ebenfalls  13  Abhebungen  ge- 
nommen. Die  Destillation  geschah  mit  Benutzung  der  Colonne.  Der 
Vorlauf  betrug  31,  die  nächsten  7  Zehnliterportionen  bildeten  die  Durch- 
schnittsprobe, die  folgenden  Destillate  den  Nachlauf.  Der  Vorlauf  ent- 
hielt viel  Aldehyd,  der  Rohspiritus,  die  erste  Zehnliterportion  und  die 
Durchschnittsprobe  weniger  Aldehyd  und  die  neunte  Portion  Furfurol. 
Die  Zusammensetzung  des  Rohspiritus  und  der  Destillate  war  folgende: 


Bezeichnung 

Gröfse  der 

Alkohol 

Fuselöl 

Alkohol 

Fuselöl 

Proben  1 

Vol.-Proc. 

üew.-Proc. 

Vol.-Proc. 

1 

cc 

Rohspiritus    . 

.     95 

81.76 

75.44 

0,127 

77,672 

120.65 

Vorlauf     .     .     . 

.       3 

87,63 

82.64 

0.1137 

2,627 

1,1 

Durchschnittsprobe     70 

94,46 

91,64 

0 

61,122 

11 

1.  Portion      .     . 

.     10 

95,14 

92,60 

0 

9,514 

0 

2 

.     10 

95,30 

92,82 

0 

9,530 

0 

3.         „ 

.     10 

94^82 

92.15 

0 

9,482 

0 

4-         „ 

.     10 

94,59 

91,82 

0 

9,459 

0 

5.        „ 

.     10 

!  4.42 

91,58 

0 

11.442 

0 

6.         „ 

.     10 

94,06 

91,08 

0 

9,406 

(1 

7-         „ 

.     10 

93,86 

90,80 

(1 

(1 

8.         „ 

.       7,5 

92,74 

0,062 

1,65 

9 

.       8,5 

66,48 

58,74 

1,252 

5,651 

luii.l 

94  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Aus  der  Zusammensetzung  aller  Destillate  ergibt  sich  eine  Ent- 
fuselung  von  nur  7  Proc,  wobei  der  Alkoholgehalt  um  5  Proe.  ver- 
mehrt wurde.  Die  Entfuselung  ist  demnach  bei  diesem  Versuche  sehr 
gering.  Ein  ähnliches  Resultat  ergibt  sich  aus  der  Untersuchung  der 
Schichten.  Das  mit  Hilfe  einer  Colonne  unter  Auschlufs  eines  Vor- 
laufs und  eines  Nachlaufs  gewonnene  Durehsehnittsproduct  ist  fusel- 
frei, doch  ist  gegenüber  dem  Rohspiritus  ein  Verlust  von  20  Proc.  des 
Alkohols  eingetreten. 

Der  Verfasser  hebt  noch  die  bei  seinen  Versuchen  gemachte  Beob- 
achtung hervor,  dafs  der  Spiritus  aus  der  nur  13  bis  14  Vol. -Proc. 
Alkohol  enthaltenden  Salzlösung  so  hochprocentig  überdestillirt  und  dafs 
das  Fuselöl  mit  den  ersten  Antheilen  übergeht  und  der  Nachlauf  fusel- 
frei ist. 

Das  Endresultat  aller  Versuche  ist  dahin  zusammenzufassen,  dafs 
dieselben  die  bereits  auf  der  Generalversammlung  1889  seitens  des 
Vereinslaboratoriums  mitgetheilten  Ergebnisse  (vgl.  1889  273  322),  nach 
denen  das  Traube"sche  Verfahren  seinen  Zweck  nicht  erfüllt,  vollauf 
bestätigt  haben. 

Neuerungen  in  dem  Verfahren  und  den  Apparaten  zur  Rectification 
und  Destillation  von  Alkohol  von  C.  A.  Bärbel.  Nach  einer  Mittheilung, 
welche  die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie ,  Bd.  13  S.  60,  hierüber  nach 
einem  englischen  Patent  gibt,  besteht  das  Verfahren  im  Wesentlichen 
darin,  den  rectificirten  Alkohol  den  Böden  der  Colonne  zu  entnehmen 
und  nicht,  wie  es  bisher  geschah,  den  Producten,  welche  der  Conden- 
sation  im  Condensator  widerstanden  haben.  (Siehe  hierüber  auch  einen 
Aufsatz  von  E.  Roga  in  Le  genie  civil,  1890  S.  187.) 

Ein  Maischdeslillir-  und  Rectißcirapparat  zur  Erzielung  von  Feinsprit 
direkt  aus  der  Maische,  Patent  Michler,  welcher  von  der  Firma  Joh.  Schenk 
in  Hessendorf,  Oesterr.  Schlesien,  geliefert  wird,  wird  nach  einer  Mit- 
theilung der  Messendorfer  Metallwaaren-  und  Maschinenfabrik  in  der 
Oesterr  eichisch- Ungarischen  Brennereizeitung,  Bd.  14  S.  17,  beschrieben 
und  abgebildet. 

Verfahren  und  Einrichtung  zum  Verschneiden  von  Alkohol  mittels 
Wasserdampfes  von  Fr.  Rath  in  Neuhaldensleben  (D.  R.  P.  Nr.  49  310 
vom  8.  Mai  1889).  Dasselbe  besteht  darin,  dafs  die  vom  Destillations- 
apparate kommenden  Alkoholdämpfe  vor  ihrer  Verflüssigung  mit  Wasser- 
dämpfen gemischt  und  mit  diesen  gemeinsam  in  den  Kühler  geleitet 
werden. 

In  Bezug  auf  die  Denalurirung  des  Spiritus  in  Oesterreich  theilt  die 
Zeitschrift  der  Oesterr  eichischen  Gesellschaft  zur  Förderung  der  chemischen 
Industrie,  1890  S.  181,  einen  Erlafs  des  Finanzministeriums  vom  15.  August 
1889,  betreuend  die  Abänderung  einiger  Bestimmungen  über  die  De- 
naturirung  des  zur  abgabefreien  Verwendung  bestimmten  Branntweins 
mit  dem  allgemeinen  Denaturirungsmittel,  mit. 


Kleinere  Mittheilungen.  95 

Das  Eisenbahnnetz  der  Erde. 

Das  vom  k.  deutschen  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten  herausgegebene 
„Archiv für  Eisenbahnwesen-'  bringt  eine  Zusammenstellung  über  die  Eisenbahnen 
der  Erde  für  die  Jahre  1884  bis  1888,  welche  zum  gröfsten  Theil  auf  amtlichen 
Quellen  beruht.  Danach  ist  die  Länge  der  Eisenbahnen  in  der  angegebenen 
Zeit  im  Ganzen  um  102899km,  durchschnittlich  in  einem  Jahre  also  um  25729km 
gewachsen  und  hat  damit  zu  dem  letztgenannten  Zeitpunkte  eine  Ausdehnung 
von  571  771km  erlangt,  eine  Länge,  welche  mehr  als  das  Vierzehnfache  des  Um- 
langes  der  Erde  am  Aequator  ausmacht. 

Zu  dem  Gesainmtzuwaehse  der  Länge  der  Eisenbahnen  der  Erde  in  der 
betrachteten  Zeit  hat  von  den  verschiedenen  Brdtheilen  Amerika  mit  64  547km 
dem  gröfsten  Theil  —  weit  über  die  Hälfte  —  beigetragen,  und  hier  wieder 
sind  es  die  Vereinigten  Staaten,  deren  Zuwachs  am  meisten  ins  Gewicht  fällt 
Die  Länge  der  Eisenbahnen  ist  daselbst  von  201  735km  auf  251  292km.  also  um 
49  557km  oder  durchschnittlieh  in  jedem  Jahre  um  mehr  als  12000km  gewachsen. 
Aufser  den  Vereinigten  Staaten  treten  in  Amerika  noch  Britisch-Nordamerika. 
die  Argentinische  Republik  und  Brasilien  mit  gröfserem  Zuwachs  an  Eisen- 
bahnlänge auf,  und  zwar  Canada  mit  4902,  Argentinien  mit  3156  und  Brasilien 
mit  2815km. 

Nach  Amerika  hat  von  den  übrigen  Erdtheilen  in  dem  betrachteten  Zeit- 
räume Europa  mit  24  419km  den  bedeutendsten  Zuwachs;  obenan  stehen  Frank- 
reich und  Deutschland  mit  fast  völlig  gleichem  Zuwachs  an  Eisenbahnlänge, 
nämlich  4048  und  4047km.  danach  folgen  Oesterreich-Uhgarn  (einschliefslich 
Bosniens  und  der  Herzegowina)  mit  3658km  und  Russland  mit  3643km.  Die  Bahn- 
länge Italiens  hat  in  dem  betrachteten  Zeiträume  um  2286km  oder  22,7  Proc. 
zugenommen.  In  England  war  die  Zunahme  dagegen  nur  1526km  oder  5  Proc.. 
in  Spanien  985km  oder  11,3  Proc,  in  Schweden  927km  oder  14  Proc.  und  in 
Rumänien  873km  oder  54  Proc.  Vollständiger  Stillstand  im  Eisenbahnbau  ist 
dagegen  bereits  seit  mehreren  Jahren  in  Norwegen  eingetreten ,  wo  die  Ober- 
llächengestaltung  der  Entwicklung  des  Eisenbahnnetzes  sehr  grofse  Schwierig- 
keiten entgegensetzt. 

Von  den  asiatischen  Reichen  hat  Britisch-Indien  mit  4809km  den  bedeutend- 
sten Beitrag  zu  der  Zunahme  der  Eisenbahnlänge  geliefert.  Ferner  hat  die  in 
den  Jahren  1885  bis  1888  bewirkte  Fortsetzung  der  transkaspischen  Eisenbahn 
von  Kisil  Arwat  bis  Samarkand  einen  Zuwachs  von  1202km  ergeben.  Von  den 
anderen  asiatischen  Ländern  zeigt  nur  noch  Japan  mit  einem  Zuwachse  von 
734km  eine  gröfsere  Rührigkeit  im  Eisenbahnbau.  während  im  übrigen  Theile 
von  Asien,  insbesondere  auch  in  China,  der  Eisenbahnbau  nur  sehr  geringe 
Fortschritte  macht.  Neu  hinzugetreten  zu  den  mit  Eisenbahnen  ausgestatteten 
Ländern  ist  Persien  mit  einer  kleinen  Linie. 

In  Afrika  stehen  Algier  und  Tunis,  woselbst  die  Länge  um  915km  zu- 
genommen hat.  in  der  Entwickelung  des  Eisenbahnnetzes  obenan.  In  Aegypten 
ist  Stillstand  im  Eisenbahnbau  eingetreten,  indessen  ist  eine  Erweiterung  des 
dortigen  Netzes  in  Aussieht  genommen. 

Australien  zeigt  mit  4656km  oder  38.4  Proc.  die  verhältnifsmäl'sig  stärkste 
Entwicklung  des  Eisenbahnnetzes.  Von  den  einzelnen  Colonien  hatte  Queens- 
land 1165km.  Neu-Süd-Wales  928.  Südaustralien  910  und  Victoria  811km  Zu- 
wachs. 

In  Bezug  auf  das  Verhältnifs  der  Eisenbahnlänge  zur  Flächengröise  der 
einzelnen  Länder  steht  das  industriereiche  Belgien  mit  16km. 4  auf  je  lOOqm 
Fläche  obenan.  Danach  folgen  Königreich  Sachsen  mit  15km. 5.  England  I 
schliefslich  Irlands)  mit  lOkm.i.  Elsass-Lothringen  mit  iukrn.o  auf  je  1< 
Wird  das  Deutsche  Reich  im  Ganzen  genommen,  so  zeigt  sich  seine  Eisenbahn- 
tüchtigkeit um  ein  Geringes  grofser  als  die  Frankreichs,  indem  in  Deutach- 
land 7,6,  in  Frankreich  7km. o  Eisenhahnen  auf  je  lOOqm  fläche  entfallen. 

In  Bezug  auf  das  Verhältnifs  der  Eisenbahnlänge  zur  Bevölkerung  steht 
unter  den  europäischen  Ländern  Schweden  mit  15^9  Eisenbahn  auf  je  lOOOO 
Einwohner  obenan.  Danach  folgen  die  Schweiz  mit  lokm.j.  Dänemark  und 
Elsass-Lothringen  mit  je  9km. 3  und  Frankreich  mit  9km. 2  auf  L0000  Einwohner. 
Dieser  Vergleich   stellt  sieh  für  dünnbevölkerte,  ausgedehnte  Länder  natürlich 


96  Bücher- Anzeigen. 

günstiger  als  für  volkreiche  Staaten  und  ist  nur  von  untergeordnetem  Werthe. 
Behufs  Berechnung  des  Anlagekapitals  sind  auf  amtlichen  oder  anderweitigen, 
als  mehr  oder  minder  zuverlässig  anzusehenden  Quellen  beruhende  Angaben 
über  die  auf  die  Eisenbahnen  verwendeten  Beträge  zusammengestellt.  Aus 
dieser  Zusammenstellung  ergeben  sich  durchschnittlich  die  Kosten  für  1km 
Eisenbahnen  in  Europa  zu  296  208  M.,  die  Gesammtkosten  für  die  daselbst 
Ende  1888  im  Betrieb  gewesenen  214252km  Eisenbahn  also  zu  rund  63463000»  ><  N I  M 
Für  die  aufsereuropäischen  Länder  berechnen  sicli  die  Kosten  für  lkm  Bahn  zu 
162  165  M.,  für  die  Ende  1888  im  Betrieb  gewesenen  357  519km  also  zu  rund 
57  977  000  000  M.  Das  gesammte  Anlagekapital  der  Ende  1888  auf  der  Erde 
in  Betrieb  gewesenen  Eisenbahnen  beträgt  hiernach  121  440  000  000  oder  rund 
1211/2  Milliarden  M.      {Nach  Eisenzeituna.) 


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Elektrotechnische  Bibliothek.     Bd.  42.'    Wien.     Hartleben. 

Die  Glühlampe,  ihre  Herstellung  und  Anwendung  in  der  Praxis  von 
Zacharias.     195  S.     3  Mk. 

Bekanntlich  werden  die  verschiedenen  Verfahrungsweisen  zur  Herstellung 
der  Glühlampen  von  den  Fabrikanten  gern  geheim  gehalten.  In  vorliegendem 
Werke  hat  der  Verfasser  die  einschlägigen  Veröffentlichungen  aus  Zeitschriften 
und  Patenten  gesammelt  und  gesichtet,  und  gleichzeitig  die  hauptsächlichen 
Gesichtspunkte,  welche  zur  Erzielung  eines  guten  Fabrikates  erforderlich  sind, 
nach  eigenen  Erfahrungen  sachgemäfs  klargestellt.  Der  Inhalt  verbreitet  sich 
über  die  Herstellung  und  Anwendung  der  Glühlampen,  dann  folgen  Tabellen 
für  die  Praxis:  die  letzten  Abschnitte  sind  der  Elitwickelung  der  Glühlampe 
in  technischer  und  commercieller  Hinsicht  gewidmet. 

Samariterbuch  für  Jedermann,    Allgemeinverständliche   Anleitung   zur 
ersten  Hilfeleistung  bei  Unglücksfällen  von  Dr.  med.  Eydam.    Braun- 
schweig.    Otto  Salle.     80  S.     80  Pfg. 
Jeder    gröfsere    mechanische   Betrieb   sollte    danach   streben,   wenigstens 

einen,   in    obiger  Hilfeleistung  bewanderten  Mann   zur  Stelle  zu  haben.     Die 

zur  Ausbildung   erforderlichen   Kenntnisse   bietet   das  vorstehende  Werkchen 

in  leichtverständlicher  Weise. 

Die  Schutz-  und  Sicherheits-Einrichtungen  auf  der  Deutschen  allgemeinen 
Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin  1889.  Von  Max  Kraft, 
0.  ö.  Prof.  an  der  technischen  Hochschule  Graz.  Selbstverlag  des 
Verfassers.     49  S.     6  Tafeln. 

Vorstehendes  Werk  ist  ein  Sonderabdruck  ans  der  Zeitschrift  des  öster- 
reichischen Ingenieur-  und  Architekten-Vereins.  Das  Wichtige  der  Ausstellung 
ist  in  guter  Auswahl  vorgeführt  und  durch  zahlreiche  Zeichnungen  erläutert. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  der  Union  Deutsche  VerlagsgeseUschaft  in  Stuttgart. 


Schnellgehende  Motoren  mit  Dampfbetrieb.  97 

Schnellgehende  Motoren  mit  Dampfbetrieb. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  276  *  S.  538.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  6  und  7. 

Eine  Neuerung  an  der  sogen.  Sternmaschine  von  Peter  Brotherhood 
in  London  (vgl.  1884  252  *  345  und  1886  259  *  293),  in  der  Benutzung 
hohler  Kurbelstangen  bestehend,  welche  gleichzeitig  als  Dampfauslafs- 
kanäle  dienen,  beschreibt  Industries,  1887  *  S.  599. 

In  den  Fig.  1  bis  3  Taf.  6  ersichtlichen  Abbildungen  bezeichnet  C 
den  Kurbelzapfen  der  Welle  5,  welcher  mit  einem  vierkantigen  Ende 
in  die  auf  einem  am  Gehäuse  angebrachten  Hohlzapfen  T  drehbare  Ex- 
centerscheibe  D  greift.  Jeder  Kolben  P  trägt  eine  hohle  Kurbelstange  R 
von  meist  viereckigem  Querschnitt,  deren  passend  ausgehöhltes  Ende 
auf  dem  Zapfen  C  aufsitzt  und  durch  Ringe  r  festgehalten  wird. 
Durch  die  hohle  Form  der  Kolbenstangen  wird  Leichtigkeit  der  Con- 
struction,  mit  grofser  Stärke  verbunden,  erzielt,  und  es  bilden  dieselben 
Stangen  zugleich  Kanäle  für  den  Abdampf,  wenn  sie  in  derjenigen 
Stellung  liegen,  in  welcher  je  ein  Schlitz  E  im  oberen  Ende  der 
Stange  mit  einem  im  Kolben  angebrachten  Schlitz  communicirt.  Der 
Dampf  tritt  in  einen  ringförmigen  Kanal  B  ein,  von  wo  er  in  die  cylin- 
drischen  Schiebergehäuse  G{  gelangt,  in  welchen  sich  mit  hohlen 
Stangen  versehene  Kolbenschieber  H  bewegen;  die  in  erstereu  liegenden 
Federn  bewirken  das  Andrücken  der  Stange  gegen  die  Excenter- 
scheibe  D,  so  dafs  bei  deren  Drehung  die  Schieber  in  der  einen  Rich- 
tung durch  die  Scheibe  und  in  der  anderen  Richtung,  zum  Einlassen 
des  Dampfes  in  den  Cylinder,  durch  die  Feder  bewegt  werden.  Die 
Cylinder  können,  wie  Fig.  1  Taf.  6  veranschaulicht,  einen  zweiten 
Schieber  K  für  den  Exhaust  haben,  der  durch  Excenter  L  auf  Welle  5 
bewegt  wird,  indem  der  Abdampf  durch  einen  ringförmigen  Raum  B{ 
nach  der  Exhauströhre  geht,  oder  aber  auch  mit  seitlichen  Oeffnungen  M 
versehen  sein,  die  mit  dem  centralen  Räume  der  Maschine  communiciren, 
so  dafs,  wenn  beim  Einwärtshub  die  obere  Fläche  des  Kolbens  die 
oberen  Enden  dieser  Oeffnungen  passirt,  der  gröfsere  Theil  des  Dampfes 
durch  diese  in  den  centralen  Raum,  und  der  Rest  beim  Auswärtshul» 
durch  Schlitz  E  und  Stange  Ä,  die  zu  dem  Zwecke  mit  seitlichen 
Oeffnungen  versehen  ist,  entweicht. 

Das  in  den  Kanal  0  aufserhalb  der  Maschine  fliefsende  Schmieröl 
gelangt  durch  den  Hohlzapfen  T  in  eine  Ringnuth  der  Excenterscheibe  /), 
von  hier  durch  einen  Kanal  t  in  die  Ausbohrung  des  Kurbelzapfens,  von 
welcher  es  durch  kleine  Bohrungen  c  an  dessen  Umfang  gefördert  wird. 

Auch  K.  und  Th.  Möller  (vgl.  1890  276*396)  in  Kupferhammer 
bei  Brackwede  haben  an  ihren  durch  D.  R.  P.  Nr.  39  953  geschützten 
schnellgehenden  Maschinen,  deren  Steuerung  bekanntlich  durch  die  hin 
und    her   gehende   Bewegung    des   Arbeitskolbens    bewirkt    wird,    eine 

Uingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  3.  1890111.  7 


98  Schnellgehenile   Motoren  mit  Dampfbetrieb. 

Neuerung  (D.  R.  P.  Nr.  50235)  getroffen,  welche  darin  besteht,  dafs 
aufser  dem  genannten  Arbeitskolben  noch  besondere  Steuerungskolben 
(Kolbenventile)  angeordnet  sind,  welche  durch  den  ersteren  mittels 
Dampf  bewegt  werden.  Diese  Steuerungskolben  beeinflussen  neben  dem 
Arbeitskolben  die  DamptVertheilung  und  somit  den  Gang  der  Maschine:, 
sie  können  seitlich,  oder  oben  und  unten  am  Dampfcylinder  angebracht 
werden  und  entweder  nur  für  den  Eintritt  des  Dampfes  oder  für  Ein- 
tritt und  Austritt  vorgesehen  sein,  sowie  auch  von  einander  getrennt, 
oder  mit  einander  verbunden  arbeiten.  Ferner  können  die  Steuerungs- 
kolben direkt  als  Dampfabschlufs-  und  Vertheilungsorgane  wirken,  oder 
sie  können  mit  Ventilen  (einfachen  Teller-,  Kugel-,  Doppelsitz-  oder 
Haubenventilen)  oder  Schiebern  verbunden  sein  und  dadurch  die  Steue- 
rung bewirken. 

Die  Abbildungen  (Fig.  4  bis  6  Taf.  6)  veranschaulichen  einen  Dampf- 
cy linder  mit  zwei  Steuerungskolben,  deren  Achsen  senkrecht  zur 
Arbeitskolbenachse  stehen. 

Die  Steuerung  selbst  besteht  aus  dem  hohlen  Arbeitskolben  2?,  den 
beiden  Steuerkolben  h  und  At,  welche  hier  in  Verbindung  mit  Ventilen, 
sowie  einer  Schraubenfeder  gezeichnet  sind,  und  aus  den  Dampfwegen 
bmmx  für  den  Eintritt  und  d  bis  d3  für  den  Austritt  des  Dampfes. 

Der  vom  Kessel  kommende  Dampf  strömt  durch  den  Stutzen  a  und 
Kanal  b  in  den  Hohlraum  des  Kolbens  2?;  letzterer  ist  in  der  End- 
stellung gezeichnet.  Bei  der  vorhergehenden  Bewegung  dieses  Kolbens 
nach  links  strömt,  sobald  die  Kolbenkante  2  die  Kante  1  überläuft, 
der  Dampf  durch  m  in  den  Ventilraum  zwischen  i  und  A,  hebt  jedoch 
das  Ventil  nicht,  da  sich  der  Druck  zwischen  Kolben  h  und  dem  Ventil 
ausgleicht.  Wenn  aber  die  Kolbenkante  2  die  Kante  o  des  Hohlraumes 
unter  Ventil  i  erreicht  hat,  hebt  der  aus  dem  Kolben  B  tretende  Dampf 
das  Ventil  und  es  schliefst  sich  erst  wieder,  nachdem  bei  der  Be- 
wegung des  Kolbens  B  nach  rechts  die  Kolbenkante  2  die  Kante  1 
des  Cylinderkanals  überschritten  hat;  jetzt  beginnt  die  Expansion  des 
Dampfes.  Der  Dampfaustritt  erfolgt,  wenn  der  Kolben  B  die  Aus- 
strömungskanäle dx  d3  überschreitet. 

Sobald  nun  die  Kante  4  des  Kolbens  B  über  die  Kante  5  tritt, 
öffnet  sich  das  rechts  befindliche  Ventil  i\,  und  bei  der  demnächst  be- 
ginnenden Bewegung  des  Kolbens  nach  links  findet  dasselbe  in  um- 
gekehrter Folge  statt. 

Der  Steuerungskolben  h  bewegt  in  der  Zeichnung  ein  Tellerventil; 
es  kann  auch  an  Stelle  der  Feder  durch  einen  Luft-  oder  Gummi- 
buffer niedergedrückt  werden. 

Einen  Dampfcylinder,  bei  welchem  die  Steuerungskolben  direkt 
den  Dampfeintritt  ohne  Einschaltung  von  Ventilen  beeinflussen,  zeigen 
Fig.  7  bis  9  Taf.  6. 

Der  Dampf  strömt   wieder  durch  a  und  b  in  den   am  Ende  seines 


Schnellgehende  Motoren  mit  Dampfbetrieb.  99 

Hubes  stehenden  Kolben  Zf,  wobei  der  Steuerkolben  h  sich  in  seiner 
rechten  Endstellung  befindet  und  frischer  Dampf  durch  Kanal  m  an 
dem  Kolben  h  vorbei  in  den  Kanal  i  und  hinter  den  Arbeitskolben  B 
strömt,  bis  bei  der  Bewegung  desselben  nach  rechts,  wenn  die  Kolben - 
kante  2  die  Cylinderkante  77  überschreitet,  der  Dampf  abgeschnitten 
wird  und  die  Expansion  beginnt.  Bei  der  Weiterbewegung  des  Kolbens  B 
findet  kurz  vor  dem  Ende  seines  Hubes  die  Voreinströmung  dadurch 
statt,  dafs  die  Kolbenkante  2j  über  die  Cylinderkante  /,  tritt;  gleich- 
zeitig strömt  Dampf  aus  dem  Kolben  B  durch  Kanal  il  auf  die  Ring- 
fläche des  Steuerkolbens  At,  denselben  nach  links  schiebend  und  Kanal  ml 
freilegend,  so  dafs  durch  den  letzteren  so  lange  frischer  Dampf  hinter 
den  Kolben  B  zuströmen  kann,  bis  dessen  Kante  2,  die  Kanalkante  77 j 
überschritten  hat. 

Den  Austritt  des  Abdampfes  regelt  wieder  der  Kolben  B  durch  dd3 
bezieh.  d{  dv 

Bei  der  Fig.  10  bis  12  Taf.  6  veranschaulichten  Construction  sind 
die  Steuerkolben  mit  einander  zu  einem  Hohlkörper  hh  verbunden, 
welcher  gleichzeitig  die  Auslafskanäle  regulirt. 

In  der  Fig.  10  gezeichneten  Linksstellung  des  Arbeitskolbens  ist 
der  Steuerkolben  h  h  durch  den  aus  dem  Hohlräume  des  Kolbens  B 
getretenen  Dampf  nach  rechts  getrieben,  hierdurch  m  und  Auslafs- 
kaual  f  f2  freigelegt,  dagegen  der  zweite  Einlafskanal  m{  und  Auslafs- 
kanal  f{  f.,  überdeckt. 

Bei  der  Bewegung  des  Kolbens  B  nach  rechts  tritt  nun  wieder 
Expansion  ein,  wenn  Kolbenkante  2  die  Kanalkante  77  erreicht  hat, 
während  auf  der  anderen  Kolbenseite  die  Compression  beginnt,  wenn 
Kolbenkante  5  über  den  Auspuffkanal  f  getreten  ist;  bevor  der  Kolben 
seine  Endstellung  erreicht,  wirkt  der  austretende  Dampf  auf  die  King- 
fläche des  Kolbenschiebers  h  und  wirft  denselben  nach  links,  so  dafs 
Austrittskanal  f.,  und  Einlafskanal  mt  für  das  neue  Kolbenspiel  frei 
werden.  Die  mit  dem  Kolbenschieber  durch  Stangen  verbundenen  kleinen 
Bufferkolben  mildern  den  Stofs  des  Steuerkolbens  beim  Hubwechsel. 

Bei  einer  vierten  Variation  dieser  Steuerung  erfolgt,  wie  Fig.  13 
und  14  Taf.  6  erkennen  lassen,  der  Dampfeintritt  durch  das  Rohr  aa 
in  die  zu  beiden  Enden  des  Dampfcylinders  angeordneten  kleinen 
Schieberkasten  b  und  bl ,  zugleich  aber  auch  durch  das  Rohr  k  in  das 
Rohr  s  und  durch  die  hohle,  hinten  offene  Kolbenstange/;  in  den  Arbeits- 
kolben /?,  welcher  wieder  in  seiner  linken  Endstellung  gezeichnet  ist. 
Der  Dampf  tritt  durch  den  linken  Eintrittskanal  c  in  den  Cylinder,  und 
wenn  nun  der  Arbeitskolben  B  bei  seiner  Bewegung  von  links  nach 
rechts  die  kleine  Bohrung  7  im  rechten  Cylinderende  überschreitet,  so 
strömt  aus  ß  frischer  Dampf  durch  Rohr  7  hinter  den  Steuerungs- 
kolben  rf3,  denselben  nach  links  schiebend,  so  dafs  nun  der  Schieber  ig 
den  Ausströmkanal  g  im  rechten  Cylinderende  schliefst  und  der  Schieber  i2 


100  Schnellgehende  Motoren  mit  Dampfbetrieb. 

den  Kanal  c2  öffnet.  Es  kann  somit  der  auf  den  Kolben  B  während 
seiner  Bewegung  nach  rechts  wirksam  gewesene  Dampf  durch  den 
Kanal  c,  und  das  Ausblaserohr  g  ausströmen:  je  nachdem  die  Bohrung  / 
angeordnet  wird,  kann  ein  gröfserer  oder  geringerer  Compressionsgrad 
erreicht  werden. 

Der  Knaggen  x  begrenzt  die  Bewegung  der  Auslafsschieber  i2  und  i3 
durch  die  elastischen  Stofsscheiben  f  und  fi ;  statt  dieser  kann  auch  an 
der  über  d2  verlängerten  Kolbenstange   ein  Buffer  angebracht  werden. 

Je  nach  dem  zu  erzielenden  Füllungsgrade  wird  mittels  einer  hier 
nicht  mitgezeichneten,  selbsthätig  variablen  Vorrichtung,  je  nach  Stellung 
des  Regulators  bei  einer  bestimmten  Stellung  des  Kolbens  B  Dampf 
vor  den  Kolben  wi,  der  einen  gröfseren  Durchmesser  als  d[  hat,  durch 
die  Oeffnung  5  gegeben  und  da  dieser  ebenfalls  wie  der  Kolben  d  mit 
dem  Schieber  cl  verbunden  ist,  so  wird  durch  Linksbewegung  des 
Schiebers  i  der  Einströmkanal  c  geschlossen,  wodurch  die  Expansion 
beginnt. 

Ueberschreitet  der  ständig  mit  Dampf  gefüllte  Raum  o  des  Kolbens  B 
die  Bohrung  2,  so  tritt  Dampf  durch  Rohr  2  hinter  den  kleinen  Kolben  dx 
des  rechten  Einlafsschiebers  i{ ,  denselben  nach  links  werfend  und  da- 
durch den  Einströmkanal  cl  öffnend. 

Dasselbe  tindet  bei  der  Bewegung  des  Kolbens  von  rechts  nach 
links  statt. 

Bei  der  Dampfmaschine  von  Harpst,  Shong^  Taylor  und  Bobinson  in 
Tyler  (Texas)  (D.  R.  P.  Nr.  48  696  vom  1.  Januar  1889)  ist  namentlich 
auf  verbesserte  Construction  der  einzelnen  Theile  und  Vermeidung  von 
Excentern,  Schieberventil,  Schieberstange,  Kolben-  und  Pleuelstange  und 
Stopfbüchsen  zur  Verminderung  der  Reibung  Rücksicht  genommen. 

Der  Kurbelmechanismus  liegt  im  Inneren  des  Cylinders  und  der 
Kolben  erhält  durch  die  Anordnung  einer  gebogenen  Gleitbahn  für  die 
Kurbelschleife,  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  der  bereits  besprochenen 
Maschine  von  H.  Lake  (1890  276*538)  in  London,  behufs  Steuerung 
der  Maschine  eine  schwingende  Bewegung. 

In  den  Zeichnungen  Fig.  15  bis  19  Taf.  6  bezeichnet  .4  das  mit 
dem  Cylinder  B  aus  einem  Stück  gegossene  hohle  Bett  der  Maschine, 
dessen  tellerförmiger,'  mit  Oel  angefüllter  Boden  zum  Schmieren  der 
Kurbel  und  der  mit  ihr  verbundenen  Theile  dient,  indem  die  erstere 
bei  der  Drehung  der  Welle  durch  das  Oel  streicht. 

Die  Dampfkanäle  a  münden  oberhalb  in  die  Oeffnung  ax ,  welche 
nach  aufsen  führt  und  mit  den  Dampfzuleitungsrohren  EE{  communicirt, 
sie  durchlaufen  gürtelartig  den  gröfseren  Theil  der  Cylinderwanduug 
und  münden  innerhalb  durch  die  üellhungen  b  b  in  den  Cylinder. 

Die  Austrittsöffnungen  D  an  der  unteren  Seite  des  Cylinders,  unter- 
halb der  Längsachse  der  Eintrittsöffnungen  b  /;,  stehen  mittels  des  hohlen 
Maschinenbettes   mit  dem  Auspuffrohr  A{    in    Verbindung.     Die   durch- 


Schnellgehende  Motoren  mit   Dampfbetrieb.  101 

gehende  Kurbelwelle  F  führt  sich  in  den  mit  Stopfbüchsen  versehenen 
Lagern  C  des  Cylinders,  und  damit  die  Bewegung  des  Kolbens  B  mög- 
lich ist,  sind  in  dem  letzteren  zwei  Schlitze  c  angebracht:  auch  ist  der 
Kolben  von  einander  gegenüberliegenden  Dampf  kanälen  o.2  durchbrochen, 
welche  durch  die  Oeffnungen  e  e,  mit  dem  Cylinder  in  Verbindung 
stehen  und  eine  kurze  Strecke  in  den  Kolben  hinein  gehen,  weshalb 
an  dessen  Wandung  entsprechende  Kanalwandungen  b^b^  angegossen  sind. 

Die  in  einer  Schneckenlinie  erfolgende  Bewegung  des  Kolbens  wird 
dadurch  erreicht,  dafs  die  zu  beiden  Seiten  des  Kurbelzapfens  mittels 
der  Keil-  und  Schraubenvorrichtung  il  k  l  befestigten,  eine  gebogene 
Kurbelschleife  bildenden  Schienen  Il{  sich  mit  ihren  bearbeiteten 
Enden  gegen  die  Wandungen  des  in  seiner  Mitte  durchbrochenen  Kolbens 
legen. 

Die  Schalen  K  des  Kurbelzapfenlagers  sind  mit  Gleitstücken  K{ 
versehen,  welche  am  geeignetsten  mittels  Zapfen  an  den  Lagerschalen 
befestigt  sind:  diese  Gleitstücke  passen  in  die  Gleitbahnen  der  Kurbel- 
schleife //[.  so  dafs  die  Ein-  und  Austrittskanäle  durch  die  hin  und 
her  schwingende  Kolbenbewegung  abwechselnd  geöffnet  und  geschlossen 
werden,  weshalb  dieselben  an  den  beiden  Cy  linderenden  derartig  ent- 
gegengesetzt angeordnet  sind,  dafs,  wenn  der  Eintrittskanal  an  dem 
einen  Ende  geschlossen  wird,  sich  derjenige  auf  dem  anderen  Ende 
öffnet,  und  dafs,  wenn  der  Kolben  seinen  Hub  zurückgelegt  hat,  sei 
es  auf  dem  Hin-  oder  Rückgange,   die  Auslafskanäle  geöffnet  werden. 

Jean  Schoenner  in  Nürnberg  bewirkt  in  höchst  einfacher  Weise  die 
behufs  Umsteuerung  nothwendige  abwechselnde  Drehung  des  mit  Yer- 
theilungskanälen  versehenen  Arbeitskolbens  (D.  R.  P.  Nr.  47  877  vom 
9.  December  1888)  dadurch,  dafs  an  den  beiden  Cylinderdeckeln  an- 
gebrachte schräge  Gleitstücke  in  entsprechende  Einschnitte  des  Kolbens 
zu  liegen  kommen. 

Wie  Fig.  20  bis  23  Taf.  7  veranschaulichen,  trifft  beim  Anheben  des 
in  der  tiefsten  Stellung  gezeichneten  Kolbens  B  (Fig.  20)  dessen  Ein- 
strömungsschlitz a,  auf  denjenigen  o  des  Cylinders,  und  der  nun  unter 
den  Kolben  strömende  Dampf  hebt  denselben  in  die  Höhe:  während 
dieses  Aufganges  stehen  die  Schlitze  b{  und  b  über  einander,  so  dafs 
der  über  dem  Kolben  befindliche  Dampf  frei  entweichen  kann.  Hat 
der  Kolben  zwei  Drittel  seines  Hubes  erreicht,  so  trifft  der  Einschnitt  d 
auf  das  in  dem  oberen  Cylinderdeckel  befestigte  schräge  Gleitstück  </,, 
und  durch  die  Berührung  der  schiefen  Flächen  wird  der  Kolben  so  ge- 
dreht, dafs  der  Einströmungsschlitz  a.  gedeckt  wird,  der  Einströmungs- 
schlitz a2  dagegen  in  die  Richtung  des  im  Cylinder  liegenden  Schlitzes  o 
zu  stehen  kommt. 

Da  der  Schlitz  a2  nach  oben  ausmündet,  so  wirkt  der  Dampf  nun 
auf  die  obere  Fläche  des  Kolbens  und  drückt  denselben  herunter,  ebenso 
ist  durch  den  Schlitz  b2  die  jCommunication    mit  b  hergestellt,    so   dafs 


102  Schnellgehende  Motoren  mit  Dampfbetrieb. 

der  unter  dem  Kolben  wirksam  gewesene  Dampf  frei  ausströmen  kann. 
Dieses  theilweise  Drehen  des  Kolbens  läfst  sich  auch  durch  aufserhalb 
des  Cylinders  angebrachte  schiefe  Flächen  erreichen.  Durch  gröfsere 
oder  kürzere  Länge  des  Einströmschlitzes  a{  kann  man  die  Maschine 
mit  mehr  oder  weniger  Expansion  arbeiten  lassen. 

Eine  Beachtung  verdient  auch  die  schnelllaufende  Dampfmaschine 
von  Joseph  Acon  Arthur  in  Toledo  und  Thomas  Carlton  Garßeld  in  Cleve- 
land  (D.  K.  P.  Nr.  45673  vom  23.  Mai  1888),  bei  welcher  das  Kurbel- 
triebwerk völlig  vom  Mitteltheile  des  Cylinders  umschlossen  liegt. 

Der  Cy  linder  /  trägt,  wie  Fig.  24  bis  26  Tai'.  7  erkennen  lassen, 
auf  seiner  Mitte  in  getheilten  conischen  und  nachstellbaren  Lagerfuttern  18 
die  gekröpfte  Kurbelwelle  17,  an  deren  Zapfen  19  von  entgegengesetzten 
Seiten  her  die  beiden  Schubstangen  21  angreifen.  Die  breiten  Wiege- 
bahnen 20  an  den  Enden  dieser  Stangen  lehnen  sich  an  die  Innenseiten 
der  beiden  Kolben  10  an,  die  durch  kräftige  Zwischenstege  50  mit  ein- 
ander fest  verbunden  sind,  und  wälzen  sich  unter  Erhaltung  einer  paar- 
schlüssigen Verbindung  bei  Drehung   der  Kurbelwelle  auf  den  Kolben. 

Durch  die  Stopfbüchsen  5  der  beiden  Cylinderdeckel  2  werden  die 
hohlen  Kolbenstangen  II  geführt,  in  denen  Stangen  12  angeordnet  sind, 
deren  Zähne  15  innerhalb  der  Kolben  etwas  vorragen  und  den  Enden 
der  Schubstangen  21  einen  Halt  an  den  Kolben  gewähren. 

Aufserhalb  des  einen  Lagers  sitzt  ein  mittels  des  Regulators  stell- 
bares Excenter  mit  dem  Ringe  51,  der  durch  die  Stange  57  mit  dem 
Hebel  52  der  Achse  55  verbunden  ist;  letztere  überträgt  mittels  Hebel  54 
und  Zwischengliedes  55  die  Bewegung  auf  die  Stange  56  der  beiden,  die 
Maschine  steuernden  Kolbenschieber  45.  Zum  Nachstellen  der  Lager- 
schalen 25  sind  rahmenförmige  Doppelkeile  26  zwischen  diese  und  die 
abgeschrägten  Enden  der  Schubstangen  21  eingeschaltet,  während  die 
an  den  Schalen  sitzenden  Zapfen  25  in  den  Schubstangen  verschiebbar 
sind  und  auf  dieselben  drückende  Schrauben  27  zum  Anziehen  der 
Keile  dienen. 

Die  Lagerschalen  sind  aufserdem  an  den  einander  zugekehrten 
Stellen  unter  Bildung  von  Vorsprüngen  ausgespart,  um  die  Schiefstellung 
der  Schubstangen  und  hierbei  einen  Eingriff  der  Vorsprünge  der  einen 
Schale  in  die  Aussparungen  der  anderen  zu  gestatten. 

Cylinder-  und  Schieberkolben  sind  mit  zwei  in  einander  gesteckten, 
nach  aufsen  federnden  und  getheilten  Metallringen  umgeben,  von  denen 
der  aufsenliegende  durch  ein  H  -förmiges  Schlufsstück,  welches  an  dem 
inneren  Hinge  festgeschraubt  ist,  an  seinen  Enden  geführt  wird. 

Das  cylindrische  Gehäuse  41  für  die  beiden  Kolbenschieber  45  ist 
mit  dem  Dampfcylinder  aus  einem  Stück  gegossen;  zu  beiden  Seiten 
der  einmündenden  Kanäle  45  sind  leicht  auswechselbare  Ringfutter  65, 
in  welchen  die  Kolbenschieber  gleiten,  eingesetzt  und  die  Schieber- 
stange 56  ist  mittels   der  in  Oeffnungen  50   der  Deckel  2   eingesetzten 


.Maschine  zum  Glätten  von  Prefsspänen,  Papier,  Geweben  n.  s.  w.       103 

Stopfbüchsen  51  und  Deckel  40  abgedichtet.  Der  frische  Dampf  tritt 
durch  die  Oeffnung  48  in  das  Schiebergehiiuse,  während  der  Abdampf 
seinen  Weg  durch  die  mit  der  Ausblaseöffnung  communicirenden  und 
unter  dem  Gehäuse  41  in  einander  übergehenden  Kanäle  46  nimmt. 

Der  Regulator  ist  an  der  auf  der  Kurbelwelle  sitzenden  und  zu- 
gleich als  Schwungrad  dienenden  Scheibe  c  (Fig.  27  Taf.  7)  angeordnet 
und  besteht  aus  den  beiden  Gewichtsarmen  gh,  die  auf  Bolzen  drehbar 
befestigt  sind,  welche  in  Ansätzen  d  der  Scheibe  c  gelagert  und  aufsen 
excentrische  Zapfen  e  tragen,  welche  den  Excenterträger  aufnehmen. 
Sobald  bei  schnellerem  Gange  der  Maschine  die  Gewichtsarme  unter 
Gegenwirkung  der  Federn  t  ausschlagen,  wird  das  Excenter  in  Richtung 
der  Excentricität  verschoben  und  diese  dadurch  verkleinert,  so  dafs 
geringere  Füllung  bezieh,  keine  Füllung  gegeben  wird,  wenn  das  Ex- 
center zur  Kurbelwelle  conaxial  liegt.  (Fortsetzung  folgt.) 


Maschine  zum  Glätten  von  Prefsspänen,  Papier,  Geweben 

u.  s.  w. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  7. 

Die  durch  das  D.  R.  P.  Kl.  8  Nr.  47 174  vom  9.  Oktober  1888  ge- 
schützte Maschine  von  H.  Weidmann  in  Rapperswyl  (Schweiz)  bewirkt 
das  Glätten  mittels  einer  Rolle  aus  Achat,  Silicat,  Hartgufs  o.  dgl.  in 
der  Weise,  dafs  sie  über  den  auf  einen  geheizten  polirten  Tisch  ge- 
spannten Stoff  unter  Federdruck  hin  und  her  geführt  wird,  ohne  sich 
dabei  zu  drehen.  Nach  jedem  Ueberschreiten  des  Tisches  aber  wird 
die  Glättrolle  vom  Stoff'  abgehoben  und  behufs  Gewinnung  einer  neuen 
Arbeitsfläche  weitergeschaltet. 

Die  Hin-  und  Herbewegung  der  Rolle  wird  durch  wechselnde  Ver- 
kuppelung des  die  Rolle  tragenden  Schlittens  mit  dem  oberen  und 
unteren  Zuge  eines  endlosen  Bandes,  das  Hochheben  der  Rolle  an  den 
Bahnenden  durch  Auflaufen  des  die  Rollenlager  tragenden  Gestelles 
auf  Keilebenen  erzielt.  Dieses  Hochgehen  bringt  das  Schaltwerk  zur 
Drehung  der  Rolle  in  Betrieb.  Die  Weiterbewegung  des  zu  glättenden 
Stoffes  wird  bei  der  seitlichen  Bewegung  durch  das  Anstofsen  an  einen 
Stellring  bewirkt.  Der  zu  behandelnde  Stoff  ist  auf  einem  Rahmen 
durch  federnde  Klemmbacken  aufgespannt,  die  alle  zugleich  lösbar  sind, 
sobald  der  Rahmen  in  seiner  Endstellung  selbsthätig  die  Glättrolle  an 
einem  Bahnende  festgestellt  hat.  Unmittelbar  vor  dem  Arbeitswerkzeug 
wirkt  ein  Prefsfinger  behufs  Glättung  und  Spannung  des  Stoffes  auf 
den  Tisch:  derselbe  wird  beim  Weiterführen  des  Stoffes  von  demselben 
abgehoben. 

Die  constructive  Ausführung  der  Maschine  ergibt  sich  aus  den 
Fig.  1  und  2   Taf.  7.     Das    Gestell  A    der    Maschine    besteht    aus    den 


104      Maschine  zum  Glätten  von  Prefsspänen,  Papier.  Geweben  u.  s.  w. 

beiden  Böcken  4,  welche  durch  die  Führungsbalken  B  des  Schlittens  D 
und  durch  den  mit  Dampf  geheizten  Glätttisch  C  verbunden  sind.  Der 
wagerecht  bewegliche  Schlitten  D  trägt  vier  durch  einen  Kopf  ver- 
bundene senkrechte  Führungslineale  E.  Zwischen  je  zwei  gegenüber- 
stehenden dieser  Lineale  gleitet  das  aus  den  zwei  oben  durch  einen 
Kopf  verbundenen  Flachschienen  F  bestehende  Traggestell  der  Rolle  G. 
Dieses  Gestell  wird  durch  eine  zwischen  seinem  und  dem  Linealkopf 
wirkende  Feder  nach  unten  geprefst.  Ein  Handrad  gestattet  die  Locke- 
rung der  Feder,  während  die  Stellmutter  I  einen  Aufschlag  des  Steines 
auf  den  Heizkörper  bezieh,  eine  zu  tiefe  Senkung  des  Steines  ver- 
hindert. Die  Flachschienen  F  sind  an  ihrem  unteren  Ende  gleichfalls 
verbunden  und  tragen  die  Rolle  G,  in  deren  Schneckenrad  die  Schnecke 
auf  der  Achse  s  eingreift.  An  dem  Schlitten  I)  ist  der  Klemmmecha- 
nismus zum  abwechselnden  Verbinden  des  Schlittens  mit  dem  unteren 
und  oberen  Zug  des  in  der  Pfeilrichtung  von  der  Scheibe  L  angetrie- 
benen Stahlbandes  K  befestigt.  Die  beiden  Zahnstangen  M  tragen  an 
ihren  Enden  die  Klemmplatten,  von  welchen  durch  Rechtsdrehung  der 
Welle  N  mit  Zahnrad  das  untere  Paar  den  unteren  Zug  des  Bandes, 
durch  Linksdrehung  das  obere  Paar  den  oberen  Zug  fafst.  Die  Dre- 
hung der  Welle  N  wird  durch  Anstofsen  des  mit  ihr  verbundenen 
Gabelarmes  P  an  die  Stellringe  0  bewirkt,  welche  auf  einer  axial 
elastisch  etwas  verschiebbaren  Stange  angeschraubt  sind. 

Die  Elasticität  dieser  Lagerung  wird  ganz  ausgenutzt  durch  das 
Vorhandensein  eines  Gewichtes  Q,  welches  immer  beim  Anstofsen  an 
die  Stellringe  und  Drehung  der  Achse  herumgeworfen  werden  mufs 
und  die  Pressung  der  Klemmplatten  bewirkt.  Es  wird  auf  diese  Weise 
ein  stofsfreier  Gang  beim  Lösen  und  Spannen  der  Klemmen  gewährleistet. 

Jedesmal  an  dem  Ende  seiner  Bahn  läuft  das  Gestell  FF  ent- 
gegen dem  Federdruck  mit  seiner  Rolle  H  auf  eine  der  an  der  Spin- 
del r  verstellbaren  Keilbahnen  R  R  auf  und  hebt  so  die  Rolle  G  von 
dem  Tisch  ab,  damit  sie  frei  schwebend  eine  kleine  Drehung  erhalten 
kann.  Diese  wird  durch  die  Schnecke  hervorgebracht,  auf  deren 
Achse  s  ein  Sperrrad  befestigt  ist,  welches  durch  das  Hochgehen  des 
Gestelles  Ff  an  die  Sperrklinke  t  anschlägt  und  sich  so  ein  bifschen 
dreht  und  dadurch  auch  eine  sehr  kleine  Drehung  der  Rolle  G  bewirkt. 

Die  Bewegung  zum  Verschieben  des  zu  glättenden  Stoffes  wird 
von  Stellringen  eingeleitet,  die  auf  einer  wagerecht  geführten  Stange  S 
festsitzen  und  diese  beim  Anschlagen  der  an  dem  Schlitten  festen 
Gabel  T  bewegen.  Durch  einfache  Hebelübersetzung  werden  so  die 
Sperrklinken  U  U  bewegt,  die  das  Sperrrad  u  drehen.  Mit  diesem  auf 
derselben  Welle  fest  sitzt  die  Rolle  V.  Ueber  diese  legt  sich  das 
rauhe  Band  v,  dessen  beide  Enden  an  den  gegenüberliegenden  Seiten 
des  Aufspannrahmens  W  befestigt  sind,  so  dafs  sich  bei  Drehung  der 
Rolle  das  Band  und  mit  ihm   der  Rahmen    W  bewegt.     Dieser  kommt 


Neuere  Schleifmaschinen.  105 

über  die  Rollen  Z  zu  der  Maschine  und  ist  in  Schlittenführung  geführt. 
Er  trägt  an  seinem  Rande  Klemmen  mit  U-förmigen,  federnden  Backen  u>, 
die  durch  Schrauben  zusammengedrückt  werden.  Um  das  Ein-  und 
Ausspannen  an  dem  ganzen  Stoffraud  zugleich  zu  bewirken,  sind  alle 
Schrauben  der  Klemmbacken  mit  Zahnrädern  versehen,  die  von  einer 
Schakenkette  k  umschlungen  und  bewegt  werden. 

Es  ist  noch  die  automatische  Ausrückvorrichtung  zu  beschreiben, 
welche  den  Schlitten  an  einem  Bahnende  stillstellt  und  auch  den  Preis  - 
tinger  Y  vom  Stoß'  abhebt,  sobald  der  Rahmen  W  an  einer  beliebig 
wählbaren  Stelle  angekommen  ist.  Dieser  Rahmen  trägt  einen  ver- 
stellbaren Anschlag  a,  welcher  eine  Stange  X  um  eine  parallele  Achse 
dreht,  aus  der  punktirten  Stellung  (Fig.  2)  in  die  ausgezogene.  Hier- 
durch kommt  die  Stange  X,  die  sich  über  die  ganze  Maschinenbreite 
erstreckt,  unterhalb  der  Rolle  n  des  Hebels  m  der  Achse  N  zu  liegen 
und  verhindert  so  das  vollständige  Ueberkippen  des  Gewichtes  Q  an 
einem  Bahnende  durch  das  Anschlagen  der  Rolle  n  an  die  Stange  X. 
Es  wird  dann  auf  diese  Weise  nur  die  Verbindung  der  Klemmen  M  M 
gelöst,  ohne  dafs  eine  neue  zu  Stande  kommt,  und  der  Schlitten  steht 
an  einem  Bahnende  mit  hoch  gehobener  Rolle  G  still.  Da  der  Prefs- 
finger  Y  gleichfalls  gehoben  ist,  kann  nun  das  Einspannen  der  Stoffe 
u.  s.  w.  ohne  Schwierigkeit  stattfinden. 

Der  Betrieb  der  Maschine  ist  aus  der  Beschreibung  schon  ersicht- 
lich. Der  glänzend  zu  machende  Stoff  wird  in  den  Rahmen  W  ein- 
gespannt oder  es  wird  eventuell,  wenn  er  einen  endlosen  Streifen  bildet, 
die  Schaltbewegung  einer  den  Stoff  aufwickelnden  Walze  ertheilt,  der 
Stoff  gleitet  über  den  geheizten  Glättetisch  C  unter  dem  mit  Stoff  um- 
wickelnden Prefsfinger  Y  durch,  welcher  zum  Glattlegen  und  Falten- 
vermeiden, wie  auch  zum  Entfernen  von  Staub  auf  der  Arbeitsfläche 
bestimmt  ist.  Die  Rolle  G  streift  über  den  Stoff  hinüber  und  herüber, 
geht  an  jeder  Stoff  kante  in  die  Höhe  und  dreht  sich  ein  wenig;  wäh- 
rend dieser  Zeit  findet  die  Fortbewegung  des  Stoffes  statt.  Ist  der 
Rahmen  ganz  unter  der  Rolle  durchgewandert,  so  stellt  sich  die  Ma- 
schine automatisch  still  und  der  Rahmen  kann  zurückgeführt  und  neu 
bespannt  werden. 


Neuere  Schleifmaschinen. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  7. 

Th.  Mc  Grattis  Schleifmaschine  mit  federnder  Spindellagerung. 

Um  dem  Schleifrade   bezieh,  dessen  Spindel   einige  Nachgiebigkeit 

zu  geben,  damit  sowohl  beim  Abschleifen  schwacher  Plattenränder  ein 

Ausbrechen  derselben  vermieden  werde,  als  auch  Stöfse  u.  s.  w.  beim 

Auftreten  stärkerer  Widerstände  zu  mildern  und  dadurch  die  Schmirgel- 


106 


Neuere  Schleifmaschinen. 


scheibe  zu  schonen,  sind  die  Spindellager  der  iu  Fig.  3  und  4  Taf.  7 
nach  American  Machinist ,  1889  Bd.  12  Nr.  47*8.  1,  nachgebildeten 
Schleifmaschine  derart  federnd  angeordnet,  dafs  diese  Federkraft  be- 
liebig geregelt  bezieh,  ganz  aufgehoben  werden  kann. 

Das  Spindellager  besteht  aus  einem  Federgehäuse  «,  welches  auf 
dem  Querbalken  des  Maschinenfufses  eingegossen  ist.  Der  Lagerkörper  c 
wird  mittels  eines  durchgehenden  Schraubenbolzeus  b  gegen  zwei  obere 
Rundfedern  gedrückt,  indem  durch  Verdrehung  einer  Kammscheibe  d 
der  Stützpunkt  verstellt  wird,  so  zwar,  dafs  bei  der  gezeichneten  Lage, 
also  in  der  Hochstellung  des  Lagers,  die  Federkraft  völlig  frei  wirken 
kann.  Wird  hingegen  bei  einer  Linksdrehung  der  Kammscheibe  der 
Lagerkörper  bis  zum  oberen  Rande  des  Federgehäuses  niedergestellt, 
wobei  die  untere  Gegenfeder  unterstützend  wirkt,  so  wird  dadurch  eine 
starre  Lagerstellung  erhalten. 

Bemerkenswerth  ist  die  sachgemäfse  Ausführung  der  Spindellager, 
wobei  auf  Oelung  und  Schutz  der  inneren  Lagertheile  möglichste  Rück- 
sicht genommen  ist. 

Die  mit  zwei  fliegenden  Schmirgelrädern  versehene  Maschine  be- 
sitzt blofs  einfache  Auflagen,  welche  in  Winkelstützen  gehalten,  in 
loth-  und  wagerechter  Richtung  stellbar  und  dem  Durchmesser  des 
Schleifrades  angepafst  werden  können. 

Erbauer  dieser  Schleifmaschine  ist  The  Cohoes  Iron  Foundry  and 
Mach  ine  Co.  in  Cohoes,  New  York. 

Sterlings  Flach-Schleifmaschine  (Fig.  3). 
Ein  gewöhnlicher  Spindelstock  mit  fliegender  Schleifscheibe  ist  auf 
einem  Säulenständer  aufgeschraubt,  während  an  dessen  lothrechter  Vorder- 
führung ein  Tischwinkel  gleitet. 
Auf  diesem  ist  mittels  Schrau- 
benspindel und  Handrad  ein 
Schlitten  verschiebbar,  wäh- 
rend die  den  eigentlichen  Tisch- 
schlitten tragende  Führungs- 
platte Winkeleinstellungen  bis 
30°  gegen  die  Wagerechte  er- 
halten kann,  wozu  zwei  seit- 
liche Schlitzbögen  dienen.  Die 
Tisch  Verschiebung  während  des 
Schleifens  wird  durch  Hand- 
hebelbetrieb erhalten,  indem 
mit  dem  vorderen  Handrade 
der  Schlitten  nachgestellt 
wird.  Nach  Industries,  1889 
Bd.  7  *  S.  512.  ist  The  Sterling 


Neuere  Schleifmaschinen . 


107 


Emerij    Wheel  Company   in    New  York,    17  Dev  Street.    Erbauer  dieser 
Maschine. 

Slack's  Schleifmaschine  (Fig.  4). 

Nach  The  Engineer,  1889  Bd.  68  *  S.  136,  ist  die  Schleifscheibe  aus 
Keilstücken  zusammengesetzt,  welche  je  nach  dem  Arbeitszwecke  aus 
Sand-  oder  Quarzsteinen  oder  aus  Schmirgelblöcken  bestehen  können, 
die  mittels  eines  Reifens  in  die  Zahnlücken  des  Scheibenkörpers  eiu- 
geprefst  werden. 

Eine  Eigenthümlichkeit  dieser  Maschine  besteht  in  der  Schräg- 
stellung des  ganzen  Spindelstockes  gegen  die  Wangenkante,  welche 
vermöge  eines  Kettenzuges  erhalten  wird,  welches  ein  Schneckentrieb- 

Fig.  t 


werk  am  Spindelrücktheil  bethätigt,  womit  eine  Verdrehung  des  Spindel- 
stockes um  dessen  mittleren  Spanubolzen  verbunden  ist,  während  vermöge 
des  gröfseren  Handrades  der  Spindelstockschlitten  und  mit  demselben 
der  ganze  Spindelstock  gegen  das  Werkstück  vor  und  zurück  geschoben 
werden  kann. 

Winkelrecht  zum  Spindelstockbett  ist  eine  lange  Querwauge  an- 
geschraubt, auf  welcher  der  Aufspannschlitten  bewegt  wird. 

Dieser  trägt  in  zwei  Seitenlagern  stellbar  die  eigentliche  Aufspann- 
platte, so  dafs  hierdurch  Schrägflächen  in  der  Weise  angeschlitlni 
werden  können,  dafs  bei  einer  rechts-  oder  linksseitig  gewählten  Schräg- 
lage des  Spindelstockes  die  Schleifscheibe  nur  mit  ihrer  Randkante 
wirkt  und  zwar  bei  gleichbleibender  Drehrichtung  entweder  nach  ab- 
wärts oder  nach  aufwärts  schleifend. 

Mit  dieser  Schleifmaschine  ist  insbesondere  das  Abrichten  von  Eisen- 
oder Stahlgufsstücken  beabsichtigt,  wobei  Flächen  bis  250  und  300mm 
Höhe  auf  einmal  bearbeitet  werden  können. 

In  der  Quelle  wird  angegeben,  dafs  die  einfache  Bearbeitung  der 
Stirnflächen  an  Gufsrohrflanschen  nur  ein  Sechstel  der  Kosten  der  Dreh- 


108 


N.  uere  Schleifmaschinen. 


bankarbeit  verursacht.     Tasker,  Sons  and  Co.,  New  Station-road,    Shef- 
tield  in  England,  bauen  dieses  Schleifwerk. 

Fay's  /Jobelmesser-Schleifmaschine  (Fig.  5). 

Eine  hübsche  Formgebung  weist  diese,  dem  American  Machinist. 
1889  Bd.  12  Nr.  44  *  S.  3,  nachgebildete  Messerschleifmaschine  von 
7.  .4.  Faxj  and  Co.,  Cincinnati,  Ohio,  auf. 

Es  gewährt  namentlich  der  sowohl  im  Fufs  als  auch  in  der  oberen 
Schlittenführung  stark  ausladende  Hohlgufsständer  dem  Antriebe  einen 
ruhigen  Gang,  wie  auch  dem  Schlitten  eine  sichere  Führung,  wodurch 
eine  geradlinige   und   richtige  Zuschärfung   des  Hobelmessers  leicht  er- 


Fig.  5- 


reichbar  wird.  Es  ist  auch  aus  diesem  Grunde  die  um  Stirnzapfen 
schwingende  Aut'spannplatte  etwas  massig  ausgeführt,  damit  möglichst 
alle  Schwingungen,  die  durch  ungleichen  Angriff  des  Schleifrades  auf- 
treten könnten,  für  den  Schleifvorgang  unschädlich  verlaufen.  Diese 
Maschine  wirkt  mit  der  Stirnfläche  eines  sogen.  Tellerschleifrades,  wo- 
durch ebene  Schleifflächen  erzeugt  werden.  Der  Schleifwinkel  ;wird 
bei  Hobelmessern  für  die  Bearbeitung  weicher  Hölzer  annähernd  25°, 
für  harte  Hölzer  etwas  gröfser  angenommen. 

Besondere  Sorgfalt  ist  auf  die  Anordnung  der  Antriebscheiben  an- 
gewendet, welche  in  doppelseitiger  Lagerung  laufen,  wodurch  eine 
richtige  Lage  der  Spindeln  und  ein  ruhiger  Gang  derselben  gewähr- 
leistet wird. 


Neuere  Schleifmaschinen. 


109 


Die  selbsthätige  Schlittenbewegung  wird  nach  Art  der  Hobel- 
maschinenantriebe mit  einem  über  drei  Scheiben  geführten  Steuerriemen 
durchgeführt,  wobei  die  vorderen  Anschlagklötzchen  am  Schlitten  die 
Hubbegrenzung  und  Umsteuerung  besorgen. 

Diese  Maschine  ist  für  Hobelmesser  bis  800mm  bemessen  und  mit 
geringen  Abänderungen  auch  zum  Hohlschleifeu  einzurichten. 

Die  abzuschleifenden  Hobelmesser  werden  an  den  Spannschlitzeu 
der  Schwingplatte  angeschraubt,  während  zwei  Anschlagplättchen  die 
richtige  Einstellung  erleichtern  (vgl.  Oppenheim,  1888  269*415  und 
1889  273*454). 

Sterling' s  Messer  Schleifmaschine  ^Diamond"  (Fig.  6). 

Bei  dieser  Schleifmaschine  wirkt  das  unmittelbar  angetriebene 
Schleifrad  mit  der  Mantelfläche,  indem  das  auf  einer  Schwingplatte 
aufgeschraubte  Messer  in  annähernd  wagerechter  Lage  an  den  unteren 
Bogentheil     des     Schleifrades  v-    6 

angestellt  und  durch  die  ein- 
geleitete Tischbewegung  längs 
desselben  verschoben  wird. 

Je  nach  der  gewählten 
Einstellung  der  Schwingplatte 
mit  Neigung  nach  aufwärts 
oder  abwärts  kann  das  Messer 
geschliffen  oder  abgezogen 
werden,  indem  die  Schneid- 
kante des  Messers  der  Dreh- 
richtung des  Schleifrades  ent- 
gegengestellt wird  oder  von 
derselben  abgewendet  ist.  In 
beiden  Fällen  wird  die  Schleif- 
fläche des  Messers  dem  Schleif- 
radkreise entsprechend  hohl- 
geschliffen. 

Die  Neigung  der  in  Seiten- 
lagern drehbaren  Schwingplatte  wird  durch  eine  mittlere  Stützschraube 
geregelt,  während  die  Anstellung  an  das  Schleifrad  durch  Lagerver- 
schiebung mit  Schraubenspindeln  erreicht  wird. 

Der  selbsthätige  Tischbetrieb  wird  mittels  eines  über  drei  Scheiben 
geführten  Riemens  von  der  Schleifradspindel  abgeleitet,  sowie  das  zum 
Nafsschleifen  benöthigte  Wasser  mittels  einer  Fächerpumpe  in  den  Helm- 
stulzen  an  die  Schleifstelle  gedrückt  wird,  wobei  der  Standfufs  der 
Maschine  als  Wasserbehälter  dient. 

Rundstab-Schleifmaschine  (Fig.  7). 

Im  American  Machinist,  1889  Bd.  12  Nr.  35  *  S.  5,  ist  eine  von  der 


110 


Neuere  Schleifmaschinen. 


Spring field  Glue  and  Etnery  Wheel  Co.  in  Springlield,  Mass.,  gebaute 
drehbankartige  Maschine  ausgeführt,  welche  zum  Schleifen  von  Rund- 
stäben, Handstangen,  Walzen  u.  dgl.  bis  6Ö0I11,n  Durchmesser  und 
2240mm  Werklänge  bestimmt  ist. 

Diese    Maschine    besteht    aus    einer    trogförmigen    3660mm    langen 
Wange,  einem  Spindelstock  ohne  Rädervorgelege  und  einem  Reitstock, 

Fig.  7. 


welcher  mit  Rücksicht  auf  das  Querstellen  zum  Behufe  des  Kegelschleifens 
besonders  breit  ausgebildet  ist. 

Ebenso  ist  der  Schlitten  mit  aufserordentlich  langen  Führungs- 
lappen versehen,  weil  derselbe  mit  gröfserer  Geschwindigkeit  von  einem 
unabhängigen  Riemenwerke  nach  Art  der  Hobelmaschinen  in  hin  und 
her  gehender  selbsthätiger  Hubbewegung  bethätigt  wird.  Auf  diesem 
befinden  sich  zwei  selbständige  Schleifradwerke,  deren  Räder  (bis  500mm 
Durchmesser)  gegensätzlich  umlaufen,  von  besonderen  Deckentrommeln 
getrieben  und  vermöge  zweier  im  Schlitten  befindlichen  Schrauben- 
spindeln an  das  kreisende  Werkstück  angestellt  werden. 

Selbsthätige  Hubbegrenzung  und  Umsteuerung  der  Schlittenbewegung, 
sowie  Abstellung  und  Schlittenverschiebung  durch  Handbetrieb  sind  selbst- 
verständlich. 

Das  Werkstück  wird  zwischen  Spitzen  oder  auch  in  Setzstöcken 
und  dann  mit  Planscheibe  gehalten,  sowie  zum  Ausschleifen  von  Boh- 
rungen ein  kleines  am  Fufsboden  (Fig.  8)  liegend  dargestelltes  Schleif- 
rad vorgesehen  ist,  welches  am  Schlitten  aufgesetzt  wird. 

Die  63mm  starke  Bewegungsspindel  ergreift  den  Schlitten  in  der 
Mittellinie  der  Wange  und  möglichst  hoch  an  der  Führungsfläche.  Diese, 
sowie  sämmtliche  Bewegungstheile  sind  gegen  Schleifstaub  und  Schlamm 
möglichst  gut  geschützt,  die  Maschine  mit  allen  zum  Nafsschleifen  er- 
forderlichen Einrichtungen  ausgerüstet. 

Fräser-Schleifmaschine  (Fig.  5  bis  8  Taf.  7). 
Von   der  Cincinnali  Milling  Machine  Co.  in  Cincinnati,   Ohio,    wird 
nach  American  Machinist,  1889  Bd.  12  Nr.  45  *  S.  1  und  2,  eine  Schleif- 


Neuere  Schleifmaschinen.  Hl 

maschine  gebaut,  welche  hauptsächlich  zum  Schärfen  von  Fräserwerk- 
zeugen, Reibahlen  u.  s.  w.  bestimmt  ist  (vgl.  Heinecker,  1886  260*113. 
Brown  und  Sharpe,  1886  261  *  157). 

Um  die  Spannung  des  Treibriemens  zu  regeln,  ist  der  Spindelstock 
mit  den  zwei  fliegend  angeordneten  Schleifrädern  auf  dem  Kopfe  des 
Säulenständers  zum  Verschieben  eingerichtet,  während  das  die  Tisch- 
theile tragende  Rohr  um  diese  Säule  drehbar  eingerichtet  ist,  wodurch 
das  Fräsewerkstück  in  jede  gewünschte  Lage  zu  den  beiden  Schleif- 
rädern gebracht  werden  kann. 

Zu  diesem  Behufe  ist  an  das  bereits  erwähnte  Säulenrohr  eine 
wagerechte  Kolbenführung  seitlich  angeschlossen,  in  der  ein  Kreuzkopf 
stellbar  ist,  welcher  die  in  der  Höhenrichtung  verschiebbare  mit  einer 
Zapfenverlängerung  ausgebildete  Führungswange  trägt. 

Auf  dem  darauf  befindlichen  Schlitten  ist  ein  Drehtisch  angeordnet, 
welcher  einseitig  zu  einem  rechteckigen  Aufspauntische  ausgebildet  ist, 
auf  welchem  eine  eigentümlich  ausgestaltete  Aufspannvorrichtung  (Fig.  6 
und  7),  sowie  nach  Bedarf  noch  ein  kleiner  Reitstock  angebracht  werden 
können.  Diese  Vorrichtung  ermöglicht  durch  die  zwei  winkelrecht  zu 
einander  stehenden  Drehstücke  eine  Universaleinstellung  der  Werkstück- 
achse zur  Tischkante  sowohl,  als  auch  vermöge  der  vorerwähnten  Theile 
zu  jedem  der  beiden  Schleifräder. 

Die  abzuschärfenden  Fräser,  welche  zwischen  Spitzen  eingespannt 
oder  auf  einem  Spindelkopfe  fliegend  aufgesteckt  sind,  erfordern  je 
nach  Lage  und  Richtung  der  Fräseriffen  oder  je  nach  der  Körperform 
des  Fräsers  selbst  eine  entsprechende  Einstellung  der  Tischtheile,  welche 
aber  stets  der  Bedingung  entsprechen  mufs,  dafs  die  längs  des  Schleif- 
rad umfanges  geführte  Riffenkante  des  Fräsers  in  stetiger  und  gleich- 
mäfsiger  Angriffsstärke  auch  stets  einen  gleichen  Schleifwinkel  ergebe, 
ohne  dafs  eine  andere  als  eine  einfache  Schlittenverschiebung  während 
des  Schleifers  nothwendig  werde  und  die  Umhüllungsform  des  Fräsers 
in  keiner  Weise  beeinträchtigt  wird. 

Diese  bei  gerade  gerifften  Kolben-  sowie  Kegelfräsern  und  Reib- 
ahlen leicht  zu  erfüllende  Bedingung  führt  zu  Erschwernissen,  sobald 
die  Riffen  gewunden  sind,  weil  das  Schleifen  der  Rückenfläche  einer 
Riffe,  um  weitere  Umständlichkeiten  zu  vermeiden,  gewöhnlich  bei  fest- 
gelegtem Fräser  stattfindet. 

Eigentlich  könnten  Fräser  mit  gewundeneu  Riffen  nur  dann  genau 
nachgeschliffen  werden,  wenn  man  die  beim  Fräsen  der  eigentlichen 
Riffe  gebrauchten  Schlitten-  und  Spindelbewegungen  der  Tischtheile 
auch  auf  die  Schleifmaschine  übertragen  würde,  so  dafs  die  daraus  er- 
folgende Schlufsbewegung  die  gleiche  Schraubenlinie  wäre. 

Das  setzt  aber  voraus,  dafs  man  beim  Schleifen  der  einzelnen  Fräser 
auch  das  Bildungsgesetz  ihrer  Riffen  kennen  müfste,  was  unbedingt  fin- 
den  rascher  durchzuführenden  Schleifvorgang   viel  zu  umständlich    ist. 


112 


Trotter'a  Compensationsthermonieter. 


Um  diesen  Schleifvorgang  in  einfacher  Weise  durchzuführen,  be- 
nutzt man  eine  Fräserriffe  als  Leitcurve,  indem  durch  eine  zusätzliche 
Drehkraft  (Gewicht  u.  s.  w.)  der  Fräser  beständig  gegen  einen  fest- 
stehenden Leitzahn  gedreht  wird,  so  dafs  bei  der  nun  erfolgenden 
Schlittenbewegung  die  Berührungsstelle  des  Schleifrades  der  Rücken- 
fläche der  Riffe  genau  folgen  kann.  Dem  sogen.  Scharfschleifen  neu 
hergestellter  Fräser  mufs  aber  das  Rundschleifen  vorangehen,  was  durch 
Kreisung  des  Fräsers  bei  fortdauernder  Schlittenbewegung  durchgeführt 
wird  (vgl.  Reinecker,  1886  260*113). 

Bei  der  in  Rede  stehenden  Schleifmaschine  der  Cincinnati  Co.  ist 
eine  selbsthätige  Drehbewegung  des  Fräserwerkzeuges  wegen  der  weit- 
läufigen Verstellbarkeit  der  Tischtheile  und  der  leichten  Bauausführung 
derselben  ausgeschlossen  und  zu  umständlich,  deshalb  werden  die  Fräse- 
riffen auch  einzeln  nachgeschliffen,  wie  dies  in  den  Fig.  5  bis  8  dar- 
gestellt ist,  wobei  eine  eingehende  Beschreibung  derselben  überflüssig 
erscheint.  Pr. 


A.  Trotter's  Compensationsthermonieter. 

Mit  Abbildung. 

Dieses  Instrument,  welches  den  Zweck  hat,  die  Temperatur  eines 
Raumes  an  einer  von  diesem  entfernten  Stelle  anzuzeigen,  soll  sich 
nach  Engineering ,  1890  S.  419,  in  Bierbrauereien,  auf  Schiffen  u.  s.  w. 
recht  nützlich  bewähren.  Dasselbe  besteht,  wie  die  schematische  Skizze 
zeigt,  in  einer  langen  Metallröhre  rr  von  geringem 
Rauminhalte,  welche  an  dem  Orte,  dessen  Temperatur  zu 
ermitteln  ist,  in  ein  spiralförmiges  Gefäfs  D  ausläuft,  und 
da,  wo  die  Temperatur  angezeigt  werden  soll,  in  ein  Ther- 
mometer C  endigt.  Die  ganze  Röhre,  mit  Ausnahme  des 
oberen  Theils  von  6\  ist  mit  gefärbtem  Weingeist  oder 
Methylalkohol  gefüllt.  Danach  würde  durch  den  Stand  der 
Weingeistsäuie  in  C  die  Gesammtheit  der  in  dem  Gefäfs  D 
und  in  der  ganzen  Röhrenlänge  stattfindenden  Ausdehnungen 
und  Zusammenziehungen  der  Flüssigkeit  gemessen.  Da  aber 
diese  Länge  mehrere  hundert  Fufs  be- 
tragen und  durch  Räume  von  sehr 
verschiedener  Temperatur  sich  er- 
strecken kann,  so  würde  eine  un- 
genaue Temperaturangabe  an  jener 
entfernten  Stelle  die  Folge  sein,  wenn 
nicht  dafür  gesorgt  wäre,  diesen 
Fehler  durch  folgende  sehr  einfache 
Vorkehrung  auszugleichen.  Dicht  neben  der  Verbindungsröhre  r  r 
läuft  Dämlich,  von  einem  neben  dem  Thermometer  C  angebrachten  Glas- 


Maldant's  Manometer  zur  Messung  vielfacher  niederer  Spannungen.      113 

rohr  B  ausgehend,  eine  ganz  gleiche  und  ebenfalls  mit  gefärbtem  Wein- 
geist gefüllte  Röhre  s$,  jedoch  ohne  Gefäfs.  Der  Flüssigkeitsstand  in  B 
ist  daher  das  Mafs  sämmtlicher  Temperaturen  jener  Räume,  durch 
welche  diese  zweite  Röhre  ihren  Weg  nimmt.  Ein  zwischen  B  und  C 
angebrachter  senkrechter  Schieber  enthält  an  der  linken  Seite  die  Scale 
für  das  Thermometer  C,  während  rechts  ein  Pfeil  A  gravirt  ist.  Letzterer 
wird  vor  Ablesung  der  Temperatur  auf  die  Weingeistkuppe  der  gefäfs- 
loseu  Röhre  eingestellt.  Das  Heben  oder  Senken  der  Scale  geschieht 
daher  in  genauem  Verhältnifs  zu  der  als  Folge  des  Temperatureinflusses 
auf  den  Röhrenstrang  r  s  auftretenden  Verlängerung  oder  Verkürzung 
der  Flüssigkeitssäule,  wodurch  der  Zweck  der  Compensation  erreicht 
und  der  Thermometerstand  derselbe  ist,  als  läge  zwischen  dem  Ther- 
mometer C  und  seinem  Gefäfse  D  gar  keine  Entfernung. 


E.  Maldant's  Manometer  zur  Messung  vielfacher  niederer 

Spannungen. 


Mit  Abbildung. 


Das  Problem,  in  einem  einzigen,  soliden  und  ökonomischen  Apparate 
die  Anzeigen  einer  beliebigen  Anzahl  von  Manometern  zu  vereinigen, 
wie  dieses  z.  B.   bei  Gasfabriken   wünschenswerth   erscheint,   hat  nach 

'   "'     j!        I,  I;        |i  j|        |[    '.'.'Jj      '!!  .i  j    "    |j  "■       j|       f 


l.Jlvlw'l:.:il 


einer  Mittheilung  der  Revue  Industrielle,  1890  S.  17."..  E.  Mnldant  durch 
folgende  Construction  gelöst.  Die  Textfigur  stellt  ein  ..Taftlmnnomeler- 
von  12  Röhren  für  ebenso  viele  Spannungen  dar.    (Ein  entsprechend  ein- 

Uinsler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.3.  1890/111.  8 


114  Ueber  die  neuesten  Erfahrungen  an  Verbundlocomotiven. 

gerichtetes  \<>n  -  Röhren  für  2  Spannungen  kann  zur  Bestimmung  von 
Druck  und  Absorption  beim  Ein-  und  Ausströmen  des  Gases  dienen.) 
Der  Apparat  besteht  in  einem  rechtwinkeligen  Behälter  aus  emaillirtem 
Gul's,  welcher  an  seiner  Vorderseite  durch  eine  mit  zwischengelegten 
Kautschukstreifen  aufgeschraubte  Spiegelscheibe  wasserdicht  geschlossen 
ist  und  ebenso  viele  Manometerröhren  enthält,  als  verschiedene  Sp:iu- 
nun^en  zu  messen  sind.  Die  unteren  Enden  dieser  Röhren  sind  offen 
und  stehen  also  alle  in  freier  Verbindung  mit  einem  und  demselben 
w  übergefüllten  Raum,  während  ihr  oberer  Theil  mit  einem  Hahn  ver- 
sehen ist,  welcher  die  betreffende  Zuleitung  mit  der  Röhre  verbindet. 
Die  von  oben  nach  unten  graduirten  Scalen  sind  auf  der  Aufsenseite 
der  Glastafel  verschiebbar  angebracht,  so  dafs  die  Nullpunkte  auf  den 
Wasserspiegel  des  Behälters  eingestellt  werden  können.  Das  Raumver- 
hältnifs  zwischen  dem  Behälter  und  den  Manometerröhren  ist  ein  solches, 
dafs  das  durch  den  Gasdruck  aus  den  letzteren  verdrängte  Wasser  den 
Wasserstand  im  Behälter  nur  um  ein  sehr  Geringes  erhöht. 

Will  man  nun  das  System  in  Wirksamkeit  setzen,  so  braucht  man 
nur  den  Nullpunkt  jeder  Scale  auf  den  Wasserspiegel  des  Behälters 
einzustellen,  um  sofort  den  Werth  der  Spannungen  und  ebenso  ihren 
Unterschied  ablesen  zu  können.  Zur  Erleichterung  dieser  Ablesung 
gehören  die  Röhren  dem  von  G.  Martin  construirten  Typus  „Photophoi" 
an  und  zeigen  den  Wassermeniscus  sehr  hübsch  mittels  eines  rothen 
Bandes.  Es  verdient  hervoi-gehoben  zu  werden,  dafs  die  hinter  der 
Glastafel  eingeschlossenen  Manometerröhreu  gegen  Erschütterungen  ge- 
schützt sind  und,  da  sie  nur  an  dem  einen  Ende  festsitzen,  sich  frei 
ausdehnen  können,  wodurch  neben  einer  erheblichen  Reduction  der 
Unterhaltungskosten  ihre  Reinigung  bedeutend  erleichtert  wird.  Man 
braucht  in  der  That  nur  zwei  Schrauben  zu  lösen,  um  sämmtliche 
Röhren  auf  einmal  herausnehmen  zu  können. 


Ueber  die  neuesten  Erfahrungen  an  Verbundlocomotiven. 

Das  wachsende  Interesse,  welches  seitens  der  Eiseubahnverwaltungen 
und  Locomotivconstrueteure  den  seit  ungefähr  5  Jahren  eingeführten, 
nach  dem  Verbundsystem  arbeitenden  Locomotiven  entgegengebracht 
wird,  hat  nach  den  bisher  ganz  allgemein  angestellten  Beobachtungen 
seinen  Grund  in  den  vermeintlichen  Vorzügen  dieser  Maschinen  den 
gewöhnlichen  Locomotiven  gegenüber,  als  welche  hauptsächlich  ge- 
ringerer Brennmaterialverbrauch,  geringerer  Funkenauswurf  und  gröfsere 
Leistungsfähigkeit  bezeichnet  werden. 

Diese  Annahmen  sind  indefs  durch  unlängst  zum  erstenmale  zu- 
nächst an  einer  Verbund-  und  einer  Normal-Schnellzugslocomotive  der 
preufsischen   Staatsbahnen    angestellte   wissenschaftliche  Versuche  zum 


Ueber  die  neuesten  Erfahrungen  an  Verbundlocomotiven.  115 

Theil  nicht  bestätigt  worden:  dieselben  haben  aber  gleichzeitig  und 
über  Erwarten  die  hohe  Wichtigkeit  der  Verhältnisse  des  sogen.  Aus- 
puff- oder  Blasrohres  für  die  Anfachung  des  Feuers  im  Locomotivkessel 
in  klares  Licht  gestellt. 

Wie  die  Deutsche  Bauzeitung,  1890  Heft  28  *  S.  168,  berichtet,  ge- 
schah die  Prüfung  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  während  längerer 
Zeit  mit  einem  Sonderzuge  von  50  Achsen,  der  abwechselnd  mit  einer 
Verbund-Schnellzugslocomotive  von  12  '  Ueberdruck  und  einer  normalen 
Schnellzugslocomotive  von  nur  10;"  Dampfüberdruck  mit  Geschwindig- 
keiten von  10  bis  90km  in  der  Stunde  und  bei  ganz  geöffnetem  Regulator 
mit  Cy linderfüll ungen  von  0,1  bis  etwa  0,7  befördert  wurde. 

An  jedem  der  betreffenden  Dampfcylinder  beider  Locomotiyen 
wurden  durch  Indicatoren  eine  ganze  Reihe  von  Diagrammen  über  die 
geleistete  Dampfarbeit  abgenommen  und  aus  diesen  später  der  wirk- 
liche Dampfverbrauch  ermittelt;  ein  Geschwindigkeitsmesser  verzeichnete 
gleichzeitig  die  Zuggeschwindigkeit  und  ein  Vacuummesser  die  Luft- 
verdünnung in  der  Rauchkammer.  Die  Verbundlocomotive  hatte  eine 
AuspuffÖffhung  von  144mm  Durchmesser,  deren  Querschnitt  10,7  Proc. 
vom  Hochdruckkolben  betrug,  während  die  Normallocomotive  eine 
Auspuiiotluung  von  nur  120mm  Durchmesser  und  einen  Querschnitt  von 
nur  9  Proc.  eines  Dampf kolbens  hatte.  Die  Folge  davon  war,  dafs 
bei  der  Normallocomotive  mit  10at  Dampfdruck,  0,25  Füllung  und  50km 
Zuggeschwindigkeit  7  bis  8cm  Wassersäule  Luftverdünnung  in  der 
Rauchkammer  erzielt  wurde,  dagegen  die  Verbundlocomotive  mit  12 
Dampfdruck  unter  gleichen  Verhältnissen  nur  21/2cm  Wassersäule  Luft- 
verdünnuug  ergab.  Die  Normallocomotive  lieferte  in  der  Stunde  40  bis 
45k  Dampf  auf  l'\m  Heizfläche,  während  die  Verbundlocomotive  höch- 
stens bis  30k  erzeugte;  als  die  letztere  einen  engeren  Auspuff  erhielt, 
stieg  die  Luftverdünnung  in  der  Rauchkammer  und  die  Verdampfung- 
genau  so  wie  bei  der  normalen  Maschine.  Die  an  den  Cylindern  der 
Verbundlocomotive  und  einem  Cvlinder  der  Normallocomotive  zahlreich 
abgenommenen  Diagrammcurven  ergaben  eine  ganze  Reihe  von  schätzens- 
werthen  Resultaten,  namentlich  über  die  Expansionsverhältui>M\ 

Die  anderen  sehr  wichtigen  Ergebnisse  aus  den  Beobachtungen  und 
Aufzeichnungen  sind  die  folgenden: 

1)  Der  Rückdruck  des  verbrauchten  Dampfes  auf  die  betreffenden 
Kolben  zeigte  sich  vom  Füllungsgrade  und  der  Fahrgeschwindigkeit  an 
beiden  Locomotiven  gleich  abhängig. 

2)  Die  vermuthete  Dampfersparnifs,  wie  Milche  au  Güterzugloco- 
motiven  beobachtet  worden  ist,  hat  sich  an  der  Versuchs  Verbund- 
locomotive nicht  nachweisen  lassen. 

3)  Das  normale  Verhältnifs  der  Durchmesser  der  beiden  Cvlinder 
der  Verbundlocomotive  ist  nur  bei  einem  Füllungsgrade  zu  erreichen, 
auch  die  Fahrtre-chwindiskeit  ändert  dasselbe. 


llfi  Ueber  die  neuesten  Erfahrungen  an  Verbundlocomotiven. 

4)  Für  eine  Reihe  von  Füllungsgraden  zeigten  daher  die  beiden 
Cylinder  der  Yerbundlocomotive  nicht  unwesentliche  Unterschiede  in 
den  Arbeitsleistungen. 

5)  Der  grofse  Unterschied  der  Luftverdünnung  in  der  Rauchkammer 
der  Verbundlocomotive  gegen  diejenige  in  der  Rauchkammer  der 
Normallocomotive,  welche  dreifach  mehr  erzielte,  zeigt  den  hohen 
Einfluß  der  Gröfse  der  Auspufföffnung  bei  der  Verbrennung  im  Kessel. 
Nach  den  allgemein  gemachten  Erfahrungen  findet  bei  den  Verbund- 
locomotiven ein  Funkenwerfen  gar  nicht  oder  bei  den  schwersten  Zügen 
doch  nur  in  ganz  geringem  Mafse  statt  und  daraus  kann  geschlossen 
werden,  dafs  die  Verbrennung  in  deren  Kesseln  bei  erheblich  geringerer 
Luftverdünnung  in  der  Rauchkammer  vor  sich  geht:  auch  hat  sich  ge- 
zeigt, dafs  die  Dampferzeugung  für  die  schwersten  Züge  ausreichend  ist. 

Hierdurch  wird  also  bewiesen,  dafs  auch  bei  geringem  Vacuum 
eine  genügende  Dampferzeugung  erzielt  werden  kann,  wenn  sonst  das 
Feuer  mit  der  nöthigen  Sorgfalt  behandelt  wird:  auch  der  Minder- 
verbrauch an  Kohle,  welchen  man  bisher  ganz  allein  dem  Verbund- 
system als  solchem  in  Rechnung  gestellt  hat,  ohne  vorher  genau  geprüft 
zu  haben,  welchen  bedeutenden  Antheil  verbesserte  Auspuffverhältnisse 
daran  haben  können,  ist  zum  grofsen  Theil  hierauf  zurückzuführen. 
Jedenfalls  werden  weiter  fortgesetzte  wissenschaftliche  Versuche  die 
Feststellung  dieses  Antheils  ergeben  und  damit  wohl  die,  viele  Eisen- 
bahnverwaltungen beschäftigende  Frage,  ob  die  Vorzüge  des  Verbund- 
systems bei  Locomotiven  wirklich  so  grofs  sind,  dafs  demnächst  sämmt- 
liche  Locomotiven  nach  denselben  herzustellen  sein  würden,  ihrer  Er- 
ledigung etwas  näher  rücken. 

Es  wird  diese  Festsetzung  um  so  weniger  zu  vermeiden  sein,  als 
man  in  England,  ohne  das  Verbundsystem  anzuwenden,  lediglich  durch 
Aenderung  der  Auspuffverhältnisse  allein  auch  mit  gewöhnlichen  Loco- 
motiven erheblich  gröfsere  Kohlenersparnifs  erzielt  hat,  als  die  all- 
gemeinen Erfahrungen  angeben. 

Nach  dem  Bericht  des  Prof.  Salomon  über  die  Locomotiven  auf  der 
Pariser  Weltausstellung  1889,  in  der  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher 
Ingenietire,  1889  Heft  52  *  S.  1236,  hat  der  Locomotiv-Direktor  der 
London-  und  Südwestbahn,  Adams,  bereits  vor  einigen  Jahren  die  Con- 
struction  eines  ringförmigen  Auspuffrohres  angegeben,  dessen  Ausström- 
öffnung  ungefähr  in  Höhe  der  oberen  Siederohrreihe  liegt;  der  hohe 
Dampfstrahl  wirkt  jetzt  aufser  wie  sonst  auch  noch  auf  den  Innen- 
raum des  Ausstnmirohrcs  saugend,  und  da  in  den  letzteren  von  der 
Seile  her  hauptsächlich  die  aus  den  unteren  und  mittleren  Rohrreihen 
kommenden  Uauchgase  strömen,  so  wird  die  Zugwirkung  in  sämmtlicheu 
Rohren  gleichmäfsiger  als  bei  gewöhnlichen  Blasrohren  ausfallen.  Adams 
selbst  hat  bei  seine;-  Verwaltung  diese  Construction  in  umfangreichem 
Mafse   eingeführl    und    macht   über   die  Erfolge  nachstehende  Angaben: 


Ueber  die  neuesten  Erfahrungen  an  Verbundlocomotiven.  117 

Mitte  1885  betrug  bei  505  vorhandenen  Locomotiven  der  Kohlen- 
verbrauch für  ein  Locomotivkiloineter  ungefähr  .Sk',43:  er  nahm  mit 
fortschreitender  Einführung  des  oben  genannten  Exhaustors  allmählich 
ah  und  stellte  sieh  Ende  1887  bei  im  Ganzen  534  Locomotiven,  von 
denen  253  das  neue  Blasrohr  hatten,  durchschnittlich  auf  nur  7k,41  und, 
falls  die  Ersparnils  nur  der  abgeänderten  Ausstrümuug  zuzuschreiben 
wäre,  betrügen  die  letzteren,  sofern  alle  534  Locomotiven  entsprechend 
geändert  würden,  ungefähr  2k,15  für  das  Locomotivkilometer.  Diese 
mit  einfachen  Mitteln  erzielten  Ersparnisse  haben  auch  in  Frankreich 
und  Oesterreich  zu  Versuchen  geführt;  ehe  indefs  ein  endgültiges  Urlheil 
über  dieselben  gegenüber  den  Verbundlocomotiven  gefällt  werden  kann, 
ist  es  wohl  wünschenswerth,  wenn  erst  weitere  Versuche  seitens  der 
Bahnverwaltungen,  namentlich  auch  an  Verbund-Güterzugslocomotiven 
angestellt  würden,  denn  dadurch  allein  wird  es  möglich  sein,  dem  Ver- 
bundsystem an  Locomotiven  nur  dasjenige  in  Rechnung  zu  stellen,  was 
ihm  wirklich  zukommt. 

Im  Uebrigen  ist  diese  Brennmaterialersparnifs  nach  der  Aussage 
des  Eisenbahn-Bauinspektors  Schrey  in  der  am  25.  Februar  1890  ab- 
gehaltenen Sitzung  des  Vereins  deutscher  Maschineningenieure,  wie 
Glasern  Annalen,  1890  Nr.  307  S.  168,  berichten,  nur  ein  nebensäch- 
licher Vorzug  der  Verbundlocomotive,  da  der  Hauptvortheil  derselben 
unstreitig  in  der  Erhöhung  der  Leistung  liegt. 

Diese  ist  gerade  beim  gegenwärtigen  Stande  der  Dinge  eine  äufserst 
willkommene  Sache  und  selbst  erheblich  gröfsere  Anlagekosten  können 
der  Vermehrung  der  Leistung  gegenüber  keine  Kolle  spielen,  wenn  sonst 
den  unabänderlich  zu  stellenden  Ansprüchen  an  Einfachheit  der  Unter- 
haltung und  Handhabung  genügt  wird.  Da  man  nun  mit  der  Grenze 
der  Leistung  an  das  Dampferzeugungsvermögen  des  Kessels  gebunden 
ist  und  eine  gröfsere  Dampferzeugung  als  die  gegenwärtig  bereits  er- 
zielte in  den  letzteren  ziemlich  aussichtslos  ist,  so  kann  es  sich  nur 
noch  darum  handeln,  die  erzeugte  Dampfmenge  nutzbringender  zu  ver- 
wenden. Dies  ist  durch  Einführung  des  Verbundsystems  bei  den  Loco- 
motiven geschehen,  da  man  hier  den  Dampf  in  erheblieh  höherem  Umfang 
expandiren  lassen  kann  als  bei  der  gewöhnlichen  Locomotiv-Schieber- 
steuerung,  und  darin  ist  namentlich  ihre  grofse  Ueberlegenheit  begründet. 

Die  gröfsere  Leistungsfähigkeit  der  Verbundlocomotive  wurde  im 
vorigen  Herbst  durch  Versuche  nachgewiesen,  welche  bei  den  Tages- 
Schnellzügen  zwischen  Hamburg  und  Hannover  auf  der  Strecke  Uelzen — 
Lehrte  mit  langen  Steigungen  1:300  angestellt  wurden.  Bei  60kni  Ge- 
sehwindigkeit  wurden  trotz  der  starken  Belastung  die  Fahrzeiten  inne 
gehalten  und  hierbei  auf  langen  Steigungen  bis  600  wirkliche  Pferde- 
stärken geleistet,  während  die  Leistung  älterer  Normalmaschinen  450  B? 
betrug,  ein  Verhältnil's,  welches  zeigt,  dafs  die  Verbundlocomotive  zu 
ganz  erheblichen  Leistungen  fähig  i-t. 


118  Debet  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

Eine  interessante  Anwendung  der  Verbundwirkung  ist  noch  von 
Bauratli  Klose  iu  Stuttgart  gemacht,  indem  derselbe  eine  Adhäsions- 
und Zahnradlocomotive  in  der  Weise  zur  Verbundwirkung  eingerichtet 
hat,  dafs  der  Dampf,  welcher  aus  der  Adhäsionsmaschine  austritt,  in 
die  Zahnradmaschine  gelangt  und  das  Zahnrad  mit  Verbundwirkung 
getrieben  wird. 

Diese  Anordnung  hat  nicht  nur  grofse  Einfachheit  für  sich,  sondern 
auch  besseres  Arbeiten,  da  in  den  Niederdruckcyündern  der  Dampf- 
druck auf  die  Kolben  weit  gleichmäfsiger  ist;  auch  ergänzen  sich  beide 
Maschinen  gegenseitig  in  der  Leistung.  Wenn  die  Adhäsionsmaschine 
schleudert,  so  tritt  eine  gröfsere  Menge  Dampf  in  den  Verbinder,  was 
zur  Folge  hat,  dafs  nicht  nur  die  Adhäsionsmaschine  alsbald  mit 
Schleudern  aufhört,  weil  sie  mehr  Gegendruck  bekommt,  sondern  auch 
die  Zahnradmaschine  durch  stärkeres  Arbeiten  den  Verlust  an  Zugkraft 
ausgleicht.  Fr. 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

Von  dipl.  Ingenieur  Alfred  Haußner,  Privatdocent  an  der  k.  k.  technischen 

Hochschule  Graz. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  276  S.  49.) 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  10. 

Gehen  wir  nunmehr  zu  dem  wichtigsten  Rohstoffe  für  die  Fabrikation 
der  Papiere,  zu  deii  Lumpen  über.  Trotz  der  verschiedensten  Ersatz- 
stoffe bleibt  der  Vorzug  der  Lumpen,  das  vorzüglichste  Rohmaterial  zu 
sein,  unbestritten.  Der  Begriff  „Lumpen"'-  ist  dabei  allerdings  ein- 
zuschränken und  sind  insbesondere  Jutelumpen,  nach  den  von  der 
preufsisehen  Regierung  erflossenen  Begutachtung,  als  Rohstoff  für  die 
Papiere  nicht  aufzufassen,  wenn  es  gilt,  die  aufgestellten  Papierklassen 
einzuhalten.  Es  ist  dies  begreiflich,  wenn  man  das  starke  Verholztsein 
der  Jutefaser  bedenkt. 

In  der  vorbereitenden  Behandlung  der  Lumpen  ist  nichts  wesent- 
lich Neues  zu  erwähnen.  Doch  sei  darauf  hingewiesen,  dafs  mancher 
Orten  von  den  Lumpenhändlern  sogen,  messerfertige  Lumpen  gehandelt 
werden,  welche  bereits  soweit  sortirt  und  in  kleine  Stücke  getheilt  ge- 
liefert werden,  dafs  in  der  Papierfabrik  nur  mehr  das  Durchgehen  durch 
einen  Stäuber  nothwendig  ist  und  gleich  das  Kochen  folgen  kann.  Damit 
wird  aus  den  Papierfabriken  eine  sehr  unangenehme  Arbeit  ferngehalten, 
jedoch  ist  diese  ungesunde  Arbeit  nur  von  einem  Orte  an  einen  anderen 
verlegt.  Auch  ist  es  nicht  unbegründet,  wenn  die  messerfertig  ge- 
lieferten Lumpen  von  den  Papierfabrikanten  etwas  mifstrauisch  be- 
trachtet werden  und  ein,  wenn  auch  nur  flüchtigeres,  Nachsortiren  sehr 
empfohlen  wird. 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  11(.) 

Für  das  Kochen  der  Lumpen  ist  in  letzter  Zeit  ein  Vorschlag  auf- 
getaucht, welcher  bezweckt,  dasselbe  eigentlich  zu  umgehen,  indem  nur 
eiue  Temperatur  von  etwa  60°  angewendet  wird.  Dafür  ist  statt  des 
Kalkes  das  sogen.  Ammonin  anzuwenden.  Es  besteht  nach  einer  Unter- 
suchung von  Dr.  Dennewitz  in  Heidelberg  aus  kieselsaurem  und  kohlen- 
saurem  Natron,  welchem  eine  bedeutende  Menge  von  Schwefelkohlen- 
stoff  zugeführt  worden  ist,  und  erscheint  als  ein  im  Wasser  nicht  ganz 
losliches  silbergraues  Pulver.  Es  übt,  nach  im  Grofsen  vorgenommenen 
Proben,  auf  thierische  und  auf  pflanzliche  Fasern  eiue  sehr  reinigende 
Wirkung  aus,  ohne  dieselben  anzugreifen.  Die  Inkrusten  werden  scbnell 
entfernt  und  ist  nach  diesen  Erfolgen  die  Erwartung  berechtigt,  dafs 
das  Ammonin  bei  der  oben  angegebenen  Temperatur  statt  des  sonst 
üblichen  Kochens  vorteilhaft  zu  verwenden  sei.  Der  Vorgang  hierbei 
ist  folgender.  Nachdem  die  Ammoninlösuug,  5k  Ammonin  mit  3001  Wasser, 
auf  100k  Lumpen  hergestellt  worden  ist,  wird  in  einem  eigens  diesem 
Zwecke  dienenden  gröfseren  Waschholländer,  der  dann  auch  als  Halb- 
zeugholländer verwendet  werden  kann,  die  richtige  Lumpenmenge  ein- 
getragen, und  zwar  in  die  bereits  eingefüllte  Ammoninlösuug.  Nach 
dem  Waschen,  welches  etwa  30  bis  60  Minuten  dauert,  kann  sofort 
gemahlen  werden.  Für  farbige  Lumpen  ist  wohl  noch  ein  gesondertes 
Rochen  mit  Soda  erforderlich,  welches  bei  passender  Einrichtung  in 
demselben  Apparate  durchgeführt  werden  könnte.  —  Empfohlen  wird 
die  Verwendung  des  Ammonins  auch  beim  Auslaugen  der  gekochten 
Zellstoffe,  indem  die  eigenthümliche  Eigenschaft  des  Ammonins,  die 
Adhäsion  zwischen  Pflanzenfasern  und  anderen  Stoffen  aller  Art  auf- 
zuheben, bewirkt,  dafs  eine  geringere  Auslaug- Wassermenge  ausreicht 
und  somit  concentrirtere  Abdampf  laugen  folgen,  welche  bei  Natron- 
zellstoff auch  die  Wiedergewinnung  der  Soda  wesentlich  billiger  ge- 
stalten werden. 

Für  das  Waschen  der  Lumpen  lassen  sich  auch  Stimmen  aus  der 
Praxis  vernehmen,  welche  dem  gesonderten  Waschen  der  Lumpen  das 
Wort  reden.  Es  ist  bekanntlich  bisher  wohl  in  den  allermeisten  Fällen 
der  Halbzeugholländer  hierfür  in  Verwendung,  bei  dem  die  Messer- 
walze so  hoch  gestellt  wird,  dafs  kein  Mahlen  erfolgt  und  die  Walze 
nur  den  Umlauf  des  Stotfes,  bezüglich  der  eingetragenen  Lumpen,  be- 
wirkt. Es  ist  dies  also  ein  Zweck,  welcher  bei  der  Construction  der 
Messerwalze,  die  ja  mahlen  soll,  nicht  so  recht  berücksichtigt  werden 
kann,  indem  beide  Zwecke  nicht  gleich  gut  erfüllt  werden  können.  Es 
liegt  der  Gedanke  nahe,  eigene  Waschmaschiuen  zu  verwenden.  Doch 
tritt  bei  diesen,  wenigstens  bei  jenen  Arten,  welche  hier  gut  gebraucht 
werden  könnten,  gewöhnlich  eine  stark  schlagende  Wirkung  von 
Flügeln  u.  dgl.  ein,  welche  bei  dem  lockeren  Zusammenhange,  den  die 
gröTste  Menge  der  Lumpen  besitzt,  schädlich  ist,  indem  zu  viel  Faser- 
bruch die  Folge  sein  kann.    Deshalb  dürfte  es  hei  den  jetzt  bekannten 


120  ber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

Mitteln  noch  am  besten  s.-i;u  eigene  Waschholländer  mit  Waschtrommeln 
und  Walzen  anzuwenden,  welche  mit  Schneidzwecken  nichts  zu  thun 
haben,  sondern  möglichst  tiefe  Zellen  besitzen  und  nur  gegen  eine 
Grundplatte  und  nicht  gegen  ein  Grundwerk  arbeiten.  Etwa  Walzen 
mit  Winkeleisen,  welche  statt  der  Messer  angebracht  sind,  könnten 
recht  gut  entsprechen.  Die  Waschtrommeln  sollen  nicht  zu  tief  ein- 
tauchen. Denn  in  dem  Falle,  dafs  sie  auch  den  Lumpenanlauf  fördern 
sollen,  kann  dies  nur  derart  gedacht  werden,  dafs  die  Lumpen  vom 
Strome  etwas  an  das  Sieb  gedrückt,  so  von  diesem  mit-  und  unterhalb 
durchgenommen  werden;  daher  ist  genügender  Raum  unter  der  Walze 
nothwendig.  Werden  die  Lumpen  derart  für  sich  allein  gewaschen, 
so  können  offenbar  auch  Siebe  von  gröfserer  Maschenweite  angebracht 
werden,  also  solche,  welche  für  das  Waschen  von  Halbzeug  nicht  mehr 
tauglich  wären.  Engmaschige  Siebe  sind  aber  derzeit  nothwendig,  weil 
eben  im  Halbzeugholländer  auch  die  Lumpen  gewaschen  werden. 

Für  das  Bleichen  der  Lumpen  scheint  in  Amerika  Hermite's  Ver- 
fahren Eingang  zu  gewinnen,  wenigstens  liegen  hierüber  Berichte  vor. 
Doch  möchte  die  Zurückhaltung,  welche  diesem  Verfahren  gegenüber 
im  letztgegebenen  Referate  empfohlen  wurde,  am  Platze  sein,  weil 
deutsche  Fabrikanten,  welche  dieses  Verfahren  versuchsweise  ein- 
führen wollten  und  sich  mit  den  Patentinhabern  wegen  Besichtigung 
in  Gang  befindlicher  Einrichtung  in  Verbindung  setzten,  fort  und  fort 
auf  die  Fertigstellung  derartiger  Fabriken  vertröstet  wurden.  Auf  ein- 
zelne Abänderungen  der  bestehenden  Patente,  die  jedoch  den  Kern- 
punkt nicht  betreffen  und  letzterer  Zeit  patentirt  wurden,  sei  nur  hiermit 
hingewiesen. 

Ein  ganz  eigenthümliches  Verfahren  wird  neuerer  Zeit  mit  be- 
sonderem Erfolge  in  England  angewendet;  es  ist  die  sogeu.  Oel- Bleiche. 
Zufällig  wui-de  auf  praktischem  Wege  gefunden,  dafs  eine  gewisse 
Menge  von  Oelen,  welche  aus  bituminösen  Schiefern  gewonnen  werden, 
während  des  Kochens  den  Lumpen  zugesetzt,  eine  stark  reinigende 
Wirkung  ausüben  und  eine  wesentliche  Ersparnifs  an  Bleichmitteln 
bedingen.  Die  Menge  des  Oelzusatzes  ändert  sich  mit  der  Art  des 
Rohstoffes.  So  ist  etwa  erforderlich:  für  100k  Sackleinen  0,7  bis  0',9, 
gefärbte  Baumwolllumpen  0',7,  bei  weifsen  Lumpen  etwa  0',5,  bei 
Esparto  1,4  bis  l',8.  Mit  Vortheil  ist  der  Oelzusatz  auch  für  Holz-  und 
Strohstoff  verwendet  worden.  Anderen  Mittheilungen  zu  Folge  wird 
sogar  für  100'  Kochwasser  4  bis  51  Oel  zugesetzt.  Die  Wirkung  soll 
eine  überraschend  günstige  sein  und  dürfte  eine  Gefahr  bei  Anwendung 
schwer  flüchtiger  Oele  von  etwa  300°  Anzündungstemperatur  aus- 
geschlossen sein.  Dagegen  erscheint  es  begreiflich,  dafs  mit  leicht  ent- 
zündlichen Oelen  üble  Erfahrungen  gemacht  wurden.  Ganz  sichere  Er- 
klärungen der  Wirkungsweise  liegen  noch  nicht  vor.  Doch  dürfte  wohl 
die  Wirkung  mehr  physikalischer  Art  sein,  indem  die  Oele,  indem  sie 
Pflanzenwachs,  Fette  und  ähnliche  Stoffe,  welche  die  Fasern  umhüllen, 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  121 

lösen,  diese  freilegen  und  dem  Einflüsse  des  zugesetzten  Alkalis  zu- 
gänglicher machen.  Besonders  bei  der  in  Deutschland  üblichen  An- 
wendung von  Kalk  scheint  der  Oelzusatz  noch  besondere  Vortheile  zu 
versprechen,  indem  die  Verbindungen  von  Fett  und  Kalk  an  den  Fasern 
durch  das  zugeführte  Oel  von  der  Faser  abgelöst  und  in  der  Koch- 
flüssigkeit vertheilt  werden  können.  Doch  ist  es  möglich,  dafs  auch 
chemische  Wirkungen  mitspielen,  indem  nur  gewisse  Oele  jene  Vor- 
theile gewähren.  Eine  deutsche  Firma  in  London,  G.  M.  Bauer,  liefert 
in  Fässern  von  1801  Inhalt  derartiges  Oel  zum  Preise  von  22  bis  23  M. 
das  Fafs  gelandet  in  Hamburg.  Dr.  Frank  spricht  die  Vermuthung  aus, 
dafs  auch  bei  Suliitzellstoff  vorteilhaft  von  diesen  Oelen  Anwendung 
gemacht  werden  könne,  dafs  damit  vielleicht  jene  Schwierigkeiten  um- 
gangen werden,  welche  manchmal  durch  Harzausscheidungeu  verursacht 
werden.  Hierfür  hat  man  allerdings  schon  andere  Mittel,  doch  keines, 
welches  au  Einfachheit  diesem  gleich  käme. 

Ueber  den  Arbeitstorgang  zwischen  Holländer walze  und  Grundwert; 
ist  ein  lesenswerthes  Büchlein  von  Ferdinand  Jagenberg,  ..Das  Holländer- 
Geschirr^  in  Briefen  an  einen  Papiermacher,  erschienen.  Zum  ersten- 
mal dürfte  es  sein,  dafs  da  dem  Vorsänge  in  rechnungsmäfsiser  Weise 
nahe  getreten  wird,  und  ist  in  dem  Folgenden  der  Kernpunkt  der  Sache 
erörtert.  Denken  wir  uns  sg  Schienen  von  der  Breite  (Dicke)  bn  (ganz 
oben  gemessen)  im  Grund  werke,  sw  Schienen  auf  der  Walze  von  der 
Breite  (Dicke)  bw  (am  äufsersten  Umfange  gemessen)  angebracht.  Die 
Walze  habe  den  Durchmesser  D,  das  Gewicht  G,  die  Länge  L.  Nehmen 
wir  vorerst  au,  die  Walze  sei  voll,  einfach  rund,  ohne  die  Erhöhungen 
und  Vertiefungen,  welche  durch  ihre  Messer  bedingt  sind,  so  wäre  der 
specifische  Auflagerdruck  (für  die  Flächeneinheit): 

G 

L.bg.Sg 

wenn  wir  annehmen,  dafs  das  Gewicht  G  sich  gleichmäfsig  vertheilt 
auf  die  obere  Fläche  der  Grund werksmesser,  welche  Fläche  eben 
=  L.b,,.Sg  ist.  Nun  ruht  aber  auf  dieser  Fläche  kein  Vollcjlinder  auf, 
es  wird  also  von  derselben  nur  ein  Theil  zur  Druckübertragung  be- 
nutzt, nämlich  jener,  wo  auf  den  Grundwerksschienen  Walzenmesxi- 
aufruhen.  Somit  wird  der  wirklich  auftretende  specitische  Arbeitsdruck 
gröfser.  Diesen  allgemein  zu  bestimmen  geht  wohl  nicht  an  und  ändert 
sich  derselbe  offenbar  mit  den  einzelnen  Stellungen  der  sich  drehenden 
Messerwalze.  Doch  kehren  die  einzelnen  Stellungen  nach  je  einem 
Umlaufe  wieder  und  ist  es  deshalb  zur  Kennzeichnung  des  Arbeits- 
vorganges vollständig  ausreichend  und  sicher  ganz  entsprechend,  einen 
Mittelwerth  dafür  zu  suchen.  Diesen  linden  wir  aber,  wenn  wir  die 
volle  Umfläche  vergleichen  mit  jener  Fläche,  welche  wirklich  durch 
die  vorhandenen  Messerflächen  eingenommen  wird.  Es  wird  mithin  der 
mittlere  wirklich  auftretende   specitische  Flächendruck  p   in  demselben 


122  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

Verhältnisse  gröfser  zu  nehmen  sein,  als  wie  die  Oberfläche  der  voll 
gedachten  Messerwalze  zu  jener  der  sämmtlichen  Walzen messer  sich 
verhält,  somit: 

p0:p  =  sir .ba.L:  ti.D.L, 

folglich  auch :  p  =p0 .  —j-  =  %.G  .    .    h    .     h  . 

Diesen  Ausdruck  bezeichnet  Jagenberg  als  die  ..Holländer-QuetschformeP. 
Nun  ist  wirklich  das  Quetschen  der  Rohstoffe  im  Holländer  von  be- 
sonderer Bedeutung  für  den  Papiermacher,  indem  ja  leicht  einzusehen 
ist,  dafs  der  specitisch  auftretende  Druck,  wenn  wir  einfach  an  das 
Beispiel  der  Abnutzung  durch  Reibung  denken,  wesentlich  für  das  Zer- 
fasern ist.  Es  dürfte  wohl  die  Zerfaseruugsarbeit  nahe  proportional 
demselben  anzunehmen  sein.  Bemerkt  werde  nur,  dafs  für  das  Gewicht  G 
nicht  das  ganze  Walzengewicht,  sondern  das  um  den  Auftrieb  ver- 
minderte anzunehmen  ist. 

Ohne  vorläufig  auf  die  Anwendbarkeit  dieser  Formel  für  alle  Fälle 
einzugehen,  wie  es  Herr  Jagenberg  als  zulässig  zu  erachten  scheint,  sei 
doch  jetzt  schon  hervorgehoben,  dafs  uns  bei  verhältnifsmäfsig  kleinen 
Gruudwerkeu,  deren  Gesammtbreite  also  keine  besonders  grofse  ist  und 
welche  wohl  die  Mehrzahl  der  heute  in  Verwendung  befindlichen 
Holländer  in  sich  begreift,  der  Gebrauch  der  Formel  wohl  angebracht 
zu  sein  scheint.  Das  einfache  Diskutiren  derselben  liefert  ganz  interes- 
sante Resultate,  welche  durch  die  Erfahrungen  der  Praxis  bekannt  sind, 
aber  noch  nicht  recht  erklärt  werden  konnten.  So  ist  das  vermehrte 
Gewicht  der  Walze  von  wesentlichem  Belange  und  ist  sofort  erklärt, 
warum  alte  Papierfabriken,  als  sie  sich  mit  neuen  Holländern  von 
schweren  Walzen  versahen,  nicht  mehr  ihre  alten  ausgezeichneten, 
„klangvollen"  Papiere  herzustellen  vermochten:  die  Fasern  wurden 
specitisch  zu  viel  gequetscht. 

Auch  das  Schärfen  der  Messer  läfst  sich  in  seinem  Einflüsse  sofort 
und  leicht  erkennen:  der  speeifische  Druck  wird  gröfser,  also  ein  ähn- 
licher Effect,  wie  durch  schwerere  Walzen  erreicht.  Die  Schärfe  der 
Messer  wird  ja  aber  durch  Abarbeiten  der  Messer  immer  geringer 
bezieh,  deren  Breite  fortwährend  gröfser,  also  der  speeifische  Druck 
kleiner.  Eine  gleichmäfsige  Arbeit  darf  mau  also  von  einem  so  aus- 
gestatteten Holländer  nicht  erwarten;  mit  an  allen  Stellen  gleich  starken 
Messern  wird  das  Product  gleichmäfsiger  ausfallen. 

Das  Schiefstellen  der  Messer,  seien  es  die  der  Walze  oder  die  des 
Grundwerks,  wird  in  der  Beziehung  auf  das  Quetschen  nur  den  Erfolg 
haben,  dafs  die  Fläche  sg.bg.L  oder  su-.b„-.L  gröfser  wird,  somit  der 
speeifische  Druck  p   unter  sonst   gleichen   Verbältnissen   etwas   kleiner. 

Bei  der  Ableitung  der  Formel  wurde  eine  gleichmäfsige  Vertheiluug 
des  Gewichtes  der  Walze  auf  die  ganze  Druckfläche  angenommen. 
Wenn  auch  vielleicht  allgemein  nichts  gegen  die  Annahme  eingewendet 


Ueber  Gasbeleuchtung  und  elektrische  Beleuchtung.  123 

werden  könnte,  dafs  der  lothrechte  Druck  dies  Gesetz  befolge,  so  folgt 
doch  daraus  sofort,  dafs  der  Normaldruck  zu  den  Mahlflächen  bei  Be- 
rücksichtigung der  verschiedenen  Neigung  derselben  ein  anderer  werde, 
und  dieser  ist  es  ja,  welcher  offenbar  für  die  Arbeit  zwischen  Mahl- 
flächen von  hervorragendem  Einflüsse  ist.  Wenn  die  Grundwerke  klein 
siud  in  der  Breitendimension,  so  hat  diese  Erwägung  wenig  zu  be- 
deuten. Doch  wenn  z.  B.  wie  beim  Holländer  von  Korschilgen  das 
Grundwerk  hoch  hinauf  reicht,  oder  gar  bei  den  Stollmühlen  eigentlich 
das  Grundwerk  rings  um  die  ganze  Trommel  gelegt  ist,  so  liefert  ein- 
fache Ueberlegung  die  Erkenntnifs,  dafs,  wenn  nur  auf  das  Walzen- 
gewicht  als  Druckerzeuger  allein  Rücksicht  genommen  wird,  eigentlich 
an  den  lothrechteu  und  oben  gelegenen  Theilen  der  Mahlfläche  kein 
Druck  vorhanden  ist,  also  eigentlich  auch  nichts  abgeschabt  werden 
kann.  Doch  hilft  hier  der  Zapfendruck  mit.  Ist  der  lothrechte  Ein- 
heitsdruck p.  so  ist  der  Druck  senkrecht  gegen  eine  unter  dem  Winkel  c. 
geneigte  Fläche  p.cosa,  wie  aus  der  Kräftezerlegung  in  Fig.  1  (s.  Taf.  10 
Heft  4)  sofort  hervorgeht.  Für  a  =  90°  wird  dann  p.cosa  =  0.  Wir  sehen 
also,  dafs,  wenn  man  bei  so  hoch  gelegten  Messern  überhaupt  noch  auf 
Zerfaserung  rechnen  will,  noch  unbedingt  andere  Kräfte  als  das  Eigen- 
gewicht der  Walze  wirkend  angenommen  werden  müssen.  Dafs  dem 
auch  so  ist,  und  dafs  dies  einzig  der  Zapfendruck,  hervorgerufen  durch 
die  Elasticität  der  durchzubringenden  Fasern,  sein  kann,  scheint  klar; 
denken  wir  nur  an  die  amerikanischen  Stollmühlen,  wo  an  allen  Stellen, 
auch  am  obersten  Scheitel,  Abschaben  der  Fasern  und,  wie  der  prak- 
tische Erfolg  lehrt,  in  sehr  gleichmäfsiger  Weise  stattfindet.  Referent 
hatte  vielfach  Gelegenheit,  Grund  werke  nach  dem  Mahlen  zu  beob- 
achten, immer  fand  derselbe  die  Zwischenräume  zwischen  den  Messern 
fast  voll  gelullt  mit  Stoff  und  kann  sich  deshalb  nicht  zu  einer  anderen 
Ansicht  bezüglich  der  Wirkungsweise  der  Holländermesser  bekehren, 
als  dafs  die  Fasercomplexe  quer  über  die  Grundmesser  sich  legen,  durch 
den  auftretenden  Flächendruck  sodann  das  Walzenmesser  sich  eindrückt 
und,  indem  durch  die  gleichzeitig  auftretende  Reibung  die  Faser  fest- 
gehalten wird,  gleichsam  Fasertheile  abhobelt,  oder  falls  der  Wider- 
stand gegen  das  Abhobeln  gröfser  ist  als  der  gegen  das  Zerreifseu, 
die  Faser  einfach  abreifst.  Von  einem  eigentlichen  Scherenschnitt  ist 
also  nichts  vorhanden,  nur  insofern  dürfte  eine  gewisse  Berechtigung 
obwalten,  als  ja  das  Hobeln  verwandt  mit  dem  Abscheren  ist. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Ueber  Gasbeleuchtung  und  elektrische  Beleuchtung  vom  gesundheit- 
lichen Standpunkt  aus. 

Hierüber  bringt  die  „Münchener  medizinische  Wochenschrift'-  die  im  Nach- 
stehenden mitgetheüten  YtTLjleichungen  des  Geheimerath  c.  Pettenkot'er. 

Es  besteln  gegenwärtig  ''in  harter  Kampf  zwischen  Gaslicht  und  elektrischer 
Beleuchtung,  ohne  dafs  man  bis  jetzt  übersehen  kann,   wem  der  Sieg  werden 


124  Ueber  Gasbeleuchtung  und  elektrische  Beleuchtung. 

wird.  Gerade  in  gesundheitlicher  Beziehung  ist  es  von  Interesse,  die  Güte  der 
drei  Hauptlichtquellen,  des  Tageslichtes,  des  Gas-  und  des  elektrischen  Lichtes, 
zu  vergleichen,  da  diese  auf  die  Sehschärfe  von  erheblichem  Einiluls  ist.  Es 
hat  sich  ergeben,  dafs  die  letztere  beim  Gaslicht  am  etwa  i/l0  herabgesetzt 
wird,  während  sie  heim  elektrischen  Lichte,  besonders  bezüglich  der  Erkennung 
von  Farben,  erhöht  ist  gegenüber  dem  Tageslicht.  Leider  wird  das  elektrische 
Licht  aber  durch  Nebel  sehr  beeinträchtigt,  jedoch  Heise  sich  diesem  Uebel- 
Btande  durch  Verstärkung  des  Lichtes  abhelfen.  Die  Klage,  dal's  das  elektrische 
Licht  zu  grell  sei  und  daher  das  Auge  belästige,  läfst  sich  beseitigen,  indem 
man  das  Licht  durch  eine  Lilasglocke  abblendet.  Dies  geschieht  allerdings  auf 
Kosten  der  Helligkeit,  welche  um  20  Proc.  geringer  wird.  Das  starke  Hervor- 
treten der  violetten  Strahlen  im  elektrischen  Licht  kann  man  durch  eine  gelbe 
Brille,  das  gelb  und  rothe  Gaslicht  durch  eine  blaue  corrigiren.  Während  mau 
bei  Gaslichl  die  Lichtquelle  wegen  der  Wärmeentwickelung  in  einer  gewissen 
Entfernung  von  der  Gebrauchsstelle  anbringen  mut's,  kann  man  das  elektrische 
Licht,  welches  nur  eine  geringe  Wärme  erzeugt,  nahe  an  die  Arbeitsstelle  heran- 
ziehen und  dann  so  weit  abblenden,  dal's  eine  Belästigung  durch  die  Intensität 
nicht  mehr  stattfindet.  Die  Belästigung  durch  die  Wärme  ist  bei  gleicher  Licht- 
stärke bei  elektrischem  Licht  verschwindend  gering  gegenüber  dem  Gaslieht. 
Nach  Untersuchungen  von  Renk  entwickelt  ein  Edwon-Brenner  von  17  Kerzen 
Lichtstärke  in  1  Stunde  46  Wärmeeinheiten,  eine  Gastlamme  von  derselben 
Lichtstärke  aber  in  1  Stunde  908  Wärmeeinheiten,  also  nahezu  das  2Üfache. 
Versuche  im  Münchener  Hoftheater  ergaben  bei  lerem  Hause,  dafs  die  Tem- 
peratur auf  der  Galerie  bei  Gasbeleuchtung  in  1  Stunde  von  16°  auf  270,  bei 
elektrischer  Beleuchtung  in  derselben  Zeit  von  16°  auf  16,8°  stieg.  Bei  vollem 
Hause  ist  der  Unterschied  nicht  so  grofs,  weil  da  die  Menschen  auch  sehr  viel 
Wärme  produciren;  es  zeigte  sich  nämlich  bei  Gasbeleuchtung  schliefslich  auf 
der  Galerie  eine  Temperatur  von  22,8°  R. ;  bei  der  nächsten  Vorstellung, 
welche  unter  elektrischer  Beleuchtung  stattfand,  eine  solche  von  17,6°  R.,  also 
eine  Temperatur,  die  man  aushalten  kann,  während  eine  solche  von  22,81'  R. 
im   höchsten  Grade  lästig  wird. 

Vergleicht  man  die  Wärmemenge,  welche  ein  einzelner  Mensch  abgibt, 
mit  der  unserer  Beleuchtungsarten,  so  findet  man  folgendes:  Man  kann  an- 
nehmen, dafs  ein  erwachsener  Mensch  in  der  Stunde  etwa  92  Wärmeeinheiten 
abgibt;  eine  einzige  Stearinkerze,  die  doch  nur  wenig  Licht  verbreitet,  gibt 
94  Wärmeeinheiten  ab,  eine  Gastlamme  von  17  Kerzen  Helligkeit  gibt  in  der 
Stunde  7Ü5  Wärmeeinheiten  ab.  Mit  Erdöl  bekommt  man  bei  gleicher 
Helligkeit  631  Wärmeeinheiten,  also  etwas  weniger  als  bei  Gas  und  etwa  7mal 
mehr  als  von  einem  Menschen.  Durch  ein  Glühlicht  aber  von  17  Kerzen 
Helligkeit  entstehen  nur  46  Wärmeeinheiten,  das  ist  die  Hälfte  der  Wärme- 
produetion  eines  Menschen. 

Einen  noch  gröfseren  Vorzug  hat  das  elektrische  Licht  vor  den  anderen 
Lichtquellen  bezüglich  der  Veränderung  der  Luft  in  den  beleuchteten  Räumen. 
Nach  <-.  Voit  verbraucht  der  Mensch  in  der  Stunde  etwa  38g  Sauerstoff;  eine 
Stearinkerze  etwa  30g,  eine  Gastlamme  von  17  Kerzen  Helligkeit  braucht  214g 
Sauerstoff  und  ebenso  ist  es  mit  der  Erzeugung  von  Kohlensäure.  Der  Mensch 
athmet  in  der  Stunde  etwa  44g  aus,  eine  Stearinkerze  gibt  28g  ab,  eine  Gas- 
Qamme  150g  und  eine  Erdöltlamme  von  der  gleichen  Helligkeit  sogar  289g 
Kohlensäure.  Diese  Nachtheile  der  Gasbeleuchtung  lassen  sich  allerdings  durch 
eine  geeignete  Ventilation  einschränken.  Gerade  in  ärztlicher  Beziehung  ist 
aber  der  Nachtheil  der  Gasbeleuchtung  neuerdings  schlagend  hervorgetreten, 
indem  man  bemerkt  hat,  dafs  in  Operationsräumen,  welche  mit  Gas  beleuchtet 
waren,  bei  Gebrauch  grol'serer  Mengen  von  Chloroform  die  Luft  in  einen  Zu- 
stand gerieth,  dafs  die  Operation  wegen  fortwährenden  Hustens  und  Brech- 
neigung des  Operateurs  und  des  Assistenten  unterbrochen  werden  mufste. 
Pettenkofer  hat  nun  nachgewiesen,  dal's  diese  Erscheinungen  herrühren  von  einer 
Zersetzung  des  Chloroforms  in  Chlor  und  Wasserstoffsäure  unter  dem  Einiluls 
der  offenen  Flamme,  wobei  unter  Rufsen  der  letzteren  auch  eine  vermehrte 
Abspaltung  von  Kohlenstoff  stattfindet.  Es  dürfte  sich  also  für  Operationsräume 
die  elektrische  Beleuchtung  mehr  empfehlen. 


Linke,  über  den  Geschmack  des  Hier  1\"> 

Schlimmer  ist  es  nun  mit  dem  Gas,  was  die  Gefahren  anlangt,  die  es 
durch  Explosionen  und  Vergiftungen  veranlagst.  Die  Gefahr  der  Explosion 
ist  nicht  grofs,  da  der  Geruch  schon  viel  eher  anerträglich  und  daher  bemerkt 
wird,  als  so  viel  (Jas  ausgeströmt  ist.  dal's  es  explosibel  wird,  denn  es  gehi 
dazu  schon  Beimengungen  von  über  5  Proc.  zur  Luft.  Die  stärksten  Explosionen 
erfolgen  bekanntlich,  wenn  eine  Luft  10  bis  15  Proc.  Gas  enthält,  von  15  Proc. 
aufwärts  nehmen  die  Explosionen  wieder  ab,  um  bei  25  Proc.  ganz  zu  ver- 
schwinden, da  alsdann  nur  ruhiges  Abbrennen  erfolgt.  Dagegen  ist  eine  Luft. 
die  auch  nur  3  Proc.  Steinkohlengas  enthalt,  wegen  des  Gehaltes  von  Kohlen- 
oxyd sehr  giftig,  von  welchem  eine  Beimengung  von  nur  0,1  Proc.  zur  Alh- 
mungsluft  schon  sehr  gefährlich  ist,  und  dabei  enthüll  das  Steinkohle] 
10  Proc.  Kohlenoxyd.  Niedrige  Grade  vom  Gehalt  an  Kohlenoxyd  werden 
lange  Zeit  ertragen,  und  so  erklärt  es  sich,  dafs  man  sich  bei  geringen  Un- 
dichtigkeiten der  Gasleitung  wohl  unwohl  fühlt,  sich  aber  nicht  vergiftet.  Am 
gefahrlichsten  sind  die  Rohrbrüche  in  der  Stral'senleitung  nahe  den  Wohnhäusern, 
da  die  erwärmten  Häuser,  besonders  im  Winter,  auf  die  mit  Gas  gesättigte 
Erdschichl  ansaugend  wirken  und  das  Gas  in  die  Wohnräume  ziehen.  Bei 
dieser  Art  von  Filtration  durch  den  Erdboden  verliert  das  Gas  seinen  speci- 
tischen  Geruch,  nicht  aber  seinen  Gehalt  an  Kohlenoxyd,  und  ungewarnt  durch 
Gasgeruch  athmen  die  Hausbewohner  das  Gift  ein.  Untersuchungen  haben  er- 
geben, dafs  das  Eindringen  des  Gases  durch  den  Erdboden  oder  das  „Ansaugen" 
desselben  bis  auf  eine  Entfernung  von  54m  von  der  Rohrbruchstelle  statt- 
gefunden hatte.  So  lange  man  —  wie  zur  Zeit  —  noch  kein  Mittel  hat.  das 
Kohlenoxyd  aus  dem  Gas  auf  billige  Weise  zu  entfernen,  wird  der  Gasgebrauch 
auch  in  dieser  Hinsicht  gefährlich  bleiben.  Aber  auch  das  elektrische  Licht 
hat  seine  Gefahren,  da  bereits  eine  Menge  von  Unglücksfällen  gemeldet  wurden, 
wo  durch  Berührung  der  Leitungsdrähte  der  sofortige  Tod  herbeigeführt  worden 
ist.  Doch  werden  sich  diese  Gefahren  beseitigen  oder  doch  auf  die  eigent- 
lichen Maschinenhäuser  beschränken  lassen,  wenn  möglichst  nur  unterirdische 
Leitungen  benutzt  werden. 

Fassen  wir  alles  zusammen,  so  linden  wir,  dafs  bezüglich  der  Sehschärfe 
und  des  Farbensinns  das  elektrische  Licht,  namentlich  das  IJogenlicht,  einen 
Vorzug  vor  dem  Gaslicht  hat.  Die  Blendung  ist  dagegen  geringer  beim  Gas- 
licht; die  Zuckungserscheinungen  sind  beiden  eigenthümlich.  In  der  Wärme- 
bildung ist  der  Unterschied  sehr  beträchtlich,  nämlich  1:20;  Luftverschlech- 
terung ist  bei  elektrischem  Licht  gar  nicht  vorhanden,  bei  Gas  erheblich,  bei 
letzterem  auch  die  Gefahr  der  Vergiftung  und  der  Explosion. 

Vor  Allem  hat  das  Gas  den  Vorzug,  dafs  es  in  grofsen  Mengen  aufgespeichert 
werden  kann,  so  dafs,  falls  einmal  die  Production  gestört  werden  sollte,  ein 
Mangel  nicht  sofort  eintreten  kann.  Anders  bei  elektrischem  Licht,  wel 
sofort  erlischt,  wenn  ein  Stillstand  in  der  "zugehörigen  Maschine  oder  eine 
Unterbrechung  der  Leitung  eintritt.  Während  die  Gasproduction  ununterbrochen 
fortgesetzt  werden  kann,  müssen  die  Maschinen  zur  Herstellung  des  elektrischen 
Lichtes  bei  Tag  stille  stehen;  es  ist  daher  das  elektrische  Licht  noch  immer 
theuer.  Nach  den  Untersuchungen  von  Fischer^  Erisman,  Soyka  und  liubner 
liefert  bei  gleicher  Lichtstärke  eine  gut  construirte  Erdöllampe  weitaus  das 
billigste  Licht.  Das  Gaslicht  ist  etwa  doppelt  so  theuer,  Edisonlicht  3mal. 
ßüböl  7mal  und  Stearinkerzen  27mal  theurer  als  Erdöl,  während  Wallrath 
und  Wachs  6ü  bis  70mal  theurer  zu  stehen   kommen  als  Erdöl. 


Zur  Frage  nach  dein  Einflüsse  der  Biergläser  auf  den 
Geschmack  des  Bieres;  von  Prof.  Dr.  F.  Linke  in  Wien. 

Dr.  W.  Schultze,  Direktor  der  Actienbrauerei  in  Liesing  bei  Wien, 
hat  in  einer  54  Seiten  starken  Broschüre:  ..  Warum  Bier  nicht  aus  (ilt'isem 
getrunken  werden  soll*  —  (ausführliches  Referal  darüber:  D.  /<.  /.,  1890 


12»;  Linke,  über  den  Geschmack  des  Bieres. 

276  277  u.  ff.)  —  die  Ergebnisse  seiner  Untersuchungen  über  die  Bier- 
schädlichkeit der  Glaser  in  folgenden  Sätzen  zum  Ausdrucke  gebracht: 
„Bier  im  Glase  ist  Bier  auf  dem  Sterbebette.  Das  Glas  verschlechtert, 
indem  es  sich  im  Bier  löst,  die  Qualität  des  letzteren,  so  dafs  der  ziel- 
bewufste  Biertrinker  die  Verabreichung  von  Fafsbier  in  Gläsern  prinzipiell 
abzulehnen  hat.  Die  meisten  der  gebräuchlichen  Biergläser  enthalten 
Bleioxyd,  gehören  daher  zu  den  genufs-  und  gesundheitswidrigen  Ge- 
brauchsgegenständen. In  consequenter  Durchführung  der  deutschen  und 
österreichischen  Sanitätsgesetze  erscheint  demnach  die  Erzeugung,  Be- 
nutzung solcher  Biergläser,  sowie  der  Handel  damit  als  straffällig 
(S.  32  u.  ff.). 

Im  gewöhnlichen  Kleinverkehr  mit  Bier  hat  an  die  Stelle  des  Glases 
der  salzglasirte  Steinkrug  zu  treten.  Das  beste  Trinkgefäfs  für  Bier 
ist  der  innen  vergoldete  Silberkrug.  Das  nächstbeste  ein  guter  Zinn- 
krug, aus  welchem  das  Bier  sogar  besser  schmeckt,  als  aus  dem  Stein- 
kruge." 

Da  diese  Schlüsse,  wenn  unwiderlegt  und  wahr,  geeignet  wären, 
die  Glasindustrie  zu  schädigen,  interessirte  es  mich,  der  Sache  auf  den 
Grund  zu  gehen  und  zunächst  die  Logik  der  Dr.  ScAu/ize'schen  Broschüre 
einer  Prüfung  zu  unterziehen,  dann  auch  selbst  analytische  Unter- 
suchungen anzustellen.     Meine  Ergebnisse  sind  folgende: 

Die  Logik  der  besagten  Broschüre  hat  sich  als  sehr  wenig  stich- 
haltig, die  Behauptung  des  Bleigehaltes  der  Biergläser  —  wenigstens 
für  Wiener  Gläser  —  als  falsch  erwiesen. 

Dr.  Schultze  constatirte  zunächst,  dafs  das  Bier  schou  nach  5  Minuten 
langem  Stehen  in  Gläsern  Wiener,  Dresdener,  Münchener,  Frankfurter, 
Berliner  Ursprunges  seinen  „milden,  aufsuchen,  zarten,  runden"  Ge- 
schmack verlor  und  „scharf,  dünn,  leera  schmeckend  wurde. 

100  Personen,  zu  Kostproben  in  sein  Laboratorium  berufen,  con- 
statirteu  dieselbe  Geschmacksverschlechterung  gegenüber  dem  Biere  in 
Steinkrügen. 

Ob  bei  diesen  letzteren  Kostproben  ein  wesentlicher  Umstand  nicht 
aufser  Acht  gelassen  wurde,  die  Trinkgefäfse  nicht  etwa  höhere  Tem- 
peratur als  das  Bier  gehabt,  so  dafs  bei  der  ungleichen  Wärmeleitung 
von  Steinkrug  und  Glas  eine  ungleiche  Erwärmung  nach  5  Minuten 
langem  Stehen  eintreten  konnte,  ist  aus  der  Broschüre  nicht  zu  er- 
sehen. Auch  ist  die  Möglichkeit  der  Selbsttäuschung  durch  Voreinge- 
nommenheit bei  diesen  Kostproben  nicht  ausgeschlossen. 

„Ungläubig  waren  alle  gekommen, "■  sagt  Dr.  Schultze,  „überzeugt 
gingen  sie  von  dannen.1'  Sie  wufsten  also  alle,  was  sie  constatiren 
sollten,  welches  Bier  schlechter  schmecken  sollte.  Und  wie  leicht  wäre 
da  Selbsttäuschung  zu  eliminiren  und  Dr.  Schnitze  wird  sich  zu  diesem 
Experimentum  crucis  wohl  entschliefsen  müssen,  wenn  er  die  Ge- 
schmacksdiffereaz  unanfechtbar  constatiren  will:  Er  credenze  den  Kostern 


Linke,  über  den  Geschmack  des  Bieres.  12 1 

nicht  in  Glas-  und  Steinkrügen,  so  dafs  sie  beim  Kosten  sehen,  ivo  das 
„Glasbier"  steckt,  sondern  thue  in  seinem  Lagerkeller  in  ein  Bierfafs 
Theile  von  Biergläsern,  natürlich  auch  von  der  Temperatur  des  Lager- 
kellers, in  ein  zweites  Fafs  ein  gleiches  Quantum  irgend  eines  indifferenten 
Körpers,  etwa  ausgeglühte  Quarzstücke  oder  meinethalben  Steinkrüge, 
zapfe  dann  nach  so  und  so  viel  Minuten  oder  Stunden  von  beiden 
Biereu  in  Steinkrüge  und  lasse  nun  die  Koster,  unwissend  wo  das  „Glas- 
bieru  steckt,  dasselbe  nach  der  Geschmacksverschlechterung  herausfinden. 
Tretlen  es  die  famosen  100  Koster,  dann,  aber  auch  nur  dann,  wäre  die 
Sache  allerdings  constatirt. 

Dr.  SchuHze  sucht  den  Grund  dieser  angeblichen  Geschmacks- 
verschlechterung in  der  Löslichkeit  des  Glases  im  Bier  und  namentlich 
im  ßleigehalte  des  Glases. 

Er  experimentirt  mit  zwölf  verschiedenen  Gläsern  und  findet,  dafs 
dieselben  nach  15tägigem  Lagern  in  Bier  3,5  bis  10mtT,5  Substanz  ver- 
loren haben,  die  sich  also  im  Biere  gelöst  haben  mul's. 

Berücksichtigt  er  nur  die  innere  Oberfläche  der  Gläser  und  be- 
rechnet für  die  Zeit  von  5  Minuten,  so  kommt  er  zu  den  Quantitäten 
von  0,0004  bis  0m?,0008. 

Nun  macht  Dr.  Schultze  den  logischeu  Bocksprung  und  sagt:  „Diese 
Quantitäten  Glassubstanz  sind  demnach  in  dem  Inhalte  der  Gläser,,  in 
0',5  Bier  enthalten,  von  der  Wand  des  Glases  in  5  Minuten  abgelöst.- 
während  er  doch  höchstens  constatirt  hatte,  dafs  diese  Quantitäten  von 
den  gesammten  Hectolitern,  in  welche  die  Gläser  eingelagert  worden 
waren,  aufgelöst  worden  seien.  Obige  Zahlen  sind  also  etwa  64  bis 
98mal  zu  grofs.  * 

Dann  untersuchte  er  46  Biergläser,  die  er  dazu  aus  Wien,  München, 
Dresden,  Frankfurt,  Berlin  bezogen  hatte,  und  fand  die  meisten  blei- 
haltig. 

Die  17  Wiener  Gläser  darunter  waren  sämmtlich  bleihaltig  befunden, 
mit  einem  Gehalte  von  4.57  bis  0,15  Proc. ;  im  Durchschnitte  1,28  Proc. 

Daraus  berechnet  Dr.  Schultze  die  Menge  des  von  der  Wand  des 
Glases  in  5  Minuten  vom  Biere  abgelösten  Bleioxydes  0m?,0000017  bis 
0m?,OO0027.     Richtig  gerechnet  höchstens:  0m?,00000031  Bleioxyd. 

Der  gemeine  Menschenverstand  hätte  sich  nun  gesagt,  von  dieser 
Spur  einer  Spur  Blei  kann  die  fragliche  GeschmacksdifFerenz  unmöglich 
herrühren. 

Dr.  Schultze  sagt  aber:  ..Wie  wunderbar,  dafs  solche  minimalen 
Mengen  schon  eine  Geschmacksditlerenz  bedingen",  und  geht  in  seiner 
..Gründlichkeit"  dann  zur  Constatirung,  dafs  wesentlich  das  Blei  der 
Uebelthäter  ist,  zum  synth.  Experiment.  Er  gibt  Bleioxyd  ins  Bier  und 
richtig:  der  Geschmack  ist  verschlechtert! 

1  Je  nachdem  die  innere  Oberiläche  32  bis  49  Proc.  der  Gesaramtober- 
lläche  beträgt. 


128  Linke,  über  den  Geschmack  dea  Bien 

Hat  der  Küster  da  auch  von  vornherein  eewufst  in  welchem  Krüge I 
das  Blei  steckte?  Und  wie  viel  Bleioxyd  kam  in  das  Bier?  lni"  in  l1, 
d.  i.  die  —  richtig  berechnet  —  1600000fache  Menge  als  in  dem  blei- 
haltigsten der  „Glasbiere"1  Dr.  Schultze'sl 

Berechnei  man  aus  obigen  Daten  die  Biermenge  für  lm6  Bleioxyd, 
so  stellt  sich  durch  einfache  Proportionsrechnung  heraus,  dafs  ein  Bier- 
trinker aus  dem  bleihaltigsten  der  Schultze"schen  Gläser  durch  91  Jahre 
täglich  in  2stündiger  Trinkzeit  2[  Bier  vertilgen,  in  Summa  66  450[  trinken 
müsse,  um  1mS  Bleioxyd  in  den  Magen  zu  bekommen*] 

Dennoch  kann  Dr.  Schult ze  nicht  ernst  und  drastisch  genug  auf 
guten  27  Seiten  seiner  „Fundamentalbroschüre"  die  Schrecken  dieses 
Bleigehaltes  der  Biergläser  betonen  und  rückt,  wie  eingangs  erwähnt, 
sogar  mit  dem  schweren  Geschütz  der  deutschen  und  österreichischen 
Strafgesetze  gegen  diesen  seinen  Erbfeind  an. 

„Denn  das  Blei  hat  bekanntlich  die  böse  Eigenschaft,  sich  im  Menschen- 
körper aufzuspeichern.  Bei  fortgesetztem  Genüsse  solcher  schwach  blei- 
haltigen Getränke  reiht  sich  also  eine  miuime  Bleimenge  an  die  andere, 
bis  endlich  eines  schönen  Tages  ...  die  chronische  Bleivergiftung  da 
ist!»'  —  im  in  91  bezieh.  325  Jahren! ! 

Nun  hat  es  mich  aber,  angeregt  durch  mancherlei  analytische 
Curiosa  in  der  Dr.  Schultze1  sehen  „Fundamentalbroschüre",  interessirt, 
selbst  die  Prüfung  auf  Blei  vorzunehmen.  Denn  merkwürdig  und  un- 
erklärlich waren  diese  Schultze'schen  Bleifunde  überhaupt,  da,  wie  ich 
sehr  gut  wufste,  in  unseren  Prefsglashütten  seit  wohl  schon  länger  als 
einem  Decennium  aus  Ersparungsrücksichten  und  weil  in  der  neueren 
Technik  nicht  mehr  nöthig,  kein  Blei  mehr  in  Anwenduug  kommt, 
Dr.  Schultze  seine  Gläser  aber,  wie  aus  dem  Wortlaute  der  Broschüre 
zu  entnehmen,  erst  im  Vorjahre  acquirirt  und  untersucht  hat. 

Ich  habe  mir  also  aus  Wiener  Glasniederlageu  in  Summa  18  Prefs- 
gläser  von  den  in  der  „Fundamentalbroschüre"  abgebildeten  Formen 
verschafft.  Um  ganz  sicher  zu  gehen  und  dem  Einwände  zu  begegnen, 
dafs  ich  es  da  mit  lauter  ganz  neuen  Fabrikaten  der  letzten  Zeit  zu 
thun  hätte,  habe  ich  mich  die  Mühe  nicht  verdrießen  lassen,  mir  weitere 
17  Stück  zerbrochene  alte  Biergläser  aus  zehn  verschiedenen  Wiener 
Bierhallen  und  Gasthäusern  zu  erbitten,  die,  sowie  sie  mir  zugesandt 
wurden,  nach  einander  iu  meinem  Laboratorium  auf  Bleigehalt  geprüft 
wurden.     Je  2  bis  4?  Glassubstanz  wurden  der  Analyse  unterzogen. 

In  54  Fällen  konnte  Blei  nur  in  unwägbaren  Mengen  mit  Schwefel- 
wasserstoff nachgewiesen  und  der  Bleigehalt  nur  durch  colori metrischen 
Vergleich  mit  einer  essigsauren  Lösuug  von  Bleioxyd  festgestellt  werden: 

Derselbe  betrug  in  23  Gläsern  weit  unter  1/ioo  Proc.,  bei  6  Gläsern 


2  Bei  dem  Durchschnittsglase  von  1,28  Pröc.  Pl>o  brauchte  es  gar  325  Jahre 
und  2372001. 


Linke,  über  den  Geschmack  des  Bieres.  129 

1/lü0  Proc,  bei  5  Gläsern  '  l00  Proc.,  im  Durchschnitte  also  etwa  l  l0o  Proc, 
während  Dr.  Schultze  die  1281'ache  Menge  gefunden  haben  will. 

Dieses  l/ton  Proc.  kommt  hier  wühl  weiter  nicht  in  Betraeht,  da 
es  mir  in  meinem  Laboratorium,  wo  fortwährend  mit  bleihaltigen  kera- 
mischen  Farben,  Emaillen,  Flüssen  u.  s.  w.  gearbeitet  wird,  fast  unmög- 
lich ist,  solche  Spuren  von  Blei  abzuhalten. 

Nun  bedarf  es  ja  auch  zu  lm?  Bleioxyd  gar  30000 0001  und  beim 
2i-Trinker  40000  Jahre! 

Eines  der  untersuchten  Gläser,  ein  mir  von  einem  kleineren  Gast- 
hause zugekommener  Strunk  eines  alten  Glases,  ergab  einen  Bleioxyd- 
gehalt von  8,65  Proc.  Bei  näherer  Erkundiguug  ergab  sich,  dafs 
dieses  Glas  von  dem  jetzigen  Gasthausbesitzer  vor  l1/.,  Jahren  oebsi 
zwei  gleichen,  seither  verunglückteil  Gläsern  schon  alt  von  seinem  Vor- 
gänger übernommen  worden  war,  jedenfalls  also  von  ehrwürdigem  Alter 
ist  und  seine  Entstehung  einer  Zeit  verdankt,  wo  Dr.  Schultze  noch 
nicht  an  seine  Glaskünste  gedacht  hat  und  in  welcher  in  der  That  uoch 
Bleisätze  zu  Prefsglas  verarbeitet  wurden. 

Auch  in  Medizingläsern  hat  Dr.  Schultze  Blei  gefunden.  6  Analysen 
ergaben  ihm  0,23  bis  0,48  Proc.  —  im  Durchschnitt  0,32  Proc.  — . 
Dr.  Schultze  schickt  seit  der  Zeit  immer  nur  mit  Steinkrügeln  um  Medizin 
in  die  Apotheke  (S.  19  der  Broschüre).  Ich  habe  nun  auch  aus  6  Wiener 
Apotheken  Medizinflaschen  analysirt  und  Bleigehalte  von  unter  0,01  Proc. 
bis  0,16  Proc,  durchschnittlich  0,07  Proc.  PbO  gefunden.  Dafs  der 
Bleigehalt  hier  höher,  als  bei  den  Prefsgläsern,  ist  natürlich,  da  Medizin- 
flaschen vielfach  aus  roherem  Sulfatsatze,  nicht  wie  die  Prefsgläser  zu- 
meist mit  bleifreier  Melassenpotasche  und  Ammoniaksoda  hergestellt 
werden. 

Ja,  selbst  aus  der  Glasur  Meifsner  und  böhmischer  Porzellan-Krüge] 
konnte  Dr.  Schultze  mit  4procentigem  Essig  Blei  auskochen! 

In  die  Porzellanglasur  kann  doch  nun  absolut  keine  Spur  Blei  ge- 
langen. Es  gibt  da  wohl  keine  andere  Erklärung,  als  dafs  der  Geist 
des  Saturn  über  Dr.  Schultze's  Arbeiten  schweben  mag. 

Da  das  Blei  somit  abgethan,  bleibt  zur  Frage  der  Geschmacksver- 
schlechterung des  Bieres  in  Gläsern,  gegenüber  Steinkrügen  und  nament- 
lich gegenüber  den  hoch  gepriesenen  Lichtinger' scheu  Zinnkrügen,  nach 
Dr.  Schultze  noch  das  Moment  der  Corrosion  der  Oberfläche  überhaupt. 
Ich  habe,  um  da  zu  einem  Vergleichsmafsstabe  zu  gelangen,  da 
mir  Lagerkeller  und  Hectoliter  Bier  nicht  zur  Verfügung  stehen,  die 
von  Dr.  Schultze  selbst  auch  so  warm  angepriesene  Methode  des  Aus- 
kochens  mit  4procentigem  Essig  angewendet.  Zwei  meiner  Biergläser 
gaben  durch  7  Stunden  mit  4procentigem  Essig  ausgekocht  '/4  und 
i/2m§  Glassubstanz  ab  —  direkt  durch  Abdampfen  und  Wägen  be- 
stimmt — :  ein  Steinkrügel  in  2  Versuchen  ä  7  und  10  Stunden  3  und 
— :  ein  Lichtinger 'scher  Zinnkrug  ebenso  durch  2  Stunden  behandelt, 

Dinder's  polyt.  Journal  F?d.  ?77  Nr.  3.  1890/111. 


130  Deber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

zeigte  sich  an  der  Oberfläche  stark  eorrodirt;  aus  der  Lösung  konnten 
durch  Schwefelwasserstoff  100ms  Schwefelmetalle  gefallt  werden. 

Dieselben  Verhältnisse  dürften  wohl  auch  beim  Bier  statthaben  und 
da  drängt  sich  die  Frage  auf,  warum  die  so  intensiv  schmeckenden  Metall- 
salze vom  Zinnkruge,  in  relativ  so  viel  gröfserer  Menge  vorhanden,  gar 
nicht  schmeckbar  und  nur  das  Glas  so  sehr  „bierschädigend1,1  sein  soll. 

..Anfangs  allerdings,1,1  sagt  Dr.  Schultze.  ..hat  das  Bier  im  blanken 
Zinnkrug  einen  Metallgeschmack  (!).  Das  verliert  sich  aber  nach  mehr- 
maligem Ausbrühen  und  hüte  man  sich  später,  diese  Gefäfse  innen 
blank  zu  putzen,  das  wäre  ,bierwidrig^  man  spüle  sie  nur  aus,  so  dafs 
sich  eine  ,gelbe  Biersteinhaut1  (!)  ansetzen  kann,  dann  schmeckt  das 
Bier  daraus  ausgezeichnet.1' 

Die  appetitreizende  Wirkung  dieser  ..Biersteinhaut"  dürfte  wohl  zu 
bezweifeln  sein. 

Wien,  20.  Juni  1890. 
Chemisches  Laboratorium  der  Kunstgewerbeschule  des  K.  K.  Oesterreichischen  Museums 
für  Kunst  und  Industrie. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  77  d.  Bd.) 

V.  Schlampe. 

Die  Verdaulichkeit  der  stickstoffhaltigen  Beslandlheile  der  Karloffel- 
schlämpe  ist  nach  den  bei  Gelegenheit  von  Fütterungsversuchen  in  den 
Jahren  1888  und  1889  an  der  Versuchsstation  Halle  untersuchten  Kartoffel- 
schlämpeproben  eine  sehr  hohe.  Es  wurden  bei  13  im  J.  1888  und  bei 
12  in  1889  untersuchten  Proben  folgende  Zahlen  erhalten: 

Von  100  Th.  Stickstoff  sind  verdaulich 

1888  1889 

Mittel 80,86  82,49 

Minimum 72,20  80,34 

Maximum 88,23  84,98 

VI.  Apparate. 
Einen  einfachen  Siebapparat  für  Maische  hat  E.  Hesse,  Czerbienschin, 
construirt  und  patentiren  lassen  (D.  R.  P.  Nr.  49658).  Eine  Abbildung 
und  Beschreibung  des  Apparates  gibt  der  Erlinder  in  der  Zeitschrift  für 
Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  2.  Der  Apparat  besteht  im  Wesentlichen  aus 
einer  cyiinder-  oder  halbcylinderförmigen  Siebtrommel,  welche  senk- 
recht im  Vormaischbottich  angebracht  wird  und  zwar  in  der  Nähe  der 
Wand,  so  dafs  das  Rührwerk  dadurch  nicht  behindert  wird.  Die  Maisch- 
würze strömt  durch  das  Sieb  und  wird  aus  diesem  durch  einen  die 
Bottichwand  durchbrechenden  Hahn  abgelassen.  Die  Lochweite  des 
Siebes  ist  so  gewählt,  dafs  unaufgeschlossene  Kartotfelstücke  und  andere 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  131 

Unreinigkeiten  in  dem  Vormaischbottich  zurückbleiben  und  nur  Gersten- 
hülsen mit  in  die  Würze  gelangen  könuen.  Der  Apparat  wird  zum 
Absieben  derjenigen  Maische  benutzt,  welche  zur  Herstellung  der  Maisch- 
hefe Verwendung  findet,  und  hat  den  Zweck,  diese  Maische  von  den 
als  Träger  für  Bakterien  dienenden  und  daher  für  die  Hefe  schädlichen 
Kartoffelstücken  und  Schalen  zu  befreien.  In  erster  Linie  ist  der  Apparat 
bei  der  Verarbeitung  kranker  Kartoffeln  angezeigt,  jedoch  dürfte  der- 
selbe überall  am  Platze  sein,  wo  es  sich  um  die  Erzeugung  sehr  eon- 
centrirter  und  treberreicher  Maischen  handelt.  Der  Preis  beträgt  nur 
25  M.  Als  Vortheile  gegenüber  den  jetzt  für  denselben  Zweck  ge- 
bräuchlichen Siebvorrichtungen  führt  der  Verfasser  für  seinen  Apparat 
die  folgenden  an:  1)  Die  abzuscheidenden  Unreinlichkeiten  und  T reber 
verlassen  den  Vormaischbottich  gar  nicht.  2)  Es  wird  fast  nur  die 
reine  Würze  abgeschieden,  deshalb  wirkt  3)  bei  Verarbeitung  kranker 
Kartoffeln  die  mit  dieser  Maische  hergestellte  Hefe  nicht  schädlich  auf 
die  Ausbeute  ein.  4)  Die  Reinigung  ist  äufserst  leicht  und  bequem 
durch  einfaches  Abschlauchen  in  höchstens  einer  Minute  zu  bewerk- 
stelligen. 5)  Es  kann  in  einem  gegebenen  Räume  mehr  Hefe  producirt 
werden  wie  bisher,  da  der  Inhalt  des  ganzen  Hefegefässes  fast  nur  aus 
Nährflüssigkeit  besteht. 

Sehr  günstig  äufsert  sich  über  den  Apparat  R.  Page,  Jastrzembnik, 
in  der  genannten  Zeitschrift,  S.  53.  Die  Vortheile,  die  mit  Einführung 
des  Hesse'schen  Siebapparates  verbunden  sind,  bestehen  nach  des  Ver- 
fassers Ansicht  erstens  darin,  dafs  das  Sieben  der  Maische  mit  diesem 
Apparate  wohl  überall  regelmäfsig  stattfinden  wird,  weil  es  sehr  be- 
quem auszuführen  ist,  zweitens  findet  eine  Erhöhung  der  Ausbeute  an 
Spiritus  statt.  Der  Hauptsache  nach  wird  diese  Mehrausbeute  darauf 
zurückzuführen  sein,  dafs  die  Maische  bei  dem  Hesse'schen  Verfahren 
nur  sehr  wenig  und  lange  nicht  in  dem  Mafse  abgekühlt  wird,  wie  es 
bei  den  anderen  bekannten  Siebverfahren  der  Fall  ist.  Der  Verfasser 
empfiehlt  daher  den  Siebapparat  für  alle  Brennereien  zur  Einführung, 
die  keinen  Entschalungsapparat,  Patent  Müller^  für  heifse  Maische  haben, 
oder  bei  denen  derselbe  in  zu  weiter  Entfernung  vom  Vormaischbottich 
aufgestellt  ist. 

Page  hat  eine  Loch  weite  von  3mm  etwas  zu  gering  gefunden,  wo- 
rauf Hesse  in  der  genannten  Zeitschrift,  S.  59,  bemerkt,  dafs  Apparate 
mit  3  und  4mm,  überhaupt  mit  jeder  gewünschten  Lochweite  geliefert 
werden;  4mm  wären  jedoch  auch  für  die  dicksten  Maischen  ausreichend. 
Hesse  führt  noch  als  weiteren  Vortheil  seines  Apparates  an,  dafs  die 
gesiebte  Würze  so  dünnflüssig  ist,  dafs  es  möglich  ist,  bei  Herstellung 
der  Hefe  keiu  Wasser  nehmen  zu  dürfen.  Die  Hefe  wird  nur  aue 
wenigen  Kilogramm  Malz  —  für  10001  Maischraum  5k  —  und  reiner 
gesiebter  Maische  hergestellt,  wodurch  100'  Wasser  gespart  und  Raum 
gewonnen  wird,  um  1001  Maische  mehr,  also  steuerfrei  unterzubringen. 


182  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Hierdurch  werden  850  Literproc.  gewonnen.  Den  Gewinn  in  Folge  der 
besseren  Vergährung  veranschlagt  Hesse  auf  250  Literproc,  mithin  zu- 
sammen 1100  Literproc,  was  einem  Reingewinn  von  2,80  M.  für  den 
Bottich  entsprechen  würde. 

Auch  Joh.  Ernst  Brauer  rühmt  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie, 
Bd.  13  S.  98,  dem  i/esse"schen  Apparat  bequeme  Handhabung,  gute 
Arbeit  und  Solidität  nach  und  bezeichnet  ihn  für  Dickmaischbrennereien 
als  ein  sehr  willkommenes,  fast  unentbehrliches  Hilfsmittel.  Ebenso 
wie  auch  Page  hält  Brauer  die  Anbringung  eines  Hebehverkes  zur  Be- 
wegung der  Schaber,  wie  solches  der  Erfinder  seinem  Apparate  später 
hinzugefügt  hat,  für  ganz  nothwendig. 

Ueber  Erfahrungen  mit  dem  Müller'' sehen  Entschalungsapparate  be- 
richtet die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  82,  nach  Ver- 
suchen von  Hentze  in  Taufkirchen.  Derselbe  bestimmte  den  Maisch- 
gehalt der  Treber  und  fand  ihn  bei  Kartoffelmaische  zu  14,4,  bei 
Maismaische  zu  18,8  Proc.  Extract.  Um  diese  Verluste  an  Extract, 
welche  durch  Entfernung  der  Treber  entstehen,  zu  vermeiden,  läfst 
Hentze  die  Treber  nochmals  mit  Wasser  anfeuchten  und  durch  die 
Schnecke  des  Entschalers  auspressen;  das  Wasser  dient  als  Einmaisch- 
wasser. Die  so  nochmals  ausgeprefsten  Treber  halten  nur  6,8  Proc, 
Extract  zurück  und  es  wird  daher  durch  das  Auspressen  eine  Mehr- 
ausbeute von  0,2  Proc.  vom  Maischraume  erzielt.  —  Der  Verfasser  macht 
ferner  folgende  Mittheilungen  über  die  Trebermengen.  Beim  Verarbeiten 
mit  dem  Elle nberger' sehen  Apparate  werden  aus  100k  Donaumais  ein- 
schliefslich  des  zur  Maische  gehörigen  Malzes  etwa  19k  Treber  durch 
den  Entschaler  abgesondert,  während  aus  100k  sächsischen  Zwiebel- 
kartoffeln etwa  lk,7  abgeschieden  werden.  Durch  Entfernung  von 
lk  Treber  werden  21  Maischraum  gewonnen,  so  dafs  bei  40001  Maisch- 
raum 125k  Mais  und  19k  Malz  mehr  eingemaischt  werden  konnten;  es 
ergibt  dies  für  Maismaischen  eine  Mehrausbeute  von  1,2  Proc.  ohne 
Anwendung  von  beweglicher  Gährbottichkühlung.  Für  Kartoffelmaischen 
stellt  sich  der  Vortheil  weniger  grofs  heraus. 

Einen  Hefemaisch-,  Ter zuckerung s-,  Säuerungs-  und  Kühlapparat  hat 
Schoppe  in  Schwieben  construirt  und  zum  Patent  angemeldet  und  be- 
schreibt denselben  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  82. 
Der  Apparat  ist  so  grofs  gewählt,  dafs  sämmtliches  an  einem  Tage  zu 
verbrauchendes  Hefegut  darin  eingemaischt  werden  kann.  Gegenüber 
der  bisherigen  Methode  der  Hefebereitung  in  einzelnen  Hefegefäfsen 
wird  durch  den  Apparat  und  Prozefs  nach  des  Erfinders  Ansicht  er- 
reicht: 1)  Die  Gewinnung  einer  gleich mäfsigen  extractreichen  Hefe, 
2)  eine  gleichmäfsige  Verzuckerung  des  gesammten  Hefegutes,  3)  durch 
die  Trennung  des  erwärmenden  und  abkühlenden  Mediums  von  dem 
Hefegut  eine  Reinzucht  von  Hefe,  4)  eine  gleichmäfsige  Vergährung  der 
Hauptmaischen.     Es   bedarf  ferner   keines   Dampfmaischholzes,  keiner 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikatum.  133 

Hefefafsumhüllung  und  keiner  mechanischen  Kühler;  auf  je  einen  Bottich 
Betrieb  sind  nur  noch  zwei  He fegefaf.se  erforderlich.  Die  Einführung 
des  Verfahrens  bedarf  der  Genehmigung  der  Provinzialsteuerdirektion, 
und  es  mufs  eine  genaue  Beschreibung  des  Hefebereitungsverfahrens  an 
das  zuständige  Hauptsteueramt  vorangeheu.  Der  Erfinder  ist  zu  näherer 
Auskunft  bereit  und  gestattet  auch  die  Besichtigung  des  Apparates  und 
Betriebes  an  Ort  und  Stelle. 

Eine  Beschreibung  und  Abbildung  der  Gährbottichkühler  von  Gontard 
in  Mockau  bringt  die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  18,  nach 
Märckers  Handbuch  der  Spiritusfabrikation,  fünfte  Auflage,  S.  558. 

Apparat  zur  selbsthätigen  Bewegung  der  Gähr-  und  Hefebuttichkühler 
von  Wilhelm  Wailand  in  Rosenau  bei  Wahlstatt  (D.R.P.  Nr.  49  960  vom 
25.  Mai*  1889). 

Zerkleinerungsvurrichtung  für  Kartu/fel-  und  Getreidemaischen  von 
Aug.  Ronneburg  in  Uelzen  (D.  R.  P.  Nr.  49340  vom  16.  April  1889). 

Vacuumtrackenapparat  für  feste,  breiige  und  krümelige  Körper  von 
Emil  Pafsburg  in  Breslau  (D.R.P.  Nr.  49  905  vom  13.  April  1888). 

Verstellbare  Spiritusvorlage  von  H.  Pardey  in  Hannover  (D.  R.  P. 
Nr.  49660  vom  4.  Mai  1889). 

Eine  neue  Kartoffellegemaschine,  construirt  von  C.  Schach  in  Wubrigs- 
berg  bei  Neutrebbiu,  wird  in  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  13 
S.  35,  abgebildet  und  beschrieben.  Nach  einer  Mittheilung  von  Christiani 
in  Kerstenbruch  soll  die  Maschine  zur  Zufriedenheit  arbeiten. 

Kartoffellegemaschine  von  Jacob  Angst  auf  Bohl  in  Hüntwangeu, 
Kanton  Zürich  (D.R.P.  Nr.  49  266  vom  27.  Oktober  1888). 

Kartoffelerntemaschine  von  Cyrus  Roberts  in  Three  Rivers,  Staat 
Michigan,  Nordamerika  (D.R.P.  Nr.  49579  vom  24.  März  1889). 

VII.  Analyse. 

Leber  die  Bestimmung  des  Glycerins  in  vergohrenen  Getränken  in  der 
Form  von  Nitroglycerin  hat  F.  Dickmann  Versuche  angestellt.  Der  Ver- 
fasser glaubt,  dafs  diese  noch  nicht  abgeschlossenen  Versuche  zu  einem 
für  die  Praxis  brauchbaren  Verfahren  führen  werden.  {^Wochenschrift 
für  Brauerei  Bd.  6  S.  1178). 

Ein  neues  Reagens  für  Rohrzucker  und  Traubenzucker,  welches  unter 
geeigneter  Behandlung  mit  Glvkose  eine  kirschrothe,  mit  Saccharose  eine 
milchkaffeefarbene  Färbung  gibt,  wird  von  Matthieu  Plessy  im  Journal 
des  Fabricants  de  Sucre,  1889  Nr.  42,  angegeben.  Man  erhält  dasselbe, 
indem  man  34  Th.  pulverisirtes  salpetersaures  Blei  in  45  Th.  geschmol- 
zenem, salpetersaurem  Ammoniak  auflöst  und  der  Masse  21  Th.  pulveri- 
sirtes Bleioxyd  hinzufügt. 

Als  Erkennungsmittel  für  Dextrose  empfiehlt  Crismer  in  der  Wein- 
laube, 1889,  210,  das  Safranin.  2  bis  3CC  einer  0,1  proe.  Safraniulösung 
werden     mit    2    bis    3CC    lOproc.    Natronlauge    und    einigen    Tropfen 


134  lieber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

der  Dextroselösuug  erwärmt,  bei  60  bis  65°  tritt  Entfärbung  eiu.  Die 
milchige  Flüssigkeit  bildet  beim  Stehen  an  der  Luft  nach  einiger  Zeit 
an  der  Oberfläche  wieder  rothe  Streifen,  welche  durch  Wiederherstel- 
lung des  Safranins  durch  Oxydation  entstehen. 

Zur  Phenylhydrazinzuckerprobe.  J.  Geyer  bestätigt  in  der  Pharma- 
ceutischen  Zeitung  1889  34  683  die  schon  von  Thierfelder  gemachte  Be- 
obachtung, dafs  glykuronsaures  Kali  mit  Phenylhydrazin  eine  ganz  ähn- 
liche Verbindung  eingeht  wie  Zucker.  Die  Reaction  ist  also  nicht  in 
allen  Fällen  zuverlässig. 

Heber  Analyse  der  Zuckerarten  haben  E.  Jungfleisch  und  L.  Grimbert 
gearbeitet.  (Comptes  rendus  109  867)  die  Versuche  verfolgten  den  Zweck, 
den  Einflufs  zu  studiren,  welchen  starke  Säuren  auf  die  Rotation  der 
Lävulose  und  damit  auf  die  Genauigkeit  verschiedener  Methoden  der 
Zuckeranalyse  ausüben.  Nachdem  ein  solcher  Einflufs  festgestellt  war, 
versuchten  die  Verfasser  die  Anwendung  der  Essigsäure  zur  Inversion 
und  prüften  die  Einflüsse,  welche  verschiedene  Salze  und  andere  Stoffe 
auf  die  Wirkung  der  Essigsäure  zur  Inversion  an  Stelle  starker  Säuren 
ausüben. 

Zur  Bestimmung  des  Invertzuckers  mit  Soldaini's  Iieagens  gibt  E.  Preufs 
in  der  Zeitschrift  für  Rübenzuckerindustrie  1890  18  folgende  Vorschrift. 
Das  Reagens  bereitet  man  am  besten  durch  Eintragen  von  15?,9  Kupfer- 
vitriol in  eine  heifse  Lösung  von  594s  Kaliumdicarbonat  und  Auffüllen 
bis  zu  2000cc,  nachdem  der  ursprünglich  entstandene  Niederschlag  sich 
gelöst  hat  und  die  Flüssigkeit  erkaltet  ist.  Die  Lösung  hat  ein  spec. 
Gew.  von  1,1789  und  ist  von  befriedigender  Haltbarkeit.  150cc  des 
Reagens  werden  über  freier  Flamme  zum  Sieden  erhitzt,  die  Invert- 
zuckerlösung  hinzugefügt  und  genau  10  Minuten  gekocht.  Innerhalb 
der  Grenzen  von  5  bis  80m?  Invertzucker  entsprechen  demselben  die 
folgenden  Kupfermengen : 

127.8mg  Kupfer 

40  mg  Invertzucker 
240,6mg  Kupfer 
80   mglnvertzucker. 

Herzfeld  mahnt  in  der  Zeitschrift  für  Zuckerindustrie  1890  40  52 
zur  Vorsicht  bei  der  allgemeinen  Anwendung  von  Soldaini"s  Reagens  an 
Stelle  des  Fehling' sehen  und  macht  auf  die  Verschiedenheiten  beider  auf- 
merksam. Das  Soldainische  Reagens  enthält  nur  ein  Fünftel  so  viel 
Kupfer,  ist  daher  in  manchen  Fällen  unempfindlicher,  es  läfst  bei  starker 
Verdünnung  Kupferoxyd  fallen,  besitzt  ein  geringeres  Lösungsvermögen 
für  Kalk,  scheidet  bei  längerem  Kochen  erheblich  mehr  Kupferoxyd ul 
aus.  Nach  Herzfeld  soll  schon  eine  Kochdauer  von  5  Minuten  genügen. 
(Vgl.  1890  275  424.) 

Die  Anwendung  der  Elektrolyse  bei  der  Zuckerbeslimmung.  Da  manche 
Asbestsorten  durch  Kalilauge  angegriffen  werden,  empfiehlt  Formanek 
in  der  Böhmischen  Zeitschrift  für  Zuckerindustrie  1890  14  178  das  Kupfer- 


18.8 

34,9 

50,9 

66,6 

82,2 

97,6 

112,7 

5 

10 

15 

20 

25 

30 

35 

142,4 

157,0 

171,3 

185.5 

200.4 

213,1 

226.6 

45 

50 

55 

60 

65 

70 

75 

Qeber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  135 

oxvdul  auf  Papier  zu  sammeln,  nach  dem  Auswaschen  in  Salpetersäure 
zu  lösen,  die  Lösung  in  eine  Platinschale  zu  bringen  und  das  Kupfer 
durch  den  Strom  auszuscheiden.  —  Dieses  Verfahren  hat  Märeher  schon 
vor  vielen  Jahren  vorgeschlagen  und  auch  augewandt,  auch  Referent 
hat  viel  danach  gearbeitet.  Seit  der  Einführung  der  Soxhlefsehen  Filtrir- 
röhreu  wurde  das  Verfahren,  welches  seiner  Zeit  einen  grofseu  Fort- 
schritt gegenüber  der  noch  früher  üblichen  Methode  der  Ueberführung 
des  Kupferoxyduls  in  Oxyd  mittels  Salpetersäure  darstellte,  jedoch  ver- 
lassen, weil  es  umständlicher,  kostspieliger  und  auch  nicht  ganz  fehler- 
frei ist,  indem  das  Papier  stets  eine  gewisse  Menge  Kupfer  zurückhält, 
so  dafs  eine  Correction  nothwendig  war.  Den  von  Formaneh  gerügten 
Uebelstand  des  Asbestes  kann  man  durch  wiederholtes  Auskochen  mit 
Kalilauge  und  Salpetersäure  meistens  beseitigen;  einige  geringe  Sorten 
werden  allerdings  auch  durch  diese  Behandlung  nicht  brauchbar  und 
sind  daher  zur  Herstellung  der  Filtrirröhren  überhaupt  nicht  zu  ver- 
wenden.    (Der  Ref.) 

lieber  die  Bestimmung  der  Raffnose  im  Rohrzucker  und  in  der  Melasse 
liegen  neuere  Arbeiten  von  Th.  Breyer,  A.  Herzfeld,  Preufa  Dammüller, 
J.  Wortmann,  J.  W.  Gunning  und  Lindet  vor,  über  welche  in  Bieder- 
manns Centralblatt  für  Agriculturchemie  Bd.  19  S.  130  berichtet  wird. 

Ein  Verfahren  zur  Titration  des  Alkohols  und  des  Aldehyds  durch 
Chromsäure  beschreibt  Robert  Bourcart  in  Societe  Industries  de  Mulhouse 
59  558. 

Derselbe  berichtet  im  Moniteur  Industriel  1890  27  über  eine  Modi- 
fication  des  von  Rose  angegebenen  Verfahrens  zur  Bestimmung  des  Alkohols 
mittels  Permanganat  (vgl.  1888  269  424).  Der  Verfasser  hat  nach  der 
Vorschrift  von  Rose  keine  befriedigenden  Zahlen  erhalten  und  daher  das 
Verfahren  in  der  Weise  modificirt,  dafs  er  statt  concentrirter  Schwefel- 
säure eine  mit  dem  gleichen  Volumen  Wasser  verdünnte  anwendet  und 
die  Zersetzung  durch  Regulirung  der  Temperatur  so  leitet,  dafs  der 
Alkohol  nicht  vollständig,  sondern  nur  so  weit  oxydirt  wird,  dafs  auf 
ein  Molekül  Alkohol  nur  3  Moleküle  Sauerstoff  kommen.  Die  vom  Ver- 
fasser nach  diesem  Verfahren  erhaltenen  Zahlen  zeigen  mit  den  pykno- 
metrischen  Bestimmungen  eine  befriedigende  Uebereiustimmuug. 

Zur  Kenntnifs  der  Spirituskörper.  H.  liornträger  fand,  dafs  beim 
Schütteln  von  30procentigem  Rohspiritus  mit  Chloroform  Amylalkohol. 
Acetal,  Aldehyd  und  Gährungsbutylalkohol  in  die  Ausschütteluug  über- 
gehen, während  Aethylalkohol,  Essigsäure,  tertiärer  Butylalkohol  und 
normaler  Propylalkohol  obenauf  schwimmen.  (  Zeitschrift  für  analytische 
Chemie  Bd.  28' S.  670.) 

Ein  Preisausschreiben  behufs  Ermittelung  einer  Methode  zur  Unter' 
suchung  der  Prefshefe  in  Bezug  auf  Beimischung  \<>n  Bierhefe  hat  der 
Verein  der  Kornbrennereibesitzer  und  der  Prefshefefabrikanten  Deutsch- 
lands erlassen.     Der  Preis  für  die  prämiirte  Arbeil   betrögt  500  M.    Ar- 


136  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritnsfabrikation. 

beiten  sind,  mit  einem  Motto  versehen,  bis  zum  2.  Januar  1891  an  den 
Vorsitzenden  des  Vereins,  B.  v.  Gülhaufsen  in  Bonn ,  einzusenden. 
Näheres  darüber  siehe  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie  Bd.  13  S.  69. 

VIII.  Allgemeines  und  Theoretisches. 

Einen  neuen  Zucker  mit  aromatischem  Kern,  welcher  im  Handel  unter 
dem  Namen  Pinit  vorkommt  und  aus  dem  Harze  von  Pinus  Lambertiana 
stammt,  hat  Maquenne  untersucht  und  ß-Pinit  genannt.  Wahrscheinlich 
ist  derselbe  identisch  mit  dem  Sennit.  Durch  Zersetzung  mit  Jodwasser- 
stoffsäure entsteht  daraus  ein  dem  Inosit  isomerer  Körper,  dar  ß-lnosit. 
(Comptes  rendus  109  812.)  Ch.  Combes  hält  den  ß-Yimt  für  identisch 
mit  dem  von  Girard  aus  dem  Kautschuck  gewonnenen  Matezit,  die 
daraus  durch  Jodwasserstoff  entstehende  Matezodambose  ist  nach  seiner 
Ansicht  identisch   mit  dem  /?-Inosit  Maquenne's.     (Ebendaselbst  110  46.) 

Zwei  neue  Zuckerarten  hat  C.  Tauret  aus  Quebracho  dargestellt. 
Der  aus  der  Quebrachorinde  —  Aspidosperma  Quebracho  —  gewonnene 
Zucker,  welchen  Verfasser  Quebrachit  nennt,  hat  die  Formel  C7H140,;, 
mit  Jodwasserstoff  gibt  er  einen  linksdrehenden  Inosit,  C6H12Ofi.  {Comptes 
rendus  109  908.)  Nach  einer  Mittheilung  im  Sitzungsbericht  der  Socie'te 
Chimique  de  Paris  vom  24.  Januar  1890  haben  Tauret  und  Maquenne 
durch  Mischen  der  Lösungen  der  von  ihnen  erhaltenen  rechts-  und  links- 
drehenden Inosite  einen  inactiven  Inosit  dargestellt,  dessen  Eigenschaften 
von  denen  seiner  Componenten,  aus  welchen  er  entstand,  völlig  verschie- 
den sind.  Endlich  berichtet  Maquenne  in  einer  weiteren  Arbeit  (in 
Comptes  rendus  110  603)  über  neue  Beziehungen  zwischen  den  Zucker- 
arten und  den  Furfurolverbindungen,  sowie  über  die  Zusammensetzung  des 
Methylfurfumls  und  des  Isodulcits. 

Ueber  Mannose.  C.  Fischer  und  J.  Hirschberger  bringen  in  einer 
Arbeit  in  den  Berichten  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft  1890  3218 
weitere  Beweise  für  die  von  ihnen  behauptete  Identität  der  Mannose 
mit  der  Seminose  (vgl.  1890  275  133).  Es  gelang  den  Verfassern 
auch  durch  Gährung  der  aus  Steinnufs  dargestellten  Mannose  mit  Bier- 
hefe Aethylalkohol  zu  gewinnen.  Auch  direkt  aus  den  Steinnufsabfällen, 
ohne  vorherige  Darstellung  des  Zuckers,  kann  man  Alkohol  gewinnen, 
indem  man  die  aus  den  Steinnufsschalen  mit  6procentiger  Salzsäure  dar- 
gestellte Zuckerlösung  mit  Kalk  neutralisirt  und  mit  Bierhefe  vergährt. 
Da  die  Steinnufsabfälle  bis  33  Procent  Zucker  liefern  und  100k  davon 
nur  1,6  bis  2  M.  kosten,  dürften  dieselben  vielleicht  mit  Vortheil  als 
Rohmaterial  zu  verwenden  sein.  In  einer  anderen  Abhandlung,  eben- 
daselbst 1890  23  370,  bringt  Fischer  wichtige  Beiträge  zur  Synthese  der 
Mannose  und  Lävulose. 

Sorbit  haben  C.  Vincent  und  Delachanal  als  Bestandteil  aller  Frücbte 
der  Rosaceen  gefunden.  Besonders  reich  daran  sind  Birnen,  Kirscben 
und  Pflaumen,   von  denen  lk  etwa  86  Sorbit  liefert.     Die  Verfasser  be- 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  137 

richten  noch  über  eingehendere  von  ihnen  ausgeführte  Untersuchungen 
des  Sorbits.     (Comptes  rendus  109  676.) 

Ueber  das  Vorkommen  und  den  Ursprung  der  Baffinose  in  Melassen 
und  Zuckerproducten  liegen  Untersuchungen  von  v.  Lippmann,  A.  Herz- 
feld, Cech,  Beythien,  Parcus  und  B.  Tollens  vor,  über  welche  in  Bieder- 
manns Centralblatt  für  Agriculturchemie  Bd.  18  S.  856  berichtet  wird. 
Es  stehen  sich  über  den  Ursprung  der  Raffinose  zwei  Ansichten  gegen- 
über. Nach  der  einen,  welche  besonders  v.  Lippmann  vertritt,  ist  die 
Rafh'nose  bereits  in  dem  Rübensaft,  enthalten,  nach  der  anderen  bildet 
sich  dieselbe  aus  dem  Rohrzucker  durch  Einwirkung  des  Kalks  und 
Strontians.  Die  neuesten  Versuche  von  Beythien,  Parcus  und  Tollens 
haben  die  letztere  Annahme  als  unhaltbar  erwiesen  und  die  von  v.  Lipp- 
mann vertretene  Ansicht,  dafs  die  Raffinose  schon  in  der  Rübe  vorhanden 
ist,  bestätigt. 

Die  Gährungsproducte  der  Baffinose  untersuchte  J.  Jesser.  (Oesler- 
reichisch-  Ungarische  Zeitschrift  für  Zuckerindustrie  1889  6.)  Der  Verfasser 
glaubt  durch  seine  Versuche  bestätigt  zu  haben,  dafs  sich  bei  der  Gäh- 
rung  rafiinosehaltiger  Producte  schwer  vergährbare  Melibiose  bildet,  und 
vermutbet  daher,  dafs  die  Ursache  eines  guten  Theiles  der  sogen,  schwer- 
vergährbaren  Melassen  im  Rafh'nosegehalt  derselben  zu  suchen  ist.  Die 
Chemikerzeitung  Bd.  14  S.  74  hält  diese  Annahme  für  nicht  zutreffend, 
einmal,  weil  die  grofse  Praxis  keinerlei  Beweise  für  die  Schwergährig- 
keit  der  raffinosereichen  Melassen  der  deutschen  Strontian-Entzucke- 
rungsfabriken  geliefert  hat,  andererseits,  weil  die  Versuche  von  Tollens 
gezeigt  haben,  dafs  Raftinose  von  kräftiger  Hefe  leicht  und  vollständig 
vergohren  wird.  (Vgl.  auch  die  Untersuchungen  von  Loiseau  1890275428.) 

Ueber  eine  reine  Gahrung  des  Mannits  und  Glycerins  berichten  F.  P. 
Frankland  und  J.  J.  Fox  in  Proceedings  of  the  Boyal  Society  London  1889 
345.  Die  Verfasser  isolirten  aus  Schafmist  einen  Mikroorganismus, 
Bacillus  ethaceticus,  welcher  in  einigen  Kohlehydraten  und  mehrwerthigen 
Alkoholen  kräftige  Gährung  hervorzurufen  vermag  und  insbesondere  in 
Mannit-  und  Glycerinlösungen  verhältnifsmäfsig  reichliche  Mengen  von 
Aethylalkohol  und  Essigsäure  producirt.  Der  Bacillus  vergährt  Mannit 
und  Glycerin  unter  Erzeugung  derselben  Stoffe:  Aethylalkohol  und  Essig- 
säure, nebst  Spuren  von  Ameisen-  und  Bernsteinsäure,  die  beiden  ersteren 
in  constant  bleibendem  Molekularverhältnifs.  Die  Zersetzung  bleibt  un- 
vollkommen, diejenige  des  Glycerins  in  höherem  Grade  als  die  des 
Mannits.  Beide  Stoffe  sind  unter  den  Gährungsproducten  noch  in  nam- 
haften Mengen  vorhanden.  Der  Mikroorganismus  vergährt  ferner  kräftig 
Traubenzucker,  langsamer  Rohrzucker,  Milchzucker,  Stärke  und  Calcium- 
glycerat.  Ob  der  Bacillus  ethaceticus  mit  dem  F/fs'schen  paarweise 
gelagerten  Bacillus  identisch  ist,  welcher  Glycerin  unter  Bildung  von 
Aethylalkohol  und  geringen  Mengen  von  Ameisen-  und  Bernsteinsäure 
vergährt,  mufs  dahingestellt  bleiben. 


13s  Ueber  Portschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Ueber  die  Fällbarkeit  colloidalcr  Kohlehydrate  durch  Salze  veröffent- 
lich! J.  Pohl  Untersuchungen  in  der  Zeitschrift  für  physiologische  Chemie 
Bd.  14  151.  Danach  kann  man  in  Lösung  befindliche  colloidale  Kohle- 
hydrate, /..  I).  lösliche  Stärke  oder  Dextrin,  durch  Söttigen  mit  verschie- 
denen Salzen,  wie  Natrium-,  Magnesium-,  Ammoniumsulfat  oder  Am- 
moniumphosphat  als  flockige  Niederschläge  fällen,  welche  durch  Diffusion 
salzfrei  gemacht  werden  können. 

Ueber  die  Einwirkung  von  Diastase  auf  unverkleisterte  Stärke  berichtet 
die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie  Bd.  13  S.  18  nach  einer  Abhandlung 
von  Lintner  im  Brauer-  und  Mälzerkalender.  Lintner  liefs  auf  unver- 
änderte lufttrockene  Stärke  einen  aus  Darrmalz  bereiteten  Malzauszu» 
4  Stunden  bei  50,  55,  60  und  65°  einwirken,  alsdann  wurde  auf  ein 
bestimmtes  Volumen  aufgefüllt,  zur  Entfernung  der  ungelöst  gebliebenen 
Stärke  liltrirt,  ein  Theil  des  Filtrats  invertirt,  darin  Dextrose  bestimmt 
und  auf  Stärke  umgerechnet.  Von  100  Theilen  Stärketrockensubstanz 
waren  umgewandelt: 

Verkleisterungs- 
temperatur 
650 
800 
800 
850 
800 
800 

Wie  aus  diesen  Zahlen  ersichtlich  ist,  wird  die  Kartoffelstärke  in 
der  That  erst  bei  Erreichung  der  Verkleisterungstemperatur  in  erheb- 
lichem Mafse  umgewandelt.  Dasselbe  gilt  offenbar  auch  von  der  Reis- 
stärke, welche  wohl  am  besten  gleich  durch  Kochen  für  die  Umwand- 
lung durch  Diastase  vorbereitet  wird,  da  ihre  Verkleisterungstemperatur 
sehr  hoch  liegt. 

Maisstärke  wird  sich  voraussichtlich  der  Reisstärke  ähnlich  verhalten. 
Gersten-,  Darrmalz-,  Grünmalz-  und  "Weizenstärke  zeigen  bei  niedrigen 
Temperaturen  schon  eine  bedeutend  höhere  Aufschliefsung  als  die  Kartoffel- 
stärke, bei  65°  ist  die  Aufschliefsung  fast  vollständig,  doch  sind  für  eine 
völlige  Aufschliefsung  jedenfalls  noch  die  Temperaturen  von  65  bis  70° 
und  darüber  von  Bedeutung.  Auf  die  um  2,6  Proc.  geringere  Aut- 
schliefsung  der  Darrmalzstärke  gegenüber  der  Grüumalz-  und  Gersten- 
stärke will  der  Verfasser  kein  Gewicht  legen  und  besonders  da  die  Ver- 
suche nur  mit  einer  Sorte  Malzstärke  angestellt  sind,  nicht  den  Schlafs 
ziehen,  dafs  die  Darrmalzstärke  weniger  leicht  aufschliefsbar  ist,  obgleich 
andererseits  die  Möglichkeit,  dafs  durch  das  Darren  die  Stärke  ungünstig 
beeinflufst  wird,  nicht  ausgeschlossen  ist,  da  in  extremen  Fällen,  bei 
Glasmalzbildung,  ein  derartiger  un<<ünstis,er  Einfluss  thatsächlich  vor- 
banden  ist.  Die  vielfach  verbreitete  Anuahme,  dafs  die  durch  die  Kei- 
mung corrodirte  Stärke  des  Malzes  leichter  aufgeschlossen  wird  als  die 
der  Gerste,  wird  durch  diese  Versuche  nicht  bestätigt,  denn  nur  bei  den 


von : 

bei  500 

550 

600 

650 

Kartoffelstärke 

.       0,13 

5.03 

52,68 

90,34 

Reisstärke     .     .     . 

.       6,58 

ll.liS 

19,68 

31,14 

Gerstenstärke    . 

.     12,13 

53,30 

92.81 

96.24 

Grünmalzstärke    . 

.     29,70 

58,56 

92>3 

96,26 

Darrmalzstärke 

.     13.U7 

56,02 

91,70 

93,62 

YVeizenstärke    .     . 

— 

62,23 

91,08 

94,58 

Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

niedrigen  Temperaturen  von  50  und  55°  zeigte  die  Malzstärke,  uud  zwar 
auch  nur  die  des  Grünmalzes,  eine  bessere  Aufschliefsung.  Dagegen  ist 
es  selbstverständlich  und  steht  in  keinem  Widerspruch  zu  diesen  Ver- 
suchen, dafs  die  Malzbereituug  indirekt  durch  Lockerung  des  Zellgew. 
wodurch  die  Stärke  bei  der  nachherigen  Zerkleinerung  leichter  bloßge- 
legt wird,  günstig  auf  die  Aufschliefsung  der  Stärke  bei  der  Verarbeitung 
des  Malzes  einwirkt. 

Studien  über  Diastase  veröffentlicht  H.  Pelz/toldt  in  der  Zeitschrift 
für  Spiritusindustrie  Bd.  13  S.  89.  Bekanntlich  rührt  vom  Verfasser  die 
Beobachtung  her,  dafs  die  Schädigung,  welche  die  Diastase  beim  Er- 
hitzen erleidet,  durch  die  Gegenwart  von  Zucker  um  so  mehr  vermindert 
wird,  je  mehr  Zucker  vorhanden  ist  (vgl.  1887  266  427).  Diese  Beob- 
achtung machte  der  Verfasser,  als  er  die  Malzlösuug  vor  dem  Erhitzen 
auf  01,25°  mit  invertrirter  Maische  versetzte,  in  welchem  Falle  dann 
eine  wesentliche  geringere  Schädigung  durch  das  Erhitzen  eintrat.  Es 
war  nun  die  Frage,  welcher  Bestandteil  der  Maische  diesen  Schutz 
gewährte.  Zu  diesem  Zweck  wiederholte  der  Verfasser  den  Versuch, 
indem  er  statt  der  Maische  Maltose  und  Rohrzucker  hinzusetzte:  es 
zeigte  sich  nun,  dafs  die  Maltose  schon  in  geringer  Menge  denselben 
Schutz  bewirkt,  dagegen  der  Rohrzucker  eine  solche  schützende  Wirkung 
der  Diastase  gegenüber  nicht  besitzt.  Dextrin  wurde  in  dieser  Richtung 
nicht  geprüft.  Versuche  zur  Ermittelung  der  Temperaturen,  bei  welchen 
die  Diastase  geschädigt  wird,  ergaben,  dafs  unter  den  vorliegenden  Ver- 
suchsbedingungen ein  vorheriges  Erhitzen  des  Malzauszuges  bis  auf 
58,75°  bei  der  nachherigen  Verwendung  desselben  zur  Zuckerbildung 
nicht  von  wesentlichem  Schaden  war,  soweit  es  sich  um  die  Alkohol- 
bildung handelt,  dagegen  trat  bei  61,25°  bereits  eine  erhebliche  Schädi- 
gung ein. 

Eine  weitere  Versuchsreihe  wurde  zur  Entscheidung  der  Frage  aus- 
geführt, ob  eine  gröfsere  Zuckermenge  gebildet  wird,  wenn  man  das 
ganze  Malzquantum  nach  dem  Ausblasen  zu  der  gedämpften  Masse  hin- 
zufügt, oder  wenn  man  einen  Theil  des  Malzes  vorher  in  den  Vormaisch- 
bottich bringt.  Es  zeigte  sich  bei  allen  Versuchen,  dafs  im  ersten  Falle, 
also  wenn  das  Malz  auf  einmal  zugesetzt  wurde,  stets  eine,  wenn  auch 
nur  geringe  Menge  Zucker  uud  dementsprechend  auch  Alkohol  mehr 
gebildet  wurde. 

Endlich  suchte  der  Verfasser  zu  ermitteln,  ob  sich  ein  Unterschied 
in  der  Zuckerbildung  constatiren  läfst,  wenn  man  in  der  Weise  arbeitet, 
dafs  man  entweder  den  ganzen  Stärkekleister  oder  erst  einen  Theil  und 
später  den  Rest  der  verkleisterten  Stärke  zu  dem  Malzauszug  gibt. 
Dieser  Versuch  stellte  also  eine  Nachahmung  im  ersten  Falle  des  flolle- 
freuntf  sehen,  im  zweiten  Falle  des  Henxe'schen  Verfahrens  dar.  I1 
Resultat  war,  dafs.  als  der  Malzauszug  zur  gesammten  Stärke  gegeben 
wurde,  ein  wenig  mehr  Zucker  gebildet  wurde,  jedoch  war  der  Unter- 


140  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

schied  im  Zuckergehalt  sowohl  als  auch  in  der  Menge  des  gebildeten 
Alkohols  nur  ein  sehr  geringer  und  kaum  von  Bedeutung. 

Die  Diastase  hält  H.  P.  Wijsman  auf  Grund  von  ihm  ausgeführter 
Versuche  für  ein  Gemenge  von  zwei  Enzymen,  welche  er  Maltase  und 
Dextrinase  nennt.  Die  Umwandlung  der  Stärke  vollzieht  sich  nach  An- 
sieht des  Verfassers  in  der  Weise,  dafs  durch  die  Maltase  Erythro- 
granulose  und  Maltose  gebildet  wird,  die  Erythrogranulose  wird  dann 
durch  die  Dextrinase  in  Leukodextrin  übergeführt,  andererseits  erzeugt 
die  Dextrinase  aus  der  Stärke  Maltodextrin,  welches  durch  die  Maltase 
in  Maltose  übergeführt  wird.  (Nach  einem  Bericht  der  Chemikerzeitung 
Bd.  14  S.  68.) 

Beiträge  zur  Kenntnifs  der  invertirenden  Fermente  bringt  eine  um- 
fangreiche Arbeit,  welche  0.  Kellner,  Y.  Mori  und  M.  Nagaoka  in  der 
Zeitschrift  für  physiologische  Chemie  Bd.  14  297  veröffentlichen.  Die  Ver- 
fasser untersuchten  eine  in  Japan  und  China  zur  Bereitung  von  gegohrenen 
Nahrungs-  und  Genulsmitteln  vielfach  angewendete  stärkeumbildende 
Substanz,  das  Koji,  welches  aus  gedämpftem  Reis  oder  Gerste  durch 
Aussaat  der  Sporen  eines  Pilzes  —  Eurotium  Or}*zae  Ahlbg.  —  gewonnen 
wird.  Schon  die  Untersuchung  eines  frisch  mit  Sporen  besäeten  Materials 
und  andererseits  des  nach  der  Bildung  des  Mycels  fertigen  Koji,  welche 
in  dem  Koji  eine  beträchtliche  Zunahme  an  Glykose  und  Maltose  ergab, 
deutete  darauf  hin,  dafs  das  durch  den  Pilz  erzeugte  Ferment  eine  starke 
Einwirkung  auf  Stärkemehl  besitzen  mufste.  Die  Verfasser  prüften  nun 
die  Wirkung  des  Fermentes  auf  verschiedene  Kohlehydrate,  indem  sie 
ein  aus  frischem  Koji  bereitetes  Extract  2  bis  3  Stunden  bei  40  bis  50° 
auf  die  Lösungen  verschiedener  Kohlehydrate  einwirken  liefsen.  Diese 
Versuche  hatten  folgendes  Ergebnifs:  von  Rohrzucker  werden  durch 
Kojiauszug  etwa  70  Proc.  invertirt,  auf  Milchzucker  wirkt  das  Ferment 
nicht  ein,  Maltose  wird  über  70  Proc.  in  Dextrose  übergeführt,  Inulin 
wird  wahrscheinlich  nicht  verändert,  aus  verkleisterter  Stärke  wurde 
ein  Gemenge  von  Maltose  und  Dextrose  erhalten.  Das  Koji  enthält  also 
ein  kräftig  wirkendes  Ferment,  welches  aber  von  der  Malzdiastase  so- 
wohl wie  von  dem  Invertin  vollständig  verschieden  ist.  Schlecht  ge- 
lüftetes Koji  wird  durch  Anhäufung  von  Milchsäure  unwirksam.  Diese 
Beobachtung  veranlasste  die  Verlässer,  den  Einflufs  der  Milchsäure  auf 
das  Kojiferment,  welches  sie  Invertase  nennen,  zu  prüfen.  Diese  Ver- 
suche ergaben,  dafs  0,05  Proc.  Milchsäure  einen  günstigen  Einflufs  aus- 
übt (ebenso  wie  nach  Kjeldahl's  Beobachtung  auf  die  Diastase),  0,1  Proc. 
Milchsäure  und  darüber  schwächt  dagegen  die  Wirkuug  des  Ferments 
allmählich  ab,  0,6  bis  0,7  Proc.  heben  die  Inversion  des  Rohrzuckers 
durch  die  Invertase  ganz  auf,  grofse  Mengen  Milchsäure,  wie  2  Proc, 
tödten  das  Ferment,  so  dafs  es  auch  nach  der  Neutralisation  unwirksam 
bleibt.  Endlich  prüften  die  Verfasser  noch  den  Einflufs  des  Kochsalzes 
auf  die  Wirkung  der  Invertase   zur  Umwandlung   der   gelösten  Stärke 


Kleinere  Mittheilungen.  141 

und  fanden  dabei,  dafs  die  Iuvertase  zwar  sehr  empfindlich  ist  gegen 
Beimischungen  von  Kochsalz  zu  ihren  Lösungeu,  dafs  aber  die  sacchari- 
fieirende  Wirkung  selbst  durch  Gegenwart  von  15  bis  20  Proc.  Kochsalz 
nicht  gänzlich  aufgehoben  wird. 

Um  auch  in  Bezug  auf  das  Invertin,  dessen  invertirende  Eigenschaften 
noch  nicht  genügend  erforscht  waren,  die  Verschiedenheit  des  Koji- 
fermentes  sicher  festzustellen,  unterzogen  die  Verfasser  in  einer  anderen 
Versuchsreihe  das  Invertin  einer  eingehenden  Prüfung.  Zu  diesem  Zweck 
wurde  aus  300-  frischer  reiner  Unterhefe  0',5  wässeriges  Extract  ge- 
wonnen und  davon  1  Volumen  auf  2  Volumina  der  Kohlehydratlösungen 
3  Stunden  bei  40  bis  50°  einwirken  gelassen.  Es  zeigte  sich  in  Ueber- 
einstimmung  mit  Boppe-Seyler  und  Barth  (Berichte  der  deutschen  chemi- 
schen Gesellschaft  Bd.  4  S.  810  und  Bd.  11  S.  474),  dafs  Rohrzucker 
durch  Invertin  vollständig  invertirt  wird.  Dagegen  erwies  sich  das  In- 
vertin auf  Milchzucker  als  wirkungslos,  Maltose  und  Inulin  wurden  eben- 
falls nicht  verändert.  Zur  Einwirkung  auf  Stärke  wurde  das  Invertin 
durch  Ausfällung  mit  Alkohol  von  reducirenden  Stoffen  befreit,  ebenso 
die  Stärke.     Die   wässerige   Lösung  des   gereinigten  Invertins  war  auf 

~  ©CO 

Stärkekleister  nach  mehrstündigem  Erwärmen  auf  45°  ohne  jede  Ein- 
wirkung. 

Die  beiden  der  Untersuchung  unterworfenen  Fermente  stimmen  also 
hinsichtlich  ihrer  Wirkung  auf  Rohrzucker  überein.  Milchzucker,  Inulin, 
Maltose  und  Stärke  bleiben  unter  dem  Einflüsse  des  Invertins  unver- 
ändert, während  die  beiden  letzteren  Kohlehydrate  von  dem  Ferment 
des  Koji  hydratisirt  werden.  Unter  den  bis  jetzt  bekannten  invertireu- 
den  Fermenten  scheint  also  das  Koji  die  kräftigste  Wirkung  zu  äufsern. 
Die  Verfasser  lassen  es  einstweilen  dahingestellt,  ob  die  Invertase  ein 
einheitlicher  Körper  ist  oder  etwa  aus  mehreren  Fermenten  besteht,  auch 
wollen  sie  nicht  behaupten,  dafs  die  Invertase  nur  von  Eurotium  Orvzae 
Ahlbg.  erzeugt  wird,  sondern  neigen  zu  der  Ansicht,  daf*  auch  andere 
Pilze  derselben  oder  verwandter  Ordnungen  jenes  Ferment  zu  bilden 
vermögen.  (Schlafs  folgt.) 


Physikalischer  Verein. 

Nach  dein  Jahresbericht '  für  das  Rechnungsjahr  1888  89  hat  der  Physi- 
kalische Verein  zu  Frankfurt  a.  M.  426  Mitglieder.  Das  Vermögen  des  Vereins 
ist  -tit  1885  von  510Ü0  M.  auf  144)000  M.  gewachsen.  Durch  gröfsere  Aus- 
gaben im  neuen,  vor  zwei  Jahren  bezogenen  Vereinshause,  und  durch  die  neu 
gegründete,  am  24.  April  v.  J.  eröffnete  elektrotechnische  Anstalt  ist  das  jähr- 
Budgel  auf  20000  M.  gestiegen,  zu  welchem  Bedarf  der  Staat  2000  IL, 
die  Stadt  3500  M.  beisteuert.  Der  ausführliche,  ein  reges  Vereinsleben  be- 
kundende Jahresbericht  enthält  das  Programm  und  den  Lehrplan  der  genannten 
elektrotechnischen  Lehranstalt,  ein  Verzeichnifs  der  im  Vereine  gehaltenen 
Vorlesungen,   Mittheilungen   aus  dem  chemischen  Laboratorium  und  meteoro- 

1  Frankfurt   a.  M.  bei   C.  Naumann. 


142  Kleinere  Biittheilungen. 

logische  Arbeiten.     Den    letzteren  Arbeiten    sind    umfangreiche   Tabellen    und 
Diagramme  über  vom  Verein  veranlafste  Beobachtungen  beigegeben. 

Deutsche  Eisenerze. 

Nach  einer  Mittheilung  in  „Stahl  und  Eisen"  1890  S.  372  schätzt  Wedding 
die  Luxemburger  Minetten  auf  einen  Vorrath  für  80,  die  Lothringer  auf  150  bis 
300  Jahre.  Die  Siegerländer  Spatheisensteine  sind  noch  als  unerschöpflich 
anzusehen  und  die  Lahnerze  werden  noch  für  ein  Jahrhundert  ausreichen. 
Oberschlesien  steht  an  der  Grenze  der  Leistungsfähigkeit  und  dürften  auch  hier 
die  Erze  in  einem  Jahrhundert  zur  Neige  gehen.  Ilseder  Erze  reichen  Doch 
für  220  Jahre.  Osnabrücker  für  60.  Nur  wenige  der  deutschen  Erze  eignen 
sich  für  Erzeugung  von  Giefserei-  und  Bessemer-Roheisen,  für  ersteres  zum  Theil 
nur  die  Lahnerze,  ganz  die  des  Mittelharzes,  zu  letzterem  nur  die  Osnabrücker 
Erze,  so  dafs  es  zur  Darstellung  des  L'esseraer-Roheisens  der  Einführung  fremder 
Erze  bedarf.  Die  Siegerländer  Erze  liefern  Spiegeleisen  und  Weifsstrahl,  die 
Minetten  und  die  Ilseder  Erze  Thomas-Roheisen,  alle  anderen  Erze  ohne  phos- 
phorhaltige  Zuschläge  nur  Puddel-Roheisen,  mit  solchen  Thomas-Roheisen.  Der 
Eaupttheil  des  deutschen  Eisenhüttengewerbes  stützt  sich  auf  die  Verwerthung 
der  Minette  und  dieselbe  spielt  mit  ihrem  Antheil  von  fast  57  Proc.  der  ge- 
sammten  Eisenerzförderung  eine  weit  wichtigere  Rolle,  als  die  Förderung  des 
Obernsees  mit  nicht  ganz  40  Proc.  in  den  Vereinigten  Staaten  und  eine  gleiche 
wie  die  Förderung  des  Cleveland-Districtes  in  Großbritannien. 

Vergleichsschiefsen  zwischen  Krupp'schen  und  Bange'schen  Geschützen. 

Ueber  ein  solches  ist  nach  dem  chilenischen  Blatte  „Ferrocarril"  folgendes 
zu  berichten :  Zuerst  wurden  mit  Feldgeschützen  auf  1000ni  Entfernung  von 
jedem  Geschütz  25  Schills  abgegeben.  Von  der  .ßange-Kanone  trafen  16  das 
Ziel  sehr  zerstreut  über  die  ganze  Fläche,  während  von  der  .Krupp-Kanone 
19  Treffer  mit  bedeutend  weniger  Streuung  waren.  Beim  Probeschiefsen  mit 
Berggeschützen  wurden  aus  jedem  Geschütz  20  Granaten  und  20  Shrapnels  in 
einer  Entfernung  von  1500m  auf  drei  Ziele  von  20m  Breite  und  2m:70  Höhe, 
die  je  20m  hintereinander  entfernt  standen,  abgefeuert.  Das  Feuern  begann 
auf  Commando  aus  beiden  Geschützen  zugleich.  Die  Krupp- Kanone  gebrauchte 
zum  Abfeuern  der  20  Granaten  l71/2  Minuten,  während  bei  der  Bange-Kanone 
24  Minuten  nöthig  waren.  Das  Ergebnifs  war  folgendes:  erstes  Ziel  Krupp 
180  Punkte,  Bange  101;  zweites  Ziel  Krupp  132,  Bange  34;  drittes  Ki-upp  45, 
Bange  11.  Gesammtwirkung:  Krupp  357  Punkte,  Bange  146.  Zum  Abfeuern 
der  Shrapnels  gebrauchte  Krupp  24  Minuten  und  Bange  62  Minuten.  Die  Wir- 
kung war  folgende:  erstes  Ziel  Krupp  327  Punkte,  Bange  134;  zweites  Krupp  215, 
Bange  82;  drittes  Krupp  120,  Bange  35.  Gesammtwirkung  also  Krupp  662  Punkte, 
Bange  251.  Es  mufs  noch  bemerkt  werden,  dafs  verschiedene  Shrapnels  in  der 
ßan</e-Kanone  platzten,  ein  Beweis,  dafs  das  Schiefsmaterial  sowohl  als  das 
System  bei  Bange  schwerwiegende  Uebelstände  aufweist.  Ein  weiteres  Probe- 
schiefsen fand  einige  Tage  später  mit  Feldgeschützen  und  Granaten  statt.  Die 
ifrupp  Kanone  gebrauchte,  um  20  Granaten  abzufeuern,  28  Minuten,  während 
die  Bange-K&none  sogar  1  Stunde  und  32  Minuten  bedurfte.  Die  Ziele  und 
Entfernungen  waren  dieselben  wie  früher  und  die  Wirkung  folgende;  erstes 
Ziel  Krupp  692  Punkte,  Bange  359;  zweites  Krupp  643,  Bange  514;  drittes  Krupp  304, 
Bange  519.  Gesammtwirkung:  Krupp  1639  Punkte  und  Bange  1392.  .  Von  den 
Geschossen  der  Ärupp-Kanone  auf  das  erste  Ziel  platzten  4  Granaten  im  Ziel, 
zerstörten  es  in  grofser  Ausdehnung  und  schlugen  4  grofse  Löcher  hinein, 
während  dies  bei  der  Bange-Kanone  nur  bei  einem  Schilfs  vorkam.  Nach  den 
europäischen  Regeln  werden  für  jeden  Schufs,  der  ein  solches  Loch  in  das  Ziel 
schlägt,  100  Punkte  gerechnet.  So  ergaben  sich  für  Krupp  noch  400  Punkte 
und  für  Bange  1U0,  was  zu  obiger  Gesammtwirkung  gezählt  für  Krupp  2039 
Punkte  und  für  Bange  1492  Punkte,  also  547  Punkte  zu  Gunsten  Krupp'' B  ergab. 
Bierauf  Bollte  ein  Probeschiefsen  mit  je  20  Shrapnels  aus  jeder  Kanone  er- 
folgen. Nachdem  jedoch  aus  der  Ärwpp-Kanone  10  Schüsse  in  14  Minuten  ab- 
gefeuert worden  waren,  welche  auf  dem  Ziel  615  Punkte  ergaben,  wurde  auf 
Befehl  des  Vorsitzenden  der  Commission,  Generals  Gana,  das  Schiefsen  einge- 


Kleinere  Mittheilungen. 

stellt,   weil   von   den   sieben    Schüssen    der   Bange-Kanone   nur  zwei   da.-   Ziel 
troffen  hatten,   da   fünf  Schüsse  in  der  Kanone  selbst  geplatzt  waren.     Darauf 
trat  die  Commission  zusammen   and  erklärte  einstimmig,   dafs  eine  Prob» 
Schiefsmaterialien  von  solcher  Verschiedenheit  annütz  sei.   Der  Vertreter  Krupp'a 
stellte  der  chilenischen  Elegierang  sein  ganzes  ooch  übriges  Schiefsmaterial  zu 
weiteren  Versuchen  zur  Verfügung.     (Durch   Uhland's  techn.  Rundschau.) 

Das  Härten  von  Gegenständen  aus  Papierstoff. 

Vielfach  werden  Gegenstände  für  den  Haus-  und  gewerblichen  Gebrauch 
von  gehärtetem  Papierstoff  hergestellt  und  linden  wegen  ihrer  Unzerbrechlich- 

keit  willige  Aufnahme.     Die  Herstellung  wird  bei  uns  meist  als  Fabrikgeheim- 
nifs  behandelt. 

Die  Papier  zei'.ung  theilt  ein  in  Amerika  patentirtes  verbessertes  Verfahren 
zum  Harten  von  Papierstoff-Gegenständen  mit.  nach  welchem  gleiche  Gewichts- 
theile  Leinöl  und  Colophonium  in  einem  gleichen  Volumen  Naphta  oder  einem 
anderen  Lösungsmittel  gelöst  werden.  Der  zu  hartende  Gegenstand  wird, 
nachdem  die  hygroskopische  Feuchtigkeit  ausgetrieben  ist,  so  lange  darin  ein- 
getaucht, bis  keine  Blasen  mehr  entstehen.  Bei  Benutzung  von  Naphta  ver- 
wendet man  wegen  der  Flüchtigkeit  desselben  geschlossene  Kessel.  Da  die 
Lösung  von  Leinöl  und  Colophonium  in  Naphta  sehr  dünnflüssig  ist,  so  dringt 
dieselbe  mit  Leichtigkeit  in  den  Gegenstand  ein  und  tränkt  dessen  ganze  Masse 
durchaus  gleichniäfsig,  was  nach  dem  früheren  Verfahren  (Verwendung  von 
Leinöl  und  Colophonium  direkt,  d.  h.  ohne  Lösungsmittel)  nicht  der  Fall  war. 
Nach  beendeter  Tränkung  wird  der  Gegenstand  aus  dem  Bade  genommen  und 
das  Naphta  aus  letzterem  durch  freiwillige  Verdunstung  oder  künstliche  Wärme 
ausgetrieben,  wobei  sich  ebenfalls  die  Verwendung  eines  geschlossenen  Kessels 
empfiehlt,  um  das  verdampfende  Naphta  wieder  zu  gewinnen.  Der  G< 
stand  mufs  nunmehr  etwa  drei  Stunden  in  einem  mit  Luftzufuhr  versehenen 
Ofen  bei  etwa  133°  trocknen,  bis  keine  Dämpfe  von  oxydirendem  Oel  mehr 
entweichen.  Hierdurch  wird  das  Leinöl  in  der  ganzen  Masse  oxydirt  und 
dieselbe  undurchdringlich  für  Feuchtigkeit  gemacht.  Der  Gegenstand  hat  jetzt 
ein  kornähnliches  Gefüge,  ist  leicht  und  porös,  aber  wasserdicht,  zugleich 
sehr  biegsam  und  elastisch. 

Eine  Wiederholung  des  Verfahrens,  ohne  Naphta,  verschliefst  die  Poren 
vollständig  und  macht  den  Gegenstand  in  seiner  Masse  der  Feuchtigkeit  gänz- 
lich unzugänglich. 

Steinerner  Brückenbogen. 

Ein  Brückenbogen  von  der  bemerkenswerthen  Spannweite  von  45m.7  wurde 
nach  Engineering  News  vom  21.  Juni  1890  in  Elyria.  Ohio,  Nordamerika,  gebaut. 
Der  Bogen  hat  '7315mm  Pfeilhöhe,  39m.38  Radius,  für  die  innere  Laibungslläche 
im  Scheitel  1145  und  am  Widerlager  1375mm  Gewölbestärke.  Als  Baumaterial 
diente  an  Ort  und  Stelle  gewonnener  Sandstein. 

Herstellung  dichter  Knpfergüsse. 

Dieselben  werden  in  der  Metallgiefserei  von  Dango  und  Dienenthai  zu 
Siegen-Sieghütte  dadurch  erzielt,  dafs  man  Kupfer  in  einem  Graphittiegel  mit 
dicht  verschmiertem  Deckel,  welcher  eine  mit  einem  Lehmpfropfen  zu  ver- 
schliefsende  kleine  Oeffnung  hat,  im  Windofen  einschmilzt,  nach  Entfernung 
des  Lehmpfropfens  controlirt,  ob  die  Schmelzung  stattgefunden  hat,  die  Oeff- 
nung aber  rasch  wieder  verschliefst,  damit  das  Kupfer  keine  schweflige  Sinne 
aus  den  Feuergasen  absorbirt.  Man  nimmt  jetzt  den  Tiegel  aus  dem  Ofen 
und  fügt  nach  abgenommenem  Deckel  so  oft  reines  Phosphorkupfer  hinzu, 
bis  eine  genommene  Löffelprobe  beim  Erkalten  nicht  mehr  steigt  und  einen 
dichten  Brach  z< 


144  Bücher-Anzeigen. 


Bücher-Anzeigen. 


Stammer  A.,  Dr.,  Muster,  Herstellungsweise  und  Zusammensetzung  von 

24    Verbrauchszuckern.      Magdeburg    1890.      Verlagsbuchhandlung 

von  Albert  Kathke.     Preis  8  Mk. 

So  viel  auch  auf  dem  Gebiete  der  Waarenkunde  und  praktischen  Fabriken- 
kunde in  der  Gegenwart  geleistet  ist,  so  auffallig  bleibt  es,  dafs  gerade  bei 
volkswirtschaftlich  und  technologisch  sehr  wichtigen  Producten  der  chemischen 
Industrie  trotz  der  gewaltigen  Fortschritte  des  letzten  Jahrzehntes  noch  recht 
merkliche  Lücken  bestehen.  Dies  ist  in  Fachkreisen  seit  langer  Zeit  in  hohem 
Grade  in  Bezug  auf  die  verschiedenen  Zuckersorten  des  Handels  empfunden 
worden.  Hier  herrscht  zur  Zeit  noch  durchaus  nicht  die  wünschenswerte 
Einheitlichkeit  und  Sicherheit  in  der  Bezeichnung,  welche  man  bei  den 
Massen,  in  welchen  diese  Producte  auf  den  Markt  geworfen  werden,  erwarten 
müfste,  und  daher  erklären  sich  die  oft  weit  aus  einander  gehenden  Angaben 
über  einen  Zucker  von  bestimmtem  Handelsnamen.  Dieser  Uebelstand  macht 
sich  namentlich  in  Laboratorien  geltend,  welche  sehr  verschiedene  Handels- 
zucker zu  untersuchen  haben.  Andererseits  hat  das  Fehlen  von  allgemein 
anerkannten  Standmustern  für  Handelszucker  die  analytischen  Chemiker  dazu 
verleitet,  meist  allein  nach  der  quantitativen  chemischen  Analyse  den  Zucker 
zu  beurtheilen,  während  doch  in  vielen  Fällen  auch  der  eigentümliche  Ge- 
ruch, welcher  dem  Zucker  je  nach  der  Fabrikationsmethode  noch  anhaftet, 
die  Modification  des  Zuckergeschmackes  (ob  rein  süfs,  honigartig,  durch  den 
Geschmack  des  Kalks  und  der  Salze  ungünstig  beeinflul'st  u.  s.  w.),  die  ver- 
schiedene Abtönung  der  Farbe,  der  Umstand,  ob  das  Fabrikat  mehr  oder 
weniger  frei  ist  von  mechanisch  beigemengten  Fremdkörperchen,  ob  es  eine 
absolut  krystallklare  Lösung  gibt  oder  nicht,  für  den  Gebrauch,  für  die  Ver- 
wendung durchaus  nicht  gleichgültig  ist.  Es  ist  daher  lebhaft  zu  begrüfsen, 
dafs  der  bekannte  Verfasser  des  „Lehrbuches  der  Zuckerfabrikation"  und  der 
„Jahresberichte  des  Vereins  für  die  Rübenzuckerindustrie  des  Deutschen  Reiches", 
welcher  allen  Fortschritten  der  Neuzeit  beständig  gefolgt  ist  und  reiche  Er- 
fahrung auch  in  der  Praxis  des  Laboratoriums  besitzt,  es  unternommen  hat, 
der  Zuckerindustrie  hier  einen  weiteren  Dienst  zu  leisten.  Die  mit  einem 
Buchumschlag  versehene,  sehr  praktisch  eingerichtete  Probensammlung  enthält 
24  Proben  der  gebräuchlichsten  Handelszucker,  wie  sie  dem  Verkehr  als 
Normaldurchschnittsmuster  entnommen  werden  können:  die  verschiedenen 
Sorten  Kandis,  Würfelzucker,  Kornzucker,  Raffinaden,  Farine,  Rohzucker,  auch 
aus  CoJonialgebieten,  stark  raffinosehaltigen  Zucker  u.  s.  w.,  und  in  einer  die 
Sammlung  begleitenden  Broschüre  ist  von  jedem  der  Zuckermuster  in  ganz 
kurzen  Zügen  das  Charakteristische  der  Herstellungsweise  und  die  quantitative 
chemische  Analyse  angegeben,  so  dafs  jetzt  die  Charakteristik  dieser  Massen- 
erzeugnisse grofser  Fabrikbetriebe  als  technologisch  ausreichend  festgelegt 
gelten  kann. 

Die  Stammer'sche  Probensammlung  kann  hervorragenden  Fachleuten  anderer 
Industriezweige  als  Vorbild  dafür  dienen,  diejenigen  Kenntnisse  in  der  Fabriken- 
iiiul  Waarenkunde,  für  welche  Beschreibung  und  Zeichnung  nur  ein  unvoll- 
kommenes Belehrungsmittel  bilden,  welches  der  Ergänzung  durch  Demon- 
strationsmittel  bedarf,  den  Fachgenossen  ihres  Industriezweiges  allgemein 
zugänglich  zu  machen.  Ich  erinnere  hierbei  auch  an  die  Färbe-  und  Druck- 
muster, die  Muster  für  lithographische  und  zinkographisehe  Verfahren  u.  dgl., 
welche  schon  seit  Jahren  ein  geschätztes  Hilfsmittel  der  Veranschaulichung 
für  die  betreffenden  Fachzeitschriften  und  Handbücher  bilden,  und  die  ver- 
schiedenen Proben-  und  Mustersammlungen,  welche  bisher  für  Zwecke  wissen- 
schaftlicher Studien  zusammengestellt  wurden.  Dr.  Kronberg,  Berlin. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  der  Union  Deutsche  VerlagsgeseUsclialt  in  Stuttgart 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  145 

Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

CPatentklasse  38.     Fortsetzung  des  Berichtes  ßd.  274  *  S.  2060 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  8. 

Sagen. 

Auswechselbare  Zähne  für  Kreissägen  bringt  B.  F.  Day  in  Phila- 
delphia nach  einer  Mittheilung  im  Scientific  American  1890  *  5  in  der 
durch  Fig.  1  und  2  veranschaulichten  Ausführung  in  Vorschlag,  um  durch 
Anschleifen  u.  dgl.  zu  kurz  gewordene  Zähne  wieder  verwendbar  zu 
(Dachen. 

Fig.  1  zeigt,  dafs  in  den  Zahnlücken  des  Blattes  zwei  halbkreis- 
förmige Ausschnitte  vorgesehen  sind,  deren  unterster  beim  Zahn  a  mit 
der  in  diesem  angebrachten  Aussparung  so  zusammenfällt,  dafs  durch 
einen  Bolzen  die  Befestigung  des  Zahns  in  der  Lücke  erfolgen  kann, 
wobei  der  Zahn  auf  dem  Grunde  der  Zahnlücke  aulsitzt.  Ist  der  Zahn 
abgenutzt  und  soll  er  verlängert  werden,  so  wird,  wie  Fig.  1  beim  Zahn  b 
erkennen  läfst,  ein  Einsatzstück  rf,  Fig.  2,  zwischen  den  Grund  der 
Zahnlücke  und  den  Zahn  so  eingeschaltet,  dafs  die  Befestigung  durch 
den  Bolzen  nunmehr  im  oberen  Loch  an  der  Zahnlücke  stattfindet.  Zahn, 
Zahnlücke  und  Einsatzstück  sind  behufs  genaueren  Zusammenhaftens 
am  Umfange  gerieft. 

Nach  dem  Vorschlage  von  W.  Lorenz  in  Karlsruhe  (D.  R.  P.  Nr.  48379 
vom  5.  Januar  1889)  erhalten  Sägen  aller  Art  auswechselbare  Zähue 
in  Gestalt  einzelner  geeignet  geformter  Werkzeuge,  welche  in  Federn 
oder  Nuthen  der  Sägeblätter  oder  Frässcheiben  so  eingeschoben  sind, 
dafs  sie  bei  der  Arbeit  unverrückbar  festsitzen  und  behufs  Schärfens 
oder  Auswechseins  mit  leichter  Mühe  weggenommen  werden  können. 

Aus  Fig.  3  ist  ersichtlich,  in  welcher  Weise  derartige  auswechsel- 
bare Zähne  von  verschiedenartiger  Form  der  Querschnittsprofile  auf 
Sägeblätter  oder  Frässcheiben  aufgeschoben  werden  können.  Z.  B.  können 
die  geraden  Zähne  adfg,  die  gebegenen  Zähne  b  und  die  gerade  ge- 
nutheten,  aber  aufsen  in  Bogenform  ausgeführten  Zähne  c  mittels  der 
in  Fig.  4  im  Querschnitt  dargestellten  Federn  und  Nuthen  auf  der  Kante 
eines  Blattes  oder  einer  Frässcheibe  eingeschoben  bezieh,  befestigt  sein. 

Die  Zähne  g  können  aus  cylindrischen,  an  einer  Seite  ausgeschnit- 
tenen Stahlröhren  hergestellt  werden.  Diese  Zähne  werden  auf  ent- 
sprechend cylindrisch  geformte  Leisten  des  Werkzeughalters  aufgeschoben. 
Die  Zähne  können  auch  von  einer  Seite  eines  Sägeblattes  oder  einer 
Frässcheibe,  wie  die  Fig.  5  zeigt,  oder  von  beiden  Seiten  eingeschoben 
sein.  In  allen  Fällen  können  die  Zahnprofile  und  Befestigungen  durch 
Federn  und  Nuthen  oder  Leisten  angewendet  sein.  Diese  Zähne  stützen 
sich  mit  dem  hinteren  Ende  stets  gegen  den  vorhergehenden  Zahnhalter, 
welcher  also  den  Arbeitsdruck  aufzunehmen  hat.  Ihr  vorderes  Ende 
liegt  frei  und  ist  in  dem  zur  Arbeit  geeigneten  Winkel  geschliffen. 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  27?  Nr.  i.  1890,111.  10 


146  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Eine  besondere  Befestigung  durch  Schrauben,  Keile,  Stifte,  Federn 
u.  s.  w.  ist  nicht  erforderlich,  es  genügt  ein  genaues  Einpassen  der 
Zähne  in  ihre  Sitze.  Man  kann  jedoch  auch  irgend  ein  Befestigungs- 
mittel anbringen  und  die  Zähne  durch  einen  Stift  i  oder  ein  Schraube  t, 
oder  einen  Keil  t2  oder  sonst  wie  sichern. 

Eine  Veränderlichkeit  der  Geschwindigkeit  des  Blockwagens  von 
Sägegattern  mit  ständigem  "Vorschub  bewirkt  L.  Jirhu  in  Wien  (D.  K.  P. 
Nr.  48  685  vom  15.  Januar  1889)  mittels  einer  im  Durchmesser  ver- 
änderbaren Antriebsscheibe. 

Der  Blockwagen  A  (Fig.  6),  welcher  den  Block  durch  die  Säge  führt, 
wird  mittels  einer  endlosen  Kette  a  gezogen,  welche  durch  von  einem 
Vorgelege  a{  angetriebene  Kettenräder  o.2  bewegt  wird.  Mit  Aenderung 
der  Geschwindigkeit  des  Vorgeleges  ax  bezieh,  der  Kettenräder  a2  ändert 
sich  auch  die  Geschwindigkeit  des  Vorschubes  des  von  den  Ketten  ge- 
zogenen Blockwagens.  Das  Vorgelege  a{  wird  von  einer  Welle  b  ge- 
trieben, deren  Antrieb  durch  eine  von  der  Transmission  in  Bewegung 
versetzte  Riemenscheibe  erfolgt,  deren  Durchmesser  vergröfsert  oder  ver- 
kleinert werden  kann. 

Der  Umfang  dieser  Kiemenscheibe  wird  aus  den  Cylindersegmenten  6, 
gebildet,  die,  wenn  die  Scheibe  auf  den  kleinsten  Durchmesser  gebracht 
ist,  eine  geschlossene  Cylinderfläche  bilden.  Jedes  dieser  Segmente  bi 
ist  an  seinen  beiden  Enden  mit  je  einem  Arme  b2  drehbar  verbunden, 
und  alle  die  Arme  b2  sind  ihrerseits  durch  Gelenke  mit  den  Naben  b3 
in  Verbindung.  Letztere  sind  auf  der  Welle  b  axial  verschiebbar. 
Werden  die  Naben  b3  in  ihrer  Stellung  gleichmäfsig  nach  auswärts  ge- 
zogen, so  wird  der  Durchmesser  der  Riemenscheibe  allmählich  verkleinert 
und  hierdurch  auch  die  Umlaufzahl  des  Vorgeleges  a,  und  dementsprechend 
das  Mafs  des  Vorschubes  verringert. 

Das  Verstellen  der  Riemenscheibe  kann  auf  verschiedene  Weise 
durch  Hebel,  Spindeln  und  dergleichen  ausgeführt  sein.  Nach  der  Zeich- 
nung stehen  hierzu  zwei  auf  der  Welle  b  verschiebbare  Querstücke  d 
in  Verwendung,  in  welchen  die  Naben  fc3  lagern.  Die  Enden  der  Quer- 
stücke d  tragen  Muttern,  in  welchen  Spindeln  mit  linkem  und  rechtem 
Gewinde  drehbar  sind. 

Durch  Drehen  der  Welle  am  Griffrade  eu  und  Räderübersetzung  e2l 
sowie  der  Schnecken  e3  und  Schneckenräder  e4  können  die  Spindeln 
gleichzeitig  gedreht  und  hierdurch  ein  Verschieben  der  auf  der  Welle  b 
durch  Federn  und  Nuthen  geführten  Naben  b3  in  einem  oder  dem  an- 
deren Sinne  ausgeführt  werden. 

Das  Nachspannen  des  Riemens  bewirkt  eine  selbsthätige  Riemen- 
spannvorrichtung. Um  die  Wirkung  des  Riemenzuges  auf  die  Arme  b2 
der  einzelnen  Segmente  b\  unschädlich  zu  machen,  sind  die  Arme  b2 
in  Schlitzen  von  festen  Scheiben  D  D  geführt,  welche  knapp  an  die 
Segmente  b\   anschliefsen. 


Nene  Holzbearbeitungsmaschinen.  147 

Zum  Einspannen  der  Blöcke  trägt  der  Blockwagen  zwei  an  den 
Schildern  A  drehbare  Doppelarme  G,  innerhalb  welcher  der  Stellmechanis- 
mus für  die  Einspannspindeln  untergebracht  ist. 

Schaltwerk  für  Sägegatter  von  Wurster  und  Seiler  in  Tübingen - 
Derendingen  (D.  R.  P.  Nr.  48  303  vom  10.  November  1888),  Fig.  7. 

.-I  ist  eine  auf  der  Kurbelwelle  befestigte  Nabe,  welche  mit  pris- 
matischen Führungen  zur  Aufnahme  des  verschiebbaren  Excenters  B 
versehen  ist.  Letzteres  trägt  eine  Zahnstange,  welche  durch  das  auf 
der  Nabe  A  gelagerte  Transportrad  C  mit  der  senkrechten  Zahnstange 
in  Verbindung  steht.  Letztere  ist  mit  dem  Halsring  D  auf  der  Welle 
verschiebbar,  und  kann  die  Verschiebung  durch  ein  Handrad  mit  Spindel 
und  Hebel  erfolgen.  Das  Excenter  steht  durch  eine  Schubstange,  Ge- 
sperre  und  Schaltrad  mit  der  Schaltwelle  in  Verbindung,  welche  aufser- 
dem  die  beiden  Kettenräder  trägt. 

Auf  den  Achsen  der  oberen  Walzen  befinden  sich  die  beiden  Ketten- 
räder, welche  mittels  Kettenrad  durch  eine  Kette  verbunden  sind.  Diese 
Kette  ist  oben  um  eine  lose  Rolle  geschlungen,  welche  gleichzeitig  zum 
Anspannen  der  Kette  dient.  Auf  den  Achsen  der  unteren  Walzen  be- 
finden sich  die  beiden  Kettenräder,  welche  durch  die  Kette  mit  dem 
Kettenrad  in  Verbindung  stehen. 

Die  Verschiebung  kann  statt  mit  Zahnstangen  mittels  Kniehebel 
erfolgen. 

Nach  einem  Zusatzpatent  (D.  R.  P.  Nr.  52  094  vom  27.  Oktober 
1889)  wird  die  Uebertragung  der  Verschiebung  der  einen  Zahnstange 
auf  die  andere  am  Excenter  durch  ein  Schneckengetriebe  bewirkt. 

Hinterschemel  für  Gattersägen  von  C.  Heinzmann  in  Randeck  bei 
Mulda  (*  D.  R.  P.  Nr.  49  370  vom  19.  März  1889),  Fig.  8. 

Bei  Anwendung  dieses  Hinterschemels  werden  die  das  Holz  und 
den  Gatterwagen  zerstörenden,  sich  bald  abnutzenden  und  mit  Kosten- 
aufwand im  Stand  zu  haltenden  Klammern  entbehrlich.  Mit  Hilfe  des 
Hinterschemels  lassen  sich  mehrere  Blöcke  über  einander  festspannen 
und  bis  nahe  (etwa  3cm)  an  ihr  Ende,  also  ohne  Entstehung  eines  langen 
Kammendes,  zerschneiden.  Der  Schemel  ist  mit  mechanischer  Quer- 
verschiebung eingerichtet,  durch  welche  die  zu  schneidende  Brettstärke 
genau  an  einer  Mafsscala  eingestellt  werden  kann. 

Der  in  Eisen  ausgeführte  Hinterschemel  ist  auf  der  mit  den  Haken- 
schrauben H  an  den  Wangen  W  des  Gatterwagens  befestigten  eichenen 
Querschwelle  Q  mit  den  drei  Schrauben  B  festgeschraubt,  welche  das 
Geleise  G  auf  der  Holzschwelle  Q  festhalten.  Dieses  Geleise  endigt  auf 
einer  Seite  in  einen  angeschmiedeten,  nach  oben  gerichteten  und  durch- 
bohrten Knaggen  Ä,  dessen  eingeschnittenes  rechtsgängiges  Gewinde 
der  Schraubenspindel  S  als  Mutter  dient. 

In  der  versenkten  Bahn  des  Geleises  G  führt  sich  eine  mit  einem 
ebenfalls  angeschmiedeten  Knaggen  M  versehene  Gleitschiene,  und  ent- 


148  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

hält  der  Knaggen  M  ein  für  die  .Schraubenspindel  5  ebenfalls  passendes, 
aber  linksgängiges  Muttergewinde.  Dementsprechend  besitzt  die  Spindel 
auf  der  hinteren  Hälfte  ein  rechts-,  auf  der  vorderen  ein  linksgängiges 
Gewinde. 

Wird  an  dem  Handrad  H  die  Spindel  S  gedreht,  so  mufs  sich  der 
Schieber  F  in  dem  Geleise  G  verschieben.  Diese  Verschiebung  kann 
nach  einer  auf  dem  Geleise  G  angebrachten  Scala  auf  Centimeter  oder 
Millimeter  genau  eingehalten  werden.  Auf  dem  Schieber  F  sind  die 
beiden  mit  je  vier  Schlüsselschrauben  s  ausgestatteten  Ständer  F,  F2 
festgeschraubt;  der  eine  (rechts)  V,  ist  nicht  verstellbar,  dagegen  der 
andere  F2  auf  Grund  des  in  seinem  Fufs  befindlichen  langen  Schlitzes 
verstellbar,  indem  man  die  zwei  Schrauben  /",  f2  vorher  löst  und  nach 
der  Verschiebung  wieder  festzieht.  Der  gegenseitige  Abstand  der  beiden 
Ständer  V{  F2  kann  demnach  nach  Mafsgabe  der  Blockstärken  ver- 
ändert werden,  so  dafs  der  Schemel  für  alle  vorkommenden  Block- 
starken  pafst. 

Die  Schlüsselschrauben  s  dienen  unter  Zwischenschaltung  der  innen 
verzahnten  und  mit  Scharnieren  versehenen  Haltleisten  L  zum  Fest- 
spannen  der  Blöcke.  Die  Scharniere  gestatten  den  Leisten  L,  sich  auch 
bei  ungleichmäfsiger  Blockstärke  an  die  Blöcke  anzuschmiegen  und  diese 
festzuhalten.  Eine  im  Geleise  G  zwischen  den  Ständern  V{  F2  einge- 
schobene, oben  gezahnte  Unterlage  U  geht  bei  der  Querverschiebung 
des  Schemels  mit  und  trägt  zum  Halten  der  Blöcke  wesentlich  bei. 

Um  das  Ausbiegen  der  Ständer  F,  F2  beim  Festspannen  der  Blöcke 
unmöglich  zu  machen,  wird  über  dieselben  oben  eine  mit  angeschmie- 
detem Winkel  w  und  aufgeschobenem  Riegel  v  versehene  Querschiene  q 
geschoben.  Dieselbe  steht  nach  hinten  über  die  Ständer  hinaus  genügend 
vor,  damit  die  Säge  die  eingespannten  Blöcke  möglichst  nahe  an  deren 
Ende  schneiden  kann.  Das  rechtzeitige  Aufhalten  des  Gatterwagens, 
ehe  die  Sägezähne  die  Querschiene  q  berühren,  wird  durch  Knaggen 
bewirkt,  welche  an  bestimmter  Stelle  des  Gatters  festgeschraubt  sind. 
Der  bewegte  Schemel  oder  Wagen  stöfst  im  gegebenen  Zeitpunkt  an 
diese  Hindernifsknaggen  an,  wodurch  die  Fortbewegung  der  Blöcke  auf- 
gehalten wird. 

Spaunvorrichtung  für  Gattersägen  von  C.  E.  Dominicus  in  Remscheid- 
Hasten  (D.  R.  P.  Nr.  51  377  vom  12.  Oktober  1889),  Fig.  9. 

Es  ist  an  dem  Blatthalter  a  der  Winkelhebel  h  angebracht,  dessen 
nach  unten  gebogener  Arm  sich  auf  das  Unterlagstück  u  stützt.  Der 
Hebel  ist  oben  gezahnt,  und  es  ist  über  demselben  eine  Sperrklinke  k 
angebracht.  Wird  der  Hebel  in  die  gezeichnete  Lage  gedrückt,  so 
wird,  da  der  Arm  auf  das  auf  dem  Rahmen  befindliche  Unterlagstück 
drückt,  das  Sägeblatt  gespannt.  Die  Klinke  A,  welche  hinter  die  Zähne 
einfällt  und  in  sicherer  Führung  geht,  verhindert  das  Zurückgehen  des 
Hebel-. 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  149 

Der  Antrieb  für  wagerechte  Gatter  von  Petzold  and  Co.  in  Berlin 
(D.  R.  P.  Nr.  48  792  vom  17.  Februar  1889)  erfolgt  unter  Vermeidung 
eines  besonderen  Vorgeleges  unmittelbar  von  der  Kurbelscheibe  aus, 
deren  Schubstange  mit  dem  Sägerahmen  durch  ein  Pendel  verbunden  ist. 

Bandsäge  mit  mehreren  Sägebändern  von  L.  Jirku  in  Wien  (D.  R.  P. 
Nr.  47  792  vom  15.  Januar  1889),  Fig.  10. 

Eine  beliebige  Anzahl  Bandsägeblätter  sind  nach  Art  der  Bandgatter 
neben  einander  angeordnet.  Diese  Anordnung  der  Bandsägeblätter  wird 
ermöglicht  durch  eine  Bandbewegungsvorrichtung,  bestehend  aus  einer 
Anzahl  neben  einander  gemeinschaftlich  rotirender,  gegen  die  Senkrecht- 
mittellinie der  Schnittebene  convergirender  Antriebsscheiben  und  in  der 
Senkrechtebene  verstellbar  angeordneter  Bandführungsrollen,  über  welche 
die  Bandsägeblätter  in  senkrechter  Richtung  von  oben  nach  unten  neben 
einander  laufend  geführt  sind.  Unter  Schnittebene  wird  hier  die  Ebene 
verstanden,  in  welcher  die  sämmtlichen  Bandsägen  in  ihren  senkrecht 
geführten  Theilen  liegen;  es  stehen  auf  dieser  Schnittebene  die  Säge- 
blätter selbst  senkrecht.  In  der  Schnittebene  erhalten  die  Bänder  eine 
Seiten-  und  Rückenführung,  welch  letztere  sich  während  der  Bewegung 
der  Bänder  hin  und  her  verschiebt. 

Wie  aus  Fig.  10  ersichtlich,  werden  die  einzelnen  Sägebänder  a 
von  deo  Antriebsscheiben  A  A  über  Führungsrollen  6  6,  so  geführt,  dafs 
sie  mit  ihren  jeweilig  arbeitenden  Partien  senkrecht  und  parallel  neben 
einander  laufen. 

Damit  es  möglich  wird,  sämmtliche  Sägebänder  a  einer  Bewegungs- 
bezieh.  Antriebsvorrichtung  I  und  II  gegen  die  Mitte  der  Schnittebene 
(welche  im  Mittel  des  zu  durchsägenden  Blockes  B  gedacht  ist)  in  eine 
Ebene  neben  einander  zu  bringen,  bewegen  sich  die  Antriebsscheiben  A 
der  einzelnen  Sägebänder  o  convergirend  zu  einander  auf  einer  festen 
Welle  Oj,  welche  nach  dem  Radius  ihrer  Entfernung  von  der  senkrechten 
Mittellinie  der  Schnittebene  gekrümmt  ist. 

Sämmtliche  Bandbewegungsscheiben  A  sind  an  ihrer  Nabe  oder  am 
äufseren  Umfang  ihrer  Planflächen  mit  geeigneten  Zähnen  versehen 
bezieh,  unter  einander  gekuppelt,  so  dafs  beim  Antreiben  einer  Scheibe  A 
sämmtliche  Scheiben  in  Umlauf  versetzt  werden.  Im  vorliegenden  Falle 
trägt  eine  der  äufseren  Scheiben  A  ein  Rad  c,  und  wird  dasselbe  mittels 
Kettenscheibe  c{  angetrieben,  welch  letztere  ihre  Bewegung  von  einer 
Transmission  C  erhält. 

Bei  grofsen  Sägen ,  wo  zwei  Bandbewegungsvorrichtungen  A  J,  // 
angeordnet  sind  und  die  Bandführung  b  6,  rechts  und  links  gleichmäfsig 
erfolgt,  läfst  sich  der  Antrieb  der  zweiten  Bandantriebsvorrichtung  durch 
ein  entsprechendes  Vorgelege  d  rf,  von  der  Haupttransmission  C  aus  be- 
werkstelligen. 

Um  die  Zwischenräume  zwischen  den  Sägebändern  a  unter  einander 
ändern  zu  können,  sind  die  Bandführungsrollen  bb{  im  Hauptständer  BlBl 


150  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

in  wagerechter  Richtung  verschiebbar  und  die  unteren  Hollen  bl  zum 
Zwecke  des  Spannen»  der  Bänder  zum  Heben  und  Senken  eingerichtet. 
Der  Nachschub  des  Blockes  /?,  welcher  auf  dem  Blockwagen  B2  ein- 
gespannt ist,  läfst  sich  durch  eine  endlose  Kette  erreichen,  welche 
durch  Hader  e[  in  Bewegung  versetzt  wird,  wobei  der  Antrieb  der 
Kettenräder  e,  durch  ein  ins  Langsame  übersetztes  Vorgelege  /"/",  f-,  von 
der  Haupttransmission  C  erfolgen  kann. 

Der  zu  durchsägende  Block  B  wird  zwischen  der  Band-,  Seiten- 
lind Rückenführung  hindurchgeschoben,  welche  sowohl  ober-  als  unter- 
halb des  Blockes  an  den  Ständern  G  angeordnet  ist.  Für  die  Seiten- 
führung jeden  Blattes  tragen  die  Ständer  G  auf  Querträgern  verschieb- 
bare, mit  Holz  bekleidete  Backen,  welche,  nachdem  die  Bänder  nach 
der  zu  schneidenden  Brettstärke  eingestellt  sind,  durch  Stellschrauben 
festgelegt  werden. 

Um  einerseits  ein  Abreifsen  der  Blätter  während  des  Sägens  durch 
den  Druck  des  sich  vorschiebenden  Blockes  B  zu  verhindern  und  anderer- 
seits die  Sägeblätter  alle  in  der  Schnittebene  zu  halten,  erhalten  die 
Bänder  a  über  die  ganze  Höhe  der  Seitenführung  eine  Rückenführung. 
Letztere  besteht  aus  einer  Stahlplatte  A,  die  in  Verbindungsstücken  der 
Querträger  wagerecht  verschiebbar  ist  und  an  welche  sich  die  Blätter  a 
anlehnen.  Damit  die  Blätter  a  durch  ihre  Bewegung  sich  in  die  Platten  h 
nicht  einfräsen,  erhalten  dieselben  durch  Kurbelscheiben  und  ein  mit 
denselben  in  Verbindung  stehendes  Gestänge  eine  hin  und  her  gehende 
Bewegung,  wobei  der  Antrieb  von  einer  Riemenscheibe  des  Blockwagen- 
Kettenantriebes  f2  aus  erfolgen  kann. 

Durch  zwei  an  den  Ständern  G  der  Seiten-  und  Rückenführung  an- 
geordnete Walzen  i  erhält  der  Block  seine  Auflage  beim  Durchsägen, 
und  ist  die  obere  der  beiden  Blattführungen,  um  verschieden  starken 
Blöcken  Durchgang  zu  gestatten,  in  den  Seitenstäudern  G  heb-  und  senk- 
bar. Die  Antriebsscheiben  A  und  Führungsrollen  bb{  der  Bänder  sind 
so  gelagert,  dafs  ein  neues  Sägeband,  ohne  Demontirungen  vornehmen 
zu  müssen,  leicht  aufgelegt  werden  kann;  zu  diesem  Behufe  empfiehlt 
es  sich,  im  Zwischenboden  K  einen  Spalt  anzubringen.  Dem  Reifsen 
der  Blätter,  welches  bekanntlich  bei  Sägeblättern  mit  geschränkten 
Zähnen  häutig  vorkommt,  wird  durch  ein  besonders  gestaltetes  Sägebaud 
\  <>  ige  beugt. 

Dasselbe  besteht  aus  einem  gezahnten  Band,  bei  welchem  die  Zähne 
durch  Ausstanzen  der  Zahnlücken  aus  dem  keilförmig  zugeschärften 
Band  gebildet  werden  und  wobei  der  Zahn  keine  Spitze,  sondern  eine 
schmale  Schneide  erhält. 

Kreissägenschutzvorric/Uting  von  J.  Weiß  in  Bielefeld  (D.  R.  P. 
Nr.  48  952  vom  5.  April  1889),  Fig.  11. 

Hinter  dem  Sägeblatt  o  ist  in  den  Sägentisch  mittels  versenkter 
Holzschrauben   ein   Spaltkeil  b  eingelassen,    welcher   mitten   über  dem 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  151 

Blatt  die  Führung  c  für  die  beiden  Schutzhauben  d  und  </,  trägt.  Diese 
Hauben  bedecken  das  Sägeblatt  vollständig.  Die  vordere  Haube  ist 
ein  Rahmen,  welcher  nach  vorn  mit  einem  Ausleger  versehen  ist,  der 
aus  zwei  am  oberen  Ende  fest  verbundenen  Armen  e  besteht.  An  dem 
Gelenkbolzen  f  trägt  dieser  Ausleger  eine  Klappe,  die  aus  zwei  seit- 
wärts vom  Ausleger  gleitenden  Stücken  gg  besteht.  Dort,  wo  der  Aus- 
leger e  sich  an  d  ansetzt,  gleitet  zwischen  den  Auslegerarmen  und  ge- 
führt von  diesen  und  seitlichen  äufseren  Gleitbacken  h  ein  Gitterschieber, 
dessen  Kopf  beschwert  ist  und  welcher  unten  eine  Schieberplatte  i2 
trägt,  die  dicht  vor  dem  Sägeblatt  liegt.  Die  Klappenarme  g  g  tragen 
nach  hinten  lang  vorspringende  Zähne  k,  welche  in  Aussparungen  der 
Seitenarme  /,  des  Schiebers  greifen  und  somit  den  Schieber  heben,  wenn 
die  Klappe  angehoben  wird.  Hinter  dem  Schieber  sitzen,  an  einer  von 
der  Schutzhaube  d  getragenen  Welle  /  drehbar  befestigt,  zwei  Halb- 
kreise n»,  die  am  vorderen  rechten  Ende  Anschlagstifte  tragen.  An- 
schlagstifte o  an  der  Schutzhaubenwand  begrenzen  den  Linksausschlag 
der  Halbkreise  m. 

Die  hintere  Schutzhaube  ist  eine  auch  den  Spaltkeil  b  einschliefsende 
leichte  Kappe. 

Soll  geschnitten  werden,  so  wird  durch  das  untergeschobene  Holz 
der  ganze  Mechanismus  der  vorderen  Haube  angehoben,  die  Halbkreise 
liegen  auf  dem  Holz,  und  da  sie  mit  rauhen  Umfangen  versehen  sind, 
so  drehen  sie  sich  beim  Vorgang  des  Stückes  mit,  so  dafs  die  Anschlag- 
stifte sich  senken,  mithin  auch  die  Zähne  k  der  Klappe  und  der  von 
diesen  getragene  Schieber,  welcher  sich  seiner  Schwere  wegen  auf 
das  zu  schneidende  Holz  niedersenkt,  gleichwie  die  Arme  g  der  Klappe. 
Ein  Vordringen  der  Finger  der  Arbeitenden  vor  den  Schieber  ist  aus- 
geschlossen, denn  der  letztere  läfst  sich  nur  in  senkrechter  Richtung  be- 
wegen, und  der  Arbeiter  wurde  schon  durch  die  niedergehende  Klappe 
gewarnt,  überhaupt  vor  den  noch  angehobenen  Schieber  zu  greifen. 
Selbst  der  kräftigste  seitliche  Druck  der  Finger  kann  den  Schieber  nicht 
anheben,  derselbe  klemmt  sich  höchstens  fester,  und  ist  somit  ausge- 
schlossen, dafs  eine  Verletzung  der  Finger  eintreten  könne.  Sobald  der 
Vorschub  des  Arbeitsstückes  so  weit  gediehen,  dafs  der  Schieber  nicht 
mehr  auf  demselben  geführt  wird,  fällt  er  durch  sein  Eigengewicht  so- 
fort auf  den  Sägentisch  herab  und  läfst  ein  Nachschieben  nicht  weiter  zu. 

Es  kann  nun  das  Arbeitsstück  ungehindert  auch  rückwärts  bewegt 
werden,  denn  sobald  das  Holz  beim  Rückgang  die  bei  ihrer  Vorwärts- 
bewegung durch  die  Anschlagstifte  o  in  der  Tieflage  der  gegenüber 
stehenden  Stifte  festgehaltenen  Halbkreise  zurückrollt,  fassen  jene  Stifte 
unter  die  Zähne  k  und  heben  dieselben  und  durch  letztere  auch  den 
Schieber  auf,  so  dafs  das  Arbeitsstück  unbehindert  bleibt. 

Schutzvorrirhiung  für  Kreissägen  von  E.  h'iessling  und  Co.  in  Plag- 
witz-Leipzig (D.  K.P.  Nr.  50  197  vom  27.  April  1888)  Fig.  12. 


152  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Der  eigentliche  Schutztheil  besteht  aus  zwei,  je  für  sich  beweg- 
lichen Theilen,  von  denen  der  eine  bereits  beim  Durchgang  des  noch 
unbeschnittenen  Holzendes  herabgeht  und  die  Säge  absperrt,  während 
der  zweite  die  völlige  Abdeckung  der  Sägezähne  auch  von  der  Seite 
her  bewirkt,  sobald  das  Holzende  in  die  Sagezähne  eintritt. 

An  einem  senkrechten  Baum,  der  über  dem  Tisch  der  Kreissäge 
hängt,  befinden  sich,  drehbar  beweglich,  am  Vordertheil  der  Säge  die 
Theile  A  und  C  E,  während  der  Hintertheil  der  Säge  ebenfalls  durch 
einen  beweglichen  Schutztheil  A  gedeckt  ist.  Diese  drei  Theile  drehen 
sich  um  den  Punkt  D  und  lassen  sich  jeder  für  sich  bewegen,  so  zwar, 
dafs  durch  Heben  des  Vordertheiles  CE  beim  Einschieben  eines  Holz- 
stückes unter  den  schrägen  Einlauf  E  auch  der  Theil  A  mit  gehoben 
wird,  weil  letzterer  im  Schlitz  s  von  C  mittels  Stiftes  i  Führung  hat  und 
der  Stift  t  beim  Heben  von  C  E  mitgenommen  wird.  Sobald  jedoch  das 
Holzende  den  Theil  C  E  zu  verlassen  beginnt,  sinkt  letzteres  allein  herab, 
um  die  Säge  zu  verdecken,  wohingegen  wegen  des  Schlitzes  s  der  vor- 
dere Schutztheil  A  oben  bleiben  kann  und  erst  dann  herabsinkt,  sobald 
das  Holzende  nahe  an  die  Schneidzähne  der  Säge  gelangt.  Um  jedoch 
auch  bei  dicken  Holzstücken  eine  genügende  Sicherung  von  der  Seite 
her  zu  erhalten,  ist  am  Theil  C  E  ein  besonderes  Schliefsstück  F,  welches 
bei  x  drehbar  ist,  angebracht.  Das  Schliefsstück  F  hat  den  Zweck,  dann 
die  Kreissägezähne  zu  verdecken,  wenn  Theil  C  E  niedergegangen  und 
Vordertheil  A  noch  wegen  des  in  der  Säge  befindlichen  Holzes  gehoben 
ist.  Das  Schliefsstück  F  wird  zwar  gleichzeitig  mit  Theil  C  E  gehoben, 
kann  jedoch,  weil  um  x  drehbar,  nach  der  Säge  zu  herabfallen  und  die 
Zähne  nach  der  Seite  hin  verdecken.  Zur  geeigneten  Führung  ist 
Schliefsstück  F  mit  dem  stielartigen  Ende  b  versehen,  das  sich  zwischen 
den  oberen  Schienen  von  C  führt.  Der  hintere  Schlufstheil  A  folgt  eben- 
falls der  Bewegung  durch  das  zu  schneidende  Holzstück,  wird  von  dem- 
selben erst  dann  selbständig  für  sich  gehoben,  wenn  es  darunter  tritt, 
während  der  Vordertheil  A  schon  gehoben  ist,  wie  andererseits  die 
Vorder-  und  Hintertheile  A  A  ohne  Rücksicht  zu  einander  jedes  für  sich 
herabsinken,  wenn  das  Holzende  unter  ihnen  durchgeschoben  ist. 

Laubsägemaschinen.  Die  Laubsägen  mit  ungespanntem  Sägeblatt, 
über  welche  im  letzten  Bericht  bereits  gesprochen  wurde,  sind  weiter 
vervollkommnet  worden.  Die  deutsche  Nähmaschinenfabrik  von  Jos.  Wert- 
heim in  Frankfurt  a.  M.  (*  Zusatz  D.  R.  P.  Nr.  48  786  vom  16.  Januar 
1889)  bringt  zur  Führung  des  Blattes  die  in  Fig.  13  dargestellte  Aus- 
führung in  Vorschlag. 

Bei  angespannten,  einfach  oder  doppelt  gezahnten  Sägeblättern  von 
biconcavem  Querschnitt  kommt  es  häufig  vor,  dafs  bei  starkem  Druck 
gegen  das  Arbeitsstück  ein  Klemmen  in  den  Führungen  eintritt,  das 
eine  starke  Erhitzung  und  Abnutzung  des  Blattes  zur  Folge  hat. 

Um  diesem  Uebelstande  abzuhelfen,  wird  das  doppelt  oder  einfach 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  153 

gezahnte  Sägeblatt  a  an  einer  Längsseite  mit  einer  Nuth  b  bezieh.  b{ 
von  dreieckiger,  bezieh,  rechteckiger  Form  versehen,  während  die  obere 
und  untere  Führung  d  einen  den  Nuthen  entsprechenden  Ansatz  c  bezieh.  cy 
erhält,  welcher  in  der  Nuth  beim  Arbeiten  des  Blattes  gleitet. 

Durch  diese  Construction  kann  die  Krümmung  der  Führungen  nach 
dem  Blatte  zu  möglichst  gering  gemacht  werden  und  ist  die  Verwendung 
von  Sägen  mit  geringerer  Blattbreite  möglich. 

Dieselbe  Firma  gibt  die  in  Fig.  14  abgebildete  Laubsägemaschiue 
an,  deren  ungespanntes  Sägeblatt  eine  verstellbare  obere  und  eine  feste 
untere  Führung  erhält  (D.R.  P.  Nr.  47  648  vom  14.  Juli  1888). 

An  dem  vorderen  Ende  des  Gestelles  a  ist  ein  Hohlprisma  b  an- 
geschraubt; in  demselben  befindet  sich  die  auf-  und  abwärtsgehende 
Stange  c,  welche  mit  Löchern  d  versehen  ist,  in  welche  das  hakenförmig 
umgebogene  Ende  des  Laubsägeblattes  f  gesteckt  ist;  die  Stange  e 
erhält  ihre  Auf-  und  Abwärtsbewegung  durch  eine  an  ihrem  oberen 
Theile  angebrachte  offene  Kurbelschleife  </,  welche  über  einen  Zapfen  /* 
greift,  der  auf  der  von  der  Maschinenwelle  betriebenen  Scheibe  k  be- 
festigt ist.  Diese  Kurbelschleife  g  ist  noch  mit  einer  Gegencurve  ver- 
sehen, dieselbe  dient  zum  Ausrücken  der  Säge,  was  durch  entgegen- 
gesetztes Drehen  der  Welle  bewirkt  wird.  Ferner  ist  in  dem  Hohl- 
prisma b  eine  Führung  /  mit  einer  Nuth  für  den  Rücken  des  Sägeblattes 
angebracht.  Führung  l  ist  mit  einem  Ansatz  m  versehen,  welcher  in 
dem  Schlitz  n  der  Verschlufsplatte  gleitet  und  durch  die  Stellschraube  o 
je  nach  der  Dicke  des  Arbeitsstückes  festgestellt  werden  kann.  Ferner 
befindet  sich  an  dem  Gestell  der  Arbeitstisch  />;  derselbe  ist  um  zwei 
am  Gestell  angebrachte  Zapfen  q  drehbar  angeordnet,  so  dafs  man 
demselben  eine  beliebige  Neigung  geben  kann. 

In  der  Mitte  des  Tisches  befindet  sich  die  feste  untere  Führung  r 
für  das  Sägeblatt  /",  welche  ebenfalls  mit  einer  Nuth  für  den  Rücken 
des  Sägeblattes  versehen  ist.  Neben  dem  Sägeblatte  f  ist  im  Gestell  a 
ein  kleines  Kolbengebläse  s  angeordnet,  das  vom  Kurbelzapfen  h  durch 
eine  Kurbelschleife  t  in  Thätigkeit  gesetzt  wird.  Der  Antrieb  der 
Maschinenwelle  kann  durch  irgend  eine  Vorrichtung,  z.  B.  Riemenscheibe 
oder  Rädervorgelege,   von  Hand  oder  einem  beliebigen  Motor  erfolgen. 

In  dem  zugehörigen  Zusatz  (D.  R.  P.  Nr.  48  624  vom  3.  Januar  1888) 
wird  bei  der  das  Blatt  nur  am  Rücken  schützenden  verstellbaren  unteren 
Führung  eine  Rolle  oder  Feder  zur  Sicherung  des  Blattes  gegen  Bruch 
beim  Zurückziehen  des  Arbeitsstückes  vorgelagert. 

Laubsägemaschine  von  A.  Halmsteiner  in  Wien  (D.  R.  P.  Nr.  50904 
vom  11.  September  1889),  Fig.  15. 

Auf  der  am  Gestell  g  befestigten  Tischplatte  p  befindet  sich  ein 
eiserner  Bügel  6,  welcher  eine  Führung  f  für  Bögen  mit  grofser  Aus- 
ladung trägt,  und  an  welchem  aufserdem  die  drehbare  und  umleg- 
bare   Gegenhaltvorrichtung    gelagert    ist.      Der    ganze    Laubsägebogen 


154  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

wird  gerade  geführt  mit  Hilfe  von  zwei  Doppelkloben  fr,  in  welchen  die 
Führungen  /',   und  f^  des  Bogens  auf  und  ab  gleiten. 

Der  Antrieb  der  Maschine  erfolgt  bei  Fufsbetrieb  durch  einen  oder 
zwei  auf  der  Achse  at  drehbar  gelagerte  Fufstritte,  welche  in  üblicher 
Weise  durch  Pleuelstangen  s  mit  der  Schwungradkurbel  a.,  verbunden 
Bind.  Von  da  erfolgt  die  Uebersetzung  auf  die  Schnur-  oder  Riemenscheibe 
(oder  Kettenrad),  welche  auf  der  Kurbelachse  a3  festgekeilt  ist,  von 
deren  gekröpfter  Kurbel  fr  eine  Pleuelstange  Sj  die  rotireude  Bewegung 
der  Kurbelachse  a3  bei  den  Führungen  des  Laubsägebogens  in  eine  auf 
und  nieder  gehende  umsetzt. 

An  dem  Zapfen  eines  der  Fufstritte  oder  in  anderer  geeigneter 
Weise  wird  eine  weitere  Pleuelstange  s.2  angeordnet,  welche  die  Bestim- 
mung hat,  einen  unter  der  Tischplatte  p  angebrachten  Blasebalg  in  Be- 
wegung zu  setzen,  dessen  Luftstrom  durch  ein  Röhrchen  rn  welches 
längs  des  Bügels  b  zu  der  Gegenhaltvorrichtung  geführt  ist,  zu  der 
Säge  geleitet  wird,  um  den  beim  Schneiden  auftretenden  und  die  Zeich- 
nung verdeckenden  Sägestaub  wegzublasen. 

Ueber  der  Tischplatte  p  betindet  sich  bei  Maschinen,  welche  auch 
für  Einlegearbeiten  dienlich  sein  sollen,  eine  weitere  verstellbare  Tisch- 
platte üj,  die  auf  der  einen  Seite  in  Gelenken  cc  drehbar  und  auf  der 
Gegenseite  durch  eine  Stellvorrichtung  m  in  kleinen  Winkeln  verstellbar 
und  feststellbar  angeordnet  ist.  Durch  diese  Schiefstellung  des  Tisches, 
wobei  der  Sägenschnitt  vollständig  senkrecht  bleibt,  wird  bei  Einlege- 
arbeiten ein  genauer,  aber  schiefer  Schnitt  erzielt,  wodurch  bei  den  nach- 
her in  einander  zu  passenden  ausgeschnittenen  Stücken  die  von  der 
Sägedicke  abhängigen  Fugen  bis  auf  das  geringste  Mafs  vermindert 
werden. 

Die  Gegenhaltvorrichtung  besteht  aus  einem  in  der  Höhe  verstell- 
baren Fufs,  welcher  die  Säge  gabelförmig  umgibt. 

Spannvorricfttiing  für  Handsägen  von  G.  Dxjes  in  Schöneberg  bei 
Berlin  (D.  R.  P.  Nr.  50  309  vom  26.  Juli  1889),  Fig.  16. 

Zum  Spannen  der  Handsäge  dient  ein  excentrisch  wirkender  Hebel, 
welcher  sich  hierbei  gegen  die  äufsere  Kante  des  einen  Sägenschenkels 
legt  und  von  der  gegabelten  Spannstange  umfafst  wird.  Ein  Druck  auf 
den  Griff  des  Hebels  genügt,  die  Säge  zu  spannen  oder  zu  lösen. 

Die  Spannstange  o  ist  durch  den  Sägenschenkel  hindurchgesteckt 
und  wird  hier  durch  einen  Kopf  gehalten.  Das  andere  Ende  der  Stange 
ist  mil  Gewinde  versehen  und  tritt  durch  die  Gabel  c  hindurch,  in  wel- 
cher sie  durch  die  Mutter  d  gehalten  wird  und  mittels  derselben  genau 
eingestellt  werden  kann. 

Die  Gabel  greif!  über  den  Sägenschenkel  b2  hinweg  und  nimmt  den 
exeentrisehen  Theil  e,  des  Hebels  e  auf.  Der  Excentertheil  pafst  genau 
in  eine  mit  Metall  f  ausgefütterte  Höhlung  des  Schenkels  b2. 

Durch   Andrücken   des   Hebels  e   an   den   Schenkel  b-,   gelaugt  der 


Feuerlose  Locomotive  für  Bergwerke.  155 

Excentertheil  e{  mit  seiner  stärksten  Stelle  in  die  Gabel,  wodurch  die 
Säge  gespannt  ist.  Durch  Hochheben  des  Hebels  e  tritt  der  schwächere 
Theil  unter  die  Gabel,  wodurch  die  Spannuug  der  Säge  gelöst  wird. 


Feuerlose  Locomotive  für  Bergwerke,  System  C.  Rolland. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  9. 

Schon  seit  geraumer  Zeit  sucht  man  nach  einem  geeigneten  Motor, 
welcher  die  zum  Lastentransport  in  Bergwerken  zur  Verwendung  kom- 
menden Pferde  vortheilhaft  zu  ersetzen  im  Stande  ist. 

Den  Grubenverhältnissen  angepafste  Locomotiven,  welche  als  me- 
chanische Mittel  ihrer  Fortbewegung  geprefste  Luft,  die  Elektricität 
oder  überhitztes  Wasser  in  Verbindung  mit  anderen  Körpern  benutzen, 
haben  wegen  der  Kostspieligkeit  ihrer  Unterhaltung,  sowie  auch  wegen 
der  mit  Einführung  elektrischer  Maschinen  in  Bergwerken  nicht  un- 
erheblichen Gefahr  und  da  die  Unterbringung  von  Accumulatoren  auf 
den  Kohlenwagen  in  praktischer  Hinsicht  nicht  vortheilhaft  erschien, 
keine  allgemeinere  Verwendung  linden  können,  und  man  ist  deshalb  in 
neuester  Zeit  zu  dem  Dampfbetriebe  zurückgekehrt,  indem  die  nament- 
lich in  Belgien  auf  Strafsenbahnen  bereits  erprobten  feuerlosen  Loco- 
motiven, dem  Bergwerksbetriebe  entsprechend  construirt,  eingeführt 
wurden. 

Die  Revue  Universelle  des  Mines^  1889  *  Taf.  10,  entnommenen  Ab- 
bildungen Fig.  1  und  2  Taf.  9  veranschaulichen  eine  derartige  von  dem 
Ingenieur  C.  Rolland  in  Mons  construirte,  zum  Transport  von  Lasten 
in  Bergwerken  dienende  feuerlose  Locomotive,  deren  0cbm,550  fassendes 
Reservoir  .4,  ebenso  wie  die  1882  246*308  beschriebene  feuerlose 
Maschine  von  Lamm-Francq  überhitztes  Wasser  von  hier  205°  C.  Tem- 
peratur oder  16at  absoluter  Spannung  enthält,  welches  von  einem  über 
Tage  liegenden  Dampfkessel  aus  geheizt  wird  und  für  eine  regel- 
mäfsige  Fahrt  von  3  bis  4km  ausreichen  soll.  Die  Ueberhitzung  von 
Kesselwasser  mittels  eines  Dampfstrahles  wurde  bekanntlich  zuerst  von 
dem  Belgier  M.  Bede  betrieben,  dessen  hierüber  ausgestelltes  Patent  in- 
defs  schon  seit  dem  13.  Juli  1883  erloschen  ist. 

Mit  der  Benutzung  dieses  überhitzten  Wassers  läfst  sich  in  einem 
relativ  kleinen  Räume  eine  bedeutende  Arbeit  in  Gestalt  von  Wärme 
aufspeichern,  welche  die  allmähliche  Verdampfung  des  zum  Betreiben 
von  Maschinen  nöthigen  Wassers  bewirkt. 

Die  Stärke  der  vorliegenden  Locomotive  beträgt  bei  einer  durch- 
schnittlichen Geschwindigkeit  von  2m  in  der  Secunde  6  B?,  während 
die  Geschwindigkeit  eines  Pferdes  zu  0,9  bis  lm,0  angenommen  werden 
kann;  sie  wird  demnach  bei  ununterbrochenem  Betrieb,  d.  h.  Tag  und 


156  Feuerlose  Locomotive  für  Bergwerke. 

Nacht  arbeitend,  12  bis  18  Pferde  ersetzen  können  und  aufserdem  eine 
entsprechende  Anzahl   von  Bedienungsmannschaften   unnöthig    machen. 
Die  weiteren  Vortheile,  welche  sich  bei  der  Verwendung  von  feuer- 
losen Locomotiven  in  Bergwerken  ergeben,  dürften  die  folgenden  sein: 

1)  Absolute  Sicherheit  gegen  die  durch  Feuer  und  Hauch  ent- 
stehenden Gefahren  und  Belästigungen. 

2)  Angenehmerer  Aufenthalt  in  der  Grube  in  hygienischer  Be- 
ziehung da  die  Pferde  und  deren  Stallungen  fortfallen. 

3)  Vermeidung  aller  mit  dem  Pferdebetriebe  verbundenen  Aus- 
gaben, z.  B.  der  Kosten  bei  epidemischen  Krankheiten  und  Verwun- 
dungen, der  durch  Einsturz  und  Explosion  von  Grubengas  entstehenden 
Verluste  u.  dgl. 

4)  Geringer  Dampfverbrauch  (15  bis  16k  auf  lkm)  und  gute  Ven- 
tilation durch  den  bei  der  Bewegung  der  Locomotive  erzeugten  Luft- 
strom, deshalb  auch  in  sanitärer  Beziehung  für  die  in  den  Bergwerken 
beschäftigten  Arbeiter  vorteilhaft. 

5)  Bedeutende  direkte  Ersparnisse. 

Die  nachstehende  Kostenzusammenstellung  für  eine  Grubenanlage 
von  600m  Tiefe  und  600m  Transportlänge  zeigt,  wie  bedeutend  die  Er- 
sparnisse bei  Beschallung  einer  feuerlosen  Locomotive  gegenüber  dem 
Betriebe  mit  Pferden  sein  können. 

2  Locomotiven,  davon  eine  in  Reserve      .     .     .     8  400  Fr. 
Kessel  von  104m  Heizfläche  mit  Zubehör,  jedoch 

ohne  Schornstein 2  000    „ 

600m  gezogene  Rohre  von  0^,050  Durchmesser     1  800    „ 

Wärmeschutzmasse 1 800    „ 

Wasserrohr  mit  Zubehör 1  000    „ 

Für  Unvorhergesehenes 500    „ 

Total     .     .     .  15  500  Fr. 
Die   einer  ßetriebslänge  von  600m  entsprechenden  Transportkosten 
mit  feuerloser  Locomotive  betragen: 

2  Maschinisten  ä  3,50  Fr.,  demnach  für  300  Tage  2  100  Fr. 

Brennmaterial .     .     .  500    „ 

Oel,  Schmierung  und  Packmaterial 150    „ 

Unterhaltung  und  Reparatur 600    „ 

Zinsen  und  Amortisation  des  Kapitals       ...  1  550    „ 

Total     .     .     .  4  900  F7., 

während  die  Kosten  dieses  Transportes  bei  der  Verwendung  von  Pferden 

sich  zusammensetzen  aus: 

Nahrung  für  6  Pferde,  Unterhaltung  der  Geschirre  und 

Amortisation  6  .  3,00  .365 6  570  Fr. 

5  Karrenführer  ä  2  Fr.  pro  Tag,  demnach  für  300  Tage     3  000    „ 
2  Stallknechte  pro  24  Stunden  und  365  Tage     ...     1  460    „ 

Total     .     .     .  11 030  Fr!, 
so  dafs  sich  zu  Gunsten  der  feuerlosen  Locomotive  eine  Differenz   von 
11030—4900  =  6130  Fr.   herausstellt,   d.h.  es  lassen  sich  mit  der  Ab- 
schaffung eines  jeden  Pferdes  jährlich   1000  Fr.  ersparen.     Bei  1000m 


Feuerlose  Locomotive  für  Bergwerke.  157 

Transportlänge  sind  10  Pferde  (Tag  und  Nacht)  erforderlich  und  es 
betragen  die  Unterhaltungskosten: 

10  Pferde  10.3,00.365 10  950  Fr. 

8  Karrenführer,  davon  5  am  Tage,  8.2,00.     .  4  800    „ 

Stallknechte  und  andere  Unkosten 1  825    „ 

Total     .     .     .  17  575  Fr., 

so  dafs  in  diesem  Falle,  wenn  man  auch  die  feuerlose  Locomotive  mit 
300  Fr.  Betriebsmehrkosten  in  Rechnung  stellt,  zu  Gunsten  derselben 
eine  Differenz  von  17  575—5200  =  12  375  Fr.  bleibt,  demnach  für 
jedes  entbehrliche  Pferd  eine  jährliche  Ersparnifs  von  ungefähr  1200  Fr. 
erzielt  wird. 

Im  betriebsfähigen  Zustande  wiegt  die  Locomotive  3000k;  ihr  Me- 
chanismus ist  aufsenliegend  und  überall  leicht  zugänglich.  Die  beiden 
Dampfcylinder  arbeiten  auf  eine  doppelt  gekröpfte  sogen.  Blindachse, 
welche  durch  an  ihren  Enden  aufgezogene  Kurbeln  und  an  deren 
Zapfen  angreifende  Kuppelstangen  mit  den  beiden  Tragachsen  verbunden 
ist.  Die  für  0m,6  Spurweite  erbaute  Maschine  hat  0m,82  gröfste  Breite 
und  eine  totale  Länge  von  etwa  3m.  Ein  automatischer  Dampfdruck- 
regulator gewöhnlicher  Construction  befindet  sich  in  F,  aufserdem  kann 
der  Maschinist  die  Spannung  des  Einströmdampfes  nach  Belieben  mittels 
des  von  Hand  stellbaren  Regulators  E  einstellen. 

Die  Ausströmung  des  Abdampfes  kann  an  dem  einen  oder  anderen 
Ende  der  Locomotive  stattfinden,  je  nachdem  der  mit  einem  Scharnier  4 
versehene  bewegliche  und  durch  den  Bügel  S  in  fester  Lage  gehaltene 
Krümmer  2  die  Verbindung  der  Theile  6  und  5  des  Abdampfrohres 
vermittelt  oder  nicht. 

Die  Hauptverhältnisse  der  Maschine  sind  die  folgenden: 

Cylinderdurchmesser <i  =  0m,l15 

Kolbenhub L  =  0m,175 

Raddurchmesser D-  0^,450 

Radstand lm,000 

Absolute  Kesselspannung 16at 

Maximalspannung  des  Dampfes  beim  Austritt  aus 

dem  Regulator P  =  7k,231 

Jlaximaldruck  auf  die  Kolbenfläche 752k 

Nutzbare  mittlere  Dampfspannung  .      p  =  0,75  P  —    5k,42 

Nach  der  Formel  von  Le  Chdtelier  ergibt  sich  die  Zugkraft  in  Kilo- 
grammen zu 

<J2  .  L. 
D 
nach  Einsetzung  der  Werthe  erhält  mau 
r=5,42.115».17,5  = 
45 
die  Leistung  bei  2m  Geschwindigkeit  in  der  Secunde  aus 

^^  =  7,4  Pferde. 


T  =  p    - 


1",-  Neuere  Fräsemaschinen. 

Da  die  Maschine  mit  Expansion  arbeitet,  wird  man  die  Durch- 
schnittsleistung   zu    6   Pferden     annehmen     können     und    erhält    dann 

mit   dem  Adhäsionsverhältnifs   von   ~  dennoch   eine   nutzbare    Zugkraft 

von  500k  anstatt  278k. 

Die  Dampfmenge  und  Anzahl  der  verbrauchten  Calorien  für  lkm 
Fahrt  ergibt  sich  unter  der  Voraussetzung,  dafs  die  Maschine  mit  der 
Maximalfüllung  arbeitet,  bei  5k,42  Dampfspannung  zu 

C>  =  S  +  4Ln./>,k, 
worin  S  die  Kolbenfläche  =  0'ini,01038, 

jP,  das  Gewicht  eines  Cubikmeters  Dampf  von  5k,42  Spannung  und 

n  die  Anzahl   der  Räderumdrehunsen   für  lkül  =  — ^  =  708 

71.  D 

bedeutet,  demnach  nach  Einsetzung  der  Werthe 
Q  =  16k,30. 
Die  Anzahl  C  der  Calorien,  welche  in  16k,30  verbrauchtem  Dampf 
für  lkm  enthalten  sind,  beträgt 

C  =  16,30  .  650  =  10595  Calorien. 
Bei   16at   absoluter  Spannung,    einer    Temperatur    von    205,2°   ent- 
sprechend,   enthalten    die    im    Reservoir    befindlichen    550k  überhitztes 
Wasser 

C  =  205,2  .  550  =  112860  Calorien, 
demnach  hat  die  Locomotive  nach  zurückgelegter  Fahrt  von  4km  Länge 
verbraucht 

4  .  16,30  =  65k,20  Wasser  oder 
10595.4  =  42380  Calorien 
und  im  Reservoir  sind  noch  verblieben 

550—65,20  =  484k,80  Wasser  und 
112860—42380=70480  Calorien  oder 

70480 

,»  ,0^  =  145    Wärmegrade,    entsprechend    einer    absoluten    Spannung 

von  8»*,11.  Fr. 

Neuere  Fräsemaschinen. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  9. 

Nach  Lage  und  Stellbarkeit  der  Fräsespindel  gegen  das  Tischwerk 
können  diese  Maschinen  geordnet  werden,  in: 

1)  Fräsemagchinen  mit  senkrecht  stehender  Spindel,  welche  entweder 
festgelagert  ist  oder  vermöge  eines  Lagerschlittens  senkrechte  Verstel- 
lung erhält. 

Im  ersten  Falle  mufs  das  Tischwerk  Höhenverstellung  besitzen,  im 
zweiten  Falle  gleitet  das  Tischwerk  auf  feststehender  wagerechter  Bahn. 
Die  Maschinen  mit  festgelagerter  Fräsespindel  gleichen  hn  äufseren  An- 


Neuere  Fräsemascbinen.  151) 

sehen  den  freistehenden  Bohrmaschinen,  diejenigen  der  zweiten  Gattung 
der  Ausbildung  des  Tischwerkes  und  der  grösseren  Ausladung  des  Ge- 
stelles wegen  hingegen  den  bekannten  Stofsmaschinen  in  der  Hauptform. 

2)  Fräsemaschinen  deren  Spindel  beliebige  Schrägstellungen  von 
der  senkrechten  bis  wagerechten  Lage  und  zwar  parallel  oder  winkel- 
recht zur  Richtung  des  Haupttischschlittens  erhalten  kann.  Das  Tisch- 
werk ist  alsdann  für  Höheneinstellung,  Drehverstellung  und  für  Kreuz- 
verschiebung eingerichtet. 

3)  Fräsemaschinen  mit  wagerecht  gelagerter  Arbeitsspiudel,  sowie 
Tischwerk  mit  Höhenverstellung  und  Kreuzverschiebung  mit  oder  ohne 
Verdrehung  der  Tischplatte  in  wagerechter  Ebene. 

Bei  diesen  sämmtlichen  Tischwerken  ist  gewöhnlich  den  Kreuz- 
schlittentheilen  selbsthätig  wirkende  Verstellbewegung  und  selbstauslösende 
Hubbegrenzung  gegeben,  während  die  selbsthätige  Verdrehung  des  Tisch- 
werkes nur  bei  den  gröfseren  Fräsemaschinen  angewendet  ist. 

Um  einen  ruhigen  Gang  der  wagerechtlaufenden,  stark  ausladenden 
Fräsespindel  zu  sichern,  sind  diese  Maschinen  gewöhnlich  mit  Gegen- 
spitzenhalter ausgerüstet. 

4)  Doppelte  Fräsemaschinen  finden  nur  beschränkte  Verwendung 
als  Nuthenfräsen.  Sie  sind  entweder  mit  beweglichen  Spindellagern 
oder  mit  beweglicher  Werkstücksauflage  bei  festgelagerten  Spindeln 
ausgeführt.  Die  Spindeln  liegen  nicht  parallel,  sondern  in  einer  wage- 
rechten Achsenlage  mit  gegensätzlich  zugekehrten  Fräsewerkzeugen. 

5)  Hingegen  finden  Tischfräsemaschinen  mit  stehender  oder  liegen- 
der Fräsespindel,  stellbarem  Fräsewerk  und  nach  Art  grofser  Tischhobel- 
maschinen durchgeführter  Werkstücksauflage  immer  mehr  Eingang  und 
Verbreitung,  schon  aus  dem  Grunde,  weil  mit  solchen  Maschinen  bequem 
verschiedene  Arbeitsverrichtungen  wie  Fräsen,  Hobeln,  Bohren  abwech- 
selnd durchgeführt  werden  können.  Auch  werden  solche  Tischmaschinen 
zum  Fräsen  von  Zahnstangen  ausgebildet. 

6)  Eigentliche  Räderfräsemaschinen,  ausschliefslich  zur  Herstellung  von 
Stirn-,  Winkel-  und  Schneckenrädern  bestimmt,  sind  mit  stehenden  und 
liegenden  Aufspannbolzen  und  mit  liegender  oder  stehender  Fräsespindel 
durchgeführt.  Den  verschiedenen  Radgröfsen  entsprechend  mufs  eine 
gegensätzliche  Verstellung  dieser  Haupttheile,  sowie  eine  Schrägstellung 
der  Fräserachse  zur  Radebene  möglich  sein,  um  schräggezähnte  Räder 
oder  Schneckenräder  ausfräsen  zu  können. 

In  neuerer  Zeit  ist  der  Selbstbetrieb  dieser  Räderfräsemaschinen  so 
weit  durchgeführt,  dafs  selbst  die  Dreh  Verstellung  des  Werkstückrades, 
welche  der  Zähnezahl  entspricht,  selbsthätig  vor  sich  geht. 

Endlich  sind  noch : 

7)  Die  Fräserfräsemaschinen  als  Sondermaschinen  zur  Herstellung  der 
Fräsewerkzeuge  zu  erwähnen.  Beinahe  alle  angeführten  Fräsemaschinen 
können  durch   entsprechende  Ausschaltungen   der   Bewegungstheile  des 


160 


Neuere  Fr&semaschinen. 


Tischwerkes  bezieh,  durch  Verdoppelung  der  Tischplatten  u.  &.  \v.  für 
das  Fräsen  nach  freien  Formen  (Schablonen)  eingerichtet  werden,  nament- 
lich wird  dieses  durch  eine  Universalbeweglichkeit  der  Arbeitsspindel 
bei  den  letzterwähnten  Fräserfräsemaschineu  hauptsächlich  beabsichtigt 
und  angestrebt. 

Manches  Bemerkenswerthe   boten  Fräsemaschinen,    welche  1889  in 
Paris  ausgestellt  waren. 


Demoor's  stehende  Fräsemaschine. 

Bei 


dieser  Maschine 
(Fig.  1)  ist  nach  Hevue  in- 
dustrielle 1889  Nr.  26  *S.  253 
die  Ausbildung  des  Tisch- 
werkesund der  Selbstbetrieb 
desselben  bemerkenswert, 
welcher  vermöge  Stufen- 
scheiben und  Wendegetrieb- 
werk, durch  Vermittelung 
von  Wellenabzweigungen 
und  ausrückbarer  Räder- 
werke auf  die  Bewegungs- 
spindeln der  Tischschlitten 
bezieh,  auf  die  Trieb- 
sehnecke des  oberen  Dreh- 
tisches von  der  Hauptan- 
triebswelle der  Maschine 
abgeleitet  und  auf  die  drei 
Tischtheile  übertragen  wird. 
Die  Höheneinstellung  des 
Tischwinkels  erfolgt  nur 
durch  Handbetrieb  (Her- 
steller J.  M.  Demoor  in 
Brüssel,  Belgien). 


liariquand's  stehende  Fräsemaschine. 
Nach  Industries  1889  Bd.  7  S.  220  sind  über  2000  Stück  solcher  Fräse- 
maschinen (Fig.  2)  für  die  französischen  Waffenfabriken  geliefert  worden. 
Die  festgelagerte  Fräsespindel  wird  durch  einen  über  Leitrollen  geführten 
Riemen  betrieben,  von  welcher  rücklaufend  ein  Riemen  für  den  Betrieb 
der  Tischsteuerung  abgeleitet  ist.  Die  Theile  für  den  Selbstgang  der 
oberen  Tischplatten  bestehen  aus  Stufenscheiben,  Winkelwellenabzwei- 
gungen und  Bewegungsspindeln  mit  Rädereinschaltungen.  (Erzeuger 
sind  Bariquand  et  Fils  in  Paris.) 


Neuere  Fräsemaschinen. 


161 


Smith  und  Coventrys  Fräsemaschine. 

Die  senkrechte  Fräsespindel  (Fig.  3)  erhält  Einstellung  in  der  Höhen- 
lage, indem  der  untere  Lagerschlitten  vermöge  eines  Schnecken-  und 
Zahnstangentriebwerkes  mit 
Hand  verstellt  wird.  Im 
oberen  festen  Spindellager 
läuft  die  Hülse  des  Winkel- 
triebrades zwischen  Bunden 
gehalten,  während  durch 
dieselbe  sich  die  Fräse- 
spindel durchschieben  kann. 

Der  Hauptschlitten  ist 
frei  auf  der  Wange  des  Ge- 
stellfufses  verschiebbar  und 
wird  nur  durch  ein  kleines 

Zahnstangentriebwerk 
mittels  Hand  vorgestellt, 
während  ein  am  Gestell- 
hintertheil  angeordnetes 
Gegengewicht  denselben  be- 
ständig gegen  den  Fräser 
drückt.  Auf  dem  Haupt- 
schlitten verschiebt  sich 
winkelrecht  zur  Wange  ein 
Querschlitten  und  der  dar- 
auf   befindliche    Drehtisch. 

Wenn  nun  ein  darauf  befindlicher  fester  Rollenstift  einen  Anschlag 
an  einer  feststehenden  Formschiene  findet,  so  wird  bei  der  Querbewegung 
des  Querschlittens  bezieh,  bei  der  Drehung  des  Aufspanntisches  durch 
die  Wirkung  des  Druckgewichtes  eine  der  Formschiene  entsprechende 
Verschiebung  des  aufgespannten  Werkstückes  gegen  den  in  fester  Lage 
kreisenden  Fräser  eingeleitet.  Bedingung  einer  richtigen  Arbeitswirkung 
ist,  dafs  Werkstück  und  Leitstift,  sowie  Fräse-  und  Formschiene  stets 
auf  derselben  Seite  sich  befinden,  damit  das  Werkstück  stets  aus  dem 
Eingriff  mit  der  Fräse  treten  kann,  sobald  stärkere,  unvorhergesehene 
Widerstände  entstehen.  Die  Formschiene  oder  Schablone  wird  in  die 
Gabel  eines  festzustellenden  Armes  angebracht  und  so  eingestellt,  dafs 
die  Formkante  mit  der  Arbeitskante  der  Fräse  in  genauer  Ueberein- 
stimmung  liegt,  wodurch  Uebersetzungen  vermieden  und  die  Drehbe- 
wegung des  Rundtisches  für  das  Formfräsen  benützt  werden  kann.  Die 
Verstellung  des  Querschlittens,  sowie  die  Drehung  des  Rundtisches  er- 
folgt selbsthätig  durch  Vermittlung  der  Se//er'schen  Reibungsscheiben. 
mit  welchen  die  Uebersetzung  bezieh,  die  Schaltungsgröfse  durch  ein- 
fache Verrückung  des  Drehzapfens   der  mittleren  Doppelzwängscheiben 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  V.  1890  III.  11 


162 


Neuere  Fräsemaschinen. 


abgeändert  werden  kann.  Aufserdem  ist  diesem  Triebwerk  noch  ein 
aus  vier  Stirnrädern  zusammengesetztes  Wendegetriebe  vorgelegt.  (Iron 
1888  vom  19.  Oktober  *  S.  345.) 

Kg.  3. 


Fetu-Defizes,  Fräsemaschine. 

Nach  Industries,  1889  Bd.  7  *  S.  53  zeigt  diese  in  (Fig.  4)  dar- 
gestellte stehende  Fräsemaschine,  welche  von  A.  Fetu-Defize  in  Lüttich 
(Belgien)  gebaut  wird,  und  in  Paris  ausgestellt  war,  eine  eigentümliche 
Anordnung  des  Spindelantriebes,  welcher  unmittelbar  mittels  über  Leit- 
rollen geführten  Riemens  bewerkstelligt  wird  und  trotzdem  eine  Spindel- 
verstellung in  der  Senkrechten  ermöglicht,  indem  die  Spindel  durch  die 
Nabe  der  Riemenscheibe  geschoben  werden  kann. 

Dies  ist  in  der  Weise  ausgeführt,  dafs  die  Fräsespindel  in  den 
Lagern  des  Schlittens  gehalten  wird,  während  sich  dieser  vermöge  einer 
Aussparung  in  seiner  Führungsplatte  über  das  am  Gestell  festgeschraubte 
Lager  für  die  Riemenscheibe  schieben  läfst.  Von  dieser  Riemenscheibe 
zweigt  mittels  Wiukelräder  die  Steuerwelle  ab,  welche  zwei  Reibungs- 
scheiben bethätigt,  zwischen  welchen  die  Reibuugsrolle  der  stehenden 
Steuerwelle  angeordnet  ist.  Durch  Achsenverschiebung  der  Reibungs- 
scheiben kann  der  Reibungsdruck,  und,  der  Höhenverstellung  der  Reibungs- 
rolle entsprechend,  die  Uebersetzung  abgeändert  werden.    Die  Schaltung 


Neuere  Fräsemaschinen.  163 

kann  sowohl  auf  Haupt-  und  Querschlitten  wie  auf  den  Rundtisch  über- 
mittelt werden,  während  der  Formschienenträger  an  die  Vorderseite  der 

Maschine  angebracht  ist. 

Fig.    *. 


E.  Pre'tofs  Fräsemaschine  mit  stellbarer  Fräsespindel  (Fig.  5). 

Bei  dieser  Universalfräsemaschine  stehender  Anordnung  kann  das 
Spindellager  in  einer  senkrechten  und  zur  Tischrichtung  winkelrechten 
Ebene  in  Schräglagen  eingestellt  werden,  so  dafs  die  Fräsespindel  jede 
Stellung   zwischen   der  wage-  und  senkrechten  Richtung  erhalten  kann. 

Nach  Revue  industrielle  1889  Nr.  31  *  S.  301  ist  der  obere  Theil  des 
aufrechtstehenden  Gestelles  zu  einem  kreisbogenförmigen  Führungsstück 
ausgebildet,  um  dessen  Mittelbolzen  als  Mittelpunkt  des  Kreisbogen- 
schlitzes sich  das  Fräsespindellager  verdrehen  kann.  Bei  gröfseren  Aus- 
führungen wird  zur  Dreh  Verstellung  eine  schwingende  Schraubenspindel 
benützt,  während  eine  Gradtheilung  am  Bogenschlitz  die  gewünschte 
Winkelstellung  der  Spindelachse  anzeigt.  Zur  endgültigen  Feststellung 
dient  eine  gewöhnliche  Klemmschraube,  die  durch  den  Bogenschlitz  geht 
und  im  Spindellager  sitzt. 

Am  oberen,  über  die  Bogeniühruug  hinausragenden  Theil  des  Spindel- 


164 


Neuere  Fräsemaschinen. 


lagers  sind  flügelartig  zwei  Seitenarme  augegossen,  au  deren  freien  Enden 
Leitrollen  derart  angeordnet  sind,  dafs  ihre  parallelen  Mittelebenen  ge- 
meinschaftlich den  Rollenkreis  der  auf  der  Fräsespindel  frei  auflaufen- 
denTRiemenscheibe  berühren. 

Der  von  der  Antriebsscheibe  abgeleitete  Betriebsriemen  der  Maschine 
wird  nach  abwärts  geführt,  um  die  untere,  als  Spannrolle  wirkende  Leit- 


Fig.  5. 


rolle  gelegt,  nach  der  oberen  Leitrolle  geleitet,  von  wo  er  sich  um  die, 
auf  der  Fräsespindel  laufende  Scheibe  legt,  um  über  die  anderseitigen 
Rollen  im  rücklaufenden  Zuge  sich  zur  Antriebsscheibe  zu  bewegen. 

Um  die  der  jeweiligen  Schräglage  der  Spindel  entsprechende  Riemen- 
länge zu  regeln,  sowie  die  erforderliche  Spannung  des  Riemens  zu  er- 
halten, wird  das  untere  Leitrollenpaar  in  einem  stellbaren  Schlitten  an- 
gebracht, welcher,  an  der  Rückseite  des  Gestelles  gleitend,  vermöge 
eines  Zahnradgetriebes  mit  Handkurbel  verschoben  wird,  welches  ver- 
möge eines  Sperrrades  sichergestellt  werden  kann. 

Die  Aenderung  der  Umlaufszahl  der  Fräsespindel  wird  durch  eine 
gewöhnliche  Stufenscheibe  und  ferner  noch  durch  ein  Rädervorgelege 
bewerkstelligt,  welches  am  Fräsespindellager  vorgesehen  ist.  Dasselbe 
besteht  aus  zwei  anliegenden  Räderpaaren,  welche  nach  Art  eines  Dreh- 
hankvorgeleges wirken. 

Das  äufsere   mit  der  Riemenscheibe  verbundene  Rad,   welches  auf 


Neuere  Fräsemaschinen.  165 

der  Spindel  frei  aufläuft,  treibt  zwei  ungleich  grofse  Räder,  welche  auf 
einem  stellbaren  Bolzen  gemeinschaftlich  sich  drehen  und  dessen  kleineres 
in  das  auf  die  Fräsespindel  gekeilte  Rad  greift  und  treibt. 

Soll  das  Rädervorgelege  ausgerückt  werden,  so  braucht  man  blofs 
den  die  Räder  tragenden  Zapfen  im  Schlitz  des  Lagerlappens  auszu- 
schieben und  die  beiden  Räder  auf  der  Fräsespindel  zu  verkuppeln. 

Hiernach  hat  der  Antrieb  der  schrägstellbaren  Fräsespindel  eine 
einfache  und  sinnreiche  Lösung,  ohne  Beeinträchtigung  des  Arbeitsfeldes, 
gefunden. 

Die  Stufenscheibe  mit  der  vorerwähnten  Antriebsscheibe  und  einer 
kleinen  Scheibe  für  die  Steuerung  vereint,  laufen  auf  einer  feststehenden 
Achse,  die  noch  in  einem  Seitenbock  gestützt  ist,  Dieser  lagert  in  seinem 
Fufs  ein  kleines  Vorgelege  und  in  seinem  oberen  Seitenarm  die  Stufen- 
scheibe mit  der  doppelt  gelenkigen  und  verlängerungsfähigen  Steuerwelle, 
welche  das  Tischwerk  treibt. 

Das  Tischwerk,  dessen  Tisch winkel  600mm  Senkrechtverstellung, 
dessen  Schlitten  450mm  Verschiebung  und  dessen  Tischschlitten  1100mni 
Querverschiebung  erhalten,  sowie  eine  vollständige  Umdrehung  machen 
kann,  ist  mit  allen  Hilfseinrichtungen  ausgerüstet,  die  zum  Fräsen  von 
Werkzeugen  u.  s.  w.  erforderlich  sind. 

Die  Steuerung  wird  vermöge  der  im  Schaubilde  sichtbaren  Räder- 
werke auf  den  Tischschlitten  in  der  Weise  übertragen,  dafs  mittels 
Schrauben-  und  Winkelräder,  welche  im  Inneren  des  unteren  Schlittens 
angeordnet  sind,  sowohl  eine  Drehung  des  Tisches  oder  bei  beliebiger 
Schiefstellung  desselben  eine  Verschiebung  durch  Kraftbetrieb  selbsthätig 
ermöglicht  wird. 

Auch  die  Höheneinstellung  des  Tischwinkels  wird  mittels  Kraft- 
betrieb durchgeführt,  indem  eine  Tragspindel  mit  feinerem  Gewinde  sich 
in  eine  hohle  Schraubenspindel  mit  gröberem  Aufsengewinde  einschraubt, 
welche  im  Fufsböckchen  ihre  Mutter  hat.  Dadurch  wird  der  senkrechte 
Tischhub  auf  zwei  Spindeln  vertheilt,  deren  Einzellänge  nur  etwas  mehr 
als  die  Hälfte  des  Verstellungsweges  zu  sein  braucht.  Aufserdem  sind 
am  Tischwerk  wie  bei  jeder  vollkommenen  Fräsemaschine  Ausrück- 
vorrichtungen vorgesehen,  durch  welche  die  Hubbegrenzungen  der  Tisch- 
wege selbsthätig  durchgeführt  werden. 

An  Stelle  des  gewöhnlichen  Fräsespindellagers  kann  auch  eine  Vor- 
richtung (Fig.  6)  an  dem  Gestelle  augeordnet  werden,  mit  welcher  das 
Fräsen  nach  Formschienen  (Schablonen)  ermöglicht  wird. 

Diese  besteht  aus  einem  leichten  Querbalken,  an  dessen  linkem  Kopf- 
ende der  stellbare  Schablonenträger  angeschraubt  wird,  während  am 
rechten  Ende  desselben  sich  universalbeweglich  ein  gekröpfter  Hebel 
stützt,  an  welchem  die  Fräse  und  die  Leitrolle  lagert. 

Dieser  Hebel  wird  durch  einen  Griff*  erläfst  und  mit  der  Hand  über 
die  feststehende  Schablone  geführt.     Je  nach  den  Abständen,  Hebelstütz- 


166 


Neuere  Frasemaschinen. 


punkt  bis  Schablone,  bezieh.  Stützpunkt  bis  Fräse,  mufs  das  Gröfsen- 
verhältnifs  der  Schablone  zum  Formquerschnitt  des  Werkstückes  geregelt 
werden. 

Weniger  glücklich  scheint  die  fernere  Verwendung  dieser  Maschine 
zu  Stofsarbeiten  zu  sein,  indem  statt  des  Fräselagers  eine  kleine  Stofs- 

Fig.  6. 


maschine  aufgeschraubt  wird;   wobei   die  kreisende  Welle  eine  Kurbel- 
scheibe und  hiermit  einen  kleinen  Stofsschlitten  treibt. 


Bariquand's  Universalfräsemaschine  mit  wagerechter  Anordnung  der 
Spindel  (Fig.  7). 
Der  hintere  Theil  des  Maschinengestelles  ist  für  die  Aufnahme  der 
Triebwerkstheile  bestimmt  und  hierzu  mit  einem  schweren  weitausladen- 


Fig.  7. 


Neuere  Fräsemaschinen.  167 

den  Lagerarm  versehen,  während  an  der  vorderen  senkrechten  Bahn- 
fläche das  Tischwerk  sich  verschiebt.  An  der  oberen  Kopffläche  des 
Gestelles  läfst  sich  der  Arm  für  den  Gegenspitzenhalter  um  eine  wage- 
rechte Achse  verdrehen,  während  auf  der  unteren  Prismabahn  dieses 
Armes  der  Gegenspitzenhalter  verstellbar  ist. 

Nach  Industries  1889  Bd.  7  *  S.  220  wird  vermöge  eines  mit  Stufen- 
scheiben ausgerüsteten  Deckenvorgeleges  und  des  Stufenscheibenpaares 
an  der  Maschine,  sowie  durch  das  Rädervorgelege  daselbst  eine  zwölf- 
fache Aenderung  der  minutlichen  Umlaufszahl  der  Fräsespindel  ermög- 
licht. Die  Räder  des  Vorgeleges  besitzen  Schrägzähne,  wodurch  ein 
ununterbrochener  stofsfreier  Eingriff  und  ein  ruhiger  Gang  der  Fräse- 
spindel gesichert  wird.  Um  jeden  Druck  in  der  Achsrichtung  möglichst 
zu  beseitigen,  erhalten  die  Zahnkanten  der  Räder,  welche  auf  gleicher 
Welle  sitzen,  gegensätzliche  Neigung  bezieh.  Gangart. 

Die  Steuerung  des  Tischwerkes  wird  von  der  Spindelverlängeruug 
mittels  Riemen-  und  Stufenscheiben  auf  festgelagerte  winkelrecht  stehende 
Wellenzweige,  also  mit  Vermeidung  von  gelenkigen  Wellenverbindungen 
übertragen. 

Das  aus  Tisch winkel,  Schlitten,  Drehtheil  und  Tischschlitten  zu- 
sammengesetzte Tischwerk  besitzt  alle  erforderlichen  An-  und  Abstell- 
vorrichtungen,  sowie  die  zum  Selbstgangbetrieb  nothwendigen  Triebwerke 
für  den  Arbeitsgang. 

Bemerkenswerth  ist  hierbei  noch  eine  besondere  Einrichtung  für  den 
raschen  Rücklauf  des  Tisches  nach  beendetem  Arbeitsgange,  wodurch 
an  Zeit  für  Rückstellungen  gewonnen  und  die  Dauer  der  Stillstände  ver- 
mindert wird.  Die  Verschiebung  des  unteren  Schlittens  beträgt  1219, 
jene  des  Tisches  1375  und  die  Höhenverstellung  des  Tischwinkels  457  mm. 

Pedrick  und  Ayers  Fräsemaschine  (Fig.  8). 
Diese  von  Pedrick  und  Ayer  in  Philadelphia  gebaute  Fräsemaschine 
für  allgemeine  Arbeit  zeigt  nach  Iron  1889  21.  Juni  *  S.  531  die  be- 
liebte und  bewährte  Grundform  der  üblichen  Universalfräsemaschinen 
mit  der  bemerkenswerthen  Abänderung,  dafs  die  Steuerung  des  Tisch- 
werkes mit  Vermeidung  der  bekannten  gelenkigen  Seiten  welle,  welche 
bei  starker  einseitiger  Verschiebung  des  langen  Tischschlittens  oft  Un- 
zuträglichkeiten im  Antriebe  bedingt,  durchgeführt  ist.  Die  Stufenscheibe 
für  den  Steuerungsbetrieb  ist  am  Ende  der  hohlgebohrten  Fräsespindel 
angebracht,  ihre  Gegenscheibe  aber  am  Gestellfufs  und  zwar  in  der 
Mittelebene  der  Maschine  derart  angeordnet,  dafs  durch  Vermittelung 
eines  im  Gestellfufse  befindlichen  Wendegetriebwerkes  eine  stehende 
Welle  am  Tisch  winkel  betrieben  wird,  von  welcher  eine  wagerechte 
Welle  abzweigt,  von  der  sämmtliche  Bewegungen  der  Tischtheile  ab- 
geleitet werden.  Hierzu  ist  am  vorderen  Kopfende  des  Tischwinkels 
ein  Gehäuse  vorgesehen,  in  welchem  sich  die  Aus-  und  Einrückschlösser 


168 


Neuere  Fräsemaschinen. 


belinden,  die  durch  die  links  sichtbaren  Griffknöpfe  bethätigt  werden. 
Hiernach  kann  sowohl  der  Tischwinkel  gehoben  und  gesenkt,  als  auch 
der  Grundschlitten  verschoben  werden. 

Weil  zwischen  Grundschlitten  und  Tischschlitten  das  erforderliche 
Drehstück  zwischengelegt  ist,  so  kann  die  Uebertragung  der  Bewegung 

auf  die  Tischspindel 
nur  durch  ein  in  der 
Drehungsachse  lie- 
gendes, aus  Winkel- 
rädern zusammenge- 
setztes senkrechtes 
Zwischentriebwerk 
ermöglicht  werden. 
Zu  diesem  Behufe 
ist  die  im  Tisch- 
schlitten lagernde 
Spindel  mit  einer 
Längsnuth  versehen, 
während  dieSpindel- 
mutter  am  Drehstück 
festgemacht  ist. 

Selbstverständ  lieh 
können  alle  diese 
Tischbewegungen 
bei  ausgerücktem 
Schlofswerk  auch 
mit  Hand  behufs  Anstellung  des  Werkstückes  an  die  Fräse  durchgeführt 
werden,  sowie  durch  entsprechende  Einstellung  des  Wendetriebwerkes 
jede  einzelne  Tischbewegung  selbsthätig  auch  im  rückläufigen  Gange 
ausführbar  ist. 

Die  aus  gehämmertem  Gufsstahl  verfertigte  Fräsespindel  hat  76  Durch- 
messer bei  114  Länge  im  Vorderlager,  während  der  Spindeltheil  im 
Hinterlager  50  Durchmesser  und  102  Länge  besitzt.  Die  gröfste  der 
vier  Stufenscheiben  hat  279  Durchmesser,  während  das  Kädervorgelege 
eine  achtfache  Uebersetzung  enthält. 

Die  38mm  grofse  vordere  kegelförmige  Ausbohrung  der  Spindel  hat 
eine  Verjüngung  von  1 :  24  d.  h.  \  auf  12  Zoll  englische  Länge,  während 
nach  dem  amerikanischen  Normalkegel,  dem  sogen.  Morse  taper  shank, 
die  kegelförmige  Verjüngung  der  Bohrerschäfte,  der  Fräsespindel  Ver- 
längerungen u.  dgl.  5|8  Zoll  auf  12  Zoll  Länge  beträgt. 

Der  Gegenspitzenhalter,  ein  Rundstab  aus  Gufsstahl  von  95mm  Durch- 
messer, kann  nach  Bedarf  vorgeschoben  und  verdreht  werden,  um  das 
Arbeitsfeld  freizulegen. 

Der  Tischschlitten,    1219mm  iang    unci    235mni  breit,    erhält    845ram 


Neuere  Fräsemaschinen. 


169 


Längs-   und    197mm  Querverschiebung.     Das  Gewicht  der    vollständigen 
Maschine  ist  zu  1170k  angegeben. 


Beaman  und  Smitfis  Doppelfräsemaschine  (Fig.  9,  sowie  Fig.  3  und  4 

auf  Tafel  9). 

Auf  dem  2133  langen  und  457mm  breiten  Hohlgufsbett  ist  ein  fest- 
stehender, sowie  ein  stellbarer  Spindelstock  gegensätzlich  angebracht, 
deren  Bauart  aus  Fig.  9  ersichtlich  ist.  Nach  American  Machinist  1889 
Bd.  12  Nr.  34  *  S.  1  haben  die  stählernen  Spindeln  (Fig.  3)  in  den 
Lagerstellen  124  zu  165mm  Durchmesser  bezieh.  Länge  im  Vorderlager 
und  86  zu  127mm  Durchmesser,  sowie  Länge  im  Hinterlager. 

Fig.  9. 


Die  Antriebsscheibe  von  406mm  Durchmesser  ist  für  einen  140mm 
breiten  Riemen  bemessen,  die  Räderübersetzung  beträgt  1:4,  während 
für  den  Wechsel  der  Umlaufszahlen  je  zwei  Stufenscheibenpaare  am 
Deckenvorgelege  vorgesehen  sind.  Um  eine  entsprechend  grofse  Ge- 
schwindigkeit des  Steuerriemens  zu  erzielen  ist  zwischen  Spindel  und 
Stufenscheibe  ein  ins  Rasche  (3:1)  übersetzendes  Räderpaar  eingeschaltet. 

Der  zwischen  den  beiden  Spindelstöcken  angeordnete  Schlitten  wird 
blofs  mit  Hand  angestellt,  ebenso  wie  der  rechtsliegende  Spindelstock 
nach  dem  Werkstücke  angerückt  wird.  Der  Selbstbetrieb  des  Tisch- 
schlittens erfolgt  durch  eine  Steuerwelle  durch  Vermittelung  eines 
Schneckentriebwerkes  (Fig.  4)  und  eines  Stirnrad paares  auf  die  drei- 
gängige Schraubenspindel  im  Schlitten,  deren  Mutter  an  der  Tischunter- 
seite angeschraubt  ist.  Der  Vorschub  der  1016mm  langen  und  305mm 
breiten  Tischplatte  reicht  bis  610mm. 

Vermöge  Anschlagknaggen  wird  eine  selbsthätige  Ausrückung  der 
Steuerung    dadurch    herbeigeführt,    dafs   mittels  eines   Lagerhebels   die 


170 


Neuere  Fräsemaschinen. 


Schnecke  plötzlich  aufser  Eingriff  mit  dem  Schneckenrade  gebracht 
wird.  Um  die  Rückstellung  des  Tisches  zu  beschleunigen,  dient  ein 
Winkelradpaar,  das  nur  bei  ausgerückter  Schnecke  in  Eingriff  tritt  und 
welches  alsdann  mittels  einer  Handradwelle  betrieben  werden  kann. 
Diese  2475k  schwere  Maschine  wird  von  Seaman  und  Smith  in  Provi- 
dence  R.  J.  Amerika  gebaut. 

Hulse's  Doppelfräse  (Fig.  12). 
Zum  Keilnuthenfräsen  in  Wellen,    zum  Ausfräsen   der  Aussparung 
in  den   Schafttheilen  der   Kuppel   und    Kurbelstangen    für  Locomotiven 
u.  dgl.   Arbeiten   ist   nach   Industries  1889  Bd.  7  *  S.  269   die   Doppel- 
fräsemaschine von  Hülse  und  Co.  in  Manchester  bestimmt. 

Fig.  12. 


Das  Werkstück  wird  zwischen  den  Fräsespindeln  eingelegt  und 
durch  einen  Reitstock  und  einen  selbstrichtenden  Schraubstock  in  der 
vorgeschriebenen  Lage  gehalten.  Die  selbständig  betriebenen  Spindeln 
laufen  in  gesonderten  Lagertheilen,  welche  auf  einem  Querschlitten 
gleiten,  gegensätzlich  und  mittelrichtig  gegen  einander  verstellt  werden 
können.  Die,  der  Nuthlänge  entsprechende  Hubgröfse  des  Schlittens 
wird  vermöge  eines  besonderen  Antriebes  bewerkstelligt,  indem  mittels 
eines  vielstufigen  Scheibenpaares  ein  Schneckenrad  und  damit  Zahnräder 
und  eine  Kurbelscheibe  bethätigt  wird,  an  deren  Schlitz  der  Schub- 
stangenbolzen sitzt. 

Hiernach  kann  die  Hubgröfse  des  Querschlittens  entsprechend  ab- 
geändert werden,  während  der  achsiale  Vorschub  der  Fräser,  winkel- 
recht zur  Schlitzlänge  am  jedesmaligen  Hubende  durch  eine  Kammscheibe 
bewerkstelligt,  welche  sich  am  ersten  Stirnrade  vorfindet.     Damit  wird 


West's  Mefs-  und  Prüfungsmaschine  für  Gufsproben.  171 

eine  längs  des  Bettes  lagernde  Steuerwelle  in  Schwingung  versetzt,  wo- 
durch die  den  Spindelstöcken  zugehörigen  Schrauben  mittels  Schaltkegel- 
werke gesteuert  werden.  Anschlagknaggen,  welche  mittels  Hebel  auf 
zwischengelegte  Zahnscheibenkuppelungen  der  Schraubenspindeln  wirken, 
begrenzen  durch  Ausrückung  der  Schaltung  selbsthätig  die  Tiefe  der  zu 
erzeugenden  Nuthen.  Nach  altem  Sprachgebrauch  würde  diese  Maschine 
eigentlich  als  doppelte  liegende  Langlochbohrmaschine  zu  bezeichnen  sein, 
was  der  ganzen  Wirkungsweise  nicht  entsprechend  ist.  Wenn  auch  der 
Zweizahn  ein  recht  unvollkommenes  Fräsewerkzeug  ist,  so  bleibt  die 
Verwendung  richtiger  Fräsen  bei  derartigen  Maschinen  doch  nicht  aus- 
geschlossen. Pr. 

Th.  West's  Mefs-  und  Prüfungsmaschine  für  Ghifsproben. 

Mit  Abbildung  auf  Taf.  9. 

Die  Ermittelung  des  Schwind mafses  der  verschiedenen  Gattirungen 
ist  für  Giefsereien  von  entschiedener  Wichtigkeit.  In  Erkenntnifs 
dessen  hat  Thomas  D.  West  von  der  Th.  D.  West  Foundry  Company  in 
Cleveland,  Ohio,  nach  American  Machinist,  1889  Bd.  12  Nr.  23  *  S.  6, 
eine  Prüfungsmaschine,  Fig.  5  Taf.  9,  gebaut,  mit  welcher  nicht  nur 
das  Schwindmafs  der  Probestäbe  in  der  Längs-  und  Durchmesser- 
richtung im  Verhältnifs  zum  genau  abgedrehten  schmiedeeisernen  Modell- 
stab bequem  ermittelt,  sondern  auch  die  Biegungsfestigkeit  bezieh, 
die  Durchbiegung  desselben  gefunden  werden  kann.  Auch  können 
andere  mit  diesem  gleichzeitig  abgegossene  Probestäbe  auf  Zugfestig- 
keit geprüft  bezieh,  ihre  Verlängerung  während  des  Belastungsversuches 
gemessen  werden.  Während  die  cylindrischen  Probestäbe  für  die  Bie- 
gungsversuche genau  eine  Querschnittsfläche  von  1  Quadratzoll  engl. 
(645'imm)  erhalten,  besitzen  die  Zerreifsstücke  Querschnitte  von  blofs 
0,5  Quadratzoll  für  Gufseisen  und  0,25  Quadratzoll  für  Stahlgufsproben, 
dementsprechend  die  Kraftstärke  der  Maschine  bemessen  ist. 

Diese  besteht  aus  einem  Tisch  A  und  einem  festen  Bügelaufsatz  i?, 
an  welchem  die  Keillehren  J  und  M  angeordnet  sind,  während  die 
Wägehebel  K  und  H  durch  Stützen  getragen  werden,  welche  sowohl 
am  Krafthebel  F,  als  auch  am  Lenkerhebel  X  angelenkt  und  welche 
derart  bemessen  bezieh,  verbunden  werden,  dafs  unter  allen  Umständen 
die  Wagerechtstellung  der  Wägehebel  gesichert  ist.  Die  Kraftäufserung 
erfolgt  durch  eine  Handradspindel  Zs,  welche  im  Tisch  lagert  und  in 
einem  Kreuzkopf  des  Druckhebels  F  eingreift. 

Am  Tisch  A  sind  ferner  zwei  feste  Anschlagwinkel  S  und  H  vor- 
gesehen, deren  Entfernung  genau  dem  Modell  aus  Schmiedeeisen  ent- 
spricht. Im  Winkel  R  ist  sodann  eine  Mefsschraube  eingesetzt,  deren 
Kopf  am  verschiebbaren  Mefskeil  J  sich  anlegt  und  für  die  normale 
Stablänge  den   Nullpunkt   angibt.     Wird   nun    der  Probestab  eingelegt, 


172  Sandstrahlgebläse  zum  Schärfen  von  Feilen. 

die  Schraube  R  angestellt  und  der  Mefskeil  augeführt,  so  wird  durch 
die  Zeigerangabe  die  Verkürzung  des  Gufsstabes  bezieh,  das  Schwinden 
ermittelt.  Um  aber  das  Schwinden  in  der  Richtung  des  Stabdurch- 
messers zu  finden,  wird  der  Stab  in  einen  der  drei  Ausschnitte  V  ein- 
gelegt und  der  Mefskeil  I  angestellt,  so  gibt  der  Zeiger  die  Abweichung 
des  Durchmessers  bis  zu  einem  Hundertstel  eines  Zolls  an. 

Wird  ferner  der  Probestab  wagerecht  in  die  stellbaren  Klötzchen  D 
eingelegt  und  durch  die  Hängeöse  Z  nach  aufwärts  gebogen,  indem 
durch  Vermittelung  des  grofsen  Krafthebels  F  die  Stützrolle  L  und 
damit  die  Pfannenstiitze  C  W  des  Wägehebels  K  mit  der  in  Schneiden 
hängenden  Hangeöse  N  Z  gehoben,  so  kann  am  unteren  Wägehebel  H 
die  Stärke  der  Biegungskraft  abgelesen  oder  durch  Auflegegewichte 
ermittelt  werden.  Bei  kleineren  Kraftäufserungen  oder  wenn  sonst 
erwünscht,  kann  nach  erfolgter  Auslösung  des  Zwischengliedes  T  das 
Läufergewicht  auf  dem  oberen  Wägehebel  K  verlegt  und  die  Abwäge 
unmittelbar  durch  den  Hebel  K  durchgeführt  werden.  Die  Gröfse  der 
Durchbiegung  des  Probestabes  wird  durch  Anstellung  des  Schiebekeiles  M 
an  die  an  der  Pfannenstütze  befindliche  Stellschraube  gemessen. 

Soll  hingegen  ein  Probestück  auf  Zugfestigkeit  geprüft  bezieh,  zer- 
rissen werden,  so  befestigt  man  die  Klammerstütze  P  lothrecht  unter 
die  Hängeschiene  iV,  spannt  das  Probestück  ein,  hebt  die  Pfannen- 
stütze C,  W  mittels  des  Krafthebels  F,  mifst  die  stattfindende  Ver- 
längerung mit  dem  Mefskeil  M  und  bestimmt  die  Zugkraft  wie  früher 
erwähnt,  entweder  am  Hebel  K  oder  am  Wägehebel  H. 

Diese  Maschine  ist  blofs  1625mm  lang  und  1168mm  hoch  und  nur 
für  die  eingangs  erwähnten  Kräfte,  welche  zum  Zerreifsen  von  Gufs- 
stäben  von  322(imm  bezieh.  Gufsstahlstäben  von  161'imm  Querschnitts- 
fläche erforderlich  sind,  während  die  Stäbe,  welche  auf  Biegungsfestig- 
keit untersucht  werden,  eine  Querschnittsfläche  von  645timm  erhalten. 
Dementsprechend  stellen  sich  die  Durchmesser  der  cylindrischen  Ver- 
suchsstäbe auf  annähernd  28,7  bezieh.  20,2  und  14mm,3.  >  Pr. 


Tilghman  bezieh.  Mathewson's  Sandstrahlgebläse  zum 
Schärfen  von  Feilen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  9. 

Das  von  der  Tilghmans  Patent  Sand  Blaut  Company  in  Sheffield 
gebaute  Sandstrahlgebläse  besteht  nach  Engineering,  1890  Bd.  50 *S.  638, 
aus  einem  stehenden  Dampfkessel,  dessen  Dampf  von  4at  Spannung 
durch    ein   Rohr    ausströmt,    welches  nach   Mathewson's  Patent  in    ein 

1  Ueber  Prüfungsmaschinen  vgl.  Williamson  1882  244*41,  Gravenstaden 
und  Pohlmeyer  1882  245*16,  Thomasset  1882  246*27,  Emery  1889  271*442 
Fairbank,  Delaloe,    Wicksteed.  Maillard  1889  272*481   bis  484. 


Vorrichtung  zum  Umsteuern  von  Dampfmaschinen.  173 

flaches  Mundstück  b  endigt,  dabei  das  durch  ein  seitliches  Querrohr  D 
zufliefsende  Gemisch  von  Sand  und  Wasser  mitreifst  und  dasselbe  gegen 
die  Feile  C  (Fig.  6  und  7)  schleudert,  wobei  es  die  Zähne  bogenförmig 
abschleift  (vgl.  Richardson  bezieh.  King  und  Maw  1888  270  *  350.  351). 

Die  Feile  wird  der  Zahnrichtung  entsprechend  schräg  gegen  den 
Strahl  langsam  bewegt,  wobei  dieselbe  sich  auf  eine  stellbare  Füh- 
rung B  legt,  welche  mittels  Stellkeil  A  und  Bügel  F  in  Lage  gehalten 
wird.  Die  Dampfstrahldüse  wird  aus  zwei  schrägliegenden  Platten  b 
gebildet,  während  die  breit  auslaufende  Sandstrahldüse  d  von  diesen 
eingeschlossen  ist,  wobei  selbstverständlich  schmale  Schlitze  für  den 
Dampfstrahl  freibleiben. 

In  Fig.  8  ist  der  Zahnquerschnitt  einer  neuen  blofs  aufgehauenen 
Feile,  in  Fig.  9  eine  neue  mit  Sandstrahl  geschärfte  Feile  dargestellt, 
während  aus  Fig.  10  bezieh.  Fig.  11  eine  abgenutzte  und  alsdann  nach- 
geschärfte Feile  ersichtlich  gemacht  ist. 

Wie  aus  dieser  Darstellung  bemerkt  werden  kann,  ist  die  Schleif- 
wirkung des  Sandstrahlgebläses  genau  dieselbe,  als  ob  jeder  einzelne 
Feilenzahn  gleichsam  wie  ein  Meifsel  auf  einem  Schleifrade  zugeschärft 
worden  wäre.  Dem  Sandstrahle  bietet  selbstverständlich  die  Härte  der 
Feilenzähne  kein  Hindernifs  dar,  so  dafs  die  abzuschärfenden  Feilen 
nicht  ausgeglüht  zu  werden  brauchen.  Mit  140  bis  250k  stündlichem 
Dampfverbrauch  von  4at  Spannung  können  in  einer  Stunde  und  von 
einem  Arbeiter  1  bis  3  Dutzend  Bastard-  oder  3  bis  6  Dutzend  Halb- 
schlicht- oder  Schlichtfeilen  zugeschärft  werden.  Alfred  Gutmann, 
Maschinenfabrik  in  Ottensen  bei  Hamburg,  bauen  auch  derartige  Sand- 
strahlgebläse. 


Vorrichtung  zum  Umsteuern  von  Dampfmaschinen. 

Mit  Abbildung  auf  Tafel  9. 

Die  fortwährende  Steigerung  der  Dampfspannungen  und  Leistungen 
der  Dampfmaschinen  liefs  es  wünschenswerth  erscheinen,  bei  Förder- 
maschinen, Locomotiven  und  anderen  Maschinen,  welche  mit  öfterem 
Bewegungswechsel  arbeiten,  die  bisher  von  Hand  erfolgte  Umstellung 
durch  Dampfkraft  schneller  und  sicherer  bewerkstelligen  zu  können. 
Von  vielen,  zu  diesem  Zwecke  erbauten  Apparaten  verdient  die  auf 
der  Ausstellung  in  Paris  1889  vertretene  Vorrichtung  der  Compagnie  de 
l'Ouest  wegen  ihrer  einfachen  und  sinnreichen  Construction  Erwähnung. 
Sie  besteht,  wie  die  dem  Genie  civil  1890  *  S.  97  entnommene  Abbildung 
Fig.  12  Taf.  9  zeigt,  aus  einem  wagerechten  Steuerungscjlinder  A  mit 
davorliegendem  Wassercylinder  2?,  der  mit  Wasser  und  Glycerin  gefüllt 
ist  und  zum  Bremsen  der  vom  Steuerungscy linder  ausgehenden  Kraft 
dient.     Die  gemeinschaftliche  Kolbenstange  beider  Cvlinder  bewegt  ein 


174  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

Führungsstück  F,  an  welches  auch  die  mit  der  Coulisse  in  Verbindung 
stehende  Steuerstange  angeschlossen  ist. 

Wenn  der  Maschinenführer  den  zweiarmigen  Hebel  E  aus  seiner 
Mittellage  bringt,  so  ist  zunächst  der  Drehpunkt  des  an  seinem  unteren 
Ende  befestigten  Hebels  />,  welcher  die  Dampfschieber  B  B{  und  den 
Wasserschieber  C  mittels  Zugstangen  bethätigt,  als  Festpunkt  zu  be- 
trachten, da  derselbe  durch  Stange  a,  Hebel  b  und  Zugstange  c  mit  dem 
jetzt  festliegenden  Führungsstück  F  verbunden  ist.  Es  wird  sich  des- 
halb der  Hebel  D  entgegengesetzt  E  drehen  und  durch  Verstellung  des 
Dampf-  und  Wasserschiebers  Dampfeintritt  in  den  Steuerungscylinder, 
sowie  eine  Bewegung  des  Führungsstückes  F  bewirken,  welche  sich 
durch  die  oben  genannten  Zwischenstücke  auch  auf  den  Hebel  Ü 
überträgt. 

Da  nun  jetzt  der  Hebel  E  feststeht,  so  kann  der  obere  Drehpunkt 
von  D  als  Festpunkt  betrachtet  werden  und  es  wird  sich  nun  D  um 
diesen  Punkt,  entsprechend  der  Bewegung  des  Führuugsstückes,  drehen 
und  durch  seine  Verbindungen  den  Dampf-  und  Wasserschieber  wieder 
schliefsen. 

Von  den  beiden  mit  geringen  Ueberdeckungen  arbeitenden  Dampf- 
schiebern B  und  Bl  durchläuft  der  letztere  ungefähr  den  doppelten  Weg 
als  der  erstere,  damit  bei  den  nur  kleinen  Verschiebungen  ein  sicherer 
Dampfabschlufs  erreicht  wird. 

Sobald  demnach  der  Maschinenführer  den  Handhebel  E  in  die  dem 
gewünschten  Füllungsgrade  entsprechende  Lage  gebracht  hat,  erfolgt  die 
selbsthätige  Absperruug  des  Dampfes  vom  Steuerungscylinder.        Fr. 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

Von  dipl.  Ingenieur  Alfred  Haußner,  Privatdocent  an  der  k.  k.  technischen 

Hochschule  Graz. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  118  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  10. 
Für  zwei  Papierstoff  kolländer  mit  lothrechtem  Stoffumlauf  hat  Joshua 
Norton  jr.  in  Portneuf,  Canada,  die  amerikanischen  Patente  Nr.  389  760 
und  Nr.  400110  erhalten.  Diese  ganz  absonderlich  gebauten  Maschinen 
sind  nach  der  in  der  Papierzeitung  erschienenen  Patentbeschreibung  auf 
Taf.  10  Fig.  2  und  3  in  axonometrischen  Bildern  gezeichnet.  Aus  Fig.  2 
erkennen  wir,  dafs  der  Stoffumlauf  in  dem  mittels  der  Winkel  J  auf- 
gehängten Kasten  A  in  der  Weise  stattiinden  soll,  dafs  der  Zeug  ge- 
mäfs  der  durch  den  Pfeil  angedeuteten  Drehungsrichtung  der  Messer- 
walze B  zwischen  diese  und  das  Grundwerk  C  gelaugt.  Das  letztere 
ist  in  der  eigentümlich  aus  Blech  gebildeten  lolhrechten  Mittelwand  l) 
eingelassen   und   durch  Schrauben   c   und   o   festgestellt,  welche   durch 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  175 

eine  hier  weggelassene  Thür  L  stets  zugänglich  sind.  Nachdem  der 
Stoff,  wie  auch  bei  anderen  Holländern  das  Grundwerk  passirt  hat, 
wird  er  gegen  die  unbedeckte  Waschscheibe  iV  geschleudert  und  sinkt 
dann  in  der  zweiten  Holländerabtheilung  hinab,  soll  von  dem  Rührer  G 
mit  schräg  gestellten  Flügeln  g  am  Absetzen  verhindert  und  zum  Auf- 
steigen gegen  die  Messerwalze  vermocht  werden.  Dies  scheint  uns  nun 
in  der  Art  und  Weise,  wie  es  in  der  Patentzeichnung  erkennbar  ist, 
nicht  zuzutreffen,  sicher  ist  die  Befürchtung  gerechtfertigt,  dafs  der 
durch  das  Rohr  J  abgelassene  Zeug  an  Gleichförmigkeit  alles  zu  wünschen 
übrig  lassen  wird.  Auch  scheint  uns  noch  ein  anderer,  nicht  unwesent- 
licher Mangel  dem  Apparate  anzuhaften.  Wenn  die  eigentümliche 
Aufstellungsart  des  Troges  auch  den  Zweck  erreichen  dürfte,  dafs  Platz 
gespart  wird,  so  ist  doch  eine  dauernde,  unveränderliche  Stellung  des- 
selben nicht  zu  erwarten,  wenn  man  an  die  Erschütterungen  denkt, 
welche  beim  Mahlprozesse  im  Holländer  fortwährend  stattfinden.  Man 
erinnere  sich  nur  an  das  dauernde,  durch  diese  Erschütterungen  her- 
vorgerufene kräftige  Geräusch,  welches  den  Holländersälen  eigenthüm- 
lich  ist. 

Der  zweite  Norton 'sehe,  durch  Fig.  3  dargestellte  Holländer  zeigt 
den  äufseren  Kasten,  bezüglich  Trog,  in  ganz  analoger  Art  wie  der 
eben  beschriebene  und  möchten  wir  denselben  auch  aus  den  erwähnten 
Gründen  nicht  empfehlen.  Dagegen  wird  der  Stoffumlauf  in  auf- 
steigender Richtung  von  der  Walze  selbst  besorgt,  ein  ähnliches  Prinzip, 
wie  wir  es  bei  den  bereits  bekannten  Holländern  von  (Jmpherston  und 
Hoyt  haben,  doch  in  anderer  und  nach  unserer  Meinung  weniger  guten 
Ausführung.  Der  Trog  A  wird  nämlich  hier  durch  die  Wand  Z>,  welche 
noch  durch  den  mittels  Getriebe  M  und  Zahnstange  N  auf  und  ab  be- 
weglichen Schieber  D{  erhöht  werden  kann,  fast  genau  in  der  Mitte 
getheilt,  jedoch  so,  dafs  im  unteren  Theile  die  Wand  D  sich  thunlichst 
der  Walzenkrümmung  aupafst  und  nur  wenig  Zwischenraum  zwischen 
ihr  und  den  Messerkanten  bleibt.  Dreht  sich  die  Walze  in  der  Pfeil- 
richtung, so  wird  der  Zeug  zwischen  Grundwerk  und  Walzenmesser 
genommen  und  sodann,  da  man  wegen  der  kurzen  Messer  von  einem 
Schöpfen  kaum  reden  kann,  tangentiell  ausgeschleudert;  er  soll  dadurch 
so  hoch  emporsteigen,  dafs  er  in  gleiche  Höhe  mit  der  Oberkante 
von  D{  gelangt  und  so  wieder  an  der  anderen  Seite  hinabsinken  kann. 
Nehmen  wir  nun  die  für  Holländerwalzen  schon  nicht  unbedeutende 
Umfangsgeschwindigkeit  von  7m  an,  so  erhalten  wir  durch  die  Formel: 

Ä  =  - 

allerdings  eine  Höhe  von  etwa  2m,5  als  möglich.  Doch  gilt  dies  nur 
unter  Berücksichtigung  gar  keiner  Nebenhindernisse,  insbesondere  nicht 
für  das  Aufsteigen  in  dem  vertheilten  Stoffe,  wie  er  hier  den  Trog  füllt. 
Deshalb  möchten  wir  auch  dieser  Anordnung,  trotz    des  vom  Erfinder 


170  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

gerühmten  schnelleren  Stoffumlaufes,  einiges  Mifstrauen  in  Bezug  auf 
ihren  Erfolg  entgegenbringen. 

In  den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  ist  für  gewisse  Papiere 
das  Fertigmahlen  durch  eine  Kegelstoffmühle  Bedingung.  Eine  solche 
Tperfecting  engine"  von  F.  Marshaü  in  Turner's  Falls,  Mass.,  ist  gemäfs 
einer  in  den  Industries  erschienenen  Beschreibung  durch  Fig.  4  Taf.  10 
wiedergegeben.  Auf  dem  Umfange  eines  gufseisernen  Kegels  sind  un- 
gefähr 200  Stahlmesser  G  vorhanden,  welche  den  bei  B  eintretenden 
Stoff  bearbeiten.  Derselbe  gelangt  endlich  an  das  weitere  Ende  und 
zwischen  die  mit  210  Messern  F  armirten,  lothrechten  Mahlflächen  M 
und  tritt  schliefslich  bei  D  aus.  Die  Messerstellung  des  Kegels  kann 
durch  Verschieben  desselben,  indem  Handrad  E  gedreht  wird  — ,  die 
Entfernung  der  Mahlflächen  M  durch  das  Handrad  C,  Schraube  ohne 
Ende  S  und  Wurmrad  W  gestellt  werden,  welches  mittels  eines  Bolzens  J, 
der  in  einen  eingedrehten  Hals  der  Fortsetzung  der  einen  Mahlfläche 
greift,  mit  der  einen  Messerfläche  gekuppelt  ist.  Das  Ganze  ruht  in 
einem  kräftigen  Gufseisengestelle,  so  dafs  ein  ruhiges  Arbeiten  zu  er- 
warten ist.  Das  Endproduct  soll  wenig  Knoten  enthalten.  Die  be- 
schriebene Maschine  verbraucht  bei  300  Umdrehungen  in  der  Minute 
40  bis  50  H\ 

In  Papierfabriken,  welche  gefärbte  Papiere  oder  anderweitige  sorg- 
fältig zu  behandelnde  Qualitätspapiere  fertigen,  empfiehlt  es  sich,  Proben 
zu  nehmen  und  diese  dann  näher  zu  untersuchen.  Besonders  beim 
Färben  des  Zeuges  kann  dann,  wenn  Versuche  mit  dem  Inhalte  eines 
grofsen  Holländers  gemacht  werden,  leicht  ein  Verderben  der  ganzen 
Holländerleere  eintreten.  Es  empfiehlt  sich  also,  kleinere  Mengen  für 
Versuche  zu  benutzen,  und  sind  für  diesen  Zweck  die  von  C.  Joachim 
und  Sohn  in  Schweinfurth  gebauten  kleinen  Versuchsholländer  sehr  prak- 
tisch. Der  in  einem  Stücke  gegossene  Trog  ist  850mm  lang,  420mm 
breit  und  180mm  tief.  Die  Ausstattung  ist  jener  der  grofsen  Holländer 
ganz  entsprechend.  Der  Antrieb  wird  nach  Bedarf  mit  Hand  durch 
eine  Frictionsräder-Uebersetzung  bewirkt,  auch  kann  Kraftbetrieb  ge- 
wählt werden. 

Sehr  unangenehme  und  ungebetene  Gäste  bei  der  weiteren  Ver- 
arbeitung des  fertig  gemahlenen  Zeuges  sind  die  sogen.  Katzen.  Es 
sind  dies  bekanntlich  Fasern,  die  sich  zu  einem  längeren  Strange  zu- 
sammensetzen, häufig  dann  mit  dem  übrigen  Stolle  zur  Papiermaschine 
gelangen  und  zu  mancherlei  Ausschufs  oder  unschönem  Aussehen  der 
Papiere  Anlafs  geben.  Es  gibt  bis  jetzt  keine  Erklärung  der  Entstehung 
derselben,  die  allgemein  gelten  könnte;  dafs  das  Rütteln,  überhaupt  die 
oft  stofsweise  Bewegung  des  Zeuges  viel  zur  Bildung  derselben  beiträgt, 
ist  leicht  einzusehen.  Und  doch  ist  selbst  bei  schmierigem,  lang  ge- 
mahlenem Stoffe  durchaus  nicht  immer  Katzenbildung  vorhanden  und 
mag  nur  der  Ausspruch  eines  alten  Papiermachers  erwähnt  werden,  der 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  177 

die  Behauptung  ausspricht,  dafs  in  jedem  Falle,  bei  beliebigem  Zeuge 
dieselbe  vermiedeu  werden  kann.  Allerdings  ist  hierfür  eingehende  uud 
lang  andauernde  Beobachtung  jedes  einzelneu  Theiles  der  einschlägigen 
Maschinen  nothwendig.  Es  scheint  uns  keineswegs  die  Behauptuug  un- 
begründet, dafs  der  Grund  für  die  Katzenbildung  bereits  im  Lumpen - 
sortirsaale  gelegt  wird.  Wenn  nämlich  die  Näthe,  welche  den,  gegenüber 
den  eigentlichen  Gewebstheilen,  gewöhnlich  viel  widerstandsfähigeren 
Zwirn  enthalten,  nicht  mit  peinlicher  Sorgfalt  entfernt  werden,  so  bildeu 
sich  ganz  fröhlich  bereits  im  Holländer  die  schönsten  Katzen.  Die  Walze 
wird  ja  so  gestellt,  damit  sie  die  Lumpen  ordentlich  zerfasert,  der  Zwirn 
fällt  dann  heraus,  bleibt  fast  unzermahlen.  Dann  hängt  sich  der  lange 
Faden  am  Sattel,  an  der  Zwischenwand  oder  an  rauheren  Theilen  fest, 
die  Bewegung  der  Holländerfüllung  läfst  ihn  hin  und  her  schwingen,  er  fafst 
so  weiters  Fasern  und  die  Katze  ist  fertig.  Läfst  man  dann  den  Holländer 
ab.  so  kann  man  sich  glücklich  schätzen,  wenn  die  Katze  nicht  durch 
die  energischere  Stoffbewegung  gegen  die  AbströmungsöfFnung  los- 
gelöst wird  und  den  gleichmäfsigeren  Stoff  gänzlich  verdirbt.  Einiger- 
mafsen  kann  dem  nur  gesteuert  werden,  wenn  die  Holläudermüller  ge- 
wissenhaft genug  sind  und  mit  gröfster  Sorgfalt  das  Umrühren  besorgen. 
Wir  erkennen  dieses  also  nicht  blofs  als  nothwendig  für  die  Circulation, 
insbesondere  bei  den  bisher  nocb  meist  üblichen  Holländerconstructionen, 
sondern  auch  für  die  Vermeidung  der  Katzen.  Es  kann  dadurch  doch 
erreicht  werden,  dafs  die  gröberen  widerstandsfähigeren  Theile  halb 
und  halb  zerfasert  werden.  Ein  weiterer  Umstand,  auf  den  als  sehr 
mitbeteiligt  bei  der  Katzenbildung  in  neuester  Zeit  hingewiesen  wurde, 
ist  der  Zutritt  von  Luft.  In  der  That,  denken  wir  uns  etwa  einen 
Rührer  in  einer  Stoff'bütte  so  beschaffen,  dafs  rauhere  Theile  vorhanden 
sind,  an  welche  sich  Fasern  fester  ansetzen,  die  sodann  mit  Luft  in 
Berührung  kommen,  so  wird  die  Feuchtigkeit  der  Fasern  etwas  ver- 
dunsten; diese  werden  dann  mehr  das  Bestreben  zeigen,  feuchtere 
Fasern  an  sich  zu  ziehen  und  so  zur  Katzenbilduug  Aulafs  geben.  Bei 
Knotenfängern,  in  welchen  wirbelnde  Luft  die  durchgegangenen  Fasern 
trifft  und  so  etwas  trocknet,  kann  dies  besonders  leicht  geschehen.  Dafs 
dabei  auch  die  Veriilzuugsfähigkeit  der  Faser  bedeutend  mitwirken  kann, 
ist  wohl  auch  klar. 

Ein  interessanter,  wenn  auch  nicht  ganz  einfacher  Stojfregulator  für 
Papiermaschinen  ist  der  durch  Amerikanisches  Patent  Nr.  394306  ge- 
schützte Apparat  von  Lxjman  E.  Smith  in  Mittineague,  Massachusetts. 
Er  ist  auf  Taf.  10  Fig.  5  und  5a  gemäfs  der  Patentbeschreibung  (vgl. 
Papier  Zeitung,  1889  Nr.  11)  versiunlicht.  In  eine  Stoff  bütte  wird  durch 
das  Rohr  G  der  Stoff  gepumpt.  Die  Bütte  ist  durch  die  Wand  B  in 
zwei  ungleich  grofse  Haupträume  getheilt.  Der  kleinere  vou  die.-en  i-t 
noch  durch  die  Wand  C  in  zwei  gleich  grofse  Räume  E  uud  /  ge* 
trennt,  vou  welchen  £  durch  das  Rohr  H  mit  der  Papiermaschine  um!  /•' 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  4.  1890/tll.  I.' 


178  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

durch  das  Rohr  J  mit  jenem  Räume  verbunden  ist,  aus  welchem  der 
Stoff  in  die  Bütte  gelangt.  Wenn  keine  weiteren  Vorkehrungen  ge- 
troffen wären,  würde  sich  der  Stoff  gleichmäfsig  über  die  Wand  B  in 
die  Räume  E  und  F  ergiefsen.  Dies  wird  aber  verhindert  einerseits 
durch  die  Klappe  K  auf  der  Achse  J{ ,  andererseits  durch  die  selbs- 
thätig  zu  verstellende  Platte  03.  Die  Klappe  K  wird  von  vornherein 
der  Dicke  des  gewünschten  Papieres  entsprechend  gestellt,  und  kann 
somit,  da  K  auf  der  Wand  B  aufliegt,  nur  seitlich  von  dieser  Stoff 
nach  E  und  F  gelangen  und  zwar  nach  E  nur  zwischen  den  Platten  K 
und  03.  Die  selbsthätige  Klappe  03  bat  nun  ihre  Achse  in  einer  Fort- 
setzung; P  der  Wand  B  und  deckt  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen 
die  linke  Kante  von  03  die  linke  Kante  der  Wand  P  (Fig.  5a).  Zur 
Regulirung  ist  nun  weiter  ein  einerseits  aufgehängter  Schwimmer  L  vor- 
handen, an  welchem  ein  Fortsatz  N  befestigt  ist,  der  zwischen  die 
Zinken  der  Gabel  O  greift,  welche  mit  03  und  einem  weiteren  Arm 
für  das  Gegengewicht  02  einen  dreiarmigen  Hebel  bildet.  Die  gewöhn- 
lichen Schwankungen  in  der  Höhe  des  Stoffes  im  Räume  Z),  hervor- 
gerufen durch  das  stofs weise  Eintreten  von  Stoff  durch  das  Rohr  (r, 
bewirken  keine  Aenderung  in  der  Stelluug  der  Gabel  und  damit  auch 
der  Platte  03,  indem  dabei  N  nur  zwischen  den  Zinken  der  Gabel 
spielt.  Wird  jedoch  z.  B.  der  Stoff  viel  dicker,  so  dafs  er  weniger 
rasch  über  B  abfliefsen  kann,  so  steigt  auch  der  Schwimmer  L  mehr; 
iV  drückt  auf  die  eine  der  Zinken,  dreht  somit  den  dreiarmigen  Hebel, 
also  auch  die  Platte  03  etwa  in  die  gestrichelte  Stellung,  und  der  Stoff- 
zutritt in  den  Raum  E  wird  eventuell  ganz  unterbrochen,  unter  ge- 
wöhnlichen Umständen  jedoch  nur  soweit  beschränkt,  dafs  die  gröfsere 
Dicke  des  Stoffes  durch  den  verminderten  Zuflufs  in  den  Raum  J£,  also 
auch  zur  Papiermaschine,  wett  gemacht  wird. 

Viel  Verdrufs  verursachen  den  Papierfabrikanten  die  mehr  oder 
weniger  kleinen  Metallspäne,  welche  mit  dem  Stoffe  auf  die  Maschine 
gelangen  und  ihr  Entstehen  verschiedenen  Ursachen  verdanken.  Trotz 
der  vor  der  Papiermaschine  angebrachten  Sandfänge  sind  dieselben  doch 
noch  meist  in  dem  auf  die  Maschine  fliefsenden  Stoffe  vorhanden.  Das 
D.R.P.  Nr.  48401,  ertheilt  an  Charles  H.  Atkins  in  Boston,  Massachusetts, 
Nordamerika,  betrifft  nun  eine  Art  verbesserten  Sandfang,  welcher  diesem 
Uebelstande  gänzlich  abhelfen  soll. 

Wir  sehen  in  Fig.  6  Taf.  10  vorerst  Hindernisse  in  Stufen  A  A{ 
wie  bei  den  gewöhnlichen  Sandfängen  eingeschaltet.  Doch  haben  wir 
in  den  oberen  spitzen  Winkeln  bei  B  kleine  Quecksilberbäder  und  unter 
der  Mitte  der  schiefen  Ebenen  Elektromagnete  angebracht.  Dadurch 
wird  erreicht,  dafs  während  des  Abwärtsfliefsens  des  Stoffes  sämmt- 
liche  mitgerissene  Eisentheilchen  in  den  Wirkungskreis  der  Elektro- 
magnete gelangen,  dort  festgehalten  werden  und  die  mitgegangenen 
Metalltheile,  Bleispänehen  u.  s.  w.  im  Quecksilber  sich  auflösen.     Für 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierl'abrikation.  179 

die  Rinne  wird  eine  einzige,  passend  gebogene  Kupferblechplatte  vor- 
geschlagen. Es  mag  nicht  geleugnet  werden,  dafs  der  Apparat  seinem 
Zwecke  entsprechen  kann.  Doch  ist  dessen  Anwendung  eine  Frage 
der  Oekonomie. 

Als  recht  lästiger  Begleiter  des  Stoffstromes  über  den  Sandfang 
und  auch  weiterhin  bis  zu  den  Linealen  auf  der  Papiermaschine  ist  der 
oft  auftretende  Schaum.  Vielfach  gilt  das  unrichtige  Verhältnifs  zwischen 
Alaun  und  Leim  als  Ursache  desselben  und  wird  empfohlen,  vor  dem 
Auffliefsen  auf  den  Sandfang  tropfenweise  Alaunlösung  zutreten  zu 
lassen.  Doch  ist  auch  die  energischere  Bewegung  bei  stärker  geneigten 
Sandfängen  mit  Anlafs  und  wird  deshalb  eine  kleinere  Neigung  und 
von  einem  alten  Papiermacher  (vgl.  Papier  zeitung ,  1888  Nr.  60)  das 
Tieferlegen  des  Sandfangs  (!)  beim  Auffliefsen  empfohlen.  Geht  dies 
nicht  an,  so  hilft  Oel  oder  Erdöl,  wie  bekannt,  und  bewährt  sich  ein 
dichter  Filzbeutel  mit  Oel  gefüllt,  unter  dem  der  Stoff  streicht,  für  diesen 
Zweck  erfabrungsgemäfs  sehr  gut. 

Eine  verhältnifsmäfsig  bedeutende  Anzahl  von  verschiedenartigen 
Neuerungen  liegen  über  Knotenfänger  vor.  Zur  Beförderung  des  Stoff- 
durchlasses wird  eine  Luftverdünnung  angewendet.  Eine  derartige 
Neuerung  finden  wir  z.  B.  bei  dem  durch  D.R.  P.  Nr.  46  132  geschützten 
Knotenfänger  von  Ludwig  Beger  in  Fockendorf  bei  Treben  und  ist  die 
interessante  Maschine  gemäfs  der  Patentbeschreibung  in  Fig.  7  und  8 
Taf.  10  gezeichnet.  Aufser  dem  Erwähnten  ist  noch  als  Besonderheit 
zu  erwähnen,  dafs  zur  Aenderung  der  Schlitzweite  für  verschieden- 
artigen Stoff  nicht  andere  Platten  genommen  werden  müssen,  sondern 
dies  durch  Verstellen  der  strahlenförmig  angebrachten  Knotenfang- 
platten F  geschieht.  Wir  finden  auf  der  lothrechten  Welle  B  den 
Kegel  A  festgeschraubt,  der  seinerseits  die  Nabe  G  und  die  durch 
Arme  H  mit  ihr  verbundene  cylindrische  Wandung  D  trägt.  In  G 
und  /?,  in  derselben  Wagerechten,  befinden  sich  Nuthen  £,  in  welche 
die  Knotenfängplatten  F  eingeschoben  werden.  Diese  sind  an  den 
Seiten  abgeschrägt  und  regelt  sich  nach  deren  gegenseitiger  Ent- 
fernung die  Schlitzweite,  welche  nach  erfolgter  Einstellung  unver- 
ändert bleibt. 

Der  Stoff  fliefst  auf  die  Platten  F  zwischen  Ring  D  und  Nabe  G, 
dringt  durch  die  Schlitze  in  den  Trog  L,  erreicht  endlich  den  Auslauft 
und  fliefst  über.  Der  letztere  ist  höher  als  der  Boden  des  Knoten- 
fanges gelegt ;  es  wird  dadurch  erreicht,  dafs  die  Schlitze  eher  vor  dem 
Verstopfen  bewahrt  werden,  insbesondere,  wenn  man  bedenkt,  dafs  die 
lothrechte  Welle  B  und  mit  ihr  die  Platten  F  eine  auf  und  ab  gehende 
Bewegung  erhalten,  so  bei  einer  Bewegungsrichtung  die  Flüssigkeit  in 
den  Cylinderraum  D  gedrängt  und  bei  der  entgegengesetzt  gerichteten 
Bewegung,  nach  aufwärts,  durch  die  Platten  gesaugt  wird.  Diese  auf 
und  ab  gehende  Bewegung  wird  durch  eine  schwingende  Drehbewegung 


180  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

der  Welk'  li  mittele  der  Kurbel  H.  an  welche  eine  Schubstange  greift, 
und  der  Schraube  M  in  der  festgestellten  Mutter  N  erzielt. 

Eine  sehr  hübsche  Ausführung  ist  der  Knotenfänger  der  Maschinen- 
bauanstalt Golzern  (D.  R.  P.  Nr.  39  217),  welcher  in  Fig.  9  und  10  Taf.  10 
Dach  einer  von  der  genannten  Anstalt  freundlichst  zur  Verfügung  ge- 
stellten Zeichnung  dargestellt  ist.  In  einem  der  Hauptsache  nach  gufs- 
eisernen  Troge  sind  seitlich  Kästen  6,  b{  angebracht.  Durch  b  lindet 
der  Stoffzulauf  statt  und  ergiefst  sich  der  Stoff  durch  die  Oeflhungen  p 
in  die  Thäler  zwischen  die  schief  gestellten  Knotenfangplatten,  um  in 
der  Richtung  der  angegebenen  Pfeile  senkrecht  zu  den  Platten  durch- 
zugehen. Diese  sind  aus  Bronze  mit  gefrästen  Schlitzen  hergestellt, 
zwischen  seitliche  Leisten  eingeschoben,  oben  durch  Bügel  und  Schraube 
und  aufserdem  noch  seitlich  durch  Keile  festgelegt.  Sie  sind  dadurch 
leicht  und  rasch  auswechselbar.  Zur  Beförderung  des  Stoffdurchganges 
sind  die  keilförmigen  Saugkörper  C  vorhanden,  welche  mit  den  Gummi- 
rahmen n  sich  an  die  Seitenwände  und  die  Abfallrinuen  f  schliefsen. 
Dieselben  werden  durch  Excenter  und  Schubstange  von  der  etwa  mit 
400  bis  500  Umläufen  in  der  Minute  sich  drehenden  Welle  D  auf  und 
ab  bewegt.  Dadurch  wird  eine  geräuschlose  Schüttel-,  eigentlich  Saug- 
bewegung erzielt  und  der  Durchtritt  des  feinen  Stoffes  befördert,  der 
dann  durch  d  in  den  Ablauftrog  b{  und  über  den  Auslauf  k  abfliefst. 
Schwerere  Theile,  Sand,  Metallspäne  u.  dgl.  werden  schon  zwischen 
den  Knotenplatten  herabsinken,  in  die  Ablaufrinnen  f  gelangen  und 
können  von  dort  nach  erfolgtem  Anheben  der  durch  das  Birngewicht  e 
geschlossenen  Klappe  l  entfernt  werden. 

Diese  Knotenfänger  sind  bei  verschiedenartigen  Stoffen  schon  mehr- 
fach in  Gebrauch  und  sollen  sich  gut  bewährt  haben.  Der  Durchflufs 
kann  regelmäfsig  stattfinden,  was  auf  die  Gleichförmigkeit  des  Papier- 
gewichtes wesentlich  günstig  wirken  wird.  Die  Reinigung  der  Platten 
erfolgt  je  nach  der  Art  der  Benutzung  alle  12  oder  24  Stuuden. 

Ebenfalls  auf  die  Wirkung  einseitigen  Luftdruckes  wird  bei  dem 
neuen  Patente  von  P.  H.  Cragin  in  Pen  Yan,  New  York,  gerechnet 
(Amerikanisches  Patent  Nr.  403 577).  Der  Knotenfänger  ist  nach  der 
in  der  Papierzeitung  erschienenen  Patentbeschreibung  in  Fig.  11  und  12 
Taf.  10  gezeichnet.  Es  sind  Siebplatten  f  an  der  Ober-  und  Unterseite 
eines  Troges  C  angebracht,  der  innerhalb  eines  gröfseren  Kastens  A  sich 
befindet.  Zwischen  diesen  beiden  Platten  schwingen  die  Stücke  B  um 
die  Achse  L.  In  Fig.  12  sehen  wir  den  rechten  Theil  von  B  nach  ab- 
wärts geschwungen  gezeichnet.  Hiervon  wird  erwartet,  dafs  der  Luft- 
druck den  Stoff  durch  den  oberen  Deckel  drückt,  während  B  selbst 
einen  gleich  grofsen  Theil  durch  die  untere  Knotenfangplatte  befördert. 
Selbst  angenommen,  dafs  B  nicht  blofs  wie  ein  Rührer  wirkt,  indem 
ja  eigentlich  gar  kein  besonderes  Hindernifs  vorhanden  ist,  dafs  der,  in 
der  Zeichnung,  uuterhalb  B  verdrängte  Stoff  einfach  um  den  Körper  B 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  181 

herum  nach  der  oberen  Seite  ausweicht,  so  dürfte  doch  zwischen  den 
beiden  Platten  durch  die  Oeffnungen  g  ein  anders  gereinigter  Stoff'  als 
der  auch  durch  die  untere  Siebplatte  durchgegangene  nach  dem  Aus- 
lautraume e  gelangen.  Daran  hindern  auch  wohl  die  Stäbe  b  nicht, 
welche  den  Uebertritt  des  Stoffes  rechts  der  Achse  von  B  nach  der 
linken  Seite  derselben  hindern  sollen.  Unter  den  geschilderten  Um- 
ständen dürfte  auch  nicht  viel  von  der  Wirksamkeit  der  durch  Trieb  s 
und  Zahnstange  r  hin  und  her  bewegten  Reinigungsstreifen  p  aus  Filz 
oder  Gummi  zu  erwarten  sein. 

Das  Neue  an  dem  durch  Amerikanisches  Patent  Nr.  383026  ge- 
schützten  Knotenfänger  von  Martin  V.  Streeter  in  Franklin  Falls,  New 
Hampshire,  ist  eine  durch  continuirlich  sich  bewegende  Schaber  wirkende 
Reinigungsvorrichtung  der  Siebplatten.  Nach  der  in  der  Papierzeitung 
erschienenen  Patentbeschreibung  ist  in  Fig.  13  Taf.  10  eine  Zeichnung 
gegeben,  in  welcher  H  die  erwähnten  Schaber  sind.  Sie  sind  an  einer 
endlosen  Kette  G  befestigt,  welche  von  dem  Kettenrade  F  mit  Zähnen  f 
bewegt  werden.  Die  Siebplatten  B  sind  am  Boden  des  aus  den 
Wänden  A,  A{  gebildeten  Troges  befestigt,  und  gleiten  über  dieselben 
die  durch  das  Eigengewicht  aufruhenden  Schaber  H.  Es  wird  erwartet, 
dafs  dieselben  die  gröberen,  auf  den  Platten  liegen  gebliebenen  Unreinig- 
keiten  bei  ihrer  Bewegung  in  der  Pfeilrichtung  mitnehmen  und  dann 
auf  die  schiefe  Ebene  A2  auswerfen.  Es  mag  aber  die  Befürchtung 
ausgedrückt  werden,  dafs  durch  die  Schaber  H  vielleicht  Fasern  in  die 
Schlitze  gedrückt  werden,  die  dort  nicht  hineingehören  und  so  die 
Schlitze  verlegen. 

Einen  ebenfalls  mit  saugender  Wirkung  construirten  Knotenfänger 
von  Bernard  Eilers  jr.  in  Rochester,  N.-J.  (Amerikanisches  Patent 
Nr.  402426),  stellt  nach  der  in  der  Papierzeitung  erschienenen  Patent- 
beschreibung Fig.  14  Taf.  10  dar.  Derselbe  kann  auch,  wenn  D  ein 
passendes  Sieb  bedeutet,  ganz  gut  zur  Holzschliffsortirung  verwendet 
werden.  Die  Bodenplatte  E  ist  durch  Lederstreifen  5  mit  dem  unteren 
Rahmen  li  verbunden.  Dadurch  ist  es  möglich,  dieselbe  mittels  zweier 
oder  dreier  Excenter  G  auf  der  Welle  F  und  der  Schubstangen  //, 
die  mit  der  Bodenplatte  E  verbunden  sind,  in  auf  und  ab  erfolgende 
Schwingungen  zu  versetzen  und  so  die  erwähnte  Saugwirkung  zu  er- 
zielen. Das  Ablaufrohr  J  im  Boden  E  hindert  diese  Bewegungen  keines- 
wegs, indem  dasselbe  durch  die  nachgiebige  Lederdichtung  K  mit  der 
weiteren  Abflufsleituno   verbunden  ist.  (Schluß  folgt.) 


182  Neues  galvanisches  Element. 

Neues  galvanisches  Element. 

Mit  Abbildung  auf  Tafel  9. 

Das  neue  galvanische  Element,  erfunden  von  Herrn  A.M.Imsc/ienetzky  l, 
unterscheidet  sich  in  sehr  vielen  Hinsichten  wesentlich  von  allen  sonst 
üblichen  galvanischen  Elementen.  Seine  hauptsächlichste  Eigenthüm- 
lichkeit  besteht  darin,  dafs  der  Ziukverbrauch  sehr  gering,  geringer  selbst 
als  der  theoretische  ist.  Dieses  wird  durch  die  sehr  glücklich  getroffene 
Wahl  der  Elektricitätserreger  erreicht:  amalgamirtes  Zink  in  einer 
Lösung  von  unterschwefligsaurem  Natron  (Na.2S203)  und  Kohle  in  einer 
Lösung"  von  Chromsäure  (seltener  Uebermangansäure). 

Die  Einrichtung  des  Elementes  ist  folgende:  In  einen  eisernen,  von 
innen  parafiinirten  Kasten  a  von  25cm  Länge,  15cm  Breite  und  18cm,75 
Höhe  wird  ein  etwas  kleinerer  Kasten  b  von  paraftinirter  Pappe  gestellt 
und  wasserdicht  mit  dem  ersten  Kasten  durch  Paraftin  verbunden.  Der 
zweite  Kasten  ist  durch  8  Querwände  aus  porösem  Thon  in  9  Ab- 
theilungen (I  ....  9)  getheilt;  von  diesen  dienen  4  (2,  4,  6\  8)  zur 
Aufnahme  der  amalgamirten  Zinkplatten  und  5  (/,  3,  3,  7,  9)  zur  Auf- 
nahme der  Kohleelektroden.  Alle  Zinkplatten  und  alle  Kohleplatten 
sind  unter  einander  verbunden.  Die  Kohleelektroden  sind  auf  besondere 
Weise  hergestellt  und  besitzen  vor  den  gewöhnlichen  Gaskohle-  und 
Kokselektroden  sehr  bedeutende  Vorzüge.  Sie  werden  aus  einer  Mischung 
von  Graphitpulver  und  geschmolzenem  Paraftin,  welche  in  dünner  Schicht 
auf  Kupferdrahtnetze  geprefst  wird,  hergestellt.  Die  so  hergestellten 
Elektroden  sind  biegsam,  unzerbrechlich,  sehr  leicht,  sehr  leitungsfähig 
und  gestatten  keinerlei  wässeriger  Lösung  einen  Durchgang,  so  dafs  die 
Säuren  nie  bis  zu  den  Contacten  emporsteigen  und  dieselben  zerfressen 
können. 

Ebenfalls  sehr  praktisch  ist  die  Art  des  Füllens  und  Entleereus 
der  Elemente.  Die  Elemente  werden  reihenweise  über  einander  ge- 
stellt. Darauf  füllt  man  durch  zwei  flache  viereckige  Trichter,  welche 
in  die  Seitenabtheilungen  C,  C  gestellt  werden,  diese  mit  Chromsäure- 
bezieh.  Natriumhyposuliitlösung.  Aus  den  Seitenabtheilungen  treten  die 
Flüssigkeiten  durch  die  nahe  am  Boden  befindlichen  Oeffnungen  rf,  d  in 
die  ihnen  zukommenden  Abtheilungen:  die  Hyposulfitlösung  in  2,  4,  ß,  <S', 
die  Chromsäurelösung  in  f,  3,  5,  7,  9.  Wenn  die  Flüssigkeit  eine  ge- 
wisse Höhe  erreicht  hat,  fliefst  sie  durch  die  senkrechten,  durch  den 
Boden  gehenden  Glasröhren  e,  e  in  den  betreffenden  Trichter  des  nächsten 
unteren  Elementes.  Aus  dem  untersten  fliefst  der  Ueberschufs  der  Flüssig- 
keiten in  zwei  getrennte  Behälter. 

Uni  ein  rasches  Entleeren  der  Elemente  zu  erreichen,  sind  die  ein- 
zelnen Abt  heil  ungen  mit  den  Oeffnungen  /",  f  im  Boden  versehen,  welche 
in  zwei  mit  Hähnen  versehene  Röhren  <?,  g  münden. 

1  Electritschestwo,  1890  Heft  7  und  8.  1889  Heft  10  und  11. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritust'abrikalion.  183 

Die  Zusammenstellung  der  Erregungsflüssigkeiten  —  Chromsäure 
und  Natriumhyposulfit  —  mufs  als  sehr  zweckentsprechend  bezeichnet 
werden.  Sie  läfst  nicht  blofs  eine  sehr  hohe  Potentialdifferenz  — 
2,15  Volt  —  und  einen  sehr  geringen  Zink  verbrauch  —  etwa  80  bis 
SS  Proc.  des  theoretischen  —  erreichen,  sondern  gewährt  noch  einen  an- 
deren grofsen  Vortheil.  Beim  Zusammentreffen  der  Chromsäure-  und 
der  Natriumhyposulfitlösung  in  der  porösen  Thonwand  entsteht  als  sehr 
dünne  Membrane  ein  unlöslicher  Niederschlag  von  Chromoxyd.  Diese 
Membrane  besitzt  alle  Eigenschaften  der  (zuerst  von  Pfeffer  untersuchten ) 
halbdurchlässigen  Wände,  nämlich  nur  das  Lösungsmittel,  keineswegs 
aber  den  gelösten  Stoff  hindurchtreten  zu  lassen.  Eine  Zersetzung  der 
Lösungen  durch  gegenseitige  chemische  Einwirkung  ist  auf  diese  Weise 
vollkommen  ausgeschlossen. 

Die  Potentialdifferenz  ist,  wie  erwähnt  2,15  Volt,  der  innere  Wider- 
stand, dank  der  grofsen  Elektrodenoberfläche,  blofs  0,06  Ohm.  Bei 
einem  äufseren  Widerstände  von  0,33  Ohm  sank  die  Potentialdifferenz 
im  Verlaufe  von  20  Stunden  gleichmäfsig  auf  1,4  Volt,  während  der 
innere  Widerstand  gleichmäfsig  auf  0,3  Ohm  stieg.  Dieses  Wachsen 
des  inneren  Widerstandes  ist  dem  aus  der  Chromsäure  entstehenden 
Chromoxyd  zuzuschreiben.  Dasselbe  löst  sich  in  der  Chromsäure  zu 
Chromchromat  auf.  Um  das  Chromoxyd  zu  entfernen,  wird  es  mit 
Kalk  gefällt  und  das  dabei  entstehende  Calciumchromat  durch  Schwefel- 
säure zersetzt. 

Das  Element  arbeitet  sehr  billig,  da  die  zu  verwendenden  Materialien 
im  Grofsen  dargestellt  werden  und  billig  im  Verkauf  zu  haben  sind. 
Der  Erfinder  hat  aufserdem  eine  billige  Methode  erfunden,  die  Chrom- 
säure aus  dem  Chromoxyd  zu  regeneriren. 

Auf  die  vom  Erfinder  aufgestellte  Theorie  der  galvanischen  Elemente, 
welche  in  vielen  Punkten  von  den  sonst  angenommenen  abweicht,  kann 
hier  nicht  näher  eingegangen  werden.  Luther. 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  130  d.  Bd.) 

Ueber  lnvertin  hat  auch  A.  Fernbach  Untersuchungen  ausgeführt 
(Centralblatt  für  Bakteriologie  Bd.  6  S.  668).  Derselbe  prüfte  den  Einflufs, 
welchen  Aenderungen  in  der  Reaction  auf  die  Wirkung  des  Invertins 
ausüben,  ferner  den  Einflufs  des  Lichtes  und  des  Sauerstoffs.  Bei  ab- 
gestuftem Zusatz  kleiner  Mengen  verdünnter  Sodalösung  zur  ursprüng- 
lich schwach  sauer  (Oxalsäure)  reagirenden  Zuckerlösung  wurde  eine 
entsprechende  allmähliche  Verminderung  der  invertireuden  Wirkung  fest- 
gestellt. Gleiche  Mengen  des  Ferments  können  deshalb  unter  scheinbar 
gleichen   Bedingungen   möglicherweise    sehr  ungleiche   Quantitäten   von 


184  Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

Zucker  invertiren,  wenn  nämlich  die  Reaction  sich  ändert.  Schon  durch 
die  Ent wickelung  von  Mikroorganismen,  welche  die  Reaction  ändern, 
können  auf  diese  Weise  Unterschiede  entstehen. 

Sauerstoff  vermindert  ebenfalls  die  Wirksamkeit  des  Fermentes,  aber 
nur  in  alkalischer  Lösung;  in  neutraler  oder  schwach  alkalischer  Lösung 
ist  dieser  Eintlufs  nur  gering,  in  saurer  ist  er  gar  nicht  vorhanden. 
Sonnenlicht  besitzt  auf  das  Ferment  im  Vacuum  keine  Einwirkung, 
Lichtzutritt  bewirkt  Oxydation  und  begünstig!  die  Vernichtung  der  Wir- 
kung. Die  sauere  Reaction  wirkt  im  dunkeln  Raum  der  Oxydation  ent- 
gegen  und  befördert  diese  bei  Einwirkung  des  Lichtes.  (Nach  Wochen- 
schrift für  Brauerei  Bd.  7  S.  254). 

Ueber  Milchsäuregährung  schreibt  H.  Scholl  im  botanischen  Centralblatt. 
Bd.  7  S.  310.  Der  Verfasser  wendet  sich  gegen  die  Ansicht  Fokkere 
(vgl.  1890  275  140)  und  führt  Gährversuche  an,  welche  er  mit  Lösungen 
von  Milchzucker  unter  Zusatz  von  Fleischextract,  Eiweifs,  Eigelb,  Fibrin 
und  Pepton  bei  gleichzeitiger  Infektion  mit  Milchsäureferment  angestellt 
hat  und  welche  den  Beweis  dafür  lieferten,  dafs  das  Casei'n  nicht,  wie 
Fokker  annimmt,  die  Rolle  eines  Fermentes,  sondern  zunächst  diejenige 
eines  stickstoffhaltigen  Nährstoffes  für  die  Bakterien  ausübt,  denn  es 
zeigte  sich,  dafs  die  Säurebildung  um  so  gröfser  war,  je  gröfser  die 
Nährkraft  der  in  den  betreuenden  Lösungen  vorhandenen  Eiweifskörper 
ist.  Würde  aber  die  Milchsäuregährung  durch  ein  chemisches  Ferment 
herbeigeführt,  so  hätte  die  Menge  des  vergohrenen  Zuckers  von  der 
Menge  des  gegenwärtigen  Eiweifsstoffes  abhängig  sein  müssen.  Auf  die 
weiteren  rein  theoretischen  Ausführungen  des  Verfassers  können  wir 
hier  nur  hinweisen,  ebenso  auf  eine  Arbeit  Fnkker's  in  den  Therapeutischen 
Monatsheften,  Bd.  8  S.  127,  in  welcher  derselbe  die  von  Scholl  ange- 
führten Gründe  gegen  seine   früheren  Behauptungen  nicht  anerkennt. 

Ueber  Milchsäuregährung  bringt  die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie 
Bd.  13  S.  93  als  Antwort  auf  eine  Anfrage  folgende  Mittheilung:  „Es 
sind  verschiedene,  die  Milchsäuregährung  erregende  Fermente  bekannt 
und  auch  rein  dargestellt  worden.  In  Brennereimaischen  ist  aufser  dem 
bekannten  Stäbchenferment  noch  der  von  Lindner  beschriebene  Pedio- 
coecus  Acidi  Lactici  (ebendaselbst  Bd.  10  S.  169)  isolirt  worden.  Ob 
das  stäbchenförmige  Milchsäureferment  wieder,  ähnlich  wie  die  Hefe, 
in  verschiedene  Arten  getrennt  werden  kann,  ist  bisher  nicht  bekannt. 
Auch  in  der  sauren  Milch  sind  verschiedene  Milchsäuregährung  er- 
regende Fermente  gefunden  worden.  Wir  wollen  noch  bemerken,  dafs 
die  Frage  der  Reincultur  auch  bezüglich  der  Milchsäurebildung  in  den 
Maischen  von  Werth  werden  kann,  insofern  es  möglich  ist,  ebenso  wie 
Hefereinculturen  Reinculturen  von  Milchsäureferment  herzustellen,  welche 
für  die  Einleitung  einer  reinen  Milchsäuregährung  im  Brennereibetriebe 
zur  Verwendung  gelangen  können." 

Milchsäure  in  der  Melasse  haben  Ä*.  Beythien,  F.  Parcu»  und  li.  Tollem 


IVber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  185 

nachgewiesen.  Zur  Prüfung  der  Melasse  auf  Milchsäure  wurden  die 
Verfasser  durch  die  von  ihnen  gemachte  Beobachtung  geführt,  dafs 
durch  Einwirkung  von  Kalk  oder  Strontian  auf  Rohrzucker  Milchsäure 
entsteht.  Die  Menge  der  in  der  Melasse  gefundenen  Milchsäure  betrug 
bis  zu  0,5  Proc.  (Liebig's  Annalen  der  Chemie,  Bd.  255  S.  228). 

Untersuchungen  über  Fäulnifsorganismen  theilt  H.  W.  Daüinger  im 
Journal  of  the  Royal  Microscopical  Society,  1888  Bd.  2  S.  177,  mit. 

Neue  Untersuchungen  über  den  Ein  flu  fs  einiger  physikalischer  Bedin- 
gungen auf  das  Leben  der  Mikroorganismen  veröffentlichen  Bonardi  und 
Gerosa  in  Ar  eh.  ital.  de  Biol.  12  S.  89.  Die  Versuche  erstreckten  sich 
auf  die  Prüfung  des  Einflusses,  welchen  die  Dichte  der  Nährlösung,  die 
Kohlensäure,  der  Stickstoff,  Magnetismus,  Elektricität  und  Licht  auf  die 
Entwickelung  der  Mikroorganismen  ausüben. 

Ueber  die  bakterientödtenden  Wirkungen  des  Blutes  und  Blutserums 
und  über  die  nähere  Natur  der  wirksamen  Substanz  im  Serum  berichtet 
H.  Büchner  im  Centralblatt  für  Bakteriologie  und  Parasitenkunde ,  Bd.  5 
Nr.  25  und  Bd.  6  Nr.  1  und  Nr.  21.  Wir  entnehmen  den  Mittheilungen 
hier  nur  die  sehr  interessante  Beobachtung,  dafs  der  bakterientödtende 
Einflufs  des  Blutserums  aufgehoben  werden  kann,  wenn  dem  wirksamen 
Serum  Bakteriennährstoffe  zugesetzt  werden,  dafs  also  der  ernährende 
Einflufs  dem  tödtenden  entgegenwirkt.  Zur  Bestätigung  dieser  bei 
einem  Versuch  mit  Blutserum  gemachten  Beobachtung  führt  der  Ver- 
fasser noch  folgenden  Versuch  au.  Wenn  mau  eine  Lösung  von 
0,75  Proc.  salicylsaurem  Natrium,  welche  bei  Mangel  an  nährenden 
Elementen  tödtlich  auf  Typhusbacillen  wirkt,  mit  l-eichlichen  Nahrungs- 
stoffeu  versetzt,  so  verliert  sie  ihre  tödtenden  Eigenschaften  und  ver- 
wandelt sich  sogar,  trotz  der  gleichen  Concentration  des  salicylsauren 
Natriums,  in  ein  gutes  Nährmedium. 

Ueber  den  Einflufs  der  Kohlensäure  auf  die  Producte  der  Gährung  hat 
Linde  t  Untersuchungen  ausgeführt,  nach  denen  ein  entwickelungs- 
hemmender  Einflufs  der  gebildeten  Kohlensäure  auf  die  Lebensfähigkeit 
der  Hefe  nicht  stattfand  (Wochenschrift  für  Brauerei,  Bd.  7  S.  89,  daselbst 
nach  Bulletin  de  la  Socie'te  chimique  de  Paris ,  Ser.  3  Bd.  2  Nr.  4. 
Vgl.  auch  1889  273  285.) 

Ueber  den  Nachweis  der  Metaphosphorsäure  im  Nuclein  der  Hefe. 
L.  Liebermann  ist  es  gelungen,  die  Zweifel  zu  beseitigen,  welche  dar- 
über aufgetaucht  waren,  ob  der  von  ihm  aus  der  Hefe  abgeschiedene 
phosphorhaltige  Körper  wirklich  Metaphosphorsäure  ist,  indem  er  bei 
einer  neuen  Untersuchung  (Sitzungsbericht  der  mathematisch  naturwissen- 
schaftlichen Klasse  der  ungarischen  Akademie  der  Wissenschaften,  Januar 
1890)  die  Metaphosphorsäure  im  Nuclein  der  Hefe  direkt  in  Form  des 
Barytsalzes  nachweisen  konnte  (vgl.  1890  275  141). 

Untersuchungen  über  die  Kohlenstoffemührung  der  Bierhefe  hat  //.  Bokorny 
angestellt  (Wochenschrift  für  Brauerei,  Bd.  7  8.  69;  daselbst  nach  Annales 


186  Ueber  Furtschritte  in  der  Spiritust'abrikation. 

de  l' Institut  Pasteur).  Auf  Grund  zahlreicher  Versuche  konnte  der  Ver- 
fasser folgende  Körper  als  günstige  Kohlenstoffquellen  für  Bierhefe  be- 
zeichnen: essigsaure  Salze,  Aethylenglvkol,  malonsaures  Kalium,  Milch- 
säure, Bernsteinsäure,  brenzweinsaures  Kalium,  Glycerin,  Apfelsäure, 
Erythrit,  Weinsäure,  Citronensäure,  Querzit,  Mannit,  Mono-  und  Di- 
saccharate,  Lichenin,  Glykogen,  Gummi  arabicum,  Erythrodextrin  und 
Dextrin,  Fumarsäure,  Schleimsäure,  Leucin,  Asparaginsäure,  Glutamin- 
säure, Salycin,  Amygdalin,  Aesculin,  Coniferin,  Arbutin,  Saponin,  Atro- 
pin,  Colchicin,  Gelatine,  Eieralbumin,  Casei'n,  Pepton. 

Als  nicht  assimilirbar  erwiesen  sich:  Methyl-,  Aethyl-,  Propyl-, 
Butylalkohol,  Acetaldehyd,  Paraldehyd,  Ameisen-,  Propion-,  Butter-, 
Baldriansäure,  Oxalsäure  und  Oxalate,  Methylamin,  Propylamin,  Gly- 
kokoll,  hippursaures  Natrium,  Formamid,  Acetamid,  Harnstoff,  Phenol, 
Pikrinsäure,  Hydrochinon,  Phloroglucin,  Chinon.  Saligenin,  benzoesaure 
Salze,  Saccharin,  salicylsaure  Salze,  gerbsaures  Ammoniak,  Anilin, 
Diphenylamin,  Coffein  u.  s.  w.  Wichtig  ist  noch  die  Thatsache,  dafs 
zur  Assimilirung  der  oben  als  geeignet  aufgeführten  Stoffe  bei  sämmt- 
lichen,  mit  Ausnahme  der  gährungsfähigen  Zuckerarten,  der  Zutritt  von 
Luft  nothwendig  ist.  Versuche  darüber,  was  aus  den  aufgenommenen 
Verbindungen  wird,  wenn  die  Hefe  sie  zu  ihrer  Ernährung  benutzt  hat, 
zeigten,  dafs  Glykogen  daraus  gebildet  wird,  ein  Kohlehydrat,  welches 
nach  L.  Errera  ganz  allgemein  bei  Pilzen  diejenige  Form  ist,  in  welcher 
überschüssiger  Kohlenstoff  abgelagert  wird;  es  ist  gleichsam  der  Beserve- 
stoff,  wie  die  Stärke  in  grünen  Pflanzen. 

Ueber  das  Weichwerden  der  Preßhefe  berichtet  Schrohe  in  der  Zeit- 
schrift für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  97,  dafs  zu  Folge  einer  Mittheilung 
in  The  Brewers  Journal  Alfred  J.  M.  Lasche  einen  Mikroorganismus  ent- 
deckt und  isolirt  hat,  welchem  er  das  Weich  werden  der  Prefshefe  zu- 
schreibt. Die  Beschreibung  seiner  Untersuchungen  hat  Lasche  in  einer 
Abhandlung  niedergelegt,  welche  in  der  Uebersetzung  den  Titel  führt: 
rDie  Fabrikation  der  Prefshefe  und  ihre  Verunreinigung  durch  schädliche 
Keime. LL 

Untersuchungen  über  die  Desinfektion  von  Räumen  durch  schweflige 
Säure  haben  H.  Dubief  und  J.  Brühl  ausgeführt  (Comptes  rendus,  108 
824).  Dieselben  führten  zu  folgenden  fiesultaten:  1)  Die  gasförmige 
schweflige  Säure  tödtet  in  der  Luft  enthaltene  Keime.  2)  Diese  Ein- 
wirkung macht  sich  hauptsächlich  bei  Sättigung  mit  Wasserdampf 
geltend.  3)  Die  schweflige  Säure  wirkt  hauptsächlich  auf  Bakterien. 
4)  Beine  schweflige  Säure  kann  bei  länger  andauernder  Einwirkung 
Keime  selbst  im  ausgetrockneten  Zustande  abtödten  (vgl.  1890  275  140). 

Ueber  doppeltschwef ligsauren  Kalk  und  Natriumbisulfit  schreibt  Windisch 
in  der  Wochenschrift  für  Brauerei,  Bd.  7  S.  2.  Er  macht  darauf  auf- 
merksam, dafs  der  doppeltschwefligsaure  Kalk  vor  Allem  der  darin  ent- 
haltenen   freien    oder    nur    lose    gebundenen    schwefligen    Säure    seine 


Ueber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation.  187 

Wirkung  verdankt,  dafs  es  dagegen  noch  sehr  zweifelhaft  ist,  ob  die 
schwefligsauren  Salze  an  sich  überhaupt  eine  desinficirende  Wirkung 
besitzen.  Die  Vorzüge,  welche  dem  Natriumbisulfit  in  Prospekten  zu- 
geschrieben werden,  kommen  demselben,  wie  der  Verfasser  des  Näheren 
ausführt,  durchaus  nicht  zu,  im  Gegentheil  hätte  die  Anwendung  des- 
selben so  viele  Nachtheile,  dafs  man  selbst  unter  der  Annahme,  dafs 
es  gut  desinficirend  wirkte,  von  der  Verwendung  des  auch  verhältnifs- 
mäfsig  theueren  Präparates  abrathen  und  die  Beibehaltung  des  in  seiner 
Wirkung  erprobten  doppeltschwef ligsauren  Kalkes,  dessen  einzige  üble 
Eigenschaft  der  stechende  Geruch  ist,  empfehlen  müsse. 

Eine  unvergährbare  rechtsdrehende  Substanz  hat  E.  von  Raumer  aus 
dem  Honig  isolirt  und  untersucht,  dieselbe  ist  dem  Gallisin  von  Schmitt 
sehr  ähnlich,  zeigt  jedoch  ein  anderes  Reductionsvermögen  (Zeitschrift 
für  angewandte  Chemie,   1889  S.  607). 

Die  Wirkung  des  Saccharins  hat  F.  Jessen  einer  Prüfung  unterzogen. 
Danach  besitzt  das  Saccharin  nur  in  geringem  Mafse  eine  hemmende 
oder  verzögernde  Wirkung  auf  die  Fermentthätigkeit,  übt  auch  bei 
längerem  Gebrauch  in  Gaben  von  0,1  bis  0s,2  für  den  Tag  keine  schäd- 
lichen Wirkungen  auf  den  Menschen  aus,  ebenso  wenig  war  eine  ein- 
malige grofse  Gabe  von  5s  von  irgend  welchem  Nachtheil;  auch  die 
Ausnutzung  der  Nahrungsmittel  wurde  durch  das  Saccharin  nicht  hin- 
dernd beeinflufst  (Archiv  für  Hygieine,  1890  S.  64).  An  derselben  Stelle, 
S.  81,  äufsert  sich  auch  Lehmann  über  das  Saccharin.  Er  hält  dasselbe 
für  ein  Gewürz  ohne  Nährwerth,  dasselbe  kann  daher  auch  keinen 
Ersatz  für  den  Zucker  bieten,  seine  Zugabe  zu  Nahrungsmitteln  sei 
zulässig,  jedoch  müsse  diese  Beigabe  angegeben,  also  das  Fabrikat  als 
saccharinhaltig  bezeichnet  werden,  in  gleicher  Weise,  wie  man  z.  B. 
bei  der  Kuustbutter  eine  derartige  Angabe  verlangt  (vgl.  die  den  vor- 
liegenden Versuchen  zum  Theil  widersprechenden  Arbeiten  1889  273 
469  und  1890  275  429). 

Absinth  besteht  im  Allgemeinen  nach  einer  der  Acade'mie  des  Sciences 
gemachten  Mittheiluug  von  Cardiac  und  Meunier  aus  6?  Anisöl, 
4s  Sternanisöl,  2s  Wermuthöl,  2s  Corianderöl,  2s  Fenchelöl,  ls  Pfeffer- 
münzöl,  ls  Ysopöl,  1-  Angelikaöl  und  ls  Melissenöl ,  welchen  Oelen 
70procentiger  Alkohol  zugesetzt  ist,  dem  durch  Petersilien  oder  Nessel 
eine  grüne  Farbe  ertheilt  worden  ist.  Die  schädlichen  Wirkungen 
schreiben  die  Verfasser  dem  Anis-  und  Sternanisöl  zu,  während  Olliver 
und  Laborde  im  Moniteur  scientifiaue  1889  das  Absinthöl  für  besonder* 
giftig  halten  (Zeitschrift  für  angewandte  Chemie,  1890  S.  158). 

Leber  die  technische  und  wissenschaftliche  Entwickelung  der  Brennerei 
in  den  letzten  fünfzehn  Jahren  sprach  Märcker  in  der  Generalversamm- 
lung des  Vereins  der  Spiritusfabrikanten  Deutschlands  (Ergänzungshefi 
der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  20).  Mit  bekannter  Meister- 
schaft   gab    der  Redner  ein   anschauliches  Bild    über  die  Entwickelung 


]--  Deber  Fortschritte  in  der  Spiritusfabrikation. 

der  Spiritusfabrikation,   indem   er    alle    diejenigen    Fortechritte    in    der 
D8chaf(    und  Technik   hervorhob,   welche   eine  Umgestaltung  und 

Weiterentwickelung  des  Gewerbes  im  Gefolge  gehabt  haben.  Wir 
empfehlen  den  hochinteressanten  Vortrag,  welcher  sich  iu  kurzen 
Worten  nicht  wiedergeben  läfst,  unsern  Lesern  angelegentlichst. 

Ueber  die  ivirlhschaftliche  Lage  des  ßrennereigeieerbes  mit  Bezug  auf 
das  bestehende  Brannttveinsteuergesetz  berichtet  von  ßismarck  in  dem  Er- 
gänzungshefi  der  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie.  Bd.  13  S.  33. 

Ueber  die  Entwickdung  und  die  Zukunft  der  Spiritusinduttrie  in  Un- 
garn veröffentlicht  Alex,  von  Asboth  eine  Abhandlung  in  der  Chemiker- 
zeitung, 1890  S.  65  und  127. 

Untersuchungen  der  im  Handel  vorkommenden  Spiritusgattungen  in- 
garns  theilt  Julius  Szilägyi  in  der  Chemikerzeitung.  1890  S.  66  mit. 

Tafel  zur  Ermittelung  des  Alkoholgehaltes  von  Spiritusmischungen.  Die 
Zeitschrift  für  Spiritusinduslrie,  Bd.  13  S.  83,  bringt  zur  Kenntnifs,  dafs 
in  der  ..Tafel  zur  Ermittelung  des  Alkoholgehaltes  vonSpiritusmischungen^ 
(rother  Umschlag')  sowohl  als  in  der  ..Anleitung  zur  steueramtlichen 
Ermittelung  des  Alkoholgehaltes  im  Branntwein-'  (grüner  Umschlag) 
der  Gehalt  an  reinem  Alkohol  bei  einem  Nettogewicht  von  99k  und 
einer  wahren  Stärke  von  43,5  Gewichtsprocenten  nicht,  wie  auf  S.  74 
der  Tafel  in  Folge  eines  Druckfehlers  angegeben,  53',4,  sondern  54\4 
beträgt. 

Verfahren  zur  Fabrikation  von  Papierstoff  aus  Holz  oder  holzigen 
Substanzen  unter  gleichzeitiger  Gewinnung  von  Zucker  bezieh.  Alkohol  von 
Georg  Hesse  in  Köpenick  bei  Berlin  (D.  R.  P.  Nr.  49641  vom  25.  Ja- 
nuar 1889). 

Wird  eine  Dampfersparnifs  durch  den  Gehre'schen  Dampfüberhitzer 
erzielt,  und  ivie  grofs  ist  dieselbe?  Nach  dem  Ergebnifs  von  Versuchen, 
welche  der  bayrische  Dampfkessel-Ueberwachungsverein  ausführte  und 
über  welche  die  Zeitschrift  für  Spiritusindustrie,  Bd.  13  S.  3,  berichtet, 
wird  es  sich  bei  etwaiger  Anschaffung  von  Dampfüberhitzern  empfehlen, 
alle  einschlägigen  Verhältnisse  sorgfältig  zu  prüfen  und,  indem  man 
die  zugesagte  Kohlenersparnifs  mit  den  Kosten  für  Instandhaltung  der 
Ueberhitzer,  sowie  für  Verzinsung  und  Abschreibung  des  betreffenden 
Anlagekapitals  vergleicht,  genau  zu  berechnen,  ob  ein  wesentlicher 
Vortheil  zu  erwarten  ist.  In  der  Regel  wird  man  den  augestrebten 
Zweck  der  Kohlenersparnifs  auf  anderem  Wege,  z.  B.  durch  Vermehrung 
der  Beizfläche,  Verbesserung  der  Feuerung,  vorteilhafteres  Brennmaterial 
ii.  b.  v.'.  einfacher  und  sicherer  erreichen   können.  Morgen. 


Kleinere  Mittheilungen.  189 

Beobachtungen  über  die  Erschütterungen  der  Gebäude  durch  Dampf- 
maschinen 

haben  ergeben,  dafs  namentlich  das  Zusammenfallen  der  Schwingungszeit  der 
tragenden  Balken  mit  beliebigen  Vielfachen  oder  Untervielfachen  der  Zeit 
eines  Kolbenhubes  gefährlich  werden  kann,  weil  sich  in  diesem  Falle  be- 
kanntlich die  Stofswirkungen  summiren.  Man  kann  dann  dadurch  helfen, 
dafs  man  der  Maschine  bleibend  eine  andere  Arbeitsgeschwindigkeit  ertheilt. 
Nach  einem  von  der  Rigaschen  Industriezeitung  mitgetheilten  Beispiel  verursachte 
eine  zehnpferdige  Westinghouse' sehe  Dampfmaschine,  die  in  der  oberen  Etage 
einer  Silberwaarenfabrik  aufgestellt  war,  solche  Erschütterungen,  dafs  noch 
in  Entfernungen  von  100m  Gegenstände  von  den  Gestellen  herunterfielen.  Es 
wurde  nun  die  Umdrehungszahl  der  Maschine  um  22  Gänge  in  der  Minute 
erhöht,  worauf  dieser  Uebelstand  vollständig  gehoben  war.  (Schweizer.  Bau- 
zeitung.) 

Dämpfanlage  für  Rothbuchenholz. 

Herr  Rudolf  Graf  Kinsky  errichtete  vor  Kurzem  in  Walachisch-Meseritsch 
in  seiner  Dampfziegelei  zu  Krasna  eine  „Holzdämpfanlage"  nach  Angaben  des 
Fachschul-YVerkmeisters  Herrn  Josef  Tratnik. 

Diese  Holzdämpfe  besteht  aus  einem  in  die  Erde  eingebauten,  mit  doppelt 
gebrannten  und  iniprägnirten  Ziegeln  ausgemauerten,  4°i ,20  langen,  1^20  breiten 
und  2m,5  tiefen  Reservoir  (Dämpfer),  dessen  Seitenwände  eine  Ziegelstärke 
von  0m,40  haben,  während  die  aus  doppelt  gelegten  Ziegelplatten  bestehende 
Bodenlläche  eine  Stärke  von  0^,14  erhielt.  Die  Bodenfläche  wurde  nach  einer 
Richtung  abfallend  angelegt  und  mit  einem  versenkten  Abllufsrohre  versehen, 
welches  zur  Ableitung  des  in  Folge  der  Condensation  des  Dampfes  vorhandenen 
Wassers  bestimmt  ist.  Oberhalb  des  Abtlufsrohres,  0m,08  von  der  Bodenlläche 
entfernt,  befindet  sich  ein  gufseisernes  Rohr,  durch  welches  der  für  den 
Dämpfer  erforderliche  Dampf  eingeleitet  wird.  Mittels  eines  Reductionsventils 
kann  man  den  Druck  des  einströmenden  Dampfes  nach  Bedarf  reguliren. 
Der  Verschlufs  des  Dämpfers  besteht  aus  starken,  zusammengefügten  Pfosten, 
welche  beim  Dämpfen  mit  Sägespänen  belegt  bezieh,  beschwert  werden,  um 
im  Dämpfer  genügend  Dampf  zu  erhalten  und  das  Entweichen  aus  demselben 
zu  verhindern. 

Beim  Einlagern  der  zu  dämpfenden  Schnitthölzer  wird  über  der  ganzen 
Bodenlläche  ein  zum  mindesten  0^,30  hoher  Raum  frei  gelassen,  damit  sich 
der  einströmende  Dampf  gleichmäfsig  vertheile.  Das  eingelagerte  Material 
(Rothbuchenholz)  bleibt,  je  nach  der  Stärke,  10  bis  20  Tage  der  Dämpfung 
ausgesetzt  und  erhält  durch  dieselbe  eine  gleichmäfsig  braunrothe,  nahezu 
mahagoniartige  Färbung.  Wünscht  man  dem  Holze  eine  noch  dunklere,  etwa 
dem  Palissanderholze  ähnliche  Färbung  zu  geben,  so  wird,  um  die  allzu 
rasche  Dampfströmung  zu  verhindern,  das  Abtlul'srohr  mittels  eines  Wechsels 
abgesperrt  und  dieser  nur  dann  geöffnet,  wenn  das  Condensationswasser  ent- 
fernt werden  soll,  das  heilst,  wenn  zu  Folge  der  Aufserbetriebsetzung  der 
Dampfmaschine  auch  das  Einströmen  des  Dampfes  aufhört.  Sonst  ist  die 
Dauer  der  letzterwähnten  Dämpfung  dieselbe  wie  beim  ersterwähnten  Ver- 
fahren. 

Das  dem  Dämpfer  entnommene  Holz  wird  an  einen  vor  Sonne  und  Kasse 
geschützten  Orte  gebracht,  wo  es  etwa  8  Tage,  ohne  gespant  zu  werden, 
liegen  bleibt;  nach  Ablauf  dieser  Zeit  wird  Brett  für  Brett,  Pfosten  für  Pfosten 
sorgfältig  gespant.  Nach  4  Monaten  ist  das  so  behandelte  Holz  lufttrocken 
und  mufs  behufs  völliger  Austrocknung  16  bis  20  Tage  in  einer  auf  55  bis  62° 
erwärmten  Trockenkammer  belassen  werden. 

Das  nach  obigem  Verfahren  behandelte  Rothbuchenholz  ist  nicht  nur 
vollständig  trocken,  sondern  unterliegt  auch  wenig  dem  Schwinden,  Werfen 
und  Reifsen.  Das  Gefüge  desselben  ist  dichter,  das  Holz  leichter  zu  ver- 
arbeiten und  läfst  auch  eine  gute  Leimbindung  zu.  Besonders  sei  hervor- 
gehoben, dafs  aus  dem  vielfach  blofs  als  Brennmaterial  verwendeten  Roth- 
buchenholze  ein,  sowohl  hinsichtlich  der  technischen  Verfahrungsweisen,  als 
auch  in  Bezug  auf  die  für   kunstgewerbliche  Tischlerarbeiten  so  vorteilhafte 


1'mi  Kleinere  Mittheilungen. 

schöne  Färbung,   werthvoller,   allgemein    Beifall   findender  Rohstoff  erhallen 

wird.      (Nach   Rosmael    in    Mittheilungen  des  k.  k.  technol.  Gewerbemuseums ,  S.  109.) 

Kraftübertragung. 

Aus  Frankfurt  wird  uns  mitgetheilt,  dal's  die  am  5.  Juni  eoncessionirte 
Druckluft  anläge  in  Offenbach,  für  welche  bereits  mehr  als  1UUU  ff  angemeldet 
sind,  seitens  der  Comiiianditgesellschaft  A.  Riedinger  und  Co.  in  Augsburg 
gleichzeitig  mit  der  Eröffnung  der  elektrischen  Ausstellung  in  Frankfurt  ge- 
plant  ist. 

Wie  der  Elektrotechnische  Anzeiger  mittheilt,  soll  die  Allgemeine  Elektricitäts- 
Gesellschaft  den  Beschlufs  gefafst  haben,  eine  elektrische  Kraftübertragung  von 
Lauften  a.  N.  bis  nach  Frankfurt  auf  der  1891er  Ausstellung  vorzuführen, 
vorausgesetzt,  dal's  ihr  von  Seiten  der  Ausstellung  die  Kupferleitung  kosten- 
frei geliefert  wird.  Es  wäre  zu  bedauern,  wenn  die  Ausführung  dieses  Planes 
an  dem  bedeutenden  Kostenpunkte  für  die  erforderliche  5mm  starke,  175km 
lange  Kupferleitung  scheiterte.  Im  Falle  der  Ausführung  würden  sich  in  vor- 
züglicher Weise  Vergleichsversuche  anstellen  lassen,  nicht  nur  über  die  Kraft  - 
Übertragung ,  sondern  auch  über  die  KraÜrertheilung  ^  welch  letztere  für  das 
Kleingewerbe  von  gröfster  Bedeutung  ist. 

Nach  den  in  der  Concessions  für  die  elektrische  Uebertragung  von 
Lautren  nach  Heilbronn  festgesetzten  Preisen  würde  die  Pferdekraft  an  der 
Verbrauchsstelle  bei  3600  jährlichen  Arbeitsstunden  auf  540  M.  zu  stehen 
kommen;  ein  Satz,  der  höher  ist  als  derjenige,  welcher  seit  Jahren  in  Paris 
von  der  Druckluftgesellschaft  für  die  Pferdekraft  berechnet  wird,  und  der  bei 
Motoren  unter  10  ff  480  M.,  bei  solchen  über  10  ff  nur  400  M.  beträgt. 
Dabei  ist  noch  zu  berücksichtigen,  dafs  in  Lauffen  billige  Wasserkraft  zur 
Verfügung  steht,  während  in  Paris  die  Kraft  erst  durch  eine  Dampfmaschinen- 
anlage gewonnen  werden  mufs.  Man  darf  auf  die  demnächst  beim  praktischen 
Betriebe  zu  erwartenden  wirtschaftlichen  Ergebnisse  der  Anlagen  in  Heil- 
bronn und  in  Offenburg  mit  Recht  gespannt  sein. 

Pendel  mit  unabhängiger  Schwingungsdauer. 

Ueber  ein  neues  Pendel,  dessen  Schwingungsdauer  von  den  Aenderungen 
der  Temperatur  und  der  Luftdichte  unabhängig  ist,  hielt  Herr  Dr.  W.  A.  Nippold 
im  physikalischen  Vereine  zu  Frankfurt  nachstehenden  Vortrag.  '  Die  Schwin- 
gungsdauer eines  Uhrpendels  bestimmt  sich  aus  den  drei  Factoren:  Trägheits- 
moment, Direktionskraft  und  Amplitude.  Jede  dieser  drei  Gröl'sen  ist  Aende- 
rungen unterworfen,  welche  von  denen  der  beiden  anderen  theils  abhängig, 
theils  anabhängig  sind.  Das  Trägheitsmoment  ändert  sich  mit  den  Schwankungen 
der  Pendeltemperatur  und  der  Luftdichte,  auch  die  Aenderung  der  Direktions- 
kraft ist  von  diesen  beiden  Schwankungen,  aber  in  anderer  Weise  abhängig. 
Die  Amplitude  der  Pendelschwingungen  hängt  einerseits  vom  Luftwiderstände, 
also  von  der  Luftdichte,  andererseits  von  der  Gröfse  des  Impulses,  welchen 
die  treibende  Kraft  des  Uhrwerkes  auf  das  Pendel  ausübt,  und  von  den  Rei- 
bungswiderständen ab,  welche  an  der  sogen.  Hemmung  der  Uhr  auftreten. 
Die  treibende  Kraft,  das  ablaufende  Gewicht,  als  unveränderlich  vorausgesetzt 
(die  Elasticität  aufgezogener  Federn  ist.  für  feine  Uhren  ausgeschlossen),  wird 
die  Un  Veränderlichkeit  des  Impulses  durch  die  gröfsere  oder  geringere  Voll- 
kommenheit der  technischen  Ausführung  der  Räderübersetzungen  von  der 
Gewichtswelle  bis  zum  Steigrade  und  Pendel,  und  von  der  Qualität  des  Uhren- 
öles  garantirfc. 

Die  Atnderungen  dieser  Kräfte,  welche  auf  die  Schwingungsdauer  des 
Pendels  wirken,  sind  bei  Zeitmessungen  mittels  Pendeluliren  um  so  störender, 
in  je  kürzeren  Zeiträumen  sie  vor  sich  gehen.  Der  Eintlufs  der  Luftdichte 
wirkt  momentan  auf  Trägheitsmoment  und  Direktionskraft,  der  direkte  Ein- 
tlufs der  Temperatur  durch  Linearausdehnung  dagegen  allmählich,  während 
zugleich  die  Temperatur  hinwiederum  durch  Aenderung  der  Luftdichte  zum 
Theil  indirekt  einen  momentanen  Eintlufs  auf  jene  beiden  Factoren  hat.    Dieser 

i  Jahresbericht  des  Physikalischen  Vereines  1888—89.     Vgl.  S.  141. 


Kleinere  Mittheilungen.  li)l 

letztere  Theil  wurde  seither  bei  Uhrpendeln  durch  die  lineare  Ausdehnungs- 
eompensation  zu  beseitigen  versucht;  allein  dies  Verfahren,  welches  bei  all- 
mählichem Temperaturwechsel  erlaubt  erscheint,  versagt  bei  rascheren  Tempe- 
raturanderungen, wie  sie  beispielsweise  die  tägliche  Temperaturperiode  zeigt, 
den  Dienst,  und  läfst  dann  das  Pendel  übercompensirt  erscheinen.  Wegen  der 
ineinandergreifenden  Wirkungen  der  Temperatur  und  des  Luftdruckes  auf  die 
Dichte  der  Luft  ist  es  rathsam,  den  Einflufs  der  linearen  Ausdehnung  von 
dem  der  Luftdichte  gesondert  am  Pendel  zu  compensiren.  Dies  war  der 
leitende  Gedanke  bei  der  Construction  des  neuen  Pendels. 

Ein  senkrechtes  Doppelpendel  trägt  an  seinen  beiden  Enden  oben  und 
unten  je  eine  gröfsere  Masse  in  der  üblichen  Linsenform;  zwischen  beiden 
Massen  befindet  sich  die  Suspension,  ein  schmales,  dünnes  Stahlband;  der 
untere  Pendelarm  ist  aus  einem  Metalle  hergestellt,  dessen  Ausdehnungs- 
coefficient  gröl'ser  ist  als  der  des  Metalles,  aus  welchem  der  obere  Pendelarm 
gefertigt  ist.     Bezeichnet  man  mit 

m  das  Verhältnifs  der  unteren  Pendelmasse  zur  oberen, 

p  das   Verhältnifs    der    unteren    Pendelarmlänge    zur    oberen    bei   einer 

Mitteltemperatur, 
a  das  Verhältnifs    der  Ausdehnungscoefllcienten   der   beiden  Metalle  zu 
einander, 
so  wird  die  Bedingung  des  Isochronisraus  für  alle  Temperaturen  ausgedrückt . 
durch  die  Gleichung: 

p/- =  w  (2p  + 1} a  ~ ip  +  2) ±  V  [{2p  + 1} " _ (p  +  2)]i  +  4ap 

Diese  Gleichung  sagt,  dafs  für  ein  bestimmtes  Verhältnifs  Ä  der  beiden 
Pendelmassen,  welches  von  den  Ausdehnungscoefficienten  und  dem  Verhält- 
nisse p  abhängt,  Isochronismus  bei  allen  durch  Temperaturänderungen  herbei- 
geführten Längeiiäüderungen  der  Pendelarme  erreicht  werden  kann. 

Der  Eintlufs  der  Luftdichte  auf  die  Schwingungsdauer  beruht  darin,  dafs 
1)  die  Pendelmassen  einen  archimedischen  Auftrieb  in  Luft  erfahren,  dessen 
Gröfse  mit  der  Luftdichte  sich  ändert,  und  2)  die  den  schwingenden  Theilen 
des  Pendels  anliegenden  Lufttheilchen  an  den  Schwingungen  theilnehmen, 
wodurch  das  Trägheitsmoment  ebenfalls  von  der  Luftdichte  abhängt. 

Die  Direktionskraft  der  Schwere,  welche  die  Pendelschwingungen  unter- 
hält und  durch  ihr  Verhältnifs  zum  Gesammtträgheitsmoment  deren  Schwin- 
gungsdauer bestimmt,  besteht  bei  dem  Doppelpendel  als  eine  Differenz,  in 
welcher  die  auf  die  untere  Pendelmasse  ausgeübte  Kraft  als  Minuend,  die  auf 
die  obere  als  Subtrahend  auftritt.  Durch  die  Luftdichte,  d.  h.  durch  den 
archimedischen  Auftrieb,  wird  aber  sowohl  die  Kraft  der  Schwere  für  den 
ersteren  als  auch  für  den  letzteren  in  einem  Mafse  verkleinert,  welches  den 
Volumen  beider  Pendelmassen  proportional  ist.  Man  kann  daher  durch  Ver- 
gröfserung  des  Volumens,  also  durch  Verminderung  der  Dichte  der  oberen 
Pendelmasse  ein  solches  Verhältnifs  des  Auftriebes  an  dieser  zu  dem  an  der 
unteren  Pendelmasse  herstellen,  dafs  das  Verhältnifs  des  Gesammtträgheits- 
momentes  zur  Differenz  der  Direktionskräfte  bei  allen  Luftdichten  constant, 
also  auch  das  Pendel  isochron  ist. 

Setzt  man  das  Verhältnifs  des  Volumens  der  oberen  Pendellinse  zu  dem 
der  unteren  =  n  und  den  Bruch : 

'P-1  -n 

xpt  +  l'^ 
welcher  aus  der  Bedingungsgleichung  für  den  Isochronismus  bei  Wärmeaus- 
dehnung sich  ergibt,  und  bezeichnet  k  eine  Constante ,  welche  von  der  Form 
der  Linsen  und  der  Pendelarme,  d.  h.  vom  Luftwiderstande  abhängt,  so  ist 
die  Bedingungsgleichung  für  den  Isochronismus  bei  wechselnder  Luftdichte 
durch  die  Gleichung: 

n=.p  +  kQypl  +  n-J 
ausgedrückt.    Der  Factor  fr,  von  welchem  die  Gröfse  von  n  wesentlich  abhängt, 


192  Bücher-Anzeigen. 

ändert  Bich  mit  der  Form  des  Pendels,  mit  dem  Luftwiderstände.  Durch  eine 
einfache  fächerartige  Vorrichtung  isl  diese  Gröfse  k  an  dem  neuen  Pendel 
justirbar.  Da  auch  die  oben  beschriebene  Compensation  für  Wärmeausdehnung 
durch  kleine  Aenderungen  der  Verhältnisse  p  oder  ■/.  iustirbar  ist,  so  ist  auch 
den  Forderungen  der  Praxis  bei  der  Herstellung  des  Pendels  in  ausreichendem 
Mafse  Rechnung  getragen.  (Ausführlicheres:  Zeitschrift  für  Instrumentenkunde. 
1888  S.  197.) 


Bücher-Anzeigen. 

„Säulen  und  Träger",  Tabellen  über  die  Tragfähigkeit  eiserner  Säulen 
und  Träger,  ein  Auszug  aus  dem  im  Auftrage  des  Vereins  deutscher 
Eisen-  und  Stahlindustrieller  von  C.  Schar  oicsky  herausgegebeneu 
..Musterbuch  für  Eisenconstructionen".  Verlag  von  Otto  Spamer. 
Leipzig.     43  S.     60  Pfg. 

Der  für  den  Handgebrauch  berechnete  Auszug  enthält  die  Widerstands- 
momente der  im  gewöhnlichen  Bauwesen  oft  vorkommenden  Säulen  und 
Träger;  vorangestellt  sind  die  deutschen  Normalprofile  und  eine  Anzahl  ge- 
nieteter Träger;  die  genieteten  Träger  sind  gruppenweise  nach  nahezu  gleichen 
^Vi(lerstandsmomenten,  aber  von  verschiedenen  Hohen  angegeben,  wodurch 
das  Ermitteln  eines  Trägers  von  passender  Höhe  für  ein  bestimmtes  Wider- 
standsmoment erleichtert  wird. 

Das  ebenso  praktische  als  übersichtlich  gehaltene  Hilfsbüchlein  wird 
Jedem,  der  mit  Eisenconstructionen  zu  thun  hat,  sehr  bald  unentbehrlich 
werden.     Ueber  das  zu  Grunde  liegende  Werk  vgl.  1889  273  240. 

(Elektrotechnische  Bibliothek.     Band  III.     Dritte  Auflage.) 
Das  elektrische   Licht   und   die  hierzu   angewandten   Lampen,   Kohlen 
und  Beleuchtungskörper.    Von  Dr.  Alfred  Hüter  von  Urbanitzky.    Dritte 
Auflage.     Mit  119  Abbildungen.     18  Bogen.     3  Mk. 

(Elektrotechnische  Bibliothek.     Band  IV.     Dritte  Auflage.) 

Die  galvanischen  Batterien,  Accumulatoren  und  Thermosäulen.    Eine 
Beschreibung  der  hydro-  und  thermo-elektrischen  Stromquellen,  mit 
besonderer  Rücksicht  auf  die  Bedürfnisse  der  Praxis  von  W.  Ph.  Hauch. 
Dritte  Auflage.     Mit  98  Abbildungen.     21  Bogen.     3  Mk. 
Beide  Bände   sind    dem  jetzigen   Standpunkte   der  Technik    entsprechend 
ergänzt    und    erweitert.      Die    Brauchbarkeit    derselben    für    den    praktischen 
Elektrotechniker  ist  wohl  schon  durch  die  Zahl  der  Auflage   hinreichend  an- 
erkannt.    Die  Erweiterungen    sind    den   grofsen   Fortschritten    auf  diesem  Ge- 
riete entsprechend  in  beiden   Händen  erheblich. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Oruck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  193 

Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

(Patentklasse  38.    Fortsetzung  des  Berichtes  S.  145  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  ;iuf  Tafel  11. 

Schränken  und  Schärfen  von  Sägen. 
Der  Apparat  von  C.  F.  Bax  in  Kempten  i.  B.  (D.  R.  P.  Nr.  48  684 
vom  6.  Januar  1889)  gestattet  das  gleichzeitige  Schränken  zweier  Zähne. 
Der  Apparat  ist  in  Fig.  17  dargestellt. 

An  dem  Gehäuse  a  sitzt  ein  Gelenk  i,  in  welchem  sich  zwei  Arme 
b{  und  br,  hewegen  lassen.  An  den  unteren  Enden  der  Arme  befinden 
sich  zwei  Stifte  f{  und  f2,  welche  sich  in  einem  Schlitz  verschieben 
lassen,  zum  Zweck  der  engeren  und  weiteren  Stellung,  je  nach  Zahn- 
länge. Neben  diesen  Stiften  fx  und  f2  sind  zwei  Stellschrauben  g{  und  gt 
angeordnet,  welche  dazu  dienen,  je  nach  Bedarf  die  Schränkung  herzu- 
stellen. Eiu  Riegel,  ein  Hebel  und  ein  Spannbacken  e  halten  das  Säge- 
blatt zwischen  dem  Gehäuse  a  fest.  Mit  einem  Zug  des  Hebels  nach 
vor-  oder  rückwärts  schiebt  sich  der  Backen  e  zur  Festspannung  oder 
zum  Loslassen  des  Sägeblattes.  Beim  Gebrauch  öffnet  man  die  Arme  b{ 
und  &.,,  schiebt  das  Sägeblatt  /  in  das  Gehäuse  o,  setzt  den  Stift  h  auf 
einen  Zahn,  spannt  das  Blatt  mit  den  Spanntheilen  fest,  drückt  die 
Arme  b{  und  b.2  zusammen,  wodurch  die  Stifte  ft  und  f2  auf  die  Zähne 
einen  Druck  ausüben,  so  dafs  der  eine  Zahn  nach  links,  der  andere 
nach  rechts  gebogen  wird. 

Als  Schränkwerkzeug  bringt  B.  Kreeb  in  Göppingen,  Württemberg 
(D.  R.  P.  Nr.  51  714  vom  24.  September  1889),  ein  aus  zwei  Handgriffen 
bestehendes  Geräth  in  Vorschlag,  dessen  einer  ein  Schlitzblech  zur  Füh- 
rung der  Säge  trägt,  während  der  andere  an  einem  Winkel  des  ersten 
drehbar  ist  und  ein  so  geformtes  Eisen  trägt,  dafs  durch  Hin-  und  Her- 
drehen des  letzteren  Handgriffes  eine  beiderseitige  Schränkung  der  Säge 
herbeigeführt  wird. 

Ein  Schränkapparat  von  G.  Wibel  und  Barth  in  Göppingen  (D.  R.  P. 
Nr.  49  110  vom  9.  April  1889)  ist  in  Fig.  18  dargestellt. 

Das  Sägeblatt  A  wird  zwischen  die  ein  Scharnier  bildenden  Backen 
a  und  b  eingelegt.  Haken  c  und  Schraube  d  dienen  zum  Schliefsen 
der  Backen  a  und  b.  Je  nach  der  Dicke  des  zu  behandelnden  Säge- 
blattes wird  die  Schraube  d  angezogen  oder  nachgelassen.  Die  Tieflage 
des  Sägeblattes  A  wird  begrenzt  durch  die  Stellung  der  Winkel  e  und  f. 
Diese  Winkel  sind  mit  Schlitzen  g  h  und  Fixirschrauben  #,  /«,  versehen 
und  können  je  nach  der  Breite  des  Sägeblattes  höher  oder  tiefer  ein- 
gestellt und  fixirt  werden.  Die  Höhenlage  bestimmen  die  mittels  Stifte 
in  Backen  b  gelagerten  runden  Plättchen  t  K. 

Im  Lager  m  m, ,  welches  mit  Backen  b  verbunden  ist,  liegt  der 
Bolzen  n,   an   welchem  die  Triebscheibe  B  befestigt  ist,   die  wiederum 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  5.  1890/111.  13 


■194  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

durch  Kurbel  D  in  Bewegung  gesetzt  wird.  Der  Arm  C,  dessen  Dreh- 
achse im  Lager  q  sitzt,  erhält  durch  den  auf  Scheibe  B  excentrisch 
sitzenden  Stift  p  seine  Bewegung. 

Mit  dem  Arm  C  sind  die  Schränkplättchen  r  und  s  verstell-  und 
justirbar  verbunden.  Die  Stärke  der  Schränkung  ist  vom  Profil  der 
Schränkplättchen  r  und  s  abhängig. 

Auf  der  Drehungsachse  x  sitzt  auf  verkeiltem  Ring  q{  der  Stift  t 
fest;  derselbe  erhält  mit  Arm  C  von  der  Triebscheibe  B  aus  seine  Be- 
wegungen. Hierbei  wird  der  Hebel  u  auf-  und  durch  eigene  Schwere 
nieder  bewegt,  wobei,  vermittelt  durch  Hebel  v,  der  Schieber  w  vor  und 
zurück  bewegt  wird.  Die  Länge  der  Vorbewegung  des  Schiebers  w 
bezieh,  des  Sägeblattes  A  (Schieber  w  greift  in  die  Zähne  ein)  ist  durch 
die  Länge  des  Stiftes  f,  die  Länge  der  Rückbewegung  (ohne  Einflufs 
auf  die  Stellung  der  Säge)  durch  die  Flügelschraube  r,,  welche  auf  das 
Lager  q  aufzuliegen  kommt,  bestimmt.  Es  läfst  sich  also  durch  richtiges 
Einstellen  der  Flügelschraube  r  die  Länge  der  Vorbewegung  des  Säge- 
blattes genau  bestimmen. 

Die  Wirkung  des  Stiftes  t  auf  Hebel  u  wird  durch  die  lose  sitzende 
Rolle  z  vermittelt.  Das  Drehbolzenlager  des  Hebelwerkes  uvio  ist  mit 
Lager  m  in  Verbindung  gebracht.  Der  Hebelarm  C  kann  auf  dem  vier- 
kantigen Ende  der  Achse  x  verstellt  und  durch  Schraube  y  fixirt  wer- 
den. Der  Schieber  w  macht  seine  Rückbewegung,  bevor  die  Schränk- 
plättchen r  oder  s  auf  die  Zähne  des  Sägeblattes  ihre  bestimmte  Wirkung 
ausüben,  so  dafs  während  des  Schränkens  der  Zähne  das  Sägeblatt  voll- 
ständig ruhig  steht. 

Das  Schränkwerkzeug  von  G.  Wüste  in  Remscheid-Bliedinghausen 
(D.  R.  P.  Nr.  48  380  vom  9.  Januar  1889),  Fig.  19,  besteht  aus  zwei  Hand- 
haben i4,  die,  in  der  Mitte  durch  den  Bolzen  B  verbunden,  ein  Scharnier 
bilden.  Einerseits  sind  an  diesen  Stücken  A  die  Backen  C  und  anderer- 
seits die  Backen  D  angebracht,  welch  letztere  durch  die  Schraube  E 
verstellt  und  somit  auch  C  C  enger  oder  weiter,  je  nach  der  Stärke  der 
zu  setzenden  Säge,  gestellt  werden  können.  An  jedem  Stück  A  ist  nun 
die  um  den  Bolz,en  a  sich  drehende  Backe  b  mit  dem  Zeiger  d  ange- 
bracht, welch  letztere  sich  an  der  Scala  e  vorbeibewegen  und  durch  die 
Stellschraube  c  sich  feststellen  läfst. 

Soll  nun  eine  Säge  geschränkt  werden,  so  wird  die  Schraube  c 
bezieh,  der  Zeiger  d  an  der  Scala  e  auf  das  angegebene  Schränkmafs 
gestellt,  und  bewirkt  dann  die  Backe  b  mittels  des  Endes  f  und  die 
Backe  C  beim  entsprechenden  Bewegen  der  Handhaben  A  die  gewünschte 
Schränkung.  Alle  Zähne  der  Säge  müssen  hierbei  ganz  genau  gleich 
weit  gesetzt  werden,  da  bei  dieser  Arbeit  sich  die  Backen  CC  an  die 
Säge  legen  und  ein  weiteres  Setzen  der  Zähne,  als  an  dem  Zeiger  ein- 
gestellt, nicht  zulassen. 

Durch  Verstellen  der  Schraube  E  kann  dieser  Sägensetzer  auf  jedes 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  195 

Blatt  und  durch  Scala  e  und  Zeiger  d  auf  enge  oder  weitere  Schränkung 
eingestellt  werden. 

Die  in  Fig.  20  dargestellte  Maschine  von  J.  H.  Landis  in  Oerlikon, 
Schweiz  (D.  R.  P.  Nr.  49  714  vom  9.  April  1889)  dient  zum  Ausfräsen, 
Schärfen  und  Schränken  von  Bandsägeblättern  und  beruht  auf  dem 
Grundsatz,  dafs  auf  ein  zahnweise  geschaltetes  Sägeblatt  bezieh,  dessen 
Lücken  eine  universell  lenkbare,  genau  einzustellende  und  von  Zahn  zu 
Zahn  selbsthätig  sich  hebende  und  senkende  Schmirgelscheibe  wirkt, 
wie  auch  hernach  zwei  zur  Schränkung  entsprechend  geformte  Klemm- 
backen mit  Gegenhaltern. 

Der  Ständer  A  trägt  die  Mechanismen,  welche  von  der  Welle  o  an- 
getrieben werden,  die  nach  aufsen  im  Ständer  oder  Support  H  gelagert 
ist  und  die  Antriebrolle  trägt.  Links  und  rechts  seitlich  vom  Maschinen- 
ständer sind  Ständer  mit  Rollen  zur  Führung  des  zu  bearbeitenden  Säge- 
bandes d  angeordnet.  Auf  der  Welle  a  sitzt  eine  Scheibe  a2,  von  welcher 
aus  über  die  Leitrollen  e  eine  Antriebschnur  e,  zur  Rolle  e2  der  Schmirgel- 
scheibe f  geht,  die  in  dem  um  die  Achse  drehbaren  Bügel  f{  gelagert 
ist.  Um  der  Schmirgelscheibe  eine  beliebige  Schrägstellung  ertheilen 
zu  können,  ist  der  Bügel  f{  drehbar  einstellbar  zu  dem  mit  Scala  ver- 
sehenen Kopf  des  Armes  g. 

Das  Andrücken  der  Schmirgelscheibe  an  das  zu  bearbeitende  Säge- 
blatt erfolgt  durch  das  Eigengewicht  des  Bügels  und  seiner  Theile.  Die 
Regulirung  des  Eindringens  der  Schmirgelscheibe  in  das  Blatt  bezieh, 
in  die  Zahnlücke,  sowie  das  Zurückgehen  derselben  geschieht  mittels 
des  Supports  h. 

Fig.  20  zeigt  den  Support  in  der  Vorderansicht-  derselbe  trägt  die 
verstellbare  Gleitfläche  t,  auf  welche  sich  der  Schmirgelscheibenbügel 
mittels  der  schiebbaren  Führungsstange  n  stützt.  Auf  der  Hauptwelle  a 
sitzt  auch  die  Riemenrolle  a3,  deren  Riemen  auf  die  Rolle  führt,  die 
auf  der  Welle  k  rnontirt  ist,  von  welcher  die  Bewegung  auf  die  Achse  l 
übertragen  wird.  Von  der  Achse  l  wird  eine  Bewegung  abgeleitet 
mittels  eines  Kurbelzapfens,  der  Stange  t«h  des  Doppelhebels  m2  «i3 
und  der  Zugstange  w4  auf  den  Support  h  zur  Deplacirung  derselben  in 
geeigneten  Momenten. 

Der  Vorschub  des  Sägeblattes  erfolgt  bei  gehobener  Schmirgelscheibe 
auf  folgende  Weise :  Auf  der  Welle  /  sitzt  der  Daumen;  dieser  bewegt 
mittels  Anschlages  die  Zugstange  o2;  festgeklemmt  an  obige  Zugstange 
ist  der  Gleitapparat  p,  welcher  wiederum  den  Vorschieber  trägt,  bestehend 
aus  einer  gekrümmten  Stahlstange  pn  die  in  die  Zahnlücken  eingreift. 
Die  Rückwärtsbewegung  der  Zugstange  o2  bewirkt  die  Blattfeder  q;  eine 
Vergröfserung  oder  Verkleinerung  des  Hubes  kann  leicht  erfolgen,  z.  B. 
durch  die  Stellschraube  o3;  eine  Regulirung  des  Vorschiebers  p{  findet 
statt  durch  die  Schraube  mit  Gleitbacken  />2. 

Um  beim  Ausfräsen  des  Sägeblattes  bezieh,  bei  der  Bearbeitung  des 


196  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Zahnlückengrundes  ein  Schwingen  des  Schmirgelscheibenbügels  /",  um 
die  Hauptwelle  zu  verhindern,  ist  die  Stange  r  am  Zapfen  r0  eingehängt. 

Das  Schärfen  der  einen  Seite  der  Zähne  erfolgt  in  gleicher  Art 
wie  das  Ausfräsen;  dasjenige  der  anderen  Seite  hingegen  erfolgt  ent- 
sprechend folgender  Anordnung:  Der  Support  //  kommt  aufser  (seiner 
auf  intermittirender  Verschiebung  beruhenden)  Thätigkeit.  indem  der- 
selbe mittels  der  Schrauben  A,  am  Maschinengestell  beliebig  festgelegt 
wird;  die  Zugstange  w4  wird  aus  m3  aus-  und  in  einen  ebenfalls  vor- 
handenen festen  Zapfen  r0  eingehängt.  Dagegen  wird  die  Zugstange  r, 
die  beim  Ausfräsen  dazu  dient,  eine  Schwingung  des  Schmirgelscheiben- 
gestelles zu  verhüten,  an  einen  Zapfen  m  des  Hebels  w2  angehängt, 
wodurch  eine  schwingende  Bewegung  des  Schmirgelscheibenbügels  er- 
zielt wird.  Die  Gleitschiene  i  am  Support,  die  jetzt  also  in  Ruhe  ist, 
verleiht  dem  Schmirgelscheibenbügel  bezieh,  der  Schmirgelscheibe,  je 
nach  der  mehr  oder  weniger  geneigten  Lage  von  i,  die  gewünschte 
Schwingung  und  somit  den  Sägezähnen  ihre  Schärfen  in  kleineren  oder 
gröfseren  spitzen  Winkeln.  Der  Vorschub  des  Sägeblattes  erfolgt  ganz 
analog,  wie  beim  Ausfräsen  beschrieben. 

Die  Schränkvorrichtung  erhält  ihre  Bewegung  von  der  Welle  /  aus 
durch  conische  Räder,  die  im  Verhältnifs  von  1:2  übersetzt  sind:  ein 
Daumen  oder  Excenterorgan  wirkt  in  beliebiger  Weise  auf  den  zum 
Sägeblatt  senkrecht  stehenden  Schränkschlitten  f,  der  die  Schränkkluppe  (, 
trägt,  Fig.  21.  Der  Schränkkluppe  ti  ist  die  feste  Schränkkluppe  t2 
gegenüberstehend,  aber  um  etwa  eine  Zahndistanz  versetzt.  Die  Klup- 
pen können  natürlich  ausgewechselt  werden,  entsprechend  der  Zahn- 
schiefe. Zwischen  den  Stahlkluppen  hindurch  wird  das  Blatt  d 
geführt.  Gegenüber  t  steht  die  selbstverständlich  ebenfalls  feste  Stirn- 
fläche f0;  <j  prefst  d  an  f0,  während  die  Zähne  oder  Vorsprünge  f, 
und  fcj  die  Blattzähne  an  die  (entsprechend  den  Stirnflächen  der  Vor- 
sprünge ebenfalls  abgeschrägten)  gegenüberstehenden  Flächen  /3  bezieh.  <4 
pressen.  Um  kleinere  oder  gröfsere  Schränkung  zu  erzielen,  werden 
die  Prefsstücke  oder  deren  Werkzeugplatten  t{  bezieh.  t2  regulirbar  ge- 
macht. In  Folge  der  Uebersetzung  der  Räder  kommen  die  Werkzeuge 
oder  Kluppen  tx  t2  nur  zur  Wirkung,  nachdem  zwei  Schaltungen  von 
je  einem  Blattzahn  erfolgt  sind,  dafür  werden  aber  zwei  Zähne  auf  ein- 
mal geschrägt.  Der  Daumen  oder  das  Excenter  mufs  ausrückbar  sein, 
um  die  Schränkbewegungen  während  des  Ausfräsens  und  Schärfens  nicht 
zu  haben.  Wenn  ein  Daumen  statt  eines  gewöhnlichen  Excenters  an- 
gewendet wird,  ist  für  den  Rückweg  von  l  eine  Feder  vorzusehen.  Es 
könnten  auch  beide  Kluppenwerkzeuge  / 1[  und  f0  '2  von  Excenteru 
gegen  einander  bewegt  werden. 

Vorschubvorrichtung  für  Schärfmaschinen  von  H.  Hesse  und  J.  Palleich 
in  Wien  (D.  R.  P.  Nr.  49  373  vom  7.  Mai  1889),  Fig.  22. 

Der  Antrieb  der  Schärfscheibe  A  kann  auf  beliebige  Weise  erfolgen : 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  197 

Nothwendig  ist,  dal's  der  Ständer,  in  welchem  sich  die  Achse  der  Schärf- 
scheibe lagert,  in  einer  Führung  verschiebbar  ist,  damit  die  Schärfscheibe 
bei  Kreissägen  an  den  Umfang  derselben  angestellt  werden  kann.  Auf 
der  Rückseite  der  Schärfscheibe  A  ist  eine  Stahl  platte  C  befestigt,  deren 
vorderes  Ende  c  in  einer  Ebene  mit  der  Scheibe  liegt,  während  auf  ihr 
anderes  Ende  ct  eine  Stellschraube  c2  einwirkt,  so  dafs  der  Platte  jeder 
beliebige  Neigungswinkel  zur  Rückfläche  der  Schärfscheibe  gegeben 
werden  kann. 

Es  wird  demnach,  wenn  das  Ende  c{  der  Platte  C  von  der  Rück- 
Häche  der  Schärfscheibe  so  weit  absteht,  als  die  Zahnentfernung  des 
Sägeblattes  beträgt,  von  der  Platte  C  ein  Druck  auf  den  Zahn  des  Säge- 
blattes ausgeübt  und  letzteres  so  viel  weiterbewegt,  dafs  nach  beendeter 
Umdrehung  der  Schärfscheibe  diese  |in  die  nächstfolgende  [Zahnlücke 
eingreift. 

Damit  das  Sägeblatt  durch  die  Platte  C  fortbewegt  werden  könne, 
ist  die  Schärfscheibe  mit  einem  Ausschnitt  a,  versehen,  welcher  sich 
nahezu  über  die  ganze  Breite  der  Platte  C  erstreckt. 

Für  Bandsägeblätter  mit  verschiedener  Zahntiefe  empfiehlt  es  sich, 
den  Rücken  des  Sägeblattes  in  eine  verschiebbare  Unterlage  einzulegen, 
welche  beim  Eingreifen  der  Schleifscheibe  in  die  tieferen  Zahnlücken 
sich  senkt.  Das  Heben  der  Unterlage  beim  Anlangen  einer  weniger 
tiefen  Zahnlücke  besorgt  eine  Feder,  welche  in  eine  Führungshülse  der 
Unterlage  eingesetzt  ist.  Die  Führungshülse  ist  sammt  der  Unterlage 
verstellbar,  wodurch  das  Anstellen  des  Sägeblattes  an  die  Schleifscheibe 
leicht  geregelt  werden  kann.  Diese  Vorrichtung  kann  am  Ständer  des 
Schärfapparates  fest  oder  abnehmbar  angebracht  sein. 

Eine  Feile  zum  maschinellen  Schärfen  von  Sägen  mit  unterfeilten 
Zähnen  wird  von  der  Karlsruher  Werkzeugmaschinenfabrik  vorm.  Gschwindt 
und  Co.  in  Karlsruhe  (D.  R.  P.  Nr.  51  934  vom  8.  November  1889)  an- 
gegeben. 

Bei  den  Maschinen  zum  Schärfen  von  Sägeblättern,  bei  welchen  die 
Hebung  der  Feile  nach  Vollendung  ihres  Vorganges  senkrecht  zu  einer 
über  die  Zahnspitzen  gedachten  Linie  erfolgt,  war  es  bisher  mit  den  ge- 
wöhnlichen Sägefeilen  nur  möglich,  der  Zahnbrust  einen  rechtwinkligen 
Stand  zur  Zahnspitzenlinie  zu  geben.  Die  auf  diese  Weise  gezahnten 
Sägeblätter  schneiden  nicht  so  gut  als  die  mit  der  unterfeilten  Ver- 
zahnung versehenen,  bei  welcher  die  einzelnen  Zähne  unterfeilt  sind, 
deren^Brust  mit  der  Zahnspitzenlinie  einen  stumpfen  Winkel  bildet. 
Um  auf  den  Sägeschärfmaschinen,  deren  Feilenträger  sich  beim  Rück- 
gang senkrecht  zur  Zahnspitzenlinie  hebt,  die  in  Fig.  23  gezeichnete 
Verzahnung  ohne  besondere  Vorrichtung  zum  seitlichen  Ausheben  der 
Feile  herzustellen,  dient  diese  Feile. 

Der  Querschnitt  derselben  kann  derjenige  der  gebräuchlichen 
Sägefeilen  mit  gleichseitigem  Dreieck  sein  oder  auch  eine  andere  Figur 


198  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

bilden,  je  nachdem  der  Winkel,  den  die  Brust  und  der  Rücken  des  vor- 
hergehenden Zahnes   mit  einander  einschliefsen,  gewählt  wird. 

Das  Eigentümliche  der  Feile  besteht  darin,  dafs  dieselbe  an  der 
Spitze  und  an  dem  gegenüberstehenden  Ende  Verlängerungen  trägt,  deren 
Querschnitte  mindestens  so  viel  kleiner  sind,  als  das  Mafs  des  Unter- 
teilen* beträgt,  so  dafs  die  Feile,  wenn  sie  in  ihren  Endstellungen  an- 
gekommen ist,  sich  wieder  frei  aus  dem  Blatt  herausheben  oder  in  das- 
selbe hineinlegen  kann,  ohne  die  Zahnspitze  zu  berühren:  wenn  also  die 
Feile  am  Hubende  steht,  so  mufs  sich  die  Feile  frei  ausheben  und  c  frei 
einlegen  können.  Das  Mindestmafs,  um  welches  der  Querschnitt  der 
Verlängerung  vor  dem  Querschnitt  der  eigentlichen  Feile  zurücktreten 
mufs,  ist  d]  damit  aber  bei  einem  Nachhauen  der  Feile  die  Verlänge- 
rungen nicht  auch  nachgearbeitet  werden  müssen,  macht  man  dieses 
Mafs  gröfser,  ungefähr  ddx. 

Zum  Glattziehen  verschränkter  Sägeblätter  dient  die  in  Fig.  24  dar- 
gestellte Anordnung  von  C.  F.  liölmhardt  in  Dresden  (D.  B.  P.  Nr.  48  689 
vom  15.  März  1889). 

Der  Apparat  besteht  aus  zwei  eisernen  Backen  B{  und  /?2,  welche 
nach  oben  rechtwinklig  abgekröpft  und  durch  Schrauben  s{  und  s2  mit 
einander  verbunden  sind,  zwei  kleinen  Walzen  u\  und  tr2,  welche  durch 
Metallstücke  m{  ml  m2  und  m2  in  der  Kröpfung  der  Backen  Bi  und  B2 
derartig  gelagert  sind,  dafs  dieselben  durch  die  in  den  Backen  befestigten 
Schrauben  r{  ri  r2  und  r2  zusammen-  oder  auseinandergestellt  werden 
können,  einer  Rolle  o,  drehbar  auf  einem  Schraubenbolzen  6,  und  einer 
Prefsschraube  p.  Die  Metallstücke  m1  ml  m2  und  m2  sind  entweder 
rechteckig  oder  länglich  oval  in  die  Backen  B{  und  B2  eingelassen,  so 
dafs  dieselben  beim  Drehen  der  Schrauben  r  vor  oder  zurück  gehen, 
wobei  sich  die  Schrauben  r  entweder  mit  ihrem  Bund  u  oder  mit  der 
aufgenieteten  Flügelmutter  f  an  die  Backen  B  anlegen. 

Die  Bolle  o  ist  in  der  Art  und  Weise  in  einer  Nut  n,  in  der  Backe  2?, 
und  n2  in  der  Backe  B2  verstellbar  angebracht,  dafs  der  Bolzen  b  in 
einem  Schlitz  /  der  Backe  B2  herauf  oder  herunter  gestellt  werden  kann. 

Die  Backen  B{  und  B2  werden  durch  die  Schrauben  s{  und  s2  zu- 
sammen- oder  auseinaudergestellt,  wobei  dieselben  durch  die  Prefs- 
schraube p  auseinandergehalten  werden. 

Um  die  geschränkten  Zähne  eines  Sägeblattes  mit  diesem  Apparat 
gleichmäfsig  zu  ziehen,  stellt  man  zunächst  die  Backen  Bx  und  H2  durch 
die  Schrauben  sx  s2  und  p  so  aus  einander,  dafs  man  das  Sägeblatt  B 
mit  dem  unverzahnten  Theil  dazwischen  hindurchziehen  kann:  die  Rolle  o 
stellt  man  so,  dafs,  wenn  der  Rücken  des  Sägeblattes  auf  derselben  auf- 
liegt, die  Zähne  z  vom  Sägeblatt  noch  etwas  über  die  Kröpfung  der 
Backen  Bx  und  B2  hervor,  zwischen  die  Walzen  «<>,  und  t/\,  zu  stehen 
kommen.  Die  Walzen  u\  und  w2  werden  durch  die  Schrauben  r,  r,  r2 
und  r2  so  zusammengestellt,   dafs   dieselben  gleichmäfsig  von  der  Mitte 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  199 

aus  und  der  Breite  der  Verschräukung  entsprechend  von  einander  ab- 
stehen, dann  setzt  man  das  Sägeblatt  mit  dem  Rücken  auf  die  Rolle  o 
auf  und  zieht  es  durch  den  Apparat  hindurch,  wobei  die  zu  weit  ge- 
schränkten Zähne  des  Sägeblattes  durch  die  Walzen  u>,  und  tc.2  in  ihre 
richtige  Lage  gedrückt  werden. 

Hobelmaschinen. 

Wird  eine  Welle  von  einem  Riemen  oder  Seil  (auch  Räder)  ange- 
trieben, so  erhält  sie  von  dem  treibenden  Mittel  nicht  allein  eine  drehende 
Bewegung,  sondern  auch  seitliche  Drucke,  wodurch  die  Welle  eine 
excentrische  Stellung  annehmen  kann.  Da  aber  die  seitlichen  Drucke 
nicht  immer  gleich  sind,  so  verändert  sich  die  Lage  der  Welle  in  ihrem 
Lager  fortwährend. 

Um  die  Schwankungen  in  der  Wellenlage  an  der  Arbeitswelle  zu 
vermeiden,  wird  dieselbe  nach  dem  Vorschlag  von  C.  L.  P.  Fleck  Söhne 
in  Berlin  (D.  R.  P.  Nr.  49  210  vom  19.  Februar  1889)  so  mit  der  An- 
triebswelle verbunden,  dafs  sie  von  ersterer  nur  die  Drehbewegungen 
erhält.  Hierzu  kann  man  mannigfache  Kupplungen  verwenden.  Z.  B. 
werden  beide  Wellenenden  ausgehöhlt  und  in  dieselben  ein  curven- 
förmig  profilirtes  Stück  gelegt. 

Während  bei  Hobelmaschinen,  die  mit  Messerköpfen  arbeiten,  also 
mit  Messern,  deren  Schneiden  während  der  Arbeit  einen  Cylindermantel 
beschreiben,  Druckbalken  und  Spanbrecher  nur  einen  verhältnifsmäfsig 
schmalen  Streifen  zwischen  sich  freilassen,  war  man  bisher  bei  Scheiben- 
hobelmaschinen gezwungen,  selbst  wenn  je  eine  Druckwalze  unmittel- 
bar vor  und  hinter  die  Scheibe  gelegt  wurde,  ein  grofses,  mindestens 
dem  Durchmesser  der  Messerscheibe  gleichkommendes  Stück  des  be- 
arbeiteten Brettes,  und  zwar  unmittelbar  beim  Werkzeug  ohne  Andruck 
zu  lassen. 

Um  diesem  Uebelstande  bei  Scheibenhobelmaschinen  zu  begegnen, 
hat  B.  F.  Stollz  in  Berlin  (D.  R.  P.  Nr.  48  863  vom  12.  April  1889)  die 
in  Fig.  25  veranschaulichte  Einrichtung  getroffen. 

Zur  Zu-  und  Abführung  des  Holzes  werden  in  der  Zeichnung 
Walzen  e  benutzt,  doch  kann  ebenso  gut  die  Zuführung  des  Holzes  mittels 
eines  Wagens  oder  Schlittens,  auf  dem  es  festgespannt  ist,  erfolgen. 

Die  Messerscheibe  o,  deren  senkrechte  Welle  d  im  Gestell  der 
Maschine  gelagert  ist  und  die  Riemenscheibe  dx  trägt,  ist  auf  der  unteren 
Seite  mit  der  inneren  Aushöhlung  a{  versehen.  In  letzterer  befindet 
sich  die  halbringförmige  Druckplatte  6,  welche  an  den  Enden  der  im 
Maschinengestell  geführten  Stangen  b{  befestigt  ist.  Letztere  werden 
durch  die  sich  gegen  die  Bunde  b3  setzenden  Schrauben  federn  b2  nieder- 
gezogen, so  dafs  die  Druckplatte  6  innerhalb  der  Messerscheibe  das  Brett 
auf  den  Arbeitstisch  niederdrückt  und  Hohlliegen  wie  Schwankungen 
desselben  fernhält.     Zum  Niederziehen  der  Druckplatte  b  kann  auch  an 


200  "*;  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

der  Stelle  der  Federn  ein  Gewicht  verwendet  werden.     Auch  kann  man 
in  die  untere  Fläche  der  Druckplatte  b  Reibungsrollen  einlassen. 

Die  obere  Fläche  der  Messerscheibe  a  ist  mit  Rippen  a.2  ausgerüstet, 
welche  wie  die  Flügel  eines  Ventilators  wirken. 

Da  sich  dicht  an  den  äufseren  Rand  der  Messerscheibe  das  Gehäuse  c 
anschliefst,  werden  die  Hobelspäne  von  dem  durch  die  Rippen  a2  er- 
zeugten Luftstrom  fortgerissen  und  durch  die  Mündung  des  Gehäuses  c 
herausgeschleudert. 

Die  im  letzten  Bericht  besprochene  Hobelmaschine,  deren  wagerecht 
arbeitende  Messer  um  eine  stehende  Welle  umlaufen,  ist  von  Th.  Küpper 
in  Bonn  (Zusatz  D.  R.  P.  Nr.  48  690  vom  16.  März  1889)  wesentlich  ab- 
geändert worden,  siehe  Fig.  26. 

Das  Hauptpatent  enthält  eine  Hobelmaschine  mit  wagerecht  arbeiten- 
den Messern,  welche  in  geneigter  Lage  radial  an  den  schrägen  Rändern 
einer  Scheibe  befestigt  sind  und  mit  einer  Kante  oder  der  ganzen  Schneide 
das  Werkstück  abhobeln;  um  die  abgehobelten  Späne  abzuschneiden, 
werden  bei  vorliegender  Einrichtung  unter  die  Schneideflächen  der  hier 
nicht  radial,  sondern  excentrisch  angeordneten  Hobelmesser  noch  seg- 
mentartig eingelegte  Messer  angebracht. 

Die  auf  der  senkrechten  Achse  a  sitzende,  beinahe  flache  Hobel- 
eisenscheibe b  ist  an  ihrer  Unterfläche  mit  excentrischen  und  schräg 
eingeschnittenen  Flächen  versehen,  auf  welchen  die  Messer  d  mittels 
Schrauben  verstellbar  befestigt  werden,  so  dafs  durch  die  geneigte  Lage 
der  Messer  d  die  abgeschrägten  Spitzen  derselben  wagerecht  zu  liegen 
kommen  und  mittels  eines  wagerecht  darüber  gehaltenen  Schleifsteins 
genau  geschliffen  werden,  weil  die  Messer  d  eine  Kleinigkeit  über  den 
Rand  m  der  Scheibe  b  hervortreten ;  durch  Anhalten  eines  Schleifsteins 
unten  an  die  Scheibe  b  werden  auch  die  anderen  Schneidflächen  der 
Messer  geschliffen,  so  dafs  die  Schneiden  genau  rund  laufen. 

Die  sich  unten  an  die  Schneiden  der  Messer  d  mit  ihren  Schneiden 
scharf  anlehnenden  schrägen  Messer  e  werden  bis  beinahe  unter  die 
Schneiden  von  der  auf  der  Nabe  der  Scheibe  b  sitzenden  Scheibe  f 
umhüllt;  dieselbe  ist  mittels  Schrauben  g  in  ihrer  Höhe  verstellbar,  um 
die  Messer  e  mehr  oder  weniger  freizugeben.  Die  Messer  e  rotiren  mit 
den  Messern  </,  sind  mittels  Schrauben  am  Rand  m  der  Scheibe  b  ver- 
stellbar befestigt  und  haben  zum  Zweck,  die  von  den  Messern  d  vom 
Holz  abgetrennten  Späne  abzuschneiden  und  wegzuschaffen,  welche  durch 
die  Scheiben  durchfallen. 

Das  Werkstück  wird  durch  zwei  oder  mehrere  Druckwalzen  h  und  i 
auf  den  Tisch  gepre'fst  und  seitlich  geführt,  damit  es  beim  Bearbeiten 
nicht  ausweichen  kann.  Der  über  den  Hobeleisen  d  angebrachte  Deckel  k 
kann  bei  kleinen  Maschinen  auf  der  Achse  a  befestigt  sein  und  mit- 
rotiren,  bei  gröfseren  Maschinen  wird  derselbe  zweckmäfsig  mit  den 
Lagerständern  der  Druckwalzen  h  i  fest  verbunden  und  nicht  mitrotiren. 


Nene  Holzbearbeitungsmaschinen.  201 

Sind  die  Schneiden  der  Messer  abgenutzt  und  durch  Schleifen  ver- 
kürzt, so  kann  man  dieselben  nachstellen;  um  während  des  Betriebes 
der  Hobelmaschine  einen  verschieden  starken  Span  nehmen  zu  können, 
wird  entweder  die  Welle  a  gehoben  oder  gesenkt,  oder  die  Arbeitsplatte 
gehoben  oder  gesenkt. 

In  dem  zweiten  Zusatz  D.  R.  P.  Nr.  51  123  vom  25.  Juli  1889  ist 
die  Messerscheibe  so  angeordnet,  dafs  sie  von  oben  das  unter  ihr  hin- 
durchgeführte  Holz  bearbeitet. 

Eine  Kehlmaschine  zum  Schneiden  von  Kehlleisten  mit  Vorrichtung 
zum  Einschneiden  von  Falzen  wird  von  K.  Weiser  in  Zeulenroda  i.  S. 
(D.R.  P.  Nr.  49372  vom  30.  April  1889)  angegeben.  Hinter  der  Messer- 
welle, welche  oberhalb  des  Brettes  die  Kehlungen  hobelt,  ist  unter  der 
Tischplatte  eine  in  wagerechter  und  senkrechter  Richtung  einstellbare 
Welle  vorgesehen,  welche  mit  Falzfräsern  und  Schneidscheiben  so  aus- 
gerüstet ist,  dafs  sie  von  unten  die  Falze  einschneiden  und  gleichzeitig 
das  Brett  in  die  einzelnen  Leisten  zerlegen  kann. 

Eine  Schutzvorrichtung  für  Abrichthobelmaschinen  ist  nach  dem 
Vorschlage  von  F.  Bock  in  Efslingen  (D.  R.  P.  Nr.  49  067  vom  11.  April 
1889)  in  Fig.  27  dargestellt. 

Die  Anforderung  an  solche  Maschinen,  dafs  Hölzer  von  jedem  be- 
liebigen Querschnitt,  ohne  vorheiüges  Verstellen  einer  Schutzvorrichtung 
und  somit  ohne  Zeitverlust  mit  gröfstmöglicher  Sicherheit  für  den  daran 
beschäftigten  Arbeiter  abgerichtet  werden  können,  gab  die  Veranlassung 
zu  dieser  Construction.  Es  ist  deshalb  der  ganze  Apparat  unter  dem 
Hobeltisch  angebracht,  so  dafs  nur  die  Schieber  c,  welche  die  Hobelmesser 
zum  Schutze  decken,  aus  dem  Tisch  hervorsehen. 

Diese  Schieber,  welche  sämmtlich  gleiche  Breite  haben  und  in  einem 
bestimmten  Radius  derart  gebogen  sind,  dafs  die  hervortretenden  Theile 
die  Messer  gut  decken,  ohne  an  denselben  zu  streifen,  erhalten  ihre 
Führung  in  einem  zweitheiligen  Gehäuse  bb{,  welches  unter  dem  Tisch 
angeschraubt  wird.  Die  Anzahl  der  Schieber  und  folglich  auch  die 
lichte  Weite  des  Führungsgehäuses  b  b{  hängen  von  der  Breite  der  Hobel- 
messer ab.  Jeder  Schieber  ist  unten  mit  einem  Nocken  n  versehen  und 
einzeln  an  einem  entsprechenden  Scharnierstück  s  mit  Klinke  k  und 
Feder  f  aufgehängt,  während  die  Scharnierstücke  *  sich  um  einen  gemein- 
schaftlichen Bolzen  z,  welcher  am  Führungsgehäuse  6t  seine  Befestigung  er- 
hält, drehen  können.  Durch  diese  Aufhängung  werden  alle  Schieber  nach 
oben  gehalten.  Wird  nun  ein  Stück  Holz  auf  dem  Tisch  vorwärts  gegen 
das  obere  Ende  der  Schieber  geschoben,  so  lösen  sich  durch  den  Druck 
eine  Anzahl  solcher  Schieber  entsprechend  der  zu  hobelnden  Breite 
selbst  aus,  wodurch  diese  in  dem  Führungsgehäuse  nach  unten  gehen 
und  zugleich  einen  Hebel  mit  Gegengewicht  nach  unten  drücken.  Der 
Druck  des  Hebels  nach  oben  kann  aufser  durch  das  Gegengewicht  auch 
noch    durch    Spannfeder    mit    Flügelmutter    regulirt    werden.      Verläfst 


202  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

das  Holz  die  Oeffnung  des  Tisches  oder  werden  einer  oder  mehrere 
Schieber  vom  Druck  frei,  so  werden  letzlere  sofort  durch  den  Hebel  in 
ihre  ursprüngliche  Lage  gebracht  und  in  die  Klinken  k  eingehäugt,  so 
dafs  die  Messer  alsbald  wieder  an  den  freien  Stellen  gedeckt  sind.  Der 
ganze  Apparat  ist  noch  unten  durch  ein  Blech  t  gegen  Staub  geschützt. 

Bei  der  Fräsmaschine  für  geschweifte  Hölzer  von  W.  Heinrich  in 
Efslingen  (D.  R.  P.  Nr.  51  930  vom  9.  August  1889)  wird  eine  Schablone 
als  Träger  des  zu  führenden  Holzes  durch  Vorschubwalzen  mit  zur  Fräs- 
achse senkrecht  stehenden  Achsen  bewegt  und  durch  einen  Zapfen  in 
einer  festen  Leitcurve  geführt.  Letztere  ist  aus  der  Schablone  in  der 
Weise  entworfen,  dafs  die  Mittelpunkte  der  Schablonencurven  während 
ihres  Durchganges  unter  den  Fräsmessern  stets  in  diejenige  Ebene  fallen, 
welche  durch  die  Fräsachse  und  die  Achsen  der  Vorschubwalzen  gelegt 
werden  kann. 

Die  Patentschrift  gibt  aufser  Zeichnungen  der  Maschine  Anweisungen 
zum  Entwerfen  der  Schablone  und  Leitcurven. 

Ein  Fräskopf  mit  auswechselbaren  Messern  von  F.  G.  A.  Häser  in 
Bremen  (D.  R.  P.  Nr.  48  374  vom  8.  December  1888)  ist  in  Fig.  28 
dargestellt. 

Auf  der  Frässpindel  a  ist  ein  Kegel  b  mittels  der  Unterlegscheibe  c 
festgeschraubt.  Kegel  b  ist  radial  geschlitzt.  In  dem  Schlitz  sitzen 
zwei  Profilmesser  d  (zum  Vor-  und  Rückwärtsschneiden);  dieselben  wer- 
den durch  die  Zwischenlage  e  in  ihrer  Lage  gehalten  und  beim  An- 
ziehen der  Mutter  auf  der  Frässpindel  durch  die  Scheibe  e  festgeklemmt. 

Die  Abschärfung  der  Profilmesser  ist  nach  innen  gekehrt,  um  den 
Spänen  Platz  zu  bieten;  das  radiale  Hinausfliegen  der  Messer  beim 
Rotiren  verhindern  die  beiden  Nasen  f  und  g. 

Der  in  Fig.  29  abgebildete,  gleichfalls  mit  auswechselbaren  Messern 
versehene  Fräskopf  von  G.  Heymeier  und  der  Firma  von  Schmitz  und  Co. 
in  Bremen  (D.  R.  P.  Nr.  49  711  vom  24.  Februar  1889)  ist  mit  einer 
Schutzvorrichtung  ausgerüstet. 

Die  Fräserwelle  a,  der  sogen.  Dorn,  ist  zur  Aufnahme  der  Fräser 
geschlitzt.  In  diesen  Schlitz  wird  zunächst  ein  Schuh  c  aus  sehr 
hartem  Stahl  eingesetzt,  der  mittels  des  Zapfens  b  in  einer  entspre- 
chenden Vertiefung  der  Fräserwelle  a  sitzt  und  an  seinen  beiden  Seiten 
mit  Anschlagnasen  e  versehen  ist.  Der  Schuh  c  ist  gegen  radiale  Ver- 
schiebung durch  einen  Zapfen  b  verhindert  und  dient  zur  Aufnahme 
und  zum  Festhalten  der  Stahlmesser  m  m{.  Zu  diesem  Zwecke  ist  der 
Schuh  c  an  seiner  inneren  Seite  bei  c,  mit  feinen  Riffelungen  versehen, 
und  die  Messer  m  m,  sind  in  gleicher  Weise  geriffelt,  um  ein  Festhalten 
der  Messer  und  ein  möglichst  feines  Verstellen  derselben  gegen  den 
Schuh  c  zu  ermöglichen. 

Die  Messer  m  m{  sind  derart  eingerichtet,  dafs  das  eine  zum  Fräsen 
bei   Rechtsdrehunu    und    das    andere    zum    Fräsen    bei   Linksdrehungen 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  203 

dient.  Beide  Messer  m  m^  liegen  auf  einander  und  werden  durch  eine 
bei  m3  armförmig  gebogene  Platte  m2  versteift.  Diese  Messer  liegen 
in  dem  Schlitz  der  Fräserwelle;  den  anderen  Befestigungspunkt  für 
die  Messer  bildet  der  Ring  </,  welcher  über  den  Messern  sitzt  und  bei  dt 
geschlitzt  ist,  während  die  Messer  bei  e{  el  ausgekehlt  sind  und  so 
eine  Anschlagnase  für  den  Ring  d  bilden.  Die  Messer  m  0^  sind  durch 
den  Schutzring  f  überdeckt,  welch  letzterer  einen  etwas  gröfseren 
Durchmesser,  als  der  von  den  Messern  beschriebene  ist,  besitzt,  so  dafs 
er  die  Messer  vollständig  überdeckt. 

Die  Scheibe  /"ist  mittels  Unterlagsscheibe  g  und  Mutter  h  festgeklemmt. 
Der  Ring  f  ist  an  der  Innenseite  mit  vier  Nasen  ii  versehen,  welche 
den  Zweck  haben,  die  Messer  seitlich  zusammenzuhalten.  Die  Scheibe  f, 
welche  mit  der  Unterkante  nur  etwas  höher  liegt  als  die  Decke  des  zu 
fräsenden  Holzes,  dient  dem  Arbeiter  als  Schutzvorrichtung  und  ver- 
hindert, da  sie  bei  ff  unterbrochen  ist,  die  Uebersicht  über  die  Messer 
beim  Arbeiten  nicht. 

Bei  kleineren  Messern,  namentlich  bei  solchen,  welche  ganz  ver- 
steckt  im  Holze   arbeiten,   kann   die   Schutzscheibe  f  entbehrt   werden. 

Statt  dafs  die  Messer  durch  die  Scheibe  f  gehalten  werden,  wird 
dann  ein  zweiter  gezahnter  Schuh  gleich  demjenigen  c  in  die  Schlitze 
der  Fräserwelle  geschoben  und  hier  der  Schuh  durch  einen  ähnlichen, 
wie  Ring  d  geschlitzten  Ring  gehalten.  Ring  b  wird  durch  die  Mutter  h 
befestigt.  Der  ersterwähnte  Ring  dient  sodann  beim  Fräsen  des  Holzes 
letzterem  als  Führung.  Die  Befestigung  ist  bei  beiden  Ausführungsarten 
leicht  und  sicher  zu  erreichen  und  zu  lösen. 

Eine  Maschine  zur  Herstellung  von  Kehlungen  und  Verzierungen 
auf  Holz  ist  in  der  sehr  umfangreichen  Patentschrift  von  C.  L.  Gö/iring 
in  Alleghany,  Nordamerika  (D.  R.  P.  Nr.  50  192  vom  19.  December  1888) 
angegeben. 

Die  Muster  und  Verzierungen  werden  erzeugt,  indem  der  Werkzeug- 
halter gegen  das  zugeführte  Arbeitsstück  in  schwingende  Bewegung  ver- 
setzt wird.  Letztere  wird  unter  Einschaltung  einer  Querverschiebung 
der  Messerwelle  von  Schablonen  aus  veranlafst. 

Schuhleisten-Copirmaschinc  von  H.  Höber  in  Alfeld  a.  d.  Leine  (D.  R.  P. 
Nr.  51  687  vom  13.  Oktober  1888). 

Alle  seither  benutzten  Schuhleisten-Copirmaschinen  haben  den  Nach- 
theil, dafs  sie  die  vorderen  Zehenpartien  der  Leisten  nicht  oder  doch 
nur  zum  geringeren  Theil,  und  zwar  je  nach  der  besonderen  Fayon 
des  Modelies  copiren  können,  und  zwar  aus  dem  Grunde  nicht,  weil  sie 
keine  geeigneten  Einrichtungen  besitzen,  welche  solches  ermöglichen 
lassen,  was  daher  zur  Folge  hat,  dafs  die  Fertigstellung  der  Leisten  an 
diesen  sehr  wichtigen  Stellen  mittels  höchst  mühevoller  Handarbeit  be- 
schafft werden  mufs.  Keine  Hand,  selbst  wenn  sie  durch  das  geübteste 
Auge  unterstützt  wird,  ist  im  Stande,  derartige  plastische  Formen  link.-.- 


204  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

uDd  rechtsseitiger  Figuren  so  genau  dem  gegebenen  Modelle  nachzubilden, 
wie  es  die  Maschine  vermag. 

Das  nothwendige  Vordringen  des  Copirradkranzes  bis  zu  diesen 
Punkten  wird  bei  den  Maschinen  durch  die  Spindel  des  Modellhalters 
bis  zu  einem  gewissen  Punkte,  der  einestheils  von  der  Dicke  des  Modell- 
halters, sowie  anderenteils  durchlas  Nichtvorhandensein  eines  der  Dicke 
des  letzteren  entsprechenden  Schlitzes  im  Copirradkranze  abhängig  ist, 
begrenzt.  Hieraus  ergibt  sich,  dafs  auch  die  zu  copirenden  Leisten  durch 
die  rotirende  Messerscheibe  nur  bis  zu  diesem  bestimmten  Punkte  copirt 
werden  können. 

Diese  Nachtheile  sollen  vermieden  werden.  Fig.  30  zeigt  die  Ober- 
ansicht einer  Leisten-Copirmaschine  mit  den  bekannten  Theilen:  der  fest- 
stehenden Strafse  D  mit  den  beiden  auf  dieser  zwischen  den  Punkten  x  und  y 
(Fig.  31)  beweglich  hergestellten  und  durch  das  Gestänge  G  mit  einander 
verbundenen  Schlitten  T  und  l\.t  von  welcher  T  mit  dem  sogen.  Copir- 
rade  C,  und  Tl  mit  der  rotirenden  Messerscheibe  M,  welche  beide  gleiche 
Durchmesser  haben  und  mit  ihren  Achslinien  in  eine  zur  Strafse  D  parallele 
Linie  l  zusammenfallen,  versehen  ist,  sowie  des  Wagens  /£,  welcher  sich 
mit  der  gemeinschaftlichen  Achslinie  m  der  Spindeln  der  Spindelblöcke 
S  und  Sl  und  des  Reitstockes  /?,  in  wagerechter  und  paralleler  Richtung 
zur  Achslinie  /  in  dem  Abstände  von  Linie  n,  jetzt  nur  bis  annähernd 
nach  m  bewegt,  derselbe  aber  sich  ganz  bis  m  bezieh,  dem  Punkte  x 
des  Copirradkranzes  C,  Fig.  31,  bewegt,  wenn,  wie  es  die  Fig.  30  er- 
gibt, der  Reitstock  H  mit  der  Spindel  s  und  der  Copirradkranz  C  mit 
einem  Schlitze  versehen  ist,  wodurch  eine  vollständige  Copirung  der 
vorderen  Zehen partien  des  Model les  Mx  an  dem  in  den  Leistenhalter  s{ 
in  bekannter  Weise  einseitig  eingespannten  rohen  Leistenholzes  L  be- 
wirkt wird. 

Die  Arbeit  des  Copirens  der  Leisten  nach  dem  Modell  an  den  vor- 
deren Zehenpartien  ist  folgende: 

Das  Modell  iü,  wird  einerseits  durch  den  Körner  K  der  Spindel  s 
und  andererseits  durch  die  klauenförmige  Spitze  der  Spindel  des  Bockes  S 
getragen  und  durch  die  Riemenscheibe  5,  in  rotirende  Bewegung  versetzt, 
während  das  rohe  Leistenholz  in  dem  mit  Einspanubacken  verseheneu 
Klemmfutter  s,  befestigt  und  durch  die  Riemenscheibe  5,  in  gleichartige 
Bewegung  des  Modelies  gebracht  wird. 

Die  Seite  B{  des  Copirradkranzes,  Fig.  32,  wird  nun  so  gestellt,  dafs 
dieselbe  mit  der  äufsersten  Spitze  des  Modelies  abschneidet.  Hierauf 
beginnt  die  Copirung  des  Modelles  an  der  äufsersten  vorderen  Zehen- 
partie, und  zwar  in  der  Weise,  dafs  man  zunächst  das  Segment  B  mit 
der  Hand  oder  einer  anderen  geeigneten  Vorrichtung  in  die  Lage,  wie 
Fig.  32  es  zeigt,  zurückschiebt,  das  Modell,  das  rohe  Leistenholz  und 
die  Messerscheibe  in  Umdrehungen  versetzt  und  dann  die  Spindel  s  — 
welche   gleichzeitig   mit  durch   den   Wagen   £,   der   bekanntlich   durch 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  205 

Feder-  oder  Gewichtsdruck  selbsthätig  zwischen  den  Punkten  n  und  m, 
Fi".  30,  und  zwar  je  nach  der  besonderen  Form  des  Modelles  vor-  und 
rückwärts  bewegt  bezieh,  in  der  Richtung  gegen  m  gedrückt  wird  — 
in  einen  Schlitz  des  Kranzes  C  hineingleiten  läfst.  Während  dieser 
letzteren  Verrichtung  hat  sich  die  äufserste  Zehenspitze  am  Leistenholze 
bereits  gebildet,  und  beginnt  hiernach  die  bekannte  selbsthätige  Fort- 
bewegung der  Schlitten  T  und  Tx  in  der  Richtung  von  x  nach  t/,  wobei 
im  Beginn  der  gleichzeitigen  Fortbewegung  des  Copirradkranzes  C  der 
Schlitz  desselben  es  gestattet,  dafs  die  Spindel  s  in  dem  letzteren,  und 
zwar  in  correspondirender  Art  mit  den  vorderen  Zehenformen  des 
Modelles  zwischen  den  Punkten  x  bis  o,  Fig.  31,  sich  vor-  und  rück- 
wärts schiebt.  Während  dieser  Verschiebungen  wird  nun  das  Segment  B 
mit  der  Nase  B{  zu  Folge  der  Spannfeder  D  stets  gegen  den  Körner  K 
gedrückt  und  somit  der  Schlitz  an  den  Copirflächen  des  Kranzes  von 
den  Punkten  x  bis  o  stets  geschlossen  gehalten,  wodurch  eine  völlig 
richtige  Copirung  des  Modelles  auch  an  den  vorderen  Zehenpartien  er- 
folgen kann. 

Ob  hierbei  nun  der  Copirradkranz  feststehend  oder  drehbar  (volles 
Rad)  ist,  bleibt  sich  gleich.  Nach  vollendeter  Copirung  der  vorderen 
Zehenpartie  bezieh,  dem  Verlassen  der  Spindel  s  aus  dem  Schlitze 
schliefst  sich  letzterer  selbsthätig  nicht  nur  von  dem  Punkte  x  bis  o, 
sondern  auch  bis  zum  Punkte  z,  und  steht  der  weiteren  richtigen  Arbeit 
des  Copirradkranzes  nichts  im  Wege. 

Maschinen  zur  Fabrikation  von  Holzschuhen  von  Fd.  Arbey  et  Ftfo, 
Paris.  Auf  der  letztjährigen  Pariser  Ausstellung  bot  die  Firma  wieder 
Gelegenheit,  diese  eigenartigen  Holzbearbeitungsmaschinen  zu  beobachteu. 
Drei  verschiedenartige  Maschinen  sind  es,  welche  bei  der  Massen- 
fabrikation von  Holzschuhen  zur  Verwendung  kommen.  Auf  der  ersten 
erhält  der  Schuh  seine  äufsere  Form,  die  zweite  dient  zum  Aushöhlen 
derselben  von  der  Ferse  bis  etwa  in  die  Mitte  des  Schuhes,  soweit  die 
Oeffnung  des  Schuhes  reicht,  und  die  dritte  ist  zum  Aushöhlen  der  Schuh- 
spitze eingerichtet. 

Die  Maschine  zum  Faconniren  und  Schweifen  der  Holzschuhe  be- 
arbeitet je  nach  ihrer  Gröfse  zwei,  vier  oder  sechs  Schuhe  gleichzeitig. 
Man  spannt  die  mit  der  Bandsäge  roh  vorgeschnittenen  Hölzer  ähnlich 
wie  bei  einer  Drehbank  auf  dem  verschiebbaren  Arbeitstische  der  Maschine 
ein,  so  dafs  sie  in  deren  Längenrichtung  parallel  neben  einander  liegen. 
Die  neben  einander  liegenden  Spindeln  werden  dann  mittels  conischer 
Zahnräder  und  einer  quer  zu  dieser  liegenden  Welle  von  der  Antriebs- 
welle der  Maschine  aus  in  umlaufende  Bewegung  gesetzt,  während  gleich- 
zeitig eine  oder  zwei  in  der  Längenrichtung  des  Werktisches  liegende 
Schraubenspindeln  diesen  allmählich  in  der  Faserrichtung  des  Holzes 
vorwärts  bewegen.  Die  Fräsmesser,  deren  natürlich  für  jede  Spindel 
bezieh,  jeden  Schuh  eins   vorhanden   ist,  sitzen  auf  einer  senkrecht  zu 


2u6  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

diesen  laufenden  Welle,  welche  in  zwei  um  feste  Achsen  drehbaren  und 
mittels  Querstück  und  Zugstange  fest  mit  einander  verbundenen  Armen 
gelagert  ist.  Sonach  vermögen  die  Fräsmesser  eine  zweifache  Bewegung 
zu  machen,  einmal  ihre  eigene  umlaufende  Bewegung  und  dann  diejenige 
der  im  Kreisbogen  schwingenden  Arme,  welche  nach  Mafsgabe  der  den 
Schuhen  zu  ertheilenden  Gestalt  durch  eine  gufseiserne  Schablone  be- 
einflußt wird,  wie  auch  die  Umdrehung  der  Hölzer  selbst  der  Form- 
gebung entsprechend  eine  ungleichmäfsige  ist.  Wie  die  Firma  Fd.  Arbey 
et  Fils  angibt,  braucht  eine  solche  Maschine  je  nach  ihrer  Gröfse  zur 
Herstellung  von  sechs  bezieh,  vier  oder  zwei  Schuhen  nur  10  bis 
15  Minuten  Zeit;  dabei  erhält  man  die  Schuhe  genau  in  der  gewünschten 
Gestalt,  so  dafs  dieselben  späterhin  blofs  noch  mit  Glaspapier  geglättet 
zu  werden  brauchen.  Diese  Maschine  eignet  sich  auch  zur  Faconnirung 
von  Gewehrschäften,  Pistolenkolben,  Radspeichen,  sowie  namentlich  auch 
zur  Erzeugung  von  Schuhmacherleisten. 

Der  nach  seiner  äufseren  Form  fertiggestellte  Schuh  wird  nunmehr 
auf  den  Support  der  ersten  Aushöhlmaschine  eingespannt.  Diese  hat 
grofse  Aehnlichkeit  mit  einer  gewöhnlichen  Senkrechtbohrmaschine. 
Eine  nach  vorn  gekröpfte  gufseiserne  Säule  trägt  die  senkrechte  Frässpindel 
nebst  deren  breiter  Antriebsriemenrolle,  welche  mittels  halbgekreuzten 
Riemens  von  der  Antriebsscheibe  in  Umdrehung  gesetzt  wird.  Diese 
sitzt  nebst  Fest-  und  Losscheibe  und  einer  Seilrolle  zum  Betriebe  eines 
kleinen  Ventilators  auf  einer  Welle,  deren  Lager  sich  in  einem  am 
Hintertheil  des  Maschinengestelles  befestigten  Doppelarm  befinden.  An 
der  Vorderseite  der  Maschine  ist  der  Support  angebracht,  welcher  durch 
Schrauben  in  beliebiger  Höhe  feststellbar  ist  und  einen  von  vorn  nach 
hinten,  sowie  einen  quer  zu  dieser  Richtung  beweglichen  Schlitten  be- 
sitzt. In  dem  auf  dem  obersten  Schlitten  angeordneten  Schraubstock 
werden  ein  oder  zwei  Schuhe  eingespannt  und  diese  werden  mittels 
zweier  die  Schlitten  bewegender  Handhebel,  dem  Fortgang  der  Bear- 
beitung entsprechend,  dem  Werkzeug  dargeboten.  Letzteres,  ein  an 
rotirender  Spindel  sitzender  Fräser,  wird  durch  Niedertreten  eines  Fufs- 
hebels  auf  das  Arbeitsstück  herabgesenkt,  wie  bei  einer  gewöhnlichen 
Bohr-  oder  Fräsmaschine.  Damit  die  bei  der  Bearbeitung  des  Holzes 
entstehenden  Späne  das  Werkzeug  nicht  verstopfen  und  dessen  Bewe- 
gung nicht  erschweren,  ist  für  die  fortwährende  Entfernung  der  abge- 
schnittenen Holztheilchen  gesorgt.  Zu  diesem  Zwecke  dient  ein  am 
Fufse  des  Maschinengestelles  angeordneter  kleiner  Ventilator,  dessen 
Flügel  mittels  Schnurgetriebe  in  schnelle  Umdrehung  versetzt  wird.  Das 
Windrohr  des  Gebläses  ist  an  dem  Maschinengestell  empor  geführt  und 
richtet  seine  Mündung  nach  dem  zu  bearbeitenden  Gegenstande,  so  dafs 
fortwährend  ein  Windstrom  gegen  diesen  geblasen  wird,  welcher  kräftig 
genug  ist,  die  entstehenden  Späne  sofort  zu  entfernen. 

Ist   dann    das  Aushöhleu   des   hinteren  Theiles  der  Schuhe  bis  zur 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  207 

Ferse  erfolgt,  so  bleibt  endlich  noch  die  Höhlung  im  vorderen  Theile 
übrig.  Das  kastenförmige  Gestell  der  hierzu  verwendeten  Maschine  trägt 
auf  seiner  Tischfläche  einen  mittels  Handrad  und  Schraubenspindel  in 
wagerechter  Richtung  in  einer  Schlittenführung  beweglichen  Ständer,  mit 
dessen  Vorderseite  ein  Rahmen  zum  Einspannen  der  Holzschuhe  verbunden 
ist.  Der  Rahmen  ist  um  seine  untere  Querachse  mittels  Scharniere  an 
dem  Ständer  drehbar,  bei  welcher  Bewegung  der  Rahmen  an  einer  nach 
vorn  gerichteten  Handhabe  gehalten  wird.  Eine  zweite  seitlich  angeordnete 
Handhabe  gestattet  aufserdem  eine  beschränkte  Senkrechtbewegung  der 
Arbeitsstücke  während  des  Aushöhlens.  Hierzu  dienen  die  zu  beiden 
Seiten  befindlichen  senkrecht  stehenden  Messer,  welche  in  rotirende  Be- 
wegung versetzt  werden,  worauf  ihnen  die  Holzschuhe  in  der  angedeu- 
teten Weise  zur  Bearbeitung  entgegengeführt  werden.  Eine  dritte  senk- 
rechte Welle,  die  ein  passend  geformtes  Schlichtewerkzeug  trägt,  dient 
zum  Nacharbeiten  der  fertig  ausgehöhlten  Schuhe. 

Um  ein  Beispiel  von  der  Arbeitsweise  einer  Fabrik  für  Holzschuhe 
und  von  der  Leistungsfähigkeit  der  in  einer  solchen  verwendeten  Maschinen 
zu  geben,  möge  bemerkt  werden,  dafs  eine  Anlage  zur  Erzeugung  von 
täglich  200  Paar  Schuhen  aufser  dem  Betriebsmotor  nur  5  Maschinen 
nöthig  hat,  trotzdem  die  Arbeit  durchweg  mit  Maschinen  verrichtet 
wird.  Man  braucht  für  die  angegebene  Leistung  aufser  der  etwa  8pfer- 
digen  Dampfmaschine  eine  Bandsäge,  um  die  Hölzer  in  passende  Blöcke 
zu  zerschneiden,  eine  zweite  Bandsäge,  um  die  Blöcke  roh  vorzuformen, 
eine  Faconnirmaschine  der  beschriebenen  Art,  um  6  Schuhen  gleich- 
zeitig die  äufsere  Form  zu  geben,  eine  Fräsmaschine,  um  den  offenen 
Theil  je  eines  Schuhes  auf  einmal  auszuhöhlen,  und  eine  zweite  Fräs- 
maschine, um  die  vordere  Höhlung  der  Schuhe,  je  zweier  gleichzeitig, 
herzustellen. 

Die  Holzdrehhank  von  /.  ZV.  Beach  in  London  (D.  R.  P.  Nr.  48  983 
vom  11.  August  1888)  bearbeitet  regelmäfsig  und  unregelmäfsig  geformte 
Holzgegenstände  durch  umlaufende  auf  das  gleichfalls  umlaufende  Holz- 
stück einwirkende  Messer. 

Wie  aus  Fig.  33  zu  ersehen,  ist  in  dem  Gestell  A  der  Maschine 
eine  hin  und  her  gehende  Platte  B  zum  Tragen  des  Drehstahles  und 
eine  hin  und  her  gehende  Platte  C  zum  Aufnehmen  des  Holzes  ange- 
ordnet. Die  Platte  B  gleitet  auf  drei  Schienen  b  und  trägt  auf  ihrer 
Unterseite  mehrere  Zahnstangen,  welche  in  Eingriii'  stehen  und  mit  Hilfe 
von  Zahnrädern  oder  dergleichen  in  Bewegung  versetzt  werden,  welche 
auf  einer  ein  Rad  D  tragenden  Welle  befestigt  sind.  Das  Rad  D  ist 
gleichfalls  mit  dieser  Welle  fest  verbunden;  daher  wird  jede  Bewegung, 
welche  dieses  Rad  in  einer  Richtung  empfängt,  auf  Welle  und  Bett- 
platte übertragen.  Auf  der  Nabe  des  Rades  D  ruht  lose  ein  Schnecken- 
rad F,  welches  seine  Bewegung  von  einer  mittels  eines  Rades  E  in 
Drehung   zu   versetzenden   Schnecke  G  erhält.     Die   von  dem   Rade   F 


208  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

ausgehende  Bewegung  übt  jedoch  nur  eine  Wirkung  auf  die  Welle  und 
das  Bett  B  aus,  wenn  das  Rad  F  an  die  Nabe  des  Rades  D  fest  an- 
geschlossen wird.  Dies  geschieht  mittels  einer  Frictionsklaue  Z)(,  welche 
durch  die  Nabe  in  eine  Aussparung  />.,  des  Maschinenrahrnens  geschraubt 
ist.  Durch  Drehen  dieser  Klaue  wird  das  Rad  D  nach  dem  Schnecken- 
rade F  gezogen  und  durch  den  Druck  seiner  Nabe  auf  der  Innenseite 
der  Nabe  des  Schneckenrades  bindet  es  dasselbe,  so  dafs,  wenn  dieses 
Bewegung  durch  das  Rad  E  und  Schnecke  G  erhält,  das  Rad  D  gleich- 
falls in  Drehung  versetzt  wird  und  mit  ihm  das  Bett  B.  Dieser  Druck 
hört  selbstverständlich  durch  Drehung  der  Klaue  D{  in  entgegengesetzter 
Richtung  auf.  Das  gröfsere  Rad  D  dient  zur  Hervorbringung  einer 
gröfseren  Bewegung  der  Platte  /J,  während  das  kleinere  Rad  E  die 
feinere  Einstellung  der  Platte  während  der  Thätigkeit  der  Maschine 
bewirken  soll.  Das  gröfsere  Rad  wird  daher  dazu  benutzt,  die  Schneid- 
vorrichtung oder  den  Drehstahl  in  eine  Lage  zu  bringen,  damit  er  auf 
das  Holz  einzuwirken  vermag;  das  kleinere  Rad  E  dagegen,  welches 
stets  unter  der  Controle  des  Arbeiters  steht,  vermittelt  die  Bestimmung 
der  Tiefe  des  Schnittes. 

Die  Drehstahlspindel  ist  mit  zwei  Griffen  h  versehen,  mittels  welcher 
sie  leicht  gehoben  werden  kann,  wenn  man  sie  in  die  Maschine  einsetzen 
oder  aus  derselben  entfernen  will.  Diese  Spindel  wird  von  drei  Stän- 
dern a  getragen,  welche  aus  der  Platte  B  ragen,  und  läuft  in  Lagern, 
welche  in  dem  um  ein  Scharnier  drehbaren  Lagerträger  J  ruhen,  so 
dafs  man  behufs  Auswechseins  der  Schneidköpfe  die  Spindel  sammt  den 
Lagern  herausnimmt.  Auf  der  Spindel  [ist  eine  Scheibe  I  befestigt, 
welche  ihren  Antrieb  von  einem  Riemen  c  empfängt.  Der  Schneidkopf  K 
ist  auf  der  Spindel  in  einer  solchen  Lage  angebracht,  dafs  die  Dreh- 
stähle, welche  in  den  kleinen  Schlitzen  d  untergebracht  sind,  demjenigen 
Theil  des  Holzes,  auf  den  sie  einwirken  sollen,  gegenüberstehen.  Dieser 
Schneidkopf  besteht  aus  einer  beliebigen  Anzahl  von  Scheiben  und  an 
jeder  derselben  sind  ein  oder  mehrere  Stähle  befestigt.  Diese  Scheiben 
können  gleiche  oder  verschiedene  Durchmesser  besitzen  und  durch  leere 
Scheiben,  d.  h.  solche  ohne  Schneidstähle,  von  einander  getrennt  sein. 
Sämmtliche  Scheiben  werden  durch  eine  Feder  L  gegen  den  Bund  am 
Ende  der  Spindel  gedrückt.  Natürlich  hängt  die  Form  des  gedrehten 
Balusters,  Sesselfufses  o.  dgl.  von  der  Anordnung  der  mit  Drehstählen 
versehenen  und  der  leeren  Scheiben  ab.  Beim  Bearbeiten  von  hartem 
Holze  verschleifsen  die  Stähle  in  kurzer  Zeit,  so  dafs  man  sie  häutig 
erneuern  mufs.  Hierbei  stellt  sich  jedoch  der  Stillstand  der  Drehbank 
behufs  Entfernung  der  Stähle  aus  dem  Schneidkopf  oder  behufs  Ent- 
fernung des  Schneidkopfes  von  der  Spindel  als  ein  sehr  ernster  Uebel- 
stand  heraus,  da  dieser  Vorgang  gewöhnlich  ' .,  bis  3/4  Stunden  und 
manchmal  noch  länger  dauert. 

Die  eigentlichen  Lager  bilden  einen  Bestandteil   der  Schneidkopf- 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  209 

spindel,  d.  h.  sie  werden  auf  dieselbe  aufgeschoben,  von  ihr  entfernt, 
nachgestellt  und  geschmiert,  während  die  Spindel  nicht  in  der  Maschine 
sitzt,  indem  jeder  Maschine  zwei  oder  mehr  Schneidkopfspindeln  bei- 
gegeben sind  und  jede  Schneidkopfspindel  die  ihr  zugehörige  Ausrüstung 
an  Schneidköpfen,  Stählen  und  Lagern  besitzt.  Wird  die  Spindel  in  die 
Maschine  eingesetzt,  so  kommen  die  Lager  auf  derselben  in  den  Lager- 
träger J,  von  welchem  der  Boden,  eine  Seite  und  der  Obertheil  massiv 
sind,  während  die  andere  Seite  von  einem  offenen  Rahmen  gebildet  wird, 
welcher  durch  ein  Excenter  M  gehoben  und  gesenkt  werden  kann,  so 
dafs  man  denselben  beim  Herausnehmen  des  Lagers  über  die  Zähne  oder 
Ansätze  am  freien  Ende  des  oberen  Theiles  des  Lagerträgers  zu  schieben 
vermag:  diese  offene  Seite  fällt  dann  zurück  und  das  Lager  kann  mit 
der  Schneidkopfspindel  entfernt  werden.  Das  Excenter  M  ist  in  dem 
betreffenden  Ständer  a  mittels  einer  Kurbel  e  drehbar,  deren  Ende  einen 
Knopf  trägt,  welcher  während  der  Arbeit  von  einem  an  der  Bettplatte  B 
durch  Schrauben  befestigten  Klemmhaken  f  gehalten  wird,  da  während 
dieser  Zeit  das  geringste  Spiel  in  dem  Lager  oder  dem  Lagerträger  unter- 
drückt werden  mufs.  Der  Lagerträger  kann  also  in  sehr  kurzer  Zeit 
geöffnet  und  das  Lager  und  die  Spindel  herausgenommen  werden,  indem 
man  die  Schrauben  der  Haken  f  lockert,  um  den  Knopf  der  Kurbel  e 
frei  zu  machen,  und  hierauf  letztere  mit  der  Hand  hebt.  Das  Excenter  M 
hebt  die  offene  Seite  des  Lagerträgers,  so  dafs  dieselbe  von  den  Ansätzen 
am  oberen  Theil  des  Lagerträgers  zurückgeklappt  werden  kann.  Nach- 
dem das  Oeffnen  sämmtlicher  Lagerträger  vorgenommen,  wird  die  Schneid- 
kopfspindel mit  ihren  Lagern  sofort  herausgenommen  und  eine  neue  an 
ihre  Stelle  gesetzt. 

Die  Holzplatte  C  erhält  die  nöthige  Hin-  und  Herbewegung  in  selbs- 
thätiger  Weise  und  läuft  hierbei  auf  Schienen,  welche  in  der  Zeichnung 
nicht  dargestellt,  aber  derartig  angeordnet  sind,  dafs  die  Platte  die  er- 
forderliche Bewegung  ausführen  kann,  welche  ihr  in  folgender  Weise 
ertheilt  wird.  Durch  einen  mit  dem  Motor  verbundenen  Riemen  g  wird 
die  Scheibe  N  einer  Welle  i  in  Drehung  versetzt,  welche  nahe  am  an- 
deren Ende  das  Kegelrad  0  trägt,  welches  in  ein  auf  der  Welle  j  an- 
geordnetes Kegelrad  0[  greift,  um  die  Drehbewegung  auf  das  Holz  zu 
übertragen.  Die  Welle  i  hat  ferner  am  äufseren  Ende  ein  kleines  Zahn- 
rad k  erhalten,  welches  durch  ein  Zahnrad  A,  und  ein  zweites,  nicht 
gezeichnetes  Zahnrad  mit  dem  grofsen  Zahnrad  k2  einer  Welle  /  in  Ver- 
bindung gebracht  ist.  Letztere  lagert  im  Gestell  und  bethätigt  eine 
Curvenscheibe  J9,  welche  auf  einen  Winkelhebel  Q  wirkt,  um  der  Holz- 
platte eine  hin  und  her  gehende  Bewegung  zu  ertheilen. 

Das  Holz  ist  zwischen  einem  Futter  m  und  einem  Reitstock  n  ein- 
gespannt, welcher  in  bekannter  Weise  mittels  einer  durch  ein  Rad  R 
bethätigten  Schraube  vorgeschoben  wird.  Das  Futter  m  wird  mittels 
eines  Schneckenrades  S  in  Drehung  versetzt,  welches  auf  dem  äufseren 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.?77  Nr.  5.  1890/111.  14 


210  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Ende  desselben  angeordnet  ist  und  seine  Bewegung  von  einer  Schnecke 
empfängt,  die  sich  auf  der  Welle  j  befindet.  Wenn  die  Holzplatte  sich 
unter  der  Einwirkung  der  Curvenscheibe  P  hin  und  her  bewegt,  um  die 
gewünschte  Unregelmäfsigkeit  in  der  Gestalt  des  Holzes  zu  erzielen,  so 
wird  das  Schneckenrad  S  mit  der  Holzplatte  vor-  und  rückwärts  bewegt. 
Damit  nun  auf  die  Schnecke  Druck  nicht  ausgeübt  oder  das  Rad  S  bei 
der  Hin-  und  Herbewegung  aufser  Eingriff  mit  derselben  gebracht  wird, 
versieht  man  die  Welle  j  mit  einem  Keil,  mittels  dessen  die  Schnecke 
5,  mit  der  Welle  j  nicht  allein  fest,  sondern  auch  gleitbar  verbunden 
wird,  um  sich  der  jeweiligen  Stellung  des  Rades  S  anzupassen. 

Die  Zahl  der  Seiten,  welche  das  Werkstück  bei  der  Bearbeitung  er- 
hält, hängt  von  dem  Verhältnifs  der  Umdrehungszahl  des  Werkstückes 
zur  Zahl  der  Hin-  und  Herbewegungen  der  Holzplatte  ab.  Ist  beispiels- 
weise das  Verhältnifs  der  Zähnezahl  des  Rades  k  und  kl  derart,  dafs  die 
Holzplatte  vier  Bewegungen  macht,  während  das  Holz  sich  einmal  dreht, 
so  erhält  das  Holz  durch  die  Drehstähle  vier  Schnitte  bei  jeder  Um- 
drehung und  erhält  dem  zu  Folge  annähernd  eine  quadratische  Gestalt. 
Bringt  dagegen  die  Holzplatte  bei  jeder  Drehung  des  Werkstückes  dieses 
zweimal  an  die  Stähle,  so  erhält  man  ein  Oval;  ist  das  Verhältnifs  1  :  1, 
so  erhält  man  wie  bei  einer  gewöhnlichen  Drehbank  einen  Kreis,  da 
der  Verlust  in  der  einen  Richtung  durch  den  Gewinn  in  der  anderen 
Richtung  ausgeglichen  wird  und  das  Ganze  auf  dasselbe  hinauskommt, 
als  ob  die  Holzplatte  feststünde.  Bringt  die  Holzplatte  das  Werkstück 
mehr  als  viermal  an  die  Stähle,  während  es  sich  eiumal  dreht,  so  erhält 
man  natürlich  eine  entsprechende  polygonale  Gestalt.  Dieser  Theil  der 
Vorrichtung  controlirt  demnach  lediglich  die  Zahl  der  dem  Holze  zu 
gebenden  Flächen,  jedoch  nicht  die  Concavität,  Convexität  oder  Eben- 
heit der  Flächen.  Die  Curvenscheibe  P  dagegen  hat  den  Zweck,  das 
harmonische  Zusammenspiel  der  Holzplatte,  des  Holzes  und  der  Stähle 
derartig  zu  reguliren,  dafs  man  dem  Holze  concave,  convexe  oder  ebene 
Seiten  ohne  Rücksicht  auf  die  Zahl  der  letzteren  geben  kann.  Dies  wird 
durch  die  der  Curvenscheibe  gegebene  Gestalt  bewirkt,  und  innerhalb 
gewisser  Grenzen  bestimmen  die  Tiefe  der  Aussparungen  und  die  Höhe 
der  Ansätze  der  Curvenscheibe  die  Krümmung  der  Seiten,  welche  am 
Holz  hervorgebracht  werden.  Natürlich  erhält  man,  wenn  die  einspringen- 
den Winkel  in  der  Curvenscheibe  so  scharf  sind,  dafs  der  rotirende  Stahl 
in  das  Holz  nicht  so  scharf  eindringen  kann,  im  Holze  nur  annähernd 
diese  einspringenden  Winkel.  Die  Curvenscheibe  P  sitzt  auf  der  Welle  / 
und  wird  von  derselben  gedreht.  Die  Fiihrungsfläche  der  Scheibe  wirkt 
auf  eine  kleine  Rolle  p,  welche  lose  auf  dem  Winkelhebel  Q  ruht.  Das 
obere  Ende  des  letzteren  ist  starr  mit  einer  im  Gestell  A  gelagerten 
Welle  q  verbunden  und  ertheilt  der  Holzplatte  C  unter  der  Bettplatte  B 
durch  die  stellbare,  geschlitzte  Kurbel  T,  welche  an  dem  Ende  der 
Welle  q  angebracht  ist,  Bewegung.    Die  geschlitzte  Kurbel  ist  mit  einem 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  211 

Blocke  v  verbunden,  welcher  in  derselben  auf  und  ab  gleitet  und  weicher 
in  irgend  einer  Stellung  durch  eine  Mutter  t  gehalten  wird,  um  die 
Stärke  der  Bewegung,  welche  der  Holzplatte  ertheilt  werden  soll,  zu 
regeln.  Der  Block  v  ist  mit  der  Holzplatte  C  durch  eine  Stange  Cj  an- 
geschlossen, welcher  unter  der  Bettplatte  ß  hergeht.  Wenn  der  Gleit- 
block d  mit  der  Kurbel  T  im  Mittelpunkt  verbunden  ist,  so  wird  die 
Holzplatte  natürlich  keine  Bewegung  erhalten,  da  die  Kurbel  um  den 
Block  v  einfach  herumgeht,  ohne  ihn  zu  bewegen.  Die  Gröfse  der  Be- 
wegung der  Holzplatte  hängt  daher  von  dem  Abstände  ab,  in  welchem 
der  Block  v  vom  Mittelpunkt  der  Kurbel  befestigt  ist.  Am  Ende  der 
Welle  q  befindet  sich  eine  zweite  Kurbel,  welche  in  der  Zeichnung  durch 
die  Triebscheibe  N  verdeckt  ist  und  in  ähnlicher  Weise  mit  einem  Blocke 
am  anderen  Ende  der  Holzplatte  verbunden  ist.  Eine  Rolle  p  ruht  frei 
auf  der  Leitfläche  der  Curvenscheibe  P  und  wird  durch  das  Seil  V  an 
dieselbe  angedrückt.  Dieses  Seil  ist  am  unteren  Ende  des  Winkelhebels 
Q  angebunden,  geht  um  die  Scheibe  r,  die  am  Boden  aufgeschraubt  ist, 
durch  das  Maschinengestell  hinauf  und  über  eine  an  der  Decke  befestigte 
Scheibe  (welche  in  der  Zeichnung  nicht  dargestellt  ist)  und  trägt  ein 
Gewicht,  welches  nicht  nur  hinreichend  schwer  ist,  um  die  Rolle  p  stets 
gegen  die  Curvenscheibe  P  zu  drücken,  sondern  auch  um  die  Maschine 
vor  Stöfsen  zu  bewahren,  welche  beim  schnellen  Gange  eintreten  könnten. 
Der  Facondrehapparat  von  H.  Forstmann  in  Cöln  (D.  R.  P.  Nr.  51842 
vom  21.  September  1889)  kann  auf  die  Wangen  einer  gewöhnlichen  Dreh- 
bank aufgespannt  werden.  In  einer  gegen  die  Achse  des  umlaufenden 
Arbeitsstückes  geneigten  Lage  werden  durch  Schrauben  drei  Messer  nach 
einander  vorgeschoben.  Das  erste  bewirkt  das  Vorschruppen,  das  zweite 
arbeitet  die  Form  aus,  während  das  dritte  nachschlichtet.  Zum  Schlufs 
gelangt  noch  ein  Polirpolster  zur  Wirkung. 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

Von    dipl.  Ingenieur    Alfred    Haußner,    Privatdocent   an    der   k.  k.    technischen 

Hochschule  Graz. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  174  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tale!  12. 

Bei  dem  Knotenfänger  von  Henry  John  Rogers  in  Watford,  Eng- 
land (D.  R.  P.  Nr.  46739),  wird  die  auf  und  ab  gehende  Bewegung 
einer  Bodenplatte  durch  abwechselnde  Wirkung  von  Elektromagneten 
erzielt.  Die  Siebplatten  f  (Fig.  15  Taf.  12)  können  überdies  eine  ver- 
änderliche Schlitzweite  annehmen,  indem  zwei  Platten  über  einander 
so  angeordnet  sind,  dafs  die  obere,  rostartig  gestaltet,  mit  ihren  nach 
unten  zugeschärften  Stäben  sich  der  unteren  beliebig  nahe  bringen 
läfst,  wodurch  die  scharfen  Roststäbe  in  die  Schlitze  gelangen  und  diese 


212  Heber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

verengen.  Ob  dies  so  genau  erfolgen  kann,  dafs  beiderseits  der  ein- 
gesenkten Keilflächen  gleich  breite  Schlitze  übrig  bleiben,  mag  bei 
den  kleinen  hier  in  Frage  kommenden  Mafsen  dahin  gestellt  sein. 
Unter  der  Bodenplatte  a,  welche  die  Saugwirkung  vermittelt,  befindet 
sich,  mit  derselben  zusammengegossen,  die  Ankerplatte  c,  welche  den 
Polen  der  Elektromagnete  ed  gegenüber  liegt.  Wird  durch  die  Draht- 
spulen der  Strom  geleitet,  so  erfolgt  das  Anziehen  des  Ankers  c  und 
somit  das  Abwärtsbewegen  der  Platte  a.  Bringt  man  Stellschrauben 
an,  so  kann  der  bezügliche  Weg  nach  Bedarf  eingestellt  werden.  In- 
dem der  Knotenfangkasten  zweitheilig  hergestellt  ist  und  die  beiden 
Bodenplatten  a  (hier  ist  nur  eine  gezeichnet)  durch  den  Hebel  g  ver- 
bunden sind,  weiters  die  Durchleitung  des  Stromes  durch  die  Draht- 
spulen zu  beiden  Seiten  der  Mittellinie  abwechselnd  stattfindet,  so  ist 
es  durch  eine  passende  Umschaltung,  bei  genügender  Stromstärke,  leicht 
möglich,  auch  die  Anzahl  der  Bodenplattenschwingungen  dem  Bedürf- 
nisse gemäfs  zu  erreichen.  Dafs  diese  Einrichtung  mindestens  ebenso 
gut  wirken  kann,  wie  eine  der  anderen,  dasselbe  Prinzip  verkörpernden 
Constructionen,  scheint  uns  fraglos.  Ob  jedoch  die  ökonomische  Seite 
bei  allfälliger  Anwendung,  die  vielen  vorhandenen  Einzeltheile,  Re- 
paraturen u.  dgl.  diesen  Apparat  gegenüber  anderen,  einfacheren  nicht 
nachtheilig  beeinflussen  werden,  mufs  praktisch  erprobt  werden. 

Endlich  haben  wir  eine  analoge  Saugwirkung  zu  erwarten  von  der 
durch  Kurbel-  und  Schubstange  hin  und  her  bewegten  Seitenwand  K 
(Fig.  16)  des  Knotenfängers  von  John  Fleming  in  Com  wall,  Ontario 
(Amerikanisches  Patent  Nr.  392  023).  Nur  ist  bei  demselben  das  Haupt- 
gewicht auf  die  Möglichkeit  gelegt,  bei  nothwendiger  Reinigung  einer 
Knotenfangplatte  den  Betrieb  nicht  unterbrechen  zu  müssen,  indem  eine 
zweite  Platte  neben  der  zu  reinigenden  eingesenkt  werden  kann.  In 
der  Zeichnung  ist  die  Platte  C  richtig  eingesenkt  und  in  Benutzung  ge- 
dacht. Die  unten  befindliche  Rinne  F  fängt  die  gröberen  Uneinig- 
keiten auf,  durch  den  Gummistreifen  G  ist  am  Boden  die  Dichtung  her- 
gestellt. Soll  C  gereinigt  werden,  so  wird  vorerst  die  auch  in  seitlichen 
Führungen  gehende  Platte  6\  eingesenkt,  C  dann  ausgehobeu,  ohne 
dafs  der  Flufs  des  Stoffes  von  rechts  gegen  links  unterbrochen  werden 
mufs. 

Zu  den  weiteren  Theilen  der  Papiermaschine  übergehend,  sei  darauf 
hingewiesen,  dafs  auf  das  erste  Siebwälzchen,  wo  das  von  der  Brust- 
walze aufwärts  streichende  Sieb  sich  wagerecht  bezieh,  etwas  geneigt 
wendet,  auf  die  letzten  der  Siebwälzcheu  und  die  unten  liegenden 
Führungswalzen  besonderes  Gewicht  gelegt  wird,  bezieh,  auf  einen 
gegenüber  den  anderen  Siebwälzchen  weit  gröfseren  Durchmesser  ge- 
drungen wird.  Es  scheint  diese  Forderung  nur  begründet,  indem  die 
Biegung  des  Siebes  um  eine  mit  gröfserem  Durchmesser  ausgestattete 
Walze  für  die  Dauer  wesentlich  günstig  wirken  wird. 


l'eber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  213 

Wie  schädlich  gleitende  Reibung  des  Siebes  über  das  dasselbe  unter- 
stützende Wälzchen  ist,  wie  sehr  dieselbe  die  Dauerhaftigkeit  desselben 
mindert,  geht  aus  dem  Ausspruche  hervor,  den  ein  gewiegter  Praktiker 
gegenüber  solchen  Neuerungen  gethan  hat,  welche  diesen  Umstand  ver- 
hindern wollen:  Das  beste  Mittel  ist  die  Oelkanne  in  der  Hand  eines 
aufmerksamen  Maschinenführers.  Doch  findet  man  leider  nicht  immer 
solche  und  haben  deshalb  Neuerungen,  welche  den  Antrieb  der  Wälzchen, 
sämmtlich  mit  gleicher  Geschwindigkeit,  bezwecken,  immerhin  gewissen 
Werth.  Derart  ist  z.  B.  das  an  Richard  Smith  in  Boston  ertheilte 
Amerikanische  Patent  Nr.  398  091,  bei  welchem  jedes  Wälzchen  durch 
ein  Kegelräderpaar  augetrieben  wird. 

Bekannt  ist,  dafs  das  Langsieb  leicht  seitlich  sich  „verläuft"  und 
dadurch  zu  Störungen  Anlafs  gibt.  Gegen  diesen  Uebelstand  sind  schon 
mehrfach  Vorkehrungen  getroffen  worden,  von  welchem  vorerst  die- 
jenige als  Beispiel  erwähnt  werden  mag,  bei  welcher  der  Siebrand  seit- 
lich unter  den  Mantel  eines  cylindrischen  Röllchens  schlüpft,  dieses 
drehend  mitnimmt  und  so  zur  Bethätigung  eines  Klingelapparates  An- 
lafs gibt,  wodurch  der  Maschinenführer  aufmerksam  wird  und  das  Lager 
der  Lenkwalze  mittels  einer  Schraube  etwas  verstellt.  Auch  sind  Vor- 
richtungen erdacht  worden,  welche  dieses  Verstellen  selbsthätig  be- 
wirken lassen.  So  streift  bei  dem  Amerikanischen  Patente  Nr.  395  253, 
ertheilt  an  Richard  Smith  in  Boston,  der  Siebrand  an  einen  stellbaren 
Anschlag,  verschiebt  diesen  und  rückt  dadurch  mittels  einer  Hebel- 
verbindung einen  Sperrkegelmechanismus  ein,  was  durch  Anstemmen 
des  Sperrkegels  an  einen  Sperrzahn  die  Verschiebung  des  einen  Lagers 
der  Leit walze  zur  Folge  hat.  Einzusehen  ist  aber,  dafs  es  jedenfalls 
nothwendig  ist,  das  Anstreifen  des  Siebes,  welches  ja  nicht  plötzlich 
und  kräftig,  sondern  allmählich  immer  mehr  und  mehr  geschieht,  durch 
eine  bedeutendere  Wegstrecke  erfolgen  zu  lassen,  wenn  der  Apparat  sicher 
wirken  soll.  Dadurch  werden  aber  die  ohnehin  heiklen  Siebränder  eine 
unangenehme  Beanspruchung  erfahren,  die  sicher  einen  bälder  eintretenden 
Verschleifs  zur  Folge  haben  wird. 

Nach  einem  ganz  anderen  Prinzip,  welches  eine  bessere  Schonung 
des  theueren  Langsiebes  erwarten  läfst,  ist  der  durch  D.R. P.  Nr.  44586 
geschützte  Sieb-  und  Gewebefiihrer  von  Bruno  Meinert  in  Berlin  con- 
struirt.  Es  wird  hierbei  nicht  auf  Anstreifen  der  Ränder  Rücksicht 
genommen,  sondern  durch  Verlaufen  des  Siebes  eine  oder  allfällig  zwei 
Walzen,  zwischen  welchen  dann  das  Sieb  sich  befindet,  seitlich  ver- 
schoben und  so  der  Apparat  zur  Richtigstellung  eingerückt.  In  Fig.  17 
Taf.  12  ist  die  Vorrichtung  nach  der  Patentschrift  skizzirt.  Wir  er- 
kennen in  W  die  Lenk  walze,  welche  durch  das  sich  bewegende  und 
durch  W  gestützte  Sieb  in  der  Pfeilrichtung  gedreht  wird.  Läuft  das 
Sieb  richtig,  so  stehen  die  beiden  geriffelten  und  mit  der  Achse  von  W 
fest  verbundenen  Tellerscheiben  T  von  der  gerauhten  Rolle  B  so    w<Mt 


214  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

ab,  dafs  dieselbe  still  steht.  Verläuft  jedoch  das  Sieb  M,  so  nimmt  es, 
der  ganzen  Breite  nach  auf  FT  aufruhend,  die  Walze  IT  mit,  drückt 
dadurch  den  einen  oder  den  anderen  der  Teller  T  an  die  Rolle  B,  wo- 
durch dieselbe  gedreht  wird  und,  da  ihre  Nabe  die  Mutter  für  die  fest 
gelagerte  Schraubenspindel  J  bildet,  sich  auch  verschiebt.  Dabei  nimmt 
sie  aber  auch  das  mit  ihr  zusammengegossene  Lager  der  Achse  z  der 
Walze  W  mit  und  stellt  diese  dadurch  so  weit  schief,  dafs  das  Sieb  M 
wieder  in  den  richtigen  Lauf  gelangt.  Damit  rückt  dasselbe  aber  den 
Verstelluugsmechanismus  auch  wieder  selbst  aus.  Die  Vorrichtung  ist 
wirklich  hübsch  gedacht,  kann  sicher  nicht  complicirt  genannt  werden 
und  verspricht  besten  Erfolg. 

Das  Amerikanische  Patent  Nr.  395  544,  ertheilt  an  Chalmers  Chapin 
in  Holyoke,  bezieht  sich  auf  Saugkästen,  indem  derselbe  empfiehlt,  Saug- 
kastendeckel, welche  sonst  mit  gebohrten,  also  durchaus  gleich  weiten 
Oeffnungen  versehen  werden,  mit  oblongen  und  nach  unten  sich  kegel- 
förmig erweiternden  Löchern  gegossen  herzustellen,  was  dann  ganz 
leicht  möglich  ist  und  auch  ein  allfälliges  Verstopfen  der  Löcher  hint- 
anhält. 

Eine  bemerkenswerthe  Einrichtung  über  Saugkästen  enthält  das 
Amerikanische  Patent  Nr.  384276  von  James  D.  Pickles  in  Manchester, 
Connecticut,  und  William  F.  Pickles  in  Lafayette,  Pennsylvania.  Bei  den 
gewöhnlichen  Saugkästen  ist  der  Deckel  fest  und  schleift  das  Sieb 
darüber.  Dadurch  ist  wohl  ein  ziemlich  dichtes  Anlegen  des  Siebes  zu 
erhoffen,  doch  ist  dann  die  Abnutzung  durch  gleitende  Reibung  nur 
natürlich. 

Beim  Saugkasten  von  Pickles,  der  in  Fig.  18  Taf.  12  nach  der  in 
der  Papierzeitung  erschienenen  Patentbeschreibung  skizzirt  ist,  haben 
wir  einen  festen,  mit  der  Saugvorrichtung  verbundenen  Theil  Z),  der 
oben  der  ganzen  Länge  nach  einen  Kanal  d  und  eine  mit  der  Luft- 
pumpe verbundene  centrale  Höhlung  d{  enthält;  D  ist  mit  einem  be- 
ständig sich  drehenden  gelochten  Mantel  Dl  umgeben,  der  seinen  An- 
trieb am  Umfange  durch  Reibungsrollen  so  erhält,  dafs  er  am  äufseren 
Umfange  dieselbe  Geschwindigkeit  wie  das  Laugsieb  annimmt  und  so 
zwischen  den  beiden  keine  oder  bei  geringen  Differenzen  in  der  Ge- 
schwindigkeit auch  nur  geringe  gleitende  Reibung  stattfindet. 

Um  den  Saugkasten  der  Papierbreite  anzupassen,  haben  wir  in  dem 
oberen  Längskanal  jederseits  luftdicht  schliefsende  Kolben  i  angeordnet. 
Durch  Hebelbelastung  wird  ein  beständiges  Andrücken  an  das  Lang- 
sieb erreicht.  Soweit  scheint  die  Einrichtung  wirklich  recht  hübsch; 
doch  mag  das  Bedenken  nicht  unerwähnt  bleiben,  dafs  das  Langsieb 
sich  nicht  so  weit  ordentlich  an  den  Saugkastenmantel  gegen  vorn  und 
rückwärts  anlegt,  dafs  das  Absaugen  nicht  durch  das  Sieb  hindurch, 
sondern  auf  einem  anderen  Weg  stattfinde. 

Sehr  wichtia    für  das   richtige  Laufen  des  Metalltuches  ist  die  ge- 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  215 

naue  Stellung  der  Gautschwalzen,  deren  Achsen  genau  parallel  sein 
sollen.  Es  wird  dies  gewöhnlich  durch  Anlegen  von  genau  hergestellten 
Latten  an  den  beiden  Enden  der  Walzen  und  Vorbeivisiren  untersucht, 
Dies  hat  immerhin  gewisse  Mängel  an  sich,  indem  auf  genaues  Sehen 
gerechnet  wird.  Deshalb  ist  eine  Vorrichtung  des  Ingenieurs  Edward 
Resz,  welche  derselbe  in  der  Papierzeitung  beschreibt,  recht  empfehlens- 
werth  weil  man  durch  dieselbe  von  diesem  Umstände  ziemlich  unab- 
hängig wird.  Er  verwendet  einen  genau  hergestellten  Metallwinkel,  au 
dessen  Ecke  eine  Libelle,  durch  Scharnier  mit  demselben  verbunden,  sich 
befindet,  welche  durch  Schraube  und  Rädchen  in  fester  und  doch  stell- 
barer Verbindung  mit  dem  Winkel  gesetzt  ist.  Bringt  man  nun  die 
Libelle  nach  erfolgtem  Anlegen  des  Winkels  an  dem  einen  Ende  der 
Gautschwalzen  zum  Einspielen,  so  mufs  dies  bei  richtiger  Lage  der 
Walzen  auch  beim  Anlegen  des  Winkels  am  anderen  Ende  der  Walzen 
geschehen. 

Von  der  richtigen  Stellung  der  Gautschwalzen  hängt  wesentlich 
eine  gute  Papierbildung  ab.  Vielfach  wird  das  „Blasig-  oder  Wellig- 
werden1' der  Papierbahn  schlecht  gestellten  Gautschwalzen  zugeschrieben. 
Mehrfach  konnte  jedoch  auch  abgenutzter,  „hart"  gewordener  Filz  als 
Ursache  erkannt  werden.  Als  Mittel  dagegen  ist  ein  leichtes  Filz- 
wälzchen  empfohlen,  welches  auf  dem  Filz  liegt,  über  welches  ent- 
weder die  Papierbahn  geleitet  wird,  oder  es  wird  dieselbe  zwischen 
Wälzchen  und  Filz  durchgeführt.  Ein  weiterer  Grund  für  die  unan- 
genehme Erscheinung  ist  in  der  Mischung  verschiedener  Stoffsorten,  ins- 
besondere auch  in  der  Beigabe  von  Ersatzstoffen  zu  suchen.  Papier- 
fabriken arbeiteten  bei  gleichartigem  Stoffe  ganz  ohne  Anstand,  während 
sofort  nach  Zugabe  von  Ersatzstoffen  Mifsstände  auftraten.  Josef 
F.  Fiood  und  Buchanan^  Bolt  und  Co.  in  Holyoke  wollen  das  Blasig- 
werden der  Papiere,  das  „Hartwerden"  der  Filze,  deren  bedeutenden 
Verschleifs  und  die  dadurch  verursachten  Kosten  durch  Ersetzen  der 
Filze  durch  Metallsiebe  (Amerikanisches  Patent  Nr.  403  744)  vermeiden. 
Abgesehen  davon,  dafs  die  hierdurch  in  das  Papier  gemachten  Ein- 
drücke auch  bei  kräftigem  Kalandern  nicht  verschwinden  dürften,  so 
scheint  es  uns,  dafs  man  bezüglich  des  Verschleifses  und  der  Kosten 
damit  aus  dem  Regen  in  die  Traufe  kommen  wird;  erinnern  wir  uns 
doch  nur  an  die  kostspieligen  Langsiebe  der  Papiermaschinen. 

Besonders  bei  feinen  Papieren  und  solchen  aus-  weniger  festem 
Stoffe  würden  Blasen  leicht  zu  schlechten  Stellen  im  Papiere  Anlafs 
geben  und  damit  vielleicht  öfteres  Reifsen  der  Papierbahn  oder  doch 
ein  unschönes  Aussehen  zur  Folge  haben.  Es  ist  deshalb  auch  die  An- 
wendung eines  Obertuches,  um  Papiere  jeder  Stärke  herstellen  zu 
können,  wofür  neuerdings  Heinrich  Hoeborn  und  Cie.  in  Hemer  das 
D.  R.  P.  Nr.  46422  erhalten  haben,  nur  zu  empfehlen.  Nach  diesem 
Patente  wird   die   ganze  Siebpartie   und  die  Gautsche  durch  einen  Filz 


216  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

in  Bewegung  gesetzt,  welcher  selbst  von  der  überwalze  der  Nafspresse 
angetrieben  wird.  Dadurch  soll  es  noch  möglich  sein,  Seidenpapiere 
von  16»  Gewicht  für  l'im  herzustellen,  während  die  besten  englischen 
Maschinen  nur  solche  von  42*  liefern  können. 

Um  die  Walzen  der  Nafspresse  leicht  und  schnell  auswechseln  zu 
können,  hat  Vincent  G.  Hazard  in  Wilmington  die  untere  Walze  in 
oben  offene  Lager  gelegt,  während  die  Oberwalze  in  dem  Ende  eines 
einarmigen  Hebels  gelagert  ist,  der  durch  eine  Schraubenspindel  leicht 
gehoben  werden  kann  (Amerikanisches  Patent  Nr.  398394). 

Zur  Trocknung  von  Papier  übergehend,  sei  des  sich  in  der  Praxis 
gut  bewährenden,  von  Ingenieur  Kaiser  construirten  Trockenapparates 
für  Maschinenpapier  gedacht.  Bei  demselben  soll  im  Anfange,  wo  das 
Papier  noch  sehr  feucht  ist,  eine  direkte  Berührung  mit  den  heifsen 
Trockencylindern  vermieden  und  das  Papier  allmählich  immer  höheren 
Temperaturen  entgegengeführt  werden.  Das  Papier  läuft  nämlich  über 
Haspel,  welche  die  Trockencylinder  umgeben,  und  wird  dabei  selbs- 
thätig  durch  zwei  endlose  schmale  Bänder  fortgeleitet,  wobei  auf  die 
nöthigen  Regulir-  und  Spannvorrichtungen  gedacht  ist.  Der  Dampf 
wird  in  die  in  zwei  Gruppen  von  je  sechs  kleinen  Trockencylindern, 
von  denen  wieder  je  drei  lothrecht  über  einander  liegen,  u.  z.  in  die 
höchst  liegenden  direkt  geleitet,  durchströmt  diese  und  der  Reihe  nach  die 
tiefer  liegenden,  während  das  Papier  den  entgegengesetzten  Weg  macht. 
Dadurch  nähert  man  sich  der  so  günstig  wirkenden  Lufttrocknung,  und 
ist  auch  der  günstige  Einflufs  durch  die  Prüfungsergebnisse  der  An- 
stalt in  Charlottenburg  festgestellt,  indem  in  der  Längsrichtung  derartig 
getrockneter  Papiere  eine  gröfsere  Dehnung  gefunden  wurde  als  in  der 
Querrichtung,  während  sonst  das  umgekehrte  Verhältnifs  einzutreten 
pflegt.  Es  ist  dies  durchaus  nicht  unnatürlich,  wenn  man  bedenkt,  dafs 
die  erste,  scharfe  Trocknung  erwiesenermafsen  den  schädlichsten  Ein- 
flufs auf  die  Zugfestigkeit  ausübt. 

Für  die  Trocknung  von  Pappen  haben  sich  Cylinder  von  etwa 
lm,8  Durchmesser  gut  bewährt,  indem  hierbei  behufs  genügender  Festig- 
keit der  Cylinder  schon  eine  ziemliche  Wandstärke  nothwendig  ist.  um 
dem  Dampfdrucke  zu  widerstehen.  Dadurch  ist  aber  auch  erreicht, 
dafs  derselbe  eine  gleichmäßigere  Wärme  behält  und  das  Werfen  der 
Pappen  nicht  so  sehr  befürchten  läfst.  Noch  gröfsere  Cylinder  würden 
verhältnifsmäfsig  auch  noch  bedeutendere  Wandstärken  erhalten  müssen 
und  daher  aus  doppeltem  Grunde  schon  so  schwer  werden,  dafs  deren 
Anwendung  sich  nicht  empfiehlt. 

Zur  selbsthätigen  Bewegung  bezieh.  Einführung  von  Bogen  in 
Trockenräumen  haben  Grahl  und  Höhl  in  Dresden  ein  Patent  für  eine 
Einrichtung  angemeldet,  welche  nach  einer  in  der  Papierzeitung  er- 
schienenen Skizze  in  Fig.  19  und  20  Taf.  12  skizzirt  ist.  Die  Bogen 
werden  auf  Rahmen  a  gelegt,  welche  einfach  auf  lothrechte  Zapfen  an 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  217 

einer  endlosen,  sich  beständig  bewegenden  Kette  gesteckt  sind  und  so 
von  derselben  mitgenommen  werden.  Die  Bogen  werden  bei  D  auf- 
gegeben, zur  obersten  Reihe  emporgeführt  und,  indem  dann  die  Kette  um 
Räder  b  auf  den  lothrechten  Wellen  A  und  C  gelegt  und  durch  Reibung 
mitgenommen  wird,  schrittweise  nach  unten  gebracht,  indem  sie  so- 
zusagen eine  Schraubenlinie  durchlaufen.    Die  Welle  A  wird  angetrieben. 

In  anderer  Weise  wird  das  Ueberführen  der  Bogen  aus  einer  Reihe 
•  in  die  nächst,  niedere  in  einem  weiteren  Patente  von  Grahl  und  Hoehl 
ausgeführt  (D.  R.  P.  Nr.  43138).  Die  Bogen  werden  einzeln  in  mög- 
lichst gleichen  Abständen  auf  die  oberste  Reihe  des  Trockenapparates 
aufgelegt,  bewegen  sich  mit  ihrer  Unterlage  (Fig.  21  Taf.  12)  bis  an 
das  Ende  der  Reihe  und  fallen  dort  auf  endlose  um  Rollen  c,  d  be- 
wegte Bänder  e  auf,  welche  sie  mitnehmen.  Hierbei  lehnt  sich  ihr 
Rand  an  die  Leiste  f.  Sämmtliche  Leisten  f  sind  durch  eiuen  Rahmen  g 
verbunden,  welcher  durch  eine  Schubstange  mit  dem  einen  Ende  eines 
Hebels  verbunden  ist,  der  um  eine  Achse  schwingt,  hin  und  her  be- 
wegt von  einer  unrunden  Scheibe  h.  Dadurch  werden  also  vorerst,  wie 
oben  gesagt,  die  Bogen  von  ihrer  Reihe  abgenommen  und,  indem  die 
betreffenden  Bändchen  in  der  Höhe  der  nächsten  Reihe  die  Bogen 
halten,  beim  Rückgange  dieser  zugeführt.  So  wiederholt  sich  das  Spiel 
beiderseits,  bis  die  Bogen  unten  angelangt  sind. 

Aehnlich  einer  Einrichtung,  welche  bereits  in  dem  vorigen  Referate, 
1888  269  97,  beschrieben  wurde,  ist  der  Trockner  von  John  B.  Lorimer 
in  Philadelphia  (Amerikanisches  Patent  Nr.  393  770),  bei  welchem  das 
Trockengut  zwischen  zwei  Sieben  (Filzen)  in  die  Trockenkammer  und 
aus  derselben  geführt  wird. 

Ferdinand  Adler  in  Neudorf  a.  d.  Spree  benutzt  nach  dem  Oester- 
reichisch-Ungarischen  Privilegium  vom  21.  Februar  1889,  D.R.P.  Nr.  46  718 
zur  Trocknung  von  Pappen  eine  eigenthümliche  Aufhängungsart,  welche 
das  allseitige  Zusammenziehen  der  Pappen  nicht  behindert.  Dieselben 
werden  durch  den  Schlitz  zwischen  zwei  an  einander  geklemmten  Holz- 
latten lose  eingeführt  und  der  nach  oben  reichende  Rand  zwischen  zwei 
oder  drei  einfachen  Klammern  geklemmt,  so  dafs  diese,  wenn  die  Latten 
seitlich  auf  Unterstützungen  gelegt  werden,  lose  sich  an  die  Oberseite 
der  Latten  stützen  und  den  Bogen  ganz  frei  beweglich  halten. 

Ueber  Papierschneidmaschinen  liegen  einige  recht  interessante  Neu- 
heiten vor.  Die  Maschine  von  Leo  Currer  in  Düsseldorf  (D.  R.P.  Nr.  47 146) 
ähnelt  in  ihrer  äufseren  Gestalt  bereits  bekannten  Ausführuogen,  doch 
ist  in  Bezug  auf  die  Schnittwirkung  eine  eigenthümliche  Anordnung 
getroffen.  Wir  haben  in  der  nach  der  Patentschrift  gegebenen  Skizze 
Fig.  22  Taf.  12  einen  durch  den  Prefsbalken  P  genügend  gedrückten 
Papierstofs  vor  uns,  der  von  dem  im  Messerbalken  S  angebrachten 
Messer  so  zerschnitten  wird,  dafs  dasselbe  in  einer  Zickzacklinie  durch 
die  ganze  Höhe  geführt  wird.     Hierbei   soll   vorher   ausprobirt  werden, 


218  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation. 

unter  welcher  Neigung  gegen  die  Wagerechte  die  Schneide  am  besten 
geführt  wird,  und  soll  die  Messerbewegung  dann  so  erfolgen,  dafs  dieser 
Winkel  fortwährend  derselbe  bleibe.  Dies  geschieht  durch  einen  von 
der  Welle  des  Schwungrades  W  aus  bewegten  Mechanismus.  Durch 
das  kleine  Getriebe  r  wird  das  gröfsere  Rad  r{  in  der  Pfeilrichtung 
gedreht.  An  dessen  Welle  befindet  sich  aber  die  Kurbel  S2,  welche 
mittels  der  Schubstauge  5,  den  Messerbalken  S  in  der  Längenrichtung 
des  Messers  hin  und  her  zu  ziehen  vermag.  Für  das  Eindringen  des' 
Messerbalkens  wird  die  Bewegung  von  dem  Trieb  r2  auf  der  Welle 
von  r{  noch  weiter  auf  das  grofse  Rad  r3  ins  Langsame  übersetzt,  wo- 
durch auch  die  auf  seiner  Welle  aufgekeilte  Kurbelscheibe  mit  der 
Nuth  B4  gedreht  wird.  In  H4  gleitet  aber  der  Zapfen  der  Schub- 
stange Hi ,  welche  am  Ende  des  einarmigen  Hebels  B2  angreift,  den- 
selben auf  und  ab  bewegt  und  diese  Bewegung  noch  entsprechend 
kleiner  auf  die  Traverse  B  überträgt,  indem  H2  zwischen  den  beiden 
Rollen  /?,  welche  sich  um  durch  B  gesteckte  Achsen  drehen,  hindurch- 
geht. Wegen  der  lothrechten  Stangen  B2  mufs  der  Messerbalken  aber 
die  Bewegungen  der  Traverse  B  mitmachen.  Das  Festklemmen  des 
Papierstofses  vor  dem  Schneiden  mittels  des  Balkens  />,  was  hier  wegen 
der  hin  und  her  gehenden  Bewegung  des  Messers  noch  notwendiger 
als  bei  anderen  Maschinen  erachtet  werden  mufs,  geschieht  durch  Hebel- 
belastung, indem  die  Gewichtshebel  P3  durch  Vermittelung  der  Winkel  P., 
vorerst  auf  der  Traverse  B  aufruhen,  mit  dieser  sich  so  lange  gleich- 
mäfsig  senken,  bis  der  Prefsbalken  P  sich  auf  den  Papierstofs  auflegt, 
und  dann  durch  die  Stangen  P{ ,  deren  Länge  mit  Schrauben  geregelt 
werden  kann,  ihre  jetzt  frei  schwebende  Belastung  auf  den  Balken  P 
übertragen.  Noch  ist  die  Bedingung  zu  erörtern,  unter  welcher  der 
Eindringungswinkel  des  Messers  gegen  die  Wagerechte  während  der 
Bewegung  ungeändert  bleibt.  Es  möge  dann,  wenn  die  Kurbel  52 
(Fig.  23)  in  der  Lage  o  A  den  beliebigen  Winkel  co  mit  der  Loth- 
rechten oo^  einschliefst,  die  Kurbelwarze  in  der  Nuth  /74  bei  A{  ge- 
rade in  der  Lothrechten  oov  stehen.  Bewegt  sich  dann  die  Kurbel  52 
um  den  Winkel  §  weiter  von  A  gegen  /?,  so  drehe  sich  die  Kurbel- 
scheibe vermöge  der  Räderverbindung  um  den  Winkel  8\  und  die 
Warze  gelange  von  A{  nach  B{.  Nennen  wir  nun  diese  veränderliche 
Entfernung  ßl  o, allgemein  r,  die  Radien  der  Räder  r2,  r3  bezüg- 
lich mit  diesen  Buchstaben,  mit  k  die  Kurbellänge  Sa,  so  wird,  wenn 
wir  von  dem  Einflüsse  der  endlichen  Länge  der  Schubstangen  absehen  : 

$  =  k  [sin  («  -f-  d)  —  sin  co] 
der   nach    links   zurückgelegte  Weg  der  Schubstange  5, ,   mithin   auch 
der   wagerechte   Weg  des   Messerschlittens  sein.     Nun   ist    wegen    des 
Eingriffes  der  Räder  r2  und  r3  :  arc.DC  =  are.D\C{, 

somit:  rt.ö  =  r:i .  <),,  oder:  <)' =  ~  -Oi- 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papiert'abrikation.  219 

Der  lothrecht   abwärts  gerichtete  Weg   der  Stange  H{  ist,   wieder  bei 
Vernachlässigung  des  Umstandes,  dafs  B{  endliche  Länge  besitzt: 

8j  =  o,  A{  —  Oj  B{  .  cosdi-, 
oder  auch  bei  Einführung  der  abgekürzten  Bezeichnungen: 

S|  =  rn  —  r  .  cos  d[. 
Nun    soll   die  Neigung,   unter   welcher   das  Messer   den  Schnitt  schräg 
gegen  die  Wagerechte  vollzieht,  unveränderlich  sein:  daraus  folgt  aber, 
da  sich  diese  Neigung  aus  dem  lothrechten  Wegstück  Sj,  übersetzt  im 

Hebelverhältnisse  j   des  Hebels  Z7.2,  und  dem  gleichzeitigen  wagerechten 

Wege  s  bildet,  dafs  sein  soll: 

b  s  s       a 

—  =z  lg  a  =  const.  oder  -  =  j  .  lg  «, 

d  St  S|  0 

,  .  k.  [sin  (co  -4-  d)  —  sin  co]  a 

also  auch :  ~ =  ig  a  .  r. 

r0  —  r  cos  di  b 

Folglich  ist :   — ^_ k  [sin  ( w  _l  §~)  —  sinco]:-.  iga.  cos  d\  =  r, 

&  cosd{  '  is  l 

kl  sin  \  co  A-  —  Ö\  1  —  sin  co 
.  _     r0  L       V  r2    lJ  J 


oder  auch : 


cosd,  a 

y.tgcc.cosdi 


die  Polargleichung  der  in  der  Kurbelscheibe  einzuarbeitenden  Nuth.  Man 
sieht,  dafs  diese  Gleichung  trotz  der  vorgenommenen  Vernachlässigungen 
nicht  einfach  ist.  Immerhin  können  leicht  einzelne  Punkte  derselben 
bestimmt  und  aus  diesen  die  Nuth  hinreichend  scharf  angegeben  werden. 

Als  ein  Fortschritt  mag  auch  die  Angabe  von  Fr.  W.  Andreas  in 
Coswig  i.  A.  (D.  R.  P.  Nr.  43654)  für  Diagonalschneidmaschinen  hervor- 
gehoben werden.  Beim  Verschieben  des  am  Ende  der  Maschine  an- 
gebrachten Balkens  derartiger  Maschinen  ist  es  nothwendig,  jede  einzelne 
FühruDgsbänderrolle  zu  verstellen,  was  recht  umständlich  ist.  Dies  wird 
gemäfs  Fig.  24  Taf.  12  nach  der  Patentschrift  hier  dadurch  vermieden, 
dafs  die  Rollen  R  auf  den  Stäben  A  einer  scherenartigen  Verbindung 
gelagert  sind.  Indem  nun  die  eine  Reihe  der  Gelenke  der  Scheren  auf 
dem  Messerbalken  M  sich  befindet,  die  anderen  Gelenke  frei  sind  und 
ein  Ende  der  Stäbe  A  in  der  festen  Nuth  G  geführt  ist,  wird  durch  die 
Stellung  des  Balkens  selbst,  wie  im  Vergleiche  mit  der  punktirt  ge- 
zeichneten Stellung  ersehen  werden  mag,  die  richtige  Lage  der  Führungs- 
rolleu  R  erreicht. 

C.  L.  Lasch  und  Cie.  in  Reudnitz-Leipzig  erhielten  das  D.  R.  P. 
Nr.  43  571  für  eine  eigenthümliche  Einrichtung,  um  mittels  Kreismesser 
aus  breiten  Rollen  schmale  neben  einander  aufgewickelte  zu  erzeugen. 
Eine  entsprechend  geschlitzte  Bodenplatte  verschliefst  den  Kasten  mit 
den  Schneidrädcheu,  der  auf  den  geschnittenen  Rollen  so  aufruht,  und 
ragen  die  Schneiden  nur  wenig  durch  die  Schlitze  der  Bodenplatte  vor. 


220  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierl'abrikation. 

Durch  das  Gewicht  des  Kastens  wird  ein  dichtes  Aufwickeln  erzielt  und 
ziemlich  gut  ein  seitliches  Ausweichen  gehindert. 

Bei  dem  durch  D.  K.  P.  Nr.  26409  geschützten  Schnittandeuter  von 
Karl  Krause  in  Leipzig  wird,  um  genau  nach  vorgezeichneten  Linien 
den  Schnitt  zu  vollziehen,  ein  Balken  mittels  eines  Fufstrittes  herab- 
gelassen bezieh,  gehoben,  um  so  rasch  die  Stelle  zu  kennzeichnen,  wo 
das  Messer  auftretlen  würde. 

Um  Pappen  scharf  im  Winkel  biegen  zu  können,  ist  von  Friedr. 
Birkenbusch  in  Dresden- Altstadt  im  D.  R.  P.  Nr.  43450  das  Abschaben 
von  Pappentheilen  an  der  Umbiegstelle  durch  Messer,  die  durch  einen 
entsprechenden  Mechanismus  hobelnd  vorgeschoben  werden,  angegeben, 
während   die  geklemmte  Platte  durch  eine  Spurrolle   umgebogen  wird. 

Nach  der  Erfindung  von  Gebrüder  Brehmer  in  Plagwitz-Leipzig  wird 
auf  seiner  Pappenfräse  die  Kante  angefräst. 

Es  ist  bekannt,  dafs  bei  nicht  gehöriger  Aufmerksamkeit  des 
Maschinenführers  das  Papier  nicht  gleiches  Gewicht  behält,  d.  h.  dafs 
gleiche  Flächen  der  Papierbahn,  an  verschiedenen  Stellen  derselben 
entnommen,  nicht  gleich  viel  wiegen,  sondern  dafs  die  Gewichte  oft 
bedeutend  von  einander  abweichen.  Es  kann  dies  dem  Fabrikanten 
einen  bedeutenden  Schaden  verursachen  und  die  Verkäuflichkeit  der 
Waare  wesentlich  beeinträchtigen.  Deshalb  ist  es  nothwendig,  dem 
Maschinenführer  die  regelmässige  Controle  des  Gewichtes  aufzutragen; 
nicht  selten  wird  dies  jedoch  nicht  gehörig  beachtet  und  ungleich- 
förmiges Papier  erzeugt.  Es  hat  daher  ein  Apparat,  der  die  Wach- 
samkeit des  Wärters  controlirt,  etwas  für  sich.  Der  Apparat  müfste 
selbsthätige  Gewichtsangabe  des  Papiers  ermöglichen,  die  Zeitangabe 
fortlaufend  notiren,  ohne  dafs  der  Maschinenführer  diese  Notizen  be- 
einflussen und  nur  der  controlirende  Beamte  Vergleiche  mit  den  Auf- 
zeichnungen des  Wärters  thun  kann.  Zugleich  ist  der  selbsthätige 
Verschlufs  der  Controlbogen  wünschenswert!).  Diesen  vielfachen  An- 
forderungen wird  die  Fabriksbogenwage  mit  selbsthätiger  Aufzeichnung 
der  Zeiten  der  Wägungen  gerecht,  für  welche  allerdings  nicht  gerade 
einfache  Einrichtung  Georg  Rank  in  Osery  bei  Grodno  in  Rufsland  das 
D.R.  P.  Nr.  48  316  erhielt.  In  Fig.  25  Taf.  12  ist  die  Vorrichtung  nach 
der  Patentschrift  skizzirt. 

Im  Inneren  eines  vollständig  verschliefsbaren  Kastens,  von  dem 
nur  zeitweilig  der  Theil  N  dem  Wärter  zugänglich  ist,  schwingt  der 
Wagebalken  «,  der  an  dem  einen  Ende  in  die  Schale  m  den  mit  einem 
numerirten  Ringe  umschlossenen  Bogen  aufnimmt,  was  dann  geschehen 
kann,  wenn  der  Deckel  A  selbsthätig  aufgeklappt  ist.  Ist  dies  ge- 
schehen, so  wird  A  vom  Wärter  geschlossen  und  durch  die  Knaggen  e{ 
so  lange  unter  Verschlufs  gehalten,  bis  alle  übrigen  Functionen  des 
Apparates  im  Inneren  vor  sich  gegangen  sind.  Dabei  wird  aber  die 
untere  Knagge  e2   des  Hebels  e  derart  gestellt,   dafs   der  Riegel  g  der 


Ueber  Neuerangen  in  der  Papierfabrikation.  221 

Thüre  zwischen  Theil  N  und  Q  frei  wird,  diese  durch  ihr  Eigen- 
gewicht nach  abwärts  sich  dreht  und  den  Zugang  von  N  nach  Q  öffnet. 
Zugleich  wird  durch  das  Schliefsen  des  Deckels  A  aber  auch  die  Ge- 
wichtsscala  z  von  den  sie  gewöhnlich  verhüllenden  Kappen  C  frei  ge- 
macht. Dies  geschieht,  durch  das  am  Deckel  befestigte  Zahnrad- 
segment v  und  die  Zahnstange  p,  indem  diese  mit  ihrem  anderen 
Ende  den  durch  eine  Feder  angedrückten  Knaggenhebel  q  soweit  dreht, 
dafs  sein  oberes  Ende  unter  den  Zahn  r  gelangt,  wodurch  es  der  Stange  s 
ermöglicht  ist,  dem  Drucke  der  Feder  u  zu  folgen  und  durch  ein  ge- 
eignetes Verbindungsstängelchen  das  Gelenksparallelogramm  /^^^  aus 
einander,  das  Gelenk  l  herab  zu  ziehen  und  somit  die  Kappen  CC  seit- 
lich von  der  Scala  z  zu  entfernen,  da  durch  Stängelchen  die  Verbin- 
dung derselben  mit  dem  Gelenksparallelogramm  hergestellt  ist.  Das 
Gewicht  des  Bogens  kann  nun  abgelesen  werden.  Hierauf  kann  der 
Bogen  von  der  Wagschale  entfernt  werden,  was  durch  den  Löffel  y 
unter  Mitwirkung  des  eigentümlich  hohl  und  oval  gestalteten  Hebe- 
daumens x{  geschieht.  An  der  Achse  von  xx  ist  ein  Kurbelgriff  ge- 
wöhnlich in  der  Richtung  gegen  a0;  bewegt  sich  der  Griff  von  o0 
gegen  a,,  so  wirkt  x±  auf  y  und  dieser  Abwerfer  unterfährt  rasch  seit- 
lich die  auf  der  Schale  liegende  Papierrolle,  wirft  sie  von  jener  ab, 
worauf  sie  in  den  Kasten  Q  hinabfällt  und  dort  mit  anderen  Rollen  so 
lange  verbleibt,  bis  der  betreffende  Beamte,  etwa  beim  Schichtwechsel, 
sie  dem  Kasten  entnimmt.  Dreht  der  Wärter  dann  die  Kurbel  weiter 
von  a[  nach  a2,  so  wird  durch  die  Zahnräder  V  und  W  endlich  die 
mit  W  auf  derselben  Achse  befindliche  Spiralfeder  M  so  weit  gespannt, 
dafs  sie  Kraft  genug  erhält,  die  Bodenplatte  B  wieder  aufwärts  zu 
drücken,  bis  Riegel  g  einschnappt  und  durch  den  bereits  erwähnten 
Knaggen  e2  festgehalten  wird.  Ist  aber  die  Kurbel  bis  a2  gelangt,  so 
ist  auch  das  an  ihrer  Achse  befindliche  Excenter  c  soweit  gedreht,  dafs 
es  mittels  des  Stängelchens  d  dem  Hebel  e  den  weitest  möglichen  Aus- 
schlag derart  gegeben  hat,  dafs  der  obere  Knaggen  e,  den  Sperrhaken  f 
des  Deckels  frei  gibt  und  dieser  selbsthätig  aufspringt,  da  die  Feder  x 
fortwährend  auf  die  früher  schon  erwähnte  Zahnstange  p  wirkt  und 
daher  vermöge  des  Getriebes  v  die  Drehung  des  Deckels  A  wirklieh 
einzuleiten  vermag.  Zur  endlichen  Verzeichnung  der  Zeiten  der  Ab- 
wägungen dient  die  oberhalb  des  beschriebenen  Apparates  befindliche 
Controluhr  17,  indem  auf  einen  schon  vorbereiteten,  eingetheilten  und 
fortgesetzt  bewegten  Papierstreifen  durch  Nadelstiche  von  der  Blatt- 
feder L  die  Zeiten  der  Wägungen  markirt  werden.  Indem  nämlich  der 
Maschinenführer  den  Kurbelgriff  a0  nach  a{  und  o2  rückt,  bewegt  das 
bereits  erwähnte  Excenter  c  auch  das  Stängelchen  A,  dadurch  auch  den 
Winkelhebel  E,  die  Zugstange  F,  den  Hebel  Ü7,  weiter  G  und  den 
Hebel  JA,  dessen  nach  abwärts  gerichtetes  Ende  E  die  Nadelspitze  der 
Feder  L  in  den  Papierstreifen  eindrückt.     Unter   einem    bethätigt  auch 


222  Ueber  Neuerungen  in  der  Papierl'abrikation. 

die  Excenterstange  h  den  Hebel  ä,  dessen  oberes  Ende  dann  durch 
einen  Kloben  auf  das  Gelenk  /2  wirkt,  dadurch  das  ganze  Parallelogramm 
schliefst  und  somit  auch  die  Verhüllung  der  Scala  z  durch  die  Kappen  C 
erreicht.  Da,  wie  früher  erwähnt,  die  Zahnstange  p  durch  die  Feder  x 
nach  links  gerissen  wurde,  kann  der  aufrechte  Hebel  q  den  Zahn  r  der 
Stange  s  gefangen  halten,  so  dafs  der  Apparat  wieder  ganz  in  den  an- 
fänglichen Zustand  versetzt  ist. 

Die  Maschinenbauanstalt  Golzern,  welche  dem  Referenten  freund- 
lichst Zeichnungen  ihrer  Specialmaschinen  zukommen  liefs,  stellt  auch 
unter  anderen  einen  sehr  hübschen  Einsprengapparat  dar,  der  in  Fig.  26 
Taf.  12  gezeichnet  ist.  Ein  drehbar  gelagertes  Spritzrohr  a  erhält  in 
einer  Längsreihe  Löcher,  durch  welche  die  kalte  oder  warme  Flüssig- 
keit ausgespritzt  wird  und  vorerst  auf  den  ebenfalls  drehbar  gelagerten 
Blechmantel  mit  Austrittsöffnung  c  schlägt.  Sie  wird  dort  so  zerstäubt, 
dafs  die  feineren  Bläschen  nach  aufsen  auf  die  zu  feuchtende  Bahn  d 
gelangen,  während  die  schwereren  Tropfen  im  Mantel  zurückgehalten 
werden.  Durch  die  Drehbarkeit  der  beiden  erwähnten  Haupttheile  kann 
der  Austritt  der  zerstäubten  Flüssigkeit  beliebig  regulirt  werden. 

Die  Feuchtapparate  leiten  uns  zur  Betrachtung  der  Kalander,  bei 
welchen  hauptsächlich  in  der  Ausbildung  des  Bekannten  Verbesserungen 
stattfanden;  insbesondere  sei  der  prächtigen  Frictionskalander  der  Firma 
Haubold  in  Chemnitz  gedacht,  mit  welchen  man  durch  Räderauswech- 
selung beliebige  Friction  erreichen  und  auch  aus  ganz  untergeordneten 
Rohmaterialien  hergestellte  Papiere  mit  Hochglanz  versehen  kann.  Bei 
dieser  Gelegenheit  sei  der  in  gewisser  Hinsicht  vorteilhafte  Einflufs 
des  Kalanders  auch  auf  den  inneren  Werth  der  Papiere  erwähnt,  indem 
hierüber  ganz  interessante  Prüfungsergebnisse  als  Beweis  vorliegen. 
Insbesondere  können  die  Eigenschaften  von  Bogenpapier  durch  rich- 
tiges Kalandern  in  der  Querrichtung  ganz   merklich   gebessert  werden. 

Das  Oesterreichische  Privilegium  vom  4.  Februar  1889,  ertheilt  an 
F.  Hauke  und  Ch.  J.  Ford  in  London,  betrifft  auch  eigentlich  Kalander, 
in  denen  Muster  in  das  durchgehende  Papier  geprefst  werden.  Im 
Wesentlichen  ist  das  Verfahren  nicht  neu  und  konnten  die  Genannten 
auch  kein  D.  R.  P.  erlangen. 

Eine  besondere  Einrichtung  ist  in  dem  Englischen  Patente  Nr.  8730, 
ertheilt  an  R.  T.  Willcocks  in  Buckfastleigh,  Devon.,  enthalten,  um  auf 
einer  der  gewöhnlichen  Langsiebmaschine  nachgebildeten  Einrichtung 
Papier  herzustellen,  welches  das  äufsere  Ansehen  von  Handpapier  be- 
sitzt. Fig.  27  Taf.  12  stellt  eine  Skizze  der  Vorrichtung  dar.  Wir  haben 
das  gewöhnliche  Langsieb  C,  über  welchem  aus  Kautschuk  oder  ähn- 
lich biegsamem  Materiale  eine  endlose  Reihe  A  A  solcher  Theile  in 
gleicher  Geschwindigkeit  mit  dem  Siebe  vorüberziehen,  dafs  sie  eigent- 
lich Handformen  auf  dem  Siebe  C  abgrenzen,  in  welche  Formen  aus  J 
Stoff  einfliefst;  durch  den  Saugkasten  F,  die  Gautsche  PPl  findet  eine 


Ueber  Neuerungen  in  der  Papierfabrikation.  223 

der  üblichen  Maschinenpapierherstellung  ähnliche  Entwässerung  der  auf 
dem  Siebe  C  so  entstehenden  einzelnen  Bogen  statt,  die  dann  durch  den 
endlosen  Filz  S  in  die  Presse  /?,  Rx  gebracht  werden.  Schüttelung 
u.  dgl.  auf  dem  Siebe  soll  in  ganz  ähnlicher  Weise  wie  bei  Langsieb- 
maschinen stattfinden. 

Es  seien  hier  noch  einige  sehr  hübsche  Anordnungen  von  Papier- 
fabriken gegeben!  In  Fig.  28  Taf.  12  ist  eine  Grundrifsskizze  der  Papier- 
fabrik der  Parson's  Paper  Company  in  der  Papierstadt  Holyoke,  Mass. 
(Erzeugung  kräftiger  Leinenpapiere),  nach  „The  Paper  World",  —  in 
Fig.  29  Taf.  12  jene  der  „Paper  MM"  in  Lucknow,  Ostindien,  gegeben, 
während  Fig.  30  Taf.  12  die  Anordnung  einer  Cellulosefabrik,  der  „Detroit 
Sulphite  Fibre  Company",  welche  nach  System  Mitsc/ierlich  arbeitet  und 
in  der  Papierzeilung  besprochen  wurde,  darstellt.  Durch  die  ein- 
geschriebenen Benennungen  dürfte  jede  der  Skizzen  für  sich  verständ- 
lich sein. 

Das  Ende  dieses  Berichtes  bilde  eine  Mittheilung  über  Fortschritte 
in  der  Papierprüfung,  in  welcher  sich  eine  Bewegung  geltend  macht, 
welche  auf  Abänderung  der  bestehenden  Vorschriften  dringt.  Es  soll 
damit  keineswegs  die  Papierprüfung  aus  dem  Wege  geräumt  werden, 
welche  ganz  unleugbar  Vorzügliches  für  die  Verbesserung  der  Papiere 
geleistet  hat,  doch  wird  insbesondere  eine  Abänderung  der  Bestimmungen 
erstrebt,  welche  die  Einreihung  in  die  bekannten  Klassen  betreffen,  so 
dafs  insbesondere  Papiere,  welche  in  einzelnen  Punkten  den  Vorschriften 
nicht  vollkommen  entsprechen,  in  anderer  Hinsicht  jedoch  mehr  bieten, 
als  verlangt  wird,  nicht  in  eine  minderwerthige  Klasse  eingereiht  werden 
sollen,  wie  es  nach  den  jetzt  bestehenden  Vorschriften  unvermeidlich 
ist.  Erwähnt  sei  vornehmlich  die  von  der  Leipziger  Prüfungsanstalt 
bewirkte  Prüfung  von  Löschpapier  durch  gleichzeitiges  Eintauchen  von 
Streifen  in  Wasser  und  Ermittelung  der  Saughöhe  für  eine  bestimmte 
Zeit.  Gearbeitet  wird  in  den  beiden  Prüfungsanstalten  des  Deutschen 
Reiches  und  auch  in  der  jungen  Anstalt  am  technologischen  Gewerbe- 
museum in  Wien  —  es  sei  insbesondere  auf  die  angebahnte  quantitative 
Bestimmung  von  Holzschliff  hingewiesen  —  in  emsigster  Weise.  Es  unter- 
liegt wohl  keinem  Zweifel,  dafs  in  der  bisherigen  erfolgreichen  Weise 
fortschreitend  segensreiche  Resultate  weiterhin  werden  gewonnen  werden 
und  dafs  auch  den  berechtigten  Wünschen  der  Praxis  Erfüllung  winken 
dürfte. 


224  Maschinen  für  die  Herstellung  von  Zahnrädern. 

Maschinen  für  die  Herstellung  von  Zahnrädern. 

l  Fortsetzung  des  Berichtes  S.  49  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  13 

liäderfräsemaschine  von  Sainte,  March  und  Co. 

Obwohl  die  Hauptanordnung  dieser  Räderfräse  derjenigen  von 
Whilworth  ähnlich  ist,  so  unterscheidet  sich  dieselbe  doch  in  bemerkens- 
wert hen  Einzelheiten.  Es  sind  namentlich  diejenigen  Einrichtungen 
hervorzuheben,  mit  welchen  das  Fräsen  von  Schneckenrädern  und 
Schrägzahnrädern  mit  schraubenförmig  gewundener  Zahnflanke  ermög- 
licht wird. 

Nach  Revue  industrielle,  1890  *  S.  115,  besteht  diese  Maschine  aus 
einer  Wange  a,  welche,  mit  dem  Quertisch  einen  Winkel  bildend, 
Führung  und  Auflage  sowohl  dem  Spindelstock  c  als  auch  dem  Fräse- 
träger d  gewährt.  Der  aus  Fig.  5  ersichtliche  Querschnitt  der  Längs- 
wange zeigt  eine  flache  und  eine  dachförmige  Führungsleiste  für  die 
Auflage  des  Spindelstockes  und  zwei  innere  Schrägleisten  für  die  Fest- 
stellung desselben  mittels  zweier  Hebelspreizen,  die  durch  eine  Quer- 
sehraube an  die  Schrägleisten  angedrückt  werden. 

Die  Einstellung  des  Spindelstockes  kann  durch  unmittelbaren 
Kurbelbetrieb  der  Schraubenspindel  e  (Fig.  2  und  3),  die  absatzweise 
Verschiebung  desselben  zum  Zwecke  geradliniger  Eintheilung  beim 
Fräsen  von  Zahnstangen  jedoch  nur  durch  die  Stellkurbelwelle  f  bei 
einfacher  Räderübertragung  auf  die  Schraubenspindel  e  durchgeführt 
werden.  Mittels  Versatzräder,  welche  auf  der  stellbaren  Schlitzplatte  g 
(Schere)  angeordnet  sind,  wird  die  Keilnuthwelle  h  durch  die  Stell- 
kurbelwelle f  betrieben  und  dadurch  das  grofse  Theilrad  t  durch  Ver- 
mittlung der  Schnecke  k  gedreht,  deren  Lagerstück  an  dem  Spindel- 
stock c  befestigt  ist  und  mit  diesem  sich  verschiebt. 

Das  grofse  Theilrad  t  sitzt  nicht  auf  einem  Keil,  sondern  lose  und 
frei  auf  der  Hohlspindel  /  (Fig.  5),  durch  welche  die  eigentliche  Trag- 
spindel m  geschoben  ist.  Beide  Spindeln  /  und  m  werden  derart  mittels 
einer  aus  zwei  Winkelradpaaren  bestehenden  Einrichtung  verkuppelt, 
dafs  nach  Bedarf  eine  beliebige  relative  Verdrehung  beider  Spindel- 
theile  ermöglicht  ist.  Diese  gegensätzliche  Verdrehung  beider  Spindel- 
theile,  welche  während  des  Fräsens  einer  Zahnlücke  gleichmäfsig  und 
verhältnifsmäfsig  zur  geradlinigen  Fräserschlittenverschiebung  erfolgt, 
erzeugt  in  Verbindung  mit  letzterwähnter  Bewegung  einen  Schrauben- 
gangtheil.  Hiernach  sind  die  Flankentheile  der  Zähne  eines  Schräg- 
rades nach  Schraubenlinien  gekrümmt  und  nicht  wie  bei  einfacher 
fester  Schrägstellung  der  Fräserebene  zur  Radachse  des  Werkstückes 
gerade. 

Wird  diese  Relativverdrehung  abgestellt  und  dadurch  das  äufsere 
Spindelrohr  /  festgelegt,   so   gewährt  dieses  gewissermafseu  den  festen 


Maschinen  für  die  Herstellung  von  Zahnrädern.  225 

Stützpunkt  für  die  eigentliche  Verdrehung  bezieh.  Drehverstelluug  des 
Theilrades  i. 

Wenn  hingegen  diese  gegensätzliche  Verdrehung  beider  Spindeln, 
nur  einmal  bezieh,  zweimal  als  feste  Verstellung  vorgenommen  wird, 
so  kann  diese  beim  Nachfräsen  der  Zahnflanken  eines  Winkelrades, 
wie  später  erklärt  werden  soll,  wesentliche  Dienste  leisten. 

Diese  Spindelkuppelung  besteht  aus  dem  Winkelrade  n  (Fig.  2 
und  5),  welches  auf  der  Tragspindel  m  aufgekeilt  ist  und  das  in  die 
beiden  Winkelrädchen  o  greift,  die  um  feste  Zapfen  frei  kreisen,  welche 
an  die  Arme  des  Theilrades  i  angesetzt  sind.  Diese  beiden  Rädchen  o 
stehen  im  Eingriff  mit  dem  Winkelrade  p  auf  der  Hohlspindel  /,  wäh- 
rend letztere  vermöge  des  Schneckentriebwerkes  q  r  entweder  fest- 
gehalten ist  oder  durch  die  Schneckenspindel  r  gedreht  werden  kann. 
Im  ersten  Fall  hat  eine  Verdrehung  des  Theilrades  i  eine  Drehung  der 
beiden  Getriebe  o,  demgemäfs  eine  Verstellung  der  Spindel  m  mit  dem 
Rade  n  zur  Folge.  Da  nun  auf  m  mittels  Spannkegeln  (Fig.  3)  das 
Werkstückrad  aufgespannt  ist,  so  wird  dieses  hierdurch  um  den  Betrag 
seiner  Bogentheilung  verdreht. 

Wenn  hingegen  nach  erfolgter  Einstellung  des  Werkstückrades 
durch  die  Stellkurbel  f  die  Schnecke  r  während  des  Fräseganges  in 
Betrieb  gesetzt  wird,  so  gewährt  das  festgestellte  Theilrad  i  vermöge 
seiner  Zapfen  o  den  Stützpunkt  für  die  Drehung  des  Spindelrades  p 
durch  m  und  n. 

Der  Fräsersupport  besteht  aus  einem  Winkel  s  (Fig.  1,  2  und  4) 
mit  kreisförmiger  Fufsplatte,  wodurch  eine  Verdrehung  desselben  auf 
der  Schlittenplatte  d  um  einen  centralen  Spannbolzen  (Fig.  4)  und  eine 
Verstellung  längs  der  Querwange  ermöglicht  ist. 

An  der  lothrechten  Wand  des  Supportwinkels  s  ist  eine  wagerechte 
Führungswange  t  in  der  Höhenrichtung  mittels  Schraubenspindel  stell- 
bar, auf  welcher  eine  Schlittenplatte  u  verschiebbar  ist  und  die  das 
Spindellager  v  trägt,  welches  ebenfalls  in  die  erforderlichen  Winkellagen 
eingestellt  werden  kann. 

Indem  nun  ein  an  der  inneren  Lagerseite  vorgesehenes  Wiukelrad 
auf  der  Fräserspindel  das  in  der  Schwingungsachse  des  Lagerstückes 
befindliche  gröfsere  Winkelrad  bethätigt,  wird  vermöge  eines  kleinen 
Schneckentriebwerkes  v{  die  gleichbenannte  Keilnuthwelle  in  der 
Wange  t  und  durch  Vermittelung  eines  Stirnradpaares  die  Schrauben- 
spindel to  getrieben,  welche  die  gleichmäfsige  Verschiebung  des  Fräser- 
schlittens bewirkt.  Um  nun  beim  Zurücklegen  des  Fräserschlittens 
durch  die  Handkurbel  nicht  vom  treibenden  Räderwerk  behindert  zu 
sein,  ist  die  Ausrückkuppelung  x  vorgesehen. 

Die  Schraubenspindel  w  ist  ferner  nach  hinten  zu  verlängert:  dieser 
mit  Keilnuth  versehene,  sonst  glatte  Spindeltheil  schiebt  sich  durch  ein 
Hülsenrad  t/,   welches   durch    Vermittelung  von  Versatzrädern,   die    auf 

IMngler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  5.  1890(111.  15 


226  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

einer  stellbaren  Schlitzplatte  entsprechende  Anordnung  linden,  das 
Schneckentriebwerk  z  bezieh,  die  Schrägzahnräder  :  hethätigt  und 
hiernach  die  Keilnuthwelle  r  sammt  Schnecke,  d.  i.  das  Schneckenrad  7, 
treibt,  wodurch  jene  bereits  beschriebene  Relativ  Verdrehung  der  Spin- 
deln m  und  /  hervorgerufen  wird. 

Bemerkenswerth  ist  noch  die  Herstellung  von  Winkelrädern  mittels 
des  Fräsewerkes.  Nachdem  der  Supportwinkel  mit  der  Wange  t  in 
die  vorbestimmte  Schräglage  eingestellt  worden  ist  und  sämmtliche 
Zahnlücken  des  Winkelrades  in  gleichbleibendem,  kleinstem  Formquer- 
schnitt durchgefräst  worden  sind,  wird  das  Werkstückrad  um  einen 
bestimmten  kleinen  Betrag  relativ  gegen  das  Theilrad  verdreht,  was 
mit  der  Handkurbel  an  der  Führungswange  t  bewerkstelligt  werden  kann. 

Hierdurch  werden  die  äufseren  Zahnquerschnitte  am  Kegelrade 
einen  gröfseren  Drehungsbogen  zurücklegen  als  jene  der  Kegelspitze 
zugekehrten.  Wird  nun  das  Fräsen  bei  ausgerücktem  Triebwerk  y  z 
fortgesetzt,  so  mufs  das  FVäsewerkzeug,  der  Relativverdrehung  ent- 
sprechend, von  jeder  Zahnflanke  nunmehr  verschieden  starke  Schichten 
abnehmen,  welche  natürlich  nach  der  Kegelspitze  zu  sich  verjüngen. 

Dieses  Verfahren  wird  auch  für  die  Ausbildung  der  anderen  Zahn- 
flanke  wiederholt,  wobei  die  Relativverstellung  des  Werkstückes  nach 
entgegengesetztem  Drehungssinn  zur  vorhergehenden  durchzuführen  ist. 

Pr. 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  272  *  S.  401.) 
Mit  Abbildungen. 

1)  Kesselmaterial  und  Anforderungen  an  dasselbe. 

Die  in  Folge  der  Einführung  von  Dreifachexpansionsmaschinen  er- 
heblich gesteigerten  Dampfspannungen  waren  der  Grund,  dafs  an  das 
Kesselmaterial  bezüglich  Festigkeit  und  Sorgfalt  in  der  Bearbeitung 
entsprechend  stets  höhere  Anforderungen  gestellt  wurden.  Die  Ab- 
nehmer suchen  durch  vorherige  Proben  mit  dem  zum  Bau  der  Kessel 
zu  verwendenden  Materialien  sich  sicher  zu  stellen. 

Die  Firma  Carnegie,  Phipp  und  Comp,  in  Pittsburg  gibt,  nach  einer 
Notiz  in  Stahl  und  Eisen,  1890  Nr.  5  S.  468,  folgende  Zusammenstellung 
der  Lieferungsvorschriften  für  Bleche  seitens  ihrer  verschiedenen  Auf- 
traggeber: 

United  States  Navy.  —  Mantelbleche:  Festigkeit  40,78  bis  47,1  k/qir.m, 
Dehnung  22  Proc.  quer  und  25  Proc.  längs  auf  je  200mm  Länge; 
Flanschen:  Festigkeit  35,15  bis  40,78*/qinm,  Dehnung  26  Proc.  auf  200™'" 
Länge;  chemische  Zusammensetzung:  Phosphor  nicht  über  0,035  Proc, 
Schwefel  nicht    über  0,040  Proc;    Kalibiegeprobe:   das  Probestück   mufs 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  227 

sieh  flach  auf  einauder  schlagen  lassen;  Härlungsprobe:  das  Flufseisen 
wird  bis  Kirschroth  erhitzt,  in  Wasser  von  280  getaucht  und  um  einen 
Dorn  von  der  l'/o  fachen   Dicke  der  Platte  gebogen. 

British  Admiralty.  —  Festigkeit  40,94  bis  47,24k/qmm.  Dehnung 
20  Proc.  auf  200mm  Länge.     Kaltbiege-  und  Härteprobe  wie  oben. 

Bureau  Verität.  —  Mantelbleche:  Festigkeit  nicht  unter  42,51kjqmm, 
Dehnung  20  Proc.  auf  200mm;  der  Pr-obestreifen  mufs  nach  Erhitzung 
bis  auf  Rlattroth wärme  und  nachfolgender  Abkühlung  in  Wasser  von 
28°  C.  eine  Biegung  so  weit  aushalten,  bis  die  Oeffnung  zwischen  den 
Enden  die  3 fache  Dicke  der  Platte  erreicht  hat. 

United  States  Marine.  —  Festigkeit  nicht  unter  42.18k  qmm,  Contraction 
50  Proc. 

American  Boilermakers  Association.  —  Festigkeit  38,57  bis  45,70kjqmn„ 
Dehnung  20  Proc.  auf  200mm  Länge  für  Bleche  von  \  Zoll  Dicke  und 
darunter,  22  Proc.  für  Bleche  von  3/8  bis  3!4  Zoll,  25  Proc.  für  Bleche 
von  34  Zoll  und  darüber;  Kaltbiegeprobe:  bei  Blechen  von  1/2  Zoll  Dicke 
und  darunter  mufs  der  Probestreifen  sich  flach  auf  einander  schlagen 
lassen,  ohne  Risse  zu  zeigen;  bei  Platten  über  '/2  Zoll  Dicke  mufs  der 
Probestreifen  einer  Biegung  von  180°  über  einen  Dorn  von  der  l1^  fachen 
Dicke  der  Platte  unterworfen  werden:  chemische  Zusammensetzung: 
Phosphor  nicht  über  0,040  Proc,  Schwefel  nicht  über  0,030  Proc. 

Die  gelegentlichen  Erfahrungen  bezüglich  der  Haltbarkeit  von 
Kesseln  sind  mitunter  überraschend.  So  wurden  nach  der  Zeitschrift  des 
Verbandes  der  Kesselüberwachungsvereine  bei  einem  combinirten  Kessel, 
aus  einem  unteren  Zweiflammrohrkessel  und  einem  oberen  Feuerröhren- 
kessel bestehend,  die  beiden  Flammrohre  in  Folge  Wassermangels  ein- 
gedrückt, ohne  dafs  eine  Explosion  erfolgte  und  ohne  dafs  jemand  be- 
schädigt wurde.  Der  Kessel  war  von  Carl  Sulzberger  und  Comp,  in 
Flöha  aus  Schweifseisen  von  Schulz- Knaudl  in  Essen  hergestellt.  Gute 
Arbeit  und  gutes  Material  haben  die  Folgen  der  Nachlässigkeit  in  der 
Wartung  verhütet. 

Der  Zweiflammrohrkessel  hatte  Vorfeuerung,  und  machte  es  die 
letztere  unmöglich,  das  Eintreten  des  Erglühens  und  Eindrückens  der 
Rohre  von  den  Feuerthüren  aus  rechtzeitig  zu  sehen.  Die  Ursache  des 
Wassermangels  wurde  im  vollständigen  Verschlammen  der  Wasser- 
stände und  ihrer  Zuleitungen  gefunden:  es  ist  dies  ein  Umstand,  welcher 
leicht  bei  Vorfeueruugen  vorkommt,  da  durch  die  grofse  Länge  der 
heifs  liegenden  Zuleitungsröhren  zwischen  Kessel  und  Wasserstands- 
körper der  Niederschlag  aus  dem  Wasser,  ja  sogar  Kesselsteiubildung 
in  diesen  Röhren  aufserordentlich  begünstigt  wird  und  in  kurzer  Zeit  — 
zuweilen  nach  Tagen  —  schon  eine  Verstopfung  derselben  erzeugt. 

Die  Querschnitte  der  zusammengedrückten  und  eingebeulten  Rohre 
sind  in  den  Fig.  1  bis  3  dargestellt:  am  wunderbarsten  ist  die  Gestaltung 
der    Umbörtelungen    mit    zwischenliegendem    Stemmringe    beim    linken 


228 


Neuerungen  an   Dampfkesseln. 


Flammrohre,  welche  nach  hinten  zu  eine  vollständige  Falte  zeigt.  Heim 
ersten  Flammrohre  war  die  Durchbiegung  der  Krempen  erst  im  Be- 
ginne, d.  h.  der  Bord  hatte  sich  etwas  zur  Seite  drücken  lassen. 

Trotz  dieser  mächtigen  Einbeulung  und  Formveränderung  der 
einzelnen  Flammrohrbunde  hat  auch  nicht  eines  der  Bleche  Brüche 
oder  Bisse  aufzuweisen  gehabt;  die  Oberflächen  derselben  sind  —  wenn 
auch  gedehnt  —  ohne  Tadel  geblieben.     Nur  der  Stemmring  zwischen 


IcScA 


Fig.  1. 

cftotvi'  i. 


j&'ij 


ii^Sc^nj.00 


den  Börtelungen  des  zerquetschten 
Bundes  ist  naturgemäfs  durch 
Knickung  gebrochen,  da  er  nieht 
glühend  gewesen  war.  Ein  Niet- 
kopf war  an  der  zusammen- 
gewürgten Krempe  in  der  oben 
erwähnten  Falte  abgesprungen, 
und  nur  an  dieser  kleinen  Stelle 
hatte  etwas  Dampf  ausgeblasen, 
dessen  Zischen  beim  Ausströmen 
Veranlassung  gegeben  hatte  nach- 
zusehen, ob  etwas  in  den  Flamm- 
rohren passirt  sei. 

Als  bemerkenswerth  ist  noch 
zu  berichten,  dafs  beide  Flamm- 
rohre auf  dem  ersten  Ringe  oder 
Schusse  je  eine  eingeschraubte 
Büchse  mit  Bleipfropfen ,  zur 
Sicherung  gegen  Wassermangel 
eingeschraubt  trugen.  Die  Pfropfen 
sind  nicht  geschmolzen,  trotzdem 
die  Rohre  gründlich  glühend  ge- 
wesen sind. 

Ein  abermaliger  Beweis,  dafs 
eingeschraubte  Bleipfropfen  auf 
Feuerplatteu  von  Flammrohren 
keine  unbedingte  Sicherheit  ge- 
währen! Solche  Beispiele  finden  wir  in  Fachschriften  und  Zeitschriften 
wiederholt  angeführt. 

Ein  weiteres  Beispiel  aufserordentlieher  Haltbarkeit  eines  gewellten 
Flammrohrschusses  wird  ebenfalls  von  der  Zeitschrift  des  Dampfkessel- 
überwachung »Vereines  mitgetheilt.  Der  betreffende  Kessel  besitzt  einen 
Einflammrohrkessel  als  Unterkessel  und  einen  Heizröhrenkessel  als  Ober- 
kessel mit  Dampfraum.  Beide  sind  durch  zwei  Stutzen  mit  einander 
verbunden.  Der  Unfall  geschah  kurz  nach  einer  Reinigung  des  Kessels 
und  der  damit  verbundenen  Druckprobe,  wobei  der  Kessel  ganz  mit 
Wasser  gefüllt  wurde.     Am    nächsten  Morgen   wurde   sehr  schnell   an- 


F.S    3. 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  229 

geheizt,  und  schon  bei  4:,t  trat  die  Einbeulung  ein.  Wahrscheinlich 
war  beim  Ablassen  des  Druckprobewassers  das  Ventil  nicht  dicht  ge- 
schlossen worden  und  der  Kessel  über  Nacht  bis  auf  den  Unterkessel 
leer  gelaufen.  Das  Blech  des  Flammrohres  blieb  bis  auf  einen  kleinen 
60mm  langen  Querrifs  unversehrt;  dort  klaffte  das  Loch  8mm,  und  die 
Ränder  waren  messerscharf  ausgezogen.  Die  Einbeulung  war  an  der 
tiefsten  Stelle  7i»0nini  tief,  ihre  ganze  Länge  betrug  2660mni,  während 
die  glatt  gestreckte  Welle  nur  2490mm  lang  ist,  so  dafs  das  Blech  in 
seiner  Länge  um  170mm  (etwa  6r.2  Proc.)  gestreckt  wurde.  Senkrecht 
zur  Achse  trat  keine  Dehnung  ein.  Die  Gewalt,  mit  der  die  Form- 
veränderung vor  sich  ging,  läfst  sich  daraus  erkennen,  dafs  sowohl  der 
Feuerbrücken-  wie  der  Rostträger  durchbrochen  und  herausgedrängt 
wurden. 

Versuchsstäbe  aus  der  Beule  des  Wellrohres  haben  eine  Festigkeit 
von  50k  qmm  bei  4  Proc.  Dehnung  ergeben;  das  ursprüngliche  Material 
hatte  eine  Festigkeit  von  36k  bei  30  Proc.  Dehnung.  Diese  Erscheinung 
entspricht  ganz  den  Erfahrungen,  welche  in  anderen  Fällen  gemacht 
worden  sind.  Das  Material  wurde  während  und  gleich  nach  der  Beulen- 
bildung über  die  Elasticitätsgrenze  hinaus  beansprucht  und  näherte  sich 
dadurch  dem  Zustande,  den  man  mit  „tot  gereckt"  bezeichnet,  d.  h.  es 
hat  seine  Dehnungsfähigkeit  fast  vollständig  eingebüfst.  Diese  Wirkung 
ist  im  vorliegenden  Falle  wahrscheinlich  noch  durch  einen  Härtungs- 
vorgang erhöht  worden,  da  nach  dem  Niederdrücken  des  rothwarmen 
Theiles  das  tiefer  stehende  Wasser  wieder  in  die  Beule  gelangen 
konnte.  Jedenfalls  liefert  der  Vorgang  einen  Beweis  für  die  Vorzüg- 
lichkeit des  verwendeten  Materials. 

2)  Gewellte  Röhren. 

Mit  den  Bestrebungen  der  Kesselbauingenieure,  die  Widerstands- 
fähigkeit des  Kesselmaterials  zu  vergröfsern,  steht  aufs  innigste  im 
Zusammenhange  die  Entwickelung  der  gewellten  Röhren,  wie  sie  von 
Fox.  Farnley,  Purve  u.  A.  eingeführt  sind.  Bei  den  grofsen  Marinekesseln 
wird  man  nur  noch  selten  glatte  Feuerrohre  von  einigermafsen  bedeuten- 
dem Durchmesser  finden,  dieselben  sind  sämmtlich  durch  Wellröhren 
ersetzt,   da  diese  gröfseren  Widerstand  und  gröfsere  Heizfläche  bieten. 

Einige  bemerkenswerthe  Mittheilungen  über  Spannungen  im  Kessel- 
material machte  der  Ingenieur  Knaudt  in  Nr.  303  S.  63  von  Glaser 's 
Annale»,  auf  welche  wir  hiermit  hinweisen. 

Ueber  die  Verwendbarkeit  der  Fox' sehen  Wellrohren  zu  Con- 
structionen  für  Locomotivkessel  sind  in  letzterer  Zeit  von  Erfolg  ge- 
krönte Versuche  angestellt  worden.  Die  Vorzüge,  welche  diese  Röhren 
in  Bezug  auf  ihre  Widerstandsfähigkeit  gegen  äufseren  Druck  den 
glatten  Röhren  gegenüber  darbieten,  lassen  die  möglichst  ausgedehnte 
Verwendung  der  gewellten  Röhren  als  wünschenswerth  erscheinen.    Be- 


230  Neuerungen  an   Dampfkesseln. 

kanntlich  bietet  die  Construction  der  Feuerbüchseu  mit  tlacheu  Wand- 
formen wegen  der  dabei  erforderlichen  Stehbolzen  bedeutende  Schwierig- 
keit, und  erscheint  deshalb  der  Ersatz  derselben  durch  eine  einfachere 
Einrichtung  äul'serst  wünschenswerth.  Ueber  die  einschlägigen  Ver- 
suche berichtet  das  Organ  für  die  Fortschritte  des  Eisenbahnwesens,  1889 
Nr.  5  S.  189,  folgendes: 

Die  Gewerkschaft  Schulz  Knaudl i  hat  nun  die  Möglichkeit  der  An- 
wendung von  Wellrohren  zu  Locomotivkesseln  ins  Auge  gefafst,  und 
sich  behufs  Durchführung  eines  Versuches  im  J.  1884  mit  Herrn  Eisen- 
bahndirektor Pohlmeyer,  Leiter  der  Centralwerkstatt  in  Dortmund,  in 
Verbindung  gesetzt.  Das  Ergebnils  der  gemeinsamen  Arbeit  war  eine 
Anordnung,  welche  durch  Umbau  einer  Locomotive  erzielt  wurde, 
welche  auf  Grund  der  Vorlage  der  ersten  Skizzen  durch  Herrn  Geheim- 
rath  Stambke  im  Mai  1885  zu  diesem  Zwecke  gelegentlich  einer  gröfseren 
Ausbesserung  zur  Verfügung  gestellt  wurde. 

Die  Verhältnisse  des  Kessels  vor  und  nach  dem  Umbaue  gehen 
aus  der  nachstehenden  Zusammenstellung  hervor: 

Alter  Neuer 
Kessel 

Heizfläche  der  Feuerkiste 6qm,l  101^,1 

„            „     Heizrohre 89qm,6  88'CV 

Gesammt-Heizfläche 95qm,7  98qm,2 

Rostfläche lqm,3  iqm,3 

Verbrennungsraum lcbm^  lcbnr; 

Dampfraum lcbm^g  lcbm^ 

Wasserraum Scbn^O  öcbm^ 

Spiegelfläche öqm^  4qmi0. 

Bei  dem  Umbaue  sind  Cylinder,  Steuerung,  fast  der  ganze  Rahmen, 

Achse  und  Räder  geblieben,   nur  der    Kessel  ist    geändert;    er    besteht 

aus   einem   runden   Hinterkessel    von   1900mtn    Durchmesser    mit   einem 

1200mm 
Wellrohre  von  1„»ninm  Durchmesser,  während  der  Vorderkessel  wie  bei 

jeder  anderen  Locomotive  das  Rohrbündel,  hier  aus  187  Rohren  von  3m 
Länge,  gegenüber  160  4270mm  langen  Rohren  vor  dem  Umbaue,  be- 
stehend, enthält. 

Die  Rohrwand  ist  so  in  das  Rohr  gesetzt,  dafs  die  Nieten  ganz  im 
Wasser  liegen  und  man  trotzdem  von  der  Feuerseite  her  die  Naht 
stemmen  kann.  Um  eine  möglichst  grofse  Unbeweglichkeit  dieser 
Wand  zu  erreichen,  überragt  das  Wellrohr  dieselbe  mit  4  Ohren,  welche 
mit  Eckankern  an  der  Zwischenwand  befestigt  sind. 

Zu  demselben  Zwecke  ist  noch  ein  Bodenring  angeordnet,  welcher 
an  eine  flachgeschmiedete  Stelle  des  Wellrohres  angeschlossen  ist.  Eine 
Verbindung  der  beiden  Rohrplatten  durch  Ankerrohre  findet  nicht  statt. 

1  Diese  Firma  hat  bekanntlich  das  Ausführungsrecht  für  die  Fox'schen 
Röhren  auf  dem  Continent  erworben  und  ist  auf  die  Herstellung  derselben 
in  musterhafter  Weise  eingerichtet. 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


231 


Die  Hinter-  und  Mittelwand  sind  durch  Langanker  gegen  einander  ver- 
steift, was  auch  durch  Wölben  derselben  erreicht  werden  kann;  auch 
kann  man  die  Mittelwand  ganz  fallen  lassen.  Fig.  4  und  5  veranschau- 
lichen die  betreffenden  Formen. 

Der  ganze  Kessel  ähnelt  sehr  demjenigen  der  Locomobilen,  welche 
in  der  Magdeburger  Gegend    viel  gebaut  werden,   und  die  den  älteren 


Kig.  4 


Fis.  5. 


Arten  mit  viereckiger  Feuerkiste  wenigstens  ebenbürtig  sind.  Der 
stark  geneigte  Rost  liegt  unter  der  Mitte  des  Rohres  und  seine  Bedie- 
nung geschieht  viel  leichter,  als  bei  der  jetzt  üblichen  tiefen  Lage  unter 
der  Schürthür.  Die  Entfernung  der  Asche  geschieht  derartig,  dafs  mit 
einer  Krücke  von  passender  Form  die  Schlacken  in  den  unten  liegenden 
Aschkasten  gezogen  werden,  eine  Arbeit,  die  bei  jedem  Aufenthalte, 
wenn  nöthig  auch  während  der  Fahrt,  geschehen  kann.  Die  Oeffnung 
des  Bodenringes  dient  zur  Entfernung  des  Staubes,  der  über  die  Feuer- 
brücke mitgerissen  wird.  Um  die  Verbrennung  vollkommen  zu  machen, 
ordnete  Herr  Direktor  Pohlmeyer  in  der  Feuerbrücke  noch  eine  zweite 
Luftzuführung  an,  welche  den  gehegten  Erwartungen  entspricht.  Seit 
Juni  1888  ist  die  Maschine  dem  Betriebe  übergeben  und  zeigt  sich  als 
recht  leistungsfähig.  Die  Königl.  Eisenbahndirektion  Köln  (rechtsrh.) 
gibt  an,  dafs  bei  der  mit  Wellrohrfeuerkasten  ausgerüsteten  Gütertender- 
locomotive  die  Leistungen  des  Kessels  bezüglich  der  Dampferzeugung 
sich  gegenüber  den  Kesseln  gleichartiger  Locomotiven  mit  kupfernen 
Feuerkästen  günstiger  erwiesen,  der  Kohlen  verbrauch  war  jedoch  gröfser, 
was  dem  Umstände  zuzuschreiben  sei,  dafs  der  Wellrohrfeuerkasten 
seiner  Gröfse  wegen  mehr  Kohlen  zum  Anheizen  erfordere. 

Ueber  eine  Probefahrt  dieser  Locomotive  mit  einem  Güterzuge  von 
Deutzerfeld  bis  Eitorf  am  5.  Oktober  1888  wurde  folgendes  berichtet: 
Der  Güterzug  hatte  91  Lastachsen.   Nach  den  Leistungsvorschriften  be- 


232  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

tnigt  die  Belastung  für  Locomotiven  der  Gruppe  VU,  welcher  Nr.  1713 
augehört,  von  Deutzert'eld  bis  Siegburg  102,  von  Siegburg  bis  Eitorf 
78  Lastachsen,  was  für  letztgenannte  Strecke  eine  Ueberlastung  von 
13  Lastachsen  ergibt.  Es  mufste  von  Siegburg  ab  der  Steigung  und 
Ueberlastuns  wegen  fast  andauernd  mit  halber  Cvlinderlüllung  gefahren 
werden,  wobei,  um  das  Wasser  beizubehalten,  eine  Strahlpumpe  be- 
Btändig  in  Thätigkeit  war;  gleichwohl  konnte,  allerdings  unter  Anwen- 
dung grofser  Aufmerksamkeit  und  ausdauernder  Thätigkeit  der  Mann- 
Bchaft  Dampf  und  Wasser  in  den  günstigsten  Grenzen  und  auch  die 
Fahrzeit  innegehalten  werden.  Dabei  wurden  für  die  ganze  42km,9  lange 
Strecke  von  Deutzerfeld  bis  Eitorf  5cbm,2  Wasser  und  1200k  Kohlen. 
Anheizung  einbegriffen,  gebraucht.  Die  letztgenannte  Menge  erscheint 
weniger  hoch,  wenn  man  die  Steigungsverhältnisse  in  Betracht  zieht. 

Wir  bemerken  dazu,  dafs  die  Steigung  der  Bahn  bis  Siegburg  an- 
haltend, aber  nicht  erheblich  ist,  dagegen  von  Siegburg  bis  Eitorf 
zwischen  1  :  800,  1  :  500  und  1  :  300  wechselt.  Die  Locomotive  ist  z.  Z. 
zur  thunlichsten  Beseitigung  der  Mängel,  welche  an  ihr  im  Betriebe 
befunden  worden  sind,  in  der  Werkstätte.  Als  Mängel  stellten  sich 
folgende  heraus:  Die  auf  den  Seiten  angebrachten  Wasserkasten  be- 
hinderten ihrer  Breite  und  Höhe  wegen  die  Aussicht  der  Mannschaft; 
der  Bremshebel,  die  Strahlpumpen  und  der  Kohlenkasten  waren  un- 
günstig gelegen;  die  grofse  Fläche  der  Hinterkesselwand  strahlte  zu 
viel  Wärme  aus  und  belästigte  daher  die  Mannschaft  sehr. 

Mit  den  Versuchen  ist  der  Beweis  geliefert,  dafs  die  entwickelte 
Dampfmenge  nicht  nur  so  grofs  war,  als  die  des  alten  Kessels,  sondern 
noch  etwas  gröfser,  da  sie  ausreichte,  die  Cylinder  vollständig  mit  halber 
Füllung  zu  versehen,  und  es  wird  kein  Grund  vorliegen,  nicht  auch 
Gütermaschinen  und  andere  derartig  abändern  zu  können,  bei  denen 
die  Mängel,  z.  B.  der  Wasserkasten,  von  selbst  fortfallen. 

Während  des  mehrmonatlichen  Betriebes  ist  niemals  über  ein  Mit- 
reifsen  von  Wasser  geklagt,  es  ist  deshalb  anzunehmen,  dafs  Versuche 
wie  die  Eingangs  erwähnten  ergeben  würden,  dafs  die  Dampfentwicke- 
lung hauptsächlich  in  den  vorderen  Heizflächen  und  weniger  im  Rohr- 
bündel vor  sich  geht.  Herr  Direktor  Pohlmeyer  war  sich  wohl  bewufst, 
dafs  der  grofse  Durchmesser  des  Hinterkessels  vielleicht  unnöthig  sei, 
doch  hätte  an  zu  kleinem  Dampfraume  leicht  der  erste  Versuch  scheitern 
können.  Bei  dem  angestrengten  Betriebe  zeigte  sich  nun,  dafs  die 
Feuerungseinrichtung  richtig,  dafs  besonders  die  Luft  in  genügender 
Menge  zugeführt  wurde.  Die  Hinterwand  könnte  nun  zum  Schutze 
gegen  die  Hitze  mit  einer  Bekleidung  versehen  werden,  wie  dies  bei 
allen  anderen  Dampfkesseln  üblich  ist;  es  wäre  auch  rathsam,  bei  Neu- 
ausführungen an  Stelle  zweier  getrennter  Feuerthüren  deren  nur  eine 
anzuordnen,  diese  vielleicht  als  Flügelthür. 

Der  Wasserraum  des  Kessels  von  5cbm,4  hat  nun  auch  entschieden 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  283 

günstig  gewirkt,  da  er  verhinderte,  dafs  die  Druekschwankung  unan- 
genehm auftrat;  seiner  Gröfse  allein  ist  es  wohl  zu  danken,  dafs  die 
Maschine  im  sonstigen  Betriebe  auf  kurze  Zeit  ungewöhnlich  viel  leisten 
konnte.  Wir  sehen  also  hier,  dafs  trotz  des  geringen  Dampfraumes 
von  lcbm^  unci  der  kleinen  Spiegelfläche  von  4lini  doch  wohl  trockener 
Dampf  erzielt  wurde,  trotzdem  der  Langkessel  ganz  mit  Wasser  ge- 
füllt war.  Der  Hinterkessel  könnte  also  entschieden  kleiner  sein  als  in 
der  vorliegenden  Ausführung,  was  auch  gestatten  würde,  den  Kessel 
tiefer  zu  legen.  Die  sonst  erwähnten  Mängel  sind  wohl  nur  neben- 
sächlich. 

Der  wesentliche  Unterschied  früherer  Ausführungen  mit  Wellrohr, 
z.  B.  von  Kaselowsky,  gegen  die  vorliegende  besteht  darin,  dafs  man 
dabei  die  Stehbolzen  nur  theilweise  vermieden,  ferner  ein  kupfernes 
statt  eines  geschweifsten  vollrunden  Rohres  aus  Eisen  verwendet  hat. 
Unter  anderen  Uebelständen,  die  deren  Weiter  Verwendung  verhinderten, 
zeigte  sich  namentlich  der,  dafs  die  vorstehenden  Wellentheile  im  Ge- 
brauche wesentlich  dünner  wurden. 

Da  sich  in  den  Fox- Rohren,  auch  in  Kesseln  mit  scharfem  Unter- 
winde diese  Erscheinung  bisher  nicht  gezeigt  hat,  so  mufs  angenommen 
werden,  dafs  sie  nur  der  Weichheit  des  Kupfers  zuzuschreiben  ist.  Es 
scheint,  als  ob  der  Flugstaub,  welcher  mit  ziemlicher  Geschwindigkeit 
an  den  Flächen  vorbeistreicht,  diese  abschleift,  ein  Umstand,  der  bei 
den  früher  gebrauchten  Messingsiederohren  ja  auch  zu  schnellem  Ver- 
schleifse  führte. 

Ein  sogen.  Wegbrenuen  dürfte  bei  Kupfer  als  ausgeschlossen  zu 
betrachten  sein,  da  letzteres  vermöge  seiner  geringen  specifischen  Wärme 
viel  kälter  bleibt  als  Eisen,  bei  dem  solche  Fehler,  wenigstens  im  Well- 
rohre, niemals  bemerkt  wurden. 

In  den  Vereinigten  Staaten  hat  Strong  auch  schon  Locomotiven  mit 
diesen  Wellrohren  gebaut.  Sie  unterscheiden  sich  wesentlich  von  der 
vorliegenden  Anordnung,  da  sie  zwei  enge  Feuerrohre,  statt  des  einen 
weiten  haben.  Der  Vortheil  des  weiten  Verbrennungsraumes,  den  auch 
die  gewöhnlichen  Feuerkisten  haben,  ist  also  nicht  vorhanden.  Es  mag 
sein,  dafs  dieser  Nachtheil  durch  andere  Vortheile  wieder  aufgehoben 
wird,  da  die  Maschinen  nicht  schlecht  arbeiten  sollen.  Der  Hauptübel- 
stand liegt  aber  darin,  dafs  nicht  nur  der  Kesselmantel,  sondern  auch 
die  Feuerkiste  wesentlicher  Verstärkungen  durch  Stehbolzen  und  Anker 
bedarf.  Vor  einigen  Jahren  wurde  bei  uns  in  Deutschland  auch  ver- 
sucht, das  Kupfer  durch  Eisen  zu  ersetzen,  aber  entgegengesetzt  den 
Erfahrungen  in  Amerika  mit  recht  schlechtem  Erfolge.  Vielleicht  hätte 
man  mit  geringen  Blechdicken  bessere  Erfolge  erzielt;  immerhin  wären 
die  verwickelten  Anordnungen,  wie  sie  durch  die  geraden  Wände  be- 
dingt werden,  nicht  vermieden.  Die  Spannungen  der  einzelnen  Theile 
sind  schon  bei  kaltem  Drucke  höchst  ungleichmäfsig  und  steigen  unter 


234 


Neuerungen  an   Dampfkesseln. 


dem  Dampfdrucke,  also  bei  höheren  Wärmegraden  so,  dafs  sie  nicht 
zu  berechnen,  sondern  nur  noch  zu  schätzen  sind.  Der  beste  Beweis 
für  die  Unzuverlässigkeit  der  Stehbolzen  ist  der.  dafs  man  sie  der  Länge 
nach  anbohrt,  um  ein  Abbrechen  nur  überhaupt  wahrzunehmen.  Was 
die  Deckenverankerung  angeht,  so  wird  sie  in  so  viel  verschiedeneu 
Arten,  mit  Barren  oder  durch  Absteifungen  gegen  den  Aufsenkessel  aus- 
geführt, dafs  man  bei  allen  Arten  auf  Mängel  schliefsen  mufs.  Bei  dem 
Wellrohrlocomotivkessel  sind  diese  Schwierigkeiten  vermieden,  seine 
Ausbesserungsbedürftigkeit  wird  sich  wesentlich  gegen  die  der  bisherigen 
Kessel  vermindern,  und  hierin  liegt  gerade  sein  Haupt vortheil.  Das 
Auswechseln  der  Feuerstelle  ist  hier  sehr  einfach,  bei  anderen  Feuer- 
kisten sehr  zeitraubend  und  kostspielig.  Schädliche  Spannungen  und 
Durchbiegungen,  die  zur  Grubenbildung  im  Hinterkessel  Veranlassung 
geben,  sind  nicht  vorhanden.  Der  Längenunterschied  zwischen  lnnen- 
und  Aufsen-Kessel  wird  durch  die  Biegsamkeit  des  Wellrohres  un- 
schädlich gemacht. 

Was  nun  die  Preisfrage  bei  der  Anschauung  betrifft,  so  wird  ein 
solcher  Kessel  ungefähr  3000  M.  billiger  als  ein  anderer.  Die  für  deu 
Umbau  bequemste  Locomotivart  ist  eine  Güterzuglocomotive  mit  Tender, 
da  man  bei  den  kleinen  Rädern  den  Hinterkessel  über  diesen  anordnen 
kann  und  nicht  gezwungen  ist,  ihn  dazwischen  zu  legen.  Sollten 
irgend  welche  Verhältnisse  es  wünschenswerth  machen,  die  Dampf- 
spannung (z.  B.  bei  Verbundwirkung)  zu  steigern,  so  ist  dies  bei  dieser 
Form  leicht  möglich. 

Wellrohre  von  17at  Betriebsdruck  sind  schon  seit  Jahren  in  Ge- 
brauch und  Mäntel  von  4m  Durchmesser  mit  innerem  Drucke  schon 
vielfach  für  12at  hergestellt-  es  hat  also  wohl  keine  Schwierigkeit,  die 
Hinterkessel  von  etwa  2m  Durchmesser  für  höheren  Druck  brauchbar 
zu  machen. 

Ueber  einen  mit  einem  Wellrohrdampfkessel  System  Kuhn,  erbaut 
von  Jos.  Paucker  und  Sohn  in  Wien,  angestellten  Heizversuch  berichtet 
UhlantTs  praktischer  Maschinenconstructeur ,   S.  143,  nach   dem   von    den 


Fabrikanten  überlassenen  Protokolle.  Die  Versuche  wurden  von  Professor 
Radinger  in   der  Jubiläumsausstellung   1888   hauptsächlich   zur  Ermitte- 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  235 

lung  des  ökonomischen  Wirkungsgrades  angestellt.  Der  Kessel  ist  im 
Wesentlichen  ein  Cornwell-Kessel,  dessen  Flammrohr  vorn  wesentlich 
weiter  ist  als  in  den  letzten  beiden  Dritteln,  woselbst  dieses  ein  Well- 
rohr bildet.  Ein  conisches  Rohrstück  verbindet  letzteres  mit  dem 
vorderen  Feuerrohre,  welches  mit  einer  Schüttfeuerung  und  einem  quer 
eingelegten  Siederohre  versehen  ist.  —  Die  Hauptabmessungen  des 
Kessels  sind  (Fig.  6  und  7): 

Länge  des  Kessels 6800mm       Böden  16mm 

Durchmesser  des  Aufsenmantels  vorn 1700mm         Blech  12mm 

,,                mitten  und    hinten  1500mm                     Umm 

Feuerrohres 1030mm             n       13mm 

Feuerwellrohres  mitten  und  hinten    750/850mm  "       10mm 

Querrohres  Mitte 300mm  ^ 

an  den  Seiten     .     .     .  380mm  \          »       12mm 

Dampldom-Höhe 900mm             );       lOmm 

„          Durchmesser 700mm        Decke  15mm 

Heizfläche  wasserbedeckt 40qm 

Rostlläche  schrägliegend Oqm  56 

Normaler  Wasserinhalt 5860'1 

Dampfdruck    6at.      Martinstahlbleche,     geschweifstes    Wellrohr:     Langreihen, 
aulsen  doppelt  genietet. 

Aufserdem  sind  Schaulöcher  im  Feuergeschränke  zur  Beobachtung 
der  Verbrennung  am  Roste  vorhanden. 

Allgemeine  Beobachtungen.  Der  Kessel,  welcher  im  April  1888  ganz 
neu  angefertigt  und  seit  Mai  1888  in  der  Ausstellung  täglich  im  nor- 
malen Gebrauche  stand,  erwies  sich  in  allen  Theilen  absolut  fehlerfrei 
und  gab  nie  zu  einer  Störung  Anlafs. 

Alle  Armaturen  waren  stets  dicht  und  musterhaft  in  Stand. 

Am  Versuchstage  wurde  der  Kessel  mit  Absicht  sehr  wechselnd 
verschieden  beansprucht,  so  dafs  die  Feuerung  erst  einmal  fast  ganz 
eingestellt  und  dann  wieder  in  forcirtester  Art  getrieben  werden  mufste. 
Der  Wasserstand  blieb  dabei  normal  ruhig  und  der  Dampfdruck  schwankte 
in  natürlichen  Grenzen. 

Die  Feuerung  blieb  aber  stets  völlig  rauchfrei,  wie  sich  zahlreiche 
Sachverständige,  welche  dem  Versuche  beiwohnten,  durch  die  Glastafel 
vor  dem  beleuchteten  Kanäle   der   abziehenden  Feuergase   überzeugten. 

Erpebniß  des  Heizversuches. 
Dauer   des  Versuches:     von  4  Uhr  26  Minuten    bis  9  Uhr  10  Minuten 

=  4  Stunden  44  Minuten  =4,73  Stunden. 
Stand  der  Wasserhöhe  und  des  Dampfdruckes  im  Kessel    war  zu  Begini. 
und  zu  Ende  des  Versuches  genau  gleich 

(Wasser  genau  auf  der  Marke,  Dampf  6at). 
Temperatur  des  Speisewassers  fast  constant  9,50. 
.Mittlerer  Dampfdruck  5at,8  absol. 
Mittlere  Temperatur  der  Essengase  2200. 

Kohle  verbrannt  total 340k 

340  I  Die  Kohle  ent- 

„  „  pro  Stunde =    71k  9    f  hält  laut  ehem. 

4,73  '      >  Analyse  12,5Pro- 

719  \  centunverbrenn- 

»  „  „  „        und  l'im  Rusttläche    — ^  =  128k  4    \     liehe  Theile. 

0,5b 


236  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

Wasser  verdampft  total 2600k 

pro  Stunde ^  =  549^,60  f  Von  WS»  Wasser 

»  »        ■    r  4  ,3  \   ,n  Dampf,  von 

5411  i     5,8  at.  absol. 

und  l'ini  Heizfläche     -^r-  =    13k,72  1 

Fie/-damp/unc. 
lk  Kohle  erzeugt  Dampf  ohne  alle  Nebenrücksicht  .  -kjjt  =  7k,65 


340 
3600 


=  8k,74 


(100— 12,05)  340 
7k,54  } 
8k,90  '  Zu  Dampf  von 

gki62  (      5,8  at  absol. 
10k'l7  ' 

7k,74  )   Zu  Dampf  von 
8k  84  (       1  at  absol. 


lk  Brennstoff  erzeugt  Dampf  (unverbrennliche  Theile 

abgezogen)    

lk  Kohle  hätte  verdampft  Wasser  von  0°     .     . 
lk       „  „  „  „  „     1000       . 

lk  Brennstoff  hätte  verdampft  Wasser  von  0°  . 
lk  .  „  „  „  „     1000 

Jk  Kohle  hätte  verdampft  Wasser  von  00     .     . 
lk  Brennstoff  hätte  verdampft  Wasser  von  0°  . 

Nutzeffect  und  Heizwerlh  der  verwendeten  Kohlen.  Von  jeder  Kohlen- 
partie wurde  eine  Menge  von  etwa  0k,5  abgesondert,  welche  dann 
gemischt  und  einer  chemischen  Untersuchung  durch  Prof.  Schwackhbfer 
in  Wien  unterzogen  wurden. 

Die  Analyse  ergab: 

In  100  Gew.-Th.  Kohlen  sind  enthalten: 

Kohlenstoff 74,33 

Wasserstoff 4,53 

Sauerstoff 8,65 

Stickstoff 1,87, 

Hygroskopisches  Wasser     ....  3,74  [  unverbrennlich  12,49 

Asche 6,88^ 

Schwefel 0,38 

Calorischer  Werth  nach  : 

8080  C  +  29630  (H  —  i/o  O)  +  2500  S  —  630  W      „_,  .   _  „ 

- *      =  7014  W.-E. 

100 

Nach  Schlufs  des  Versuches  wurde  die  Asche  und  durchgefallene 
Kohle  unter  dem  Roste  gesammelt,  nachdem  vor  Beginn  der  Aschenfall 
gereinigt  worden  war. 

Die  Rückstände  betrugen  34k  mit  einem  gleichfalls  von  Professor 
Schwackhbfer  bestimmten  Heizwerthe  von  je  4055  Wärme-Einheiten. 

Die  aufgewendete  Heizkraft  betrug  daher: 

340k  7014  =  2  384  760 
-  34k  4055  —     137  870 

Im  Kessel  nützlich  verwendete  Wärme: 


|  =  2  246  890  Wärme-Einheiten. 


In  Dampf  von  5at,8  absol.  Spannung  sind  \  _  fi.,  ~~<y  w   E 

in  lk  enthalten 654,272 (  ~~  f  lk 

Im  Speisewasser  von  9,5°  C.  bereits  enthalten   9,5      ) 

In  den  verdampften  2600k  Wasser  kommen  daher  vor: 

2600644,772  =  1676277  Wärme-Einheiten. 

Der  Nutzeffect  der  Kesselanlage  stellt  sich  daher  auf: 

1  676  277 

=  0  745  =  74  5  Proc 

2  246  890        lV  ' 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  237 

wozu  noch  die  Arbeit  zum  Einbringen  des  Speisewassers  in  den  Kessel 
hinzukommt,  indem  der  dazu  nöthige  Dampf  vom  Kessel  selbst  geliefert, 
aber  nicht  in  Anschlag  gebracht  wurde. 

Der  Nutzeffect  dieses  Kessels  würde  aber  noch  weiter  erhöht 
worden  sein,  wenn  derselbe  nicht  Nachts,  Morgens  und  Tags  über  still 
gestanden  und  nur  in  den  Abendstunden  allein  geheizt  gewesen  wäre. 
Bei  diesem  Versuchskessel  mufste  nämlich  ein  Theil  der  erzeugten 
Wärme  zum  Anheizen  des  übrigens  an  drei  Seiten  freistehenden  Kessel- 
mauerwerkes aufgehen. 

Der  Nutzeffect  dieser  Kesselanlage  läfst  sich  ebenso  auf  folgende 
Art  erkennen: 

Heizkraft  von  lk  Kohle 7014     Calorien. 

43        1 
ab:  — =t-. 'Rückstände  vom  Heizwerth  von  lk  4055     .     .     —405,5         „ 
4o()      10 

Thatsächlieh  zur  Entstehung  kommende  Heizkraft:      .     .     .       6608,5  Calorien. 

lk  Wasser    von    9,5°  C.    braucht    zur  Verwandlung    in    Dampf   von  5af,8 

absol.   644,77  Calorien. 

lk  Kohle   könnte    daher   verdampfen    theoretisch  ,      =  10k,25  Wasser. 

Thatsächlieh  wurden  verdampft  von  lk  Kohle     ....       7k,65        „ 

7  65 
Nutzeffect  daher  -^  =  74,6  Proc. 
10,25 

Für  eine  Anstrengung  von  13k,7  Wasserverdampfung  für  l(im  Heiz- 
fläche und  Stunde  ist  der  erhaltene  Nutzeffect  von  gegen  75  Proc.  ein 
ungewöhnlich  hoher,  nachdem  75  Proc.  gewöhnlich  nur  bei  einer  An- 
strengung von  8  bis  10k  Verdampfung  für  l'im  Heizfläche  und  Stunde 
erreicht  wird. 

Die  "Anstrengung  des  Rostes  mit  einer  Kohlenverbrenuung  von 
stündlich  128k  für  lqm  Rostfläche  ist  7014.128  =  8900  Wärme-Einheiten, 
also  ziemlich  forcirt. 

Die  Wärmeverluste.  Unter  der  Annahme  von  16k  Esseugasen  für 
lk  verbrannter  Kohle  berechnet  sich  die  Anfangstemperatur  über  dem 
Roste  mit 

16Ä245-1  C- 

Die  mittlere  Temperatur  der  Essengase  beträgt  220°  C. 

220 

Es  ziehen  daher  in  den  Schornstein T7^7.  =  1'S  Proc. 

lbob 

Die  Zusammenstellung  ergibt  daher: 

Vom  Kessel  nützlich  aufgenommen 74,5  Proc. 

Verlust  durch  die  Esse       13,0      „ 

„  „       Strahlung  des  Mauerwerks  u.  s.  w.  .     .  12,5      „ 

100.0   Proc 

Zusammenfassung.  Die  Feuerung  ist  eine  vollkommen  rauchfreie, 
der  Nutzeffect  von  75  Proc.  bei  einer  Anstrengung  von  stündlich  13k,7 
auf  l(im  Heizfläche  verdampftes  Wasser  —  von  9,5°  auf  Dampf  von  5at,8 
absolut  gebracht  —  ein  vollkommen  befriedigender.     Mängel  am  Kessel 


238 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


bezieh.  Schadhaftwerden  der  Bleche  sind  nicht  zu  besorgen,  da  der 
Dampf  überall  ungehinderten  Abzug  findet.  Dies  gilt  auch  von  dem 
Querrohre,  dessen  nach  beiden  Seiten  stark  conische  Form  die  freien 
Strömungen  ermöglicht.  Ueberdies  kennen  wir  solche  Kessel  mit  mehr- 
jährigem anstandslosem  Betriebe. 

Eine  Construction,  die  an  die  forschen  Wellrohre  erinnert,  ist 
nach  Industries  vom  7.  Februar  1890  von  David  Midyley ,  Wood-Nook 
Ironworks  Leeds,   zur   Verstärkung   von    Köhren    mit   äufserem    Drucke 

Fig.  8. 


verwendet   worden.     Wie  die   Fig.  8   und  9    zeigen,    kommen   bei   der- 
selben wellenförmige  Ringe  mit  einfacher  Einkehlung  zur  Verwendung. 
ptg  9  Die  Flanschen  der  Ringstücke  sind  entweder 

senkrecht  zur  Richtung  des  Hauptrohres  und  in 
diesem  Falle  wie  bei  A  zum  Anschlüsse  an 
Flanschen  des  Hauptrohres  bestimmt,  oder 
aber  wie  bei  /?,  parallel  mit  dem  Hauptrohre 

jMM— l    T  ' -^.  angeordnet,  zur  gewöhnlichen  Vernietung.   Es 

ist  ersichtlich,  dafs  in  beiden  Fällen,  ins- 
besondere aber  bei  der  ersteren  Constructions- 
weise  neben  der  Vergröfserung  der  Heizfläche 
eine  bedeutende  Verstärkung  gegen  den 
äufseren  Druck  erzielt  wird.  Ein  weiterer 
unverkennbarer  V ortheil  liegt  darin,  dafs 
diese  Ringstücke  einen  wirksamen  Wirbel  in 
den  durchströmenden  Gasen  erzielen,  und 
somit  die  Bildung  eines  heifsen,  unbenutzt 
ß  entströmenden  Kernes  in  der  Heizluft  ver- 
hindern. Auch  bieten  sie  Schutz  gegen  die 
Formveränderungen  in  der  Längenrichtung. 
Eine  ähnliche  Einrichtung  verwendete.  Polster  in  Bautzen  (D. R.P. 
Nr.  47053  vom  18.  Oktober  1888),  indem  er  Ringe  anordnet,  die  ent- 
weder concentrisch  bei  ACT)  oder  excentrisch  liegen  bei  B  und  die  so 
geformt  sind,  dafs  stets  Wasser  zwischen  den  Ringen  r  und  dem  Flamm- 
rohre f  umlaufen  mufs.  Der  Flammrohrmantel  erhält  mehrere  Oeff- 
nungen  ss,  damit  das  Wasser  aus  dem  Kessel  in  die  Ringkammern  ge- 
langen   kann,    innerhalb   welcher   eine   sehr   starke  Dampfentwickelung 


Neuerungen  an   Dampfkesseln. 


239 


vor  sich  geht.     Gleichzeitig   werden   diese  Ringe  einfach  oder  doppelt, 
wie  bei  C,  als  Verbindung  für  die  einzelnen  Flammrohrschüsse,  benutzt. 


Ffr.  10. 


Eine  weitere  Verwendung  von  gewellten  Blechen  wird  von  G.  Eggers 
in  Sudenberg  (D.  R.  P.  Nr.  46657  vom  28.  August  1888)  vorgeschlagen, 
in  der  Weise,  dafs  Flammrohre  Fig.  n.  Fig.  12. 

aus  je  zwei  Halbrohren  mit  ge- 
buckelten Mittelwänden  ge- 
bildet werden,  bei  denen  die 
Buckel  b  senkrecht  zu  der 
Achsenrichtung  des  Rohres 
laufen  (Fig.  11),  oder  parallel 
mit  derselben  (Fig.  12). 

Eine  bemerkenswerthe  Verwendung  von  gewellten  Blechen  hat  nach 
Engineering  vom  23.  August  1889  der  Oberingenieur  der  London  and 
North-  Western  Raihcay,  F.  W.  Wekb,  angegeben  und  mit  gutem  Erfolge 
verwendet.  Die  Feuerbox  ist  dabei  von  gewöhnlicher  rechteckiger 
Form,  jedoch  sind  die  vordere,  die  hintere  .und  die  seitlichen  Platten 
aus  gewelltem  Bleche,  womit  die  bei  denselben  erzielte  gröfsere  Festig- 
keit nach  der  einen  Richtung  und  ihre  gröfsere  Elasücität  nach  der 
anderen  Richtung  nützlich  verwendet  werden.  Wegen  der  Einzelaus- 
führung verweisen  wir  auf  die  Quelle,  welche  zur  Erläuterung  aus- 
reichende Abbildungen  enthält. 

Bei  einer  anderen  von  Webb  angegebenen  Construction  (Engineering 
vom  17.  Mai  1889  S.  562)  sind  auch  concentrisch  gewellte  Kopfplatten 
zur  Verwendung  gekommen. 

Der  Farnley'sche  Kessel  der  Famley  hon  Comp.,  Leeds,  mit  spiral- 
förmig gewellten  Rohren  (1887  265*551)  scheint  an  Verbreitung  zu- 
zunehmen. Da  nach  Industries  vom  3.  Januar  1890  bei  der  Marine  der 
Druck  160  Pfund  auf  den  Quadratzoll  (ll,2k(Cm)  beträgt  und  noch  viel 
höhere  Drucke  vorgeschlagen  werden,  so  gewinnen  Constructionen  wie 
die  vorliegende,  welche  dies  ermöglichen,  mehr  und  mehr  Beachtung. 
Die  Far/j/cy'schen  Röhren  werden  in  grofser  Vollendung  geliefert,  und 
sind  mit  zum  Anschlüsse  an  Flach  wände,  wie  derselbe  bei  dem  jetzt 
verbreiteten  Systeme  von  Sei  iffskesseln  (zwei  Feuerrohre  nach  Fox  oder 
famley    —    Rauchkammer    mit     flachen     Wänden    —    zurückführende 


240  Kleinere  Miltheilungen. 

Locomotivrohre)    üblich    ist.     mit     angeschweißten    oder    angewalzten 
Flanschen  versehen. 

Nach  Engineer  vom  13.  December  1889  sind  zu  einem  Schiffe  mit 
einer  Dreifachexpansionsmaschine  von  25,  40  und  60  Zoll  Durchmesser 
bei  42  Zoll  Hub,  entsprechend  einer  Leistung  von  2000  IP, ,  sowie  zu 
verschiedenen  anderen,  von  Ailsa  Shipbuilding  Company  gebauten  Ma- 
schineneinrichtungen Far»k»/-Kessel  verwendet  worden. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Schiefer  als  Isolator  für  elektrische  Leitungen. 

Seit  einiger  Zeit  stellt  man  die  verschiedenen  Nebenstücke  für  elektrische. 
Anlagen  aus  Schiefer  her  und  ersetzt  durch  diesen  haushälterisch  die  isolirenden 
Theile  aus  Ebonit,  Glas,  Porzellan;  z.  B.  Unterlagscheiben.  Platten,  Wannen 
ii.  s.  w.  Nach  dem  Moniteur  industriell  1890  S.  93,  würde  die  Verwendung  des 
Schiefers  zur  Isolirung  im  Trockenen  liegender  Leiter  für  elektrische  Anlagen 
den  Vortheil  grol'ser  Dauerhaftigkeit  und  Widerstandsfähigkeit  bei  geringer 
Dicke  bieten  und  die  nöthigen  Arbeiten  und  Kosten  bei  unter  der  Erde  zu 
führenden  elektrischen  Leitungen  wesentlich  vermindern. 

Glühlampe  von  Langhans  und  Co. 

In  der  für  Langhans  und  Co.  in  Berlin  patentirten  elektrischen  Glühlampe 
ist  der  zum  Glühen  kommende  Leiter  als  Spirale  um  einen  aufrecht  stehenden 
Stab  gewickelt  und  an  dessen  Spitze  befestigt;  die  beiden  Zuleitungsdrähte 
sind  der  eine  an  den  Stab,  der  andere  an  die  Spirale  geführt.  Die  Spirale 
besteht  aus  einem  Kern  und  einer  Hülle;  letztere  ist  aus  zwei  Metallen  (oder 
Legirungen)  hergestellt,  welche  verschiedene  Ausdehnungscoefficienten  besitzen. 
Die  gestrahlte  Wärme  veranlal'st  einen  Unterschied  in  der  Ausdehnung  zwischen 
Kern  und  Hülle  und  in  den  inneren  Spannungen,  so  dafs  alle  seitlichen 
Biegungen  verhindert  werden.     {Telegraphic  Journal^  1890  Bd.  26  *  S.  189.) 

Länge  des  Volta'schen  Lichtbogens  in  verschiedenen  Mitteln. 

Nach  den  von  Villari  angestellten  und  im  Moniteur  industriell  1890  S.  93, 
kurz  mitgetheilten  Versuchen  über  die  Aenderung  der  Länge  des  Fo/to'schen 
Bogens  in  verschiedenen  umgebenden  Mitteln  ergeben  sich  bei  wagerechter 
Lage  der  Kohlen  folgende  Verhältnifszahlen  für  die  Bogenlänge:  3,9  in  einer 
Wasserstoffgasumgebung,  7,4  in  Sauerstoff  und  8,4  in  gewöhnlicher  Luft.  Bei 
senkrecht  über  einander  stehenden  Kohlen  hingegen  —  also  bei  der  üblichen 
Stellung  der  Kohlen  in  den  Bogenlampen  —  weichen  die  Ergebnisse  hiervon  ab, 
und  der  Bogen  hat  eine  gröfsere  Länge;  dies  prägt  sich  besonders  aus,  wenn 
die  positive  Kohle  die  obere  ist.  Villari  hat  in  diesem  Falle  den  Bogen  im 
Sauerstoffe  25,7mal  gröfser  gefunden  als  im  Wasserstoffe.  Wenn  dagegen  die 
positive  Kohle  unten  steht,  ist  der  Bogen  im  Sauerstoffe  nicht  mehr  als  5mal 
so  grofs  als  der  im  Wasserstoffe. 

Heiman's  Bogenlampe  mit  Kohlenscheiben. 

Gebrüder  Heiman  in  Boston  ersetzen  in  ihren  elektrischen  Bogenlampen 
die  Kohlenstäbe  durch  zwei  Scheiben  aus  demselben  Stoffe.  Diese  Scheiben, 
zwischen  denen  sich  der  Lichtbogen  bildet,  werden  in  beständiger  Umdrehung 
erhalten,  so  dafs  neue  Theile  herbeigebracht  werden  in  demselben  Mafse  als 
die  Verbrennung  vor  sich  geht.  Solche  Lampen  können  40  Stunden  hinter 
einander  brennen,  bevor  die  Kohlen  erneuert   werden  müssen. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stattgart 

Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellsehaft  in  Stuttgart. 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  241 

Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

(Patentklasse  38.     Fortsetzung  des  Berichtes  S.  193  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  aur  Tafel  11,  14  und  15. 

Maschinen   zum  Schneiden  von   lireilchen  und  Fourniren. 

Bei  der  Brettchenschneidmaschine  von  E.  Bradley  in  New  York 
(D.  R.  R  Nr.  51  933  vom  4.  September  1889)  wird  das  Messer  durch 
eiuen  Dampfkolben  bewegt. 

Das  Messer  e  (Fig.  34  Taf.  11)  ist  auf  dem  von  der  Maschine  bewegten 
Messerhalter  L  befestigt.  Durch  ein  Drahtseil  wird  der  Messerträger 
Mährend  eines  Kolbenhubes  mehrere  Male  auf  und  nieder  gezogen. 

Die  Führungsrollen  a  und  6,  welche  durch  die  Schraube  bx  einander 
näher  oder  entfernt  gestellt  werden  können,  sichern  die  Führung  des  ab- 
geschnittenen Brettes.  Die  Drehung  der  Rolle  a  erfolgt  mittels  des  Zahn- 
rades d.  Um  die  Rolle  o  nur  in  einer  Richtung  rotiren  zu  lassen,  damit 
nach  Beendigung  eines  jedesmaligen  Schnittes  das  betreffende  Brett  fort- 
gezogen wird,  ist  die  Achse  rf2  des  Rades  d  mit  einem  losen  Getriebe  f 
ausgerüstet,  welches  durch  das  Verbindungsrad  f3  mit  dem  Kammrad  f2 
auf  der  Rolle  a  in  Verbindung  steht.  Ein  an  der  Achse  d2  befestigter 
Sperrhaken  wirkt  auf  das  Getriebe  f  und  hemmt,  wenn  erforderlich,  zeit- 
weise dessen  Bewegung.  Mittels  der  Rolle  r  wird  das  Holz  während 
des  Schneidens  fest  gegen  die  Messerschneide  geprefst;  das  Träger- 
gestell r,  dient  zum  Adjustiren  des  Druckes.  Die  Platte  o5,  welche 
mittels  der  Hebel  oH  an  dem  Träger  r,  befestigt  ist,  bewirkt  die  Füh- 
rung des  Brettes  nach  den  Rollen  a  und  b.  Die  weitere  Führung  wird 
bewerkstelligt  durch  die  um  Pi  drehbare  Platte  i>,  die  innerhalb  der 
Platte  P  liegende  Rolle  if,  die  Mulde  Q  und  die  Rollen  Äj,  und  zwar 
geschieht  die  Führung  in  einer  Richtung,  die  mit  der  Richtung,  welche 
das  Brett  durch  das  Abschneiden  erhält,  einen  Winkel  bildet,  damit  das 
letztere  wieder  gerade  gebogen  wird.  Die  Platte  P  kann  mittels  eines 
Hebels  und  passender  Uebertragung  umgestellt  werden,  wie  dies 
durch  die  punktirten  Linien  in  Fig.  34  angedeutet  ist,  so  dafs  das  be- 
treffende Brett  innerhalb  oder  aufserhalb  der  Platte  P  entlang  gleitet. 
Durch  diese  Anordnung  ist  der  überwachende  Arbeiter  in  den  Stand 
gesetzt,  die  ersten  Abschnitte,  Schwarten  u.  s.  w.  nach  aufsen  hin  ab- 
zuleiten und  ein  Verstopfen  des  Troges  oder  der  Mulde  Q  zu  verhindern. 

Die  Rollen  Ä,,  welche  zum  Durchlassen  der  Bretter  mit  zwei  cor- 
vespoudirenden  Abflachungen  R2  versehen  sind,  drehen  sich  während 
eines  Messerschnittes  einmal  um  ihre  Achse  in  Richtung  des  Pfeiles.  Bei 
dieser  Drehung  fassen  die  vollen  Ränder  das  dazwischen  liegende  Brett 
und  schaffen  es  vorwärts,  sobald  der  Messerschlitten  seine  Bewegungs- 
richtung umwechselt. 

Der  Schlitten  wird  vor  dem  Block  hin  und  her  bewegt,  während  das 
Messer  beim  Schnitt  senkrecht  zu  dem  Block  hin  und  her  geht.     Durch 

Dinder's  polyt.  Journal  Hd.  277  Nr.  6.  1890  III.  lil 


242  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

diese  Anordnung  wird  ein  ,,Zugschnittu  erzielt,  um  die  Bewegung  des 
Messers  durch  das  Holz  zu  erleichtern.  Die  Führungsrollen  a  b  Ä,  Platte  P 
und  Trog  Q  vermitteln  die  Führung  und  das  Geradebiegen  der  Bretter, 
während  die  Rollen  R{  dieselben  von  dem  Messer  und  dem  Schlitten 
fortziehen. 

Bei  seinem  bereits  beschriebenen  Schälverfahren  wendet  G.  A.  Oncken 
in  Riga  (D.  R.  P.  Nr.  51  993  vom  16.  November  1889)  eine  nachgiebige, 
getheilte  Druckleiste  an. 

Anstatt,  wie  in  dem  Patent  Nr.  45  052  bezeichnet,  die  ganze  An- 
schlag- und  Druckleiste  des  Messerkopfes  bei  ungleichen  Widerständen 
des  Holzes  verschiebbar  zu  machen,  empfiehlt  es  sich,  für  gewisse  Holz- 
sorten und  namentlich  auch  bei  Anwendung  des  Messerkopfes  in  Fournir- 
hobelmaschinen  die  Druckleiste  in  sich  selbst  und  in  jedem  Punkte  ein 
wenig  nachgiebig  zu  machen.  Zu  diesem  Zwecke  wird  die  Druckleiste 
aus  einzelnen  neben  einander  gereihten  kleineren  Theilen  zusammen- 
gesetzt und  zwischen  diesen  und  dem  Druckleistenträger  eine  Zwischen- 
lage aus  elastischem  Material  (Gummi)  angebracht.  Die  verschiedenen 
Theile  der  Druckleiste  sind  einzeln  durch  Bolzen  gehalten,  so  dafs  bei 
lokalem  stärkeren  Druck  die  betreffenden  Theile  entsprechend  nachgeben 
können,  ohne  eine  Verschiebung  der  Druckleiste  in  der  ganzen  Länge 
zu  veranlassen. 

Diese  Einrichtung  ist  besonders  bei  solchen  Holzsorten  sehr  zu  em- 
pfehlen, welche  an  einzelnen  Stellen  härter  als  an  anderen  sind,  oder 
z.  B.  sehr  viele  Aeste  haben.  Bei  dieser  Einrichtung  der  Druckleiste  kann 
der  Druckleistenträger  fest  mit  dem  Messersupport  verbunden  oder  auch 
selbst  nachgiebig  wie  in  Patent  Nr.  45  052  angeordnet  sein. 

G.  A.  Oncken  in  Riga  (D.  R.  P.  Nr.  50  347  vom  7.  August  1889) 
gibt  zum  Schneiden  von  Fourniren  ein  neues  Verfahren  an. 

Die  in  bekannter  Weise  geschnittenen  Fournire  fallen  bezüglich 
ihrer  Maserung  (Spiegel)  sehr  ungleich  aus,  indem  sie  theils  die  in  Fig.  35 
dargestellte  Textur,  welche  besonders  für  Möbeltischlerei  weniger  beliebt 
und  weniger  werthvoll  ist,  theils  die  durch  Fig.  36  veranschaulichte 
Maserung  zeigen. 

Um  nun  beim  Zerschneiden  eines  Stammes  die  Fournire  mit  mög- 
lichst gleichmäfsiger  Maserung  zu  erhalten,  werden  die  Stämme  in  der 
in  Fig.  37  mit  I,  I  bezeichneten  Weise  bis  nahezu  auf  den  Kern  zer- 
schnitten, wodurch  nicht  nur  fast  durchweg  Fournire  mit  der  in  Fig.  36 
graphisch  dargestellten  Maserung  entstehen,  sondern  auch  die  einzelnen 
Fournire  breiter  ausfallen  als  bei  dem  jetzt  üblichen  geraden  Schnitt 
durch  die  Jahresringe.  Der  Schnitt  mufs  stets  hohl  sein;  durch  einen 
convexen  Schnitt,  wie  II,  II  in  Fig.  37,  wird  kein  besseres  Ergebnifs  als 
bisher  erzielt. 

Bei  diesem  Verfahren  und  der  zur  Ausführung  dieses  Schnittes  her- 
gestellten xMaschine  wird  der  Stamm,  auf  dem  Tisch  b9  Fig.  38  Taf.  14 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  243 

ruhend,    in    der   Achsenrichtung    zwischen  den   Klauen  a    eingespannt, 

welche,  mit  entgegengesetztem  Muttergewinde  versehen,  auf  der  Schrauben - 
spindel  b  geführt  sind  und  durch  Drehung  dieser  mit  Hilfe  des  darauf- 
sitzenden Schneckenrades  b2  der  in  dem  Tisch  gelagerten  Schnecke  b3  und 
des  Handrades  bi  gegen  einander  verschoben  werden  können.  Die  beiden 
Enden  dieser  Spindel  sind  in  dem  Tisch  b%  gelagert,  welcher  sich  mittels 
seiner  Stirnflächen  schlittenartig  in  senkrechten  Gleitbahnen  führt  und 
von  den  Schraubenspindeln  getragen  wird,  durch  welche  der  Holzblock 
gegen  die  Messerbank  d  eingestellt  und  in  regelmäfsigen  Zwischenräumen 
vorgeschoben  werden  kann. 

Die  Messerbank  rf,  welche  auf  zwei  Schlitten  ruht,  erhält  mit  diesen, 
an  bogenförmigen  Gleitbahnen  entlang,  eine  hin  und  her  gehende  Be- 
wegung und  gleichzeitig  zur  Erzielung  eines  richtigen  Schneidens  auf 
diesen  Schlitten  eine  Verschiebung  in  der  Richtung  der  Schnittlinie. 

Der  Antrieb  der  Maschine  erfolgt  mittels  der  Riemenscheibe,  welche 
mittels  Stirnräder  die  Kurbelwelle,  die  Kurbelscheiben  und  durch  Kurbel- 
stangen die  Schlitten  bethätigt. 

Die  Welle  i  treibt  mittels  Kettenräder  und  der  Kegelräder  /c,  A2  die  senk- 
rechte Welle  k  mit  Excenter  g<  welches  durch  die  Stange  g{  gelenk- 
artig mit  der  Messerbank  d  verbunden  ist,  um  dieser  die  erwähnte  hin 
und  her  gehende  Bewegung  in  der  Richtung  der  Schnittlinie  zu  ertheilen. 
Diese  Welle  k  treibt  ferner  mittels  Stirnrädern  die  Welle  l  mit  Daumen - 
scheibe  /2,  deren  Daumen  /3  (Fig.  39)  bei  jeder  Umdrehung  gegen  die 
Gleitrolle  m,  greift  und  dadurch  die  Stange  m,  entgegen  dem  Bestreben 
der  Feder  m2,  zurückschiebt, 

Diese  Stange  m  ist  durch  ein  Zwischenglied  m3  mit  dem  zweiarmigen 
Hebel  n  verbunden,  welcher  an  seinem  freien  Ende  das  gegen  die  Nuthen- 
scheibe  p  wirkende  excentrisch  geformte  Reibungssegment  o  trägt.  Die 
Schubstange  m  kann  mit  Hilfe  der  Schraubenspindel  m3  und  des  Hand- 
rades m4  derart  eingestellt  werden,  dafs  sie  unter  dem  Einflufs  des 
Daumens  /3  jeweilig  einen  gröfseren  oder  geringeren  Weg  zurücklegt, 
somit  dem  Reibungssegment  o  einen  auf  der  Scala  o,  "abzulesenden 
gröfseren  oder  geringeren  Hub  ertheilt  und  das  Reibungsrad  p  nebst 
Welle  p{  entsprechend  dreht. 

Die  Bewegung  der  letzteren  wird  mittels  Kettenrades  p2  auf  die 
sich  auf  den  Schraubenspindeln  drehenden,  mit  entsprechendem  Mutter- 
gewinde versehenen  Kettenräder  übertragen  und  dadurch  der  Vorschub 
des  Tisches  69  mit  dem  Holzblock  intermittirend  bewirkt. 

Da  dieser  Vorschub  während  der  Rückwärtsbewegung  der  Messer- 
bank d  erfolgt,  so  mufs,  um  eine  freie  Bewegung  der  letzteren  zu  er- 
möglichen, während  dieser  Zeit  der  Tisch  69  mit  dem  Holzstamm  gesenkt, 
dann  kurz  angehoben,  in  dieser  gehobenen  Stellung  während  der  ganzen 
Vorwärtsbewegung  der  Messerbank  erhalten  und  endlich  vor  Eintritt  des 
neuen  Vorschubes  wieder  gesenkt  werden. 


244  Neue  Holzbearbeitm  [inen. 

Böttcherei-Maschinen. 

Zum  Sägen  gewölbter  Dauben  bringen  Anthon  und  Sühne  in  Plensburg 
(♦D.R.P.  Nr.  52174  vom  1.  Oktober  1889)  die  in  Fig.  40  dargestellte 
Bandsäge  in  Vorschlag. 

Der  Unterschied  zwischen  dieser  Maschine  und  einer  gewöhnlichen 
Bandsäge  liegt  darin,  dafs  bei  letzterer  das  endlose  Sägeblatt  über  zwei 
Sägescheiben  fest  angespannt  wird,  wodurch  das  Blatt  an  den  nicht  auf 
den  Scheiben  aufruhenden  Stellen  gerade  gestreckt  ist  und  somit  nur 
einen  geraden  Schnitt  geben  kann,  während  bei  der  in  Rede  stehenden 
Maschine  keine  Anspannung  des  Blattes  stattfindet,  sondern  die  dem- 
selben innewohnende  Elasticität  und  Biegsamkeit  dazu  benutzt  wird, 
einen  bogenförmigen  Schnitt  zu  erzeugen.  Zu  dem  Zwecke  wird  das 
Sägeblatt  S  durch  eine  Führung  F  geleitet,  welche  eine  dem  gewünschten 
Kreisbogenschnitt  entsprechende  Krümmung  hat  und  welche  an  derjenigen 
Stelle,  wo  der  Schnitt  stattfinden  soll,  unterbrochen  ist.  In  Folge  der 
elastischen  Spannung  des  Blattes  wird  dieses  nunmehr  auch  an  der  unter- 
brochenen Stelle  der  Führung  F  seinen  Bogen  beibehalten  und  aufser- 
dem  so  viel  Steifigkeit  besitzen,  um  einen  bogenförmigen  Schnitt  aus- 
zuführen. Das  Sägeblatt  S  wird  über  die  Sägescheibe  li  geführt  und 
auf  diese  mittels  elastischer  Druckvorrichtungen,  beispielsweise  der  Druck- 
rollen C  oder  federnden  Backen  k  u.  s.  w.,  fest  aufgeprefst.  Die  dadurch 
erzeugte  Reibung  zwischen  Sägeblatt  und  Sägescheibe  genügt,  um  bei 
hinreichend  rascher  Umdrehung  der  letzteren  dem  Sägeblatt  die  zur  Er- 
zielung des  Sägeschnittes  erforderliche  Geschwindigkeit  zu  geben. 

Das  Holz  wird  der  Säge  auf  dem  Tisch  T  und  an  der  Geradführung  t 
entlang  zugeführt. 

Um  Curven  von  kleinerem  oder  grösserem  Radius  auf  ein  und  der- 
selben Maschine  und  mit  ein  und  demselben  Sägeblatt  ausführen  zu 
können,  genügt  es,  den  Bogen  der  Führung  F  entsprechend  zu  verändern 
oder  Führungen  von  kleinerem  oder  gröfserem  Bogenradius  aufzusetzen. 

Zum  Schneiden  gewölbter  Fafsdauben  mit  Messern  bringt  die  Rhei- 
nische Fafs-Indusirie  Ad.  Pötler  und  Co.  in  Andernach  a.  Rh.  (**  D.  R.  P. 
Nr.  48  660  vom  24.  Februar  1889)  die  in  Fig.  41  abgebildete  Einrichtung 
in  Vorschlag. 

Die  Fafsdaube  wird  von  dem  geweichten  Holzblock  durch  ein  vor 
dem  Gegenlageeylinder  C  befestigtes  und  radial  verstellbares  Bogen- 
messer  abgeschnitten  und  bei  der  weiteren  Drehung  des  Gegenlagecylm- 
ders  C  aus  der  Maschine  entfernt. 

Die  auf  der  Arbeitswelle  W  festgekeilten  Kopfscheiben  tragen  den 
aus  Schmiedblech  hergestellten  Gegenlageeylinder  6\  und  dienen  die 
übergreifenden  Ränder  derselben  zur  Befestigung  und  Einstellung  des 
Schneidemessers  M.  Das  Schneidemesser  M  aus  Stahl  ist  in  der  Fläche 
windschief  und  radial  gewölbt,  liegt  also  zur  Achse  des  Gegenlage- 
eylinders  (    schräg,   so   dafs  der  Schnitt  des  Messers   bei  der  Drehung 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  245 

des    Gegenlagecylinders   C  in    der    Längsrichtung    desselben    eine    fort- 
schreitende Bewegung  macht. 

Durch  mehr  oder  weniger  starke  Unterlegstücke  u  kann  man  den 
Abstand  dieses  Messers  von  dem  Anschlagcy linder  beliebig  vergröfsern 
oder  verkleinern  und  somit  eine  bestimmte  Daubenstärke  erzielen.  Um 
zu  verhindern,  dals  sich  die  abgeschnittenen  Dauben  zwischen  Messer 
und  Anschlagcy  linder  festklemmen,  trägt  letzterer  eine  der  Lage  des 
Messers  entsprechende  Einbuchtung,  so  dafs  die  abgeschnittene  Daube 
frei  herabfallen  kann. 

Seitlich  ist  in  geeigneter  Höhe  unterhalb  der  Mittelachse  des  An- 
schlagcylinders  C  ein  gufseiserner  Tisch  angebracht,  welcher  auf  Con- 
solen  in  beliebiger  Entfernung  vom  Anschlagcylinder  festgeschraubt 
werden  kann  und  mit  Schlitzen  versehen  ist,  durch  welche  die  zum 
Gegendrücken  des  Holzklotzes  bestimmten  Hebel  E  greifen.  Letztere 
sind  auf  der  Welle  w  festgekeilt  und  werden  durch  das  an  der  Trieb- 
winde T  ziehende  Gewicht  G  gegen  den  Anschlagcylinder  geprefst. 
Durch  einen  an  derselben  Welle  w  befestigten  Hebel  können  die  Hebel  H 
vom  Anschlagcylinder  gleichzeitig  zurückbewegt  werden. 

Der  Antrieb  erfolgt  durch  die  Riemenscheibe  S  und  die  Zahnräder, 
welche  die  Rotation  der  Welle  bewirken. 

Soll  die  Maschine  in  Thätigkeit  gesetzt  werden,  so  wird  die  Welle  W 
und  mit  ihr  der  Anschlagcylinder  und  das  an  ihm  befestigte  Messer 
in  Rotation  versetzt.  Alsdann  wird  der  Handhebel  und  mit  ihm  die 
Hebel  H  zurückgezogen  und  der  Holzklotz  auf  den  Tisch  gelegt.  Durch 
Loslassen  des  Hebels  werden  die  Hebel  H  wirksam,  drücken  den  Holz- 
klotz gegen  den  Anschlagcylinder  und  rücken  ihn  somit  in  den  Bereich 
des  rotirenden  Messers.  Bei  jeder  Umdrehung  des  Anschlagcylinders 
schneidet  letzteres  eine  Daube  ab,  und  da  die  Hebelarme  H  den  zu  zer- 
schneidenden Baumstamm  selbsthätig  gegen  den  Anschlagcylinder  vor- 
schieben, so  sind  für  die  Bedienung  der  Maschine  nur  Arbeiter  zum  Auf- 
legen von  neuem  Arbeitsmaterial  erforderlich. 

Als  Vorschub  für  Hobelmaschinen,  welche  die  Fafsdauben  auf  beiden 
Seiten  bearbeiten  sollen,  haben  Anthon  und  Söhne  in  Flensburg  ("D.  R.  F. 
Nr.  49  812  vom   12.  Februar  1889)   die   folgende   Anordnung   construirt. 

Es  wird  bezweckt,  unregelmäfsig  geformtes,  mit  mehr  oder  weniger 
Krümmungen  versehenes  oder  windschiefes  Holz  genau  nach  der  Faser 
zu  bearbeiten.  In  erster  Linie  sollen  diese  Einrichtungen  Anwendung 
an  Maschinen  zum  Bearbeiten  der  Oberflächen  und  der  Stofsfugen  von 
gespaltenen  Fafsdauben  finden,  wie  solche  zu  dichten  Fässern  für  Flüssig- 
keiten verwendet  werden. 

Derjenige  kurze  Theil  der  Daubenoberfläche,  welcher  gerade  zwischen 
den  Messerwellen  hindurchgeht,  also  der  Bearbeitung  ausgesetzt  ist, 
wird  auf  eine  feste  Unterlage  aufgeprefst.  Ist  das  Holz  sehr  krumm, 
so  wird  sich   das  hintere  Ende  desselben  mehr  oder  weniger  hoch  oder 


246  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

tief  einstellen  und  diese  Stellung  während  des  Vorschiebene  entsprechend 
seiner  Form  allmählich  verändern.  Da  aber  das  Holz  durch  Mitnehmer 
y.\\  i sehen  den  Messerwelleu  hindurchgezogen  werden  soll,  so  ist  erforder- 
lich, dafs  die  Mitnehmer  der  Bewegung  des  Holzendes  frei  zu  folgen 
vermögen.  Dieses  wird  durch  eine  Einrichtung  ermöglicht,  welche  darin 
besteht,  dafs  man  1)  entweder  den  Mitnehmer  in  Führungen  gleiten 
läfst,  welche,  um  Drehpunkte  schwingend,  durch  Gegengewichte  ins 
Gleichgewicht  gebracht  sind,  oder  aber  2)  den  Mitnehmer  selbst  durch 
Gegengewicht  ins  Gleichgewicht  bringt. 

Indem  sich  eine  an  dem  Mitnehmer  befindliche  kleine  Spitze  in  das 
Holzende  eindrückt,  zwingt  dieses  den  Mitnehmer,  sich  der  Krümmung 
des  Holzes  entsprechend  einzustellen.  Da  der  Mitnehmer  durch  Gegen- 
gewicht frei  in  der  Schwebe  gehalten  wird,  so  wird  er  jeder  Bewegung 
des  Holzendes  leicht  zu  folgen  vermögen. 

Die  Vorwärtsbewegung  der  Mitnehmer  erfolgt  durch  endlose  Kette: 
die  Mitnehmer  gleiten  in  Führungen  und  diese  schwingen  um  Drehpunkte 
und  sind  durch  Gewichte  frei  schwebend  gehalten,  oder  der  Mitnehmer  a 
wird  hakenartig  ausgeführt,  erhält  seitliche  Führung  in  einer  Nuth, 
ist,  um  den  Drehpunkt  schwingend,  durch  Gegengewicht  ins  Gleich- 
gewicht gebracht  und  wird  durch  Zahnstange  vorwärts  bezieh,  rück- 
wärts bewegt.  Die  Pressung  der  Daube  auf  die  Unterlage  erfolgt  durch 
belastete  Backen,  unmittelbar  vor  und  hinter,  oder  zwischen  den  Messer- 
wellen. 

Eine  Fügemaschine  von  A.  Dunbar  in  Liverpool  ('""D.  R.  P.  Nr.  49094 
vom  24.  Januar  1889)  ist  in  Fig.  42a  und  42b  dargestellt. 

Die  Erfindung  bezieht  sich  auf  eine  Maschine,  mit  welcher  die 
Bänder  von  Hölzern  zur  Herstellung  von  Dauben  für  Fässer,  Tonneu 
u.  s.  w.  derart  gefugt,  geschnitten  und  geformt  werden,  dafs  sowohl 
breite  wie  schmale  Dauben  den  erforderlichen  Umrifs  oder  die  erforder- 
liche Krümmung  erhalten,  und  aus  welcher  die  zur  Herstellung  von 
Dauben  bestimmten  Holzstücke  von  wenig  von  einander  abweichender 
Breite,  welche  an  einem  Ende  der  Maschine  in  einen  Zufuhrkasten  ge- 
legt werden,  an  dem  anderen  Ende  vollständig  in  verlangter  Form,  mit 
Fugen  versehen,  herauskommen. 

Diese  Maschine  besteht  im  Wesentlichen  aus  einem  Zufuhrkasten 
(Füllkasten)  für  die  rohen  Dauben,  einem  Schieber,  welcher  die  Dauben 
einzeln  aus  dem  Füllkasten  abgibt,  einem  hin  und  her  gleitenden  Tisch, 
auf  welchen  die  Dauben  vom  Schieber  gebracht  werden,  einer  Klemm- 
vorrichtung zum  Anfassen  der  Dauben :  ferner  aus  Schneideisen,  welche, 
in  beweglichen  Rahmen  befestigt,  die  Dauben  formen,  Spannleisten, 
welche  die  Schneideisen  derart  führen,  dafs  die  fertige  Daube  genau 
die  für  das  bestimmte  Fafs  erforderliche  Form  erhält,  gleichgültig,  ob 
breit  oder  schmal,  und  aus  einem  Daubenauszieher,  welcher  die  fertige 
Daube  aus  der  Maschine  herausbringt. 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  247 

.4  ist  ein  Füllkasten  mit  beweglichem  Ende,  um  Dauben  von  ver- 
schiedener Länge  aufnehmen  zu  können;  unterhalb  desselben  betindet 
sich  ein  Schieber  (Stofser)  .44,  welcher  mittels  zweier  endlosen,  über 
zwei  Führungsräder  und  zwei  treibende  Zahnräder  geführten  Ketten  At 
in  Kinnen  (Nuthen)  der  Grundplatte  A{  hin  und  her  gleitet. 

Die  beiden  Kettenräder  werden  durch  einen  an  der  Haupttriebwelle  AH 
augebrachten  Krummzapfen  A5  zuerst  in  der  einen  und  dann  in  der 
anderen  Richtung  gedreht.  Ein  Glied  A-  verbindet  den  Krummzapfen  A5 
mit  einem  gezahnten,  in  eine  Radverbindung  A^  eingreifenden  Seg- 
ment AH.  Die  Ketten  sind  so  bemessen,  dafs  sie  dem  Schieber  44,  je 
nach  der  Länge  der  zu  bearbeitenden  Daube,  die  erforderliche  Hin-  und 
Herbewegung  geben. 

Der  Füllkasten  A  und  die  vorstehend  beschriebene  Anordnung  sind 
auf  geeigneten,  auf  einer  Grundplatte  Bx  befestigten  Seitenrahmen  B  ß, 
welche  mit  Rinnen  (Nuthen)  für  die  Bewegung  und  Führung  des  Schie- 
bers versehen  sind,  montirt.  Unterhalb  der  Seitenrahmen  B  betinden 
sich  zwei  grufse  Kurbelstirnräder  2£2,  welche  auf  zwei  unabhängigen 
kurzen,  in  geeigneten  Lagern  rotirenden  Wellen  A^  befestigt  und  mit 
einander  durch  einen  starken  Kurbelzapfen  B3  verbunden  sind;  dieser 
Kurbelzapfen  ist  derart  augeordnet,  dafs  ein  nachstehend  beschriebener 
Tisch  oder  Rahmen  den  erforderlichen  Hub  erhalten  kann.  Die  Stirn- 
räder B2  werden  durch  ein  gezahntes  Getriebe  bewegt;  auf  derselben 
Welle,  von  welcher  das  Getriebe  bewegt  wird,  sind  die  lose  und  feste 
Riemenscheibe  B5  angebracht.  Eine  Lenkstange  C  verbindet  den  Kurbel- 
zapfen U3  mit  dem  Kreuzkopf  Cn  welcher  an  der  zum  Festhalten  der 
durch  drehende  Schneideisen  zu  bearbeitenden  Dauben  bestimmten 
Schiebeplatte  befestigt  ist. 

Die  vier  Schneidwerkzeuge  D  sind  etwas  gröfser  im  Durchschnitt 
als  die  bei  Holzhobelmaschinen  gebräuchlichen  und  mit  etwa  drei  ge- 
wöhnlichen Hobeleisen  versehen,  welche  der  zu  fugenden  Daube  ent- 
sprechend geschliffen  sind,  d.  h.  zur  viereckigen  Fuge  und  Feder  oder 
anders,  je  nach  Erfordernifs. 

Dieselben  können  mit  geflanschten  Treibrollen  angeordnet  und  auf 
senkrechten  Spindeln  />,  D{  montirt  sein,  welche  durch  über  Führuugs- 
rollen  />2  D^  geleitete  Rinnen  gedreht  werden.  Die  Lager  für  jede 
dieser  Spindeln  sind  in  einem  Zapfenklotz  oder  Gestell  D3  angeordnet, 
welches  ruht  und  verzapft  ist  in  zwei  starken  Armen  ßi  Z)4,  deren 
untere  Enden  ebenfalls  verzapft  mit  Klötzen  D5  D5,  durch  Auskragungen 
versichert,  au  der  Grundplatte  B{  befestigt  sind.  Auf  diese  Weise  kann 
die  Lagerung  Z)3  D3  der  Schneideisenspindeln  leicht  hin  und  her  bewegt 
und  durch  Anhalte-  bezieh.  Spannleisten  der  jedesmaligen  Breite  der 
zu  bearbeitenden  Daube  entsprechend  gestellt  werden. 

Bei  Maschinen  zur  Bearbeitung  von  Dauben  bester  Art,  wie  z.  B. 
von   Eiche  oder  anderem   schweren   Holz,  ist  es   für  gute  anhaltende 


248  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Arbeit  vorteilhafter,  anstatt  der  Arme  oder  Gelenke  D±  Di  solide 
Schieberbahnen  zu  verwenden,  in  denen  sich  die  Schneideisen  sicher 
bewegen. 

Unter  den  Lagern  der  Gestelle  D3  sind  auf  jeder  Seite  der  Anhalte- 
oder Spannleisten  E  E{  Antifrictionsrollen  Z>,;  Z>H  angeordnet. 

Das  die  Spannleisten  E  E{  tragende  Rahmengestell  besteht  aus  zwei 
in  entsprechenden  Rinnen  auf  der  Grundplatte  B{  sich  in  der  Längs- 
richtung bewegenden  Schieberbahnen  FF,  welche  durch  einen  starken 
Träger  F{  mit  einander  verbolzt  sind. 

Zwei  andere  Träger,  welche  nicht  mit  den  Schieberbahnen  FF 
verbolzt  sind,  gleiten  frei  in  aufrechter  Richtung  und  werden  durch 
verzahnte  (schwalbenschwänzige)  Schieberstangen  F3  F3,  welche  an  den 
Schieberbahnen  FF  befestigt  sind,  bewegt.  Diese  feste  Brücke  F{ 
trägt  eine  mit  rechts-  und  linksseitigem  Gewinde  versehene  Spindel  G 
mit  einem  Handrad  und  mit  an  den  Brücken  befestigten  Schrauben- 
muttern, so  dafs  durch  Drehung  des  Handrades  die  beiden  Brücken  der 
festen  Brücke  Fx  genähert  oder  von  derselben  entfernt  werden  können, 
um  die  Form  einer  Daube  ein  wenig  zu  verändern. 

Die  Brücken  sind  mit  rechts-  und  linksseitigen  Schraubenspindeln 
und  tiefen  Muttern  versehen,  und  ihre  unteren  Seiten  sind  beschlagen 
(mit  Zapfen  versehen),  um  auf  dem  oberen  Flansch  der  Brücke  auf- 
liegen und  gleiten  zu  können. 

Die  drei  Satz  Muttern  sind  mit  losen  Seitentheilen  versehen,  an 
welchen  senkrechte  hervorspringende  Stifte  H  HXH  befestigt  sind,  um 
die  mit  Scharnieren  versehenen  Stangen  H2  H2  zu  stützen.  Bei  der 
dargestellten  Maschine  sind  die  Stangen  H2  H2  an  einem  Centralstift  //, 
befestigt,  doch  ist  es  für  eine  sehr  anhaltend  arbeitende  Maschine  vor- 
teilhafter, für  jede  der  Stangen  B2  einen  besonderen  Stift,  und  zwar 
auf  jeder  Seite  der  centralen  rechts-  und  linksseitigen  Schraubenmutter  G5 
auf  der  mittleren  Brücke  F{  anzuordnen,  so  dafs  jede  Stange  an  ihrem 
eigenen  Stift  befestigt  ist.  In  beiden  Fällen  sind  die  Stangen  nahe 
ihren  Enden  mit  Führungslöchern  versehen,  in  welche  Gleitbacken, 
welche  die  hervorspringenden  senkrechten  Stifte  H  anziehen,  hineinpassen. 

An  der  Aufsenseite  der  Gelenkstangen  H2  H2  sind  passend  geformte, 
als  „ Anhalteleisten K  E  und  E  bezeichnete  Führungen  befestigt,  durch 
welche  die  Führungsrollen  DH  die  Schneideisengestelle  nach  innen  oder 
nach  aufsen  bewegen,  während  sich  die  Schiebetafel  (Ausziehtisch) 
oder  das  Rahmengestell  vor-  und  rückwärts  bewegt.  Diese  Anhalte- 
leisten können  nach  irgend  einer  Form  eingesetzt  und  so  der  Krümmung 
irgend  eines  fertigen  Fafsreifens  angepafst  werden.  Wenn  nur  ein 
Stift  H{  verwendet  wird ,  um  die  Gelenkstangen  H2  H2  in  der  Mitte 
mit  einander  zu  verbinden,  dann  sind  die  Enden  der  Anhalteleisten  E 
(an  dem  Ende  der  Maschine,  wo  die  Dauben  herauskommen)  oberhalb 
des  Mittelstiftes  Hi   ein  wenig  ausgeweitet,   so  dafs,  wenn   sie  sich  in 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  249 

der  Längsrichtung  so  weit  bewegt  haben,  bis  die  letzten  Schneideisen 
bis  zum  Bauch  der  Daube  gefugt  haben  oder  der  erste  Satz  Schneid- 
eisen die  Arbeit  beginnt,  der  gekrümmte  Theil  der  Anhalteleisten  E  E{ 
sich  gegenüber  den  Führungsrollen  Z)ti  auf  dem  Schneideisenspindel- 
gestell 03  betinden  wird-,  mithin  werden  die  sich  drehenden  Schneid- 
eisen von  den  Daubenrändern  fort  gegen  das  Innere  des  Rahmens  be- 
wegt werden,  so  dafs  die  Daube  aus  der  Maschine  herausgestofsen 
werden  kann,  ohne  mit  dem  Schneideisen  in  Berührung  zu  kommen. 
Der  Hub  des  Rahmengestelles  ist  derart  angeordnet,  dafs  die  Führungen 
oder  Rollen  D{]  auf  den  Spindelgestellen  D3  stets  auf  ihren  eigenen  An- 
halteleisten bleiben. 

Die  rechts-  und  linksseitigen  Schraubenspindeln  6r2  sind  an  einem 
Ende  mit  conischen  Rädern  J2  versehen,  welche  in  andere  auf  der 
Längswelle  K  befestigte  conische  Räder  Ji  eingreifen.  Die  Welle  K 
ruht  in  den  auf  den  drei  Trägern  h\  betind liehen  Lagern  und  in  den 
am  Rahmen  B  befestigten  Lagern.  Das  Verhältnifs  der  conischen  Räder 
mufs  derart  angeordnet  sein,  dafs  die  mittlere  Schraubenspindel  (r3 
schneller  rotiren  mufs  als  die  beiden  anderen  Spindeln,  und  hängt  eines- 
theils  von  der  Form,  welche  das  fertige  Fafs  erhalten  soll,  anderen- 
teils von  der  Entfernung  der  am  Ende  befindlichen  Spindeln  bis  zu 
den  mittleren  Schraubenspindeln  ab. 

Wenn  die  Contouren  eines  Fasses  von  gegebener  Bauchung,  Boden- 
gröfse  und  Daubenlänge  verlängert  werden,  bis  sich  dieselben  treffen, 
dann  würde  die  Spitze  des  Kegels  einen  Drehpunkt  oder  Wellzapfen 
für  die  Führungs-  oder  Anhalteleisten  bilden.  Da  es  unbequem  wäre, 
Stangen  von  solcher  Länge  zu  gebrauchen,  so  sind  die  am  Ende  be- 
findlichen Spindeln  in  solcher  Entfernung  von  den  mittleren  Spindeln 
angebracht,  dafs  sie  in  einander  greifen,  wodurch  dasselbe  Resultat  er- 
zielt wird,  als  ob  die  Anhalteleisten  lang  gestreckt  und  zusammen 
Bcharniert  wären.  Soll  die  Form  der  Anhalteleisten  ein  wenig  für  einen 
anderen  Fafsreifen  (Fafsdurchmesser)  geändert  werden,  so  werden  durch 
Drehung  des  Handrades  die  Brücken  einander  genähert  oder  von  ein- 
ander entfernt^  kann  der  Unterschied  der  erforderlichen  Fafsdurch- 
messer bezieh,  der  Form  der  Anhalteleisten  durch  Stellung  der  Brücken 
zu  einander  nicht  erreicht  werden,  so  wird  das  conische  Rad  J4  auf 
Welle  K  ausgerückt  und  das  conische  Rad  /,  nach  der  erforderlichen 
Richtung  so  lange  gedreht,  bis  die  Seiten  des  von  den  Anhalteleisten 
gebildeten  imaginären  Kegels,  je  nach  der  dem  Fasse  zu  gebenden  Form, 
verkürzt  oder  verlängert  wurden.  Durch  diese  Anordnung  kann  jede 
Form  der  Daube  genau  geschnitten  und  richtig  geformt  werden,  gleich- 
gültig, ob  dieselbe  breit  oder  schmal  ist;  das  Mafs  der  Krümmung  oder 
Fugung  richtet  sich  nach  ihrer  Breite,  mithin  wird  eine  breite  Daube 
abgerundeter  in  ihrer  Fuge  sein  als  eine  schmale. 

Die  scharnierten  Stangen  Z/2,  welche  an  ihrer  Außenseite   mit  den 


250  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Anhaheleisten  E  verbunden  sind,  sind  auch  mit  tiefen  Flauscheu  oder 
Plauen  L  L{  derart  versehen,  dafs  dieselben  als  Tisch  oder  Auflage  für 
die  zu  bearbeitenden  Dauben  benutzt  werden  können.  Diese  Platten  LLt 
sind  so  tief,  dafs  die  Kante  der  darauf  liegenden  Daube  gegenüber  deu 
drehenden  Schneideiseu  zu  liegen  kommt,  und  so  laug,  dafs  au  ihren 
Enden  vier  senkrechte  Stangen  befestigt  werden  können.  Die  Platten 
bewegen  sich  mit  den  Anhalteleisten  von  iuneu  nach  aufsen,  so  dafs 
ihre  Aufsenseiten  sich  praktisch  in  einer  gleichen  Entfernung  von  der 
geschnitteneu  Fuge  der  Daube  befinden.  Die  senkrechten  Stäbe  tragen 
eine  Brücke  3/,  mit  welcher  eine  durch  vier  beschwerte  Schwengel- 
hebel NNt  befestigte  Klemmvorrichtung  verbunden  ist;  jedes  Paar  Hebel 
ist  mit  einander  verkuppelt,  so  dafs  die  Klemmstaugeu  an  jedem  Ende 
gleichmäfsig  heben  können. 

Die  zwei  dem  Füllkasteu  am  nächsten  gelegeuen  Schwengelhebel  N  DI 
sind  ein  jeder  mit  Arretirungen  iV2  und  auch  mit  Mituehmerarmen  iV3 
versehen,  welche  durch  am  Füllkasten  A  befestigte  Leisten  i\4  hin- 
durchgehen. Die  Mitnehmerarme  ^V3  sind  mit  Ansätzen  versehen, 
welche,  wenn  die  Platte  mit  der  eingeklemmten  Daube  fast  ihre  ganze 
Vorwärtsbewegung  gemacht  hat,  gegen  die  Leisten  NA  stofsen  und  die 
beschwerten  Hebel  N  N  zugleich  mit  der  Klemmvorrichtung  so  lange 
nach  oben  heben,  bis  die  Arretirvorrichtung  iV2  in  einen  auf  der  oberen 
Seite  der  Brücke  M  angebrachten  Einschnitt  fällt  und  hierdurch  die 
Klemmstangen  während  der  rückläufigen  Bewegung  der  Platte  nach 
oben  hält. 

Sobald  die  rückläufige  Bewegung  fast  beendet  ist,  wird  die  Arreti- 
rung  iV2,  da  der  längere  Arm  an  einen  festen  Theil  stöfst,  frei,  die 
Hebel  N  fallen  herab  uud  erfassen  die  unmittelbar  vorher  unter  ihueu 
eingeführte  Daube. 

Um  die  gefugte  Daube,  sobald  sie  am  Eude  ihrer  Bewegung  frei 
geworden  ist,  selbsthätig  herauszuwerfen,  ist  ein  beschwerter  Hebel  P 
mit  einem  Gelenkarm  P{  derart  angeordnet,  dafs  er  zwischen  den 
Platten  L  functionirt,  in  einem  auf  der  mittleren  Brücke  F{  befestigten 
Zapfen  seinen  Drehpunkt  hat  und  mit  seinem  unteren  Ende  gabelförmig 
um  die  rechts-  und  linksseitige  Schraubenspiudel  G  herumführt,  um 
diese  frei  zu  lasseu.  Auf  einer  Seite  des  wagerechten  Armes  des  gabel- 
förmigen Hebels  ist  ein  Gegengewicht  Pz  befestigt.  Der  senkrechte 
Arm  P3  des  Hebels  ist  so  weit  nach  unten  zu  verlängert,  dafs  er  gegen 
einen  in  der  Grundplatte  B,  befestigten  vorstehenden  Bolzen  P±  stöfst. 
Am  oberen  Ende  des  Hebels  P  sind  der  Geleukarm  P{  drehbar  und 
eine  kleine  gekrümmte  Feder  derart  angebracht,  dafs,  wenn  eine  Daube 
zugeführt  und,  auf  die  Platte  gespannt,  sich  vorwärts  bewegt,  der 
Hebel  P  und  das  Gewicht  P2  gehoben  und  hierbei  der  Arm  Px  so  weit 
zurückgebracht  wird,  dafs  sich  die  Feder  auf  deu  festen  Stift  legen 
kann.     Die  Feder  hebt  alsdann  deu  Arm  P{   so  hoch,  bis  dessen  nach 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  251 

oben  gebrachtes  Ende  die  Daube  erfafst,  welche,  sobald  sie  frei  ge- 
worden, nun  selbsthätig  aus  der  Maschine  geworfen  wird.  Q  Q  sind 
Führungen,  um  die  zu  bearbeitenden  Holzstücke  gleichmäfsig  zwischen 
die  drehenden  Schneideisen  zu  führen,  welche  je  nach  der  Breite  der 
zu  fugenden  Daube  einander  genähert  oder  von  einander  entfernt  werden 
durch  ein  Handrad  üf3,  durch  welches  die  Längswelle  K  mit  den  Platten 
geführt  wird. 

Die  selbsthätige  Anordnung  zum  Lehren,  d.  h.  die  sich  drehenden 
Schneideisen  in  eine  der  Breite  der  zu  bearbeitenden  Daube  entsprechende 
Stellung  zu  bringen,  besteht  aus  einer  kleinen,  ein  wenig  aus  dem 
Rahmen  Q  hervortretenden  Walze,  welche  drehbar  auf  einem  Stift  be- 
festigt ist;  diese  Stange  wird  durch  eine  Feder  gegen  die  Kante  der  zu 
fugenden  Daube  gedrückt,  sobald  dieselbe  zwischen  die  Rahmen  Q  Q 
eingeführt  wird.  Während  hierbei  sich  die  Rahmen  einauder  nähern, 
wird  die  Walze  mit  ihrem  hervortretenden  Ende  nach  innen  gedrückt, 
bis  die  Stange  einen  Hebel  derart  bewegt,  dafs  derselbe  einen  Sperr- 
kegel freigibt. 

Um  selbsthätig  die  vier  Schraubenspindeln  zunächst  nach  der  einen 
Richtung  zu  drehen,  um  die  Anhalteleisten  und  die  Rahmen  zu  öffnen 
und  dann  nach  der  anderen,  um  dieselben  beim  Rückgange  der  Maschine 
zu  schliefsen,  wird  eine  endlose,  sich  vorwärts  und  rückwärts  bewegende 
Kette  T  augewendet. 

Um  die  früher  an  dieser  Stelle  beschriebenen  Fässer  aus  einem  an 
den  Rändern  sektorartig  ausgezahnten  Fouruirblatte  herzustellen,  bringt 
G.  A.  Oncken  in  Riga  (*D.R.  P.  Nr.  48  663  vom  9.  März  1889)  die  in 
Fig.  43  abgebildete  Maschine  in  Vorschlag.  Dieselbe  dient  zum  Aus- 
stanzen der  keilförmigen,  vorzugsweise  gegen  einander  versetzten  Fugeu- 
ausschnitte  an  den  beiden  Kanten  der  Bretter  zur  Herstellung  bauchiger 
Fässer. 

Die  Antriebswelle  a  überträgt  die  von  der  Riemenscheibe  ertheilte 
Bewegung  vorzugsweise  mittels  einer  Gull"  sehen  Kette  und  der  Räder  b 
und  c  auf  die  im  oberen  Theile  der  Ständer  gelagerte,  doppelt  ge- 
kröpfte, mit  Schwungrad  versehene  Welle  d.  Mit  den  beiden  gegeu 
einander  um  180°  versetzten  Krummzapfen  sind  durch  Pleuelstangen 
Stempelträger  verbunden,  welche  mit  Hilfe  von  Leisten  in  den  Seiten- 
wangen m  genau  senkrecht  geführt  werden  und,  der  Stellung  der  Krumm- 
zapfen entsprechend,  sich  stets  in  entgegengesetzter  Richtung  zu  ein- 
ander bewegen,  so  dafs  der  eine  Stempel  seine  höchste  Stellung  erreicht, 
während  der  andere  in  seiner  tiefsten  anlangt,  und  umgekehrt.  Diese 
Bewegung  ist  nöthig,  um  die  in  regelmäfsigen  Zwischenräumen  vor- 
geschobenen Bretter  abwechselnd  auf  der  einen  und  dann  auf  der  an- 
deren Seite  auszustanzen,  d.  h.  gegen  einander  versetzte  Keilausschnitte 
zu  erhalten. 

Die    den    verlangten    Ausschnitten    entsprechend    gestalteten    keil- 


252  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

förmigen  8tanzstempel  sind  nicht  allein  in  der  Richtung  ihrer  Längs- 
achse hohl  geschliffen,  sondern  ihre  beiden  Schneidkanten  springen 
auch  in  der  Mitte  gegen  ihre  Enden  zurück,  um  einen  mehr  scheren- 
artigen  Schnitt  selbst  bei  möglichst  geringem  Hub  der  Staugen,  welche 
vorteilhaft  noch  etwa  10mm  in  die  Matrize  /.,  eindringen,  zu  erhalten. 

Der  in  Uebereinstimmung  mit  der  Bewegung  der  beiden  Stanz- 
stempel in  gleichen  Zeitzwischenräumen  erfolgende  Vorschub  des  von 
der  Schälmaschine  kommenden  Brettes  geschieht  mit  Hilfe  der  Rollen- 
paare  rr^  und  ss{  von  der  Antriebswelle  a  aus,  und  zwar  mittels  eines 
auswechselbaren,  dem  Vorschübe  angepafsten  Keilfrictionssegments, 
welches  bei  jeder  Umdrehuug  der  Antriebswelle  a  die  Welle  pl  mit 
Zahnrad  />  um  einen  dem  Segmentbogen  entsprechenden  Weg  dreht. 
Mit  dem  Zahnrad  p  sind  die  beiden  Zahnräder  7  und  7,  in  Eingriff, 
welche  auf  den  Achsen  der  Förderrollen  r  bezieh,  s  befestigt  sind  und 
die  ihnen  nach  Mafsgabe  der  Bogenlänge  des  Segments  n{  ertheilte 
Bewegung  auf  das  auf  ihnen  ruhende  Brett  übertragen.  Zur  Erzielung 
der  hierzu  erforderlichen  Reibung  werden  die  Druckwalzen  r{  bezieh,  s, 
durch  Federn  oder  Gummibuffer  gegen  das  Brett  gedrückt. 

Der  Vorschub  des  Brettes  zwischen  diesen  Förderwalzen  rr{  und  ss{ 
lindet  bei  jeder  Umdrehung  der  Antriebswelle  a  statt,  während  beide 
Stanzstempel  sich  etwa  in  halber  Höhe  ihres  Hubes  befinden,  also  die 
beiden  Kurbelzapfen  f  und  g  im  Begriff  sind,  die  wagerechte  Ebene  zu 
durchlaufen.  Damit  nun  aber  auch  bei  jeder  Umdrehung  der  Welle  o, 
also  auch  bei  jeder  Vorschubbewegung  des  Brettes,  abwechselnd  der 
eine  und  der  andere  Stanzstempel  zur  Wirkung  kommt,  um  die  ge- 
wünschten zu  einander  versetzt  angeordneten  keilförmigen  Ausschnitte 
zu  erhalten,  darf  die  Welle  d  nur  die  halbe  Geschwindigkeit  der  An- 
triebswelle a  haben,  was  durch  entsprechende  Wahl  der  Gröfsenverhält- 
nisse  der  durch  GaU'sche  Kette  mit  einander  in  Eingriff  stehenden 
Räder  b  und  c  erreicht  wird. 

Damit  die  Seitenflächen  der  keilförmigen  Ausschnitte,  nach  der 
Wölbung  des  Brettes  zu  einem  bauchigen  Fasse,  eine  radiale,  der  Fal's- 
rundung  entsprechende  Richtung  erhalten,  wird  die  obere  Fläche  der 
in  eine  schwalbenschwanzförmige  Rinne  t{  eingesetzten  auswechselbaren 
Matrizen  fa  und  daran  anschliefsend  die  Matrizenbank  /,  nach  den 
beiden  Walzenpaaren  rr{   bezieh.  ssl  abfallend,  gewölbt. 

Als  Führung  für  das  Brett  sind  die  Druckbacken  n  und  v  un- 
geordnet, so  dafs  also  die  Stanzstempel  in  die  an  der  Unterseite  zu- 
sammengeprefsten,  auf  der  oberen  Seite  dagegen  in  gewissem  Grade 
gespannten  Holzfasern  einschneiden  und  dementsprechend  an  der  unteren 
Seite  des  Brettes  mehr  Material  wegnehmen  als  an  der  oberen.  Die 
Ausschnitte  werden  dadurch,  sobald  das  Brett  wieder  gerade  gestreckt 
wird,  an  der  Aufsenfläche  enger  als  an  der  Innenfläche,  derart,  dafs 
nach  erfolgter  Wölbung  zu  einem  bauchigen  Fafs  die  Seitenflächen  der 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  253 

Ausschnitte  genau  gegen  einander  passen  und  die  Fugen  die  der  Rundung 
ml  sprechende  Richtung  erhalten  und  vollkommen  dicht  schliefsen. 

Bei  der  Fafsbindemaschine  von  H.  H.  Reed  in  Philadelphia  (*D.R.P. 
Nr.  49404  vom  28.  November  1888),  welche  in  Fig.  44  Taf.  15  zur  einen 
Hälfte  dargestellt  ist,  werden  die  Dauben  zwischen  zwei  bewegliche,  aber 
während  des  Bindens  festgestellte  Scheiben  mit  Ringnuthen  eingeführt, 
von  den  Scheiben  zusammengehalten  und  in  dieser  Stellung  an  beiden 
Enden  mit  Reifen  versehen.  Die  beiden  Böden  werden  gleichzeitig 
durch  Vermittelung  des  Luftdrucks  an  den  Scheiben  in  richtiger  Lage 
gebalten,  so  dafs  der  Maschine  die  Dauben  einzeln  zugeführt  werden 
und  das  Fafs  mit  Reifen  und  Böden  versehen  die  Maschine  verläfst. 

Die  beiden  Scheiben  C,  zwischen  welchen  das  Fafs  gebildet  wird, 
sind  mittels  eines  oberen  Ansatzes  an  Knaggen  um  Zapfen  drehbar  auf- 
gehängt. Diese  Knaggen  sind  stellbar  an  den  beiden  Staugen  B{  B} 
befestigt,  welche  aufser  der  Stange  B  die  beiden  Endwände  A  zu  einem 
testen  Gestell  verbinden.  An  den  unteren  Enden  werden  die  Scheiben  C 
mittels  Sperrklinken  in  der  Lage  festgehalten,  welche  sie  beim  Binden 
eines  Fasses  einnehmen  müssen.  Auf  den  Stangen  B  B{  B2  sind  ferner 
zu  beiden  Seiten  der  Scheiben  C  die  Scheiben  D  angeordnet,  welche 
mittels  Schrauben,  die  in  den  Endwänden  A  gelagert  sind  und  nach  beiden 
Riehtungen  gedreht  werden  können,  in  der  Richtung  der  Stangen  B  B{  B, 
verschiebbar  sind  und  die  Reifenauftreiber  V  tragen. 

Jede  Scheibe  6  ist  mit  einer  ringförmigen  Nuth  c  versehen,  in 
welche  die  von  dem  Zuführungstisch  E  kommenden  Dauben  hinein- 
geführt werden.  In  jeder  Nuth  c  befindet  sich  ein  loser,  drehbarer 
Ring  2,  der  auf  seiner  flachen  Rückseite  von  einer  Anzahl  Rollen  unter- 
stützt wird,  welche  auf  geeigneten  Achsen  angebracht  sind.  Ein  zweiter 
Ring  o,  welcher  den  Ring  2  überlappt  und  denselben  in  seiner  Lage 
hält,  ist  mittels  Schrauben  oder  Bolzen  an  der  Scheibe  C  befestigt.  Aui 
den  Bolzen  sind  gleichzeitig  eine  Anzahl  Rollen  angebracht,  welche  den 
Ring  2  stets  in  einer  concentrischen  Lage  zu  der  Achse  der  Scheibe  C 
halten. 

Die  äufsere  Wand  der  Nuth  c  ist  oben  so  weit  unterbrochen,  dafs 
die  Dauben  nach  einander  mit  ihren  Enden  in  die  Nuthen  c  der  beiden 
Scheiben  C  eingeführt  werden  können ;  hierbei  stützen  sich  ihre  Enden 
gegen  die  in  den  Nuthen  c  befindlichen  drehbaren  Ringe  2,  so  dafs  der 
Druck  auf  diese  Ringe  übertragen  wird,  die  Ringe  2  sich  mit  den 
Dauben  entsprechend  der  Einführung  derselben  zwischen  die  Scheiben 
im  Kreise  herumbewegen  und  das  Einführen  der  Dauben  in  die  Nuthen 
ohne  grofsen  Kraft  verbrauch  vor  sich  geht. 

Die  zur  Aufnahme  der  Dauben  dienenden  Scheiben  C  sind  in  der 
Mitte  mit  einer  Oeffnung  F  versehen,  welche  von  einem  Flansch  f  um- 
geben ist,  mit  dem  ein  Rohr  G  verbunden  ist,  welches  in  eiu  Rohr  H 
mündet,  das  mit  einem  Exhaustor  in  Verbindung  steht,   mittels  dessen 


254  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

die  Böden  x  in  der  später  zu  beschreibenden  Weise  angesaugt  und  an 
den  Scheiben  C  festgehalten  werden. 

Da  bei  dem  Auftreiben  der  Reifen  auf  die  von  den  Scheiben  C  ge- 
haltenen Dauben  von  beiden  Seiten  aus  die  aufgewendete  Kraft  sich 
nicht  gleich mäfsig  vertheilt,  so  ist  es,  wie  durch  Versuche  festgestellt 
ist,  nicht  praktisch,  nur  eine  Feder  anzuwenden,  um  die  beiden  Scheiben 
zusammen  zu  halten.  Bei  Anwendung  einer  Feder  z.  B.  wüi'de,  wenn 
eine  Daube  an  dem  einen  Ende  etwas  breiter  ist  als  an  dem  anderen, 
bei  dem  Auftreiben  der  Reifen  auf  die  Dauben  an  diesem  Ende  des 
Fasses  ein  gröfserer  Druck  entstehen,  in  Folge  dessen  die  Feder  sich 
strecken  und  das  Fafs  aus  seiner  Lage  weichen  würde. 

Um  dieses  zu  verhindern,  werden  die  Scheiben  C  durch  Sperr- 
klinken iV  gehalten,  welche  erst  gelöst  werden,  wenn  die  Reifen- 
auftreiber V  auf  ihrem  Rückgange  einen  gewissen  Theil  des  Weges 
zurückgelegt  haben.  Auf  der  unteren  Stange  B  sind  zu  diesem  Zwecke 
Gleitstücke  M  stellbar  befestigt,  mit  welchen  die  Klinken  N  gelenkig 
verbunden  sind.  Diese  Klinken  laufen  in  zwei  Arme  nn  aus,  die  sich 
gegen  die  Voi-sprünge  C{  der  Scheiben  C  legen  und  dieselben  in  der 
Lage  halten,  welche  sie  beim  Binden  des  Fasses  einnehmen  müssen. 

An  der  unteren  Seite  der  Klinken  N  sind  ferner  Arme  n^  an- 
gebracht, mit  denen  die  Stangen  P  verbunden  sind,  welche  durch  an 
der  Stange  B  befestigte  Führungen  Q  hindurch  bis  in  die  Führungen  R 
der  Scheiben  D  reichen,  welche  die  Reifenauftreiber  bethätigen.  Die 
auf  den  Stangen  P  sitzenden  Spiralfedern  stützen  sich  auf  der  einen 
Seite  gegen  Vorsprünge  p  der  Stangen  P,  auf  der  anderen  Seite  gegen 
die  festen  Führungen  (),  so  dafs  die  Federn  stets  das  Betreben  haben, 
die  Arme  n  der  Klinken  N  in  der  dargestellten  Stellung  zu  erhalten. 
Jeder  Stab  P  ist  an  seiner  unteren  Fläche  mit  einem  Ansätze  q  ver- 
sehen und  an  seinem  Ende  k  abgeschrägt,  in  der  Weise,  dafs  das  ab- 
geschrägte Ende  einem  abgeschrägten  Anschlage  K  entspricht,  der  an 
einem  auf  der  Stange  B  angebrachten  Stelleisen  b2  befestigt  ist. 

Die  beiden  Scheiben  CC  werden  nun  in  folgender  Weise  aus  ein- 
ander gezogen.  Mit  jeder  Scheibe  ist  ein  Stab  a{  gelenkig  verbunden, 
welcher  durch  eine  Oeffnung  der  auf  der  betreffenden  Seite  befindlichen 
Scheibe  reicht  und  mit  einem  Einschnitt  a2  versehen  ist,  in  welcher 
die  Scheibe  D  eingreift,  wenn  sie  um  ein  gewisses  Stück  vorwärts  be- 
wegt ist.  Das  Ende  eines  jeden  Stabes  a{  ist  abgeschrägt  und  kommt 
bei  dem  Zurückbewegen  durch  die  Scheibe  D  an  einer  bestimmten 
Stelle  mit  einem  abgeschrägten,  am  Stelleisen  b2  angebrachten  An- 
schlag bx  in  Berührung,  durch  welchen  der  Stab  aufgehoben  wird,  so 
dafs  die  Scheibe  C  freigegeben  wird  und  in  ihre  normale  Stellung  zu- 
rückgehen kann. 

Bevor  die  Scheibe  D  bei  ihrer  Rückwärtsbewegung  in  den  Ein- 
schnitt a2  des  Stabes  a,   eingreift,  fafst  die  an  der  Scheibe  D  befestigte 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  255 

Führung  li  hinter  den  Ansatz  q  der  Stange  P  und  zieht  hierdurch  die 
Stange  P  mit  sich,  so  dafs  die  Arme  n  der  Klinken  iV  nach  unten  ge- 
dreht werden,  bevor  die  Scheibe  C  von  der  Stange  «,  nach  rückwärts 
gezogen  wird.  Sobald  aber  die  Scheibe  D  in  den  Einschnitt  a2  der 
Stange  a,  eingeschnappt  ist  und  die  Scheibe  C  mit  sich  nimmt,  stölst 
nach  kurzem  Wege  das  abgeschrägte  Ende  der  Stange  P  gegen  den 
Anschlag  K  und  wird  von  diesem  emporgehoben.  Hierdurch  wird  die 
Stange  P  frei  von  der  Führung  /?,  so  dafs  die  Feder  S  in  Wirkung 
treten  und  die  Arme  n  der  Klinken  N  wieder  nach  oben  pressen  kann, 
worauf  dieselben  wieder  ihre  alte  Lage  einnehmen  und  sich  gegen  die 
Vorsprünge  C{  der  Scheibe  C  stützen  können,  wenn  diese  von  der 
Scheibe  D  freigegeben  und  wieder  in  ihre  alte  Lage  zurückgekehrt  ist. 

Ist  das  Fafs  gebunden,  so  wird,  bevor  die  Scheiben  C  zurück- 
gezogen werden,  ein  Schlitten  mittels  Fufstrittes  gehoben.  Werden  die 
Scheiben  C  nun  zurückgezogen,  so  liegt  das  Fafs  auf  dem  Schlitten  und 
kann  von  dem  die  Maschine  bedienenden  Arbeiter  leicht  nach  vorn  aus 
der  Maschine  herausgenommen  werden. 

Jeder  der  Reifenauftreiber  V  ist  mit  einem  Hilfstreiber  v  versehen, 
der  bei  i\  drehbar  mit  dem  Haupttreiber  V  verbunden  und  mit  einer 
Feder  r2  versehen  ist,  die  an  dem  Haupttreiber  V  befestigt  und  be- 
strebt ist,  den  Hilfstreiber  gegen  die  Dauben  zu  drücken,  wenn  die  Reifen 
auf  die  Dauben  geprefst  werden. 

Mittels  dieser  Einrichtung  kann  man  die  Reifen  von  beiden  Seiten 
gleichzeitig  auf  das  Fafs  pressen.  Die  Reifen  werden  zu  diesem  Zwecke 
auf  die  Scheiben  CC  gebracht,  bevor  die  Dauben  in  die  Nuthen  der- 
selben eingeführt  werden.  Wenn  genug  Dauben  für  ein  Fafs  in  die 
Maschine  eingeführt  sind,  werden  die  weitesten  Reifen  von  Hand  auf 
die  Enden  des  Fasses  geschoben,  so  dafs,  wenn  die  Reifenauftreiber 
gegen  das  Fafs  bewegt  werden,  die  Hilfstreiber  v  zuerst  auf  die  weiten 
Reifen  wirken,  und  wenn  diese  weit  genug  auf  die  Dauben  aufgeschoben 
sind,  die  Haupttreiber  V  anfangen,  die  anderen  Reifen  aufzutreiben. 
Wenn  die  Reifen  genügend  weit  aufgetrieben  sind,  wird  der  Drehungs- 
sinn des  Triebwerkes  geändert,  so  dafs  die  Auftreiber  zurückgezogen 
werden  bis  zu  ihrer  normalen  Stellung. 

Ein  Saugerohr  G  ist  mit  einem  biegsamen  Theil  versehen,  so  dafs 
das  untere  Ende  des  Rohres  den  Bewegungen  der  Scheibe  C  folgen  kann. 
An  einem  Ende  der  Hauptröhre  ist  ein  Exhaustor  angeordnet,  während 
an  dem  anderen  Ende  des  Rohres  ein  Regulirventil  angebracht  ist, 
durch  welches  die  in  dem  Rohr  G  bewirkte  Luftverdiinnung  regulirt 
werden  kann.  Ist  das  Regulirventil  offen,  so  wird  die  Luft  in  dem 
Mafse,  wie  sie  von  dem  Exhaustor  abgesaugt  wird,  durch  das  Ventil 
einströmen,  während,  wenn  das  Ventil  geschlossen  ist,  ein  theil  weises 
Vacuum  in  der  Röhre  entstehen  wird,  vorausgesetzt  natürlich,  dafs  die 
Oerfnungen  in  den  Scheiben  C  geschlossen  sind. 


256  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Zur  Zuführung  der  Daubeu  für  Fafsbmdemaschinen  bringt  derselbe 
Erlinder  (*D.R.P.  Nr.  51512  vom  28.  November  1888)  eine  Vorrich- 
tung an,  bei  welcher  die  gerade  eingeschobenen  Dauben  allmählich  ge- 
krümmt werden,  bis  sie  beim  Eintritt  in  die  Bindemaschine  die  erforder- 
liche Wölbung  erlangt  haben.  Die  Biegung  erfolgt  durch  einen  allmählich 
ansteigenden  Steg  in  der  Mitte  der  in  beiden  Enden  geführten  Daubeu. 

Zum  Fügen  von  Fafsbodenstäben  schlägt  A.  Frü/iinsholz  in  Nancy 
(*D.  K.  P.  Nr.  50897  vom  26.  September  1889)  die  seitliche  Pressung 
derselben  auf  hydraulischem  Wege  vor. 

Auf  zwei  mit  einander  versteiften  Trägern  ruht  fest  ein  Tisch,  der 
einen  der  Krümmung  des  Fafsbodens  entsprechenden  Kugelabschnitt 
bildet.  Au  entgegengesetzten  Enden  des  Tisches  sind  auf  demselben 
genau  in  der  mittleren  Tangente  und  starr  zwei  Prefscyliuder  befestigt, 
welche  durch  Dreiwegehähne  mit  einem  Druckbehälter  oder  mit  der 
Atmosphäre  in  Verbindung  gesetzt  werden  können.  An  den  Prefs- 
kolben  feste  Köpfe  führen  sich  in  einer  im  Tisch  in  der  Achse  der 
Cylinder  angeordneten  Nuth,  wobei  jeder  von  einer  Gegenplatte,  welche 
auf  zur  oberen  Führung  parallelen  Kippen  der  Tischunterseite  gleitet, 
in  der  Führungsnuth  gehalten  wird.  An  einen  an  der  Gegenplatte 
festen  Haken  ist  mittels  über  Scheibe  geführter  Kette  ein  Gegengewicht 
angehängt,  um  die  Prefskolben  bei  Abstellung  des  Druckes  selbsthätig 
in  die  Anfangslage  zurückzuführen. 

Die  an  den  Längskanten  fertig  zugerichteten  Stäbe  (bezieh.  Bohlen) 
werden  unter  Einsetzen  der  Dübel  auf  dem  Tische  neben  einander  ge- 
legt; dann  setzt  man  durch  entsprechendes  Drehen  einer  Kurbel  die 
Gegenplatte  auf  und  stellt  darauf  die  Verbindung  der  Prefscylinder  mit 
dem  Druckbehälter  durch  entsprechende  Verstellung  der  Hähne  her. 
Die  Prefsköpfe  werden  vorgetrieben  und  pressen  dabei  allmählich  die 
Stäbe  gegen  die  Mitte  des  Tisches  von  beiden  Seiten  her  mit  starkem 
Druck  und  ohne  Stofs  zusammen  unter  Herstellung  einer  so  dichten 
Fügung,  wie  sie  mittels  der  üblichen  Arbeitsweisen  nicht  erreichbar  ist. 

Schneiden  von  Fafsspunden. 

Bei  der  Fafsspundschneidemaschine  von  J.  Langer  in  Konradswalde 
(*  D.  R.  P.  Nr.  50  920  vom  13.  September  1889)  wird  mittels  schräg  ge- 
stellter Messer  gleichzeitig  an  vielen  Stellen  einer  sich  drehenden  Stange 
die  erforderliche  Kegelfläche  angeschnitten  und  dann  mittels  in  ent- 
sprechender Entfernung  von  einander  angeordneter  Kreissägen  eines 
Schlittens  die  Stange  in  die  Spunde  zerlegt. 

Die  früher  beschriebene  Maschine  von  H.  Voigt  in  Dresden-Neustadt 
(*D.  R.  P.  Nr.  50273  vom  19.  Mai  1889)  ist  nunmehr  doppelt  wirkend 
gemacht  durch  Verdoppelung  der  arbeitenden  Theile. 

(Sclilu ('s  folgt.) 


Neuerangen  an  Dampfkesseln. 


257 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  226  d.  Bd.) 

Mit  Abbildungen. 

Die  Grofsivasserkessel. 

Wie  schon  bei  der  Besprechung  der  gewellten  Röhren  erwähnt 
wurde,  geht  das  Bestreben  dahin,  auch  Grofswasserkessel  durch  die 
Wahl  der  Form  der  Röhren  widerstandsfähiger  und  für  hohen  Druck 
geeignet  zu  machen.  In  Nachstehendem  sind  mehrere  dahin  zielende 
Coustructionen  besprochen,  unter  welchen  sich  recht  bemerkenswerthe 
Vorschläge  finden,  die  wohl  werth  sind,  weiteren  Versuchen  als  Grund- 
lage zu  dienen. 

Der  Kessel  von  William  Arnold  und  Co.,  Victoria  Works,  Barnsley, 
zeigt  zwei  Feuerröhren,  welche  wie  bei  den  C'ormua/Z-Kesseln  angeordnet 
sind,  jedoch  aus  erweiterten,  ausgebauchten  Röhrschüsseu  bestehen 
(Fig.  1).     Zur  Vergröfserung  der   Heizfläche,   und   auch    besonders  zur 

Fig.  1. 


Erzielung  eines  günstigen  Wasserumlaufes,  ist  innerhalb  dieser  Feuer- 
rohre noch  je  ein  Siederohr  angeordnet.  Industries  vom  2.  Mai  1890 
gibt  noch  an,  dafs  dies  Siederohr  früher  unvermittelt  an  das  Feuerrohr 
befestigt  worden  sei;  in  der  letzten  Zeit  sei,  um  die  Beweglichkeit  zu 
vergröfsern,  eine  Flanschenverbindung  verwendet  worden.  Die  Einzel- 
heiten sind  jedoch  nicht  näher  angedeutet. 

Den  Ten brink- Kessel  will  H.  Knapp  in  Nürnberg  nach  dem  D.  R.  P. 


Fig.  2. 


Nr.  50276  vom  6.  Juni  1889  dadurch  verbessern, 
dafs  er  dem  Mantel  einen  elliptischen  Quer- 
schnitt gibt  (Fig.  2),  in  dessen  kleiner  Achse  das 
Tenbrink-Rohr  angebracht  ist.  Es  soll  hierdurch 
eine  gröfsere  Heizfläche,  ein  gröfserer  Wasserraum 
und  vor  Allem  erzielt  werden,  dafs  die  Dampf- 
blasen leichter  abziehen  können,  somit  eine 
Ueberhitzung  des  Bleches  vermieden  wird.  Ein 
weiterer  Gewinn  soll  darin  liegen,  dafs  die  Aus- 
gleichung der  Spannungen  besser  ermöglicht,  auch  ein  kürzerer  Kost 
verwendbar  wird.     Da  die  Borde   des  Flammrohres   mit   dem  Tenhrink- 

DinRler's  polyt.  Journal  Rd.277  Nr.  ti.  1890111.  17 


258 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


Stutzen  nahezu  rechte  Winkel  bilden,  so  ist  auch  das  Vernieten  be- 
quemer und  zuverlässiger  zu  bewirken.  (Vgl.  1888  267  444,  1889 
272  401.) 

Sehr  bemerkenswerte  Angaben  machte  in  der  Sitzung  der  Societe 
des  Ingenieurs  Civils  vom  20.  Juni  dieses  Jahres  der  Ingenieur  Polonceau 
über  die  Verwendung  der  Tenbrink' sehen  Kessel  für  Locomotivfeuerung. 
Dem  Ten&rmÄ-Locomotivkessel  rühmt  der  Vortragende  folgende  fünf  Vor- 
theile  nach:  1)  Vollständige  und  sparsame  Heizung  bei  leichter  Ver- 
wendbarkeit von  Grufskohle  und  bei  rauchfreier  Verbrennung  selbst  mit 
stark  rufsendem  Brennmaterial.  2)  Vergröfserung  der  direkten  Heiz- 
fläche. 3)  Besserer  Wasserumlauf  um  den  Feuerraum.  4)  Verhältnifs- 
mäfsig  gröfsere  Leistung  der  Rostfläche  und  also  gröfsere  Dampferzeugung. 
5)  Schonung  der  Kessel  wände,  da  eine  direkte  Einwirkung  des  Feuers 
verhindert  wird.  Diese  Gründe  veranlafsten  die  Compagnie  d'Orle'ans 
zur  ausgedehnten  Verwendung  des  Ten^rmA-Kesselsystems,  mit  dem  sie 
1206  Locomotiveu  ausgerüstet  hat.  Bei  Vergleichsversuchen  mit  der 
Locomotive  Nr.  394  von  45l  und  149fim  Heizfläche  wurden  7200k  Brutto- 
dampf, bei  einem  Verbrauche  von  800k  Briquettes,  entsprechend  473k 
auf  lm  Rostfläche  und  9k  Dampf  auf  lk  Briquettes.  Nach  Abzug  des 
mitgerissenen  Wassers  würde  noch  immer  etwa  8k  trockenen  Dampfes  ver- 
bleiben. Die  mittlere  Betriebsdauer  eines  Sieders  ist  nach  den  Erfah- 
rungen Polonceau 's  15  Jahre,  die  Kosten  desselben,  bis  fest  im  Kessel, 
betragen  durchschnittlich  1000  Francs ;  da  der  Materialwert  nach  dem 
Auswechseln  400  bis  500  Francs  (wohl  etwas  hoch!  D.  Red.)  beträgt, 
und  eine  einmalige  Reparatur  200  Francs  beträgt,  so  kostet  ein  Rohr 
1000  +  200  —  450 


15 


=  50  Francs  jährlich. 


Eine  im  Ganzen  recht  geschickte  Vereinigung  verschiedener  Con- 
structionselemente  zeigt  die  Kesselanordnung  von  W.Malam  in  Edgemoor, 
Delaware.  Die  Feuerung  liegt  in  einer  Feuerbox,  wie  sie  bei  Loco- 
motiven  gebräuchlich  ist  (Fig.  3  bis  5).     Von  der  Decke  der  Feuerbox 


aus  ragen  zwei  Doppelwände  F,  welche  als  Wassersäcke  zu  betrachten 
sind,  in  den  Feuerraum  hinein,  und  zwar,  der  Feuerung  angemessen, 
bis  zu  verschiedener  Tiefe.  Diese  Wände  sind  mit  Feuerrohren  f  ver- 
sehen, die  sowohl  zur  Absteifung  der  Wände  der  Wassersäcke  als  auch 
zur  Vergröfserung   der  Heizfläche   dienen.     An   die   Feuerbox   schliefst 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


259 


ein  Feuerrohr  B  an,  welches  der  Länge  nach  durch  den  Hauptkessel  A 
reicht.  Dies  Feuerrohr  hat  einen  bohnenförmigen  Querschnitt  aus  dem 
Grunde,  um  den  in  demselben  angebrachten  Gal low ay röhren  a  einen 
bequemeren  Anschlufs  zu  bieten,  welche,  im  Verband  stehend,  sieh  über 
die  ganze  Länge  des  Feuerrohres  verbreiten  und  somit  den  Nachtheil 
der  gewählten  Form  bezüglich  der  Festigkeit  einigermafsen  wieder  aus- 
gleichen. In  den  Wänden  der  Feuerbox  sind  kurze  Röhren  g  angebracht, 
welche  mit  einem  kastenförmigen  Umbau  h  versehen  sind,  so  dafs  die 
Feuerungsgase  auch  durch  diese  Röhren  und  um  einen  Theil  der  Feuer- 
box aufsen  herum  geführt  werden  können.  Die  Röhren  g  vertreten  auch 
hier  wieder  die  Stelle  der  Stehbolzen.  Es  mufs  anerkannt  werden,  dafs 
die  beschriebene  Kesselconstruction  alle  Vortheile  gehörig  ausnutzt. 
Insbesondere  ist  die  nebenbei  erreichte  Lösung  der  Verstärkung  der 
Feuerboxdecke  durch  die  Seitenwände  der  Wassersäcke  anzuerkennen. 

Derselbe  W.  Malam  in  Edgemoor,  Delaware,  benutzt  gewelltes 
Blech  zur  Bildung  der  Decke  der  Feuerbüchse  bei  Locomotiven. 

Er  legt  die  Wellungen  Fig.  6  und  7  senkrecht  zur  Längenachse  der 
Locomotive  und  will  dadurch  bezwecken,  dafs  die  Seitenwände  den  Druck 
der  Decke  nur  als  senkrechten  Druck  bekommen,  wobei  vorausgesetzt 
ist,  dafs  das  Wellblech,  als  freier  Träger,  stark  genug  ist,  den  Druck 

tjg-  6.  Fig.  7.  Fig  8 


vollständig  aufzunehmen.  Bei  einer  Abänderung  (Fig.  8)  von  demselben 
Ertinder  erstrecken  sich  die  Wellungen  in  der  Richtung  der  Kesselachse. 
Hierbei  sind  die  Kopfplatten  der  Feuerbüchse  etwas  über  halbkreis- 
förmig. 

Einen  Feuerbüchskessel,  als  Vorkessel  zu  vorhandenen  Kesseln,  um 
deren  Wirkung  zu  erhöhen,  verwendet 
J.  Pregardien  in  Deutz  (D.  R.  P.  Nr.  52086 
vom  17.  August  1889).  Fig.  9  zeigt  die 
Einrichtung  des  Vorkessels  B,  seine  Ver- 
bindungen bezieh,  mit  dem  Dampfraume, 
dem  Wasserraume  und  den  Feuerzügen. 
Die  Verbindung  E  besteht  aus  Chamotte- 
rohren.  Damit  dem  Vorkessel  kein  Kessel  - 
Steinniederschlag  zugeführt  werde,  ist  das 


26Ü  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

Verbindungsrohr  G  bis  nahe  zur  Höhe  des  niedrigsten  Wasserstandes 
geführt  und  auf  diese  Weise  der  Niederschlag  von  Kesselstein  an  der 
der  stärksten  Hitze  ausgesetzten  Stelle  mögliehst  vermieden.  Jedenfalls 
wird  durch  die  Pre'gardien' sehe  Construction  eine  Auswechselung  der 
meist  beanspruchten  Platte  sehr  erleichtert. 

Eine  ähnliche  Vorrichtung  wendet  J.  Mills  in  Keppel  Road  für 
Wasserröhrenkessel  an  (D.  R.  P.  Nr.  49  536  vom  G.März  1889),  wobei 
er  den  Vorkessel  unter  die  Röhrenbündel  einschiebt. 

Nach  D.  R.  P.  Nr.  48544  vom  29.  December  1888  macht  C.  Schäfer  in 
Oberhausen  den  Vorschlag,  wegen  der  stets  steigenden  Dampfspannungen 
und  wegen  der  erheblichen  Preissteigerung  schwerer  Bleche,  die  Kessel- 
wände aus  mehreren  Blechlagen  anzufertigen  und  diese  in  der  Weise 
zusammenzusetzen,  dafs  der  Stofs  zweier  Blechtafeln  stets  durch  eine 
oder  mehrere  andere  Blechtafeln  (Manteltheile),  welche  gleichzeitig  auch 
als  Lasche  dienen,  gedeckt  wird,  so  dafs  ein  Kesselmäntel  entsteht  mit 
Fugen,  welche  nur  bis  zur  Hälfte,  bis  zu  einem  Drittel  u.  s.  w.  der 
Gesammtmantelstärke  reichen.  Wir  glauben  kaum,  dafs  der  Vorschlag 
ernsthaft  gemeint  ist;  sind  aber  der  Meinung,  dafs  die  vorgeschlagene 
Construction  nur  im  äufsersten  Nothfalle  zu  verwenden  sei,  und  erst 
dann,  wenn  gewellte  Röhren  oder  Sicherheitsröhren  nicht  mehr  zu  ver- 
wenden sind. 

Ein  beachtenswertheres  Auskunftsmittel,  den  für  die  erhöhte  Ex- 
pansion bei  Dreicylindermaschinen  wünschenswertheu  Kesseldruck  höher 
hinaufzuschrauben,  hat  dagegen  C.  ß.  Carebourne  in  der  Versammlung 
der  North-East  Coast  Institution  of  Engineers  and  Shipbuilders  ange- 
geben, worüber  Industries  vom  3.  Januar  1890  berichtet.  Bei  einem 
Ueberdrucke  von  17  bis  18;it  hat  man  schon  Stahlplatten  von  35nim 
Dicke  verwendet;  da  jedoch  nach  den  von  Carebourne  bei  den  Stahl- 
fabrikanten eingezogenen  Erkundigungen  eine  Blechdicke  über  30mni 
nicht  mehr  eine  hinreichende  Sicherheit  für  die  Güte  des  Bleches  bietet, 
so  ist  es  wünschenswerth,  möglichst  unter  dieser  Grenze  zu  bleiben. 
Carebourne  schlägt  nun  vor,  den  zu  verstärkenden  cylindrischen  Theil 
aus  einem  Doppelcylinder  anzufertigen,  dessen  Wände  einen  Abstand 
von  100  bis  200mm  haben.  In  dem  so  gebildeten  Mantel  soll  eine  ge- 
ringere Dampfspannung  herrschen  und  damit  gleichsam  der  Druck  auf 
beide  Cyliuder  vertheilt  werden.  Es  sei  z.B.  der  Hochdruck  18;,t,  der 
Druck  im  Doppelcylinder  8;it,  so  würde  der  wirksame  Hochdruck  nur 
10at  betragen.  Der  Kessel  würde  durch  dies  Auskunftsmittel  allerdings 
schwerer,  jedoch  nicht  so  sehr  viel  mehr,  als  es  bei  einfachen  Platten 
der  Fall  sein  würde.  Den  übrigen  Theilen  des  Kessels  kann  man  er- 
fahrungsmäfsig  eine  hinreichende  Festigkeit  geben.  Die  Dicke  der 
Kopfplatten  ist  bekanntlich  weniger  vom  Kesseldrucke  abhängig,  als 
davon,  dafs  die  in  dieselben  eingebauten  Röhren  ordentlich  verdichtet 
werden  können.     Auch   glaubt  Carebourne.,  dafs   in  Folge   des    höheren 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


201 


Druckes  der  Kessel  kleiner  gehalten  werden  kann  und  dementsprechend 
wieder  leichter  wird.    Der  Druck  im  Doppelcylinder  könnte  durch  einen 


Fig.  10. 


Fig.  II. 


Fig.  12. 


besonderen  Regulator  geregelt  werden.  Hierdurch  würde  das  Bedenken 
beseitigt,  was  darin  gefunden  wurde,  dafs  bei  einer  Undichtheit  des 
Hochdruckkessels  der  Doppelcylinder  allmählich 
die  Spannung  des  Hochdruckcylinders  erhalten 
würde.  Der  Carebourne 'sehe  Vorschlag  scheint 
jedenfalls  der  Beachtung  werth  zu  sein.  Eine 
Skizze  zu  einem  Schiffskessel  nach  Carebourne's 
Plänen  zeigen  Fig.  10  und  11,  die  Anordnung  des 
Sicherheitsventiles  für  den  Hochdruckcylinder  ist 
aus  Fig.  12  zu  ersehen.  Für  den  äufseren  Cy- 
linder  kann  jedes  übliche  Sicherheitsventil  ver- 
wendet werden. 

In  wie  hohem  Mafse  die  Ansprüche  an  die 
Marinekessel  gesteigert  sind,  erhellt  aus  den 
neueren  Angaben  über  die  Gröfsenverhältnisse  der- 
selben. So  hat  nach  Engineering  vom  13.  Juni 
1890  der  Kessel,  welcher  in  gleicher  Gröfse  zu  den  Schiffen  der  Great 
Western  Hailway  Company,  „Lynx",  „Antelope"  und  „Gazelle",  aus- 
geführt wird,  im  cylindrischen  Theile  4m,343  Durchmesser,  3m,099  Länge, 
28mm,4  Wandstärke.  Der  Kesseldruck  beträgt  4at,5,  ist  also,  da  im  vor- 
liegenden Falle  Dreifach-Expansionsmaschinen  gewählt  sind,  sehr  gering. 
Eine  Verstärkung  nach  dem  Vorschlage  Carbourne^s  wäre  daher  gewifs 
sehr  willkommen. 

Zobel  in  Bromberg  sucht  nach  D.  R.  P.  Nr.  49099  vom  20.  Februar 
1889  eine  grofse  feuerberührte  Fläche  dadurch  zu  erreichen,  dafs  er 
zwei,   drei  oder  mehr  querliegende  Kessel  A  (Fig.  13  und  14)  von    be- 


IH 


Ü 


262 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


liebigen  Durchmessern,  welche  durch  Stutzen  ß  mit  einem  über  denselben 
liegenden  Längs-  und  Röhrenkessel  C  verbunden  sind,  anordnet.  In 
jedem  der  querliegenden  Kessel  A  werden  zwei  oder  drei  möglichst 
grofse,  theils  cylindrische,  theils  conische  Querrohre  D  eingenietet, 
und  zwar  der  Art,  dafs  diese  Rohre  einen  fortlaufenden  Kanal  für  die 
Feuergase  bilden,  welcher  an  den  Verbindungsstellen  durch  Mauerwerk 
abgedichtet  ist.  Der  kleinere  Querschnitt  schliefst  sich  dabei  an  den 
gröfseren  an,  um  die  Gase  wirksam  in  Wirbel  zu  versetzen.  Die  Heiz- 
fläche in  den  Rohren  D  kann  noch  durch  Gallowayrohre  verstärkt 
werden.  Der  Gang  der  Gase  erfolgt  in  der  Richtung  der  Pfeile.  Die 
Feuerung  liegt  in  Fig.  13  in  besonderem  Herde;  es  steht  jedoch  nichts 


Fig.  13. 


Fig.  14. 


im^JWege,  dieselbe  in  eines  der  Rohre  D  zu  verlegen.  Es  wird  dann 
allerdings  die  Unterfläche  der  Querrohre  A  nicht  vom  Feuerzuge  be- 
strichen," was  aber  in  Bezug  auf  den  dort  sich  ablagernden  Schlamm 
auch  seine  Vorzüge  hat.  Die  Ausnutzung  'der  Wärme  der  Feuergase 
ist  bei  diesem  Kessel  ohne  Zweifel  sehr  wirksam.  Reparaturen  an  den 
Rohren  D  möchten  aber  sehr  umständlich  und  kostspielig  werden. 

Wagner  und  Co.  in  Cöthen  trennen  nach  D.  R.  P.  Nr.  48  914  vom 
28.  Februar  1889  den  Oberkessel  vom  Unterkessel,  so  dafs  dieselben  voll- 
ständig getrennte  Wasserräume  haben,  und  vermitteln  den  Zusammen- 
hang derselben  durch  ein  Verbindungsrohr,  welches  in  der  Nähe  des 
mittleren  Wasserstandes  des  Unterkessels  ein-  und  im  Dampfraume  des 
Oberkessels  ausmündet,  zum  Zweck  indirekter  Speisung  des  Oberkessels 
mit  dem  Wasser  des  Unterkessels,  je  nach  dem  Wasserstande  im  Innern 
der  beiden  Kesselräume.  Als  wesentliche  Vorzüge  sollen  zu  erachten 
sein,  dafs  das  Verbindungsrohr  ganz  im  Innern  der  Kesselconstruction 
liegt,  und  dafs  der  Durchtritt  des  Wassers  oder  Dampfes  zum  Ober- 
kessel in  gerader  Linie  erfolge.  Am  unteren  Ende  des  Rohres  ist  ein 
Schutzrohr  eingelegt,  um  das  Aufsteigen  schwimmender  Körper  zu  ver- 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


263 


hindern.     Wir  müssen   gestehen,   dafs   wir   für   die  Vortheile  der  Con- 
struction  kein  Verständnils  haben. 

Dampfkessel  mit  Koksfeuerung  (Fig.  15  bis  18)  für  die  städtische  Gas- 
anstalt in  Mannheim.  Nach  den  Mittheilungen  von  Beyer  im  Journal  für 
Gasbeleuchtung  wird  die  frische  Verbrennungsluft  dem  in  üblicher  Weise 
eingemauerten  Roste  durch  einen  unterhalb  der  beiden  Sieder  geführten, 
300nim  weiten  Kanal  F  zugeleitet,  welcher  an  seinem  hinteren  Ende 
durch  einen  Schieber  E  verschliefsbar  ist  und  sich  vorn  in  sechs  kleinere, 
unter  dem    Roste  S  mündende   Kanäle   theilt.     Unmittelbar    hinter   der 


Fig.  16. 


Fig.  15. 


Fig.  17. 


gemauerten  Feuerbrücke  ist  eine  Fangwand  H  eingeschaltet,  vor  der 
die  beiden  Luftöffnungen  M  angeordnet  sind,  welche  mit  den  im  Mauer- 
werke entlang  geführten  Kaltluftkanälen  verbunden  sind.  Die  letzteren 
wurden  an  der  Rückwand  des  Kessels  durch  Schieber  K  verschliefsbar 
gemacht,  Die  Wand  H  ist  mit  verschiedenen  aus  Fig.  16  ersichtlichen 
Oeffnungen  J  versehen,  durch  welche  die  abziehenden  Heizgase,  ver- 
mischt mit  der  durch  die  Oeffnungen  M  zuströmenden,  auf  300°  C.  er- 
hitzten Luft  hindurchstreichen.  Durch  drei  Röhrchen  0  (Fig.  15  und  16) 
kann  Dampf  in  den  Aschenfall  eingeblasen  werden,  um  das  Verbrennen 
der  Roststäbe  und  das  Festsetzen  von  Asche  in  den  Kanalöffnungen  G 
zu  verhindern.  Aufserdem  ist  man  mittels  zweier  in  der  Vorderwand 
des  Kessels  vorgesehener  Schaulöcher  N  im  stände,  jederzeit  den  Ver- 
brennungsprozefs  controliren  zu  können.  Feuerthüren  und  Aschenfall- 
thüren  sind  natürlich  hermetisch  verschliefsbar. 

Die  Heizfläche  des  Versuchskessels  betrug  27lim  bei  einer  Rostfläche 
von  l<im.  Der  Wasserinhalt  ist  70001,  die  mittlere  Dampfspannung  5at. 
Bei  Verwendung  von  Koks  Nr.  2  und  3  betrug  die  Verdampfung  in 
24  Stunden  76441,  bei  826k,4  Koksverbrauch.    Mithin  betrug  die  mittlere 


264  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

stündliehe  Verdampfung  für  das  Quadratmeter  ll',79  Wasser  und  wurde 
9',65  Wasser  von  einem  Kilo  Koks  verdampft. 

Kesselheizung  durch  Koksofengase.  Die  Zeche  ,.Ver.  Bonifacius" 
(Revier  Essen)  verwendet  die  abziehenden  Gase  von  60  neuerbauten 
Koksöfen  (System  Coppe'e)  zur  Feuerung  von  zwölf  Doppelflammrohr- 
kesseln, von  denen  beständig  neun  in  Betrieb  stehen.  Die  Ueberführung 
der  Heizgase  aus  dem  gemeinsamen  Gaskanale  in  die  Flammrohre  er- 
folgt hierbei  nicht  durch  die  sonst  üblichen  gemauerten  Kanäle,  sondern 
durch  lose  vorgesetzte,  mit  feuerfesten  Steinen  ausgefüllte  Blechhauben 
(Krümmer).  Dieselben  werden  auf  den  vor  den  Kesseln  liegenden  Gas- 
kanal aufgesetzt,  schliefsen  genau  an  je  ein  Flammrohr  an  und  werden 
mit  ein  wenig  Lehm  gedichtet.  Ein  grofser  Vorzug  liegt  bei  dieser 
Einrichtung  darin,  dafs  sich  die  Hauben  mittels  eines  fahrbaren  Krahnes 
in  kürzester  Zeit  (etwa  */3  Stunde)  durch  zwei  Arbeiter  abheben  lassen, 
so  dafs  man  bei  etwaigen  Betriebsstörungen  sofort  die  Feuerroste  ein- 
bauen kann  und  den  Platz  vor  den  Kesseln  frei  hat. 

Nach  sorgfältigen  Messungen  verdampften  die  neun  Kessel  mit  zu- 
sammen 8004m  Heizfläche  in  24  Stunden  200 5291  Wasser,  oder  in 
1  Stunde  und  auf  Vim  Heizfläche  10l,4.  Nimmt  man  an,  dafs  durch 
lk  minderwerthige  Kohle,  wie  sie  im  Kesselhause  verbrannt  wird,  61  ver- 
dampft werden,  so  entspricht  die  Verdampfung  durch  die  Gase  einem 
Kohlenverbrauche  von  20000  Centner  im  Monate,  welche  somit  gegen 
früher  gespart  werden.  Aufserdem  sind  zur  WartuDg  der  Kessel  jetzt 
nur  4  Mann  erforderlich,  während  bei  der  Kohlenheizung  sonst  11  Mann 
nöthig  waren. 

Für  eine  Anordnung  von  Wasserröhren  in  Flammrohrkesseln  wurde 
G.  Kingsley  in  Leawenworth,  Kansas,  Nordamerika,  das  D.  R.  P.  Nr.  46831 
vom  2.  Oktober  1888  ertheilt.  Der  Kessel  besteht  aus  einem  Aufsenkessel 
mit  flachen  Seitenwänden  und  oben  und  unten  halbkreisförmiger  Ab- 
rundung.  Ein  der  Länge  nach  durchgehendes,  entsprechend  geformtes 
Flammrohr,  jedoch  mit  flachem  Obertheile  (nach  Art  der  Feuerbüchsen 
bei  Locomotiven)  ist  an  der  seitlichen,  geraden  Fläche  mit  Wasserröhren 
versehen,  welche  wie  die  Field-Röhren  an  dem  einen  Ende  geschlossen 
sind  und  die  nach  innen  etwas  schräg  ansteigen.  Diese  sollen  vor 
solchen  Rohren,  welche  von  der  Feuerbüchsendecke  ausgehen,  den  Vor- 
theil  der  gröfseren  Heizfläche  bieten  und  aufserdem  beim  Abblasen  des 
Kessels  sich  vollständig  entleeren.  Wie  der  Wasserzutritt  beim  Betriebe 
erfolgt,  hat  der  Patentinhaber  nicht  verrathen.  Unseres  Erachtens  ist 
diese  Anordnung  sehr  bedenklich,  selbst  abgesehen  von  der  durch  Ein- 
setzen der  Röhren  bewirkten  grofsen  Verschwächuug  der  dem  äufseren 
Drucke  ausgesetzten  Seitenwände.  (Fortsetzung  folgt.) 


Verminderung  der  Anzahl  der  Leitungen  hei  Eisenbahn-Signalanlagen.      265 

Verminderung  der  Anzahl  der  Leitungen  bei  Eisenbahn- 
Signalanlagen. 

Mit  Abbildungen. 

In  D.  p.  J.  1890  275  *  589  ist  eine  Anzahl  von  Telegraphen-  und 
Sigualeinriehtungen  der  französischen  Ostbahn  besprochen  worden.  Wir 
reihen  an  jene  hier  noch  eine  eigenthümliche  Anordnung  und  Benutzung 
der  Leitungen  bei  Signalanlagen  an,  welche  in  der  Oesterreichischen 
Eisenbahn- Zeitung ,  1890  *  S.  234,  ebenfalls  nach  der  von  Oberinspektor 
G.  Dumont  beschriebenen  Schrift  beschrieben  worden  ist. 

Innerhalb  der  Bahnhöfe  müssen  oft  elektrische  Signaleinrichtungen 
hergestellt  werden,  welche  einen  Verkehr  einzelner  Punkte  mit  einander 
ermöglichen,  namentlich  das  Ertheilen  von  Befehlen  an  die  oft  entfernten 
Weichenstellpuukte.  Die  Ostbahn  hatte  in  Paris  1889  Apparate  aus- 
gestellt, welche  den  Verkehr  zwischen  zwei  Weichenstell buden  von 
Saxby  und  Farmer  ermöglichen.  Diese  Apparate  bestehen  aus  Empfängern 
und  Gebern;  die  ersteren  sind  den  in  Gasthöfen  u.  s.  w.  benutzten  Fall- 
scheibenkästen verwandt,  die  letzteren  enthalten  einfach  blofs  Druck - 
knöpfe  mit  Contactfedern.  Das  Eigenthümliche  aber  ist,  dafs  die  Ost- 
bahn bei  derartigen  Einrichtungen  nicht  ebenso  viele  Leitungen  spannt, 
als  Signal-  oder  Fallscheiben  zu  bewegen  sind,  sondern  dafs  für  n2 
Signalscheiben  schon  2»  Leitungen1  ausreichen. 

Fig.  I.  Fig.  2. 


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c 

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Man  hat  dazu  die  in  Fig.  1  für  n  =  2  skizzirte  Anordnung  gewählt. 
a,  b,  c  und  d  sind  vier  Druckknöpfe,  in  denen  der  Strom  einer  Batterie 


1  Allgemeiner  sind  bei  einer  derartigen  Lösung  der  Aufgabe  m  +  n  Lei- 
tungen tiir  mX"  Signalscheiben  erforderlich.  —  Auch  anderwärts  hat  man  in 
der  Telegraphie  von  solchen  Gruppirungen  Vortheil  zu  ziehen  verstanden.  So 
gruppirt  z.  B.  Munier  bei  seinem  demnächst  zu  besprechenden  neuen  Vielfach- 
Typendrucker  in  eigenartiger  Weise  die  Contactstellen  in  dem  Stromschliefser 
für  den  druckenden  Lokalstrom  und  Milo  Gifford  Kellogg  in  Chicago  bei  Viel- 
fach-Umschaltern  für  Telephonämter  die  Leitungen  und  die  Schränke  nach 
seinen  an  das  Amerikanische  Patent  Nr.  424310  vom  8.  December  1887  und 
Nr.  393509   vom   27.  November   1888   sich    anschliefsenden   neueren  Patenten. 


266        Verminderung  der  Anzahl  der  Leitungen  bei  Eisenbahn-Signalanlagen. 

geschlossen  und  in  die  beiden  an  jeden  Druckknopf  herangeführten, 
einen  Stromkreis  bildenden  beiden  Leitungen  /  und  I,  /  und  IT,  2  und  J, 
2  und  II  entsendet  werden  kann.  Wird  z.  B.  der  Knopf  a  gedrückt, 
so  bilden  die  beiden  Leitungen  /  und  I  den  Stromkreis;  zwischen  r 
und  s  findet  aber  eine  Stromverzweigung  statt:  ein  Zweig  geht  durch 
den  Elektromagnet  A,  der  zweite  über  n,  m,  v  durch  die  drei  Elektro- 
magnete  /?,  D  und  C.  Da  aber  der  Widerstand  im  letzteren  Strom- 
wege dreimal  so  grofs  ist  als  in  dem  ersteren,  so  gehen  durch  A  drei 
Viertel  des  Stromes,  durch  /?,  D  und  C  nur  ein  Viertel2;  wenn  man 
daher  eine  passende  Stromstärke  wählt,  so  wird  man  es  erreichen 
können,  dafs  der  Elektromagnet  A  allein  anspricht. 

Bei  den  von  der  Ostbahn  angestellten  Versuchen  wurde  dies  ganz 
leicht  erreicht;  man  befürchtete  jedoch,  es  möchten  die  Batterien  nicht 
immer  auf  der  rechten  Stärke  erhalten  bleiben,  und  hat  daher  der  in 
Fig.  2  ebenfalls  für  n  =  2  skizzirten  Anordnung  den  Vorzug  gegebeu. 
a,  6,  c  und  d  sind  wieder  vier  Druckknöpfe,  doch  schliefsen  dieselben 
stets  zwei  Batterien  und  senden  dann  einen  Strom  (von  stets  der  näm- 
lichen Richtung)  in  zwei  verschiedene  Leitungen,  welche  am  anderen 
Ende  an  Erde  liegen  bezieh,  an  Erde  gelegt  werden;  natürlich  liegen 
auch  die  beiden  Batterien  mit  dem  einen  Pole  an  Erde.  Am  Empfangsorte 
treten  noch  n  Elektromagnete  hinzu;  jeder  derselben  bietet  durch  seine 
Rollen  hindurch  einen  beständig  geschlossenen  Stromweg  aus  einer  der 
n  Leitungen  der  ersten  Gruppe  (/,  2  .  .  .  .)  zur  Erde;  wird  der  Anker 
eines  dieser  Elektromagnete  angezogen,  so  schliefst  er  jede  der  n  Lei- 
tungen der  zweiten  Gruppe  (I,  II  .  .  .  .)  durch  einen  besonderen  der 
n  zu  ihm  gehörigen  Elektromagnete.  Hiernach  sind  in  Fig.  2  (n  =  2) 
etwa  die  beiden  Drähte  /  und  2  durch  zwei  Elektromagnete  X  und  J 
an  Erde  gelegt;  wird  der  Anker  von  X  angezogen,  so  legt  er  die  Lei- 
tung I  durch  den  Elektromagnet  A,  die  Leitung  II  aber  durch  den 
Elektromagnet  B  an  Erde;  wenn  dagegen  Y  seinen  Anker  anzieht,  so 
wird  aus  der  Leitung  I  durch  den  Elektromagnet  C  und  zugleich  aus 
der  Leitung  II  durch  den  Elektromagnet  D  ein  Stromweg  zur  Erde 
hergestellt. 

Wenn  nun  wiederum  der  Knopf  a  gedrückt  wird,  so  sendet  die 
eine  Batterie  einen  Strom  in  /  durch  X\  daher  zieht  X  seinen  Anker 
an  und  ermöglicht  dadurch,  /lafs  die  zweite  Batterie  einen  Strom  in  I 
durch  A  senden  kann;  zugleich  ist  zwar  auch  die  Leitung  //  durch  den 
Elektromagnet  B  geschlossen  worden,  B  kann  aber  nicht  ansprechen, 
weil  dazu  nur  entweder  der  Knopf  b  oder  d  den  Strom  würde  liefern 
können,  da  dem  Elektromagnete  B  (und  ebenso  auch  D)  ein  Strom  ja 
nur  in  der  Leitung  //  zugeführt  werden  kann. 

Jede  Signalscheibe   ist  nun  an  einem  Magnetstabe  angebracht,   der 


"■*  Sobald  n>2  ist ,   wird    die  Stroraverzweigung  wesentlich  verwickelter. 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  267 

zwischen  den  beiden  Rollen  seines  Elektromagneten  schwingen  kann  und, 
je  nach  der  Stromrichtung,  bald  von  der  einen  Rolle  angezogen  ist, 
bald  von  der  anderen.  Deshalb  mufsten  am  gebenden  Orte  für  jede 
Signalscheibe  nicht  blofs  ein  Druckknopf  (z.  B.  o),  sondern  deren  zwei 
(z.  B.  a  und  at)  aufgestellt  werden;  beide  sind  ganz  so  wie  in  Fig.  2 
mit  den  Leitungen  verbunden,  und  beide  schliefsen  auch  die  in  die  Lei- 
tungen /  und  2  arbeitenden  Batterien  in  gleicher  Weise;  in  die  Lei- 
tungen I  und  II  (lignes  des  voyants,  Leitungen  der  Signalscheiben) 
dagegen  entsendet  immer  der  eine  Druckknopf  (z.  B.  a)  einen  positiven 
Strom  und  der  andere  zu  derselben  Signalscheibe  gehörende  Druckknopf 
(z.  B.  0(3  einen  negativen  Strom.  Wenn  also  der  erste  Druckknopf  o 
benutzt  wird,  um  die  betreffende  erste  Signalscheibe  sichtbar  zu  machen, 
so  wird  eben  diese  Scheibe  durch  einen  Druck  auf  den  zweiten  Knopf  ai 
wieder  zum  Verschwinden  gebracht. 

Ist  n  =  2,  so  ist  2n  =  n2,  und  deshalb  tritt  bei  n  =  2  eine  Ersparung 
von  Leitungen  nicht  ein.  Bei  der  auf  der  Ausstellung  vorhandenen  An- 
lage dagegen  war  n  =  6,  und  bei  ihr  konnten  mit  2fr  =  12  Leitungen 
nicht  weniger  als  n2  =  36  Scheiben  bewegt  werden;  eine  dreizehnte 
Leitung  ersetzte  hier  übrigens  die  Erdleitung,   diente   als  Rückleitung. 

Bei  der  Anlage  auf  dem  Pariser  Bahnhofe  ist  jeder  Signalscheiben- 
kasten mit  einer  Klingel  ausgerüstet,  welche  läutet,  wenn  eine  Scheibe 
erscheint  oder  verschwindet.  Jeder  Geber  hat  einen  weifsen  und  einen 
schwarzen  Knopf;  erstere  machen  die  Scheiben  sichtbar,  letztere  lassen 
sie  verschwinden.  Wird  ein  weifser  Knopf  gedrückt,  so  erscheint  hinter 
dem  zu  diesem  Knopfpaare  gehörigen  Fenster  ein  rothes  Signal;  wird 
ein  schwarzer  gedrückt,  so  verschwindet  das  rothe  Signal  und  es  zeigt 
sich  ein  weifses;  dies  vollzieht  sich  rein  mechanisch  und  hält  dem 
Beamten  beständig  die  von  ihm  gegebenen  Signale  und  Befehle  vor 
Augen.  In  jedem  der  sechs  Elektromagnete  trägt  der  Anker  sieben 
kupferne  Stäbe,  welche,  wenn  der  Anker  angezogen  wird,  sieben  Federn 
auf  sieben  Klemmen  legen;  sechs  von  diesen  Klemmen  führen  noch  deu 
Elektromagneten  der  Scheiben  in  einem  Kasten  und  setzen  dieselben  in 
Verbindung  mit  den  sechs  Leitungen  J,  II,  .  .  .  T7;  die  siebente  dient 
zum  Schliefsen  eines  Lokalstromes  durch  die  bereits   erwähnte  Klingel. 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

(^Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  274  *  S.  541.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  15. 

ieber  bessere   Vericerthung  von  Ammoniak  und  Gaswasser,  von  U.  Bunte. 
Verfasser    berichtet    vorläufig    als   Referent    einer   Commissiou   des 
deutschen    Vereins    von    Gas-    und  Wasserfachmännern    über  Versuche, 


268  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

welche  genannter  Verein  anstellen  liefs  behufs  Hebung  der  Verwendung 
von  Ammoniumsulfat  zu  Düngezwecken.  Dieselben  umfassen  Dünge- 
versuche mit  diesem  Salz  im  Vergleich  zu  der  zweiten  grofsen  Stick- 
stoffquelle,  dem  Chilisalpeter.  Die  Versuche  wurden  angestellt  von  Prof. 
Märher  in  Halle,  sowie  von  Prof.  Wagner  in  Darmstadt;  sie  unterscheiden 
sich  wesentlich,  indem  ersterer  alle  Proben  als  Feldversuche,  je  lj^ 
anstellte,  letzterer  als  Topfversuche,  also  in  kleinem  Mafsstabe.  Bei 
Düngungsversuchen  mit  Ammoniumsulfat  war  beobachtet  worden,  dafs 
dasselbe  in  manchen  Fällen  keine  entscheidende  Wirkung  hervorrief, 
wenn  der  Boden  keinen  oder  nur  geringen  Gehalt  an  Kalk  besafs;  es 
wurde  deshalb  die  Einwirkung  des  kohlensauren  Kalks  mit  in  die  Ver- 
suche aufgenommen. 

Der  kohlensaure  Kalk  wurde  in  Mengen  von  10  Centner  auf  den 
Murgen  gepulvert  leicht  untergepflügt.  Auf  je  2  Abtheilungen  wurden 
folgende  Proben  angestellt:  1)  ohne  schwefelsaures  Ammoniak  und 
kohlensauren  Kalk;  2)  mit  10  Centner  des  letzteren  auf  den  Morgen; 
3)  schwächere  Düngung  von  Ammoniaksalz  ohne  Kalk  und  4)  mit  Kalk; 
5)  stärkere  Düngung  mit  Kalk.  Für  Gerste  wurden  zur  schwächeren 
Düngung  50  Pfund  Ammoniumsulfat,  zur  stärkeren  75  Pfund  gegeben ;  für 
Rüben,  Hafer  und  Kartoffeln  75  bezieh.  125  Pfund.  Die  Resultate  sind 
kurz  folgende:  Mit  Ausnahme  eines  Versuchs  mit  Sommerweizen  brachte 
die  Ammoniakdüngung  überall  eine  erhebliche  Steigerung  des  Ertrags; 
die  mit  stärkeren  Ammoniakmengen  ausgeführten  Versuche  lieferteu 
gröfsere  Erträge  als  die  mit  schwächeren  Düngungen  ausgeführten.  Eine 
Beigabe  von  kohlensaurem  Kalk  erhöhte  den  Ertrag  sowohl  der  gedüngten 
als  der  ungedüngten  Abtheilungen  mit  Ausnahme  der  Zuckerrüben;  die 
Kalkammoniakdüngung  überragte  aber  die  Wirkung  der  reinen  Kalk- 
düngung mehrfach;  es  ist  zu  hoffen,  dafs  bei  günstigeren  Witterungs- 
verhältnissen  die  günstige  Wirkung  des  Kalks  eine  allgemeinere  sein  wird. 

Weitere  Versuche  betrafen  die  Feststellung  der  Wirkung  des  schwefel- 
sauren Ammoniaks  gegenüber  dem  Chilisalpeter.  Die  Ergebnisse  derselben 
sind  folgende:  Die  schwächere  Salpeterstickstotldüngung  gab  sehr  be- 
deutend niedrigere  Ertragserhöhungen  als  die  stärkere.  Die  schwächere 
Ammoniakdüngung  hatte  bei  allen  Feldfrüchten  fast  genau  dieselben 
Erträge  hervorgebracht  als  gleiche  Stickstoffmengen  in  Form  von  Chili- 
salpeter. Ein  Gemisch  von  Chilisalpeter  und  Ammoniaksalz  brachte 
dieselben  Ertragserhöhungen  sowohl  wie  die  alleinige  Ammoniak-,  wie 
auch  die  alleinige  Salpeterdüngung.  Bei  den  Körnerfrüchten  zeigte  die 
verstärkte  Stickstoffdüngung  dieselbe  Wirkung,  gleichgültig  ob  sie  in 
Form  von  Chilisalpeter  oder  schwefelsaurem  Ammoniak  gegeben  wurde. 
Dagegen  war  die  stärkere  Ammoniakdüngung  bei  den  Wurzelfrüchten 
der  entsprechenden  Salpeterdüngung  unterlegen. 

Prof.  Märke/s  Feldversuche  finden  volle  Bestätigung  in  den  von 
Prof.   Wagner   angestellten  Topfversuchen;   in   den   Töpfen   befinden   sich 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  269 

die  vollständig  gleichen  Erdmischungen  mit  genau  gewogenen  Mengen 
der  Substanzen,  deren  Düngewirkung  festgestellt  werden  soll.  Alle 
Töpfe  erhalten  die  gleiche  Menge  Samen  und  werden  auf  Wagen  auf- 
gestellt, um  sie  im  Freien  oder  im  Glashaus,  je  nach  Witterung,  bequem 
aufstellen  zu  können.  Die  gedüngten  Pflanzen  zeigten  ein  ganz  auf- 
fallendes Wachsthum  gegen  die  nicht  gedüngten;  auch  der  Zusatz  von 
kohlensaurem  Kalk  und  Mergel  wurde  in  Betracht  gezogen.  Die  Ver- 
suchszahlen  sind  noch  nicht  fertig  abgeschlossen,  doch  zeigen  dieselben 
deutlich,  dafs  es  „praktisch  vorkommende  und  praktisch  herstellbare 
Verhältnisse  gibt,  unter  welchen  lk  Ammoniakstickstoff  genau  den  gleichen 
Mehrertrag  liefert  als  1>  Salpeterstickstoff'." 

Aus  den  Versuchen  geht  ferner  hervor,  dafs  die  Mehrwirkung, 
welche  eine  gleiche  Menge  Salpeterstickstoff  gegen  Ammoniakstickstoff 
in  vielen  Fällen  der  Praxis  gezeigt  hat,  wesentlich  auf  die  folgenden 
Momente  zurückzuführen  ist:  a)  das  schwefelsaure  Ammoniak  gelangt 
nur  dann  zu  ungehinderter  Wirkung,  wenn  genügend  kohlensaurer  Kalk 
im  Boden  vorhanden  ist-  b)  das  Natron  des  Chilisalpeters  übt  unter  Um- 
ständen eine  sehr  vorteilhafte,  theils  direkte,  theils  indirekte  Wirkung 
auf  die  Pflanzenentwickelung  aus.  (Journal  für  Gasbeleuchtung  1889  32 
1115.) 

Ueber  die  photometrischen  Arbeiten  der  physikalisch-technischen  Heichsanstalt., 

von  0.  LummerA 
Verfasser  war  mit  E.  Brodhun  zusammen  beauftragt  worden,  ver- 
gleichende Versuche  der  Hefner  Alteneck' sehen  Amylacetatlampe  gegen 
Normalkerzen  anzustellen;  es  zeigte  sich,  dafs  die  in  der  Praxis  gebräuch- 
lichen Photometer  den  Anforderungen  wissenschaftlicher  Versuche  nicht 
genügten,  ebenso  die  Vergleichslichtquellen.  Die  Leuchtkraft  der  Hefner- 
Lampe  ändert  sich  um  2,7  Proc.  bei  Aenderung  der  Höhe  um  lmm :  es 
ist  ein  genaueres  Einstellen  als  auf  0mm,5  nicht  möglich,  deshalb  wurde 
die  Höhe  der  Flamme  vergröfsert  und  durch  Abbiendung  des  oberen 
Theils  der  Flamme  ein  unteres  Stück  herausgeschnitten,  welches  genau 
einer  Kerze,  d.  h.  einer  ffc/W-Lampe,  entspricht.  Dies  Mafs  läfst  sich  genau 
herstellen  und  es  kann  die  Höhe  der  Flamme  um  ein  bestimmtes  Mafs 
schwanken,  ohne  dafs  die  Helligkeit  des  Ausschnittes  sich  ändert.  Was 
-das  Photometer  betrifft,  so  dient  allgemein  das  Äunsensche  Fettfleck- 
photometer, und  zwar  entweder  als  Gleichheitsphotometer,  so  dafs  die 
Fettflecke  beiderseits  verschwinden,  oder  als  Contrastphotometer,  bei 
welchem  die  Einstellung  nach  dem  gleichstarken  Hervortreten  der  Felder 
auf  hellerem  oder  dunklerem  Grunde  geschieht. 

Ein  Photometer  soll  die  Empfindlichkeit  der  Augen  voll  ausnutzen, 
d.  h.  es  soll  direkt  den  Unterschied  zweier  Lichtquellen  von  wenigstens 

*  Vortrag,  gehalten  auf  der  Jahresversammlung  des  deutschen  Vereins  von 
Gas-  und  Wasserfachmännern.     1889. 


270  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

1,5  Proc.  wahrnehmen  lassen.  Damit  das  Auge  in  volle  Thätigkeit  treten 
kann,  sollen  folgende  Bedingungen  erfüllt  sein:  Jedes  der  Felder  darf 
nur  von  einer  Lichtquelle  Licht  erhalten;  die  Grenze,  in  der  die  beiden 
Felder  zusammenstofsen,  mufs  möglichst  scharf  sein  und  im  Moment  der 
Gleichheit  vollständig  verschwinden. 

Die  erste  Bedingung  ist  vom  Äunsm'schen  Photometer  nicht  erfüllt, 
da  sowohl  der  gefettete  wie  der  ungefettete  Theil  des  Schirms  lichtdurch- 
lässig sind;  die  beiden  andern  sind  genügend  erfüllt,  aber  nicht  am 
Weber'schen  Photometer,  da  bei  diesem  im  Moment  der  Einstellung  ein 
schwarzer  Zwischenraum  die  Felder  trennt. 

Schwierigkeiten  macht  auch  die  Herstellung  der  Papierschirme,  in- 
dem dieselben  auf  beiden  Seiten  absolut  gleich  sein  sollen,  so  dafs  ein 
Umkehren  des  Schirms  die  Messung  nicht  ändert.  Hat  man  wirklich 
gleiche  Schirme,  so  dafs  dieser  bei  beiderseits  gleichen  Lichtquellen  in 
der  Mitte  steht,  so  kommt  es  auf  den  Winkel  an,  unter  dem  man  auf 
den  Schirm  blickt,  damit  der  Fettfleck  sich  dunkel,  hell  oder  gar  nicht 
vom  Papier  abhebt.  Es  läfst  sich  erreichen,  dafs  diese  drei  Stellungen 
in  eine  zusammenrücken.  Eine  Beschreibung  des  Lummer-Brodhun' sehen 
Photometers  findet  sich  in  D.  p.  J.  1889  272  *  178. 

Methode  zur  Bestimmung  der  Ferrocyanverbindungen  in  den  Nebenproducten 
der  Gasfabrikation,  von  B.  Gasch. 
Verfasser  bildete  eine  von  Zulkowski'2  angegebene  Methode  zur  Unter- 
suchung alter  Reinigungsmasse  auf  Berliner  Blau  weiter  aus;  dieselbe 
besteht  darin,  dafs  die  durch  Zersetzung  der  Masse  mit  Alkali  erhaltene 
Ferrocyanlösung  ohne  Entfernung  der  verunreinigenden  Körper  in  eine 
saure  und  heifse  Lösung  von  Kaliumzinksulfat  von  bekanntem  Zinkgehalt 
so  lange  eingelassen  wird,  bis  mit  Eisenchlorid  durch  Tüpfeln  auf  Filtrir- 
papier  ein  Ueberschufs  von  Ferrocyan  nachgewiesen  wird.  Die  Aende- 
rungen  des  Verfassers  bestehen  in  Einführung  eines  anderen  Indicators, 
in  der  Bereitung  einer  anderen  Zinklösung  von  geringerer  Concentration 
und  empirischer  statt  theoretischer  Titerbestimmung.  Als  Indicator  wird 
eine  Lösung  von  essigsaurem  Uranoxyd  1  :  100  angewandt;  man  tupft 
einen  Tropfen  der  auf  einen  kleinen  Ueberschufs  von  Ferrocyan  zu 
prüfenden  Flüssigkeit  auf  weifses  Porzellan.  Bei  Zusatz  eines  Tropfens 
Uranlösung  entsteht,  wenn  Ferrocyan  überschüssig,  eine  braune  Färbung. 
Abfiltriren  ist  nicht  erforderlich,  da  der  Niederschlag  von  Ferrocyan- 
zinknatrium  oder  Kalium  sich  mit  Uranlösung  nicht  zersetzt.  Die  Zink- 
lösung ist  so  gestellt,  dafs  lcc  0,02  bis  08,03  gelbem  Blutlaugensalz 
entspricht;  man  löst  20?,62  reinen  Zinkvitriol  zu  l1  oder  die  entsprechende 
Menge  Kaliumzinksulfat,  wobei  mit  Schwefelsäure  etwas  angesäuert 
wird.    Als  Prüfungsflüssigkeit  dient  eine  Lösung  von  reinem,  bei  30  bis 


2  D.  P.  J.  1883  249  168. 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  271 

40°  C.  getrocknetem  Blutlaugensalz,  20?  im  Liter,  so  dafs  also  lcc  0?,02 
Salz  enthält.  Beide  Lösungen  sind  etwa  gleichwertig,  wobei  10  Aequi- 
valente  Zink  durch  7  Aequivalente  Blutlaugensalz  gefällt  werden.  10cc 
Zinklösung  werden  aus  der  Bürette  mit  Blutlaugensalzlösung  titrirt,  bis 
die  oben  angegebene  Reaction  mit  dem  Indicator  eintritt. 

Die  Anwendung  des  Verfahrens  auf  alte  Gasreinigungsmasse  geschieht 
in  der  Weise,  dafs  20s  der  nach  den  Angaben  von  Knublauch3  getrock- 
neten und  gesiebten  Masse  in  einer  angewärmten  Porzellanschale  mit 
einem  gemessenen  Volumen  warmer  15  bis  20proc.  Natronlauge  verrieben 
wird  unter  allmählichem  Zusatz  von  warmem,  gemessenem  Wasser.  Die 
Temperatur  darf  nicht  über  50°  C.  gehen.  Man  spült  mit  gemessenem 
Wasser  in  einem  200CC-Kolben  und  füllt  auf,  mischt  und  filtrirt  in  die 
Bürette,  aus  der  titrirt  wird.  10cc  Zinklösung  werden  genügend  ange- 
säuert und  bei  70  bis  80°  C.  mit  der  Ferrocvanlauge  titrirt,  bis  die  Uran- 
lösung Reaction  ergibt.  Da  Natronlauge  und  Wasser  vor  dem  Zusatz 
gemessen  wurden,  so  ist  das  Volumen  der  ganzen  Lösung  bekannt.  Aus 
dem  gebrauchten  Volumen  Ferrocvanlauge  wird  auf  das  ganze  Volumen 
und  mit  dem  Titer  auf  den  Ferrocyangehalt  der  Masse  gerechnet.  Die 
schliefsliche  Angabe  geschieht  in  Procenten  krystallisirtem  gelbem  Blut- 
laugensalz. Nach  der  Titration  hat  man  sich  stets  zu  überzeugen,  dafs 
die  Lösung  noch  sauer  ist. 

Auch  der  Cyangehalt  von  Ammoniakwasser  läfst  sich  nach  dieser 
Methode  bestimmen,  indem  dasselbe  mit  etwas  Eisenvitriol  und  Natron 
in  Ferrocyan  übergeführt  wird;  nach  dem  Filtriren  titrirt  man  mit  der 
Flüssigkeit  je  nach  ihrem  Ferrocyangehalt,  der  am  besten  erst  qualitativ 
geprüft  wird,  2  oder  5CC  Zinklösung.  (Journal  für  Gasbeleuchtung  1889 
32  966.) 

Controlapparat  für  Gasreinigung  von  Ledig. 
Die  Controle  über  die  Entfernung  des  Schwefelwasserstoffs  aus  dem 
Gase  geschieht  bisher  in  Gasfabriken  durch  Probiren  mit  Bleipapier 
an  einem  Hahn  oder  durch  Ueberleiten  des  Gases  über  einen  mit  Blei- 
zuckerlösung getränkten  feuchten  Papierstreifen  in  einem  Rohr  oder  einer 
Glocke.  Verfasser  construirte  nun  einen  Gasprüfer,  welcher  angibt,  ob 
jederzeit  reines  Gas  in  die  Behälter  geliefert  wurde,  zu  welcher  Zeit 
eventuell  unreines  Gas  producirt  wurde,  wie  lange  Zeit  unreines  Gas  in 
die  Behälter  ging.  Ferner  gestattet  die  Stärke  der  Schwärzung  des  Blei- 
papiers eine  Beurtheilung',  wie  stark  die  Verunreinigung  war.  Der 
Apparat  führt  einen  mit  Bleilösung  getränkten  Papierstreifen  mit  cou- 
stanter  Geschwindigkeit  durch  eine  von  constantem  Gasstrom  durch- 
flossene  Glocke.  Als  Verschlufs  dient  Quecksilber,  als  Triebwerk  für 
die  gleichmäfsige  Bewegung  des  Streifens  das  Zählwerk  eines  kleinen 
trockenen  Gaszählers.     Der  Streifen  ist  mit  Centimetertheilung  versehen 


3  D.  p.  J.  1889  273  563. 


272  Neuerungen  in  der  Glasindustrie. 

und  seine  Geschwindigkeit  so  geregelt,  dafs  er  bei  einem  stündlichen 
Gasdurchgang  von  50'  um  lLni  vorrückt;  dieses  (Quantum  wird  mittels 
eines  ZfcÄTschen  Cousumregulators  gleichmäfsig  erhalten.  Ständig  sind 
2cm  Streifen  dem  Gnse  ausgesetzt,  so  dafs  jeder  Theil  desselben  2  Stun- 
den dem  Gase  ausgesetzt  ist.  Wird  täglich  einmal  der  Stand  des  Gas- 
messers und  der  Stand  des  Papierstreitens  notirt,  so  ist  mau  im  Staude 
anzugeben,  zu  welcher  Zeit  und  wie  lauge  eventuell  unreines  Gas  in 
die  Behälter  ging.  Eingeschaltet  wird  der  Apparat  zwischen  Reinigung 
und  dem  Stationsgasmesser.  Der  Gasprüfer  ist  iu  Form  eines  kleinen 
Kästchens  mit  Glocke  auf  dem  Gasmesser  angebracht;  durch  ein  Brenner- 
röhrchen  auf  der  Glocke  läfst  man  das  Gas  ausbrennen.  (Journal  für 
Gasbeleuchtung  1889  32  925.) 

Apparat  zur  Causlisirung  von  Ammoniakwässern  (D.  K.  P.  Nr.  49  500) 
von  Solvay  und  Co. 

Vor  der  eigentlichen  Destillation  der  Ammoniakwässer  mufs  Kohlen- 
säure und  Schwefelwasserstoff  aus  denselben  entfernt  werden.  Hierzu 
dient  (Fig.  1  Taf.  15).  Die  Säule  5,  zusammengesetzt  aus  einer  Anzahl 
über  einander  liegender  Abtheilungen  bblb2b3bi.  Jede  dieser  Ab- 
theilungen enthält  eine  Schlange  c  c,  c2  c3  c4.  Die  Schlange  jeder  Ab- 
theilung ist  mit  denen  der  benachbarten  Abtheilungen  durch  aufsen 
liegende  Muffen  w  wi  w2  w3  in  freier  Verbindung.  Jede  Abtheilung  steht 
mit  der  nächsten  oberen  durch  einen  Stutzen  d{  (/.,  d3  rf4,  der  von  einer 
Haube  e,  e>  e3  e4  überdeckt  ist,  sowie  mit  der  nächst  unteren  Abtheilung 
durch  ein  Ueberlaufrohr  fA  f3  f2  f{  in  Verbindung.  Die  im  eigentlichen 
Destillationsapparat  A  entwickelten  flüchtigen  Producte  strömen  durch 
das  Rohr  t  ab,  welches  sie  in  die  Schlange  c  der  untersten  Abtheil uug  b 
leitet;  sie  durchströmen  c  in  deren  gaßzer  Ausdehnung,  treten  dann  durch 
tu  in  die  Schlange  cn  aus  dieser  durch  w{  in  c2  u.  s.  w.  bis  sie  aus  der 
obersten  Schlange  durch  u>4  und  /  in  den  Condensator  C  gelangen,  aus 
welchem  sie  als  concentrirte  Flüssigkeit  durch  das  Rohr  s  nach  dem 
Behälter  X  abfliefsen.  Der  Condensator  ist  ebenfalls  aus  einer  Anzahl 
über  einander  liegender  Abtheilungen  g  zusammengesetzt,  deren  jede  mit 
der  nächst  unteren  durch  ein  Ueberfallrohr  verbunden  ist  und  welche 
sämmtlich  von  einer  Schlange  i  durchzogen  sind. 

Von  jeder  Verbindung  w  u^  w2  w3  kann  man  ein  Ruhr  z  abgehen 
lassen,  um  die  in  den  Schlangen  gebildete  Flüssigkeit  nach  einem 
Sammler  u  zu  leiten,  aus  welchem  sie  z.  B.  durch  v  zugleich  mit  den 
zu  destillirenden  geschiedenen  Ammoniakwässern,  in  den  Destillations- 
apparat zurücktreten. 

Das  untere  Ende  der  Schlange  »  steht  durch  das  Fallrohr  n  mit  dein 
die  Ammoniakwässer  enthaltenden  Behälter  H  in  Verbindung.  Letztere 
sinken  nun  durch  n  in  die  Schlange  i  und  steigen  in  dieser  Dach  oben, 
wobei    sie   sich    unter  Verdichtung  der   durch  /  einströmenden    Dämpfe 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  273 

bezieli.  Gase  erwärmen.  Die  so  auf  geeignete  Temperatur,  etwa  40° 
vorgewärmten  Ammoniakwässer  treten  oben  aus  der  Schlange  t  durch 
das  Steigrohr  o  in  das  Waschgefäfs  W  über,  wo  sie  die  aus  der  obersten 
Abtheilung  b±  des  Scheideapparates  durch  m  entweichenden  Dämpfe 
bezieh.  Gase  waschen,  und  daraus  alles  Ammoniak,  welches  diese  etwa 
noch  enthalten,  aufnehmen,  während  sie  deren  ganzen  Gehalt  an  Kohlen- 
saure und  Schwefelwasserstoff  frei  durch  ml  entweichen  lassen.  Aus 
dem  Waschgefäfs  k  sinken  die  Ammoniak wässer  durch  das  Fallrohr  f 
in  die  oberste  Abtheilung  bA  des  Scheideapparates,  erwärmen  sich  hier 
an  der  Schlange  e4,  fliefsen  durch  das  Ueberlaufrohr  fA  in  die  Abtei- 
lung 6:!,  erlangen  hier  durch  die  Berührung  mit  der  Schlange  c3  einen 
noch  höhern  Wärmegrad,  fallen  dann  durch  f3  nach  b2  und  darauf  durch 
f2  nach  b{  und  eudlich  durch  f{  nach  t,  welches  sie  durch  den  Ueber- 
lauf  f  verlassen,  um  durch  die  Leitung  r  bei  v  in  den  eigentlichen 
Destillationsapparat  A  überzutreten.  Während  ihres  Durchganges  durch 
die  Abtheilungen  bA  b3  b2  ft,  und  b  werden  die  Ammoniakwässer  nach 
und  nach  auf  eine  immer  höhere  Temperatur  gebracht.  Die  Entbindung 
von  Kohlensäure  und  Schwefelwasserstoff  beginnt  bereits  in  den  obersten 
Abtheilungen  bA  b3  und  setzt  sich  in  den  unteren  Abtheilungen  b2  b{  fort. 
In  b  und  b{  ist  die  Temperatur  so  hoch,  dafs  sich  zugleich  mit  den 
genannten  Gasen  auch  Ammoniak  entwickelt;  da  dieses  aber  in  den 
nach  oben  folgenden  Abtheilungen  durch  Flüssigkeitssäulen  streichen 
mufs,  deren  Temperatur  immer  mehr  abnimmt,  so  unterliegt  es  hier  der 
Wiederverdichtung,  bezieh.  Wiederauflösung,  während  Kohlensäure  und 
Schwefelwasserstoff  sich  nicht  lösen,  sondern  als  Gase  im  Apparat  nach 
oben  steigen. 

Die  in  der  untersten  Abtheilung  b  entbundenen  Gase  entweichen 
durch  (/,  nach  Aj,  wobei  sie  sich  unter  der  Haube  et  her  durch  die  in  b{ 
enthaltene  Flüssigkeit  hindurchdrängen  müssen  und  hierdurch  die  Ent- 
bindung von  Gasen  aus  dieser  befördern,  welche  sie  durch  d2  mit  nach  b2 
reifsen,  wo  die  Haube  e2  den  Gasstrom  wiederum  eine  Flüssigkeitssäule 
zu  durchstreichen  zwingt.  Hierbei  gibt  der  Gasstrom  einen  Theil  seines 
Ammoniakgehaltes  wieder  ab,  nimmt  dagegen  neue  Mengen  von  Kohlen- 
säure und  Schwefelwasserstoff  auf.  Dieselben  Vorgänge  wiederholen 
sieh  in  den  Abtheilungen  b%  und  i4,  so  dafs  die  schliefslich  durch  m  ab- 
ziehenden Gase  nur  noch  Kohlensäure  und  Schwefelwasserstoff  nebst 
einer  geringen  Menge  Ammoniak  enthalten,  die  im  Wascher  W  wieder 
gelöst  wird.  Die  aus  letzterem  durch  m{  entweichenden  Gase  kann  mau 
gewünschten  Falles  noch  einen  zweiten,  mit  Säure  gefüllten  Waschapparat 
durchstreichen  lassen. 

Die  in  X  sich  aufsammelnden  Ammoniakwässer  können,  je  nach  dem 

Gange  des  Apparates,  jeden  gewollten  Ammoniakgehalt  erreichen:  mau 

kann   nach   Belieben   eine  caustische   Flüssigkeit  mit   einer  Dichte    von 

nahezu  1°  oder   selbst  von  noch   geringerer  Dichte   bis   zu  0°  B.,   z.  B. 

Dlngler's  polyt.  Journal  Bd.  Til  Nr.  6.  1890/111.  18 


274  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

mit  20  bis  30  Proc.  Ammoniak,    oder  eine  nur  zum    Theil  caustische 
Flüssigkeit  von  noch  gröfserer  Concentration  herstellen. 

Die  einzelnen  Abtheilungen  b  werden  zweckmässig  aus  Eisen  ge- 
gossen und  die  Schlangen  c  aus  Blei  bezieh,  sonst  geeignetem  Metall 
hergestellt. 

Apparat  zur  Herstellung  von  carburirter  Luft  für  Beleuchtung,  Heizung, 
sowie  zu  Motorenbetrieb  von  M.  C.  Jaunez. 

Die  bisherigen  Carburirapparate  bestehen  aus  einem  Gefäfs,  welches 
die  zu  verdampfende  Substanz  wie  Benzin,  Gasolin  oder  andere  flüchtige 
Kohlenwasserstoffe  enthält,  und  einem  Gebläse  oder  einer  Glocke,  welche 
durch  mechanischen  Antrieb  Luft  zuführen.  Jaunez  construirte  einen 
Apparat  (Fig.  2  Taf.  15),  bei  welchem  er  allen  mechanischen  Antrieb 
vermied;  dabei  wird  Wärme  angewendet,  was  den  Vortheil  hat,  dafs 
alles  Gasolin  ohne  Rückstand  nutzbar  gemacht  wird.  Aufserdem  ist  die 
warme  Mischung  gleichmäfsiger  als  die  kalte,  die  Leuchtkraft  und  Heiz- 
kraft des  Gases  bleibt  immer  die  gleiche,  weil  Temperaturschwankungen 
nicht  vorkommen. 

Das  Gas  kühlt  sich  im  Behälter  ab,  wobei  einiges  Gel  condensirt 
wird;  dasselbe  läuft  in  den  Oelbehälter  zurück.  In  den  Gasleitungen 
dagegen  scheidet  sich  nichts  mehr  aus.  Da  die  ganze  Carburirung  im 
geschlossenen  Gefäfs  stattfindet,  ohne  Hinzutreten  äufserer  Luft,  so  ist 
jede  Gefahr  ausgeschlossen.  Der  ganze  Apparat  ist  leicht  aufzustellen 
und  von  niederem  Preis;  der  Kubikmeter  Gas  kommt  auf  etwa  20  Pf.  zu 
stehen.  Die  Leuchtkraft  des  Gases  ist  40  Proc.  höher  als  von  Kohlen- 
gas.   Verwendet  wird  Gasolin  oder  Petroleumnaphta  von  0,650  spec.  Gew. 

Der  Apparat  (Fig.  2)  besteht  aus  einem  Behälter  /?,  darüber  einem 
Gasbehälter  mit  Wasserverschlufs;  einem  Druckregulator  H  mit  Wasser- 
verschlufs;  einem  Heizapparat  mit  Brenner,  welcher  lm,4  unter  dem 
Behälter  angebracht  ist  in  der  Laterne  C;  einer  Hahnbüchse  F  mit  Sicher- 
heitshahn, einem  Injektor  und  dem  Hahn  K.  Der  Behälter  B  ist  mit 
Gasolin  gefüllt,  dessen  Stand  am  Flüssigkeitsstandglas  sichtbar  ist.  Ein 
Rohr  E  mit  dem  Regulirhahn  d  verbindet  den  Gasolinbehälter  mit  dem 
Ventilkasten  F;  dazwischen  ist  dasselbe  schlangenförmig  über  dem 
Brenner  C  gewunden  behufs  Erwärmung  des  Gasolins.  Ferner  gehört 
zum  Apparat  ein  Vorrathsbehälter  für  Gasolin  von  0,650  spec.  Gew., 
welcher  mindestens  10cm  über  dem  Gefäfs  B  stehen  mufs;  die  Zuleitung 
enthält  die  Hähne  R  und  r. 

Zur  Ingangsetzung  des  Apparats  werden  erstlich  die  Wasserverschlüsse 
der  Glocken  gefüllt,  ferner  aus  dem  Vorrathsbehälter  mit  Gasolin  der 
Behälter  B  durch  Oefihen  der  Hähne  B  und  r.  Ist  am  Standglas  eine 
genügende  Höhe  Gasolin  sichtbar,  so  schliefst  man  den  Hahn  r,  läfst 
aber  R  offen.  Das  Nachfüllen  geschieht  auf  dieselbe  Weise  auch  während 
des   Betriebs.     Nun    wird    aus    einem   Kautschukblasebalg   Luft   in   die 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  275 

Glocke  geblasen  durch  den  Hahn  K\  sobald  die  Glocke  oben  anstöfst, 
wird  der  Hahn  geschlossen.  Dies  hat  den  Zweck,  genügend  kalt  car- 
burirte  Luft  herzustellen,  um  in  den  ersten  Augenblicken  des  Betriebs 
den  Brenner  zu  speisen.  Ist  der  Apparat  im  Gang,  so  wird  Hahn  K 
wieder  geöffnet.  Der  Heizbrenner  in  der  Laterne  C  wird  entzündet,  die 
Flamme  brennt  blau.  Nun  öffnet  man  auch  den  Sicherheitshahn  an  der 
Hahnbüchse  F;  sobald  das  Rohr  E  warm  geworden  ist,  öffnet  man  lang- 
sam den  Regulatorhahn  d.  Es  fliefst  Gasolin  in  den  Heizapparat,  ver- 
dampft dort,  die  Dämpfe  steigen  im  Rohr  E  in  die  Höhe,  gehen  durch 
den  Injektor  in  der  Hahnbüchse  F  und  reifsen  Luft  mit,  mit  welcher 
gemischt  sie  in  die  Glocke  D  eintreten.  Das  Gasgemisch  geht  durch  die 
Säule  G  in  den  Druckregulator  E\  dessen  kleine  Glocke  hebt  sich  und 
der  Apparat  ist  nun  in  Thätigkeit.  Der  Hahn  der  Hauptleitung  wird 
geöffnet  und  an  den  Brennern  die  Flamme  entzündet,  Im  kalten  Regu- 
lator verdichtet  sich  etwas  Naphta,  welche  durch  die  kleine  Röhre  m  in 
das  Becken  B  unter  den  Flüssigkeitsspiegel  zurückläuft. 

Um  den  Gang  des  Apparats  zu  unterbrechen,  schliefst  man  den 
Hahn  Ä,  sowie  den  Sicherheitshahn  an  der  Hahnbüchse  F,  ferner  /?, 
löscht  den  Brenner  in  der  Laterne  C  und  schliefst  die  Hauptgasleitung. 
(Publication  industrielle  1889  S.  422.) 

Carburirapparat  für  Leuchtgas. 
Hiram  S.  Maxim  construirte  einen  einfachen  Carburator,  welcher 
in  der  Fabrik  der  Maxim-NordenfelCs  Geschütz-  und  Munitionsgesellschaft 
zu  Erith  in  Betrieb  ist.  Derselbe  steht  im  Kesselhaus  neben  der  Gas- 
uhr, mit  deren  Ausgang  verbunden ;  ein  Umgang  dient  zur  Abgabe  von 
nicht  carburirtem  Gas  am  Tage.  Der  Apparat  hat  das  Ansehen  eines 
grofsen  Injektors  oder  Dampfstrahl-Exhaustors;  es  ist  nämlich  ein  senk- 
rechter Cylinder,  aus  mehreren  Kammern  über  einander  bestehend,  von 
6  Fufs  Höhe  und  14  engl.  Zoll  äufserem  Durchmesser.  Bei  diesen  Mafsen 
kann  der  Carburator  für  1000  Flammen  dienen;  der  zu  Erith  speist  bis- 
her deren  700.  Die  unterste  Kammer  enthält  einen  Kupfercylinder,  die 
Retorte  genannt.  Derselbe  enthält  Gasolin,  welches  aus  einem  aufsen 
stehenden  Reservoir  einläuft,  etwa  zur  halben  Höhe  des  Cylinders.  Der- 
selbe ist  aufsen  von  Dampf  oder  heifsem  Wasser  umgeben,  wenn  der 
Apparat  in  Thätigkeit  sich  befindet.  Die  Gasolindämpfe  steigen  durch 
eine  Reihe  von  durchlöcherten  Platten  in  die  nächst  höhere  Kammer, 
welche  einen  in  Quecksilber  schwimmenden  kleinen  Gasbehälter  um- 
schliefst. Letzterer  dient  als  Mischkammer  für  Gas  und  Gasolindampf 
und  zugleich  als  einfacher  Regulator  für  die  Gröfse  der  Carburirung, 
welche  in  beliebigem  Mafs  erfolgen  kann.  Der  Behälter  trägt  innen 
eine  senkrechte  Achse,  welche  durch  ein  Rohr  in  die  Retorte  mündet. 
Am  oberen  Ende  der  Achse  ist  ein  Conus  angebracht,  welcher  das  Rohr 
vollständig  schliefst,  wenn  der  Behälter  leer  ist.    Tritt  Gas  in  denselben, 


276  Neuerungen  in  der  Gasindustiie. 

so  steigt  er  und  hebt  die  Aehse,  so  dafs  um  so  mehr  Gasolindampf  ein- 
tritt, je  hoher  der  Behälter  steigt.  Die  Gase  mischen  sich  und  findeu 
einen  Ausweg  durch  eine  Reihe  von  Löchern  im  obern  Theil  der  Be- 
hiilterwände;  die  Löcher  sind  so  angeordnet,  dafs  um  so  mehr  über  der 
Quecksilberoberfläche  sich  befinden,  je  mehr  Gas  eintritt  und  verbraucht 
wird. 

Der  Behälter  ist  also  sowohl  Druckregulator  oder  besser  Kheometer, 
als  auch  ein  Mischgefäfs.  Durch  die  getroffene  Anordnung  können  keine 
Gasolindämpfe  nach  oben  treten,  wenn  der  Apparat  nicht  in  Gang  ist, 
selbst  wenn  Wasserdampf  die  sogen.  Retorte  aufsen  umspült.  Läfst  mau 
Gas  eintreten,  so  tritt  stets  das  verhältnifsmäfsige  Quantum  Gasolindampf 
dazu,  indem  der  Behälter  steigt.  Eine  Veränderung  im  Gasverbrauch 
verursacht  also  keine  Aenderung  in  der  Leuchtkraft,  sondern  dieselbe 
bleibt  stets  dieselbe.  Eine  vollständige  Sättigung  des  Gases  mit  Gasolin- 
dampf würde  ein  Gas  von  60  Kerzen  auf  5  Cubikfufs  ergeben  ;  um 
aber  eine  Condensation  von  Oel  in  den  Rohrleitungen  zu  vermeiden,  ist 
es  zweckmäfsig,  nur  bis  auf  40  Kerzen  Gasolindampf  einzuführen. 

Gewöhnliches  Kohlengas  von  16  Kerzen  im  Argandbrenner  bei 
5  Cubikfufs  stündlichem  Verbrauch  gibt  im  offenen  Schnittbrenner  auf 
den  Cubikfufs  1,66  bis  1,74  Kerzen.  Nach  der  Carburation  brennen 
2,08  Cubikfufs  Gas  im  ähnlichen,  aber  kleineren  Brenner  in  der  Stunde, 
auf  den  Cubikfufs  Gas  treffen  6,68  Kerzen;  es  ergeben  also  2,08  Cubik- 
fufs carburirtes  Gas  mehr  Licht  als  7,6  Cubikfufs  nicht  carburirtes.  Es 
wird  dies  erreicht  durch  einen  Aufwand  von  4,38  Gallons  auf  1000  Cubik- 
fufs Gas  (70',3  auf  100<*m).  Bei  einem  Gaspreis  von  17  Pf.  für  l<*m 
beträgt  die  Ersparnifs  57,2  Proc,  wobei  das  Gasolin  zu  20  Pf.  der  Liter 
angenommen  ist.  Der  Verbrauch  an  Dampf  oder  heifsem  Wasser  ist 
sehr  gering.    (Journal  of  Gaslighting  1889  53  989.) 

lieber  Photometrie4^  von  John  Methven. 
Die  Ueberwachung  und  Prüfung  der  Gasversorgung  Londons  liegt 
bekanntlich  in  den  Händen  der  städtischen  Gas-Referees.  Dieselben 
haben  nach  ihren  Instructionen  a)  die  Art  und  Weise  anzugeben  und 
zu  prüfen,  nach  welcher  die  Leuchtkraft  des  Gases  gemessen  wird: 
b)  die  Methoden  anzuordnen,  nach  welchen  die  Reinheit  desselben  fest- 
gestellt wird;  c)  die  Gasmenge  zu  prüfen,  welche  die  öffentlichen  Laternen 
verbrauchen;  d)  die  Zahl  und  Lage  der  Prüfungsstationen  anzugeben, 
sowie  die  darin  nöthigen  Apparate;  e)  den  Druck  zu  messen,  welchen 
die  Gasfabriken  in  den  verschiedenen  Tageszeiten  geben.  Die  Leucht- 
kraft des  gewöhnlichen  Gases  soll  bei  5  Cubikfufs  stündlichem  Ver- 
brauch 16  Kerzen  betragen,  der  Druck  0,6  bezieh.  Abends  1  Zoll  Wasser- 
höhe.  Nun  haben  aber  die  Referees  seit  dem  Erscheinen  der  ursprünglichen 

4  Vortrag,  gehalten  auf  der  Southern  District  Association  of  Gas  Enpineers 
and  Managers,  London. 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  277 

Gasacte  ihre  Photometer  verändert,  so  dafs  die  Leuchtkraft  eines  Gases 
jetzt  niederer  gemessen  wird  als  früher.  Das  Photometer  soll  ein  ßunsen- 
sehes  sein  in  verbesserter  Form;  es  sind  aber  schon  mehrere  solche 
verbesserte  Formen  von  den  Referees  eingeführt  worden.  Ein  solches 
i>t  z.  B.  im  Gebrauche  in  der  Prüfungsstation  in  Lambeth  Road,  wäh- 
rend die  Gaswerke  ein  Lethebi/sches  Photometer  benutzen;  es  ist  dies  ein 
neues  Instrument  mit  festen  Punkten  zur  Stellung  der  Gasflamme  und 
des  Schirms,  während  die  Kerzen  auf  einer  beweglichen,  verschiebbaren 
Wage  stehen.  Auf  dem  Äunsm-Photometer  betrug  die  Leuchtkraft  des 
Gases  während  eines  Zeitraumes  von  6  Monaten  im  Mittel  16,38  Kerzen, 
in  der  Fabrik  wurden  aber  am  Letheby- Apparat  in  derselben  Zeit 
17,12  Kerzen  gemessen;  es  zeigte  sich  also  ein  Verlust  von  4,3  Proc. 
I>a  das  Gas  sich  auf  dem  Wege  zur  Stadt  nicht  so  viel  verändert 
haben  konnte,  so  mufste  der  Fehler  am  Instrument  liegen.  Der  einzige 
Unterschied  desselben  fand  sich  in  der  Gröfse  der  Kammern  an  jedem 
Ende,  in  welchem  das  Gas  und  die  Kerzen  brennen,  ferner  in  der  Ent- 
fernung des  Normalbrenners  vom  Schirm;  dieselbe  betrug  beim  Photo- 
meter in  den  Gaswerken  7%  Zoll;  am  anderen  aber  21  Zoll;  im  ersteren 
Falle  war  die  Kammer  rechtwinkelig  und  senkrecht  zur  Achse  des 
Photometers  aufgestellt,  an  dem  Apparate  der  Prüfungsstation  dagegen 
dreieckig,  gegen  den  Schirm  zu  geöffnet.  Die  Wände  der  recht- 
winkeligen Kammer  reflektirten  Licht  auf  den  Schirm,  während  dies 
in  der  dreieckigen  Kammer  nicht  der  Fall  war.  Eine  Veränderung  der 
Form  verringerte  das  reflektirte  Licht,  beseitigte  es  aber  nicht  voll- 
ständig. Es  wurden  ausgeschnittene  Blenden  zwischen  Kammer  und 
Schirm  gesetzt;  bei  vergröfsertem  Ausschnitte  von  6S/8X2  Zoll  auf 
•'s  X8  Zoll  ergab  sich  eine  Erhöhung  der  gemessenen  Leuchtkraft  des 
Gases  von  15,80  auf  16,33  Kerzen.  Bei  veränderter  Kammer  war  die 
Erhöhung  geringer,  bei  größeren  Ausschnitten  änderte  sich  die  Leucht- 
kraft fast  nicht  mehr.  Die  Zunahme  an  Licht  kam  nachweislich  von 
dem  vom  Glascylinder  reflektirten  Licht,  welches  bei  kleinen  Oeffnungen 
nicht  in  dem  Mafse  Zutritt  zum  Schirm  hatte  als  bei  erofseu. 

In  neuerer  Zeit  wurde  in  mehreren  Prüfungsstationen  ein  ver- 
bessertes Bimsen  sches  Instrument  eingeführt,  genannt  ein  Thurm-Photo- 
meter.  Dasselbe  hat  die  Gasflamme  wie  die  Kerzen  in  einen  langen 
Kamin  eingeschlossen;  durch  denselben  zieht  die  Luft  in  grofser  Menge 
mit  ganz  anderer  Geschwindigkeit  als  ohne  Kamin,  viel  stärker  natürlich 
bei  der  Gasflamme  als  bei  den  Kerzen.  Das  Gas  wird  hierbei  unter 
ganz  anderen  Bedingungen  geprüft,  als  es  im  öffentlichen  Gebrauche 
der  Fall  ist,  die  Messungen  fallen  zu  niedrig  aus.  Die  Gas-Referees 
haben  demnach  schon  zwei  Photometer  eingeführt,  welche  niederere 
Resultate  ergaben  als  die  Apparate,  welche  bei  Erlafs  der  Gasacte  in 
Gebrauch  waren.  Nun  sind  sie  daran,  das  Evans- Photometer  zu  ändern, 
um  es  den  neuen  gleich  zu  gestalten.    Diese  Neuerungen  sind  zum  grofsen 


278  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

Schaden  der  Gasfabriken  erfolgt,  denn  die  Lichtmessungen,  welche 
früher  einer  Kohle  einen  bestimmten  Lichtwerth  zuschrieben,  geben 
jetzt  geringere  Zahlen  an.  Es  ist  auch  fraglich,  ob  die  Gasfabrikeu 
in  London  überhaupt  eine  Kohle  finden,  welche  gut  genug  ist,  um  den 
neuen  Ansprüchen  zu  genügen. 

Bei  dem  Baue  der  neuen  Photometer  wurde  der  OOzölligen  (1"',52) 
Photometerbank  der  Vorzug  gegeben,  während  die  lOOzöllige  (2m,54) 
im  Verschwinden  begriffen  ist.  Bei  diesem  Wechsel  ist  aber  die  Sache 
weder  vereinfacht  noch  genauer  geworden;  um  einen  Unterschied  von 
2  Kerzen  zu  erlangen,  also  von  15  bis  17  Kerzen,  beträgt  die  Ver- 
schiebung des  Schirms  an  dem  lOOzölligeu  Apparate  19/lt;  Zoll,  am 
60zölligen  dagegen  nur  H/.^  Zoll;  dabei  beträgt  die  Normalflamme 
2  Kerzen.  Die  Schwierigkeit,  am  60zölligen  Instrument  einzustellen,  ist 
gröfser  als  am  anderen.  —  Verfasser  construirte  ein  neues  Photometer 
(welches  vorgezeigt  wurde),  an  welchem  die  zu  2  Kerzen  Aenderung 
nöthige  Verschiebung  23/4  Zoll  beträgt,  also  erheblich  mehr  als  früher. 
Das  Prinzip  desselben  ist,  dafs  Normalflamme  und  Photometerschirm  in 
bestimmter  Entfernung  von  einander  auf  der  Photometerbank  fest  auf- 
gestellt sind,  während  die  zu  prüfende  Gasflamme  beweglich  ist.  Bei 
16  Kerzen  Gas  beträgt  die  Entfernung  der  beiden  Flammen  60  Zoll. 
Wenn  gewünscht,  kann  die  Normalflamme  und  der  Schirm  auch  zu- 
sammen auf  einem  beweglichen  Schlitten  befestigt  und  zusammen  ver- 
schoben werden,  wobei  die  zu  prüfende  Gasflamme  feststeht.  Als 
Normalflamme  dient  hier  stets  der  Methven-Schirm  mit  Ausschnitt, 
welcher  genau  2  Kerzen  Licht  hindurchläfst.  Das  Instrument  dient  mit 
Vortheil  als  tragbares  Photometer. 

Der  Normalbrenner  für  Kohlengas  soll  ein  Sugg' s-London-Arg-and- 
brenner  sein  nach  der  Gasacte;  der  zu  verwendende  Brenner  soll  so 
beschaffen  sein,  dafs  er  aus  dem  Gase  die  gröfstmögliche  Leuchtkraft 
erzielt  und  auch  für  die  Consumenten  brauchbar  ist.  Sugg  gab  seinem 
Brenner  ursprünglich  zwei  verschieden  weite  Cylinder,  bei  6  Zoll  Höhe 
l7/8  und  l3/4  Zoll  weit,  um  je  nach  der  Güte  des  Gases  eine  hohe 
Leuchtkraft  zu  erreichen.  Die  Referees  nahmen  den  weiteren  Cylinder 
als  normal  an.  Verfasser  kam  aus  seinen  Versuchen  zu  der  Ueber- 
zeugung,  dafs  der  Brenner  mit  dem  weiteren  Cylinder  nicht  die  höchste 
Leuchtkraft  erzielt;  er  mafs  die  Leuchtkraft  vorschriftsmäfsig  bei  5  Cubik- 
fufs  stündlichem  Verbrauch  und  corrigirte  das  Resultat  nach  Barometer 
und  Temperatur;  als  Mittel  von  40  Messungen  an  4  Tagen  wurde 
15,34  Kerzen  gemessen;  nun  wurde  der  Verbrauch  erhöht  bis  zu  16  Kerzen 
Leuchtkraft,  dann  auf  den  vorigen  Consum  mit  Druck  und  Temperatur 
corrigirt;  es  ergab  sich  15,68  Kerzen.  Es  zeigt  dies,  dafs  die  Leucht- 
kraft des  Gases  noch  etwas  erhöht  werden  kann.  Verfasser  fand  auch, 
wie  schon  früher  Poole,  dafs  die  Leuchtkraft  eines  Gases  im  gleichen 
Brenner  sich  änderte  mit  dem  verbrannten  Quantum  Gas  weniger  einer 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  279 

bestimmten  Constaute.  Obwohl  nun  bei  vielen  Versuchen  das  ver- 
brannte Gasquantum  das  gleiche  war,  so  änderte  sich  doch  die  Menge 
der  schweren  Kohlenwasserstoffe  im  Gas  mit  dem  Resultat,  dafs  die 
Höhe  der  Flamme  sich  verkleinerte.  Zugleich  verbraucht  sie  weniger 
Luft  zur  Verbrennung;  damit  wächst  die  Menge  der  unverbrauchten 
Luft  im  Brenner,  und  je  kleiner  die  Flamme  wird,  d.  h.  je  gering- 
werthiger  das  Gas  ist,  um  so  gröfser  wird  der  Einflufs  der  Luft  auf 
dieselbe.  Der  Ueberschufs  an  Luft  raubt  der  Flamme  Leuchtkraft,  so 
dafs  die  Lichtentwickelung  sinkt.  Damit  ist  gezeigt,  dafs  der  Brenner, 
als  von  atmosphärischen  Bedingungen  abhängig,  durchaus  nicht  immer 
die  höchste  Leuchtkraft  entwickelt. 

Einer  Veränderung  in  den  atmosphärischen  Bedingungen  folgen  so- 
wohl die  Luft  wie  auch  das  Gas  in  ihrer  Dichtigkeit.  Wie  die  Dich- 
tigkeit des  Gases  ist,  so  ist  auch  die  Dichtigkeit  der  Flamme  im  Brenner. 
Es  folgt  aber  durchaus  nicht,  dafs  unter  höherem  Barometerdruck  und 
höherer  Temperatur  die  Flamme  gröfser  wird,  weil  mehr  Gas  die  Uhr 
passirt;  sondern  im  Gegentheil  die  Verbrennung  des  dichteren  Gases  in 
der  ebenfalls  dichteren  Luft  tritt  näher  am  Brenner  ein,  die  Flammenhöhe 
sinkt.  Bei  niederem  Druck  und  hoher  Temperatur  wird  die  Dichtig- 
keit der  Flamme  verringert,  dieselbe  gewissermafsen  verdünnt  und 
damit  auch  die  Zugkraft  des  Cylinders  verringert.  Es  brennt  also  die 
Flamme  bei  verringertem  Sauerstoffzutritt,  dessen  Folge  eine  sogleich 
auffallende  bräunliche  Farbe  der  Flamme  ist.  Aus  diesen  Gründen 
wirkt  die  Correctur  nach  Druck  und  Temperatur  so  ungleich;  tritt  die- 
selbe bei  Gas  von  niederem  specifischen  Gewichte  ein,  so  wird  die 
Leuchtkraft  erheblich  verbessert,  bei  höherem  specifischen  Gewichte 
dagegen  weniger.  Dies  zeigt  ebenfalls,  dafs  der  Brenner  nicht  immer 
die  volle  Leuchtkraft  des  Gases  zur  Entwickelung  kommen  läfst. 

Die  Zugkraft  des  Cylinders  ist  ein  ganz  bestimmter  Betrag;  ist 
in  demselben  zu  viel  Flamme,  so  wird  weniger  Luft  eingezogen,  ist 
die  Flamme  dagegen  klein,  so  tritt  um  so  mehr  Luft  ein.  Die  Zug- 
kraft ist  abhängig  von  dem  Verhältnisse  der  Dichtigkeit  der  Gase  im 
Cyliuder  und  der  umgebenden  Luft;  hat  letztere  eine  sehr  niedere  Tem- 
peratur, so  tritt  mehr  Luft  ein  als  bei  höherer  Wärme.  Damit  ändert 
sich  auch  die  Leuchtkraft  der  Flamme;  photometrirt  man  dasselbe 
Quantum  Gas  am  gleichen  Apparate  bei  verschiedenen  Temperaturen 
des  Raumes,  so  ergeben  sich  sehr  verschiedene  Zahlen.  Folgende  Ver- 
suche zeigen,  wie  wichtig  es  ist,  im  Photometerlokal  stets  ungefähr  die 
gleiche  Temperatur  zu  halten:  Ein  und  dasselbe  Gas  ergab  am  offenen 
Photometer  unter  sonst  gleichen  Bedingungen  bei  3,9»  C.  15,93  Kerzen, 
bei  22,2°  C.  dagegen  16,90  Kerzen,  also  eine  Zunahme  von  0,97  Kerzen. 
am  geschlossenen  Photometer  16,42  und  17,46  Kerzen,  also  1,04  Zu- 
nahme. Es  fand  sich  auch,  dafs  der  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  einen 
grofsen  Einflufs    auf  die  Leuchtkraft  ausübt,   wie   später  gezeigt  wird. 


280  Neuerungen  in  der  Gasindiistric 

Um  die  Ursachen  der  verschiedeneu  Lichtentwickelung  aufzusuchen, 

wurde  erst  ein  genau  gleichmäfsiges  Normallicht  construirt:  hierzu 
diente  carburirtes  Gas,  welches  in  einem  gemessenen  Quantum  zu- 
geführter getrockneter  Luft  verbrannt  wurde.  Der  Luftbehälter  Btand 
in  einem  grofsen  Räume  von  gleichmäfsiger  Temperatur,  ganz  unab- 
hängig vom  Prüfungslokale,  so  dafs  für  vollständig  constanten  Luft- 
und  Gaszutritt  gesorgt  war.  Der  Brenner  entwickelte  die  höchste 
Leuchtkraft  bei  niederer  Temperatur.  Es  wurde  daraus  klar,  dafs  die 
Temperaturerhöhung  nicht  zu  der  früher  gefundenen  angeblichen  Er- 
höhung der  Leuchtkraft  bei  wachsender  Temperatur  von  3,9°  auf  2:2, 2° 
beitrug,  sondern  dafs  dieselbe  starken  Einflufs  auf  die  Kerzen  übte, 
nämlich  deren  Leuchtkraft  verringerte.  So  wurde  z.  B.  ein  Gas,  am 
offenen  Photometer  gegen  Kerzen  gemessen,  bei  —  8,6°  C.  gefunden  zu 
16,32  Kerzen,  bei  4-13,3°  dagegen  zu  16,78  Kerzen;  mit  der  vorhin 
geschilderten  Normalflamme  dagegen  wurde  gefunden  16,37,  bei  der 
höheren  Temperatur  16,00  Kerzen;  hier  zeigte  sich  also  eine  Ver- 
ringerung, welche  allein  von  dem  veränderten  Verhältnisse  am  Gas- 
brenner herrührte.  Verfasser  war  früher  überrascht  über  die  Erhöhung 
der  Leuchtkraft  eines  Brenners,  als  er  die  zugeführte  Luft  mit  Eis 
kühlte;  dieselbe  betrug  10 1'3  Proc.  Es  lag  dies  allein  an  der  Ent- 
fernung des  Wasserdampfes  aus  der  Luft,  welcher  im  Kühlrohr  blieb. 
Hier  zeigt  sich  also  die  überraschende  Thatsache,  dafs  eine  Ernie- 
drigung der  Temperatur  der  zugeführten  Luft  dasselbe  Resultat  ergab, 
welches  andere  z.  B.  bei  Regenerativbrennern  durch  das  Gegentheil 
erreichen. 

M.  Bremond  beschreibt  in  einer  interessanten  Arbeit  über  den  Ein- 
flufs der  atmosphärischen  Verdünnung  auf  die  Leuchtkraft  von  Gas  Ver- 
suche, welche  in  verschiedenen  Höhen  der  spanischen  Nordbahn  an- 
gestellt wurden;  der  Apparat  war  in  einem  Güterwagen  eingerichtet. 
Der  Schlufs,  zu  welchem  er  gelangt,  ist  der,  dafs  mit  steigender  Höhe 
der  Verlust  an  Leuchtkraft  zunimmt,  und  zwar  unabhängig  von  Druck 
und  Temperatur,  welche  das  Gas  verdünnen.  Seine  Hauptangabe  über 
die  durch  die  Verdünnung  der  Luft  sinkende  Leuchtkraft  ist  die,  dafs 
je  100  Fufs  Erhöhung  dieselbe  um  0,742  Proc.  verringern.  Dies  ist  ein 
weiterer  Beweis  für  den  Einflufs  der  Dichtigkeit  der  Luft  auf  die  Licht- 
entwickelung im  Brenner. 

Versuche  über  den  Lichtwerth  von  Kerzen  (lammen.  Da  der  Kerzen- 
docht sich  neigt,  so  hat  jede  Flamme  eine  schmale  und  breite  Seite 
wie  eine  Gasflamme.  Die  Leuchtkraft  wechselt  je  nach  der  Seite, 
welche  dem  Schirm  zugeneigt  ist;  der  Vergleich  gegen  einen  Methven- 
Schirm  mit  2  Kerzen- Ausschnitt  ergab  folgende  Zahlen;  dieselben  er- 
scheinen etwas  niedrig,  weil  der  Ausschnitt  etwas  mehr  als  2  Kerzen- 
licht hindurchliefs: 


Neuerungen  in  <ler  Gasindustrie.  281 

Leuchtkraft  der  2  Kerzen 
in  Normalkerzen 

A.  Beide  Dochtebenen  parallel  zum  Photometerschirm      .     1,999 

B.  Dochtebene   rechtwinkelig   zum    Schirm,   Docht   gegen 

denselben  geneigt 1,957 

C.  Dochtebene  rechtwinkelig  zum  Schirm,  Docht  von  dem- 

selben weg  geneigt 1,933 

Die  Instruction  der  Referees  schreibt  vor,  die  Kerzen  sollten  so 
gestellt  werden,  dafs  die  Dochtebene  der  einen  Kerze  senkrecht  zu  der 
der  anderen  Kerze  steht.  Es  gibt  viele  Stellungen,  in  welchen  dies 
der  Fall  ist,  aber  nur  eine,  in  welcher  die  Kerzen  ihre  mittlere  Leucht- 
kraft dem  Schirm  zuführen.  Beim  /iuans-Photometer  sind  die  Kerzen 
verschiebbar  zur  Lichtmessung;  ein  Zeiger  am  Kerzengestell  gibt  an 
der  Scala  die  Helligkeit  des  Gases  an;  hier  ist  natürlich  die  Stellung 
der  Dochte  von  grofser  Wichtigkeit.  Bei  dem  Schirm  zugeneigten 
Dochten  wurde  an  diesem  Apparate  die  Helligkeit  der  beiden  Kerzen 
auf  240  Grains  stündlichen  Verbrauch  2,032  Kerzen  gefunden,  vom 
Schirm  weggeneigt  1,953  Kerzen,  also  4  Proc.  Unterschied.  Als  eine 
Gasflamme  ebenso  zweimal  gemessen  wurde5,  ergab  sich  3,6  Proc. 
Differenz.  Im  ersteren  Falle  ist  die  Messung  zu  Ungunsten  des  Gases 
niederer,  im  letzteren  Falle  höher.  Werden  die  Kerzen  stets  so  ge- 
stellt, dafs  sie  ihre  mittlere  Leuchtkraft  dem  Schirm  zusenden,  also 
beide  Dochte  zu  demselben  geneigt,  so  sind  die  Schwankungen,  die  ge- 
wöhnlich den  Kerzen  zugeschrieben  werden,  nicht  grofs.  Systematische, 
ein  Jahr  lang  täglich  angestellte  Versuche  ergaben  am  offenen  Photo- 
meter eine  mittlere  Abweichung  vom  Mittel  nach  oben  um  1,59  Proc, 
1,37  Proc.  unten  nach,  also  eine  gesammte  Abweichung  von  2,96  Proc. 
Am  geschlossenen  /sVans-Photometer  war  die  mittlere  Abweichung  nach 
oben  1,44  Proc,  nach  unten  1,36  Proc,  gesammt  2,80  Proc. 

Die  Temperatur  des  Lokals  übt  einen  grofsen  Einflufs  auf  die  Hellig- 
keit von  Kerzen  aus;  bei  10°  C.  hatte  eine  Kerze  auf  120  Grains  stünd- 
lichen Verbrauch  die  Helligkeit  1,198  Kerzen;  bei  22,2°  C.  dagegen 
1,041  Kerzen,  also  13  Proc.  weniger.  Der  mittlere  Wallrathverbrauch 
betrug  in  der  Stunde  120,2  und  119,7  Grains,  also  nur  sehr  wenig  ver- 
schieden. —  Prof.  Tyndall  beschreibt  in  seinem  Werk  ,,  Wärme,  eine  Art 
von  Bewegung'1-  Versuche,  welche  er  mit  Dr.  Frankland  über  die  Ver- 
schiedenheit von  Kerzenflammen  am  Fufs  und  auf  der  Spitze  des  Mout 
Blanc  anstellte.  Er  sagt:  „Der  Anblick  der  sechs  Flammen  überraschte 
uns  beide;  sie  schienen  nur  ein  Gespenst  derjenigen,  welche  wir  in 
Chamounix  gesehen  hatten,  klein,  schwach  und  farblos,  mit  bedeutend 
verringerter  Verbrennungskraft.     Die   Wägung   ergab  die    unerwartete 

5  Bekanntlich  werden  in  England  zur  Lichtmessung  stets  2  Kerzen  ge- 
braucht und  keine  bestimmte  Flammenhöhe  eingehalten,  wie  bei  uns  üblich, 
sondern  deren  Helligkeit  zu  2  Kerzen  angenommen.  In  vielen  Fällen  wird 
die  Leuchtkraft  eines  Gases  auch  in  Grains  Wallrath  angegeben,  welche  Kerzen 
von  derselben  Helligkeit  zusammen  in  einer  Stande  verbrauchen  wurden. 


282  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

Thatsaehe,  dafs  das  Quantum  stündlich  verbrauchtes  Stearin  geuau  das- 
selbe war  auf  der  Spitze  des  Berges  wie  im  Thal.  Diese  Erscheinung 
ist  der  gröfseren  Beweglichkeit  der  Luft  in  dieser  Höhe  zuzuschreiben; 
die  Theilchen  Sauerstoff  durchdringen  die  Flamme  mit  gröfserer  Leich- 
tigkeit und  zerstören  ihre  Leuchtkraft,  verkleinern  die  Flamme  durcb 
ihre  rasche  Wirksamkeit.  Bei  Erniedrigung  der  Dichtigkeit  der  Luft 
wird  die  Beweglichkeit  deren  Atome  vergröfsert."  Methven  schreibt 
nun  den  Verlust  an  Leuchtkraft  bei  höherer  Temperatur,  also  geringer 
Dichtigkeit  der  Luft,  einer  anderen  Ursache  zu,  nämlich  dem  erhöhten 
Gehalt  an  Wasserdampf. 

Ueber  den  Einfluß  des  Wasserdampfes  auf  die  Leuchtkraft  von  Flammen 
stellte  Verfasser  verschiedene  Versuche  au;  so  fand  er  die  Leuchtkraft 
einer  Kerze  gegen  ein  constantes  Normallicht  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur und  feuchter  Luft  zu  1,104  Kerzen  auf  120  Grains  stündlichen 
Consum,  bei  trockener  Luft  dagegen  1,196  Kerzen,  also  um  8,38  Proc. 
mehr.  Speist  man  einen  Argandbreuner  mit  trockener  Luft,  so  ist  die 
Leuchtkraft  eine  hohe  und  sehr  gleichmäfsige:  mit  feuchter  warmer 
Luft  dagegen  sinkt  dieselbe  bedeutend.  Zwischen  10°  C.  und  23,9° 
mit  trockener  und  feuchter  Luft  betrug  die  Erniedrigung  für  eine 
5  Cubikfufs-Flamme  10  Proc.  Die  Flamme  eines  5  Cubikfufs-Flach- 
brenners  in  eine  Kugel  eingeschlossen  und  ebenso  wie  vorher  behandelt 
verlor  11,2  Proc.  an  Leuchtkraft.  Eine  21l2  Zoll  hohe  Flamme  von 
Kohlengas  wurde  in  Barcourfs  Pentanbreuner  mit  Cylinder  auf  gleiche 
Weise  mit  trockener  und  warmer  feuchter  Luft  behandelt:  sie  verlor 
zwischen  denselben  Wärmegraden  13  Proc.  an  Leuchtkraft.  Am  Brenner 
wurde  eine  Einrichtung  angebracht,  welche  ein  gemessenes  Quantum 
Luft  einblasen  liefs,  aber  auch  es  möglich  machte,  dafs  der  Brenner 
wie  gewöhnlich  Luft  einzog.  Die  eingeblasene  Luft  wurde  nach  jedem 
Versuche  gemessen;  bei  Anwendung  von  trockener  Luft  im  5cm- Argand- 
brenner erhöhte  sich  die  nöthige  Luftmenge  mit  steigender  Temperatur 
wie  folgt: 

Temperatur  Leuchtkraft  Stündlich  \ erbrauchte  Luft 

18,9«  C 15,4  Kerzen  ....     10,42cbm 

29,40  C 15,1         „  ....     11,46 

400     c 14,7         „  ....     11,89 

Mit  feuchter  Luft  trat  eine  ähnliche  Reihe  ein  im  Luftverbrauche  bei 
sinkender  Helligkeit  der  Flamme.  Bei  erhöhtem  Luftzutritt  verlor  die 
Argandflamme  stets  an  Leuchtkraft,  und  zwar  verursachten  mit  trockener 
Luft  48,8  Proc.  Erhöhung  der  Luft  eine  Lichtverringerung  um  20  Proc, 
oder  1  Proc.  —  0,076  Kerzen.  Von  feuchter  Luft  erniedrigen  50,6  Proc. 
Erhöhung  die  Helligkeit  um  21,3  Proc,  d.  h.  1  Proc.  um  0,071  Kerzen. 
Bei  Anwendung  verschiedener  Cvlinder  wechseln  diese  Zahlen. 

Es  mufs  bemerkt  werden,  dafs  diese  Versuche  nur  Uebertreibungen 
der  Veränderungen    darstellen,    welche    unter    den    gewöhnlichen    Be- 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  283 

dingungen  der  Atmosphäre  vorkommen  können,  sowie  an  den  Breuuern 
unter  gewöhnlichen  Verhältnissen. 

Indessen  sind  dieselben  doch  sehr  lehrreich,  indem  sie  zeigen, 
welchen  Einflüssen  eine  Flamme  unterworfen  ist  und  wie  durch  die- 
selben die  Prüfung  des  Leuchtgases  so  wechselnde  Resultate  ergeben 
kann.     {Gas-  World,  1889  S.  572.) 

Heber  die   Herstellung  von   Sauerstoß'   und    dessen    Verwendung    zur  Gas- 
reinigung;  von  A.   Valon.^ 

Die  Darstellung  von  Sauerstoff  nach  dem  Verfahren  der  Brin's 
Company  geschieht  bekanntlich  durch  Ueberleiten  von  Luft  über  er- 
hitzten Baryt  und  Absaugen  des  absorbirteu  Sauerstoffs  bei  erhöhter 
Temperatur  mittels  einer  Pumpe.  Die  hierbei  wechselnden  Temperaturen 
betrugen  650  und  790°  C.  Bei  den  Versuchen  zeigte  es  sich,  dafs  ebenso 
wohl  beim  Ueberleiten  wie  Absaugen  derselbe  Hitzegrad  eingehalten 
werden  könne. 

Yalon  setzte  die  Stahlretorten  mit  Baryt  in  gewöhnliche  Gasretorten 
ein,  welche  im  gewöhnlichen  Ofen  erhitzt  wurden.  Die  Anordnung  zeigt 
Fig.  3  und  4  Taf.  15;  die  Mundstücke  und  Steigrohre  wurden  entfernt, 
die  Zwischenräume  zwischen  den  stählernen  und  den  Chamotteretorten 
mit  feuerfesten  Steinstücken  in  Zwischenräumen  ausgesetzt.  Die  Vorder- 
seite der  Retorten  wurde  mit  einer  gufseisernen  Platte  verschlossen, 
deren  Aufsenseite  mit  nicht  wärmeleitender  Masse  überzogen.  In  jede 
der  ovalen  Retorten  von  den  Mafsen  22  auf  16  Zoll  (558  auf  406mm) 
kamen  4  Stahlretorten;  die  untersten  beiden  Gasretorten  blieben  leer. 
In  Fig.  3  sind  A  die  Chamotteretorten,  B  die  Stahlröhren,  C  die  Ver- 
bindungsrohre an  den  Deckeln,  D  die  Rohrleitung  von  der  Luftpumpe 
zu  den  Eintrittsrohren  der  Stahlretorten,  E  die  Leitung  von  der  Luft- 
pumpe zu  den  Ausgängen  der  Stahlretorten.  Die  Einhüllung  in  die 
Gasretorten  gestattet  eine  gleichmäfsigere  Erhitzung  der  Stahlretorten 
als  ohne  die  ersteren.  Eine  Anordnung  ohne  die  Einhüllung  zeigt  Fig.  4. 
Wo  sehr  auf  geringen  Raum  gesehen  werden  mufs,  sind  senkrecht 
stehende  Retorten  in  Gebrauch,  so  z.  B.  in  Westminster. 

Die  Umstellung  der  Ventile  beim  Ueberleiten  der  Luft  und  Ab- 
saugen des  Sauerstoffs  geschah  bisher  durch  Hand;  dieselbe  geschieht 
nunmehr  automatisch.  Für  kleinere  Anlagen  ist  eine  Pumpe  zum  Ueber- 
leiten und  Absaugen  genügend;  bei  gröfserem  Betriebe  sind  zwei  oder 
mehr  Pumpen  erforderlich,  deren  jede  für  eine  bestimmte  Zahl  Rohre 
dient;  es  kann  also  eine  Pumpe  beständig  einblasen,  eine  andere  ab- 
saugen. Je  gröfser  die  Einrichtung  wird,  um  so  billiger  kommt  des- 
halb die  Production  zu  stehen.  Zwischen  der  Luftpumpe  und  den 
Stahlretorten  wird  ein  kleiner  runder  Kalkreiniger,    sowie   ein   solcher 


fi  Vortrag,  gehalten  in  der  Versammlung  des  Gas-Instituts. 


284  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

mit  Aetznatron  eingeschalte!  zur  Entfernung  von  Kohlensäure  und 
Wasser.  Die  atmosphärische  Luft  wird  durch  diese  beiden  in  den  Ofen 
geprefst;  der  durchgehende  Stickstoff  entweicht  durch  ein  Ventil.  Das 
Einblasen  geschieht  eine  bestimmte  Zeit  lang;  dann  werden  die  Ventile 
umgestellt,  die  Luft  aus  den  Rohren  ausgesaugt  bis  zu  63cm,5  Wasser- 
höhe Vacuum  und  ins  Freie  durch  einen  Hahn  geblasen.  Ist  dies 
Vacuum  erreicht,  so  wird  der  nun  abgehende  Sauerstoff  in  den  Behälter 
gedrückt.  Derselbe  enthält  in  der  Gasanstalt  Ramsgate  lcbm,18,  doch 
ist  ein  gröfserer  wünschenswert.  Der  Sauerstoff  geht  durch  eine  Gas- 
uhr, welche  auf  den  gewünschten  Zusatz  zum  Rohgase  eingestellt  ist, 
in  das  Eingangsrohr  des  Exhaustors;  von  da  geht  derselbe  mit  dem 
Rohgase  vorwärts  in  die  Reinigungsapparate. 

W.  G.  Hicks  in  Ramsgate  hat  einen  Apparat  angegeben,  welcher 
den  Sauerstoffzusatz  zum  Gase  stets  in  gleicher  procentmäfsiger  Menge 
dem  Gase  zusetzt;  dies  wird  erreicht  durch  ein  Räderwerk,  welches 
an  der  Trommelachse  des  Stationsgasmessers  angebracht  ist;  dasselbe 
bewegt  die  Achse  des  Sauerstoffgasmessers  und  läfst  dadurch  Sauer- 
stoff eintreten.  Durch  verschiedene  eingesetzte  Zahnräder  kann  die  Menge 
des  zugesetzten  Sauerstoffs  geändert  werden;  derselbe  ist  stets  proportional 
der  Menge  des  erzeugten  Gases. 

Bei  dem  Besuche  der  Jahresversammlung  des  Southern  Districl 
Association  of  Gas  Engineers  zu  Ramsgate  wurde  ein  Reinigerkasten  mit 
Kalk,  etwa  in  halb  ausgebrauchtem  Zustande,  geöffnet;  der  Kalk  zeigte 
keinerlei  unangenehmen  Geruch,  wie  ihn  sonst  der  Grünkalk  entwickelt. 
Der  Kasten  wurde  wieder  geschlossen  und  reinigte  noch  25  Tage  hin- 
durch Gas;  selbst  da  war  er  noch  nicht  vollständig  ausgebraucht,  denn 
das  eintretende  Rohgas  enthielt  in  100cbm  1441?  Schwefelwasserstoff  und 
1707?  Kohlensäure,  am  Ausgange  des  Reinigers  dagegen  1270?  und 
14876;  es  trat  also  noch  eine  Abnahme  ein.  Das  Zeichen  für  einen 
ausgebrauchten  Reinigerkasten  ist  gleicher  Kohlensäuregehalt  im  Roh- 
gase vor  und  nach  demselben.  Die  Gröfse  der  Reinigerkasteu  in  Rams- 
gate ist  4,26  X  4m,26,  also  mit  18'im,l  Reinigungsfläche.  Die  drei  Kasten 
wurden  jeder  mit  9cbm,2  gelöschtem  Kalk,  von  welchem  aber  nur  etwa 
60  Proc.  caustisch  waren,  gefüllt.  Zwei  Kasten  wurden  zugleich  in  Betrieb 
gesetzt;  nach  6  Tagen  war  im  Kasten  1  weder  Kohlensäure  noch  Schwefel- 
wasserstoff zu  finden.  Am  7.  Tag  fanden  sich  224?  Kohlensäure  und  820? 
Schwefelwasserstoff;  das  Rohgas  enthielt  au  diesem  Tag  1807?  bezieh. 
1373?  (0,92  Vol.-Proc.  Kohlensäure  und  0,90  Vol.-Proc.  Schwefelwasser- 
stoff). Der  Schwefel  in  anderer  Form  als  Schwefelwasserstoff  im  ge- 
reinigten Gas  war  unter  13?,7  in  100cbm  Gas.  Am  7.  Tag  begann  also 
der  zweite  Reiniger  zu  arbeiten;  bis  zum  14.  Tag  zeigte  sich  an  seinem 
Ausgange  weder  Kohlensäure  noch  Schwefelwasserstoff.  Nun  winde 
noch  Kasteu  3  in  Betrieb  genommen,  und  erst  am  29.  Tag,  nachdem 
Kasten    1    zu    arbeiten    begonnen    hatte,    zeigte   Nr.  3    am    Ausgange 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie.  285 

11^,4  Schwefelwasserstoff'  und  eine  Spur  Kohlensäure.  Nr.  1  war  noch 
nicht  ganz  erschöpft,  obwohl  ihn  mehr  als  226520cbm  Gas  passirt  hatteu. 
Icbm  Kalk  reinigte  im  Ganzen  etwa  8135chm  Rohgas.  Der  Gesammt- 
schwefel  im  gereinigten  Gas  überschritt  niemals  18",3  in  100cl)m,  so  lange 
die  richtige  Menge  Sauerstoff'  zugegeben  wurde. 

Die  Gesammtproduction  des  Gaswerks  Ramsgate  beträgt  jährlich 
etwa  3,4  Millionen  Cubikmeter.  Um  die  Wichtigkeit  des  Sauerstoff- 
zusatzes  zu  ermessen,  mufs  bemerkt  werden,  dafs  ohne  diesen  stets 
3  Kasten  Kalk  zur  Wegnahme  der  Kohlensäure,  2  für  Schwefelkohlen- 
stoff und  noch  4  mit  Eisenreinigungsmasse  für  Schwefelwasserstoff  er- 
forderlich waren,  also  bedeutend  mehr  als  mit  Sauerstoffzusatz.  Auch 
der  gebrauchte  Kalk  verringert  sich  mit  letzterem  wesentlich.  Das  Roh- 
gas enthielt  im  Mittel  nach  dem  Waschen  und  Scrubbern  etwa  1830? 
Kohlensäure  und  1373"  Schwefelwasserstoff  in  100cl,m  (d.  i.  0,93  und 
0,90  Vol.-Proc). 

Es  wurden  auch  Versuche  angestellt,  statt  0,6  Proc.  Sauerstoff 
Luft  bis  zu  5  Proc.  dem  Gase  zuzusetzen,  doch  hatte  dies  eine  be- 
deutende Schwächung  der  Leuchtkraft  zur  Folge.  Der  Sauerstoffzusatz 
verursachte  eine  Erhöhung  der  Leuchtkraft,  so  dafs  der  Zusatz  von 
Cannel  zur  verwendeten  Pelaw-Main-Kohle  wegfallen  konnte. 

Die  Anlage  Fig.  4  kann  in  24  Stunden  im  Maximum  10000  Cubik- 
fufs  (283chm)  Sauerstoff'  von  etwa  90  Proc.  liefern,  also  genug  zur 
Reinigung  von  Vi2  Millionen  Cubikfufs  (42475clim).  Der  Baryt  kann 
sehr  lange  gebraucht  werden  und  auch  der  Verbrauch  an  Brennmaterial 
ist  nicht  bedeutend,  zumal  die  höchste  Temperatur  nur  790°  C.  beträgt. 
In  Ramsgate  beläuft  sich  die  tägliche  Production  auf  2000  Cubik- 
fufs (56ctim,6)  Sauerstoff  und  werden  hierzu  etwa  6  Centner  Brenn- 
material verwandt;  dabei  ist  zu  berücksichtigen,  dafs  die  Erwärmung 
der  eisernen  Retorten  durch  die  thönernen  hindurch  geschehen  mufs. 
In  Westminster,  bei  senkrecht  stehenden  Retorten  ohne  Einhüllung, 
werden  täglich  auf  10000  Cubikfufs  (283cbm)  nur  14  Centner  Koks 
verbraucht. 

Die  Anlagekosten  der  Sauerstoffanlage  sammt  Pumpen,  Retorten, 
Reinigern  und  dem  Behälter  betragen  auf  1000000  Cubikfufs  (28  316^) 
jährliche  Production  an  Kohlengas  100  bis  200  M.  je  nach  der  Gröfse 
der  Anlage.  Der  Unterhalt  bezieht  sich  nur  auf  Stahlretorten  und  die 
Luftpumpe;  erstere  kosten  50  M.  das  Stück,  und  halten  in  Folge  der 
niederen  Temperatur  sehr  lange  aus.  Die  Pumpe  hält  etwa  so  lauge 
wie  ein  Exhaustor  aus.  Nach  Einrichtung  der  Anlage  belaufen  sich 
die  Betriebskosten  sammt  Heizung  und  Arbeit  auf  1000  Cubikfufs 
Sauerstoff  (28^,3)  1,50  bis  2,50  M.  je  nach  der  Gröfse  der  Anlage 
(auf  100<*m  5,30  bis  8,82  M.).  (Journal  of  Gatlighting,  1889  Bd.  54 
S.  41.) 


286  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

Verfahren  zur  Beseitigung  con  Naphtalinverstopfungen  in  Gasrohren: 
von  Schneckenburger. 
Die  Entfernung  von  Naphtalin  aus  verstopften  Röhren  geschieht 
bisher  durch  Eingiefsen  von  Weingeist  oder  von  siedendem  Wasser; 
besser  wirkt  noch  das  Einblasen  von  Wasserdampf,  welcher  das  bei  780 
schmelzende  Naphtalin  leicht  loslöst.  Das  angesammelte  Wasser  mufs 
aus  tiefen  Stellen  wieder  abgelassen  oder  ausgepumpt  werden;  doch 
bleibt  dabei  das  in  Wasser  unlösliche  Naphtalin  gern  im  Rohr  stecken. 
Verfasser  bläst  nun  heifse  Kohlenwasserstoffdämpfe  ein,  nämlich  Erdöl 
vom  Siedepunkt  212°,  also  weit  über  den  Siedepunkt  des  Naphtalins 
erhitzt.  Die  Dämpfe  condensiren  sich  wieder  und  nehmen  das  Naphtalin 
gelöst  mit,  so  dafs  die  Lösung  in  den  Syphons  bequem  ausgepumpt 
werden  kann.  Zur  Erzeugung  der  Dämpfe  dient  ein  kleiner  Dampf- 
kessel auf  einem  Handwagen,  der  leicht  an  die  Stelle  verstopfter  Laternen 
oder  Zugänge  zu  Hausleitungen  gebracht  werden  kann.  {Journal  des 
usines  ä  gaz,  1890  Bd.  14  S.  19.) 

Neuer  Brenner  für  Gaskochherde;  von  Merz.1 
Bei  den  bisherigen  Gaskochherden  war  es  nicht  möglich,  zugleich 
mit  dem  Kochen  Wasser  heifs  zu  halten,  wie  es  bei  den  gewöhnlichen 
Herden  im  Wasserschiff  geschieht.  War  die  Einrichtung  dafür  getroffen, 
so  bestand  diese  in  einem  eigenen  Gasbrenner  oder  in  der  Wärme- 
abgabe der  vorbeiziehenden  Rauchgase  oder  des  daneben  befindlichen 
Brat-  oder  Backraums.  Der  besondere  Brenner  verbraucht  unnöthig 
viel  Gas,  die  beiden  anderen  Mittel  wirken  nur  sehr  dürftig.  Es  mufs 
also  gewöhnlich  Wasser  auf  einem  Kochbrenner  erhitzt  werden,  wo- 
durch ein  solcher  dem  Kochen  von  Speisen  entzogen  wird.  Verfasser 
construirte  einen  Kochbrenner,  welcher  zugleich  das  Erhitzen  von  Wasser 
gestattet  (vgl.  Fig.  5  und  6  Taf.  15).  Der  Kochbrenner  ist  ein  Doppel- 
ringbrenner, welcher  durch  verschiedene  Hahnenstellung  mit  dem  kleinen, 
dem  grofsen  oder  beiden  Ringen  zugleich  brennen  kann.  Unter  dem 
grofsen  Ringe  a  ist  ein  Wasserkasten  b  angegossen,  in  dessen  Boden 
bei  c  das  aus  dem  Wasserschiff  kommende  Wasser  einströmt,  durch 
den  Kasten  fliefst,  sich  dabei  an  den  heifsen  Wandungen  erwärmt  und 
durch  die  Oeffnung  d  in  das  Wasserschiff  wieder  zurückfliefst.  Durch 
diese  ständige  Circulation  des  Wassers  erwärmt  sich  dasselbe  rasch  auf 
eine  Temperatur,  welche  es  zu  allen  häuslichen  Zwecken  dienlich 
macht.  Nach  Versuchen  von  Kugler  erwärmte  sich  die  101  betragende 
Füllung  des  Wasserschiffes  von  180  C.  nach  30  Minuten  auf  44°  C, 
nach  1  Stunde  auf  57°,  nach  l*/3  Stunden  auf  69°  C.  Um  jederzeit 
während  des  Kochens  heifses  Wasser  entnehmen  zu  können,  ist  an  der 
Ausströmöffnung  d  ein  T-Stück   in   die   Rohrleitung  eingeschaltet  und 

7  Vortrag,  gehalten  auf  der  Versammlung  des  Mittel  rheinischen  Gasindustrie- 
Vereins  zu  Neustadt  a.  d.  H. 


Kleinere  Mittheil ungen.  287 

mit  einem  Zapfhahn  versehen.    (Bericht  über  die  XXVII.  Hauptversamm- 
lung des  Mittelrheinischen  Gasindustrie- Vereins.) 

(Fortsetzung  folgt.) 


Die  Wiederholungssignale  für  Distanzscheiben  bei  der  französischen 

Ostbahn. 

Im  Anschlüsse  an  die  früher  (1890  275*589)  gegebenen  Mittheilungen 
über  die  telegraphischen  Einrichtungen  der  französischen  Ostbahn,  mögen  hier 
die  von  der  genannten  Bahn  bei  Distanzscheiben  benutzten  elektrisch-optischen 
Wiederholungssignale  kurz  erwähnt  werden. 

Zur  Controle  der  Stellung  der  Distanzsignale  benutzt  man  gewöhnlich  ein 
mittels  eines  Rasselweckers  gegebenes  hörbares  Signal.  Wenn  aber  der  Control- 
apparat  in  einer  Bude  der  Weichenstellung  nach  Saxby  aufzustellen  ist,  würde 
der  von  Weckern  verursachte  Lärm  so  grofs  sein,  dafs  der  Weichensteller 
nicht  mehr  die  ihm  von  aufsen  gegebenen  Weisungen  vernehmen  würde. 
Daher  hat  die  Ostbahn  sichtbare  Zeichen  gebende  (elektrisch-optische)  Wieder- 
holer eingeführt.  Wenn  das  Distanzsignal  auf  halt  steht,  schliefst  es  einen 
Contact  und  sendet  einen  Batteriestrom  durch  den  Elektromagnet  des  Wieder- 
holers, legt  dessen  magnetischen,  auf  eine  zwischen  den  beiden  Schenkeln 
liegende  Achse  aufgesteckten  Anker  um  und  nun  zeigt  die  Scheibe  des  Wieder- 
holers rotli.  anstatt  weifs,  hinter  einem  Fenster.  Diese  leichte  Scheibe  des 
Wiederholers  ist  auf  drei  Viertel  mit  weifsem  Papier  überzogen,  das  letzte 
Viertel  mit  rothem.  So  lange  das  Signal  auf  frei  steht,  und  also  die  Control- 
linie  stromlos  ist,  wird  der  Anker  durch  ein  Gegengewicht  in  seiner  Ruhe- 
lage erhalten ;  dann  steht  er  aufrecht  und  man  sieht  im  Fenster  das  Weifs 
der  Scheibe;  geht  dagegen  ein  die  Controllinie  durchlaufender  Strom  durch 
den  Elektromagnet,  so  stellt  sich  der  Anker  mit  seinen  beiden  Enden  wage- 
recht gegen  die  Pole  und  die  Scheibe  zeigt  roth.  Dem  Wiederholer  ist  ein 
kleiner  Blitzableiter  mit  Spitzen  und  Papier  beigegeben. 

Vorschriften   der  Bostoner  Feuerversicherungsgesellschaft  in  Betreff 
elektrischer  Leitungen. 

Die  Gegenseitigkeits-Feuerversicherungsgesellschaft  der  Industriellen  in 
Boston  hatte  vor  1881  nur  wenige  Versicherungen  von  Gebäuden  mit  elek- 
trischer Beleuchtung.  1881  und  in  der  ersten  Hälfte  von  1882  breitete  sich 
die  elektrische  Beleuchtung  aus  und  bis  zum  1.  April  1882  wurden  in  den 
nur  61  versicherten  Fabriken  23  durch  den  elektrischen  Strom  verursachte 
Brände  gemeldet.  Da  erliefs  die  Gesellschaft  nach  Anhörung  von  Sach- 
verständigen Vorschriften  über  die  Anordnung  der  Apparate  und  der  Leitungen, 
welche  auch  den  zur  Gesellschaft  gehörigen  elektrischen  Beleuchtungsgesell- 
schaften  vorgelegt  und  von  ihnen  einstimmig  angenommen  wurden,  wie  auch 
alle  anderen  Versicherungsgesellschaften  sie  billigten.  Seit  dem  1.  April  1881 
hat  die  Gesellschaft  in  8  Jahren  keinen  Brand  gehabt,  welcher  auf  Rechnung 
der  Elektricität  gesetzt  werden  könnte,  obgleich  die  Gesellschaft  mehr  als 
tiOO  Versicherungen  auf  Gebäude  mit  elektrischer  Beleuchtung  und  Kraft- 
übertragung hat.  Neuerdings  ist  aber  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Gefahr 
gelenkt  worden,  welche  von  auftretenden  fremden  Strömen  (wild  currents) 
droht;  es  scheint  nicht  zweifelhaft,  dafs  ein  jüngstes  Unglück  in  Boston  durch 
den  Uebertritt  eines  Stromes  von  hoher  Spannung  in  einen  Uhren-Draht  her- 
rührt, der  ihn  nach  dem  Entstehungsorte  des  Brandes  hinleitete.  Gegen  diese 
Gefahr  hat  die  Gesellschaft  neue  Vorschriften  erlassen,  aus  denen  das  Wesent- 
lichste hier  aufgeführt  werden  möge. 

An  den  versicherten  Gebäuden  darf  kein  fremder  Leiter  befestigt  werden. 
Alle  in  die  Gebäude  einzuführenden  Leitungen  müssen  in  der  Nähe  der  Zelle 
des  Nachtwächters  eingeführt  werden,  damit  sie  leicht  überwacht  werden 
können;  jeder  Draht  mul's  mit  einer  Schutzvorrichtung  gegen  starke  Ströme 
nixl  mit  einem  Blitzableiter  versehen  werden.    Die  Schutzvorrichtung  (worunter 


288  Bücher-Anzeigen. 

wohl  ein  durch  die  Stromwirkung  seilet  den  Stromweg  abbrechender  Abieiter 
min. int  sein  dürfte)  mul's  zugänglich  an  einem  trockenen  Orte  im  Inneren 
des  Gebäudes  aufgestellt  werden,  isolirt  auf  unverbrennlichem  Träger  stehen 
und  mit  einem  Gefäfse  ausgerüstet  werden,  worein  brennende  oder  schmelzende 
Theile  lallen  können.  Die  Blitzableiter  sind  zwischen  der  Schutzvorrichtung 
und  den  inneren  Apparaten  anzubringen;  ihre  Erdleitungen  dürfen  nicht  an 
die  Gasrohren  angeschlossen  werden.  Die  Leitungsdrähte  müssen  von  dem 
Liniendrahte  bis  zur  Schutzvorrichtung  isolirt  sein;  das  Isolirmittel  mufs  von 
erster  Güte  sein  und  darf  von  dem  Wasser  nicht  durchdrungen  werden ;  am 
Eintritt  müssen  diese  Drähte  75mm  von  jedem  anderen  Leiter  und  leitenden 
Material  entfernt  sein.  Kreuzen  Leitungen  für  hochgespannte  Ströme  andere 
Leitungen,  so  müssen  sie  —  nach  Befinden  etwa  auf  Leisten  —  so  befestigt 
weiden,  dafs  bei  einem  Bruche  keine  Berührungen  eintreten  können;  die 
Leitungen  selbst  müssen  so  weit  von  einander  entfernt  geführt  werden,  dafs 
weder  Berührungen,  noch  ein  Funkenüberspringen  zu  befürchten  sind. 


Bücher-Anzeigen. 


Die  elektrischen  Motoren  nnd  ihre  Anwendungen  in  der  Industrie  und 
im  Gewerbe,  sowie  im  Eisen-  und  Strafsenbahnwesen,  von  Dr. 
M.  Krieg.  Mit  etwa  200  Illustrationen,  Plänen,  Skizzen  u.  s.  w. 
Leipzig.  0.  Leiner  1890.  1.  Lief.  64  S.  mit  55  Abbildungen. 
Preis  2  Mk. 

Dieses  auf  vier  bis  fünf  Lieferungen  zu  je  2  Mk.  berechnete  Buch  stellt 
sich  die  Aufgabe,  die  so  vielseitigen  Verwendungen  des  elektrischen  Stromes 
als  treibende  Kraft  eingehend  zu  besprechen.  Die  durch  Elektricität  ge- 
triebenen Motoren  besitzen  namentlich  für  das  Kleingewerbe  sehr  wesentliche 
Vorzüge  vor  anderen  Motoren.  Aber  auch  da,  wo  es  sich  um  Beschaffung 
gröfserer  Betriebskräfte  handelt,  erringen  sich  die  elektrischen  Motoren  immer 
mehr  Eingang. 

Im  Hinblicke  darauf  wird  das  Buch,  dessen  erste  Lieferung  soeben  aus- 
gegeben wurde,  gewifs  Vielen  willkommen  sein,  nicht  blofs  in  der  engeren 
Fachwelt,  sondern  auch  in  allen  Kreisen,  in  welchen  der  Werth  der  elektrischen 
Arbeitsübertragung  für  unser  wirtschaftliches  und  gewerbliches  Leben  immer 
mehr  gewürdigt  wird ;  ist  es  doch  ein  Werk ,  welches  die  Bestrebungen  und 
Fortschritte  auf  diesem  in  der  That  zukunftsreichsten  der  technischen  Gebiete 
in  Deutschland  zum  erstenmal  zu  einem  einheitlichen  Gesammtbilde  ver- 
einigt. Das  mit  zahlreichen  guten  Abbildungen  ausgestattete  Buch  soll  nach 
einander  behandeln:  1)  die  bekanntesten  Motorentypen;  2)  die  Verwendung 
der  Elektromotoren  in  der  Industrie,  im  Gewerbe  und  im  praktischen  Leben ; 
3)  die  Motorenfrage  im  Strafsen-  und  Eisenbahnwesen ;  4)  die  Speicherbatterien 
für  motorische  Zwecke;  5)  die  Kosten,  Betriebskosten  und  die  Rentabilität  der 
Elektromotoren,  besonders  für  Strafsen-  und  Eisenbahnen;  6)  eine  Ver- 
gleichung  der  elektrischen  Arbeitsübertragung  mit  den  übrigen  coneurrirenden 
Arbeitsvertheilungssystemen ;  7)  eine  übersichtliche  Zusammenstellung  der  bis- 
herigen theoretischen  Untersuchungen  über  die  Elektromotoren. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889.  289 

Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889: 
von  Fr.  Freytag, 

Lehrer  der  Technischen  Staatslehranstalten  in  Chemnitz. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  276  *  S.  402) 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  16. 

Die  wegen  der  nachahmenswerthen  Constructionen  ihrer  den  elektri- 
schen Beleuchtungszwecken  angepafsten  schnell  laufenden  Dampfmaschinen 
uud  Gramme-Dynamomaschinen  bekannte  Firma  Sautter^  Lemonnier  et  Cie. 
in  Paris  hatte  aufser  der  Bd.  276  S.  242  wegen  ihrer  eigentümlichen 
Vorrichtung  zur  Regulirung  des  Einströmdampfes  erwähnten  Eincylinder- 
maschine  noch  verschiedene  direkt  mit  Dynamo  verkuppelte,  nach  dem 
Compound-  bezieh.  Woolf'schen  System  arbeitende  Maschinen  ausgestellt. 

Die  in  Fig.  1  und  2  Taf.  16  dargestellte,  ohne  Condensatiou  arbeitende 
Compoundmaschine  zeigt  die  Construction  einer  Schiffsmaschine:  dieselbe 
soll  mit  5k  Admissionsspannung,  sowie  der  normalen  Geschwindigkeit 
von  350  Umdrehungen  in  der  Minute  eine  Leistung  von  30  Pferden  ent- 
wickeln, welche  zum  Betreiben  einer  mit  ihr  direkt  gekuppelten  Gramme- 
Dynamomaschine  von  200  Ampere  und  70  Volt  nöthig  ist. 

Die  mit  ihren  Schieberkasten  und  dem  Zwischenbehälter  aus  einem 
Stücke  gegossenen  Cylinder  von  206  bezieh.  310mm  Durchmesser  und 
170mm  Kolbenhub  werden  von  sechs  Säulen  getragen,  die  auf  einer 
wegen  der  angeschlossenen  Dynamomaschine  mit  verhältnifsmäfsig  hoch 
liegenden  Schwungradlagern  versehenen  Grundplatte  befestigt  sind.  Die 
in  diesen  Lagern  geführte  Kurbelwelle  ist  hinter  der  Dynamomaschine 
noch  durch  ein  viertes  Lager  gestützt,  welches  mit  der  zur  ersteren  ge- 
hörigen Grundplatte  verschraubt  ist. 

Die  Dampfvertheilung  im  grofsen  Cylinder  regelt  ein  Trick'schev 
Kaualschieber,  während  der  kleine  Cylinder  mit  von  Hand  stellbarer 
37c(/er-Steuerung  versehen  ist. 

Der  an  dem  einen  Ende  der  Kurbel  angeordnete  Geschwindigkeits- 
regulator ist  äufserst  empfindlich  und  so  construirt,  dafs  man  auch 
während  des  Ganges  durch  gröfsere  oder  geringere  Spannung  einer  mit 
ihm  verbundenen  Feder  die  Geschwindigkeit  der  Maschine  beliebig  ändern 
kann.  Der  Dampfverbrauch  beträgt  bei  normalem  Betriebe  10k  in  der 
Stunde  und  effectives  Pferd. 

Um  die  totale  Höhe  der  zum  direkten  Betreiben  von  Dynamo 
dienenden  stehenden  Maschinen  so  viel  als  möglich  auf  einen  niedrigen 
Betrag  zurückzuführen  und  damit  auch  innerhalb  ganz  beschränkter 
Räumlichkeiten,  wie  sie  z.  B.  bei  Kriegsschiffen  meist  nur  zur  Verfügung 
stehen,  ein  Unterbringen  derartiger  Maschinen  möglich  zu  machen, 
haben  Sanfter,  Lemonnier  et  Cie.  eine  neue  Dampfmaschinentype  ent- 
worfen und  zur  Ausführung  gebracht,  deren  charakteristische  Construction, 
wie  die  Fig.  3  bis  5  Taf.  16   erkennen   lassen,   darin    besteht,   dal'.-  dir 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd. 977  Nr.  7    1890111.  l'.i 


290  Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889. 

Kurbelwelle  in  die  mittlere  wagerechte  Ebene  der  gesammten  Maschine 
gelebt  ist,  sowie  die  mit  ihren  Mänteln,  Schieberkasten  und  dem  Zwischen- 
behälter ein  Gufsstück  bildenden  Cylinder  direkt  mit  dem  Fundamente 
verschraubt  sind. 

Die  totale  Höhe  der  auf  den  Abbildungen  ersichtlichen  in  Paris  aus- 
gestellten, mit  Condensation  arbeitenden  Maschine  beträgt  nur  lm,4,  ihre 
Länge  mit  Dynamomaschine  2m  und  die  gröfste  Breite  lm,05;  sieleistet 
mit  350  Umdrehungen  in  der  Minute  und  einer  Admissionsspannung 
des  Arbeitsdampfes  von  6k  ebenfalls  30  £P,  die  zum  Betreiben  einer 
direkt  mit  ihr  verbundenen  Dynamomaschine  von  150  Ampere  und 
70  Volt  dienen. 

Die  Regelung  der  Dampfvertheilung  in  den  beiden  Cylindern  von 
170  bezieh.  250mm  Durchmesser  und  170mm  Kolbenhub,  sowie  die  Con- 
struction  des  auf  einen  Drosselschieber  arbeitenden  Regulators  ist  die- 
selbe, wie  bei  der  vorigen  Maschine.  Die  Uebertragung  der  durch  den 
gespannten  Dampf  erzeugten  Kolbendrücke  auf  die  Kurbeln  geschieht 
in  der  auf  der  Abbildung  Fig.  3  und  4  ersichtlichen  Weise  mittels 
Traversen,  welche  durch  auf  beiden  Seiten  der  doppelt  gekröpften 
Kurbelwelle  liegende  Stangen  mit  einander  verbunden  sind.  Die  Kurbel- 
welle dreht  sich  in  vier  Lagern,  von  denen  das  neben  dem  Excenter 
des  Niederdruckcyliuders  sitzende  ein  Durchbiegen  der  Kurbelwelle 
wegen  des  zwischen  Maschine  und  Dynamo  auf  ihr  befestigten  kleinen 
Schwungrades  verhüten  soll.  Die  Lager  sind  mit  Querstücken  zusammen- 
gegossen, welche  von  sechs  auf  dem  untenliegenden  Gufsstücke  be- 
festigten Säulen  getragen  werden,  und  drei  von  diesen  nach  oben  ver- 
längerten Säulen  nehmen  eine  Traverse  auf,  an  welcher  die  einseitigen 
Kreuzkopfführungen  sowie  ein  mit  Oel  angefüllter  Behälter  befestigt 
sind;  an  ihrem  unteren  Ende  sind  die  Kreuzkopfführungen  gegen  die 
vorstehenden  Platten  kleiner  Böckchen  geschraubt,  Avelche  auf  den 
hinteren,  zwischen  den  Querstücken  liegenden  kurzen  Längsriegeln  des 
Maschinengestelles  befestigt  sind. 

Das  Gewicht  der  gesammten  Maschine  mit  Dynamomaschine  be- 
trägt 2600k. 

Auch  die  aus  Fig.  6  bis  9  Taf.  16  ersichtliche  liegende  Condensations- 
Tandemmaschine  (System  Woolf)  von  170  bezieh.  250mm  Cylinderdurch- 
messer  und  170mm  Kolbenhub  ist  wieder  mit  einer  zweipoligen  Gramme- 
Dynamomaschine  von  200  Ampere  und  70  Volt  direkt  verkuppelt,  und 
es  sind  derartige  Maschinen,  da  ihre  gröfste  Höhendimension  nur  0m,9 
beträgt,  namentlich  in  letzterer  Zeit  mehrfach  auf  Fahrzeugen  der 
französischen  Marine  zur  Ausführung  gekommen.  Die  Abbildungen 
lassen  die  Construction  der  Maschine  ohne  Weiteres  erkennen. 

Die  Dampfvertheilung  des  kleinen  Cylinders  ist  veränderlich  und 
durch  eine  von  Hand  stellbare  iWeyer-Steuerung  regelbar,  während  die- 
jenige des  grofsen  Cylinders  fest  ist. 


Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889.  291 

Der  mit  einem  über  dem  Dampfabsperrventile  der  Maschine  ge- 
legenen Drosselschieber  in  Verbindung  stehende  und  in  derselben  Aus- 
führung an  sämmtlichen  von  der  Firma  ausgestellten  Maschinen  an- 
gebrachte Regulator  ist  mit  einer  Spiralfeder  verbunden,  welche  durch 
Drehung  eines  Handrades  mehr  oder  weniger  gespannt  werden  kann, 
und  dadurch,  wie  bereits  oben  bemerkt,  eine  beliebige  Aenderung  in 
der  normalen  Geschwindigkeit  der  Maschine  auch  während  des  Ganges 
gestattet. 

Die  beim  normalen  Betriebe  350  Umdrehungen  in  der  Minute 
machende,  mit  Condensationseinrichtung  versehene  Maschine  leistete  bei 
7k  Admissionsspannung  wieder  30  H\ 

Bemerkeuswerth  ist  noch,  dafs  der  Regulator  innerhalb  der  /wischen 
voller  Belastung  und  Leerlauf  der  Maschine  liegenden  Grenzen  nur  Ge- 
schwindigkeitsänderungen von  höchstens  2,5  Proc.  zuläfst. 

Eine  zum  direkten  Betreiben  von  Dynamo  dienende  stehende 
Verbundmaschine  ähnlicher  Construction,  wie  die  zuerst  beschriebene 
Maschine  von  Sautter,  Lemonnier  et  Cie.  hatte  auch  die  Firma  Bre'quct 
ausgestellt;  die  Maschine  war  ebenfalls  für  eine  Geschwindigkeit  von 
350  Umdrehungen  in  der  Minute  und  eine  Admissionsspannung  von  5 
bis  6k  des  in  den  Schieberkasten  eintretenden  Dampfes  construirt. 

Die  Cylinder  werden  von  vier  auf  der  Fundamentplatte  befestigten 
Säulen  getragen,  und  an  den  hinteren  beiden  Säulen  sind  behufs  Füh- 
rung der  Kreuzköpfe  gufseiserne  Platten  angeschraubt. 

Die  mit  der  Schwungradwelle  zusammengeschmiedeten  Kurbeln  sind 
mit  dreieckigen  Gegengewichten  versehen. 

Der  vom  Kessel  kommende  Dampf  tritt  zunächst  durch  ein  Ein- 
strömventil in  den  um  die  Cylinder  gegossenen  Mantel  und  geht  von 
hier  nach  einem  auf  der  Mitte  des  Schieberkastens  vom  Hochdruck- 
cylinder  gelegenen,  von  einem  Schwungradregulator  beeintlufsten  Drossel- 
ventil. 

Die  Dampfvertheilung  des  kleinen  Cylinders  wird  durch  eine  Meyer- 
Steuerung  geregelt,  welche  unter  Zwischenschaltung  einer  Schraube  ohne 
Ende  je  nach  der  von  der  Maschine  zu  entwickelnden  Arbeit  oder  je 
nachdem  der  Abdampf  in  den  Condensator  oder  in  die  freie  Atmosphäre 
geleitet  wird,  von  Hand  eingestellt  werden  kann.  Die  direkte  Mitnahme 
der  Dynamomaschinen  geschieht  unter  Benutzung  gekuppelter  elastischer 
Platten,  System  Raffard^  oder  wenn  die  Dynamomaschine  nicht  dieselbe 
Geschwindigkeit  erhalten  soll,  wie  der  Motor,  mit  Hilfe  eines  Riemens. 

(Fortsetzung  folgt.) 


292 


Munier's  neuer  Vielfach-Telegraph  für  Typendruck. 


Munier's  neuer  Vielfach-Telegraph  für  Typendruck. 

Mit  Abbildungen. 

In  D.  p.  J.  1887  265*500  ist  ein  eigentümlicher  Vielfach-Tele- 
graph für  i/u<7Aes-Typendrucker  beschrieben  worden.  Der  Umstand  nun, 
dafs  bei  einem  solchen  Vierfachdrucker  jeder  Vertheiler  nicht  weniger 
als  4X28  Contactplatten  erhalten  mufste,  was  für  die  Stromsendungen 
keineswegs  vortheilhaft  ist,  und  der  dadurch  gerechtfertigte  Wunsch, 
die  Zahl  der  Platten  zu  verringern,  hat  Claude  Jos.  Auguslin  Munier  in 
Paris  auf  einen  neuen  von  jenem  Telegraphen  vollständig  abweichenden  — 
in  Deutschland  durch  das  Patent  Nr.  50826  vom  28.  August  1888  ge- 
schützten —  Mehrfachdrucker  geführt;  über  denselben  hat  er  selbst  eine 
Beschreibung  veröffentlicht,  welche  einer  Besprechung  in  der  Zeitschrift 
für  Elektrotechnik,  1890  *  S.  123  und  166,  zu  Grunde  gelegt  worden  ist, 
während  dieser  Telegraph  auch  in  der  Elektrotechnischen  Zeitschrift,  1890 
*  S.  11,  beschrieben  worden  ist,  und  zwar  nach  einer  sehr  netten  Ab- 
handlung, welche  über  ihn  P.  Samuel  in  la  Lumiere  Electrique,  1889 
Bd.  33  *  S.  558  und  611)  gegeben  hat.  Manier  bedient  sich  hier  zum 
Drucken  eines  Lokalstromes,  welcher  im  richtigen  Augenblicke  ge- 
schlossen wird,  und  zwar  veranlagst  Munier  die  rechtzeitige  Schliefsung 
des  Stromweges  durch  eine  eigenartige  Gruppirung  der  Contactstellen.1 
Zur  Schliefsung  des  druckenden  Lokalstromes  wird  jeder  empfangende 
//u^Acs-Typendrucker  mit  einem  besonderen  Stromschliefser  (Collecteur) 
versehen.     Derselbe   besteht  aus   einem   Contactarme,  welcher  auf  die 

Achse  des  Typenrades  aufgesteckt 
ist  und  mit  diesem  regelmäfsig 
umläuft,  und  aus  einer  am  Ap- 
paratgestelle festliegenden  Con- 
tactplattenscheibe,  welche  in 
Fig.  1  abgebildet  ist.  Die  gegen 
einander  isolirten  Contactplatten 
in  dem  äufseren  Kreise  entsprechen 
den  28  Feldern  des  Hughes-Typen- 
rades.2  Sie  sind  in  Gruppen  von 
je  sechs  abgetheilt;  man  erhält 
daher  vier  Gruppen  zu  sechs  Fel- 
dern und  Platten  und  eine  fünfte 
Gruppe  mit  nur  vier  Platten  und  Feldern.    Den  fünf  Gruppen  entsprechend 

1  Eine  verwandte  (üruppenbildung  findet  sich  u.  a.  bei  gewissen  Signalen 
der  französischen  Ostbahn  (vgl.  1890  277*265). 

2  Umständlicher  ist  die  in  der  Zeitschrift  für  Elektrotechnik,  1890  *  S.  124, 
dargestellte  Anordnung,  bei  welcher  die  Drähte  1  bis  6  an  die  vier  Gruppen- 
relais geführt  sind  und  von  letzteren  dann  fünf  Gruppen  von  je  sechs  bezieh, 
vier  Drähten  nach  den  28  Platten  des  aufseien  Kreises  laufen,  die  fünf  inneren 
Platten  aber  ein  Ganzes  bilden. 


Manier' s  neuer  Vielfach-Telegraph  für  Typendruck.  293 

sind  nun  in  einem  inneren  Kreise  auf  der  Scheibe  noch  fünf  Platten  7,  //, 
111,1  Fund  V  angeordnet,  welche  gegen  einander  sowohl,  wie  gegen  die 
im  äufseren  Kreise  liegenden  Platten  isolirt  sind;  jede  derselben  erstreckt 
sich  über  die  ganze  Gruppe  der  zu  ihr  gehörigen  sechs  bezieh,  vier 
Platten  des  äufseren  Kreises.  Da  nun  an  dem  umlautenden  Contactarme 
zwei  mit  einander  leitend  verbundene,  eine  Weiterleitung  des  Lokal- 
stromes vom  Arme  aus  jedoch  nicht  zulassende  Contactfedern  angebracht 
sind,  von  denen  die  eine  über  die  fünf  Platten  des  inneren  Kreises,  die 
andere  aber  über  die  28  Platten  des  äufseren  Kreises  hinstreicht,  so  ist 
klar,  dafs  bei  jedem  vollen  Umlaufe  des  Contactarmes  nach  einander 
28  verschiedene  Stromkreise  für  den  Druckstrom  geschlossen  werden, 
indem  von  den  fünf  an  die  Platten  I  bis  V  geführten  Drähten  I  bis  V 
einer  nach  dem  anderen  zur  Schliefsung  des  Lokalstromes  verwendet 
wird  und  unter  Mithilfe  des  Contactarmes  die  Schliefsung  der  Reihe 
nach  über  die  zu  ihm  gehörigen  Platten  1  bis  6  bezieh.  1  bis  4  be- 
wirkt. Weil  aber  weiter  von  I  aus  die  Stromschliefsung  nicht  über  die 
zu  II  bis  V  gehörigen  Platten  1  bis  6  erfolgen  kann  u.  s.  w.,  so  dürfen 
unbedenklich  alle  sechs  Platten  1  zu  einem  Drahte  1  vereinigt  werden, 
und  ebenso  alle  Platten  2  zu  einem  Drahte  2  u.  s.  f. 

Zur  Schliefsung  des  Lokalstromkreises  innerhalb  der  Drähte  1  bis  6 
sind  bei  jedem  empfangenden  Hughes  sechs  polarisirte  Buchstabenrelais 
(relais  lettres)  aufgestellt,  welche  in  ihrer  elektromagnetischen  Einrich- 
tung dem  IZuflAes-Elektromagnete  gleichen;  hat  der  durch  die  Rollen 
des  Elektromagnetes  gehende  Linienstrom  den  Anker  abgeworfen,  so 
bleibt  der  Anker  abgeworfen,  bis  der  Druck  des  telegraphirten  Zeichens 
sich  vollzogen  hat;  der  seine  Ruhelage  verlassende  Auslösehebel  des 
Hughes  gibt  nämlich  eine  kleine  Contactfeder  frei,  so  dafs  sie  sich  an 
eine  Contactschraube  anlegen  und  eine  zweite  Lokalbatterie  durch  zwei 
Elektromagnete  schliefsen  kann,  von  denen  der  eine  beim  Anziehen 
seines  Ankers  jeden  Anker  der  sechs  Buchstabenrelais  in  die  Ruhelage 
zurückführt,  falls  derselbe  abgerissen  war,  und  gleiches  thut  der  zweite 
Elektromagnet  mit  den  Ankern  der  vier  gleich  zu  erwähnenden  Gruppen- 
relais. Die  abgeworfenen  Anker  legen  sich  ferner  jeder  an  eine  Con- 
tactschraube und  machen  so  die  ßuchstabencontacte  (contacts  lettres), 
d.  h.  sie  schliefsen  den  Stromweg  von  dem  einen  Pole  der  Drucklokal- 
batterie  nach  einem  der  Drähte  1  bis  6.  Von  dem  zweiten  Pole  dieser 
Batterie  läuft  ein  Draht  durch  den  Druckelektromagnet  und  verzweigt 
sich  hinter  demselben  nach  den  Contactschrauben  von  vier  ebensolchen 
polarisirten  Relais,  welche  als  Gruppenrelais  oder  Schlüsselrelais  (relais 
clefs)  bezeichnet  werden  mögen,  weil  ihre  Anker,  wenn  sie  abgeworfen 
werden  und  sich  an  ihre  Contactschraube  anlegen,  als  Gruppenschlüssel 
(clefs  de  fractionnement)  wirken  und  die  Schlüsselcontacte  (contacts 
clefs)  machen,  indem  sie  den  Weg  für  den  Druckstrom  von  der  Contact- 
schraube aus  in  einem  der  Drähte  II  bis  V  nach  einer  der  vier  Platten  II 


294:  Munier's  neuer  Vielfach-Telegraph  für  Typendriick. 

bis  V  schliefsen.  Zur  Schliefsung  des  Stromweges  in  dem  Drahte  I  nach 
der  Platte  I  ist  nicht  noch  ein  besonderes  Relais  hinzugefügt  worden, 
es  wird  vielmehr  dieser  Stromweg  durch  die  Ankerhebel  der  vier  Relais 
au  vier  hinter  einander  liegenden  Stellen  zugleich  geschlossen,  so  lange 
alle  vier  Anker  angezogen  sind  und  dadurch  an  jeder  dieser  vier  Stellen 
ein  Paar  Contactfedern  an  einander  drücken. 

Hiernach  erscheint  es  zunächst  erforderlich,  dafs  bei  einem  Vierfach- 
drucker in  jedem  der  vier  Viertelkreise  der  die  Telegraphirströme  recht- 
zeitig der  Leitung  zuführende  bezieh,  sie  aus  ihr  entnehmende  Vertheiler, 
der  Zahl  der  Relais  entsprechend,  4  -f-  6  =  10  Contact platten  angebracht 
werden.  Allein  von  den  vier  Gruppenrelais  bekommt  entweder  keines, 
oder  nur  eines,  von  den  sechs  Buchstabenrelais  aber  stets  nur  eines  einen 
Strom,  wenn  ein  Buchstabe  gedruckt  werden  soll.  Wenn  man  sich 
daher  entschliefst,  die  eine  Hälfte  der  zehn  Relais  auf  positive  und  die 
andere  Hälfte  auf  negative  Ströme  ansprechen  zu  lassen,  so  braucht  man 
Fj2  2  im  Vertheiler  des  empfangenden  Amtes   nur 

je  fünf  Platten,  weil  man  ja  von  jeder  Platte 
aus  den  Linienstrom  durch  die  Rollen  von 
zwei  Relais  führen  kann,  und  ebenso  braucht 
man  im  gebenden  Amte  für  jedes  solche 
Relaispaar  nur  eine  Vertheilerplatte,  um  von 
dieser  aus  den  Telegraphirstrom  der  Linie 
zuzuführen.  Je  nach  der  Richtung  des  Tele- 
graphirstromes  wird  dann  das  eine  oder  das 
andere  Relais  des  betreffenden  Paares  an- 
sprechen und  das  Abdrucken  eines  Buchstabens  in  der  einen  oder  in 
der  anderen  Gruppe  bezieh,  des  einen  oder  des  anderen  Buchstabens  in 
dieser  Gruppe  veranlassen.  Die  Vertheilerscheiben  nehmen  daher  für  das 
empfangende  Amt  die  in  Fig.  2  skizzirte  Anordnung  an. 

Aus  dem  eben  ausgeführten  Grunde  braucht  man  aber,  falls  man 
für  eine  Entladung  der  Linie  nach  jeder  Stromgebung  sorgen  mufs,  im 
Vertheiler  nur  zwei  mit  der  Erde  zu  verbindende  Entladungsplatten 
anzuordnen:  die  eine  hinter  den  beiden  Platten  A  und  2?,  von  denen 
aus  der  Draht  a  nach  den  hinter  einander  geschalteten  beiden  ersten 
bezieh,  der  Draht  b  nach  den  hinter  einander  geschalteteu  beiden  letzten 
Gruppenrelais  läuft,  die  zweite  hinter  den  drei  Platten  C,  D  und  £, 
von  denen  die  Drähte  c,  d  und  e  nach  den  drei  Paaren  der  Buchstaben  - 
relais  geführt  sind,  welche  ebenfalls  paarweise  hinter  einander  ge- 
schaltet sind. 

Bei  dem  Vierfachdrucker  hat  demnach  jedes  Viertel  der  Vertheiler- 
scheibe  im  Ganzen  sieben  Contactplatten  zu  erhalten. 

Um  indessen  eine  unbedingte  Sicherheit  zu  haben,  dafs  der  Tele- 
graphirstrom, wenn  er  ein  Relais  zum  Ansprechen  gebracht  hat,  nicht 
etwa  zufolge   verlängerter  Dauer    noch    ein   nachfolgendes    ansprechen 


Munier's  neuer  Vielfach-Telegraph  für  Typendruck. 


295 


mache,  hat  Munier,  so  weit  nöthig,  an  den  Relais  noch  Coutactfedern 
angebracht,  welche  zu  den  Rollen  der  nachfolgenden  Relais  eine  kurze 
Nebenschliefsung  nach  der  Erde  herstellen;  so  legt  jedes  Relais  des 
ersten  Paares  der  Gruppenrelais  den  Draht  6,  jedes  Relais  des  zweiten 
Paares  der  Buchstabenrelais  den  Draht  e,  jedes  Relais  des  ersten  Buch- 
stabenrelaispaares endlich  die  beiden  Drähte  d  und  e  zugleich  unmittelbar 
an  Erde,  so  lange  sein  Anker  abgeworfen  ist. 

Zum  Geben  bedient  man  sich  der  gewöhnlichen  Claviatur  des  Hughes, 
welche  jedoch  rücksichtlich  ihrer  Contactvorrichtungen  für  die  Vielfach- 
telegraphie  eingerichtet  werden  mufs;  das  Spiel  ist  aber  hier  ganz  ein- 
fach, weil  bei  jedem  Umlaufe  des  Typenrades  nur  ein  Buchstabe  ge- 
druckt wird.  Ein  Taktschläger  markirt  den  richtigen  Zeitpunkt  zum 
Niederdrücken  der  betreffenden  Taste.  Unter  der  Taste  sind  bei  den 
Tasten  für  das  Buchstabenblank  und  die  Buchstaben  A,  B,  C,  D  und  E 
nur  je  eine,  bei  den  übrigen  Tasten  dagegen  je  zwei  Contactfedern  an- 
gebracht, welche  den  Strom  die  einen  von  der  ersten,  die  anderen  von 
der  der  beiden  mit  entgegengesetzten  Polen  an  Erde  liegenden  Linien- 
batterien in  die  Linie  zu  senden  vermögen. 

Zur  Bewegung  des  im  gebenden  Amte  die  Telegraphirströme  der 
Linie  zuführenden,  im  empfangenden  dagegen  sie  aus  der  Linie  nach 
den  fünf  Relaispaaren  leitenden  Contactarmes  über  der  Vertheilerscheibe 
will  Munier  einen  Hughes  verwenden,  in  welchem  das  Typenrad  ab- 
genommen und  die  das  Drucken  und  das  Fortrücken  des  Papierstreifens 
besorgenden  Theile  entfernt  sind ;  dafür  ist  auf  die  Typenachse  der  Con- 
tactarm  aufgesteckt  und  zwischen  ihm  und  dem  Correctionsrade  die 
Vertheilerscheibe  angebracht.  Schlitten,  Stiftbüchse  und  die  in  sie  hinein- 
ragenden Tastenhebel  sind  ebenfalls  entbehrlich. 

Die  Scheibe  des  sowohl  für  das  Geben,  wie  für  das  Empfangen 
brauchbaren  Vertheilers  erhält  dem- 
nach die  aus  Fig.  3  ersichtliche  An- 
ordnung. Sie  enthält  zunächst  der 
Achse  eine  ringförmige  Contactplatte, 
welche  bleibend  mit  der  Telegraphen- 
linie in  leitender  Verbindung  steht. 
Darauf  folgen  zwei  Reihen  von  Con- 
tactplatten,  welche  mit  einander 
übereinstimmen  und  jede  sammt  den 
in  Fig.  2  und  3  schraffirten  Ent- 
ladungsplatten einen  geschlossenen 
Kreis  bilden;  der  innere  Kreis  kommt 
beim  Geben,  der  äufsere  beim  Em- 
pfangen zur  Verwendung.  Jeder  dieser 
beiden  Kreise  enthält  nun  beim  Vierfachdrucker  aufser  den  schon  er- 
wähnten sieben  Platten  jedes  Viertels  zwischen  dem  letzten  und  ersten 


296  Manier' s  neuer  Vielfach-Telegraph  für  Typendruck. 

Viertel  noch  eine  Stromgebuugsplatte  und  eine  Entladungsplatte:  die 
erstere  dient  dazu,  die  Vertheiler  der  beiden  zusammen  arbeitenden 
Aemter  in  Uebereinstimmung  zu  erhalten;  dazu  entsendet  das  eine  Amt 
nach  jedem  Umlaufe  des  Contactarmee  einen  Strom  durch  den  Elektro- 
magnet des  Vertheilers  im  anderen  Amte,  rückt  daselbst  die  Druckachse 
ein  und  berichtigt,  wenn  nöthig,  durch  den  Eingriff  des  Corrections- 
daumens  in  das  Correctionsrad  die  Stellung  des  Contactarmes.  Aufser- 
halb  dieser  drei  Kreise  sind  endlich  gegenüber  den  drei  Platten,  von 
denen  die  Drähte  c,  d  und  e  ausgehen,  vier  verstellbare  Contactplatten- 
paare  T  angebracht,  welche  der  Erhaltung  der  Uebereinstimmung  der 
Umdrehungszahl  der  vier  Empfänger  mit  derjenigen  der  Vertheiler  ge- 
widmet sind.  Hiernach  mufs  jeder  Contactarm  vier  Contactbürsten  erhalten. 

Die  Platte,  welche  zur  Entsendung  des  die  Vertheiler  der  beiden 
Aemter  in  Uebereinstimmung  erhaltenden  Correctionsstromes  dient,  kommt 
auch  zur  Verwendung,  wenn  bei  Beginn  die  Contactarme  der  beiden 
Vertheiler  in  Uebereinstimmung  gebracht  werden,  und  zwar  unter  Mit- 
wirkung einer  Anordnung,  welche  ganz  der  bekannten,  beim  Hughes 
die  anfängliche  Einstellung  des  Typenrades  vermittelnden  entspricht. 
Eben  diese  Contactplatte  vermag  aber  während  des  Telegraphirens 
die  Uebereinstimmung  der  beiden  Contactarme  nur  dann  zu  erhalten, 
wenn  die  Abweichung  in  der  Umlaufsgeschwindigkeit  nicht  die  Grenzen 
überschreitet,  innerhalb  welcher  der  Correctionsdaumen  in  bekannter 
Weise  die  Uebereinstimmung  wieder  herzustellen  vermag.  Bei  Ueber- 
schreitung  dieser  Grenzen  aber  lassen  sich  die  beiden  benachbarten 
Entladungsplatten  dazu  benutzen,  um  rasch  zu  erfahren,  ob  der  zu 
corrigirende  Hughes  dem  den  Correctionsstrom  sendenden  vorauseilt, 
oder  hinter  ihm  zurückbleibt,  in  welchem  Sinne  man  also  die  Lauf- 
geschwindigkeit des  ersteren  zu  ändern  hat;  man  braucht  dazu  nur 
mittels  eines  Umschalters  in  nahe  liegender  Weise  die  Möglichkeit  zu 
beschaffen,  die  unmittelbare  Verbindung  einer  jeden  dieser  beiden  be- 
nachbarten Platten  mit  der  Erde  zu  lösen  und  dafür  eine  Verbindung 
durch  einen  Klopfer  zur  Erde  herzustellen;  der  Klopfer  meldet  dann, 
ob  der  Correctionsstrom  zu  früh  oder  zu  spät  eintrifft. 

In  den  vier  empfangenden  Hughes  braucht  blofs  die  Umdrehungs- 
zahl des  Typenrades  der  Umdrehungszahl  der  beiden  Vertheiler  zu 
gleichen,  eine  Uebereinstimmung  im  Gange  der  Typenräder  mit  dem 
Umlaufe  der  Contactarme  dagegen  ist  durchaus  nicht  erforderlich.  Man 
läfst  daher  die  Typenräder  ein  wenig  rascher  als  die  Contactarme  laufen, 
hält  sie  am  Ende  jedes  Umlaufes  an  und  läfst  jedes  dann  wieder  los, 
wenn  der  Contactarm  über  das  zugehörige  der  im  äufsersten  Kreise 
stehenden,  bereits  erwähnten  Coutactplattenpaare  hinweggeht.  Bei  diesem 
Hinweggehen  schliefst  die  vierte  Contactbürste  des  Armes  einen  Lokal- 
strom durch  einen  besonderen  Hughes-Elektromagnet,  dessen  Anker 
beim    Abwerfen   mittels   einer  Hebelverbindung    die    bisher  —  zufolge 


Die  Fabrikation  der  Seeleuchte.  297 

einer  Aushebung  der  Sperrklinke  aus  dein  Frictionsrade  und  des  An- 
legens eines  aus  dem  Correctionsrade  vorstehenden  Stiftes  an  einen  Vor- 
sprung des  einen  Hebels  —  bestandene  Hemmung  des  Typenrades  be- 
seitigt, worauf  das  Typenrad  sich  wieder  in  Gang  setzt,  nach  Vollendung 
eines  Urnlaufes  aber  selbsthätig  wieder  aufgehalten  wird;  diese  ganze 
Anordnung  erinnert  sehr  an  die  Ein-  und  Ausrückung  der  Druckachse 
im  Hughes.  Da  diese  vier  Plattenpaare  verstellbar  sind,  so  läfst  sich 
leicht  die  Entsendung  des  Lokalstromes  zur  günstigsten  Zeit  herbeiführen. 
Munier  hat  endlich  auch  dafür  gesorgt,  dafs  dieselben  Hughes  sowohl 
beim  einfachen,  wie  beim  mehrfachen  Telegraphiren  benutzt  werden 
können.  Der  Contactschlitten  und  die  Stiftbüchse  werden  dann  bei- 
behalten, das  sonst  auf  der  Schlittenachse  selbst  sitzende  Kegelrad  aber 
wird  auf  einer  Muffe  angebracht,  so  dafs  es  während  des  Mehrfach- 
sprechens ausgerückt  werden  kann.  Die  für  das  Mehrfachsprechen  nöthigen 
Coutacte  unter  den  Tasten  der  Claviatur  werden  auf  einer  Platte  an- 
geordnet, die  man  beim  Einfachsprechen  niederklappt,  so  dafs  die  Con- 
tactfedern  aus  dem  Bereiche  der  Tasten  entfernt  werden.  Endlich  mufs 
beim  Einfachsprechen  der  das  selbsthätige  Anhalten  des  Typenrades 
nach  jedem  Umlaufe  herbeiführende  Winkelhebel  mit  dem  Vorsprunge 
dauernd  niedergedrückt  bleiben,  so  lange  man  nicht  etwa  das  Typenrad 
auf  das  Buchstabenblank  einstellen  will;  beides  ermöglicht  bequem  eine 
auf  diesen  Hebel  wirkende  Handkurbel,  welche  in  der  einen  Stellung 
den  Hebel  aufser  Dienst  stellt,  in  der  anderen  durch  ihn  das  Typenrad 
auf  dem  Buchstabenblank  zum  Stillstande  bringt,  bis  ein  auf  den 
Winkelhebel  wirkender  Daumen  der  Druckachse  das  Typenrad  wieder 
frei  macht. 

Die  Fabrikation  der  Seeleuchte. 

Von  Ingenieur  Schöpfleuthner  in  Wien. 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  17. 

Die  Seeleuchte,  welche  wohl  ihren  Ursprung  in  den  durch  Strand- 
rauber  benutzten  Leuchtfeuern  haben  dürfte,  ist  gegenwärtig  zwar  zu 
einer  ganz  bedeutenden  Fabriksspecialität  herangewachsen,  jedoch  in 
einer  derartigen  Form,  dafs  dieselbe  nur  den  wenigen  zugänglich  und 
bekannt  ist,  welche  sich  mit  der  Ausübung  derselben  direkt  befassen. 
Aus  dem  einfachen  Leuchtfeuer  wurde  nach  und  nach  der  fixe  Reflector 
aus  geripptem  Glas,  wodurch  die  Basis  zur  Schaffung  einer  zweck- 
mäfsigen  und  den  modernen  Anforderungen  entsprechenderen  Form  und 
Einrichtung  derartiger  Warnungs-  oder  Direktionssignale  gegeben  war. 
Die  heutige  Seeleuchte  beschränkt  sich  daher  auch  nicht  mehr  auf  den 
Hafen  oder  dessen  nächsten  Anschlüsse,  sondern  ist  überall  dorthin  er- 
weitert, wo  sich  für  den  ungestörten  Verkehr  der  Schifffahrt  damit  der 
angestrebte  Zweck  wirklich  erreichen   läfst.     Weil  es  sich  hierbei  am 


298  Die  Fabrikation  der  Seeleuchte. 

nichts  als  die  Lichterscheinung  handelt,  benutzt  man  als  Aufstellungs- 
ort entweder  schon  vorhandene  oder  speciell  zu  diesem  Zwecke  künst- 
lich aufgeführte  Erhebungen  und  sichert  deren  Bestand  durch  die  ge- 
eigneten Mittel  und  unzweifelhafte  Beaufsichtigung,  woraus  sich  auch 
die  Nothwendigkeit  damit  verbundener  Magazine,  Werkräume  und 
Wohnungen  von  selbst  ergibt. 

Die  Leuchte  an  und  für  sich  ist  nichts  weiter  als  ein  optischer 
Apparat,  dessen  Mechanik  darin  besteht,  in  bestimmten  Zeittheilen  eine 
bestimmte  Erscheinung  des  Lichtes  hervorzubringen,  trotzdem  der  eigent- 
liche Kern  desselben,  die  Lichtquelle  selbst,  eine  beständige  bleibt.  Die 
Einrichtung  des  Apparates  dagegen  bezweckt  die  Auflösung  des  Licht- 
körpers in  eine  Strahlenkrone,  deren  Top  die  Höhe  des  Apparates  über 
den  Meeresspiegel  bildet  und  deren  Basis  auf  einen  bestimmten  Um- 
kreis über  die  Oberfläche  des  Wassers  ausgebreitet  ist.  Dieser  letztere 
richtet  sich  an  Ausdehnung  ganz  nach  dem  zu  beherrschenden  Areale 
der  See  und  nach  diesem  wird  eben  die  Stärke  der  Lichtquelle  selbst 
bemessen.  Aus  diesen  Gründen  kann  auch  erst  dann  an  die  noth- 
wendige  Orientirung  gedacht  werden,  wenn  sich-  das  Fahrzeug  inner- 
halb der  beleuchteten  Zone  befindet,  und  diese  mufs  deshalb  auch  jene 
zur  rechtzeitigen  Mahnung  erforderliche  Ausdehnung  besitzen.  Es  ge- 
nügt nicht  allein  das  Vorhandensein  eines  derartigen  Sicherheitsmittels, 
sondern  dasselbe  mufs  auch  den  Ort  unzweideutig  erkennen  lassen,  wo 
sich  dasselbe  eigentlich  befindet.  Aus  diesem  höchst  wichtigen  Um- 
stände werden  die  Lichteffecte  stets  so  eingerichtet,  dafs  sie  von  allen 
übrigen  ähnlichen  Anlagen  genau  unterschieden  und  durch  Anfertigen 
von  Lichtkarten,  die  auch  von  jedermann  unterschieden  werden  können, 
für  den  Seedienst  von  eminenter  Wichtigkeit  werden.  Zur  Bildung 
solcher  Lichteffecte  bedient  mau  sich  verschiedener  Methoden,  doch  geht 
man  hierin  entweder  in  der  Weise  vor,  dafs  man  die  vom  Leucht- 
körper im  Räume  zerstreuten  Lichtstrahlen  sammelt  und  nach  jener  Rich- 
tung hin  ablenkt,  welche  für  den  bestimmten  Fall  festgesetzt  oder 
auch  als  Nothwendigkeit  erkannt  wurde,  und  dann  erst  in  senkrechte 
Strahlenkegel  zusammenzieht,  deren  Aufeinanderfolge  von  der  nun  für 
diesen  Ort  als  mögliches  Unterscheidungszeichen  zulässigen  Zeiteinthei- 
lung  wechselnd  stattfindet;  oder  indem  man  durch  Bildung  von  centralen 
Lichtbüscheln  mittels  der  in  concentrischer  Ringform  hinter  einander 
angeordneten  Linsensectionen,  untermischt  mit  noch  zulässigem  Farben- 
wechsel, entschieden  vorgeht.  Diese  letztere  Art  der  Begründung  findet 
zumeist  nur  dort  statt,  wo  es  sich  um  ganz  bedeutende  Zonen  handelt 
und  wo  aus  so  manch  anderweitigen  Anlässen  oder  auch  zwingender 
Nothwendigkeit  jede  andere  Form  sich  selbst  ausschliefst.  Streng  unter- 
schieden von  diesen  sind  dagegen  die  kleinereu  und  kleinsten  Apparate 
dieser  Art,  welche  lediglich  für  den  inneren  oder  Hafendienst  auf- 
gestellt  werden   und   daher  auch   den   Specialnamen    Hafenleuchlen   er- 


Die  Fabrikation  der  Seeleuchte.  299 

halten  haben.  Sie  unterscheiden  sich  nicht  allein  durch  eine  höchst 
reducirte  Form  von  jenen,  sondern  werden  auch  frei  aufgestellt  und  sind 
zum  Schutze  der  optischen  Gläser  einfach  mit  einem  ebenen  Glasmantel 
umgeben,  während  jene  stets  unter  einer  bequemen  Glaskuppel  unter- 
gebracht werden. 

Man  unterscheidet  die  für  Seeleuchten  bestimmten  optischen  Apparate 
nach  den  Nummern  1  bis  6  und  spricht  von  erster,  zweiter  u.  s.  w. 
sechster  Ordnung.  Von  dieser  Eintheilung  angehörigen  Gröfsen  er- 
halt die  erste  Ordnung  einen  inneren  Durchmesser  von  2m  und  bildet 
die  oberste  Grenze  dieser  Reihenfolge.  Die  kleinsten  erhalten  blofs 
solche  Linsenringe,  welche  die  aus  der  Mantelfläche  der  Lichtquelle 
kommenden  Strahlen  sammeln  und  ordnen;  man  nennt  sie  dioptrischen 
jene  gegen  1  aufwärts  aber  aufser  diesen,  nach  oben  und  unten  an- 
gereihten Ringe,  die  auch  durch  Zerstreuung  entstandene  Strahlen  auf- 
fangen und  nach  der  entsprechenden  Richtung  ablenken,  werden  kalop- 
trische  Linsen  genannt. 

Das  Glas  mufs  von  Schlieren  oder  Verunreinigung  jedweder  Art 
frei  sein  und  ist,  obgleich  mit  aufserordentlichen  Schwierigkeiten  ver- 
bunden, statt  dem  grünen  Spiegelglas  weifses  Krystallglas  aus  Gründen 
der  Effecterhöhung  zu  verwenden. 

Zur  Erklärung  der  Einrichtung  einer  Seeleuchte  diene  die  nach- 
folgende allgemeine  Beschreibung.  Der  eigentliche  Apparat  befindet  sich 
über  einem  gufseisernen  Kasten  und  ist,  auf  Säulen  getragen,  zwischen 
einer  Ringmauer  aufgerichtet  und  mit  einer  aus  Glas  und  Kupfer  herge- 
stellten Laterne  überdeckt.  Die  unteren  vier  Linsenringe  und  jene  zu 
einer  Kuppel  gewölbten  sind  katoptrisch  und  liegen  daher  aufserhalb  der 
das  direkte  Licht  brechenden  Zone,  der  dioptrischen.  Im  Apparatcentrum 
brennt  das  entweder  aus  Erdöl  oder  durch  Elektricität  dargestellte  Licht. 
Die  dioptrische  Zone  umspannt  ein  Ring  senkrecht  gerichteter  Planconvex- 
linsen,  welche  die  oben  angedeutete  Bildung  von  Strahlenbüscheln  be- 
zwecken und  zum  geeigneten  Lichtwechsel  durch  das  im  Postament 
untergebrachte  Laufwerk  auf  der  den  Frictionswellen  angewiesenen  Bahn 
reibungslos  im  Kreise  gedreht  werden.  Es  spiegeln  daher  die  katop- 
trischen  Ringe  ungestört  nach  allen  Seiten,  dagegen  die  dioptrischen 
in  Folge  Zusammenziehung  durch  Schirm  blofs  keilförmig,  jedoch  inten- 
siver, weil  dazwischen  finstere  Stellen  liegen.  Der  Apparat  steht  im 
Allgemeinen  so  hoch,  dafs  der  oberste  Fassungsring  mit  dem  untersten 
Dachsaume  der  Laterne  fast  in  derselben  Ebene  liegt.  Das  Postament 
besteht  aus  einer  Fundamentplatte,  welche  einen  concentrisch  angegos- 
senen Ring  nach  abwärts  richtet  und  das  Thurmgewölbe  durchdringt: 
durch  diese  Oeffnung  geht  das  Zugseil  des  Laufwerkes  nach  abwärts 
und  schlingt  sich  um  eine  einfache  Hakenrolle,  an  welcher  das  Be- 
lastungsgewicht hängt,  um  mit  dem  freien  Ende  an  einer  nahe  der 
Oeffnung  liegenden  Zange  anzufassen;  dies  geschieht  einfach  aus  Gründen 


300  L>ie  Fabrikation  der  Seeleuchte. 

der  Halbirung  des  Weges  der  Belastung.  Auf  dieser  Platte  stehen  vier 
facettirte  Säulen,  welche  unter  einander  durch  ergänzende  Zwischen- 
stücke verbunden  sind  und  schliefslich  durch  Aufnahme  einer  Deck- 
platte zu  einem  Ganzen  vereinigt  werden.  Eine  cylindrische  Fortsetzung 
dieser  Platte  dient  dem  fünfarmigen  Stern  als  Basis,  der  dann  auf  Säulen 
den  Linsenapparat  trägt.  Diese  letzteren  sind  unter  parallelepipedischen 
Kapitalen  festgeschraubt,  welche  so  gegen  Bogen  verschraubt  wurden, 
dafs  das  Ganze  die  Form  eines  Ringes  annimmt:  dieser  dient  so  dem 
optischen  Aufbau  als  Grundlage.  Die  Länge  jedes  einzelnen  Linsen- 
segmentes richtet  sich  nach  der  Gröfsenordnung  und  beträgt  in  unserem 
Falle  1/5,  J/8,  ^o  Umfang;  sie  werden  an  beiden  Enden  in  Metall- 
fassungen  geschoben,  denen  eine  dazwischenliegende  zur  Sicherung  der 
Lage  des  Bogens  beigefügt  wird.  Diese  drei  Metallrahmen  halten  keil- 
förmig verschraubt  in  zwei  darüber  gelegten  Metallbogen,  welche  das 
betreffende  Feld  zu  einer  auslegbaren  Zone  vereinigen,  aus  denen  der 
ganze  Apparat  thatsächlich  besteht.  Drei  äufserst  schwache  Stahl- 
ringe dienen  zur  Verbindung  dieser  Zonen  und  sicheren  Versteifung 
des  Ganzen.  Oben  schliefst  die  Kuppel  mit  einem  Ring,  welcher 
mit  jenem  vom  Dach  der  Laterne  herabkommenden  Rohre  zusammen- 
hängt, damit  der  schwache,  immerhin  schwere  Aufbau  ruhig  stehen 
bleibt. 

Der  Schirm  besteht  aus  zwei  mittels  Stäben  verbundenen  Ringen, 
zwischen  denen  die  planconvexen  Linsen  stehen  und  durch  vorgeschraubte 
Bogenstücke  versichert  sind.  Das  Dach  der  Laterne  ist  aus  Kupfer- 
blech und  Eisenbogen  zusammengesetzt  und  durch  wagerechte  und 
senkrechte  Spannschrauben  so  verankert,  dafs  eine  Bewegung  aus- 
geschlossen ist.  Die  Sparrensegmente  fassen  am  Top  einen  Ring,  unter 
welchem  eine  nach  unten  bombirte  Platte  liegt,  während  nach  aufsen 
ein  Abzugsschlot  von  einer  Kugel  so  umgeben  wird,  dafs  der  Einflufs 
von  bewegter  Luft  auf  den  freien  Abzug  der  Verbrennungsgase  keinen 
schädlichen  Einflufs  nehmen  kann.  Aus  dem  Ring  durch  die  Kugel 
hindurch  ragt  eine  Eisenstange,  welche  gleichzeitig  dem  Blitzableiter 
als  Träger  dient.  Allenfalls  aus  dem  Abzugsrohre  herabfallende  Con- 
densationswassertropfen  werden  nicht  den  heifsen  Glasapparat  treffen, 
sondern  in  die  Schüssel  fallen  und  dort  wieder  verdunsten.  Der  am 
Kuppelinneren  sich  ansammelnde  Niederschlag  strebt  naturgemäfs  dessen 
tiefster  Stelle  zu,  wo  sich  dann  die  Rinne  befindet,  die  das  Conden- 
sationswasser  nach  aufsen  leitet.  Aufsen  begrenzt  die  Kuppel  eine  ein- 
fache Form  Attikas  mit  Wasserspeiern,  damit  das  Regenwasser  nicht 
direkt  über  die  Spiegelwand  der  Laterne  fliefst.  Die  Dach-  oder  Kuppel- 
sparren sind  sowohl  seitlich  als  über  Hirn  mit  je  einer  Schraube  an 
Flacheisen  geschraubt,  welche  dem  Dach  als  Säulen  dienen  und  oben 
sowie  unten  durch  dazwischen  geschraubte  Bogen  unter  einander  ver- 
bunden   werden.     Aufsen   sind   sie   zu   einem   Falz    zusammengehobelt, 


Die  Fabrikation  der  Seeleuchte.  301 

welcher  nach  Einlegen  der  etwa  8mm  dicken  Gläser  mit  einer  me- 
tallenen Deckleiste  versehen  wird.  Handhaben  in  2<3  der  ganzen 
Höhe  dienen  zur  Stütze  bei  der  aufsen  vorzunehmenden  Reinigung  der 
Seheiben.  Die  Flacheisenstaugen  sind  in  der  Steinmauer  festgekittet 
und  durchdringen  an  dieser  Stelle  eine  Ringtreppe,  welche  von  der 
Mauer  ins  Innere  der  Laterne  ragt  und  den  Apparat  auch  von  dieser 
Seite  zugänglich  macht.  Eine  Stelle  ist  ausgeschnitten,  damit  man  üb§r 
die  Treppe  auf  dieses  Plateau  gelangen  kann.  Ein  Geländer  ist  nur 
aufsen  nothwendig,  da  im  Inneren  ohnehin  der  Apparat  die  Grenze 
bildet.  Zur  Zu-  bezieh.  Ableitung  von  Luft  müssen  oberhalb  der  Flur- 
platten in  den  Verbindungssegmenten  Schieber  angebracht  werden, 
welche  mit  einem  Knopf  versehen,  nach  Erfordernifs  geöffnet  oder  ge- 
schlossen werden.  Dies  wären  nun  die  wesentlichen  Punkte  einer  See- 
leuchte. Dagegen  sei  bemerkt,  dafs  bei  Construction  des  Laufwerkes 
weniger  der  Widerstand  des  Schirmes,  als  vielmehr  dessen  Anzahl  Um-» 
gänge  in  der  Zeiteinheit  zu  berücksichtigen  sind,  und  je  nach  der  Dauer 
des  Betriebes  und  der  Fallhöhe  des  Zuggewichtes  mufs  die  Umsetzung 
bezieh,  die  Gröfse  des  Flügeareals  genau  bestimmt  werden.  Eine  senk- 
rechte Welle  des  Laufwerkes  greift  dann  in  eine  im  Kasten-  oder 
Postamentdeckel  festgelagerte  Welle  direkt  mittels  Stirntrieb  und  über- 
trägt so  die  Bewegung  auf  den  Ring  des  Schirmfufses,  welcher  am  Um- 
fange entsprechend  gezahnt  ist.  Das  Laufwerk  steht  auf  Rollen,  damit 
es  behufs  Reinigung  oder  Reparatur  leicht  aus  dem  Kasten  gefahren 
werden  kann. 

Herstellung  der  Prismenringe. 

Das  Verfahren,  Glas  in  gröfseren  Mengen  in  Formen  zu  pressen, 
ist  noch  sehr  wenig  verbreitet  gewesen,  als  mit  Seeleuchten  in  gewöhn- 
lichem Spiegelglas  gearbeitet  wurde,  daher  fand  man  die  Anwendung 
aus  Krystallglas  hergestellter  Prismen  von  so  grofser  Ausdehnung  auch 
nicht  eingeführt.  Es  ist  auch  nicht  leicht,  Kry stall  so  zu  giefsen,  dafs 
der  Querschnitt  des  Gufsstückes  in  jedem  Falle  an  Reinheit  nichts  zu 
wünschen  übrig  läfst,  und  leider  kommt  hierzu  noch  die  Thatsache,  dafs 
man  vor  dem  Finiren  von  mindestens  einer  Seite  (zumeist  erst  nach 
der  zweiten)  gar  nichts  von  derartigen  Schäden  wahrnimmt.  Zum  Pressen 
der  Segmente  bedarf  es  weiter  nichts  als  einer  gufseisernen  Form,  deren 
Guisflächen  blank  gedreht  wurden  und  auf  die  sich  in  der  zulässigen 
Richtung  ein  planer  Deckel  sicher  aufdrücken  läfst.  (Form  und  Deckel 
siehe  Fig.  15  Taf.  17.)  Luftkanäle  in  gekreuzter  Richtung  vollenden 
die  zu  beiden  Enden  durch  senkrechte  Wände  abgeschlossene  Form. 
Sie  wird  zum  Giefsen  angewärmt,  das  Glas  im  Flufs  hineingebracht 
und  nach  Auflegen  des  Deckels  durch  Zusammenschrauben  geebnet,  so 
dafs  der  Ueberschufs  an  Glas  zwischen  dem  Deckelsaume  heraustritt. 
Hierauf  brinsit  man  das  Prisma  in  den  Kühlofen  und  versendet  es  ohne 


302  Die  Fabrikation  der  Seeleuchte. 

weitere  Behandlung  nach  dem  Erkalten  in  kleinen  Partien,  um  der 
Schleiferei  zu  genügen  und  die  Hütte  für  Handelswaare  frei  zu  be- 
kommen.    Ein    Ueberschufs   von   mindestens   30  Proc.   ist  nothwendig, 

CT 

weil  wegen  vorkommender  Schäden  im  Schleifen  o.  dgl.  Ersatz  nöthig 
wird. 

In  diesem  Artikel  haben  sich  die  Lieferanten  zumeist  deshalb  ver- 
rechnet, weil  ihnen  die  ungeheuren  Schwierigkeiten  des  Krystallglases 
diesfalls  nicht  bekannt  waren  und  oft  auch  der  Ersatz  nach  der  Lieferung 
wegen  Unreinigkeit  des  Materials  grofse  Opfer  auferlegte.  In  Fig.  11 
und  12  findet  sich  eine  rohe  Curve,  wie  sie  die  Glashütte  liefert.  Die 
erste  Arbeit,  welche  von  der  Schleiferei  daran  vorgenommen  wird,  ist 
das  Absäumen  am  Eisenrade  (siehe  Fig.  1  und  2).  Dasselbe  rotirt  mit 
mäfsiger  Geschwindigkeit  unter  einem  Sandkasten,  durch  welchen  ein 
Wasserstrom  fliefsend  Sand  über  die  Schleifkante  der  Scheibe  führt. 
Dies  ist  eine  jener  Manipulationen,  wie  sie  jedem  gewöhnlichen  Glas- 
schleifer bekannt  sind  und  erfordert  nicht  allzu  grofse  Geschicklichkeit. 
Leider  springen  nach  Beseitigung  solcher  Angüsse  a  b  (Fig.  10)  ganze 
Flächen  in  Folge  dadurch  erregter  Materialspannung  aus  dem  Prisma, 
und  dank  dieses  Zufalles  wird  die  folgende  äufserst  kostspielige  Arbeit 
von  vorn  herein  erspart.  Hält  hingegen  das  Material  diese  Vorarbeit 
aus,  so  schreitet  man  zum  Abrichten  der  beiden  parallelen  Liegeflächen 
auf  der  Planscheibe  (siehe  Fig.  3  und  4  Taf.  17),  und  wenn  dies  ge- 
schehen, reifst  man  mittels  eines  Stangenzirkels  auf  den  beiden  an- 
geschliffenen Kanten  den  genauen  Bogen  auf  (siehe  den  Querschnitt 
Fig.  9  bis  11).  Ist  dies  geschehen,  so  schiebt  man  das  Segment  unter 
ein  für  diese  Zone  passendes,  in  beiden  Schenkeln  mit  Mafstheilung 
versehenes  Winkelmafs  g  h  (Fig.  12)  und  reifst  die  beiden  Endlinien 
zur  Fixirung  der  Bogenlänge  genau  an.  Nach  diesen  beiden  Stirnrissen 
stöfst  man  ebenfalls  auf  jener  Planscheibe  vorsichtig  den  Ueberschufs 
genau  ab  und  setzt  dies  so  lange  fort,  bis  das  Winkelmafs  beiderseits 
genau  anliegend  auf  den  bezüglichen  Zahlenrifs  angeschoben  werden 
kann.  Diese  Mefsarbeiten  werden  auf  einer  genau  plangeschliffenen, 
doch  nicht  polirten  Glasrichtplatte  vorgenommen  und  zur  Bestimmung 
der  senkrechten  Lage  der  Stirnflächen  ein  kleiner  eiserner  Winkel  ver- 
wendet. Hat  man  auf  solche  Weise  einen  King  fertig,  so  legt  man  ihn 
auf  der  Richtplatte  nach  den  Bogenrissen  genau  zusammen,  untersucht 
mittels  Stangenzirkel  nochmals  genau  den  Bogen  und  corrigirt  nach 
Mafsgabe  an  den  einzelnen  Segmenten. 

Die  Prismenschlei fmascftinen. 

Zum   Schleifen   der   auf  obige    Weise    hergestellten   Ringe  bedient 

man   sich   einer   oder   mehrerer   eigens   hierfür  construirter  Maschinen, 

deren  Einrichtung  bei  genauer  Betrachtung  der  vorliegenden  Arbeit  sich 

bald  von  selbst  ergibt.     Ich  hatte  leider  vordem  eine   andere  derartige 


Die  Fabrikation  der  Seelenchte.  303 

Einrichtung  nicht  zu  sehen  Gelegenheit  und  folgte  daher  der  äufsersten 
Notwendigkeit  bei  Herstellung  der  Maschinen  (Fig.  5  bis  8  Taf.  17). 
Diese  dient  zum  Schleifen  der  dioptrischen  Zone,  jene  hingegen  blofs 
für  die  katoptrische.  Jede  dieser  oder  ähnlicher  Maschinen  ist  mit 
einem  zweitheiligen,  viereckigen  Holzkasten  versehen,  damit  der  ab- 
fallende oder  weggeschleuderte  Schleifsand  nicht  zerstreut  wird  und 
auch  das  Lokal,  in  welchem  dieselben  untergebracht  sind,  leichter  rein 
gehalten  werden  kann.  Aufserdem  mufs  jede  Maschine  einen  flachen 
Schirm  erhalten,  damit  niedersinkende  Staubpartikelchen  beim  Hoch- 
glanzpoliren nicht  auf  die  Gläser  fallen  und  so  dieselben  rissig  machen. 
Der  Antrieb  aller  dieser  Maschinen  mufs  von  unten  erfolgen,  weil 
Vorgelege  und  andere  im  Werkraume  bewegliche  Verbindungen  trotz 
aller  Vorsicht  hinsichtlich  Reinlichkeit  ihren  schädlichen  Einflufs  nur 
zu  bald  schmerzlich  empfinden  lassen.  Bei  der  Planschleifmaschine 
genügt  ein  einfacher  Riemenantrieb  über  Leitrollen  direkt  von  der  Trans- 
mission, da  die  Umfangsgeschwindigkeit  der  Planscheibe  eine  für  diesen 
Antrieb  geeignetere  und  die  Inanspruchnahme  beim  Grobschleifen  (Ab- 
richten u.  s.  w.)  keine  bemerkenswerthe  ist.  Anders  ist  es  dagegen 
bei  den  folgenden  Maschinen.  Ihre  Ausdehnung  und  Massenthätigkeit, 
dann  die  Beanspruchung  beim  Poliren  machen  hier  ganz  andere  Vor- 
kehrungen nothwendig,  und  wenn  man  bedenkt,  dafs  die  Tourenzahl 
der  Planscheiben  zwischen  10  und  100  schwankt,  findet  man  diese 
kinematische  Form  unzulänglich.  Dafs  bei  diesen  Maschinen  jede  Er- 
schütterung sowie  Stöfse  vermieden  werden  müssen,  ist  einleuchtend,  es 
eignet  sich  daher  auch  nicht  jedes  beliebige  Element  zur  Umsetzung 
der  motorischen  Kraft.  Nachdem  auch  die  Gröfse  der  herzustellenden 
Prismenringe  in  drei  Ordnungen  zwischen  2  und  0m,3  schwankt,  ist  es 
der  Sicherheit  wegen  angezeigt,  mindestens  drei  Gröfsen  dieser  Maschinen 
aufzustellen,  da  doch  ein  Auswechseln  der  Planscheiben  mit  Kosten  ver- 
bunden wäre;  auch  ist  die  Dauer  des  Schleifens  einer  Gröfse  von  hin- 
länglicher Bedeutung,  um  die  Erweiterung  dieser  Anlage  zu  recht- 
fertigen. Es  ist  allerdings  richtig,  dafs  sich  dieser  Artikel  nicht  so 
betreiben  läfst  wie  so  viele  andere  und  an  eine  Massenfabrikation  in 
keinem  Falle  gedacht  werden  kann,  allein  will  man  den  Anforderungen 
nur  einigermafsen  gerecht  werden,  so  kann  von  einer  derartigen  An- 
schaffung unmöglich  Umgang  genommen  werden.  Gewaltsames  Vor- 
gehen ist  hierbei  ausgeschlossen  und  mit  Bedacht  und  Vorsicht  handeln 
erfordert  immerhin  Zeit  und  vom  Tage  des  Auftrages  bis  zur  Ablieferung 
kann  unmöglich  ein  längerer  Termin  gesetzt  werden,  als  zum  Aufbaue 
des  Thurmes  erforderlich  ist.  Ist  die  maschinelle  Einrichtung  in  dieser 
Ausdehnung  getroffen,  so  bedarf  es  auch  keiner  umfangreichen  Zer- 
legung der  Antriebsgeschwindigkeiten  und  es  genügt,  wenn  jede  der 
gröfseren  Maschinen  vier  Geschwindigkeiten  zuläfst,  welche  dem  Grob- 
schleifen und  Poliren  entsprechen.   Zieht  man  Zahnräder  für  langsamen 


304  Die  Fabrikation  der  Seeleachte. 

Gang  vor,  so  mufs  ein  endloser  Eingriff'  der  Räder  gewählt  werden,  d.  h. 
entweder  eine  sehr  exact  ausgeführte  schiefe  Verzahnung  oder  besser  die 
endlose  Schnecke.  Der  Widerstand  und  die  Abnützung  fällt  in  letz- 
terem Falle  nicht  ins  Gewicht,  da  Widerstand  und  Geschwindigkeit 
hierauf  keinen  bedenklichen  Einflufs  ausüben:  aufserdem  fällen  Schraube 
und  Rad  hierbei  sehr  klein  aus,  können  daher  im  Falle  der  Auswech- 
selung keine  besonderen  Kosten  verursachen.  Nachdem  aber  dadurch 
auch  die  Kosten  der  Maschine  weit  geringer  werden,  so  blieb  ich 
bei  der  Schraube  und  erzielte  damit  auch  leichtere  und  bequemere 
Fundamente.  Die  Schneckenräder  sitzen  knapp  oberhalb  der  Spur- 
lager oder  Pfannen,  sind  zweitheilig,  um  ohne  Demontage  sofort  jeder- 
zeit abgenommen  werden  zu  können,  während  die  Schnecke  selbst 
mittels  Nuth,  Feder  und  Stellschraube  an  den  Conuswellen  halten.  Dies 
gestattet  auch  schwache  Riemen  zwischen  Vorgelege  und  Maschine  bei 
hoher  Geschwindigkeit  und  stofsfreie  Inbetriebsetzung  während  der 
Arbeit,  da  ein  Anhalten  der  Maschine  des  Tages  sich  unzählige  Male 
als  nothwendig  zeigt.  Hauptsache  bei  Maschinen  dieser  Art  ist  die 
vollkommene  Einschliefsung  der  reibeuden  Theile  bei  sicherer  und  be- 
quemer Schmierthätigkeit  und  Zulassung  von  Staubbüchsen  an  allen 
nach  aufsen  gerichteten  Lagerarten,  da  diesfalls  ein  Maugel  allein  schon 
genügt,  die  gesammte  Anlage  bezüglich  ihrer  Zweckmäfsigkeit  in  Frage 
zu  stellen.  Auch  müssen  Formen  gewählt  werden,  deren  Oberfläche 
das  Reinigen  von  Staub  und  Sand  oder  Schmirgel  möglichst  begünstigen 
und  erleichtern,  das  denkbar  geringste  Gewicht  besitzen  und  Fibrationen 
sicher  ausschliefsen.  Ein  Blick  auf  die  Detailzeichnung  wird  darthun, 
in  welcher  Weise  dies  angestrebt  worden  und  auf  welche  äufseren 
Kräfte  hauptsächlich  Rücksicht  genommen  ist.  Wichtig  bei  diesen 
Maschinen  ist  deren  handgerechte  Abstellung  oder  Inbetriebsetzung, 
ohne  den  Schleifer  zu  nöthigen,  seinen  jeweiligen  Standplatz  zu  ver- 
lassen. 

Das  Schleifen  der  katoptrischen  Ringe  geschieht  auf  Maschine 
Fig.  5  und  6  und  zwar  durch  eine  einfache  aus  Holz  gebildete  Gerad- 
führung, deren  Eigenschaften  hinsichtlich  des  kinematischen  Zusammen- 
hanges der  damit  behandelten  Kegelfläche  mehr  oder  weniger  eine 
Curve  gibt.  Der  gufseiserne  Schleif  backen  ist  nach  vorn  zu  etwas  ver- 
jüngt, mittels  Colophonium  und  Wachs  auf  das  Brettchen  i  aufgekittet 
und  wirkt  nun  unter  dem  Drucke  der  darüber  liegenden  Rolle  r  auf 
die  vorbeiziehende  Glasfläche.  Die  Holzbacken  kk[  zu  beiden  Seiten 
der  Maschine  dienen  einerseits  als  Drehpunkte,  andererseits  als  Führung 
beim  Auf-  und  Abwärtsgange  des  Backens. 

Der  Unterschied  in  den  einzelnen  Ringen  der  oberen  Zone  bedingt 
auch  eine  veränderbare  Anlage  dieses  Schleifbackensupportes,  deshalb 
sind  sowohl  die  beiden  Backen  kk  als  auch  die  Wange  W  am  Maschinen- 
kasten   der    Länge    nach    entsprechend    geschlitzt,    so    dafs    es    keiner 


Die  Fabrikation  der  Seeleuchte.  305 

Schwierigkeit  unterliegt,  verschiedene  Ringgröfsen  an  den  drei  Seiten 
bequem  zu  behandeln. 

Das  Aufspannen  dieser  Ringe  erfolgt  am  sichersten  in  auf  der 
Planscheibe  festgeschraubten  Gufseisenbacken  B  (Fig.  5  und  6),  welche 
sich  je  nach  Form  und  Gröfse  des  Ringes  im  erforderlichen  Kreis  auf- 
stellen und  den  Querschnittsverhältnissen  entsprechend  wenden  lassen. 
Begonnen  wird  die  Arbeit  auf  der  inneren  Seite.  Für  diesen  Fall  sind 
eigene  Planbacken  B  (Fig.  5)  erforderlich,  deren  Wendung  um  eine  wage- 
rechte Achse  das  Anpassen  an  die  jeweilige  Lage  der  Prismenfläche 
gestattet;  eine  Schraube  dient  hierbei  zum  Feststellen  der  Platte.  Am 
unteren  Ende  wird  ein  Stück  Zink  aufgeschraubt,  das  nach  jedes- 
maligem Aufspannen  der  Backen  wagerecht  überdreht  werden  mufs, 
damit  die  aufgelegten  Segmente  auf  der  zugeschliffenen  Kante  m  (Fig.  10) 
eben  und  dem  Rifs  entsprechend  richtplattenmäfsig  angelegt  werden 
können.  Nachdem  die  genaue  Querschnittsform  der  fertigen  Prismen 
auf  beiden  Stirnseiten  mit  Bleistift  angerissen  ist  und  sowohl  auf  Kante  m 
als  auch  n  der  Constructionsbogen  zu  diesem  Behufe  vorhanden  sein 
mufs,  legt  man  um  den  Bolzen  g  (Fig.  7),  der  als  Verlängerung  der 
Maschinenwelle  zu  betrachten  und  genau  centrirt  ist,  das  in  Fig.  16  ge- 
zeichnete Radialmafs  mit  Nonius  in  der  dem  Ringdurchmesser  ent- 
sprechenden Stellweite  und  sucht  die  angelegten  Segmente  jetzt  genau 
in  den  gesetzten  Kreis  zu  legen,  indem  man  sie  auf  den  Zinkbacken 
nach  Erfordernifs  verschiebt.  Liegt  der  Ring  genau  nach  dem  Rifs 
fertig,  so  spannt  man  aufsen  die  Backen  q  (Fig.  7)  vor  und  stopft  jetzt 
den  Zwischenraum  mit  in  Warmwasser  aufgeweichtem  Kautschuk  dicht 
aus.  Damit  die  Gläser  gut  anhaften,  überklebt  man  sie  an  den  Enden 
mit  rauhem  Hadernpapier;  anstatt  des  Kautschuks  kann  auch  mit  Wachs 
gemengtes  Colophonium  vortheilhaft  angewendet  werden.  Nachdem  die 
Unterlage  erkaltet  ist,  entfernt  man  die  Backen  und  stellt  jetzt  die 
Schleifbackenführung  der  zu  schleifenden  Fläche  parallel  auf,  schraubt 
dieselbe  an  den  Wangen  fest  und  legt  die  Druckrolle  r  über  den 
Schleifbacken  an. 

Beim  Grobsandschleifen  kann  die  Umfangsgeschwindigkeit  immer- 
hin bis  3m  steigen,  beim  Poliren  jedoch  nicht  über  lm.  Zu  bemerken 
ist,  dafs  die  Kanten  gut  abgefast  sein  müssen,  dafs  jeder  Stofs  oder 
Schlag  auf  die  Maschine  an  irgend  einer  Stelle  streng  vermieden  werden 
mufs  und  beim  Aufspannen  der  Segmente  allzu  heftiges  Drücken  mit 
den  Fingern  stets  Aussplitterung  zur  Folge  haben  würde.  Auch  der 
Schleifbackeu  darf  nur  in  senkrechter  Richtung  gegen  die  zu  be- 
arbeitende Fläche  elastisch  gehalten  werden,  jede  andere  Beweglich- 
keit vereitelt  die  angestrebte  Flächenrichtung,  und  da  der  Aufgufs  ohne- 
hin nicht  zu  bedeutend  sein  darf,  um  an  Schleifzeit  zu  sparen,  so  wird 
bei  einigermafsen  unbeständigem  Vorschleifeu  die  Flächenhöhe  bald 
überschritten,    dadurch    aber   das   betreffende    Segment   oder  auch   der 

Dingler'spolyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  7.  1890/111.  20 


306  Die  Fabrikation  der  Seeleuchte. 

ganze  Ring  werthlos.  Damit  der  Ring  sicher  zusammenhält,  überklebt 
man  die  oberen  Stofsfugen  noch  mit  schmalen  Papierstreifen  oder  trägt 
schnelltrocknenden  Firnifs  ein,  damit  das  Wasser  keinen  Zutritt  hat. 
Wenn  alles  in  Ordnung  befunden,  kann  mit  der  Ingangsetzung  in  der 
vorhin  bezeichneten  Umfangsgeschwindigkeit  begonnen  werden.  Man 
benetzt  hierbei  den  Glasring  mit  geschwemmtem  Schleifsand  gröbster 
Sorte  und  läfst  successive  den  Schleif  backen  so  lange  nach,  bis  eine 
Berührung  stattfindet.  Da  dies  nur  an  einzelnen  Stellen  der  Fall  sein 
wird,  bewegt  man  den  Backen  über  die  ganze  Flächenausdehnung 
(Breite)  des  Prismas,  um  zu  sehen,  wie  weit  noch  vorgegangen  werden 
darf.  Zeigt  sich  der  Angriff  an  jenen  Stellen  als  ausreichend,  so  führt 
man  mit  der  freien  Hand  beständig  Sand  vor  dem  Backen  zu  und  stellt 
nach  Mafsgabe  der  fortschreitenden  Arbeit  den  Backen  tiefer.  Wird 
der  Ring  in  Folge  Niederschleifens  irgend  scharfkantig,  so  mufs  der 
Backen  hoch  gestellt  und  die  Abfacettirung  vorgenommen  werden. 
Hierzu  benutzt  man  ein  Stück  schwaches  Eisenblech  und  hält  dasselbe 
mit  freier  Hand  unter  zeitweiligem  Sandauflegen  gegen  die  scharfe 
Kante.  Es  ist  nicht  nöthig,  unausgesetzt  frischen  Schleifsand  vor- 
zunehmen, da  er  ohnehin  blofs  einfach  durchzieht  und  sich  hierauf  im 
Kasten  oder  auf  der  Planscheibe  sammelt,  von  wo  man  ihn  beständig 
herbeiholt  und  so  lange  benutzt,  bis  er  stumpf  geworden  in  die  Wäsche 
kommen  mufs. 

Ist  man  soweit  vorgeschritten,  dafs  es  an  der  Zeit  ist,  den  Ober- 
kantendurchmesser auf  Mafs  zu  untersuchen,  wird  die  Maschine  ab- 
gestellt, das  Radialmafs  angelegt  und  so  die  Grenze  bestimmt,  bis  zu 
welcher  das  Grobschleifen  fortgesetzt  werden  darf.  Nach  Beendigung 
desselben  (etwa  bis  auf  lmm)  hält  man  an,  wäscht  das  ganze  Plateau 
sammt  Kasten  und  was  dazu  gehört  vorsichtig  rein,  fühlt  mit  den 
Fingern  fleifsig  nach  den  Flächen  der  Prismen  und  Schleif  backen,  kehrt 
allen  Staub  und  anhaftenden  Sand  von  der  Maschine  und  deren  nächster 
Umgebung,  vom  Schirm  und  der  etwa  zunächst  liegenden  Wand,  läfst 
jetzt  die  Maschine  wieder  angehen  und  befühlt  mit  trockener  Hand 
nochmals  die  rotirende  Glasfläche  soweit  dies  möglich.  Hierauf  be- 
ginnt das  Feinschleifen  mit  der  oberen  Schwemmsaudschichte  unter 
Vermeidung  jedweder  Vermengung  gröberer  Körner,  die  möglicher- 
weise noch  in  Fugen  liegen  geblieben  sein  könnten,  wäscht  nach  deren 
Beendigung  abermals  und  verwendet  jetzt  zur  endgültigen  Glättung 
feinen,  ebenfalls  geschwemmten  Schmirgel  in  Abstufungen,  soweit  dies 
dieselben  im  Schwemmprozesse  gestatten.  Der  zuletzt  angewandte 
Schwemmschmirgel  gleicht  nur  mehr  einer  gelbbraunen  Schlammart, 
welcher  mehrere  Stunden  benöthigt,  um  sich  im  Wasser  niederzuschlagen. 
Ist  auch  diese  Arbeit  glücklich  vollbracht,  so  wäscht  man  neuerdings 
die  Maschine,  indem  man  alles  fortnimmt,  icas  auf  die  Lage  der  Schleif- 
backen und  Hinge  keinen  Einflufs   hat.    putzt   alle  Fugen  und  Ecken  gut 


Die  Fabrikation  der  Seeleuchte.  307 

nafs  und  trocken  aus,  schwemmt  endlich  mit  filtrirtem  Wasser  gut  ab 
und  reinigt  nach  dem  Trocknen  mit  der  flachen  Hand. 

Den  Schleifbacken  zieht  man  sammt  seiner  Unterlage  vorsichtig 
aus  dem  Support,  macht  über  einer  Gasflamme  Colophoniumkitt  so  weit 
warm,  dafs  er  am  ebenfalls  erhitzten  Backen  klebt,  taucht  denselben 
in  die  Masse  ganz  ein  und  legt  rasch  ein  Stück  bereit  gehaltenes  Tuch 
(Militärtuch)  darüber,  geht  zur  Maschine  und  prefs*t  in  kleinen  Ab- 
sätzen an  Ort  und  Stelle  das  Ganze  gegen  die  vorhin  geschliffene  Fläche, 
um  so  eine  gute  Anlage  zu  gewinnen.  Nach  dem  Erkalten  setzt  man 
die  Maschine  wieder  in  Bewegung,  doch  mit  langsamem  Gang,  sucht 
nochmals  nach  allenfalls  in  der  Zwischenzeit  herbeigekommenen  Sand- 
körnern und  streicht  endlich  mit  einem  Wolllappen  Rouge  (Eisenoxyd, 
Englisch  Roth)  auf  die  Fläche  vordem  Schleif  backen,  benetzt  diesen  selbst 
gut  und  läfst  langsam  wirken.  Wenn  die  Sättigung  des  Tuches  am 
Schleif  backen  stattgefunden,  drückt  man  unter  rascher  Auf-  und  Ab- 
bewegung  des  Hebels  Z7,  also  des  Schleif  backens,  diesen  fester  an,  um 
durch  Erwärmung  des  Kittes  eine  genaue  Form  in  den  Polirbacken  zu 
bringen.  Nafs  arbeiten  fruchtet  nichts,  es  mufs  nach  jedesmaligem  Auf- 
tragen der  im  Tuche  hängende  Rouge  trocken  oder  warm  gerieben 
werden,  denn  nur  auf  diese  Weise  zeigt  sich  der  Hochglanz  in  kürzester 
Zeit,  und  wenn  mit  Vorsicht  und  Glück  zu  Werke  gegangen,  die  fertige 
Fläche  schon  nach  einigen  Tagen.  Schlimm  ist  es  hierbei,  dafs  man 
dem  Schleifmateriale  keine  verreibende  Richtung  geben  kann,  wie  dies 
beispielsweise  bei  Brillengläsern  unter  der  Haube  geschieht,  daher  auch 
das  ofte  Wechseln  des  Schleifmateriales. 

Bespritzt  man  die  vorbeiziehende  Glasfläche  mit  Wasser,  sobald 
der  Zug  im  Schleifbacken  ein  zu  grofser  wird,  und  röthet  sich  dadurch 
dieselbe,  so  darf  kein  frisches  Material  aufgetragen  werden.  Der  Schleif- 
backen soll  jetzt  auf  den  weit  geöffneten  Federn  balanciren,  damit  sich 
die  Schale  dicht  an  die  Glasfläche  legt  und  die  Kanten  dadurch  gleich 
rein  polirt.  Der  durch  das  Poliren  erzielte  Verlust  ist  kaum  erkennt- 
lich und  beträgt  höchstens  0mm,16.  Bleibt  die  Maschine  über  zwölf 
Stunden  aufser  Betrieb  und  kann  auf  keine  zulässige  Weise  dessen 
Feuchtigkeit  erhalten  bleiben,  so  mufs  das  Tuch  entfernt  und  durch 
einen  frischen  Ueberzug  ersetzt  werden. 

Alles  Bemühen,  eine  Glasfläche  auf  ihre  Beschaffenheit  zu  unter- 
suchen, ist  vergebens,  insolange  nicht  die  hierzu  erforderliche  Uebung 
gewonnen  ist.  Man  sieht  entweder  Matt,  Trüb,  Grau  oder  Hell,  auch 
Spiegel,  nicht  aber  die  Fläche  selbst  und  die  Ursache  ihrer  jeweiligen 
Beschaffenheit.  Gefühl  und  Blick  werden  aber  in  kürzester  Zeit  so 
empfindlich,  dafs  sobald  kein  Uebersehen  eintritt. 

Nach  Fertigstellung  der  äufseren  Ringfläche  wird  der  Schleifbacken 
sammt  Geradführung  entfernt,  die  Maschine  gewaschen  und  zum  Schleifen 
der  jetzt  oben  liegenden  Fläche  (im  Apparat  die   untere)  in   ähnlicher 


308  Die  Fabrikation  der  Seeleucbte. 

Weise  wie  früher  vorgerichtet  Es  ist  hier  nur  zu  bemerken,  dafs 
diese  Fläche  nicht  eben,  sondern  gekrümmt  ausfällt  und  durch  geeig- 
nete Führung  des  Backens  eben  erzielt  wird.  Genau  läfst  sich  diese 
Gerade  erst  beim  Feinschleifen  nach  einem  passenden  Lineal  schleifen, 
was  um  so  leichter  ist,  als  der  Bogen  sich  mehr  der  Concaven  nähert. 

Zum  Messen  der  Neigung  dieser  Flächen  bedieut  man  sich  eines 
Winkelmafses,  dessen  oberer  Schenkel  nach  einem  Nonius  genau  ein- 
gestellt werden  kann  und  mit  der  Basis  auf  der  Plauscheibe  senkrecht 
steht.  Es  ist  einleuchtend,  dafs  eine  genaue  Form  zu  schleifen  mit 
grofsen  Schwierigkeiten  verbunden  ist,  da  man  doch  blofs  Sand  als 
Schleifmittel  hat  und  dessen  Angriff  nicht  nach  Belieben  in  der  Hand 
hat:  es  bleibt  daher  bei  diesem  Prozefs  der  Gewissenhaftigkeit  des 
leitenden  Iugenieurs  uud  seiner  Leute  überlassen,  den  Auforderungen 
gerecht  zu  werden. 

Nach  Beendigung  dieser  zweiten  Seite  des  Ringes  schreitet  man 
zum  Abräumen  der  Maschine  und  beginnt  das  Auflegen  der  Backen 
(Fig.  13  und  14),  deren  bewegliche  Wand  C  jederzeit  nach  aufsen 
liegt:  die  Einstellung  beider  Platten  C  uud  D  geschieht  durch  die 
Schraube  S  und  zwar  ehe  man  das  Glas  aufbringt.  Siud  diese  Backen 
an  Ort  und  Stelle  festgeschraubt,  so  keilt  man  in  die  Nuth  N  eine 
Schicht  Hirnholz  ein,  überdreht  die  Fläche  genau  nach  Mafs  und  Neigung, 
schlichtet  mit  scharfer  Feile  den  erzeugten  Grath  und  legt  hierauf  die 
blanke  Glasfläche  behutsam  darüber.  Da  dieselben  blofs  an  den  Enden 
liegen,  drückt  der  Bogen  dazwischen  nach  unten,  und  es  müssen  daher 
auch  hier  Holzstücke  stehend  mit  jenen  gleichzeitig  überdreht  werden, 
damit  das  Aufkitten  und  Festlegen  auf  die  so  erzielte  richtige  Lage 
keinen  nachtheiligen  Einflufs  ausübt.  Die  in  den  Backen  liegenden 
Holzstücke  umkittet  man  gut,  um  Nässe  fern  zu  halten,  jene,  die  da- 
zwischen frei  auf  der  Planscheibe  stehen,  müssen  vorher  in  Oel  gekocht 
und  jetzt  wieder  mit  einer  Harzschicht  überzogen  werden,  wenn  man 
nicht  deren  Beseitigung  vorzieht  und  dafür  blofse  Metallstützen  anlegt, 
was  nach  dem  Festkitten  wohl  gestattet  ist.  Die  vorhin  hochglanz- 
polirten  Flächen  sind  zwar  jetzt  sehr  hart,  jedoch  immerhin  so  em- 
pfindlich, dafs  beim  Abstreifen  mit  der  blofsen  Hand  oder  dem  Pinsel 
Risse  erzeugt  werden,  sobald  Sand  oder  dergleichen  Schleifmaterial,  wie 
solches  ja  beim  Schleifen  der  letzten  Seite  nicht  anders  sein  kann,  von 
diesen  zu  entfernen  ist.  Man  mufs  daher  mit  äufserster  Vorsicht  handeln, 
nie  anders  als  durch  Begiefsen  mit  Wasser  den  Reinigungsprozefs  vor- 
nehmen und  erst  nach  dem  Abtrocknen  mittels  Handgebläse  die  voll- 
ständige Säuberung  zu  bewerkstelligen  suchen.  Bei  dieser  letzten  Procedur 
des  Schleifens  mufs  hauptsächlich  auf  die  Kanten  geachtet  werden,  da 
die  geringste  Versäumnifs  ein  Aussplittern  zur  Folge  hätte,  und  dadurch 
dürfte  jedenfalls  die  bisherige  Arbeit  zwecklos  geworden  sein.  Die 
Curve  dieser  Seite  schleift  sich  bei  dieser  Einrichtung  der  Geradführung 


Die  Fabrikation  der  Seeleuchte.  309 

ohne  Zuthun  des  Schleifers  von  selbst  und  darf  nur  nach  einer  genauen 
Blechlehre  (Messing)  auf  Richtigkeit  untersucht  werden;  hierzu  bedarf 
es  einer  höchst  vollendeten  Hebung,  da  die  Spiegelung  der  nahezu 
fertigen  drei  Seiten  das  Unterscheiden  sehr  erschwert.  Zu  erwähnen 
ist  noch,  dafs  sich  in  den  Stofsfugen  der  einzelnen  Segmente  stets 
gröberes  Schleifmaterial  festsetzt  und  beim  Nachrücken  ausgezogen  wird, 
wobei  es  die  Kante  so  scharf  angreift,  dafs  sie  selbst  dann  noch  rissig 
ist,  wenn  die  übrige  Fläche  schon  fein  erscheint.  Deshalb  mufs  auch 
das  Feinschleifen  mit  Schmirgel  streng  im  Auge  behalten  werden,  denn 
gerade  dadurch  kann  die  Form  mifslingen. 

Hieraus  ergibt  sich  die  Behandlung  aller  katoptrischen  Ringe  ob 
grofs  oder  klein  von  selbst  und  unterbleibt  bei  den  kleineren,  die  ja 
ebenso  viele  Segmente  bilden,  das  Zwischenstück,  weil  sie  ohnehin  in 
den  breiten  Backen  hinreichende  Festigkeit  erhalten. 

Das  Verfahren  bei  den  optischen  Ringen  ist  zwar  dasselbe,  allein 
die  Gröfse  der  einen  Kathete  erfordert  auf  der  Planschleifmaschine  an- 
dere Behandlung.  Setzt  man  geschwemmten  Sand  in  der  Mitte  der 
Scheibe  fest  auf  und  läfst  während  des  Schleifens  Wasser  in  feinem 
Strahl  zufliefsen,  so  treibt  das  Ganze  nach  dem  Umfang  zu  und  gelangt 
somit  unter  die  aus  freier  Hand  dort  angelegten  Segmente,  reifst  aber 
beim  Eintritt  unter  dieselben  scharf  an  und  verläuft  matt  nach  aufsen. 
Es  wird  dadurch  die  erhoffte  Ebene  zu  einer  sehwachen  Curve,  so  dafs 
man  geuöthigt  ist,  nach  Richtplatte  und  Höhenmafs  zu  schleifen,  was 
durch  Anwendung  von  feinerem  Materiale  auch  stets  gelingt.  Auf  Länge 
werden  sie  den  katoptrischen  gleich  behandelt,  ebenso  auf  Querschnitts- 
form, nur  ist  das  Aufspannen  ein  anderes. 

Die  Maschine  Fig.  7  und  8  hat  zu  diesem  Zwecke  hohe,  mit  Ver- 
längerung eventuell  versehene  Backen  mit  Zinkbelag  zum  Ueberdrehen, 
dann  aber  Anlegkappen  q  zur  Sicherung  der  Lage  des  Ringes.  Beim 
Aufspannen  verfährt  man  in  der  Weise,  dafs  man  die  Backen  auf  Durch- 
messer mit  dem  Radialmafs  auf-  und  auf  der  Planscheibe  feststellt,  dann 
überdreht.  Hierauf  schraubt  man  zuerst  die  inneren  Backen  dagegen, 
legt  die  vorgerichteten  Segmente  genau  auf,  bringt  die  äufseren  Backen 
an  und  keilt  behutsam  mit  Holzsplittern  den  Ring  fest.  Nach  voll- 
kommen richtiger  Lage  stopft  man  zwischen  die  inneren  Kappen  und 
den  Ring  erweichten  Kautschuk,  nachdem  man  die  Fuge  gleich  jenen 
mit  Papier  überklebt  hat,  bringt  dann  darüber  Druckplattchen  d  an, 
indem  man  schwache  Lederstreifen  darunterlegt,  und  entfernt  jetzt  die 
äufseren  Kappen.  Zum  Schleifen  der  äufseren  Curve  ist  es  nothwendig, 
vorerst  den  Mittelpunkt  derselben  zu  finden,  und  hierzu  benutzt  man 
eine  Wäglatte  mit  Winkelmafs.  Zuerst  bringt  man  den  Schieber  E 
in  die  richtige  Höhe,  schraubt  ihn  an  der  Welle  g  fest,  schiebt  hierauf 
den  Schleifhebel  so  weit  in  den  Schlitz,  bis  der  Körner  des  Bolzens  f 
in  der  Senkrechten  des  Centrums  liegt ;  durch  Verschieben  des  Schiebers  E 


310  Die  Fabrikation  der  Seeleuchte. 

auf  der  Welle  sucht  man  jetzt  die  genaue  Höhe  des  Mittelpunktes  in 
der  bekannten  Weise,  stellt  dann  endgültig  fest  und  schraubt  jetzt  den 
Schleifbackensupport  p  aufserhalb  des  Ringes  an.  Wie  die  Lage  des- 
selben auch  immer  sein  mag,  die  Curve  mufs,  sobald  der  Drehpunkt 
des  Hebels  an  richtiger  Stelle  liegt,  genau  ausfallen,  vorausgesetzt,  dafs 
die  Beschaffenheit  des  Materiales  hierbei  streng  beachtet  worden.  Bei 
diesen  Prismen  ist  es  doppelt  schwer,  die  erforderliche  Querschnitts- 
gröfse  beim  Zurichten  festzustellen,  da  bei  der  Länge  der  einzelnen 
Segmente  und  deren  geringem  Querschnitt  eine  Veränderung  nach  dem 
Pressen  leichter  eintritt  und  auch  schädlicher  wird.  Es  kann  daher 
vorkommen,  dafs  trotz  genauer  Behandlung  des  Zurichtens  schliefslich 
irgend  eine  Ecke  oder  Fläche  nicht  mehr  herauszubringen  ist,  und  läfst 
sich  der  Querschnitt  nicht  durch  Nachschleifen  soweit  verjüngen,  ist 
auch  die  Arbeit  bisher  umsonst  gewesen.  Es  ist  daher  angezeigt,  bei 
den  dioptrischen  Ringen  mehr  aufzugiefsen,  da  in  Folge  der  schmalen 
Fläche  ein  Ueberschufs  nicht  so  sehr  ins  Gewicht  fällt  und  die  Sicher- 
heit in  der  Ausführung  des  Schleifens  den  Mehraufwand  an  Zeit  hin- 
länglich aufwiegt.  Obwohl  sich  die  dritte  Fläche  dieser  Prismen  auch 
im  Nothfalle  auf  der  Planscheibe  finiren  läfst,  ist  doch  das  Umspannen 
und  Schleifen  auf  den  bisherigen  Maschinen  geboten,  um  so  mehr  als 
dies  die  leichteste  hier  vorkommende  Arbeit  ist. 

Die  Centrallinse  li  (Fig.  7)  des  Apparates  bedarf  der  grofsen  Aus- 
dehnung und  damit  verbundenen  Kosten  wegen  sowohl  beim  Vorrichten 
als  Schleifen  erhöhter  Vorsicht,  weil  hieran  vorkommende  Veränderungen 
der  Oberfläche,  wie  Einsaugen  oder  Verziehen  beim  Kühlen,  schwerer 
zu  constatiren  sind  und  die  Dauer  des  Schleifens  auf  Monate  hinaus 
sich  erstreckt,  daher  bei  dessen  zweifelhaftem  Ende  grofse  Verluste  zu 
gewärtigen  sind.  Zum  Zurichten  dieser  Stücke  bedient  man  sich  aller 
Instrumente  und  Maschinen,  wie  sie  bisher  bei  den  anderen  Ringen 
gebraucht  wurden,  nur  beim  Aufspannen  verwendet  man  speciell  hierfür 
geschaffene  Backen,  welche  zumeist  als  Bodenstück  jener  Verlängerungen 
dienen  (siehe  Fig.  7  V).  Man  stellt  dieselben  so  auf  die  Planscheibe, 
dafs  die  gerade  Fläche  nach  innen  sieht,  legt  die  Segmente  auf  die 
ebenfalls  vorher  überdrehten  Zinkbacken  so  nach  dem  Radialmafs,  dafs 
der  Ring  den  Vorarbeiten  vollkommen  entspricht.  Ist  dies  geschehen, 
so  schraubt  man  die  vorhin  verwendeten  Druckplättchen  darüber  und 
stopft  den  Zwischenraum  mit  Kautschuk  oder  Colophonium  gut  aus. 
Diese  etwa  200mm  breite  Fläche  cylindrisch  zu  schleifen,  ist  ein  wahres 
Kunststück,  und  darf  man  es  hierbei  an  Nachmessen  und  Anlegen 
passender  Richtlatten  nicht  fehlen  lassen,  denn  jede  Stunde  bringt  hier- 
bei staunenswerthe  Veränderungen  und  gar  leicht  kann  hierdurch  das 
Ziel  verfehlt  werden.  Ist  sie  glücklich  zu  Stande  gebracht,  so  reinigt 
man  in  der  besprochenen  Weise,  überklebt  die  Stofsfugen  besonders 
gut  und  entfernt  zuerst  die  Stützen  an  den  Fugen  der  Reihe  nach,  um 


Die  Fabrikation  der  Seeleuchte.  311 

sie  nach  innen  zu  versetzen  und  mit  dem  Ring  fest  zu  verbinden,  dann 
die  dazwischen  liegenden.  Dafs  hierbei  jede  nur  denkbare  Verschiebung 
vermieden  werden  mufs,  ist  selbstredend.  Der  Mittelpunkt  dieser  Linse 
liegt  in  f  und  dahin  mufs  jetzt  der  Drehpunkt  des  Schleifhebels  ver- 
legt werden.  Die  Stellung  des  Supportes  ist  hierbei  eine  ganz  andere 
wie  bisher,  und  daraus  ergibt  sich  auch  die  Form  desselben. 

Jede  der  hierzu  verwendeten  Maschinen  arbeitet  zweiseitig,  damit 
die  Arbeit  rascher  von  statten  geht  und  weil  dies  keine  Schwierig- 
keiten macht.  Fig.  7  zeigt  zwei  Stellungen  und  läfst  sich  die  Ueber- 
tragung  der  Handbewegung  von  einer  Seite  zur  anderen  leicht  erkennen. 
Der  Schleifer  hat  Zeit  genug,  von  einer  Seite  zur  anderen  zu  gehen,  um 
den  Schleif  backen  den  entsprechenden  Druck  zu  geben,  und  das  Auftragen 
von  Sand  oder  Rouge  ist  von  einer  Seite  für  beide  Backen  ausreichend. 

Das  Anlegen  der  Supporte,  um  den  nöthigen  Widerstand  zu  sichern, 
geschieht  durch  Vorschrauben  einer  B'ührungslatte  L  (Fig.  7),  welche 
der  jeweiligen  Lage  des  Supportes  entsprechend  an  einer  geeigneten 
Stelle  festgeschraubt  wird  und  so  nahe  au  den  Ring  heranrückt,  dafs 
die  Lage  bis  Schlufs  der  Arbeit  keine  Veränderung  erfordert;  dies  je- 
doch nur  bei  den  dioptrischen  Prismen.  Die  fertigen  Segmente  windet 
man  in  Seidenpapier  und  bewahrt  sie  zum  Einbau  in  die  Metallfassuno- 
auf, vermeide  aber  jedes  Uebereinanderlagern;  am  sichersten  ist  das 
Liegen  in  gekerbten  Füfschen  mit  Bogen  nach  abwärts  und  Versperren 
in  einem  passenden  Kasten  unter  Anbringung  der  Ringnummer,  damit 
sie  nach  Erfordernifs  ringweise  oder  auch  zonenweise  an  einander  ee- 
reiht  werden  köunen,  ohne  dafs  eine  vorherige  Sortirung  oder  Durch- 
sicht nöthig  wird. 

Wenn  die  einzelnen  Metallzonen  fertig  sind,  schreitet  man  zum  Einbau 
der  Prismen.  Zu  diesem  Ende  wird  eine  genaue  Lehre  aus  einem  schwachen 
Buxholz  angefertigt,  welche  zwischen  den  Segmenten  derartig  hochkant 
.stehen  mufs,  dafs  deren  Abstand  lixirt  werden  kann,  wonach  mittels 
kleiner  Holzkeile  die  provisorische  Befestigung  platzgreift.  Liegen  die 
Segmente  richtig,  so  kittet  man  den  Zwischenraum  sofort  gut  aus  und 
vollendet  diese  Arbeit  nach  vollkommenem  Trocknen  dieses  Kittes,  indem 
die  Holzeinlagen  entfernt  werden.  Das  zum  Einkitten  verwendete  Material 
mufs  licht,  wenn  möglich  weifs  sein,  damit  die  Spiegelung  desselben 
keine  Schatten  wirft,  und  fest  an  einander  haften,  keinesfalls  aber  ab- 
bröckeln. Hierbei  zeigt  es  sich,  wie  nachtheilig  die  kleinsten  Fehler 
in  den  einzelnen  Längen  der  Prismen  sich  gestalten  und  wie  leicht  es 
vorkommen  kann,  dafs  ein  oder  das  andere  Segment  ganz  verworfen 
werden  mufs,  wenn  seine  Länge  nicht  zutrifft,  denn  die  Metallfassungen 
an  den  Enden  betragen  in  manchen  Fällen  an  Dicke  kaum  5mm.  Sind 
die  einzelnen  Zouen  auf  solche  Weise  zusammengestellt,  so  werden  sie 
in  den  zugehörigen  Grundring  gebracht,  um  zu  sehen,  ob  alles  genau 
übereinstimmt.    Dies  ist  um  so  wichtiger,  als  die  Fassungen,  welche  die 


Ö12  Die  Fabrikation  der  Seeleuclite. 

ganze  Zone  begrenzen,  mittels  Schraubchen  an  einander  geschraubt 
werden  und  der  Höhe  nach  gegen  den  Ring  dasselbe  erfahren  müssen. 
Weil  man  auf  möglichst  grofses  Lichtareal  hinarbeiten  mufs,  wird  es 
bald  begreiflich ,  warum  sämmtliche  Metallstabe  so  geringen  Quer- 
schnitt erhalten,  trotzdem  das  Gewicht  des  fertigen  Körpers  sehr  be- 
deutend ist  und  weitere  Verbindungsglieder  oder  Verstrebungen  nicht 
angewendet  werden  können.  Aufserdem  steht  der  so  zusammengestellte 
Körper  nicht  auf  einer  steifen  Unterlage,  sondern  auf  Säulen,  deren 
Fundament  wieder  nur  ein  einfacher  Stern  ist,  wodurch  an  Elasticität 
des  Ganzen  leider  nur  gewonnen  werden  kann.  Dessenungeachtet  steht 
der  Apparat  fest  und  sicher,  sobald  derselbe  an  Ort  und  Stelle  fertig 
montirt  ist,  doch  bleibt  die  Behandlung  und  Pflege  begreiflicher  Weise 
stets  der  gröfsten  Aufmerksamkeit  unterworfen,  ja  es  dauert  sogar  ge- 
raume Zeit,  bis  der  neu  hinzugekommene  Wärter  so  viel  Scharfblick 
und  Feingefühl  erlangt,  dafs  er  seinem  Dienst  mit  Erfolg  obliegen  kann. 
Besonders  beim  Reinigen  des  optischen  Apparates  bedarf  es  der  gröfsten 
Vorsicht,  da  einigermafsen  unachtsames  Ueberfahren  mit  der  blofsen 
Hand  oder  nicht  vollständig  staubfreien  Tüchern,  Leder  u.  dgl.  eine 
Trübung  der  hochglanzpolirten  Linsenflächen  verursachen  würde,  als 
deren  Folge  der  eintretende  Lichteffectverlust  unvermeidlich  wäre. 

Was  die  in  Gebrauch  stehenden  Formen  und  Abarten  betrifft,  so 
sei  hier  noch  gesagt,  dafs  man  sich  in  der  Ausführung  jederzeit  nach 
den  bezüglichen  Umständen  richten  mufs,  da  Gröfse  und  Anordnung  des 
Apparates,  sowie  Stärke  bezieh.  Tragweite  des  Lichtes  von  Fall  zu 
Fall  eigens  combinirt  werden.  So  geht  man  gerade  bei  sehr  weit- 
tragenden Anlagen  in  der  Weise  vor,  dafs  man,  anstatt  das  Blinklicht 
mittels  senkrecht  gerichteter  planconvexer  Schirmlinsenapparate  zu 
bilden,  den  Linsenapparat  selbst  sectionsweise  ausführt  und  auf  seinem 
Fundament  entsprechend  rotiren  läfst;  hierbei  bilden  die  Linsenkörper 
keinen  Cylinder,  sondern  Kreise,  deren  Achse  in  wagerechter  Richtung 
durch  den  Brennpunkt  oder  Kern  der  Lichtquelle  selbst  geht,  die  aus- 
geworfenen Lichtbüschel  elliptischen  Querschnitt  annehmen  und  dem- 
nach auch  total  verfinstern,  um  nach  Verlauf  einer  gewissen  Secunden- 
zeit  wieder  auf  genau  bestimmte  Dauer  in  vollem  Feuer  auszubrechen. 
Wechseln  solche  Apparate  auch  noch  ihre  Erscheinung  durch  angelegte 
Blenden  farbigen  Glases,  so  erreicht  man  dadurch  ein  beliebiges  Strahlen- 
system und  die  Möglichkeit  der  leichten  Unterscheidung  von  anderen 
Anlagen.  Es  würde  zu  weit  führen,  wollte  man  alle  bereits  ausgeführten 
Arten  dieser  Apparate  vorführen  und  besprechen,  da  der  Zweck,  die 
Art  und  Weise  der  Herstellung  von  Leuchtapparaten  kennen  zu  lernen 
i.-t  und  die  Grundkriterien  selbst  in  den  absonderlichsten  Fällen  jeder- 
zeit dieselben  bleiben.  Aus  diesem  Grunde  unterbleibt  auch  die  Be- 
sprechung der  verschiedenen  Arten  von  Lampen,  deren  es  für  Oel,  Erdöl 
und  Elektricität  eine  grofse  Zahl  gibt. 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  313 

Neue  Holzbeartetungsmaschinen. 

(Patentklasse  38.     Schiufa  des  Berichtes  S.  241  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  15. 
Schneiden  von  Zinken  und  Zapfen. 
Die  Maschine  von  L.  Furtwängler  Söhne  in  Furtwangen  (*  D.  R.  P. 
Nr.  52  024  vom  21.  August  1889)   arbeitet   mit  einem  rotirenden  Kreis- 
sägenblatte  von   gleicher  Dicke   mit  der  Weite   der  Zahnlücken.     Der 
Zahnkranz  ist  einerseits  nach  radialer  Aufschneidung  des  Blattes  in  die 
Form  einer  Schraubenlinie   gebogen ,   und    nimmt   andererseits  von  der 
Aufschneidung  an  im  Durchmesser  spiralförmig  zu,  so  dafs,  während  das 
zu  zinkende  Brett   durch  eine   mit  dem  Sägeblatt  auf  derselben  Welle 
befindliche  Schraube  parallel  mit  der  Sägeblattachse  vorgeschoben  wird, 
durch  jede  Umdrehung  des  Sägeblattes  jedesmal  eine  Zinkenlücke  ge- 
schnitten  wird. 

Bei  der  Maschine  von  T.  M.  Bear  in  Colchester  und  H.  Ransom  in 
Sudburg  C*D.  R.  P.  Nr.  51929  vom  19.  Juli  1889)  wird  das  Holz  nach 
einander  in  Schlitten,  welche  entsprechend  den  zu  erzeugenden  Zahu- 
llanken  schräg  gestellt  sind,  über  Kreissägen  vorgeschoben. 

Zur  Verwendung  abgewinkelter  Sägeblätter  kehrt  K.  W.  Ottstadt 
in  Kostheim  bei  Mainz  (*D.  R.  P.  Nr.  51836  vom  7.  August  1889  und 
Nr.  51 932  vom  20.  August  1889)  zurück,  um  mit  einem  Sägeschnitt  die 
Zahnlücke  vollständig  auszuschneiden. 

Da  jeder  Zinken  bezieh,  jede  Zinkenlücke  drei  Arbeitsflächen  zeigt, 
zerfällt  die  Herstellung  der  zu  einer  Verzinkung  nöthigen  doppelten 
Zinkenreihe  im  Allgemeinen  in  sechs  Stadien. 

1)  Herstellung  der  geraden  Zinken,  d.  h.  der  Zinken,  deren  Flanken 
senkrecht  zur  Brettfläche  stehen. 

Es  sind  zwei  senkrecht  bewegliche  Sägegatter  angeordnet,  deren 
Blätter  um  die  Zinkenabstände  von  einander  entfernt  sind  und  mit  der 
Gatterebene  den  Winkel  bilden,  den  je  eine  Zinkenflanke  mit  der  Brett- 
kante bildet.  Zwei  Führungstische  dienen  als  Auflage  der  zu  bearbeitenden 
Brettstücke,  deren  Bewegungsrichtung  dieselben  Winkel  mit  dem  Gatter 
bildet  und  deren  Bewegungsgröfse  der  Zinkenhöhe  entspricht.  Durch 
Auflegen  des  Brettes  auf  diese  Tische  und  Vorschub  in  die  bewegten 
Gatter  werden  nach  einander  zwei  Einschnittreihen  in  der  Brettkante 
hervorgebracht,  welche  die  Flanken  der  Zinken  darstellen. 

Um  die  in  den  Zinkenlücken  noch  stehenden  Holzstücke  vom  Boden 
der  Lücke  loszulösen,  ist  ein  besonderes  Sägeblatt  construirt  worden. 
Dieses  besteht  aus  einem  um  eine  Längskante  gebogenen  Blechstreifen, 
dessen  beide  Flächen  einen  spitzen  Winkel  zusammen  bilden,  welchen 
eine  Zinkenlücke  zeigt.  Die  eine  der  Flächen,  die  gezahnte,  hat  die 
Form  eines  sehr  spitzwinkeligen  Dreiecks.  Die  oben  befindliche  Basis 
desselben  hat  die  Länge  des  Bodens  einer  Zinkenlücke;  die  der  Biegungs- 


314  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

achse  gegenüberliegende  Seite  tragt  die  Sägezähne.  Der  zweite  Theil 
des  Sägeblattes  dient  dadurch  zur  Führung  und  zum  Antriebe  des  ganzen 
Blattes,  dafs  er  in  die  von  den  erwähnten  Gattern  gebildeten  Flanken- 
einschnitte so  eingeführt  wird,  dafs  der  gezahnte  Sägeblatttheil,  in  der 
Ebene  des  Lückenbodens  liegend,  beim  Herabziehen  der  Säge  mittels 
des  glatten  Theiles  in  diesem  Boden  durchschneidet,  indem  das  ge- 
zahnte Dreieck  sich  dabei  mit  der  Achse  des  Sägeblattes  in  den  Winkel 
der  Zinkenlücke  anlehnt  und  so  den  Zahndruck  aufnimmt. 

2)  Herstellung  der  schiefen  Zinken,  d.  h.  der  Zinken,  deren  Flanken 
schief  zur  Brettfläche  stehen. 

Die  Flanken  dieser  Zinken  stehen  senkrecht  zur  Kantenfläche  des 
Brettes  bezieh,  der  Kistenwand.  Es  sind  zwei  senkrecht  bewegliche 
Gatter  angeordnet,  deren  Sägeblätter  senkrecht  zur  Gatterebene  und 
einzeln  je  in  Zinkenabstand  stehen,  und  zwar  gemessen  in  der  Senk- 
rechten auf  eine  der  Zinkenflanken.  Der  Zuführungstisch  für  das  Arbeits- 
stück ist  fest,  senkrecht  zur  Gatterebene,  aber  gegen  den  Horizont 
um  den  Zinkenwinkel  geneigt.  Durch  symmetrische  Anordnung  der 
Gatter  und  Zuführungstische  und  entsprechende  Bearbeitung  der  Brett- 
kante werden  in  dieser  zwei  Reihen  gleich  tiefer  schräger  Einschnitte 
hergestellt,  welche  die  Flanken  der  schiefen  Zinken  darstellen. 

Zur  Abtrennung  der  die  Zinkenlücken  noch  ausfüllenden  Klötzchen 
wird  ein  ähnliches  Sägeblatt  verwendet  wie  vorhin.  Dasselbe  ist  in 
einem  rechten  Winkel  gebogen  und  wird  senkrecht  geführt;  die  Kisten- 
wand liegt  auf  einem  schrägen  Zuführungstisch,  so  dafs  die  Zinken - 
flanke,  welche  augenblicklich  zur  Führung  des  ungezahnten  Sägeblatt- 
theiles  dient,  senkrecht  steht.  Die  gegenüberliegende  Flanke  bildet 
dann  den  doppelten  Zinkenwinkel  mit  der  Wagerechten.  Hat  also  das 
Sägeblatt  einen  annähernd  senkrechten  Schnitt,  so  wird  am  Ende 
zwischen  den  Sägezähnen  und  der  Basis  der  gegenüberliegenden  Zinken- 
flanke  ein  undurchsägtes  Dreieck  stehen  bleiben. 

Dieses  kann  man  absägen,  indem  man  das  Arbeitsstück  auf  einem 
symmetrisch  gelegenen  Arbeitstische  mit  einer  zur  eben  angewendeten 
symmetrisch  wirkenden  Säge  bearbeitet.  Einfacher  erreicht  man  die 
völlige  Lostrennung,  wenn  man  in  dem  oberen  Theile  der  Grundlinie 
der  Sägezähne  einen  Knick  so  anbringt,  dafs  der  oberste  Theil  der- 
selben die  Richtung  der  zweiten  Zinkenflanke  hat,  also  am  Ende  des 
Sägeschnittes  auf  ihrer  Basis  aufliegt. 

Die  Klötzchen,  welche  die  Lücke  zwischen  den  Zinken  ausfüllen 
sollen  ganz  losgetrennt  werden,  nachdem  sie  seitlich  durch  Sägen  von 
den  Zinkenflanken  losgelöst  sind.  Wollte  man  diese  Aufgabe  durch 
Sägearbeit  lösen,  so  war  inmitten  einer  Holzplatte  ein  Sägeschnitt  aus- 
zuführen, welcher  scharf  im  Winkel  zu  einem  vorhandenen  Säge- 
schnitt  stand. 

Um  der  Säge  zu  ermöglichen,  den  Schnitt  zu  beginnen,  worin  die 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  315 

ganze  Schwierigkeit  liegt,  fängt  das  Sägeblatt  unten  ganz  spitz  an,  er- 
hält aber  die  nöthige  Festigkeit  und  den  Angriffspunkt  für  eine  ziehende 
Kraft  durch  ein  mit  dem  Sägeblatt  s  (Fig.  45  Taf.  14)  aus  einem  Stücke 
bestehendes  zweites  Blatt  sn  welches  in  dem  Winkel  zu  dem  Sägeblatt 
steht,  welchen  der  auszuführende  Schnitt  mit  dem  vorhandenen  bildet, 
und  welches  sich  unterhalb  des  Beginnes  der  Verzahnung  fortsetzt.  An 
diesem  Stück  greift  die  Kraft  an,  welche  das  Blatt  bewegt. 

Fig.  45  zeigt  eine  Säge  zum  Absägen  der  Klötzchen  aus  den  Lücken 
gerader  Zinken.  Die  beiden  Blätter  s  und  s{  bilden  hier  einen  spitzen 
Winkel.  Das  Anschlagplättchen  t  dient  zur  richtigen  Führung.  Die 
Säge  schneidet  den  ganzen  Zinkenboden  mit  einem  Schnitte  ab. 

Korlsenschneidemaschinen. 

Die  Maschine  von  O.  Grahmann  in  Erfurt  (,;"D.  R.  P.  Nr.  47  771  vom 
25.  September  1888)  beabsichtigt  die  Herstellung  cylindrischer  und  kegel- 
förmiger Korkstopfen. 

Von  dem  eingeführten  Korkstreifen  wird  zunächst  mittels  eines  ge- 
raden, durch  Schlitten  vorgeschobenen  Messers  ein  Stück  abgeschnitten, 
dieses  von  Klauen  erfafst  und  in  den  Bereich  eines  Kreismessers  ge- 
bracht, welches  von  einer  Herzscheibe  beeinflufst  wird  und  den  Um- 
fang des  Korkstückes  abschneidet.  Das  Conischdrehen  wird  durch 
Schrägstellung  des  Korkholzhalters  erreicht. 

Bei  der  Maschine  von  J.  Lislon  in  Glasgow  (*D.  R.  P.  Nr.  50195 
vom  14.  März  1889)  wird  die  Korktafel  zuerst  in  Streifen  oder  Stangen 
von  gleicher  Breite  geschnitten,  dann  werden  diese  Streifen  in  Stücke 
von  der  Länge  eines  Korks  getheilt  und  schliefslich  abgerundet.  Die 
Maschine  hat  umlaufende  scheibenförmige  Messer;  für  das  Abrunden 
kann  indessen  auch  statt  der  Messerscheibe  eine  Schmirgelscheibe  o.  dgl. 
zur  Anwendung  kommen. 

In  jedem  Falle  wird  die  Messerscheibe  oder  die  Schleifvorrichtung 
auf  einer  Welle  befestigt,  die  zweckmäfsig  wagerecht  gelagert  ist  und 
durch  eine  Riemenscheibe  u.  s.  w.  mit  erheblicher  Geschwindigkeit  an- 
getrieben wird.  In  Verbindung  mit  jeder  Messerscheibe  sind  zu  jeder 
Seite  zwei  kleine,  runde  Schleifsteine  angeordnet,  die  durch  Berührung 
mit  der  Messerscheibe  gedreht  werden,  wenn  sie  durch  Federn  gegen 
die  Scheibe  gedrückt  werden;  es  können  die  Schleifsteine  natürlich  auch 
besonders  angetrieben  werden. 

Die  Korktafel  wird  von  Hand  in  den  ersten  Mechanismus  ein- 
geführt, um  durch  die  Messerscheibe  geschnitten  zu  werden;  sie  wird 
durch  ein  Gestell  geführt,  das  nach  der  Breite  der  zu  schneidenden 
Korkstreifen  einstellbar  ist. 

Die  Maschine  von  J.  Berthold  in  Klingenthal  i.  S.  (*D.R.P.  Nr.  51981 
vom  26.  November  1889)  bezweckt  ein  Durchbohren  von  Korkstopfen. 

Die  zu  bohrenden  Stücke  werden  in  Futter  eingesteckt,  die  sich  in 


316  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

einer  schaltweise  drehbaren  Scheibe  befinden.  Das  Bohrwerkzeug  ist 
als  Röhre  gebildet  und  wird  in  entsprechende  Umdrehung  versetzt, 
aufserdem  aber  auch  während  des  Bohrens  vorgeschoben  und  nach  be- 
endigter Durchlochung  zurückbewegt,  wobei  in  letzterem  Falle  durch 
besondere  Einrichtung  am  Bohrer  selbst  der  in  letzterem  sitzen  gebliebene 
Bohrkern  ausgestofsen  wird.  Während  dieser  Ausstofsperiode  findet 
eine  schaltweise  Verdrehung  der  Revolverscheibe  statt,  so  dafs  für 
neuen  Vorgang  des  Bohrers  ein  neues  Stück  vor  den  letzteren  gerückt 
ist.  während  der  fertig  gebohrte  Theil  nach  einem  Ausstofsmechanismus 
gelangt,  durch  welchen  es  aus  dem  Bohrfutter  entfernt  wird,  sobald  der 
Bohrprozefs  des  neuen  Stückes  beginnt.  Aufserdem  ist  noch  eine  Ein- 
richtung getroffen,  um  den  Bohrer  vor  Erwärmung  zu  schützen. 

Bei  Maschinen  zum  Schneiden  von  Korkholzstreifen  bringen./.  Wieting 
und  A.  Heel  in  Delmenhorst  (*D.  R.  P.  Nr.  52109  vom  17.  November 
1889)  eine  Schutzvorrichtung  in  Gestalt  einer  Druckplatte  an. 

Vorrichtungen  zum  Entrinden. 

Die  Maschine  von  L  Piette  in  Pilsen  (*D.  R.  P.  Nr.  47862  vom 
25.  August  1888)  dient  zum  Entrinden  von  Holzstämmen. 

Rotirende,  den  Holzstamm  tragende  Walzen  liegen  gegen  einander 
geneigt,  so  dafs  der  Stamm  nicht  nur  um  seine  eigene  Achse  rotirf. 
sondern  auch  zugleich  nach  vorn  geschoben  wird. 

Die  Achsen  dieser  Leitwalzen  sind  gegen  die  wagerechte  Ebene  unter 
dem  Winkel  et  geneigt  (Fig.  46  und  47  Taf.  15).  Die  Walzen  rotiren  in 
einer  Richtung  und  berühren  den  Baumstamm  mit  den  Kreisen  rs  und  tu, 
welche  man  als  Theile  von  schiefen  Schraubenflächen  denken  kann,  die 
vereinigt  den  scharfen  Gewindegang  einer  idealen  Schraubenmutter 
bilden,  deren  Steigung  S  gleich  der  Entfernung  der  Berührungspunkte  r 

S 

und  t  und   deren  Durchmesser  D  = ■ —  =  5  colanq  et  ist. 

tang  =  et 

Der  Baumstamm  wird  nun  durch  die  rotirenden  Leitwalzen  eben- 
falls in  drehende  Bewegung  versetzt-  da  er  aber  auf  den  Kreisen  rs 
und  tu  ruht,  welche  Theile  von  Gewindegängen  sind,  so  wird  er  sich 
nicht  nur  drehen,  sondern  sich  bei  einer  Drehung  auf  den  Gewinde- 
gängen abrollen  und  dadurch  auch  eine  fortschreitende  Bewegung  er- 
halten. Die  Geschwindigkeit  dieser  fortschreitenden  Bewegung  wird 
bei  constanter  Tourenzahl  der  Leitwalzen  abhängen  von  dem  Verhält- 
nisse des  Stammdurchmessers  /),  zum  Durchmesser  der  Schraubenlinie  D 
und  daher  bei  constantem  Stammdurchmesser  einzig  und  allein  abhängen 

S 

vom  Neigungswinkel  #,  da  D  = =  S  cotang  et  ist. 

°     °  '  tang  et 

Bei  jeder  Umdrehung   der  Leitwalzen   wird   sich   der  Baumstamm 

um   den  Umfang  nrs   verdrehen.     Würde   der   Stammdurchmesser   D{ 

gleich  sein  dem  Durchmesser  D  der  Schraubenlinie,  so  wäre  der  Vor- 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  317 

schub  gleich  der  Steigung  S;  da  er  aber  kleiner  ist,  so  wird  sich  auch 
der  Vorschub  im  Verhältnisse  des  Schraubendurchmessers  zum  Stamm- 
durchmesser   verkleinern,    und    zwar    wird    der   Vorschub    gleich    sein 

Will  man  daher  verschieden  starke  Baumstämme  entrinden,  ohne 
jedoch  einmal  einen  kleinen,  das  andere  Mal  einen  grofsen  Vorschub 
zu  haben,  so  mufs  man  es  in  der  Hand  haben,  den  Neigungswinkel  a 
und  damit  den  idealen  Durchmesser  D  der  Schraubenlinie  beliebig  ver- 
ändern zu  können,  um  das  Verhältnifs  -jj   und  damit  den  Vorschub  des 

Stammes  constant  zu  erhalten. 

Diese  Veränderung  des  Neigungswinkels  a  erzielt  man  durch  Knie- 
hebel und  Schraubenmechanismus. 

Durch  eine  gröfsere  oder  geringere  Neigung  der  Walzen  kann  die 
axiale  Bewegung  des  Stammes  vergröfsert  oder  vermindert  werden. 

Zu  diesem  Zwecke  sind  die  Walzen  auf- Platten  gelagert,  welche 
um  Achsen  des  Schneckenvorgeleges  drehbar  sind  und  am  entgegen- 
gesetzten Ende  durch  Kniehebel,  Verbindungsstangen  und  Schraube 
gleichzeitig  gehoben  und  gesenkt  werden  können. 

Der  Stamm  geht  unter  einem  Fräser  durch,  dessen  Welle,  durch 
Kegelräder  angetrieben,  in  der  mit  Feder  und  Nuth  versehenen  Hülse 
verschiebbar  ist;  der  Fräser  liegt  auf  dem  Stamm  durch  sein  eigenes 
Gewicht  auf  oder  kann  auch  noch  belastet  werden. 

Die  Scheiben  des  rotirenden  Fräsers  gehen  nicht  durch  dessen 
Mittelpunkt  durch,  sondern  sind  in  der  Mitte  stumpf,  so  dafs  die  Fräser 
in  der  Mitte  einen  stumpfen  Zapfen  von  etwa  15mm  Durehmesser  bilden. 
der  aber  nicht  über  die  Schneiden  der  Fräsermesser  vorsteht. 

Dieser  stumpfe  Zapfen  verhindert  das  Eindringen  des  Fräsers  in 
die  Rinde  und  in  das  Holz;  kommt  aber  bei  der  Vorwärtsbewegung 
des  Stammes  ein  Ast,  Auswuchs  u.  dgl.  an  den  Fräser  heran,  so  wird 
derselbe  abgefräst. 

Beabsichtigt  man  jedoch,  mit  diesem  Fräser  das  Holz  zugleich  auch 
zu  entrinden,  so  hat  man  nur  nöthig,  die  Achse  des  Fräsers  gegen  die 
Richtung  des  eingeschobenen  Stammes  zu  neigen. 

Der  stumpfe  Zapfen  verhindert  auch  dann  das  Eindringen  des 
Fräsers  in  das  Holz  und  dient  als  Führung.  Während  die  Fräsermesser 
bis  zu  ihren  kleinsten  Durchmessern  alle  vorstehenden  Auswüchse  weg- 
nehmen, nehmen  dieselben  beim  weiteren  Fortschreiten  des  Stammes 
die  Rinde  ab.  Deshalb  ist  die  Lagerung  der  Fräserspindel  drehbar, 
sobald  die  Spindel  weniger  oder  mehr  geneigt  werden  kann,  um  weniger 
oder  mehr  oder  sämmtliche  Rinde  abzufragen. 

Um  das  Holz  vollkommen  bei  möglichst  kleinem  Holzverluste  zu 
entrinden,  verwende  man  rolirende  Scheibenbürsten  aus  einem  harten. 


318  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

federnden  Material,  und  zwar  vorzugsweise  Stahldraht  (Stahlplättchen), 
welche,  in  Lagern  um  Achsen  drehbar,  durch  Scheiben  angetrieben 
werden,  durch  ihr  Eigengewicht  belastet  oder  entlastet  auf  dem  Stamme 
rotiren  und  die  Rinde  abkratzen,  das  elastische  Holz  aber  fast  gar  nicht 
angreifen. 

Es  können  eine,  zwei  oder  drei  und  mehr  solcher  Bürsten  ange- 
wendet werden;  auch  ist  es  vortheilhaft,  den  Stamm,  nachdem  er  unter 
den  ersten  Bürsten  hindurchgegangen  ist,  unter  Bürsten  gehen  zu  lassen, 
welche  in  verkehrter  Richtung  rotiren. 

Holzraspelmaschine  von  Dr.  L.  Weitz  in  Hamburg  (*  D.  R.  P.  Nr.  51367 
vom  31.  März  1889). 

Bei  der  Verarbeitung  von  Färb-  und  Gerbhölzern  mittels  der  Holz- 
raspelmaschine kommt  es  in  vielen  Fällen,  wie  z.  B.  bei  der  Vor- 
bereitung von  Quebrachoholz  zu  Gerbzwecken  und  Zubereitung  von 
anderen  verhältnifsmäfsig  werthvollen  Farbhölzern  zwecks  möglichster 
Ausnutzung  des  Gerb-  oder  Farbholzes,  darauf  an,  einen  äufserst  feinen, 
gleichmäfsigen,  weichen  und  wolligen  (sogen,  loheartigen)  Span  (unter 
Vermeidung  von  Splittern  und  Müll)  zu  erhalten.  Ferner  besteht  ein 
grofser  Uebelstand  darin,  dafs  bei  der  bisherigen  üblichen  Vorlege- 
methode des  Blockes  (Flachfaser  parallel  zur  Trommelwelle)  der  Block 
sich  häufig  dreht  und  aus  der  Lade  herausspringt.  Es  ist  das  nicht 
allein  ein  grofser  Uebelstand  in  Bezug  auf  Herstellung  eines  gleich- 
mäfsigen Productes,  sondern  auch  für  die  Bedienung  höchst  gefährlich. 
Sodann  wird  durch  dadurch  hervorgerufenes  Aussetzen  der  Maschine  die 
Leistungsfähigkeit  erniedrigt. 

Bisher  suchte  man  den  loheartigen  Span  auf  Maschinen  mit  trommei- 
förmigem Messerkopf  dadurch  zu  erzielen,  dafs  man  die  an  sich  ge- 
raden Messer  schräg  einsetzte,  und  zwar  mit  solcher  Messerstellung, 
dafs  dieselben  nicht  schnitten,  sondern  kratzten.  Diese  kratzende  Wirkung 
der  Messer  hat  aber  zur  Folge,  dafs  dieselben  in  dem  harten  Holz  un- 
verhältnifsmäfsig  rasch  stumpf  werden,  so  dafs  die  Splitterbildung  bald 
eine  sehr  grofse  und  schliefslich  statt  eigentlicher  Späne  fast  nur  Splitter, 
Staub  und  Müll  abgekratzt  wurden. 

Vorliegende  Neuerung  bezweckt,  diese  Uebelstände  dadurch  zu  ver- 
meiden, dafs  die  Messer  eine  geeignetere  Stellung  zum  Schneiden  er- 
halten. Um  durch  Schneidwirkung  der  Messer  den  gewünschten  feinen 
und  weichen  Span  zu  erhalten,  ist  es  erforderlich,  dafs  die  Messer  in 
einen  genau  ausprobirten  Winkel  zur  Blockfaser  gestellt  werden.  Dieser 
Winkel  liefse  sich  nun  zwar  dadurch  erzielen,  dafs  man  die  Messer 
schräg  über  die  Trommel  gehen  läfst  und  den  Block  flach,  d.  h.  so 
vorlegt,  dafs  die  Faserrichtung  geneigt  bis  senkrecht  zur  Richtung  der 
Welle  des  Messerkopfes  ist,  je  nachdem  die  Messer  wagerecht  oder 
geneigt  stehen.  Da  die  Erfahrung  jedoch  gezeigt  hat,  dafs  dieser  Winkel, 
unter  welchem   die  Messer    gegen    die   Faserrichtung    geführt    werden 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  319 

müssen,  ein  ziemlich  bedeutender  (etwa  30  bis  50°)  ist,  so  würden  die 
Messer  eine  so  steile  Schraubenform  erhalten,  dafs  nicht  nur  die  Her- 
stellung der  Messer  an  sich,  sondern  vor  Allem  das  genaue  Anschleifen 
derselben  die  gröfsten  praktischen  Schwierigkeiten  bieten  würde,  zumal 
wenn  berücksichtigt  wird,  dafs  es  sich  bei  den  für  oben  genannte  Zwecke 
verwendeten  Holzraspelmaschinen  um  Spandickeu  von  nur  etwa  */7  bis 
1 10mm  handelt. 

Es  leuchtet  ohne  Weiteres  ein,  dafs  bei  einem  derart  geringen  Vor- 
stehen der  Schneidkante  der  Messer  schon  die  geringste  Abweichung 
von  der  betreffenden  mathematischen  Schraubenlinie  die  Erzielung  eines 
gleichmäfsigen  Spanes  verhindert.  Es  bietet  also  die  Instandhaltung 
der  Schneidkante  solcher  schraubenförmiger  Messer  und  das  Einsetzen 
derselben  —  in  Anbetracht  der  aufserordentlichen  Genauigkeit,  auf 
welche  es  im  vorliegenden  Falle  ankommt  —  zu  grofse  Schwierig- 
keiten, um  das  vorgenannte  System  für  gröfseren  Betrieb  in  Verwendung 
zu  bringen. 

Nun  ist  neuerdings  zwar  der  Vorschlag  gemacht  worden,  die 
cvlindrischen  Holzraspeltrommeln  durch  solche  zu  ersetzen,  deren  Mantel 
nach  einem  Rotationshyperboloid  ausgehöhlt  ist,  so  dafs  es  angängig 
ist,  gerade  Messer  in  schräger  Stellung  in  den  Trommelmantel  ein- 
zusetzen. Wollte  man  bei  dieser  Art  von  Raspeltrommel  die  erforder- 
liche Schräge  der  Messer  zur  Holzfaser  jedoch  lediglich  durch  Schräg- 
stellung der  geraden  Messer  erreichen,  so  würde  die  Aushöhlung  der 
Trommel  so  stark  werden  müssen,  dafs  der  Block  besonders  nach  den 
Messerenden  zu  sehr  gegen  Hirn  geschnitten  und  somit  statt  des 
elastischen  weichen  Spanes  ein  harter  brüchiger  Span  entstehen  würde, 
welcher  für  den  beabsichtigten  Zweck  werthlos  wäre. 

Beide  Verfahren  sind  also  für  die  Praxis  unbrauchbar.  Nach  vor- 
liegender Erfindung  wird  die  gewünschte  Schneidwirkung  dadurch  er- 
zielt, dafs  entweder  die  Messer  gerade  über  die  cylindrische  Trommel 
geführt  und  dem  Block  durch  Schrägstellen  der  Lade  eine  derart  ge- 
neigte Lage  gegeben  wird,  dafs  die  Faserrichtung  mit  der  Wellen- 
richtung den  richtigen  Winkel  bildet,  oder  dafs  sowohl  den  Messern 
auf  der  Trommel,  als  auch  der  Holzlade  eine  geeignet  schräge  Lage 
gegeben  wird,  wobei  in  letzterem  Falle  die  Schräge  der  Messer  jedoch 
nur  so  klein  gewählt  wird,  dafs  die  Herstellung  des  ausgehöhlten 
Rotationshyperboloids  keine  Schwierigkeiten  bietet  und  die  Höhlung 
auch  nicht  so  stark  wird,  dafs  die  Messer  gegen  Hirn  schneiden. 

Bei  der  ersten  Einrichtung  werden  die  Messer  parallel  zur  Trommel- 
achse in  Schneidstellung  eingesetzt,  erhalten  also  bei  cylindrisch  ge- 
arbeiteter Trommel  eine  genau  gerade  Schneidkante  und  lassen  sich 
daher  leicht  schleifen  und  einsetzen.  Die  Vorschublade  wird  in  schräger 
Lage  vor  dem  Messerkopfe  angeordnet.  Irgend  welche  technische 
Schwierigkeiten  entstehen  bei  dieser  Einrichtung  nicht,  vielmehr  ist  die 


320  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

Bedienung  der  Maschine,  sowie  deren  Instandhaltung  so  einfach  wie 
bei  gerader  Lage.  Den  Vorzug  verdient  jedoch  die  zweite  Einrichtung 
mit  schwach  hyperboloidisch  ausgehöhlter  Trommel  und  wenig  schräg 
gestellten  Messern,  da  etwas  schräg  stehende  Messer  leichter  schneiden 
als  ganz  gerade  gestellte.  Die  Lade  wird  hierbei  ebenfalls  so  schräg 
eingestellt,  dafs  der  Boden  derselben  mit  der  Tangente  an  die  Schneid- 
kante des  Messers  den  geeignelen  Winkel  bildet. 

Die  Neigung  zwischen  der  Schneidrichtung  und  der  Holzfaser- 
richtung ist  aus  praktischen  Gründen  derart  zu  vertheilen,  dafs  die 
Schrägstellung  der  Lade  diejenige  der  Messer  auf  der  Trommel  über- 
wiegt. 

Das  vorliegende  Schneidsystem  läfst  sich  auch  auf  Maschinen  mit 
Planscheibenmesserkopf  übertragen.  Wird  hierbei  —  bei  schräg  ge- 
stellter Lade  —  die  radiale  Richtung  der  Messer,  wie  bisher  üblich, 
beibehalten,  so  entsteht  der  Uebelstaud,  dafs  bei  Innehaltung  einer 
praktischen  Gröfse  der  Maschine  die  Breite  der  Lade  nur  verhältnifs- 
mäfsig  gering  sein  dürfte,  so  dafs  die  Leistung  der  Maschine  eine  sehr 
geringe  sein  würde. 

Behält  man  dagegen  die  gerade  Stellung  der  Lade  bei,  und  setzt 
die  Messer  schräg  ein,  so  tritt  der  Uebelstand  ein,  dafs  der  Schneid- 
winkel sich  vom  Eintritt  bis  zum  Austritt  ungemein  stark  ändert,  so 
dafs,  wenn  derselbe  in  der  Mitte  der  Höhe  etwa  die  erforderliche  Gröfse 
hat,  der  Schneid  winkel  an  den  Enden  einerseits  fast  bis  auf  Null  herab- 
sinkt, andererseits  aber  viel  zu  grofs  wird.  Beide  Mängel  werden  be- 
seitigt, wenn  man  sowohl  die  Lade  bezieh,  den  Block,  als  auch  die 
Messer  schräg  einstellt.  Der  Neigungswinkel  des  Messers  zur  Faser- 
richtung verändert  sich  hierbei  zu  Folge  der  Kreisbewegung  der  Messer 
zwar  ebenfalls  von  der  Eintrittsstelle  bis  zur  Austrittsstelle,  immerhin 
bleibt  derselbe  bei  geeigneter  Schrägstellung  der  Lade  so  grofs,  dafs 
mit  geringem  Kraftaufwande  ein  gleichmäfsigerer  Span  erzielt  wird 
als  bei  den  bisherigen  Raspeln  mit  zur  Messerkante  paralleler  Faser- 
richtung. 

Aber  selbst  bei  der  durch  die  beschriebene  Einrichtung  erzielten 
günstigen  Schneidwirkung  tritt  die  gröfse  Raumbeanspruchung  der 
Maschine  —  bei  verhältnifsmäfsig  geringer  Leistungsfähigkeit  —  der 
vorteilhaften  Verwendung  für  grofsen  Betrieb    hindernd   in  den  Weg. 

Zwecks  Erhöhung  der  Leistungsfähigkeit  der  Planscheibenraspel, 
.s>\vie  zur  gleichmäfsigeren  Beanspruchung  der  Welle  und  der  Lager 
derselben  wird  auch  vor  dem  aufgehenden  Theil  der  Planscheibe  eine 
zweite  schräg  gestellte  Vorschublade  angebracht,  in  welcher  das  Holz 
durch  einen  Deckel  bezieh,  einen  Bügel  derart  festgehalten  wird,  dafs 
der  in  dieser  Lade  befindliche  Block  von  unten  nach  oben  geschnitten 
wird.  Es  wird  hierdurch  ermöglicht,  dafs  eine  einzige  Messerscheibe 
gleichzeitig   zwei   Blöcke  zu   ganz    gleichartigem   Producte    verarbeitet 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  321 

und  hierbei  ;in  einer  Seite  den  einen  Block  von  oben  nach  unten  und 
an  der  anderen  Seite  den  zweiten  Block  von  unten  nach  oben  scbneidet. 
In  allen  vorerwähnten  Fällen  wird  durch  die  schräge  Lage  der  Messer- 
schneidkante  zur  Faserrichtung  —  bei  geringstem  Kraftaufwande  —  ein 
äufserst  feiner,  weicher  und  gleichmäßiger  Span  erhalten  und  das  Ent- 
ziehen von  .Splitter,  Holzstaub  und  Müll  zu  Folge  der  richtigen  Schneid- 
wirkung der  Messer  vollständig  beseitigt,  während  bei  den  bisher  ge- 
bräuchlichen Etaspeimaschinen,  bei  welchen  der  Span  mehr  abgequetscht 
und  abgekratzt  wird,  nicht  nur  mehr  Kraft  verbraucht  wird,  sondern 
aufser  dem  ungleichmäßigen  Producte  auch  sehr  viel  Müll  und  Splitter 
entstehen. 

Bei  der  Maschine  zur  Herstellung  von  Zündholzsehachteln  von  F.  Lund- 
green  in  Stockholm  (:;D.  K.  P.  Nr.  48678  vom  10.  Oktober  1888)  mufs 
sowohl  das  Fournir  wie  auch  das  zum  Bekleben  der  Schachteln  dienende 
Papier  im  Voraus  zugeschnitten  sein. 

Die  Fournire  sind  mit  Querritzen  versehen,  um  gefaltet  werden  zu 
können,  und  die  Papierstücke  enthalten  von  vornherein  aufgedruckte 
Etiquette,  so  dafs  das  besondere  Aufkleben  der  Etiquette  fortfällt.  Die 
Maschine  enthält  einen  festen  Dorn,  an  welchem  das  Fournir  gefaltet 
und  mit  dem  Papier  beklebt  wird.  Nachdem  das  Fournir  an  diesen 
Dorn  herangeführt  worden,  wird  es  an  zwei  Seiten  gleichzeitig  und 
schließlich  an  der  vierten  Seite  des  Domes  gefaltet.  Das  bekleisterte 
Papier  wird  auf  zwei  Seiten  des  gefalteten  und  zusammengehaltenen 
Fournirs  gleichzeitig  und  schliefslich  auf  die  untere  Seite  des  Fournirs 
geklebt,  und  zwar  wird  das  Fournir  für  diese  Operationen  auf  dem 
festen  Dorne  von  einer  Stelle  nach  der  anderen  verschoben  und  gelangt 
dadurch  in  d^n  Bereich  der  betreffenden  Arbeits  Werkzeuge. 

Zum  Bohren  von  Bürsten-  und  Besenhölzern  ist  von  G.  und  T.  Shaw 
und  J.  P.  Ditchfield  in  Ashton,  England  (*D.  R.  P.  Nr.  51127  vom 
23.  August   1889)  eine  Maschine  erfunden. 

Die  zu  bohrenden  Stücke  werden  zwischen  Backen  eingespannt, 
deren  Traggestell  sowohl  in  Längsrichtung  der  Maschine  verschoben, 
als  auch  in  wagerechter  und  senkrechter  Richtung  gedreht  werden  kann, 
um  eine  Lochplatte,  nach  deren  Löcheranordnung  das  Bohren  stattfindet, 
auf  einen  festliegenden  Führungsstift  bringen  und  vorziehen  zu  können. 
Je  nachdem  man  das  eine  oder  andere  Loch  dieser  mit  dem  Backeu- 
fcraggestelle  verbundenen  Lochplatte  wählt,  treten  entsprechende  Stellen 
des  zu  bohrenden  Stückes  dem  Bohrer  gegenüber.  Die  Lochplatte  kann 
so  viel  Löcher  enthalten,  wie  sie  in  das  Stück  eingebohrt  werden  sollen, 
sie  kann  alter  auch  weniger  Löcher  enthalten,  es  findet  dann  das  Ein- 
bohren der  noch  fehlenden  Löcher  später  statt  Für  die  Längsverschie- 
bung ist  das  Backentraggestell  in  Verbindung  mit  einem  im  Haupt- 
gestelle geführten  Schieber,  und  in  das  eine  oder  andere  der  in  diesem 
enthaltenen  Löcher  kann  man  einen  Stift  einstecken,  um  welchen  dann 

Dingler's  polyt.  Journal  Ud.277  Nr.  7.  1890/111.  2  I 


322  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

das  Traggestell  mit  den  Backen  sich  drehen  läfst,  während  Anne  der 
Lochplatte  durch  ihre  Verbindung  mit  einem  Querhaupte  eine  Drehung 
in  senkrechter  Ebene  ermöglichen.  Die  Einspannbacken  können  mittels 
Rechts-  und  Linksgewinde  tragender  Schraubenspindeln,  die  im  Trag- 
gestelle drehbar  sind,  gegen  und  von  einander  gerückt  werden.  Zwischen 
der  genannten  Lochplatte  und  diesen  Schraubenspindeln  befindet  sich 
der  Spindelstock  für  die  mit  Antriebsscheibe  versehene  Bohrspindel,  so 
dafs  in  dem  Mafse,  wie  man  die  Lochplatte  über  den  festen  Führungs- 
stift vorzieht,  auch  das  von  den  Backen  gehaltene  Holz  gegen  den 
Bohrer  vorrückt  und  gebohrt  wird;  die  Tiefe  der  zu  bohrenden  Löcher 
kann  durch  einen  Auschlag  bemessen  werden.  Dadurch,  dafs  man  deu 
Einsteckstift,  an  welchem  das  Backentraggestell  sich  drehen  läfst,  in 
gröfserem  oder  kleinerem  Abstände  von  der  Lochplatte  einsteckt,  läfst 
sieh  eine  geringere  oder  gröfsere  Divergenz  in  den  Richtungen  der  zu 
bohrenden  Fassungslöcher  erreichen. 

Maschine  zum  Auskehlen  von  Grubenhölzern  von  H.  ßannerth  und 
J.  Janäcek  in  Nievices  (*D.  R.  P.  Nr.  50198  vom  3.  Mai  1889). 

Um  beim  Streckenbau  die  Kappenhölzer  auf  den  Stempeln  lagern 
zu  können,  werden  diese  letzteren  ausgekehlt,  und  zwar  geschieht  dies 
von  Hand  mittels  Beiles.  Hierdurch  werden  viele  Stempel  verhauen 
bezieh,  unbrauchbar  gemacht;  sind  sie  unrichtig  ausgekehlt,  so  werden 
sie  durch  den  geringsten  Druck  der  Kappe  gespalten,  wodurch  die  Sicher- 
heit der  Strecken  gefährdet  wird. 

Auf  den  Stempelkopf  vi  (Fig.  48  Taf.  14)  wird  der  Fräs-  bezieh.  Kehl- 
apparat B  geschoben  und  mittels  Schrauben  befestigt.  Die  cylindrische 
Welle  /),  welche  in  den  Führungsarmen  E  und  F  gelagert  ist,  hat  in 
ihrem  hinteren  Theile  Gewinde,  welches  in  dem  Muttergewinde  G 
läuft;  die  Welle  endet  in  ein  Vierkant,  worauf  die  Kurbel  H  be- 
festigt ist. 

Auf  dem  gezeichneten  Theile  der  Welle  sitzt  der  Stahlfräser  J. 
Die  Fräser  erhalten  für  verschieden  harte  Hölzer  entsprechende  Formen 
bezieh,  werden  dieselben  je  nach  den  Kappenabtnessungen  gröfser  oder 
kleiner  gewählt. 

In  Fig.  48  ist  ein  Fräser  für  weiche  Hölzer  dargestellt.  Ersterer 
hat  zwei  Vorschneider aai  und  zwei  hobelmesserartige  Naehschneider  b  6,, 
letzterer   einen   gezahnten   sägenartigen  Vorsprung    und   Nachschneider. 

Das  Auskehlen  geschieht  auf  die  Weise,  dafs  an  der  Kurbel  ge- 
dreht und  hierdurch  der  Fräser  in  rotirende  Bewegung  versetzt  bezieh, 
durch  das  Gewinde  vorgeschoben  wird,  wodurch  das  Holz  ausgefräst  wird. 

Schleifmaschine  von  W.  Leinbrock  in  Gottleuba  (*D.  R.  P.  Nr.  50615 
vom  30.  April  1890),  Fig.  49  Tal'.  15. 

Der  Apparat  ist  mittels  der  Lagerplatte  a  an  der  Wand  befestigt 
und  an  zwei  wagerechten  Armen  b  b  aufgehängt.  Zwischen  diesen  steht 
die  Achse  c  für  die  Riemenscheiben  d  und  das  Zahnrad  e.    Die  senkrechte 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  323 

Welle  f  ist  in  ihren  Lagern  g  g  verschiebbar  und  wird  durch  eine 
Kamm-  und  Nuthverbindung  an  dem  Zahnrade  e{  in  Drehung  gesetzt. 
Ein  um  x  drehbarer,  mit  Gewicht  h  belasteter  Hebel  k  zieht  die  Welle 
nach  oben.  Mittels  eines  Universal-  oder  Kugelgelenkes  /  ist  an  der 
Welle  f  die  Stange  m  befestigt,  an  deren  anderem  Ende  ebenfalls  mittels 
Universal-  oder  Kugelgelenkes  /[  die  Schleifplatte  angebracht  ist.  Die- 
selbe besteht  aus  der  mit  zwei  Handgriffen  o  versehenen  Platte  n,  dem 
Kuller  7,  dem  Polster  p,  sowie  einem  Schirme  s.  Das  Schleifmittel, 
Schmirgelpapier  o.  dgl.,  wird  auf  das  Polster  p  gelegt  und  mittels  des 
Ringes  r,  welcher  über  das   Futter  7  gesehraubt  wird,  gehalten. 

Die  Platte  n  ist  nach  unten  mit  Durchbrechungen  t  versehen,  die 
in  Rinnen  u  münden.  Nach  oben  sind  letztere  durch  Bleche  v  abgedeckt. 
Seitlich  mündet  ein  gebogenes  Rohr  w  mit  seinen  beiden  Enden  in  die 
Hinnen  u  und  ist  durch  einen  Schlauch  z  mit  dem  Gebläse,  welches 
den  Staub  abzieht,  verbunden. 

Während  bei  der  Arbeit  die  Platte  n  mit  den  Handriffen  0  und 
dem  an  ihr  befestigten  Schirme  s  feststeht,  drehen  sich  das  Futter  q 
nebst  dem  Polster  /)  in  Folge  ihrer  Verbindung  mit  dem  Universal- 
oder Kugelgelenk  /(.  Der  Arbeiter  ist  durch  diese  pendelnde  Aufhängung 
der  Schleifplatte  in  Stand  gesetzt,  den  Apparat  nach  allen  Seiten  zu 
drehen  und  zu  wenden,  sowie  mit  der  ganzen  Schleiffläche  oder  nur 
einem  Theile  das  Arbeitsstück  zu  berühren. 

Maschine  zum  Schneiden  und  Ordnen  von  Zündhölzern  der  Sun  Match 
Company  United  in  London  (*D.  ß.  P.  Nr.  48620  vom  2.  November  1888). 
Das  Holzfournir,  von  welchem  die  einzelnen  Stöckchen  abgeschnitten 
werden,  wird  zwischen  den  Walzen  A  und  A{  (Fig.  50  Taf.  15)  einem  an 
der  Schiene  ß.,  befestigten  und  mit  dieser  in  Führungen  C  des  Gestelles  D 
auf  und  nieder  bewegten  Messer  zugeführt,  welches  bei  jedem  Nieder- 
gange ein  Stöckchen  von  entsprechender  Breite  abschneidet.  Die  ab- 
geschnittenen Stückchen  fallen  zwischen  die  mit  elastischem  Material 
bedeckte  Walze  E  und  eine  diese  eng  umgebende  Fläche  F,  wodurch 
bei  der  Bewegung  der  ersteren  die  Hölzer  einem  Bande  G  zugeführt 
werden,  welches  auf  eine  in  einem  Bock  H2  gelagerte  Spindel  H  auf- 
gerollt ist  und  über  die  Führungsrolle  S  und  die  Platte  K  zur  Walze  L,, 
welche  auf  den  Zapfen  L  gelagert  ist,  geleitet  wird. 

Die  Zapfen  L  sind  auf  einem  bewegbaren  Arme  M  gelagert,  welche 
durch  die  über  Rollen  0  0  geleitete  und  durch  das  Gewicht  P  be- 
schwerte Schnur  IS  derart  nach  unten  gezogen  wird,  dafs  das  auf  die 
Spindel  /.,  aufgerollte  Gewebe  sich  jederzeit  gegen  die  Walze  J  legt. 
Die  auf  und  nieder  gehende  Bewegung  des  Messers  ß  wird  durch  das 
Excenter  Q  vermittelt,  dessen  Welle  H  durch  Zahnradgetriebe  T  von 
der  Haupt  welle  .S"  bewegt  wird,  wählend  Hebel  U  die  Bewegung  des 
Excenters  auf  /(,  übertragen.  Einer  der  Hebel  U  ist  mit  einer  festen 
Klinke   V  versehen,    welche   hei  jedesmaligem  Rückgange  dc>  Messers 


324  Neue  Holzbearbeitungsmaschinen. 

(also  nachdem  ein  Hölzchen  abgeschnitten  i.-t)  mit  der  Verzahnung  eines 
Sperrrades  W  in  Eingrill'  gebracht  wird  und  dieses  um  eine  Zahnthei- 
lung  vorwärts  bewegt.  Das  Zahnrad  II'  ist  mi(  der  Zuführungswalze  A 
auf  einer  Welle  befestigt  80  dafs  bei  der  Bewegung  des  Zahnrade-  W 
auch  eine  entsprechende  Drehung  der  Zuführungswalzen  und  damit  ein 
Vorschieben  des  Holzfournirs  erfolgt.  Die  Lange  der  Verschiebung  ent- 
spricht also  dem  Hube  des  Messers  bezieh,  der  Starke  d<:s  Holzfournirs; 
es  werden  daher  jederzeit  Hölzer  von  derselben  Breite,  als  die  Stärke 
des  Fournirs  beträgt,  abgeschnitten  werden.  Die  abgeschnittenen  Hölzer 
lallen  nun  zwischen  die  Walze  E  und  die  letztere  umgebende  Fläche  F, 
werden  bei  Bewegung  der  Walze  E  in  bestimmten  Entfernungen  von 
einander  geordnet  und  dem  Tuche  G  zugeführt.  Die  Enden  der  Hölzer 
ragen  auf  beiden  Seiten  des  Tuches  G  hervor. 

Durch  entsprechende  Wechselräder  kann  die  Geschwindigkeit  der 
Walzen  J  und  E  in  Bezug  auf  die  intermittirende  Bewegung  der  Zu- 
führungswalzen A  variirt  werden  und  damit  die  Entfernung  der  einzelnen 
Hölzer  von  einander  auf  dem  Tuche  G  entsprechend  eingerichtet  werden. 

Die  Führungswalze  J  wird  durch  Zahnradgetriebe  X  entsprechend 
der  Walze  E  bewegt  und  setzt  die  mit  dem  Gewebe  G  an  ihr  an- 
liegende Walze  72  in  Bewegung,  welche  das  Tuch  G  mit  den  darauf 
befindlichen  Hölzern  aufwickelt. 

Die  letzteren  werden  also  spiralförmig  zwischen  dem  Tuche  G  auf 
die  Walze  L  gewickelt  und  können,  sobald  das  gesammte  Tuch  von  77 
auf  L2  übergegangen,  mit  letzterem  abgenommen,  in  die  Züudflüssigkeit 
getaucht  und  nachher  getrocknet  werden. 

Um  das  Abwinden  des  Bandes  G  zu  erleichtern,  nachdem  die 
Hölzer  in  die  Zündflüssigkeit  eingetaucht  sind,  wickelt  sich  ein  Band  Y 
in  gleichem  Sinne  wie  das  Tuch  G  auf  die  Walze  L2,  so  dafs  die 
Hölzer  sich  zwischen  Tuch  G  und  Band  Y  belinden.  Letzteres  ist  auf 
eine  Walze  Z  gewickelt,  geht  in  einer  Aussparung  e  über  die  Walze  E 
und  ist  dann  auf  der  Walze  L2   befestigt. 

Diese  Maschine  ist  zum  Abschneiden  zweier  Hölzer  eingerichtet 
und  ist  demgemäfs  auch  noch  eine  zweite  Walze  77,,  ein  zweites  Tuch  G{ 
und  Band  G\  vorgesehen.  Es  können  auch  drei  oder  mehr  Hölzer  zu- 
gleich geschnitten  und  fortgeschafft  werden  durch  einfache  Vervielfälti- 
gung der  einzelnen  Theile. 

Holzwollemasckine  von  Anthon  und  Söhnt  in  Flensburg  (*D.  R.  P. 
Nr.  47806   vom  4.  Januar  1889). 

Der  Schlitten  enthält  zwei  Gruppen  von  Messern,  die  mit  ihren 
Schneiden  einander  zugekehrt  sind  und  von  denen  jede  auf  ein  be- 
sonderes Holzstüek  wirkt,  derart,  dafs  die  Messer  der  einen  Gruppe 
beim  Vorwärtsgange  diejenigen  der  anderen  Gruppe  beim  Rückwärts- 
gange des  Schlittens  schneiden.  Jede  Gruppe  kann  aus  einem  oder 
mehreren   einander   parallel   stehenden   Messern    bestehen,    die  das   be- 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  325 

treffende  Bolzstück  nur  in  einer  einzigen  Richtung  hobeln.  Die  Maschine 
wird  also  sowohl  im  Vorwärts-  wie  im  Rückgänge  Späne  abtrennen, 
dagegen  wird  jedes  einzelne  Holzstück  nur  in  einer  einzigen  Richtung 
bearbeitet:  durch  richtiges  Einsetzen  des  Holzes  in  die  Walzen  kann 
man  Btets  die  günstigste  Faserrichtung  in  Uebereinstimmung  mit  der 
Schnittrichtung  bringen. 

Vor  dem  Schlitten  belinden  sich  drei  Gruppen  von  gezahnten  Schalt- 
walzen, welche  das  eingespannte  Holz  allmählich  den  Messern  zuführen. 
Die  mittlere  Walzengruppe  besteht  aus  zwei  den  ganzen  Schlitten  über- 
greifenden, fest  gelagerten  Walzen,  von  denen  jede  ihren  gesonderten 
Antrieb  durch  Schneckenräder  und  Schnecken  erhält. 

Die  äufseren  Walzengruppen  bestehen  aus  je  zwei  kürzeren  Walzen, 
von  denen  jede  bis  in  die  Mitte  des  Schlittens  reicht  und  unabhängig 
von  der  anderen  in  einer  Führung  mittels  Schraube  und  Handrades  in 
der  Längsrichtung  des  Schlittens  parallel  verschoben  werden  kann.  Jede 
dieser  kürzeren  Walzen  hat  ihren  gesonderten  Antrieb. 

Durch  diese  Anordnung  der  Walzen  ist  man  in  den  Stand  gesetzt, 
vier  gesonderte  Holzstücke,  die  zudem  ungleiche  Länge  haben  dürfen, 
gleichzeitig  in  die  Maschine  einzuspannen.  Damit  die  Hölzer  sich  wäh- 
rend des  Yerschiebens  nicht  lockern  können,  wird  der  Druck  der  ver- 
schiebbaren Walzen  durch  eingeschaltete  starke  Spiralfedern  etwas 
elastisch  gemacht.  Um  die  beiden  neben  eiuander  liegenden  Hölzer 
bequemer  einsetzen  zu  können,  werden  sie  durch  eine  dünne  Zwi- 
sehenplatte  von  einander  getrennt.  Die  beiden  mittleren  durchgehen- 
den und  festgelagerten  Walzen  nehmen  den  Stofs  der  Messer  auf  das 
Holz  auf. 

Will  man  statt  vier  einzelner  Holzstücke  nur  zwei  von  gröfserer 
Breite  einspannen,  so  gestattet  dies  die  beschriebene  Einrichtung  ohne 
Weiteres,  wenn  man  die  Zwischenplatte  entfernt.  Wenn  demnach  einer 
Maschine  durch  Verbreiterung  der  Messer  eine  gröfsere  Schnittfläche 
gegeben  wird,  so  ist  man  der  beschriebenen  Einrichtung  zufolge  nicht 
mehr  daran  gebunden,  um  die  Maschine  thunlichst  auszunutzen,  aus- 
schließlich solche  Holzstücke  einzuspannen,  die  der  gröfseren  Messer- 
breite entsprechen,  sondern  mau  kann  auch  schmalere  Holzstücke  mit 
gleichem  Vortheile  verarbeiten,  indem  man  nur  statt  zwei  breiter  Hölzer 
vier  von  der  halben  Breite  einzuspannen  hat. 

Zur  Fournirung  von  Hölzern  schlägt  C.  Zander  in  Gr.  Wanzleben 
C*D.  R.P.  Nr.  51110  vom  31.  März  1889)  vor,  die  Blindhölzer  vorher 
aufzulockern  und  ihr  eigenes  Fasergefüge  zu  zerreifsen,  so  dafs  dem 
Verziehen  vorgebeugt  wird. 

Biegtame  Fournirplatten  stellt  C.  Beepe  in  Bockenheim-Frankfurt 
(*D.  R.  P.  Nr.  51711  vom  18.  August  1889)  durch  Einleimen  eines  weit- 
maschigen Gewebes  her. 


326  Neue  Bolzbearbeitungsmaschinen. 

Maschinen  zum   Bemustern  von  Holzplatten. 

Die  Herstellung  sogen.  Brandmuster,  d.  h.  in  die  Bolzoberfläche 
eingebrannter  Verzierungen,  hat  besonders  für  Deutschland  eine  grofse 
Wichtigkeit  für  die  Möbeltischlerei  erlangt.  Die  Brandmuster  werden 
in  grofsen  Mengen  als  Ersatz  für  Intarsiaplatten  verwendet. 

Nach  dem  Verfahren  von  A.  Guatari  in  Asnieres,  Frankreich  (*D.R.P. 
Nr.  48680  vom  28.  Oktober  1888),  wird  das  zu  bearbeitende  Holz  so 
angeordnet,  dafs  das  Bild  auf  der  zu  den  Fasern  senkrechten  Fläche 
hervorgebracht  wird.  Die  so  behandelten  gebrannten  Holzflächen  werden 
alsdann  in  beifsem  Wasser  der  Einwirkung  von  rotirenden  Bürsten  aus- 
gesetzt, hierauf  getrocknet,  nochmals  gebürstet  und  alsdann  in  einer 
Prefsvorrichtung  fertig  geprefst. 

Die  eisernen  Prefsformen  werden  stets  rothglühend  erhalten. 

W.  W.  Krutsch  in  Fort  Scott,  Nordamerika  (*D.R.P.  Nr.  51114 
vom  21.  Mai  1889)  verwendet  zur  Herstellung  gröfserer  Verzierungen 
Ringe,  auf  deren  Umfang  die  Muster  eingeprägt  sind.  Um  diese  Ringe 
leicht  in  die  Maschine  einzuführen,  sind  dieselben  offen  bezieh,  ge- 
schlitzt. 

Bei  der  Maschine  von  E.  W.  Alleigh  in  Minneapolis  (*D.  R.  P. 
Nr.  51830  vom  3.  April  1889)  wird  ein  mit  dem  Muster  versehener 
Ring  in  Nutben  auf  dem  Umfange  der  Prefswalze  befestigt.  Letztere 
wird  nicht  selbsthätig  angetrieben,  sondern  erhält  ihre  Bewegung  von 
dem  unter  ihr  fortgeschobenen  Arbeitsstücke. 

Nach  dem  Verfahren  von  L.  Seligsohn  in  Berlin  (;;'D.  R.  P.  Nr.  47  802 
vom  22.  April  1888)  werden  Reliefmuster  erhaben  aufgebrannt  und  die 
erhabenen  Stellen  dann  in  die  Ebene  des  Holzes  niedergedrückt. 

Das  Verfahren  benöthigt  zweierlei  Plattensorten,  erstens  derjenigen 
zur  Erzeugung  der  Reliefmuster  und  derjenigen  zum  Niederdrücken 
der  nicht  gebrannten  Reliefstellen  in  die  Grundebene  der  Reliefmuster. 
Man  kann  jedoch  dieses  Verfahren  dahin  vereinfachen,  dafs  man  ein 
einziges  Plattenpaar  in  Anwendung  bringt,  dessen  eine  Platte  das  Muster 
in  Relief  enthält,  und  bei  welcher  die  nicht  gemusterten  Stellen,  also 
diejenigen,  welche  auf  der  fertigen  Holzverzierung  nicht  gebrannt  sein 
sollen,  in  gleicher  Höhe  mit  dem  Muster  liegen,  jedoch  aus  anderem, 
die  Wärme  durchaus  nicht  leitendem  Material  hergestellt  sind.  Derartige 
Platten  können  z.  B.  aus  Stahl  oder  anderem,  die  Wärme  gut  leitendem 
Metalle  hergestellt  werden,  in  welchem  die  nicht  gemusterten  Stellen 
vertieft  sind,  also  so,  dafs  das  Muster  gewissermaßen  aus  der  Platte 
herauszutreten  scheint,  und  welche  vertieften  Stellen  mit  einer  Mischung 
von  Asbest  und  Glaserkitt  oder  einem  anderen  nicht  leitenden  Material 
ausgestopft  sind.  Hierbei  müssen  selbstredend  die  die  Wärme  nicht 
leitenden  Stellen  der  Platte  die  gleiche  Festigkeit  haben  wie  die  ge- 
musterteu  Stellen.  Beim  Erhitzen  der  Platte  in  der  im  Hauptpatente 
beschriebenen    Weise   geben   dann    blofs    die    gemusterten   Stellen    dem 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  327 

Holze  ihre  Wärme  ah  und  bewirken  die  Färbung  desselben,  während 
die  nicht  gemusterten  Stellen  der  Plulle  ungefärbt  bleiben.  Dagegen 
werden  die  nicht  gebrannten  Reliefstellen  gleichzeitig  während  des 
Brennens  in  die  Grundebene  der  gebraunten  Reliefstellen  niedergedrückt. 

Das  bisher  benutzte  Decoupirverfahren  bei  Holzplatten  mittels  Laub- 
oder  Decoupirsäge,  welches  eine  Abtrennung  und  Aussehneid ung  seuk- 
rechl  zur  Holzplatte  bewirkte,  ist,  abgesehen  von  seinem  grofsen  Kosten- 
und  Zeitaufwand,  für  fournirte  Holzplatten  nicht  brauchbar,  da  an  den 
Abtrennungsflächen  die  minderwerthigen  Holzunterlagen  zum  Vorschein 
kommen  und  keinen  Fournirbelag  zeigen.  Sind  diese  fournirten  Holz- 
platten nun  «ar  noch  reliefartig  geprefst,  so  dafs  die  abfallenden  Flächen 
einen  Theil  des  Musters  bilden,  also  zum  Muster  geboren,  so  würden 
bei  Decoupirung  nach  gewöhnlichem  Verfahren,  bei  welchem  stets  auch 
noch  ein  nachträgliches  Befeilen  der  Schnittfläehe  nothwendig  ist,  die 
fournirten,  geprägten  Flächen  von  einem  Streifen  minderwertbigen 
Holzes  umrahmt  und  die  Verwerthung  derartiger  Muster  in  der  Praxis 
unmöglich  sein,  da  die  senkrechte  Schuittfläche  das  minderwerthige  Holz 
vortreten  läfst. 

Dieses  Decoupirverfahren  ist  bei  geprägten  fournirten  Platten  des 
erlangten  Productes  wegen  gewerblich  unverwerthbar;  es  ist  aber  auch, 
da  jedes  einzelne  Muster  ausgeschnitten  und  dann  befeilt  werden  inufs, 
besonders  bei  reichen  Formen  des  Musters,  umständlich  und  theuer, 
weil  jede  der  geprefsten  Platten  einzeln  und  nicht  packetweise,  wie  bei 
ebenen  Platten,  bearbeitet  werden  mufs. 

Es  wird  deshalb  von  H.  Dosier  Hü  in  Berlin  (*D.  R.  P.  Nr.  49632 
vom  9.  Februar  1889)  nachfolgend  beschriebenes  Verfahren  vorgeschlagen, 
bei  welchem  die  in  geeigneter  Tiefe  mit  conisch  abfallenden  Rändern 
geprefste  Platte  durch  eine  Kreis-  oder  Bandsäge  parallel  ihrer  Prefs- 
ebene  mit  einem  Schnitte  so  in  zwei  Theile  zerlegt  wird,  dafs  der  obere 
Theil  die  gewünschten  Musterumrisse  und  Durchbrechungen  zeigt,  wäh- 
rend der  oder  die  unteren  Abschnitte  bezieh.  Abfälle  aus  den  tiefer 
als  die  Schnittebene  liegenden,  d.  h.  vorher  niedergeprefsten  Holztheilen 
bestehen. 

Dieses  Decoupirverfahren  ersetzt  durch  die  Prefs-  und  Schnittope- 
ration die  Holzschnitzerei  in  Bezug  auf  jedes  Muster  und  liefert  ein 
auf  serlich  gleiches  und  auch  gleichwerthiges  Fabrikat:  es  liefert  die 
schwierigsten  äufseren  und  inneren  Muster,  also  auch  mit  Durchbrechungen, 
in  vollster  Reinheit;  jeder  sichtbare  Theil  des  geprefsten  und  contourirten 
bezieh,  durchbrochenen  Fabrikates  ist  mit  dem  Fourniriiberzuge  ver- 
sehen, und  dadurch  ist  die  gewerbliche  Verwerthbarkeil  des  Productes 
erreicht;  ea  ermöglicht  die  Massenproduetion.  da  die  Prefs-  und  Schnitt- 
operationen nur  kurze  Zeit,  die  letztere  kaum  eine  halbe  Minute  dauert, 
wäbrend  dieselbe  Arbeit  nach  dem  bisherigen  Decoupirverfahren  ganze 
Stunden  erfordert    und    bei  subtilen   und  complicirten  Gegenständen  das 


328  Neue  Bolzbearbeitungsmaachinen. 

fortwährende  Wenden  und  Erschüttern,  das  [Jmspannen  der  Säge  viel- 
fache Beschädigungen  und  Brüche  herbeiführt. 

Die  Fabrikation  der  geprefsten  und  fournirten  Reliefs,  welche  mit 
ausgeschnittenem  Bande  bezieh,  mit  Durchbrechungen  versehen  werden, 
kann  in  verschiedener  Weise  ausgeführt  werden:  der  Erfinder  wendet 
vorzugsweise  folgendes  Fabrikationsverfahren  an:  Es  werden  Holzplatten 
von  je  0,5  bis  3mm  Stärke  mit  einem  bei  etwa  909  flüssig  werdenden 
und  bei  höherer  sowie  niedrigerer  Temperatur  festen  Bindemittel  (Al- 
bumin, Casel'n)  bestrichen.  Von  diesen  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
trockenen  und  nicht  klebenden  Platten  werden  mehrere  auf  einander 
gelegt,  und  zwar  kreuzweise  zu  ihren  Fasern,  und  darüber  eine  oder 
mehrere  dünne  Fournirplatten  gelegt,  welche  in  gleicher  Weise  präparirt 
sind.  Nur  die  Deckfournirplatte  bleibt  auf  ihrer  freien  Oberseite  un- 
präparirt,  ebenso  wie  die  Unterseite  der  untersten  Holzplatte,  um  ein 
Ankleben  an  die  Prefsform  zu  vermeiden.  Zwischen  Fournirplatten  und 
Holzplatten  bringt  man  passend  noch  eine  Leinwandschicht,  um  das 
Reifsen  der  Fournirplatten  zu  vermeiden. 

Die  so  auf  einander  gelegten  Platten  werden  in  einer  erhitzten 
Prefsform  (hydraulische  Presse),  die  das  Reliefmuster  (positiv  und  negativ) 
tragt,  einem  Drucke  von  250al  etwa  je  nach  Gröfse  2  bis  7  Minuten 
lang  ausgesetzt;  das  dabei  erhitzte  Bindemittel  wird  zuerst  flüssig,  so 
dafs  eine  innige  Verbindung  aller  Platten  und  Fournire  eintritt,  und 
erstarrt,  nachdem  die  erhitzten  Preisformen  den  Holzplatten  die  dazu 
genügende  Temperatur  mitgetheilt  haben. 

Die  fertige,  aus  der  Prefsform  gewonnene  Reliefplatte  wird  nun  an 
einer  Führungsleiste  entlang  gegen  das  betreffende,  parallel  zur  Preis- 
ebene des  Reliefs  gerichtete.  Schneidinstrument  (am  besten  gegen  eine 
Kreis-  oder  Bandsäge)  geführt,  so  dafs  das  Sehneidwerkzeug  die  Relief- 
platte genau  in  der  Höhe  durchschneidet,  in  welcher  die  entstehenden 
Umrisse  der  ausgeschnittenen  Ohertheile  den  gewünschten  Musterumrissen 
oder  Durchbrechungen  entsprechen. 

Alle  diejenigen  Theile  des  Reliefs  werden  als  Durchbrechungen 
auftreten,  welche  sieh  links  von  der  Schnittebene  der  Kreis-  oder  Band- 
säge befinden,  also  tiefer  durch  die  Pressung  niedergedrückt  sind  als 
die  Theile  des  Reliefs.  Die  ganze  sichtbare  Relieftläche  der  Theile  wird 
dann  mit   Fournirhelag  versehen  sein. 

Tischlerwerkzeuge. 
Der  Rundzapfenhobel  von  D.  F.  G.  Maller  in  Hamburg  (*D.  R.  P. 
Nr.  50204  vom  2.  Juli  1889)  ist  bestimmt  zur  Herstellung  von  Zapfen, 
welche  genaue  Dicke  haben  sollen,  um  in  Bohrungen  bestimmter  Gröfse 
zu  passen.  Der  Drechsler  benutzt  gegenwärtig  eine  Lehre  oder  einen 
Tasterzirkel,  um  die  gleiche  Dicke  einer  Anzahl  Zapfen  herzustellen, 
während   das  neue   Werkzeug  zugleich    fiieifsel    und  Taster   ist   und  den 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  329 

Zapfen  sicher  auf  die  eingestellte  Weite  des  Instrumentes,  welche  der 
gewünschten  Dicke  entspricht,  bearbeitet. 

An  einem  in  dem  Handgriffe  H  befestigten  Metallstücke  A  befindet 
sich  vorn  der  mit  gerader  Vorderflüche  versehene  Winkel  a.  Nach  der 
diesem  Winkel  entgegengesetzten  Seite  ist  die  Führungshülse  m  auge- 
ordnet, in  welcher  ein  durch  Schraube  b  und  Mutter  c  verstellbarer 
und  durch  Setzschraube  s  feststellbarer  Körper  K  verschiebbar  gelagert 
ist,  auf  welchem,  schräg  gegen  den  Winkel  o  gerichtet,  der  Meifsel  e 
angebracht  ist.  Durch  Verstellung  der  Schraube  s  kann  der  Meifsel 
mehr  oder  weniger  von  dem  Winkel  a  entfernt  werden,  um  dadurch 
einen  /wischen  Meifsel  und  Winkel  gebrachten  Zapfen  auf  die  genaue 
Entfernung  zwischen  beiden  Theilen  bearbeiten  zu  können. 

Indem  man  in  der  Weise,  wie  die  Zeichnung  angibt,  das  Werk- 
zeug über  einen  auf  der  Drehbank  rotirenden  Zapfen  z  niederführt, 
wird  dessen  Dicke  genau  auf  diesen  Abstand  des  Meifsels  vom  Winkel 
bearbeitet.  Es  ist  demnach  nun  leicht,  eine  Anzahl  genau  gleich  dicker 
Zapfen  herzustellen,  ohne  dafs  weiteres  Messen  erforderlich  ist. 

Die  bis  jetzt  gebräuchlichen  Löffelbohrer  sind  einschneidig  und  haben 
den  Nachtheil,  dafs  sich  dieselben  beim  Gebrauche  festsetzen  und  stets 
aus  dem  Bohrloche  herausgenommen  werden  müssen,  wenn  der  Bohrer 
um  die  Länge  seines  Löffels  in  das  Holz  eingedrungen  ist,  um  die  Bohr- 
späne aus  dem  Bohrloche  zu  entfernen,  weil  durch  das  Festsetzen  der 
Bohrspäne  der  Bohrer  nicht  im  Stande   ist,   die  letzteren   auszuwerfen. 

Durch  die  Anordnung  von  A.  Hübner  in  Berlin  ("::'D.  R.  P.  Nr.  50859 
vom  8.  September  1889)  werden  die  beschriebenen  Uebelstände  be- 
seitigt, weil  die  Schneiden  des  Bohrers  derart  beschallen  sind,  dafs 
der  Spanauswurf  und  die  Arbeitsleistung  sich  auf  mehrere  Schneiden 
vertheilt. 

Der  Bohrkörper  a  (Fig.  52)  hat  die  Ausdehnung  der  lichten  Weite 
des  Loches;  an  den  Enden  des  ersteren  setzen  sich  flügelartig  die  con- 
centrisch  angeordneten  Schneiden  b  b  an.  Die  Schneiden  haben  theil- 
weise  eine  concentrische  Rundung,  sind  jedoch  nach  dem  Bohrkörper 
zu  mit  Flächen  c  c  versehen,  um  die  Reibung  des  Bohrers  an  den  Loch- 
wandungen  möglichst  herabzusetzen.  Die  Schneiden  bb  und  die  Flächen  cc 
verlaufen  unter  einem  gewissen  Winkel  zur  Spitze,  damit  der  Bohrer 
gleich mäfsig  vorschneidet  und  allmählich  in  das  Holz  eindringt.  Durch 
die  ganze  Länge  des  Bohrkörpers  gehen  bei  dem  doppelschueidigen 
Bohrer  zwei  Nuthen  </</,  welche  zur  Aufnahme  der  Späne  dienen  und 
den  Spanauswurf  durch  Nachdrängen  der  Späne,  welche  von  der  Spitze 
geschnitten  werden,  an  mehreren  Stellen  bewirken. 

l'in  kleine  wie  grofse  Bohrer  sicher  in  dieselbe  Bohrwinde  ein- 
spannen zu  können,  hat  W.  Bönneknövel  in  Kemscheid-Menninghausen 
(»D.R.P.  Nr.  48686  vom  26.  Januar  1889)  die  in  Fig.  53  dargestellte 
Ausführung  angegeben. 


330  Neue  Bolzbearbeitungsmaschinen. 

Der  Kopf  der  Bohrwinde  besteht  aus  einem  auf  den  unteren  wage- 
rechten  Ann  des  Windeisens  drehbar  aufgesteckten  polygonalen  Prisma  .1. 
In  jeder  Prismaseite  sind  die  Löcher  li  von  verschiedener  Gröfse  und 
Form  —  quadratisch,  rechteckig,  kreuzförmig  u.  s.  w.  —  eingeschnitten, 
die  alle  nach  der  Mitte  zu  laufen,  und  in  welche  die  Köpfe  der  Bohrer 
eingesteckt  werden,  indem  jeweils  die  betreffende  Seite  des  Kopfes  A 
naeh  unten  gedreht  wird.  An  der  Stirnseite  von  A  wird  eine  Stell- 
schraube eingesetzt  und  mittels  dieser  der  Bohrkopf  festgeklemmt,  wäh- 
rend eine  Stiftschraube  den  Prismakopf  in  richtiger  Lage  auf  dem 
Schenkel  der  Bohrwinde  festhält. 

ZumAusstofsen  viereckiger  Löcher  in  Hohlcylindern  dient  die  in  Fig.  54 
und  55  angegebene  Vorrichtung  von  Gebrüder  Schmohl  in  Göppingen 
(:'D.  R.  P.  Nr.  48798  vom  8.  März  1889).  a  ist  der  Führungskörper  mit 
einem  kreuzförmigen  Querschnitte,  dessen  äufsere  Abmessungen  sieh 
nach  dem  Durchmesser  des  vorgebohrten  Loches  richten.  Derselbe  ist 
von  ziemlicher  Länge,  um  eine  gute  Führung  zu  geben,  und  hat  an 
seinen  Enden  Zugstangen  «,.  In  der  Mitte  sind  die  Stofsmesser  b  in 
der  Weise  angebracht,  dafs  sie  ein  Prisma  bilden,  dessen  Quadratseite 
gleich  dem  Durchmesser  der  Verbohrung  oder  des  Führungskreuzes  ist 
und  dessen  Stirnkanten  segmentförmig  geformt  und  scharf  geschliffen 
sind.  In  den  äufsereu  Kanten  des  Filhrungskörpers  sind  an  der  Stelle, 
wo  das  Stofsprisma  angebracht  werden  soll,  Einsenkungen  o.,,  in  welche 
sich  die  einzelnen  Seitenflächen  desselben  einlegen  (mit  den  äufseren 
Kreuzkanten  bündig)  und  hier  feste  Lage  erhalten,  angebracht.  Vor 
den  Messerkanten  werden  zwischen  den  Kreuzsehenkeln  Prefsklötzchen  c 
angebracht,  welche  vorn  abgerundet,  in  Schlitzen  c{  verschieb-  und  fest- 
stellbar sind  und  sich  auf  ihrer  Oberfläche  an  die  Bohrung  des  Holz- 
cvlinders  anschliefsen.  Diese  Prefsklötzchen  haben  folgenden  Zweck. 
Rauhe  Arbeitsflächen  und  Ausschiitzungen  werden  hier  dadurch  ver- 
mieden, dafs  beim  Ausziehen  oder  Ausstofsen  durch  die  segmentförmigen 
Hobelkanten  die  Prefsklötzchen  vorausgehen  und  die  Holzfasern  fest- 
pressen. Durch  den  erhaltenen  Druck  kann  ein  Ausreifsen  der  Holz- 
fasern nicht  stattfinden.  Hat  man  besseres  Holz,  welches  nicht  so  leicht 
ausreifst,  dann  stellt  man  die  Prefsklötzchen  von  den  Messerkanten 
weiter  weg.  und  umgekehrt.  Die  Hobelspäne  können  sich  leicht,  bei 
dem  kreuzförmigen  Querschnitte  des  Führungsdruckes  entfernen.  Durch 
die  symmetrische  Construction  ist  der  Gebrauch  der  Vorrichtung  auf 
beiden  Seiten  möglich. 

Die  Fournirlieilpretse  von  K.  liirchgraber  in  München  (*D.  R.  P. 
Nr.  47620  vom  3.  Januar  1889)  ist  in  Fig.  5t;  Taf.  15  dargestellt.  In 
beiderseitig  angeordneten  senkrechten  Nuthen  des  Ständers,  in  dessen  wage- 
rechten Pulken  l>  eine  Eisensehiene  /»,  eingezogen  ist,  ist  der  Balken  r, 
ebenfalls  durch  ein  I-  o.  dgl.  Eisen  versteift,  mittels  der  seitlichen 
Schienen  r,   auf  und  ab  schiebbar.     Seine  jeweilige  Stellung   wird  da- 


Neue  Holzbearbeitungsmaschinen.  331 

durch  tixirl.  dafs  in  den  senkrechten  Balken  aa  des  Ständers  Bohrungen  o2 
angeordnet  sind,  durch  welche,  wenn  mit  Bohrung  c2  der  Schiene  c{ 
correspondirend,  Bolzen  c3  gesteckt  wird,  der  in  dieser  Weise  die  feste 
Verbindung  herstellt. 

Aul'  der  unteren  Seite  des  Prefsbalkens*,  der  oben  die  Handhabe  c4 
hat.  sind  die  Prismen  d  augeordnet.  Dieselben  sind  derart  mit  dem 
Prefsbalken  c  verbunden,  dafs  die  beiden  äufseren  fest,  die  inneren 
jedoch  entweder  um  Bolzen  </,  drehbar  oder  in  schwalbenschwanz- 
förmiger  Nuth  geführt  angebracht  sind.  Mit  diesen  Prismen  sind  die 
oberen  Keile  e{  fest  verbunden,  mit  denen,  in  schwalbenschwanzförniigen 
Nuthen  in  ihnen  laufend,  die  unteren  Keile  e  in  der  aus  der  Zeichnung 
ersichtlichen  Weise  correspondiren.  Durch  Antreiben  dieser  Keile  in 
der  Pfeilrichtung  wird  das  darunter  befindliche  Material  allmählich 
fest  zusammengeprefst  und  ist  daher  ein  sehr  leichtes  Fourniren  er 
möglicht. 

Das  zu  fournirende  Material  wird  auf  die  Querbalken  b  der  in  ent- 
sprechenden Abständen  und  in  entsprechender  Anzahl  angeordneten 
Ständer  aufgelegt,  die  Prefsbalken  so  weit  herabgelassen,  bis  sie  auf- 
liegen, und  hernach  mittels  Bolzen  lixirt.  Nun  werden  die  einzelnen 
Keilsysteme  je  nach  Bedarf  geordnet,  indem  sie  entweder  verschoben 
oder  gedreht  werden.  Nun  werden  die  unteren  Keilstücke  e  in  der 
Pfeilrichtuns  angetrieben. 

Wenn  die  Längsachsen  der  correspondirenden  Keilsysteme  der 
einzelnen  Ständer  eiue  Gerade  bilden,  so  kann  dieses  Austreiben  sämmt- 
licher  hinter  einander  liegenden  Keile  durch  einen  einzigen  Hammer- 
schlag vor  sich  gehen,  indem  zwischen  den  Keilen  Bretter  e2  eingelegt 
werden,  welche  beim  Antreiben  des  äufsersten  Keiles  ein  solches  sämmt- 
licher  hinter  einander  liegenden  Keile  bewirken. 

Die  Gehrungslade  von  E.  G.  T.  Gabriel  und  J.  C.  Pohl  in  Steglitz 
(*D.  K.  P.  Nr.  49142  vom  15.  Januar  1889)  bezweckt  die  Verwendung 
von  Säge  und  Hobel  in  derselben  Lade,  so  dafs  die  Gehrung  erst  ge- 
schnitten, dann  gehobelt  wird.  Säge  und  Hobel  sind  derart  eingerichtet, 
dafs  sie  nach  beiden  Richtungen,  also  vorwärts  und  rückwärts,  schneiden. 
Dadurch  wird  erreicht,  dafs  man  das  zu  gehrende  Stück  (Leisten,  Ge- 
Minse  u.  s.  w. )  nicht  umzuwenden  braucht,  wenn  man  die  Gehrung  aii 
beiden  Stirnseiten  haben  will,  sondern  man  legt  dasselbe,  immer  mit 
der  Rückseite  nach  unten,  einmal  an  das  linker  Hand  befindliche  Geh- 
rungsliueal  und  dann  an  das  rechts  befindliche,  ohne  dafs  die  Stellung 
des  Arbeiters  einer  Veränderung  bedarf,  um  die  Arbeiten  bequem  aus- 
führen zu  können. 


332  Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  6.267  d.  Bd.") 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  .mt  Tafel  15. 

liriiriigc  zur  technischen  Gatanalyte:   von    W.  Thörner. 

Verfasser  arbeitel  mit  der  Ettling-Hempef sehen  Bürette  mit  Kühl- 
mantel; letzterer  ist  durch  Anschmelzen  direkt  mit  der  Bürette  ver- 
bunden.  Als  Kühlung  dient  Wasser  aus  einem  5  bis  10'  lassenden  er- 
höht stehenden  Ballon,  weleher  durch  Schlauch  mit  dem  Kühlrohr 
verbunden  ist.  Zur  Entnahme  und  Aufbewahrung  von  Gasproben  benutzt 
Verfasser  dickwandige,  durch  Glashähne  verschliefsbare  und  mit  einem 
T-Kohr  versehene  Glasrohre  von  500  bis  2500«  Inhalt  (Fig.  7  Taf.  15). 
Zur  Füllung  derselben  mit  dem  Probegase  saugl  man  mit  einem  Aspirator 
eine  Zeitlang  das  (Jas  durch  h  und  «,  öffnet  dann  die  Hahnen  und  läfst 
das  im  Rohr  enthaltene  Wasser  auslauten:  nun  werden  die  Hahnen  ge- 
schlossen. Vorteilhafter  ist  es,  um  das  Rohr  trocken  zu  halten,  ein- 
fach durch  dasselbe  das  Gas  lungere  Zeit  hindurch  zusaugen  und  dann 
die  Hahnen  zu  schliefsen.  Der  eine  Theil  des  T-Stückes  mufs  dabei 
geschlossen  sein.  Als  Rohr  zum  Probenehmen  für  niedere  Tempe- 
raturen dient  Glas  oder  reines  Zinn.  —  Ist  Schwefligsäure,  Schwefelsaure, 
Schwefelwasserstoff  u.  s.  w.  im  Gase,  so  werden  diese,  wie  z.  B.  in  den 
Auspuffgasen  der  Locomotiven,  durch  Absorption  aus  bestimmtem  Gas- 
volurncn  entfernt  und  gewichtsanalytisch  bestimmt;  der  Gasrest  wird 
volumetrisch  untersucht. 

Bei  der  Untersuchung  von  Generatorgas,  Wassergas,  Leuchtgas, 
Feuergasen  u.  s.  w.  wird,  wie  üblich,  Kohlensäure  mit  Natronlauge, 
Sauerstoff  mit  alkalischer  Pyrogallussäure,  schwere  Kohlenwasserstoffe 
der  Aethylen-  und  Benzolreihe  durch  rauchende  Schwefelsäure  in  Hempel- 
schen  Pipetten  absorbirt.  Für  letztgenanntes  Reagens  hat  die  Pipette 
Glaskapsel  verschlusse,  die  Absorptionskugel  i-t  mit  Glasstückchen  ge- 
füllt. Kohlenoxyd  wird  durch  doppelte  Absorption  mit  frischer  salz- 
saurer  Kupferchlorürlösung  weggenommen.  Im  Gasrest  wird  Wasserstoff 
nach  dem  Verdünnen  mit  Luft  durch  Verbrennen  über  Palladiumasbest 
bestimmt. 

In  dem  von  Wasserstoff  befreiten  Gasresi  von  Leuchtgas  bestimmt 
Verlader  .M.than  durch  Zusatz  von  elektrolytischem  Sauerstoff  und  Ver- 
brennung in  der  Verbrennungspipette  (Fig.  8).  Zur  Darstellung  des 
Sauerstoffs  dient  der  Zersetzungsapparat  Fig. '.',  ähnlich  einer  Absorptions- 
pipette. Das  U-förmige  weile  Glasrohr  enthält  drei  Platiuelektroden, 
von  denen  sich  zwei  in  dem  einen  mit  0CC,5  Theilung  versehenen 
Schenkel  befinden.  .Man  kann  so  nach  Wunsch  Wasserstoff,  Sauerstoff 
oiier  Knallgas  entwickeln,  hie  Verbrennungspipette  hat  die  Form  der 
Hempel*8chen  Absorptionspipetten  mit  kleiner  Verbrennungskammer,  in 
deren  Wandungen  zwei   sehr  starke  Silberdrähte   eingeschmolzen  sind. 


Neuerungen  in  der  Gaeindustrie. 


3b3 


Letztere  sind  im  Inneren  durch  einen  in  5  Windungen  von  je  5"im  Höhe 
spiralförmig  gewundenen  Platindraht  verbunden.  Die  Silberdrähte  endigen 
aufsen  in  zwei  Klemmschrauben  <i  und  a{.  Die  Ausführung  der  Ver- 
brennung geschieht,  indem  zunächst  nur  so  viel  Gasgemisch  in  die 
Pipette  gebracht  wird,  dai's  die  Platinspirale  frei  liegt;  dann  werden 
die  Klemmschrauben  mit  einer  galvanischen  Tauchbatterie  verbunden 
und  die  Spirale  zum  lebhaften  Glühen  erhitzt.  Anfangs  erfolgt  ein 
schwaches  Aufflammen;  man  treibt  das  Gas  vollständig  über,  läfst  das- 
selbe 1  Minute  in  der  Pipette  sich  mischen,  saugl  zurück  und  treibt 
noch  zweimal  über.  Nun  ist  alles  Methan  verbrannt,  der  Rest  wird 
zurückgesaugt,  die  Kohlensäure  absorbirt.  1/3mal  der  Contraction  ist 
das  vorbanden  gewesene  Methan.  Ist  zur  Bestimmung  eines  Gasbestand- 
theils  Zusatz  von  Knallgas  erforderlich,  so  geschiebt  die  Verpuffung  in 
der  Explosionspipette  Fig.  10,  in  deren  oberen  Theil  Platinspitzen  ein- 
geschmolzen sind.  Die  Niveaukugel  ß  wird  durch  einen  Gummistopfen 
während  der  Explosion  verschlossen. 

Folgende  Analysen  sind  mit  genannten  Apparaten  ausgeführt  (Vol.- 
Proc.) : 


Generatorgas 


Wassergas 

I            II 

c 
o 

S 

10,5 

12.6 

5,6 

8,2 

0,6 

15,5 

15,6 

34.6 

34,5 

31,2 

16,7 

19,8 

48,2 

49,2 

5,8 

1,5 

0,1 

0,0 

0.0 

0,3 

0.3 

0.0 

1.4 

0.0 

0,3 

55,05 

51,2 

9,2 

8,1 

61,6 

0,35 

0,6 

1,03 



0,07* 

0,10 

0,10 

0,04 

— 

0,04 

Kohlensäure 

Kohlenoxyd 

Wasserstolf 

.Median 

Sauerstoff 

Stickstoff 

Schwefelwasserstoff  bez.   Schwef- 
lige Säure    

Ammoniak 

•    SM... 

Zur  volumetrischen  Bestimmung  der  Kohlensäure 
in  Soda,  kohlensaurem  Kalk  und  Verbindungen,  welche 
sich  in  der  Kälte  durch  Säurezusatz  zersetzen,  benutzt 
Verfasser  den  Apparat  (Fig.  1)  in  Verbindung  mit  der 
ffempefschen  Gasbürette.  In  das  100cc  fassende 
hiil beben,  welches  von  aufsen  gekühlt  wird,  bringt 
man  0,25  bis  0§,5  der  Probe,  in  das  Gefäfs  C  etwas 
verdünnte  Salzsäure  oder  Schwefelsäure.  Das  Rohr  A 
wird  (lureli  einen  Gummischlauch  mit  der  Gasbürette 
verbunden  und  durch  Einlassen  von  Luft  durch  den 
Quetschhahn  B  der  Stand  in  der  Bürette  mittels  des 
Niveaurohres  auf  Null  eingestellt.  Nun  läfst  man 
langsam  Säure  in  das  Köl beben  eintropfen,  bis  die 
Kohlensäureentwickelung    beendigt   ist,    schüttelt  vor- 


9,6 
18,0 
1,6 
0,0 
0,0 
70,8 


iL,       I. 


"HC 


/ 

b 

334 


Neuerungen  in  der  Grasindustrie. 


Fig.  2. 


sichtig  um  und  liest  in  der  Bürette  Dach  dem  Einstellen  das  entwickelte 
Volumen  Kohlensäure  ab.  Um  die  Absorption  von  Kohlensäure  durch 
die  Säure  zu  vermeiden,  wird  in  dieselbe  ersl  eine  Messerspitze  doppelt 
kohlensaures  Natron  geworfen. 

Zur  Bestimmung  von  in  Flüssigkeiten  wie  Bier,  Wein  u.  dgl.  ge- 
tonter oder  in  Verbindungen  befindlicher  Kohlensäure  dient  die  Zusammen- 
stellung Fig.  12,  auf  welcher  das  Niveaurohr  zur  Bürette  weggelassen 
ist.   In  dem  etwa  75cc  fassenden  Kühlerkolben  .4  wird  die  Kohlensäure 

aus  der  gemessenen  oder  gewogenen 
Substanz,  eventuell  unter  Zusatz  von 
Saure,  durch  Kochen  ausgetrieben  und 
in  die  Bürette  oder  in  die  Sammel- 
pipette S  5t  übergeführt.  Nach  been- 
deter Zersetzung  wird  das  ganze  Gas- 
volumen im  Kühlerkolben  durch  Ein- 
giefsen  von  Wasser  durch  B  in  die 
Bürette  oder  die  Sammelpipette  über- 
getrieben. Das  Kühlwasser  durchfliefst 
den  Mantel  der  Bürette  und  darauf  den 
Kühlerkolben:  nach  einigen  Minuten  ist 
in  beiden  Temperaturausgleichung  ein- 
getreten. Das  Gesammtvolumen  wird 
abgemessen  und  darin  durch  Absorption 
die  Kohlensäure  bestimmt.  Da  man  im 
Voraus  häutig  nicht  weifs,  wie  viel 
Gas  erlangt  wird,  so  ist  es  gut,  eine 
150  bis  200cc  fassende  Sammelpipette 
einzuschalten  und  aus  derselben  das  Gasvolumen  auf  einmal  oder  wenn 
nöthig  in  zwei  Messungen  in  die  Bürette  überzuführen  und  darin  die 
Kohlensäure  zu  bestimmen.  Beide  Methoden  ergaben  gute  Resultate, 
wie  an  kohlensaurem  Kalk,  kohlensaurer  Magnesia,  kohlensaurem  Kali 
und  saurem  kohlensaurem  Natron  gezeigt  wird. 

Zur  volumetrischen  Bestimmung  des  Kohlenstoffs  in  Eisen  und  Stahl 
nach  Wiborg/fe  Methode  dient  Apparat  Fig.  13.  <>'.5  Roheisen,  Spiegel- 
eisen oder  bis  2?,5  Stahl  werden  in  dem  etwa  150cc  fassenden  Kolben  A 
mit  IG*-'0  einer  gesättigten  filtrirten  Kupfersulfatlö.simg  übergössen  und 
kurze  Zeit  umgeschw  eukt.  um  eine  vollständige  Verkupferung  des  Eisens 
zu  bewirken.  Nach  5  Minuten  fügt  man  für  jedes  angewandte  Gramm 
Eisen  5CC  einer  lOÜproceutigeu  Chromsäurelösung  hinzu.  Hierauf  wird 
der  Kolben  mit  dem  gut  eingeschlillenen  Glasstopfen  a,  in  welchem 
das  Kühlrohr  C  und  das  Hahntrichterrohr  II  eingeschmolzen  sind,  ge- 
schlossen   und  durch  das   letztere  etwa   120   bis   130er  Schwefelsäure8 


s  Zur  Herstellung    der   Schwefelsäure    wvrden   1000-    concentrirte    reine 
Schwefelsäure   mit    720§  Wasser  vermischt    und   56   Chromsäure   hinzugefügt. 


Neuerungen  in  der  Gasindustrie. 


335 


von  1,594  spec.  Gew.  langsam  hinzugefügt,  bis  der  Kolben  bis  fast  an 
den  Hals  angefüllt  ist.  Jetzt  wird  sofort  das  Kühlrohr  C  durch  ein 
rechtwinkelig  gebogenes  Glasrohr  r  und  durch  den  Dreiwegehahn  h 
mit  der  Bürette  D  verbunden 
und  das  Kühlwasser  aus  dem 
Reservoir  zunächst  durch  den 
Kühlmantel  der  Bürette,  darauf 
durch  den  Kühler  C  geleitet. 
Man  erhitzt  den  Kolben  lang- 
sam zum  Sieden  und  erhält 
darin  etwa  • .,  Stunde:  nach 
der  ersten  oft  etwas  stürmischen 
Zersetzung  kocht  der  Inhalt 
ruhig.  Nun  entfernt  man  die 
Flamme  und  treibt  durch  Zu- 
giefsen  von  Wasser  durch  das 
Trichterrohr  11  das  ganze  Gas- 
gemenge in  die  Bürette  über; 
zuletzt  wird  noch  so  viel  Luft 
nachgesaugt,  dal's  etwa  100cc  erreicht  werden.  Nach  eingetretenem 
Ausgleiche  der  Temperatur  bestimmt  man  die  Kohlensäure  in  einer 
Kalipipette  und  berechnet  daraus  unter  Berücksichtigung  von  Tempe- 
ratur und  Barometer  das  Gewicht  des  entsprechenden  Kohlenstoffs.9 
Wie  folgende  Tabelle  zeigt,  stimmen  die  erhaltenen  Zahlen  gut  mit 
den  gewichtsanalytisch  erhaltenen  überein. 


Eisensorte 


Proc.  Kohlenstoff 

volumetrisch 


gewichts- 
analytisch 


Roheisen  I  .     . 

II  • 

III  . 
Spiegeleisen  I  . 

II 

Ferromangan    . 

II... 

..  II  .  .  . 
..  III  .  . 
..iv      .    . 

..       V    .     .     . 


4.0  1 

3,99 

3,61 

4,47 

4,08 

6,98 

0,590 

0,497 

0.4, so 

0,322 

0,245 


4.00 

4.03 

3.60 

4.22 

4.10 

6.90 

0,590 

0.500 

0.480 

0.314 

0,240 


Das  noch  heilst'  Gemisch  wird  dann  BOfort  zum  Kochen  erhitzt  und  1  Stunde 
lang  ein  schwacher  Luftstrom  hindurchgeleitet,  um  sums  vorhandene  Kohlen- 
säure oder  Kohlenstoffverbindungen  daraus  zu  entfernen.  Versäumt  man  dies. 
bo  erhalt  man  leicht  zu  hohe  Zahlen. 

B  Dem  Aufsatz  ist  eine  Tabelle  beigegeben,  enthaltend:  den  Factor  zur 
Umrechnung  der  Kohlensäure  auf  00  und  760mm,  den  Factor  für  das  Gewicht 
des  Gases  und  für  das  entsprechende  Gewicht  Kohlenstoff,  auf  welche  wir 
verweisen. 


336  Kleinere  Mittheilungen. 

Als  Absperrflüssigkeit  für  Untersuchung  \<>n  Gasen  ist  Quecksilber 
jeder  anderen  vorzuziehen;  doch  gibl  auch  Wasser,  mit  stark  kohlen- 
säurehaltiger  Luft  geschüttelt,  bei  raschem  Arbeiten  gute  Resultate. 
Noch  bessere  erhielt  Verfasser  mit  concentrirten  Lösungen  von  Koch- 
salz oder  schwefelsaurem  Natron,  die  mit  stark  kohlensäurehaltiger 
Luft  mehrfach  geschüttelt  wurden.  Hei  jeder  Analyse  ist  die  Flüssig- 
keit in  der  Bürette  zu  erneuern,  da  leicht  Spuren  der  Reagentien  aus 
den  Pipetten  mit  übertreten.  (Zeitschrift  für  angewandte  Chemie,  1889 
Nr.  22  S.  (541.) 


Aschengehalt  verschiedener  Papier-Rohstoffe. 

Bei  den  in  letzter  Zeit  vielfach  in  Fachkreisen  erörterten  Fragen  be- 
treffend die  Abänderung'  einiger  Bestimmungen  der  preufsischen  Papier- 
normalien, stellte  man  die  Ansicht  auf.  dafs  der  zulässige  Gebalt  an  mine- 
ralischen Rückständen  bei  Papieren  der  Stoffklasse  1  von  2  Proc.  auf  mindestens 
3  Proc.  erhöht  werden  müsse.  Die  Versuchsanstalt  nahm  daher  Veranlassung, 
eine  gröfsere  Anzahl  von  Papier-Rohstoffen:  Lumpen.  Halbstoffe,  Cellulose 
und  Holzschliff  auf  ihren   Aschengehalt   zu  prüfen.    Dabei  stellte  sich  heraus: 

im  Minimum        im  Maximum 
31  verschiedene  Lumpen 

ergaben  im  Mittel  .  3,06  Proc.  Aschengehalt  — 0.55  Proc.  9,70  Proc. 
9  Rohstoffe  (Hanfarten, 
Jute.  Espartogras)  er- 
gaben im  Mittel  .  .  1.11  „  ..  —0.53  „  2,00  „ 
22  Halbzeuge  (Leinen. 
Baumwolle,  Hanf- 
stricke)   ergaben    im 

.Mittel 0,74      „  ..  —  0,12      „  1,86      .. 

14  Zellstoffe    und    Holz- 
schliff)    ergaben     im 

Mittel 0,94      „  „  —0,36      „  2.30      „ 

Selbstverständlich  sind  diese  Werthe  Schwankungen  unterworfen;  der 
theilweise  sehr  hohe  Aschengehalt  der  Lumpen  dürfte  .-eine  Ursache  wohl  in 
ihrer  mechanischen  Verunreinigung  durch  Sand.  Knie  u.  s.  w.  linden,  falls 
diese  Beschwerungen  nicht  in  trügerischer  Absicht  vorgenommen  worden 
sind.  Zum  grofsten  Theil  gehen  dieselben  im  Laufe  de.-  Fabrikationsprozesses 
verloren.  Der  mittlere  Aschengehalt  der  reinen  Rohstoffe,  Halbzeuge,  Cellu- 
lose und  des  Holzschliffes  nähert  sich  dem  Werthe  1,0;  das  aus  diesen  ge- 
fertigte Papier  zeigte  selten  mehr  als  2  Proc.  Die  Erfahrungen  aus  der  Versuchs- 
anstalt bestätigen  die,-:  so  waren  in  einer  grofsen  Anzahl  von  untersuchten 
Papieren  ohne  mineralische  Zusätze  nur  sehr  wenige  von  mehr  als  2  Proc.  Asche. 
(  W.  IhrzberQ.  Miltheilunoen  aus  dtn  Königl.  techv.  Versuchsanstalten  zu  Berlin. 
1890  Jahrg.  8  S.  89.  |  //. 

Firnifscomposition. 

Als  Schutz  für  .Schilfe.  Behälter  u.  s.  w.  gegen  Erdöl  und  ähnliche  Sub- 
stanzen  wird  nachfolgende  Compositum  verwendet:  Mastix.  Schellack,  dena- 
turirter  Spiritus.  Leinoltirnifs  und  etwas  Eisenoxyd  oder  Graphit  als  Farbstoff. 
(/4.  Andrews  Suuthdew.  Englisches  Patent   Nr.  12821   vom  5.  September  1888.) 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolgt  r  in  Stuttgart 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart 


Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889.  337 

Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889; 
von  Fr.  Freytag, 

Lehrer  der  Technischen  Staatslehranstalten  in  Chemnitz. 

(Schlafs  des  Berichtes  S.  289  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  18. 

Chaligny  et  Cie.  in  Paris  hatten  aufser  mehreren  kleineren  Dampf- 
maschinen ihres  eigenartigen  Systemes  auch  eine  gröfsere  liegende 
Compound-Condensationsmaschine  mit  280  bezieh.  485mm  Cylinderdurch- 
messer  und  500mm  Kolbenhub  ausgestellt,  welche  mit  90  minutlichen 
Umdrehungen  eine  normale  Leistung  von  55  IP  entwickelte. 

Wie  die  Abbildungen  (Fig.  10  bis  13  Taf.  18)  erkennen  lassen,  ge- 
langt der  in  einem  senkrechten,  zwischen  den  aus  einem  Stücke  ge- 
gossenen beiden  Cylindern  liegenden  Rohre  ankommende  Arbeitsdampf 
in  den  längs  des  Schieberkastens  vom  Hochdruckcylinder  liegenden,  in 
Fig.  13  veranschaulichten  Absperrbehälter.  Derselbe  besteht  aus  dem 
durch  ein  aufsen  liegendes  Handrad  regulirbaren  Dampfeinströmventil, 
sowie  einem  hinter  diesem  angeordneten  entlasteten  Drosselschieber, 
welcher  mit  dem  Regulator  in  Verbindung  steht. 

Die  iu  einer  am  Absperrbehälter  aufgeschraubten  Führung  beweg- 
liche wagerechte  Stange  trägt  an  ihrem  inneren  scheibenförmigen  Ende 
einen  excen  frischen,  sich  in  der  aufsen  um  den  Drosselschieber  laufenden 
Ringuuth  führenden  Zapfen,  und  am  anderen  Ende  einen  durch  kurze 
Stange  mit  dem  Regulatorhebel  verbundenen  kleinen  Hebel.  Je  nach 
der  von  der  Geschwindigkeit  der  Maschine  abhängigen  Höhenlage  des 
Regulators  wird  durch  die  Zwischenstücke  der  Drosselschieber  so  bewegt, 
dafs  eine  gröfsere  oder  kleinere  Verengung  des  Dampfdurchgangsquer- 
schnittes und  damit  eine  bedeutendere  oder  geringere  Drosselung  des  in 
den  Schieberkasten  strömenden  Arbeitsdampfes  eintritt. 

Der  in  der  Mitte  der  Maschine  zwischen  den  beiden  Kreuzkopf- 
führungen befestigte  Regulator  erhält  seine  Bewegung  mittels  Schnecke 
und  Schneckenrad  von  der  Schwungradwelle  aus. 

Die  Dampfvertheilung  wird  in  beiden  Cylindern  durch  einfache 
Kanalschieber  geregelt,  von  denen  derjenige  des  Hochdruckcylinders 
veränderliche  Füllungen  von  *  10  bis  ,;/l0  des  Kolbenhubes  gestattet  und 
zu  dem  Zwecke  von  Hand  entsprechend  eingestellt  werden  kann. 

Die  ganz  kurze  Excenterstange  trägt  zu  dem  Zwecke  an  ihrem 
Ende  einen  Stein,  welcher  sich  in  einer  mit  dem  Maschinenbette  ge- 
lenkig verbundenen  Coulisse  führt,  und  die  Lage  der  letzteren  kann 
zufolge  der  mittels  Handrad  bewirkten  Drehung  einer  Schraubenspindel 
je  nach  dem  Kraftverbrauche  der  Maschine  festgestellt  werden.  Die 
Füllungen  im  grofsen  Cylinder  sind  constant  und  betragen  hier  5/10  des 
Kolbenhubes. 

Oingler's  polyt.  Journal  Ud.  277  Nr.  8.  1890/111.  22 


338  Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889. 

Der  zwischen  den  beiden  Cylindern  liegende  Raum  dient  als 
Zwischenbehälter  und  der  in  ihm  befindliche  Dampf  wird  durch  den 
vom  Kessel  kommenden,  in  das  Einströmrohr  tretenden  Dampf  erwärmt. 

Der  Condensator  liegt  hinter  dem  grofsen  Cylinder  und  seine  doppelt- 
wirkende Luftpumpe  wird  durch  die  verlängerte  Kolbenstange  des  ersteren 
betrieben:  die  Speisepumpe  ist  an  der  Kreuzkopfführung  desselben  Cy- 
linders  befestigt  und  erhält  von  dem  Kreuzkopfzapfen  aus  ihre  Bewegung. 

Die  Maschine  soll  nach  den  in  den  Werkstätten  der  Erbauer  ge- 
machten Versuchen  bei  6k  Admissionsspannung  an  Dampf  8k,2,  sowie 
für  die  Condensation  1801  Wasser  in  der  Stunde  und  effectives  Pferd 
gebrauchen. 

Bei  der  Fig.  14  bis  16  Taf.  18  ersichtlichen,  mit  Condensation 
arbeitenden  Woolf  sehen  Ausstellungsmaschine  der  Socie'te  Alsacienne  in 
Beifort  ist,  damit  die  Kolben  beider  Cylinder  auf  eine  einzige  Kurbel 
arbeiten  können,  der  Hochdruck  cylinder  in  geneigter  Lage  über  den 
Niederdruckcylinder  gestellt  und  mit  diesem  verschraubt;  die  in  der 
senkrechten  Ebene  liegende  Achse  des  Hochdruckcylinders  weicht  jetzt 
von  derjenigen  des  Niederdruckcylinders  um  die  Breite  des  Kurbelstangen- 
kopfes ab. 

Die  zwei  in  einem  gemeinschaftlichen  Blechmantel  eingeschlossenen 
Cylinder  sind  mit  Mänteln  versehen  und  der  vom  Kessel  kommende 
Dampf  gelangt  durch  ein  auf  dem  Schieberkasten  des  kleinen  Cylinders 
sitzendes  Absperrventil  in  den  letzteren  und  nach  vollbrachter  Arbeit 
in  diesem  durch  ein  U-förmig  gebogenes  Kupferrohr  in  den  Schieber- 
kasten des  grofsen  Cylinders. 

Die  Dampfvertheilung  des  kleinen  Cylinders  erfolgt  durch  einen 
Schieber,  auf  dessen  ausgehöhltem  Rücken  sich  ein  vom  Regulator  ge- 
führtes Steuerungsorgan  bewegt  und  die  Dampfdurchlafskanäle  des 
Schiebers  je  nach  der  Geschwindigkeit  der  Maschine  mehr  oder  weniger 
verengt,  während  die  Dampfvertheilung  des  grofsen  Cylinders  ein  ge- 
wöhnlicher Muschelschieber  regelt,  welcher  behufs  vollständiger  Ent- 
lastung zwischen  dem  Schieberspiegel  und  einer  in  dem  Schieberkasten- 
deckel eingelegten  Platte  gleitet;  beide  Schieber  erhalten  durch  die  auf 
einer  Welle  a  befestigten  Excenter  ihre  Bewegung,  und  zwar  der  zum 
grofsen  Cylinder  gehörige  Schieber  direkt  und  derjenige  des  kleinen 
Cylinders  unter  Zwischenschaltung  eines  Doppelhebels  b. 

Der  Hochdruckcylinder  der  auf  der  Ausstellung  vertretenen  Maschine 
war,  abweichend  von  den  Abbildungen,  mit  einer  Äü/er-Steuerung  ver- 
sehen, deren  Expansionsschieber  unter  Zwischenschaltung  eines  zweiten 
Doppelhebels  &,  von  einem  dritten  auf  der  Welle  a  befestigten  Excenter 
mitgenommen  wurde;  die  Welle  a  selbst  erhält  ihre  Bewegung  mittels 
dreier  Stirnräder  von  der  Schwungradwelle  aus  unter  Einschaltung  einer 
Hilfswelle  c,  auf  welcher  auch  ein  zum  Betreiben  des  Regulators  dienendes 
conisches  Rad  befestigt  ist. 


Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889.  339 

Die  unterhalb  der  Maschine  stehende,  mit  dem  Condensatorgehäuse 
zusammengegossene  Luftpumpe  wird  durch  eine  Gegenkurbel  betrieben. 

Aufser  dieser  Maschine  hatte  die  Societe  Alsacienne  noch  eine  eben- 
falls mit  Condensation  arbeitende  liegende  Compoundmaschine  ausgestellt, 
welche  bei  75  minutlichen  Umdrehungen  eine  Leistung  von  250  tP  ent- 
wickeln soll  und  mit  derselben  Steuerung  (System  Frikart)  versehen 
war,  wie  die  Bd.  276  S.  254  genannte,  von  Escher,  Wyfs  und  Co.  in 
Zürich  ausgestellte  Compoundmaschine. 

Die  beiden  Cylinder  von  400  bezieh.  600mm  Durchmesser  und  600mm 
Kolbenhub  waren  in  derselben  Weise  zusammengesetzt,  wie  dies  der 
Cylinder  der  1000  pferdigen  Maschine  von  M.  J.  Farcot  (Bd.  276  S.  152) 
zeigte;  sie  bestehen,  wie  Fig.  17  Taf.  18  erkennen  läfst,  aus  je  drei 
Theilen:  den  beiden,  auch  die  Schiebergehäuse  enthaltenden  Deckeln, 
welche  auf  mit  dem  Fundamente  verschraubten  Ausströmstutzen  liegen, 
und  einem  cylindrischen  Theile,  in  welchen  der  eigentliche  Arbeits- 
cylinder  eingesetzt  ist,  so  dafs  die  verbleibenden  Zwischenräume  den 
Dampfmantel  bilden.  Das  die  beiden  Ausströmstutzen  jedes  Cylinders 
verbindende  Rohr  E  ist,  um  mit  dem  unterhalb  des  Cylinders  in 
seiner  Mitte  anschliefsenden  Einströmrohre  Vl  nicht  zusammen  zu 
treffen,  an  dieser  Stelle  um  das  letztere  mittels  einer  Krümmung 
herumgeführt. 

Das  aus  zwei  Theilen  zusammengesetzte,  in  der  Maschinenmitte  ge- 
legene Schwungrad  war  mit  Rillen  versehen,  und  die  zum  Anlassen 
der  Maschine  dienende  Verzahnung  auf  der  äufseren  Mitte  des  Rades 
angebracht. 

Ebenso  wie  bei  der  genannten  Maschine  von  Escher,  Wyfs  und  Co. 
bestimmte  der  Regulator  die  Füllungen  im  kleinen  Cylinder,  während 
dieselben  im  grofsen  Cylinder  von  Hand  beliebig  eingestellt  werden 
konnten. 

Douane,  Jobin  et  Cie.  in  Paris  hatten  eine  stehende  Wool /"sehe 
Maschine  ausgestellt,  deren  zwei  mit  Dampfmänteln  versehene  Cylinder 
einzeln  gegossen  und  durch  die  Flanschen  der  zwischen  ihnen  liegenden 
angegossenen  Schieberkastenhälften  mit  einander  verbunden  waren. 
Jeder  Cylinder  wird  von  zwei  gebogenen  und  gleichzeitig  zur  Führung 
der  Kreuzköpfe  dienenden  hohl  gegossenen  Ständern  getragen,  welche 
auf  einer  gemeinschaftlichen,  mit  drei  Kurbelwellenlagern  versehenen 
Grundplatte  befestigt  sind. 

Der  eine  von  den  Ständern  des  grofsen  Cylinders  bildet  gleich- 
zeitig den  Condensator  und  ist  mit  der  daneben  liegenden,  vom  Kreuz- 
kopfzapfen des  grofsen  Cylinders  aus  mittels  kleiner  Balanciers  be- 
triebenen Luftpumpe  aus  einem  Stücke  hergestellt.  Der  Dampf  strömt 
zuerst  in  die  Mäntel  und  von  hier  je  nach  der  Lage  des  durch  einen 
im  Bereiche  des  Maschinisten  liegenden  Hebel  beliebig  eingestellten 
Einströmschiebers    in    den   Schieberkasten    des    kleinen    Cylinders.     In 


340  Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889. 

diesem  bewegen  sich  an  den  äufsersten  Enden  des  Cylinders  zwei,  durch 
einen  oberen  kleinen  Kolben  vollständig  entlastete  und  mit  auf  ihren 
Rücken  liegenden  Schleppschiebern  hin  und  her  gehende  Schieber.  Der 
an  den  Cylinderenden  ausgestofsene  Dampf  geht  durch  einen  Zwischen- 
schieber direkt  in  den  grofsen  Gründer  und  von  hier  nach  abermaliger 
Expansion  in  den  Condensator. 

Der  Zwischenschieber  bildet  einen  wichtigen  Theil  dieser  Maschine 
und  wird,  wie  Fig.  18  und  19  Taf.  18  erkennen  lassen,  ebenfalls  von 
zwei  Schiebern  gebildet,  von  denen  jeder  wieder  aus  zwei  durch  eine 
elastische  Membrane  von  getriebenem  Kupfer  mit  einander  vereinigten 
Theilen  besteht,  wodurch  jedem  Theile  ein  genaues  Anliegen  auf  die 
entsprechenden  Gleitflachen  ermöglicht  ist. 

D.  F.  Weidknecht  in  Paris  hatte  eine  stehende,  einfachwirkende  und 
schnelllaufende  Woolf  sehe  Maschine,  sowie,  da  dieselbe  nicht  frühzeitig 
genug  zur  Beschickung  fertig  wurde,  nur  die  einzelnen  Theile  einer 
doppeltwirkenden  Maschine  desselben  Systems  ausgestellt;  beide  Ma- 
schinen sind  nach  den  Angaben  des  vormaligen  Direktors  der  Schweizer 
Locomotivfabrik  in  Winterthur,  des  Ingenieurs  Ch.  Brown,  entworfen 
und  ausgeführt,  und  es  sollen  zunächst  die  allen  Coustructionen  gemein- 
samen Einrichtungen  besprochen  werden. 

Der  Hochdruckcylinder  liegt  in  der  Mitte  der  Maschine  und  sein 
Kolben  arbeitet  auf  eine  darunter  liegende  Kurbel,  während  der  ring- 
förmig gebildete  Niederdruckcylinder  den  Hochdruckcylinder  umgibt 
und  dessen  Kolben  zwei,  auf  jeder  Seite  der  vorigen  liegende  und  mit 
dieser  einen  Winkel  von  180°  einschliefsende  Kurbeln  bethätigt. 

Mit  der  Versetzung  der  Kurbeln  um  180°  ist,  wie  bereits  früher 
bemerkt,  der  Vortheil  verbunden,  dafs  die  entgegengesetzt  bewegten 
Massen  beider  Cylinder  sich  aufheben  und  ein  ruhiger  Gang  der  Maschine 
erreicht  wird;  die  gleichen,  aber  verschieden  gerichteten  Bewegungen 
der  Kolben  gestatten  die  Dampfvertheiluug  beider  Cylinder  durch  ein 
einziges  Steuerungsorgan  zu  regeln. 

Der  mit  dem  Schwungrade  verbundene  Regulator  ist  am  äufsersten 
Ende  der  Kurbelwelle  angeordnet  und  bethätigt  in  einfacher  Weise  ein 
vor  der  Dampfeinströmöfihung  in  die  Cylinder  sitzendes  Ventil. 

Die  zwei  auf  den  Enden  der  Kurbelwelle  befestigten  Schwungräder 
sind,  damit  die  Lager  gleichmäfsig  belastet  werden,  mit  denselben  Ab- 
messungen, und  um  ein  möglichst  geringes  Gewicht  zu  erhalten,  mit 
verhältnifsmäfsig  grofsem  Durchmesser  ausgeführt. 

Die  centrale  Dampfvertheiluug  gestattet  dem  einströmenden  Dampfe 
grofse  Durchgangsquerschnitte  und  verhindert  beim  Uebergehen  des 
Dampfes  aus  dem  einen  in  den  anderen  Cylinder  beinahe  jeden  Span- 
nungsabfall desselben,  da  die  schädlichen  Räume  hier  nur  äufserst  ge- 
ring sind  und  Reibungsverluste  nicht  eintreten  können;  dadurch,  dafs 
der  kleine  Cylinder  in  dem  grofsen  Cylinder  untergebracht  ist,  werden 


Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889.  341 

auch  die  durch  Wärmestrahlung  entstehenden  Verluste  auf  einen  kleinen 
Betrag  zurückgeführt. 

Die  Construction  der,  ähnlich  wie  die  Westinghouse-Masch'me  von 
einem  im  unteren  Theile  mit  Oel  angefüllten  Gehäuse  vollständig  ein- 
geschlossenen einfachwirkenden  Maschine  zeigen  die  Abbildungen  Fig.  20 
und  21  Taf.  19. 

Die  Hauptverhältnisse  dieser  Maschine  sind  die  folgenden : 

Durchmesser  des  kleinen  Kolben      .  250mm                   Fläche  4901^9 

.,     grofsen         „          .     600  bezieh.  310mm  n      1057qc,0 

Gemeinschaftlicher  Kolbenhub      .     .  250mm 

Umdrehungen  in  der  Minute    .     .     .  400 

Füllungsverhältnifs 0,22 

Leistung  bei  6k  Admissionsspannung  50  HP 

Dampfverbrauch  pro  Stunde  und  Pferd  12k 

Zwischen  den  Wandungen  der  beiden  Cylinder  befindet  sich  ein 
als  Zwischenbehälter  dienender  Raum,  in  welchen  der  Dampf  von  Be- 
ginn der  Vorausströmung  im  kleinen  Cylinder  an  bis  zum  Beginne  der 
Voreinströmung  im  grofsen  Cylinder  ein  und  aus  strömt.  Der  vom 
Kessel  kommende  Dampf  tritt  durch  mehr  oder  weniger  von  der  durch 
den  Regulator  beeinflufsten  Scheibe  B  geschlossene  Oeffnungen  über  den 
in  der  verlängerten  Cylinderachse  liegenden,  aus  zwei  Theilen  C  und  D 
von  verschiedenem  Durchmesser  bestehenden  und  mit  elastischen,  spiral- 
förmigen Riügen  versehenen  Kolbenschieber,  welcher  durch  die  an  der 
Traverse  a  angreifenden  und  beinahe  in  ihrer  ganzen  Länge  in  Messing- 
rohren,  welche  in  den  Gufskörper  eingelassen  sind,  geführten  Stangen  b  b 
mitgenommen  wird.  Die  unteren  Enden  der  Stangen  b  b  sind  mit  einem 
Rahmen  c  c  verschraubt,  an  welchen  auch  die  Excenterstangen  d  d  ge- 
lenkig angreifen,  um  dem  Kolbenschieber  die  gewünschte  Bewegung 
mitzutheilen.  In  der  Abbildung  befindet  sich  der  Kolbenschieber  in 
einer  oberen  Stellung;  die  Dampfzuführungskanäle  nach  dem  Hoch- 
druckkolben sind  jetzt  geschlossen  und  der  Dampf,  welcher  vordem  auf 
diesen  drückte,  gelangt  nach  dem  Durchströmen  des  Zwischenbehälters 
durch  auf  dem  Umfange  des  grofsen  Schiebers  D  angebrachte  runde 
Oeffnungen  über  den  Niederdruckkolben.  Nach  einer  halben  Umdrehung 
der  Maschine  hat  sich  der  Kolbenschieber  so  weit  nach  unten  bewegt, 
dafs  die  Zuführungskanäle  geöffnet  sind  und  frischer  Dampf  durch  den 
ringförmigen  Raum  des  grofsen  Schiebers  D  über  den  Hochdruckkolben 
treten  kann;  gleichzeitig  entweicht  der  im  grofsen  Cylinder  wirksam 
gewesene  Dampf  in  den  Raum  E  und  von  hier  durch  das  angeschlossene 
Ausströmrohr  in  die  Atmosphäre  oder  einen  Condensator. 

Der  mit  dem  einen  Schwungrade  verbundene  Regulator  besteht  aus 
zwei,  auf  Ansätzen  der  Schwungradnabe  drehbar  befestigten  Winkel- 
hebeln: die  mit  Gewichten  armirten  äufsersten  Enden  der  Schenkel  / 
dieser  Hebel  sind  durch  zwei  Spiralfedern  mit  einander  verbunden, 
wählend  die  anderen  längeren  Schenkel  innerhalb  eines  in  der  Schwung- 


342  Dampfmaschinen  der  Pariser  Weltausstellung  1889. 

radwelle  geführten  Stückes  endigen,  welches  durch  einen  langen,  aus 
zwei  Theilen  f  und  g  bestehenden  Hebel  und  die  Stange  h  mit  der 
Steuerscheibe  B  verbunden  ist  und  je  nach  dem  von  der  Geschwindig- 
keit der  Maschine  abhängigen  Ausschlag  der  Gewichtshebel  so  bewegt 
wird,  dafs  durch  den  genannten  Hebel  /"</,  sowie  die  Stange  h  der  Ein- 
trittsquerschnitt für  den  Kesseldampf  durch  die  Scheibe  B  mehr  oder 
weniger  verengt  wird. 

Die  Kolben  sind  ohne  irgend  welche  Führungen  mit  den  Kurbeln 
durch  Stangen  direkt  verbunden,  welche,  da  die  Maschine  nur  einfach- 
wirkend ist,  stets  auf  Druck  beansprucht  sind ;  aus  diesem  Grunde  sind 
auch  die  Kurbelstangenköpfe  nur  auf  ihren  unteren  Hälften  mit  Schalen 
versehen. 

Die  Bewegung  des  Kolbenschiebers  läfst  sich  bei  derartigen  Maschinen 
auch  unter  vollständigem  Wegfalle  der  Excenter  durch  ein  System  von 
Hebeln  und  Stangen  erreichen,  welches  mittels  eines  an  der  Kurbel- 
stange des  Hochdruckkolbens  angreifenden  Hebels  in  Schwingungen  ge- 
bracht wird. 

Die  Fig.  22  Taf.  19  ersichtliche  doppeltwirkende  Ausstellungsmaschine 

zeigte  die  folgenden  Verhältnisse: 

320mm  Fläche  804qc 

.     660  bezieh.  540mm  „     1131qc 

250mm 
300 
Leistung  bei  6k  Admissionsspannung  100  H\ 

Das  Dampfvertheilungsorgan  CD  setzt  sich  hier  aus  zwei  ring- 
förmigen, an  den  äufsersten  Enden  beider  concentrisch  in  einander  ge- 
steckten Cylinder  liegenden  Schiebern  zusammen,  welche,  damit  der 
frische  Dampf  auf  ihre  beiden  äufseren  Flächen  wirken  kann,  durch 
ausgehöhlte  Stücke  d  d  mit  einander  verbunden  sind ;  der  zwischen  diesen 
letzteren  verbleibende  Raum  F  dient  als  Zwischenbehälter,  durch  welchen 
der  vom  kleinen  nach  dem  grofsen  Cylinder  gehende  Dampf  hindurch 
strömen  mufs. 

In  der  Fig.  21  ersichtlichen  Kolbenstellung  gestattet  der  untere 
Schieber  das  Einströmen  von  frischem  Dampfe  unter  den  Hochdruck- 
kolben, sowie  das  Ausströmen  des  wirksam  gewesenen  Dampfes  aus 
dem  Niederdruckcylinder,  während  der  obere  Schieber  schon  den  Aus- 
strömkanal über  dem  Hochdruckkolben,  sowie  den  Einströmkanal  über 
dem  Niederdruckkolben  geöffnet  hat. 

Der  Regulator  beeinfiufst  wieder  ein  in  die  Dampfleitung  ein- 
geschaltetes Drosselventil. 


Durchmesser  des  kleinen  Kolben 

„     grofsen 
Gemeinschaftlicher  Kolbenhub    . 
Umdrehungen  in  der  Minute 


Bogenzuführung  an  Druckpressen. 


343 


Bogenzuführung  an  Druckpressen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  276  *  S.  483.) 
Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  19. 

Wir  hatten  kürzlich  Gelegenheit,  die  neueren  Bestrebungen  auf  dem 
Gebiete  der  Bogen-Zu-  und  Abführung  an  Druckpressen  zu  besprechen, 
welchen  Bericht  wir  heute  noch  durch  zwei  mittlerweile  bekannt  ge- 
wordene beachtenswerthe  Bogenzuführungen  vervollständigen,  bei  denen 
zur  Trennung  der  einzelnen  Bogen  vom  Stofse  ebenfalls  neue  Wege  ein- 
geschlagen sind. 

Die  eine  dieser  Bogenzuführungen,  deren  Schaubild  die  Textfigur 
zeigt,  ist  von  E.  Thomas  Cleathero  und  J.  A.  Nichols  in  London,  einem 
Ingenieur  und  einem  Drucker,  construirt  (Iron.  1890  Bd.  35  S.  381), 
und  [zeigt  die  Textfigur  deren  Anwendung  an  einer  Whnrfedale-Dvuck- 
presse.     Wie  diese  Figur  erkennen  läfst,  ist  über  dem  Papiertische  ein 


■■■■HÜ 

eisernes  Gestell  mit  einem  schwingenden  Hebel  angeordnet,  an  dessen 
einem  Arme  ein  in  dem  genannten  Gestelle  geführter  Rahmen  angehängt 
ist,  während  der  andere  Arm  ein  Gegengewicht  trägt,  das  indessen  das 
Gewicht  des  Rahmens  nicht  völlig  ausgleicht.  Diese  Lastenvertheilung 
hat  den  Zweck,  den  Rahmen  C  mit  einem  gewissen  Drucke  auf  dem 
Papierstofse  aufruhen  zu  lassen.  Es  sei  an  dieser  Stelle  gleich  mit  be- 
merkt, dafs  dieser  Druck  je  nach  der  zuzuführenden  Papiersorte  ver- 
änderlich gemacht  wird. 


344  Bogenzuführung  an  Druckpressen. 

In  dem  im  Gestelle  A  geführten  Rahmen  C  sind  nun  auf  einer  wage- 
rechten Welle  eine  Anzahl  Gummischeiben  gelagert,  welche  an  einer 
Stelle  abgeflacht  sind.  Mit  dieser  Stelle  liegen  sie  im  Ruhezustande 
dem  Papierstofse  H  gegenüber,  während  bei  Bethätiguug  ihr  voller  Theil 
auf  den  obersten  Bogen  einwirkt.  Ihren  Autrieb  erhalten  sie  von  einem 
Einführungscylinder  der  Druckpresse  aus  mittels  eines  Kettenrades  D 
und  eines  an  jeder  Seite  des  Rahmens  C  betindlichen  Rädersatzes  E. 
Diese  beiden  Rädersätze,  welche  mit  den  wesentlichsten  Theil  der  Con- 
struction  bilden,  sind  indefs  nicht  gleichartig  gebildet,  sondern  unter 
Zuhilfenahme  von  Daumen-  und  Sperrklinkenmechanismen  derart  con- 
struirt,  dafs  sie  der  Gummischeiben  welle  zwei  Bewegungen  ertheilen. 
Dabei  macht  der  ganze  Mechanismus  eine  Umdrehung  und  steht  dann 
wieder  still,  bis  ein  weiterer  Bogen  vorzuschieben  ist. 

Diese  zwei  Bewegungen  der  Gummischeibenwelle  verlaufen  nun 
in  der  Weise,  dafs  die  Scheiben  bei  Beginn  ihrer  Thätigkeit  eine  Theil- 
drehung  gegen  den  Papierstofs  hin  ausführen,  wodurch  der  Bogen,  sobald 
ihn  der  volle  Theil  der  Scheiben  trifft,  aufgebauscht  und  unter  einem 
am  Ende  des  Stofses  befindlichen  Halter  hervorgezogen  wird.  Dieses 
Aufbauschen  wird  durch  eine  Rollenschiene  F  unterstützt,  welche  wohl 
eine  Bewegung  des  Bogens  nach  dem  Druckcylinder  der  Presse  zu  ge- 
stattet, aber  nicht  umgekehrt.  Auf  diese  Weise  wird  der  oberste  Bogen 
leicht  und  sicher  vom  Stofse  getrennt  und  durch  das  Eindringen  von 
Luft  zwischen  ihn  und  den  nächstfolgenden  Bogen  auch  getrennt  ge- 
halten. 

Nachdem  dieses  Trennen  des  obersten  Bogens  erfolgt  ist,  wird  der 
Gummischeibenwelle  Umdrehung  im  entgegengesetzten  Sinne  ertheilt, 
wodurch  der  Bogen  vom  vollen  Theile  der  Gummischeiben  erfafst  und 
dem  Druckcylinder  zugeführt  wird.  Der  Bogen  geht  dabei  zwischen 
zwei  Leitplatten  und  Zuführcyliodern  hindurch,  welch  letztere  das 
eigentliche  Weiterführen  bewirken,  da  die  Gummischeiben  diese  Bewe- 
gung nur  einleiten  und  nach  einer  Umdrehung  zur  Ruhe  kommen.  Damit 
in  dieser  Ruhestellung  der  Rahmen  C  nicht  sinkt  und  die  Gummischeiben 
mit  ihrem  abgeflachten  Theil  nicht  in  Berührung  mit  dem  Papier  treten, 
wird  der  Rahmen  während  dieser  Zeit  von  an  das  Gestell  A  angelegten 
Federbremsen  festgelegt.  Die  zum  Weiterführen  des  Bogens  dienenden 
Walzen  sind,  wie  die  Figur  zeigt,  unmittelbar  hinter  dem  Gestelle  A 
gelagert.  Zwischen  ihnen  und  dem  Druckcylinder  ist  ferner  ein  von 
der  Maschine  bethätigtes  Seitenregister  angeordnet. 

Wie  eingangs  schon  bemerkt  wurde,  erfolgt  die  Anpassung  an  die 
verschiedenen  Papierstärken  in  einfachster  Weise  durch  die  Belastung 
des  Hebels  /?,  welche  Regelung  nur  wenige  Minuten  in  Anspruch  nehmen 
dürfte.  Auch  soll  der  Apparat  für  dickes  wie  dünnes  Papier  gleich 
gut  arbeiten.  Derselbe  ist  übrigens  auch  in  Deutschland  zum  Patente 
angemeldet. 


Neuere  Sägeschärfmaschinen.  345 

Die  zweite  der  genannten  Bogenzuführungen  ist  amerikanischen  Ur- 
sprunges, von  Edward  Dummer  in  Boston  construirt,  und  gleichfalls 
in  Deutschland  zum  Patente  angemeldet.  Sie  benutzt  ebenfalls  um- 
laufende Gummistücke,  aber  in  der  Weise,  dafs  dieselben  gegen  die 
Kante  der  zu  erfassenden  Bogen  wirken,  wobei  der  Papierstofs  sich  in  einer 
aufgebogenen  Lage  befindet.  Die  Anordnung  ist  in  den  Fig.  1  bis  5 
Taf.  19  dargestellt,  und  zeigen  diese  Figuren,  dafs  auf  einer  Welle  6 
zwei  oder  mehrere  Paare  Scheiben  c  d  gelagert  sind,  zwischen  denen  je 
ein  mit  Gummi  belegter  Finger  F  um  den  Zapfen  n  schwingen  kann, 
wobei  seine  Schwingung  durch  Schrauben  p  q  begrenzt  bezieh,  geregelt 
werden  kann.  Der  Finger  ist  dabei  etwas  excentrisch  aufgehängt, 
welche  Lage  mittels  der  Schi-auben  o  (Fig.  5)  je  nach  Bedarf  geregelt 
werden  kann. 

Die  Scheiben  c  d  laufen  in  Berührung  mit  einer  Bandwalze  6r,  wo- 
durch die  Weiterführung  der  Bogen  vermittelt  wird.  Das  Einführen  der 
Bogen  zwischen  diese  Walzen  wird  aus  Fig.  1  leicht  ersichtlich.  Ist 
nämlich  der  Papierstofs  mittels  des  einstellbaren  Blockes  0  in  die  dar- 
gestellte Lage  gebracht,  so  wird  der  an  der  Kante  vorbeistreichende 
Finger  F  den  Bogen  in  die  punktirte  Lage  r  mitnehmen,  worauf  dieser 
dann  von  den  Walzen  EG  erfafst  und  fortgeführt  wird. 

Zur  regelmäfsigen  Bogenzuführung,  namentlich  bei  schneller  Zufüh- 
rung, ist  es  nun  offenbar  sehr  zweckmässig,  den  Scheiben  cd  bezieh, 
dem  Finger  F  eine  langsame  Bewegung  beim  Erfassen  des  Bogens  zu 
geben,  während  der  übrigen  Zeit  dagegen  einen  raschen  Umlauf.  Zu 
dem  Zwecke  wird  der  bekannte  excentrische  Zahntrieb  fg  angewendet. 
Die  Hebung  des  Papiertisches  D  entsprechend  der  Bogenentnahme  wird 
von  der  Schnecke  k  und  der  Winde  im  aus  bewirkt.  Dieses  Anheben 
braucht  indefs  nur  angenähert  stattzufinden,  da  die  Aufhängung  des 
Fingers  F  einen  gewissen  Spielraum  gewährt.  Voraussetzung  für  das 
gute  Arbeiten  dieser  Zuführungsart  dürfte  übrigens  Trockenheit  und 
eine  gewisse  Steifigkeit  des  Papieres  sein,  während  andererseits  der 
Apparat  keiner  feinen  Einstellungen  bedarf,  wenig  empfindlich  ist  und 
für  Papierbogen  sehr  verschiedener  Gröfse  und  Stärke  verwendet  werden 
kann.  Kn. 


Neuere  Sägeschärfmaschineii. 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  19. 

Es  bedarf  keiner  weiteren  Begründung,  dafs  das  Schärfen  der  Säge- 
blattzähne mittels  geeigneter  Maschinen  Vortheile  gewährt  gegenüber 
dem  Nachechärfen  mittels  Hand,  da  durch  den  maschinellen  Betrieb 
nicht  nur  die  Leistungsfähigkeit  bedeutend  erweitert,  sondern  auch  die 
Genauigkeit  der  Arbeit  erhöht  wird. 


346  Neuere  Sägeschärfmaschinen. 

Die  Sägeschärfmaschinen  sind  derart  eingerichtet,  dafs  sie  entweder 
ausschliefslich  zum  Schärfen  von  Kreissägen  oder  für  Blatt-  und  Kreis- 
sägen zugleich  oder  endlich  nur  zum  selbsthätigen  Schärfbetrieb  für 
Bandsägen  befähigt  sind,  wobei  als  Schärfwerkzeug  das  Schmirgel- 
schleifrad oder  die  Feile  zur  Anwendung  gelangt  (vgl.  Ransome,  Hethe- 
rington,  Hill,  Hau  1889  273*257  bis  260). 

D.  Howards  Kreissägeschärfmaschine  (Fig.  1). 
Diese  kleine  Maschine  besteht  nach  American  Machinist,  1890  Bd.  13 
Nr.  7  *  S.  4,    aus   zwei  getrennten   Theilen,    dem   Schleifrad-   und   dem 
Spannwerke,    welche  auf  irgend    einer    passenden   Unterlage    befestigt 
werden. 

Das  Spannwerk  ist  aus  einem  drehbaren  Flügel,  einem  darauf  ver- 
schiebbaren Schlitten    und    dem    in   Winkellagen    stellbaren   Aufspann- 

Fig.  1. 


bolzen  zusammengesetzt,  auf  welchem  die  Kreissäge  mittels  Kegelbüchsen, 
den  Bohrungen  von  20  bis  38mm  entsprechend  festgeklemmt  wird. 

Hierdurch  kann  sowohl  auf  die  verschiedenen  Blattdurchmesser,  als 
auch  auf  Zug-  und  Schärfwinkel  der  Schneidkante  des  Sägezahnes  ge- 
bührende Rücksicht  genommen  werden. 

Eine  kleine  Stütze,  welche  Schwingungen  des  Sägeblattes  ver- 
hindert, oder  anstatt  derselben  ein  kleiner  Stellzahn,  sind  am  Schleif- 
werklager vorgesehen.  Die  Einstellung  und  der  Andruck  des  Säge- 
blattes an  das  Schleifrad  wird  dem  Arbeiter  überlassen.  Aufserdem  ist 
noch  eine  kleinere  Schleifscheibe  zu  anderem  Bedarfe  angebracht. 

Diebers  Schärfmaschine  für  Blatt-  und  Kreissägen. 

Von  der  Diebel  Mfg.  Co.  in  Philadelphia  wird  nach  American  Machinist, 
1890  Bd.  13  Nr.  18  *  S.  7,  die  in  Fig.  2  und  3  dargestellte  Schleifmaschine 
gebaut,  welche  eine  beachtenswerthe  Anordnung  zeigt. 

Auf  der  mit  Randleisten  versehenen  Tischplatte   liegt  in  hochstell- 


Neuere  Sägeschärfmaschinen. 


347 


baren  Lagern  ein  langer  Rundstab  derart  festgeklemmt,  dafs  nur  nach 
Bedarf  eine  kleine  Drehverstellung  ermöglicht  ist,  deren  Winkelver- 
drehung durch  eine  Gradtheilung  angezeigt  wird. 

Auf  diesem  verschiebt  sich,  in  einer  Längsnuth  geführt,  das  Klemm- 
lager mit  dem  Aufspannbolzen  für  die  Kreissäge,  welcher  zur  besseren 
Auflage  der  letzteren  noch  eine  kleine  Kreisplatte  besitzt. 

Am  Stablager  nächst  der  Schleifscheibe  ist  ein  Stellstift  bezieh, 
eine  kleine  Stütze  für  das  Sägeblatt  vorgesehen,  wobei  die  Anordnung 
eines  selbsthätig  wir- 
kenden Stellzeuges 
für  die  Kreissäge 
leicht  zu  ermöglichen, 
in  diesem  Falle  aber 
nicht  in  Anwendung 
gebracht  ist. 

Durch  diese  Ein- 
richtungen ist  sowohl 
auf  die  Blattgröfse, 
welche  bis  1800mm 
Durchmesser  anstei- 
gen kann,  sowie  auf 
den  erforderlichen  Zu- 
schärfungswinkel  der 
Sägezahnkanten  Be- 
dacht genommen, 
während  die  Zug- 
richtung   der    Zähne 


Fig.  3. 


durch  entsprechende  Verschiebung  des  Schleifradlagers  bezieh.  Ver- 
drehung desselben  erreichbar  wird. 

Zu  diesem  Behufe  ist  das  Schleifradlager  auf  einem  Kreuzschlitten 
mit  kreisförmiger  Fufsplatte  und  Kreistheilung  aufgestellt,  wobei  die 
Einstellung  des  Unterschlittens  mittels  Schraubenspindel,  hingegen  die 
Verschiebung  des  Spindellagers  mittels  Handhebel  durchgeführt  wird, 
indem  eine  Stellschraube  allemal  die  Zahntiefe  begrenzt. 

Zum  Schärfen  gerader  Sägeblätter  (Fig.  3)  wird  auf  die  Kreisplatte 
an  Stelle  des  Aufspannbolzens  eine  gerade  Führungsschiene  aufgeschraubt, 
auf  welcher  das  in  eine  geführte  Zahnstange  eingespannte  Sägeblatt 
ruht.  Durch  Vermittelung  eines  mit  Handkreuz  bethätigten  Zahnstangen- 
getriebes wird  die  Verstellung  um  die  jeweilige  Sägezahntheilung  be- 
wirkt, wobei  ein  Gesammthub  bis  914mm  erreichbar  ist,  so  dafs  erst 
nachher  ein  Umspannen  des  Sägeblattes  erforderlich  wird.  Zur  Ab- 
steifung der  Zahnstangenführung  sind  zwei  kleine  Stifte  vorgesehen, 
die  auf  dem  Bette  aufsitzen.  Das  Gewicht  der  Maschine  ist  zu  225k 
angegeben. 


348  Neuere  Sägeschärfmaschinen. 

J.  P.  Hansen's  selbst/tätige  Schärfmaschine  für  Bandsägen. 
Mit  dieser  in  neuerer  Zeit  vielfach  gebrauchten,  vorzüglich  wirkenden 
Schärfmaschine  werden  65  bis  80  Sägezähne  in  der  Minute  geschärft. 
Diese  auch  im  Deutschen  Reich  patentirte  Maschine  (D.  R.  P.  Nr.  20  752 
vom  2.  Juni  1882)  wird  von  H.  Hasmussens  in  Slagelse,  Dänemark,  so- 
wie von  Th.  Kirchner  in  Neu-Sellershausen-Leipzig  gebaut. 

Dieselbe  besteht  nach  Revue  generale  des  machinesoulils,  1890  Bd.  4 
Nr.  3  *  S.  17,  bezieh.  Vhland's  praktischem  Maschinenconstructeur ,  1888 
Bd.  21  S.  132,  im  Wesentlichen  aus  einem  Kurbeltriebwerk  mit  Aushebe- 
vorrichtung für  das  schärfende  Feilenwerkzeug,  einem  Schaltwerke  mit 
Führungsstützen  für  das  Sägeband  und  bei  den  vollkommeneren  gröfseren 
Ausführungen  aus  einer  Vorrichtung  zum  gleichzeitigen  Schränken  der 
Sägezähne.  Dabei  ist  auf  eine  Regelung  des  Angriffsdruckes  der  Feile, 
Veränderung  der  Vorschubgröfse  des  Sägebandes,  Einstellung  derselben 
mit  Rücksicht  auf  die  Blattbreite  und  verhältnifsmäfsige  Wiederholung 
des  Feilenhubes  zu  einem  Schränkvorgange  jede  mögliche  Rücksicht 
genommen. 

Auf  der  kastenförmigen  Bettplatte  sind  die  Lager  für  die  Kurbel- 
welle, sowie  jene  der  winkelrecht  abzweigenden  Steuerwelle  und  eine 
Zapfenstütze  J  für  die  Führungsschiene  C  angegossen.  Im  Langschlitze 
dieser  letzteren  gleitet  ein  Bügelschlitten  /.,  welcher  vermöge  der  Kurbel- 
schubstange K  in  gleichbleibender  Hubweite  sich  bewegt  und  welcher 
als  Halter  für  das  Feilenwerkzeug  dient. 

Zwischen  zwei  vorspringenden  Augen  des  Bügelschlittens  L  wird 
die  Kantfeile  vermöge  einer  Druckschraube  (Fig.  6  und  10)  in  einer  zur 
Sägezahnschneide  entsprechenden  Lage  eingespannt,  während  der  Kurbel- 
stangenzapfen (Fig.  7)  in  einer  Rückenschiene  eingeschraubt  wird. 

Die  Führungsschiene  C  schwingt  um  den  Zapfen  in  J,  tindet  ihren 
Stützpunkt  in  F  und  wird  vermöge  einer  Bogenfeder  B  (Fig.  6)  nieder- 
gehalten. Um  den  Stützpunkt  F  vermag  aber  diese  Schlitzschiene  C 
auch  in  wagerechter  Richtung  etwas  weniges  auszuschwingen,  wodurch 
die  Stärke  des  Andruckes  der  Feile  mittels  zweier  stellbaren  Federn  X,  Y 
(Fig.  7  und  8)  geregelt  werden  kann,  zu  welchem  Zwecke  die  Führungs- 
schiene C  an  ihrem  Drehzapfen  J  etwas  Flankenspiel  erhält. 

Um  nun  im  Rücklaufhube  des  Bügelschlittens  L  die  Feile  aus  dem 
Zahneinschnitte  der  Säge  auszuheben,  wird  die  Stütze  F  (Fig.  10)  und 
damit  die  Führungsschiene  C  durch  einen  Hebel  Hl  gehoben,  hingegen 
im  Vorlaufe  entsprechend  gesenkt,  wobei  die  Einstellung  der  Stützungs- 
höhe durch  einen  in  die  Führungsstütze  F  eingeschraubten  Knopf  er- 
möglicht ist. 

Diese  Schwingung  des  Hebels  H[  wird  von  einem  auf  der  Steuer- 
welle befindlichen  Excenter  O  abgeleitet,  welches  durch  Vermittelung 
einer  Rollenstütze  M N  auf  den  Hebel  //,  wirkt,  welcher  wieder  ver- 
möge einer  Blattfeder  Fx  beständig  an  O  angehalten  wird. 


Neuere  Sägeschärfmaschinen.  349 

In  diesem  Kammexcenter  O  ist  ein  bogenförmiger  Spannschlitz  vor- 
gesehen (Fig.  7),  in  welchem  ein  um  h  schwingender  Zapfenhebel  H 
eingestellt  werden  kann,  an  welchem  der  Steuerzahu  G  angelenkt  ist. 
Je  nach  Lage  dieses  Zapfenhebels  B  wird  sowohl  die  Excentricität, 
d.  i.  Ausschlagweite,  als  auch  der  Voreilungswinkel,  die  Angriffszeit 
dieser  Steuerbewegung  in  einer  sehr  einfachen  Weise  abgeändert  und 
in  entsprechende  Beziehung  zur  Hubbewegung  des  Feilenwerkzeuges 
und  der  Schwingungsbewegung  der  Führungsschiene  C  gebracht.  So 
wird  im  beginnenden  Rücklaufhube  der  Feile  das  Kammexcenter  0  in 
ihrer  Rechtsdrehung  die  Rollenstütze  MN  schon  zum  Theil  nieder- 
gedrückt und  hierdurch  die  Führungsstütze  F  mit  der  Schiene  C  gehoben 
haben,  während  der  Steuerzahn  den  Eingriff  und  Vorschub  des  Säge- 
bandes durchzuführen  beginnt. 

Die  Führung  des  Sägebandes  an  der  Rückenkante  besorgen  drei 
Kolben  C, ,  welche,  auf  einem  gemeinschaftlichen  Winkelrahmen  T 
(Fig.  7  und  8)  sich  stützend,  vermöge  einer  Tragschraube  E  gleichzeitig 
und  gleichmäfsig  gehoben  werden  können. 

Die  vorderen  zwei  sind  in  einem  Wiukelaufsatze  A  der  Bettplatte 
geführt,  an  dessen  ebener  Fläche  die  Bandsäge  sich  der  Breitseite  nach, 
durch  eine  Flachfeder  sanft  angedrückt,  anlegt,  so  dafs  der  Steuerung 
nur  ein  mäfsiger  Widerstand  entgegensteht,  trotzdem  das  Sägeband  beim 
Schärfen  ein  festes  Gegenlager  an  A  findet.  Es  wird  ferner  um  zwei 
aufserhalb  der  Maschine  befindliche  wagerechte  Holzrollen  das  Säge- 
band gelegt  und  dadurch  demselbeu  der  erforderliche  Halt,  die  nöthige 
Spannung  und  Geradführuug  gegeben. 

Mit  den  gröfseren  Schärfmaschinen  ist  auch  eine  Vorrichtung  zum 
selbsthätigen  Schränken  der  Sägezähne  verbunden,  welche  vor  dem 
Schärfen  wirkt. 

Dieselbe  besteht  aus  einer  Zange  V  V  (Fig.  8  bis  10),  welche  durch 
ein  Keilklötzchen  U  mittels  eines  Hebels  W  und  einer  rückwirkenden 
Spannfeder  bethätigt  wird. 

An  die  oberen  Zangenschenkel  S  sind  die  Schränkklötzchen  der 
jeweiligen  Sägezahntheilung  entsprechend  verstellbar,  das  Sägeband  aber 
gegen  Verdrücken  durch  eine  federnde  Backenführung  P  gesichert, 
welche  durch  zwei  Schraubenstifte  Q  den  gewünschten  Andruck  erhält. 
Zur  Regelung  der  Schränkweite  wird  der  Hebeldrehpunkt  H  verstellt, 
wodurch  das  Keilstück  U  mehr  oder  weniger  in  die  unteren  Zangen- 
schenkel V  einrückt,  während  der  kreisende  Daumen  D  je  nach  der 
Uebersetzung  des  Räderwerkes  Z{  bis  Z4  sich  im  Verhältnisse  zum 
Kurbeltriebwerke  dreht. 

Ist  Z[  in  Z2  eingerückt,  so  entfällt  auf  je  zwei  Feileuhübe  beim 
Schärfen  nur  ein  Schränkvorgang,  wenn  aber  Z3  in  Z,  eingreift  und  Z, 
aufser  Eingriff  gebracht  ist,  so  wird  ein  Schränkprozefs  je  drei  Feilen- 
hüben zukommen.  Pregei. 


350  Schilling's  Schienenprofilmesser. 

W.  Schilling's  Schienenprofilmesser. 

Mit  Abbildung. 

Seit  dem  Bestehen  der  Eisenbahnen  hat  man  naturgemäfs  eine  be- 
sondere Aufmerksamkeit  der  Ausbildung  der  Schienenwege  selbst  wid- 
men müssen;  lag  es  doch  im  Interesse  der  Eisenbahnverwaltungen,  die 
Schienenwege  so  zu  gestalten,  dafs  solche  vor  allen  Dingen  zwar  für 
die  möglichst  gröfste  Betriebssicherheit  Gewähr  leisteten,  dafs  sie  dabei 
aber  zugleich  den  möglichst  geringsten  Kostenaufwand  verursachten. 

Sehen  wir  hier  von  den  Fragen,  ob  für  die  Unterstützung  der 
Eisenbahnschienen  besser  Langschwellen  oder  Querschwellen,  ob  Holz, 
Stein  oder  eiserne  Schwellen  wirthschaftlich  mit  mehr  Vortheil  zu  ver- 
wenden sind,  ab  und  wenden  wir  uns  lediglich  den  Schienen  selbst 
etwas  näher  zu. 

Während  alle  sonstigen  Oberbautheile  nur  durch  die  natürlichen 
Einflüsse  von  Luft,  Erdreich  u.  s.  w.  und  durch  die  Erschütterungen  des 
Eisenbahnbetriebes  mittelbar  beansprucht  und  in  ihrer  Widerstands- 
und Tragfähigkeit  beeinträchtigt  werden,  wirkt  dagegen  auf  die  Schienen 
unmittelbar  das  rollende  Material;  an  den  Schienen,  insbesondere  an 
ihren  Köpfen,  treten  alle  die  Wirkungen  der  Stofs-,  Reibungs-  und 
Gleitkräfte  besonders  in  die  Erscheinung  und  bewirken  je  nach  der 
Güte  des  Schienenmaterials  eine  gröfsere  oder  geringere  Abnutzung  des 
Schienenkopfes. 

Bei  der  Bestimmung  und  Auswahl  eines  wirthschaftlich  rationellen 
Schienenprofils  ist  gerade  die  Frage,  wie  grofs  die  Abnutzung  im  Be- 
triebe ist,  neben  sonstigen  Faktoren  eine  nicht  zu  unterschätzende  Haupt- 
frage, weil  rasch  sich  abnutzende  Schienen  einmal  wegen  Verminderung 
ihres  Querschnittes  an  Tragfähigkeit  einbüfsen,  zweitens  aber  auch  die 
Radflansche  der  darüber  rollenden  Eisenbahnwagen  sich  den  Befestigungs- 
theilen,  wie  z.  B.  den  Laschenbolzenköpfen  u.  s.  w.  bei  abgenutzten 
Schienen  so  weit  nähern  können,  dafs  sie  auf  diese  Befestigungstheile 
aufstofsen.  In  beiden  Fällen  wird  aber  eine  sofortige  Auswechselung 
der  Schiene  nicht  zu  vermeiden  sein,  sobald  die  Abnutzung  eine  gewisse 
Grenze  erreicht  hat;  der  Betriebsingenieur  wird  mithin  der  Abnutzung 
des  Schienenkopfes  seine  fortlaufende  Aufmerksamkeit  widmen  und 
durch  direktes  Einmessen  den  Grad  der  Abnutzung  häufig  feststellen 
müssen. 

Eine  Vorrichtung  zur  Messung  dieser  Abnutzung  ist  im  Organ  für 
die  Fortschritte  des  Eisenbahnwesens,  Neue  Folge,  XXVII.  Bd.,  2.  und 
3.  Heft  1890,  beschrieben,  dieselbe  ist  dem  Kgl.  Regierungsbaumeister 
W.  Schilling  in  Stettin  im  Deutschen  Reiche  patentirt,  und  hat  sich 
nach  Mittheilung  in  obiger  Quelle  im  Gebrauche  bereits  bewährt  und 
eignet  sich  zur  Einmessung  solcher  Abnutzungen  gut. 


Schilling's  Schienenprofilmesser. 


351 


Wir  geben  nebenstehend  seine  Abbildung  und  lassen  seine  Be- 
schreibung folgen. 

Mittels  des  Bügels  und  dessen  Schrauben  o  wird  ein  Rahmen  /  auf 
dem  Gegenstande  senkrecht  befestigt,  dessen  Querschnitt  aufgezeichnet 
werden  soll.  Innerhalb  der  Grenzen 
dieses  Rahmens  ist  ein  äufserer  und  in 
diesem  ein  innerer  Schieber  angebracht. 
Der  innere  Schieber  ist  auf  den  beiden 
Rundstangen  to  wagerecht  verschiebbar, 
die  ihrerseits  an  ihren  beiden  Enden 
senkrecht  auf-  und  abwärts  auf  den 
senkrechten  Rundstangen  v  v  gleiten 
und  den  äufseren  Schieber  bilden. 

Der  innere  Schieber  trägt  an  seinem 
unteren  Ende,  drehbar  um  eine  wage- 
rechte Achse  einen  zweiarmigen  Hebel 
mit  den  Spitzen  r  und  rj ,  welche  so 
angeordnet  sind,  dafs  bei  einem  senk- 
rechten Durchschlagen  des  Tasters  um 
90°  ri  genau  in  die  Lage  von  r  kommt. 
Aufserdem  gestattet  die  Führungsstange 
bei  s  noch  eine  Drehung  derselben  um  ihre  eigene  Mittellinie  um  0 
bis  180». 

Der  innere  Schieber  trägt  ferner  an  seinem  oberen  Ende  bei  p 
einen  Bleistift,  der  mittels  einer  beim  Nichtgebrauche  hemmbaren  Feder 
gegen  ein  auf  einer  senkrechten  Tafel  befestigtes  Blatt  Papier  drückt 
und  die  Umrifslinie  des  aufzunehmenden  Querschnittes  zeichnet. 

Um  endlich  die  Schieber  in  einer  jeden  Lage  feststellen  zu  können, 
ist  die  Klemmschraube  x  vorgesehen. 

Mit  der  Spitze  r  wird  der  Querschnitt  umfahren,  indem  man  dem 
Hebel  die  in  der  Zeichnung  dargestellte  Lage  gibt;  trifft  die  Spitze  r 
den  Umfang  nicht  mehr  scharf,  so  wird  sie  unter  geringem  Anheben 
der  Schieber  durch  die  Spitze  r{  abgelöst;  ebenso  wird  unter  Drehung 
der  Führungsstange  bei  s  um  180°  demnächst  Spitze  r{  wieder  durch  r 
ersetzt. 

Um  die  Dauer  einer  Aufnahme  einschliefslich  Aufstellen  und  Ab- 
nehmen des  Instrumentes  abzukürzen,  hat  die  Mutter  der  Flügelschraube  o 
am  Bügel  eine  senkrechte  Drehachse  erhalten,  wodurch  bereits  nach 
wenigen  Umdrehungen  der  Flügelschraube  unter  wagerechtem  Durch- 
schlagen derselben  ein  Abheben  des  ganzen  Instrumentes  von  der 
Schiene  möglich  ist. 

Die  Aufnahme  eines  Schienenkopfprofiles  erfordert  einschliefslich 
Aufstellen  und  Abnehmen  des  Instrumentes  höchstens  l1.,  Minuten. 

Der    Rahmen   q    der    Schreibtafel,    die    klappenartig    zurückgelegt 


352  Scheinwerfer  mit  Glasparabolspiegel. 

werden  kann,  ist  fest  mit  dem  Rahmen  /  verbunden.  Die  Klemmfeder  d 
hält  die  Tafel  gegen  den  Rahmen  q  geprefst. 

Die  aufgezeichnete  Umfangslinie  gibt  ein  Bild  des  Schienenkopfes 
in  natürlicher  Gröfse.  Bei  der  Aufnahme  werden  auch  die  unteren  von 
den  Rädern  nicht  berührten  Kopfflächen  mit  verzeichnet.  Man  kann 
dadurch  leicht  das  aufgenommene  Schienenkopfbild  in  Vergleich  mit 
dem  der  ursprünglichen,  der  Abnutzung  noch  nicht  unterworfenen 
Schiene  bringen,  wenn  man  letzteres  auf  Pausepapier  zeichnet  und  die 
beiden  Bilder  so  auf  einander  legt,  dafs  sich  die  der  Abnutzung  nicht 
unterworfenen  Theile  der  Umfangslinien  decken. 

In  seiner  neuen  Gestalt  wird  die  beschriebene  Vorrichtung,  welche 
bereits  bei  mehreren  Eisenbahn-Verwaltungen  im  Gebrauche  ist,  zum 
Preise  von  180  M.  von  der  Firma  Sommer  und  Runge ,  Berth.  Pemky 
Nachfolger,  Berlin,  geliefert. 

Als  Gebrauchsanweisung   können   die   folgenden  Angaben   dienen: 

1)  Der  äufsere  Schieber  ist  in  die  höchste  Lage  zu  schieben,  der 
innere  nach  links  herüber  zu  ziehen;  die  Schrauben  x  und  y  sind  an- 
zuziehen. 

2)  Die  Führungsstauge  ist  möglichst  hoch  in  der  Mitte  des  inneren 
Schiebers  mittels  der  Schrauben  t. t  zu  befestisen. 

3)  Dem  Hebel  ist  die  in  der  Hauptzeichnung  dargestellte  Lage 
zu  geben. 

4)  Die  Schrauben  x  und  y  sind  zu  lösen  und  die  Spitze  r  links 
unten  an  den  Umfang  anzulegen. 

5)  Der  Bleistift  bei  p  ist  auszulösen. 

6)  Die  Umfangslinie  wird  unter  Beachtung  der  in  vorstehender 
Beschreibung  gegebenen  Regeln  umfahren: 

7)  Die  Gleitstangen  sind  leicht  geölt  zu  halten. 


Scheinwerfer  mit  Giasparabolspiegel. 

Die  elektrotechnische  Zeitschrift,  1890  Heft  27  S.  371,  bringt  einen 
eingehenden  Bericht  über  die  aus  den  Werkstätten  von  Schlickert  und  Co. 
in  Nürnberg  hervorgehenden  Scheinwerferapparate  und  vergleicht  die- 
selben mit  den  von  anderen  Firmen  ausgeführten  Prqjectoren.  Sie  liefert 
den  Nachweis,  dafs  der  Schuckert sehe  Giasparabolspiegel  dem  ,.)lan<jin- 
spiegel-  ganz  entschieden  überlegen  ist,  und  hebt  besonders  hervor,  dafs 
Glasparabolspiegel  von  der  genannten  Firma  mit  aller  für  die  Praxis 
wünschenswerthen  Genauigkeit  hergestellt  werden  und  für  die  Fein- 
beleuchtung die  natürlichste  und  beste  Form  von  Reflectoren  sind. 

Den  Hauptgegenstand  des  Berichtes  bildet  ein  für  die  Kriegsmarine 
bestimmter  elektrischer  Scheinwerfer  der  Firma  Schuckert  und  ( D.. 
welcher  auf  der  allgemeinen  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin 


Scheinwerfer  mit  Glasparabolspiegel.  353 

im  vergangenen  Jahre  das  Interesse  der  Techniker  in  hohem  Grade 
erregt  hat.  Derselbe  ist  für  Stromstärken  von  120  bis  150  Ampere 
construirt  und  mit  einem  Glasparabolspiegel  von  900mm  lichtem  Durch- 
messer ausgestattet.  Die  wesentliche  Einrichtung  des  Apparates  ist 
folgende: 

Das  cylindrische  Scheinwerfergehäuse  ist  mit  seitlichen  Tragzapfen 
in  zwei  von  einem  Drehtisch  sich  erhebenden  Ständern  gelagert  und 
kann  daher  in  senkrechtem  sowie  in  wagerechtem  Sinne  in  jede  be- 
liebige Lage  gedreht  werden.  Für  beide  Richtungen  sind  Feinstellungen 
vorgesehen,  um  den  Apparat  nach  Belieben  grob  oder  mikrometrisch 
auf  bestimmte  Punkte  des  Horizontes  einstellen  zu  können. 

Einen  wichtigen  Theil  des  Apparates  bilden  die  beiden  vor  dem 
parabolischen  Keflector  montirten  vStreuerLL ,  deren  jeder  aus  einem 
System  parallel  neben  einander  angeordneter  planconvexer  Cylinder- 
linsen  zusammengesetzt  ist.  Die  Linsen  des  hinteren  in  der  Achsen- 
richtung  des  Parabolspiegels  verschiebbaren  Streuers  decken  sich  voll- 
kommen mit  denen  des  vorderen  festen  Streuers.  Sind  beide  um  die 
Summe  ihrer  Brennweiten  von  einander  entfernt,  so  werden  die  vom 
Parabolspiegel  reflectirten  Parallelstrahlen  vom  hinteren  Linsensystem 
so  gebrochen,  dafs  sie  sich  zwischen  beiden  Systemen  in  der  Brenn- 
weite des  vorderen  vereinigen  und  von  hier  aus  divergiren.  Indem  die 
Lichtstrahlen  nun  das  vordere  Linsens}^stem  treffen,  werden  sie  durch 
dieses  wieder  parallel  gemacht.  Da  aber  die  vorderen  Cylinderlinsen 
eine  geringere  Brennweite  besitzen  und  daher  nicht  in  ihrer  ganzen 
Breite  vom  divergirenden  Lichtbündel  getroffen  werden,  so  bleibt  nach 
dem  Durchgang  des  letzteren  ein  Raum  zwischen  je  zwei  benachbarten 
Cylinderlinsen,  der  kein  Licht  empfängt  und  dem  Flügel  eines  vor  dem 
vorderen  Streuer  montirten  jalousieartigen  Verdunkelungsapparates  Platz 
gibt.  Dieser  Apparat  nimmt,  so  lange  die  Flügel  zur  Achse  des  Re- 
flectors  parallel  stehen,  kein  Licht  weg,  ist  aber  zum  Signalisiren  mit 
Lichtblitzen  mittels  Oeffnens  und  Schliefsens  seiner  Flügel  stets  bereit. 
Wird  der  hintere  Streuer  bis  dicht  an  den  vorderen  vorgeschoben,  so 
wirken  beide  Linsensysteme  wie  ein  einziges  von  geringerer  Brennweite. 
Die  Lichtstrahlen  kreuzen  sich  daher  in  einem  gewissen  Abstände 
aufserhalb  ,des  vorderen  Streuers  und  divergiren  vom  Kreuzungspunkte 
aus  unter  einem  gewissen  Zerstreuungswinkel.  Auch  in  diesem  Falle 
bleibt  zwischen  je  zwei  benachbarten  Cylinderlinsen  ein  vom  Lichte 
nicht  bestrichener  Raum  für  je  einen  Jalousieflügel.  Da  jeder  Stellung 
des  beweglichen  Streuers  ein  bestimmter  Streuungswinkel  entspricht, 
so  können  durch  einfaches  Verschieben  desselben  alle  Streuungsgrade 
durchgemacht  werden,  bei  dem  in  Rede  stehenden  Apparate  vom  con- 
centrirten  Lichte  bis  zur  Maximalstreuung  (45  bis  48°). 

Scheinwerfer  mit  Glasparabolspiegeln  von  400  bis  900mm  Durch- 
messer werden  für  die  Landarmee  sowie  für  die  Kriegs-  und  Handels- 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  8.  1890  III.  23 


354 


Umschalter  für  elektrische  Licht-CentraJetationen. 


marine  bis  jetzt  nur  von  der  Firma  Schlickert  und  Co.  in  Nürnberg  gebaut. 
Sie  haben  in  kurzer  Zeit  nicht  nur  in  der  deutschen  Armee  und  Marine, 
sondern  auch  in  Belgien,  Dänemark,  Italien,  England,  China,  Japan  und 
der  Türkei  grofse  Verbreitung  gefunden. 


Ueber  die  Berechnung  der  Zusammendrückbarkeit  der  Luft. 

Bezüglich  der  Zusammendrückbarkeit  der  Luft  bringt  Ch.  Antoine 
in  den  Comptes  rendus,  1890  S.  335,  folgende  Notiz  als  Auszug. 

In  der  Relation  pv  =  D  (ß  -j-  t\  worin  der  Druck  p  in  Atmosphären, 
das  Volumen  v  in  Litern  ausgedrückt  ist,  hat  man  für  die  Luft  den  Werth 

ß  —  273,6  —  Vp. 
Nach    Regnaulfs  Versuchen    bleibt    der    Coeflicient  D    bis    zu   27at 
ziemlich  constant.    Antoine  nimmt  für  lk  Luft  als  ersten  Näherungswerth 
bis  zu  40at      .     .     .     D  =  2,835 
über  40at   .     .     .    .     D  =  2,835  4-  0,0018  (p  —  40). 
Mit   diesen  Werthen  von  ß  und  D  erhält   man  für  t  =  o  folgende 
Tabelle,   welche  die  auf  die  Zusammendrückung  der  Luft  bezüglichen 
Thatsachen  vereinigt: 


1 772,8 

20 963,0 

40  .    .    . 

60  .     .    . 

80  ...    , 

100  .     .     . 


757,7 
766,7 
777,8 
790,3 

120 803,2 

140 816,7 

160 830,9 

180 845,0 

200 859,6 


D 

2.835 
2,835 
2.835 
2,884 
2.939 
2,998 
3.058 
3.120 
3,184 
3,248 
3,313 


P 

at 

220 

'240 

260 

280 

300 

750 

1000 

1500 

2000 

2500 

3000 


pv 


874,6 

3,380 

889,7 

3.447 

904.8 

3.524 

920.1 

3,582 

935.7 

3,651 

1304,7 

5,299 

1516,5 

6,267 

1945,0 

8,281 

2371,9 

10,363 

2795,5 

12.502 

3213,2 

14,683 

Die  Relation  pv  ==  D  (ß  -\-  t)  stimmt,  wie  leicht  nachzuweisen,  so- 
wohl mit  den  Resultaten  der  ersten  und  zweiten  Versuchsreihe  Regnault's, 
als  auch  mit  AmagaCs,  Versuchsresultaten  sehr  nahe  überein. 


Thomson -Houston -Umschalter  für  elektrische 
Licht- Centralstationen. 

Mit  Abbildungen. 

Für  den  Betrieb  in  den  Centralstationen  für  elektrische  Bogenlicht- 
anlagen  sind  die  Umschalter  von  grofser  Wichtigkeit.  Die  einzelnen 
Lichtstromkreise  und  die  Dynamomaschinen  müssen  nach  Bedarf  ge- 
wechselt und  mehrere  Stromkreise  hinter  einander  auf  eine  uud  die- 
selbe Dynamo  geschaltet  werden.  Dabei  darf  während  der  vorzunehmenden 


Umschalter  für  elektrische  Licht-Centralstationen. 


355 


Wechsel  das  Licht  nicht  verlöschen,  und  der  Beamte  darf  beim  Um- 
schalten keine  elektrischen  Schläge  erhalten.  Der  in  den  beiden  zu- 
gehörigen Abbildungen  nach  Modern  Light  and  Heat,  1890  *  S.  91,  dar- 
gestellte Umschalter  genügt  diesen  Anordnungen;  er  ist  unverbrennlich 
und  so  eingerichtet,  dafs 
nöthig  werdende  Erweite- 
rungen leicht  ausgeführt 
werden  können,  ohne  dafs 
Veränderungen  in  dem 
Theile  vorgenommen  zu 
werden  brauchen ,  worin 
die  Strom  wege  schon  in 
Ordnung  gebracht  sind. 

Der  Umschalter  besteht 
aus  zwei  rechteckigen 
Schieferplatten,  welche  etwa 
127mm  VOn  einander  entfernt 
sind:  in  denselben  sind 
mehrere  Reihen  metallener 
Contacte  angebracht,  und 
es  sind  die  auf  der  vorderen 
Platte  wagerecht  angeord- 
neten mit  den  Dynamo  ver- 
bunden, während  die  loth- 
rechten  auf  der  hinteren 
Platte    unter   sich   und    mit 


Auf  der    hinteren   Platte 


eine 


den  Stromkreisen  verbunden  sind. 
Reihe  mehr  als  auf  der  vorderen;  diese  besondere  Reihe  wird  zur  Ver- 
bindung eines  Stromkreises  mit  einem  anderen  durch  Vermittlung  von 
Umschalteleitungen  und  Stöpseln  benutzt. 

Diese  Umschalter  wer- 
den für  vier  und  sechs 
Stromkreise  angefertigt;  Er- 
weiterungen, bei  denen  die 
Zahl  der  Dynamo  und  der 
Stromkreise  Vielfache  von 
vier  und  sechs  sind,  lassen 
sich  leicht  machen.  Die 
positive  und  negative  Pol- 
klemmen der  Dynamo- 
maschinen werden  bezieh, 
mit  der  linken  und  rechten  1ü^ 
Seite  der  vorderen  Platte  verbunden  und  auf  der  hinteren  Platte  die 
Stromkreise   in   ähnlicher  Weise;   links   ist   positiv,   rechts  negativ;   die 


356  Chaize's  selbsth&tiger  Stromunterbrecher. 

Contacte  für  die  Dynamo  sind  in  lothrechter  Richtung  mit  1,  2,  3  und  4 
Qumerirt,  diejenigen  für  die  Stromkreise  in  wagerechter  Richtung  mit 
1,  2,  3  und  4.  Um  eine  Maschine  mit  einem  Stromkreise  zu  verbinden, 
werden  die  Stöpsel  in  die  Löcher  links  und  rechts  auf  dem  Umschalter 
eingesteckt,  welche  zu  der  betreffenden  Dynamo  und  dem  betreffenden 
Stromkreise  gehören.  Sollen  zwei  Stromkreise  hinter  einander  auf  die 
nämliche  Dynamo  geschaltet  werden,  bevor  die  Dynamo  in  Gang  gesetzt 
wird,  so  werden  die  Stöpsel  in  die  positiven  Löcher  der  Maschine  und 
des  Stromkreises  eingesteckt,  dann  mittels  einer  Umschalteleitung  nebst 
Stöpseln  in  der  untersten  Reihe  der  hinteren  Platte  das  negative  des- 
selben Stromkreises  mit  dem  positiven  des  zweiten,  hinter  den  ersten 
zu  schaltenden  Stromkreises  verbunden  und  endlich  ein  Stöpsel  in  das 
negative  Loch  der  Dynamo  und  das  negative  des  zweiten  Stromkreises 
eingesteckt. 

Will  man  Stromkreise  (z.  B.  den  Nr.  1)  von  einer  Dynamo  (z.  B. 
Nr.  1)  auf  eine  andere  (etwa  Nr.  2)  schalten,  während  die  letzteren  im 
Gange  sind,  und  sollen  dabei  die  Lichter  nicht  gestört  werden,  so  ver- 
bindet man  Dynamo  Nr.  1  mit  dem  Stromkreise  Nr.  2  mittels  des 
Stöpsels  und  Dynamo  Nr.  2  mit  dem  Stromkreise  Nr.  1.  Dann  kann 
der  Stromkreis  zwischen  den  Dynamomaschinen  und  Stromkreisen  Nr.  1 
und  Nr.  2  unterbrochen  werden,  da  Dynamo  Nr.  1  ausgeschlossen  und 
der  positive  Contact  vom  Stromkreise  Nr.  2  mit  dem  negativen  des 
Stromkreises  Nr.  1  mittels  der  Umschaltekabel  mit  Stöpseln  verbunden 
werden  kann. 

An  der  Wand  wird  für  einen  Umschalter  für  vier  Stromkreise  ein 
Raum  von  483  X  635mm  gebraucht  und  für  einen  auf  sechs  Stromkreise 
berechneten  Umschalter  ein  Raum  von  610  X  889mm. 


Chaize's  selbsttätiger  Stromunterbrecher  für  elektrisch 
betriebene  Webstühle. 

Mit  Abbildung. 

Nach  dem  Bulletin  de  la  Societe  d'Encouragement,  1890*19,  haben 
die  Gebrüder  Chaize  in  Saint-Etienne  (Loire)  es  verstanden,  beim  Betrieb 
mehrerer  (Band-)Webstühle  durch  einen  ihnen  gemeinschaftlichen  elek- 
trischen Motor  den  Gang  derselben  zu  regeln  und  zugleich  den  Ver- 
brauch an  Betriebskraft  auf  das  kleinste  Mals  zu  beschränken.  (In 
Saint-Etienne  wie  in  Lyon  sind  die  Fabrikanten  mehr  Kaufleute  als 
Gewerbtreibende,  und  die  eigentliche  Weberei  liegt  in  den  Händen  der 
Meister,  welche  eine  kleine  Anzahl  Stühle  besitzen.) 

Die  Lade  mufs  ja,  zur  Erzeugung  eines  gleichmäfsigen  Gewebes, 
den  Schufs   stets    mit  gleicher  Kraft   treffen.     Hören    daher  von  fünf  in 


Chaize's  selbstlüitiger  Stromunterbrecher. 


357 


einer  Werkstatt  aufgestellten  Stühlen  aus  verschiedenen  Gründen  drei 
oder  vier  auf,  zu  arbeiten,  und  werden  sie  wieder  in  Gang  gesetzt,  so 
darf  dies  die  Transmission  nicht  beeinflussen.  In  der  Pariser  Aus- 
stellung von  1889  hatten  die  Werkstätten  Diederkhs  in  Bourgoin  mehrere 
Seidenwebstühle  ausgestellt,  die  von  einem  elektrischen  Motor  getrieben 
wurden,  und  an  diesen  trat  die  eben  erwähnte  Schwierigkeit  zu  Tage. 
Anfänglich  suchte  man  sie  durch  Einschaltung  veränderlicher  Wider- 
stände in  den  Stromkreis  zu  beseitigen;  allein  man  sah  sich  auf  die 
persönliche  Mitwirkung  der  Arbeiter  angewiesen.  Da  wendeten  die 
Gebrüder  Chaize  einen,  schon  in  Saint-Etienne  erprobten  Regulator  an 
und  dieser  arbeitete  bis  zum  Schlufs  der  Ausstellung  ganz  gut. 

Dieser   Regulator  wird   von   der  Transmissionswelle,    welche    der 
Motor    in   Umdrehung  versetzt,    mittels  des   Riemens  R   getrieben    und 


~$L/      " 


gleicht  nach  der  beigegebenen  Abbildung  ganz  den  Kugel-Centrifugal- 
regulatoren;  überschreitet  die  Geschwindigkeit  der  Transmissionswelle 
die  normale  Umdrehungszahl,  so  setzt  jedoch  der  auf  dem  Bocke  A 
angebrachte  Regulator  einen  Unterbrecher  des  elektrischen  Stromes  in 
Thätigkeit.  Hat  die  Stromunterbrechung  die  gewünschte  Verlangsamung 
herbeigeführt,  so  fallen  die  Kugeln  B  und  2?,  wieder  herab  und  der 
Strom  wird  wieder  geschlossen.  Da  nun  aber  die  gewöhnlichen  Strom- 
unterbrecher Funken  überspringen  lassen  und  dabei  die  Leitungsdrähte 
verbrennen,  so  sind  die  Gebrüder  Chaize  auf  den  Gedanken  gekommen, 
die  Contacte  G  und  //,  zwischen  denen  der  Strom  unterbrochen  wird, 
unter  einer  Flüssigkeit  anzuordnen.  Das  Gefäfs  E  ist  mit  Wasser  gefüllt. 
Eine  weitere  Eigenthümlichkeit  ist  auf  Bandwebstühle  gemünzt. 
Denken  wir  uns  fünf  Bandwebstühle  von  einem  mit  vorbeschriebenem 
Regulator  ausgerüsteten  Motor  getrieben,  so  wird  der  eine  Draht  von 
der  positiven  Polklemme  der  stromerzeugenden  Dynamo  unmittelbar 
nach  dem  Motor  und  dann  als  a  an  die  mit  dem  Contactstabe  G  in 
Verbindung  stehende  Klemme  F  des  von  dem  Regulatorstifte  C  bewegten 
Hebels  D  geführt;  von  dem  negativen  Poldrahte  dagegen  werden  fünf 
einzelne  Drähte  nach  den  fünf  Stühlen  gespannt  und  in  jedem  Stuhle 
ist  noch  ein  Ausrück-Unterbrecher  angebracht,   von  welchem   aus   erst 


358 


Elektrisch  bewegtes  Dampf-Steuerruder. 


der  Draht  nach  dem  gemeinschaftlichen,  mit  der  Contaciplatte  //  in 
Verbindung  gesetzten  Leiter  a{  weiter  geführt  wird. 

Wenn  also  der  Arbeiter  einen  Stuhl  ausrückt  und  anhält,  so  wird 
nicht  nur  die  Transmissionswelle  nicht  beschleunigt,  weil  der  Regu- 
lator Bßi  sofort  in  Thätigkeit  tritt,  sondern  es  wird  auch  zugleich  dieser 
Stuhl  von  der  Elektricitätsquelle  abgelöst,  und  wenn  alle  fünf  Stühle 
zu  arbeiten  aufhören,  so  hört  zugleich  von  selbst  die  Dynamo  auf,  Strom 
zu  liefern,  die  Motordynamo  wird  wirkungslos  und  die  Transmission 
läuft  nicht,  es  tritt  also  nicht  ein  zweckloser  Kraftverlust  ein.  Natür- 
lich können  dann  die  Stühle  einzeln  oder  zusammen  ebenso  leicht 
wieder  in  Gang  gesetzt  werden. 

Dieser  Motorstrom- Unterbrecher  ist  in  England  für  N.  und  J.  Chaizc 
unter  Nr.  12135  vom  31.  Juli  1889  patentirt  worden. 


Fi«.  1. 


Elektrisch  bewegtes  Dampf-Steuerruder  vou 
S.  Schuckert  und  Co. 

Mit  Abbildungen. 

Sigmund  Schuckerl  und  Co.  in  Nürnberg  haben  in  England  ein  Patent 
(Nr.  17  914  vom  19.  November  1889)  auf  eine  Dampf-Steuermaschine 
erhalten,  welche  mittels  eines  Elektromotors  in  Gang  gesetzt  wird,  so 
dafs  die  sonst  nöthige  mechanische  Verbindung  zwischen  der  Kapitäns- 
brücke und  der  Steuermaschine  entbehrlich  wird.     Fig.  1  und  2  zeigen 

eineSteuermaschine  nach 
Macfarlane  Gray's  An- 
ordnung, auf  welche  die 
in  Rede  stehende  Erfin- 
dung angewendet  worden 
ist.  An  dem  Handrade  A 
ist  ein  kleines  Schnecken- 
rad ß  angebracht,  in 
welches  die  auf  der 
Ankerwelle  C  eines  Elek- 
tromotors D  sitzende 
Schnecke  E  eingreift. 
Damit  die  Maschine  mit 
der  Hand  in  Gang  ge- 
setzt werden  kann,  läfst 
Fig.  i.  sich  die  Schnecke  E  von 

der  Ankerwelle  C  abnehmen.  Der  Elektromotor  Z),  und  in  Folge 
dessen  auch  die  Steuermaschine,  wird  sich  in  dem  einen  oder  in  dem 
anderen  Sinne  drehen,  je  nachdem  ihm  der  elektrische  Strom  in  der 
einen  oder  in  der  anderen  Richtung  zugeführt  wird,  und  letzteres  ver- 


Elektrisch  bewegtes  Dampf-Steuerruder. 


359 


Fig.  4. 


«littelt  der  auf  der  Brücke  angebrachte  Handhebel  eines  Umschalters, 
an  welchen  die  Leitungsdrähte  einer  zur  Beleuchtung  des  Schiffes  be- 
nutzten Dynamomaschine  herangeführt  siud.  Dieser  Umschalter  ist  in 
Fig.  3  und  4  abgebildet. 
F  und  G  sind  die  Drähte, 
welche  den  Strom  von 
der  Schillsdyuamo  zu- 
führen. H  ist  der  Hebel, 
welcher  durch  zwei 
Federn  /  und  J  in  seiner 
■normalen  Stellung  er- 
halten wird;  dabei  ver- 
mögen die  mit  F  und  G 
verbundenen  Contact- 
federn  K  und  L  den 
Strom  nicht  weiter  zu 
leiten.  Wird  aber  der 
Hebel  H  nach  der  einen 
oder  nach  der  anderen  Seite  bewegt,  so  kommen  K  und  L  mit  den 
festliegenden  Contacten  M  und  N  oder  0  und  M  in  Berührung;  da  nun 
diese  vier  Contacte  mit  den  beiden  Bürsten  des  Elektromotors  D  in  Ver- 
bindung stehen,  so  kann  die  Steuermaschine  mittels  des  Hebels  H  in 
Gang  gesetzt  werden. 

Ein  elektrischer  Steuerruder- Telegraph  P  zeigt  jederzeit  die  Stel- 
lung des  Steuerruders  an.  Der  Zeiger  dieses  Telegraphen  wird  durch 
zwei  Paar  Solenoide  Q  in  Bewegung  gesetzt,  durch  welche  bei  einer 
Anzahl  von  Contacten  die  Telegraphirströme  gesendet  werden;  diese 
Contacte  macht  ein  Arm,  welcher  auf  die  mit  der  Hauptwelle  S  im 
Eingriff  stehende  Spindel  R  (Fig.  1)  aufgesteckt  ist. 

Eine  besondere  Vorrichtung  verhütet,  dafs  der  Elektromotor  noch 
weiter  in  derselben  Richtung  arbeiten  kann,  wenn  das  Steuerruder  in 
•eine  seiner  äufsersten  Stellungen  gekommen  ist,  und  zwar  selbst  dann, 
wenn  der  Handhebel  H  noch  länger  in  der  betreffenden  Stellung  ge- 
halten wird.  In  der  Leitung  nach  dem  Anker,  oder  nach  den  Feld- 
magneten des  Elektromotors  D  (oder  des  ihn  ersetzenden  Elektro- 
motors U)  ist  nämlich  eine  Contactvorrichtung  Y  angebracht,  an  welcher 
durch  die  Wirkung  eines  Elektromagnetes  (oder  Solenoids)  die  Leitung 
nach  dem  Elektromotor  unterbrochen  wird,  sobald  das  Steuerruder  in 
«ine  seiner  äufsersten  Stellungen  kommt  und  in  dieser  einen  Strom 
durch  jenen  Elektromagnet  sendet.  Natürlich  kann  dann  der  Motor 
nicht  länger  umlaufen. 

Der  Elektromotor  D  wirkt  auf  das  Dampfzutrittsventil  der  Dampf- 
steuerung und  bewegt  dasselbe  in  der  entsprechenden  Richtung. 

An  Stelle    des   Elektromotors  D    kann    auch    ein    Elektromotor  U 


360  Erkennungsmitte]  von  Pergamentpapier. 

benutzt  werden,  welcher  beweglich  mit  der  Achse  V  ist,  welche  das 
Handsteuerrad  auf  der  Brücke  mit  den  betreffenden  Theilen  an  der 
Steuermaschine  verbindet. 


Erkennungsmittel  von  Pergamentpapier  und  imitirtem 
Pergamentpapier;  von  Dr.  E.  Muth. 

(Nachtrag  zu  der  Abhandlung  Bd.  276  S.  470.) 

Der  in  Bd.  276  S.  470  d.  J.  gemachten  Mittheilung  kann  folgendes 
sichere  Erkennungszeichen  noch  beigefügt  werden: 

Pergamentpapier  aus  Baumwollfaser,  welche  pergamentirt  ist,  kann 
in  stark  gesättigtes  Kalkwasser  getaucht  werden  und  behält,  wenn 
weifs,  seine  ursprüngliche  Farbe;  das  Kalkwasser  übt  auf  das  Papier 
keine  Aenderung  aus.  Pergamyn  oder  Pergament,  aus  Sulfitzellstoff 
hergestellt,  färbt  sich,  wenn  in  Kalkwasser  einige  Zeit  getaucht,  gelb- 
lich bis  bräunlich  gelb  und  behält  diese  Farbe  auch  nach  dem  Aus- 
waschen des  Papieres.  Es  erfährt  dabei  das  Papier  dieselbe  Färbung, 
welche  auch  beobachtet  wird,  wenn  Sulfitzellstoff  mit  Chlorkalklösung 
gebleicht  werden  soll.  Hier  wirkt  der  im  Chlorkalk  noch  enthaltene 
Aetzkalk  auf  die  im  Sulfitstoffe  enthaltenen  Fette,  Harze  und  deren 
Zersetzungsproducte  und  färbt  die  Faser  gelblich,  nur  durch  einen 
Ueberschufs  von  Chlor  wird  die  Farbe  zerstört.  Die  gelbliche  Färbung 
des  Sulfitstoffes  findet  nicht  statt,  wenn  solcher  vor  der  Bleiche  mit 
Soda  gekocht  wird. 

Dieses  Verhalten  des  Sulfitstoffes  gegen  Kalkwasser  und  Alkalien 
dürfte  als  sicheres  Erkennungsmittel  dienen,  um  in  dem  besseren  Papiere 
ungebleichten  oder  schlecht  gebleichten  Sulfitstoff  nachzuweisen.  Zu 
beachten  ist  jedoch,  dafs  Holzschliff  die  gleiche  Färbung  erfährt,  wes- 
halb dessen  Anwesenheit  vorher  mit  schwefelsaurem  Anilin  oder  Phloro- 
glucin  nachgewiesen  werden  mufs;  sobald  dieser  gefunden  ist,  läfst  sich 
das  Verfahren  nicht  anwenden.  Papiere,  welche  auf  der  Oberfläche 
mit  thierischem  Leim  geleimt  sind  oder  Zusatz  von  Stärkemehl  haben, 
werden  zuvor  mit  heifsem  Wasser  ausgewaschen,  um  diese  Stoffe  zu 
entfernen;  nach  dem  Trocknen  läfst  sich  mit  Sicherheit  auf  Sulfitzell- 
stoff schliefsen,  wenn  sich  das  Papier   mit  Kalkwasser   gelblich  färbt. 

Natronzellstoff  oder  Papier,  welches  aus  diesem  und  Lumpen  ge- 
arbeitet ist,  sowie  Papier  aus  reinen  Lumpen  erfährt  keine  Farben- 
änderung. Als  selbstverständlich  mufs  vorausgesetzt  werden,  dafs,  wie 
es  bei  weifsem  Schreibpapier  und  Conceptpapier  meistens  der  Fall,  zum 
Papier  keine  Farbstoffe  genommen  sind,  welche  durch  Alkalien  eine 
Aenderung  erfahren. 

Bei  dem  mir  zur  Verfügung  gestandenen  Material  liefs  sich  das 
stark  gesättigte  Kalkwasser  (Aetzkalk)  mit  Sicherheit  als  Erkennungs- 


Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstolibestimmungsmethode.  361 

mittel  auf  die  Anwesenheit  von  Sulfitzellstoff  benutzen-  es  wäre  inter- 
essant, eine  Bestätigung  dieser  Beobachtung  auch  von  anderer  Seite 
aus  und  mit  anderem  Material  zu  erhalten. 


Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode 
von  Prof.  Dr.  v.  Schröder  und  Dr.  J.  Päfsler  in  Tharand. 

Vor  einiger  Zeit  veröffentlichte  Herr  Dr.  F.  Gantter*  in  Heilbronn 
ein  neues  Titrirverfahren  zur  Bestimmung  des  Gerbstoffes  und  empfahl 
dasselbe  eventuell  als  Ersatz  für  die  LÖwenthal' sehe  Methode.  Die  hier 
mitgetheilten  Resultate  beziehen  sich  zunächst  allerdings  nur  auf  Tannin 
und  Eichenrinden,  sie  machten  aber  von  vornherein  doch  einen  so 
günstigen  Eindruck,  dafs  wir  es  unternommen  haben,  die  Grundlage 
des  ganzen  Verfahrens,  und  namentlich  auch  das  Verhalten  der  wich- 
tigsten Gerbmaterialien  bei  der  Untersuchung  nach  dieser  Methode,  einer 
näheren  Prüfung  zu  unterziehen.  Indem  wir  unsere  Ergebnisse  in 
Folgendem  zusammenstellen,  wollen  wir  schon  hier  vorgreifend  be- 
merken, dafs  sich  die  Erwartungen,  mit  welchen  diese  Arbeit  begonnen 
wurde,  nicht  vollständig  erfüllt  haben.  Immerhin  halten  wir  die  Me- 
thode für  sehr  beachtenswerth.  Sie  gehört  jedenfalls  zu  den  besseren 
der  so  überaus  zahlreichen  Gerbstoffbestimmungsmethoden,  und  können 
wir  dem  Urtheile  H.  R.  Procter 's2  nicht  in  allen  Stücken  zustimmen. 

Bei  der  Aufstellung  seiner  Methode  ist  Ganlter  von  der  Löwenthal- 
schen  Methode  ausgegangen,  und  schliefst  sich  sein  Verfahren  dem  Löwen- 
lhal' sehen  insofern  an,  als  auch  hier  die  Oxydation  des  Gerbstoffes  durch 
Chamäleonlösung  vorgenommen  wird.  Während  man  aber  bei  der 
Löwenthal' 'sehen  Methode  mit  einer  ganz  aufserordentlicli  stark  ver- 
dünnten Gerbstofflösung  arbeitet3,  und  die  Einwirkung  der  Chamäleon- 
lösung sich  hei  gewöhnlicher  Temperatur  vollziehen  läfst,  wendet 
Gantter  eine  sehr  wesentlich  stärkere  Gerbstofflösung  an  und  steigert 
die  Einwirkung  des  Oxydationsmittels  aufserdem  noch  durch  Siedhitze. 
Durch  diese  veränderten  Bedingungen  soll  nach  Gantter,  im  Gegensatz 
zu  der  beim  Löwentkal"  sehen  Verfahren  sehr  unvollständigen  Oxydation, 
eine  wirklich  vollständige  Oxydation  des  Gerbstoffes  erreicht  werden 
und  damit  dann  eine  wesentlich  gröfsere  Sicherheit  der  Resultate  ge- 
währleistet sein. 

Ein  weiterer  Vortheil  wird  dadurch  in  Aussicht  gestellt,  dafs  nach 
den     mitgetheilten    Zahlen    für    Eichenrinden    die    Titrirresultate    der 


1  Zeitschrift  für  angewandte  Chemie,  1889  Heft  20  S.  377  bis  380. 

■!  Chemiker- Zeitung  1890.  Repertorium  zu  Nr.  38  S.  132  (nach  Jovm.  See. 
ehem.  Ind..  1890  Nr.  9  S.  260). 

3  Von  der  an  sich  schon  verdünnten  Lösung  werden  bekanntlich  zur 
Titration   10«'  in  750«  Wasser  gebracht. 


362  Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode. 

Gantter  sehen  Methode  nahezu  identisch  sind  mit  den  Resultaten  der 
Gerbstotl'bestimmungen  nach  indirekt  gewichtsanalytischer  Methode. 
Nach  Löwenthal  erhält  man  bekanntlich  nur  relative  Werthe,  die  von 
den  Gewichtszahlen  zum  Theil  nicht  unerheblich  abweichen.  Wäre 
man  demnach  wirklich  im  Stande,  nach  der  Gan/fer'schen  Methode 
nicht  nur  sicherer  zu  arbeiten,  sondern  zugleich  auch,  was  allerdings 
von  vornherein  nicht  sehr  wahrscheinlich  erscheint,  mit  der  Gewichts- 
methode stets  übereinstimmende  Resultate  zu  erhalten,  so  liegt  es  wohl 
auf  der  Hand,  dafs  dieses  neue  Verfahren  zur  Untersuchung  von  Gerb- 
materialien dem  Löwenthal' sehen  weit  vorzuziehen  sein  würde. 

Ehe  wir  auf  unsere  Versuche  näher  eingehen,  mögen  uns  ein  paar 
Bemerkungen  als  Erwiderung  auf  die  Gantter  sehe  Kritik  der  Löwenthal- 
sehen  Methode  gestattet  sein.  Diese  Bemerkungen  gehören  hier  insofern 
zur  Sache,  als  aus  denselben  hervorgehen  wird,  dafs  die  Gantter  sehe 
Methode  auch  im  günstigsten  Falle,  selbst  wenn  sie  allen  Erwartungen 
entsprechen  sollte,  die  Löwenthal' 'sehe  Methode  doch  nicht  vollständig 
zu  ersetzen  im  Stande  sein  kann. 

Die  sehr  unvollständige  Oxydation  des  Gerbstoffes  bei  dem  Löwen- 
thaVschen  Verfahren  ist  eine  bekannte  Thatsache.  Ein  Theil  Tannin 
bedarf  zu  seiner  vollständigen  Oxydation  zu  Kohlensäure  und  Wasser 
4,71  Th.  Permanganat.  Arbeitet  man  bei  Ausführung  der  Löwenthal- 
schen  Methode  genau  nach  der  Vereinbarung4,  so  braucht  man  zur 
Oxydation  von  1  Th.  Tannin,  bis  zur  Entfärbung  der  Indigolösung,  im 
Mittel  0,85  Th.  Permanganat.  Es  werden  demnach  hier  nur  18,05  Proc. 
derjenigen  Sauerstoffmenge  verbraucht,  die  zur  vollständigen  Oxydation 
nöthig  sein  würden.  Bei  der  (zanMer,schen  Methode  ist  die  Oxydation, 
wie  hier  nebenbei  bemerkt  sein  mag,  unzweifelhaft  eine  sehr  viel 
weiter  gehende,  sie  ist  aber  auch  keine  ganz  vollständige.  Gantter 
selbst  gibt  an,  dafs  bei  seiner  Art  der  Oxydation  1  Th.  Tannin  3,988  Th. 
Permanganat  erfordern,  es  werden  hier  also  84,67  Proc.  der  zur  voll- 
ständigen Oxydation  nöthigen  Sauerstoffmenge  verbraucht.  Die  sehr 
unvollständige  Oxydation  bis  zur  Endreaction  der  Löwenthal' 'scheu  Me- 
thode ist  offenbar  eine  Folge  der  bedeutenden  Verdünnung  und  hängt 
mit  der  eigentümlichen  Rolle,  welche  der  Indigofarbstoff  als  Indicator 
hier  spielt,  zusammen.  Diek.Oxydationsproducte  des  Tannins  können, 
wie  Gantter  ganz  richtig  bemerkt,  selbst  bei  derselben  Verdünnung 
noch  bis  zu  einem  gewissen  Grade  durch  Chamäleon  weiter  oxydirt 
werden.  Es  kann  also  von  einer  irgendwie  vollendeten  Reaction  gar 
keine  Rede  sein.     Damit  hängt  es  zusammen,   dafs  man   bei   ungleich- 

4  Bericht  der  Coinmission  zur  Feststellung  einer  einheitlichen  Methode  der  Gerb- 
sto(fbestimmung,  Cassel  1885.  —  Nach  S.  46  folgt  als  Mittel  aus  den  sechs  ersten 
Versuchen,  dafs  8^72  Chamäleonlösung  0,017189  Tannintrockensubstanz  ent- 
sprechen. Die  Chamäleonlösung  enthält  in  &  10g  Permanganat,  mithin 
8cc,72  =  0,014533  Permanganat.  Daraus  folgt  1  Th.  Tannin  =  0,85  Th.  Per- 
manganat. 


Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode.  863 

mäfsigem  Arbeiten,   indem   man  die  Chamäleonlösung   langsamer  oder 
schneller  mit  der  durch  Indigo   gefärbten   verdünnten   Gerbstofflösung 
mischt,  nicht  unerhebliche  Abweichungen   erhält,   weil   die  Oxydation 
dann    bald   etwas   weiter,   bald   etwas  weniger  weit  fortschreitet    und 
eine  bestimmte  Beziehung  zwischen  Chamäleonverbrauch  und  Gerbstoff- 
menge nicht  mehr  existirt.     Diese  Unsicherheit   ist   nicht   zu  leugnen, 
sie  ist  aber  nicht  so  schlimm ,  wie  Gantter   sie   macht.     Die  von  ihm 
angeführten  verschiedenen  Oxalsäureverhältnisse  stammen  ja  aus  einer 
Zeit,  als  man  das  Wesen  dieses  Vorganges  noch  nicht  genauer  kannte, 
und  die  ihnen  entsprechenden  Abweichungen  können  jetzt  nicht  mehr 
als    erlaubte   Differenzen    bei    solchen    Titrirungen    hingestellt    werden. 
Es   ist  nachgewiesen   und   durch  vielfache  Erfahrungen   bestätigt,  dafs 
man  bei  gleichmäfsigem  und  umsichtigem  Arbeiten  mit   der  Löiventhal- 
schen  Methode  recht  gut   übereinstimmende  Resultate  erhalten   kann. 5 
Zuzugeben  ist  dabei  aber,  dafs  die  praktische  Erlernung  und  Einhaltung 
dieser  verlangten  Gleichmäfsigkeit  der  Arbeit  keine  ganz    leichte  Auf- 
gabe   ist    und    dafs    dazu    namentlich    ein  gewisses    Mafs  von   Uebung 
gehört.     Das  ist  der  wunde  Punkt   der  ganzen  Sache  und  darin  liegt 
der  Grund,   warum  so  manche  Chemiker,   denen   es   an  Neigung  oder 
Veranlassung  fehlt,  sich  mit  der  Methode  näher  zu  beschäftigen,  über 
dieselbe  ein  unzutreffendes  Urtheil  fällen.     Zuzugeben  ist   ferner  auch, 
dafs  die  LöwenthaCsche  Methode  sich  zur  Untersuchung  sehr  hochgradiger 
gerbstoffreicher  Objecte  wenig  eignet  und   hier    selbst  bei  geschickter 
Ausführung  sehr  genaue  Resultate  nicht  geben  kann.     Sucht  man  nun, 
wie  Gantter  thut,  diese  Schwierigkeiten  alle  dadurch   zu  heben,   dafs 
man  die  Oxydation  des  Tannins  in  concentrirterer  Lösung  und  unter  An- 
wendung von  Wärme  wesentlich  weiter  treibt,   so  erscheint  das  aller- 
dings als  ein   ziemlich   nahe  liegender  Gedanke,   es  ist  aber  nicht  zu 
vergessen,  dafs  man  auf  diese  Art  die  Anwendbarkeit  der  Methode  von 
vornherein    sehr   beschränkt    und    zugleich   für   die    Untersuchung   der 
Gerbmaterialien  neue  Fehlerquellen  schafft,   die  in  der  Löwenthal' sehen 
Methode  sehr  geschickt  vermieden  sind.     Die  grofse  Verdünnung,    in 
welche  man  den  Gerbstoff  bei   dem  Löwent harschen  Verfahren  bringt, 
ist  keine  Zufälligkeit,  sondern  man  trägt  dadurch  dem  Umstände  Rech- 
nung, dafs  die  Gerbstoffe  von  Chamäleon  alle  sehr  viel  leichter  zerstört 
werden,   als   eine  ganze  Reihe  anderer  mit  denselben  meist  zusammen 
vorkommender  organischer  Pflanzenstoffe.     Namentlich   werden  gelöste 
Kohlehydrate    und    die    häufigsten    organischen    Säuren    bei    den    Ver- 
dünnuno-sverhältnissen  der  Lfitventkaf  sehen  Methode  von  Chamäleon  gar 


ö  Vgl.  den  citirten  Bericht  der  Gerbstoffrommission,  ferner  in  Gerber,  1885 
Nr.  259  S.  135  und  136;  auch  das  Urtheil  Procter's  in  dem  angezogenen  Artikel 
u.  a.  m.  —  Bezüglich  des  angeblichen  prinzipiellen  Fehlers  der  Löuenthal' sehen 
Methode  (vgl.  Gerber,  1887  Nr.  296  S.  2)  hat  der  eine  von  uns  sich  bereits 
ausgesprochen:  D.  p.  J.  1888  260  93  am  Ende  des  Artikels. 


364  Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbetoffbeetimmungemethode! 

nicht  angegriffen.  '■  Es  üben  diese  Nichtgerbstoffe  daher  bei  den  Lou-en- 
thal' sehen  Titrationen  einen  nur  sehr  wenig  störenden  Einilufs  aus,  und 
es  kann,  was  besonders  wichtig  ist,  gleichgültig  sein,  ob  dieselben  mit 
dem  Gerbstoff  gleichzeitig  von  dem  Hautpulver  absorbirt  werden  oder 
nicht. 

Bei  dem  6ranMer"schen  Verfahren  liegt  die  Sache  von  vornherein 
ganz  anders,  denn  hier  müssen  alle  Nichtgerbstoffe  zugleich  mit  dem 
Gerbstoff  durch  die  Chamäleonlösung  mehr  oder  weniger  stark  mit 
oxydirt  werden.  Da  nun  alle  diese  Oxydationen  sicher  keine  ganz  voll- 
standigen  sein  werden,  so  fragt  es  sich,  ob  man  so  gleichmäfsig  zu 
arbeiten  im  Stande  sein  wird,  dafs  die  Oxydationen  der  Nichtgerbstotfe 
bei  Titrirung  der  ursprünglichen  Lösung  und  des  Hauttiltrates  nicht 
von  einander  abweichen.  Das  läfst  sich  nur  durch  bestimmte  Versuche 
entscheiden,  jedenfalls  ist  aber  klar,  dafs  die  Oxydation  der  Nicht- 
gerbstoffe bei  der  (ran»er,schen  Methode  eine  wesentlich  gröfsere 
Fehlerquelle  darstellt.  Weiter  kann  aber  für  alle  diejenigen  Fälle, 
wo  ein  Theil  dieser  Nichtgerbstoffe  zugleich  von  dem  Hautpul v^er  ab- 
sorbirt wird,  die  Ganüef  sehe  Methode  überhaupt  nicht  anwendbar  sein. 
Kommen  Gerbstoffe,  wie  das  ja  nicht  selten  geschieht,  neben  freien 
organischen  Säuren  vor,  so  werden  diese  letzteren  beim  Gantte^sehen 
Verfahren  mehr  oder  weniger  mitoxydirt,  —  von  der  thierischen  Haut 
werden  sie  zum  Theil  ebenfalls  mitabsorbirt,  und  der  Chamäleon- 
verbrauch des  Hautfiltrates  wird  zu  klein  ausfallen.  Wollte  man  die 
Methode  in  solchen  Fällen  wirklich  benutzen,  so  würde  man  einen 
Theil  der  organischen  Säuren  als  Gerbstoff  mitbestimmen.  Die  Gantter- 
sche  Methode  ist  daher  vor  allen  Dingen  nicht  zu  brauchen  zur  Gerb- 
stoff bestimmung  in  Gerbebrühen,  man  wird  mit  derselben  aber  auch 
bei  Untersuchung  aller  Pflanzenextracte,  deren  Nichtgerbstoffe  man  noch 
nicht  kennt,  immer  sehr  vorsichtig  sein  müssen.  Denselben  Beschrän- 
kungen unterliegt  ja  auch  die  indirekt  gewichtsanalytische  Gerbstotf- 
bestimmungsmethode 7,  und  bleibt  die  Loicentfial"  sehe  Methode,  was  man 
auch  sonst  gegen  sie  einwenden  mag,  in  den  genannten  Fällen  vorläufig 
(hieb  immer  noch  das  einzig  brauchbare  Verfahren. 

Gantter  benutzte  zu  seinen  Versuchen  mit  Tannin  Lösungen,  die 
0,43  bis  4,30  Tannintrockensubstanz  enthielten,  und  verwendete  von 
diesen  zu  den  einzelnen  Versuchen  wechselnde  Mengen,  die  2,15  bis 
215m8,0  Tannin  entsprachen.  Die  Ausführung  der  Oxydation  geschah 
in  folgender  Weise.    Die  mit  verdünnter  Schwefelsäure  versetzte  Tannin- 


H  Vgl.  L.  Neubauer  in  „Die  Schalung  der  Eichenrinden  zu  jeder  Jahreszeit" . 
Wiesbaden  1873,  S.  38  und  39.  —  Audi  durch  unsere  eigenen  Versuche  be- 
stätigt. 

1  Bei  der  Gewichtsmethode  zur  Bestimmung  des  Gerbstoffes  in  Sauer- 
brühen die  Säuren  vorher  durch  kohlensauren  Baryt  abzustumpfen  (Gerber. 
1889  Nr.  350  S.  73),  ist  uns  nicht  gelungen,  weil  der  kohlensaure  Baryt  den 
Gerbstoff  zugleich  nicht  unerheblich  absorbirte. 


Prüfung  der  Gantter'schen  GerbstotTbestimmungsmethode. 


365 


lösung  wird  zuerst  zum  Sieden  erhitzt,  darauf  setzt  man  unter  Um- 
schütteln die  Chamäleonlösung,  die  etwa  4"  Salz  in  l1  enthält,  aus  einer 
Bürette  allmählich  zu.  Die  Entfärbung  erfolgt  anfangs  schneller,  dann 
langsamer  und  es  bildet  sich  weiter  ein  brauner  Niederschlag  von 
Manganhydrat,  der  zuerst  durch  Kochen  sich  wieder  löst,  später  aber 
auch  beim  Kochen  nicht  mehr  verschwindet.  Man  setzt  von  der  Cha- 
mäleonlösung so  lange  zu,  bis  sich  ein  bei  längerem  Kochen  bleibender 
starker  brauner  Niederschlag  gebildet  hat,  setzt  dann  titrirte  Oxalsäure 
zu,  wodurch  der  Niederschlag  wieder  klar  gelöst  wird,  und  titrirt  den 
Ueberschufs  der  Oxalsäure  endlich  in  gewöhnlicher  Weise  mit  Cha- 
mäleon zurück.  Auf  diese  Art  findet  Gantter  bei  Anwendung  sehr 
wechselnder  Mengen  Tannin,  dafs  zur  Oxydation  von  1  Th.  Tannin 
immer  sehr  nahezu  3,988  Th.  Permanganat  gebraucht  werden.  Die 
von  ihm  angeführten  Schwankungen  von  3,950  bis  4,027  sind  verhält- 
nifsmäfsig  sehr  unbedeutend. 

Nach  unseren  Versuchen  ist  diese  Zahl  keineswegs  so  constant, 
wie  aus  den  Gantter  sehen  Angaben  hervorzugehen  scheint,  und  das  ist 
ja  auch  ganz  einleuchtend,  wenn  man  in  Betracht  zieht,  dafs  es  sich 
hier  nicht  um  eine  wirklich  vollständige  Oxydation  handelt.  Ueber  die 
Menge  und  Stärke  der  zu  verwendenden  verdünnten  Schwefelsäure  hat 
Gantter  nichts  Näheres  angegeben,  und  indem  wir  hier  das  richtige 
Verhältnifs  herauszufinden  suchten,  ist  uns  zunächst  aufgefallen,  dafs 
die  Gegenwart  einer  gröfseren  oder  geringeren  Säuremenge  auf  die 
Oxydation  nicht  ohne  Einflufs  ist,  Beim  Vorhandensein  einer  gröfseren 
Säuremenge  schreitet  die  Oxydation  für  dieselbe  Tanninmenge  weiter 
fort,  als  wenn  eine  geringere  Säuremenge  zugegen  ist. 

Die  Lösungen,  die  wir  benutzten,  waren  folgende: 

1)  Chamäleonlösung.  Auf  l1  4?  Permanganat  entsprechend  3,9908 
wasserfreiem  Salz. 

2)  Verdünnte  Schwefelsäure  1  :  5. 

3)  Oxalsäurelösung.  Auf  l1  nahezu  8?;  es  entsprach  lCf;  dieser 
Lösung  im  Durchschnitt  nach    mehreren  Versuchen  lcc,016  Chamäleon. 

Für  eine  Tanninlösung  (Ph.  G.  Trommsdorff),  die  1?,00  Tannin- 
trockensubstanz in  l1  enthielt,  ergaben  sich  nachstehende  Titrirresultate: 


Tannin- 
lösung 

cc. 

Tannin 
mg 

Schwefel- 
säure 

cc 

Chamäleon- 
lösung 

cc 

1  Th.  Tannin  verbraucht 
zur  Oxydation  Per- 
manganat 

Auf  1  mg 
Tannin  zu- 
gegen cc 
S  hwefel- 
säure 

25 
25 
25 
25 
10 

10 

10 

10 

l         25 
{         25 

'         10 

40 
40 
30 
30 
10 
10 
10 
10 

25,9 
25,6 
25.9 
25.7 
10,4 
10.3 
10,4 
10,1 

4,134 
4,087 
4,135 
4.103 
4^150 
4,111 
4,150 
4.031 

'     4,119 
S 

1 

4.II0 

l     1,60 
l     1,20 

'      1,00 

366 


Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode. 


Tannin- 
lösung 


Tannin 


mg 


Schwefel- 
säure 


Chamäleon- 

lÖSUIiii 


I  Th.  Tannin  verbraucht 

zur  Oxydation  Per- 

manganat 


Auf  1  mg 
Tannin  zu- 
gegen cc 
Schwefel- 
säure 


25 

25 
50 
50 
25 
25 
25 
25 
25 
50 
50 


25 


50 


25 


50 


20 
20 

20 
20 
10 
10 
10 
10 
10 
10 
10 


25,4 
25,3 
49,2 
49,2 
24,5 
24,7 
24,4 
24,7 
24,5 
47,5 
47,4 


4.055 
4,039 
3,927 
3,927 
3,911 
3,983 
3.895 
3,983 
3,911 
3,791 
3,783 


4,047 


3,934 


3,787 


0,80 


0,40 


0,20 


Ganz  ähnlich  gestaltete  sich  die  zweite  Versuchsreihe,  bei  der  die 
Tanninlösung  aber  2s,00  Trockensubstanz  auf  l1  enthielt,  Hier  sind 
jedesmal  20cc  verdünnte  Schwefelsäure  zugesetzt: 


Tannin- 
lösung 

cc 

Tannin 

mg 

Chamäleon- 
lösung 

cc 

1  Th.  Tannin  verbraucht  zur 
Oxydation  Permanganat 

Auf  1  mg  Tannin 

zugegen  cc 
Schwefelsäure 

5 
5 
10 
10 
20 
20 
25 
25 

1      10 
j     20 

i     40 

i     50 

10,6 
10,6 
20,5 
20,4 
40,1 
39,9 
49,5 
49,6 

4.230 
4,230 
4,091 
4.071 
4,001 
3,981 
3,951 
3,959 

i     4,230 

i     4,081 
i     3,991 
i     3,955 

i     2,00 

j    1,00 

i     0,50 
i     0,40 

Aus  diesen  beiden  Versuchsreihen  ergibt  sich   unzweifelhaft,   dafs 

eine  gröfsere  Menge  Säure  den  Chamäleonverbrauch  vergrößert,  indem 

die  Oxydation  des  Tannins  dann  etwas  weiter  fortschreitet.    Als  Mittel 

aus  den  erhaltenen  Zahlen  berechnet  sich  folgender  Vergleich: 

Auf  1  mg  1  Th.  Tannin  ver- 

Tannin: Schwefelsäure  braucht  zur  Oxydation 

cc  Permanganat 

2,00 4,230 

1,60 4,111 

1,20 4,119 

1,00 4,096 

0,80     . 4.047 

0,50 3,991 

0,40 3,945 

0,20 3,787. 

Wir  haben  deshalb  bei  allen  weiteren  Versuchen  das  Verhältnils 
zwischen  Tannin  und  Schwefelsäure  möglichst  constant  zu  halten  ge- 
sucht. Die  Menge  der  Säure  haben  wir  dabei  immer  so  genommen, 
dafs  auf  lms  Tannin  0CC,50  der  verdünnten  Schwefelsäure  (1 :  5)  zugegen 
waren.  Auf  diese  Art  erhielten  wir,  indem  wir  auch  sonst  möglichst 
gleichmäfsig  zu   arbeiten  bestrebt   waren,    sehr    gut    übereinstimmende 


Prüfung  der  Gantter'schen  GerbstoffbestimmungsmetlioUe. 


367 


Werthe.  Das  geht  aus  der  dritten  Versuchsreihe  hervor,  bei  welcher 
wieder  28  Tannintrockensubstanz  in  l1  gelöst  waren  und  bei  der  wir 
uns  nun  mit  dem  Säurezusatz  in  dem  angegebenen  Verhältnisse  nach 
der  Tanninmense  richteten. 


Tannin- 

Tannin 

Schwelel- 

Chamäleon- 

1  Th.  Tannin 

lösung 

säure 

lösung 

braucht  zur 

Oxydation 

Permanganat 

• 

cc 

cc 

5 

10 

5 

10,1 

4.031 

) 

5 

10 

5 

10,1 

4,031 

\      4,018 

5 

10 

5 

10,0 

3,991 

) 

10 

20 

10 

20,1 

4,011 

\ 

10 

20 

10 

20,0 

3,991 

\      3,998 

10 

20 

10 

20,0 

3,991 

j 

20 

40 

20 

40,1 

4,001 

) 

20 

40 

20 

39,9 

3,981 

S.      3,988 

20 

40 

20 

39,9 

3,981 

) 

25 

50 

25 

50,0 

3,991 

) 

25 

50 

25 

50,0 

3,991 

\      3,991 

25 

50 

25 

50,0 

3,991 

) 

Als  Mittel  aus  diesen  Zahlen  ergibt  sich  der  Werth  3,999  und  wir 
können  mithin  die  Gantter  sehe  Zahl  3,988  vollständig  bestätigen.  Dabei 
ist  aber  festzuhalten,  dafs  diese  Uebereinstimmung,  sowie  überhaupt  die 
Constanz  des  betreffenden  Werthes  bei  wechselnden  Tanninmengen 
nicht  die  Folge  einer  wirklich  vollendeten  Reaction  ist,  sondern  dafs 
dieselbe  lediglich  durch  Einhalten  gleicher  Bedingungen  bei  Ausführung 
der  Oxydation  gegeben  ist.  Man  wird  demnach  bei  der  Ganzer  "sehen 
Methode  zur  Titerstellung  am  zweckmäfsigsten  eine  Tanninlösung  mit 
nahezu  2"  Trockensubstanz  in  l1  verwenden.  Von  dieser  nimmt  man 
10  bis  25cc,  setzt  die  gleiche  Anzahl  Cubikcentimeter  verdünnter 
Schwefelsäure  (1 :  5)  zu  und  titrirt  mit  der  Chamäleonlösung,  die  4?  Salz 
in  l1  enthält.  lcc  der  letzteren  wird  dann  nahezu  lmg  Tannin  ent- 
sprechen. Im  Mittel  aus  den  neun  letzten  Werthen  unserer  dritten 
Versuchsreihe  erhalten  wir  die  Zahl  3,991,  und  da  unsere  Chamäleon- 
lösung in  l1  3,9908  Permanganat  enthält,  so  entspricht  lcc  derselben 
genau  wie  Gantter  vorschreibt  0,0010  Tannin. 

Dafs  die  Gantter  sehe  Methode  zur  Titrirung  von  Tannin  der 
Löicenthal' sehen  Methode  weit  überlegen  sein  mufs,  ergibt  sich  aus 
dem  Vorhergehenden  von  selbst.  Hätten  wir  z.  B.  ein  Tannin  mit 
85  Proc.  durch  Thierhaut  fällbarer  Substanz,  so  würden  wir  von  einer 
Lösung  von  2s  in  l1  nach  Gantter 's  Methode  25cc  titriren  und  für  die 
fällbare  Substanz  42cc,5  Chamäleon  verbrauchen.  Nach  LöwenthaC  scher 
Methode  können  nicht  mehr  als  10cc  titrirt  werden,  und  man  wird 
etwa  8.5  Chamäleon  verbrauchen.  Einem  Procent  Tannin  entsprechen 
demnach  nach  Gantter  0,50  und  nach  Löwenthal  0C(',1  Chamäleon. 

Nehmen  wir  nun,  was  für  die  Löwenthal' sehe  Methode  in  diesem 
Falle  nicht  zu  viel  gerechnet  ist,   einen  Titrirfehler   von  0cr',30  beider- 


368  Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode. 

seits  als  möglich  an.  BO  würde  man  nach  (iantter  einen  Fehler  von 
0,60  Proc,  nach  Löicenlhal  aber  einen  eben  solchen  von  3,0  Proc.  im 
Endresultat  als  erlaubt  anzusehen  haben. 

Auf  die  Untersuchung  der  Gerbmaterialien  übergehend,  fanden  wir 
sehr  bald,  dafs  die  Oxydationen  sich  hier  lange  nicht  so  gleichmäfsig 
abwickelten  wie  beim  Tannin.  Je  nachdem  wir  langsamer  oder 
schneller  titrirten,  je  nachdem  mehr  oder  weniger  gekocht  wurde  u.  s.w., 
ergaben  sich  ziemlich  starke  Abweichungen,  die  beispielsweise  bei 
einem  Valoneaauszug,  für  einen  Gesammtverbrauch  von  etwa  50cc,  im 
Maximum  bis  zu  2CC,5  gingen.  Das  stimmt  vollständig  mit  Procter» 
Angabe  und  hat  das  unserem  Dafürhalten  nach  seinen  Grund  haupt- 
sächlich darin,  dafs  die  Nichtgerbstoffe  hier  so  stark,  und  dabei  nicht 
immer  gleichmäfsig,  in  Mitleidenschaft  gezogen  werden.  Da  es  uns 
nun  nicht  daran  lag,  die  Methode  durch  eine  abfällige  Kritik  zu  be- 
seitigen, so  haben  wir  es  versucht,  dieselbe  nach  Analogie  der  Löwen- 
thal'schen  Methode  dadurch  brauchbar  zu  machen,  dafs  wir  uns  ein 
bestimmtes  Verfahren  feststellten  und  dieses  dann,  bis  in  die  kleinsten 
Details  hinein,  später  immer  wieder  befolgten.  Damit  sind  wir  dann 
zu  ganz  brauchbaren  Resultaten  gekommen.  Ehe  wir  indessen  dieses 
Verfahren  beschreiben,  wollen  wir  noch  auf  einen  Punkt  besonders 
aufmerksam  machen. 

Zu  Ende  des  Versuches  bildet  sich  der  erwähnte  braune  Nieder- 
schlag von  Manganhydrat.  Dieser  verschwindet  zuerst  beim  Kochen, 
wird  aber  zuletzt  bleibend,  so  dafs  er  sich  auch  bei  längerem  Sieden 
nicht  mehr  löst.  Da  es  nun  wesentlich  ist,  dafs  man  die  Flüssigkeit 
bei  jedem  Versuche  möglichst  gleichmäfsig  und  nicht  bald  mehr,  bald 
weniger  kocht,  so  haben  wir  uns  zur  Regel  gemacht,  die  Chamäleon- 
lösung stets  zu  ganzen  Cubikcentimetern  zuzusetzen  und  dann  höchstens 
1  Minute  lang  zu  kochen.  Anfangs  wird  der  Niederschlag  bei  dieser 
Kochdauer  schneller  gelöst,  dann  geht  es  langsamer,  —  weiter  färbt 
sich  die  zuerst  farblose  Flüssigkeit  dauernd  braun,  und  es  bleibt,  bei 
fortgesetztem  Chamäleonzusatz,  nach  dem  Kochen  von  1  Minute  erst 
ein  geringer  und  endlich  ein  starker  Niederschlag  zurück.  Bei  diesem 
Punkte,  wo  man  dann  mit  dem  Kochen  aufhört,  soll  ein  wirklich  deut- 
licher starker  Niederschlag  vorhanden  sein.  Schliefst  man  zu  früh, 
wenn  die  Flüssigkeit  nur  erst  braun  geworden  ist  oder  wenn  erst 
einige  braune  Flocken  in  derselben  herumschwimmen,  so  fallen  die 
schliefslichen  Resultate  zu  klein  aus  und  die  Titrationen  stimmen  unter 
eiuander  auch  schlecht  überein.  Andererseits  soll  man  aber  auch  den 
Niederschlag  nicht  allzusehr  anwachsen  lassen,  weil  dann,  bei  immer 
weitergehendem  Chamäleonzusatz  und  fortgesetztem  Kochen,  zu  Folge 
etwas  weiter  gehender  Oxydation,  ein  wenn  auch  geringer,  so  doch 
merkbar  wachsender  Mehrverbrauch  im  Endresultat  sich  geltend  macht. 
Mit    dem   abwechselnden  Chamäleonzusatz   und  Kochen   hört   man   also 


Prüfung  der  Gantter'sehen  GerbstofFbestirnmungsmetbode. 


369 


gerade  dann  auf,  wenn  der  Niederschlag  ein  starker  geworden  ist. 
Dieser  Punkt  ist,  sobald  man  darauf  achtet  und  sich  einigermafsen  ein- 
geübt hat,  nicht  schwer  gleichmäfsig  zu  treffen.  Wir  haben  uns  den 
bis  zu  diesem  Punkte  erfolgten  Chamäleonverbrauch  stets  notirt  und 
nur  solche  Titrationen  gelten  lassen,  bei  denen  dieser  erste  Chamäleon- 
verbrauch (I)  den  Chamäleonverbrauch  (II)  des  Schlufsresultates  um 
1  bis  2CC  übertraf.  Wir  haben  stets  zwei  Titrationen  ausgeführt  und 
es  meist  gleich  schon  bei  der  ersten  so  getroffen,  dafs  der  Chamäleon- 
verbrauch I  mindestens  um  etwas  gröfser  war  als  IL  Bei  der  zweiten 
Titration  wurde  der  Ueberschufs  bei  I  dann  absichtlich  um  lcc  höher 
gehalten  und  aus  beiden  Versuchen  schliefslich  das  Mittel  genommen. 
Die  folgende  Versuchsreihe  mit  eiuem  Valoneaauszug  (7?  in  l1) 
zeigt  die  verschiedenen  Endresultate  (II),  je  nachdem  man  mit  der 
<  >\\  dation  des  Tannins  bei  Siedhitze  (Chamäleonverbrauch  I)  früher 
oder  später  aufhört.  Es  wurden  stets  10cc  des  Auszuges  mit  der 
gleichen  Meu°e  Schwefelsäure  versetzt  und  dann  titrirt: 


Kr. 


Aussehen  der  Flüssigkeit  nach 
Zusatz  I  und  Kochen  von  1  Minute 


Chamäleon- 
verbrauch I 


Chamäleonverbrauch  II 
Endresultat 


Ganz  klar,  geringe  Braunfärbung 
Einige  braune  Flocken    .     .     . 
Ziemlich  starker  Niederschlag 
Sehr  starker  Niederschlag    .     . 


24 
24 
25 
25 
26 
2(3 
27 
2? 
28 
28 
29 
29 
31 
31 
31 


25.1 
25.3 
25.9 
25.9 
26,1 
26,1 
26.4 
26.4 
26,8 
26.9 
26.9 
27.0 
26.9 
27.3 
27.2 


25.20 


27.13 


Nach  unserer  Art  zu  titriren  würden  wir  hier  bei  4  und  5  ge- 
schlossen und  aus  den  Zahlen  26,40  und  26,85  das  Mittel  26,63  ge- 
nommen haben.  Nach  Zusatz  der  Chamäleonmenge  I  ist  dann,  aber 
ohne  weiteres  Kocheu,  noch  ein  Chamäleonzusatz  von  ungefähr  5CC  ge- 
macht worden,  Oxalsäure  im  Ueberschufs  zugesetzt  und  diese  dann 
genau  zurücktitrirt.  Die  hierauf  bezüglichen  Zahlen  sind  als  unwesent- 
lich in  obiger  Tabelle  nicht  angeführt.  Dafs  die  Oxydation  eine  wirklieh 
scharfe  Grenze  nicht  hat,  sondern  bei  fortgesetztem  Chamäleonzusatz 
und  Kochen,  wenn  auch  langsam,  fortschreitet,  geht  aus  dieser  Versuchs- 
reihe ganz  deutlich  hervor. 

Eine  Gallussäurelösung  ergab  bei  der  Titration  nach  Gantt er  scher 
Methode  für  die  Gallussäure  einen  Sauerstoffverbrauch  von  88,79  Proc. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  8.  1890  III.  \>4 


370  Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode. 

der  zur  vollständigen  Oxydation  erforderlichen  Menge.  Traubenzucker 
zu  1«  in  l1  gelöst  und  10C('  titrirt,  ergab  einen  SauerstofFverbrauch  von 
59,78  Proc.  derjenigen  Menge,  die  zur  vollständigen  Oxydation  nöthig 
sein  würde.  Eine  solche  Traubenzuckerlösung  wird  bei  den  Verdün- 
nungsverhältnissen der  LöwenthaC sehen  .Methode  von  Chamäleon  absolut 
nicht  angegriffen,  ein  Beweis,  dafs  die  Nichtgerbstoll'e  heim  Gantter'schen 
Verfahren  zu  eiuer  viel  verhängnifsvolleren  Fehlerquelle  werden  müssen. 

Das  Verfahren,  das  wir  bei  den  Titrationen  einhielten,  ist  nun 
folgendes: 

Man  bringt  die  zu  titrirende  Flüssigkeit  mit  der  verdünnten  Schwefel- 
säure in  einen  Kochkolben  von  etwa  350cc  Inhalt,  erhitzt  über  der 
Gasflamme  bis  zum  Sieden,  vermeidet  aber  grundsätzlich  jedes  weitere 
Kochen.  Man  nimmt  den  Kolben  vom  Feuer  und  läfst  die  Chamäleon- 
lösung möglichst  gleichmäfsig  zu  einzelnen  Cubikcentimetern  zufliefsen, 
indem  man  nach  jedem  Zusatz  etwas  (bis  5  Secunden  lang)  umschüttelt. 
Die  Flüssigkeit  kühlt  dabei  ab  und  die  zuerst  eintretende  Röthung  ver- 
schwindet immer  laugsamer  und  langsamer.  Sobald  die  Röthung  beim 
Umschütteln  innerhalb  5  Secunden  nicht  mehr  verschwindet,  setzt  man 
den  Kolben  wieder  über  die  Flamme  und  erhitzt  zum  Sieden.  Dann 
läfst  man  die  Chamäleonlösung  wieder  wie  zuerst  zufliefsen,  nur  dafs 
man  jetzt,  sobald  der  Niederschlag  erscheint,  nach  jedem  Zusatz  bis 
1  Minute  lang  über  der  Flamme  erhitzt.  Dies  setzt  man  fort,  bis  ein 
starker  Niederschlag  innerhalb  der  Kochdauer  von  genau  1  Minute 
nicht  mehr  merkbar  abnimmt.  Den  Chamäleonverbrauch  bis  zu  diesem 
Punkte  notirt  man  sich,  und  soll  derselbe  1  bis  2CC  mehr  betragen  als 
der  Verbrauch  beim  Endresultat.  Dann  werden,  ohne  weiteres  Kochen, 
noch  etwa  5CC  Chamäleonlösung  zugegeben,  umgeschüttelt  und  die  Oxal- 
säurelösung allmählich  unter  Umschütteln  zugesetzt,  bis  vollständig 
klare  Lösung  erfolgt  ist. 

Endlich  titrirt  man  die  überschüssige  Oxalsäure  mit  Chamäleon 
zurück  und  schliefst,  wenn  die  Röthung  sich  eine  halbe  Minute  lang 
deutlich  erhält.  Hat  man  aus  Versehen  übertitrirt,  so  ist  der  Ueberschufs 
an  Chamäleon  durch  Oxalsäure  leicht  zu  entfernen,  während  bei  der 
Löwenthal' sehen  Methode  der  Versuch  in  diesem  Falle  verloren  ist. 

Um  auch  bei  den  Gerbmaterialien  möglichst  gleichmäfsig  zu  ar- 
beiten, extrahiren  wir  dieselben,  ebenso  wie  zur  Arbeit  nach  Löwenthal- 
scher  Methode,  in  solchen  Mengen,  dafs  ungefähr  2e  gerbende  Sub- 
stanzen in  l1  zugegen  sind.  Man  exti-ahirt  demnach  Eichen-  und 
Fichtenrinde  zu  20s  auf  l1,  bei  Sumach  und  Quebrachoholz  und  Mi- 
mosenrinde nimmt  man  10  bis  7s  bei  Valonea,  Knoppern,  Myrobalanen 
7  bis  5s,  bei  Dividivi  und  Algarabilla  etwa  •">'-.  hei  festem  Quebrachoextracl 
nehmen    wir   3   bis   4s. H     Von   diesen   Lösungen    titrirt   man   10cc  unter 


8  Hier  dürfte  es  sich  nach  unseren  Resultaten  empfehlen,  etwas  mehr  zu 
lösen  iin<l  die  Scliwet'elsäuremenge  entsprechend  zu  steigern. 


Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode.  371 

Zusatz    von    10cc   verdünnter    Schwefelsäure.      Von    den    Hautfiltraten 
werden  ebenfalls  10cc  unter  Zusatz  der  gleichen  Menge  Säure  titrirt. 

Bezüglich  der  Behandlung  mit  Thierhaut  sagt  Ganlter  S.  380  seiner 
Abhandlung  mit  Rücksicht  auf  die  Eichenrinden:  „Selbstverständlich 
mufs  man  eine  zweite  Portion  des  Auszuges  auch  nach  der  Fällung 
mit  Maut  in  der  angegebenen  Weise  titriren  und  den  Chamäleon- 
verbrauch in  Rechnung  nehmen.  Derselbe  ist  jedoch  in  der  Regel  so 
gering,  dafs  er  bei  Bestimmungen  für  technische  Zwecke  vernachlässigt 
werden  kann."  Wie  Gantter  zu  diesem  letzteren  Satze  kommt,  ist  uns 
nicht  recht  begreiflich.  Bei  seiner  Methode,  wo  alle  organischen  Nicht- 
gerbstoff'e  ziemlich  stark  mitoxydirt  werden,  führt  die  Vernachlässigung 
des  Hautfiltrates  zu  ganz  aufserordentlich  grofsen  Differenzen.  Bei  der 
Rechnung  nach  dem  Gesammtchamäleouverbrauch  erhöhen  sich  die 
Resultate  nicht  nur  absolut  sehr  stark,  sondern  auch  bei  den  ver- 
schiedenen Gerbmaterialien  ganz  ungleichmäfsig,  je  nachdem  dieselben 
im  Verhältnifs  zum  Gerbstoff,  mehr  oder  weniger  Nichtgerbstoffe  ent- 
halten. Das  geht  am  besten  aus  folgendem  Vergleich  für  Fichtenrinden, 
Eichenrinden,  Knoppern  und  Quebracho  hervor.  Bei  Fichtenrinden  wird 
das  Resultat  um  mehr  als  die  Hälfte  gröfser,  bei  Knoppern  etwa  um  !4, 
bei  Quebracho  nur  um  13  Proc.  Das  entspricht  vollständig  dem  wech- 
selnden Gehalte  an  Nichtgerbstoffen : 

I  II 

Mit  Vernachlässigung        Mit  Berechnung  Bei  1  mehr 

des  Hautfiltrates   '        des  Hautfiltrates  wenn  11  =  100 


Fichtenrinden 
Eichenrinden 


(  16,00  9.50  68,4 

(  28.50  18,50  54,1 

j  12.10  7,70  57,1 


21.10  14,85        '  42,1 

«--mn« .  j>  36.11  28,21  28,1 

K™wm |  38.h(  30;64  25;0 

Quebrachoholz      .     .     .       37,60  33,20  13,3 

quebrachoextract  .      .     .       108.50  96,00  13,0 

Wir  haben  die  Gerbmaterialauszüge  von  der  angegebenen  Con- 
centration,  bei  Ausführung  der  Gantter'schen  Methode,  in  derselben 
Weise  mit  Hautpulver  behandelt,  wie  man  das  bei  der  vereinbarten 
Löwenthal' sehen  Methode  thut,  und  demgemäfs  50cc  mit  3?  Hautpulver 
unter  zeitweiligem  Anschütteln  18  bis  24  Stunden  lang  digerirt.  Neben- 
bei wurde  zum  Vergleich  der  Resultate  in  denselben  Lösungen  die 
Gerbstoffbestimmung  auch  nach  der  indirekt  gewichtsanalytischen  Me- 
thode ausgeführt.9  Da  die  Ausfällung  des  Gerbstoffes  hier,  durch  die 
vollkommenere  Behandlung  der  Lösungen  mit  der  Haut,  eine  etwas 
weiter  gehende  ist,  so  haben  wir  stets  auch  die  sich  bei  der  Gewichts- 


9  Die  Art  und  Weise,  wie  diese  Methode  im  Tharander  Laboratorium  von 
jeher    ausgeführt  wurde,  ist  zu  ersehen:  D.  p.  J.  1888  269  38  und  82  aus  dem 

Artikel  „Ueber  Differenzen,  welche  bei  Gerbstoffbestimmungen  entstehen  können 
durch  wechselnde  Ausscheidungen  schwer  löslichen  Gerbstoffes,  sowie  durch 
Gerbstoffabsorption  des  Filtrirpapieres";  von  Prof.  r.  Schröder. 


372 


Präfang  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode. 


methode  ergebenden  Hautfiltrate  nach  Ganttefscher  Methode   titrirt,  — 

hiernach  dann  ebenfalls  die  Gant t er* scheu  Zahlen  berechne!  und  auch 
diese  mit  den  Gewichtszahlen  verglichen.  Die  Ergebnisse  der  Gantter- 
schen  Methode  sind  dann  natürlich  etwas  höher,  da  wir  iudessen  auch 
auf  diese  Art  niemals  wirkliche  Uebereinstimmungen  mit  der  Gewichts- 
methode erzielten,  so  sollen  diese  Zahlen  nur  gelegentlich  erwähnt 
werden,  und  es  beziehen  sich  alle  in  Folgendem  angegeheue  Gantler- 
sche  Zahlen,  wenn  nichts  Besonderes  dabei  erwähnt  ist,  immer  auf 
Hautfiltrate,  bei  denen  50cc  der  Lösungen  18  bis  24  Stunden  lang  mit 
3^  Hautpulver  behandelt  sind. 

Von  Eichenrinden  wurden  7  Proben  mit  sehr  wechselnden  Gehalten 
untersucht.  Die  Resultate  ergeben  sich  aus  folgender  tabellarischer 
Zusammenstellung : 


1 

2 

3 

4 

Ganttei 

'sehe  Gerbstoff- 

-=■ 

■H 

~-.   9) 

-     '5 

pi'oeeint 

£ 

■  2 

CN 

ooö^"  u 

TS     1    "" "    ~ 

<jj  p 

—   .    s-  <u 

a 

b 

Differenz 
a-b 

3& 

S 

CS 

Gewicli 

proceme 

Mittelfacto 

nach  1  ben 

Unter 

mehr  (+) 

weniger 

berechnet 

i  gelun 

7,70 

7,45 

0,25 

7,58 

7,95 

1,049 

7,81 

-0.14 

14,85 

14,85 

0,00 

14,85 

15,29 

1,030 

15,31 

+  0,02 

7,92 

7,95 

O.03 

7,94 

8,54 

1,076 

8,19 

—  0.35 

9,40 

9,15 

0,25 

9,28 

9,71 

1,046 

9,57 

—  0,14 

10,57 

10,77 

0,20 

10.1)7 

10,20 

0,956 

11,00 

+  0,80 

9,57 

9,40 

0,17 

9,49 

10,44 

1,100 

9,78 

—  0,66 

17,80 

17,79 

0,01 

17.80 

17,05 

0,958 

18,35 

+  1.30 

Zunächst  geht  aus  dieser  Tabelle  hervor,  dafs  nach  der  Gantler- 
schen  Methode,  unter  der  Voraussetzung  gleich mäfsiger  Arbeit,  von 
verschiedenen  Analytikern  gut  übereinstimmende  Resultate  gefunden 
werden  können.  Die  Zahlen  unter  a  sind  von  Dr.  Päfsler  bestimmt, 
die  unter  b  zum  Theil  von  Herrn  Assistent  Bartels  zum  Theil  von  Prof. 
v.  Schröder.  Diese  Uebereinstimmung  ist  um  so  bemerkenswerther,  als 
dieselbe  sich  gleich  zu  Anfang,  sobald  nur  auf  gleichmäfsiges  Arbeiten 
gehalten  wurde,  ohne  grofse  Schwierigkeit  herausstellte.  Nach  der 
Löwenthaf  sehen  Methode  lassen  sich  derartige  Uebereinstimmungen 
gewifs  ebenfalls  erhalten,  es  gehört  dazu  aber  ein  bedeutendes  Mafs 
von  Uebung,  die  nicht  nach  Ausführung  der  ersten  paar  Analysen  zu 
erreichen  ist.  Was  nuu  die  Uebereinstimmung  der  Gantier  sehen  Zahlen 
(1)  mit  den  unter  2  angeführten  Resultaten  der  indirekt  gewichts- 
analytischen Gerbstoff bestimmungsmethode  anbelangt,  so  ist  allerdings 
nicht  zu  leugnen,  dafs  dieselben  eine  sehr  annähernd  zutreffende  ist, 
und  wir  können  daher  auch  in  dieser  Beziehung  die  Gantter'schen  An- 
gaben in  der  Hauptsache  nur  bestätigen.  Während  diese  Zahlen  aber 
bei  Gander  im  Mittel  eine  fast  absolute  Uebereinstimmung  zeigen,  so 
sind    die   Titrirresultate    hier  im    Durchschnitt    etwas    kleiner   und  ver- 


Prüfung  der  Gantter'schen  Ucrbstoffbestimmungsmethode.  373 

halten  sich  zu  den  Gewichtszahlen  wie  1  : 1,031.  Diese  Uebereinstim- 
mung wird  auch  nicht  besser,  wenn  man  die  Gantter  sehen  Zahlen  nach 
den  bei  der  Gewichtsmethode  erhaltenen  und  titrirten  Hautfiltraten  be- 
rechnet. Die  Gantter'schen  Zahlen  stimmen  in  diesem  Falle  ebenfalls 
annähernd  mit  den  Gewichtszahlen  überein,  sie  stellen  sich  aber,  wie 
hier  im  Durchschnitt  etwas  kleiner,  bei  dieser  Berechnung  dann  im 
Mittel  bestimmt  etwas  gröfser  als  die  Gewichtsresultate  heraus.  Das 
geht  aus  folgendem  Vergleich  hervor: 

I  II 

Gewichtsznhl  e£"*£!?h«  Z:M  T'1  Faktür 

IlnuKlltrat  nach  I  1 :  11 

7,95  8,18  0,972 

15,29  15,85  ü,965    j 

s:i1  8,64  0.988   / 

9,7J  9,77  0,994       0,965 

10 •'-«»  11,43  0,892   [ 

10,44  10,28  1016    1 

17,05  18,44  o,925 

Der  Ganttef  sehe  Factor  zur  Umwandlung  seiner  Zahlen  in  Gewichts- 
procente  wurde  0,998  betragen,  und  liegt  dieser  Werth  gerade  in  der 
Mitte  zwischen  den  beiden  Werthen  1,031  und  0,965,  die  bei  uns  die 
eine  oder  andere  Berechnungsweise  ergeben  würde.  Eine  wirkliche, 
genaue  Uebereinstimmung  ist  also  jedenfalls  nicht  vorhanden,  und  wir 
legen  auf  die  annähernde  Uebereinstimmung  bei  Eichenrinden  und 
Fichtenrinden  um  so  weniger  einen  Werth,  da  sich  theoretisch  darüber 
nicht  viel  sagen  läfst  und  bei  anderen  Gerbmaterialien  zum  Theil  sehr 
grofse  Abweichungen  in  den  Resultaten  beider  Methoden  unzweifelhaft 
hervortreten.  Aus  diesem  Grunde  sind  wir  auch  entschieden  nicht 
dafür,  dafs  die  Gantter'schen  Zahlen  in  die  Praxis  eingeführt  werden. 
Die  Gantter sehen  Zahlen  sind,  genau  ebenso  wie  die  Löwenthal' sehen 
Zahlen,  nur  relative  auf  Tannin  bezogene  Werthe,  die  man  deshalb 
auch  nur  für  ein  und  dasselbe  Gerbmaterial  unter  einander  vergleichen 
kann.  Während  die  Löxcenthar  sehen  Zahlen  aber  immer  kleiner  aus- 
fallen als  die  Gewichtsprocente,  sind  die  Gantter'schen  Zahlen  bald 
kleiner,  bald  annähernd  ebenso  grofs,  bald  wesentlich  gröfser  als  die 
Gewichtszahlen,  und  geben  für  verschiedene  Gerbmaterialien,  mit  ein- 
ander verglichen,  ein  noch  unzutreffenderes  Bild  vom  wirklichen  Gerb- 
stoffgehalt als  die  Löwenthal' sehen  Procente. 

Deshalb  ist  die  Gantter'sche  Methode  aber  ebenso  wenig  vollständig 
zu  verwerfen  wie  die  Lö«Y«/Aafsche  Methode.  Stellt  man  sich  durch 
Vergleich  mit  der  Gewichtsmethode  für  jedes  Gerbmaterial  einen  durch- 
schnittlichen Heductionsfactor  fest,  so  hat  man,  ebenso  wie  bei  der 
Um-ent/mf  sehen  Methode,  ein  Mittel  in  der  Hand,  aus  den  Titrir- 
resultaten  die  Gewichtszahlen  sich  abzuleiten.  Dafs  die  Gantter'sche 
Methode  in  ihrer  Anwendbarkeit  viel  beschränkter  ist,  haben  wir  schon 
hervorgehoben,  bei  Gerbmaterialien  würde  die  Umrechnung  aber  ganz 


374  Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode. 

gut  gehen,  und  es  handelt  sich  nur  darum,  festzustellen,  ob  mau  auf 
diese  Art  mit  der  Gantter'  scheu  Methode  leichter  und  besser  zum  Ziele 
kommt.  In  der  mitgetheilten  Tabelle  haben  wir  unter  4  die  Um- 
rechnung mit  dem  Mittelfactor  1,031  ausgeführt.  Die  Uebereinstimmung 
mit  den  Gewichtszahlen  unter  2  kann,  abgesehen  von  der  letzten 
Analyse,  eine  ganz  befriedigende  genannt  werden.  Man  darf  eben 
nicht  vergessen,  dafs  man  es  hier  mit  Gerbstotl'titrationen  und  nicht  mit 
Mineralanalysen  zu  thun  hat.  Aber  selbst  die  letzte  Analyse  mit  der 
maximalen  Abweichung  von  1,30  Proc.  erscheint  durchaus  nicht  so 
schlecht,  wenn  man  dabei  in  Betracht  zieht,  wie  grofs  die  Differenzen 
der  Löwenthal' sehen  Methode  werden  können  bei  der  ungleichmäfsigen 
Art,  wie  dieselbe  in  der  Praxis  thatsächlieh  jetzt  sehr  häutig  gehandhabt 
wird.  Dafür  geben  uns  die  Gantter' sehen  Titrationen  nach  Löwenthal 
für  Eichenrinden  den  besten  Beweis. 

Bei  genauer  Befolgung  der  Vereinbarung  und  möglichst  gleich- 
mäfsiger  Arbeit  schwankte  der  Reductionsfactor  zur  Umwandlung  der 
Löwenthal' sehen  Zahlen  in  Gewichtsprocente  für  Eichenrinden  in  Tharand 
von  1,40  bis  1,31  und  beträgt  im  Mittel  1,36.  Dieselbe  Zahl  1,36  be- 
rechnet sich  im  Mittel  nach  vier  Bestimmungen,  die  von  der  Wiener 
Versuchsstation  für  Lederindustrie  ausgeführt  wurden.  10  Herr  Dr.  Koch 
in  Leipzig  hat  unlängst  in  der  Deutschen  Gerberzeitung^  einige  Zahlen 
angegeben,  bei  denen  dieser  Reductionsfactor  von  1,33  bis  1,37  geht, 
im  Mittel  also  1,35  beträgt.  Nach  Gantler  ist  die  Schwankung  des- 
selben Factors  1,91  bis  2,37,  im  Mittel  2,07.  Wenn  ein  Gerber  nun 
ein  und  dieselbe  Eichenrinde,  mit  beispielsweise  12  Proc.  gerbenden 
Stoffen  nach  der  Gewichtsmethode,  in  diesen  vier  Laboratorien  analv- 
siren  liefse,  so  würde  er  von  den  drei  ersten  die  Löwenthal' sehen  Zahlen 
8,82  Proc,  8,82  Proc.  und  8,88  Proc.  erhalten,  aus  dem  vierten  dagegen 
die  Zahl  5,80  Proc.  Im  letzteren  Falle  also  3  Proc.  zu  wenig,  und 
doch  soll  hier  ebenfalls  nach  der  Vereinbarung  gearbeitet  worden  sein.12 
Ein  direkter  Vergleich  der  LöwenthaC  sehen  Zahlen  ist  also  hier  ganz 
unmöglich. 

Bei  Benutzung  der  Gantter  sehen  Methode  müfsten  wir  dagegen, 
obgleich  eine  Vereinbarung  bezüglich  der  Ausführung  zwischen  uns 
nicht  existirt,  im  Mittel  gewifs  sehr  nahezu  übereinstimmen,  indem 
Gantter  für  die  betreffende  Eichenrinde  mit  12  Proc.  gerbenden  Sub- 
stanzen 12,04  Proc.  und  wir  11,64  Proc.  finden  würden.  Dabei  wäre, 
mit  Rücksicht  auf  die  gröfsten  Schwankungen  unserer  Reductions- 
factoren,  im   äufsersten  Falle  eine  Abweichung   von  -f-  0.93  Proc.   uud 

10  Gerber,  1887  Nr.  296  S.  4. 

H  Deutsche  Gerberzeitung,  1890  Nr.  45. 

12  Wir  fassen  das  wenigstens  so  auf,  weil  Gantter  den  Ausdruck  „Cubik- 
centimetermethode"  gebraucht  —  obgleich  das  cubikcentiineterweise  Zusetzen 
der  Chamäleonlösung  das  Wesen  der  Vereinbarung  keineswegs  ausreichend 
charaUterisirt. 


Prüfung  der  Qantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode.  375 

—  0,73  Proc.  zu  erwarten,  während  wir  bei  der  Löwent harschen  Me- 
thode schon  im  Mittel  mit  Gantter  um  3  Proc.  dill'eriren.  Noch  viel 
schlimmer  wird  die  Sache,  wenn  man  eine  entsprechend  ungleich- 
mäi'sige  Handhabung  der  Löwenthal}schen  Methode  für  hochgradige 
Objekte  wie  z.  B.  feste  Quebrachoextracte  annimmt.  Hier  können  die 
Dill'erenzeu  dann  bis  zu  15  Proc,  ja  selbst  noch  höher  steigen,  und 
wir  sind  durch  mancherlei  Erfahrungen  aus  der  Praxis  veranlafst  zu 
glauben,  dafs  solche  colossale  Abweichungen  gelegentlich  wirklich  vor- 
gekommen sind. 

Die  Ganttersche  Methode  bietet,  wie  diese  Betrachtungen  für 
Eichenrinden  gezeigt  haben,  eine  wesentlich  gröfsere  Sicherheit.  Sie 
ist  viel  leichter  einzuüben  sowie  auch  leichter  gleichmäfsig  zu  hand- 
haben, und  man  riskirt  bei  derselben  lange  nicht  so  grofse  Abweichungen, 
wie  sie  durch  ungleichmäfsige  Arbeit  bei  der  Löu-enthal'schen  Methode 
entstehen  können.  Sie  empfiehlt  sich  daher,  wo  sie  überhaupt  an- 
wendbar ist,  als  Ersatz  der  letzteren  namentlich  für  solche  Laboratorien, 
die  Gerbstoil'bestimmungen  nur  gelegentlich  ausführen.  Wo  man  sich 
dagegen  auf  die  Löwenthal' sehe  Methode  wirklich  gut  eingeübt  hat, 
wird  das  Ganttersche  Verfahren  keinen  wesentlichen  praktischen  Nutzen 
bringen,  denn  bei  hochgradigen  Objekten  wie  gerbstoffreichen  Extracten 
u.  s.  w.  greift  man  so  wie  so  lieber  zur  indirekt  gewichtsanalytischen 
Methode.  Unserem  Dafürhalten  nach  wäre  es  am  richtigsten,  in  der 
Praxis  der  Gerbmaterialuntersuchungen  die  Zahlen  der  Gewichtsmethode 
als  allein  mafsgebend  gelten  zu  lassen,  und  dabei  müfste  es  dem  Urtheile 
und  Geschicke  eines  jeden  Chemikers  überlassen  bleiben,  ob  er  diese 
Zahlen  im  Einzelfalle  direkt  mit  der  Gewichtsmethode  oder  mit  Hilfe 
der  Löicenthal'schen  oder  Gantter  sehen  Methode  feststellen  will.  Im 
Streitfalle  würde  dann  aber  immer  die  Gewichtsmethode  entscheidend 
sein,  und  die  Anwendung  einer  der  beiden  Titrirmethoden  müfste,  bei 
nachgewiesenen  praktisch  ins  Gewicht  fallenden  Differenzen,  als  Aus- 
rede nicht  gelten  dürfen. 

Die  Resultate,  die  wir  bei  den  übrigen  Gerbmaterialien  erhielten 
und  auf  die  wir  uns  vorstehend  schon  mehrfach  bezogen  haben,  sind 
aus  der  nachfolgenden  Tabelle  (S.  376)  im  Einzelneu  zu  ersehen. 

Aus  der  Tabelle  ergibt  sich  bestimmt,  dafs  man  keineswegs  durch- 
gehend annähernd  dieselben  Werthe  erhält  wie  nach  der  Gewichts- 
methode. Die  Ergebnisse  sind  daher  ebenso  wie  die  Löwenthal' sehen 
Zahlen  nur  relative  Werthe,  die  für  verschiedene  Gerbmaterialien  nur 
unter  Anwendung  von  Reductionsfactoren  verglichen  werden  dürfen. 
Auch  bei  Untersuchungen  von  Gemischen  verschiedener  Gerbstoffe  ist 
dieser  lediglich  relative  Werth  der  Titrirresultate  nie  aufser  Acht  zu 
lassen,  da  man  sonst  leicht  in  die  Lage  kommen  kann,  Schlüsse  zu 
ziehen,  die  jeden  Sinnes  entbehren. 

Aus  der  Tabelle  geht  aber   weiter   auch   hervor,    dafs    man   unter 


376 


Prüfung  der  Gantter'schen  GerbstoflFbeetimmungsmethode. 


Bezeichnung 

1                   -1 

GerbBtoffgehalte 

Proc. 

3                4 
Factoren  1  :  2 

Mi 

5 

=     t 

Fl 

6 

!_                     CS 

-  —  -Ji  0 

Fichtenrinden  . 

9.74 

t8,4a 

9.55 
18.45 

1,020 
0,998 

J  1,009 

9.64 
18.62 

—  0,10 
+  0,20 

Yaloneen 

21,75 

24.5(1 
25,64 
30,78 
30,85 
32,36 
34,54 

17.75 
18.80 
20,00 
23,93 
25.14 
25.43 
26,71 

1.225 
1,303 
1.282 
1.286 
122*3 
t'259 
1.293 

1,268 

22,51 
23,84 
25,36 

30.34 
31,88 
32.25 
33.87 

+  0.76 

—  0.66 

—  0,28 

—  0.44 
+  1,03 

—  0.11 

—  0.67 

Eichenholzextracte 

22,83 
25,58 

17,97 
20,45 

1.270 
1,251 

|  1,261 

22.66 

25.78 

—  0.17 

+  0.20 

1 
Diridivi  .      .      .     . 

4().in 
42.21 
49,21 

33.64 
35.21 
40.09 

1,191 

1.199 
1,227 

(  1,206 

40.57 
42.56 
48.35 

+  0.50 
+  0.35 
—  0.86 

Knoppern    .     .     . 

24.08 
32.78 
35.29 

20,86 
28.21 
30.64 

1.154 
1.162 
1.152 

(  1,156 

24.11 
32.61 
35.42 

-f-  0.03 
—  0.40 
+  0.13 

Alparobilla       .     . 

42,21 

42,78 
43.64 

36,29 
37,29 
37,71 

1.163 
1.147 
1,157 

|  1454 

41.88 
43.03 
43.52 

—  0,33 
+  0.25 

—  0  12 

Myrobalanen    .     . 

31,15 

39,00 

27,86 
33,43 

1.118 
1.167 

j  1.143 

31.84 
38,21 

+  0.69 
—  0,79 

Sumach  .... 

28,78 
29,15 
29,86 

25,36 
25,43 
26,29 

1,135 
1.146 
1,136 

[  1,139 

28,89 
28,96 
29,94 

+  0.11 
—  0.19 

+  0,08 

Mimosenrinden 

23,90 

40,90 

29,20 

49.57 

0.818 
0.825 

|  0,822 

24.00 
40.75 

+  0,10 

—  0.15 

Quebrachoholz  . 

Teigförmige     Que- 
brachoextracte  . 

Feste     Quebracho- 
extracte    . 

25.30 
47.80 
48,57 
49,77 
68.80 
69,83 
72,75 

33,20 
62,77 
61.05 
62,23 
88,38 
86,33 
96,00 

0.762 
0.762 
0,797 
0.800 
0.778 
0.809 
0,758 

'  0,781 

25.93 
49.02 
47.68 
48,60 
69.02 
67.42 
74,98 

+  0.63 
+  1,22 

—  0,89 

—  1.17 
+  0,22 
-2.41 
+  2,23 

Anwendung  von  Reductionsfactoren  die  Gantter  sehe  Methode  zur  Unter- 
suchung von  Gerbmaterialien  gut  gebrauchen  kann.  Man  wird  mit 
derselben  namentlich  bei  hochgradigen  Substanzen  zu  genaueren  Re- 
sultaten kommen  als  mit  der  Löwenthal' sehen  Methode.  Bei  festen 
Quebrachoextracten  wäre  eine  Uebereinstimmung  auf  2  bis  3  Proc. 
nach  Löicenthal' scher  Methode  schon  ein  sehr  gutes  Resultat,  das  eine 
sachgemäfse  Handhabung  der  Methode  voraussetzt.  Wir  ziehen  es 
allerdings  vor,  bei  gerbstotl'reichen  Extracten  u.  dgl.  vom  Titriren  ganz 
abzusehen  und  in  solchen  Fällen  die  Gewichtsmethode  selbst  anzu- 
wenden. Mit  dieser  wird  man  unseren  Erfahrungen  nach  auch  stets 
schärfere  Resultate   erhalten,   als   nach  Gantter's  Verfahren.     Was  den 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  377 

Einwand  Procter  s  bezüglich  der  löslichen  Hautbestandtheile  anbetrifft, 
so  kann  unserem  Dafürhalten  nach  hierin  eine  wesentliche  Fehlerquelle 
für  die  Gantter  sehe  Methode  nicht  liegen,  so  lange  man  mit  gutem 
Hautpulver  arbeitet.  Da  aber  schlechte  Hautpulversorten  mit  über- 
mäßig viel  in  Wasser  löslichen  Bestandteilen  nicht  selten  vorkommen 
und  diese  letzteren  natürlich,  wie  alle  anderen  gelösten  organischen 
Stoffe,  beim  Gantter'schen  Verfahren  mitoxydirt  werden,  so  wird  man 
immer  gut  tlnin,  das  zu  benutzende  Hautpulver  vorher  durch  einen 
Minden  Versuch  auf  seine  Brauchbarkeit  zu  prüfen.  Bei  der  Löiventhat- 
Bchen  Methode  braucht  man  bezüglich  der  Qualität  des  Hautpidvers 
keine  sehr  hohen  Anforderungen  zu  stellen. 

Zum  Schlufs  möchten  wir  noch  hervorheben,  dafs  wir  unseren  in 
der  letzten  Tabelle  mitgeteilten  durchschnittlichen  Reductionsfactoren 
selbst  keinen  all  zu  hohen  Werth  beimessen.  Man  wird,  wenn  man 
sich  mit  der  Gantter'sehen  Methode  mehr  einübt,  dieselbe  ohne  Zweifel 
auch  noch  sicherer  zu  handhaben  lernen.  Unsere  Analysen  genügen 
aber  jedenfalls,  um  zu  zeigen,  wie  abweichend  das  Verhalten  der  ver- 
schiedenen Gerbmaterialien  sich  herausstellt,  und  wenn  man  hier  die 
Extreme,  das  Quebrachoholz  einerseits  und  die  Valoneen  andererseits, 
mit  den  Eichen-  und  Fichtenrinden  vergleicht,  so  wird  man  sich  wohl 
nicht  dafür  erwärmen  können,  diese  direkten  Gantter'schen  Titrir- 
ergebnisse  ohne  Umrechnung  in  vergleichbare  Zahlen  in  die  Praxis 
einzuführen. 

Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

Bestimmung  des  Cadmiums  in  Produclen  der  Zinkfabrikation. 
W.  Minor  macht  darauf  aufmerksam,  dafs  bei  Bestimmung  des 
Cadmiums  in  dem  in  den  Zinkhütten  als  Nebenproduct  gewonnenen 
Cadmmmstaub  leicht  zu  viel  Cadmium  gefunden  wird,  da  beim  Fällen 
mit  Schwefelwasserstoff  in  Folge  des  hohen  Zinkgehaltes  leicht  Zink 
mitgefallt  wird. 

Minor  empfiehlt  deshalb  folgendermafsen  zu  verfahren:  20s  Cad- 
miumstaub  werden  in  Salzsäure  gelöst,  wobei  ein  gröfserer  Säureüber- 
schufs  zu  vermeiden  ist.  Die  tiltrirte  Lösung  verdünnt  man  auf  11, 
nimmt  davon  50cc  (=  lg  Cadmiumstaub),  verdünnt  auf  etwa  i/,l  und 
fällt  mit  Schwefelwasserstoff.  Der  auf  einem  gewogenen  Filter  ge- 
sammelte, mit  heifsem  Wasser  ausgewaschene  und  bei  110°  getrocknete 
Niederschlag  wird  nach  dem  Wägen  wieder  in  Salzsäure  gelöst  und 
abermals  mit  Schwefelwasserstoff  gefällt.  Man  wiederholt  dieses  Ver- 
fahren noch  zweimal;  es  ist  also  ein  viermaliges  Fällen  nothwendis, 
um  einen  Schwefelcadmiumniederschlag  von  constantem  Gewichte  zu 
erhalten. 

Beim  Auflösen   des   Schwefelcadmiums   ist   ebenfalls   ein   gröfserer 


378  Nein-  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

Säureüberschuß  zu  vermeiden,  und  berechnet  man  am  besten  nach  jeder 
Wägung  die  erforderliche  Menge  Säure,  indem  man  auf  08,4  CdO  (zu 
berechnen  aus  dem  Schwefelcadmiumniederschlage)  108  Salzsäure  (spec. 
Gew.  1,19)  verwendet  und  auf  250cc  verdünnt.  Entspricht  also  der 
Schwefelcadmiumniedersehlag  0:-,G  CdO,  bo  wären  15^  HCl  zu  verwenden, 
und  wäre  die  Losung  auf  375cc  zu  verdünnen. 

Ein  Auswaschen  des  Schwefelcadmiumniederschlages  mit  Alkohol 
und  Schwefelkohlenstoff  ist  vollständig  überflüssig. 

Man  kann  indessen  das  umständliche  viermalige  Fällen  nach  einem 
neueren  Vorschlage  von  Minor  auch  umgehen,  wenn  man  eine  be- 
stimmte Menge  der  zu  untersuchenden  Substanz  in  der  angegebenen 
Weise  in  Salzsäure  löst  und  zur  Trennung  des  Cadmiums  von  Eisen 
mit  Schwefelwasserstoff  fällt.  Den  Niederschlag,  dem  aufser  Schwefel- 
cad mium  stets  etwas  Schwefelzink  beigemengt  ist,  wäscht  mau  mit 
heifsem  Wasser  aus  und  löst  ihn  in  verdünnter  Salzsäure.  Die  filtrirte 
salzsaure  Lösung  erhitzt  man  sodann  zum  Sieden  und  trägt  sie  in  über- 
schüssige, verdünnte  Natronlauge  in  der  Siedehitze  ein.  Das  abgeschiedene, 
unlösliche  Cadmiumhydroxyd  wird  abfiltrirt  und  zur  vollständigen  Ent- 
fernung von  Zinkoxydhydrat  mehrmals  mit  lprocentiger  Natronlauge 
und  zuletzt  mit  heifsem  Wasser  bis  zum  Verschwinden  der  alkalischen 
Reaction  ausgewaschen.  Filter  und  Niederschlag  bringt  man  noch  nafs 
in  einen  mit  durchlöchertem  Deckel  versehenen  Tiegel,  verjagt  das 
Wasser  durch  gelindes  Erwärmen  und  glüht  dann  kurze  Zeit  im  Sauer- 
stoffstrome. Aus  dem  erhaltenen  Cadmiumoxyd  ergibt  sich  die  Menge 
des  vorhandenen  Cadmiums. 

Soll  der  Gehalt  an  Cadmium  in  dem  von  den  Zinkhütten  gewonnenen 
sogen,  „reinen  Cadmium"  ermittelt  werden,  so  kann  man  das  Fällen 
mit  Schwefelwasserstoff  vollständig  umgehen,  da  dieses  Product  nur  ge- 
ringe Spuren  von  Eisen  enthält,  welche  die  Bestimmung  in  keiner  Weise 
beeinflussen.  Man  löst  das  Metall  in  Salzsäure  oder  Salpetersäure  und 
fällt  das  Cadmium  direkt  durch  Eintragen  in  Natronlauge.  (Chemiker- 
Zeilung,  1889  Bd.  13  S.  1376  und  1890  "ßd.  14  S.  4.) 

Derselbe  Autor  schlägt  vor  bei  Cadmiumbestimmungen  in  Galmei 
das  ammoniakalische,  Zink  und  Cadmium  enthaltende  Filtrat  mit  Salz- 
säure zu  übersättigen  bis  zur  schwach  sauren  Reaction  und  die  heifse 
Flüssigkeit  in  heifse,  überschüssige  Natronlauge  einzutragen. 

In  dem  alkalischen  Filtrate  bestimmt  mau,  nachdem  der  gröfste 
Theil  der  überschüssigen  Natronlauge  mit  Salzsäure  abgestumpft  ist,  das 
Zink  durch  Titration  mit  Schwefelnatrium.  {Chemiker- Zeitung,  1890 
Bd.  14  S.  34.) 

Auch  auf  volumetrischem  Wege  können  nach  Minor  Bestimmungen 
von  Cadmium  neben  Zink,  Eisen,  Arsen  und  Blei  durchgeführt  werden. 
Man  behandelt  die  zu  untersuchende  Probe  mit  Salzsäure,  tiltrirt  vom 
ungelösten  Blei  ab,  fällt  das  Cadmium  mit  Schwefelwasserstoff  und  be- 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  379 

stimmt  das  Gewicht  des  getrockneten  Niederschlages.  Letzterer  ist 
stets  zinkhaltig  und  wird  deshalb  nach  dem  Wägen  in  verdünnter  Salz- 
säure gelöst  und  die  Losung  mit  Natronlauge  im  Ueberschufs  versetzt, 
man  filtrirt  und  titrirt  das  Zink  mit  Schwefelnatrium.  Die  get'undeue 
Menge  Zink,  auf  Schwefelzink  berechnet,  zieht  man  vom  Gesammt- 
gewicht  des  Schwefelwasserstoffniederschlages  ab. 

Eine  zweite  (direkte)  Methode  beruht  auf  der  Umsetzung  neutraler 
Cadminmlösimgen  mit  Natronlauge  gemäfs  derGleichung:  CdCL2-|-'2Na<  >H 
=  Cd(OH), -f  2NaCl.  1«  Normalnatronlauge  entspricht  0?,0914  CdCl2 
=  0,0558  Cd.  Vor  Ausführung  der  Bestimmung  ist  das  Cadmium  natür- 
lich von  den  übrigen  Elementen,  welche  durch  Natronlauge  gefällt 
werden,  zu  trennen  und  in  neutraler  Lösung  zu  erhalten.  Das  Cadmium- 
oxydhydrnl  wird  in  verdünnter  Salzsäure  gelöst,  wiederholt  zur  Trockne 
verdampft  (zum  vollständigen  Verjagen  der  Säure  das  zweitemal  mit 
Wasser)  und  dann  mit  Normallauge  titrirt  (Indicator:  Schwefelnatrium- 
papier).    Chemiker-Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  348. 

Neue  Methode  zur  volumetri sehen  Bestimmung  des  Silbers. 
D.    Yitali  titrirt  das  Silber    mit  Kaliumferroeyanür,    da    dieses  Salz 
Silber  aus  seinen  Lösungen  vollständig  ausfällt  nach  der  Formel: 

K4Fe(Cy)6  +4AgN03  =  Ag4Fe(Cy)6  +  4KN03. 
Bei  der  Bestimmung  verwendet  man  eine  x/10  Kaliumferrocyanürlösung, 
welche  98,2  bei  100  bis  105°  getrocknetes  Salz  im  Liter  enthält  uud  die 
auf  x/l0  Silberlösung  gestellt  ist.     (Chemiker  Zeitung,    1890  Bd.  14  S.  154 
nach  Bolletino  farmaceutico  durch  Fte'pert.  de  Pharm. ^  1890  Bd.  46  S.  171.) 

Methode  zur  Bestimmung  des  freien  und  gebundenen  Kohlenstoffs  im  Eisen 

und  Stahl. 

0.  Petlersson  und  A.  Smitt  veröffentlichen  folgende  Methode:  0,4 
bis  0S,8  abgewogenes  Eisen  (am  besten  ein  einziges  Stück  dünn  ge- 
hämmertes oder  gewalztes  Blech)  wird  durch  Kaliumbisulfat  auf- 
geschlossen, wobei  das  Eisen  sich  in  Ferrisulfat  verwandelt  und  die 
äquivalente  Menge  schwefliger  Säure  entsteht.  Der  gebundene  Kohlen- 
Mull  wird  in  Kohlensäure  übergeführt,  während  der  Graphit  in  glänzen- 
den kristallinischen  Blättern  zurückbleibt. 

Die  schweflige  Säure  und  die  Kohlensäure  werden  durch  kohlen- 
säurefreie Luft  in  eine  abgemessene  Menge  von  Natron-  oder  Barytlauge 
geleitet,  wobei  Baryumsultit  und  Carbonat  ausfällt.  Das  Sulfit  oxydirt 
man  durch  iVimanganat  zu  Sulfat:  säuert  darauf  die  Lösung  mit  Salpeter- 
säure an  und  bestimmt  die  Kohlensäure  nach  der  weiter  unten  an- 
gegebenen Methode  des  Verfassers. 

Die  Kaliiunlerrisulfatschmelze,  in  der  sich  der  graphitische  Kohlen- 
stoff befindet,  wird  unter  Erwärmen  in  Salzsäure  gelöst,  der  Graphit 
auf  ein  kleines  Platinfilter  mit  Asbest  gebracht,  getrocknet,  gelinde  ge- 


380  Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

glüht  und  gewogen.  Nach  der  Wägung  leitet  man  einen  mit  nitrosen 
Dämpfen  beladenen  Luftstrom  durch  den  Stiel  des  glühend  gehaltenen 
Platinfilters  und  verbrennt  den  Graphit.  Nach  dem  Wägen  des  Filters 
kann   dasselbe   unmittelbar    zu    neuen   Bestimmungen    benutzt    werden. 

(Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft,  181)0  Bd.  23  Nr.  9  S.  1401.) 
Jodometrische  Bestimmung  der  Alkalien  und  Säuren. 

Die  Zersetzung  von  Kaliumjodat  und  Kaliumjodid  durch  Schwefel- 
säure nach  der  Gleichung: 

KJ03  +  5  KJ  +  3  H.2S04  =  3  K,S(>4  +  3  H,0  +  6  J 
benutzt  M.  Gröger  zur  Titration  von  Säuren  und  Alkalien.  Er  versetzt 
die  Lösungen  der  Alkalien  zuerst  mit  überschüssiger  Schwefelsäure, 
darauf  mit  Kaliumjodid  und  Kaliumjodat  und  bestimmt  dann  das  in 
Freiheit  gesetzte  Jod.  Zur  Titration  verwendet  Gröger  eine  '/^N.-Thio- 
sulfatlösung,  1i(,  N. -Schwefelsäure  und  eine  neutrale  Lösung  von  Kalium- 
jodid und  Kaliumjodat. 

Bestimmung  der  freien  Alkalien.  50cc  der  Alkalilösung  wird  mit 
einer  gemessenen  Menge  VioN.-Schwefelsäure  und  5CC  der  Jodid-Jodat- 
lösung  (hier  kurz  Jodlösung  genannt)  versetzt,  worauf  man  mit  ' ,'10N.- 
Thiosulfatlösung  (Indicator :  Stärkelösung)  das  ausgeschiedene  Jod  bis 
zum  Verschwinden  der  Blaufärbung  titrirt.  Die  Differenz  zwischen  Säure 
und  Thiosulfat  entspricht  der  zur  Sättigung  notwendigen  ^^N.-Säure. 

Bestimmung  der  an  Kohlensäure  gebundenen  Alkalien.  Nach  verschie- 
denen Versuchen  des  Verfassers  erwies  sich  folgende  Methode  als  die 
beste:  50cc  der  Alkalicarbonatlösung  in  der  Kälte  mit  50cc  V10N.-Schwe- 
felsäure  und  dann  mit  5CC  der  Jodlösung  versetzt,  werden  sofort  mit  Thio- 
sulfat bis  zur  Entfärbung  titrirt,  das  Volumen  der  vei-brauchten  Thio- 
sulfatlösung  abgelesen,  nach  30  Minuten  wieder  bis  zur  Entfärbung 
titrirt  und  abermals  abgelesen.  Es  empfiehlt  sich  nach  dem  Zusatz  des 
Säureüberschusses  die  Kohlensäure  wegzukochen. 

Bestimmung  der  an  Schwefelwasserstoff  gebundenen  Alkalien.  Die  Be- 
stimmung der  Sulfide  und  Hydrosulfide  der  Alkalimetalle  mit  Schwefel- 
säure und  Jodlösung  geht  in  der  Weise  vor  sich,  dafs  man  bei  Ueber- 
schufs  der  Jodlösung  und  der  Schwefelsäure  die  entsprechende  Menge 
Jod  ausscheidet,  welche  ebenfalls  durch  Thiosultitlösung  gemessen  wird. 
Die  Zersetzung  des  Schwefelwasserstoffes  durch  die  Jodlösung  erfolgt 
nach  der  Gleichung: 

KJO3  +  5  K J  +  3 H.2S  =  6  K J  +  3  H,ü  +  S3. 
Auch  bei  dieser  Bestimmung  ist  es  vortheilhaft,  nach  Zusatz  des  Säure- 
überschusses  den  Schwefelwasserstoff  durch    Kochen   auszutreiben   und 
dann  erst  mit  Thiosulfat  zu  titriren. 

Bestimmung  der  Säuren.  50cc  zu  untersuchende  Säurelösung  werden 
langsam  zu  der  Jodlösung  einfliefsen  lassen  und  das  ausgeschiedene  Jod 
durch  Thiosulfat  bestimmt.     Verfasser  gribt  als  Beweis  für  die  Richtig- 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  381 

keit  seiner  Methode  eine  Reihe  Vergleichsanalysen.   (Zeitschrift  für  an- 
gewandte  Chemie,  1890  Heft  12  S.  353.) 

Bestimmung  des  Ferrocyans  in  gebrauchten  Gasreinigungsmassen. 

B.  Zaloziecki  wendet  sein  Verfahren  zur  Bestimmung  des  Ferro- 
cjans  in  Blutlaugensalzschmelzen  auch  auf  gebrauchte  Gasreinigungs- 
masse an. 

Bei  Ausführung  der  Analyse  wird  mit  Alkali  aufgeschlossen,  um 
alles  Ferrocyan  zu  lösen,  aufserdem  werden  die  ursprünglichen  Ferro- 
i\;uiammonsalze  in  Kalisalze  verwandelt  unter  Austreiben  des  Am- 
moniaks.    Die  Vorschrift  zur  Ausführung  ist  folgende: 

20§  fein  zertheilte  Masse  werden  mit  20cc  lOprocentiger  Kalilauge 
und  Wasser  im  100cc-Kolben  unter  ^ständigem  Erwärmen  auf  dem 
Wasserbade  ausgelaugt  und  nach  dem  Abkühlen  die  Flüssigkeit  zur 
Marke  aufgefüllt.  50cc  der  klaren  Lösung  (oder  besser  45cc,  da  20? 
Keinigungsmasse  ein  Volumen  von  10cc  einnehmen)  entsprechend  10?  der 
ursprünglichen  Masse  werden  im  100cc  Kolben  über  freiem  Feuer  so 
lange  gekocht,  bis  alles  Ammoniak  ausgetrieben  ist,  darauf  mit  ver- 
dünnter Säure  neutralisirt.  Durch  Zugabe  von  etwas  Phenolphtalein 
läl'st  sich  der  Neutralisationspunkt  leichter  erkennen.  Das  Ammoniak 
läfst  sich  gut  durch  Kalkmilch  austreiben  und  dann  setzt  man  Pot- 
aschelösung  zu,  wodurch  auch  ein  gutes  Klären  der  Flüssigkeit  erzielt 
wird.  Durch  eine  gröfsere  Menge  Chlorkalium  oder  Kaliumsulfat  in 
der  so  erhaltenen  Lösung,  herrührend  von  der  Neutralisation,  wird  die 
Kegelmäfsigkeit  der  Umsetzung  mit  Zinkcarbonat  gestört.  Um  diesen 
Einflufs  auezuschliefsen,  wird  der  Lösung  vor  der  Zersetzung  20cc  Normal- 
Alkalicarbonat  zugesetzt,  58  feuchtes  Zinkoxyd  hinzugefügt  und  nun 
unter  Einleitung  von  Kohlensäure  und  ^ständigem  Erhitzen  die  Zer- 
setzung vorgenommen. 

Nachdem  die  Reaction  beendet  und  die  Flüssigkeit  erkaltet  ist, 
verdünnt  man  auf  100cc  und  titrirt  davon  50cc  =  5?  Reinis;un2;smasse 
mit  1 10  Normalsäure  (Indicator  :  Methylorange),  nachdem  zuvor  die  10cc 
zugesetztem  Normal-Alkalicarbonat  äquivalente  Menge  Normalsäure  ein- 
geführt, oder  dieselbe  von  der  Gesammtzahl  der  verbrauchten  Cubik- 
centimeter  Säure  in  Abzug  gebracht  wurde. 

Hat  man  eine  Säure  von  der  lcc  =  0?,001  K2C03,  so  multiplicirt 
man  die  beim  Zurücktitriren  verbrauchten  Cubikcentimeter  Säure  mit 
0,23  und  erhält  so  die  Hälfte  der  Procente  krystallisirten  Blutlaugen- 
salzes in  der  Gasreinigungsmasse.  (Zeitschrift  für  angewandte  Chemie. 
1890  Heft  10  S.  301.)  "  (Fortsetzung  folgt.) 


Kleinere  Mittheilungen. 

R.  Saveliefs  aktinometrisclie  Beobachtnngsresnltate. 

Nach  Büttheilung  der  Comptes  rendus,  L890  Bd.  Il<»  S.  235,  bat  E.  Satelief 
die  im  .).  1888  in  Kiew  (50° '24'  nördl.  Br. )  begonnenen  aktinometrischen  Be- 
obachtungen während  des  Jahres  1889  fortgesetzt,  wozu  er  sich  des  CVora'sehen 
Dach  Grammcalorien  geaichten  Aktinorneters  bediente.  Aus  den  mit  grofser 
Sorgfalt  durchgeführten  Beobachtungen  und  den  darauf  gegründeten  Rech- 
nungen ergibt  sich  Folgendes  Hauptresultat.  Während  an  den  Grenzen  der 
Atmosphäre  die  von  lqc  Horizontalfläche  aufgenommene  jährliche  Wärme- 
menge 337  900  Grammcalorien  beträgt,  stellt  sie  sich  anter  gleichen  Bedingungen 
an  der  Erdoberfläche,  bei  reinem  Himmel,  nur  auf  123500  Grammcalorien. 
Es  werden  demnach  63,5  Proc.  der  Sonnenwärme  von  unserer  Atmosphäre 
absorbirt  und  nur  36,5  Proc.  gelangen  auf  die  Erde.  Im  Oktober  nimmt  der 
Erdboden  41  Proc.  der  Sonnenstrahlung  auf,  im  Januar  und  Februar  nur 
28  Proc.  Das  Maximum  beträgt  am  Anfang  des  Juli  wahrend  eines  schönen 
Tages  610,  im  December  aber  nur  87  Grammcalorien  auf  1(R 

üeber  die  physikalischen  Vorgänge  in  elektrischen  Lampen. 

Kürzlich  hat  Dr.  J.  A.  Fleming  in  einem  in  der  Royal  Institution  ge- 
haltenen Vortrage  über  die  physikalischen  Vorgänge  in  elektrischen  Lampen 
folgendes  mitget heilt. 

In  einer  Glühlampe  vermag  der  in  einem  möglichst  luftdichten  Räume  ein- 
geschlossene Kohlenbügel  nur  eine  bestimmte  Strommenge  auszuhalten;  der 
höchste  Strom  entspricht  einer  Leistung  von  360  Fafspfund  in  der  Secunde 
auf  i  Quadratzoll  Querschnitt,  oder  einer  dein  Schmelzpunkte  des  Platins 
gleichen  Temperatur  im  Bügel.  Darüber  hinaus  zerstäubt  der  Bügel  und  die 
Kohletheilchen  werden  in  geraden  Linien  fortgeschleudert  und  lagern  sich 
auf  der  Glaskugel  ab;  sie  nehmen  dabei  eine  negative  Ladung  mit,  deren 
Potential  jenem  der  negativen  Elektrode  des  Bügels  gleicht. 

Dafür  sprechen  zwei  Beobachtungen.  Zuerst  hat  man  bemerkt,  dafs,  wenn 
eine  Stelle  des  Bügels  zufolge  fehlerhafter  Herstellung  zu  hohen  Widerstand 
gehabt  hat,  die  Kohletheilchen  an  die  ganze  innere  Gaskugelfläche  geschleudert 
werden,  mit  Ausnahme  derjenigen  schmalen  Stelle,  welche  als  der  auf  die 
Kugel  geworfene  Schatten  des  unversehrten  Bügelzweiges  rücksichtlich  der 
fehlerhaften,  zu  widerstandsvollen  Stelle  des  andern  Zweiges  angesehen  werden 
kann.  Der  unversehrte  Zweig  liegt  also  den  in  geraden  Linien  fortgeschleu- 
derten  Kohletheilchen  im   Wege. 

Einen  zweiten  Beweis  für  das  geradlinige  Fortschleudern  liefert  die  als 
„Edison- Wirkung"  bekannte  Erscheinung.  Stellt  man  eine  Metallplatte  o.  dgl. 
zwischen  die  beiden  Zweige  des  Bügels,  ohne  dafs  sie  einen  Zweig  berührt, 
und  verstärkt  man  den  Strom  bis  zu  der  angegebenen  Grenze,  so  findet  man 
bei  der  Prüfung  mit  einem  Galvanometer,  dafs  die  Metallplatte  ein  Potential 
besitzt,  das  dem  der  negativen  Elektrode  gleicht.  Man  erklärt  dies  so,  dafs 
die  den  Bügel  verlassenden  Kohletheilchen  mit  negativer  Elektricität  geladen 
sind  und  durch  ihr  Antreffen  an  die  Metallplatte  deren  Potential  bis  auf  das 
ihr  negativen  Elektrode  erhöhen.  Wird  zwischen  die  Metallplatte  und  den 
negativen  Zweig  des  Bügels  ein  nichtleitender  Schild  eingefügt,  so  bemerkt 
man  die  Erscheinung  nicht,  und  ebenfalls  nicht,  wenn  die  Metallplatte  so  ge- 
stellt wird,  dafs  der  Weg  vom  Bügel  zu  ihr  keine  gerade  Linie  ist.  Es  ist 
daher  anzunehmen,  dafs  die  Kohletheilchen  in  geraden  Linien  vom  negativen 
Zweige  des  Bügels  fortgeschleudert  werden  und  mit  negativer  Elektricität  ge- 
laden sind. 

Die  negative  Ladung  der  Kohletheilchen  erklärt  man  so:  Beim  Fort- 
schleudern werden  die  Theilchen  durch  Intl'uenz  vom  elektrostatischen  Felde 
geladen  und  ihre  positive  Elektricität  wird  —  nach  Guthrie's  bekanntem  Satze  — 
ihnen  durch  die  rothglühende  Kohle  entzogen.  Aus  diesen  Versuchen  folgt 
auch,  dafs  das  Potential  im  gröfseren  Theile  des  Bügels  dem  der  negativen 
Elektrode  gleichkommt. 

In  Bogenlampen  beobachtet  man,  wenn  man  den  Raum  zwischen  den  beiden 
Kohlenpoien  mit  einem  feinspitzigen  Leiter  sondirt.  dafs  das  Potential  des 
Bogens  für  den  gröfseren  Theil  seiner  Länge  dem  der  negativen  Kohle  gleicht. 


Kleinere  Mittheilungen.  383 

und  dafs  das  Potential  sehr  rasch  steigt  an  einem  Punkte,  welcher  der  positiven 
Kohle  äul'serst  nahe  liegt.  Auch  ist  bekannt,  dal's  Kohletheilchen  von  der 
negativen  Kohle  fortgeschleudert  werden,  und  es  wird  vennuthet,  dafs  der  bo 
gebildete,  ähnlich  wie  in  einem  Sandgebläse  wirkende  Strahl  den  hohlen  Krater 
in  der  positiven  Kohle  bildet.  Die  Temperatur  des  Bogens  ist  am  gröfsten 
gerade  in  dem  hohlen  Krater,  und  daran  mag  das  Auftreffen  der  fortgeschleu- 
derten Kohletheilchen  Schuld  sein. 

Der  Assistent  Bäte  des  Dr.  Fleming  hat  entdeckt,  dafs  die  Edwon-Wirkung 
in  der  gewöhnlichen  Luft  ebenso  gut,  wie  im  luftleeren  Räume  hervorgebracht 
werden  kann,  doch  dauerte  in  diesem  Falle  die  Wirkung  nur  einen  Augen- 
blick,  weil  der  Kohlenbügel  da  so  rasch  zerstört  wird. 

Untersuchung  eines  Kalkes  aus  dem  Kalkwerk  Schulz  zu  Soetenich 

i.  d.  Eifel. 

Die  Analyse  des  Kalkes,  ausgeführt  in  der  chemisch-technischen  Versuchs- 
anstalt, ergab: 

Feuchtigkeit  (bei  1050  C.  bestimmt)     ....  0,88  Proc. 

Wasser  (chemisch  geb.) 16.57       „ 

Kieselsaure  (lösliche) 9,09      „ 

Kalk 66,07       ., 

Magnesia 1,42      „ 

Thonerde 2,72     „ 

Eisenoxyd 0,85      „ 

Alkalien 0,82       „ 

Schwefelsäure 0,45      „ 

Kohlensäure 1,55      „ 

Phosphorsäure    Spuren 

100,42  Proc. 
Der  Löschprozefs  begann  1  Minute  nach  erfolgter  Anfeuchtung  des  Kalkes 
und  war  6  Minuten  darauf  beendet;  er  beanspruchte  30,85  Proc.  Wasser  und 
verlief  ohne  steinige  Rückstände  zu  hinterlassen.  Das  specifische  Gewicht 
des  geglühten  Kalkpulvers  ist  2,381.  Ueber  die  Festigkeitsversuche  sei  fol- 
gendes bemerkt:  Die  Zugproben,  welche  90  Tage  lang  an  der  Luft  erhärteten, 
erreichten  die  höchste  Zugfestigkeit,  nämlich  15k  auf  lqom  (Mischung:  1  Gew.-Th. 
Kalkpulver  und  3  Gew.-Th.  Normalsand,  13  Proc.  Wasser).  Nächstdem  er- 
reichten Proben  aus  1  Gew.-Th.  Kalkpulver  und  5  Gew.-Th.  Neuwieder  Bims- 
sand bei  8,5  Proc.  Wasser,  welche  die  ersten  drei  Tage  an  der  Luft,  dann  unter 
Wasser  erhärteten  (ebenfalls  im  Ganzen  90  Tage)  die  höchste  Zugfestigkeit: 
14M)5  auf  lqcm.  Die  Druckfestigkeit  war  bei  letzterer  Probe  am  gröfsten. 
nämlich  il2.7. 

Prof.  Dr.  Böhme  (Mittheilungen  aus  den  Königl.  techn.  Versuchsanstalten  zu 
Berlin,  1890  Jahrg.  8  S.  106).  11. 

Darstellung  eines  sehr  wirksamen  Platinmohrs. 

0.  Loeu>  Lösl  50^  Platinchlorid  in  wenig  Wasser  (zu  50  bis  60cc)1  mischt 
mit  70cc  eines  40  bis  45procentigen  Forraaldehyds  (die  chemische  Fabrik  Seelze 
bei  Hannover  [Merklin  und  Lösekann]  liefert  das  Kilo  zu  8  M.)  und  fügt  dann 
50g  Aetznatron  im  gleichen  Gewicht  Wasser  gelöst  unter  guter  Kühlung  zu, 
wobei  der  gröfste  Theil  des  Metalles  sich  ausscheidet.  Nach  12  Stunden  wird 
filtrirt  und  ausgewaschen,  bis  der  gröfste  Theil  der  Salze  entfernt  ist,  wonacli 
eine  tiefschwarze  Flüssigkeit,  die  von  dem  feinen  Schlamm  etwas  löst,  abläuft. 
Mau  unterbricht  das  Auswaschen  einige  Stunden,  bis  ein  im  Schlamm  sich 
einstellender  OxydatiODSprozefs  beendet  ist,  worauf  das  Filtrat  farblos  abläuft. 
Der  Schlamm  ist  bis  zur  Entfernung  jeder  Spur  Chlornatrium  auszuwaschen, 
abzupressen  und  über  Schwefelsäure  zu  trocknen.  (Berichte  der  Detitschen  che- 
mischen Gesellschaft.  1890  Bd.  23  Nr.  3  S.  289.  i 


384  Bücher-Anzeigen. 


Bücher-Anzeigen. 


Anleitung  zum  Linearzeichnen.    3.  Heft.    Die  weitere  Ausführung  der 

rechtwinkeligen  Projektionsart,   nebst   einem  Anhang  über  die  pro- 

jekti vischen  Verwandtschaften  der  neueren  Geometrie  und  insbesondere 

über    die    centrische   Collineation    und    Affiuitiit,    als  Lehrmittel    für 

Lehrer  und  Schüler  von  G.  Delabar.    Mit  183  Figuren  und  40  lithogr. 

Tafeln.     2.  Auflage.     5  Mk.     Freiburg  i.  B.     Herder"  s  Verlag. 

Das    vorliegende    Heft    enthält    denjenigen    Theil     der    Zeichenkunst,    in 

welchem  jeder  Techniker  sich  eine   gewisse  Geläutlgkeit    anbedingt    erwerben 

mufs,    wenn    er   sich   beim    Entwerfen    einigerraafsen    frei  bewegen  will.     Die 

Schnitte,   Abwickelungen,   Durchdringungen  verschiedenartiger  Körper,   sowie 

die  Anwendung  derselben  auf  Construction  von  Dächern,  Rubren  und   Karten. 

sind  hier  gründlich  behandelt.     Der  Anhang  wird  den  Freunden  der  neueren 

Geometrie  sehr  willkommen  sein. 

Neuere  Dampfkessel-Constructiouen  und  Dampfkessel-Feuerungen  mit 
Rücksicht  auf  Rauchverbrennung.     Herausgegeben   vom   Verbände 
deutscher    Dampfkessel -Ueberwachungs -Vereine.     Berlin.     P.  Stan- 
kiewicz1  Verlag.     50  Blätter  (40  +  50cm).     40  Mk. 
Von   verschiedenen   Seiten   ist   angeregt   worden,   die   auf  der  Deutschen 
Ausstellung  für  Unfallverhütung  ausgestellt  gewesenen  und  prämiirten  Zeich- 
nungen zu  veröffentlichen.     Diesen  Wünschen  entsprechend,  hat  der  Verband 
deutscher    Dampfkessel -Ueberwachungs -Vereine    die    Veröffentlichung    einer 
passenden  Auswahl  von  Zeichnungen  bewirkt. 

Das  Werk  enthält:  Flammrohrkessel,  Flammrohrkessel  mit  vorgehenden 
Heizröhren,  Doppelkessel,  Walzenkessel  in  Verbindung  mit  Röhrenkesseln, 
Wasserrohrkessel,  Schiffskessel  und  rauchfreie  Dampf  kesselfeuerungen,  meistens 
nach  praktischen  Ausführungen. 

Die  in  guten  Lithographieen  ausgeführte  Sammlung  wird  in  zwei  Ausgaben 
geliefert  und  zwar  als  Atlas  in  Calico  gebunden  und  als  lose  Blätter  in  Calico- 
Mappe,  und  kann  allen  denen,  die  sich  mit  dem  neueren  Kesselbau  bekannt 
machen  wollen,  bestens  empfohlen  werden.  Die  Zeichnungen  sind  wegen 
ihrer  Ausführlichkeit  ohne  Text  verständlich  und  enthalten,  wo  es  wünsehens- 
werth  erschien,  die  Einzelconstructionen  in  Nebenfiguren  vergröfsert  dargestellt. 

Schlofs-Constructionen.  Ausgeführt  mit  Zugrundelegung  von  Verhältnifs- 
zahlen.  Vorlegeblätter  zum  Gebrauche  an  gewerblichen  Fortbildungs- 
schulen, Handwerker-,  Gewerbe-,  Fach-  und  Werkmeisterschulen. 
Herausgegeben  von  J.  Hoch.  1.  Theil.  Schlofstheile  und  einfache 
Schlösser.  16  Tafeln  in  Farbendruck  mit  erklärendem  Text.  Leipzig. 
J.  M.  Gebhardfs  Verlag. 

Das  Werk  wird  den  im  Titel  ausgesprochenen  Zweck  vollständig  erfüllen, 
da  die  Tafeln  in  Anordnung  und  Ausführung  musterhaft  erscheinen.  Die 
Umgrenzungslinien  sind,  wie  es  bei  sauberen  Zeichnungen  in  der  Praxis  üblich 
ist,  mit  Materialfaxben  hervorgehoben,  auch  sind  die  Mal'se  in  gut  angeord- 
neten blauen  Mittel-  oder  rothen  Mafslinien  eingetragen.  Solche  Vorlagen 
zwingen  geradezu  den  Schüler  zu  Sorgfalt  und  Sauberkeit.  Der  Text  konnte 
wegen  der  Ausführlichkeit  der  Zeichnungen  sehr  kurz  gehalten  werden. 

Lehrbuch  der  technischen  Chemie  von  Dr.  H.  Ost.    Berlin.    Oppenheim. 

I  Vgl.  1890  275  604.) 

Mit  dem  vorliegenden  Nachtrage,  welcher  einen  kurzen  Abrifs  der  Me- 
tallurgie von  Dr.  Kollbeck  enthält,  ist  das  empt'ehleiiswerthe  Werk  abgeschlossen. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  385 

Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  257  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen  aul  Tafel  20  und  21. 

Die  gröfsere  Mehrzahl  von  Neuerungen  an  Dampfkesseln  bezieht 
sich  auf  die  Kessel  nach  dem  /?oof .sehen  System  (die  Wasserrohr-  oder 
unexplodirbaren  Kessel).  In  jeder  Richtuug  werden  Verbesserungen  an- 
gestrebt, in  der  Verstärkung  des  Wasserumlaufes,  der  Dampfüberhitzung 
bezieh.  Trocknung,  der  besseren  und  handlicheren  Gestaltung  der  Einzel- 
theile,  der  Vermeidung  von  Spannungen  in  Folge  der  Erwärmung.  Die 
Feinheiten  in  der  Unterscheidung  der  verschiedenen  Oonstructionen 
werden  stetig  ausgebildeter,  so  dafs  es  in  einzelnen  Fällen  schwierig 
ist,  die  Neuerungen  als  solche  zu  erkennen. 

Eine  Reihe  von  zum  Theil  guten  Beispielen  von  Wasserröhren- 
kesseln gab  die  Pariser  Ausstellung.  Hier  traten  den  unexplodirbaren 
Kesseln  gegenüber  die  anderen  ganz  in  den  Hintergrund,  wenngleich 
hervorragende  Neuerungen  nicht  vertreten  waren.  Bemerkenswerth  sind 
auch  die  in  Nachstehendem  erwähnten  Versuche,  die  Wasserröhren- 
kessel in  den  Hüttenbetrieb  einzuführen,  wo  sie  bisher  wegen  des  ge- 
ringeren Wassergehaltes  und  in  Folge  dessen  geringeren  Befähigung, 
als  Wärmespeicher  zu  dienen,  als  nicht  verwendbar  galten.  Der  Bericht- 
erstatter mufs  allerdings  gestehen,  dafs  die  einschlägigen  Mittheilungen 
seine  Bedenken  noch  nicht  ganz  beseitigen  konnten. 

Höhrenkessel  von  Montttpet.  Auf  der  Pariser  Ausstellung  war  in  der 
elektrischen  Abtheilung  ein  Kessel  nach  MontapeCs  Bauweise  die  ganze 
Ausstellungszeit  hindurch  in  regelmäfsigem  Betriebe.  Bei  diesem  Kessel 
sind,  um  allen  durch  die  Wärme  bewirkten  Ausdehnungen  freien  Spiel- 
raum zu  gewähren,  gewellte  Röhren  (Fox)  verwendet  worden.  Der 
Kessel  besteht  in  seinem  oberen  Theile  aus  einem  Längskessel  (Fig.  1 
und  2),  welcher  an  beiden  Enden  mit  einem  Querkessel  verbunden  ist, 
so  dafs  der  obere  Theil  ein  doppeltes  X  bildet.  Das  Bündel  der  Heiz- 
röhren mündet  an  der  vorderen  und  hinteren  Seite  des  Kessels  in  kasten- 
förmige, schmiedeeiserne  mit  20  bis  30al  abgeprefste  Behälter,  welche 
die  gruppenweise  angeordneten  Röhren  aufnehmen.  Die  vorderen  Kästen 
sind  mit  dem  vorderen  Querstücke  des  Oberkessels  durch  gewellte 
Röhren  verbunden.  Ebenso  sind  theilweise  gewellte  Röhren  an  dem 
hinteren  Querstücke  angebracht,  welche  an  beiden  Seiten  zu  dem  Speise- 
bezieh. Schlammrohre  herunterführen.  Auf  diese  Weise  ist  das  ganze 
Kesselsystem  frei  beweglich.  Die  Ummantelung  besteht  an  den  Seiten- 
flächen aus  .stärkerem,  an  der  Rückwand  aus  schwächerem  Mauer- 
werke: der  Abschlufs  an  der  Stirnwand  wird  durch  ein  gufseisernes 
gefälliges  Geschränk  gebildet.  Um  die  Heizröhren  leicht  zugänglich  zu 
machen,  sind  an  der  Stirn-  und  Hinterfläche  Doppelthüren  angeordnet. 

OinKler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  9.  1890/111.  25 


386  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

Die  Feuerungsgase  werden  durch  g'ufseiserne  Platten  mehrfach  an  den 
Heizröhren  vorbei  geleitet,  so  dafs  sie  auf  ihrem  langen,  zickzack- 
förmigen  Wege  ihre  Wärme  möglichst  wirksam  abgeben  können.  Der 
dargestellten    Anordnung   nach    mufs    der   Wasserumlauf  recht    lebhaft 

CT  CT 

sein.  Zur  Vorsicht  sind  die  vorderen,  wellenförmigen  Röhren  innerhalb 
des  Oberkessels  weiter  hinaufgeführt  und  münden  hier  in  Röhren  von 
rechteckigem  Querschnitte.  Hierdurch  soll  sowohl  jeder  Wirbel  ver- 
hindert werden  als  auch  das  Mitreifsen  des  Kesselwassers.  Zu  dem- 
selben Zweck  ist  auch  der  Dom  durch  einen  beweglichen  Deckel  ab- 
geschlossen. Auf  die  kleinen  Vortheile  in  der  Constructiou  ist  möglichst 
Rücksicht  genommen,  wobei  erwähnt  sei,  dafs  die  zur  Aufnahme  der 
Heizröhren  bestimmten  Ausbohrungen  der  Kesselwände  in  der  Mitte 
des  Fleisches  mit  einer  Hohlkehle  versehen  sind,  in  welche  die  Rohr- 
enden hinein  gewalzt  werden.  Die  einzelnen  Theile  des  Kessels  sollen 
der  Leichtigkeit  des  Transportes  wegen  das  Gewicht  von  70k  nicht  über- 
steigen. 

Der  Ausstellungskessel  hatte  nachfolgende  Abmessungen:  Ganze 
Länge  5030mm,  Breite  2200mm,  Höhe  4500mm,  Anzahl  der  Heizröhren  48, 
Länge  derselben  4000mi",  Durchmesser  100n,m  ,  Rostfläche  l«im,9,  feuer- 
berührte Kesseltläche  80'im,  gesammte  stündliche  Dampfmenge  800k. 

Der  Z)j.ron-Kessel,  welcher  von  der  Cleveland  Bridge  and  Engineering 
Company,  Darlington,  hergestellt  wird  (Fig.  3  und  4),  zeigt  sorgfältig 
angeordnete  Einzelconstructionen.  Der  cylindrische  Oberkessel  D  ist  zur 
Hälfte  vom  Wasser  gefüllt  und  hat  in  der  Nähe  des  hintereu  Endes 
eine  im  Scharniere  bewegliche  Klappe,  deren  oberer  fester  Theil  durch- 
locht ist.  Das  Speisewasser  tritt  in  der  Nähe  dieser  Platte  durch  ein 
perforirtes  Rohr  ein  und  wird  bei  seinem  Eintritte  auf  die  Temperatur 
des  Kesseldampfes  erhitzt.  Der  dabei  pulverförmig  ausgeschiedene  Kessel- 
stein wird  durch  das  Rohr  Q  in  den  Filtrirraum  F  geleitet,  in  welchen 
es  durch  eine  Siebplatte  einsteigt  und  daselbst  eine  Lage  von  Koks 
durchstreicht.  Etwaiger  Schaum  wird  aus  dem  Räume  D  an  der  Spitze 
des  Rohres  5  gesammelt  und  nach  unten  geführt.  Die  Verunreinigungen 
können  durch  den  Hahn  bei  H  abgelassen  werden.  Die  Abstellung  des 
Filters  wird  durch  das  Ventil  V  bewirkt.  Der  gewöhnliche  Umlauf 
des  Kesselwassers  wird  durch  das  Rohr  P  vermittelt.  Zum  Zwecke  der 
Reinigung  des  Filters  wird  das  Ventil  V  geschlossen,  so  dafs  bei  Er- 
öffnung des  Ablafshahnes  das  Filter  in  der  Richtung  von  oben  nach 
unten  durchströmt  wird. 

Die  Verbindung  des  vorderen  Kesselraumes  H  mit  dem  Dampf- 
raume  D  ist  so  weit  gemacht,  dafs  der  Querschnitt  der  Rohre  in  dieser 
Verbindung  wiedergegeben  ist.  Es  ist  also  hier,  ebenso  wie  bei  dem 
hinteren  flachen  Theile  des  Kessels,  wo  dieselbe  Vorsicht  gebraucht 
wurde,  jede  Drosselung  des  Dampfes  vermieden.  Die  Dampfzüge  sind 
in  den  Nebenfiguren  dargestellt. 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  387 

Der  Kessel  von  Pressard,  welcher  ebenfalls  auf  der  Pariser  Ausstellung 
in  Betrieb  war,  zeigt  einige  Eigenthümlichkeiten.  Die  Röhren  desselben 
haben  verschiedenen  Durchmesser  und  verschiedene  Anordnung,  indem 
die  in  der  Nähe  der  Feuerung  befindlichen  Röhren  gröfser  sind  (Fig.  5 
und  6)  und  über  einander  liegen,  während  die  höher  gelegenen  kleineren 
schräg  über  einander  gestellt  und  gegen  einander  versetzt  sind ,  wobei 
sie  durch  schräg  liegende  Verbindungsstücke  unter  einander  verbunden 
sind.  Hierdurch  soll  bei  den  unteren  Röhren,  welche  eine  besonders 
starke  Dampfentwickelung  zeigen,  das  Entweichen  des  Dampfes  in  den 
Dampfraum  erleichtert  werden.  Der  Erlinder  betrachtet  {Revue  in- 
dustrielle, 1889  S.  281)  die  kleineren  Röhren  mehr  als  Erhitzer,  während 
er  den  gröfseren  Röhren  hauptsächlich  die  Dampfentwickelung  zutheilt. 
Wir  wollen  jedoch  den  in  der  Quelle  dargelegten  Gedankengang,  als 
unerheblich,  nicht  weiter  verfolgen. 

Der  in  der  Zeichnung  dargestellte  Kessel  soll  1000k  Wasser  in  der 
Stunde  verdampfen.  Weitere  Angaben  sind:  Röhrendurchmesser  120 
und  75niD\  Heizfläche  70'im,232,  67  bis  100  H3,  Aufstellungsraum 
1860  X  2900mn>. 

Besondere  Vorsicht  verwendet  G.  Tangye  in  Soho  Staffs  bei  seinem 
Englischen  Patente  vom  20.  November  1889  auf  die  Verbindung  des 
Heizrohrsystemes  mit  dem  Oberkessel.  Die  Heizröhren  e  liegen  nach 
Fig.  8  und  9  zu  je  vier  Stück  über  einander  und  münden  je  in  ein  ge- 
meinschaftliches Rohr  d.  Letzteres  ist  mittels  eines  Stutzens  d2  mit  dem 
Oberkessel  c  verbunden.  An  der  Verbindungsstelle  ist  um  die  Kessel- 
wand f  noch  ein  zweites  Blech  g  genietet,  so  dafs  hier  zwei  Wände 
die  Dichtung  mit  d2  bilden.  Hierdurch  wird  eine  gute  Befestigung  gegen 
die  von  der  Hitze  bewirkten  Spannungen  und  Verschiebungen  bewirkt. 

Die  in  Paris  von  Knap  ausgestellten  Roof sehen  Kessel  zeigen  nichts 
Bemerkenswertes.  Der  gröfsere  derselben  hatte  1500  Quadratfufs 
(139cim)  Heizfläche  in  den  Rohren,  war  für  150  EP  construirt  und  be- 
stand aus  105  Heizröhren  von  5  Zoll  Durchmesser,  die  in  15  Reihen, 
zu  je  7  Stück  über  einander  befindlich,  augeordnet  waren.  Der  Kessel 
war  von  der  französischen  Aufsichtsbehörde  für  den  Maximaldruck  von 
150  Pfd.  auf  den  Quadratzoll  (10at,5)  concessionirt  und  verdampfte  bei 
gewöhnlichem  Betriebe  7000  Pfd.  Wasser  in  der  Stunde  (3175k),  der 
kleinere  Kessel  war  für  20  EP  construirt,  in  der  Weise  des  gröfseren 
angeordnet,  jedoch  mit  Gufsplatten  ummantelt.  Bezüglich  der  Verbin- 
dungsweise der  Theile  und  der  Vorrichtung  zur  Ermöglichung  der  freien 
Ausdehnung  und  der  Leichtigkeit  der  Verfrachtung  zeigten  diese  Kessel 
alle  übliche  Fürsorge;  auch  war  besonderer  Werth  darauf  gelegt,  die 
einzelnen  Stücke  rasch  auswechseln  zu  können. 

Bei  dem  Wasserröhrenkessel  mit  durch  die  Wasserröhren  gehenden 
Heizröhren  der  Firma  Dayde  und  Pille  und  Elienne  Lagosse  in  Paris 
(D.    R.  P.  Nr.  48295  vom  22.  December  1888)  sind  die  Doppelröhren  in 


388  Neuerungen   an    Dampfkesseln. 

zwei  über  einander  liegenden,  gegen  einander  geneigten  Bündeln  an- 
geordnet. Die  zickzackförmig  sich  am  Kessel  hinaufziehenden  Verbin- 
dungsbüchsen verändern  ihren  Querschnitt  entsprechend  dem  in  jeder 
Röhrenlage  in  die  nächstfolgenden  Röhren  überzuführenden  Wasser-  und 
Dampf volumen. 

Ein  mit  diesen  Neuerungen  ausgestatteter  Röhrenkessel  ist  in  Fig.  11 
biß   19  Taf.  21  veranschaulicht. 

Der  Kessel  besteht  (s.  Fig.  12)  aus  zwei  oberhalb  der  Feuerung  A 
über  einander  angeordneten  Röhrenbündeln,  von  denen  das  untere  von 
hinten  nach  vorn  ansteigt,  das  obere  dagegen  von  hinten  nach  vorn  sich 
senkt.  Jedes  Einzelrohr  ist  aus  zwei  concentrischen  Röhren  H  und  C  zu- 
sammengesetzt (Fig.  15  und  16).  Das  innere  Rohr  B  geht  auf  der  Vorder- 
wie  auf  der  Hinterseite  des  Kessels  durch  die  Verbindungsbüchsen  fund  D 
hindurch  und  ist  zur  Abdichtung  mit  einem  conisch  gestalteten  Ansätze 
durch  eine  entsprechend  conische  Oeffnung  in  der  Büchsenaufsenwand 
hindurchgesteckt.  Mittels  der  Mutter  B  und  des  durch  den  an  D  festen 
Bügel  F  hindurchgesteckten  T-Schraubenbolzens  G  wird  das  Rohr  an- 
gezogen, indem  der  Bolzen  G  mit  seinen  Flügeln  in  Löcher  des  Röhren- 
endes fafst  (Fig.  15  und  16).  Durch  diese  inneren  Röhren  strömen  die 
Feuergase,  deren  freier  Austritt  in  den  nach  der  Esse  führenden  Zug  Z, 
in  welchen  ihr  hinteres  Ende  hineinragt,  durch  entsprechend  grofse  seit- 
liche Ausschnitte  ermöglicht  ist.  Die  umgebenden  Röhren  C  münden 
vorn  und  hinten  in  die  Büchsen  E  und  Z>,  mit  deren  Innen wandung  sie 
dicht  verbunden  sind.  Der  B,aum  zwischen  D  und  C  dient  zur  Wasser- 
circulation  bezieh.  Dampfbildung. 

Die  Röhren  des  unteren  Bündels  sind  gegen  einander  versetzt  an- 
geordnet, so  dafs  zickzackförmige  senkrechte  Reihen  entstehen,  und 
hinten  münden  die  Röhren  jeder  Reihe  in  eine  im  gleichen  senkrechten 
Zickzack  laufende  Büchse  D  (Fig.  17  und  18).  In  der  Längsrichtung  des 
Kessels  wird  der  Büchsenquerschnitt  immer  enger,  so  zwar,  dafs  er  in  den 
verschiedenen  Einmündungshöhen  der  Röhren  C  genau  den  Raum  darbietet, 
welcher  dem  Volumen  des  in  die  betreuenden  Röhren  zu  speisenden 
Wassers  entspricht.  Sämmtliche  Büchsen  D  des  unteren  Bündels  com- 
municiren  unten  mit  einem  Wassersammler  I  mittels  eines  doppelt- 
conischen  Verbindungsstutzens  J.  Der  Sammler  ist  durch  selbstschliefsende 
Pfropfen  für  die  Reinigung  zugängig. 

An  der  Vorderseite  ist  je  eine  Büchse  E  für  die  über  einander 
stehenden  senkrechten  Zickzackreihen  beider  Röhrenbündel  vorgesehen, 
die  von  der  untersten  nach  der  obersten  Röhre  des  unteren  Bündels  an 
Querschnitt  zu-,  indefs  von  der  untersten  nach  der  obersten  Röhre  des 
oberen  Bündels  wieder  an  Querschnitt  abnimmt,  so  dafs  in  den  einzelnen 
Höhenlagen  der  Röhren  der  Büchsenquerschnitt  wiederum  proportional 
dem  Wasser-  und  Dampfvolumen  ist,  das  hier  übertreten  soll. 

Die  hinteren  Büchsen  D  für   das  obere  Röhrenbündel   sind  wie  die 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  389 

des  unteren  Bündels  angeordnet,  nur  nimmt  ihr  Querschnitt  nach  oben 
hin  zu.  Jede  obere  Büchse  D  ist  durch  ein  Rohr  L  mit  dem  Dampf- 
uud  Wasserreservoir  M  in  Verbindung,  von  welchem  aus  seitlich  Röhren 
nach  dem  Sammler  /  gehen. 

Eine  Zwischenwand  N  hält  die  beiden  Röhrenbündel  am  hinteren 
Ende  in  einem  bestimmten  Abstand  von  einander. 

Der  Betrieb  des  Kessels  ist  folgender:  Das  Wasser  steigt  aus  dem 
Sammler  1  in  die  Büchsen  D  und  durchströmt  von  hinten  nach  vorn 
die  ringförmigen  Siederäume  des  unteren  Röhrenbündels.  Auf  diesem 
Wege  tindet  in  Folge  der  direkten  Einwirkung  der  Feuerung  eine  leb- 
hafte Dampfentwickelung  statt.  Das  Wasser  und  der  Dampf  treten 
durch  die  Büchsen  E  an  der  Vorderseite  in  die  ringförmigen  Kanäle  des 
oberen  Röhrenbündels  und  strömen  durch  diese  von  vorn  nach  hinten 
in  die  oberen  Büchsen  Z>,  aus  denen  die  Röhren  L  sie  in  das  Reservoir  M 
treten  lassen.  Auf  dem  Wege  durch  das  obere  Bündel  wird  der  gröfste 
Theil  des  im  unteren  Röhrenbündel  nicht  verdampften  Wassers  in 
Dampf  umgewandelt.  Ein  auf  die  Mitte  von  M  gesetzter  Dom  führt 
den  Dampf  nach  einem  auf  der  Kesseloberseite  angeordneten  Ueber- 
hitzer  P. 

Die  Verbrennungsgase  schlagen  senkrecht  nach  oben,  umspülen  die 
Röhren  beider  Bündel  auf  der  Aufsenseite,  ziehen,  wie  durch  Pfeile 
angedeutet,  nach  der  Vorderseite  des  Kessels  in  den  Zug  L{  und  ver- 
teilen sich  von  hier  in  die  inneren  Röhren  B  beider  Bündel,  um  durch 
dieselben  in  einen  nach  der  Esse  führenden  Zug  Z  abzuströmen,  nachdem 
sie  so  die  Bündel  von  aufsen  und  innen  erhitzt  haben. 

Die  direkt  über  dem  Herde  liegende  Röhrenlage  des  untersten 
Bündels  kann  zweckmäfsig  aus  einfachen,  möglichst  eng  an  einander 
gerückten  Röhren  von  kleinerem  Durchmesser  zusammengesetzt  werden. 

Der  Kessel  von  Joseph  Philippe  Bordone  in  Paris- Batignolles  (D.R.P. 
Nr.  50200  vom  15.  Mai  1889,  Zusatz  zu  Nr.  44426)  zeigt  eine  Abände- 
rung des  Wasserröhrenkessels  in  der  Art,  dafs  die  Heizfläche  weiter 
vergröfsert  und  dadurch  eine  noch  stärkere  Dampfentwickelung  erhalten 
wird.  Diese  Abänderung  besteht  in  einer  neuen  Anordnung  des  Rostes 
oberhalb  der  Verbrennungskammer  in  der  Weise,  dafs  die  entwickelte 
Flamme  von  oben  nach  unten  gezogen  wird  und  hierbei  nicht  allein 
die  Zwischenwandungen,  sondern  auch  die  untere  Fläche  des  Rostes 
bestreicht. 

Fig.  20  zeigt  den  Längsschnitt  eines  Wasserröhrenkessels.  Fig.  21 
ist  ein  Querschnitt  durch  die  Mitte  dieses  Kessels  sowie  eine  Vorder- 
ansicht desselben.  Fig.  23  zeigt  ein  Stück  des  Rostes  in  gröfserem 
Mafsstabe. 

Der  Wasserrost  besteht  aus  zwei  gelochten,  durch  die  stumpf  ab- 
geschnittenen Rohre  E  verbundenen  Platten  P  (Fig.  23).  Die  kleineren 
Oeffnungen  dieser  Rohre  befinden  sich  an  der  oberen  Seite. 


390  lerungen  an  I)uni|>i'kesseln. 

Die  vordere  und  die  hintere  Seite  der  Verbrennungskammer,  welche 
Bicfa  über  die  ganze  Breite  des  Kessels  erstrecken,  werden  hier  durch 
fünf  Kasten  gebildet .  «reiche  das  Wasser  aufnehmen  und  in  ihrer 
Laufrichtung  über  einander  angeordnet  sind.  Auf  den  oberen  Kasten 
ist  der  Wa>serrost  (i  mit  beliebiger  Neigung  gelegt,  so  dafs  letzterer 
die  Verbrennungskammer  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  bedeckt.  Jeder 
vordere  Wasserkasteu  ist  mit  dem  hinteren  \Va>-erkasten  durch  zwei 
Reihen  Siederohre  vereinigt,  welche  unter  gewissen  Zwischenräumen 
und  zu  einander  versetzt  die  Verbreunungskammer  durchziehen.  Diese 
Kammer  ist  auf  beiden  Seiten  durch  eine  mit  Siederöhren  ausgerüstete 
Wand  geschlossen,  von  denen  das  unterste  Siederohr  sich  auf  den  unteren 
Kanal  D  stützt,  welcher  direkt  zum  Abzüge  H  führt.  Oberhalb,  auf 
den  Seiten  des  Rostes,  sind  die  beiden  Dampfsammler  R  R  angeordnet, 
deren  hintere  Enden  durch  einen  dritten,  quer  liegenden  Behälter  ver- 
einigt sind  und  so  einen  grofsen  Sammelraum  bilden.  Von  diesen  drei 
Behältern  H  gehen  vorn  und  hinten  je  zwei  Bohre  T  nach  unten  und 
sind  durch  die  Rohre  (4  direkt  mit  dem  Roste  G  und  den  Kasten  L 
verbunden.  Zur  Seite  der  Rücklaufrohre  T  sind  die  Wiedererhitzer  Q 
angeordnet,  welche  mit  den  Dampfsammlern  R  durch  die  Rohre  q  derart 
in  Verbindung  stehen,  dafs  alle  Theile  des  Kessels  sich  unter  gleichem 
Drucke  befinden.  Die  Rohre  q  des  hinteren  Erhitzers  bestimmen  den 
Wasserstand  in  den  Behältern  R  und  die  vorderen  Erhitzer  communiciren 
durch  die  Rohre  ry,    mit  den  hintern. 

Der  Raum  zum  Feuern  wird  von  dem  freien  Räume  gebildet,  welcher 
sich  zwischen  den  Behältern  R  befindet  und  durch  ein  Gewölbe  V  ab- 
geschlossen ist.  Hier  erfolgt  die  Zuführung  der  Brennstoffe  zum  Roste. 
Die  von  oben  nach  unten  schlagenden  Verbrennungsgase  umspülen  die 
Siederohre,  die  Wasserkasten  und  die  Verbiudungsrohre,  indem  sie 
der  Pfeilrichtung  folgen,  und  gelangen  in  den  zum  Abzüge  führenden 
Kanal. 

Die  weiten  Oeffnungen  des  Rostes  sind  nach  unten  gerichtet,  um 
ein  Verstopfen  zu  vermeiden.  Sie  gestatten  eine  leichte  Reinigung.  Um 
die  Verbrennungskammer  von  der  durch  den  Rost  fallenden  Asche  und 
Schlacke  reinigen  zu  können,  sind  geeignet  gestaltete  Reinigungsöffnungen 
angeordnet.  Ein  Dampfstrahl  und  eine  Bürste  genügen  zum  Reinigen 
der  Siederohre. 

Eine  Umhüllung  des  Dampfsammiere  von  Wasserröhrenkesseln  mit 
einem  Röhrenbündel  ist  dem  Königl.  Büttenamt  in  Gleiwitz  patentirt 
(D.  R.  P.  Nr.  48226  vom  26.  Februar  1889).  Zwecks  Klärung  des  Dampfes 
und  Abscheidung  des  Schlammes  ist  nach  Fig.  1»  Taf.  20  der  Wasser-  und 
Dampfsammler  des  Wasserröhrenkessels  von  Babcock  und  Wilcox  von 
den  Blechkasten  B  /?,  und  den  letzteren  verbindenden  Wasserröhren  w  to( 
umgeben. 

Der   Sammler   wird   gespeist,    während    der  Dampf  aus  demselben 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  391 

durch  zahlreiche  Durchbohrungen  b  b  in  den  oberen  Theil  des  Kastens  B{ 
und  dann  durch  die  Röhren  w{  u>,   abgeleitet  wird. 

Das  aus  den  Wasserröhren  W  durch  die  Kopfstücke  K  kommende 
Oemisch  von  Wasser  und  Dampf  kommt  in  dem  unteren  Theile  des 
Kastens  B  zur  Ruhe.  Der  abgeschiedene  Dampf  geht  durch  die  Löcher  dii 
über  dem  Wasserspiegel  in  den  Sammler,  sowie  durch  die  höchst  ge- 
legenen Röhren  w  w  in  den  Kasten  B{ ;  der  kleinere  Theil  des  Wassers 
wird  durch  die  Löcher  cc  in  die  Sammler  mitgerissen  und  durch  cx  c{ 
abgeführt,  während  der  gröfsere  Theil  desselben  nebst  einem  kleinen 
Theil  Dampf  durch  die  unterhalb  des  Wasserspiegels  liegenden  Röhren  ivw 
in  den  Kasten  B{  gelangt,  von  wo  es,  befreit  von  dem  durch  die  Löcher  d{  d{ 
in  den  Sammler  entweichenden  Dampftheil,  durch  die  Kopfstutzen  K 
in  das  Röhrenbündel  W  zurückfliefst.  Vor  seinem  Ausflusse  durch  K 
iindet  jedoch  eine  Ablagerung  von  Schlamm  und  Kesselstein  in  der 
unteren  stumpfwinkligen  Erweiterung  des  Kastens  B{  statt. 

Eine  Beschleunigung  des  Umlaufes  in  Wasserröhrenkesseln  will  die 
Rheinische  Röhrendampfkesselfabrik  A.  Büllner  und  Co.  in  Uerdingen 
dadurch  erreichen,  dafs  sie  nach  D.  R.  P.  Nr.  48737  vom  28.  Februar  1889 
au  ihren  gewöhnlichen  Röhrenkesseln  einen  röhrenförmigen  Kanal  durch 
den  Oberkessel  legt  und  dadurch  den  aus  dem  Unterkessel  aufsteigenden 
Strom  von  Wasser  und  Dampf  zu  dem  fallenden  Wasserstrome  hinüber- 
leitet. Der  röhrenförmige  Kanal,  der  entweder  in  gleichmäfsiger  Weite 
oder  mit  sanften  Querschnittsveränderungen  angeordnet  ist,  ist  in  seinem 
oberen  und  unteren  Theile  mit  Löchern  oder  Schlitzen  versehen,  welche 
den  Dampf  nach  oben  entweichen  lassen  und  dem  mitgeführten  Schlamme 
einen  Ausweg  nach  unten  gestatten.  Um  den  Wasserumlauf  da,  wo  er 
am  stärksten  sein  sollte,  direkt  über  der  Feuerung,  möglichst  zu  ver- 
stärken, sind  an  dieser  Stelle  in  die  Rohre  Kerne  eingesetzt,  welche  au 
beiden  Enden  zugespitzt  sind,  um  einen  Wasserstofs  zu  vermeiden.  Diese 
Kerne  verengen  den  freien  Querschnitt  der  Rohre  bis  ungefähr  auf  das 
Mafs  des  mittleren  Querschnittes  des  vorerwähnten  Kanales. 

Das  Ergebnifs  dieser  Einrichtung  soll  eine  vergröfserte  Leistung  des 
Kessels  sein,  auf  Grund  der  Annahme,  dafs  die  Wärmeüberführung  in 
hohem  Mafse  von  der  Stromgeschwindigkeit  abhängt,  ferner  eine  ver- 
stärkte Kühlung  und  damit  Schonung  der  Kesselrohre,  verringerte  Kessel- 
steinablagerung in  den  Rohren,  sowie  vergröfserte  Trockenheit  des 
Dampfes  in  Folge  der  gröfseren  Gleichmäfsigkeit  in  der  Entwicklung 
und  dem  Austritte  des  Dampfes. 

Denselben  Zweck  suchen  L.  und  C.  Steinmüller  in  Gummersbach 
durch  das  D.  R.  P.  Nr.  48590  vom  20.  März  1889  zu  erreichen,  nach 
welchem  sie  durch  die  Anordnung  eines  Kastens  oder  eines  Röhreu- 
systems  über  dem  Wasserspiegel  im  Oberkessel,  sowie  durch  eine 
Platte  oder  ein  Röhrensystem  unter  dem  Wasserspiegel  einen  ruhi- 
geren   Umlauf   bei    plötzlichen    Dampfentwickelungen    erzielen    wollen. 


392  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

Wegen  der  einzelnen   Stücke  müssen  wir  jedoch  auf  die   Patentschrift 
verwei.-rn. 

Eine  Regelung  des  Wasserumlaufes  zum  Zwecke  der  Erzielung 
trockenen  Dampfes  will  F.  Seegner  in  Bulmke  ( I>.  K.  P.  Nr.  47  897  vom 
1.  Januar  1889)  dadurch  erzielen,  dafs  er  an  der  Stelle,  wo  das  Wasser- 
umlaulrohr  sich  von  dem  Oberkessel  abzweigt,  um  den  Umlauf  dem 
unteren  Ende  des  Röhrenbündels  zuzuführen,  ein  Absperr-  und  Stell- 
veutil  anordnet,  welches  vom  Oberkessel  aus  durch  Stellrad  zu  regeln 
ist.  Es  wird  allerdings  durch  diese  Vorrichtung  der  Umlauf  des  Wassers 
verlangsamt  und  der  Dampf  vielleicht  für  kurze  Zeit  trockener.  Wir 
sind  jedoch  der  Meinung,  dafs  man  sich  die  anerkannten  Vortheile  eines 
lebhaften  Umlaufes  nicht  soll  entgehen  lassen. 

Ueber  den  Kessel  von  Hanrez  berichteten  wir  bereits  1889  271*337. 
Die  Eigentümlichkeit  desselben  besteht  darin,  dafs  die  Röhren  eine 
sehr  steile  Lage  haben,  um  hierdurch  ein  rascheres  Entweichen  des 
Dampfes  zu  ermöglichen,  als  dies  bei  Röhren  mit  schwacher  Neigung 
tliunlich  ist,  da  die  Uebertraguug  der  Wärme  an  das  Wasser  bei 
weitem  rascher  erfolgt  als  an  eine  Mischung  von  Dampf  und  Wasser 
oder  gar  an  Dampf  allein.  Auch  ist  wegen  des  lebhafteren  Wasser- 
umlaufes ein  Entleeren  und  demzufolge  ein  Ueberhitzen  des  Rohres  aus- 
geschlossen. Als  weiterer  Vortheil  wird  in  einem  Vortrage  von  Tahon 
in  Revue  universelle  des  Mines,  1890  Bd.  9  S.  59,  angeführt,  dafs  der 
Hanrez sehe  Kessel  sehr  trockenen  Dampf  liefert.  Letzteres  wird 
noch  durch  die  Anordnung  eines  zweiten  Dampfdomes  unterstützt,  in 
welchem  bewirkt  wird,  dafs  der  vom  ersten  Dome  abgeleitete  Dampf 
seine  Bewegungsrichtung  plötzlich  ändert,  wie  die  Pfeile  es  andeuten, 
und  dabei  das  mitgerissene  Wasser  fallen  läfst. 

Die  angedeuteten  Vortheile  sollen  den  Kessel  nun  auch  für  metal- 
lurgische Zwecke  geeignet  machen,  speciell  auch  für  den  Puddel-  und 
Walzwerksbetrieb,  in  welchem  sich  diese  Sorte  von  Kesseln  bisher 
wegen  ihres  geringen  Wasservorrathes,  der  bekanntlich  als  Kraftspeicher 
betrachtet  wird,  nicht  einbürgern  konnten.  Da  ferner  der  Kraftbedarf 
in  den  Walzwerken  wegen  der  gröfseren  Prutile  und  der  längeren  Stäbe 
sowohl,  als  auch  wegen  des  veränderten  Walzgutes,  welches  jetzt  viel- 
fach Stahl  ist  und  sehr  viel  mehr  Kraft  als  das  weichere  Eisen  erfordert, 
erheblich  gestiegen  ist,  so  suchte  man  Dampf  von  höherer  Spannung  zu 
verwenden.  Auf  dem  Hüttenwerke  l'Alliance  in  Marchienne  wurde  nun 
ein  Versuch  gemacht,  einen  f/anrez'' scheu  Kessel  hinter  einem  Ofen  auf- 
zustellen (Fig.  10  Taf.  20),  dessen  Herd  lm,2  auf  0n>,9,  also  Mm,8  grofs 
ist  und  auf  welchem  in  12  Stunden  2500k  Kohle  verbrannt  wird.  Der 
Kessel  hat  90'im  Heizfläche,  52  Röhren  von  4m,3  Länge  und  127mm 
Weite,  5cbm  Wasserraum,  2clm,,23  Dampfraum.  Bei  dem  ersten  Ver- 
suche, der  10  Stunden  dauerte,  wurde  mit  2091 k  Kohle  13340k  Wasser 
verdampft,   mithin  Gk,38  auf  das  Kilo  Kohle  und  für  das  Quadratmeter 


Spannungsabiall  bei  lnehrcylindrigen  Dampfmaschinen.  393 

Heizfläche  14k,82.  Der  Kesseldruck  war  im  Mittel  3  bis  4at.  Bei  dem 
zweiten  und  dritten  Versuche,  welche  je  12  Stunden  dauerten  uud 
2500k  Kohle  erforderten,  wurden  15  536  bezieh.  15  912k  Wasser  ver- 
dampft, was  einer  6,216-  bezieh.  6,36  fachen,  also  im  Mittel  beider  Ver- 
suche 6,30 fachen  Verdampfung  entspricht.  Wagerechte  cylindrische 
Kessel  von  der  bisher  gebräuchlichen  Form  zeigten  eine  1,6-  bis  1,9  fache 
und  mehrere  auf  demselben  Werke  aufgestellte  Belleville-Kessel  eine 
3,25  fache  Verdampfung.  Nach  den  Mittheilungen  des  Werksingenieurs 
Thibaut  hat  der  erwähnte  Kessel  seit  dem  15.  December  1888  stets  gute 
Ergebnisse  geliefert  und  ist  der  Zug  des  Ofens  durch  denselben  nicht 
behindert.  Auch  hat  die  Reinigung  keine  Schwierigkeit  gemacht;  die- 
selbe wird  täglich  zweimal  mittels  Dampfstrahles  bewirkt.  Später  ergab 
ein  auf  dem  Hüttenwerke  Providence  in  Hautmont  aufgestellter  Kessel 
eine  8,9  fache  Verdampfung.  Ueber  Beobachtungen  bezüglich  der  Dampf- 
haltung gibt  unsere  Quelle  leider  keine  Angaben. 


Der  Spannungsabfall  bei  mehrcylindrigen  Dampfmaschinen. 

Mit  Abbildung. 

Die  unlängst  in  der  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure  ge- 
führten Auseinandersetzungen  über  den  Spannungsabfall  bei  Zwei- 
cylinder-Dampfmaschinen,  welcher  als  ein  Dampfersparungsmittel  em- 
pfohlen wird,  und  hierbei  trotz  vielfacher  eingehender  Erörterungen 
eine  nicht  ganz  richtige,  zu  Fehlschlüssen  führende  Beurtheilung  erfährt, 
veranlafste  den  Prof.  Käs  das  Wesen  desselben,  sowie  seinen  Einflufs  auf 
den  Maschineneffect  unter  Berücksichtigung  aller  mafsgebenden  Haupt- 
factoren eingehender  zu  untersuchen  und  die  Resultate  in  der  Oester- 
reichischen  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hüttenwesen,  1890  Nr.  18  S.  201, 
niederzulegen. 

Der  Spannungsabfall,  um  welchen  es  sich  hier  handelt,  entsteht, 
wie  die  genannte  Zeitschrift  berichtet,  durch  die  Vermischung  zweier 
Dampfmengen  von  verschiedenen  hohen  Spannungen.  Wird  dabei  vor- 
ausgesetzt, dafs  die  beiden  Dampfmengen  trocken  sind,  und  sieht  man 
von  dem  während  der  Mischung  sich  etwa  bildenden  Wasser  ab,  so 
resultirt  nach  dem  Spannungsausgleich  eine  neue  Dampfmenge,  deren 
Volumen  gleich  ist  der  Summe  der  beiden  Anfangsvolumen  und  deren 
Spannung  zwischen  den  beiden  anfänglichen  Spannungen  liegt.  Die 
höher  gespannte  Dampfmenge  mufs  hierbei  von  der  anfänglichen  auf 
die  resultirende  Spannung  expandiren,  während  die  zweite  Dampfmenge 
(mit  der  niedrigeren  Anfangsspannung)  auf  die  resultirende  Spannung 
comprimirt  wird.  Der  Spannungsausgleich  erfolgt  dabei  stets  unter 
Arbeitsverlust,  weil  der  Dampf  theil weise  ohne  Arbeitsverrichtuug  ex- 
pandirt;  dieser  Verlust  läfst  sich  rechnerisch  bestimmen. 


394 


Spannungsabfall  bei  mehrcylindrigen  Dampfmaschinen. 


Bezeichnet 
v  und  p{  das   Volumen   und   die  Spannung   der  Dampfmeuge  mit 

der  höheren  Spannung, 
r  und  p,2  desgleichen  für  die  zweite  Dampfmenge  mit  der  niedri- 
geren Spannung, 
Pq  die   nach   der  Mischung   re.sultirende  Spannung,   so   hat 
man  zunächst 

»>Pi+rp2  =  (c  +  r)/»0 1) 


dahei 


Po 


o/>i  +  rPi 
v  -\-r 


2) 


Unter  Annahme  des  Marione  sehen  Gesetzes  ist  die  während  des 
Mischungsprozesses  bei  der  Expansion  der  Dampfmenge  mit  höherer 
Spannung  frei  gewordene  Arbeit 

P\ 


vpi  In 


Po 


dagegen  die  von  der  Dampfmenge  mit  geringerer  Spannung  aufgenom- 
mene Arbeit 

Po 


rp2  In 


l'i 


und  es  gibt  die  Differenz  dieser  beiden  Arbeiten 

vp<  In  -l  —  r»,,  In  — 
11       Po  -       P% 

den  Verlust,  welcher  durch  den  Spannungsausgleich  herbeigeführt  wird. 
Kommt  ein  solcher  Mischungsprozefs  während  der  Arbeitsabgabe  des 
Dampfes  innerhalb  der  Dampfmaschine  vor,  so  mufs  der  eintretende 
Arbeitsverlust  die  indicirte  Spannung  in  entsprechendem  Mafse  ver- 
mindern. 

Der  Spannungsabfall,   welcher    bei   Zweicylinder-Maschinen    durch 

die  Mischung  des  in  dem  Hoch- 
druekcylinder  bereits  expan- 
dirten  Dampfes  mit  dem  Re- 
ceiverdampfe  veranlafst  wird, 
entsteht  durch  übermäfsige  Fül- 
lung des  Niederdruckcylinders, 
wobei  nach  geschehener  Ab- 
sperrung des  Einlafskanales  (nach 
Beendigung  der  Füllung  des 
Niederdruckcylinders)  der  Re- 
ceiverdampf  eine  niedrigere 
Spannung  besitzt,  als  diejenige 
des  im  Hochdruckcylinder  ex- 
pandirteu  Dampfes.  Der  Spannungsabfall  und  der  ihn  begleitende  Arbeits- 
rerlust  wird  unter  sonst  gleichen  Umständen  desto  gröfser  sein,  je 
gröfser  die  Füllung  des  Niederdruckcylinders  gemacht  wird,   und   wird 


Spannungsabfall  bei  niehrcylindrigen  Dampfmaschinen.  395 

bei  Vollfüllung,  wie  solche  bei  den  alten  Woolf  sehen  Maschinen  durch- 
weg üblich  war,  den  gröfsten  Werth  erreichen. 

Bei  den  nachfolgenden  Untersuchungen  soll  die  Heceicer-  Woolf  sehe 
Maschine  in  Betracht  kommen,  weil  sich  bei  derselben  die  Spannungs- 
vorgänge bequemer  und  übersichtlicher  analytisch  verfolgen  lassen,  als 
bei  der  Compoundmaschine. 

Mit  Bezug  auf  die  Textfigur  sollen  folgende  Bezeichnungen  ein- 
geführt werden: 

p    die  Admissionsspaunung; 

p{  die  Endspanuungdesim  Hochdruckcylinder  expandirten  Dampfes; 

p2  die  Spannung  des  im  Receiver  nach  der  Absperrung  des  Aus- 

lafskanales  des  Hochdruckcy linders  verbleibenden  Dampfes; 

p0  die  Spannung  nach  der  Mischung  des   im  Hochdruckcylinder 

expandirten  Dampfes  von  der  Spannung  p,   mit  dem  Receiver- 

dampfe  von  der  Spannung  p.2. 

Für  den  Fall,   dafs   im   Niederdruckcylinder  der  Vorderdampf  bis 

auf  die   Spannung  p0   comprimirt   wird,   ist  pQ    zugleich    die    Anfangs- 

spaunung   des  in  diesem  Cvlinder   zur  Wirkung  kommenden  Dampfes. 

D 

Das    Verhältnifs    —   soll   der    ..Spannungsverminderungsgrad1,1,    genannt 

und  mit  ß  bezeichnet  werden. 

p3  die  Endspannung  des  Füllungsdampfes  im  Niederdruckcylinder; 
p4  die    Eudspannung    des    im    Niederdruckcylinder     expandirten 

Dampfes; 
p5  die  Vorderdampfspannung  im  Niederdruckcylinder. 
Alle  Spannungen  sind  in  absoluten  Atmosphären  gemessen. 
Ferner  sei,  wenn  das  Volumen  des  Niederdruckcylinders  =  1: 
v  bezieh,  r  das  Volumen  des  Hochdruckcylinders  bezieh.  Receivers; 
m  bezieh.  M  die  Gröfse  der  schädlichen  Cy linderräume,  bezogen 
auf  das  zugehörige  Cyliudervolumen  des  Hoch-  bezieh.  Nieder- 
druckcylinders; 
/,   die  verhältnifsmäfsige  Hublänge,  welche  der  Kolben  des  Hoch- 
druckcylinders   nach    Absperrung    des    Vorderdampfes    behufs 
Compression  desselben  bis  zum  Todpunkte  zurückzulegen  hat: 
l2  desgleichen  für  den  Niederdruckcylinder; 
/3  die  Füllung  des  Niederdruckcylinders. 
Es  soll  zunächst  angenommen  werden,   dafs   der  Vorderdampf  so- 
wohl beim  Hochdruck-  als  auch  beim  Niederdruckcylinder  bis   auf  die 
Anfangsspannung  (pt    bezieh.  p0)    comprimirt    wird,    so    dafs    nur    ein 
Spannungsabfall  beim  Uebertritt  des  Dampfes  aus  dem  Hochdruckcylinder 
in  den  Receiver  stattfinden  kann. 

Dann  ist  entsprechend  der  Gl.  2  die  Spannung  nach  der  Mischung: 

_  p2r-f  /)tr(l-f  m) 
Po  = j q— : r —  oder 


:;;it,  Spannungsabfall  bei  mehrcylindrigea  Dampfmaschinen. 


Pi       *"    V\\r  +  r  (1  fm)] 
und  wenn  Pq  =  ß  .  px 


Setzt  man  einfach 

/?[r  +  p(l  +  M)]-o(l  +  "0  _  ^ 

BO    18< 

/;.,  =  «/>,. 

Andererseits  ist,  wenn  der  Vorderdampf  im  Huchdruckcylinder  auf 
die  Anfangsspannung  fj»)  comprimirt  wird 

pm 
Vi  =  /i +  tf 

sumit 

Zur  HervorbringuDg  eines  bestimmten  Spaunungsablalles  lälst  sich  die 
hierfür  erforderliche  Füllung  /3  des  Niederdruckcylinders  aus  den  fol- 
genden zweien,  ohne  Weiteres  verständlichen  Continuiläts-Gleichungen 
bestimmen: 

1.  pQ  [r  +  0(1  +  m)  -f  M]  =/>3  [/3  (1  -  v)  +  r  +  «  (1  +  »)  +  ^]    6) 

2-  Mö('i+*0  +  r]=j>3[ü(l  +  m)  +  r-üf3]      •     •     7) 
welche  ergeben,  wenn 

Po  =  /?Pi 

p3  =  «/>, 

und  r  -f-  r  ( 1  -f-  m)  -f-  M  =  .4  gesetzt  wird : 

4)«(l  +  m)  +  r-|[o(/1+m)-fr]( 

/3  = ß- ...     8) 

»ii  +  (l— »)|[i>C<i+»)+r] 

Der  Spannungsabfall   wird  vermieden,   wenn  p2=Pii   womit  auch 
jp0  =  Pj   wird.     Man   erhält   die   betreffende    Füllung,    bei  welcher  dies 
statttindet,  wenn  in  Gl.  8/?=l  und  auch  ct  =  l  (vgl.  Gl.  5)  eingesetzt  wird. 
Es  ist  dann 

, AoQ-IQ 

b—  vÄ  -f  (l  —  t>)  [*  (/,+«)  +  r] 

hierin  ist,  da 

pa  =  p, 


"ft-1) 


Wenn  es  sich  blofs  um  die  summarische  Wirkung  des  Dampfes 
innerhalb  der  Maschine  handelt,  so  ist  die  Kenntnifs  der  Füllung  /3  und 
der    Spannung  p3,    welche    nach    geschehener    Berechnung    von  /3   aus 


Spannungsabfall  bei  mehrcylindrigen  Dampfmaschinen.  397 

Gl.  6  oder  Gl.  7  bestimmt  werden  kann,  gar  nicht  nothwendig;  hin- 
gegen mufs  die  Spannung  pi  bekannt  sein,  welche  sich  aus  der  folgen- 
den, ebenfalls  leicht  verständlichen  Gleichung  berechnen  läfst: 

und  da 

r  4-  v  (1  +  m)  +  M  =  A 
_p0A-  p2  [r  -f  o  (7,  -f  wi)] 

Pi~  "T+Äf  10) 

Die  Arbeit,  welche  der  Dampf  nach  dem  Austritte  aus  dem  Hoch- 
druckcy  linder  verrichtet,  kann  man  sich  aus  zwei  Antheilen  bestehend 
denken,  und  zwar: 

1)  aus  der  Expansionsarbeit,  welche  bei  dem  Spannungsgefälle  von 
p0  auf  pi  diejenige  Dampfmenge  verrichtet,  deren  Volumen  bei  der 
Expansionsendspannung  pA  gleich  ist  dem  in  dem  Niederdruckcylinder 
am  Ende  des  Hubes  befindlichen  Dampfvolumen  1  -|-  M. 

Diese  Arbeit  ist  gleich 

p4(l+Jf)lÄ 
Pi 

2)  aus  der  von  dem  Receiverdampfe  verrichteten  Arbeit;  der  letztere 
expandirt  während  der  Füllung  des  Niederdruckcylinders  von  der  Span- 
nung 7>0  auf  die  Spannung  p3  und  wird  nach  geschehener  Absperrung 
des  Niederdruckcylinders  auf  die  Spannung  p2  verdichtet,  was  der  Wir- 
kung nach  das  Gleiche  ist,  als  wenn  der  Recei verdampf  unmittelbar 
von  der  Spannung  p0  auf  p2  expandiren  würde.  Es  ist  daher  die  Wir- 
kung des  Receiverdampfes  für  den  ganzen  Kolbenhub  gleich 

Filr  +  v^+nWln^, 
Vi 

welche  für  den  Fall,  dafs  jeglicher  Spannungsabfall  vermieden  wird 
(wenn  p0=p2  =V\)  =  Nu^  und  für  den  Fall,  dafs  mit  Spannungsabfall 
gearbeitet  wird,  derjenigen  Wirkung  gleich  ist,  welche  bei  dem  Mischungs- 
prozesse der  Receiverdampf  aufnimmt. 

Die  auf  die  Kolbenfläche  des  Niederdruckcylinders  bezogenen,  den 
einzelnen  Dampfwirkungen  entsprechenden  mittleren  specifischen  Partial- 
spannungen  ergeben  sich  sonach  wie  folgt: 

1)  Für  die  Hinterdampfwirkung  des  Hochdruckcylinders: 


Pl«(l  +  m)[l+/n^-l 11) 


2)  Für  die  subtractive  Compressionswirkung  des  Vorderdampfes  im 
Hochdruck  cylinder: 

■     V 
—  pvm  In— 12) 

1h 

3)  Für  die   Dampfwirkung   nach   dem   Austritte   des   Dampfes    aus 
dem  Hochdruckcylinder: 

/Ml  +  M)/n^  +  Mr  +  (/,+r„)]/«^     .     .     .     18) 
Fi  Pi 


398  Spannungsabfall  bei  mehreylindrigen  Dampfmaschinen. 

•4)  Für  die  subtractive  Vorderdampfwirkung  im  Niederdruckcylinder: 

-[p0Mln&  +  p5a-  /•>)]       14) 

hierbei  ist 

Die  Summe  aller  Partialspannungen  gibt  die  indicirte  Spannung 
Pi  an. 

Zur  Controle  der  Rechnung  oder  behufs  Bestimmung  der  auf  die 
beiden  Cylinder  entfallenden  Arbeitsantheile  erhält  man  nach  voraus- 
gegangener Bestimmung  von  l3  aus  Gl.  8  und  p3  aus  Gl.  6  oder  Gl.  7 
die  den  in  der  Figur  bezeichneten  Diagrammflächen  entsprechenden 
mittleren  specifischen  Partialspannungen  aus  folgenden  Ausdrücken. 

Für  den   Hochdruckcxßindtr: 

der  Fläche  abcde  entsprechend:  ft  0  (1 -f" m)  I  l+/n —  J, 

A  p 

fgk i  •-  —  P>  [r  +  i-  ( /|  +  '«)]  In  -A 

Ps 

„       afie  ,,  —pvmln—. 

P> 

Für  den  Niederdruckcylinder: 
der  Fläche  <//irfA    entsprechend:  p0  ..  In  — , 

>»n/*de  „  —  lp0JW/n^  +  p5  (1  —  /2)    . 

Die  Summe  aller  sieben  Partialspannungen  gibt  wie  zuvor  die  in- 
dicirte Spannung  an. 

Um  den  Einflufs  des  Spannungsabfalles  auf  den  Effect  recht  klar 
zu  zeigen,  soll  von  der  Gröfse  der  schädlichen  Cylinderräume  zunächst 
ganz  abgesehen  werden;  für  diesen  Fall  erhält  man  bei  einer  bestimmten 
Annahme  über  ß 

Pi)  =  ßPi 

A  PI     r  ßA-V 

und  aus  Gl.  5  a  = 

r 

mit  A  =  v  -\-  r, 

alsdann  ist 

//,  =  «/>,. 

Wegen  m  =  0  und  M  =  0  ist  auch  /,  =  0  und  /.2  =  0. 


Spannungsabfall  bei  raehrcylindrigen  Dampfmaschinen. 


399 


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400  Spannungsabfall  i»'i  mehrcylindrigen  Dampfmaschinen. 

Ferner  ist  nach  Gl.  8 


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15) 

Bi4  +  (l-«)|r 

und  nach  Ol.  1<» 

Vi  =  Po  A  —  V 2  ''■ 
Die  mittlere  specifische  Dampfspannung  für  die  Hinterdampfwirkung 
im  Hochdruckcvlinder  ergibt  sich  nach  Gl.  11  zu 


P*=Pl«  (1  +  '*^'J- 


sowie  für  die  Dampfwirkung  nach  dem  Austritte  des  Dampfes  aus  dem 
Hochdruckcvlinder  nach  Gl.  13  und  14 

Pi  Pi 

und  es  ist 

/'.•  =  P*  4-  P« 
die  auf  die   Kolhenfläche   des   Niederdruckcvlinder.-    reducirte   indicirte 
Spannung. 

In  der  Tabelle  auf  S.  399  sind  die  für  die  Berechnung  der  indicirten 
Spannung  />,  mafsgebenden  Gröfsen  sammt  dieser  für  r  ==  1,  r  =  v  und 
r=yl2l\  sowie  für  ß  =  l  (kein  Spannungsabfall),  /?  =  0,85  (mäfsiger 
Spannungsabfall)  und  für  ß  =  0,7  (mittelgrofser  Spannungsabfall)  zu- 
sammengestellt. Dabei  wurde  die  Admissiousspannung  p  =  6at,  die 
Expansionsendspannung  im  Hochdruckcvlinder  p{  =  2n,,4,  die  Vorder- 
dampfspaunung  im  Niederdruckcylinder  p5  =  0at,2  und  die  verhältnifs- 
mäfsige  Gröfse  des  Volumens  des  Hochdruckcvlinders  v  =  0,3  an- 
genommen. 

Aus  dieser  Zusammenstellung  geht  hervor,  dafs  die  Gröfse  des 
Receivers  auf  die  indicirte  Spannung  uur  dann  ohne  Einflufs  ist,  wenn 
ohne  Spannungsabfall  gearbeitet  wird:  ist  dieses  nicht  der  Fall,  so  ist 
der  durch  den  Spannungsabfall  verursachte  Arbeitsverlust  um  so  gröfser, 
je  kleiner  das  Receivervolumen  ist.  Es  sind  demnach  alle  Calculationen, 
welche  unter  Zugrundelegung  eines  unendlich  grofsen  Receivers  gemacht 
werden,  nicht  richtig;  für  diese  Annahme  ist  überhaupt  für  den  Be- 
harrungszustaud  der  Maschine  ein  Spannungsabfall  nicht  recht  denkbar. 
Die  Behauptung,  dafs  hierbei  die  Receivergröfse  einflufslos  ist,  ist  dem- 
nach falsch  —  ebenso  die  Behauptung,  dafs  durch  einen  gewissen 
mafsigen  Spannungsabfall  eine  Erhöhung  der  Leistung  herbeigeführt 
werden  kann.  Der  Verlust  nimmt  continuirlich  mit  zunehmender  Gröfse 
des  .^pannungsabfalles  zu  und  ist.  wie  aus  der  Tabelle  zu  ersehen  ist, 
gleich  dem  durch  den  Mischungsprozefs  veranlafsten  Verluste.  Die 
schädlichen  Cylinderräume  können,  so  hinge  die  zur  Wirkung  kommende 
Dampfmenge  und  ebenso  auch  die  Compression   des  Vorderdampfes  im 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.      401 

Niederdruckcylinder  die  gleiche  bleibt,  hieran  nichts  ändern  und  es 
kommt  auch  bei  Berücksichtigung  derselben,  wie  sich  nach  dem  Vor- 
stehenden leicht  ermitteln  läfst,  der  durch  den  Spannungsabfall  hervor- 
gerufene Verlust  unverkürzt  zum  Vorschein,  so  dafs  auch  hier  durch 
denselben  nie  eine  Erhöhung,  sondern  immer  nur  eine  Herabsetzung 
des  Maschineneffectes  herbeigeführt  wird. 

Es  wird  ferner  auch  angegeben,  dafs  in  Folge  der  mit  Zulassung 
eines  Spannungsabfalles  verbundenen  grofsen  Druckentlastung  ein  ent- 
sprechendes Nachdampfen  von  Wasser  beim  Ausströmen  des  Dampfes 
aus  dem  Hochdruckcylinder  stattfindet,  wodurch  an  Dampf  gespart  wird. 
Dieses  Dampfersparungsmittel  ist  aber  sehr  problematischer  Natur  und 
kann,  so  lange  dessen  Vortheilhaftigkeit  durch  direkte  Dampfconsum- 
versuche  nicht  nachgewiesen  wird,  durchaus  nicht  empfohlen  werden. 
Die  bedeutenden  ökonomischen  Erfolge,  welche  in  den  letzten  fünf- 
zehn Jahren  hauptsächlich  in  Folge  der  Vermeidung  des  Spannungs- 
abfalls bei  stationären  zwei-  und  dreicylindrigen  Maschinen  erreicht 
wurden,  sprechen  am  deutlichsten  für  die  Richtigkeit  der  jetzigen  Be- 
triebsweise. 

Man  wolle  daher  Gutes  durch  Fragliches  nicht  verbessern,  und 
bleibe  deshalb  auch  ferner  bei  dem  lang  bewährten  spitzzulaufenden 
Indicatordiagramme  des  Hochdruckcylinders. 


Von  der  Nordwestdeutschen  Gewerbe-  und  Industrie- 
Ausstellung  in  Bremen  1890. 

Die  am  31.  Mai  1890  eröffnete,  aber  erst  Anfang  Juli  zur  an- 
nähernden Vollendung  gebrachte  Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  In- 
dustrie-Ausstellung soll  ein  Bild  von  Gewerbe  und  Industrie  der  Stadt 
Bremen,  der  Provinz  Hannover,  sowie  des  Grofsherzogthums  Oldenburg 
geben,  gleichzeitig  aber  auch  den  über  Bremen  geleiteten  Welthandel 
in  seiner  besonderen  Eigenart  zur  Darstellung  bringen. 

Mit  dem  15.  Oktober  1889  wurde  bekanntlich  die  freie  und  Hanse- 
stadt Bremen  in  das  Zollgebiet  des  Deutschen  Reichs  eingezogen  und 
dadurch  wirtschaftlich  wie  industriell  in  engere  Fühlung  mit  ihren  be- 
nachbarten Gebieten  und  dem  gesammten  Reiche  gebracht.  Die  seit- 
herige Freihafenstellung  Bremens  hatte  naturgemäfs  eine  gewisse  Ab- 
geschiedenheit zur  Folge,  welche  sich  weniger  in  den  wirthschaftlichen 
Verhältnissen,  als  in  einer  gewissen  Unabhängigkeit  und  Specialisirung 
des  Bremensischen  Handwerksbetriebes  sichtbar  machte.  Gestützt  auf 
altgewohntes  Herkommen  und  gefördert  durch  die  Wohlhabenheit  der 
Bremer  Bürgerschaft  entwickelte  sich  das  Handwerk  in  ganz  eigen- 
artiger Weise,  um  besonders  im  Kunstgewerbe  gewisse  charakteristische 

Dingler's  polyt   Journal  Bd.  277  Nr.  9.  1890/111.    .  26 


402      Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen. 

Kennzeichen    auszubilden,   welche    für  die   Bremer  Verhältnisse   eigen- 
tümlich sind. 

Wesentlich  im  Hintergrunde  steht  dem  Handwerke  gegenüber  die 
Industrie.  Hat  die  Bremer  Bürgerschaft  das  Handwerk  für  ihre  eigenen 
Zwecke  des  Lebens  und  der  Behaglichkeit  grofs  gezogen  und  gestützt, 
so  lag  eine  Entwickelung  des  industriellen  Lebens  mehr  aufserhalb  des 
Interesses  der  mafsgebend  nur  Grofshandel  treibenden  Kaufmannschaft, 
wenn  auch  nicht  verkannt  werden  darf,  dafs  die  allerjüngste  Zeit  in 
letzterer  Beziehung  eine  wesentliche  Wandelung  herbeizuführen  scheint. 
Aber  gerade  die  hier  vorgeführte  Ausstellung  —  so  unvollkommen 
und  dürftig  sie  genannt  werden  mufs  —  zeigt  das  Mil'sverhältnifs  zwischen 
dem  Handwerk,  der  Industrie  und  dem  Handel.  So  kernig  das  erstere 
entwickelt  ist,  so  überwältigend  der  letztere  sich  darstellt,  so  kümmer- 
lich erscheint  die  Industrie.  Der  Sinn  für  letztere  ist  eben  noch  nicht 
hinreichend  grofs  gezogen,  um  sich  mafsgebend  namentlich  den  Handels- 
interessen gegenüber  geltend  zu  machen. 

Zweifellos  erscheint  aber  die  nunmehrige  Einbeziehung  Bremens  in 
das  deutsche  Zollgebiet  hinreichende  Gelegenheit  zu  bieten,  um  offenbar 
zu  machen,  wie  sehr  sich  an  einem  so  hervorragenden  Knotenpunkte 
des  Welthandels  eine  Industrie  zur  Verarbeitung  der  eingeführten  Roh- 
stoffe nützlich  und  gewinnbringend  bethätigen  kann. 

Namentlich  die  hauptsächlichsten  Einfuhrstoffe  Bremens,  wie  Tabak. 
Reis,  Wolle,  Baumwolle  u.  s.  w.  gewähren  die  denkbar  günstigste  Ge- 
legenheit zur  Entwickelung  grofser  Industrie,  ganz  abgesehen  davon, 
dafs  sich  im  Anschlüsse  hieran  die  Hilfsindustrien,  namentlich  Maschinen- 
fabriken, nothwendig  mit  zu  kräftiger  Blüthe  entfalten  müssen.  — 

Die  Ausstellung  hatte  ihren  Ursprung  in  sehr  stattlichen  „kunst- 
gewerblichen Weihnaehtsmessenu,  als  deren  Urheber  Prof.  Beuleaux  hin- 
gestellt wird.  Das  glückliche  Ergebnifs  dieser  Messen  liefs  naturgemäfs 
das  innerhalb  der  Mauern  jeder  gröfseren  Stadt  herrschende  Ausstellungs- 
fieber zur  freien  Entwickelung  kommen,  so  dafs  die  Thatsache  einer 
in  der  Concurrenzhandelsstadt  an  der  Elbe  erfolgten  Ausstellung  mit 
Gewalt  zur  Veranstaltung  drängte.  Hamburg  durfte  vor  Bremen  nichts 
voraus  haben/ 

Der  vollzogene  Akt  des  Zollanschlusses  war  eine  gute  Gelegenheit, 
eine  Ausstellung  zu  veranstalten,  in  welcher  eine  Vereinigung  der  nord- 
westdeutschen Gebiete,  und  zwar  in  den  zunächst  berührten  Interessen 
des  Handels,  der  Industrie  und  des  Gewerbes  zum  Ausdruck  gebracht 
werden  sollte. 

£  Dieser  Ausstellungsgedanke  ist  denn  nun  auch  seitens  der  Kreise 
der  Bremer  Bürgerschaft  mit  grofser  Sympathie  aufgenommen  und  mit 
bewunderungswürdiger  materieller  Hilfe  verkörpert  worden.  Nicht  allein, 
dafs  eine  stattliche  Garantiesumme  schnell  gezeichnet  wurde,  dafs  aus- 
BChliefelich    aus    privaten   Mitteln    rund    50000  M.   an   Geldpreisen   aus- 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.      403 

gesetzt  wurden,  nein  auch  durch  prächtige  Gestaltung  des  Ausstellungs- 
platzes, der  gröfsten  Zierde  Bremens,  wurde  der  Ausstellung  ein  Rahmen 
gegeben,  wie  er  bisher  in  Deutschland  noch  nicht  gesehen  wurde. 

Leider  liegt  es  in  den  Verhältnissen,  dafs  dieser  prächtige  Rahmen 
das  Bild  selbst  drückt  und  fast  gar  nicht  zur  Geltung  kommen  läi'st, 
weil  eben  der  Werth  von  Rahmen  und  Bild  gar  zu  gewaltig  unter- 
schieden ist.  Andererseits  wird  aber  der  Durchschnittsbesucher  sich  an 
diesem  Rahmen  freuen,  sich  an  dessen  herrlicher  Gestaltung  genügen 
lassen  und  über  den  Rahmen  nicht  zur  Betrachtung  und  Prüfung  des 
Bildes  gelangen. 

Für  die  Ausstellung  ist  der  Bürgerpark  hergegeben,  eine  grofs- 
artige,  besonders  durch  wasseri'eiche  grofse  Teiche  imponirende  und 
gefallende  Parkanlage  in  unmittelbarer  Nähe  des  Bahnhofes.  In  diesen 
Park  ist  ein  architektonisch  hervorragendes,  für  spätere  Zeiten  zu  er- 
haltendes Gebäude,  das  sogen.  Parkhaus  gesetzt,  welches  der  gröfste 
Bau  des  Platzes  ist  und  eine  der  zahlreichen  Restaurationen  aufnimmt. 
Der  Besucher  empfängt  beim  Eintritt  in  den  Ausstellungsraum,  der 
nebenbei  gesagt  in  seiner  Ausdehnung  alle  seitherigen  Ausstellungs- 
plätze weit  überragt,  durch  den  Anblick  dieses  fein  gegliederten, 
monumentalen  Parkhauses  mit  dem  vorliegenden  grofsen  Teiche  einen 
Eindruck,  wie  er  wohlthuender  kaum  möglich  ist. 

Wiederholt  mufs  darauf  hingewiesen  werden,  dafs  die  geschickte 
Gliederung  der  Ausstellungsgebäude,  die  Anpassung  an  die  vorhandenen 
Verhältnisse,  die  Ausnutzung  des  Parkes  vortrefflich  gelungen  ist.  Die 
Krone  für  die  äufserlich  so  gewinnende  Veranstaltung  gebührt  aus- 
schliefslich  den  bauleitenden  Architekten,  welche  ebenso  viel  Geschick 
wie  Geschmack  entwickelten,  um  ein  hervorragendes  Werk  zu  schaffen, 
welches  sowohl  am  Tage,  wie  im  Glänze  der  überaus  reichen  und 
guten  elektrischen  Beleuchtung  von  eindringlichster  Wirkung  auf  den 
Beschauer  sich  erweist. 

Man  mufs  das  hier  Gebotene  dankbar  geniefsen  und  den  Ruhm  des 
Architekten  nicht  verkümmern,  wenn  er  vielleicht  in  gewisser  Vor- 
ahnung dem  Aeufseren  seiner  Bauwerke  den  Charakter  einer  industriellen 
Veranstaltung  nicht  aufdrückte.  Wer  aber  ohne  Kenntnifs  des  wirk- 
lichen Charakters  diesen  Platz  besucht,  die  zahllosen  Restaurations- 
lokale in  ihren  bunten,  aufdringlichen  Häusern,  die  vielen  Verkaufs- 
läden für  alle  möglichen  Gegenstände,  die  Naschbuden,  Carroussels, 
Schiefsbuden,  das  Theater,  Rutschbahn,  die  Lachcabinette  u.  s.  w.  u.  s.  w. 
ansieht,  wer  beobachtet,  wie  zwischen  diesen  einzelnen  Orten  das 
Publikum  wogt  in  dem  augenscheinlich  einzigen  Streben,  sich  that- 
kräftig  zu  unterhalten,  der  wird  ganz  entschieden  glauben,  sich  auf 
einem  hübsch  angelegten  Schützenfestplatze  zu  befinden,  oder  annehmen, 
dafs  die  Bremer  eine  Kirmefs  abhalten. 

Dieses   vollständige  Ueberwiegen    der  Genufsplätze   für  das   grofse 


404      Nord  westdeutsche  Gewerbt»-  und  Industrie-Ausstellung  in  Hremen. 

Publikum  ist  gewifs  nicht  unbewufst.  Ist  doch  leider  in  den  letzten 
Jahren  oft  genug  augenscheinlich  geworden,  dafs  die  Veranstaltung 
einer  Industrie-Ausstellung  ganz  und  gar  Nebenzweck  ist,  dafs  es  mehr 
darauf  abgesehen  ist,  für  ein  breites  Publikum  möglichst  viel  Unter- 
haltungs-  und  Vergnügungsstoft  zu  bieten,  als  ein  Bild  heimischen  Ge- 
wi  rbefleifses  zu  geben;  man  will  recht  viel  Leute  zum  Besuche  ver- 
anlassen, um  ein  hohes  Kassenergebnifs  zu  gewinnen,  und  mufs  die 
weiteren  Schichten  der  Bevölkerung,  welche  für  industrielle  Veranstal- 
tungen ihrer  ganzen  Berufsveranlagung  nach  keinen  Sinn  haben,  durch 
.Mittel  anlocken,  welche  doch  gewifs  recht  fragwürdiger  Natur  sind. 

Die  Industrie  hat  aber  ein  volles,  gutes  Recht,  wenn  sie  sich  sehr 
vorsichtig  abwartend  solchen  Veranstaltungen  gegenüber  verhält;  sie 
soll  ja  auch  oft  nur  ein  Mittel  zum  Zweck  sein,  indem  sie  den  Deckmantel 
hergibt  für  das  Streben  einzelner  Kreise,  einem  grofsen  Publikum  einen 
neuen  Vergnügungsplatz  und  Vergnügungsreiz  zu  gewähren.  Wenn  jemand 
sagen  will,  dafs  man  beide  Zwecke  —  den  Ernst  wie  das  Vergnügen  — 
in  dieser  Beziehung  verbinden  könne,  so  müssen  wir  dies  entschieden 
bestreiten.  Der  Name  „Industrie-Ausstellung"1  wird  bald  eine  noch  un- 
angenehmere Nebenbedeutung  gewinnen,  als  er  jetzt  schon  besitzt,  und 
das  Endergebnifs  wird  sein,  eine  Ausstellung  ohne  Fabrikanten,  an  deren 
Stelle  vielleicht  einige  Händler  bleiben. 

Die  Architektur  hat  für  die  Ausstellung  den  Löwenantheil.  Wenn 
auch  nur  das  Parkhaus  in  edlem  Material  fest  aufgeführt  wurde,  bo 
zeugen  doch  die  übrigen,  ausschliefslich  in  Holz  mit  Leinwandüberzug 
hergestellten  Ausstellungsbaulichkeiten  von  ungemeinem  Geschmack. 
Die  Architektur  fand  eine  besonders  lohnende  Aufgabe  in  der  künst- 
lerischen Behandlung  der  Restaurationen  und  Schauläden.  Für  erstere 
waren  verschiedene  Einzelhäuser  aufgeführt  im  Charakter  der  in  den 
Bereich  des  Ausstellungsgebietes  fallenden  Länder,  so  namentlich  ein 
westfälisches  Bauernhaus  und  ein  Nordsee-Fischerhaus.  Den  Haupt- 
trumpf spielt  jedoch  die  Architektur  mit  der  Strafse  „Alt-Bremen"  aus, 
welche  zum  Theil  aus  vollständigen  im  Charakter  des  16.  Jahrhunderts 
aufgeführten  und  in  den  Ausstellungsverkehr  gezogenen  Häusern,  zum 
Theil  nur  aus  Erdgeschofsräumen  mit  blinden  Facaden  besteht.  Das 
Ibmptausstellungsgebäude,  welches  ausschliefslich  fertige  Erzeugnisse 
der  Industrie  und  des  Handwerks  enthält,  nimmt  den  Hauptraum  hinter 
dem  Parkhause  ein.  Der  eingeschlossene  freie,  sehr  grofse  Platz  wird 
einerseits  on  dem  Gebäude  für  die  Kunstausstellung,  andererseits  von 
einem  solchen  für  die  Marine-Ausstellung  begrenzt.  Der  Raum  selbst 
ist  durch  grofsartige  Springbrunnen- Anlagen  und  Wasser  Kaskaden  be- 
lebt, welche  namentlich  Abends  in  Folge  der  geschickten  Anordnung 
von  zahlreichen  bunten  elektrischen  Glühlampen  einen  wundervollen 
Anblick  gewähren. 

Aufser  den  genannten  Säumen  besteht    noch   ein  Gebäude  seitlich 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie- Ausstellung  in  Bremen.      405 

<le^  Hauptausstellungsgebäudes  für  die  Handelsausstellung,  sowie  seitlich 
des  Parkhauses,  aber  glück licherweise  vou  hier  dem  Anblick  völlig 
entzogen,  die  am  unansehnlichsten  ausgestattete  —  und  zwar  aufsen 
wie  innen  —  Maschinenhalle;  endlich  ist  noch  einer  kleinen  Halle  für 
eine  Garteubau-Ausstellung  im  Inneren  des  Parks  zu  gedenken.  Ein 
die  Architektur- Abtheilung  aufnehmendes  Gebäude  kennzeichnet  sich  als 
Anbau  einer  Kneipe,  der  sogen.  Architektenhalle. 

Die  Baulichkeiten  sind  unter  Leitung  des  Bremer  Architekten 
J.  G.  Poppe  nach  dessen  eigenem  Entwürfe  ausgeführt. 

Die  Ausstellung,  au  welcher  sich  insgesammt  dem  Kataloge  zu 
Folge  rund  1100  Aussteller  betheiligt  haben,  ist  im  Kataloge,  wenn 
auch  nicht  in  der  Wirklichkeit,  in  21  Gruppen  eingetheilt. 

Bei  der  Besprechung  können  wir  uns  an  diese  Eintheilung  nicht 
halten,  weil  einestheils  einige  dieser  Gruppen  fast  unvertreten  geblieben 
sind,  während  andererseits  verhältnifsmäfsig  so  wenig  Neues  und  Auf- 
fallendes geboten  ist,  dafs  im  Interesse  der  Allgemeinheit  eine  Erörte- 
rung nicht  angebracht  erscheint. 

Der  Inhalt  des  Hauptausstellungsgebäudes  zeigt  im  Allgemeinen 
nicht  mehr,  als  die  Schauläden  gut  ausgestatteter  Verkaufsgeschäfte  in 
gröfseren  Städten  zu  bieten  pflegen.  Die  Einzelleistungen  sind  zwar 
durchschnittlich  recht  gut,  erheben  sich  aber  nicht  über  das  auf  Aus- 
stellungen gewohnte  Mafs. 

Das  Handwerk  in  Bremen  ist  auf  Grund  der  oben  erwähnten  ört- 
lichen Zustände  zu  manchen  geschäftlichen  Einrichtungen  und  Mafs- 
nahrneu  gekommen,  welche  es  von  demjenigen  anderer  Plätze  mehr 
oder  weniger  unterscheiden.  Die  sogen.  Nahrungsgewerbe  haben  der 
gröfseren  Ausdehnung  der  Stadt,  den  vielfach  feineren  Ansprüchen  u.  dgl. 
Rechnung  zu  tragen;  insbesondere  ist  es  das  Kunsthandwerk,  dem  durch 
die  in  Bremen  vorherrschende  stabile  Wohnung,  die  Gleichmäfsigkeit 
der  Bauart,  die  gesellschaftlichen  Sitten  und  die  bürgerlichen  Gewohn- 
heiten ganz  bestimmte  Aufgaben  gestellt  werden,  von  welchen  nur  aus- 
nahmsweise eine  geringe  Abweichung  zulässig  erscheint.  Als  eine  natür- 
liche Folge  ergibt  sich  bei  dieser  Gleichartigkeit  des  Erfordernisses  eine 
gewisse  Solidität  der  Arbeit  und  die  langsame  Veränderung  der  einmal 
angenommenen  Geschmacksformen,  das  Festhalten  einer  bestimmten 
Stilrichtung  und  der  daraus  sich  ergebenden  Consequenzen  hinsichtlich 
der  Massenwirkungen  und  Farbenstimmungen;  endlich  die  Beibehaltung 
einmal  eingebürgerter  Materialien  und  Verwendungsweisen. 

Alle  diese  Einzelheiten  unterschieden  Bremens  Industrie  und  Ge- 
werbe nicht  unwesentlich  von  derjenigen  der  angrenzenden  Nachbar- 
gebiete, die  Unterscheidungsmerkmale  hie  und  da  noch  verschärft  durch 
die  lange  Zeit  bestandenen  Zoll  Verhältnisse,  welche  einen  anregenden 
geschäftlichen  Verkehr  mit  der  näheren  oder  ferneren  Umgegend  nicht 
nur  sehr  erschwerten,  sondern  theilweise  unmöglich  machten.   Dieselben 


406      Nordwestdeuteche  Gewerbe-  und  Industrie- Ausstellung  in  Bremen. 

Umstände  begünstigten  zum  Theil  den  industriellen  Aufschwung  der 
näheren  Umgegend,  namentlich  der  Stadt  Hannover. 

Das  Kunstgewerbe  Bremens  zeigt  sich  auf  der  Ausstellung  am  auf- 
fall.ndsten  in  den  zahlreichen  Zimmereinrichtungen,  weniger  in  der 
Formgebung  in  Metall,  Leder,  Holz,  Porzellan  und  Glas.  In  letzterer 
Beziehung  ist  die  auswärtige  Industrie  maßgebend. 

Wenig  hervortretend,  aber  sehr  interessant  unter  geschichtlichem 
Gesichtspunkte  erweist  sich  die  auf  die  Korkindustrie  bezügliche  Aus- 
stellung. 

Die  Korkfabrikation ,  von  den  Hausindustrien  des  Grofsherzogthums 
Oldenburg  wohl  die  bedeutendste,  besteht  in  Delmenhorst  und  Um- 
gegend schon  seit  etwa  160  Jahren  und  wurde  ums  Jahr  1730  in  Has- 
bergen von  C.  H.  Cordes  und  Johann  Lürssen  ins  Leben  gerufen.  — 
Mitglieder  dieser  beiden  Familien  haben  sich  seit  jener  Zeit  ununter- 
brochen in  der  Korkfabrikation  bethätigt.  Man  tindet  die  unmittelbaren 
Nachkommen  jener  beiden  Begründer  der  Korkindustrie  noch  jetzt  als 
Firmenträger  der  Firmen  J.  C.  Lürssen,  Carl  Lürssen  und  Cordes  und 
Ellyafs.  Aus  kleinen  Anfängen  heraus  hat  sich  die  Korkindustrie  zu 
ihrer  jetzigen  Bedeutung  entwickelt  und  beschäftigt  augenblicklich 
wohl  etwa  1200  Haushaltungen  bezieh,  etwa  4000  Personen,  da  bei 
der  Hausfabrikation  in  vielen  Haushaltungen  nicht  allein  die  männlichen 
P'amilienglieder  sich  mit  der  Korkschneiderei  befassen,  sondern  auch 
die  Frauen  und  Töchter  mit  Hand  anlegen.  Ursprünglich  wurde  die 
Korkschneiderei  nur  als  Hausindustrie  betrieben,  indem  die  Arbeiter 
das  Rohmaterial,  das  Korkholz,  von  der  betreffenden  Fabrik  abholten, 
zu  Hause  verarbeiteten  und  dann  die  fertigen  Korken  wieder  zur  Fabrik 
brachten,  wo  ihnen  der  Arbeitslohn  ausbezahlt  wurde.  Dieses  Ver- 
fahren ist  auch  jetzt  noch  bei  der  Mehrzahl  der  Arbeiter  im  Gange. 
Indessen  sind  auch  schon  seit  langer  Zeit  Maschinen  eingeführt:  gerade 
in  letzter  Zeit  hat  die  Maschinenfabrikation  einen  bedeutenden  Auf- 
schwung genommen.  Einzelne  Firmen  wenden  für  ihre  Maschinen- 
fabrikation mechanische  Antriebskräfte  an,  so  arbeiten  zur  Zeit  zwei 
Firmen,  Julius  liicling  und  Eduard  Pundt,  mit  Gasmotor,  und  eine,  Carl 
Lürssen,  mit  Dumpfbetrieb. 

Was  nun  die  Fabrikation  selbst  anbelangt,  so  werden  die  Korken, 
wie  bekannt  ist,  aus  dem  Korkholz  geschnitten.  Letzteres,  die  Rinde 
der  Korkeiche  (Quercus  suber)  wird  in  Ballen  von  etwa  150  Pfd.  meistens 
durch  Vermittelung  Bremer  und  Hamburger  Commissionshäuser  bezogen 
aus  den  Productionsländern,  Portugal,  Spanien,  Algerien,  Südfrankreich, 
Sardinien.  —  Augenblicklich  liefert  Portugal  das  meiste  Korkholz  nach 
Deutschland,  während  für  die  weitere  Zukunft  Algerien  ihm  erhebliche 
Concurrenz  macheu  dürfte. 

Das  Korkholz  wird  verkauft  nach  Marken  und  Nummern,  die  eine 
ganz  bestimmte  Qualität  und  Dicke    reprftsentiren,   indessen    sind  diese 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.      407 

Qualitäten  und  Stärken  in  sich  sehr  verschieden,   und   in  Folge  dessen 
auch  die  Preise  sehr  verschieden,    z.  B.  wird  prima  Korkholz  mit  140 
bis  150  M.  für  100k  bezahlt,  es  gibt  einzelne  ausgesuchte  Marken,  die 
über  200  M.  kosten  —  während  ordinäres  Korkholz  20  M.  für  100k  und 
theilweise  noch  weniger  kostet.   Im  Kaliber  des  Korkholzes  kennt  man 
im  Allgemeinen  drei  Unterschiede,  regulär,  dick,  dünn.    Aus  dem  Kork- 
holz regulärer  Stärke  schneidet  man  Wein-,  Selterswasser-,  Bierkorken, 
während    das    dicke   Korkholz    zur  Anfertigung    von    Fafskorken,    das 
düune  zu  Medizinkorken,  flachen  Spunden  u.  s.  w.  benutzt  wird.     Das 
Korkholz  besteht  aus  Platten,  die  bei  der  Verarbeitung  in  Streifen  und 
Würfel  zerlegt  werden,  aus  welch  letzteren  der  Kork  geschnitten  wird :, 
man  rechnet,  dafs  ein  fleifsiger  Handarbeiter  durchschnittlich  2000  Korken 
täglich  schneidet,  welche  Zahl  bei  der  Fabrikation  von  Bier-  und  Medizin- 
korken  wohl  etwas  überschritten,  bei  der  von  langen  Weinkorken  nicht 
ganz   erreicht  wird;   dementsprechend   sind   auch  die  Arbeitslöhne   für 
Weinkorken  höher.   Hat  nun  der  Arbeiter  das  ihm  von  der  Fabrik  zu- 
getheilte  Korkholz,  meistens  100  bis  200  Pfd.,  aufgearbeitet,  so  liefert 
er  die  fertigen  Korken  an  die  Fabrik  wieder  ab  und   erhält   den  Lohn 
dafür;   diese  Korken  aber  sind   nun  noch  keineswegs   für  den  Consum 
brauchbar,  im  Gegentheile  müssen  sie  noch  die  verschiedensten  Behand- 
lungen  erfahren.     Da  nämlich   das    Korkholz   einer  Marke   nicht  ganz 
gleichmäfsig  stark  ist,  sondern  wieder  dünnere  und  dickere  Stücke  ent- 
hält, so   fallen   dementsprechend  auch  die  Korken  dünner  oder  dicker 
aus.   Sie  werden  nun,  damit  man  gleiche  Kaliber  erhält,  in  der  Fabrik 
über  grofse  Siebe  mit  verstellbaren  Stangen  geschüttet:   so  dafs  durch 
diese    Manipulation   die   dünnen    von    den    stärkeren   Korken  gesondert 
werden,  indem  die  ersteren  durch  die  Zwischenräume  der  Stangen  fallen, 
während  die  letzteren  auf  den  Stangen   liegen  bleiben.     Diese  verstell- 
baren  Stangen    müssen  natürlich   sehr   sorgfältig    gearbeitet    sein;    das 
hervorragendste  auf  diesem  Gebiete  ist  wohl  eine  von  dem  Maschinen - 
fabrikanten   A.  Heel  in   Delmenhorst   erfundene  Maschine    mit    verstell- 
barer Siebplatte,  die  es  ermöglicht,  Korken  bis  auf  0mm,5  aus  einander 
zu  sieben.     Nachdem  die  Korken  gesiebt  sind,  werden  sie  auf  Qualität 
sortirt,   dann  gezählt  und  verpackt,   worauf  sie  für  den  Versand   fertig 
sind.   Bei  der  Qualität  der  Korken  kennt  man  ebenso  viele  Unterschiede 
wie  beim  Korkholz  und  dementsprechend  variirend  sind  auch  die  Preise 
für  die  prima  und  ordinäre  Qualität  desselben  Korkes.     Um  es  nun  zu 
ermöglichen,  die  geringeren  Korken  für  gewöhnliche  Biere  u.  s.  w.,  die 
sehr  niedrig  im  Preise  sind,   billiger   herzustellen,   kam   man   zur  Ein- 
führung von   Maschinen,  die    zwar   an   Materialausnutzung  hinter   dem 
geschickten  Handarbeiter  weit  zurückstehen,  dafür  aber  eine  erheblich 
gröfsere   Production  ermöglichen    und    dadurch    die  Herstellungskosten 
billiger  machen.     Während,    wie   gesagt,   der  geschickte  Handarbeiter 
durchschnittlich  2000  Korke  schneiden  kann,  kann  ein  Maschinenarbeiter 


408      Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  [ndastrie- Ausstellung  in  Bremen. 

bis  zu  20000  Stück  schneiden.  Wenn  man  nun  nicht  ganz  zur  Maschinen- 
arbeit übergegangen  ist,  im  Gegentheile  für  das  leine  Korkholz  Hand- 
arbeit entschieden  bevorzugt  1  so  liegt  das  daran,  dafs  der  Abfall,  die 
Korkspäue,  die  zur  Linoleumfabrikation  benutzt  werden,  bei  der  Kork- 
fabrikation eine  sehr  grofse  Rolle  spielt,  denn  man  rechnet  im  Durch- 
schnitt nicht  weniger  als  00  Proc.  Abfall.  Bei  der  Handarbeit  wird 
dieser  Procentsatz  durchschnittlich  wühl  nicht  ganz  erreicht,  bei  der 
Maschinenarbeit  dagegen  häutig  überschritten,  jedenfalls  ist  der  Mehr- 
abfall  grofs  genug,  dafs  man  bei  dem  hohen  Werthe  des  feinen  Kork- 
holzes  dieses  trotz  des  höheren  Arbeitslohnes  lieber  mit  der  Hand  ver- 
arbeiten läfst,  zumal  der  geschickte  Haudarbeiter  schlechte  Stellen  im 
Korkholz,  Bisse  u.  s.  w.  vermeiden  wird,  was  der  Maschinenarbeiter 
nicht  kann,  und  somit  der  erstere  eine  reinere  Qualität  der  Korken  zur 
Ablieferung  bringen  wird.  Auf  alle  Fälle  vorzuziehen  ist  dagegen 
Maschinenarbeit  bei  der  Anfertigung  von  grofsen  Fafskorken  u.  s.  w., 
die  mit  der  Hand,  weil  sie  zu  grofs  sind,  nur  sehr  unvollkommen  ge- 
schnitten werden  können.  In  Delmenhorst  mnd  Umgegend  zählt  man 
jetzt  über  20  Firmen,  von  denen  indessen  keine  die  erstgenannten  Firmen 
/.  C.  Lürssen,  Carl  Liirssen  und  Cordes  und  ElUjafs  an  Bedeutung  er- 
reicht hat.  Von  allen  Delmenhorster  Korkfirmen  zusammen  werden 
täglich  reichlich  1  Million  Korken  fabricirt,  die  ihren  Absatz  zum  grofsen 
Theil  in  Deutschland  selbst  linden,  indessen  wird  auch  sehr  viel  ex- 
portirt,  besonders  von  genannten  drei  Firmen,  die  stark  nach  dem 
europäischen  Ausland,  nach  Nord-  und  Südamerika  und  Australien 
arbeiten;  nach  Südamerika  und  Australien  gehen  besonders  Exportbier- 
korken, nach  Nordamerika  extrafeine  Medizinkorken  und  feine  Wein- 
korken. Auch  fängt  seit  einiger  Zeit  die  Ausfuhr  an,  sich  auf  Afrika 
und  Asien  in  gröfserem  Mafsstabe  auszudehnen,  bisher  stehen  diese 
Länder  indessen  noch  an  Bedeutung  zurück.  Die  Menge  des  in  Delmen- 
horst und  Umgegend  verarbeiteten  Korkholzes  betragt  jährlich  etwa 
20000  Ballen  mit  einem  Werthe  von  etwa  1000000  M.;  an  Arbeits- 
lohn werden  etwa  500000  M.  jährlich  gezahlt.  Die  1200  Arbeiter  sind 
fast  alle  in  der  Umgegend  Delmenhorsts  ansässig,  haben  kleinen  Land- 
besitz und  arbeiten  im  Frühjahr,  Sommer  und  Herbst  mehr  auf  dem 
Lande  als  mit  dem  Korkmesser.  Deshalb  ist  der  angeführte  Lohn  nicht 
als  der  alleinige  Verdienst  der  Korkschneider  anzusehen;  vielmehr  bietet 
den  Hausarbeitern  die  Korkindustrie  eine  willkommene  Beschäftigung 
und  guten  Verdienst  während  des  Winters  und  in  der  Zwischenzeit, 
wenn  die  Landarbeit  ruht.  (Fortsetzung  folgt.) 


Wiener  Ausstellung  des  kgl.  sächs.  meteorolog.  Institutes  zu  Chemnitz.      409 

Die  Wiener  Ausstellung  des  königl.  sächsischen  meteoro- 
logischen Institutes  zu  Chemnitz. 

Aristoteles'  „Meteorologie"  umfafste  in  vier  Büchern:  1)  Die  Lehre 
von  den  Elementen,  die  Betrachtung  des  Himmels,  besonders  der  Milch- 
straße und  Kometen,  die  Natur  der  Gestirne,  des  Weltäthers,  der  Luft 
und  der  vom  ihr  herrührenden  Niederschläge  und  der  Winde  und 
fließenden  Gewässer  der  Erde.  2)  Die  Beziehungen  zwischen  Luft  und 
Meer,  die  Winde,  die  Erdbeben  und  die  damit  in  Zusammenhang  ge- 
dachten Gewittererscheinungen.  3)  Die  meteorologische  Optik  nebst  den 
Orkanen  und  Wirbelstürmen,  und  endlich  4)  die  Grundeigenschaften,  die 
allen  materiellen  Körpern  gemeinsam  sind.  Somit  war  und  bedeutete 
die  fiertcoooloyi'a  ursprünglich  eine  umfassende  Lehre  von  den  Natur- 
erscheinungen, welche  ebenso  wohl  von  den  Himmelskörpern  und  von 
den  Wellen  des  Meeres,  als  von  den  Erscheinungen  im  Luftkreise  handelte. 
Diese  Art  Meteorologie  war  bis  zur  neueren  Zeit  im  Allgemeinen  grund- 
legend und  wurde  noch  vermehrt  durch  eine  zahllose  Menge  meist  astro- 
logisch- meteorologischer  Wetterregeln. 

E*  ist  noch  nicht  lange,  dafs  sich  die  Meteorologie  als  „der  Zweig 
der  Naturlehre,  welcher  sich  mit  den  Zuständen  der  Atmosphäre  und 
den  Erscheinungen  der  Luft  befafstwt  (Ebermayr),  frei  gemacht  hat  von 
Vorurtheilen  und  rein  fruchtlosen  Bestrebungen  und  sich  auf  den  sicheren 
Boden  der  Erfahrung  und  der  gesunden  nüchternen  Anschauung  begeben 
hat.  Die  Meteorologie  konnte  erst  dann  eine  feste  wissenschaftliche  und 
zu  erfolgreichem  Weiterarbeiten  geeignete  Grundlage  gewinnen,  nachdem 
die  Hilfsmittel  der  Statistik  und  Analysis  sich  verfeinert  hatten-,  und 
nachdem  zur  genaueren  Feststellung  der  einzelnen  meteorologischen  Er- 
scheinungen ausreichend  scharfe  Instrumente  geschaffen  waren. 

Das  königl.  sächsische  meteorologische  Institut  zu  Chemnitz  hat  in 
Wien  in  der  Westgalerie  der  Rotunde  (Gruppe  17:  „Land-  und  forst- 
wirthschaftlicb.es  Unterrichts-  und  Versuchsweseu  und  Literatur1-')  die 
sechs  Instrumente,  mit  welchen  zur  Zeit  die  ja  schon  über  ganze  Länder 
vertheilten  meteorologischen  Stationen  ausgerüstet  sind,  zur  Schau  ge- 
stellt, so  gleichsam  das  Wesen,  aber  auch  die  Arbeit  einer  .,meteoro- 
logischeu  Station"1  zeigend. 

1)  Das  Quecksilberbarometer  ist  ein  mitMikroskopeiustellung  versehenes 
Heberbarometer  (vou  J.  G.  Greiner  jr.  in  Berlin),  von  dem  jetzigen 
Direktor  des  Institutes,  Prof.  Dr.  Schreiber,  mehrfach  praktisch  verbessert. 
Früher  hingen  die  Barometer  frei  an  den  Fenstern  und  waren  hier  leicht 
Beschädigungen,  namentlich  aber  Schmutz  und  Staub  ausgesetzt,  jetzt 
werden  sie  in  Schutzschränkeu  an  drehbaren  Gestellen  aufgehängt  und 
sind  —  um  doch  ein  deutliches  Ablesen  zu  gestatten  —  an  den  Blenden 
mit  Reflectoren  versehen.    Die  Scalen,  welche  früher  ungenügend  geführt 


41u      Wiener  Ausstellung  des  kgl.  Bächfl.  meteorolog.  Institutes  zu  Clierunitz. 

waren  und  deshalb  gebogen  erschienen,  haben  ordentliche  Führung  in 
der  Mitte  und  am  unteren  Ende  erhalten.  Stets  sind  eine  Anzahl  mit 
Quecksilber  gefüllter  Barometerröhren  vorrftthig,  während  alle  Holz- 
gestelle für  diese  eine  bestimmte  Röhrenform  angefertigt  sind.  Die  Fül- 
lung der  Röhren  geschieht  im  Institute  selbst,  und  zwar  in  der  Weise, 
dafs  dieselben  mit  der  Quecksilberluftpumpe  vollständig  luftleer  gemacht 
und  dann  auf  etwa  1500  C.  erhitzt  weiden,  dann  wird  das  Quecksilber 
in  feinem  Strahle  durch  sehr  feiue  Glasröhrchen  langsam  eingelassen. 

2)  An  zwei  Stationen  sind  Aneroidbarometer  im  Gebrauche,  die  sich 
in  Kästen  mit  Glasdeckeln  befinden.  Um  die  Barometer  ab  und  an 
erschüttern  zu  können,  sind  die  Kästen  an  Scharnieren  befestigt,  welche 
eine  geringe  Bewegung  gestatten.  Die  Correctionsgleichungen  für  die 
Instrumente  sind  vorher  im  Chemnitzer  Institute  bestimmt  worden.  Nach 
den  bisherigen  Erfahrungen  liefern  diese  Aneroidbarometer  recht  gute 
Angaben  und  halten  die  Correction  fast  unverändert,  trotzdem  sollten 
zu  wissenschaftlichen  Beobachtungen  —  zunächst  wenigstens  —  aus- 
schliefslich  Quecksilberbarometer  verwendet  werden,  da  die  Elasticität 
der  Metalldose  zu  vielen  uncontrolirbaren  Aenderungen  ausgesetzt  ist, 
so  dafs  die  erforderliche  Genauigkeit  in  der  Construction  dieser  Instru- 
mente —  bis  jetzt  wenigstens  —  nicht  erreichbar  ist. 

3)  Aufser  der  Luftschwere  wird  die  Luftwärme  und  die  Luftfeuchtig- 
keit mit  Thermometern  und  dem  Psychrometer  gemessen.  Das  Psychro- 
meter besteht  aus  zwei  in  ihrem  Gange  übereinstimmenden  Thermometern, 
welche  neben  einander  aufgehängt  sind,  und  von  denen  die  Quecksilber- 
kugel des  einen  mit  einem  Zeugstoffe  umwunden  ist,  welcher  in  ein 
unmittelbar  darunter  angebrachtes  Gefäfs  mit  reinem  Wasser  reicht,  so 
dafs  diese  Kugel  beständig  feucht  gehalten  wird. 

Je  trockener  nun  die  Luft  ist,  um  so  rascher  erfolgt  die  Verdunstung 
und  um  so  gröfser  ist  der  Temperaturunterschied  beider  Thermometer 
oder  die  „psychrometrische  Differenz",  aus  welcher  sich  die  Luftfeuchtig- 
keit berechnen,  bezieh,  für  welche  sie  sich  in  besonders  zu  diesem  Zwecke 
berechneten  Tafeln  aufschlagen  läfst. 

Früher  wurden  diese  Psychrometer  in  ^einfachen  Gestellen  vor 
Fenstern,  frei  allen  Einflüssen  der  Witterung  ausgesetzt,  aufgehängt, 
jetzt  werden  sie,  wie  das  ausgestellte  Instrument,  geschützt.  Bei  der 
Herrichtung  dieses  von  Prof.  Dr.  Schreiber  herrührenden  Schutzgestelles 
wurde  auf  möglichste  Festigkeit  und  Wetterbeständigkeit  der  einzelnen 
Theile  ein  Hauptwerth  gelegt-  zur  Erzielung  möglichster  Billigkeit  wurde, 
was  nur  anging,  aus  Gufseisen  hergestellt:  namentlich  suchte  mau  die 
Einrichtung  so  zu  treffen,  dafs  die  Thermometergefäfse  zwar  gegen 
Regen  und  Sonne  geschützt,  dabei  aber  doch  möglichst  frei  waren,  und 
dafs  die  Ablesung  möglich  ist,  ohne  die  Instrumente  vom  Platze  bewegen 
zu  müssen. 

Die  Thermometer  sind  für  Beleuchtung  von  vorn  und  so  eingerichtet, 


Wiener  Ausstellung  des  kgl.  sächs.  meteorolog.  Institutes  zu  Chemnitz.      411 

dafs  man  sie  vom  Fenster  aus  ablesen  kann,  es  ist  dieses  für  Abend - 
ablesuugen  vorteilhaft,  welche  bei  Thermometern  mit  Milchglasscala» 
die  ja  von  hinten  beleuchtet  werden  müssen,  oft  mit  Schwierigkeiten 
und  mit  aus  diesen  sich  ergebenden  Fehlern  verbunden  sind.  Die  Thei- 
lung  ist  in  halbe  Grade  ausgeführt  und  so  beziffert,  dafs  der  Eispunkt 
die  Zahl  100  erhält;  —10°  ist  demnach  mit  90°,  4- 10°  mit  110«  be- 
ziffert, was  sich  namentlich  bei  dem  Minimumthermometer  und  besonders 
für  noch  ungeübte  Beobachter  als  praktisch  bewährt  haben  soll.  Die 
Kugel  Umhüllung  der  feuchten  Thermometer  besteht  aus  einem  gewirkten 
Baumwollenschlauch.  Jedes  Thermometer  wird  von  5  zu  5  Graden  mit 
Normalinstrumenten  verglichen,  und  werden  die  Fehler  bei  der  Berech- 
nung der  Beobachtungen  mittels  der  den  Beobachtern  beigegebenen 
Fehlertabellen  verbessert.  Alle  Thermometer  sind  von  gleichen  Ab- 
mafseu,  um  leicht  ausgewechselt  werden  zu  können. 

4)  Die  Minimumthermometer  haben  die  gleiche  Form  wie  die  Psychro- 
meter-Thermometer  und  sind  auch  in  einem  widerstandsfähigen  Gestelle 
untergebracht.  Zur  beständigen  Controle  ist  neben  dem  Weingeist- 
thermometer ein  Quecksilberthermometer  angebracht.  Die  Beobachter 
lesen  Mittags  die  Lage  des  Stiftes  im  Weingeist  uud  die  Kuppen  beider 
Thermometer  ab,  wodurch  man  die  Minimal-  und  die  Mittagstemperatur 
und  den  Vergleich  zwischen  beiden  Thermometern  erhält.  Auch  diese 
Weingeistthermometer  werden  vor  Ausgabe  an  die  Stationen  in  dem 
Chemnitzer  Institute  von  5  zu  5  Graden  mit  Normalthermometern  ver- 
glichen. 

5)  Der  ausgestellte  liegenmesser  hat  eine  Auffangfläche  von  1000mc, 
das  Wasser  fällt  in  den  Trichter  und  läuft  durch  eine  Röhre  in  eine 
Blechkanne,  die  in  einem  gröfseren  Umhüllungsgefäfse  steht.  Zur  Messung 
hebt  mau  den  Trichter  ab,  giefst  das  Wasser  aus  der  Kanne  in  das 
Mefsglas  und  liest  an  diesem  die  Niederschlagsmenge  bis  auf  Zehntel- 
millimeter Höhe  ab.  Die  Mefsgläser  sind  500er  grofs  und  fassen  dem- 
nach 10mm  Niederschlag  (lmm  entspricht  l1  auf  l'!c).  Den  Bruhns'schen 
Regenmesser  hat  Prof.  Dr.  Schreiber,  wie  die  ausgestellte  Form  zeigt,  in 
der  Weise  abgeändert,  dafs  er  zur  Verminderung  der  Verdunstung  des 
aufgefangenen  Wassers  in  den  Trichter  ein  Kugelventil  eingelegt,  das 
Umhüllungsgefäfs  vergröfsert  und  die  Art  der  Einsetzung  in  das  Gestell 
verbessert  hat.     Das  Gestell  hat  eine  Höhe  von  lm,4. 

AU  von  1878  an  eine  wesentliche  Vermehrung  der  Stationen  zur 
Regenmessung  stattfand,  wurde  die  Auffangefläche  auf  500<ic  und  die 
Gestellhöhe  auf  lm  vermindert. 

6)  Das  interessanteste  Instrument  der  Station  ist  wohl  die  von 
Prof.  Dr.  Schreiber  construirte  Windfahne  mit  elektrischer  Uebertragung. 
Dieselbe  erhält  ihre  leichte  Beweglichkeit  dadurch,  dafs  sie  mittels  einer 
abgerundeten  Stahlspitze  auf  einer  kugelförmigen  Pfanne  aus  Glocken- 
metall  spielt,    so   dafs  sie  stets  in  Oel    gehalten   werden    kann.      Oben 


4-12      Wiener  Ausstellung  des  kgl.  Bäche,  meteorolog.  Institutes  zu  Chemnitz. 

bewegl  rieh  die  aus  einem  einfachen  Gasrohre  bestehende  Fahneustauge 
in  eiuer  Rothgufsbüchse,  in  welclier  eine  Reibung  nicht  entstehen  kann, 
da  .sie  bei  genau  senkrechter  Stellung  .sich  ohne  jeden  Druck  an  die 
Wand  der  Buchse  nur  anlehnt.  Draufsen  sind  die  beiden  Lagerstellen 
durch  Zinkblechkappen  überdeckt. 

Mit  der  Fahne  dreht  sieh  ein  Schleifcontact  uber  acht  isolirte  Knöpfe, 
welche  durch  Drähte  mit  den  acht  entsprechenden  Knöpfen  am  Taster 
verbunden  sind.  „Dreht  man  die  Kurbel  am  Taster,  SO  läfst  das  Ertönen 
einer  Glocke  erkennen,  dal's  die  Kurbel  auf  dem  Knopfe  steht,  welcher 
mit  demjenigen  Knopfe  an  der  Fahne  verbunden  ist,  über  welchem  sich 
der  Schleifcontact  befindet"  (Ausstellungsverzeichnifs).  So  wird  die  Stel- 
lung der  Fahne  bestimmt.  „Der  Schleifcontact  hat  llj2  Knopfabstände 
Länge,  bei  Zwischenstellungen  der  Fahne  wird  er  also  zwei  Knöpfe  be- 
rühren, und  werden  solche  durch  Ertönen  der  Glocke  bei  je  zwei  Knöpfen 
am  Taster  zu  erkennen  sein.  Die  acht  Drähte  geben  so  16  Windrich- 
tungen*1 (Ausstellungsverzeichnifs).  Solche  Fahnen  sind  in  Chemnitz, 
Leipzig  und  Keitzenhain  bereits  aufgestellt,  und  sollen  im  laufenden  Jahre 
noch  drei  zur  Aufstellung  kommen.  Später  sollen  diese  Instrumente  zur 
Registrirung  der  Windrichtungen  eingerichtet  werden. 

Derartiger  ständiger  meteorologischer  Stationen  sind  im  Königreiche 
Sachsen  160  vertheilt,  aufserdem  sind  sämmt liehe  Vorstände  der  Stadt- 
und  Landgemeinden  angewiesen,  dem  Chemnitzer  Institute  auf  vor- 
gedruckten Postkarten  Mittheilungen  über  stattgehabte  Hagelfälle  zu 
machen.     Die  Zahl  dieser  Meldestellen  beläuft  sich  auf  etwa  4200. 

Die    Veröffentlichungen  des  Institutes  bestehen  aus: 
•d)  Ergebnisse  der  Beobachtungen  an  den  königl.  sächsischen  meteorologischen 
Stationen.     Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  C.  ßruhns  in  Leipzig. 

10  Bände  mit  12  Jahrgängen  enthalten  die  Beobachtungsergebnisse 
der  Jahre  1864  bis  1875  nebst  den  wichtigsten  Ergebnissen  aus  den 
früheren  Beobachtungen  an  mehreren  Orten  Sachsens. 

b)  Jahrbücher.     Herausgegeben  von  Prüf.  Dr.  Paul  Schreiber. 

Von  diesen  sind  die  ersten  fünf  von  1883  bis  1887  und  die  erste 
Hälfte  von  1888  erschienen,  sie  bestehen  aus  je  drei  Theilen,  von  denen 
der  erste  die  Beobachtungsergebnisse  von  12  Stationen  in  internationaler 
Form,  der  zweite  Auszüge  aus  den  ausführlichen  Beobachtungen  der 
Station  Chemnitz  und  der  dritte  den  Geschäftsbericht  des  Direktors  ent- 
hält und  in  Anhängen  die  Ergebnisse  aus  sämmtlichen  Beobachtungen 
in  Form  von  Einzuarbeiten  der  Institutsbeamten  bringt. 

c)  Decadenberichtc,  zwei  Jahrgänge. 
Diese    waren    nach    dem    „Ausstellungsberichte"    ursprünglich    be- 
BÜmmt,   die  Ergebnisse   einer  Anzahl    von  Beobuchtuugsstationen   rasch 
zur  allgemeinen  Keuntnifs  zu  bringen  und  erschienen  anfangs  im  Chem- 
nitzer Tagblut t.    Nach  und  nach  nahmen  sie  feslere  Formen  an,  wurden 


Wiener  Ausstellung  des  kgl.  Bachs,  meteorolog.  Institutes  zu  Chemnitz.      413 

später  als   selbständige   Veröffentlichungen    herausgegeben,   bilden  jetzt 
aber  einen  Theil  der  dritten  Abtheihing  des  Jahrbuches. 

d)  Tägliche   Wetterberichte.    (Drei  derselben  sind  ausgestellt.) 

Die  Wetterberichte  werden  auf  Grund  der  Depeschen  der  Seewarte, 

welche  gegen  2  Uhr  Nachmittags  die  Beobachtungen  desselben  Morgens 

melden,    unter  Hinzuziehung    der   Mittheilungen    von   zehn   sächsischen 

Stationen    über   den   Witterungsverlauf  am   Vortage    entworfen,    sofort 

mittels  des  autographischen  Steindruckverfahrens   in    der  Druckerei  des 

Institutes  in  etwa  100  Auflage  vervielfältigt  und  sogleich  mit  der  Bahn 

versandt,  um  in  den  Empfangsorten  öffentlich  angeschlagen  zu  werden. 

e)   Veröffentlichungen  der  Institut  sbeamten.     Von  solchen  liegen  aus: 

Prof.  Dr.  Schreiber:  Handbuch  der  barometrischen  Höhenmessungen. 

mit  Atlas: 
„  ..  Die    Windrosen  von  Leipzig; 

Die    Witterung  in  Europa  und  seiner  Umgebung: 

Abhandlungenüber  meteorologische  Registrirapparate. 
Assistent  Dr.  Hoppe:  Das  Klima  des  Erzgebirges. 

Dr.  ßirkner:  Bericht  über  die  (Jeberschwemmungen  in  der  Lausitz 

im  Mai  1887. 
An  graphischen  Darstellungen  sind  ausgestellt:  eine  die  topographischen 
Verhältnisse  des  Beobachtungsgebietes  veranschaulichende  Karte;  zwei 
Karten  über  das  Beobachtungssystem,  von  denen  die  eine  die  Namen,  die 
andere  die  Ordnung  und  die  Höhenlagen  (des  Erdbodens  über  der  Ostsee) 
der  meteorologischen  Stationen  angibt;  sieben  Karten  stellen  die  Vertheilung 
der  Niederschlagsjahressummen  während  der  Jahre  1883  bis  1889  dar. 
rUm  den  Einflufs  des  Gebirges  hervortreten  zu  lassen,  wurden  auch  die 
Messungsergebnisse  in  den  angrenzenden  Gebieten,  so  weit  dieselben  zu 
erlangen  waren,  zur  Darstellung  verwendet.  Die  Messungen  in  Böhmen 
wurden  den  höchst  verdienstlichen  Arbeiten  des  Prof.  Studnizlia  zu  Präs 
entnommen:"  ferner  ist  auf  einer  Wandtafel  die  Zeichnung  eines  kleinen 
Thermometerprüfungsapparates  in  natürlicher  Gröfse  gegeben,  und  schliefs- 
lich  sind  als  Beispiele  der  Tafelbeilagen  zu  den  Jahrbüchern  ausge- 
stellt: 1)  Darstellung  von  Gewitter-  und  Hagelerscheinungen.  2)  Zeich- 
nungen des  versuchsweise  an  der  Centralstation  Chemnitz  in  Thätigkeit 
befindlichen  Windstärkemessers,  eine  Abänderung  der  gewöhnlichen  Form 
des  Robinson' sehen  Schalenkreuzes.  3)  Der  Plan  der  Diensträume  des 
Institutes  im  Schlofse  zu  Chemnitz.  4)  Die  Zeichnung  der  von  Professor 
Dr.  Schreiher  eingeführten  Form  der  Röhren  zu  den  Stationsbarometern. 
5)  Die  Zeichnung  der  von  demselben  construirten  Apparate  zur  Messung 
der  Kuppenhöhen  der  Barometer  WiU-Fuefs.  6)  Desselben  Apparat  zur 
Prüfung  von  Aneroidharometern.  7)  Desselben  grofser  Thermometer- 
prüfungsapparat.  8)  Desselben  Siedepunktsbestimmungsapparat.  9)  Des- 
Belben  Eishobelapparat  zur  Eispunktsbestimmung.  10)  Die  Zeichnung 
des     Regenmessers     Bruhns-Schreiher.      11)     Haupttheil    zu     Schreiber'* 


414         WaUer-Manvüle-Anordnung  der  Leiter  l'ür  elektrische  Bahnen. 

registrirendem  Regenmesser.  12)  Schreiber  s  Quecksilber-Destillirapparat. 
13)  Thermograph  der  Gebrüder  Richard  zu  Paris.  14)  Barograph  der- 
selben. 15)  Schreibers  Barothermograph,  welcher  seit  1877  an  der  See- 
warte zu  Hamburg  in  Thätigkeit  ist.  16)  Tafel  zu  Schreibers  Arbeit 
über  Windrosen  von  Leipzig  und  17)  mehrere  Karten,  welche  die  Ver- 
theilung  der  monatlichen  Niederschläge  in  Sachsen  zur  Darstellung 
bringen. 

Schliefslich  sind  noch  fünf  grofse  Wandtafeln  ausgestellt,  welche 
die  Ergebnisse  gröfserer  klimatographischer  Arbeiten,  Darstellung  der 
Temperaturverhältnisse  in  Leipzig  durch  die  sogen.  „Temperaturflächen", 
Darstellung  der  Niederschlagsmengen,  der  „ganz  trockenen"  etc.  Tage, 
Darstellung  des  periodischen  Verlaufes  der  Niederschlagserscheinungen 
im  Laufe  der  Jahre  u.  A.  zur  Anschauung  bringen. 

Diese  Ausstellung  des  königl.  sächsischen  meteorologischen  Institutes 
zu  Chemnitz  ist  eine  nicht  nur  vollständige,  sondern  sehr  reiche  und 
bei  der  so  ungemein  grofsen  Bedeutung  der  sich  aus  den  Beobachtungen 
der  meteorologischen  Stationen  für  die  gesammte  Landescultur  ergebenden 
Schlüsse  sehr  anzuerkennende.  Möge  sie  zur  Pflege  und  Förderung 
dieses  so  wichtigen  Wissenszweiges  und  zur  Errichtung  noch  zahlreicher 
weiterer  meteorologischer  Stationen  in  allen  Ländern  aneifern! 

H.  Riltmeyer. 


Waller -Manville- Anordnung  der  Leiter  für  elektrische 

Bahnen. 

Das  Wesentliche  in  der  Waller- Mamille- Anordnung  der  Stromzuleiter 
bei  elektrischen  Eisenbahnen  liegt  nach  dem  Telegraphic  Journal,  1890 
Bd.  26  *  S.  513,  in  der  Anwendung  eines  Leiters,  welcher  dünn  genug 
ist,  dafs  er  durch  einen  Schlitz  in  eine  kanalartige  unterirdische  Leitung 
oder  Führung  hineingelassen  bezieh,  aus  ihr  herausgezogen  werden  kann. 
Da  der  Leiter  biegsam  ist,  so  können  die  Träger  desselben  weit  von 
einander  entfernt  sein  und  zugleich  in  seitlichen  Erweiterungen  der 
Leitung  angebracht  werden.  Dabei  hat  man  Raum  genug,  um  grofse 
und  wirksame  Isolatoren  mit  Oelfüllung  in  der  Glocke  anwenden  zu 
können.  Diese  seitlichen  Erweiterungen  oder  Luken  werden  mit  Decken 
geschlossen,  welche  sich  leicht  wegnehmen  lassen  und  einen  bequemen 
Zugang  zu  den  Isolatoren  gestatten.  Die  Isolatoren  selbst  aber  werden 
so  angebracht,  dafs  sie  nach  dem  Wegnehmen  der  Decken  als  Ganzes 
herausgenommen  werden  können. 

Der  den  Strom  dem  Wagen  zuführende  Ann  ist  so  gestaltet,  dafs 
sein  Schaft  aus  dem  Schlitze  herausgezogen  werden  kann,  der  eigent- 
liche, den  Strom  vom  Leiter  abführende  Bügel  (die  Bürste)  dagegen 
durch  irgend  eine  der  Luken.     Die  Leichtigkeit,  womit  sich  die  Bürste 


Waller-Manville-Anordnung  der  Leiter  für  elektrische  Baiinen.         415 

abnehmen  läfst,  gestattet  ganz  gut,  dafs  Bahnen  mit  dieser  Anordnung 
die  Fortsetzung  von  Bahnen  mit  oberirdischer  Leitung  bilden. 

Für  gewöhnlich  liegt  nun  der  Leiter  einfach  aufgebogenen  Trägern, 
welche  von  den  Isolatoren  bis  unter  den  Schlitz  herüberreichen;  der 
Leiter  ist  aber  keineswegs  an  den  Trägern  befestigt.  Wenn  man,  wie 
z.  B.  in  scharfen  Krümmungen  der  Bahn,  den  Leiter  an  seinem  Träger 
befestigen  mufs,  so  wird  ihm  doch  eine  unbedingte  Biegsamkeit  erhalten, 
da  die  Träger  dann  so  gestaltet  werden,  dafs  sie  zwar  der  Länge  nach 
und  nach  der  Seite  steif  und  widerstandsfähig  sind,  nach  oben  dagegen 
sich  ebenso  frei  bewegen  können,  wie  wenn  der  Leiter  nicht  befestigt  ist. 
In  gewissen  Zwischenräumen  werden  selbsthätige  Vorrichtungen  ange- 
ordnet, welche  den  Leiter  in  unveränderter  Spannung  erhalten. 

Die  Abführung  des  Stromes  vom  Leiter  vermittelt  ein  U-förmiger 
Bügel,  in  welchem  der  Leiter  in  einer  Furche  oder  Rinne  läuft;  dieser 
Bügel  hebt  den  Leiter  von  den  Trägern,  worauf  er  für  gewöhnlich  ruht, 
während  der  Fahrt  ab  und,  wenn  der  Leiter  an  den  Trägern  befestigt 
ist,  so  hebt  der  Bügel  auch  den  Träger  mit. 

Sollen  zwei  Leiter  angewendet  werden,  so  werden  sie  nebst  ihren 
Isolatoren  zu  beiden  Seiten  des  Abführbügels  angeordnet. 

In  den  Bahnkriimmungen  wird  an  den  Oelisolatoren  ein  drehbarer 
Arm  angebracht,  der  den  Leiter  trägt  und  mit  ihm  gehoben  wird;  so 
wird  dem  Leiter  die  Beweglichkeit  nach  oben  bewahrt,  während  nach 
der  Länge  und  seitwärts  die  nöthige  Steifheit  und  Widerstandsfähigkeit 
beschafft  ist. 

Die  Spannvorrichtungen  bestehen  aus  einer  Platte  oder  einem  Joch 
aus  Bronze,  das  auf  zwei  drehbaren  Armen  angebracht  und  von  Oel- 
isolatoren getragen  wird;  auf  denselben  sind  kleine  Rollen  so  angeordnet, 
dafs  das  Ende  des  Leiters  selbst,  oder  eine  seine  Fortsetzung  bildende 
Saitenschnur  über  die  eine  Rolle  nach  der  Seite  abgeführt  und  ein  Aus- 
gleichgewicht an  ihr  befestigt  werden  kann.  Dieses  Gewicht  hat  den 
Durchgang  des  Leiters  zwischen  seinen  Trägern  bei  allen  Temperaturen 
unverändert  zu  erhalten.  Das  Ganze  läfst  sich  ganz  so  wie  ein  einzelner 
drehbarer  Arm  heben.  Da  der  Leiter  bezieh,  seine  Fortsetzung  durch 
ein  Loch  in  der  die  Drehachse  des  Ganzen  bildenden  Stabes  hindurch- 
gezogen ist,  verändert  die  Auf-  und  Abbewegung  des  Spannungsrahmens 
in  keiner  Weise  die  Länge  des  Leiters,  und  deshalb  setzt  das  Aus- 
gleichungsgewicht auch  jener  Bewegung  keinen  Widerstand  entgegen. 
Solche  Spannungsvorrichtungen  brauchen  nur  etwa  alle  0km,4  angeordnet 
zu  werden. 

Diese  ganze  Leiteranordnung  enthält  nur  mechanische  Theile  und 
ändert  die  elektrischen  Bedingungen  durchaus  nicht.  Der  Kanal  wird 
bei  neuen  Linien  am  besten  und  billigsten  unter  die  eine  Bahnschiene 
gelegt.  In  manchen  Fällen,  z.  B.  bei  Verwandlung  einer  Seilbahn  in 
eine  elektrische,  ist  es  wünschenswert!] ,  ihn  zwischen  die  Schienen  zu 


416 


Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


legen:  da  hier  keine  elektrischen  Theile  eingebaut  werden  müssen,  so 
kann  die  Umwandelung  ohne  Störung  des  Betriebes  durchgeführt  werden. 
Bei  Uebertragung  dieser  Anordnung  auf  schon  bestehende  Bahnen  legt 
man  den  Kanal  am  besten  ausserhalb  des  Geleises,  weil  dabei  der  Be- 
trieb am  wenigsten  gestört  wird. 


Boult's  dreidrähtige  Glühlampenaufhängung. 

Mit  Abbildungen. 

Die  zugehörigen  beiden  Abbildungen  bringen  eiue  von  W.  S.  ßoult 
in  Liverpool  angegebene,  sinnreiche  Anordnung  zur  Anschauung,  durch 
welche   ein   Lampenlicht    in   verschiedene   Stellungen   gebracht    werden 

kann.  Dieselbe  ist  für  viele  Zwecke 
anwendbar,  denn  das  Licht  kann  in 
jede  Lage  gekippt  werden  und  trägt 
sich  stets  selbst.  Es  ist  ein  kleiner 
messingener  Buckel  mit  drei  strahlen- 
förmig von  ihm  auslaufenden  Armen 
an  einen  gewöhnlichen  Lampenträger 
angeschraubt  und  vertritt  die  Stelle  des 
gewöhnlichen  Schnur-  Befestigungs- 
stückes. Ein  kleines  beckenförmiges 
Messingstück  wird  in  passender  Stellung  mittels  eines  Kautschukpfropfens 
in  seinem  Innern  von  den  zugleich  als  Träger  benutzten  Zuleitungs- 
drähten  für  den  Strom  getragen  und  steht  mit  den  strahlenförmigen 
Armen  durch  eine  Seidenschnur  ohne  Ende  in  Verbindung.  Die  Schnüre 
und  Arme  passen  sich  selbst  genau  den  verschiedenen  Stellungen  an, 
und  das  Ganze  ist  sehr  nett  und  wirksam.     (Industries.) 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  377  d.  Bd.) 

Schnelle  Erkennung  und  Bestimmung  eines  Chlorgehaltes  in  liiiodanalkalien. 

Wird  in  die  Lösung  eines  Rhodanalkalimetalles,  das  mit  Kupfer- 
sulfat gemischt  ist,  Schwefel wasserstolf  eingeleitet,  so  entsteht  anfangs 
ein  weifser  Niederschlag  von  Kupferrhodanür,  welcher  erst  bei  längerer 
Einwirkung  des  Schwefelwasserstoffes  io^Sohwefelkupfer  verwandelt  wird. 

\-\  aber  mehr  Kupferlösung  vorhanden,  als  zur  Rhodankupferbildung 
eben  ausreicht,  und  leitet  man  nur  so  lange  Schwefelwasserstoff  ein,  bis 
die  Lösung  braun  wird,  also  das  Rhodankupfer  eben  ausgefällt  ist  und 
das  Schwefelkupfer  zu  entstehen  beginnt,  und  fügt  dann  eine  ent- 
sprechende  Menge  Kupferlösung  neu  zu,  um  den  freien  Schwefelwasser- 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  417 

stoif  und  allenfalls  frei  gewordene  Rhodanwasserstoff'säure  zu  binden, 
so  läfst  sich  im  Filtrat  kein  Rhodan  mehr  nachweisen. 

Die  zu  analytischen  Zwecken  benutzten  Rhodanammoniumsorten  des 
Handels  zeigten  sich  auf  diese  Weise  geprüft  nur  selten  chlorhaltig,  in 
den  meisten  Fällen  wurde  nur  ein  Opalisiren  beobachtet.  Bei  Rhodan- 
kalium  war  oft  eine  stärkere  Trübung  wahrzunehmen. 

Bei  Ausführung  der  Analyse  verwendet  man  höchstens  5*  der  zu 
prüfenden  Rhodansalze  in  100cc  Wasser  gelöst,  wozu  20s  reines  Kupfer- 
sulfat (besser  in  Lösung  20 :  100)  nöthig  sind.  Die  beiden  Lösungen 
werden  zusammengegeben,  Schwefelwasserstoff  eingeleitet  und  darauf 
8?  Kupfervitriol  in  40cc  Wasser  gelöst  zugesetzt.  Im  Filtrat  läfst  sich 
quantitativ  das  Chlor  bestimmen.  (C.  Mann,  Zeitschrift  für  analytische 
Chemie,  28.  Jahrg.  Heft  6  S.  668.) 

Verfahren  zum  Titriren  von  Alkohol  mittels  Chromsäure. 

R.  Bourcart  erhitzt  in  geschlossenen  Röhren  Kaliumbichromat, 
Schwefelsäure  und  den  zu  untersuchenden  Alkohol  2  bis  3  Stunden  im 
siedenden  Wasserbade,  worauf  die  Flüssigkeit  mit  hinreichend  Jodkalium 
versetzt  und  mit  Hyposulfit  titrirt  wird,  bis  die  Farbe  von  Schmutzig- 
gelb in  Gelblichgrün  übergeht.  Darauf  wird  Stärkekleister  zugefügt  und 
bis  zum  Verschwinden  der  dunkelvioletten  Färbung  titrirt. 

Die  Concentration  der  Lösungen  ist  folgende:  Kaliumbichromat:  5» 
auf  1',  Sc/ncrfelsäure  25  Vol.-Proc. ,  Jodlösung  lOprocentig,  Stärkelösung 
2procentig   (gekocht  und   filtrirt).     (Bull.  Soc.  Ind.   de  Mulhouse,   1889 

S.  558.) 

Quantitative  Bestimmung  der  Cellulose. 

G.  Lange  erhitzt  je  10§  zu  untersuchende  Substanz  mit  dem  drei- 
bis  vierfachen  Gewichte  reinen  Aetzkalis  und  etwa  30  bis  40cc  Wasser 
in  einer  steilgestellten,  tubulirten  Retorte  auf  dem  Oelbade.  Bei  140° 
siedet  die  Flüssigkeit  unter  starkem  Schäumen  und  wird  nun  noch 
1  Stunde  erhitzt,  wobei  die  Temperatur  auf  180°  steigt.  Nach  dem 
Eintrocknen  der  Masse  und  Erkalten  auf  etwa  80°  gibt  man  heifses 
Wasser  zu  und  spült  in  ein  Becherglas.  Die  Cellulose  fällt  beim  An- 
säuern mit  verdünnter  Schwefelsäure  nach  dem  Erkalten  quantitativ  aus. 
Um  die  anderen,  etwa  mitausgefallenen  Substanzen  wieder  in  Lösung 
zu  bringen,  macht  man  schwach  alkalisch.  Mittels  Luftpumpe  saugt  man 
ab,  reinigt  durch  gutes  Auswaschen  mit  heifsem  und  kaltem  Wasser, 
trocknet  auf  dem  Wasserbade  und  wägt.  Durch  Veraschen  des  Rück- 
standes und  Abziehen  der  Asche  vom  Gesammtgewichte  erhält  man  die 
Menge  der  reinen  Cellulose.  (Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  30,  nach 
Zeitschrift  für  physiolog.  Chemie,  1889  Bd.  14  S.  283.) 

Reaction  auf  Bolzsubstanz. 
Nach  A.  Ihl  (Chemiker-Zeitung,   1890  Bd.  14  S.  67)    kann    frischer 
Tabaksaft   als  ziemlich   gutes   Reagens   auf  Lignin   angesehen    werden. 

Dingler's  polyt   Journal  Bd.  277  Nr.  9.  1890111.  27 


418  Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

Benetzt  man  Holz  mit  etwas  Tabaksaft  und  setzt  concentrirte  Salzsäure 
oder  mäfsig  verdünnte  Schwefelsäure  hinzu,  bo  tritt  alsbald  eine  ziemlich 
intensive  rothe  Farbenerscheinung  auf.  Dasselbe  gilt  auch  in  minderem 
Mafse  für  Papier,  welches  Holzcellulose  enthalt.  Nicotin  allein  gibt 
mit  Lignin  und  Salzsäure,  aber  erst  nach  einiger  Zeit,  ebenfalls  eine 
Farbenreaction.     Alter  Tabaksaft   wirkt   weniger    intensiv   als    frischer. 

Bestimmung  des  Weinsäuregehaltes  in  Hohproducten  der  Weinsäur efabriken. 

J.  Pelbisz  stellte  vergleichende  Versuche  über  die  Methoden  zur 
Weinsäurebestimmung  von  Goldenberg-Geromont  (Original),  Goldenberg- 
Geromont  (moditic.)  und  Lorenz  an  und  erklärt  die  moditicirte  Golden- 
berg-Geromont'sehe  als  die  genaueste.  {Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  14 
S.  317.)  Früher  hatte  J.  Toth  (daselbst  1890  Bd.  14  S.  63)  ebenfalls 
auf  Grund  vergleichender  Prüfung  die  v.  Lorenz'sche  Methode  als  die 
brauchbarste  empfohlen. 

Die  moditicirte  Goldenberg-Geromont' sehe  Methode  besteht  darin,  dafs 
die  weinsäurehaltigen  Rohmaterialien  mit  verdünnter  Salzsäure  aus- 
gezogen werden,  die  Lösung  mit  einem  Ueberschusse  von  Kaliumcarbonat 
gekocht,  eingedampft,  mit  Essigsäure  angesäuert,  mit  Alkohol  gefällt 
wird.     Im  Uebrigen  verfährt  mau  wie  gewöhnlich. 

Analyse  von  trockener  Weinhefe.  6s  feingepulverte  Weinhefe  werden 
im  Becherglase  mit  9CC  Salzsäure  von  1,10  spec.  Gew.  bei  Zimmertempe- 
ratur gleichmäfsig  angerührt,  allmählich  mit  dem  gleichen  Volumen 
Wasser  versetzt  und  unter  öfterem  Umrühren  1  bis  2  Stunden  digerirt. 
Die  Mischung  mit  Wasser  auf  100cc  gebracht,  wird  durch  ein  trockenes 
Faltentilter  tiltrirt.  50cc  der  Lösung  werden  in  einem  bedeckten  Becher- 
glase mit  10cc  Kaliumcarbonatlösung  —  enthaltend  3?  K.2C03  —  ver- 
setzt, längere  Zeit  gekocht,  bis  die  Kohlensäure  völlig  ausgetrieben  ist 
und  das  Calciumcarbonat  sich  kristallinisch  abgeschieden  hat.  Durch 
Filtriren  und  Auswaschen  vom  Niederschlage  getrennt,  wird  die  Flüssig- 
keit in  einer  Porzellanschale  auf  etwa  10cc  eingedampft,  mit  2  bis  2ct',5 
Eisessig  allmählich  unter  starkem  Rühren  augesäuert,  dann  mit  100cc 
reinem  Alkohol  von  90  bis  96°  Tr.  versetzt  und  so  lange  umgerührt,  bis 
der  in  der  alkoholischen  Flüssigkeit  schwebende  Niederschlag  ein  fein 
kristallinisches  Aussehen  hat.  Nach  öfterem  Dekanlireu,  Filtriren  durch 
•  ■in  '.'Filier  werden  Schale,  Filter  und  Niederschlag  durch  sorg- 
fältigstes Auswaschen  mit  Alkohol  von  Essigsäure  vollständig  befreit 
Filter  sammt  Niederschlag  aus  dem  Trichter  in  ein  Becherglas  gebracht, 
die  Schale  mit  kochendem  Wasser  in  das  Becherglas  ausgespült  und 
die  erhaltene  Lösung  mit  Normalalkali  titrirt.  Die  Anzahl  der  ver- 
brauchten  Cubikcentimeter  Normallauge  mit  fünf  multiplicirt  gibt  den 
Weinsäuregehalt  der  untersuchten  Hefe  in  Procenten  an.  Unter  Be- 
rttcksichtigung  des  Volumens  des  in  Chlorwasserstoffsäure  ungelösten 
Rückstandes    Bind    bei    gefundenem    Weinsäuregehalte    von    20   Proc. 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  419 

—  0,7   Proc,    bei   (20  +  «)    Proc.   —  0,7  +  n  .  0,02  Proc.  Weinsäure   in 
Abzug  zu  bringen. 

Zur  Analyse  von  Weinstein  und  weinsaurem  Kalke  werden  3s  Sub- 
stanz mit  9CC  Salzsäure  von  1,10  spec.  Gew.  digerirt,  der  Rückstand 
durch  Filtriren  und  Auswaschen  von  der  Lösung  getrennt,  letztere  auf 
100cc  verdünnt  und  hiervon  50cc  nach  dem  oben  angegebenen  Verfahren 
behandelt  und  analysirt.  Der  Procentgehalt  an  Weinsäure  ergibt  sich 
durch  Multiplication  der  Anzahl  der  verbrauchten  Cubikcentimeter  Nor- 
malalkali mit  zehn.     (Chemiker-Zeitung,  1888  Bd.  12  S.  390.) 

Bestimmung  der  organischen  Substanz  in  Trinkwässern. 
Nach  van  Itallie  ist  es  noth wendig,  bei  Bestimmung  der  organischen 
Substanz  in  Wässern  mittels  Permanganat  vorher  durch  Fällen  mit 
Silbersulfat  die  Chloride  zu  entfernen,  weil  sonst  in  Folge  der  Einwir- 
kung der  Salzsäure  auf  das  Kaliumpermanganat  unrichtige  Resultate 
erhalten  werden.     (Archiv  für  Pharmacie,  1889  Bd.  27  S.  1009.) 

Prüfung  von   Wasser  auf  Blei  mit  Chromat. 

Harvey  macht  auf  ein  Verfahren  zur  Prüfung  auf  Blei,  das  sich 
durch  grofse  Empfindlichkeit  auszeichnet,  aufmerksam.  Er  versetzt  l',5 
klares  Wasser  mit  etwa  2  grains  (1  grain  =  0?,0648)  krystallisirtem 
Kaliumchromat,  löst  durch  Schütteln,  und  stellt  neben  das  Glas  ein 
zweites,  welches  bleifreies,  in  gleicher  Weise  behandeltes  Wasser  ent- 
hält. Zusatz  von  Säure  oder  Concentration  des  Wassers  ist  zu  ver- 
meiden ;  die  Verwendung  des  Bichromats  in  Krystallen  ist  wesentlich. 
Wasser,  welches  nur  V^  grain  Blei  in  1  Gallone  (4>,54)  enthält,  trübt  sich 
in  etwa  15  Minuten.  Nach  12  Stunden  hat  sich  der  Niederschlag  völlig 
abgeschieden,  so  dafs  man  die  Flüssigkeit  bis  auf  den  letzten  Tropfen 
abgiel'sen  kann.  Um  den  Bodensatz  von  Bleichromat  noch  deutlicher  zu 
erkennen,  kann  man  ihn  mit  einigen  Cubikcentimeter  Wasser  aufrühren 
und  dann  in  einer  engen  Röhre  mit  flachem  Boden  absetzen  lassen. 

Kein  anderes  im  Wasser  vorkommendes  Metall  gibt   eine  ähnliche 

Reaction,    und    genügt    das    Verfahren    für    alle    praktischen    Zwecke. 

grain  Blei  in  1  Gallone  Wasser  entspricht  1  Th.  Blei  auf  3500000  Tb. 

Wasser.   (Analyst^  1890  Bd.  15  S.  68,  nach  Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  14 

S.  129.) 

Heagenspajiier  zum  Nachweise  von  Chloriden. 

Boogoliet  fällt  Silbernitratlösung  mit  Kaliumchromat,  löst  das  Silber- 
chromat  in  Ammoniak  und  tränkt  damit  Fliefspapier.  Dasselbe  wird 
noch  feucht  durch  verdünnte  Salpetersäure  gezogen,  wodurch  das  Silber- 
chromat  fein  vertheilt  auf  dem  Papiere  niedergeschlagen  wird.  Ein 
0,03  Proc.  Kochsalz  enthaltend* >  Wasser  entfärbt  dieses  Papier  nach 
einigen  Secunden.  (Pobß.  Notizblatt.  1890  IM.  !•">  Nr.  18  nach  Phar> 
Weckblad. ) 


420  Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

Terpentinöluntenuchung. 

A.  Wilson  (C/tem.  Frad.,  1890  S.  316,  nach  Zeitschrift  für  angewandte 
Chemie,  1890  8.316)  theilt  .seine  Erfahrungen  betreffs  der  Constatirung 
von  Verfälschungen  des  Terpentinöles  mit  und  betont  die  Schwierig- 
keit der  Auffindung  geringer  Mengen  fremder  Zusätze.  Er  beschäftigte 
sich  mit  dem  Nachweise  von  zugesetztem  Petroleumäther,  leichteren 
Destillationsproducten  von  Kohlentheer  und  bituminösen  Schiefern,  Harzöl 
u.  s.  w.,  sowie  von  geringeren  Sorten  von  Terpentinöl.  Das  specilische 
Gewicht  des  käuflichen  Terpentinöles  schwankt  zwischen  0,862  und 
0,870;  Proben  mit  höherem  oder  niederem  speeifischen  Gewichte  sind 
als  verdächtig  anzusehen.  Das  optische  Verhalten  ist  von  geringem 
Werthe  für  die  Beurtheilung,  doch  schliefst  hohes  Ablenkungsvermögen 
starke  Verfälschung  aus.  Russisches  und  amerikanisches  Terpentinöl 
lassen  sich  durch  das  Ablenkungsvermögen  nicht  unterscheiden,  dagegen 
kann  man  leicht  zugemischtes  französisches  Oel  erkennen,  da  dasselbe 
links  dreht.  Als  Minimum  der  Ablenkung  beobachtete  Verfasser  -|-  12,05, 
als  Maximum  -f-  15,29  am  Laurent" sehen  Instrumente.  Sowohl  Schwefel- 
chlorid, als  auch  die  Valenta^sche  Eisessigprobe  liefern  ungenügende 
Resultate.  Empfehlenswert  ist  es,  die  Probe  mit  Essigsäureanhydrid 
und  Schwefelsäure  zu  machen,  wozu  auch  der  Destillationsrückstand 
verwendet  werden  kann;  im  Falle  der  Anwesenheit  von  Harzöl  tritt 
rothviolette  Färbung  ein.  Nach  des  Verfassers  Versuchen  soll  man 
durch  fractionirte  Destillation  am  ehesten  im  Stande  sein,  Verfälschungen 
des  Terpentinöles  nachzuweisen. 

Verfälschung  von  französischem  Terpentinöle. 
Französisches  Terpentinöl  wird  häufig  mit  geringen  Mengen  Harzöl 
verfälscht,  da  dessen  Preis  fünfmal  niedriger  als  der  des  Terpentinöles 
ist;  doch  kann  dieser  Zusatz  5  Proc.  vom  Gewichte  des  Oeles  nicht 
überschreiten,  da  mehr  Harzöl  das  Terpentinöl  klebrig  macht  und  ihm 
einen  besonderen  Geruch  ertheilt. 

A.  Aignan  fand  (Comptes  rendus,  1889  Bd.  109  S.  944),  dafs  Harzöl 
das  Rotationsvermögen  des  französischen  Terpentinöles  verringert.  Bei 
16  Proben  verschiedener  Herkunft  und  Darstellungsweise  war  diese 
Verringerung  nahezu  constant  und  schwankte  zwischen  —  60°  26'  und 
—  63°  20';  im  Mittel  ist  [an]  =  —  610  30'. 

Die  durch  trockene  Destillation   des  Colophouiums  erhaltenen   und 
dann  rectiticirten  weifsen  Oele  lassen  sich  auf  drei  Typen  zurückführen: 
I.  Ausgewähltes  rectificirtes  Oel  .     .     [an]  =  —  72° 

11.  Fein  rectificirtes  Oel [aj>]  =  —  32° 

111.  Rectiticirtes  Oel       [ceD]  =  —  21° 

Aignan  lindet  für  diese  drei  Oele  folgende  Relationen: 

7°  30' 
Terpentinöl  und  Oel    I     .     .     [an]  =  —  610  30'  -j —  .  h 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  421 

CO  QA' 

Terpentinöl  und  Oel  II     .     .     [«/,]  =  — 61»  30' H ^—  .  k 

9°  30' 
„       „III     .     .     [aD]  =  _  610  30'  +  ^.  A. 

o 

Hierin  bedeutet  h  die  Menge  (in  Procent)  des  in  dem  Gemische 
enthaltenen  Harzöles. 

Bei  gewissen  industriellen  Anwendungen  wird  das  Terpentinöl  mit 
Harzessenz  gemischt.  Die  Gegenwart  dieses  Körpers  läfst  sich  leicht 
erkennen  durch  seinen  starken  und  unangenehmen  Geruch.   Aignan  fand: 

Terpentinöl   und  ordin.  Harzessenz     [#/,]  =  —  61°  30'  -f-  *  e 

o 

„  „    raff.  „  [al)]  =  -610S0'  +  |e. 

Hierin  bedeutet  e  die  Menge  (in  Procent)  an  Harzessenz,  welche  in 
dem  Gemische  enthalten  ist. 

Prüfung  von  Schweinefett  auf  ßaumwollsamcnöl. 

Fr.  P.  Perkim  gibt  folgende  Methode  an:  0,02  bis  0^,03  fein  ge- 
riebenes Kaliumbichromat  und  concentrirte  Schwefelsäure  in  einer 
Porzellanschale  mit  0§,5  des  Fettes  gemischt,  zeigen  nach  Zusatz  von 
Wasser  deutliche  Grünfärbung  durch  Reduction  der  Chromsäure  zu 
Chromoxyd.  War  kein  Baumwollsamenöl  im  Fette,  so  bleibt  die  Mischung- 
gelb.  {Chemiker-Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  87,  nach  The  Analyst,  1890 
Bd.  15  S.  55.) 

Zur  Kenntnifs  des  Butterfettes. 

Anstatt  die  flüchtigen  Fettsäuren  der  Butter  durch  Titration  der 
durch  Destillation  der  angesäuerten  Seifenlösung  erhaltenen  Flüssigkeit 
mit  eingestellter  Natronlauge  zu  ermittelo,  empfehlen  St.  Bondzxjnski 
und  H.  Ruß  4  bis  5s  Butter  mit  50  bis  60cc  alkoholischer  titrirter  Kali- 
lauge rasch  zu  verseifen,  das  überschüssige  Kali  mit  titrirter  Salzsäure 
genau  zu  neutralisiren,  den  Alkohol  zu  verjagen,  die  abgeschiedenen 
unlöslichen  Fettsäuren  abzufiltriren,  mit  heifsem  Wasser  auszuwaschen, 
in  Alkohol  zu  lösen  und  mit  alkoholischer  eingestellter  Kalilauge  zu 
titriren.  Die  Differenz  zwischen  der  Menge  des  an  die  Gesammtsäuren 
gebundenen  Kalihydrates  und  der  zur  Neutralisation  der  unlöslichen 
Säuren  verbrauchten  Lauge  ergibt  die  zur  Neutralisation  der  flüchtigen 
Säuren  erforderliche  Menge  Kali. 

Oder  aber  man  ermittelt  diese  Menge  Kali  durch  direkte  Titration. 
4  bis  5«  Butter  werden  mit  50  bis  60cc  alkoholischer  titrirter  Kalilösung 
verseift,  der  Alkohol  wird  durch  Abdampfen  entfernt,  die  wässerige 
Seifenlösung  mit  der  dem  angewandten  Kali  genau  entsprechenden  Menge 
titrirter  Schwefelsäure  versetzt,  und  dann  so  viel  Wasser  zugefügt,  dafs 
die  ganze  Flüssigkeitsmenge  etwa  400  bis  500cc  beträgt.  Hierauf  ver- 
sieht man  den  Kolben   mit  einer   langen  Rückflufsröhre   und   erhitzt  so 


422  Neue  Methoden  Hlr  chemisch-technische  Untersuchung 

lange  auf  dem  Wasserbade,  bis  die  Flüssigkeil  unter  den  oben  schwim- 
menden, geschmolzenen  unlöslichen  Säuren  ganz  klar  geworden  ist. 
Sodann  werden  die  ausgeschiedenen  unlöslichen  Säuren  ausgewaschen 
und  im  Filtrate  die  flüchtigen  Fettsäuren  mit  Normallauge  titrirt. 

Beide  Methoden  liefern  Zahlen,  welche  mit  einander  und  mit  den 
bei  «Kr  Destillation  erhaltenen  genau  Übereinstimmen.  Bei  dieser  Art 
der  Bestimmung  der  flüchtigen  Fettsäuren  läfsl  sich  die  Menge  der- 
selhen  bezieh,  deren  Glyceride  direkt  in  Procenten  des  Butterfettes  an- 
geben. Zu  dem  Zwecke  braucht  man  nur  die  unlöslichen  Säuren  mit 
Aether  in  ein  tarirtea  Kölbchen  zu  spülen,  den  Aether  abzudampfen, 
den  getrockneten  Rückstand  zu  wägen  und  erst  dann  zu  titriren.  Dem 
verbrauchten  Kali  entspricht  die  äquivalente  Menge  Glycerin,  woraus 
sich  die  Menge  der  Glyceride  der  unlöslichen  Säuren  berechnen  läfst, 
Diese  vom  Fette  abgezogen,  ergibt  die  Menge  der  Glyceride  der  flüchtigen 
Säuren. 

Die  in  frischer  Butter  nur  als  Glyceride  vorhandenen  flüchtigen 
Säuren  werden  bekanntlich  beim  Ranzigwerden  der  Butter  frei;  indessen 
können  die  freien,  flüchtigen  bezieh,  löslichen  Säuren  erst  in  ziemlich 
vorgerücktem  Stadium  der  Zersetzung  der  Butter  nachgewiesen  werden. 
Eine  bei  25°  C.  aufbewahrte  Butter  zeigte  keine  Spur  von  flüchtigen 
Säuren,  obwohl  sie  vollständig  ungeniefsbar  war.  Weiter  constatiren 
die  Verfasser,  dafs  frische  Butter  auch  freie  unlösliche  Säuren  enthält, 
deren  Menge  allmählich  zunimmt.  Das  Ranzigwerden  der  Butter  ist 
hauptsächlich  der  Entstehung  der  freien  unlöslichen  Säuren  und  nicht 
den  flüchtigen  zuzuschreiben.  Die  flüchtigen  Säuren  entstehen  erst  in 
ziemlich  vorgeschrittenem  Stadium  der  Zersetzung.  —  Interessant  ist 
das  Vorhandensein  von  Oxysäuren  in  frischer  Butter,  welche  Bondzynski 
und  Ruft  nach  der  Benedikt* sehen  Methode  nachwiesen  {Landw.  Jahrb. 
der  Sc/uveiz  1889,  durch  Chemiker-Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  20). 

Lieber  die  Kjehldahl-Wüfart tische  Methode  der  Stickst o (f 'beslimmung. 

Nach  P.  Argutinsky  oxydirt  man  mit  reiner  englischer  Schwefel- 
säure oder  einem  Gemisch  derselben  mit  Phosphorsäureanhydrid  (auf 
l1  2öo-  Phosphorsäure)  und  verwendet  stets  metallisches  Quecksilber. 
Gekocht  wurde  im  gewöhnlichen  langhalsigen  Rundkolben  über  dem 
Drahtnetz  und  zwar  nach  Eintritt  der  Entfärbung  noch   *  4  Stunde. 

Als  Vorlage  bei  der  Destillation  benutzt  Argutinsky  eine  U-för- 
mige  Peligot  sehe  Röhre.  Damit  die  concentrirte  alkalische  Flüssigkeit 
ruhig  kocht,  empfiehlt  sich  ein  geringer  Zusatz  von  Talk  sowie  die 
Vermeidung  eines  grofsen  Ueberschusses  von  freiem  Alkali.  Zwecks 
leichteren  Austreibens  des  Ammoniaks  aus  den  Quecksilberamid Ver- 
bindungen werden  vor  der  Destillation  12cc  concentrirte  Schwefel- 
kaliumlösung (1  Th.  in  •_!'.,  Th.  Wasser)  zugegeben.  Die  vorgelegte 
titrirte    Schwefelsäure    wird    mit   "  1(1    Kalilauge    zurücktitrirt.     Als  In- 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  423 

dicator  dient  Cochenilletinctur,  welche  man  durch  Stehenlassen  von 
-3s  Cochenille  mit  250cc  schwachem  Spiritus  erhalten  hat.  Als  End- 
reaction  ist  das  Auftreten  einer  Rosafärbung  ohne  jede  Spur  von  gelber 
Nuance  zu  betrachten.  {Chemiker- Zeitung.,  1890  Bd.  14,  Repertorium  S.  41 
nach  Archiv  f.  Phys.,  1890  Bd.  46  S.  581.) 

Bestimmung  des  Stickstoffes  in  Düngemitteln. 

E.  Aubin  und  /.  Quenot  geben  eine  Methode  zur  Bestimmung  des 
Stickstoffes  an,  wenn  er  in  seinen  drei  Formen  als  Salpetersäure-,  Am- 
moniak- und  organischer  Stickstoff  im  Dünger  vorkommt,  in  welchem 
Falle  die  Kjehldahl' sehe  Stickstoffbestimmung  nicht  mehr  direkt  zur 
Bestimmung  des  Stickstoffes  zu  verwenden  ist.  Zu  diesem  Zweck 
führen  die  Verfasser  den  organischen  Stickstoff  in  unlöslichen  Zustand 
über,  wobei  es  nicht  nothwendig  ist,  die  Nitrate  zu  zersetzen.  Es  geschieht 
jene  Ueberführung  durch  2proc.  Tanninlösung  (30  bis  40cc),  womit  auf 
dem  Filter  1?  des  Düngemittels  behandelt  wird.  Den  Rückstand  (mit 
dem  Filter)  behandelt  man  nach  dem  Verfahren  von  Kjehldahl  und  gibt 
das  Einwirkungsproduct,  sowie  die  durch  Behandlung  der  ursprüng- 
lichen Probe  mit  der  Tanninlösung  erhaltene  Flüssigkeit  in  den 
Destillationskolben.  Es  läfst  sich  nach  diesem  Verfahren  auch  die  ge- 
trennte Bestimmung  des  Stickstoffes  vornehmen,  wenn  man  ls  Dünge- 
mittel mit  0^,5  Tannin  mischt,  und  15  Stunden  mit  150cc  Selterwasser 
digerirt  (zur  Lösung  von  Ammonmagnesiumphosphat),  filtrirt  und  den 
unlöslichen  Theil  mit  Tanninlösung  wäscht.  Der  Rückstand  liefert, 
nach  Kjehldahl  behandelt,  den  organischen  Stickstoff.  Das  Filtrat  gibt, 
mit  Natron  destillirt,  das  Ammoniak  der  Ammonsalze,  die  Salpeter- 
säure ist  nach  Schlösing's  Verfahren  zu  bestimmen.  {Chemiker- Zeitung, 
1890  Bd.  14,  Repertorium  S.  107  nach  Bull.  Soc.  Chim.,  1890  3.  Ser. 
3.  322.) 

Bestimmung  des  Stickstoffes  im  Chilisalpeter. 

Die  durch  O.  Förster  in  der  Chemiker-Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  509, 
veröffentlichte  einfache  Methode  stützt  sich  auf  die  Verwandlung  salpeter- 
saurer Salze  in  salzsaure  bei  wiederholtem  Eindampfen  mit  Salzsäure, 
wobei  die  Salpetersäure  zersetzt  und  verflüchtigt  wird. 

Zur  Bestimmung  werden  2  bis  3§  Salpeter  bei  150°  oder  durch 
vorsichtiges  Erhitzen  bis  zum  Schmelzen  getrocknet,  wonach  gewogen 
und  so  das  Wasser  bestimmt  wird. 

Dieser  wasserfreie  Salpeter  wird  nun  in  einem  Tiegel  in  25cc  einer 
etwa  19proc.  Salzsäure  (3  Vol.  Salzsäure  von  1,124  spec.  Gew.  und 
1  Vol.  Wasser)  gelöst  und  auf  dem  Wasserbade  unter  stets  erneutem 
Zusatz  von  25cc  Salzsäure  wiederholt  zur  Trockne  verdampft.  Nach 
dreimaligem  Abdampfen  ist  das  Nitrat  vollständig  in  Chlorid  über- 
geführt. Eine  stärkere  Salzsäure  anzuwenden,  ist  nicht  rathsam ,  weil 
durch    die    dann    eintretende    lebhafte   Chlorentwickeluns:  Flüssigkeits- 


424  Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

theilchen  verspritzt  werden.  Der  bedeckte  Tiegel  wird  jetzt  im  Trocken- 
schranke einige  Zeit  auf  etwa  150°  und  hierauf  über  freier  Flamme  bi& 
zum  schwachen  Glühen  erhitzt  und  nach  dem  Erkalten  gewogen. 

Der  Stickstoff  berechnet  sich  aus  dem  durch  Behandlung  mit  Salz- 
säure verursachten  Gewichtsverlust  in  folgender  Weise.  An  Stelle  der 
Gruppe  N03  tritt  ein  Atom  Chlor.  Daher  verhält  sich  der  Gewichts- 
verlust zu  dem  Stickstoff  wie  die  Differenz  zwischen  dem  Molecular- 
gewicht  von  NO;j  und  dem  Atomgewicht  des  Chlors  zu  dem  Atom- 
gewicht des  Stickstolfes,  also  wie  61,89— 85,37  =  26,52  :  14,01 ,  oder 
wie  1  :  0,52828.  Mit  der  letzteren  Zahl  ist  daher  der  durch  Behandlung 
mit  Salzsäure  verursachte  Gewichtsverlust  des  wasserfreien  Salpeters 
zu  multipliciren,  um  das  Gewicht  des  Stickstoffes  zu  ermitteln. 

Nur  wenn  dem  Chilisalpeter  durch  unerlaubte  Manipulationen 
Magnesiumsalze  (Chlormagnesium)  beigemischt  sind,  ist  das  Verfahren 
nicht  anwendbar. 

Die  Citratmethode  der  Phosphorsäurebestimmung. 
Da  die  Ansichten  über  die  Brauchbarkeit  des  Citratverfahrens  noch 
immer  aus  einander  gehen,  theilt  Reitmair  seine  Beobachtungen  als 
Beitrag  zur  Lösung  dieser  PVage  mit:  1)  das  Aufschliefsen  der  Phos- 
phate mit  Salzsäure  hat  für  die  Citratfällung  den  Nachtheil,  dafs  der 
Niederschlag  stark  mit  Kieselsäure  verunreinigt  wird-  die  Menge  der 
letzteren  beträgt  stets  mehrere  Milligramm,  aufserdem  gibt  sie  direkt 
zu  einer  gröfseren  Verunreinigung  mit  Salzen  Veranlassung.  2)  Das 
Aufschliefsen  mit  Schwefelsäure  ergibt  eine  kieselsäureärmere  Lösung, 
immerhin  ist  aber  jeder  Niederschlag  mit  mindestens  lms  Si0.2  ver- 
unreinigt. 3)  Selbst  bei  bedeutendem  Ueberschusse  an  Ammonnitrat 
und  sehr  geringem  Kalkgehalte  der  Lösung  (Superphosphate)  enthält 
der  geglühte  Niederschlag  mehrere  Milligramm  CaO  als  Pyrophosphat: 
der  hierdurch  bedingte  Plusfehler  des  gewogenen  Magnesiumpvrophos- 
phates  ist  auf  1  bis  2ms  zu  schätzen.  4)  Die  Gegenwart  von  Mangan- 
salzen übt  denselben  Einflufs  aus,  und  kann  die  Verunreinigung  des 
geglühten  Niederschlages  mit  Manganpyrophosphat  unter  Umständen 
sehr  bedeutend  werden.  5)  Die  Verunreinigung  des  Niederschlages 
durch  Eisenoxyd  und  Thonerde  ist  in  kieselsäurearmen,  schwefelsauren 
Lösungen  der  Phosphate  sehr  gering,  auch  bei  Gegenwart  grofser  Mengen 
dieser  Oxyde;  dieselben  verzögern  jedoch  die  Ausfällung.  6)  Eine 
geringe  Verunreinigung  des  Niederschlages  mit  Magnesiahydrat  ist  bei 
der  Citratfällung  immer  zu  erwarten.  Dieselbe  ist  am  geringsten,  wenn 
in  ammoniakalischer  Losung  (2,5proc.  Ammoniak)  gefällt  wird,  und 
kann  nur  bei  Fällungen  in  annähernd  neutraler  Lösung  und  bei  Gegen- 
wart gröfserer  Mengen  von  Alkalisalzen  bedeutend  werden.  7)  Allen- 
diesen  Verunreinigungen  steht  die  unvollständige  Ausfällung  der  Phosphor- 
säure gegenüber,   welche  im  günstigsten  Falle  1   bis  2m8  Mg2P.207  ent- 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  425 

spricht.  8)  Bei  Controlirung  der  Citratfällung  durch  die  Molybdän- 
methode ist  bei  kieselsäurereichen  Substanzen  auf  die  Aufschliefsmethode 
Rücksicht  zu  nehmen. 

Bei  der  Anwendung  der  Citratmethode  zur  Bestimmung  der  wasser- 
löslichen Phosphorsäure  der  Superphosphate  empfiehlt  der  Verfasser  die 
Einhaltung  folgender  Gewichtsverhältnisse:  1§  Substanz,  5s  Citronen- 
säure,  25cc  Magnesiamixtur,  Ammoniakgehalt  der  Fällungsflüssigkeit  = 
2,5  Proc.     (Zeitschrift  für  angewandte  Chemie,  1890  S.  196.) 

Rasches  Verfahren  zur  Bestimmung  des  Schwefels  organischer  Verbindungen. 

M.  Burion  verbrennt  die  zu  untersuchende  Substanz  in  der  von 
Sauer  angegebenen  Art  (Zeitschrift  für  analytische  Chemie,  Heft  12  S.  33 
und  178),  fängt  das  Verbrennungsproduct  aber  in  Kalilösung  auf  und 
titrit  nach  Beendigung  der  Verbrennung  mit  Schwefelsäure  zurück 
(Indicator:  Tropäolin  00),  nachdem  die  Röhre  und  das  Verbindungsrohr 
mit  Wasser  nachgespült  und  dieses  mit  der  Absorptionsflüssigkeit  ver- 
einigt ist. 

Die  Methode  läfst  sich  auch  gut  für  Schwefelbestimmungen  im 
Erdöl  anwenden.  (Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft,  1890 
Bd.  23  Nr.  5  S.  180  nach  Amer.  Chem.  Joum.  11.  472.) 

Ein  für  Wägezwecke  sehr  geeignetes  Papier 
empfiehlt  H.  Sc/iweitzer.  Es  ist  ein  dem  Glanzpapier  ähnliches,  aus 
nitrirter  Cellulose,  Campher  und  Alkohol  hergestelltes  Product,  wie  es 
die  American  Zynolite  Comp,  in  den  Handel  bringt.  Das  Papier  ist  un- 
empfindlich gegen  Wasser  und  man  kann  die  gewogene  Substanz  davon 
abspülen.  In  zwei  Wochen  verändert  es  sein  Gewicht  fast  nicht.  Ex- 
plosionsgefahr ist  ausgeschlossen.  (Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  698.) 
Methode  zur  Bestimmung  des  speeißschen  Gewichtes  puleerförmiger  Körper. 

W.  F.  Smeeth  bestimmt  das  Gewicht  des  Pulvers  in  der  Luft  und 
das  Gewicht  eines  leichten  Uhrglases  mit  klarem  Vaselin  unter  Wasser, 
schmilzt  darauf  das  Pulver  in  die  Vaselinmasse  ein  und  wägt  wieder 
unter  Wasser.  Es  läfst  sich  nun  das  speeifische  Gewicht  des  Körpers 
berechnen,  ohne  dafs  man  das  speeifische  Gewicht  des  Vaselins  zu 
kennen  nöthig  hat. 

Die  Methode  ist  auch  sehr  gut  brauchbar  für  Körper,  die  von 
Wasser  angegriffen  werden.  (Nach  Scient.  Proc.  of  Dublin  Soc.  Bd.  6 
S.  61  durch  Beiblätter  zu  den  Annalen  der  Physik  und  Chemie,  1889 
Bd.   13  S.  337.)  (Fortsetzung  folgt.) 


}_!»',      Mineralöl-  and  Paraffinfabriken  der  Riebecfe  sehen  Montanwerke. 

Die  Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen 
Montanwerke  bei  Halle  a.  d.  S. 

Mit  abbildui 

Gelegentlich  de>  im  vorigen  Herbst  zu  Halle  a.  d.  S.  abgehaltenen  vierten 
Allgemeinen  Deutsehen  Bergmannstages  sind  zwei  Schriften  erschienen,  welche 
sich  beide,  jede  in  eigener  Art.  mit  der  bekannten  und  zu  verdienter  Berühmt- 
heit gelangten  sächsisch-thüringischen  Braunkohlenindustrie  beschäftigen.  Die 
eine  dieser  Broschüren,  welche  unter  dem  Titel  ,A>er  Braunkohlenbergbau"  die 
eigentliche  Festschrift  darstellt  .  ist  von  Bergassessor  Max  Votiert  bearbeitet. 
Sie  befafsl  Bich  eingehend  mit  dem  geologischen  Vorkommen  und  der  Ver- 
breitung  der  Braunkohle  in  .Mitteldeutschland,  gibt  einen  geschichtlichen  Ueber- 
blick  der  Entwickelung  des  Braunkohlenbergbaues,  schildert  ausführlich  den 
technischen  Betrieb  der  Braunkohlengruben,  sowie  die  mechanische  Aufberei- 
tung und  chemische  Verarbeitung  der  Braunkohle  und  bringt  in  den  Schlufs- 
kapiteln  interessante  statistische  Aufstellungen  der  Production,  des  Absatzes, 
der  geschäftlichen  Lage  der  Braunkohlenindustrie,  wie  auch  Mittheilungen 
über  die  Arbeiterverhältnisse  des  Braunkohlenbergbaues  im  Oberbergamts- 
bezirk  Halle. 

Während  somit  die  Voll  tri' sehe  Festschrift  vorwiegend  den  Bergmann  von 
Fach  interessirende.  werthvolle  Darlegungen  enthält,  beschäftigt  sich  die  zweite 
Broschüre  im  engeren  Rahmen  mit  den  Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der 
.1.  Iiiebeck1  sehen  Montanwerke,  Actiengesellschaft  Halle  a.  d.  S.,  und  hat  damit  die 
Beschreibung  einer  speciellen  chemischen  Industrie  zum  Gegenstande.  Die 
Schrift,  welcher  die  nachfolgenden  Schilderungen  der  Fabriken,  Webau,  Reussen 
und  Ober-Röblingen  am  See  entnommen  sind,  hat  zum  Verfasser  den  Direktor 
dieser  Fabriken,  den  auch  in  weiteren  industriellen  Kreisen  bekannten  und 
geschätzten  Dr.  Krey.  Derselbe  hat  auf  unsere  Veranlassung  die  Güte  gehabt, 
der  Beschreibung  der  Betriebswerkstätten  Zeichnungen  beizufügen,  welche  ein 
anschauliches  Bild  der  interessanten  Einrichtungen  geben. 

Wer  in  Weil'senfels  die  Eisenbahn  verläfst,  um  in  das  Industriegebiet 
zu  wandern,  gelangt  nach  dem  Gange  durch  die  Stadt  bald  an  die  Chaussee, 
welche  die  Kreisstadt  Weifsenfeis  mit  der  alten  Bischofsstadt  Zeitz  verbindet. 
Auch  die  im  Anfange  dieses  Jahrzehnts  von  der  Sächsisch-Thüringischen  Actien- 
gesellschaft für  ßraunkohlenrerwerthung  erbaute  Stral'se  zweigt  hier  ab,  welche 
über  die  Dörfer  Selau.  Zorbau,  Gerstewitz,  Granschütz  in  das  Bergrevier  und 
weiter  nach   Hohenmölsen    und    Pegau   (Königreich  Sachsen)   führt.     Auf  der 

enannten  Stral'se  gelangt  man  nach  halbstündigem  Marsche  an  die  „Riebeck- 
sche  Stral'se",  welche,  links  abbiegend,  über  das  Dorf  Aupitz-direkt  nach  Webau 
führt.  Die  Stral'se  steigt  vor  Weifsenfeis  langsam  an  und  etwa  2km  von  der 
Fabrik  Webau  übersieht  man  das  ganze  gewerbfleifsige  Land.  Im  Westen 
zeigl  sich  das  Gebäude  der  Grube  Constantin,  in  Südwesten  reiht  sich  Schorn- 
stein an  Schornstein:  die  Werke  bei  Teuchern,  Runthal,  Luckenau,  Groben. 
Wildschütz,  Tackau.  im  Süden  zeigt  sich  Koepsen  (Mineral-  und  Paraffinfabrik 
der  Werschen-Weifsenfelser  Gesellschaft)  mit  den  Nebenwerken,  vor  uns  im 
Osten  liegl  die  Fabrik  Wel.au  mit  den  Gruben  und  Schweelereien  bei  Webau 
und  Rossuln.  nordöstlich  sieht  man  die  Gerstewitzer  Werke  (Gruben.  Schwee- 
lereien, Mineralöl-  und  Paraffinfabrik  der  Sächsisch-Thüringischen  Actiengesell- 
schaft).  Wir  be.ue^nen  endlosen  (  olonnen  von  Gespannen"  mit  Grudekoks  und 
Producten  von  den  und  für  die  Paraffinfabriken.  Noch  entbehrt  dieses  seit  mehr 
ale  30  Jahren  erschlossene  Industriegebiet  der  Eisenbahn!  Hunderttausende  von 
Doppelcentnern  u  erden  Jahr  für  Jahr  mittelsAchse  von  und  nach  Station  Weifsen- 
fels  transportirt,  die  Fabriken  sind  genöthigt,  in  Weifsenfeis  besondere  Comptoirs 
und  Lager  zu  unterhalten  und  jährlich  Hunderttausende  für  Fuhrlöhne  und 
Strafsenpflasterunterhaltung  auszugeben  —  und  doch  hat  es  dem  Eisenbahn- 
projeet,  «las  jetzt  greifbare  Gestall  anzunehmen  scheint,  an  Gegnern  in  der 
Industrie  Belbst  nicht  gefehlt!  Hoffentlich  ist  die  Zeit  nicht  mehr  fern,  wo  die 
Eisenbahnlinie  Deuben-Corbetha  dieses  gewerbfleifsige  Gebiet  durchzieht  und 
dadurch    Vereinfachungen    in    technischer   und   administrativer  Beziehung  er- 


Mineralöl-  und   Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      427 

möglicht,   welche  zur  Herabsetzung   unserer  Productionskosten  beitragen,  der 
die  Industrie  im  Kampfe  auf  dem  Weltmarkte  nur  zu   sehr  bedarf. 

Der  Eingang  in  die  Fabrik  Webau  (Post-  und  Telegraphenstation  Gran- 
schütz etwa  l^ni,  Dorf  Webau  etwa  lkm,5  entfernt)  befindet  sich  an  der  West- 
seite. Der  dem  Eingange  zugekehrte,  mit  wildem  Wein  dicht  belaubte  Giebel 
eines  Materialiendepots  trägt  in  einer  Nische  die  von  der  Hand  Schaper's  ge- 
schaffene  Büste  des  genialen  Schöpfers  dieser  industriellen  Werke:  des  am 
28.  Januar  1883  verstorbenen  königl.  preufsischen  Commercienrathes  Carl  Adolf 
Riebeck.  Geboren  zu  Harzgerode  am  Harz  am  27.  September  1821  als  Sohn  einer 
alten  Bergmannsfamilie,  fuhr  er  1835  zuerst  als  Bergjunge  auf  der  „Albertine" 
an.  Bald  hatte  er  die  unteren  Stufen  des  bergmännischen  Beamten  durchlaufen 
und  war  im  J.1853  Berginspektor  der  sächsisch-thüringischen  Actiengesellschaft. 


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Kach  kurzer  Zeit  ging  er  mit  eigenen  Unternehmungen  vor.  mit  sicherem 
Blicke  die  günstige  Zeit  durchdringend.  Vielfache  Widrigkeiten  blieben  ihm 
in  der  ersten  Zeit  nicht  erspart,  er  überwand  sie  mit  rastloser  Energie,  um 
in  kurzer  Zeit  seine  Mühe  mit  Erfolg  gekrönt  zu  sehen.  Nach  kaum  zehn- 
jährigem Wirken  stand  er  mit  der  Ausdehnung  seiner  industriellen  Werke  an 
der  Spitze   der  Industrie.     Rastlos    schaffend,   reihte    er   nun  Werk   an  Werk. 


42s      Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke. 


Auf  Verwerthung 
derSchweelkohle 
wie    der    Feuer- 

kohle  gleich- 
mäfsig  bedach  t1 
errichtete  er  Bei- 
nen Onterneh- 
mangen  zwei  ge- 
waltige Pfeiler 
in  Beinen  Mineral- 
ölfabriken und 
Beinen  Brikett- 
fabriken. 

In  ihm  erstand 
der  heimischen 
Industrie  der  un- 
gestüme Dränger 

nach    grofs- 
industrieller  Ent- 

wickelung1 
dessen    entschie- 
denes   Vorgehen 
auch  die  übrigen 
Industriellen  mit 
fortrifs.      Al^   er 
1883  starb  —  er 
erlebte  nicht  das 
25jährige  Be- 
stehen seiner 
Firma  —  hinter- 
liel's  er  den  aus- 
gedehntesten 
Besitz  blühender 
gewerblicher  Un- 
ternehmungen. 
Mil     dem     säch- 
ßisch-thüringi- 
Bchen  Bergbau  isl 
sein    Käme    un- 
zertrennlich und 
nnvergefslich 
verbunden. 
Riebeek'a     liebste 
Schöpfung     war 

seine  Fabrik 
Webau.  Entstan- 
den im  .1.  1859 
ans  kleinen  An- 
fängen n-  wur- 
den   zuerst    drei 

Destillations- 
blasen  mit  etwa 
500k  In hali    auf- 
eilt )  cm- 
w  ickelte  sie  eich 

bald  ZU  Statt- 
liehen Vcrhalt- 
Schon  im 
.).  IWi  arbeiieie 
die    Fabrik     mit 


Mineralöl-  und  Paraffinfabriken,  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      429 


und  im    Augu 
Die  Fabri 

6  Wolin-    und 


15  Blasen  heutigen  Kalibers. 
18(35  wurden  die  ersten  Kerzen 
mittels  Maschinen  hergestellt 
und  Eisengiefserei  und  Ma- 
schinenfabrik ins  Leben  ge- 
rufen. Im  Januar  1868  zer- 
störte das  Feuer  den  gröfsten 
Theil  der  Fabrik,  die  bald  in 
vergröfserter,  im  Ganzen  der 
Gestaltung,  die  sie  heute  hat, 
wieder  erstand.  1878  wurde 
die  erste  Eismaschine  auf- 
gestellt. In  den  Jahren  1876 
bis  1879  wurden  auch  grofse 
Mengen  galizischen  Ozokerits 
auf  Cerisin  und  Paraffin  ver- 
arbeitet. 

1879  arbeitete  die  Fabrik 
täglich  1000  Centner  auf,  die 
Vergröfserung  der  Schweele- 
reien  nöthigte  zur  Anlage 
fernerer  Mineralölfabriken,  so 
dafs  mit  dem  Bau  von  Ober- 
Röblingen  und  später  Reufsen 
vorgeschritten  werden  mufste. 

In  den  Jahren  1884  bis 
1886  erfolgte  der  Umbau  der 
Destillation,  der  durch  den 
Uebergang  zur  Destillation 
im  luftverdünnten  Räume 
nothwendig  wurde.  Es  wur- 
den aufserdem  drei  grofse 
Intzesche  Oelreservoirs  auf- 
gestellt. 

Am  5.  Februar  1887  brach 
in  der  Mischerei  Feuer  aus, 
das  dieselbe  völlig  zerstörte, 
im  Uebrigen  jedoch  auf  seinen 
Herd  beschränkt  blieb.  Durch 
geeignete  Vertheilung  der 
Arbeitsleistungen  auf  die  drei 
Fabriken  wurde  es  ermöglicht, 
den  Schweelereibetrieb  un- 
gestört zu  erhalten  und  die 
durch  den  Brand  herbei- 
geführte Betriebsstörung  in 
mäfsigen  Grenzen   zu   halten. 

Die  an  Stelle  der  abge- 
brannten Mischerei  errichtete, 
jetzt  vorhandene  Neuanlage 
kam  im  Juli  1887  in  Betrieb. 

Schon  im  Januar  des  fol- 
genden Jahres  traf  das  gleiche 
Geschick  die  Hauptpresserei, 
welche  beim  Neubau  in  drei 
Gebäude  (zwei  Prefsanlagen, 
ein  Maschinenbaus)  zerlegt 
wieder  in  Betrieb  genommen  wurde. 
kt  in  ihrer  jetzigen  Ausdehnung  ein  Areal  von  7'ia,  hat 

.;Aon.«K;;..J„        11     IT _:„„       in    W«.1.i.isu i      r- 


Fig.  3. 


M      1N.SS 

k  bedeck 
'27  Iietriebsgebäude,   12  Magazine,   10  Werkstätten   und   aufser 


430     Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke. 

einem  Hauptbureau  4  Betriebsbureaus,  Bearnteneasino,  Arbeiter-Speise-  und 
Schlafsaal. 

Die  Beleuchtung  geschieht  mittels  des  bei  der  Theerdestillation  abgesogenen 
Gases,  zu  dessen  Aufspeicherung  zwei  gröfsere  Gasometer  vorhanden  sind, 
Bowie  mit  elektrischem  Lichte,  und  /.war  sind  mil  Glühlicht  versehen  die 
Mischerei,  der  obere  Theil  der  Destillation,  die  Paraffinfabrikationsräume  und 
die  Kerzenfabrik.  Zwei  Hole  weiden  mittels  Bogenlicht  beleuchtet.  Die 
elektrische  BeleuchtuDgsstation  hat  drei  Dynamomaschinen  (Schuckert,  Com- 
pound).  Die  Versorgung  mit  Kühlwasser  (pro  Tag  etwa  3500cbm)  geschieht 
seitens  der  Wasserstation  auf  Grube  321,  für  die  Kerzenfabrik  sind  aufserdem 
zwei  Brunnen  vorhanden,  deren  Wasser,  nachdem  man  es  in  der  Kerzenfabrik 
als  Kühlwasser  benutzt  hat,  zur  Kesselspeisung  dient.  Die  Kühlwasser  werden 
in  besonderen  Behältern  wieder  gektihll  und  wiederholt  gebraucht.  Für  Wasser- 
transport innerhalb  der  Fabrik  (täglich  18(XKum)  ist  eine  mit  der  elektrischen 
Lichtstation  verbundene  Wasserstation  vorhanden  (drei  Wassermaschinen).  Das 
Kesselhaus  hat  neun  Dampfkessel  mit  G7o'im.'2  Gesammtheizfläche  und  sind 
im  Ganzen  50  Betriebsmaschinen  vorhanden.  Die  Kohlenversorgung  (täglich 
2000M)  aus  dem  etwa  350m  entfernten  Tagbau  der  Grube  321  geschieht  mittels 
Drahtseilbahn. 

Der  Hauptbetrieb  ist  die  Darstellung  von  Mineralölen  aller  Art,  Paraffin 
und  Kerzen.  Gröfsere  Nebenbetriebe  sind  Eisengiel'serei,  Kesselschmiede, 
Ziegelei  —  nur  für  den  eigenen  Bedarf  der  .1.  /ue&ec/f'schen  Montanwerke 
arbeitend.     Beschäftigt  sind  24  Beamte  und  gegen  450  Arbeiter. 

Der  Fabrik  Weban  dient  als  Ausgangsmaterial  der  Theer  der  sächsischen 
Braunkohle,  und  zwar  wird  hier  der  Theer  der  Schweelereien  besonders  Webau, 
Runthal.  Wildschütz,  Tackau,  Gaumnitz  (zusammen  300  Oefen),  sowie  ge- 
legentlich angekaufter  Theer  verarbeitet  Webau  kann  bis  12000  Doppelcentner 
Theer  monatlich  verarbeiten  und  nimmt  aufser  dem  in  Reulsen  gewonnenen 
Hartparaffin  noch  jährlich  mehrere  Tausend  Doppelcentner  Rohparaffin  fremder 
Fabrikation  zur  weiteren  Fertigstellung  auf. 

Für  die  Verarbeitung  des  Braunkohlentheeres  kommen  hauptsächlich  vier 
Operationen  in  Betracht: 

Das  Destilliren,  das  Behandeln  mit  Chemikalien  („Mischprozefs"),  das 
Krystallisiren,  das  Entölen  des  Paraffins  (Pressen). 

Der  Braunkohlentheer  enthält  Kohlenstoff- Wasserstoffverbindungen  (Kohlen- 
wasserstoffe der  Methanreihe  und  der  Aethylenreihe ;  Kohlenwasserstoffe  der 
aromatischen  Reihe  sind  bisher  noch  nicht  nachgewiesen),  sauerstoffhaltige 
Korper  (saure  Korper,  Harze),  stickstoffhaltige  Körper  (Picoline)  und  ge- 
schwefelte Kohlenwasserstoffe  (Merkaptane   und   höhere  Thiophone). 

Bei  seiner  Destillation  handelt  es  sich  nicht  nur  um  den  physikalischen 
Vorgang  der  Trennung  nach  dem  Siedepunkte,  sondern  es  wird  hier  stets  ein 
chemischer  Prozefs,  eine  Zersetzung  vorgenommen,  die,  in  den  richtigen 
Grenzen  zu  halten,  die  Aufgabe  des  Destillateurs  ist.  Das  „zu  wenig"  ist 
ebenso  zu  meiden,  wie  das  „zu  viel".  —  Die  gesammte  sächsisch-thüringische 
Industrie  arbeitet  mit  Destillationsblasen  von  Guiseisen,  annähernd  desselben 
Kalibers   bis  etwa  20(10  bis  3000k  Inhalt. 

Die  Kühlschlange  ist  gewöhnlich  von  Bleirohr  und  steht  in  einem  hölzernen 
oder  eisernen   Kühlfasse,  die  Destillation  erfolgl    über  freiem  Feuer. 

In  der  Fabrik  Webau  geschieht  die  Destillation  seit  1884  im  luftverdünnten 
Räume,  und  weichen  .Methode  und  Apparate  entsprechend  von  denen  der 
übrigen  Industrie  ab.  Die  Vacumndestillation  hatte  in  der  Stearinfabrikation, 
in  der  Glycerindestülation  und  Steinkohlentheerdestillation  bereits  ihre  Vor- 
theile  erwiesen.  Das  Wesentlichste  derselben  ist  die  Vermeidung  secundärer 
Zersetzungen  in  Folge  Reducti ler  zur  Destillation  nothwendigen  Tempe- 
ratur. Eine  Folge  davon  ist  die  wesentlich  geringere  Ausscheidung  von  Koks, 
welche  die  Entstehung  von  Qüssigen  Residuen  zur  Folge  hat,  die  sich  bei] nein 
abziehen  lassen.  Auf  diese  Weise  ist  ein  rasches  Entleeren  und  Wiederfüllen 
der  Blasen,  eine  zwei-  bis  dreifache  Benutzung  einer  Blase  in  der  Zeit  ermög- 
licht, die  -on.-t  zu  einer  Destillation  erforderlich  war.  Die  Anzahl  der  Blasen 
wird  dadurch  erheblich reducirt.   Weban  hat  jetzt  deren  35  (früher  über  70!). 


Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Kiebeck'schen  Montanwerke.      431 

Die  Destillation  im  Vacuum  gleicht  ferner  die  Einwirkungen  der  Tensionen 
und  der  Dampfdichten  der  Kohlenwasserstoffe  (jene  sinken,  diese  steigen  mit 
jedem  CHO  aus  und  ermöglicht  SO  eine  schärfere  Trennung  bei  beschleunigtem 
Gange  der  Operation.  Webau  hat  drei  Destillationsgebäude;  im  Hauptgebäude 
wird  Theer  und  schweres  Theeröl  und  deren  Residuen  in  26  Blasen  destillirt, 
ein  zweites  Gebäude  enthält  sieben  Blasen  zur  Destillation  von  leichten  Oeleu 
und  zwei  für  deren  Residuen.  Im  dritten  Gebäude  arbeiten  vier  Blasen  Ab- 
gänge aus  der  Behandlung  der  Mineralöle  mit  Chemikalien  auf.  Diese  letzt- 
erwähnten Blasen  haben  keine  Vacuumeinrichtung.  Die  Einrichtung  für 
Vacuumdestillation  ist  in  Fig.  1,  2  und  3  abgebildet.     (S.  -427  bis  429.) 

Das  Hauptgebäude  ist  84m  lang  und  12m,5  breit,  die  26  Blasen  liegen 
neben  einander,  der  Heizerstand  ist  eingedeckt  und  trägt  die  Decke  die  Kohlen- 
bahn,  von  welcher  die  Feuerkohle  durch  Fülltrichter  in  den  Heizerstand  ge- 
langt. Das  Mauerwerk  der  Blasen  ist  durch  eine  Mauer  vom  Destillations- 
raume  getrennt.  Derselbe  enthält  neben  einander  angeordnet  30  Kühler,  26  für 
26  Blasen,  4  zur  Kühlung  der  iföm'n^sehen  Luftsauger,  welche  zur  Er- 
zeugung der  Luftleere  bei  der  Destillation  dienen.  Jede  Blase  hat  zwei  Vor- 
lag n.  dir.  abwechselnd  mit  Blase  und  Luftsauger  in  Verbindung,  das  Destillat 
aufnehmen.  Sobald  eine  Vorlage  (etwa  150k)  gefüllt  ist,  wird  erwähnte  Ver- 
bindung mit  der  anderen  Vorlage  hergestellt,  welche  nunmehr  das  Destillat 
aufnimmt.  Bis  diese  vollläuft,  wird  die  erste  durch  Oeffnen  der  Hähne  ent- 
leert und  isi  nach  der  Entleerung  wieder  bereit,  die  andere  Vorlage  abzulösen. 
Ein  am  Kühler  montirtes  Quecksilbervaeuummeter  gibt  das  in  der  Blase  vor- 
handene Vacuum  an,  das  bei  der  Destillation  der  paraffinhaltigen  Antheile 
40  bis  50cm  Quecksilber  betragen  mufs.  Die  Kühlschlangen  sind  sämmtlich 
von  Gufseisen,  haben  65mm  Durchmesser  und  etwa  8  bis  iOqm  Kühlfläche  und 
sind  in  eiserne  Kühler  (1,55  X  1,30)  eingebaut.  Die  Vorlagen  entleeren  in 
Rohrleitungen,  welche  die  Destillate  in  Bassins  abführen,  in  denen  sie  bis  zur 
weiteren  Verarbeitung  bleiben.  Ein  wesentlicher  Vorzug  der  Methode  ist  noch 
der.  dafs  sie  sich  in  geschlossenem  Apparate  vollzieht  und  die  Beseitigung 
der  festen  Rückstände  —  das  „Auskoken"  der  Blasen  auf  ein  Viertel  reducirt 
ist.  Die  durch  die  Destillationsgase  und  -dämpfe  früher  vorhandenen  Be- 
lästigungen der  Arbeiter  —  namentlich  Augenentzündungen  —  haben  voll- 
kommen aufgehört. 

Die  Blasen  für  Theer  (9)  und  für  schweres  Oel  (6)  haben  am  tiefsten 
Punkte  einen  Ablal'shahn,  aus  dem  das  Residuum  durch  eine  Rohrleitung  nach 
den  Residuumkesseln,  es  sind  deren  drei  vorhanden,  abgelassen  ward.  Die 
Rückstandsblasen  werden  aus  den  Residuumkesseln  mittels  comprimirter  Luft 
gefüllt  und  bis  zur  Trockene  (zum  Koks)  abdestillirt.  Die  Destillation  des 
Theerresiduum9  erfolgt  über  Kalk. 

Die  Blasen  zur  Destillation  der  leichten  Oele  sind  zwecks  schärferer  Tren- 
nung der  Destillate  mit  Colonnen  (von  2m  Höhe)  versehen,  wie  sie  ähnlich  an 
den  Apparaten  der  Spiritusdestillation  zur  Verwendung  gelangen.  Die  Destil- 
lation der  leichten  Oele  erfolgt  über  Aetznatron. 

Nach  der  ersten  Trennung  des  Theeres  mittels  fractionirter  Destillation 
in  Rohöl  und  Uohparafiinmassen  bedürfen  die  Mineralöle,  abgesehen  von  Misch- 
prozefs  (s.  u.)  je  nach  ihrer  Verwendung  und  erforderlichen  Reinheit  einer 
zwei-,  drei-,  ja  viermaligen  Destillation.  Bei  der  zweiten  Destillation  resultiren 
bereits  helle  Gasöle  als  verkaufsfertiges  Product,  während  die  dritte  Destil- 
lation Benzin-,  Leucht-  oder  Solarol ,  Putzöl ,  helle  und  dunkle  Gasöle  liefert. 
Letztere  resultiren  neben  Fettölen  auch  bei  der  vierten  Destillation.  Die  Vor- 
nahme der  Destillation  geschieht  sowohl  aus  Gründen  der  Oelraffinerie,  als 
um  das  in  Lösung  enthaltene  Paraffin  in  der  Lösung  zu  concentriren  und  zu 
gewinnen. 


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Geschichte  des  Zuckers,  seit  den  ältesten  Zeiten  bis  zum  Beginne  der 
Rübenzuckerfabrikation.      Ein    Beitrag    zur    Kulturgeschichte    von 
Dr.  Edmund  O.  r.  Lippmann,  Direktor  der  Zuckerraffinerie  Halle  a.  S. 
Max  Besse's   Verlag.     Leipzig  1890.     Preis  6  Mk. 
Ee  ist  mit  lebhafter  Freude  zu  begrüfsen,  dafa  der  um  die  Zuckerindustrie 
hochverdiente   und  durch  seine   wissenschaftlichen  Arbeiten  über  Zucker  wühl 
bekannte    Verfasser    68    unternommen    hat.    eine    umfassende   Geschichte    des 
Zuckers,   welche,  wie  der  Titel   des  Werkes  besagt,  zugleich  einen  Beitrag  zur 
Kulturgeschichte  darstellt,  zu  bearbeiten.     Mit  anerkennenswerther  Gründlich- 
keit, unter  ausgiebigster  Benutzung  der  einschlägigen  literarischen  Quellen  hat 
'■.  Lippmann   seine  Geschichte    des    Zuckers   geschrieben    und    damit   ein  Werk 
geschaffen,  welches  in  vieler  Hinsicht  als  Muster  dienen  und  Veranlassung  geben 
kann,  dafs  der  Geschichte  der  einzelnen  chemischen  Industrien  vermehrte  Auf- 
merksamkeit geschenkt  wird. 

Das  Werk  zerfallt  in  17  Abschnitte:  Zur  Vorgeschichte  des  Zuckers,  die 
Heimat  des  Zuckerrohres  und  der  Rohzuckerbereitung,  Zuckerrohr  und  Zucker 
im  europäischen  Alterthum  und  frühen  Mittelalter,  die  Ausbreitung  des  Zucker- 
rohres nach  Westen  und  die  Erfindung  der  Raffination,  der  Zucker  am  Hofe 
der  Kalifen,  Zuckerrohr  und  Zucker  in  den  westlichen  Provinzen  des  Kalifats, 
die  Verbreitung  des  Zuckerrohres  nach  China  und  den  Küsten  des  Indischen 
Oceans,  der  Zucker  zur  Zeit  der  Kreuzzüge,  der  Zuckerconsum  Europas  im 
14.  und  15.  Jahrhundert  und  seine  Grofslieferanten ,  der  Zucker  im  Zeitalter 
der  Entdeckungen,  die  Zuckerfabrikation  Amerikas  im  17.  und  18.  Jahrhundert, 
die  europaische  Zuckerraffination  im  17.,  18.  und  zu  Anfang  des  19.  Jahr- 
hunderts, der  Zucker  im  Orient  seit  Beginn  des  14.  Jahrhunderts,  die  Ersatz- 
mittel des  Rohrzuckers,  Geschichte  der  Zuckerpreise.  Ansichten  über  Entstehung 
und  Wesen  des  Zuckers.  Daran  reihen  sich  drei  Nachträge,  unter  welchen 
eine  Tabelle  der  Jahreszahlen,  die  geographische  Verbreitung  des  Zuckerrohres 
betretfend  ,  welche  bis  zum  Jahre  1852  reicht,  besonderes  Interesse  verdient. 
Sehr  angenehm  empfindet  man  bei  der  Lektüre  des  so  reich  mit  Citaten 
versehenen  Buches  das  Vorhandensein  von  drei  Registern,  deren  erstes  ein 
alphabetisches  Verzeichnifs  der  citirten  Schriftsteller  und  Werke,  das  zweite 
der  geographischen  und  Eigennamen  gibt,  während  das  dritte  als  eigentliches 
Sachregister  dient. 

Dem  Werke  ist  ein  Titelbild  ,.Zuckerläbrikation  in  Sicilien  um  1570,  nach 
der  Bildersammlung  Nova  reperta  des  Joann.  Stradanus",  sowie  eine  kleine 
Karte,  die  ersten  Verbreitungsbezirke  des  Zuckerrohres  darstellend,  beigegeben. 
Das  verdienstvolle  und  interessante  Werk  r.  Lippmanns  wird  sowohl  in 
den  Kreisen  der  Industriellen ,  wie  auch  bei  den  Docenten  der  chemischen 
Technologie  hervorragende  Beachtung  linden.  K. 

Technological  Dictionary  of  Insurance  Chemistry  bj  William  A.  Harris, 
Selbstverlag  des  Verfassers  1890  (Phoenix  Fire  Office  Exchange 
Street  West  Liverpool). 

Mit  diesem  Lexicon  beabsichtigt  der  auf  dem  Gebiete  des  Versicherungs- 
wesens wohl  bewanderte  Verfasser,  auch  dem  Nichtfachmanne  die  Möglichkeit 
zu    geben,    sich    Aufklärung   über   Fragen   aus    dem    Gebiete   der   chemischen 

nologie.  soweit  sie  mit  dem  Versicherungswesen  in  Verbindung  stehen, 
zu   verschallen. 

Es  sind  deshalb  vorzugsweise  solche  Materialien  erwähnt  und  beschrieben, 

welche  durch   Explosion,  Selbstentzündung  u.  s.  w.  Veranlassung  zu  Unfällen 

geben   können.     Ferner    hat   der  Verfasser    bei    den    einzelnen  Substanzen  auf 

die  durch  dieselben  hervorgerufenen  Unfälle  aufmerksam  gemacht,  sowie  Mittel 

•  ii.  wie  diesen  [Jnfällen  am  besten  vorgebeugt  werden  kann. 

Das  Werk  wird  von  den  Interessenten  gerne  benutzt  werden. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  433 

Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  385  d.  Bd.") 
Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  22,  23  und  21. 

Unausgesetzt  ist  die  Aufmerksamkeit  der  Kesselfabrikanten  auf  die 
Einzelconstructionen,  insbesondere  auf  die  Verbindung  der  Rohrenden 
mit  den  Kesselwänden,  gerichtet.  Einzelne  einschlägige  Anordnungen 
wurden  bereits  gelegentlich  bei  der  Besprechung  der  ganzen  Kessel- 
anordnungen erwähnt,  einige  weitere  mögen  noch  im  Nachstehenden 
kurz  beschrieben  werden. 

Einen  recht  einfachen  Rohrverschlufs  zeigt  das  C.  Prew  sehe  D.  R.  P. 
Nr.  47505  vom  12.  Oktober  1888.  Das  etwas  eingezogene  und  mit  an- 
geschmiedetem Verstärkungsriuge  versehene  Rohrende  E  (Fig.  1  Taf.  22) 
wird  von  zwei  schellenförmigen  Laschen  c  c  umfafst,  welche  von  den 
geraden  Laschen  d  d  zusammengehalten  werden.  Letztere  tragen  die 
Brücke  b  mit  der  Anprefsschraube  a?,  welche  den  Deckel  a  auf  den  mit 
Nuthen  versehenen  Verstärkungsring  drückt. 

Das  Wesentliche  der  Sperber  sehen  Verbindung  an  Gliederkesseln 
(D.  R.  P.  Nr.  47  698  vom  27.  November  1888)  ist  aus  Fig.  2  zu  ersehen. 
Die  Rohre  E  sind  mit  Rechts-  und  Linksgewinde  versehen  und  mit  den 
Köpfen  E  E{  verschraubt.  Diese  sind  unter  sich  und  mit  den  Verbin- 
dungsrohren A  durch  Schliefsen  T  von  Flacheisen  zusammengehalten, 
welche  am  inneren  Umfange  der  Köpfe  so  liegen,  dafs  behufs  Reinigung, 
nach  Oeffnen  der  Verschlufsdeckel  rf,  zwischen  denselben  mit  einem 
Reiniger  hindurchgefahren  werden  kann.  Die  Schliefsen  T  sind  oben 
an  den  Keilen  t  befestigt  und  gehen  unten  durch  Stopfbüchsen,  welche 
durch  die  Muttern  $  an  die  metallische  Dichtung  in  den  Deckeln  D 
festgeprefst  werden.  Der  quer  über  dem  Röhrenbündel  liegende  Ober- 
kessel ist  mit  der  vorderen  Wand  durch  zwei  Rohre  verbunden,  welche, 
um  die  Spannungen  zu  vermeiden,  je  eine  kreisförmige  Schlinge  bilden. 
H.  Carpentier  in  Paris  ordnet  nach  dem  D.  R.  P.  Nr.  51276  vom 
13.  April  1889  die  Rohrbefestigung  in  der  Weise  an,  dafs  er  die  Enden 
der  Rohre  mit  einem  couischen  Ringe,  welcher  sich  der  Wand  genau 
anschliefst,  versieht.  Das  nach  innen  überstehende  Rohrende  wird  mit 
einem  oder  mehreren  Schlitzen  versehen,  in  welche  hakenförmig  um- 
gebogene Schraubenbolzen  greifen,  deren  Muttern  auf  der  naheliegenden 
Kappenwand  ihren  Stützpunkt  haben  und  beim  Anziehen  die  Rohre  in 
ihren  Sitz  pressen,  wobei  die  freie  Oellhung  des  Rohres  möglichst  frei- 
gelassen ist. 

Eine  Röhrenverbindung  für  Doppelröhren -Dampfkessel  (D.  R.  P. 
Nr.  51014  vom  7.  Juni  1889)  ist  J.  P.  B.  Knudsen  in  Kopenhagen  patentirt. 
Bei  derselben  ist,  wie  Fig.  3  zeigt,  das  äufsere  Rohr  R  mit  beiden  Enden 
conisch  in  die  Wand  W  eingesetzt,  während  das  innere  Rohr  r  als  Zug- 
anker benutzt  ist.  Zu  dem  Zwecke  ist  dasselbe  an  der  einen  Seite  mit 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  10.  1890,111.  28 


434  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

dem  conischen  Deckel  J  verschraubt,  an  der  anderen  Seite  mit  Gewinde 
und  einer  Mutter  ä  \ersehen,  welche  auf  einen  entsprechenden  Deckel  J{ 
wirkt.  Durch  Anziehen  der  Schraube  K  werden  gleichzeitig  alle  vier 
Dichtung-steilen  geschlossen. 

F.  Sperling  wendet  nach  D.  R.  P.  Nr.  47  687  vom  6.  Januar  1889 
eine  Röhrenverbindung  für  einseitig  mit  dem  Oberkessel  verbundene 
Wasserröhrenkessel  in  der  Weise  an,  dafs  er  die  Anzahl  der  Wasser 
zuführenden  Röhren  beschränkt,  indem  er  die  am  vorderen  Ende  in 
einer  Wasserkammer  B  (Fig.  4)  vereinigten  Siederohre  AA{  am  hinteren 
Ende  gruppenweise  unter  einander  verbindet  und  nur  in  einzelne  der- 
selben Wasserzuführungsröhren  D  einlegt; 

G.  Dürr  in  Ratingen  legt  nach  D.  R.  P.  Nr.  46430  Zwischenwände 
in  die  Einkammerwasserrohre,  welche  mittels  Trichter  x  (Fig.  5)  an 
das  Speiserohr  s  anschliefsen.  Das  weitere  Ende  des  Trichters  bildet 
in  Verbindung  mit  den  Platten  y  die  Trennungswand  u\  welche  in  Ge- 
meinschaft mit  einem  angebauten  Kasten  eine  Verbindung  des  Dampf- 
theiles  der  Kammer  mit  dem  Dampfraume  des  Oberkessels  und  eine 
solche  des  Wassertheiles  der  Kammer  mit  dem  Wasserraume  des  Ober- 
kessels herstellt. 

Eine  Verbindung,  welche  für  solche  Kessel  bestimmt  ist,  bei  denen 
die  Wasserröhren  mit  durch  dieselben  ^hindurchgehenden  Feuerrohren 
versehen  sind,  ist  von  l\.  Gamper  in  Sielce  und  Ii.  Farkacz  in  Warschau 
angegeben  (D.  R.  P.  Nr.  47996  vom  13.  Oktober  1888).  Die  Verbindung 
der  Rohrköpfe  d  (Fig.  6  und  7),  welche  mit  kugelzonenartigen  oder 
cylindrischen  Gleit  flächen  f  und  einem  zwischenliegenden  kugelzonen- 
artig  oder  cylindrisch  ausgehölten  Ringe  g  versehen  sind,  erfolgt  durch 
Anziehen  der  Schrauben  A,  welche  eine  entsprechende  Gleitfläche  i 
haben.  Die  Verbindung  der  Heizröhren  mit  den  Rohrköpfen  wird  mittels 
eingesetzter  Ringe  (Fig.  6)  oder  wie  Fig.  7  zeigt,  durch  eine  biegsame 
dünne  Platte  p  bewirkt. 

Um  den  Uebelstand  zu  vermeiden,  dafs  sich  in  den  Wasserrohren 
Dampfräume  bilden,  bringt  A.  Hörn  in  Dehnitz  nach  dem  D.  R.  P. 
Nr.  46  590  vom  11.  Oktober  1888  innerhalb  der  Rohre  Mulden  F  an 
(Fig.  8),  welche  auf  Füfsen  g  ruhen.  Die  oberen  Ränder  der  Mulde 
sind  mit  Zacken  i  versehen,  welche  den  Dampf  durchzulassen  be- 
stimmt sind. 

Die  Kleinkessel. 

Neuerungen  von  besonderer  Wichtigkeit  sind  auf  diesem  Gebiete 
nicht  zu  melden,  es  seien  etwa  diejenigen  von  Serpollet  ausgeschlossen, 
welche  wenigstens  einen  eigenthümlichen  Grundgedanken  enthalten.  Im 
Uebrigen  beschränken  wir  uns  auf  die  Wiedergabe  einiger  der  besseren 
Anordnungen  und  Verwendungen  bekannter  Grundformen. 

Auf  der  landwirthsohaftlichen  Ausstellung  zu  Plymouth  wurde  eine 
Maschine  von  E.  li.  und  F.  Turner  mit  dem  ersten  Preise  bedacht,  deren 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  435 

Kessel  in  Fig.  9  dargestellt  ist.  Die  Feuerung  liegt  in  einem  cylindrischen 
Raum,  welcher  in  einen  Halbcylinder  übergeht,  an  dessen  gerade  Fläche 
ein  Röhrenbündel  anschliefst,  welches  die  Gase  zum  Schornsteine  führt. 
Die  Blechstärken  sind  der  Skizze  eingeschrieben.  Die  Feuerfläche  beträgt 
32,2  Quadratfufs,  wovon  16,5  auf  die  Röhren  entfallen.  (Anzahl  der 
Röhren  36  von  1,5  Zoll  Durchmesser.  Rostfläche  2,6  Quadratfufs,  1  Fufs 
10  Zoll  Durchmesser.)  Kesseldruck  75  Pfund  auf  den  Quadratzoll.  Die 
Maschine  ist  eine  eincylindrige,  von  4,5  Zoll  Cylinderdurchmesser  und 
7,5  Zoll  Hub  und  als  zweipferdig  bezeichnet. 

Ein  stehender  Dampfkessel  mit  angehängten  Wassersäcken  und 
durchgehenden  Heizröhren  ist  Gegenstand  des  Patentes  von  W.  E.Thursßeld 
und  J.  Schreiber  in  Wien  (D.  R.  P.  Nr.  49409  vom  16.  März  1889). 

Fig.  10  zeigt  zwei  in  einander  geschaltete  Kessel  A  und  /?,  welche 
durch  Rohrstutzen  C  mit  einander  verbunden  sind.  Durch  den  Raum  c  c 
gehen  die  abziehenden  Heizgase.  Um  die  Rohrstutzen  C  gut  verarbeiten 
zu  können,  ist  die  Aufsenwand  6  des  Aufsenkessels  für  sich  aufschiebbar 
und  mittels  Flanschen  zu  verschrauben.  In  den  Boden  des  Innenkessels 
sind  Rohrstutzen  D  geschraubt,  deren  unteres  Ende  je  eine  Muffe  F 
trägt;  in  die  Mitte  der  letzteren  ist  ein  Siederohr  E  eingeschraubt, 
welches  durch  die  ganze  Länge  des  Kessels  und  den  oberen  Kessel- 
deckel geht  und  dort  verdichtet  ist.  Es  bildet  mithin  jedes  einzeln 
combinirte  Flamm-  und  Siederohr  einen  besonderen,  kleinen  Kessel,  in 
welchem  das  Siederohr,  da  dieses  den  ganzen  Kessel  durchzieht,  zugleich 
als  Ueberhitzer  dient. 

Ein  Röhrenkessel  von  Durenne,  dessen  Einrichtung  aus  Fig.  11  zu 
ersehen  ist,  diente  auf  der  Pariser  Ausstellung  zum  Betriebe  von  elektri- 
schen Maschinen  und  bewährte  sich  die  ganze  Ausstellung  hindurch 
bezüglich  reichlicher  Dampfentwickelung  und  tadellosen  Betriebes.  Um 
eine  gröfsere  Rostfläche  zu  erzielen,  ist  das  gufseiserne  Gestell  desselben 
erweitert.  Die  gebogene  Form  der  Röhren  gestattet  diesen  freie  Be- 
wegung, welche  einen  Kesselsteinansatz  verhindert;  auch  ist  der  Wasser- 
umlauf, der  noch  durch  einen  eingehängten  Blechmantel  unterstützt 
werden  kann,  ein  lebhafter.  Der  Dampf  wird  dem  Kessel  in  der  Weise 
entnommen,  dafs  er  vor  seinem  Austritte  einen  um  das  Ableitungsrohr 
der  Feuergase  gelegten  Ring  zu  durchstreichen  gezwungen  ist.  Der 
Kessel  hat  192  Rohre  von  30mm  Durchmesser,  mm,35  Rostfläche,  30cim 
Heizfläche,  8901  Wasser,  510'  Dampf  und  wiegt  3270k. 

Einen  Kleinkessel  mit  rechtwinkelig  gebogenen  Heizröhren  hat  sich 
P.Dupuis  in  Aachen  patentiren  lassen  (D.R.P.  Nr.  47 686  vom  20.December 
1888).  Der  stehende  Kessel  hat  einen  nach  innen  gekümpelten  Boden, 
auf  welchem  sich  die  rechtwinkelig  gebogenen  Röhren  ansetzen  und  in 
verschiedener  Höhe  radial  der  Aufsenwand  zugeführt  sind.  Zur  weiteren 
Ausnutzung  der  Feuergase  sind  am  Umfange  des  Kessels  zwischen  je 
zwei   hier  ausmündenden   Feuerröhren   eine   Anzahl    von  Wasserrohren 


486  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

angebracht,  welche  direkte  Verbindung  zwischen  dem  Dampf-  und  dem 
Wasserraume  haben  und  von  den  zwischen  Kessel  und  Mantel  streichenden 
Feuergasen  erhitzt  werden.  Die  Reinigung  der  Feuerröhren  geschieht 
nach  Wegnahme  des  äufseren  Mantels  mit  einer  biegsamen  Bürste. 

Der  Kessel  von  G.  Taylor  in  Liverpool,  England  (D.R.P.  Nr.  49337 
vom  5.  April  1889)  hat  Gasfeuerung  mit  einem  in  der  Mitte  liegenden 
VergasuDgsraume.  —  Die  Verbrennungsluft  gelangt,  vorgewärmt  durch 
die  Kanäle  c  und  die  Oeffuungen  a,  in  die  Verbrennungskammer  P 
(Fig.  12).  Die  die  Feuerung  speisenden  Gase  strömen  durch  ein  von 
Wasser  umspiiltes  centrischea  Bohr  R  und  die  Rohre  5, 5,,52  in  die 
Yt-rlirennungskammer  P.  Der  Vergaser  kann  von  einem  Vorwärmer  T 
umgeben  Bein,  welcher  durch  eiu  Rohr  V  gespeist  wird  und  durch  ein 
Bohr  V,  mit  dem  Kessel  in  Verbindung  steht.  Die  verbrannten  Gase 
gelangen  durch  Röhren  i  in  eine  cyliudrische,  vom  Wasser  umspülte 
Kammer  k,  aus  der  sie  durch  ein   Abzugsrohr  entweichen. 

E.  G.  Vonhof  in  Sachsenberg  ordnet  nach  dem  D.R.P.  Nr.  47  697 
eine  Rauchkammer  unter  stehenden  Dampfkesseln  au,  welche  mit  einem 
Kranze  abführender  Heizröhren  versehen  sind  (Fig.  13).  Der  in  der 
Patentzeichnung  dargestellte  Kessel  ist  nach  dem  Fi'eWschen  Systeme 
gebaut.  Etwas  unterhalb  der  Feuerbüchsenplatte,  von  welcher  31  Field- 
Röhren  in  den  Feuerraum  hineinragen,  gehen  17  Feuerröhren  a  mit  kurzer 
Biegung  durch  den  zwischen  Aufsenkessel  und  Feuerbüchse  verbleibenden 
Raum  nach  unten,  wo  sie  in  einen  gemeinschaftlichen  Kanal  c  münden 
und  alsdann  durch  einen  centralen  Kanal  e  abgeführt  werden.  Es  soll 
hierdurch   ein   für  alle  Feuerröhren  gleich   starker  Zug   erzielt  werden. 

Ein  Kleinkessel,  der  aus  stehenden  Rohren  und  Knierohren  besteht, 
181  F.  Brandner  in  Regensburg  patentirt  (D.  R.  P.  Nr.  45507  vom  13.  April 
1888,  Fig.  14).  Das  Rohrgerüst  wird  aus  den  vier  senkrechten  Rohren  J '/, 
vier  Querrohren  und  dem  Rohre  G  gebildet.  Zwischen  diesen  sind 
die  winkelig  gebogenen  Rohre  E  so  angeordnet,  dafs  die  oberen  und 
unteren  Enden  derselben  abwechselnd  mit  je  einem  anderen  der  Gerüst- 
rohre verbunden  sind.  Die  in  der  Mitte  betindlichen  Rohre  L  steigen 
senkrecht  auf  und  münden  in  das  Rohr  G.  Das  Rohr  D  bildet  den 
Dampfsammler  und  das  in  dessen  Nähe  beüudliche,  aus  den  Rohren  N 
und  AI  bestehende  Rohrnetz  bildet  einen  Vorwärmer  für  das  Speise- 
waaser. 

Die  vielfach  verwendeten  Schlanyenrohrkessei  haben  den  Nachtheil, 
dafs  der  Kesselstein  schwer  zu  entfernen  ist  und  dafs  die  Dämpfe  viel 
Wasser  mit  sich  führen,  während,  wenn  man  den  Dampf  trocken  zu 
halten  .sucht,  leicht  ein  Durchbrennen  der  Rohre  stattiiudet.  Zur  Ver- 
meidung der  erwähnten  Uebelstände  ordnen  nach  D.R.P.  Nr.  47119 
vom  9.  September  1888  S.  Wolfson  in  Zaschnick  und  C.  Bernstein  in 
Berlin  ihren  Schlangenrohrkessel  in  folgender  Weise  an  (Fig.  15).  Das 
Schlangenrohr  ii  mit  einer  nach  unten  tiefer  liegenden  Wickelung  *',  i,, 


Neuerungen  an  Dampfkesseln. 


437 


welche  dem  Roste  Luft  zuzuführen  gestattet,  liegt  zwischen  zwei  Wasser- 
behältern üf,  üf>,  welche  dem  Kessel  als  Böden  dienen.  Diese  sind  mit 
einander  durch  die  Rohre  er,  a2  a3  verbunden,  welche  einen  gröfseren 
Durchmesser  als  die  Schlange  i  haben  und  letzterer  als  Stütze  dienen. 
Durch  die  Feuerthüre  T  ist  der  von  i{  i{  getragene  Rost  zugängig. 
Der  Boden  K2  trägt  den  Rauchfang  H.  Die  Pumpe  E  speist  die 
Schlange  *',  das  Wasser  durchströmt  alsdann  das  Rohr  n  und  geht  in 
die  Kammer  Än  in  die  Rohre  a{  o2  a3  und  in  den  Boden  Ä,,,  um  schliefs- 
lich  im  Rohre  i2  vollständig  getrocknet  zu  werden.  Bei  grofsen  Dampf- 
maschinen soll  nun  dieser  Dampf  zunächst  in  den  Hochdruckcjlinder 
strömen,  von  wo  aus  derselbe  in  den  Niederdruckdampferzeuger  B  ge- 
langt. Bei  kleineren  Dampfmaschinen,  wo  der  erste  Cylinder  wegfällt, 
wird  der  Dampf  ohne  Weiteres  in  den  Niederdruckdampferzeuger  li  ge- 
leitet, wie  auch  unsere  Figur  zeigt. 

Bei  dem  Betriebe  des  Schlangenrohrkessels  trifft  die  Stichflamme 
zunächst  die  Röhren  a,  a,,  a3,  das  Rohr  i  wird  also  nicht  überangestrengt. 
Da  ferner  das  Speisewasser  im  Schlangenrohre  nicht  völlig  verdampft 
wird,  so  werden  zunächst  nasse  Dämpfe  erzeugt,  welche  in  den  Nieder- 
druckdampferzeuger B  geleitet  werden.  Der  Kessel  soll  sich  wegen 
seines  geringen  Gewichtes  vortheilhaft  für  Dampfstrafsenwagen  eignen, 
und  ist  er  für  diese  Verwendung  federnd  gelagert. 

Einen  Kessel  für  1  bis  4  IP  bauen  die  Hochester  Machine  Tool 
Work*  in  Rochester  unter  dem  Namen  Acme-Kessel.  Die  nachstehende 
Textfigur,  bei  welcher  der  äufsere  Blechmantel  entfernt  ist,  zeigt  die 
Einrichtung  dieses  für  Kerosine  als  Brennmaterial 
berechneten  Kessels.  Das  mittlere  aus  Stahl  her- 
gestellte Rohr  nimmt  die  radialen  Röhren  auf, 
welche  mit  demselben  verschraubt  werden.  Das 
andere  Ende  dieser  Radialröhren  ist  mit  einem 
T-Rohre  versehen,  dessen  Endflächen  etwas  ge- 
krümmt sind,  damit  eine  Verschiebung  verhindert 
werde.  Die  Dichtung  derselben  wird  durch  eine 
dünne  Kupfereinlage  bewirkt.  Ein  senkrechter 
Schraubenbolzen  prefst  die  ganze  Reihe  der  T-Stücke 
an  einander.  Gegen  Wärmeverluste  ist  der  Kessel 
durch  einen  doppelten  Blechmantel  mit  Asbest- 
einlage geschützt.  Die  in  der  Figur  ersichtliche 
Platte  ist  zur  Aufnahme  der  zweicylindrigen  einfach  £ 
wirkenden  Maschine  bestimmt. 

Abänderungen  an  den  Serpollet- Kesseln  (vgl. 
1889  272  *  359  und  1890  275  *  404)  bilden  den  Gegenstand  des  D.  R.  P. 
Nr.  50237  vom  4.  Mai  1889.  Anstatt  der  bisher  beschriebenen  Röhren 
mit  tlachem  Schlitze  wird  die  capillare  Fläche  nunmehr  durch  zwei  in 
einander  gesteckte  runde  Röhren  gebildet,  welche  den  engen  Wasserraum 


«FmSH 


438  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

zwischen  sich  lassen.  Um  das  Zusammenfallen  der  Mittellinien  dieser 
beiden  Rohre  dauernd  zu  sichern,  ist  das  innere  Rohr  mit  drei  oder 
mehr  äufseren  Rippen  versehen,  deren  Höhe  genau  gleich  der  Dicke 
des  Zwischenraumes  ist.  Diese  Rippen  sind  parallel  der  Achse,  oder 
.spiralförmig. 

Ein  Theil  der  Anordnungen  der  Kessel  ist  unsern  Lesern  aus  den 
oben  angeführten  Berichten  bekannt.  Eine  bisher  nicht  beschriebene 
Anordnung  besteht  darin,  dafs  die  flachen  Röhren  der  ursprünglichen 
Form,  zu  Halbkreisen  gebogen,  in  zwei  Reihen  über  der  Feuerung 
liegen,  wie  Fig.  16  zeigt. 

Sie  empfangen  das  Wasser  durch  die  Röhren  J  und  führen  den  Dampf 
den  Rohren  K  zu,  welche  mit  dem  Dampfsammler  P  in  Verbindung 
stehen.  Die  Verbrennungsluft  tritt  bei  r  ein,  wird  an  den  Wänden  vor- 
gewärmt und  gelangt  so  unter  den  Rost  D.  Die  Verbrennungsluft  wird 
durch  Führungsbleche  wirksam  um  das  Rohrsystem  geleitet. 

Eine  weitere  Anordnung  der  Serpollet' sehen  Röhren  ist  in  Fig.  17 
und  18  dargestellt;  sie  besteht  aus  zwei  aus  einander  geschobenen  con- 
axialen  Rohren  ,4  und  /?,  welche  ähnlich  wie  diejenigen  des  FielcTschen 
Kessels  ausgebildet  sind.  Hier  findet  die  Speisewasserzufuhr  durch  ein 
kleiues  centrales  Rohr  u  .statt,  welches  in  den  unteren  Theil  des  inneren 
Rohres  B  einmündet.  Der  Dampf  tritt  oben  bei  u  aus,  um  sich  nach 
dem  Sammelbehälter  zu  begeben.  Das  äufsere  Rohr  A  ist  aufsen  mit 
Rippen  e  versehen,  um  die  Heizfläche  zu  vergröfsern.  Ferner  hat  das- 
selbe an  seiner  Innenseite  Rippen,  welche  das  Zusammenfallen  der 
Mittellinien  in  der  vorerwähnten  Weise  sichern  sollen.  Es  soll  sich 
empfehlen,  hier  des  leichteren  Auseinandernehmens  wegen  die  Röhren 
conisch  zu  halten. 

Kessel  verschiedener  Systeme. 

Zum  Schlüsse  seien  noch  einige  bemerkenswerthe  Kesselanordnungen 
erwähnt,  welche  sich  den  früheren  Abtheilungen  nicht  wohl  unterordnen 
lassen. 

Ein  von  G.  Cawley  in  London  angegebener  stehender  Kessel  (Eng- 
lisches Patent  Nr.  10540  vom  29.  Juni  1889)  besteht  nach  Fig.  19  Taf.  23 
aus  einem  Aufsenkessel,  der  annähernd  in  der  Hälfte  seiner  Höhe  eine 
Einschnürung  H  erhält,  welche  durch  einen  Blechmantel  I  mit  Einsteige- 
thüreu  (),  letztere  zum  Zwecke  der  Reinigung,  zu  einem  ringförmigen 
Kanäle  geschlossen  ist.  Sowohl  im  unteren  Theile  B  als  auch  im 
oberen  D  sind  conische  Einsatzstücke  C  und  F  angeordnet.  Die  Feue- 
rungsgase durchstreichen  auf  ihrem  Wege  von  den  Rosten  A  aus  zunächst 
den  unteren  Einsatz  6',  in  welchem  Räume  Bie  Bich  sammeln,  dann  gehen 
sie  durch  die  schrägen  Holiren  M  in  den  Kanal  //.  von  hier  aus  durch 
die  oberen  Röhren  J  in  den  Einsatz  /•'.  Bevor  die  Gase  in  den  Schorn- 
stein gelangen,  durchstreichen  sie  noch  den  Vorwärmer  L  für  das  Kessel- 
speisewasser.     Derselbe  besteht  aus  den  senkrechten  Feuerrohren  B  R^ 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  439 

■welche  vom  Speisewasser  umspült  sind.  Mittels  des  Ventilkörpers  B2 
•wird  die  Regelung  der  abgehenden  Heizgase  in  der  Weise  bewirkt,  dafs 
man  von  denselben  eine  gröfsere  oder  geringere  Menge  durch  die  Vor- 
wärmerröhren  senden,  oder  auch,  um  bei  geringem  Zuge  denselben  zu 
verstärken,  die  ganze  Gasmenge  ohne  Weiteres  in  den  Schornstein  kann 
entweichen  lassen.  Ober-  und  Unterkessel  sind  durch  den  Flanschen- 
ring N  mit  einander  verschraubt,  so  dafs  der  Kessel  behufs  Ausbesse- 
rung und  Reinigung  leicht  auseinandernehmbar  ist.  Die  conischen  Flächen 
sind  durch  Stehbolzen  E  und  G  gegen  einander  abgesteift/ 

Der  in  Fig.  20  und  21  dargestellte  Wasserröhrenkessel  von  Gehr 
in  Rath  bei  Düsseldorf  (D.  R.  P.  Nr.  51405  vom  19.  Oktober  1889)  hat 
zwei  Wasserkammern,  deren  hintere  durch  eine  halsförmige  Verlänge- 
rung c  mit  dem  Oberkessel  in  Verbindung  steht,  während  die  vordere 
Kammer  e  mit  demselben  keine  direkte  Verbindung  hat  und  sich  also 
unabhängig  vom  Oberkessel  frei  ausdehnen  kann.  Das  Speisewasser 
tritt  in  den  Oberkessel,  läuft  bei  a  über  und  fällt  durch  die  seitlichen 
Kanäle  b  in  die  Wasserkammer  d.  Die  oberste  Reihe  der  Röhren  x 
liegt  über  dem  Wasserstande  des  Rohrsjstemes,  bleibt  also  vom  Wasser 
frei  und  kann  mithin  der  Dampf  durch  c  in  den  Dampfraum  gelangen. 
Etwa  mitgerissenes  Wasser  fällt  durch  c  zurück.  Da  der  Mantel  des 
Oberkessels  zum  Theil  von  den  Heizgasen  bespült  wird,  so  wird  in 
demselben  das  Wasser  vorgewärmt  und  der  Kesselstein  ausgeschieden. 

Patent-Compounddampfkessel,  System  Kamp  (Fig.  22  und  23).  Der 
eigentliche,  als  Iunenfeuerungskessel  mit  zwei  Wellflammrohren  und 
Heizröhren  ausgeführte  Dampfkessel  H  erhält  das  Speisewasser  durch 
zwei  doppelte  Vorwärmer  Hl  und  H2,  welche  über  dem  Kessel  in  der 
aus  Fig.  22  und  23  ersichtlichen  Weise  angeordnet  sind,  zugeführt.  Die 
Heizgase  durchstreichen  vom  Roste  F  aus  die  Heizkammer  F,,  gelangen 
durch  ein  Heizrohrsystem  nach  der  Rauchkammer  R  und  werden  sodann 
durch  die  Röhren  des  aus  zwei  Einzelapparaten  bestehenden  Vor- 
wärmers Hl  hiudurchgejagt.  Von  hier  werden  sie  nach  Passiren  der 
Kammer  V  dem  oberen  Vorwärmer  /72  zugeführt,  von  dem  aus  sie  in 
den  Schornstein  entweichen  können.  Die  Speisung  des  obersten  Vor- 
wärmers II,  erfolgt  mittels  des  Injectors  6"  aus  einem  Wassersammler 
durch  die  Rohrleitung  r,  während  die  Rohrleitung  r{  das  vorgewärmte 
Wasser  zunächst  dem  Vorwärmer  Hl  und  sodann  aus  diesem  dem 
Kessel  H  zuleitet.  Am  oberen  Theile  des  hinteren  Dampfkesselbodens 
ist  ein  Dampfventil  D  angeordnet,  durch  welches  der  Uebertritt  der  im 
Kessel  erzeugten  Dämpfe  nach  der  Betriebsdampfmaschine  geregelt  werden 
kann.  Um  die  Verbrennung  in  den  Flammrohren  zu  beschleunigen,  wird 
die  Verbrennungsluft  durch  einen  Ventilator  G  in  die  Flammrohre  ge- 
prefst  (Industries). 

Der  Kessel  von  R.  Watkins  and  J.  Dickson  in  New  York  (Amerika- 
nisches Patent  Nr.  412438  vom  9.  Juli  1889)  hat,  wie  Fig.  24  zeigt,  ein 


440  Neuerungen  an  Dampfkesseln. 

doppeltes  System  von  Röhren;  die  zunächst  über  der  Feuerung  A  liegende 
Gruppe  besteht  aus  Wasserrohren  a,  welche  von  einem  Wellrohre  um- 
geben sind.  Das  zweite  Röhrensystem  besteht  aus  Heizröhren  b.  Der 
Zug  wird  durch  eingelegte  Feuerbrücken  geieitet. 

^  Guslav  üose  in  Elberfeld  (D.  R.  P.  Nr.  46544  vom  30.  Mai  1888) 
verbindet  mit  dem  Wasserröhrenkessel  stehende  Kessel.  In  den  bereits 
mit  Wasserumlauf  versehenen  Wasserröhrenkessel  A  (Fig.  25)  soll  das 
Speisewasser  nicht  direkt  eintreten,  sondern  erst  durch  den  Stutzen  B 
in  den  aufrecht  stehenden  Cylinderkessel  C,  dann  in  der  Richtung  der 
Pfeile  durch  die  Stutzen  //,  ß.,  B3  ßi  in  die  gleichen  Cylinderkessel  C\  C2 
und  erst  dann  durch  den  Stutzen  B5  in  den  Wasserröhrenkessel  A 
strömen.  Die  drei  Cylinderkessel  C  C{  €■,  werden  durch  die  abziehenden 
Feuergase  des  Wasserröhrenkessels  geheizt  und  stehen  aufserdem  durch 
die  Dampfleitung  D  D{  D2  mit  dem  letzteren  in  Verbindung,  derart,  dafs 
durch  die  Röhren  EEV  E2  der  Wasserraum  der  Cylinderkessel  durcli 
Dampf  geheizt  wird,  während  sie  nach  den  Dampfräumen  G  G{  G2 
fuhren.  Der  Dampf  wird  daher  nicht  aus  dem  Röhrenkessel,  wo  er  er- 
zeugt wird,  entnommen,  sondern  mittels  der  drei  durchlochten  Rohre  FF{  F.,. 
die  im  Dampfraume  der  Cylinderkessel  vorgesehen  sind,  und  welche  mit 
der  gemeinschaftlichen  Dampfleitung  H //,  H2  communiciren.  Der  Zweck 
dieser  Einrichtung  ist,  eine  Grofswasserraumanlage  zu  erhalten,  welche 
gefahrloser  ist,  als  solche  Grofswasserraumkessel,  die  der  ersten  Hitze 
des  Feuers  ausgesetzt  sind;  ferner  soll  die  Ausscheidung  des  gröfsten 
Theiles  der  Kesselstein-  und  Schlammbildner  aus  dem  Speisewasser 
bereits  in  den  Cylinderkesseln  erfolgen.  Das  Speisewasser  tritt  durch 
die  Verbinduugsröhren  J  J{  J2  nach  der  Reihe  in  die  drei  Cj'linderkessel, 
bewegt  sich  in  denselben  also  stets  von  oben  nach  unten,  was  veran- 
lassen soll,  dafs  der  in  den  mitgeheizten  Verbindungsröhren  sich  bildende 
Dampf  die  Bewegung  des  Wassers  beschleunigt. 

Die  Patentschrift  erwähnt  noch  mehrere  Anordnungen,  die  aber 
denselben  Grundgedanken  verfolgen.  Wir  halten  bei  dieser  Anlage  die 
aufgewendeten  Mittel  für  bei  weitem  zu  grofs  im  Vergleiche  zu  dem 
erreichten  Zwecke,  abgesehen  von  anderen  Unzuträglichkeiten,  die  bei 
dem  Systeme  sich  zeigen  werden.  Die  Anlage  mit  einiger  Abänderung 
mag  sich  da  empfehlen,  wo  es  darauf  ankommt,  eine  reichliche  Menge 
warmen  Wassers  zu  gewinnen.  Für  die  Dampfgewinnung  erscheint  sie 
uns  nicht  wirthschaftlich  zu  sein. 

Auf  der  Pariser  Ausstellung  war  ein  Dulac^scher  Kessel,  im  Wesent- 
lichen nach  der  1888  267*5  erwähnten  Anordnung,  jedoch  als  Einzel- 
kessel ausgestellt.  Um  den  Kessel  von  dem  Wärter  möglichst  unab- 
hängig zu  macheu,  ist  die  Feuerthür  durch  eine  schwingende  Rinne 
ersetzt,  welche  die  Heizölluung  auch  während  des  Aufgebens  von  Brenn- 
material absehliefsl  und  durch  einfaches  Umschwenken  den  Brennstoff 
auf  den  Rost  entläfst     Der  Rost  besteht  aus  prismatischen  Stäben,   die 


Neuerungen  an  Dampfkesseln.  441 

um  ihre  Achse  drehbar  sind  und  leicht  die  Entfernung  der  Schlacken 
und  der  Asche  gestatten.  Der  Aschenfall  nimmt  zugleich  das  Kühl- 
wasser auf.  Die  Heizgase  gehen  mit  etwa  400°  durch  eine  am  oberen 
Theile  des  Doppelconus  ausgesparte  Oeffnung  ab,  umstreichen  jetzt  noch 
das  wagerechte  Sammel-  bezieh.  Vorrathsrohr,  sowie  den  Erhitzer  und 
entweichen  mit  nur  noch  etwa  200°  in  den  Schornstein.  Als  Beweis 
für  die  gute  Wirkung  der  Feuerung  wird  angegeben,  dafs  eine  Analyse 
der  abgehenden  Gase  mit  dem  Orsafschen  Apparate  12  bis  14  Proc. 
Kohlensäure  und  keine  Spur  von  Kohlenoxyd  ergab,  während  bei  ge- 
wöhnlichen Feuerungen  sich  5  bis  8  Proc.  Kohlenoxyd  vorfindet. 

Der  schwache  Theil  der  vorliegenden  Kesselconstruction  ist  offenbar 
der  obere  Cylinder  mit  seinem  vielfach  durchbrochenen  Boden.  Es  soll 
jedoch  die  Wärmeaufnahme  der  eingehängten  Röhren  eine  so  wirksame 
sein,  dafs  die  Feuergase  diesen  schwachen  Theil  nur  mehr  mit  400° 
umstreichen,  einem  Wärmegrade,  der  jede  Gefahr  ausschliefsen  soll. 
Selbst  dies  zugegeben,  so  müssen  wir  die  Anordnung  eines  so  aus- 
gedehnten Wärmebehälters,  wie  der  Erhitzer  ihn  bildet,  für  sehr  be- 
denklich halten,  da  dergleichen  Gefäfse  erfahrungsmäfsig  auch  ohne  un- 
mittelbare Heizung  oftmals  Explosionen  verursacht  haben. 

Die  Art  und  Weise  wie  Dulac  die  F/e/<f  sehen  Rohre  verwendet,  ist 
aus  Fig.  26  zu  ersehen.  Der  obere  Theil  des  Wasserzuführungsrohres 
ist  mit  einem  Trichter  versehen,  der  als  Schlammfänger  dienen  soll.  Es 
ist  nicht  unwahrscheinlich,  dafs  sich  dieses  oder  jenes  Schlammtheilchen 
in  den  Trichter  begibt;  eine  besondere  Nöthigung  dazu  scheint  uns  nicht 
vorhanden  zu  sein.  Die  Befestigung  der  Rohre  in  der  Kesselwand  ist 
mittels  Einsatzringe  bewirkt. 

Obgleich  dem  Kesselsysteme  in  dem  Berichte  der  Heime  industrielle 
nachgerühmt  wird,  dafs  es  trockenen  Dampf  liefere,  sind  dennoch  zur 
Vorsicht   einige  Dampfüberhitzungsrohre  in   die  Abzugsheizgase  gelegt. 

Die  Gröfsenverhältnisse  des  Ausstellungskessels  werden  wie  folgt 
angegeben :  Heizfläche  in  den  Röhren  61cim,63,  Gesammtheizfläche  85^m,74, 
Rostiläche  2cim,90,  Inhalt  des  Wasserraumes  82201,  des  Dampfraumes 
43201,  zulässige  Dampfspannung  8at,  stündlich  entwickelte  Dampfmenge 
2050k  bei  220k  Kohlenverbrauch,  stündliche  Verdampfung  für  Pim  20  bis 
24k.  An  trockenem  Dampf  auf  lk  Steinkohle  (15  Proc.  Asche)  würde 
9k  =  10k,5  auf  reine  Steinkohle  berechnet  geliefert.  Das  übergerissene 
Wasser  wird  zu  1  Proc.  angegeben.  Der  Kessel  wird  als  rauchfrei  be- 
zeichnet. 

Gustav  Lenz  in  Düsseldorf  verfällst  in  seinem  D.  K.  P.  Nr.  51028 
vom  20.  August  1889  die  bei  locomobilen  Kesselu  gebräuchliche  Form  des 
Aufsenkessels  und  setzt  denselben  aus  zwei  (Fig.  27  Taf.  24)  oder  mehreren 
conischen  Stöfsen  (Fig.  28),  in  letztem  Falle  mit  Einschiebung  eines 
schräg  geschnittenen  cylindrischen  Theiles,  zusammen.  Als  Feuerbox 
ist  ein  Wellrohr  verwendet,  welches  durch  Feuerrohre  in  gewöhnlicher 


442  Leerlaufpapierleitungen  an  Druckmaschinen. 

Weise  mit  der  Rauchkammer  in  Verbindung  steht.  Nach  dieser  Con- 
struction  kommt  der  Dampfraum  zum  gröfsten  Theile  in  die  Mitte  des 
Kessels,  und  die  Feuerbüchse  in  Verbindung  mit  den  Siederohren  ge- 
nügen zur  Versteifung  und  Verankerung  des  Aufsenkessels.  Wegen  der 
Einzelconstructionen  verweisen  wir  auf  die  Patentschrift. 

An  einem  Kessel  mit  geschlossener  Feuerung  und  mit  Kreislauf  hat 
Carl  Naeher  in  Chemnitz  durch  D.  R.  P.  Nr.  50927  vom  12.  Juli  1889 
sich  die  Anordnung  einer  Pumpe,  eines  Strahlapparates  o.  dgl.  zur  Er- 
zeugung eines  Wasserumlaufes,  sowie  in  Verbindung  damit  die  Ein- 
schaltung eines  Filters  K  in  den  Wasserkreislauf  patentiren  lassen.  In 
Fig.  29  Taf.  23  ist  A  der  Verbrennungsraum  mit  Rost  C  und  Aschenfall  #, 
B  dient  zur  Brennmaterialzuführuug.  Durch  D  wird  beim  Betriebe  Luft 
von  höherer  Spannung  eingeführt.  Die  Heizgase  treten  durch  Rohr  E 
in  den  Dampfraum  F  und  verdampfen  hier  die  ihrem  Wärmeüberschusse 
entsprechende  Menge  des  durch  G  eintretenden  und  über  die  Glocken  H 
fallenden  Wassers.  J  stellt  eine  Pumpe  beliebiger  Art  dar,  welche  das 
im  Filter  K  gereinigte  Speisewasser  in  das  Rohr  G  befördert. 

Karl  Mayer  in  Barmen  ordnet  bei  seinem  liegenden  ausziehbaren 
Locomobilkessel  (D.  R.  P.  Nr.  47910  vom  2.  September  1888)  ein  cy- 
lindrisches,  jedoch,  um  einen  hohen  Wasserstand  über  der  hohen  Feuer- 
stelle zu  gewinnen,  oben  abgeflachtes  Flammrohr  an.  Letzteres  ist,  wie 
auch  die  Feuerbüchse,  mit  senkrecht  zur  oberen  Fläche  und  radial  zur 
cylindrischen  Wand  stehenden  gebogenen  Wasserröhren  versehen,  wie 
Fig.  30  Taf.  23  zeigt.  (Fortsetzung  folgt.) 


Leerlaufpapierleitungen  an  Druckmaschinen. 

Patentklasse  15.    Mit  Abbildungen  auf  Tafel  24. 

Bei  Schön-  und  Widerdruckmaschinen,  auch  Complettmaschiuen  ge- 
nannt, welche  das  Papier  erst  auf  der  einen  und  dann  unmittelbar  hinter- 
her auf  der  anderen  Seite  bedrucken,  besteht  bekanntlich  der  namentlich 
bei  qualitativ  gutem  Drucke  störeud  auftretende  Uebelstand,  dafs  die 
Farbe  vom  ersten  Drucke  sich  beim  Drucke  der  zweiten  Seite  absetzt, 
wodurch,  nachdem  sich  dies  mehrmals  wiederholt  hat,  der  Druck  so 
sehr  verschmiert  wird,  dafs  ein  Fortarbeiten  unmöglich  ist.  Um  diesen 
Uebelstand  zu  beseitigen,  verwendet  man  geschnittene  Bogen,  sogen. 
Leerlaufpapier,  welche  gleichzeitig  mit  dem  beiderseitig  zu  bedruckenden 
Bogen  eingeführt  werden,  so  dafs  jeder  Bogen  stets  seine  besondere 
frische  Unterlage  erhält. 

Dieses  Verfahren  hat  jedoch  grofse  Nachtheile.  Zunächst  mufs 
stets  noch  ein  zweiter  Arbeiter  an  einer  derartigen  Maschine  in  Thätig- 
keit  sein;  ferner  ist  der  Gebrauch  solcher  geschnittener  Leerlauf  bogen 
sehr  kostspielig,   da   dieselben   leicht  Falze   erhalten   und   unbrauchbar 


Leerlaufpapierleitungen  an  Druckmaschinen.  443 

werden.  Auch  haben  derartige  Bogen  beim  Illustrationsdruck  die  Neigung, 
an  den  Farbeflächen  anzukleben,  was  zeitraubende  Verstopfungen  und 
Störungen  in  der  Maschine  verursacht,  und  schliefslich  müssen  die  aus 
der  Maschine  kommenden  Bogen  mühsam  durch  einen  dritten  Arbeiter 
wieder  vom  Leerlaufbogen  getrennt  werden. 

Diese  Mifshelligkeiten  sind  naturgemäfs  Veranlassung  gewesen,  dafs 
man  andere  Mittel  und  Wege  versuchte,  das  Abschmutzen  beim  Wider- 
druck zu  verhindern,  und  ist  es  in  neuester  Zeit  Koenig  und  Bauer  in  Kloster 
Oberzeil  bei  Würzbuvg  gelungen,  einen  prinzipiell  völlig  neuen  Weg 
mit  Erfolg  einzuschlagen.  Ehe  indefs  auf  diesen  Fortschritt  eingegangen 
wird,  sei  noch  eines  Verfahrens  von  F.  L.  Gueneau  in  Paris  gedacht 
(*D.  R.  P.  Nr.  47608  vom  4.  März  1887).  Derselbe  verwendet  einzelne 
Abschmutzbogen,  welche  indefs  nicht  aus  der  Maschine  mit  dem  beid- 
seitig bedruckten  Bogen  heraustreten,  sondern  welche  in  der  Maschine 
eine  Art  Kreislauf  zurücklegen  und  dabei,  zur  Verhütung  des  Ab- 
schmutzens  bei  längerer  Benutzung,  getrocknet  werden. 

Fig.  3  zeigt  eine  diagrammatische  Ansicht  dieses  Schmutzbogen- 
trockners,  aus  welcher  die  Anordnung  des  Trockencylinders  A  zu  dem 
Schön-  und  Widerdruckcylinder  C  und  2?,  sowie  die  Bandführung  für 
den  Schmutzbogen  ersichtlich  wird. 

Der  um  den  Widerdruckcylinder  B  zwischen  den  Bandführungen  / 
und  2  und  zwischen  der  bedruckten  Seite  des  Druckbogens  und  dem 
Cylinder  D  eingelegte  Schmutzbogen  wird  beim  Widerdruck  von  den 
genannten  Führungen  nach  oben  dem  Trockencylinder  A  zugeführt  und 
anderthalbmal  um  denselben  behufs  Trocknung  der  auf  ihm  abgelagerten 
Farbe  herumgeführt,  sodann  freigegeben  und  dem  Cylinder  B  wieder 
zugeführt,   wo  er  in  die  oben  gekennzeichnete  Stellung  wieder  eintritt. 

Der  Trockencylinder  besteht  aus  zwei  Kopfscheiben,  die  durch 
Schienen  mit  einander  verbunden  sind,  währeud  der  Cylindermantel 
durch  ein  auf  den  Kopfscheiben  und  Schienen  befestigtes  Metallgewebe 
gebildet  ist;  die  Mittelachse  des  Cylinders  wird  durch  ein  feststehendes 
Rohr  gebildet,  auf  dem  nach  oben  gerichtete  Gasbrenner  angebracht 
sind.     Dieses  Rohr  steht  mit  einer  Gasleitung  in  Verbindung. 

Dadurch,  dafs  der  Schmutzbogen  beim  Arbeiten  der  Maschine 
anderthalbmal  um  den  Trockencylinder  A  herumgeführt  wird,  gelangt 
er  völlig  getrocknet  zum  Widerdruckcylinder  B  zurück  und  erscheint 
demnach  eine  Uebertragung  von  Farbe  vom  vorhergehenden  Bogen  auf 
den  folgenden  ausgeschlossen.  Natürlich  setzt  diese  Führung  ein  be- 
sonderes Arbeiten  der  Greifer  a  des  Trockencylinders  A  voraus,  deren 
rechtzeitiges  Oeffnen  und  Schliefsen  mittels  eines  Schaltwerkes  erzielt 
wird,  auf  das  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden  kann. 

Während  bei  dieser  Anordnung  einzelne  Bogen  verwendet  wer- 
den, benutzt  die  Firma  Koenig  und  Bauer  in  Kloster  Oberzell  bei 
Würzburg    neuerdings    eine    endlose  Leerlauf-    oder    Abschmutzpapier- 


444  I  riilauipapierleitungen  an   Druckmaschinen. 

leituug,  welche  sich  von  einer  Walze  ab-  und  auf  eiue  andere  Walze 
aufwickelt. 

Das  Wesentliche  und  Neue  der  Koeniy  und  liauer'scheu  Anordnung 
liegl  indeffl  nicht  in  der  Benutzung  einer  endlosen  Leerlaufpapierleitung, 
welchr  ja  bereits  bei  Rotationsmaschinen  Verwendung  gefunden  hat 
(vgl.  1889  273*346),  sondern  darin,  dafs  diese  endlose  Leerlaufpapier- 
leitong  in  den  Druckcy linder  hineingelegt  ist  und  sich  selbsthätig  beim 
Arbeiten  der  Maschine  ab-  und  aufwickelt.  Für  diese  Anordnung  ist 
ein  D.  K.P.  Nr.  52090  vom  16.  Oktober  1889  ertheilt. 

Die  Anordnung  ist  in  den  Fig.  4  bis  6  Taf.  24  dargestellt,  und  zwar 
an  einem  schwingenden  Druckcylinder  mit  zwei  Druckflächen  S  und  W 
und  zwei  in  einer  Grube  liegenden  Greifersystemen,  wie  er  an  der 
neuesten  Schön-  und  Widerdruckmaschine  von  Koenig  und  Bauer  be- 
kannt ist  (vgl.  1889  274*451).  Die  endlose  Papierleitung  ß  ist,  wie 
ersichtlich,  auf  zwei  Achsen  rf,  und  e,  aufgewickelt,  damit  die  Papier- 
rollen (/  und  e  bildend,  und  lauft  das  Papier  von  d  aus  über  die  Welle  tu 
hinweg  zur  Widerdruckfläche  W  und  von  dieser  zurück  zur  Walze  ev 
bezieh.  Rolle  e.  Die  Walze  d{  ist  in  den  Armen  m  zweier  an  je  einem 
Ende  des  Cylinders  befindlichen  Hebel  «in  gelagert,  welche  lose  auf 
der  Cylinderachse  w  sitzen,  und  deren  Arme  n  mit  Zahnbogen  aus- 
gestattet sind,  die  in  je  ein  Zahnrad  xx  eingreifen.  Die  beiden  Räder  x{ 
sitzen  fest  auf  einer  im  Cylinder  gelagerten  Welle  j?,  welche  durch 
Spiralfedern  y  derart  mit  dem  Cylinder  verbunden  ist,  dafs  mittels  der 
Räder  x{  und  der  gezahnten  Hebel  n  m  die  Papierrolle  d  gegen  eine 
Walze  a  gedrückt  wird  (Fig.  4),  die  ebenfalls  im  Cylinder  gelagert  ist. 
\  uii  einem  gleichen  Mechanismus,  bestehend  aus  den  die  Walze  el 
tragenden  und  ebenfalls  mit  Zahnbogen  versehenen  Hebeln  ä/,  den  Zahn- 
rädern yh  der  Welle  y  und  den  Federn  Ö  wird  die  Papierrolle  e  gegen 
die  Walze  a  geprefst  (Fig.  6). 

Dieses  Anpressen  der  Papierrollen  an  die  Walze  a  geschieht  aber 
nicht  gleichzeitig,  sondern  abwechselnd,  und  zwar  wird  allemal  die 
Rolle,  von  der  das  Papier  abläuft  {d  in  Fig.  6),  von  der  Walze  o  ent- 
fernt gehalten.  Die  hierzu  dienende  Einrichtung  besteht  in  einem  Arm  />, 
welcher  auf  dem  Ende  einer  Welle  et  sitzt,  die  mit  einem  Vierkant 
versehen  ist,  um  mittels  eines  Schlüssels  verstellt  zu  werden.  Die  End- 
fläche />,  p0  />.,  des  Annes  p  ist  bogenförmig  und  derart  excentrisch  zur 
Welle  a  gestaltet,  dafs  deren  Mitte  />(l  weiter  von  a  entfernt  ist  als  die 
Endpunkte  i>\  p>-  In  der  Ebene  dieses  Annes  /)  ist  der  betreffende 
Arm  /  (Fig.  6)  mit  einer  Rolle  o  versehen,  ^egen  welche  —  bei  voller 
Papierrolle  0  —  die  excentrische  Fläche  />,  /'()  zu  wirken  vermag,  wäh- 
rend die  Fläche  i'{)}>2  '»  gleicher  Beziehung  zu  einer  an  dem  Arm  n 
befindlichen  Holle  q  steht,  wenn  die  Papierrolle  (/  gefüllt  ist.  Wird 
mithin  der  Arm  p  in  die  in  Fig.  4  angegebene  Stellung  gebracht,  so 
drückt  die  Fläche  pj  />0  die  Papierrolle  e  von  der  Walze  a  fort,  wäh- 


Leerlaufpapierleitungen  an  Druckmaschinen.  445 

rend  die  Rolle  d  von  den  Federn  y  an  die  Walze  a  geprefst  wird.  Bei 
der  in  Fig.  6  dargestellten  Lage  des  Armes  p  wird  dagegen  die  Walze  d 
von  a   entfernt  gehalten   und   die  Walze  e  an  die   letztere  angedrückt. 

Dreht  sich  nun  die  Walze  o,  während  wie  in  Fig.  6  die  Walze  e 
dagegen  geprefst  ist,  rechts  herum  (mit  Bezug  auf  die  Zeichnung),  so 
wird  a  die  Walze  e  durch  Reibung  mit  in  Umdrehung  versetzen  und 
das  Papier  weiter  auf  diese  aufwickeln,  während  sich  dasselbe  von  der 
Rolle  d  abwickelt.  Ist  auf  diese  Weise  die  Rolle  d  nahezu  abgelaufen, 
so  wird  die  Maschine  einen  Augenblick  angehalten  und  die  Stellung  des 
Armes  p  geändert,  worauf  dann  das  Papier  rückwärts  läuft  und  sich 
Walze  d  aufwickelt,  wie  dies  Fig.  4  zeigt. 

Die  Walze  a  wird  in  Drehung  gesetzt  mittels  eines  auf  der  Spindel 
derselben  sitzenden  Rades  fll5  eines  Zwischenrades  c,  welches  auf  einem 
mit  der  Welle  w  starr  verbundenen  Arm  gelagert  ist,  und  eines  am 
Maschinengerüst  befestigten  Rades  b  (Fig.  5),  durch  welches  die  Cylinder- 
welle  lose  hindurchgeht,  und  das  vom  Rade  c  umkreist  wird,  wenn  der 
Cylinder  sich  dreht.  Da  nun  aber  —  wie  leicht  ersichtlich  —  das 
Papier  ß  während  des  Drückens  nicht  bewegt  werden  kann  und  ein 
Fortziehen  nur  dann  zulässig  ist,  wenn  kein  zu  bedruckender  Bogen 
darauf  liegt,  so  ist  das  Rad  a{  lose  auf  die  Walzenspindel  gesetzt  und 
mit  derselben  durch  ein  auf  der  Spindel  festgekeiltes  Schaltrad  /"und 
eine  an  dem  Rade  drehbar  befestigte  Klinke  g  verbunden,  welch  letztere 
durch  eine  Feder  mit  den  Zähnen  von  f  in  Eingriff  gehalten  wird.  In 
Folge  dieser  Einrichtung  nimmt  das  Rad  a,  nur  bei  seiner  Rechts- 
drehung die  Walze  a  mit,  also  beim  Schöndruck,  wenn  der  Bogen  auf  S 
liegt,  während  bei  der  Linksdrehung  die  Walze  a  und  mithin  das  Papier  ß 
stehen  bleibt.  Durch  Auswechseln  der  Räder  b  und  a  gegen  andere  von 
verschiedenem  Durchmesser  kann  die  Geschwindigkeit,  mit  der  das 
Papier  sich  bewegt,  geändert  werden. 

Fast  gleichzeitig  mit  dieser  Koenig  und  Hauer  sehen,  innerhalb  des 
Druckcylinders  gelagerten  endlosen  Leerlaufpapierleitung  ist  nun  kürz- 
lich, wenige  Wochen  später  und  offenbar  völlig  selbständig  construirt, 
durch  die  Veröffentlichung  der  englischen  Patentschrift  1890  Nr.  5352 
eine  Leerlaufpapierleitung  der  Firma  C.  B.  Cottrell  in  New  York  be- 
kannt geworden  (vgl.  auch  die  Amerikanische  Patentschrift  Nr.  425123), 
welche  ebenfalls  im  Druckcylinder  gelagert  ist  und  sich  beim  Betrieb 
der  Maschine  selbsthätig  ab-  und  aufwickelt,  welche  aber  im  Uebrigen 
wesentlich  vieltheiliger  als  die  Koenig  und  Bauer  sehe  Construction  ist. 

Diese  Cottrell' sehe  Anordnung  ist  in  ihren  wesentlichsten  Theilen 
in  den  Fig.  7  und  8  Taf.  24  in  einer  Endansicht  und  in  einem  Quer- 
schnitt des  Druckcylinders  zur  Darstellung  gebracht,  und  sei  an  der 
Hand  dieser  beiden  Figuren  versucht,  Anordnung  und  Arbeitsgang  dieser 
Leerlaufpapierleitung  darzulegen. 

Der  Druckcylinder  A  ruht  mit  seiner  Achse  Al  in  Lagern  A2,  und 


44G  Leerlaufpapierleitungen  an  Druckmaschinen. 

trägt  aufser  dem  Rade  Feinen  durch  Schrauben  at  mit  ihm  verbundenen 
King  44,  in  dem  ein  Theil  der  die  Leerlaufpapierleitung  bethätigenden 
Mechanismen  gelagert  ist.  Wie  der  Querschnitt  Fig.  8  zeigt,  ist  die  An- 
ordnung an  einem  Druckcylinder  .4  mit  vier  l'npierleitungen  wiedergegeben, 
welche  sich  von  der  Walze  d  abwickeln,  dann  über  eine  Leitwalze  a, 
über  die  Druckfläche  c  und  über  Walzen  ghi  geführt  sind,  und  sich 
nun  durch  Antrieb  der  Walze  h  auf  eine  Walze  j  wieder  aufwickeln: 
beide  Walzen  j  und  h  stehen  zu  dem  /wecke  durch  Reibräder  in  Ver- 
bindung. Die  Achsen  der  vier  Walzen  /*  reichen  nun  durch  die  Cylinder- 
wandung  hindurch  bis  zum  Ring  AA  (Fig.  7),  und  sitzt  auf  jeder  lose  ein 
Zahnrad  s,  das  bei  der  Drehung  des  Cylinders  auf  einem  feststehenden 
Zahnrade  C  rollt.  Dieses  Zahnrad  s  kann  aber  mit  der  Walze  h  ge- 
kuppelt werden,  und  zwar  erfolgt  diese  Ein-  und  Ausrückung  des 
Rades  s  durch  die  Hin-  oder  Herdrehung  eines  conachsial  sitzenden 
Hebels  n.  welcher  gleichzeitig  mit  einer  Stange  16  verbunden  ist,  an 
welche  wieder,  wie  Fig.  8  zeigt,  mittels  der  Stange  15  die  Schaltklinke 
für  die  Abwickelungswalze  angeschlossen  ist,  so  dafs  bei  der  Ein-  und 
Ausrückung  des  Rades  s  (zum  Bethätigen  und  Stillsetzen  der  Auf- 
wickelungswalze /<)  gleichzeitig  ein  Aus-  und  Einrücken  der  Schalt- 
klinke der  Abwickelungswalze  d  eintritt. 

Zum  Bethätigen  der  Walze  h  dienen  ferner  zwei  am  Maschinen- 
o-estelle  gelagerte  Winkelhebel  W  und  £/,  welche  mit  einander  derart 
in  Eingriff  sind,  dafs  C  entweder  auf  der  Nase  20  oder  21  von  W  auf- 
liegt. Beide  Hebel  sind  an  den  anderen  Enden  mit  Rollen  versehen, 
auf  welche  der  Stift  o  eines  Rades  E  bezieh,  der  am  Druckcylinder  A 
sitzende  Knaggen  H  einwirken.  Der  Hebel  U  hat  somit  zwei  Lagen, 
in  denen  sein  Ansatz  u  in  oder  aufser  der  Bahn  der  Hebel  n  liegt. 
Der  obengenannte  Stift  o  macht  dabei  zu  Folge  eines  besonderen  An- 
triebes vom  Rade  F  aus  mit  79  Umdrehungen  des  Druckcylinders  A 
eine  Umdrehung  in  der  entgegengesetzten  Richtung. 

Diese  Theile  arbeiten  nun  in  der  Weise  zusammen,  dafs  anfäng- 
lich der  Hebel  U  auf  der  Nase  20  von  W  aufliegt,  und  dafs  somit,  da 
sein  Ansatz  u  aufserhalb  der  Bahn  der  Hebel  n  liegt,  die  Leerlauf- 
leitung unbethätigt  bleibt.  Hat  aber  der  Druckcylinder  nahezu  79  Um- 
drehungen gemacht,  so  wirkt  der  Stift  o  auf  den  Hebel  W  und  dreht 
letzteren  derart,  dafs  der  Hebel  V  von  20  auf  den  Ansatz  21  fällt 
(Fig.  7),  so  dafs  sein  Ansatz  u  in  die  Bahn  der  Hebel  n  kommt.  Der 
nächste  derselben  wird  daher  bei  der  weiteren  Drehung  des  Druck- 
cylinders durch  Anlage  an  U  gedreht,  so  dafs  das  Rad  s  eingerückt 
wird,  und  damit  ein  Transport  dieses  Viertels  der  Leerlaufleitung  ein- 
tritt, so  lange,  bis  der  betreuende  Hebel  n  durch  Anlage  an  einen 
Knaggen  iV  wieder  zurückgedreht  und  die  Kuppelung  wieder  ausgerückt 
wird.  Während  dieser  Bewegung  der  Papierleitung  wird  gleichzeitig 
der  Hebel    U  durch   den  Knaggen    //   wieder   in   seine    vorherige   Lage 


Versuchs-Dampfmaschine  der  technischen  Hochschule  in  Aberdeen.      447 

zurückgedreht,  so  dafs  ein  abermaliger  Vorschub  der  Leerlaufpapier- 
leitung erst  wieder  eintritt,  wenn  der  Stift  o  des  Rades  E  wieder  auf 
den  Hebel   W  einwirkt. 

In  den  Figuren  wird  diese  Bethätigung  der  Papierleitung  dadurch 
ersichtlich,  dafs  der  in  Fig.  7  links  betindliche  Hebel  n  in  anderer 
Stellung  erscheint,  als  die  drei  übrigen,  und  dafs  in  Fig.  8  die  Schalt- 
klinke der  zu  oberst  befindlichen  Abwickelungswalze  ausgerückt  ist, 
während  die  übrigen  eingerückt  sind. 

Gemäfs  des  Antriebes  des  Rades  E  mit  Stift  o  wird  immer  nur 
dieselbe  Leitung  bethätigt  werden,  und  unsere  Quelle  läfst  nicht  er- 
kennen, wann  der  Hebel  U  auf  die  übrigen  drei  Leitungen  einwirkt. 
An  und  für  sich  würde  die  Construction  indefs  für  einen  Druckcylinder 
mit  nur  einer  Druckfläche  genügen,  und  es  ist  leicht  ersichtlich,  dafs 
dieselbe  ebenso  wohl  für  Rotationsmaschinen  als  für  Maschinen  mit 
Greifercy  linder  verwendbar  ist.  Von  der  Koenig  und  Bauer' sehen  Con- 
struction unterscheidet  sich  die  CottreW sehe  Anordnung,  abgesehen  von 
der  anderen  technischen  Durchführung  desselben  Grundgedankens,  noch 
dadurch,  dafs  bei  Koenig  und  Bauer  die  Leerlaufpapierleitung  jedesmal 
um  einen  Bruchtheil  des  auf  der  Widerdruckfläche  liegenden  Theiles 
verschoben  wird,  während  bei  ColtreU  der  ganze  auf  der  Widerdruck- 
fläche liegende  Theil  der  Leitung  nach  einer  bestimmten  Anzahl  von 
Umdrehungen  des  Druckcylinders  mit  einem  Male  ausgewechselt  wird. 
Von  beiden  Constructionen  dürfte  wohl  die  Koenig  und  Bäuerische  An- 
ordnung zu  Folge  ihrer  Einfachheit  den  Vorzug  verdienen.         Kn. 


Versuchs-Dampfmaschine  der  technischen  Hochschule 
in  Aberdeen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  24. 

Diese  nach  Industries,  1888  S.  195,  zur  Erinnerung  an  Thomas 
Rüssel  von  dem  Prof.  Jamieson  entworfene  und  von  der  Firma  Hall, 
Rüssel  und  Co.  in  Aberdeen  für  einen  Kesseldruck  von  100  Pfd.  für 
1  Quadratzoll  engl,  (etwa  7at)  erbaute,  mit  den  zur  Vornahme  von  Ver- 
suchen aller  Art  erforderlichen  Hilfsmitteln  versehene  Maschine  kann 
sowohl  mit  als  auch  ohne  Condensation  und  im  ersteren  Falle  sowohl 
mit  Einspritz-  als  auch  mit  Oberflächencondensation  arbeiten;  sie  wird, 
da  die  Hochschule  keinen  hochgespannten  Dampf  erzeugenden  Kessel 
besitzt,  aus  einem  im  Nachbargrundstücke  aufgestellten  Kessel,  System 
Cornish,  mit  Dampf  von  nur  30  Pfd.  für  1  Quadratzoll  engl,  (etwa 
2at,l)  gespeist,  welcher  der  Maschine  in  einer  380m  langen,  mit  Reid 
und  Hacfarland\  Patentpackung  umhüllten  Rohrleitung  von  2  Zoll  engl, 
(etwa  51mm)  Durchmesser  zugeführt  wird. 


4iS      Yersuchs-Darnpfmaschine  der  technischen  Hochschule  in  Aberdeen. 

Der  Regulator  uud  das  mit  ihm  verbundene  Dampfdrosselveotil, 
ebenso  aueh  die  an  verschiedenen  Stellen  der  Maschine  angebrachten 
Mefsinstrumente,  wie  Manometer,  Vacuummeter,  Thermometer,  Ge- 
schwindigkeitsmesser, Tourenzähler,  die  erforderlichen  Indicatoren  u.  dgl. 
sind  von  der  Firma  Schäffer  und  Budenberg  in  Manchester  eigens  für 
diese  Maschine  angefertigt. 

Der  auf  ein  Drosselventil  arbeitende  Regulator  wird  eine  grofse 
Regelmäfsigkeit  der  Bewegung  nicht  herbeiführeu  können,  indessen 
doch  das  Durchgehen  der  Maschine  bei  ausgeschalteten  Widerständen 
verhindern,  was  genügt,  um  die  Wirkung  derartiger  Regulatoren  auf 
den  Einströmdampf  bei  verschiedenen  Belastungen  zu  zeigen. 

Um  die  Vortheile  der  direkt  mit  den  Steuerungsorganen  verbundenen 
Regulatoren  klar  zu  machen,  liefse  sich  indefs  der  an  der  Maschine  be- 
findliche Regulator  auch  von  dem  Drosselventil  trennen  und  mit  einer 
zwischen  der  Excenterstange  A  und  Expansionsschieberstange  B  (Fig.  2 
Taf.  24)  eingeschalteten  Vorrichtung  in  Verbindung  bringen,  durch  welche 
die  Uebertragung  der  Regulatorbewegungen  auf  die  Expansionsschieber- 
lappen Px  bis  zu  einem  gewissen  Grade  ermöglicht  würde:  die  ab- 
zunehmenden Indicatordiagramme  würden  über  den  jedesmaligen  Dampf- 
verbrauch genügenden  Aufschlufs  geben. 

Die  Dampfvertheilung  regelt  eine  Doppelschiebersteuerung,  System 
Meyer,  deren  beide  Expansionsschieberlappen  I\ ,  da  die  zugehörige 
Schieberstange  keine  durchgehende  ist,  unabhängig  von  einander  mittels 
Handräder  eingestellt  werden  können  und  Füllungen  bis  zu  0,7  Proc. 
des  Kolbenhubes  gestatten. 

Es  lassen  sich  mit  dieser  Steuerung  auf  beiden  Cylinderseiten  voll- 
ständig von  einander  abweichende  Füllungen  herstellen,  so  dafs,  wenn 
z.  B.  der  eine  Schieber  für  0,5  Füllung  der  einen  Cylinderseite  ein- 
gestellt ist,  auf  der  anderen  Seite  nach  Belieben  variable  Füllungen  von 
0,1  bis  0,7  des  Kolbenhubes  geschaffen  werden  können,  auch  lassen 
sich  die  Schieber  so  einstellen,  dafs  beide  Cylinderseiten  gleiche  Fül- 
lungen erhalten,  was  andernfalls  nur  bei  unendlich  langen  Kurbel- 
stangen eintreten  würde. 

Um  die  Maschine  mit  Leichtigkeit  umstellen,  anhalten  und  in  Gang 
bringen  zu  können,  ist  die  Steuerungscoulisse  E  (Fig.  1  Taf.  24)  durch 
ein  Gewicht  ausbalancirt,  und  um  die  Dampfvertheilung  bei  verschiedenen 
Excenterstellungen  beobachten  zu  können,  sind  die  letzteren  so  mit  der 
Schwungradwelle  verbunden,  dafs  sich  ihre  Voreilungswinkel  ändern 
lassen. 

Der  Cylinder  J  ist  mit  einem  Hartgufsfutter  K  versehen,  so  dafs 
der  ringförmige  Raum  L  einen  Mantel  bildet,  in  welchen  ebenso  wie 
auch  in  die  beiden  hohl  gegossenen  Oylinderdeckel  Irischer  Kesseldampf 
eingeführt  werden  kann;  das  in  diesen  Mänteln  entstandene  Conden- 
sationswasser   fliefst    nach   Oeffnen    von    angebrachten    Ablafshähnen   in 


Versuchs-Dampfmaschine  der  technischen  Hochschule  in  Aberdeen.      449 

einen   Behälter,   und  es  läfst  sich   das   genaue  Gewicht   des  in  jedem 
Mantel  condensirten  Dampfes  dann  leicht  ermitteln. 

Die  an  den  Cjlinderdeckeln  angeschraubten  Platten  F  sollen  den 
Einflufs  der  schädlichen  Räume  auf  die  Leistung  und  den  Dampf- 
verbrauch der  Maschine  zeigen;  entfernt  man  nämlich  je  eine  der 
beiden  Platten,  so  steigt  der  schädliche  Raum  von  10  auf  15  Proc,  und 
beseitigt  man  beide  Platten,  so  steigt  derselbe  auf  20  Proc.  des  vom 
Kolben  beschriebenen  Cylindervolumens. 

Der  Kolben  ist  nach  dem  System  Ramsbottom  mit  drei  schmalen 
gufseisernen  Ringen  versehen,  und  sämmtliche  Lagerschalen  sind,  wie 
auch  die  Schieberstangen,  aus  bestem  Messing  gefertigt.  Der  mit  grofser 
nachstellbarer  Gleitfläche  versehene  Kreuzkopf  M  ist  eingeleisig  und 
auf  den  oberen  messingenen  Flächen  der  Führungsschienen  sind,  um 
die  jedesmalige  Kolbenstellung  leicht  erkennen  zu  können,  Theilstriche 
in  einer  Entfernung  von  je  0,1  des  Kolbenhubes  angebracht.  Die  aus 
Schmiedeeisen  gefertigte  Kurbelstange  N  ist  an  ihrem  Kurbelzapfen- 
ende mit  einem  Messinglager  ausgebüchst  und  der  Kurbelzapfen  selbst 
in  einer  Scheibe  befestigt.  Die  sehr  kräftig  gehaltene  Kurbelwelle  O 
trägt  ein  Schwungrad  von  lm,732  Durchmesser  und  820k  Gewicht,  in 
dessen  einem  Arme  ein  Gewicht  P  durch  eine  mittels  Handrad  be- 
wegte Schraubenspindel  hin  und  her  bewegt  werden  kann,  um  damit 
die  Nachtheile  schlechter  Ausbalancirung  umlaufender  Maschinentheile 
zu  zeigen. 

Der  im  Cylinder  wirksam  gewesene  Dampf  entweicht  durch  ein 
mit  drei  Ventilen  ausgestattetes  Gehäuse  entweder  in  den  Einspritz- 
oder Oberflächencondensator,  und  wenn  die  Maschine  ohne  Condensation 
arbeiten  soll,  durch  das  Rohr  S  in  die  Atmosphäre.  Der  Einspritz- 
condensator  besteht  aus  einem  gufseisernen  Cylinder  F,  in  welchen  das 
am  Ende  eine  Brause  bildende  Wasserrohr  S{  eintritt;  öffnet  man  mittels 
Handhebel  die  Ventilklappe  £/,  so  tritt  der  Abdampf  mit  dem  einspritzen- 
den Wasser  in  Berührung,  dieses  fliefst  nach  erfolgter  Condensation 
durch   das  Rohr  Y  ab   und  wird   durch  die  Luftpumpe  Z  fortgeschafft. 

Der  mit  146  messingenen  Rohren  von  19mm  Durchmesser  und  380mm 
Länge  versehene  Oberflächencondensator  B{  erhält  den  Abdampf  nach 
dem  Oeffnen  der  Ventilklappe  W  durch  das  Rohr  ß[  und  eine  Ver- 
theilungsplatte  Z),,  während  das  Condeusationswasser  durch  das  Rohr  El 
abfliefst  und  wieder  von  der  Luftpumpe  Z  weiter  gefördert  wird. 

Das  innerhalb  der  Condensatorrohre  cireulirende  Wasser  wird  der 
städtischen  Leitung  entnommen  und  geht  nach  dem  Durchströmen  eines 
Barton'schen  Wassermessers  Ax  durch  das  Rohr  Fl  von  hinten  nach 
vorn  durch  ein  unteres,  sodann  in  entgegengesetzter  Richtung  durch  ein 
oberes  Rohrbündel  und  entweicht  durch  die  Oeffnung  Gl  in  den  Mefs- 
raum  oder  in  ein  Abzugrohr.  Jeder  Condensator  kann  durch  einen 
Dreiwegehahn   mit   dem  Vacuummeter  in   Verbindung   gesetzt   werden. 

Dinner' s  polyt.  Journal  Bd. 277  Nr.  10.  1890  111-  29 


450  Erregung  von  Elektricität  durch  Licht. 

Die  Luftpumpe  Z,  welche  im  Stande  ist  ein  Vacuum  von  0m,66  zu 
halten,  wird  direkt  von  dem  Bügel  des  auch  die  Expansionsschieber- 
lappen mitnehmenden  Excenters  J{  betrieben  und  kann  durch  deD 
Zapfen  Ä,  ein-  oder  ausgerückt  werden.  Die  Verbindung  der  Luft- 
pumpe mit  dem  Einspritz-  bezieh.  Flächencondensator  wird  durch 
Ventile  Lx  bezieh.  M{  hergestellt  und  das  von  ihr  geförderte  heifse 
Wasser  geht  entweder  in  ein  Mefsreservoir,  welches  sich  in  einiger 
Entfernung  von  der  Maschine  befindet,  oder  wird  durch  ein  Rohr  ins 
Freie  geführt. 

An  den  auf  den  Abbildungen  mit  X  bezeichneten  Stellen  ist  eine 
Vorkehrung  getroffen,  um  mittels  besonders  construirter  Thermometer 
die  Temperatur  des  Dampfes  im  Schieberkasten  beim  Austreten  aus 
dem  Cylinder  und  beim  Eintreten  in  den  Condensator,  sowie  diejenige 
des  zur  Condensation  notwendigen  Wassers  vor  dem  Eintritt  und  nach 
dem  Verlassen  des  Condensators  zu  messen.  Ein  derartiger  Thermo- 
meter besteht  aus  einer  Glasröhre  mit  Quecksilberkugel,  welche  in  einem 
theilweise  mit  Oel  angefüllten  Messingrohr  fest  gemacht  ist;  die  letz- 
teren sind  stets  an  den  Stellen  X  eingeschraubt,  wahrend  die  Thermo- 
meter nur  eingelegt  werden,  wenn  entsprechende  Versuche  gemacht 
werden  sollen. 

Der  Geschwindigkeitsmesser,  sowie  der  Tourenzähler  werden  durch 
eine  gemeinschaftliche  Welle  von  der  Schwungradwelle  aus  mittels 
Riemen  betrieben  und  beide  Instrumente  sind  so  aufgestellt,  dafs  sie  be- 
quem beobachtet  werden  können. 

Alle  glänzenden  Theile  der  Maschine  sind  galvanisch  vernickelt. 
Fr. 

Erregung  von  Elektricität  durch  Licht. 

Die  photoelektrische  Zelle,  deren  sich  Professor  Minchin  bedient, 
um  durch  das  auf  gewisse  empfindliche  Substanzen  fallende  Licht 
Elektricität  zu  erzeugen,  besteht  nach  Engineer  vom  27.  Juni  1890  aus 
einem,  zwei  Metallplatten  umschliefsenden,  mit  Alkohol  gefüllten  Glas- 
cylinder.  Ein  an  jede  dieser  Platten  gelötheter  Platiudraht  tritt  durch 
das  Cy linderende,  in  welches  er  eingeschmolzen  ist,  und  bildet  eine 
Elektrode  der  Zelle.  Beide  Drahtenden  werden  mit  den  Polen  eines 
Quadranten-Elektrometers  verbunden.  Die  eine  Metallplatte  ist  mit 
einem  gegen  das  Licht  empfindlichen  Stoff  bekleidet,  die  andere  ganz 
rein  und  gegen  das  Licht  unempfindlich.  Läfst  man  nun  auf  die  em- 
pfindliche Platte  Tageslicht  fallen,  so  wird  das  Elektrometer  abgelenkt, 
um  nach  wenigen  Secunden  wieder  zur  Ruhe  zu  kommen.  Es  zeigt 
sich  also  je  nach  der  Stärke  des  diffusen  Tageslichtes  eine  Elektricitäts- 
erregung,  welche  um  die  Mittagszeit  die  überraschende  Höhe  zwischen 
1 .,    und   34    Volt    erreichen    soll.     Stöfst    man    vor    dem   Aufhören    der 


Borel's  elektrische  Klingel. 


451 


durch  das  Licht  bewirkten  Ablenkung  oder  nachher  die  Zelle  ganz 
leicht,  kaum  hörbar  an,  so  geht  in  der  Zelle  eine  merkwürdige  Ver- 
änderung vor:  sie  ist  gegen  das  Licht  nicht  mehr  empfindlich. 

Minchin  hat  ferner  die  Entdeckung  gemacht,  dafs,  als  er  eine  Vofs- 
Maschine,  welche  in  keinerlei  Verbindung  mit  der  Zelle  oder  dem 
Elektrometer  stand,  in  Bewegung  setzte,  der  unempfindliche  Zustand 
der  Zelle  sich  in  dem  Augenblicke,  wo  ein  Funke  zwischen  den  Polen 
der  Maschine  übersprang,  in  den  empfindlichen  Zustand  verwandelte. 
Er  hat  endlich  die  beste  Methode,  die  inductive  Wirkung  des  Funkens 
zu  zeigen,  darin  bestehend  gefunden,  dafs  man  beide  Elektroden  der 
Zelle  durch  einen  beliebig  langen  isolirten  Draht  verbindet  und  diesen 
Draht  an  den  Polen  der  Vofs-  Maschine  vorüberführt.  Beträgt  seine 
Entfernung  von  den  letzteren  2  bis  3  Fufs,  so  reicht  ein  ungefähr 
ijs  Zoll  langer  Funke  hin,  den  unempfindlichen  Zustand  der  Zelle  in 
den  empfindlichen  zu  verwandeln. 


Borel's  elektrische  Klingel. 

Mit  Abbildung. 

Die  elektrische  Klingel,  welche  Borel  voriges  Jahr  in  der  Maschinen- 
halle der  Pariser  Ausstellung  vorgeführt  hat,  vermag  sich  ganz  leicht 
allen  Zimmereinrichtungen  anzubequemen.  Wie  die  zugehörige  Abbil- 
dung sehen  läfst,  ist  (nach  La  Nature,  durch  Scientific  American,  Supple- 
ment 735  *  S.  11742)  die  Klingel  in  ein  eiförmiges  Gehäuse  eingeschlossen, 
das  bronzirt,  vernickelt,  versilbert,  oder  vergoldet  werden  kann,  ganz 
nach  Bedürfnifs.  Die  Klin- 
gel kann  an  der  Wand  an- 
gebracht, auf  einen  Tisch 
gestellt,  mitten  ander  Decke 
aufgehängt,  oder  sonstwie 
angebracht  werden. 

Die  eigentliche  Klingel 
ist  gegen  Staub  und  Dunst 
geschützt  und  kann  nicht 
in  Unordnung  gebracht 
werden.  Der  Hammer  m 
ist  ganz  unabhängig  vom 
Anker  des  Elektromagnetes. 
Der  Anker  A  wird  durch 
eine  Spiralfeder  nach  rückwärts  gezogen  und  streift  bei  jeder  Strom- 
sendung den  Hebel  B  »n,  welcher  den  Hammer  m  trägt;  dadurch  schlägt 
der  Hammer  an  die  Glocke.  Bei  dieser  Bewegung  wird  der  Stromkreis 
unterbrochen    und  erst  wieder  geschlossen,   wenn  der  Hammer  zurück- 


452 


Verbindung  für  röhrenförmige  elektrische  Doppelleitungen. 


gegangen  ist.  Dabei  ist  die  zwischen  zwei  Schlägen  verfliefsende  Zeit 
unabhängig  von  der  Spannung  der  Feder  und  in  gewissem  Grade  selbst 
von  der  Stärke  des  die  Klingel  in  Thätigkeit  setzenden  Stromes;  diese 
Zeit  hängt  vielmehr  nur  von  der  Schwingungsdauer  des  vom  Hammer 
und  seiner  Tragstange  gebildeten  Pendels  ab.  Die  Schläge  folgen  daher 
sehr  regelmäfsig  auf  einander  und  mit  stets  gleicher  Kraft;  das  Läuten 
der  Klingel  ist  daher  wohlklingend.  Die  Glocke  der  Klingel  kann 
natürlich  ebenso  gut  aus  Lignum  vitae,  wie  aus  Stahl  oder  Bronze  her- 
gestellt werden,  und  mehrere  Klingeln  neben  einander  lassen  sich  daher 
gut  von  einander  unterscheiden,  wenn  man  ihre  Glocken  aus  verschie- 
denen Stollen  herstellt. 


S.  Z.  de  Ferranti's  Verbindung  für  röhrenförmige 
elektrische  Doppelleitungen. 

Mit  Abbildung. 

Nach  seinem  Amerikanischen  Patente  Nr.  409183  vom  30.  März 
1889  führt  S.  Z.  de  Ferranti  in  Hampstead,  Middlesex,  die  Verbindungs- 
stellen an  zwei  röhrenförmige  Leiter  enthaltenden  elektrischen  Leitungen 
in   folgender  Weise   aus.     Der  innere  Leiter   a   wird   verbunden   durch 

Stöpsel  f  mit  biegsamen  leitenden  (kupfernen) 
Dochten  <?;  bei  dem  den  inneren  ringsum 
umschliefsenden  äufseren  Leiter  b  vermittelt 
die  Verbindung  ein  dehnbares  Rohr  //;  die 
Isolirung  zwischen  dem  dehnbaren  Rohre  h 
und  den  Stöpseln  f  und  Dochten  g  liefern  die 
Schirme  /c,  /,  m,  welche  zwischen  beide  gelegt 
werden.  Das  rauh  gemachte  Rohr  h  wird 
mit  seinen  beiden  Enden  an  den  Enden  der 
beiden  durch  das  Rohr  h  zu  verbindenden 
Rohrleiter  b  befestigt;  die  Enden  der  beiden 
Rohrleiter  stehen  ziemlich  weit  von  einander 
ab  und  auf  jedes  Ende  werden  zwei  Ringe 
aufgelegt,  worauf  dann  der  Zwischenraum 
zwischen  den  beiden  Ringen  mit  geschmol- 
zenem Metall  ausgefüllt  wird,  das  die  leitende 
Verbindung  zwischen  den  beiden  Rohrenden 
und  dem  Rohre  h  herzustellen  hat.  Die  Her- 
stellung der  Leitung  aus  zwei  in  einander  liegenden  Röhren  ist  durch 
das  Amerikanische  Patent  Nr.  409181  vom  24.  September  1888  ge- 
schützt; zwischen  den  beiden  Röhren  ist  natürlich  eine  isolirende  Zwischen- 
schicht, welche  aus  mit  Paraffin  getränktem  Papier  bestehen  soll. 


Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  und  die  MacKinley  Bill.      453 

Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  von  Nord- 
amerika und  die  MacKinley  Bill. 

Die  tief  einschneidende  Bedeutung,  welche  die  Aenderungen  der  amerika- 
nischen Einfuhrzolltarife  für  unsere  an  sich  schon  stark  bedrängte  Aasfuhr 
beanspruchen,  mag  entschuldigen,  dafs  wir  an  dieser  Stelle  etwas  näher  auf 
die  neueren  amerikanischen  Zollschutzbestrebungen  eingehen. 

Die  ersten  Anregungen  zum  Abschlüsse  der  Vereinigten  Staaten  in  poli- 
tischer wie  wirtschaftlicher  Beziehung  reichen  bis  zur  Zeit  des  Präsidenten 
Monroe  (1823)  zurück,  dessen  Programm  sich  allmählich  zu  der  sogen.  Monroe- 
Doktrin  verdichtete,  welche  „Amerika  für  die  Amerikaner"  beanspruchte. 
Nunmehr  hat  sich  diese  Doktrin  die  schärfste  Geltung  auf  wirtschaftlichem 
Gebiete  verschafft,  als  deren  Ausflufs  der  am  1.  Oktober  1889  in  Washington 
durch  den  Staatssekretär  Blaine  abgehaltene  Wirthschaftscongrefs  zu  be- 
trachten ist. 

Der  Congrel's  verlangt  zunächst  die  Errichtung  eines  all-amerikanischen 
Zollvereins,  Einheitlichkeit  des  Mais-  und  Münzsystems,  sowie  Verbesserung 
des  Eisenbahnnetzes. 

Der  beabsichtigte  amerikanische  Zollverein  richtet  seine  Spitze  gegen 
Europa,  dessen  bisher  gewifs  grofsartige  Einfuhr  nach  den  amerikanischen 
Staaten  unterbunden  und  allmählich  unmöglich  gemacht  werden  soll,  um 
Amerika  auch  wirtschaftlich  völlig  selbständig  machen  zu  können. 

Den  Gipfel  dieser  schutzzöllnerischen  Bestrebungen  bildet  die  sogen. 
Mac  Kinley  Tarifbill,  welche  nunmehr  vom  Abgeordnetenhause  der  Vereinigten 
Staaten  angenommen  ist.  Diese  Bill  will  den  Druck  von  Zöllen  auf  ein- 
geführte Waaren  von  60  bis  80  Proc.  des  Werthes  der  Waaren  erhöhen,  so 
dafs  nach  der  Einführung  dieses  Tarifs  wohl  keine  erfolgreiche  Einfuhr  nach 
Nordamerika  möglich  ist. 

Die  Einfuhr  wird  aber  durch  eine  fernere  Bestimmung,  die  „Mac  Kinley 
Administrative  Bill11,  d.  h.  die  Bill  zur  Vereinfachung  der  auf  die  Zollerhebung 
bezüglichen  Gesetze,  welche  wir  unten  nach  dem  Wortlaut  übersetzt  wieder- 
geben, fast  verhindert. 

Man  sieht,  dafs  die  Union  zielbewufst  und  thatkräftig  vorgeht.  Die  Welt- 
ausstellung in  Chicago  des  Jahres  1892  soll  sich  in  gewisser  Beziehung  als 
der  Ausgangspunkt  des  neuen  Zeitlaufs  für  Amerika  erweisen;  sie  soll  den 
Markstein  für  das  neue  amerikanische  Zeitalter  abgeben,  da  sie  die  gewaltige 
Kraftmenge,  über  welche  die  Union  verfügt,  zeigen  soll.  Die  Ausstellung  in 
Chicago  wird  somit  als  Beweismittel  anzusehen  sein,  wie  völlig" unabhängig 
von  Europa  sich  die  Nordamerikanische  Union  fühlt. 

Bei  Beurtheilung  der  Sachlage  darf  folgender  Umstand  nicht  übersehen 
werden,  welcher  auf  die  Art  und  Weise,  in  der  in  Amerika  Politik  gemacht 
wird,  ein  eigenthümliches  Streiflicht  wirft.  Es  wird  in  der  Erinnerung  sein, 
dafs  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  die  Zollschutzgesetzgebung 
anbahnten ,  um  die  während  des  Krieges  mit  den  Südstaaten  gemachten 
Schulden  zu  decken.  Diese  Bezahlung  der  Kriegsschuld  geschah  in  so  rascher 
Form,  dafs  sich  der  letzte  demokratische  Präsident  Clereland  veranlafst  sah, 
eine  Herabsetzung  der  Zölle  vorzuschlagen,  um  nur  die  riesige  Ansammlung 
gemünzten  Kapitals  einigermal'sen  zu  verhindern,  denn  es  gelang  auch  nicht 
einmal  die  Einnahmen  zu  erschöpfen,  als  Bestimmung  getroffen  wurde,  grofse 
Pensionen  für  die  ehemaligen  Soldaten  der  grand  army  of  the  Republic  aus 
diesem  Fonds  auszusetzen.  Durch  dieses  Vorhaben  Clereland/ s  sah  sich  aber 
der  so  ungemein  kapitalkräftige  Bing  der  Fabrikanten  und  Unternehmer  in 
ihrer  Alleinherrschaft  bedroht  und  dem  Wettbewerbe  der  alten  Welt  zu  scharf 
ausgesetzt.  Aus  diesen  Kreisen  erhob  sich  dem  zu  Folge  ein  scharfer  Gegen- 
satz gegen  Clereland  und  die  demokratische  Partei,  als  deren  Erfolg  sich  der 
sonst  völlig  unerwartete  Sieg  der  republikanischen  Partei  bei  der  letzten 
Präsidentenwahl  ergab.  Nun  erweist  sich  nach  alter  nordamerikanischer  Sitte 
die  Regierungspartei  denjenigen  dankbar,  denen  sie  die  Herrschaft  verdankt. 


454      Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  und  die  MacKinley  Bill. 

Es  wird  also  nicht  nur  keine  Herabsetzung  der  Zölle  stattfinden,  vielmehr 
wird  die  Einfuhr  durch  Zollerhöhung  und  alle  möglichen  scharfen  Vorschriften 
so  ziemlich  ganz  verhindert 

Für  die  Gröfse  des  Verlustes,  welcher  der  deutschen  Industrie  aus  den 
prohibitiven  Verordnungen  der  MacKinley  Administrative  Bill  erwachsen  kann, 
liefern  die  statistischen  Berichte  über  den  Einfuhrhandel  der  Vereinigten 
Staaten  einen  zuverlässigen  Mafsstab.  —  Gemäfs  dem  officiellen  Bericht  des 
statistischen  Bureaus  in  Washington  betrug  die  Ausfuhr  Deutschlands  nach 
den  Vereinigten  Staaten  während  des  Quartals,  welches  mit  dem  30.  Sep- 
tember 1889  endigte,  die  Summe  von  27117  356  Doli,  oder  nahezu  113  Mill.  M., 
d.  h.  beinahe  dreimal  so  viel  als  Oesterreich-Ungarns  „jährliche"  Ausfuhr  nach 
Nordamerika.  Die  Gesammteinfuhr  der  Vereinigten  Staaten  für  dieselbe  Zeit 
beziffert  sich  auf  190'/2  Mill.  Doli.  Welche  Artikel  die  deutsche  Ausfuhr  nach 
den  Vereinigten  Staaten  einschliefst,  ist  in  den  amerikanischen  Berichten  nicht 
näher  bezeichnet. 

Sofort  bei  der  Deklarirung  der  Waaren  wird  der  Exporteur  auf  neue 
Regeln  stofsen.  Während  es  bisher  genügte,  im  Namen  des  Absenders  oder 
Verkäufers  die  Factura  auszustellen  und  eine  stereotype  Erklärung  mit  Bezug 
auf  die  Correctheit  derselben  zu  unterzeichnen,  mufs  jetzt  der  Factura  eine 
schriftliche  Erklärung  beigefügt  werden,  aus  der  hervorgeht,  wo  und  zu 
welcher  Zeit  und  von  wem  die  betreffende  Waare  gekauft  oder  von  wem  sie 
fabrizirt  wurde. 

Ueberdies  mufs  die  Exportwaare  noch  mit  der  Etikette  des  Fabrikanten 
versehen  und  darf  nicht  etwa  unter  englischer  oder  französischer  Etikette  ver- 
sendet werden,  wenn  sie  in  Deutschland  hergestellt  worden  ist,  ein  Punkt, 
der  sich  übrigens  noch  schärfer  in  dem  letzten  englischen  Zolltarif  findet. 
Ferner  mufs  die  Factura  den  Marktpreis  enthalten,  welchen  der  Fabrikant 
willens  wäre,  an  Ort  und  Stelle  entgegen  zu  nehmen.  Der  letzte  Satz  ist 
namentlich  auf  die  Exporteure  gemünzt,  welche  bisher  ihre  Waaren  an  Filial- 
geschäfte in  Amerika  consignirten,  ausschliefslich  für  den  amerikanischen 
Markt  fabrizirten  und  daher  am  Herstellungsplatze  keinen  Marktpreis  für  ihre 
Fabrikate  festgestellt  hatten.  Die  oben  erwähnte  schriftliche  Erklärung  mufs 
der  Empfänger  der  Woare  vor  der  amerikanischen  Zollbehörde  wiederholen. 
Macht  er  hierbei  falsche  Angaben  mit  Bezug  auf  einen  einzigen  der  vor- 
geschriebenen Punkte,  so  folgt  Geldbufse  bis  zu  5000  Doli,  oder  Zuchthaus 
bis    zu   2  Jahren   oder  beides  und    aufserdem  noch  Confiscation  der  Waaren. 

Alle  eingeführten  Waaren  werden  von  den  Zollbehörden  abgeschätzt;  als 
Basis  wird  der  Werth  angenommen,  den  die  officiellen  Abschätzer  für  den 
wirklichen  Marktwerth  am  Herstellungsorte  halten.  Hierbei  spielen  die  in 
der  Factura  angegebenen  Preise  keine  Rolle.  Uebersteigt  der  abgeschätzte 
Werth  den  in  der  Factura  angegebenen  um  10  Proc. ,  so  wird  aufser  der  ge- 
setzlichen Zollgebühr  ein  weiterer  Zoli  gleich  2  Proc.  des  abgeschätzten  Ge- 
sammtwerthes  für  je  1  Proc,  um  welches  der  abgeschätzte  Werth  den  in  der 
Factura  angegebenen  übersteigt,  erhoben.  Uebersteigt  der  abgeschätzte  Werth 
den  in  der  Factura  enthaltenen  um  40  Proc,  so  erfolgt  Confiscation.  Will 
der  Importeur  letztere  auf  gerichtlichem  Wege  annulliren,  so  mufs  er  die  Be- 
weise beibringen,  dafs  seine  Werthangabe  die  richtige  und  die  Abschätzung 
irrig  ist.  Die  Bürde  des  Beweises  seiner  Unschuld  ruht  auf  ihm.  Die  Con- 
fiscation an  sich  ist  ein  Beweis  seiner  Schuld.  Wenn  Waaren  für  Rechnung 
des  Fabrikanten  an  einen  Agenten,  Associe  oder  Consignatar  in  den  Ver- 
einigten Staaten  behufs  Verkaufes  consignirt  sind,  so  mufs  aufser  den  oben 
erwähnten  Dokumenten  eine  schriftliche  Deklaration  des  Fabrikanten  bei- 
gebracht werden,  in  welcher  alle  Kostenelemente  einbegriffen  sein  müssen, 
d.  h.  die  Kosten  des  Rohmaterials,  der  Fabrikation  und  aller  einzelnen  mit 
der  Herstellung  irgendwie  verbundenen  Ausgaben.  Um  den  Marktpreis  als 
Basis  für  die  Zollerhebung  festzustellen,  werden  sodann  8  Proc.  auf  diese 
Herstellungskosten  geschlagen. 

Der  Präsident  ernennt  neun  Generalabschätzer,  welche  ein  jährliches  Salär 
von  je  7000  Doli,  oder  ungefähr  30000  M.  beziehen  und  zu  irgend  einer  Zeit 
wegen   Unfähigkeit,    Pilichtvernachlässigung    oder   Amtsmifsbrauch    abgesetzt 


Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  und  die  MacKinley  Bill.      455 

werden  können.     Das  ürtheil   über  die  Gründe   der  Absetzung  ist  ganz  und 
gar  dem  Gutdünken  des  Präsidenten  überlassen. 

Wir  geben  im  Folgenden  einen  Auszug  aus  der  Mac  Kinley  Bill  nach  einer 
Mittheilung  der  Papiei -Zeitung  wieder: 

1)  Alle  in  die  Vereinigten  Staaten  importirten  Waaren  werden  als  das 
Eigenthum  der  Person  angesehen,  an  welche  sie  consignirt  sind,  und  der  In- 
haber eines  an  Ordre  consignirten  und  seitens  des  Consignators  (consignors) 
indossirten   Ladescheines    gilt    als   Consignatur    (consignee)    der    betreffenden 

Waaren. 

2)  Alle  Facturen  über  importirte  Waaren  sollen  in  der  Währung  des 
Ursprungslandes  und  mit  Berechnung  des  wirklich  bezahlten  Preises  aus- 
gestellt werden.  Die  Facturen  müssen  eine  correcte  Beschreibung  der  be- 
treffenden Waaren  enthalten  und,  im  Falle  die  letzteren  zu  sofortigem  Weiter- 
transport ohne  Abschätzung  bestimmt  sind,  in  drei-  oder  vierfachen  Exemplaren 
ausgestellt  und  seitens  des  Inhabers  oder  Absenders  der  Waaren  unterzeichnet 
werden. 

3)  Alle  solche  Facturen  müssen  bei  oder  vor  Absendung  der  Waaren 
dem  Consul,  Vice-Consul  oder  commerciellen  Agenten  der  Vereinigten  Staaten 
des  Consulardistriktes,  in  welchem  die  Waaren  zum  Export  nach  den  Ver- 
einigten Staaten  hergestellt  oder  gekauft  waren,  unterbreitet  werden.  Den- 
selben mufs  eine  von  dem  Käufer,  Fabrikanten,  Eigenthümer  oder  Agenten 
unterzeichnete  Erklärung  beigefügt  werden,  welcher  zu  Folge  die  Facturen  in 
jeder  Hinsicht  correct  und  wahrheitsgetreu  sind.  Die  Facturen  müssen,  wenn 
die  Waare  durch  Kauf  erlangt  wurde,  folgende  Punkte  enthalten:  Wahrheits- 
getreue und  ausführliche  Angaben  der  Zeit,  wann,  des  Ortes,  wo,  und  der 
Person,  von  welcher  die  betreffenden  Waaren  gekauft  wurden,  ferner  des 
wirklichen  Kostenpreises  der  Waaren  und  aller  Unkosten  darauf.  In  den 
Facturen  darf  kein  anderer  Discont,  Zollrabatt  oder  Prämie,  als  thatsächlich 
auf  die  Waaren  erlaubt  ist,  aufgeführt  sein,  und  wenn  die  betreffenden  Waaren 
auf  irgend  eine  andere  Weise  als  durch  Kauf  erlangt  wurden,  mufs  der  wirk- 
liche Marktwerth  oder  Engros-Preis  derselben  zur  Zeit  der  Ausfuhr  nach  den 
Vereinigten  Staaten  auf  den  Hauptmärkten  des  Landes,  aus  welchem  die  Waaren 
exportirt  wurden,  angegeben  sein. 

Der  wirkliche  Marktwerth  ist  der  Preis,  zu  welchem  die  in  einer  Factura 
beschriebene  Waare  auf  den  betreffenden  Märkten  allgemein  zum  Kaufe  offerirt 
wird,  und  welchen  der  Fabrikant  oder  Eigenthümer  für  die  betreffende,  auf 
dem  gewöhnlichen  Geschäftswege  in  den  üblichen  Engros-Qualitäten  verkaufte 
Waare  erhalten  haben  würde  und  willens  war,  entgegenzunehmen.  In  der 
Factura  müssen  alle  Unkosten  auf  die  betreffenden  Waaren  und  die  wirkliche 
Quantität  derselben  angegeben  sein,  und  keine  andere  von  der  in  Rede 
stehenden  verschiedene  Factura  darf  irgend  Jemandem  behändigt  werden. 
Wenn  die  Waare  thatsächlich  gekauft  wurde,  mufs  in  der  betreffenden  Er- 
klärung auch  die  Angabe  enthalten  sein,  dafs  die  Geldsorte,  in  welcher  die 
Factura  ausgestellt,  diejenige  ist,  welche  von  dem  Käufer  wirklich  für  die 
Waare  bezahlt  ist. 

4)  Mit  Ausnahme  von  persönlichen  Effecten,  welche  ein  Reisender  bei 
sich  führt,  dürfen  importirte  Waaren,  deren  zollpflichtiger  Werth  100  Doli, 
übersteigt,  nicht  ohne  Vorzeigung  einer  gehörig  beglaubigten  Factura  oder 
einer  eidlichen  Erklärung  (Affidavit)  der  Gründe  für  die  Nichtunterbreitung 
einer  Factura,  einklarirt  werden.  Auf  solche  eidliche  Erklärung  hin  darf 
indessen  die  Einklarirung  auch  nur  dann  erfolgen,  wenn  ihr  eine  Aufstellung 
in  Form  einer  Factura  beigefügt  ist,  aus  welcher  der  wirkliche  Kostenpreis 
der  betreffenden  Waare  oder  der  Marktwerth  zur  Zeit  des  Exports  ersicht- 
lich ist.  Die  betreffende  Aufstellung  mufs  durch  Eid  erhärtet  werden.  Die 
Zollbeamten  sind  gesetzlich  berechtigt,  die  genannten  Personen  zu  vernehmen. 
Im  Falle  sich  Jemand  weigern  sollte,  derartige  Angaben  zu  machen,  ist  es 
ihm  später  nicht  gestattet,  irgendwelche  Schriftstücke  einzureichen,  um  die 
Entrichtung  eines  Zuschlagzolles,  einer  Strafe  oder  Confiscation  zu  vermeiden. 

Der  Finanzminister  kann  Verfügungen  erlassen,  denen  zu  Folge  bei 
Büchern  und  Zeitschriften,   welche   in  fortlaufenden  Nummern,  Theilen  oder 


456      Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  und  die  MaeKinley  Bill. 

Bänden   publieirt    und    importirt    werden   und  zu  zollfreier  Einfuhr  berechtigt 
sind,  die  Abgabe   einer  einmaligen  Erklärung  für  die  ganze  Serie  statthaft  ist. 

Wenn  Waaren.  deren  W'eiili  100  Doli,  übersteigt,  auf  eine  Aufstellung 
in  Form  einer  Factura  hin  einklarirt  werden,  soll  der  Zollcollector  die  Stellung 
einer  Bürgschaft  für  die  spatere  Beibringung  einer  in  gehöriger  Weise  be- 
glaubigten Factum  verlangen. 

5)  Wenn  Lmportirte  waaren  mittels  Factors  einklarirt  werden,  mul's  eine 
der  unten  folgenden  Deklarationen,  und  zwar  je  nach  der  Sachlage  seitens 
des  Eigentümers,  Importeurs,  Consignatars  oder  Agenten  beim  Zollcollector 
des  Einfuhrhafens  deponirt  werden.  Die  betreffende  Deklaration  mufs  seitens 
des  Ausstellers  vor  dem  Collector,  einem  öffentlichen  Notar  oder  irgend  einem 
anderen  gesetzlich  zur  Abnahme  von  Eiden  oder  eidlichen  Angaben  ermäch- 
tigten   Beamten   unterzeichnet    werden. 

Deklaration  eines  Consiynatars^  Importeurs  oder  Agenten. 

Ich  (Name)  erkläre  hiermit  feierlich  und  der  Wahrheit  getreu,  dafs  ich 
der  Consignatar  (Importeur  oder  Agent)  der  in  der  betreffenden  Factura  oder 
der  angefügten  Zolldeklaration  beschriebenen  Waare  bin;  dafs  die  von  mir 
dem  Collector  von  (Hafen)  unterbreiteten  Facturen  und  Ladescheine  die  rich- 
tigen sind,  welche  ich  in  Begleitung  aller  mittels  des  (Name  des  Fahrzeuges), 
Kapitän  (Name),  von  (Name  des  Abgangs-Hafens),  importirten  Güter  und  Waaren 
für  Rechnung  irgend  einer  Person,  für  welche  ich  dieselben  einzuklariren 
autorisirt  bin.  erhalten  habe;  dafs  sich  die  betreffende  Factura  oder  der  be- 
treffende Ladeschein  in  demselben  Zustande  befinden,  wie  ich  sie  thatsächlich 
erhalten,  und  dafs  ich  von  dem  Vorhandensein  irgend  einer  anderen  Factura 
oder  irgend  eines  anderen  Ladescheines  für  die  beti  eilenden  Waaren  und 
Güter  weder  Kenntnifs  habe,  noch  glaube,  dafs  solche  vorhanden;  dafs  die 
gegenwärtig  dem  Zollcollector  überantwortete  Zolldeklaration  eine  im  Ein- 
klänge mit  Factura  und  Ladeschein  stehende  richtige  und  wahrheitsgetreue 
Beschreibung  der  betreffenden  Waaren  und  Güter  enthält;  dafs  meinerseits 
oder  meines  Wissens  seitens  irgend  einer  anderen  Person  in  der  betreffenden 
Beschreibung  nichts  verheimlicht  oder  ausgelassen  worden,  wodurch  die  Ver- 
einigten Staaten  um  einen  Theil  des  ihnen  gesetzmäfsig  zukommenden  Zolles 
von  den  in  Rede  stehenden  Waaren  und  Gütern  betrogen  werden  könnten; 
dafs  die  betreffende  Factura  und  die  darin  enthaltenen  Angaben  in  jeder 
Hinsicht  wahrheitsgetreu  und  der  Person,  von  welcher  sie  angeblich  her- 
rühren, auch  wirklich  ausgestellt  worden  sind;  und  dafs  ich,  wenn  ich  später 
irgend  einen  Irrthum  in  der  betreffenden  Factura  oder  in  der  gegenwärtigen 
Aufstellung  und  Beschreibung  der  betreffenden  Waaren  und  Güter  entdecke, 
oder  wenn  ich  irgend  eine  andere  Factura  für  dieselben  erhalte,  sofort  dem 
Zollcollector  dieses  Distriktes  davon  Anzeige  machen  will.  Ferner  erkläre 
ich  feierlich  und  der  Wahrheit  getreu,  dafs  ich  foder  wir)  (Name  und  Auf- 
enthalt des  oder  der  Eigenthümer)  nach  meinem  (oder  unserem)  besten  Wissen 
und  Dafürhalten  der  (oder  die)  Eigenthümer  der  in  der  angefügten  Zoll- 
deklaration erwähnten  Waaren  und  Güter  bin  (oder  sind);  dafs  die  von  mir 
unterbreitete  Factura  den  wirklichen  Kostenpreis  (wenn  gekauft),  oder  den 
wirklichen  Marktwerth  oder  Engros-Preis  (wenn  anderweitig  erlangt)  zur  Zeit 
des  Exports  nach  den  Vereinigten  Staaten  an  den  Hauptmärkten  des  Landes, 
aus  welchem  die  betreffenden  Waaren  und  Güter  importirt  wurden,  enthalt; 
sowie  ferner,  dal's  in  der  betreffenden  Factura,  wenn  thunlich,  der  Werth 
aller  Cartons,  Schachteln,  Korbe,  Kisten,  Säcke,  sowie  sonstiger  Emballage 
jeder  Art,  und  ferner  aller  BOnBtigen  Kosten,  Unkosten  und  Ausgaben,  wie 
sie  aus  dem  Zurechtmachen  und  Verpacken  der  Waare  für  den  Export  er- 
wachsen, eingeschlossen  und  speeificirt  sind,  und  dafs  in  der  Factura  kein 
anderer  Disconto,  Prämie  oder  Zollrabatt,  als  die  thatsächlich  auf  die  Waare 
gestatteten,  aufgeführt  sind. 

|  Aehnliclie  Erklärungen  müssen,  wenn  die  Waare  gekauft  ist.  die  Fabrikanten 
bezieh,  die  Eigenthümer  der  Waare  abgeben.) 

6)  Wer  wissentlieh  falsche  Angaben  in  den  Deklarationen  macht  oder  dazu 
behilflich  ist.  wird,  wenn  er  dieses  Vergehens  überfuhrt  ist,  zur  Erlegung 
einer  Geldbufse  bis  zu  5000  Doli,  oder  zu  Zuchthaus  bis  zu  zwei  Jahren,  oder 


Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  und  die  MacKinley  Bill.      457 

zu  beiden,  nach  Gutdünken  des  betreffenden  Richters,  verurtheilt,  während  die 
betreffende  importirte  Waare  confiscirt  wird. 

7)  Der  Eigenthümer,  Consignatar  oder  Agent  von  importirten  Waaren, 
welche  wirklich  gekauft  sind,  darf  bei  der  Einklarirung  den  in  der  Factura 
angegebenen  Kostenpreis  oder  Werth  derartig  erhöhen ,  dafs  derselbe  seiner 
Ansicht  nach  dem  wirklichen  Marktwerth  oder  Engros-Preis  der  betreffenden 
Waare  zur  Zeit  des  Exports  nach  den  Vereinigten  Staaten  an  den  Haupt- 
märkten des  Landes,  aus  welchem  dieselbe  importirt  worden,  gleichkommt. 
Eine  derartige  Erhöhung  ist  indessen  bei  Waaren,  welche  auf  andere  Weise 
als  durch  wirklichen  Kauf  erlangt  wurden,  nicht  statthaft.  Der  Zollcollector, 
in  dessen  Distrikt  irgend  welche  Waaren  importirt  und  einklarirt  werden,  soll 
dafür  sorgen,  dafs  der  wirkliche  Marktwerth  oder  der  Engros-Preis  derselben 
abgeschätzt  wird,  und  wenn  der  abgeschätzte  Werth  den  bei  der  Einklarirung 
deklarirten  Werth  um  mehr  als  10  Proc.  übersteigt,  soll  auf  die  betreffende 
Waare  aulser  der  gesetzlich  darauf  ruhenden  Zollgebühr  noch  ein  weiterer 
Betrag  gleich  2  Proc.  des  abgeschätzten  Totalwerthes  für  jedes  Procent,  um 
welches  der  abgeschätzte  Werth  den  in  der  Zolldeklaration  angegebenen 
Werth  übersteigt,  erhoben  werden.  Diese  Zuschlagszölle  beziehen  sich  nur 
auf  den  betreffenden  Artikel  in  jeder  Factura,  dessen  Werth  zu  niedrig  an- 
gegeben worden  war.  Wenn  aber  der  abgeschätzte  Werth  den  in  der  Zoll- 
deklaration angegebenen  Werth  um  mehr  als  40  Proc.  übersteigen  sollte,  kann 
eine  derartige  Zolldeklaration  als  muthmafslich  betrügerisch  angesehen  werden, 
und  der  Zollcollector  darf  in  diesem  Falle  die  betreffende  Waare  confisciren 
und,  wie  in  den  Fällen  einer  Beschlagnahme,  wegen  Verletzung  der  Zoll- 
gesetze vorgehen.  Bei  irgend  einem  aus  solcher  Confiscirung  hervorgehenden 
Prozesse  soll  die  Thatsache  einer  solchen  Minderbewerthung  (undervaluation) 
als  muthmafslicher  Beweis  des  Betruges  gelten.  Der  Recurrent  hat  den  Be- 
weis zur  Widerlegung  der  Anschuldigung  beizubringen,  und  über  die  zu 
niedrig  bewertheten  Waaren  soll  Confiscation  verhängt  werden,  wenn  es  dem 
Angeschuldigten  nicht  gelingt,  durch  ausreichende  Beweise  darzuthun,  dafs 
er  keine  betrügerische  Absicht  hatte.  Die  betreffende  Confiscation  soll  sich 
auf  den  gesammten  Inhalt  des  Waaren-Kollo  oder  Pakets  erstrecken,  in  welchem 
sich  der  betreffende  oder  die  betreffenden  Artikel,  welche  in  jeder  Factura  zu 
niedrig  bewerthet  (undervalued)  waren,  befanden. 

8)  Wenn  einklarirte  Waare  behufs  Verkaufes  consignirt  ist,  mufs  dem 
Zollcollector  des  Hafens,  in  welchem  die  Einklarirung  stattfindet,  eine  seitens 
des  betreffenden  Fabrikanten  unterzeichnete  Deklaration  betreffs  der  Her- 
stellungskosten der  betreffenden  Waare  unterbreitet  werden ,  in  welche  alle 
die  im  Abschnitt  11  dieses  Gesetzes  erwähnten  Kosten-Elemente  einbegriffen 
sein  müssen.  Diese  Angaben  müssen  in  drei  Exemplaren  ausgefertigt  werden 
und  mit  dem  Attest  des  Vereinigten  Staaten-Consularbeamten  des  Consular- 
distrikts  versehen  sein,  in  welchem  die  Waare  hergestellt  bezieh,  importirt 
wurde.  Eines  der  drei  Exemplare  erhält  die  Person,  welche  die  Deklaration 
machte,  ein  anderes  der  Zollcollector  des  Hafens,  und  das  dritte  wird  von 
dem  betreffenden  Consularbeamten  zurückbehalten  und  zu  den  Akten  ge- 
nommen. 

9)  Wenn  Jemand  falsche  Facturen  u.  s.  w.  vorzeigt,  oder  falsche  schrift- 
liche oder  mündliche  Angaben  macht  oder  dies  zu  thun  versucht,  oder  wenn 
sich  eine  solche  Person  absichtlich  irgend  einer  Versäumnifs  schuldig  macht, 
durch  welche  die  Vereinigten  Staaten  um  die  ihnen  gesetzlich  zukommenden 
Zölle  oder  um  einen  Theil  derselben  betrogen  werden,  so  soll  die  betreffende 
Waare  confiscirt  und  der  Werth  derselben  von  der  Person,  welche  die  Ein- 
klarirung gemacht  hatte,  eingefordert  werden.  Die  betreffende  Confiscation 
soll  sich  indessen  nur  auf  den  gesammten  Inhalt  oder  den  Werth  desselben, 
des  Kollo  oder  Pakets  erstrecken,  in  welchem  der  oder  die  speciellen  Artikel 
enthalten  sind,  auf  welche  sich  die  oben  erwähnten  betrügerischen  Praktiken 
beziehen.  Der  betreffende  Defraudant  kann,  wenn  überführt,  in  jedem  ein- 
zelnen Falle  zur  Zahlung  einer  Geldbufse  bis  zu  5000  Doli,  und  zu  einer 
Zuchthausstrafe  bis  zu  zwei  Jahren,  oder,  nach  Dafürhalten  des  Gerichtes,  zu 
beiden  Strafen  verurtheilt   werden. 


458      Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  und  die  MacKinley  Bill. 

1<M  Die  Abschätzer  (Appraisers)  der  Vereinigten  Staaten  sind  verpflichtet, 
mit  allen  ihnen  zu  Gebote  Btehenden  vernünftigen  Mitteln  den  wirklichen 
Markt werth  und  Engros-Preis  der  Waare  zur  Zeit  des  Exportes  auf  den  Haupt- 
märkten  des  Landes,  aus  welchem  dieselben  importirt  wurden,  auszufinden 
und  abzuschätzen,  ohne  Rücksicht  auf  die  in  den  Facturen,  Affidavits  u.  s.  w. 
gemachten  Angaben  betreffs  der  Kosten  oder  Productionskosten.  Ferner  sollen 
die  oben  erwähnten  Beamten  verpflichtet  sein,  die  Anzahl  der  Yards,  Pakete 
oder  Quantitäten  und  den  wirklichen  Marktwerte  oder  Engros-Preis  eines  jeden 
derselben  zu  controliren. 

11)  Wenn  der  wirkliche  Marktwerth  eines  Artikels  nicht  zur  Zufrieden- 
heit des  abschätzenden  Beamten  festgestellt  werden  kann,  soll  der  Appraiser 
alle  ihm  zu  Gebote  stehenden  Mittel  anwenden,  um  die  Productionskosten  der 
betreffenden  Waare  zur  Zeit  des  Exportes  nach  den  Vereinigten  Staaten  am 
Herstellungsorte  ausfindig  zu  machen.  In  die  betreffenden  Productionskosten 
müssen  die  Kosten  des  Rohmaterials  und  der  Fabrikation,  alle  mit  der  Her- 
stellung in  Verbindung  stehenden  Ausgaben,  die  aus  dem  Zurechtmachen  und 
der  Verpackung  der  Waare  zum  Versandt  erwachsenden  Ausgaben  und  ein 
Zuschlag  von  10  Proc.  auf  die  auf  diese  Weise  festgestellten  Gesammtkosten 
einbegriffen  sein.  In  keinem  solchen  Falle  soll  die  betreffende  Waare  bei 
der  Originalabschätzung  oder  bei  der  Wiederabschätzung  geringer,  als  der 
auf  diese  Weise  festgestellte  Betrag  der  Gesammtproductionskosten  ist,  ab- 
geschätzt werden. 

12)  Der  Präsident  soll  mit  Zustimmung  des  Bundessenates  neun  General- 
Appraisers  ernennen,  deren  jeder  ein  jährliches  Gehalt  von  7000  Doli,  er- 
halten soll.  Nicht  mehr  als  fünf  dieser  Appraisers  dürfen  ein  und  derselben 
politischen  Partei  angehören.  Dieselben  dürfen  kein  anderes  Geschäft  und 
keinen  anderen  Beruf  haben  und  können  seitens  des  Präsidenten  jederzeit 
abgesetzt  werden.  Drei  dieser  Appraisers  sollen  im  Hafen  von  New  York 
täglich  (mit  Ausnahme  der  Sonntage  und  gesetzlichen  Feiertage)  als  Collegium 
(board)  der  General-Appraisers  fungiren.  In  dem  genannten  Hafen  soll  auch 
ein  Lokal  zur  Aufbewahrung  und  Klassificirung  von  Waarenproben  eingerichtet 
werden. 

13)  In  den  Häfen,  in  welchen  sich  kein  Appraiser  befindet,  soll  das 
Certificat  des  Zollbeamten,  welcher  mit  dem  Abschätzen  des  zollpflichtigen 
Werthes  importirter  Waaren  und  der  Erhebung  der  Zölle  darauf  betraut  ist, 
als  Beweis  der  vorgenommenen  Abschätzung  gelten.  Sollte  indessen  der 
Zollcollector  die  Abschätzung  irgend  einer  importirten  Waare  für  zu  niedrig 
halten,  so  kann  er  eine  Wiederabschätzung  anordnen,  welche  von  einem  der 
General-Appraisers  vorzunehmen  ist. 

Wenn  der  Importeur,  Eigenthümer,  Agent  oder  Consignatar  der  be- 
treffenden Waare  mit  der  Abschätzung  nicht  einverstanden  ist,  kann  derselbe, 
vorausgesetzt,  dafs  er  den  gesetzlichen  Bestimmungen  hinsichtlich  der  Ein- 
klarirung  und  Abschätzung  von  Waaren  nachgekommen  ist,  innerhalb  zweier 
Tage  danach  dem  Collector  schriftlich  Mitthtilung  davon  machen,  dafs  er  mit 
dem  Resultate  der  Abschätzung  nicht  einverstanden  sei,  aufweiche  Reklamation 
hin  der  Collector  sofort  eine  Wiederabschätzung  der  betreffenden  Waare  seitens 
eines  der  General-Appraisers  anordnen  soll.  Die  bei  einer  solchen  Wieder- 
abschätzung getroffene  Entscheidung  kann  seitens  des  Importeurs  wie  seitens 
des  Zollcollectors  angefochten  werden.  In  beiden  Fällen  hat  der  Collector 
dann  die  Factura  und  alle  auf  die  Angelegenheit  bezüglichen  Schriftstücke 
dem  im  Hafen  von  New  York  fungirenden  Collegium  oder  einem  anderen  aus 
drei  General-Appraisers  bestehenden,  seitens  des  Finanzministers  zu  dem  Zwecke 
zu  bezeichnenden  Collegium  zu  unterbreiten,  welches  dieselben  zu  prüfen  und 
den  Fall  zu  entscheiden  hat.  Die  Entscheidung  dieses  Collegiums  ist  für  alle 
interessirten  Theile  mafsgebend. 

14)  Die  Entscheidung  des  Zollcollectors  hinsichtlich  des  Betrages  der 
Zölle  und  sonstigen  Abgaben  kann  innerhalb  zehn  Tagen  nach  Feststellung 
und  Liquidation  der  /«die  angefochten  werden.  Ist  dies  geschehen,  so  hat  der 
Collector  die  Zolldeklaration  und  alle  auf  die  Angelegenheit  bezüglichen 
Schriftstücke  dem  Collegium  der  General-Appraisers  zu   unterbreiten,   welche 


Die  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  und  die  MacKinley  Bill.      459 

den  Fall  prüfen.     Die  seitens  dieses  Collegiums  abgegebene  Entscheidung  ist 
malsgebend  und  endgültig. 

15)  Wenn  der  Eigenthümer  u.  s.  w.  einer  importirten  Waare,  oder  der 
Zollcollector,  oder  der  Finanzminister  mit  der  Entscheidung  der  General- 
Appraisers  nicht  einverstanden  ist,  so  kann  jeder  einzelne  von  ihnen,  inner- 
halb eines  Zeitraumes  von  dreifsig  Tagen  nach  Abgabe  der  betreffenden  Ent- 
scheidung, beim  Circuit  Court  der  Vereinigten  Staaten  (Bundes-Kreisgericht) 
des  betreffenden  Distrikts  eine  Revision  der  anstöfsigen  Entscheidung  be- 
antragen. 

Bei  Einreichung  einer  derartigen  Appellation  ist  im  Bureau  des  „Clerks" 
des  betreffenden  Gerichts  eine  in  gedrängter  Kürze  gehaltene  Angabe  der 
beanstandeten  Irrthümer  zu  Protokoll  zu  geben  und  eine  Abschrift  dieses 
Schriftstückes  dem  Zollcollector,  oder  dem  Importeur,  Eigenthümer,  Agenten 
oder  Consignatar  zu  behändigen.  Innerhalb  zwanzig  Tagen  kann  das  Gericht 
die  Angelegenheit  an  einen  der  General-Appraisers  verweisen,  damit  derselbe 
innerhalb  sechzig  Tagen  weiteres  Beweismaterial  für  das  Gericht  sammle, 
welches  danach  entscheidet.  Nur  wenn  das  Gericht  die  betreffende  Frage  für 
so  wichtig  hält,  dafs  eine  Revision  der  betreffenden  Entscheidung  durch  den 
Supreme  Court  (höchsten  Bundesgerichtshof)  der  Vereinigten  Staaten  noth- 
wendig  ist,  kann  der  Circuit  Court  innerhalb  eines  Zeitraumes  von  dreifsig 
Tagen  danach  eine  Appellation  an  den  Supreme  Curt  gestatten. 

16)  Die  General-Appraisers  sind  ermächtigt,  Eide  abzunehmen,  und  die 
Vorlegung  von  Briefen,  Rechnungen  oder  Facturen,  sowie  mündliche  und 
schriftliche  Aussagen  zu  verlangen. 

17)  Wenn  eine  derart  vorgeladene  Person  dieser  Vorladung  nicht  nach- 
kommt, soll  sie  um  100  Doli,  gebüfst  werden.  Wer  vor  einem  General- 
Appraiser,  Collegium  der  General-Appraisers,  Lokal- Appraiser  oder  Zoll- 
collector absichtlich  unter  Eid  falsche  Angaben  macht,  macht  sich  des 
Verbrechens  des  Meineides  schuldig,  und  wenn  er  der  Eigenthümer,  Importeur 
oder  der  Consignatar  der  in  Rede  stehenden  Waare  ist,  soll  die  letztere  con- 
fiscirt  werden. 

18)  Alle  seitens  der  General-Appraisers  und  der  Collegien  der  General- 
Appraisers  abgegebenen  Entscheidungen  hinsichtlich  der  Bewerthung  und  Zoll- 
raten sollen  aufbewahrt  und  protokollirt  werden,  so  dafs  sie  von  interessirten 
Personen  eingesehen  werden  können.  Alle  Entscheidungen  der  General- 
Appraisers  sollen  dem  Finanzminister  und  dem  im  Hafen  von  New  York  im 
Dienst  befindlichen  Collegium  der  General-Appraisers  berichtet  werden,  und 
der  Bericht  an  das  letztere  mufs,  wenn  thunlich,  von  Proben  der  in  Rede 
stehenden  Waaren  begleitet  sein.  Ein  Auszug  aus  diesen  Entscheidungen  soll 
wenigstens  einmal  in  jeder  Woche,  zur  Informirung  der  Zollbeamten  und  des 
Publikums,  veröffentlicht  werden. 

19)  Wenn  zur  Verpackung  von  importirter  Waare,  gleichviel  ob  zoll- 
pflichtig oder  zollfrei,  irgend  ein  ungewöhnlicher  Artikel  oder  irgend  eine 
ungewöhnliche  Form  benutzt  wurde,  welche  zu  einem  anderen  Zwecke  als 
zum  bona  fide  -  Transport  der  betreffenden  Waaren  nach  den  Vereinigten 
Staaten  bestimmt  sind,  so  soll  ein  Zusatzzoll  auf  das  betreffende  Material  oder 
den  betreffenden  Artikel  zu  derselben  Rate  erhoben  werden,  wie  er  entrichtet 
werden  müfste,  wenn  das  betreffende  Verpackungsmaterial  besonders  importirt 
worden  wäre. 

20)  Jede  in  einem  öffentlichen  oder  privaten  Zollspeicher  deponirte  Waare 
kann  innerhalb  eines  Zeitraumes  von  drei  Jahren,  vom  Datum  der  ursprüng- 
lichen Einfuhr  an  gerechnet,  gegen  Entrichtung  der  Zölle  und  Unkosten, 
welche  zur  Zeit  der  Zurückziehung  darauf  fällig  sind,  zum  Consum  zurück- 
gezogen werden. 

21)  Bei  allen  Prozessen,  bei  welchen  es  sich  um  eine  Beschlagnahme 
handelt,  soll,  wenn  irgend  Jemand  Anspruch  auf  das  confiscirte  Eigenthum 
erhebt,  der  Ansprucherhebende  den  Beweis  der  Richtigkeit  seines  Anspruches 
antreten. 

22)  Alle  früheren  Gebühren  und  Eide  sind  hiermit  abgeschafft. 

23)  Zollnachlafs  für  Waaren,  welche  während  des  Transportes  beschädigt 


460      Mineralöl-  und  Paraffmfabriken  der  Riebeck'schen  Hontanwerke. 

wurden,  wird  nicht  gewährt,  doch  kann  der  betreffende  Importeur  innerhalb 
sehn  Tagen  nach  der  Einklarirung  alle  in  einer  Factura  aufgeführten  Waaren 
oder  einen  Theil  derselben  der  Bandesregierang  überlassen.  In  diesem  Falle 
Boll  er  von  der  Entrichtung  des  Zolles  auf  den  preisgegebenen  Theil  befreit 
Bein,  vorausgesetzt,  dafs  der  preisgegebene  Theil  sich  auf  10  Proc.  oder  darüber 
des  Gesammtwerthes  der  in  der  Factura  aufgeführten  Menge  belauft.  Die  der 
Bandesregierang  preisgegebenen  Waaren  Bollen  für  Rechnung  der  letzteren 
den  Anordnungen  des  Finanzministers  geinäfs  auf  dem  Auktionswege  ver- 
kauft oder  anderweitig  veräufsert  werden. 

•24)  Wenn  Zölle  oder  Abgaben  unter  Vorbehalt  der  Appellation  entrichtet 
worden  Bind,  BO  wird  der  zu  viel  entrichtete  Betrag  aus  dem  Bundesschatze 
zurückerstattet. 

25)  Kein  Collector  kann  für  Vorschriften  oder  Entscheidungen  in  Zoll- 
angelegenheiten  verantwortlich  gemacht  werden,  BOfern  der  Importeur  u.  s.  w. 
auf  Grund  dieses  Gesetzes  berechtigt  ist,  gegen  die  Entscheidung  desselben 
zu  appelliren. 

26)  Wer  einem  Beamten  oder  Angestellten  der  Vereinigten  Staaten- 
Regierung  direkt  oder  indirekt  Geld  oder  Werthsachen  gibt,  anbietet  oder 
verspricht,  um  denselben  zur  Umgehung  der  Zollbestimmungen  bei  der  Ein- 
fuhr, Abschätzung.  Einklarirung  und  Prüfung  von  Waaren  und  Passagier- 
gepäck zu  verleiten,  oder  wer  durch  Drohungen,  Forderungen  oder  Ver- 
sprechungen irgend  welcher  Art  versucht,  einen  solchen  Beamten  oder 
Angestellten  in  unpassender  Weise  zu  beeinflussen  oder  zu  controliren,  da- 
mit er  seine  Pflicht  verletze,  soll,  wenn  dieser  Vergehen  überführt,  zur 
Zahlung  einer  Geldbufse  bis  zu  2000  Doli,  und  zu  Zuchthaus  bis  zu  einem 
Jahre,  oder  nach  Gutdünken  des  Gerichts  zu  beiden  Strafen  verurtheilt  werden. 

27)  Beamte  oder  Angestellte  der  Vereinigten  Staaten,  welche  aufser  den 
ihnen  gesetzlich  zukommenden  Gebühren  von  irgend  einer  Person,  direkt 
oder  indirekt,  Geld  oder  Werthsachen  für  die  Beihilfe  zu  Zoll-Defraudationen 
bei  der  Einfuhr  u.  s.  w.  verlangen,  erpressen  oder  entgegennehmen,  sollen, 
wenn  sie  vom  Gerichte  schuldig  befunden  werden,  eine  Geldbufse  bis  zu 
5000  Doli,  zahlen  und  mit  Zuchthaus  bis  zu  zwei  Jahren,  oder  mit  beiden, 
je  nach  Dafürhalten  des  Gerichtes,  bestraft  werden. 

28)  In  transito  nach  einem  fremden  Lande  eintreffende  Gepäckstücke  oder 
persönliche  Effecten  können  seitens  der  Besitzer  dem  Zollcollector  des  be- 
treffenden Distrikts  übergeben  werden,  welcher  dieselben  aufzubewahren  hat, 
ohne  irgend  welche  Zollgebühr  oder  andere  Abgaben  darauf  verlangen  zu 
dürfen,  und  der  sie  an  den  Collector  des  Abfahrtshafens  weiter  zu  befördern 
hat,  wo  die  betreffenden  Artikel  den  Eigenthümern  bei  ihrer  Abreise  nach 
dem  Auslande  kostenfrei  wieder  eingehändigt  werden.  Der  Finanzminister 
hat  die  hierzu  nothwendigen  Regulative  zu  erlassen. 

29)  Betrifft  die  Einwirkung  der  Bill  auf  ältere  Gesetze. 

30)  Dieses  Gesetz  soll  am  ersten  Tage  des  August  1890  in  Kraft  treten, 
mit  Ausnahme  des  Abschnittes  12.  welcher  sofort  in  Kraft  tritt. 


Die  Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen 
Montanwerke  bei  Halle  a.  d.  S. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  426  d.  Bd.) 

Mit  Abbildungen. 

Ein  Destillationsverfahren,  welches  die  Darstellung  leichter  Oele  durch 
Zersetzung  schwerer,  geringwerthiger  Oele  zum  Gegenstand  hat,  ist  die  Destil- 
lation unter  höherem  Drucke.  (D.  R.  P.  Nr.  37  728.)  Das  Verfahren  (vom  Ver- 
fasser herrührend)  wird  in  Webau  mit  zwei  Apparaten  ausgeübt.  Da  der 
Markt   für  Gasöle    sich  gebessert  hat,    ist    eine   gröfsere  Anwendung   des  Ver- 


Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      461 


fahrens    für   die  nächste  Zeit   nicht   zu  erwarten.     Doch  sei  hier  auf  die  dies- 
bezügliche Literatur  verwiesen.  1 

Das  Verfahren  ist  auch  auf  schwere  deutsche  Rohpetrole,  auf  Rückstände 
der  Stearinfabrikation  aus- 
gedehnt und  von  Engler 
angewendet  worden,  die 
Entstehung  des  Erdöles 
durch  Zersetzung  von  Fisch- 
resten und  hohem  Drucke 
experimentell  zu  beweisen.2 
Der  experimentelle  Theil 
der  Arbeit  ist  in  Webau 
mit  den  beiden  Pruckdestil- 
lationsblasen  ausgeführt. 
Das  Verfahren  wurde 
1888  im  Concours  inter- 
national in  Brüssel  mit  der 
goldenen  Medaille  ausge- 
zeichnet. 

Aus  den  Abgängen  der 
Mischerei  (von  der  unten 
die  Rede  sein  wird)  ge- 
langen Antheile  ebenfalls 
zur  Destillation,  welche 
jedoch  nicht  im  Vadium, 
sondern  unter  Einströmen 
von  überhitztem  Dampfe 
am  Boden  der  Blase  vor- 
genommen wird.  Fürdiese 
Arbeit  sind  in  Webau  vier 
Blasen  thätig,  welche  im 
Monat  etwa  600  metrische 
Centner  Creosotöl  und 
500  metrische  Centner  As- 
phalt erzeugen.  Letzterer 
wird  aus  den  Blasen  mit 
comprimirter  Luft  direkt 
in  Formen  abgedrückt. 

Das  Abdestilliren  mit 
Dampf  ohne  sonstige  Hei- 
zung der  Blase,  das  sogen. 
Abblasen ,  wird  vornehm- 
lich bei  der  Darstellung 
der  leichtesten  Oele  (des 
Benzins)  angewandt  und 
ist  für  diesen  Zweck  eine 
besondere  Blase  mit  Va- 
cuumeinrichtung  vorhan- 
den. Bei  der  eigentlichen 
Theer-  und  Oeldestillation 
im  luftverdünnten  Räume 
und  über  freiem  Feuer  wird 
mit  Dampi'iuiterstützung 
nicht  destillirt.  Das  in 
einigen  Fabriken  übliche 
Einströmenlassen    von 


1  Jahresbericht  des  Techniker-  Vereins  der  sächsisch-thüringischen  Mineralölindustrie, 
1887  S.  17  ff.;    7).  p.  J.  1887  264  336  und  1888  268  88. 

2  Vgl.  1888  260  137  und  1889  271  516. 


462      Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'sehen  Montanwerke. 


Dampf  in  den  oberen  Theil  der  Blase  erscheint  bei  der  Vacuumdestillation 
zwecklos,  ein  Destilliren  mit  Dampfunterstützung  —  Einströmung  am  Boden 
der  Blase  —  hat  erwiesenermal'sen  Parafünminderausbeute  zur  Folge. 

Die  Destillation  wird  ergänzt  durch  den  Mischprozefs,  die  Behandlung  der 
Producte  mit  Schwefelsäure  und  Natronlauge.  Beide  Chemikalien  werden  in 
wechselnder  Concentration  angewendet,  erstere  als  solche  von  66°  und  500  B. 
=  1,8-42  und  1,53  spec.  Gew.,  sowie  gelegentlich  als  rauchende  Schwefelsäure, 
die  Natronlauge  von  32  bis  40°  B.  =  1,357  spec.  Gew.  —  Das  Mischhaus  zu 
Webau,  in  den  Fig.  4,  5  und  6  abgebildet,  ist  25m  lang  und  llm  breit,  enthält 
10  geschlossene  cylindrische  Gefäfse,   welche   im  Deckel  Schauklappen  haben. 

Die  Gefäfse  sind  schmiede- 
lug. B.  eiserne  mit  Walzbleifutter. 

Die  Chemikalien  befinden 
sich  in  Druckkesseln, 
welche  in  den  Fufsboden 
eingelassen  sind  undwerden 
mittels  comprimirter  Luft 
in  Mefsgefäfse  gedrückt, 
welche  höher  stehen,  als 
der  Einlauf  in  das  Misch- 
gefäfs  ist.  Die  Mischgefäfse 
stehen  auf  einzelnen,  3^,7 
hohen  Säulen  und  tragen 
in  der  Mitte  des  Umfanges 
einen  Winkeleisenring,  der 
an  eine  eiserne  Bühne  ge- 
nietet ist,  welche  die  ganze 
Anlage  in  zwei  über  ein- 
ander gelegene,  völlig  von 
einander  getrennte  Räume 
theilt.  Der  Zugang  zu 
dem  oberen  Räume  geht 
über  eiserne  Aufsentreppen, 
das  Dach  ist  ein  Wellblech- 
dach. Der  eigenartige 
Unterbau  gestattet  genaue 
Belichtung  der  Abgangs- 
ventile. Unter  den  Gefäfsen 
laufen  die  Rinnen  hin, 
welche  die  Mischproducte ,  d.  h.  die  sich  am  Boden  absetzenden  mit  Theer- 
producten  beladenen  Chemikalien  aufnehmen  und  weiterleiten.  Jedes  Misch- 
gefäfs  fafst  18000k,  also  die  Charge  von  6  bezieh.  9  Blasen  und  werden 
solche  durch  einfaches  Ablaufenlassen  durch  das  am  Mischgefäfse  befindliche 
Abfiillventil  gefüllt,  da  die  Mischgefäfse  entsprechend  hoch  stehen.  Das  Mischen 
geschieht  mittels  Luftpumpen  bezieh,  durch   Einströmenlassen  von  Luft. 

Das  Webauer  Mischhaus  ist  gut  ventilirt,  da  die  Pfeiler  des  Gebäudes 
sämmtlich  als  Ventilationsschächte  angelegt  sind  und  die  geschlossenen  Gefäfse 
in  eine  weite  Rohrleitung  münden,  an  welcher  ein  Exhaustor  saugt. 

Zur  Bedienung  der  gesammten  —  elektrisch  beleuchteten  —  Anlage,  in 
«reicher  täglich  etwa  2500  bis  3000  Doppelcentner  Mineralöle  aller  Art  be- 
handelt werden,  sind  nur  zwei  Arbeiter  —  je  einer  bei  Tag  und  Nacht  —  er- 
forderlieh. 

Die  Behandlung  mit  Schwefelsäure  entzieht  den  Mineralölen  die  basischen 
Körper  und  löst  namentlich  hochsiedende  ungesättigte  Kohlenwasserstoffe  und 
Barze.  Auch  wird  eine  theilweise  Oxydation  bewirkt,  was  sich  durch  das 
Auftreten  schwefliger  Saure  bemerkbar  macht.  Aus  den  basischen  Körpern 
bezieh,  ihren  schwefelsauren  Lösungen  hat  Krey  mit  Itiehw.  II  hl  and  und  Scheit- 
hauer eine  Anzahl  Basen  der  Pyridinreihe  isolirt.  Das  Pyridin  selbst  fehlt, 
jedoch   sind   eine  Anzahl   Picoline   rein  dargestellt   worden. 

Chinoline  und  Acridine   bal   Verfasser  nicht  gefunden.     Bei  Anwendung 


Rin;i;i'f 


Mineralöl-  und  Paraffin fabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      463 


concentrirter  Säuren  resultirt  das  Mischproduct  schwarz  und  dickllüssig.  Das- 
selbe wird  dann  in  geschlossenen  Gefäfsen  bei  vorgelegtem  Kühler  durch  ein- 
strömenden Dampf  zerlegt,  die  Abfallsäure  abgezogen  und  die  ausgefällten 
Harze  hierauf  mit  überhitztem  Wasserdampfe  destillirt  3. 

Mittels  der  Natronlauge  wer-  p.     g 

den  den  Mineralölen  die  sauren 
Körper  entzogen.  Man  begreift 
dieselben  unter  dem  Sammel- 
namen Kreosot.  Sie  gehören  zum 
Theil  der  Phenolreihe  an.  Das 
Anfangsglied  derselben,  das 
Phenol,  ist  nicht  vorhanden,  wohl 
aber  die  drei  Kresole;  in  hoch- 
siedenden Antheilen  hat  r.  Boyen 
(Chem.  Ztg  ,  1889  S.  23)  Kreosol 
gefunden. 

Verdünnt  man  die  Kreosot- 
natronlösung bis  zum  sechsfachen 
Quantum  mit  Wasser,  so  scheiden 
sich  Oele  mit  sehr  hohem  speci- 
fischen  Gewichte  aus,  welche 
keine  Theersäuren  sind.  Die  da- 
von befreite  Kreosotnatronlösung 
läfst  sich  dann  beliebig  mit 
Wasser  verdünnen,  ohne  sich  zu 
trüben.  Diese  verdünnte  Lösung 
ist  auf  den  Vorschlag  Krey's  seit 
einigen  Monaten  mit  Erfolg  als 
Ersatz   des   Aetznatrons   bei   der 

Speisewasserreinigung  nach 
Dehnes  Verfahren  angewendet 
worden,  natürlich  nur  bei  Erzeu- 
gung von  Dampf  zum  Maschinen- 
betriebe. Derselbe  enthält  selbst- 
verständlich Kreosot  in  Spuren 
und  kann  zum  Kochen  nicht  ge- 
braucht werden. 

Das  Kreosotnatron  wird  auch 
als  solches  zum  Imprägniren  von 
Grubenhölzern  verbraucht  oder 
durch  verdünnte  Säuren  zerlegt 
und  das  abgeschiedene  Rohkreosot 
verkauft. 

Der  stete  und  unangenehmste 
Begleiter  unserer  Braunkohlen- 
theeröle, der  Schwefel,  tritt,  je 
nach  dem  stark  schwankenden 
Schwefelkiesgehalte  der  Kohle, 
in  wechselnden  Mengen  auf  und 
macht  sich,  je  nachdem,  auch  in 
den  Fabrikaten  bemerklich,  wenn 
während  ihrer  Verarbeitung  die 
Halbfabrikate  nicht  in  grösserer 
Menge  zusammengefafst  werden, 
um  eine  Durchschnittszahl  zu  er- 
zielen. In  Rohtheer  sind  0,4  bis 
4  Proc.  Schwefel   von  Krey  gefunden  worden.     Ein  Mittel  zu  seiner  radicalen 


3  Prof.  Dr.  Döbner  in  Halle  a.  d.  S.   ist   zur  Zeit   mit   einer  Untersuchung 
der  hochsiedenden  Braunkohlentheerbasen  beschäftigt. 


464      Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke. 

Beseitigung  ist  leider  noch  nicht  vorhanden.  Rrey  hat  ein  Gasöl  von  2  Proc. 
Schwefelgehalt,  nachdem  demselben  alles  Kreosot  entzogen  war,  vier  Wochen 
der  Luft  ausgesetzt,  darauf  wiederum  mit  Natronlauge  behandelt  und  analysirt, 
wobei  der  Schwefelgehalt  sich  nur  noch  auf  1.4  Proc.  belief.  Diese  Operation, 
I  »\\  direnlassen  an  der  Luft  und  Beseitigung  des  Oxvdationsproductes  mittels 
Natronlauge,  wurde  noch  zweimal  wiederholt  und  dadurch  der  Schwefelgehalt 
auf  0,2  Proc.  reducirt.  Von  einer  fabrikativen  Nuteanwendung  kann  natürlich 
nicht  die  Rede  sein,  aber  die  berichtete  Thatsache  gestattet  uns  einen  Schlufs 
auf  die  Natur  der  Schwefelverbindungen.  Sind  dieselben  erst  genau  bekannt. 
so  wird  hoffentlich  auch  ein  Mittel  zu  ihrer  gänzlichen  Beseitigung  nicht  mehr 
lange  auf  sich  warten  lassen. 

Dem  Mischprozesse  —  Behandlung  mit  Chemikalien,  Absitzenlassen  und 
darauffolgendes  Ablassen  des  Mischproductes,  Auswaschen  mit  verdünnten 
Lösungen  der  angewendeten  Chemikalien  oder  mit  Wasser  —  werden  die 
einzelnen  Oelsorten  ebenso  oft  unterworfen  als  der  Destillation,  je  nach  dem 
gewünschten  Grad  der  Reinheit  und  der  beabsichtigten  Verwendung. 

Der  Verbrauch  an  Chemikalien  ist  ein  erheblicher  und  betrug  im  J.  1888 
in  Webau  131000  M. 

Früher  wurde  sowohl  in  Webau  als  in  den  beiden  anderen  Fabriken  die 
Schwefelsäurebehandlung  schon  beim  Theere  begonnen,  wie  dies  auch  in  vielen 
anderen  Fabriken  der  Industrie  geschieht,  doch  ist  dieses  Verfahren  jetzt  ver- 
lassen worden.  Besonders  bei  Theersorten  geringerer  Qualität  empfiehlt  es 
sich,  durch  die  erste  Destillation  den  erheblichen  Procentsatz  an  Koks  u.  s.  w. 
auszuscheiden,  deren  antheilige  Schwefelsäure  gespart  wird. 

Ebenso  zweckmäfsig  erscheint  es,  die  Paraffinmasse  der  Residuumblasen 
für  sich  kräftig  mit  Schwefelsäure  zu  behandeln  und  an  der  Schwefelsäure  für 
die  eigentliche  Paraftinmasse  zu  sparen.  Die  Verarbeitung  der  Mischproducte 
ist  selbstverständlich  auch  eine  viel  lohnendere,  wenn  der  Behandlung  die 
Destillation  vorausgegangen  ist. 

Mineralöl-  und  Paraffinfabriken. 

Die  Oelfabrikate  aus  dem  Braunkohlentheer  sind  bekanntlich :  leichtes 
Braunkohlentheeröl  (auch  fälschlich  Benzin  genannt)  im  spec.  Gew.  0.790 
bis  0,800; 

Solaröl,  Leuchtöl,  0.825  bis  0,830,  Entflammungspunkt  50°  C,  farblos,  bis 
2600  siedend; 

Putzöl,  Extractionsöl  0,850  bis  0,860,  Enttlammungspunkt  1000  C.,  fast 
farblos  bis  schwach  gelb,  bis  280°  siedend; 

helle  bis  rothe  Paraffinöle  für  diverse  Zwecke,  auch  zur  Vergasung,  0,860 
bis  0,880,  bis  3000  siedend: 

dunkle  Paraffinöle  zur  Vergasung  und  zur  Wagenfettfabrikation  0,880  bis 
0,925,  rothbraun  bis  schwarz: 

Fettöle,  gelbe  und  gelbrothe  Paraffinöle  0,880  bis  0,900  für  bessere  Schmier- 
mittel, Kreosotproducte,  Braunkohlenpech,  Goudron. 

Da  die  Versandtzeit  sich  auf  die  Herbstmonate  und  den  Winter  zusammen- 
drängt, so  mufs  ein  grofser  Theil  der  Fabrikate  gelagert  werden. 

Die  Fabrik  Webau  hat  für  76000  Doppelcent uer  =  8500cbm  Oel  Raum  in 
Bassins  von  Eisen  und  in  Cisternen.  Gröfsere  Reservoirs  (ä  500cbm  =  9000  Centner) 
sind  3  Stück  (Patent  Intze)  vorhanden.  Dieselben  stehen  ohne  Bedachung  im 
Freien  und  haben  sieh  vorzüglich  bewährt ;  ihre  eigentümliche,  nach  jeder 
Richtung  hin  Sicherheit  gewährende  Construction  ermöglicht  eine  genaue 
Controle  de:    Beschaffenheit  des  Inhalts  wie  des  Reservoirs. 4 

In  der  Böttcherei  werden  etwa  12  Mann  beschäftigt  und  jährlich  gegen 
46000  Barrels   verbraucht. 

Den  bei  der  Destillation  erhaltenen  paraffinhaltigen  Oelen  wird  das  Paraffin 
durch  Abkühlung  und  Krystallisirenlassen  entzogen.  In  Webau  gelangen  je 
nach  der  Form  der  Kühl-  bezieh.  KryBtallieationBgefäfse  und  nach  der  Art  der 
Kühlung  zwei  Arten  der  Krvstallisation  in  Anwendung.     Die  von  der  Theer- 

4  1883  249  *  485. 


Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      465 

destillation  resultirenden  Paraffin massen  werden  mittels  Grubenwasser  auf 
dessen  Temperatur  (etwa  180  C.)  gekühlt  und  zwar  in  sogen.  Hülsen  von 
etwa  27k  Inhalt.  In  den  gleichen  Gefäfsen  (von  denen  etwa  5500  Stück  in 
Betrieb  sind)  aber  mittels  Salzlösungen,  welche  in  Eismaschinen  auf  etwa 
—  5"C.  abgekühlt  sind,  auf  etwa  00  abgekühlt,  werden  die  Paraffinmassen 
welche,  der  zweiten  und  dritten  Destillation  entstammend,  Paraffine  von  421' 
bis  480  Schmelzpunkt  geben,  Paraffinmassen  der  dritten  und  vierten  Destil- 
lation, welche  Paraffine  unter  420  Schmelzpunkt  geben,  in  größeren  und  cvlin- 
dnschen  Gefäfsen  (zu  4000  bis  5000k  Inhalt)  in  der  Winterkälte  auskrystalli- 
siren  gelassen.  An  Krystallisationsgebäuden  sind  vorhanden  zwei  Keller  (etwa 
<60qm)  für  die  Abkühlung  der  Hülsen,  und  zwei  Gebäude  (etwa  2100qm)  mit 
212  Geialseu  für  die  Winterkrystallisation.  Wenn  in  der  Winterkälte  die  be- 
treffende Paraffinmasse  auskrystallisirt  ist  und  ein  weiteres  Sinken  ihrer 
lemperatur  nicht  zu  erwarten  steht,  läfst  man  das  Oel  durch  Oeffnen  der  am 
Boden  der  Gefäfse  befindlichen  Verschlüsse  ablaufen,  die  Paraffinschunnen 
bleiben  im  Gefäfse  zurück.  FF 

Die  sogen.  Hülse  hat  eine  prismatische  Form  (140mm  X  330mm  x  785mm) 
nach  oben  sich  conisch  erweiternd,  und  trägt  in  der  Mitte  eine  lose  eingesetzte 
Krücke.  Zwecks  Entleeren  kommt  sie  auf  eine  Ziehbank,  wo  die  Krücke  be- 
festigt und  mit  ihr  der  Inhalt,  das  festgewordene  Paraffin,  herausgezogen  wird 
Die  Hülse  hat  oben  zwei  Ohren,  welche  ihr  Festliegen  auf  der  Ziehbank  er- 
möglichen Der  Hülsenbetrieb  eignet  sich  der  kurzen  Zeitdauer  wegen,  welche 
die  Krystallisation  erfordert  (4  bis  5  Tage)  namentlich  für  gröl'sere  Fabriken 

Die  zur  Kühlung  der  in  Hülsen  auskrystallisirten  Weichparaffinmassen 
verwendeten  Salzlösungen  werden,  wie  eben  erwähnt,  in  Eismaschinen  ab- 
gekühlt Es  sind  deren  in  Webau  zwei  in  Betrieb  und  zwar  Ammoniak- 
Eismaschinen  (nach  Carre)  älterer  Construction.  Sobald  das  Paraffin  die  Hülse 
verlafst,  fällt  es  in  einen  Trog,  in  welchem  es  durch  einen  Maischapparat 
zerkleinert  und  von  hier  nach  den  Filterpressen  gedrückt  wird,  in  denen  die 
erste  Entöl ung  der  Masse  vorgenommen  wird.  Die  Filterprefslinffe  werden 
dann  einem  Drucke  von  80  bis  100at  in  stehenden  hydraulischen  Pressen  unter- 
Pa°raffin  enthalten  die   dabei   erhaltenen  Prefslinge  schon  gegen  90  Proc. 

Der  fernere  Reinigungsprozefs  ist  ein  Waschprozefs  unter  Druck.  Die 
Preislage  werden  wiederholt  unter  Zusatz  leichter  Braunkohlentheeröle  ge- 
schmolzen, erstarren  gelassen  und  abgeprefst  und  schliefslich  die  anhängenden 
Theile  leichter  Theeröle  durch  einströmenden  Dampf,  in  Blasen  mit  vor- 
gelegtem Kuhler  zur  Condensation  des  abgeblasenen  Benzins,  entfernt.  Webau 
hat  vier  Prefsanlagen  (vgl.  Fig.  7,  8  und  9).  Nr.  1  (Neubau  1888)  39m  lang, 
19m  breit,  Sheddach  -  Glas  und  Wellblech  -  hat  vier  Filterpressen,  acht 
stehende  zehn  liegende  hydraulische  Pressen,  Aufschmelzgefäfse  und  Bassins 
zum  Erstarrenlassen  des  Prefsgutes  nach  dem  Benzinzusatze,  in  bequemen 
Betrieb  ermöglichender  Anordnung. 

S^Ü?''^888/,35^13™'  Sheddach,  hat  acht  liegende  Pressen, 
bcnmelzgefalse  und  Giefsbassins  wie  Nr.  1. 

Beide  Anlagen  haben  gemeinschaftliches  Maschinenhaus  mit  zwei  hydrau- 
lischen I  umpwerken  sowie  einen  Accumulator.  Dieser,  stets  mit  25at  ge- 
laden besorgt  das  Füllen«  der  Presse,  d.  h.  drückt  sie  sofort  beim  Oeffnen 
des  Ventils  auf  25at,  bei  welchem  Drucke  die  EntÖlung  erst  beginnt.  Ohne 
diese  Vorrichtung  dauert  das  Füllen  der  Presse  10  bis  15  Minuten.  Die  An- 
lagen 3  und  4  haben  nur  stehende  Pressen  (14  bezieh.  8),  ie  2  Filterpressen 
PaSS  h/d^ulische  Pumpwerke,  und  verarbeitet  die'  erstgenannte  d?e 
Paraffinmasse  der  E.smaschinenkühlung,   die   andere    die  der  Winterkrystalli- 

Ptw»Don,megende\hj1raulLSchen    Pressen    leiten    mit    einem    Drucke    von 
1  Pf",  d!"    PrfSen   resultirenden   Oele  -   die   Zusatzöle    ent- 

ziehen den  Irelshngen  die  anhängenden  Schweröle,  lösen  aber  auch  Paraffin 
und  zwar  immer  die  Antheile  von  niedrigem  Schmelzpunkte  -  gelangen 
ftxsjeh  zur  Destillation  und  werden  dem  Mischprozesse  und  suecessive  der 
lvi\.-tallisation  u.  s.  w.  unterworfen. 

Dingler'spolyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  10.  1S90/11I.  30 


Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      467 

Bei  dem  sogen.  Abblasen  der  Benzinreste  aus  dem  fertig  geprefsten 
Paraffin  wird  in  Webau  für  je  fünf  Blasen  ein  gemeinschaftlicher  Kühler  be- 
sonderer Bauart  verwendet.  Derselbe  (cylindrisch,  lm,2  Durchmesser,  1^,4  lang) 
enthält  19  Rippenrohre,  in  denen  kaltes  Wasser  circulirt.  Das  eintretende  Ge- 
misch von  Wasser-  und  Benzindampf  passirt  eine  Brause,  deren  Wasser  den 
Wasserdampf  verflüssigt,  während  sich  der  Benzindampf  auf  den  gekühlten 
Rippenrohren  condensirt. 

Die  Kühler  arbeiten  sehr  sicher  bei  geringem  Kühlwasserverbrauche  und 
bequemer  Bedienung.  Das  Abblasen  geschieht  ebenfalls  im  luftverdünnten 
Räume.  Die  Schlufsbehandlung  des  Paraffins  ist  seine  Entfärbung  mittels 
Thierkohle  bezieh,  dem  sogen.  Entfärbungspulver  —  Rückstände  der  Blut- 
laugensalzfabrikation.  —  Dieselbe  geschieht  in  grofsen  cylindrischen  Gefäfsen 
durch  Mischen  mit  Luft,  letztere  getrocknet  und  filtrirt. 

Die  Trennung  vom  Entfärbungsmittel  geschieht  mittels  Filtriren  durch 
Papier.  Ueber  Entfärbungsmittel  des  Paraffins  ist  in  letzter  Zeit  mehrfach 
gearbeitet  worden. 5  Dasselbe  wird  nach  seinem  Gebrauche  extrahirt  und  be- 
dient man  sich  in  Webau  eines  Apparates  eigener  Construction ,  der  eine 
innige  Mischung  des  Materials  mit  dem  Extractionsmittel  durch  ein  Rührwerk 
ermöglicht. 

Der  Apparat  wird  geschlossen  und  mit  indirektem  Dampf  geheizt,  bis 
das  Manometer  etwa  lat  Druck  im  Apparate  anzeigt.  Darauf  wird  die  Ver- 
bindung zu  einer  Filterpresse  geöffnet,  welche  das  extrahirte  Pulver  zurück- 
hält und  die  Lösung  des  Paraffins  im  Extractionsöl  passiren  läl'st.  Bei  doppelter 
Extraetion  wird  sämmtliches  Paraffin  zurückgewonnen.  Die  reinen  Braun- 
kohlenparaffine sind  nach  den  Untersuchungen  Krafffs  {Berichte  der  deutschen 
chemischen  Gesellschaft,  1888  S.  21)  zum  grofsen  Theile  höhere  Normalparaffine 
der  Methanreihe.  Nach  Untersuchungen  von  Krey  sind  auch  anderweite  feste 
Körper  und  zwar  ungesättigte  Kohlenwasserstoffe  in  ihnen  enthalten. 

Reinstes  Weichparaffin  von  etwa  37(1  Schmelzpunkt  gibt  geschmolzen,  mit 
Schwefelsäure  geschüttelt,  an  solche  6  Proc.  ab,  und  lassen  sich  aus  der 
Schwefelsäurelösung  durch  Zusatz  von  Wasser  die  festen  ungesättigten  Kohlen- 
wasserstoffe leicht  isoliren. 

Ebenso  addiren  die  Braunkohlenparaffine  Jod ,  100g  Paraffin  von  55° 
Schmelzpunkt  addiren  4g,10  Jod,  Paraffin  von  50°  Schmelzpunkt  addirt  5S,85, 
Paraffin  von  37«  C.  addirt  9g,95  Jod.  6 

Das  Paraffin  gelangt  nach  seiner  Fertigstellung  zum  gröfsten  Theil  in  die 
eigene  Kerzenfabrik.  Nur  ein  kleiner  Theil  kommt  als  solcher  in  den  Handel, 
der  es  den  verschiedenen  bekannten  Verwendungen  zuführt.  Erwähnt  sei 
hier,  dal's  neuerer  Zeit  Paraffin  mit  Erfolg  als  Waschmittel  (namentlich  bei 
Leinenwäsche)  zur  Anwendung  gekommen  ist. 

Die  Paraffine  unserer  Industrie  sind  betreffs  ihrer  Verwendbarkeit  für  die 
Kerzenfabrikation  denen  des  Auslandes  überlegen.  Die  schottischen  Fabriken 
entölen,  nachdem  die  Paraffinmassen  die  Filterpressen  passirt  haben,  durch 
das  sogen.  Ausschwitzverfahren.  Nach  diesem  Verfahren  läl'st  man  das  den 
Filterprefslingen  anhaftende  Oel  bei  einer  Temperatur,  die  der  des  Paraffin- 
schmelzpunktes angepafst  ist,  abtropfen.  Es  werden  dadurch,  wenn  bei  Be- 
handlung der  Schieferöle  die  Schwefelsäure  nicht  gespart  wurde,  weifse  und 
geruchfreie  Paraffine  erzielt,  welche  jedoch  ganz  andere  Structur  wie  unsere 
Fabrikate  besitzen.  Sie  sind  zähe,  klebrig  und  lösen  sich  als  Kerzenmaterial 
schwer  von  den  Wandungen  der  Giefsformen  ab.  Die  Reinigung  scheint  oft 
eine  unvollkommene  zu  sein.  —  Die  Kerzenfabrik  Webau  ist  die  gröfste  Kerzen- 
fabrik Deutschlands,  sie  arbeitet  mit  122  Giefsmaschinen. 

Aufser  dem  Schmelzraume,  wo  das  Giefsmaterial  vorbereitet  wird,  sind 
zwei  Giefssäle  und  zwei  Kerzenpackräume  vorhanden.  Es  werden  gegen  178 
verschiedene  Kerzenfacons  hergestellt  und  gelangen  150  verschiedene  Etiketten 


5  Zaloziecky,  D.  p.  «/.,  1887   265  20.   72.  117.   178.    Holland,  Jahresbericht  des 
Techn.-  Vereins  der  sächsisch-thüringischen  Mineralölindustrie.     Vehrichs.  1888  270182. 

6  Hübl's  Methode,  D.  p.  J.,  1884  253  281. 


408      Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke. 

in  allen  lebenden  Sprachen  zur  Verwendung.  Die  Kerzenfabrik  bedeckt  eine 
Flache  von   11801»'  und  ist  elektrisch  beleuchtet. 

Aus  dem  verschiedenen  Kerzenmateriale  werden  Paraffinkerzen  und  Com- 
positionskerzen  fabricirt,  entere  in  verschiedenen  qualitativen  Abstufungen 
als  Krvstall-,  Brillant-,  Paraffin-.  Naturellkerzen  und  Weihnachtskerzen.  Die 
Compoeitionskerze  bat  durch  einen  gröfseren  Gebalt  an  Stearin  das  Aeufsere 
der  Stearinkerze,  während  die  Paraffinkerze  bläulichweil's  durchscheinend  ist. 
Die  Weihnachtskerzen  werden  in  sechs  verschiedenen  Färbungen  (giftfrei)  her- 
gestellt. Auch  für  den  Export  werden  bunte  Kerzen  in  grol'ser  Menge  ge- 
liefert. Die  grofse  Ueberlegenheit  der  Paraffinkerze  und  namentlich  auch  der 
Compositionskerze,  dem  Leuchl  werthe  nach,  über  die  Stearinkerze,  ist  neuer- 
dings wieder  durch  eine  Arbeit  Buntes  erhärtet  worden. 1  Nach  den  Preisen 
von  1888  stellte  sich  das  Kostenverhältnils  für  gleiche  Lichtmengen  zwischen 
Stearin,  Composition  und  Paraffin   wie  7,8:5,8:5,0. 

Auch  die  reinen  Paraffinkerzen  erhalten  einen  geringen  Stearinzusatz 
(1,5  bis  2  Proc),  die  bunten  Kerzen  bis  zu  4  Proc.  Eigentümlich  ist  das 
Verhalten  der  Paraflin-Stearinlegirungen.  Je  nach  den  Schmelzpunkten  und 
Mengen  der  Componenten  zeigt  die  Composition  bedeutende  Erniedrigung  des 
Schmelzpunktes  z.  B.  %  Paraffin  von  45"  C.  und  I/o  Stearin  von  540  C.  geben 
eine  Composition  von  410  C.  (berechneter  Durchschnitt  480  C.).  Die  gleiche 
Abweichung  —  70  C.  —  zeigt  eine  Composition  von  V3  Paraffin  von  57°  C. 
und  %  Stearin  von  54°  C.  Die  Composition  hat  einen  Schmelzpunkt  von 
480  C. 

Stearin  scheidet  sich  in  der  Legirung,  so  lange  diese  tlüssig,  leicht  aus. 
Krey  fand  den  Stearingehalt  in  Spitze  und  Fufs  der  Compositionskerze  um 
2  bis  3  Proc.  difTerirend.  Das  Reten  zeigt  übrigens  in  Paraffinlegirungen  das- 
selbe Verhalten,  nur  noch  in  viel  stärkerem  Malse.  Krey  constatirte  bei 
16procentigen  Reten-Paraffinlegirungen  (Schmelzpunkt  90°  C.  mit  Paraffin  von 
540  und  490)  für  die  Composition  530  und  470.  —  Die  Kerzenfabrikation  setzt 
viele  Hände  in  Thätigkeit  und  hat  eine  Reihe  von  Nebenbetrieben  zur  Folge. 
Der  Bedarf  an  Packpapier,  Cartonnagen  aller  Art  betrug  im  J.  1888:  165000  M.; 
für  die  Giefsformen  (der  122  Webauer  und  22  Ober-Röblinger  Maschinen)  ist 
eine  besondere  Metallgiefserei,  ebenso  ist  eine  Kistenfabrik  erforderlich,  die 
im  vorigen  Jahre  180000  Kerzenkisten  aller  Art  lieferte.  Für  Dochte  und 
Stearin  wurden  etwa  393000  M.  gebraucht. 

Da  auch  die  Kerzen  besonders  in  den  Herbst-  und  Wintermonaten  zum 
Versandt  gelangen,  während  die  Production  im  ganzen  Jahr  eine  gleichmäfsige 
ist,  so  werden  auch  für  Kerzen  gröfsere  Lagerräume  nothwendig,  welche  sich 
nur  zum  Theil  auf  der  Fabrik,  und  im  Wesentlichen  auf  dem  Lagerhofe  der 
A.  Riebeck'schen  Montanwerke  in  Weifsenfeis  befinden.  Das  aufgespeicherte 
Kerzenquantum  steigt  bisweilen  bis  zu  15  000  Doppelcentner. 

Die  eingangs  erwähnten  mechanischen  CNebcn-)Betriebe:  Eisengiefserei, 
Kesselschmiede  und  Maschinenfabrik  beschäftigen  zur  Zeit  etwa  60  Mann.  Die 
Eisengiefserei  hat  zwei  Cupolöfen,  einen  Flammenofen  und  producirt  jährlich 
gegen  5000  Doppelcentner  Gul'swaaren  für  den  Bedarf  der  eigenen  Werke. 
Die  Maschinenfabrik  ist  Hauptreparaturwerkstatt  der  Werke  —  mit  29  Werk- 
zeugmaschinen —  und  baut  vornehmlich  Pumpen,  Fördermaschinen  u.  dgl. 
Die  Anlagen  waren  namentlich  während  der  Vergröfserung  der  Schweelereien 
und  Brikettfabriken,  sowie  während  des  Umbaues  der  Mineralölfabriken  stark 
Lftigt. 

Kurz  vor  Zeitz,  etwa  l^>"  von  der  Strafee  ab.  liegen  die  Reussener  Werke 
(Grube,  Schweelerei,  Mineralölfabrik).  Diese  Werke  gehören  zu  den  ältesten 
der  Gesellschaft.  Der  eiste  Rie&eefc'sche  Schacht  bei  Reussen  wurde  1863  ab- 
geteuft und  bald  entstanden  hier  grofse  Schweelanlagen ,  erst  mit  liegenden 
Retorten,  Bpäter  mit  stellenden  Cylindern  ausgerüstet. 

Der  gewonnene  Theer  wurde  bis  Anfang  dieses  Jahrzehnts  nach  Webau 
gefahren,  dann  jedoch  der  um  diese  Zeit  angelegten  Mineralölfabrik  zugeführt. 
Jetzt  verarbeitet  dieselbe  den  Theer  der   drei  Reussener  Seh weelerei- Anlagen 


Bunte-Scheithauer^  Jo  anal  für  Gasbeleuchtung,    1888   Nr.  12   S.  400. 


Mineralöl-  und  Paraffin t'abriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      469 


(zusammen  89  Cylinder),  von  denen  zwei  mit  der  Fabrik  durch  Rohrleitungen 
verbunden  sind.  Zur  Ergänzung  der  Jahresleistung  der  Fabrik  (65000  bis 
70000  Doppelcentner  Aufarbeitung)  wird  noch  Theer  der  Grube  Gertrud  bei 
Gaumnitz  der  Fabrik  zugeführt.  Der  Theer  ist  mittlerer  bis  guter  Qualität 
vom  spec.  Gew.  0,840  bis  0,875. 

Das  Fabrikareal  beträgt  lha,3,  mit  acht  Betriebsgebäuden  (3600qm),  drei 
Dampfkesseln  mit  etwa  250qm  Heiziläche  und  23  Betriebsmaschinen.  Ursprüng- 
lich stellte  die  Fabrik  nur  Gasöl  dar,  die  übrigen  Producte  wurden  als  Halb- 
fabrikate nach  Webau  zur  weiteren  Verarbeitung  übergeführt,  in  den  Jahren 
1883  bis  1884  ist  sie  so  weit  ausgebaut  worden,  dafs  sie  sämmtliche  Gele  als 

Fig.  8. 


Ganzfabrikate  und  nur  Paraffin  als  Halbfabrikat  (Paraffinschuppen)  abgibt. 
Sie  wurde  durch  eine  Werkstatt  und  einen  „Oelhof"  vergröfsert.  Der  letztere, 
für  sich  gelegen,  eingezäunt  und  gepflastert,  enthält  sieben  eiserne  Reservoirs, 
dabei  zwei  „Patent  Intzeu  zu  500cbm  Inhalt,  eine  Ladebühne,  Böttcher-  und 
Fässerschuppen  u.  s.  w.  Der  zur  Aufspeicherung  in  Bassins  gegebene  Raum 
beträgt  etwa  2000cbm  —  20000  metrische  Centner,  die  Wasserversorgung  liefert 
1200chm  Wasser  im  Tag,  die  Beleuchtung  geschieht  mittels  bei  der  Destillation 
abgesogenen  Gases  durch  etwa  140  Flammen,  die  Räume  sind  meist  mit  Aufsen- 
beleuchtung  versehen.  Der  tägliche  Kohlenverbrauch  beziffert  sich  auf  600h|. 
Beschäftigt  werden  vier  Beamte  und  sechzig  Arbeiter. 

Das  Aufarbeitungsverfahren   ist  im  Wesentlichen   das   in   Webau    geübte. 

Die  Teutschenthaler  und  Ober-Röblinger  Anlagen  der  A.  Riebeck'' sehen 
Montanwerke  sind  an  der  von  Halle  a.  S.  nach  Nordhausen  führenden  Eisen- 
bahn gelegen.  Mit  dem  Bergwerk  Ottilie-Kupferhammer  in  Ober-Röblingen, 
dem  jetzt  bedeutendsten  Braunkohlenbergwerk  der  Gesellschaft  nicht  nur, 
sondern  im  Oberbergamtsbezirk  Halle  überhaupt,  sind  Brikettfabrik,  Nafsprefs- 
steinfabrik,  Schweelereien  und  eine  Mineralöl-,  Paraffin-  und  Paraffinkerzen- 
fabrik verbunden.  Die  letztere  verarbeitet  den  in  den  Schweelereien  Teutschen- 
thal,  Ober-Röblingen  und  neuerdings  den  auf  Grube  Walters  Hoffnung  bei 
Stedten  erzeugten  Theer,  jährlich  50000  bis  60000  Doppelcentner. 

Entstanden  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrzehnts,  hat  die  Fabrik  seit  1883 
wesentliche  Um-  und  Neubauten  erfahren. 

Ursprünglich  wie  Reussen  nur  zur  Erzeugung  von  Gasöl  bestimmt,  sonstige 
Oele  und  namentlich  die  Paraffine  als  Halbfabrikate  an  Webau  abgebend, 
arbeitet  sie  jetzt  obengenannte  Theerrnenge  völlig  auf  und  nimmt  im  Kerzen- 
betriebe noch  fremdes  Paraffin  als  Rohstoff  auf.  Das  gesammte  Fabrikareal 
beträgt  lha,60  mit  acht  Betriebsgebäuden  ohne  Kesselhaus,  welches  dem  ge- 
sammten  Betriebe  Kupferhammer  gemeinschaftlich  ist,  also  den  Betriebs- 
gebäuden der  Mineralölfabrik  nicht  zugezählt  werden  darf.  Parallel  mit  dem 
Bahnstrange,  mit  eigenem  Ladegeleise,  liegt  der  49m  lange  Verladeschuppen 
der  Fabrik,  auf  dessen  Laderampen  die  Abfüllleitungen  mehrerer  Oelreservoirs 


47» >      -Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeek'schen  Montanwerke. 

münden,  /wischen  Ladeschuppen  und  dein  Hauptgebäude  der  Fabrik  ist  der 
„Oelhof"  gelegen.  Hier  befinden  Bich  zwei  intse'sche  Reservoirs  zu  500CDIn 
Inhalt,  also  von  gleicher  Grüfte  wie  die  in  VVebau  und  Reussen  befindlichen, 
meinen'  kleinere  Reservoirs,  sowie  die  Wasserstation  der  Fabrik,  welche  tag- 
lich  L500cbm  Kühlwasser  zu  liefern  hat. 

Der  tagliche  Feuerkohlenverbrauch  (Dampfkesselbedarf  ausgeschlossen) 
betragt  etwa  220 W1  es  sind  \>4  Bei riebsmaschinen  und  zwei  Gasometer  in 
Thätigkeit 

Die  sechs  Bassin  wagen  der  Gesellschaft  für  den  Transport  von  Gasöl  sind 
hier  stationirt.  Leider  hai  der  Verkehr  in  Gasöl  mittels  Bassinwagen  noch 
nicht  diejenige  Ausdehnung  gewonnen,  welche  dieses  für  alle  Betheiligten 
angenehme  und  praktische  Transportverfahren  verdient,  doch  ist  von  Jahr  zu 
Jahr  ein  langsam  wachsendes  Interesse  der  Consumenten  am  Bassinwagen- 
verkehr zu  constalircn  und  bleibt  die  fernere  Ausdehnung  desselben  zu  er- 
hoffen. 

Zur  Aufspeicherung  von  Gelen  aller  Art  hat  die  Fabrik  in  Reservoiren 
und  Erdbassins  Raum  für  etwa  2600cbm  —  23  000  Doppelcentner,  beschäftigt 
sind  durchschnittlich  fünf  Beamte  und  gegen  10Ü  Arbeiter.  Die  Aufarbeitungs- 
methode weicht  von  der  in  Webau  üblichen  wenig  ab,  der  zur  Verarbeitung 
gelangende  Theer  ist  geringer  bis  mittlerer  Qualität  (spec.  Gew.  0,880)  und 
zeichnet  sich  besonders  durch  hohen  Kohlenstoff-  (Koks-),  gelegentlich  höheren 
Schwefel-,  höheren  Kreosot-  und  höheren  Hartparaffingehalt  aus,  bei  geringer 
Ausbeute  an  Leuchtöl  und  Weichparaffin. 

Es  wird  hauptsächlich  Gasöl  erzeugt,  die  lohnende  Herstellung  von  Putz- 
und  Fettölen  erscheint,  durch  die  Beschaffenheit  des  Rohtheers  bedingt,  un- 
möglich, das  Paraffin  resultirt  zum  gröfsten  Theil  als  Kerzenparaffin,  wenig 
Weichparaffin  wird  als  Halbfabrikat  nach  Webau  überführt. 

Wie  oben  bereits  erwähnt,  ist  mit  der  Fabrik  eine  Oelgasanstalt  ver- 
bunden, welche  die  gesammte  Anlage  auf  dem  Kupferhammer  beleuchtet  (5  Re- 
generativbrenner, 3U0  Flammen). 

Die  Jahresproduction  beläuft  sich  auf  etwa  35  000ct,m.s  Die  Oelgasbereitung 
hat  in  den  letzten  Jahrzehnten  immer  gröfsere  Ausdehnung  gewonnen.  Das 
Paraffinöl-(Fett-)gas  ist  dem  Leuchtgas  bekanntlich  in  Folge  seines  hohen 
Aethylengehalts  an  Leuchtkraft  um  das  Vierfache  überlegen,  die  Anlagekosten 
einer  Oelgasanstalt  sind  wesentlich  niedriger  als  die  einer  Steinkohlengas- 
anstalt, die  Bedienung  auch  einfacher,  alles  Gründe,  welchen  mit  dem  er- 
höhten Lichtbedürfnisse  unserer  Zeitgenossen  die  Verbreitung  des  Oelgases 
zugeschrieben   werden  darf. 

Auch  hat  die  durch  Pintsch  durchgeführte  Anwendung  des  comprimirten 
Oelgases  zur  Beleuchtung  von  Eisenbahnen,  Leuchttürmen,  Leuchtbojen  der 
Oelgasbereitung  Ausdehnung  verschafft.  Die  sich  bei  der  Vergasung  ab- 
spielenden Vorgänge  sind  jedoch  nicht  so  einfach,  wie  es  auf  den  ersten  Blick 
den  Ansehein  hat,  und  namentlich  ist  die  grofse  Verschiedenheit  in  der  Bau- 
art der  Oelgasöfen-  bezieh.  Retorten  dem  Oelproducenten  oft  beschwerlich; 
herrschen  doch  bei  den  Consumenten  über  den  Vergasungswerth  einzelner 
Oelsorten  die  widersprechendsten  Meinungen,  auch  sind  die  verschiedensten 
Vergasungsmethoden  in  Anwendung.  Die  Gasanstalt  in  Ober-Röblingen  wurde 
daher  dazu  bestimmt,  durch  Prüfung  der  in  den  drei  Fabriken  der  Gesell- 
schaft hergestellten  Gasöle  die  Einwirkung  der  verschiedenen  Fabrikations- 
methoden auf  den  Vergasungswerth  der  Oele  festzustellen  und  diejenigen  Be- 
dingungen bei  der  Oelfabrikation  wie  bei  der  Oelgasfabrikation  zu  studiren, 
welche  eine  Erhöhung  des  Vergasungswerthes  ermöglichen.  Die  Anstalt  wurde 
1884  von  Suckow  (Breslau)  erbaut  und  hat  zwei  Oefen  mit  stehenden  Retorten, 
als  Heizmaterial  dient  vornehmlich  der  bei  der  Theerrüekstandsdestillation  er- 
haltene Koks. 


8  Eine  zweite  Gasanstalt  besitzt  die  Gesellschaft  in  Luckenau,  zur  Be- 
leuchtung der  Gruben-  und  Fabrikanlagen  der  Grube  Paul,  sowie  des  Bahn- 
hofes l.uekenau. 


Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      471 


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472      .Mineralöl-   und   Paraffinfabriken  der  Riebeck  m-Ihh   Montanwerke. 


Von  den  im  Laufe  der  Jahre  hier  angestellten  Untersuchungen  sei  folgen- 
des erwähnt : 

Dem  Vorschlage  Hirzefs  entsprechend  wurde  ein  ..Normalparaftinöl"  bei 
der  Bewerthung  des  Gasöls  zu  Grunde  gelegt.  Als  solches  wird  ein  Oel  an- 
gesehen, das  ans  100k  eine  Ausbeute  von  wenigstens  60cbm  eines  Leuchtgases 
gibt.  das.  bei  35'  C'onsuni  in  der  Stunde.  7.5  deutsche  Normalkerzen  Licht- 
stärke, also  einen  Lichtwerth  von  12857  hat.  Es  gelangen  viele  Gasöle  in 
den  Handel,  welclie  qualitativ  nach  unten  oder  oben  von  dieser  Zahl  ab- 
weichen. Es  gibt  solche,  die  20  Proc.  schlechter  and  solche,  die  40,  ja  50  Proc. 
besser  sind  als  das  Normalparaffinöl.  Kann  man  im  Ganzen  und  Grofsen 
auch  annehmen,  dal's  eine  Vergrößerung  der  Ausbeute  nur  auf  Kosten  der 
Lichtstärke  und  umgekehrt  stattfinden  kann,  so  ist  dies  doch,  wie  Rosenthal^ 
constatirt  hat,  nur  bedingt  und  begrenzt  möglich.  Namentlich  wurde  in  der 
erwähnten  Arbeit  der  Beweis  erbracht,  dafs  das  Mischen  verschiedener  Gasöle 
zur  Erzielung  einer  bestimmten  Farbe  oder  eines  bestimmten  specifischen  Ge- 
wichtes, wie  es  auf  Wunsch  vieler  Consumenten  öfter  geschehen  mufs,  in 
den  meisten  Fällen  sehr  bedenklich  hinsichtlich  des  erzielten  Vergasungs- 
werthes  ist. 

So  wurde  ein  Gasöl,  das  36,8  Proc.  höher  als  das  Normalgasöl  bewerthet 

werden  konnte, 

durch       Zusatz 

eines  hellen 

Oeles  vom 

Werthe  des 

Normalgasöls 

in  seinem  Ver- 

gasnngswerthe 

um  etwa 
11,5  Proc.  unter 
den    des    Nor- 
malöls    herab- 
gedrückt.    Die 
Zersetzungs- 
temperaturen 
der  Compo- 
nenten       eines 
Gasöls     dürfen 
nicht    so    weit 

aus  einander  liegen,  dafs  bei  der  des  einen  das  aus  dem  anderen  erzeugte 
Gas  schon  wieder  secundäre  Zersetzungen  erleidet.  Temperatur  und  Druck 
sind  namentlich  auch  wichtig  für  die  schwefelhaltigen  Bestandteile  des  Gas- 
öls bezieh,  des  Oelgases. 

Wenn  die  Gasöle  bei  ihrer  Darstellung  in  grofse  Mengen  zusammen- 
gefafst  werden,  so  kann  man  auf  constante  Schwefelzahlen  rechnen,  während 
ohne  diese  Mafsregel  leicht  erhebliche  Abweichungen  von  der  Norm  vor- 
kommen. 

Als  normaler  Schwefelgehalt  im  Gasöl  ist  ein  solcher  von  1,5  bis  2  Proc. 
zu  betrachten.  Die  Ober-Röblinger  Gasöle  zeigen  in  der  Regel  1,8  Proc.  Die 
verschiedenen  Gasanstalten  erhalten  jedoch  aus  diesem  Gasöl  mit  annähernd 
constantem  Gas  mit  sehr  wechselndem  Schwefelgehalte.  Nach  den  Ober- 
Röblinger  Versuchen  hat  dies  wesentlich  seinen  Grund  in  den  vei'schiedenen 
Vergasungsmethoden.  Wird  namentlich  eine  möglichst  hohe  quantitative  Aus- 
beute angestrebt  und  mit  hoher  Temperatur  gearbeitet,  so  wird  der  Schwefel 
des  Gasöls  nur  zu  geringerem  Theile  zu  Schwefelwasserstoff  und  tritt  in  an- 
derer Form  auf.  Nun  ist  das  Reinigungsverfahren  lediglich  auf  Schwefel  als 
Schwefelwasserstoff  gegründet,  erweist  sich  also  für  die  entstandenen  ge- 
schwefelten Kohlenwasserstoffe  völlig  wirkungslos,  deren  Verbrennungsproduct 

9  Jahresbericht  des  Techniker  •  Vereins  der  sächsisch  -  thüringischen  Mineralöl- 
industrie.   1887. 


Mineralöl-  und  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke.      473 


(schweflige  Säure)  sich  dann  im  Leuchtgas  unliebsam  bemerklich  macht.  Der 
Gasproducent  klagt  dann  über  „hohen  Schwefelgehalt  des  Gasöls".  Es  ist  bei 
dieser  Gelegenheit  constatirt,  unter  Zugrundelegung  immer  ein  und  desselben 
Oeles,  dal's  bei  sehr  hoher  Temperatur  überhaupt  kein  Schwefelwasserstoff 
gebildet  wird. 

Der  in  anderer  Form  als  Schwefelwasserstoff  im  Gas  auftretende  Schwefel 
ist  auch  in  der  Leuchtgasfabrikation  aus  Steinkohlen  Gegenstand  eingehender 
Untersuchung  gewesen  und  ist  das  oben  für  Oelgas  Festgestellte  für  Stein- 
kohlengas längst  bekannt.  10 

Zwecks  Entfernung  dieser  Schwefelverbindungen  sind  verschiedene  Mittel 
in  Vorschlag  gebracht  worden;  einen  durchschlagenden  Erfolg  hat  keines  zu 
verzeichnen.  (Lacej/  empfiehlt  z.  B.  Schwefelkalium;  Meymott.  Tidy  nennt  als 
einziges  Mittel,  sich  mit  geringer  Gasansbeute  zu  begnügen  und  bei  der  Ver- 
gasung mit  nicht  zu  hoher  Temperatur  zu  arbeiten.) 

Die  Einwirkung  verschiedener  Operationen  bei  der  Gasöl fabrikation  ist 
ebenfalls  mehrfach  hier  untersucht  worden.  So  constatirte  Rosenthal  U  den 
Eintlufs  der  Behandlung  von  Gasölen  mit  Schwefelsäure  auf  ihren  Vergasungs- 
werth.  Ein  der  Fabrik  Reussen  entstammendes  Oel  (schweres  dunkles  Paraffin- 
Öl  0.905),  welches  einen  Lichtwerth  von  10963,  also  14,8  Proc.  niedriger  als 

HirzePs  Nor- 
malöl  hatte, 
wurde  nach 
seiner  Behand- 
ung mit  5  Proc. 
Schwefelsäure 
mit  einem 
Lichtwerthe 
von  13 588,  also 
5,7  Proc.  höher 
als  das  Normal- 
öl  befunden, 
im  Ganzen  also 
um  20,5  Proc. 
im  Vergasungs- 
werthe  aufge- 
bessert. Auch 
der  Eintlufs  der 
verschiedenen 
Destillationsmethoden  auf  den  Vergasungswerth  der  Oele  ist  studirt  worden  '2 
und  konnte  im  Allgemeinen  festgestellt  werden,  dafs  Behandlung  mit  Che- 
mikalien den  Vergasungswerth  energischer  hebt  als  die  Destillation,  welche 
neben  höherwerthigen  auch  ihrem  Vergasungswerthe  nach  völlig  unbrauch- 
bare Antheile  liefert.  Die  Untersuchungen  werden  auch  auf  den  bei  der  Ver- 
gasung resultirenden,    qualitativ  sehr  wechselnden  Theer  ausgedehnt. 

Als  eine  Folge  dieser  Untersuchungen  und  Arbeiten  können  wir  es  be- 
trachten, dafs  sich  unsere  Ober-Röblinger  Oele  in  ihrem  Vergasungswerthe 
durchschnittlich  von  Jahr  zu  Jahr  gehoben  haben. 


1885: 
1886: 

1887: 
1888: 


48,4cbm 
50,7 
55,5 
54.3 


Jahresdurchschnitt : 

p.  Proc.  k  Oel  9,0  Kerzen  \ 

„       „      k     „     9,2        „       rbei  351  Consum  in 

„       „      k     „     9,2        „       l         der  Stunde 


k 


9.6 


10  Schilling,  Handbuch  für  Gasbeleuchtung,  S.  174.  D.  j>.  J. ,  1888  268  173. 
Lewis    Wright,  Studien  über  Kchlendestillation. 

H  Jahresbericht  des  Techniker  -  Vereins  der  sächsisch  -  thüringischen  Mineralöl- 
industrie, 1887. 

ö  Scheithauer.  Ueber  den  Vergasungswerth  druckdestillirter  Oele.  im  Jahres- 
bericht des   Techniker-  Vereins  der  sächsisch-thüringischen  Mineralölindustrie^  1889. 


474 


Keue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


Die  vorstehenden  Beschreibungen  Lassen  unschwer  erkennen,  wie  sich  die 
Riebeck sehen  Werke  aus  kleinen  Anlangen  heraus  Btetig  und  auch  nach  dem 
Tode  ihres  Begründers  unter  der  Leitung  tüchtiger  Kräfte  zu  ihrer  jetzigen 
Bedeutung  emporgeschwungen   haben. 

Für  den  Zeitraum  1882  bis  1889  beweist  dies  auch  die  von  Krey  am 
Schlüsse  seiner  Schrift  gegebene  Uebersicht  der  Production  und  des  Absatzes 
der   A'ieiecA'schen   Montanwerke,  welche  auf  S.  471  steht. 


Neue  Methoden  und  Apparate  für  chemisch-technische 
Untersuchungen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  416  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen. 

Gasuolumeter.     Um  alle  Reductionsrechnungen   bei  Ablesungen  von 
Gasvolumina  zu  ersparen,  hat  G.  Lunge  eine  sehr  einfache  Methode  an- 
gegeben, die  es  gestattet,  sofort  das  Gasvolumen  für  760mm  Barometer- 
Fig.  i  und  2.  stand  und  0°  Temperatur  abzulesen. 

Er  verbindet  einen  Gasmefsapparat 
(Fig.  1  und  2)  durch  ein  Dreischenkel - 
röhr  a  mit  einem  verschiebbaren 
Druckrohr  C  und  mit  einem  dritten 
Rohr  („Reductionsrohr")  /?,  in  wel- 
chem Luft  so  abgesperrt  ist,  dafs 
dieselbe  bei  Compression  auf  den 
Theilstrich  100  ebenso  viel  trockene 
Luft  von  00  und  760mm  Druck  ent- 
spricht. 

Bei  der  Ausführung  einer  Be- 
stimmung mittels  des  Apparates  sind 
zuerst  die  Hähne  b  und  c  offen; 
das  Quecksilber  wird  vorsichtig  in  c 
eingegossen. 

Man  liest  darauf  am  Thermo- 
meter und  Barometer  ab,  zieht  vom 
Stande  des  letzteren  die  der  Aus- 
dehnung des  Quecksilbers  (1  bis  3mm)  und  die  der  Tension  des  Wasser- 
dampfes entsprechende  Höhe  ab  und  berechnet  das  Volumen,  zu  welchem 
100cc  eines  Gases  unter  diesen  Verhältnissen  ausgedehnt  würde. 

Man  hebt  oder  senkt  das  Druckrohr  C  bis  das  Quecksilber  in  B 
auf  der  Zahl  steht,  welche  die  Ausdehnung  von  100cc  Luft  von  0°  und 
760mm  auf  die  Tagesbedingungen  von  Temperatur  und  Luftdruck  an- 
zeigt, worauf  der  Hahn  c  geschlossen  wird. 

Dieses  Luftvolumen  wäre  gleich  100,  wenn  die  Temperatur  0°  und 
der  Barometerstand  760mm  wäre. 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  475 

Die  Aualyse  wird  ohne  Rücksicht  auf  das  Reductionsrohr  B  wie 
gewöhnlich  ausgeführt,  man  hat  nur  nach  Beeendigung  des  Versuches 
das  Quecksilber  in  B  auf  den  Theilstrich  100  einzustellen.  Darauf 
seukt  man  B  und  C,  bis  das  Quecksilberniveau  in  A  mit  dem  in  B 
gleichsteht  und  hat  nun  in  beiden  Röhren  das  Gas  unter  gleichem 
Druck,  es  entspricht  also  das  Volumen  der  Gasmenge  in  A  einem 
Barometerstand  von  760mm  und  einer  Temperatur  von  0°. 

Für  Stickstoffbestimmuugen  bei  organischen  Elementaranalysen  be- 
nutzt man  ein  längeres  Rohr,  das  in  seiner  Mitte  einen  Ausatz  trägt, 
durch  den  man  Stickstoff  und  Kohlensäure  einleiten  kann.  Der  Hahn 
ist  wie  bei  den  Nitrometern  beschaffen.  Der  Vortheil  beim  Messen  des 
durch  Elementaranalyse  bestimmten  Stickstoffs  in  diesem  Apparate  be- 
steht darin,  dafs  man  unmittelbar  nach  Beendigung  der  Verbrennung, 
Absorption  der  Kohlensäure  und  Abkühlung  des  Gases  ohne  alle  und 
jede  Rechnung  den  erhaltenen  Stickstoff  in  Cubikcentimetern  ablesen 
kann,  ohne  Thermometer  und  Barometer  berücksichtigen  zu  müssen. 

Man  kann  nun  aber  noch  eine  weitere  Vereinfachung  eintreten  lassen, 
wenn  man  über  der  50cc  bezeichnenden  Marke  nicht  eine  Eintheilung  in 

Cubikcentimeter,  sondern  statt  derselben  Theilstriche  für  je  t-~ökä  =  0CC,798 

(mit  Unterteilung  in  J 10)  anbringt,  von  denen  jeder  direkt  ein  Milli- 
gramm Stickstoff  anzeigt.  Mau  kann  also  an  dem  Apparate  den  ent- 
wickelten Stickstoff  in  Milligramm  und  Zehntel  derselben  ablesen.  (Be- 
richte der  deutschen  chemischen  Gesellschaft,  1890  Bd.  23  Nr.  4  S.  440.) 

Kohlensäurebestimmungsmethode. 

Zur  Kohlensäurebestimmung  in  allen  festen  und  flüssigen  Substanzen 
bedient  sich  O.  Petterson  folgender  Methode  und  des  nebenstehend  ab- 
gebildeten Apparates  (Fig.  3). 

Die  zu  untersuchende  Substanz  wird  [mit  verdünnter  Säure  in  der 
Luftleere  in  Kolben  /?,  in  dem  sich  ein  Stück  Eisen  oder  Aluminium- 
draht zur  Entwickelung  von  Wasserstoff  betindet,  gekocht.  Die  Luft- 
leere wird  durch  Senken  des  Niveaugefäfses  F  erhalten.  Der  sich 
entwickelnde  Wasserstoff  dient  zur  Verdrängung  des  letzten  Restes 
Kohlensäure  und  zur  Vermeidung  des  zu  heftigen  Stofsens  der  luft- 
freien Flüssigkeit  beim  Sieden.  Damit  der  Wasserstoffstrom  nicht  zu 
heftig  wird,  ist  es  vortheilhaft,  den  Draht  in  eine  Glasröhre  gesteckt 
zur  Flüssigkeit  zu  geben.  Die  entwickelten  Gase  werden  in  D  über 
Quecksilber  in  feuchtem  Zustande  gemessen  und  dann  die  Kohlensäure 
in  der  Orsat-Köhre  E  absorbirt.  Die  von  Kohlensäure  befreite  Luft  ist 
am  besten  durch  C  zu  entfernen,  worauf  man  durch  Senken  von  F 
C  luftleer  macht.  Durch  mehrmaliges  Wiederholen  dieser  Behandlungs- 
weise  läfst  sich  alle  Kohlensäure  austreiben  und  messen.  Um  nicht  zu 
viel  Wasserdampf  beim  Kochen  nach  D  zu  erhalten,  ist  es  vortheilhaft 


476 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


b  meistens  geschlossen  zu  lassen   und   nur  beim  Uebersaugen  des  Gas- 
inhaltes von  C  nach  D  zu  öffnen. 

Bei  Ausführung  des  Versuches  hat  man  in  folgender  Weise  zu  ver- 
fahren: Man  füllt  die  zu  anulysirende  Flüssigkeit  durch  ein  Trichter- 
rohr in  den  Kolben  B  bis  zur 
Marke  x  und  wirft  den  Me- 
talldraht  hinein.  Der  birnen- 
förmige Helm  C  wird  mittels 
dicken  Gummischlauches  bei  a 
luftdicht  mit  dem  Hals  des 
Kolbens  und  bei  ß  mit  dem 
Ansatzrohr  der  Bürette  ver- 
bunden. Alle  Verbindungen 
müssen  durch  Umbinden  mit 
Kupferdraht  gesichert  werden. 
Man  giefst  eine  hinreichende 
Quantität  verdünnter  Salz-  oder 
Salpetersäure  in  .4,  öffnet  die 
Hähne  a  und  b  (c  und  d  bleiben 
geschlossen)  und  senkt  F durch 
Drehen  der  kleinen  mit  einer 
Hemmschraube  versehenen 
Walze  8.  Dabei  fliefst  Queck- 
silber aus  der  vorher  gefüllten 
Bürette  und  zugleich  tritt  ver- 
dünnte Säure  aus  A  in  B. 
Sobald  dieselbe  bis  zur  Market/ 
gestiegen  ist,  schliefst  man 
den  Schraubenquetschhahn  o, 
fährt  aber  fort,  die  Bürette  D  zu  entleeren,  wodurch  in  C  ein  luftver- 
dünnter Raum  entsteht.  Man  schliefst  b  und  hebt  F,  bis  das  Quecksilber 
in  D  und  F  anscheinend  gleich  hoch  steht.  Dann  öffnet  man  rf,  bläst 
durch  e  einige  grofse  Luftblasen  in  das  Mantelrohr  hinein,  welche  in 
dem  Kühlwasser  gleichmäßige  Temperaturvertheilung  hervorbringen  und 
stellt  die  Lauge  im  ör*a/-Rohr  E  auf  die  Marke  der  Capillare  ein.  Man 
notirt  das  Gasvolumen  in  Z>,  Temperatur  und  Barometerstand  und  führt 
darauf  das  Gasgemisch  in  E  ein.  Die  Kohlensäure  ist  bald  absorbirt  und 
das  rückständige  Gasvolumen  wird  in  der  Bürette  gemessen. 

Nun  beginnt  das  eigentliche  Auskochen  der  Flüssigkeit  in  B  durch 
Erhitzen  mittels  Kranzbrenners.  Zuerst  treibt  man  jedoch  so  viel  von 
der  Saugluft  (durch  c)  aus  />,  dafs  nur  etwa  13cc  darin  bleiben.  Die 
Hälfte  dieser  Luft  führt  man  in  E  über,  schliefst  d  und  senkt  F,  bis 
der  Druck  in  D  nur  etwa  110  bis  130mm  beträgt.  Oeffnet  man  jetzt  fc, 
so  siedet  die  Flüssigkeit  in  B  rasch  und  die  darin  gelösten  Gase  gehen 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


477 


nach  Z>,  ohne  viel  Wasserdampf  mitzuführen.  Kleine  Wasser  tropfen, 
die  sich  in  der  Capillare  ansammeln,  kann  man  durch  rasches  Heben 
von  F  nach  C  zurückführen. 

Der  Hahn  b  braucht  nicht  beständig  während  des  Kochens  offen 
gehalten  zu  werden,  sondern  nur  dann,  wenn  man  das  in  C  angesammelte 
Gas  in  D  überführen  will.  Ist  D  mit  Gas  unter  */fi  oder  V7  Atmosphären- 
druck gefüllt,  so  schliefst  man  b  und  bestimmt  die  Kohlensäure  im  Gas- 
gemische wie  früher.  Das  Kochen  in  B  braucht  nicht  aufzuhören,  nur 
ist  die  Flamme  kleiner  zu  machen.  Es  sind  gewöhnlich  drei  bis  vier 
solche  Operationen  auszuführen,  bis  man  ein  ganz  kohlensäurefreies  Gas- 
gemisch erhält. 

Diese  Methode  hat  sich  nach  Angabe  des  Verfassers  als  sehr  prak- 
tisch bei  Untersuchung  von  Quell-  und  Flufswasser  gezeigt. 

Die  Bürette  ist  am  besten  von  Fr.  Müller  in  Bonn  zu  beziehen. 
{Berichte  der  deutschen  chemischen  Gesellschaft,  1890  Bd.  23  Nr.  9  S.  1402.) 

Ueber  die  Bestimmung  des  Nitrat -Stickstoffs  nach  der  Schulze-Tiemann  sehen 
Methode  und  einen  praktischen  Apparat  dazu. 
Scheiding  verbesserte  das  Schulze-Tiemann  sehe  Verfahren  dadurch, 
dafs  er  eine  praktische  Bürette  zum  Auffangen  des  Stickstoffoxyds  con- 
struirt  hat,  deren  Einrichtung  aus 
den  Figuren  4  und  5  ersichtlich 
ist.  Die  Bürette  besteht  aus  einem, 
von  100  bis  180cc  in  i/5«>  ge- 
theilten  Rohr  mit  einer  kugel- 
förmigen Erweiterung  oben,  die 
durch  einen  einfach  durchbohrten 
Glashahn  mit  einem  kleinen 
Trichter  von  etwa  20cc  Inhalt  in 
Verbindung  steht.  Unten  endigt 
dies  Mefsrohr  glatt  cylindrisch 
uud  ist  mittels  eines  kurzen 
Gummischlauchs  ohne  Zwischen- 
raum mit  einem  eigenartigen  An- 
satz verbunden.  Letzterer  kann 
auch  angeschmolzen  sein.  Das 
Rohr  G  wird  mit  dem  Gaszulei- 
tuugsrohr  verbunden,  während 
das  weitere  Rohr  L  die  Lau»e 
aufnimmt.  Zwischen  dem  Austritt 
von  G  und  der  180cc-Marke  mufs 
ein  Raum  von  wenigstens  10cm 
verbleiben.  Die  Bürette  ist  in 
ihrer  ganzen  Länge,   so   weit  es 


-Q-aussen 
lern. 


Durchmesser    wie 
Bürette 

-ß  aussen 
0,5  cm 


478  Kleinere  Mittheilungen. 

irgend  möglich,  mit  einem  weiten  gläsernen  Kühlrohr  umgeben,  in 
welchem  oben,  in  einem  Gummistopfen  befestigt,  ein  Thermometer  hängt. 
L  wird  durch  einen  weiten  und  hinlänglich  langen  Schlauch  mit  dem 
Boden-Tubus  einer  0',5-Flasche,  oder  in  Ermangelung  einer  solchen 
mit  einem,  in  einer  zweihalsigen  Woulff'schen  Flasche  befindlichen 
Heber  verbunden.  Diese  Flasche  dient,  wenn  gehoben,  zum  Füllen  der 
Bürette,  wenn  auf  den  Tisch  gestellt,  zur  Aufnahme  der  Lauge  während 
der  Stickoxydentwickelung  und  gestattet  endlich,  ohne  die  Bürette  in 
ihrer  Stellung  zu  verändern,  das  Ablesen  des  Gasvolumen,  wenn  sie  so 
weit  gehoben  wird,  dafs  die  Lauge  in  Flasche  und  Bürette  gleich  hoch 
steht.  Nach  Beendigung  der  Analyse  setzt  man  den  Stopfen  auf  die 
Flasche,  um  die  Lauge  bis  zum  nächsten  Gebrauche  aufzubewahren, 
auch  während  der  Arbeit  ist  sie  wenig  der  Luft  ausgesetzt. 

Zur  Analyse  benutzt  Scheiding  eine  Lauge  von  1,25  Dichte  (225" 
festes  Aetznatrou  in  l1)  und  eine  kalt  gesättigte  Eisenchlorürlösung. 

Der  Zersetzungskolbeu  soll  einen  Inhalt  von  200  bis  250cc  haben. 
Bei  der  Berechnung  ist  vom  Barometerstande  nicht  die  Spannung  des 
Wasserdampfes,  sondern  diejenige  der  Natronlauge  abzuziehen.  (Chemiker- 
Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  635.)  (Fortsetzung  folgt.) 


Ueber  den  Eiuflufs  der  Dicke  auf  die  Festigkeitseigenschaften 

von  Papier. 

Eingehende,  systematisch  angelegte  Versuche  zur  Bestimmung  des  Ein- 
flusses der  Dicke  auf  die  Werthe  für  Reifslänge  und  Bruchdehnung  eines 
Papiers  liegen  zur  Zeit  noch  nicht  vor,  wenigstens  der  Oeffentlichkeit  nicht. 
Herzberg  prüfte  daraufhin  zwei  von  derselben  Firma  der  Versuchsanstalt  über- 
wiesene Papiere  von  derselben  Stoffmischung,  aus  einer  Bütte  gearbeitet,  aber 
verschieden  im  Gewicht  und  ebenso  Packpapier,  das  in  drei  verschiedenen 
Stärken  angefertigt  worden  war.  Wenn  sich  hieraus  auch  mit  Bestimmtheit 
eine  allgemein  gültige  Behauptung  noch  nicht  aufstellen  läfst,  so  ist  doch 
folgender  aus  den  Untersuchungen  gezogener  Schlufs  wahrscheinlich  allgemein 
gültig: 

„Bei  Papieren  von  gleicher  Stoffzusammensetzung  und  gleicher  Her- 
stellungsart,  aber  verschiedener  Dicke,    nimmt  die  mittlere  Reifslänge 
mit   wachsender    Dicke    ab,    während   die    mittlere   Bruchdehnung   zu- 
nimmt." 
W.   Ilerzberg  (Mittheilungen   aus  den    Königl.  techn.    Versuchsanstalten  zu  Berlin, 
1890  Jahrg.  8  S.  92).  B. 

Adansoniapapier. 

Ein  verhältnifsmäfsig  noch  selten  in  der  deutschen  Papierfabrikation  ver- 
wendetes Rohmaterial  ist  der  Bast  des  in  West-  bezieh.  Ostafrika  heimischen 
Affenbrodbaumes:  Adansonia  digitata.  Die  Fasern  der  Rinde  werden  zu  Hüten 
und  Mützen,  sogar  zu  Trinkgefäfsen  verarbeitet  und  die  aus  ihnen  hergestellten 
Stricke  und  Gewebe  sind  von  sprichwörtlicher  Festigkeit.  Aus  diesem  Grunde 
hat  man  in  England  versucht,  diesen  Rohstoff  der  Papierfabrikation  dienstbar 
zu  machen.  In  der  Papier-  und  Papierstofffabrik  Minie  rkautüngen  bei  Cassel 
wurde  vor  einiger  Zeit  nun  ebenfalls  die  Herstellung  von  Papier  aus  Adansonia- 
rinde  ausgeführt  und  das  fertige  Fabrikat  dann  der  Königl.  Versuchsanstalt 
zur   Verfügung    gestellt.  —    Der    Bast   des  Adansonial>aumes    kommt   in  etwa 


Kleinere  Mittheilungen.  479 

80cm  langen,  8  bis  10cm  dicken  und  40  bis  50mm  breiten  Stücken  zu  uns,  ist 
von  brauner  Farbe  und  zeigt  eine  sehr  grol'se  Festigkeit  und  Elasticität.  Im 
Kocher  mit  ungefähr  15proc.  Aetzkalklösung  behandelt,  schienen  die  4  bis  5cm 
langen  Stücke  nach  6  bis  7stündigem  Kochen  vollständig  aufgeweicht,  allein 
die  den  Pflanzen  eigenthümliche  Marksubstanz  trennte  sich  nur  schwer  von 
den  einzelnen  Fasern.  Der  Stoff  war  nach  dem  Mahlen  im  Holländer  voll 
kleiner  dunkler  Punkte,  die  ihn  verunreinigten.  Nochmaliges  Kochen  mit 
einer  20proc.  Aetznatronlösung,  Zerdrücken  der  Markstückchen  im  Kollergang 
und  darauf  wiederum  Waschen  im  Holländer  hatten  eine  etwas  bessere  Wir- 
kung; um  ganz  reinen  Stoff  herzustellen,  wäre  jedenfalls  das  Quetschen  des 
Bastes  vor  dem  Kochen  und  eine  entsprechende  Waschvorrichtung  am  vor- 
theilhaftesten. 

Als  Rohstoff  stellt  sich  die  Adansonia  auf  etwa  20  M.  für  100^  bis  an 
den  Ort  der  Verarbeitung.  Sie  ergab  35  bis  36  Proc.  reine  Faser,  das  Halb- 
zeug einschliefslich  Koch-  und  Bleichkosten  stellt  sich  also  auf  85  M.  für  100k. 
Indefs  dürfte  die  Pflanze  für  besonders  feste  Papiere,  wie  die  japanischen, 
trotz  des  hohen  Preises  geeignet  sein  und  ihre  aufserordentliche  Feinheit  und 
Verfilzungsfähigkeit  dürfte  hinter  der  Papiermaulbeerbaumfaser  nicht  zurück- 
stehen. Zur  Fabrikation  feiner  Umschlag-,  sowie  Manillapapiere  wird  Adan- 
sonia schon  seit  längerer  Zeit  mit  Vortheil  verwendet. 

Auffallend  hoch  sind  die  mineralischen  Rückstände  beim  Veraschen  der 
Adansoniafasern:  nämlich  17,47  Proc.  Asche  mit6g,94  Kohlensäure  in  100g  Bast. 
Zusammensetzung  der  Asche:  a)  mit  Kohlensäure,  b)  ohne  Kohlensäure 
(Analyse  der  chemisch-technischen  Abtheilung  der  Versuchsanstalt). 

Kalk 49,99  Proc.  83,44  Proc. 

Magnesia 3,44      „  5,74      „ 

Thonerdc 0,14      „  0,23      „ 

Eisenoxyd 0,32      „  0,53      ., 

Kali 3,35      „  5,59      „ 

Natron 0,32      „  0,53      „ 

Kieselsäure 0,22      „  0,37      „ 

Phosphorsäure   ....       0,54      „  0,90      „ 

Chlor 1,03      „  1,72      „ 

Schwefelsäure    ....       0,56      „  0,93      „ 

Kohlensäure 39,70      „  —       „ 

99,61  PröcT  99,98  Proc. 

Bemerkenswerth  ist  hierbei  der  hohe  Kalkgehalt  und  der  geringe  Gehalt 
an  Kieselsäure  und  Phosphorsäure.  Unter  dem  Mikroskop  erscheint  die  Faser 
von  kräftiger  Bauart,  walzenförmig  und  in  ihrem  ganzen  Aufbau  der  japa- 
nischen Gampifaser  (Wickstroemia  canescens)  und  der  Jutefaser  sehr  ähnlich. 
An  den  Enden  hat  die  Faser  den  geringsten  Durchmesser,  nach  der  Mitte  zu 
wird  sie  ziemlich  gleichmäfsig  breiter;  dies  ist  ein  charakteristisches  Merkmal 
der  Adansoniafaser.  —  Das  Verhalten  der  Adansoniafaser  gegen  Kupferoxyd- 
ammoniak (Schweitzer  s  Reagens)  ist  äufserst  charakteristisch  und  weicht  von 
unseren  gewöhnlichen  Fasern  entschieden  ab.  Es  ist  dem  Verhalten  der 
japanischen  Fasersorten  ähnlich.  Sie  quillt,  bevor  sie  in  Lösung  geht,  stark 
auf,  dabei  theihveise  ein  sehr  schön  perlschnurartiges  Aussehen  annehmend. 
Die  äufsersten  Schichten  der  Zelle  bieten  der  Quellilüssigkeit  anfangs  mehr 
Widerstand  als  die  inneren  und  werden  von  diesen  zu  Wülsten  zusammen 
geschoben;  sie  sind  noch  zu  bemerken,  wenn  die  inneren  bereits  gelöst  sind. 
Der  Innenschlauch,  welcher  sich  ebenfalls  langsamer  löst,  spitzt  sich  hierbei 
meist  scharf  aus  und  zeigt  oft  morgensternähnliche  Bildungen. 

W.  Herzberg  (Mittheilungen  aus  den  Königl.  techn.  Versuchsanstalten  zu  Berlin. 
1890  Jahrg.  8  8.  82).  H. 


480  Bücher-Anzeigen. 


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WiderstandsMomente  und  Gewichte  genieteter  Träger  von  C.  Scharowsky. 
Berechnung  von  32000  genieteten  Trägern,  enthaltend  als  Gurtwinkel 
die  Normalprofile  für  Winkeleisen  von  50  bis  130mm  Schenkelbreite, 
als  Gurtplatten  Flacheisen   in   sechs   verschiedenen  Breiten  und  den 
Gesammtdicken  von  5  bis  39mm.   Leipzig.   Otto  Spanier.    83  S.   8  Mk. 
Das   vorstehende  Tabellenwerk    schliefst   sich   dem   in  demselben  Verlage 
und  von  demselben  Verfasser  erschienenen  Musterbuch  für  Eisenconstructionen 
273  240  in  Format  und  Ausstattung  an  und  bildet  eine  sehr  willkommene  Er- 
gänzung zu  demselben.    Die  langwierigen  und  langweiligen  Berechnungen  der 
Trägheitsmomente    für    das    übliche   Constructionsmaterial    und   innerhalb  der 
gebräuchlichen  Grenzen   werden   durch   dies    Hilfsmittel   dem   ausübenden  In- 
genieur  vollständig    erspart,    und   sind    die  Tabellen   so   praktisch  und    über- 
sichtlich  angeordnet,   dafs   das    Aufschlagen    sehr   rasch    erfolgen   kann.     Zur 
Erzielung  zuverlässiger  Zahlen  wurde  die  Berechnung  doppelt  und  unabhängig 
von   einander   durchgeführt,   auch   auf  die  Correktur   so   grofse  Sorgfalt  ver- 
wendet, dafs  der  Verfasser  am  Schlufs  sagt:    „Die  Durchsicht   der  Reindruck- 
bogen ergab  keinen  Druckfehler".     Durch   die  Ausführung    dieser   mühsamen 
Arbeit  hat  sich  der  Verfasser  den  Dank  aller  Constructionsingenieure  erworben. 

Lehrbuch  der  französischen  Sprache  für  Post-  und  Telegraphenbeamte 
von  H.  v.  Ziilow.  Wien.  Hartleben's  Verlag.  248  S. 
Das  kurze  Lehrbuch  entnimmt  die  Vokabeln  und  den  Uebungsstoff  vor- 
wiegend dem  Gebiete  der  Post  und  des  Telegraphenwesens.  Viele  Beispiele  sind 
geradezu  Formulare  für  den  praktischen  Dienst.  Der  Erfolg  der  Methode  ist 
nicht  anzuzweifeln,  da  sie  die  sofortige  Verwendung  des  Gelernten  gestaltet. 

Landwirthschaftliche  Meliorationen  und  Wasserwirtschaft.  Ihre  Er- 
folge im  Ausland  und  in  Deutschland  uud  die  Organisation  des 
kulturtechnischen  Dienstes  im  Königreich  Sachsen,  von  Fraissinet. 
Dresden.     G.  Schönfeld's  Verlag.     114  S.     2,40  Mk. 

Repetitorium  der  Mineralogie  und  Petrographie  für  Studirende  der 
Naturwissenschaften,  Bergbaubeflissene  und  Ingenieure  von  Hussak 
und   Woitschach.     Breslau.     Preufs  und  Jünger. 

Der  allgemeine  Theil  enthält  eine  kurze  Darstellung  der  Kristallographie 
(S.  1— 41),  der  Mineral,  Chemie  und  Physik  (S.  42.— 64).  In  der  speciellen 
Mineralogie  sind  299  Mineralien  nach  Kristallsystem,  Erscheinung,  Haupt- 
eigenschaften und  Fundort  kurz  beschrieben.  Der  dritte  Theil  ist  der  Petro- 
graphie gewidmet  (S.  16(3—  200).  Ein  ausführliches  Register  macht  das  Werk- 
chen zum  Nachschlagen  geeignet. 

Jahrbuch  für  Elektrotechnik  1888—89.  Herausgegeben  von  Dr.  G.  Krebs 
und  C.  Grawinkel.  Zweiter  Jahrgang.  Halle.  W.  Knapp's  Verlag. 
226  S.     6  Mk. 

Die  Bearbeitung  der  einzelnen  Zweige  der  Elektrotechnik  ist  von  ver- 
schiedenen anerkannten  Special-Fachtechnikern  {A.  Krebs,  Hoppe,  Erlwein,  May, 
Drexler.  E.  Müller,  Lobbeke,  Wietlitbaeh  und  Wallen titi)  besorgt  worden;  die  Her- 
ausgeber haben  sieh  mit  der  redaktionellen  Thätigkeil  begnügt.  Die  Ab- 
fassung eines  Jahresberichtes  für  einen  so  rasch  fortschreitenden  Theil  der 
Technik  ist  keine  leichte  Aufgabe.  Eis  ist  anzuerkennen,  dafs  der  vorliegende 
zweite  Jahrgang  alles  Wesentliche  aus  dem  Gebiete  in  kurzer  Fassung  und 
durch  viele  Abbildungen  erläutert  enthält.  Eine  reichliche  Quellenangabe 
erleichtert  das  eingehendere  Studium. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellsehait  in  Stuttgart. 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  481 

Neuerungen  im  Metallhüttenwesen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  275  *  S.  246.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  25. 

Graf  Eduard  v.  Rottermund  in  Limburg  (Belgien)  benutzt  vornehm- 
lich bei  den  sogen.  Chlorirungsprozessen  zur  Extraction  von  Metallen, 
vorzugsweise  von  Edelmetallen,  aus  Erzen  den  in  Fig.  1  dargestellten 
Apparat.  Derselbe  besteht  aus  mehreren  Recipienten  A  aus  mit  Blei 
plattirtem  Eisen.  Der  mittlere  Theil  derselben  bildet  einen  Hohl- 
cylinder,  welcher  oben  und  unten  durch  conische  Theile  B  und  C  be- 
grenzt wird. 

An  seinem  oberen  Ende  besitzt  der  conisehe  Theil  C  einen  Hals, 
in  den  zwei  Rohre  E  und  F  münden.  Das  Rohr  E  dient  zur  Abführung 
der  Flüssigkeiten  nach  aufsen,  während  das  Rohr  F  zur  Verbindung 
mit  dem  benachbarten  Recipienten  dient. 

In  dem  Hals,  welcher  durch  eine  Platte  M  hermetisch  verschlossen 
ist,  ist  ein  Filter  D  unterhalb  der  beiden  Rohrmündungen  E  und  F  an- 
geordnet. In  dem  unteren  conischen  Theile  B  ist  zwischen  zwei  Blei- 
platten gleichfalls  ein  Filter  angebracht.  Am  Boden  des  Theiles  B  be- 
finden sich  sechs  mit  Hähnen  versehene  Rohre.  Das  eine  derselben  F 
dient  zur  Verbindung  mit  dem  benachbarten  Recipienten,  vier  Rohre  H 
der  übrigen  fünf  führen  zu  den  die  zur  Behandlung  der  Erze  noth- 
wendigen  Flüssigkeiten  enthaltenden  Behältern  K.  Das  letzte  Rohr  L 
dient  zur  Entleerung  des  Recipienten  A. 

Der  cylindrische  Theil  jedes  Recipienten  ist  mit  einer  Oeffnung  G 
versehen,  die  durch  einen  Verschlufsdeckel  hermetisch  verschlossen  wird 
und  zur  Entfernung  der  Rückstände  dient. 

Die  Wirkungsweise  des  vorliegenden  Apparates  ist  folgende: 
Durch  den  am  oberen  Theil  angebi*achten  Hals  füllt  man  die  zwölf 
den  Apparat  bildenden  Recipienten  A  mit  Erz,  legt  darauf  die  Filter- 
platte D  ein  und  verschliefst  die  Recipienten  hermetisch.  Darauf  öffnet  man 
in  einem  der  Rohre  H  den  Hahn  und  entläfst  die  erforderliche  Flüssigkeit 
in  den  Recipienten.  Dieselbe  fliefst  dann  mit  dem  nöthigen  Druck  durch 
das  im  Theil  B  angeordnete  Filter,  durchdringt  die  Erze,  ohne  Hohl- 
räume zu  bilden,  geht  dann  durch  den  conischen  Theil  C,  das  Filter  D 
und  das  Rohr  F  zum  benachbarten  Recipienten. 

Wenn  die  Flüssigkeit  durch  drei  benachbarte  Recipienten  gedrungen 
ist,  ist  sie  gesättigt,  und  man  läfst  dieselbe  durch  das  Rohr  E  abfliefsen. 
Nachdem  der  erste  Recipient  durch  die  passende  Flüssigkeit  vollständig 
gewaschen  ist,  wird  derselbe  aus  der  Reihe  ausgeschlossen,  indem  man 
den  Hahn  im  Rohr  H  und  den  im  Rohr  F  des  ersten  Recipienten 
schliefst.  Der  frühere  zweite  Recipient  der  ersten  Reihe  ist  jetzt  der 
erste.  Man  öffnet  darauf  den  Hahn  des  entsprechenden  Rohres  H, 
Dinglers  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  11.  1890IIII.  31 


482  Neuerungen  im  Mttallhüttenwesen. 

schliefst  dann  den  Hahn  in  dem  Rohre  E  des  dritten  Recipienten  und 
öffnet  gleichzeitig  den  Hahn  des  Rohres  f,  wodurch  der  vierte  Recipient 
als  dritter  in  die  neue  nunmehr  gebildete  Reihe  tritt.  Hierauf  öffnet 
man  den  Hahn  des  Rohres  E  im  vierten  Recipienten,  um  die  Flüssig- 
keit abfliefsen  zu  lassen. 

Bei  diesem  Verfahren  ist  man  im  Stande,  die  zweite  passende 
Flüssigkeit  durch  die  schon  mit  der  ersten  Flüssigkeit  gewaschenen 
Recipienten  in  Reihen  von  drei  zu  drei  fliefsen  zu  lassen,  ohne  mit  dem 
gleichzeitigen  Waschen  der  folgenden  Recipienten  mit  der  ersten  Flüssig- 
keit aufhören  zu  müssen. 

Die  Recipienten  des  Erfinders  besitzen  jeder  vier  Rohre,  die  mit 
den  Behältern  K.  welche  die  verschiedenen  Flüssigkeiten  enthalten,  in 
Verbindung  stehen.  Hierdurch  ist  es  möglich,  die  in  denselben  ent- 
haltenen Erze  durch  vier  verschiedene  Flüssigkeiten  gleichzeitig  und 
gesondert  in  Reihen  von  drei  Recipienten  zu  waschen  (vgl.  D.  R.  P. 
Nr.  51 897  vom  18.  September  1889). 

Samuel  Wilkins  Cragg  aus  Baltimore  in  Maryland  (Nordamerika) 
will  das  bereits  vielfach  abgeänderte  Platlner'sche  Verfahren  nochmals 
umgestalten.  Nach  seinem  Vorschlage  werden  die  erhitzten  Erzmassen 
mit  trockenem  Chlorgas  in  einem  mit  Dampfmantel  umgebenen  Gefäfs 
in  der  Weise  behandelt,  dafs  durch  den  einströmenden  Dampf  die  Tem- 
peratur in  dem  Chlorirungsgefäfs  während  der  Behandlung  100  bis  150°  C. 
beträgt,  ohne  dafs  die  zu  chlorirenden  Erze,  sowie  die  Chlorgase  mit 
dem  Erwärmungsmittel  (Dampf,  Gas)  in  Berührung  kommen. 

Gold  und  Silber  sollen  nach  diesem  Verfahren  in  wenigen  Secunden 
chlorirt  werden.  Zur  Auslaugung  der  Chloride  von  Gold  und  Silber 
werden  alsdann  Cyankalium,  Kupfercyankalium,  unterschwef ligsaurer 
Kalk  oder  unterschwefligsaures  Natron  vorgeschlagen.  Wenn  kein  Silber 
vorhanden  ist,  so  empfiehlt  sich  auch  Alkohol.  Bei  Anwendung  der 
Cyanverbindungen  ist  ein  Zusatz  von  Alkalicarbonat  von  Vortheil.  Zum 
Auslaugen  dienen  hölzerne  Gefäfse,  die  mit  einem  Asphaltüberzug, 
Doppelboden  und  entsprechendem  Filter  versehen  sind,  während  die 
Chlurirung  in  gufseisernen  Gefäfsen,  die  mit  Blei  gefüttert  sind,  statt- 
findet. 

Fig.  2  zeigt  im  Senkrechtschnitt  einen  für  die  Chlorirung  der  zer- 
kleinerten erhitzten  Erze  dienenden  Apparat.  Derselbe  soll  namentlich 
ftlr  -olche  Erze  geeignet  sein,  in  welchen  das  Gold  eingesprengt  ist  und 
die  einzelnen  Goldblättchen  so  dünn  sind,  dafs  schon  nach  ganz  kurzer 
Einwirkung  des  Chlors  eine  Umwandelung  stattfindet. 

Der  Apparat  besteht  aus  der  senkrechten  Kammer  C,  welche  in 
ihrem  oberen  Theile  die  mit  Triebrad  A{  versehene  Welle  A  aufnimmt. 
Die  Welle  A  trägt  an  ihrem  unteren  Ende  eine  passende,  mit  Oeff- 
nungen  Ii{  versehene  Vertheilungsvorrichtung  B.  Unterhalb  der  letz- 
teren  befinden   sich   in   der  Kammer  C  unter  rechtem  Winkel  zu  ein- 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  483 

ander  angeordnete  Reihen  wagerechter  Rohre  //  gelagert,  welche  mit 
dem  Dampfraume  L  des  die  Kammer  C  umgebenden  Dampfmantels  K 
in  Verbindung  stehen,  so  dafs  der  durch  den  Zwischenraum  L  und  die 
Röhren  H  passirende  Dampf,  die  heifse  Luft  u.  s.  w.  eine  Erhitzung  der 
in  der  Kammer  befindlichen  Erze  und  Gase  herbeiführt,  ohne  mit  diesen 
letzteren  in  Berührung  zu  kommen. 

Die  zerkleinerten  und  erhitzten  Erze  werden  mittels  der  Hand  oder 
anderer  passender  Zufuhrvorrichtung  in  den  Trichter  D  geschüttet  und 
beim  Hinabfallen  durch  den  rotirenden  Vertheiler  B  in  der  Kammer  C 
gleichmäfsig  zerstreut.  Die  Kammer  C  ist  mit  Chlorgas  gefüllt,  welches 
durch  das  Rohr  M  eintritt  und  während  der  Operation  durch  den 
Dampf  u.  s.  w.  des  Dampfmantels  bis  zu  150°  C.  erhitzt  wird.  Durch 
die  Röhren  H  wird  ein  zu  schnelles  Hinunterfallen  der  Erze  verhindert, 
so  dafs  die  Chlorgase  genügend  auf  das  vorhaudene  Edelmetall  ein- 
wirken und  dasselbe  in  Chlormetall  umwandeln  können.  Zum  Ab- 
führen der  sich  am  Boden  der  Kammer  C  ansammelnden  Erze  dient 
die  Oeffnung  Cv  Das  überschüssige  Chlor  wird  durch  das  Rohr  G  ab- 
geleitet. 

Durch  Fig.  3  wird  ein  Apparat  veranschaulicht,  in  welchem  die 
Erze  längere  Zeit  der  Einwirkung  des  Chlors  ausgesetzt  bleiben.  Zu 
diesem  Zwecke  befinden  sich  auf  der  durchgehenden  Welle  A  eine  An- 
zahl wagerechter  Scheiben  B.  Die  Wandungen  der  Kammer  C  sind 
in  der  Weise  angeordnet,  dafs  den  Scheiben  B  entsprechend  eine 
Reihe  conischer  Abtheilungen  gebildet  werden.  Die  zu  behandelnden 
Erze  gelangen  in  einer  Rinne  E  mittels  einer  Schnecke  in  den  Trichter  D 
und  fallen  auf  die  oberste  Scheibe  1?,  von  der  sie  gegen  die  schrägen 
Flächen  der  Kammerwand  C  geworfen  werden.  Die  Erzstücke  gleiten 
dann  auf  die  nächste  rotirende  Scheibe  herab  u.  s.  w.,  bis  sie  den  Boden 
der  Kammer  C  erreicht  haben. 

In  Fig.  4  und  5  ist  die  Anordnung  eines  Apparates  in  Längs-  und 
Querschnitt  gezeigt,  der  sich  besonders  zur  Behandlung  schwer  aufschliefs- 
barer  Erze  eignet.  Derselbe  besteht  aus  der  wagerechten  Trommel  o, 
welche  von  Rollen  b  in  der  Weise  getragen  wird,  dafs  eine  Rotation 
um  die  Längsachse  der  Trommel  stattfinden  kann.  Im  Inneren  der 
Trommel  sind  Zellen  oder  Schaufeln  c  angebracht,  welche  bei  einer 
Drehung  die  Erze  in  die  Höhe  heben  und  ein  gründliches  Umrühren 
derselben  bewirken.  Zum  Zwecke  der  Erwärmung  ist  die  Trommel  o 
wieder  mit  einem  Dampfmantel  d  umgeben.  Der  Eintritt  des  Dampfes 
erfolgt  durch  das  Rohr  e  und  die  Stopfbüchse  e, ,  während  die  Ein- 
führung der  Chlorgase  in  die  Trommel  mittels  des  Rohres  F  und  der 
Stopfbüchse  F{  stattfindet.  Die  Ableitung  des  gebrauchten  Dampfes 
und  der  Chlorgase  geschieht  auf  der  anderen  Seite  der  Trommel  in  ähn- 
licher Weise.  Etwaiges  Condensationswassev  wird  durch  besondere 
Hahne  abgelassen. 


1-1  Neuerungen  im  Metallhiiüenwesen. 

Nachdem  die  Trommel  mit  Erzen  gefüllt  ist.  wird  dieselbe  durch 
eine  passende  Antriebsvorrichtung,  welche  auf  den  Zahnkranz  g  wirkt, 
in  Rotation  versetzt.  Die  Schaufeln  c  beben  die  Erze  hoch  und  werfeu 
dieselben  von  oben  her  durch  den  mit  Chlorgasen  erfüllten  Raum,  wo- 
durch die  Erze  immer  wieder  der  Einwirkung  der  Gase  ausgesetzt 
werden,  bis  eine  vollständige  Chlorirung  stattgefunden  hat. 

Ein  Zusammenschmelzen  der  Masse  wird  verhindert,  indem  die  aus 
der  jeweiligen  höchsten  Schaufel  fallenden  Erzmassen  auf  die  Eisen- 
>t;ilit.'  oder  Kohre  h  schlagen  und  zerbröckeln  (vgl.  D.  R.  P.  Nr.  51117 
vom  21.  Juni  1889). 

Um  das  Krank-  oder  Mehligwerden  des  Quecksilbers  während  des 
Amalgamationsprozesses  zu  verhindern,  wenden  Johnson^  Field  wn</ 
ßeeman  nicht  reines  Quecksilber  zum  Amalgamiren  an,  sondern  ein 
Amalgam  desselben,  beispielsweise  Zinkamalgam,  welches  in  Berührung 
mit  einer  geeigneten  verdünnten  Säure  Wasserstoff  entwickelt.  Der 
nascirende  Wasserstoff  umgibt  dann  die  losgetrennten,  dem  Einflüsse 
der  Luft  sonst  ausgesetzten  Quecksilbertheilchen  und  verhindert  auf 
diese  Weise,  dafs  sich  dieselben  mit  einer  grauen  Haut  überziehen. 
Auch  kann  der  Wasserstoff  durch  seine  reducirende  Wirkung  bereits 
krank  gewordenes  Quecksilber  wieder  beleben. 

Nach  dem  D.  R.  P.  Nr.  51023  vom  15.  Mai  1889  (Firma  J.  und 
G.  Kumme  in  Berlin)  wird  zur  Herstellung  von  Metallröhren  durch 
galvanischen  Niederschlag  ein  Dorn  von  beliebiger  Länge,  welcher  aus 
Eisen,  Stahl  oder  anderem  geeigneten  Material  besteht  und  einen  der 
lichten  Weite  des  herzustellenden  Rohres  entsprechenden  Durchmesser 
besitzt,  in  das  galvanische  Bad  gebracht  und  auf  demselben  ein  Nieder- 
schlag von  gewünschter  Stärke  gebildet.  Hierauf  wird  der  Dorn  aus 
dem  Bad  genommen,  die  Metallumhüllung  geglüht  und  dann  durch 
Druck  comprimirt.  Alsdann  wird  der  Dorn  aus  der  nunmehr  fertigen 
Röhre  gezogen.  Man  kann  auch  den  Dorn  vor  dem  Glühen  und  Com- 
primiren  aus  der  Hülle  ziehen  und  diese  Behandlung  auf  einem  zweiten 
Dorne  vornehmen.  Damit  der  Niederschlag  auf  dem  Dorn  nicht  zu 
fest  haftet,  kann  der  letztere  vorher  mit  einem  Ueberzuge  von  Graphit 
oder  Blei  überzogen  werden. 

Man  kann  auch  das  beschriebene  Verfahren  zur  Herstellung  von 
Röhren  aus  Streifen  fertigen  Bleches  benutzen.  Zu  diesem  Zwecke  wird 
der  Blechstreifen  um  einen  Dorn  gerollt,  welcher  nur  auf  dem  Längs- 
streifen, wo  die  Kanten  des  Blechstreifena  zusammenstofsen,  leitend  ge- 
macht ist.  Auch  die  auf  den  Dorn  gerollte  Blechhülse  wird  von  aufsen 
durch  eine  Umhüllung  geschützt  und  zwar  bis  auf  den  offen  bleibenden, 
die  Blechkanten  freilegenden  Längsstreifen.  Es  bildet  sich  dann  ein 
Niederschlag  in  der  Länge  dieses  offenen  Streifens.  Die  Löthung  ist 
hier  also  durch  galvanische  Thätigkeit  ersetzt.  Wegen  der  Herstellung 
von  Kupferrohren  auf  galvanischem  Wege  siehe  Minoren  Verfahren  in 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  485 

der  Englischen  Patentschrift  Nr.  15831  vom  Jahre  1886,  sowie  The  Elec- 
triciun  London,  Bd.  20  S.  436.  Elmore  läfst  bekanntlich  während  der 
Bildung  des  Niederschlages  eine  Bearbeitung  durch  Rollen  oder  Walzen 
eintreten,  um  in  dem  Niederschlage  das  krystallinische  Gefüge  zu  zer- 
stören und  damit  seine  Festigkeit  zu  erhöhen. 

Bei  der  Fabrikation  von  Platten,  Blechen  und  sonstigen  Gegen- 
ständen aus  Kupfer  und  seinen  Legirungen  wendet  Th.  H.  Martin  in 
Swansea  (England)  bewegliche  und  zerlegbare  Blockformen  an,  um  das 
schnelle  Herüberschaffen  der  Stücke  von  einem  Ende  der  Walze  nach 
dem  anderen  zu  ermöglichen.  Die  Formen  sind  um  Zapfen  drehbar 
oder  aus  einander  nehmbar  in  besonderen  Gestellen  angeordnet,  die 
fahrbar  eingerichtet  und  mit  einem  Kupferboden  bezieh,  einem  Klapp- 
boden versehen  sind,  nach  dessen  Lösung  die  Blöcke  ohne  Weiteres 
aus  den  Formen  herausfallen. 

Fig.  6  bis  11  der  Zeichnung  zeigen  derartige  Ingotformen  in  mehreren 
Ausfiihrungsbeispielen. 

Die  Ingotform  Cx  (Fig.  6  und  7)  ist  eine  doppelte;  jede  Form  ist 
mittels  wagerechter  Zapfen  gelagert  und  mit  einem  inneren  Kupfer- 
belag oder  Boden  6^  und  einem  abnehmbaren  Deckel  e  versehen.  Das 
ganze  Gestell  für  die  Form  ruht  auf  einer  Schiene  fu  welche  mittels 
Säulen  von  der  Ofenplattform  B  getragen  wird,  wogegen  die  Füfse  des 
Formgeetelles  auf  dem  Flurboden  stehen.  Am  Gestell  ist  eine  Rolle  g 
behufs  schnelleren  Transportes  der  aus  der  Form  gekippten  Ingots  vor- 
gesehen. 

Die  Ingotformen  (Fig.  8  und  9)  haben  einen  Klappboden  h  und 
eine  jede  Form  wird  von  einem  Zapfen  i  der  Ofenplattform  B  ge- 
tragen. Beim  Auslösen  des  Klappbodens  fällt  der  Ingot  direkt  auf  den 
Flurboden. 

Kupfer  zu  grofsen  Platten  läfst  man  in  die  in  Fig.  10  im  Grund rifs 
und  in  Fig.  11  im  Schnitt  dargestellten  eisernen  Formen  C2  einfliefsen. 
Diese  bestehen  aus  einem  niedrigen  Wagen  b2,  einer  kupfernen  Boden- 
platte c,  und  einem  oberen  zerlegbaren  Rahmen  a2,  dessen  Theile 
mittels  Stangen  und  Keile  zusammengehalten  werden.  Die  eigentliche 
Form  liegt  also,  wie  dargestellt,  auf  einem  Wagen. 

Die  Kupferplatten,  Kupferbolzen  oder  Kupferblöcke  läfst  man  zu- 
nächst in  den  Formen  sich  setzen,  kippt  sie  heraus  und  führt  sie  dann 
mittels  deren  Fahrgestell  nach  den  Walzen. 

Blöcke  oder  Ingots  für  die  gröfseren  Bolzen,  Bleche,  Platten  und 
Stangen  können  direkt  aus  den  Formen  C{  und  6'2,  ohne  jedes  Nach- 
wärmen, mittels  Walzen  vor-  und  nachgewalzt  werden  (vgl.  D.  R.  P. 
Nr.  50715  vom  20.  Oktober  1888). 

Während  bisher  bei  der  elektrolytischen  Läuterung  des  Kupfers 
die  gegossenen  Anoden  und  Kathodenbleche  in  den  Elektrolyten  (Kupfer- 
sulfat) senkrecht  eingehängt    wurden,   schlägt  Smith  in  Ansonia  (Con- 


486  Neuerungen  im  Metallhüttenwesen. 

necticut)  nach  dem  D.  K.  P.  Nr.  5U';71  muh  28.  November  1888  vor, 
bei  der  elektrolytischen  Kupferraffination  wagerecht  liegende,  senkrecht 
über  einander  angebrachte  Elektroden  zu  verwenden:  dieselben  werden, 
wie  nachstehend  erläutert  ist,  durch  isolirte  Träger  gestützt  und  haben 
baumwollene  Filter-  oder  6panntüoher  /wischen  sich. 

Fig.  12  stellt  einen  Stapel  zwischen  Holzklötzchen  aufgeschichteter 
Kupferplatten  dar;  aa  sind  zwei  solcher  Platten  der  oberen  Lage.  Die 
unteren  Lagen  sind  durch  die  dunkleren  Linien  darunter  bezeichnet: 
bb  sind  die  Holzleisten,  welche  die  Platten  tragen  und  von  einander 
getrennt  halten.  Die  wagerechten  punktirten  Linien  unter  den  dunklen 
Linien  veranschaulichen  das  zwischen  den  Kupferlagen  ausgespannte 
Zeug. 

Fig.  13  zeigt  die  Stapel  von  drei  Behältern  und  die  Art  und  Weise, 
wie  sie  verbunden  werden,  um  eine  verbundene  Reihe  von  Zellen  zu 
bilden.  Ein  senkrechter  Raum  c  auf  der  linken  Seite  von  jedem  Stapel 
stellt  eine  schmale  Kammer  dar,  welche  durch  eine  quer  durch  jeden 
Behälter  gehende  Scheidewand  gebildet  wird. 

Durch  diese  Einrichtung  sollen  Vorrichtungen,  um  die  Circulation 
des  Elektrolyten  aufrecht  zu  erhalten,  entbehrlich  werden.  Auch  sollen 
die  Bäder  vor  Wärmeverlusten  und  der  Elektrolyt  soll  vor  Verdampfung 
geschützt  sein. 

Nicolas  Lebe'deff  in  St.  Petersburg  will  Eisen,  Kupfer  und  andere 
Metalle  direkt  aus  ihren  Erzen  gewinnen,  indem  er  die  Oxyde  der  be- 
treffenden Metalle  in  Tiegeln  oder  in  Flammöfen  schmilzt  und  sie  dann 
der  Einwirkung  reducirender  Gase  (Kohlenoxyd,  Wasserstoff,  Kohlen- 
wasserstoff), die  unter  Druck  eingeführt  werden,  unterwirft  (D.  R.  P. 
Nr.  51 892  vom  9.  Mai  1889).  In  Fig.  14  ist  als  Beispiel  ein  zu  dem 
angegebenen  Zwecke  zu  verwendender  Handflammofen  dargestellt. 

Zu  beiden  Seiten  des  Schachtes  c  dieses  im  senkrechten  Schnitt 
gezeigten  Flammofens  ist  je  ein  Schmelzherd  a  bezieh,  b  angeordnet. 
Das  niederzuschmelzende  Erz  d  wird  durch  den  Schacht  c  eingetragen 
und  am  Fufse  desselben  durch  einen  Scheidekamm  f  nach  beiden  Seiten 
gegen  a  bezieh,  b  hingeleitet.  Von  hier  zieht  man  das  Erz,  das  in 
dem  Schacht  c  durch  das  den  Ofen  durchstreichende  Herdfeuer  vor- 
geröstet wird,  nach  Bedarf  auf  die  Schmelzherde  a  und  fr,  woselbst  das 
Einschmelzen  vor  sich  geht  und  woselbst  die  nöthigen  reducirenden 
Gase  durch  die  Rohre  e  in  die  geschmolzene  Masse  eingeführt  werden. 

Diese  Röhren  e  können  übrigens  auch  dazu  dienen,  oxydirende 
Gase  (wie  Luft,  Kohlensäure,  Wasserdampf  u.  s.  w.)  in  die  Masse  ein- 
zuführen, um  dieselbe  beispielsweise  von  Metalloiden  zu  befreien,  welche 
dem  zu  gewinnenden  Metall  schaden  könnten,  und  welche  durch  das 
Rösten  oder  eine  sonstige  vorgängige  Behandlung  nicht  vollständig  be- 
seitigt sein  sollten. 

Der  Ofen   kann   mit  jeder  Art  Brennstoff  geheizt   werden,   ebenso 


Neuerungen  im  Metallhüttenwesen.  487 

wohl  mit  festem  als  flüssigem  oder  gasförmigem.  Wünscht  man  bei 
der  Verwendung  von  gasförmigem  Brennstoff  hohe  Temperaturen,  so 
kann  man  sich  beispielsweise  des  Wassergases,  Naphtagases  o.  dgl.  be- 
dienen. Statt  des  dargestellten  Schmelzofens  kann  jeder  andere  passende 
Schmelzapparat  verwendet  werden. 

E.  Wahh  jr.  in  St.  Louis  (Missouri,  Nordamerika)  hat  unter  Nr.  51 208 
ein  vom  1.  Mai  1889  gültiges  D.  R.  P.  für  einen  Apparat  zum  Conden- 
siren  von  Zinkdämpfen  und  Sammeln  des  metallischen  Zinks  erhalten, 
welcher  in  den  Fig.  15  bis  17  dargestellt  ist. 

Die  gerösteten  Zinkerze  werden  mit  Brennmaterial  gemischt  durch 
den  Trichter  b  in  den  Ofen  a  gebracht.  In  letzteren  mündet  die  seit- 
lich angesetzte  Condensationskammer  c,  die  mit  feuerfestem  Stein  aus- 
gekleidet ist  und  eine  conische  Form  erhält,  die  nach  aufsen  mit  ge- 
ringem Gefälle  enger  wird. 

In  Fortsetzung  des  äufseren  Endes  der  Condensationskammer  c  ist 
zweckmäfsig  ein  aus  Gufseisen  oder  anderem  passenden  Material  be- 
stehender Cylinder  d  eingeschaltet,  in  welchen  von  oben  ein  Beschickungs- 
trichter e  mündet.  Der  Cylinder  d  wird  aufsen  durch  einen  Deckel  f 
abgeschlossen,  der  in  der  Mitte  eine  Stopfbüchse  g  für  die  hindurch- 
tretende Welle  h  hat.  Auf  dieser  Welle  ist  ein  Cylinder  d  und  eine 
Transportirscheibe  t,  welche  ungefähr  den  Cylinderdurchmesser  besitzt, 
so  angebracht,  dafs  sich  deren  Anfangspunkt  (im  Sinne  der  Drehrichtung 
derselben)  unter  oder  etwas  hinter  dem  zugekehrten  Rande  der  Trichter- 
öffnung e  befindet. 

Die  Welle  h  wird  durch  eine  Schnecke  in  Drehung  gesetzt,  welche 
mit  einem  Schraubenrad  der  Welle  in  Eingriff  steht,  das  aufserhalb 
des  Cylinders  liegt.  Die  Welle  J,  die  in  Lagern  m  läuft,  trägt  die  An- 
triebsscheibe n.  Die  Transportirscheibe  kann  natürlich  auch  in  anderer 
geeigneter  Weise  ihre  Drehung  erhalten.  Durch  den  tiefsten  Theil  der 
Condensationskammer  c  werden  eine  Reihe  von  Kanälen  oder  Röhren  o 
vorgesehen,  welche  unterhalb  der  Kammer  c  in  einem  Trog  p  oder 
eine  andere  Ableitung  für  das  metallische  Zink  führen. 

Nachdem  die  Beschickung  des  Ofens  o  mit  dem  Kohlen-  und  Erz- 
gemisch aus  den  Trichtern  b  und  die  Füllung  der  Condensationskammer  c 
mit  kohlenstoffhaltigem  Material  aus  dem  Beschickungstrichter  e  vor- 
genommen ist,  gehen  beim  Betriebe,  sobald  das  Beschickungsgemisch 
und  das  sich  daran  anschliefsende  kohlenstoffhaltige  Material  der 
Kammer  c  eine  Temperatur  von  1500°  F.  angenommen  haben,  Zink- 
dampf und  Kohlensäure,  wie  sie  bei  der  Reduction  im  Ofen  erzeugt 
werden,  durch  das  kohlenstoffhaltige  Material  in  die  Condensations- 
kammer c,  und  hierbei  wird  die  Kohlensäure  unmittelbar  in  Kohlenoxyd 
verwandelt,  welches  mit  dem  Zinkdampf  weiter  durch  die  kühleren 
Theile  des  kohlenstoffhaltigen  Materials  in  der  Kammer  c  geht,  wobei 
der  Zinkdampf  condensirt,   als  flüssiges  Metall  am  Boden  des  Conden- 


488      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

sationsbehälters  c  wieder  geschlagen  und  durch  die  Röhren  o  in  den 
Behälter  abgelassen  wird.  Das  Kohlenoxyd  geht  durch  den  Trichter  e 
(oder  andere  Windkanüle)  nach  dem  Abzug.  Die  Transportirschraube  t, 
welche  währenddessen  langsam  gedreht  wird,  drückt  das  kohlenstoff- 
haltige Material,  welches  durch  den  Trichter  e  eingeführt  wird,  con- 
tinuirlich  den  Condensationsbehälter  c  entlang,  so  zwar,  dafs  es  an  der 
Mündung  nach  dem  Ofen  a  hin,  wo  es  an  die  Stelle  des  verbrauchten 
Brennmaterials  tritt,  auf  eine  Temperatur  von  1500°  F.  erhalten  wird, 
die  nach  Vorstehendem  erforderlich  ist,  die  Kohlensäure  in  Kohlenoxyd 
zu  verwandeln,  während  das  kohlenstoffhaltige  Material  hinter  diesem 
Theil  im  Behälter  c  durch  die  hindurchstreichenden  Gase  selbst  auf 
Temperaturen  von  1200  bis  800°  gebracht  wird,  wie  sie  zur  Conden- 
sation  der  Zinkdämpfe  geeignet  sind. 

Wegen  der   früheren   Vorschläge  von    Walsh  vgl.  D.  p.  J.,   1888 
269  400.  (Fortsetzung  folgt.) 


Von  der  Deutschen  Allgemeinen  Ausstellung  für  Unfall- 
verhütung in  Berlin  1889. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  276  S.  385.) 
Mit  Abbildungen  auf  Tafel  26  und  27. 

Die  Fahrstühle. 

Die  statistischen  Mittheilungen  des  Reichsversicherungsamtes  weisen 
nach,  dafs  die  durch  die  Fahrstühle  hervorgerufenen  Unfälle  äufserst 
zahlreich  sind,  dafs  sonach  die  Fahrstühle  zu  den  gefährlichsten  Fabrik- 
einrichtungen zu  zählen  sind.  Der  Wichtigkeit  der  Aufzüge  entsprechend, 
war  ihre  Vorführung  auf  der  Ausstellung  sehr  reichhaltig.  Eine  grofse 
Zahl  von  Betriebssicherungen  wurde  von  deutschen  Firmen  zumeist  in 
natürlichen  Verhältnissen,  von  auswärtigen  Fabrikanten  gewöhnlich  im 
Modelle  gezeigt.  Leider  scheiterte  an  dem  Mangel  eines  besonderen 
Fahrstuhlhauses  die  zunächst  bestandene  Absicht,  die  Fahrstühle  genau 
zu  prüfen  und  ihren  Sicherheitsgrad  durch  praktische  Versuche  zu  er- 
mitteln, wie  dies  in  kleinerem  Umfange  bereits  vor  3  Jahren  in  Chemnitz 
seitens  des  sächsischen  Müllerverbandes  geschehen  war.  Die  allein  be- 
triebsfähige Vorführung  von  Fahrstühlen  kann  keinen  Mafsstab  für  ihren 
praktischen  Werth  bezüglich  der  Gefahrgröfse  geben;  hier  können  nur 
ausführliche  Versuche  ein  richtiges  Urtheil  gestatten. 

Namentlich  ist  es  nicht  denkbar,  über  die  vielfach  angepriesenen 
Sicherungsmafsnahmen  gegen  Gefährdung  durch  den  Fahrstuhl  und  mit 
demselben  ohne  praktische  Versuche  eine  richtige  Anschauung  zu  ge- 
winnen. 

Es  sei  hier  zunächst  darauf  hingewiesen,  dafs  der  Professor  an  der 
königl.  Bergakademie  in   Freiberg,   Hermann  Undeutsch^  auf  Anregung 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unlallverhütung  in  Berlin.      489 

des  dortigen  Bergamtsrathes  Menzel  und  mit  Unterstützung  der  Freiberger 
Ober- Bergdirektion  und  des  Maschinenfabrikanten  Münzner  in  Obergrund, 
umfassende  Versuche  über  die  Frage  angestellt  hat:    „JFi'e  grofs  ist  die 
Kraft^  mit  welcher  ein  auf  einem  Fahrstuhle  befindlicher  Mann  beansprucht 
u'irrf,   wenn  das  Seil  reifst  und  der  Fahrstuhl   durch  eine  Fangvorrichtung 
aufgefangen    icirdT'1-    Undeutsch    hatte    bei    Ausführung    seiner  Versuche 
allerdings  die  Verhältnisse  im  Auge,  wie  sie  bei  der  Mannschaftsförderung 
in  Bergwerken  vorhanden   sind;   die   Ergebnisse  gelten   aber  natürlich 
für  jede  Personenförderung  durch  Fahrstühle.   Es  ist  bekannt,  dafs  man 
letztere,  um   beim  Seilrifs  das  Abstürzen   zu   vermeiden,   mit  Fangvor- 
richtungen ausrüstet.     Sobald  aber  der  Fahrstuhl  abgefangen  wird,   er- 
halten die  in  demselben  befindlichen  Personen  einen  Stofs,  der  -so  grofs 
werden  kann,   dafs  eine  schwere  Verletzung   und   auch  wohl  der  Tod 
herbeigeführt  wird.     Undeutsch  hat   nun  einen  Apparat  gebaut,   mittels 
dessen  diese  Stofswirkung   gemessen  werden  kann;   ferner  hat  der  Ge- 
nannte durch  Rechnungen  praktisch  wichtige,  die  vortheilhafte  Stellung 
und  Stützung  der  Menschen  auf  dem  Fahrstuhle  und  die  Festigkeit  des 
letzteren   betreffende  Schlüsse   gezogen   und   dann    zahlreiche   Versuche 
mit  Fangvorrichtungen    in   einem    14m   hohen   Thurme   angestellt.     Die 
Ergebnisse   dieser  Untersuchungen  sind  in  einer  im  Commissionsverlage 
von  Graz  und  Gerlach  in  Freiberg  erschienenen  Broschüre  niedergelegt. 
Im  Wesentlichen  wurden  die  bekannten  Thatsachen  bestätigt.   Die  Fang- 
vorrichtung dürfe  nicht  plötzlich  wirken,  sondern  müsse  allmählich  die 
Geschwindigkeit  des  fallenden  Fahrstuhles   bremsen   und   denselben  zur 
Ruhe  kommen  lassen;   ferner  wird   die  Stofswirkung   auf  die  Personen 
gemindert,  wenn  der  Boden  des  Fördergestelles  mit  einer  Seegras-  oder 
Rofshaarmatratze,  mit  Stroh,  Heu,   Lohe,  Sand  bedeckt  wird   und  die 
Mannschaft   sich  darauf  in  Kniebeuge,    mehr  auf  die  Fufszehen,   stellt. 
Die  anderen  Ergebnisse  betreffen  die  günstigsten  Verhältnisse  der  abzu- 
fangenden Last,  der  Fördergeschwindigkeit,  der  Construction  der  Fang- 
vorrichtung, des  Fahrstuhles  und  dessen  Aufhängung  am  Seile.    Natür- 
lich   können    diese  Versuche    nicht    allgemein    gelten;    es    würde    also 
noth wendig  sein,  für  die  verschiedenen  Constructionen   mittels  des  Un- 
deutsch'sehen  Apparates  die  günstigsten  Verhältnisse  zu  ermitteln. 

t'ndeutsch  empfiehlt  am  Schlüsse  seiner  Ausführungen  die  Aufsetz- 
vorrichtung von  Hantel  und  Lueg  in  Düsseldorf.  Es  ist  bekanntlich 
zweckmäfsig,  den  Fahrstuhl  an  denjenigen  Stellen  des  Schachtes,  an 
welchen  die  Beladung  bezieh.  Entladung  erfolgt,  fest  aufzusetzen,  damit 
die  bei  vorgenannter  Arbeit  meist  erfolgenden  Stöfse  von  dieser  Auf- 
setzvorrichtung aufgenommen  werden  und  nicht  das  Seil  beanspruchen. 
Wenn  nun  der  Fahrstuhl  wieder  abwärts  gehen  soll,  so  müssen  die 
Theile,  auf  welche  er  sich  gesetzt  hat,  zurückbewegt  werden.  Je  nach 
der  Construction  der  Aufsetzvorrichtung  geschieht  dieses  Zurückziehen 
durch  Handhebel  so,  dafs  der  Fahrstuhl  unmittelbar  aus  der  vorher  ab- 


490     Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

gestützten  Lage  niedergehen  kann  oder  dafs  er  vorher  etwas  gehoben 
werden  niufs,  um  die  abstützenden  Theile  aue  dem  Schachtquerschnitte 
herausbringen  zu  können.  Dieses  Anheben  wird  aber  stets  einen  ßtofs 
ergeben,  der  insbesondere  das  Seil  im  Aufhängepunkte  des  Fahrstuhles 
gefährlich  beansprucht  Es  wird  also  die  erstgenannte  Art  der  Auf- 
setzvorrichtungen  der  zweiten  vorzuziehen  sein.  Zu  dieser  ersteren  Art 
gehört  die  von  IJaniel  und  Lueg  ausgestellte  Einrichtung,  bei  welcher 
durch  einen  Handhebel  vier  Stützen  mit  geringer  Kraftanwendung 
zurückgezogen  werden  können,  so  dafs  dann  der  Fahrstuhl  unmittelbar 
sinken  kann.  —  Aehnliche  Aufsetzvorrichtungen  linden  sich  auch  an 
anderen  auf  der  Ausstellung  gezeigten  Fahrstuhlschächten. 

Ueber  die  zweckmäfsigste  Construction  von  Fangvorrichtungen  hat 
auch  der  Civilingenieur  F.  Pelzer  in  Dortmund  wichtige  Ermittelungen 
angestellt,  welche  sich  in  der  Zeitschrift  Stahl  und  Eisen,  1886  Nr.  4, 
veröffentlicht  finden.  Diese  Untersuchungen  führten  den  Genannten  zu 
einer  von  ihm  auch  ausgestellten  Fangvorrichtung,  bei  welcher  an  dem 
Fahrstuhle  gezahnte  Excenterscheiben  derart  drehbar  gelagert  sind,  dafs 
bei  einem  Abreifsen  des  Seiles  dieselben  durch  zur  Wirkung  kommende 
Federn  gedreht  werden  und  dadurch  sich  gegen  die  hölzernen  Führungs- 
balken  (Spurbalken)  pressen,  indem  je  zwei  der  Exeenter  einen  solchen 
Balken  zwischen  sich  fassen.  Die  Scheiben  sind  an  ihrem  Umfange  so 
geformt,  dafs  sie  beim  Beginne  des  Fangens  sich  schnell  bis  auf  eine 
mäfsige  Tiefe  in  die  Spurlatten  einpressen,  ihr  weiteres  Eindringen  aber 
dann  ganz  allmählich  bewirken,  so  dafs  der  Fahrstuhl  langsam  zur  Ruhe 
kommt,  die  Stofswirkung  auf  die  in  demselben  befindlichen  Personen 
also  gering  wird. 

Aufzüge  der  Berlin- Anhaltischen  Maschinenbau- Actiengesellschaft  in  Berlin- 
Moabit. 

Die  von  der  Berlin- Anhaltischen  Maschinenbau- Actiengesellschaft  zu 
Berlin-Moabit  ausgestellte  Aufzuganlage  umfafst  in  einem  schmiede- 
eisernen 14m  hohen  Aufzugthurme  einen  Personenaufzug  mit  indirekt 
wirkendem  Hebezeuge  für  Druckwasserbetrieb  und  einen  Waarenauf- 
zug  mit  Aufzugmaschine  für  Riemenbetrieb  und  75Ük  gröfster  Förderlast. 

Beide  Aufzüge  sind  mit  allen,  den  gesetzlichen  Vorschriften  ent- 
sprechenden Verschlufs-  und  Schutzvorrichtungen  versehen  und  sollen 
im  Nachstehenden  durch  Abbildung  und  Beschreibung  näher  erläutert 
werden. 

Personenaufzug. 

Die  allgemeine  Anordnung  des  Personeuaul'zuges  ist  aus  Fig.  1  Tai'.  26 
ersichtlich,  a  ist  das  indirekt  wirkende  Hebezeug,  b  ist  die  mit  den 
Kolbenstangen  verbundene  Doppelseilrolle  für  die  beiden  Förderseile  gg, 
welche  mit  dem  einen  Ende  an  der  Fahrschachtconstruction,  mit  dem 
anderen   an  dem  Fahrkorbe    befestigt   sind,     c  ist   die   an   dem  Aufzug- 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      491 

oylinder  befestigte  Steuervorrichtung  mit  Ein-  und  Ausgangsstutzen  für 
das  Druckwasser,  sowie  mit  Verbindung  mit  dem  unteren  und  oberen 
Ende  des  Druckcylinders  a.  d  ist  der  Fahrkorb,  in  welchem  sich  der 
mit  dem  Steuerkolben  durch  das  Seil  ohne  Ende  e  verbundene  Steuer- 
hebel f  befindet. 

a)  Hebevorrichtung.  Das  mit  Druckwasser  betriebene  Hebezeug 
(Fig.  2),  welches  senkrecht  in  dem  Fahrschachte  selbst  oder  in  dessen 
Nähe  aufgestellt  werden  kann,  besteht  aus  einem  mit  zwei  kräftigen 
Ständern  auf  dem  Fundamente  ruhenden  Cy linder  a,  in  welchem  sich 
ein  mit  zwei  Kolbenstangen  versehener  Arbeitskolben  bewegt.  Die 
Stangen  gehen  durch  den  oberen  Cylinderdeckel ,  tragen  zunächst  eine 
Anzahl  Gegengewichtsplatten  b  und  am  oberen  Ende  eine  Doppelseil- 
rolle c,  über  welche  die  beiden  Förderseile  d  geführt  sind.  Diese 
Doppelseilrolle  wirkt  als  lose  Flaschenzugrolle,  wodurch  der  Arbeits- 
kolben zwar  den  doppelten  Druck  der  zu  hebenden  Last  auszuüben, 
aber  auch  nur  den  halben  Weg  des  Fahrkorbes  zurückzulegen  hat. 
Zur  Begrenzung  der  tiefsten  Kolbenstellung  sind  auf  dem  oberen  Cylin- 
derdeckel vier  Gummipuffer  e  e  angebracht,  auf  welche  sich  die  Gegen- 
gewichte b  in  der  untersten  Kolbenstellung  aufsetzen,  wodurch  der 
Stillstand  des  Kolbens,  sowie  des  Fahrkorbes  veranlafst  wird.  Die 
Gegengewichte  b  dienen  in  Verbindung  mit  dem  Kolbengestänge  und 
der  Doppelseilrolle  c  zum  Ausgleichen  des  Eigengewichtes  des  Fahr- 
korbes. 

An  dem  unteren  Theile  des  Druckcylinders  a  ist  die  Steuerung  f 
angesehraubt,  deren  Steuerkolben  durch  einen  besonderen  Steuerhebel 
in  dem  Fahrkorbe  durch  Seil  ohne  Ende  bewegt  wird  und  durch  auf- 
gelegte Gewichte  h  noch  beschwert  werden  kann.  Der  Steuercylinder 
steht  mit  der  unteren  und  durch  das  Verbindungsrohr  g  auch  mit  der 
oberen  Seite  des  Druckcylinders  a  in  Verbindung  und  hat  aufserdem 
noch  je  einen  Stutzen  für  den  Ein-  und  Austritt  des  Druckwassers. 

Die  Steuerung  f  ist  so  construirt,  dafs  für  den  Aufgang  des  Fahr- 
korbes Druckwasser  durch  das  Verbindungsrohr  g  über  den  Arbeits- 
kolben geführt  wird,  während  das  Wasser  unter  dem  Kolben  durch  den 
Austrittsstutzen  der  Steuerung  abfliefst  und  durch  seine  Saugwirkung 
den  Druck  auf  den  Kolben  unterstützt.  Wird  der  Steuerkolben  so  ge- 
stellt, dafs  der  Fahrkorb  niedergeht,  dann  tritt  das  über  dem  Arbeits- 
kolben befindliche  Druckwasser  durch  das  Verbindungsrohr  g  auf  die 
untere  Kolbenseite  über  und  regelt  gleichzeitig  die  Niedergangsgeschwin- 
digkeit des  Fahrkorbes. 

h)  Fahrkorb  mit  Geschwindigkeitsbremse ,  Steuerung  und  Fangvorrich- 
tung. Der  Fahrkorb  des  Personenaufzuges  (Fig.  3)  besteht  aus  einem 
schmiedeeisernen  Gestelle,  an  welchem  sich  die  Fang-  und  Führungs- 
vorrichtungeu  befinden,  und  in  welches  die  hölzerne  Fahrzelle  eingebaut 
ist.     Die  Führung  des  Fahrkorbes  erfolgt  an  hölzernen  Säuleu,  die  zur 


492      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Vermeidung  des  Verziehens  aus  mehreren  Längsstückeu  zusammen- 
gebolzt sind. 

An  dem  Fahrkorbe  befinden  sich  zwei  Sicherheitsvorrichtungen, 
welche  im  Stande  sind,  dieser  Aufzugconstruction  unbedingte  Sicherheit 
im  Betriebe  zu  gewähren  und  Unfälle  durch  Reiften  der  Förderseile  oder 
zu  schnellen  Niedergang  des  Fahrkorbes  auszuschliefsen. 

Die  eine  Schutzvorrichtung  besteht  aus  einer  unmittelbar  mit  den 
I »eitlen  Förderseilen  in  Verbindung  stehenden  Keilfangvorrichtung,  welche 
überhaupt  schon  zum  Eingriffe  kommt,  wenn  sich  das  eine  der  beiden 
Förderseile  nur  über  ein  gewisses  Mafs  hinaus  dehnt,  so  dafs  ein  that- 
sächliches  Abreifsen  desselben  zur  Einleitung  der  Fangwirkung  gar  nicht 
erforderlich  ist.  Zu  diesem  Zwecke  ist  der  Fahrkorb  an  einem  Wage- 
balken a  aufgehängt,  an  welchen  die  beiden  Förderseile  b  angreifen. 
Neben  dem  Wagebalken  a  liegt  eine  Welle  c,  welche  durch  ent- 
sprechende Hebel  d  und  Zugstangen  e  mit  den  unteren  Hebeln  f  und 
den  in  den  unteren  Führungsstücken  des  Fahrkorbes  befindlichen  Faug- 
keilen  g  in  Verbindung  steht,  während  zwei  auf  der  Welle  c  befestigte 
Hebel  h  sich  oben  auf  den  Wagebalken  a  legen  und  in  dessen  Mittel- 
lage die  Fangkeile  g  aufser  Eingriff  halten.  Sobald  sich  das  eine  der 
beiden  Seile  über  eine  gewisse  Grenze  hinaus  verlängert,  nimmt  der 
Wagebalken  a  eine  schräge  Stellung  ein,  drückt  den  einen  der  Hebel  h 
in  die  Höhe  und  zieht  durch  Drehung  der  Welle  c  mittels  der  Hebel  (/ 
und  f  und  Zugstangen  e  die  beiden  Fangkeile  g  hoch,  so  dafs  sie  sich 
zwischen  die  Führungsstücke  des  Fahrkorbes  und  die  Seitenführungen 
festklemmen  und  den  Fahrkorb  aufhalten.  Hierdurch  wird  der  Korb 
so  lange  aufser  Betrieb  gehalten,  bis  das  verlängerte  Förderseil  ent- 
weder nachgespannt  oder  durch  ein  neues  ersetzt  und  die  wagerechte 
Lage  des  Balkens  o  wieder  hergestellt  worden  ist,  worauf  durch  ein- 
faches Hochfahren  des  Fahrkorbes  die  Fangvorrichtung  sich  löst  und  in 
ihre  ursprüngliche  Lage  zurückgeht. 

Die  zweite  Schutzvorrichtung  an  dem  Fahrkorbe  besteht  aus  einer 
Geschwindigkeitsbremse  i,  welche  durch  einen  Hebel  /  mit  einer  der 
vorstehenden  genau  entsprechenden  Keilfangvorrichtung  m  n  op  r  auf  der 
anderen  Seite  des  Fahrkorbes  verbunden  ist.  Diese  Geschwindigkeits- 
bremse  hat  den  Zweck,  einen  zu  schnellen  Niedergang  des  Fahrkorbes 
zu  verhindern  und  bei  Ueberschreitung  einer  bestimmten  Niedergangs- 
geschwindigkeit  die  Fangvorrichtung  zum  Eingriffe  zu  bringen,  den 
Fahrkorb  also  aufzuhalten. 

Die  Geschwindigkeitsbremse  t  ruht  lose  oben  auf  dem  Fahrkorbe, 
gleitet  an  der  einen  Führungssäule  und  wird  durch  besondere  Federn 
auf  den  Fahrkorb  niedergezogen,  während  die  Mittelachse  der  Bremse 
durch  ein  an  besonderen  Zahnstangen  der  einen  Führungssäule  auf  und 
nieder  rollendes  Zahngetriebe  in  Umdrehung  versetzt  wird.  Ueber- 
-chreitet  der  Fahrkorb  die  zulässige  grofste  Niedergangsgeschwindigkeit. 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      493 

für  welche  die  Bremse  i  eingestellt  ist,  dann  wird  die  Mittelachse  der 
letzteren  in  den  seitlichen  Gehäusen  kk  gebremst;  die  ganze  Geschwin- 
digkeitsbremse nimmt  eine  verzögerte  Bewegung  an  und  hält  dadurch 
die  Fangkeile  r  mittels  Welle  m,  Hebel  Inp  und  Zugstangen  o  auf,  so 
dafs  die  Fangkeile  durch  den  niedergehenden  Fahrkorb  an  die  Seiten- 
führungen ge preist  werden  und  ihrerseits  nunmehr  den  Fahrkorb  zum 
Stillstande  bringen.  Sobald  der  Korb  wieder  hochfährt,  löst  sich  die 
ganze  Brems-  und  Fangvorrichtung  wieder  und  kehrt  in  ihre  ursprüng- 
liche Lage  zurück. 

Die  in  dem  Inneren  der  Fahrzelle  angeordnete  Steuerung,  welche 
durch  ein  Seil  ohne  Ende  mit  dem  Steuerkolben  in  dem  Aufzugcy linder 
in  Verbindung  steht  (vgl.  allgemeine  Anordnung  des  Personenaufzuges, 
Fig.  1)  besteht  aus  zwei  Hebeln  s  s{ ,  welche  auf  gemeinschaftlicher 
Mittelachse  sitzen  und  gegen  einander  unter  gewissen  Winkeln  ver- 
dreht und  in  dieser  Lage  gekuppelt  werden  können.  Der  vordere 
Hebel  8  ist  der  eigentliche  Steuerhebel  mit  einem  verschiebbaren  und 
aus  dem  Fahrkorbe  herausrageuden  Nocken  £,  während  der  hintere 
Hebel  st  zur  Befestigung  des  Steuerseiles  u  dient  und  an  einem  be- 
sonderen Segment  mit  Kimmen  die  Einstellung  des  Steuerhebels  für  ein 
beliebiges  Stockwerk  gestattet.  Die  Anzahl  der  Kimmen  entspricht  auf 
jeder  Seite  des  Segmentes  genau  der  Anzahl  Zwischenstockwerke, 
welche  durchfahren  werden,  die  Kimmen  der  einen  Seite  des  Segmentes 
gelten  dabei  für  den  Aufgang,  die  der  anderen  Seite  für  den  Niedergang 
und  die  mittelste  Kimme  gemeinschaftlich  für  das  unterste  und  oberste 
Stockwerk.  Aufserdem  sind  für  jedes  Stockwerk  besondere  Ausrück- 
curven  im  Fahrschachte  angebracht,  an  welchen  der  Nocken  t  des  Steuer- 
hebels 5  anläuft,  wodurch  eine  selbsthätige  Ausrückung  erzielt  wird. 

Die  Ausrückcurven  sind  in  senkrechter  Richtung  gegen  einander 
um  ein  bestimmtes  Mals  versetzt;  sowohl  hierdurch,  wie  auch  durch 
die  Verstellbarkeit  des  Steuerhebels  s  auf  dem  Kimmensegment  des 
Hebels  s{  ist  die  Möglichkeit  geschaffen,  die  Steuerung  für  jedes  be- 
liebige Stockwerk  einstellen  zu  können  und  dort  eine  selbsthätige  Aus- 
rückung  durch  den  Fahrkorb  zu  erzielen.  Auch  wird  durch  die  Aus- 
rückcurven ein  vollkommen  stofsfreier  und  allmählich  eintretender  Still- 
stand des  Fahrkorbes  erreicht. 

c)  Schachtlhüren.  Die  Thüren  für  den  Fahrschacht  des  Personen- 
aufzugea  sind  mit  Verschlüssen  versehen,  welche  von  innen  durch  eine 
Klinke,  von  aufsen  aber  nur  durch  einen  besonderen  Schlüssel  geöffnet 
werden  können,  und  haben  aufserdem  selbsthätige  Zuwerfevorrichtungen, 
durch  welche  die  geöffneten  Thürflügel  beim  Loslassen  geschlossen 
werden. 

Warenaufzug. 

a)  Auf  Zugmaschine.  Die  Aufzugmaschine  ist  mit  Schneckenradbetrieb 
versehen,  hat  selbsthätig  wirkende  Bremse  für  den  Stillstand  des  Fahr- 


\\'\      Deutsche  Allgemeine  Aufstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

korbes  und  selbsthätige  für  den  höchsten   und  tiefsten  Stand   des  Fahr- 
korbea  genau  einstellbare  Ausrückung. 

Die  Aufzugmaschine  besteht  im  Wesentlichen  aus  einem  vollständig 
geschlossenen  Gehäuse  a  (Fig.  4),  in  welchem  sich  der  Schneckenrad- 
trieb b  für  die  Welle  der  Windetrommel  c  befindet,  und  dem  gufs- 
eisernen  mit  dem  Gehäuse  a  verechraubten  Rahmen  </,  welcher  zur  Auf- 
nahme der  ganzen  übrigen  Theile  dieser  Aufzugmaschinen  dient.  Die 
Trommel  welle  ist  am  äufseren  Ende  noch  in  einem  besonderen  Hänge- 
bocke e  gelagert,  welcher  durch  Zwischenstege  f  mit  dem  Schnecken- 
radgehäuse a  starr  verbunden  ist,  wodurch  eine  feste  Rahmenverbindung 
hergestellt  und  eine  sehr  sichere  und  feste  Lagerung  für  die  Trommel- 
welle erzielt  wird.  Die  Aufstellung  dieser  Aufzugmaschinen  ist  in  Folge 
dessen  leicht  und  sicher  auszuführen. 

In  dem  Rahmen  d  ist  zunächst  die  Schneckenwelle  mit  den  drei 
Kiemenscheiben  g  g{  g2  gelagert,  von  welchen  g  fest,  g{  und  g2  aber  lose 
auf  der  Welle  sitzen,  und  zwar  erstere  für  den  breiten,  gewöhnlieh 
offen  laufenden  Aufgangsriemeu,  letztere  für  den  schmalen,  meist  ge- 
kreuzten Niedergangsriemen.  An  der  einen  Seite  des  Rahmens  sind  die 
Riemengabeln  h  h{  drehbar  angebracht,  welche  durch  einen  besonderen 
Gurvenmuff  i  abwechselnd  nach  der  mittleren  festen  Riemenscheibe  g 
verschoben  werden  können.  Der  Curvenmuff  i  erhält  mittels  Zahurad- 
üliersetzung  seine  Bewegung  durch  die  Seilrolle  ä,  welche  durch  Draht- 
seil mit  der  in  dem  Fahrschachte  befindlichen  Ausrückstange  in  Ver- 
bindung steht,  bei  Verschiebung  der  letzteren  eine  entsprechende  Drehung 
ausführt  und  die  Riemengabeln  h  hl  in  entsprechender  Weise  bewegt. 
Die  Seilrolle  k  steht  ferner  durch  Zahnradübersetzung  mit  dem  zur 
selbsthätigen  Ausrückvorrichtung  der  Maschine  gehörigen  Segment  /  in 
Verbindung.  In  diesem  liegt  eine  Schraubenspindel  m,  welche  durch 
Schneckenradübersetzung  in  dem  kleinen  Gehäuse  n  an  dem  Rahmen  d 
von  der  Hauptschneckenwelle  der  Aufzugmaschine  mit  in  Umdrehung 
versetzt  wird  und  sich  je  nach  der  Umdrehungsrichtung  in  dem  Seg- 
ment /  vor  und  zurück  schraubt.  Auf  der  Spindel  m  sitzen  besondere 
Knaggenmuttern  oo,  deren  Vorsprünge  mit  solchen  an  dem  Zahnseg- 
ment /  übereinstimmen.  Diese  Muttern  werden  für  die  höchste  und 
tiefste  Stellung  des  Fahrkorbes  genau  eingestellt  und  bezwecken  in 
dieser  Stellung  eine  selbsthätige  Ausrückung  der  Maschine,  so  dafs  ein 
Ueberfahren  der  Endstellung  des  Fahrkorbes  unmöglich  ist  und  auch 
bei  erfolgtem  Seilbruche  die  Aufzugmaschine  nur  bis  zu  der  eingestellten 
Endstellung  weiterlaufen  kann. 

Zur  Sicherung  des  sofortigen  Stillstandes  bei  Ausrückung  der  Auf- 
zugmaschine ist  an  dem  Rahmen  d  noch  ein  besonderer  Bremshebel  /) 
mit  Bremsgewicht  r  angeordnet,  welcher  durch  ein  Gurvenstück  ,s  auf 
gleicher  Achse  mit  dem  Ausrückmuffe  i  bewegt  wird.  Der  Brems- 
backen  des   Hebels  p    legt    sich    bei   Ausrückung    der  Aufzugmaschine 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      495 

gegen  die  mittlere  feste  Riemenscheibe  g  und  verursacht  den  sofortigen 
Stillstand  der  Schneckenwelle,  während  bei  Einrückung  der  Aufzug- 
maschine der  Bi-emshebel  p  gelöst  wird,  so  dafs  sich  die  Schneckenwelle 
und  Riemenscheibe  g  frei  drehen  können. 

b)  Fahrkorb  mit  Keilfangvorrichtung  (Fig.  5a  und  b).  Der  Fahrkorb 
ist  vollständig  aus  Schmiedeeisen  hergestellt,  hat  einen  Belag  von  Holz, 
an  den  Seiten  Schutzgitter  von  starkem  Drahtgewebe  und  oben  eine 
hölzerne  Schutzdecke,  welche  herausnehmbar  ist.  Die  ganze  Con- 
struction  des  Fahrkorbes  ist  so  leicht  als  möglich  gehalten. 

Die  Führung  des  Fahrkorbes  erfolgt  an  Seitenführungen  von  C-Eisen, 
an  welche  gleichzeitig  auch  die  Fangvorrichtung  angreift  und  beim 
Reifsen  des  Förderseiles  ein  Festklemmen  des  Fahrkorbes  an  die  Seiten- 
tührungen  verursacht.  Die  einfache  und  unbedingt  sichere  Fangvor- 
richtung besteht  aus  den  zu  beiden  Seiten  angeordneten  und  in  den 
unteren  Führungsstücken  des  Fahrkorbes  gleitenden  Fangkeilen  a  a, 
welche  durch  Zugstangen  bb  mit  den  Hebeln  cc  verbunden  sind.  Letztere 
greifen  mit  ihren  inneren  Enden  an  einen  Bügel  d,  welcher  den  oberen 
Querträger  e  des  Fahrkorbes  und  eine  darunter  liegende  kräftige  Blatt- 
feder f  umfafst.  An  diesem  Bügel  d  ist  in  einer  gufseisernen  Glocke  g 
auch  das  Förderseil  h  befestigt. 

Die  Wirkung  der  Fangvorrichtung  ist  derartig,  dafs,  sobald  das 
Förderseil  h  reifst,  die  Blattfeder  f  sich  sofort  nach  unten  durchbiegt, 
den  Bügel  d  herunterzieht  und  durch  Drehung  der  Hebel  cc,  die  Keile  aa 
mittels  der  Zugstangen  bb  so  weit  ^hochzieht,  dafs  sie  sich  zwischen  die 
unteren  Führungsstücke  des  Fahrkorbes  und  die  C-Seitenführungen  fest- 
klemmen und  den  Fahrkorb  sofort  aufhalten.  Der  ganze  Vorgang  der 
Fangwirkung  tritt  beim  Reifsen  des  Förderseiles  so  schnell  ein,  dafs  der 
Fahrkorb  überhaupt  nicht  zu  Fall  kommen  und  eine  beschleunigte  Ab- 
wartsbewegung einnehmen  kann.  Das  Festklemmen  an  den  Seiten- 
führungen geschieht  aufserdem  fast  stofsfrei  und  wird  durch  erhöhtes 
Gewicht  des  Fahrkorbes,  also  bei  Förderung  von  Lasten,  noch  ent- 
sprechend verstärkt.  Die  Wirkung  der  Fangvorrichtung  ist  also  unter 
allen  Umständen  eine  unbedingt  sichere  und  zuverlässige. 

Die  Lösung  der  Fangvorrichtung  erfolgt  nach  Wiederanschlufs  des 
Förderseiles  durch  einfaches  Hochziehen  des  Fahrkorbes,  wobei  die 
einzelnen  Theile  der  Fangvorrichtung  sofort  in  ihre  ursprüngliche  Lage 
zurückkehren. 

c)  Steuerstange  mit  Stellvorrichtung.  Schachlverschlufsthüren  mit  Ver- 
riegelungen (Fig.  6).  Die  Steuerung  des  Warenaufzuges  erfolgt  durch 
eine  besondere  Steuerstange  o,  welche  an  dem  ganzen  Fahrschachte 
entlaug  geführt  ist  und  durch  einen  in  jedem  Stockwerke  angebrachten 
Hebel  b  verstellt  wird. 

Die  Stange  a  steht  durch  ein  über  entsprechende  Leitrollen  ge- 
führtes  Drahtseil   mit  der  Ausrückvorrichtung  der  Aufzugmaschine    in 


-]'jt')      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung   für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Verbindung  und  wird  durch  ein  an  der  Aufzugmaschine  angebrachtes 
Gegengewicht  vollständig  ausbalancirt,  so  dafs  bei  dem  Ein-  und  Aus- 
rücken des  Aufzuges  nur  der  geringe  Widerstand  zu  überwinden  i*t, 
welchen  die  Verschiebung  der  Riemen  und  die  Ausrückung  des  Brems- 
hebels an  der  Aufzugmaschine  erfordert. 

Um  die  Steuerung  so  einstellen  zu  können,  dafs  sich  der  Fahrkorb 
in  einem  bestimmten  Stockwerke  selbsthätig  ausrückt,  sind  in  den 
einzelnen  Stockwerken  besondere  Stellvorrichtungen  defg,  durch  welche 
die  Steuerstange  gedreht  werden  kann,  sowie  auf  der  letzteren  Anstofs- 
finger  h  angebracht.  Diese  Finger  sitzen  in  senkrechter  Richtung  so 
auf  der  Stange,  dafs  bei  entsprechender  Drehung  derselben  stets  nur 
ein  solcher  nach  dem  Fahrschachte  zu  gestellt  und  von  einem  an  dem 
Fahrkorbe  befestigten  Ausrückfinger  zur  Verschiebung  der  Stange  er- 
fafst  werden  kann.  An  dem  Handgriffe  d  der  Stellvorrichtung  befindet 
sich  noch  ein  Zeiger  mit  zugehörigem  Zifferblatte,  nach  welchem  die 
genaue  Einstellung  der  Steuerung  für  ein  bestimmtes  Stockwerk  leicht 
auszuführen  ist.  Gleichzeitig  kann  man  an  diesem  Zifferblatte  auch 
sofort  erkennen,  in  welchem  Stockwerke  sich  der  Fahrkorb  befindet, 
so  dafs  diese  Stellvorrichtung  zugleich  auch  eine  zuverlässige  Anzeige- 
vorrichtung für  die  Stellung  des  Fahrkorbes  bildet. 

Die  Schachtverschlufsthüren  sind  mit  einer  Verriegelungsvorrichtung 
für  die  Steuerstange  versehen,  welche  so  construirt  ist,  dafs  schon  bei 
dem  Herunterdrücken  des  Thürdrückers  i  eine  Verschiebung  der  Riegel  kk{ 
und  Feststellung  der  Steuerstange  erfolgt.  Wird  die  Thür  dann  ge- 
öffnet, so  schiebt  sich  der  Riegel  k{  noch  weiter  zwischen  die  zur  Fest- 
stellung auf  der  Steuerstange  sitzenden  Stellringe.  Das  Schlofs  an  den 
Schachtthüren  ist  so  construirt,  dafs  die  geöffnete  Thürklinke  nicht  früher 
geschlossen  werden  kann,  als  bis  die  Thür  fest  zugedrückt  worden  ist, 
so  dafs  also  die  Verriegelung  der  Steuerstange  auch  erst  in  diesem 
Augenblicke  gelöst  wird. 

Ueber  der  Thürklinke  an  den  Schachtverschlufsthüren  ist  eine 
zweite  Verriegelung  /  angebracht,  welche  den  Zweck  hat,  die  Schacht- 
thüren so  lange  verschlossen  zu  halten,  als  der  Fahrkorb  nicht  in  dem 
betreffenden  Stockwerke  ist.  Die  Verriegelung  wird,  sobald  der  Korb 
in  dem  Stockwerke  ankommt,  durch  ein  an  ihm  befindliches  Curven- 
siück  zurückgeschoben,  worauf  die  Thür  geöffnet  werden  kann.  Wenn 
nach  Schliefsung  der  Schachtthüre  der  Fahrkorb  das  Stockwerk  vei'läfst, 
wird  durch  die  Verriegelung  /  auch  sofort  die  Klinke  des  Thürschlosses 
verriegelt  und  ein  Oeffnen  der  Thür  unmöglich  gemacht. 

Aufzüge  von  M.  Marlin  in  Bitterfeld. 
Das  Charakteristische  der  Construction  besteht  in  Folgendem: 
1)  Der  Fahrstuhll)C'(riel)  ist   durch  Seil  ohne  Ende   hergestellt;  zu- 
folge dessen  keine  Geschwindigkeitsveränderung  stattfindet. 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      497 

2)  Behufs  Regulirung  der  Geschwindigkeit  beim  Abwärtsgange  des 
Fahrstuhles  ist  die  Bremse  durch  Regulator  beeinflufst. 

3)  Die  Einrückung  des  Fahrstuhles  für  den  Betrieb,  sei  es  nach 
ober-  oder  unterhalb,  ist  derartig,  dafs  die  Zugseile  und  Hebel  in  der 
eingerückten  Stellung  fest  stehen  bleiben,  es  also  nicht  erforderlich  ist, 
solche  während  der  Fahrt  in  Händen  zu  halten. 

4)  Die  Fahrstuhlöffnung  wird  durch  eine  Stange  verschlossen,  welche 
für  die  Benutzung  des  Fahrstuhles,  d.  h.  für  das  Besteigen  bezieh.  Be- 
frachten desselben,  zu  heben,  und  für  die  Inbetriebsetzung  des  Stuhles 
wieder  in  ihre  abschliefsende  Stellung  zurückzubringen  ist.  Bei  so  nicht 
verschlossener  Fahrstuhlöffhung  ist  der  Antrieb  gesperrt. 

5)  Der  Abschlufs  des  Fahrstuhlschachtes  auf  der  Zugangsseite  ge- 
schieht nicht  durch  Thüren,  sondern  durch  Gitterwerk  aus  elastischem 
Stoffe  oder  aus  geschlossenem  ZeugstofFe,  wie  Leinwand,  Gurtgewebe 
o.  dgl.,  welcher,  die  Stuhlöffnung  frei  lassend,  stets  die  sämmtlichen 
Etagen  gegen  den  Schacht  abschliefst. 

6)  Ohne  dafs  besondere  Vorrichtungen  erforderlich  sind,  rückt  sich 
der  Fahrstuhl  in  höchster  Stellung  selbst  aus  und  bleibt  in  niedrigster 
Stellung,  d.  i.  beim  Berühren  des  Fufsbodens,  stehen. 

7)  Ebenso  bedarf  es  keiner  weiteren  Vorrichtung,  um  in  jeder 
Etage  sofort  zu  erkennen,  wo  sich  der  Stuhl  gerade  befindet. 

8)  Die  Sicherheit  gegen  Unfall  durch  Seilbruch  ist  eine  dreifache, 
und  zwar  einmal  durch  Anwendung  mehrfacher  Tragseile  für  den  Fahr- 
stuhl, sowie  ferner  durch  Verwendung  einer  Fangvorrichtung,  welche 
vom  Stuhle  aus  jederzeit  willkürlich  in  Function  zu  setzen  ist,  als  auch 
beim  Reifsen  der  Seile  selbsthätig  sicheres  Fangen  des  Stuhles  veranlafst 
und  ohne  Stofs  wirkt. 

Durch  die  Buchstaben  o  bis  h  (Fig.  7  und  7a)  ist  der  dargestellte 
Betrieb  des  Fahrstuhles  bezeichnet  und  ist  die  festgelagerte,  continuirlich 
drehende  Antriebs-Transmissionswelle  mit  dem  treibenden  Keilrade  b 
versehen.  Die  zweite  Welle  trägt  das  zu  treibende  Keilrad  d  und  zwei 
sogen.  Klemmseilscheiben,  welche  als  Träger  der  Seile  ohne  Ende,  mit 
denen  der  Fahrstuhl  A  selbst  fest  verbunden  ist,  den  Auf-  und  Abtrieb 
des  letzteren  vermitteln.  Diese  Seile  ohne  Ende,  deren  zwei  oder  mehr 
zur  Anwendung  kommen  können,  wovon  jedes  die  nöthige  Trag- 
fähigkeit besitzt,  sind  über  die  im  unteren  Theile  des  Fahrstuhlschachtes 
liegenden  Spannrollen  geführt  und  ist  ein  Gegengewicht  S  in  dieselben 
eingeschaltet. 

Mit  der  vorstehend  bezeichneten  Fahrstuhl  winde  ist  eine  durch 
Regulator  beeinflufste  Bremse  verbunden,  wodurch  die  Geschwindigkeit 
des  herabgehenden  Fahrstuhles  nach  Belieben  regulirt  werden  kann. 
Diese  Bremse  besteht  aus  einem  einfachen,  drehbar  befestigten  Brems- 
klotz d{ ,  welcher  in  die  Vertiefungen  des  Keilrades  d  pafst  und  durch 
Einsenken  in  dieselben  hemmend  wirkt.  Der  Regulator  wird  von  der 
Dingler's  polyt  Journal  Bd.  277  Nr.  11.  1890  111.  32 


4(.is      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Keilradwelle  mittels  Kettenvorgeleges  angetrieben  und  wird  durch 
das  an  der  getriebenen  Kettenrolle  befindlicbe  Klinkrad  l  nur  beim  Ab- 
wärtsgehen des  Stuhles  in  Bewegung  gesetzt.  Tritt  hierbei  eine  plötz- 
liche Hemmung  des  Fahrstuhles,  sei  es  durch  Arretirung  oder  Ankunft 
in  tiefster  Stellung  ein,  so  läuft  sich  der  Regulator  ruhig  aus,  so  lange 
die  Beharrung  seiner  Schwungkraft  dauert.  Nur  der  Einflufs  auf  die 
Bremse  hört  mit  dem  Momente  der  Arretirung  auf. 

Das  In-  und  Aufserbetriebsetzen  des  Fahrstuhles  wird  durch  Ein- 
und  Ausrücken  der  beiden  Keilräder  b  und  d  bewirkt,  welche  durch 
Friction  die  Bewegung  übermitteln.  Dies  In-  und  Aufserfunctionsetzen 
genannter  Räder  geschieht  durch  Heben  oder  Senken  der  Hebel  p,  auf 
deren  kurzen  Schenkeln  die  Welle  des  getriebenen  Keilrades  d  ge- 
lagert ist.  Die  so  zu  ertheilende  Bewegung  der  Hebel  p  wird  bewirkt 
durch  die  Schnur  ohne  Ende  </,  wodurch  die  Rolle  qi ,  sowie  die  mit 
dieser  durch  Sperrstangen  verbundene  Rolle  </.,  in  Rechts-  oder  Links- 
drehung versetzt  werden  kann.  Durch  die  mittels  der  Sperrstangen  S\  s2 
begrenzten  Stellungen  dieser  Rollen  wird  das  Keilrad  d  einmal  in  das 
Keilrad  b  geschoben  und  andererseits  in  die  Bremse  d{.  Erstere  Lage 
bedingt  das  Aufwärtsgehen  des  Fahrstuhles,  letztere  den  Stillstand  — 
eine  Mittelstellung  gibt  den  Stuhl  frei  und  gestattet  so  das  Sinken  des- 
selben durch  eigene  Schwere,  in  welch  letzterem  Falle,  wie  bereits  er- 
wähnt, der  Centrifugalregulator  die  Bremse  nur  in  soweit  activ  erhält, 
als  für  die  Hemmung  der  durch  den  freien  Fall  der  Last  bedingten  Ge- 
schwindigkeitsvergröfserung  erforderlich  ist.  —  Die  Bewegung  der  Schnur 
ohne  Ende  —  der  Zugleine  —  für  das  Inthätigkeitsetzen  des  Fahrstuhles 
kann  von  jeder  Etage  aus  vom  Fahrstuhle  selbst  als  auch  von  aufser- 
halb  des  Schachtes  geschehen,  und  wird  durch  das  erwähnte  Gesperre 
der  Rollen  q{  und  q2  die  Zugleine  in  jeder  der  gegebenen  Stellungen 
so  lange  festgehalten,  bis  dieselbe  mittels  der  Hand  wieder  in  Bewegung 
gesetzt  wird. 

Um  den  genannten  Hebel  p  nun  auch  festsperren  zu  können,  ist 
nachstehend  beschriebene  Vorrichtung  angebracht.  Dies  Festsperren  ist 
ungemein  wichtig,  da  während  des  Be-  oder  Entladens  des  Fahrstuhles 
der  Arbeiter  sicher  sein  mufs,  dafs  ihm  nicht  der  Fahrstuhl  durch  dritte 
Personen  aus  einer  anderen  Etage  vielleicht  nur  halb  ent-  oder  beladen 
wieder  entführt  wird. 

Um  also  dies  zu  vermeiden,  ist  an  der  Zugstangenseite  des  Fahr- 
Btuhlee  ( ine  auf-  und  abwärts  drehbare  Stange  angebracht,  welche  an 
ihrem  Drehpunkte  mit  einem  excentrischen  Einschnitt  versehen  ist.  In 
diesem  Einschnitte  wird  während  des  Drehens  ein  am  Stuhle  befestigter 
Klemmapparat,  welcher  die  zu  Seiten  des  Fahrstuhles  herabhängenden 
Zugseilenden  umschliefst,  durch  Auf-  oder  Abwärtsbewegung  der  Stange 
in  Function  gesetzt,  so  dafs  bei  aufgehobener  Stange,  wo  also  erst  die 
Be-  oder  Entladung  des  Stuhles  erfolgen  könnte,  derselbe  nicht  ander- 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      499 

weitig  in  Betrieb  gesetzt  werden  kann.  Nach  geschehener  Benutzung 
ist  die  Stange  zu  schliefsen,  d.  h.  niederzudreheu  und  damit  also  der 
Stuhl  wieder  der  beliebigen  Benutzung  übergeben. 

Der  Abschlufs  des  Fahrstuhlschachtes  auf  der  Zugangsseite  zum 
Stuhle  geschieht  hier  in  ganz  eigentümlicher  Weise  durch  Leinwand, 
Netzwerk  von  Hanf,  dünnen  Draht  oder  andersartige  elastische  Stoffe. 
Die  Figur  zeigt  hier  eine  zwischen  zwei  Seilen  an  den  Abschlufsstellen 
befestigte  Leinwand  und  ist  diese  einmal  an  der  Schwelle  des  Fahr- 
stuhlgerüstes befestigt  und  an  der  vorderen  Seite  des  Schachtes  in  der 
Weise  hochgeführt,  dafs  sie,  dem  Fahrstuhle  die  vordere  Oeffnung  frei 
lassend,  solchen  von  drei  Seiten  umspannt.  Dieselbe  geht  oberhalb  des 
Stuhles  wieder  senkrecht  aufwärts,  bis  sie  über  dem  Schachte  auf  Rolle  u 
befestigt  endet.  Diese  Rolle  dient  gleichzeitig  nebst  dem  Sperrrädchen  r 
dazu,  die  betreffende  Wand  immer  gespannt  zu  erhalten  und  so  einen 
um  so  gesicherteren  Abschlufs  zu  geben.  Am  Fahrstuhle  sind  an  den 
Punkten,  wo  diese  Wand  solchen  umspannt,  Rollenführungen  ;r,  u^,  m^,«^ 
angebracht,  so  dafs  keinerlei  Erschwerung  im  Aufwärtsgange  desselben 
statttindet. 

Trotz  der  bequemen  Spannung  dieser  elastischen  Wand  wäre  es 
möglich,  dafs,  wenn  der  Stuhl  ganz  unten  oder  oben  im  Schachte  sich 
befindet  und  viele  Etagen  vorhanden  sind,  die  dann  ganz  frei  hän- 
gende Wand  zu  viel  Elasticität  erhielte  und  beim  Anpralle  gegen  die- 
selbe etwas  stark  federte.  Um  dies  zu  vermeiden,  sind  in  jeder  Etage 
unter  der  Balkenlage  einfache  Winkelhebel  x  mit  unregelmäfsigen 
Schenkeln  angebracht,  welche,  beim  Passiren  des  Fahrstuhles  bei  Seite 
gestofsen,  sich  sofort  wieder  hinter  die  elastische  Wand  stellen  und  so 
ein  Zurückdrücken  derselben  stets  verhindern. 

Unter  6)  der  Constructionsbedingungen  ist  gesagt,  dafs  der  Fahr- 
stuhl in  höchster  Stellung  selbst  ausrückt.  Dies  geschieht  einfach  dadurch, 
dafs  die  bei  Beschreibung  der  Sperrvorrichtung  erwähnte  Seilklemme 
an  einen  in  diesem  Seile  an  entsprechender  Stelle  angebrachten  Knoten  y 
stöfst  und  so  das  Seil  hebt,  wodurch  der  während  des  Betriebes  er- 
forderliche Eingriff  der  Keilräder  b  und  d  aufgehoben  und  der  Fahrstuhl 
aufser  Betrieb  gesetzt  wird.  In  tiefster  Stellung,  also  auf  dem  Fufs- 
boden  im  Parterre  angelangt,  wird  der  Fahrstuhl,  da  er  durch  Seil 
ohne  Ende  seine  Bewegung  erhält,  jedesmal  ohne  Weiteres  stehen 
bleiben  und  die  Bewegung  der  Winde  aufhören. 

Das  unter  7)  erwähnte  Erkennen  des  Standes  des  Fahrstuhles  erklärt 
sich  dadurch,  dafs  es  nur  erforderlich  ist,  an  die  den  Fahrstuhl  be- 
wegenden endlosen  Seile  oder  auch  an  die  elastische  Wand  für  jede 
Etage  verschiedene  Zeichen  anzubringen  und  man  wird  stets  auf  den 
ersten  Blick  wissen,  wo  derselbe  zu  suchen  ist. 

Die  unter  8)  erwähnte  Sicherheit  gegen  Unfall  bei  Seilbruch  ist  in- 
sofern eine  dreifache,   als  einmal  jedes  der   beiden  Triebseile  für   sich 


500      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

reifsen  kann,  ohne  zunächst  einen  Einflufe  auf  den  Gang  des  Fahrstuhles 
zu  äufsern.  Erst  wenn  sämmtliche  Seile  gerissen,  kommt  die  Fangvor- 
richtung zur  Wirkung.  Diese  letztere  besteht  aus  zwei  Keilen  z,  welche 
zu  beiden  Seiten  des  Fahrstuhles  an  den  Führungssäulen  entlang  gleiten, 
auf  welche  beim  Reifsen  der  Seile  der  frei  fallende  Stuhl  aufläuft.  Dies 
geschieht  ohne  Stofs  und  die  Wirkung  mufs  eine  unbedingt  sichere  sein, 
weil  die  Keile  z  mit  der  elastischen  Wand  durch  das  Hebelsystem  a  in 
Verbindung  stehen,  welche  bei  Seilbruch  vom  frei  fallenden  Fahrstuhle 
in  Spannung  gesetzt  wird,  da  letzterer  ohne  Halt  gleichsam  in  diese  ihn 
umgebende  Wand  hineinfällt,  und  so  die  eigene  Schwere  desselben  als 
spannendes  und  die  Keile  festziehendes  Moment  wirkt.  Diese  Fang- 
vorrichtung ist  in  einer  Hinsicht  sicherer  als  die  bis  jetzt  bestehenden. 
da  sie  nicht  von  Federkraft  abhängig  ist,  die  bekanntlich  unzuver- 
lässig wirkt.  Aufser  durch  die  elastische  Wand  können  nun  die  Fang- 
keile auch  jeden  Augenblick  durch  die  schrägen  Hebel  angehalten 
werden,  was,  da  selbige  mit  den  Keilen  abbalancirt  sind,  durch  den 
leisesten  Druck  oder  Anziehen  der  am  anderen  Hebelende  angebrachten 
Schnur  geschehen  kann,  so  dafs  man  im  Stande  ist,  jeden  Augenblick 
vom  Stuhle  aus  diesen  festzufangen,  unabhängig  vom  Antriebe  desselben. 
Diese  letztere  Vorrichtung  kann  auch  als  sogen.  Nothboden  construirt 
werden,  nöthig  ist  er  nicht. 

Bei  den  Fangvorrichtungen,  welche  durch  die  Wirkung  einer  Feder 
die  Bremsung  mittels  Excenters  bewirkten,  war  die  Spannung  der  Feder 
noch  zu  viel  abhängig  von  der  Belastung  des  Fahrstuhles,  und  da  die 
gute  Wirkung  einer  gespannten  Feder  gar  zu  sehr  von  der  gehörigen 
Kraft  des  Einschiagens  der  Excenter,  als  auch  von  der  Schnelligkeit 
derselben  beim  Seilbruch  abhängig  ist,  so  war  es  recht  wünschenswerth, 
letztere  beliebig  stark  wählen  zu  können.  Dies  kann  nur  geschehen, 
sobald  solche  unabhängig  von  der  Gröfse  der  Belastung  ist.  Deshalb 
ist  für  die  Spannung  der  Feder  ein  Zwischenglied  gegeben,  aus  einem 
auf  der  Rückwand  des  Fahrstuhles  oder  dessen  Boden  festgelagerteu 
Hebel  bestehend.  Am  langen  Arme  dieses  Hebels  ist  das  Seil  bezieh. 
Kette,  Gurt  u.  s.  w.  des  Fahrstuhles  befestigt,  der  kurze  Arm  aber 
dient  als  Klinke  eines  Sperrrades  p,  welches  letztere  in  Mitte  der  Ex- 
centerwelle  f  befestigt  ist.  Die  Drehung  dieser  Welle,  welche  noch  die 
Kraft  der  angespannten  Federn  in  sich  trägt,  wird  auf  diese  WTeise  ge- 
sperrt, so  lange  die  Last  des  Fahrstuhles  au  dem  langen  Hebelarme  den 
Hebel  in  der  Sperrung  festhält.  Sobald  der  Fahrstuhl  abreifst,  wird  die 
Sperrung  sofort  frei  und  die  Feder  schlägt  die  Excenter  ein.  Da  das 
Hebelverhältnifs  beliebig  grofs  hergestellt  werden  kann,  so  folgt,  dafs 
mit  der  Last  des  Fahrstuhles  eine  beliebig  grofse  Federkraft  zu  sperren 
ist,  die  Federn  selbst  müssen  durch  Drehung  der  Excenterwelle  be- 
sonders gespannt  werden. 

In  Fig.  <S  ist  eine   doppelte  Fangvorrichtung,  mit  von  einander  uu- 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      501 

abhängigen  Theilen  dargestellt;* der  Fahrstuhl  mit  einfacher  Fangvor- 
richtung ist  für  Riemen  oder  Gurt,  der  doppelte  für  Kette  eingerichtet. 

Die  Fahrstuhlthüre  wird  selbsthätig  ohne  jegliches  Zuthun  des 
Arbeiters  geöffnet  und  geschlossen.  Der  Fahrstuhl  gelangt  nicht  eher 
in  Betrieb,  als  bis  die  Thür  geschlossen  ist,  während  die  Thür  sich 
nicht  früher  öffnen  kann,  als  der  Fahrstuhl  zum  Stillstande  gelangt  ist. 

Die  in  Fig.  9  und  9a  dargestellte  hydraulische  Bremse  hat  den  Zweck, 
eine  in  drehender  Welle  wirkende  Kraft  oder  Geschwindigkeitsleistung  zu 
reguliren  und  nötigenfalls  zu  hemmen.  Dementsprechend  dient  selbige  im 
\niliegenden  Falle  bei  Anwendung  auf  Fahrstühle  und  Winden  dazu, 
eine  an  drehender  Welle  befestigte  und  sich  abwärts  bewegende  Last 
unter  sehr  gleichmäfsiger  Geschwindigkeit  herabsinken  zu  lassen,  so 
dafs  die  Fallgeschwindigkeit  und  die  Abnahme  der  Umfangsgeschwindig- 
keit, wie  beispielsweise  bei  durch  Riemen  angetriebenen  Fahrstühlen, 
ebenso  wenig  von  Einflufs  werden  kann,  wie  innerhalb  gewisser  Grenzen 
eine  Vergröfserung  oder  Verkleinerung  der  Last.  Auf  der  Lastwelle  a 
ist  ein  scheibenförmiger  Körper  b  mittels  Feder  und  Nute  befestigt, 
welcher  mit  beispielsweise  vier  radialen  Schlitzen  von  ungefähr  der 
halben  Länge  seines  Radius  versehen  ist.  In  diese  Schlitze  werden  die 
Bremsbacken  c  lose  eingeschoben  und  an  einem  vollständigen  Heraus- 
fallen bei  Drehung  der  Welle  durch  Gleiten  in  einer  excentrischen  Aus- 
bohrung des  den  Körper  b  umschliefsenden  Gehäuses  d  verhindert. 
Oberhalb  der  excentrischen  Ausbohrung  findet  sich  in  dem  Gehäuse 
noch  ein  sichelförmiger  Raum  vor,  und  dieser  wird  durch  den  Steg  e 
in  zwei  Abtheilungen  geschieden.  Es  ist  ersichtlich,  dafs,  wenn  die 
hohlen  Räume  des  Gehäuses  d  mit  Flüssigkeit  ausgefüllt  werden,  eine 
Drehung  der  Wellen  nicht  stattfinden  kann,  da,  sei  es,  dafs  die  Welle 
nach  rechts  oder  links  bewegt  werden  soll,  stets  eine  Pressung  der 
Flüssigkeit  gegen  den  Steg  e  stattfinden  wird.  Versieht  man  aber  diesen 
Steg  mit  einer  Oeffnung  *",  so  kann  eine  Drehung  der  Welle  erfolgen, 
und  zwar  um  so  schneller,  je  gröfser  diese  Oeffnung  gehalten  wird. 
Hierauf  beruht  das  Prinzip  der  Bremse,  und  ist  wohl  ohne  Weiteres 
einleuchtend,  dafs  durch  Vergröfserung  oder  Verkleinerung  der  Oeffnung 
im  Stege  e  auch  die  Pressung  der  Flüssigkeit  und  damit  die  Geschwin- 
digkeit der  Lastwelle  geregelt  werden  kann.  Dies  geschieht  nun  bei 
vorliegender  Construction  durch  Drehung  des  Stellrades  f  an  der 
Schraubenspindel  g  als  der  hier  einfachsten  anwendbaren  Anordnung; 
es  kann  aber  diese  Spindeldrehung  eben  auch  durch  Regulator  oder  das 
Zugseil  für  die  Inbetriebsetzung  des  Fahrstuhles  bewirkt  bezieh,  beein- 
flufst  werden,  so  dafs  die  Regulirung  solcher  Bremse  nach  jeder  Richtung 
hin  ermöglicht  werden  kann. 

Die  Hähne  bezieh.  Schrauben  o  dienen  dazu,  um  den  Bremskörper  d 
mit  Flüssigkeit  zu  füllen  bezieh,  zu  entleeren.  Der  Bremskörper  </, 
welcher  keine  Bewegung  erhalten  darf,   mufs  durch  Verschrauben  mit 


502      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

dem  Lagerbocke  der  Welle  vor  Drehung  gesichert  werden  und  auf  der 
Welle  selbst  ist  derselbe  mittels  Stopfbüchse  abzudichten.  Für  vor- 
liegenden Fall,  wo  die  Bremse  nur  nach  einer  Richtung,  d.  h.  beim  Ab- 
gange des  Fahrstuhles,  zu  wirken  hat,  ist  in  dem  Stege  e  noch  eine 
zweite  Oelmung  angebracht,  welche  durch  eine  Klappe  n  abgeschlossen 
ist,  die  sich  beim  Aufwärtsgange  des  Fahrstuhles  so  weit  öffnet,  dal* 
sich  der  Druck  bezieh,  die  Pressung  in  der  Bremse  aufhebt.  Beim 
Abwärtsgange  verschliefst  dagegen  der  Druck  diese  Oeffnung  und  die 
regulirbare  Oeffnung  t  ist  allein  für  die  Bremsfähigkeit  mafsgebend. 

Briegleb,  Bansen  und  Co.  in  Gotha  stellten  aus:  1)  Einen  Fahrstuhl 
für  Personen  mit  patentirtem  Schraubenbetrieb.  2)  Einen  Fahrstuhl  für 
Lasten  mit  Sicherheitsvorrichtung  gegen  Kettenbruch  und  Einstürzen  von 
Personen  in  den  Fahrschacht.  3J  Verschiedene  Sicherheitswinden,  System 
Stauffer-Megy  und  Stauff er- Henkel. 

A)  Der  Fahrstuhl  für  Personen  (Friedrich  Hansens  Patent).  Bei 
diesem  Aufzuge  wird  der  Fahrstuhl  durch  zwei  symmetrisch  an  zwei 
Seiten  desselben  angeordnete  Schraubenspindeln  auf  und  nieder  bewegt. 
Letztere  werden  unten  durch  eine  liegende  Welle  mittels  Kegelräder 
und  eines  gekreuzten  und  eines  offenen  Riemens  angetrieben.  Die 
Muttern  der  beiden  Schraubenspiudeln  sind  am  Fahrstuhle  gelagert  und 
erhalten  durch  eine  einfache  Vorrichtung  eine  der  Bewegungsrichtung 
der  Schraubenspindeln  entgegengesetzte  Drehung.  Hierdurch  wird  die 
Fahrgeschwindigkeit  verdoppelt,  Diese  Geschwindigkeitsverdoppelung 
macht  es  möglich,  unter  Erzielung  der  üblichen  Fahrgeschwindigkeit 
mit  der  Umlaufsgeschwindigkeit  der  Schraubenspindeln  innerhalb  prakti- 
scher Grenzen  bleiben  und  den  Schraubengängen  eine  so  geringe  Stei- 
gung geben  zu  können,  dafs  ein  Niedergehen  des  Fahrstuhles  nicht  mehr 
stattfinden  kann,  selbst  wenn  sämmtliche  die  Spindeln  antreibenden 
Räder  ausgerückt  oder  gebrochen  sein  sollten. 

Die  Hubhöhe  des  ausgestellten  Schraubenfahrstuhles  beträgt  4m,6. 
Durch  zweckmäfsige  Verkuppelung  mehrerer  Schraubenspindeln  und 
Anbringen  beweglicher  Führungslager,  lassen  sich  diese  Fahrstühle  ohne 
Schwierigkeiten  für  jede  beliebige  Förderhöhe  einrichten. 

B)  Der  Fahrstuhl  für  Lasten.  Au  diesem  Fahrstuhle  sind  zwei 
kalibrirte  Krahnketten  befestigt.  Die  eine  führt  zu  einer  Sicherheits- 
winde, System  Stauff  er- Henkel,  und  dient  zum  Auf-  und  Niederfähren, 
die  andere  Kette  führt  über  einen  Geschwindigkeitsregulator  und  dient 
in  Verbindung  mit  letzterem  als  Fangvorrichtung  derart,  dafs  bei  einem 
Bruche  der  Lastkette  dieser  Regulator  ein  Niedergehen  des  Fahrstuhles 
mit  einer  gewissen,  mäfsigen  und  constanten  Geschwindigkeit  bewirkt. 

Zur  Verhütung  des  Hinabstürzens  von  Personen  in  den  Fahrschacht 
ist  die  Anlage  mit  einer  Einrichtung  ausgerüstet,  welche  die  Ingang- 
setzung des  Fahrstuhles  unter  allen  Umständen  verhindert,  so  lange  die 
nach  dem  Fahrschachte    führenden  Thüren    nicht  verschlossen  sind,   und 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      503 

welche  das  Oeffnen  dieser  Thüren  verhindert,  so  lauge  der  Fahrstuhl 
im  Auf-  oder  Niederfahren  begriffen  ist.  Nur  diejenige  Thür  läfst  sich 
öffnen,  hinter  welcher  der  Fahrstuhl  bewegungslos,  zum  Beladen  be- 
reit, steht. 

In  der  tiel'sten  und  in  der  höchsten  Stelle  bleibt  der  Fahrstuhl  von 
selbst  stehen. 

Die  Firma  Briegleb,  Hansen  und  Co.  zieht  die  oben  beschriebene 
Fangvorrichtung,  den  Geschwindigkeitsregulator  in  Verbindung  mit  einer 
zweiten  am  Fahrstuhle  befestigten  Kette,  den  anderen  Fangvorrichtungen 
vor,  weil  diese  unter  allen  Umständen  sicher  und  ohne  Stofs  wirkt, 
während  jene  Fangvorrichtungen  nicht  immer  sicher  wirken,  nament- 
lich dann  nicht,  wenn  zwischen  der  Bruchstelle  und  dem  Fahrstuhle 
eine  beträchtliche  Ketten-  oder  Seillänge  liegt.  In  diesem  Falle  pflegt 
die  Fangvorrichtung  erst  in  Thätigkeit  zu  treten,  wenn  der  Fahrstuhl 
schon  eine  erhebliche  Fallgeschwindigkeit  angenommen  hat.  Ist  aber 
bezüglich  letzterer  erst  eine  gewisse  Grenze  überschritten,  so  sind  die 
einzelnen  Theile  der  Fangvorrichtung  der  den  fallenden  Theilen  inne- 
wohnenden lebendigen  Kraft  nicht  mehr  gewachsen  und  brechen  in 
Folge  des  unvermeidlichen,  den  Eintritt  ihrer  Thätigkeit  begleitenden 
heftigen  Stofses  entweder  in  Stücke  oder  sie  versagen  in  irgend  einer 
anderen  Weise  den  Dienst. 

C.  Die  Sicherheitswinden.  Die  Winden  nach  Stauffer-Megy  eignen 
sich  hauptsächlich  für  den  Handbetrieb.  Sie  haben  den  Vorzug,  dafs 
die  Last  nicht  niedergehen  kann,  wenn  man  die  Handkurbeln  losläfst, 
und  dafs  beim  Niedergehen  der  Last  die  Handkurbeln  sich  nicht  be- 
wegen und  dafs  folglich  kein  Unheil  durch  rotirende  Kurbeln  entstehen 
kann.  Will  man  die  Last  niedergehen  lassen,  so  braucht  man  nur  auf 
eine  der  Handkurbeln  zu  drücken.  Ein  Geschwindigkeitsregulator  sorgt 
dafür,  dafs  die  Fallgeschwindigkeit  eine  gewisse  Grenze  nicht  über- 
schreitet. 

Die  Winden  nach  Stauff er- Henkel  eignen  sich  hauptsächlich  für 
Kiemenbetrieb.  Dieselben  sind  mit  einer  Bremse,  an  dessen  Hebel  ein 
coustantes  Bremsgewicht  befestigt  ist,  und  ebenfalls  mit  einem  Ge- 
schwindigkeitsregulator versehen.  Beim  Aufziehen  der  Last  steht  die 
Bremsscheibe  still,  geht  der  Riemen  auf  die  Losscheibe,  so  setzt  sich 
eine  Klinke  in  die  an  der  inneren  Peripherie  der  Brernsseheibe  an- 
gebrachten Sperrzähne  und  die  Last  steht  still.  Lüftet  man  die  Bremse, 
so  geht  die  Last  unter  dem  Einflüsse  des  Geschwindigkeitsregulators 
langsam  nieder. 

G.  Luther,  Maschinenfabrik  und  Mühlenbau-Anstalt  in  Braunschweig 
führt  das  Modell  eines  Fahrstuhles  mit  sanft  hemmender  Fangvorrich- 
tung vor.  Dieselbe  kennzeichnet  sich  dadurch,  dafs  die  Hemmung  bei 
Seilbruch  nicht  plötzlich,  sondern  allmählich  geschieht.  Die  Vorrichtung, 
welche  aus  einer  geschickten  Vereiniguno;  von  Keil-  und  Rollenbremse 


504      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

besteht,  kann  derartig  verstell!  werden,  dafs  sie  für  jede  Last,  bezüglich 
für  jede  Fahrstuhlgeschwiudigkeit,  den  gewünschten  Grad  von  Schnellig- 
keit  im   Fangen  hervorbringt. 

Stieberitz  und  Müller  in  Apolda.  Der  seitens  genannter  Firma  aus- 
gestellte Fahrstuhl  war  in  dem  Brauereigebäude  untergebracht. 

Der  Aufzug,  der  in  Folge  der  programmmäfsigen  Vorschriften  eine 
bestimmte  Höbe  nicht  überschreiten  durfte,  i.^t  in  kleinen  Dimensionen 
mit  niedrigsten  Stockböhen  ausgeführt  Derselbe  ist  als  Warenaufzug 
COnstruirt  und  in  erster  Linie  für  Mälzereien  und  Brauereien  zum  Fördern 
von  Gerste,  Malz  und  Grünmalz  bestimmt 

Der  Fahrstuhl  öffnet  durch  seine  eigentümliche  Einrichtung  (H.Bock's 
Patentanmeldung)  selbsthätig  die  Zugänge  des  Fahrstuhlschachtes  in  den 
jeweilig  benutzten  Stockwerken,  während  alle  übrigen  geschlossen  bleiben, 
und  rückt,  dort  angekommen,  selbsthätig  die  Aufzugmaschine  aus,  d.  h. 
der  Fahrstuhl  kommt  vor  dem  geöffneten  Zugange  in  richtiger  Höhe 
zum  Stillstande.  Diese  Stellung  verläfst  der  Stuhl  erst  wieder  nach 
geschehener  Einrückung  der  Aufzugmaschine  von  Hand,  dabei  schliefst 
sich  der  Zugang  des  Fahrschachtes  wieder,  und  zwar  selbsthätig,  so 
dafs  der  letztere  sofort  wieder  gesperrt  ist,  wenn  der  Stuhl  denselben 
verlassen  hat.  Dafs  dadurch  in  bester  Weise  einer  grofsen  Reihe  von 
Unglücksfällen,  wie  sie  in  den  letzten  Jahren  an  Aufzügen  vorkamen, 
vorgebeugt  wird,  ist  augenscheinlich. 

Der  Vorgang  ist  kurz  folgender:  Der  auf  und  nieder  gehende  Fahr- 
stuhl erfafst  durch  einen  Mitnehmer  eine  über  zwei  Rollen  laufende 
endlose  Kette  und  treibt  durch  diese  ein  Wendegetriebe  an,  welches  bei 
passend  eingerückter  Kuppelung  auf  eine  schwache  Windewelle  am 
Schachtverschlusse  wirkt  und  diesen  ötlhet.  Die  Einstellung  der  Kuppe- 
lung erfolgt  in  der  bezüglichen  Etage  durch  einen  Handhebel,  und  dieser 
bewirkt  bei  der  Einstellung  durch  ein  Segment  eine  Drehung  des  inneren 
Steuergestänges  der  Aufzugmaschine,  wodurch  ein  Anschlagknaggen  in 
die  Bahn  des  oben  erwähnten  Mitnehmers  gebracht  wird,  welcher  die 
Stillsetzung  der  Aufzugmaschine  bethätigt  Wird  mehrfach  aus  den  zu 
benutzenden  Stockwerken  gefahren,  wie  es  beispielsweise  beim  Ziehen 
von  Grünmalz  der  Fall  ist,  so  erfolgt  die  Einstellung  der  beschriebenen 
Einrichtung  nur  einmal,  und  der  bedienende  Wärter  hat  nach  jeder 
Fahrt  weiter  nichts  zu  thun,  als  am  äufseren  Theile  des  Steuergestänges 
der  Aufzugmaschine  diese  wieder  einzurücken,  also  den  Fahrstuhl  wieder 
in  Bewegung  zu  bringen,  worauf  der  Schlufs  der  Abfahrtöffnung,  sowie 
die  Eröffnung  der  Anfahrtöffnung  und  die  Stillsetzung  des  Fahrstuhles 
von  letzterer  ganz  selbsthätig  erfolgt. 

Der  Verschlufs  der  Schachtzugänge  kann  wagerecht  mittels  Rou- 
laden —  wie  im  vorliegenden  Falle  —  als  auch  senkrecht  mit  einfachen, 
leichten  Schiebethüren  von  Holz  oder  Eisenblech  erfolgen,  und  stellt 
sich  das  letztere  bei  genügender  Stockhöhe,  welche  ja  in  den  meisten 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      505 

Fällen  vorhanden  ist,  wesentlich  einfacher  als  hier  vorgeführt.  —  Die 
ganze  Einrichtung  ist  solid  und  sicher  und  der  Abnutzung  in  geringstem 
Mafse  unterworfen  und  verbindet  in  Folge  ihrer  Einfachheit  den  Vor- 
theil  geringer  Anlagekosten. 

Weitere  Sicherheitsvorrichtungen  am  Fahrstuhle  sind: 

1)  Eine  Fangvorrichtung  {H.  Boclis  Patent),  welche  rasch,  aber  auch 
vollkommen  stofsfrei  wirkt. 

J)  Ist  als  weitere  Sicherung  am  Fahrstuhle  die  Einrichtung  zum 
Festlegen  des  Föi-dergutes  durch  zwei  leicht  hoch  zu  legende  Bügel  zu 
erwähnen. 

Der  Betrieb  der  beiden  vorbeschriebenen  Einrichtungen  wird  durch 
eine  Reibungskuppelung  (Patent  Lohmann  und  Stolterfoht)  bewirkt,  welche 
durch  einen  leichten  Hebelschlag  ein  sofortiges,  und  zwar  auch  stofs- 
freies  Ein-  und  Ausrücken  des  Gesammtbetriebes  ermöglicht.  Ferner 
sind  alle  Riemen  durch  zweckmäfsige  Verkleidungen  gedeckt,  so  dafs 
ein  Hineinziehen  von  Kleidungsstücken  u.  s.  w.  in  den  Betrieb  vereitelt 
ist,  und  auch  ein  etwa  vorkommendes  Reifsen  oder  Abfallen  des  Riemens 
ohne  schädliche  Wirkung  bleibt. 

Schmidt,  Kranz  und  Co.  in  Nordhausen  a.  H.  (Sicherheitsvorrichtungen 
Patent  M.  Hofsbach). 

Fig.  10  ,gibt  eine  schematische  Darstellung  der  Fangvorrichtung. 
Dieselbe  beruht  auf  der  veränderlichen  Geschwindigkeit  zwischen  zwei 
fallenden  Körpern.  Der  Aufzug  ist  demzufolge  in  zwei  sich  senkrecht 
in  einander  verschiebende  Theile  getrennt,  und  zwar  den  Fahrstuhl  mit 
unbeweglichem  Keile  unterhalb  des  Lastbodens  und  den  Fangapparat, 
bestehend  aus  Fangstangen  s  mit  flügelartig  beweglichen  Fangbacken  f. 
Zwischen  beiden  Theilen  wird  bei  Seilbruch  eine  veränderte  Fall- 
geschwindigkeit erzielt. 

Der  Fangapparat  ist  somit  gänzlich  unabhängig  von  der  Last  oder 
wechselnden  Belastung  und  man  kann  z.  B.  durch  einen  ganz  schwachen 
Bindfaden  die  Fangstange  im  Fallen  behindern  und  dadurch  die  sofortige 
Verschiebung  und  Arretur  des  Fahrstuhles  bewirken,  einerlei  ob  der 
Fahrstuhl  mit  5  oder  50  Centner  belastet  ist. 

Dieses  Fallbehindern  einer  Fangstange  ist  die  einzige  Aufgabe  und 
dann  die  Ursache  für  die  Verschiebung:  der  Fahrstuhl  trifft  mit  seinem 
Keile  k  die  ihn  erwartenden  Fangbacken,  und  da  dieselben  flügelartig 
beweglich  dem  geringsten  Drucke  nachgeben,  so  prefst  die  Last  mittels 
ihres  Keiles  k  die  Fangbacken  wagerecht  gegen  die  Spurlatten,  und  zwar 
um  so  mehr,  je  gröfser  die  Last  ist. 

Das  Aufhalten  der  Fangstangen  bei  Seilbruch  geschieht  selbsthätig, 
und  zwar: 

Einestheils  durch  die  Vorbremse  am  Kopfe  des  Fahrstuhles,  wobei 
die  Vorbremsbacken  vermöge  der  zurückschnellenden  und  in  Ruhe 
tretenden  Tragfeder  des  Seiles  gegen  die   Spurlatten   geprefst  werden. 


506      Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin. 

Es  genügt  aber  schon  allein  eine  einlache  Aufwärtsbewegung  der  Vor- 
bremsschenkel,  denn  dadurch  wird  die  Fallgeschwindigkeit  der  Faug- 
stangen  verändert  und  die  Verschiebung  ist  damit  augenblicklich  er- 
folgt Zur  weiteren  Sicherheit  aber  sind  noch  zwei  Reservehilfefedern 
andersartiger  Construction  mit  thätig. 

Anderentheils  durch  eine  mit  den  Fangstangen  in  Verbindung  ge- 
brachte Nothfangleiue,  welche  bei  Seilbruch  die  Fangstauge  aufhält, 
und  zwar  ohne  Verwendung  irgend  einer  Feder,  sondern  durch  Spann- 
klemmvorrichtung. (Anwendung  der  Nothfangleine  für  den  Fall  eines 
Bruches  des  Förderseiles  zwischen  Tragrolle  und  Aufzugsmaschine,  sowie 
des  Treibriemens  bei  Bremsradbetrieb.) 

Die  Federn  für  die  Vorbremswirkung  können  einzeln  nicht  versagen, 
keinesfalls  aber  drei  Federn  verschiedenartiger  Construction  zugleich  in 
einem  Momente,  weil  sie  ja  keinerlei  Last  zu  überwinden  oder  zu 
arretiren,  oder  eine  Kraft  zu  äufsern  haben. 

Kühnle'sche  Maschinenfabrik  in  Frankenthal,  Rheinpfalz  (Fahrstuhl- 
bremse). 

Eine  Vorrichtung,  welche  es  ermöglicht,  Gewichte  zur  Bewegung 
des  Sperrwerkes  anzuwenden,  ist  die  vom  Ingenieur  J.  K.  Hillen- 
brand  erfundene  und  der  A'üAn/e'schen  Maschinenfabrik  unter  Nr.  44618 
vom  2.  November  1887  patentirte  Fahrstuhlbremse  bei  zerrissenem 
Förderseile.  Während  gewöhnlich  das  Sperrwerk  auf  den  bewegenden 
Schlitten  selbst  verlegt  wird,  bezweckend  von  hier  aus  bei  Seilbruch 
vorspringende  Fangorgane  an  die  Führungen  anzudrücken,  zeigt  die  vor- 
liegende Construction  die  Umkehrung  dieses  Verfahren  und  bleibt  des- 
halb der  Schlitten  von  allem  Sperrmechanismus  frei.  Die  Vorrichtung 
bleibt  stabil  gelagert,  ist  zugänglich  und  controlirbar,  wirkt  nicht  zer- 
störend oder  beschädigend  und  kann  man  sich  von  deren  Wirksamkeit 
zu  jeder  Minute  versichern. 

Ein  solcher  Aufzug  befand  sich  in  der  Allgemeinen  Deutschen  Aus- 
stellung für  Unfallverhütung  in  Berlin  im  Betriebe.  Ein  kleineres  Modell 
in  '  |0  der  natürlichen  Gröfse  daselbst  zeigte  eine  Combination  desselben 
Systems  für  gröfsere  Höhen. 

Die  Fig.  11  führt  uns  diesen  ersteren  im  gewöhnlichen  Betriebe, 
Fig.  12  denselben  bei  eingetretenem  Seilbruche  vor. 

Die  wesentlichen  Theile  sind  hierbei:  Das  Balaucirelement  b\  das 
Verbiudungsgestänge  desselben  mit  dem  Kniehebel  i,  dieser  selbst  mit 
angehängtem  Gewichte  r/,  sowie  die  durch  den  Kniehebel  i  bewegliche 
Schlittenführung  e  (bei  gröfseren  Höhen  i  und  e  in  vermehrter  Anzahl) 
und  zuletzt  das  Schlittenbremsstück  /.-.  —  Die  Wirkung  beruht  darauf, 
dafs  der  Schlitten  a  durch  Druck  auf  die  Rolle  c  des  beweglichen  Balan- 
eiers  b  das  Gewicht  </,  welches  etwas  leichter  ist  als  der  Schlitten  selbst, 
hoch  hält,  bei  Seilbruch  aber,  wie  Fig.  12  zeigt,  dieses  fallen  läfst,  was 
dann   durch   den  Kniehebel  i  die  Führung;  e   einwärts  schiebt   und  den 


Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in  Berlin.      507 

Schlitten  festklemmt  oder  aber  auch  vorspringende  Klinken  in  die  Fahr- 
bahn schiebt.  —  Der  ganze  Apparat  ist  einfach  und  läfst  sich  bei  mehr- 
facher Anwendung  des  Kniehebels  und  der  beweglichen  Führung  bis 
zu  den  gröfsten  Höhen  ausführen,  bei  geeigneter  Anordnung  auch  für 
Bergwerkszwecke.  Normalhöhe  für  eine  Führung  =  10ni.  Hierbei  mufs 
bemerkt  werden,  dafs  eine  Betriebserleichterung  durch  Anwendung  von 
Gegengewichten  zur  Ausgleichung  des  Schlittengewichtes  auch  bei  diesen 
Aufzügen  eintreten  darf. 

Fangvorrichtung  von  Oltomar  Erfurth  in  Teuchern  (Fig.  13). 

Die  besondere  Einrichtung  der  Hemmvorrichtung  ist  folgende: 

Ueber  der  Fahrstuhlmitte  befindet  sich  die  Seilschiene  A,  an  welcher 
das  Seil  angreift.  Unterhalb  des  Seilangriffspunktes  befindet  sich  der 
feste  Bolzen  6,  bei  welchem  die  Scherenschenkel  E  und  F  drehbar  ver- 
bunden sind,  letztere  sind  wiederum  bei  c  und  d  mit  den  Schenkeln  B 
um  Bolzen  drehbar  verbunden.  Mit  dem  Bolzen  b  sind  die  Widerlags- 
oder  Führuugsplatten  G  verbunden,  welche  mit  rechtwinkligen  Ansätzen 
hinter  die  glatte  Gleitschiene  H  des  Fahrstuhles  greifen.  Die  Führungs- 
platfen  sind  mit  centrischen  Schlitzen  h  versehen,  in  denen  sich  die 
Zapfen  g  der  glatten  Klemmrollen  /  auf  und  ab  bewegen  können. 

Der  Mechanismus  wirkt  nun  folgendermafsen : 

Der  Fahrstuhl  befindet  sich  in  Gebrauchsstellung  (vgl.  Figur),  d.  h. 
das  Seil  greift  an  der  Schiene  A  an  und  letztere  wird  mit  dem  Scheren- 
system gehalten,  während  die  Last  oder  das  Eigengewicht  den  Fahr- 
stuhl abwärts  zieht.  Die  Scherenschenkel  werden  aus  einander  gezogen, 
wodurch  die  Rollen  J  weit  von  der  Gleitschiene  abzustehen  kommen. 
Reifst  nun  das  Seil,  so  fällt  sofort  durch  die  eigene  Schwere,  verbunden 
mit  der  freifallenden  Last  des  Fahrstuhles,  die  Schiene  abwärts,  die 
Scherenstücke  klappen  zusammen  und  hierbei  gelangen  die  Klemm- 
rollen J  an  die  glatte  Gleitschiene  //,  wodurch  sie  in  der  Abwärts- 
bewegung eine  Hemmung  erfahren,  und  was  zur  Folge  hat,  dafs  nun- 
mehr die  volle  Last  des  Fahrstuhles  als  Bremskraft  wirkt,  so  dafs  sich 
bei  weiterem  Abwärtsgehen  die  Rollen  ohne  Stofs  festlaufen. 

Um  nun  für  diesen  Moment  ein  Durchbiegen  oder  Ausweichen  der 
Gleitschienen  B  zu  verhindern,  dienen  nunmehr  die  Ansätze  der  Platte  G. 
welche  winkelrecht  hinter  die  Gleitschienen  H  greifen,  als  Gegenlage 
und  bewirken  eine  sichere   und   unfehlbare  Wirkung  der  Klemmrollen. 

Die  Kraft,  welche  das  Festklemmen  des  Fahrstuhles  bewirkt,  steht 
mit  dem  jeweiligen  Gewichte  des  Fahrstuhles  stets  in  bestimmtem  Ver- 
hältnisse, da  immer  die  volle  Last  des  Fahrstuhles  die  Scheren  zusammen- 
zieht bezieh,  die  Klemmrollen  anprefst. 

Zum  Lösen  genügt  ein  Emporziehen  der  Schiene  A,  wodurch  die 
Scherenschenkel  aus  einander  gezogen  und  die  Klemmrolleu  von  den 
Gleitschienen  abgebracht  werden. 


5<  18      Apparate  zum  Dämpfen  and  Ausrecken  schlauchförmiger  Wirkwaaren. 

Will  man  die  Wirkung  der  fallenden  Seilschienen  noch  vermehren, 
so  kann  am  unteren  Ende  derselben  eine  Feder  angebracht  werden, 
welche  beim  Seilbruche  die  Schiene  um  so  schneller  fortzieht  und  den 
Hemmprozefs  einleitet.  Nöthig  isl  diese  Feder  nicht,  da  der  Mecha- 
dismus  ohne  solche  ebenso  sicher  functionirt,  jedoch  ist  sie  als  Anzug- 
leder am  Platze,  um  beim  Anziehen  des  Seiles  ein  Rucken  zu  ver- 
hindern. 

Der  Aufzug  von  A.  Freissler  in  Wien  war  durch  ein  Modell  veran- 
schaulicht (Fig.  14). 

Die  Fangvorrichtung  besteht  aus  zwei  parallel  mit  dem  Fahrstuhl- 
tntger gelagerten  Wellen  a,  a,  welche  an  ihren  vier  Enden  verzahnte 
Kxcenter  6,6,6,6  tragen,  die  beim  Reifsen  der  Tragkette  d  durch  die 
Evolutfedern  c,  c  in  die  Führungssäulen  e,  e  geprefst  werden,  wodurch 
das  Herabfallen  des  Fahrstuhles  unbedingt  und  ohne  Stofs  verhindert 
wird.  Der  Fangschirm  ist  aus  einem  Drahtgeflechte  hergestellt,  mit  /",  f 
bezeichnet  und  unter  dem  Fahrstuhlträger  entsprechend  befestigt-  er 
hat  den  Zweck,  etwa  in  den  Aufzugsschacht  herabfallende  Gegenstände 
oder  die  Tragkette  beim  Reifsen  derselben  aufzufangen  und  dadurch 
Personen  oder  Güter  vor  Beschädigungen  zu  schützen.  Die  Barriere 
besteht  aus  dem  am  Fahrstuhle  befestigten  Gleitprisma  <?,  welches  beim 
Auf-  und  Abfahren  des  Fahrstuhles  die  gekröpfte  Welle  h  dreht  und 
den  mit  letzterer  starr  verbundenen  Barrierebalken  j  selbsthätig  öffnet 
und  schliefst. 


Apparate  zum  Dämpfen  und  Ausrecken  schlauchförmiger 

Wirkwaaren. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  27. 

Das  Dämpfen  der  wollenen  Wirkwaaren  hat  den  Zweck,  die  Fasern 
der  Fäden  aus  einander  zu  treiben,  wodurch  die  Waare  locker  wird 
und  voller  erscheint.  Dieses  Dämpfen  erfolgte  bisher  gewöhnlich  in 
der  Weise,  dafs  man  die  Waare  in  ein  geschlossenes  Gefäfs,  einen 
Dampf  kästen,  hing  und  in  dasselbe  Dampf  einströmen  liefs.  Für  die 
ürolsen  schlauchförmigen  Stoffstücke  von  Rundwirkstühlen  ist  dieses 
Verfahren  unbequem  und  unvollkommen.  Der  vorliegende,  durch  das 
D.  K.P.  Kl.  8  Nr.  49986  vom  16.  April  1889  geschützte  Apparat  von 
T.  IVever  in  Chemnitz  soll  diesen  Uebelstünden  abhelfen.  Der  Dampf 
dringt  bei  demselben  nicht  von  aufsen  in  die  Waare  ein,  sondern  durch- 
strömt dieselbe  von  innen  nach  aufsen,  wobei  sie  zugleich  nach  mehreren 
Seiten  hin  gestreckt  und  schliefslich  flach  zusammengelegt  und  auf- 
gewickelt wird.  Der  Apparat  besitzt  nach  Angabe  der  Fig.  1  bis  4 
Tai'.  27  folgende  Einrichtung. 

Das  Gefäfs  a   trägt  ein   im  stumpfen  Winkel   gebogenes   Rohr  cb7 


Neues  von  der  Druckluft.  509 

welches  durch  Trag-  und  Streckarme  p  s  mit  dem  Gestelle  für  die 
Wickelwalzen  x  y  verbunden  ist.  Die  beiden  Streckarme  s  sind  mit 
ihrem  Querstücke  r  in  eine  Rinne  q  am  Ende  des  Tragarmes  p  ein- 
gelegt, sie  können  aus  demselben  und  vom  Wiekelapparate  entfernt 
werden,  und  wenn  das  geschehen  ist,  so  schiebt  man  das  cylindrische 
Waarenstück  in  trockenem  Zustande  über  p  c  b  hinweg,  so  dafs  die 
ganze  Dämpf-  und  Streckvorrichtung  innerhalb  der  Waare  w  sich  be- 
findet. Durch  das  Knierohr  h  wird  nun  Dampf  iu  das  Rohr  b  einge- 
lassen, derselbe  stöfst  an  die  Haube  i  und  geht  zwischen  i  und  k  hinaus 
wobei  das  condensirte  Wasser  an  k  abläuft;  er  stöfst  ferner  an  den 
Boden  e,  welcher  das  Rohr  c  abschliefst,  und  er  entweicht  schliefslich 
durch  die  Löcher  o,  die  in  dem  unteren  Theile  von  c  angebracht  sind 
so  dafs  er  auch  zunächst  die  unteren  Theile  der  Waare  iv  trifft  und 
theils  dieselbe  durchdringt,  theils  von  unten  nach  oben  steigt  und  somit 
die  ganze  Waare  durchströmt.  Das  Wasser,  welches  in  dem  Rohre 
unter  e  sich  noch  bildet,  läuft  in  einer  Rinne  d  (Fig.  1  und  3)  ab  und 
alles  condensirte  Wasser  gelangt  in  das  Gefäfs  a,  aus  welchem  es  durch 
den  Hahn  f  abgelassen  werden  kann. 

Der  durch  den  Dampf  feucht  gewordene  Waarenschlauch  wird  nun 
zunächst  nach  oben  und  unten  durch  die  Arme  n  mit  den  Bös,en  / 
(Fig.  1  und  4)  gestreckt,  über  deren  Rollen  m  die  Waare  sich  hin  weg- 
zieht. Durch  /),  kann  man  die  Spannstäbe  n  beliebig  weit  aus  einander 
spreizen.  Sind  weiter  die  Spannstäbe  s  wieder  eingelegt  worden,  so 
wird  der  Schlauch  über  dieselben  nach  vorn  gezogen,  durch  sie  und 
ihre  Rollen  t,  (Fig.  2)  in  die  Breite  gestreckt  und  endlich  ausgebreitet 
den  Wickelwalzen  x  y  zugeführt,  welch  letztere  ihre  Umdrehung  durch 
Kurbel  x{  oder  Riemenscheibe  x2  erhalten.  Die  Welle  «4  mit  den 
Gummiwalzen  u  wird  durch  die  Riemenscheiben  2  schneller  als  die 
Wickelwalze  x  gedreht,  damit  die  Gummiwalzen  u  die  Ränder  der 
Waare  immer  straff  anziehen  und  letztere  glatt  zum  Aufwickeln  kommt. 

Der  Apparat  ermöglicht  ein  vollkommenes  Dämpfen,  weil  er  gänz- 
lich innerhalb  der  Waare  steht  und  den  Dampf  durch  letzteren  hindurch- 
führt:  er  bringt  aber  nicht  Wasser  in  die  Waare,  sondern  leitet  das- 
selbe in  da  ab;  er  streckt  ferner  die  Waare  sowohl  lothrecht  als  auch 
wagerecht  und  legt  sie  endlich  glatt  zusammen. 


Neues  von  der  Druckluft. 

Gegen  die  Zweckmäfsigkeit  der  Druckluft  in  ihrer  Anwendung  zu  Kral't- 
MTilu-ilungsanlagen ,  insbesondere  gegen  die  von  Prof.  Riedler  aufgestellten 
iiüii.stigen  Annahmen  macht  sich  eine  sehr  scharfe  Gegnerschaft  bemerkbar, 
welche  ausschliefslich  im  Lager  der  Elektrotechniker  sich  vorfindet.  Die  Elektro- 
technik sieht  sich  sehr  bedroht,  da,  wie  bereits  früher  berichtet  wurde,  zur 
Ausführung  von  Druckluftanlagen  eine  sehr  kapitalkräftige  deutsche  Gesell- 
schaft gebildet   ist  und  in  dieser  seitens  der    elektrotechnischen  Gesellschaften 


510  Neues  von  der  Druckluft 

eine  scharfe  Concurrenz  erblickt  wird.  Ist  es  der  Elektrotechnik  bisher  auch 
noch  nicht  gelungen,  eine  gröfsere  kraftvertheilunusanlage  in  Betrieb  zu  setzen, 
-,,  scheinl  doch  —  so  weit  die  Rechnung  einen  Schlufs  gestattet  —  erwiesen, 
dafs  die  Ziffer  des  Nutzeffectes  nicht  wesentlich  hinter  der  NutzzifTer  einer 
Druckluftanlage  zurücksteht.  Debertrieben  ist  allerdings  entschieden  die  Be- 
hauptung, dafiB  die  Druckluftanlage  einer  elektrischen  Anlage  weit  nachstehe, 
«ras  Nutzungswerth  und  Nutzwirkung  anbelange.  Eine  derartige  Behauptung 
rechtfertigt  sich  wohl  schon  deshalb  nicht,  weil  eine  sichere  Berechnung  des 
Stromverlustes  in  Strafsenleitungen  bisher  nicht  vorln 

Qanz  /weifellos  ist  der  Umstand,  dafs  jedes  der  beiden  streitigen  Kraft - 
vertheilungssysteme  eigenartige  besondere  Vorzüge  besitzt,  um  deren  Willen 
sicher  in  manchen  Fällen  der  Ausschlag  zu  Gunsten  eines  Systems  gegeben 
werden  wird.  Ferner  ist  sicher  anzunehmen,  dafs  eine  Concurrenz  von  Druck- 
luft und  Elektricität  in  derselben  Stadt  beiden  Systemen  wirthschaftlich  nicht 
nützen,  sondern  nur  schaden  kann,  dafs  aber  eine  Verquickung  beider  Systeme 
in    derselben  Unternehmerhand    gewil's    oft   von  Vortheil    sich    erweisen  wird. 

Die  Anhänger  der  Druckluftvertheilung  haben  soeben  eine  grofse  Nieder- 
lage erlitten  durch  die  Ablehnung  des  Concessionsgesuches  zur  Errichtung 
einer  Druekluftanlage  in  der  Stadt  Hannover.  Gegen  die  Druckluft  werden 
in  dem  der  Abweisung  zu  Grunde  liegenden  Gutachten  viele  Gründe  angeführt, 
welche  rein  örtlicher  Natur  sind,  und  es  darf  nicht  übersehen  werden,  dafs 
diese  Gründe  wahrscheinlich  die  endgültige  Entscheidung  schwerer  beeinilufst 
haben,  als  die  vorgelegten  technischen  Erörterungen,  welche  sich  in  durchaus 
allfälliger  Kritik  über  das  Druckluftsystem  ergehen  und  dieses  als  schon  jetzt 
minderwerthiger  gegenüber  der  elektrotechnischen  Kraftvertheilung  hinstellen. 

Die  Frage  war  für  Hannover  besonders  schwerwiegend,  weil  dort  bereits 
ein  städtisches  Elektricitätswerk  besteht,  welches  die  Kraftvertheilung  eben- 
falls übernehmen  will.  Um  sich  hier  keine  gefährliche  Concurrenz  zu  machen, 
ist  wahrscheinlich  die  Ablehnung  des  Concessionsgesuches  erfolgt. 

Das  Gutachten,  welches  von  Dr.  0.  Gusinde  ausgefertigt  ist,  ergeht  sich 
über  diesen  Punkt  in  folgenden  Worten: 

„Die  Stadt  besitzt  eine  eigene  grofse  und  mit  technischer  Vollkommenheit 
errichtete  elektrische  Centralstation.  Dieselbe  ist  zunächst  für  Beleuchtungs- 
zwecke bestimmt.  Es  ist  aber  selbstverständlich,  dafs  die  Anlage  auch  moto- 
rischen Zwecken  dienen  wird.  Hierauf  ist  von  vornherein  Rücksiclit  zu 
nehmen.  Denn  so  lange  ein  Elektricitätswerk  ausschliefslich  für  Beleuchtungs- 
zwecke benutzt  wird,  ist  die  erzeugte  Energie  theuer.  Eine  bei  den  Con- 
sumenten  nutzbare  Energiemenge  von  etwa  1  KP-Stunde  kostet  in  diesem 
Falle  etwa  35  bis  45  Pf.  Dient  das  Werk  aber  gleichzeitig  auch  Tags  über 
für  motorische  Zwecke,  so  kann  der  Preis  der  elektrischen  Energie  für  Kraft- 
abgabe verhältnifsmäfsig  billig  bemessen  werden,  denn  Verzinsung,  Ab- 
schreibung, Reparaturen,  Gehälter  und  Löhne  können  zunächst  fast  aus- 
schliefslich bei  der  LichÜieferung  in  Anrechnung  kommen,  bei  der  man  an 
theuere  Preise  gewöhnt  ist.  Voraussichtlich  kann  die  Stadt  den  Kraftabnehmern 
1  H?-Stunde  für  15  bis  20  Pf.  berechnen  und  trotz  dieses  mäfsigen  Preises  — 
durch  bessere  Ausnutzung  der  Gesammtanlage  auch  Tags  über  —  die  Wirth- 
BChaftlichkeit  der  Anlage  erhöhen." 

Besonders  wird  darauf  hingewiesen,  dafs  bei  einmal  vorhandener  Druck- 
lnl'tanlage der  Absatz  des  Elektricitätswerkes  erschwert  werden  würde,  weil 
die  Abnehmer  bei  der  Verwendung  von  Druckluft  beharren  dürften,  selbst 
wenn   ihnen  der  Bezug  von  Elektricität  billiger  geboten  würde.  (!) 

Ohne  auf  die  polemischen  und  lokalen  Erörterungen  der  nach  Lage  der 
Sache  zweifellos  wichtigen  Denkschrift  näher  einzugehen,  seien  im  Folgenden 
einige  technische  Angaben  derselben  auszugsweise  nach  dem  Elektrotechnischen 
Anzeiger  wieder   gegeben: 

Für  eine  allgemeine  Energie-Vertheilung  in  grofsen  Städten  zu  Kraft- 
uud  Lichtzwecken  von  einer  Centralstation  aus  kommen  bei  dem  heutigen 
i  der  Technik  vor  allem  in  Betracht  die  Uebertragung  durch  Druckluft 
und  durch  Elektricität. 

Bei  Beurtheilung  des  Werthes  und  der  Lebensfähigkeit  der  beiden  Ueber- 


Neues  von  der  Druckluft. 


511 


tragungsarten  sind  mafsgebend  die  Wirtschaftlichkeit  bezieh,  der  Gesammt- 
wirkungsgrad  der  Anlage,  sowie  die  Vortheile  und  Nachtheile  der  besonderen 
Betriebsverhältnisse. 

Bei  der  Druckluft- Vertheilung  treiben  in  der  Centralstation  aufgestellte 
Dampfmaschinen  unmittelbar  Luftcompressoren.  Die  comprimirte  Luft  wird 
in  grol'se  Windkessel  geliefert  und  von  da  durch  ein  Rohrleitungsnetz  den  an 
den  Verbrauchsorten  aufgestellten  Luftmotoren  zugeführt. 

Unter  Berücksichtigung  der  von  den  Professoren  Radinger  und  Riedler 
über  die  Pariser  Druckluftanlage  veröffentlichten  Betriebsresultate  wird  man 
als  Wirkungsgrad  der  Reihe  nach  annehmen: 

für  die  Dampfmaschinen 90  Proc. 

„      „    Compressoren 77       „ 

„      „    Ventile 95       „ 

„    das  Rohrnetz  (wie  bei  Gasrohrnetzen)   ...     93       „ 
Der  Wirkungsgrad  der  Druckluftanlage  einschliefslich  des  Rohrnetzes  beträgt 
demnach 

0,90.0,77.0,95.0,93  =  0,61,  d.i.  61  Proc. 
Bei  der  Energie-Vertheilung  auf  elektrischem  Wege  treiben  die  Dampf- 
maschinen in  der  Centralstation  Dynamomaschinen  an.  Die  von  diesen  er- 
zeugte elektrische  Energie  wird  durch  kupferne  Leitungen  an  die  Verbrauchs- 
stellen übergeführt  und  daselbst  unmittelbar  zur  Beleuchtung  oder  durch 
aufgestellte  Elektromotoren  zur  Arbeitsleistung  verwendet.  Hierbei  ist  als 
Wirkungsgrad  anzunehmen : 

für  die  Dampfmaschinen 90  Proc. 

„      „    Dynamomaschinen 92       „ 

„    das  Leitungsnetz 93       „ 

und  der  Wirkungsgrad  der  elektrischen  Anlage  mit  Einschlufs   des  Leitungs- 
netzes beträgt 

0,90  .  0,92  .  0,93  =  0,77,  d.  i.  77  Proc. 
Es  ergibt  sich  somit  ein  wesentlicher  Vortheil  zu  Gunsten  der  elektrischen 
Kraftübertragung.  Prof.  Riedler  hat  nun  eine  Reihe  von  Verbesserungen  und 
Vervollkommnungen  an  Compressoren  und  Ventilen  in  Vorschlag  gebracht, 
nach  deren  Durchführung  er  den  Wirkungsgrad  bis  zu  76  Proc.  zu  erhöhen 
hofft.  Die  Verluste  im  Rohrnetz  nimmt  er  aber,  im  Widerspruch  mit  den 
Erfahrungen  bei  Gasrohrnetzen,  als  verschwindend  an.  Ob  und  in  welchem 
Mafse  sich  die  ß»ecMer'schen  Erwartungen  erfüllen  lassen,  mufs  die  Zukunft 
entscheiden. 

Zur  Beurtheilung  des  Gesammtwirkungsgrades  sind  ferner  noch  die  bei 
den  Consumenten  aufgestellten  Luft-  bezieh.  Elektromotoren  zu  vergleichen. 

Die  Resultate  der  von  Radinger  bei  der  Pariser  Druckluftanlage  ange- 
stellten Versuche  sind  in  nachstehender  Tabelle  angegeben: 

Lut'lrerbrauch  (bei  atmosph.  Druck)  für  1  nutzbare  W-Stunde. 


Bei  Luftmotoren  von 

Ohne  Vorwärmung 

Mit   Vorwärmung 

10  ff 

cbm 
38 
22 
16 

4  ff 
cbm 
52 
30 
22 

1  ff 
cbm 

72 

45 

Mit  Vorwärmung  und  Wassereinspritzung  .     . 

27 

Da  nach  den  Angaben  von  Radinger  und  Riedler  in  Paris  lebm  Luft  in 
der  Centrale  0.11366  indicirte  ff-Stunden  erfordert,  betragen  die  Gesammt- 
wirkungsgrade  der  Pariser  Luftdruck-Uebertragung: 


Bei  Luftmotoren  von 


Ohne  Vorwärmung 

Mit  Vorwärmung 

.Mit    Vorwärmung  und  Wassereinspritzung 

Die  eingeklammerten  Zahlen  sind  die  Wirkungsgrade,  die  sich  nach  Riedler 
durch  einzuführende  Vervollkommung-  noch  erreichen  liefsen. 


10  ff 

Proc. 

(26)  23 

(46)  40 

(63)55 


4  ff 

Proc. 

(19) 17 

(35)  30 

(46) 40 


1  ff 

Proc. 

(14) 12 

(23) 20 

(37)  32 


512 


Neues  von  dir  Dnu-k  lull. 


Bei  den  Elektromotoren  kann  man  erfahmngsgemäfs  bei  Leistungen  von 
lo  EP,  4  EP  und  1  ff  der  Reihe  nach  Wirkungsgrade  von  85,  80,  70  Proc.  zu 
Grande  legen.  Es  betragen  dann  die  Gesammtwirkungsgrade  der  elektrischen 
Uebertragung  bei  Elektromotoren  von: 


10  ff 


4   ff 


1  ff 


o,7  7.  0,85  =  65  Proc. 


0,77 .  0,80  =  61  Proc. 


0,77  .  0,70  =  54  Proc. 


Der  Vergleich  der  beiden  letzten  Tabellen  zeigt,  dafs  die  Uebertragung 
durch  Elektricität  zweifellos  wirtschaftlicher  ist  als  durch  Druckluft.  Die 
thatsächlichen  praktischen  Verhältnisse  ergeben  dasselbe  Resultat. 

In  Paris  kostet  lcbm  Luft  1,5  Cts.  =  1,2  Pf.  Derselbe  Preis  ist  auch  für 
das  Fürther  Druckluftprojekt  zu  Grunde  gelegt.  Es  ergeben  sich  hierbei 
folgende 

Preise  für  die  nutzbare  \Y -Stunde: 


Ohne  Vorwärmuns 

10  ff 
Pf. 
46 
26 
19 

4  ff 
Pf. 
62 
36 
26 

1  ff 
Pf. 

86 

55 

Mit  Vorwärmung  und 

Wassereinspritzung 

32 

Dem  gegenüber  liefern  auf  elektrischem  Wege: 

die  Berliner  Elektricitätswerke  die  EP-Stunde  zu  etwa  20  Pf., 

das  Städtische  Elektricitätswerk  Königsberg    die  ff-Stunde    zu    etwa  20  Pf.. 

das  Städtische  Elektricitätswerk  Gummersbach  die  ff-Stunde  zu  etwa  15  Pf. 

und 
das  Eisenacher  Elektricitätswerk  die  ff-Stunde  zu  etwa  12  Pf. 

So  weit  unser  Auszug  aus  dem  GtmWe' sehen  Gutachten.  Der  Streit  wird 
eine  sichere  Entscheidung  erst  erfahren,  wenn  in  Deutschland  gleichwertige 
Anlagen  nach  beiden  Systemen  eingeführt  werden. 

Wenn  im  Vorstehenden  aber  behauptet,  wird,  dafs  der  Wirkungsgrad  der 
elektrischen  Kraftübertragung  77  Proc,  derjenige  der  Kraftübertragung  durch 
Druckluft  nur  61  Proc.  betrage,  wobei  allerdings  zugegeben  wird,  dafs  durch 
Verbesserungen  und  Vervollkommnungen  der  Wirkungsgrad  nach  Riedler  auf 
76  Proc.  gebracht  werden  kann,  so  darf  in  der  Vergleichstabelle  der  Wirkungs- 
grad des  elektrischen  Kabels  nicht  zu  93  Proc.  gleich  demjenigen  der  Druck- 
luftleitung gesetzt  werden.  Dies  erweckt  offenbar  den  Eindruck,  als  ob  die 
Länge  beim  elektrischen  Kabel  keine  Rolle  spiele.  Thatsache  ist  nun  aber, 
dafs  in  einer  mittelgrofsen  Stadt  der  Verlust  in  der  Leitung  bei  Annahme 
eines  nicht  zu  starken,  noch  ausführbaren  Kabelquerschnittes  und  bei  Annahme 
von  Gleichstrom  und  niedriger  Spannung  mindestens  40  Proc.  betragen  würde. 
Es  ergibt  sich  daraus  ein  Gesammtwirkungsgrad  für  die  elektrische  Kraft- 
übertragung von  0,9  .  0,92  .  0,6  —  50  Proc.  gegenüber  einem  erreichbaren  Wir- 
kungsgrad von  76  Proc.  bei  Druckluftanlagen. 

Was  den  Vergleich  der  Luftmotoren  mit  den  Elektromotoren  betrifft,  so 
mufs  man  auch  hier  mit  den  zu  erreichenden  Verbesserungen  rechnen,  also 
vor  allen  Dingen  mit  dem  Verbrauch  an  Luft  bei  entsprechender  Vorwärmung, 
Wassereinspritzung  und  angemessener  Expansion  und  Üompression  in  gut 
eonstruirten  .Maschinen.  I'riiU  berechnet  den  theoretischen  Verbrauch  an  Druck- 
luft bei  günstigen  in  der  Praxis  gul  einzuhaltenden  Vorbedingungen  zu  7cbm 
für  die  indicirte  stündliche  Pferdekraft.  Mit  Rücksicht  auf  den  Verlust,  welcher 
bei  Dampfmaschinen  beobachtet  wird,  ist  man  jedenfalls  berechtigt,  den  wirk- 
lichen Verbrauch  an  Luft  bei  Maschinen  von  LO  IP  and  darüber,  welche  mil 
Eüxpansionsregulirung  versehen  sind,  zu  etwa  lO'hm  für  die  indicirte  oder  zu 
[2cbm  für  die  affective  Pferdekraft  und  stunde  anzunehmen.  Hierbei  gehen 
wir  ganz  sicher,  da  ein  so  Btarker  Verlust  wie  bei  Dampfmaschinen  durch 
Condensation  des  Dampfes  im  Cylinder,  bei  Luftmaschinen  wegen  des  schlechten 


Neues  von  der  Druckluft.  513 

Leitungsvermögens   der  Luft  keinesfalls   statt   hat.     Statt   der  letzten  Zahlen- 
reihe der  Tabelle  des  erwähnten  Aufsatzes 

„Luftverbrauch  für  die  nutzbare  KP-Stunde" 

bei  Luftmotoren  von 10  ff  4  ff  1  ff 

16  22  27cbm 

wäre  3/4  der  Werthe  zu  setzen,  also  12  16,5  20cbm. 

Der  Cubikmeter  Druckluft,  bezogen  auf  atmosphärische  Pressung  und 
Temperatur,  kann  aber  schon  zu  einem  Preise  von  0,7  Pfennigen  verkauft 
werden,  wobei  die  Druckluftgesellschaft  noch  sehr  gute  Geschäfte  macht.  Der 
Pariser  Einheitspreis  von  1,2  Pf.  ist  hierbei  gar  nicht  mafsgebend,  da  er  viel 
zu  hoch  ist.  Wir  erhalten  also  das  Resultat,  dafs  bei  Luftmotoren  die  nutz- 
bare ff-Stunde  in  mittelgrofsen  Städten 

bei  10  ff         4  ff  1  ff 

nicht 19  26  32  Pf.,  sondern  nur 

—  .?  =  —,  d.  i.     .     .      8,3  11,4  14  Pf.  kosten  würde. 

12    4     481 

Die  Sache  kehrt  sich  also  gerade  um,  und  es  erscheinen  sogar  bei  kleinen 
Kraftleistungen  die  Luftmotoren  vollkommen  concurrenzfähig  mit  elektrischen 
Motoren.  Die  Behauptung  Radinger's,  dafs  bei  Wassereinspritzung  der  Kohlen- 
verbrauch  für  die  Stunde  und  Pferdekraft  nur  0,3  Pf.  koste,  ist  durchaus  zu- 
treffend und  deckt  sich  vollkommen  mit  dem  durch  Rechnung  zu  bestimmen- 
den Werthe.  Die  Kosten  der  Vorwärmung  und  Wasserdampfbildung  fallen 
thatsächlich  ganz  aufsei*  Betracht. 

Bezüglich  des  etwa  im  Rohrnetz  durch  Undichtigkeiten  auftretenden  Luft- 
verlustes ist  auf  die  Versuche  am  St.  Gotthard- Tunnel  zu  verweisen,  wo  eine 
mit  6'11  Druck  angefüllte  Druckluftleitung  in  12  Stunden  nur  3V3  Proc.  Verlust 
zeigte.  Aehnliche  Versuche  in  Eastbourne  mit  einer  3  englische  Meilen  langen 
Leitung  hatten  ebenso  günstige  Ergebnisse.  Man  kann  also  die  Beobachtungen 
in  Paris,  welche  nur  geringe  Verluste  feststellten,  vertrauensvoll  entgegen- 
nehmen. Ganz  unberücksichtigt  ist  der  Umstand  geblieben,  dafs  Druckluft- 
anlagen vorzugsweise  auch  Motoren  über  10  ff  betreiben  sollen,  während  die 
Kunst  der  elektrischen  Kraftübertragung  in  Städten  mit  10  ff  aufzuhören 
scheint,  denn  gröfsere  Beträge  sind  in  den  hierüber  veröffentlichten  Tabellen 
nicht  bekannt  gegeben. 

Für  jetzt  sei  einer  sehr  interessanten  Veröffentlichung  gedacht,  welche 
von  Dr.  R.  P roll  in  Dresden  1  ausgeht.  Dieselbe  enthält  sich  jeder  allgemeinen 
Parteinahme  bezüglich  der  Streitfrage,  gibt  aber  eine  peinlich  genaue  Be- 
rechnung für  eine  städtische  Druckluftvertheilungsanlage.  Die  PröM' sehen 
Vorschläge  werden  nicht  ermangeln,  ihre  überzeugende  Beweiskraft  ent- 
eprechend  geltend  zu  machen. 

Wir  geben  im  Folgenden  einen  Auszug  aus  dem  genannten  Buche,  indem 
wir  gleichzeitig  bezüglich  der  vortrefflichen  zeichnerischen  Durcharbeitung 
des  Projekts  und  der  neuen  Druckluftmotor-Constructionen  auf  unsere  Quelle 
verweisen. 

Durch  die  Zahlen,  die  eine  genaue  Berechnung,  gestützt  auf  stattgehabte 
Versuche,  ergeben  hat,  soll  der  Nachweis  geführt  werden,  dafs  bei  ent- 
sprechender Construction  der  Details,  Einführung  sachgemäfser  Verbesserungen, 
rationellster  Umsetzung  der  in  der  Kohle  steckenden  Wärme  in  Dampfarbeit 
und  dieser  in  Nutzarbeit  durch  die  Secundärmaschinen,  sehr  wohl  eine  Anlage 
zu  schaffen  ist,  die  nicht  allein  geeignet  erscheint,  in  umfassendster  Weise 
Druckluft  für  alle  möglichen  Verwendungen  den  Interessenten  zur  Verfügung 
zu  stellen ,  sondern  auch  mit  den  zur  Zeit  bestehenden  elektrischen  Central  - 
anlagen,  welche  zur  Licht-  und  Krafterzeugung  dienen,  coneurriren  kann. 

1  Projekt  einer  städtischen  Druckluftanlage  von  7500  indicirten  ff  von 
Dr.  R.  Pröll,  Civilingenieur,  herausgegeben  von  Dr.  R.  Pröll  und  0.  L.  Kummer 
und  Co.  in  Dresden.  Mit  7  lithographirten  Tafeln.  Dresden  1890.  Verlag 
von  C.   Tittmann. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  11.  1890,111.  33 


514  Neues  von  der  Druckluft. 

Zur  Erzeugung  von  7500  indicirten  rP  sind  10  Dreilächexpansionsmaschinen> 
angenommen,  von  denen  jede  bei  ökonomisch  günstigster  Füllung  entsprechend 
20facher  Expansion  und  10;»t  Adraissionsspannung  im  Hochdruckcylinder 
750  indicirte  rP  entwickelt.  Die  Maschinen  arbeiten  selbstverständlich  mit 
Cnndensation  und  ist  mit  Rücksicht  auf  die  hierzu  erforderlichen  Wasser- 
niengen  der  Ort  für  die  Centralanlage  passend  zu   wählen. 

Die  Luftcompressoren  liegen  in  der  Verlängerung  der  Kolbenstangen;  je 
zwei  werden  durch  eine  Maschine  betrieben.  Die  in  den  Cylindern  verdichtete 
Luft  gelangt  mit  etwa  7»*  Ueberdruck  in  die  Windkessel. 

Die  Dampfmaschinen  arbeiten  normal  mit  60  Umgängen  in  der  Minute, 
Der  Hoch-  und  Mitteldruckcylinder  liegt  auf  der  einen,  der  Niederdruck  - 
cylinder  mit  Condensator  auf  der  anderen  Seite.  Beide  Hälften  arbeiten  auf 
eine  Welle  mit  um  900  versetzten  Kurbeln,  welche  in  der  Mitte  ein  Schwungrad 
von  5m,5  Durchmesser  trägt.  Dasselbe  dient  nur  zur  Ueberwindung  der  Tod- 
punkte, weshalb  es  nebst  Welle  entsprechend  leicht  gehalten  werden  kann. 
Die  Cylinder  sind  mit  zwangläufiger  Ventilsteuerung  versehen,  zu  deren 
Betrieb  in  üblicher  Weise  eine  Steuerwelle  parallel  der  Maschinenachse  ge- 
lagert ist.  Die  Expansion  des  Hochdruckcylinders  wird  nach  Erfordernifs 
entweder  von  einem  Druckregulator  oder  Geschvvindigkeitsregulator  beherrscht, 
welche  in  einer  eigenartigen  Wechselwirkung  zu  einander  stehen. 

Der  Dampfverbrauch  für  die  indicirte  H3  und  Stunde  kann  nach  den 
neuerdings  vorliegenden  Ergebnissen  bei  Dreifachexpansionsmaschinen  zu  5.5 
bis  6k  angenommen  werden. 

Nach  Zeuner's  mechanischer  Wärmetheorie  ist  die  zur  Verdichtung  der 
Luft  von  p  =  l  auf  pj  =  8at,5  Druck  erforderliche  Arbeit,  wenn  dieselbe  ein 
Endvolumen  von  rt  erlangt: 

*-ÄI>-<5>t]- 

Es  ist  hierin  x  der  sogen.  Exponentialcoefficient ,  der  je  nach  des  Art  des 
comprimirten  oder  expandirenden  Gases  oder  Dampfes,  bezieh,  den  Verhältnissen, 
unter  denen  sich  die  Compression  oder  Expansion  vollzieht,  einen  bestimmten 
Werth  hat,  auf  den  wir  späterhin  zurückkommen  werden. 

Es  ist,  wenn  v  das  dem  Drucke  p  entsprechende  Volumen  bedeutet: 

pv         /"i\z  —  ^ 
da  aber  auch  ■ —  =  I  -  )  ist, 

p[vi      \v; 

so  folgt  L  =  Uli    \t  _  IL]  ,  L=**^. 

x  — iL      pi'J1  x  —  l 

Hierzu  kommt  noch  die  Volldruckarbeit,  abzüglich  der  Gegendruckarbeit,, 
welche  =p\*>\ — pv  ist;  es  beträgt  somit  die  gesammte  indicirte  Compressions- 
arbeit 


K  = 


— p  +  Pin  —  p*  =  (pi«-j  —  pr)  t— j  +  a)' 


plrl—pv 


Ä=(Pir!  — pr)^--j, 
oder  durch  e  dividirt: 


Aus   —  =  ö-r  folgt  -1  nach  der  Beziehung  -1  =  (  — b  =  (  —  Wäg     x  =  1,Q 5- 

Pl       8,5  v  t       Vpj  I         \o,0/  ' 

entspricht  als  Mittelwerth  zwischen  x  =  l,41  (adiabatische  Zustandsänderung)T 
und  x  =  l  (isothermische  Zustandsänderung),  aber  mehr  ersterem  Werthe  zu- 
neigend,  der  Voraussetzung   einer  äufseren    Kühlung.     Aus   dieser  Annahme 


Neues  von  der  Druckluft.  515 

folgt  —  =  0,18,  mithin  ist,  wenn  K'  die  für  die  Maschine  auf  2  Compressoren 

B 

zu   übertragende  Arbeit  bedeutet: 

K'  =  2K 
und 

K'  1  Q^ 

K  =  (8,5. 0,18  -D^.  10000 

=  0,53  .  5  .  10000  =  26500, 
für  e  in  Cubikmeter  gemessen. 

Es  ist  bei  0m,7  Cylinderdurchmesser  der  Luftcompressoren  und  lm,25  Hub 
r  =  0,385. 1,25, 
also 

K'  =  26500.  2.  0.385. 1,25, 

K'  =  25506k  für  den  Hub. 
Bei  60  Umgängen  in  der  Minute  ist 

£'  =  25506.  2  =  51012k 
in  der  Secunde,  also  in  ff: 

jV=™«  680. 

75 

Wird    der  Maschinenwirkungsgrad  =  0,9  gesetzt,   so    erhält   man  für  eine  Ma- 
schine — —  =  755  =  rund  750  indicirte  ff. 

Die  Luftcompressoren  werden  von  den  nach  hinten  austretenden  Kolben- 
stangen der  Dampfcylinder  unmittelbar  angetrieben.  Die  Berechnung  ergibt 
für  jeden  Compressor  einen  Cylinderdurchmesser  von  700mm  bei  1250mm  Hub. 
Von  einer  Wassereinspritzung  in  den  Cylinder  zur  Abführung  der  Com- 
pressionswärme  ist  grundsätzlich  Abstand  genommen,  da  dieselbe  in  der  Praxis 
zu  mannigfachen  Anständen  Veranlassung  gegeben  hat.  Wenn  auch  die 
äufsere  Kühlung  nicht  so  wirksam  ist  wie  die  innere,  durch  direkte  Wasser- 
einspritzung erzeugte,  so  gestattet  doch  der  Wegfall  jeder  Wasseransammlung 
im  Cylinder,  die  Compressoren  mit  höherer  Spielzahl  arbeiten  zu  lassen,  als 
es  ohnedies  möglich  wäre.  Um  hierbei  auch  den  höchsten  Effect  bei  ruhig- 
stem Gange  zu  erreichen ,  sind  für  die  Compressoren  zwangläufig  gesteuerte 
Ventile  (Patent  Riedler}  in  Aussicht  genommen. 

Bei  Anwendung  derselben  unterliegt  es  keinem  Bedenken,  die  hohe  Ura- 
laufzahl  von  60  in  der  Minute  für  den  Maschinenbetrieb  anzunehmen,  da  der 
Schlufs  der  Ventile  stofsfrei,  eine  Folge  der  durch  den  Zwanglauf  des  Steu- 
erungsmechanismus  fest  vorgeschriebenen  Geschwindigkeit,  vor  sich  geht. 

Nach  den  von  der  Anlage  in  Paris  durch  Prof.  Riedler  veröffentlichten 
Betriebsdiagrammen,  den  täglichen  Verbrauch  an  Druckluft  betreffend,  ent- 
spricht die  durchschnittliche  Leistung  der  Maschinen  täglich  der  Normalarbeit 
über  ungefähr  11  Stunden  hinweg,  es  würde  also  der  tägliche  Luftverbrauch 
62366  .  11  =686026cbm  oder  bei  10  Proc.  Verlust  in  der  Leitung  und  325  Tagen 
im  Jahr  (Sonn-  und  Festtage  weniger  gerechnet)  686026  .  0,9  .  325  =  rund 
'200  Millionen  Cubikmeter  (bezogen  auf  atmosphärische  Spannung  und  Tem- 
peratur) betragen. 

Bei  der  Compression  der  aus  der  Atmosphäre   angesaugten  Luft,  welche 

0  4331 
für   Hub    und   Compressor  angenähert  -^==^-  ■  1000  =  0k,557   wiegt,  setzt   sich 

778 

die    aufgewendete    mechanische    Arbeit    in    Wärme    um,    welche    ins    Kühl- 
wasser  übertritt.     Erstere   stellt   sich    nach    den    früheren   Berechnungen    für 

25506 
Hub    und    Compressor    auf   — - —  = 12753k,    was    einen    Wärmebetrag     von 

■  »p    — *  30  Cal.   ergibt.     Nimmt    man    an,    dafs    das   Kühlwasser    eine    Tem- 
peratur von   100  hat  und  400  warm  abfliefst.  so  müfste  lk  Kühlwasser  30  Cal. 


51H  Neues  von  der  Druckluft. 

30 
aufnehmen,  folglich  wären  zur  Kühlung  eines  Compressors  für  den  Hub  ^-r  =  lk, 

120 
also    bei    120  Hüben   in    der  Minute  = -r—  =  2k  Wasser  in  der  Secunde  nöthig. 

Der  zum  Betriebe  der  Maschinen  erforderliche  Dampf  wird  in  15  Wasser- 
rohrkesseln  (z.  B.  S}'stem  Dürr)  von  je  200'im  Heizlläche  erzeugt.  Die  Kessel 
sind  mit  zwei  grofsen  Wasser-  and  einem  Dampfbehälter  versehen,  von 
welchem  zwei  getrennte  Dampfleitungen  mit  zwischenliegenden  Dampfsanuntl- 
rohren  nach  den  Maschinen  führen.  Zwei  Batterien  von  je  drei  Kesseln  geben 
die  Feuergase  an  einen  gemeinschaftlichen  Schornstein  ab.  Eine  Batterie  von 
drei  Kesseln  steht  in  Verbindung  mit  einem  kleineren  Schornstein. 

Um  jede  Rauch- und  Rnfsbelästigung  zu  vermeiden  und  das  Brennmaterial 
(Braunkohle)  möglichst  vortheilhaft  zu  verbrennen,  sind  die  Kessel  mit  einer 
vom  Civilingenieur  Schneider  in  Dresden  projectirten  Generatorfeuerung  ver- 
sehen, wie  solche  auch  die  grofse  Druckluftanlage  in  Birmingham  besitzt. 

Bei  einem  Preise  von  60  Pf.  für  1*»1  guter  böhmischer  zur  Vergasung  ge- 
eigneter Braunkohle  von  etwa  5000  Calorien  Brennwerth  loco  Centrale  (Elbe 
bei  Dresden)  und  der  Annahme,  dafs  in  den  Generatoren  etwa  2/3  der  im 
Brennmittel  verfügbaren  Wärmeeinheiten  zur  Dampferzeugung  frei  werden, 
ergibt  sichveine  etwa  fünffache  Verdampfung:  lk  Wasserdampf  erfordert  zu 
seiner  Bildung  ungefähr  650  W.-E.,  mithin  verdampft  lk  Braunkohle  der  an- 
geführten Art  nach  Vergasung  in  den  Generatoren  -.  -^— =  5,13  -«~  5k  Wasser. 

Nimmt  man  ferner  an,  dafs  mit  Rücksicht  auf  die  zeitweilig  schwächere  Aus- 
nützung der  Generatoren  bezieh,  stärkere  Beanspruchung  der  Kessel  in  Folge 
des  ungleichmäfsigen  Betriebes  für  die  indicirte  Pferdestärke  und  Stunde 
durchschnittlich  7k  Dampf  erzeugt  werden  müssen,  so  würde  die  erforderliche 
Dampfmenge  in  der  Stunde  7500  .  7  =  52500k  betragen.  Nach  dem  vorhin  an- 
gegebenen durchschnittlichen  Verbrauch  an  Luft  täglich,  der  eine  elfstündige 
Normalarbeit  der  Maschinen  bedingt,  würde  hiernach  der  Verbrauch  an  Dampf 
täglich  52500.11=  577500k,  d.i.  jährlich  (300  Werktage  und  25  volle  Tage 
für  die  Sonn-  und  Festtage  gerechnet)  325.577500  =  187687500,  also  der  Ver- 
brauch an  Kohlen  jährlich  187687500  :  5  =  37537500k  betragen. 

Man  kann  rechnen,  dafs  100k  von  der  angenommenen  Kohlensorte  75  Pf. 
kosten,  so  dafs  sich  die  Ausgabe  an  Kohlen  jährlich  auf  375375.0,75  = 
281531,25  M.  stellt,  welchen  Betrag  wir  indefs  der  Sicherheit  halber,  da  noch 
der  Transport  der  Lowrys  von  der  Ankunftsstelle  zur  Verwendungsstelle 
hinzukommt  und  Verluste  beim  Anlassen  und  Ausgehen  einzelner  Generatoren 
entstehen,  auf  rund  300000  M.  erhöhen. 

Der  ungestörte  Betrieb  und  die  Anpassung  der  Luftförderung  an  den 
Luftverbrauch  erfordert  eine  bestimmte  Regulirungsvorrichtung  an  den  Dampf- 
maschinen, welche  vom  Verfasser  des  Projects  herrührt  und  patentirt  worden 
ist.  Die  Vorrichtung  besteht  in  einem  Druckregulator  und  einer  eigenartigen 
Verbindung  desselben  mit  dem  Stellzeug  eines  Geschwindigkeitsregulators, 
sowie  dem  Steuerungsmechanismus  der  Dampfmaschine.  Sie  hat  den  Zweck, 
letztere  selbsthätig  auf  eine  höhere  oder  niedrigere  Umdrehungszahl  ein- 
zustellen, je  nachdem  eine  gröfsere  oder  geringere  Zufuhr  von  Druckluft  zu 
den  Windkesseln  oder  der  Rohrleitung  nöthig  erscheint,  ohne  indefs  die  Wir- 
kung eines  Geschwindigkeitsregulators  zu  beeinträchtigen,  der  in  gewöhnlicher 
Weise  den  Gang  der  Dampfmaschine  beherrscht,  im  vorliegenden  Falle  aber 
die  Aufgabe  hat,  die  Ueberschreitung  einer  Maxi maltonr  enzahl  zu  verhindern. 

Die  Dampfmaschinen  mit  den  Luftcompressoren  und  den  Windkesseln 
lieiinden  sich  in  einer  Halle  von  123m  Lange  und  25m  Breite,  welche  von 
einer  Eisenconstruction  überdacht  ist.  An  dem  einen  Ende  befindet  sich  ein 
Reserveraum  zur  Aufstellung  von  nocli  2  .Maschinen,  also  zur  Vergröfscrung 
der  Centralen  um  1500  indicirte  1R.  Auf  der  anderen  Seite  ist  ein  Raum 
zur  Anlage  einer  Reparaturwerkstatt,  Maschinenmeisterstube  und  Aufstel- 
lung einer  elektrischen  Beleuchtungsmaschine  vorgesehen.  Die  Halle  hat 
sieben    Portale,    welche    zwischen    und  an  den    Enden  der  in  ihr  befindlichen 


Hookham's  Elektrieitätszähler, 


517 


fünf  Windkessel  ins  Innere  führen.  Die  Windkessel  liegen  zur  Häli'te  im 
Boden.  Sie  sind  unter  einander  verbunden,  aber  durch  Schieber  einzeln  ab- 
stellbar. An  der  Hinterwand  der  Maschinenhalle  zieht  sich  das  Kesselhaus 
hin,  ebenso  lang,  aber  nur  12«n  breit,  ebenfalls  von  einer  Eisenconstruction 
überdacht.  Auf  dem  einen  Ende  ist  noch  Raum  zur  Anlage  einer  Batterie 
von  drei  Kesseln  zu  2(HXlm  Heizdäche,  an  dem  anderen  Ende  befinden  sich 
die  .Materialkammern.  Hinter  dem  Kesselhaus  befinden  sich  die  Schornsteine 
und  Generatoren,  sowie  die  Gleisanlage  zum  Heranfahren  der  Kohlen  an  die 
Generatoren. 

Die  Rohrleitung  im  Maschinenhaus  besteht  aus  einer  doppelten  Druckluft- 
leitung, welche  von  den  Windkesseln  abzweigt,  einer  Kaltwasserleitung  zum 
Betriebe  der  Condensatoren,  einer  Leitung  zur  Abführung  des  warmen  W assers 
aus  diesen,  einer  Speiseleitung  für  die  Kessel,  einer  doppelten  Dampfleitung 
von  diesen  nach  den  Dampfmaschinen  und  einer  Druckluftleitung  zwischen 
den  Compressoren  und  Windkesseln,  von  welcher  die  vorhin  angedeutete 
Regulirvorrichtung  bethätigt  wird.  Die  Dächer  sind  mit  Aufsätzen  zur  Lüftung 
der  Räume  versehen.  (Schlufs  folgt.) 


Hookham's  Elektrieitätszähler. 


Mit  Abbildung. 

Nach  seinem  englischen  Patente  Nr.  4371  vom  13.  März  1889  stellt 
G.  Eookham  in  Birmingham  seinen  Elektrieitätszähler  aus  zwei  Theilen 
her:  aus  einem  isochron  schwingenden  Pendel  oder  aus  etwas  dieses 
Ersetzendem  und  aus  einem  sich  bewegenden  Theile,  welcher  ab- 
wechselnd und  in  regelmäfsigen  Zwischenräumen  erst  von  dem  elek- 
trischen Strome  aus  seiner  Lage  gebracht  und  darauf  durch  das  Pendel 
in  seine  Nulllage  zurückgeführt  wird.  Die  Bewegungen  des  letzteren 
Theiles  zählt  ein  Zählwerk.  In  der  zugehörigen 
Abbildung  ist  A  eine  frei  um  ihre  Mitte  dreh- 
bare Scheibe,  an  welcher  mittels  des  biegsamen 
Bandes  B  der  Stern  C  des  Solenoids  D  hängt. 
Die  Gewichte  E  und  G  sind  starr  mit  der  Scheibe  .4 
verbunden;  G  hat  das  Gewicht  des  Kernes  F 
des  Solenoids  H  auszugleichen.  Am  Arme  von 
E  sitzt  eine  Kameelhaarbürste  J  und  eine  ähn- 
liche Bürste  K  ist  am  Rahmen  des  Zählers  be- 
festigt: beide  sind  schräg  abgeschnitten,  damit 
sie  sich  gegen  den  Umfang  des  ersten  Rades  1 
des  Zählwerkes  anlegen  können.  Der  zu  mes- 
sende Strom  durchläuft  die  Windungen  des 
Solenoides  Z>,  der  Kern  C  wird  nach  unten 
gezogen    und    das    Gewicht    E    gehoben,    die 

Bürste  J  streicht  an  dem  Umfange  des  Rades  /  hin  und  dreht  dasselbe 
ein  Stück.  Die  Höhe,  auf  welche  E  gehoben  wird,  hängt  von  der  Kraft 
des  Solenoids  Z>,  also  von  der  Stärke  des  Stromes  ab.  In  bestimmten 
Zwischenräumen    stellt    ein    von    einem 


gewöhnlichen 


Uhrwerke    ge- 


triebener Contact  einen  Nebenschlufs  durch  die  feindrähtige  Spule  des 


518 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


Solenoids  H  her,  und  dieses  ist  kräftig  genug,  um  die  Wirkung  des 
Solenoids  D  zu  überbieten  und  E  in  seine  Normallage  zurückzuführen. 
Das  Uhrwerk  unterbricht  dann  den  Nebenschlufs  wieder  und  das  be- 
schriebene Spiel  beginnt  von  neuem. 

Bei  einer  Abänderung  der  Anordnung  wird  das  Zählwerk  unmittel- 
bar vom  Pendel  in  Gang  gesetzt.  Ein  Stab  mit  der  auf  den  Umfang 
des  ersten  Rades  I  wirkenden  Bürste  J  wird  durch  ein  Gewicht  mittels 
eines  Winkelhebels  für  gewöhnlich  in  einer  Stellung  erhalten,  in  welcher 
ein  Stift  an  der  Pendelstange  beim  Schwingen  gerade  an  den  Stab 
heranreicht;  geht  ein  Strom  durch  das  Solenoid  Z>,  so  wird  dessen  Kern 
in  dasselbe  hineingezogen  und  bewegt  den  stützenden  Arm  des  Winkel- 
hebels um  einen  mit  der  Stromstärke  wachsenden  Betrag  nach  unten, 
worauf  der  Stift  am  Pendel  auf  den  sich  ebenfalls  drehenden  und  sen- 
kenden Stab  wirkt,  denselben  wieder  in  die  Nullstellung  zurückführt 
und  mittels  der  Bürste  J  das  erste  Rad  1  um  ein  entsprechendes  Stück 
dreht. 


Neue  Methoden  und  Apparate  für  chemisch-technische 
Untersuchungen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  474  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen. 

Gasentwickelungsapparat. 

A.  Burgemeister  beschreibt  in  der  Zeitschrift 
für  analytische  Chemie,  1889  Heft  6  S.  676,  einen 
neuen  Gasentwickelungsapparat,  dessen  Vortheil 
darin  besteht,  dafs  die  schwere  Salzlösung  be- 
ständig abfliefst,  ohne  sich  mit  der  Säure  zu 
mischen,  während  durch  ein  seitliches  Rohr 
stets  frische  Säure  nachfliefst. 

Die  Einrichtung  des  Apparates  läfst  sich 
leicht  aus  Fig.  6  ersehen.  Durch  a  fliefst  die 
Salzlösung  ab,  durch  b  frische  Säure  zu.  Für 
Gefäfs  c  eignet  sich  ein  gewöhnlicher  Lampen- 
cylinder. 

Iieagcnsßaschen. 
Th.  Swarts  hat  durch  die  Firma  Kachlet  und 
Martini  in  Berlin  neue  Reagensflaschen  (Fig.  7) 
anfertigen  lassen,  durch  die  der  Uebelstand  des 
Festkittens  des  Stopfens  in  den  Flaschenhals 
beim  Aufbewahren  von  caustischen  und  kohlen- 
sauren Alkalien  dadurch  vermieden   wird,   dafs 


^eue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


519 


-der  Verschlufs  durch  zwei  genau  auf  einander  geschliffene  wagerechte 
Flächen  a  a  herbeigeführt  wird,  während  der  conische  Theil  des  Stopfens 
nicht  genau  in  den  Flaschenhals  schliefst.  (Chemiker-Zeitung,  1890  Bd.  14 
8.  51.) 

Fig.  8. 

Neuer  Extractionsapparat  von  0.  Knöfler. 
Die  Construction  desselben  ersieht  man  sofort 
aus  nebenstehender  Fig.  8.  Die  Vortheile  dieses  Ap- 
parates bestehen  darin,  dafs  man  bei  der  höchst- 
möglichen Temperatur,  der  Siedetemperatur  des  Lö- 
sungsmittels, auslaugt  und  dafs  er  viel  weniger 
zerbrechlich  ist  als  der  Soxhlet 'sehe ,  mit  dem  er 
übrigens  die  sonstigen  Vorzüge  gegenüber  anderen 
Extractionsapparaten  gemein  hat.  (Zeitschrift  für  ana- 
lytische Chemie,  1889  Jahrg.  28  S.  671.) 

Filtrirgestell. 
E.  Sauer  beschreibt  in  der  Chemiker-Zeitung,  1890 
Bd.  14  S.  807,  ein  Filtrirgestell  für  Filtrate,   die  nicht 
weiter    verwendet   werden  und   die  deshalb   alle   zu- 
sammen   in   eine  Bleirinne    und   von   da   in  ein  Ge- 

fäfs  laufen. 

Filtrirglocke. 

Filtrirt  man  mit  Saug  Vorrichtung,  so  wird  gewöhnlich  das  Filtrat 
durch  das  Nachspülen  des  Kolbens  verdünnt.  Um  diesen  Uebelstand 
zu  vermeiden,  verwendet  A.  Burgemeister  eine  oben  mit  Stopfen  ver- 
sehene Glasglocke,  die  durch  Fett  auf  eine  geschliffene  Glasplatte  luft- 
dicht gesetzt  werden  kann.  Der  Stopfen  trägt  den  Trichter,  dessen 
Bohr  unten  seitlich  umgebogen  ist,  damit  das  Filtrat  an  der  Wandung 
des  untergesetzten  Becherglases  abläuft.  Durch  die  andere  Durch- 
bohrung des  Korkes  geht  die  Verbindung  mit  der  Saugpumpe.  Bei 
dieser  Einrichtung  kann  in  dem  im  Becherglase  gesammelten  Filtrat 
sofort  eine  weitere  Fällung  vorgenommen  werden,  ohne  das  Beitrat  durch 
Nachspülen  des  Kolbens  verdünnen  zu  müssen.  (Zeitschrift  für  analy- 
tische Chemie,  1889  Bd.  28  Heft  6  S.  677.) 

Kaliapparat  (Fig.  9  und  10). 
Die  Vorzüge  an  dem  Kaliapparat  von  S.  Schiff  sind  folgende:  Grofse 
Stabilität,  grofse  Dauerhaftigkeit  und  leichte  Handhabung.  Aufserdem 
durchdringt  das  Gas  die  Kalilauge  viermal  und  beim  Zurücksteigen  ist 
ein  Verspritzen  der  Lauge  ausgeschlossen.  Die  Füllung  der  vier  Kugeln 
geschieht  durch  Saugen  bei  o.  Die  Beschickung  des  Röhrchens  d  mit 
festem  Aetzkali  läfst  sich  nach  Abnahme  des  Schliffstückes  a  c  leicht 
bewerkstelligen.   (Zeitschrift  für  analytische  Chemie,  1889  Heft  6  S.  679.) 


520 


Kcue  .Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


Vorrichtung   zum  selbsthätigen  Nachfüllen   beim  Filtriren  und   Auswaschen 

von  Niederschlägen  auf  dem  Filter. 

Der  in  Fig.  11  abgebildete,  von  T.  Günther  {Chemiker-Zeitung,  1890 

Bd.  14  S.  66)  beschriebene  einfache  Apparat  dient  zum  Filtriren  gröfserer 

Fis- 9-  Flüssigkeitsmengen    bei    quantitativen    Arbeiten 

-=J&  oder  langsam  filtrirender  Flüssigkeiten.    Derselbe 

besteht  aus: 

1)  Einem  Erlenmeyer- Kolben  A,  welcher 
die  zu  filtrirende  Flüssigkeit  mit  dem  Nieder- 
schlage enthält;  derselbe  ist  durch  einen  dreifach 
durchbohrten  Gummistopfen  g  verschlossen. 

2)  Den  drei  Glasröhren  a,  6,  c,  von  etwa 
4mm  lichter  Weite. 

3)  Dem  etwa  lcm,5  weiten,  beiderseits 
offenen  Glascylinder  e,  oben  durch  einen  doppelt 
durchbohrten  Gummistopfen  s  verschlossen. 

Die  heberförmig  gebogene  Glasröhre  a  reicht 
mit   einem 
Schenkel,  durch 
eine    der   Boh- 
rungen des 
Stopfens  g  hin- 
durchführend, 
bis   dicht    über 
den  Boden  des 
Kolbens  A,  mit 
dem      anderen, 
etwa    lcm   län- 
geren,   in    das 
Filter      hinein, 
durch    welches 
Fig.  10.  die   Flüssigkeit  Fig.  n. 

filtrirt  werden  soll.  Der  längere  Schenkel  wird  durch  den,  etwas  weniger 
tief  in  das  Filter  hineinragenden  Cylinder  e  umschlossen,  indem  er  durch 
eine  der  Bohrungen  des  Stopfens  s  hindurch  geht  und  so  gleichzeitig  dem 
Cylinder  als  Träger  dient. 

Röhre  b  verbindet  ebenfalls  den  Kolben  A  mit  dem  Cylinder  <?,  ist 
jedoch  beiderseits  dicht  unter  den  Stopfen  s  und  g  abgeschnitten;  sie 
besteht  aus  zwei  Theiien,  welche  bei  d  durch  einen,  einige  Centimeter 
langen,  Gummischlauch  verbunden  sind. 

Die  durch  die  dritte  Bohrung  des  Gummistopfens  g  führende  Glas- 
röhre c,  welche  ebenfalls  dicht  unter  dem  Stopfen  endigt,  trägt  an  ihrem 
anderen  Ende  einen  Gummi-Druckballon  2?,  ohne  Luftloch.  Alle  Ver- 
bindungsstellen müssen  luftdicht  schliefsen. 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


521 


Will  man  mit  der  Filtration  beginnen,  so  drückt  man  mit  einer 
Hand  den  Gummischlauch  bei  d  zusammen  und  verschliefst  damit  die 
Röhre  b  nach  A  hin,  mit  der  anderen  drückt  man  vorsichtig  den  Druck- 
ballon ß  so  lange  zusammen,  bis  die  im  Rohre  a  emporgetriebene  Flüssig- 
keit am  anderen  Ende  ausfliefst.  Hierauf  stellt  man  zuerst  die  Com- 
munication  der  Röhre  b  durch  Loslassen  des  Gummischlauches  d  wieder 
her  und  entfernt  darauf  auch  die  andere  Hand  von  dem  Druckballon  B. 
Die  Vorrichtung  ist  nun  in  Thätigkeit  und  entleert,  ohne  den  geringsten 
Verlust,  den  Kolben  A,  so  weit  die  Röhre  o  hineinreicht,  wobei  sie  das 
Filter  nie  weiter  anfüllt,  als  es  bei  der  Einstellung  geschehen  ist. 


Sobald  der  Heber  a  leergelaufen  ist, 
nimmt  man  den  Gummistopfen  g  mit 
dem  Rohrsysteme  ab,  spült  —  bei 
quantitativen  Arbeiten  —  das  Heber- 
rohr a  mit  der  Spritzflasche  aus,  ebenso, 
wenn  Theile  des  Niederschlages  daran 
haften  geblieben  sind,  den  Cylinder  e, 
und  läfst  das  Waschwasser  zu  dem  im 
Kolben  A  zurückgebliebenen  Nieder- 
schlage hineinlaufen,  den  man  nun 
durch  Decantiren  reinigt  und  aufs  Filter 
bringt.  Da  das  Filter  immer  voll  ge- 
halten wird  und,  bei  vorsichtigem  In- 
gangsetzen des  Apparates,  nur  wenig 
Theile  des  gut  abgesetzten  Nieder- 
schlages mit  auf  das  Filter  gelangen, 
geht  die  Filtration  aufserordentlich 
schnell  von  statten,  wobei  selbst  die 
feinsten  Niederschläge  vollständig 
zurückgehalten  werden. 

Vorrichtung  zum  selbsttätigen  Nachfüllen 
beim  Filtrircn. 
0.  Kleinstück  beschreibt  einen  Ap- 
parat, welcher  selbsthätiges  Filtriren 
gestattet,  ohne  dafs  der  Niederschlag 
aufgerührt  wird.  Die  durch  den  Hals 
einer  Mariotte' 'sehen  Flasche  (Fig.  12) 
eingeführte  Röhre  ist  von  einer  weiten 
Glasröhre,  die  entweder  auf  dem  Boden 
der  Flasche  aufsteht  oder  am  Kork 
befestigt  ist,  umgeben.  Der  Innenraum 
dieser  Röhre  mufs  mit  dem  Lufträume 
der    Flasche    communiciren    und    der 


Fig.  12. 


Fig.  13. 


522 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


Flüssigkeitsspiegel  soll  einige  Centimeter  unter  dem  oberen  Rande  der 
Röhre  stehen.  Beim  Filtriren  steigen  dann  die  Luftblasen  im  Rohre  in 
die  Höhe,  während  die  Flüssigkeit  in  der  Flasche  ruhig  und  klar  bleibt. 
Um  die  Flüssigkeit  bis  auf  den  letzten  Tropfen  zu  filtriren,  verwendet 
man  am  besten  einen  Stechheber  oder  Scheidetrichter,  wie  dies  ohne 
Weiteres  aus  Fig.  13  ersichtlich.   (Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  666.) 

Neue  Porzellanschalen  für  quantitative  Arbeiten. 
Um  helle  Niederschläge  in  Porzellanschalen  leichter  sehen  zu 
können,  empfiehlt  0.  Knöpfler  Schalen  mit  dunkler  Innenglasur.  Es  ist 
am  besten,  die  Farbe  unter  die  Glasur  einbrennen  zu  lassen,  damit  letz- 
tere durch  Alkalien  nicht  angegriffen  wird.  Da  man  bis  jetzt  noch 
keine  schwarze  Unterglasur  hat  herstellen  können,  so  benutzte  man 
dunkelgrüne  Innenfarbe,  die  sich  als  brauchbar  erwies. 

Die  Schalen  sind  von  der  Firma  Max  Käehler  und  Martini  in  Berlin  W., 
Wilhelmsstrafse,  zu  beziehen.  (Zeitschrift  für  analytische  Chemie,  Bd.  28 
Heft  6  S.  673.) 

Instrument  zur  ununterbrochenen  Bestimmung  des  specißschen  Gewichtes 
von  Flüssigkeiten  von  J.  V.  v.  Divis  (D.  R.  P.  Nr.  49  700  vom  11.  Mai 
1889).   Die  auf  ihr  specifisches  Gewicht  zu  prüfende  Flüssigkeit  strömt 

bei  G  (Fig.  14)  in  das  Gefäfs  C  ein, 
um  bei/?  wieder  frei  herauszufliefsen, 
wodurch  im  Gefäfse  C  stets  die  näm- 
liche   gleich    hohe  Flüssigkeitssäule 
eingehalten   wird.     Auf  Grund    des 
archimedischen  Prinzips  erleidet  der 
Schwimmkörper  B  einen  desto  stär- 
keren Auftrieb,   je    dichter    die   zu 
prüfende,  das  Gefäfs  durchströmende 
Flüssigkeit     ist.      Der     Schwimmer 
)ff  steigt  bei  Zunahme   der  Dichte  der 
Flüssigkeit  entsprechend  in  die  Höhe 
oder  sinkt  bei  Abnahme  der  Dichte 
herunter,   wobei  der  Hebel  A  eine 
drehende  Bewegung  um   den  Stütz- 
punkt a  mitmacht.    Diese  Bewegung  wird  durch  Faden  b  und 
eine  Rolle   auf  den  Zeiger  übertragen,   welcher  auf  einer  er- 
fahrungsmäfsig    festgestellten    kreisförmigen    Scala  D    die    be- 
treffenden Dichteänderungen  in  bestimmten  Graden  anzeigt. 

Apparat  zur  Bestimmung  des  specißschen  Gewichtes  von 
Flüssigkeiten  und  Gasen  von  A.  Eichhorn  (D.  R.  P.  Nr.  49  683 
vom  1.  Juni  1889).  Zur  Bestimmung  des  specifischen  Gewichts 
einer  Flüssigkeit  wird  der  in  sich  abgeschlossene  Hohlraum  c 
(Fig.  15),  dessen  Inhalt  genau  bestimmt  ist,  mit  der  zu  unter- 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


523 


Fi  2.  16. 


suchenden  Flüssigkeit  von  15°  C.  angefüllt  und  der  Glasstöpsel  d  der- 
gestalt in  den  Ansatz  eingesetzt,  dafs  sich  im  Hohlräume  keine  Luftblase 
bildet.  Taucht  man  alsdann  das  Instrument  in  destillirtes  Wasser  von 
15°  C,  so  kann  das  specitische  Gewicht  der  Flüssigkeit  unmittelbar  an 
der  auf  der  Röhre  a  angebrachten  Scala  abgelesen  werden.  Die  Kugel  6, 
Glasauge  e,  sowie  die  mit  Quecksilber  gefüllte  Kugel  f  dienen  zur  Her- 
stellung des  stabilen  Gleichgewichtes  des  Instruments. 

Janasch  hat  nebenstehenden  Apparat  (Fig.  16)  zur  Schwefelanalyse 
benutzt.  Im  Schiffchen  wird  die  Substanz  im  Sauerstoffstrome  geglüht 
und  der  Gasstrom  durch  zwei  Vorlagen  (a  und  6),  in  denen  sich  Brom- 
wasser befindet,  passiren 
gelassen.  Nach  Beendi- 
gung der  Oxydation  spült 
man  die  in  den  Vorlagen 
sich  befindende  Flüssig- 
keit in  ein  Becherglas, 
versetzt  mit  lcc  concen- 
trirter  Salzsäure,  kocht 
bis  alles  Brom  vertrieben 
ist,  und  fällt  dann  mit 
Chlorbarium.  Das  Sulfid 
ist  möglichst  fein  ge- 
pulvert und  in  einer  Menge  von  nicht  über  0?,6  zu  verwenden.  Den 
Sauerstoffstrom  regulire  man  auf  150  bis  200  mittelgrofse  Blasen  in 
der  Minute,  und  zwar  nehme  man  den  Gasstrom  anfangs  nicht  zu  lang- 
sam, um  einem  Rückwärtsdruck  der  schwefligen  Säure  vorzubeugen. 
(Journal  für  praktische  Chemie,  1890  Bd.  41  S.  566.) 

Apparat  zur  Bestimmung  der  Entzündungstemperaturen  von  Schwarzpulver 
und  ähnlichen  Sprengstoffen. 

Bein  hat  zu  diesem  Zwecke  einen  Apparat  hergestellt,  der  aus 
einem  inneren  Schwarzblechcylinder  besteht,  welcher  vermöge  zweier 
Stützen  auf  dem  Boden  eines  gröfseren,  äufseren  Cylinders  aus  Eisen- 
blech ruht.  Letzterer  ist  unten  von  einer  trichterartigen  Röhre  durch- 
brochen, in  welche  die  Flamme  eines  Z?wn*en-Brenners  weit  geschützt 
hineinreicht.  Der  ganze  Apparat  ist  mit  Asbest  umkleidet:  oben  be- 
finden sich  an  dem  äufseren  und  inneren  Cylinder  zwei  mit  Glimmer- 
platten versehene  Einschnitte.  Der  abnehmbare  Deckel  des  Apparates 
hat  eine  Oeffnung  zur  Luftregulirung,  eine  ebensolche  für  ein  bis  460° 
zeigendes  Thermometer  und  eine  dritte  Oeffnung,  in  die  ein  gewöhn- 
liches Reagirglas  gesteckt  wird. 

Behufs  Bestimmung  des  Entzündungspunktes  von  Pulver  u.  s.  w. 
wird  die  Temperatur  im  Reagirrohre,  das  am  Boden  mit  Sand  bedeckt 
ist,  nahezu  auf  diejenige  gebracht,   bei  der  die  zu  untersuchende  Sub- 


524  Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 

stanz  vermuthlich  sich  entzündet.  Nachdem  dieses  durch  zwei  kleine 
Vorversuche  ermittelt  ist,  wird  das  Pulver  auf  die  Sandschicht  geworfen; 
ist  die  im  Rohre  herrschende  Temperatur  mit  der  Entzündungstemperatur 
der  betreffenden  Probe  gleich  oder  gröfser,  so  entzündet  sich  bezieh. 
explodirt  dieselbe  unter  Feuererscheinung.  Diese  Explosion  erkennt 
man  leicht  durch  die  Glimmerscheibchen.  Nachdem  durch  Entfernen 
des  Brenners  eine  Abkühlung  des  Rohres  stattgefunden  hat,  wird  durch 
erneutes  Hineinwerfen  der  zu  untersuchenden  Proben  und  weiteres  Er- 
hitzen die  Temperatur  ermittelt,  bei  der  sich  der  Sprengstoff  entzündet. 
Es  lassen  sich  mittels  dieses  Apparates  bei  einiger  Uebung  30  bis  50  Be- 
stimmungen in  1  bis  2  Stunden  ausführen.  (Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  1-1 
S.  669.) 

Entdeckung  von  Verfälschungen  in  Pflanzenölen;  nach  einer  Mittheilung 
von  Rowland  Williams  in  The  Chemical  News,  1889  Bd.  60  S.  175. 

Da  Verfälschungen  nur  nachgewiesen  werden  können,  wenn  die 
Eigenschaften  der  reinen  Producte  bekannt  sind,  suchte  Williams  sich 
solche  reine  Oele  zu  verschaffen  und  deren  Eigenschaften  genau  zu 
bestimmen.  Er  setzte  sich  mit  den  gräteten  Händlern,  die  fast  sämmt- 
lich  die  Oele  selbst  destillirten,  in  Verbindung  und  erlangte  etwa 
60  reine  Proben  von  26  der  wichtigsten  Pflanzenöle.  Von  jedem  Oel 
kamen  daher  immer  wenigstens  zwei  Proben  verschiedener  Herkunft 
zur  Untersuchung,  und  wurde  bei  jeder  Probe  das  specifische  Gewicht 
bei  17,5°  C,  das  Absorptionsvermögen  für  kohlensaures  Kali  und  Jod 
und  der  Siedepunkt  bestimmt. 

Die  specifischen  Gewichtsbestimmungen  stimmen  im  Ganzen  nicht 
genau  mit  denen   überein,  welche  Gladstone   bei  ähnlichen  Oelen  fand. 

Der  Gehalt  an  absorbirtem  kohlensauren  Kali  wurde  bestimmt, 
indem  man  eine  abgewogene  Menge  des  Pflanzenöles  mit  einem  Ueber- 
schusse  von  alkoholischer  halbnormaler  Potaschelösung  kochte  und  dann 
mit  halbnormalen  Säure  der  Ueberschufs  an  Alkali  zurücktitrirte. 

Was  die  Absorption  für  Jod  anbelangt,  so  liefs  Williams  dasselbe 
4  Stunden  lang  auf  eine  Auflösung  der  Oele  in  Chloroform  einwirken. 
Von  anderen  Forschern  wurde  meistens  eine  längere  Zeitdauer  hierfür 
verwendet,  da  für  viele  Oele  die  Absorption  in  der  kurzen  Zeit  von 
4  Stunden  nicht  beendet  ist.  In  der  nachfolgenden  Tabelle  sind  als 
Anhang  die  Absorptionsvermögen  für  Jod  angefügt,  welche  Barenthin, 
Davies  in  18  Stunden  und  Snow  in  40  Stunden  gefunden  haben.  Die 
Zahlen  sind  aus  der  Zusammenstellung  von  R.  A.  Cripps  in  The  Chemical 
News,  1889  Bd.  60  S.  236,  entnommen.  Trotzdem  in  vielen  Fällen  eine 
andere  Zahl  für  die  Jodabsorption  bei  verschiedener  Zeitdauer  der  Ein- 
wirkung zu  bemerken  ist,  glaubt  Williams,  1.  c.  S.  261,  dafs  eine  Ein- 
wirkung von  4  Stunden  meistens  genügend  sei,  da  auch  in  18  und  selbst 
48  Stunden  bei  vielen  Oelen  die  Absorption  von  Jod  keine  vollständige 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


525 


sei;  im  Uebrigen  müfste  man  sich  nach  der  Art  der  Verfälschung  richten 
und  jedesmal  entscheiden,  ob  eine  längere  Zeitdauer  der  Einwirkung 
für  den  betreffenden  Fall  vortheilhaft  sei. 

In  folgender  Tabelle  sind  die  Resultate  zusammengestellt: 


Namen  des  0  e  1  e  s 


S.O-5 


tu 


Absorptions- 

vermögen für 

1£ 

C      ■ 

3U 

kohlen- 

go 

saures 

Jod 

•3  e 

Kali 

in  Proc. 

cZ 

in  Proc. 

Jodabsorptionsvermögen, 

ungegeben  von  ähnlichen  Oelen 

durch  R.  A.  Gripps. 

Nach  Untersuchung  von 


Baren- 
thin 


Davies 
(18  St.) 


Snow 


Anissamenöl . 
ßergamottenöl 
Cajeputöl  .  . 
Küiumelöl 
Cassiaöl  .  . 
Cedernholzöl 
Zimmtöl     .     . 


Citronenöl 

Citronellenöl 

Gewürznelkenöl 
Eucalyptusöl .  . 
Wachholderöl     . 


La\endelöl 


Lavendelöl 


englisch 


iranzös. 


(Spike)      .   j 


1 

0,976 

0,25 

274,44 

223,3 

2 

0,984 

0,38 

185,92 

227,8 

1 

0,879 

11,43 

247,90 

190,0 

2 

0,878 

8,78 

283,71 

187,8 

1 

0,918 

0,35 

70,85 

254,4 

2 

0,889 

0,41 

151,00 

252,2 

1 

0,910 

0,53 

258,26 

192,8 

2 

0,913 

0,35 

263,22 

197,8 

1 

1,061 

10,17 

75,06 

254,4 

2 

1,051 

9,62 

71,71 

252,2 

1 

0,952 

0,92 

78,51 

270,0 

2 

0,963 

0,92 

74,77 

271,1 

1 

1,031 

5,13 

128,14 

240,0 

2 

1,021 

4,91 

105,05 

241,1 

1 

0,855 

0,67 

359,66 

175,6 

2 

0,871 

1,90 

320,04 

174,4 

3 

0,855 

1,31 

353,94 

175,6 

1 

0,893 

3,35 

186,30 

213,3 

2 

0,897 

3,43 

191,26 

218,9 

1 

1,046 

2,48 

179,83 

246,7 

2 

1,041 

2,35 

155,46 

247,8 

1 

0,910 

0,52 

61,68 

175,6 

2 

0,910 

0,36 

106,46 

176,7 

3 

0,888 

0,35 

110,65 

176,7 

1 

0,872 

1,12 

273,55 

171,1 

2 

0,878 

0,84 

236,09 

173,3 

3 

0,881 

0,70 

250,06 

182,2 

1 

0,883 

3,70 

230,38 

192,2 

2 

0,887 

3,17 

248,59 

190,0 

3 

0.878 

0,52 

232,92 

192,2 

1 

0,893 

4,85 

198,65 

192,2 

2 

0,881 

9,20 

237,21 

191,1 

3 



4,90 

199,18 



1 

0,873 

1,99 

287,90 

165,6 

2 

0,904 

0,74 

207,01 

171,1 

164,0 
260,0 


265,0 


100,0 


270,0 


245,0 


189,7 
276,1 

254,9 
159,5 


189,5 


121  (40  St.) 
345  (40  St.) 

233  (40  St.) 


467  (40  St.) 


337,3 

(engl.) 
363,9 
(fremd) 


j  von  Milchan,  Surrey 

(  265,5  \\ 
\  —     1  274,9  [\  286  (40  St.) 
(  273,9  }| 
von  Hitchin,  Hertfordshire 


170,0 


Neue  Methoden  lür  chemisch-technische  Untersuchungen. 


Namen  des  Oeles 


5  —  — 

|j5-8 
:/.      — 


AbS'Tptions- 
veruiögen  für 


kohlen- 
saures 
Kai 
n  Proc 


Jod 

in  Froc. 


Jodabsorptions\  ermügen. 

angegeben  von  ähnlichen  Oelen 

durch  R.  A.  Gripp«. 

Nach  Untersuchung;  \un 


liaren- 
thin 


Davies 
(18  St.) 


Snoto 


Limonenöl 


Karaeelheuöl    {Ltmon- 
Graß) 

Muskatenol    .     .     .     . 


Muskatnul'söl 

Orangenöl      .     . 

PoleymünzenuJ  . 

Pl'effermünzül  von 
Mitchan   . 


Pfeffer- 
niünzöl 


amerik. 


japanes 


Rosmarinöl 

Kauttnöl    . 
Balheiöl 

.frasöl 
Thyinianül 
Verhenenöl 


0,856 


0,858 
0,897 
0,898 
0,886 
0,900 

0,883 

0,898 
0.849 
0,853 
0,925 
0,938 

0,903 

0,908 

0,911 


0,904 

0,900 

0,896 
0,894 

0,912 
0,860 
0,871 
0,961 
0,918 
1,056 
1,079 
0,892 

M.N93 

tt.wit; 

0,895 


1,49 


1.41 
2,25 
2,01 
0.85 
0,67 

0,35 

0,19 
0,39 
0.38 
1.46 
4,62 

1,83 

1.97 

4.37 


2,71 
2,29 

2,22 

0,78 

0,88 
0,56 
o.-<;. 
7,09 
1,58 
0,33 
0,28 
1.91 
1,09 
1,20 
1.37 


322,96 


320.16 
223,24 
271,52 

220,85 
224,02 

201,93 

206,24 
347,67 

341.75 
85,94 
78,58 

36,85 

46,37 

71,70 


53,09 

56,06 

37,08 
161,67 

142,36 

192.02 

121^32 

49,70 

117,14 

162,68 
151,01 
181,48 
168.40 
267,83 
•M7.M 


176,1 


177.8 
222,2 
222,2 
174,4 
174,4 

171,1 

172,2 
175,6 
177,2 
215.6 
214> 

206,7 

208,3 

205.6 


204.4 

204.4 

203,3 
168,3 

167,2 
170,0 
195,6 
182,2 
184,4 
221,1 
231,1 
170,0 
180,0 

r;i  i 
221.1 


185,0 


345,6 
[  348,0  i 
\  328,3/ 
'  340,3 l 
1 345,3 
f  348,9 

351,1 


308,3 
(engl.)  I 
321,5  I 
(fremd)' 


188,9 

(   49,6 

51,2 

f    57,7 


,  121,8  j 

\  132,2/ 

143,9 

f   81,91 


325 

(fremd) 


343  (40  St.) 


362  (40  St.) 
152  (40  St.) 


in  Stunden 
6     15     40 


23,0 

84,7 
88,3 


24,5 
74,1 
73,6 


179 
109 
67 
71 
106 
105 


64  (40  St.) 


Aus   obiger  Tabelle  ersehen    wir,   dai's  bei   den  meisten  Oelen  die 
Proben  vou  verschiedenem  Ursprünge   gleiche  chemische  Eigenschaften 


Kleinere  Mittheilungen. 


527 


besitzen,  während  bei  anderen  sich  wesentliche  Unterschiede  zwischen 
den  einzelnen  Proben  bemerken  lassen.  Solche  Unterschiede  können 
nun  hervorgebracht  sein  entweder  durch  absichtliche  Fälschung  oder 
durch  zufällige  Verunreinigungen  oder  aber  durch  Oxydation  der  Proben, 
namentlich  wenn  dieselben  verschieden  lange  gelagert  haben.  Im  obigen 
Falle  dürfte  die  Verschiedenheit  durch  stärkere  oder  schwächere  Oxy- 
dation bedingt  sein;  wir  finden  auch  dementsprechend  z.  B.  beim  Salbeiöl 
bei  der  ersten  Probe  einen  starken  Gehalt  an  Säure  und  eine  geringe 
Absorptionsfähigkeit  für  Jod,  während  bei  der  zweiten  Probe  Jod  in 
bedeutend  höherem  Mafse  absorbirt  und  nur  wenig  Alkali  zur  Neu- 
tralisation verwendet  wird.  Durch  Vergleich  mit  den  von  Williams  er- 
haltenen Zahlen  dürfte  sich  bei  den  meisten  Pflanzenölen  nachweisen 
lassen,  ob  eine  Fälschung  in  dem  betreffenden  Falle  vorliegt. 

(Schiurs  roigt.) 


Wildt's  elektrischer  Thüröffner. 

Die  zugehörige  Abbildung  zeigt  (nach  Electrical 
World  durch  das  Centralblatt  für  Elektrotechnik,  Bd.  12 
*  S.  22)  einen  neuen  elektrischen  Thüröffner,  wel- 
cher kürzlich  von  C.  A.  Wüdt  und  Co.  in  New  York 
angegeben  wurde.  Der  Rückstorser  B,  welcher  die 
Thür  öffnet,  ist  von  einer  Spiralfeder  regiert,  welche 
durch  das  Schliersen  der  Thür  zusammengedrückt 
und  so  lange  zu  wirken  verhindert  wird,  bis  der 
Anker  vom  Elektromagnete  angezogen  ist.  Sobald 
dies  geschehen  ist,  hat  die  Zunge,  welche  vom  Anker 
festgehalten  wird,  freie  Bewegung.  Diese  Zunge  ist 
an  einer  Ecke  des  Elektromagnetes  gelagert  und  auf 
derselben  ruht  der  Hebel,  welcher  den  Thürriegel 
regiert.  Wenn  der  Anker  angezogen  ist,  kann  sich 
der  Hebel  frei  bewegen,  die  Spiralfeder  drückt  den 
Rückstoiser  B  gegen  den  Thürrahmen  und  stölst 
die  Thür  zurück,  wobei  der  Hebel,  welcher  den 
Riegel  regiert,  frei  wird  und  denselben  zurückzieht. 
Der  Thüröffner  ist  sehr  einfach  und  die  Kraft  der 
Feder  genügt,  um  die  schwerste  Thür  zu  öffnen. 

Zur  Geschichte  der  Verbundmaschinen. 

Nach  Revue  Industrielle  vom  16.  August  1890  hat  der  Oberingenieur  Kraft 
von  der  Sociite  Cockerill  aur  der  Wolga  drei  Schleppdampfer  angetroffen, 
welche  mit  Verbundmaschinen  versehen  waren,  ausgeführt  gemäfs  einer  aut 
dem  Rahmen  eingegossenen  Inschrift  durch  Röntgen  auf  den  Werften  von 
Fijeoord  (Rotterdam)  in  den  Jahren  1845  bis  1847.  Die  festen,  einander 
gegenüber  und  geneigt  liegenden  Cylinder  stehen  durch  ein  langes  Verbund- 
rohr in  Zusammenhang.  Die  ursprüngliche  Dampfspannung  betrug  6at,5,  nach 
Auswechselung  der  Kessel  8at,5.  Die  Durchmesser  der  Cylinder  sind  775mm 
und  1537mm;  bei  2134mm  Hub  entwickeln  dieselben  800  H\  Von  den  bisher 
ohne  Unterbrechung  in  Betrieb  befindlichen  Maschinen  wurde  diejenige  des 
Sampson  seit  30  Jahren  von  einem  rheinländischen  Maschinisten  geführt.  Die 
Entstehung  der  Verbundmaschinen  ist,  wie  auch  durch  diese  Mittheilung  be- 
stätigt wird,  um  eine  ziemliche  Spanne  Zeit  früher  zu  legen,  als  lange  Jahre 
hindurch  üblich  war. 


Zuschrift  an  die  ftedaction. 

Hörrohr. 

Um  in  einem  von  Geritusch  erfülltem  Räume  eine  einzelne  Stelle,  welche 
man  aufzusuchen  oder  zu  beobachten  wünscht,  von  dem  übrigen  Geräusche 
abzuschließen,  benutzt  Rudolphe  Bourcart  nach  Bulletin  de  la  Societi  Industrielle 
de  Mulhouse,  Nummer  für  Juni— Juli  1890  S.  275,  einen  etwa  Im  langen  Gummi- 
schlauch,  wie  derselbe  für  Gasleitungen  üblich  ist.  L>as  eine  Ende  desselben 
wird  ins  Ohr  gesteckt,  das  andere  Ende,  welches  nebenbei  gesagt,  keinen 
Trichter  erfordert,  wird  der  zu  untersuchenden  Stelle  genähert.  Da  nur  die 
an  dieser  Stelle  befindlichen  Geräusche  übertragen  werden,  so  ist  diese  ein- 
fache Vorrichtung  insbesondere  für  Spinnereien  geeignet,  da  es  nicht  schwer 
wird,  mit  derselben  aus  vielen  einzelnen  Theilen  denjenigen  heraus  zu  finden, 
der  einen  hörbaren  Gang  hat.  Die  Anwendung  dieser  äufserst  einfachen 
Vorrichtung  wird  in  vielen  Fällen  angezeigt  sein. 

Schneller  und  scharfer  Nachweis  von  Zinn  in  Mineralien. 

Alexander  Johnstone  {The  Chemical  News,  1889  Bd.  60  S.  271)  schlägt  vor 
das  fein  gepulverte  Mineral  in  bekannter  Weise  vor  dem  Löthrohr  auf  Kohle 
mit  kohlensaurem  Natron-Kali,  wenn  nöthig  unter  Zusatz  von  Cyankalium 
oder  Borax  aufzuschliefsen ,  dann  die  Schmelze  in  einem  Porzellanmörser  zu 
zerreiben  und  abzuschlemmen,  wobei  am  Pistill  und  Mörser  metallisch  glän- 
zende Striche  zurückbleiben.  Um  zu  entscheiden,  ob  dieselben  von  Zinn  her- 
rühren, werden  dieselben  in  wenigen  Tropfen  kochender  concentrirter  Salz- 
säure gelöst  und  dann  im  Mörser  ein  Tropfen  Goldchloridlösung  zugefügt, 
während  man  das  Pistill  der  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff  aussetzt. 
Bei  Gegenwart  von  Zinn  entsteht  dann  im  Mörser  der  bekannte  Goldpurpur, 
am  Pistill  das  dunkelbraune  Zinnsulfid.  W.  M. 


Zuschrift  des  Vorstandes  des  Technischen  Vereins  zu 
Frankfurt  a.  M. ' 

„Der  vorbezeichnete  Verein  gestattet  sich,  die  Beschlüsse  des  Frank- 
furter Industriebezirks  zu  der  Patentgesetz-Novelle  zu  überreichen,  welche 
das  Ergebnifs  zahlreicher  Sitzungen  sind  und  wohl  Anspruch  auf  Gründ- 
lichkeit machen  dürften.  An  den  Sitzungen  haben  sich  die  Vertreter 
grofser  Fabriken,  des  Handwerkerstandes,  der  Handelsinteressen  und 
hiesiger  Patentanwalt-Firmen  rege  betheiligt.  Wir  haben  uns  der  Mühe 
unterzogen,  die  Abänderungsanträge  in  concrete  Form  zu  bringen,  eine 
zwar  mühevolle  aber  unseres  Erachtens  sehr  nützliche  Arbeit.  Die 
Motive,  welche  wir  den  Beschlüssen  beigaben,  dürften  Ihnen  beweisen, 
dafs  unsere  Abänderungsanträge  wohl  erwogen  sind. 

Es  wäre  zu  wünschen,  dafs  sich  weitere  industrielle  Kreise  diesen 
Beschlüssen  anschlössen  und  ihnen  dadurch  um  so  gröfseres  Gewicht 
gäben.  Wir  bitten  Sie  daher  ergebenst,  die  Aufmerksamkeit  Ihres 
grofsen  Leserkreises  auf  unsere  Beschlüsse  geneigtest  lenken  zu  wollen." 

1  Im  Interesse  der  Sache  empfehlen  wir  unsern  Lesern,  die  vorstehende 
Zuschrift  zu  beachten,  und  dem  Wunsche  des  Vereins  näher  zu  treten.     D.  R 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Neuere  Wollwaschmaschinen.  529 

Neuere  Wollwaschmaschinen. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  Bd.  267  *  S.  529.) 
Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  28,  29  und  30. 

Das  Wüschen  und  Entfetten  der  Rohwolle  bildet  bekanntlich  einen 
Vorbereitungsprozefs  für  die  Fabrikation  wollener  Waaren,  der  für  die- 
selbe von  der  gröfsten  Wichtigkeit  ist,  da  eine  schlechte  Wäsche  der 
Wolle  die  bedenklichsten  Folgen  sowohl  in  der  Spinnerei,  Kämmerei, 
Färberei,  wie  auch  in  der  Weberei  und  Appretur  nach  sich  zieht.  Diese 
Folgen  bestehen  sowohl  in  dem  Verschmieren  der  Krempelbeschläge, 
in  einem  gröfseren  Ergebnisse  an  Kämmlingen,  in  der  verminderten 
Spinnfähigkeit,  sowie  auch  in  dem  Abschmutzen  der  Wolle  beim  Färben, 
in  der  schweren  Entfettung  in  der  Walke  u.  s.  w.,  und  sind  derart 
schwerwiegend,  dafs  darunter  das  ganze  Ergebnifs  der  industriellen  An- 
lage fühlbar  leiden  kann. 

Es  handelt  sich  in  der  Wollwäscherei  bekanntlich  darum,  den  in 
der  Rohwolle  enthaltenen  Schmutz  uud  Wollschweifs  zu  entfernen,  aber 
derart,  dafs  die  zum  Verspinnen  erforderlichen  Eigenschaften  des  Materials 
unverändert  bleiben  und  eine  Verwirrung  der  Fasern  vermieden  wird. 
Diese  Arbeit  rationell  zu  bewirken,  erfordert  natürlich  bei  der  grofsen 
Verschiedenheit  der  Wollen  der  einzelnen  Länder  von  Seiten  des  Woll- 
wäschers viel  Erfahrung  und  Aufmerksamkeit,  und  fällt  trotzdem  das 
Ergebnifs  öfters  nicht  nach  Wunsch  aus.  Die  Ursache  hierzu  liegt  indefs 
nicht  allein  in  den  Eigenschaften  der  zu  behandelnden  Wolle,  sondern 
auch  in  den  mehr  oder  minder  mangelhaften  mechanischen  Einrichtungen, 
welche  das  Ergebnifs  namentlich  hinsichtlich  der  Lage  der  Fasern,  der 
Erhaltung  des  sogen.  Stapels  beeinflussen.  Die  Wichtigkeit  des  Prozesses 
und  die  den  jetzigen  Einrichtungen  anhaftenden  Uebelstände  haben  daher 
fortgesetzt  Veranlassung  gegeben,  auf  Vervollkommnungen  hinzuarbeiten; 
mit  welchem  Erfolge,  kann  hier  allein  nur  die  Praxis  entscheiden. 

Es  kommen  zur  Zeit  für  das  Waschen  der  Wolle  nur  zwei  Wege 
in  Betracht,  der  eine  besteht  in  dem  Behandeln  der  Wolle  in  einem 
mäfsig  warmen  Seifenbade,  der  andere  in  dem  Behandeln  der  Wolle 
mittels  flüchtiger  Substanzen,  wie  Fuselöl,  Schwefelkohlenstoff  u.  s.  w., 
welche  Fettsubstanzen  aufzulösen  vermögen.  Der  erstere  Weg  ist  der 
für  den  Grofsbetrieb  zur  Zeit  allein  in  Frage  kommende,  während  der 
zweite  Weg  ein  Verfahren  darstellt,  das  seit  einigen  30  Jahren  immer 
wieder  versucht  ist,  ohne  indefs  zu  einem  durchschlagenden  Erfolge 
geführt  zu  haben.  Nur  in  neuester  Zeit  ist  auf  diesem  Gebiete  eine 
neue  Maschine  construirt  worden,  auf  welche  am  Schlüsse  des  Berichtes 
näher  eingegangen  werden  wird. 

Was  den  ersteren  Weg,  den  Weg  der  Praxis  betrifft,  so  liegen  die 
getroffenen  Verbesserungen  naturgemä'fs  in  den  mechanischen  Betriebs- 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  12.  1890J1I.  34 


530  ■''  Wbllwaachmaßchinen. 

einrichtungen,  während  die  Waschmittel  in  der  Hauptsache  unverändert 
gelassen  sind.  Diese  mechanischen  Hilfsmittel  /eigen  aufser  der  An- 
passung an  die  alte  Praxis  auch  theilweise  das  Einschlagen  neuer  Wege, 
welche  sich  zur  rationellen  Behandlung  der  Wolle  als  geeignet  erweisen 
durften. 

Eine  derartige  weitere  praktische  Aushildung  hat  auch  die  bereits 
in  !).]>.  J.  1888  267  334  erwähnte  Wollwaschmaschine  von  Henry  W.Churih 
erfahren,  welche  Maschine  von  der  Kii&on  Machine  Co.  in  Lowell  (Mass., 
Nordamerika)  ausgeführt  wird. 

Die  ursprünglich  vorhandenen  zwei  parallelen  durch  den  ganzen  Trog 
reichenden  Rechen  sind  auch  jetzt  beibehalten,  ihre  Bewegungsmecha- 
aismen  sind  indefs  zweckmässiger  gestaltet,  und  zwar  wird  der  Antrieb 
vou  den  Kiemenscheiben  mittels  zweier  Kettenräder  auf  eine  obere  Welle 
übertragen)  welche  mittels  Zahnräder  eine  untere  Welle  in  Umdrehung 
versetzt.  Diese  trägt  zwei  Kurbeln,  an  welche  die  die  Rahmenrechen 
hin  und  her  führenden  Schub-  bezieh.  Zugstaogen  angelenkt  sind.  Gleich- 
zeitig erfahren  die  Rechen  eine  entsprechende  auf  und  ab  steigende 
Bewegung  von  der  genannten  Kettenradwelle  aus  mittels  eines  Hebel- 
werkes und  einer  mit  Zahnsector  ausgerüsteten  Zwischenwelle.  Durch 
den  letzteren  wird  eine  wagerechte  mit  zwei  grofsen  Rädern  versehene 
Welle  in  Schwingung  versetzt,  deren  Räder  mit  den  an  den  Rechen 
betindlichen  Zahnstangen  derart  in  Eingriff  stehen,  dafs  die  Gewichte 
der  Rechen  sich  gegenseitig  ausgleichen. 

Die  Quetschwalzen  sind  am  Ende  des  Troges  gelagert,  so  dafs 
das  endlose  Lattentuch  in  Fortfall  kommt,  während  die  Waschflüssig- 
keit hier  in  einen  besonderen  Trog  fliefst,  und  nach  Absetzen  des 
Schmutzes  dem  vorderen  Ende  des  Troges  wieder  zugeführt  werden 
kann.  Durch  diese  Einrichtung  wird  auch  die  Reinigung  des  Troges 
vermittelt.  Als  fernere  günstige  Eigenschaft  hebt  die  obige  Firma  noch 
den  Umstand  hervor,  dafs  die  Wolle  in  dieser  Maschine  langsam  und 
ruhig  vorwärts  getragen  werde,  so  dafs  eine  Verfilzung  der  Fasern  mög- 
lichst vermieden  sei  (Text.  Itecord,  1889). 

Eine  ebenfalls  bewährte,  von  den  bekannten  Maschinen  mehrfach 
abweichende  Construction  fuhrt  die  Firma  John  Petriejr.  Ltd.,  Rochdale, 
BUS,  welche  Maschine  in  der  Fig.  9  Taf.  28  wiedergegeben  ist  (Wollen- 
geicerbe,  1889).  Die  meisten  älteren  Wollwaschmaschinen  laufen  be- 
kanntlich immer  mit  der  gleichen  Geschwindigkeit  und  besitzen  auch 
dieselbe  Einwirkung  auf  die  zu  waschende  Wolle,  gleichgültig,  welcher 
Art  die  letztere  ist  und  welchen  Schmutz-  und  Schweifsgehalt  die  Wolle 
bat.  Diesen  .Manuel  einer  Anpassungsfähigkeil  an  das  zu  behandelnde 
Material  zeigt  nun  die  PefrtVsche  Maschine  nicht,  sondern  die  Betriebs- 
mechanismen  sind  derart  conetruirt,  dafs  die  Maschine  je  nach  Bedarf 
mit  grosserer  oder  geringerer  Geschwindigkeit  arbeiten  kann.  Desgleichen 
können    die  die    Wolle  bewegenden    Rechen    nach    Belieben    entweder 


Neuere  Wollwaschmaschinen.  531 

gleichzeitig  oder  wechselweise,  oder  theilweise  gleichzeitig  und  theil- 
weise  wechselseitig  bethätigt  werden. 

Eine  andere  Eigenthümlichkeit  der  Maschine  liegt  in  der  Anord- 
nung der  Quetschwalzen.  Während  sonst  die  Wolle  von  den  Gabeln 
aus  dem  Bade  heraus  auf  das  gegen  die  Quetschwalzen  ansteigende 
Lattentuch  niedergelegt  wird,  liegen  diese  Walzen  hier  mit  ihrer  Be- 
rühnmgslinie  tiefer  als  der  Spiegel  des  Bades,  so  dafs  die  Wolle  theils 
von  der  Bewegung  der  Gabeln,  theils  von  der  Bewegung  der  Wasch- 
lauge auf  das  abwärts  geneigte  Lattentuch  geführt  wird.  Demzufolge 
werden  die  ausgelegten  Wollpartien  nicht  so  leicht  zerrissen  und  ver- 
wirrt,  wie  das  beim  Aufwärtsschieben  auf  das  sonstige  ansteigende 
Lattentuch  öfters  der  Fall  ist.  Aufserdem  kommt  die  Wolle  saftiger, 
d.  h.  mit  mehr  Waschlauge,  zwischen  die  Quetschwalzen,  was  dem  Aus- 
pressen nur  förderlich  ist.  Die  durch  das  Lattentuch  ablaufende,  sowie 
die  durch  die  Walzen  ausgeprefste  Waschflüssigkeit  fliefst  in  einen  unter 
den  letzteren  befindlichen  Trog  und  wird  von  hier  durch  ein  Rohr  nach 
dem  vorhergehenden  Waschtroge  geleitet,  an  welchem  sich  ebenfalls 
ein  Schöpfrad,  wie  in  der  Figur  links  punktirt  gezeichnet,  befindet,  das 
die  vorher  durch  Absetzenlassen  vom  gröbsten  Schmutze  befreite  Wasch- 
lauge in  einen  Behälter  entleert,  aus  dem  die  Lauge  zu  weiterem  Ge- 
brauche entnommen  werden  kann. 

Die  Bewegung  der  Rechen  ist  eine  derartige,  dafs  diese  ziemlich 
senkrecht  in  das  Bad  eintreten  und  sich  dann  nahezu  wTagerecht  vor- 
wärts bewegen.  Wie  die  Figur  zeigt,  sind  die  das  Ausheben  der  Wolle 
bewirkenden  Gabeln  doppelt  ausgebildet.  Den  Hauptvorzug  der  Petrie- 
schen  Maschine  dürfte  wohl  die  durch  Regelung  der  Bewegungen  und 
Geschwindigkeiten  ermöglichte  Anpassungsfähigkeit  an  die  jeweilig  zu 
waschende  Wollpartie  bilden. 

Alle  diese  sogen.  Leviathan-Wollwaschmaschinen  sind  in  erster  Linie 
für  den  Grofsbetrieb  bestimmt  und  bewähren  sich  in  diesem  auch  im 
Grofsen  und  Ganzen.  Anders  indefs  im  Mittel-  und  Kleinbetriebe.  Hier 
kann  ein  vollständiger  Leviathan  nicht  Verwendung  finden,  denselben 
aber  auf  einen  oder  zwei  Behälter  zu  kürzen,  erscheint  ebenso  wenig 
angezeigt,  da  bei  Anwendung  eines  Behälters  ein  gründliches  Reinigen 
der  Wolle  nicht  zu  erzielen  und  das  gewaschene  Wollquantum  verhält- 
nifsmäfsig  gering  ist,  während  der  Verwendung  zweier  Tröge  häufig 
Raum-  und  Preisverhältnisse  entgegenstehen  werden.  In  manchen  Fabriken 
bestehen  deshalb  noch  die  primitivsten  Einrichtungen,  oder  es  wird  das 
Waschen  in  der  Weise  vorgenommen,  dafs  die  Wolle  zweimal  dasselbe 
Bad  durchwandert  und  dann  eine  längere  Spülung  erfährt.  Diese  Be- 
handlung mufs  indefs  ebenfalls  als  eine  unrationelle  bezeichnet  werden, 
da  eine  gründliche  Beseitigung  allen  Schmutzes  und  Schweifses  nur  mit 
Gegenstromprinzip  ermöglicht  wird,  d.  h.  mit  dem  Wandern  der  Wolle 
entgegengesetzt   der   gesammten    Waschlaugenbewegung,    so    dafs    die 


532  Neuere  Woll Waschmaschinen, 

schmutzigste  Wolle  mit  dem  schmutzigsten  Bade  und  die  reinste  Wolle 
mit  dem  reinsten  Bade  zusammenkommt.  Ausserdem  haftet  der  letzt- 
genannten Behandlung  noch  der  Nachtheil  an,  dafs  ein  längeres  Spülen 
der  Wolle  naturgemäfs  die  Verwirrung  und  Verfilzung  der  Fasern  be- 
günstigt. 

Zu  einer  befriedigenden  Reinigung  der  Wolle  erscheinen  indefs  zwei 
getrennte  Bäder  und  zwei  Quetschwalzenpaare  unbedingt  erforderlich, 
welche  Anordnung  einen  Längenraum  von  10  bis  12m  ohne  Bedienungs- 
raum beansprucht.  Um  nun  aber  bei  mangelndem  Räume  dieses  rationelle 
Waschen  der  Wolle  doch  vornehmen  zu  können,  baut  die  bekannte 
Firma  Henri  Demeuse  und  Co.  in  Aachen  neuerdings  eine  Wollwasch- 
masehine,  welche  die  beiden  Waschtröge  nicht  hinter  einander  angeordnet 
hat,  sondern  bei  welcher  der  Einweichbottich  neben  dem  Entfettungs- 
bot tiche  angeordnet  ist,  und  bei  welcher  die  Ueberführung  der  Wolle 
von  jenem  in  diesen  durch  einen  mit  Flügelwalze  ausgestatteten  Quer- 
trog erfolgt  (D.  R.  P.  Nr.  46802). 

Diese  Wollwaschmaschine  ist  in  den  Fig.  1  bis  3  Taf.  29  in  Quer- 
schnitten und  Ansicht  dargestellt,  und  zwar  zeigen  die  Fig.  2  und  3 
die  beiden  Waschbottiche  von  einander  getrennt,  die  in  Wirklichkeit 
also  parallel  mit  den  Wänden  a  an  einander  liegend  zu  denken  sind 
(Fig.  1).  Wie  die  Fig.  2  zeigt,  enthält  der  erste  Behälter  noch  eine 
Querscheidewand  fr,  so  dafs  also  in  der  Maschine  zwei  von  einander 
vollständig  getrennte  Waschbottiche  gebildet  sind,  der  Einweichbottich 
von  c  bis  d  reichend,  und  der  winkelförmige  Entfettuugsbottich  von  f 
bis  e  sich  erstreckend. 

Die  zu  waschende  Wolle  wird  in  den  Füllkasten  g  der  Einweich- 
maschine (Fig.  2)  geworfen  und  fällt  in  die  Zwischenräume  h  der 
Eintauch  walze  t,  welch  letztere,  sich  langsam  in  der  Pfeilrichtung 
drehend,  die  Wolle  selbsthätig  untertaucht.  Die  eingetauchte  Wolle 
wird  nun  von  dem  in  seiner  Bewegung  eine  Eiform  beschreibenden 
Kurbelrechen  k  erfafst,  gehoben,  so  dafs  sich  die  der  Wolle  anhaftenden 
erdigen  Beimengungen  ausscheiden  können,  und  weiter  transportirt  zu 
dem  Kurbelrechen  /,  welcher  die  Wolle  in  gleicher  Weise  behandelt 
und  sie  dann  dem  Aufrücker  m  zuschiebt. 

Dieser  eggenartige  Aufrücker,  von  den  Kurbeln  nn  bewegt,  erfafst 
die  ihm  vom  Kurbelrechen  /  zugeführte  Wolle  und  schiebt  sie  über  das 
schräge  Siebblech  o  zwischen  die  Druckwalzen  p p{:  ist  der  Aufrücker 
am  Punkte  q  (Fig.  2)  angelangt,  so  heben  die  Kurbeln  denselben  hoch 
und  führen  ihn,  sich  zurückbewegend  und  senkend,  wieder  in  die  von 
den  Kurbelrechen  inzwischen  wieder  herangebrachte  Wolle,  welch  letztere 
also  in  sich  an  einander  reihenden  Hüben  continuirlich  behufs  Auspressung 
und  Zerquetschung  der  Schmutzknoten  und  Schweil'sspitzen  zwischen 
die  Prefswalzen  geführt  wird, 

Die  ausgepreiste  Wolle  wird  mittels  des  endlosen  Tuches  r  (Fi»-.  1 


Neuere  Wollvvaschmascliinen.  533 

und  2)  in  die  Verlängerung  f  der  Entfettungsmaschine  befördert  (welche 
Verlängerung  selbstverständlich  mit  dem  Bade  der  Entfettungsmaschine 
in  Zusammenhang  steht).  In  dieser  Verlängerung  ist  unterhalb  des 
Tisches  r  ein  schräges  Blech  angebracht,  über  welches  die  Wolle,  von 
der  Flügelwalze  t  (Fig.  3)  noch  befördert,  in  die  Entfettungsmaschine 
bezieh,  bis  zur  Angriffslinie  des  Kurbelrechens  u  (Fig.  1  und  3)  gleitet. 
Die  Kurbelrechen  u  ut  w2  greifen,  heben  und  transportiren  die  Wolle  in 
bekannter  Weise,  und  bringt  der  letzte  Rechen  w2  sie  dem  Aufrücker  v 
zu,  welcher  die  Ueberführuug  derselben  zwischen  die  Prefswalzen  ?o 
besorgt;  von  diesen  ausgeprefst,  ist  die  Wolle  fertig  zum  Spülen. 

Der  Betrieb  der  die  Wolle  bewegenden  Kurbelrechen  erfolgt  für 
beide  Maschinen  von  einer  Seite  aus;  die  Kurbelrechen  sind  mittels  der 
Stirnräder  x  x{  (Fig.  1)  verbunden ,  und  machen  diejenigen  des  Ent- 
fettungsbottiches eine  den  im  Einweichtroge  arbeitenden  entgegengesetzte 
Bewegung,  so  dafs  die  Wolle  ihren  Lauf  in  Richtung  der  eingezeichneten 
Pfeile  nimmt.  Das  Ablassen  der  Waschflüssigkeit  erfolgt  in  bekannter 
Weise. 

Diese  Demeusische  Waschmaschine  gestattet  also  bei  einer  Trog- 
länge von  z.  B.  etwa  6%  die  Wolle  unter  Passirung  von  zwei  Bädern  und 
zwei  Paar  Prefswalzen  auf  einem  Wege  von  12m  zu  behandeln.  Die 
Maschine  mufs  als  einfache  und  zweckmäfsige  Construction  bezeichnet 
werden,  und  dürfte  derselben,  da  sie  einem  im  Mittel-  und  Kleinbetriebe 
gefühlten  Bedürfnisse  entspricht,  eine  zahlreiche  praktische  Ausführung 
beschieden  sein. 

Während  mit  diesen  Waschmaschinen  also  versucht  wird,  das  in 
der  Praxis  geübte  Verfahren  zu  vervollkommnen,  schlägt  ein  Amerikaner 
Robeson  in  Philadelphia  einen  neuen  Weg  ein,  indem  er  die  Wolle 
mittels  Ventilatoren  zuerst  auflockert,  sie  dann  anfeuchtet  und  behufs 
Erweichens  des  Schweifses  erwärmt,  unter  Zuhilfenahme  heifsen  Wassers 
und  erwärmter  Walzen,  und  sie  dann  ausquetscht  (*D.R.P.  Nr.  45950). 
Dieses  Reinigen  geschieht  somit  ohne  jede  Anwendung  von  Alkalien 
oder  ähnlichen  Substanzen,  und  wird  der  entfernte  Wollschweifs  wieder- 
gewonnen. Die  derart  behandelte  entschweifste  Wolle  mufs  dann  noch 
in  Wasser  gewaschen  und  getrocknet  werden,  worauf  sie  zum  Kämmen 
und  Spinnen  derart  vorbereitet  sein  soll,  dafs  das  nachträgliche  Einölen 
angeblich  entbehrlich  ist. 

Fig.  4  Taf.  29  zeigt  den  zur  Ausführung  dieses  Verfahrens  be- 
stimmten Apparat,  durch  den  die  Wolle  auf  dem  endlosen  Tuche  ß 
hindurchgeführt  wird.  Im  ersten  Räume  C  unterliegt  sie  den  von  oben 
und  unten  einwirkenden  Luftströmen  der  Ventilatoren  c  zur  Auflocke- 
rung des  Staubes,  welch  letzterer  durch  das  Rohr  Cx  abgesaugt  wird. 
Die  Wolle  tritt  dann  in  die  Anfeuchtungs-  und  Dämpfkammer  F  ein, 
und  wird  hier  zunächst  vorn  Rohre  D  schwach  angefeuchtet,  welche 
Anfeuchtung  ganz  von  der  Beschaffenheit  der  Wolle  abhängt  und  nach 


534  Neuere  Wollwaschmaschinen. 

den  Angaben  Hobesons  jedesmal  durch  Versuch  festgestellt  werden  muTs. 

Sehr  schmutzige  Wolle  ist  fast  ganz  mit  Wasser  zu  sättigen.  Die  so 
gefeuchtete  Wolle  wird  nun  von  den  Dampfschlangen  E  erwärmt,  und 
mufs  die  Temperatur  ebenfalls  in  jedem  einzelnen  Falle  bestimmt  werden, 
und  zwar  derart,  dafs  dieselbe  hinreicht,  das  Wollfett  zu  erweichen. 
Eine  Temperatur  von  ungefähr  57°  hat  sich  in  vielen  Fällen  als 
zweckmäfsig  erwiesen,  einige  Wollen  bedürfen  nur  einer  Temperatur 
von  etwa  43°,  andere  dagegen  einer  solchen  von  60°.  Ebenso  richtet 
sich  die  Dauer  der  Wärmeeinwirkung  nach  der  Beschaffenheit  der  zu 
behandelnden  Wolle;   für  viele  Fälle  genügen  5  bis  7  Minuten. 

Diese  Erwärmung  wird  von  dem  gelochten  Dampfrohre  E2  und  dem 
die  Luft  in  Bewegung  setzenden  Ventilator  f  unterstützt.  Das  Transport- 
band B  führt  schliefslich  die  Wolle  aus  der  Kammer  F  über  einen  mit 
Gitterdeckel  versehenen  Trog  G,  aus  dem  warmes  Wasser  gegen  die 
Wolle  zur  Auflockerung  geleitet  wird,  wobei  die  Wolle  gleichzeitig 
durch  die  geheizte  und  hin  und  her  bewegte  Walze  G{  ausgequetscht 
wird.  Die  Wolle  erfährt  dann  auf  ihrem  weiteren  Wege  eine  Auf- 
lockerung durch  die  Stachelwalze  H  und  wird  schliefslich  den  bespülten 
Quetschwalzen  I  übergeben,  aus  denen  sie  in  fast  völlig  entfettetem 
Zustande  hervorgehen  soll,  so  dafs  sie  nur  noch  gewaschen  und  ge- 
trocknet zu  werden  braucht.  Zu  dem  Zwecke  kann  jede  geeignete 
Wasch-  bezieh.  Trockenvorrichtung  angewendet  werden. 

Wie  weit  dieses  mechanisch  physikalische  Entschweifsungsverfahren 
den  Wollschweifs  zu  entfernen  vermag,  läfst  sich  natürlich  nur  durch 
Versuche  feststellen,  immerhin  dürfte  aber  auch  bei  befriedigenden  Re- 
sultaten das  Robesori sehe  Verfahren  durch  die  jedesmalige  Anpassung 
der  Wärme-  und  Feuchtigkeitszufuhr  an  die  zu  behandelnde  Wolle,  die 
natürlich  vorher  sortirt  sein  mufs,  in  seiner  jetzigen  Ausführungsform 
für  den  Grofsbetrieb  kaum  geeignet  sein. 

Noch  weniger  zweckmäfsig  als  die  Äo&eson'sehe  Maschine  erscheint 
die  in  Fig.  8  Taf.  30  dargestellte  Wollwasch-  und  Spülmaschine  von 
F.  E.  Anderson  und  5.  Hodgson  in  New-Yersey  (Mass.,  Nordamerika),  bei 
welcher  die  mittels  Pulsometers  a  in  umlaufender  Bewegung  erhaltene 
und  nach  erneuter  Erwärmung  wiederholt  zu  benutzende  Waschlauge 
die  wechselnde  Füllung  und  Entleerung  eines  Kipptroges  b  und  damit 
die  regelmäfsige  Zuführung  der  zu  waschenden  Wolle  aus  einem  Vor- 
rathsbehälter  c  bewirkt.  Durch  ein  Bohr  d  gelangt  die  Wolle  dann 
bei  f  in  den  Spülbottich  e,  dessen  Boden  zu  mehreren  Mulden  gekrümmt 
ist.  Durch  den  Siebboden  der  ersten  Einsenkung  drückt  eine  Prefsplatte  g 
die  Lauge  aus  der  Wolle  in  ein  Bohr  /*,  durch  welches  die  erstere 
wieder  nach  a  gelangt.  Die  Wolle  wird  von  einer  Reihe  Kipptröge  mit 
Wasser  gespült   und   fliefst  schliefslich   in  das  Aufnahmegefäfs  H  über. 

Wesentlich  geeigneter  und  vielversprechender  betreffs  rationeller 
Behandlung  der  Wolle   ist   die  Wollwaschmaschine  von  Alex.  Dem  in 


Neuere  Wollwaschmasehinen.  535 

Brüssel  (*D.  B.P.  Nr.  49719  und  Nr.  50732),  in  welcher  die  Wolle 
aufser  der  Führung  durch  die  Gabeln  ein  besonderes  Eintauchen  in  das 
Bad  erfahrt.  Ebenfalls  neu  ist  die  Aushebevorrichtung  aus  dem  Wasch- 
bottich unter  Fortlassung  des  gewöhnlichen  Lattentuches. 

Die  Fig.  5  Taf.  29  gibt  einen  Querschnitt  dieser  Maschine,  während 
Fig.  10  Taf.  28  die  Aushebevorrichtung  gesondert  zeigt.  Das  Eintragen 
der  Wolle  erfolgt  in  der  Figur  rechts,  und  wird  die  Wolle  dann  wie  ge- 
wöhnlich durch  die  Walze  r  untergetaucht  und  von  den  Gabeln  f  weiter 
der  Tauchvorrichtung  E  zugeführt.  Diese  Vorrichtung  besteht  in  einer 
Anzahl  von  Schlägern,  welche  in  dem  Waschbottich  angeordnet  sind  und 
in  eine  auf  und  nieder  gehende  Bewegung  versetzt  werden.  Die 
Schläger  E  bestehen  aus  einer  Holzplatte  von  rechteckiger  Form,  welche 
an  den  Seiten  in  der  Weise  mit  Eisenblech  beschlagen  ist,  dafs  auf  der 
unteren  Seite  des  Schlägers  ein  Hohlraum  gebildet  wird.  Wird  nun 
der  Schläger  nach  unten  bewegt,  so  dafs  er  in  das  Bad  eintaucht,  so 
schliefst  er  in  dem  auf  seiner  unteren  Seite  befindlichen  Hohlräume  eine 
Luftmenge  ein,  welche  bei  der  schnellen  Abwärtsbewegung  des  Schlägers 
zuerst  mit  der  auf  der  Oberfläche  des  Bades  befindlichen  Wolle  in  Be- 
rührung kommt.  Beim  Untertauchen  der  Wolle  in  das  Bad  kommt  nun 
diese  Luft  mit  den  einzelnen  Wollfasern  in  die  innigste  Berührung.  Die 
einzelnen  Wollfasern  werden  von  einander  getrennt  und  kommen  auch 
einzeln  mit  der  Waschflüssigkeit  in  Berührung,  so  dafs  die  Wirkung  der 
Waschflüssigkeit  auf  die  Wolle  eine  sehr  energische  ist.  Geht  der 
Schläger  in  die  Höhe,  so  werden  durch  die  auf  der  unteren  Seite  des 
Schlägers  sich  bildende  Luftverdünnung  die  Wollfasern  wieder  in  die 
Höhe  gerissen,  um  beim  nächsten  Spiele  des  Schlägers  wieder  nach 
unten  gedrückt  zu  werden.  Da  die  Schläger  eine  sehr  schnelle  auf  und 
nieder  gehende  Bewegung  haben,  so  kommt  die  Wolle  in  äufserst 
kurzen  Zwischenräumen  mit  der  Luft  und  der  Waschflüssigkeit  in  die 
innigste  Berührung,  wodurch  eine  Offenheit  und  Reinheit  der  Wolle 
erzielt  wird,  wie  sie  auf  den  bisherigen  Waschmaschinen  nicht  zu  er- 
halten war. 

Die  neue  Aushebevorrichtung,  welche  die  mit  dem  gewöhnlichen 
Lattentuche  verbundenen  Reparaturen  und  Betriebsstörungen  vermeiden 
soll,  ist  in  Fig.  10  Taf.  28  dargestellt.  Wie  diese  Figur  zeigt,  sind  auf 
der  Welle  Seitenscheiben  angeordnet,  welche  mit  La»ern  K  aus- 
gestattet sind,  zwischen  denen  Ausheberechen  um  die  Zapfen  0  dreh- 
bar sind.  Am  Ende  sind  die  Rechen  mit  Armen  versehen,  welche 
rechtwinklig  zu  einander  angeordnet  sind  und  die  Rollen  E  und  D  tragen. 
Dreht  sich  nun  die  Welle  B  in  der  Richtung  des  eingezeichneten  Pfeiles, 
so  tauchen  die  Rechen  senkrecht  in  das  Wasser  ein.  Bei  der  weiteren 
Bewegung  der  Welle  B  legt  sich  dann  die  Rolle  D  gegen  die  eine 
Leitcurve  iW,  welch  letztere  die  Rechen  sich  in  der  punktirt  gezeich- 
neten Bahn  bewegen  läfst,  dabei  die  Wolle  nach  den  Prefswalzen  HHX 


i36 


Neuere  Wollwaschmaschinen. 


führend.  Sobald  nun  die  Rolle  D  die 
Curve  M  zu  verlassen  im  Begriffe 
ist,  beginnt  gleichzeitig  eine  zweite 
Leitcurve  N  auf  die  Rolle  E  ein- 
zuwirken. Diese  Curve  führt  den 
Bechen  nun  derart,  dafs  dessen  Spitze 
eine  Zeitlang  kurz  vor  der  Berüh- 
rungslinie der  beiden  Prefswalzen  auf 
demselben  Punkte  festgehalten  wird. 
Die  von  dem  Rechen  aus  dem  Bot- 
tiche herausgehobene  Wolle  muls 
also  auf  jeden  P'all  von  den  Quetsch- 
walzen erfafst  werden.  Mit  der  An- 
wendung dieser  Aushebevorrichtung 
wird  natürlich  gleichzeitig  eine  Kür- 
zung der  Waschbottiche  erzielt. 

Eine  Waschmaschine,  welche 
wie  die  PftrtVsche  Maschine  eine 
Regelung  der  Bearbeitungsweise  der 
Wolle  je  nach  Beschaffenheit  der 
letzteren  gestattet,  liegt  ferner  in 
der  sogen,  hydraulischen  Wollwasch- 
maschine der  Firma  C.  G.  Sargenl's 
Sons  in  Graniteville  (Mass.,  Nord- 
amerika) vor,  von  der  die  Text- 
fig.  10  ein  Schaubüd  gibt.  Die  Wolle 
wird  bei  dieser  Maschine  in  der 
Hauptsache  durch  die  Strömung  der 
Waschflüssigkeit  fortbewegt,'  welche 
Bewegung  durch  die  Eintauch- 
trommel unterstützt  wird.  Der  Ar- 
beitsgang der  Maschine  ist  nach  dem 
TWoUengexverbe'J-  (vgl.  auch  The 
Tecctile  Bec,  1889)  folgender:  Der 
Waschtrog  wird  bis  auf  etwa  20cm 
vom  Rande  mit  Waschlauge  gefüllt. 
Die  auf  dem  Lattentuche  zugeführte 
Wolle  fällt  von  diesem  zwischen 
die  aufwärts  gerichteten  Zähne  der 
langsam  umlaufenden  Eintauch- 
trommel.  Während  dieses  Ein- 
tauchens der  Wolle  ergiefst  sich  nun 
durch  eine  in  der  (linksseitigen) 
Stirnwand  des  Troges  hinter  der  Ein- 


Neuere  Wollwaschmaschinen.  537 

tauchtrommel  befindliche  Oeflnung  ein  Strom  warmer  Waschlauge  über 
die  Wolle.  Die  Zuführung  dieser  Lauge  erfolgt  mittels  Rohres  und 
rotirender  Pumpe  (in  der  Figur  rechts  ersichtlich)  aus  einem  unterhalb 
des  ansteigenden  Austragtuches  befindlichen  besonderen  Behälter,  also 
ähnlich  wie  bei  der  Petrie  sehen  Maschine. 

Beim  Untertauchen  der  Wolle  durch  die  rotirende  Trommel  wird 
durch  die  zuströmende  Waschflüssigkeit  der  oberflächlich  anhängende 
Schmutz  abgewaschen  und  fällt  durch  die  OefFnungen  des  falschen 
Bodens  nieder,  während  die  untergetauchte  Wolle  von  der  Trommel 
und  der  Strömung  der  Waschlauge  weiter  geführt  wird  Während 
dieses  Einweichens  und  langsamen  Fortbewegens  wird  die  Wolle  durch 
zwei  Satz  abwechselnd  auf  und  nieder  gehender  Rechen  untergetaucht, 
welche  wie  aus  der  Figur  ersichtlich  bethätigt  werden.  Die  Umdrehungs- 
geschwindigkeit der  Trommel  und  die  Strömung  der  Waschlauge  können 
so  geregelt  werden,  dafs  die  Wolle  je  nach  Bedarf  4  bis  8  bis  15  Minuten 
in  dem  Bade  verbleibt. 

Die  Wolle  wird  dann  auf  das  nach  den  Quetschwalzen  führende 
Lattentuch  ausgelegt  (in  welcher  Weise,  läfst  unsere  Quelle  nicht  er- 
kennen), und  hier  von  einem  von  dem  Hauptrohre  der  rotirenden  Pumpe 
abzweigenden  Nebenrohre  (Figur  rechts)  nochmals,  unmittelbar  vor  dem 
Eintritte  zwischen  die  Walzen,  mit  Waschlauge  übergössen;  das  Zweig- 
rohr ist  dementsprechend  unten  gelocht.  Dieses  nochmalige  Spülen  der 
Wolle  erscheint  sehr  zweckmäfsig,  ebenso  wie  die  Spülung  beim  Ein- 
tritte in  den  Trog,  welche  Einwirkungsart  auf  die  Wolle  auch  die  von 
der  Firma  Sargent's  Sons  gewählte  Bezeichnung  „hydraulische  Woll- 
waschmaschine"  rechtfertigt.  Der  Waschtrog  ist  im  unteren  Theile 
durch  eine  bis  an  den  falschen  Boden  aufsteigende  Scheidewand  in  zwei 
Theile  getheilt,  so  dafs  der  gröfste  Theil  des  gelösten  Schmutzes  in 
dem  ersten  Theile  zurückgehalten  wird. 

Im  Anschlüsse  an  diese  Maschine  sei  der  Vollständigkeit  halber 
noch  über  eine  amerikanische  Maschine  der  Firma  W.  White  in  Nashua 
(N.  H.)  berichtet,  von  welcher  der  Text.  Bec.  im  Maihefte  1890  eine 
sehr  knappe  Beschreibung  und  Zeichnung  gibt.  Die  Maschine,  welche 
in  Fig.  6  Taf.  29  dargestellt  ist,  scheint  eine  Abart  der  ebengenannten 
Maschine  von  Sargent  zu  sein,  insofern  als  sie  ebenfalls  den  mittels  einer 
Pumpe  bewirkten  Umlauf  der  Waschlauge  zeigt,  während  die  Fort- 
bewegung der  Wolle  durch  von  Kurbeln  bewegte  Rechen  erfolgt  (vgl. 
Church  weiter  oben),  an  denen  der  Ausheberechen  angelenkt  ist.  Die 
Maschine  dürfte  mehr  eine  zweckmäfsige  Construction  darstellen  als 
neue  Gesichtspunkte  darbieten,  und  die  ihr  nachgerühmten  Eigenschaften 
treffen  ebensowohl  bei  anderen  Maschinen  zu.  Nach  der  obigen  Quelle 
ist  die  Maschine  bei  einer  Anzahl  namentlich  aufgeführter  Firmen  im 
Betriebe. 

Einer  neuen  Behandlung  wird  die  Wolle  bei  der  neuesten  Wasch- 


538  Neuere  Wollwaschmaschinen, 

maschine  der  Firma  David  Smith  und  Co.  Lim.  in  Halifax  unterworfen, 
welche  Maschine  von  der  Firma  mit  Rücksicht  auf  den  Weg,  den  Wolle 
und  Waschtlüssigkeit  nehmen,  mit  dem  Namen  Niagara- Wollmaschine 
bezeichnet  wird.  Die  Einführung  der  Wolle  in  diese  in  Fig.  9  Taf.  30 
dargestellte  Maschine  erfolgt  mittels  der  Tatham'schcn  Zuführvorrichtung, 
in  der  Figur  rechts,  von  welcher  Vorrichtung  die  Wolle  auf  ein  end- 
loses Lattentuch  aufgelegt  wird.  Ueber  diesem  letzteren  ist  der  die 
Waschlauge  enthaltende  Behälter  angeordnet,  aus  dessen  gelochtem 
Boden  die  Waschflüssigkeit  auf  die  Wolle  herabfällt  und  dabei  die 
groben  Verunreinigungen  aus  dem  Material  ausspült,  welche  Verunreini- 
gungen durch  das  Lattenzuführtuch  und  den  falschen  Boden  hindurch 
sich  in  diesem  Theile  des  Hauptbehälters  ablagern.  Die  so  vorbehandelte 
Wolle  wird  dann  in  das  Bad  des  Hauptwaschtroges  eingetragen,  und 
durch  den  Umlauf  des  Wassers  weitergeführt,  wobei  sie  von  einer  An- 
zahl gelochter  Walzen  untergetaucht  wird.  Unter  diesen  Walzen  sind 
schwimmende  (in  der  Figur  nicht  dargestellte)  Walzen  gelagert,  welche 
durch  irgend  welche  Mittel  an  die  ersteren  angeprefst  erhalten  werden. 
Diese  Walzenpaare  wirken  in  bekannter  Weise  als  Quetschwalzen  auf 
die  Wolle  und  führen  dieselbe  schliefslich,  für  diese  erste  Behandlung; 
genügend  gereinigt,  nach  dem  Ausgange  des  Waschtroges.  Hier  fliefst 
die  Wolle,  wie  die  Figur  erkennen  läfst,  mit  der  Waschflüssigkeit  zu- 
sammen ab,  worauf  die  erstere  den  Quetschwalzen  überliefert  und  von 
diesen  dem  nächsten  Waschtroge  zugeführt  wird.  Die  Waschflüssigkeit 
dagegen  fliefst  einem  zweiten  Behälter  zu,  wird  in  diesem  filtrirt  und 
dann  mittels  der  gezeichneten  Rohrleitung  in  den  am  Anfange  der 
ganzen  Maschine  befindlichen  Behälter  mit  gelochtem  Boden  zurück- 
gepumpt. 

Die  Smith" sehe  Maschine  ist  somit  zufolge  Vermeidung  der  Gabeln 
sehr  einfach,  erfordert  wenig  Betriebskraft,  und  kann  die  Behandlung 
der  Wolle  eine  schonende  genannt  werden.  Wie  weit  die  Maschine 
den  Bedürfnissen  der  Praxis  entspricht,  kann  natürlich  nur  die  letztere 
entscheiden.  Unsere  englische  Quelle  {Text.  Manufacturer,  1890)  macht 
darüber,  wie  immer,  etwas  optimistisch  gehaltene  Angaben,  und  bemerkt, 
dafs  die  in  der  Maschine  gewaschenen  Proben  grofse  Reinheit  und  ganz 
unversehrten  Stapel  besessen,  und  sich  weich  angefühlt  hätten.  Die 
mittels  dieser  Maschine  bewirkte  Behandluugsweise  der  Wolle  läfst  sich 
auch  bei  vorhandenen  Maschinen  leicht  anwenden. 

Ueber  die  Wollwaschmaschiue  von  Walter  Cook  in  Liverpool  haben 
wir  bereits  in  D.  p.  J.  1888  267*532  berichtet.  Textile  Manufacturcr 
führt  dieselbe  seinen  Lesern  im  Maihefte  1890  vor,  aus  welcher  Dar- 
stellung als  neu  hervorgeht,  dafs  die  Maschine  von  der  Firma  John  Perry 
in  Shipley,  Yorkshire,  ausgeführt  wird.  Die  Maschine  dürfte  sich  somit 
als  für  die  Praxis  geeignet  erwiesen  haben. 

Die  neueste  Erscheinung  auf  dem  Gebiete  der  Wollwaschmaschinen 


Neuere  Wollwaschmaschinen.  539 

bildet  die  Maschine  von  A.  S.  und  F.  Ambler  in  Wilsden,  England,  bei 
welcher  die  Waschflüssigkeit  und  das  zu  behandelnde  Material  durch 
einen  engen  Kanal  geschwemmt  wird,  der,  um  häutiger  Strudelbewe- 
gungen zu  erzeugen,  als  Zickzackgang  mit  jähen  Abfällen  in  der  Wage- 
rechten verläuft,  und  nach  dessen  Passirung  das  gewaschene  Material 
dem  gewöhnlichen  Prefswalzenpaare  überliefert  wird  (D.R.P.  Nr.  52599 
vom  11.  Januar  1890). 

Fig.  10  Taf.  30  gibt  einen  Querschnitt  dieser  Maschine.  Die  zu 
waschenden  Fasern  werden  mittels  der  beiden  Transporttücher  ddx  oder 
von  Hand  in  den  Auffang  c{  eingeführt,  der  sich  nach  unten  in  einen 
lothrechten  Fallkanal  c  fortsetzt-  an  letzteren  schliefst  sich  in  ( wage- 
rechter Lage  der  Waschkanal  C  an.  Derselbe  verläuft  zickzackförmig 
derart,  dafs  er  immer  je  auf  einem  längeren  Theile  sanft  ansteigt  und 
dann  ziemlich  jäh  abfällt.  Dieser  Kanal  C  ist  mittels  Stangen  f  über 
dem  gleich  langen,  die  Waschflüssigkeit  enthaltenden  Troge  o  auf- 
gehängt. Aus  a  wird  die  Waschflüssigkeit  am  hinteren  Ende  bei  a{ 
mittels  einer  Pumpe  abgesaugt  und  durch  Rohr  6,  in  einen  hohen  Be- 
hälter b  gefördert 5  aus  letzterem  tritt  die  Flüssigkeit  oben  durch  einen 
Ueberlauf  in  einen  den  Auffang  cl  umgebenden  Behälter  über,  füllt  den- 
selben an  und  fällt  dann  von  allen  Seiten  in  den  Kanal  c  und  den  wage- 
rechten Kanal  C  ein,  wobei  sie  die  Fasern  mitreifst  und  zugleich  in  sich 
vertheilt.  Am  Austrittsende  bildet  der  Waschkanal  C  eine  wagerechte 
Strecke  c,  die  unmittelbar  vor  einem  Prefswalzenpaare  gg  endet;  kurz 
vor  dem  Ende  wird  der  gröfsere  Theil  der  Flüssigkeit  von  den  Walzen 
durch  das  mit  Hahn  versehene  Fallrohr  e  nach  dem  Bottiche  a  zurück- 
gedrückt. Das  Fallrohr  e  schliefst  sich  an  C  mit  einer  trichterförmigen 
Erweiterung  an,  in  welcher  ein  Sieb  zum  Auffangen  mitgerissenen  Faser- 
materials angeordnet  ist.  Der  Rest  des  von  den  Walzen  gg  aus  der 
Fasermasse  ausgeprefsten  Wassers  fällt  in  eine  Rinne  h  und  wird  von 
derselben  durch  das  Sieb  oder  den  Faserfang  hA  nach  o  zurückgeleitet. 
Von  den  Prefswalzen  wird  dann  das  Fasermaterial  mittels  einer  Trom- 
mel m  auf  einen  Haufen  oder  eine  weitere  Transportvorrichtung  aus- 
gelegt. 

An  der  Unterseite  der  vorderen  Abstürze  des  Kanales  C  werden 
zweckmäfsig  durch  Hähne  regelbare,  mit  Sieben  versehene  Ableitungen  ct 
bezieh,  f.,  nach  dem  Bottiche  a  angebracht,  um  einen  Theil  der  hier 
bereits  stark  verunreinigten  Waschflüssigkeit  nach  dem  Bottiche  zurück- 
fallen zu  lassen.  Ein  derartiger  Ablauf  kann  ferner  bei  c3  auf  der 
Oberseite  der  ansteigenden  Theile  angebracht  werden. 

Wie  der  Arbeitsgang  dieser  Waschmaschine  zeigt,  dürfte  dieselbe 
zum  Waschen  von  Thierhaaren  (Kuhhaaren,  Hundehaaren  u.  dgl.)  be- 
stimmt sein,  bei  denen  auf  die  Lagerung  der  Fasern  eine  Rücksicht  nicht 
genommen  zu  werden  braucht,  so  dafs  sie  für  die  Zwecke  der  Kamm- 
uud  Streichgarnspiunereien  nicht  brauchbar  erscheint. 


540  Neuere  Wollwaschmaschiuen. 

Im  Eingange  dieses  Berichtes  war  bereits  darauf  hingewiesen,  dafs 
aufser  dem  ebengenanntni  Behandeln  der  Wolle  im  Großbetriebe  im 
sogen.  Leviathan  noch  ein  zweiter  Weg  oft  betreten  worden  ist,  der 
Behandlung  der  Wolle  mittels  flüchtiger,  Fettsubstanzen  lösender  Mittel, 
wie  Schwefelkohlenstoff,  Äether  u.  dg!.,  ohne  indefs  bis  jetzt  zu  einem 
befriedigenden  Resultate  geführt  zu  haben.  Dieses  Ergebnifs  ist  zum 
grofsen  Theile  auf  die  Feuer-  und  Explosionsgefahr,  die  mit  diesem 
Verfahren  verbunden  ist,  zurückzuführen,  andererseits  auch  auf  den 
Mangel  eines  durch  lange  Praxis  erprobten  Apparates  und  auf  die  Neu- 
heit des  Verfahrens  selbst.  Andererseits  zeigt  das  Verfahren  indefs  auch 
wieder  wesentliche  Vortheile  gegenüber  der  Behandlung  im  Leviathan, 
so  die  Leichtigkeit,  mit  der  der  Waschprozefs  selbsthätig,  ohne  Ab- 
hängigkeit vom  Arbeiter,  erfolgen  kann,  und  die  Leichtigkeit,  mit  der 
Waschmittel  und  Waschproducte  wieder  gewonnen  werden  können. 
Ebenso  ist  der  Umstand  hervorzuheben,  dafs  der  Stapel  der  Wolle  ohne 
Schwierigkeit  erhalten  werden  kann.  Bezüglich  der  im  Laufe  der  Jahre 
vorgeschlagenen  Wege  und  Apparate  zur  Durchführung  dieses  Wasch- 
verfahrens sei  hier  auf  einen  Bericht  von  Prof.  J.  J.  Hummel  im  Journal 
of  the  Society  of  Dyers  and  Colourists,  1890,  hingewiesen. 

Das  Ende  dieser  Entwickelungsreihe  bildet  nuu  eine  Maschine  von 
G.  und  A.  Bnrnell  in  Hindmarch,  Südaustralien,  welche,  seit  etwa  einem 
Jahre  bekannt,  neuerdings  auch  in  England  zur  Ausführung  gelangt  ist, 
und  nun  aus  dem  Versuchsstadium  heraus  zu  sein  scheint.  Wir  geben 
diese  Maschine  in  Fig.  7  Taf.  29  in  einem  Querschnitte  (Engl.  Patent 
1888  Nr.  14039)  und  in  der  Textfig.  15  in  ihrer  neuesten  Ausführungs- 
form {Text.  Manufacturer,  Aprilheft  1990). 

Wie  Figur  zeigt,  besitzt  die  Maschine  in  ihrer  ersten  Ausführung 
zwei  schmiedeeiserne  V-förmige  Behälter  von  verschiedener  Gröfse  und 
solcher  Form,  dafs  sie  sich  den  in  ihnen  arbeitenden  Trommeln  a  und  b 
anpassen,  von  denen  die  gröfsere  einen  Durchmesser  von  lm  hat.  Um 
diese  letztere  herum  sind  16  kleine  Walzen  gelagert,  welche  durch 
Zahnräder  von  der  Haupttrommel  aus  getrieben  werden.  • 

Diese  Walzen  liegen  mit  Hilfe  von  Spiralfedern  elastisch  an  der 
grofsen  Trommel  an  und  können  sich  so  der  Stärke  der  zwischen  ihnen 
und  der  Haupttrommel  durchgehenden  Wolltheile  anpassen.  Am  Anfange 
dieser  Walzenkette  sind  unter  dem  Lattentuche  die  Einführcylinder 
gelagert,  während  am  Ende  eine  Reihe  Walzen  angeordnet  sind,  welche 
die  Wolle  dem  zweiten  V-förmigen  Behälter  zuführen.  Dieser  letztere 
ist  ganz  mit  Wasser  gefüllt,  während  der  erste  im  unteren  Theile 
Wasser,  im  oberen  dagegen  Benzin  enthält. 

Der  Arbeitsgang  dieser  Maschine  ist  danach  folgender.  Die  Wolle 
wird  vom  Zuführtische  aus  zwischen  die  Haupttronimel  und  die  kleinen 
Walzen  eingezogen  und  in  das  Benzin  eingetaucht.  Dabei  findet  ein 
abwechselndes  Ausquetschen  und  Aufgehen  der  Wolle  statt,  und  zwar 


Neuere  Wollwaschmaschinen. 


341 


entsprechet  der  Anzahl  der  Waken,  16 mal.  Der  entfernte  Schmutz 
u.  s.  w.  fällt  währenddem  in  dem  V-förmigen  Behälter  abwärts  und  durch 
das  dort  befindliche  Wasser  in  einen  Abzugskanal.  Hat  die  Wolle  nun 
die  16.  Walze  passirt,  so  wird  sie  mit  Hilfe  einer  hölzernen  und  zweier 
eiserner  Walzen  von  der  Haupttrommel  abgenommen  und  in  den  nach 


Fig.  15. 


dem  zweiten  Behälter  führenden  Walzenzug  eingeführt,  in  welchem 
Behälter  sie  einer  gleichen  Bearbeitung  wie  im  Hauptbehälter,  aber  nur 
in  reinem  warmen  Wasser  unterworfen  wird.  Da  hier  eine  derartig 
lange  Behandlung  wie  im  ersten  Behälter  nicht  mehr  nothwendig  er- 
scheint, sind  in  diesem  Behälter  nur  acht  Walzen  gelagert.  Von  hier 
wird  die  Wolle  in  ähnlicher  Weise  wie  im  ersten  Behälter  auf  ein  end- 
loses Tuch  ausgelegt. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Flüchtigkeit  des  Benzins  ist  die  ganze  Ma- 
schine entsprechend  dicht  eingeschlossen,  und  werden  die  sich  bildenden 
Dämpfe  abgeleitet  und  wieder  condensirt. 

Demgegenüber  zeigt  nun  die  in  der  Textfigur  dargestellte  Maschine 
mannigfache  Abänderungen,  welche  einerseits  constructiver  Natur  sind, 
indem  die  Maschine  möglichst  vereinfacht  und  leicht  zugänglich  gemacht 
ist,  und  welche  andererseits  den  Arbeitsgang  betreffen.  Zu  der  ersteren 
Art  gehört  noch  die  leichte  Auswechselbarkeit  von  Theilen  und  das 
Einsetzen  vuu  Glasplatten,  um  das  Arbeiten  der  Maschine  prüfen  zu 
können.   Wichtiger  sind  die  Abänderungen  der  zweiten  Art.    Während 


542  Silverlock's  Bronzirmaschine. 

früher  nur  im  ersten  Behälter  ein  Waschen  mit  Benzin  stattfand,  sind 
jetzt  beide  Behälter  mit  Benzin  gefüllt,  das,  gemäfs  dem  Gegenstrom- 
prinzip, vom  kleineren  Behälter  naeh  dem  gröfsereu  überströmt,  so  dafs 
die  reinste  Wolle  mit  dem  frischen  Benzin  und  die  schmutzigste  Wolle 
mit  dem  am  meisten  mit  Schmutz  u.  dgl.  gesättigten  Benzin  zusammen- 
tritt. Das  Ben/in  macht  dabei  eine  Art  Kreisprozefs  durch,  indem  es 
vom  grofsen  Behältereinem  Reinigungs-  (Abdampf-)  Apparate  zugeleitet 
und  später  dem  kleinen  Behälter  wieder  zugeführt  wird. 

Eine   anderweitige   Abänderuno;   liest  in   der   Hinzufüsjuns:    zweier 

O  O  CT  O 

weiterer  Behälter,  mit  entsprechendem  Walzensatze,  so  dafs  die  erstere 
einfachere  Bauart  sich  nicht  bewährt  zu  haben  scheint.  Der  erste 
dieser  neu  hinzugefügten  Behälter  enthält  eine  Kaliseifenlösung  zur  Be- 
seitigung der  letzten  Sehmutzreste  und  der  zweite  reines  warmes  Wasser 
zur  letzten  Spülung  der  Wolle.  Dieser  letztere  Behälter  ist  unbedeckt. 
In  dieser  durch  die  Texttig.  15  veranschaulichten  Ausführungsform 
halten  G.  und  A.  Burneä  ihre  Maschine  für  wenig  abänderungsbedürftig; 
wie  weit  das  zutrifft,  mufs  natürlich  die  Praxis  entscheiden.  Nach  der 
genannten  Quelle  soll  das  Ergebnifs  betreffs  des  Aussehens  der  Wolle 
und  der  Erhaltung  des  Stapels  ein  völlig  befriedigendes  sein,  bei  einer 
Quantität  von  etwa  120  Fliefse  in  der  Stunde.  Sehr  erwünscht  wären 
indefs  auch  Angaben  über  die  Kosten  des  Betriebes.  Vielleicht  ist  es 
dieser  Maschine,  deren  Ausführung  die  Firma  Puller,  Tike.  and  Gill  in 
Leeds  übernommen  haben,  beschieden,  die  Frage  des  Waschens  der 
Wolle  mittels  flüchtiger,  fettlösender  Substanzen  zu  lösen  bezieh,  ihrer 
Lösung  näher  zu  führen.  An. 


Bronzirmaschine  von  William  Brewer  Silverlock,  Surrey. 

Mit  Abbildungen  nur  Tafel  2S. 

Die  in  den  Fig.  1  und  2  in  zwei  Ausführungsformen  wiedergegebene 
Bronzirmaschine  ist  mit  einer  Vorrichtung  ausgestattet,  welche  die  über- 
flüssige Bronze  von  dem  Papier  u.  s.  w.  entfernen  und  in  einen  Be- 
hälter streichen  soll,  der  nicht  wie  bisher  aufserhalb  des  das  zu  bron- 
zirende  Papier  aufnehmenden  Trägers,  welcher  eine  Trommel,  wie 
Fig.  1  zeigt,  oder  eine  endlose  Bahn  (Fig.  2)  sein  kann,  sondern  inner- 
halb desselben  angeordnet  ist. 

Das  Abstreichen  des  Bronzepulvers  erfolgt  mit  Hilfe  eines  Streich- 
kissens //.  welches  über  dem  mit  Greifern  ausgestatteten,  gleichmäfsig 
rotirenden  C\  linder  a  oder  endlosen  Tuch  p  derart  angeordnet  ist,  dafs 
das  von  dem  Arbeiter  zugeführte  und  von  der  Streuvorrichtung  m 
mit  Bronze  versehene  Papier  unter  demselben  hinweg  gehen  mufs. 

Der  die  Bronze  aufnehmende  Behälter  kann  verschiedenartig  aus- 
geführt  sein.     Nach  Fig.  1  wird   derselbe   aus   einer  Mulde  il   gebildet, 


Neuere  Blechbiegemaschinen.  543 

welche  von  Armen  getragen  wird,  die  im  Inneren  des  Cy linders  o  auf 
dessen  Achse  b  drehbar  angeordnet  und  durch  Gewichte  g  derart  loth- 
recht  gehalten  werden,  dafs  der  Behälter  d  stets  seine  höchste  Lage 
einnimmt.  Der  letztere  schleift  mit  Hilfe  zweier  Dichtungsstücke  s  am 
inneren  Umfang  des  Cylinders,  der  an  einer  Stelle  mit  einem  parallel 
zur  Achse  b  verlaufenden  Ausschnitt  c  versehen  ist.  Dieser  Ausschnitt 
wird  von  dem  zu  bronzirenden  Papier  nicht  bedeckt  und  durch  ihn 
streicht  die  Bürste  «,  wie  Fig.  1  erkennen  läfst,  die  auf  dem  Papier  vor 
sich  hergeschobene  Bronze  in  den  Behälter  rf,  sobald  der  Ausschnitt  über 
ihn  zu  stehen  kommt.  Bei  Weiterdrehung  der  Trommel  erfolgt  dann 
der  Abschlufs  des  Behälters  d  durch  die  Trommel  selbst. 

Ganz  ähnlich  der  vorbeschriebenen  Einrichtung  ist  die  in  Fig.  2 
wiedergegebene.  Der  Behälter  d  ist  fest  angeordnet  und  die  Bürste  n 
streicht,  sobald  die  Aussparung  c  des  Transporttuches  über  denselben 
angekommen  ist,  die  Bronze  in  diesen  Behälter. 

Um  den  Umfang  der  Trommel  für  kleine  Papierbogen  besser  aus- 
nützen zu  können,  können  im  Inneren  der  Trommel  auf  einem  besonderen 
Armkreuz,  das  auf  der  Achse  b  festsitzt,  eine  Anzahl  kleiner  Cylinder 
drehbar  angeordnet  sein,  deren  jeder  eine  längs  der  Achse  verlaufende 
Aussparung  hat,  mit  der  er  in  eine  Aussparung  c  des  grofsen  Cylinders 
eintritt,  sobald  er  im  Scheitelpunkt  des  letzteren  steht.  Die  kleinen  die 
Bronze  aufnehmenden  Cylinder  sind  pendelnd  aufgehangen  und  ihr  Boden 
ist  beschwert,  so  dafs  ihre  Oeffnung  stets  nach  oben  gerichtet  ist. 

Die  Mulde  d  kann  auch  aus  dem  Cylindermantel  selbst  gebildet 
werden  und  wird  dann  durch  einen  besonders  bewegten  Schieber  ge- 
schlossen, der  sich  öffnet,  sobald  die  Oeffnung  c  behufs  Aufnahme  der 
Bronze  vor  der  Bürste  steht,  und  zweitens,  sobald  die  Mulde  d  ihren 
tiefsten  Punkt  erreicht  hat,  um  entleert  zu  werden. 

Die  Walzen  t  verreiben  die  Bronze,  die  Walzen  i{  dagegen  reinigen. 
Beide  geben  die  ihnen  anhaftende  Bronze  in  die  Behälter  /  ab. 

H.  GL 


Neuere  Blechbiegemaschinen, 

Mit  Abbildungen  im  Texte  und  auf  Tafel  28. 

Das  Biegen  der  rothwarm  gemachten  Kesselbleche  erfolgt  mittels 
Walzen,  welche  das  zwischen  dieselben  eingeführte  Blech  unter  Druck- 
äufserung  abbiegen  und  zugleich  fortschieben,  ferner  mittels  Formpressen, 
wobei  das  Biegen  der  warmen  bezieh,  kalten  Bleche  streifenweise  oder 
auf  einmal  vorgenommen  wird. 

Bei  den  Blechbiegewalzmaschinen  wird  der  Biegevorgaug  nicht  auf 
einmal  durchgeführt,  sondern  bei  allmählicher  Drucksteigerung  bis  zur 
Fertigstellung  des  Kesselschlufsblecb.es  öfters  wiederholt,  einestheils  um 
den  Fortgang  der  Formänderung  besser  verfolgen  zu  können,  als  auch 


".  1  1  feuere  Blechbiegemaschiiii-n. 

um  eine  zu  starke  Beanspruchung  der  Druck-  und  Triebwerke  zu 
vermeiden. 

Da  aber  diese  Wiederholungen  nicht  unbedeutende  Zeitverluste 
bedingen,  das  zu  walzende  Blech  währenddel's  erkaltet  und  dadurch 
dem  Abbiegen  gröfseren  Widerstand  entgegenstellt,  auch  bei  fort- 
schreitender Krümmung  des  Kesselhleches  die  Hebelarme  der  Druck- 
kräfte immer  kleiner  werden,  so  sind  alle  diejenigen  Einrichtungen  zu 
empfehlen,  durch  welche  die  Nachstellung  der  Druckwalze  erleichtert 
und  beschleunigt  wird. 

Bei  gröfseren  Blechbiegemaschinen  wird  daher  die  Lagereinstellung 
der  Biegewalze  mittels  Kraft  he  trieb  rasch  durchgeführt  und  der  Ma- 
schinenführer möglichst  in  die  verlängerte  Mittelachse  der  Maschine 
aufgestellt,  so  dafs  er  weit  abseits,  und  daher  vor  der  strahlenden  Hitze 
geschützt,  den  Arbeitsverlauf  gut  verfolgen  und  dementsprechend  die 
Steuerung  der  Maschine  besorgen  kann. 

Werden  geschlossene  Kesselringe  gerollt,  so  mufs  selbstverständlich 
einer  der  beiden  Lagerkörper  abgehoben  und  die  im  Rohr  befindliche 
Walze  nach  einer  Seite  freigelegt  werden,  um  das  so  gebildete  Kessel- 
rohr herausziehen  zu  können.  Auch  diese  Arbeit  wird  zu  erleichtern 
gesucht,  indem  dieses  Walzenlager  zum  Kippen  eingerichtet  wird  und 
nur  die  Lagerschale  ausgehoben  zu  werden  braucht. 

Weil  aber  bei  dieser  Einrichtung  eine  Schräglage  der  Walze  un- 
vermeidlich ist,  so  mufs  das  andere  Walzenzapfenlager  gelenkig  aus- 
geführt sein.  Damit  gewinnt  man  aber  den  Vortheil,  nicht  nur  cylin- 
drische,  sondern  auch  kegelförmige  Rohre  bequem  rollen  zu  können, 
sobald  die  Verstellung  der  Lager  unabhängig  von  einander  durchführbar 
ist.  Es  mufs  daher  bei  der  Steuerung  mittels  Kraftbetrieb  eine  selb- 
ständige Aus-  und  Einrückung  des  Triebwerkes  jedes  einzelnen  Druck- 
lagers vom  Standplatz  des  Maschinenführers  aus  vorgesehen  sein* 

Je  nach  Lage,  Wirkungsweise  und  Anzahl  der  Walzen  unter- 
scheidet man  Biegewalzmaschinen:  mit  zwei  getriebenen  Stützwalzen 
und  einer  leerlaufenden  stellbaren  oberen  Druckwalze,  welche  auf  der 
inneren  Hohlfläche  des  Blechrohres  wirkt;  Maschinen  mit  zwei  über 
einander  gestellten  Klemmwalzen,  welche  das  Blech  gegen  eine  oder 
zwei  Biegewalzen  führen,  an  welche  sich  die  Aufsenseite  des  Blech- 
rohres legt;  und  sogen.  Blechspannmaschinen  mit  drei  gleichmäfsig  ge- 
triebenen Stützwalzen  und  vier  oberen  Druckwalzen. 

Gewöhnlich  sind  die  Walzen  wagerecht  gelagert,  nur  von  Einzelnen 
(Scriven)  ist  die  stehende  Lage  gewählt. 

Zum  Anbiegen  der  Ränder  an  Kesselböden,  sowie  der  Flanschen 
an  geschweifsten  Flammrohren  werden  in  neuerer  Zeit  auch  Biege- 
maschinen mit  kurzen  Walzen  gebraucht 

Mächtige  Blechpressen  mit  Wasserdruckbetrieb,  in  wagerechter 
und   lothrechter  Anordnung    mit   entsprechenden  Formplatten,   sind  bei 


Neuere  Blechbiegemaschinen.  545 

grofsen  Brüekenbauten  (Forthbriicke),  auf  Schiffswerften  und  Kessel- 
schmieden in  neuerer  Zeit  mehrfach  benutzt,  sowie  zur  Herstellung  vou 
gewellten  Feuerrohren  auch  Wasserdruckpressen,  welche  den  bekannten 
standfesten  Nietmaschinen  ähnlich  sind,  Verwendung  finden.1 

Doty's  Blechbiegemaschine  (Fig.  1). 
Diese  von  der  Neio  Doty  Manufacturing  Co.  in  Janesville,  Wisconsin, 
Amerika,  gebaute  Maschine  hat  nach  Iron,  1890  vom  7.  Februar *S.  113, 
zwei  Klemm  walzen,  von  denen  die  obere  beständig  getrieben  wird, 
während  die  untere  bei  jedem  Blechdurchgang  allemal  zuerst  nur  eine 
halbe  Umdrehung  durch  das  Triebwerk  gezwungen  macht,  um  dadurch 


den  Einzug  des  Bleches  zu  sichern.  Nach  Vollendung  dieser  halben 
Umdrehung  wird  vermöge  einer  Ausrückkuppelung  das  Triebwerk  dieser 
unteren  Klemmwalze  abgestellt,  so  dafs  dieselbe  freidrehend  geworden, 
vom  durchgeführten  Blech  mitgenommen  wird.  Hierdurch  wird  ein 
Gleiten  vermieden,  welches  durch  den  Unterschied  der  Abwickelungs- 
strecken der  inneren  Hohlfläche  und  der  äufseren  Mantelseite  des 
Blechrohres  gegeben  ist.  Die  Lager  der  unteren  Klemmwalze  sind  der 
Blechstärke  entsprechend  stellbar  eingerichtet,  während  die  obere  Klemm- 

1  Ueber  Blechbiegemaschinen  vgl.  A.  Bachmann  Blechrollmaschine  für  Galloway- 
Siederohre.  Mourailles  hydraulische  Blechpresse  1881  240  *  158.  Scricen  Blech- 
biegemaschine  mit  drei  stehenden  Walzen  1882  245  519.  Fielding  und  Platt 
hydraulische  Biegemaschine  1882  246  *  361.  Thyssen  und  Bachmeyer  Well- 
blechpresse 1883  247  139.  WiUhoft  und  C.  Schulze  Blechbiegemaschine  1883 
248*60.  Ilowaldt  Plattenbiegemaschine  für  Schiffbau  1883  249*247.  Kesseler 
Wellblechbiegemaschine  1883  250  *  59.  «7.  Bach  Blcchspann-  und  Richtmaschine 
1885  255  *  18.  Eckardts  Biegemaschine  1885  25«  *  210.  Scriren  und  Tweedy 
Rieht- und  Biegemaschine  188b'  2«0  *  303,  572.  Ettringham  hydraulische  Presse 
1887  265*481.  J.  0.  Brien  Ränderbiegemaschine  für  Kesselböden  1887  266 
*  149.  G.  Booth  Biegemaschine  für  Flammrohrllanschen  1887  26«  *  582.  Blech- 
biegepresse mit  Druckwasserbetrieb  bei  der  Forthbriicke  1888  269  *  242. 
Holmes  hydraulische  Presse  für  gewellte  Feuerrohre  1889  274  *  480.  Hilles  und 
Jones  Blechbiegemaschine  1889  274*150. 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.12.  1890/111.  35 


54G 


Neuere  Blechbiegemaschiinn. 


walze  eine  feststehende  Achslage  beibehält.  Um  beim  Biegen  ge- 
schlossener Kesselringe  die  eine  Walzenseite  freizulegen,  wird  der  im 
Lagerständer  eingeschobene  Lagerkopf  vollständig  entfernt. 

In  den  zur  lothrechten  Achsenebene  der  Klemmwalzen  parallel 
liegenden  Schlitzl'ührungen  der  beiden  Ständer  ist  die  seitlich  vorliegende 
Biegewalze  stellbar,  indem  die  Lagerstützspindeln  mittels  Hand-  und 
Winkelräder  bethätigt  werden,  während  bei  stärkeren  Maschinen 
Sclineckentriebwerke  vorgesehen  sind. 

Der  Betrieb  der  oberen  Klemmwalze  erfolgt  durch  Vermittelung 
zweier  Radsätze  von  einem  offenen  und  einem  geschränkten  Riemen, 
welche  abwechselnd  auf  die  mittlere  Festscheibe  verlegt  werden.  Die 
Uebertragung  der  Betriebskraft  auf  die  untere  Klemmwalze  wird  in 
Verbindung  mit  einer  auslösenden  Zahnkuppelung  durch  zwei  Getriebe 
besorgt  und  zwar  nur  während  der  Dauer  einer  halben  Walzenumdrehung. 


Hilles  und  Jones1  Blechbiegemaschine  (Fig.  2). 

Die  Herstellung  geschlossener  Kesselringe  wird  durch  die  von  The 
Hilles  and  Jones  Co.  in  Wilmington,  Delaware,  gebaute  Blechbiege- 
maschine  ganz    besonders   erleichtert.     Nach  American  Machinist,    1890 


Bd.  13  Nr.  12  *  S.  2,  besitzt  diese  Maschine  zwei  getriebene  Stützwalzen 
und  eine  freilaufende  Oberwalze,  deren  Zapfenverlängerung  als  Hebel- 
Btütze  dient,  sobald  das  Kipplager  herabgedreht  bezieh,  die  Oberschale 
entfernt  und  der  vordere  Walzenzapfen  freigelegt  ist. 

Die   Lagerkörper,  für  die  Oberwalze   laufen   in  starke   Schrauben- 


Neuere  Blechbiegemaschinen. 


547 


spindein  aus,  welche  in  die  Mutterräder  eingreifen,  die  an  jedem  Ständer- 
fufse  liegen  und  welche  gleichzeitig  von  der  gemeinschaftlichen  Schnecken- 
welle betrieben  werden.  Um  beim  Rollen  kegelförmiger  Ringe  eine 
entsprechende  Schräglage  der  Oberwalze  zu  erzielen,  braucht  blofs  die 
am  Mittelständer  angebrachte  Wellenkuppelung  zeitweilig  gelöst  und 
bei  fester  Einstellung  des  Kipplagers  das  Mittellager  in  entsprechender 
Weise  gesenkt  zu  werden. 

Sämmtliche  Einstellungen  der  Oberwalze  werden  mit  einem  selb- 
ständigen Riementriebwerk  durchgeführt,  welches  durch  Vermittelung 
einer  doppelseitigen  Reibungskuppelung  bekannter  Bauart  auf  die 
Walzenlager  einwirkt.  Ein  gleiches,  aber  stärker  ausgeführtes  Riemen- 
werk treibt  die  beiden  unteren  schmiedeeisernen  Stützwalzen,  deren 
Getriebe  aus  Stahlgufs  gefertigt  sind.  Beide  Walzenständer  sowie  die 
Wellenlager  des  Triebwerkes  liegen  auf  einer  gemeinschaftlichen  Bett- 
platte, so  dafs  hierdurch  eine  genaue  Walzenführung  gesichert  wird. 

Niles"  Blechbiegewalzwerk  (Fig.  3). 
Zum   Biegen  38mm   starker   und  4876mm  (16')  breiter  Schiffsbleche 
ist  dieses  von  Niles  Tool  Works,  Hamilton,  Ohio,  für  die  Norfolk  Schiffs- 
werft   gelieferte   Blechbiegewerk   von  lOO1  Gesammtgewicht   bestimmt. 


Dasselbe  besitzt  nach  American  Machinist,  1889  Bd.  12  Nr.  32  *  S.  1, 
vier  Walzen  aus  Schmiedeeisen,  von  welchen  die  beiden  mittleren,  die 
genau  über  einander  liegen,  das  eingeklemmte  Blech  fortschieben  und 
deshalb  angetrieben  werden  müssen,  während  die  beiden  äufseren  in 
ihren  stellbaren  Lagern  lose  umlaufen. 

Weil  aber  Schiffsbekleidungsbleche  in  der  Regel  schräg  gewalzt 
bezieh,  gebogen  werden,  so  ist  durch  Einschaltung  von  ausrückbaren 
Zahnkuppelungen  und  durch  Antrieb  dieser  Lagerstellwerke  von  der 
Mitte  aus   Vorkehrung  getroffen,  die  einzelnen  Lager  der  Biegewalzen 


548  Neuere  Blechbiegemaschinen. 

beliebig  und  unabhängig  von  einander  einzustellen,  wozu  eine  Zwillings- 
dampfmaeohine  dient,  während  eine  gröfsere  Zwillingsmasehine  die 
mittleren  Klemmwalzen  treibt,  von  denen  die  untere  in  stellbaren  Lagern 
läuft.  Die  ganze  Maechinenanlage  ist  auf  eine  starre  Bettplatte  aufgebaut. 
\  un  den  Nile»  Tool  Works  soll  in  näehster  Zeit  noch  eine  gewal- 
tigere Blechbiegemaschine,  von  2001  Gewicht,  geliefert  werden,  bei  der 
eine  der  beiden  Mittelwalzen  813mm  Durchmesser  bei  6700mm  Länge 
und  35l  Gewicht  besitzt. 

Ellrinyham's  Blechbiegepresse  (Fig.  4  bis  6  Taf.  28). 

Mit  dieser  bei  Fielding  und  Platt  in  Gloucester  gebauten  Biege- 
maschine werden  Bleche  streifenweise  im  kalten  Zustande  gebogen, 
wobei  Druckwasser  als  Betriebskraftmittel  angewendet  wird. 

Diese  nach  Industries,  1889  Bd.  7  Nr.  28,  abgebildete  Maschine  bildet 
mit  den  Standsäulen  J,  2?,  der  Grundplatte  C  und  dem  Kopf  balken  D 
einen  starren  Rahmen,  in  welchem  ein  beweglicher  Formbalken  F  parallel 
zu  den  Ständern  A,  B  auf  Rollen  laufend  sich  verschieben  läfst. 

Diese  Parallelverschiebung  wird  durch  Vermittelung  eines  Hänge- 
rahmens ff,  welcher  an  dem  Kolben  des  an  A  angeschraubten  Druck- 
wassercylinders  H  angelenkt  ist,  in  der  Weise  durchgeführt,  dafs  die 
in  den  Rahmenenden  betindlichen  Rollen  MN  an  zwei  Keilbahnen  E 
des  Ständers  A  und  zugleich  an  die  lothrecht  stehenden  Bahnen  G  des 
Formbalkens  F  sich  stützen.  Um  die  Rollenzapfen  zu  entlasten,  be- 
rühren sieh  die  Rollenpaare  MM  bezieh.  NN  an  ihren  Umfangen. 
Eine  Erhebung  dieses  Hängerahmens  ff  bedingt  demnach  eine  ver- 
hältnifsmäfsige  Verschiebung  des  Formbalkens  F  gegen  den  entsprechend 
geformten  Seitenständer  B. 

Nach  beendeter  Druckwirkung  wird  der  Formbalken  F  durch  das 
an  der  Rückseite  des  Ständers  A  vorgesehene  Druckkolbenwerk  O 
mittels  Zugstangen  zurückgestellt,  während  der  Hängerahmen  ff  durch 
sein  Eigengewicht  den  Kraftkolben  H  so  weit  niedertreibt,  als  die  zur 
Wassere rsparnifs  eingerichtete  Hubbegrenzung  es  zuläfst.  Hierauf  wird 
das  auf  Rollen  Q  hochkantig  sich  stutzende  Blech  P  um  600mm  fort- 
geschoben und  der  folgende  Streifen  fortlaufend  angebogen.  Zur  Er- 
leichterung  dieser  Ihmtirungen  dienen  die  am  Kopfbalken  D  ange- 
schlossenen Rollenzüge  B  und  S. 

Bei  dieser  raumsparenden  Maschine  ist  eine  Ueberanstrengung  der 
arbeitenden  Theile  ;i  iisgeschlossen,  sowie  mit  dieser  Maschine  ein  fester 
und  gleichmäfsiger  Anschlufs  der  Nahtränder  der  Bleche  ermöglicht  wird. 

Davis    Bänderbiegemasc/iinc  für  Kes$elböden  (Fig.  7). 
Nach  American  Machiniii .  1890  Bd.  13  Nr.  9*S.  1,  besteht  diese, 
vuii   J.  H.  Dan»  und  So/m  in    Hartford,   Connecticut,   gebaute   Ränder- 
biegemaschine   für   Kesselböden    von    9G5  bis  2438"1U1  Durchmesser    aus 


Gebr.  Crossley's  neuer  Regulator  l'ür  Gasmaschinen. 


549 


einem  Drehtisch  mit  entsprechender  Formplatte  und  einer  Druckscheibe, 
mit  welcher  das  erhitzte  Bodenblech  auf  die  kreisende  Formplatte  ge- 
klemmt wird.  Diese  Druckscheibe  wird  durch  eine  stehende  Handrad- 
spindel gehoben   bezieh,  niedergeprefst,   welche  in  einem  aus  C-Eisen 


zusammengesetzten  Gerüstbalken  sitzt,  welcher  als  Standplatz  für  einen 
der  Arbeiter  dient.  Auf  den  beiden,  an  das  Mittelstück  angeschlossenen 
Wangen  verschieben  sich  die  Supportschlitten  mit  den  Biegewalzen, 
und  zwar  befindet  sich  auf  der  einen  Wange  der  Schlitten  mit  der  im 
Winkel  stellbaren  Biegewalze  und  auf  der  anderen  Wange  die  Form- 
walze zum  Fertigmachen  des  Randbordes.  Beide  Rollenschlitten  werden 
durch  Handradspindeln  an  den  Kesselbodenrand  angestellt,  während 
dessen  der  letztere  ununterbrochen  durch  ein  seitliches  Triebwerk  in 
Drehung  versetzt  wird.  Pr. 


Neuer  Regulator  für  Gasmaschinen  von  Gebr.  Crossley. 

Mit  Abbildung  auf  Tafel  28. 

Dieser  auf  der  vorjährigen  Ausstellung  in  Paris  an  einer  von  der 
englischen  Firma  Crossley  und  Co.  in  Manchester  erbauten  Gasmaschine 
angebrachte  Regulator  verdient  wegen  seiner  einfachen  und  sinnreichen 
Construction  Erwähnung. 

Wie  Revue  industrielle,  1890  *  S.  113,  berichtet,  besteht  derselbe 
aus  dem  auf  der  Welle  F  (Fig.  3  Taf.  28)  befestigten  Daumen  £",  wel- 
cher bei  seiner  Drehbewegung  eine   an    dem   oberen  Ende   des  um  D{ 


."i.'.n  Gebr.  Crossley's  neuer  Regulainr  für  Gasmaschinen. 

schwingenden  Hebels  D  sitzende  Rolle  trifft  und  dadurch  sowohl  das 
Oeffnen  des  Gaseinströmveutiles  #,  als  auch  dasjenige  des  zur  Ein- 
führung des  Gasgemisches  in  den  Cylinder  dienenden  Ventiles  A  ver- 
anlagt. Um  letzteres  zu  ermöglichen,  ist  am  Hebel  D  ein  Bolzen  be- 
festigt, welcher  bei  der  auf  und  nieder  steigenden  Bewegung  des  ersteren 
mit  der  nach  aufsen  verlängerten  Spindel  des  Ventiles  A  zusammen- 
trifft, so  dafs  dasselbe  entweder  gehoben  oder  unter  Mitwirkung  einer 
aufsen  liegenden  Feder  wieder  auf  seinen  Sitz  zurückgeführt  wird;  die 
constante  Berührung  der  am  Hebel  D  sitzenden  Rolle  mit  dem  Daumen  E 
sichert  eine  angebrachte  Feder. 

Das  Gaseinströmventil  B  wird  ebenfalls  durch  eine  Feder  auf  seinem 
Sitz  gehalten  und  verläfst  diesen,  sobald  eine  Stahlklinge  M  sich  gegen 
die  am  unteren  Ende  der  Ventilspindel  L  angefeilten  Vorsprünge  legt, 
wobei  eine  etwaige  Drehung  der  Spindel  durch  die  sich  gegen  eine 
Abflachung  derselben  legende  Schraube  K  verhütet  wird. 

Am  äufsersten  Ende  des  Hebels  D  ist  bei  0  der  mit  Gegengewicht 
versehene,  — J-förmig  gestaltete  Pendelregulator  NN  drehbar  befestigt, 
und  hinter  dieser  Befestigungsstelle  ist  der  Hebel  D  winkelförmig  nach 
aufsen  gebogen,  so  dafs  er  mit  dem  senkrechten  Arme  N^  des  Pendel- 
regulators zusammentrifft.  Die  wagerechte  Lage  des  letzteren  wird 
durch  die  Spannkraft  einer  Feder  erhalten,  welche  über  dem,  am 
winkelförmigen  Ansätze  des  Hebels  D  befestigten  Bolzen  P  liegt  und 
mit  ihrem  einen  Ende  gegen  den  unteren  Theil  von  iVj,  mit  dem  anderen 
gegen  eine  auf  P  geschraubte  Mutter  drückt.  Arbeitet  der  Motor  mit 
einer  normalen  Geschwindigkeit,  so  findet  bei  der  jedesmaligen  Um- 
drehung der  Daumenwelle  durch  die  aufsteigende  Stahlklinge  M  auch 
ein  Mitnehmen  der  Ventilspindel  L  und  damit  das  Oeffnen  des  Einström- 
ventiles B  statt;  wächst  jedoch  in  Folge  Verminderung  von  "Wider- 
ständen die  Geschwindigkeit  des  Motors,  so  beeinflufst  der  Pendel- 
regulator das  Ventil  derartig,  dafs  dasselbe  sich  nur  kurze  Zeit  oder 
überhaupt  nicht  mehr  öffnet.  Sobald  nämlich  die  Bewegungen  des 
Hebels  D  sich  schneller  vollführen,  bleibt  der  Pendelregulator  beim 
Emporgehen  relativ  gegen  0  zurück,  und  hierdurch  dreht  sich  die 
Stahlklinge  JJf ,  so  dafs  sie  bei  nur  geringer  Geschwindigkeitszunahme 
mit  einem  zweiten  Vorsprunge  der  Spindel,  beim  Ausschalten  gröfserer 
Widerstände  jedoch  nicht  mehr  mit  derselben  zusammentrifft.  Im 
ersteren  Falle  erfolgt  noch  ein  kurzes  Oeffnen  des  Ventiles,  im  letzteren 
ein  solches  überhaupt  nicht  mehr,  und  die  Explosionen  fallen  so  lange 
aus,  bis  die  normale  Geschwindigkeit  wieder  annähernd  erreicht  ist. 

Durch  Drehung  der  auf  der  Stange  P  sitzenden  Schraubenmutter 
läfst  sich  die  Federspannung  und  damit  die  Geschwindigkeit  des  Motors 
innerhalb  weiter  Grenzen  feststellen.  Fr. 


Materialprüfungen  an  fertigen  Constructionstheilen.  551 

Materialprüfungen  an  fertigen  Constructionstheilen. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  28. 

Bemerkenswerth  sind  die  Festigkeitsversuche,  welchen  Kolben  und 
Cylindertheile  des  von  der  Socie'te  Cockerill  in  Seraing  für  die  Hebe- 
schleufse  von  La  Louviere  im  Canal  du  Centre,  Belgien,  gelieferten 
Druckwerkes  vorher  unterzogen  wurden. 

Nach  Stahl  und  Eisen,  1890  Nr.  1  *  S.  38,  beträgt  der  Höhenunter- 
schied der  Wasserspiegel  bei  dieser  Hebeschleufse  15m,396,  während 
jede  der  beiden  Schleufsenkammern  von  43m  Länge  bei  5m,8  Breite  von 
einem  Prefskolben  von  2m  Durchmesser  getragen  wird. 

Die  beiden  Prefscylinder  sind  durch  Rohrleitungen  verbunden,  der- 
art, dafs  nach  dem  Grundsatze  communicirender  Gefäfse  die  nieder- 
gehende Schleufsenkammer  eine  Mehrbelastung  besitzen  mufs,  die  durch 
eine  stärkere  Wasserfüllung  bezieh,  höheren  Wasserstand  in  der  Kammer 
erhalten  wird. 

Dem  normalen  Wasserstande  von  2m,4  in  den  Kanalhaltungen  ent- 
sprechend, wird  der  steigenden  Kammer  eine  Füllung  von  2,4 —  0,3 
=  2,lm  Höhe,  der  niedergehenden  eine  solche  von  2,4  -f  0,3  =  2,7m  ge- 
geben, während  davon  75l  Uebergewicht  zur  Ueberwindung  der  Kolben- 
reibung gerechnet  werden. 

Die  Durchführung  dieser  Kolbenbewegung  wird  durch  einen  in  die 
Rohrleitung  eingeschalteten  Schieber  derart  selbsthätig  geregelt,  dafs 
eine  Kolbengeschwindigkeit  von  0,07m/sec.  eingehalten  wird. 

Die  vom  Kolben  der  niedergehenden  Kammer  zu  tragende  Wasser- 
last beträgt  43.5,8.2,7  =  673,4l  und  mit  Einrechnung  des  Eigengewichtes 
der  Schleufsenkammer  insgesammt  10501.  Dies  entspricht  nach  Abrech- 
nung von  1/2.75  =  37,5t  für  Reibung  des  niedergehenden  Kolbens  einer 
Triebkraft  von  1012l,5,  welche  eine  Wasserpressung  von  (1012500:31416 
=  32,2k/qC)  oder  32at,2  hervorruft,  während  der  Probedruck  für  die  Prefs- 
cylinder auf  40at  vorgeschrieben  ist. 

Jeder  Kolben  (Fig.  7)  besteht  aus  einem  halbkugelförmigen  Boden- 
stück mit  Mannlochdeckel,  aus  einem  Kopfstück  mit  4  zu  4m  messender 
quadratischer  Abschlufsplatte  und  aus  acht  cylindrischen  Mittelstücken 
von  75mm  Wandstärke  und  2130mm  Baulänge.  Zur  Abdichtung  der  in- 
neren Verbindungsflanschen  ist  Kupfer  verwendet,  welches  in  schwalben- 
schwaozförmige  Nuthen  eingeprefst  wird.  Die  Gesammtlänge  eines 
Kolbens  beträgt  I9m,45  bei  200cm  Durchmesser  im  cylindrischen  Theil. 

Der  Prefscylinder  ist  ebenfalls  aus  Gufseisen  und  besteht  aus  9  Stück 
2m  langen  Theilen  von  204cm  innerem  Durchmesser  und  100mm  Wand- 
stärke, welche  ihrer  ganzen  Länge  nach  mit  50mm  starken  und  152mm 
hohen  warm  aufgezogenen  Stahlringen  verstärkt  sind.  Die  Endringe 
jedes  Cylindertheiles  sind  der  Verschraubung  wegen  Winkelstahle, 
während   die   Abdichtung  wie    beim  Kolben,    aber   mittels    eingelegter 


552  Materialprüfungen  an  fertigen  Constructionstheilen. 

dünner  Bleiplatten  bewerkstelligt  wird.  Um  ein  Abstreifen  der  End- 
winkelriuge  zu  verhindern ,  stützen  sich  dieselben  auf  einen  3mm  stark 
vorspringenden  Rand  des  Cylinderstückes. 

Diese  Stahlringe,  welche  dicht  an  einander  gelegt  werden,  sind  in 
Bezug  auf  ihre  Zusammenziehung  derart  berechnet,  dafs  bei  einer 
Wasserpressung  von  36at  das  Gufseisen  mit  lk/qmm,  das  Stahlmaterial 
der  Schrumpfringe  aber  mit  7,5k/qmm  beansprucht  wird. 

Jeder  Cylindertheil  ist  vor  der  Verstärkung  mit  den  Stahlreifen 
wiihrend  einer  Stunde  einer  Wasserpressung  von  40at  ausgesetzt,  ohne 
die  geringste  Wasserdurchlässigkeit  zu  zeigen.  Versuchsweise  ist  ferner 
ein  solcher  Cylindertheil  mit  80at  geprefst,  während  ein  gleicher  mit 
Reifen  verstärkter  einer  Pressung  von  160at  widerstehen  mufste.  Diese 
übermäfsig  geprefsten  Cylindertheile  wurden  von  der  Verwendung  aus- 
geschlossen, während  die  oberen  mit  Stahlreifen  abgebundenen  Cylinder- 
theile mit  den  Vertheilungsröhren  und  der  Stopfbüchsenpackung  eine 
Stunde  lang  einer  Druckprobe  von  80at  ausgesetzt  blieben,  bevor  die- 
selben ihrer  Bestimmung  zugeführt  werden  durften. 

Vorgeschriebene  Bedingung  für  die  Festigkeit  der  Materialien  war: 
für  Gufseisen  15k/qmm  Zugfestigkeit  und  70k/qmm  Druckfestigkeit,  für  den 
Ringstahl  45k/qm  Zugfestigkeit,  20  Proc.  Dehnung  bei  einer  Versuchs- 
dauer von  15  Minuten  bis  erfolgtem  Bruch. 

Bei  den  bis  zum  Aeufsersten  getriebenen  Prefsversuchen  wurde  ein 
unbereifter  Cylindertheil  bis  146at,5  gespannt  und  dabei  zersprengt.  Die 
gleichzeitig  mit  diesem  Cylinder  abgegossenen  Versuchsstäbchen  hatten 
eine  mittlere  Zugfestigkeit  von  17k/qmm  und  eine  Druckfestigkeit  von 
76,4k  qmm,  sie  übertreffen  somit  die  vorgeschriebene  Bedingung  nicht  un- 
beträchtlich. 

Es  wurde  ferner  ein  vorschriftsmäfsig  mit  Stahlreifen  verstärkter 
Cylindertheil  mehrmals  bis  200al  geprefst,  um  sich  von  der  Widerstands- 
fähigkeit der  Gummidichtung  zu  versichern,  und  später  die  Wasser- 
pressung bis  auf  265at  gesteigert,  wobei  der  gufseiserne  Cylinder  allein 
und  ohne  Knall  zersprang,  während  die  Stahlreifen  unversehrt  blieben. 

Die  Versuchsstäbe  dieses  Cylinders  hatten  eine  mittlere  Zugfestig- 
keit von  17,53k/qmm  und  eine  Druckfestigkeit  von  73,49k|qmm,  während 
das  Ringstahlmaterial  46,53k/qmm  Zugfestigkeit  bei  25,27  Proc.  Dehnung 
beim  Bruch  durchschnittlich  aufwies. 

Zur  gleichmäfsigen  Uebertragung  des  Bodendruckes  ist  zwischen 
Grund« (uaderwerk  und  der  Cyliuderbodenplatte  eine  5mm  starke  Blech- 
tafel aus  Blei  eingelegt. 

Die  Wasserzuführung  erfolgt  von  einem  Ringrohr  (Fig.  8)  aus  durch 
Vermittelung  von  24  kleinen  Stahlrohren,  welche  in  einem  Schrumpf- 
ring des  oberen  Cylindertheiles  eingeschraubt  sind,  wodurch  die  Festig- 
keit der  Cylinderwand  wenig  beeinträchtigt  wird,  während  die  Stopf- 
büchsen aus  Dichtungsringen  von  Phosphorbronze  zusammengesetzt  sind. 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen.  553 

Zur  Ergänzung  ist  noch  erwähnenswerth,  dafs  bei  der  Hebeschleufse 
von  Les  Fontinettes  in  Frankreich  (vgl.  1887  263  *  312)  das  Gesammt- 
gewicht  einer  Schleufsenkammer  7701,  der  Kolbendurchmesser  200cm, 
die  Wasserpressung  25nt  beträgt.  Der  Cylinder  besteht  aus  auf  einander 
gelegten  Stahlringen  ohne  Schweifsnaht  von  55mm  Dicke,  bei  140mm 
Höhe  und  Kupferdichtung  von  2mm,5  Dicke.  Ein  solcher  Cylinder  wider- 
stand einer  Probepressung  von  175at. 

Beim  Schleufsenhebewerk  von  Anderton  am  Weaverflusse  in  Eng- 
land, entworfen  von  E.  Clark,  seit  1875  im  Betriebe,  ist  der  Kolben- 
durchmesser 90cm.  Die  Wasserzuführung  erfolgte  durch  eine  einzige 
Oeffhung  in  der  Cylinderwand,  was  eine  bedeutende  Schwächung  der- 
selben bedingt  und  auch  den  Bruch  des  oberen  Cylindertheiles  im  J.  1882 
zur  Folge  hatte. 

Derartige  senkrechte  Schiffshebewerke  sind  in  Anbetracht  der  grofsen 
Sicherheit  des  Betriebes  da  von  grofsem  Vortheile,  wo  in  verhältnifsmäfsig 
kurzen  Kanalhaltungen  grofse  Gefälle  zu  überwinden  sind.  Pr. 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen. 

Von  Anton  Bauer,  Prof.  an  der  k.  k.  Bergakademie  in  Leoben.  1 
Mit  Abbildungen. 

Die  hohe  Festigkeit  und  sanfte  Bewegungsübertragung,  durch  welche 
sich  die  Winkelzähne  auszeichnen,  sicherten  denselben  in  verhältnifs- 
mäfsig kurzer  Zeit  eine  rasche  Verbreitung.  Von  der  Theorie  wegen 
des  Eingriffes,  der  gleichzeitig  an  allen  Punkten  des  Zahnprofiles  statt- 
findet, schon  lange  empfohlen2,  wurden  sie  durch  Jahrzehnte  hindurch 
fast  ausschliefslich  nur  bei  Instrumenten  und  leichten  Maschinen  an- 
gewandt und  dabei  meist  als  halbe  Winkelzähne  (Schraubenzähne)  aus- 
geführt, welche  dadurch  entstehen,  dafs  man  das  Zahnprofil  nach  einer 
stark  ansteigenden  Schraubenlinie  um  die  Radachse  herumführt.  Bei 
den  geringen  übertragenen  Kräften  äufserte  sich  der  Seitendruck,  welchen 
diese  Räder  empfangen,  nicht  als  Uebelstand,  während  bei  bedeutenderer 
Kraftübertragung  zwei  derartige,  symmetrisch  gebaute  Räderpaare  ver- 
einigt werden  müssen,  um  die  Seitendrücke  der  rechts  und  links  ge- 
wundenen Zähne  im  Rade  selbst  aufzuheben. 

Der  Grund,  warum  es  so  lange  dauerte,  bis  sich  die  schrauben- 
förmig gewundenen  Zähne  im  Grofsmaschinenbau  einbürgerten,  liegt 
einerseits  in  der  schwierigen  Herstellung  derselben,  welche  anfänglich 
mit  der  erforderlichen  Genauigkeit  nur  durch  Fräsen  geschehen  konnte, 
andererseits  aber   auch   in    einer   völligen  Verkennung    ihrer   Vorzüge. 


1  Aus  Nr.  34  der  Oesterreichischen  Zeitschrift  für   Berg-  und  Hüttenwesen,  mit 
gütiger  Erlaubnifs  des  Herrn  Verfassers. 
S    White,  Century  of  Inrentions,  1882. 


554  Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen. 

Man  schrieb  den  ruhigen  Gang,  welchen  man  an  ihnen  beobachtete, 
hauptsächlich  dem  reibungsfreien  Eingriffe  zu,  der  bei  denselben  er- 
reicht werden  kann  und  construirtc  sie  derart,  dafs  —  wenigstens  im 
neuen  Zustande  —  keine  gleitende  Reibung  auftritt.  Dies  kann  aber 
bei  der  Uebertragung  gröfserer  Effecte  nicht  mehr  durchgeführt  werden, 
und  ist  der  Grund  ihres  vorzüglichen  Arbeitens  hauptsächlich  in  zwei 
Umständen  zu  suchen:  den  allmählich  wachsenden  und  ebenso  wieder 
abnehmenden  Zahndrücken,  sowie  der  richtigen  Bewegungsübertragung 
von  einer  Achse  zur  anderen,  welche  sie  bei  geeigneter  Construction 
auch  im  stark  abgenützten  Zustande  bewirken.  Letztere  Eigenschaft, 
welche  unter  allen  Rädern  ihnen  allein  zukommt,  war  bisher  völlig  un- 
bekannt; ich  fand  sie  bei  der  Untersuchung  einer  gröfseren  Zahl  von 
Rädern  mit  Winkelzähnen,  die  verschiedene  Grade  der  Abnützung  zeigten. 

Bewegungsübertragung  gerader  Zähne  im  abgenützten  Zustande. 

Arbeiten  sämmtliche  Zähne  unter  denselben  Umständen,  was  bei 
constanter  Umfangskraft,  constanter  Geschwindigkeit  und  bei  gleichem 
Schmierzustande  der  Fall  ist,  so  wird  durch  eine  Drehung  des  Rades 
um  den  Betrag  einer  Theilung  an  den  ursprünglichen  Verhältnissen 
nichts  geändert. 

Der  Zahn  1  (Fig.  1)  gelangt  hierbei  an  die  Stelle  des  Zahnes  2 
und  überträgt,  da  er  sich  in  keiner  Weise  von  demselben  unterscheidet, 
mit  einem  gleichgelegenen  Punkt  b{  seiner  Zahnflanke  denselben  Zahn- 
druck /*&,  welchen  früher  der  Zahn  2  mit  b2  übertragen  hat.  Das 
Gleiche  gilt  hinsichtlich  der  Zähne  2  und  o,  so  dafs  den  analogen 
Punkten  &,,  62,  63  derselbe  Druck  A,  den  Punkten  Oj,  a2,  a3  der  Zahn- 
druck Pa  und  ebenso  den  Punkten  q,  c2,  c3  der  gleiche  Druck  Pc  zu- 
kommen wird.  Es  zeigt  sich  demnach,  dafs  bei  sämmtlichen  Zähnen 
eines  Rades  die  gleichgelegenen,  d.  h.  von  der  Radachse  gleich  weit 
entfernten  Punkte  denselben  Zahndruck  übertragen.  Wie  sich  dabei 
die  Umfangskraft  Q  des  ganzen  Rades  auf  die  gemeinsam  eingreifenden 
Zähne  vertheilt  und  ob  die  Anzahl  derselben  constant  ist  oder  zwischen 
zwei  Werthen  wechselt,  ist  vollständig  belanglos. 

Da  nun  alle  anderen  Umstände,  die  einen  Einflufs  auf  die  Ab- 
nützung der  Zähne  besitzen,  bei  sämmtlichen  Zähnen  genau  dieselben 
sind,  müssen  sich  auch  alle  in  gleicher  Weise  abnützen,  d.  h.  die 
arbeitenden  Zahncurven  eines  Rades  werden  unter  einander  wieder 
congruent  sein  und  dieselbe  Theilung  besitzen.  Abweichungen  von 
dieser  Regel,  welche  für  Stirn-  und  Kegelräder  gültig  ist,  können  stets 
auf  einen  veränderlichen  Zahndruck  oder  ungleichförmiges  Material  zu- 
rückgeführt werden. 

Zerschneidet  man  ein  Stirnräderpaar  senkrecht  zur  Richtung  der 
Achsen  in  parallele  Scheiben  und  verdreht  diese  an  jedem  Rade  derart 
gegen  einander,  dafs  alle  Zahnberührung  für  dieselbe  Drehungsrichtung 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen.  555 

der  Räder  besitzen,  so  erhält  man  die  sogen.  Stufen-  oder  Staffelzähne. 
In  der  Regel  erhalten  dabei  alle  Scheiben  die  gleiche  Breite  und  zwei 
neben  einander  liegende,  sowie  die  erste  und  letzte  zweier  Nachbar- 
zähne denselben  Verdrehungswinkel  gegen  einander,  so  dafs  die  Zähne 
in  einer  Schraubenlinie  von  constanter  Steigung  angeordnet  sind.  Be- 
zeichnet B  die  Breite,  Z  die  Zähnezahl  und  T  die  Theilung  eines  der 
gegebenen  Räder,  aus  welchem  m  Scheiben  gebildet  werden,  so  ist 
jede  gegen  die  vorhergehende  um  T :  m  (gemessen  am  Theilkreise)  zu 
verdrehen.  An  der  gebildeten  Schraubenlinie  entspricht  nun  dieser  Ver- 
drehung eine  Steigung  gleich  der  Breite  ß:m,  so  dafs  sich  die  Gang- 
höhe der  Schraube  mit  B  Z  ergibt.  Zerschneidet  man  also  z.  B.  das 
Räderpaar  (Fig.  1)  in  zwei  gleiche  Scheiben,  so  wird  eine  gegen  die 
andere  um  die  halbe  Theilung  (um  den  Winkel  8)  verdreht.  Sieht 
man  von  den  äufserst  geringfügigen  Deformationen  ab,  welche  die  Nabe 
im  Betriebe  erfährt,  so  arbeiten  die  neuen  Räder  gerade  so,  wie  ein 
Räderpaar,  welches  gegenüber  dem  ursprünglichen  dieselbe  Zahnform, 
jedoch  doppelte  Zähnezahl  besitzt  und  dessen  Breite  nur  mehr  halb  so 
grofs  ist,  als  jene  des  gegebenen. 

Es  können  nun  die  gleichen  Untersuchungen  angestellt  werden,  wie 
früher;  bei  der  Drehung  um  den  Betrag  der  neuen  (halben  alten) 
Theilung,  also  um  den  Winkel  £,  kehren  dieselben  Verhältnisse  wieder, 
weshalb  die  Zähne  beider  Scheiben  die  gleiche  Abnützung  zeigen  werden. 
Genau  dasselbe  tritt  selbstverständlich  ein,  wenn  man  m  Scheiben  wählt 

und  jede  gegen  die  vorhergehende  um  —  der  Theilung  verdreht.  Be- 
folgt man  aber  hinsichtlich  der  Breite  oder  der  Anordnung  der  Scheiben 
diese  Regel  nicht,  so  wird  auch  die  Abnützung  eine  andere.  Theilt 
man  wieder  das  Räderpaar  in  Fig.  1  in  zwei  gleiche  Scheibenpaare, 
welche  aber  am  Rade  I  um   den   Winkel  y  gegen    einander   verstellt 

werden,  so  treten  nach  einer  Drehung  um  den  Winkel  y  \7^,S\  wobei 

die  Zähne  der  rückwärtigen  Scheibe  an  die  Stelle  der  vorderen  ge- 
langen, nicht  mehr  die  alten  Verhältnisse  auf,  was  auch  dann  der  Fall 
ist,  wenn  sich  das  Rad  I  um  den  Winkel  2  S  —  y  weiterbewegt.  Es 
kann  sogar,  wie  in  Fig.  2  und  8,  die  Zahl  der  gesammten  eingreifenden 
Zähne  einer  Aenderung  unterliegen.  Vergleicht  man  beide  Figuren  mit 
einander,  so  zeigt  es  sich,  dafs  der  Eingriff  der  vorderen  Scheibe  in 
Fig.  2  mit  jenem  der  rückwärtigen  in  Fig.  3  vollständig  übereinstimmt: 
die  arbeitenden  Zähne  ^,  2,  5  und  ihre  Berührungspunkte  a,  fc,  c  be- 
sitzen in  beiden  Fällen  die  gleiche  Lage.  An  den  beiden  anderen 
Seheiben  —  der  rückwärtigen  in  Fig.  2  und  der  vorderen  in  Fig.  3  — 
ist  dies  aber  nicht  mehr  der  Fall,  weil  die  Zähne  tf,  7,  8  und  ihre  Ein- 
griffspunkte rf,  e,  f  eine  andere  Lage  besitzen,  als  diejenigen  4  und  5' 
mit  den  Berührungspunkten  «,  ß,  welche  sie  vertreten.     Bei  constanter 


556 


Der  gute  Gang  der  Kader  mit  Winkelzähnen. 


Umfangskraft  kann  daher  den  Punkten  a,  fc,  c  der  vorderen  Scheibe 
(eingreifend  in  der  Stellung  2)  nicht  mehr  derselbe  Zahndruck  zu- 
kommen, als  den  gleichgelegenen  o,  b,  c  der  rückwärtigen  Scheibe,  die 
in  der  Stellung  5  zum  Eingriffe  gelangen.  Nur  bei  einer  Drehung  um 
die  ganze  ursprüngliche  Theilung  —  um  den  Winkel  2  Ö  —  kehren 
die  alten  Verhältnisse  vollständig  wieder.  Es  erfahren  daher  an  jeder 
Scheibe  alle  Zähne  dieselbe  Abnützung  und  zeigen  einerlei  Form,  die 
aber  an  beiden  Scheiben  eine  verschiedene  sein  wird. 


Fig.  1. 


Fig.  2. 


Bei  geraden,  einfachen  Zähnen  ist  die  Formänderung,  welche  die 
Abnützung  hervorruft,  sehr  complicirt;  ohne  hier  auf  dieselbe  näher 
einzugehen,  sei  nur  erwähnt,  dafs  die  abgenützten  Zähne  nicht  mehr 
richtig  arbeiten,  d.  h.  kein  constantes  Umsetzungsverhältnifs  zwischen 
beiden  Rädern  bewirken.  Das  mittlere  Umsetzungsverhältnifs,  welches 
sich  aus  den  Zähnezahlen  bestimmt,  bleibt  selbstverständlich  ungeändert, 
doch  schwankt  das  wirklich  vorhandene  stets  um  diesen  Mittelwerth. 
Nützen  sich  sämmtliche  Zähne  congruent  ab,  so  wiederholen  sich  alle 
geometrischen  Beziehungen  nach  der  Drehung  um  den  Betrag  einer  oder 
mehrerer  ganzer  Theilungen,  nach  welchen  stets  dasselbe  augenblick- 
liche Umsetzungsverhältnifs  wiederkehrt.  Die  Momentanachsenflächen 
sind  dann  keine  Kreiscylinder,  ihre  Schnitte  senkrecht  zu  den  Achsen, 
welche  die  ursprünglichen  Theilkreise  vertreten,  sind  Wellenlinien,  die 
tkeila  aufserhalb,  theils  innerhalb  der  Theilkreise  liegen  und  aus  ein- 
zelnen congruenten  Stücken  von  der  Länge  der  Theilung  zusammen- 
gesetzt sind  (Fig.  4).  Diese  Veränderungen  treten  im  Allgemeinen  schon 
bei  den  kleinsten  Abnützungen  auf,  machen  sich  aber  in  praktischer 
Hinsicht  erst  bei  stärkerem  Verschleifs  bemerkbar. 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen.  557 

Das  veränderliche  Umsetzungsverhältnifs  hat  zur  Folge,  dafs  die 
thatsächlich  auftretende  Umfangskraft  und  daher  auch  die  einzelnen 
Zahndriicke  Schwankungen  unterworfen  sind,  indem  die  rotirenden 
Massen  innerhalb  sehr  kleiner  Zeiträume  beschleunigt  und  verzögert 
werden.  Unter  den  im  Anfange  gemachten  Voraussetzungen  kehrt  Alles 
im  Beharrungszustande  nach  der  Drehung  um  eine  Theilung  unverändert 
wieder,  weshalb  auch  in  diesem  Falle  den  gleichgelegenen  Punkten  der 
Zahncurven  derselbe  Zahndruck  und  allen  Zähnen  für  die  Folge  einerlei 
Abnützung  zukommen  wird. 

Versetzt  man  bei  einem  Stufenrade  die  durch  das  Zerschneiden 
gebildeten  m  Scheiben  von  gleicher  Breite  nach  der  früher  angegebenen 
Regel  gegen  einander,  so  nützen  sich  die  Zähne  aller  Scheiben  congruent 
ab  und  das  gebildete  Räderpaar  verhält  sich  gegenüber  dem  ursprüng- 
lichen derart,  als  wenn  bei  ungeänderter  Zahnform  die  Theilung  auf 
1  :  m  der  früheren  verringert  worden  wäre,  weshalb  die  Wellenlänge 
der  Curven,  welche  im  abgenützten  Zustande  die  Theilkreise  ersetzen, 
auf  1 :  m  des  ursprünglichen  Betrages  herabgezogen  wird.  Je  gröfser 
man  die  Anzahl  der  Scheiben  wählt,  desto  kleiner  werden  die  Wellen- 
längen und  daher  auch  ihre  Abweichungen  von  den  Theilkreisen;  die 
Aenderungen  des  Umsetzungsverhältnisses  werden  rascher  auf  einander 
folgen,  aber  geringer  sein. 

Denkt  man  sich  schliefslich  das  gegebene  Räderpaar  in  unendlich 
viele  Scheiben  zerschnitten,  die  letzte  derselben  gegen  die  erste  um 
eine  ganze  Theilung  verdreht  und  die  zwischenliegenden  nach  einer 
Schraubenlinie  von  constanter  Steigung  angeordnet,  so  wird  die  Wellen- 
länge gleich  Null,  und  die  alten  Theilkreise  bleiben  als  solche  dauernd 
erhalten.  Dieses  „ideelle  Stufenräderpaar"  arbeitet  daher  auch  im  ab- 
genützten Zustande  mit  constantem  Umsetzungsverhältnisse,  also  voll- 
kommen richtig,  welche  Eigenschaft  von  der  Zahnform  und  der  Gröfse 
des  Eingriffswinkels,  sowie  von  dem  Umstände  vollständig  unabhängig 
ist,  ob  beide  Räder  aus  dem  gleichen  oder  verschiedenen  Materiale  be- 
stehen, wenn  letzteres  nur  an  sämmtlichen  Zähneu  eines  Rades  voll- 
kommen homogen  ist.  Würde  man  aber  die  erste  und  letzte  Scheibe 
eines  Zahnes  um  einen  anderen,  als  den  Theilungswinkel  verdrehen, 
oder  die  Gruppirung  nach  einer  Schraubenlinie  von  ungleicher  Steigung 
vornehmen,  so  könnte  auch  keine  richtige  Abnützung  eintreten,  indem 
die  einzelnen  Profile  unter  einander  nicht  congruent  blieben. 

Stirnräder  mit  Winkelzähnen. 
Denkt  man  sich  bei  einem  ideellen  Stufenrade  die  treppenartig  an- 
geordneten Zähne  der  einzelnen  Scheiben  durch  Ausfüllung  der  Zwischen- 
räume ergänzt,  so  erhält  man  ununterbrochene  Zahnflächen,  deren 
Schnitte  senkrecht  zu  den  Radachsen  die  Zahnprofile  des  ursprünglichen 
unzerschnittenen   Rades   sind.     Man   kann   diese   Schraubenzähne   auch 


558 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit   Winkelzähnen. 


dadurch  erzeugen,  dafs  man  das  auf  gewöhnliche  Weise  construirte 
ZahnprofiJ  längs  einer  Schraubenlinie  von  constanter  Steigung  um  die 
Radachse  herumführt.  DerG'entriwinkel,  innerhalb  dessen  diese  Schrauben- 
linie benützt  wird,  oder  der  ihm  entsprechende  Bogen  —  gemessen  am 
Theilkreise  —  wird  als  Sprung  der  Zähne  bezeichnet;  beim  ideellen 
Stufeurade  ist  er  gleich  der  Theilung. 

Der  Druck,  welcher  zwischen  diesen  schraubenförmig  gewundenen 
Zähnen  auftritt,  ist  aber  nicht  mehr  senkrecht  zu  den  Radachsen  ge- 
richtet, wie  bei  dem  ideellen  Stufenrade,  sondern  schief  zu  denselben 
und  ruft  daher  einen  Seitendruck  hervor,  welcher  beide  Räder  in  der 
Richtung  ihrer  Achsen  aus  einander  preist.  Dieser  Schub  wird  nun 
bekanntlich  dadurch  unschädlich  gemacht,  dafs  man  ihn  durch  einen 
gleich  grofsen,  entgegengesetzt  gerichteten  aufhebt,  welcher  von  einem 
zweiten,  symmetrisch  gebauten  Räderpaar  herrührt,  das  mit  dem  ersteren 
fest  verbunden  (zusammengegossen)  ist  und  entgegengesetzt  gewundene 
Zähne  besitzt. 

Der  geometrische  Charakter  der  Zahuberiihrung  kann  am  besten 
nach  der  Methode  der  Hilfsaxoide  (von  G.  Herrmann3)  untersucht 
werden.    Denkt  man  sich  die  Winkelzähne  in  der  früher  angedeuteten 

Fig.  5. 


Weise  aus  dem  „ideellen  Stufenrade"  entstanden,  so  hat  man  das  Zahn- 
profil, welches  die  Schraubeuflächen  erzeugt  wie  bei  gewöhnlichen  ge- 
raden Zähnen,  d.  h.  mit  richtigem  Eingriffe  von  der  Spitze  bis  nahe 
an  den  Fufs  hin  auszuführen.  Die  gebildeten  Winkelzähne  besitzen 
dann  Krafteingriff,  sie  berühren  eich  gegenseitig  (Fig.  5  und  6)  längs 
einer  Linie,  welche  eine  Gerade  ist,  wenn  man  als  Zahncurven  Evol- 
venten benützt;  wählt  man  Cjcloiden,  so  findet  der  Eingriff  in  Schrauben- 

3  „Die  Zahnßächen  und  ihre  automatische  Erzeugung."  Verhandlungen  des 
Vereins  zur  Beförderung  des  Gewerbeßeißes  in  Preußen,  1877  S.  61  u.  f.;  auch  in 
Weisbach- Ilerrmann :  Lehrbuch  der  Ingenieur-  und  Maschinenmechanik,  III.  Band: 
Die  Zwischenmaschinen,  S.  427. 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen.  559 

linien  statt  und  bei  allgemeiner  Verzahnung  in  ebensolchen  Curven  von 
doppelter  Krümmung. 

Stets  zieht  sich  aber  die  Berührungslinie  schief  über  die  Zahnflanke. 
Macht  man  den  Eingriffsbogen  genau  gleich  dem  Sprung  der  Zähne, 
so  beginnt  das  äufserste  Profil  efgh  den  Eingriff*  an  seiner  Wurzel  in 
demselben  Augenblicke,  in  welchem  das  mittlere  ab  cd  ihn  beendet, 
oder  umgekehrt.  Die  Berührungslinie  erstreckt  sich  bei  dieser  Stellung 
über  die  ganze  Zahnbreite  —  vor  und  nach  derselben  ist  sie  kürzer. 
Wird  der  Sprung  gröfser  als  der  Eingriffsbogen  gewählt,  so  findet  die 
Berührung  niemals  gleichzeitig  auf  der  ganzen  Breite  statt;  ist  er  kleiner, 
wie  in  Fig.  5  und  6,  so  greift  der  Zahn  während  eines  Drehungswinkels, 
welcher  der  Differenz  dieser  beiden  Gröfsen  entspricht,  längs  seiner 
ganzen  Breite  ein. 

Bei  der  Anordnung  I  (Fig.  5)  laufen  beide  Räder,  das  treibende  und 
das  getriebene,  mit  der  ausspringenden  Spitze  der  Zähne  voraus ;  au 
dieser  Stelle,  dem  mittleren  Querschnitte  ab  cd,  beginnt  der  Eingriff' 
und  endet  an  den  beiden  Stirnflächen,  in  den  Profilen  efgh.  Beim 
treibenden  Rade  (Fig.  5)  arbeiten  die  ausspringenden  Zahnflanken,  die 
Berührung  beginnt  in  b  und  endet  in  e,  während  beim  getriebenen  der 
Eingriff'  an  der  einspringenden  Seite  von  c  nach  h  wandert.  Die  nach 
einander  auftretenden  Berührungslinien  1  —  1',  2  —  2',  ...  5  —  5'  sind 
entsprechend  der  in  den  Figuren  gewählten  Evolventenform  gerade  und 
tangiren  an  den  Grundcylinder  G, 

Die  der  früheren  entgegengesetzte  Anordnung  II  (Fig.  6),  bei 
welcher  die  Zähne  mit  den  Seiten  vorauslaufen,  kann  entweder  durch 
Umkehrung  der  Drehungsrichtung  oder  dadurch  erhalten  werden,  dafs 
man  bei  der  Construction  I  die  rechte  und  linke  Seite  der  Zähne  mit 
einander  vertauscht,  durch  welchen  Vorgang  die  Lage  der  Berührungs- 
linien auf  ihren  Zahnflächen  keine  Aenderung  erleidet.  Der  Eingriff" 
beginnt  jetzt  (Fig.  6)  bei  beiden  Rädern  in  den  Stirnflächen  efgh  (1  —  1') 
und  endet  im  mittleren  Profil  ab  c d  (5  —  5');  er  verläuft  am  treibenden 
Rade  auf  der  inneren  (einspringenden)  Flanke  von  f  nach  o,  am  ge- 
triebenen auf  der  äufseren  Seite  von  g  nach  d.  Die  tiefsten  Berührungs- 
punkte 6,  d.  A,  /",  welche  sich  aus  der  Construction  der  Zahnprofile  in 
gewöhnlicher  Weise  ergeben,  liegen  alle  in  dem  Cylinder  B.  Ist 
der  Sprung  gleich  der  Theiluug,  wie  in  den  Fig.  5  und  6,  so  hat  der 
Mittelschnitt  ab  cd  dieselbe  Lage  als  die  beiden  Seitenschnitte  efgh 
des  einen  Nachbarzahnes;  diese  drei  Profile  besitzen  daher  gleichzeitig 
immer  denselben  Eingriff'  und  würden  den  geraden  Zahn  bestimmen, 
aus  welchem  die  schraubenförmig  gewundenen  hervorgegangen  sind. 

Nach  vollendetem  Einlaufen  der  Zähne  erkennt  man  leicht,  ob  sie 
für  Krafteingriff'  construirt  sind ;  ist  dies  der  Fall,  so  zeigen  alle  Punkte 
der  Flächen  ab  e  f  oder  cd  g  h  Spuren  ihres  Arbeitens  und  diese  selbst 
erscheinen    ihrer   ganzen    Ausdehnung    nach    glänzend.     Die    Reibung, 


560  Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen. 

welche  durch  das  gegenseitige  Gleiten  der  Zahnflächen  auf  einander 
entsteht,  tat  daher  ebenso  vorhanden,  wie  bei  gewöhnlichen,  geraden 
Zahnen:  sie  wird  unter  sonst  gleichen  Umständen  sogar  einen  gröfseren 
Werth  erreichen,  als  bei  letzteren,  weil  die  Flanken,  welche  den  Druck 
übertragen,  sich  keilförmig  in  einander  pressen. 

Alle  von  mir  untersuchten  Räder,  welche  aus  den  verschiedensten 
Werkstätten  stammten,  waren  in  dieser  Weise  gebaut.  Wollte  man 
die  Zahnreibuug  vermeiden,  so  dürfte  der  Eingriff  lediglich  nur  in  den 
Theilcy lindern  T  stattfinden,  ihr  Schnitt  mit  den  Zahnflächen  würde 
von  diesen  allein  zur  Benützung  gelangen,  und  es  müfste  die  Berührung 
aller  anderen  Stellen  durch  Wegnahme  von  Material  aufgehoben  werden. 

Bei  diesem  ..Präcisionseingrifl'e-  ist  die  Eingriffsstrecke  des  Zahn- 
profiles  unendlich  klein,  und  die  Kraftübertragung  findet  an  jeder  Zahn- 
hälfte nur  in  einem  Punkte  statt,  weshalb  die  Abnützung  bald  wieder 
einen  mit  gleitender  Reibung  arbeitenden  Krafteingriff  nach  sich  ziehen 
würde;  aus  diesem  Grunde  wird  ersterer  im  Grofsmaschinenbau  auch 
nicht  angewandt.  Trotzdem  findet  man  noch  immer  in  Lehrbüchern 
und  anderen  Orten  Vorschriften  zur  Erzielung  des  rreibungsfreienGanges'-t. 

Wie  aus  den  Fig.  5  und  6  hervorgeht,  beginnt  jeder  Winkelzahn 
seinen  Eingriff  mit  einer  unendlich  kleinen  Berührungslinie  1  —  T  und 
überträgt  hierbei  —  theoretisch  wenigstens  —  auch  eine  unendlich 
kleine  Kraft.  Mit  wachsender  Breite  der  Berührungslinie  ist  auch  eine 
allmähliche  Zunahme  des  Zahndruckes  verbunden,  der  in  der  Stellung 
3  —  3',  bei  welcher  die  ganze  Zahnbreite  eingreift,  seinen  gröfsten 
Werth  erreicht,  bei  der  fortgesetzten  Drehung  des  Rades  wieder  ab- 
nimmt, um  am  Ende  des  Eingriffes,  in  den  Linien  5  —  5',  wieder  auf 
ein  unendlich  kleines  Mafs  zu  sinken. 

Hierin  liegt  eine  Ursache  des  aufserordentlich  sanften  Ganges  der 
eingelaufenen  Winkelzähne.  Während  bei  Rädern  mit  geraden  Zähnen 
die  Berührung  sofort  mit  der  ganzen  Zahnbreite  beginnt,  der  Zahn  also 
plötzlich  einen  endlichen  Druck  empfängt  und  sich  unter  der  Einwirkung 
desselben  momentan  deformiren  mufs,  wächst  bei  den  Winkelzähnen 
die  Kraft  von  Null  allmählich  bis  zu  ihrem  höchsten  Werthe,  um 
ebenso  wieder  auf  Null  zu  sinken.  Die  Veränderungen  der  Kräfte  gehen 
nicht  mehr  sprungweise,  sondern  stetig  vor  sich,  weshalb  auch  keine 
plötzlichen  Formänderungen  und  damit  verknüpfte  Stöfse  auftreten 
können.  Dieses  bezieht  sich  nicht  allein  auf  die  Zahne  selbst,  sondern 
auch  auf  den  Radkörper  und  die  Achse  und  ist  an  keinen  bestimmten 
Zusammenhang  zwischen  Sprung  und  Theilung  gebunden. 

Die  Winkelzähne  müssen  der  gleichmäfsigen  Abnützung  wegen 
nach  Schraubenlinien  von  constanter  Steigung  geformt  werden  und  der 
Sprung  mufs  gleich  der  Theilung  sein.  Eine  weitere  Bedingung  ist  die, 
dafe  das  gegenseitige  Verhältnifs  der  Abnützbarkeit  an  allen  zusammen 
arbeitenden  Stellen  denselben  Werth  besitzt. 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen.  561 

Die  harte  Gufshaut  zieht  sich  bei  den  Profilen  ab  cd  und  efgh 
tiefer  in  den  Zahn  hinein,  als  an  den  anderen  Stellen,  so  dafs  nach 
einer  gewissen  Abnützung  die  Härte  des  Materiales  über  die  Zahnbreite 
hin  eine  ungleiche  ist.  Da  dies  aber  an  beiden  Rädern  eintritt,  so  wird 
hierdurch  die  regelmäfsige  Abnützung  nicht  gestört,  sondern  nur  be- 
wirkt, dafs  von  den  widerstandsfähigeren  Partien  ein  gröfserer  Druck 
übertragen  wird,  als  in  der  Mitte  der  Zahnhälften.  Die  gröfsere  Steif- 
heit, welche  die  Zähne  an  der  Spitze  ab  cd  und  bei  Seitenscheiben 
auch  am  Rande  in  efgh  besitzen,  äufsert  sich  nur  beim  Einlaufen. 

Die  Untersuchung  einer  grofsen  Zahl  derartiger  Räder,  insbesondere 
von  Kamm  walzen,  welche  ich  durchführte,  zeigte,  dafs  diese  Einflüsse 
in  gewöhnlichen  Fällen  keine  praktische  Bedeutung  besitzen,  weil  ja 
noch  andere  störende  Ursachen,  wie  die  Abnützung  der  Lager  u.  s.  w., 
vorhanden  sind.  Gleichzeitig  fand  ich  in  Uebereinstimmung  mit  den 
früheren  Ausführungen,  dafs  die  abgenützten  Zähne  dann  richtig  mit 
einander  arbeiten,  wenn  der  Sprung  nicht  wesentlich  von  der  Theilung 
abweicht.  Etwa  vorhandene  Fehler  in  der  Zahnform  werden  von  der 
Abnützung  selbst  corrigirt. 

Bei  richtiger  Construction  der  Winkelzähne  —  Sprung  gleich  der 
Theilung  —  arbeiten  dieselben  in  jedem  Stadium  der  Abnützung  richtig, 
d.  h.  mit  constantem  Umsetzungsverhältnisse.  Diese  hervorragende 
Eigenschaft,  welche  ihnen  allein  zukommt,  ist  der  zweite  Grund  ihres 
guten  Ganges. 

Der  Sprung  der  Zähne  wird  von  den  Werken,  welche  den  Bau 
der  Räder  als  Specialität  betreiben,  von  dem  Verhältnisse  zwischen 
Breite  und  Theilung  abhängig  gemacht,  um  den  Winkel,  unter  -welchem 
beide  Zahnhälften  zusammenstofsen,  innerhalb  ziemlich  enger  Grenzen 
zu  halten.  Sie  nehmen  für  Räder  allgemeiner  Verwendung  und  für  die 
Kammwalzen  schwerer  Walzwerke,  bei  welchen  die  Radbreite  gegen- 
über der  Theilung  nicht  übermäfsig  grofs  ist,  den  Sprung  kleiner  als 
die  Theilung  (etwa  3/4  derselben),  steigern  denselben  aber  bei  Schnell- 
walzwerken, deren  Kammwalzen  einen  geringen  Durchmesser  und  grofse 
Breite  erhalten,  über  das  Mafs  der  Radtheilung.  Ich  traf  in  einem  Fein- 
blechwalzwerke ein  Kammwalzenpaar  von  nicht  besonderer  Breite,  bei 
welchem  der  Sprung  das  2  lj2 fache  der  Theilung  betrug  und  die  Zahn- 
hälften unter  einem  rechten  Winkel  zusammenstiefsen,  aber  auch  schlecht 
arbeiteten  und  eine  grofse  Abnützung  zeigten. 

Ueber  die  Theilung  hinauszugehen,  ist  unter  allen  Umständen  ver- 
werflich, denn  wollte  man  den  Vortheil  der  richtigen  Abnützung  bei- 
behalten, so  müfste  man  den  Sprung  gleich  der  doppelten  oder  dreifachen 
Theilung  wählen.  Um  einen  möglichst  ruhigen  Gang  auch  bei  vor- 
geschrittener Abnützung  zu  erzielen,  mufs  nach  früherem  der  Sprung 
gleich  der  Theilung  genommen  werden,  wofür  eine  Breite  des  ganzen 
Rades  erforderlich  ist,  welche  mindestens  das  Vierfache  der  Theilung 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  12.  1890/111.  36 


5(  _•  Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkel/ahnen. 

beträgt,  da  BOnel  der  Winkel,  unter  welchem  die  Zähne  zusammen- 
stoßen, zu  klein  wird,  was  eine  Vergröfeerung  der  Reibung  und  Ab- 
nützung nach  sich  zieht. 

Für  die  Festigkeit  der  Zähne  ist  die  Bewegungsrichtung:  I.  der 
Fic  5  oder  IL  der  Fig.  6  nicht  gleichgültig.  Heilige  Stöfse,  welche 
die  Räder  aufzunehmen  haben,  äufsern  sich  insbesondere  an  denjenigen 
Zahnen,  welche  den  Eingriff  gerade  beginnen,  weil  sich  an  ihnen  die 
Deformation  ausbildet,  ohne  welche  keine  Kraft  übertragen  werden 
kann.  Während  des  Einlaufens  kommt  hierzu  noch  der  Umstand,  dafs 
bei  ungenauer  Ausführung  am  neu  eingreifenden  Zahn  Stöfse  im  engeren 
Sinne  des  Wortes  auftreten.  Dabei  werden  insbesondere  die  Zähne  des 
getriebenen  Rades  ungünstig  beansprucht,  weil  sie  den  Druck  mit  ihrem 
Kopfe  aufnehmen,  während  jene  des  treibenden  an  der  Wurzel  ein- 
greifen. Nun  besitzt  der  Mittelschnitt  ab  cd  wegen  der  Winkelform 
eine  hohe  Festigkeit,  während  dieselbe  an  den  äufsersten  Partien  efgh 
eine  geringe  ist;  die  Zähne  werden  hier  ähnlich  beansprucht,  wie  solche 
von  gerader  Form,  die  in  Folge  schlechter  Montage  nur  an  einer  Stirn- 
Ilaehe  eingreifen.  Arbeiten  die  Räder  unter  der  Einwirkung  heftiger 
Stöfse,  wie  die  Kammwalzen,  so  soll  die  Bewegungsrichtung  I:  mit  den 
Spitzen  vorauslaufend,  eingehalten  werden.  Bei  Rädern,  welche  ein 
angenähert  constantes  Moment  übertragen,  sind  diese  Umstände,  be- 
sonders im  eingelaufenen  Zustande,  von  geringerer  Bedeutung,  weil  bei 
den  Winkelzähnen  der  Zahndruck  mit  einem  sehr  kleinen  Werthe  be- 
ginnt; bei  Maschinen  jedoch,  wo  ein  plötzliches  Wachsen  der  Umfangs- 
kraft  vorkommt,  besitzen  sie,  hauptsächlich  während  der  Periode  des 
Einlaufens,  einen  gröfseren  Einflufs.  Bei  Winkelzähnen  ist  den  Sei-ten- 
scheiben  eine  noch  gröfsere  Bedeutung  zuzuschreiben,  als  bei  geraden 
Zähnen,  insbesondere  dann,  wenn  man  gezwungen  ist,  die  Räder  stets 
in  der  Richtung  II  oder  abwechselungsweise  umlaufen  zu  lassen.  Am 
getriebenen  Rade  wird  ja  zu  Beginn  oder  Ende  des  Eingriffes  lediglich 
der  Kopf  e  g  der  seitlichen  Profile  beansprucht. 

Handelt  es  sich  weniger  um  eine  grofse  Sicherheit  gegen  Stöfse, 
sondern  hauptsächlich  um  eine  möglichst  gleichförmige  und  sanfte  Be- 
wegungsübertragung,  so  ist  das  Weglassen  der  Seitenscheiben  und  der 
Zahnspitzen,  also  das  Trennen  der  rechts  und  links  gewundenen  Rad- 
hälften zu  empfehlen,  um  die  Partien,  welche  eine  gröfsere  Steifheit 
besitzen,  zu  entfernen.  Auch  wäre  es  hierbei  angezeigt,  die  Stirnflächen 
der  Zahnhälften  —  die  beiden  äufseren  und  die  inneren  —  abzudrehen, 
um  jene  Theile,  wo  die  Gufshaut  tiefer  eindringt,  wegzunehmen.  Hier- 
durch würde  die  gleiche  Abnützung  aller  Profile  unterstützt.  Trägt 
man  auch  noch  Sorge,  die  Lagerabnützung  möglichst  zu  verringern, 
oder  ihre  Wirkung  durch  entsprechende  Nachstellung  aufzuheben,  so 
wird  ein  derartiges  Räderpaar  hinsichtlich  der  Gleichförmigkeit  der  Be- 
wegungsiibertragung  von   keinem   anderen  Transmissionsmittel  erreicht. 


Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkel  zahnen.  563 

Wirkt  von  aufsen  her  keine  Kraft  in  der  Richtung  der  Radachsen, 
wie  dies  durch  Anläufe  der  Zapfen,  Kuppelungen  u.  a.  erreicht 
werden  kann,  so  müssen  sich  die  Seitencomponenten  der  Drücke  sym- 
metrisch gelegener  Punkte  gegenseitig  aufheben  und  daher  auch  die 
Zahndrücke  selbst  von  gleicher  Gröfse  sein.  Jede  Radhälfte  überträgt 
dann  die  halbe  Umfangskraft  und  beide  nützen  sich  in  ganz  gleicher 
Weise  ab.  Dieses  Verhältnifs  wird  aber  sofort  gestört,  sobald  derartige 
Seitenschübe  auftreten.  Empfängt  z.  B.  das  treibende  Rad  (Fig.  5)  durch 
seine  Kuppelung  eine  von  rechts  nach  links  gerichtete  Kraft,  die  sich 
auf  die  Zähne  des  getriebenen  Rades  fortpflanzt,  so  wird  hierdurch  die 
linke  Hälfte  der  Zähne  stärker  belastet,  während  die  rechte  eine  Ent- 
lastung erfährt.  Bei  dem  gezeichneten  Verhältnisse  zwischen  Theilung 
und  Breite  genügt  eine  Seitenkraft  gleich  der  halben  Umfangskraft,  um 
die  rechte  Hälfte  vollständig  zu  entlasten. 

Damit  sich  die  Räder  den  kleinen  Ausführungsfehlern  anpassen 
können,  was  insbesondere  während  des  Einlaufens  erforderlich  ist,  mufs 
eine  geringe  gegenseitige  Verschiebung  in  der  Achsenrichtung  möglich 
sein,  ohne  dafs  hierdurch  Seitenkräfte  geweckt  werden.  Die  Lagerung 
soll  daher  stets  derart  ausgeführt  werden,  dafs  ein  Rad  eine  geringe 
seitliche  Beweglichkeit  besitzt  und  das  andere  zwischen  seinen  An- 
läufen unverschiebbar  ist.  So  wäre  z.  B.  bei  einem  Vorgelege,  welches 
durch  Riemen  angetrieben  wird  und  die  Kurbelwelle  einer  Pumpe  mit 
verminderter  Geschwindigkeit  in  Umdrehung  versetzt,  letztere  Achse 
unveränderlich  zwischen  ihren  Bunden  zu  lagern,  der  treibenden  jedoch 
eine  kleine  seitliche  Verschiebbarkeit  zu  gewähren. 

Insbesondere  bei  den  Kammwalzen  sind  diese  Umstände  von  grofser 
Bedeutung,  werden  aber  in  der  Praxis  gar  nicht  berücksichtigt,  indem 
man  beide  Räder  mit  ihren  Borden  genau  zwischen  die  Lagerschalen 
einpafst.  Bei  einem  Vorblockwalzwerke  war  ich  selbst  Augenzeuge 
des  Zahnbruches  einer  mächtigen  Kammwalze,  die  von  Seite  des  conisch 
abgenützten  Kuppelungszapfens  einen  bedeutenden  Achsenschub  erhielt; 
hierbei  wurden,  wie  vorauszusehen  war,  die  Zähne  der  stärker  in  An- 
spruch genommenen  Radhälfte,  und  zwar  diese  allein,  gebrochen.  Es 
soll  daher  das  Rad,  welches  die  verstellbare  Walze  antreibt,  zwischen 
seinen  Bunden  unverschiebbar  gelagert  werden,  weil  gerade  sein  Kuppe- 
lungszapfen durch  die  schiefe  Lage  der  Brechspindel  eine  conische  Ab- 
nützung und  hierdurch  einen  Seitendruck  erfährt,  welcher  —  ohne  auf 
die  Zähne  zu  kommen  —  von  dem  Ständer  aufgenommen  werden  mufs. 
Das  zweite  Rad,  welches  mit  der  unbeweglichen  Walze  gekuppelt  ist, 
sollte  einen  geringen  Spielraum  zwischen  den  Lagern  erhalten. 

Anordnungen,  bei  welchen  an  beiden  Achsen  Schübe  auftreten,  die 
sich  bis  auf  die  Räder  fortpflanzen,  sind  zu  vermeiden,  und  ein  Rad  — 
das  verschiebbare  —  von  der  Seitenkraft  durch  ein  vorher  angebrachtes 
Kammlager  zu  entlasten;  um  dem  Kade  die  seitliche  Beweglichkeit  zu 


564  Der  *,rute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen. 

Biohern,  mül'ste  noch  zwischen  ihm  und  diesem  Kammlager  eine  Klauen- 
kuppelung eingeschaltet  werden,  welche  ein  In-  und  Auseinanderziehen 
der  Achsen  gestattet.  Weil  bei  einfachen  geraden  und  Staffelzähnen 
alle  diese  Umstände  nicht  auftreten,  wurden  sie  hei  den  Winkelzähnen 
übersehen,  und  beim  Uebergang  auf  diese  die  anderen  Constructions- 
theile  der  Walzwerke,  insbesondere  die  Lagerung,  unverändert  bei- 
behalten, welche  der  neuen  Zahnform  nicht   mehr  entsprechen. 

Kegelräder.  Die  geraden  einfachen  Zähne  berühren  sich  auch  im 
abgenützten  Zustande  wieder  in  Geraden,  welche  durch  den  Schnitt- 
punkt der  Radachsen  gehen;  dieser  ist  die  gemeinsame  Spitze  der 
kegelförmigen  Zahnflächen.  Der  Druck,  welcher  nach  vollendetem  Ein- 
laufen von  der  Breiteneinheit  dieser  Berührungslinie  übertragen  wird, 
ist  aber  nicht  mehr  constant,  wie  bei  den  Stirnrädern,  sondern  er  wächst 
von  innen  nach  aufsen.  Alle  Profile,  welche  in  einem  und  demselben 
zur  Achse  concentrischen  Schnitte  liegen,  sind  congruent  und  diejenigen 
verschiedener  Schnitte  unter  sich  ähnlich.  Die  Aenderung  der  Zahn- 
form ist  auch  bei  Kegelrädern  eine  derartige,  dafs  das  ursprünglich 
constante  Umsetzungsverhältnifs  auf  die  Dauer  nicht  erhalten  bleibt;  es 
stellt  sich  wie  bei  den  Stirnrädern  ein  veränderliches  Umsetzungs- 
verhältnifs ein,  welches  periodisch  mit  der  Theilung  schwankt. 

Man  kann  nun  auch  bei  ihnen  zu  Stufen-  und  Winkelzähnen  ge- 
langen, indem  man  das  gegebene  Räderpaar  durch  Kugelflächen,  welche 
aus  dem  Schnittpunkte  der  Radachsen  beschrieben  werden,  zerschneidet 
und  die  gebildeten  Ringe  gegen  einander  verdreht.  Hält  man  dabei 
den  gleichen  Vorgang  ein,  wie  bei  Stirnrädern,  gibt  also  sämmtlichen 
Ringen  dieselbe  Breite  und  den  gleichen  Verdrehungswinkel,  so  sind 
die  Zähne  des  Stufenrades  nach  einer  Kegelschraubenlinie  von  con- 
stanter  Steigung  angeordet,  deren  Protection  senkrecht  zur  Radachse 
sich  als  archimedische  Spirale  ergibt.  In  dieser  Weise  sind  die  aus- 
geführten Stufen-  und  Winkelzähne  construirt. 

Die  Eigenschaft  der  richtigen  Bewegungsübertragung,  d.  h.  die  Er- 
zielung eines  dauernd  constanten  Umsetzungsverhältnisses,  wird  aber 
letzteren  nur  dann  zukommen,  wenn  die  abgenützten  Zähne  der  ein- 
zelnen Ringe  unter  einander  ähnlich  sind,  wie  sie  bei  Stirnrädern  con- 
gruent sein  mufsten.  Dies  wird  jedoch  bei  einer  Zahnform,  welche 
nach  einer  Kegelschraubenlinie  von  constanter  Steigung  gekrümmt  ist, 
nicht  erfüllt,  letztere  mufs  im  Gegentheile,  wie  ich  durch  besondere 
Untersuchungen  fand,  gegen  den  Schnittpunkt  der  Radachsen  hin  wachsen, 
indem  bei  gleichbleibendem  Verdrehungswinkel  die  Ringbreite  nach 
aufsen  hin  abnehmen  mufs. 

I  m  den  Seitendruck  aufzuheben,  der  hier  schief  zu  den  Radachsen 
(nach  der  Berührungslinie  der  beiden  Theilkegel)  gerichtet  ist,  werden 
auch  hier  die  Winkelzähne  aus  zwei  Hälften,  einer  rechts  und  links 
gewundenen,  zusammengesetzt,  wovon  die  äufsere  aus  dem  vorhin  an- 


Trockenofen  für  Gul'sformen.  565 

geführten  Grunde  eine  geringe  Breite  erhalten  soll.  Der  Sprung  ist 
gleich  der  Theilung  zu  nehmen. 

Während  aber  bei  den  Stirnrädern  die  zur  Erzielung  einer  rich- 
tigen Abnützung  nothwendige  Form  der  Zähne:  constante  Steigung  der 
Schraubenlinien  und  gleiche  Breite  beider  Radhälften  mit  voller  Be- 
stimmtheit angegeben  werden  kann,  ist  dies  bei  Kegelrädern  nicht  mehr 
der  Fall,  und  zwar  deshalb,  weil  das  Gesetz,  nach  welchem  der  ßreiten- 
druck  bei  geraden  einfachen  Zähnen  von  innen  nach  aufsen  zunimmt, 
kein  vollkommen  bestimmtes  und  mathematisch  darstellbares  ist.  Hin- 
gegen ist  es  bei  paralleler  Lage  der  Radachsen  von  vornherein  ohne 
weitere  Untersuchung  klar,  dafs  gleiche  Breiten  der  Eingriffslinie  des 
geraden  Zahnes  auch  gleiche  Drücke  übertragen. 

Bei  Kegelrädern  mit  Winkelzähnen  ist  es  unmöglich,  einem  Rade 
eine  geringe  Beweglichkeit  in  der  Richtung  des  Seitendruckes  zu  ge- 
währen, weil  letzterer  schief  gegen  beide  Radachsen  wirkt;  berück- 
sichtigt man  ferner  die  Unsicherheit,  welche  hinsichtlich  der  günstigen 
Zahnform  herrscht  und  die  schwierigere  Herstellung,  so  kann  wohl  aus- 
gesprochen werden,  dafs  die  Anwendung  der  Winkelzähne  bei  Kegel- 
rädern niemals  einen  so  guten  Gang  zur  Folge  haben  kann,  als  bei 
Stirnrädern. 

Trockenofen  für  Gnfsformen. 

Mit  Abbildung  auf  Tafel  28. 

Der  regulirbare  Trockenofen  der  Wilhelmshülte,  Actiengesellschaft  für 
Maschinenbau  und  Eisengiefserei  in  Waidenburg  (Schlesien),  verfolgt  den 
Zweck,  ein  gleichmäfsiges  Trocknen  aller  Arten  Formen  in  ihren 
sämmtlichen  Theilen  sowohl  an  festen  wie  an  veränderlichen  Stellen 
zu  bewirken,  die  Ausströmung  von  schädlichen  Gasen  in  den  Form- 
räumen zu  verhindern  und  einen  sparsamen  Verbrauch  an  Feuerungs- 
material durch  die  wirksame  Mischung  von  atmosphärischer  Luft  mit 
den  Heizgasen  zu  erzielen. 

Der  Trockenofen  (D.  R.  P.  Nr.  51214  vom  30.  Juni  1889),  Fig.  11 
Taf.  28,  dient  zum  Trocknen  von  Gufsformen  oder  Kernen  jeder  Art 
für  Giefsereizwecke  sowohl  in  der  Giefserei  selbst,  als  auch  in  den 
Trockenkammern  und  Trockenräumen  überhaupt,  ferner  zum  Trocknen 
von  Dauer-  und  Dachziegeln,  Thon-  und  Forzellanwaaren  sowie  ähn- 
lichen Gegenständen,  welche  auch  im  Winter  erzeugt  und  zum  Brennen 
vorbereitet  werden  können,  schliefslich  zum  Trocknen  von  Briquettes, 
Caolin,  Lehm,  Sand,  Erdarbeiten,  Malz-  u.  dgl.  Producten. 

Der  regulirbare  Trockenofen  ist  für  veränderlichen  oder  für  festen 
Standort  eingerichtet,  und  wird  mit  Rücksicht  für  den  zu  erfüllenden 
Zweck  in  verschiedenen  Gröfsen  ausgeführt.  Er  besteht  aus  einem 
runden  Blech-  (oder  gemauerten)  Mantel  a,  dem  schmiedeeisernen  (oder 


566  Charbonnaud's  Hahnsteuerung  an  Dampfmaschinen. 

gemauerten)  Boden  b.  An  dem  Mantel  o  wird  ein  mit  einer  oder  zwei 
regulirbaren  Klappen  c  versehenes  Rohr  rf,  durch  welches  die  kalte 
Luft  in  den  Apparat  gelangt,  angebracht.  In  der  Mitte  des  Apparates 
befinde!  sich  ein  Rohr  e  für  den  Abzug  der  heifeen  Luft.  Auf  dem 
Boden  steht  t-iti  mit  mehreren  Füfsen  versehener  Kost  träger,  während 
als  zweiter  Rostträger  das  Austrittsrohr  e  dient.  Zwischen  diesen 
beiden  Rost  trägem  liegt  der  vier-  oder  sechstheilig  mit  conischen 
Lochern  versehene  Rundrosl  <j.  Auf  dem  Rostträger  und  dem  Rohr  e 
werden  runde  Chamottesteine  bis  zur  entsprechenden  Höhe  aufgebaut. 
Der  Festigkeit  halber  wird  auf  das  Mauerwerk  je  ein  Gufsriug  gelegt. 
Dieser  sowohl  als  der  Rostträger  dienen  in  Folge  auf  denselben  schräg 
angegossener  Rippen  gleichzeitig  dazu,  der  zuströmenden  Luft  eine 
drehende  Bewegung  oberhalb  des  Koksfeuers  zu  geben.  Der  hohle 
Raum  zwischen  dem  Mantel  und  dem  Rost  wird  durch  den  Rostträger 
bezieh,  die  Blechsegmente  getheilt.  In  Folge  dessen  geht  der  Ober- 
wind um  das  Mauerwerk  oder  den  Rostträger  über  das  Koksfeuer,  wäh- 
rend der  Unterwind  durch  den  Rost  und  das  Koksfeuer  geleitet  wird. 
Die  Vereinigung  von  Unter-  und  Oberwind  geschieht  im  Austrittsrohr  e. 

Der  Ofen  erhält  einen  innen  mit  Chamotte  gefütterten  und  mit 
zwei  bezieh,  vier  Kokseinschüttöffnungen  versehenen  Bleckdeckel  m. 

Um  den  Ofen  in  Thätigkeit  zu  bringen,  mufs  derselbe  mit  einer 
zweckentsprechenden  Windleitung  in  Verbindung  gesetzt  werden.  Dies 
geschieht  am  vortheilhaftesten  mittels  Schläuche,  welche  von  einem 
Abzweigungsstutzen  der  Windleitung  ausgehen. 

Danach  wird  der  Apparat  auf  die  zu  trocknende  Form  gestellt, 
welche  entweder  mit  dem  eigenen  Oberkasten  oder  mittels  Bleche  ab- 
gedeckt wird.  Ist  dies  geschehen,  werden  die  Klappen  sowohl  von 
den  Abzweigungsstutzen  der  Leitung  als  auch  die  des  Eintrittsstutzens  d 
geöffnet,  regulirt  und  der  kalt  zugeblasene  Wind  wird  im  Apparat  nach 
Belieben  hoch  erhitzt  und  gelangt  in  diesem  Zustande  in  die  nasse  Form. 


Bahnsteuerung  an  Dampfmaschinen;    von  Charhonnaud 
in  Ivry-sur-Seine. 

Mit  Abbildungen. 

Die  Steuerung  besteht  nach  den  Bulletin  de  la  Societe  d'encouragement, 
1890  Bd.  5  S.  113,  entnommenen  Abbildungen  aus  einem  bronzenen, 
conisch  gestalteten  und  in  einer  gufseisernen  Büchse  B  liegenden  Hahn  A, 
welcher,  mit  entsprechenden  Aushöhlungen  a  versehen,  bei  seiner  durch 
ein  Excenter  hervorgerufenen  hin  und  her  schwingenden  Bewegung  den 
von  oben  durch  das  Ruhr  C  eintretenden  Dampf  in  je  einen  der  nach 
den  beiden  Cvlinderenden  führenden  Kanäle  E  eintreten  läfst  oder  aber 


Veith,  über  Erdöltrübung. 


567 


diese  letzteren  abwechselnd    mit  dem   Ausströmrohr  D  in    Verbindung 
bringt. 

Behufs  Entlastung  des  Hahnes  legt  sich  eine  mittels  Schrauben 
re<nilirbare  Flachfeder  f  auf  den  Kopf  des  Hahnschlüssels  und  um  die 
mit    Drehschiebern    verbundenen    Uebelstände,    welche    bei    einseitiger 


Kraftäufserung  des  mitnehmenden  Hebels  entstehen,  zu  umgehen,  hat 
Charbonnaud  an  Stelle  eines  einfachen,  einen  doppelarmigen  Hebel  F 
auf  der  Drehschieberstange  befestigt,  welcher  mit  einem  ebensolchen 
auf  der  vom  Excenter  bewegten  Welle  H  sitzenden  Hebel  G  durch 
zwei  mittels  Bolzen  c  angeschlossene  Stangeu  b  verbunden  ist. 

Die  Schmierung  erfolgt  von  einem  bei  R  befestigten  Behälter  aus 
durch  zwei  längs  der  Büchse  B  angebrachte  Kanäle  <?,  sowie  durch  in 
den  Hahn  schräg  eingebohrte  Oeffnungen  H. 


TJeber  Erdöltrübung;  von  Direktor  Dr.  Alexander  Veith. 

Manches  dem  Anscheine  nach  vollkommen  raffinirte  Erdöl,  das  nach 
der  Reinigung  wasserhell  erscheint  und  mit  dem  üblichen  Reactionsmittel 
behandelt,  sich  als  neutral  u.  s.  w.  erweist,  zeigt  nach  einiger  Zeit  und 
unter  besonderen  Bedingungen  eigenthümliche  Veränderungen.  Das  an- 
fänglich wasserhelle  Erdöl  verliert  allmählich  seinen  Glanz,  opalisirt,  als 
ob  es  Wasser  aufgenommen  hätte,  trübt  sich  stetig,  bis  es  nurmehr 
durchscheinend,  ja  in  starken  Schichten  ganz  undurchsichtig  wird.  Die 
Färbung,  die  das  Erdöl  dann  annimmt,  ist  ein  theilweise  durch  seine 
eigene  Farbe  beeinflufstes  Schmutzigweifs  bis  Gelbbraun.  Durch  diese 
Trübungserscheinungen,  die  an  und  für  sich  schon  sowohl  für  den  Pro- 
ducenten   als  auch   den  Consumenten   unangenehm   wirken   müssen,   da 


Veith,  über  Erdöltrübung. 

hierdurch  das  Aussehen  des  Erdöles  sehr  leidet,  treten  auch  Qualitäts- 
mangel auf.  Diese  opalisirenden  Erdülsorten  brennen  schlechter,  die 
Flamme  zuckt  und  raucht,  erlischt  in  vielen  Füllen,  wenn  der  Erdöl- 
behälter noch  mehr  als  halbgefüllt  ist.  Diese  Erscheinungen,  welche 
glücklicherweise  nur  vereinzelt  auftreten,  müssen  die  Aufmerksamkeit 
des  Chemikers  erregen,  um  so  mehr,  als  die  Bedingungen,  unter  denen 
sie  vorkommen,  nicht  immer  die  gleichen  sind.  Ehe  wir  an  die  Er- 
klärung dieser  Uebelstände  gehen,  und  die  Mittel  augeben  wollen,  mit 
denen  sie  sich  verhindern  lassen,  sei  noch  in  einigen  Worten  die  Dar- 
stellung und  Zusammensetzung  des  Erdöles  selbst  skizzirt. 

Das  Roherdöl,  amerikanischen,  kaukasischen,  galizischen  u.  s.  w.  Ur- 
sprunges, ist  ein  Gemenge  von  Kohlenwasserstoffen ;  während  die  Rohöle 
amerikanischen  Ursprunges  ihre  Hauptbestandteile  in  der  Fettreihe 
haben,  gehört  das  russische  Erdöl  seiner  Zusammensetzung  nach  mehr  der 
aromatischen,  speciell  der  Naphtenreihe  an.  Insgesammt  aber  enthalten 
sie  neben  Grenzkohlenwasserstoffen  noch  eine  Reihe  von  ungesättigten 
organischen  Verbindungen.  Die  Anwesenheit  dieser  und  gewisser  sauer- 
stolf haltiger  Kohlenwasserstoffe,  die  pyrogener  Natur  sind  und  als 
Spaltungsproducte  u.  dgl.  bei  der  Destillation  des  Roherdöles  entstehen, 
macht  in  erster  Linie  den  Prozefe  der  chemischen  Reinigung  nothwendig, 
denn  diese  geben  dem  destillirten  Erdöle  den  eigentümlich  unangenehmen 
Geruch,  verursachen  das  Nachdunkeln  der  Oele  und  beeinflussen  auch 
in  schädlicher  Weise  die  Brennkraft  des  Erdöles.  Durch  Behandlung 
mit  Schwefelsäure  —  dem  Hauptfactor  der  chemischen  Reinigung  — 
können  diese  ungesättigten  und  pyrogenen  Producte  zum  gröfsten  Theile 
entfernt  werden.  Die  Wirkung  der  Schwefelsäure  ist  hier  eine  theil- 
weise  auflösende,  indem  sie  mit  einein  Theile  der  Kohlenwasserstoffe 
Sulphonsäuren  bildet,  die  in  Erdöl  unlöslich  sind  und  sich  ausscheiden; 
gleichzeitig  wirkt  sie  oxydirend  und  ist  diese  Reaction  durch  das  Auf- 
treten von  schwefliger  Säure  erkennbar.  Je  höher  die  Temperatur  ist 
und  je  specilisch  schwerer  die  Oele  sind,  um  so  stärker  ist  die  Oxydation. 
Die  überschüssige  Schwefelsäure,  alle  mitgerissenen  Nebenbestandtheile 
des  Erdöles  werden  bei  der  Reinigung  abgezogen  und  die  zurück- 
bleibenden geringen  Mengen  von  Schwefel-  und  Sulphonsäure  mit 
Lauge  ausgewaschen. 

Dieser  Prozefs,  der  mit  geringen  Abweichungen  überall  gebräuch- 
lich ist,  ermöglicht  es,  ein  Erdöl  darzustellen,  welches  den  Handels- 
bedingungen vollkommen  entspricht.  Begreiflicherweise  decken  sich  die 
Interessen  des  Fabrikanten  mit  denen  des  Consumenten  nicht  vollkommen. 
Während  man  bestrebt  ist,  im  Betriebe  durch  Herabsetzung  des  Ge- 
brauches von  Chemikalien  u.  dgl.  die  Raffinirungskosten  bis  an  die  er- 
laubte Grenze  zu  vermindern,  wünscht  andererseits  der  Consument  — 
begünstigt  durch  die  mächtige  Concurrenz  —  qualitativ  tadellose  Waare 
•zu  erhalten.     Begreiflich  ist  es  daher,   dafs  die  Erdölsorten,   besonders 


Veith,  über  Erdöltrübung.  569 

aber  die  billigen,  mit  Bezug  auf  den  Grad  der  Entzündlichkeit,  der  Rei- 
nigung u.  s.  w.  sehr  viel  zu  wünschen  übrig  lassen.  Bei  Erzeugung 
mindervverthiger  Sorten  treten  in  vielen  Fällen  die  Anfangs  erwähnten 
Trübungserscheinungen  auf.  Es  mufste  sofort  das  Augenmerk  darauf 
gerichtet  werden,  die  Ursache  derselben  festzustellen  und  die  Be- 
dingungen, unter  denen  sie  sich  vermeiden  lassen.  Die  Trübung  zeigt 
sich  in  ganz  eigentümlicher  Weise:  wenn  eine  und  dieselbe  Partie  des 
Oeles  raftinirt  wird  und  ein  Theil  des  Erdöles  in  offenen  Reservoiren 
sich  befindet,  durch  Tage,  ja  Wochen  lagert  und  unter  dem  Einflüsse 
des  Sonnenlichtes  entweder  nachdunkelt  oder  auch  lichter  wird,  sonst 
aber  keine  wahrnehmbare  Veränderung  aufweist,  zeigt  ein  anderer  Theil 
desselben,  in  geschlossenen  Gefäfsen,  besonders  Fässern  u.  dgl.  schon 
nach  wenigen  Tagen  die  Erscheinung  der  Trübung,  welche  stetig  zu- 
nimmt. Werden  Fässer  mit  solchem  Inhalte  geöffnet,  so  genügt  schon 
der  Einflufs  der  Luft,  vielleicht  auch  des  Sonnenlichtes  (?),  um  dieses 
Oel  vollends  zu  klären.  Ein  Muster  solchen  Erdöles  zeigt  bei  Behand- 
lung mit  Schwefelsäure  von  1,5  spec.  Gew.  ganz  gute  Resultate,  indem 
es  farblos  bleibt  und  die  Säure  schwach  rosa  gefärbt  wird;  mit  Natron- 
lauge von  1,2  spec.  Gew.  behandelt  wird  letztere  schmutziggelb  oder 
wenigstens  strohgelb  gefärbt. 

Die  Ursachen  der  Trübung  festzustellen  ist  nicht  ganz  leicht.  Es 
wurde  anfänglich  der  Grund  in  dem  Leime,  der  zum  Dichtmachen 
der  Fässer  dient,  gesucht,  da  sich  derselbe  im  eventuell  mechanisch 
mitgerissenen  Wasser  löst  und  das  Erdöl  „leimtrübe1-'  macht.  Auf  diesen 
Uebelstand  konnte  jedoch  die  Trübung  nicht  zurückgeführt  werden, 
nachdem  vollkommen  getrocknete,  reine,  jedoch  ungeleimte  Fässer  die 
gleiche  Erscheinung  zeigten.  —  Das  Anfangs  klare,  später  aber  trübe 
Erdöl  erwies  sich  als  vollkommen  neutral;  Proben  mit  Wasser  ge- 
schüttelt liefsen  keinen  Bestandtheil  in  letzterem  erkennen,  der  eine  Er- 
klärung der  Trübungsursache  ergeben  hätte.  Erst  energische  Schüttelung 
mit  Natronlauge  und  die  Untersuchung  letzterer  konnte  eine  befriedigende 
Erklärung  und  die  Mittel  an  die  Hand  geben,  um  diesen  Uebelstand  zu 
vermeiden.  Mangel  an  Zeit  und  auch  die  Einrichtung  im  Laborato- 
rium selbst  machten  es  unmöglich,  eine  streng  wissenschaftliche  Lösung 
der  Frage  zu  geben. 

Ehe  die  Versuche  mit  Natronlauge  zu  Ende  geführt  wurden,  lag 
auch  die  Vermuthung  nahe,  dafs  die  Trübung  einzig  und  allein  auf  die 
Anwesenheit  von  sulphonsauren  Salzen  zurückzuführen  sei.  Das  trübe 
Erdöl  wurde  mit  Magnesiumoxyd,  das  schwefelsäurefrei  war,  geschüttelt 
und  erwärmt,  hierauf  filtrirt,  der  Niederschlag  getrocknet  und  ausgeglüht 
und  im  Glührückstande  mit  Hilfe  von  Salzsäure  und  Chlorbaryum  die 
Anwesenheit  von  Schwefelsäure  constatirt.  Hierdurch  war  die  an- 
scheinend richtigste  Lösung  der  Frage  gegeben,  nebenbei  wurde  noch 
Eisen  constatirt,  herrührend  von  dem  stark  eisenhaltigen  Waschwasser. 


570  \ 'i'itli,  über  Erdöltrübung. 

Die  Verwendung  von  schwachen  Sauren,  Herabsetzung  der  Tempe- 
ratur  als  naturgemäfse  Folgerung,  um  die  Bildung  von  Sulphonsäuren 
u.  b.  w.  zu  verhindern,  ergaben  aber  nicht  die  gewünschten  Resultate. 
Es  wurde  eine  Probe  mit  Natronlauge  geschüttelt  und  die  Lauge  mit 
Salzsäure  behandelt,  wobei  sich  bedeutende  Mengen  eines  flockigen, 
wiilsen  Niederschlages  ausschieden.  Hierdurch  wurde  die  Anwesenheit 
von  organischen  Sauren  aufs  klarste  festgestellt.  Ein  anderer  Theil  der 
Natronlauge  wurde  vorsichtig  bis  zur  neutralen  Reaction  mit  Säure, 
hierauf  mit  Baryumchlorid  behandelt,  es  bildete  sich  wiederum  ein 
flockiger  Niederschlag.  Dieser  wurde  wiederholt  decantirt,  bis  zur 
neutralen  Reaction  ausgewaschen  und  der  Niederschlag  geglüht.  Der- 
selbe entwickelte  brennbare  Gase  und  verbrannte  —  ein  Zeichen,  dafs 
hier  organische  Verbindungen  vorhanden  waren;  der  vollständig  aus- 
geglühte Rückstand  wurde  mit  Salzsäure  behandelt,  wobei  sich  ein  Theil 
unter  Brausen  löste,  ko/densaurer  Baryt  (der  sich  aus  den  organischen 
Salzen  bildete),  und  zurück  blieb  ein  in  Salzsäure  unlöslicher  Rück- 
stand von  schwefelsaurem  Barjum.  Hierdurch  erscheint  es  zur  Evidenz 
nachgewiesen,  dafs  die  Trübungsursache  nur  in  der  Bildung  und  in  dem 
Ausscheiden   von   organischen   und  sulphonsäuren  Salzen  zu  suchen  ist. 

Engler  l  gibt  an,  dafs  das  Erdöl  in  manchen  russischen  Raffinerien 
nach  dem  Säuern  direkt  mit  concentrirter  Lauge  und  mit  nichts  Weiterem 
behandelt  wird,  da  sonst  unangenehme  Trübungserscheinungen  aufzu- 
treten pflegen.  Vom  gleichen  Gesichtspunkte  ausgehend,  wurde  nun 
dazu  geschritten,  durch  die  richtige  Anwendung  von  Lauge  die  Trü- 
bungserscheinungen künftig  zu  vermeiden.  Die  Anwesenheit  von  reinen 
petrol-(kerosin-)sauren  Salzen  oder  zu  mindest  von  sauerstoffhaltigen 
Verbindungen  liefs  sich  schon  dadurch  nachweisen,  dafs  ein  Theil  der 
noch  nicht  mit  Chemikalien  behandelten  Destillate  mit  Natronlauge  von 
1,2  spec.  Gew.  versetzt,  letztere  schmutziggelb  färbte  und  sich  in  dieser, 
durch  Zusatz  von  Säuren,  organische  Säure  nachweisen  liefsen.  Das- 
selbe Destillat  nach  der  Zugabe  von  Chemikalien  abermals  in  ähnlicher 
Weise  behandelt,  zeigte  eine  Vermehrung  der  Säure  unter  dem  Einflüsse 
der  zur  Verwendung  gelangten  Schwefelsäure. 

In  der  Anwendung  der  Natronlauge  liegt  die  einzige  praktische 
Möglichkeit,  die  Trübungserscheinungen  gänzlich  aufzuheben  oder  auf 
ein  Minimum  zu  reduciren.  Der  zu  beschreibende  und  gleich  anfäng- 
lich durchgeführte  Prozefs  bestätigt  die  Richtigkeit  dieser  Annahme. 
Das  Destillat  wird,  ehe  man  es  mit  Säure  behandelt,  mit  einer  kleinen 
Menge  concentrirter  Natronlauge  (etwa  1  Proc.)  von  1,3  spec.  Gew. 
kräftig  und  andauernd  gemischt;  nach  mehrstündigem  Absetzen  der 
Natronlauge,  welche  nach  dem  Gebrauche  dunkelbrauu  und  theerig  ist, 
schreitet  mau   zur  Behandlung   mit  Säure.     Hierauf  werden  die  Säure- 


1  Erdöl  von   Baku. 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen.  571 

spuren  mit  grofsen  Wassermengen  ausgewaschen  und  schliefslich  wieder 
mit  einer  kleinen  Menge  concentrirter  Lauge  längere  Zeit  gemischt. 
Nach  dieser  Procedur  zeigt  eine  Portion  solchen  Erdöles  im  Laboratorium 
mit  Natronlauge  von  1,2  spec.  Gew.  geschüttelt  keine  Veränderung  der 
letzteren  und  schliefst  das  so  behandelte  Erdöl  keine  Gefahr  der  Trübung 
in  sich.  Ist  die  Lauge  genügend  abgesetzt,  so  können  die  letzten  Laugen- 
spuren gefahrlos  ausgewaschen  werden,  ohne  dafs  eine  Zersetzung  dieser 
Salze  zu  befürchten  wäre. 


Neue  Methoden  und  Apparate  für  chemisch-technische 
Untersuchungen. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  518  d.  Bd.) 
Mit  Abbildungen. 

„Ueber  den  Gebrauch  des  Cijankalium   bei   der  Bestimmung  von  Kupfer  in 

Erzen".,  nach  einer  Mittheilung  von  Geo  E.  R.  Ellis  in  The  Journal  of 

the  Society  of  Chemical  Industry,  1889  Bd.  8  S.  686. 

Verfasser  weist  durch  zahlreiche  Versuche  mit  eingestellten  Lösungen 
nach,  dafs  man  eine  Titration  des  Kupfers  mit  Cyankalium  nur  dann 
vornehmen  kann,  wenn  das  zu  untersuchende  Erz  weniger  als  5  Proc. 
Zink  enthält,  dafs  aber  bei  höherem  Gehalte  an  Zink  viel  mehr  Cyan- 
kalium verbraucht  wird  als  dem  Gehalt  an  Kupfer  entspricht,  und  dafs 
auch  der  UebergaDg  von  Hellblau  in  Dunkelviolett  in  diesem  Falle  nur 
langsam  sich  vollzieht. 

Eine  eingestellte  Kupferlösung  hält  sich  sehr  lange,  selbst  wenn 
sie  dem  Licht  ausgesetzt  ist,  dagegen  mufs  eine  Cyankaliumlösung 
wenigstens  jede  Woche  frisch  eingestellt  werden. 

Schnelle  Methode  zur  Bestimmung  von  Phosphor  in  Eisen  und  Stahl  (eine 
Modilication  der  Methode  von  Thos.  M.  Brown)-,  nach  einer  Mittheilung 
von  G.  L.  Norris,  Pencoyd  in  The  Journal  of  the  Franklin  Institute,  1890 

Bd.  129  S.  72. 
5?  Roheisen  oder  Stahl  werden  in  einem  Becherglase  mit  120cc  (bei 
Eisen)  oder  90cc  (bei  Stahl)  einer  Salpetersäure  von  1,135  spec.  Gew. 
übergössen  und  auf  einer  eisernen  Platte  erhitzt,  bis  jede  weitere  Ein- 
wirkung aufhört  und  die  Lösung  zu  kochen  beginnt.  Zu  der  kochenden 
Lösung  werden  dann  20cc  einer  0,8procentigen  Permanganatlösung  zu- 
gefügt und  die  Lösung  noch  einige  Minuten  im  Sieden  erhalten,  wobei 
eine  Fällung  von  Mangansuperoxyd  entstehen  mufs,  wenn  man  sicher 
sein  will,  dafs  der  Phosphor  gänzlich  oxydirt  ist.  Alsdann  wird  ein 
kleines   Stückchen   Weinsäure    zugefügt    und    wenige    Minuten    erhitzt, 


572  Neue  Methoden  für  chemisch-technische  l'ntersuchungen. 

damit  das  Mangansuperoxyd  wieder  in  Lü.sung  geht.  Nun  gibt  man 
die  Lösung  in  einen  Rundkolben  (500«)  (bei  Roheisen  jedoch  wird  auf 
100  aufgefüllt  und  80°  dea  vom  Graphit  befreiten  Filtrate  verwendet), 
i,i  Salpetersäure  il.i  Bpec.  Gew.)  zugefügt,  mit  Molybdänlösung  ver- 
setzt und  wie  gewöhnlich  weiter  verfahren.  Bei  Erzen  mit  hohem 
Phosphorgehall  nimmt  man  nur  18,25  mit  60«»  der  Säure  in  Arbeit.  Die 
zahlreich  angeführten  Analysen  Btimmen  gut  überein. 

Werthbettimmung  der  Farbftolzextracte. 

In  einem  Artikel  „Fiber  Farbholzextractfabrikation-  in  Chemiker- 
Zeitung,  1890  Bd.  14  Nr.  54  S.  887,  erwähnt  C.  Feuerlein  des  Umstandes, 
dafs  bis  heute  keine  sicheren  Methoden  zur  Werthbestimmung  von  Farb- 
holzextracten existiren;  in  Nr.  58  derselben  Zeitung,  S.  961,  bringt  nun 
L.  Schreiner  Angaben  für  Analysen  von  Farbholzextracten,  welche  wir 
hier  folgen  lassen : 

Zur  Feststellung  des  Werthes  von  Farbholzextracten  hält  Schreiner 
folgende  Bestimmungen  für  uoth wendig:  1)  Gehalt  an  Farbstoffen,  2)  Zu- 
satz von  Färb-  und  Gerbstoffen,  3)  Zusatz  von  Beschwerungsmitteln, 
4)  Fermentation  und  Reaction. 

Schreiner  verfährt  nach  folgender  Methode:  Nach  dem  Extrahiren 
von  508  gemahlenem  Farbholz  im  Extractionsapparat  (Der  Gerber,  1887), 
Auffüllen  zum  Liter  und  Filtration  wird  ein  Theil  des  Filtrates  in  einem 
besonderen  Filtrirapparat  (Der  Gerber,  1887)  über  Hautpulver,  das  von 
feinster  Qualität  und  wolliger  Form  sein  mufs,  laufen  gelassen.  Von 
dem  farblosen  Filtrate  und  von  der  ursprünglichen  Lösung  werden  je 
100cc  auf  dem  Wasserbad  eingedampft  und  im  Luftbad  bis  zum  con- 
stanten  Gewicht  getrocknet.  Die  Gewichtsdifferenz  gibt  den  Gehalt  an 
Farbstoffen.  Für  Extracte  soll  die  Lösung  in  l1  etwa  10s  Trocken- 
substanz enthalten  und  dieselbe  bei  50°  C.  liltrirt  werden,  wenn  nöthig 
unter  Zusatz  von  Kaolin.  Zur  Bestimmung  des  Wassers  sind  1  bis  2s 
im  Platingefäfs  zu  trocknen  und  zwecks  Ascheubestimmung  (mineralische 
Bestand th eile)  in  dem  Gefäfse  zu  glühen. 

Das  Unlösliche  ergibt  sich  aus  der  Differenz  zwischen  Trocken- 
substanz  und  der  Summe  der  Farbstoffe  und  Nichtfarbstoffe  (dem  Lös- 
lichen). Die  gefundenen  mineralischen  Substanzen  sind  von  den  Nicht- 
farbstoffen  abzuziehen. 

Je  gröfser  der  Gehalt  an  Nichtfarbstoffen  (speciell  in  der  Woll- 
färberei  Dicht  zu  übersehen),  desto  leichtere  und  gründlichere  B'ermen- 
tation,  da  diese  Substanzen  unter  theilweiser  Bildung  flüchtiger  Producte 
den  Fermentationsprozefs  bedingen. 

Neutrale  Losungen  n<>h  Blauholzextracten  sind  tiefroth,  alkalische 
blauroth  und  saure  bei  uufermentirten  hellgelb,  bei  fermentirten  orange- 
gelb. 

Enthalten  Extracte  Gerbstoff,  so  reagiren  sie  sauer.    Während  die 


Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen. 


natürlich  sauren  Extracte  beim  Verdünnen  mit  kalkhaltigem  Wasser 
oder  beim  Schütteln  und  Erwärmen  mit  wenig  Calciumcarbonat  sofort 
roth  werden,  zeigen  dieses  Verhalten  die  unter  Druck  hergestellten 
nicht.  Mit  Zinnchlorid,  bei  etwa  0,5°  Be.  starker  Extractlösung  und 
gleichen  nicht  überschüssigen  Zusätzen  von  Zinnchlorid,  fällt  bei  fermen- 
tirten  Extracten  ein  duukelbrauner,  bei  unfermentirten  ein  hellvioletter, 
bei  gerbstoffhaltigen  ein  schmutziger,  oft  gelber  Niederschlag. 

Zur  Feststellung  von  Gerbstoffzusatz  setzt  man  zu  einer  Lösung 
von  5s  Trockensubstanz  in  l1  V3  des  Volumens  an  gelbem  Schwefel- 
ammonium, wobei  bei  reinen  Extracten  unter  Dunkelwerden  der  Lösung 
ein  schwacher,  brauner,  flockiger  Niederschlag,  bei  gerbstoffhaltigen 
unter  Hellfärbung  ein  dichter  hellgrauer,  milchiger  Niederschlag  ent- 
steht.    (Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  14  Nr.  58  S.  961.) 

Schnelle  Bestimmung  der  Chloride  in  Weinen. 
Hierfür  empfiehlt  L.  Roos  folgende  Methode: 

Zur  Bestimmung  der  Chloride  in  Roth-  oder 
Weifsweinen  verwendet  man  genau  auf  einander 

eingestellte  l7: -Lösungen    von    Silbernitrat    und 
°  10  ° 

Ferrocyankalium.   Zu  20cc  Wein  wird  ein  Ueber- 

schufs   der  Silbernitratlösung    gegeben,    worauf 

man    allmählich    Ferrocyankalium    zufügt    und 

hierbei  von  Zeit  zu  Zeit   mittels  der  Flüssigkeit 

einen  Fleck   auf  Berzelius-Fapiev  macht  und  zu 

demselben  einen  Tropfen  Ferrosulfatlösung  gibt. 

Das  Ferrosalz  ist  vortheilhafter,  weil  auf  diese 

Weise    die   Schwarzfärbung    von   Ferrisalz    mit 

dem  Gerbstoffe  der  Weine  vermieden  wird.    Der 

Fleck   bleibt   roth,   so  lange    kein  Ferrocyanid 

überschüssig   vorhanden  ist,   und   wird  deutlich 

blau,    sobald    die    Sättigung    überschritten    ist. 

Aus  der  verbrauchten  Menge  Ferrocyanidlösung 

berechnet  sich  leicht  die  mit  den  Chloriden   in 

Reaction  getretene  Menge  Silbernitrat.     (Journ. 

Pharm.  Chim.,  1890  5.  Ser.  Bd.  21  S.  416,  nach 

Chemiker- Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  137.) 

Vorrichtung  zur  Bestimmung  des  Fettgehaltes 
der  Milch. 
Die  in  nebenstehender  Fig.  17  abgebildete 
Vorrichtung  besteht  in  eiuem  einer  Handspritze 
ähnlichen  Glasgetäfs,  in  welches  die  Milch,  so- 
wie Chemikalien  in  bestimmten  Raumtheilen 
eingesaugt  werden,  worauf  behufs  Abscheidung 


574  Kleinere  Mittheilungen. 

des  Fett-  und  Buttergehaltes  dei  Milch  die  Flüssigkeiten  durch  Schütteln 
gemiM-hi  werden.  Nachdem  die  Butter  Bich  auf  d^v  Oberfläche  der 
Flüssigkeil  gesammelt  li.u.  befördert  man  erstere  durch  Einschieben 
des  Kolbens  <i  in  die  Mefsröhre  //  und  bestimmt  in  letzterer  die  Höhe 
der  Fettsäule  mittels  einer Scala  (D.R.P.  Nr.  50988  vom  31.  März  1889. 
Sil»  Gustaf  Knut  Busberg,  Arboga,  Schweden). 

Fettbestimmung  in  <ler  Milch.  In  Uebereinstimmung  mit  A.  W.  Stokes 
{Chemical  News,  1889  Bd.  60  8.  214)  erhält  auch  St.  Bodzynski  (Landw. 
Jahrb.  der  Schweiz,  1889  durch  Chemiker-Zeitung,  1890  Bd.  14  S.  20) 
gute  Resultate  nach  dem  von  W.  Sehmid  in  der  Zeitschrift  für  analytische 
Chemie,  1888  Bd.  27  S.  464,  vorgeschlagenen  Verfahren  zur  Fett- 
beatimmung  in  Milch,  Kahm  u.  s.  w.  Bodzynski  benutzt  dazu  den  in 
Fig.  18  abgebildeten  einfachen  Apparat: 

In  die  Kugel  a  werden  10s  Milch  gegeben  und  10cc  kaltgesättigter 
Salzsäure  zugesetzt,  worauf  man  über  freiem  Feuer  erhitzt.  Die  Flüssig- 
keit kommt  in  ruhiges  Sieden,  ohne  aufzusohäumen;  die  kugelförmige 
Erweiterung  c  wirkt  als  Schutzraum  dagegen.  Nachdem  sich  die  an- 
fangs ausgeschiedenen  Eiweifsstoffe  wieder  vollständig  gelöst  haben, 
kühlt  man  die  Lösung  unter  einem  Wasserstrome  auf  etwa  40°  C.  ab, 
versetzt  mit  mindestens  30cc  Aether,  schüttelt  tüchtig  durch  und  läfst 
bei  Zimmertemperatur  oder  besser  in  einem  Wasserbade  bei  40°  C. 
15  bis  20  Minuten  stehen.  Die  Milch-Salzsäurelösung  steht  jetzt  über 
den  Theilstrich  24  der  Scala  b.  Der  Schaum,  der  sich  an  der  Grenze 
beider  Flüssigkeiten  ansammelt,  setzt  sich,  wenn  Röhre  b  nicht  zu  eng 
ist,  rasch  ab.  Nun  wird  die  Menge  der  Aetherfettlösung  an  der  Scala  b 
und  d  genau  abgelesen,  davon  20cc  in  ein  tarirtes  Kölbchen  gegeben, 
der  Aether  verdunstet  und  das  zurückgebliebene  Fett  getrocknet  und 
gewogen. 


Einfache  Methode  zur  Erkennung  von  Silber  bei  Gegenwart  von  Blei. 
Dm  mm-  dem  Löthrohr  erhaltene  Rietallkorn  wird  in  mäfsig  verdünnter 
Salpetersäure  gelöst,  die  Lösung  mit  kohlensaurem  Natron  aahezu  neutralisirt 
und  in  dieselbe  ein  Streifen  Zinkblech  und  ein  Streifen  Kupferblech  ein- 
geführt. Das  Blei  scheidet  sich  dann  auf  dem  Zink  aus.  während  das  Silber 
auf  dem  Kupfer  niedergeschlagen  wird,  um  dasselbe  nun  als  Silber  zu  er- 
kennen, wird  der  Kupferstreifen  für  einen  Augenblick  in  eine  mäfsig  con- 
centrirte  Salpetersäure  und  dann  in  eine  Caliumchromatlösung  getaucht  wor- 
auf bei  Gegenwart  ron  Silber,  sich  Boforl  die  röthlichbraune  Färbung  be- 
merkbar  macht.  [Nach  einer  Mittheilung  von  Alexander  Johnstone  in  The 
Chemical  .Wir.*.   1889  Bd.  60  8.3090  W.  M. 

Wirkung  von  Thon  auf  industrielle  Abwässer. 

./.  dt  Motlins  machte  die  Beobachtung,  dafs.  wenn  man  Thon  zu  Seifen- 
wasM  ich  derselbe,    ohne  die  Flüssigkeit   zo    klären,   auf  dem  Boden 

absetzt.    Ersetzt   man  jedoch  das  Seifenwasser  durch  eine  Emulsion  von  Fett- 

en  (etwas  Seife  in  Wasser  gelöst  mit  einigen  Tropfen  Salzsäure   versetzt) 

and  fügt  dann  zu  der   milchwelfsen   Emulsi stwas  Thonmilch  (1  bis  '1  auf 

1   Mille  Thon),  so   bildet  sieh  nnter  Klärung  der  Flüssigkeit  ein  voluminöser 


Kleinere  Mitteilungen.  575 

Niederschlag.  Dadurch  ist  der  Vorgang  erklärt,  der  sich  beim  Behandeln  der 
beim  Kämmen  der  Wolle  abfallenden  sauren  Abwässer  mit  Thon  vollzieht. 
Das  Abwasser  bildet  eine  Emulsion  von  0,5  bis  0k,8  Fettkörper  auf  lcbm^  die 
sich  bei  Zusatz  von  lg  blauem  Thon  (mit  15  bis  20  Proc.  Wasser)  in  Flocken 
mit  demselben  abscheiden,  während  die  Flüssigkeit  klar  und  goldgelb  wird. 
Aufser  dem  suspendirten  Fettkörper  finden  sich  im  Niederschlag  viel  stickstoff- 
haltige Körper.  Er  wiegt  (bei  1000  getrocknet)  1.5  bis  lg,7  und  enthält 
30  Proc.  durch  Schwefelkohlenstoff  extrahirbare  Körper.  Ist  diese  Extraction 
zu  beschwerlich,  so  liefse  sich  der  Niederschlag  zur  Leuchtgasfabrikation  ver- 
wenden. Die  vom  Fett  befreite  Masse  enthält  noch  etwa  1,19  Proc.  Stickstoff, 
und  ist  es  dieser,  der  die  fäulnifsfähigen  Stoffe  bildet.  (Chemiker-Zeituny, 
1890  Bd.  14  Nr.  4,  Repertorium  S.  22.) 

Volumetrische  Bestimmung  von  Gerbstoff  in  Weinen. 

L.  Rovs,  Cutton  und  Giraud  benutzen  zum  Ausfällen  des  Gerbstoffes  im 
Wein  eine  lOproc.  Weinsäurelösung,  die  mit  Ammoniak  bis  zur  schwach 
alkalischen  Reaction  versetzt  ist,  worauf  sie  dann  eine  Lösung  von  neutralem 
Bleiacetat  zugeben,  bis  der  gebildete  Niederschlag  sich  nicht  mehr  in  der  Flüssig- 
keit lost.  Zur  Einstellung  setzt  man  zu  25cc  Tanninlösung  (5S  auf  1')  4  bis 
5  Tropfen  Ammoniak  und  läfst  je  etwa  2cc  Bleilösung  zufliefsen,  bis  ein 
Tropfen  der  Flüssigkeit  auf  ungeleimtem  Papier  beim  Zusammentreffen  mit 
einem  Tropfen  Schwefelnatriumlösung  keine  Braunfärbung  mehr  zeigt.  Bei 
der  Untersuchung  des  Weines  verfährt  man  ebenso.  Die  im  Wein  vorhan- 
denen Sulfate,  Tartrate  u.  s.  w.  werden  nicht  mitgefällt.  (Chemiker-Zeitung, 
1890  Bd.  14,  Repertorium  S.  41,  nach  Journ.  Pharm.  Chim.,  1890  5.  Ser.  21.  59.) 

Entdeckung  und  Bestimmung  von  Erdöl  im  Terpentinöl. 

W,  H.  Burton  läfst  das  zu  untersuchende  Oel  aus  einem  Hahntrichter  zum 
dreifachen  Volumen  rauchender  Salpetersäure  fliefsen.  Dieselbe  befindet  sich 
in  einem  gekühlten  Kolben  mit  Rücktlufskühler.  Nach  der  Reaction  gibt  man 
den  Inhalt  in  einen  Scheidelrichter,  wäscht  so  lange  mit  heifsem  Wasser,  bis 
die  Oxydationsproducte  der  Terpene  entfernt  sind,  trennt  das  unangegriffene 
Erdöl  und  wägt  dasselbe.  (Berichte  der  Deutschen  chemischen  Gesellschaft,  1890 
Bd.  23  Nr.  9,  Referate  S.  360  nach  Americ.  Chem.  Journ.  12.  102.) 

Colloidale  Cellulose. 

Unter  diesem  Namen  wird  in  der  Papier  zeit  ung ,  1890  Nr.  33  S.  778,  nach 
französischer  Quelle  eine  Substanz  beschrieben,  welche  man  durch  Tränken 
von  getrockneter  Cellulose  mit  Schwefelsäure  von  50°  B.  erhält.  Diese  col- 
loidale Cellulose  ist  eine  gelatinöse,  durchscheinende  Masse,  welche  ihre  Be- 
schaffenheit unbeschränkte  Zeit  bewahrt,  selbst  bei  Gegenwart  eines  Säure- 
überschusses, wenn  keine  Erwärmung  stattfindet.  Bei  100°  geht  die  Umwandlung 
in  Dextrin  sehr  rasch  vor  sich.  Die  colloidale  Cellulose  wird  mit  Wasser  und 
Weingeist  von  der  Säure  befreit  und  bei  niederer  Temperatur  getrocknet. 
Mit  Wasser  gibt  sie  dann  eine  milchähnliche  Flüssigkeit,  die  leicht  filtrirt 
werden  kann  und  selbst  bei  mehrtägigem  Stehen  nichts  absetzt.  Durch  Kochen 
wird  die  Flüssigkeit  nicht  verändert.  Die  colloidale  Cellulose  ist  in  heifsem 
Wasser  etwas  leichter  löslich  als  in  kaltem.  In  durchfallendem  Licht  erscheint 
die  Lösung  orangegelb;  in  10cm  dichter  Schicht  dreht  sie  etwa  3/4ü  nach  rechts. 
Durch  Zusatz  von  sehr  kleinen  Mengen  fremder  Stoffe,  wie  Schwefelsäure, 
Salpetersäure,  Kochsalz,  Bleiacetat  und  gröfserer  Mengen  Alkohol  wird  die 
Lösung  gefällt;  Kupferlösung  wird  durch  sie  nicht  reducirt,  durch  Jod  wird 
sie  nicht  gefärbt.  Durch  Eintrocknen  der  Lösung  erhält  man  glänzende  Haut  - 
eben,  die  in  Wasser  aufquellen  und  sich  darin  auflösen.  Durch  Eintauchen 
in  Schwefelsäure  von  600  (oder  auch  55°  bei  längerer  Einwirkung)  wird  die 
colloidale  Cellulose  in  wenigen  Augenblicken  in  Wasser  unlöslich ;  gleichzeitig 
wird  hierbei  etwas  Dextrin  gebildet.  Die  gut  getrocknete  colloidale  Cellulose 
verwandelt  sich  unter  denselben  Bedingungen  wie  gewöhnliche  Cellulose  in 
Nitrocellulose,  sie  bewahrt  dabei  fast  dasselbe  Aussehen  und  wird  nur  etwas 
weniger  durchsichtig. 


576  Bücher- Anzeigen. 

Die  Eigenschaften  der  colloidalen  Cellulose  erklären  verschiedene  Ura- 
Bt&nde  der  Pergamentpapier-Fabrikation.  Gewisse  dünne  Pergamentpapiere 
geben  an  kochendes  Wasser  colloidale  Cellulose  ab,  während  die  starken 
Sorten  bei  gleicher  Behandlung  nicht  angegriffen  werden;  ohne  Zweifel  wurde 
bei  der  Bereitung  der  letzteren  eine  concentrirtere  Saure  verwendet,  wodurch 
die  anfänglich  gebildete  colloidale  Cellulose  in  unlösliche  Cellulose  verwandelt 
wurde.  Pergamentpapier  Btelll  gewissermafBen  ein  Gewebe  von  gewöhnlicher 
Cellulose  dar.  dessen  Poren  mit  colloidaler  Cellulose  angefüllt  sind.  Man 
kann  dies  leicht  dadurch  beweisen,  dafs  man  gewöhnliches  Filtrirpapier  auf 
beiden  Seiten  mit  colloidaler  Cellulose  bestreicht,  langsam  trocknet  und  dann 
durk  Zinkwalzen  Batinirt.  Man  erhalt  dann  ein  dem  satinirten  Pergament- 
papier  ganz  ähnliches  Erzeugnifs. 


Bücher-Anzeigen, 

Dr.  J.  Frick'a  Physikalische  Technik  speciell  Anleitung  zur  Ausführung 
physikalischer  Demonstrationen  und  zur  Herstellung  von  physi- 
kalischen Demonstrations- Apparaten  mit  möglichst  einfachen  Mitteln. 
Sechste  Auflage  von  Dr.  0.  Lehmann.  Erster  Band.  Braunschweig. 
Verlag  von  Vieweg  und  Sohn.     725  S.     15  Mk. 

In  der  Vorrede  gibt  der  Verfasser  als  Zweck  des  Buches  an  „einerseits 
Anleitung  zur  Anstellung  physikalischer  Versuche  zu  geben  und  alle  die  Um- 
Btände  aufzuzählen,  welche  das  Gelingen  derselben  sichern,  sowie  dasjenige 
zu  erörtern,  was  bei  Anschaffung  und  der  Behandlung  der  Apparate  zu  be- 
rücksichtigen ist;  andererseits  soll  Anleitung  gegeben  werden,  die  meisten 
Apparate  auf  billige  und  zweckmäfsige  Weise  herzustellen."  Dafs  dies  Ziel 
erreicht  ist,  ist  von  den  hervorragendsten  Fachleuten  anerkannt.  Der  vor- 
liegende erste  Band  enthält  die  Behandlung  der  Apparate  im  Allgemeinen, 
Apparate  für  das  Gleichgewicht  der  Kräfte,  für  die  Wärme,  die  Dynamik  und 
Thermodynamik. 

Encyklopädie  des   gesammten  Eisenbahnwesens  von   Roll.    II.  Band. 

Betrieb  bis  Deutsche  Eisenbahnen.  Wien.  Verlag  von  C.  Gerold"s  Sohn. 

Das  Werk  schreitet  in  anerkennenswerther  Weise  fort  und  erfüllt  die 
Erwartungen,  die  wir  nach  der  Erscheinung  des  ersten  Bandes  (1890  275  48) 
liegen  durften,  in  vollem  Mafse.  Von  den  wichtigen  Schlagwörtern  des  vor- 
liegenden Bandes  führen  wir  an:  Betrieb,  Billet,  Block,  Brücke,  Bremse, 
Dampfmaschinen,  -kessel. 

Die  Königlich  Württemhergischen  Staatseisenhahnen.  Rückschau  auf 
deren  Erbauung  während  der  Jahre  1835 — 1889  unter  Berücksich- 
tigung ihrer  geschichtlichen,  technischen  und  finanziellen  Momente 
und  Ergebnisse.  Dargestellt  von  G.  v.  Morlock,  Oberbaurath  und 
Baudirektor  in  Stuttgart.  Mit  55  Illustrationen  und  1  Uebersichts- 
karte.     Deutsche  Verlagsanstalt  1890.     235  S.     10  Mk. 

Werk  enthält  eine  übersichtliche  Darstellung  des  einschlägigen  Stoffes, 
unter  Vermeidung    weitschweifigen    Aktenmateriales.     Da  dem    Verfasser  die 
amtlichen  Unterlagen,  insbesondere  auch  für  den  finanziellen  Theil  zuo-äno-lich 
waren.  BO  hat   das   Werk  den   Von  heil,  nur  zuverlässige  Angaben  zu  bringen. 
Werk    ist   als  geschichtlicher  Rückblick   und   als  Anhalt  für  weitere  An- 
gleich empfehlenswert!!. 


3er  J  ß,  f'otta'si'heti  Bur-lihnnillunc  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stattgart. 


Neuere  Ofeneinrichtungen  der  Actiengesellschaft  für  Glasindustrie.      577 

Neuere  Ofeneinrichtungen  der  Actiengesellschaft  für  Glas- 
industrie, vorm.  Friedr.  Siemens  in  Dresden. 

Mit  Abbildungen  auf  Tafel  30. 

Zwei  lothrechte,  neben  einander  liegende  Brennschächte  Sch{  und  Sch2 
(Fig.  1  und  2)  münden  oben  in  eine  gemeinsame  Brennkammer  Ä,  in 
welcher  die  Verbrennung  des  zwischen  beiden  Schächten  im  Gaskanale  g 
zugeführten  Heizgases  in  vollkommenster  Weise  erfolgen  kann.  In 
diese  Brennkammer  münden  auch  die  Aufgabethüren  A^  A2  für  frisches 
Brenngut  (Kalk,  Granit,  Cement)  ein.  Das  gare  Brenngut  wird  durch 
die  am  unteren  Ende  der  Schächte  befindlichen  Abzugsthüren  Z{  Z2  ab- 
gezogen. 

Auf  gleicher  Höhe  mit  denselben  sind  die  Kanäle  Kx  K2  angeordnet, 
welche  abwechselnd  Brennluft  zu-  oder  Verbrennungsgase  durch  eine 
Wechselklappe  W  (Fig.  3)  abführen,  welche  die  entsprechende  Verbin- 
dung des  einen  Schachtes  mit  der  Aufsenluft  —  also  die  Zuführung  der 
Verbrennungsluft  —  und  des  anderen  mit  der  Abzugsesse  E  —  also 
Abführung  der  Verbrennungsgase  —  in  geeigneter  Weise  vermittelt.  Die 
Vorgänge  bei  dem  Betriebe  eines  solchen  Zwillings-Schachtofens  ver- 
laufen folgendermafsen :  Angenommen,  der  Ofen  sei  regelmäfsig  be- 
schickt, die  zuletzt  aufgegebene  Beschickung  befindet  sich  im  Schachte  Schi 
und  Aufgabe-,  sowie  Abzugsthüren  seien  geschlossen,  so  wird  die  Brenn- 
luft, durch  die  Wechselklappe  W  eintretend,  durch  die  Kanäle  K{  nach 
dem  Schachte  Sch^  strömen,  hier  im  heifsen  Brenngute  aufsteigen,  dieses 
abkühlen,  sich  selbst  aber  erhitzen  und  in  der  Brennkammer  B  mit 
dem  durch  den  Gaskanal  g  zuströmenden  Brenngase  die  Heizflamme 
entwickeln.  Diese  wird  durch  die  mittels  eines  Essenschiebers  regelbare 
Zugwirkung  der  Esse  E  nach  dem  Schachte  Sch2  abgezogen.  Die  heifsen 
Verbrennungsgase  bewirken,  abwärts  sich  bewegend,  den  Garbrand  des 
Brenngutes,  kühlen  sich  dabei  ab,  verlassen  den  Schacht  Sch2  durch  die 
Kanäle  K2  und  gelangen  durch  die  Wechselklappe  W  nach  dem  Schorn- 
steine E.  Es  würde  nun  nach  dem  Garbrande  der  Beschickung  des 
Schachtes  Sch2  die  Abzugsthür  Zi  geöffnet  und  fertiges  Brenngut  aus- 
gezogen. Während  des  Ziehens  würde  die  Brennluft  auf  dem  kürzesten 
Wege,  nämlich  durch  die  Thüre  Zn  also  nicht  durch  die  Wechsel- 
klappe W^  einströmen,  immerhin  aber  den  richtigen  Weg  durch  den 
Schacht  Sch\  aufwärts  nehmen.  Nach  vollendetem  Ziehen  würde  die 
Beschickung  von  ScAj  durch  Av  zu  erfolgen  haben.  Wenn  das  Feuer 
durch  Sek,  abzieht,  so  würde,  bei  übrigens  unveränderter  Stellung  des 
Essenschiebers  und  der  Wechselklappe,  bei  dem  Oeffnen  von  Ax  ein 
Austreten  von  heifser,  in  Sch{  aufsteigender  Luft  stattfinden,  das  aber 
verhindert  werden  kann  durch  Schliefsung  des  Luftzutrittes  zur  Wechsel- 
klappe  fT,  so  lange  die  Thüre  Ax  geöffnet  bleibt.    Wird  der  Luftzutritt 

Dingler's  poljrt.  Journal  Bd. 277  Nr.  13   1890,111.  37 


-,;.      \,       e  Ofeneinrichtungen  der  AotiengesellBchaft  für  Glasindustrie. 

eh  W  abgeschlossen,  so  erfolgt  ein  Einziehen  von  Luft  durch  At,  welche 
die  Verbrennung  des  Gases  in  B  bewirkt.  Die  Flamme  und  die  Ver- 
brennungagase  ziehen  in  gleicher  Richtung  durch  Sek,  abwärts,  wie 
vorher.  Mit  Sehluffi  von  .4,  und  Oeflhung  der  Luftzuströmung  zu  W 
kommt  der  Ofen  wieder  in  denjenigen  Zustand,  von  welchem  bei  Be- 
BChreibung  der  Vorgänge  während  des  Betriebes  ausgegangen  ist.  Mit 
Umlegen  der  Wechselklappe  kehren  sich  die  Vorgänge  im  Ofen  in  be- 
kannt, -r  Weise  um.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dafs  man  mehrere 
solche  Zwillings-8chachtöfen  durch  Vermittelung  nur  einer  Wechsel- 
klappe und  eines  Schornsteinee  betreibt  oder  dieselben  unter  den  oben 
genannten  Verhältnissen  zu  einem  Ofen  mit  gemeinsamem  Flammen- 
entwickelungsraume  vereinigt  (vgl.  D.  K.  P.  Nr.  52  207  vom  29.  Oktober 

Die  Hauptvortheile  dieses  ununterbrochen  arbeitenden  Zwilling- 
Bchachtofens  mit  Regenerativgasfeuerung  und  Friedr.  Siemens  scher  freier 
Flammenentfaltung  sollen  hauptsächlich  in  gleichmäfsiger  Beschaffenheit 
des  garen  Brenngutes  liegen,  da  durch  die  abwärts  gerichtete  Heizflamme 
und  die  Vorwärmung  der  aufwärts  strömenden  Brennluft  sehr  hohe 
Temperaturen  erzeugt  werden  können. 

Eine  andere  Ofeneinrichtung  (D.  R.  P.  Nr.  50917  vom  3.  September 
1889).  bei  welcher  ebenfalls  das  sogen.  Friedr.  Siemens' 'sehe  Heizver- 
lähren mit  freier  Flammenentfaltung  zur  Anwendung  kommt,  ist  in  den 
Fi°\  4  und  5  zur  Darstellung  gebracht.  Es  ist  ein  Zinkdestillirofen 
belgischer  Art  mit  Siemens  scher  Regenerativgasfeuerung.  Die  Destillir- 
rohre  D{  D,  sind  in  von  einander  getrennten  Gruppen  angeordnet. 
Zwischen  denselben  befinden  sich,  in  der  Ofensohle  liegend,  die  Gas- 
und  Luft  fuchse  g  und  /,  auf  der  entgegengesetzten  Ofenseite  die  Abzüge. 
Es  kann  sich  die  Verbrennung,  unbehindert  durch  feste  Körper,  in  einem 
freien  Räume  in  vollkommenster  Weise  vollziehen.  Die  senkrechte 
Flammenbahn  liegt  also  in  dem  freien  Räume  zwischen  den  einzelnen 
Rohrgruppen  G{  G2  G3  .  .  .  . 

Die  Feuerung  kann  auch  mit  constanter  Flamme,  also  ohne  Zug- 
wechsel  erfolgen,  nur  müssen  dann  in  der  Gruppirung  der  Rohre  die- 
jenigen Aenderungen  gegenüber  der  dargestellten  Ausführungsform  ge- 
trotl'en  werden,  welche  der  jeweiligen  Entwicklung,  Form  und  Bahn 
der  Beizflamme  angemessene  Räume  zu  vollständiger  Verbrennung  frei- 
lassen. 

Auch  für  direkte  Befeuerung  von  Ziuköfen  belgischer  Art  mit 
festem  Brennstoffe  werden  durch  eine  solche  Gruppirung  der  Rohre  Vor- 
theile  zu  erzielen  sein,  um  so  mehr,  als  in  diesem  Falle  die  Zugverhält- 
oisse  ungünstigere,   zur  Bildung  von  Stichflamme  leichter  Veranlassung 

ade  sind.  ;ils  bei  Gasfeuerung. 

Bei  den  jetzt  in  Gebrauch  befindlichen  Glühöfen  werden  durch  die 
Bewegungsmechanismem,    welche    notwendiger    Weise    auch    in    dem 


Neuere  Ofeneinrichtungen  der  Actiengesellschaft  für  Glasindustrie.      579 

heifsesten  Theile  des  Ofens  vorhanden  sein  müssen,  Uebelstände  hervor- 
gerufen. Dieselben  bestehen  vorzugsweise  in  erheblichen  Wärmever- 
lusten, welche  durch  die  mit  aufzuheizenden  todten  Massen  des  Trans- 
portmittels bedingt  werden,  sodann  auch  in  der  Bewegung  eines  gegenüber 
dem  Gewichte  des  Glühgutes  zumeist  sehr  beträchtlichen  todten  Ge- 
wichtes und  in  der  schnellen  Abnutzung  der  die  Bewegung  der  Glüh- 
gefäfse  vermittelnden  Mechanismen.  Die  Beseitigung  wird  nach  dem 
D.  R.  P.  Nr.  52862,  welches  vom  11.  November  1889  ab  gültig  ist,  da- 
durch erreicht,  dafs  die  Glühgefäfse  in  eine  Form  gebracht  werden, 
welche  deren  selbsthätiges,  durch  die  Schwerkraft  bewirktes  Abrollen 
auf  der  geneigten  Ofensohle  gestattet.  Der  Ofen  selbst  (Fig.  6  und  7) 
bildet  einen  langen,  geradlinigen  Kanal  mit  geneigter  Sohle  JE,  an  deren 
oberem  oder  hohem  Ende  die  Aufgabestelle  A  für  die  gefüllten  Glüh- 
töpfe  G{  G2  •  •  •  •,  auf  deren  unterem  oder  niederem  Ende  die  Entleerungs- 
stellen N  sich  befinden. 

Der  Aufgabestelle  zunächst  liegt  die  Feuerung,  welche  durch  die 
aus  den  Flammenfüchsen  F  austretenden  Heizflammen  die  erforderliche 
Erhitzung  bewirkt.  An  die  Feuerung  schliefst  sich  der  Kühlkanal,  in 
welchem  die  langsame  Abkühlung  der  Glühgefäfse  und  ihres  Inhaltes 
sich  vollzieht,  so  dafs  dieselben,  an  der  Entleerungsstelle  genügend  ab- 
gekühlt, dem  Ofen  entnommen  werden  können.  Für  den  dargestellten 
Ofen  ist  Gasfeuerung  gewählt  worden.  Die  Gasflamme  bildet  sich  also 
in  den  Flammenfüchsen  Ft  F2  .  .  .,  wo  das  Heizgas  mit  der  Brennluft, 
welche  man  z.  B.  auch  an  den  zu  kühlenden  Glühgefäfsen  vorwärmen 
könnte,  zusammentrifft.  Den  Abzug  der  Verbrennungsgase  vermittelt 
der  mit  einem  Schornsteine  verbundene  Essenkanal  Seh,  dessen  Abzüge 
man  entsprechend  den  jeweiligen  Anforderungen,  welche  hinsichtlich 
schnellerer  oder  langsamerer  Anwärmung  und  Abkühlung  gestellt  werden, 
in  dem  Kanäle  vertheilt.  Auch  kann  die  Vertheilung  der  Wärme  in 
der  Längsrichtung  des  Ofens  durch  aufgehängte  pendelnde  Bleche  P 
im  Kanäle  je  nach  Bedürfnifs  wirksam  beeinflufst  werden.  Die  Glüh- 
töpfe G{  G2  .  .  .  selbst  sind  als  Kreiscylinder  ausgeführt  und  rollen  auf 
der  geneigten  Ofensohle  E  nach  abwärts.  In  dieser  letzteren  ist  eine 
Aussparung  vorgesehen,  in  welche  die  Schornsteinabzüge  münden  und 
welche  eine  ausgiebigere  Rundbewegung  der  Heizgase  um  die  Glüh- 
gefäfse zuläfst.  Es  lassen  sich  eine  ganze  Reihe  von  Abrollungs-  bezieh. 
Führungsarten  construiren,  je  nach  der  gegenseitigen  Gestaltung  der 
Abwickelungsfläche  auf  dem  Glühgefäfse  und  dem  Profile  der  Herdsohle. 
Hat  man  aus  gewissen  Rücksichten  eckige  Glühgefäfse  zu  verwenden, 
so  können  dieselben  mit  kreisrunden  Laufflächen  versehen  werden,  ent- 
weder fest  an  dem  Glühgefäfse  angebracht  oder  nur  für  die  Dauer  des 
Ofendurchganges  aufgesteckt.  Letztere  Art  der  Ausbildung  der  Glüh- 
gefäfse würde  auch  ein  Richten  solcher  Laufringe,  im  Falle  ein  Ver- 
ziehen derselben  im  Ofen  stattgefunden  hat,  ermöglichen. 


580  Neues  von  der  Druckluft. 

Durch  die  Anwendung  der  Friedr.  Siemens sehen  freien  Flammen- 
tiitialtung  kann  die  Heizung  des  Ofens  mit  Gas  in  sachgemäfsester 
Weise  und  unter  gröfstmöglicher  Schonung  der  Glühgefäfse  bewirkt 
«rerden. 

Der  Vereehlufe  der  Aufgabe-  und  Entnahmestellen  wird  durch  dicht- 
BOhlie&ende  eiserne  Thüren  bewirkt.  Die  Entnahmestelle  ist  derart 
eingerichtet,  dafs  das  letzte  oder  die  beiden  letzten  Gefäfse  an  eine  in 
entgegengesetzter  Richtung  und  steiler  als  die  Ofensohle  ansteigende 
schiefe  Ebene  (Fig.  6)  sich  stützen.  Wenn  nun  das  letzte  Gefäfs  heraus- 
gehoben wird,  so  findet  ein  selbsthätiges  Nachrollen  der  im  Ofen  be- 
findlichen Glühgefäfse  statt,  und  ein  Platz  an  der  Aufgabestelle  für  ein 
frisch  einzubringendes  Glühgefäfs  wird  frei.  W.  K. 


Neues  von  der  Druckluft. 

(Schlufs  des  Berichtes  S.  509  d.  Bd.) 

Die  von  Prof.  Iladinger  in  Paris  angestellten  Versuche  haben  gezeigt,  dafs 
ein  ökonomischer  Betrieb  nur  durch  Anwendung  stärkerer  Expansion  und 
Vorwärmung  der  Luft  sowie  Vermischung  derselben  mit  Wasserdämpfen  zu 
erreichen  ist.  Andererseits  lassen  sich  in  Bezug  auf  die  Herstellung  der 
I.uftmotoren  und  ihrer  Vorwärmöfen  wesentliche  Vortheile  erreichen,  wenn 
man  beide  nach  Art  der  Kleindampfmaschine  zu  einem  Ganzen  vereinigt. 
Deshalb  stehen  Motor  und  Ofen  auf  derselben  Grundplatte.  Der  Ofen  enthält 
ein  doppelspiralförmig  gewundenes  Heizrohr,  welches  von  der  Druckluft 
durchströmt  wird.  Die  Heizgase  steigen  in  dem  durch  die  Heizschlange  ge- 
bildeten Cylinder  in  die  Höhe  und  ziehen  dann  aufsen  auf  spiralförmig  ge- 
wundenem Wege  um  denselben  herum  nach  der  Esse;  hierbei  gerathen  sie 
durch  eingesetzte  Rippen  in  Wirbelungen ,  wodurch  sie  genöthigt  werden,  in 
kräftigerer  Weise,  als  es  ohne  diese  der  Fall  wäre,  ihre  Wärme  an  die  Heiz- 
fläche abzugeben.  Die  Abluft  vom  Motor  geht  in  die  Esse  und  facht  hier 
wie  das  Blasrohr  der  Locomotive  den  Zug  an.  Die  Anfachung  ist  desto 
stärker,  je  mehr  Luft  verbraucht  wird,  also  auch  abbläst.  In  Folge  dessen 
wird  auch  mehr  Wärme  im  Ofen  gebildet  und  umgekehrt.  Es  entsteht  also 
auf  diese  Weise  eine  selbsthätige  Regulirung. 

Als  Motor  ist  eine  Maschine  mit  Schwungradregulator  und  Hahnsteuerung 
nach  dem  pstentirten  System  Dörfel-Pröll  in  Aussicht  genommen.  Dieselbe 
arbeitet  bereits  in  zahlreichen  Exemplaren  höchst  ökonomisch  mit  gröfserer 
Geschwindigkeit  (200  bis  300  Umgänge  in  der  Minute)  und  zeichnet  sich  durch 
grol'se  Kinfarhheit  in  allen  ihren  Theilen  aus.  Die  dem  System  eigentüm- 
liche grofse  Oekonomie,  Ruhe  des  Ganges  und  exaete  Regulirung  ist  eine 
Folge  der  unmittelbaren  Verstellung  der  Expansion  durch  den  Regulator  und 
Bildung  sehr  starker  Compression,  wodurch  der  Eintlufs  des  schädlichen 
Raumes  fast  vollständig  ausgeglichen  wird.  Dieselbe  würde  bei  Verwendung 
des  Systems  für  I.iiftmasehinen  insofern  noch  sehr  nützlich  sein,  als  die  da- 
durch erzeugte  Warme  nicht  verloren  gehen,  sondern  bei  der  darauf  folgenden 
Luftfüllung  and  Expansion  entsprechende  Verwerthung  finden  würde.  Aus 
diesen  Gründen  darf  bei  angemessener  Vorwärmung  und  Wassereinspritzung 
der  Luftvarbraueh  bei  .Maschinen  dieses  Systems  zu  etwa  10  bis  12cbm  für 
die  indicirte  Pferdekraft  und  Stunde  angenommen  werden. 

Die  Berechnung  der  erforderlichen  Druckluft  zum  Betriebe  eines  Luft- 
motora  von  /..  n.  n>  [ndidrten  Pferdestärken  mit  Vorwärmung  und  Wasser- 
einspritzung  and  der  hierzu  aöthigen  Wasser-  und  Kohlenmenge  läfsl  sich  in 
folgender  Weise  anstellen. 


Neues  von  der  Druckluft.  581 

Nehmen  wir  an,  dai's  die  auf  1700  erhitzte,  von  6  auf  4at  Ueberdruck 
durch  ein  Reductionsventil  heruntergedrosselte  Luft  unvermischt  mit  Wasser- 
dampf auf  das  fünffache  Volumen   expandirt,  l  —  =  51,   so  folgt  die  absolute 

Endtemperatur  T(T=273-M  für  t  in  Graden  nach  Celsius)  am  Ende  der 
Expansion,  falls  weder  Wärme  zu  noch  ab  geführt  wird  (adiabatische  Zu- 
standsänderung)  und  im  vorliegenden  Falle  wieder  r(  das  Anfangs-,  r  das 
Endvolumen  bedeutet,  aus  der  Gleichung 

Tt       /v\*  —  1        1,41-1 

=  5  =  1,93, 


T-\vJ 


273  +  170  =  193      T==230, 

also  t  =  230  —  273  =  —  43. 

lk   expandirte    Luft   würde    hiernach    mit    Berücksichtigung    der   specifischen 

Wärme  bei  constantem  Druck  cp  =  0,237 

1 .  0,237  .  (170  +  43)  =  50,5 
Oalorien  Wärme  weniger  haben,  als  lk  der  aus  dem  Vorwärmofen  der  Ma- 
schine zugeführten  Luft.  Es  erscheint  nun  zweckmäfsig,  so  viel  Wasserdampf 
der  Luft  zuzuführen,  dafs  die  Auspufftemperatur  700  beträgt.  Es  ermöglicht 
uns  dies  auch  den  Vergleich  mit  einem  Radinger' sehen  Versuch,  bei  welchem 
die  Luft  die  angenommenen  Temperaturen  hatte.  Hiernach  würde  folgen, 
dafs  der  Dampf  an  lk  Luft 

(70  +  43)  .  0,237  =  26,78  Cal. 
abgeben  mufs. 

lk  Dampf  von  5at  absoluter  Spannung    enthält  652  Cal.  Gesammtwärme, 
also   ist    die  von  lk  Dampf  durch  Condensation   zu  erhaltende  Wärmemenge 

652  —  100  =  552  Cal.  und  für  lk  Luft  müssen  — ^-  =  0,0485k  Wasser  im  Ofen 

ooZ 

verdampft  werden. 

Aus  den  Temperaturen 

T=273+    70  =  343, 

Tj  =  273  +  170  =  443, 


und  dem  Werthe  —  =  5 

folgt  nach  der  Gleichung 

Ii-(lY-'    ^-5*-1 

T~\V        '    343 
und  hieraus  x  =  1,158. 

Es  ist    bekanntlich   die    Gleichung   der  Expansionsarbeit,    wenn    sie    die 
Temperaturen  enthält: 

^-^rr^-^j-^riv1-^- 

Es  folgt  somit  (x  =  1,158  und  -=- gesetzt,  Cylinderdurchmesser  d  und 
Kolbenhub  l  in  Meter): 

r  d'*7l  l       _ 

Die    Volldruckarbeit   ist  Lj  =  Plr,  =  7  .  10334  .  -  =  7  .  10334  .  -j-  -.     Die 

Gegendruckarbeit  mit  starker  Compression  ist  I*i  =  1,2  .  10334  .  —r-l.     Da  nun 
die  indicirte  Arbeit  L  =  L0  +  Lt  —  L2  istt  so  folg*  '■ 

L=10334frZ|ö^58-5!-°^6  +  5!-1^i^ 

L-  10334  ^J.  2,2. 
4  1 


582  Neues  von  der  Druckluft. 

Wenn   der  Luftmotor  10  Lndicirte  11'  entwickelt,    wobei  n  =  200  Touren 
in   der  .Minute  sein  soll,  so  folgt   L  für  den  Hub, 

l„.73.ÜO  = 

200  . 2 
1>  ergibt  sich  also  die  Gleichung: 

112,5  =  10334  2ä  .  2,2 


und  bei  l  =  =  d 


d$7i    3 
112,5  =  10331  — — - -  .  2,2, 


=r; 


2,2, 


11)334  .  3,14 
d  =  0m,160,  l  =  0m,240. 
Wir  nehmen  an,  dafs  durch  eine  bis  zum  Admissionsdruck  reichende  Corn- 
pression  der  schädliche  Raum  vollständig  ausgeglichen  wird,  und  unter  dieser 
Voraussetzung  die  berechneten  theoretischen  Werthe  unmittelbar  für  die  Praxis 
verwerthbar  sind.  Es  folgt  dann  das  Volumen  Luft  und  Dampf,  welches  die 
Maschine  für  den  Hub  verbraucht,  zu 

*£{  =  0,0201.^^0,000965, 
4    a  D 

also   stündlich  =  0,000965.^^|^  ^2301^1   von   1700  Temperatur   und  5at 

absolutem  Druck. 

Das  Gewicht  dieses  Gemisches  ist  angenähert  gleich  demjenigen  reiner  Luft, 
weil  der  Betrag  an  Dampf  sehr  gering  ist  (etwa  5  Proc).    Es  berechnet  sich 

sonach  das  Gewicht  G  nach  der  Gleichung  G  =  0,034165  y ,  worin  p  die  ab- 
solute Spannung  des  Gemisches  in  Kilo  für  lqm:  V  das  berechnete  Volumen 
in  Cubikmetern  und  T  die  absolute  Temperatur  =  273  +  170  =  443  ist.  Wir 
erhalten  also 

.      0,034165  .  5  .  10334  .  23,1        .  OA 

G  = gg-  -=9^20. 

Hierin  stecken  noch  9,20  .  0,0485  =  0^,44  Dampf.  Das  Gewicht  der  pro  ff  » 
und  Stunde  verbrauchten  Druckluft  berechnet  sich  also  zu  9,20  —  0,44  =  8^,76, 
welche  bezogen  auf  atmosphärische  Pressung  und  eine  Rohrtemperatur  von 
10°  ein  Volumen  von 

GT 
'  0,034165  .  p  ~  0,034165  . 1 .  10334 
einnimmt. 

Radinger  hai  bei  l.ui'tmaschinen  in  Paris,  die  mit  demselben  Anfangsdruck 
und  denselben  Temperaturen  arbeiteten,  wie  in  der  Rechnung  vorausgesetzt, 
für  die  stündliche  Pferdekraft  einen  Luftverbrauch  von  14,8  bezieh.  14cbm  er- 
mittelt.  Es  bestand  also  hier  noch  ein  bedeutender  Verlust,  der  wahrschein- 
lich seinen  Grund  in  einer  mangelhaften  Ausführung  der  Maschinen,  gerin- 
geren Expansion  u.  s.  w.  gehabt  hat.  Neueren  Nachrichten  zufolge  sollen 
Versuche  mit  besseren  Maschinen  ein  wesentlich  günstigeres  Ergebnifs  gehabt 
und  auf  einen  Verbrauch  von  lOcbm  pro  ffi  und  Stunde  geführt  haben,  was 
von  unserem  berechneten  theoretischen  Grenzwerth  schon  nicht  mehr  so 
sehr  abweicht. 

Erlährungsgemäl's  verbrauchen  kleine  rotirende  Motoren  sehr  viel  Luft, 
wie-  die  Untersuchungen  von  Prof.  Radinger  gezeigt  haben,  bis  60  oder  70cbm 
für  die  Stunde  und  gebremste  Pferdestärke;  dieses  Ergebnils  steht  in  Ueber- 
einstimmung  mit  diu  schlechten  Erfahrungen,  die  man  auch  im  Dampf- 
maschinenban  mit  roürenden  Maschinen  gemacht  hat.  Pröll  wählte  daher 
auch  für  die  Entwickelung  kleinerer  Kräfte  eine  Kolbenmaschine  eigenartiger 
Construction,    bei    der    ebenfalls  ein  sparsamer  Betrieb  zu  erwarten  ist.     Der 


tri                      8,76.283  „„.       „. 

v _ 2 =  7  04  -^  7cbm 


Neues  von  der  Druckluft.  583 

Motor  besteht  aus  einer  einfach  wirkenden  Woolf  sehen  Maschine  mit  zwei 
Cylindern.  Die  hin  und  her  gehende  Bewegung  der  ein  zusammenhängendes 
Stück  bildenden  Kolben  wird  durch  eine  Kreuzschleife  oder  auch  durch  eine 
Schubkurbel  in  eine  rotirende  umgesetzt.  Das  Gehäuse,  in  welchem  sich 
diese  befindet,  ist  zweitheilig  und  keinem  Drucke  ausgesetzt.  Die  seitlich 
heraustretende  Welle  trägt  einerseits  ein  Schwungrad  mit  Riemen  oder  Seil- 
trieb, andererseits  ist  dieselbe  mit  einem  excentrischen  Zapfen  versehen,  der 
einen  Schieber  bewegt,  wodurch  der  Zu-  und  Abgang  der  Luft  nach  und  von 
beiden  Cylindern  gesteuert  wird.  Die  Luft  strömt  zunächst  in  den  oberen 
Hochdruekeylinder,  um  dann  im  unteren  Niederdruckcylinder  durch  Expansion 
zu   wirken. 

Unter  dem  Boden  des  Niederdruekeylinders,  wo  die  mit  der  Expansion 
verbundene  Kältebildung  hauptsächlich  vor  sich  geht,  befindet  sich  eine  Heiz- 
quelle, bestellend  in  einer  Gasflamme  mit  Luftzutritt  nach  Wobbe  scher  Con- 
struction  zur  Erlangung  gröl'ster  Heizkraft.  Um  den  Heizherd  läuft  ein  Kanal, 
den  die  Druckluft  durchströmt,  bevor  sie  in  den  oberen  kleineren  Cylinder 
gelangt.  Sie  nimmt  dabei  eine  gewisse  Menge  Wärme  auf,  welche  gestattet, 
sie  bereits  im  kleinen  Cylinder  durch  frühzeitigeren  Abschlufs  etwas  expan- 
diren  zu  lassen,  worauf  sie  dann  in  den  grofsen  Cylinder  tritt,  um  hier  weiter 
zu  expandiren.  Ein  Federregulator  verstellt  ein  Regulirventil,  welches  den 
Zutritt  der  Druckluft  beherrscht.  Aufserdem  verstellt  derselbe  einen  Regulir- 
hahn  im  Zuleitungsrohre  der  Gasflamme,  da  bei  gröfserer  Belastung  des 
Motors  und  dementsprechend  gröl'serem  Verbrauche  von  Druckluft  auch  die 
Gasheizung  stärker  werden  mufs  und  umgekehrt.  Es  wird  auf  diese  Weise 
nicht  mehr  Gas  verbraucht,  als  dem  jeweiligen  Belastungszustande  des  Gas- 
motors entspricht. 

Vorstehend  beschriebener  Motor  ist  zur  Entwickelung  von  1/4  bis  2  rP 
bestimmt. 

Nehmen  wir  an,  dafs  derselbe  mit  3at  Ueberdruck  und  dreifacher  Ex- 
pansion arbeitet  und  die  Anfangstemperatur  der  Luft  160°  beträgt,  so  berechnet 
sich  bei  Annahme  eines  Exponentialwerthes  x  =  1,41  die  Temperatur  der  Aus- 
puff luft  zu  4°,  sie  liegt  also  noch  genügend  hoch  über  Null. 

Läl'st  man  diese  Kaltluft  im  Sommer  in  den  Raum  strömen,  in  welchem 
sich  die  Arbeiter  aufhalten,  so  würde  beispielsweise  in  einer  Werkstatt  von 
5m  Tiefe,  3^5  Höhe  und  15m  Länge,  in  der  sechs  Mann  bequem  arbeiten 
können,  die  Lufttemperatur  um  4  bis  5°  herabgezogen  werden,  was  zum  Wohl- 
befinden der  Arbeiter  in  heifsen  Sommertagen  wesentlich  beitragen  würde, 
zum  Mindesten  wohl  ebenso  viel,  als  eine  Erwärmung  des  Raumes  im  Winter 
um  denselben  Betrag. 

Die  Luftcompressoren  drücken  die  verdichtete  Luft  in  fünf  Windkessel 
von  je  13m  Länge  und  2m,5  Durchmesser.  Aus  diesen  gelangt  sie  in  die  Rohr- 
leitung, welche  bis  zur  ersten  Verbrauchsstelle  500mm  Durchmesser  hat.  Bei 
der  früher  berechneten  Luftmenge  ergibt  sieb  hierbei  während  des  stärksten 
Betriebes  eine  Geschwindigkeit  der  Luft  von  llm,5  in  der  Secunde.  Zufolge 
der  in  Paris  angestellten  Beobachtungen  ist  hierbei  selbst  auf  gröfsere  Längen 
hin  ein  erheblicher  Druckverlust  durch  Reibung  oder  Undichtigkeit  (gute  Con- 
struetion  und  Ausführung  selbstverständlich  vorausgesetzt)  nicht  zu  befürchten. 
Nach  Darcy  (vgl.  Reuleaux's  Constructeur  4.  Auflage,  S.  999),  ebenso  nach  Weiß- 
bach, ergibt  sich  bei  der  angeführten  Geschwindigkeit  und  3km  Rohrlänge 
höchstens  ein  Druckverlust  von  lat.  Da  derselbe  aber  proportional  dem 
Quadrate  der  Geschwindigkeit  ist,  so  wird  bei  geringerem  Betriebe,  also  wäh- 
rend des  gröfsten  Theiles  des  Tages,  ein  viel  geringerer  Druckverlust  auf- 
treten, was  durch  die  Beobachtungen  in  Paris  auch  bestätigt  wird.  Der  Haupt- 
strang  der  Rohrleitung,  welcher  doppelt  ist,  hat  Sicherheitsvorrichtungen  gegen 
das  plötzliche  Entweichen  einer  gröfseren  Luftmenge,  falls  an  irgend  einer 
Stelle  ein  Bruch  eintreten  sollte. 

Der  verhältnifsmäfsig  geringe  Verlust,  welcher  zwischen  der  Arbeit  in  der 
Centralstation  und  derjenigen  vom  Luftmotor  ausgegebenen  besteht,  und  der 
nach  Riedler  bei  vorstehend  beschriebener  als  rationell  angelegt  zu  betrachtender 
Anlage  durch  die  Vorwärmung  der  Luft  vollständig  ausgeglichen  werden  kann, 


Neues  von  der  Druckluft. 


rechtfertigt  In  jeder  Beziehung  die  Anlagen  elektrischer  Centralen  und  deren 
Betrieb  durch  Druckluft.  Der  Wegfall  hoher  Schornsteine,  jeder  Rauch-  und 
Rufsbelastigung,  die  Möglichkeit,  die  Luftmaschinen  ebenso  geräuschlos  und 
sparsam  arbeiten  BÖ  lassen,  als  gut  ausgeführte  Dampfmaschinen,  sie  überall 
leicht  aufstellen  zu  können,  wo  nur  die  Rohrleitung  hingelegt  werden  kann, 
und  die  Thatsache,  dafs  man  nicht  wie  beim  Betriebe  von  Condensations- 
maechinen  an  das  Vorhandensein  genügender  Wassermassen  zum  Betriebe 
der   Condensation   gebunden   ist,    gewährt  grofse  Vorzüge   vor   dem  Betriebe 

I  »ampfanlagen  im  Weichbilde  der  Stadt,  falls  solche  überhaupt  zugelassen 
werden. 

Es  möge  eine  elektrische  Centrale  für  600  effective  Pferdestärken  ange- 
nommen werden,  bestehend  aus  drei  Zwillingsmaschinen.  Die  Admissions- 
spannung  der  Druckluft  betrage  6<it.  Um  bei  einer  so  grofsen  Kraftanlage 
auch  die  Vorwärmapparate  der  Luft  zu  sparen,  welche  schon  eine  beträcht- 
liche Heiziläche  erhalten  müfsten,  wird  nach  der  Idee  des  Betriebsingenieurs 
Fitchinger  der  Firma  0.  L.  Kummer  und  Co.  eine  Vereinigung  von  Luftmaschine 
und  Gasmaschine  beabsichtigt.  Erstere  zeigt  in  Bezug  auf  Temperaturverände- 
rungen  das  entgegengesetzte  Verhalten  wie  letztere.  Während  bei  der  Gas- 
maschine in  Folge  der  im  Cylinder  stattfindenden  Gasexplosion  eine  grofse 
Verbrennungswärme  frei  wird,  welche  durch  intensive  Kühlung  des  Cylinders 
beseitigt  werden  mufs,  macht  die  Kältebildung  bei  der  Expansion  der  Druck- 
luft eine  Vorwärmung  derselben  nöthig.  Durch  die  Vereinigung  beider  Ma- 
schinenarten und  eine  entsprechende  Leitung  der  Druckluft  bezieh.  Verwendung 
der  Verbrennungsproducte  der  Gasmaschine  kann  der  gröl'ste  Theil  der  jetzt 
bei  der  Gasmaschine  verloren  gehenden  Wärmemenge  für  den  Arbeitsprozefs 
der  Druckluftmaschine  nutzbar  gemacht  werden.  Durch  die  Construction  wird 
die  Vorwärmung  der  Luft  in  die  Maschine  verlegt.  Es  bedarf  also  keiner 
Heizanlage,  und  die  damit  verbundenen  Uebelstände  kommen  vollständig  in 
Wegfall. 

Für  den  Gascylinder  ist  das  System  Benz  gewählt,  weil  dasselbe  im  Zwei- 
takt arbeitet  und  aufserdem  die  hierzu  erforderliche  Druckluft  unmittelbar 
zur  Verfügung  gestellt  werden  kann.  Di%  Arbeit  im  Zweitact  verleiht  der 
Haschine  auch  eine  gröfsere  Gleichförmigkeit  im  Gange. 

Slaby  fand  in  einer  Gasmaschine  von  4,46  tPe  =  5,11  rPj : 


Bezeichnung  der  Wärmemengen. 

Calorien 

In 

Procenten 

Nach  Ver- 
suchen von 
Brooks  und 
Sfeiourd  in 
Procenten 

1)  Gesammte  durch  Verbrennung  von  2ebm.)02 
Gas  freigewordene  Wärme 

9847 

100 

100 

2)  In  indicirte  Arbeit  umgesetzte  Wärme  .     . 

:'.  i  Vom  Kühlwasser  absorbirte  Wärme  .     .    . 

4)  .Mit  den  Verbrennungsproducten  abgehende 

Warme 

1626 
5041 

3183 

16,6 
50,1 

33,3 

17 
52 

31 

Sa. 

9850 

100.0 

100 

In  der  Druckluft  stecken  bei  Annahme  eines  Verbrauches  von  14cbm  pro  HP» 
und  Stunde,  wobei  wir  nach  den  vorherigen  Berechnungen  sehr  sicher  gehen 
and  hu-  allein  auf  die  Versuche  mit  unvollkommenen  Maschinen  in  Paris 
stützen  (lcbm-ik:27)  1600  Anfangstemperatur  cp  =  0,237. 

14.1.27.0,237.1600    =674  Cal. 
In  der  Abluft  von  2",  14.1,27.0,237.2  .     .     .     ^      TfCälT 
Verlust  durch  Strahlung   und  Undichtigkeiten  35     „ 

.......  ,  75.60.60 

In  indicirte  Arbeit  umgesetzt 


428 


.   —  <;30   „ 

Sa.     (574  Cal. 


Neues  von  der  Druckluft.  585 

Nach  den  Versuchen   von  Slaby   kommen  auf  eine   indicirte  Pferdestärke 

der  Gasmaschine   an  Wärme,  umgesetzt  in   indicirte  Arbeit:  -r-pj-  =  318  Cal. 

und  von  Kühlwasser  absorbirte  und  in  den  Verbrennungsproducten  enthaltene 
Wärme : 

5041  -f-  3183       ._..   _  , 

-^ -^-1610  Cal. 

5,11 

Für  die  Erwärmung  der  Druckluft  von  ICK1  im  Roln*e  auf  160°  in  der  Ma- 
schine sind  14.1,27.0,237(160  — 10)  =  632  Cal.  nöthig.  Wenn  Luft  von  1600 
ohne  Zu-  und  Abfuhr  von  Wärme  (adiabatisch)  auf  das  fünffache  Volumen 
expandirt,  so  ergibt  sich  nach  der  schon  früher  benutzten  Formel: 


^(^y-^sa.-^i,^ 


woraus 

T—-—  -223 

und  die  Endtemperatur 

t  =  223  —  273  =  —  500  folgt. 

Damit  dieselbe  nur  2°  betrage,  müssen  also  während  der  Expansion 
50+2  =  520  zugeführt  werden,  also  im  Ganzen  14 .1,27 . 0,237  (150+52)^851  Cal. 

Dies  bezieht  sich  auf  1  EP;. 

1  BPi  der  Gasmaschine  liefert  1610  Cal.  für  die  Vorwärmung  der  Druck- 
luft (welchen  Werth  wir  allerdings,  da  in  ihm  die  sonst  vom  Kühlwasser  und 
in   den  Abgasen   enthaltene  Wärme   steckt,   als  Maximalwerth   zu   betrachten 

haben) ,  also  kommt  auf  1  BPi  der  Luftmaschine  — •  =  0,528  EPj  der  Gas- 
maschine, welchen  Werth  wir  mit  Rücksicht  auf  gewisse  unvermeidliche  Ver- 
luste nach  unten  auf  0,5  abrunden. 

120  EPj  der  combinirten  Maschine  setzen  sich  somit  zusammen  aus 
80  ffi  von  Druckluft 
und  40  EPi  von  Gas. 

Hiernach  besteht  folgende  Wärmebilanz  pro  EP;: 

Verausgabte    Wärmemenge. 

1)  In  indicirte  Arbeit  der  Luftmaschine  umgesetzte  Wärme  =630  .  n  =  420  Cal. 

2)  In  der  Abluft  enthaltene  Wärme =      9.|=      6    „ 

3)  Verlust  durch  Strahlung  und  Undichtigkeit      ....  35  .  |  —    24    „ 

4)  In  indicirte  Arbeit  der  Gasmaschine  umgesetzte  Wärme       318  .  ^  =  106    „ 


Summa     556  Cal. 
Disponible    Wärmemenge. 

1)  In    der   Druckluft  enthaltene  Wärmemenge   14.1,27.0,237.10.?=   28Cal. 

9847   1 

2)  Im  Gas  enthaltene  Wärme TT7--3  =  642    „ 

0,11      a 


Summa     670  Cal. 
Aus  dieser  Gegenüberstellung  folgt,  dafs  in  der  combinirten  Maschine 
(«0  +  106)100  =  785  proc 

der  disponiblen  Wärme  in  mechanische  Arbeit  umgesetzt  werden,   ein  jeden- 
falls sehr  günstiges  Resultat. 


Neues  von  der  Druckluft. 

Eine  elektrische  Anlage  von  600  11'  kann  etwa  6000  Glühlampen  von 
16  Kerzenstarken  speisen. 

Die  Kosten  der  Erzeugung  einer  gleichen  Lichtstärke  mittels  Gas  würde 
bei  dem  üblichen  Preise  von  15  Pf.  für  lcbm  bei  Anwendung  von  16  Kerzen- 
Schnittbrennern  etwa  135  M.  für  die  Stunde  betragen.  Dieser  Betrag  ergibt 
sich  au~  folgender  Berechnung:    Ein  16  Kerzen-Schnittbrenner  verbraucht  für 

.  16.1000 
die  Stunde    etwa    150'  Gas.     Von    lcbm  Gas    gewinnt    man    danach    — — — 

=  -*-lu;    Kerzen,    welche   nach   Obigem   15   Pf.    kosten.    Es   kosten   demnach 

8 .16  =  96000  Kerzen  ^^.15—135  M. 

Die  Rentabilität  einer  nach  vorbeschriebenem  Systeme  ausgeführten  elektri- 
schen Centralanlage  würde  sich  wie  folgt  berechnen: 

Eine  Zwillingsgasluftmaschine  von  200  effectiven  Pferdestärken  würde  bei 
120  Umgängen  in  der  Minute  und  fünffacher  Expansion  einen  Druckluftcylinder 
von  400mm  Durchmesser,  750mm  Kolbenhub  und  einen  Gascylinder  (nach 
Zweitact-System)    von    225mm    erhalten    müssen.      Die    Kosten    einer    solchen 

Zwillingsmaschine  können  auf 24  000  M. 

geschätzt  werden.     Hierzu  käme  eine  Dynamomaschine      .     .     .       20  000    „ 

Summa"    44  000  M.~ 
Zur  Erzeugung  von   600  rPe  wären  drei  solcher  Maschinenpaare 

und  drei  Dynamomaschinen  nöthig,  so  dafs  sich  die  Kosten 

derselben  stellen  würden  auf 132  000  M. 

Dazu  noch  ein  Schaltbrett 15  000    „ 

Diversa 6  000    „ 

Leitung  im  Blocksystem  für  6000  Glühlampen,  25  M.  uro  Lampe     150  000    „ 
Gebäude .    .    .      57  000    „ 

Summa     360  000  M. 

Es  würden  4  Pruc.  Zinsen  hiervon  betragen 14  400  M. 

7  Proc.  Amortisation 25  200    „ 

Unkosten  an  Personal 15  000    „ 

Summa"   54  600  M. 

Von  100  IPe  entsprechend  100.1,2  =  120  IPi  werden  nach  vorhin  angestellter 
Berechnung  80  IP  durch  Druckluft  und  40  1P  durch  Gas  erzeugt.  Rechnen  wir 
einen  Verbrauch  an  Druckluft  von  14cbm  und  einen  solchen  an  Gas  von  Ocbm.ß 
pro  IP(  und  Stunde,  wie  in  der  Berechnung  des  Wärmeeffectes  der  combinirten 
Maschine  vorausgesetzt,  was  beides  als  sehr  ungünstig  zu  betrachten  ist,  so 
würden  sich  bei  einem  Einheitspreise  von  0,7  Pf.  für  lcbm  Luft  (welche  An- 
nahme durch  die  späterhin  folgende  Rentabilitätsberechnung  als  gerechtfertigt 
begründet  weiden  soll)  und  12  Pf.  für  lcbm  Gas,  die  Kosten  der  Druckluft 
für  100  rPe  =  1201P;  und  Stunde  wie  folgt  stellen: 

Kosten  an  Druckluft 80  .  0,007  .  14  =  7,84  M. 

„Gas       40  . 0,8  .  0,12  =  3,84   „ 

„         „    Oel  o.  dgl.  und  zur  Abrundung  =2,32    „ 

Summa    14,00  M. 
Bei    600  IPe  und   800  Stunden   betrügen 

sonach  die  Betriebskosten     ....       14  .  6  .  800  =  67  200  M. 
WOZU  die  vorhin  aus  Verzinsung,  Amorti- 
sation und  Personal-Unkosten  berech- 
nete Summe  von 54  600    „ 

käme,  also  betrügen  die  Qesammtunkosten  121  800  M. 

121  800 
Auf  die  Brennstunde  kämen  als  -^150  M.,  gegenüber  135  M.  bei 

oOO 
Gasbeleuchtung. 

150    100 
I.-  kostet  demnach  die  Gluhlampenstunde  — ^^r-  =  2,5  Pf. 

6000 


Neues  von  der  Druckluft.  587 

Wird  sonach  dieselbe  an  die  Consumenten,  wie  es  jetzt  üblich  ist,  zum 
Preise  von  4  Pf.  abgegeben,  so  bleibt  dem  Unternehmer  noch  ein  entsprechender 
Verdienst,  und  die  Verhältnisse  liegen  keineswegs  ungünstiger  als  bei  elektri- 
schen durch  Dampfkraft  unmittelbar  betriebenen  Centralen. 

Zur  Feststellung  der  Rentabilität  lassen  wir  nunmehr  folgen  eine  Rentabili- 
tätsberechnung. 

a)  Anlagekosten. 

Mark 

10  Maschinen  je  750  ff»  je  70000  M 700000 

Deren  Aufstellung  und  Armaturen 30  000 

20  Compressoren  je  10000  M 200  000 

5  Windkessel  je  12000  M 60  000 

15  Kessel  von  200'im  Heiztläche  je  20  000  M.      .       300  000 

4  Generatoren  je  15  000  M 60  000 

Einmauerung  der  Kessel 30  000 

Rohrleitung,  Reparaturwerkstätte,   div.  Pumpen 
im  Maschinenhaus  und  Hilfsmaschinen ,  sowie 
Maschinen  zur  elektrischen  Beleuchtung      .     .       100  000 
Maschinen-  und  Kesselhaus  mit   Inspektor-   und 

Maschinistenhaus  und  3  Essen 500  000 

Terrainerwerbung 200000 

Rohrleitung,  20km 1  400  000 

Bauleitung,  Versicherung  u.  s.  w 200  000 

Insgemein  für  Unvorhergesehenes       220  000 

Summa    4  000  000 
b)  Einnahme. 
Bei  einer  Abgabe  von  rund  200  Millionen  Cubikmeter  Luft  jährlich,  wie 
früher  berechnet,   und  einem  durchschnittlichen  Preise   derselben   von  0,7  Pf. 
für  lcbm  würde  sich  die  Einnahme  jährlich  auf  1400000  M.  belaufen. 

c)  Betriebskosten. 
Dieselben  bestehen  aus  2  Theilen :  den  Kosten  für  Kohlen  zum  Betriebe 
der  Centralstation,  die  wir  vorhin  zu  300000  M.  berechneten,  und  den  Un- 
kosten für  Direktion,  Bedienung,  Reparaturen  u.  s.  w. ,  die  mit  Bezug  auf 
maschinelle  Anlagen  ähnlicher  Art  als  die  geplanten,  aber  dem  Projecte  an- 
gepafst,  mit  200000  M.  angesetzt  werden  können  (vgl.  die  Betriebskosten  des 
Dresdner  Wasserwerkes). 

Demnach  würde  sich  ergeben 

d)  Gewinn 
von  900000  M.  Verwendet  man  diesen  zu  einer  Verzinsung  von  5  Proc.  des 
Anlagekapitals,  und  zu  Abschreibungen  in  Höhe  von  selbst  10  Proc,  also  in 
Summa  zu  einer  Ausgabe  von  600000  M.,  so  bliebe  noch  ein  Betrag  von 
300000  M.  übrig,  was  die  Vertheilung  einer  Super-Dividende  von  7,5  Proc. 
ermöglichen  würde. 

e)   Ungünstigere  Annahmen. 
Setzen  wir  den  ungünstigen  in  erster  Zeit  gewifs  eintretenden  Fall  voraus, 
dafs   in    den   ersten   vier  Jahren  in  Folge  zu  geringer  Zahl  von  Consumenten 
nur  die  Hälfte  von  Druckluft  zu  liefern  wäre,  so  würde   sich  die  Rentabilität 
wie  folgt  stellen: 

Einnahmen 
aus  der  Abgabe  von  100  Millionen  Cubikmeter  Luft 700  000  M. 

Ausgaben 
an  Kohlen  für  den  Betrieb  der  halben  Anlage      .     150  000  M. 

Sonstige  Unkosten 190  000    „ 

340  000    „ 
bleiben  übrig  Summa     360  000  M. 
Gewinn. 
Verzichtet  man  in  den  ersten  vier  Jahren  auf  höhere  Abschreibungen  als 
2  Proc,  so  würden  für 


588      Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen. 

1  Proc,  Verzinsung  des  Kapitals  .    .    .    I60000  m. 

2  Proc.  Abschreibung 8UOO0    „ 

Summa     240000  M. 
benöthigt  werden,  also  noch  120000  M.  eur  Vertheilung  einer  Super-Dividende 
von  3  Proc.  übrig  bleiben. 

Aus  der  Rentabilitätsberechnung  folgt  auch  der  Nachweis  für  die  Richtig- 
keit der  Behauptung  des  Bern)  Prof.  Riedler  in  seinem  kürzlich  in  Offen- 
liach  a.  .M.  gehaltenen  Vortrage,  <Iafs  es  sehr  wohl  möglich  sei,  die  Druckluft 
zum  Preise  von  0,4  Pf.  für  lcbm  zu  erzeugen,  was  angenähert  auch  bei  der 
Druckluftanlage  in  Birmingham  statt  hat,  wo  der  Cubikmeter  Druckluft,  be- 
BOg<  ii  auf  atmosphärische  Spannung  und  Temperatur,  0,5  Pf.  kostet. 

Der  Pariser  Einheitssatz  von  1,2  Pf.  für  lcbm  Druckluft  erscheint  für  die 
Beurtheilung  des  Werthes  einer  städtischen  Druckluftanlage  in  Deutschland 
gar  nullt  mafsgebend  und  ist  nur  geeignet,  dieselbe  in  Mil'scredit  zu  bringen 
und  ihre  Bedeutung  gegenüber  anderen  Arten  der  Kraftvertheilung  herabzu- 
setzen. 

Die  Kosten  einer  Druckluftanlage  von  6000  ind.  rP  mit  einer  Rohrleitung  von 
24k  zu  400mm  Durchmesser  und 
lük    „      50mm  und  100mm  Durchmesser 
sind    s.  Z.    von    Herrn    Ingenieur   Francis    (vgl.    dessen    Schrift:    Transport    et 
distribution  de  la  force  motrice  par  l'air  comprime  dans  la  rille  de  Paris  1888)  auf 
4000000  M.  abgeschätzt  worden. 

In  unserer  Berechnung  sind  nur  insgesammt  20km  Rohrleitung  von  500mm 
I  »unlimesser  bis  herunter  zu  50mm  Durchmesser  angenommen  worden.  Anderer- 
seits stellten  sich  die  Kosten  einer  Anlage  von  6000  EP  in  Birmingham  nur 
auf  total  3  000000  M.  (vgl.  den  Bericht  des  kgl.  Regierungsbaumeister  Fränkel 
in  Cöln  über  die  Anlage  in  Birmingham  in  der  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher 
Ingenieure,  1888").  Die  hier  angeführte  Summe  von  300000  M.  ist  nicht  richtig 
und  beruht  auf  einem  Druckfehler.  In  der  betreffenden  Originalabhandlung 
von  Sturgeon  sind  die  Kosten  zu  150000  Pfd.  Sterl.  =  3000000  M.  angegeben. 


Von  der  Nordwestdeutschen  Gewerbe-  und  Industrie- 
Ausstellung  in  Bremen  1890. 

(Fortsetzung  des  Berichtes  S.  401  d.  Bd.) 

Die  Handelsausstellung. 

Kann  man  als  idealen  Zweck  einer  Industrieausstellung  den  Wunsch 
der  Industrie  betrachten,  durch  Nebeneinanderstellung  der  concurrirenden 
Li  i-tungen  zu  lehren  und  zu  lernen  und  sodann  —  was  nunmehr  aller- 
dings Hauptzweck  aller  ausstellungsartiger  Veranstaltungen  geworden 
ist  —  die  ausgestellten  Erzeugnisse  zu  verkaufen,  so  verschwindet  ein 
derartiger  Hintergrund  bei  sogen.  Handelsausstellungen  vollständig.  Der 
fast  marktähnlich  gewordene  Charakter  der  Gewerbeausstellung  wird 
verdrängt  durch  den  mehr  pädagogischen,  jedes  geschäftlichen  Bei- 
geschmackes baren  Grundzug  einer  solchen  fast  als  Museum  zu  bezeich- 
nenden Ausstellung.  Eine  Handelsausstellung  kennzeichnet  sich  als  eine 
Schaustellung,  welche  unter  Vermeidung  rein  geschäftlicher  Absichten 
nur  belehrend  für  breitere  Schichten  des  Volkes  wirken  will. 

In  Deutschland  sind  solche  Handelsausstellungen  seltene  Ereignisse 
aus  dem  einfachen  Grunde,   weil   der  überseeische,  der  Kolonialhandel 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.      589 

allein  das  Thema  einer  derartigen  Schaustellung  für  uns  sein  kann,  und 
dieser  Handel  sich  ausschliefslich  auf  Hamburg  und  Bremen  einschränkt, 
beides  Städte,  welche  erst  durch  den  jüngst  erfolgten  Zollanschlufs  in 
so  enge  Beziehungen  zum  Binnenlande  traten,  dafs  ein  lebhafteres 
Interesse  für  deren  Handelsbeziehungen  auftaucht;  nicht  zu  unterschätzen 
bleibt  übrigens  der  Einflufs,  welcher  die  neue  deutsche  Kolonialpolitik 
zur  Erweckung  der  Antheilnahme  am  Kolonialhandel  ausübte. 

War  die  Eigenart  des  überseeischen  Handels  für  Hamburg  und 
Bremen  mit  dem  gesammten  Leben  und  Denken  in  diesen  Städten 
durchaus  verwebt,  so  war  die  deutliche  Veranschaulichung  derselben 
für  das  grofse  Publikum  des  Binnenlandes  trotzdem  eine  schwierige  Auf- 
gabe, weil  eben  für  ein  solches  Unternehmen  fast  alle  Vorgänge  und 
Erfahrungen  fehlten.  So  war  die  vorjährige  Hamburger  Handelsaus- 
stellung wenig  geeignet  gewesen,  gröfseres  Interesse  für  den  Beschauer 
zu  erwecken,  während  sie  jedoch  für  die  Gestaltung  der  Bremer  Aus- 
stellung eine  wesentliche  Vorschule  bildete. 

Eine  Handelsausstellung  erhält  viel  leichter  einen  langweiligen 
Charakter,  als  irgend  eine  andere  Veranstaltung,  wenn  sie  eben  nur  das 
Product  des  Handels,  also  die  Waarenprobe  zur  Anschauung  bringt; 
und  da  sie  viel  mehr  als  die  meisten  anderen  Arten  der  Fachausstel- 
lungen für  ein  weitschichtiges  grofses  Publikum  bestimmt  und  berechnet 
ist,  so  mufs  hier  die  Langweiligkeit  einer  Productensammlung  durch  be- 
sondere Reizmittel  überwunden  werden. 

Dies  ist  in  Bremen  nicht  ungeschickt  gemacht,  vielleicht  ist  sogar 
in  der  Verwendung  solcher  Reizmittel  ein  wenig  zu  viel  geschehen  und 
mehr  Schaubild  und  Rahmen  als  Facherzeugnifs  und  Kern  gegeben. 

Die  Ausstellung  bietet  nur  zu  einem  Theile  eine  trocken  wirkende 
Sammlung  von  Handelsproducten,  also  Waarenproben;  im  Uebrigen  ist 
es  versucht,  die  Waarenprobe  in  ihrer  Entstehung,  Entwickelung  und 
gelegentlich  auch  in  ihrem  Gebrauche,  ihrer  Verwerthung  für  die  Kultur 
darzustellen.  Es  ist  meist  recht  zweckmäfsig  veranschaulicht,  welchen 
Entstehungsgang  die  hier  gehandelte  Waare  am  Erzeugungsorte  durchzu- 
machen hat,  unter  welchen  Bedingungen  und  Verhältnissen  dieselbe  ge- 
wonnen, gehandelt  und  verfrachtet  wird,  so  dafs  zu  einem  guten  Theil 
die  Ausstellung  ein  Stück  Völkerkunde  versinnbildlicht.  Wirkt  die 
Ausstellung  dadurch  vielleicht  zu  viel  als  Schaubild,  so  darf  nicht  ver- 
gessen werden,  dafs  die  Interessirung  eines  grofsen  Publikums  —  und 
darauf  wird  ja  heutzutage  wohl  jede  Ausstellung  berechnet  —  solche 
Mittel  verlangt. 

Die  Bremer  Handelsausstellung  bietet  jedenfalls  ein  anschauliches 
und  werthvolles  Bild  des  Bremer  Handels.  Dieses  Endergebnifs  ist  wohl 
nur  dadurch  ermöglicht  worden,  dafs  die  Bremer  Kaufmannschaft  als 
Körperschaft  die  Ausstellung  veranstaltete,  also  ein  einheitlicher  Geist 
die  Schaustellung  leitete. 


^deutschet  ind  Industrie- Ausstellung  in  Bremen. 

So  ist  denn  unter  Zurückdrängung  jede*  rein  geschäftlichen  und 
persönlichen  Auftretens  möglich  geworden,  nicht  nur  die  hauptsäch- 
lichsten  für  den  Verbrauch  in  Deutschland  benöthigten  Handelsstoffe 
Bremens,  also  Keis,  Tabak,  Baumwolle,  Jute,  Erdöl  nach  der  Art  ihrer 
Entstehung  und  Gewinnung  zu  veranschaulichen,  sondern  es  ist  auch 
gelungen,  die  Antheilnahme  der  verschiedenen  überseeischen  Länder, 
eingeschlossen  natürlich  unsere  deutschen  Kolonien,  an  dem  Bremer 
Handel  in  grofsen  Zügen  festzulegen. 

Wegen  dieser  Eigenart  schätzen  wir  die  Handelsausstellung  als  den 
Glanzpunkt  der  Bremer  Ausstellung. 

Der  Tabak  nimmt  den  gröfsten  Theil  des  Bremer  Handels  ein. 
Bremen  ist  nicht  nur  der  erste  Marktplatz  Europas  für  Tabak,  sondern 
auch  bis  heute  der  bedeutendste  Markt  der  Welt  geworden  und  ge- 
blieben. Nicht  zu  vergessen  bleibt  hierbei,  dafs  thatsächlich  auch  ein 
grofser  Theil  des  über  Hamburg  eingeführten  Tabaks  dem  Bremer  Handel 
gutgeschrieben  werden  mufs,  weil  Bremer  Kapital  die  hauptsächliche 
Triebfeder  auch  dort  bildet. 

Im  J.  1889  wurden  an  Rohtabak  über  Bremen  40624l,2  im 
Werthe  von  47261  JO'.i  M.  eingeführt,  eine  Ziffer,  welche  von  sämmt- 
lichen  Einfuhrhäfen  irgend  eines  anderen  Landes  nicht  erreicht  wird. 
Ganz  besonders  wichtig  ist  aber  der  Umstand,  dafs  fast  der  gesammte 
Bremer  Tabakverkehr  sich  als  Eigenhandel  kennzeichnet. 

Der  Tabak  ist  auf  etwa  300cim  Grundfläche  durch  etwa  600  ver- 
-chiedene  Proben  veranschaulicht.  Zumeist  sind  diese  Proben  nord- 
amerikanischer Herkunft.  Im  Allgemeinen  stellt  sich  der  Verkehr 
Bremens  mit  Nordamerika  etwa  so,  dafs  ein  Drittel  der  gesammten 
Bremer  Tabakseinfuhr  aus  den  Vereinigten  Staaten  kommt,  dem  Werthe 
nach  etwa  ein  Viertel. 

Kentucky  ist  mit  5,  Seedleaf  mit  4,2,  Virginien  mit  2  Millionen  Mark 
Einfuhrwert!*  betheiligt.  Der  früher  hauptsächlichste  Stammort  für 
Tabak,  Sumatra,  ist  somit  an  die  zweite  Stelle  gerückt-  der  Einfuhr- 
wert beträgt  nur  11  Millionen  Mark.  Die  dritte  Stelle  nimmt  Brasilien 
mit  gegen  10  Millionen,  Kuba  mit  6,7  Millionen  Mark  Einfuhrwerth  ein. 
San  Domingo,  Kolumbien  und  Java  liefern  zusammen  noch  für  5,5  Millionen 
Mark  Tabak. 

Die  Baumwolle  beginnt  für  Bremen  eine  ähnliche  Bedeutung  zu  ge- 
winnen wie  der  Tabak.  Ist  es  doch  der  kaufmännischen  Thatkraft  der 
Bremer  gelungen,  sich  unmittelbar  hinter  den  Liverpooler  Markt  zu 
Btellen  und  alle  anderen  Hauptmärkte,  wie  namentlich  Havre,  welcher 
Hafen  bislang  als  erster  Markt  auf  dem  Festlande  sich  behauptete,  zu 
schlagen.  Im  J.  1889  erreichte  die  Einfuhr  von  Baumwolle  die  Ziffer 
von  720  812  Ballen  im  Werthe  von  136  Millionen  Mark. 

Den  stärksten  Verkehr  in  Baumwolle  unterhält  Bremen  auch  wieder 
mit  den  Vereinigten  Staaten,   mit  welchem  Lande  erst  neuerdings  Ost- 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.      591 

indien  in  beachtenswerthen  Wettbewerb  tritt,  Unmittelbare  Dampfer- 
strecken zwischen  Bremen  und  Bombay  unterstützen  diese  neue  Bezugs- 
quelle sehr  wesentlich. 

Die  Gewinnung  der  Baumwolle  ist  durch  eine  Art  Panorama  veran- 
schaulicht. Die  eine  Darstellung  zeigt  ein  in  der  Aberntung  begriffenes 
amerikanisches  Baumwollefeld,  die  andere  ein  ostindisches.  Der  aus- 
führende Künstler  hat  es  verstanden,  neben  der  Veranschaulichung  der 
Ernte  und  des  Aussehens  der  Baumwollestauden  auch  die  Typen  der 
erntenden  Arbeiter  und  Arbeiterinnen  charakteristisch  darzustellen. 

Natürlich  findet  auch  der  Fachmann  willkommenen  Stoff  in  der 
Vorführung  von  Originalpacken,  von  den  verschiedenartigen  Proben  über 
die  Beschaffenheit  der  einzelnen  Abstammungen,  endlich  eine  Wieder- 
gabe der  Standorts,  nach  denen  die  Beschaffenheit  und  Güte  einer  ge- 
wissen Baumwolle  handelsgemäfs  festgestellt  wird. 

Die  Schafwolle  nimmt  keine  unbedeutende  Rolle  im  Bremer  Handel 
ein.  Im  J.  1889  wurden  51029^3  im  Werthe  von  81  Millionen  Mark 
eingeführt.  Diese  Ziffer  ist  so  hervorragend,  dafs  der  Markt  sich  dicht 
an  den  hervorragendsten  Wollplatz  des  Festlandes,  Antwerpen,  an- 
schliefst. 

Für  den  Bezug  von  Wolle  kommen  besonders  für  Bremen  Australien, 
die  Kapkolonie  und  die  Laplatastaaten  in  Betracht.  Namentlich  letztere 
Staaten  decken  fast  die  halbe  Einfuhr  Bremens. 

Der  sachliche  Inhalt  der  Wollausstellung  setzt  sich  aus  97  Proben, 
meist  durch  Ballen  in  Originalpackung  dargestellt,  zusammen.  Mit  Aus- 
nahme von  dreien  —  2  Muster  Alpacca  und  1  Muster  Kameelhaare  — 
entstammen  sämmtliche  dem  Schafe.  Diese  94  Schafwollproben  ver- 
teilen sich  nach  dem  Ursprungslande  in  der  Weise,  dafs  35  aus  Süd- 
afrika stammen;  27  rühren  aus  Australien  und  21  aus  den  La  Plata- 
Ländern  her.  Der  kleine  Rest  bezieht  sich  auf  Afrika  (ohne  nähere 
Bezeichnung),  Marocco,  Bolivia,  Deutschland,  Frankreich  und  Spanien. 
Es  sind  von  jenen  35  südafrikanischen  Ballen  24  als  Kap,  9  als  west- 
liche Kap  und  2  als  Natal  bezeichnet.  In  Betreff  der  Beschaffenheit  der 
südafrikanischen  Wolle  bezieh,  des  Waschstadiums,  liegen  nicht  weniger 
als  11  Arten  vor,  welche  entsprechend  der  einmal  bestehenden  Geschäfts- 
praxis meist  mit  englischen  Bezeichnungen  versehen  sind,  nämlich: 
snow  ivhüe  extra  Superior  (3),  snow  white  Superior  (9),  snow  white  (2), 
country  sconred  (2),  mixed  (2),  Schweifs  (9),  white  coarse  (1),  mixed 
Schweifs  (1),  fleece  (3)  und  in  Bremen  gewaschen  (2).  Die  angeführten 
Prädicate  bedürfen  zum  Theil  einer  kurzen  Erklärung.  Unter  Schweifs 
versteht  man  diejenige  Wolle,  welche  ohne  vorherige  Reinigung  von 
dem  Schafe  geschoren  und  in  diesem  Zustande  ausgeführt  ist.  Scoured- 
Wolle  ist  solche,  welche  nach  dem  Abscheeren  im  Erzeugungslande 
selbst  gewaschen  worden  ist.  Fleece,  zu  deutsch  „Rückenwäsche*',  be- 
deutet, dafs  das  betreffende  Schaf  mit  dem  Vliefs  im  Erzeugungslande 


592      Nordweetdeatoche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen. 

kalt,  in  einem  Flusse  oder  Teiche,  gewaschen  und  dann  geschoren 
worden  ist. 

Die  Schafzucht,  noch  immer  einer  der  wichtigsten  Erwerbszweige 
des  Caplandes,  ist  dort  ziemlich  alt.  Die  ersten  Ansiedler  fanden  eine 
einheimische  Art  fettschwänziger  Schafe  vor,  welche  noch  heute  in 
grofser  Zahl  vorhanden  ist.  Ein  beträchtlicher  Aufschwung  fand  aber 
doch  erst  statt,  als  Merinoschafe  eingeführt  wurden,  welche  theils  rein 
gezüchtet,  theils  mit  der  einheimischen  Rasse  erfolgreich  gekreuzt  wurden. 
Das  Verdienst,  jene  in  das  Kapland  gebracht  zu  haben,  gebührt  dem 
Oberst  Gordon  (1790).  Aber  erst  seit  1830  nahm  die  Ausfuhr  kräftig 
zu.  In  diesem  Jahre  wurden  33000  Pfund  Wolle  ausgeführt;  1850  schon 
5,9  Millionen,  1860:  23,2  Millionen  und  1872:  48,8  Millionen  Pfund  im 
Werthe  von  3,2  Millionen  Lstr.  Letzteres  Jahr  bezeichnet  den  Höhe- 
punkt sowohl  der  Menge  als  dem  Werthe  nach.  In  den  letzten  Jahren 
hat  sich  die  Sache  so  gestaltet,  dafs  in  der  Saison  1887  (24.  November 
1886  bis  22.  November  1887):  236888  Ballen,  1888:  289552  Ballen  und 
1889:  309919  Ballen  zur  Ausfuhr  gelangten.  Von  der  letztgenannten 
Menge  stammten  203223  aus  Ostkapland,  28223  aus  Westkapland  und 
78465  aus  Natal  und  dem  Inneren;  was  aber  die  Bestimmungsländer 
anbelangt,  so  gingen  etwa  202000  Ballen  nach  England,  100000  nach 
dem  continentalen  Europa  und  8000  nach  Amerika. 

Wenn  nun  dem  Gewichte  nach  ein  Rückgang  in  der  Ausfuhr  gegen 
früher  hervortritt,  so  ist  dieser  nur  scheinbar,  und  zwar  aus  den  folgenden 
Gründen.  In  früheren  Zeiten  nahm  ein  grofser  Theil  der  Schafwolle 
der  benachbarten  Oranjefreistaaten  seinen  Ausfuhrweg  durch  die  Kap- 
colonie;  seit  aber  die  Diamantgräberei  einen  starken  Bevölkerungszug 
nach  dem  westlichen  Griqualande  gebracht  hat,  eröffneten  sich  für  die 
Ausfuhr  der  nachbarlichen  Freistaaten  auch  andere  Verkehrswege.  In 
früheren  Jahren  wurde  wohl  ausschliefslich  oder  vorzugsweise  Schweifs- 
wolle aus  dem  Kaplande  ausgeführt.  Aber  bald  fing  man  hier  selbst 
zu  waschen  an  und  gegenwärtig  sind  zahlreiche  Wäschereien  über  das 
Territorium  der  Kolonie  zerstreut.  Der  Erfolg  derselben  war  im  J.  1885 
derartig,  dafs  unter  der  Gesammtausfuhr  (34,4  Millionen  Pfund)  nicht 
weniger  als  21,2  Millionen  Pfund  gewaschene  Wolle  sich  befanden.  In 
den  Wollwäschereien  des  Kaplandes  wird  vielfach  eine  Maschine  be- 
nutzt, welche  im  Lande  selbst  erfunden  und  unter  dem  Namen  „Nivens' 
Patent-  bekannt  ist.  Diese  soll  für  die  kurzharige  Wolle  besonders  geeignet 
sein.  Eine  Hauptrolle  kommt  aber  nach  vorgenommener  Waschung 
noch  der  Operation  des  Bleichens  zu,  und  hierbei  thuen  die  afrikanische 
Sonne  und  die  Klarheit  der  Luft  das  Ihrige,  um  dem  Kaperzeugnisse 
die  bo  geschätzte  blendende  Weifse  zu  verleihen. 

Die  Einfuhr  von  Kapwolle  nach  Bremen  hat  sich  in  den  letzten 
Jahren  nicht  unbeträchtlich  gehoben,  wie  aus  den  nachfolgenden  Zahlen 
hervorgeht: 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.      593 

1883 1331088k 

1886 2  080  505k 

1887 3  095  657k 

1888 3  934  461^ 

Australien  i&t  auf  der  Ausstellung  mit  27  Nummern  vertreten.  Der 
Herkunft  nach  sind  davon  12  als  Sidue}-,  8  als  Austral,  4  als  New- 
Zealand,  2  als  Port  Philipp  und  1  als  Adelaide  bezeichnet.  In  Bezug 
auf  die  Beschaffenheit  linden  sich  Schweifs  (8),  Fleece  (3),  scoured  (10), 
cnrbonisirt  (1),  Kämmlinge  (3)  und  carbonisirte  Kämmlinge  (2)  vor. 

Für  Australien  ist  die  Schafzucht  in  noch  höherem  Mafse  bedeu- 
tungsvoll als  für  das  Kapland,  denn  die  Wolle  stellt  von  dem  Gesammt- 
ausfuhrwerthe  nahezu  die  Hälfte  dar,  während  sie  bei  letzterem  nur  ein 
Viertel  derselben  ausmacht. 

Die  Ausfuhr  von  Australien,  welche  im  J.  1810  mit  71k  begann, 
belief  sich  in  der  Saison  1889  (28.  November  1888  bis  26.  November 
1889)  auf  1384979  Ballen,  von  denen  1166000  nach  England,  180605 
nach  dem  continentaleu  Europa  und  38  652  nach  Amerika  gingen. 
Bremen  bezog  im  J.  1888  für  3,98  Millionen  Mark,  1889  aber  für 
7,6  Millionen  Mark  Wolle  aus  Australien. 

Das  Laplatagebiet  ist  durch  21  Ballen  vertreten,  von  denen  einer 
aus  Montevideo,  die  übrigen  aus  Buenos  Aires  stammen.  Nach  der  Be- 
schaffenheit sind  je  6  als  Schweifs,  6  gewaschen  und  Kämmlinge,  3  als 
carbonisirt  bezeichnet. 

Reis.  Bremen  ist  der  bedeutendste  Reismarkt  der  Erde  und  hat 
auch  hierin  Liverpool  lange  überholt. 

Die  Einfuhr  von  Reis  über  Bremen  belief  sich  im  J.  1889  auf 
2270321  im  Werthe  von  36,1  Millionen  Mark.  Der  zweitgröfste  Reis- 
hafen, Liverpool,  erreichte  in  demselben  Zeiträume  nur  eine  Einfuhr- 
menge von  1623831,  London  blieb  an  dritter  Stelle  mit  144  5871,  die 
holländischen  Häfen  zusammen  an  vierter  mit  106 1441,  Hamburg  an 
fünfter  Stelle  mit  764461.  In  der  Abtheilung,  welche  auf  der  Handels- 
ausstellung der  Reis  einnimmt,  wird,  dem  Gesammtcharakter  der  Aus- 
stellung gemäfs,  das  Product  in  seineu  verschiedenen  Gewinnungs-  und 
Verarbeitungsstufen  vorgeführt;  wir  lernen  die  frische  und  getrocknete 
Reisptlanze,  die  Art  ihres  Anbaues,  ihrer  Einerntung,  ihrer  Verschiffung 
kennen. 

Bezüglich  des  Handels  in  Reis  ist  noch  zu  erwähnen,  dafs  auch  ein 
grofser  Theil  der  Londoner  Ziffern  dem  Bremer  Handel  zugeschrieben 
werden  mufs.  Der  nach  Bremen  gehende  Reis  wird  wohl  ausnahmslos 
dort  auch  geschält,  zum  Theil  auch  polirt  und  gemahlen.  Der  grobe 
Reis  dient  zur  menschlichen  Nahrung,  der  Bruchreis  wird  zu  Stärke 
verarbeitet,  die  Abfälle  dienen  als  beliebtes  Futtermittel. 

Bremen  versorgt  einen  grofsen  Theil  der  Welt  mit  polirtem  Reis. 
U.  a.  wurden  1889  von  Bremen  direkt  abgeladen  nach  England  5  Mil- 

Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  13.  1890  III.  38 


594      Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie- Ausstellung  in  Bremen. 

lionen,  Spanien  5  Millionen,  Portugal  13  Millionen,  den  Vereinigten 
Staaten  23  Millionen,  Argentinien  und  Uruguay  10  Millionen,  Brasilien 
13  Millionen,  Spanisch- Westindien  8  Millionen  Kilo.  Ferner  bezoger* 
Preufsen  57  Millionen,  Hamburg  20  Millionen  Kilo.  Die  Fabrikation 
liegt  in  den  Händen  dreier  grofser  Firmen  in  Bremen:  R.  C.  Rickmers7 
Anton  Nielsen  und  Co.  und  Gebrüder  Nielsen,  sowie  Gerh.  Lange  in  Oster- 
holz-Scharmbeck  bei  Bremen.  Die  Berufszählung  gibt  leider  nicht  an, 
wie  viel  Arbeiter  die  Reismühlen  allein  beschäftigen;  sie  verzeichnet: 
Getreide-  und  Reismühlen  1885:  583  Arbeiter  (1875:  321  Arbeiter).  Da- 
von wird  indefs  der  weitaus  gröfste  Theil  in  der  Reisindustrie  thätig  sein. 

Die  Reismühlen  und  Stärkefabriken  haben  ihre  Erzeugnisse  im  Haupt- 
ausstellungsgebäude vorgeführt. 

Der  Erdölhandel  hat  zu  grofsartigen  Anlagen  Veranlassung  gegeben,, 
um  namentlich  dem  starken  Wettbewerbe  der  Elb-  und  Rheinhäfen 
gegenüber  bestehen  zu  können.  Der  Versand  erfolgt  fast  ausschliefst 
lieh  durch  sogen.  Tankdampfer,  welche  in  einigen  hübschen,  durch- 
schnittenen Modellen  vorgeführt  sind.  Von  den  grofsartigen  Lagerbehältern 
in  Bremen  und  Bremerhafen  gibt  namentlich  das  Hauptausstellungsge- 
bäude Kenntnifs. 

Die  Tankdampfer  schöpfen  das  Roherdöl  mittels  Pumpen  in  riesige 
schmiedeeiserne,  am  Lande  aufgestellte  Behälter,  aus  denen  es  in  die 
Raflinerie  geleitet  wird,  um  gereinigt  und  in  den  Abfällen  zu  Schmier- 
mitteln verarbeitet  zu  werden.  Der  Landversand  erfolgt  zum  Theil  in 
Fässern  aus  Holz  oder  Eisen,  aber  auch  zu  einem  grofsen  Theil  bereits 
durch  Tankwagen. 

Das  Jahr  1889  brachte  eine  Erdöleinfuhr  von  176 9701  im  Werthe 
von  18598258  M. 

Von  weiteren  Einfuhrwaaren  ist  noch  Kaffee  mit  15  Millionen  Ein- 
fuhrwerth  im  J.  1889  und  Getreide  mit  24  Millionen  Einfuhrwerth  im 
J.  1889  zu  benennen. 

Der  Indigo  bildet  einen  wichtigen  und  werthvollen  Zweig  für  den 
Bremer  Handel.  Wenn  auch  nicht  so  bedeutend  wie  Baumwolle,  Tabak, 
Reis  und  Erdöl,  so  hat  doch  auch  der  Indigo  für  Bremens  Ein-  und 
Ausfuhr  grofse  Wichtigkeit.  Bremen  führte  im  J.  1889  für  etwa 
4.1  Millionen  Mark  Indigo  ein  und  ebenso  hoch  beziffert  sich  die  Aus- 
fuhr. Mit  Recht  wurde  daher  dem  Indigo  ein  hervorragender  Platz  in 
der  Ausstellung  eingeräumt,  indem  man  durch  das  Modell  einer  Indigo- 
factorei  die  Bereitung  dieses  noch  heute  wichtigen  Farbstoffes  zeigte. 
Mittels  eines  Gährungsprozesses  der  in  Wasser  eingeweichten  Pflanzen 
wird  denselben  das  Glyeosid  oder  Indican  entzogen,  das  in  einem  anderen 
Bottiche  »inen  Oxydationsprozefs  durchmacht,  durch  welchen  der  blaue 
Fiirbstoff  abgeschieden  wird.  Nachdem  dieser  gekocht  und  filtrirt,  wird 
er  in  baeksteinartige  Formen  geprefst  und  getrocknet.    Alle  diese  Vor- 

■     kann    man    liier   an    dem    Modelle,   das   durch    hübsch    geformte 


Nordwestdeutsche  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.      595 

Figuren  ein  reiches  abwechselungsvolles  Leben  erhält,  recht  anschaulich 
verfolgen.  Und  daneben  wird  man  auch  über  das  Leben  und  Treiben 
der  Kulis  aufs  Beste  belehrt. 

Eigenartig  ist  noch  die  Baumwollensamen-  und  Erdnufsindustrie^ 
welche  für  Bremen  eine  gewisse,  wenn  auch  nicht  wesentliche  Bedeu- 
tung besitzt. 

Die  Baumwollfaser  haftet  am  Samen  und  wird  vom  letzteren  durch 
(rtn-Maschinen  abgetrennt,  was  in  Amerika  stets  am  Ursprungsorte  ge- 
schieht, während  von  Ostindien  viel  Baumwolle  mit  Samen  kommt. 
J.  Erling  zeigt  den  ganzen  Samen,  sodann  zerschnitten,  dann  durch 
Rollen  zermalmt;  aus  dem  zerkleinerten  Samen  zieht  der  Amerikaner 
bereits  das  rohe,  schwarze  Baumwollsamenöl  heraus,  das  als  Surrogat 
für  allerlei  bessere  Oele  dient.  Den  Rückstand,  die  Kuchen,  sendet  er 
nach  Europa  und  in  diesem  Zustande  kommt  das  Fabrikat  in  die 
Erling'sche  Mühle.  Hier  wird  es  von  groben  Beimischungen  gereinigt; 
das  eigentliche  Mehl  dient  zur  Viehfütterung,  während  die  Abfälle  als 
Düngemittel  sehr  gefragt  sind.  Sie  enthalten  7  Proc.  Stickstoff  garantirt 
und  kosten  24  M.  die  1000k.  Als  ähnliches  Halbfabrikat  kommen  die 
aus  Mozambique,  Bombay  und  von  der  Koromandelküste  stammenden 
Erdnufskuchen  über  Genua  und  Marseille  zu  uns.  Die  Haare,  Schalen 
und  Beimischungen  (oft  grobe  Eisentheile)  werden  entfernt,  das  Mehl 
dient  in  drei  Sorten  zur  Rindviehfütterung,  Schrot  erhalten  die  Pferde. 
Das  Erdnufsöl  geht  in  die  Seifenfabrikation  über.  Auch  sind  weifse 
indische  Cocoskuchen  zu  sehen,  welche  sich  in  rohem  Zustande  zur 
Viehfütterung  eignen. 

Die  Einfuhr  an  Jute  aus  Ostindien  über  Bremen  ist  einer  weiteren 
Ent Wickelung  sehr  wohl  noch  fähig;  seit  einigen  Jahren  hat  die  Menge 
der  hier  eingeführten  Jute  abgenommen,  in  allerjüngster  Zeit  jedoch 
verspricht  sich  die  Einfuhr  wieder  langsam  zu  heben.  Die  Zahlen  sind 
für  1886  =  16  654  200",  1887  =  13  712  600,  1888  =  7  275  500,  1889 
=  7  811  300.  Neben  der  Jute  gewinnt  auch  die  ostindische  Baumwolle 
in  Bremen  langsam  aber  sicher  wieder  an  Boden. 

Schellack  weist  eine  ziemlich  unbedeutende  Einfuhrziffer  (1889: 
43240  M.)  auf;  sodann  Stuhlrohr,  eine  nicht  unwichtige  Importwaare 
(1889:  1814384k  für  etwa  1000000  M.).  Als  geschmackvolle  Decoration 
einer  Eingeborenen-Hütte  haben  schliefslich  auch  die  Häute  ihren  Unter- 
schlupf gefunden;  sie  bilden  mit  (1889)  613737  M.  Einfuhrwerth  einen 
der  kleineren,  aber  wichtigen  Einfuhrartikel  aus  Ostindien. 

Ueber  den  Holzhandel  waren  Ziffern  nicht  zu  ermitteln,  jedoch  wird 
es  interessiren,  dafs  die  Ausstellung  mit  347  Holzproben  verschiedener 
Art  wohl  die  reichhaltigste  Sammlung  bietet. 

Die  Handelsausstellung  gibt  einen  ziemlich  anschaulichen  Ueberblick 
über  den  Antheil  der  einzelnen  Länder  an  dem  Bremer  Handel. 

Aus  Grofsbritannien  importirte  Bremen  1889  für  401,4 Millionen  Mark: 


596      Nordwestdeutsche  Gewerbe-  and  Industrie-Ausstellung  in  Bremen. 

davon  entfallen  14,8  Millionen  Mark  allein  auf  Schafwolle,  d.  h.  Kolonial- 
wolle (australische  und  südafrikanische),  1.1  Millionen  Mark  auf  Jute, 
1.1  Millionen  Mark  auf  Baumwolle,  1  Million  Mark  auf  Gummi,  */2  Million 
Mark  auf  Kaffee,  ' .,  Million  Mark  auf  'Ihre,  *4  Million  Mark  auf  Ko- 
lonialzucker  u.  s.  f.  Die  Einfuhr  aus  Holland  bezifferte  sich  1889  auf 
11,3  Millionen  Mark,  davon  aber  entfallen  auf  überseeischen  Tabak  allein 
etwa  '•'  Millionen  Mark.  Ein  Aehnliches  gilt  für  Belgien,  dessen  Ge- 
Bammteinfuhr  oach  Bremen  1889  einen  Wcrth  von  5,6  Millionen  Mark 
erreichte,  während  allein  der  Einfuhrwerth  der  über  Antwerpen  ein- 
geführten Schafwollen  über  4  Millionen  Mark  betrug.  Diese  indirekt 
eingeführten  Waaren  aber  erscheinen  in  der  Handelsausstellung  entweder 
in  den  Sachgruppen  oder  in  der  betreffenden  geographischen  Section, 
welche  ihr  Productionsland  darstellt. 

Die  Einfuhr  aus  den  Vereinigten  Staaten  macht  dem  Werthe  nach 
mehr  als  a/5  der  bremischen  Gesammteinfuhr  aus  aufserdeutschen  Ländern 
aus:  1889  von  437  Millionen  Mark  =  187923441  M.  Von  dieser  Eiu- 
fuhrziffer  entfallen  aber  auf  Baumwolle  134826264  M.,  auf  Erdöl 
125  M.,  Tabak  11502250  M.,  Getreide  etwa  5000000  M.,  die  vier 
Artikel  zusammen  169536659  M.  Entsprechend  der  Bedeutung,  welche 
Ostindien  für  Bremen  besitzt,  ist  der  Section  ,.Ostindien"  auch  in  der 
Handelsausstellung  ein  bedeutender  Raum,  etwa  200im  (Section  18  bis  22), 
zur  Verfügung  gestellt  worden.  Belief  sich  doch  die  Einfuhr  aus  Britisch  - 
Ostindien  und  Siam  nach  Bremen  1889  auf  41579189  M. 

Brasilien  nimmt  eine  grofse  Rolle  im  Bremer  Handel  ein.  Es  liefert 
etwa  die  Hälfte  der  Kaffeeerzeugung  der  Welt  im  Werthe  von  etwa 
400  Millionen  Mark.  Die  Einfuhrwerthe  nach  Bremen  belaufen  sich 
aul  11  Millionen  im  J.  1889  und  weisen  somit  einen  Nachlafs  von  etwa 
6  Millionen  gegen  die  vorhergegangenen  Jahre  auf.  Auf  Kaffee  und 
Tabak  fallen  etwa  lS1^  Millionen  Mark. 

Spanisch-Westindien  führt  für  6  Millionen  Mark  Tabak,  für  2  Mil- 
lionen Mark  Cigurren,  sowie  Hölzer  im  Werthe  von  1,4  Millionen  Mark 
nach  Bremen,  an  Kaffee  dagegen  nur  0,2  Millionen  Mark. 

Der  Verkehr  mit  China  und  Japan  ist  erst  in  allerletzter  Zeit  rege 
geworden;  er  hat  sich  innerhalb  der  verflossenen  5  Jahre  um  das 
Siebenzehnfache  vermehrt,  so  dafe  er  sich  jetzt  immerhin  schon  auf 
510001  im  Werthe  vom  .2 - ; i  ,  Millionen  Mark  beziffert.  China,  liefert 
besondere  Rohseide,  Seidenabfalle  und  Seidenwaaren,  Galläpfel,  Stroh- 
matten  u.  s.  w.  Japan  liefert  allein  für  6  Millionen  Mark  Reis.  Der 
Katalog  bezeichnel  72  verschiedene  Gegenstände,  welche  Bremen  aus 
China  bezieht,  und  49,  welche  aus  Japan  gehandelt  werden. 

An  der  chinesischen  Ausstellung,  welche  in  einem  besonderen  China- 
Hause  von  120q*  Grundfläche  Platz  gefunden  hat,  ist  besonders  die  auf 
den  Thee  bezügliche  Abtheilung  von  Interesse.  Hin-  fehlt  keine  Kleinig- 
keit, welche  zu  .lein  Thee  eine  Beziehung  hat. 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      597 

Das  chinesische  Theegeschäft,  welches  früher  das  grofsartigste  war, 
hat  jetzt  unter  scharfem  Wettbewerbe  zu  leiden.  So  liefert  China  von 
dem  gesammten  aus  Ostasien  und  Iudien  ausgeführten  Thee  im  Betrage 
von  420  Millionen  Pfuud  nur  240  Millionen  Pfund,  dagegen  Iudien  schon 
100  und  Ceylon  36  Millionen  Pfund. 

Australien  und  die  Südsee  lieferren  im  J.  1889:  8473'  im  Werthe 
von  10  Millionen  Mark.  Hawai  ist  seines  ausgedehnten  Zuckerhandels 
wegen  beachtenswerth. 

Ea  kann  unsere  Aufgabe  nicht  sein,  die  Handelsausstellung  weiter 
als  andeutungsweise  zu  besprechen.  Dieselbe  ist  ja  auch  mehr  zur  Auf- 
klärung und  Belehrung  des  grofsen  Publikums,  als  zur  Bereicherung 
des  fachmännischen  Wissens  bestimmt.  Jedenfalls  wollen  wir  von  diesem 
Theile  der  Ausstellung  nicht  scheiden,  ohne  wiederholt  zu  betonen,  dafs 
hier  allein  der  rein  ideale  Ausstellungsgedanke  festgehalten  worden  ist, 
dafs  weder  geschäftliche  Reklame  noch  persönlicher  Eigennutz  eines 
Einzelnen  hier  die  Oberhand  gewonnen  hat,  sondern  dafs  ausschliefslich 
ein  Bild  der  Gesammtheit  des  Bremer  Handels  zu  geben  versucht  wurde. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen 
Heizungssysteme  und  eine  kritische  Beleuchtung  dieser 

letzteren. 

(Eine  Artikelfolge  von  F.H.Haase.  gepr.  Civilingenieur,  Patentanwalt  in  Berlin.) 

Mit  Abbildungen. 

Lüftungsanlagen,  ein  vielbesprochenes  Thema,  welches  heute  Niemanden 
mehr  fremd  ist,  zumal  jetzt  fast  Jedermann  Gelegenheit  geboten  ist, 
sowohl  vorzügliche  Lüftungseinrichtungen  (in  „pompösen  Restaurants", 
in  ..comfortabelen  Hotels"  und  in  manchei'lei  öffentlichen  Gebäuden 
anderer  Art)  in  kleinerer  Anzahl  werthschätzen,  als  auch  weniger  zweck- 
mäßige und  ungenügende  Einrichtungen  in  sehr  grofser  Anzahl  kennen 
und  ungünstig  beurtheilen  zu  lernen. 

Ungünstige  Urtheile  scheinen  aber  doch  nur  in  mäfsiger  Zahl  ge- 
wonnen zu  werden  oder  doch  einem  gänzlich  lüftungslosen  Zustande 
gegenüber  wenig  zur  Geltung  zu  gelangen,  indem  das  erwachende  Be- 
dürfnifs  nach  Verbesserung  der  Luft  auch  an  ungenügenden  und  mangel- 
haften Einrichtungen  noch  grofse  Vorzüge  zu  erkennen  gestattet  und 
deshalb  die  Ursache  der  Entstehung  einer  Menge  anderer,  ebenfalls  un- 
vollkommener Einrichtungen  wird. 

Nun,  es  ist  dieses  erwachende  Bestreben,  Zustände  zu  verbessern, 
in  denen  man  sich  vor  noch  gar  nicht  langer  Zeit  wohlzufühlen  ver- 
meinte, jedenfalls  mit  Freuden  zu  begrüfsen,  und  die  Industriellen  der 


598     Lüftungsanlagen  im  Anschlösse  an  <lie  gebräuchlichen  Heizungssysteme. 

Lüftungsbranche  haben  alle  Ursache  demselben  nicht  zu  grollen,  wiewohl 
sie  durch  die  zumeist  sehr  mäfsigen  Bedürfnisse  ihrer  Auftraggeber  nicht 
selten  genöthigt  werden,  Lüftungsanlagen  zu  schaffen,  auf  die  sie  keines- 
wegs stolz  sein  können. 

Immerhin  ist  aber  dieses  Bestreben  noch  kein  allgemeines  und  noch 
viel  weniger  ist  das  Bedürfnifs  nach  guten  Lüftungseinrichtungen  ein 
vielempfundenes,  vielmehr  hat  es  den  Anschein,  als  wenn  man  in 
vielen  —  selbst  in  mafsgebenden  —  Kreisen  noch  immer  eine  gute  Lüf- 
tungsanlage als  einen  Luxus  betrachte,  dessen  Beschaffung  —  als  nicht 
unumgänglich  uothwendig  —  zu  kostspielig  sei,  ohne  zu  bedenken,  dafs 
man  ja  auch  die  Anforderungen  an  persönliche  Leistungen  in  demselben 
liafse  steigern  kann,  in  welchem  man  für  das  Wohlbefinden  des  Körpers, 
d.  h.  für  einen  solchen  Zustand  desselben  sorgt,  der  die  Möglichkeit  des 
..Sichnichtdisponirtfühlens"  auf  ein  seltenes  Vorkommnifs  beschränkt. 

Man  lebt  ja  doch  heute  nicht  mehr  in  dem  Wahne,  dafs  das  Wohl- 
behagen des  Einzelnen  —  welches  ein  sehr  verschiedenes  ist  und  sich 
oft  leicht  den  Verhältnissen  anbequemt  —  als  ein  Zeichen  des  körper- 
lichen Wohlbefindens  zu  betrachten  sei,  weifs  vielmehr  sehr  wohl,  dafs 
das  letztere  an  ganz  bestimmte  Bedingungen  geknüpft  ist,  die  man  viel- 
leicht am  richtigsten  als  die  normalen  Gesundheitsbedingungen  bezeichnen 
kann,  ohne  welche  sich  das  besagte  Wohlbehagen  nur  als  Kaufgewinn 
für  den  Preis  einer  Constitutionsveränderung  erweist,  die  über  kurz  oder 
lang  augenscheinlich  als  Gesundheitsschwächung  zu  Tage  tritt. 

Mit  einer  solchen  Constitutionsveränderung  mufs  sich  naturgemäfs 
die  Leistungsfähigkeit  verringern,  oder  aber  sie  kann  nur  erhalten 
werden  durch  stetige  Steigerung  der  Willenskraft,  welche  Steigerung 
keineswegs  als  leistungsökonomisch  bezeichnet  werden  kann,  da  sie 
den  Gesundheitszustand  nur  stärker  beeinträchtigt,  wohingegen  sich 
die  Beschaffung  der  normalen  Gesundheitsbedingungen  durch  zweck- 
mäßige Heizungs-  und  Lüftungseinrichtungen  als  eine  kluge  Leistungs- 
oki momie  erweist. 

Man  sollte  meinen,  dafs  das  Publikum  darüber  heute  gar  nicht  mehr 
im  Zweifel  sein  könnte  und  dafs  doch  wenigstens  die  staatlichen  Be- 
hörden, in  Erkenntnifs  dieser  Thatsache,  mit  gutem  Beispiele  voran- 
gehen  und  in  ihren  eigenen  Anlagen  überall  für  gute  Lüftungseinrich- 
tungen  sorgen  würden ;  aber  hier  sieht  es  gerade  durchschnittlich  heute 
noch  am  .schlimmsten  aus,  während  die  städtischen  Behörden  vieler- 
orten  und  selbst  verschiedene  Grofsindustrielle  keine  Kosten  scheuen, 
um  allen  Anforderungen  an  gesunde  Aufenthaltsräume  für  die  ihrer 
Obsorge  Unterstehenden  zu  schaffen. 

Auf  Schritt  und  Tritt  trifft  man  heute  noch  Räume  und  ganze  Ge- 
bäude in  Verhältnissen,  in  denen  sich  kein  Mensch  wohl  zu  fühlen  ver- 
mag. Zahlreiche  Kasernen,  deren  schlechte  Lüftung  sich  schon  den 
Geruchsnerven  der  Vorübergehenden  bemerkbar  macht,  gehören  hierunter 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      599 

noch  lange  nicht  zu  den  gesundheitswidrigsten  Bauanlageu,  da  ihre  Be- 
wohner und  Insassen  zumeist  zu  körperlichen  Anstrengungen  genöthigt 
.sind,  welche  sie  befähigen  auch  in  stark  verdorbener  Luft  noch  verhält- 
nifsmäfsig  gesund  zu  bleiben;  weit  schlimmer  dagegen  ist  es  in  Bureau- 
räumen und  sogen.  Arbeitsstuben  beschaffen,  und  zwar  nicht  minder  iu 
solchen  von  öffentlichen  Staatsanstalten  als  in  solchen  von  räumlich  be- 
schränkten Privatanlagen. 

Da  hier  insbesondere  der  Fall  vielfach  vorkommt,  dafs  kleine  un- 
günstig gelegene,  im  Winter  übermäfsig  stark  geheizte  und  im  Sommer 
von  Natur  schwüle  (mitunter  sogar  während  des  ganzen  Tages  be- 
leuchtete), schlecht  oder  gar  nicht  gelüftete  Räume  täglich  6  bis  8  Stunden 
lang  und  darüber  anhaltend  zum  Aufenthaltsorte  für  eine  grofse  Anzahl 
Personen  dienen,  die  ihre  Thätigkeit  mit  wenig  Bewegung  verrichten, 
so  ist  gerade  hier  eine  Besserung  der  Verhältnisse  besonders  dringend 
erforderlich,  uud  zwar  sogar  dringender  als  in  Werkstätten  und  Ver- 
sammlungsräumen, in  welchen  schon  durch  andere  zeitgemäfse  Zweck- 
mäfsigkeijtsbestimmungen  Raumabmessungen  nöthig  werden,  die  einen 
nicht  unerheblichen  natürlichen  Luftwechsel  gewährleisten. 

Geringe  Verbesserungen  können  hier  sowohl  wie  an  anderen  Orten 
nur  wenig  oder  gar  nichts  nützen,  und  sind  deshalb  geradezu  als  un- 
wirthschaftlich  dem  gegenüber  zu  bezeichnen,  was  wir  heute  zu  thuu 
vermögen,  ohne  der  Zinsen  des  Anlagekapitals  verlustig  zu  gehen.  In 
welcher  Weise  man  hierbei  in  den  einzelnen  Fällen  zu  verfahren  hat, 
dafür  werden   die  folgenden  Ausführungen  den  nöthigen  Anhalt  bieten. 

I.  Grundbedingungen  zur  Beschaffung  gesunder  Luft. 

Trotzdem  die  Grundbedingungen  für  die  Beschaffung  gesunder  Luft 
in  abgeschlossenen  Räumen  schon  aufserordentlich  oft  zum  Gegenstande 
von  Abhandlungen  gemacht  worden  sind  und  deshalb  irrige  Ansichten 
darüber  in  Fachkreisen  kaum  noch  bestehen  dürften,  so  beweisen  doch 
die  Thatsachen,  dafs  man  darüber  gar  nicht  genug  schreiben  kann. 

Die  ersten  Untersuchungen,  welche  zur  Bestimmung  der  für  die 
Beschaffung  guter  Luft  notwendigen  Verhältnisse  gemacht  wurden, 
dürften  geschichtlich  'kaum  festzustellen  sein;  gewifs  ist,  dafs  man  iu 
der  ersten  Hälfte  unseres  Jahrhunderts  (nach  Aufzeichnungen  Peclet's) 
schon  recht  gut  wirkende  Lüftungsanlagen  zu  bauen  verstand,  wenn  es 
sich  um  solche  in  einfach  construirten  Gebäuden  handelte  und  man  mit 
dem  Kapitalaufwande  dafür  nicht  zu  sparen  brauchte.  Dafs  man  aber 
damals  auch  schon  zweckmäfsige  Lüftungseinrichtungen  in  alten  planlos 
aufgeführten  und  im  Laufe  der  Zeit  theilweise  umgebauten  und  räum- 
lich sehr  beschränkten  Baulichkeiten  mit  geringen  Kosten  geschaffen 
habe,  darüber  ist  nirgends  etwas  zu  lesen  und  ist  auch  nicht  wohl  an- 
zunehmen, dafs  dies  irgendwo  geschehen  ist,  da  man  solchen  Falles 
sicher  in  erster  Linie   daran  gedacht   haben  würde,   die  vor  40  Jahren 


600     Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme. 

Doch  allgemein  gebräuchlichen  weiten  Hauskamine  durch  Einlegung 
besonderer  Röhren  der  Lüftung  dienstbar  zu  machen,  was  vermuthlich 

nicht  geschehen  18t,  weil  sonst  die  dabei  unausbleiblich  zu  machende 
Entdeckung  einer  Verbesserung  dieser  Kamine  durch  Verengung  der- 
selben  (unter  gleichzeitigem  Abschlüsse  kalter  Luft  von  ihren  Unter- 
theilen)  Veranlassung  gegeben  haben  würde,  den  Bau  solcher  weiten 
Kamine  schon  viel  trüber  aufzugeben,  als  es  thatsächlich  geschah. 

Auch  würde  man  solchen  Falles  sehr  bald  auf  den  Gedanken  ge- 
kommen  Bein,  beim  Neubau  von  solchen  Gebäuden,  in  denen  ein  oder 
mehrere  Kamine  stets  warm  sind  (wie  beispielsweise  in  Gasthöfen  und 
industriellen  Anlagen  mancher  Art),  in  unmittelbarer  Nähe  dieser  Kamine 
besondere  Lüftungskamine  aufzuführen,  und  in  öffentlichen  Gebäuden 
würde  man  sicher  einige  der  vorhandenen  weiten  Kamine  zum  Zwecke 
der  Lüftung  im  Sommer  an  geeigneter  Stelle  etwas  angeheizt  und  Venti- 
lationsröhren in  dieselben  hineingeleitet  haben.  Hierbei  würde  man  dann 
auch  sehr  bald  durch  die  Geruchsnerven  auf  die  unzweckmäfsige  Lage 
von  Aborten  und  die  Notwendigkeit  ihrer  unmittelbaren  Lüftung  auf- 
merksam geworden  sein  und  gefunden  haben,  dafs  diese  letztere  sich 
in  vielen  Fallen  sehr  einfach  durch  ein  über  Dach  ausmündendes  Luft- 
rohr bewirken  läfst  und  dafs  ihr  Anbau  an  Küchenkamine  besonders 
zu  empfehlen  ist.  Man  würde  wohl  auch  etwas  früher  darauf  aufmerk- 
sam geworden  sein,  dafs  es  besonders  unzweckmäfsig  ist,  Aborte  an 
der  Wetterseite  der  Gebäude  oder  in  solcher  Lage  an  diesen  anzubauen, 
dafs  die  vorherrschende  Luftströmung  von  den  Aborten  her  über  das 
Hauptgebäude  hinstreicht,  wie  es  noch  Ende  der  60er  Jahre  durch  Anbau 
von  Aborten  an  der  Wetterseite  eines  Lagerschuppens  geschah,  der 
naehmals  dauernd  als  Kaserne  verwendet  wurde. 

Ueber  die  Vorbedingungen  zur  Beschaffung  gesunder  Luft  sind  wir 
heute  in  keiner  Weise  mehr  im  Unklaren;  wir  wissen  nicht  nur,  in 
welchem  Grade  gesunde  und  kranke  Personen  und  Thiere,  brennende 
Kerzen,  Erdöllampen  und  Gasflammen  zur  Verschlechterung  der  Luft 
beitragen  und  welchen  Betrag  von  Luftwechsel  sie  dementsprechend  er- 
fordern, sondern  wir  wissen  auch,  welchen  Einflufs  die  in  einem  Ge- 
bäude entstehende  Feuchtigkeit  insbesondere  dann  auf  die  Beschaffenheit 
der  Luft  in  denselben  hat,  wenn  die  Vorbedingungen  dafür  günstig  sind, 
dafs  diese  Feuchtigkeit  in  die  Wände  eindringe. 

Auch  wissen  wir,  welchen  Einflufs  eine  Durchfeuchtung  der  Wände 
überhaupt,  sowie  die  Beschaffenheit  und  relative  Höhenlage  des  Unter- 
grundes, auf  welchem  ein  Gebäude  steht  und  ein  benachbarter  unge- 
reinigter Wasserlauf  oder  schlechtbespülter  Strafsenkana],  eine  benach- 
barte Fabrik  chemisch-technischer  Erzeugnisse  verschiedener  Art  u.  dgl.7 
je  nach  der  vorherrschenden  Luftströmung  auf  die  Luft  in  den  abge- 
schloasenen  Gebäuderäumen  hat. 

Wir  wissen  Ferner  auch,  dals  die  im  Allgemeinen  als  schädlichste 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      601 

Beimischung  der  Luft  betrachtete  Kohlensäure  keineswegs  vorwiegend 
dem  Einflüsse  ihrer  Schwere  folgend  in  der  Nähe  des  Fufsbodens  eines 
Raumes  besonders  reichlich  zu  finden  ist,  sondern  gerade  so  wie  alle 
anderen  Gase  nach  Mafsgabe  ihrer  Temperatur  auch  höhere  Lagen  ein- 
nimmt und  im  Allgemeinen  in  der  Kopfhöhe  und  an  der  Decke  be- 
wohnter Räume  reichlicher  vorhanden  ist,  wenn  nicht  der  Fufsboden 
durch  Kohlensäurebildner  verunreinigt  ist  oder  dem  nahen  Erdboden 
Kohlensäure  enthaltende  Gase  entsteigen. 

Wir  sind  auch  heute  über  die  Wirkungsart  der  Lüftung  in 
einem  Räume  vollständig  im  Klaren;  wir  wissen,  dafs  an  jeder  Bewe- 
gung in  einem  Räume  die  ganze  Luftmasse  desselben  theilnimmt,  aber 
wir  wissen  auch,  dafs  die  Intensität  der  Luftbewegung  mit  der  Eut- 
fernung  von  dem  Orte  ihrer  Ursache  immer  schwächer  und  schwächer 
wird,  und  dafs  man  daher  sogar  in  Räumen,  welche  eine  sehr  kräftige 
Lüftung  haben,  bei  unzweckmäfsiger  Anordnung  dennoch  von  stag- 
nirenden  Luftschichten  sprechen  kann,  innerhalb  deren  man  von  einer 
Lüftung  sehr  wenig  merkt. 

Endlich  wissen  wir  auch,  dafs  die  Luft  ein  grofses  Aufnahme- 
vermögen für  Wasserdunst  hat,  welches  sowohl  mit  der  Lufttemperatur, 
als  auch  mit  der  Luftbewegung  wächst,  und  dafs  deshalb  eine  Steige- 
rung der  beiden  letzteren  eine  erhöhte  Wasserentziehung  von  allen  an- 
wesenden zur  Wasserdunstabgabe  fähigen  Körpern  zur  Folge  hat, 
welche  bei  Menschen  und  Thieren  das  Gefühl  der  Trockenheit  ver- 
ursacht, das  man  durch  zweckmäfsige  Befeuchtung  der  Luft  auf  andere 
Weise  vermeiden  kann. 

Wenn  man  alle  diese  allgemein  bekannten  Thatsachen  in  Erwägung 
zieht,  so  erkennt  man,  dafs  es  nicht  genügt,  vor  Beschaffung  von 
Lüftungseinrichtungen  die  in  den  zu  lüftenden  Räumen  selbst  bewirkte 
(oder  voraussichtlich  zu  bewirkende)  Luftverschlechterung  zu  bestimmen, 
sondern,  dafs  man  sich  zunächst  auch  über  die  an  der  unzuträglichen 
Beschaffenheit  der  Luft  etwa  betheiligten  äufseren  Ursachen  volle 
Klarheit  verschaffen  mufs,  um  denselben  für  die  Zukunft  entweder  ganz 
und  gar  vorzubeugen  oder  aber  doch  durch  zweckmäfsige  Vorkehrungen 
thunlichst  entgegen  zu  wirken. 

Ein  Gebäude,  das  auf  feuchtem  Untergründe  erbaut  ist,  wird  man 
zweckmäfsiger  Weise  durch  Einziehen  von  Isolirschichten  mit  zahlreichen 
Hohlräumen  für  den  Durchzug  der  Luft  und  andere  bauliche  Mafsuahmen 
vor  der  weiteren  Durchfeuchtung  zu  schützen  suchen;  das  Eindringen 
schlechter  Luft  aus  den  Kellerräumen  kann  durch  dichte  Kellergewölbe 
und  direkte  Lüftung  der  Kellerräume  selbst  verhindert  werden,  und  zum 
Unschädlichmachen  der  im  Hause  selbst  entstehenden  Feuchtigkeit  sind 
genügende  Dunstabzüge  zu  beschaffen,  durch  welche  die  feuchten  Düuste 
auf  kürzestem  Wege  in  warme  Kamine  oder  direkt  über  Dach  geführt 
werden. 


602      Lüftungsanlagen  im  Anschlösse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme. 

In  allen  diesen  Fällen  aber  muffl  man  aufserdem,  um  sicher  zu 
gehen,  immer  auch  durch  die  Art  der  Lüftung  den  zu  erwartenden  Ein- 
wirkungen der  Verhältnisse  entgegenwirken,  und  dies  kann  nur  durch 
Einführung  der  Frischluft  in  reichlicher  Menge  unter  Druck  und  Ab- 
leitung der  entweichenden  Raumluft  an  den  der  äufseren  Beeinflussung 
am  meisten  ausgesetzten  Stelleu  geschehen,  weil  nur  in  solcher  Weise 
verhindert  werden  kann,  dafs  jemals  von  diesen  Stellen  aus  Luft  in  den 
gelüfteten  Kaum  einströme. 

Liegt  beispielsweise  die  Gefahr  nahe,  dafs  schlechte  Luft  durch  den 
Fufsboden  aufsteige,  so  ist  es  zweckmäfsig,  unter  diesem  Hohlräume  vor- 
zugehen, durch  welche  man  die  aus  dem  Räume  abströmende  Luft  ent- 
weichen läfst,  und  will  man  einen  Raum  gegen  Luftverunreinigung  von 
Seiten  eines  Nachbarraumes  schützen,  so  mufs  man  die  abziehende  Luft 
thunlichst  an  der  Trennungswand  entlaug  und  hier  abströmen  lassen  u.s.f. 

Einer  Luftverunreinigung  in  den  zu  lüftenden  Räumen  durch  Ein- 
flufe  der  etwa  in  der  Nachbarschaft  des  Gebäudes  verunreinigten  äufseren 
Luft  kann  man  in  nicht  unbedeutendem  Mafse  dadurch  entgegenwirken, 
dafs  man  einerseits  die  äufsere  Luft  in  nächster  Umgebung  des  Ge- 
bäudes thunlichst  durch  Anpflanzung  von  Bäumen  und  anderer  gröfserer 
Gewächse  rein  zu  halten  sucht  und  aufserdem  die  Frischluft  in  reich- 
lich bemessener  Menge  aus  möglichst  reinen  Luftregionen  herbeileitet, 
unter  Druck  in  die  zu  ventilirenden  Räume  einführt  und  Thüren  und 
Fenster  thunlichst  verschlossen  hält. 

Die  einzige  Schwierigkeit  bei  derartigen  Einrichtungen  besteht  zu- 
meist nur  in  der  Beschaffung  guter  Frischluft,  indem  es  hierzu  nicht 
selten  längerer  unterirdisch  geführter  Luftleitungen  bedarf,  doch  ist  ge- 
nügend reine  Luft  häufig  auch  schon  in  nächster  Nähe  in  höheren  Luft- 
schichten zu  finden  und  kann  dieselbe  dann  durch  ein  einfaches  (an  der 
oberen  Mündung  vor  den  atmosphärischen  Niederschlägen  geschütztes) 
Rohr  nach  dem  Kellergeschofs  geleitet  werden,  in  welchem  die  Luft- 
pulsatoren  aufzustellen  sind. 

Zur  Winterzeit,  in  welcher  die  luftreinigende  Wirkung  von  An- 
pflanzungen wegfällt,  liegt  das  Bedürfnifs  für  dieselben  auch  nicht  vor, 
indem  zu  solcher  Zeit  die  äufsere  Luft  niemals  auf  weitere  Entfernung 
rom  Infectionsherde  durch  gesundheitschädliche  schwere  Kohlen  wasser  - 
Btoffe  und  Kohlensäure  inficirt  ist. 

Durch  Druckluft  läfst  sich  in  jedem  Falle,  bei  reichlich  (auch  den 
äufseren  Verhältnissen  angepafst)  bemessener  Frischluftmenge  eine 
gute  Lüf'ung  erzielen,  die  über  manche  in  hygienischer  Beziehung 
mangelhafte  Baueinrichtung  hinweghilft,  wenn  dabei  nur  die  Entnahme- 
Btelle  der  Frischluft  und,  in  den  Räumen  selbst,  die  Einführungsstellen 
der  Druckluft,  sowie  die  Abführungsstellen  der  durch  die  Druckluft 
verdrängten  Raumluft  zweckmäfsig  gewählt  wird;  aber  vom  ökonomi- 
schen Standpunkte  aus  betrachtet,  kann  eine  Druckluftanlage  nur  dann 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      603 

als  zweckmäfsig  bezeichnet  werden,  wenn  sich  dieselbe  nicht  mit 
gleichem  Erfolge  durch  eine  ohne  maschinelle  Apparate  betriebene  Saug- 
lufteinrichtung ersetzen  läfst;  dagegen  ist  eine  Anlage  mit  maschinell 
betriebenen  Luftabsaugeapparaten  im  Allgemeinen  als  uuzweckmäfsiger 
zu  bezeichnen,  indem  sie,  ohne  alle  die  guten  Eigenschaften  einer  Druck- 
luftanlage in  gleichem  Mafse  zu  besitzen,  gröfsere  Dimensionen  der 
Apparate  und  Einrichtungen  erfordert  als  diese.  Nichtsdestoweniger 
kann  sie  unter  Umständen  doch  auch  zweckmäfsiger  werden  als  eine 
Druckluftanlage,  wenn  es  sich  um  die  Lüftung  älterer  Bauwerke  handelt, 
die  bis  dahin  keine  derartige  Einrichtung  hatten  und  bei  welchen  die 
BeschalFung  einer  Druckluftanlage  gröfsere  bauliche  Umänderungen  be- 
dingen würde,   als  sie  die  Anordnung  von  Saugluftapparaten  erfordert. 

IL  Allgemeines  über  Zaglüftung. 

Aus  den  vorstehenden  allgemeinen  Betrachtungen  geht  hervor,  dafs 
es  nicht  immer  genügt,  sich  vor  Beschaffung  einer  Lüftungsanlage  über 
die  Menge  der  in  den  zu  lüftenden  Räumen  selbstbewirkten  Luftver- 
unreinigung zu  unterrichten,  sondern  dafs  man  auch  auf  die  an  der- 
selben etwa  mitbetheiligten  äufseren  Ursachen  Rücksicht  zu  nehmen  hat. 

Indessen  ist  auch  diese  Berücksichtigung  nicht  immer  genügend,  um 
die  Wirkung  einer  beabsichtigten  Lüftungseinrichtung  zu  sichern;  volle 
Klarheit  darüber  erfordert  vielmehr  auch  noch  die  Erwägung  der  Lage 
der  zu  lüftenden  Räume  zu  anderen  Räumen,  deren  Luft  etwa  gesund- 
heitschädliche Beimischungen  —  wie  giftige  Kohlenwasserstoffe,  Kohlen- 
säure oder  miasmatische  Organismen  oder  andere  staubförmige  Krank- 
heitstoffübertrager —  in  besonders  reichlicher  Menge  enthält.  Denn 
befinden  sich  derartige  ungesunde  Räume  in  unmittelbarer  Nähe,  so 
mufs  man  hinreichend  Vorsorge  treffen,  um  zu  verhüten,  dafs  von  deren 
verdorbener  Luft  gröfsere  Mengen  mit  der  Frischluft  zugleich  in  die  zu 
lüftenden  Räume  hineingebracht  und  dadurch  die  Luft  in  den  letzteren 
etwa  gar  noch  verschlechtert  werde,  anstatt  sie  zu  verbessern. 

Nun  könnte  man  leicht  zu  der  Meinung  verleitet  werden,  dafs  man 
deshalb  Saug-  oder  Zuglüftung  strenggenommen  nur  in  völlig  freistehenden 
Gebäuden  anwenden  dürfe,  weil  man  sonst  damit  der  besagten  Gefahr 
nie  völlig  entgehe;  in  Wirklichkeit  kann  jedoch  eine  solche  Gefahr  nur 
dann  eintreten,  wenn  man  es  der  umgebenden  Luft  der  solcherart  ge- 
lüfteten Räume  völlig  freistellt,  den  Ersatz  der  abgesaugten  Raumluft 
durch  irgend  welche  zufällig  vorhandenen  Oeffnungen  hindurch  zu  be- 
werkstelligen; sorgt  man  dagegen  immer  für  genügend  weite  besondere 
Luftzuführungskanäle  und  Oeffnungen,  die  nur  genügend  reiner  Luft 
zugängig  sind  —  was  immer  möglich  ist  —  so  ist  die  Gefahr  gleich- 
zeitiger Einführung  inficirter  Luft  in  gesundheitschädlicher  Menge  bei 
einigermafsen  dichtschliefsenden  Fenstern  und  Thüren  für  alle  diejenigen 
Fälle  als  ausschliefsbar  zu  betrachten,   in  welchen  nicht  gerade  so  un- 


604      Lüftungsanlagen  Im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme. 

Sünstige  lokale  Verhältnisse  vorliegen,  wie  sie  bei  den  vorhergehenden 
Betrachtungen  zum  Gegenstande  besonderer  Besprechung  gemacht  wurden. 

Somit  steh!  denn  auch  der  Anordnung  einer  Saug-  oder  Zugluft- 
ventilirung  im  Allgemeinen  kein  Hinderungsgrund  entgegen,  wenn  es 
-ich  um  die  Lüftung  an  sich  gesunder  Räume  in  gesunder  Lage  handelt, 
d.  h.  Bolcher  Räume,  die  gut  unterkellerten  trockenen  Gebäuden  an- 
gehören, welche  weder  in  einer  Thalmulde,  noch  in  der  Nähe  von 
Sömpfen  oder  stehendem  unreinem  Wasser,  noch  in  sonstwie  stark  ver- 
unreinigter Luftsphäre  liegen. 

Was  die  Lage  der  Luftzuführungsöffuungen  und  der  Abzugsöffnungen 
hei  Zuglüftung  betrifft,  so  beruhen  die  diesbezüglichen  Vorschläge  und 
Maßnahmen  vieler  ausführenden  Fachleute  im  Wesentlichen  auf  dem 
Prinzips  der  Berücksichtigung  der  durch  Temperaturunterschiede  ver- 
anlafsten  natürlichen  Luftbewegung,  die  etwa  durch  den  folgenden  Lehr- 
satz gekennzeichnet  ist: 

Ist  die  in  einem  Räume  befindliche  Luft  kühler  als  die  in  denselben  ein- 
strömende, so  wird  die  letztere,  an  der  Raumdecke  zuströmend,  sich  hier 
ausbreiten  und  langsam  nach  Mafsgabe  ihrer  allmählichen  Abkühlung  nieder- 
sinken und  mit  geringstem  Zwange  einer  am  Fußboden  vorgesehenen  Ab- 
zugsöffnung zuströmen;  ist  dagegen  die  Innenluft  wärmer  als  die  zuströmende, 
so  wird  diese  letztere  am  Fufsboden  einströmend,  sich  an  diesem  ausbreiten 
l  wenn  sie  daran  nicht  durch  die  Art  der  Heizung  im  Räume  verhindert 
wird)  und  nach  Mafsgabe  ihrer  allmählichen  Erwärmung  allmählich  zur 
Decke  emporsteigen  und  mit  geringstem  Zwange  einer  daselbst  vorgesehenen 
Abzugsöffnung  zuströmen. 

Danach  hätte  man  sowohl  die  Zuströmungs-  als  auch  die  Abzugs- 
üffnungen  in  zwei  Höhenlagen  (am  Fufsboden  und  an  der  Decke)  vorzu- 
sehen und  abwechselnd  nach  Mafsgabe  der  jeweiligen  Temperaturdifferenz 
zwischen  Innenluft  und  Zuströmunsisluft  den  Wesr  der  Zu-  und  Abströ- 
mung  durch  Verstellung  der  Verschlufsklappen  zu  reguliren. 

Abgesehen  von  der  Unbequemlichkeit  dieser  häufiger  nothwendigen 
Klappenregulirung  nach  jeweiliger  Prüfung  der  Temperaturen,  kann  eine 
solche  Einrichtung  auch  deshalb  nicht  als  besonders  empfehlenswerte 
betrachtet  werden,  weil  der  Nutzen  der  dadurch  gebotenen  Lüftung 
relativ  mäfsig  ist-  denn  es  wird  dabei  nicht  mit  Sicherheit  verunreinigte 
Luft  durch  frische  verdrängt,  sondern  nur  letztere  mit  ersterer  innig 
vermischt  und  man  nimmt  nur  an,  dafs  dadurch  die  Verunreinigung 
der  Raumluft  auf  einen  gewissen  zulässigen  Maximalprocentsatz  be- 
sehränkt  gehalten  werde,  was  aber  —  wie  die  Erfahrung  lehrt  —  sehr 
häutig  nicht  der  Fall  ist. 

Will  man  eine  sichere  Wirkung  erzielen,  so  mufs  man,  unbekümmert 
um  die  natürliche  ungezwungene  Luftbewegung,  den  Herd  der  Infection 
anzugreifen  und  diese  letztere  selbst,  möglichst  im  Momente  des  Ent- 
Btehens  durch  die  Lüftung  zu  beseitigen  suchen,  und  aus  diesem  Grunde 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      605 

ist  es  weit  zweckmäfsiger,  die  erwähnte  Klappenregulirung  vollständig 
zu  unterlassen,  die  beiden  Zuströmungsöffnungen  immer  offen  zu  halten 
und  die  Luft  aus  dem  von  Personen  bewohnten  Räume  so  wenig  als 
möglich  über  deren  Kopf  höhe,  in  Ställen  aber  entweder  etwas  über 
Kopfhöhe  und  am  Boden  zugleich  (wegen  der  Verunreinigung  des- 
selben durch  Kohlensäurebildner)  oder  etwa  in  der  Mitte  zwischen  beiden 
Lagen  abzuführen. 

Unter  alleu  Umständen  aber  ist  die  Lage  der  Zuführungsöffnungen 
derart  zu  wählen,  dafs  die  Luftströmung  niemals  belästigend  wirken  kann. 

Gegen  diese  Regel  wird  insbesondere  bei  direkter  Einführung  der 
Frischluft  häufig  gefehlt. 

Zuströmungsöffnungen  an  Fenstern  oder  au  ins  Freie  führenden 
Thüren  anzubringen,  ist  im  Allgemeinen  schon  deshalb  unzweckmäfsig, 
weil  dieselben  höchst  selten  so  gelegen  sind,  dafs  zwischen  ihnen  und 
den  Abzugsöffnungen  eine  wirksame  Lüftung  des  Raumes  möglich  ist; 
aufserdem  aber  sind  alle  direkt  ins  Freie  führende  Oeffnungen  von 
gröfseren  Dimensionen,  bei  feuchter  Witterung  sowohl  auch  in  der  kälteren 
Jahreszeit  —  ganz  besonders  aber  bei  nebeligem  Wetter  —  direkt  ge- 
sundheitswidrig, und  dafs  durch  schräg  nach  oben  gerichtete  Klappen 
das  Uebel  vermindert  oder  ganz  beseitigt  werden  könne,  wie  es  viel- 
fach  angenommen  wird,  ist  einfach  nicht  zutreffend,  indem  dadurch  nur 
der  Eintrittsquerschnitt  wagerecht  an  die  obere  Kante  der  senkrechten 
Fensteröffnung  verlegt,  die  abwärtsgehende  Bewegungsrichtuug  der  ein- 
tretenden Luft,  aber  aus  hydrostatischen  Gründen,  nur  sehr  wenig  ver- 
ändert wird. 

Direkt  ins  Freie  führende  Oeffnungen  sind  deshalb  nur  zulässig. 
wenn  sie  in  ganz  kleinen  Gröfsenverhältnissen  und  dafür  in  grofser  Zahl 
möglichst  in  der  Nähe  der  Decke  vorgesehen  werden.  Will  man  gröfsere 
direkt  ins  Freie  führende  Oeffnungen  in  der  Nähe  des  Fufsbodens  an- 
ordnen, so  mufs  man  der  eintretenden  Luft  zunächst  die  Möglichkeit 
geben,  innerhalb  eines  kastenförmigen  Vorbaues  ihren  Bewegungsquer- 
schnitt bedeutend  zu  vergröfsern  und  sich  selbst  bei  kälterer  Witterung 
wo  möglich  an  einem  in  solchem  Vorbaue  untergebrachten  Heizkörper 
vorzuwärmen,  eine  Einrichtung,  die  bekanntlich  bei  Centralheizungs- 
anlagen  vielfach  zur  Anwendung  gelangt. 

Bezüglich  der  Abzugsöffnungen  ist  noch  zu  erwähnen,  dafs  es  in 
vielen  Fällen  nicht  genügt,  solche  in  Wänden  vorzusehen,  sondern  dafs 
es  sehr  zweckmässig  und  in  grofsen  Sälen  mitunter  geradezu  noth wendig 
ist,  von  verschiedenen  Stellen  aus  Luftabzugsröhren  nach  den  etwa  iu 
den  Wänden  liegenden  Kanälen  hin  zu  verlegen;  das  oben  erläuterte 
Prinzip  hinsichtlich  der  Höhenlage  ist  aber  dabei  immer  thunlichst  ein- 
zuhalten. 

Der  Betrieb  der  Zuglüftung  kann  bei  kalter  Aufsentemperatur  und 
hinreichender  Erwärmuno;  der  Käume   durch  Nutzbarmachung   der  vom 


606      Lüftungsanlagen  im  Anschlösse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme. 

Temperatarunterschiede  der  Innen-  und  Aufsenluft  veranlafsten  Luft- 
bewegung  immer  in  genügendem  Mafse  bewirkt  werden;  es  sind  jedoch 
dazu,  je  nach  der  Art  der  Beheizung,  jeweils  andere  Vorkehrungen  er- 
forderlich, die  nur  bei  eingehender  Besprechung  der  Heizeinrichtungen 
selbst  Daher  erläuterl  werden  können,  weshalb  die  diesbezüglichen  Be- 
trachtungen erst  später  erfolgen  können. 

Auch  zur  Sommerzeit  kann  man  die  aus  dem  besagten  Temperatur- 
unterachiede  rieh  ergebende  natürliche  Luftbewegung  zur  Lüftung  nutzbar 
verwenden,  mufs  jedoch  darauf  bedacht  sein,  diese  natürliche  Luftbewe- 
gung zeitweise  durch  besondere  Hilfsmittel  zu  verstärken,  da  dieselbe 
sonst  nur  durch  complicirtere  Einrichtungen  und  häufige  Klappenregu- 
lirung  an  warmen  Tagen  einigermafsen  constant  erhalten  werden  kann, 
an  allen  kühleren  Tagen  aber  ungenügend  ausfallen  würde. 

Ein  sehr  einfaches  Hilfsmittel  bietet  eine  kleine  Wärmequelle,  welche 
die  Luftbewegimg  an  irgend  einer  Stelle  der  Abzugskanäle  in  senkrecht 
aufsteigendem  Sinne  zu  beschleunigen  und  in  Folge  dessen  auf  die  rück- 
wärts der  Beschleunigungsstelle  befindliche  Luftmasse  saugend  zu  wirken 
vermag.  Da  dieses  —  später  eingehender  zu  besprechende  —  Mittel 
jedoch  nicht  in  jeder  Ausführung  zur  Erzeugung  einer  beabsichtigten 
Luftbewegung,  sondern  nur  zur  Beschleunigung  einer  solchen  geeignet 
ist,  und  aufserdem  auch  nicht  immer  in  bequemer  Weise  zu  beschaffen 
ist,  so  kann  dasselbe  nicht  in  jedem  Falle  als  empfehlenswerth  be- 
zeichnet werden. 

Hat  man  Dampf  zur  Verfügung,  so  bewirkt  ein  dünner  Dampfstrahl, 
den  man  in  bestimmter  Lage  über  der  obersten  Einmündung  der  Lüf- 
tungskanäle in  diese  einbläst,  nicht  nur  eine  sehr  lebhafte,  sondern  auch 
eine  ziemlich  billige  und  sehr  bequeme  Lüftung. 

Da  man  indessen  Dampf  nur  in  seltenen  Fällen  zur  Verfügung  hat, 
so  sucht  man  der  in  den  Abzugskanälen  befindlichen  Luftsäule  häufig 
eine  lebhaftere  Bewegung  durch  Nutzbarmachung  der  äufseren  atmo- 
Bphärischen  Luftbewegung  mittels  der  sogen.  Luftsauger  (Windsauger)  zu 
ertheilen,  für  welche  bei  der  Berliner  Stadtbehörde  bezeichnender  Weise 
der  Namen  ..Deflecloren^  (Windablenker)  gebräuchlich  ist,  weil  in  der 
That  die  Wirkung  der  zumeist  in  Gebrauch  befindlichen  Apparate  dieser 
Art  sich  fast  nur  oder  überhaupt  nur  auf  die  Ablenkung  des  Windes 
von  den  Kanälen  oder  Kaminen  beschränkt,  die  oft  sehr  geringe  saugende 
Wirkung  des  Windes  hierbei  aber  nicht  durch  die  Form  der  Apparate, 
sondern  nur  durch  das  Vorbeistreichen  des  Windes  bewirkt  wird. 

Ob  dabei  die  Deflectorform  rund  oder  eckig  ist,  ist  —  wie  theoretisch 
beweisbar  und  durch  Erfahrung  bestätigt  —  völlig  gleichgültig,  sobald 
die  Construction  nur  so  gewählt  wird,  dafs  die  sich  etwa  an  der  ge- 
troffenen  Fläche  bildenden  Windwirbel  nicht  in  den  Kanal  oder  Kamin 
hineinschlagen  können.  Die  einfachste  dieser  Bedingung  entsprechende 
Deflectorconstruction  ist  deshalb  auch  die  beste. 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      607 


PiR.  1. 


Die  Stadtbaudeputation  Berlins  schreibt  seit  Jahren  für  die  Ueber- 
deckung  von  Luftabführungskanälen  über  ihren  Gebäuden  die  in  Fig.  1 
dargestellte  Deflector-Construction  vor. 

Dieselbe  besteht  aus  einfachen ,  nach 
der  im  Grundrisse  Fig.  la  punktirt  an- 
gedeuteten Art  zusammengepafsten  Blech- 
platten, die  eine  Neigung  von  15°  haben 
und  in  solchen  Abständen  über  einander 
angeordnet  sind,  dafs  der  Wind  bei  einer 
Abwärtsbewegung  von  15°  schon  auf  ein 
Hindernifs  stöfst,  das  ihn  nach  aufwärts 
ablenkt,  und  dabei  wird  die  Ausladung 
der  dachförmig  geneigten  Deflectorbleche 
nach  den  in  Fig.  1  eingeschriebenen  Mafsen 
so  grofs  gewählt,  dafs  der  Wind  möglichst 
in  keiner  Richtung  mehr  eine  Innenkante 
des  Kanals  trellen  kann. 

Die  Höhe  A,  welche  für  die  Abströ- 
mung  der  Kanalluft  mafsgebend  ist,  ergibt 
sich,  bei  Annahme  einer  Abströmung  nach 
zwei  Richtungen,  einfach  aus  der  Be- 
zieh uns:: 


Fig.  la. 


h(a4-  b)  =  a.b  oder  h  =  — j—r, 
1  a  +  b1 

wenn    a    und   b   die    lichten    Weiten    des 

Kanals  bezeichnen. 

Die  Anzahl  der  Deflectorbleche  ei-gibt 
sich  aus  den  einzuhaltenden  Abständen. 
Der  Maximalabstand  ist  in  Fig.  1  durch 
punktirte  Linien  graphisch  bestimmt. 

Alle  übrigen  Constructionsstücke  ergeben  sich  aus  den  Figuren. 

Wird  ein  Luftkanal  um  eine  innere  wanne  Kaminröhre  herum  an- 
gelegt, so  kann  man  ihn  natürlich  enger  halten,  weil  in  diesem  Falle 
die  Kaminwärme  schon  den  Zug  bedeutend  belebt  (die  Luftgeschwindig- 
keit erhöht).  Die  Kaminröhre  wird  in  solchem  Falle  in  Blechplatten 
über  den  Deflector  des  Luftkanals  hinausgeführt  und  womöglich  durch 
eine  einfache  Dachkappe  in  der  in  Fig.  2  angedeuteten  Weise  über- 
deckt, nach  Bedarf  auch  mit  einem  ähnlichen  Deflector  versehen  wie 
ein  Luftkanal. 

Die  Höhe  des  um  ein  Kamin  herumgebauten  Kanaldeflectors  ergibt 

sich  aus  der  Beziehung: 

a .  b 
h.2d  =  a.b  oder  A  =  -^-r, 

wenn    2d  den   kleinsten  Gesammtabstand   von   zwei   diagonal   einander 


60£      Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme. 


nüberliegenden  Kanalkanten  von  den  zunächstliegenden  Kanten 
<ler  blechernen  Kaminverlängerung,  //.  a  und  b  aber  die  gleiche  Bedeu- 
tung haben  wie  in  dm  Fig.  1  und  la.  Alle  übrigen  Stücke  sind  aus 
den  Fig.  2  und  2a  erkennbar. 

Gegen  die  vorgeführte  Deflectorcon- 
struction  Lafol  sich  der  Einwand  erheben, 
dafs  der  in  das  Innere  des  Deflectorraumes 
eindringende  Wind  die  Saugwirkung  ver- 
mindere, indem  er  theilweise  selbst  das 
durch  diese  geschaffene  Vacuum  ausfülle, 
anstatt  diese  Ausfüllung  vollständig  der 
Kanalluft  zu  überlassen;  dafür  aber  tritt 
an  die  Stelle  des  Verlustes  an  nutzbarem 
Vacuum  der  active  Winddruck  von  rück- 
wärts, der  den  Verlust  theilweise  wieder 
ausgleicht, 
und  ausser- 
dem sind 
auch      alle 

anderen 
bis  jetzt  be- 
kannten 
unbeweg- 
lichen Luft- 
sauger mit 
derselben 
Unvollkom- 
menheit 
behaftet, 
ohne     dafs 
ihre  Construction  von  gleicher  Einfachheit  wie  die  vorgeführte  ist. 

Will  man  die  besagte  Unvollkommenheit  vermeiden,  so  mufs  man 
zu  dem  bekannten  drehbaren  Luftsauger  greifen,  dessen  Construction  in 
einer  bestimmten  Ausführung  in  Fig.  3  illustrirt  und  ohne  weitere  Er- 
klärung verständlich  ist.  Dabei  erhält  man  im  Allgemeinen  zweck- 
mäfsige  Verhältnisse,  wenn  man 

d1=0,66d,  rf2  =  l,15rf,  DztVd* +  dl*>  1,2 d 
i\i\*\  den  Krümmungsradius  der  Düsenform  gleich  4</  wählt. 

Ale  besonders  praktisch  kann  indessen  im  Allgemeinen  ein  dreh- 
barer Luftsauger  an  schwer  zugängigen  Stellen  aus  naheliegenden 
Gründen  oichl  bezeichnet  werden;  insbesondere  aber  nicht  in  grofeen 
Dimensionen. 

Die  Anlagekosten  ftlr  Deflectoren  oder  Luftsauger  sind  bei  gröfseren 
gen  ziemlich  bedeutend,  weil  sie  einer  Behr  soliden  Ausführung  be- 


Fig.  a. 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      609 

dürfen  und  deshalb  oft  ein  bedeutendes  Gewicht  haben.  Man  kann 
indessen  diese  Anlagekosten  dadurch  verringern,  dafs  man  mehrere  Ab- 
zugskanäle vor  ihrer  Ueberführung  über  Dach  (im  Dachgeschofs  oder 
darunter)  in  der  in  Fig.  4  angedeuteten  Weise  durch  Sammelkanäle 
(c)  aus  Blech  (wenn  thunlich 
natürlich  auch  in  Mauerung 
ausgeführt)  vereinigt,  um  für 
sie  zusammen  nur  einen  De- 
flector  (F)  zu  benöthigen, 
den  man  zum  eventuellen 
Abschlüsse  mit  einer  Drossel- 
klappe auszustatten  hat. 

Wie  bereits  angedeutet,  besteht  der  Hauptwerth  der  Deflectoren  in 
der  Ablenkung  des  Windes  zum  Zwecke,  diesen  zu  verhindern,  die  Luft- 
bewegung in  den  Abzugskanälen  zu  hemmen;  die  dabei  gleichzeitig 
auftretende  Saugwirkung  ist  zwar  bei  starker  Windbewegung  nicht  un- 
bedeutend, bei  leichtem  Winde  dagegen  ist  von  einer  Saugwirkung 
kaum  etwas  zu  bemerken  und  eine  Unterstützung  der  natürlichen  Lüf- 
tung ist  durch  dieselbe  nicht  mehr  zu  erwarten. 

Will  man  sich  die  billige  Mitwirkung  des  Windes  dauernd  sichern, 
so  mufs  man  maschinelle  Windmotoren  zum  Betriebe  von  Lüftungs- 
apparaten (Schraubenventilatoren  o.dgl.)  anwenden  und  deren  Dimensionen 
so  grofs  wählen,  dafs  sie  schon  bei  leichtem  Windhauche  im  Stande 
sind,  die  zur  normalen  Lüftung  erforderliche  Saugwirkung  (in  dem  vor- 
handenen Luftkanale  oder  auch  in  einem  besonderen  Rohre)  ganz  und 
gar  zu  bewirken,  weil  man  nur  dann  sicher  ist,  bei  allen  Temperatur- 
verhältnissen (innen  und  aufsen)  genügende  Lüftung  ermöglichen  zu 
können.  Aus  dieser  Erwägung  geht  klar  hervor,  dafs  sich  eine  Lüftungs- 
anlage mit  motorischem  Windbetriebe  zur  Unterstützung  der  sogen, 
natürlichen  Lüftung  überhaupt  nicht  eignet  und  nur  etwa  als  alleinige 
Anlage  zu  wählen  ist  —  wie  es  denn  auch  vielfach  geschieht. 

Die  besagten  Dimensionen  der  erforderlichen  Windmotoren  machen 
natürlich  die  Anordnung  besonderer  Regulirungsvorrichtungen  (wie 
Drosselklappen  im  Saugrohre  oder  Bremsen  oder  sonst  dergleichen)  er- 
forderlich, welche  bei  Eintritt  lebhafterer  Windbewegung  entweder 
selbsthätig  oder  von  Hand  zu  verstellen  sind,  um  zu  verhindern,  dafs  in 
diesem  Falle  in  den  gelüfteten  Räumen  eine  unerträglich  starke  Luft- 
strömung entstehe.  Derartige  Einrichtungen  verursachen  in  der  Regel 
hohe  Kosten,  die  mit  dem  dadurch  erzielten  Nutzen  in  ungünstigem  Ver- 
hältnisse stehen;  deshalb  wird  es  im  Allgemeinen  vorgezogen,  die 
Dimensionen  im  Ganzen  kleiner  zu  wählen,  als  sie  nach  obiger  Angabe 
nothwendig  wären,  und  damit  eine  Anlage  geschaffen,  die  günstigsten 
Falles  bei  lebhafter  Windbewegung  die  erwünschte  Lüftung  bewirkt, 
bei  schwachem  Winde  dagegen  als  zwecklose  Spielerei  functionirt. 

Dinstler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  13.  1890)111.  39 


610      Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungss5Tsteme. 


Pia  5. 


In  Anbetracht  dieses  Umstandes  erscheint  es  im  Allgemeinen  zweck- 
mäfsiger,  eine  weniger  billige  motorische  Betriebskraft  zur  Benutzung 
zu  empfehlen,  welche  bei  verhältnifsmäfsig  geringeren  Anlagekosten  eine 
gleichmäfsige  Leistung  ermöglicht. 

Handelt  es  sich  nur  darum,  ein  Hilfsmittel  zu  beschaffen,  durch 
welches  die  durch  Temperaturunterschied  zwischen  Innen-  und  Aufsen- 
luft  ermöglichte  natürliche  Lüftung  einer  sonst  zweckmäfsig  eingerichteten 
Anlage. zeitweise  verstärkt  wird,  oder  um  die  Beschaffung  einer  vollstän- 
digen Lüftung  einzelner,  nicht  allzugrofser  Räume,  die  nur  selten  auf 
kurze  Zeit  in  Benutzung  genommen  werden,  so  kommen  in  der  That  die 
Betriebskosten  weniger  in  Betracht  als  die  Anlagekosten  und  man  kann 
dann  irgend  eine  zufällig  sich  darbietende  Betriebskraft  zweckmäfsig 
verwenden. 

Eine  solche  bietet  beispielsweise  eine  unter  Druck  stehende  Wasser- 
leitung, von  deren  Wasser  man  einen  kleinen  Wassevmotor  betreiben 
lassen  kann,  dessen  Achse  mit  derjenigen  eines  Rotationsventilators  fest 
verbunden  ist. 

Eine  derartige  Einrichtung  zeigt  beispielsweise  der  in  Fig.  5  illustrirte 
Apparat,  welcher  aus  einer  auf  der  Ventilatorachse  festsitzenden  kleinen 

Partialturbine  a,  einem  festliegenden 
Leitapparat  b  und  zwei  Flügelrädern  c 
und  d  besteht,  deren  Flügel  —  zum 
Zwecke  der  allmählichen  Steigerung 
des  Druckes  gegen  die  zwischen  ihnen 
durchstreichende  Luft  —  unter  verschie- 
denen Winkeln  gegen  ihre  mit  einander 
zwangläufig  verbundenen,  aber  gegen- 
seitig verschiebbaren  Achsen  (/  und  e) 
gerichtet  sind.  Beide  Achsen  ruhen 
dabei  mit  ihren  in  einander  greifenden 
Enden  in  der  ihnen  als  Lager  dienen- 
den Bohrung  des  Leitapparates  b.  — 
g  und  h  sind  die  mit  der  Zu-  bezieh. 
Ableitung  zu  verbindenden  Rohrstutzen. 
Ein  einfacherer,  durch  Wasserkraft  betriebener  Lüftungsapparat, 
der  im  vorigen  Jahre  in  der  Ausstellung  für  Unfallverhütung  als  Neu- 
heit ausgestellt  war,  ist  in  den  Fig.  6  und  6  a  illustrirt. 

Derselbe  besteht  aus  einem  einfachen  Ventilatorflügelrade,  dessen 
Flügel  v  an  dem  Radumfange  durch  eine  Rinne  mit  einander  verbunden 
sind,  die  mit  radialen  Schaufeln  (bezieh.  Rippen)  versehen  ist,  wasser- 
dicht an  den  beiden  Theilen  des  Apparatgehäuses  anliegt  und  in  dieser 
Anordnung  ohne  Weiteres  als  Wasserrad  figurirt. 

Wie  aus  Fig.  6  —  welche  in  der  linken  Hälfte  die  besagte  Wasser- 
radrinne in  der  Ansicht  und  in  der  rechten  Hälfte  im  Schnitte  zeigt  — 


Lüftungsanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme.      611 


zu  ersehen  ist,  kann  die  Zuführung  des  Wasserleitungswassers,  je  nach 
Einstellung  eines  Dreiwegehahnes,  nach  rechts  oder  nach  links  erfolgen, 
so  dafs  man  in  der  Lage  ist,  den  Ventilator  nach  beiden  Richtungen 
rotiren  lassen  zu  können,  um  denselben  je  nach  Wunsch  saugend  oder 
drückend  auf  die  Luft  des  zu  ventilirenden  Raumes  einwirken  zu  lassen. 

Bei  den  beiden  hier  vorgeführten  Ventilatorapparaten  kann  durch 
Regulirung  eines  einfachen  Absperrhahnes  der  Wasserzuflufs  zu  dem 
Motor  derart  geändert  werden,  dafs  die  Lüftung  innerhalb  gewisser 
Grenzen  nach  Belieben  verstärkt  oder  geschwächt  werden  kann. 

Da  das  von  den  Motoren  ablaufende  Wasser  noch  anderweitig  ver- 
wendet werden  kann,  wenn  man  es  zu  diesem  Zwecke  in  ein  Reservoir 
einleitet,  so  ist  —  bei  genügender  Verwendung  für  dieses  Abwasser  — 
Fig.  6.  Fig.  7. 


Fig.  6a. 

der  Betrieb  der  Ventilatoren  als 
ein  sehr  billiger  zu  bezeichnen 
und  deshalb  unter  Umständen 
auch  für  dauernde  Benutzung  zu 
empfehlen.  7a.  Fig. 

Wo  elektrische  Stromkraft  zur  Verfügung  steht,  bietet  diese  nicht 
nur  ein  sehr  bequemes,  sondern  in  der  Regel  auch  ein  billiges  Mittel 
zum  Betriebe  eines  Ventilators  durch  einen  kleinen  Elektromotor. 


612  Kleinere  Mittheiluiigen. 

lu  Amerika,  woselbst  die  Kenutzung  elektrischen  Stromes  weit  mehr 
in  Gebrauch  ist  als  in  Deutschland,  gehören  elek.tii.sch  betriebene  Venti- 
latoren schon  langst  nicht  mehr  zu  den  Neuheiten,  und  ist  bereits  eine 
ganze  Anzahl  diesbezüglicher  Constructionen  bekannt,  die  von  Männern 
hervorragenden  Namens  herrühren.  Unter  diesen  befindet  sich  der 
neuerdings  in  Deutschland  als  Strafsenbahnelektriker  vielgenannte  Franl; 
Julian  Sprague,  dessen  Coustructiunsaust'ühruugen  für  Europa  die  All- 
(jt'iut'ine  EUktrieitäHgetellichaft  in  Berlin  übernommen  hat. 

Diesem  Elektriker  ist  vor  zwei  Jahren  der  in  den  Fig.  7  und  7  a 
ilhistrirte  Ventilationsapparat  für  Amerika  patentirt  worden. 

Derselbe  besteht  aus  einem  kleinen  Elektromotor,  auf  dessen  Armatur- 
welle direkt  die  Nabe  eines  Ventilatorllügelrades  v  aufgekeilt  ist.  Diese 
Welle  ruht,  wie  aus  Fig.  7  ersichtlich,  einerseits  in  einem  kugelförmig 
abgedrehten  Lagerfutter,  welches  von  einem  zweiarmigen  Lagerbocke  m 
getragen  wird,  und  andererseits  in  zwei  durch  Stellschrauben  centrirten 
Lagerkörpern  o  und  &,  von  denen  der  eine  den  anderen  bügeiförmig 
umfafst. 

Die  beiden  Elektromagnete  M  und  Mx  des  Elektromotors  werden 
durch  die  Pole  ihrer  Kerne  getragen,  welche  einerseits  isolirt  an  den 
Armen  des  Lagerbockes  m  und  andererseits  an  Armen  des  einen  Gehäuse- 
ringes befestigt  sind.  Die  Armatur  D  ist  an  zwei  Stellen  von  Isolatoren 
umschlossen,  an  welchen  eine  gufseiserne  Nabe  befestigt  ist,  die  ihrer- 
seits auf  der  Apparatwelle  festgekeilt  ist.  Zwischen  dieser  Nabe  und 
dem  Kugellager  der  Welle  ist  der  Commutator  A  auf  letzterer  montirt. 
Die  Commutatorbürsten  sind  aus  der  Zeichnung  weggelassen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Aufbewahrung  von  Schwefelwasserstoffwasser. 

Nach  einer  Mittheilung  von  Alfred  J.  IShilton  in  The  Chemical  Neics,  1889 
Bd.  60  S.  '2.'5ö,  empfiehlt  es  sich,  dem  Schwefelwasserstoffwasser  etwa  2  Proc. 
Glycerin  zuzufügen,  am  Zersetzung  zu  verhindern.  Eine  solche  Lösung  hatte 
sicli  5  Monate  Lang  gul  gehalten,  während  ein  Schwefelwasserstoffwasser, 
welchem  kein  Glycerin  beigemischt  war,  aber  unter  denselben  Bedingungen 
direkt  neben  der  ersten  Probe  stand,  sich  nach  dieser  Zeit  so  vollständig  zer- 
Betel hatte,  dals  es  eine  Bleilösung  nicht  mehr  fällte.  W.  M. 

Schnelltrocknende  Lackfarben. 

//.  Frank  bereitet  ans  in  Alkohol  löslichem  Copalgummi  (aus  Mannika- 
oderCoori-Gummi  ausgesuchten,  gestoßenen,  -''mahlten  und  gesiebten  Stücken") 
«■inen   schnell   trocknenden  Lack,  der  durch   hohen  Glanz  und  grofse  Elasticität 

ezeichnel   ist. 

25k  gesiebter  Copalgummi  wird  in  401  Alkohol  im  Wasser-  oder  Sandbad 
\""  •""  '•'■  gelöst,  der  erhaltene  Lack  filtrirl  and  nachdem  er  14  Ta^e  zur 
Klärung  gestanden,  mit  den  verschiedenen  Farben  verrieben.  (Oesterreichisch- 
angarisches  Privilegium  vom  28.  April  1890,  Kl.  220 


1890. 


Namen-  und  Sachregister 


des 


277.  Bandes  von  Dingler's  polytechnischem  Journal. 

*  bedeutet:  Mit  Abbild. 


Namenregister. 


A. 

Adams.  Locomotive  116. 

Adler.  Papier  217. 

Aignan,  Terpentinöl  120. 

Ailsa  Sbipbuild  Co.,  Kessel  240. 

Alleigh,  Holzbearbeitung  326. 

Allgemeine    Elektricitäts-Gesellschaft, 

Kraftübertragung  190. 
Ambler,  Wollwaschmaschine  *  539. 
American   Boilermakers  Ass.,   Kessel 

227.  [425. 

American   Zynolite  Co.,  Filtrirpapier 
Anderson,  Woll  Waschmaschine  *  534. 
Andreas.  Papier  *  219. 
Angst,  Spiritus  133.  [324. 

Anthon,    Holzbearbeitung  *  244.  *  245. 
Antonie,    Zusammendriickbarkeit   der 

Luft  354. 
Arbey,  Holzbearbeitung  205. 
Argutinsky,  Stickstoffbestimmung  422. 
Arnold,  Kessel  *  257. 
Arthur,  Dampfmaschine  *  102. 
Asboth  v.,  Spiritus  188. 
Atkins.  Papier  *178. 
Aubin,  Stickstoffbestimmung  423. 

B. 

Bange,  Geschütz  142. 

Bannerth,  Holzbearbeitung  *  322. 

Barbet.  Spiritus  94. 

Bariquant,  Fräsemaschine  *  166. 

Baron,  Element  47. 

Barnen,  Thon  35. 


Barth,  Spiritus  141. 
Barus,  Wärmemessung  46. 
Bäte,  Lampe  383. 
Bauer,  Papier  121. 

—  A.,  Winkelzähne  *  553. 
Beach,  Holzbearbeitung  *  207. 
Beaman  u.  Smith,  Fräsemaschine*  169. 
Bear,  Holzbearbeitung  313. 

Beger,  Papier*  179. 

Bein,  Entzündungstemperatur  523. 

Berlin-Anhaltische   Maschinenbauges., 

Fahrstuhl  *  490. 
Berthold,  Korkschneidemaschine  315. 
Beyer,  Kessel* 263. 
Beythien,  Spiritus  137. 

—  Milchsäure  184. 
Bieting,  Kork  406. 
Birkenbusch,  Papier  220. 
Birkner,  Meteorologie  413. 
Bischof,  Thon  37. 
Bismarck  v.,  Spiritus  188. 
Bock,  Holzbearbeitung* 201. 

—  Fahrstuhl  505. 
Bodländer,  Spiritus  89. 
Bodzynski,  Fettgehalt  der  Milch  *  5 
Böhme,  Kalkuntersuchung  383. 
Böhnhardt,  Säge  *  198. 
Bokorny,  Hefe  185. 

Bolt  und  Co.,  Papier  215. 
Bonardi,  Mikroorganismen  185. 
Bondzynski,  Butterfett  421. 
Bonne,  Spiritus  88. 
Bonneburg,  Spiritus  133. 
Bonnefond,  Steuerung  *  55. 


614 


Namenregister  Bd.  277. 


on<    Kessi      389. 
i;    i  ;.  Elektrische  Klingel* 451. 
Bornträger,  Spiritus  135. 
Boult,  Lampe  ■  4 16. 
Bourcart,  Spiritus  135. 

—  Analyse   U.7. 

—  Börrohr  528. 
Bourry,  Appretur  ■  18. 
Boynton,  Eisenbahn   17. 
Boys.  Quarzfaden  45. 

Hr.nl  l.v.    Bok*  241. 

Brandner.  Kessel  "  436. 
Brauer,  Spiritus  132. 

tet,  Keilereibeieachtung  75. 
Brehmer,  Papier  220. 
Brdmond.  Gas  280. 
Breq.net,  Dampfmaschine  291. 

•mann.  Regulator  *  13. 
Brown-.   Bronzirmaschihe  *  542. 
Breyer,  Spiritus  135.  [*502. 

Briegleb,  Hansen  und  Co.,  Fahrstuhl 
British  Admiralty,  Kessel  227. 
Brodhun.  rhutometrie  269. 
Brotherhood,  Dampfmaschine  *  97. 
Brown  A.  G.,  Regulator* 5. 

—  J.  W.  und  Sutcliffa,  Regulator -'11. 

—  Dampfmaschine  *  840. 
Brühl,  Desinfection  186. 
Brnhns,  Regenmesser  411. 
Büchner,  Bakterien  185. 
Bunte,  Gas  267. 

Uurgemeister,   Gasentwickelung  *  512. 

—  Filtrirglocke  *  513. 

Burneil,  Wollwaschmaschine  *  540. 
Burton,  Sehwefelbestiramung  425. 

—  Erdöl  575. 
Büttner,  Kessel  391. 

c. 

Carebourne,  Kessel  *  261. 

lac,  Absinth  187. 
Carnegie,  Phipp  and  Co.,  Kessel  226. 
Carpentier,  Kessel  433. 
Carrer.  Papier*  217. 
Cawley,  Kessel  "438. 
(  tih.   Spiritus  137. 
Chaize.  Stromunterbrecher  *  356. 
( Shaligny,  Dampfmaschine  *  337. 
<  lhambers,  Thon  33.  [75. 

Chandon  und  Cie,  Schaumweinkellerei 
( ihapin,  Papier  214. 
( lharbonnaud,  Sahnsteuerung  *  566. 
Chatelier,  Wärmemessung  46. 
(hat clier  le,  Locomotive  157. 
Chnrch,  Woll Waschmaschine  530. 
Cincinnati  liilling  .Marl,.  Co.,  Schleif- 

maschine  "  l  LO. 
Clark.  Schleuse 
Cleathero.  Druckpresse  *  343. 


Cleveland  bridge  Co.,  Kessel* 386. 

Cockerill.  .Materialprüfung  *  551. 
Cohoes  Iron  Foundiy,  Schleifmaschine 
Combes,  Spiritus  136.  [*106. 

( lompagnie  de  l'Ouest,  Dampfmaschine 

•  173. 
Compagnie  d'Orleans,  Kessel  258. 
Cook.  Wollwaschmaschine  538. 
Cordes,  Ausstellung  406. 
Cottrell,  Dampfmaschine  *  445. 
Cragg,  Hüttenwesen  *  482. 
Cragin,  Papier*  L80. 
Gripps,  Pflanzenöl  524. 
Crisnier,  Spiritus  133. 
Crossley,  Regulator  *  549. 

D. 

Dallinger,  Fäulnils  185. 

Dammüller,  Spiritus  135. 

Dango  u.  Dienenthai,  Kupfergufs  143. 

Darcy,  Druckluft  583. 

Davis,  Regulator  4. 

Davis,  Blechbiegemaschine  *  548. 

Day,  Holz  *  145. 

Dayde,  Kessel* 387. 

Delabar,  Linearzeichnen  384. 

Delachanal,  Spiritus  136. 

Delbrück,  Spiritus  79.  80. 

Demeuze,  Wollwaschmaschine  ";:"532. 

Demoor,  Fräsemaschine  *  160.         [66. 

Dennert  und  Pape,  Centrirvorrichtung 

Dennewitz,  Papier  119. 

Deru,  Wollwaschmaschine  *  534. 

Desgoffe,  Wage  *  52. 

Detroit  Sulphite  Fibre  Co.,  Papier* 223. 

Dickmann,  Spiritus  133. 

Diebel,  Schärfmascliine  *  346. 

Diederichs,  Stromunterbrecher  *  357. 

Digby,  Thon  34. 

Ditchfield,  Holzbearbeitung  321. 

Divis  v.,  Specifisches  Gewicht  *  522. 

Dominicus,  Gattersäge  *  148. 

Dosterhill,  Holzbearbeitung  327. 

I  )i  it y,  Blechbiegemaschine  *  545. 

Douane,  Jobin  u.  Cie.,  Dampfmaschine 

Drager,  Maische  78.  [*  339. 

Drake,  Umschalter  *  74. 

Drown,  Appretur*  17.* 21. 

Dubief,  Desinfection  186. 

Dulac,  Kessel  *  -1  Kl. 

Dummer,  Druckpresse  *  345. 

Dumont,  Signalleitung  *  265. 

Dunbar,  Holz  *  21»;. 

Dupuis,  Kessel  *  435. 

Durand,  Wage  *  52. 

Durenne,  Kessel* 435. 

Durin,  Spiritus  87. 

Dürr,  Kessel  *434. 

Dyes,  Handsäge  *  154. 


Namenregister  Bd.  277. 


615 


E. 

Eckenbrecher,  Spiritus  78. 

Eggers,  Kessel  *  239. 

Eichhorn,  Specifisches  Gewicht  *  522. 

Eilers,  Papier  *  181. 

Ellgass,  Kork  408. 

Ellis,  Bestimmung  von  Kupfer  571. 

Elmore,  Hüttenwesen  481. 

Eltringham,  Blechbiegepresse  *  548. 

Engler,  Erdöltrübung  570. 

Erfurth,  Fahrstuhl  *  507. 

Erling,  Ausstellung  595. 

Errera,  Spiritus  186. 

Eydam,  Samariterbuch  96. 

F. 

Farcot,  Dampfmaschine  *  339. 

Farkacz,  Kessel  *  434. 

Farnley,  Kessel  239. 

Fay,  Hobelmessersehleifmaschine  *  108. 

Fennel,  Centrirvorrichtung  66. 

Fernbac,  Spiritus  183. 

Ferranti  de,  Leitung  *  452. 

Fetu-Defize,  Fräsemaschine  *  162. 

Feuerlein,  Farbholz  572. 

Fielding,  Blechbiegepresse  *  548. 

Fischer,  Spiritus  136. 

Fischinger,  Druckluft  584. 

Fleck,  Holzhobelmaschine  199. 

Fleming,  Papier  *  212. 

—  Lampe  382. 

Flood  und  Buchanan,  Papier  215. 
Fodor  de,    Elektrische    Motoren    und 

Lichtanlagen  48. 
Formanek,  Spiritus  134. 
Förster,  Stickstoffbestimmung  423. 
Forstmann,  Holzbearbeitung  211. 
Fox,  Spiritus  137. 
Francois,  Druckluft  588. 
Frank,  Papier  121. 

—  Lackfarben  612. 
Frankland,  Spiritus  137. 

—  Gasllamme  281. 

Freytag,  Dampfmaschine  *  289. 
Freissler,  Fahrstuhl  *  508. 
Frick,  Physikalische  Technik  576. 
Frikart,  Dampfmaschine  339. 
Frühinsholz,  Holzbearbeitung  256. 
Furtwängler,  Holz  313. 

G. 

Gabriel,  Holzbearbeitung  331. 

Gamper,  Kessel  *  434. 

Gantter,  Gerbstoffbestimmung  361. 

Garfield,  Dampfmaschine  *  102. 

Gasch,  Ferrocvan  270. 

Gehr,  Kessel  *  439. 


Gerosa,  Mikroorganismen  185. 
Geyer,  Spiritus  134. 
Gillet,  Thon  34. 
Gillhausen,  Spiritus  136. 
Glafey,  Appretur  *  21. 
Göhring,  Holzbearbeitung  203. 
Goldenberg,  Analyse  418. 
Golzern,  Papier  *  180.  *  222. 
Gontard,  Spiritus  133. 
Gorham,  Umschalter  *  74. 
Götz  v.,  Weichensperrschlofs  69. 
Grahl  und  Hoehl,  Papier* 216. 
Grahmann ,       Korkenschneidmaschine 
Grahwinkel,  Jahrbuch  480.  [315. 

Grath  Mc,  Schleifmaschine  *  105. 
Greiner,  Barometer  409. 
Grimbert,  Spiritus  134. 
Gröger,  Säurebestimmung  380. 
Gronow,  Spiritus  83. 
Gschwindt,  Säge*  197. 
Guatari,  Holzbearbeitung  326.    - 
Gueneau,  Druckmaschine  *  443. 
Gunning,  Spiritus  135. 
Günther,  Filterauswaschen  *  520. 
Gusinde,  Druckluft  510. 

H. 

Haase,  Lüftung  *  597.  [*447. 

Hall,  Rüssel  und  Co.,  Dampfmaschine 
Halmsteiner,  Laubsäge  *  153. 
Halsey,  elektrische  Bohrmaschine* 73. 
Haniel  und  Lueg,  Fahrstuhl  489. 
Hanrez,  Kessel  *  392. 
Hansen,  Schärfmaschine  *  348. 
Harpst,  Shong,  Taylor  und  Robinson, 

Dampfmaschine  *  100. 
Harris,  Dictionary  432. 
Harvey,  Analyse  419. 
Häser,  Holzbearbeitung  *  202. 
Haubold,  Papier  222. 
Hauck,  Batterie  192. 
Hawke  und  Ford,  Papier  *  222. 
Hax,  Säge*  193. 
Hazard,  Papier  216. 
Hecht,  Thon  35. 
Heckmann,  Walzwerk  32. 
Heel,  Holzbearbeitung  316.  407. 
Heepe,  Holzbearbeitung  325. 
Hees  und  Wilberg,  Regulator  *  7. 
Heiman,  Bogenlampe  240. 
Heine,  Spiritus  78. 
Heinrich,  Holzbearbeitung  202. 
Heinzelmann,  Spiritus  86.  88. 
Heinzmann,  Gattersäge  *  147. 
Hentze,  Spiritus  132. 
Herzberg,  Papier  336.  478. 
Herzfeld,  Spiritus  134.  135.  137. 
Hermite,  Papier  120. 
Hesse,  Spiritus  80.  131.  188. 


616 


Namenregister  Bd.  277. 


11.  --.•  and  Paüeich,  Säge*  196. 
Hej  meier,  Holzbearbeitung  *202. 

.    1. 
Hildebrand,  Centrirvorrichtung  64 
Hillenbrand,  Fahrstuhl  *  506.     [*  546. 
Hillee  and  Jones,  lüechbiegemasehine 
Hirschberger,  Spiritus  136. 
Hirzel,  Mineralöl  *4H2. 
Höber,  Holzbearbeitung  *  203. 
Hoch,  Schloftconetructionen  384. 

jon,  Wollwaschraaschine  *  534. 
Hoeborn,  Papier  2  L5. 
HoldefleÜfl.  Spiritus  78. 
Homeyer.  Spiritus  80. 
HönneknöveJ,  Holzbearbeitung  *  329. 
Hoogoliet,  Chloride  419. 
Hookham,  Elektricitätszahler  *  517. 
Hoppe,  Meteorologie  413. 
— Sevler,  Spiritus  141. 
Hi .in.'  Kessel *434. 
Hose.  Kessel  *  440. 
Huw  ard.  Sägeschärfmaschine  *  346. 

aer,  Holzbearbeitung  *  329. 
Hülse,   Fräsemaschine  *  170. 
Hummel,  Wolhvaschmaschine  540. 
Husberg.  Fettgehalt  *  573.  [480. 

Hussak  und  Woitsehach.   Mineralogie 

I. 

1hl.  Holzsubstanz  417. 
Imschenetzky.  Element  *  182. 
Intze.  Mineralöl  *  464. 
[rrnisch,  Spiritus  83. 
Itallie  van.  Analyse  419. 

J. 

Jagenberg,  Papier  121. 

Jamieson,  Dampfmaschine  *  447. 

Janäcek,  Holzbearbeitung  *  322. 

Janasch,  Schwefelanalyse  *  523. 

Jaunez,  (Jas  *  21 1. 

Jessen,  Saccharin  187. 

Jesser,  Spiritus  137. 

Jirku.  Sä-e*146.*149. 

Joachim,   Papier  176.  [wesen  484. 

Johnson,  Field  und  Beeman ,  Hütten- 

Johnstone,  Zinn  528. 

—  Silbernachweis  574. 

Jordan,  <  lentrirvorrichtung*  65. 

Jungfleisch.,  Spiritus  134. 

K. 

Kaililir.  Porzellanschale  522. 

Turbinenformerei  *  57. 
Papier  216. 
Kamp.  Kessel  *  439. 
K       Dampfmaschine  *  893. 


Kaselowsky,  Kessel  233. 
Kellner,  Spiritus  140. 
Kiesewalter,  Thon  35. 
Kiel'sling,  Kreissäge  *  151. 
Kingsley,  Kessel  264. 
Kinsky,  Dämpfanlage  189. 
Kirchgraber,  Holzbearbeitung  *  330. 
Bürchner,  Sage*  348. 
Kitson     Machine     Co.,     Wollwasch- 
maschine *  530. 
Kjeldahl-Wilfarth,  Analyse  422. 
Klein.   Regulator  *1. 
Kleinstück,  Filtriren  *  521. 
Klose,  Locomotive  118. 
Knap,  Kessel  387. 
Knapp.  Kessel  *257. 
Knaudt,  Kessel* 229. 
Knöf  ler,  Extractionsapparat  *  519. 

—  Porzellanschale  *  522. 
Kn  udsen,  Kessel  *  433. 
Kollbeck,  Metallurgie  384. 

König  und  Bauer,  Druckmaschine* 443. 

Königl.Hüttenamt  Gleiwitz,  Kessel*390. 

Korschilgen,  Papier  *  123. 

Krafft,  Mineralöl  467. 

Kraft,  Schutzvorrichtungen  96. 

—  Verbundmaschine  527. 
Krause,  Papier  220. 
Krebs,  Jahrbuch  480. 
Kreeb,  Säge  193. 

Krey,  Mineralöl  *  426. 
Krieg,  Elektrische  Motoren  288. 
Kronberg,  Zucker  144. 
Kruis,  Spiritus  80. 
Krupp,  Geschütz  142. 
Krutsch,  Holzbearbeitung  326. 
Kuhn,  Kessel* 234. 
Kühnle,  Fahrstuhl  *  506. 
Kumme,  Hüttenwesen  484. 
Küpper,  Holzbearbeitung  *  200. 

L. 

Lagosse,  Kessel  *  387. 
Lake,  Dampfmaschine  100. 
Landis,  Säge*  195. 
Lange,  Analyse  417. 

—  Ausstellung  594. 
Langer,  Holzbearbeitung  256. 
Langhans,  Lampe  240. 
Lasch,  Papier  219. 

Lasche.  Hefe  186. 

I.aurent-Cely,  Speicherbatterie  *  72. 

Lebedeff,   Hüttenwesen  *  486. 

Ledig,  Gasreinigung  271. 

Leffeldt    und  Lentsch,  Regulator  *  15. 

Lehmann,  Turbine  57. 

—  Saccharin  187. 

—  Physikaliselie  Technik  576. 
Leinbrock,  Holzbearbeitung  *  322. 


Namenregister  Bd.  277. 


ei; 


Lenz,  Kessel  *  441. 

Leupolt,  Winkelradhobelmaschine  *  50. 

Lichtinger,  Zinnkrug  129. 

Liebermann,  Hefe  185. 

Lindet,  Spiritus  135.  185. 

Lindner,  Spiritus  81. 

—  Milchsäure  184. 
Linke,  ßierglas  125. 
Lintner,  Spiritus  138. 
Lippmann,  Spiritus  137. 

—  Zucker  432. 

Liston,    Korkenschneidmaschine    315. 
Lorenz,  Holz  *  145. 

—  Analyse  418. 
Lorimer,  Papier  217. 
Love,  Beleuchtung  43. 
Löwenthal,  Gerbstoff  bestimmung  361. 
Lummer,  Photometrie  269. 
Lundgreen,  Holzbearbeitung  321. 
Lunge.  Gasvolumeter  *  474. 
Lürssen,  Korkfabrikation  406. 
Luther,  Element*  183. 

—  Fahrstuhl  503. 
Lycet,  Thon  34. 

M. 

Macfarlane-Gray,  Steuerruder  *  358. 
Mac  Kinley  Bill  453. 
Maillet,  Dampfmaschine  *  54. 
Malam,  Kessel  *  258. 
Maldant,  Manometer  *  113. 
Mankiewicz,  Spiritus  80. 
Mann,  Chlorbestimmung  417. 
Mannesmann,  Walzwerk  *  22. 
Maquenne,  Spiritus. 
Märcker,  Brennerei  187. 

—  Spiritus  78. 
Marshall,  Papier  *  176. 
Martin.  Manometer  114. 

—  Hüttenwesen  *  485. 

—  Fahrstuhl  *  496. 
Mathewson,  Sandstrahl  *  172. 
Maxim,  Leuchtgas  275. 
Mayer,  Kessel* 442. 
Meinert,  Papier  213. 
Meissner,  Centrirvorrichtung  64. 
Merklin  und  Lösekann,  Platinmohr  383. 
Merz,  Gaskochherd  *  286. 

Methven,  Photometrie  276. 
Meunier,  Absinth  187. 
Michler,  Spiritus  94. 
Midgley,  Kessel* 238. 
Mills,  Kessel  260. 
Minchin,  Elektricität  450. 
Minor,  Cadmiumbestimmung  377. 
Müller.  Dampfmaschine  *  97. 
Mollins,  Abwasser  574. 
Montupet,  Kessel  *  385. 
.Morgen,  Spiritus  188. 


Mori,  Spiritus  140. 

Morlock  v.,  Staatseisenbahn  576. 

Mosley,  Thon  33. 

Müller,  Spiritus  131. 

—  D.  F.  G.,  Holzbearbeitung*  329. 
— Reineke,  Centrirvorrichtung  64. 

—  Bürette*  477. 
Munier,  Telegraph  *  292. 
Math,  Pergamentpapier  360. 

N. 

Naeher,  Kessel  *  442. 
Nagaoka,  Spiritus  140. 
Nagel,  Centrirvorrichtung  64. 
Nichols,  Druckpresse  *  343. 
Nielsen,  Ausstellung  594. 
Niles,  Blechbiegemaschine  *  547. 
Nippold,  Pendel  190. 
Norris,  Phosphorbestimmung  571. 
Norton,  Papier*  174. 

0. 

Oerlikon,  Regulator  ::'  4. 

—  Zahnrad bearbeitung  *  49. 
Oncken,  Holz  *  242.  *  251. 
Ost,  Technische  Chemie  384. 
Ostbahn,  französische,  Signal  287. 
Ottstadt,  Holzbearbeitung  *  313. 

P. 

Page,  Spiritus  131. 
Parcus,  Spiritus  137. 

—  Milchsäure  184. 
Pardey,  Spiritus  133. 
Parson's  Paper  Co.,  Papier  *  223. 
Passburg,  Spiritus  133. 

Pässler,  Gerbstoffbestimmung  361. 

Pataky,  Regulator  *  12. 

Paucker,  Kessel  *  234. 

Pedrick  und  Ayer,  Fräsemaschine*  167. 

Pelbisz,  Weinsäure  418. 

Pelzer,  Fahrstuhl  490. 

Perkins,  Baumwollsamenöl  421. 

Perry,  Wollwaschmaschine  538. 

Pettenkofer,  Beleuchtung  123. 

Petterson,  Kohlensäure  *  475.         [379. 

—  und  Smitt,  Kohlenstoff  bestimmung 
Petrie,  Wollwaschmaschine  *  530. 
Petzholdt,  Spiritus  139. 

Petzold,  Gatter  149.  [141. 

Phvsikalischer    Verein,    Jahresbericht 

Pickles,  Papier  214. 

Piette,  Holzbearbeitung  316. 

Pille,  Kessel*  387. 

Pintsch,  Mineralöl  470. 

Plessy,  Spiritus  133. 

Pohl,  Spiritus  138. 

—  Holzbearbeitung  331. 


618 


Namenregister  IM.  '-i'i'i 


Pohl.  Gessner  and  ('<».,  Thon  37. 
Pohlmeyer,  Kessel '; 
Poloneeau,  Kessel  258. 
Polster,  Kessel  »238. 
Poppe,  Ausstellung  -b>">. 
Portovin.  Kellereibeleuchtung  75. 

r,  Hol» »244. 
i         rdien,  Kessel 

1.  Xahnradbearbeitung  *  52. 
lorfmaschine  *  3-49. 
Kessel*  433. 
Pressanl.   K. -ssel  *  387. 
Pietot  Frasemaschine  *  163. 
Preuss,  Spiritus  134. 

er,  Gerbstoffbestimmung  361. 
Prull,  Druckluft  514. 
Pundt.  Kork  406. 

Q. 

Quenot,  Stickstoffbestimmung  423. 

E. 

Radinger,  Kessel  234. 

—  Druckluft  511.  580. 
Ramlhagen,  Centrirvorrichtung  *  65. 
Rank,  Papier  220. 

Ransom,  Holzbearbeitung  313. 
Rasmussens,  Säge  *  348. 
Rath.  Spiritus  94. 
Raumer  v.,  Spiritus  187. 
Reed,  Holz0  253. 
Reifer,  Turbine  48. 
Reisert,  Regulator  *  8. 
Reitmayr,  Analyse  424. 

Papier  215. 
Reuleaux,  Schrügwalzwerk  *  22. 
Rickmers,  Ausstellung  594. 
Riebeck.  .Miii.Talor::-426.*460. 
Riedinger,  Kraftübertragung  190. 
Riedler,  Druckluft  509. 
Riley,  Thon   II. 
Rittmeyer,   Meteorologie  414. 
Roberts,  Spiritus  133. 
Robeson,  Wollwaschmaschine  *  533. 
Robinson,  Meteorologie  413.       [*437. 
Rochester  Mach.  Tool  Works,  Kessel 

-.    Papier  *  211. 
Roll.  Eisenbahnwesen  576. 
Rolland,  LocomotiTe  *  155. 
Roos,  Weinanalyse  573. 

—  Cussmi  unil  (iirand,  Gerbstoff  575. 
Rosenthal,  Mineralöl  473. 
Rossbach,  Fahrslulil  "505. 
Rottermund,  Metallhttttenwesen  *481. 
Rufi,  Butterfett  421. 

Dampfmaschine  *  447. 
Rutzky,  Appretur  '  I  i. 
Ryle,  Appretur  *  19. 


s. 

Sainte,  Marche  u.  Co.,  Zahnräder* 224. 
Salomon,  Locomotive  116. 
Samuel,  Telegraph  292. 
Sargent,  Wollwaschmaschine  *  536. 
Sautter,  Lemonnier  und  Cie.,  Dampf- 
maschine *  289. 
Savelief,  Aktinometrie  382. 
Saxby,  Signal  287. 
Sayles,  Appretur  *  17.  *  21. 
Schach,  Spiritus  133. 
Schafer,  Kessel  260. 
Schaffer  und  Budenberg,  Regulator  *1. 
Scharowsky,   Sänlen  und  Träger  192. 

—  Widerstandsmomente  480. 
Scheiding,  Stickstoff  *  477. 
Schiff,  Kaliapparat  *  519. 
Schilling,  Schienenprofilmesser  *  351. 
Schmidt  M.,  Centrirvorrichtung  64. 

—  Kranz  und  Co.,  Fahrstuhl  *  505. 
Schmitz  u.  Co.,  Holzbearbeitung  *  202. 
— Dumont,  Regulator  3. 
Schmohl,  Holzbearbeitung  *  330. 
Schneckenburger,  Gas  286. 
Schneider,  Druckluft  516. 
Schoenner,  Dampfmaschine  *  101. 
Scholl,  Milchsäure  184. 

Schöpf  leuthner,  Seeleuchte  *  297. 

Schoppe,  Spiritus  132. 

Schreiber,  Barometer  409. 

Schreiner.  Farbholz  572. 

Schrey,  Locomotive  117. 

Schröder  v.,  Gerbstoffbestimmung  361. 

Schrohe.  Spiritus  88. 

—  Hefe  186. 

Schlickert  und  Co.,  Scheinwerfer  353. 

—  Steuerruder  *  358. 
Schultze,  Bierglas  125. 
Schulze-Tiemann,  Stickstoff  *  477. 
Schulz-Knaudt,  Kessel  *  227. 
Sehwackhöfer,  Kessel  236. 
Schweitz.  Filtrirpapier  425. 
Seegner,  Kessel  392. 

Seger,  Thon  42. 

Seligsohn,  Holzbearbeitung  326. 

Serpollet,  Kessel  *  437. 

Shaw,  Holzbearbeitung  321. 

Shilton,  Schwefelwasserstoff  612. 

Siemens,  Ofen  *  577. 

Slaby,  Druckluft  584. 

Slack,  Schleifmaschine  *  107. 

Smeeth,  Analyse  425. 

Smith  E.  I...   i'apier*177. 

—  R.,  Papier  213. 

—  Hüttenwesen  485. 

—  (David),  Wollwaschmaschine  *  538. 

—  und  Coventry,  Fräsemaschine *161. 
Socicte  Alsacienne,  Dampfmaschine 
Solvay.  Gas  "272.  f*  338. 


Namenregister  Bd.  277. 


619 


Sommer  und  Runge,  Profilmesser*351. 

Southdew,  Firnifs  336. 

Sperber,  Kessel  *  433. 

Sperling,  Kessel  *  434. 

Spitzer,  Spiritus  79. 

Sprague,  Lüftung  *  612. 

Springfield  Glue  and  Emery  Wheel  Co., 

Schleifmaschine  110. 
Stambke,  Kessel  230. 
Stammer,  Zuckermuster  144. 
Stauffer-Henkel,  Fahrstuhl  502. 
— Megy,  Fahrstuhl  502. 
Steinmüller,  Kessel  391. 
Sterling,  Schleifmaschine  *  106. 

—  Diamond-Schleifmaschine  *  109. 
Stieberitz  und  Müller,  Fahrstuhl  504. 
Stokes,  Milch*  574. 

Stoltz,  Holzbearbeitung  *  199. 
Streeter,  Papier*  181.  [hing  413. 

Studnizka,    Meteorologische    Ausstel- 
Sugg,  Gasbrenner  278. 
Sulzberger,  Kess«!  *  227. 
Sun  Match  Co.,  Holzbearbeitung*  323. 
Swarts,  Flasche  «  512. 
Szilagyi,  Spiritus  18S. 

T. 

Tahon,  Kessel  *  392. 
Tangye,  Kessel* 387. 
Tauret,  Spiritus  136. 
Tasker,  Schleifmaschine  108. 
Taylor,  Kessel*  436. 
Thomson-Houston,  Umschalter  *  354. 
Thörner,  Gas  *  332. 
Thursheld-Schreiber,  Kessel  *  435. 
Tidv.  Mineralöl  473. 
Tilghman.  Sandstrahl  *  172. 
Tiller,  Spiritus  88. 
Tollens,  Spiritus  137. 

—  Milchsäure  184. 
Toth,  Analyse  418. 
Tratnik,  Dämpfanlage  189. 
Traube,  Spiritus  89. 
Trotter,  Thermometer  *  112. 
Turner,  Kessel  *  434. 
Tyndall,  Gastlamme  281. 


r 


Undeutsch,  Fahrstuhl  488. 
United  States  Marine,  Kessel  227. 

Navy,  Kessel  226. 

Urbanitzky,  Licht  192. 

V. 

Valon,  Gasreinigung* 283. 
Varilla,  Aermelkanalweg  46. 


Veith,  Erdöltrübung  567. 
Verband      der     Kesselüberwachungs- 
vereine ,  Dampfkesselconstructionen 
Veritas,  Kessel  227.  [384. 

Villain,  Appretur  *  19. 
Villari,  Lichtbogen  240. 
Vincent,  Spiritus  136. 
Vitali,  Silberbestimmung  379. 
Vogt,  Thon  41. 
Votiert,  Mineralöl  *  426. 
Vonhof,  Kessel  *  436. 

W. 

Wagner  und  Co.,  Kessel  262. 
Wailand,  Spiritus  133. 
Waller-Manville,  Elektrische  Bahn  414. 
Walsh,  Hüttenwesen  *  487. 
Watkins  und  Dickson,  Kessel  *  439. 
Webb,  Kessel  239. 
Wedding,  Walzwerk  *  31. 
—  Eisenerz  142. 

Weidknecht,  Dampfmaschine  *  340. 
Weidmann,  Glättmaschine  *  103. 
Weiser,  Holzbearbeitung  201. 
Weil's,  Schutzvorrichtung  *  150. 
Weitz,  Holzbearbeitung  318. 
Wenzel,  Adrefsbuch  48. 
Wertheim,  Laubsäge  *  152. 
West,  Prüfungsmaschine  *  176. 
Westphal,  Regulator  *  9. 
Wever,  Dämpfapparat  *  508. 
Wharfedale,  Druckpresse  *  343. 
White,  Wollwaschmaschine  *  537. 
Wibel  und  Barth,  Säge  *  193. 
Wiborgh,  Gas  *  334. 
Wieting,  Holzbearbeitung  316. 
Wiggert,  Thon  39. 
Wijsman,  Spiritus  140. 
Wild-Fuefs,  Meteorologie  413. 
Wildt,  Thüröffner  *  527. 
Wilhelmshütte,  Trockenofen  *  565. 
Williams,  Pflanzenöl  524. 
Wilson,  Terpentinöl  420. 
Windisch,  Spiritus  186. 
Wolfson-Bernstein,  Kessel  *  436. 
Wortmann,  Spiritus  155. 
Wurster  und  Seiler,  Säge  *  147. 
Wüste,  Säge*  194. 


Zacharias,  Glühlampe  96.      [cyans  381. 

Zaloziecki,     Bestimmung    des    Ferro- 

Zander,  Holzbearbeitung  325. 

Zeman,  Korkholz  46. 

Zobel,  Kessel  *  261. 

Zsigmondy,  Thon  43. 

Zülow,  Post  und  Telegraphie  480. 


620  Sachregister  Bd.  277. 

Sachregister. 
A. 

Abdämmen.    —  <lcr  Gewebe  b.  Appretur*  16. 

Abkühlung.    Sei, ncll«-  —  der  Hefe  88. 

Ablotheu.     S.  Centrirvorrichtung  *  64. 

Absinth.     S.  Spiritus  187. 

Absteckpfahl.     —  mit  l.nth*68. 

Abwasser.     Wirkung  des  Thones  auf  —  571. 

Adansoniapapier.     —  478. 

Adrefsbuch.     Wenzels  —  der  Chemisclien  Industrie  48. 

Aktinouietrie.     Savelief's  aktinnmetrische  Beobachtungen  382. 

Alkohol.    —  zum  Abdämmen  s.  Appretur  *  17.    Titriren  von  —  mittels  Chrom- 

Aunuouiak.     Verwerthung  von  —  und  Gaswasser  267.  [säure  417. 

A  in  in o  ii  i  ii .     S.  Papier  119. 

Analyse.  S.  Thon  35.  Bierglas  125.  Spiritus  133.  188.  Bestimmung  der 
Ferrocyanverbinduugen  270.  S.  Leuchtgas  *  332.  Aschengehalt  von  Papier- 
rohstoffen  336.    Erkennung  von  Pergamentpapier  und  dessen  Imitationen 

—  Prüfung  der  Gantter'schen  Gerbstoffbestimmungsmethode  361.  [360. 

—  —  eines  Eifelkalkes  383.     Nachweis  von  Zinn  in  Mineralien  528. 

—  Neue  Methoden  für  chemisch-technische  Untersuchungen  377.  416.* 518.* 571. 
Apparate.  —  für  Spirituslabrikation  130.  [S.  Untersuchung. 
Appretur.     Heber  das  Sengen  (Abilammen)  der  Gewebe  und  Garne*  16. 

Allgemeines  16.  Plattensengmaschine  von  Sayles  und  Drown*16.  Ab- 
ilanimvorrichtung  mit  Alkoholtlamme  und  Docht  von  Rutzky*17.  Desgl. 
mit  dampfförmigem  Alkohol  von  Bourry  *  18.  Sengmaschine  mit  Leucht- 
gas von  Ryle  *  19.  Garnsengmaschine  mit  Arretirung  bei  Fadenbruch 
von    Villain  *  19.     Sengmaschine   mit   Wassergasilamme  von   Sayles   und 

—  S.  Dämpfapparat  für  Wirkwaaren  *  508.  [Drown*21. 
Asbest.     Zusatz  von  —  zum  Thone  34.     — Kork-Kunstholz  46. 
Aschengehalt.     —  verschiedener  Papierrohstoffe  336. 

Ausfuhr.     Die  —  nach   den  Vereinigten    Staaten  von   Nordamerika  und  'die 

MaeKinley  Bill  453. 
Anstellung.     Dampfmaschinen  der  Pariser  —  *289.*337. 

—  Von  der  Nordwestdeutschen  Gewerbe-  und  Industrie —  in  Bremen  1890  401. 

Allgemeines  und  Bauliches  401.  Die  Korkfabrikation  406.  Die  Handels—  588. 

—  Die    Wiener    —    des    königl.    sächsischen    meteorologischen    Institutes    zu 

Chemnitz  40!».  Die  Ausrüstung  der  meteorologischen  Stationen:  Das 
(Juecksilberbarometer  409.  Das  Aneroidbarometer  410.  Psychrometer  410. 
Minimumthermometer  411.  Regenmesser  411.  Windfahne  mit  elektrischer 
Uebertragung-411.  Die  Veröffentlichungen  des  Institutes  412.  Graphische 
Maistellungen  413. 
-  Von  der  Deutschen  Allgemeinen  —  für  Unfallverhütung  in  Berlin  1889*488. 
Die  Fahrstuhle:  Versuche  mit  Fangvorrichtungen  von  Undeutsch  488,  Auf- 
züge der  Berlin-Anhaltischen  Maschinenbau-Actiengesellschaft,  Personen- 
und  Waarenaufzug*490,  Aufzüge  von  Martin  *496,  Aufzüge  von  Briegleb, 
1  lausen  und  Co.  für  Personen  und  Lasten  *  502.  Sicherheitswinde  von 
Stauffer-Megy  und  -Henkel  *  503.  Fahrstuhl  von  Luther,  Stieberitz  und 
Müller*504.  Fangvorrichtung  nach  Rossbach  von  Schmidt,  Kranz  und 
Co.* 505.  Sperrwerk  mit  Gewichten  nach  Hillenbrand's  System  von 
Ktihnle*606.  Fangvorrichtung  mit  Hemmvorrichtung  von  Erfurth*507. 
Aufzug  von   Kreissler  ;;'  508. 

B. 

Bahn.     Waller-Manvüle'fl  Anordnung  der  Leiter  für  elektrische  — en  414 
Bandsiicre.    s.  Bolzbearbeitung. 
Barometer.     S.  Ausstellung  409. 


Sachregister  Bd.  277.  621 

Baumwollsameuöl.     Prüfung  dos  Schmalzes  auf  —  421. 

Bauornament.     S.  Thon  34. 

Bauwesen.     Asbest-Kork-Kunstholz  46.     Steinerner  Brückenbogen  143. 

Beleuchtung.  Oeffentliche  —  in  New  York  43.  Kostenvoranschläge  für 
elektrische  —  von  Fodor  48.  Gas-  und  elektrische  —  vom  gesundheit- 
lichen Standpunkte  aus  123.  Heiman's  Bogenlampe  mit  Kohlescheiben 
240.  Glühlampe  von  Langhans  240.  S.  Seeleuchte  *  297.  Scheinwerfer 
mit  Glasparabolspiegel  von  Schlickert  und  Co.  352.  Thomson-Houston's 
Umschalter  für  elektrische  Lichtcentralstationen*354.  Boult's  dreidrähtige 
( Uühlainpenauf  hängung  *  416.     S.  Leuchtgas. 

Bergbau.     Maschine  zum  Auskehlen  von  Grubenhölzern  *  322. 

Bergwerk.     Feuerlose  Locomotive  für  — e  *  155. 

Besen.     S.  Holzbearbeitung  321. 

Biegemaschine.    S.  Blech —  *  543. 

Bier.  Zur  Frage  nach  dem  Eintlusse  der  — gläser  auf  den  Geschmack  des 
— es ;  von  Prof.  Linke  125. 

Bierglas.     EinÜufs  des  — es  auf  den  Geschmack  des  Bieres  125. 

Blechbiegemaschinen.     Neuere  —  *  543. 

Doty's  —  mit  zwei  Klemmwalzen  *  545.  Hilles  und  Jones'  Blechbiege- 
maschine  zur  Herstellung  geschlossener  Kesselringe  *  546.  Niles'  Blech- 
biegewalzwerk für  schwere  Schiffsbleche  *  547.  Eltringham's  Blechbiege- 
presse mit  Druckwasser  *  548.  Davis'  Ränderbiegemaschinen  für  Kessel- 
böden *  548.  [wart  von  —  574. 

Blei.     Prüfung  des  Wassers  auf  —  419.     Erkennung   des   Silbers   in  Gegen- 

Bleichen.     —  nach  Hermite  s.  Papier  120. 

Bleivergiftung.     S.  Bierglas  125. 

Blut.     Bakterientödtende  Wirkung  des  —es  185. 

Bogenlampe.     Heiman's  —  mit  Kohlescheiben  240. 

Bogenzuführung.     —  an  Druckpressen  *  343. 

Bohrmaschine.     Halsey's  elektrische  —  *  73. 

Bremer  Ausstellung. 401.  588. 

Brennofen.     —  für  Kalk  u.  dgl.  *  577. 

Brouzirmaschine.     —  von  W.  Brewer  *  542. 

Brücke.     Steinerner  — nbogen  143. 

Bürste.     S.  Holzbearbeitung  321. 

Butterfett.    —  421. 

C. 

fad  in  in  in.     Bestimmung  des  —  s  377. 

Carburirung.     —  der  Luft  "  274. 

Caustisirung.     —  von  Ammoniakwässern  *  272. 

Cellulose.     Bestimmung  der  —  417. 

—  Colloidale  —  575. 

Centrirrorrichtung.     Ueber  neuere  — en  *  64. 

Optisches  Loth  von  Dr.  Jordan  bezieh.  Randhagen  "::"  64.  — ,  welche  mit 
dem  Instrumente  selbst  verbunden  ist,  von  Fennel,  Dennert  und  Pape  66. 
—  mit  optischem  Lothe  von  Fennel  68. 

Chemie.     Lehrbuch  der  techn.  —  von  Ost  bezieh.  Kollbeck  384. 

Chilisalpeter.     Stickstoffbestimmung  bei  —  423. 

Chlorgas.     Trockenes  —  s.  Metallhüttenwesen  *  482. 

Chloride.     Nachweis  der  —  419.     Bestimmung  der  —  in  Wein  573. 

Chlorirnngsapparat.     S.  Metallhüttenwesen  *  481. 

Chromat.     Zur  Prüfung  des  Wassers  auf  Blei  419. 

Chromsäure.     Titration   des  Alkohols   mittels  —  135.  417. 

Citratmethode.     —  zur  Phosphorsäurebestimmung  424. 

Colloidale  Cellulose. 575. 

Colonialwaare.     S.  Ausstellung  in  Bremen  588. 

Compensation.     — sthermometer  von  Trotter  *  112. 

Cyankalium.     —  zur  Bestimmung  von  Kupfer  571. 


522  hregister  Bd.  277. 

D. 

Dämpf  anläge.     —  für  Rothbuchenholz  189. 

Dämpfapparat.     —  in r  schlauchförmige  Wirkwaaren  *  508. 

Dampfkessel.     Neuerungen  an  —  *  226.  *  257.  *  385.  *  433. 

Kesselmaterial  und  Anforderungen  an  dasselbe  226.  Grofse  Haltbarkeit 
von  Feuerrohren  *  227.  Gewellte  Röhren  und  ihre  Verwendung  für 
Looomotivkessel  *  229.  Versuche  mit  einem  Wellrohr—  nach  Kuhn's 
System*  234.  Eingesetzte  Wellenstücke  von  Midgley*238.  Ringstücke 
von  Polster* 238.  Flammrohre  aus  gewellten  Halbrohren  von  Eggers *239. 
Gewellte  Bleche  fni  Feuerboxen  von  Webb  239.  Farnley-Kessel  239. 
Die  Grofswasserkessel :  Amold's  Kessel  mit  ausgebauchten  Stöfsen  *  257. 
Knapp's  Teubrink-Kessel  mit  elliptischem  Rohre  *257.  Verwendung  der 
Tenbrink-Rohre  an  Locomotiven  von  Polonceau  258.  Malam's  Kessel  mit 
Wassersäcken  im  Feuerraum  und  umgeführter  Feuerung  *  258.  Desselben 
Verwendung  von  Wellrohr  für  Feuerboxen  *  259.  Vorkessel  von  Pre- 
gardien  *  259.  Desgleichen  von  Mills  260.  Schäfer's  Doppelbleche  260. 
Doppelwände  bei  Hochdruckkesseln  nach  Carebourne  260.  Zobel's  an 
einander  gelegte  Kessel* 261.  Getrennte  Unter-  und  Oberkessel  von 
Wagner  und  Co.  262.  —  mit  Koksfeuerung  *  263.  Heizung  mit  Koks- 
ofengasen auf  Zeche  Bonifacius  264.  Wasserrohrkessel  von  Kingsley  264. 
Röhrenkessel  mit  gewellten  Verbindungsstücken  von  Montupet  *  385. 
Dixonkessel  von  der  Cleveland  Co.*  386.  Pressard's  Röhrenkessel  mit 
Kehren  von  verschiedenem  Durchmesser  *  386.  Tangye's  Röhrenkessel  mit 
doppelwandiger  Verbindungsstelle  am  Oberkessel  *  387.  Root'scher  Kessel 
von  Knap  307.  Wasserröhrenkessel  mit  durchgeführten  Heizrohren  von 
Dayde  &  Pille  und  Lagosse*387.  Bordone's  Kessel  mit  oberhalb  der 
Verbrennungskammer  liegendem  Roste "  389.  Umhüllung  des  Dampf- 
sammlers   mit   einem  Röhrenbündel   vom  Königl.  Hüttenamt  in  Gleiwitz 

*  390.  Vorrichtung  zur  Beschleunigung  des  Wasserumlaufes  von  A.  Büttner 
and  Co.  391.  Desgl.  von  Steinmüller  391.  Seegner's  Regulirventil  für  den 
Wasserumlauf  392.  Hanrez'  Wasserröhrenkessel  in  seiner  Verwendung 
för  Hüttenwerke  *  392.  Röhrenverschlufs  von  Preis  *  433.  Verbindung 
an  Gliederkesseln  von  Sperber  *  433.  Carpentier's  Rohrbefestigung  433. 
Knudsen's  Rohrverbindung  für  Doppelrohre  *  433.  Sperling's  Rohrver- 
bindung* 434.  Zwischenwände  von  Dürr* 434.  Verbindung  der  Rohr- 
kopfe von  Gampert  und  Farkacz  *  434.  Muldenförmiger  Einsatz  für  Rohre 
*434.  Kleinkessel:  Turners  Kessel  von  der  Plymouther  Ausstellung* 434. 
Stehender  Kessel  mit  Wassersäcken  von  Thursfield  und  Schreiber  *  435. 
Durenne's  Röhrenkessel  *  435.  Dupuis'  Kessel  mit  Knieröhren  *  435. 
Taylor's  Kessel  mit  centralem  Vergasungsraume*436.  Vonhofs  Kessel  mit 
Field'schen  und  gebogenen  Abzugsröhren  *  436.  Brandner's  Kessel  aus 
stehenden  und  Knieröhren  *  436.  Schlangenrohrkessel  von  Wolfson  und 
Bernstein  *  436.  Acmekessel  der  Rochester  Machine  Tool  Works  *  437. 
Abänderungen  an  Serpollet-Kesseln*437.  Verschiedene  Systeme:  Cawley's 
Kessel  mit  Einschnürung  und  doppelter  Röhrenreihe  *  438.  Compound — 
nach  Kamp*  439.  Kessel  mit  zwei  Rohrsystemen  von  Watkins  and 
Dickson*439.  Hose's  Röhrenkessel  mit  Grofswasser-Vorkesseln  *  440. 
Dulac's  Ausstellungskessel  mit  Fieldröhren,  welche  als  Schlammfänger 
dienen  sollen* 441.     Lenz'  Kesselform  für  Locomobilen  und  Locomotiven 

*  111.     Mayer' s  ausziehbarer  Röhrenkessel  *  442. 

Constructionen  384.  [und  Co.  in  Anzin  *  54. 

Dampfmaschine.    —  mit  vier  Flachschiebern  (System  Corliss)  von  C.  Mailliet 

—  Schnellgehende  Uotoren  mit  Dampf  betrieb  *  97. 

Sternmaschine  mit  zum  Auslafskanal  dienender  Kurbelstange  von  Brother- 
hood  97  Steuerung  mittels  Arbeitskolben  von  K.  und  Th.  Möller  *  97. 
—  von  Harnst,  Shong,  Taylor  und  Robinson  mit  möglichst  wenig  be- 
weglichen  Theilen  100.  imsteuerung  durch  schräge  Gleitstücke,  welche 
in  Kolbeneinschnitte  greifen,  von  8choenner*101.  .Maschine  mit  um- 
Bchlossenem  Kurbeltriebwerke  von  Arthur  und  Garfield  "  102. 


Sachregister  Bd.  277.  623 

Dampfmaschine.     Vorrichtung  zum  Umsteuern  der  —  *  173. 

n  der  Pariser  Weltausstellung  1889  *  289.*  337. 

Schnelllaul'ende  mit  Dynamo  verkuppelte  —  von  Sautter,  Lemonnier  und 
Co.  *  289.  Desgl.  von  Brequet  291.  Chaligny's  kleinere  und  Verbund- 
condensations —  *  337.  Woolf'sche  Maschine  der  Societe  Alsacienne  *  338. 
Stehende  Woolf  sehe  Maschine  von  Douane,  Jobin  und  Co.*  339.  Stehende 
einfachwirkende  Woolf  sehe  Maschine  von  Weidknecht  *  340. 

—  Der  Spannungsabfall  bei  mehreylindrigen  — n  *  393.    Versuchs—  der  tech- 

nischen Hochschule  in  Aberdeen  *  447.  Zur  Geschichte  der  Verbund- 
maschinen 527.     Hahnsteuerung  an  — n  von  Charbonnaud  *  566. 

Dampfüberhitzer.     Ersparnifs  mittels  Gehre's  —  188. 

Dettektor.    S.  Lüftung*  606. 

Denal  urirung.     S.  Spiritus  94. 

Desinfektion.     —  durch  schweflige  Säure  186. 

Dextrose.     Erkennungsmittel  für  —  133. 

Diamond.     S.  Schleifmaschine  *  109. 

Diastase.     Studien  über  —  139. 

Distanzscheibe.     Wiederholungssignale  für  — n  287. 

Drehbank.     —  für  Holz  von  Beach*207. 

Drehschieber.    Regulator  für  —  *  1. 

Drnckluft.     Neues  von  der  —  509.  581. 

Angriffe  der  Elektrotechniker  509.  Gusinde's  Gutachten  über  die  in  Aus- 
sicht genommene  — anläge  in  Hannover,  nebst  Erläuterungen  zu  dem- 
selben 511.  Vorschläge  von  Pröll  für  eine  — anläge  512.  Versuche  über 
ökonomischen  Betrieb  der  — anlagen  von  Radinger,  Dörfel-Pröll  und 
Slaby.  Desgl.  der  elektrischen  Betriebe.  Kostenvergleichung  beider  Systeme. 

Druckpressen.     Bogenzuführung  an  —  *  343. 

Bogenzuiührung  mittels  Gummischeiben  von  Cleathero  *  343.  Bogen- 
zuführung mittels  Gummistücke  von  Dummer  *  345. 

—  Leerlaufpapierleitungen  an  —  *  442. 

Anordnung  von  König  und   Bauer.     Desgl.  von  Cottrell,  beide   mit  im 

Cylinder  liegendem  Schutzpapiere  *  442. 
Düngemittel.     Stickstoffbestimmung  in  — n  423. 
Düngrersnche.     S.  Leuchtgas  267. 
Dynamo.     — betrieb  s.  Dampfmaschine  *  289. 

E. 

Einfuhr.     S.  Ausstellung  588. 

Eisen.     Bestimmung  des  Kohlenstoffes  in  —  und  Stahl  *  334. 

—  Bestimmung  des  Phosphors  in  —  und  Stahl  571. 

Eisenbahn.  Eingeleisige  —  47.  Desgoffe's  Locomotivwage  *  52.  Weichen- 
sperrschlofs  von  S.  v.  Götz  und  Söhne  69.  Das  —netz  der  Erde  95. 
Neueste  Erfahrungen  über  Verbundlocomotiven  114.  Verminderung  der 
Anzahl  der  Leitungen  bei  —Signalen  *  265.  Wiederholungssignale  für 
Distanzscheiben  287.     W.  Schilling's  Schienenprofilmesser  *  350. 

—  Württembergische  Staats —  von  v.  Morlock  576. 
Eisenerze.    Deutsche  —  142. 

Elektricität.  Brettmann's  Regulator  mittels  —  *13.  Baron's  galvanisches 
Element  47.  Elektrische  Motoren  von  Fodor  48.  Laurent-Cely-Speicher- 
batterie  *  72.  Halsey's  elektrische  Bohrmaschine  *  73.  Drake  und  Gor- 
ham's  Umschalter  für  elektrische  Leitungen  *  74.  Elektrische  Anlage  in 
den  Schaumwein-Kellereien  von  Chandon  und  Co.  in  Epernay  75.  S. 
Beleuchtung  123.  Neues  galvanisches  Element  von  Imschenetzky  *  182. 
Kraftübertragung  durch  —  190.  Galvanische  Batterieen,  Accumulatoren 
und  Thermosäulen  von  Hauck  192.  Knotenfänger  mit  elektromagnetischer 
Bewegung  *  211.  Länge  des  Voltabogens  in  verschiedenen  Mitteln  240. 
Schiefer  als  Isolator  240.  Sicherheitsvorschriften  für  elektrische  Leitungen 
287.  Elektrische  Motoren  und  ihre  Anwendung  von  Krieg  288.  Muniers 
neuer    Vielfach-Telegraph    für    Typendruck  *  292.      S.    Scheinwerfer    mit 


.Sachregister  Bd.  277 . 

Glasparabolspiegel  352.  Thnmas-Houston-Umschalter  für  elektrische  Licht- 
(  Zentralstationen  •  354.  Chaize'fl  Belbsthätiger  Stromunterbrecher  für  elek- 
triflch  betriebene  Webstühle  *  356.  Elektrisch  bewegtes  Darapfsteuerruder 
von  8.  Schlickert  und  Co.*  358.  Deber  physikalische  Vorgänge  in  elek- 
trischen Lampen  382.  Waller-Manville-Anördnung  der  Leiter  für  elek- 
trische Bahnen  414.  Erregung  von  —  durch  Licht  450.  Borel's  elek- 
trische Klingel  *451.  Ferranti's  Verbindung  für  röhrenförmige  elektrische 
Doppelleitungen  *  452.  —  als  Motor  s.  Druckluft  509.  Hookham's  —  s- 
zähler*517.  Wildffl  elektrischer  Thüröffner  *  527.  —  zum  Betriebe  der 
Lüftung*  611. 

Elektrolyse.     —  bei  der  Zuckerbestimmung  134.     S.  Mctallhüttenwesen  486. 

Elektrotechnik.     Jahrbuch  der  —  von  Krebs  und  Grawinkel  480. 

Element.     Baron's  galvanisches  —  47.    Neues  galvanisches  — "182. 

Encyklopädie.     —  des  Eisenbahnwesens  von  Roll  576. 

Entrinden.     S.  Holzbearbeitung  *  316. 

Entschalungsapparat.     S.  Spiritus  132. 

Entzündung.     — stemperatur  von  Sprengstoffen  523. 

Enzymen.     S.  Spiritus  140. 

Erdöl.     Ueber  — trübung  von  Direktor  A.  Veith  567. 

—  Entdeckung  und  Bestimmung  von  —  in  Terpentinöl  575. 
Erschütterung.     —  der  Gebäude  durch  Maschinen  189. 
Extractionsapparat.     S.  Analyse  519. 

F. 

Faden.     S.  Quarz—  45. 

Fahrstuhl.     S.  Ausstellung  *  488. 

FaugTorrichtung.     S.  Fahrstuhl  *  488. 

Farbe.     Schnelltrocknende  Lack — n  612. 

Farbholz.     Werthbestimmung  des  — es  572. 

Fafs.     S.  Holzbearbeitung  *  244. 

Feile.     Sandstrahlgebläse  zum  Schärfen  der  — *  172. 

Ferment.     Invertirende  — e  140.  [Gasreinigungsmassen  381. 

Ferrocyan.     Bestimmung   der   — Verbindungen  270.     Bestimmung  des  — s  in 

Festigkeit.  West's  Probemaschine  für  Gufs*171.  Säulen  und  Träger.  Ta- 
bellen von  Scharowsky  192.  Vorschrift  für  die  —  von  Blechen  s.  Dampf- 
k'  -sei  226.     Eintlufs  der  Dicke  auf  die  —  des  Papieres  478. 

—  Materialprüfung  an  fertigen  C'onstructionstheilen  *  551. 

— sversuche  an  den  Theilen  des  Kanalhebewerkes  bei  La  Louviere  *  551. 

Fett,     —-ehalt  der  Milch*573. 

Fenerfester  Thon. 40. 

Feuerungsanlage.     Neuere  Ufenconstructionen  von  Siemens  *  577. 

Filter.    Gestell  für  —  *  519.    Glocke  für  —  *  519.    Nachfüllen  für —*  520. 

Firnifs.     — composition  336. 

Flachschieber.     S.  Schieber*  54. 

nasche«    Bwarts'  Reagens —  *  518. 

Flügelrad.    S.  Regulator  *  11. 

Fluorwasserstoffsäure.     —  zur  Vergährung  der  Maische  79. 

Formerei.    Rationelle  Turbinen— *  57. 

Fournir.     8.  Holz* 241.  325.  [480. 

Französische  Sprache. für  Post-  und  Telegraphenbeamte  von  Zülow 

Fräse.     Räder— maschine  von  Sainte,  Maren  und  Co. ''224. 

Fräsemaschine.    Neuere  —  nM58. 

Eintheilune  der  —  n  158.  Demoor's  stehende  —  *  160.  Desgl.  von  Bari- 
quand*160.  Desgl.  von  Smith  and  Coventry  *  161.  —  mit  Spindelautrieb 
durch  Riemen  von  Fetu-Defize  *  162.  Pretot'a  universal —  mit  stellbarer 
Fräsespindel  ■  L63  und  mit  Vorrichtung  zum  Fräsen  nach  Schablonen  *  165. 
Bariquand's  Dniversalfräse  mit  wagerechter  Spindel*166.  Pedrick  und 
Ayei  b  —  mit  Tischsteuerung  ohne  Seitenwelle*  L67.  Beaman  und  Smith's 
Doppel     *169.     Desgl.  zum  Fräsen  von  Nuthen  von  Hulse*i70. 

Fräser.     Schleifmaschine  für  —  *110. 


Sachregister  Bd.  277.  625 

Ct. 

Gährbottiehkühler.    —  133. 

Garn.    Abdämmen  und  Sengen  der  — "16. 

Gas.     S.  Beleuchtung  123.     Reinigung  des  Leucht — es  271. 

Gasentwickelungsapparat.    —  *  518. 

Gasmaschine.     Neuer  Regulator  für  — n  von  Crossley  *  549. 

GaSTolnmeter.     —  von  Lunge  *  474. 

Gaswasser.    Venverthung  von  —  267. 

Gatter.     S.  Holzbearbeitung. 

Gautschwalze.     S.  Papier  215.  [189. 

Gebäude.    Beobachtung  über  die  Erschütterung  der  —  durch  Dampfmaschinen 

Gebläse.     S.  Sandstrahl—  *  172. 

Gehrungslade.     S.  Holzbearbeitung  331. 

Gelenk.     —  für  Schrägwalzwerke*  31. 

Gerbst  oft'.  Prüfung  der  Gantter'schen  — bestimmungsmethode  von  Professor 
Dr.  v.  Schröder  und  Dr.  J.  Pässler  in  Tharand  361. 

—  Volumetrische  Bestimmung  von  —  in  Weinen  575. 

Geschütz.  Vergleichsschiefsen  zwischen  Krupp'schen  und  Bange'schen  — enl42. 

Geschwindigkeit.   Regelung  der  —  s.  Regulator  *  13.    Maximal—  s.  Regulator 

Gesetz.     S.  Ausfuhr  nach  Amerika  und  die  Mac  Kinley  Bill  453.  [*  15. 

Gespinnstfaser.     Wolle  und  Baumwolle  s.  Ausstellung  588. 

Gesundheit.  Ueber  Gasbeleuchtung  und  elektrische  Beleuchtung  vom  ge- 
sundheitlichen Standpunkte  aus  von  v.  Pettenkofer  123.  [*103. 

Gewebe.     Abdämmen  und  Sengen  der  —  s.  Appretur  *  16.    S.  Glättmaschine 

Giefserei.  Rationelle  Turbinenformerei  *  57.  Herstellung  dichter  Kupfer- 
güsse 143.  Trockenofen  für  Gufsformen  der  Wilhelmshütte  in  Walden- 
l>urg*565.  [u.  s.  w.  von  Weidmann  *  103. 

Glättmaschine.     Maschine   zum  Glätten   von   Prefsspänen,    Papier,    Geweben 

Glühlampe.  Herstellung  und  Anwendung  der  —  von  Zacharias  96.  —  von 
Langhans  und  Co.  240.     Dreidrähtige  — naufhängung  *  416. 

Glyceriu.     Bestimmung  des  —  s  133.     Gährung  des  — s  137. 

Gufsproben.     S.  Festigkeit*  171. 

H. 

Haarröhren.     —  zum  Messen  höherer  Wärmegrade  46. 

Hahn.     — Steuerung  an  Dampfmaschinen  *  566. 

Haudelsausstellung.    —  588. 

Hebewerk.     —  in  La  Louviere  s.  Festigkeit  *  551.     S.  Fahrstuhl  *  488. 

Heizung.     S.  Lüftung  *  597. 

Heizrersuche.     S.  Kessel  234. 

Hobelmaschine.    —  für  Winkelräder  von  Oerlikon  *  49.    —  von  Leupolt  *  50. 

Hobelmesser.     Schleifmaschine  für  —  *  108. 

Holländer.     S.  Papier  121. 

Holz.     Asbest-Kork-Kunst—  46.     Dämplänlage  für  Rothbuchen—  189. 

Holzbearbeitung.     Neue  — smaschinen  *  145.  *  193.  *  241.*  313. 

Auswechselbare  Zähne  für  Kreissägen  von  Day  *  145.    Desgl.  von  Lorenz 
145.     Block  wagen    mit  veränderlicher  Geschwindigkeit  von  Jirku  *  146. 
Schaltwerk  für  Sägegatter  von  Wurster   und  Seiler  *  147.     Hinterschemel" 
für  Gattersägen  von  Heinzmann  *  147.    Spannvorrichtung  für  Gattersägen 
von  Dominicus  *148.    Antrieb  für  wagerechte  Gatter  von  Petzold  und  Co. 
14!».     Bandsäge  mit  mehreren  Sägebändern  von  Jirku*  149.     Kreissägen- 
schutzvorrichtung von   Weil's*150.     Desgl.  von    Kiefsling   und  Co.*  151. 
Laubsägemaschine    von    Wertheim  *  152.      Desgl.    von   Halmsteiner  *  153. 
Spannvorrichtung  an  Handsägen  von  Dyes*154.     Schränken  und  Schärfen 
von  Sägen:    Apparat    zum    gleichzeitigen  Schränken    zweier    Zähne    von 
Hax  *  193.      Schränkwerkzeug    von   Kreeb  193.      Desgl.   von   Wibel   und 
•  Barth  *  193.    Desgl.  von  Wüste  *  194.    Maschine  zum  Ausfräsen,  Schärfen 
und   Schränken   von    Bandsägeblättern    von    Oerlikon  *  195.      Vorschub- 
Dingler's  polyt.  Journal  Bd.  277  Nr.  13.  1890|IU.  40 


62b*  Sachregister  Bd.  277. 

Vorrichtung  für  .Schärfmaschinen  von  Hesse  und  Patleich  *  196.  Feile 
zum  Schärfen  der  Säge  von  Gschwindt  und  Co.*  197.  Vorrichtung  zum 
Glattziehen  verschränkter  Sägeblätter  von  Böhnhardt  *  198.  Hobel- 
maschinen: Vermeidung  der  Schwankungen  der  Welle  von  Fleck  199. 
Andruckvorrichtung  von  Stoltz  *  199.  Kehlmaschine  für  Kehlleisten  und 
Falzen  von  Weiser  201.  Schutzvorrichtung  für  Abrichthobelmaschinen 
vini  Bock1*  201.  Fräsemaschine  für  geschweifte  Hölzer  von  Heinrich  202. 
Fräsekopf  mit  auswechselbaren  Messern  von  Häser  *202.  Desgl.  von  Hey- 
meier* 202.  Schuhleistencopirmaschine  von  Höber  *  203.  Vorrichtung  zur 
Herstellung  von  Kehlungen  und  Verzierungen  auf  Holz  von  Göhring  203. 
Maschinen  zur  Herstellung  von  Holzschuhen  von  Arbey  205.  Holzdreh- 
bank von  Beach  *  207.  Facondrehapparat  von  Forstmann  211.  Maschinen 
/um  Schneiden  von  Brettchen  und  Fourniren:  Brettchenschneidmaschine 
\nii  Bradley*241.  Schälverfahren  von  Oncken  241.  Desselben  Fournir- 
schneidemaschine  * 242.  Böttcherei-Maschinen:  Bandsäge  mit  bogen- 
förmigem Schnitt  von  Anthon*  244.  Schneidevorrichtung  mit  Messern  für 
gewölbte  Fafsdauben  von  Pötter* 244.  Vorschub  für  Fafsdauben-Hobel- 
maschinen,  welche  zweiseitig  wirken,  von  Anthon  *  245.  Fügemaschine 
von  Dunbar* 246.  Maschine  für  Fässer  aus  sektorartigem  Blatte  von 
Oncken*  251.  Fafsbindemaschine  von  Reed  *  253.  Desselben  Zuführung 
der  Dauben  für  Fafsbindemaschinen  256.  Fügen  von  Fafsböden  von  Früh- 
insholz  256.  Schneiden  von  Fafsspunden  von  Langer  256.  Schneiden 
von  Zinken  und  Zapfen:  Maschine  von  Furtwängler  Söhne  313.  Desgl. 
von  Bear  und  Ransom  313.  Abgewinkelte  Sägeblätter  von  Ottstadt*  313. 
Korkenschneidemaschinen  für  cylindrische  und  kegelförmige  Korke  von 
Grahmann  315.  Desgl.  von  Liston  315.  Maschine  zum  Durchbohren  der 
Korkstopfen  von  Berthold  315.  Schutzvorrichtung  von  Wieting  und  Heel 
316.  Vorrichtung  zum  Entrinden :  Piette's  Maschine  zum  Entrinden  von 
Holzstämmen  *  316.  Holzraspelmaschine  von  Weitz  318.  Maschine  zur 
Herstellung  von  Zündholzschachteln  von  Lundgreen  321.  Bohren  von 
Bürsten-  und  Besenhölzern  von  Shaw  und  Ditchfield  321.  Maschine  zum 
Auskehlen  von  Grubenhölzern  von  Bannerth  und  Janäcek  *  322.  Schleif- 
maschine von  Leinbrock  *  322.  Maschine  zum  Schneiden  der  Zündhölzer 
von  der  Sun  Match  Co.  *  323.  Holzwollemaschine  von  Anthon  und  Söhne 
324.  Fournirung  von  Hölzern  von  Zander  325.  Biegsame  Fournirplatten 
von  Heepe  325.  Maschinen  zum  Bemustern  von  Holzplatten:  Verfahren 
von  Guatari,  Krutsch,  Alleigh,  Seligsohn.  Dosterhill's  Decoupir- 
verfahren  327.  Tischlerwerkzeuge:  Rundzapfenhobel  von  Müller  328. 
Löffelbohrer  von  Hübner  329.  Einspannvorrichtung  für  Bohrer  von 
Hönneknövel  *  329.  Ausstofsen  viereckiger  Löcher  von  Schmohl  *  330. 
Fournirkeilpresse  von  Kirchgraber  *  330.     Gehrungslade  von  Gabriel  und 

Holzschuh.     Maschine  zur  Bearbeitung  von  — en  205.  [Pohl  331. 

Holzsnbstanz.     Reaktion  auf  —  417. 

Honig.     Unvergährbare  rechtsdrehende  Substanz  aus  —  187. 

Hörrohr.    —  528. 

Hüttenwesen.     Herstellung  dichter  Kupfergüsse  113.     S.  Metall— *  481. 

I. 

» 

IiiTcrtin.     —  verschieden  von  Kojiferment  141.     S.  Spiritus  183. 
InTertzncker.     Bestimmung  des  — s  134. 
Isolator.     Schiefer  als  —   für  elektrische  Leitungen  240. 

J. 

Jodonictrie.     Bestimmung  der  Säuren  und  Alkalien  380. 


Kalander.     8.  Papier  222. 
Knliapparat.    —  von  Schiff*  519. 


K. 


Sachregister  Bd.  277.  627 

Kalk.     Doppeltschwef ligsaurer  —  s.  Spiritus  186.    Untersuchung   eines  Eifel- 

Kauone.     S.  Geschütz  142.  r es  383 

Kaolin.     S.  Thon  35. 

Kartoffel. Anbauversuche  78. 

Kantschuk.     Kitt  für  —  47. 

Kegelstoffmühle.     S.  Papier*  176. 

Kehlung.     S.  Holzbearbeitung  203. 

Kellerei.     — anläge  mit  elektrischem  Betriebe  75. 

Kerzenllamme.     Lichtwerth  der  —  280. 

Kesselboden.     Ränderbiegemaschinen  iür  —  *  548. 

Kieselsäure.    S.  Thon  33. 

Kitt.     —  für  Kautschuk  47. 

Kleinkessel.     S.  Dampfkessel  *  434. 

Klingel,     ßorel's  elektrische  —  *451. 

Knotenfänger.    S.  Papier  »179. 

Kochherd.     Brenner  für  — e*286. 

Kohlehydrate.     Fällbarkeit  der  —  durch  Salze  138. 

Kohleusandstein.     S.  Thon  36.  f—  nach  Petterson  475. 

Kohlensäure.     Bestimmung  der  —  in  Soda  und  Bier  *  333.   Bestimmung  der 

Kohlenstoff.     Bestimmung  des  —es  in  Eisen  und  Stahl  *  334.  *  379. 

Kojiferment.     —  verschieden  von  Invertin  141. 

Koks.     — feuerung  bei  Dampf  kesseln  *  263.  264. 

Kolbensteuerung.     S.  Dampfmaschine  *  98. 

Kolonne.     Versuch  mit  der  —  s.  Spiritus  93. 

Kork. Asbest-Kunstholz  46.     Bearbeitung  des  — holzes  315. 

Korken fabrikation.    S.  Ausstellung  406. 

Kraftübertragung.      —  durch  Luft  und  Elektricität  190.  581. 
Kreissäge.     S.  Holzbearbeitung. 
Kriegswesen.     S.  Scheinwerfer  352. 
Kühlschlange.     Bewegung  der  —  88. 

Kupfer.     Herstellung   dichter   —  güsse  143.     S.  Metallhüttenwesen   484.      Be- 
stimmung des  — s  durch  Cyankalium  571. 
Kuppelung.     —  für  Schrägwalzwerke  *  29. 

L. 

Lack.     Schnelltrocknende  —färben  612. 

Lampe.     Physikalische  Vorgänge  in  elektrischen  — n  382. 

Laudwirthschaft.     Meliorationen   und  Wasser  in  der  —  von  Fraissinet  480. 

Laubsäge.     S.  Holzbearbeitung. 

Lara.     —  als  Material  für  Bauornamente  34. 

Leiste.     Schuhleiste  s.  Holzbearbeitung  *  203. 

Leitung.  Schiefer  als  Isolator  für  — en  240.  Verminderung  der  Anzahl  der 
—  en  bei  Eisenbahnsignalen  von  Dumont*265.  Sicherheitsvorschriften 
für  elektrische  — en  287.  —  für  elektrische  Bahnen  414.  Ferranti's  Ver- 
bindung für  elektrische  Doppel— en  *  452. 

Leuchtgas.     —  zum  Sengen  s.  Appretur*  19. 

—  Neuerungen  in  der  Gasindustrie  *  267.  *  332. 

Ueber  bessere  Verwerthung  von  Ammoniak  und  Gaswasser  von  H.  Bunte 
267.  Düngeversuche  von  Märker  und  Wagner  267.  Wirkung  des  schwefel- 
sauren Ammoniaks  gegenüber  Chilisalpeter  268.  Ueber  photometrische 
Arbeiten  der  physikalisch-technischen  Reichsanstalt  von  Lummer  269.  Ver- 
gleichende Versuche  mit  Amylacetatlampen  und  Normalkerzen  269.  Ueber 
Photometer  270.  Bestimmung  der  Ferrocyanverbindungen  in  den  Neben- 
producten  der  Gasfabrikation  von  Gasch  270.  Controlapparat  für  Gas- 
reinigung von  Ledig  271.  Caustisirung  von  Ammoniakwässern  von  Solvay 
*272.  Herstellung  carburirter  Luft  von  Jaunez*274.  Carburirapparat 
für  —  von  Maxim* 275.  Ueber  Photometrie  von  Methven  276.  Bremond's 
Versuche  über  den  Einflufs  atmosphärischer  Verdünnung  auf  die  Leucht- 
kraft   280.     Lichtwerth    der    Kerzenflammen   280.     Einflufs    des   Wasser- 


628  Sachregister  Bd. '27  7. 

dainpfee  auf  die  Leuchtkraft  von  Flammen  282.  Herstellung  von  Sauer- 
Btoff  and  dessen  Verwendung  zur  Gasreinigung  von  Valon*283.  Apparat 
von  Bicks  284.  Reinigerkasten  mit  Kalk  aus  der  Gasanlage  in  Rams- 
284.  Beseitigung  von  Naphtalin  aus  Gasrohren  von  Schneckenburger 
286.  Brenner  für  Kochherde  von  Merz*  286.  Beiträge  zur  Gasanalyse 
von  Thörner*332.  Volumetrische  Bestimmung  der  Kohlensäure  in  Soda 
und  Kalk*  333.     Desgl.    in  Bier  *  334.     Desgl.   in  Eisen    und  Stahl  *  334. 

Licht.  Das  elektrische  —  von  Urbanitzky  192.  Erregung  von  Elektricität 
durch  —  450. 

Linearzeichuen.     Anleitung  zum  —  von  Delabar  384. 

LocomotiTe.     S.  Steuerung  von  Bonnefond  *  55. 

—  Geber  die  neuesten  Erfahrungen  an  Verbund — n  114. 

_  Feuerlose  —  für  Bergwerke,  System  Rolland  *  155.  [Wage*52. 

mit  Wellrohren  *  229.     Tenbrinkrohre   an    — n   258.     Locomotivwage   s. 

Loth.     Optisches  —  s.  Centrirvorrichtung  *  65.     Absteckpfahl  *  68. 

Luft.  Regulator  mit  —Verdünnung*  7.  Kraftübertragung  durch  —  190.  Ueber 
die  Berechnung  der  Zusammendrückbarkeit  der  —  354.    S.  Druck — . 

Luftniaschine.    S.  Druckluft  509.  581. 

Lüftung.  Einflufs  der  —  auf  die  Hefeausbeute  83.  —  auf  die  Gährung  der 
Dickmaische  85. 

_  — sanlagen  im  Anschlüsse  an  die  gebräuchlichen  Heizungssysteme  und  eine 
kritische  Beleuchtung  dieser  letzteren  *  597. 

Allgemeines  597.  Grundbedingungen  zur  Beschaffung  gesunder  Luft  599. 
Allgemeines  über  Zug—  *  603. 

M. 

Mais.     —  als  Ersatz  des  Malzkornes  77. 

Mannit.     Gährung  des  —  137. 

Mannose.     S.  Spiritus  136. 

Manometer.     Maldant's    —    zur  Messung   vielfacher  niederer  Spannung  *  113. 

Marmor.     —  aus  Cement  34. 

Maschinenelement.     S.  Zahnrad  *  553 

Materialprüfung.     —  an  fertigen  Theilen  *  551. 

MefsTOrrichtung.  Messen  höherer  Wärmegrade  mittels  Haarröhrchen  46. 
S.  Centrirvorrichtung*  64.  Thermometer  *  112.  Manometer  *  113.  West's 
liefe-  und  Prüfungsmaschine  für  Gufeproben  *  171.  Wägen  des  Papieres 
*  220.  Schilling's  Schienenprofilmesser  *  350.  Hookham's  Elektricitäts- 
zähler  *  517. 

Metallbearbeitung.  Herstellung  von  Zahnrädern  *  49.  S.  Fräsemaschine  *  158. 
Sägeschärfmaschine  *  345. 

Metallhilttenwesen.     Neuerungen  im  — *481. 

Rottermund's  Extractionsapparat  für  den  Chlorirungsprozefs*481.  Ab- 
änderung des  Plattner'schen  Verfahrens  von  Cragg,  Verfahren  mittels 
trockenen  Chlorgases* 482.  Verhinderung  des  Mehligwerdens  von  Queck- 
silber  von  Johnson,  Field  und  Beeman  484.  Metallröhren  aus  galvanisch 
niedergeschlagenem  Dorn  von  Kumme  484.  Elmore's  Verfahren  zur  Her- 
stellung von  Röhren  484.  Fabrikation  von  Blechen,  Platten  u.  s.  w.  aus 
Kupfer  von  Martin*485.  Smith's  Apparate  für  die  Kupferelektrolyse* 486. 
Gewinnung  von  Metallen  durch  Behandlung  mit  reducirenden  Gasen  unter 
Druck  von  L6b6deff*486.  Condensation  von  Zinkdämpfen  von  Walsh*487. 

Metaphosphorsäure.     —  im  Nuclein  der  Hefe  185. 

Meteorologie.    —  auf  der  Wiener  Ausstellung  409. 

Mikroorganismen.     8.  Spiritus  185. 

Milch.     Bestimmung  des  Fettgehaltes  der  —  *  573. 

Milchsäure.     8.  Spiritus  184. 

Mineralöl.  Die  —  and  Paraffinfabriken  der  Riebeck'schen  Montanwerke  bei 
Halle  a.  d.  8.*426.*460. 

Mineralogie.     Repetdtorium  der  -     von  Hussak  und  Woitschach  480. 

Motor.    KUkt  risehe  —en  und  ihre  Anwendung  von  Krieg  288.   S.  Druckluft  509. 


Sachregister  Bd.  277.  629 

N. 

Naphtalin.     Beseitigung  des    — s  aus  Gasrohren  286. 
Natriumbisulflt.     S.  Spiritus  186. 
Nitrat-Stickstoff.     Bestimmung  des  — es  *  477. 

0. 

Oelbleiche.     S.  Papier  120.  [mals  F.  Siemens  *  577. 

Ofen.     Neuere  — constructionen  der  Actiengesellschaft  für  Glasindustrie,  vor- 

P. 

Papier.     Ueber  Neuerungen  in  der  — fabrikation  *  118.*'  174.  *  211. 

Messerfertige  Lumpen  118.  Kochen  der  Lumpen  ersetzt  durch  Anwen- 
dung von  Ammonin  119.  Gesonderte  Lumpenwäsche  119.  Bleichen  der 
Lumpen  nach  Hermite's  Verfahren  120.  Die  Oelbleiche  120.  Arbeitsvor- 
gang an  der  Holländerwalze  von  Jagenberg  121.  — Stoffholländer  mit 
lothrechtem  Stoffumlaufe  von  Norton  *  174.  Kegelstoffmühle  von  Marshall 
*  176.  Beseitigung  der  sogen.  Katzen  176.  Stoffregulator  für — maschinen 
von  Smith  "177.  Verbesserter  Sandfang  mit  Vorrichtung  zum  Entfernen 
der  Metallspäne  von  Atkins  *  178.  Neuerungen  an  Knotenfängern  mit  Luft- 
verdünnung  von  Beger  ";:"  179.  Desgl.  von  Golzern  *  180.  Desgl.  von 
Cragin*180.  Knotenfänger  mit  Schabern  von  Streeter  *  181.  Knoten- 
fänger mit  Saugeluft,  der  zur  Holzstoffsortirung  verwendbar  ist,  von 
Eilers  i}  181.  Knotenfänger  mit  elektromagnetischer  Bewegung  von  Rogers 
"211.  Knotenfänger  von  Fleming  212.  Bewegung  des  Siebes  212.  Stell- 
barer Anschlag  für  das  Sieb  von  Smith  213.  Sieb-  und  Gewebeführer 
von  Meinert*213.  Saugkasten  von  Chapin  214.  Desgl.  von  Pickles  "  214. 
Kesz'  Verfahren  beim  Ausrichten  der  Gautschwalzen  215.  Blasig-  oder 
Welligwerden  des  — es  215.  Ersatz  der  Filze  durch  Metallsiebe  von 
Flood,  Buchanan  und  Bolt  215.  Obertuch  zur  Erzielung  dünnen  — es 
von  Hoeborn  215.  Auswechseln  der  Nafsprefswalze  von  Hazard  216. 
Trockenapparat  von  Kaiser  216.  Einführung  der  Bogen  in  die  Trocken- 
räume von  Grahl  und  Höhl  *  216.  Trockner  von  Lorimer  217.  Auf- 
hängungsweise für  Pappen  von  Adler  217.  — Schneidemaschine  von 
Carrer*217.  Kreismesser  zum  Schneiden  von  Streifen  von  Lasch  und 
Co.  219.  Schnittandeuter  von  Krause  220.  Pappenbiegevorrichtung  von 
Birkenbusch  220.  Fräsevorrichtung  für  Pappkanten  von  Brehmer  220. 
Vorrichtungen  zum  Wägen  des  —es  von  Rank  *  220.  Einsprengapparat 
von  Golzern  *  222.  Kalander  von  Haubold  222.  Desgl.  mit  Vorrichtung 
um  Muster  einzupressen  von  Hawke  und  Ford  222.  Nachahmung  von 
Hand —  auf  der  Langsiebmaschine  von  Willcocks  ""'222.  Pläne  von  —  fabriken 
"  223.     Prüfung  von  —  223. 

—  S.  Glättmaschine  *  103.      Aschengehalt    verschiedener  — rohstoffe   336.       S. 

Pergament-1  360.  Leerlauf—  leitung  an  Druckmaschinen  *  442.  —  für 
Wägezwecke  425.  Ueber  den  Einflufs  der  Dicke  auf  die  Festigkeitseigen- 
schaften von  —  478.     Adansonia—  478.     S.  Bronzirmaschine  *  542. 

Papierstoff.     Das  Härten  von  Gegenständen  aus  Papierstoff  143. 

Pappe.     S.  Papier  217. 

Paraffin.     S.  Mineralöl  "  426.  *  460. 

PatentnoTelle.     Bearbeitung  des  Technischen  Vereins  zu  Frankfurt  528. 

Pendel.     — regulator  von  Reisert  *  8. 

—  —  mit  unabhängiger  Schwingungsdauer  190. 

Pergamentpapier.  Erkennungsmittel  von  —  und  imitirtem  — .  von  Dr.  E.  Muth 

Permanganat.     —  zur  Alkoholbestimmung  135.  [360. 

Petroleum.    S.  Erdöl. 

Pflanzenöl.     Verfälschung  von  —  524. 

Phenylhydracinzuckerprobe.     —  134. 

Phosphor.     Bestimmung  des  — s  in  Eisen  und  Stahl  571. 


630  Sachregister  Bd.  277. 

Phosphorsälirc.      Bestimmung  der  —  nach  der  Citratmethode  424. 
Photometrie.     —  269.  276. 

Physikalische   Technik. von  Frick  576. 

Physikalischer  Verein. in  Frankfurt  141. 

Pinit.     S.  Spiritus  136. 

Plasticitüt.     8.  Thon  42. 

Platimnohr.     Darstellung  eines  sehr  wirksamen  — s  383. 

Porzellan.     Gesteine  für  — fabrikation  41.     —schalen  von  Knöpf ler  *  522. 

Presse.     Klechbiege —  *  548. 

Prefshefe.     Untersuchung  der  —  135. 

—  Heferassen  für  —fabrikation  81. 
Prefsluft.     8.  Druckluft. 
Prefsspan.    S.  Glättmaschine  *  103. 
Prisma.     S.  Seeleuchte  *  297. 

Profil.     Schillings  Schienen — messer  *  350. 
Psychrometer.     8.  Ausstellung  410. 

Q. 

(Juarzfäden.     Mittheilung  von  Boys  45. 
(Juebracho.    Zuckerarten  aus  —  136. 
Quecksilber.    Mehligwerden  des  — s  484. 

lt. 

Rad.    Flächendruck—  s.  Schrägwalzwerk  * 29. 

Raffinose.     Bestimmung  der  —  in  Rohrzucker  135.     —  in  Melasse  137. 

Reckapparat.     —  für  schlauchförmige  Wirkwaaren  *  508. 

Regenmesser.     S.  Ausstellung  411. 

Regulator.     Neue  —  en*l. 

—  zur  direkten  Verstellung  eines  Drehschiebers  von  Schäffer  und  Buden- 
berg *  1.  Abänderung  an  der  Klein'schen  Regulirvorrichtung*  1.  Ver- 
schiedene Ausführungen  von  — en  von  Schmitz-Dumont  3.  Schwung- 
rad—  von  Davis  4.   Schwungrad —  von  Oerlikon  *  4.  Desgl.  von  Brown  '"  5. 

—  mit  Luftverdünnung  im  abgeschlossenen  Räume  von  Hees  und  Wil- 
berg  *  7.  Pendel —  von  Reisert  *  8.  —  für  Meyer-Steuerung  von  West- 
phal  *  9.  —  mit  Flügelrad  von  Brown  und  Sutcliffe  *  11.  Direkt 
wirkender  —  von  Pataky  *  12.  Brettmann's  —  mit  elektrischem  Geschwin- 
digkeitsregler *  13.  Sicherheitsvorrichtung  gegen  Ueberschreitung  einer 
.Maximalgeschwindigkeit  von  Leffeldt  und  Lentsch  *  15. 

—  Stoff—  s.  Papier*  177. 

—  —  für  Gasmaschinen  von  Gebr.  Crossley  *  549. 

Rohr.     S.  Schrägwalzwerk  *  22.      — verschlusse    und    -Verbindungen  *  433.     S. 

tfetallhüttenwesen  484. 
Rundstah.     Schleifmaschine  für  — *  109. 

S. 

Saccharin.     8.  Spiritus  187. 

Safranin.     —  als  Erkennungsmittel  für  Dextrose  133. 

Sjiee.     8.  Holzbearbeitung. 

Sägeschärfmaschinen.     Neuere  —  *  345. 

lliiward's  Kreissägeschärfmaschine  *  346.  Schärfmaschine  für  Blatt-  und 
Kreissägen   von    Diebel*  346.     Hansen's   selbsthätige  Schärfmaschine   für 

Sägeschränken.     S.  Holzbearbeitung  *  193.  [Bandsägen  *  348. 

Sügezähue.    S.  Holzbearbeitung  *  193. 

Samariterbuch.     —  für  Jedermann  von  Eydam  96. 

Sandfang.     8.  Papier*  178.  [*172. 

Sandstrahl.     Tilghman  bez.  Mathewson's  — gebläse  zum  Schärfen  von  Feilen 

Sauerstoff«     Herstellung  und  Verwendung  des  — es  zur  Gasreinigung* 283. 


Sachregister  Bd.  277.  631 

Sauger.     8.  Lüftung*  606. 

Schälmaschine.     S.  Holzbearbeitung  241. 

Scheinwerfer.     —  mit  Glasparabolspiegel  von  Schlickert  und  Co.  352. 

Schieber.    Dampfmaschine  mit  vier  Flach  — n  nach  Corliss'  System  von  Maillet 

Schiefer.     —  als  Isolator  für  elektrische  Leitungen  240.  [*  54. 

Schieferthou.     S.  Thon  37. 

Schiene.     Schilling's  — nprofilmesser  *  350. 

Schiff.     Biegemaschine  für  — sbleche  *  547. 

Schlammfänger.     S.  Kessel  *  441. 

Schlange.     — nrohrkessel  *  436. 

Schleifmaschine.     Neuere  —  n  *  105. 

Grath'8  —  mit  federnder  Spindellagerung  *  105.   Sterling's  Flach — "106. 

Sack's   —   aus  Keilstücken*  107.     Fay's    Hobelmesser MOS.    Sterling's 

Messer —  „Diamond"  *  109.     Rundstab —    von   der  Springtleld  Glue   and 
Eraery  Wheel  Co.*  109.    Fräser—  der  Cincinnati  Milling  Mach.  Co. MIO. 

Schlofs.     Weichensperr —  69. 

Schlofsconstructionen.     —  von  Hoch  384. 

Schmelztiegel.    Masse  für  —  34. 

Schneidemaschine.    S.  Papier"  217. 

Schnellgehende  Motoren.    S.  Dampfmaschine  *  97. 

Schnittgelenk.     S.  Gelenk  *  31. 

Schrägwalzwerk.     S.  Walzen  *  22. 

Schränke.     S.  Holzbearbeitung  *  193. 

Schutzvorrichtung.     —  an  Kreissägen  *  150.     —    an  Abrichthobelniasehinen 
*201.     S.  Holzbearbeitung  316.     Sicherheitseinrichtungen   von   Kraft  96. 

Schwefel.    Bestimmung  des  — s  in  organischen  Verbindungen  425.    — analyse 
von  Janasch  *  523. 

Schwefelwasserstoff.     Aufbewahrung  von  — wasser  512. 

Schweflige  Säure.     —  —  zur  Desinfektion  186. 

Schweinefett.     Prüfung  des  —es  auf  Baumwollsamenöl  421. 

Schwingung.     Pendel  mit  unabhängiger  —  190. 

Schwungrad.     —  für  Schrägwalzwerke  27. 

—  — regulator  s.  Regulator  *  2. 

Seeleuchte.     Die  Fabrikation  der  —  *  297.  [*358. 

Seewesen.     Elektrisch  bewegtes  Dampfsteuerruder  von  S.  Schuckert  und  Co. 
Sengeu.     —  der  Gewebe  s.  Appretur  *  16. 
Sicherheit.     Weichensperrschlofs  von  v.  Götz  69. 

—  Vorschriften  der  Bostoner  Feuerversicherungsgesellschaft  in  Betreff  elektri- 

scher Leitungen  287. 

—  S.  Seeleuchte  *  297.  Technol.  Dictionarv  von  Harris  432.  —  an  Fahr- 
Sieb.  S.  Papier  212.  [stuhlen  *  488. 
Siebapparat.  —  für  Maische  130.  [Dumont  *  265. 
Signal.     Verminderung    der   Anzahl    der   Leitungen    bei    Eisenbahn — en    von 

—  Die  Wiederholungs — e  für  Distanzscheiben  bei  der  französischen  Ostbahn  287. 
Silber.     Volumetrische    Bestimmung    des    — s    379.     Erkennung    des    — s    in 

Gegenwart  von  Blei  574. 

Sonnenwärme.     Uebertragung  der  —  s.  Aktinometrie  382. 

Sorbit.     S.  Spiritus  136. 

Spannungsabfall.     —  bei  mehrcylindrigen  Dampfmaschinen  *  393. 

Speciflsches  Gewicht.     Bestimmung  des es  *  522. 

Speicherbatterie.     —  von  Laurent-Cely  *  72. 

Sperrwerk.     —  mit  Gewichten  s.  Fahrstuhl  *  506. 

Spiegel.     Scheinwerfer  mit  Glasparabol —  352. 

Spiritus.     Ueber  Fortschritte  in  der  — fabrikation  77.  130.  183. 

I.  Rohmaterialien  und  Malz:  Ersatz  des  Malzkorns  durch  Mais  77.  An- 
bauversuche der  deutschen  Culturstation  von  v.  Eckenbrecher  78.  II.  Dämpfen 
und  Maischen:  Maischverfahren  mit  50  Proc.  Malzersparnifs  von  Dräger  78. 
III.  Gährung  und  Hefe:  Fluorwasserstoffsäure  bei  der  Maischvergährung  79. 
Heferassen  zur  Vergährung  der  Dickmaischen  und  zur  Erzielung  hoher 
Hefeausbeuten  von  Lindner  82.     Eintlufs  der  Lüftung  auf  Hefe  und  Gäh- 


682  Sachregister  Bd.  T<~i. 

rang  von  Gronow  und  Irmisch  83.  Desgl.  von  Darin  87.  Einrichtungen 
zur  Bewegung  der  Kühlschlangen  von  Heinzelmann  88.  Vorrichtung 
zur  schnellen  Abkühlung  der  Befe  88.  Bereitung  der  Bierpreishefe  von 
Tiller  88.  Gewinnung  von  Nährstoffen  für  die  Fabrikation  von  Prefs- 
befe  von  Bonne  88.  Form  der  Hefezellen  bei  der  Prelshefeläbrikation  89. 
[V.Destillation  und  Rectifikation:  Reinigung  von  Roh —  und  Branntwein 
nach  Traube  und  Bodländer,  Versuch  mit  und  ohne  Colonne  89.  Neue- 
rungen bei  der  Rectifikation  und  Destillation  des  Alkohols  von  Barbet  94. 
Maischdestillirapparal  Pur  Feinsprit  direkt  aus  der  Maische  von  Michler  94. 
Verschneiden  des  Alkohols  mittels  Wasserdampfes  von  Rath  94.  Denatu- 
rirung  des  —  in  Uesterreich  94.  V.  Schlampe :  Verdaulichkeit  der  stick- 
Btoffhaltigen  Bestandtheile  <\<v  Kartoffelschlämpe  130.  VI.  Apparate:  Sieb- 
apparal  [ür  .Maische  von  Hesse  130.  Versuche  mit  demselben  von  Page  131. 
Erfahrungen  mit  dem  Müller'schen  Entschalungsapparate  von  Hentze  132. 
Befemaisch-Apparat  von  Schoppe  132.  Verschiedene  neuere  D.  R.-Patente: 
Gährbottichkiihler  von  Gontard,  desgl.  von  Wailand,  Zerkleinerung  von 
Kartoffeln  von  Ronneburg,  Vacuumtrockenapparat  von  Passburg,  — vorläge 
von  Pardey,  Kartoffellegemaschinen  von  Schach  und  Angst,  Kartoffelernte- 
maschine  von  Roberts  133.  VII.  Analyse:  Bestimmung  des  Glycerins  in 
Form  von  Nitroglycerin  von  Dickmann  133.  Reagens  für  Rohr-  und 
Traubenzucker  von  Plessy  133.  Sal'ranin  als  Erkennungsmittel  für  Dextrose 
von  Crismer  133.  Zur  Phenylh)'dracinzuckerprobe  von  Geyer  134.  Analyse 
der  Zuckerarten  von  Jungfleisch  und  Grimbert  134.  Bestimmung  des 
Invertzuckers  von  Preuss  134.  Vorsicht  bei  Soldainis'  Reagens  von  Herz- 
l'eld  134.  Elektrolyse  bei  der  Zuckerbestimmung  von  Formanek  134.  Ver- 
schiedene Arbeiten  über  Bestimmung  der  Rat'tinose  im  Rohrzucker  und 
in  der  .Melasse  135.  Titration  des  Alkohols  und  Aldehydes  durch  Chrom- 
säure von  Bourcart  135;  desselben  Alkoholbestimmung  mittels  Perman- 
ganat  135.  Zur  Kenntnifs  der  — körper  von  Bornträger  135.  Preisaus- 
schreiben über  Untersuchung  der  Preishefe  135.  VIII.  Allgemeines  und 
Theoretisches:  Zucker  mit  aromatischem  Kerne,  Pinit  genannt,  von 
Bfaqnenne  und  Combes  136.  Zuckerarten  aus  Quebracho  von  Tauret  136. 
Ueber  Mannose  von  Fischer  und  Hirschberger  136.  Sorbit  als  Bestand- 
teil von  Früchten  der  Rosaceen  von  Vincent  und  Delachanal  136.  Unter- 
suchungen über  Raffinose  in  Melassen  137.  Gährungsproducte  der  Rat'- 
tinose von  Jesser  137.  Reine  Gährung  des  Mannits  und  Glycerins  von 
Frankland  und  Fox  137.  Fällbarkeit  colloidaler  Kohlehydrate  durch 
Salze  von  Pohl  138.  Einwirkung  der  Diastase  auf  unverkleisterte  Stärke 
von  Lintner  138.  Studien  über  Diastase  von  Petzholdt  139.  Diastase  als 
Gemenge  von  zwei  Enzymen  von  Wijsman  140.  Invertirende  Fermente  von 
Kellner,  Mori  und  Nagaoka  140.  Ueber  Invertin  verschieden  von  Kojifer- 
ment  141.  Ueber  Invertin  von  Fernbach  183.  Ueber  Milchsäuregährung 
von  Scholl  184.  Milchsäure  in  der  Melasse  184.  Ueber  Fäulnifsorga- 
nismen  von  Dallinger  185.  Einllufs  physikalischer  Bedingungen  auf 
Mikroorganismen  von  Bonardi  185.  Bakterientödtende  Wirkung  des  Blutes 
und  Blutserums  von  Buchner  185.  Eintlul's  der  Kohlensäure  auf  die 
Products  der  GShrung  von  Lindet  185.  Nachweis  der  Metaphosphorsäure 
im  Nuclein  der  Hefe  von  Liebermann  185.  Kohlenstoffernährung  der  Bier- 
hefe von  Bokorny  185.  Weich  werden  der  Preishefe  von  Schrohe  186. 
Desinfectdon  mit  schwefliger  Säure  von  Dubief  und  Brühl  186.  Doppelt- 
Bchwefligsaurer  Kalk  und  Natriumbisulfit  von  Windisch  186.  Unver- 
jährbare rechtsdrehende  Substanz  von  v.  Raumer  187.  Wirkung  des 
Saccharins  von  Jessen  187.  Bestandtheile  des  Absinths  von  Cardiac  und 
Meunier  187.  Entwickelung  der  Brennerei  in  den  letzten  fünfzehn  Jahren 
von  llärcker  187.  Wirtschaftliche  Lage  der  Brennerei  und  das  Steuer- 
gesetz von  v.  Bismarck  188.  Zukunft  der  — Industrie  in  Ungarn  von 
Asboth  188.  Handels—  Ungarns  von  Szilägyi  188.  Tafel  über  — gehalt 
188.  Fabrikation  des  Holzstoffes  unter  gleichzeitiger  Zuckergewinnung 
Mm  Hisse.  Dampfersparnils  beim  Gehre'schen  Dampfüberhitzer  188. 
SpreupstoH'.     Entzündungstemperatur  von  —  523. 


Sachregister  Bd.  277.  633 

Spund.     S.  Fafs  256. 

Stärke.     Einwirkung  der  Diastase  auf  —  138. 

Statistik.  Das  Eisenbahnnetz  der  Erde  95.  S.  Druckluft  509.  Vergleichung 
der  Betriebe  mit  Druckluft  und  Elektricität  s.  Druckluft  581. 

Sterninnschine.     S.  Dampfmaschine  *  97. 

Steuer.     S.  Spiritus  188. 

Steuerruder.     Elektrisch  bewegtes   —  von  Schuckert  *  358. 

Steuerung.  S.  Regulator  für  Drehschieber  *1.  Flachschieber  *  54  Loco- 
motiv —  von  M.  A.  Bonnefond  •  55.  S.  Dampfmaschinen  *  97.  Vorrich- 
tung zum  Umsteuern  von  Dampfmaschinen  *  173.  Hahn—  an  Dampf- 
maschinen von  Charbonnaud  *  566. 

Stickstoff.     Bestimmung  des  Nitrat — es  477. 

—  — bestimmung  422. 

Streuer.     S.  Scheinwerfer.  [stuhle  *  356. 

Stromunterbrecher.    Chaize's  selbsthätiger  —  für  elektrisch  betriebene  Web- 

T. 

Technischer  Verein.  Zuschrift  des  Technischen  Vereines  zu  Frankfurt, 
Patentnovelle  betreffend  528. 

Telegraph.     Munier' s  Vielfach—  für  Typendruck  *  292.  [420. 

Terpentinöl.     Bestimmung  des   Erdöles    in   —  575.     Untersuchung  des  — es 

Theodolit.     S.  Centrirvorrichtungen  *  64. 

Thermometer.     Trotter's  Compensations —  *  112.     S.  Ausstellung  411. 

Thou.     Fortschritte  in  der  — industrie  33. 

Neue  Massen:  Blöcke  aus  Kieselsäure  im  Tridymitzustande  von  Mosley 
und  Chambers  33.  Masse  für  Schmelztiegel  und  Glashäfen  von  Digby  und 
Lycet  34.  Mischung  von  — erde  und  Asbest  34.  Lava  als  Material  für 
Bauornamente  und  Gefäfse  von  Gillet  34.  Polirter  Marmor  aus  Cement 
34.  Rohmaterialien:  Kaolinlager  in  Nassau  von  Kiesewalter  35.  Analysen 
feuerfester  Materialien  von  Barnes  35.  Feuerfeste  — e,  Kohlensandstein 
und  —schiefer  von  Hecht  35.  Schiefer — vorkommen  in  Böhmen  von 
Bischof  37.  —  e  in  Grossalmerode  von  Wiggert  39.  —  von  Coatbridge 
von  Riley  41.  Desgl.  von  Forges  les  Eaux.  Analysen  feuerfester  Steine 
von  Abel  41.  Analysen  von  zu  chinesischem  Porzellan  benutzten  Ge- 
steinen von  Vogt  41.     Beziehungen  zwischen  Plasticität  und  Feuerfestig- 

—  Wirkung  von  —  auf  Abwässer  574.  [keit  der  — e  von  Seger. 
Thonschiefer.    S.  Thon  36. 

Thür.     Wildt's  elektrischer  —Öffner  *  527. 

Tiegelthon.     S.  Thon  39. 

Tischlemrerkzeug.     S.  Holzbearbeitung  328. 

Träger.     Widerstandsmomente  für  —  von  Scharowsky  480. 

Trinkwasser.     Bestimmung  der  organischen  Substanz  in  —  419. 

Trockenofen.     —  für  Gufsformen  *  565. 

Trockenvorrichtung.    S.  Papier* 216. 

Trübung.     Ueber  Erdöl  -  567. 

Turbine.     Berechnung  der  —  von  Reifer  48. 

—  Rationelle  —  nformerei  *57. 
Typendruck.     Munier's  Telegraph  für  —  *  292. 

V. 

Umschalter.     Drake  und  Gorham's  —  für  elektrische  Leitungen '"  74. 

—  Thomson-Houston —  für  Licht-Centralstationen  *  354. 
Untersuchung.     Neue  Methoden  für  chemisch-technische  — en  377.  416.*  474. 

»518.*  571. 

i!(  Stimmung  des  Cadmiums  in  Producten  der  Zinkfabrikation  377.  Volu- 
metrische  Bestimmung  des  Silbers  379.  Bestimmung  des  Kohlenstoffs 
in  Eisen  und  Stahl  379.  Jodometrische  Bestimmung  der  Alkalien  und 
Säuren  380.    Bestimmung  der  freien  Alkalien  380.    Desgl.  der  an  Kohlen- 


634  Sachregister  Bd.  277. 

säure  gebundenen  380.  Bestimmung  des  Ferrocyans  in  Gasreinigungs- 
massen 381.  Erkennung  und  Bestimmung  von  Chlor  in  Rhodanalkalien 
416.  Titriren  von  Alkohol  mittels  Chromsäure  417.  Quantitative  Be- 
stimmung von  Cellulose  417.  Reaction  auf  Holzsubstanz  417.  Wein- 
säuregehalt in  Rohproducten  der  Weinsäurefabrikation  418.  Analyse 
von  trockener  Weinhefe  418.  Bestimmung  der  organischen  Substanz  in 
Trinkwässern  419.  Prüfung  von  Wasser  auf  Blei  mit  Chromat  419. 
Reagenspapier  für  Chloride.  Verfälschung  von  französischem  Terpentinöle 
4"2o.  Prüfung  von  Schweinefett  auf  Baumwollsamenöl  421.  Zur  Kenntnifs 
des  Butterfettes  421.  Kjeldahl-Wilfarth'sche  Stickstoffbestimmung  422. 
Bestimmung  des  Stickstoffes  in  Düngemitteln  423.  Desgl.  in  Chilisalpeter 
423.  Citratmethode  der  Phosphorsäurebestimmung  424.  Bestimmung  des 
Schwefels  in  organischen  Verbindungen  425.  Für  Wägezwecke  geeignetes 
Papier  425.  Gasvolumeter*474.  Kohlensäurebestimmung* 475.  Bestim- 
mung des  Nitratstickstoffes  nach  Schulze-Tiemann  *477.  Burgemeister's 
Gasentwickelungsapparat  *  518.  Swarts'  Reagensflasche  mit  Vorrichtung 
gegen  Festkitten  *  518.  Knöfler's  Extractionsapparat  519.  Filtrirgestell 
von  Sauer  519.  Filtrirglocke  von  Burgemeister  519.  Kaliapparat  von 
Schiff*  519.  Nachfüllen  beim  Filtriren  von  Günther*  520.  Desgl.  von 
Kleinstück  *  521.  Porzellanschalen  für  quantitative  Arbeiten  von  Knöpfler 
*  522.  Bestimmung  des  specifischen  Gewichtes  von  Flüssigkeiten  von 
Divis  *  522.  Desgl.  von  Gasen  von  Eichhorn  *  522.  Apparat  zur  Schwefel- 
analyse von  Janasch  *  523.  Bestimmung  der  Entzündungstemperatur  von 
Sprengstoffen  von  Bein  523.  Nachweis  der  Verfälschung  von  Pflanzen- 
ölen von  Williams  524.  Cyankalium  bei  der  Bestimmung  von  Kupfer 
571.  Bestimmung  von  Phosphor  in  Eisen  und  Stahl  571.  Werth- 
bestimmung  des  Farbholzes  572.  Chloride  im  Wein  573.  Fettgehalt  der 
Milch*  573.*  574. 

V. 

Ventilation.     S.  Lüftung*  597. 
VerbundlocomotiTe.     Erfahrungen  über  — n  114. 

Terdunkelungsapparat.     S.  Scheinwerfer  352.  [Frankreich  46. 

Verkehr.     Neuer   Plan   zu   einem   Verbindungswege    zwischen    England    und 
Vermessung.     S.  Centrirvorrichtungen  *  64.     Absteckpfahl  mit  Loth  *  68. 
Vielfachtelegraph.     —  von  Munier  s.  Telegraph  *  292. 
Voltabogen.     Länge  des  — s  in  verschiedenen  Mitteln  240. 

W. 

Wage.     Desgoffe  bezieh.  Durand's  Locomotiv —  *  52. 

Walzen.     Ueber  das  Mannesmann'sche  Walzverfahren,  Vortrag  von  Professor 

—  S.  Blechbiegemaschine  *  543.  [Reuleaux  *  22. 
Wärmemessang.     Messen  höherer  Wärmegrade  mittels  Haarröhrchen  46. 
Waschen.     —  der  Lumpen  s.  Papier  119. 

Waschmaschine.     S.  Woll—  *  529. 

Wasser.     Prüfung  der  —  auf  Blei  419. 

Wasserdampf.     Verschneiden  des  Alkohols  mittels  —  94. 

—  Einllufs  des  —es  auf  die  Leuchtkraft  des  Gases  282. 
Wassergas.     —  zum  Abflammen  s.  Appretur*  21. 
Wasserleitung.     —  zum  Betriebe  der  Lüftung  *  610. 
Webstuhl.     Stromunterbrecher  für  Webstühle  *  356. 
Weiche.     — nsperrschlofs  von  v.  Götz  69. 

Wein.     Bestimmung  der  Chloride  im  —  573. 

—  Bestimmung  des  Gerbstoffes  im  —  575. 
liefe  418. 

säure  418. 

Widerstand.     — smomente  und  Gewichte   von  Trägern   von  Scharowsky  480. 
Winde.     Sicherheits—  von  Stauffer  *  503. 
Windfahne.     8.  Ausstellung  411. 


Sachregister  Bd.  277.  535 

Winkelrad.     S.  Zahnrad  *  49. 

Winkelzähne.     Räder  mit  — n  *  553.  r#  503 

Wirkwaareu.     Apparate  zum  Dämpfen   und  Ausrecken   schlauchförmiger  — 

Wollwaschmaschiue.     —  Neuere  — n  *  529. 

Bewegungsvorrichtung  mittels  Kettenräder  von  Church  530.  Petrie's 
—  mit  veränderlicher  Geschwindigkeit  der  Rührer* 530.  Waschmaschine 
mit  neben  einander  angeordneten  Waschtrögen  von  Demeuse  *  532. 
Waschmaschine  mit  Ventilator  zum  Auflockern  und  mit  Anwärmung  von 
Robeson  *  533.  Waschmaschine  mit  Pulsometer  zur  Bewirkung  des 
Umlaufes  von  Anderson  und  Hodgson  *  534.  Waschmaschine  mit  Unter- 
tauchung durch  Gabeln  von  Deru  *  534.  Hydraulische  Waschmaschine 
von  Sargent  *  536.  Desgl.  von  White  *  537.  Niagara- Waschmaschine  mit 
Untertauchung  durch  gelochte  Walzen  von  Smith* 538.  Waschmaschine 
von  Cook  538.  Waschmaschine  mit  Zickzackgang  von  Ambler* 539 
Bumell's  Wollwaschmaschine  mit  Haupttrommel  und  kleinen  Walzen  unter 
Verwendung  fettlösender  Substanzen  *  540. 

Wörterbuch.     Technological  Dictionary  von  Harris  432. 

z. 

Zahurad.     Maschinen  zur  Herstellung  von  Zahnrädern  *  49.  *  224. 

Kleine  Winkelräder-Hobelmaschine  von  Oerlikon  *  49.  Leupolt's  doppelt- 
wirkende Winkelräderhobelmaschine  *  50.  Räderfräsemaschine  von  Sainte 
March  und  Co.  *  224.  1 

—  Der  gute  Gang  der  Räder  mit  Winkelzähnen  von  A.  Bauer  *  553. 
Zeichneu.     S.  Linearzeichnen. 

Zink.     Bestimmung  des  Cadmiums   in  den  Producten   der  — fabrikation  377 

—  Condensation  von  —dämpfen  *  487. 

Zinken.     Schneiden  der  —  und  Zapfen  s.  Holzbearbeitung  *  313. 

Zinn.     Nachweis  von  —  in  Mineralien  528. 

Zollwesen.     S.  Ausfuhr  nach  den  Vereinigten  Staaten  453. 

Zucker.  Reagens  für  Rohr-  und  Trauben—  133.  S.  Spiritus  136.  Muster 
Hersteilungsweise  und  Zusammensetzung  voi  Verbrauchs—  von  Stammer 
144.     —  aus  Papierstoff  188.     Geschichte  des  — s  von  Lippmann  432 

Zuglüftung.     S.  Lüftung  *  603. 

Zündholz.     S.  Holzbearbeitung  321. 

Znsammeudrückbarkeit.    —  der  Luft  354. 


Berichtigung. 

S.  517  Zeile  17  v.  u.  anstatt  Stern  lies  Kern. 


Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger  in  Stuttgart. 
Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


in  "2tfünct}en  (t>orm.  Jlugsßurg). 

SineS  ber  älteften  (92.  3at)rg.),  angefer/enften  unb  gebiegenften  ^refjorgane,  bietet 
bie  ^ffgentetne  Beifuttfl  ba«  gejamte  SPuiterial  ber  3eitbe»cgung  unb  tft,  öon  Staats* 
männern  unb  erften  <ßublijifteu  t>or3iigS»eife  §u  Äunbgebungeu  benü£t,  fett  alters  f)er 
eine  anevfannte  Oueüe  für  baS  Sieben  ber  SSölfer  geroefen. 

2>ie  in  allen  gebilbeteu  Streifen  ficf>  befonberer  jteiliiatjme  erfreuenbe  „^Selfage" 
barf  in  itjrer  §ülle  »iffenfd>aftli<f/eu  «Stoff«,  getragen  burd)  bie  2Jcit»trfung  ber  be= 
beutenbften  beutfdjen  ©elefjrtcn  unb  Sd;riftftetter,  »ot)l  mit  9iedjt  als  eine  einzigartige 
(£rfd)einuug  bejeidmet  »erben. 

Jett  1.  SDcarj  erfdjeint  bie  M'gemeine  3etfung  in  bebeuteub 

vex$x'öf}exUm  gtormai 

unb  bringt  eine  ganje  9iett>e  wichtiger  Sßeräuberungen  unb  Skrbefferungen. 

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ÜDc.  9.—,  für  baS  AuStGiib  mit  entfprecfyenbem  3ufd)lag,  ^e'  btrefifent  SBejug  unter 
Streif banb  für  2)eutfct)tanb  unb  Oefterreid)  ntonaffid)  3Ji.  4.  — ,  StuStanb  SDL  5.60. 

Ueber  fonfeffioneüen  unb  politifdjen  Parteien  fteb,enb,  roirb  bie  Allgemeine  3eitung 
auct)  ferner  ifyren  alten  9tuf  eines  2BeltblatteS  $u  »ab, reu  »iffen  unb  burd)  fdmeHen 
9cad)rid}teubienft,  mehrmalige  StageSauSgaben  unb  oor  allem  burcb.  objertioe  93ericb> 
erftattung  it)rer  3eit  ju  bieneu  fudjen. 

$.  (B.  (flotfo'jfche  Buchhandlung  jfothjfolQcr. 

Pener  Hering  ber  3.  (G .  iotta'ffljen  £iirl|liniiblung  Und) folger  in  Stuttgart. 

^raftfifdjes  cSefjrßud) 

ber 

iiammgamfpitttteret 

Selbftunterricfyt  für  Spinncreitedjnifer,  IDerffüljrer  unö 

Dormärtsftreben&e  Arbeiter 
oou 

2Sit  45  ^eftaßßiföungen  unb  Dtefen  ^aßeffen. 
<8>tfü)mafovo\l  gebnnben  Jflreis  M-  6.  — 


3)aS  oorliegenbe  SBerf  eines  erfahrenen  ^3raftifer§,  bem  bie  SluSbilbung 
eines  tüdnigen  ^erfonaleS  am  £>erjen  liegt,  »irb  eine  »irflid)  oorfyanbene 
8ü(fe  in  ber  tedjnifdjeu  Üitteratur  ausfüllen.  3n  allgemein  oerftänblicf/er 
ißeife  beljaubelt  eS  aüe  im  betriebe  oorfommeuben  arbeiten  unb  gibt  grünb* 
lidje  Zuleitung  aud)  ju  beu  fcb,»ierigeren  SSortommniffen,  als  (Srsielung 
einer  beftimmten  ©arnftärfe  burd)  2Bat/l  ber  Ueberfejningen,  3ufammen« 
ftellung  ton  Sortimenten  unb  bergleidjeu. 

••~£x  3"  bejie^en  burd)  bie  mciften  Sunjhanblnngen.  eö<-~- 


Atlas 


Üngta'ö  plitr jjrfftri  lönrnal. 


Band  277, 

(Einundsiebenzigster  Jahrgang.) 

Jahrpitg  1890. 


Enthaltend  30  lithographirte  Tafeln. 


Stuttgart. 

Verlag  der  J.  G.  Cotta'schen  Buchhandlung  Nachfolger. 


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