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Full text of "Edward von Bauernfelds gesammelte Aufsätze: In Auswahl hrsg. Und eingeleitet ..."

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Schriften 



des 

Citerarifdien Vereins in Wien. 



IV. 



€duard Don ßauernfdds 



Gefammelte fluffä^e. 



In Husmahl herausgegeben und eingeleitet 



von 



Stefan Hock. 



\üien 1905. 

Verlag des £iterarifdien Vereins in Wien. 



o 



€duard oon Bauernfelds 



Gefammelfe fluffä^c. 



]n RuscDahl herausgegeben und eingeleitet 



Don 



Stefan Hock. 




\üien 1905. 
Verlag des Eiterarifchen Vereins in Wien. 



SO^ 



%^ o- ? 




z), .' , )ii\^i \ii/\tx^ y<i t • #C 



Alle Rechte Dorbehalten. 



K. u. k. fiof-ßuchdruckerei u. ßof -Verlags- 
ßuchhandlung Carl fromme in Wien. 



einleitHttg. 



^ie S33icncr ®cf eßfc^aft l^at i^ren alten SBauernfelb 
geüeBt. 2)cnn er l^at il§r SBejen erfaßt »ie lüenige, er 
^at fte gefd^ilbert, gepriejen, »o^I aud^ öerfpottet tüie 
niemanb fonft Sti Jemen ßuftjpieten ^at er fie abfon= 
terfeit mit i^ren gröbften unb il^ren femften Äonturen^ 
mit i^ren ettjigen SSorgfigen unb ©d^teäc^en unb mit 
ben Meinften (Sigenl^eiten ber jeweiligen SSer^ältniffc 
unb SJloben. Sr ^at jte belaujd^t im @a(on unb ju 
§aufe, im politifc^en unb im literarijc^en betriebe. Unb 
er ift i^r Sprac^rol^r geiuefen in bewegter ßeit, i^r 
SBecfer unb SBarner, Wenn fte fd^Iief. SBaö er auf ber 
95ill§ne laut öerffinbete^ baS jifd^elte er in feinen Satiren 
unb (Epigrammen, in grajiöfen unb tronifd^en 9Serfen, 
ba^ flüfterte er bei feftUd^em Oelage ber 9iacf)barin 
tnö Dl^r, bag warf er al^ lül^neg SBi^wort in baS 
Sel^agen beö intimen 5ßlauberabenbg, ba^ flagte er 
rauujenb unb jd^impfenb feinen greunben. SBal^re 
Iriumpl^c feiert ba überall feine ^Begabung, fojiale, 
politifc^e, literarifd^e 3iiftä^J>^ pc^^^ i^ ci^ciffen, ge* 



VI Stttlcitung. 

f d^ictt ju f c^ilbent, Boö^aft §u befrittcin. ©d^orfblttf unb 
rajd^cr 9Serftanb, ßeicf)tigfcit bcr 5ßrobuftion unb (iebcniJ* 
tüürbige änmut ber ©))rad^e jetd^nen i^n auö. Sin 
Suftjpiel tt)ie in feiner ßgrif ift er geuiUetonift. Unb fo 
brängte c§ il^n balb, fein 2^(ent journaliftifd^ gu öer»= 
ttjerten. 

SSon frül^cr Sugcnb big in§ l^o^e Sllter gel^t 
Sauernfelbg publijiftif d^eSBirffamfeit neben bcr poetifdien 
einher. (Sine gro^e 3^^! ^^n ßeitungcn, SReöucn, 
^llmanad^en ^at i^n unter bie gelegentlichen SRitorbeiter 
gejäl^It; ftänbig f)at er feinem 3oumaI gebient 9Kit 
au^erorbentlidier ©efc^icHid^feit ^ot er eS öerftonben, 
fid^ ftetg bem äRilieu ber 3^i^^i^f^ einguorbncn, für 
bie er eben fdirieb, 3n ©c^irf^S aKobegeitfcfirift unb in 
ber X^eaterjeitung Säuerleö plaubert er anmutig öon 
©cf)ubert, ergäl^It öon Sodann ©c^enf, bem Äompo* 
niften beö „^orfbarbier", t)on STOidiael SJogI, bem 
Berühmten ©änger ber „©cf)ubertioben''. ©onj anber^ 
tritt er t)or ba§ literorifc^e unb geleierte 5ßublifum beg 
§orma^r==ÄoItenbaedEifcf)en2lrcf)iög; ba ftel^t er emft unb 
fampfbereit an ©riHpargerg ©eite gegen bie 5ßie^nigg 
unb ©apl^ir, ba betätigt er eifrig feine literarl^iftorifc^e 
Scgabung. 3e näl^er gu 1848, um fo fc^ärfer tt)irb bie 
Xonart ber Soumale, unb lieber bequemt fic^ SBauerU'^ 
felbä tf^ber ber neuen Umgebung; in 2. Ä. granfli^ 
„©onntagSblättern" unb in ben legten Sa^rgängen 
ber ©c^idE^ifc^en 3^itj^rif^ hritt er nun mit bei^enben 



©inleitttttg. VII 

©atircn — meift in bramatijd^cr ^onn — ^erüor. 
S)ag ^afix 1849 finbct tl^n afö gciftrcid^cn unb imnad^* 
f tätigen Seurtcilcr im gcuiDeton ber ^Dftbeutjd^en 
^oft" ÄuranbaS. SSon ba an änbcrt fid^ ber (S^aroftcr 
feiner publijiftifc^en Arbeiten. 3)er günf jigjä^rige ift 
nic^t me^r elaftifd^ genng, jeben SBed^jel ber ©tim* 
mnng unb Schreibart mitjumac^en, in ber öorberften 
ßinie ber Sänt^fer ju fielen; er legt \xä) feine eigene 
SBeifc jnre^t unb Befd^ränlt fid^ barauf, feine ©rleb^^ 
niffe im tjormärjlid^en Öfterreid^^ luItureHe unb poü^ 
tifc^e ßuftönbe immer öon neuem barjufteHen^ in ben 
gangbaren Xage^blättern^ SRunbfd^auen, Soi^rbüc^ern 
feine Srinnerungen ju publijieren, tote greunbe burd^ 
anfc^auKc^e ©c^ilberung il^re^ SBefenS, oft auc^ burd^ 
STOitteilung t)on ©riefen ben jüngeren äeitS^^^^ff^^ ^^^^^ 
JU bringen. 

^thtn bicfer joumaliftifd^enlätigleit ift Sauemfelb 
einige STOale felbftänbig mit ©treit« unb Sittfd^riften an 
bie Öffentlidileit getreten. 3n ben üiergiger Salären ^at 
er mit SBrof c^üren unb äRemoranben fid^ lebl^aft an bem 
Äampf ber öfterreid^ifd^en ©d^riftfteller gegen ben STOi^^ 
broud^ ber Q^n\vix Beteiligt^ mit Petitionen unb glug== 
fc^riften bie 89ett)egung, bit fc^Iie^Iid^ in ber äRärj* 
SReöoIution fulminiert, begleitet unb geful^rt. 2)ie 
berechtigten Änforberungen be2 5ßublilum« an ein jeit- 
gemäßes 2;^eater ^at er in nac^brüdlid^er SBeife öer^ 
treten; in einer fatirifd^en S^itfc^rift, bie freilid^ nad^ 



VIII (gtnleitung. 

bem erftcn §cft einging^ ift er bcn großen unb ficincn 
©ünben beg Staate^ unb bcr ©cfettfd^aft an ben Scib 
gegangen. 

Sine &tvippt für fid^ bitbcn bie SSorrcben^ bie er 
etnjelnen feiner ©tiide beigegeben l^at, unb bie ttJert^ 
öoHe Einleitung gu feiner Überfe|ung ber SRomane öon 
2)irfeng. — 

2luf ben erften SJIid jerf aßen alle bief e 83rof d^üren, 
?lrtifel, g^uißetong, ©fijjen ftoffli^ in jttjei gro^e 
Steigen. S)ie eine bef ^äftigt fid^ mit ben lulturellen 3^* 
ftänben Dfterrei^i^ im allgemeinen unb legt ein ^aupt« 
gett)id^t einerfeitg auf bie 5ßoIitif, anberfeit^ auf bie 
gemütli^e Sc^ilberung öon ©elbfterlebtem. 3)ie anbere 
berüdfftd^tigt ein einziges ®ebiet ber allgemeinen Äultur^ 
bie Siteratur^ unb ^ier befd^ränft fid^ SBauemfetb nic^t 
auf bie §eimat unb bie ®egentt)art, bie freilid^ im 
SSorbergrunb feines Sntereffeö fielen, fonbem fd^ttjeift 
gelegentlid^ »eiter jurüdE unb breiter um^er. — 3n ber 
erften ©ru^pe fielen ben ^iftorifd^en Sluffä^en anbere 
gegenüber, in benen ber ©d^riftfteHer, ftatt baS SJer* 
gangene befd^aulic^ gu betrachten, an ber lebenbigen 
®egentt)art teilnimmt 3)er G^ronift mad^t ^ier bem 
^otitifer «ßlafe. 

3m 3al^re 1842 tritt SBauemfelb §um erftenmal 
aU polttifd^er ©c^rififteller auf ben ^lan, unb gttjar 
in einem ®ebiete, baS ber fiiteratur junäd^ft liegt 2)ie 
,,Pia desideria eineg öfterreic^ijd^en ©^riftftetterä" 



(Einleitung. IX 

»cnbcn fid^ gegen bie engl^crjige^ ?lutor unb SBuc^* 
l^änbler fd^fibigenbe Äntoenbung, ober öielmel^r 3ix^U 
anteenbung ber liberalen ä^^f^^B^f^l^ ^on 1810. 
Sauemfelb entotrft in rafd^en 309^^1 ci^ ®iti> ^^^ 
jeitgenöffifc^en ©eutjd^Ianb^ ber erfreultd^en ®ärung, 
bie ia^ SReifen löfttid^er grüßte öerfprec^e. ffir jcigt, 
ba§ aud^ iöfterreid^ öon bcm neuen ®eifte erfiint, ba§ 
cÄ materiell unb intelleltuett im Sluftc^ujunge begriffen 
fei 3n biefer allgemeinen 83ett)egung fei bie ?ßoefte ein 
wenig gu Schaben gefommen, bie „neue jjraftifc^* 
l^umane Stiftung'' benachteilige bad grojse 3nbik)ibuum 
jugunften ber mittelmäßig veranlagten STOenge, „ba^ 
©olbftürf fe^t fid^ in ©c^eibemünje um". 2)a fei e8 
nun boppelt n^ünfc^enSn^ert^ baß ba^ l^eimifc^e Talent 
geförbert »erbe, ©tatt beffen fe|e bie gegen inlänbifc^c 
ffirjeugniffe fo überaus ftrenge Qtn'iux eben burc^ biefe 
Strenge gerabeju 5ßrämien für bie auSlünbif c^en ®eifteö* 
probulte aus. S9auemfelb t^erlangt t)on bem gebilbeten 
Seutfc^Ianb, baß eS ben reblic^en Seftrebungen ber 
Öfteneid^er entgegenlomme unb fie unterftü^e, öon bem 
(anbSmännifd^en ©d^riftfteöer^ baß er ftd) ermanne, 
feine ^^it erlenne unb feine beften Ärafte unb Xalente 
ber einjig ed^ten, ber nationeßen SBilbung juujenbe, öon 
ber 3^iif^^f i>ttß fie nac^ btn öorl^anbenen guten ®efefeen 
— bie ber neuen Qtxt entfjjrec^enb ju mobifijieren 
feien — gel^anb^abt »erbe. Unb fd^Iießlic^ forbert er, 
„baß ettüaS gefd^e^e, um ein tt)iffenfc^aft(id^:=!ritifd^e3 



X ©inleitung. 

SJIatt in Dftcncic^ ju grünbcn, totlöjt^ ben Äuöbrutf 
unjcreS neuen geiftigen gebend rein unb treu ujiber- 
fpiegle". 

S)iefe in ftberaug ma^öoöem S^one — Jammer* 
^ßurgftaßttjonte fie bem Dffijiojuä 3^bli| jufd^reiben — 
gel^altene JBrofc^üre, bie felbft bel^auptet, fie jei ber 
SluSbrud ber ©efinnung ber öfterreid^ifd^en STOittel« 
Maffen, bot im toefenttic^en bie ©runbgfige für bie 
berül^mte 5ßetition ber SBiener ©d^riftfteöer öom 3al^re 
1845^ bereu ^auptöerfaffer SJauemfetb toar. @o be* 
fd^eiben bie ^ier aufgefteHten gorberungen waren, fo 
gering tt)ar il^r (Srfolg. (Sin ^oBerfteö ^^ttfurfottegium", 
bod aU unparteiifc^e Suftang bad SJerbot t>t^ S^n\ox^ 
reüibieren joHte, tt)urbe öerfprod^en, auc^ „errichtet", 
ol^ne je inS ßeben gu treten. (Sin joumaliftijd^cr SSer* 
trauendmann STOettemid^i^, §ofrat SHemenö ^^^ei^err 
tjon $ügel, fe|te bie 3)i§fuffion in einer SBrofd^fire 
fort, bie fic^ gegen bie ^reperrfc^aft »enbet unb bie 
©d^riftfteßer gerabeju aU 5ßriöilegierte begeid^net. SHg 
baS S9äc^(ein unUebfamed S(uffe^en mad^te, n^urbe 
ber §ei§jpom öon feinen Sluftraggebem begaöouiert. 
Sauernfelb l^atte fic^ beeitt, fein ©eifteSlinb, bie @c^rift== 
fteßerpetition, gegen ben reaftionären ©ferer in einem 
tt)i|igen „©^reiben eined ^riöitegierten in Öfterreid^" 
gu k)erteibigen. 

3n biejer fteincn SRei^e üon ©treitfd^riften ift 
83auemfelb öor allem ber Vertreter ber bfterreic^ifc^en 



(Sinleitunä. XI 

©c^riftftcQcr unb crft in jtocitcr ßinic bcr öftcrrei^if cf)en 
Sntcttigcnj überl^aupt 3m 3a^rc 1848 äitbcrt ftd^ bag. 
S)ie ©d^riftficHcr gelten ]^inou8 inS SSoK unb »erben 
feine gä^rcr. SBauemfelb ift at^ ®aft ©obl^off« in 
beffen SBo^nung im ßanbl^aufe auS unmittelbarfter 
9iä^e S^H^ ^^ fd^tüertoiegenben Beratungen im SDiärj 
unb mit Segeifterung erfaßt er bie Sbee Äte^Ieö, 
burd^ eine 2lbreffe an ben fianbtag bie Stellung ber 
liberalen D))pofition ju ftärfen. 9Mit ätlejanber S3ac^ 
enttoirft er eine furjc, aber energifd^e 5ßctition um 
Äonftitution unb ?ßre|freil^eit unb »irbt in ben 
fireijen ber Saufteute unb gabrifanten um Unter= 
f Triften. Slm 11. aRärj wirb fie ben ©täuben über- 
reicf)t; jwei 2^ge fpäter fie^t JBauernfelb, ©eitc an 
Seite mit 3)ob(l§off unb Slnaftafiug @rün, öon feinem 
genfter l^inab auf bie erregte SDienge im §of be§ 8anb= 
^aufeg unb ttjieber jtt)ei 3;age \plxtti eilt er fül^n ent* 
fd^toffen mit Änaftafiu^ @rün in bie ^ofburg unb 
crreid^t l^ier bie fofortige Seteilligung ber Sonftitution. 
3n bcr furd^tbaren Aufregung biefcr Xage^ bie om 
18. äRärj JU einer ©el^im^autcntjünbung ffi^rt, ent^ 
toirft er ein ©tra§en))(afat, in bem er bie (Sutfernung 
aller 9Wänner beS alten ©^ftcmö forbert, mit bem auf* 
reigenben Xitel „5ßromforif^e {Regierung". 6^ bitbet 
ben liöl^epunft unb jugteic^ ben ?lbfc^Iu§ biefer 
fieberl^aft erregten ?ßeriobe feiner ©c^riftfteHerei, ben 
?lbf^Iu§ au^ feiner poütifc^en SBirffamfeit, bie i^m 



XII (Einleitung. 

für einige Qtxt ungel^euere ^ßoputarität öerfc^afft unb 
feine SBal^I inS g^anffurtcr SSorparlamcnt jnr '^olQt 
^at. @r mn^ an^ ©efnnbl^eitöriicfftd^ten o&te^nen unb 
jiel^t ftd^ toieber in fein befd^eibeneS ^ßoetcnleben 
juräci. 

3n ben etften Salären ber SRealtion üerfuc^t er e§ 
noäj einmal, fid^ mit ben politifc^en ä^^ftänben feiner 
3eit au^cinanberjuje^en, bie^mal nic^t aU SÄitftreiter 
ober gar aU ^vif)ttx, fonbem aU ftißer, aber über* 
legener Seobad^ter. Unb ttjenn feine öormärglic^en ^ubli=* 
fationen ein »enig breit unb boftrinär erfc^einen, toenn 
in ben ©turmpetitioncn bcg SReüoIutionSmonatö bic 
Srregung beg ganjen SBotfeS burc^ 83auemfelb§ SBorte 
jittert, fo finbct er in biefen fnappen unb aftueöen 
,,@tubien'' feinen eigenen, feinen @til, fo erl^ebt er fid^ 
l^ier gur ^'di)t eineS SBeifen. SKit einem »al^rl^aft großen 
|)umor betrad^tet er bie S^^gen ber (Smüd^terung in 
aßen Greifen ber SBeööIIerung, mit bei^enbem aBi| 
fcf)ilbert er bie üertoanblungSreic^e ßebenggefc^icf)te ber 
„©utgefinnten", ben bornenöollen SeibenSttjeg be§ „SHt* 
liberalen". SBenn nid^t ate politifc^er tfö^^^^f fo ttjitt 
er ate (Srgie^er loirfen; er feuert bie @efinnung§* 
genofjen an, er ajjpcHicrt an bic STOac^tl^aber, Öfter=: 
reid) ju retten, eS auS ber ^Barbarei l^eraugjufül^ren, 
ber Sugenb, bem SBoIfe bie üueöen ber SBilbung ju 
offnen. SBenige Solare öor ber grunblegenben JReform 
ber ajiittelfc^ule (ä§t er biefe STOal^nung ertönen unb 



(ginicitung. XllI 

nimmt fo fein befd^eibcn %til an bcm großen SBcrfc 
ficü X^unö. 

äH tiefen politif ^en Aufjagen gemcinfom ift neben 
einem tatfräftigen ffintl^ufiaämug ber fd^arfe JBIid für 
bie Übelftänbe unb SBebürfniffe ber 3cit unb bic richtige 
äbfd^älung beffen^ toa^ geforbert »erben mu§ unb 
toai man ertuarten fann. StirgenbS — bad l^albüerräcfte 
©tra^enplafat aufgenommen — üerftcigt ftd^ SJauernfelb 
ju utopifd^en Sßl^antafien, tote fte eben in jenen auf«' 
geregten Sagen aud^ emfte SJlänner liegten unb äußerten, 
ftetg bleibt biefer Suftfpielbid^ter SJerfe^ter einer ge* 
funben Siealpolitit 2)abei ^ält er aber burd^ alle 
äußeren SBanblungen l^inburc^ feft an feinen Slnfd^auungen 
unb Überzeugungen. SKit einem getüiffen ©totj nennt 
er fi^ einen „Ättliberalen"^ al^ bic SJejeid^nung in 
SBerruf fommt, mit geredeter SSerad^tung blidft er auf 
bie @d^ar ber Sl^aratterlofen l^erab, bie^ gierig na^ 
S3rot^ il^r äRanteld^en nad^ bem Sßinb ^&ngen, ber &)X' 
geijigen, bie fid^ nicf)t abnfi|en »oHen, bamit fie bie 
aJlänner ber S^^^ft bleiben, ffir felbft ift nic^t öon 
biefer Art ©r wirft mit an bem großen SBerf ber 
Erneuerung Öfteneic^S^ fotang er fann. Unb als il^m 
erft bie Änard^ie^ bann bie JReaftion bie §anbe gebunben^ 
ruft er bie anbem jur 2;at unb l^ört in einer Qdi 
allgemeiner S)efperation nid^t auf ju |offen. ätu^ für 
ftc^ fetbft. 3u ber legten „©tubie" »enbet er fid^ an 
fein tiebeS^ alteS^ fein jungeö ^ublifum; er fü^lt ftd^ 



XIV ©tnicttung. 

jclbft toicber jung unb f^affcnSfrol^ unb er toiü bcr 
neuen Qtit neue S)i^tun9en barbringcn. Qa einer 
großen Überftij^t über fein biö^erigeg ^ßoetenleben ge* 
ftaltet \xä) biefcS gcuiUeton, ba^ aug bem SRa^men ber 
„©tubien" in bie Oruppc ber autobiograpl^if^ä^^tt 
5ßubIi!ationen löinüberftrebt 

SSon jugcnblid^en Aufjagen bis ju ©rinnerungcn 
beS ®rcifc§ läuft bie nur burd^ bie SReöoIutionö^ 
monatc unterbro^ene SRci^c ber Icbenggefij^i^tlici^en 
©fijjcn, in bcncn öor allem Silber au§ bem Sultur* 
leben beS SSormärj enttoorfen werben. 3ni ®egen* 
\aij ju ben poütifd^en ©ij^riften ftnb fte öon fe^r 
ungleid^em SBerte. Sieben auggejcici^neten Sarfteßungen 
unb ^öd^ft intereffanten 9RittciIungen finben toir geJ^ö^t* 
lofe ?lnefboten, langtocilig breite Seriij^te über unbc^ 
beutenbe SÄenfci^en unb S)inge. Unter ben älteren 
Äuffä|en freilid^ fibertoiegen bie guten. 93efonber3 
feffelnb toei^ Sauemfelb jeberjeit öon feiner 3ugenb ju 
erjä^Ien^ öon ber ©nriij^tung bcS Unterrid^tS, öon 
feinen Seigrem unb ©d^ulfameraben, öor allem öon 
feinen ungebunbenen 93ol^eme*3a^ren^ öon ben trauten 
©enoffen biefer ©cniepcriobc ©d^ubert unb ©^tt)inb^. 
öon bem angeregten literarifd^en Xreiben ber jtoanjiger 
unb brei^iger 3al^re. ©eine ajiitteilungen gehören ju 
ben toid^tigften ElueHen^ bie toir für biefe ßeit unb 
biefen ÄreiS beft^cn. S)ie SBcrpItniffc an ben ©^ulcn 
Ratten fid^ in ben it^n Sauren !aum geänbcrt, bie 



Einleitung. XV 

©rin^wrjcrg unb 83aucrnfdb8 ©tubicnjcit trennen, unb 
fo fönnen biefc ^ßartien auS ben SRemoiren be§ Suft* 
fpielbt(^ter§ bie cntfprci^enbcn ?ttf(^nttte in bcr ©elbft* 
6iogrQpl^ie be^ Xragitet^ ergangen. S)ie Sluffä|e aber 
@(^nbert ftnb bent 93iogrQpl^en be^ großen ^om))omften 
t)on ^öc^tem 9ht^en, auS ben 93eri(^ten über ba^ 
üterarifij^e S^f^^wi^^^t^i^^f Ö6er bie politifd^en unb 
fojialen SSerl^&Itniffe im SSormcir} jiel^t ber ^iftoriter 
©etoinn, bie ©d^ilberung bcr geiftig angeregten ©efeü* 
fc^aft, bie fid^ um ©(^ubert unb ©(^»inb fd^arte, 
geiool^rt jebem Sefer rei(^ften @enu^. S)iefen ^eid 
(ieb(i(^er ^auen, toie bie ©iJ^tDeftern ^5nig unb f^rb^Iid^, 
begeifterter Sunftfreunbe, toie @|)aun unb ©d^ober, bie 
grei^erm öon ©d^önftein unb SJia^erl^ofer, bebeutenber 
SRufüer, äRoIer unb S)i(^ter, toie Sad^ner unb SSogI, 
Äupetoiefer unb S)affinger, SWa^rl^ofer unb ©riOparjer, 
bieS n)unbert)oII anmutige £eben DoQ ©(^onl^eit, Reiter« 
feit unb ©eift — ©d^toinb ^at eö gemalt, ©d^uBert 
in bcm SBol^IIaut feiner Steber unb S^fingc feftgebannt, 
niemanb aber fo Iiebet)oO, fo lebenbig nad^erjSI^It toie 
iBauemfelb. Slid^t nur bie l^armlofe fjröl^lid^feit biefer 
SBIfitejcit öftcrreid^if(^cr Sunft l^at er in feinen ©fijjen 
feftgel^alten, er l^at mit gleid^er Irene ba8 SBilb ber 
emften 3^^ entiuorfen, bie mit il^^en |)oIitif(§en unb 
finanjieOen ^ataftro^l^en ber äBiener ®emätltd^!eit ein 
böfeS (£nbe ma^te. ^r biefe Saläre ber j^eimli^en 
©ärung unb ber offenen (£m^)5rung ftnb feine 9Remoiren 



XVI (Einleitung. 

mit bic toid^tigftcn unb juöcrläfftgftcn ^iftorifd^cn 
S)ofumcntc. 

Wie bicfc fd^riftftellcrifd^en arbeiten jeid^net eine 
au^erotbenttic^ angenel^me ©ij^reibart au^; befonberi^ 
in bie älteren fd^eint bie gange Siebendtüürbigteit 
bcr Qtit eingegangen ju fein^ aui^ ber fte ftammen 
unb bie fte fc^ilbem. S)ie[er bel^aglid^e ^lauberton 
bleibt Sauemfrib auij^ ju eigen, toenn er ettoa ju 
^Beginn ber fünfziger Saläre Don einer SReife na^ 
SJeutjd^Ianb unb Belgien an bie „Dftbeutjd^e $oft" 
»enig bebeutenbe „SRcifeblättcr" rid^tet, bie nur bort lebl^af- 
tcreS 3ntcref[e erregen, »o fie über baS SBrüffeler X^eatcr 
ober über einen SSefuc^ hti %kd in S9erlin berid^ten. 
2Rit ben Sal^^en freilid^ Iä|t ftd^ Sauemfclb immer 
läfftger gc^en unb feine gorm loirb mand^mal aHju 
falopp. ©ci^on feine f atirifd^e Sleöue, „SBiener (gin*= unb 
auj^fäHe" (1852), bie öon gampi« geiftreid^ iüuftriert 
»urbe, leibet an Dberfläd^Ud^feit in ©til unb Sn^alt 
®g ift fo red^t ein ä^ugni^ für feinen SBunfd^, fic^ 
ööHig öon ber ^ßoliti! ju entfernen, toenn er l§ier 
fjrauenmoben unb Oaftl^auSleben, Xl^eatcr unb lanj^ 
t)ergnägen aufS ^om nimmt unb ^öd^ften^ mit einem 
jal^men „pj^öutaftifc^^inbuftrienen äcitgcmälbe" „S)ie 
©d^u^joüfee" poütifd^e ^^agen ftreift. 3n fpäteren 
Sal&ren weil er feiten SieueS ju bringen; bie fultur- 
l^iftorifc^en ©fijjen verlieren ftd^ in cnblofe SBieber* 
Rötungen unb unintereffante SJctaite, feine „Sr^ 



(Einleitung. XVII 

inncrungen" fd^toeifcn o^ne ©orgfalt öou SBid^tigem 
unb gcffeinbem ju aßcr^anb ancfbotifd^cm Äleinfram. 
9io(^ immer aber gelingt cg bcm altcrnben ©d^riftftcHcr^ 
Iitcrarijd^c?p^9ftognomicn in rafd^ ^xnQttoox\txttn, Ubtn^^ 
öoDcn ^ßorträtä toicberjugeben. 

S)enn bic eigentliche ^Begabung bc§ ^iftorüerS 
Sauemfelb liegt auf bem ©ebietc ber fiiteraturgefd^id^te. 
©c^arfer SBerftanb^ äft^etifc^eg S^ingefü^I, glücHic^e 
SJarftcQung »ir!en l^ter ju trefflic^ftem ©dingen ju* 
fammen. ©ein 3ntereffenfrcig ift alferbingg aud^ auf 
biefem ®cbiete fein aUjuroeiter. SBon fremben ßitera* 
turcn l^at i^n eigentlich nur bie englijd^e bauernb 
gefcffclt ©l^afefpeare unb S)icfen8 ^at er überfc^t, 
bic olten englifc^cn Sramatifer, öor aüem — auf 
©riflparjcrS SRat — SSeaumont unb i^kiä)ex, ftubiert. 
9Rit biefcn 2)id^tem befc^äftigt er ftc^ nun aud^ fritifd^. 
®n Auf f a| über bie beiben Suftf pielbic^ter — er erf c^ien 
mit gutem @runb anonym — ift freilid^ faum me^r 
ate ein Sudjug au8 ben atten Kommentaren t)on 
©Ctoart unb ©^mpfon. Aber bie Überfe|ung ber 
„Pickwick papers" l^at er burc^ eine fel^r ^ilbfc^e ©in* 
Icitung bereichert, bie in rofd^en 308^" ^^^ ©nttoicftung 
bcS SRomang bi« S)i(fcnö ffijjiert unb in eine jutref^« 
fcnbe E^arafteriftif biefe^ ©c^riftftellcrä unb feiner 
erftcn SBerfc ausläuft, ©c^on ^ier betoäl^rt öauernfelb 
fein Xalent, gro|e $ßcriobctt in fnapper SJarftcttung 
jufammcngufaffcn, bie einzelnen $^afen toie bie i)tx^ 

««tifttn IV. b 



XVIII (ginlcitung. 

öorftec^enbftcn 5ßerjönUc^fciten mit toenigcn SBorten 
ftd^cr gu fennjetd^ncn. Sluf anberem SBobcn bctoegt fic^ 
ein später 2lufja^ über bic (B^att\ptavt^)Xhtx\tijVinQtn, 
bcr in (grinnerung an bcn jclbftburd^lcbten gro^nbienft 
bei Strentfen^ft) bie öon % SB. ©c^Iegel big in bie 
jüngfte 3^^* immer toieber aufgeworfene 5^age nad^ 
ber Äunft beS Überfe^enS ju beanttoorten fud^t. 

S)ie rcii^fte unb cinbriugüc^fte publijiftifc^e Xätig^^ 
feit blieb naturgemäß bem 3;^eater gctoibmet. Db er 
^ier afe ^iftorifer auftritt, in einem öorjüglic^en Sluf ja^ 
aU erfter bie ©efd^id^te ber SBiener SSotfebiilötte öon 
i^ren Anfängen big auf bie ©egenwart enttoirft, Sofcf 
©c^re^öogel, bem treuen ®cfart beg Surgt^eaterä, bem 
greunb unb gü^rer ©rillpargerä, aug banfbarem 
|)erjen ein S)enfmal fe^t — ob er fampfbereit für bie 
Sinfü^rung ber 3;antieme, für bie Sßerbefferung beS 
SRepertoireg, für bie 3ieugeftaltung be§ SBurgtl^eaterg 
eintritt: immer ift er mit ganger ©eele bei ber (Sad^e, 
überall merft man mit SBo^IgefaÜen, loie biefer leiben* 
fd^aftlic^e X^eatermenjd^ für fein ßiebfteg jeugt unb 
fömpft. Site im 3al|re 1849 mit ber eingetretenen SRul^e 
bag Sntereffe für bag X^eater fid^ mieber l^erfteHte, ba 
trat SBauerufetb in feinen „glüd^tigen Oebanfen über 
bag beutfd^e X^eater" mit langgcl^egten unb -öer- 
jd^ttjiegenen SBünfc^en ^eröor. S)en freieren (Seift, ben 
bie 9tet)oIution auf bie 93ü^ne gebrad^t, wollte er 
bewahrt, öon ^o^en fünftlenji^cn ©efic^tgpunften bie 



(gtnicttunö. XIX 

©c^aufpicl^ufcr, öor aücm ba« geliebte SBurgt^eater, 
geleitet jel^en. S3on jeinen gorberungen finb Ijeute mand^c 
erfüllt, öiele aber nur bringenber unb unabtoei^tic^er 
geworben. @o bleibt biefe SBrojd^üre öon einer traurigen 
SHtualität. Unb öon ebenfo trauriger SScbeutung für 
unfere 3cit ift ein Stuf ja|, in bem fi(^ SSauernfelbö 
^% gegen bie t^orlaute ^iti! heftig audff)ric^t. 

S)er eifrige Xl^eaterbejud^er unb fidlere SSeurteiler 
ift nur l^ie unb ba aU Sritifer öor bie Dffentlic^feit 
getreten. Sr fc^eute unb fij^ämte fid^, ber ©c^ar feid^ter 
unb unel^rlid^er SRegenjenten beizutreten, bie gerabe in 
SBien ba§ ^ublifum am ©dngelbanbe fül^rten. ®r toenbet 
ftd^ gegen bie rrfolfd^^ firitif" ber ©ap^ir unb Oenoffen 
unb forbert an ©teile ber urteilenben unb mcift öer* 
urteüenbcn eine bcfi^reibenbe Äritif. 3n biefer fd^weren 
Sunft beg SBejd^reiben« ift nun freitid^ SSauemfelb nid^t 
eben äRcifter; feine Änal^fen ^aben feinen rechten 
SRittelpunft, ftc jcrflattem im S)etail. ffir ^at aud^ 
ttenig fiicbc unb Sutereffe für ein fotc^e« S^iQÜtbttn, 
ttie i^m übcrl^öupt bie Singe hinter ben 3Kenf(^en 
jurüdftcl^en. S)iefe aber in il§rcr Eigenart ju erfaffen 
unb fte gegeneinanber jU lontraftieren, baS ift i^m 
tt)ieberl§oIt aui^gejeid^net gelungen. Siid^t nur ben ein^ 
geincn Äünftlcm ift er berart geredet gettjorben, er ^at 
e§ mit (Srfolg »erfüllt, bie öfterreid^ifd^en Did^ter ju 
gruppieren, unb feine ?lnorbnung gilt in öielen x^CiUtn 
^eute nod^ für rid^tig. S)ag StlönKd^e unb ba8 Unter=^ 



XX ©tnicttung. 

jd^eibcnbc bei Saftcüi unb ©cibl, Slnaftaftug &xm 
uub ficitau, SRaimunb unb Sicftro^ l^öt ^^ bcutlic^ 
crfannt unb in |)räjijcn gormeln beftimmt. SRit bcn 
^ßcrfonen l^at i^m bic (SnttoicHung bcr ^ocftc in Öfter* 
rcid^ Aar öor Slugcn geftanben unb feine fnappc Über* 
ftd^t über biefe Snttüirflung öon S)enig bis genau ift 
ber erfte unb überaus gelungene SBerfuc^, biefelbe bar- 
jufteücn. — 

gaft aUe bieje SQSa^rne^mungen unb ^Betrachtungen 
bcS fc^arfft^tigen unb Äugen ajianneS^ toi^tige Sei- 
träge jur Oefc^id^te beS geiftigcn ficbenS in Öftcrreic^, 
ftnb in öcrfc^oüencn 3^i^^^if*^^ ^^t* öergriffenen 
Srofc^üren jerftreut. 9lur einen Keinen Xcit feiner 
SRcmoiren l^at 93aucmfclb unter bem Xitet ,,3luä ?ttt* 
unb SWeu^aBien" in feine S33er!e aufgenommen unb fo 
für bie 9iac^tDctt lebenbig erhalten. S)en ©d^a^ öon 
l^iftorifc^en unb literarifd^en S)olumenten, ben er in 
Soumaten unb SSKmanac^en öergraben l^at, ju ^eben, 
fc^ien bem ?luSjci^u| beS Siterarifd^en SBereinS eine not* 
tt)enbige unb banfenStoerte ?lufgabe; er I|at ben Unter* 
jeid^neten mit i^rcr fibfung betraut, S)a§ nic^t aüe, 
anä) md)i alte in „ÄuS ?Kt* unb 9lcu*SBien" fe^Ienben 
?lrtifel neugebrucft werben tonnten^ toax öon öorn^erein 
flar; ju öiel UnbebcutenbcS ftel^t einer ©efamtauSgabe 
entgegen. ?lber bie SluStoalöI ^ot ©c^toierigfeiten. 3n 
ben SBuft öon SSrofc^üren, ©fijjen, Sritifen auc^ nur 
einigermaßen Drbnung ju bringen, würbe burd^ eine 



(ginleitung. XXI 

©gentfimüd^fcit erf (^»crt, bic bcr ffiff a^ift Saucmfdb 
mit bem S)i(j^ter gemein l^at unb bie feine f^ru(^t6ar(eit 
jum Seil erßärt: bie jfrupeUofe SBiebcrocrtDcnbnng ber 
eigenen ^ßrobuftion. S)er Sammler ber genitteton« 
mu§ biefen Umftanb tiefer bebauern, ate bieg [einerjeit 
ber xa\d) öergeffenbe ßcitungglefer getan ^at; benn in 
bem Siol^men einei^ S3n(^eS sparen bie fteten äBieber:» 
l^olungen unerträglich unb mand^ geiftreid^er ©ebante, 
manc^ intereffante äRitteilung mn^te au^gefd^Ioffen 
bleiben^ toeil fte mit jwei«^ breimal ©efogtem gu einer 
<£inl^eit t^erbunben ift. Slber aud^ ganj äu^erlid^e 3Roixt)c 
fül^rten bie ßurüdtneif ung jal^Ireid^er Äufjä|e l^erbei. S)er 
9iaum toar t)on Doml^erein fo ff)är(id^ bemeffen, ba| 
and) unter ben guten ^rtitetn eine ftrenge 9udn)al^( 
nötig tt)urbe. S3ei gleichen Hnfprü(^en tüurbe ber an 
entlegenerer ©teile gebrucften Arbeit ber SJorgug gett)al^rt; 
bie ^ufnal^me t)on aOgu gleid^artigen S(uffä^en n^urbe 
Dermieben, anberfeitS aber boc^ ber 9}erfud^ gemad^t, 
bie audgeipäl^Iten ftofflid^ ju @ruppen jufammen^ 
jujd^liefeen. (Sine ber toid^tigften Srofd^üren, bie „Pia 
desideria eine» öfterreid^ifd^en ©^riftftellerÄ" fonnte 
feine Slufnal^me finben, toeü fie allein ein 3)rittel beg 
S3anbed gefüOt l^atte; aui^ bemfelben @runbe mu|te 
auf ben Äbbrurf Don 83auemfelb8 ^(Erinnerungen" öer^^ 
jid^tet tt)erben. S)ief e beiben Schriften mürben im SSerein 
mit ben befferen öon ben ie|t jurürfge^altenen ?lrbeiten 
einen jtoeiten 93anb bilben, ju beffen $erauggabe fic^ 



XXII Einleitung. 

öicUcid^t einmal Oelcgen^ctt ergibt. S)ann erft toirb ba^ 
(Srbc bcg ^iftoriferS 83aucmfetb toiebcrgetoonnen jein. 

S)cr öoriiegenbc 93anb jcrfättt ol^ne 3^^^9 ^^ 
brei Seile. 3m erftcn erfd^cint 93auemfelb atö poU* 
tifc^er ©d^riftftcncr. SKit Serücf fic^tigung bcr in ben 
Slnmcrtnngcn abgebrndtcn Srojc^ürc $ügcte lä^t ftc^ 
ber Sam))f um bic 3^^?^^^«^^^^* ^on 1845 bis 1848 
öerfolgen; bie „©tubien" bcg 3a^reg 1849 fc^Iie^en 
fid^ an. S)ie jweite ®ruppc bcfd^äfttgt fid^ mit fiite* 
ratur unb Xl^cater. 3n ber britten finb biograpl^^fd^e 
©Kjjcn juf ammcngeftcllt, je einem SRaler, einem SKufif er, 
einem S)i(^ter gen^ibmet. S)ic S5riefe ber Oeorgc ©anb 
an S)effauer bürften eine um fo toinfommcncre JBeigabc 
bübcn, aU fie in ber „Correspondance" ber S)ic^terin 
(4.-6. »anb. $arig. ß. ßeö^ 1883—1884) ungenau 
gebrutft finb. 3)a§ bic mciftcn ©riefe ©c^n^inb^ an 
93auernfelb öon ^ollanb im 6. SBanb beS ©rittparger* 
3a]^rbuc^c8 öoüftänbig abgebrucft finb, jd^ien mir fein 
j^inreic^enber ®runb,ben pbfd^en Sluf ja^ ju unterbrüdEen. 

gür gütige Siac^n^eije bin x6) ©r. (gfjeHeng 3ofcf 
?ttejanber grci^erm öon geifert, ^errn 5ßrofeffor 
S)r. Sluguft ©auer unb $erm S)r. (gmil §omer ju 
S)anf öerbunben. — 

Unb nun jprec^e ber alte Dfterreid^er aufS neue 
ju feinen Sanb^Ieutenl 

SBien, 11. SlUQuft 1905. 

Stefan ifock« 



1nbalt$verzeid)ni$. 



Seitt 

Anleitung V 

€diiard voK BaKerifeMi eeiannelte JlnMtxt* 

1. 3)enlf(l^rift übet bic gcgcntoärtigen 8«ftanbc ber 3enfuv 

in Öftcrrctd^ (1845) 1 

2. ©d^rctbcn ctnc8 $riüUcgicrtcn au» Öfterreid^ pr a3cs 

leud^tung ber mcrftoürbigen ©rofd^üre: Über ©enf«, 

SRcbc^ (Schrift* unb SPrcfefrci^eit (1847) 28 

3. SßetUion ber SBicner »ürgcr (1848) 54 

4. ©tubien (1849). 1.— 12 67 

5. 9lcuc etubicn (1849). 1.-3 115 

6. ^ic fd^önc ßiteratur in Öftcrreid^ (1835) 137 

7. ^riti! unb Äritifer unferer Seit (1835) 176 

8. glüc^tige ©ebanfen über bas beutfd^c X^eater (1849) 187 

9. kleine t^eatralifd^c Stubten (1877). 1—3 227 

10. Wloxii (Sd^toinb gum ©ebcic^tni» (1877) 266 

11. 3Reiftcr SabiUa (1877) 302 

12. SrnaftQfiuS @rün (1850) 328 

2Inmerfungen 349 

Sßcrfonenberjcic^ni^ 389 



\. Denkfd)rift über die gegenwärtigen Zuftände 
der Zenfur in Öfterreicb (1$45). 

„fiein fiiij^tftro^l^ er tommt, ipol^er er xooUe, foH 
in dutunft unbead^tet unb unerfannt in ber äJ^onarc^ie 
bleiben ober feiner möglii^ nä|Iid^en SBirffamleit ent 
jogen »erben" — l^ei^t e8 in ber „SBorfiJ^rift für 
bie fieitung beg (Jenfur^Saäefen^ unb für baS SBe* 
nehmen ber Genforen" öom 10. September 1810, 
n^elc^e junt (Eingänge einer „gn^edbnä^tg geleiteten 
fiefe* unb ©(^reibe^grei^eif ba« SBort fül^rt 

S)er § 4 ber SBorfc^rift fprid^t in^befonbere ben 
@runbfa| aud, ba^ n)iffen{cl^aftli(^e Sßerfe mit ber 
grb^ten 3la6)[xä)t bel^anbelt, unb ol^ne anwerft loid^tige 
©rünbe niij^t »erboten toerben follen, unb ber § 8 
enthalt loörtlic^ folgenbe @teQe: 

„aOSerfe, in benen bie ©taatSöertoaltung im gangen 
ober einjelnen ^^^^9^ getoürbigt, gel^Ier unb 9Ki§=' 
griffe aufgebecft, Serbefferungen angebeutet, SJiittel unb 
äBege }ur ®rringung eines SSort^eilS angegeigt, t)er« 
gangene ©reigniffe aufgej^eüt »erben uftt)., follen 
ol^ne ]^inlängli(^ anbem @runb niij^t t)erboten »erben, 



2 1 . ^en!f ^rtft über bie gegenmdttigen 

tDören auij^ bie @runbfji|e unb Hnfic^ten beg Tutors 
nt^t jene ber ©taatööcrtpattung." 

S)cr § 12 räumt femer ben ©c^rtftftenern, bcrcn 
|)anbfc^riften öon ber f. f. ^oügeU unb S^^fiii^^offtctlc 
bie Sulaffung jum 2)ru(!e t)erfagt luurbe, bad Sfled^t 
ein, bicfe |)anbfc^riften mit Beifügung ber afied^tferti* 
gungdgrünbe an bie „^oIitif(^e Jg)offteIIe i^reS fianbed" 
überreichen ju bürfen, »eld^e barüber an @e. SRajeftät 
Seric^t ju erftatten l^at 

2)er § 14 enblic^ ma(^t ben 3^nforen foh)ie ben 
Stediftoni^ämtem bie möglic^fte ©c^neUigteit bei W>^ 
gäbe ber f8ixd)tx unb Sriebigung ber 9J{anuftri))te jur 

S)ieje unb anbcre mitbe unb Rumäne SBeftim»^ 
mungen^ t)on benen bie bed § 8 beinahe loörtlic^ in 
bie neue preu^ifd^e ß^^fj^^nftruftion öom 24. S)e* 
jember 1841 aufgenommen tourbe, bilben ben §aupt^ 
in^alt ber Öfterreid^if (^en 3«if uröorf c^rift öom 10. @ep= 
tcmber 1810, toel(^e jebocl^ nur ate Snftruftion für 
bie S^^f^i^^^f tii<^t ober ali @efe| gelten ju foQeu 
f(^eint, unb bie bo^er aud^ niemals öffentlid^ funb« 
gemad^t »urbe, benn ber Umftanb, ba§ fie in meisteren 
5ßrit)at»er!en (in ®raf a3art^*93artl§eml^ein8 ©Aftern 
ber öfterreid^ijc^en ^ßolijeiabminiftration, fJauHerS 
$o(i}eigefe|tunbe, ^anfaS ^aabbud) ber @efe|e über 
f(^toere ^ßolijeiübertretungcn) abgebrucft ift, geftattet 
noc^ feineätoegg, biefe ^^"f^^öorfd^rift afö offijielt 



3u{iftitbe ber 3enfui in JÖftemt^ (1845). 3 

binbgemad^t ju betrachten, ba ft(^ nad^ ben beftel^enben 
aQerl^öiJ^ften Spornten auf beriet ^rtDatgefe^fammlungen 
totrffom nid^t berufen »erben fann. — 3m 3al^rc 1840 
foQ eine ^ubltfotion biefer 9}orfc^rift, unb jugletd^ bie 
Stuf^ebung f&mtUiJ^er, nad^ biefer 3^funnftru(tion r>ovi 
Sa^re 1810 erlaffenen poltjeittd^en SSerfiigungen aQer- 
^ftc^ftenorti^ angeorbnet »orben fein. Unter bicfen SSer* 
fugungen erfi^eint inäbefonbere ba§ ^ofbefret ber f. ! 

^olijei^ unb S^^f^^^i^fft^Q^ ^o^ 14- S^^^i 1812, tnorin 

ongeorbuet mürbe, ba| aOe @(^riften, roddft bie neuere 

ftriegggefij^ii^te betreffen, mit bem Outad^ten ber 3^«* 

foren jur befinititien (Sntf^eibung ber fogenannten 

^offteüe tjorjulegen feien, femer baS ^ofbefret ber* 

felben |)offtcße Dom 2. DItober 1819, »omit bie obige 

Seftimmung auf famtlid^e äJ^anuffri^te unb fpäter aud^ 

auf 93ilber, £anb!arten unb äRufifatien aui^gebel^nt 

»urbe. 

S)ie erioäl^nte ^ublifation loar tool^I nur bel^ufS 

ber ä^nforen anbefol^Icn toorben, um fie neuerbing^ 

auf bie beinal^e in SSergeffenl^eit geratene Snftrultion 

aufmertfam ju machen, unb il^nen bie genaue Sead^. 

tung ber barin enü^dtenen @runbfö|e einjufd^ärfen 

SQein eine ^unbmac^ung, felbft in biefem befc^ränlten 

Sinne, ift unferi^ ©iffen^ bigl^er no(^ nid^t erfolgt, 

ber 3^"for übt fein Amt fortioäl^renb nac^ @etool^n«= 

^eit unb |>ertommen auS, unb ber ©d^riftfteQer fann 

fid^ auf tein @efe^ jum @c^u|e feiner 9{ed^te berufen. 

1* 



4 1. ^eitffd^tift über bie gegenm&ttigen 

©icfc cEjeptioncBc ©tcllunfl be8 öftcrreid^iji^en 
©d^rijftfteUcri^ ift c8, toddft bic Untcrjcii^nctcn, nic^t 
au8 ^^crfönl^cn Sftüdj'id^tcn, fonbcrn im Sntcrcffc bcr 
gefomten Daterl&nbifij^en £tteratur ju ber Dorliegenben 
SJcnfjd^rift öcranta^tc, toddjc ft(^ in^bcfonbcre erlaubt^ 
auf eine f(^merjlic^ gefül^tte fiäcfe unferer ©efe^gebung 
aufmertfam jn mad^en unb t^or bem @tanbpuntte beS 
Siedete« toic ber SSilKgfeit botjuftetten, toie bringcnb 
notoenbig bie SSerleil^ung eineg Qcn\viXQt\t^z^ für 
Dftcrrei(^ erf^cint. 

gegenüber, ift leiber ein öolllommen red^tlofer, ber 
@c|riftfleUer toirb gerid^tet nad^ Slormen, bie er nid^t 
fennt, unb öerurteitt, o^ne gehört ju »erben, o^ne ft(^ 
tJerteibigen ju tonnen. 

S)er gcringfle ^anbtoerfer, ber ürmfle 3;aglöl^ner, 
überl^au))t jeber ©taatöbürger finbet im @efe|e @c^u| 
für feine Xätigleit 3)ie ©renjen berfelben finb il^m 
tjorgejeic^net, aber innerl^alb biefer @renjen tann er 
fi(^ frei unb ungel^inberf belegen; niemanb barf il^n 
in ber S(u8übung {einer burc^ boS <Sefe| il^m juer^ 
fannten Sterte ftbren. 

$ielt man biefe SSorfid^t im SBereid^e ber mate«= 
rieöen 3ntereffen für unentbel^rli^ jur ?lufred^t^at« 
tung eines georbneten 9le(^tS3uftanbeg, fo bürfte fte 
tt)o]^I ba nid^t minber notmenbig befunben n^erben, n^o 
eS fid^ um bie geiftigen @üter be§ ajienjc^en, um bie 



Buft&nbe bec genfur in Öfterretc^ (1845). 5 

^5(§ftcn Sntcrcffen bcr SSäiffenfc^aft, um bic l^ciKgftcn 
9(nfprü(^e ber äBol^rl^ett l^anbeU. S(Qem toit troftloS 
ift bic Sage bcS ©(^riftftcHcr« gcrabc in bicfcr 85c* 
Stellung! 

Öftcrrcic^ bcfi|t lein ä^^f^^S^f^l- SEBo aber fein 
®cfe^, fonbern nur bic inbiöibucBe Anficht bc8 Sttx\ox^ 
entf(i^cibet, ba lann cS (cic^t bal^in lonuncn, bajs fclbft 
bad an ftc^ (Erlaubte unb ttnfc^&blic^c, ja bag ©c- 
meinnö|n(^e t>ttbottn U)irb. 

3)er ^\ov — bei bem beftcn S38iBcn — fann 
irren; er lann auS ^ngftlic^feit unb @orgc fär bic 
93eibe]^attung feiner @teDung gegen feine beffere Über* 
jeugung \o mand^ed i)erbammen, U)ad t^iedeid^t jur 
3ierbe ber Literatur, fomit }um beften beS fianbed 
gereichen tSnnte. 93ei biefen Serl^&Itniffen arbeitet ber 
bfterrei(^if($e ©c^riftfteQer unter bem ftetd beftel^enben 
S)ruäe beg a3etou|tfeinS, ftc^ t^ieOeic^t ber SSiOtür 
))rei8gegeben ju feigen, bie nad^ il^m unbelannten Sflec^tg« 
normen ilber feine (Erjeugniffe aburteilen fann; benn 
lein @efe^ ift wxf^aribtn, unter beffen fc^irmenbem 
S)ac^e er fld^ gegen bie Übergriffe ber 3^foten f (^ü|en, 
auf baS er fic^ jur SBegrfinbung feiner Sfled^tganfpfic^e 
berufen tonnte. @eine @(^rift tpirb a(S ,,jum 2)rud!e 
nid^t jugetaffen" bejeid^net, unb er mujs i)erftummen; 
nic^t einmal bie ^rage um baS „äBarum'' ift i^m ge« 
ftottet ober fann — toenn fie anö) gefteUt toürbe — 
auf SeanttDortung l^offen. 93on aßen bfteneic^ifc^en 



6 1. ^enffd^cift üBer bie gegentu&rtigen 

@taQtö6&rgem ift ed fonad^ ber ©c^riftfteQer ganj 
aQein, n^elc^er ungel^5rt t)erurtei(t tptrb, tpäl^renb boc^ 
{elbft bem ^ngetlagten, bem SSerbrec^er ein rec^tlic^ed 
®c^ör unb eine SJerteibignng öerftattet »irb unb i^m 
mit bem Urteile and) bie Setoeggrünbe bei^felben be^^^ 
tanntgegeben toerben muffen. 

Um biefen Übelftänben ju begegnen, l^at itoax bie 
äenfnrinftruftion öom Saläre 1810 bem ©c^riftftellcr 
baiS Siecht ber S3ernfung an bie ,,poIitif(i^e ^offteQe 
feinei^ Sanbei^" eingeräumt; aQein biefed S^S^ftänbnid 
ift bei ber gegenn^&rtigen SSerfaffung ber ^^^f^i^^iift^tt 
— toie man fic^^ nic^t üerl^el^Ien barf — ein rein 
iQuforijd^ed, teils n^eil eben biefe ^ol^e 9teturi^bel^ftrbe 
(bie politifd^e ^offteQe) nid^t feiten f(^on vorläufig ein 
3nformationdt)Otum über bad i^r im SBorberatungiSloege 
burc^ bie ß^M^^^^I'^^ vorgelegte äßanuftrtpt abgegeben 
l^at unb ba^er ber 9ieturi$ eigentßd^ gegen i^re eigene 
(mittelbare) Sntfc^etbung an fie felbft gerichtet tpirb; 
teils toeit bem ©c^riftfteBer bie 3Rotiöe ber jenfur* 
bel^brbßc^en Slbn^eijung nic^t be!anntgegeben n^erben, 
er bemnac^ aud^ feine SBefc^tperben nic^t ju begrünben, 
nid^t mit einer (Sntfr&ftung ber Slbtoeifungdgrftnbe ju 
begleiten loermag; unb n^eil enblic^ bie SSoQjie^ung ber 
burc^ bie 9ieturSbe^örbe gefällten (Sntfc^eibung immer 
toleber nur ber Qtn\uxbtf)'6xbt felbft an^eimgefteOt, 
t)on berfelben aber nac^ aObelannter (Srfal^rung nur ju 
häufig 3urüd(be^alten tpirb. SSal^r^aftig, biefer im ^u- 



Suftänbc bcr gcnfur in Öfkerrcic^ (1845). 7 

manften @tnne BekotQigte SRelurSjug mä^te ganj anberS 
orgontfiert fein, loenn er bem ©c^riftfteQer audf nur 
bie geringfte ©arantie geto&^ren foHte. — SRid^t beffer 
Derl^ält ed ftc^ mit ber im § 8 ber Snftrultion bem 
Sci^rtftfteQer eingeräumten S3ere(^tigung, haf^ äSefen ber 
@tQatSi)em)a(tung im ®anjen ober in einzelnen QtotXQtn 
ju bejprec^en, unb felbft 5^^Ier unb 9Ki|griffe auf ju= 
beden, tpenn uKeiS bieiS nic^t quS @el^äffigleit, fonbem 
in ber guten Stbfid^t i^rer ^bfteQung unb in einem 
anftänbigen unb befd^eibeneu Xone gefd^iel^t. ^m^ 
biefe l^umane SBerfitgung fd^eint g&njlic^ in SSergeffen^ 
^eit geraten ju fein. 2)ie meiften %uff&|e, loelc^e irgenb 
einen ßtpeig ber @taatSi)enoaItung berül^ren, n^erben 
na(^ abgegebenem SSotum beiS B^nford noc^ ini^befon^ 
bere jenen ^offteöen, in beren 8leffort bie bel^anbetten 
äRaterien ge^bren, ja nid^t feiten auc^ $rii)at))erfonen, 
beren ©elbftgefädigleit t^ielleic^t burc^ eine fold^e 
^ublilation t)erle|t toerben fönnte, ober aud^ nur aU 
@ad^« unb f^ac^Iunbigen jur Segutad^tung mitgeteilt. 
Stbgefel^en t)on ber burc^ biefei^ SBerfa^ren l^erbei« 
geführten SBergbgerung, bie in mel^reren gälten Saläre 
betrug, unb bei fe^r gebiegenen, rein toiffenfd^aftlic^en 
SBerlen ni(^t fetten mit g&njlic^er 3^^^^ot^^d ^^^ 
3Ranuffripte« cnbete, »erben bem ©c^riftftelter J^ier-* 
burc^ nur neue ^iubemiffe in ben äBeg gelegt. $at 
er in feiner Arbeit irgenb eine adegierung^mafreget — 
njenngteic^ mit gebül^renber JBefd^eiben^eit — einer 



8 1 . 2)enff (i^rift über bie gegenwärtigen 

tpürbigen ^tif unterzogen, {o n^trb ftc^ bie ^tttoaU 
tungS6eprbe, i)on ber jener f^e^Igriff ausgegangen, 
burc^ ben auc^ leife au§gef))ro(^enen Xabel gefränit 
fül^Ien; fte urteilt aU ^rtei in eigener ©ac^e, natür« 
1x6) auf S)rudt}ertDeigerung, unb i^r Eintrag toirb i)on 
ber 3^nfur6el^5rbe, n^enn er negattt) lautet, jebedmal 
^oUjogen. 

Um noc^ einmal auf bie $erfon beiS S^^f^^^ 
jurüdjufommen, n^eld^er mdft nad) einem beftimmten 
@efe|e, fonbem nac^ $er!ommen unb (Semo^nl^eit ober 
t)ielmel^r nad) feinem fuBjeltit^en (£rmeffen jenfiert, fo 
lann eS pufig gefc^e^en unb gefc^ie^t too^I auc^, ba^ 
er fid^ auf ben ganj t)erf(^iebenen @tanb))unft beS 
^tilerS fteQt, unb einen 93orf(^Iag, eine SJemertungr 
eine (Srbrterung blojs bei^^alb ftreid^t, n^eil er über bie 
t)orIiegenbe t^age anberi^ bentt, ol^ne ba| bie SRei- 
nung beS ©(^riftftellerS irgenb etioaS ©emeingefäl^r« 
lt(^eg ober fonft bur(§ bie ä^wf^röorft^riften SSer* 
boteneS entJ^ielte. äRit einem o^ne aQe äRotimerung 
^tngeftellten „typom non meretor" toirb nic^t feiten 
über eine @(^rift ein SBerbammungiSurteil auSgejproc^en, 
ba§ bie literarifd^e Mtil t^ieUeid^t ni(^t geteilt ^&tte 
unb jebenf aQS nur bief er jugeftanben U)&re. äßie brücfenb 
ift aber ein fotc^er 3^ft<^^i^I ^ trifft nid^t nur jene 
(Etgeugniffe beS @eifted, bie loirllic^ unter ber Schere 
beiS Qm\ox8 fallen, fonbem au(^ ja^Hofe $eime, bie 
gar nic^t jur Sntioictlung gelangen, toeil man ftd^ 



Bußditbe bet genfur in C{ierrei(^ (1845). 9 

ffir(^tct, feine äRul^e umfonft auf i^rc ^Pflege ju t)er* 
tpenben. — ^u(^ für bie ^o^e @taatöt)ertoa(tung felbft 
tperben burc^ ein foId^eS Softem nid^t unbebeutenbe 
yiadjittxU ^erbetgefül^ri @ie entbel^rt baburd^ beS totrl^ 
fomften Wittii, ju Kenntnis bet etoaigen ©ebred^en 
jtt gelangen, bie eine SSerbefferung bebürfen; fie be* 
raubt [idf ber Unterftä^ung aOer SnteQigenjen, bie 
au^erl^alb i^rer eigenen SSenoaltungdorgane i)erbreitet 
finb; fte verliert ben täc^tigften SRalftob für bie SSe» 
urteilung bed (SinftuffeS, ben irgenb eine neue äRaf^ 
regel auf bie (Seftnnungen unb ^(nftc^ten beS 93oIIe^ 
äußert; enblic^, Uio niemaliS eine Siüge ge^&rt toerben 
barf, finbet auc^ ein tpol^foerbientes £ob feinen ©tauben- 
SBie fel^r burc^ ein foId^eS SBerfal^ren ber towotntxo^ 
neden :8äge, ber @tei|nerei unb $eu(^elei, biefen Sr- 
totem beS fo^ialen toie beS @taatdlebend, Xär unb 
Xor geöffnet werben, liegt am Xage. 

93ei fold^em 3uftctnbe ber S)inge mu|te fid^ ber 
befferen ©d^riftfteQer eine folc^e SRutlofigfeit bentäc^«^ 
tiger, ba| fie ft(^ freitpiQig gum ©c^tpeigen ^verurteilen, 
anbere, in benen ein mad^tiger ®eift fic^ regte, fa^en 
ftc^ genötigt, einen ungefe^Iic^en SBeg einjufc^tagen 
unb i^re äSerle, t)on benen einige bereits gur ^i^^be 
ber neuen beutfc^en Literatur gereid^en, unter ange« 
nomutenen Slouten o^ne S3eU)iQigung ber bfterreid^if d^en 
3enfur ju öeröffentlid^en. J)er »eitere SBertauf ^at 
übrigens beriefen, ba§ bie l^umane bfterreic^ifc^e SRe^ 



10 1. 'Denff^tift über bie gegenkoärttgen 

gicrung bcr freien ^lu^erung bei^ »iffenfd^afttici^en ober 
bic^terifc^en @ebanfenS teine^tpegd fo ob^olb ift, tou 
bie augfül^renben Organe ber Qtv!\m mit aßju großer 
Stngftlici^Ieit t)orQUdjufe|en f (feinen; benn bie Sflegie« 
rung f^at ba^ eigenmächtige SBerfal^ren jener Slntoren 
baburc^ ftiQfc^loeigenb gut ge^eifen unb gen^ifferma^en 
gerechtfertigt, ba| fie nad^trdglic^ bem 2)ebit i^rcr 
SBcrfc lein ^inbemiä in bcn SBeg legte. S)er ©d^rift* 
fteUer (iebt eS jebocl^ nic^t, fic^ in bie Literatur nur 
etniufc^tp&rjen; er gie^t e^ üor, ben SBeg beg ®efe^e^ 
gu gelten, unb jcben Öfterreid^er üon ^erj unb ®c* 
finnung l^ätte ber Slu^m, njeld^er bem latente feiner 
i^anbiSleute gegoQt tparb, mit gebo))peIter f^reube erfäUt, 
tuenn ber Äußerung biefeg latente« gtei(^ öon öome 
lierein bie 3"fttmmung ber öfterreic^ifc^en 3^^?^^ $^' 
teil geworben n)äre, toa^ nad) SBort unb ®eift ber 
3enfurinftruftion üom 3a^re 1810 unjtoeifet^aft ge* 
fc^el^en lonnte. 

3)er tounberlid^fte ^^i^fP^tt gnjifc^en ber Sn- 
ftruftion unb i^rer ^anbl^abung, fon)ie ber längft 
jd^merglic^ gefäl^Ite ä}!angel eine« @efe|e« tritt aber 
in«befonbere bann iitxt>ox, n)enn toir beobachten, n)a« 
in Öftcrreid^, unb jtt?ar mit SBettjilKgung bcr Sle^^ 
gierung, gelefen n)irb, todd)t äßaffe i)on Sbeen nur 
aQein burd^ bie in aQen @d^enfen aufKegenben lite^ 
rarifc^en unb politijc^en 3^itungen auc^ in ben nie^ 
beren Älaffen ber ©efeßfd^aft fi(^ verbreiten. SEBiffen* 



3uftdiibe ber gcnfur in Öftcrrcic^ (1845). 11 

jc^aftlic^e unb beUetriftifc^e SBerfe ber neuen beutfc^en 
^effe, toenn beren lenbenj nid^t gerabeju öcrttjerftid^ 
ift, »erben feiten öerboten unb im gaüe i^rer ßu^ 
laffung in ben inlänbift^en Soumalen angezeigt, t)on 
ben inlänbifc^en S3u(^^QnbIungen an iebermonn o^ne 
Unterfd^ieb i^ertauft. 2)a^fe(6e äBerl ober einei^ ^eufen 
ober @ac^fen ober auc^ eines Dfterreic^erS, ber t^ im 
Sogenannten ,,S(uSlanb'' mit bem ^^admittitur färd 
Slui^Ianb" l^at bruden laffcn bürfen, — baSfelbe SBer!, 
n^eld^eS bann f))äter im Snlanb ungel^inbert k^erfauft 
unb getefen »erben barf, barf — im Snianb ni(§t 
gebru(!t »erben. S)iefer 2)rudt)er6ot für bai^ Snianb 
einei^ f onft erlaubten äBerleg ift fär ben t^aterlänbifc^en 
Sc^riftfteQer aU äJerfaffer fd^on an fid^ äu|erft tr&n« 
lenb unb fd^merjlid^; er bringt aber andf nod) anbere 
geiftige unb materielle Stadtteile mitftc^. SnSbefonbere 
mirb bem öfterreic^ifd^en 99ud^l^&nbler baburd^ bie Sl^re 
entgogen, ein me^r ober minber geiftreic^eS äBert eines 
3n^ ober KuSlänberS «verlegt ju l^aBen, iiberbieS aber aud^ 
ber materielle ®e»inn entriffen; benn bie SBern^eigerung 
beS „uDprimator für baS Snianb'' ^at gerabeju bie 
äSirlung einer ^ämie, bie man bem norb« ober \üb^ 
beutfc^en 99u(^^&nbler inm 9iad^teil beS öfterreid^ifc^en 
begal^It, unb }»ar für bief elbe SBare, bie ber 3nlänber 
gleid^faQS ))robu}ieren fann; — beiläufig, oli t)tx* 
böte man bie inlänbifd^e @IaS^ unb Seberfabrilation 
unb nötigte unS, ®IaS unb £eber, bie »ir }u $aufe 



12 1. ^et^f (^rift über bie gegentodrtigen 

in berfeI6en @üte erzeugen fönnen, i)on Slui^Ianbem 
um teures @ett) ju faufen. S)abur(i^, bajs 93ü(^er, 
tt)el(^e im Snianbe ju lefen erlaubt ift, im Snianbe 
ni(^t gebrudtt toerben biirfen, toirb bem 6u(^^&nblert« 
fc^en SBerfel^r jä^rlic^ tpenigftenS eine SRillion Bulben 
entjogen, tpäl^renb bie tpic^tigem geiftigen Slac^teile: 
bie SBerfumpfung ber Stteratur, bie SSerac^tung k)on 
@eite unferer SanbSleute, bie gän^Iic^e Srtötung beS 
nationalen @inneS, ba8 QnxndbUihtn beS lefenben 
^blitumS unter bem 9ht)eau ber getpöl^nlid^en föiU 
bung, unbered^enbar bleiben. 2)iefer ttnmöglic^feit, baiS 
SBoH burc^ feine i^m angebomen Seigrer, burc^ feine 
guten t^aterlänbifd^en ©c^riftfteQer ju bilben, ift ed 
t)orjttgi^toeife jujufc^reiben, ba| ber öfterreic^ifd^e Sefer 
ol^ne eigene^ Urteil unb o^ne geläuterten ®^d)mad, 
begierig unb mit SBorliebe nac^ ben I)erp5nten 93il(^em 
unb 93rof($ären bei^ 9u8lanbS greift, unb ju^ar be^ 
fonberS nac^ benen Don i)ertoerfIi(^en unb unfittlic^en 
Xenbenjen unb nad^ ben über bie öffentlichen 3^^ 
ft&nbe unfereS SBaterlanbed mogloS f (^mäJ^enben^am:» 
pffUttn, bie eben, toeil fte i^m «verboten ftnb, einem 
gebilbeten ®eifte ober burc^ i^ren äßangel an @e^alt 
ftc^ i)on felbft t>txhxtttn toürben, ben bfterreic^ifd^en 
Sefer jum ®enuffe ber i)erberbli(^en unb faulen ^md^i 
jumeift anjureijen fc^einen. 

SlQein bie mel^r ertt)ä^nten Qtn\uxbt\ä)t&nhmQtn, 
tt)d(^e junäc^ft gegen bie (Srjeugniffe ber e))^emeren 



Sufianbe ber genfur in Ö^erteiti^ (1845). 13 

ober leid^teren £iteratur gerichtet fc^einen, fie laften, 
no(^ mel^r atö man auf ben erften S3tt(I anjunel^men 
geneigt fein mag^ auc^ auf aQen emften ^obuftionen 
ber SBiffenf(^aft mit ber ganjen ©c^tpere t^re^ @e« 
loic^tei^ unb bie traurige f^olge einei^ fo bellagend^ 

loerten 3^!^^^^^^^ >ft ^^, ^o.% fi<^ <^u(^ i>^^ eigentliche 
t^ad^gele^rte ängftlid^ bie ©renken feiner Aufgabe äb^ 
ftedten mu| unb auf jebe Sßirifamleit in weitem 
Jhreifen^ tpie fie gerabe k)on i^m bie Stid^tung unb baS 
S5ebürfni8 ber Stxt forbem, ju üerji^ten ftc^ genötigt 
jte^t @o bleibt er in bem Serte^re mit bem Sudlonbe 
unb in bem SBe^uge feiner ^Ufi^mittel melfac^ gehemmt 
unb immer abl^ängig^ i)on Reinen^ aber beftänbig 
mieberl^olten ^ladtereien ermübet unb burd^ bad ent« 
mürbigenbe äJK^trauen, mit bem er iibertoac^t unb 
feine Slrbeit inquiriert tpirb, entmutigt aU ein t>itU 
iaö) geängftigter unb ))einlicl^er Stubengelehrter hinter 
ben f^orberungen ber ©egentnart juriid ober er tpenbet 
ft(^ im äßi^bel^agen über bad ungerechte, aber erllär« 
bare SSorurteil, mit toeld^em ba8 einer freieren ©e^ 
)i>c9ung getpol^nte unb feiner geiftigen 9tä^rigteit ftd^ 
betpu^te Slu^Ianb bie beften Srjeugniffe Paterl&nbifd^er 
SSiffenfd^aft ju ignorieren ober ju befeitigen gen)ol^nt 
^% i^te^t bem £eben unb feinen f^orberungen ent« 
frembet, ganj unprattifd^en Stic^tungen iu, toenn er 
überl^aupt nod) ©elbftoerleugnung unb aufo))fembe 
Eingebung genug befi|t, um nid^t lieber ben bomen« 



14 1. ^enffc^rift über bie gegentuSnigen 

öoßcn ?ßfab einer jenfurmä^igen j(^riftfteQerif(^en 
Xätigfeit ganj ju t^erlaffen unb ben ^eiteren SBeg beiS 
@(^(enbrian8 unb bei^ materieQen (SrtPerbeS }u 6e^ 
treten. 

SBie fel^r aber aud^ bei ben obtoaltenben S^i^f^^* 
i)erl^äliniffen bie gänjlic^e C^rlal^mung be^ fontmer^ 
gieUen ^tbtU ber £iterater, be§ ^näfyanid^ nämlid^^ 
unb öor allem beS fo jel^r gel^emmten, ja in einer er* 
f))rie^(i(^en Sludbel^nung gang unm5g(ici^en 93erlag^ 
gef(^äfte§ auf bie 8EBiffenf(^aft gurücftoirlen mu§, 
brandet bei einiger ^enntnid ber ^äfte, tpelc^e in bem 
betriebe menfc^Iic^er 2)inge tpirfjant ftnb, gar nid^t 
erwähnt gu n)erben. Unb bod^ jc^eint gerabe biefe« 
SScr^ältniö bie SlildCfic^t einer einfid^tigen unb fonft 
ben 3ntereffen ber SBiffenf(^aft ttjol^tooßenbcn Staat»* 
oem^altung um fo me^r gu forbem, ba fie nic^t n)ie 
anbcttpärtg burc^ freien ÄuSfIu§ i^rer 9Äunifigeng ba^ 
gu erfe|en gen^ol^nt ift, n^ai^ toir burc^ ben SRangel 
reid^ getporbener unb eine großartige Snbuftrie ent* 
njidCelttber SSerleger ober botierter toiffenfc^aftlid^er 
Äor^jorationen entbehren. — 

93etra(^tet man biefen gang betrübten 3^ft^^^ 
unferer literarifc^en SSerl^ältniffe, fo toirb gelüif jeber 
biQig @eftnnte ben lebhaften Sßunfc^ ber öfterreic^ifc^eu 
©(^riftfteller, ja fSmtüd^cr in materieller ober gcifti* 
ger Süc^tung t&tigen SBoIföKaffen unfereS Sanbed 6e* 
greifti(^ finben, biefen Übelftänben enblic^ ©c^ranfen 



3iiftänbe bcr gcnfur in ßfterrei(^ (1845). 15 

gef e|t ju feigen, tpad einzig unb atletn auf bent SSege 
be^ @efe|ed gefc^el^en !ann. 

yiaäf bicfer 3)arftcIIung »ürbcn fonac^ bic Unter* 
}ei(^neten folgenbe unoorgreiflic^e äßa^regeln t)or« 
fc^lagen, meiere fie na(^ intern beften SBiffen jur 9tb^ 
^ilfe ber gerügten Übelftänbe, fotuie jur 93e(ebung ber 
ofterrcic^ifc^en Sitcratur für cbcnjo jnjcdbienlit^ ate 
in ber $QU))tfQ(^e für unerläßlich erachten. 

S)tefc 9Ka|regeIn finb: 

1. Srlaffung einei^ 3^nfurgefe|eg auf ®runblage 
ber Snftruftion t)om Sa^re 1810 unb öffentliche ^nb^ 
mac^ung biefe^ @efe|ei$. 

2. äSerleil^ung einer unabhängigen Stellung für 
bie 3^nforen. 

3. @rünbung eineiS n)ir!{amen Sfletur^jugeS in 
3enfurangclegen^eiten. 

1. €rla(fung eines Zenfurgefetzes« 

3)ie Snftruftion üom 10. ©e^jtember 1810 jum 
@efe$ ju erl^eben, o^ne t)orläufige Stemfion jotpo^l 
bcr gorm alg ber SRaterie na^, bürfte um fo minber 
genügen, al8 i^r Slu^bruc! nid^t immer lorrelt unb 
präji^, auc^ teiln^eife veraltet ift unb überbied t)er^ 
fc^iebene S3eftimmungen, toit }. S3. bie über benStac^^ 
bruc!, barin enthalten finb, n^elc^e für bie ingn^ifc^en 
gefe|Ii(^ geregelten SSer^ältniffe ber fiiteratnr unb beö 
S3u(i^^anbetö längft nid^t me^r paffen. ^Id @runblage 



16 1. Denff^nft ü6er bie gegentoSttigett 

einer Icfliälatiöcn Slrbeit !5nnte jebod^ bieje Suftruftioii 
immerhin bienen, »obet toir im aUgemeinen nur be* 
merlen ju müfjen glauben, bo^ ber milbe ®etft ber 
3nftruftion t)om Sa^re 1810 (ini^bc^onbcre bcÄ me^r 
ertoä^nten § 8) nid^t bcf(§rfinlt toerbcn bürfte, f onbcrn 
if)m im Sa^re 1845 melmel^r ein no(^ l^umanerer 
Slui^brud ju üerlei^en tpäre, toai aud^ bei ben gegen^^ 
tPQrtigen auf tiefe unb ernfte 93i(bung unb tPQ^r^afte 
SSerbefferung ber äwft'l"^^ gerid^teten ä^itt'^^^ältniffen 
Dl^ne aQe ®efa^r gefd^el^en fann unb ium toal^ren 
9ltt|en unb kommen bei^ fianbei^ gereid^en n)irb. 

3m ganjcn bürften bie 3^nfuröcrbote, toctc^c gegen* 
n)ärtig Siegel finb, nur aui^nal^misn)eife eintreten, unb 
badjenige, toai^ eigentlich bem 2)rudt)erbote unterliegt, 
fc^arf unb genau umgrenjt auSgefproc^en unb nic^t 
mit allgemeinen S(udbräd(en angebrütet toerben, burd^ 
bereu $ilfe fic^ jebeö beliebige SSerbot rechtfertigen 
tie|e. 2)a8 ®efe| bürfte in^befonbere fo abgefaßt fein, 
ba| e« bem ^^^f^^^ J^i^t ^^^^ \^^^ ftünbe, bie S)rudE* 
legung eine§ SBerfeä ju t)erbieten, toelc^eö, wenn eS 
im ÄuSlanbe gebrudft toürbe, im Snlanbe fpäter gu 
»erlaufen unb gu tefcn erlaubt tofirc. 

Sined ajh|t)er^&ltniffei^ barf ^ier noc^ erlDä^nt 
ujerbcn, ba| nfimlic^ ben übrigen beutfc^en Soumolen, 
indbefonberc ber 8[ug§burger allgemeinen B^itiJ^9f 
manche SRac^ric^ten über üaterldnbifc^e ^i^ftä^^i^^ i« 
bringen geftattet jc^eint, bereu S)rudKegung einem öfter* 



Sufiftnbe ber genfur in Öfierreid^ (1845). 17 

reic^ifd^en 3ouma(e i)ertoeigert merben tuärbe, loeld^eS 
boäi bad natfttlici^fte 2)epot fär ein^eimifc^e 3ntereffen 
oBgäbe. ^Qd ber § 8 ber Snftrultion aur @efe|fraft 
eüottc^fe, toärbe tDOl^I au(^ biefer Übelfianb i)on felbft 
»egfattcn, ba| ber Öfterreic^er über ttterarif(^e, f ojiale 
unb anbere Slngeteflen^eitcn, bie fein eigenes Sater^ 
lanb betreffen, juerft burd^ anStoärtige 3rftongäorgane 
unterrichtet toixb. 

(£tne bebeutenbe (Erleichterung n^ärbe für ben 
ofierreic^ifc^cn ©d^riftfteüer babur^ entftel^en, »enu 
i^m geftattet toürbe, feine Sänften in benjenigeu 
beutfd^en SunbeSftaaten, in todä^tn o^ne^in S^^^^ 
befte^t, bruden ju taffen, o^ne fte öor^er ber öfter^^ 
teid^ifd^en S^^^^^ vorlegen ju muffen. 3)iefe SJia^regel 
mürbe bem freunbfc^aftli^en Ser^ältniffe entfpred^en, 
tt)eld^e8 bie 5ftcrreid^ifd^e 8legierung mit ben übrigen 
beutfd^en S3unbeSftaaten t)er{nü))ft, Don benen ftc^ bo« 
gegen tooffl nid^t ertoarten tä^t, ba§ i^rc ^cn^nx bie 
2)rudlegung eineiS 93u^eS ben^iQigen toürbe, n^elc^eS 
etoai^ gcinbfeligeS ober Oe^äffige« gegen bie öfter* 
reid^ifd^c 8legierung enthielte. Durc^ eine fold^e Äon= 
geffton mürben jugleid^ biejenigen gum ©d^meigen gc* 
brad^t, metc^e ber öfterreid^ifd^en ^Regierung mit Un^ 
red^t öortoerfen, fie motte einem freien ©ebanfenoerfel^r 
jmifc^en ben ein^eimifc^en unb ben übrigen beutfc^eu 
©d^riftftettcm fc^Ied^terbingS l^emmenb entgegen treten, 
jugleic^ mürbe aber au^ bei bem beutfd^en £efc=^ 

C4riftCK lY. 2 



18 1. 2)en!f(i^nft über bie gegemu&rtigen 

pubUtum grö|ered SSertrauen für bte Seiftungen unferer 
gegenn^&rtig häufig unMQig bemäntelten fiiterotoren 
ettoedt unb felbft an ben im Snianbe erfc^einenbcn 
SSBerten ein toatmtttt Snteil gen^onnen tnerben. 2)er 
öftcrrcic^iftmc ©d^riftftcßer, beffen IBuc^ in einem 
beutfc^en SBunbeÄftaat o^ne dfterreid^ifc^e Qtv!\ux er* 
fc^eint^ mii^tt übrigens^ n^enn er ftd^ biefer 93egünfti* 
gung erfreuen toiU, öerpflid^tet toerben, feinen SRamen 
(tl^ Slutor ouf bem SBu^e ju nennen. 

S)ie 5ffentli^e ^nbmad^ung be^ gehörig rebi- 
gierten Qen^nxQt^dit^, tt)et(§eS Siebte unb SScrbinbtid^* 
feiten ber ©c^riftfteüer entl^ält, ift eine xS^iQt, bie fid^ 
mt bei jebem onberen ®efe|e t)on felbft ergibt. 

Stad^fte^enbeiS glauben bte Unterfertigten, bie ftc^ 

auf ben @tonb})un!t ber SEBiffcnfc^aft fteüen, übrigens 
nod^ bemerfen ju muffen: S)aS fRtd^i, feine @ebanlen 
ju üeröffentli^en, gehört unter bie angebomen, natür* 
liefen Siebte bed äßenfd^en^ burd^ bereu Slnerlennung 
im § 17 beS allgemeinen burgerlid^en @efe|bud^ed fici^ 
bie öfterreid^ifd^e @efe|gebung nad^ bem allgemeinen 
Urteil eineiS ber l^errlic^ften unb unt^ergänglic^ften 
äJbnumente gefiebert ^at äRSge biefe inl^aItt)DQe @e« 
l'e^dftelle bod§ auc^ in SBejie^uug auf bad ebelfte aQer 
angebomen, natürlid^en Sted^te bed äßenfd^en, in Se» 
jie^ung auf fein gottentftammtei^ 9led^t ber freien WüU 
teilung feiner ©ebanlen jur wUm Ausübung ge^ 
(angen ! 



duftänbe ber Senfur in Öflecrei<i^ (1846). 19 

9R5(i^te ferner bebac^t. tucrben, ba§ ber ©c^rift«' 
fteßtr, toclc^cr öiedcici^t nad§ jahrelanger Slnftrengung 
unb älrbeit ein bebeutenbei^ SSerl sejd^affen, xotl6)tsi 
ba^ 9iexöi bei^ SBiffenS ertoettert, o^ne frentbe Sted^te 
};a beeinträchtigen, burd^ ben SBerbot biefed SBerte^ 
nic^t nur ber geifügen ^rüd^te feinet @trebend unb 
ber S^re ber ^utorfc^oft loerluftig ge^t, fonbem il^m 
aud^ ber materielle So^n für feine ^entfil^ungen, ber 
Srfa| für bie gemachten ^ui^Iagen, für bie barge=^ 
brauten Dpfer entjogen n^irb, in beffen Snuerbe ja 
felbft ber niebrigfte Skiglöl^ner gefd^ü^t n^irb! S)enn 
bie geiftige XStigleit, infofeme fie nad^ au^en toixtt 
bietet auc^ eine materielle @ette bar unb barf ald 
Iiterarif(i^ed ISigentum benfelben @^u^ beS @toatei^ 
anfpred^en tok jebed anbere (Eigentum. 

S)er tüd^tige unb gerabfinnige ©d^riftfteüer, ber 
für SBiffcnf^aft, Äunft unb f ^5ne menfd^li^e SBitbung 
mirft unb fi^ in feinem ebelften Streben öon ©cite 
beS ©taateg geförbert tDei§, toirb Qttox^ feinen ®runb 
finben, in feinen ©d^riften gegen bag ttja^re SBefte 
eben bief ei^ ©taotei^ aufzutreten, er tpirb melmel^r gegen 
boiS 9iei^ ber Säge unb bei^ XrugeiS, für baiS ber 
äBa^r^eit unb ht^ Siec^ted mit ben gl&ngenben SBaffen 
beS @eifted föm)}fen; er tpirb unb foQ aber au^ nid^t 
bef^ihiigen unb fc^meid^eln, too er tptrHi^e Übel« 
ft&nbe, öon benen fein irbif^eS SBerl frei ift, getoal^rt: 
er n)irb bie @ebrec^en unb Irrtümer mit ftttlic^em 



20 1 . Dentf c^rtft Aber bie gegenmärttgen 

(Sniftc befprcd^cn unb eben in biefer SBejpred^ung bie 
SÄittel ober tocnigften« bie SSeranloffung geben, i^rer 
^ttx }u merben, fie ju l^eilen. 93on öl^nlic^en Snftc^teu 
mar n)o]^( auc^ ber gro^e bfterreic^tfc^e @(efe|geber 

burd^brungen, afe er in feinem ä^^fi^^^i^ift ^^^ ^^^^ 
ac^en, aber benhuärbigen SBorte aufnal^m, bie nad^ 
mel^r a(d einem falben Sal^rl^unbert frifc^ unb er= 
mutigenb in bie ©egenn^art l^ineintUugen: 

„Äritifen, wenn e« nur feine ©c^mäl^fc^rifteii 
finb, fie mdgen treffen, wen fie woHen, öom fianbes^ 
fürften an big jum Unterften, foHen, befonber« wenn 
ber SSerfaffer feinen 9iamen baju brudcn lä^t, unb 
fid^ a(fo für bie SBal^r^eit ber @acf|e baburc^ aU 
Särgen barftellt, nic^t t)erboten werben, ba e« jebeui 
SBa^rl^eitliebenben eine greube fein mu§, wenn if)\n 
fclbe auc^ in biefem äBege jufommt." (®efc^ über ba^ 
ßenfur*« unb S)rudterfacf| öom 11. Suni 1781.) 

2. Uerleibung einer unabhängigen Stellung für Zenforen. 

S)ie präöentiöe 3Ra§regeI ber ä^fwr erl^eifc^t 
nic^t nur flare unb Rumäne ®efe§e, fonbem auc^ 
tüd^tige Organe i^rer ^anbl^abung. SBie wichtig }U:= 
meift bie äBal^I ber l^iegu taugticfien ^^erfönlicf|feiten 
fei, würbe in öfterreic^ fd^on öor me^r alö ^unbert 
Sauren anerfonnt, inbem eine SBerorbnung Äaifer 
«arte VI. öom 18. Suti 1716, SBinfelbucfibrucfereien 
betreffenb augbrüdtid^ gebietet „öerftänbige unb ge= 



^uftanbe ber 3enfur in fißetreiii^ (1845). 21 

(eierte Senjored'' anjufteUen. 2)ie Sufftc^t über bie 
uoc^ in ber 993iege beftnblic^e ^effe xoax bamatö ber 
SSiener Untöerfttät anvertraut; erft int Saläre 1730 
würbe ber JßanbeÄftefle aufgetragen, bie geregelte 3^^^^^ 
cinjufül^ren; bie Unit)erfttät ^abe nur res mere aca- 
demicas ju genfurieren; über publica waren befonbere 
^enforen unb Äeüiforen unb ginatberic^t nad^ §of 
angeorbnet. 93a(b barauf fam bad 9Lmi ber 3^^f^^/ 
tro^ wieber^olter Sinfprüc^e Don @eite ber SBiener 
Uniüerfitöt, auf einige Sdi in bie |)finbe ber ©eiftlid^^ 
teit; wäl^renb f^)äter t)on ber fiaiferin SRaria i^crefta 
in ben einjelnen ^oöiujen 3^'^ftt^^*ommifftonen er^ 
richtet, biefe aber t)on Äaifer 3o)ef II. im 3o^r 1781 
wieber aufgelöft würben unb ju einer gleichförmigen 
Verwaltung biefed @ef(^&fti^2Weiged eine ^aiipU 
tommiffion errichtet warb. 3m Sa^r 1782 würbe bie 
Oberleitung ber SBüc^erjenf ur ber @tubien«^oflommif fton 
aufgetragen, nad^ beren Sufl^ebung il^re @efc^&fte im 
^a^re 1792 auf bad @tubienreferat ber politifd^en 
^oflanjlei übergingen, bii^ enblic^ im Saläre 1801 bad 
gan je 3enf urwef en ber ^ßoK jei^offteUe anvertraut würbe. 
— SRan mu§ jugeftc^en, ba| biejenigcn Änorbnungen, 
welche bem SRiftbraud^e ber ?ßreffe öorgubeugen be^^ 
ftimmt finb, in ben SBereic^ ber ^olijeigewalt im aU^ 
gemeinen gehören, ©inerfeitg ift aber au« ber obigen 
©arfteUung ein bemerleuÄWerter SBec^fel ber 3^^^^»*^= 
auffic^ti^be^örben ju entnehmen, bei beren SBa^I, wie 



22 1 . i)entf (j^rift über bie gegenmärtigen 

j. 93. bei ber (Stubtenl^offommiffton, jum %üi me^r 
ber @iefi(^td))untt bed görbemd ber literarifd^en Xätig- 
U% aU ber bed ^bmel^rend Dorgetoaltet gu ^abeii 
jd^eint. ^nberteitö lä^t ftc^ nid^t leugnen^ bag ba& 
^nftitut bct ä^ttfur, aU cincg Iiterarif(^en 9Kc^tcr^ 
amte^, bem roiffenfd^aftlic^en Berufe angehöre unb fid^ 
auf ber ^ö^e ber miffenfc^aftttc^en ^^ortjcl^ritte ju er^ 
galten beftrebt fein mäffe, eine 9li(^tung, melc^er nac^- 
/(uge^en man bitligermeife t)on ber ))o(iiei(i(^en Xätig^ 
feit um jo weniger erwarten fann, ate fie in ber 
Sorge für bie öffentliche ©id^er^eit, in ber prööentiöen 
^efeidgung eigentUd^er 9{ed^tdft5rungen, in ber (Ent^ 
bectung t)on SSerbrec^en n)ro. DoUauf iSefc^äftigung 
finbet. 2)iefe 9iädftc^ten mögen nun wol^I auc^ bie 
Stegierungen ber gebilbetften £änber (£uro|)a^, in benen 
eine 3^fu^ beftel^t, bewogen ^aben, bie Oberleitung 
ber{e(ben in ^nertennung ber äBürbe ber äBiffenfc^aft 
unb be^ äSerted berjenigen^ weCc^e fie betreiben, aus 
bem 9iefjort ber junäc^ft ber Schattenseite ber jojialen 
Seri^ältniffe gewibmeten ))oIijeiUd^en Xätigteit audju« 
jc^eiben unb fte berjenigen 93e^örbe jujuweijen, welche 
(wie in öfterreic^ bie Stubien^offommijfion) bie 
geiftige (£ntwicf(ung bed iianbed ju leiten berufen ift. 
SBelc^e Se^örbe aber auc^ immer bie ^uffic^t 
über bie S^^'i^^ fül^ren mag, bie ^orberung: wiffen- 
{c^aftlid^ gebilbete, rec^tUc^e unb Rumäne ^enforen 
aufjufteUen, bleibt immer bie nämliche. Slüein wenn 



duftftnbe ber 3en{ttr in Öfterretc^ (1845). 28 

ber dfterreic^ifc^e Qtn)dx auc^ aQe biefe (Sigenfc^aften 
beft^t, bofiei aber nic^t in ber Sage ift, feine (Snt^ 
fd^eibungen auf ber beutlic^en @runblage be^ ®efe|e& 
fäQen ju fönnen, fo bleibt feine @teQung ftetö eine 
ü&Qig untergeorbnete unb abhängige, toa^ fd^on baraud 
^erDorgel^t^ ba| badfelbe Sßerl l^äufig jtoei, auc^ brei 
3enforen mitgeteilt wirb, »eld^e nur ein beratenbeö 
Sotum ju liefern, bie eigentliche (Sntfd^eibung aber 
ber t f. ^otijei« unb ^^i^f^^^^fft^Q^ i^ fiberlaffen 
^aben. ^a^ bad 9Lmi bed B^i^f^'^^ ^^^ 9tebenjad^e 
betrachtet mirb, jeigt ferner ber Umftanb, ba^ nur 
menige n)irfiic^e, meiftend aber fogenannte Slud^ilf^^ 
jenforen befteUt finb, Don nielc^en biefed ^mt teils 
unentgeltlich, teils gegen eine %rt Don Stemuneration 
Don 300, ^dc^ftenS 400 fl. (S.«aR. ausgeübt n^irb unb 
bie i^r 9[mt mit um fo größerer ^ngftlic^teit ausüben, 
afe fte Don bem Qtn)nxi)^^ nad^ belieben entfernt 
werben lönnen. 

93ei bem gegenwärtigen SSerfal^ren, welches, wie 
bereits erwähnt, auf ^rtommen unb fubiettiDen Sn^ 
fid^ten berul^t, fonnte bie SSefteUung ber ß^J^I^T^^^ßöne 
in ber angegeigten Sßeife genügen, obtool^I nic^t feiten 
Dortam, ba^ auSgegeic^nete, too^Igefinnte unb literarifc^ 
gebilbete äRänner baS fc^toierige, fo wenig el^renbe 
unb lol^nenbe ^mt bed Stn^ox^ ablehnten ober nad^ 
turjer Ausübung wieber gurädlegten. @obaIb jiebod^ 
bie ^o^e öfteneid^if^e 9legienmg fi^ Deranla|t finben 



24 1 . i)entf (^rift über bie gegentoftttigen 

xodVitt, ein 3^nfu^9^f^l i^ erloffen, bürfte ed auc^ 
unumgänglich notoenbig befunben toerben, ben 3^nf oren 
eine unabhängigere @tet(ung ju Derfc^affen^ in totldftm 
^Oe fid^ bann auc^ bie eigentlichen äKänner ber £ite^ 
ratur jur Übemal^nte biefeS 9(mted bereitoiKig jeigen 
n^ürben. S)er ^n\dx, n)ie feber anbete ^ii^itt, ^&tte 
bann über bad äBerf bei» @(^riftfte((erd nac^ beut &c^ 
{e|e ju entfd^eiben unb märe jugleic^ gehalten, feine 
(£ntf c^eibung turc^ 9lnfü^rung ber betreff enben ®ef e|ed^ 
fteUen motiviert l^inauSjugeben. 

3. 6rfindung eines Rekurszuges in Zenfur- 

angelegenbeiten. 

Sin ffo^dmä^XQ organifierter 3nftaujenjug mirb 
allgemein alS eine unerläßliche Garantie für bie %ud- 
mittelung ber SBai^r^eit, aU eine unabkneidttd^e fjfor^ 
berung ber @erec^tigleit anerfannt unb befte^t aud^ 
n^irKic^ für aQe bftrgerlic^en unb 9{ed^töt)er^ältniffe in 
unferm SJaterlanbe. (£d lä|t fic^ bal^er, toie man bereite 
früher anjufül^ren fid^ erlaubte, nic^t tootjH abfeilen, 
n>edl^alb ber ©d^riftfteller in feinem ^eiligften 9led^te 
bed @ebantend minber befd^ä|t fein foQte, al^ ber 
k|te l^anbmerler in bem beS täglid^en (Srtnerbed, al^ 
felbft ber JBerbrec^er in bem Siedete feiner SSerteibigung. 

SSon ber (Sntfc^eibung bei» B^i^f^^^ i^ ^^ter ^n- 
ftanj, tt^eld^er aü eingetned Snbit^ibuum in üieten 
i^ätlen irren tann, bürfte bem Xutor ber 9{ehtrd an 



3u{l&nbe ber genfur in Üflertei(^ (1845). 25 

eine Obetbe^btbe unbenommen bleiben, mie er jum 
Xeil in ben ^omnjen (oon ben @ubernien an bie 
^olijei« unb ^^nfut^offteöe) bereite befte^t S)iefe 
3enfuroberbe^5rbe l^&tte gleic^fodd auf ber @afi^ bed 
@efe|ed (meld^ei» aUe möglid^en häufig l^dc^ft Der^ 
n^icfeCten literarifd^en 93er^&Itniffe nid^t im oorl^inein 
bebenlen tonn unb fomit mel^r aU jebed anbere ®efe^ 
eine Auflegung nad^ feinem ®eifte erl^eifd^t) t)on einem 
^öl^em ©tanbpuntte in jkueiter Snftanj ju entfc^eiben 
unb Ȋrbe bem @cl^riftfteller teild burd^ bie toUegioIe 
Serfaffung bed ric^tenben Organa, teite burc^ bie %or^ 
ic^rift ber SKotiöierung ber rid^terlic^en ©enteng eine 
boppelte 99ürgfd^aft gemä^ren. SBad femer bie Srt ber 
3u)ammenfc|ung biefeg g^'^f^^^^^flö"^ betrifft, fo bfirfte 
bei bem Umftanbe, aU man aud^ bei bem gen^ö^n^ 
(ic^en 3i^it^^t^^ ftrenge ^oben ber SBefä^igung gu 
feiner Stmt^t&tigfeit erl^eifd^t, bie ^orberung nic^t me^r 
atö billig befunben n^erben, ba| bie äJ^tglieber ber 
Dberjenfurbe^5rbe Dorjugi^koeife ber n)iffenfc^Qft(id^en 
9iic^tung anzugehören l^aben. Um enb(icf| ber Slnalogie 
mit bem in aOen fibrigen f)oIitifd^en unb Stec^tdoer« 
bältniffen geltenben @erufungi^h)ege DoHfommen gu 
genügen, bürfte ei^ bem ©d^riftfteUer noc^ überbied 
freigelaffen »erben, feine SSorfteHungcn gegen bie 
(Sntfc^eibung ber 3^^!^^^^^^^^^^ unmittelbar ©einer 
SKajeftät gu unterbreiten. 



26 1. Dettffc^rift über bie gegenmärtigen 

2)ur(i^ bie Slu^fül^rung biefer unb ä^nlic^er ^a^^ 
regeln iDäre fo jiemlicl^ badjenige gefd^el^en, tvomit 
fid^ ©d^riftfteUer, SBud^l^änbfer unb Sefepublifum be^ 
heutigen inbuftrielten unb getoerbflei^tgen Dftcrrcic^ 
begnügen tonnten, unb todu jugleic^ bie äKöglic^teit 
gegeben, in unferem SJaterlonbe, toelc^ed neuertic^ft 
burd^ bie jegenreicfien (Schöpfungen be^ @taatö^ 
cifenbaJ^nf^ftem^, ber 3ttbuftrie* unb Äderbauöereinc 
einen fo bebeutenben materiellen ^uffc^toung nimmt 
unb toelc^eS fo 'oitk reiche geiftige Jhäfte in fid^ 
fd^üe^t, eine noc^ l^alb im ifeime üegenbe Dfter^^ 
reid^ifd^e beutfd^e Siteratur njeiter au^jubilben, beren 
(Srftarfung in^befonbere ju einer Qtii nid^t gleic^^ 
gütig erfc^eint, n)o fic^ bag gefamte beutfc^e SSater* 
knb bie ^orberung einer ernfteren ®ntn)icf(ung^ 
einer tieferen SBilbung fteüt. SBie bringenb notwenbig 
eö bei fot(^en Ser^ältniffen jei, auc^ ber öfterreic^i* 
jc^en iJiteratur, befonberg in bem gemeinschaftlichen 
©ebanfen, bie gel^örige Geltung gu Derfd^affen, liegt 
am Xage; auf ^neld^e Sßeije ein jeitgemä| milberes^ 
^enjurgefe^ jur ©rreic^ung biefc^ 3^^^^^ mitwirfen 
fbnne, Uiagten biefe äSCätter jebod^ nur aujubeuten, 
inbem fie bie SKobalitat ber Äu^fü^rung getroft ber 
l^5l^eren Beurteilung ber Scanner iiberlaffen ju bärfen 
glaubten, totlä)t ber l^o^en 5fterreic^ifd^en Stegierung 
bei Beratung i^rer tt)idC)tigften Sntereffen, jomit auc^ 
ber ber Literatur, jur ®titt ftel^en unb beren @in^ 



dufianbe ber Benfur in C^erretc^ (1846). 27 

fic^t^ Sßol^tooQen unb echtem ^atriotidmu« bei Söfung 
ber t)orliegenben, minber fc^mierigen ald l^öc^ft 
iDic^tigen unb unt)erf^tebbaren 9(ufgabe ein ebenfo 
glanjenbe^ ate fegenreici^ed $e(b bed Sßtriend ftc^ 
erf(^Iie|en würbe. 

»iett, am 11. äKfti} 18i5. 



2. $d)reiben eines Privilegierten aus Öfterreid) 
zur Beleud)tun9 der merkwürdigen Brofd)ure: 
Über Denk-, Rede-, $d)rift- und PreMreibeit. 

Olien l$47. 

mitn, (Bnbe Dftobec [1847J. 

Jacta est alea! — SBa^ fagcn ©ie baju? 6inc 
Schrift über 5prc|frct^cit in SBien gcf (^rieben, in SBicn 
gebmdtl Unb obenbrein fo eilig^ fo über ^aU unb 
Äopf gebrurfti „SBicn, bcn 15. 3nli 1845" ftc^t am 
©ciiluffc ber Srofc^ürc unb ic^t im Dftobcr 1847 ift 
fie bereite gebructt. S)tefe rafd^e (Sriebigung Don @eite 
bcr Qtn\nv — lachen ®ic nid^t! S)a§ bie öftcrrci(^i* 
fc^e S^nfur iiberl^am^t einer ©c^rift über ^efefreil^eit 
bad „admittitur'^ gibt, fc^on bad ift bemerlendn^ert. 
^ie S3en)iQigung mu^ ^Iö|Iic^ aber yiad^i gelommen 
jein. @e|er unb 2)ru(fer ^aben fid^ Qud(| rec^tfc^affen 
beeilt — metteic^t besorgten fie einen SBiberruf. S)ie 
Settern rücften eitig öor, toie in einer @dC)Ioc^t, unb 
liefen eine SKenge SSertounbete (©rurffe^ter) jurüä; 
ia, ganje äBorte fielen aU %ott aud ben Kolumnen 



2. 8^cei6en eineiS ^oilegietten aud äfUtttid^ (1847). 29 

heraus — aber toa^ fc^abct ba«! 35ic ©d^rift über 
^re^frei^eit ift einmal ba! Sittoria! 3)ad ^aben iDtr 
bcr öictbefproc^cnen ©d^riftftcHerpetition ju t)crbanfen. 

— ®cr SJerfaffct bcr 22 Seiten fielet freiließ auf einem 
©tonbpunlte^ auf ben fic^ nic^t ein ieber fteQen möchte 

— immerhin I Jacta est alea! SDad Se(b ber freien 
(Erörterung ift ja nunmel^r eröffnet unb man U)irb ol^ne 
3)oeifet aud^ bem Gegenteil bad äßort gönnen. 3d) 
tt)or aud^ bereite gef onncn, einen offenen SBrief an ben 
Serfaffer ber Srofc^fire, unb jtoar bei bem |)ofbud^* 
^finbler fRol^rmann bruden ju laffen, — ba aber ba^ 
längft üerl^eifeene „ä^^f^^^^'^öegium" nod^ immer ni(^t 
in^ Seben getreten, jo beforgt' ic^ eine Keine SSer^ 
jögerung öon Seite ber „beftel^enben" 3^1^!"^ wnb 
menbe mid^ ba^er borläufig an bie glücflid^er ^eife 
gleid^falld befte^enbe treffe im ^u^Ianbe. Unb nun 
jur Sad^e! 

„£iebe @ott über Sllied unb beinen 9lä(^ften tok 
bic^ felbft" — fo beginnt ber fromme |>err S8er= 
faffer; auf ber nöd^ften Seite Wagt er: 

„3n ganj (Europa gel^t ba^ äSerlangen nac^ $re^^ 
frei^eit tt)ie eine anftedenbe Äranfl^eit l^erum." — 3)er 
Serfaffer ift im Srrtum: eg ift nidC)t bIo§ baö SSer= 
langen, ba^ ^erumgel^t, ed ift bie ^e^freil^eit felbft; 
unb fie gel^t nid^t nur ^erum, fie l^at ft(^ fo jiemlic^ 
fejl^aft gemacht, j. S. in (Snglanb, f^ranlreid^, 93elgien, 
in ber Sd^n^eij, in Spanien, Sd^eben, S&nemarl ufU)., 



30 2. Schreiben eined $nt)tlegiei:ten auS Üftetreid^ (1847). 

furj im gesamten gebilbeten Europa; fogar in bie 
päpftlic^en ©taaten ift bie ISpibemie eingebrungeit, nur 
tRu^Ianb, Öftcrreid^ unb bie Xürfei ftnb bi« jc^t bat)on 
üerfd^ont geblieben. 3n unterm lieben S)eutfc^((mb 
rnad^t fie fic^'i^ bereite xtö)t bequem unb rul^t üon 
i^rer SBeltoanberung ein ttienig au«, beöor fie ben 
beutf^*5fterrcid^ifc^en ?ßrot)ingen ben i^nen längft ^n^ 
flebad^ten SBefud^ abftattet. — S)er JBerfaffer fä^rt fort: 
„@xo% unb mein, 3ung unb «It, «rm unb 9flei^ 
fc^reit nadf) ber ?ßrc§frcilöeit" — jonberbav! Äße 
^Söller, alle bie aRiUionen muffen tool^I öon irgenb 
einer Art SBa^nfinn« ergriffen i'ein — bi« auf ben 
SSerfaffer, — aber e« ift öielleid^t „a fine frenzy" — 
ein „f^öner SBal^nfinn" — unb wenn ber Serfaffer 
ber (Sinjige ift, ber babei nüd^tem unb t)emünftig 
bleibt, fo »unfeine ic^ il^m ®Iäcf, benn ba§ jeigt öon 
einem ftarlen Sopf. — SBer aber l^at ba» gange Unl^eil 
über bie SBelt gebrad^t? — S)a8 „SSorred^t" — t)tx^ 
fiebert bie SBrofd^üre, baSfelbe S5orredC)t, »eld^eg in ber 
atten SBett mit bem ©c^wert gel^errfd^t unb je^t mit 
ber geber l^errfd^en, ftatt ber ßeibeigenfc^aft bie ,,®eift* 
cigenfd^aft" (!) einführen tt)ill. SJabei fei niemanb 
„interefftert" ate ber „neue ^ßriöitegierte — ber Siterat", 
ber gerne öon ber $ßreffe leben mfid^te (warum nic^t?), 
„aber ol^ne §inbemid unb ©efal^r, tt?a« ?ßre§fret^eit 
fieifet" — D^ne §inbemi« unb ®efa^r? Unb ber tote 
S8öme? Unb ber fterbenbe ^eine? Unb bie ^re^pro* 



2. ©dfretben eined privilegierten ava jöftetteid^ (1847). 31 

geffc in ^atig! S)ie SScrurtcilungen ju üielcn taufenb 
JroncÄ, ju öielen SKonaten ©efängnt«, bereit ftd^ bort 
bie ,,ncuen 5ßriöile9icrten" gu erfreuen l^oben! — Dl^ne 
©inbcmiS unb ®efa^r! SBir lachen über (Sure ^inber^ 
niffe! SBir fpotten ber ®efa^ren! Dl^ne ®efa^r toirb 
nid^i^ ®ro§eg erreid^t — ha^ »iffen »tr ganj »ol^t 
— unb §erj unb Äo|)f qhi rechten gtedt l^abcn, ba^ 
ift Dcrbcrbten ^erjen unb Derfd^robenen Äbpfcn gegen»* 
über oft am gcfäl^rKc^ften. — Dl^ne ^inbemi^ unb 

Sefal^r! 3)a§ (Sud^ ba« S)onnertoetter Sed 

motos praestat componere fluctus. — ^(Ed toäre aQe^ 
rec^ ^ttbfd^/' t'ftegte ber alte ©oet^e im @^o^e feiner 
^milie ju fagen, ,,tt)enn ^x nur nid^t gar fo bumm 
wart!" — Aber ttjciter im left! — 2)ic ®ebanfen== 
frei^eit ffcibt e^ blo^ mit ®ott auSgumad^en. Sßenn 
ber SRenfc^ allein ift, fo ftel^en fid^ ber ,,perfönlid^e 
3Renfd^" unb ber „perfönlid^e @ott" einanber gcgen= 
über. „QoU^tx ftnb bie ©cbanlen, ober nidC)t gotteÄfrei. 
®ebanfenfrei^eit t)on ber tticltlic^en Stutoritöt forbem, 
ift eine infultierenbe ©umml^eit, ©ebanfcnfrei^eit t)on 
@ott forbem, aber eine JBIagp^emic." — Sticht nbcl, 
Heiner ®ßrres! — S)ie ©ebanfenfreil^eit fei jtoar eine 
Sünbe t)on ®ott, allein (ba fein „corpus delicti" 
üortiege) lein SSortourf für bie menfc^lic^e 3uf% fo^ 
lange bie gebac^ten Gebauten nic^t audgefprod^en 
werben. Aber nur ber je^ntc SIRenfd^ ]p^^i ^twa» 
(@ef(^eite«?), „großmütig gerechnet" (jawol^t!) — ber 



32 2. ©(^reiben ettted $nt)Ue0ierten aaS £)fterrei(j^ (1847). 



^unbcrtftc fd^reibt, bcr taufcnbftc Iä§t brucfcn — bief e 
„rfil^rigen SKinoritäten" muffe mon im ^^umc l^alten: 
— „ben beuten toti^ mac^en^ man befe^be (baburc^) 

il^rc, b. 1^. cineö Scbcn ©cbatifenfreil^ctt ^ci|t 

boc^ irpoi^rUc^ unüerfc^ämt auf ben @tumpfftnn unb 
bie ^ammelnatnr bed großen Raufend red^nen unb 
jünbigcn." 

2)ic 9lebc=^ unb Sd^rcibcfrcil^cit bejd^ränfc ftc^ 
fcttft unb übe eine Srt „©elbftjenjur" aud, mit SRücf* 
ftc^t auf bie Stellung unb baS Ser^ältni^^ in n)elc^em 
bie Siebenben unb ©d^reibenben gu einanber ftel^en. — 
®anj anber^ öer^alte e^ fic^ mit ber ^^rejsfrei^eit. 
S)ie ^reffe ift ein ®ett)erbe, ba« fogenannte ,,@eifteg* 
))robuft" eine SBare; ba^ SRed^t ber JBerbffentlid^ung 
feiner ©ebanfen fein ^^faftifc^eg ©emeinred^t", fonbeni 
nur ein ,,^^5riöilegium", ein neueg ?ßriöilegium, ba-% 
^^fc^reienbfte^ ba§ unge^euerfte", inelc^e^ mon bal&cr 
gleich ben alten ^^riöilegien befc^ränfen muffe. „SReben 
tüir beutfdC) unb bünbig!" ruft ber Serfaffer au^ unb 
fe^t au^einanber^ ba^ l^eutigen Xageg bad 93uc^ nic^td 
weiter fei ate eine SBare, ber Söuc^^änbter ein ,tattf= 
mann, ber SBud^brurfer ein Snbuftrieller, bie Leitung 
eine S3örje; bie ßitevaten enblic^ ,,@d^riftinbuftriette — 
in ber Meinen SÄinberjal^I, gro§e ^erren öon ber 
gcber, bit bie 3BeIt ju teiten meinen, weil fie bie 
jc^h)ad^en Gemüter irre ju fähren unb ben fd^mac^eu 
Slegierungen ju inqjonieren öerftel^en." — 3)ie gange 



2. ©(^reiben eined $riüilegterten auS £)jtertei(^ (1847). 33 

geprief ene äRaciit ber $reff e fei überl^aupt nichts iDeiter 
ote ein privilegierter ,,$opang'', gegen »eichen ber 
SSerfaffer bag ,,fleine ®efc^tt| ber bemofratifd^en 
gcuettoaffc be8 gemeinen 9le(^tö" ju fjelbe ruft. — 
S)ad ift gh)ar metopl^orifc^ gefproc^en, Hingt aber boc^ 
ein bi^d^en tt)ie bomate in ©olijien. — 3)er SSerfaffer 
gel^t nun auf bie 3^iif^^ ^^h ^obei bem ^aifer 
Sofef unb bem 18. Sal^r^unbert einige ©eitenl^iebe ju* 
geteilt h)erben. 2)ie S^i^f^^f ^^i|^ ^^f f^i bomatö ju 
,,b(öbftnnig" getoefen ober ju ,,eingefc^üc^tert'', um 
ber ,,gottIofen SBiffenft^aft unb ßiteratur" gerabegu 
unb mit Wlad)i entgegen ju treten; fie fei aber ,,bem 
@taate notn^enbig xoit bie $oIijei" als bie ,,bi8fre« 
tionäre @ekualt beiS l^au^DaterS", nur miiffe fie auc^ 
„biölret" fein. — Sieben ttjir beutfc^! — bigfret — 
ober ftrenge. ,,Slutoren, Siteraten, SSerlcger" ufw. foße 
man gmar nid^t belriegen unb Derfolgen, benn baburd^i 
belftmen fie nur einen SJUmbuS; bagegen muffe man 
fid^ an baS S3ud(| aU ^.äBare" l^atten, fie unter bad 
„allgemeine 3^09^?^!" ftelten, fie ber „gemeinen 85e= 
l^anblung'' untertoerfen ufn?., hirj, l^ier toerben aHc 
mßglic^en $Iad(ereien ben Saufleuten, nämlic^ ben 
Sud^l^änbtem gegenüber, angeraten. S)er SSerfaffer 
fc^cint nic^t ju toiffen, ba§ er mit feinem guten SRatc 
oiel JU fpat tommt. 2)ie armen öfterreic^ifc^en Sud^^ 
^ftnbter werben genugfam gefc^oren unb ftnb längft 
auf bem beften Sßege, barüber jugrunbe ju gelten, 

•d^iftiB IT. 3 



34 2. (Ed^rcibcn eine« ^riüilegtctten au» ßfterreid) (1847), 

allein bcr Sctfaffct will fte retten unb jci^lägt ju bicfem 
Schüfe ein anwerft finnreid^eö Äugfunftöinittel üor; 
er rät nämtid^, baö SRajinium ber ©träfe auf öer* 
botene äBaren auc^ auf k^erbotene S3Uc^er anjun^enben^ 
b.l^. bie t)er))önten Jöüc^er hirjttjeg ju bel^anbetn toie ben 

— Xabafü — SSortrefflici)! „Sd^ roud^e feinen ge^ 
fc^muggetten S)at)ib Strauß mel^r, feinen geuerbac^!" 
ttjerben bie Seute fagen; „ber fommt micf| ju ^od^; 
ba fc^maud^' id^ lieber bie ?Rcgie*$l^ilofo))l^ie öon 
Oünt^er unb ?ßabft — bie ift wohlfeiler!" — Sier 
Serfaffer teilt biefe SlnfidC)t, inbem er bemerft: biefce 
Stiftern orbentlid^ burc^gefül^rt^ würbe ben öfterreic^i^ 
fc^en 93ud^l^anbel t)om Schmuggel abjiel^en unb i^u 
wieber ^,el^ren^aft" mad^en, o^ne i^n im Slbfo^ ju 
beeinträd^tigcn. S)a8 Sefen fei 83ebürfnig — (bod^!) 
allein baS ,^wa§" ftel^e in jwciter 8inie, ba^ ,,wie öier' 
in bcr erften; (umgefel^rt wirb ein ©c^ul^ barauö! 
f agt man l^ier in SBien) ; ber öfterreic^if c^e ©elbftüerlag 
würbe fid^ (bei biefem ©^ftem!) wieber l^eben^ benn 

— l)ört, ^5rt! — ber öfterreidC)tfdC)e ©d^riftfteller^ 
welcher jc^t (im beutfc^en Sluölanbc) ol^ne (öfterreid^i^ 
fd^e) Qtn\vix fd^reibt, wirb, wenn ber SSerleger feine 
SBarc im 3nlanbe nic^t anbringt, — in ä^^^i^^f^ 
fold^e SBüd^er fc^reiben, weld^c im 3nlanbe mit inläu^ 
bijc^er Stn'inx gebrudt werben fönnenü — ©ollen 
wir bieg öon 31. ®rftn, Senau, ©c^ufelfa, Suranba, 
Sari SSecf, SRei^ner, S)r. SBieöner glauben? 3d^ glaube 



2. ©direiben txnt^ $rtDiIegurten au» Öfierreit^ (1847). 35 

eS nid^t! SSa^ bie unb anbete fd^reiben, tuirb in Sßten 
nt(^t gcbcudEt^ barauf fbnnen ftd^ bic Ferren öerioffen 
— unb toa^ man fie brudcn laffcn toürbe^ fd^retben 
fte nid^t — aud^ »firbc e^ niemanb Icfen. 

3)o(^ eilen n)ir juni @c^Iu|. ' )Sor aQem gelte e^^ 
bie ©d^oblic^fcit bcr ?ßrcffe (er meint bie p^^fifc^e) jit 
nbcrtoac^cn; ba^ gefc^iel^t burc^ bie ftrengftc SBeauf* 
jtc^tigung unb Siegelung ber ©rucfereien, bamit ^^bic 
materielle ^aft unb 3Slaä)t bed @taatei^ bem materiellen 
SBc^cIf btx ungeregelten ®eifte8frei^eit $err unb fül^^ 
bar" toerbe. — SBenn aber bie treffe überl^aupt gc== 
fö^rlid^ fei, fo jei eg bie ^^itwnggpreffe im er^öl^tcn 
@rabe; bie ä^iö^^S ^f* rfi^^ SBuc^erpflanjc auf bcr 
©taatgonftolt, ber ^oft, entftanben" — bem Staate 
n)irb e^ ba^er ein Seic^te^ fein, ben @d^maro|er mit 
Stumpf unb Stiel ju vertilgen. — 3m alten Staate 
l^errfd^te ba§ „Sorrec^t"; im neuen foU ba« ,,gemeine 
Siecht'' ^errfd^cn. — Äud^ bie franjöfift^ SReöoIution 
UKir nic^td toeiter aU ein ^ampf um bad ^ritiilegium, 
bo^ SBorredit. — 3n Dfterreic^ f oü eg ju biefem Äampf 
nid^t fommen — in biefem glftiflic^en Sanbe werben 
bie Sd^ttiac^en unb kleinen (,,bie grojse äRajoritat ber 
©eifteSarmen ober SBefc^ränften" ^ei|t eÄ frül&er) — 
„gegen bag Übergreifen ber ^uilegien unb ^ribilc- 
gierten'' gefc^üftt (gegen bie Sc^riftfteHer — burc^ bie 
3enfur!). 3)ag |at in Dftcrreic^ jeneg ^^eEgeptionetle 

antireüolutionäre ©efü^l bei ben ÜÄaffen unb ben 

3* 



36 g. &^ilb t m tau^ftäml£pmaL «^ Op wrrk fc 18I7l 



sidfni ftlancn i^mmidbmdft" 3. 9l in @alijini!). 
£iric$ 0ffni( tft btf wäßt J^opuUnias" — fit anf- 
fng/Acü, m bei bcn ^^ßnüüegittteii'' ibos finb imicr 
btf Si^nfritfUer!« populär jn ivabai, ^loäxt diotfo 
timdjfi ald es mniNi^rici^ciiilü^ tft, ba| fok^ je gc^ 
}dfdfcn Kmttf ''. — < 9<^(itfffioitf brr 9nrfc^iiit.) 



3(^ bin im mit «dnfr Idbigtn flitfgabe ju 
Habt: Bit, gef^rtrr Qm Stcbottnir, mit htm ^aupt^ 
in^attr dnrr e&mi UftTu ui ic ii ni ofö yUri^dfm Schrift 
bftannt gami^ ju ^abcn. — Sin Sfittibiger ber 
3nifitr! locibot @ie fagen — xoa^ iDttter! — Sd ^ 
olferbingd lofitig anf ftc^, bcfonbcrd ju nnferer 3^ 
roo, une bor Serfaffer bor Srofc^ure feUrfi eingtfi^: 
„@u^ itnb filein, 3iing itnb SU, 9im unb Steic^ 
nai^ bct ^egfret^ü fc^rcit" — ä^\vct ober ^ßrt^ 
gefe|e? Sd ift (ängft feine ^xoQt me^r — bie @a6ft 
ifi abgetan. 9Ran lefe bie Sei^anblungen ber ie|tgen 
bo^rifc^ fiammer. Ego yero censeo, censnram esse 
delendam. „fiein tdHiäftt Ttcam/' fagte ber bobtfc^ 
^eorbnete SKatf^Q bereite int So^re 1845, „fein 
reblic^er SRonn, ber im 9eft|e feiner SSerftanbedfeafte 
ift, tarnt in unfern ^Eagen ber ßenfur baS SEBort reben''; 
— ba^ ift aUeS rec^t pbfd^ unb bad (Sro^^erjogtunt 
^43aben erfreut ft(^ aud^ einer ganj anftönbigen $re|» 
frci^eit; aber in ganj Cfterreic^ (ntc^t in gonj Guropa) 



2. ©(^reiben eineiS $noiIegterten (md öfterteic^ (1847). 37 

gc^t crft ba^ ,,)BerIangcn". banad^ j^erum — voila 
la difförence! ^^SRcben ttjir bcutjd^!" — Wein, rcbcit 
»ir öftcrrcic^ijd^ ! 

Unt unfetm SSetfaffer gehörig ju entgegnen, muffen 
tt)ir und bur(^aud auf ben öfterteic^ifd^en ©tanbpuntt 
fteUen. „^n Öfterreid^ fann ed fid^ gegentt)&ttig noc^ 
unt fein $re^gefe| l^anbeln, fonbem um eine tooiiU 
ttjoßenbc unb el^rUc^c (bigfeete) 3^nfur." — ^fittc bie 
93rofc^äre ba§ 6e^au))tet unb toeiter audgefül^rt, o^ne 
auf ^re^freii^eit unb ©d^tiftfteöcrtum ju fd^impfcn, fo 
l^&tte fie ftd^ ben 3)anf oQer SlebUd^en oerbient unb 
bamit jugleid^ einen Rumänen, fomit toa^rl^aft c^rift« 
Ud^en 3^ed angeftrebt. Sin äl^nlid^et Gebaute lag i^r 
wo^t au(^ gugrunbe — er blieb aber l^alb öerftecft 
unb getraute ftd^ in ben X^pen einer ^ofbud^l^anblung 
nid^t rcd^t an« ßid^t ^cröor. SBenn ber SJerfaffer bie 
ftrengfte Strenge gegen bie 5ßreffe (er meint immer bie 
p^^fifc^e) unb gegen bie t^erbotene SEBare (bad fc^Ied^te 
^ndji) prebigt, fo groOt er bafrei im ftiQen über bie 
getfUofe ^anbl^obung ber 3^nfur, todä)t ben @d^rift« 
fteHer al§ folc^en verfolgt unb ed gerabegu unmöglich 
maä)t, felbft ein guted iBud^ in Öfterreid^ }U fd^reiben 
unb ju brucfen. 2)iefen ©ebanlen lann man ^ie unb 
ba itoifd^en ben 3^^!^^ heranriefen; benfetben Gebauten 
^aben aud^ bie öfterreic^ifd^en ©c^riftfteQer in i^rer 
3)enff(^rift auägefpror^en, benen man — im SBorbei« 
ge^en gcfagt — Unred^t tut, ttjcnn man öon i^nen 



88 2. (Schreiben eiited ^ridilegierten aud Öfterret«^ (1847). 

t)erlangt, fte Ratten ^re^freil^ett anfpted^en foDen. 
9K5ge man bod^ aud ber SSrofd^üre unfered SSerfaffer^ 
lernen, ba^ ftd^ ber 9iebenbe unb ©d^retbenbe jebedmd 
eine gen^iffe ©elbftjenfur auferlegen, ba^ er ftc^ nac^ 
ber @teUnng, bem Sl^aratter, ber ^affungdga6e bt^^ 
jenigen rid^ten muffe, gu bem er fpric^t, an ben er 
id^reiBt. — ©ei'i^ bcnn in §immefe SRamen! ©n 
^^re^gefe^ bürfen tovc in £)fterrei(^ nod^ nic^t t)er^ 
langen, bafür ftnb toir nid^t reif genug — tnol^t aber 
eine ttJo^tooIIcnbe unb e^rlid^e <3^nfur — bafür ift 
jebermann reif, au(^ ber ©amojebe unb ^amfd^abale. 
"S^a^ ift ed aud^, tnad in aQen Reifen ber öfterreid^i^ 
fd^en ©efellfd^aft bereitö lebhaft gefäl^It n^irb, mad 
nic^t etoüa bIo| ber ©d^riftfteöer (ber „5ßriöilegierte" 
— ba§ ©Ott erbarm' !) anftrebt, f onbcm ber gabrilant, 
ber ^anbeldmann, ber ^Bürger, ber ^Beamte, toit aud^ 
ber einfid^töt)oUere ©taatömann. Unb n)ie foDte er 
nid^t? S)ie bfterreid^ifc^c Slegierung l^at in neuerer 3^it 
burd^ il^re aOerbingd jn)edmä|igen 9teformen, burc^ 
ben S9au ber @taatöeifenba^nen, bie ^Regelung unb 
93efd^(eunigung beS ^oftoerlel^rei^ uftn. ben @(ebanfen 
ber Snbuftrie in il^ren gefamten ©rblänbern f)ttt>or^ 
gerufen. Sd ift nun ffüot eine fc^öne ©ac^e um bie 
Snbuftrie, um ba8 materielle SBol^Ifein, „aber ber 
äRenfd^ lebt nid^t t)om 93robe allein''. (£d gibt auc^ 
ein 3)ittg, ®eift genannt, eg gibt geiftigc öebfirfniffe 
unb biefe ge^en, man mag fagen, n^ad man niiU, mit 



2. @(^ret6en etne^ ^ioilegierten aug Öfterreid^ (1847). 39 

ben leiblichen ^anb in ^anb. 9Rit einigen Sifenfc^ienen 
unb Xunneld i[t nod^ nid^t aQed abgetan, fo {el^r aud^ 
dtoti^fci^Ub unb bie $5rfenmänner barfiber jubeln 
mögen! Sin Sanb, n)eld^e§ {einen ©taatd^au^J^alt nid^t 
orbnct, fein ©teuerj^ftem nid^t reguliert, feinen ^anbet 
ni(^t ju beleben »ei^, feine Suftij nid^t üerbeffert, fein 
örjic^ung^toefen öernad^lfifftgt, bie SBei^üfe ber SBiffen* 
fc^aft t)€tf(^mäl^t, jebem reblic^en unb mo^Imeinenben 
SBorte burd^ überftrenge 3^nfurgefe^e ben ^i^fl^nfl ^t* 
fc^Iie^t unb auf biefe S38eife ben ©c^Ienbrian öercmigt, 
bie SJerfnöd^erung l^erbeifü^rt, ber (Slei^nerei unb 
$cu(^elei %üx unb Ängel öffnet — ein fold^e^ üanb 
wirb nun unb nimmer in ®e»erbe unb Snbuftric 
cttoa^ öebeutenbe^ leiften. 3Ran fe^c auf ^ßreu^en, 
bem bie Suprematie in 3)eutfd^lanb n)ie t)on felbft gu^ 
fällt — unb woburd^ ? burd^ feine geiftige öntwidttung, 
burd^ feinen Seift, ben bie ^Regierung ju „regeln" ttjci^, 
o^ne ba^ er i^r über ben ^opf n^äd^ft. äBarum 
fürd^ten fid^ gerabe bie fogenannten „geiftreid^en*" ßeute 
in Öfterreid^ gar fo fel^r öor bem ©eifte? SSerfte^en 
fie e^ ettna nic^t, i^n gu „regeln", ober tooüen fie 
baS „^riöilegium" beg ©eifteä ganj altein genießen? 
— (5in berühmter öfterreid^ifd^cr Staatsmann ^at eS 
felbft auSgefproc^en, „ba^ bie treffe bie größte unb 
U)ic^tig[te @etoalt ber menf d^lid^en @efellfd^aft gen^orben 
fei". — Unb fie ift t^ aud^. 3d^ fann mir fe^r too^l 
ijorftellen, ba^ ein Staatsmann bie lange unb mit &IM 



40 2. Schreiben eineiS privilegierten aud j&ßerreic^ (1847). 

ausgeübte unb getuol^nte iDtad^t nur ungern aud ben 
^dnben gibt, um fte einem (Smporfbmmling, h)ie bie 
^^ffc iftf i" uberlüffen ; ba^ lann id^ aber öon einem 
©taat^manne am aQertnenigften begreifen, bajs er fid| 
biefer neuen unb aümäd^tig gen?orbenen 2Slaä)i b(d^ 
einfam groHenb gegenüberfteöt, anftatt ftd^ mit il^r ju 
t)erbinben unb fie ju {einen 3^edEen ju benu|en. (Sinem 
n^ilben @trome, ber einiger gebrauft fommt unb ^Iber 
unb ©caten itberfd^memmt, mu^ man im Unmute nid^t 
i^elSftücfe entgegenfd^Ieubem (bad mad|t i^n nur 
n)ätenber), fonbem mu^ i^n KugertDetfe einbämmen unb 
in fein $ette leiten unb i^n lehren, @(^tffe unb SBaren 
JU tragen, anftatt ba^ Sanb ju t)em)üften. Unb umd 
^at benn biefe gefürd^tete ^effe in 2)eutf(^Ianb gar 
fo Üb(e^ angerid^tet? 3d^ bß(fe bal^in, tt)0 i^r Der^ält^ 
ni^ma^ig nod^ ber freiefte Sui^brud gett^ä^rt ift, unb 
fe^e, ba^ @ac^fen, SBürttemberg unb SBaben bie n^oi^I« 
l^abenbften, gtüdEKc^ften unb beftregierten Sauber öon 
ganj ©eutfd^Ianb finb — „infolge" ber treffe ober 
„trofe btefer"? id^ wei§ e8 nid^t; ba§ aber meife ic^ 
ba$ i^r neuefter glor öon bem Xage, öon ber ©tunbe 
batiert, ttjo bie ^effe me^r jum JBetou^tfein fam. 
SBieKeid^t ift bie 5ßreffe nid^t ber @toff, ber bie eckten 
fiebenöleime enthält, öietteid^t ift fte nur ber Sauer^^ 
teig, ber bie (Elemente jur ®arung unb neuen @d^öpf ung 
bringt — gleic^uiel, »er ober toai ba« ©c^affenbe 
fei, menn nur überl^aupt gef c^offen wirb ! — |>at eine 



2. @(^retBen eine« $riDtIegierten au8 Öfterteic^ (1847). 41 

freie ^effe in SBfirttemberg unb SSaben genäht, tuae 
in aOer SBelt ift benn in £)fterrei(^ gar {o (Entfe^Ud^e^ 
wn xffx ju beffird^tcn? 3ft benn ber Öfterreid^cr ein 
um foDtel geföl^rlic^erer äKenfd^ atö ber ®ä)toabt? 
3ft er ber iBilbung nid^t fällig, ober ift er nid^t mU 
nte^r il^rer int ^öd^ften @rabe bebärftig, ba er ring^ 
t)on gebitbeten 9lac^baru umgeben ift? 2)arf unb foQ 
benn in gebilbeter ©efeUfd^aft ein (Sinjelner o^nc 
Slac^teil für ftd^ fetbft ungel^obelt unb untpiffenb 
bleiben? SEBirb er nid^t bei fonft ganj gleichen 93er« 
^ältniffen bem feinem Stac^bar in allem nac^fte^eu 
muffen unb im gefelligen Serle^r, in ^nbe( unb 
SBonbel, in aOem unb jebem ben ^rjern giel^en? 
Unb nod^ einmal: Äann benn bie 5ßreffe in Öfterreic^ 
gefä^rlic^ n^erben? ^^It ei^ ettva bort an btt)Iomati« 
fc^en „(Knbämmern" be» wilben ©trome»? 3iiwi# 
in ben beutfc^en (Srblänbern? SUieine« ffiiffen« nid^t. 
Slber in anbem Xeilen be« großen öfterreic^ifd^en 
@taaten)oerbanbed fangen bie SBalbtoäffer bereite fid^ 
ju rühren unb ju braufen an. 3)ie Ungarn fd^reiben 
längft, toad fte n)oQen, unb bie SBö^men unb Italiener, 
maiS fte tbnnen, unb nur ber 3)eutf(^öfterreid^er f d^reibt 
gar nic^t^ weil er nic^t fd^reiben barf. 9Kd^t borf? 
aSSer fagt bag? 3)cr bfterreic^ifc^e ©(^riftfteßer fd^reibt 
im fogenannten „Äugtanbc" — mon öerfolgt i^n tängft 
nid^t mel^r borfiber — man brüdtt bie Äugen gu, mad^t 
bonne miiie ä mauTais jeu unb (ä^t geu^a^ren, n^aS 



42 2. @(^rei6en dned ^rtDilegiertett au9 Öflerreic^ (1847). 

man nid^t l^tnbem fann. 3ft ed ober red^t, ift ed auc^ 
nur tlug, ft(^ ein ^^S^ftänbniS t)Dn ber Qtit abtro|en 
ju laffen, ba^ un^^ n^enn tüix eS frein^iUig QttoSfjütn, 
i^ob unb SRul^m Derfc^afft ptte? 3ft ei» flug, @efe|e 
3U geben, bie man nic^t l^alten fann, unb 93erbefferungen 
3u Demeigem, bie fid^ jpdter^in t)on felbft mac^n 
muffen? 

3)od^ genug! Wtiäf ele(f§, bad taufenbmal @e« 
jagte ju mieber^olen unb unnü|e Sßorte in bie £uft 
ju fd^leubern! %ud^ niiU id^ mic^ nid^t ereifern, nic^t 
emftl^aft n^erben. ®ef(^tt)inbe eine Srl^olung, eine 
^erftrcuung, eine Auf Weiterung 1 3Kein ©tief f&Dt 
auf bie JBrofc^üre — id) ^abe mein ßabfal ge* 
fuuben — \6) ärgere mid^ nid^t mel^r, ic^ lac^e — 
2)anf bem 93erfaffer! 3d^ (ad^el SSir tooUen aDe 
lad^en — alle. 

3)a8 Schreiben ift atfo ein „5ßriöilegium" — un* 
tjel^eure (gntbedtung 1 1 — SRun »al^riid^! e8 brandet tein 
Q)eift aud ber Untertoelt ju fommen, um und baS }u 
jagen. 2)ad &tnk ift aOerbingS ein Privilegium, unb 
cinei» ber feltenften obenbrein. S)er gütige @ott teilt 
über^au^t (auter Privilegien auS. 2>em gibt er @d^ön» 
^eit, bem SSerftanb, bem »enigftend gerabe ©lieber — 
(auter Privilegien bem ^ä^Iid^en, 3)ummen ober 
JUrummbeinigen gegenüber, tveld^e leiber l^&ufig bie 
äJ^el^rjal^I, bie ,,aRaffen" audmac^en. @d^on ba^ einer 
fein ffifel ift — aud^ ba« ift ein Privilegium. — S38ie 



2. ©(^reiben eineiS ^oilegierten auS äfterretc^ (1847). 43 

aber, totnn t)on aQ ben ,,rü^rigen äKinoritäten'', tuenn 
t)on bem fc^önen SRenfd^en tierlangt loürbe, er foQte 
ftd^ Derunftalten, t)on bem ©ejd^eiten, er foUe fic^ 
burnm ftetten, öon bem ©eraben, er joIIe l^mfen — 
unb bad im Sntereffe ber ,,9Kaffcn'', ber SSogeljd^euc^en, 

Bttoffibp^t, SäBetbeine! — „S^^^^^ \^^^ ^i^ ®^* 
banlen, aber nic^t gottegfrei" — toag l^ei^t bog? 3)a« 
ffti^i, toenn einer einen gefd^eiten (SinfaO l^at, fo foQ 
er i^n um @ottei^ nitOen nnterbrädEen, bamit bie 
bummen Sentc boöon nid^t öerfü^rt »erben. — 3ft 
benn bie SBelt bto^ ber bummen £eute tnegen ba? 
Unb bie £eute finb gar nid^t fo bumm, ald 3§r fie 
auiSgebt. — ^x mad^t fte nur bumm, 3^r erhaltet fie 
in il^rer S)umm^eit. — Unb mit ber SBerfü^rung ^at'8 
DoUenbd leine 9tot. „(Sine Iluge Sflebe fc^Iäft in einem 
bummen füffx." (Sd brandet lang^, bis ein gefc^eiter 
(SinfaQ in bie Ma\\tn" f($(agt. 3)er @efc^eite fpric^t 
anfangt bto| für einige »enige @ef c^eite unb tiielleid^t 
erft in ber nac^ften @(eneration finbet er ein gr&^ered 
^^blitum. 3)ie ,,SKaffe'' l^at bem ©ofrotei^ für einen 
gefd^eiten (KnfaB ben ©iftbec^er gereicht — bie „SRaffe" 
\)ai ben @alil&i eingelerlert unb »en fonft noc^ — 
bie „SWaffe" ^ot Si^riftum gefreugigt — wal^r^aftig, 
3^r brandet bie „HKaffe" nid^t erft aufjureijen, fie ift 
o^ne^in ber gefd^niome ^inb aOed Sludgejeic^neten. 
Est turba semper argumentum pessimi. — 2)od^ um 
»ieber aufS ^t^ilegium gu tommen, — tion »em ftammt 



44 2. ©(^reiben eined $nüilegterten auS Ößerreic^ (X847). 

e8? SSon beut gütigen ©d^5|)fcr! ffir |at cö mir Der* 
Uelzen — fotglid^ toiö er, bo§ id^ mid^ feiner bebienen 
joü. ,,2)u foHft bcin ?ßfunb nid^t öcrgraben, bein Sid^t 
nid^t unter bcn ©d^effcl [teilen." — 3)ag ift tt)a« 
anbered, atö (Euere a^fetifd^en Se^ren Don ber ^tötung! 
@e^t mir n^eg mit (Euem altgebadEenen mittelalterlichen 
3)umml^eiten, bie Sl^r ung als frifd^e ©d^fiffeln auf* 
fe^en ttjollt! — „SKIein man foU bag öerlie^ene ^ßfunb 
gut antoenben" — rid^tig! SBa§ ift aber gut ange* 
^penbet? ^aben @ofrateS unb $Iato, 2)edcarted unb 
©pinoja, SSoItaire unb Siouffeau, 8eibni| unb Äant, 
@c^eQing unb ^egel il^r ^funb gut angen^enbet ober 
nid^t? — S)ie frommen äugcnberbre^er, bie ä^^f^^f 
bie ^olijei toerben fügen: nein, — unb ging' e<^ nac^ 
i^nen, fo n^öre nid^tS Don bem @eifte biefer unb 
onberer großer SKanner auf unS gelommen. — 3)er 
SBeg jum ^eil ift öerfd^ieben. „3n meinet SSaterö 
§aufe finb biele SBol^nungen." — 3)ie ^eud^Ier, bie 
^l^ariföer motten bad nid^t jugefte^en. @ie moOen, 
ba^ aQen Räumen (Sine SRinbe mad^fe, bajs bie ge« 
famte 9){enfd^^eit in einer einzigen polijeigrauen Uni- 
formierung ein^erfd^reite. — 3enc großen SDiänner 
^abcn ^ie unb ba Sel^Igriffe getan — »er leugnet 
ba8? ®ibt es ein aKenfd^enttjerl, baS öoöenbet ift? 
^aS gro^e SBerf ber ^umanifierung toirb überhaupt 
öon feinem einjelnen (Seifte öottbrad^t — fonbern öon 
allen miteinanber, in uerfd^iebenen 3^^^^^ — ^^^ ^^^ 



2. (Sc^cetben eines ^rioUegtecten auS Ößecreic^ (1847). 45 

9iationaUitcraturcn ftnb bcr öcrfc^iebcnc 3lugbrucf biejc^ 
großen Ocjamtocric«. — ©od man aber bog cingdnc 
SBcrl feiner SRängcI toegen gerftören, ober cg gar uer* 
^inbem, jur Spftenj ju fommen? ©einer SRängel 
toegcn, bie t)on bem SUtcnfd^enttJCtfe unjertrcnnlic^ finb, 
bie ftd^ eben mit taufenb SBorjügen paaxtn, bie anf 
Sa^rtaufenbe ^inau2 leuchten? @oücn tüir ein SBerf 
t)erti(gen, ba$ t)ieneid^t auf ben Snünicflung^gang ber 
5IMenid^^eit einjuttjirlen beftimmt ift, bIo§ weil einige 
Unmünbige ein Ärgernis baran nehmen lönnten? — 
|)immet! SBenn einer jener SWänner, etoa ©pinoja, 
feurigen Xageö lebte, in Öfterreid^ lebte unb feine 
Principia ober jeine Cogitata metaphysica ber öfter- 
reic^ifd^en S^^\^^ überrcid^te, biefe ba§ beliebte 
„damnatur" barüber augfpräd^e, bem SBerf äff er icbod^ 
aud einem getoiffen national^gutmfitigen 9iefpett ben 
guten 9lat aug ber SBrDJd^äre erteilte: nac^ bcr ß^^jur* 
inftrultion Dom Saläre 1810 ju fd^reiben unb ettüa 
einen $Ia^ in ber p^ilologifd^en Abteilung ber Sita« 

bemie einzunehmen tpaö für ein ©efid^t würbe 

ber arme ©pinoja mad^en! — ?tter l^eutjutage gibt 
c§ feine ©pinojag me^r. Seiber nid^t! — „68 ift eine 
SaäoUuft, einen großen SRann ju je^en." S)ie{e aBoUuft 
fann man in ganj ffiuropa nid^t befriebigcn — uieUeid^t 
anber^tDo, unter ben Spürbaren. (Sd gibt teine großen 
SWänner, leine großen ©d^riftfteller ! Äeine redeten 
„privilegierten", leine eigentlid^cn „großen Ferren öon 



46 2. ©d^rdben eine«» ^iüiiegiecten and £)fierteic^ (1847). 

bcr gebet"! — ,,afleben toir beutfc^ unb bünbig": — 
toir ftnb famt unb fonberd (St^tgoneit, ortne @cl^tu(Eer, 
bte t)om Xafelab^ub, t)on ben SStofamen ber bol^in 
gegangenen (Stoßen teben — toa^ wir \>on ^erber^ 
£cj[ftng, Ooet^e gelernt, toir mad^en'^ nur Mein jum 
täglichen @ebrauc^ — unb auc^ bad toiQ man um 
öertoe^ren! SKan fc^ift un^ „©d^riftinbuftriellc", ®pt^ 
lulanten, man ^e|t und bie „^a^t" auf ben ^aU, 
toeil toir i^r einige alte, ^albDergeffene Sßa^rl^eiten 
jener äReifter toieberfäuen! SBir joüen bamit bas 
^blifum öerfü^ren, bie Regierungen — toad toeiß 
id^! @inb toir benn toirflic^ fo möd^tig? ^d) fann'd 
nid^t glauben. Unb ftnb toir „privilegiert"? SBir 
primlegiert! ©erec^ter @ott! SBir ftnb fro§, ba$ toir 
bad £eben l^aben. 9liemate ^at toeniger eine @d^rift« 
fteUerinnung beftanben aU in je^iger 3^it. ^eutjutage 
nimmt fid^ ein jeber auS bem ^ublifum bad rr^^i"^ 
legium" l^eraug, ju f (^reiben — unb fo iffd red^t! 
So foQ eg fein! 3)aS ©d^reiben ift fein 5ßriöilegiunt. 
3)a§ einer reben foü, bafür ^at er bag SDiaut. SBem 
immer au8 ber „SÄaffe" ein guter ©ebanfe fommt, 
ber foß i^n mitteilen für bie äWoffe — fo toirb bie 
ÜÄaffe gebilbet au§ ber SKaffe, burc^ bie SKaffe. 
2)er ©d^ufter, nid^t ber ©ele^rte, foll über ben ©tiefet 
fd^reiben, ber Kaufmann, nic^t ber Sureautrot, über 
ben $anbel — ein jeber über ba«, toaö er öerfte^t 
^at ja boc^ aud^ ber JBerfaffer ber Srofd^üre ge^^ 



2. Schreiben eincd $rit)i(r0terten au» Öftecreit^ (1847). 47 

f (^rieften — bcr öcrftc^t'« jtoar nic^t! — Unb er ift 
nid^t etwa au« ber fd^reibenben „äWaffe", er ift „pxu 
mlegiert", er ift fogar ber einjtge ^ßriöilegiertc. 9Keinc 
frühere äSermutung l^at ftc^ betua^r^eitet. @oeben er- 
fahre id^, ba^ einige menige geftnnungdüoDe äßietter 
Soumaliften bie 93rof(^äre in i^ren blättern befpred^eu 
woüten — „mit SBiirbc unb JÖcfd^eiben^eit", »ie eö 
im § 8 ber 3^ttfiii^^i"ft^^Wou öorgefd^rieben ift — 
adein loergeben«! 3Jtan ^at i^re ^uffä^e geftric^enü 
2)ie tnaren nid^t „priöilegiert". Ote toi, pour que je 
m'y niette — (SBorte ber S3rofd^üre). SBer aßein 
reben borf, ^ot immer red^t. ©d^ämt ftd^ ber SSerfaffer 
nid^t? SBirb er nic^t rot? 

Unb nun noc^ ein SBort ju il^m, ba« le^te! - 
3)er Serfaffcr ift mit feiner SBrofc^üre gegen ben Strom 
gefd^tDommen, er l^at bie Literatur a(d folc^e, ben 
3lu^m unb ©tolj ber Stationen, befd^impft, er l&at bie 
Sd^riftfteöer ber rollen 3Renge benuujiert. — („9lur 
beutfd^!" aber mir faßt fein beutfd^e« ©ort bei, 
wel(^e3 bie ©tärfe be« fremben loiebergäbe. %ud) 
„pcrfib" Iä§t fic^ nic^t überfe^en, wie ©oet^e bcmerft.) 
— 3)er Serfoffer |at fid^ bamit läd^crlid^ gemacht, 
ba8 Sc^Iimmfte, n)o§ einem ©d^riftfteüer wiberfal^ren 
lann ; — er l^at ferner, bie geiftige ^reil^eit im 3Runbc 
fül^rcnb, unter ^olijei* unb ß^nfurfc^u^ gegen fie ge^ 
fämpft — ba« ift nic^t d^riftlid^, fonbem ^eud^lerifd), 
p^arifäifd^; — ber SJerfaffer ^at mit gefd^toffenem 



48 2. @(^ceiben eitted $nDi(egiecten au9 ßflermd^ (1847). 

SJificr gcftrittcn, er ^at feinen 9lamen nid^t genannt — 
bad tft feige nnb fe^t il^n ber ®efa^r auS^ Don jebem 
Xro^uben belämpft jn n^erben. Übrigeni^ gegen Un^ 
bclannten ein Unbefannter! ©er SBerfaffer tüfte fein 
^fter^ nnb ic^ n^erbe nic^t anftel^en, baiS meinige faQen 
^n laffen; ber 9iitter foQ bann fe^en, ba^ er guni 
allertoenigften — einen i^m ebenbürtigen Oegner gc* 
funben l^at — wenn er eS an ben SBaffen noc^ nic^t 
crlannt ^aben foUte. — ®er SSerfaffer l^at enbßd^ ber 
3ac^e, bie er l^at t^erteibigen n^oQen, einen fc^Iec^ten 
3)ienft erliefen — ba^ ift nnfing — unttng im 
3ntereffe feiner eigenen 5ßartei. S)ic Aufgabe, bie fid^ 
ber aSerfaffer gefteöt, ift an fid^ fc^lcc^t, ift öettuerf* 
lic^, aber bie S(udful^rung ift noc^ bei uieitem mife^ 
robler. ®ebt mir biefelbc Äufgobe — id^ toiü fte ffiuc^ 
bei »eitern beffer ^erau8pu|en — nnb »arum nic^t? 
(&^ gab einen ^arbinal, ber auf bad fc^arffinnigfte 
bie Stiften} &ottii betnied unb gleid^ barauf ba^ 
®egenteiL — Auf »en ^at bie ©c^rift unf ereg SJerfaffer« 
wirfen follen? «uf bie „SRaffen"? 5Die tefen fie nic^t 
«uf bie ©ebilbeten, ben SRittelftanb? SDie lad^en bar* 
über. 3(^ ^abe mit £euten an^ aOen @tänben ge^ 
fprod^en, mit Äanftenten, gabrifanten, ^anbwerlem 
unb ^Beamten, mit ©eiftlid^en unb SKilitäriften, mit 98 
t)on ben 99 ©c^riftfteöem, ttjcld^e bie bfterreid^ifc^c 
ßenfurpetition unterfertigten (einer ift uor ber ffir=« 
iebigung geftorben), mit ben 30 unb etlichen äRitgßebem 



2. e^teiben einei» Ißriütlegierten ara Öflerretc^ (1847). 49 

bcr faif. ober I. I. Älabcmie ber SBiffcnfd^aften — 
mit Seuten t)on aOen färben unb ©diattierungen, fo« 
otel id^ il^rer ^ab^aft toerben lonnte, fogar mit 
graucngfmmcm unb onbcrn gag^aften 5ßerfoncn, — 
nun, unb nic^t ein Sinjiger, nic^t eine (Sinjige toär 
bantnter, ber ober bie ttxoc^ anbere^ gefunben l^ätte, 
aU ba^ bie 93rofd^äre abfurb, lonfud unb perftb ift 
— bie grauenjimmcr fagten ribifüt. — ^ier ift c2 
nid^t me^r möglich, beutfc^ ju reben! 

2)er SSerfaffer bemerft am ©d^Iuffc feiner SSro* 
fdiäre, ba^ ftc^ bad 5fterreid^ifd^e ß^nfurf^ftem niemald 
änbem »erbe, benn: „bo^ to&re ebenj[o törid^t ote eö 
unloal^rfd^cinüc^ ift, ba§ Jold^e^' je gefd^e^cn fönnte." 
äSir erlauben und hierin, geftü^t auf bie 9)2einung ber 
98 unb etlicher 30 unb nod^ (Einiger, ber äReinung 
ju fein, bal5 „fold^cö" bcnnoc^ gefd^el^en werbe. 2)a8 
öfterreid^ifd^e 3«nfurf^ftcm toirb ftc^ änbem, mu§ ftd^ 
änbem, toie fid^ bie öfterrcid^ifd^cn 9Renjd^cn änbem, 
}um Zeil bereiti^ geänbert ^aben, im beftänbigen Um^ 
änbem begriffen ftnb. ®in fauler <3^ftanb fann bauem, 
lange bauem, je^r lange, — aQein wenn bie Urftoffc 
einmal in übüiger ?luflöj[ung begriffen ftnb, jo muffen 
ft(^ neue organifc^e ©ebilbe barau^ enttoidEetn — eine 
Äuflbfung in« teere 9Wd^t« gibt e« nic^t, unb bie all« 
gemeinen ®ef e^e ber 9latur Werben fid^ nimmermel^r au« 
®cfäßigfeit für ba« Äaij[ertum Öfterreid^ ju einer ^n^^ 
nal^me ffir biefen einen gatt ^erbeitaffcn. SBonn biefe 



50 2. ©(^reiben eines $n»üesieirten auS JÖfterreii^ (1847). 

neue ©eftaltung ber 2)tnge eintreten n^irb? 3c^ tuet^ 
ed nid^t, Dermutlid^ 6a(b, red^t balb. @c^on regt ftc^'d 
in ber £uft, bie leimenben SBIätter, bie jn^itfc^entben 
Serd^en öerlfinbigen ben Seng. — „SBa^rtic^^ nm^r* 
(id^, id^ fage Sud^: n^enn 3^r bied Slled fe^et, fo 
wiffet^ ba§ e« noi^c t>or ber Xfir ift." S)ie Srofc^re 
ift fo eine flattembe, gefd^u^ö^ige^ ^enj^pofQunenbe 
grül^sSerd^et ©eftcrn ober öorgeftern toär' cg ber Wc* 
gierung nic^t eingefallen, i^r „©Aftern" mit öfterreid^i* 
fd^er S)rudEerfd^h)Srje oerteibigen ju toffen — ^eute 
fü^It fie bereits bad äSebürfniS. 2)er S^erteibiger ift 
freilid^ ungefd^irft — fd^abet nid^tS — un8 fc^on gar 
nid^t — ober baS ©d^toeigcn ift gebrod^en, baS 85c* 
bürfniS »erraten. 3)arum fei gegrüßt, SBrofd^üre! 3)ü 
^^I^IingSratete ! Jacta est alea! 



3d^ ^atte bereite S^fd^Ioffen, ald man mir au9 
guter Queöe ben 9lamen beö SScrfafferS nannte; — 
aber id^ toiU „biöfret" fein — iö) \oxü il^n nid^t n)ieber 
nennen. — SBer jefet 85öme »äre ! SRur auf eine ^albe 
©tunbe — auf eine SBiertelftunbe ! SBer baö „^rit>i= 
legium" besj SBi^eö unb ber ©atire befä^e! — S)oc^ 
nein! bei bcm SRamen, ber an mein D^r fd^tug, oer* 
ftummt jeber SSäi^, ffüvt aüeg ©atirifteren auf. 3(^ 
l^abe bem SSerfaffer unred^t getan! 3d^ ftrcue Äfc^e 
auf mein ^atOft, ic^ bereue! $aft l^ätt' id| gute £uft, 



2. 6<l^etben dneS ^t)tiegierteit an^ Öfterretc^ (1847). 51 

mein gonjed ©efd^reibf et in bad ^er jn n^erfen, benn 
ber Slawe ift un^d^ulbig — er ift nid^t jureci^nnn8«=« 
ffi^ig. SRan nannte mir nämlid^ einen nnglüctlid^en 
Sbttor, ber in feinem ganjen langen £eben ein einjigei» 
9tt<^ gefd^rieben, n^eld^eS — teine Sejer ^at finben 
n^ollen. 2)arum pQt er ftd^ je^t in c^riftlid^e 3)emut^ 
erS&rt bie S^ber, iebe ijeber — nid^t bto§ bie feinige^ 
wie Qßd). äßemer nad^ feiner Sete^rung — für ein 
SBerljeug hti Zenfetö, unb l^egt ben bitterften 3n« 
grimm gegen jeben anbem Sutor, ber nid^t bur^faUt^ 
n^ie er. O ®ebred^Iid^leit! 2)ein 9lame ift ©d^riftfteller l 
— 5Bin id^ nid^t fatf (^ berid^tet, f o ^atte ber SRann im 
£e6en überhaupt ^^SOtal^enr". (Sßir tt^erben fd^on n^ieber 
nid^t beutfd^l) 3d^ n^iQ eS nid^t nä^er bejeid^nen, aber 
ed gab, n^ie man fagt, eine Qth, n^o i^m bie 2)inge 
nid^t ganj fo erfd^ienen, tt^ie fte n^irllid^ finb — n^enn 
ftd^ bad fo Derl^&It, fo t&^t ftd^ bie 93rof#re — ba 
getoiffe ^anl^eitSperioben bi^tt^eilen mieberjnle^ren 
pflegen — ganj leidet an^ bem pat^ologifd^en @efid^td« 
pnnite erfittren. (Sin $fnnb 9Kefen)ur2 lurj Dörfer 
eingenommen, nnb bie S3rofd^äre ^ätte üieQeid^t DöQig 
in i^ ©egenteil nmgefd^Iagen, unb ber §err ipof* 
bud^^&nbler Slol^rmann ptte fid^ bie — übrigen^ 
jurec^nung^fö^ige @d^mad^ erfpart, gegen fein eigene^ 
9ted^t tun ju muffen, ^at — n^enn man bad bunlle 
panier betrad^tet, unter toeld^em ber SSerfaffer ein^er^^ 
jie^t, bad m^ftifd^e äBeil^raud^gefä^ erblidt, bad er 

4* 



52 2. ©einreiben eiited yrttHIegierten ata 6fbttm^ (1847). 

fd^mingt, bie finfteren ©robedgef&nge ffövt, bie er ati^ 
fttmmt, fo mal^nt ed einen fd^aubemb an ein geiftige^ 
Auto da fe — bcr »erfaffer fte^t nid^t mc^r allein 
unb unfd^ulbig ba; er ift ber gü^rcr ober Serfül^rte 
einer Partei, einer fd^n^arjen ©d^ar, bit gemeffeuen 
©d^ritteö, ^irojef fionÄortig l^inter il^m ^erf (Reitet. — S)ag 
©d^Iimmfte an ber @t^d)iö)ft bleibt öbrigeni^, ba| ber 
Serfaffer in einem anwerft na^en SBerl^ältni« jn einem 
audgejeii^neten ©toatömann fte^en {oQ, burd^ metd^en 
Umftanb bie SBelt leidet gu bem ©tauben herleitet 
werben tonnte, ald ptte biefer auf bie SBrofd^üre (Sin« 
flu^ genommen, aU l^ätte er ettoa gar feine felbft^ 
eigenen @ebanlen barin niebergetegt 3)a$ ift aber 
gewife nid^t ber gaO. SEBir galten ben SJerfaffer in 
biefer ^ejiel^ung burd^auS für ein „Original auf feine 
eigene ^^auft". 3)er gro^e ©taat^mann ^at nun, loie 
anbere gett^ö^nlid^e ©terblid^e, bad UnglüdE, einen 
Vertrauten ju befi^en, ber feiner nid^t ganj n^urbig 
ift. „SBel^üte mid^ ®ott oor meinen tJ^eunben — mit 
meinen geinben to\Si xä) fd^on fertig njerben!" 

Unb nun leben ©ie loo^I, armer, unglüdSic^er, 
burc^gefaÜener |>err SSerfaffer! Unb aud^ Sie, oere^rter 
§err! äBenn'g l^ier njieber eine befonbere 2)umm^eit 
abfegt, foUen Sie mid^ trofe meiner jonftigen Xräg* 
^eit aüejeit jc^reibfertig finben. ?ld^, fie werben einen 
nic^t lange auf ber faulen i^aut liegen laffen! — 3m 
@runbe l^at boc^ unfer |^err @ott aDeg ^ilbfd^ einge« 



2. e^reibeit etneS Vritoilegiecten axa fifterrcidt^ (1847). 53 

nd^tet! 2)te SSelt ift bunt unb bie aRenfd^en ftnb Der« 
fd^ieben — bad beloa^rt t>or beut „ennui''. (3ft mieber 
nid^t red^t beutfd^I) ®ott beffer'S! (£8 mu^ aßertei 
ßauje geben. 

3Bien, im Cftober 1847. 

3^r ergebenfter 

3)cr ^^ßttöilcgierte". 



3. Petition der Oliener Burger (t$4$). 

Hn die bod)t$btid)en Stände des Erzherzogtums Öfter- 
reid) unter der Enns zu Banden des hoben ttänditchen 

Uerordneten'Koltegiums. 

@ett einer Stetige t>on Salären tft wn j|ebem magren 
äSaterlanbiSfreunbe ber SBunfd^ lebhaft gefüllt unb Don 
mand^ent in ätebe unb @(^rift bie Sloüoenbiglett taut 
audgejprod^en n^orben, aud^ unfer fd^öned unb ntäd^^ 
tiged £)fterretd^ ben SBeg friebfid^en unb gebiegenen 
i^ortfd^ritted betreten ju fe^en. 

2)ie leiten (Sreigniffe im äBeften dwcopai (äffen 
biefe i^orberung um fo unobu^eidlid^er unb unauffd^ieb- 
barer erfd^einen, a(d fte bem SBeltfrieben fomie bem 
©taatdtrebit, ber @id^er^eit bed (SigentumS, ber Orb^ 
nung unb beiS Siebtes in jebem äteid^e gef&^rtic^ 
n^erben tonnen. 9iai in 2)eutf d^Ianb in biefem SCugen- 
blidEe }ur SBal^rung Dor jebem 9ßed^fe(falle beS &\&dt^, 
jum @d^u| unb jur @t&rfung nad^ au^en unb im 
Snnem gef d^ie^t, tft niemanbem unbetanni Seber l^egt 
^ugleid^ bie Überjeugung, ba| £)fterrei(i^, beffen $en« 
fd^erfamilie burd^ So^r^unberte bie beutfd^e fiaifer^ 



3. Petition bet 9»tener ^rger (1848). 55 

hone trug, aud^ nur in fcftcm ^tnjd^Iic^cn on bcutf d^c 
Sntereffcn unb beutfd^c ^oÜttl fein toafjxt^ §cil gc* 
mtnnen tonne. SBenn bie dfterreid^ifd^en SSfirger fic^ 
t)or allem gebrungen ffil^Ien, i^re unerfd^ütterUd^e Sie6e 
unb Xn^änglid^teit an baS erhabene ^aifer^aud aud«^ 
jufpted^en, fo Ratten fie eS gugleid^ für i^re ^eilige 
^ic^t, biejenigen iDta^regetn offen unb frei barju^ 
legen, nteld^e i^rer äReinung nad^ einjig unb allein 
geeignet fein lönnen, in fo bro^enben 3^itoer^oItniffen 
ber S^naftie fott^ie bem ®efamtk)aterlanbe neue ^oft 
unb neuen |)alt ju oertei^en. 

2)iefe ÜJia^regeln finb: Unöernjeüte SBeröffentlid^ung 
bed @taatd^aud^a(ted ; — periobifc^e 93erufung eine^ 
alle fiänber ber äKonard^ie, fott^ie ade klaffen unb 
Sntereffen ber SSeDöÖerung üertretenben ftänbifc^en 
5l5rperd, mit bem Steckte ber ©teuerbemilligung unb 
JR'ontroUe bed ^inanjl^aud^alted fotoie ber Xeilno^me 
an ber @efe|ge6ung; — l^erftedung eined äted^ts« 
guftanbed in ber treffe burd^ Sinfäl^rung eined 9le« 
pref fiügef e|eö ; — SJurd^fü^rung beg ©runbfafeeö ber 
Öffentlid^feit in ber ätec^ti^pflege unb in ber gefamten 
SSerjoaltung; — SSerlei^ung einer geitgemä^en SWuni^ 
iipaU unb ®emeinbet>erfaffung unb auf bereu @runb^ 
tage Vertretung ber in ber gegenwärtigen ftänbifc^en 
JBerfaffung gor nid^t — ober nur unöoQlommen be* 
griffenen (Elemente bed 8[d(er6aued, ber Snbuftrie, bed 
^anbetS unb ber Sntedigenj. 



56 3. ^tiHon ber mmtx IBflcger (1848). 

Die @taiibe — loenngleid^ in i^rer bermaligen 
3ufaminenje^ung nid^t ber üoQft&nbige SCudbnut bed 
gonjen SanbeiS — finb aU oerfaffungi^mä^iged Organ 
fär bie 93ebärfniffe beS Soded berufen, bie ®en)fi^rung 
unferer 93itten bei unferem gütigen äKonord^en ju t>tx^ 
mittein. 

2)ie Unter jeid^neten fteden ba^er bie 93itte: bie 
^oc^Ublic^en nieberöfterrei(^ij(^en @tänbe moQen bie 
oorgefc^Iagenen 9Ka|regeIn in ber näd^ften £anbtagd^ 
Derfantmlung in ^Beratung nel^nten unb bie geeigneten 
Stnträge )u beren bolbiger Sertoirtlid^ung an ben aller« 
l^öd^ften X^ron gelangen laffen. 

»ten, 9. Vtän 1848. 



4. Studien (1$49). 

L'honune est le m6me en haut, 
en bas, au milieu. 

Balzac. 

I. Die Prette und id). 

(9Id (StnUttung.) 

Sor ein paar Sülzten tlagte id^ bei einem großen 
^emt — bamatö ga6 eS beten nod) unb je^t fd^einen 
{te mieber aufjutaud^en — über ben unertr&glid^en 
Z)ptdt ber öfteneid^ijd^en 3^^!^^* 

3)er @taatdmann I&d^elte unb fagte: 

„@ebulben @ie ftc^, mein 93efter! £ie neue 3^it 
fte^t k)or ber Xür — aud^ unfer £)fteneid^ tann i^r 
ben (Eintritt ntd^t Derf agen. £arum fd^reiben @ie frifd^ 
barauf toS unb üerfd^tie§en @ie bie älffanuffripte einft« 
n^eilen in 3^r ^It £er Xag mirb tommen, n^o @ie 
bamit ^eraui^riiden tonnen.'' 

3(^ (etmad betreten aber ben geiftreid^en 9iat): 
9tf^titni, hai mirb mir »enig nö|en. fHaf^ unferein^ 
l^eute fc^ibt, baS miD ^eute ge(efen fein. 2)ie SBelt 
tft ungebulbig unb mir finb teine ^loffifer. 



58 4. Stubien (1849). 

@ro§er iperr (ad^fcljucfcnb): 3)ann fann ic§ 

3^ncn nid^t l^clfcn. 

(£r l^ot mir and) nic^t geholfen. W>n bie ^o« 
p^ejemug bed ©taatömanned tft eingetroffen; bie neue 

3eit ift gelommen unb fie fjoi i^n ^intt^eggefd^memmt, 

)t)ie aud^ meine äKanuftripte im $u(t 3taä) ben äK&rj^ 

tagen burd^fc^aute id^ bie Rapiere unb erfd^ral obtlig 

über ben ,,8[It(ibera(idmui^'', ber barin ^errfd^te. 3d^ 

warf fie in einen SBinfet. „3ett gilt'Ä, Sieueg ju 

fc^affcn!" rief id^ aug. — 3d^ ^atte bai^ gang rid^tig 

begriffen — oQcin öom Segreifen bi« jum ©c^offeu 

ift ein weiter SBeg unb führen gar bunfle (ob^rint^i» 

fc^e ^abe! 3d^ gögerte lange, fie einjuf dalagen. Slud^ 

mar baS £eben bamald fo fc^ön, fo frfil^Iingdwarm, 

fo ^offnung^grünl 2)ie S5glein auf ben 93&ttmen 

jwitfd^erten „grei^eit", ber wei^^rote ölütentegen 

fd^webte fanft auf einen entfeffelten 93oben nieber unb 

bie jubeInben äRenfd^en fanten fic^ auf ben ©trafen 

in bie nid^t me^r gebunbenen S(rme. SSo na^m ba 

einer bad $erj ^er, bie freubejittembe ©d^reiberl^anb 

jur Z)oImetfd^erin feines fiopfeS ju mad^en! SBeld^er 

^opf war ftart genug, bie fc^wirrenben ®ebanfon feft« 

jul^alten, ju orbnen, ju SBUbem unb 0eftaIten ob^u« 

runbenl SBo war ba ein äRenfc^, ein ©d^rtftfteller, 

bem ber ftopf nid^t mit bem ^erjen babonlief! S>iefe 

frifd^e £ebeni^Iuft, biefer Zaumel, biefer 3ube( — man 

mu^te bamald wenigftenS äl'limfter fein ober S>epu« 



4. @tuMen (1849). 59 

tierter, um ben Setftanb nid^t ju verlieren. Unb aud^ 
bai^ gdP&^rte nod^ leine l^inlänglid^e ©id^er^ett! 

(£i^ tft gemi^ bie reinfte £uft, einen neuen unb 
fmc^fbaten @ebanlen aui^juf^recl^en. @o ntand^er gro^e 
9Rann f^at fein £e6en baffir eingefe^t Sßenn fid^ ein 
?ß^önij in^ geuer ftfirjt, fo tt>ei§ er, worum — er 
te^ gel&utert aud bem f^Iammenmeer ber Sbeen ju^ 
rfiil; aber bie armen Keinen Sögtein, bie il^m naö)^ 
prjen, Derbrennen 6(o^. Sßir SOtittelgut üon äRenfd^en 
unb ©d^riftfteQem tun beffer, für eine Sbee ju leben, 
ate für fie ju fterben. SRan glaubt nid^t, toa^ ein 
Sc^riftfteUer, aud^ nur t>on madigem Zaient, andju^» 
richten üermag, wenn er immer auf benfelben ^aixpU 
gebauten jurfidtommt. 2)ad ift im ®runbe baS ganje 
Ck^eimnid ber $o)m(arität dlaö) überftanbenem erften 
fjfrei^eitdtaumel fud^t' id^ benn aud^ meine in ben 
äBintet geworfenen „aUm^cAtn" fiieblingi^gebanten 
»ieber f)ttt>ox — unb erfd^ral aufd neue. @ie waren 
obermate unbraud^bar. 3m SKärj waren fte nid^t mel^r 
— ie|t nod^ nid^t mitjuteUen. 

3d^ UngtüdKid^er! SRu^ id^ benn immer ,,ju fpäf* 
tommen ober „)u frü^"! 9tm \tft' id^'8 immer beut« 
lic^r ein: man mu^ nid^t nur etwai» Orbentlic^ed 
machen, man mu^ ed aud^ jur redeten Qtxt ju mad^en 
»iffen. (Sin äl^nlid^ei» @d^id(fal verfolgte mid^ auf bem 
X^eater — bod^ boüon ein anber SRal! 3d^ wiO je|t 
ntc^t länger (lagen, fonbem fd^reiben. 3d^ beforge 



60 4. ©tubien (1849). 

bobei nur eind: ba^ id^ ben Xon nid^t treffe, ben 
mezzo termine, ber in ber je^t J^errfd^enben „@5tter^ 
bäntmemng^' üerlangt n^irb. (Sin fold^er äRitteljuftanb 
bietet freiließ ben Vorteil, ba^ ber %utor bel^aupten 
tann, er ^abe feine beften ©ebanten ber il^m auferlegten 
©elbftjenfur opfern muffen, ^d) begebe ntid^ aber 
biefed ^rimlegiumd, inbent id^ frei unb offen betenne, 
ba^ id^ nid^td toeiter aU lauter Keine ^ausgebauten 
bringen miU, toie fte fttri^ ^uideton fid^ gejiemen. 
2)iefe ,,@tubien'' moQen burd^aui^ leine l^o^e ^olitif 
treiben^ fonbem nur leidste pubtijiftifd^e p&nKer ab« 
geben; fte moQen aU fläd^tige SSorpoften baS poIitif(^e 
Xerrain ein tt^enig beobad^ten, um bem ^uptforpfly 
ju meld^em fie getreu, bem ber Literatur unb ^unft, 
ben ßufammenl^ang mit bem n^irüid^en £eben nid^ 
gänjlid^ abfc^neiben ju laffen. 9lebenbei gefagt, fo 
toerben fte, tt^enn eS gteid^ {eine regulären Xruppen 
ftnb, bo(^ gute aXannSjud^t l^alten, obmo^I man nid^t 
bofür einfielen lann, ba§ fie fid^ nid^t im SJoruber* 
^ufd^en nac^ p&nKerart einige Heine 9lecfereien er== 
(auben bärften. 

9Kan »irb nid^t ein Soumalift über 9lad^t, 
ic^ meil tooffü SKi^Kugt mein SBerfud^, fo fd^ieb' 
id^'i^ benienigen inS @en)iffen, toetd^e uni» übrigen 
@(^riftfteDem fo pufig unfer @d^)oeigen jum 
93om)urf mad^ten. SBeit bebeutenbere SOt&nner aU 
iä) l^aben ftd^ bidl^er fc^meigenb unb untätig t^er^» 



4. ©tubicn (1849). 61 

galten — e^ la^t \xä) t>xtlUiäit entfcl^ulbigen, getot^ 
erflärcn. 

3)ad erfte Sufbraufen einer tonnen, alliu berben 
S^oltdltteratur ^at mand^e Don i^nen erfd^redt; i^re 
^anb n^ar ungen^o^nt, ben neuen bemotratijcl^en 99oben 
nrbar ju mad^en — fte ^&tten t^ ^orgejogen, feinen 
Slonb mit JBtumcn ju be^ffonjen. S^^^^ — ^^^ %^^^ 
eined neuen, reid^en @toffed fibemältigte fie erft, beDor 
fie i^n übcmältigen fonnten. SSerü^mte ©d^riftfteöer 
ftnb eine %rt (iterarifd^er Striftotraten; fie ^aben Xalent 
ober @enie, unb obenbrein Don @otted ®naben; fte 
ft^en in ber erften ftaunner ber fd^dnen 9Renfd^^eit 
unb finb burd^aud nid^t gen^iDt, i^r $rit>ilegium ber ^nft 
aufgugeben. 9(d Vriftotraten ift il^nen aud^ ein feinet 
Qk\n^l für bie fd^bne ^orm angen^o^nt; barum foDte 
i^rer (Sntpfinbung nad^ felbft bie bentotratifd^e 3bee 
in einem gefälligen @manbt aufgutreten bemül^t fein. 
Sie filieren Ät^en unb ^ari« afö SBeifpiele an — fie 
l^aben t^ielleid^t nid^t gau} unred^t Stud^ ber SSerfaffer 
biefer ^^©tubien'' ^at fid^ — in feinem befd^eibeneren 
SSBirhingiJfreifc — fi^nttd^e gorberungen gefteHt unb 
er möchte gor gu gerne bei feinem geliebten äßien 
ben SBetteifer erregen, fid^ jene beiben SRufterftäbte 
ber alten unb neuen äßeU an politifd^er SBilbung 
unb SBaterlonbdliebe, fomie an eblem StuSbrutf 
unb ®efd^mad gum SJorbilb gu nel^men — t>iet 
leidet n^äre bad gugleid^ ein SBeg, i^nen an tt^a^rer 



62 4. ©tubicn (1849). 

^et^ett unb getftiger Utta6^angigfeit nä^er ju 
tommen. 

2. Die mSnner der Zukunft. 

^aa tann ntemanben l^inbern, fic^ fein ganzes 
£e6en lang für einen SKann ber 3^1^^?^ i^ Italien. 
Unäf in SSien f^ajieren f old^e ßutunftdntänner bu^enb^ 
n^eife ^erum. @ie gelten allen färben an, aden $ar« 
teien; üiele ^aben il^re eigene Partei ergriffen; fie 
meinen ed aufrid^tig mit fid^ felbft unb möd^ten [xäf 
gerne etoad ®uted jutommen (äffen — Sd^ tt^ill Der« 
fud^en, (Suc^ einige berlei ^&tmtt ber ß^I^i^ft Ju 
fd^ilbem. 2)a gibt ed färd (Srfte eine gemiffe Gattung 
biplomatifc^er @d^(aulöpfe, meiere ftd^ bei ber neuen 
SBenbung ber 2)inge gleich anfangs jurüdfjogen unb 
im SSerborgenen hielten, um fid^ nid^t abjunü^en. 
2)iefe fieute jubeln in il^rem fidleren |)inter^alt, \o 
oft ein 3)e^)utierter ober ein SRinifter einen ^^^Itritt 
mod^t; jeber ©efaöene ift für fie eine neue ©tufc, 
über ttjeld^e fie f^äter emporguflimmen gcbenlen; tritt 
ein SReuer, g^fd^er auf, fo berechnen fie i^m feine 
!Dauer auf bie äKinute. Da^ Zufällige ^aben fie aud^ 
ganj richtig beobachtet, allein ber Stttn ber @ad^e ift 
il^nen fremb geblieben. Sine 3bee, bie inS £eben tritt, 
nä^rt fid^ Don $erf önlid^leiten ; ber ©ebante Derje^rt 
eine SKenge Don 3nbimbuen, bie fid^ il^m l^alb bc^ 
»ufettoS opfern, bis er int legten, redeten 3Kann fjtlU 



4. Stnbxtn (1849). 63 

{eud^tenb gum ^ntöjibtu^ tommt. Z)ai^ tpiffen aber 
leite nic^t, bte fid^ für unentbe^rtid^ leiten, meil fie 
mittelmölig ftnb, für meife, )oeiI fte idgem, unb bie^ 
tocil fie ber 3^* «id^t getoad^fcn finb, fid^ einbilben, 
i^re @tunbe merbe erft lommen. @o ein 3it^^f^^^f 
ber niemald jum @egentoärtigen tt^irb, gleid^t ganj bem 
^omunfulud in ber $^iole^ ber ftd^ nad^ ber (Stiften} 
f el^nt — änbere lönnen t^ nic^t faffen, ba§ ftc^ bie SBelt 
)o nrplö^tid^ Derle^rt ^oben foQ; ber 3Bagen ber ßeit 
ift ein »enig aM bem ®eleife gefahren — weiter 
nid^W; lein Qmti^tl, er toirb »ieber einlenfen. ©ie 
freuen ftd^ fd^on barauf, wie fte Reifen motlen! Der 
®taube biefcr üKttnner fielet felfenfeft; fie weifen auf 
bie @efd^id^te ^in, auf 9la^oIeon, auf bie Sleftaura« 
tion; @enera( (Saüaignac war eine geraume 3^^^ ^^^ 
le^ter, unwiberleglid^er 93eweidgrunb — aud^ ber 
beutfd^e Drbnungdmad^er lann nid^t ausbleiben — 
furj^ bie Sergongenl^eit ift il^re 3^^ttft. — ©efä^rlid^er 
ftnb bie eigentlid^en äRänner ber @egenwart, weld^e 
ber Sbee bienen, inbem fie fte anierren unb fie, jum 
Sd^redten ber SKäfeigen unb SWid^temen, wie im ^of^U 
flieget ate gra^e erfd^einen laffen. 2)en erften ffti^ 
unb ^ad^ im politifd^fo^ialen @ebäube, Dor bem bie 
anbem fid^ budCten, begrüßten fie juerft mit einem 
gfreubengefd^rei; ed war i^re äßolluft, bad l^alb jer^ 
brödJelte ©emäuer mit frevelhafter gauft in ben Stb= 
grunb ju ftürgen unb ftd^ an bem S)onner im 9heber:= 



64 4. etubiett (1849). 

fd^mettem, an bem @tQu6 unb Z)unft ju ergoßen, fo« 
iDic an bcr ©orgc unb Ängft ber untätig Sieben* 
fte^enben. 2Ran tt)irft i^nen unreine Äbftd^ten wi — 
baS ntag Don biefem unb jenem gelten: Diele ftnb 
n^al^te Sbealiften, nur in ü^rer %rt: bem @uten bient 
aud^, mer bai^ ©d^Ied^te Demid^ten l^ilft 

8lber bie Suft am 3^tören ift gefäl^rlid^; fie 
wirb leidet jur Seibenjd^aft, jur Iranl^aften JBegicrbe^ 
bie an leiner anbem X&tigteit, an leiner Zat beS 
anberen ©efatten finbet unb ^o jule^t bal^in getaugt^ 
bie neue merbenbe @d^öpfung ju Derad^ten, totil fie 
i^rem fd^ranfenlofen Sbeal nid^t entf^jrid^t, ba« fri^d^e, 
(ebenbige ©d^affen ju Raffen unb ju ^inbem, bai^ i^r 
üerfagt ift unb i^r barum ein JBortt)urf bünft. 3)ie 
erften SRänner einer neuen ß^it begroben ftd^ \o meift 
unter ben 9htinen ber alten bie tnenigften l^aben eine 
ßulunfi — S)ort fte^t nod^ ein 2Rann — fa^t il^n wol^l 
in§ Äuge — er toirb eine ÄoHe fpielen, eine bebeu^^ 
tenbe 8lotte, bet)or ber „SRed^te" lommt. SBie Iftd^etnb 
er ba fte^t, befd^eiben, üon tt^enig SBorten. Unb hod) 
— toie glfil^enb tt)irb er öon ©ner Partei ge^a^t, toie 
innig üerel^rt Don ber anbem! 6r f^jrid^t feiten in 
ber Äammer — aber wag er fagt^ ift beftimmt unb 
fc^arf unb trifft immer ben Kagel auf ben Äopf. Sei 
einer bebeutenben ^rage wenben fid^ bie SBIidEe nad^ 
i^m unb feine Änftd^t gibt ^fiufig ben SuiSfd^Iag, benn 
fein ®eift^ fein SBiffen^ feine Äenntniffe finb unbe=« 



4. 6tubten (1849). 65 

ftrittcii unb fdbft bic ®cgticr mfiffcn ftc wibcrftrcbcnb 
ancricnncn. ffir ift bcr 3Äann bcS Drbncn^, bc^ @c* 
ftattenS — man faitn i^n nid^t entbehren; aud^ eine 
9e)Dtffe ^reifinntgleit ift il^m nid^t a63uj))red^en, boc^ 
benft man el^er and Gegenteil, toenn er fte bidn^eUen 
im aRunbe fü^rt. 3ßan ift geniol^nt, id ädern, n)ad 
er fagt, wad er tut, eine verborgene Äbftd^t uoraug* 
}uf e|en ; man beobad^tet auf mertf am jebei^ feiner SSorte, 
bie geringfte feiner ©eberben — ein S^iä)tn, baft ber 
äKann bebeutenb ift $eute l^at er ben äßinifter gelobt 
— toarum? SKan m\% er ift fein tJcinb, er gel^t ba- 
mit um, il^n ju ftürjen. 3)ad 3n)eibeutige £ob (ägt bad 
faft a^nen. 35a8 SWinifterium fei „el^renwert", l^ei^t ed, 
öoQ guten SBillenS — nur freilid^ ein biftd^en fd^toad^ 
unb fd^roanlenb; eg öertoirre bie 35inge, bie ed orbnen 
foQe, bag eigentlid^e iRegieren fei nid^t feine ©ad^e — 
boc^ eS ift el^renttJert, öoIHommen el^rentoert; ber 
iRebner l^offt, baS toerbe genügen, aud^ in bief er ftür:= 
mifd^en 3^^*^ ^^^^ äÄi^trauen fid^ eine fefte, hräftige 
§anb nod^ nid^t gefallen taff e uftt). — $ier jif d^t bie ßinfe 
heftig. — Der 8fiebner fprid^t rul^ig unb l^eiter läd^etnb 
fort, t)on feiner jagl^aften f^^eunbe 93eifaQ nur fc^toad^ 
unterftii^t, unb oerl&^t bie Xribune, ol^ne einen eigent« 
lid^en @ieg errungen ju l^aben. Sd toar il^m aud^ 
nid^t barum ju tun. 

Aber ber erfte Änlouf ift genommen, ba8 @tid^= 
mort ift gefallen, bei einem näd^ften Snla^ rüdt man 

•4«<ftni IT. & 



66 4. ©tubien (1849). 

bcutlid^cr mit bcr garBe l^craug unb finbct bercitt 
hräf tigere Reifer; Sournate unb Äotcrien tun ba* 
fibrige; man legt bem ajtintfterium gelegentlich eine 
%aVit, in bie ei^ plump unb el^rlid^ l^ineintritt, man 
benfi|t feine SSemirrung, feine Unbel^itftit^feit — unb 
el^e man ftd^'Ä öerftel^t, ift unjer 3Äann am ©rett. 
Wlaä)iat)dl ^at red^t: S)ie SBelt gel^ört ben @leic^^ 
gütigen, ben Äaltbtfitigen, ben Seret^nenben — wenig- 
ften« bie 9Kac^iat)effi 'f d^e SBelt. SDiefe SBelt fott ftd^ 
freUid^ aufleben — aber meint S^^r, baS gefd^e^e ^o 
Icid^tl^in, ol^ne Äantpf unb SBiberftanb? 

Sebe ®egentt)art bereitet fid^ il^re 3^hinft, jebe 
nöc^fte ä^hinft fd^fft fid^ il^ren SKann. SBir brauchen 
populäre 3Könner — id^ meine nid^t fold^e, bie bem 
Sotfe fd^meid^eln, jonbem benen e« traut. Aber fie 
ftnb nic^t fo leidet ju finben. 2)ie Popularität ift ein 
@el^eimni^ toit bie Siebe. 2)er l^at fie, ber l^at fie 
nid^t — ber finbet fie, ber nid^t Unb gleid^ öict, ob 
ber äJoIf^mann au§ bem SSode ift! SBir laffen unS 
auc^ mit einem populären @rafen (Sgmont jufrieben 
fteEen. (Jr barf aud^ ftotj fein, eitet, leid^tfinnig — 
aber niir muffen il^n (ieben lönnen. Unb ^offen mag 
er treiben, tt)ie Xorl^eiten — wir fe^en il^m uieleg nac^I 

Slcibiabe^ fd^nitt feinem $unbe ben ©d^wanj 
ab. SBaS war wol^I feine Sbfid^t? S)ie guten Stl^ener 
machten ad^t Xage (ang i^re ^loffen barüber. 3)er 
©d^alf! ffir l^atte feinen S^t^ erreid^t — er wollte 



4. Stubten (1849). 67 

t^rc Äufmcrffainfcit t)on gctmffcn anbcm SJingcn ab»' 
(enten unb boc^ jugteid^ Don ftd^ fpred^en mad^en. 
^Icibiabed tonnte \o manc^ei^ n)agen: er toar ein 
a&gott bei^ Sollet. 

Sorifittfig raf tc^ noc^ wenigen — fei'g int 
3*ei(^Ätag ober int 9Äinifterium — il^ren Jg^unben bic 
©(^niänje jn finden. 

3. Bofrat oder IDinifterialrat? 

(Kn Sdnig ftirbt nic^t — ein ^ofrat auäf nid^t. 
Jlcifer 9Rqs I. ^at bie ^ofräte erfunben nnb jd^on 
unter ^^rbinanb L ^aben fie ftd^ bebentenb k)emte^rt. 
@eitbem l^ot il^re Snjal^I unter jlebent fo(genben $err« 
fc^er faft in geometrijc^er $rogreffion jugenommen. 
S)er ©tanb ber §ofräte unter i^rcm ©d^öpfer unb 
balb nad^^er xoax nid^t eben ju beneiben. @ie l^atten 
mel Arbeit unb nienig £o^n. Sierjig ®ulben monot^ 
lid^. Sßer Dom (bantate offenen) 9lat unb @erid^t n)eg 
blieb, bent n>Qrb ber @o(b für ben Xag abgezogen. 
@))&ter^in n^urben i^nen il^re @efd^äfte erleid^tert unb 
i^r @e^(t er^öl^t Z)ad mad^t bie geometrifd^e ^o^ 
greffton. 

^aijer SKaj: L, ber fogenannte le^te Sütter unb 

lebenfaQd ber erfte SSeomte, ^atte nod^ feine 9C^ung 

t>on einer tonftitutioneOen äÄonard^ie, — jonft ^ätte 

er üermutKc^ gor feine ^ofratc, fonbern gteid^ anfangt 

louter aXinifterialrate crfd^offen. 

5* 



68 4. @tubien (1849). 

2)ic leiteten euiftanben aber crft unter bem aRi- 
nifterium S^oMl^off. Sßie langfam fd^rettet bod^ bie 
äBeltgef d^id^te ! 3)rei t)oQe So^t^unberte brandeten bie 
^ofräte ju t^rer 93erpuppung, aud n)e(d^er bann enb^ 
lid^ ber bunte lage^falter „SRinifterioIrat'' an« ton* 
ftitutioneUe £id^t emporflatterte. S)ad genannte äKini« 
fterium l^atte äbrigend mit fetner ©d^öpfung eine arge 
3)oietrad^tdfadEeI in bie äBelt gefc^teubert S)ie alten 
SSodblut^^ofr&te fingen näntUd^ an, bie neugef d^affenen 
äÄinifteriaträte mit einer gewiffen ariftofratijd^en @t^ 
ringf d^ä|ung ju betrachten, toöi^renb bie le^teren, ftolj 
auf il^ren l^alb^plebeifd^en Urf^rung, ben SSorrang ^or 
ben erfteren bel^aupteten. 3)agegen gab ed n^ieber me§« 
rere ^ofräte bed ancien regime, n^eld^e il^r begreifen 
ber neuen ßeit baburd^ ju beurlunben fuc^ten, ba^ fie 
ftd^ frein^idig in SKinifterialrate umtauften. 2)iefe 
^nabaptiften fanben faft nod^ n^eniger ®nabe \>ut i^ttt 
9ugen ber alten ^ofratcreme. @o l^od^ übrigen^ bie 
^enoirrung unb (Erbitterung in ber ^ierard^ifd^en 
^ureautratie burc^ biefe äJorgange auc^ gefteigert 
toorben, fo ^atte fid^ bod^ aOmä^Iic^ ber @Iaube ju 
Derbreiten begonnen, ba^ alte @efd^Ied^t ber alten $of- 
rate fei im S(udfterben begriffen. 2)a fadste plö^Ud^ bie 
Smennung eined n^irüid^en ^ofrati^ burd^ ben Saifer 
felbft ben atten @treit aufd neue an. t^attifc^ ^aben 
njir nun §ofräte unb aRinifteriaträte — jebenfatt^ 
eine 93ereid^erung! Sber in toeld^em SSer^ältnii^ fte^en 



4. ©tubien (1849). 69 

fic jucttianber? SWcmanb »ct§ cS. §abcn öicllctd^t 
bic §ofratc in ä^^^^^ft wirftici^ nur bcm §ofc, bie 
SRiniftcriatrfitc blo^ bcm SKinifter ju raten? Aber 
einem fonftitutionetten §ofe rät ja baö SÄinifterium 
— ba brauc^t'g leiner §ofrate, unb bie SDlinifter 
muffen fic^ felber Siat toiffen. Ober f)'alt man bie 
©d^öjjfung eine^ ftarlen Öfterreid^ ffir unmöglich, ol^ne 
baS alte Snftitut ber Jg^ofräte jn erl^alten, ju höf* 
tigen, nen jn beleben? 3)ann würbe id^ raten, bie 
neuen SRinifterialräte lieber eingel^en ju taffen; fie 
fd^einen ol^nel^in nid^t auf bie S)auer bered^net; mete 
traten auf unb uerfd^toanben lieber, »ie bie Silber 
einer latema magica. (Sin ed^ter ^ofrat ift aber nod^ 
niemate gang öerfd^»unben — er l^ält fic^ toenigfteni^ 
fotange, big er feine öotte ^ßenfton anfpred^en lann. 
3)rei]^unbertj|&l^rige Sioutine Derlei^t ein gen^iffed 
k plomb, ti)ad ein neugebadEener äRinifterieder nid^t fo 
leidet ertoirbt (Snblic^ ift aud^ ber glaube, bie %n^ 
^&ng(i(^feit beS SSoKed an bad lang ®eti)ol^nte, alt 
l^ergebrac^te ju berüctftd^tigen, gu fd^onen. Solange 
irgenb ein äöfterreid^er beulen fann unb nod^ ujeit 
(anger, ift adeS unb jebed im Staate burd^ bie $of« 
rate bewerlftelligt ujorben. Sie l^aben fonft bie Slefru* 
tierungggefe^e gemad^t, bie tJ^nanj- unb ©tempel* 
patente, bie guten ä^garren; fie ^aben bie biptoma= 
tifd^en ®efd^äfte geleitet, bie $oIigei gel^anbl^abt, bad 
X^eater unb bie 3^^fu^- äJtand^e k)on il^nen l^aben 



70 4. Stubien (1849). 

fogor gcfd^ricbcn — ote »irfKd^c ©d^tiftftcflcr, mein' 
ic^. Slbatn SKüUer loar ein ^ofrat, t$^ebrtd^ &trüi, 
dlcmcng §ügcl unb gricbrid^ §urtcr — unb tocr 
nod^ aEc8 ? ® iejcr unb jener l^ätf für fein Scben gern 
§ofrat »erben mögen. — ftommt Qtit, fommt §of* 
rat! Sßie lann er'd aber n^erben, n^enn man bie ^o^^ 
rate abfd^afft? äBie fann ber junge ^ofratslaid^ an 
ber ))oIitifd^en @onne ausgebrütet n^erben, tnenn man 
ben ganzen Xeid^ ausleert, n^enn man n^ol^I gar mini« 
fterialrätlid^e @törc^e ]^ineinfe|t, mld)t bie ^ofratS« 
embr^onen aufgel^ren? — 

2)aS l^ol^e ajtinifterium bebenfe baS aUeS unb 
Derivate einen Streit §tt)ifc^en alter unb neuer Qtxt, 
jTOifd^en bem (Sf^ox 2)on TtanutU unb 2)on S&fard, 
itDi\6)tn ben el^m^ürbigen ^iftorifc^en ^ofräten unb 
ben neu erfunbenen, nod^ nid^t fonfolibierten SKinifte* 
rialräten. 9{ebeneinanber fbnnen bie beiben feinbUd^en 
@ef d^Ied^ter ni(^t beftel^cn — ba« ift ttar ; unterorbncn 
mU \\6) feines bem anbem laffen. Sinei^ mu^ toeid^en, 
)ot>id ift gen)i§ — aber wel^»? ^6) l^abe jugunften 
ber ^ofräte adeS t)orgebrad^t, toaS mir meine 3ttu 
gung für fie eingab. 3)ie äJtinifterialräte finb fung unb 
fül^n — bie mögen für fid^ fetter f^red^en. — ^of* 
rat ober SKinifterialrat? SBir bitten baS SRinifterium 
um gefällige Sntfd^eibung. 



4. Stttbicn (1849). 71 

4. Ober die Barbarei. 

2)ic SBiener ©öfter, toctd^c über bic 5ßrc^frci^cit 
jubelten, öerfaufen fein ©ud^ mel^r, fett fte in« ßebcn 
getreten ift. SRiemanb nimmt fid^ bie SWül^c, ein SBerf 
ju fd^reiben, nicmanb bie geringere, bie frül^er ge* 
fd^riebenen ju lefen. Wie SQSelt fäl^It fid^ burc^ bie 
XageS« unb ©affenliteratur befriebigt unb panem et 
eircenses fd^eint je^t bie Sofung, wie jur 3^^* ^^n 
9tomi^ nol^enbem SBerfad. Ttan totvbti mir ein, bag 
toir noc^ nid^t fotoeit finb, eine neue ßiterotur §u 
fc^affen; je|t, wo ber Staat erft nad^ einer feften gorm 
ringt, loo toir ben neuen fräftigen £ebendteig noc^ laum 
gefnetet, je|t fei ber feinere ©toff gar nid^t oorl^anben, 
au« welchem ftd^ gierlid^e unb tünftlerifd^e ®eftatten 
bilben liefen. Aber feftl^alten foUten wir Wenigften«, 
wa« wir befi^en, unb wem irgenb eine ®d^ö|)fung«Iraft 
eigen, ber f ott fein Sid^t nid^t unter ben ©d^effet jleüen, 
fonbern e« leud^ten laffen, fo gut e« mag, unb war'« 
feine gadel, fonbern nur ein Sol^anni^würmd^en. 

^raftifd^ere SSöIter a(« bie 2)eutfd^en l^aben il^neu 
auc^ in biefer Sflid^tung ben Slang abgelaufen. 2)ie 
3u(iret)oIution war laum gemad^t, fo l^atte fie fd^on 
il^re fiiteratur. SBir fd^einen mit ber unfrigen ju warten, 
bi« bie beutfd^e SSerfaffung fertig fein wirb. Unfer 
Ie|ter Äunftau«flu§ waren „2)orfgefd^id^ten". aS5ßcr:= 
gefd^id^ten l^aben wir freiKd^ bi«l^er nic^t äftl^etifc^ 



72 4. ©tubictt (1849). 

verarbeiten bürfen, benn »ir felbft toaren ja fein SJoH, 
wir Ratten feine ©efd^ic^te! 

(E^ tft ein loa^red Unglüd für bie 3)eut{(l^en, 
ba^ i^re großen 3Ränner eine fo l^äudlid^e unb bürgere 
(ic^e, jugleic^ ariftofratifd^e Literatur ju machen ge« 
nötigt n^aren, k)on mläjn bad 93oIf fot)ieI ipie gar 
nid^tg »eift. Seber ffinglänber fennt feinen ©l^afcfpeare, 
unb ic^ (a^ ntir'^ nic^t nel^men, ba^ biefer ntonarc^ifd^e 
unb ^roteftantifd^e 3)id^ter unb @e^er \)xd baju bei^ 
getragen, ben ©^arafter feiner Snfutaner, i^r ftctige» 
unb befonneneg f^ox^^ä^xtiitn, ja i^re ©d^eu üor Qt^ 
toaltjamen änberungen für eine lange 3^^^^!^ M** 
jufteQen unb 2^ fraftigen. SBie fel^r SSoItaire unb 
Slouffeau in fjleifd^ unb 93Iut aüer ^^anjofen über« 
gegangen, bad bezeugt bie ganje 9let)oIutiondgefc^ic^te. 
@d ift ti)eit bak)on, bag ©oetl^e unb ©d^iQer in ä^n^ 
lieber SBeife ge»irft, toirfen fönnen. Qtoai ©c^itter 
mar lange Qtit ein toal^rer äJoß^tröfter. 3n feinen 
präd^tigen "SRantd bed SbealidntuS n^idelten fid^ bie 
reell KodEten unb SBlofecn unb: 

^^er ailenfc^ ift frei gefd^affcn, ift frei, 
tlnb tourb' er in Äcttcn geboren" — 

fo jubelten fte, loenn fte aud^ n^ad n?entgeS babei 
froren unb jöi^neflopperten. Aber bie ibeate greifieit 
genügt je^t nid^t me^r — ber SRantel ift fabenfd^einig 
geti)orben unb feine l^errKc^en ^nftftidereien Ratten 
nid^t warm. 8n fpärlid^en Sonntagen fteüen bie ^of^ 



4. Stubicn (1849). 73 

tl^cotcr*3ntcnbatttcn bicfcn „l^eiligcn SRod" bcm SBotfc 
bidioeilen nod^ auf jur @cl^au, ipeld^eS i^n glauBig 
mit fd^toeigenber ©c^eu tote eine foftbare Reliquie i^on 
»eitern betrad^tet unb üerel^rt. — SWit ©oetl^e ift'g nun 
freiließ ein anbere^! Sier ift reeD genug — nur ba§ 
fte il^n nid^t öerftc^en. Unb in^ eigentlid^e SSott ift er 
\o gut »ie gar ntd^t gebrungen, fo ^el^r er'8 uerbientc. 
SSenn $err k)on Sotta nid^t »are unb fein en?ige^ 
^k)i(egium, id^ mad^te mi^ anl^eifd^ig, aud bem Qt^ 
fantten ©oetl^e eine SSoIteauSgabe auSjugie^en, bag 
i^nen bie Äugen aufgingen! Äße ^ßebanterien, aüe 
poetifc^e ©tiliftil, aüe ©d^IadEen ber Qdt, Diplomatie, 
Änfingung Don Surften, SBerel^rung ber SÄinifter ufw. 
lie^e id^ weg, unb e« foQte mir foüiel gefunbe 5ßoefte, 
fiiebe, SBei^l^eit unb greil^eitäbrang — furj ber toal^re 
@oetl^e übrig bleiben, ba^ ba^ beutfd^e S3o(f ben täc^« 
tigen, berben granffurter erft rec^t erfennen unb gar 
nid^t bezweifeln mü^te, loeber ber feiige beutfd^e 93unb 
in bei^ Alten SBaterftabt, nod^ ba^ fiberfelige geleierte 
SBoIteparlament bafelbft bürfe il^m nur öon weitem 
ba« SBaffer reid^eu- — 

ä8aS man ^at, bad l^at man! £önnt 3^t nid^t^ neued 
guftanbe bringen, f o lef et toenigften^, f o ftubiert eure Älaf := 
ftfer, eure Alten! Qt^ iftme^rÄem in il^nen, afö baftSl^r, 
faum pgge geworben, fie über bie ät^f et anfeilen bftrf tet. 
®Iaubt mir, eS ift gef öl^rtic^, ben alten Sßrouiant in Über^ 
mut über SJorb ju werfen, weil wir mit Släd^ftem auf einer 



74 4. ©tubicn (1849). 

Üppigen Snfel ju (anben l^offen, bie uniS mit frifc^er 
^lal^rung im Überfluß öerforgcn joQ. S)ic Snfd ift noc^ 
fem — 3]§r treibt auf offenem Söieer — unb auf bem 
äReer tann man t^erl^ungern. 2)agegen ift aQe^ gut 
— jetbft ©d^iffgjiuicbad. — Über ein SSoII, bag nic^t» 
fc^reibt unb lieft als 3^ttungen, brol^t bie 93arbarei 
cinjubred^en. 3l&r fcib öon einer berlei gelinben ©ar* 
barei bebrol^t — 31^ — noc^ mel^r eure ^nber. 
fieitenbc Slrtifcl, Flugblätter unb Äammerreben finb in 
Smigfeit (eine Literatur unb filieren ju (einer; eine noc^ 
jo grofee äÄaffe SDlenfd^en toirb niemate ju einer 9la* 
tion, ol^ne ßufammennel^men aUer fd^bnen unb eblen 
Gräfte, beren tebengöoUfte »tüte bie SBiffenjc^aft ift, 
bie Äunft ffi« gibt feine ^i^eil^eit, tt)o man jebe geffel 
abftreifen roitt, unb jo ^f)x'^ öerfud^en tooUtct, fo 
mürben eud^ balb ber treue fjtei^, bie cble Sitte, baS 
gorfd^cn nad^ bem SBal^ren, baS Streben nod^ bem 
Schönen aud^ nur löftige tJ^ffeln bünlen, toeil fie auf 
9Ra§ unb Qitl bringen unb bem UnrnJ^ig-Sd^ranfcn* 
lofen ^eitere ©rengen fe|cn. 

S)a8 SÄinifterium ift in bicjem StugenblidE mit ber 
innem unb äußeren ©eftaltung be§ neuen Dfterreid^, 
mit ben ^od^ioid^tigften ^ngelegenl^eiten betraut unb 
befd^üftigt; aber gehört barunter nid^t auc^ badjenige, 
roa^ bie 9}{enfd^en überl^aupt, unb folglid^ auc^ bie 
öfterrei(^if(^ett äÄenfd^en, erft ju wal^ren SRenfc^cn 
mac^t? 2)a8 ift bie ©orge für bie (Jrjie^ung, für bie 



4. ©tubien (1849). 75 

Sitbung ber @taatö6ürger; für bie (Srl^altung^ $e(e^ 
bnxiQ, ^örberung bed S3eften unb (Ebelften, toa^ bie 
äKeitjd^l^eit befi^t. ^d) t)erlenne bie ©c^tDierigleiten nid^t, 
welche fid^ ben ie|igcn Senfern be8 öftcrrei(^i}ci^en 
Staate« ijon aßen Seiten entgegen tarnten, bie An* 
forbemngen, benen fie jn genügen, bie SBiberf^rüd^e, 
bie fte jn belämpfen l^aben; aber aud^ ba^ re^nbti« 
tantfd^e ^antreid^ l^at mitten unter ben gen^altigften 
Stümten ba^jenige nic^t t)emac^Iä{ftgt, tnaS einzig unb 
aOein bie gärenbe @efeUf(^aft, jtoar nur aQm&^(i(^, 
aber anbauemb, ju befc^tt)ic^tigen, ju berul^igen, ju 
üerföl^nen öermag: bie Seigre, bie SBiffenfd^aft, bie 
^nft. 2)ie franjöfifd^e Kammer ^at in ber größten 
f^inanjnot bie ^u^gabe t)on äRiUionen nid^t gefd^eut, 
um ben SBoIteunterrid^t ju beleben, ju uerbeffem; bie 
9le))ttbUf l^at bie n)iffenfc^aftli(^en 3nftitute auf ba« 
Äräftigfte unterftü^t, fie l^at ben 9RaIem unb JBilb* 
dauern Arbeit unb bem SBaterlanbe in ben ©rjeugniffen 
il^rer Äunft neue 2)enlmale ber (Erinnerung unb fin^ 
eiferung gegeben, il^re Sorgfalt l^at ft(^ aud^ auf bie 
X^eater unb ^onf eröatorien ber 23tti\\t erftredtt. ®eneral 
(Saüaignac, ti)el(^er nad^ UnterbrüdCung bei^ furchtbaren 
i^uniaufftanbe« einer Si^ung ber Acad^mie fran^aise 
beiwol^nt, erfd^eint mir faft nid^t minber gro^ al§ Sav 
^^ter unter ben Streuten. — Öfterreit^, ba« reid^e unb 
(ebenSfrifd^e Öfterreid^, fd^tiefet nac^ allen aiid^tungeus 
noQe ^eime ber (Sntn^icfelung in ftd^, unb e« bebarf 



76 4. ©tubtctt (1849). 

öicücic^t nur einiger ?[neiferung^ geringer SBeitat wn 
oben^ um {te in befruchten, ju reifen unb bie fd^önen 
^öfte, bie int £anbe fd^Inntmem ober fic^ fruc^tloi^ 
üerjel^ren, nad^ einer @eite jn lenfen, bie bem @an}en 
jum SBorteil unb ^Ue bienen n^irb, bienen mu^ 

3)ie ©egentoart ift Äampf unb ©treit, aber fie 
ift t)on l^offenber Ahnung frol^ bewegt; bie 3^iif* 
toirb bie (SrfüDung fein unb bie ß^^f^i^ft gehört ber 
Sugenb an. 3)amm k)or aOem forgt für bie Sugenb! 
SuS jungen £euten tann man ^Ibgötter machen xoit 
f^aVbt äRenfc^en. (Erjiel^t euc^ felber für bie neue Qnt 
unb bilbet bie Säuglinge baju l^eran, bereu Srbe fie fein 
luirb. 2)ie näd^ften Sa^re entfd^eiben k)iel. Sine @ene^ 
ration, bie ffir bie fommenbe forgt, bereitet neueö Seben 
öor, Sic^t, ®eift unb Äraft; bie il^rer öergi^t, fü^rt 
bem Untergang entgegen, bem Seid^tftnn, ber äio^^eit, 
ber Sarbarei. 

5. Qü'est-oe qne le qnatribme ^tat? 

3n ber guten alten 3^^^ )naren in ber guten alten 
SBiener S^i^i^S bidmeilen gar n)unberlid^e 3)ingc 
gu lefen. ^er auc^ ^eutjutage ift fie genötigt, fo 
manc^e^ aufgunel^men, tt)ot)on fid^ bie ^l^ilofopl^ie nid^ti^ 
träumen lä^t — }. SB. ben Sn^alt ber ©i|ungen be« 
©emeinberateg. fiaut eine« beriei ®i|ungÄreferote« 
Dom 10. Sunuar b. 3- Ratten bie nieberöfterreic^ifc^en 
Stäube eine 2)eputation an ben Saifer befc^Ioffen, um 



4. ©tubieit (1849). 77 

i^m i^rc ©tüdtDÜnfc^e jur 3;^ron5eftci8un9 borju* 
bringen; juglcid^ Ratten pc bic SBicncr ^Bürger ein* 
geloben, ftc^ bei biefer S)eputation, ald bem vierten 
Stanbc angel^örig, ju beteiligen, hierüber entjpann \xi), 
xoit ber Sfteferent üerftc^ert, „eine intereffonte 2)ebatte, 
in meldtet t)on meisteren Siebnem grünbUc^ (!) näd^« 
gewiefen toirb, ha% ©tSnbe, jtoar regeneriert, aber 
bod) fortbeftel^en werben, folgtic^ ber SBürgerftanb ber 
©tobt SBien einen S^l^Igriff täte, »enn er bie ®in« 
labung nid^t annel^nten unb f o faltifd^ baS Stecht anf^ 
geben würbe, ben nieberöfterrei(^i)c^en fianbftänben 
anzugehören". |)iemad^ würbe auf ben Antrag eined 
ber Ferren befc^Ioffen, bie Sinlabung an5unel^men. 

2)ie ^Bürger äBiend l^oben fonad^ il^r Siedet „\aU 
tx^öf" behauptet, ate „öierter ©tanb" ben nieberöfter- 
reid^ifd^en £anbftänben anjugel^ören. %Ü k)ierter @tanb! 
2)ie @efd^niade ftnb Derfd^ieben. 3d^ meinej^ Seitö 
möd^te Wit^ Ueber fein, atö ein nieberöfterreid^ifc^er 
fianbftanb — unb wdr'g ein britter, ein jweiter, ein 
erfter — gefd^weige ein vierter! 9ia(^ bem 3Äärj ö. 3- 
backte (ein 2Sttn)d) mtf)x an bie nieberöfterreid^ifd^en 
©täube — man wuftte gar nit^t, ba^ fte noö) auf 
ber äBett waren. äSB&^renb bie £anbtage anberer ^o« 
.t)in}en ftc^ regten unb riü^rten unb i^re bamatö nod^ 
problematifd^e SSiebergeburt baburd^ vorbereiteten, ba^ 
fie ben ^Jorberungen ber neuen 3^^t „geredet" ju 
werben fud^ten, Ratten bie nieber5fterreic^ifd^en Ferren 



78 4. (Stubictt (1849). 

Sanbftättbc c8 öorgcjogen, ba8 ©taatöfd^iff bcn poIi== 
tifd^cn ©türmen ju übcrtaffcn, bafür bcn njcit angc^^ 
ne^meren Sanbaufentl^aft ju toal^Ien unb auf tl^ren 
©d^Iöffem unb 93urgen cum otio et dignitate in td)t 
frcil&crrli(^cr unb rittcrüd^cr ^citcrlcit ju l^aufcn, inf o= 
tt^eit bie^ tl^r ©d^merj über ben brol^enben SSertuft 
il^rer Urbariatrcd^te, JRoboten unb Qtficnbtn julie^. 
2)aS gro^e Sanb^au« war tt)ic au^geftorben, nur bie 
^Beamten xoaxtti jurüifgeblieben, in banger @m)artung 
il^re^ @d^ictjat§ unb i^rer 5ßcnfion. 2)ie ^errlic^ öer== 
jierten ©öle, in »etd^en jur altliberalen Qdt bie 
tönenben Sieben ber SSaterianb^erretter unb Befreier 
in spe erfc^aUten, l^attc man längft bem ©it^erl^eitg* 
aui^fd^u^, bem ®emeinberat, ben äBal^Imänneroerfamm^ 
lungen überlaffen unb fie nid^t toieber betreten tt)ottcn^ 
dermutlic^ um bie bittere Erinnerung an bie (Sutl^eiligung 
ber f eubalen ^ßrad^tl^atten burd^ bie barin im SRärj auf* 
genommene im))rooifierte ©tubentenbe))Utation bei einem 
abermaligen ^nblicf bief ed jum @oIgatl^a geti)orbenen aft^ 
^iftorif d^en |>errenfi|cg nid^t ^d^mer jüc^^frud^tloÄ ju er^^ 
neuern. — SSerbenf t S^r ben nieberbfterreid^i jd^en ©täuben 
i^ren ©c^merj? 3d^ nid^t ©ie l^atten jonft fpred^en bürfen, 
allein fpred^en — in jebem ©inne — e3 achtete freitid^ 
niemanb barauf, aber gleid^ otel! SBenn ber Wltn]6) 
nur jpred^en barf, ftc^ auiSfpred^en, fd^etten, brol^en, 
fei'g aud^ uergebtid^ — eg l^ilft^ eö erteid^tert. ©tumm 
fein ift gräpc^! S[ber ^(ö|(id^ fprad^ aOe mit unb 



4. ©tubien (1849). 79 

nur bte nieberöfterreid^ifc^en @tänbe mußten jc^tveigen. 
SKu^ten? Stein. %ber fie fd^tt)iegen. Z)te SSebeutenberen 
au8 i^ncn l^attcn il^tc ©tcttung begriffen — nämlic^, 
ba^ fie feine me^r Ratten. @te fud^ten fid^ ba^er eine 
neue, unb ba fie @eift unb Xalente befa^en, k)erftegen 
fie ben alten ft&nbifd^en ^ferc^ ol^ne Dielen Kummer, 
fd^loffen fic^ ber neuen ©ac^e an unb ti)urben SSoItS^ 
männer, 9Kinifier unb 2)e^utierte. 

KQein bie übrigen ^rälaten, ®rafen, Ferren unb 
Stitter fd^Iic^en fid^ ftumm gur ©eite unb toel^flagten 
unb jamnierten wie bie trauemben 3uben. Unb »or* 
über flagten unb janunerten fie benn? Über baS, toor- 
über bie gauje übrige SBcIt fro^Iodte : ' über ben SSer^ 
luft i^rer $ri))ilegien. Unb xoa^ n^aren benn bad für 
foftbare ^rit)itegien, bereu SSerluft einen f old^en Äumuier 
red^tfertigte? 35a§ fie in Uniform auffal^rcn, gufammen== 
ft^n, i^re ^äu^tid^en 9ngelegenl^eiten beraten, bie 
$oftu(ate anl^bren unb bie ©teuern ben)iQigen burften. 
SBo^I üerftanben: blo^ ben?iUigen — benn i^re ettoaigen 
8(nträge unb SSorfteQungen bagegen ^aben in einem 
falben Sal^r^unbert ju feinem Stefultate, nid^t einmal 
ju einer erlebigenben Änttoort geffil^rt. — 3d^ gebe 
ju, ba^ bie ^errfc^aft etn^aS unenblid^ Sodenbed unb 
SleijenbeS l^at; aber ber blo^t @(^ein ber ^errfd^aft, 
ber ©c^immer einei» ©d^eineS — nid^tS tt)eiterl Unb 
barum nieberbfterreid^ifd^er £anbftanb! unb barum 
jammern unb toel^flagen! 3d^ tann'S nid^t f äffen, nic^t 



80 4. 6tuMen (1849). 

begreifen. Sßer ntd^t gerabeju auf ben ^opf gefallen 
ift, ber tonn unb toirb in einem lonftitutioneßen Staate 
bei gel^öriger Xättgleit balb jel^nntal tnel^r ^nfe^en 
unb aJiac^t gewinnen ate bie gefamten nieberöfter* 
reid^ifc^en Sanbftänbe im alten SRegimente auc^ nur 
ben ^nfd^ein bat)on Ratten ober ^aben tonnten. Sßer 
aber auf ben Äo|)f gefallen ift, ber foü »eber £anb'= 
ftanb fein, noc^ S)e))utierter, nod^ lonftitutioneQer ober 
aud^ abjotuter SRinifter. S)er SSertuft eine« 5ßri* 
Dilegiumd, befonber« eine« privüegiam onerosum toie 
ba« ber ©teuerbetoilligung, ift alfo fo loenig ein SSer^ 
luft ate ber SSerluft ber roten Uniform! ^reilic^, 
Keine @eelen Rängen an ^t)Uegien unb an roten 
Uniformen! Slber ein fianbftanb, ein SSertreter be« 
Sanbc« mu| eine gro^e ©eetc ^aben — eine ©eele 
überl^aupt. 

Sd^ tomme auf ben vierten @tanb. äBa« ift ba« 
für ein 3)ing? Qu'est-ce que c'est que le qua- 
triime 6tat? — 3)a« finb bie JBfirger unb JBauem, 
öcrtreten burc^ JBürgermeifter unb ©^nbtfu«, toctc^c 
jur guten atten Qtit ber guten alten SBiener S^^ung 
auf bem $oftuIaten-£anbtage in fd^ioarjen 9)täntel($en 
erfc^einen burften unb Dor ber Xäre be« @i|ung«« 
faale« Warten mußten. Später tourben fie ^ereirge*^ 
(offen, um bie ^oftulate fte^enben f^uge« anju^ören 
unb lein äßort baju }u fagen. 2)ann gingen fie loieber 
nad^ $anfe. @te l^atten n^eber ®i^ nod^ Stimme — 



4. Stubien (1849). 81 

baS moc^t, fie roaxtn nod^ immer in ber ©träfe, tueil 
fie wx ein paar ^nnbert Sauren einmal rebelliert l^aben 
foHen. ^od) iä) t)ergeff e ! 2)er £anbmarf d^ad ^atte noc^ 
im vorigen Sa^r (Dor bem Wt&ti) burd^gefe^t, ba| bie 
SSürgermeifter nnb S^nbici fi^ nicberje^en unb fogar 
fpre(^en bnrften, tuenn i^nen etn^aS ©ef^eiteS einfiel 
— bamate fiel i^nen aber ni^ts ein. 

Unb bai^ finb nun bie toftbaren Steckte, loel^e 
bie SBürger Sßiend, nac^ bem eintrage bei^ $erm im 
@emeinberat „faltifc^'' bel^auptet unb ft^ baburd^ 
{n^eifeföo^ne ba^ unfd^ä^bare &lvid errungen l^aben, 
in bie n. ö. ©tänbe ate üierter ©tanb toieber einge=* 
f^muggelt ju ttierben. 2)ie „intereffante S)e6atte" be^ 
©emeinberateg üerfi^ert freiti^ aud^, bie n. ö. ©tanbe 
bürftcn regeneriert toerben. 3)ag meine id^ nun nid^t. 
SBo nichts ift, ba ^at ber ^aifer bad iRed^t t^erloren. 
2)ie alten f^eubalftänbe finb tot unb begraben unb 
ein Xoter lann fi^ nid^t regenerieren, lann aud^ nid^t 
ttiieber auferftel^en aU am iüngften Xage. (S^ fei benn, 
bie alten ©täube loären nur fd^eintot, ttiie mand^er 
beforgt, weil fie ftd^ je|t toieber betoegen — id^ glaube 
aber, fie juden bb| galioanifc^. 2)ie Siener 93ürger=^ 
fc^aft ^atte folglich gar leinen @runb, il^r 9ie(^t ju 
loinbijieren, ben unorganifd^en S3eftanbteil eine^ au^- 
unb abgelebten £ei^namS auSmad^en ju bfirfen. ©oQte 
aber ber öfterrei($i{^e 9iei($Stag, ttiie baS gu ertoarten 
ftel^t, $rot)in}iananbtage befd^Iie^en, fo n^erben bie 

C^tiftcn IV. 6 



82 4. ©tubien (1849). 

aBicncr SBürgcr o^ncl^in nid^t baöon au^gcjc^Ioffcn 
bleiben, eS fei aU SBäl^Ict ober ©etoäl^Ite. S)ann 
fommt aud^ bie 3^ttf tt)0 bic n. ö. ©tänbc übcrl^aupt, 
beten früherer Organismus gegentoärtig geftort ift, 
ben frif^en, fetten ^umuS abgeben toerben, aus toelc^em 
ft^ neue organif^e ©ebitbe erzeugen foHen; bann mögen 
fte baS geft il^rer Sluferfte^ung feiern unb baS SSater* 
lanb burd^ il^re neubefeetten gtänjenbcn Seiber unb 
©eftatten überrafd^en unb entjüdEen, toenngleic^. leine 
roten Uniformen unb feine f^toargen SRäntelc^en baran 
l^ängen foHten! 

6. Der ßeiland. 

(Sin Äönigreid^ für einen großen SRann! SBaS 
jag' ic^? ©n Äaifertum — baS f^bnfte ber SBett — 
Öfterrcid^ mit SJeutfd^tanb, ja l^atb ©uropa für einen 
großen SJiann, für einen „3topoUon beS gricbenS'V 
tvit fid^ ßouis 5ß]^itippe bamats f o gerne nennen ^5rte. 
93eina]^e l^ätte er \xä) unter biefem ^errli^en ©einamen 
in bie ©efd^id^te etngefd)toärjt! SouiS 5pi^ili|)pe ^at 
aber ben ^rieben nid^t erhalten, er l^at bIo§ ben Ärieg 
auf gefc§ oben. 

%\xd) SKettemi^ toar eine Slrt fiouis ^ßl^itippe 
— moins le roi. (£r öerf^ob gerne. I)er ©taatSfanjter 
l^atte bic tfingft abgelaufenen peremtorifd^en griften 
ber alten äRonard^ie folange erftredEen taffen, ba§ ber 
^räfluftübefdieib ini^if^en bereits erfotgt toar unb in 



4. ©tubicn (1849). 83 

bcn ERärjtagen, bicfcn bcid^eibcnen unb fanften ©?€== 
futorcn bcr SBcttgcfd^ici^tc, feine unabänberlic^e SSoU^ 
jiel^ung fanb. Stgenbjemanb fagte mir bamal^: „(S^ 
ift nid^t gefc^cit öon bcn SBiencrn, ba§ ftc ben SRctter^ 
nid^ fortfaffen. SBenn etoag neue« werben \oU, totx 
foD'Ä benn au^fül^ren?" — 3^ fa^tc über ba^ naiöe 
SBort — t^ toax ober nic^t ganj bumm. SBir brauchten 
bamafö aQerbing^ ben SO^ann, ber uni^ ini^ rechte po^ 
litijc^e ®eteife bräd^te — aber ing lonftitutioneHe. 
SBir brausten bcn SKiniftcr, bcn ©taattmann, ben 
Staatsfünftier — nur moins le SDiettcmid^. SBir Darren 
no($ immer auf bcn bcbcutcnbcn 3Jtami, auf bcn loa^ren 
SKann ber neuen 3^tt- 

iRun behauptet man freili^ bagegcn, ba^ )e|t bie 
äRaffen ftd^ bcn^egen unb ba§ ein cinjclncr, unb 
wär'g bcr ®rö§te, nid^tS öcrmögc. SBcit gcfcl^Itl ©o«» 
(angc bie SBcIt fte^t, ^abcn äRaffen fic^ bcloegt unb 
^abcn cinjclnc über bie 9)>{affen atled Dcrmod^t. 3d^ 
n^in cttoa bie äSblfcm^anbcrungcn auSnel^men, bicfcn 
natur^iftorifd^cn 5proge§ — unb bcr erzeugte ft($ feinen 
Sittila, feinen ®cnferi($, feinen Dboafer. SDcr ©eift, 
biefeS gel^eimnigöolle ffitwa«, bewegt bie SBctt — »er 
fagt unÄ, wie ber ®cift, ein neuer @cift in bie SRaffen 
lommt? ^ebenfalls burc^ bie auSgegeic^ncten cinsclncn, 
bereu jeber fotgenbc auf bie ©d^ultcm feinet SSor^^ 
gängerS tritt. SQcd, Wad gefd^ie^t, gefd^ie^t burc^ 

einjetne. @i^ gibt leine gro^e S^it ol^nc gro^c SKänncr. 

6* 



84 4. ©tubien (1849). 

2)er äRann mag iDZofed ^ei^en ober %[Iej:anber, ^ritleS 
ober SuIiuS (Sä\ax, fiorengo oon 9)>{ebici ober £ub« 
toig XIV. ober iWa|)oIeon — immer ift e^ ein ein* 
jetner, welcher ber Qdt feinen Stempel aufbrüdEt, toie 
fie il^m ben irrigen. Gd fmb bie (^Ifigelmänner ber 
9Renf(^^eit (Sine 3^tt fü^It ft($ nid^t befriebigt, f olange 
fie nic^t in einem großen 9)>{enf($en il^ren t)oQen 9ni^« 
brudE finbet. 2>a^er k)iettei($t jnm Xeil bie Unrul^e, 
bie und je^t bnrd^einanber rfittelt. 2)ie 9)>{affen be« 
toegen fi^ auiJ einem bnnllen Xriebe — Heine Seute 
fül^ren fie an, ebenfo loinjige fte^en biefen gegenüber 

— man mad^t SSor* unb 9lfi(!f c^ritte ol^ne 3^^^/ ^^^^ 
3iel: man t)er^anbe(t, p(t ein, n^artet ab unb fte^t 
nac^ fru^tlofen ^äntpfen eüoa toitbtv am Sludgang^^ 
punfte. @i^ ift toit ein d^emifd^er ^oge^. ä^erfc^iebene 
(Elemente l^aben fid^ aufgetöft, ber äRoment ber @&tti* 
gung ift na^e, aQein eS fe^It no(^ baS Sermitteinbe, 
bur^ beffen ^injutritt ber neu ju bilbenbe ^btptx 
fogleid^ in fefte ^errlic^e ^ftaQe auffc^ie^en n^ürbe. 
Sie SSötlertoanberung ber ^ßrofefforen in granffurt 
l^at biefen SSermittler bisher noc^ nic^t finben lönnen 

— fo fi|en fie benn in einen flüffigen örei aufgelöft 
jufammen unb Darren t)ergeb(id^ i^rer ^iftaQifterung. 
S)rum einen großen iDZann! Unb nod^ einmal unb 
loieber: (Sinen großen 3!ftannl äBir l^aben lange leinen 
gel^abt. 2)ie Sßelt fe^nt ftd^ nac^ il^m unb fie toirb 
nit^t fertig werben, beöor er ba ift Unb au8 ßfter* 



4. ©tubicn (1849). 85 

ret^ mu| er lommen! S)enn in Öfterreic^ entfd^eiben 
fic^ bic nöd^ften ©c^d^trfc bcr SBett^ unb Öftctrctc^ tft 
noä) ftifd^ unb jung unb feine 3^W9iii^9**^ttft nod^ 
mä($tig — auc^ l^at eS bidl^er nod^ feinen rec^t großen 
aWann ^eröotgebrac^t @em' möd^f id^ il^n euc^ üer^ 
fünbigen — aber td^ fel^e leine 3^^^^^ ^nb SBunber, 
mie fie il^m t)orQu^ge^en foQen. @oQt' td^ i^n aber 
erleben, unb wär'i^ im f|)fiten ©reifenalter, \o »iÜ id^ 
mid^ freuen unb jubeln unb ausrufen n)ie ber fromme 
©tmeon: „$err, nun ta§ beinen Äned^t in ^rieben 
fahren, benn meine Sugen l^aben ben (Erlöfer, ben 
äReffiaS — fie ^aben ben 5fterreid^ifc^*beutfd^en §ei* 
lanb gefe^en!" 

7« Optikbe tSufcbungen. 

$aum toax bai 93oß frei getuorben, fo erbtiiite 
ed nichts ate eine unenblid^e $erfpeftit)e t)on Sßo^I^ 
fein, ®lnd, g^eube, ^rieben unb SBequemK^feit ffiine 
lodenbe ^ta äßorgana jauberte ben btöben %ugen 
ein neu eröffneteiJ, ta^enbeS ©d^Iaraffenlanb öor. 9lic* 
monb backte baran, ba^ man je^t boppelt, ja breifad^ 
arbeiten muffe »ie frül^er — niemanb, ate ettoa bie 
SKinifter, bie im ©^toeifee i^re« Ängefic^tS frofinten 
wie bie fiafttiere, ol^ne ei^ irgenbeinem re^t ju 
machen, ä^^^ar bie erfte Qtit ging'S prä^tig. Sleue 
Scfen lehren gut unb ein neuer SRod fteibet gut. S)ie 
guten Seute Ratten }tt)ar nichts weniger aU einen neuen 



86 4. @tubien (1849). 

"Stod, aber fie fingen ftd^ bie funfelnagelneue $re|« 
freil^ett unb bie ^onftttutton in spe in bie alten ^op\^ 
lö^er unb ftolgierten überfelig bamit ^erunt. „^^ xoxtb 
jd^on lommcn!" meinten fie. „S)ie anbern werben'^ 
fd^on machen!'' Sßad aber eigentlich fommen unb too 
bte „anbern" l^erfommcn foßten, bie eS „\(i)on uiad^en" 
n)ürben, ba^on n^u^te niemanb gu fagen. 

Snjwifc^en feierten bie neuen ©ef en, bie SKinifter, 
ganj tjortrefflid^. Da§ SBoIf toar unenblid^ ftolj barauf, 
,,SeranttoortIic^e" ju befi^en unb befud^te fie aüe Xage. 
SJom Antichambrieren war leine 8lebe me^r. 3eber 
lief ju unb db, wie er mod^te, fragte, Ilagte, riet, 
öcrbefferte na^ ^erjenSluft. Unb ber gute SRinifter 
mu^te @tid^ galten — mu^te bomie mine k mauvaLs 
jeu mad^en — fonft war'8 um feine Popularität gc* 
jc^e^cn. Unb tna« ift ein fonftitutioneller SJiinifter, 
wenn er nid^t populär ift! 2)a l^ilft il^m nic^t^, a(d 
wieber ein absoluter ju werben. Unfer freier JBürgcr 
fragte aber ben §en!er bama^, ob fein anno^ fon- 
ftitutioneller ajiiniftcr erft nad^ äRittema^t an feine 
eigentlid^en ©ef^äfte tam unb fid^ gegen iDZorgen taum 
ein paar @tunben unrul^igen @d^Iummeri^ gönnen burfte. 
§atte ber „@arbc" (fo unterfd^rieb er fid^ immer) boc^ 
längft im SBirt^l^auf e mit feinen gleid^gefinnten tJreunben 
jufammen gefeffen, gemeinf^aftlid^ mit il^ncn bie liinf^ 
tige SJerfaffung beraten, über bie Shiffen gefd^impft, 
über bie ariftofeatifc^en ©nglänber unb bie bemo* 



4. ©tubien (1849). 87 

fratijc^e grcil^cit l^o^ leben laffen. S)ann legte er fic^ 
aufö Dl^r unb fc^Iief toie ein ?ßrobft unb träumte üon 
nichts atö üon lauter gal^nentoeil^en, SBerbrüberung^^ 
feften unb üon öermel^rtcm (Sef^äftgbetrieb — nur 
njenn er bideö S5Iut l^atte, grinfte il^m bigtoeilen ein 
Id^eu^Iid^er Äojaf entgegen ober ein hagerer JReaftionär. 

ERan ftel^t ni^t immer auf, toie man ftd^ nieber=' 
(egte, unb bie Sßelt l^at ^eute )?15|{i(^ ein anbered 
©eftc^t afö geftem. „SBa« ift'g nur mit unfern aJii* 
niftcm? @ie tun nid^tg. SKein ßabcn, bcr fonft öon 
Käufern nie leer würbe, ift je^t wie au^geftorben. 3)a8 
fommt üon ber Sleaftion. Äein Qvoti^tl, bie äRinifter 
»erraten unö — ja barum ift mir auc^ 6cut SWad^t im 
Iraum ber Äojaf erjc^ienen!" 

Unb ber arme SRinifter, ber geftern noc^ ein ^alb* 
gott war, wirb nun plöllic^ gejd^mä^t, üerf^mäl^t, 
t)erfoIgt. Aber feine ©d^ulb! S33arum ift er üetant*« 
mortli^! @ic§ jetber ^ält niemanb mel^r für üerant* 
wortli^, Weber für fein ftnIenbeS ©ej^dft, nod^ für 
feine gefteigertcn Aufgaben ober für feine ©c^utben — 
nur ben SKinifter, nur ba8 SWinifterium! Da« foll 
regieren, aber ja nic^t ju öiet, joü Arbeit fc^affen, foß 
ben $anbel lieben, bie Snbuftrie, foß bie fd^weren 
Steuern abfd^affen, babei immer öoöauf ®etb l^aben — 
Xäufd^ung, optifd^e Xäufd^ung! 

SReue JBejen leieren gut. Slud^ neue S)e|)utierte. 
§immet! wa^ ift baä für ein trepd^er SSoItemann! 



88 4. ©tubicn (1849). 

®r n)irb un^ t^on allen £aften befreien, Don aOen 
abgaben — bic JBauem, bie SBürger, Sebermann! §o($ 
ber Siebermann unb 5ßatriotI 3u^l^e, ^unal^ unb 
^adeljug! SSenige Sßod^en gelten ind £anb unb ber 
Siebermann ^at bereits eine iDZi^trauenSabreffe erl^atten, 
bie er ebenfowenig öerbtcnte, wie früher ben garfet 
}ug. SDber toa^ l^at fid^ benn geänbert? 9lic^tö. 2)te 
guten fieutd^en Ratten i^ren S)e|)utierten früher öon ber 
SSogelperjpeltiöe betrad^tet; auf ber fernen SRebner- 
bül^ne, t)om ^o^en S3alfon bed ^aufeS in pl^antaftifc^er 
^arfclbeteud^tung toar er i^nen toie ein äRagier er- 
fc^ienen, wie ein ttjunberbarer ^^uberer — jefetftel^en 
fte il^m am nüd^tcmen ließen läge Ängefid^t öon An* 
geftd^t gegenüber unb finben, ba§ er eben ein SRenjd^ 
ift, tt)ie anbere au^ — aber baS nehmen fte i^m übet! 
Sie Ratten fid^ einen §albgott ertoartet, einen §erfuteS, 
welcher ben ^ugiadftaQ in einem Xage ju reinigen 
imftanbe wäre. Xäufd^ung, optifd^e löufd^ung! 

SWeue ^Deputierte fe^ren gut. Sleue Soumaliftcn 
aud^. Da« rabifale SBlatt ift unfer (ä&)angelium. 3e$t 
wiffen wir boä), wie erbärmtid^ eS biSl^er juging, wie 
aOe« anberS werben mu^, unb wie wir eS anjufteQen 
l^aben. SBir lefcn tägli^ unfer Soumal unb mad^en 
t)on Sät ju 3cit eine ©turmpetition. Slid^tS leidster aU 
bag! Aber atteS in ber SBelt nu^t ftd^ ab — au^ bie 
©turmpctitionen. SBir ftnb am ®nbc frieblidtje Sürgcr, 
wollen Arbeit finbcn, Arbeit geben; bewaffnete SRufeig« 



4. 6tubten (1849). 89 

ganger gu emäl^ren, loiU nni auf bie £änge nic^t 
taugen — befreit uuä üon t^nen, bie Äerte gel^rcn un§ 
aufJ Unb mer trägt bie ®c^u(b wn ad bem Unl^eil? 
2)ie berflud^ten Soumaliften, bie und bai^ Derle^rte 
3cug in ben Äo|)f gcfe|t. Sagt ftc baöon, jd^Iagt ftc 
tot! — ®efagt, gcfd^e^en. Aber bie guten 95ürger irren 
abermals. 3)ie Sournaliften fd^rieben nur, tva^ man 
bamatö gern lefen mochte; ]e|t f einreiben anbere anberS 
— unb um lein §aar beffer — tff* f^Iec^ter. ^^x lafet 
bamald in ber 9}{orgenröte, ]e|t in ber ^enbbämme« 
rung — ba« ift ber Unterf^ieb. Xäufd^ung, o|)tifcl^e 
Xäufd^ung! 

3c^ fürd^te fel^r, bie lieben fieute täujd^en ftd^ in 
bem S(ugenb(i(f, lüä^renb ic^ bieS f^reibe, aufi^ neue. 
3(^ toiU nic^t f agen in totm, 23tan lann an ben @e« 
meinberat benfen, an bie ^anbetsfammer, ober an bie 

Slationatbanf, ober an toai man toiU. 3)a« 

@(^Iimmfte bleibt immer, loenn man fic^ an fid^ felber 
taufest @o man^er ^äft ftd^ für bid unb er ift nur 
gcfc^tooßen. 3n S^ittn einer großen Bewegung über^» 
fd^ä^t fi($ faft ein jeber; adein fo gro^e @tttd(e er 
auc^ auf fi^ fetber ffaii, f o ertoartet er ftc^ ba8 eigent« 
tid^e ^eit bod^ im Stillen öon feinem Slac^bar — unb 
fo einer Dom anbem. 2)abei glaubt man an Sßunber; 
ba§ bie Ströme auftoärtd rinnen, ba§ ber S)omftraud^ 
3feigen tragen toerbe. 3i^r lad^t? — Aber too ift euer 
neuer JRorf? SBo ift nur bie 5ßre§freil^eit im alten 



90 4. ©tubicn (1849). 

ftnopflod^? „(gg »irb j^on fommcn! Die anbcrn 
tücrbcn'^ f^on mad^cn!" — 3(1^ glaube nid^t, ba§ c^ 
bic „anbcrn" mad^en — unb 3l^r aud^ nid^t. SBcr auf 
bem SKccrc fcgcft, fic^t bic Blül^enbe 3nfet nal^ — 
aber er crrci^t fte erft nad^ öicien ©cfal^rcn unb 
©türmen, unb toenn er fie ctrei^t \)at, tff g ein toitbei^ 
eilanb, weld^em er bic fä|c grud^t ntit harter, fd^toerer 
$lrbcit abgewinnen mu^. (Sr l^attc gel^offt, nur julangen 
ju bürf en — c« war lauf d^ung, optif d^e Xfiuf d^ung ! 

8. Palingenefien. 

92ad^ ben $]^ito{o))]^en bti Slltertumd ift bie ytatiix 
aus einem (S^aoS entftanben, um ba^in jurttdjulcl^ren, 
aber ftd^ neu unb looDfornmcn aus bemfclbcn wieber 
gu erjeugen unb jwar im ganjen wie im einjctnen. 
S)ie gourieriften fteücn eine ä^nlid^e ^^potl^efc auf. 
9lad^ Courier ift unjere jd^öne ®rbe noc§ weit baöon, 
bie ungeheure ÄuSbilbung erreid^t ju l^abcn, bereu fie 
fällig ift. ©ie befinbet fi^ eben jefet in bem Slnfang 
einer großen SScrwanblungSperiobe, bic eine Äleinigfcit 
öon 35.000 3al^ren wfil^ren foH unb nad^ bereu Ic^ter 
($ntwid(ctung benn cnblid^ ber ©prung auS bem S^aoi^ 
in bic „Harmonie'' erfolgen wirb. S)a8 ift bann bie 
3eit, wo in ©ibirien Drangen blül^cn, wo ba8 SJiecr^ 
waffer nid^t mel^r fatjig, fonbem ungcfäl^r wie lieb* 
tid^e Simonabe fd^metfen wirb. @i^ ift fcl^r begreiflich, 
ba| ^aififd^e unb Ärofobite, wctd^e in ßimonabe 



4. ©tubicn (1849). 91 

f^iütmmen, Diel t)on tl^rem bösartigen (S^aratter loer- 
licren unb fid^ nid^t länger bantit bcfaffen »erben, 
SJienfcl^en unb ^ro|)]^eten unb ganje ©d^iffölabungen 
ju t)erf(^IudEen. Courier i)ai bieS and) eingefel^en unb 
biegen gewaltigen 95eftien, ben ©ft^ronnen ber äReere, 
ba fte boä) nt^t mü^ig fein fönnen, baS nü^U^e unb 
für il^re Äraft burd^aui^ nid^t täftige ©ef^äft an* 
gewiefen, ben SRenj^en bic ©d^iffe burd^ bie fricb* 
(idjen @en)äffer ju jiel^en. Überl^aupt n^erben aus aßen 
früheren „mi^tungcnen ©d^öpfungen", tt)ie ber SBotf, 
ber 2'6tot, ber Xiger uf». bei einem genaueren (Sin- 
bringen in baS Softem ber 9latur lauter nufetid^e 
„®egengebitbe" (contre-moules) entfielen, fo ftatt beS 
SBoIfeS ein größerer ^unb, ein „Über^unb" (hyper- 
chien), ber über Äbgrünbe f|)ringen toirb, troft ©entfen 
unb ©teinbödEen, nnb guglci^ ein ^öd^ft friebli^eS 
unb licbenSwürbigcS ^auStier abgeben, ©o tocrben toir 
ftatt ber gifc^otter, bie unS bie leid^e öertoüftet, t)\tU 
leidet fd^on in wenig Sauren einen „Überbiber'' (hyper- 
castor) befommen, ber unS f^ifd^e fangen l^ilft. fifingere 
3eit bürfte bie @c^ö|)fung bcS Jlntitöwen währen, 
unfereS fünftigen SleitpferbeS. @o ein Äntilötoe wirb 
breimat größer unb ftärfer fein, ali ein bermatiger 
gemeiner »an Jllenfc^er fiötoe, unb auf il^m wirb ein 
Siciter, ber am SRorgen öon Satai« ober JBrüffet auS* 
jiel^t, fein grü^ftfirf in 5ßariS einnimmt, feinen SKittag 
in Stfon unb feinen Slbenb in SWarfeitte jubringt, öon 



92 4. ©tubicn (1849). 

bicfcr Xagcrcifc tpcit minbcr angegriffen fein, ate ©oet^e 
in feinem Berttl^ntten, bequemen @cl^lQftt>agen, in n^elc^em 
er bie ^Belagerung üon SKainj mitmachte. — 

^ bezweifle ni^t, ungteid^ fo bieten, fjourier^ 
lodmogonif^e ©pefutationen. 93teten fic^ mir bo($ in 
ber politifdien äSelt ä^nlid^e ^lingenefien unb ))I&|(i(^ 
entftanbcne ©d^öpfungen öon „©egengebilbem'' barl 6* 
fel^tt uni^ burc^auö nic^t an |)oIitifc§cn „Übcrl^unben" 
unb „ÄntiWtocn". 6^ gibt auc^ ,,Übergemeinberäte" 
unb „Äntiminifter". 

3cl^ f etbft jä^Ie unter meinen Selannten öerf c^icbene 
„§5perbeputierte". SBeld^e merftoürbigen „®cgengebitbe" 
^at nur bie 3oumatifttf binnen hir jcm jutage geförbert l 
©0 ift ein blutroter „3)emofrat" urplöfeüd^ }u einem 
^armlofen „SBanberer" geworben;eine fur^tbare „Ootteö- 
gei^el" l^at fid^ gerabeju in ein unfd^uIbigeS „greie^ 
Dfterreid^" öerfel^rt. ®iJ gab einen 5ßublijiften — einen 
toal^ren üterarijd^en ^rotcug — ber auiS einem 9icpu== 
blifaner unb Änard^iften in einen monard^ijc^en ^Jöbe* 
ratiöiften mit giemtic^ ftarler beutfc^er fjarbung unb 
aug biefcm fd^nurftrad» in einen fertigen ftarfen „|)t)* 
perbfterreid^er" überging. S)ie JBertnanblung ging rafc^ 
t)or fid^, ba^ man taum mit ben Slugen f o(gen tonnte ; 
aud^ mu^te man ba^ ,,®egengebi(be'' ganj genau be« 
trad^ten, benn im erften ÄugenblidE war man faft 
»erführt, eÄ für einen ftarfen „^^perflaücn" ju 
galten. 



4. Stubien (1849). 93 

Sin anberer ^atte ft($ fc^on lange üor ben Wt&xi^ 
tagen umgetuanbelt unb bemjenigen gebient, toai man 
bontali^ bie „gute @ac^e'' nannte. Se^t, nad^ ber großen 
@taatdpalingenejie, xoüöft gen)iffe ©ubüentionen einbog, 
mö($te er n)teber bienen, unb jtnar ber „über^guten 
@a(^e'', bermutlic^ gegen eine „^^perfubt^ention''. 

Mein loer möd^te ft(^ n^unbem, ba^ 3oumaIiften 
unb gefeierte ©c^riftftetter ftc^ öeränbem, bercn tei^t 
6en)egli(^e^ innere i^rer poetif($en 3latax na6) in einer 
beftönbigen 3Retamorpl^o{e begriffen ift! ^aben boc^ 
^anj geioöl^nlicl^e unb ))rofaifc^e MtagSmenfc^en t)om 
3R&r} bis 92ot)entber ade mögli^en @eftalten ange« 
iwmmenl SBie mancher bureautratifc^e $aiftf^, aU er 
in bie fü^e lonftitutioneQe Simonabe geriet, toaxh 
plbi^id) jugänglici^ unb fanft unb t)ert(^Iu(fte feine 
„Überprattilanten" gar nic^t nte^r! ®r l^alf ij^nen nic^t 
nur bie Schiffe DoQ SUten }ie]^en, fonbem er gog ganj 
aUein, loäl^renb fte ald wal^re „SBeamtengegengebilbe", 
in 9tationaIgarbeuniform auf bie Sßac^e jogen unb baS 
„J)eutfc^e SBaterlanb" ober ben „ßcbemen ^errn?ßa^)a" 
fangen. t$rei(i(^ ^at bie SSertoanblung biefer „mi^^ 
lungenen 93eamtenf($öpfungen'' nic^t lange angehalten; 
ber ^aifijd^ toeift jefet nac^ tt)ie öor feine bureaufca« 
tifd^en 3^^^^ ^^'^ ^^^ beutfc^en Überpraltilanten ftnb 
tDieber bie atten öfterreid^ift^en 5ßraltifanten ge== 
loorben. @o l^aben auc^ bie frfil^er eingefd^üd^terten 
SBörfetoölfe il^re alte Dietprojentige ®eftalt toieber an* 



94 4. 6tiibicn (1849). 

genommen unb ftnb nid^tö »eniger ate gebefferte „hyper- 
chiens", Slur bie je^igen „Slntitbwen", bie SRinifter, 
erfc^cinen toirflid^ größer unb [tarier at8 il^rc öan 
Slfcnjd^en Vorgänger, bie tool^I burd^ bie üielen „^yptx^ 
intcr})eüationen",tt)eI^e fte auS bcmStegreifebeantoorten 
mußten, il^re ganje Sötoenfraft eingebüßt l^aben mod^ten. 

SBie follen toir un8 aber erft über bie atterlefete 
unb gewaltigfte ^aüngencfte genugfam öemjunbem, über 
bie Umn^anbtung be§ Sßiener 9fteici^§tagd in feine 
„contre-moule", in ben Überreid^gtag in ^emfter? 
ffir öerfa^t bort bie fc^önften $9|)ergrunbred^tc, »eld^e 
man inSBicn unb DImü| mit ben fc^tagenbftcn ,, (Segen* 
gebilben" beantwortet. SBal^rlic^, ic^ fürd^te nid^t nur^ 
jonbcm iö) l^offe auc^, tt)ir langen mit Sßäd^ftem toieber 
beim (SS)aoi an, auS toelc^em bann ber @prung in bie 
„Harmonie'* enbtid^ erfolgen wirb, toenn aud^ erft nad^ 
einer Äleinigfeit öon 35.000 ^al^ren. 

3e|t tad^t über Courier unb feine 5ßatingenefien, 
foöiel 3^r tooßt! Sd^ meinei^teite glaube mit gcftiglcit 
an bie Slntüöttjen unb änti^aififc^e, an ba^ 3Reer üon 
fiimonabe unb an bie Drangen in Sibirien — ja bie 
le^tercn ftnb eigentli^ je^t mein eiujiger unb lefeter 
Xroft. 

9. ßinter der minorttät ftebt das Uolk. 

5Wid^t leicht ift ein an fid^ toal^rer ®a% wie ber 
obige, in fo üerfc^iebenem Sinne ausgebeutet worben^ 



4. Stubien (1849). 95 

S)cr SRabilaliämu« l^ot i^n eigentlich erfunbeu, wenig' 
fteniS il^n juerft in biefer t^affung audgef prod^en ; baS 
^inbcrt o6er nic^t, ba§ fein 3nl^alt fo alt fei, wie ber 
Staat, wie bie äBelt. äBenn ber patriarc^alifd^e @taat, 
wenn ber Sl6fo(ntiSmuS ©efe^e gab, (Steuern aud« 
fc^rieb, SRelruten auSl^ob, fo l^atte er immer ba« Solfö^ 
tDof)i im Suge ober bod^ im äRunbe; wagte e^ nun 
einmal irgenbein Wiener 3Karqui8 5ßofa, bem Äbfo^ 
lutidmud entgegen ju treten unb il^m ju t^erfic^em, bag 
baS SBoIf über biefe unb jene feiner äRa^regeln ober 
über aDe miteinanber murre, fo belam er jur Änt« 
wort: „Sie irren meinSefter! 35ag SSoIf ift jufrieben — 
was ©ie murren ^ören, baS ftnb nur einige wenige 
9Ri^t)ergnügte, benen ic^ bai» ^anbmerf fd^on (egeit 
wi0." 

SRoberner ÜRarqui« 5ßofa: Aber biefe einigen 
wenigen ftnb öon SBebeutung: ^inter ber 3Rino= 
rität fte^t ba« »olf. 

35er ?tbfotute: @anj gewi^l ^inter mir. Sd) 
bin bie wal^re äRinorit&t. 

9Ran fielet, wie man jur 3^^^ ^^^ ^foIutiSmuS 
mit ben SSSorten fpielte — unb mit bem Soße. 

%li bie äRenf^en ber X^rannei eines ein3igen 
enbli^ überbrfiffig würben, ba erfanben fie ben Äon- 
ftitutionaliSmuS ober bie X^rannei ber mehreren. 3ebc 
SReprSfentatiööerfaffung berul^t auf ber poetifc^en ^it^ 
tion, ba§ ft(§ bie SBal^rl^eit ate folc^e burc^ Slbftim* 



96 4. @tubieit (1849). 

mung l^erau^bringen (äffe, unb jti)ar in jebem beliebigen 
SRoment, wann unb tt)o immer bie SSoIteöertreter bet:= 
fammen fi^en. 35ie mobeme SBelt ift t)on ber Untrüg* 
ixd)ttit biefer f^ittion fo DoQIommen äberjeugt, ba| fte 
fte fdbft auf ba« $ö^fte unb $eitigfte im Seben an* 
getoenbet toiffen »iQ — auf bie Religion. @o l^ab' 
id) t)or einigen 3<^^ren in ber ©^nagoge ju t^rantfurt 
einer SCbftimmung über ben äRefftad beigen)ol^nt. (SS 
n^arb bie f^rage aufgeuiorfen, ob ber ^eilanb, ber ba 
fommen foQ, aU eine Sbee, ob er l^iftorifd^ ober gar 
poKtifc^ aufjttfaffen fei. 3)er })otitifd^e üReffia« erl^iett 
bamafö gar feine @timme — n^ad l^ätte il^m aber aud^ 
an bem @i|e beS SBunbedtageS bie glänjenbfte äRajo« 
ritöt gel^olfen? Über ben l^iftorifc^en ^eilanb tourbe 
lebl^aft geftritten, jule^t trugen bie 3beaßften ben @ieg 
bat)on. 3Rit einer äRel^rl^eit t)on eüoa einem Z)u|enb 
(Stimmen n^urbe bie äReffiaSibee angenommen unb bie 
ortl^obo^en Suben blieben mit il^rem juliinftigen l^ifto« 
rifd^en üReffta« in ber üRinorität — ic^ wei^ nic^t, 
ob bad gefamte jübifc^e äSoIf ettoa bal^inter fte^t. 

(SS fommt übrigeniS fel^r Diel barauf an, toer 
abftimmt unb n)o abgeftimmt n^irb unb unter xotiäjtn 
SSerl^ältniffen. 3d^ toette meinen fio})f, toenn id) einer 
Serfammlung rol^er, untoiffenber unb ungebilbeter 
Wlm\cS)en @tü(fe Don @l^atef))eare unb ßo^ebue t)or« 
(ege unb fie abftimmen laffe, xodö)tx Don beiben ber 
beffere bramatif^e 3)i(§ter fei — ba§ ber leicht fa|* 



4. ©tubien (1849). 97 

(tc^e ^o^ebue ol^ne aQen B^^^f^t ^i^ ^^^^^ impofanten 
9Kajorttät au« bcr Urne J^cröorgcl^cn toirb. 3ft ©l^alc* 
jpcarcbatum toirflic^ cmf^tcc^tcrcr3)i(§ter? SRcin! @o=- 
menig aU ber üReffia« burc^ SBaQotierunggerabegu aud ber 
jübif (§cn SBctt l^intocgbelrcticrt toirb. §intcr ber üRino* 
rität ftel&t ba« SSoß — ftc^t bi«to eilen S^alefpeare 
unb bcr SBelterlöfer. 

„hinter ber aRinorität fte^t ba« SBoII" — fo 
riefen bie S3arrilabenmänner in granifurt unb tauf c^tcn 
fid^ öermutti^ — roenigfteni^ f)at ftd^ „bai Soll" nic^t 
jel&en laffen. „hinter ber SÄinorität ftc^t ba« 8Sot!" — 
\o rufen bie ÜRinifter^ toenn fte in ber Kammer in 
einer Hauptfrage teine äJ^ajorität jufammenbringen 
fönnen, unb täufd^en fic^ DieUeic^t gleid^faQd. „^tnter 
mir ftel^t ba« SBoII" fagte ber «bf oluti^mu« unb täufd^te 
fid^ nic^t minber. (Sin jeber tniQ bie äJ^ajorität für 
fid^ gen)innen, unb n)enn'd i^xa nic^t gelingt, beruft er 
ftd^ auf bie ÜRinorität. SBo wiK ba« l^inau«? SBo ift 
ba bie äBal^rl^eit? 38ie fann man ju il^r gelangen? 
Über 3been Iä|t fic^ nid^t abftimmen, tno^I aber aber 
prahifc^e a)tnge. SBoüt 3^r wirllid^ ®efe^e, SRec^te 
unb ^flic^ten, bürgerliche Ser^ältniffe unb (Sinrid^:= 
tungen burd^ Äbftimmung einführen unb feftfteHen, fo 
galtet md) an bie äTiajorität (Sin ättinifterium, tnelc^eS 
fi(^ i^rer nid^t erfreut, mu§ abtreten — bie Dppofition, 
»eld^e eine 9lieberlage erleibet, abwarten. Seruft ftc^ 
aber eine jebe Partei auf bie aRinorität unb auf ba« 



98 4. Stubten (1849). 

^olt, toetc^eS bal^inter [teilen f oQ, \o l^altet 3^r bamit 
ben @c^Iunb ber 9let)oIutton beftänbtg offen. Unb bie 
9{et)oIutton ift bie SerjtDeiflung! ®tn täd^tigeS Soll 
joH aber nic^t in einem fort öerjwcifeln. — ©oöiel id^'« 
begreife, finb ba^ einjige üRittel, eine vernünftige 9Äa^ 
jorität }u er}ie(en, gute fReid^dtagi^n^a^Ien. SBenn lauter 
el^rlid^e, Derftänbige unb erfal^rene üRänner, ober bod^ 
i^rer eine übermiegenbe äReJ^rjal^I, in ber Kammer fi^en, 
f toirb ba« 95otI batb nid^t mel^r l^inter ber üRinorität, 
fonbem hinter ber üRajorität bei^ Steic^dtageiS ftel^en 
unb aus einer folc^en Hanauer n)irb bann aud^ ein 
tool^red t)oItdtftmIic^ei^ äRinifterium l^ert^orgel^en, l^er« 
üorgel^en muffen, ^a^ fann unb n^irb aber erft gef c^e^en 
bei längerer unb forgfältigerer Übung ber parlamen*^ 
tarifd^en 35ebatte, bei größerer Äu8* unb J)ur(§bilbung 
beg gefamten SSotfe« unb feiner Vertreter. SBorber* 
l^anb möchte td^ einer jeben Partei üRä^igung and 
|)er} legen unb Siac^ftc^t mit ben ©d^toäd^en ber anbem. 
Seffen bebarf au(§ eine jebe. Unfere äRinifter finb nod^ 
lange leine 5ßitt'S ober ^ßeers, unfere 3)eputierten feine 
S3urle'ÄoberD'ffionneII'«,unbunfer95otf mu§ erft bal^in 
fommen, eind gu n)erben. 2)arum a(i)M Dorl&ufig bie 
9Raiorität, h)enn fie auc^ je }un)eilen etoaiS minber 
SJernfinftige» befc^Ue^en fotttc — ein fje^ler ift balb 
n^ieber gut gemacht, eine @etoaIttat nic^t fo leidet. 
§inter ber SRinorität fte^t ^äufig bie SBemunft unb 
bie SBa^rl^ett — aber eS ift nid^t ju beforgen, bajj 



4. @tubten (1849). 99 

fte beftanbig überftimmt toerbe. @otrateiS mu^te freiltd^ 
ben ©d^ierlmg^bed^er trinten, ben i^m eine „im^ofante 
SWojorität*' batrei^te, aber bic SBelt lernt fc^on über 
ffl)tx Sal^rtaufenbe t)on iffxa. 

^rum frtfc^ unb fü^n, bettor'd ju ]pätl 
Sud^ mug ftc^ $ers unb (Steift oerbinben, 
^eim hinter ber SHnorität 
3ß bod^ }ulett baS Sol! su ftnben. 

10. Die 6utge(innten. 

2Bir ^aben je^t ntd^tö ald lauter ,,@utgeftnnte''. 

3)ai^ ift fel^r gut. Sin @utgefinnter! Sßad tann einer 

@r&^ered fein? (Si^ ift baS ^öd^fte (El^rentoort im (Staate. 

äSeit me^r ate (SjrjeQenj ober fonft ein b^jantinifd^er 

litel! Äriftibe« tnar feine SEjeöenj^ er tnar aber ein 

®utge{tnnter. @oIrated, 2)emoft]^ened auc^. f^reilid^ 

tt)urbe ber erfte ffir feine gute ©efinnung öerbannt, 

ber gttjeite genötigt, Oift ju trinlen, ber britte tranf 

ei^ freiwillig. Qt^ ift fc^ftn öon unfern ®utgeftnnten, 

ba^ fte fid^ burd^ bai^ üble Snbe il^rer Sorg&nger nic^t 

abfc^rerfen laffen, ju bleiben, wa« fie pnb — @ut= 

gefinnte. @ie retten bantit ben @taat. (£in gutgeftnnter 

äßinifter tann $eil über bad gan}e £anb verbreiten, 

ein gutgeftnnter 35eputierter ou(§. (Sin gutgeftnnter ®e= 

meinberat ober SBertrauen^mann n)irft in einem fleinereii 

^eife — fo l^erunter biä jum gutgefinnteu SBal^tmann 

unb Unoal^Ier. 9tur mu^ man fid^ in irgenb einer äßeife 

7* 



100 4. (Stubictt (1849). 

beteiligen, ©in blofe gutgeftnnter — ©utgefinntcr ift 
gar ju toenig. ?lber unjere ©utgefinnten toaren aller* 
bingg etoa«. Sie »areti ®arben. SRur toenn'^ „}u 
etwaig lam", fd^icften fte ©teQöertreter. 35a« ift öer* 
nünftig, anö) patriotifd^; man mu^ fid^ auff))aren. ®ie 
fparten fic^ aud^ auf bid nad^ bem 18. 3itai, too fte 
tum legten mal mit @äbel unb %)(i)ato nad^ ber SRa^ 
tionalbanf liefen, um — Oelbfätfe l^erau* ju tragen, 
©eitbem fparen fte bie Mingenben 3tt>anjiger auf unb 
bereifen ftc^ mit ^apierfd^nifteln. @})äter]^in liefen fte 
fic^ in ben fonftitutioneQ^monarc^ifd^enSSerein einschreiben 
unb trugen jc^toarj*gelbe ©änber. 8lm 26. ÜRai liefen 
fie freiließ baöon — bafür aber auc^ am 6. Dltober. 
3m Sioöember famen fie wieber jurücf, fd^rieben ®anl* 
abreffen, ftedften »ei^e gci^nen au« unb tnebelten bamit, 
xoai eine il^rer £iebUngSbef(^äftigungen ift. Unb fie 
toebetn jebem ju, ber juft am SBrett ift: ©tubent ober 
©olbat, S)eutfd^er ober Äroate — baS gilt i^nen gleid^. 
SJtan fte^t, bie ©utgefinnten toaren anwerft tätig. Unb 
eg ift gar nid^t toal^r, bafe fie g^inbe ber greil^eit 
finb! 9lic^t einmal ber bemotratifd^en ^rei^eit! 3c^ 
fetbft l^abe ©utgeftnnte gefannt — unb obenbrein fünf- 
})rojentige, fonft eine geföl^rtic^e ©attung — toeld^e 
nod^ im Suni unb 3uli t>. 3- ben 2)e))utierten Don ber 
fiinlen glänjenbe fjefte gaben unb ?lrm in Arm auf 
ber Strafe mit il^nen herumliefen. 3e§t freilid^ fc^reiben 
fte i^nen ÜÄi^traueni^abreffen — bag ift aber nur 



4. ©hibicn (1849). 101 

JBcrftcBung, 9iedfcrci, ©d^clmerei ! — ^d) bleibe babei, 
eS ftnb Derftedte Stabitale, Z)emagogen, Z)eutf(^tümler, 
unb id^ benunjiere fte l^ietnit. SSarum ^aben fte im 
Sufi ber J)emofratie gcfte gegeben! — 3^^^ ^^ biefem 
?lugenbIidEe üerläugnen fte fte wieber, toie ?ßetru8 ben 
^erm. 2)ad mad)t, bie S)emo{ratie ift je^t nic^t mel^r 
„ber ^tn**, fonft würben fte fie öielleid^t behängen 
unb befadfeljugen. SSorber^anb fällen fte fte aber 
lieber getreugigt; nad^ bem SSunf(i^e il^red neueften 
fiiebüngi^fc^riftfteller«, beS ©Eminifterg §errn ®uigot, 
tüeld^er ber üertofinfcl^ten 3)emoIraten mit feinem 5ßorte* 
feuille leiber nic^t ^err werben lonnte, fie bagegen 
&u^erft oßdlid) mit feiner Ileinen 93rofc^äre beläm^ft. 
S)ie ©utgefinnten finb leibenf^aftlid^e Änpnger 
ber Sht^e unb Orbnung. (Spitur^ „SBoHuft in ber 
9hi^e" ift il^r l^öd^fte^ ScbenSprinjip. J)arum loben fie 
anä) bie „gute ^effe'\ nämlic^ bie ruhige 5ßreffe. Unb 
in ber lat! SBir genießen je|t fel^r üiel woHäftige 
^re^ru^e. 3)ie gutgefinnte ^ef(e beunrul^igt niemanben 
als etwa ben Steid^dtag, wenn er bisweilen Wagt, fic^ 
ein Kein Wenig bie „Sßottuft in ber ^Bewegung'' gu 
gönnen. @d^on baS SBort „93ewegung'' fe^t bie &\xU 
geftnnten au^er fid^; bei bem wirtlichen (Srfd^einen 
einer S3ewegung brandet man fie nic^t erft gü erfuc^en, 
fxd) rul^ig gu üerl^alten — fie bleiben'« o^nebem- Sie 
rühren fic^ iiberl^aupt nur ungern unb leben ald gute, 
frieblid^e 93firger in l^SuSlid^er unb bbrSlid^er Sntnd' 



102 4, ©tubien (1849). 

gejogen^eit, o^ne ftc^ jemate ju (El^renämtem ober 
bürgerlichen S3ebienftungen ^eran ju brangen. 3^^^ 
im @emeinberat ft^en beinal^e lauter ®utgeftnnte unb 
fte befc^Iie^en aud^ nic^tö a(8 ©utgejtnntei^, tDenn f!e 
biStoeilen befc^Iu^f&^ig toerben. (Ei^ ftnb aber nur 
,,Untergutgefinntc''; bie Oberen, bie SSielprojentigen, bie 
eigentlid^en 9labobS ftnb unter ben SBanIbireltoren }u 
jud^en, Xoo bie gute @eftnnung fo rec^t mit Jßöffeln 
unb guten 2)it)ibenben gegeffen n^irb. 

Z)ie ©utgeftnnten ftnb übrigen^ lauter Patrioten, 
lauter eble Saffitte'd. 93etanntli^ ^at ftd^ ber (S^ren«^ 
mann Saffitte im 3a^re 1830 ber neuen @ad^e an^ 
gefc^Ioffen, nad^ feinem Sludtritt auS bem äRinifterium 
fein $au8 liquibiert unb aDe feine @(äter üertauft, um 
baS 2)efi3it ju becfen. Unb ba^ n^ar obenbrein bio% 
ein fiinler, ein SRabifaler — lein ©utgeftnnter! Unfere 
äSoQblut^utgeftnnten ma(i)tn*i aber gau} f o tote er. 2)er 
fleine ^Bürger l^ungert, ber tieine 93eamte gibt einen 
Xeil feiner tärglid^en S3efoIbung ab, arme Sßitioen unb 
SBaifen fteuem il&ren legten ©ilberlbffet bei — toaS 
foU bad! ^a^ ift ein Kröpfen ini» 9Reer. %)a^ Staats^ 
bubget toeift in einem äRonat ein 2)efiiit oon na^e an 
neun SRiHionen auf — toa« Reifen ba ein paar ®itber== 
löRet? !Die ,,gute ?ßreffe" finbet freiließ, bafe ba« 
^efi}it ein Uralter ^appenftiel unb nid^tS U^eniger aU 
beunru^igenb fei. 2)emungead^tet gibt e8 eine SRenge 
fc^n^a^er ftöpfe, meldte gonj geloaltig ben ^opf bar^ 



i. etttbten (1849). 103 

Über f c^fitteln. Sefyt gelte ti, meinen fte, bem @taate 
fretoillig gto|e Opfer ju bringen! 2)ie ©utgefinnten 
miffen baS, unb fte ^aben ftd^ aud^ im @ti((en feft 
vorgenommen, ben Staat um jeben ^ei8 gu retten. 
@ie l^oben nic^t ettoa erft ba^ alte Softem gehörig 
au^gepre^, unb atö nid^td mel^r baran ^ju t^erbienen'' 
\»ax, \xd) toie bte 93IutegeI an baS neue angel^äfelt — 
feineStoegS! @ie benü^ten aud^ nid^t iebe Verlegenheit 
beS @taate8, jogen etloa Vorteil aud feiner ©c^toäd^e, 
[topften ftd^ bie Clären in, atö er laut nad^ $i(fe 
fc^rie, unb tofirben il^m, loie fo mand^er irrig n^ö^nt, 
gleic^giltig ben Stücfen feieren, toenn er erft DöQig in 
Agonie I&ge, um mit bem geretteten üRammon na^ 
Smerita ju n)anbem ober auf ^attfomien ju fpe- 
tulieren, falld etn^ad babei „l^erauiS fd^aut'' — nid^td 
))on aDebem! @ie l^ietten aud^ nid^t, n)&]^renb fie bem 
minifterieOen Programm gujiubelten, ü^re 9lei{etoffer 
gepaA unb gute Xratten auf £onboner $&ufer in ber 
lafd^e bereit — ba8 ftnb Verläumbungen ber „SB&l^ter!'* 
Unb gefegt, aOeiS »erhielte ftd^ fo, loie und bie „^'ii-- 
gefinnten'' glauben ma^en toollen, n^ad totittt? 2)ie 
©utgefinnten tooHen ben Staat retten — ba8 ftel^t feft. 
»er iji benn ber ©taut? Sie ftnb'8. L'ötat, c'est 
moi. Um i^re ^aut l^anbelf 8 fid^, um i^re Rapiere, 
©ie l^aben brau öerloren, fie muffen wieber gewinnen — 
unb fie toerben'iS aud^. Unb wenn fte gewonnen ^aben, 
fo ift ber ©taat gerettet. Quod erat demonstrandum. 



104 4. ©hibieit (1849). 

3^ ücriaffc mid^ auf bic ©utgcftnntcn. ^ijxt ^äS^i 
ift fiegion. 2)ie ©utgefinnten unb SBielprojenttgen, 
tpeld^e einjig unb aQein ber @taat ftnb, toerben^ muffen 
bcn ©taat, fid^ f clbcr retten ; fie finb eine ftarf e, mäd^:= 
tige, \a bie aDereinjige gartet, unb fie n^erben ein 
neue«, ftarleS Öfterreic^ grünben, xodäft^ fie eigentlich 
tt)ieber fetter finb. üRögen fie miö), il^ren innigen SBer* 
e^rer, baran Anteil nehmen laffen I Zivio bie ©utgefinnten. 

11. Die Frauenwelt. 

Z)ie {Romane unb 9(Imanad^e mit eleganten Ferren 
in ®(ac6^anbf(^u^en unb ^njen im Snfognito finb 
(ängft 0erfd^n)unben unb ^aben ben @taati^}eitttngen 
weid^en muffen, bie lange nid^t fo profaifc^ finb, aU 
eS ben Slnfc^ein l^at. Z)arin treten junge 2)eputierte 
auf, SBotförebner, »erbenbe SRinifter. SBeld^ ein 
neues f^elb für ein aRäbd^enl^erj! Z)er fd^toarsfodEige 
Süngling, beffen feurige JBIicfe nur Derfto^ten ben 
feuchten Äugen beg SÄäbc^en« begegnet — benn er 
burfte niemals in« ^auS — ber arme, unbelannte, 
©önner fud^enbe, Unterrid^tSftunben erteilenbe, bilb* 
l^äbfd^e junge äRann ift plö^Iid^ ber $elb beS XageS 
getDorben! ©einer Stimme laufd^t baS Sßolf, t)or feiner 
5eber gittert bie ®e»alt — aud^ bie üäterti^e — 
benn, o SBunber! ber ftrenge JRegiftraturSbireftor, ber 
S^redfen feiner 5ßraftilanten, ber feiner lod^ter, fommt 
9<^ni gegen feine ©etool^n^eit freunblic^ läc^elnb nac^ 



4. ©tubicn (1849). 105 

$aufe^ er bringt jur SD^ttagSftunbe einen jungen 
gremben mit, bem er aUt S^ren ertoeift — bei Xifd^e 
fommt ber junge Solfömann neben bem äRöbd^en ju 
fi^en — man braud^t fic^ nid^t me^r öerftol^Ien }u 
betrad^ten, man fie^t fid^, fpric^t ftc^ iCLQÜä), aUtixi, 
o^ne läftige StVLQtn, benn ber bureaulratijc^e Sater ift 
plö^Iic^ toie umgen^ec^felt! @r a^nt bie nal^enbe @(rö^e 
feine§ neuen ©ünftlingg, ber balb fein ®önner toerben 
lann . unb il^n felber bann beförbem, i^n toenigftenS 
auf feiner ©teQe erl^alten fott! 

D über bie l^immlifc^en ©tunben einer leimenben, 
wac^fenben, jugcnblic^en Steigung! 3)er ffi^e SReij ber 
rul^elofen Bewegung ber Seete, beS ©emfttg, nod^ er* 
^ö^t, üergeiftigt burc^ ben raftio« brängenben ©türm 
ber Sdi, ber ©ejc^idfe eine« großen SJatertanbeg ! — 
55er junge SRebner entreißt fid^ ben Sinnen ber ©eliebten 
unb eilt ins ^Parlament. SBie begeiftcrt \px\6)t er ^eute 
für baS ©infammerf Aftern! S)ie entjüdCte ©alerie a^nt 
nic^t, ba§ ber gtül^cnbe ©trom feiner {Rebe in bem 
SBufen eine« ÜRäbc^enS feine Duelle l^at. — Unb ber 
?trti!el im SoumaU ©o feurig, fo überquettenb, fo 
menfc^Iic^^publisiftifd^ fc^reibt niemanb, ber blo^ 
3eitunggtefer t)or Äugen f)at — fo fc^reibt nur ber 
@tütfli(i^fte bet ©terbtiti^en, ein junger verliebter 35e* 
mofrat, bem feine politifc^e Oöttin in ber l^olben @e* 
ftalt eines freil^eit* unb liebetrunfenen SRäbc^enS 
lebenbig öerlörpert entgegen trat! — 



104 4. ©hibictt (1849). 

^6) Dcriaffc mid^ auf bic ®utgcftnntcn. S^rc 3^^^ 
ift ficgion. J)tc ©utgefinntcn unb SSielprojcntigcn, 
meldte einjig unb aDein ber @taat ftnb, tperben, muffen 
bcn ©taat, ftd^ fctbcr retten; fie ftnb eine ftarte^ m&d)^ 
tige, ja bie aUereinjige 5ßattet, unb fie »erben ein 
neues, ftarfei^ Öfteneic^ grünben, n)eI(^eS fie eigenllid^ 
wieber fetter finb. SKögen fie mid^, il^ren innigen SBcr* 
el^rer, baran Anteil nel^men (äff en ! Zivio bie ©utgefinnten. 

IK Die Frauenwelt. 

3)ie Stomane unb SHmanad^e mit eleganten ^erren 
in ®(ac6^anbfc^u^en unb ^njen im Snfognito finb 
(ängft 0erfc^n)unben unb l^aben ben @taatd}eitttngen 
meieren mflffen, bie lange nid^t jo profaifc^ finb, al8 
eS ben Änfc^ein §at S)arin treten junge J)eputierte 
auf, SSotterebner, toerbenbe äRinifter. SBeld^ ein 
neues f^Ib für ein äRäbd^enl^erj! S)er f^tDarjIocfige 
SüngUng, beffen feurige S3Iidfe nur Derfto^Ien ben 
feuchten Slugen beS ST^äbd^enS begegnet — benn er 
burfte niematö inS ^auS — ber arme, unbefannte, 
QJönncr futi^enbe, Unterriti^tSftunben erteilenbe, bilb* 
^äbfd^e junge üRann ift ))I&^Ii(^ ber $e(b beS XageS 
geworben! ©einer Stimme laufet baS SSotl, üor feiner 
5eber gittert bie ®etoalt — aud^ bie üätertid^c — 
benn, o SBunber! ber ftrenge SRegiftraturSbireftor, ber 
Sd^redfen feiner ^ßraftilantcn, ber feiner lod^ter, fommt 
Q^H d^9^n feine ®en)o]^n^eit freunblic^ I&c^elnb nac^ 



4. Stubien (1849). 105 

^aufe^ er bringt jur SKittagSftunbe einen jungen 
3rremben mit, bcm er aQe (S^ren ertoeift — bei %x]ä)t 
fommt ber junge SSoItdntann neben bem äRabd^en ju 
ft^en — man brandet ftd^ nic^t mel^r Derfto^Ien ju 
betrad^ten, man fie^t p^, fpric^t jt^ täglich, allein, 
o^ne täftige StuQtn, benn ber bureaulratif d^e Sater ift 
ptö^Iid^ n)ie umgetoec^felt! @r a^nt bie nal^enbe @rö^e 
feine« neuen ®ünftling«, ber balb fein ®önner toerben 
fann unb il^n fetber bann beförbem, i^n wenigftenä 
auf feiner ©teile erhalten foH! 

D über bie l^immlifc^en ©tunben einer fcimcnben, 
ttjad^fcnben, jugenblid^en Steigung! S)er fü^e SReij ber 
rul^etofen ^Bewegung ber ©eele, be« ©emiitg, nod^ er^ 
l^ö^t, Dergeiftigt burc^ ben raftloS brängenben ©türm 
ber Stil, ber ©efd^idfe eines großen SSaterlanbe« ! — 
S)er junge SRebner entreißt fid^ ben Armen ber ©eliebten 
unb eitt ins Parlament. SBie begeiftert \puö)t er ^eute 
für baS Sintammerf Aftern! 3)ie entjäd(te Valerie a^nt 
nic^t, ba| ber glü^enbe ©trom feiner Stebe in bem 
SBufcn eine« ÜRäbc^en« feine DueQe ^ot. — Unb ber 
?[rtifel im Soumat! ©o feurig, fo überquellenb, fo 
menfd^lic^*})ubli5iftifd^ fc^reibt niemanb, ber bIo§ 
3eitung8lefer t)or Äugen l^at — fo fc^reibt nur ber 
©lütflic^fte bet ©terbtid^en, ein junger verliebter J)e^ 
mofrat, bem feine potitif^e ©öttin in ber l^otben @e* 
ftaft eine« frcil^eit:= unb tiebetrunfenen ÜRäbc^en« 
febcnbig öerförpert entgegen trat! — 



106 4. ©tubien (1849). 

3Jtan tnu| nid^t glauben, bajs irgenb eine 3bee 
im Seben fräftig SBurjel faffen fann, toenn bie grauen 
fte nid^t begünftigen. 2)aS ^olfötum |e|t fid^ nid^t 
äu^erlid^ an, eS toiU t>on Snnen l^erauStoad^fen unb 
eS gibt feine eckten Z)emo{raten — o^ne 3)emo{ra^ 
tinnen. 3)ai^ n)eibli(^e X)emotratentum fel^It und l^eut^ 
jutage nid^t — fogar bi8 jum geföl^riic^en Älub Der* 
bietet. @onft lag tooffl aud^ ein geniiffeS Sbfoluti^ 
ftijc^eS in ber grauennatur, toie eS in einer Sutretia 
99orgia ober ^at^arina üon üRebicii^ jur (Srfd^einung 
fant; aber ed tt^ar il^m bod^ ftetd bie £eibenfd^aft bei^ 
gemifd^t, bie il^m ben Slnfc^ein bei^ Großartigen t)er* 
liel^. Son einer jal^men X^rannei, n?ie fie in 2)eut{d^« 
lanb t)on 3R&nnem audgefibt unb gebulbet n^arb, n^oUen 
bie äSeiber nid^td n)iffen. 3)arauf beruht aud^ meine 
Hoffnung auf bie beutfc^e ß^^^nft 3)ie äRac^t ber 
grauen ift groß; n)ai^ fte n)oQen, bad gefd^iel^t äSenn 
bie ie^igen grauen für ben Slbfotuti^mu« toären — 
außer bem il^rigen — fie bräd^ten SUiettemid^ jurüd, 
unb i^ glaubte nic^t nur an bie 9leaftion — id^ machte 
fie fe(ber mit Qmn @lnd l^aben fi^ unfere fc^önen 
9Rär2«begeifterten äSienerinnen nid^t fo rafd^ abtül^Ien 
laffen, n^ie il^re äJlänner unb Siebl^aber. Z)ad mac^t, 
bie grauen befi^en mel^r ^l^antafie als bie 99anlierd 
unb ^ofräte, benen fie angetraut ober verlobt finb^ 
barum feigen fie aud^ in irgenb einer $^afe bti ))oIi« 
tifc^en ober fogialen £ebeni^ nid^t gleid^ ben Slui^gang, 



4. ©tubicn (1849), 107 

jonbem entbecfen me^r einen Übergang. X)ie ^auen 
^aben ober auc^ einen feinen, berec^nenben 93erftanb; 
bamit unb mit il^rem jarten ©efäl^I taften fte in bie 
3utunft 2)ie SKänner toiffen nur baiS ^agmatifd^e, 
bie ^auen erraten baS ^oetifd^e ber ©efc^ic^te. 

Sebe ^au ift eine ^Qtl^ia unb äßeUeba, bie il^rem 
äRann bie S^I^tift voraus Dertünbigt; fo man(i^er 
@QbiQe ober ßaffanbra n^irb nur (eiber üon ben j^ifto« 
rifd^gebilbeten unb eingebilbeten SRännem nic^t ge^ 
glaubt, ^rg id^ bin äberjeugt, ba^ bie ^^reil^eit eine 
äBal^r^eit n^erben tt^irb, toeil bie grauen an il^r feft:^ 
galten. 3)enlt an bie äJhttter ber ©racc^en, an $ortia, 
an Subitl^, Sl^arlotte Sorba^ — an 93ettina, Henriette 
Stiegli^! SSo immer eine 3bee fic^ am frud^tbarften, 
jugleid^ auc^ reigenbften offenbaren toiU, ba nimmt fte 
bie @eftalt beS SSeibeS an, ber liebenben üRutter, ber 
treuen @attin, bed begeifterten äJtäbc^enS. äSal^r^aftig, 
bie äRotronen bett)o^nen noc^ immer bie gel^eiligten 
^aine unb bie Jungfrauen bergen ftc^ im Xempel ber 
$efta, um ba8 ^eilige f^uer ber Siebe ju n)a]^ren unb 
ber ^ei^eit! 

12. 6erd)id)te eines Jlltliberalen. 

Sr ift mit bem Sal^r^unbert geboren unb ^atte^ 
nod^ taum ein Säugling, ben ä33elt(amt)f mitgema^t, 
welcher bie Meinen gfirften jener Qüi öon bem größten 
aller ®eifter befreite, roeÄl^alb er au(§ ber ©efreiungi^^ 



108 4. ©tubicn (1849). 

frieg l^eifet. 3)abei büfetc unjer junger §elb brei tJtuger 
bcr redeten §anb ein unb !ämpfte unb fd^rieb fpätcr 
mit ber linfen, gteid^ ©erüante«. 3n ber golge ttjurbe 
er 3)emagog/ au^ SJerjttjetflung über fein SJatertanb, 
wie aüe geiftreid^en jungen Seute jener läge, unb ba^ 
für auf mel^rere Solare etngefperrt, ttJte bte meiften. 13m 
Äerfer l^atte er l^intängti^ 3^^*^ f^i«^ ©ebanfen ju 
fammeln, bie er fpäter in ein Soumal nieberlegte. Cr 
fd^rieb gegen bie 8leftauration unb §erm öon §atter, 
gegen ben beutfd^en Sunb unb §errn öon ®en|, gegen 
bie lünftlid^e 9lomantiI unb ben m^ftifd^en Satl^oli^ 
jiömu«, gegen bie ©d^Iegel, Slbam SRüßer unb Xiecf. 
SKan verurteilte ben unrul^igen Äopf ju »ieberl^olten 
©efängni^ftrafen, unb jttjar an jebem ber öerf^iebenen 
Slufentl^altgorte, bie er nad^ unb nad^ ju Ȋl^Ien ge^ 
nötigt n)ar, unb aui$ bereu jebem man il^n t)ertrteb, fo 
ba§ er enblid^ in ben etlid^en 30 beutfd^en SSater* 
länbem feinen Slul^epunlt mel^r fanb, ba er, gleid^ 
SBill^elm SDteifter in ben SBanberjal^ren (jebod^ t)on 
^olijei »egen), nid^t über brei Xage unter einem 3)a^e 
öerioeilen burfte. Äui^ Unmut ging er in bie ©d^ttjeij, 
too er bie Sefuiten befäm^jfte; mel^rmatö mit bem lobe 
bebrol^t, unb nad^bem er burd^ ben @d^ug einei^ fana^ 
tifd^en 9]teu^elm5rberj^ bai^ redete S(uge eingebüßt, 
mad^te er jule^t bie 3uftud^tdftätte S3&med unb ^eined 
aud^ gu ber feinigen. Xraurig ift ba^ fieben berSJerbannten, 
befonberg »enn fte feine ®enieg, fonbem bIo§ e^rlid^e 



4- Stubicu (1849). 109 

£eute unb Patrioten ftnb. Unfer. t$reunb machte )uentg 
Stnjpräd^e and £eben, aber (eben totQ man benn bod^, 
befonbcrS in 5ßari8. 3ft er nid^t Sc^riftftetter? 3)er 
arme Senpiefene nimmt fid^ gufammen unb fd^reibt 
begeifterte ärtifel, ^araüeten jwifd^en granfrcid^ unb 
2)eutfd^Ianb, frei^eitatmenbe, frei^eitmutige — feine 
beutfd^e ä^ihittfl ^iß f^^ aufnehmen. SBa« nun mad^en? — 
S)er gro|e Siouffeau ^at einen Xei( feiner Xage bur^ 
?ttjd^reiben gefriftet — id^ armer ©d^elm^ faum ein Ittom 
üon bem großen SRann, n)iD ed nid^t beffer ^aben, als 
er. @efagt, getan! 2)ad @lnd begünftigte einmal unfern 
(S^bemagogen unb tie^ i^n bie S3efanntfd^aft einei^ be^ 
rühmten franjöfijd^en ^iftoriferS mad^en, ber i^n ju 
feinen ©Ejerpten unb SSorftubien benüfete — ja aud^ 
nod^ 2U etn^ad me^r. 3)er berfl^mte 3)lann mad^te 
n&mlid^ bie gelegentlid^e ^emertung, ba^ in bed jungen 
3)eutf^en @e^im eine ^üQe ni^t aUtägli^er ©ebanfen 
verborgen liege unb ba^ i^m nur bie ®abe feilte, fte 
geiftreic^ unb elegant au^jubrfiden, fon)ie ber @(aube 
an fi^ felbft unb bamit aud^ ber @(aube ber anbem. 
Sr tte^ i^n nun tägttd^ ein paar @tunben gegen ein 
anftänbiged Honorar beulen unb f^rieb bie @ebanfen 
beiS armen beutfd^en ©d^Iucferi^ in feinen franjbfifd^en 
^ad^tftil um. 3)aiS äßerl ma^te ungel^eured ^uffe^en 
unb erfd^ien au^ in mehreren beutfd^en Überfe^ungen. 
8o t)ertt)irnid^te fi^ in einem praftif^en ^alte S3öme§ 
?lu«fpruc^ unb SSorfd^Iag: „5)ie Slatur^at bie 3)eutfd^eu 



110 4. (Stubicn (1849). 

jum 3)cnfcn unb nid^t jum ©d^reiben bcftimmt, unb 
blieben fte i^rcr öeftimmung treu^ würben jte i^re 
©ebanlen rol^ au^fül^rcn unb fic öon granjojcn unb 
ffinglänbern verarbeiten laffen." 

Iga^re ftoRen ba^in unb unfer §elb lebte, badete 
unb ftubierte unb brad^te fid^ bur^. 2)q erfd^ien ber 
SBcnbepunft ber franjöftfd^^beutjd^en ©ejd^id^te, ber 
3ad^aria8 SBemerf ^e Sd^idEfatetag, ber 24. gebruar — 
eS fd^Iug bie ©tunbe ber 8le^ubli!. 3)er längft franjö* 
fterte unb nun aud^ repubtilanifterte beutfd^e Äu«* 
tt)anberer, ber injtoijd^en itonmal 24 3a^re ait ge^ 
n)orben n^ar unb faft Dergeffen l^atte, ba^ ti nod^ eine 
®efd^id^te gebe, jumal eine beutj[d^e — erfd^ral öbüig 
über bie unerttjartete SBenbung, tro| ben S^onjofen, 
unb bebauerte nur, ba^ bie Slepubtil t)ennut(id^ leiner 
glänjenben ©tiliftüer mel^r benötigen bftrfte, jomit aud^ 
feiner berül^mten 3)idnner, benen er üorjubenfen \)&üt. 
Slber bie ®ebanlen vergingen il^m beinal^, ate er erfuhr, 
ttjeld^e rofd^e unb l^eftige SBed^fetoirfung ber franjb* 
ftfd^e @d^idEfaIdtag auf 3)eutfd^tQnb ^ervorgebrad^t. 
@eine ©e^njud^t nad^ beut SSatertanb tttoaäfit mit 
einem SDlale auf baö l^ei^efte. 3m SÄonat SRärj er^iett 
er ein paar ftüd^tige Qeitm öon feinem einjigen 3u* 
genbfreunbe in SBien, bie i^n aufS eifrigfte jur fftfidE* 
lel^r ermahnten, ßonftitution unb ^re^freil^eit inSSienl 
(£8 litt i^n ni^t länger. 3lod) am felben Xage öerlicfe 
er 5ßari8. %m JR^ein fanb er bie l^öd^ftc Slufregung. 



4. ©tubien (1849). Hl 

3n Äöln frcujtcn ftd^ bic ttjunberlid^ftcn ©crü^tc über 
^txlin, mi(i)ti er am erftcn Xage bcr SJarrifaben 
erreid^te. (£r fprang aui^ bem SSagett unb nal^m fogteid^ 
am Kampfe teil. (Sine ^get gerfd^metterte i^m bad 
re(!^te 93ein, bad il^m tagi^ barauf abgenommen loerben 
mn^te. (5r fünfte ben ©d^merg laum — ber @ebanle 
an bad befreite £)fterreid^, an bad einige S)eutfd^tanb 
machte i^n aUeiS unb jebed loergeffen. 

J)er eine ©ebanle beängftigte i^n nur, »ä^renb 
er im SBunbfieber tag, ba^ er nid^t tätigen Slnteit 
nehmen lonnte an ben ©ef^iclcn be8 erneuerten S3ater* 
(anbed. $aum ^alb genefen, He^ er fid^ bie 3^itungen 
bringen, fd^üttette aber bebentlid^ ben ^opf über bie 
erften ©rgüfle ber bcutfd^en ^regfrei^eit SBeber Snl^alt 
nod^ ^uSbrud jagten il^m gu. @o ^atte er in ben 
»ilbeften Xagen feiner 3)emagogie nid^t gefd^rieben — 
fo jd^rieben bie republifanifd^en grangojen ni^t. Äud^ 
mit bem @ange ber beutfd^en Sreigniffe n^af er nid^td 
loeniger als gufrieben. $5d^ft un))raltifd^ erf^ien if)xii 
t)or allem bie ä^^t^^tgettjatt, bie man ju fc^affen 
beliebte, unb n^eld^er nid^td Geringeres mangelte, als 
baS eigentßd^e Qtntcma unb bie ©etoalt ^ad) feiner 
gänglid^en ^erfteUung ging er mit feinem l^ölgemen 
Steljfu^ in ben ©trafen SerlinS ^erum, um fid^ baS 
öiclbefpro^ene Aufgellen 5ßreu§enS in 3)eutf d^lanb ein* 
mal in ber 92ä^e gu betrad^ten. (£r fanb aber nid^tS 
als altes Sunlertum unb ben neu^bemolratifd^en £inben^ 



112 4. ©tubicn (1849). 

Mub. @r fonntc nid^t ttjo^l begreifen, tüie fid^ bie betben 
^^oereinbarcn" foöten. 3)a jucftc il^n ber ©^riftftetter, 
er badete ber alten 3^^ ^^^ M^6 ^iii P^ar Ärtifet in 
feiner Smbt^3al^nfd^en Sßeife lod, n)eld^e i^m ben 
ffil^rcntitel eines „ÄttUberalen" unb eine präd^tige 
^a^enmufif Derfd^afften. S)aS ^a(f aber aEeS nic^tö. 
Unfer S)on Duijote ber grei^eit »arb nun um fo 
erbitterter unb bonnerte immer l^eftiger auf Sommu» 
niften unb Itnard^iften loS. S)ie golge mar, ba§ man 
i^m bie genfter einf d^mi§ unb ba§ er burc| einen Stein* 
ipurf beinahe um baS anbere $[uge gefommen tooxt, 
meld^eiS il^m bie Sefuiten in ber @d^n)ei2 nod^ übrig 
gelaffen Ratten. Xa^ Derleibete i^m enbli^ ba§ ratio* 
neue Serlin, er raffte feine legten ^arifer ©rfpamiffe 
jufammen unb befd^to^, feinen Igugenbfreunb in bem 
„gemüttid^en" SBien aufgufud^en. „3)eutfc^Ianb ift ja 
jefet überall !" badete er, — S)ag ©c^idfat fügte e», 
ba| er gerabe am 12. Sluguft — jugleid^ mit bem 
rüdfe^renben Äaifer in SBien eintraf. 3)er Subel, bie 
93Iumen, bie Xeppid^e, bie beutfd^en 5^^"^^^^ ^i^ ^la« 
tionatgarbe, bie Segion, bie mutigen ®efi^ter, bie 
!ü^nen Stehen — baö aöeg ttjar unferm qucndam 
2)emagogen in ber t)ormaIigen ^olijeiftabt par excel- 
lence fo neu, ba| i^m ^ei^e Xränen ber dlül^rung über 
bie l^ageren SBangen herunter floffen. Aber eS ift nid^t 
altes @oIb, n)aS glänjt! 3n n)enig ^agen ^atte eS ber 
liberale Ärüppel l^erauS, tt)o bie SBiener ber @d^u^ brüdEte. 



4. @titbien (1849). 113 

^nd) fjitx loie in Berlin, SRattoftglett k^on oben, 
Sto^^eit unten, ©(etd^gütigleit in ber 3Ritte. S)abei lein 
@efe| ober leine Geltung bafür. WtauQtl an barem 
(Selbe, @tO(Eung bed SSerle^rd, SSerarmung — aber genug 
^acfelgüge, S)eputationen, ben^affnete £anbpartien, ^am« 
merreben unb ^(ubk^erjamnttungen. S)ie 93Iatter f daneben 
t)on Sieaftion unb SSoIIdfout^eränität, anbere fprad^en 
t)on ben rr gutgesinnten'', t)on ber fonftitutioneEen 
äRonard^ie unb loon einem ftarlen Öfteneid^, unb bie 
„Sd^ttjarj^gelben" unb bie „©^»arj^rot^gotbenen" 
riffen fid^ gegenfeitig bie 93&nber t)om ütxbt herunter. 
5)er „SlWiberate" lam ganj aug bem §äugd^en, [tritt 
fic^ in &a^U unb ^affee^fiufem mit bem erften beften 
^erum, unb lourbe t)on biefem für einen äleattionär, 
t)on bem anbem für einen 9labifalen erllärt. @o fam 
ber 6. Dftober ^eran, »o ber Ärmfte fi^ öor ber 
einen, fo ber 31., tt)o er fid^ t)or ber anbem 5ßartci 
Derfteden mugte. S(te enb(ic§ bie £eute einigermaßen 
jur S3eftnnung lamen, aber pI5^(id^ t)on bem lieben 
^eutfd^Ianb gar ni^ts me^r n^iffen n)oIIten, nod^ bie 
^eutfc^en k^on Öfterreic^ - ba brac^ unferm ^U 
geprüften bad ^erg unb ba ingn^ifd^en au^ fein ®e(b« 
beute! faft t)&Qig teer gen^orben, fo rief er boppeü 
fd^merglid^ ben^egt auiS: „^ä) bin 48 3al^re alt, n)ok)on 
ic^ 15 in Äerlem unb ©efüngniffen, 10 Sö^re in ber 
Verbannung jugebrad^t; id^ ^abe im 2)ienfte ber ^xtu 
^eit brei gittgcr, ein Singe unb ein ©ein eingebüßt, 

C^SlflCB IT. 8 



114 4. ©tubien (1849). 

bin nad^ 3)eutfd^(anb gunidgele^rt, toeil ed enbtid^ einig 
iinb frei gen)orben, unb mu§ nun abermals f(äc^ten, 
n)eil mein Stltliberali^mud, loie fie bel^aupten, frül^er 
unbraud^bar war, je|t xoicbcr gcfä^rlid^ ift. @o fel^r 
id^ benn in'iS ^immetS 92amen nac^ meinem $arid 
jnrücf — l^etf id^ meinem SSaterlanbe, ttjenn id^ barin 
oer^ungere? Soui^ ^apoUon ift je^t ^äfibent ber 
aiepublif — bie franjöfijd^en ©elel^rten n^erben ttjieber 
@efd^id^te fd^reiben, feid aud^ bonapartefd^e, unb id^ 
bin gern bereit, il^nen um einS3iIIiged aufd neue Dor« 
jubenlen. §ier lönnen fie feine ©ebanfen braud^en. (£§ 
lebe bie greil^eitl" 

3)amit l^umpelte ber @teljfu^ beim ^ore ^inaui^. 
©ein einjiger Sugenbfreunb l^atte fi^ ingnjifd^en aus 
Serjttjeiflung in einem SÄinifterialbureau aufteilen 
laffen. 

Ärmer Älttiberater! 3d^ WoHte, unf ere ©utgefinnten 
l^ätten bein ^erj — unfere {Rabifalen beine Uneigen^ 
nü|igleit! 



5. neue Studien (l$49). 

I. Die €inkebr zu tid) leibst« 

C^n berühmter beutfd^er @iele^rter auf Steifen 

befanb ftd^ etned abenbd, naä) ber Sbtfunft in einem 

fremben Sanbe, auf feiner @iaftfiube gang aUein. S)a 

gefd^a^, »aS il^m — toie er freimiltig eingefte^t — 

feit 20 3ü^ren nid^t n)iberfa]^ren n^ar: er badete über 

ftd^ felbft nad^. — (Sd mag man^em fonberbar t)or^ 

fommen^ ba§ ein ®ele^rter, ber fo öieten na^benlt unb 

ein ©d^riftfteller, ber fo öielen oorbentt, fein eigene^ 

®elbft burd^ eine fo lange Steige t)on Sfa^ren gar nid^t 

mit ©ebanlen gu beteiligen verlangt — unb id^ öermag 

bai^ tt)eber o&Qig gu ertlären nod^ gu entfd^ulbigen. 

©d^riftfteQer ftnb übrigen^ ®ebanlenf öd^e ; in il^rem 

®fer, bie ©peife für anberer ©aumen fc^macQaft gu* 

gurid^ten, ni^jpen fie fclbft faum baran unb verlieren 

gule^t aQen gefunben Appetit Sened ©eftänbnid be^ 

berühmten ©elel^rten mag übrigeng ate fein Aufruf an 

bie gefamte SRenfd^^eit gelten; il^n ja nid^t nad^gual^men. 

S)er 3)enfer oon ^ofeffion, ber ©d^riftfteöer, ber 

S)id^ter befd^äftigen fi^ eigenttid^ immer mit ft^ felbft, 

8* 



116 5. «cue ©tubicn (1849). 

oft o^ne ed 5U tpiffen; loaS fte fd^affen unb bid^ten, 
ift ein ©tüd i^rcg Snnern, unb bic SBcIt jototc bic 
Sflejenfenten jtoin^en fte oft genug ^um Slac^benlen — 
n)enigften§ über t^r mißlungenem ^ä). 

S)en übrigen SBeltleuten ift aber auf bad brin« 
genbfte anguraten, bii^n^eilen bd fic^ felbft einjule^ren, 
befonberS in Qtittn eineS großen Umfd^toungd, n^ie 
bie legten. S)ie ^anb aufm ^erj! SBer t)on unS ^at 
fic^ ni^t t)eränbert? Unb n^er mag bai^ gerne frei 
belennen? SBer iftd, ber nid^t Dielme^r jeben anbem 
beS SBec^feld befc^ulbigt? @id^ felbft nimmt ein jeber 
ani. ,,3<^ bin mir immer gleid^ geblieben/' fagt jleber 
mit ftoljem Sewußtfein. — S)u irrft^ greunb 3Renf(!^! 
Su, ic^, n)ir aQe ^oben un^ ge&nbert; n^ir foQen, n^ir 
muffen un« änbem — moralifd^^ politifd^^ äft^etifc^ 
@i(^ Deränbem, fic^ immer neu umgeftalten, ^eißt 
leben; ft^ gleid^ bleiben in gen^iffem @inn^ fte^en 
bleiben, ift fterben, fd^on geftorben fein. Per aspera ad 
astra! S)er SSeg }ur SEBa^r^eit ge^t leiber nur burc^ 
ben Srrtum. 

äBenn ^ir'd in Stop\ unb fersen fc^tvicrt, 
Sßad tDinp 9)u IBeffer'S f^abtii? 
93er nic^t me^r liebt unb nid^t mel^r irrt, 
^er laffe ft(^ begraben. 

3n ^opf unb ^erjen — bad iftd. SBem bloß 
ber ^opf fummt unb ba^ ^erg nid^t fc^Iftgt, ber fte^t 
in ®efa^r, fid^ gum bloßen Sopftier auSiun^ad^fen; 



5. 9{eue ©tubien (1849). 117 

unb tpem bad ^erj mit bem $opf baDon läuft, ber 
lann \f)n (etd^t auf bem SSege Derlteren. Sd ift ntdit 
nmffx, ba^ ber polttif^e Wlm\d) mit bem ftopfe aOetn 
audrei(!^t, er braud^t auc^ ein ^erj fo gut toit jeber 
anbere. SRopoIcon ^atte bIo| ®etft — unb leiber einen 
Siicfengetft; ßubwig XVL nur ein gutmütige^ §erj; 
^einrid^ IV. öon 9lat)arra beja| beibe^ — ^erj unb 
@eift. 2)amalj^ mar ^^ranlreic^ g(ä(flid^; ba^ fd^tt)Qd^e 
^erj, ber gro^e ^opf brad^ten i^m jebed ein anbered 
lEIenb. SBie bie Surften, \o bie SSöIIer; xoxt bad äJoIf, 
fo ber ^ärft. 9legierung unb ißation bebingen unb 
erfiären fic^ gegenseitig, unb muffen fid^, tro| aQer 
3tDifd^enp^Qfen, }ule|t t^erftanbigen unb einigen, toenn 
ber SemunftftQQt juftanbe lommen foQ. SSertrauen, fagt 
man, fei ^ierju ber SEBeg. @efel^tt! Sd ift nid^t ber 
SBeg, f onbem bai Qid. SSer SSertrauen f)at, f^at aOed. 
Aber »ie entfielet ba8 Vertrauen? Unb »er foß guerft 
vertrauen? S)ie SBöIfer! jagen bie dürften. 3)er gürft! 
fagt baiS äJoII. 

(£S ift ein en^iger ^ti^, in toeld^em einer l^inter 
bem anbem ^errennt, ol^ne ftd^ einjul^olen; aber bi^« 
tt)ei(en treffen fie bod^ gufammen. S)ad gibt bann 
glüdlid^e — furje Saläre, in benen 5ßeriHeÄ mit feinen 
St^enienfern, ein Xitud mit feinen 9lömem bai^ fd^öne 
f^eft ber SRenfc^^eit feiert 3m gangen {ann ein t^rft 
leichter vertrauen aU ein SSoII, toeil er bie SRad^t ^at 
unb weil er fie burd^ Qattanvx meift öerboppelt. J)ie 



118 5. 9lcuc ©tubien (1849). 

$B5tIer finb bagegen gelDd^nltd^ migtrauif^, ntd^t nur, 
xocit ftc fo oft betrogen »orbcn, fonbem »eil fte i^re 
eigene SiRa^t ni^t lennen. Sin ©c^mad^er ober n)er 
ftd^ feine ^aft jutraut, glaubt ftd^ immer übertjorteilt. 
Sßa^ ift benn aber bte 9]tad^t bt^ SSoIIed? @inb'd 
bie t)ielen ^öpfe? &etoi^ nid^tl ^unberttaufenbe tiefen 
ft(^ t)on ^llesanber, bem fogenannten @(ro^en, äJ^idionen 
t)on Stapoleon jur @cl^Iaci^tban{ führen, n^eil ei^ i^ren 
@ebtetem gefiel, ber @eifenb(afe 9}u^m nad^jujiagen. 
Sßoren bag SJbtIer? 9lein — gldnjenbe ©fiaöen! 
SßoQt 3^r ein SSoII fe^en, fo bli^ nad^ ®nglanb. 
2)ie 9legierung fül^rt bort in aQen großen angelegen- 
l^eiten nur ben SBiDen ber Station aug — toeil ei^ 
eben bie Station ift, unb t^ ift eine Station, »eil cä 
feine gemeinfamen Sntereffen genau lennt unb t)erfoIgt, 
totil jebem fein ^lafe angettjiefen ift, »o er freitätig 
»irlen mag, leiner ben anbem ^inbert, ba er ft^ nur 
fetbft ^emmen »firbe; weit in ber gamilie, in ber 
©d^ule, in ber ®raffd^aft, in ber ©emeinbe bid jum 
^arlamenti^l^auiS aUei^ nur ju einem Qidt ftrebt: ®ro^ 
unb mäd^tig als ©onjeS im @taate unb felbftänbig 
unb frei im eigenen ^aufe baiufte^en. 3)ad englifd^e 
SSoII, bie Snglänber ^aben t^ nic^t t)erfd^mä^t, toie 
jener beutfd^e @etel^rte, über fid^ nad^gubenlen; fie 
l^aben bai^ im Saufe ber Sa^r^unberte, ber Sa^re, oft 
unb mit Smft getan; fie ^oben aud^ Diele ^^afen 
burd^gemac^t, fie finb fic^ ni(^t immer »,g(eid^ ge^^ 



5. meut ©tubien (1849). 119 

6Iie6eit", fie ^abtn fid^ k^eränbert unb i^r Jüopf unb 
§crj ^at häufig geirrt ©d^&mc fid^ bo^ Icincr jcinc^ 
Srrtumg! SKt«C)ftcrrci(l^ f^at bnxö) ötcle Sa^rjcl^cnte 
nid^t geirrt, fonbem gefd^lafen — bag ift toeit fd^limmer 
ate Srrtum! S)ann ift ti aufgeftanben, ^at ftd^ bie 
Stugen gerieben, ober ber blinbe, nod^ fd^Iaftrunlene 
^tid Ue^ ed bie 2)inge au^er ftc§ nid^t red^t beutlid^ 
ertennen; ei^ tappte mit ungejd^idCten ^finben nad^ 
Dielem ©lättjenben, bad ed gerbrad^; tpie ein ^nb 
langte ed nad^ bem prftd^tigen 93ilberbud^ unb l^ötf 
e^ beinahe jerriff en ; je^t fteüt man ba^ 5Bud^ — t>itU 
leidet toar'g nötig — cinfttoeiten in ben tt)o^tt)ertt)a]^rten 
®dfxant unb ruft bem berben Sungen ju: „2)u mugt 
erft aug beinern läfeld^cn lefen temen — fpStcr be* 
fommft bu baS ^üä)** — bu mu^t erft lefen lernen 
— ma^r^aftig^ barin ^at man red^t 3)arum, öfter* 
reid^ijd^ SSotl, lerne tejen — unb leine 9Ka^t ber 
^e(t n)irb, lann bir bad S3ud^ t)orent]^aIten. 

3tt)ci Sa^re ftnb »enig in bem fieben einer 3la^ 
tion. 5är Öfterreid^ brängte ftd^ in bie testen gwanjig 
SKonate ber Sn^alt eineS Sol^r^unbertd jufammen. 
2)ad Sntgfiden n^ar gro^, ber ©d^merg ungel^euer, 
SEBirren unb große fieiben »erben nad^folgen — eg 
ftnb bie ©d^mergen ber SSiebergeburt. SBie unbel^aglid^ 
ber je^ige 3^fl^n^ ^^^ txntm jjeben erfd^einen mag, 
eini^ fte^t feft: baS alte, buntpfe, fd^Iäfrige Öfterreid^ 
ift nid^t me^r. — Aber ein neuei^ muß »erben! — 



120 5. IReue ©tubten (1849). 

S)ie 9legterung f^at baS juerfi audgefprod^en unb ba^ 
SSoH fängt an, ti jn begreifen. Öftcrrei^ mu^ eine 
neue SRa^t merben, gro^, frei im Snnem, unabhängig 
nad^ au^en. 3)ie§ gefd^iel^t nur burd^ raftlofe Arbeit, 
gelter finb begangen »orben öon beiben Seiten, beibe 
Xeile ^aben baran gelernt. S)a^ man Dergeffen, ftd^ 
gegenfeitig t)ergeben muffe, ba^ bleibt aui^gema^t. 9lur 
bai ift ber äßeg jum SSertrauen — ti gibt leinen 
anbem. Unb aud^ bie grofe Arbeit ift eine »ed^fel* 
feitige — ba« oergcffe man nid^tl SBenn bie 8le* 
gierung burd^ ©cred^tigleit, Sc^re unb Unterrid^t, burd^ 
eine großartige ^anbetepoßtil, burd^ tfid^tige 9le^ 
präfentation tiad^ außen nac^ unb nad^ i^re Xätigleit 
betoä^rt, fo »irb fie ti balb — nid^t nur ungefäl^r* 
lid^, fonbem ermfinfd^t unb notn^enbig finben, an ben 
SSotfölröften in ber ®emeinbe tt)ie in ber Äammer i^re 
unentbel^rlid^en SDlitarbeiter ju gewinnen. ^Bereite ft(^ 
ein jeber ju bem großen SBerle unb l^elfe unb ttjirfe 
in feinem Äreifc, toie er'S öermag, ber ©injelne tt)ie 
bie gefe|(id^ SSerbunbenen. 

S)ie engtifd^e SRation ift längft gur ffiinle^r ju fic§ 
felbft getaugt — 3^r SB5Ifer Öfterreid^g, gel^t l^in unb 
tut bedgteid^en! 

2. Olo ift 0ott nid)t? 

3tt 8lom — f tautet ein atter SBife — ift ®ott 
nid^t, benn bort ^at er einen @tatt|atter. 2)ur^ eine gc^ 



5. 9ttut etubien (1849). 121 

räume 3^i^ ^^tte er leinen; @ott n)ar alfo tuirfltc^ 
in 9lom unb mod^te fär feine £ieb(ingSfiabt jetber 
forgen — iä) gtQube aber nid^t, ba| ber tiebe @ott 
bie 9tömer bamolS unmittelbar regierte. S)ie S)emo« 
fraten unb bie 2)i|)Iomaten pfufc^ten i^m ini^ ^anb« 
loerf. Se^t ^at ®ott in 9lom Diele taufenb franjbfifd^e 
©teßöcrtreter mit Bajonetten! SBunberlid^er SBed^fel 
ber 2)inge! S)er ^o^)ft^ ber ^rr ber SBelt, ber fonft 
ftdnige unb ^aifer ein«^ unb obje^te unb fie n)ie i^re 
Sölfer mit bem 93annftra]^Ie gerfci^metterte, mu^te 
jule^t fro^ fein, ba| eine lafterl^afte 9lepub(il unb 
beren tounbertid^er ^äfibent mit ber unfrein^itUgen 
3)et)ife „avec moi le ridicule" fid^ feiner annehmen. 
Sn $arid mad^ten fie bamalS jogar eine ^oQette für 
ben ^eiligen Sater; äRontalambert tpar ber neue 
%eijd, ber für ben $apft mit ber ©ammelbüd^je ^erum^ 
ging — für Pio nono, ttjcld^er guerft bie Siid^fe ber 
$aubora geöffnet — »eil er nid^t »ufete, »a3 brin 
»ar. 3e|t »iffen »ir'Ä. SWd^tÄ »ar brin ober foöiet 
n^ie nid^t^. dliä^iS atö eine 3J{enge Keiner bummer 
Zeufeld^en, bie ftd^ für grofe unb gen^altige @atanaffe 
unb S5eetjebub8 hielten, furd^tfame Seute erfd^redten, 
bie 9Se(t an aUen t)ier Sden in S3ranb ftecten lootlteH 
— t^ toar aber nur X^eaterfeuer — unb fid^ jute^t 
t>bn SÄutigeren, afe fie fetter »aren, ^afd^en liefen, 
bie fie il^reS falfd^en Xeufelj^prunled entfleibeten, il^nen 
bie ©d^ürje abf d^nitten, bie ^ömer au8brad^en — unb 



122 5. 9lcuc ©tubicn (1849). 

bic jc|t ^crumftoljicren unb fi^ gerne für bcn »a^reit 
S^eufeföbanncr ausgeben möd^ten. ^ijx treibt aber ben 
leufel ni^t au« — ben »al^ren leufd! SKan mu§ 
felbcr ein wenig beg Icufefe fein, »enn man i^n au«^ 
treiben »itt — unb ®otteg obenbrein — ba8 ift bk 
$au))tfad^e. 

aSo ift ®oü nxd)t? fßzi ben S)eutfc^fat^oIiIen. 
SS$enigftend n)ar bid^er lein red^ter ©ottesfegen bei 
ifinen, j. 35. in SBien. Avec eux le ridicule! 3n 
3)eutfd^tanb ift'g jttjar fein ©^aben, fid^ lä^erK^ 
ntad^en. @d metffd aud^ niemanb. 3)ie S)eutfci^en 
lad^en feiten unb niematö über il^re eigenen bummen 
©treidle, für bie fie eine faft abergläubifd^e SSer* 
el^rung ^egen, toie für bad alte beutfd^e Sieid^. S)er 
2)eutfd^Iatl^o(ijidmud ^at t^ ^ö^ftend ^ie unb ba ju 
einer proöinjicQen ®eltung bringen lönnen; feine An« 
pnger finb bie ©tiUen im £anbe, i^r (Snt^ufiaiSmuS 
Derraud^t balb. S« fel^Ite aQentl^alben an ben toa^ren 
Stpofteln; aud^ mifd^te fi^ bie $o(itiI brin. Xa^ 
^anje lief auf Stbftimmungen l^inauS unb auf einen 
®(aubenad libitum. Stber SSa^Imänner^Serfammtungen 
f^affen feine fir^Ii^e ©emeinbe, ©timmjettel fül^ren 
in aDe Chnigfeit ju feiner 9leUgion. 

SBo ift @ott? 3d^ »eife e« nid^t 3ci^ fpür' i^n 
nirgenb«. 3(^ gewahre nur, ba§ man i^n nennt unb 
nic^t glaubt, glaubt unb nid^t begreift, ju begreifen 
glaubt unb i^m ni^t lebt, nid^t in i^m, mit i^m, 



5. 9leue Stubieu (1849). 123 

burc^ t^n lebt — „SBo brct ftd^ in meinem SRamen 
üerfammeln, ha »erbe ic^ unter i^nen fein.** SRun, e« 
l^oben ftc^ unlängft brei üerfammelt — brei Könige 

— fte gingen toieber auSeinanber. (Er ttior ttiol^I nic^t 
unter il^nen. Unb i^orlängft ^oben ftc^ me^r aU brei 
Derfammett, mel^r atö brei^unbert — toar er unter 
i^ncn? — Ober l^aben fie fic^ etloa nic^t in feinem 
ÜKomen berfammelt? ^od), boc^! 3m 9lamen beiS 
Voltes — unbSBoIfei^ftimme, fogen fie,®otteiJ©timme! 

— 3c^ gloub', e^ ift eine ©iferfuc^t im ^immel. ©ie 
muffen ben ^eiligen @eift Demac^Iäffigt l^oben — 
brum ift er ausgeblieben. (Sin ^eiliger @eift I&jst nic^t 
mit fid^ fpüffcn — gar fein @eift. S)er @eift mod^t 
(Smft (8S ift ^ol^c 3eit, ba| 3^r (Smft — baft S^r 
@eift mac^t aud^ für bie Firmen am @eifte. (Sin SSolfS^ 
tjertreter ift ein ©eiftoCvtreter. SBenn 3^r feinen ®ott 
^abt, fo Sl^r bod^ einen ©telfoertreter l^ättet, einen 
^ft! (Sin großer SRann ift ein ^of^ft. ^er 3^r 
^obt feinen $apft. deiner t)on euc^ ift aud^ nur ein ^f d^of , 
gef c^nreige ein $a|^t. — (SS ift toa« eigene« um einen 
grofen @ebanfen, um eine neue Sbee, bie fid^ ber 
SBelt bemächtigen will. Sie tritt erft gar leife auf, in 
cingelnen SRenfd^en, bie man bofür üerläftert, »erfolgt, 
einferfert, freujigt S^re Sünger fc^toeigen erfd^rocfen 
unb bilben nac^ 'unb nad^ eine ftiQe ©emeinbe, bie 
nod^ immer ju leiben l^at 2)od^ balb oergröfert ftd^ 
ber ÄreiÄ unb ein SWfobemu«, ein @aulu8, bie offi=^ 



124 4. 9leue ©tubien (1849). 

jieUen Schergen ber neuen Se^re, n^erben t^re ge^» 
l^einten Slnl^&nger. (ES ift ber Sßenbepunft. 2)ie ®otte8« 
ibee ^at äBurjel gefc^Iagen, fogar in ben verhärteten 
^ergen ber SSome^men unb Steid^en — oUeS glaubt 
an ftc — fettft bic 5ßoK}et, bic fie nur läfftg, öon 
%mti n^egen verfolgt. 9htn lomntt ein leerer Staunt 
bei^ Ungen?iffen, ht^ Unbel^agend, bevor bie Station, 
bad gefamte 93o(I ftc^ offen unb freubtg }U bent be^ 
lennen barf, n^oran inSgel^eim ein jeber ^ängt« SSor 
ßeiten maren'S grojje äJtänner, grojse t^ürften, bie 
il^ren 855Ifem öorbac^ten unb Dorglaubten — aber 
)e^t! 2)a8 Unbehagen ift ba, n^er befreit uniS bavon? 
S)aS Unbehagen ift ba — fomit bie Steife na^. — 
3)ie 3bee ber »a^ren, fc^bnen grei^eit ift fein ®puf 
in einjelnen ^bpfen. @ie lebt unb rourjelt längft unb 
fc^o^ in iBliiten, iinb loenn ein ^eijjeS Sal^r bie erften 
öerfengte, fo ift fie ftarf genug, um frifd^e gu treiben. 
Unb f^c^te n^irb'd aud^ nod^ geben — bie Statur 
verfc^tt)enbet nur, um häftiger }u jeugen. Xaufenb 
verbrannte diäten finb ein St\6)tn, ba| ed i^r emft 
ift mit bem treiben. — SBo ift ®ott nid^t? — 3^r 
Xoren! er ift fiberall 3Jlit ober o^ne $a))ft. ®Iaäbt 
i^n nur l^erg^aft, lobt i^n nur erft unb er erfc^eint 
mitten unter euc^ mit feinem neuen vertlärten Seib, 
legt eure ^änbe in feine äBunbmale unb ruft euc^ 
tröftenb gu: „i^riebe fei mit euc^!" 



6. 9leue Stubien (1849). 125 

3. Das tbeater, das Publikum und td). 

Unter ben Sterblichen finb bie aQerunglucKtc^ften 
bic ©c^riftflcHer, unter ben ©c^riftftettem bie 3)raroa* 
tifer unb unter ben S)ramatilem ^ab' id^ bie &ivt, 
ber unglfidEtid^fte ju fein. 2)ad Dere^rte ^blifunt n^irb 
mir oerjei^en, ba^ ic^ mein mel^r als jn^anjigiä^rigeS 
Sd^meigen Bred^e unb jum erften äRal in meinem 
£e6en ein SBort aber mtd^ felbft unb meine „Xrbftun« 
gen" fallen loffe. @prec^' id^ bodf aud^ 5ugleic^ äberi^ 
^^blifum unb aber baSjenige, toai einft fein £ieb« 
lingSgefpr&d^ loar: ilberd X^eater. Stber aud^ feine 
JliieblingSbefd^äftigung, fein i)or^errf(^enber ©ebanle, 
feine Steigung, fein $ang, feine Seibenfd^aft. D fü^e 
3eit ber erften Xl^eoterliebe ! @o toad blä^t f d^on gor 
nic^t toieber — el^er eine anbere }tt)eite ßiebe, bie mit 
ber erften bidn^eilen aujserorbentlic^ t^iel ^nlic^Ieit 
^at — fo n^ie bie Ie|te. äJtit bem X^eoter ift'd anberS. 
^at man fic^ baS einmal abgen^ö^nt, fo fann ed einem 
oöüig jutoiber »erben, langweilig, unerträglich — e§ 
mag 9lationaIt^eater l^eijsen ober nid^t — im ©egen^ 
teil! 2Stxt bem Xitel reijjt nun gar ber fd^5ne Sßa^n 
entgmei. S93ad 9tationaItl^eater! toa^ Station 1 S93ir 
backten bamald gar nic^t baran, ba^ ober ob tt)ir 
eine Station wären — ba« ^ublifum unb id^. SBir 
gingen blo^ ind X^eater. Unb wad uni^ aUeS gefiel! 
(£8 ift au nörrifc^! «itter:^, «fi^r* unb ßuftftficfe — 



126 5. 9leuc ©tubien (1849). 

ung tt)ar aQcg rcd^t — gtcic^ rcd^t. „S)er SBalb bei 
^ermannftabf' jagte uniS einen angenehmen romanti« 
fd^en ©c^auber ein. — 3)ie ©iebenbfirger ©ad^fcn 
fönten un8 babei nid^t im geringften in ben ©inn — 
ed n^ar aber n?eniger geograpl^ifd^e unb ^iftorifd^e Un« 
n^iffen^eit ate eben lieblic^^romantif d^e @)ebanfenloftgfeit 
Unb toenn toir im „SBilb" öon ^outoatb — baö mor 
ber ffiuripibeS ber JReftanration — in fü§c Iränen 
ber loeiblic^en ätäl^rung bo^infd^molgen, totnn n^ir im 
^SSröutigam ang SReEtfo" — ber jnerft bai 5ßroIe* 
tariat auf bie SBü^ne brad^te unb bie Slpot^eofe ber 
Äartoffelma^Ijeiten lieferte — balb in ein fc^attenbeg 
©eläd^ter au^brac^en, balb n^ieber fd^Iud^jten, ba^ un^ 
ber JBodE ftie§, — n?cnn ftd^ ein rofiger, golbiger 
Schimmer fogar über bie „Silberne ^od^jeif' augju* 
breiten fc^ien^ fo roat eg eben bie 3ugenb, bie Unbe* 
fangen^eit, ber ^armlofe ünbli(^e @inn, bie und an 
biefen pbfd^en @ad^el(^en Gefallen finben liefen, n^eil 
mx bad SBefte aug unf erm 3nncrn, au8 unf erm fieben8* 
Überfluß felber l^injutaten, *ba(§ten unb *fül^Iten. — Um 
biefe Qtit »ar'g — nod^ im legten audlauf ber guten 
alten S^it — atö einem jungen SKenfc^en baö längft« 
erfe^nte, mit lautem §erjj)od^en erwartete Olütf juteil 
würbe, auf bem t t §ofburgt^eater mit einem 3)ing 
auftreten ju bfirfen, welc^eg er „ßuftfpiel" nannte. 
ÜDer erfolg war nid^t bejonberS günftig. S)er junge 
2Kann jog ftc^ au§ ber SBelt iurüd, in bie er faum 



5. 9lcue Stubictt (1849). 127 

eingetreten n^or unb fc^rieb in ber Sinfamteit unb aus 
93er}i0eiflung aber ein ^u|enb neue @tü(fe. 9lad) bret 
Salären trat er mieber mit einem ^ert)or unb u^or 
biedmal glficKid^er. fiinber, äberl^au^t junge £eute oer« 
[teilen fid^ leidet. @o n^ar benn balb jn^ifd^en bem 
^ublifum unb bem jungen 3)id^ter eine äBec^fetoirlung, 
ein ongcnel^meg SSer^&Itnii^ l^ergeftcHt. ,,2)ie SBefennt=^ 
niffe", „^ai lefete «benteuer", ,,$elcna", .^Sürgerlid^ 
unb 9tomantifc^'' ufto. gingen auf bem Xl^eater n^ie 
roarme ©emmeln ab. Sft ettoag an ber lei(^ten SBare 
}u loben, \o ift'3 ber natürliche Ion, bie Siaiöetät ber 
bramatifd^en ®t\px&(ij^toti\t, fotoie baS Sßegfein aOen 
fa(fd^en ®rnfte^; ^ie unb ba glädlid^ erfunbene @i« 
tuationen, bisweilen ein ctmaS tieferer ffi^araftergug 
muffen fär bie lofe ^anblung entfd^äbigen. 3)ie iSuft^ 
fpiele finb eben, mie fie ein junger 3Slann mit einigem 
lalent in Öfterreid^ fc^reiben fonnte. 

(Sin @tä(f Seben, bürgerlid^^l^umanen SebenS ift 
barin; ein ©tütf beutfd^^öfterreid^ifc^en ober fpejififd^en 
SBiener 8eben8. 2)aÄ geioann i^ncn bie ®unft — aud^ 
anbem)ärt8. ©ap^ir fd^rieb bamald: „SBauernfelb ergibt 
fi(§ mit allem ^^eijs bem l^armlofcn ©ejc^öfte bc8 Suft«= 
fpielfd^reiben«." — iWein ®ott! SBaS ^ätt' i^ benn 
anbereg tun foöen! Slic^t einmal ein „geuißeton" toie 
bief eg war bamal« möglid^ ! — ©a^j^ir ^attc übrigeng 
ganj re^t — S)ie ßuftfpicie waren fd^wac^, mittel 
inä^ig — oitx xä) fonnte feine befferen maä)tn unb 



128 5. 9leue Stubien (1849). 

bie £eute Ratten auc^ feine befferen l^oben mbgen. 3)ie 
Xl^eaterbireltion fc^on gar nic^t! 2)aS toar bie Sßed^fel« 
toirlung. äBo bad. geiftige Sebeit fc^Iummert, ba be^tlft 
man ftc^, toie'g ge^t — jumcift auf bem Il^coter. ©rofee 
@enien jfinben eine £euc^te an, bie hit Sßelt anf^ neue 
n^ieber erl^eQt. ^nä) gro^e Sreigniffe t^erleü^en bem 
ßeben einen neuen, frifc^en Sn^alt — ba fteigert ftc^ 
benn aud^ bad Xalent ber ®eringeten unb fte folgen 
bem 9{euen, f o gut fie'ö vermögen. — 3c^ f ^rieb alfo 
^armlofe £uftfpiele, n^ie gefagt. äJlir mad^te baS 
©^reiben @))a^, baiS ^ublilum fal^'S gern unb bem 
Xl^eater trug ed @elb. Sin junger 9(utor lebt feiten 
im Überfluß. (Sin „Heiner JBeomter'* aud^ nid^t Aber 
id), in meinem SbealiSmui^, bad^t' i^ anS ®elb? 2)er 
trefflid^e ©c^re^t^ogel lie^ mir für bad „fiiebedprotofoQ" 
bare — 200 ®ulben augjal^Ien. 3d^ glaubte einen 
@c^a| ju befi^en. 2)amate berechnete ic^ nid^t, ba| 
alle meine Iei(^te SBare bem L I. ^ofburgtl§eater in 
einer Steige t)on Sorten n^o^I ^unbert Xaufenbe ein« 
bringen unb n^ie t>\tU Xaufenbe bem SSerfaffer burc^ 
bie SRid^teinfü^rung ber Tantieme entgegen n)ärben. 
SBai^ )ou|t' ic^ Don einer S^antieme! ^a^ ift ein reoo« 
lutionärei» Snftitut, benn ed mac^t bie ©d^riftfteHer 
leben. äBad mu^ iö) oon einer 9ieooIution ! Unb mein 
liebet ^ubüfum mar mie id^. äBir n^aren beibe jung 
unb liebten bad X^eater. D bu tiebe 3ugenb! 2)u 
liebet X^eaterl 3)u liebe, junge S^eaterliebe ! 



5. Slcuc ©tubien (1849). 129 

SBir treten tnS jtocite ©tabium. S)ic 3ugenb 
jc^inbet, bte ffirfenntni« beginnt. SBte aUeS in Öfter* 
retd^ länger brandet atö anbem)(irtd, fo mad^te bort 
auc^ ba« Sa^r 1830 erft nmS 3a^r 1840 eine »rt 
üon geringer 9ia(^lüirfung. S)ie SBirfung n?ar fürg erfte 
gut 3)ie Seute fingen nämlid^ an, emft^after ju »erben 
unb ein bii^c^en noc^jubenfen. Slmted Xl^eater! toa& 
?oQ au§ bir »erben, toenn bein ?ßublifum ju benfen 
anfangt! (Sin UngläcfiSOogel, »ie ic^ in aQem bin, 
geno^ xd) juerft baiS Übel bat)on. äJleine neuen l^arnt:» 
lofen ßuftfpiele — nic^t fdjlec^ter noc^ beffer aU bie 
früheren — erhielten, too3 ber immer artige granjo^e 
„gucces d'estime" nennt — auf beutfd^: fie fielen 
burd^. %xn fing aud^ id^ an nad^jubenfen n?ie mein 
5ßublifum — aud^ über mein ^ßuMifum. „SSerlangen 
fie benn toirttid^ SBeffereg?" rief \6) aug; „unb fannft 
bu'8 machen? — SBenn nid^t beffer, boc^ anberg! 3ebe 
3eit »erlangt i^ren ©toff, i^re gorm. SBaS mad^te 
ben „toilben" @oetl^e fo gro§, aö bajs er aufgriff, 
»a^ eben in ber 3^^* 1^9 ^^^ ^^^ ^^^ ©iegel ?eine* 
©eifteS aufbrüdEte? SBaiJ jeben anbem 2)i(§ter — 
befonberS ben bramatifd^en? — SBir finb leiber feine 
©oet^eS, aber bie erlaubten Sunftgriffe mögen wir i^m 
immer abtemen unb ein SJerfuc^Io^nt immer ber SWü^e." — 
©ebad^t, getan. 3d^ f d^rieb ben „S)eut|d^en Srieger" unb 
„©rofejä^rig", }tt)ei ©tüdCe, beiläufig fo Iiarmtog »ie 
bie onbern, nur trugen fie etttjaS bie gärbung üon 



130 5. Sleue ©tubicn (1849). 

bem. tüa^ im Snnem be^ SBerfoffer^ foiDte bed $u6Ii^ 
fum^ vorging. Unb äBunbet über Sßunberl 3c^ fanb 
bic^ toteber, bu mein altei^, liebelt — nimm mird nic^t 
übet — ctoa8 finbifd^e« ^ßublifum. 35u jubcitcft mir 
entgegen, n^eil ic^ bir einige Don beinen eigenen, ^alb« 
liberalen unb mä^ig*^bo8^aften ©ebanten Dorfagte. ^d^ 
fd^amte mic^ faft beS SBeifaQ^ — id) ^atte \o n^enig 
baju getan, ^er ©opl^ir mag jagen, tuad er n^ill! 3c^ 
bleibe bei bem ^armlofen ©efd^äft bei^ £uftf))iel^ 
fc^reibend. SBer möd^f ed aufgeben, tüenn man i^m f o 
freunblid^ entgegenlommt! Stein, mein liebei^ ^ublilum, 
tt)ir bleiben beieinanber, unb nur ber %ob ober eine 
neue X^eaterjenfur foQ und fd^eiben. 3)u freuft bid^ 
über mi(^ unb ic^ erfreue mid^ an bir — &IM auf! 
SBir finb beibe nod^ erträglid^ jung. 

©ritteg ©tabium. ffirfte ?ßeriobe : öom aKärj 1848 
bi8 SRoöember 1848. — &idd) md) ben SRärgtagen 
toav id) verloren — ald Suftfpielbid^ter nämlic^. 3)a 
aQe meine @ad^en Dorm&rjlid^ n^aren unb id^ natürlid^ 
nid^td 9tad^mär}Ii(^ed auf bem Säger ^atte, \o toax xd) 
i)5Qig auf bem XrodEenen, n)ie f amtliche „SUtUberale". 
äRan fing auc^ an, mic^ pI5^Itd^ mit anbem S(ugen 
ju betrachten. 3)a^ ber „rabifale'' ©d^merl jugleid^ ein 
9?arr ift, fc^abete mir fe^r. Umfonft war meine ffint* 
fc^ulbigung: bajs bie ^ox^ unb gugleic^ 3lad)hxli>ex ju 
biefer (aftigen $erf on im äRai unb Suni ju 2)u^enben 
in äBien auf ber @tra^e herumliefen. äJlan ^örte mid^ 



5. 9tevit 6titbien (1849). 131 

ntd^t an. 3(^ ^otte bie 2)emo{rQtte beletbigt, benS)emoiS. 

3}ad mu|t' id^ über mäf ergeben (äffen. 3n'd ^immefö 

9faunen! Sd^ jog ntid^ jnrüdt. The rest was silence. 

%n £uftf))iele n)ar ol^nel^in ntc^t gu benlen, n^ä^renb bie 

@^alef))earef c^e l^ol^e Xragöbte auf offenem SKartte fptelte. 

3toette ^eriobe: Don 9loDemBer 1848 bis ^eute. 

— Site bo* „S)in9«ba" fiber SBicn »errängt ttjurbe, 

^atte bie 2)itettion beiS t I. $of« unb ingmifc^en aud^ 

9bitionaIt^eaterd nichts (SiligereS ju tun, ali i^r ate))ertoire 

f orgf&Itig burd^jufe^en unb Don allen feinen gefährlichen 

ober aud^ nur bebenllic^en (SIementen ju reinigen. 

3)iefe äJtaniputation gelang \o DoQfonnnen, ba^ fogar 

ber unfc^ulbige „3)eutfc^e ^eger'' unb ber läd^erlid^e 

^eubobemolrat @c^merl für einige 3^^^ ^^^ ^^^ 

IBrettem getoiefen tourben, toeld^e bie SBelt bebeuten — 

foUten. S(ber balb barauf lourben fte mieber jpobium« 

fällig. — 3njtt)ifc^en ^atte id^ einen Keinen Bäjitoanl 

Derfo^t, aU 9lad^f))iel ju „&tf>^\&^nQ". (SS loar mein 

erfter SSerfud^ in ber fonftitutioneHen 3^^*^ ^^ ^^^ 

bei ben S^eotergöttem !eine ®nabe fanb. „3)er neue 

9Kenf(^" n^urbe anfangt surfidgemiefen. 2)urd^ freunb- 

(id^e Vermittlung bed |^erm äJ^ilitär« unb ß^^^^S^^'' 

DemeurS Um gniar baiS ©tfidEc^en bennoc^ jur Sluf^ 

fä^rung, jebod^ Derfd^iebener ^inbemiffe megen erft 

nac^ einigen 2SlonaUn. 3n $ariS toerben bie leichten 

SaubeDiQei» binnen 14 Xagen gefd^rieben, einftubiert, 

aufgefül^rt — belacht unb Dergeffen. Sei un« S)eutf d^en 

9* 



132 5. 9«cuc ©tubicn (1849). 

ift bag anberS. SBir muffen attcg crnft^aft treiben, 
felbft ben ®pa% Sine S^eotet^offe ift ffir und noä) 
immer ein tüic^tigeS (Sreignid unb n^ir jerbred^en und 
ben Äopf barüber, toaö tool^t ber Serfaffer mit feinem 
@d^erj „gemeint l^abe ober ^&tte meinen fönnen", unb 
ba ttjir obenbrcin politif d^ getoorben, f o ttjirb noc^ in ben 
Leitungen ein fiongeg unb 93reite8 au3einanbcrgcfe|t, 
ba| ber £uftfpielbi(^tcr ©ounbfo mit feiner nagel:== 
neuen einaftigen 5ßoffe ben ^la^ auf ber ?Red)ten ober 
auf ber ßinfen ober im rechten ober linfen ß^ntrum ein* 
juncl^men f d^eine uftt). SBann »erben mir enblic^ gef d^eiter 
ttjerben? — ®enug! S)ag fiuftfpield^en ttjurbe auf* 
geführt unb gefiel. 35aS toax im SMi^io^t: 1849. 3m 
§erbft mürbe mir ein neue«, ingmifc^en überreid^tcS 
@d^auf|)iel gleid^faQS gurüdCgeftellt; aud^ {am mir bie 
9iad^ric^t ju, ba§ meine Suftfpietc „©rofejä^rig" unb 
„®in neuer 3Renfd^" abermold „für einige ßeit" öom 
^Repertoire ju öerfc^minben l^ätten. Sie finb aud^ bereits 
öerfd^munben, ba überl^aupt, mie eg l^ie^, „äße ©tüdCe 
Dermiebcn merben, meiere Sufeerungen religiöf er unb poli* 
tif(^er SWeinungötJcrfd^iebenl^eiten öerantaffcn f bunten". 
35u lieber |)immel! SBerantaffcnl üeranlaffen f bunten! 
S93aS !ann einer nic^t aQed t^eranlaffen! Unbmoburd^! 
O^ne baron ju benfen. 993ai^ l^aben nur @oetl^e unb 
(Sd^iQer Deranla^t! Unb ©^afefpeare unb (Salberon unb 
äJtoIiere I ©oUen bie alle Dom Slepertoire i)erf (^minben ? 
©emife! 35cnn fte öeranIaffcn9Keinung8t)erfd^ieben^eiten. 



5. ißcuc ©tubien (1849). 133 

Unb loir! SBaö lönncn tovtl SBir fönncn feinen 3uKug 
Säfar \ä)uiim, feinen (Egmont, leinen SSil^elm Xel(^ 
feinen SEartüffe — toir bringen nur ben Stt^ub öon 
ben %a\tln ber @ro^en. 9Ran l^at im @runbe ganj 
red^t, uns öom Il^eater }u öerbannen, weil toir fein 
latent ^aben, fein ®enie, nic^t »eil toir SJieinungen 
audfpred^en unb t)eranlaffen,bie i^iedeic^t bierid^tigenftnb. 
Slber jene @ro^en! ©oHen bie andj nid^t auf bem 
Sweater erf (feinen bürfen — auf bem „Siational- 
t^eater?'' — 3c^ toei§ mo^I, man meint bag nid^t im 
(Smfte, man fprid^t feine @runbjä|e ou8, man entfernt 
nur mit ©d^eingrünben, baS biejen ober jenen miß- 
liebig ift. ?lber baS ift'S eben! SBir wotten nid^t öon 
ßufällen abpngen^ Don ®unft,'tJon Saune. SBirwoIten, 
n^ir brauchen @runb{ä|e. £aS X^eater ift eines ber 
roic^tigften Snftitute, bejonberS im fonftitutioneHen 
Staate; eS ift ein öffentliches Snftitut. 3)ie Sunftfo- 
wie bie SSoIfSbilbung — beibeS wirb auf ber SBül^ne 
vertreten — gehören ju ben ^eiligften Sntereffen beS 
Staates. SBir bitten, wir befd^wören baS SRinifterium, 
wenn i^m ber Sn^alt biefeS geuiOetonS ju D^ren 
fommen foQte, ft(^ beS X^eaterS angunel^men. Xk erfte 
SJü^ne ber Siefibenj gel^ört unter bie unmittelbare 
fieitung beS SRinifteriumS beS 3nnem ober beS Unter* 
ric^tS, unb biefem ftel^t eS ju, bie ©runbfä^e auS^ 
jufpred^en, nad^ benen baS Slepertoire gebilbet werben 
foQ. SBir beforgen burd^auS nid^t, baß fie ju eng^erjig 



134 5. ißeue Stubien (1849). 

lauten tuerben. Xa^ Xl^eater tft eine n^id^üge ^^rage 
ber innem ^olitit, unb einem ©taatdmanne i)on &ti% 
ber eS begreift, ba^ baiS SSoII t)on bem täglid^en SBrot 
einer guten !lbminiftration ni(^t einzig unb aQein gef peift 
n)erben fann, mu^ ode^ baran gelegen fein, ba| ber 
ffiifer beS ?ßublilumg fowie ber ©c^riftfteller für bie 
Sü^ne nic^t erlalte, bie, wenn fte il^rer ^ö^eren S9e* 
ftimmung entf))ric]^t, eine n^ilHommene 9ta^rung für bie 
geiftigen ^äfte unb Sntereffen ber Station barbieten 
wirb. 2)a8 ntobeme £eben enthält ber fd^affenben fo^ 
wie ber jerftörenben (Elemente genug, welche in ber 
©efeßfc^aft ju fbrbem ober jurfitfju^alten, ju »er- 
mitteln, ju t^erfö^nen, in ©leic^gewic^t unb Chnflong 
ju bringen finb. Äud^ bie lebenbigfte aller Mnfte, bie 
bramatifd^e, wirb nic^t unterlaffen fönnen, fid^ biefer 
neuen Elemente gu bemächtigen, unb eine 9iegierung, 
ein 9Kinifterium, wel^e« bem wahren gortfd^ritte f)uU 
bigt, wirb bem SBül^nenfc^riftfteQer, ber e^ in feinen 
Gebauten unb planen tr&ftig }u unterftü|en i)ermag, 
o^ne 3^eifel @d^u| unb SBeac^tung »erteilten; aud^wirb 
ber ©c^riftfteUer feiner Äunft nic^t minber atg ber ®e* 
f eüf d^af t bienen, wenn er §anb in §anb mit bem Staat«* 
manne ge^t, Weld^er einen Xeil ber gef eQf c^aftlic^en Snter« 
effen ber l^olben t^örberung burc^ bie ^nft anvertraut. 
2}oc^ genug unb fd^on i)iel ju emft^aft für ein 
leicht ^inflattembeg geuilletonl — Sc^ bin bem ?ßubli* 
fum nod^ ben beweis fc^ulbig, ba^ id^ ber ungtüct« 



5. 9leue Stubien (1849). 135 

feltgfte aQer ^ramatiter bin. ^aV id) i^n aber für 
bcn aufmcrffamctt ßcfct ntd^t fd^on geliefert? Shir ftnb 
bic Sefer getübl^nKd^ nic^t aufmerffam! — 9hm benn, 
fo l^brt! — SSon meinen erftcn günglingSja^ren an 
be^errfc^t mid) nur ein Xricb, ein ©treben: ein 
orbentlic^ed Suftf))iel jn machen. 93iiS^er ift'd mir nid^t 
rec^t gelungen, ic^ mei^ u^o^I! fLbtt man begnügt ftd^ 
mit 9}erf ud^en ; eS f ommen neue )8ilber, neue ©ebonf en — 
bad näd^te äRal niirb'd beffer gelten! äBar'd mig« 
(ungen, man fing toa^ neued an. ^ndj fehlte eiS nie 
an ffintfd^ulbigungen. 95alb war'g bie S^^'i^^ — ^^^^ 
bieg, balb baiJ! 9lun — bie S^^^^^ ^^^ öorilber, bie 
^ßrefefrei^eit ba — n?ie freubig pod^te baS §er j ! aber 
ed blieb noc^ bieS unb bad! Slm @nbe blieb auc^ bie 
^enfur. 3n ber bemagogifc^en ßcit l^iefe e^: „3)eine ©tüdCe 
finb reaftionär — fort mit i^nen ! '* 3n ber f onftitutioneüen 
Reifet eiJ: „35eine ©tüdte fönnen Äußerungen öon 9Kei== 
uung^öerfc^ieben^eiten üeranlaffen — mx ftrei(^en fie 
cinftweiten üom ^Repertoire." — ffii, fo fc^tage bad 
SBetter brein! SBie foQ id^ benn f (^reiben? — „SBie 
früher. §armIog. 5)a§ baucrt — ba8 bleibt." Aber 
ic^ {ann'§ nid^t! 3<^ bin nic^t me^r berfelbe l^armtofe 
junge äJlenfd^ Dom „fiiebedprotofoQ". äJlein ^ublifum 
iffd aud^ nid^t. 3^m fomie mir jagen @ebanfen, 
Smpfinbungen burc^ ben Äopf — täufd^' id^ mid^ 
nic^t xoitbtt, fo ift'iS biedmal mirfiid^ ma^ neue^. 3(^ 
muß ej» ^eraud Iriegen unb mein (iebeS ^blilum muß 



136 5. mtVLt ©tubicn (1849). 

eS fcnnen lemcn! — „3)cin ^ublifum! S)ag ift'^ 
eben — bein 5ßublifumll" — «ßubtifumi ©oOteft bu'§ 
glauben? ®ie flagen n^eniger über mid^ otö über bid^. 
3)u fcift nii^t reif, behaupten fte, ju täppiid^, ju 
plump — tt)a8 lueife id^! S)u fud^ft bie Änfpielungen 
in ben ©tüdCen l^eraug — bu Ia(^ft, bu Hatfc^cft ju 
mel, ju l^eftig. — SBenn bu bag boö) laffcn fönnteft! 
Ober tu'i^ mogig. (£^ ^aben bi(^ gen^ig noc^ n^enig 
3;i^eaterbid^ter gebeten, in il^ren ©türfen nidjt ju 
applaubieren — aber cg mu§ fein. 3)rum nimm bic^ 
jufammen — fei ernftl^aft. ©onft befommft bu mid^ 
gar nid^t mel^r ju fe^en — unb ®oet^e unb ©(Ritter „nur 
feiten". Sin ©onn* unb geiertagen etwa, ©iel^', tuir 
l^aben über 20 3ci^re miteinanber gelebt — eS tpör' 
bod^ ©(^abe, ttjcnn n)ir ung trennen müßten. Unb 
g'rabe je|t, ttjo wir beibe etttjaS älter unb gefegter 
tt)orben ftnbl Slber eben brum foQten toir un^ auc^ 
vernünftiger betragen. 3d^ n)ill im ©d^reiben ouf mid^ 
ad^t geben — tu bu bagjetbe beim ß^f^öi^^^- w^^"^ 
ftanb, nur Slnftanb" — unb bu bift bag befte ?ßubli== 
fum t)on ber SBett, fo frifc^, fo l^eiter, fo gemütrei^, 

\o jung 

©0 iungl 5)a3 ift'81 Sugenb fennt feine — S^^^f^^- 
SBir finb beibe nod^ öiel ju jung — aud^ im brittcn 
©tabium. Slber toir toollen un^ beffent, n)ir »ollen 
älter »erben. — Siid^tg für ungut! £eb' tool^i, mein 
liebes, mein junges 5ßublifum! 



6. Die ld)önc Citcratur in Oltcrrcid) (1$35)- 

35ic 3citett fi^^ öorübcr, too ein SSoIf auf ba^ 
anbete mit @toIj l^erabfal^ unb im &t\vLf)l eigenen 
Sßerted ben @^^arafter unb bie Srjeugniffe bed ^^remben 
pd^ftend nebenbei gelten lie^. äBenn ber ^eutfd^e mit 
franjöftfd^er SSare unb Literatur l^ierin eine Slu^na^me 
machte, {o n^ar eS bod) meiftend nur bie t)omel^me 
SBelt, bie bem ^lu^lanbe unbebingte SSerel^rung goUte; 
ba§ große ?ßublifum nal^m bie 5ßarifer ©oben niemate 
ol^ne einigen @pott unb Sßiberfprud^ l^in, ja gut 
gtänjenbften ß^it unserer ßiteratur tat ftd^ jeber finabe 
etttjag barauf jugutc, ba| er ftd^, auf bie beften äRufter 
geftü|t, ungeftbrt über SRacine unb SSoItaire luftig 
mad^en burfte. 

„a)eg tät'gcn SÄann'g JBe^agen fei ^arteilic^feit!" 
n)ar bamali^ bad fiofung^n^ort. Unb n^irfUc^ mußte 
ber 35eutfd^e, toenn er anberg feiner Äräfte beiöußt 
werben unb felbft fd^affcn follte, ben fremben (Sinfluß 
rüdfic^tSlog jurüdtoeifen unb fi(§ feinet innerften, 
eigentttd^ften Sebeng unb SBefen^ auf einige 3^it ^i^ 
aSorttebe erfreuen. @o entftanb benn, burd^ politifd^en 



138 6. %it f^önc Sitcrotur in ßflerrcit^ (1835). 

ffiinftul aufs l^öc^ftc angeregt, jene 3)eutjc^tümelet, bie 
nun jo gänjlid^ öerjc^oücn ift. ©ne allgemeine, burc^* 
greifenbe SBUbung l^at feitbem jeneg rol^e SBefen gänj= 
tid^ abgeftretft. SBir erfennen ba§ SSortrefflii^e unb 
©Ute in ben SBetfen bcr 5ran5ojen unb Snglänber 
ol^ne aDeg SBorurteil; unb ba wir ben erften ©d^ritt 
getan, fo fü.l^Ien tüir unS gejc^meii^elt, ba| bieje geift* 
reid^en Stationen fic^ beeilen, uni^ entgegenjufommen 
unb ftc^ unsere Siteratur mit Siebe unb (Sifer anju« 
eignen. 6ine audfül^rlic^e SJarfteÜung, tüie bie beutfc^e 
5ßoefte inSbejonbere auf bie neuefte franjöftfc^e Sitera* 
tur eingetüirft, tüttrbe in bicfer §infi(^t bie mertoür* 
bigften Äuffd^Iüffe gettjäl^ren unb bie wic^tigften 95e* 
trad^tungen öeranlaffen. 

S)ie S)eutfc^cn mai^ten in ber attgemeinen SSilbung 
nod^ einen tüeiteren gortjc^ritt: fie laffen fid^ gegen* 
tt)ärtig aud^ untereinanber gelten. S)ie literarifc^en 
gelben tüerben immer feltener. SBenn felbft ©oetl^e 
unb^ ©dritter mit i^ren erften SBerlen bem l^eftigften 
SBiberfpruc^ begegneten, fo fann l^eutigentagS ein iunger 
Stutor, tüenn er anberS etniaS ®uteg liefert, fiberjeugt 
fein, in furjem e^renbe Slnerfennung ju finben. ©n 9ie«= 
jenfent, ber an einem wirflid^en latente fein SWtttd^en 
füllen tt)ottte, würbe in bem 5ßublifum laum einigen An* 
Mang finben. ©o fragt man auc^ bei einem neuen SBuc^e 
nid^t mel^r: SBarb eg in JBerlin, Sei^)jig ober SBien gefd^rie== 
ben? SKan Iä|t ba8 @ute ol^ne engl^erjige SRiöalität gelten. 



6. Xie f^j^tte Sitetatut in Öfiemic^ (1835). 139 

8o toänjc^eni^mert bie unabl&fftge f^ortbilbung 
tiefet Humanität, jumeift im Sleic^e ber ©eifter, er^ 
fd^eittt, fo tonn unb foQ fte uttS boc^ niemals fo 
fel^r öcrangemeinen, ba| fic^ nic^t jebc Station ate 
ein ©aitjeÄ unb in biefem ber einidnc ate felb* 
ftänbige« Snbiöibuum fül^Icn bürfte. S)cr ?lu*brud 
ber Slationalität unb ber eigentümlid^en ©inned^ 
»eife mad^t ja eben ben intcreffanten aRenjci^en unb 
©d^riftfteller. S)iefe (Eigenheiten mit einem getoiffen 
erlaubten ©elbftbel^agen ju erl^alten unb ju i)erebeln, 
aber ja nid^t ju tiermifc^en, fei bai^ SBeftreben eined 
jeben. ©ein SSaterlanb liebt jebermann, felbft ber Zappt 
unb ©amojebe; unb im SSaterlanbe liebt er tiorjugiS« 
toeife feine JJöntilie, feine Ängel^örigen, feine greunbe. 
SBirb iemanb, ber einen ^erber ober ©d^iDer fennen 
lemt^ be^l^olb aufpren, feinen SSater ober feinen 
grcunb ju lieben, toeil jene SÄänner geiftreid^er ober 
geleierter finb ate biefe? &mi^ nid^t! (^ mirb jene 
gemaltigen ®eifter i^erel^ren, bemunbem, aber ben Spater 
unb 5^eunb, in bereu ^erjen bie SBurjeln feines S)a^ 
feinS l^aften, mirb er fortfal^ren ju lieben bii^ jum 
legten ^aud^e feinei^ £ebend. 

©0 fann uuÄ auc^ eine Station geiftreid^er, ta^)ferer, 
funftempfänglid^er erfc^einen ate bie eigene, aber jenes 
frembe fianb ]§at un* nic^t erzeugt, genährt, geleiert, 
^at uns nic^t ffiltem unb greunbe gegeben; ben eigenen 
SSoben fennen mir beffer, inniger, mir finb mit manchem 



140 6. S)ie fc^önc Siteratur in Öftcrrcic^ (1835). 

j einer SBorjüge öcrtraut, bie bem grcmben ctotg fremb 
bleiben; tüir ftnb ein Seil, ein 5ßrobuft bieje§ SBobeng ; 
mit einem SBort: tüir finb im SSaterlanbe, in ber 
§eimat. 

SBer nic^t bk SSSelt in feinen grteunben liebt, 
Sl^erbient nic^t, bajs bie SBelt \)on ii^m erfahre. 

SBie ber einzelne 5ßriöate fi^ jeineS SSaterlanbe^ 
frenen barf, fo and) ber ©d^riftfteÜer; unb in biejem 
©inne laffcn tüir ben oft mipraud^ten Slu^bmtf 
„öaterlänbifi^er ©c^riftfteHer" gelten. 

Dfterrei^ l^at unftreitig faft in aöcn gäd^ern ber 
S33iffenj(^oft bebentenbc SRänner oufjuweijen; bod^ 
mochte man i^m üon jel^er ben SSortünrf, ba| eg in 
ber Sogenannten „ji^önen Literatur" jnrüdgeblieben. 
S)en ©ang unb bie gortbilbung, jomie ben gegen- 
wärtigen ßuftanb biejer Literatur in allgemeinen Um- 
rifjen auf l^iftorifd^em SBege barjuftencn, fotüie bie 
Hoffnungen für bie B^'f^nft augjujprei^cn, fei ber 
3»ecf unb Snl^alt biejer ©fijäe. 

2c^ ma|e mir barin leinegtoegg an, über fämt- 
lid^e literarifc^e ©rjc^einungen unjereS SSaterlanbeS ein 
ftreng Iritifc^eS Urteil ju fällen; i^ bemül^e mid^ öiel* 
mel^r, bie aßgemeine 8lnfic^t auSjufprec^en, ttjcld^e fic^ 
über ältere SBcrfe feit einer SRei^e öon Salären feft- 
geftcüt ^at unb ttjelc^e meiftenä bie richtige ift. Oebc 
i^ über neuere Slutoren meine eigene SReinung, fo 
juc^e ic^ burc^ furje Sarftellung be§ SBejen^ il^rer 



6. ^tc fc^önc Stteratur in Öjlerrctc^ (1835). 141 

SBcrIc meine Anficht ju erläutern unb ju begrünben. 
3c^ nenne femer jeben, bejonberi^ jeben lebenben 
©d^riftfteHer, ber mir einen ©tein ju bem ®ebäube 
unferer fiiteratur beigetragen ju l^aben jd^eint; id^ 
fonnte aber, wenn id^ fein SBuc^ fi^reiben tt)oDte, nid^t 
jebeS einzelne lalent genauer bejeic^nen, fonbem mu|te 
mid^ bejc^ränfen, auf biejenigen SBerfe naiver einju*« 
ge^en, toeld^e im Snianbe unb l^auptfäc^tic^ auc^ im 
StuStanbe gro|ereg Sluffel^en erregt Ratten, wobei id^ 
mir nur erlaubte, bisweilen auf foli^e ^ßrobufte auf^ 
merffam gu mad^en, welche mir minber bead^tet fc^ienen 
ate fie eg öerbienten. ©o öiel im allgemeinen, um 
nid^t mi^öerftanben ju werben. 



Unmittelbar üor unb wäl^renb ber golbenen Qcii 
ber beutfd^en Literatur regte ber politifd^e ©eniug in 
Öfterreid^ nur fetten feine ^lügel. 3)er würbige 5)eni§ 
ift beiläufig ber eingige S)i(^ter, ber ftc^ auS ber 
frül^eften ^ßeriobe nennen lä^t. ©eit SWaria ^E^erefta 
ben Zffxon beftieg, nahmen l^äufige Kriege nac^ au^en 
unb mannigfad^e SilbungSprojeffe nad^ innen bie ©e- 
famtfraft ber Station in Slnfprud^, unb tiefen bie 
l^eiteren ©piele ber SKufen nic^t gebcil^en. (Sin großer 
SRann fprad^ baS SBort ber freien SSemunftentwidlung 
unb ber milbcn 3)utbung auS; taufenb fleinere 2cuit 
fc^Wa^ten ei^ nad^, unb bie Sbee wie bie ?lugffi^rung 



142 6. 3)tc f^önc Siterotur in ßfierrcic^ (1835). 

verunreinigte fid^ in il^rcm 3Äunbe unb unter il^rcn 
Rauben, ©o cnttoirfelte fic^ jene leibige Äufflarungg=« 
unb Xoleranjepod^e, bie benn auc^ mel^rere Sid^ter er« 
jeugte unb fte anregte, i^re @ef&nge ju (Eieren ber 
Maren unb profaijd^en „JBemunft" ertönen ju laffen. 
9hemanb toirb SSIumaueriS Xalent unb t)or aOem feinen 
glänjenben SSi^ t>tvttnntn; aber bie polemifc^e 9üd)^ 
tung feiner SKuf e, toeld^e burd^gel^enbi^ bie $arbe feines 
Sa^rl^unbertS trägt, tuirb il^n in ben $(ugen berSlad^- 
tuelt nid^t f o l^od^ fteOen, aU feine 9iaturga6en fie jtoin« 
gen fonnten, il§n ju ftetten, wenn er biefe minber ein* 
feitig antoenben kooQte. S)ie n^a^re $oefie/ t>on ^omer 
bis @oet^e, toax niemate bIo| polemifd^. — 9lenncn 
tt)ir noc^ SWaftaöier, Äljinger unb Siatfd^f^, fo finb 
bie berül^ntten Siamen aus jener 5ßeriobe fo jiemlid^ 
beieinanber. S)ie taufenb unb ober taufenb $(uf« 
KärungSbrof Couren unb «@ebic^te finb i)erf c^n^unben ; 
als pd^ft bejeic^nenb l^at fid^ ein SSert erhalten, 
weld^eS ben ^Eitel feiner 3^** ^^ ^^^ ©time trägt: 
^auftin ober baS pl^ilofopl^ifd^e Sa^rl^unbert, eine 9(rt 
t)on pl^ilofop^ifc^em 9{oman, burd^ SBoItaireS %rt unb 
SBeifc angeregt, loorin fid^ bie lenbenj ber Qdt öolt 
lommen auSfprid^t unb toeld^eS nic^t o^ne SSerbienfte 
ift. _ asic ber ^uftanb ber Äritif bamalS in 
unferm SSaterlanbe befc^affen toar, erließt aus ben 
Stimmen ber Sonangeber. SSon Ä^ren^off unb grei* 
l^err ö. Sfle^er brad^ten bem tölpifd^en unb unge= 



6. ^e fc^i^ne Siterotur in Ößerreic^ (1835). 143 

\dfladfttn 9üefen ©^afejpeore t^erfd^iebene @ti(i^e mit 
t^ren ©alanteriebegen bei unb glaubten il^m ben 
XobeiSfto^ Derfe^t }u ^oben, mü er fic^ nid^t rül^rte; 
er ober fc^Iief fanft fort im ®cfü]§Ic fcineiJ mi^ 
gen 9htl^md, bid ber eine jener ^erren einen Bf^att^ 
fpearefc^n Stoff nad^ feiner SBeife bearbeitete, morauf 
fic^ benn ber 9{iefe im ®rabe um!e^rte unb feinen 
Sunbei^genoffen @oetl^e erfuc^te, ben fritifc^en 93e« 
arbeiter burc^ @ö^eni» eiferne f^uft ein biiSd^en ju- 
rec^tjumeifen. 

©omenig 9u^btutt an ^oefie unfer SBaterlanb 
au(^ in jener Qcit barbietet, fo mürbe hod) bamaU 
eine 9nftalt gegrfinbet unb befeftigt, meldte mit ber 
$oefie in inniger SSerbinbung fte^t unb menigftend 
i^rer 9latur nad^ geeignet ift, poetifd^e Xalente ju er« 
meden, menn aud^ l^eutigen XageiS unb in ber S8irf« 
IxdjUtit l^aufig bad Gegenteil t>oxtommt 3)er gro|e 
Jlaifer ^o\tpff brachte ba§ beutfc^e X^eater in SS^ien 
auf bie @tufe ^ol^er^ iBoQIommenl^eit. Wtan ffattt fc^on 
längft bai^ S3ebärfnid Q^\W^, (^^^ btn ©efc^mad unb 
bie SBitbung ber mittleren klaffen ber ©efeQfc^aft gu 
mirfen unb fanb bie 93ä^ne l^ierju aU ha^ tauglic^fte 
SRittel. @onnenfete mar ber üKann, ber burc^ Sßort 
unb Xat ba}u am meiften beitrug. S!)er ^ani^murft im 
Äämtnertortl^eater mürbe vertrieben; franjöfifc^eiJ ©d^au^ 
fpiel unb italienifc^e Oper befc^räntt; beutfd^e @c^au« 
fpiele unb Überfe^ungen ber SReiftermerle ber gran« 



144 6. S)ic fd)önc Siteratut in Öftcrreit^ (1835). 

jofen joUtcn öor^crrjc^cn. ?tucl^ bic SSoIföbül^nc t)cr=« 
cbcitc \i6) öon fclbft, inbcm ba^ intproöifterte X^eatcr 
na^ unb nac^ aufhörte unb ©ofncr jcinc ©tücfc 
jd^ricb. ©c^abe, ba§ biefcg eigentliche %aUnt, betn eS 
burd^auiS nic^t an Stfinbungi^gabe, nod^ an ä8i^ ge« 
brac^, gu öiel Sio^eit unb gu wenig ©ejd^mat! he'ia^ 
unt anbete ate Sofatftficfe ju jc^reiben. ©taat^rat 
©ebler, jelbft 3;^eaterbic^ter, §eufelb an ber Seite, 
befjen Sejfing in ber 5)ramatiirgie ertoäl^nt, leitete bie 
|)ofbü^ne mit (Sifer unb im ebelften @inn. Surd^ 
Äaijer Sojepl^ fam neue§ 8eben in bie ©aci^e. 95e== 
beutenbe ©d^aufpietertalente würben gewonnen; bem 
SJtd^ter Warb bie britte SJorfteüung jeine^ SBerfeg atS 
Sinnal^me gefid^ert; ba^ ^E^eatcr ^ie§ SZationaltl^eater. 
aSie jel^r fi^ ber gro§e SRann felbft in bie S)etaite 
ber Sü^nenteitung einlief, erfäl^rt man aui^ ber 83io* 
grap^ie beg ©d^aujpielerS SÄilller, weld^en ber Äaijer 
reifen Iie|, um SSerbinbungen mit SJid^tem unb ®6)avi^ 
fpietem aujufniipfen. S)ie jc^bnfte ^ruc^t biejer Steife 
war, ba| ©d^rbber in ber fjolge für SBien gewonnen 
würbe, ©ein S)oppeItaIent belebte unb erweiterte ba§ 
Il^eater. ffir brad^te juerft ©l^afefpeare auf bie 95ü^ne, 
nebft öielen feiner eigenen SSäerfe unb Umarbeitungen; 
bie üortrefflid^ften entftanben jum ^Ecil erft in SBien. 
2ln ©c^rbber fc^Ioffen ftd^ mand^e anbere, wie Sünger, 
©tep^anie an, unb fbrberten in feinem ©inne, wenn 
aud^ eben feine poetifc^en SBerfe, bod^ brauchbare 



6. 5)ie ft^dnc Sitcratur in jöficrrctc^ (1835). 145 

X^eaterftäde gutage. Unb fo toat fc^on bamal^ gleich« 
fatn bic gorm bcjcic^nct, in »clever in Öftcrrei(!^ bic 
$oefie }uerft auftreten unb allgemeine ^nerlennung 
finben foQte. 

yiaä) ber Qtit biefer Ü6ergangiSe|)oc^e tnurbe ein 
^ttd^ft ac^tungi^milrbiger SRann burd^ baiS 93eifpie{ bei^ 
(im eblen @inne) popul&rften beutfc^en £ramatüer§ 
angeregt, einen Xeil feiner ^äfte ber öaterlänbijic^en 
f8üf)nt }U ^ibmen. 

3ol&. §einricl^ t>. (JoHing S^rauerfpiele finbSBerfe 
eined Ttannt^ t)on 93ilbung unb @t\ö)mad, ber }u« 
gleic^ mit ben gorberungen ber Sül^ne J^öd^ft Vertraut 
toar. 3n einer ©efd^id^te be§ öfterreid^ifc^en Xl^eaterd 
toärben fie jlebenfalli^ eine genaue SSürbigung unb 
?lu*einattberfe|ung üerbienen. S)er r^etorifd^e ^ßrunf 
jener ©tädfe öerfd^affte il^nen in S)eutjd^Ianb ju einer 
3eit toenig (Eingang, too burd^ bai^ Seifpiel ber aud- 
gejeid^netften Xalente unb burc^ bai^ @tubium unb 
ben ®enu| öon ©l^alefpeareg SBerlen bie fjorberung 
an ^oefie bereits f)'öf)tx gefteHt toax. Snbeffen famen 
(SoÜinio Xrauerfpiele ben bamaligen SBebfirfniffen ber 
äSiener 93äl^ne ^öd^ft ennünfc^t entgegen, unb man 
n^arb burd^ eine 9{eil^e t)on Salären nid^t mübe, toür^ 
bige unb männlid^e ©efinnungen in mo^Iflingenben 
SJerfen aug ÄomS SKunbe ju öemel^men, ber eben 
burc^ biefe @tüdEe ber Siebling bei^ ^ublifumS ^urbe. 
ffiinem minber gebitbetcn Seit ber 3^i^ouer ttjaren 

•«ciftta IV. 10 



146 6. %it fc^öne Literatur in Ößerreic^ (1835). 

jugleid^ 3i^8^^^^ ©d^aufpiele eine ^iQtommene &Qbt, 
tD^i6)t and) bie übrigen SBü^nen Sentfc^Ianbi^ nid^t 
üerfc^mä^ten. 

S)ai^ %f)tattx U\a^ bie tiorjitglic^ften Xalente, 
nnb ^atte fid^ (üngft }n bem erften in Seutfd^Ianb 
entporgef c^iDungen, nur mu^te tS feinen poetif c^en 93ebarf 
meiftenS auS bem Sui^Ianbe bejie^en. Qu ertoäl^nen m&re 
^ier nur, ba| ^o^ebue n)äl^renb ber lurjen Qdi feiner 
Leitung bed ^oftl^eaterS einige feiner beften ©tfide in 
993ien fc^rieb, unb ba^ Xl^eobor ^ömerd gramen (ber 
freilid^ aU I^rifd^er ©ic^ter bebeutenber ift) il^re ffint^ 
fte^ung nur feinem ^[ufentl^alte in SSMen unb feinen 
äSerpItniffen ju ber ^ofbü^ne tierbanfen, fotuie aud) 
fiubmig Qa6)ana^ SBemer ju mel^reren feinern)unber^ 
lid^en, aber jum Xeile l^öd^ft |)oetifc^en bramatifc^en 
@c^ö|)fungen l^ier angeregt mürbe. 

3)er 3wftö^^ ^^^ ^ttf würbe ju Anfang unfern 
3a]^r]^unbert8 burc^ einen SKann öerbeffert, beffen bt^ 
reitö mel^rmatö in biefen S3Iättem ern^äl^nt n)orben. 
3ofef ©c^re^öogel (genannt SBeft) fe^te fid^ in feinem 
rr@onntagiSbIatt'' bad Qid, bie neuen (Srfd^einungen 
ber Literatur unb ber SBül^ne grünblic^ unb augfüJ^r- 
lic^ JU bef|)rec^en unb auf ben^efd^mad unb bie (Sin« 
fic^t beiS großen $ublilumd burc^ übem^iegenben SSer« 
ftanb unb tual^rl^aft tritifd^en @eift ju n)ir!en. S(uf 
Äriftotelcg unb Sefftng, wie auc^ auf bie erften 
!Dic^tertt)erfe aüer ä^it^^i Ö^ftöfetf f^^ß^^ ^^ f^ ing== 



6. %xt fc^dne Siteratur in Öperrdc^ (1836). 147 

befonbere ber neuen romantifd^en @c^u(e, namenflic^ 
ben btlberftünnifc^en SBeftrebungen ber ©ebräber 
@d^legel entgegen. SBenn er l^ierin in feinem (Stfer btiS« 
n)eilen ju tütxt ging unb mitunter fogar bie ma^r^aft 
poetifc^en (Srfinbungen fetner ®egner t^ertannte, fo 
mu^ man bebenfen, ba| jur 3^^^ ^^^^ @ärung ber 
SSiberfpruc^ ftc^ immer xvi^xd)t^io^ auSjubrüden 
pfl^Qt, unb ba| berjenige, ber ein ^^}i)) befiim))ft, 
ftc^ md)t barauf einlaffen fann, baiS einzelne ®ute, 
ipaS feine (Segner ttma hervorbringen, befonberiS gelten 
ju laffen. $at boc^ fogar £efftng, inbem er feinem 
S^atefpeare in Seutfc^Ianb (Eingang }u t)erfc^affen 
fud^te, nStig befunben, bie frangöftfc^e SBü^ne t>or^er 
mit @tum))f unb @tiel auiSjurotten, beren )8erbienft 
il^m gewil nic^t entgangen »ar. Unfere 3^it bietet, 
befonberiS in politifc^er ^inftc^t, merftoürbige ä^nlic^e 
Belege bar. 

äBie man iibrigeni^ auc^ ©d^re^k^ogeld aUiu l^ef^ 
gen (Sifer gegen bie mobem^romantifd^e ^oefie, beren 
Slnl^änger bebeutenbe latente unter fid^ johlten, tabeln 
mag, foöiel bleibt gett)i|: bie gorberungen unb 
3tt)e(fe bcg Xl^eaterg, bem er pc^ in ber legten ^älfte 
feinet Scben« mit auÄfd^tte|cnber SSorliebe »ibmete^ 
fanntc er weit beffer, ate bie SRomantilcr. ©eine Scr» 
bienfte um bie ficitung ber SSMener ^ofbül^nc, bie fo 
glücßic^ tt)ar, il^n beinal^e burc^ itt)angig 3a^re ate 

Dramaturgen unb Xl^eaterfefrct&r gu beftfeen, finb no(^ 

10* 



148 6. 2)ie f^öne Siteratut in Öfterreic^ (1835). 

frifc^ in iebermanniS ^[nbettten. Sßad er burd^ 9iat 
unb ©ciftanb beut ©c^riftftcDer geleiftet^ toet^ jeber, 
ber tl^m nö^er ftanb. @o manc^ei^ beliebte unb belobte 
@täcf, melc^e^ l^ier entftanb, t^erbantt feiner tritifd^en 
t^ile ben gänftigen (Erfolg, toie ed benn aud^ äRilUner 
unb 9iaupac^ nic^t i)erf c^mäl^ten, fid^ f einei^ 9iatt^ unb 
feiner ^üfung bei i^ren bebeutenben ^(rbeiten ju be« 
bienen. Unb n^irllic^ toax ein Wtann, toit ©c^re^« 
t)ogeI, ber t)on 9{atur mel^r auf 9ief(ej^on unb Slnal^fe 
l^inftrebte als auf lebenbigeiS ©c^affen, unb ber bod^ 
jugleic^ beiS praltif c^en föixdt^ unb ber nbtigen Xec^nif 
nid^t entbel^rte, für ben eigentlichen ©c^riftfteller unb 
3)i(^ter ein unfd^ä^bareiS ^leinob, inbem il^m biefer 
^nftric^ter, bei feiner gereiften Slnfic^t unb (Erfahrung, 
getoifferma|en für ein ganje* SSor*5ßubIifum bienen 
!onnte. Stec^net manl^inju, ba^er bei einem burc^auS ftreng 
rechtlichen (Sl^aralter unb bei einer immer gleichen 
SB&rme für aU^^ @ute unb @c^öne feine 9iatfc^Iäge 
ol^ne aQe Siebenabfid^ten erteilte, fo I&|t fic^ begreifen, 
ba| ber SSerluft biefe« SWanneÄ bem ©c^riftfteHer fo* 
mie ber ©d^aufpielergefedfc^aft gleich unerfe^Iic^ er==^ 
fc^einen mu|. 

aSir bcfi|en öon ©c^re^öogel eine Sammlung 
9lot>tütn, bie, nebft ben geiftreic^en (Srjäl^Iungen bes^ 
^teil^erm öon ©teigentefd^, baS S3efte finb, toai bie 
öfterreic^ifd^e fc^bne ßiteratur in biefem gac^e aufju^» 
n^eifen l^at 9tod^ bebeutenber finb feine ^Bearbeitungen 



6. ^ie fc^dne Siteratur in Öfterrei^ (1835). 149 

bcr fpanifc^cn STOeiftcmcrlc: „Sag Scbcn ein Xrautn" 
unb „Donna Diana". fOlan tarn lül^n bel^oupten, ba^ 
Weber bie beutfd^e^ noc^ eine anbcre Siation eine äJ^nlid^e 
in eigene^ f^Ieifc^ unb S3Iut übergegangene Umarbei^ 
tung eineiS fremben SBerted beft^e. @elbft S(. t)on 
©c^Iegetö berül^mte Überfe|ungen ©^atefpeareiS laffen 
fic^ ^iemit nid^t t)ergleic^en, ba fte eigentlid^ borauf 
l^injielten^ ben fremben Äutor^ toic er ttjar^ unb fomit 
freiließ auf bie n^irffamfte SBeife, bent SJaterlanbe i)or^ 
jufü^ren. 

3m Saläre 1816 warb ©d^re^öogel mit ®riöpar§er 
befannt^ ber i^m ben pan ju feiner „Äl^nfrau" unb 
in ber golge ben erften Äft bicfeg ©tücfeS mitteilte. 
®ä)xttit>OQd tarn bem jungen Slutor mit aQer äBärme 
entgegen. S)er weitere ®ang bei^ 2;rauerfpiete würbe 
befproc^en, mit öielem $in* unb SSSibcrftreiten^ wobei 
ber ^nftric^ter bem Siebter mand^e feiner eigenen 
9(nft(^ten unterfc^ob. 3n wenig Sßoc^en war baiS ©tücf 
t)oQenbet, mit welchem bie ^oefte in Öfterreid^ eigentlich 
erft geboren würbe. S)ie SSäirlung bei ber erften Auf* 
fttl^rung ber „Sl^nfrau'' im X^eater an ber S35ien 
(^eurteur alS Saromir, bie ©c^röber als SSertl^a) war 
au|erorbentIic^« 3)ie frifc^e £ebeni^quelle ber $oefie 
brang mit äJtac^t in bie troctenen @emüter ber Xl^eater- 
befuc^er. 93alb war bie ^(l^nfrau l^eimifc^ auf aUen 
Siil^nen ©eutfc^Ianb*. S)ie SBirfung^ bie Stnerfennung 
War aQgemein. 9tatürlic^ fehlte eS nid^t an einjelnen 



150 6. ^ie f^öne Literatur in Öfierretd^ (1835). 

©timmen ber Etiler, luelc^e bagegen auftraten. 2)ai^ 
@tü(f festen ftd^ einer S6)nU an}uf(^Iie|en, beren 
Set&mpfung jur literarifd^en SRobe gel^örte. SS^elc^ ein 
Unterschieb übrigen« giDifd^en ber „©d^ulb" unb ber 
,,a^nfrau'M aRüönerÄ Iraucrfpiet erfci^eint alg ba« 
SBerl eine« ^iJd^ft öerftänbigen SÄanne«^ ber in ber 
Äompofition feiner gabel bie gr5|te Äunftfertigfeit, ja 
2Reifterfd^aft enttüicfelte. S)ie ©d^icffateibee liegt gum 
®runbe; bamac^ ift aQe« ^o^I berechnet, aOe^älc^en 
paffen ineinanber, toie bei einer funftreic^en üRafc^ine; 
ber tragifd^e 5ßroje| mit feinem pro unb contra f d^rcitet 
unaufl^altfam öor, man fielet ben gelben fid^ öerftridEen, 
ujanlen, fallen. Aber ber $elb fettft fotoie bie übrigen 
5ßerfonen^ finb feine lebenbigen SBefen, fonbem öiet* 
mcl^r perfonifijierte 83cgriffe; ebenfo ift il^r JBerpItniä 
gu einanber fein tnal^re«^ natürlid^eS; fte finb nur ba, 
um ein poetifd^ed 9lec^ene;empet töfen gu l^elfen. SBad 
fie fpred^en^ ift geiftreic^e 8leflefion^ pl^ilofopl^ifd^e 
3ergtieberung ber Seibenfc^aft, aber nid^t il^re bid^te^« 
rifc^e ©arfteHung. 

S)ie „Ä^nfrau" toirb gett)i| öon ber „©c^utb" on 
tec^nifc^er Äunft übertroffen; bagegen ift fie ba« SBerf 
eine« ttjal^ren S)ic^terÄ. 5Wic^t ber fatte^ bered^nenbe 
SBerftanb l^at bie ^erfonen unb i^re SSer^Itniffe nac^ 
Gegriffen erfonnen unb mit einem poetifd^en ©d^ein* 
leben befleibet, nein^ l^ier ift atteS empfunben, erlebt^ 
öerförpert. „S)eg SJid^ter» 8lug', in fd^önem SBal^nfinn 



6. ^ie f^dne Stteratut in Ößetrei^ (1835). 151 

roltcnb"^ l^at bic ®eftaltcn loirfßd^ crfc^aut, unb ber 
3öubcr bcr fd^affcnbcn ^ßl^antoftc teilt il^rc ßebcn^* 
to&tmt ber \6i\od(i)tun StnbilbungSfraft beiS 3^!^^^^^^ 
mit 2)iefe ge]^eimntdt)one Operation, looburc^ bai Sßort 
ium Körper tüirb, gcl^t im Sieid^e ber Äunft feltener 
x>ox, aU man benft 

SBie öiel an ber SBirfnng ber „Ä^nfrau" auf 
bad gro|e ^ublifum, um einen ^(udbruct (Sotüff^^ }u 
gebraud^en, „ftoffartig'' »ar, laffen wir ba^ingeftellt; 
f ouiel ift flbrigeniS getoi^, ba| man ©rtUporgeriS Xolent 
nod^ immer nac^ feinem erften SSerte ermißt unb bad 
Siomantifd^e für bie eigentliche @p]^äre feiner ^unft 
pit. Um fo überrafd^enber roax fein jtneite^ Auftreten 
mit einem antifen ©toff. „©oppl^o" machte barum feine 
geringere SSäirfung. 

„SRur aug öoHenbeter Äraft Midet bie Anmut l^er* 
t)or", fonnte man bem ©türfe jurufcn- S)er S)ici^ter 
fd^ien nunmel^r jur Änerlennung ber gefe|Kc^en 
©^raufen unb Siegeln gelangt ju fein; eg gefiel il^m, 
ftd^ öon feiner früheren romantifc^en SBelt mel^r ju 
ben SJerl^ältniffen bei^ Seben^ ju toenben. ©ie neuen 
Elemente, in benen ftd^ bie „©app^o" bewegt, lehren 
au^gebübeter in ben fpäteren SBerlen toiebcr. 

„S)ag golbene SSIie^", bie ^ruc^t me^rjäl^riger 
Slrbeit, ift öielleid^t in ber Art, wie er l^ier bel^anbett 
würbe, einer ber größten ©toffe, bereu fic^ jemate ein 
bramatifc^er Siebter bemächtigte. (S8 war bereits frül^er 



152 6. i)ie f^i^ne Literatur in £)fterreic^ (1835). 

pufig t^erjuc^t tuorben, und bie antife Sßelt tuieber 
ing Beben ^eröorjurufen. S)ie gtanjojcn mobernifierten 
fte unb taud^ten fte in @entimentalit&t; bie beutfc^en 
SSerdfünftlcr ber öorigcn ^a^x^^mU glaubten bie Auf* 
fafjung ber Slntife in ber JRac^bilbung ber ttaffijd^en 
gorai ju finben. Älinger, ber bie großen ©toffe bcö 
^Uertumd in ber bamatö üblichen X^eatetprofa 6e* 
f)(mbdk, brad^te fte ^ol^I um t)ieled bem £eben unb 
ber Statur nä^er^ aber ber SScrfaffer ber „StoxtiinQt*' 
oerlie^ il^nen eine gu bürgerliche ©eftalt @oet^e ^atte 
in ber „Sp^igenia'' bad rein 3Renfc^Kd^e bed antiten 
Stoffe^ ergriffen, unb il^m ben ©el^alt unb bie Jorm 
öerlie^en, mel^e neue ^^i* wb SBilbung, neue unb 
ganj anbere poetifd^e S3ebürfniffe erl^eifc^ten. S)ie 5ßoefie 
^atte burc^ bie ,,3p^igcnia" eine neue ©roberung 
genmd^t; aber „Spl^igcnia" ift fein Xrauerfpid. S)ic 
tragifd^e äluffaffung unb SSelebung jener gen^attigen 
Stoffe blieb noc^ immer eine Aufgabe ber neueren. 
3n ,,^anborag SBieberfel^r" erfc^eint bie 83Iiite bcd 
antifen unb mobemen Bebend t)tTmixf)it, iebod^ geftaltet 
fid^ bad Meine 2Reiftertt)er! öielmel^r jur Slttegorie, fo* 
wie im jioeiten Seile bed „g^uft" bie @riec^en»ett 
jtimBoIifc^ eingeffil^rt unb ^att emft^aft, l^atb in Ute* 
rarifc^em (Sc^erj bel^anbelt uiirb. 

„©ad golbcne aSIie|" bietet in ber ganjen neuen 
Literatur bad einjige ©eifpiet einer eckten tragifc^en 
SSieberbelebung ber Slntife bar. 5)ie 3lrt, tüie ^ier bad 



6. ^ic fc^Unc Äitcratur in ßftcrreic^ (1835). 153 

ajcr^dltnig bc« ^a\on jur SRcbca aufgefaßt würbe, 
gewährt un« einen bcr tiefftcn JBücfc in ba« mtn\6)' 
lid^e §erj. ©in cbicr jugcnblid^cr ©ricd^cnl^ctb, Iräftig 
unb rul^mbärftig, t)erf ammelt anbete eble ©enoffen jum 
^tQ^VLQ ua6) bem Sold^erlanb. ©eine ^taft, feine 
eble ßü^n^eit gen)innt i^m baS $erj eined n)ilben 
jungen 99arbarenmäbd^en8, ber ^önigStod^ter. @ie t)tX'^ 
lä^t i^nt juliebe 93a ter unb 93aterlanb; burd^ i^re 
^ei^ilfe, burd^ i^re Kenntnis gemeinten 3(iii6ci^^ getoinnt 
er ba« erje^nte gotbene 8Jtie§. @ie wirb fein SBeib, unb 
er le^rt mit i^r ald @ieger in bad l^eitere ©ried^enlanb 
gurü(f. W)tx bie Siebe, bie unter ^ampf unb @treit 
begonnen unb ber bed äSaterS f^Iud^ in bie ^rembe 
folgte, War feine glficöic^e. 9Kit ®rauen badete 3afon 
an ÜKebeenS 3^^i^^^^#^7 ^^^^ ^i^^^ £eibenfd^aft 
genügte feinem ^ergen nic^t, weld^ed nad^ ber ftiUen 
innigen ißeigung bed äSeibeS t)erlangte. Qmü ungleid^e 
Staturen waren aneinanber geraten; ein wunberbared 
3}er^ängnid ^otte fte Derbunben, fie, bie fid^ auS £iebe 
jagten unb im $affe liebten. S)er 3^i^fP<^tt im 
Snnem ber beiben ©atten wud^d langfam, warb burc^ 
Sd^Weigen genährt unb würbe unoertilgbar. 

%u\ ßantpf gefteHt, rang iä^ mit i^r, unb mit 
(£in Abenteuer trieb iä^ meine Siebe. 

^ur(^ fte toatb mir bai rfttfel^afte IQIieg, 
@ie führte mi(!^ in jene Sä^aunW^U, 
9Bo ic^'g gewann, htm Xrac^en abgewann. 



154 6. ^ie fd^dne Literatur in Ofterretc^ (1835). 

@o oft td^ t^r fettbem inS 9(uge hlide, 

(Bä^atxt mir bie ©(j^longe blinlenb braud entgegen 

Unb nur mit ©c^aubem nenn' tc^ [xt mein SBeib. 

l^er 3a^r üerfc^ob bie WX^tf^x und ein ®ott, 
^ur(^ ai^eer unb Sanb uniS in ber grre treibenb. 
3n Sd^iffeS (Enge, flünblid^ i^r genüber, 
IBrac^ rt<^ ber Stad^el ob bt9 erften Sc^ouberS; 
(S^efc^e^n toax, toai gefc^e^n — fte toorb mein SBeib. 

3n blefct finftcm ©timmung bc8 ©coiütö lanbct 
3afon mit SRcbca in ©ried^cntanb. Aber feine ®atcr* 
ftabt t)erQd^tet bad mitgebrod^te ®arbarenn)eib; bad 
tro^ige $er} ber ^remblingin Derfd^mä^t e^, ftd^ bie 
3uneigung ber neuen ^reunbe ju getoinnen. S(ud^ l^ier 
fd^reden i^re geheimen Mnfte; man gibt i^nen@d^ulb 
an Äönig ?ßetia8 Xob. Safon wirb au« feiner ®ater* 
ftabt verbannt unb lommt mit SRebea aU t^Iüd^tling 
nad^ ^ortnt^, beffen ^önig il^n aufnimmt unb felbft 
Dor bem &mö)tt ber Slmp^tft^onen fd^ü^t unb nur 
bie geächtete äRebea bem )3anne $reid gibt. 3afon 
fanb in bei^ Äönigg $aufe unb in Äreufen« Slöl^c bie 
^o(be, entft^munbene Sugenbgeit n)ieber, er gab ftd^ 
auf einen Slugenblidf ber feiigen ©rinnerung ^in — 
ba tritt bie büftere @efä^rtin feine« fieben« bro^enb 
unb l^eifc^enb t)or i^n: er fie^t in i^r nur me^r bie 
Unheil fpenbenbe 3öubertn, öiettcid^t bie SRörberin 
feine« Dl^eim«, toofür fie ganj ©ried^entanb ^ätt. SBer 
fott bir glauben, ruft er i^r ju, ba§ bu ben Äönig 



6. Die fc^ane Literatur in Öftecreid^ (1835). 155 

ntd^t getötet? aRcbea antwortet: S)u! S)iefc8 „3)u" 
ift »cit tiefer, mit ))Octifd^et, atö ba8 a^^il^^te „moi" 
ber fratijöfifd^en SRebea. — S)er JBrud^ ift unheilbar 
gctoorben. S)ie ©atten trennen fid^. 3afon verliert 
feinen 9Kut, feine Äraft; aWebea gewinnt fie. SSer^ 
achtet, auSgefto^en aud ber ©efeOfd^aft, Don i^rem 
@atten öertaffen, i^rer Äinber beraubt, im inncrften 
Seben beriefet, ruft fie bie alten 3ö^^*äfte toieber 
auf, benen fie freitoiDig entfagt ^atte. @ie erfüllen 
fie mit neuem, bSmonifd^em £eben; fie ftad^eln fie 
auf, beS Königs ^auS, bie Derl^a^te ^euf a ju t)emi^ten; 
fie fpornen fie an jur entfe^Iid^ften lat: jum 3Rorbe ber 
eigenen ^nber. — SRon lann bie furd^tbare ÄataftrojJ^e 
nic^t tragifd^er unb jugleid^ naturlid^er l^erbeifü^ren. 
3ebe8 äRotit) baju ift aui^ ber innerften 9latur 
bed SEBeibed entnommen; bie Xat felbft ift nid^t bie 
i^olge getoö^nlid^er £eibenf^aft, aütäglid^er Siferfud^t; 
fie ge^t auS bem unfeligen SBerpItnid ber beiben 
Satten, baS ftd^ t)or unfern Sugen entfaltete, beinahe 
mit unabn)eii^barer Slotnienbigteit ^ert)or. 3)ad fd^toere 
^oblem ift gelöft: ba^ toir Tltbta nid^t gönjlid^ t)er« 
abfc^euen, toeit fie bie ©renjc ber SRenfd^^eit über== 
fc^ritten, fonbem fie, biefem 3ofon gegenüber, me^r 
bemitleiben. 3)a« gotbene SSIte§, woran fic^ in ber 
(Erinnerung ber Xempelraub unb ber äJ^orb bed @aft« 
freunbei^ tnüpft, fd^reitet atö Ser^öngniS im antifen 
Sinne burd^ bie XrUogie. 



156 6. ^ie fc^öne Literatur in öflcrrcid^ (1835). 

3)ie Sltt^ftt^ruttg beS großen SSSerleS jeigt ftd^ 
unglcic^. ®inc tief cingrctfcnbe Störung feine« inncm 
SebenS fd^eint ben S)ic^ter gel^emntt }u l^oBen, bai^ 
äBerf n)ie au« einem ®uffe ju geftalten unb DoDenbet 
abjuf d^Iie^en. S)ie Dier etften Sitte ber „SKebea" bürften 
fid^ übrigen^ bent t)oII!ontmenften anfd^tie^en, xoa^ bie 
tragifd^e ?ßoefte ber 3)eutfd^cn jemate erftrebte. S)te SSJir* 
fung ber Xrilogie toav nid^t burc^greifeub. (£8 n^ar im 
gonjen „Äaüiar für« SSoIf " . gi^eitid^ ift ba« witb Seiben* 
fd^aftlid^e ber „SC^nfrau" unb bie rul^ige ^lar^ett ber 
„^Boppf^o** leichter auf juf äff en. 6« beburfte be« ©piete« 
einer ©d^röber, um toenigften« ben testen Xeil ber 
Xrilogie für ba« ^Repertoire unferer X^eater ju ge* 
»innen. 

Snbeffen mar baS einmal geftörte @emüt unfer« 
S)i(^ter« nic^t fo teid^t loieber beruhigt Äußere 
unb innere SebenSöer^ältniffe toirften nad^teitig auf 
feinen ®cniu«. S^rifd^e äRitteitungen ani jener Qüi 
mad^ten un« jum Xeil mit feinem ß^ftonbe befonnt. 
3dö erinnere ^ter öor allem an ,,3ncubu«". ©o Diel 
f d^eint Qetüi% bog (SriOpar^r, meQeic^t fd^on mS^renb 
ber ?lu«arbeitung ber Iritogie, bie urfprünglid^e reine 
greube am 5ßrobujieren öcrior. Übrigen« folgten fid^ 
bennod^ größere SBerfe, loenn aud^ in bebeutenben 
3toif(^enräumen: ,,Äönig Dttofar« @IM unb (gnbe", 
„©n treuer 3)iener feine« ^erm", „S)e« äReere« unb 
ber Siebe SBeßen". 2)ie ?lu8einanberfe|ung ber Ur* 



6. S)ie fc^dne Stteratur in fi^cteic^ (1835). 157 

fad^en, iDcId^e, au^er einer trant^aften förperlic^en 
Sleiibarleit, baS &lt\6)QttDx6)t feiner @eele ftörten, 
bleiben bem S3iogr(^^en bed 2)id^ter8 überlaffen. 

©riOparjeri^ Ie|teS SSerf ift ,,S)er Xraum ein 
fieben", eigentlid^ bie SBieberaufna^me einer Sugenb* 
arbeit (Er f^at fxä) auSfd^Iie^Iid^ bem X^eater guge^ 
loenbet^ unb leiber ^u einer ßtit, too biefed bereitö 
feinem SSerfatte nal^e unb baö ebtere 3ntereffe bafür, 
befonber* für bie Iragöbie, faft erlofd^en ift. ©riß« 
^arjer fte^t gegeniD&rtig im träftigen SRanneSalter. (£^ 
la^t ftd^ ba^er enoarten, ba^ er nunmel^r aU 
mächtiger JBel^errfd^er feiner Serl^ältniffe unb @tim== 
mungen ben golbenen goben ber 5ßoefte wieber auf* 
nehmen n)irb. 

aRan mu^ übrigen^ nid^t t)ergeffen, ba^ biejarte 
Organifation, taetc^e geiftiged ^obujieren mdgtic^ 
mad^t, aud^ empfinblid^er ift gegen bie rau^e (Sin« 
ttirlung ber au^enloett. ®ne Saute ift batb öerftimmt. 
Slud^ bie 93Iume beS ®eifted Derfd^Iie^t ftc^ t)or un« 
fanfter JBerül^rung. — 

©leic^jeitig mit ®riQ()arjer trat in ber literari« 
fc^en SBelt auf 3ofef (S^riftian grei^err t>. Qtbüii. 
®r öerf ud^te fid^ in üerf d^iebenen formen beö S)ramag 
unb betoä^rte in aßen ben $oeten, am meiften in 
feinem testen SBerfe: rr^affo« lob." Übrigen« fd^eint 
feiner I^rifd^^epifc^en SRatur bie bewegliche bramatifd^e 
t^orm noc^ minber gem&^ als bem großen S)id^ter 



158 6. ^ie fc^dtte Siteratur in Öftetreid^ (1835). 

bcg „3)ott 3uan". ©eine ©cbid^tc, Dor allem feine 
„Zottnttanit** , ^aben i^m bie %terlennnng unb ben 
93eifaII t)on gonj S)eutf(^Ianb ertootben. ©einer Über- 
fe|ung be8 „S^ilbe ^arolb'' fie^t man mit SSer« 
langen entgegen. Übrigen^ to&re }n n)ünf(^en^ bag fic^ 
3eb{i^ eineg großen epifc^en ©toffei^ bemächtigte unb 
barin bie 9iefultate feiner ))oetifd^en Snfd^auungen 
niebertegte. 3n neuerer Qtit mad^te fid^ S)ein^arb^ 
ftein burd^ feinen ,,^an8 ©ad^8" unb ,,®arridf in 
93riftor' einen bebeutenben 9lamen in ber tl^eatrali^ 
fd^en aSelt. 

3)iefe beiben ©tücfe fd^Iie^en fid^ bem ))oetifd^en 
Suftfpiel in einer Art an, bcren fernere Äultur ^öd^ft 
toünfc^enäloert toäre. 3)ie Seiftungen ber grau öon 
SBei^entl^um im ^^Ibe bed bürgerlid^en ©d^auf))ie{S 
unb fiuftfpiefe ftnb feit einer fftei^e öon 3a^ren in 
jebermanng Slnbenfcn. 

%u^er ben genannten befinben fid^ in £)fterreid^ 
no(^ folgenbe beIanntebramatifd^e@c^riftfteQer: 93raun 
t). 93raunt]^al, SafteQi (eigentßd^ me^r 93earbeiter unb 
Überfefeer), (Sbuarb ^nUtx, Äart ffigon ©bert, Äuffner, 
3o^ann ®rof aRailät^, SKarfano, «ßannafd^ (»erfaffer 
beg ,,aiboin"), gfrau t). ^x6)ltt, O. (£mft »o^t (»er- 
faffer ber „5ßeft in ßeon")f Ireitfd^fe, SBeibmann unb 
ber ajerfaffer biefe8 Sluffa^eS. 

Siner eigentämlid^en Srfc^einung ift ^ier ju ge^ 
benfen, bie fid^ mo^I nur aus bem beilegten unb 



6. %it fc^dite Sitecatur in Öfterretc^ (1835). 159 

mannigfatttgen treiben einer ootfreic^en, (ebenbigen 
unb iebe S(rt Don Slic^tung pftegenben Sleftbenjftabt 
entoideln lonnte. ^ä) meine 9laimunbd^ hti genialen 
©d^ufpielerd, X^eaterftücfe. @d^on Iftngft ^atte er 
burd^ fein Dor^üglid^ed S)ar[teQungdtaIent bie me^r 
ober ntinber gelungenen fiotalftitcfe unb S^^^^i'ff^ii 
ber SBoIföbid^ter (@Iei4 äReidl, 93&uerle) ind rechte 
£i^t 2u fteQen unb im einzelnen ju Derebeln gen)u^t^ 
tfj' er felbft als Suior auftrat unb mit einem fü^nen 
%uffd^tt)ung aQe feine SSorgänger n)eit hinter ftd^ ju- 
xnd lie^. (Er füi^Ite in ftd^ ein poetifd^eS 99ebilrfniS, 
mi6)ti er, biStoeilen auf bie tounberlic^fte Slrt, ju 
befriebigen fuc^te. SOein DieQeid^t ift eS gerabe bie 
äJiMfc^ung fo mancher tt)iberftrebenber (Elemente, toeld^e 
feine 3)id^tungen für baS grojie ^ublitum unb für 
ben ^nftfreunb gleid^ anjie^enb mad^t. 9iaimunb 
i)at, n^enn er biegtet, einen boppdttti Qmd Dor 
%ugen: (£r mu^ juerft bemjenigen ^ßublitum ©enüge 
tun, bem er ftd^ ju Slnfang feiner 83a]^n toci^U 
unb beffen SSebürfniffe er niemals auger ad^t laffen 
barf. 2)iefeS »erlangt benn Dor aOen S)ingen, auger 
einigem änderen ©lanj unb t^itter, feinen £iebling 
in einer bebeutenben lomifd^en 9ioQe ju fe^en. 2)ann 
tt)iQ aber ber 3)id^ter aud^, n)ie biQig, fid^ felbft 
befriebigen unb, nebft @pag unb Sachen, aud^ einiges 
aus feinem innem £eben barbringen. (£s mad^t bem 
eblcn §erjcn SlaimunbS nur ®^re unb ift feiner 85it 



160 6. ^ie fc^öne Siteratuc in Ößemic^ (1835). 

bungiSftufe ganj gemä^, ba^ er ju bem leiteten Qtotd 
^oefte unb aRoroI gleic^fam Derbtü^ft unb fo in ben 
?lIIcgoricn feinet Qanbtmttt bag jtttltc^e ©d^Bne »ie 
t)erförpert borfteQt, ba8 er im toirflic^en ßeben oft \o 
fc^merjlid^ Dermi^t Qn^Uiä) mochte il^m, ate 
Sid^ter, @^alefpeare8 unb Salberond ^flankt t)orge« 
fc^toebt l^aben^ toie fid^ i^nt als SRenfc^enbeobad^ter 
täglich ©jenen bei^ SBiener SSoddlebend barboten unb 
bm ©d^aufpieler unb Xl^eaterbireltor bie 5ßrobuftionen 
ber ^oft^eater anregten, aud^ feine Untergebenen 
auf eine ^öl^ere Äunftftufe ju lieben. S)iefe r)tt^ 
fc^iebcnartigen Anregungen ftnb eg nun, bie, toie 
id^ oben bemerlte, nur in einer fo lebenSfräftigen 
unb öietgeftattigen JRefibenj, wie SBien, mögtid^ 
finb. 

©ie erzeugten jene trefflid^en ©d^öjjfungen Slai* 
munb«: „2)er ©iamant beä OeifterfönigÄ*', „SDa8 
SKöbd^en aug ber geentoett", „3)er aiijenfBnig unb 
äRenfd^enfeinb", toel^e, burd^ 5Raimunb8 ©piet be= 
lebt, aud^ baS 9(udlanb atö $oefie aufnal^m unb 
pflegte, ©tüde biefer Art werben immer toittfornmene 
@abe, \a geitgem&geS 93ebürfniiS fein. 

S)iefe SRifc^ung t)on 6mft unb ©c^erg nebft ber 
genaueften X^eaterfenntnid unb einer eigentlid^ fitt« 
liefen 9lid^tung mad^t eben 9laimunbi^ Sigentämli(^leit 
aud; nur wäre gu wünfd^en, ba^ er fi(^ nic^t bii^weilen 
aQgufel^r einem ^ang gur ®räbetei, gu überpuften 



6. S)te f(^ane Stteratur in Öftectetc^ (1835). 161 ^ 

^Qegorien utib nid^t ganj Ilaren poetifc^en 93tlbem 
l^ingäbe. 

S)amit toxi aber wn bem trefflid^en äRatine nic^t 
mit einem Xabel fc^etben, \o fei l^ier noc^ eno&l^nt, 
ba§ fein leftteg ©tücf „SJer Serfc^toenbcr" fid^ foft 
burd^gel^enbS fetner beffem ^rt anfd^Iie^t unb noc^ 
auf mele tüd^tige unb gefunbe neue Srjeugniffe l^offen 
(ä^L S)aS (e^tgenonnte @tü(f lann 9laimunb tü^n in 
bie t^embe fc^iden, befonberS iDenn er t^ felbft be« 
gleitet, unb unfer £anbdmann iDirb bomit überall ftd^ 
unb uni^ (£^re mad^en. 

S)ie epifd^e 3)i(^ttunft fd^eint in neuerer 3^^^ 
ttebcr ©toff nod^ gorm ju finben. S)ie äReiftertoerle 
biefer ©ottung entftanbcn in teben8lräftigcn, urfprüng^ 
liefen Qciitn unb gingen aud bem tiefften ©efül^Ie 
ber Sßationaütftt ^eröor. Qa ben bebeutenbftcn SScr* 
fud^en, jenen (befangen ä^nlid^eS ^ert)orju6ringen, ge^^ 
^5ren nad^ ber äRefftabe immerl^in £abidlaud ^^rlerd 
SBcrfc. 3)ie „luniftag" ingbefonbere entl^ält toa^r^aft 
poetif^e @d^ön^eiten in benjenigen Xeilen, too und 
ber 3)ic^ter feine eigenen (Sriebniffe wiebergibt S)ie 
Äntt)enbung ber SRaf deinen toirb in ber epif c^en 5ßocfie 
ber Steueren immer bad äJtipd^fte bleiben. 993ai^ erf e^t 
und bie ® Otter bed ^omer? 

JBei unferer Art ber SKtbung, unferer JBctrad^* 
tungdmeife fd^eint überhaupt ber p^ilofopl^ifd^e 9ioman 
(im toeiteften ©inne) geeignet, bie ©teUe ber epifc^en 

C^rift« IV . 11 



162 6. 5)tc fc^önc ßttcratur in Öperrctc^ (1835). 

@cbt(^tc einjunc^mcn. „S38itl^etm äRciftcr" ift öorbcrl^anb 
unfer (gjjog. 

3)ic 5RomancnIitcratur Dfterrcid^S loirb burc^cine 
S)amc rcpräfcnticrt S)cr Siamc Caroline 5ßic^tcr^ geb. 
t>. ©reiner, ift burd^ eine 5Reil^e öoti Salären im ^n- 
unb SluSlanbe gead^tet! Sl^re (Schriften erfreuen ftc^ 
üieUeid^t t)or aQen int&nbifd^en ber grd^ten $o))uIari^ 
tftt, tnbem ftc ber allgemeineren JBitbung^ftufe ber @e* 
feUfd^aft jufagen- Sieiner ©til, mäßige unb einfädle 
2)arfte[Iungdn)eife, ftttlic^er Sl^arafter ftnb (Sigen^ 
fd^aften, n^elc^e eine ä^nlic^e SSirfung l^erDorgubringen 
geeignet ftnb. 

Unfere übrigen Sloöettiften, ffibuarb S)utter au^ge* 
nommen (gegentoärtig in f^ranlfurt am äJ^ain ald Ste« 
bafteur be« „^^önij''), ftnb nid^t oon fotd^er 85e* 
beutung, ba^ man fte mit ben audgejeid^neten ©c^rift« 
fteQern biefei^ ^c^eS in 3)eutf ertaub oergleid^en bürf te 
ober bajl biefe l^iftorifd^e ©fijje il^re Slrbeiten auS:= 
fül^rlid^er befl)red^en fönnte. 

3)ie bebeutenbften latente jäl^It Öfterrei^ in 
neucfter 3cit im getbe ber I^rifc^en 5ßocfie. 3d^ nenne 
^ier nur biejenigen S)id^ter, Don benen bereite @amm« 
lungen erfd^ienen unb bie mel^r ober minber aud^ im 
^uSlanbe Stnerlennung gefunben: ä3raun t). 93raunt^al, 
(Xaftefli, S)einl^arbftein, SJräjter^^aRanfreb, Äarl 6gon 
(Jbert, granfl (beffen epifc^e« ©ebid^t „©oIumbuÄ" 
mit näd^ftem crfd^eint), Änaftafiug @rän, ^ermann t>. 



. Xie fd^dne Siteratur in Öfterreic^ (1835). 163 

^crmannStl^oI, ©ottfricb ö. Seltner, 9Wfotaug Scnou, 
So^aim iWa^rl^ofer, 5ßaff9, greifen ü. ©d^Ied^ta, 
©(^Ictfer, 3o^ann ®abrid ©cibi, 3- 31. »ogl, grret^err 

eoftems unb @etbte ©ebtd^te ftnb fo ixmüd) 
aUgemem verbreitet 3Ratt ift geuio^nt, im äbrigen 
S)eutj(^Ianb, befonberS ben erfteren ffir baS ^otot^p 
unserer üaterlänbifd^en 5ßoefte ju l^alten, ja einer bcr 
Stimmfü^rer nennt i^n fogar ben öfterreid^ifc^en $(na« 
Ireon. 93iel mod^te ju btejer Snftci^t beitragen, bog 
(SafteQi „©ebid^te in nieberöftcrreic^ifc^er SKunbart" 
f^rieb, bie mitunter ju feinen beften ge^5ren. 3)er 
nQit)gemütIid^e unb fc^erj^afte ^uiSbruct gelingt il^m 
gan} Dorjäglid^; im (£mften unb Slegifd^en toirb er 
Don feinem längeren a){itben)erber @eib{ fomol^I in 
ben ©ebid^ten atö in ben „gß^f^^Ji" übertroffen. 
%vid) in ber ^ftjifton bed SluiSbrudEg fon)ie in ber 
Sel^anblung bed äSerjed ift i^m @eibl meiftend Aber« 
(egen; bafür betoirft ({afteQi burc^ feine uii^igen äßen^ 
bungen unb 5ßointen, bajl man feine inforrciten SSerfe 
unb 9leime gerne überfielet S3eibe ^x6)ttx fprec^en 
übrigens eine l^eitere, bidtoeilen ettnaS oberflächliche 
SebenSanfid^t au«. S^ öertounbcm ift e8, ba§ SeibI, 
bei feinem Xatent unb feiner 3ugenb, bereit« feit 
Salären Derftummt 

SEBenn SRänner Don @)efc^ma<! unb fogenannter 

hitifd^er (ginfid^t über unfere Literatur fprec^en unb 

11* 



164 6. i)ie fc^dne Siteratut in fifterreic^ (1835). 

9 

fd^retbett, fo foQte man bod^ billig Doraudfe^en lönnett, 
ba^ fte betn großen Raufen nid^t nac^fd^tt)a|en unb 
bag fte baS eigenttid^ JSebeutenbe unb SBärbtge l^erau^:' 
ju^cbcn öcrftc^cn. 3n bicfcr §infic^t ift ber ©ängcr 
bcr ^SBIafta" unb bc8 „ÄIoftcr8", bcr öortrcpc^c 
83aQaben:' unb Slomanjenbid^ter Sari Sgon Sbert, 
im ^udtanbe noc^ lange nid^t gehörig getDÜrbigt 
worbcn. 

3lodf minber erfannt f c^eint ber gemiitreid^e @ott» 
frieb D. fieitner unb ber geiftooQe Sol^ann SRa^rl^ofer. 
2)en @ebi(^ten beS Ie|teren lie^ ©c^ubert am beften 
il^r 9lec^t toiberfa^ren, inbem er Diele ber bebeutenbften 
in SRufif fe|te. „SRemnon'', „Äntigone unb Dcbip", 
,,3)er gümenben SJiano" uf». ftnb burd^ bie SRufif 
erft DöQig abgefc^Ioffen n)orben. 3)ie ©ebid^te mad^en 
un8 mit einem m&nnlid^en unb träftigen @eift betannt, 
bem freiließ ber eigentlid^ I^rifd^e ©d^melj fe^It unb 
ber mc^r in rcjtgnierenber QvixvidQtiOQmiftit, tt)ie ber 
ßinftebter auö feiner Qtüt, bie (Srfd^einungen ber 
innem unb äußern SBett bid^terifd^ bctrad^tet 

93raun t). S3rauntl^al ift im ^u^Ianbe faft \>tx» 
breiteter aU im 3nlanbe. 9ud^ feine ^oefie ift, tt)ie 
meiften» bie ber Steueren, 8leflejiong:poefie, aber er re* 
fCeftiert mit @eift unb aud^ bai^ @emät ge^t babei 
nid^t leer auS. @d^abe, ba^ il^n ein unbejtoinglid^er 
$ang gum SSijanen bidttieilen t)om äBege ber Statur 
ablenit. 



6. S)te fc^dite Siteratut in Öfterteitj^ (1835). 165 

©riOparser ^at feine @ebic^te nod^ nid^t gefammelt 
l^eraui^gegeben. (Shtjeltte, iDte j. )3. „^tt 96fd^ieb t)on 
©aftein", ftnb in iebermanng SRunbe. — An Subioig 
^atirfd^ barf id^ l^ter erinnern^ ber leibet in jungen 
Sauren ftarfi unb bem eS t)erjagt blieb, ein Xalent, 
n)eld^e8 in ^eilfamer ®arung begriffen mar, toeiter 
audjubilben. — ^ofrat t). ^annner, beffen Dorjäglic^fted 
äSirlen mel^r ber äSiffenfc^aft atö ber ^nft angel^ört, 
^at bod^ ber te^teren burd^ feine Überfe^ungen unb 
^Bearbeitungen ber orientalifc^en S)ic^ter feine geringen 
©ienfte geteiftet unb bietet ba^ erfreulic^fte JBeifjjiel 
bar, toie ftc^ ber eifeme ^ei^ unb bie @rünb(i(^Ieit 
beS ©ele^rten mit ben ^eiteren (Spielen ber SD^fen 
Dereinigen I&^L 

2)ie toid^tigften (Srfd^einungen unferer neuen Site^ 
ratur finb unftreitig Snaftajtud @rün unb 9hIoIaud 
£enau. 

«. ®rün trat juerft mit ben „Stättem ber Siebe" 
auf. ffi« toaren bie erften Änofpen eineg S)i(^tertcnje8, 
ber und balb mit t)oOen, buftigen SBIüten unb frifd^en, 
fd^ttigen JBIättern erfreuen foHte. ^S)er lefete Sftitter" 
folgte. 3)iefer JRomanjenlranj fc^ien nic^t ba« SBerf 
eineg 22jä^rigen 3fingling8, fonbem eine« gereiften 
äRanned, ber feine eigene 3^it unb bie feines gelben 
tief unb DoQftänbig erlannte unb ebenfo toiebergab. 
Da ift lein fe^nfüd^tige» ©d^wärmen für äRittelalter 
unb SRitterfd^aft, leine fentimentale ßiebfc^aft, fein 



166 6. 5)ic [(^önc Sitcratur in Öftcrtcid^ (1835). 

frömmeln unb Id^n^iflic^tiacg SBo^Ibtencn — fonbcrn 
jene bebeutenbe Qdt, bie ©ren^e alter unb neuer 8il== 
bung, after unb neuer Slnftd^ten, tritt und tiar unb 
beftimmt t)or bad innere 9[uge; bie tnic^tige $erfön^ 
Ud^Ieit beS legten 9litterS Derfc^ntel}t bie ein^Inen 
ä3ilber 3unt tno^Itätigen @anjen. ^a^ £ieb ertönt emft 
unb männlid^, je^t tief unb elegifd^, j[e|t ironifd^ unb 
Reiter. 3)er ©Snger ergebt und ju einem ©tanbpunft; 
mir feigen, tDad Dertoren ging^ unb toa^ aud feinem 
©d^utte gu totdtn nid^t me^r an ber 3^it iftj ^^^ 
getna^ren tnie burd^ einen fernen Qavibtx\djHmx, tDai^ 
und für bod SSerlorene entjd^äbigen fann, totld^t gor* 
berungen n)ir an bie neue Qtit fteQen bürfen unb 
toetd^e fie ju befriebigen imftanbe ift. Unfer SBIid 
ift er^ßl^t unb ertoeitert, toie nad^ bem @enuffe jebed 
tt)a^ren 3)ic^tertt)erled. 

„S)er te^te SRitter" brad^te eine bebeutenbe SBir* 
hing in gonj 2)eutfd^(anb l^erüor; fein S^erfaffer gilt 
für einen Sieblinggfd^riftfteöcr unb er loarb, wie 
betannt, in ber ^^olge biefer S^re nid^t t)erluftig. 

9i. &nau trat erft im 3a^re 1833 mit einem 
S3anb @ebid^ten auf. 3^re SBirfung toar fo gro^, ba^ 
fd^on im näc^ften Sa^re eine neue Sluflage erfd^ien. 
An ben ©ebid^ten fällt un8 gucrft bie fidlere JBe^onb« 
lung ber 5<>nn auf, gu einer Stit, too bie etlood lieber* 
lid^e Genialität eineS $eine eine SKenge iRad^o^mer 
toed^te unb bie unerläßliche f^orberung an ©d^ön^eit 



6. ^ie fd^dne Literatur in Öfterreid^ (1835). 167 

unb ^lar^eit bed S(udbru(fed ^erabguftimtnen bro^te. 
^n feilte lä^t man ftd^'d am (Enbe gefallen, toenn er 
\\6) gelten tä^t; biefe ißad^Iäffigtett gehört ju feinem 
Sßefen. 3l^m ift biefe f^orm ein domel^med, elegante^ 
9leglig^; bie anbern, benen fein @etft fe^It, gtanben, 
eS il^m gleich jn tnn, nmin fie im genriffentn Unttt^ 
fleibe ^emmf))ringen. 

yiid^i nnr in ber t^orm, aud^ im ©e^alt lann 
Senan für ben DoQIommenen Slntipoben feines gelten, 
©einem männlid^*emften @eift ift bie ©elbftironie 
bnrc^aud fremb; fein ©^merj äußert ftc^ niematö bnrc^ 
©pott. (Eine tiefe SReland^oIie ift ber ®mnbton feiner 
@ebi(^te. StQein feine Xrauer fprid^t fic^ fo fd^ön nnb 
fo neu avL^, fie totx^ in ber Statur mit fd^arfem Süd 
\o öiele Silber unb ©leic^niffe i^rcr tiefen ätafd^auungen 
ju finben, ba^ man fid^ gerne barein vertieft. 9Ran 
ipirft ben ©ebic^ten äJtonotonie dor. 9Kan braucht fie 
ja nic^t in einem QviQt }u lefen. S)ie Statur ift reid^; 
ed gibt 9lac^tigaQen unb fierd^en. SBä^Ie ftc^ jeber 
aus unb toec^fle nac^ 83elieben. 

©oeben erfd^ien ber Don ßenou rebigierte „^v&f)^ 
linggalmanad^", tocld^er feinen rr^öuft", ein grag* 
ment enthält — das post Homerom! ^uft nat^ 
®oet^e I — 3)agegen fagt toieber ein tool^r^after 3)id^ter, 
9(c^tm t>. %[mim: 3eber 3)ic^ter foQte einen f^uft 
^c^eiben. — grogt boc^ bie Alten! bie tonnten'« am 
beften. £efet Hygini fabulae ad tragoedias! 2)afte^en 



166 6. 5)ic fd^önc Sitcratut in Öftcrrc^ (1835). 

frömmeln unb lel^n^fßci^tigcS SBol^Ibiencn — fonbcrn 
jene bebeutenbe Qtii, bie ©renge alter unb neuer Sit 
bung^ alter unb neuer Slnftci^ten^ tritt unS Kar unb 
beftitnmt öor bag innere Äuge; bie toici^tige ^erfön== 
lic^Ieit be^ Ie|ten 9ütterS t^erfd^metjt bie eingetnen 
93ilber jum n^ol^U&tigen @anjen. S)a^ £ieb ertönt emft 
unb männlic^^ je^t tief unb elegifd^, je^t ironifd^ unb 
l^eiter. S)er @änger erl^ebt und gu einem ©tanbpuntt; 
n^ir feigen, n^ad t)ertoren ging, unb toa^ aud feinem 
©d^utte ju toeden nid^t mel^^ an ber ^^i* if*; ttJtr 
getoal^ren wie burd^ einen fernen Qavbti\ä)Uxtx, toag 
un8 für baS SSerlorene ent^d^äbigen lann, toeld^e fjor« 
berungen mir an bie neue 3^it fteDen bürfen unb 
tod6)t fie }U befriebigen imftanbe ift. Unfer ©Kd 
ift erpl^t unb ern^eitert, n^ie nac^ bem ®enuffe jebeS 
uial^ren 2)id^tem)erled. 

„S)er Ie|te Slitter" brad^te eine bebeutenbe SBir* 
tung in gang 2)eutf(i^Ianb ]^ert)or; fein SBerfaffer gilt 
für einen fiieblingSfd^riftfteUer unb er toarb, n^ie 
befannt, in ber golge biefer (Sl^re nid^t öerluftig. 

91. Senau trat erft im Saläre 1833 mit einem 
^anb ©ebid^ten auf. Sl^re Sßirfung mar fo gro|, ba| 
fd^on im näc^ften 3al^re eine neue Sluflage erfd^ien. 
Sin ben @iebid^ten faQt und guerft bie fidlere Sel^anb« 
lung ber fjorm auf, ju einer Qüt, too bie ettoad lieber- 
lic^e ©enialität etned ^eine eine äRenge 9}ad^a!^mer 
n^edfte unb bie unerla|lid^e f^orberung an ©d^ön^eit 






6. 3)tc fd^dttc ßitetatur in Öftcrrciti^ (1835). 167 

unb ^larl^ett bed ^udbrude^ l^erabiufttmmen brol^te. 
^n feilte ta^t man ftd^'d am (Enbe gefallen, toenn er 
\xä) gelten tä|t; biefe 9lad^I&fftgteit gel^brt gu feinem 
SBefen. 3^m ift btefe ^^orm ein t)omel^med, elegante^ 
9icgüg6; bie anbern, benen fein ®eift fe^It, glauben, 
eS i^m gteid^ ju tun, n^enn fte im jerriffenen Unter« 
Heibe ^erumfpringen. 

92ic^t nur in ber t^orm, aud^ im ©el^att lann 
il^enau für ben t)oIItommenen Slnti^oben ^eined gelten, 
©einem männlid^^ernften ®eift ift bie ©elbftironie 
burci^au^ fremb; fein ©d^merg &u^ert fici^ niemals burc^ 
©pott (Sine tiefe 9Ketanci^oIie ift ber ©runbton feiner 
@ebid^te. Mein feine S^rauer f))rid^t fic^ fo fd^ön unb 
fo neu aus, fie tDei^ in ber 9latur mit fc^arfem fSiid 
f Dtete 93itber unb ©leid^niffe i^rer tiefen Stnfd^auungen 
ju finben, ba^ man fic^ gerne barein t)ertieft 9Kan 
uiirft ben @ebic^ten äRonotonie t)or. äJ'^an brauci^t fie 
ja nid^t in einem 3^9^ 5^ ^^f^^- ^^^ 9latur ift reid^; 
ed gibt Stad^tigaUen unb £erd^en. äBäl^te ftd^ jeber 
au^ unb n)ed^fle nad^ ISelieben. 

©ocben erfd^ien ber öon Senau rebigierte „^vix^^ 
lingdalmanac^", »eitler feinen rrtJ^uft", ein ^la^^ 
ment entl^äU — Ilias post Homerom! gauft nad^ 
@oetl^e ! — S)agegen f agt loieber ein tt)al^r]^af ter Siebter, 
äc^im ö. ämim: Seber S)id^ter fottte einen gauft 
fd^reiben. — gragt bod^ bie Eliten 1 bie tonnten'« am 
beften. £e{et Hygini fabulae ad tragoediasi 2)a ftel^en 



168 6. <E)te fc^öne Literatur in Öfterreic^ (1835). 

bic ©toffc öcrjeici^net SBic biete Spl&igemen, SKebecn u\to. 
tourben gef einrieben! Sßurbe boci^ auci^ Xaffo^ %o\> 
crft in neuefter Qtit öon mel^reren SJid^tern bramatijc^ 
bel^anbelt! 3)er Snl^alt loar borau^ belannt äRan lernt 
il^n jQ boä) lennen, unb mel^e bem SBerl, ba^ man 
nid^t itotimal lieft SEBad liegt baran, einen belannten 
@toff ju toäi^Ien, tt)enn er anberd brauchbar ift! S)ie 
gorm ift ber ©toff. 

Übrigeng bleibt ein Vorgänger, wie @oet^e^ immer 
ju fürd^ten^ unb e8 war üietleici^t bem neueren S)id^ter 
ju raten, ber bramatifc^en ®efta(tung g&njlic^ }u ent- 
fagen, Wenn il^m bie f^bet Don ^uft gemä^ erfaßten, 
bie Sauber feiner innern SBelt barin barjutegen. @anj 
®uro))a tennt @oetl^ed f^auft; bie je|ige @ieneration 
l^at biefeg wunberbare SBerl gteici^fam mit ber SRutter^ 
mild^ eingefogen; ed ftanb ju erwarten, ba^ man über 
äRanget an ^ietät Ilagen würbe, fobalb ein neuer 
S)ici^ter e« wagte, bie ®eftalten be8 ^fciuft unb 3Rcpf)U 
ftopl^eted aufg neue l^erauf }u befc^wören. $ätte £enau, 
was er nur teilweife tat, unb wad offenbar feiner 
Stuffoffung ber gabel fowie feiner S)id^tung«weife 
DoQfommen jufagte, ben f^auft im ganjen epi^tf) ht^ 
^anbelt, fo wäre bem SEBerte gewi| fc^neQere unb un^ 
bebingtere Slnerlennung geworben, W&l^renb er je^t, bei 
ber üerfd^iebenften Äuffaffung beö ©toffe«, bIo§ wegen 
ber ©inmifci^ung bramatifd^er ©jenen, erft bie SSer== 
gleid^ung mit ®oetl^e }u bef&mpfen l^at. (Sin weiterer 



6. Die fc^önc Literatur in ßjierretd^ (1836). 169 

Übetftanb ber getoä^Iten äußern ^orm (bramatifc^« 
cpifd^) ift c8 ttod^, ba^ ftc bcn ficjcr jcrftrcut unb eg 
i^m erfc^toert, baS fo begebene als ein ©anjeS auf« 
gufaffen* S)te (Srj&^tttng, toetd^e bie bramatifd^en 
©jenen unterbrici^t, l^emmt unb l^inbert bie (StnbtlbungS« 
feaft; bie ©efprad^e l^ingegen, bie ftc^ in ein tpi]6)e^ 
®t\>\ä)t einjled^ten (äffen, ttnterftü|en fte. ^od) bem 
^xdjUx l^at eS einmal gefaQen, biefe ^omt ju mäl^Ien; 
er ^at und t)orberl^anb nur bie erfte ^älfte beS 
®ebid^te8 mitgeteilt, feine ^^edc laffen fici^ bi8 je^t 
nur erraten unb al^nen; baS @anje roixb t^ielteid^t ein 
gragment bleiben — gleic^öieU SBir miiffen il^m banibor 
fein für bad einjetne ®ro§e unb @d^öne, n^aS er unS 
gegeben. äRag baS ®ebic^t burd^ ®oetl^e angeregt fein 
ober nid^t: eS erfd^Ite^t und ein l^öc^ft merftpürbigeS 
inneres £e6en, eS f))rid^t in ben gebiegenften unb 
männlic^ften Werfen eine f^Qe t)on ©ebonlen unb 
®m))finbungen aus, n)ie man fte nid^t oft ju l^ören 
befommt, unb eS jeigt unS feinen SSerfaffer auf einer 
rotit l^b^eren @tufe a(S in feinen (^rifd^en ©ebid^ten. 
S)ie Äritifer in S)eutfd^Ianb »erben mir fd^werlid^ 
einen neueren S)id^ter nennen fiJnnen (»enn id^ Smmer* 
mann auSnel^me), ber imftanbc toäre, eine fotc^e 
©jene ju fd^reiben, n^ie bie in ber @d^miebe ober 
bie äRaterfjene. 2)er n&d^fte Sal^rgang beS „i^l^IingS« 
almanad^'' tt)irb unS übrigens bie gtoeite ^&(fte beS 
,,5öuft" mitteilen unb bie Äritif toirb bann imftanbe 



170 6. 3)ic fd^önc Literatur in Dftcrreid^ (1835). 

fein, über bad äBerl aU ein ©anje^ ober n)enigftend 
^ttgcfd^Ioffeneg ju urteilen. 



S)Qd ^efpred^en literarischer (Erfd^einungen ift und 
in neuerer Qüt ju einem folc^en SBebürfnid geworben, 
ba^ mx oft Dor lauter 9ieben über hai SRad^en gar 
nid^t jum SÄad^en felbft fommen. 3)a8 9iejenftercn 
na^m fo fe^r über^anb, ba^ ci gegentoärtig in 
Seiitfd^Ianb bereite loeit nte^r ^itifer ate ©c^rift« 
fteQer gibt S)aS »ebttrfnig für ^itif Iä§t fic^ burc^* 
aus nid^t abseifen. S)ad ^ublitum n^ünfd^t feine 
Slnftd^ten gu berid^tigen unb ju befeftigen; auc^ bem 
S)id^ter unb Siteraten ift ed l^öc^ft toidfommen, bie 
SBirifung ju erfal^ren, weld^e fein SBerf auf gcbilbete 
unb mol^Imeinenbe äRänner t)on ^ac^ ober ^d^Ienntnid 
]^ert)orbrac^te; i^r £ob ober S^abel regt il^n an, mad^t 
i^n auf gel^Ier ober 9iad^Iäfftgfeiten aufmerffam, bie 
man bei bem beften SBiüen in ber einfeitigen &xi^ 
famfeit beS ©(Raffend überfielet; eine lebenbige Äritif 
fann oft gute SBinfe für bie ä^^'^^t^ft ^'^^ ©toffe für 
neue $(rbeit geben. Snfotoeit märe aQeS gut. 3(ber bie 
Äritifer ftnb mit il^rem ämt nid^t jufrieben; fie »otten 
nid^t nur forfc^en unb anal^fieren, fie tooüen l^errfc^en 
unb jerftören. Unb in ttjelc^cm 2;on! mit wetd^er An* 
ma^ung! S)ie Äritif fe|t fic^ auf ben SRid^terftul^I unb 
bilbct fid^ ein, bie ^oefie fi^e öor il^r auf bem Armen- 



6. 3)ie fc^öttc ßiteratut in ßftcrrcic^ (1835). 171 

fünbctftül^Id^cn. ®ttox% einen fold^en Ion ^ätte Ärifto= 
tele^ gegen flauten nid^t angenommen, loie je|t gegen 
@oet^e unb @c^iQer fo mand^er, ber nod^ lange tein 
©lauren ift. Seforgen benn bie ^erren nid^t, ba§ bad 
^ublilum am @nbe il^ren ^udfprüd^en t)5IIig mißtraut? 
^ eS il^nen benn (£rnft bamit? ^6) glaube laum. 
Ober niaS foQ man beulen, loenn ein Ttann t)on 
^enntnid unb ISilbung ftd^'d jum @efd^äfte mac^t, ben 
größten ^x6)ttx ber Station Don bem il^m gebül^renben 
Xl^ron unb in ben ©taub gu ftärgen? &i gelingt il^m 
freilid^ nid^t, il^n aud^ nur um einen ginger ju rüdfen, 
ober bai ift nur um jo fc^limmer für i^ie @ad^e ber 
Ärttil. SÄel^rere fold^e öerunglüdEte SSerfud^e, unb bag 
^ublilum loirb einfel^eu lernen, ba^ ed boc^ feine fo 
unfel^Ibare ©ad^e um bie SReinung bed eingelnen fein 
mu|; bie £eute n^erben ftd^ erinnern, ba| fd^ou @loet]^e 
unb ©d^iöer irrten unb ßefftng unb »er nid^t 
aUed! ©ie n^erben bamit aufl^ören, an lein Urteil, an 
feine Autorität mel^r gu glauben, unb loer fann e^ 
ber 9Kenge öerbenfen, toenn fte ftd^ nid^t bie SKül^e 
geben mag, über ein unb ba^fette SBerf jtoanjig öer* 
fd^iebene Snfid^ten aufgunel^men, um t)\tlUx(S)t burd^ 
mü^jame ä^ergteic^ung bie äßa^rl^eit l^erauggufinben? 
3)a§ l^ie^e, bie ßefer müßten felbft Äritifer »erben; 
e^ fte fid^ baju öerfte^cn, lefen pe lieber, toaS i^nen 
eben jufagt, toaS il^nen bie 2Robe barrcic^t, unb laffen 
bie ©elel^rten fic^ untereinonber janfen. S)abei n^irb 



172 6. 3)ie Wnt Äitcratur in ßftcrreic^ (1835). 

fid^ bie ^tti! il^red fd^5nen 9it(f)tti begeben muffen: 
gleic^m&^ig mit ben guten ©d^rtftftellem auf bie (Sin^ 
fid^t unb ben ©efd^mad beS größeren ^htblifumd 2^ 
toirlen. — SBa« gibt eS nun für einen SluStoeg au8 
biefem Sob^rintl^? ^ci) n^ü^te nur einen. (£^ müßten 
allgemeine ®runbfä|e ber Äritil feftgcfteQt^ bie Äritif 
be^ ©d^önen mü^te jur S33iffenfc^aft erhoben »erben. 

2)ie ^uffinbung, noc^ mel^r bie ^nn^enbung 
allgemeiner ®runbfä|e auf äBerle ber f ci^önen Literatur 
unterliegt ol^ne Si^ti^ti großen ©c^toierigfeiten^ um fo 
mel^r^ ate baö Sntftel^cn eine« neuen originellen SSSerfeg 
jebeSmal neue ©eftimmungen erforbern würbe, aber 
bie« ift unb bleibt boc^ ber einjige äßeg, bie ^tit 
n^ieber }u S^ren gu bringen. äBenigften« mü^te ber 
Äritifcr bie ßefer infotoeit mit feinen allgemeinen An* 
fid^ten belannt mad^en, ba% fie in ber f^otge fetbft 
beobad^ten fönnten, ob feine Beurteilung einjelner 
äßerte, woUx leine %rt t)on ^arteitic^teit t)ottüalttn 
bürfte, mit ben früher aufgefteüten ®runbfä|en im 
Sßiberf))rud^ ftel^e ober nid^t. 2)oc^ ba« finb unb bleiben 
pia vota. 

3)ie SBtätter, toeld^e biefen ?tuffa| mitteilen, l^aben, 
fomeit eS il^re anbem Qtotdc unb ber befd^r&ntte 9iaum 
geftatten, fc^on mand^e« 3)an!eni^n)erte im ^a6)t ber 
firitif, befonber» über toiffenfd^aftlid^e ©egenftänbe, 
geliefert. äRögen nur loadcre äRänner, wie SKid^aet 
SnI, ©ruft 5r. t). g^uc^tergteben u. a. nic^t ermüben, 



6. ^te fc^dne Literatur in Öfterrei^ (1835). 173 

t^rc Äräftc fcmcrJ^in für cd^tc . unb Icbenbigc firiti!, 
namentttc^ aud^ über ®egenftänbe ber {c^5nen Siteratur, 
in üertDenben! S)ad ^blitum toirb, toenn eS ein 
entfiel, tuürbigeS unb anl^altenbeg ©treben fielet, S}er« 
trauen foffen unb baS ®efd^n)&^ ber Xageblätter, bte 
umd liebe ^ot fd^reiben, loben unb tabeln, toirb aud 
äßanget an Xeitna^me naci^ unb nad^ wn fetbft t)er^ 
ftummen. 

SBenn toir überblidCen, toaö in Öfterreid^, jeit 
©rinparjcr gum erftenmal auftrat, im gelbe ber 
fc^önen fiiteratur gelciftet toarb, toie üiele, jum leil 
bebeutenbe latente ftd^ enttoidelten, bie il^rer fd^bnften 
Steife erft entgegen gelten: fo bringt fid^ unS bie freu- 
bige Überjeugung auf, ba§ bie öfterreic^ijd^e $ßoefie, 
ber noc^ „fein auguftifd^ S(Iter btül^te'^ int lebenbigen 
gortfd^reiten begriffen fei. ©leid^mä^ig toud^^ aud^ 
bie Zeilnal^nte be^ ^blituntd für geiftiged £eben, 
tt)ie eis benn eine belannte latjad^e ift, ba§ ber ^n6)^ 
^anbel, befonber« toa^ franjöftfd^e unb englifd^e Site* 
ratur betrifft, faft öon aQen großen ©täbten S)eutfc^* 
lanbg in SBien feine beften ©efd^äfte mad^t 3ug* 
befonbere ift bie iöilbung be8 SKittelftanbeg ber ®efell= 
fc^oft in Dfterreid^ l^öc^ft bead^ten^wert ©c^ilter^ 
Xenien, an bereu SBieberl^oIung manche unferer Slad^- 
bam jal^retang fic^ gefielen, finb längft jum SÄärd^en 
geworben, wa« auc^ neuefte Sleifenbe, toie S)r. SBotf* 
gong SRcujel u. a. toißig anerlannten. g^rifd^reitenbe 



174 6. 5)ic fc^dnc Literatur in Öfterreiti^ (1835). 

SBilbung unb liberale anficht toirb auci^ ben 2;alentcn 
unfereS SSaterianbe^ SRaum getoäl^ren, ftc^ frei ju mU 
toicfeln; unb eine Hemmung erfc^eint um fo unnötiger^ 
al^ ein reblic^cr unb mäßiger ©inn, bcr jtd^ in 
unfercr fiiteratur augfprid^t^ ftd^ ol^nel^in immer öon bcr 
trüben 3^^iff^^^^it ^^^ SSertoorrenl^cit einer gewiffen 
neueften SÄobelitcratur ferne l^ält. Äuci^ toir toünfd^en 
bie $ßoefte frei ju feigen öon ben g^ffeln ber ©d^ule 
unb bed ^ebanti^mu^, f on^ie bie ®ef eQjc^aft t)on benen 
ber ©etoo^nl^cit unb beg geiftigen 3^^119^^; ^^ ^i^ 
glauben bie äJ^ittel ober bie S3ebingungen jur (Srreid^ung 
biefeS fd^önen QitU^ barin ju finben, ba§ wir auf 
fortjc^reitenbe innere Jöilbung bei allen Älaffen ber 
©efeflfd^aft bringen. SSor ben mitben ©onnenftral^Ien 
ber Humanität unb Snteßigenj öerfd^toinben bie hiebet 
bcr SSorurteile unb ber Slo^^eit langfam, aber fidler, 
toäl^renb bag ftetö öemeinenbe unb aufregenbe Ireiben^ 
welc^eg uns für ben getabelten 3i^fto"^ feinen beffercn 
gibt^ bem 93(i|e gleid^t^ ber jn^ar auf ^lugenbtide bie 
Siad^t erl^eüt^ aber nur ein ungewiffeg unb jweifet 
l^afteS £ic^t gen^äl^rt, baS l^üufig nad^ einem falfd^en 
3iele lenft. 

SBir woQen bal^er fd^affen unb nic^t jcrftören; wir 
woücn un8 frei l^atten öon glei^nerifc^er Süge unb 
allem übertünchten SBefen; wir woQen reben unb fingen, 
wie eS un8 um« §erj ift, ober — fd^weigen, wo un« 
ba8 SBort nid^t an ber 3^^* jc^eint. SBer in biefem 



6. 3)ic fd^önc Literatur in ßfterreid^ (1835). 175 

Sinne wirft unb fd^afft, fei un« toiHfornmcn, er gel^öre 
unferm SJatcrlanbc ober anbem bcfreunbeten fiänbcrn 
bcrfetbcn Snnqt an; benn gerne unb freunbtid^ nel^men 
toir aQe^ ®ute auf, baS in ber ^^rembe entftanb, fotoie 
tt)ir l^ingcgen öon ben anbem l^offcn, ba| ftc unfcr 
aufrid^tiged Streben mit SBo^tooQen betraci^ten unb 
beurteilen. Unb \o fei e8 mir bcnn ertaubt, mit einigen 
SSerfen ju fd^Iieften, bie iäf einem ttterarifd^en greunbe 
aug S)eutfd^Ianb, bei feinem Slufentl^alt in SBien in 
ba^ Stammbud^ f einrieb: 

©trebt unb »irfet um bie äBette, 
i^ebt ettc^ brfiberlic^ bie ^atib, 
^nft unb mWm, mag'fc^e ßette, 
Seite burd^ ha9 beutfd^e Sanb. 



7. Kritik und Kritiker unterer Zeit (l$35). 

(Si fagt itt*iS ^tmmeld tarnen 
S»o bie ftrittl gl^r fu<^t? 
(EiS liegt bie Sftud^t im 3amen 
i)er ®amen in ber gfruc^t. 

ÜSott poetifd^en (Keftd^ten 
Sie^e mand^eS ftd^ toerf puren; 
%oä^ ba mag ber genfer biegten, 
fßmn fie alle fritiperen! 

®inb fte boö^ fo mett ^thxad^i, 
^ai fie f eiber fic^ nic^t trauen; 
Denn e^' einer meint unb lad^t, 
Wii er in bie 3^itung fd^auen. 

®8 war eine f d^önc Qtit, ate bie Äritil nod^ nic^t 
erfuttben toar. S)ie SWenfc^en wanbcften in ben ^ara* 
biefen ber 2)t(i^tung unb liefen ftc^ bie frifc^en, k)oDen 
grüd^te fd^medcn. S)a famen fie an ben Saum ber ®r*= 
fcnntni« unb biffen in feine faurcn Äpfel; barüber 
verloren fie il^ren SRaturgefd^madE. S)ie hitifc^e Äpfet 
f&ure mad^te fie gleid^giltiger gegen bie @ä|igleit ber 
Straube unb ber gcigc Sie öerfpeiften bie grüc^te wie 
fonft; ober in ber SSetbauunggftunbe rejenfierten fie 
ba8 Oenoffene. 



7. ftritil imb «ritiler unfercr ficit (1835). 177 

@(au6e ntc^t, geneigter £efer, iä) rooUt bir Wtax^ 
c^en erjagten; toenn bu in beinern eigenen ^erjen 
forfd^eft, fo toirft bu finben, ba§ xäf bir reine l^iftorifci^c 
SEBal^rl^eit gebe. SBarft bu nic^t einmal jung unb (afeft 
@(^iQer^ ®ebi(^te unb üerfeniteft bid^ mit Sntjilden 
in ein 9Keer großer ©ebanlen unb ®efü^Ie? Unb bu 
gingft inS Z^eater, fal^ft S)on (Sarlo^ auffahren ober 
Torquato S^affo unb t)ertangteft fein Slbenbeffen unb 
t)ertDebteft bie ®eftatten einer erl^a&enen ^l^ontafte in 
bein innerfte« fieben. Unb bu jo^ft ben ©d^aufpieler, 
metd^er 2)on Sarlod f))iette, auf ber @tra^e n^anbetn 
unb btt(!teft i^m nad^ n^ie einem l^öl^eren SBefen. 2)u 
warft jung, lieber fiefer, unb bu Uebteft. S)ein SWäb* 
c^en unb bein 2)id^ter ftanben in beiner @eele bei« 
einanber. @ie waren beibe rein, maletto^, t)on ^immels« 
lid^t umfloffen. 2)u t)erlangteft t)on beinern btonben 
äRäbd^en nid^t bunfteS ^aar unb wünfd^teft il^re blauen 
9(ugen nid^t braun ju f d^auen ; fte war bir eben red^t, 
wie fte war. 

@o jung, wie bu, waren einft bie SSölfer. ^omer, 
@l^alefpeare unb Satberon lebten unb bic^teten in ber 
gtüdlid^en Sugenbjeit S)a war ^nft unb Seben noc^ 
nid^t getrennt; ba l^atte bie ^nft noc^ leine politifd^en 
unb moralifd^en Stoedt; ba gab ed noc^ leine X^eater« 
intenbanjen, leine bramaturgifd^en Sortefungen, feine 
geiftrcid^en Änftc^ten unb leine X^eaterjeitungen. S)ie 
3)ic^ter fd^öpften aui bem £eben unb il^r ^ublitum 

•4t{f«c» IV. 12 



178 7. ftritil unb ftritiler unfeter Seit (1835). 

lebte bie 2)id^tung mit. @(au6t bed) ben äbertlugen 
Seuten nid^t, bie ba bcl^aupten^ ©l^afefpcarcg ^tit* 
genoffen l^aben i^n nid^t t^erftanben unb erft xoix 
Steueren l^aben baS ©el^eimniS entbecft, ba^ er ein 
großer 3)ic^ter fei. (Sd tft tooSft, n^ir l^aben ii^ l^äufig 
fommentiert unb ejpKjiert; toir l^aben unfere aft^eti* 
fc^en Siegeln unb @runbfä|e burd^ feine großen l@ei« 
fpiete ertDeitert; n)ir l^aben il^n a(^ ben ^eilanb ber 
^oefie ge|)riefen unb und mit il^m; toir l^aben eine 
Slrt romantif d^er ^oefie au8 i^m beftiQiert, bie fid^ ju 
feiner l^öd^ft natärlic^en 2)ic^tungSn)eife üerpit toie 
gebranntes SEBaffer gu Sll^einniein; eS ift rid^tig, in 
bem SBuft t)on äft^etifd^em Unftnn, ber ftc^ auf feinem 
©rabc auftürmte, finbet fid^ biStoeiten ein Äömd^cn 
SBa^rl^eit beigemifd^t — aber glaubt 3^r benn wirf* 
lid^, ein fu^Iid^er unb (ebendmatter t^ranj $om l^abe 
ben wunberbarften aQer Siebter beffer gefill^It unb be* 
griffen ate feine 3^t9^noffen, bie lebenSfräftigen unb 
empfängtid^en, geiftreid^en ©nglänber be» 16. unb 
17. Sa^rl^unbert«? Sefet bod^, wa« »en Sol^nfon, 
SBeaumont unb gletc^er unb anbere SÄufenfreunbc 
©l^alefpeared über il^n fagen unb bid^ten; lefet, roa^ 
tnö) bie ®efd^id^te über biefc 9Känner unb il^re SBerfe 
unb über bie §5rer berffinbigt, für bie fie fd^rieben. 
(Sin ®ebi(^t ift ja lein 9lätfel, baS man mü^fam I5ft: 
eS ift ein Saut ber Slatur, getoaltig, aber t^erft&nblid^, 
ben ber Siatürlic^e am beften begreift. ?lber wir l^5ren, 



7. Äritif unb Ärttilct unfcrcr gcit (1835). 179 

tote loir fd^rcibcn: fünftfid^, gcfci^raubt, öoQ Slbfid^tcR, 
mit öcrbcrbtcr ffimpfinbung, mit üBcrrcijtcm &t\d)mad, 
bcnn — tt)ir l^abcn bic Äritil crfunbcn. 

Slriftotcle« loar eigentlich il^r crfter ©ntbcder unb 
Sejfing fe^tc feine ffintbedfungcn fort. Seibe gro^c 
9Kftnner fül^tten bad SBebürfnid^ ftci^ bie (Srfd^einungen 
bet Äunft unb t^re SBirfungen ju crflären unb fo 
öielleid^t 3icgetn feftjuftcQen, na6) bencn ftc§ bie SBerle 
bc8 fd^affenben (Senium beurteilen liefen. @ie fül^Iten 
gu öerf d^icbenen 3^it^^f ^^^ ^^^ äRenjd^en ber ^nbl^eit 
enttoaci^jen feien unb ba| eS i^nen ballet tool^t an^ 
ftel^e^ jid^ über il^^e ffimpfinbungen, über il^ren ©eifaH 
unb il^r SRi^el^agen Siec^enf^aft ju geben, ©ie tooDtcn 
uns aber nic^t auS bem ^arabiefe ber ^armlofen ^nft 
»erjagen burd^ bonnernbe SWad^tfprüd^e unb überfünft* 
lid^e @9fteme — öietme^r Ratten fte im ©inne, ben 
einmal ertoad^ten 3^^^!^^ ä" bef d^toid^tigen^ baS ®ro§e 
unb ©c^öne aud^ bem Ilügelnben SSerftanbe unantaftbar 
ju mad^en unb und fo baSjenige aud ber gtueiten 
§anb^ aus ber ber SBiff enf d^aft^ toieber ju ertoerben, toaö 
uns aus ber erften^ ber SJlatur, ju enqjfangen nic^t 
mel^r genügte. ÄriftoteteS erbic^tete leine X^eorien^ er 

brad^te ju feinen fritifd^en ^^i^i^^^^S^i^ *^i^^ ^^^"^ 
gefaxten SReinungen mit, er »ar lein ^ßoetenf d^utmeifter, 
— nein, er burc^fül^Ite unb burc^bac^te bie J)id^ter* 
werfe feiner Qdt, er fonberte bie 3)id^tungSarten unb 
fprad^ juerft auS, toaS bie (Srjeugniffe einer jeben 

12* 



180 7. »ria! unb ftritifcr unfercr gcit (1835). 

gemein l^atten, roai eine 9rt t)on ber anbem jd^ieb. 
®d n^ar ba^ (£i be^ ^olumbui^. 

Sefftng öerfolgte nac^ Sai^rtaufenben benfetten 
S93eg. Sßie ber (Stag^rite aud beS ©opl^ollei^ unb Su^ 
ripibeS äßerten feine Siegeln unb @runbfä|e ableitete, 
fo prüfte unb ertoeiterte fie ber Hamburger Dramaturg 
an feinem ©l^alefpeare. 2)a^ ift \a eben ber Qmtd ber 
Ärittf: bie ewigen @efe|e aufjufinben, nad^ benen bie 
fd^affenben ©eifter, gleic^ ben Oeftirncn be^ ^immtU, 
unbett)u|t toanbeln. 3)a^ biefe^ Sen)u|ttnerben ber 
@efe^e bem ))robuItit)en Xalente feinen @c^aben bringe, 
^at ber größte 2)ic^ter ber Steueren, @oetl^e, betoiefen, 
ber jugleid^ fein eigener, geiftreid^fter Äritifer toar. 
i^reilid^ barf man ftc^ in biefe ^ab^rintl^e nid^t fo nieit 
vertiefen, um barfibcr bie eigene, unmittelbare an«' 
fd^auung ju t)erlieren, fonft t&me man auf ben SEBeg, 
ber felbft unferm cblen ©d^iDer ©efo^r brad^te, toie 
er benn befannttid^ am (Snbe mü^famer unb auf« 
richtiger t^orfd^ung aQe X^eorien gegen einen einzigen 
praftifc^en ^unftgriff umgutaufd^en t)erlangte. 

S)ie ^unftlritil to&tt eine fe^r l^übfd^e @ad^e, 
tDenn fie nic^t äRenfc^en ausüben müßten unb tuenn 
fte nid^t (Sigenfd^aften erforberte, bie ftc^ in bemfetben 
3nbit)ibuum faft niemals bereinigen. Sin Etiler foQ 
nämlid^ beft|en: SBal^rl^eit^Iiebe, 9teblic^(eit unb Un« 
parteilid^teit, fc^arfen ä^erftanb, niarme^ @efül^I, (Sin« 
bilbungdtraft, fogar fd^affenbe, p^ilofop^ifd^e 93itbung, 



7. Äritif unb ÄriHfcr unfcrct Seit (1835). 181 

3)arftcßung8gabc, praltifd^cn ©inn, Ödcfcnl^cit, ®c* 
Icl^rfamfcit ©icl^e Scfftng, S)ibcrot, §omc, §crbcr, 
Äant, 3can ?ßaut Sted^nct man bic ©cttftücriäugnung 
bagu, btc ci^ crforbcrt, ftatt jctbft l^cröorjubringcn, bIo§ 
über bic fictftungcn anbetet ju fptcd^en, babei toeber 
3)anl nod^ SBitlung ju etjteten, fo toitb man ftd^ nid^t 
tonnbem, ba§ bie großen ^tifet nod^ feltener ftnb 
ate bte gto^en S)td^tet. 

S)tc nenefte Stxt l^at ciJ ftd^ l^ierin leid^tct gcmad^t: 
fte ^at bie fatfc^e Ätitif etfunben, S)ic falfc^e Ätttif 
mitb anggcübt öon S)id^tcm nnb SKd^tbid^tem, öon 
©efel^rten nnb Ungelel^rten, öon SKttem nnb %vop 
bnben; an« ©nd^t an glänzen, an« SRnttoitten, an« 
®ctt)innfnd^t S)ic Söienfri^en l^abcn e« ftd^ einmal an=^ 
gen^ö^nt, übet alle« eine SiReinnng l^aben jn n^oUen; 
bie faljd^e Ätitil !ommt biefem S)tang entgegen; fte 
ptägt fd^neD eine SJZeinnng an« nnb bie SiRenge l^afd^t 
begierig nad^ bet Wtifd^en ©d^eibemünje. ?ßifante nnb 
geiftteid^e Än^etnngen gefallen ftet«, fte mögen toal^t 
obet falfd^ fein; »ifeiget labet teijt immet bie ©d^aben* 
fteube. J)a« 5ßnbKfnm geniest babei ein boppelte« 
Setgnügen: jnetft an ben SBetlen, bann an bem labet 
batübet. Seibet ftöl^nen fetbft begabte SRännet biejem 
böfen QuQt be« §etjen«. ffi« ift niÜ^t jn beted^nen, »a« in 
biefem ©inne bie l^ingetootfenen fpöttifd^en ^n^etnngen 
eine« ein jetnen ©timmffil^tet« gef d^abet, »ie fel^t fte bie 
S^etftänbignng f o t)iete«@nten nnb@d^5nen gel^inbett l^aben. 



182 7. ftrittf unb Ärittfcr unfcter 8eit (1835). 

S)ag tft eine fcl^r fd^ttmmc ©citc bcr foljd^cn 
Äriti!, aber bei »citcm ntd^t btc fd^ümmftc. @cift cr^ 
jeugt &ti\t; bie n)t^ige unb geiftreid^e ^til, iDennfie 
and), t^telleid^t mit S3etpu^tfetn, falfd^ ift, lann mic^ 
nod^ immer anregen unb unterl^alten, tuenn auä) nid^t 
belel^ren; aber bie geiftlofe ift ber toal^re ©eelentob. 
Ser gutmütige Sefer ober 3^f^^^^^ ^i^t ein neue^ 
f8Mä) ober betrachtet ein neuei^ @tä(f ; er fül^It fic^ 
gerührt ober erfd^üttert, in einem bel^aglid^en, er^öl^ten 
3uftanb; — ba erfd^eint am näd^ften SKorgen ba^ 
erfel^nte tritifd^e SBIatt; eine ^audbadene, ttodtm Stn« 
fid^t tiertümmert i^m bai^ äBert unb beffen @^öpfer; 
im bele^renben ^at^eberton werben bie ^]§(er l^eraud« 
gel^oben. ^a^ gute $ub(ifum fc^&mt ftd^ jeined 93ei^ 
faUd t)on geftem^ gel^t mit B^eifel an ba§ n&^fte 
neue Sßerl unb fo erftirbt aQmä^ßd^ fein ©efiil^I, feine 
Sßärme, feine (Smpf&nglid^teii Unb loer betoirtte baS 
Sßunber? (Sin ^äuflein unbetannter, verborgener 
äRenfd^Iein, o^ne Qkl unb 9Hd^tung, loeld^e aDmö^Kd^ 
bie l^armlofen ©emfiter ber ÜKenge t^erberben, mie jene 
3nfelten 93(äten unb ^Blätter bed trotten Ofnid^tbaume^ 
jemogen. 

SBie oft mu^ ber Zabler irgenbeiner @ad^e l^ören: 
„SRad^' e^ beffer, »enn bufannfti" — öin anbermat 
]^ei|t eS: „2)em äRanne traut I Der tierftel^t bie ®ad^e; 
er ift öom ^aä).** — @o fpred^en bie fieute, toenn e« 
ftd^ barum l^anbelt, einen ©tiefet ober einen 9tod }u 



7. ^iti! unb ^ttifer unferer Seit (1835). 183 

machen. @ie meinen^ ber ©d^ufter unb ber ©c^neiber 
t^erftunben bai^ am 6eften. 9btx tute man ein ©ebid^t 
mad^en {oQ, ba^ glaubt ein jeber ju oerfte^en. ^a tft 
jeber Xobel ertaubt, emünfd^t toiOfonmien. 2)te SRoIer 
unb äJtttftfer ^aben eS beffer. %n bie äBerte biefer 
^nftler n^agt \xd) ber Unt^erftanb nid^t fo leidet, n^eil 
il^re ^Beurteilung getoiffe Senntniffe ber Xed^nil boraud^ 
fe^t, bereu äRangel fid^ nid^t n>o^( tierbergen lä^t. 
Slber bie 5ßoefie tft leibcr feine Äunft, toie äRalerei 
unb äRufil. 2)er S)id^ter gibt feine ©ebanfen unb @e^ 
fä^Ie in äBorten. «ber bie ganje äBelt beult, fül^It, 
f))rid^t unb {d^reibt S)arunt glaubt aud^ jeber einzelne 
ben S)id^ter überfeinen unb beurteilen ju lönnen. @anj 
red^tl fiegt ben äUaPab eures Serftanbed unb (^efül^ 
an bie Si(!^tem)erte, bilbet euer Urteil, aber, um'8 
^iimnefötoiaen! (a|t eS nid^t bruden. äRu^ t^ aber 
gebrudEt fein, fo bitt' id^ euc^ nod^ eini^: feib be« 
fd^eibenl ^Beginnet euer Urteil immer mit ben äBorten: 
„äßir fd^eint" ober „(Sd fommt mir fo bor", ^ie 
lategorifc^en 3m|)etatibe fte^en euc^ gar ju olbem. 
%Ü £efftng feine Mtifen f d^rieb, mit toeld^er (Schonung, 
mit meld^er @(en)iffen]naftigteit bel^anbefte er bie getoi| 
nid^t bebeutenben (Srjeugniffe feiner 3^itgenoffen! S)enn 
bie ed^te Mtil ift ^uman, too fie irgenbein ©treben 
finbet, eben loeil fie tief ift, loeil ti i^r um bie ©ad^e 
)u tun, n)eil fte in ben ^em ber ^inge bringt, toenn 
ein fiem ba ift. dkgen ^ünlel unb Stnma^ung, gegen 



184 7. ftrittf unb Ärttifcr unfcrcr gcit (1836). 

$o]^I]^eit unb f^Iad^^ett gebrandet fte aud^, unb mit 
9te^t, bte äBaffe bei» SBt|ei». 

S)tc Art, tote S3öme in ber SBage bie tl^eatrali^' 
fd^en C^c^einungen it\pt(iäf, toenn auc^ babei bie 
übelfie Saune fftxauihüdt, mar gen^i^ el^rlid^ unb 
bieber unb ber guten @ad^e meit förberlic^er ali bad 
@efd^»ä^ aüer übrigen Xagebl&tter, bie bie ßeiftungen 
ber ©d^aufpieler in aDjeit fertigen 8leben3arten ^erauS*» 
ftreid^en unb nur bie ©d^riftfteller loben, bie ju i^rer 
f^al^ne fd^n^ören. ^ann man benn ju einem Mtiter 
Vertrauen faffen, ber Don ben fd^alen mobemen Über^ 
je^ungen toie uon einer ©ad^e fprid^t, bie nur irgenb 
bef)^rod^en ju n)erben üerbient, unb nebenbei über 
©c^iQer ober @oet^e ben ©tab brid^t? ©oU man bieS 
2Rifere länger bulben? SBenn fc^on Iritifiert »erben 
mu^, fo toürbe id^ bem Herausgeber biefer 93tätter 
öorfd^Iogen, eine Shibrif ju eröffnen unter bem Xitel: 
Äriti! ber ^til. S)artn fottten atte anmafeenben 95e* 
l^auptungen ber Xagebl&tter grünblid^ befprod^cn, ge* 
rügt unb gel^örig toiberlegt toerben. 2)er ^[uMiftung 
biefei» ^[ugiaSftallei» foDten fid^ anerlannte iD^anner, 
ettoa ein ®riQparjer ober S^^^^f untergiel^en. Xaufenbe 
aui» bem $ub(ilum toürben gen^i^ teil an bem ©trette 
nel^men unb ber ©ieg ber SBal^rl^eit »ürbe fein glän« 
jenber (Srfolg fein; benn n^enn aud^ bte Mtif be9 
einjelnen, ber 9latur ber ©ac^e nad^, nid^t unfel^tbar 
fein lann, fo ift e8 ge»i§ für bie SRenge öortcitl^after; 



7. ftritif unb Äritifet unfercr geit (1835). 185 

bidmeilen mit ben ÜKeiftem ju irren, ald immer mit 
ben Sd^ülent @^ ift nid^t fc^toer, baiS SBefte gut ju 
ftnben, morüber fid^ bai^ allgemeine Urteil bereite feft» 
gefteßt; aber bie (Srfd^einungen ber Qtxt ju beurteilen 
unb i^en bie redete ©teile anju»eifen, erforbert einen 
ganjen STOann. ffir fottte bereite anerfannt jein, bamit 
feine @timme ha^ gel§5rige ©etpid^t beft^e; er foQte 
nid^t mel^r mitten unter ben 5ßrobujierenben ftel^en, um 
fic^ bie nötige Un^arteilid^teit ju bemal^ren. Seber 
fiiteraturfreunb n)irb bei biefen Setrad^tungen gerne 
eineÄ 9KanneiJ gebenfen, ber leiber nid^l me^r unter 
un8 toanbelt. 3d^ meine Äarl «uguft SBeft (3ofef 
©d^re^ogel). äBie oft laS id^ fein t^ortrefflid^ed 
„©onntagdblatt", um mir barauS bie bamalige 3^i^ 
jU öergegento&rtigen! SBie toirifam, toie förberüd^ war 
eS fflr ec^te 93ilbung! toeld^ eine ©c^u^mel^r gegen bie 
falfd^en SSeftrebungen! (Sd mar bie Siene, bie ^onig 
fammelt unb ftd^ jugleid^ il^reS @tad^e(i^ gegen bie 
^erl^inberer il^red äBerlei^ bebient. Qin Statt, in biefem 
Sinne rcbigiert unb jugleid^ ben gorberungen ber öor^^ 
gefd^rittenen ßtit entf})red^enb, wäre gleid^ wünfd^eng* 
wert ffir Autor unb ?ßublifum. S)ie l^eifd^eren Stimmen 
ber falfd^en Zonangeber warben tion felbft t)erftummen, 
wenn bie ungefd^minfte SSal^rl^eit aU ®pxtä)tt auf^ 
träte; ber reblid^e unb unbefangene Xei( bei^ $ubli^ 
fumS, unb bad ift bei unS wal^rl^aftig ber größere, 
wilrbe biefe ©prad^e ba(b t^erftel^en unb t^on jenem 



186 7. triti! nrib Sttiültx unferer 3dt (1836). 

^eOaffe unterf d^iben (emeit Unb f oQte m bief ei Qitl 
nidft erreid^ laffen? @an) geloi^I Zroge mir jeber 
fein ©(^ärflein bei, bel&m))fe ben Unftnn, \oo er il^m 
in ben SBeg tritt; ermübe feiner, ru^e feiner, loenn ei 
i^m aud^ unbequem fallt: mit tiielen Arbeitern unb 
QuS bieten ©teinen erbaut fid^ enblid^ ein ^ouS unb 
feft binbet ber äRbrtel ber Sßobr^eit 

^nbert bt4 ein falf^eS Streben? 
hemmet bi^ bt§ 9lt\bt» ^au^? 
Bemt bte bdfen Quben leben, 
ttaifre fOl&nnsx toofiea*» aucj^. 
Saftt |te no4 ein SBeil<J^en Iritteln 
Über %xä^itt unb <9ebt(!^te; 
VBmn mir bann bie ^vaaxt f(!^ütteln, 
gfaOen ab bie faulen Srrü(!^te. 



$. Släd)tige bedanken über das deutfd)e Cbeater. 

mit befondercr Rfidificht 
4uf das ßofbiirfitbeater in Cüien (1949). 

„mit reist bo(^ haS hit Seute fo fe^r? 
SBoi» laufen {ie nur tnS S^auf^tel^aud ?'' — 
(SS tft bo(^ ehood toeniged me^r, 
919 fft^' man grabe junt Sfenjier ^inauS. 

^oet^e. 

Das deutfd)e Cbeater. 

Siner unferer größten (Seiftet, jugletd^ felBfi 
bramatifc^er ^td^ter, l^at bem beutfd^en Z^eater ge^ 
robeioegS feine ßufunft abgefprod^en* Sßenn @oet^e 
bdi Qd^tanhAüvxoxm einer SiationalBill^ne bejlDeifelt 
unb bem beutfc^en Z^eater baS biirgerlid^ (SIement 
als feine eigentttd^e @)^I^Sre ontueift, fo ffirc^f id^ 
nur, ba| toir i^m beiläufig beiftimmen muffen. £ag 
biefen iBel^auptungen ftiQfc^toeigenb feine politifd^e 
Stnftd^t t^on ben Deutfc^en gugrunbe? O^ne 3^eifel. 
Stber Qud^ biefe nic^t ganj tröftlid^e Stnfid^t muffen 
mir ^qI6 miberftrebenb anerfennen. S)ie ^eutfc^en 
finb nod^ immer leine Station. S)ie beutfd^e Slatio- 



188 8. Sflüc^tige (S^ebanfen fl5er ha» beutfc^e Sweater (1849). 

naittät liegt in bcr 3iil»nft unb fo aud^ ba^ bcutfd^c 
3;]^catcr. 

SBa^ ift feit ©oetl^e unb ©d^iüer wn ©eitcaücr 
babet beteiligten für bie beutfd^e SJül&ne gefd^el^en? 
— Sßid^td, ober foöiet tüie nid^td. ©oetl^e unb ©d^iller 
^abcn nid^t bIo§ ©tüdEe fürg X^eater gefd^rieben, fie 
l^aben bie SBül^ne lange Qtit toie il^t iSd^o^nb gehegt 
unb ge})flegt; fie l^abcn bie ©d^aufpießunft mit tiefem 
©rnfte bel^anbelt^ fte ^aben eine ©d^ule für ©d^au* 
\pxdtv begrünbet, fte l^aben ben praltifd^^Iritifd^en 
äßa^ftab an il^re eigenen^ toit an frembe bramatifd^e 
aSerfe gelegt. .95ei fold^em tiefen ©ngel^en in ba^ 
SBefen ber bramatifd^en Äunft lonnte bie SBed^fel* 
n)irlung auf ba^ ^ublifum nid^t ausbleiben. 2)aS 
Heine S^l^eater in SBeimar war burd^ geraume Qtxt bie 
SKufterbül^ne für ganj S)eutf d^Ianb unb ber literarifd^e 
®efc^madE, ber fid^ in ber beutfd^en Äleinftabt unter 
befonberen JBerl^ältniffen auSbilbete, war fprid^wörtlid^ 
geworben. 93alb nad^ ©d^iUerS ^eimgang War feinem 
fjreünbe ©oetl^e bie ©fil^ne öerleibet. ©oetl^e l^atte be* 
!anntlid^ einen SBiberWiQen gegen §unbe — unb nun 
gar gegen ^unftl^unbe! ^a^ (Srfc^einen eines ^be(S 
auf bem SBeimarer Xl^eater foü il^n öeranta^t ^aben, 
aud^ ben legten Slnteil an ber fieitung beS bortigen 
83ü]^nenwefen8 auf jugeben. S)iefer §unb ift f^mbolifd^. 
@r bebeutet ben beutfd^en Ungefd^madE unb er ift auf 
famtlid^en beutfd^en S^ül^nen ju ^aufe. 



8. Slüc^tige ®d)anfen über ba« beutfc^e ^^eatei (1849). 189 

©eitbem unfere betben bratnatifd^en ^eroen $anb 
unb ^et} wn ber SBül^ne abgemenbet, ift au^er 
Smmennanng lobcn^tocrtcn, aber öorübcrflc|cnbcn Se- 
ftrebungen in Deutjd^Ianb nid^tö gefc^el^en, um baS 
Il^catcr boc^ al8 Äunftanftalt ju crl^altcn, toenn c^ 
jd^on lein nationale^ Snftitut »erben foQte- 2)ie 9te* 
gierungen blieben t^on je^er mit t^omel^mer @ering« 
fc^Q^ung auf bie 93fi^ne l^erunter unb normen leinen 
(ginflu^ auf fte atö mittel» ber Stn\ux, unb ba8 toar 
eben lein fegenöreid^er. S)ie J)ire!toren wn 5ßriöat=^ 
untemel^mungen gingen nad^ 93rot; bie 3ntenbanten 
ber ^oftl^eater nid^t minber, ba fie mit ber farglid^en 
3)otatii)n feiten aui^reid^ten. 93ebeutenbere bramatifd^e 
©c^riftftcßcr, toie ^einrid^ öon Äleift, 3ntmermann^ 
$Iaten, @rabbe, ^ebbel, berfd^mä^ten ed mel^r ober 
minber, fic^ ben erbärmli^en ^orberungen bed @(^(en« 
brian», ber Il^eoterfaffc unb S^nfur ju fügen, tiefen 
bad mirflid^e Xl^eater Zl^eater fein, bel^ielten nur eine 
gemiffe ibeale bramatifd^e ^orm bei unb tamen iu^ 
üijt ba^in, mel^r für Stuge unb ®eift jit fd^reiben aU 
für baS Ol^r unb bie äußere @efta(tung. äßan barf 
einem beutfd^en bramatifd^en 2)id^ter feinen Unmut 
öerjeil^en, ober proltifd^ ift'g nid^t, toenn er fid^ lieber 
uerad^tenb t)on ber mirllid^en Sül^ne abn^enbet, atö ju 
il^rer SBieberbelebung unb ffimeuerung felbfttätig mit 
$anb anzulegen. Die ^anjofen n^u^ten bad beffer 
anjupaden. diXDa baS „th^ätre de Clara Gazul" 



190 8. Sflü^tige (»cbanhn über bad beutf c^e Sweater (1849). 

ausgenommen, ift faft aUed ^tamattfd^e, n)aS in 
fjranlrcid^ je gejd^rtcben toorbcn, öon ber ältcftcn 3ctt 
bis }ur 3uti'9iet)o(utton unb t^on biefer bis jur ytt^ 
publif für bie lebenbige Slnfd^auung, für baS toxtt^ 
lxd)t 93ü]^nenleben bered^net unb bemgemä^ ausgeführt. 
dixä^t nur ©crtbe, ber ©d^tlbcrer mobemen ßcbenS, 
fonbem aud^ ber pl^antaftifd^e ä^ittor $ugo, ber mon^ 
ftröfe ^(e^anber DumaS n)ürben (ad^en, tt)enn man 
il^nen jumutete^ S)ramen für ben einfamen Sefer ju 
f d^retben. $aben bod^ f ogar ©eorgeS @anb unb Saljac 
il^re öerfel^Iten ?ßrobuIte auf bte SBretter gebrad^t unb 
fid^ für bie erlittene „chüte" nid^t ettoa baburd^ ge* 
räd^t, ba§ fie toeiter f ürS äuge unb für poetijd^e ®e* 
müter f d^rieben, jonbem fie toaren Kftger unb fd^rieben 
gar nid^t, toeil il^nen ber befte Äritifer, baS 5ßublifum, 
genugfam beriefen l^atte^ ba^ il^nen baS bramatifc^e 
Xalent feilte. 

Sei biejer praftifd^en 9iid^tung ber g^anjofen 
barf eS uns lein äBunber nel^men, ba^ baS beutfd^e 
SRepertoire burd^ eine Sieil^e öon 3a]^ren eine tnal^re 
3Jhifterfarte aller neufranjöfifd^en ©rjeugniffe auf== 
tt)ieS, to&l^renb unfere einl^eimifd^en Sramatifer, bie 
fid^ über ben finfenben ©efd^madE unb über il^r SSer* 
!anntfein bitter beftagten, fc^mottenb unb groQenb im 
SSinfel fa^cn. 9lur einer padEte baS S)ing am redeten 
®nbe unb fd^rieb frifd^ brauf loS, ©tüdf auf ©tüdE, 
Ujie'S il^m eben leicht öon ber ipanb ging, unbefüm* 



8. 9Iü(^ttge (Skbanlen über ba» beutf^e Sweater (1849). 191 

mcrt über bic SScrad^tung feiner poetif d^ercn S3rüber in 
fbfoU ainb um bai^ 93eQen ber ^ritif. Wtan mag t^on 
^npaäf — ber tüxc ein äReteor am bramatifd^en 
^orijont crfd^ien unb ebenfo öerfd^toanb — benfen, 
n>ie man toitl, fo bleibt ed bod^ fefi, ba^ er großes 
tl^eatralifd^ei^ SerftänbniS befa^^ unb ba^ er bie 
eigentlid^e ,,aRad^e'' tibHig n^eg l^atte. Slud^ banlen 
toir eis il^m unb feiner 9iüftigfeit, ba^ bie beutfd^e 
9^]§ne bamalS in htn franjöftfd^en Überfe^ungen 
nid^t gerabeju auf« unb unterging, inbem er biefer 
9ti(^tung ober t^ielme^r biefem SD^anget an 9hd^tung 
burd^ eine Slnjal^t @d^aufpiele entgegentrat, benen 
eS an ed^t beutfd^en (Elementen burd^auiS nid^t ge^» 
brid^t unb beren übrige SSorjüge: ein tvol^I burd^- 
bad^ter $Ian, eine gebilbete, natürliche, gum Xeil 
})oetifd^e ©prad^e unb eine el^rentoerte ©eftnnung un«» 
öerbient unb öicl ju frül^ in SSergeffenl^eit gerieten. 
SBer „Sfibor unb DIga" gefd^rieben, „SSormunb unb 
SRünbet" unb bag SBoßSftücf ,S)er aRütter unb fein 
Ätnb", ben foBte man biDig in S^ren l^alten. Äßein 
bie Seutfd^en t)ergeffen leidet 

93on ben jungen äßännem ber fogenannten 
„jungen 5ßoefie", meldte 9iaupad^ juerft Iritifd^ unb 
bramaturgifd^ mit ffirfolg beläntpften, traten einige 
balb aud^ ate feine bramatifd^en Söiitfämpfer auf ben 
@d^au)^(a^ unb fiegten il^m l^ier gleid^fadd ob. Sin 
frifd^er ^I^IingSl^aud^ fd^ien mit einem 3RaI bie 



192 8. Slüd^ttge (S^ebanlen über baS beutfc^e ^^eater (1849). 

beutfd^e 93ül^ne onjutpel^en. 3)ie O)^)^ofttton, n)el(i^e in 
ben jübbeutfd^en Kammern ben ^rjeren jog, t^erfud^te 
eS in anbcrcr ®cftalt unb mit ipilfc bcr t^catralifd^cn 
S)arfteHung, einen lebenbigen unb unmittelbaren Sin« 
f(u^ auf bad ä^oll ju geminnen. (Sine angiel^enbe ^el 
toarb erfunben — il^r ^au^jtl^clb tpor mcift ein ÜÄär« 
t^rer ber greil^eit ober ber fojialen SJerl^ältniffe; fecf 
gejeid^nete Sl^araltere, eine rafd^e geiftreid^e ^ofa 
unterftü^tcn fie unb bie fü^nen Xiraben über I^rannei 
ober äSoIföfrei^eit uerfe^ften niematö i^re Sßir!ung. 
^ie ^Regierungen l^alfen burc^ SBerbote nad^, toenn 
etn^a baS f^euer im S(utor ober im ^ublifum ju t)er« 
glimmen brol^te; bie ^effe brad^te bie bureaulratifd^e 
ober b^naftifd^e Sng^erjigleit jur ©prad^e, man fing 
an fid^ ju fd^ämen, t)er]^anbe(te, gab nad^, unb bad 
gefö^rlid^e @tüdE lam julegt mit einigen ^bänberungen 
pr S)arftettung, inbem man einen 5ßrinjen beiJ §auje^ 
in einen @rafen üertoanbelte ober ein paar ,,gar ju 
arge" ©teüen ber ©d^ere beg ä^^fö^^ i^^ Dpfer 
brad^te. @o n^ar bai^ beutfd^e äSaterlanb unb baS 
beutfd^e Xl^eater jugleid^ gerettet. (Sin ungel^euret Subel 
brad^ im parterre, felbft in ben £ogen au^ unb man 
fd^meid^elte fid^ toirttid^ für einige 3^it ^it ^^^ $öff== 
nung, bie anfange einer nationalen ®d^aubül^ne in^ 
Seben gerufen ju l^aben. 9hir bai^ arme SBien ging 
bei bem neuen, fbftlid^en, bramatifd^en ©c^mauje ge* 
toöl^nlid^ leer au8 ober be!am bIo§ ben 2;afel* 



8. gflüc^tige ^ebanfen aber bod beutf<^e Sweater (1849). 193 

oBl^ub, toenn biefer bereite Ia(t unb unfd^macf^aft ge^ 
toorben \oat. 

äBai^ Stoupad^ begonnen l^atte, ben ^antpf gegen 
ben franjöftfc^cn ffiinflu^, fc|tcn ®n^fo» unb fiaube 
mit @iM unb ©efc^id fort, jugleid^ mit @(eift unb 
Sugenbfeaft; nur bcbtcnten ftc fid^ hd biefem Kampfe 
— meine beiben literarifd^en grcunbe mögen mir ba8 
aSBort nid^t öerfibeln — jum Seil bcr SBaffen il^rcg 
Oegnerg. Sd^ meine, fic laufd^ten bem neufranjöfifd^en 
Il&eater mand^e feiner gar nid^t ju öerac^tenben Äunft^ 
griffe ab unb toenbeten fte mit (Erfolg auf bie beutfc^e 
93ül^ne an. 9[ud^ ^^ebrid^ ^Im lam auf einem ganj 
anbern äBege gleid^faUS bal^in, mel^r bie franjöfijd^en 
(Sffelte a(d beutfd^e %ct unb beutfc^eS äBefen auf 
unfere SBäl^ne ju k)erpf(anjen. ^oc^ gleid^ oiell 2)er 
^auptjmed ift erreid^t: bie Sßirbtng auf bad $u« 
blitum unb bad 3ui^<^^^^^n ber Überfe^ungd« 
fünbflut 

Um ein äBort t)on htn @d^auf))ielem ju fagen, 
fo ftnb bie legten @rö^en t^erfd^n^unben unb neue 
nic^t aufgetaud^t. £ubtoig 2)et)rient ift l^eimgegangen, 
@o))^ie ©(gröber juräd(getreten. ©e^belmann, todö^tn 
bie ^nft leiber ju frül^ t)erIor, mar t^ieUeid^t }u 
fritif (^ unb bered^nenb, um ein toal^r^aft großer @d^au« 
fpieler }U merben. ®injelne Huftier wn 93ebeutung 
finb burd^ ganj 2)eutfd^(anb jerftreut. SBien toar f onft 
ein ®ammtipiaii für gro^e Xalente unb ift eS jum 

C4«lftcii IT . 13 



194 8. Sr&(^tige (»ebanlen Aber bad beutf^e Sweater (1849). 

Xei( nod^; nur fel^Ite l^ier USf)tx bte geiftige %n^ 
regung unb bie f^eil^eit ber 93etpegung, meldte aQetn 
tmftanbe ftnb, eine neue ^nfte^od^e l^erbetgufül^ren* 

Sßit bem äSerfd^toinben ber guten alten @tä<fe, 
auc^ ber bfirgerlid^en, toorin eS toenigftend^ mte bei 
3ff(anb, Sl^araftere barjuftetten gab unb mit bem %uf ^ 
taud^en ber mobemen Überfe^ungen mar bte alte^ ge^ 
biegene @c$aufpte(funft faft ju @rabe gegangen. 2)tefe 
@tü(fe unb ©tüdfd^en fpielen fid^ leidet l^erunter, etma 
toit man ,,nad^ ber Patrone" malt; bie ©c^aufpteler 
tonnen fid^'d bamit bequem mad^en. Sn $arid, mo 
bie leidsten S9ilber unmittelbar aui^ bem fieben ent» 
[teilen unb mit (ebenbigfter ®ra}ie bargefteDt tperben, 
IDO bie mobemften äBenbungen, bie f^ein^eiten unb 
3ierttd^Ieiten ber franjöfifd^en ®pxaö)t im 9Kunbe beg 
@d^auf)^ie(erS i^ren tioOtommenften ^udbrudE finben, 
tt)0 ^leibung^ ®ang, $altung^ 3J2imif beS 2)arfteQerS 
bie ^erfonen unb il^re S^f^nbe im @aIon mie in ber 
^fttte bis }ur SBirttid^Ieit nac^täufd^en — in 5ßariS 
^aben jene geiftreid^en Keinen ©d^ö^fungen einen bop- 
pelten: einen fift^etifd^en unb gefettigen SBert. Sn 
2)eutfd^Ianb ift baS ein anbereS! 2)er beutfd^e @d^au« 
\pitUx, befonberiJ in ben Heineren Slefibenjen, toeife 
ni^tS üon guter ®efettjd^aft, t)on gutem Xon. Der 
gute Zon tann fid^ über]^au))t nur in einer ®ro^ftabt 
bilben unb auäbilben. d^ gibt leinen ©ot^aer, (So- 
burger ober ©c^n^eriner guten Zon. Um aber bad 



8. SIüc^Hge (Stebanfen über bai» beutfc^e X^eater (1849). 195 

a)2oberne bod^ einigerntQ^en auSjubrüden unb barju^ 

ftcDcn^ l^at \iä) ba3 beutjd^c Il^cater ein 3)ing er^ 

funbcn, tpclc^c^ man „Äonöerfationäton" nennt unb 

toomit eS bie franjöftfc^e Slnmut in ber fd^Ied^ten unb 

meift \äjHcd)t memorierten beutf d^en $rofa, bie i^m ge- 

boten toirb, getoöl^nlid^ in il^r ©egenteil öerfel^rt. (gin* 

jelne geiftreid^e unb gebilbete Äünftler, meldte fid^ ju 

ben tteinen beut^d^en 95ül§nen öerirrcn, l^elfen nur bie 

©efd^madEIofigleit ber übrigen fo red^t ind £i(^t ju 

fteUen. 9ied^net man noc^ baju, ba^ ber eine @d^au« 

fpieler mit etu^a^ )^reu^ifd^em, ber anbere mit etioa^ 

fäd^fifd^em, ein britter mit etn)ag fd^n^äbifd^em ober 

ttjienerifc^em ÄnKang f})rid^t^ ba§ fie ba8 Unbebeu* 

tenbfte betonen, ben leidet bal^in ftattemben äBi^ berb 

l^eraudl^eben, bamit er )a nic^t überprt »erbe, ba^ fie 

im ganjen bem @ouff(eur naä)\pxtd)m unb fid^ ba- 

burd^ ein Xentpo feftgefe|t l^at, meld^eg geraben^egi^ 

öerjttjeifeln mac^t — »irft man nod^ einen 83IidE ouf 

bie gefd^madEIofen 3)eforationen, auf bie fpärlid^en 

Xifd^e unb ©tül^Ie öon ber öoröorle^ten SRobe, bie 

nad^ gen)iffen Urtrabitionen in l^ergebrad^ten redeten 

Sinien ftel^en toie bie ©olbaten, auf bie trübe, traurige, 

beutf d^e ^Beleuchtung, enblid^ auf bad ^ublilum, toelc^ed 

emft unb geban!enöoü bafi^t wie ein ©c^tourgerid^t, 

leine SD^iene t^erjiel^t, niemals (ad^t, faum läd^elt unb 

ben ganzen @pa^ toie ein @efd^äft betrad^tet, baS 

eben aud^ abgetan »erben mu§ — nimmt man aüed 

13* 



1 96 8. Sftfi^tige <S(eban!en Aber bad beut{(^e ^^eatec (1849). 

bieS jufammen^ fo tarn man Dtelleic^t nod^ immer an 
eine beutfd^e 3^^^!^ glauben, aber ^d^totrlidf an eine 
füri^ I^eater. 

3n Ie|ter Qtit f)at ftd^ ber ©d^Ienbrian ein 
nienig gehoben. Sad eöoad üerbefferte 9{e|)ertoire ffat 
bie ©d^auj^ieler gejniungen, aud i^rer 93equemli^(eit 
^eraud ju gelten, unb bie gefteigerten ^orberungen 
eined ^^lifumd, loelcl^ed ftd^ jugleid^ immer \pau 
lieber einfanb, bringen i^nen jefet bie traurige Über== 
jeugung auf, ba^ fte bereitö auf bem fünfte [teilen, 
fär il^re (Sjrtftenj lämpfen }u muffen. 

Über Xl^eaterbireltoren unb Sntenbanten ein Sßort 
ju t)erlieren, lol^nt laum ber SKül^e. Siefe ^erren 
gleid^en ftd^ äberaQ mit tt)enig Sludnal^men. Z)er eine 
benft me^r an bie Saffe, ber anbere an bie pbfd^en 
@(^auf|)ielerinnen; bie ^nft ift i^r Ie|ter @ebanfe 
ober t)ielme^r fte beulen il^rer gar nid^t. SK&nner mie 
Smmermann ober Siebid^ finb eben SluÄna^men. An 
ber @pi|e ber §oft^eater ftanb bisher meift ein 
^a^alier, loel^er bie ©aci^e begreiflid^ertoeife bilettan« 
tifc^ bel^anbelte. Z)ie tt)enigften ^aben einen £rama^ 
turgen an ber Seite. 

Sie ^tit ^at fic^ einft t)iel mit bem Xl^eoter 
abgegeben; fte t)erftummte nad^ unb nad^, bafi^ leine 
neuen @d^5pfungen Dorfanben, um fie nad^ il^rem 
Sbeal ober i^r 3bea( nad^ i^nen abgumeffen. Si^ mar 
eine fd^öne Qdt, ate bie erften ©eifter ber Kation, 



8. 3Ifi(^tige &tbanUn über bad beutfi^e X^eatec (1849). 197 

fo |)raftijcl^ aU tnti\d), bad X^eater in ben $eret^ 
il^rcr aaSirffamfcit jogcn. ©ic ift öorfibcr. ©clbft ein 
©^riftfteller britten ober vierten SRange» fd^dmt fic^ 
ie|t, über SBül^nen unb „SBül^nenleiftungcn*' ju fd^rei* 
ben. äßeg »irft ftc^ auf ben Staat ^i^eilid^, wenn 
toxi ben neuen @taat betommen, loirb au^ bad neue 
Zl^eater nic^t ausbleiben! Sparten toir'd ab. 

S)ad beutf ^e ^ublthtm üerl^alt ftc^ ber 93ä^ne gegen« 
über gleici^giltig! SBo ift bie 3cit, al8 man f c^arenttjcif e 
üon Sena nac^ äBeimar jog, toenn ein neued @tücf 
Don @c^iDer ober au^ nur t)on Sfflonb ober 
^o^ebue jur ^uffü^rung tarn? 2)amatö l^atten ftc^ 
freiliti^ bebeutenbe SKänner bie SKül^e genommen, bad 
5ßublifum auf jultären, ju bilben, jum Äunftüerftänbnig 
unb ^nftgenujs ^eranjujiel^en. Unb baS beutfd^e ^u« 
blitum ift ntc^t unbanibar, totnn man fic^ mit i^m 
befci^äftigi Sie Xeilnal^me fürS 2:^eater, felbft in 
biefer ^olitifc^ bewegten 3^1^ ßc§^ fid^ toieber er* 
loecfen. Sin äRinifterium, melc^ei^ enblid^ bal^in lom« 
men wirb, baS toiti^tigfte ind $uge faffen ju bürfen, 
tDorauf unfere ganje B^^^iift beruht, nämlic^ ben 
SBoIfSunterrici^t, n)irb auci^ einen feiner jpaupt^ebel, 
bie ©c^aubül^ne, niti^t üergeffen. 3^^^ ®^^^ i^obtn 
loir nic^t mel^r nötig, mit ©tirilier bie fittli^en 
SBirfungen ber Sül^ne nati^jutoeifen unb ühtnen 
und l^ier t)orjugi^n)eife mit i^rer ^nftric^tung be« 
f ti^äftigen. 2)ie ma^re ^unft toirtt jugleiti^ immer ftttliti^. 



198 8. Slü(^Hge (S^ebanfen Aber ba§ beutfc^e Sweater (1849). 



tft ein großer SSottcil für ben bramatifd^en 
Xxd)kx," bcmcrft Scfftng, „ha^ er Weber mijüä) nod) 
angenehm, eincö ol^ne baS anberc fein tonn." 85e* 
traci^ten toir bie SSerl^ältniffe unb 3i^ftiiwbc beS beut* 
fd^eit Zfitattii, ingbcfonbere bie ber SBicner SBül^ne 
unb fuci^en wir xiad) ben äRitteln, toie ftc^ baiS noc^ 
Dorl^anbene ®ute erl^alten^ bie Übelftänbe befeitigen 
lafjen unb »ie baS 93effere ntä^Iid^ l^erbeigefül^rt Wer* 
ben lönne. 

S)ie ^oftl^eater waren anfangt üon 9!u^en. SBir 
l^oben an äBetmar ein SBeij^iel, Wad bie Liebhaberei 
cineg dürften, in SSerbinbung mit tüd^tigen äKännem, 
jelbft mit geringen äKitteln, ju leiften imftanbe war. 
S)ieje Qdt ber Keinen Äuguftc unb SKäcene ift Dor* 
über, ©n gürft l^at jefet genug ju tun, fici^ fetter ju 
erl^alten; bie fünftigen ßibilliften, weld^e bebeutenbe 
93efci^ränfungen erleiben bürften, werben fc^wertic^ au§- 
reici^en, um ebcnfo öiele ^oftl^eater ate ^Regenten be* 
ftel^en ju laffen. SSar bod^ fogar ber Äönig öon 3Bürt* 
temberg fti^on nol^e baran, fein erft lürjliti^ neu fftx^ 
gefteQteS Xl^eatcr aufjugeben. Sie ^offd^auf|)ieIcr ber 
Heineren SRefibenjen finb bal^er aud^ meift reaftionär 
gefinnt, Weil mit bem SSerluftc ober ber JBefd^ränfung 
ber ^ofl^altungen i^r eigener erborgter ®Ianj, ja i^re 
Sjriften} bebrol^t erfd^eint Sd l^ilft ober nid^td, wenn 
fie bicfe (Sfiftenj fümmerlid^ auf Saläre ^inauS friften 
— ber SSenbepunft wirb bod^ fommen. Sie ^oftl^eater 



8. SIü(^Hge (S^ebanlen über bad beut{(^e Sweater (1849). 199 

tDcrben faQen^ unb }tüQr bte Heineren je^r balb. Sßenn 
ber @ro^l^erjog Don ^fen^3)annftabt ober ber ^r^ 
fürft Don ipcffen^fiaffel bereit» in SSerlegenl^eit gerät, 
feine S(eantten jn bejal^Ien, nnter mel^e anäf bie $of^ 
fd^auf^ieler gel^ören, fo liegt ber ©ebante anwerft naf), 
\i)xt Änjül^I ju öerringem. äKit bem Überflüfftgen »irb 
man ben Slnfang maci^en — unb toai ift überflüfftger 
ol^ bie Äunft? — Aber bie ©^aufpieler muffen an 
il^rc äw'ht^ft benfen. ®ie befferen 2^Iente finb, wie 
bereit» gefügt, bnrd^ ganj Z)entfd^Ianb jerftrent nnb 
bie ^erüorragenbften nnter i^nen benähten wn jel^er 
i^re Urlanb»jeit jn ©afirollen. äBie to&f eS benn, 
toenn mel^rere Heinere Sl^eater, auäi ^ofü^eater, fic^ 
bereinigten unb fo a(» n)ol^l audgerüftete ©efeQfci^aft 
mit einem geto&I^Iten 9flet)ertoire Heine ®afttt)anberungen 
anfteQten? Sd^ mu^ mi^ über biefen ^orfti^Iag, ben 
manbernben %fft^piitantn gelegentlid^ lieber in @ang 
JU bringen, etwa» n)eitl&ufiger erHären. 

3n einer grojsen @tabt mie $ari» ober auc^ nur 
mie SBien ober 93erlin ift baS X^eater ein tägliche» 
93ebärfnid. 3n $arii^ genügen bie ^emben, um bad 
parterre ;ju fußen. ^a8 ift mit ben Keinen beut=' 
fti^en Sfleftbenjen getoijs uiti^t ber ^aVi, in benen ber 
f^rembe l^bd^ftend ein 9{aci^tquartier nimmt, n^enn 
i^n ber ^oftenlauf baju jtDingi S(ei ber geringen 
95eD5I!erung ber ©tfibte, bereu faft eine jebe ein flehen* 
be» Xl^eater beft|t, loirb barin nur brei« ober viermal 



200 8. S(ü(^tige <0ebanfen über bad beutfc^e 3:^eater (1849). 

bie äßod^e gefpielt, unb babei ift man nod) genötigt^ 
mit ©d^aufptel, $offe unb Dptx abjutDed^feln. ®djHtd)tt 
äSorfteQungen unb leere jpäujer ftnb bie $oIge biefed 
l^artnacfigen ^^ftl^aUend an einer ftel^enben unb natürlti^ 
^ö^ft mittelmäßigen ^oDinjialbäl^ne. Sie fti^Iimmere 
f^olge ift aber eine ftetd mel^r unb me^r junel^menbe 
@leid^giltigteit gegen bie tl^eatralifti^e ^nft überhaupt, 
iDe(d^e ^ier fo geiftlod unb fd^I&frig geboten tt)irb. 
Silben ftd^ bagegen größere ©efellfd^aften — öielleic^t 
abgefonberte für ©c^auf^iel unb Dper — »eld^e mit 
bcn mehreren unb bebeutenberen lalenten, bie fic^ Der* 
bunben l^aben, fotool^I bie ttafftfci^en älteren äReifter^ 
uferte n)ie aud^ baS neuefte unb befte ber mobemen 
bramatifti^en Literatur in üollftänbiger Sefe|ung gu 
bringen imftanbe finb^ fo läßt fi^ mit einiger Qrcotx^ 
fid^t erwarten, baß bie Xeilna^me für bie Sü^ne loieber 
em)a(^en unb fomit auti^ bie ^l^eaterlaffe bobei ni^t 
leer audge^en loirb. 

Siel^men tt)ir nun an, eine biefer ®efettf(^aften 
fpiele am fRl^ein — »o bie Sommunüation burd^ 
S)am^)ffd^iffe unb ffiifenbal^nen f o fel^r erleichtert ift — 
unb jtt)ar abloed^felnb in äRain}, Noblen}, ^öln, 
S)üffeIborf, Äad^en ufto., fte l^alte ftd^ an jeber biefer 
@täbte nur brei bis t)ier äRonate auf, bad @^aufpiel 
folge ber Dper ober bie Dper bem ©c^aufpicl — unb 
bie ®efellfd^ft bringe il^r SBefteS, toa« fte ju leiften 
imftanbe ift — toürbe bie Qtxt il^re« Aufenthalte^ fi^ 



8. 9Iü(^tige ©ebanfen über bad beutfi^e X^eater (1849). 201 

nid^t lol^ncn? SEBörbcn bic jcitcncr, aber bcffcr gciDor« 
benen tJ^eatralifc^en 93orfteQungen nid^t als eine 9rt 
Dott SSoIföfeftctt ti^djmm, im ©innc ber ©riechen, 
unb für bie geluol^nte Sangetoeile ber in jebem @inne 
ftel^enben SBül^nen ntel^r ald entfd^bigen? Sc^ bente 
mir, ba^ bie ^ttoofjntx t)on ^öln ober %a^en btim 
©d^eiben ber @efellf(i^aft ftd^ bereitö auf bie n&d^ften 
Sorfteßungen, aufd näd^fte Sa^r freuen unb ffir bie 
3eit il^red (Sntbel^rend il^re Dielen ©c^ö^^d^en unter 
bantbarer (Erinnerung an baiS l^eiter ©enoffene in 
gemütlicher 9lu^e trinlen n)ürben. Unb aud^ bem ©d^au*^ 
fpieler bietet bie SBemegung unb SBanberung mannig^ 
faltige Vorteile bar. SebenfaQi^ fnfd^t er fi^ auf unb 
lernt ein neues ^ublitum, babei ftd^ felber !ennen, 
lote und fd^on @oet^e t)on feiner in £aud^ft&bt gaftie^» 
renben Sßeimarer ©efeUfd^aft auf baS bel^aglid^fte ju 
riil^men meijs- 

©old^er (SefeQfd^aften, toxt iä) oorgef dalagen, tonnten 
fid^ burd^ gan} Z)eutfd^Ianb mel^rere bilben, }um Seil 
auf Slftien, nnb ftd^ burd^ bie XageSeinna^men fott)ie 

burd^ d^f^^ff^ ^^^ f^i^^^ ^^^ ©taateS ober ber 
t^rften ganj anft&nbig erl^alten, befonberS nienn ein 
tüchtiger Seiter an ber ©pi^e ftilnbe. SBir (eben ie|t 
in ber ^cit ber Vereine. (Einige 30 §oft^eatcr, ebenfo 
t)ie(e ftäbtifd^e Sühnen fönnen fid^ in~S)eutf^Ianb in 
ber alten SBeife nid^t erl^alten, foDiel ift au8gemad^t; 
au6) brol^t bie ^unft bei bem 3^fl^ni>^f ^^ loeld^em 



202 8. Slüc^tige (Stebanfen über bag beut{(^e ^^eatet (1849). 

fte ftti^ gegenn)ärtig Beftnben^ gan) unb gar unterjugel^en 

— unb bicÄfinftIcr mit i^r. (Sin 3«itralpunh für bie 
audgejetd^neten diente unb eine fiel^rfd^ule für bie 
angc^cnbcn, Wie in ^arig, bietet fici^ un8 nid^t bar — 
roarum fammelt man a(fo niti^t baiS beffere^ toaS roit 
no(^ beft^en, bttooi)xt t^ Dor bem Untergang unb bilbet 
auf einem neuen Sßege 9{eued l^eran^ ba bad %tte 
längft nid^t mel^r ausreicht? — S)ie größeren ^of^» 
t^eater, mie in ^Berlin, S)re8ben, äKün^en uj». toerben 
fortbeftel^en ober fiti^ als 9lationaIbül^nen erneuem; 
bie übrigen tonnen il^r $ei( nur in ber Slffoiiation 
finben^ fte mögen fiti^ ju toenigeren fte^enben 93ül^nen 
Dereinigen ober ein loanbembeS unb lebenbigeS 3}olfö« 
tl^eater bilben^ n)elc^ed in ber oorgefc^Iagenen f^orm 
tDenigftend ben 9teij ber 9leu^eit für [xöf l^ätte. Soc^ 
nein! bie ®ad)t ift gar nid^t fo neu. 2)ie loanbemben 
@ejeQfd^aften Regten unb pflegten bie bramatifc^e ^nft 
noti^ }U £effingS 3^^^^^ ^^ff^^^ ^^^ fpäter^in fo manti^ed 
^oftl^eater, unb id^ bin überjeugt^ bajs bie Erneuerung 
ber Sßanberbül^ne im größeren @til aud^ l^eutjutage 
ber ^unft nur jum Vorteil auSfd^Iagen mürbe. 

3R5ge fid^ ein ©d^röber finben, ber baS Sünft* 
lerifd^e eines fold^en SnftituteS gu leiten imftanbe loäre 

— unb ein Slotl^fd^ilb, ber eS ber SRfil^e »ert l^ielte, 
einen geringen Xeil feiner ©elbmittel, eigentlid^ nur 
feines ^ebits baran ju loagen! 



8. 8flü(^ tige ^ebanlen über ha» btut^d^t Sweater (1 849). 203 

* 

Die Cbeater in Ollen. 

SaSien beft|t fünf Sweater, barunter jtt)ci §of- 
tl^eater, beren bad eine ftti^ feit furjem aud^ ^atxonaU 
t^eater nennt. %nä) t)on ben ^orftabtbül^nen l^at bie 
eine, nod^ fnil^er aü baS SBurgt^eater, bief e 99e3eiti^nung 
angenommen. Flamen mad^en'i^ leiber nid^t aud unb eS 
ift niti^t fo leidet, ein ^oft^eater jum 9lationa(t]^eater 
um}ufd^affen, mie tttoa einen ^ofrat jum äRinifterial^ 
rat umjutaufen. Z)ie SSorftabtbül^nen n)aren ftd^ biSl^er 
t)oIl{ommen felbft äberlaffen unb mod^ten fe^en, toit 
fie brau» famen. Shir bie 3^"^^^ übertoad^te fie forg* 
fältig unb jätete ben fleinften ^olitifd^en ^eim au», 
ber ettoa au» bem üertrodhteten 93oben ber SSoItebül^ne 
l^ert)orjumad^fen brol^te. S)agegen l^atten fte DöUige 
greil^eit, ba» Alberne, ©emeinc, ja Unftttlid^e ju 
bringen unb bebienten fi^ biefe» Steckte» aud^ ^ie unb 
ba folange, bi» enblic^ ber gefunbe @inn be» 93oI{e» 
fettft ber totten SBirtfd^aft überbrüffig toarb. S)ie 
äJoIföbid^ter erfd^rafen, al» fie plö|(i(^ getoal^rten, bajs 
i^re ^offen unb 3oten nid^t mel^r „jogen" unb warfen 
ft^ nad^ bem auSgefprod^enen 3<^u^c^<>^ rr^onftitu- 
tion" auf» |)oIitifd^e gelb, wetd^em fte jcboc^ bi» je^t 
nid^t mel^r al» @d^Iagn)örter unb Su^erlid^Ieiten, tein 
eigcntlid^e» Seben»bilb abjugetoinncn tonnten. — äJieiner 
Slnfid^t nod^ füllten fämtlic^e Xl^eater (aud^ bie ber 
^ßroDinjen) unter ba» 9Winifterium be» 3nnem ober 



204 8. Slüc^ttgc ®ebanf ett über ba^ beutfc^e 3:^eatec (1849). 

bcS Untcrrici^tö geftcüt »crbcn^ in bcfjcn Sntcreffe c« 
läge, bie Sonjcjftoncn nur an gcbilbctc unb !unft* 
üerftänbige^ 3uglei(^ ^rafttfc^ erfal^rene SR&nner ju Der^ 
lei^en^ toütift einem ^auptjtoedEe be§ @taated, bem ber 
äiolföbilbung^ nic^t gerabeju entgegenarbeiten, ol^ne 
bod^ i^rem eigenen @äcfel befonberS babei ju raten. 
Qu tt)ünf d^en toäre, ba§ bie ©renjen be8 S)aräuftettenben 
für jebe ber äBiener 92ebenbä^nen betl&ufig abgeftecft 
mürben, mie bted in $ari^ ber ^aü ift, unb ba^ fo 
nac^ unb nac^ auf jeber berfelben eine eigentümlici^e 
Gattung üon ©tfidEen ^eimifc^ n)ürbe, bie ft^ tl^r 
$aupi))ubnfum gu gewinnen unb feft ju Italien loiffen, 
wie ein beliebtes SSIatt jeine Abonnenten. (Sin brama^ 
tijd^e* fiontitec öon ©ad^funbigen, als SBemtittler 
jtoifd^en SRimftertum unb Deranttoortlid^em Il^eater* 
bireftor, müjste femer, ol^ne in bie ©ouDerdnitätSred^te 
beS leiteten gerabeju einzugreifen, baS ®anje beS 
2:^eatem)efenS boc^ infon)eit übertoad^en, ba^ bie jeber 
Sü^ne feftgeftedten Oreujen nit^t überf (^ritten toürben; 
aud^ ^ätte eS gegen baS offenbar Sßem^erfUd^e, ®d^äb« 
lid^e unb Unftttlid^e fein äJeto einzulegen, im übrigen 
bem S)ireftor bei Beurteilung Don 2Ranuffrij)ten unb 
bergleid^en mit 9{at unb Xat an bie ^anb ju gelten. 
(£S Derfte^t ftd^ Don fetbft, ba^ eS ber Siegierung, 
inbem fte einen mel^r ober minber unmittelbaren (Sin* 
flu^ auf bie Sweater gewinnt, nun bo|)peIt baran ge^ 
legen fein mu^, biefe bffentlid^en Slnftalten, jugleid^ 



8. Slflc^tige (Skbanfen über h<a beutfc^e Sweater (1849). 205 

bte Srnäl^rer jol^Irei^er äRttarbeiter^ in $Ior ober boc^ 
aufrecht ju erl^alten, unb ba^ i^r barauS an6) bte 
^td^t txxoixdß, jcitoeifen ©todEungen, toic bei ^oliti« 
f^en Unrul^en unb bergleiti^en, burc^ Sorfd^üffe ober 
Slud^ilfen ju begegnen. @elbft burd^ bleibenbe ^ub^ 
t)entionen toöre ber Sinftujs auf bie S(äl^nen nic^t ju 
teuer erfauft unb ber 9teid^i^tag n)irb geioi^ nid^t an« 
ftel^en, fie gu bemUigen^ n^enn er btefe ^nftanftalten 
babur^ gu lieben unb fte in bie £age gu fe^en üermag, 
auf bie %ol!^biIbung tätig unb nad^l^altig ein3un)tr(en. 
@iel^t man erft ben guten äßiQen Don oben^ tixoa^ für 
bie Solföbül^ne }u tun unb fte in einen ebleren £ebeni^« 
treiS gu jiel^en, fo n^erben ed aud^ bie befferen bid^te^ 
rifd^en diente nid^t mel^r unter i^rer äBürbe galten, 
ftd^ für fie ju t)ertoenben, unb baiS ^ßublifunt n^irb 
balb neue« Vertrauen für eine Derebelte fiieblingg* 
unterl^altung gewinnen, »ie für alleÄ, worin ein neuer 
@eift ftd^ geigt Unb bie redeten SRänner nierben und 
nic^t fehlen! SBien unb Öfterreid^ fd^liefet latente 
genug in fid^, man mu^ fte nur }U rotdtn unb guten 
3Ruted gu erhalten toiffen. 

Z)ad Opemtl^eater n^irb Dermutlt^ ^oft^eater 
bleiben nad^ n^ie \>ox, ed mag im äßege ber Sßerpad^tung 
ober ber eigenen Kegie fortgeführt »erben. SBai^ fic^ 
etnja tun lie^e, um ber beutjc^en bramatifd^en 3Kufi!, 
bie in biefer politischen Seit nid^t einmal mel^r einen 
legten ©d^toanengefang ertönen lie§, unter bie arme 



206 8. S(ü(^tige ©ebanfen über hai beutfi^e Später (1849). 

ju greifen^ barüber mögen ^unftoerftänbtge anbertoärt^ 
ftd^ t)ente^men laffen; ttiir moDen ^ier t)or}ugdn)eije 
baS rejitierenbe @(i^Quf^ieI ind Suge faffen. 

S)ad ^ofburgtl^eater l^iejs fd^on unter ^aifer 3ofef 
„SRationaltl^eater"; ie|t ^at eS ftd^ bieje j»ette ©e^^ 
nennung neuerbingS angefägt. Z)iefe 99äl^ne galt unb 
gilt noc^ immer für bte erfte Seutfd^Ianbd, \otDofjii 
toa^ bie Xreffliti^!ett ber ©c^auf^ieler unb beS Qa^ 
jammenfptelen^, als toa^ bie Steinl^altung bed 9ie« 
pertoire anbelangt Unb in ber Xat l^at baS SBurg^^ 
t^eater wn jel^er ein getoiffeS 3)eforum ju beobad^ten 
getDu^t unb niemals, glei^ anbem ^ofbül^nen^ ben 
„^o6)ud ?ßum^)emi(fer' unb „Sumpajiöagabunbug" 
auf „Son Carlos" ober „Äönig Sear" folgen laffen. 
S)aS beutfd^e X^eater ift im ganzen ein th^ätre 
historique unb ^at bie bramatifc^e ©leid^bered^tigung 
aQer ^Nationalitäten als äSorbilb ber Kinftigen politi«» 
fc^en längft prafttfc^ betätigt. Qnx ßeit, als unfere 
S5ü^ne fic^ Üinftterifd^ erneuerte, mu^te man, bei ber 
Strmut an einl^eimifc^en ©d^aufpielen, ju ben tragifd^en 
unb iomifd^en Haffifd^en SBerfen ber granjofen greifen, 
»eld^e in ber golge faft gänjlid^ »iebcr öerfc^toanben, 
um ben mobemen ffirjeugniffen ber ©eineftabt ?ßla| 
ju mad^en. Z)iefe, jebo^ mit fOta^ unb SluSloa^I, 
nebft ben injn^ifc^en l^injugetretenen @|)aniern unb 
©nglänbem, fomie bie 2Keiftcrtt)er!e unserer früheren 
beutjc^en S)ramati!er unb bie befferen ?ßrobuftc ber 



8. S(ü(^tige ©ebanlen über baS beutf (^e X^eater (1849). 207 

älteren Xid^itt jioeiten 9tangj^ famt ben Seiftungen 
ber 3citgenoffen (üben vorläufig ben ©todE unb @tamm 
ber beutfd^en Sül^ne überbau))! unb bed jpofburg« 
t^eater^ tndbefonbere. 3)ad bürgerliche SIement ift 
au^ in SBien t)or^errjd^enb^ tt)ie aQentl^alben^ unb 
^milienräl^rungen Derfe^Ien ^ier nod^ immer nici^t 
i^re äBirfung, bejonberd auf bad }tt)eite parterre. 3^ 
erinnere mid^, ba% Äofeebue^ „Silberne ^od^jeit", 
jo»ie fein „aKenfd^enl^a^ unb SReue'' Dor längerer 3rft 
neu in ©jene gefegt, bamatö binnen Sal^r unb Xag 
an bie jtoanjig 93orfteIlungen bei t)oDem ^Qufe er^ 
lebten. @eitbem ftnb parterre unb Sogen freiließ tttoa^ 
!ritifci^er unb ffe^tifci^er getoorben unb bie 3«tt Jiw 
gar politifd^. SaS l^inbert aber niti^t^ bajs und baS 
Surgtl^eater auci^ nad^ ben SRärjtagen fein gemfitli^eS 
„^an\äfäftn** ober ^Steue unb ^aij** unb bergleid^en 
neu auftijc^t unb feinem Sl^aratter aU th^ätre histo- 
rique getreu un8 biefe Silber „ber guten, alten Stif* 
jur filmen (Erinnerung Dorfttl^rt, menn aud^ nic^t immer 
bei DoQem jpaufe. 3Ran mujs aber au^ geredet fein. 
Unfere ©d^aufpieler »iffen biefe unfd^ulbigen S)inge, 
ffir »elc^e fte eine SSorliebc ju liegen fc^einen, mit 
einer 9)teifterfd^aft unb Staturtoal^r^eit loieberjugeben, 
nielc^e und pufig mit bem leeren 3nl^alt audfb^nt. 
S)er Sflul^m bed ^oftl^eaterd im fogenannten „^ont>tT^ 
fationSftüdC", aud^ im mobemen, ift unbeftritten unb 
ber SSerfaffer biefer ©fijje mufe ber erfte fein, bad 



208 8. Slüd^tige (Sebonfen flBer ha» beutfd^e X^eater (1849). 

äSerbtenft unb ®efd^icf ber ©c^aufpieler aniuer!ennen, 
tüclc^e jetne leici^ten bramatifd^en Sßerfud^e juerft ju 
(S^ren brad^ten. Z)effenungeati^tet fül^lte er längft 
Icbcnbig — unb ffil^It cg je^t mcl^r al« je — bafe baS 
blo^e äßiebergeben bed ^ont)entioneDen, loettn auc^ in 
ber ^öc^ften ^oDfommen^ett, no^ lange nid^t genäge, 
um einer SBü^ne ben e^renüoQen SRamen einer finnft^ 
onftalt anzueignen. 9äd^t ald t)erlangte id^^ ba^ ein 
X^egter, toel^eg täglid^ \p\tli, tdglic^ ein SÄeiftertoerf 
bringen muffe — bad n^äre bad Unmögliche verlangt 
unb tDÜrbe unS, bie mir bod^ aud^ etoad ju teiften 
t)ermeinen, geraben^egd Don ber S3ä^ne audfd^Iiegen. 
@o t)iel @elbftt)erleugnung barf man und nid^t ju« 
muten! — Äüein menn ber ^Begriff Äunft einmal ge« 
fa^t ift, fo ift bamit ein Smd, ein Streben, ein 85e* 
n^u^tfein audgefprod^en. SlQe ^nft entfielet aud bem 
£eben, jumal bie bramatifd^e, bie bai^ Seben felber 
barfteUt, unb jtoar nid^t ein t)erlebtei&, abgelebtes, 
fonbem ein mitiid)t^, lebenbigeS, orgonifd^eS £eben, 
loelc^ed in einer etoigen Umgeftaltung begriffen ift unb 
feine $^af en bei^ Sterbend unb @eind im ^olben Qavibcx^ 
fpiegel ber Z)id^tung atö ein jtoeitei^, f c^önered 3)afein 
frei unb Reiter begrüben mag. @ro§e bramatifd^e 
Xiäfttx vermögen ciJ, eine ^l^afe be« SRenfc^en« unb 
Sblferlebend aug ber innerften liefe auf jufaffen unb 
fo lebenbig bar^ufteQen, ba^ eS bem @el^alte nad^ für 
aQe Qtittn gilt, loenn auc^ bie £ebeni^formen (ängft 



8. SIfi(^tige @eban!en Aber ha» beutf (^e Sweater (1849). 209 

getoed^felt^ unb toeld^eS ftd^ jo in feiner DoQenbeten 
^nfterfd^einung atö ein @^mboI für aUeS 'SRtn\^tn^ 
unb Seelenleben barftettt. Auf bief e SBcif e ^at in S9erlin 
ha^ alte grieti^if^e 2)rama, tro| ber fremben ^omt 
unb Sebendanfc^auung, in feinen menf^Iid^^nationalen 
Elementen noc^ nad) itoti Sal^rtaufenben eine äftl^etifc^« 
ftttltd^e, eine ^oetifti^4ebenbige äSirfung l^erDorgebrac^t^ 
3n biefem ©innc ift ©^afefpeare nod^ jnjeil^unbert 
Sauren noti^ fo neu unb frifc^, aU xoSlx' er Don 
geftern. 

S)ie ©tied^en unb ©^afefpeare ftnb bie Aller« 
größten, ©oetl^e unb @^i((er ftnb bie ®ro^en. ^nä) 
bie ©ti^auf^iele biefer betben 2)i(^ter ftnb t)on einem 
fo tiefen inneren £eben erfüKt unb eS ift i^nen ber 
®tem))e( einer fo mäc^ttgen^ jugleid^ fo reici^ gebilbeten 
^erfönlid^teit aufgebriidt^ bajs fte fd^n^erlici^ jemals 
aufl^ören nierben, einen ^auptbeftanbteil ber l^iftori« 
fti^en beutfti^en SSü^ne auSjumaci^en. — Setrad^ten 
mir bagegen anbere beutfd^e 2)ramen, meiere g(eic^« 
faKS unb mit ditdft für äRetftermerfe gelten, etma ben 
„SRati^an" ober bie „äRmna öon JBaml^elm", fo finben 
mir, bafe toebet baS erftcre mit feiner eblen religiöfen 
^olemtt im @inne ber Humanität, noc^ bad jmeite 
mit feiner naiven @ittenfti^i(berung unb naturtoa^ren 
^bfpieglung ber beutf^en Qtiiptmbt beS großen 
f^riebti^ baS Xl^eater^ublifum unfererXage anl^altenb 
gu feffeln Dermöge. ©n einfid^tiger S)ireftor ober 2)ra* 



210 8. Slüd)tige (»d>anltn übte ha» beutfd^e S^eatec (1849). 

maturg toirb befjenungeati^tet bemüht fein, einen frei« 
lid^ mel^r fritifti^en als urf^rünglid^en 2)ramaä!er mit 
£effing ber beutfti^en SBü^ne folonge mie möglt^ ju 
erhalten unb i^n feinem ^ublitum bei günftigfter @e« 
legeni^eit unb mit üoriägßd^fter 8h)IIenbefe|ung, memt 
au(^ feiten, Dorjufül^rcn. Sa^ Sweater foDte über» 
l^aupt bie ®eburtd« unb ©terbetage feiner großen 
äßeifter burti^ bie t^oQenbete S)arfteQung eined i^rer 
SBerf e feiern — ba^ gäbe jugteid^ eine lebenbige flitcrfir- 
gefd^id^te für ba« ^ublifum. SEBie oft »arb biefer ®e^ 
banfe fd^on angeregt! Slber ber @(^Ienbrian loiQ nic^ti^ 
bQDon tDiffen. — S)ie @c^auf^iele unb £uftf^iele Don 
©d^riJber, 3fflanb, Äo|ebue ufn?., wel^e ftc^ in einem 
befd^räntteren Sbeenireife bett^egen, fagen unferm @e» 
fc^mad, unferer t)erQnberten Snfc^auungSU^eife nic^t 
mel^r red^t ju, man nennt fie beraltet — aber bie 
befferen barunter finb bennod^ bcm 8(lepertoire forg* 
fältig }u hmafjxtn, jubem ba fie meift eine ^Qe 
lebenbiger, aud bem £eben gefc^ö^fter S^arattere in 
ftd^ fc^Iiejsen, bie jugleid^ bem @d^auf|)ieler eine n^iU^ 
!ommene Gelegenheit barbieten, feine ^nft t)on ber 
beften @eite felbftfd^affenb bar3Utun. (Sine funbige 
^anb mag übrigeni^ bie 93reiten unb hängen biefer 
©tüdfe mit ©ef^id! fürjen ober fie burd^ Keine Qn^ 
taten bem mobemen Qk\^mad n&l^er rüdEen, n^aS um f o 
me^r erlaubt fein barf, ba eS fid^ ^ier feiten um ein 
abgefd^Ioffened ^unftgan^eS l^anbelt. SSor allem gibt 



8. S^üd^ttge ©ebanfen über baS beutfd^e ^eater (1849). 211 

CA Suftfpiclc öon Äo|cBuc^ öott bcr föftlid^ftcn ßaunc, 
wie „Sorgen o^tie SRot", ober „2)te beutfd^en Älcin^^ 
ftäbter". 9Rtt bem le^teren §at ber SSerfaffer einen 
SBnrf für alle Sitten getan — benn immer loirb e^ 
beutfd^e Äteinftäbter geben, felbft wenn ba8 einige 
3)eutjicl^(anb fc^lie^lic^ {uftanbe tommt, unb man braucht 
ben S)iaIog be« DriginaHnftf^iele« nnr etoa öon Sal^r* 
selben! ju Sal^rje^ent geiftrcic^ anf jufrifc^en nub um* 
jufc^reiben, um ein neue« ober neu fc^einenbe« fluft* 
fpiel für bie 3citgenoffen ju getoinnen. SBie glüdflid^ 
^attc bieg j. SB. ©(gröber mit Seaumont unb gletd^er« 
^Bule a wife and have a wife" t^erfud^t, tozl6)t^ a(d 
„©ttQe SBaffer finb Betrfiglic^" nod^ l^eutjutage auf 
ber beutfd^en ©ü^ne gerne gefe^en tnirb. — S)ie 
fleiftungcn ber SWitlebenben, wenn fie nur einiger* 
ma^en öon Sebeutung finb, mu§ ba§ I^catcr Bringen, 
wie eÄ fic^ öon felbft öerfte^t; fd^on feine @et6ft* 
erl^altung forbert ba«, benn ba8 ^ßubtilum fragt ju* 
(e^t bod^ mel^r nad^ bem bleuen aU nad^ bem äJor* 
trefflid^en. S)ie befferen ©rfd^einungen werben bann 
bem bteibenben 8iepertoire jugefd^Iagen, weld^eS übri* 
gen« gleid^faQö t)on 3a^rje^ent ju Sal^rje^cnt einer 
Sleöifion unter jogen werben foßte; benn beiläufig äße 
jel^n 3a§re änbert fic^ ©efd^madf, SRid^tung, ©inneS* 
art ber SWengc, auf welche man ju wirlcn l^at. SBenn 
aber irgenb ein Sreigni« auf eine rafc^e Umfinberung 
unb SSerbeffcrung ber ©c^aubft^ne l^inbröngte, fo war 

14* 



212 8. Srlüc^tige ®ebait!en über bai beutf^e Sweater (1849). 

eg ba^ ber aRärjtage. (Ein SSolI, toelc^ejS fic^ urplö|« 
K(^ btc grcil^ett ber 5ßrcffc errungen ^at, fott unb 
n^irb fic^ auf ber S^ül^ne nid^t I&nger mit einer t^üQe 
t)on 2)ramen abjt^eifen laffen, toeld^e il^m nic^tö loeiter 
ate lauter abgelebte, geiftlofe gefeQfd^aftlicI^e ^txfjälU 
ntffe, tooffl auc^ fert)i(e ^oliseiiuftänbe abft)tege(n, 
gegen bie eS, um fte im n^irflid^en £eben abgu^ 
fc^fltteln, t)or furjem eine 9tet)D(ution unternommen 
^at. SBien l^at bad ®iM, ein gro^ed, t^eaterluftigei^, 
nod^ nid^t gar gu tritif^e^, folglich empfängli^eS 
^ublifum ju befi^en — bad emt)f&ng(id^fte in ganj 
3)eutf^lanb — ba« Surgtl^eater ift ein too^I begrün* 
beteg, längft anerfannte« Snftitut, toeld^em eine treff* 
Uc^e @(^auft)ie(ergefellf^aft, ein jiemlic^ Qmixißti 
Slepertoire, babei bie gehörigen ©elbmittel ju @(ebDte 
ftel^en — e^ »irb ba^er nur barauf ontommen, äße 
biefe unb noc^ anbere (Elemente tüd^tig ju benähen, 
fte mit ben fjorberungen ber neuen Stit in (Einttang 
ju bringen, um ber beutfd^en bramatifc^en Äunft, 
tt)et(^e mit bem äBieberem>ad^en ber Station fid^ er^ 
neuem toirb unb mu^, oorberl^anb l^ier ein %\\jH ju 
bttoaffxtn, in ber ^olge eine f^öne, bauembe neue 
SBo^nftätte gu bereiten. 3)ie Anfänge l^ierju foQ ber 
näd^fte S)ramaturg begrünben, beffenSBirten fär beutjd^e 
^nft unb äJilbung tt^a^rl^aft fegenSreid^ tt^erben tann. 
2)er Ie|te Dramaturg, ioeld^en bad ^ofburg« 
t^eater befa§, »ar ber trefflid^e ©d^re^öogel, genannt 



a Sflüc^ttge (S^ebanfen über baiS beutf c^e Sweater (1849). 213 

SBcft^ »eld^cr fein ScBcn in Icibcnf c^aftlid^cr Eingebung 
ffir ba« I^catcr, fowic im raftlofcn Äampfc gegen bic 
3enfur unb gegen bic ©emein^eit t)on nntcn unb oben 
abmäl^te unb abnähte. Sßa^ er ben @(^aufpie(em tt^ar, 
wirb icber, ber noc^ auS jener 5ßeriobe ^erftammt, 
banfbar anerfennen; er tebte nur ffir fte unb i^re 
Äunft — ffir bie Äunft übcr]^au^)t. SBie er eifrig be* 
möl^t toar, ba« tteinftc 2)ic^ter* ober S)arfteQertaIent 
auf jufpuren^ ju bilben, in bie SBett ju fä^en al^ ein 
n^Ql^rer SRufaget^ f o (o^nte i^n auä) einmal ba^ ®iM, 
einem großen fc^öpferifc^en lalente in feiner erften 
Snhoidlung ju begegnen. S)er 2)id^ter ber „Äl^nfrau" 
legte ben erften (Sntwurf feinet S^rauerfpielei^ in S^re^* 
öogete ^finbe. SBie gerne ©riüparjer, St\>lx% SRaupad^ 
u. a. ftd^ beä feitifd^en Seirated be8 lunftoer^ 
ftänbigen SRanneö bebienten, fte^t in jebermannd Sln== 
benfen. ?lud^ bem SSerfaffer biefer ©fijje toar e« oer^^ 
gönnt, mit feinen erften bramatifd^en SBerfud^en bie 
Äufmerffamfeit ©d^re^öogete einigermaßen auf fid^ ju 
jiel^en, mit meinem er ba(b tro| ber Serfd^ieben^eit 
be^ ?tlter3 in ein toa^rl^aft freunbfd^aftlid^eg SSer- 
^ältniS geriet. 3m Sö^re 1832 lourbe ©d^re^öoget, 
mit bem bamaligen oberften Äämmerer längft im 
3tt)iefpalte, plö|lid^ burc^ einen SRad^tfprud^ üon ber 
Saline entfernt, toelc^er ber ftreng rec^tlid^e, un^ 
parteiif^e, l^öc^ft uneigennfi^ige unb fd^Ied^t befotbete 
ßl^renmann feine beften Saläre, feine beften ßebenS* 



214 8. Slüc^tige (Kebanlen über bad beutf^e Sweater (1849). 

fräfte gen^ibmet l^atte. (Si& toat eine t)5Uige Ungnabe, 
tote man f^on au^ ber Art feiner (feitfeninng unb 
jum Überfluß au^ ber geringen, fogenannten ^normal« 
mäßigen" ^enfton entnel^men fonnte, bie man i^m ju« 
fommen Ueg. 2)er rebUd^e äRann, ber niemals an 
Sntrigue glaubte, toat n^ie t^om 2)onner gerül^rt. Sticht 
nur feine £ieb(ing^bef^äftigung, au^ beinahe ber 
Sebeni^unter^alt ioar bem bereite gealterten äRanne 
entjogen. Sber er toar an Xätigleit getool^nt — mit 
Sifer fud^te er feine ©Triften l^eröor, fic^tete fie ju 
einer @efamtaudgabe, befd^äftigte fid^ mit bem Snt« 
ttjurfe ju einer neuen 3^^tf^nft. SBenige SRonate 
biefer fünfttic^en Stufregung genügten, um feinem 
£eben ein 3^^I i^ ^ti^tn. 2)amate mu^te man j&^ne^ 
tnirf^enb f^h)eigen — ie|t mag ei^ gerabe ^eraud ge^ 
fagt werben, ba| bie etenbefte Kabale einen ber 
n^aderften äRänner getötet l^at. 

3la6) ©d^re^t^ogelS Abgang marb ed erft DoQig 
tlar, toie im ©runbe biefer einzige äRann ba^ X^eater 
infotoeit aufre^ter^alten, ba^ ed nod^ beiläufig einer 
^unftanftalt glid^. 2)ie erften, bie fid^ nid^t mel^r auf 
ber äJü^ne noc^ im ©d^aufpiell^aufe einfanben, loaren 
bie bramatif^en 2)i^ter. 3)a^ ^aujS tt^ar i^nen üer« 
leibet 2)ie @d^aufpie(er k)ermi|ten mit @^mer} bie 
Senntniffe, ben fritifd^en Sftat, ben reblid^en aßtUen 
beS äRanneS, ber i^re @a^e, auc^ too fte ni^t bie 
Äunft, fonbern i^re bürgerlid^e Stellung betraf, o^nc 



8. Sflüc^tige (»ebanfen über baS beutfc^e Xf^aitx (1849). 215 

aQe 9le6ena6ftci^t ju ber feinigen gemad^t diejenigen 
unter i^nen, )oe(ci^e f onft feine ®egner maren unb über 
feinen f^aU gejubelt, tarnen balb ju befferer Sinfid^t. 
@ie merlten'd balb, ba^ fie eine l^irtenlofe @d^ar 
n^aren unb ed t^ielleic^t no^ lange bleiben foQten. 
Z)er @^(enbrian ri^ ein unb öbeimuc^erte bie Sül^ne. 
aRan fing an, bai^ X^eater, tx>tl6)t^ mit einer nic^td 
loeniger a(d bebeutenben 3)otation im @taatdbubget 
figurierte, }u einer Sinnal^mdquelle machen gu tt)oQen. 
Um ben ^erren oben ein S3eifaQi^I&(^eln )u entloden, 
fuc^te man (Srf^omiffe einzuführen, meiere l^äufig in 
^nidereien au^rteten, befonberd gegen bie ©d^rift^ 
fteUer. 38ie ed ein Stempel^ ober Xabatgef&U gab, fo 
foflte eS auc^ ein 2;^eatergefätt geben. 2)er @efätten=» 
bramaturg berechnete genau, tt)ad bie @tüde ^trugen'' 
unb bie SEBieber^oIungen tt)urben nad^ ben Über« 
fc^üffen üon fo unb fo oiel @ulben angefe|t 2)ad 
@onntag8publifum n^ar einigermaßen ber 9tetter ber 
Xragöbie, benn balb l^atte man ^eraud, baß @(^iUer 
ober ©^alefpeare an Sonntagen „PQ"- 3n abf^eu« 
lid^er S^^f^^^^^Q^^^ui^d ^^^ größtenteili^ burd^ 
@(^aufpieler jioeiten unb britten Slanged befe^t, lour« 
ben bie bramatifd^en äReiftertoerfe unferer Kation ben 
gläubigen unb bar }a^Ienben @onntagi^fee(en geboten. 
%Ü Stnetbote mag l^ier am ^a^e ftel^en, baß „^xU 
f)dm %tU", ber eine geraume Qdt verboten toar, 
plö^Iid^ für bie Sonntage erlaubt lourbe — augShidf* 



216 8. Slüc^tige (3tbaxden fiber bod beutfd^e Sweater (1849). 

ftd^t für bie ^affe; bod^ mu^te obgetDartet totibtn, 
bii^ ber ^atfer (t^rang) bad Suftf^Io^ SajctnhnxQ be^ 
jog. ffiin anbcrmal würbe „gici^fo" jugcftatibcn ; boc^ 
mugte jum @^Iu| bie beutfd^e 2t\h\Dad)t erfd^etnen 
unb „^eil S)oria! §etl bem ^erjogl" rufen, ©otd^cr 
^nefboten gab' ed ^unberte gu erjäl^Iett^ bod^ e^ 
braucht feiner Slnefboten, um erft ju beweisen, toie 
polijeiltc^^geiftlog bie erfte SBü^ne 2)eutj|cl^IanbÄ früher 
geleitet »orben. 

äBenn ber re^te äRann tommt^ im Staat ober 
auf bem 2;^eater, \o toirb batb manches beffer werben, 
üorau^gefett, ba§ e8 wirflid^ ber „SRed^te" ift, um ben 
bie SBol^tooQenben unb SSerftänbigen \\d) gerne f^aren 
mftgen. S3or aQem wilnfc^te xd), ba^ bad S^urgt^eater 
fid^ entfc^iebe, ob e« aW §oftl§eater ober Siational* 
tl^eater fi^ neu geftalten woDe. 3d^ gefte^e, ba^ i^ 
ba^ le^tere t)orjie]^en würbe. ^^ wäre barum nid^t 
nötig, ba^ ber ^of bem iRationalinftitut feine Steigung 
ober Unterftä|ung entgbge. Z)ad neue £}fterreid^ brauet 
aber ein SSoItet^eater im beften, im ebelften Sinne be^ 
äBorteS. %ud^ bie frül^eren iRäume genügen nic^t mel^r. 
Sttgejel^en, ba^ ba8 SBurgtl^eater ber abfc^eulid^fte, 
gefd^madflofefte 9lunH)cIfaften ift, wie in feiner fleinen 
beutji^en SRcfibcnä ein äl^nlid^er ju finben, \o ift e^ 
auc^ burc^auS nid^t imftanbe, bad ^blifum ju faffen, 
weld^ei^ fid^ ju neuen ober beliebten SSorfteQungen ^in« 
ju brängt, nod) wirb ei^ in S^funft, wenn bie beffer 



8. Sflüd^ttge ©ebanfett über bad beutfc^e 2:^eater (1849). 217 

gctoorbcncn 3ritöer^ältniffe ol^nc 3^^^!^^ ^i^ Icttnal^mc 
ffirg Sweater toteber ftcigern^ tmftanbc fein, bic ?lbon* 
ncntcn für flogen unb ©pcrrfi^c ju bcfricbigen- St^^er 
waren biefc primicgtertcn ?piä|c aU fbrmltc^ rabijicrtc 
JU betrad^ten. 3n ben flogen fa§ ber ^ol^e Slbel — 
td^ toci§ nic^t, wie üiet Ä^nen ber na^weifen mu^te — 
unb auSna^mi^wetfe ein paar ttberreid^e Sanfieri^. 
Slngefel^ene gamiKen buhlten jahrelang um bie ®unft, 
eine SBiertel* ober Äd^telloge ju befommen, unb ba 
mu^te i^rc „gute ©efinnung" au^er aüem S^^if^^ 
fein, ©eioöl^nlic^e ©terblid^e, aud^ wenn fte f^were^ 
®e(b bieten lonnten^ l^aben niemals erfal^ren, wie baS 
Snnere einer flöge in bem traurigen unb finftem SRu^» 
fentempel aui^jte^t. 2)ie ©perrfi|e im 5ßarterre waren 
))on ^ofräten unb 2)it)Iomaten in Sefc^Iag genommen, 
bie meift gratig barauf fa^en, unb t)on ben ^abituöä. 
"äud) ba^ ift tein ^bUfum. S)ie bramatifd^en 2)id^ter, 
weld^e audfc^Ke^Iid^ für baS Surgtl^eater arbeiteten, 
erhielten fjreifarten ini^ fte^enbe 5ßarterre, welc^e^ fie 
natärlid^ auS mand^erlei @ränben faft niemals betraten, 
fonbem eg üorjogen, i^ren @perrft| bei ben wenigen 
intcreffanten SBorfteQungen bar ju bejal^Ien. 3m jweiten 
?ßarterre unb in ben beiben ©alerien ft|t unb ftel^t 
baS eigentlid^e 5ßublilum, weld^eS feine ©^auluft bei 
neuen SBorftcQungen bigl^er um fo weniger befricbigen 
lonnte, weil i^m früher an bie 1200 (jc^t no^ immer 
bei 900) fjreif arten bic beften pä|e vorweg nal^men. 



218 8. Sriüc^dge (Kebanfen über ba9 beutfc^e X^eoter (1849). 

SBer aQee Dom $ofe freien (Eintritt ffot, mi^ iä) nic^t; 
am unangene^mftett beräl^rten jiebenfaQd bte ^offommer« 
biencrinncn^ »el^e man fonft im crftcn 5ßarterre mitten 
unter Offizieren unb ^abetten aQer äBaffengattungen 
ftel^en unb ftc^ brängen fa^. 

StUen biefen unb unja^Iigen anbem ÜBelftänben 
fann nur ber S3au eined neuen, Bequemen unb fd^önen, 
ber Steftbenj n^ürbigen ©^aufpiel^aufe^ abl^elfen, 
toel^ed jugleid^ ben SSortett böte, in feinen 8laumcn 
ein gro^ed, tt^irflid^ed, nid^t b(o^ ein prit)ilegierted 
^ßublifum }u Derfammeln unb eS ald ben einjigen, 
maleren, t^iellöpfigen @ef^ma(fdri^ter über neue SBerle 
urteilen ju laffen. 35ie Soften lommen in einem ©taat 
mie Öfterreid^ um fo tt)eniger in Slnfc^Iag, aU ed fid^ 
^ier um ein nationales Snftitut ^anbelt, totldft^ ju» 
gleic^ eine SRenge Sünftler unb Arbeiter befd^äftigt, 
unb als bie Ausgabe bur^ ba^ Abonnement fär Sogen 
unb @i|e unb burd^ bie größeren Tageseinnahmen bei 
jn^edCmä^iger Sü^nenleitung in toenig Salären DoQ« 
fommen ^ereingebrad^t fein loirb. 3(^ ttjei^, toie fe^r 
ber ©d^Ienbrian feit langer Qtit fic^ gegen fold^ einen 
SBorfd^Iag jur SBel^re fe|t. S)ie oberften ßeiter unferer 
SBül^ne gerieten fonft in SSut, koenn man einen folgen 
@ebanlen äußerte ober aud^ gelegentlid^ üon Q^nfäl^rung 
ber Tantieme fprad^. 35ic leitete befte^t — toenn auc^ 
nur proüiforifd^ — aber unfere armen Äünftter muffen 
fid^ noc^ immer mit il^ren abf^eulic^en, fd^mugigen 



8. Sflüc^tige (»tbanUn übtx bad beutfc^e Sweater (1849). 219 

©arberobejtmmem bereifen, ju toel^en fie in i^ren 
tragifd^ett unb lomif^en ßlaiUn [xd) mitten burci^ ein 
gaffenbed unb gleid^faUS gebrängte^ unb gejioängtej^ 
^ubtifum l^inburd^ brängen ntüffen. (S^ ift unmögltd^, 
ba^ biefe unb anbete Übelft&nbe l&nger anbauem. 
2)te neue Sdt öerlangt ein neue^ Il^eatcr, öcriangt 
ein neued ^ublifum, jum %txi and) neue @ci^auft)ieler. 
Unfere ©efeöfc^aft befielt au« öortrefflid^en %a^ 
lenten, totlä^t teitoeife nod^ ber guten alten @cl^u(e 
angehören, au« später ^ingu @eIommenen^ bie fic^ beut 
iRai^men be« ©anjen gef^ictt eingefügt, au« einigen 
taugüd^en Seil^clfem, loie fie auf jeber SBfil^ne ju finben 
ftnb, unb au« einer Äujal^t älterer unb neuerer, me^r 
al« mittelmäßiger ©^aufpieter — „gute ßeute unb 
fc^Iec^te ajiufilanten," Welche man beffer il^rem 5ßro= 
t)in5« ^^^^ fonftigem ©^idfale ttberlaffen ^ätte. Wtaw 
fann nid^t (auter bebeutenbe @d^aufpie(er gen)innen, 
iö) tt)ei§ roo^n aber boc^ erträgli^e — öor allem 
bitbung«fä§ige. Geringe latente laffen fi^ oft mit 
großem ä^orteil Deüoenben, befonber«, too bit gehörige 
Luftleitung nid^t fel^lt. ^ber au« nic^t« toirb nic^t«. 
ßeute, bie einen abfc^eulic^cn S)ialelt fprcd^en, Seute 
mit Sprachfehlern ufw. foßten Billig auf ber erftcu 
Saline 3)eutfd^lanb« niemal« l^aben erf^einen bttrfen. 
Sunge pbfd^e £eute, mit loo^lllingenbem Organ unb 
angenel^mer @(eftalt, bie fi^ bem X^eater toibmen n^oUen, 
finb ja nid^t fo feiten unb finb mir aud^ l^äufig auf 



! 
220 8. gflu^tige (S^ebanfen über ba9 beutf ^e £^eater (1849). I 

?ßroötnj6ü§ncn begegnet. SBenn man ftd^ cnbü^ ent== 
fd^lie^en wirb, eine ©c^anfpielerjd^nle jn errid^ten, fo 
Würben mand^e Übetftänbe bei unfern ©ngagementö 
ffir jttjette unb britte SHoüen ttjegfaßen, too man ^äufig 
bie Äa^e im ©ade lauft ober einer mä^tigen ^ßroteftion 
nad^geben mu§, toöl^renb man in ber ©d^ule nur bie 
Äugen unb D^ren offen ju l^alten unb ju prüfen 
braucht. Aber auc^ ol^ne eine fold^e Änftalt ift'd bo^ 
eben nid^t gar fo fc^wer, SUii^griffe bei (Sngagementä 
JU öermeiben ober mä^ig tauglid^e ©c^aufpieler für 
Keine SRoüen ju finben. g^eilid^ l^at nic^t ein jeber baS 
@tüdf unb ben 3;alt beS guten ©d^re^öogel, welchem 
e8 vergönnt war, ben nic^t genug ju lobenben gtd^tner 
aU jungen 3Rtn\ä)tn wn taum gwanjig Sauren jur 
§ofbül^ne ju jiel^en, wo er i^n anfangt ffir bie l^ö^cxe 
2;ragöbie beftimmt ^atte, wä^renb Sieigung unb Slnlage 
ben jungen Äünftler balb öorjugäweife bem 2)ienfte 
ber ^eiteren Il^alia jufül^rte. 

3m ganjen ift bie S^ragbbie auf unferer SBü^ne 
minber gut befteUt ate baS ßuftfpiel. Äünftler wie 
ßbwe, Sa aioc^e, «nf^fit, bie grauen »iettic^ unb 
§ebbel bilben jWar no^ immer einen S'ranj beS ?luö* 
gejei^neten, wie i^n in biefem Äugenbtid feine anbere 
beutfd^e 99ü^ne aufjuweifen bermag, boc^ reichen fte 
ni^t aug, jumat ba fte auc^ im fluftfpiet terwenbet 
werben. @8 fe^tt unS üor aüem ein jugenbtid^er gelben* 
lieb^aber, eine junge tragifc^e ßiebl^aberin, beibe erften 



8. Slä^tige (^ebanlen über bai^ beutf^e ^eater (1849). 221 

iRangeiS. Sm üBrigen Z)eutfcl^(anb luären fie üielletd^t 
ju finbcn. 2)tc SSortrcffU^fctt unfcrc« fiuftfpielS tft 
ebenfo attertannt^ atö bie ^lage taut getoorben tft, ba^ 
mltn unf crcr crftcn ©(i^auf|)tcttoIcnte, wenn nid^t ba^ 
Sugcnbfcucr, boc^ Icibcr btc Sugcnb fcl^Ic. 3Rit einigen 
netten (Engagements, einigen ^enfionierungen unb mit 
Huger SSertnenbung einiger minber befc^äftigten 9Kit^ 
gUeber, beren Sifer man nur ein n)enig anjuftac^eln 
Broud^t, lie^e ftd^ o^ne 3^^ifrf ^^^^ ©efettfc^aft er== 
neuem, totidjcx meUei^t nid^tS als bie einheitliche ^nft^ 
leitung gebrid^t, um fte aus einer gen)if[en £etl§argie ju 
meden unb fte ju il^rem t^origen ©lanje gu erl^eben. 

3d^ fpred^e l^ier \>on ber @a^e, nid^t t)on ben 
^erfonen, barum fc^eu' ic^ mid^ aud^ nid^t, eS gerabeju 
auSiuf^red^en, ba^ baS l^errf d^enbe ^nftonSf^ftem beS 
^ofburgtl^eaterS mit unter bie $au)}turfa(^en ge]^5rt, 
tneld^e ju feinem geitmeiligen SSerfaU beigetragen. S)ie 
3ufunft beS ©d^aufpielerS für ben fjatt ber Äranl^eit, 
beS SttterS ufw. foQ geft^ert fein — jugegeben! 
daraus folgt noc^ ni^t, ba^ ber ©c^aufpieler, ber 
immer ^nftter bleibt, in aQen SSer^ältniffen a(S SBe^« 
amter be^anbelt tnerben mfiffe. f^reilid^ baS Xl^eater^ 
gefäQ fennt nur t^eatralifd^e ©efäQSbeamte! äRan 
regiert bie ©efellf d^aft mit S)efreten, Iä§t fie bie abenb* 
üc^en Sureauftunben l^alten, mutet i^r leine au^er* 
orbentlid^en 35ienftleiftungen ju, lä^t fte im ©el^alt 
öorrüden unb fteöt il^r no^ abgelaufener ©ienftjeit 



222 8. Stüd^tige O^ebanfen über baS beutfc^e Sweater (1849). 

bie normalmä^ige $enfton in ^uSfid^t. Samit mag 
man fid^ gnte S3eamte stellen, aber teine guten @(^au* 
fpicler. 3)tc Äunft lebt nur in bcr grci^eit, unb toenn 
pe bcr Drbnung bebarf, eine» toeifen ?ßlani^, f o fd^eut 
fie bo^ ni^t» me^r aU pebantifd^en S^^^S- ^^^ 
@c^(enbrian ift ed, toelc^er aQen ^nftent^ufiaSmud 
erftidEt — ber @(^(enbrian ^at auc^ bamatö bie gro^e 
Mnftlerin @op^ie @d^röber, n)elc^e bereits an Sauren 
t)orgerüd(t, an^ SBien t^ertrieben, fo fe^r i^r bebfic^tige 
fjreunbe rieten, il^ren Änjpru^ auf bie „5ßenfton'' burc^ 
ben ret)oIutionären ©d^ritt nic^t (eic^tfinnig ^intan}u« 
fe^en! 

9lad^ je^n So^ren ift ein mit 35efret angefteüter 
!.f.$offd^aufpieIer )}enfiDndfä]^ig unb nun bel^ält er feine 
Aufteilung, feinen ©el^alt, bi8 er feine öierjig 3a§re 
,,audgebient'' ober noc^ brüber, er mag gut ober fc^lec^t 
fpielen ober auc^ gar nid^t. (Sr tt)ar t^iellei^t einmal, 
ettoa öor brei^ig Solaren öortrefflic^, barum erl^ielt er 
einen guten Äontraft, einen l^o^cn ©e^alt — aber er 
^at fid^ injtt^ifc^en üerfd^limmert, mc^r ald t^crfc^limmert; 
er ift bequem geworben, ^at frtt^jeitig gealtert, ift mit 
ber Qtit nid^t fortgef (^ritten — gleic^oiel! ffir ift f. I. 
^Beamter. ®r fd^abet bem Sle^jertoire, ber 2;^eaterfaffe, 
er bringt äße neuen ©tüdfe um — allein gleic^öiel! (Sr 
l^at einmal ba« S)e!ret unb bie 3)ienftjeit für fi^. 

SiS ift eben fo lac^erlid^ als }h)ed(n)ibrig, einen 
©c^aufpieler als ^Beamten ju betrachten, gu be^anbeln. 



8. S^üc^ttge ®eban!en über bad beutf c^e Sweater (1849). 223 

unb boc^ gef^iel^t eS. Unb nun gar eine ©c^aufpielertnl 
— ^ä) finbe t^ begreiflich, ba§ man einen Beamten 
nad^ i^oanjig 2)ienftia]§ren jumiRegiftraturSbireftormac^t 
unb i^n biefen Soften, ju loelc^em er fid^ burc^ gtei^, 
S^rlid^teit unb (Erfahrung bef&l^igt, nod^ weitere jtDanjig 
Sa^re behaupten lä^t — ober ba^ eine ^übf c^e unb anmutige 
©c^auf (Mieterin, bie und in il^rem ac^t je^nten Sa^re atö ® ur(i 
entgüdte, nod^ iDeitere glPanjig ober brei^ig Solare fort^ 
gurtifteren barf ober mu^, ba8 finbe ic^ ab j^eulid^. Dbcr 
fie tritt ind SKutterf ad^ ttber, toorin fte nur SRittelmä^igei^ 
leiftet, faum Srträglid^ed, mirb aber fortn^äl^renb tnie 
in ber ©urligeit bejal^lt, n^ä^renb bie neuen jungen 
®urli« fe^nfäc^tig il^rem ÄnfteQungdbefret entgegen 
l^arren unb erft bann in bie „SBirflid^feit" treten, toenn 
fie längft feine ©urtti^ me^r ftnb — bai^ finbe i(§ 
ungered^t — 3Ran fie^t, ttjie ba8 ©Aftern ber SBeamten* 
l^ierarc^ie, auf bie Huftier angeioenbet, gerabeh)egd 
jum Äbfurben fü^rt. — 

2)a8 ^ublilum bejal^U ben ©d^aufpieler unb fein 
latent (8in guter ©d^aufpieler, ber jugleid^ bie ftunft 
unb bie ^affe ^ebt, n)irb nic^t leicht ju teuer er< 
lauft W)ev ein X^eater, n^elc^eS ^enfionen ioSfit, tann 
feine @agen toeit geringer auf e^en. (88 ift fein ß^eifel, 
ba^ bad ©Aftern ber ^enfionierung t^orjugdtoeife nur 
ber äRittelmä^igleit jugute lommt, n^äl^renb ber be^ 
beutenbere Mnftter, um ben eS fi^ boc^ iu(e|t l^an- 
belt, nid^t um bie Äuäi^elfer, babei in jeber §infid^t 



224 8. Sf(ü(^ttge ©ebonlen über baS beutf(i^e ^eater (1849). 

bctt furjcrcn jic^t. 2)ic fijc ^Inftellung förbert t^n 
toebcr in feiner Äunft, no(§ ift fein ®elbbeutet ht^ 
fonber^ boBei beraten^ ba er f^Iiepd^ mit ^etl^i unb 
^Iet|i in benfelben normalm&gigen ^enfiondtopf ge^ 
tporfen tt^irb unb bod^ nid^t DöIIig fi^er ift^ ba^ man 
i^n feine öierjig 3a^re r^augbienen" laffc. — SBol^tan 
benn! SRan tontral^iere mit jebem @c^aufpie(er nad^ 
je^n ®pie()a^ren auf eine mäßige ^enfton unb be^ 
ja^te il^m wä^renb biefer Qüt eine @age na^ feinem 
SSerbienfte, na^ feiner S3rau(^barfeit 3lad^ Slblauf ber 
je^n 3ct^te fte^e eg i^m frei, bie ^ßenfion too immer 
3U t^erje^ren; jiel^t er ed Der ju bleiben unb finbet 
bie 2)ireftion i^re iRed^nung, i^n }u bel^alten, fo mirb 
ein neuer ^ontralt auf neue je^n Sa^re ober auc^ 
nur auf fünf Sa^re abgef^Ioffen unb bie ®age nac^ 
feiner gegenwärtigen fj&^igfeit geregelt, er^bl^t ober 
öerminbert, tixoa nod^ Stbjfige ju einem ^enfioniS* 
jufd^u§ fcftgefe^t. Unb fo öon je^n gu je^n Sauren! 
Sei einem fold^en Softem, loo fi^ ber ©c^aufpieler 
gett)ifferma§en felbft ^jenfioniert, ift für feine S^^^f^r 
aber au^ für bie Äunft geforgt, inbem ein getoiffer 
SBetteifer be« XalenteS immer frifc^ erhalten unb eg 
bem bequemeren ober minberbegabten ©c^aufpielcr un* 
möglich »irb, fid^ in einer burc^ ©lud ober S9egünfti*= 
gung i^m jugefaltenen 2(ügna^m«fteUung ober gar in 
einer ?lrt ©inefure I&ffig l^inbämmemb ju bel^au^jten. 
2)ie ©n^ unb S)urd^fülönmg eineg fold^en S^fteme» 



8. gflü^tige d^ebanten fl6er baS beutf c^e Sweater (1849). 225 

fte^t aber nur bann ju crtoartcn, toenn btc bigl^erige 
^ofregte aufhört unb ba^ X^eater aU dn nationeQed 
Snftitut unter ba« äRtniftcrium gcftcUt, burd^ bcn 
9fietc^^tag bottert unb aU ^unftanftalt Don einem t&ä)^ 
ügen 3)ramaturgen mit unumfd^ränfter äRad^tooQ« 
fommcnl^eit geleitet toirb. S)ic SWegiffeure afe „SSer^^ 
trauenSmänncr" mögen i^m bei feinem SBerfe ratenb 
unb auSfü^renb jur Seite ftel^en. 

(S^ ift JU ertt)arten, ba^ man nur SKönner Don 
©efc^macf unb ^nftbilbung, bie jugleic^ bad 93er« 
trauen bcr ©cfeflfd^aft genießen, ju SRegiffeuren tDaf)Un 
wirb — bann barf man i^nen oud^ bie i^nen ge* 
bü^renbc ©teßung nic^t üerfagen. 2)en SWegiffeuren 
tommt eine @timme ju bei ber (Sntfc^eibung über bie 
Annahme neuer ©tüde, bei ber 89efe|ung, bei bcr 
geftfießung be^ SRepertoire«; fte l^aben aud^ bie ©tücfe 
in ©jene ju fefeen unb bie ^ßroben ju leiten. S)er 
S)ireftor ober SJramaturg, ttjelc^er nic^t alleS aßein 
JU beforgen imftanbe wäre, tragt einen 2;cil feiner 
©efd^äfte unb feiner SSeranttoortttc^feit auf fte über; 
fie ftnb bie ©eftion^d^efä unb ?Räte beS bramaturgi^^ 
fc^en SRinifteriumi^ unb auf i^re (Energie unb fonftige 
?ßerf5nU^!eit wirb e^ öorjugSweife anlommen, wenn 
ba§ Xl^eater neuen ^or gewinnen foß. 2)ad fann unb 
wirb ober nur gefd^el^en, Wenn fte mit einem ein* 
fid^ti^Doßen unb geiftreic^en Dramaturgen §anb in 
§anb JU gelten bereit unb imftanbe ftnb. — 35ie 



226 8. gtüd^tige (S^ebanfen über ha» beutf^e ^eater (1849). 

ötonomifd^en ®t\äfa\tt, toeld^e bem oberften 3)ireftor 
natürlid^ glei^faQd nid^i fremb fein mu|ten^ tDörett 
na^ toit i)Ox Don einem tauglid^en ^Beamten unter 
Kontrolle ber ©taatölaffe ju besorgen. 

®ben fommt mit (Sbuatb 3)ek)rientö 9teform== 
fc^tift: ,,S)ad iRationaltl^eater bei^ neuen S)etttf^Ianbd" 
jur $anb^ ju beten ^etau^gobe bet SSetfaffet butc^ 
einen Sufttag bed pteu|if(i^en ^Itu^miniftetiumd t^et- 
anlaßt n^atb. @^ fteut mi^^ ba| meine jläd^tig l^in^ 
gen^otfenen @ebanten ben Sbeen einei^ ptaltifd^en unb 
funfterfal^tenen 23tannt^ nid^t gat }u ferne ftel^en. 3)a 
jugleid^ t)etlauten toill, au^ unfet äRiniftetium trage 
fid^ mit bem gebauten einet SBül^nentefotm, f o etlaub' 
id^ mit beffen äufmetffamfeit auf S)eütientö ©c^rift 
ju tenlen. gut bie SRönget meinet ©figge^ toelc^e 
n^enigfteni^ auf eigenet {(nfd^auung betul^t^ bitte id^ 
bie ^nbigen im Dotl^inein um yiaäß^t 23tit meinem 
SBiffen ^abe id^ batin nid^td aU bie SSa^tl^eit gefagt 
unb einige ftomme SEßänfd^e audgef))tod^en. ^üx futje 
3eit ttäumten n)it Don einem gemeinfamen beutfd^en 
SSatetlanbe — eö ift eine üetjeü^tid^e Xäuf d^ung^ toenn 
Sbuatb 3)e))tient unb id^ aud^ beteitS bie $top^Iäen 
eines neuen beutfd^en X^eatet« in tofiget aÄotgen- 
bammetung gu etblidEen glaubten! 

aSten, im grebruitr 1849. 



9. Kleine tbeatralifcfoe Studien (1$77). 

I. Der tbeatralifd)e Kronos und das ftreitende Cbeater. 

(Sin bramatifd^eS 9le))ertoire reid^t ni^t toeit über, 
ein SJienfd^enalter l^inauS. S)er I^eoter^Äronog öer* 
fd^Itngt nad) unb nad^ bie meiften feiner ^nber unb 
nur ein ®iiaU\ptaxt^Qtvi^ bteibt etoa am öotten Seben 
unb be^errfd^t bie SBrettertt^elt burd^ ein paar 3a^r^ 
^unbertc. SBenn man \o feine mel^^ ate fed^jig 3al&re 
ini^ I^eater gegangen ift toie id^ — toeld^e Sterne 
^at man am bramatifd^en ^orijont aufgellen, ^eQ 
glänzen, m&I^Iid^ t)erbleid^en unb fd^Iie^Ud^ lieber im 
Siebet üerfd^toinben feigen! S)a ift unfer $einrid^ ö. 
(£oQin. ©ein ^aUeguIu«", „m&on\ „Salboa" toaren 
burd^ einige Sa^rjel^ente SRepertoireftüdEe. SBo finb fte 
l^ingetommen ? Sfftanb unb ^o|ebue l^ietten \ot\t länger 
au8, aQein n^eber bie bärgerlid^e 23toxai beS einen, nod^ 
bej^ anbem äSi^ unb (Spott n^oQen feit geraumer ^tit 
mel^r munben. (Sinjelne i^rer @tüd(e taud^en bistoeilen 
auf ote ©enfmale einer »ergangenen 3«^* ^^^ ^^' 
fd^auung. Sin jeber ber beiben l^atte im Derfloffenen 

15* 



228 9. ÄIcine t^catralif^e ©tubien (1877). 

3a^re jioei Sluffii^rungen im Surgt^eatcr. Unb bcr 
Serfaffer bcr „©d^utb" unb bcr träncnrcid^c ^ouioatb, 
6cibc cinft bad (Sntjüdcn t)on uni^ adcn, ali^ n^ir nod^ 
jung tüarcn, fic tocrbcn au3 ü^rcm ©d^attcnrcid^c gar 
nid^t toicbcr l^cröorgc^oft. SbcnfotDcnig Saä)aüa^ 
SBcmcr, bcr frcilid^ nur bramattjd^c tote poctifd^e 
jfuriofttäten unb $l^antaftcn gebrad^t. %6er aud^ k)on 
bcm berben ^raltifer ^aupaäf, bem quondam tl^ca- 
traltjd^cn Slöcinlöerrfd^cr, ift nur „3)er SRülfcr unb fein 
Stinb" übrig geblieben. 3)a begreift e§ fid^^ baft aud^ 
bie dii minorum gentium, »ie (Slaurcn, ipolbein, 
©einl^arbftein ufto. längft unter bie SSerf^oöenen ge* 
pren. S)a| aber ein bebcutenber 3)ramatilcr unb »irl* 
lid^cr ©id^ter, ba| ein griebrid^ $citm, beffen „ged^ter 
öon SRaDenna" bo^ in bie neue %ca l^ineinragt, gtcid^«= 
falls bcinal^e ber SSergcffenl^cit anheimfallen lonntc, 
mag t)iellcid^t weniger bem ^blüum ali^ ben Xl^eater« 
bireftioncn jur ©d^utb angered^net ttjcrbcn. 3m ganjen 
barf man freilid^ ol^nc Übertreibung behaupten, ba§ 
bag beutfd^e Xl^eatcrpublilum »enig 5ßictät befifet unb 
ba§ e« fc^r — öcrgefttid^ ift. (£8 to&re 5ßflid^t bcr 
Äritil, ba ein ttjcnig nad^jul^clfen, auf ba8 alte tt)ie 
neue ®ute aufmerffam ju ma^en^ e8 nad^ Gräften ju 
fbrbem. 68 gefd^icl^t ^^^^ beiläufig ba8 ®egcnteil. ©o 
^ebt jum SBeif^)icl bie SRcicnfton über ein neuc8 Suft^ 
fpicl getoö^nlid^ folgenbcrma^cn an: „SBir 3)eutfd^c 
Iiaben leine Suftfpielbid^lcr imb feine Suftjpiclc. S)ic 



9. ^(cine t^eattalifd^c ©tiibien (1877). 229 

betben 3Rciftcrtt)cr!c ^3Rinna ]öon Sarnl^ctm' uiib ^2)er 
jerbrod^cnc Ärug' ftnb SluSnal^mcn unb beftätigen nur 
unfern ?lu^jprud^, unb bic Äomöbic öon gcftem ift 
ein neuer SBeteg bafür" ufto. Unb nun toirb bag arme 
ßuftfpiet l^eruntcrgemaci^t, in »eld^em toeber ein öer* 
abfd^iebeter unb verliebter Dffijier öorlommt, ber einen 
Siing öerjefet, nod^ ein ^ßrojel um bte ©d^erben eine« 
Ärugeg geführt n?irb unb ttjeld^e« bal^er nid^t „Ilafftjci^" 
ift, fonbem MtagStoare ol^ne Oel^att, ol^ne 2;iefe, ol^ne 
Sl^arattertftit. 

3n $artd gel^t bad anberi^. äBenn Stle^anber 
3)uma8 unb ©arbou neue ©türfe bringen, fo tt)erben 
fie toeber mit ©l^alejpeare öergltd^en, ben bie fjran* 
jofen foöiet n?ie gar ni(^t lenncn, nod^ mit äRotike, 
aud^ fällt e§ leinem ©terben^menfd^en bei, öon ber 
neuen, mobemen {(rbeit gu verlangen, ba| fie fid^ 
burd^au« in bie gormen beg „äRifantl^ropen" ober beg 
,,Xartuffe" einjtoängen mfiffe, fonbem baS ©tüdE n?irb 
einfad^ feinem Sn^alt unb ©el^alte nad^ bef))ro(^en, 
gelobt ober getabelt, ol^ne ©eitenblidEe unb o^ne SSor^ 
eingenommenl^eit, au^ ol^ne literarifd^en ©d^n^ulft unb 
93ombaft. 3ft baä Suftf^)iet gut ober aud^ nur luftig, 
f freut \xä) baS ?ßublifum barüber tote ber SRejenfent. 
3)aö mad^t: in granlreid^ gilt „Seben unb leben laffen" 
— bie S)eutf^en ftnb aber neibifd^, befonber« bie 
beutfc^en Siteraten. Slebftbem l^errf^t bei un8 eine 
üterarif^c Clique, bte ben Siu^m an bie S^rigen 



230 9. kleine t^eatralifd^e Stubien (1877). 

verteilt, aöc „grembcn" ignoriert ober fd^Ied^t mac^t. 
Srgenb ein mad^tiger @ofter^ n^ie Qioüa, l^ält bte 
@(i^rei6febem in feinem @oIbe unb Iä|t mit i^rer 
SBetl^ilfe feine Ärtilet anpreifen. @o tt)ei§ bie „Äugl^* 
burger Sttgemeine" jcittoeife öon einem neuen ©dritter 
ju erjä^Ien — baS ]^ei|t, irgenb ein in Stuttgart be* 
günftigter homo novos f)at ein Sud^brama gefd^rieben, 
bei Sotta k)erlegt unb eS foQ bal^er t)om Sefepublihim 
getauft n^erben. Stad^ Sal^r unb Xag finb Sud^ unb 
?lutor öergeffen, biä auf ben SRamen. @o ift auc^ 
burc^ „SSetter Cotta" unfer SabiöIauÄ 5ß^rlcr feinerjeit 
gu (Klaren getommen unb jal^relang in ber ,, Stilgemeinen " 
als „beutfd^er $omer" angcpriefen toorben. SSSenn aber 
fc^on $ora2 bemertt^ ba| ber gute $omer jutoeilen 
einbufle, unb 3ean $aul in feiner „JBorfc^uIe ber 
^ftl^etif '' einem jeben (SpoS bie (SrlaubniS erteilt^ ettoaS 
langweilig ju fein, fo bebiente ftd^ jener Äird^enfürft 
biefer „exceptio" in öiel ju l^ol^em ®rabe. 

SBir übrigen Öfterreid^er, bet beutfd^en ©Kque 
fem unb fremb, ftel^en literarifc^ jiemttd^ im ©Ratten. 
@o loar ©rinparger burd^ geraume 3^it iu 3)eutfd^lanb 
fo gut toie unbefannt. Seit XiedE unb ©otger gatt er 
ate SSerfaffer öon „©d^idtfalötragöbien", toeil er ate 
junger SRann ein „®cfpenft" auf bie SBül^ne gebrad^t. 
^u^ ber alte @otÜ)t tannte i^n n^ol^I taum über bie 
„JH&nfrau" ^inaug. S)ie SBiener SBriefe be« berbcn 
SKaurermeifterg unb ©trop^enliebtcrg Stlkx, ber öon 



9. tieine t^eatraltf^e @tubien (1877). 231 

^oefte fok)ieI tote nid^tö Derfianb (k)on aRufif nur 
toenig)^ toaxtn nid^t geeignet, bem ®ro|»^op^ta in 
SEBeimar eine bcfferc SRcinung öon unferm SBiener 
Xragifet beizubringen. 3)er Xl^eater^^onoi^ tt^ar aud^ 
bereitö nal^e baran, ben guten SriOparjer fantt fetner 
„®Qpp^o**, ^SKebea" unb „^cro" ju Derfd^tingen, tt)enn 
ftd^ nt^t ber t^eatraltfd^e ^entaure Saube bem MeS« 
Dertilger männlid^ entgegengeftettt, il^m jeine Opfer 
nod^ }ur redeten 3^^^ entriffen l^&tte. 

S)ie beffem ättem S)ramen bem SRepertoire ju er* 
l^alten, fd^eint um fo notn)enbiger, ate bermden nur 
feiten bebeutenbere 9leuigteiten auftaud^en, baS $ubli* 
fum aud^ bem Xl^eater gegenüber eine Stellung ein* 
nimmt, n^et^e eS boppelt mäufd^en^tt^ert ma^t, ba^ 
ber geiftige @e^alt bei^ SüJ^nentuefenS ja nid^t t)er* 
na^Iaffigt »erbe. S)er SBerfaö be« mobemen Il^eater«, 
tDoruber fi^ jjebermann anmaßt ju fingen, tt)irb nun 
gar t)on einer @eite l^er betont, k)on n^eld^er man ei^ 
faum ern^arten burfte — namlid^ aud $ari8, n^eld^eS 
bod^ bermalen in theatralibus (aud^ in 2)eutfd^Ianb) 
mel^r ben Xon angibt als je. (Sin Sud^, baS mir in 
bie $anb fiel, t)on 3uIeS Slaretie: „La yie moderne 
au th^ätre" ($arii^ 1875) ftimmt ganj merftnärbige 
t^eatralifi^e Seremiaben an. S)er SSerfaffer jammert 
Dor aQen 2)tngen über ben Sau ber riefig großen neuen 
Xl^eater. (3)at)on totx^ au^ unfere ^ofoper ein £ieb 
}U fingen unb bad lünftige neue 93urgt]^eater tnirb il^r 



232 9. tUine t^tralif^e Stubien (1877). 

Dentiutlu^ aSompagnierett). — „Le saccte ahne les 
maisons modestes", meint ber Serfoffer. 3n ben neuen 
^rac^tgebäuben t)erlange man nieniger nac^ geiftiger 
9la^rung aU nadf 8[u|erlic^ktten unb ©peltalel. (C'est 
tont comme chez noos!) SS>a^ „äRetter" bed X^eater« 
birettord loerbe bobei t)on So^r ju So^r fc^mieriget 
unb nnt)erla|li(^er. S3on ftunft faum me^ bie 9tebe. 
9bxr @elb bie £ofung, ate l^anble fic^'d um eine 
^örfenoperation. Um ober ein großes @tucf in ©jene 
ju fe^en — unb onbre ^jie^en" nid^t — feien §unbert* 
taufenbe erforberlid^ unb fäQt ba^ 2)rama burc^, fo 
tommt man nid^t auf bie Soften. @o ge^t ein X^eater 
na(^ bem anbem jugrunbe. (Sud^ in ^rii^, biefer 
X^eaterftobt par excellence!) 3)a3u bie ^ol^en ®agen 
nebfl bem Suftoanb in Setorationen unb Softümen, 
felbft in mobemen @täcfen. äRabemoifeHe 3RarS ^obe 
i^r ganjeg Siepertoire mit tiex, fünf Kleibern gefpielt; 
fo Diele „robes" toar in leitetet 3^^* We S)edcI6e ht^ 
müfftgt, an einem einzigen X^eaterabenb ju t)er3e^cen. 
Unb bad ^ublifum Verlange ba^^ benn ed fei burd^ 
bie „Dffenbad^iaben" baran getoö^nt granfreic^ l&abc 
öor Qtxttn hntd) SBilbung unb Öefd^madE, burd^ @eifl 
unb f^einl^eit (aud^ in Xl^eaterfac^en) ben Xon ange« 
geben — bermalen renne man nur ben ^arifer Über- 
triebenl^eiten unb t¥rit)oIitaten nad^. (Eine Umte^r fei 
ba^er öonnöten. S)ie Qtxt fei emft getoorben unb ba« 
X^eater, toeld^e^ bie Q^ tt)iberf^)iegelt, ftabe babei bie 



9. «(eine t^eatralifd^e <5tttbien (1877). 233 

S3er))f(t(^tung, bie großen 3been, tDeld^e unS beiuegen, 
in fid^ aufjunel^men. S)cr SScrfaffcr »eift auf Älcjanber 
S)umad l^in als ben ©rünber einei^ „th^ätre militant", 
toeld^eS ftd^ mit ben brennenben f^ragen beS Xaged 
befd^äfttgt. 2)aS X^eatet bürfe nid^t ju einem „amasoir 
vulgaire" l^erabgen)ärbigt tt^erben, alleS ®ble unb @ro^e 
gepre auf bie SBäl^ne: bie SlrbeitSfrage, baS £oS bed 
SBeibeS, baS SSaterlanb unb bie ^ei^eit. ,,L6 poete 
ä Charge d'ämes" — toie SSiltor $ugo fagt. 3)er 
bramatifd^e 2)id^ter jei fotgti^ öerpftid^tet, jeine Äunft 
emft ju nel^men ate eine ©enbung im S)ienfte ber 
SBal^^lÖ^it unb ©d^bn^eit, er muffe baS im ®enu| 
taumeinbe ^blitum n^ieber auf bie rid^tigen SBege 
ber ffiinfad^lö<^it unb Siatur jurüdtfü^ren. SÄit (Sancan 
unb ^arobie muffe ein (Snbe fein^ fonft fäme man tool^l 
nod^ ba^in, ©d^illerS ,,S)on GarloS'' in eine Opera buffa 
umjun^anbetn unb ben äRarquii^ $ofa eine @igue tanjen 
}U laffen. 

3Ran !ann bem ?lutor in ben meiften biejer ÄuS* 
laffungen nur k)5l(ig beiftimtnen unb fi(^ aufri^tig 
freuen, ba| ein fjranjofe \o unparteiifd^ über granjofen 
urteilt. 9iur gegen ben „X^eaterf&mpfer" 3)umag tiefte 
fic^ einiges eintt)enben; aßein ber ift nun einmal ber 
Siebling beS §erm ßtaretie. S)er Sritiler lobt alle 
StüdEe feine» Seibpoeten, toie aud^ bereu SSorreben, 
unb l^at Dermutlid^ aud^ nid^tS bagegen, baft ber SSer« 
f äff er beS „Demi-monde" unferm Ooetl^^ baS ®enie 



234 9. tleine t^eatcalif^e ©tubiett (1877). 

abfprid^t 9{ur an ber „Femme de Claude" entbe(!t 
er einige leidste WlaM; bagegen tt^etben faft ade neuen 
franjöftfd^en S)ramatifet unb il^re SBerte giemUd^ f^oö) 
gehalten, ©el^ören aber „La baronne", „La comtesse 
de Somerive", „Les deux orphelines", „Le Sphinx", 
„L'Etrangfere" uftD. toirflid^ ju biefer t^eatralifc^en 
ecclesia militans, tuelc^e SBa^r^eit unb @d^5n]^eit ju 
prebigen berufen ift? 3d^ möd^te fel^r bejioeifetn, ba§ 
berlei ©enfationSbramen imftanbe ftnb, eine SRegenera* 
tion beä X^eater^ l^erbeijufül^ren. S)er SJerfaffer fd^eint 
ntd^t t)öllig bat)on itbergeugt, inbem er eingefte^en mu| : 
„Oui, le th^ätre est en d^cadence. Ici, comme en 
toutes choses, comme en peintore, comme en litt^ra- 
ture; 11 y a an grand nombre de talents remar- 
quables, ing^nieux, spirituels, charmants; il n'y a 
plus de cröateur ou d'inventeur. Toute cette innom- 
brable et präcieuse monnaie ne vant pas un lingot 
d'or." 

(SinDerfianben. SBir S)eutfd^en befi|en aber biefe 
bramatijd^en ©olbbarren glüdHid^ertoeife in Sefftng, 
©oetl^e, ©dritter, Äleift, ©riHparjer, famt ben (Spi* 
gonen ^ebbel unb Otto Subtoig. %u6) ben ^uM&nber 
©l^atefpeare fönnen tt)ir als e^rlid^e beutfd^e (Eroberung 
^injured^nen. f^reuen n^ir und alfo biefeS reiben 
t^eatralifd^en 93efi|eS, ber ben f^ranjofen fel^It unb 
mit n^eld^em fid^ bie beutfd^e iSäl^ne mol^I no^ eine 
SBeile aufred^ter^alten lä^t. SBerben n)ir aber au^ ben 



9. tleine t^eatralifd^e 6tubien (1877). 235 

SRcuem unb SKitlcbcnbcn geredet, infofcm fie fid^ bc* 
mü^en, bad Xl^eater in einem @inne fortiufe^en, 
tDtlä)tx bem k)on i^ren großen SSorbilbem eingef^Ia^ 
genen SBcge ni^t »ibcrfprid^t. 3öi S)ienfte ber SBalö^* 
l^eit unb ®d)dnf)tit finb an^ bie befc^eibenen ipilfS^ 
arbeitet ni^t ju t)naä)ttn. Sieben ben lingots d'or 
bebarf man — ber petite monnaie. 

93ereitö \>ox einem l^alben ^al^rl^unbert mürben 
klagen laut ilber ben SSerfaQ ber beutf d^en 83ü^ne unb 
je^t flagt man abermals. (£S fe^It an großen neuen 
Xalenten, fon^ol^I probujierenben atö barfteUenben, bas 
ift rid^tig; üergleid^t man aber baS 9iepertoire t)on 
bamalS mit bem t)on l^eute^ fo neigt fid^ bie SBage 
cntjc^ieben ju unfern ©unften. 3)ie bramatiji^en 
äReiftcrwerfe^ bie ©^alefpeareS mit inbegriffen, wel(^e 
DormatS nur atö fpärlid^e Soft gereid^t tourben, füQen 
bermalen alliä^rlid^ beiläufig ein^2)rittel ber {(benbe bei^ 
Surgtl^eaterS aus» S)aS gibt einen t^eatratif^en @todE, 
ber ni^t ju k)erad^ten ift! @onft bringt man üon ältent 
©tüdEen bie beffem, nebft ben SReuigfeiten, aud^ benen 
ber 5^anjojen, in forgfam einftubiertem Qn^ammvx'^ 
fpiel, „fotoeit unsere ^äfte reiben". — S)aS l^inbert 
nun freilidö nid^t, ba§ ber unerjätttid^e Xl^eater*Ärono§ 
noc^ immer aUjäl^rnd^ feine Opfer k)erfd^nngt. S)oc^ auf 
bie (Sefa^r! 9Kan trägt fein ©(^erflein bei unb üer^ 
ji^tet obenbrein auf bie ffil^re, ber ftreitenben tifcatta^^ 
lif^en Äird^e beS §erm Claretie beigej&^It ju »erben. 



236 9. Ä(clnc t^eatralifd^c ©tubien (1877). 

2)ie eigentliche ^olemif gel^ört nt(^t aufS X^tatet 
unb ifi tro^ aQem 3^)Qu^jen beS Xagei^ nic^t im« 
ftanbe, ein ©tücf auf ben Brettern ju erJ^altcn. SBcnn 
man ftc^ nun gar barauf befd^räntt, gen^iffe $aragra))^e 
bed Code fran^ais unb fei'd mit nod^ jio k)ielem @eifte, 
bramatifd^ ju bearbeiten, f o erhält man lauter 2)ramen 
üon äl^nlid^er g^rbe, bie einanber ablösen unb beren 
k)or(e|ted bem legten tt^eid^en mn% um nad^ Sa^r unb 
lag bem näc^ften neuen ?ßla^ ju mad^en — öermutlid^ 
tt)ieber nur auf ein Sa^r. @o ta|t unfer ©tabtt^eater 
binnen einer 2;^eaterjaifon eine ganje Sieil^e biefer 
iioftbarfeiten laleiboffopifd^ an unfern Äugen öorüber* 
gaufein. — 3)ag moberne Ilö^ater, toetd^eg SReutg== 
feiten öertangt unb feiner Statur unb Sinric^tung nai^ 
verlangen mu§, fefet ft(^ nun freitid^ aud^ auf biefcm 
3Bege fort, allein baS Siepertoire getoinnt babei nur 
feiten einen bauernbcn öeft^. Qtoax aud^ SRoIiere unb 
SBeaumard^ai^ ^aben polemifiert unb im „lartuffe" 
itnb rrS^flöro" il^re Qüt abgespiegelt, aber babei inS 
&anit unb SJoIIe unb fo aud^ in^ rein äJJenfd^Iid^e 
gegriffen. S)arau§ ttjurben lebenbige unb bleibenbe bra* 
matif^e ©eftalten. (Sin parteiifd^er „Stabaga^" iftnur 
für bie ©tunbe unb fd^minbet mit il^i^. 

SBei adebem n^irb man jugeben mfiffen, bag bie 
mobemen franjöfifd^en SBül^nenfd^riftfteller öon ©cribe 
bi^ S)uma^ mit ebenfot)ieI @efd^id aU ^ül^n^eit in 
ba8 fojiale &cU\i 5U greifen üerftel&en. ®ie fc^affen 



9. ftleine t^catralif^c ©tubicn (1877). 237 

nun freiUd^ in bem lebenbtgen $arid unb baS th^ätre 
fran^ais — folangc bie SRcpublil augl^&It — unter« 
liegt feiner ipofjenfur. S)aS tafterl^afte granfrei^ er* 
freute ftd^ überhaupt öon iel^cr einer getoiffen I^cater* 
frei^eit. SKoIikeg Sümpfe um „Sartuffe", jene SBeau* 
marc^aig' um feinen rrgtgaro" ftel^^n üeretnjelt wie 
SBütor $ugo§ H^caterprojcffe unb anä) biefe fül^rten 
f^Iiellid^ gu einem glänjenben Siege. Un« foQte bie 
geiftige greil^cit öortSufig öon auften fommen. S)ie 
®aüier mußten erft (im So^re 1805) in SSSien il^ren 
ffiinjug l^alten, auf ba| e« uniJ geftattet tourbe, unfern 
Ätaffiler ©dritter bruden gu bürfen — eigentüd^ nad^* 
brurfen. 2)ieje ßbfi^papierauggaben toaren nun freilid^ 
bur^ ben g^ieben öon ©d^önbrunn, burd^ über taujenb 
Quabratmeilen £anb unb beinahe brei äRiQionen 9)len^ 
fd^en jiemlii^ teuer erlauft. — Unb unfer armeg 
Il^eoter l^atte fiberbiei^ leinen @en?inn baöon. 9lad^ 
bem Stbguge ber g^anjofen gab eg leinen „Xeö" unb 
,,gie§co" me^r unb ber ^räfibent in „ßabale unb 
fiiebe'' tourbe abermals in feinen fabetl^aften SBicebom 
umgett^anbelt, ber SSater in ben D^eim. 

^ad fagte aber einem fremben ©d^aufpieler nic^t 
ju, toeli^er in ben jtoanjiger Sauren aU gaftierenber 
„gerbinanb" nad^ SBien lam. SBei ber ^obe beftanb 
er auf „SJater" unb „©o^n" »ie er'8 getool^nt war. 
3)ie einl&eimijd^en Äfinftter erllärten fid^ bereit, auf 
biefe restitutio in integrum bcÄ DriginatteEtc» einju^ 



238 9. »Wnc t^catralif<|c ©tubicn (1877). 

ge^en. ©d^re^Dogel lieg bie Seute gen^&l^ren. (Ein 
fd^öner ©ommerabenb, badete er, ein leerei^ $auS unb 
ber Äaifer in ßasenbutg — ba lann man'8 ri^Iieren. 
— S)ic $robe ging toie am ©d^nür^en. äu^ öer* 
f^iebene, fonfi l^öd^Iic^ tttpbntt ©teilen, n^ie: „^ann 
ber $er}og ®efe^e ber äJlenfd^l^eit k)erbre^en ober 
§anbtungen münjen, tDie feine S)reier? ffir fann ben 
Hermelin über feine ©d^anbe l^intoerfen!'' — bie§ 
unb äl^nlid^ei^ lieg fid^ Demel^men. S)ie ^uliffen be§ 
^urgtl^eaterd blieben babei unben^eglid^. 3njtt)ifd^en 
l^atte ftc^ ber ^immel getrabt unb e8 trat 9legennjetter 
ein. ©0 fam Äaijer granj in Sajenburg um feinen 
Slbenbfpajiergong, aud^ n^aren tueber bad geioo^nte 
Quartett, nod^ bie Xarolpartie mit ^tfd^era bei ber 
§anb. S)er Äaifer langtoeilte ftd^ atfo unb befd^Iog^ 
in fein SBurgtl^eater ju fal^ren. S)a« ©tüdE ^otte bereits 
begonnen, aU er in bie ipofloge eintrat, ©d^re^öoget, 
auf ben %oh erfd^rodten, eitte auf bie SBül^ne, um ben 
,,8Jater" ju fontremanbieren, ben „Dl^^^im" ju refti* 
tuieren. 2)aö fe^te aber bie ^eittofefte SJerwirrung ab. 
^od) ate SRufifug äRiöer fpra^ Don „@r. ffiEjeQena 
bem §erm ^ßapa" ; SSicebom SBitl^etmi fagte ft^ ätoar unb 
rebete feinen öerlomen ©ol^n per ,,SReffe" an, biefer 
erteilte il^m aber, tt)ie auf ber $robe, ben fügen 
Slamen SSater. Äurg, bie ©d^aufpteter famen au« 
bem §au8d^en unb ber ©ouffleur l^atte feine liebe 
9iot bei biefem t)ertt)anbtf(^aftlid^en SJurd^einanber. 



9. «eine t^eatralifcle Stubien (1877). 239 

Sei bcn späteren SSorfteHungcn bci^ ©tücfcä lourbc 
bie alte Orbnuttg iDtebet l^ergefieQt. f^erbtnanb mugte 
üor tDie naäf empl^atifd^ aufrufen: „(&^ gibt eine 
®egenb in meinem ^ergen, tüoxm baS SEßott Dnfel 
noc^ nie geprt toorben ift — bringen @ie ni^t bis 
in bicfel" S)u lieber §immell 3n toaS bcnn ffir eine? 
SBaS ift mir ^efuba! SBaS ift unS ein Dnfel, ober 
eine Xante? Aber bieder 3^nfuronIeI !ann ffir ein 
©^mbot gelten toit im „9{at^an'' baS äSort ,,äBa^r:' 
^eit" ftatt „SReligion". «Ipafa ftatt ed^ten Silber«, 
»erlangt bie X^eaterjenjur. 

Snlei^ Slaretie l^at bod^ fütdjtl SEBir brausen 
ein th^ätre militant, um t)or allem bie X^eater^» 
befd^ränlungen ju befämpfen, bie ^efci^ränhtng über« 
^anpt, bie @eiftedbef^ränltl^eit Don oben n^ie nad^ unten 
ben ^od^mnt ber @ro|en, bie 2)ienftedbef(iffen]^eit ber 
Äteinen, bie ffing^erjigfeit, bie Unioiffen^eit, ben Un* 
üerftanb. 

gantior 1877. 

2. Dramati(d)e Ciebespaare. 

f^reunbfd^aft ftel^t gen^ifferma^en l^bl^er aU bie 
ßiebe, ober beruht bod^ auf fefterer, realer unb ratio- 
neller ®runblage. 2)arum uberbauert fie aud^ bie l^ef» 
tigern (£m))finbungen; bie leibenf^aftlid^e Siebe ber 
jungen hatten gel^t aDmäl^Iid^ in ftiQere Steigung, 



240 9. Äleinc t^eattalifd^c ©tubicn (1877). 

SBol^tooIIcn unb gteunbfti^aft über. S)crici ruhige unb 
fticblid^e SScrl^ättniffc taugen aber wenig für« Sweater, 
baS nac^ Setuegung k)erlangt, nac^ ^onflitten unb 
Seibenfd^aftcn. S)ic fiicbc al8 f ot^e ift nun bie fü|eftc 
wie bie gewaltigfte, jugleid^ bie geJ^eimni^üottfte Seiben* 
fd^aft. äJJan mag bie @ad^e bre^en wie man wiQ^ ber 
eigentli^c Äem ber ßiebe, bei welcher @inn unb ©eele 
jufammenftieften, ift faum öbttig ju ergrünbcn. SBie 
entftetjt bie fiiebe? SBarum üebt man? SHemanb weife 
eö. S)ie romantijd^e ßiebe! „S)ic Kaprice auf gerabe 
biefe/' wie §egel fie wenig gatant bejcii^nct. S)ie erfte 
ßiebe! ®ibt eS ipolbere« im aRenfd^enteben? es ift 
bag ©efül^I ber Unenbtii^feit^ ber ffiwigleit, weld^e» 
Süngling wie SDi&bc^en erfaßt, burd^glül^t. SBirb baS 
üon 3)aiier fein? SBer benft baran? SBer beult an bie 
3ulunft, wo ber 3Roment aöeö ift! Qmtx SBefen finben 
fi^, fie brennen öor SBegierbe, einanber ju befifeen, fte 
fd^euen nic^t Äanipf unb ©efa^r, felbft ber %ob f^at 
feine ©(freien für fie — fie öerjd^Iingen fid^ in ein^, 
bie raul^e Slufeenwelt f^winbet öor i^ren feligtrunlenen 
SBUrfen, nur fie unb bie Siebe bleiben — baS SRätfel 
beS SebenS fd^eint für immer gelöft 

3)ai^ ift bie Situation jwifd^en bem blutjlungen 
atomeo unb ber öierje^njä^rigen Sulie. @ie be* 
gegnen ftd^ jum erftenmal auf einem SBalt unb i^re 
§erjen, wie man ju jagen pflegt, fliegen einanber ju. 
33aS ift beinahe wie in SBemer^ ^SBei^c ber Äraft**, 



9. Äteinc t^catralifc^c ©tubien (1877). 241 

mo ber mtiftifci^e junge %i)toHlb bei %f)txt\tn^ Snblict 
aufruft: „9Rein Urbilb!'' — SJafe SRomeo bie rcijenbe 
junge ©d^öne gleid^ beim erften 3iiföoimentreffen ol^ne 
Umftänbe fir^t, entfd^utbigt «. 28. ©d^teget bamit, ba§ 
bcrlei ju bciJ S)id^ter3 3^^*^ ^^^^ ffi^ ^i^^ befonbcre 
Sertraulid^teit gegolten ^abe. SSeniger begreift ftd^ beiS 
ßiebenben ra|d^eg ?tbJ!|)ringcn t)on feiner ©d^tpärmerei 
für Sflofalinbe ju 3u(ie. ©d^Iegel begeid^net ba^ aU 
ben ,,^eiligern (Smft feiner gleiten Seibenfd^oft". 
28ag ift aber baron ^eitigeg ? S)ie beiben jungen fieutc 
gefaflen einanber. Voüä tout. @ie fannten ftd^ biö* 
^er gar nid^t, »iffen gegenseitig nid^ts öon i^ren 
£ebendt)er]^ältniffen, nod^ t)on i^ren Sl^aralteren ober 
(Eigenfd^aften. (SiB finb eben ein paar SSerliebte, k)om 
Siebe^pfeit getroffen. Slbcr batb erfal^ren fte ju i^rem 
©d^reden, bafe fte jttjei einanber feinblid^en ^äujeni 
angel^ören. ÄQein mag füntmert baS julc^t bie Siebe! 
Va banque! SRomeo bringt mit Sebcn^gefal^r in ben 
©arten ber (£a|)uteti^ unb Sutie jagt i^m entf^Ioffen: 

^toöx* bt(^ 5u meinem Siebften, 
Unb i^ bin länger feine ^apuitil 

JBerliebt unb praftifd^ fragt fte jugleid^, »ie'g mit 
bem heiraten ftel^e. ©ie »erben ein ?ßaar, insgeheim, 
allen ©tammegfeinbfd^aften unb ©efal^ren jum Xrofe. 
S)amit beginnt eigentlich erft bie S^ragöbie. S)ie ffi^c 
ujar aber nur öon furjer S)auer. SBie ^ätte fte ftd^ bei 

€4ciftea lY. 16 



242 9. tleine t^eatralif^e ©tubien (1877). 

gutem Aufgang bcr ©od^c wol^I in 3^^^^!* geftaltct? 
Ratten bie beiben (Sl^araftere auf bie £&nge fftr eiit^ 
anber getaugt? 3c^ toid t)on ber l^olben Sulie t)or^ 
aujSfe^en, ba| fte il^rem jungen unb feurigen ®atten 
treu geblieben, eine gute ^au^frau unb SRutter gc= 
Sorben to&vt. Aber biefer SRomeo mit feinen @d^tt)är== 
mereien! SBie, toenn jene ftolje SRofalinbe, bie ic^ mir 
al8 eine Art „©pj^ins" öorfteHe, bem jungen ©atten 
^interl^er einen @d^ritt entgegen tut? (Sttoa ju einer 
3eit, too Sutie im §aufe bef t^fiftigt ift ober bei i^ren 
(Eltern ju 93efu^ ober ein toenig un^a| unb ber^ 
g(eid^en. 3)er erfte SiebeSroufc^ ift bei bem roman« 
tifd^en ©d^to&rmer t^ermutlic^ t^errauc^t, unb in ä^erona 
tann il^m leidet mieber ein Sßeib witommtn, toeld^e^ 
er für ba8 ft^bnfte mt, ,,feit SBelten fte^n^ Äurg, 
ic^ l^abe ben jungen 9Renf c^en im SSerbad^t, ba| er in 
ber &)t ©eitenfprünge mad^en tt)ärbe, unb bie arme 
Sulie bfirfte ft^ barüber bie fd^önen 9ugen aui^meinen. 
Ser toeife 2)ic^ter fal^ baS ol^ne 3^^if^t t)oraud unb 
liefe lieber beibe fterben, im SBoIIgefül^Ie i^rer gegen^ 
feitigen Seibenfd^aft, 

— wie gfcu'r unb ^^uh>tx 
3m Stn^t ft^ bec^el^rm. 

@^alefpeare l^at too^Igetan. 2)ie (Srbenfd^tacfen 
finb abgefaflen, bie järtlic^ Siebenben leben für immer* 
fort in ber l^eiligen SRa^)^taflamme ber ^oefie tote im 



9. kleine tl^eatraltfi^^e ©tubien (1877). 243 

@ebäc^tntö aQet fül^Ienben ^etjeit, unb \o ift unb 
6(ei6t „9b)meo unb Sulie'' unbeftritten baiS @Qmbo( 
unb bic Iragbbic bcr fiicbc für aße 3^^^^ i^i^^^ 
Stationen. 

2)iefe P^tigen 93emerlungen l^atte ic^ t)or 3^ren 
niebergefc^rieben unb mtc^ t^rer erinnert, aU id) 
unlSngft (Ebuarb t). ^artmannd gefammette „@tubien'' 
burc^blStterte. 3n einem Keinen (£ffaQ aber bad £iebe§^ 
brama toerben bort 2)tnge ganj emft^aft aujSgef|)rod^en, 
bie mir t)orbem ald (Einf&Ke ober @(^ruUen burc^ ben 
^o|)f gelaufen. S(u^ ber ^l^ilofo^^ nennt 9lomeo einen 
„glattergeift", ja er fprid^t il^m jogar bie ÜRfinnlid^feit 
ob, tt)te bie eigentliche Seibenfd^aft. S)er junge 9Renfc^ 
tt)erbe nur burc^ ^ffelte (@innlic^teit) geleitet unb 
jeine ^eirat mit einem t)ier}e]^ni&l^rigen 9Räb(^en 
mürbe heutigentags bem „9letc^Sftrafgefe|f6ud^e'' t)er- 
faflen. 

S(ud^ Sulie lommt nic^t t>id beffer n)eg; jte ent- 
toicfle jttjar eine tiefere ßeibenfc^aft ate il^r 9lomeo, 
boc^ jei fie im Orunbe „gemütto«" (gleich il^m) oh 
gegenfeitigen 9RangeId aQer S(n^&ngtid^teit filr (SItem, 
Slnge^5rige unb Satertanb. S)ie 2kbt fei fiberl^aupt 
^ier öon ©l^afefpeare nid^t „in feiner fonft et^t ger«» 
manifc^en ©efüJ^tetoeife" bel^anbett toorben, fonbern 
„ttjef entließ im romanifc^en ©inne". S)a| fic^ Sulie 
mit il^rer £ie6e fogleic^ il§rem 9lomeo an ben ^o^f 
werfe, barüber, fotoie über i^r rü(!fi(^tÄlofe8 ©eftdnbni» 

16* 



244 9. ftleine t^eatraüfc^e 6tubieit (1877). 

an bie gemeine Ummt n^ürbe fxdf „jebed beutf(^e 
äRäbd^en" f!anba(tfteren ufiD. ^rj, ^artiitann toxVi 
ha^ ®t&d bnxifyin^ nidft aU „ha^ $o^e Sieb ber 
Siebe" gelten laffen. 

Unb »arum ni^t? SBeit bie Siebe l§ier romanifc^ 
ift? S38ie foU fie anber* jein? S)ie beiben leben unb 
lieben ja in ä^erona unb nic^t in Slugdburg, gfranifurt 
ober gar @ad^fen^aujen. (£i& ift bie ]§ei|e italie« 
nifc^e Siebe, ed finb ^ei^e junge ^rjen, beten ed 
ja aud^ in 2)eutfd^Ianb gibt, nac^ bem StUQaxi @ott« 
frieb^ t>on @traPurg unb feineiS $ol§en Siebed 
„Iriftan unb Sfolbe". S)ie beiben -SSeronejer Siebenben 
t>ergeffen il^re (Sltem unb bereu ^arteigejonte. 2)ad 
liegt hoä) tt)ol^I in ber 9latur einer übedoältigenben 
unb aUed t)erjd^lingenben Seibenfd^aft. %ber Sulie 
^at fein &tttaü ju il^ren &itvn. 9lun, bie n^oDen fte 
t)on l^eute auf morgen an ben unbebeutenben unb i^r 
t^er^a^ten ®raf en $arig k^er^eiraten. 3)aiB arme SKäbc^en 
meigert ftd^ ober mit Sl^rerbietung: 

3(^ fld^' eu(^ auf ben ^ten, mein guter Satec, 
$5rt mit <9ebttlb ein einzig SBort nur an! 

3)arauf ber alte (£a))ulet: „&ti)' jum genfer!" 
ffir fd^itt fie dnt S)ime, ein latggeftc^t, eine ^cje. 
Sie foQ ben reid^en ^erm ©rafen heiraten, feinen 
guten ^reunb, ober betteln, l^ungem, am Sßege fterben. 
!Da n^enbet fid^ bie Zod^ter an SKama (iapuUt: 

C, ffl|e Shttter, ßo| mxd^ bod^ ni<!^t ipeg! 



9. meine t^eatralif^e ©tubien (1877). 245 

Unb »ag crtoibcrt bicfc? 

Xu, mit bu to\!L% bu ge^^ ntid^ nt(^tö me^r an. 

Sin re^t gemätUc^eS (£Uempaar. Unb }U benen 
joQ bie 2;oc^tct ®cmfit ^aben! Sic ift frcilid^ fein 
„bcntfd^cÄ SWäbt^cn", l^ot nur eine „romanifc^c ßicbe'' 
im §crgcn. SBai^ verlangt ober eigcntti^ ^err t>. $art= 
mann t)on einer £iebei^tragöbie? ^fitte @|afef|)eare 
üieltcic^t ein abftraftcg ßiebe^paar fc^ilbem foUen, 
tod(f)^i loeber in Stauen, noc^ in 2)eutfd^tanb, no^ 
in granlrcic^ ober Äu^Ianb ober fonftoo auf realem 
93oben fu^t, fonbem überall unb nirgenbd ju $au{e 
ift? 2)erlei lägt fic^ tttoa |)^itofop^ifd^ fonftruieren, 
|)oetifc^ tonjipieren nun unb nimmer. 2)er Sffa^ift 
räumt jn)ar gnäbig ein, bajs Sflomeo unb 3u(ie ben 
romanifc^en 3bealen fo giemtic^ cntfpreci^en; ba§ fte 
ober auf baiJ fci^rofffte mit ben beutfc^en fontraftieren, 
toai er gleichfalls bel^au^tet, lann iä) i^m nun unb 
nimmer jugeben. 3n einer Xragöbie, bie too^I burc^ 
bie @|afef|)earef^e angeregt »orben, in ÄleiftS 
„gamiKc ©d^roffcnftcin", benel^men fid^ bie beutfd^en 
Siebenben nid^t minber rüdtftd^tslod aU bie italieni« 
fc^en, ben äußeren ä^erl^ältniffen fotoie i^ren (Eltern 
gegenüber. S(u^ bief eS @tü({ bringt Siebe, Seibenf c^aft 
unb fc^öne 9tatur(aute, nur nic^t in fo reid^em SKa^e 
ate baS bed (£ng(&nberd. @treift bad 9lationet(e, ßn^ 
füDige unb ber Qtxt (auc^ bem 3^itfti^0 Ängeprigc 
t)on „9U>mto unb Sulie'' ab unb baS @d^öne unb 



246 9. Stidnt t^atralif^e ©tubten (1877). 

rein aRcnfc^Iid^c bleibt atö Äcftbuum in biefer au§* 
f(^üe|K(^ einjigen S^ragöbie ber Siebe, gfir biefe An* 
fic^i tonnte id^ eine äRenge S(utoritäten anfül^ren; ic^ 
begnüge ntic^ mit beren brei. 

93ei ©elegenl^eit ber ^(nffül^rung ber Zragöbie 
„S(äxt" in ^ambnrg bemerlte ber alte Mafjtfc^e 
fieffing in feiner S)ramaturgie: „S)ie Siebe jelbft f^at 
JBoltairen bie ^ixc biftiert — fo fagt ein fiiinft» 
ri^ter artig genug. Sflid^tiger ^ätte er gejagt: bie 
©alanterie. 3c^ lenne nur eine Iragdbie, an ber bie 
Siebe felbft arbeiten Reifen, unb bag ift ^SRomeo unb 
Sutte' t)on ©l^afcfpeare." — Unb ber mobeme unb 
friDoIe ^eine meint nun gar: „9li(^t bad benannte 
aJienf ci^en|)aar, f onbcm bie Siebe felbft ift ber §elb in 
biefem S)rama.'' — Unb mein britter ©ctoäl^rgmann? 

— ffi^ ift fein (geringerer aU baiJ X^eaterpublifum 
t)on ©l^alefpeareÄ Qtxtm bi^ auf unfere 2age, ate 
mit fid^ fibereinftimmenbe Sinl^eit, als ^erfon gebac^t. 

— S)ermalen finb toir nun freiließ längft in ben 
?ßeffimii^mui^ geraten, toetd^er bie Siebe, infofem fie 
ni^t 9Rit(eib ift (caritas), als leibige @elbftfuc^t be« 
Klariert unb bie fd^bnen SKäbd^en nur als ,,5htall^ 
effefte ber Statur" betrad^tet — ©ei'S! Unb mag bie 
Siebe nichts n^eiter als eine ffi^e Xaufc^ung feini S)ie 
S)i(^ter toerben barum t)or tt)ie nad^ boc^ nic^t auf^ 
^ören, SiebeSbramen }u fc^reiben, folange fic^ bie 
Sugenb burc^ @c^ön|eit unb Slnmut unb SbealiSmuS 



9. ftlcine t^catralif^c ©tubicn (1877). 247 

täujc^en I&|t unb ba^ bürfte toofjli iDä^ren 6id an^ 
@nbe aUer ZaQt. 

3n ben S)ramen wn Su^tter ®oet^e \pxtlt bie 
£iebe nur eine 9lebenroUe. @etne 9Räb^en lieben ffoax 
nteift innig unb tt)ann, bie fiiebl^abet machen ftc^'iS 
bagegen iiemlic^ bequem, toit bieje Sßeidlingen unb 
(SIat)igoi8 — bie „fd^Ied^ten giguren", atö »etd^e fie 
il^r ©c^öpfer jelber bcjeid^net. Äud^ gauft ift i^nen 
beijujä^Ien, ber, nac^bem et fein l^otbed ©reichen ge^ 
nojfen fjat, fid^ nic^t toeiter me|r um bad arme 2)ing 
befümmert — (Sgmont liebt nun gar ote ein Dor* 
nel^mer $err. $at er baS ftttfame Sfirgeri^mäbd^en 
Derfft^rt? SWan »ei| eS nid^t red^t Sie l§at ftc^ i^m 
tt)O^I freitoißig ergeben ober — „f)aih gog er fie, 
l^alb fanf fie |in". — Sebenfafl^ glaubt er il^r genug 
iVL tan, »enn er einmal „fi^anifc^" ju il^r fommt. 
&aum, ba| fonft ein järtlid^ed SBort über feine 2\pptix 
tommt, n^äl^renb fie i^m ^erj, ®eele toie £eib unb 
f(^(ieJ3(i(^ bai^ £eben opfert. (Sd mad^t beinal^e einen 
fomifc^en (SinbrudE, ba| bad ©emiffen in bem ^at)a(ier 
erft htrj t)or feinem Untergange tttoa6)t (Er empfiehlt 
ba^ ^(ärc^en bem @ol^ne %Ibad. „3d^ tenne ein 
2Ääbc^en —*" fagt er. „SRun ic^ fie bir empfel^Ie, 
fterb' ic^ ru^ig.'' — Stecht gemfitßc^. «ber ju fpät, 
^err ^rinj öon ®aure! S)a8 gute Äinb ift Iängftt)er* 
forgt, eS ^at Siebe, aber aud^ Ärfenif im ßeibe. Unb 
i^r SBradEenburg beSgleic^en, ber arme treue JBürger^:» 



248 9. Äleine t^catraUf^c ©tubien (1877). 

fo^n, ber fie toeit me^r geliebt ^at al^ ber galante 
^err ®raf. 

3)a liebt ber ®raf SBetter öon ©tra^I, ber hod) 
anä) ein t)ome]^mer ^err ift, gattj anberS. (Sr bro^t 
bem ^ät^d^en tuieberl^olt mit ber $UTtbd|)eitf(^e, ob- 
j(^on ober bef|er: toeil er fie liebt. @c^on in bem 
großen SRonoIog ju Anfang beg jtoeiten 3lfte§ ruft 
er fc^merjUc^ au^: „^ät^c^en! SRäbc^en! t&t^c^en! 
SBarum lann id^ bid^ nid^t mein nennen?" SBad l^inbert 
il^n? ©eine öome|me ®eburt, i^re SWebriglcit Sinn 
ja, er barf fie nic^t ju feiner grau machen. Aber bie 
2)ime läuft il^m ja nac^ unb er brandet nur juju« 
langen a la (Sgmont Wltin ber fd^tt)äbifd^e 9tttter 
ift öon einem ebtern Sern unb t)on befferer Slobleffe 
ate ber nieberlänbifd^c ®enu§Iing. ffir »iU ba« 3R&b^ 
c^cn nic^t unglüdtlic^ mad^en, er toill fi(^ felber unb 
feine SReigung bejiningen unb \o greift er in jcinem 
^erjen^fonflift jur ?ßeitf(^e, bie man auf ber reaten 
©äl^ne ja nid^t toeglaffen foUte. 

©d^iUer, toelc^er bie Iragöbie feineiJ großen 
greunbed giemlic^ unparteiifd^ beurteilt, toxU biefen 
ffigmont, beffen SSerbienfte man nur „öom $ören* 
fagen'' fenne, für feinen eigentlichen gelben gelten 
Iaffen,.unb biefer gtoeifel^afte §elb unb Patriot fei 
ginar überbieiJ ein ßieb^aber, jebod^ — „ol^ne barum 
weniger offen unb 2;rinfen ju lieben". So ift eg aud^. 
S)ie Siebe gilt il^m nur für ein SKittel, „um öon 



9. »eine t^eatralif^c ©tubicn (1877). 249 

feiner @tim bie ftnnenben Sftunjeln tocgjubanttett". 
(Sine gcrftreucnbe ÄaöaKercpifobe, bie einem braöen 
biirgerlic^en $aar ba^ Seben foftet! 

©inmol rä(^t ftd^ aber bie in „Sgmont" \o Dor* 
nel^m unb obenl^in be^anbelte £iebe — unb jtoar an 
bem Sid^ter felbft, benn unter ben ßiebegtounben 
Xaffo^ fc^einen jtci^ auö) gettjiffc eigene ©d^merjen 
beji S(utoriS ju bergen. (SS gel^t aber babei etoaiS 
anberi^ ju ate in „®Qmont**, eigentlich umgefe^rt. S)er 
^xd)ttx unb einfädle (Sbeintann üerliebt ftd^ ba in eine 
l^oc^ftel^enbe unb pxnbt ^ringejfin, bie fi(^ t)on i^nt 
ben $of mad^en Iä§t, aber nur poetift^ unb par 
distance, benn »ie er »ärmer tnirb, fie in bie Arme 
f(^Iie§t unb aufruft: „®o nimm benn aud^ mein ganjeS 
SBefen ^in!" S)a ftöfet fie i|n fort — „^intoegl'' unb 
rennt baöon. ©iefeg „^intoeg!" gibt Sluff^Iu| über 
ben ganjen (S^aralter ber ^ame, n?enn man baritber 
noc^ im 2mtV(d fein lönnte. SBal^r^aftig, biefe Seonore 
öon Sfte, obtüoffl gleichfalls 3talienerin, ift toeitab 
t)on einer ,,romanif(^" |ingebenben 3uUa! Si^ mag 
»0^1 nur fo ettoag öon „beutfd^er" ober SBeimarer 
^ofliebe in il^r ftedEen. — SSerbient aber biefer S^affo 
ein beffere« ©d^idffal? S)iefer poetifc^e Äammerjunfer 
am §ofe öon gerrara! SDian erioeift fic^ ii^m jttjar 
anwerft gnäbig, fc^müdft il^n fogar mit einem Sorbeer* 
franj^ mad^t il^m ab unb ju au(^ füfee Slugen — unb 
^erjog SHpl^oniS fagt fogar: 



250 9. tlcine t^eatralif^c ©tubtcn (1877). 

3(^ bin auf i^n dd meinen Wiener ftolsl 

2)iefeS 3(bl^ängigteitöt)erl^ältni^ erfennt auäf Xaffo 
an, inbcm er bcmcrft: 

— ©inen ipetrn 

(Erfenn' id^ nur, ben iperm, ber mid^ ernährt. 

SBen ntal^nt ed babei nic^t an ba^ 3Im^9(t^en 
unb an bcn armen ©(Ritter, weld^em ©crcntfftmuÄ öon 
ber §oftafeI ein Äibi|*ei jcnbet! 2)er S)id^ter fa§ an 
einem SRebentifc^ mit anbem „S)ienem". — Unb 
2;affol 9Kan nimmt i^m jein ©ebici^t, fperrt il^n ein, 
n^eil enblic^ einmal ber 9Rann in il^m trxoa6)i unb 
er gegen einen $öf(ing, ber il^n mi^l^anbelt, ben 
S)egen entblb^t. (Siebenbei bemerft, bie eingige rotrf^^ 
(ic^ bramatifd^e ©jene in bem ganjen ®6)an\pid.) 
S(ber biefer Xaffo erträgt aQei^ mit ®ebulb, anä) ba§ 
abfd^euK(^e „^intoeg!" ber falten ^ßrinjeffin, er fetbcr 
toirb ^intoeggejagt — unb toie er bie SBagen ber 
l^o^en ^errfd^aften roDen ^ört, bie ^aroffe ber jimper« 
lid^en ©d^toefter, bed l^od^mätigen 93ruberd, ba tobt 
unb njütet er too^I? — Stein 1 S)a ruft er »e^^ 
mätig auS: 

fügt* t(^ nur noc^ einmal feine ipanb! — 

8Bie pnbijd^I — Shtn, bei ®ott, toenn baö ein 
SJid^ter ift, ein SDiann unb ein Siebenber! 3)a jie^' 
i^ mir bod^ meinen Sftomeo mit jeinen „?lffeften" 
t)ox, ber ftc^ in ber ßiebegöerwirrung baS Seben nimmt. 



9. ÄIcinc t^eatraüf^c ©tubicn (1877). 251 

anftatt anbete ,,StombinQttonen'' abjutoorten, tote bie 
@tubie übet bie £tebedttag5bie \f)m ant&t S(bet bet 
Stalienet l§Qt fein f^ijd^blutl 2)ie £etbenf(^aft übetlegt 
unb loattet ouci^ nic^t. Xaffo J^ingegen fügt ftd^ ge^ 
bulbig in fein ©d^idCfal. (St ift juftieben^ »enn man 
i^n nac^ SonfanboK \ä)idt, n^o et bie @tuttatutn)änbe 
„mit einem leisten SBebel fäubctn" toifl! — D übet 
bie $oflammetbicnet jeete ! Unb fo ein ÜRenf^ foH 
ein ^elbenepo^ gef (^rieben ^aben? 9(ufd l^5c^fte eine 
,«c^iDei«\ 

@tet^en nnb ^tätc^en finb blül^enbe nnb buftige 
i^iebei^toefen, alled 9latut an i^nen; fie ^aben au(^ 
leinen ftanf^aften obet ^tiftetifd^en Seigefd^macf, toie 
ettoa bad ^ät^c^en beiS atmen ^leift. 2)et gto^e @oet^e 
^at übetl^aupt bie ftiQe unb etgebene Steigung bed 
jonften SBeibeö toiebet^ott abgefc^ilbett, mit SBotüebe, 
babei objettit) unb mit aQet ^f^d^ologie. @eine SKatien 
ftetben an bet ©c^winbfuc^t obet fte^en bem Xteulof en, 
bet fie öetlaffen l^at, in feinet legten Ätanl^eit ttöftenb 
bei — abet feine ßieb^abet finb lautet gtöfeete obet 
fleinete 9Ra^abö^i^, bie fic^ äu^etft l^etablaffenb gegen 
bie (£tbentö(^tet benehmen, o^ne fid^ felbet Diel mit 
SiebeÄfd^metjen ju befaffen. ÄnbetS unfet ©(Rittet, bet 
3beaüft. 6t fennt feine einfeitige Siebe, gteub' unb 
Seib mu| beiben ^atteien gemeinfam fein. S)et Stäubet 
SKoot tötet feine Ämalie auf i^te eigene SJitte, Jet* 
binanb feine ßouifc, weit et fie füt tteuIoS ^ält, unb 



252 9. kleine t^eatralifc^e ©tubicn (1877). 

bQnn, jcincn 3rrtum cricnncnb, vergiftet er ft^ fclbft. 
äßai^ bem einen rec^t, ift bem anbem bidig. 3n biefeit 
ßiebeiJöerl^ältniffen, toie fte ein Süngling fc^ilbert, tft 
atterbingS t>xA Überfd^lD&nglic^eS, aber in ben ©efialten 
po(i)t tro| aUebem toamted ^ergblut, fein blojs Haffifd^ 
lalter 3ö^or. — S)on Carlo« unb bie Königin ftnb })oe* 
tif^ feiner, öerHärter. 3nnerli(^ miteinanbcr öerbunbcn, 
entfagen fie freitoittig, ^ö^ere ßcbengjtoede im Äuge. 

3)ie f^toärmerifc^e unb metapl^^ftfc^^ftiliftif^e 
Siebe jtoifci^en SRaj unb Xl^ella, mitten in ^cg«* unb 
©taatöaffären unb in eine rol^e beutf^e 3^** hinein* 
gejn)ängt, ^at mid) niemals red^t edoärmen lönnen. (£« 
ift unb bleibt trodener SbealiSmud unb n^urjeU in 
ßant unb bem fategorif^en Sntperatit). Sfhtben^ unb 
JBertl^a finb fc^mac^e äbllatfd^e biefer ibeeUen SJor* 
bilber unb lieben einanber fd^ematifc^ — bie Siebe 
ber Sol^anna öerüert ftc^ in bie SBoIfen unb ben 
$immel, mo^in i^r folgen mag, wer baÄ imftanbc 
ift ober Suft baju l^at. 

$einri(^ ö. ^leift öerftel^t fi^ weit beffer auf 
Siebe, in ber „gamilie ©d^roffenftein" toie in bem 
innigen unb järtUc^en, nur tttoa^ pat^ologif c^en ^ätl^ci^en. 
S)ie ©jene am ^oQunberbufd^ bleibt barum boc^ ein 
loa^reiS bramatif^eS Siebedbijou. S)aiS ift fo ein (£rgu^ 
ec^t beutfd^er Siebe. „^ßentl^efUea" »ie @^afef|)eareS 
„Cleopatra" finb Seibenf d^afti^rieftnnen, mel^r erf t^redenb 
aU anmutenb. 



9. kleine t^eatralif^e ©tubten (1877). 253 

©riHparjer, bcr toeiMit^c Sinter par excellence 
fc^Ubert und in SBertJ^a unb äRelitta bai üe6enbe 
äXdbd^en, in @a^|)|o bad leibenfd^aftUc^e SBeib, in 
ajicbca beibed. ®8 finb bic öerjc^icbcnften ßicbcSab- 
ftufungcn unb jtc enthalten feine Süge, tool^I and) aBiber* 
fprüd^e, »ie fte ber ©ici^ter bem meibtid^en ^erjen ab* 
gelaufd^t. 9Jiit feinen fiieb^abem ergebt eg i^m »ic 
bem großen ©oetl^e — fie erregen toenig Snterefje. S)er 
mlb ftfimienbe Saromir mag noc^ angeben; ber rücf* 
fic^tdloiS egoiftifd^e unb f(^Iie^Iici^ brutale Safon tt^irb 
einem unangenehm, ia ärgerlid^ unb unaudftel^lic^; 
$^aon ift r)'öüXQ unbebeutenb. 9%ur ^ero unb £eanber 
bilben ein toa^rl^aft bramatif c^ed fiiebedpaar, an meld^em 
man auc^ ben l^öd^ften Slnteil nimmt. 2)iefe beiben, 
Jftomeo unb 3uKe im antifen Äoftüme, finb bie e^t 
-öiebenben. ©ie Dergejjen bie Äu^entoelt toie bie SRatur* 
elemente unb fd^reiten in füjsem Xraumleben il^rem 
tragifc^en Untergange entgegen. @)riüparjer l^at @l^afe- 
fpeare gtüdlid^ fortgefe^t ober ergänjt 

Äu(^ g^iebrid^ §alm8 „Smetba ßambertajji", 
eine Art SRac^a^mung öon „Siomeo unb Sutie**, ift 
al8 eigentlid^eg ßiebedbrama ju nennen, unb bie inbifd^e 
„©afuntala". 

2)amit toäre beiläufig f o jiemli^ alled angebeutet, 
wai^ auf bem 2;^eater öon Siebe in tieferer SBebeutung 
gebracht »irb. S)a nun unfere SSül^ne im ®runbe fein 
„ed^t germantfd^e«'' SiebcSibeal aufweifen fann, fo 



254 9. tleine t^tralif^e 6titbien (1877). 

muffen n)it und jur 9lot mit ber „romanifc^en" £ie6ed^ 
tragöbte meiter bel^elfen, auf bie ©efol^t, ba$ bie 
„beutfc^en SKobc^en" aber bie gor gu l^ingebenbe 3ulie 
mrUic^ il^re ^olben (Stumpfnäschen rümpfen foDten. 
3)er ^l^ilofopl^ bed „Unbetoulten" ruft mir @oet^ed 
,,ftenner unb (Snt^ufiafi'' ind (Skb&c^tnid. ^a& „iRoibel 
jung", baS umarme £e6en, bie ©d^ön^it, bie bem einen 
bad ^erj jerreij^t, ift bem anbem aUga fc^Iant, er 
fturt fie an, entbedt ©ommerflecfen an ii^r — 

2)oc^ er fturt unb ftiert unb regiftriert nic^t vergebens ! 
S)enn — 

Um i^ Derfammelten SR&nner ft^^ 
^ie Ufti einen fienner nannten. 

Slannar 1877. 

3. Die tbeatralifd)e Gattung. 

Unter meinen alten papieren fanb ic^ einen QMd 
beiS ©c^aufpielerS ^ovn. (Er fprid^t barin über mein 
romantifc^ei^ fiuftfpiel „f^ortunat" nad^folgenbed tafo« 
nifc^eS Urteil aud: „@o trefftic^ bad ®iM gef einrieben 
ift, fo bürfte bie ©attung bod^ auf unferm X^eater 
Don bem ^ublitum jurüctgetoiefen totthtn.** 

%xodtn, aber prattifc^. 3)er äRann l^atte t^eatra« 
tifc^en Xa!t unb l^atte red^t. ^a^ @tü(! xoüxbt au^ 
ausgepfiffen. 



9. Äleinc t^eatralif^e ©tubicn (1877). 255 

mer bie Gattung! SBai^ für eine? äSeld^e tft bie 
rechte? Unb ouf »ic lange ift fic'« unb bleibt ftc'g? — 
SEBenn roxx hai beutfc^e Xl^eater in feiner (Sntoicflung 
nnb äSeiterbilbung «verfolgen, fo ftnb t^ itotx ^au^t« 
ric^tungen, nad^ benen ed fid^ feit jmei Sa^rje^enten, 
unb jioar jiemlic^ ftetig fortbeinegt. ^aunt, ba| man 
t)ox £efftng t)on einer beutfc^en SBül^ne fprec^en tonnte, 
^an^öfifc^e @tü(!e, franjöfifd^er @t\ä)mad unb üater« 
tänbifc^e ©efd^madtofigteit (®ottfci^eb) l^otten unfere 
iBretter äbem)U(^ert. ttnfer einziger genialer 2)ramatifer 
auÄ frül^erer 3^^*^ ©r^i^iuS, toar öergeffen — bie 
„(Gattung'', ju tnelc^er feine Kt^n p^antaftifc^en @a(^en 
(,,(Sarbenio unb Selinbe" uf».) gel^5rten, ^atte feit lange 
aui^gegolten. 2)ie beiben älteren ©c^legel, SBeijse unb 
anbere Xragtter biefer %rt ftotjierten in Überfe^ungen 
n^ie in il^ren eigenen Sßerfen im ftoljen (Schritt bed 
franjöpfc^en Ätejanbrincr* einiger; ®eDert8 ©d^äfer* 
unb $aui^f|)iele unb äl^nlic^eiS f amt maffenn^eifen Über« 
felfungen ober S3ear6eitungen repr&fentterten \>a^ Suft« 
\p\tl; in Sßien ftanben bie taum t)erbannten, l^alb im^ 
proi)ifierten ^offen unb $an*tourftiaben no(^ in leb* 
^after (Erinnerung. 

S)ad ^öl^ere 2)rama, n^ie eS bem S)eutfd^en gemäjs 
toar, nal^m erft mit ©c^itter feinen Anfang unb erfreute 
fid^ aud^ balb ber leibenfc^aftlic^ften 3i^fti»w«i^"9 ^^^ 
Station, befonberi^ als ber 2)id^ter nac^ feiner um)äd^« 
ftgen ,,5Räuber* unb gieöcoprofa" fic^ bem „3beali8mu3 



256 9. Äleittc t^catralifd&c ©tubicn (1877). 

in Jamben'' t)oQftänbig Eingab. 3n biefer einen dtidf^ 
tung, in {entimental^bramatifc^er Serfeftrbmung fegelten 
bie beutfd^en Xragiter bem tonangebenben äReifter nun 
gläubig unb ergeben nac^. 3ftxt mel^r ober uiinber %a^ 
lent ober ®enie, barauf tam'S eben nic^t an. ^lingenbe 
^erfe unb eble @efinnung entjc^&bigen ffir mand^ed. 
^a^ ^blilum ift nid^t efel unb nimmt and) gli^emben 
@tra| unb bö^mifc^e Steine ftatt perlen unb S)ia« 
manten an. ^aV ic^ boc^ mit eigenen D^ren t>er* 
nommen, wie ber qaondam oberfte Sämmerer, ber 
freunblid^ Wo^tooHenbe ®raf SÄorij S)ietrid^ftein ju 
unferm guten Otto ^tdjtUx mif Aufführung eine^ 
beffen lebhaft betlafd^ter 3)ramen mit Überzeugung 
fagte: „@ie ftnb l^alt fd^on unfer ©dritter!" — Otto 
^ed^tler toar aber nur ein Heiner ©d^iQer aug jweiter 
ober gar britter $anb — au^ ber be^ „3ri^5"''S)ic§ter§ 
3;i^eobor Sömer etwa ober au^ ber beiJ weinerlichen 
^ouwalb, weld^em bereite unfer ^einrid^ t). SoQin 
jambifd^ vorgearbeitet l^atte, bem „SReguIuä" bieieä 
jebenfaß^ öerbienftDoDen Äutorg (bie Iragbbie ging 
aud^ über oüt beutfd^en Söü^nen) wiberfu^r fogar bie 
Sl^re^ öon bem großen ®oet^c feitifiert unb teilweife 
oud^ gelobt ju werben, nur ba§ ber S)id^terrejenfent 
jugleic^ ben bebenftid^en SRat erteilte, bag etwa^ ftoff* 
arme^ fünfaftige ^rauerfpiel jufammenjujie^en, unb 
jwar — in einen einzigen ?Ift. — 3)er Ion, welchen 
Sc^iüer angefd^Iagen, Hingt nod^ immer fort unb fort, 



9. Älctnc t^cattalifc^e ©tubien (1877). 257 

unb aud^ bai^ ©d^aufpiel .t)on 9tebn)i^, ,,^^ilippine 
SBeIfcr", tocld^c« in unfern Xagcn auf bcm ©tabt^ 
tl^catcr jur Aufführung gelangte, ift i^m nid^t untreu 
getoorben. S)ie öorüberge^cnben Setben ber frönen 
SürgerStod^ter l^aben bem 5ßubti!um faum weniger 
2;ränen entlodt aU bte löniglid^cn ©d^mcrjcn ber 
„aWaria Stuart" in ber großen Slbfd^iebg* unb SRü^r* 
fjene. 

©d^ißer l^atte grofee unb erl^abene ©toffe geiüäl^It 
unb fie gro§ unb getoaltig burd^gefül^rt ; aud^ pa^te 
ber glänjenbe unb präd^tig k)orgetragene äSerd ju ©el^alt 
unb 2;on feiner SSortPürfe. Qubtm — ein jcber S)id^ter 
l^at feine %xi unb SBeif e, bie an bem Stod^al^mer pufig 
öerbrie^Kd^ fällt; allein auc^ jebe^ @enie l^ot feine 
aWalel unb Keinen gledCen, bie man nun freitid^ ni^t 
na^a^men foQte. 3)a§ (Senie felber gefällt fid^ jule^t 
in feiner Jßiebling^manicr mel^r afö red^t ift unb öer* 
fteinert fid^ tool^I aud^ barin. 3ft nid^t ©oetl^e« in ber 
„3pl&igenia" ebenfo Kd^tflare aU innige, warme 5ßocfte 
in ber „SÄatürlid^en lod^ter" big jur ©fegfäfte erftarrt? 
©eine abftraften ^ßerfonen „^erjog", rr®raf", «^of* 
meifterin", „SBeltgeiftßd^er" ufw. finb leine dramatis 
personae, fonbern nid^t^ ate btutleere ©dienten, toddfz 
fic^ in toec^felfeitigen, ^eriobifd^ tüofjH abgerunbeten 
SReben unb (Segenreben ergießen — eine 2lrt poetifd^er 
Äauäleiftil, ber nur in bem formellen SBerlin unb ba 
nur ju einer gewiffen S^xt änllang gefunben. ©^ißer 

6«^riften IV. 17 



258 9. ÄIcittc tl^ottalifi^e ©tubicn (1877). 

»irb nid^t fdtcn breit (tote im „S)on Carlos") unb 
ollju lunftooQ unb jierlid^ befd^reibenb ober ouSmalenb, 
anä) ba, too e^ nid^t ^inge^ört, toie in ber „Sungfrou 
t^on Orleans'', toenn ber einfädle Sanbmonn 9iaimonb 
t)on feiner r^trefftid^en" So^cmna fljrid^t, ber „eblen, 
garten ^immetefrud^t". — „3efet tiebt fte not^" — 
fo fä^rt er fort — 

äe^t liebt fte nod^ ^u tool^nen auf ben IBergen, 
Unb \)on ber freien ^aibe fürchtet fte 
^erobsufletgen in (?) baS nieb*re 5S)a(^ 
%tt Sftenfd^en, n)o bie engen ©orgen too^nen. 
Oft fe^' id^ i^r aui tiefem Zal mit ftitlem 
(Srjlannen 3U, totnn fit ctuf ^ol^er ^rift 
3n ailitte i^rer igerben ragenb fle^t, 
ai^it eblem Seibe, nx{b hta ernften IBIid 
^erobfenlt auf ber (Srbe Heine Sänber. 

SBeld^e güße oon Äbjeftiücn! Unb »er ^at je 
einen SBauer feinen ©c^a^ in fo jierlid^ gewählter 
SBeije l^eraugftreid^en l^ören? — Sluc^ über „lett", 
bie Sanbleute unb beren auggefud^te Slebeioeife tourbe 
äl^ntid^eg bemerft unb ber grübeinbe SKonoIog beg 
Slmtbruftfd^ü^cn (toorin er fid^ üor jtd^ fetber über 
feine lünftige ©etoalttat cntfd^ulbigt), fotoie bie 
berül^mte, an unb für fid^ l^od^poctifd^e SRebe SRcIc^* 
tl^ate: 

O eine eble ^tmmeBgabe ift 
5E)ad Sid^t beS 9Cuge$ uftP. 



9. Äleittc t^otralift^e ©tttbieti (1877). 259 

mu^tc bell %ahd bcr Äritif erfahren unb nid^t mit 
Unrecht, (Sincm 9Rcnfd^cii^ gubcm einem S3auer, xodäftt 
bieJBIenbung feinet SSatcr« erfährt, eine Art öonBcfd^rci* 
benber S^ria in ben SRunb gu legen, pa^t loeber fär 
bie ^erfon, nod^ entfpric^t eiJ ber Situation. — 
SWacbuff, tüdäftm bie Äunbe »irb öon bem ^in- 
fd^tad^ten feinet SßeibeS unb feiner ^nber, mad^t 
feinem ©d^merj unb gepreßten ©erjen in »eit natiir- 
üd^«menfd^Iid^erer SBeife Suft „SReine Äinber aud^? 

— ?Iud^ mein SBeib getötet? — ®r f)at feine Äinberl 

— SHIe!'' — S)aiJ finb bie Sammerlaute, bie fid^ feiner 
ttjogenben ©ruft entringen, unb jtoar einjeln, ol^ne 
3ufammen^ang, burd^ bie Qtox\ä^tnxthm beiJ Stoffe 
unterbrod^en unb beSl^alb um fo n^irlfamer unb ein=» 
fd^neibenber. $ic ©l^alefpeare, ^ie ©d^iHer! 9Ran mu§ 
jebem feine Art laffen. 3)er Sngifinber finbet einen 
©toff, ber i^n tl^eatratifd^ anjiel^t, ^aRacBctl^'' ober 
„DtJ^etto"; meift ift eg bie grofee Seibenfd^aft, bieben 
3)id^ter reijt, öon wetd^er er fetber erfüllt ift »ie feine 
3eit; er fud^t nun feinem gelben auf ber Sü^ne ge« 
red^t ju werben, unb gwar in trobitioneDer tJ^rm, toic 
fte längft gang unb gSbe ift, benn ber gro^e ©^ale*« 
fpeare ^at SSorgänger, öon bereu Slrt unb SBeife er 
faum abloeid^t, fott^enig n^ie t^on bem ®ang ber 9io- 
öellen, nad^ benen er feine S)ramen geftaltet, unb toenn 
feine Xragbbien unb Äomöbien ein ^bl^erer ©el^alt er* 
fiiat, fo ift eg, »eil er felbft ^ö^er ftel^t ate bie anbem, 

17* 



260 9. meint t^eatralift^e ©tubtcn (1877). 

äte SDid^tcr, SBcttbid^ter ift et cinjig; alg S)ratnattfcr 
mu^ tx jebenfaQS ate primus inter pares gelten. 9(uf 
ber Sä^ne erfd^eint er, nad) ®oet|ed SluSbrucE, ald 
„©pitomator ber SRatur", feine ©türfe finb ^bd^ft inter* 
effante äJlärd^en^ nur öon mehreren 5ßerfoncn ctjä^It 
3usege6en. 2)od^ gefd^te^t ba^ beiläufig in ber bereite 
l^ergebrad^ten unb atjef)tierten ^orm unb mit ber 
Ijöd^ften SSirtuofität; ber ^ß^antafie bei^ Qn^i^antv^ 
n^irb babei ein unenblic^er @d^aup(a| eröffnet, ber 
um eine SSSelt über bie )oirfIid^e S3ü^ne unb fiber 
bie ©d^öpfungen ber tl^eatralifc^en SSorläufer ]^in== 
aufragt ©o ift ©l^afefpeare getnifferma^en ein 
$omer^ »eld^em bie Keinem ^omeriben öorauiJ* 
gingen* 

Änberi^ fte^t e^ mit ©c^ißer. SBenn Seffing unb 
@oetl§e t^or i^m n^aren, fo gel^t ber ©ritnber ber 
beittfd^en Xragöbie bod^ üöQig anbere unb neue äBege^ 
bie auc^ t)on ben realtftifd^en ^faben ©]^atef))earei^ 
obttjeid^en. S)ie 3bee ift eg, öon toetd^er ©(^iUer au8* 
ge^t, unb in i^rem S)ienft fuc^t unb tofi^tt er ben 
©toff^ wetd^en er feinen Stozdtn gema§ be^anbeln unb 
barum in nottoenbiger gotge t^ergeiftigen, in eine ^ö^ere 
©p^äre fieben mu|. „3)on Sarloä", „2eD" ober 
„SBaBenftein'' — fie finb bie 3)iener ber Sbee unb 
jugleid^ bereu ©^mbole. 3)ag tritt am beutlid^ften 
jutage in ber „Sraut t)on SReffina'' mit il^rem S^or 
aU ibealer 5ßerfon. 3n ber SSorrebe ju biefer Srogbbie 



9. meine %atralif(^c ©tubtett (1877). 261 

nimmt bcr 3)id^tcr aud^ baö SRcd^t für fid^ in ^n^pinif, 
bie ücrf d^iebcnen ^Religionen ate ein foüeftiüe§ ©anjeg 
ju bel^onbetn unb »ic bie SReligion fetbft unter bcr 
^fiße aOer SReligionen tiegc, bemgemä^ bie 3bee be« 
©öttUd^cn poctifc^-p^ilofo^l^ij^ auggufpred^en. 3n 
folc^er SBcife fa§t ber S)id^ter ben frei gewällten ©toff 
{^mboUfd^ auf^ inbcm er il^n öerflärt nnb i^n in ha^ 
©ewanb einer nur i 1^ m eigenen^ mäd^tigen unb pt&ö)^ 
tigen ©prad^e Reibet, ju beren ©d^ttjung unb ging 
nun freilid^ aud^ fämtlid^e 5ßcrfonen be^ S)rama», ^ol^e 
tt)ie niebrige, fid^ ju ergeben genötigt ftnb. SDer Siad^* 
o^mer ge^t aber immer nur auf ha^ ^u^ere; i^m 
fe^It ber Äem ber ©ad^e, bcr innere ©cl^alt, bie be* 
fruc^tcnbe gro^e 3bee — ftatt il^rer gitt il^^ njeid^»* 
Kd^e ©entimentafität unb bie gorm be^ flingenben 
SSerfcg, mit beffen Scil^ilfc er feinen magern ©toff in 
bai^ pl^ere aicid^ ber ^ocfie jU crl^cben beftrebt ift. 
Unb baS 5ßubtitum ge^t barauf ein- „S)a« ©tue! ift 
fd^toad^'% ^ci^t e§, „l^at »enig ®rfinbung — aber bie 
noble ©efinnung, bie fd^önc ©^rad^e!" 

©eftnnung unb ©prad^e geben aber nod^ teine 
Xragöbie^ fonbem aufiJ l^öd^fte ein mel^r ober minber 
toirtfamed X^eaterftüdE, loclc^ed bie Xräncnfd^Ieufen gu 
öffnen geeignet ift. S)a8 ift nun bie eine „ Gattung ", 
mit todiftt bad beutf d^e Xl^eaterf)ublilum oon ©c^iQerd 
(Spigonen feit me^r ald einem ^atben Sa^rl^unbert ge« 
fpeift wirb, ©elbft ein wirflid^cr S)ramatifer toie 



262 9. ftleinc t^cattalifd^c ©tubicn (1877). 

■ 

t^riebrid^ ^atm tann e^ ittc^t untertaffen, fid^ tiorjugS« 
weife ate fcntimentaler ©prad^funftler ju crioeifcn* 
$etnrt(^ t). steift unb ©riOparier, Hebbel unb Otto 
£ubtt)ig l^aben t^ bagegen tierfd^mä^t, bie ausgetretenen 
^fabe no(^ »eitcr unb breiter ju treten, fte fc^Iagen 
il^re eigenen, jum leil einfamen SBege ein, auf 
benen fid^ eine genial angelegte SRatur, Wie bie 
©rabbe«, in Döüige bramatifd^e SBilbniffe unb SBirr* 
niffe öerior. 

3u ber jtoeiten ^auptrid^tung unferer ©ü^ne ^at 
Sefftng mit feiner „SRinna öon ^atn^dm'* ben S^on 
angegeben, mit biefem bürgerlid^en StitQmSiht auf 
^jreu^ifd^^militärifd^em §intergrunbe, tocId^eS ber SBer- 
faffer „fiuftfpiel" nennt. a)a3 bürgerlid^e ©temcnt ift 
barin üorl^errfd^enb, nid^t ofine SBeimifd^ung öon ©en« 
timentaütät, ttjo^l nad^ S)iberoti^ SKufter. S)a8 Äomifc^e 
ift burd^ mel^rere 5ßerfonen mit 9Äa§ vertreten. S)a 
ift lein großer englifc^er §umor, wol^t aber ec^t 
beutfd^e ^eiterfeit unb gute Saune. ®« ^räfentiert fxä) 
uns ein munteret, etwa« f d^nippif d^eg Sammermfibd^en, 
ein gemütü^er unb leidet feuerfangenber SBad^tmeifter, 
ein fpifebübifd^er SBirt, ein berber unb treuer SBebienter, 
f d^Kepd^ ein abenteuember Sranjof e, ber baS S)eutfc^e 
rabebrid^t 3)iefe tjiguren aug bem «tttaggleben, wie 
aud^ bie läd^erlid^e alte Sungfer, ber 5ßantoffeI^eIb, bie 
böfe Sieben, weld^e gejä^mt wirb, biefe» unb ä^n* 
lid^e« wirb auf ber beutfd^en S3ü^ne mit nie fe^t 



9. filetne t^eatraltfd^e @tubien (1877). 263 

fd^Iagenber äBirtung toieber unb n^ieber gebrad^t. S)er 
groftc Sefftng l^at bcn SBcg eröffnet^ Sfflanb unb 
fi!o|cbuc unb i^rc Slad^folgcr ^obcn i^n^ jebcr in feiner 
SBeife^ fortgefe^t. SDa^ S3ürgeriid^e^ in frei gewählter 
SBefd^ränfung^ baneben boS Sbeale jejutüeilen in Säften 
fc^webenb — baS ift ba8 beutfd^c D^eater. §eutc 
„S)on SarloÄ", morgen ^S)er Seitd^enfreffer'' — boS 
ift unfer ^Repertoire. 

(&^ lebt bemtalen lein großes bramatifc^ei^ @enie. 
(£g mag too^I in ber Qtii liegen unb in unfern jer« 
floffenen S^^ftänt^^r ^^% [^^ i>ic mobemen beutfd^en 
S)ramatiler mit einem 9Äat auf bie attrömif d^en S^iftänbe 
ber lafterl^aften Saiferära getoorfen. S)er alte lacitu«, 
au« toetc^em man bie Reiften ©toffe gefd^bpft, l^at ba 
oiel Unheil t^erf^ulbet. S)iefe „aReffalinen" unb „iRerog" 
unb „Saligulad" bürften fic^ aber laum aU l^altbar 
ertoeifen. 3)a§ Verrottete unb Äranle ift lein S5ortt)urf 
für bie Irag5bie, bie fid^ nur oon großen Sbeen unb 
£eibenf(^aften unb getoaltigen $onf(itten n&l^rt f^nben 
biefe aber blo^ bei ben alten 9lömem unb ©riechen 
ftatt? 3d^ benfe^ unfere mobemen fogiaten S^^ftä^^t^^ 
entl^alten ^inl&nglid^en ©toff für tragifd^e Äonflifte, 
tt)ie un8 ^ebbet beren auc^ in feiner ^SRaria aRag»= 
balena'' ^orgefül^rt; bedgleid^en Dtto Subtoig in feinem 
„(Srbförfter". 3)ag ftnb StfidEe einer neuen „©attung"^ 
toeld^e fid^ bad ^ublitum nad^ einigem ßi^gem f d^tie^lid^ 
aud^ gefallen lie^. 



264 9. ÄIcine t^cattalifd^c ©tubicn (1877). 

SBcit fd^Iimmcr ftel^t t^ mit bcm ßuftfpiel, ttjcld^c^ 
aud feinem Bürgerlici^en 6efd^räntten ^eife burc^aud 
nic^t abtueic^eu foQ. (Eine $ri)OQtgefeQf(^aft tie^ ftc^ 
unlängft ©rabbeg Suftf^iel „©(^c% Satire unb tiefere 
SBebeutung'' öorfpieten. 3n bicfer pl^antaftif d^en Somöbic 
fpielt betanntUd^ ber S^eufel in persona eine fRoQe. (Sr 
fommt auf bie (Srbe, friert im ^ei^en Suli^ fe^t fic^ 
in einen ge^eijten Dfen unb fu^It pd^ mitten in ben 
t^Iantmen, meiere i^n an bie l^5Qifd^en mol^nen, anwerft 
be^agtid^. 2)em ^ublilum marb aber, toxt x6) t)t> 
ne^me, me^r atö unbe^aglid^ bei bem ©atan^^umor, 
bem äSer^ö^nen ber n^eid^en ©entimentatit&t unb 
anbem lerfen ©^jfi^en unb ©atiren bei^ S)etmoIber 
Slrifto^j^aneg. S)a8 ©tue! gehört eben au(^ unter bie 
„Gattung", öon ttjeld^er nad^ ber bem&l^rten Änftd^t 
beg SC^eaterpraltitug ^om ba^ öerel^rte ^ublitum nid^tS 
toiffen »iU. 

6ine freiere ©eftaltung beg SuftflJieli^ fd^eint ber* 
malen nod^ immer nic^t an ber Qtit, aud^ U)ären i^r 
bie 3ntenbanten unb I^eaterbireftoren im Dor^inein 
abgeneigt. Sin leidster ©d^erj über ^rjte unb $(bt)o{aten 
mag aUenfaQd ^ingel^en, aber eine ©atire über äTlinifter 
unb SBoIfööertreter unb anbere priöitegierte ^erf bnlid^* 
leiten I Anathema siti S)er(ei bebarf ed aber. S)ie 
Äomöbie refpeltiert niemanben unb nid^tg, feine ^rf on, 
leinen ©tanb, leine efjeptionette ©teUung. 8Ba3 alfo 
tun? ^Bleiben wir bei unferer bürgerlid^en Gattung unb 



9. kleine t^catralifd^c ©tubien (1877). 265 

bei ben franj5fifd^en @^ebrud^dbramen, fd^ätteln tuir 
aber alle 3ambenftücEe ab, bte unS nid^tö barbieten, 
ate bic eblc ©efinnung be§ SScrfaffer^ unb feine „fd^öne 
©^rac^e" ! 

gcbruar 1877. 



10. moriz Scfowtnd zum Gedäcbtnis (1877). 

3n meinem ß^^wter pngen jttjci SBitber Don 
©(^njtnb. S)ag eine ift eine friil^efte Sugenbarbeit; ein 
SRitter, jugtcid^ SBefd^ü^cr einer laum angebcutetcn^ 
tixoa^ berben äRaib, todijtx ein Ungel^euer befdnt))ft 
SSermutlid^ 5ßcrfeug nnb Änbromebo. S)cr SKtter mit 
bem auffpringcnben 5ßferbe ma^nt an SRop^ael» „$e* 
liobor". 9Äan erfä^rt^ toelc^e« SKufter bem Süngling 
t)orgefcl^n)ebt nnb mit n^eld^em poetifd^en ^and^e bad 
9lQ^biIb angetoe^t ift. (£i^ ift jngleid^ berb nnb titd^tig 
gemalt nnb in bem emft*bnnfeln Ion gehalten, »ic er 
bem ©toffe gejiemt — S)ag anbcre SSitb riil^rt aui^ 
ben fpäteren Sauren be^ Äünftlerg l^er nnb gel^ört 
unter feine „SReifebilber" beren er an bie öierjig gemalt 
nnb bie er too^t aud^ atö „Snftfpiele" ju bcjeid^ncn 
liebte. @raf ö. ©d^arf in äJlünc^en ift ber (Sigentümer 
ber 3Rel^rja^I biefer löfttid^en ®d^5pfungen. S)ai^ eine 
©tüdC^ ttjeld^eg id^ befi^e ift au§ ber „©d^ttjinb^^Äui^* 
fteQung" belannt SBir beibe afö junge Seute (er war 
feinerseit fd^Ianl unb mager toie id^) fal^ren auf einem 
„Seitertoagen" in einer poetifiert^öfterrcid^ifd^cn ®egenb. 



10. a»oti5 (Sd^toinb autn (SJcbdc^tntÄ (1877). 267 

«ud^ ber gul^rmann^ bie 5^crbc^ allcg ift cd^t öfter* 
rcid^ifd^^ »ic toir fclbcr. 3)ic garbe cinfad^^ natüriid^, 
llar^ I{d^tȟbcrgoffcn. (Sine ^anbjeid^nutig ouS feinem 
legten ßebenSja^re ^angt über bem SBilbe. S)ie Scxd^^ 
nung ^at btei «bteitnngcn. 3m SÄittcIftüdE ftfet ber 
alte, längft jiemlid^ lor^jntente grcunb, nad^ bem Sebcn 
getroffen. 3)ie 3^9^^^ ^^ ^^^ $önb, »enbet er feine 
immer feuerfpräl^enben tieinen Slugen be^aglid^ f d^mun« 
jetnb nad^ mir, ber im ©d^Iafrod ft^l unb i^m au8 
einem SÄanuffei^te Dorlieft S)a^ tt>ar öon jel^er be« 
tJreunbeg SBegel^ren, f o oft er ju mir, toie er ftd^ aug* 
brüdfte, jum „Seöer" tarn, ©n ©d^ullamerab öon un8 
beiben (er ftarb erft im ©ommer biefeg Sal^reä 1877) 
orbnet bie Sudler in meinem Qxmmn. JRaimunbg „3u* 
genb"* fd^webt über nni^ unb fd^neibet mir bie tJeber; 
©d^ubertg ®üfte blidtt freunbüd^ auf un8. — S)ie 
Slbteilung red^t^ bringt eine SBiener ©efeUfd^aft öon 
anno bajumal, S)amen unb ^enen mit einiger ^orträt« 
äl^nlid^leit; fiifjt tobt feittodrt« auf bem Älaöier, 3n 
ber Abteilung (intd fd^tt^ebt bie eüoai^ berbe 9^ntp^e 
beg ©tamberger @ee8 über ben SBaffem; ein Slad^en 
mit n^eiblid^en unb männtid^en t^iguren lanbet eben 
on bem anliegcnben ^äugd^en ©d^toinbg. — S33er toei§ 
nid^t, mit meld^er Anmut er ju geid^nen oerftanb? (Sr 
ttJoUte bie ©Kjjc mit SBafferfarben leidet lolorieren 
unb mid^ an meinem ©eburt^tagc bamit übenaf d^en — 
ba überrafd^te i^n ber lob. 



268 10. SOloria ©d^minb aitm (Iteb&d^tnig (1877). 

Sd^ bcfa§ nod^ ätoci Heine SBilbd^en beS greunbcS, 
bie xä) berettö t^or 3a^ren einer ^reunbtn überlieg: 
einen bärtigen Süibejal^I, n^eld^er burc^ ben SSalb 
ftreift Ätteg braun^ aiecEe wie ©dume. ffiin märc^cn* 
l^after Ion. — 3)ag anbere JBilbd^en fteUt einen ledEen, 
^ro^igen Serl bar in farbenreid^en^ ^eß fd^immemben 
©elpänbem. (Sr fc^eitet bal^in, atö gel^brte i^m bie 
Sßelt. SBir Ratten und aber ®d)mnb tufltg gemad^t^ 
wenn er in feiner übermütigen Sonne toar. 3>a 
f(^mierte er bad 3)ing in ein ^aar ©tunben jur (£r« 
innernng ^in. 

3c^ erwähne biejer fiinftterifdfien Äleinigleiten, bie 
ebenfo d^arafteriftifd^ gejeid^net aU int S^arafter gemalt 
finb, ein jebeg in garbe unb Ion Derfd^ieben. SKir ift 
f el^r xoo^l betannt^ bag man überetngelommen ift, unf erm 
®c^n)inb, n^ie aud^ feinem 3^itgenoffen Jtautbac^ (unb 
biefem mit totxt me^r 9led^t) bie t^arbe gerabetoegd 
abjufprec^en, n^enn man il^n aud^ aU Stx6)ntx gelten 
lägt. SebenfaQg njirb man onerlenncn muffen, bag er 
fein £ebelang e^rlid^ bemüht mar, feine ^^^arbe ju 
fuc^en, unb biefe jebedmat bem eben gen^a^Iten ©toffe 
anjupaffen. Seber ed^te ^nftler mug fic^ mehrmals 
abl^äuten unb Dennanbeln. S)ad gilt toom ^aitx 
fo gut n)ie t)om 9J2ufiter unb 3)id|ter. 93on ber 
,,8aune beg ScrUebten" unb ben „aKitft^utbigen" big 
ju „tJauft" unb „Sp^igenia", t)on 3»ogart§ erften 
ßlaüierfonaten, an benen no(^ bie (Slementifc^e (Sier« 



10. mont @(^tt>inb sunt (S^ebdc^tnid (1877). 269 

jd^alc Kcbt bii^ jur ,,3upitcrfQutp]^oiite'', ju „S)on 
3uan'' unb „S^^^^^^^" ^^^^ ^SRcquicm" — ido8 für 
ein SBcfl, locld^c $^fcn! 9Ran c^ aber bie ijoll* 
enbeteu @(i|öf)fungen etne§ äReifter^ nid^t eben bamtt, 
ba§ man feine ?lnfänge üerad^tet. 3n ber -ßunft gibt 
e^ Übergänge, feinen fogenannien „äbenounbenen @tanb^ 
^nnft''. fSäai einmal £eben ^atte, lebt für immer. 
S(naIreon§ Xaube girrt l^eute nod^ toie t)or jmeitaufenb 
Solaren unb SatuIId Xrauer um ben Sterling feinet 
3Käbd^en§ Hingt toal^r unb innig n^ie an bem Xage, 
an todiftm ba^ ©ebic^t entftanben U)ar. SlQe ^unft« 
uferte fte^en übrigen^ in einem gen^iffen 3^f^^^^n^ 
^ang unb fo jiemt ed, bie ^unft ba fortjufe^en, tx>ü 
fie bie legten SKeifter gelaffen. Äud^ in ber SKalerei 
gibt e8 einen ^omer unb ^omeriben toie in ber ^ßoefie- 
3)er moberne Äünftler (nic^t ber aRobefiinftler) wirb 
fid^ in baS £eben ber Slntite foulte ber mittelalterlichen 
Äunft öerfenlen, o^ne beibe neu auftoärmen ju woüen. 
SBeld^er 2)ic^er n^oQte aud^ eine Blas post HomemiD 
f d^reiben ? SBeld^er üRaler wirb baran bcnfen, bie tote 
d^riftüd^e SW^ftil ju galöanificren, bie magern ^eiligen, 
bie gefreujigten unb in £)t gefottenen ÜKürt^rer gu 
einem neuen ©d^einleben (ju unferer SKarter) wieber 
aufguUjedEen! — 9Kan ijerfte^e mic^ aber red^tl SWan 
foQ nid^t etoa tun, atö wären Jupiter unb (Sl^riftud 
gar niemals auf ber äBett gewefen! @ie waren ba, 
finb nod^ immer ba, unb man tann il^rer gar nid^t 



270 10. ailoria @(^tQiitb sum O^eb&c^tnid (1877). 

entbehren, f elbft bei^ alten OlQm))ierd^ romn man aud^ 
nid^t me^r „beim S^^^" \d)toM unb bem fitebl^ober 
fo toieler gbtttid^er unb (£rbenn)eiber (eine ^efatomben 
mel^r opfert finä) bad alte 9lömer^ nnb @ried^entum 
lebt unb blü^t nod^ frifd^, nur anberS aU in ber 
ftetfen^ franjbfifd^en Xragdbie, bit ftd^ einbtlbete, e§ 
nad^jua^men^ aber nur eine ftarrifatur baraud ju 
ntad^en Derftanb. 3m „Suliui^ Säfar'' ift bai^ 9i9mertum 
neu unb lebenbig »lieber gefd^affen, aber nid(|t ffir alte 
tote 9tbmer (n^ie etnia in SoQind „8tegulu§") fonbem 
für frifd^e tebenbtge (Snglänber, fowie ^Sp^igenia'* nic^t 
im alten ®ried^enftil, fonbem in mobcm^beutfd^er 8e* 
beni^empfinbung gebid^tet ift. — 3n ebenjold^er SBeife 
l^at aud^ ber gro^e Sometiui^ l^eibnifd^ed xoit d^rift- 
lid^ei^ fo gut gebrandet unb benäht n)ie il^rer 3^^^ 
9tap]^ael unb SRic^el «ngelo, 

%ae ^nft ift Übergang, allein ber 9iap^aelfc^e 
SBcg, fagt man uni^^ ift nid^t fortjttfe|en — mag fein! 
Sielleid^t ebenfoujenig loie in ber SKuftf ber 3Jlo^ 
jartfd^e. $(ber mu^ man barum hinter ^op^atl unb 
ju Slementi jurüdEIel^ren? ®eioi^ nid^tl 3n ber ^nft 
gilt nur ein SSortoärt^. S)ai^ @d^öne ^at Stapl^ael in 
feiner ärt unb SBeife gebrad^t — fe^t ju, ba§ 3§r 
e^ in ber eurigen fd^afft! SBenn bie mobem*(^riftUd|ett 
SRalcr g^efole nad^al^men »ollten, bie 3^rtnirfd^ung, 
90&t5tung^ bie ^immlifd^ DerÜ&rten unb lungenfäd^tig 
abgewehrten ßeiber unb ®efid^ter, fo toar ba8 eben 



10. SD^oria Sd^tDittb sism (»eb&^tnt« (1877). 271 

eine ^a^rice^ eine SRarotte toit eine anbete, SBenn ba-* 
gegen bie ntobeme ^nft in f^ontreic^, ISetgien unb 
2)etttfc^Ianb bie Xed^nif unb ben (Sffelt qnand mfime 
obenan fteQt, »vorauf man ja, toit in ber SRalerei 
aud^ in SRufit unb ^oefie (ftel^e 9hc^arb SBagner^ 
$ebbel^ ^amerling) mit unrul^iger $aft l^inftürmt^ fo 
tiegt bem Stegen unb Stit^ren aQer ber ftfinftler^ aQer 
ber fünfte jule|t baS unauSgefproc^ene (Sefü^I gu^ 
grunbe^ ba| man beS l^ol^Ien Sbealen fatt unb über« 
jatt ift^ fon)ie ber SR^tl^oIogie unb ber (i^riftlid^en 
fBb)\ül, ba| man im ®egenfa|e gu bem SDbgeftorbenen 
unb ausgelebten ftd^ auf baS 9leale^ SBirltid^e, f elbft 
unb mit (Sriebte toerfen u^iQ^ auS bem ftd^ .fpäter^in 
ein neues SbeeOeS n^o^I t>on felber geftatten n^irb. 
S)er neue SBeg mag anfangs n)ie Übertreibung er« 
fd^einen — allein aus ßcben wirb £ebenl S)etaCToif, 
3ngreS^ S)eIarod^e, @allait unb toit fte aQe l^ei|en^ 
l^aben £ebenbigeS gebrad^t^ aud^ bie neuen Sanbfd^after 
finb ber ©^mbolil ber Statur um ein SDterllid^eS 
n&l^er gerftdCt — unb ol^ne ©Emboli! feine ftunfti 

(SomeliuS n^ar ber @c^öpfer ber neuen ^nft 
unb ber ©rünber einer @d^ule^ aus n^eld^er aud^ unf er 
@c^tt)inb l^ert)orging, obne barum feine (Sigentumlid^« 
feit ju i^erlieren. S)er junge Huftier l^atte lange ge« 
brandet, bis er ftc^ emporgerungen unb «gefd^n^ungen, 
bod^ gilt er nun als baS, n^aS er I&ngft n^ar. 3u 
poeüfd^er Songeption fommt il^m fein £ebenber gleic^^ 



1 



272 10. 3Jtox\% Sc^minb gunt ©ebad^tnti^ (1877). 

faum nol^e; ba tft oUeS frifd^ empfunben^ naiärlic^^ 
menf d^ttc^ n^a^r, bobei toQ $umor^ @eift unb ©rajie. 
Sd^ erinnere nur an bte „ficben Sioben". 2)ie SWeiftcr* 
fd^aft in ber S^^^^wg jt)rac^en i^nt jelbft feine 
©egner ntd^t ab. — SSon feinen äiemKd^ ja^treic^en DI* 
gemötben möd^te id^ oor aOen „Shtter ^rtö SöxanU 
fal^rt" l^erau^^eben. ®r matte baiS 93ilb in SBien. 3(^ 
fa^ il^m oft bei ber Wcbeit ju. S)ag nette poetifd^e 
SSerl entftanb n)ie eine äJliniatur, mit taufenb unb 
aber taufenb feinen ^infelftrid^en, ^at aud^ bie redete 
5arbe ffir ein „Suftfpiel'', toie er eS nannte unb eine 
lebl^aftere, atö man fonft bei il^m gen)ol^nt ift. SiS er* 
ging aber bem Sünger mie feinem großen £e^rer^ bem 
a^eifter SomeliuiS. S)ie ))oetifd^e $onjef>tion n^ar bei^ 
ben bie ^auptfad^e unb bie ift immer ebet unb f^ön. 
2)ie heutige moberne unb t^irtuofe ^rbented^nif eines 
SDtalart unb anberer tt)ar il^nen ebenfo fremb al& 
ba« JBijarre, ja häufig SBibrige ber SBortoürfe, bie 
nun gang unb gebe ftnb^ toit ttioa hd @abriel äRa;. 
^ie aj{alermufe toar feufd^ bei ben finnigen unb ge« 
mfitüoQen ^nftlem unb geijte nic^t nad^ ro^en 
(gffelten. 

auf ber „JBrautfa^rt" finb fienau, id^ unb anberc 
^eunbe angebeutet, ^ie lange l^agere ^gur im f(at^ 
temben %aiat xoax im ßeben einer unferer ©^mnafial* 
profefforen. Seanber Äönig ^at auf meine wie auf 
@d^n)inbS geiftige SluiSbilbung einen großen (Einfluß 



10. moxxi ed^minb autn «(ebftd^tnig (1877). 273 

ausgeübt ^obd toai^^ ein tpunberlic^er ^aug unb eine 
mcp^iftop^elif^e ©eftalt^ bie bem Äünftter öot:* 
\6)toAtt, al^ er bem £e^rer ba^ malerijd^e 2)enl^ 
mal je^te. 

Sn „SRitter Äurt« Srautfa^rt'' geben fid^ bereitö 
aüt SBorjüge bed äRalerbid^teriS in @rfinbung, (Sl^arat 
teriftif, Wie in ber ^öc^ft glücftid^ natüriid^en ®Tvip^ 
pierung !nnb. S)ie jal^Ireid^en ^erfonen, ber 9Ktter 
mit feinen ©täubigem^ bie auf i^n einftürmen^ unb toaiS 
baju gel^ört, baran l^ängt^ ber ganje ben^eglid^e unb 
ben^egte ^^ro^ fteDt, ol^ne fic^ ju br&ngen ober fid^ im 
SBege ju fein^ eine einfädle, lebenbige, fortfd^reitenbe 
unb üoQIommen t^erftänblid^e ^anblung bar* 9Ran ^at 
bie Sntpfinbung: baS mfiffe aQei^ fo fein, fönne gar 
nid^t anberiol ©emalt ift ha^ 3)ing ganj eigene! 3Ran 
a^nt bie gol^IIofen ?pinfelftrid^e, »eld^e nötig »aren, 
um ein fo feinet, Keines unb üoQenbeteS @ange ju 
fc^affen unb fü^tt fid^ bod^ angenel^m beriil^rt, aud^ 
burd^ baS jarte ^otorit, bl^ne an bie äJ^ül^e beS 
^erüorbringenS ju benfen. S)aS mad^t, baS S3ilb ift 
nid^t ängfttid^ gemalt, nur gen^iffenl^aft. Unb ei^ 
ift ein eigener ®tit, ber nur biefem 3ÄaIer ange* 
l^ört, gerabe ju biefem SSormurfc gel^brt Äurj, eS 
ift ein reigenbeS ^abinetti^ftüd unb man mu^ nur 
bebauem, ba§ ber Huftier nic^t SWufee unb Saune 
fanb, um mel^r unb öieteg biefer Slrt in« fieben ju 
rufen. — 

C4tlft<ii IV. 18 



274 10. Wtoüi 6(l^totttb Bum OMiä^ima (1877). 

®6)tDinh ^atte fid^ feit Sauren beinahe aui^fd^Iie|:» 
Kd^ auf grcSlomalcrct geworfen. 3)a^ ift eine Äunft, 
bie immer aufd ntnt n)ieber entbedt n^erben mu| unb 
bei n)et(j^er ba^ ro^e äRateriat, n)ie ^df unb @anb^ 
eine n)eit größere 9toQe f^ielt^ afö man gen^öl^nlid^ an« 
nimmt. Unb nun gar bie t^rbe, bie rafd^ unb Ud 
aufgefegt totcbtn mu^, folange ber 3R9rteI nod^ frif^ 
unb feud^t ift ^a ift tt)entg nad^}U^infetn^ nad^ju« 
beffern! SRipngt eine fjigur^ fo gilt e^ gtcid^, ein 
@tüdC SBanb l^eruntersuf dalagen, i)on neuem anfangen I 
^rj, ed ift t>xd $anbn)erf babet^ t)id ^nftgriff bei 
btefer ^unft, unb ba i^re Xed^nil feit lange i^emad^« 
läffigt n)ar, etgentlid^ erft feit (Someliud tokbtt ju 
(E§ren lam, fo l^atten feine 9lad^foIger aQe ^änbe t>o\l 
ju tun, um ber @ad^e jur Stot geredet ju »werben. 
SSa^ bie ^tten für gel^eime ^nfte befa^en, um i^re 
®rb* unb äRineralfarben fo frifd^ unb l^eQ unb für 
ett)ige ß^i^^ii aufjutragen, barüber ift leiber bie ^nbe 
nic^t JU uns getaugt 9(ber bie f^arbe ift ba unb 
fprid^t laut genug 1 — ©d^winb mu|te mir fclber ju* 
gefte^en, ba§ feine fJrcSlofarbe in ben öerfd^iebenen 
^erioben feineiS äRalenS l^öd^ft oerfd^ieben toar. (Er l^at 
alfo feine ^rbe gefud^t, tt>ie feinerjeit fStop^ad, toie 
auc^ a^eifter (SorneliuS, ben er fo l^od^ l^alt. @d^n)inb 
l^at bie f^arbe, toiiä^tx er nad^ftrebte, nid^t immer ge« 
funben. SRan öergteid^e feine ©tiegenbitber bei Art* 
^aber (bermaten SSertl^etmftein) in S)öbling bei äBien, 



10. moxxi 64toinb aum (S^eb&d^titid (1877). 275 

bie @ad^en in ßartSml^e^. auf ber SBattbutg, in 

Steid^eni^aQ. ®i^ finb l^öc^ft t)erfd^iebene SJerfud^e nnb 

@tufen. $eQ mu^ gemalt »werben, baiS n^ar bem jungen 

Anfänger f c^on in S)öMing Mar — aber Ma| ift nid^t 

^eQ, unb jene @tiegenflijjen n^aren fd^on in intern 

Sntftel^en matt unb finb nun betnol^e g&njlid^ erlof d^en 

unb öerbta^t 3n ber golge ging'8 beffer. SRon lernt 

gu unb llbung mac^t ben SReifter. 3m neuen Opem^ 

^aufe l^atte ©d^winb fein SWeiftertoerf ju tiefem unb 

l^at eis auc^ geliefert, n^enn man bie ^onjeption beS 

fangen inS %uge fa|t. S)ie ^artoniS jur „3^^'^^'' 

ftöte", bie ate greifen für bie ^^fioggia" be8 Il^eater» 

au^geffll^rt n^urben, fon^ie bie (Sntmürfe }u ben Opem^ 

f jenen füriS ^o^er finb tängft nad^ il^rem i^oDen Sßerte 

gen)ilrbigt n^orben. ©c^toinb l^at in biefen SBerfen 

einen l^ol^en 9leic^tum i9on ®rfinbung unb ^antafie ent^» 

n^idelt unb bad S3efte unb @ebiegenfte in feiner 9(rt 

unb Steife barin gegeben. SSad bie ^uiSfitl^rung ber 

Meinen reijenben Figuren im großen betrifft, wie aud^ 

bie f^arbengebung, fo finb tabetnbe Stimmen baräber 

laut gen^orben. 3d^ übertaffe biefe ©treitpunite unb 

i^re (Sntfd^eibung mit Sted^t ben lompetenten Kennern 

unb Äunftrid^tem. — SRur ein» erlaube id^ mir ate 

Saie ju bcmericn: greifen finb leine (Sffeftftürfe, toie 

etwa bie großen äRafartfd^en @ad^en, bie n^unberlic^en 

?ß^antaftcn einer gärenben 3ugcnbfraft, öon bereu 

©d^öpfer man nod^ immer nic^t mit ©ic^er^eit öor* 

18* 



276 10. mov\% @^)Dtnb sum (0eba(^tnid (1877), 

aüiSfagen lamt^ ob fid^ ein echter, gottbegnabeter 
SÜtnftler aus tl^m §erauStt>Qc^fen toixb ober nur ein 
Xoufenblünftler« 

S)ie @d^tt)inbfd^en Sßärc^enbilber erforbcm ©tim* 
mung, loie fie fte tttotättt, fte )pirlen poetifd^ unb 
f^mbotifd^, baS reid^e unb mannigfattige Seben, totl6)ei 
fie enü^alten, fd^Ue^t immer toieber ein neues ©d^öned 
auf ^ je me^r man \xd) barein öcrtieft unb e8 einem 
jule^t Ilar tt)irb, ba^ es nur ber innere &tf)alt x% 
bie eble Harmonie öon Stoffe ©til unb g^rm, »o* 
burd^ irgenb eine ©c^öpfung fid^ jum toa^xm ßunft^ 
»eric erl^ebt. — 

^ie SSiener @d^n)inb^^uSfteQung ^at jur Genüge 
bargetan^ »eld^e ©d^öpfungSfraft in bem ÄünfÜer 
tag, toelc^er SReid^tum öon ffirfinbung unb (B^aralteriftif, 
©eine ^anbjeid^nungen finb nun t^oQenbS unfd^&|bar. 
Sd^ erinnere nur an Sad^nerS S3iograp]^ie unb an baS 
Jölatt; „©d^ubert unb feine greunbe". 

2)er poetifd^e Äünftfer griff au^ bem $anb* 
wer! unter bie Arme unb lieferte bie grajiöfeften 
3eid^nungen für Ul^ren, SSafen, S^ifd^auffä^e unb 
bergtcid^en. 

911s ©d^minb im Opeml^aufe matte, tarn er eines 
morgens ju mir — „^ä) bringe bir et»aS" — fagte 
er — ,,id^ toei§ ni^t, ift eS gut, mittelmäßig ober 
üöUig j^c^Ied^t. S)u toeißt, ba§ mir biefer ©toff feit 
Sauren unb Salären im Äopf ^erum rumort — aber id^ 



lO; a»orta Sd^toinb pm (Skb&d^tnid (1877). 277 

fütd^te^ tc^ hin }tt alt^ tc^ fann nid^ts ®ef d^eiteS me^t 
tnad^en." 

äSaS tt^at^S? SßaS l^otte er tnitgebrad^t? S)te 
crftcn (Sntoürfc unb ©lijjcn jur STOdufine. — S35tr 
fallen nun bie glätter burd^^ bie aQetbtngiS üon un« 
gleid^artiger SluSfü^rung mren, bod^ i9on Stterd^ 
fd^n)äd^e ertötet fid^ an il^nen leine @pur* Unb ber 
jagl^aft befd^eibene äReifter n^enbete ftd^ nm ^udfunft 
unb Urtett }uerft an ntid^! Sßarum? SBeil er vxidf 
liebte, toit x6) il^n. Unb menn ii), ber ^nftlate, nic^t 
einmal S)ilettant, beut Xed^nifc^en ber äJ^alerei gegen- 
über t)öQig ein ^embling, n)enn id^ mid^ über biefe 
neue ^onjeption aussprechen foQte, fo mutete er mir 
baio iu, n)eil ic^ feine @eele lannte, fein poetifd^ed 
®emüt, toeit id^ feit unfern Sugenbjol^ren ein beftdn:» 
biger ^^^9^ ^^^ I8eg(eiter feinet ©trebenS unb 
©d^affenÄ »ar. — SBir berieten un8 nun über bie 
^om))ofition, mel^r über ben poetifd^en @toff al§ über 
bie lünftterifd^e SluiSfül^rung. (Sinige ber @Iijjen toattn 
bereits fo i^ortrefflid^ angeorbnet, ba| nichts baran ju 
änbem ober ju Derbeffem n^or, über anbere, mtnber 
gelungene, famen n^ir in lebenbiger S)iSluffton balb 
aufs Steine. ^6) bat nun ben Huftier um bie @r^ 
laubniS, bie 93Iätter, bie mid^ entgüdt l^atten, inS^ 
gel^eim tin paar f^eunben mitteilen ju bürfen, wi 
aQem bem lunftfinnigen, babet tritifc^en S)effauer, aud^ 
einer ebenfo tiebenSn)ürbigen, atS geiftreid^en unb 



278 10. äRorta (Sd^toinb sunt (S^eb&^tntd (1877). 

poetifd^ em^finbenben ti^an, toeld^er aud^ id^ meine 
S)ramenflii2en t^orjulegen gett)ol^nt n)ar. @d^n)mb l^telt 
ntd^t mtnber gro^e ©tüde auf bie ^ame. 

aRetufine ift nun I&ngft in aQer äSelt Rauben, 
unb tDtnn bad poetifd^e SBerf als ©ettenftfid ju ben 
„Siaben" biefen nid^t t^öQig gleid^Iontntt, fo grenzt eS 
bod^ junfic^ft baron. 

SRorij ©d^toinb ift unb bleibt ein Unilunt, 3)er 
le^te Stomantiler. (Sin ©titdC äRittetalter n)ar in i^m 
Xükbex ins £eben getreten, jugleid^ i)on bem leben^ 
bigften ^auc^e ber ®egenn)art angen^el^t. S)er SRenfc^ 
ftanb aber nic^t hinter beut ^nftler jurüd. (Sr matte, 
wie er »ar, unb »ar, tt)ie er matte. ®r unb <3d^ubert 
tparen fräftige Urnaturen. S)a n^ar nid^ts @emad^ted, 
nid^tS Sont^entionellei^, nid^ti^ Ungelranletted! 3^re 
SRujc tüd^tig unb gefunb »ie ftc fetter. 9Wd^t8 SJer* 
blaßtet, tt)ie bei uni^ ©ejeüfc^aftgmenjc^en! — 3(^ 
l^abe in meinem taugen £eben feinen S)ritten ge« 
funben, loetd^en man jenen beiben ^&tte gleid^fteQen 
bürfen. 

äRit @c^n)inb bin id^ bereit!^ in ber erften @ram« 
matifalltaffe gufammen gefeffen, mit @d^ubert erft im 
SBintcr 1825 in ein nä^erei^ SBerl^ältniÄ getreten. 
@d^minb brachte il^n eined abenbS iu mir. 3d^ mu|te 
ben ^reunben auf il^r S^erlangen Dortefen. 3d^ gab 
il^nen ein Meine«, fogenannteS romantifd^eS, foü ^ei^en 
l^alb t)errädEteg ^rama jum S3eften. 2)ann ging'S anS 



10. aftoria ©d^toinb aum Okbad^tnid (1877). 279 

^tai)ier. ©d^ubert fang feine neueften £ieber, aud^ 
fptetten. toix ötcr^änbig. hierauf ini^ @aft* unb Äaffee* 
l^auiS. S)er neue ^reunbfd^aftöbreibunb toat gefc^Ioffen. 
%on ba an n^aren n)tr ungertrennHd^. 3)aiS ging fo 
Weit/ ba^ toir in bcr erften Stxt toed^f etoeif e bei ein* 
anber übemad^teten, vdo benn ber SRitteUungen lein 
(Snbe mürbe. Sn ber Sugenb ^at man ftd^ fot)ieI )u 
fagenl S)ad X^ema: ^nft ift ja unerfc^öpflid^. ^ud^ 
ba^ ber £iebe. ^^ntid^ gefinnte ^eunbe fd^toffen fid^ 
und an, aud^ an anmutigem n^eiblic^en Umgang tDar 
fein SJ^angel. ^urg, unfer fiebenSfd^iff fteuerte bamatö 
mit t)oQen @egeln, bid t^ einen argen 2ed unb 9{i^ 
belam. ©d^ubert ftarb am (Slifabet^tage, am 19. 9to« 
öember 1828. — 

9I§ ©d^ubertd @tatue im @tabtparf aufgefteHt 
»urbe (am 15. SRai 1872) fanb id^ mid^ mit granj 
fiad^ner (leiber o^ne ©d^toinb!) bei ber geier ju* 
fammen. — ,,aBei§t bu nod^" — erinnerte mic^ 
fiac^ner — „tt)ie id^ bir mit ©d^ubert feine neue 
mer^önbige 5ßl^antafie jum erften SRal öorgefpiclt?" 
— SBir refapitulierten über^au^jt unfere Sugenbjeit 
£ac^ner ift fem unb bie anbern alten f^reunbe finb 
nid^t me^r. SRit n)em foQ id^ nun relopituUeren? 

@c^n)inb befa^ einen fd^arfen, burd^bringenben 
SSerftanb; fein frifd^er, nid^t feiten berber $umor ift 
allgemein belannt. SBiete feiner fc^tagenben SinfäQe, 
tote Äugfprüd^e über Äunft unb Seben toerben pufig 



280 10. fOtotih Sc^toittb sunt ©ebäd^tntS (1877). 

gittert, fein goIbeneS ©etnüt brid^t ba6et überaQ ^etdor. 
@o in feinen ^Briefen on mid^^ au8 benen fid^ ber 
3Kenfd^ unb Äünftler toie relonftmieren Iie|e. 3c^ 
gebe l^ier einige ^uSjüge. 

Äug SÄünd^en, toeld^eg er parobierenb ein „SBier* 
l^aug ber ©eifter" nennt, berid^tet mir ©d^toinb im 
3a]^re 1832: ^(SomeliuS mad^t (Süangetiften üon ber 
©rö^e eineiS mächtigen ßanbl^aufei^.'' 

@eine @el^nfud^t nad^ Sßien unb ben f^reunben 
(@riOparger, £enau, i^ud^terdteben u. a.) fpric^t fid^ 
toieberl^oU auö. — ©ner unserer ©d^utfreunbe ^attc 
c8 nur bi» jum SWorltfd^reiber gebrad^t, ein anberer 
nal^m feine SSi^irtfd^afterin jur f^au. @c^n)inb bemerft 
barüber: „SSon @Iobi toti^ xä) ed fc^on, ba^ er bie 
äSutter numeriert unb ©tau; l^at fein Sßafd^fa^, 
feinen Äoc^Iöffel geheiratet — 93raöo!" 

(Sr reift nad^ Stalien unb fd^reibt mir im Sa^re 
1835: ,,SSon SJenebig fenne ic^ bis je|t ben SRarfug:' 
pla|. ^a^ anbere fie^t nieberträd^tig an^ unb ftinit, 
aU ob baj^ Sßaffer nod^ auS ben ßeiten ber 9iepublil 
ttjäre." 

Äug ^artSrul^e in ben t)ier3iger Salären: „®^ 
finb täd^tige £eute l^ier, aber aQe einjeln, lauter 
Siobinfone. 3)a8 ift einmal in S)eutfd^(anb nic^t anberg 
unb baran fd^eitert aUeg." 

@d^n)inbS S93ibem)it(en gegen bie ^unftaugftel^ 
tungen fprid^t fic§ au8: „3)a8 table d'höte-ffiffen auf 



10. mvx\% (Sc^minb sunt (S^ebäd^tniiS (1877). 281 

beit ^nftoereinen bringt bie ^auiSmannSloft au^er 
@ang unb mit il^r aQeS ©elbfterjeugte unb (Sd^te/' 

3m Saläre 1842: „Sd^ »iH bcn StJ^cin ein tocnig 
terloften unb ben Kölner S)om nod^ feigen, beoor 
il^n ba8 einige 3)eutfd^tanb öcr^unjt, — ©er SWcnfd^ 
^jra^It unb ®ott ja^lt" 

@r n)ar }um erftenmal SSater gen^orben unb ba 
^eigt ed aui^ ^arföru^e: „SBon meinem £eben l^ier ift 
^ar nid^td ju fagen, ed ift fe^r fd^tec^t^ hx& auf eind, 
baj^ id^ bir aud^ n^ünfd^e: mein Keines, poffierlid^eS, 
loIetteS, gefd^eiteS, (aunifd^eS, eigenftnnigeS, gefälliges, 
freunbtic^eS, t^erftedteS unb j&rttid^eS fÜH&btl. S)ie 
^ntid^feit" (mit bem SBater) ,,ift beinahe unöer=* 
fc^ämi" 

3m Sa^re 1845 aus $ariS: M tft bie ^aupU 
ftabt öon S)eutf erlaub, »aS ift ba öiet gu reben! — 
S)ie 2)eutfd^en ^oben baS fär unS n)id^tigfte (Element 
nic^t: ben ßofatftolj. SRaturli^ »eil fte öber^au»)t 
leine greube an ber $eimat ^aben." 

(3n SBerßn ift baS je|t anberS gen)orben. W}cx 
Sßreu|en ift noc^ lange nid^t S)eutf c^tanb I) 

Aus granffurt fd^rieb er mir frül^er (unterm 
4. SRoöember 1844) einige öielteid^t nid^t allgemein 
belonnt geworbene S)etaitS über ben ©eginn ber 
^an!^eit unfereS gemeinfamen ^reunbeS £enau: ,,S)u 
toirft wiffen, wie eS bem guten SWembfd^ gel^t 2)a id) 
bvLxä) bie gamilie feiner öortrefflic^en JBraut t>on bem 



282 10. mox\% ®(^minb sunt Okba^tnig (1877). 

@ang feiner ^anfi^eit unterrichtet hin, toxU td^ ntc^t 
öerfäumen^ btr, toai iä) tDti% barübcr mitjuteilen, 
um fo me^r, atö bte legten 92aci^ricl^ten l^offnungi^DoIler 
Statur ftnb. ®r fd§ am 29. September beim grii^ftiict 
(aQe ©d^riftongelegenl^eiten loaren in Drbnung unb er 
n^oQte aU übermorgen ^ierl^er lommen), a(i^ t^m, mie 
er felbft j^reibt^ ein fonberbarei^ ©efül^I über ben 
Körper bi^ an bie ttnfe SSange lief. (Sr fprang an 
ben ©piegel unb ba bie Knie ©eite be8 ©cpc^tei^ öer* 
jogen erfd^ien^ rief er aui^, er fei öom ©daläge gc^* 
rii^rt. S)ie Ärjte erHärten bie ffirfc^einung für eine 
rl^eumatifc^e ©eftd^tdmu^Ien&l^mung, bie fid^ batb ^eben 
laffe unb auc^ toirftid^ öerfd^wunbcn ift. 3nbef]en jeigte 
ftd^ balb^ bo^ er feiner ©ebanfen nid^t mel^r $err fei, 
inbem er einen ?luffa| fc^rieb, beö 3nl§altg, ba^ er 
burc^ ein mufifalifc^eS SBunber gereift fei, ben er 
burd^auö tooDte in ber „?HIgemcincn Leitung'' abbrudEen 
laffen. S)ann famen ^^antafien bie Sioc^t burd§, ftellen* 
meife^ Srrereben bei Xag, bt^ enblid^ baiS Übet in 
Xobfud^t überging, bie bie traurige SRa^regel not« 
tt)enbig machte, il^n nac§ SBienental (SBinenben) ju 
bringen. S)oftor ?ßfifeer ful^r mit i^m l^inauiJ unb öer« 
Iic§ il^n ru^ig, »iffenb »o er ift, nad^ einem ©pajier* 
gang im (Sorten eingefd^Iafcn. 9lad^ S)oItor ßetteriJ 
Slu8f<)ruc§ fottte er ganj l^erjufteQen fein, toenn feine 
Äörperfr&fte au^reid^en. ®in Srief 3^0^^ ^d^t 
Xage fpäter fagt: Sid^te unb trübe, ruhige unb 



10. a)2oria ©d^toittb ^um ^ebad^htiiS (1877). 283 

ftärmifd^e äRomente toed^felit ab. (Sr l^offe t)tet 

unb fürd^tc öiel. — 3n feinen (fienau8) 

$]^antaften tontmt nid^tö üor al8 @ci^n)ärmerei über 
SRufif, feine Sraut unb baiS ®tfirf, bem er entgegen 
gel^i JHfo feine fije Sbee. SSon ber S^rauer unb bem 
(5ntfe|en, ba8 bie erfte Jlad^ric^t verbreitete, ift nic^t 
}U reben. SRir ift, feit man wieber l^offen fann, 
ein ©tein t)on $ergen." (S)ie Hoffnung toar leiber 
trugerif d^ 1) 

3tt einem ©riefe aui granffurt t)om Sa^re 1847 
lautet e8: „S)er fd^Iec^te 3#önb ber SRalerei in SBien 
ift mir fel^r erttdrlic^. ÄHeg »aS gemacht n)irb, ent* 
ftel^t toic eine SluSarbcitung in einer fremben ©prac^e, 
ii'ie 2ur S^% ^^^ S^nj 3)eutfd^Ianb tateinifd^ fc^rieb 
unb einen ®ermani8mu8 für ben öerpönteften gelter 
l^ielt. 2)a lann nic^td ©efunbeS ^erau8!ommen, nid^t 
einmal etn^a^ £ebenbige8. 93on einer 9laci^a^mung ber 
alten ©eutfd^en fann nic^t bie Siebe fein, aber öon 
einer Äbftammung unb SSerwanbtfd^aft, wie fld^. bie 
©prad^e im f^uft gu ben Sfleimen be8 ^anS ©ac^S 
t>ttff&lt Sd^ red^ne mir'8 jum SJerbienft, baS ju wiffen, 
unb bin jufrieben, wenn id^ beitragen fann, ba^ ba 
fortgearbeitet wirb, wo Wa8 @^te8 wad^fen fann. S3ei 
eud^ $oeten ift ba8 ganj anberd, aud^ bei ben 9J2ufi« 
fern; 3a^r ^abt eine fertige ©prac^e, bei unS erwartet 
fie, wenn nic^t il^re Srfc^affung, bod^ t^or aQem il^re 
Slnerfennung." 



284 10. ajioria Sc^toinb jum ®cb&(^tnU (1877). 

3n fil^nttd^cr Änfd^auung, babct in gcbrficftcr 
(SccIcnftiöUttung, äußert er ftd^ anö) im Sa^rc 1850: 
„SBcnn meine ©riefe an bid^ gerabe metand&ottjd^er 
unb verlegener pnb, fo fd^reib' e^ bem nic^tönufeigen 
©efü^Ie ju, ba§ iä) wn gar feinen ffirfolgen erjagten 
fann unb mid^ bir gegenäber fd^&me, eine fo geringe 
gigur ju fpielen." 

SWorij ©d^totnb eine geringe %xsiix\ Aber eä 
erging il^m, wie feinerjeit unferm ©c^ubert^ ben erft 
nur ein Keiner f^eunbeSfreid ^oc^ l^ielt, bai^ gro|e 
?ßubti!um aber lange öemac^Iäjfigtc. — gür ©d^toinb 
tt)ar aber bie Qtxt ber Änerlennung eben ^erangerüdEt. 
©eine ^anbjeid^nungen unb Silber fingen enblid^ an, 
Auffeilen ju erregen unb öerfd^afften il^m bebeutenbe 
Aufträge, tok auä) einen SRuf ci^ ^ßrofeffor nad^ 
3)!ünc^en. ©ogar in SSien backte man an baS £anbeg« 
linb! 9uiS äJ^änc^en fc^rieb er mir bar&ber: „Sßegen 
meiner ^Berufung ^at man ft^ äRu^e gegeben, bad 
n)etg id), aber eiS fd^eint eben nid^t 3U gelten. (SiS mu^ 
einer nod^ einen ©tuntpfen ^aarjo^^f im Seibe l^aben, 
fonft lönnen fie i§n nic^t braud^en. Übrigens ptte ic^ 
für bie biSl^er befe^ten ©teQen mic^ bebanü C^ne 
Äfabemie ift ein Unfinn, tt)ie er fid^ nid^t fd^öner auS'* 
benfen lä^t, unb id^ l^abe ^ier, n^o eS n^enigftenS fel^r 
geringe Qdt foftet, fc^on öoHauf genug baran. SBenn 
nic^t eine fel^r förbembe ©teöung für einen SKater 
gejc^affen tt)irb, toenn man feine Äunftoerfe don mir 



10. a^oria @(^toinb aum (»tbHä^tni^ (1877). 285. 

miQ^ unb itoax baiS S3efte unb ^l^nfte n^oS td^ machen 
fann^ fo jt^c ic^ l^icr beffcr." 

@^toinb l^atte mir im Saläre 1852 fein nod^ l^alb 
unfertige^ Äfd^enbrbbd burd^ »an ber SRüß jur ©n* 
ft^t gcfd^idt S)a fd^teibt er nun: „Item bic Qt\6)n\mQ 
ift fc^on (ange loieber ba unb t^ ift beren SuiSfül^rung 
fd^on ^fibfd^ t>oxQtmäL SSegen ber äßolerei mac^e bir 
feine @orgen. S)aS Sj^ee^ot^enfd^e ^Ib toar fd^on fom« 
))(iiierter atö bad neue unb l^at bid^ boc^ befriebigt. 
SBo8 eine SRaffe Silber finb in einem gematten ©aal^ 
unb finb fte l^armonifd^ be^onbelt, fo unterftü^t ein^ 
bad anbere. 9ber t^ ^at feine ©d^n^ierigfeiten. äSoS 
fott id^ tun? 3d^ ^abe jwei l^iftorifd^e ©toffe ba liegen, 
einjelne JBitber, aber bafür braud^e id^ faft £eben8* 
grö|e unb tt)a3 tue id^ mit ber „Petfc^en" (sie!), »enn 
fie mir niemanb ablauft ^ö^ Qtxd^nnnQtn l^abc id^ 
Gntioiirf e auf Saläre — ba e* feine Sllbumblotter finb^ 
fann fie niemanb brausen, fotpie mir fär bie Stx6)^ 
nung ju bem SSeetJ^oioenfc^en S3ilbe, bie aQeS entjüdCt 
^at, fein äßenfd^ aud^ nur fUnf @rofd^en geboten 
f^at S)ie einen fagten, e8 ift nid^t gemalt, bie 
anbem — mm fann baiS nic^t maten. S)a mu^te id^ 
fro^ fein, baf ber .^nig t^on ©ried^enlonb eg 
um einen n^al^ren S3ettel bod^ n)enigftenS looQte, unb 
id^ bod^ ©etegen^eit fanb, ju geigen, ba§ man itoax 
nic^t, aber ic^ t^ malen fann, S)er JBeifall »ar 
l^inreic^enb unb ba tnad^te id^ mid^ hinter bie 



286 10. SRoris (Bd^tsnitb ixaa O^eb&^tnU (1877). 

Sf^enbröbel, bie mir f^on lang am ^erjen 
liegt." — 

Unterm 2. 9[))rtt 1854 f^reibt mir ber f^rennb 
and SRün^en: „Se^t I^Sngft 2)n an einem romantif^en 
@toff, befto beffer. 3^ l^öre j[e|t f o üiel t>on 9lomantif, 
ba^ i^ ni^t mel^r genau toti%, mai^ bie £eute bar- 
nnter üerftel^en. ^nt mi^ ift bie romantif^e Sßelt bie, 
too man feine f^einbe nieber^aut, für feine fjrtennbe 
ind f^ner gel^t unb einer üerel^rten ^an bie 
t^ü^e tü^t. 2)ajn ein $intergrunb Don gefnnber 
unb lebenbiger 9latur ftatt unferm ftanjleitif^. 
Siel anberd n^irb'i^ bei bir au^ ni^t fein. Slfo 
nur ju. — 

3^ ^änge mit einer n)a^ren SEBut an bem fieben 
ber l^eiligen Slifobet^. 2)aiS ift eine 3^itl @d ift alled 
ton2i|)iert, aber an bie Sudfül^rung ift erft n&^fted 
Sal^r gu beuten. 3)en Sommer über toiVi i6f feigen, 
n)ad in (Sifena^ unb äRarburg noc^ 83rau^bared gu 
finben ift. 2)ie Sf^enbröbel ^abe i^ an einen $riüaten 
üertauft, aber ni^t n^ol^Ifeiler, fonbem teurer afö fie 
ber ^önig £ubn^ig betommen l^ütte." (3)er ftönig l^atte 
lange mit il^m barüber l^erum gematelt unb moQte, mie 
©c^toinb in einem frül^eren ©riefe fagte, „fo üiel geben, 
aU für ben nü^ften belgif^en l^e^en, t^on bem ei^ 
gn^eifel^aft ift, ob t^ eine Sanbf^aft ober ein Dfentürl 
ift." — 3)er Äfinftter Derlangte aber eine namhafte 
(Summe, „^a toerben @ie feinen Käufer betommen. 



10. a^ori) ®4t9tnb )um O^eb&c^tnii» (1877). 287 

Stebfter, Ißefterl" meinte ber ftöntg^ @o jerf^Iug ft^ 
bie @a^e.) 

„Ätfuen unb {Raunjilanberl" (Älejanber 8ou* 
mann unb 2)effQuer), „fünt Dper f^reibenb! äRi^ 
|oQ'd freuen, menn fte nod) mad anberd bot^on l^aben, 
aU bad Vergnügen bei^ ©Raffend, ober i^ traue tl^nen 
bad aXa^ Don f^ec^l^eit unb Srmfeligteit ni^t ju, 

ba« nötig f^eint, um ic|t &IM ju ma^en. (£« 

ift in ber SRalerei au^ fo unb mirb bei ben $oeten 

ni^t üiel anber» fein. -^ SBa» f agft bu benn gu bcm 

Si^ter^of, ber ^ier angelegt mirb? @eibel l^obe iö) 
lennen gelernt, baiS ift tein ilbler äRann, aber na^ 
ber ganzen Kompagnie l^obe iä) tein 93er(angen. 68 
mu| aQerl^anb £eute geben, baS ift ri^tig, aber bie fo 
gufammen gehören, foQten beifommen fein. äRi^ inter« 
efftert bie gange l^iefige Sßirtf^aft, £a^ner audge^ 
nommen, nic^t um tvxvx ftreuger. 3^1^ Überfluß mirft 
fi^ ber gange ^(bungSeifer auf Sl^emiel^ (Unter Wx^ 
fül^rung SiebigS.) „3^ gelte für einen gemeinen fterl, 
toeil i^ mi^ erltärt l^abe, i^ ging erft in bie 93or« 
lefungen, toenn ber homouculus gemalt toirb. XinqtU 
ftebt f^eint mit einiger Ungnabe behaftet" — uf». 

3n einem SBriefe Dom SZoüember 1860 ^ei^t ed: 
„3^ n)ei|, bai^ Diele Strbeiten ift ein £after, aber 
glei^n^o^I mu| id^ @ott bauten, ba^ i^ no^ foDiel 
(Sifer in meinen alten ^o^en ^abe, ba^ i^ ni^t 
na^Iaffen tann, bi8 i^ ein angefangene^ ©tuet 



288 10. aJloris ^ä^ttnvb %vLm (»Mä^tni» (1877). 

ju Chtbe gebrad^t l^abe. @o ^ing id^ biefen ganzen 
©ommcr Dom l^albcn 3um big jcfet an einer 11 fju^ 
f^oö) unb breiten 3)arftettung ber ^eil. brei Ä5nigc. 3c^ 
Iie§ meinen ^ül^nerl^of " (^rau unb Äinber) „auf« 
£anb ge^en unb blieb allein in ber @tabt, n^eil ic^ 
bad gro^e 2)ing nid^t mitnel^men tonnte. @enug, je^t 
ift eg überftanben, big auf bie le^te geüe, ju ber man 
wieber ganj frif^ unb auggerüftet fein mu§. 2)u toirft 
bid^ Dielleid^t n^unbem, mid^ an ^r^enbilbem ar« 
beitenb ju beuten, ber Xeufel mag aber al(en)eil bai^ 
Mmli^e ma^en, unb unfer einem !ann ed au^ ein« 
mal vergönnt fein, bad iRobelfte in bie ^anb ju 
nel^men, n^ag ti gibt 3^ l^abe mi^ ganj reftauriert 
baran, einmal -alle malerif c^en äßittel ^u tommanbieren^ 
unb eg fd^eint, na^ bem 93eifaD, ben bie @a^e finbet^ 
jiemlic^ 2^ gelingen. (£8 ftel^t in ber SRalerei gan^ 
anberg alg in ben übrigen fünften. S)a8 ^blilunt 
ift bur^ bie bidl^erige ^anbl^abung unferer ^nft ge« 
toöl^nt, einem S3ilbe gegenüber eine feierli^e San^ 
»eile ju cmj)finben, bie fi^ in einen no^ Iangn)citt=^ 
geren $ang ju fritifieren auggiegt 2)en @(egenfa| 
bittet nur eine tteine Äugtoeid^ung ing fiüfteme ober 
@emeine, bag fid^ l^inter bag SWalenlönnen öerftedEt. 
^ommt einmal etn^ag, bag ben 93ef(^auer irgenb innere 
lid^ anregt, wie ein ffirlebnig, muß einer ein toenig 
tacken ober toeinen ober fd^wärmen, fo ^olt er bag 
ganje für ein 3)ilettantentt)erf. Sag l^abe id^ l^unbert* 



10. aRorts (S^minb sum ®ebac^tnid (1877). 289 

mal erfal^ren. @o mad^t ti benn aud^ gfreube 2^ 
jetgen^ bajs t^ t)on ber ^nft gerabe faüiel berftel^e 
unb nod^ mcl^r, ate bie anbcm „®ifpcUi" (1) aud^. 
^u l^aft red^t^ bie fdaxbaxti ift im Slnjug, aufl^alten 
fann id^ fte nid^t, aber l^abe id^ mi^ fo lange Saläre 
nid^t irre mad^en laffen, fo fann fte mir ie|t DoQenbS 
gefto^Ien n^erben. (Sd l^anbelt fid^ in ber SRaleret noä) 
um \o t>xtU^, xoa^ bie anbent ^nfte l^inter ft^ ^oben, 
ba| id^ lebl^aft n^ünf^e, no^ 20 gal^re arbeiten gu 
fönnen^ um baS toenige ni^t f^ulbig ju bleiben, um 
£eben unb Sxä)t in bie @ad^e bringen gu l§e(fen. Ob 
e^ üiel ober n^enig ift, fümmert mid| gar nid^t, ob 
man mi^ ^o^ ober niebrig fteDt, nod^ t)ie( n^eniger, 
i^ beute meinen graben fo gut auiSgufüQen ald ein 
anberer. 3d^ ^a(te mi^ forgfältig auf (an) bie Sennt« 
niS ber neuen Literatur; in mnfiicalibas ift nid^t t>iti 
2u Idolen, unb ftaune, koie n^eit baS mit ber SRalerei 
audeinanber liegt %iki, n)a8 i^ -lefe, ift auS unferer 
3eit, aui^ unferer 93ilbungdftufe entftanben, unb loenn 
n^eiter gar nid^td, fo ift eiS bo^ in beutfc^er ®pxad)t 
gef^rieben. S3ei uni^ ge^t bie $älfte barauf aui^ ein 
3)ajein üon 800 Sorten ju affeftieren, bie anbere 
befleißigt ftd^ einer ^olbfeligen £ämmel^aftigteit, 
bie gar leine Stetig nimmt Don ber $5l^e ber S3i(bung, 
auf ber toir leben, unb entnationaliftert jlnb fte 
aQe. S)agu geregnet ein giemlid^ (angtoeiligeS £eben, 
faft ol^ne äße Anregung, ba fann man fid^, toenn 

•Stiften IV. 19 



290 JIO. S»oria ©d)W{ttb lum (»ebftcfttiti« (1877). 

man nur tttoai leiftet^ f^on feines ^Ux%ti 
nil^men." — 

3m ^offi^ 186b, ßctcgcntli^ ber Äup^rung 
meines ©^aufptcIeS: „2)ie SBauern öon SBeinSbctg'' 
fd^rieib mir ber f^reunb; ,,ä8enn baS JBoIt no^ fo 
l^ingeriffen ift unb merft am Qtttbt, ba| üon 2)ingen 
bie Siebe tft^ bie fte angel^n, 2^ ^^^^ f^^ [^^ 6^- 
tennen foDen, fo ^aben fte teine (Sourage. S)aS tuirb 
no^ lange bauem, bis baS anberS toirb^ toa^rfd^ein^» 
It^ t)xtl länger, als eS no^ bauem n)irb, ba| gute 
©a^en gemalt »erben. — 

^r 3RittetmäJ3igteiten laffen tuir unfer JOeben« 
pr fo ein ^oll etoaS ®uteS fd^reibcn, ft^ SRfi^e 
geben^ ftd^ feinem bummen Urteil auSfe^en^ baju ge^ 
^9rt eine @äte beS ^ergenS unb ein fC&ofjUtooütn, für 
baS aQein taum ein Sol^n genug ift. 2)a^ bie gange 
Station um fo t)itl mel^r toert ift, menn fte ftd^ mit 
einer 3Reifterf(^aft ^ral^Ien tann, baüon moQen toir 
gar nid^t reben. 3c^ n^eijs eS gu f^ä^en unb baS Igabe 
iä) bir mit meinen ungef^ictten äBorten fagen n^oQen. 
Viyat et proficiat!" — 

„Sei uns gel^t eS ganj närrif^ ju" — l^ei^t eS 
in einem S5riefe aus SDiünd^en öon bemfelben Saläre 
1865 — „Tantum abest ut eS mit SBagner auS fei, 
ut potius auf SlHerl^ö^ften Sefe^I jur Sluffü^rung 
beS Oratoriums ©lifabet^ üon Sif jt gerencj gef^ritten 
tverben foQ. 3^ l^abe biSl^er immer geglaubt, eS fei 



10. aDJori} ®(4toinb pm @(ebftd)tnid (1877). 291 

bic 3ärtU^feit für ba^ 9RtttcImä§ige, woran uitfcrc 
3ett leibe; ed \ä)txnt ober Bereitö bai^ @tabtum be^ 
Fanatismus für baS £um))ige eingetreten ju fein. @e^ 
»)iffe Slätter fangen Bereits an ju agitieren für einen 
folennen (Smpfang äBagnerS, unb jtoar bie l^bci^ft 
liberalen." 

3m Sai&re 1865 ^atte er im SBiener D|)eml&aufe 
2u malen begonnen. 9la6) äRünc^en ^unictgete^rt^ 
j^rieb er mir: 

,,Unfer StufentJ^alt in SBien ift foröoä^renb ber 
©egenftanb unferer Unterl^altung. 5^au unb locliter 
freuen fi^ getoaltig. 3^ tooQte, man gäbe mir irgenb 
einige @ulben beS Sal^rS^ fo bliebe id^ gleid^ unten. 
(£S gefd^el^en l^ier ber 3)umm^eiten fo aujserorbentlid^ 
gro^e, bajs eS taum mel^r angufd^auen ift. 3)u n)irft 
eS ni^t glauben, aber ber ^em beS $anbe(8 ift ber^ 
ba| ben @tänben eine Sr^5l^ung ber 3i^i^Iifl^ 3^9^^ 
mutet toerben foD, bamit ben SBagnerf^en ffor* 
berungen Genüge geleiftet n^erben t5nne. Unb gar 
feine fleinenl" — 

Sßenn n^ir in ^nftanf^auung meift DöQig über^^ 
einftimmten, fo waren toir nid^t immer einig über 
^ßolitil unb SReügion. 3n biefer SRicIitung jog i^ ge^ 
legentli^ mit einem Oebi^t: „An einen JRomantiler" 
polemifd^ auf ben greunb loS. (Sr nal^m baS mit 
§umor auf, unb ber politif^e Unfinn, unter welchem 

19* 



292 10. 2ßoria ^ä^toittb sunt (»tb'dä^tni» (1877). 

toir aQe Kttett; braute il^n jute^t meinen Slnfid^ten 
näl^et. Shtr in feinen religiöfen Übergcugnngen tte§ er 
ni^t mit fid^ l^anbeln^ unb als iä) il^m üBer ben 
traurigen ©eelenjuftanb einer greunbin f^rieb, bic 
uni^ beiben f el§r na^e ftanb, unb im ©d^merj, jugleic!^ 
im Unmut^ i^ mid^ t)ieUei^t fteptij^er au8bru(fte 
ald ei^ mir im Snnem (ag, ba antwortete er mir am 
6. m&vi 1866 mit (Sntfc^ieben^eit: „^a& bu uom 
Sluf^ören beS SnbiDibuumS fagft^ bai ginge mir ge« 
rabe ab. (SS ift mir mein fiebtag nid^t eingefaQen, 
baran ju gtoeifeln." (Sidmlid^ an ber fjortbauer ber 
Snbit^ibualität.) ,,ä8ie ober n)o, baS mad^t mir leine 
©orgen. (Sollten toir toirlti^ unfern alten Sd^ubert 
nid^t mel^r feigen unb fo ryklt ^^reunbe, unb foHten 
feine guten S^age bereitet fein für fo üiele^ bie i^r 
ganzes £eben in Dual unb ^anf^eit jubringen? f^ür 

bie arme 3 , bie immer franf unb je^t no^ f o 

toaS auSl^alten mu^I 3)ai^ n^äre l^art.'' 

®^ ift aud^ l^art SSie bad £eben überhaupt. 

Wax 30. aRarj beiSfelben 3a^red tommt er aber:« 
mafe auf baSfelbe I^ema: „SBegen be§ Scnfeiti^ fag' 
id^ tt)ie bad fd^5ne Xerjett üon ^a^bn: 

3a, «ettcr, ia, id^ fatt* tuä^ Bei, 

SDag 2W unb gfreunbfdE^aft Sorbett {ei, 

& ift mir ober tDof)i babei. 

Äant! ©pinoja! bie breiten fi^ im ®rabe um, 
toenn id^ mid^ baran ma^te^ il^re ©Triften ju lefen. 



10. SWoria ®6)Xomb %nm ®eb&(^tni8 (1877). 293 

^örc id^ auf ju fcin^ fo. Bin i^ aud^ ni^t in bcr 
£age, ntid^ über get&ufd^te ipoffnungen gu befeindeten; 
falzte i^ aber fort ju fein^ fo ift bem einen red^t^ 
n^ai^ bem anbem biQig ift, unb eS trifft bi^ aud^ unb 
bu n^irft ^offentlid^ ni^tS bagegen l§aben, mit einem 
alten metapl^^fif^en ^ameraben }ufammen ju treffen. 
SSorber^anb n)oQen n)ir t)on ^ergen n^ünfc^en, bajs 
unfere Uebe ^eunbin lieber in bie ^öl^e tommt, fei'8 
au^ nur fo n^eit, ba| man i^r geigen tann, ba^ n^ir 
in b5fen ©tunben ebenfo an il^r l^angen ali in guten." 
(Äann ftd^ bie eble unb reine ©eele eine3 alten SWanne^ 
guglei^ einfa^er, natärlt^er unb finblid^er an^* 
brüdEen?) 

Mm 30. ?lpril 1868, gelegentli^ ber SBiener »er* 
l^anblungen über bie fonfeffioneßen ©efefee unb baS 
Sonlorbat ]^i|t e8: ,,®8 f^eint angezeigt, bir ju gra* 
tuUeren, benn bie ©reigniffe in fiammer unb Ferren- 
I^au8 fc^einen ber Wct ju fein, ba§ bir ein großer 
Gefallen bamit gef^iel^t. SUumination, ©riUparger atö 
Senator l SBiöat ^o^l Sauter f^öne ©ad^en. Se^t 
tt)oQen n)ir nur n)ünf^en, ba| alles aud^ nad^^ält unb 
ju wag ®utem fü^rt" (Satoo^t!) „§ier gibt c8 SRen* 
fd^en, bie fel&en über» 3al&t bie ©uittotine aufgerichtet, 
fo feft fi^t bie Übergeugung, ba^ man aUeS aue $ariS 
begießen mn% ^oV^ ber leufetl — 3^ bin fc^on feit 
t)ier äSod^en nac^ ä8ien untermegd, tann mid) aber 
immer ni^t aud ben Srmen einer fd^änblic^en &x]ppt 



294 10. SWorij ©d^ioinb ^um ®cba^tnt8 (1877). 

{odtoinben, bte mid^ beim @^opf l^at SuS Ruften 
unb ©knüpfen luoHte id^ mir nid^tS machen, ober ein 
allgemeine^ ®(enb liejs mid^ ben ganzen Xag fd^Iafen. 

— 3)ie Äonjerte brauten »iebcr einen 2Rarf ^ t>on 
©^ubert^ inftrumentiert — par Sifjt Äuö bcm Zrio 
ein ^bagio gemad^t^ im äßarf^ Xafte eingefe|t, lutj 
« . . mü^te er bo^ einfel^en, ba| er an ©d^ubert gu 
öerbeffern burd§an3 nid^t berufen ift.** -^- 

3)er ^reunb n)urbe liad^ unb nad^ ettoad gebre^ti^. 
„SJleine Arbeiten gelten jo jiemlic^" — f treibt er im 
aJiai 1866 — ^id^ fpürc aber boi^ gro^e «Iter. 8on 
bem großen Qtx6)ntn, too man fo üiel fielen mu§ unb 
ben Slrm f o »eit öon ftd^ ^aften^ tun mir bic Änod^en 
»e^," — „SBir jWei finb jefet balb bic legten" — 
l§ei§t eg im Slpril 1867 — „unb bu ^aft re^t, fort- 
juarbeiten unb feftjul^alten^ tt)a8 ju l^alten ift. — SKeinc 
Arbeiten finb in Drbnung, nur l^ängc i^ no^ an 
einigen nadften ©enien, bie in ber Suft l^erumffattem, 
toa^ mir bei biefem ipunbewetter gar nic^t öon ^erjen 
ge^t. gür ben erften SÄai ift tjorberj^^nb meine ?lbreife 
feftgefe^t^ alfo bauert'^ nid^t mel^r lang, baJB id^ mid^ 
»ieber beim Seöer einfinbe — aber toie! 3ebenfaß2 
afö bein alter untjeränberter greunb." 

3)en ©ommer 1867 über arbeitete er im Dpem« 
^aufe mit großem Steige, aber aud^ mit Slnftrengung 
unb SÖefd^werbe. 3m September öerl^eiratete er feine 
mittlere Xod^ter 9Karie — „toa^ aber nic^t fo luftig 



j 



10. a^orts @<l^fa}titb aum ®d&4htid (1877). 29Ö 

tft, ate fcttft $o%it Ratten l" fc^rcibt ber »atcr mit 
$umor. — „3)tc ©d^crcrei init ©toat unb . Äird^e 
bringt einen faft nm^ benn btefe, toie t& f d^eiht, . l^l^e^ 
feinblid^en @etoatten t^etlongen immer nod^ ettt)ad @e^ 
fd^ricbeneä^ »cnn maxi glaubt^ fertig jtt ^cin. -r gür 
mi^ beginnt ein neuer SebetiSobf^nift 2)a8 ^p&f id^ 
f el^r beutli^ an ©d^merjen in ber $äfte, bie titelt 
gering fhtb unb bem nervns ischbttlctis (Uitschi- 
hatschicus) jugef ^rieben toerben. (^e^en lanii id^ ganj 
gut, aber ft^en, aufftel^en unb bergleic^en mad^enntid^ 
jlaud^jen unb üon ©trumpf anjie^n ift gar teine Süebe. 
SBenn id^ ba8 ni^t anbringe, fo n^irb nid^t tiiel mel^r 
ju arbeiten fein.'' 

$ai^ Sal^r barauf, aU feine Xod^ter SRarie 
(S3auemfeinb) ein l^arteiS ^nbbett audjuftel^en ^tte, 
fd^reibt er: „3)ie gute 5^ . • . ., »enn fie (eine re^tc 
£uft l^at gu l^eiraten, mdd^te fie^S bo(^ \a lieber bleiben 
(äffen. 3)a8 2)ing bauert fel§r lang/ l^at gar teine 
t^erien, au^ nic^t eine @tunbe, unb ^at. im beften 
l^aQe noä) immer feine ^aten. S)ie armen SBeiberl 
SBir l&aben mit unserer SRarie toai probiert l*" 

Unterm 12. ©egember 1868: „SÄit ber ÜÄelufine 
bin i^ fo jiemlid^ im @ang* (SS gab nod^ t>xtl gu 
beulen baran — e8 ift aDe« georbnet unb eingeteilt 
unb bie paar ©tfidfe, bie id^ aufgcjeid^net l^abe, Kappen 
gut. Sßirb barauS, n^aS u^iQ, ee n^irb mi^ ängenei^m 
bef^äftigen. S3i(ber gibfd genug auf ber fCSdt, toa^ 



296 la aftoria Sä^falnb sunt O^ebä^tnid (1877). 

tuf^^ tt)enn eins vxi^xlxt? ({ine ©(^uBertiabe ift au^ 
fertig geiootben, aber i^ l^abe fie an bie SSanb ge« 
fteOt, toiellei^t n^trb fie int Siegen gut, n^ie bie ^01%^ 
a))feL 9>ie (Sammlung Don @elegen]^eit8gebi(||ten ift 
je|t überSte. SO. ®onft noö) aOer^nb Heine ©ad^en. 
— ©ratulier^ bir, ba| bu ber geftrigcn SJorftettung 
ni^t l^ft aniODl^nen muffen.'' 

(Sr l^atte mir nämlid^ gu (Zugang beS Sriefed 
bie Slupl^rung meine« ^a)X)pxtii ,,%u^ ber &t\tü^ 
fd^aft'^ auf bem äRiind^ner ^oft^eater nid^ eben im 
beften ßic^te abgefd^ilbert) — 

^ai S3ilb eines bis bol^n ivenig belonnteit SRalerS 
l^atte in SBien Suffe^en gemalt unb f(^ien jebenfaQS 
ein bebeutenbeS ^lent anjutünbigen, n^enn ftd^ auc^ 
gegen SSprwurf u^ie SluSfill^rung fo mdn^eS einn^enben 
liejs. 3c$ fragte ben f^reunb um fein Urteil» 2)a tarn 
ic^ aber übeJ anl Uitterm 8. Wl&ti 1869 f treibt er 
mir: ,,3ft nur no($ ju fagen, bajs i^ itber bie ©orge, 
ob mir nod^ toai Sted^teS gelingt ober nid^t, glädKid^ toeg 
bin. (SrftenS n^eig man überl^aupt nic^t, ob einem toaS 
gelingt ober nid^t, unb gtoeitenS tann i^ boc^ nic^t 
l^etumfi^en unb nid^ts tun. 3(^ bin gIüdQid^em)eife 
aus ctUen ben Siarren^offen Don SluSfteQen unb ©d^a** 
äjttn unb bem gangen ^ublilumtröbel l^erauS, alfo 
bin id^ fro^, ba| mir ^in unb niieber loaS einfällt, unb 
mem'S nid^t re^t ift, ber foQ loaS anbereS aufbauen, 
eS gibt @ad^ett genug. 3ft bir nie ber bilbertaufenbe 



10. 'SSloti^ (Sö^roittb sunt (S^ebftc^tnU (1877). 297 

®raf ©*** öotflclommen? ©et ift ba8 95üb bc« 5ßu* 
Mt!umg — bicfcr tjcrjucfcrten S)r — Iruftc^ bic über 
bem 83oIIe liegt ©efc^niegelt, baiS elell^afte Su^je^en 
etncg fd^önen 3Ranne8, Itfpelnb, über alle8 l^inaug — 
!urj einer^ bie ni^t ivoti @ebanten ^interetnanber 
benten^ unb ber eine jti^eint au^ mel^r niie eine SSIöl^ung 
im ®el^irn ju fein. Um anf befagten $ammel ju 
lommen, l^ob' i^ bQ§ üielgerül^mte gar iii^t gefe^'m 
3ci^ meine^ ttJtnn bu .t)on einem Autor brei^ tJter 
93ä(^er gelegen l^aft/ an benen bu gar nid^tö §(n» 
jiel^enbeS finbefi^ lä^t bu aud^ bdS fünfte liegen. S)iefe 
Karrl^eiten beiS ^blitumd l^abe id^ f^on fo oft bur^^ 
gemad^t, ba^ ti mir jum Sterben langn^eilig. Sie 
©eutfd^en muffen immer fo einen l^aben^ an bem fie 
fic^ erl^olen üon bem ^rger, ben i^nen aQed Xiid^tige 
mac^t. ®o toar ber (Slauren ein fiiebling^ ber gro^e 
fiifjt^ ber liebe $rod^; lauter fo ©raffetoerf^ i^ xoti^ 
lein anbereS SBort — bcS in ein paar Sollten lein 
$unb me^r bef^nüffeln mag. 3c$ l^abe fc^on fp Diel 
SWalenlönnen erlebt, ba§ eg ein @rau8 ift — unb 
alles (ErtoerbSmäj^ige in @runb unb ^oben üerac^ten 
geUmt. äßir liegt gar nid^tS bran, n^enn'S auf einem 
$i(b nic^t ganj anftänbig l^etgel^t, Don bem (n)a8) 
Sorreggio ober bie ^ntiten gemacht l^aben, gar nid^t 
ju reben — ber SJögelmarft üon Äautbac^ ma^t mir 
baS größte SSergnügen, baS 2)ing ift b)i^ig, gtajiöd, 
reid^, mit ®efd|macf be^anbett — aber toa§ id^ tjon 



298 10. attoria (Bä^toivb )itm O^ebac^tnU (1877). 

****** fcnnc^ ift öcrtoirrt^ gcbanfcnlo»^ affciticrt unb 
mit ungejuttbcn Meinen^ gcilctt f^rbcncffeftcn aufge* 
ftu|t ... Sie äRenf^en muffen gar teine fd^ön ge- 
malten Silber i^r £eBtag gefeiten l^aben, ha% biefe 
poiitUantn äSeibdperfonen gar fotiiel äÖirtung ma^en. 
SBie gefagt, ed tft fd^on bis jum &A oft bagemefen« 
®uten @a^en |)afftert eiS nt^t^ fo ein etel^afted 
Sonjertcntjütfen l^eröorjurufen." 

3tt einem SBriefe bom 4. Äpril 1869 tommt er 
beiläufig b^ieber auf badfelBe Xl^ema iux&i, na^bem 
er eines meiner Suftfpiete gelobt^ beffen 2)arfteIIung er 
in aXünc^en beigemol^nt. (£r betam nic^t übet Suft, 
eine ©jene mit ber Siebl^aberin gu jei^nen. — „3)ic 
tonnte n)etter ni^t reijenb ausfeilen! SRid^ judEf S fd^on 
lang, ha^ einmal gu k^erfu^en — ffir^te mi^ aber 
auc^, benn id^ bin n^oi^I gu phmp bagu. ®enug, i^ 
l§abe mid^ t)ortrefflic^ befunben. 3)tan lebt fo in ber 
©cfinbcftube unb Sorgimmer feiner ©eele ba^in — 
n)aS fann ba tiebli^er fein a(8 einmal mieber in jene 
l^immlif^en ^runtgimmer gu fommen, n)o baS f^in^ 
menfd^ftd^e erft gur @prad^e tommt, unb baS auf bie 
auSgefud^tefte Sßeife unb mit aller Sßärme. £a^ bid^ 
öon jemanb loben, ber'8 beffer tjerftel^t 3d^ fage nur, 
baS ift ^nft unb ma^t mid^ glüdEti^, lo&^renb aßeS 
^ongertante mi^ Iangn)ei(t, ja anetelt. 2)a]^er i^ mic^ 
aud^ ni^t anftrenge, üon bergtei^en Ferren, fei'S 
aSagner, fei'8 Sifgt, -fei'8 SK*****, noc^ ein fünfte» 



10. Wtoxii Sc^toinb sunt (^ebä(!^tnid (1877). 299 

SBcrl lenncn ju lernen, toenn mid) f d^on Dtere on*= 
getoibert l^oben« 3)te 9iegtonen, too ed gleid^giltig ift^ 
ob einer ein bcnlenber SRenfd^ ober ein Dertoirrter 
eitler (SfeIdto|)f ift, jiel^en mid^ gar ni^t an. ^er bem 
^Blico tft tool^I bobei, unb bie ß^^I^fett für ba8 
3Ritte(ntä^ige, ja ©arftige, fe^ ft^ loieber um fo üiel 
fefter, ba^ tonnte einen au^ ärgern. S)a8 l^inbert aber 
ni^t, ba§ fortgearbeitet wirb, aljo f^abcfg ni^t 
3)e8 taf gen WtanrC^ fflel&agen fei «ßarteilic^feit! — 
3n beinern ßb^er n^irb ftd^ f^on nod^ toaS üor^ 
finben, ba ift mir gar ni^t bang, unb toenn hi^t, fo 
meine id^, bu l§aft genug gemalt unb (ang genug aus« 
gehalten, f ott'8 ein anberer probieren. — Sei mir fel^It eS 
ni^t an ©toffen, aber bie ärbeitSluft toirb eine» fc^önen 
^geS auSgel^en — bei bem gänjü^en 3Range( an 
Anregung. 3)er £eopoIborben langt ba nid^t, obtt)ol^t 
etmaS ^öfli^ei^ immer angenel^mer ift, ald etn^aS 
®robe8. (Sinmal l^ab' id^ il^n angel^ängt, bei ber legten 
iReujal^rdcour, aber jugleid^ gef^moren, ba^ mi^ teine 
fec^g ®äule mel^r l^ineinbringen. g^i^^r »ar bod^ eine 
f^5ne Königin ba, unb bie i^ofbamen l^aben einen 
audgela^t, aber unter lauter äRfinnem ift bie 3)umm<> 
^eit ni^t augjul^atten. — 

Sbk ©efc^i^te mit unferer ^nftau^fteßung loar 
einzig. (£8 jn^eifelt tein SRenf d^ me^r baran, ba^ man ben 
©laöpalaft für SBagnerifc^e Qtütdt öeüoenben »ollte." 



300 10. aßoris @(i)loinb sum (»Md^taii^ (1877). 

3n einem Sriefe öom 23. 5!^)ttt bei^fettcn Sa^re« 
^et^t eS: „^a^ Qpxstamm t>on QinVpax^x ift töftltc^ 
— aber afö nad^ftcr Slad^bar öon 5ßoffenl^ofen toitb 
mir etiüaS übel babei. j£ann aber bejeugen unb be« 
\d)tD'6xtn, ba^ i^ nid^t in ber gertngften SSejiel^nng ju 
bcm bortigen §ofe fte^e. 

(Srften äRai fj)Q ^anlba^ ^urücSommen^ bo bin 
i^ meiner ©teQöertretung'' (ate ^ßrofeffor ober S)i* 
reftor?) „Icbig unb lann balb ablommen. ®ott fei'g 
geflagt^ i^ bin ber ^Itefle, unb ba \6) an ber ^abemie 
gar ni^tö tue, n^ill ic^ biegen @uf)plentenbienft n^enig« 
ftenö nic^t unterbrechen. Auf batbige» SBieberfe^cn" 2C- 



®ä)tDinb tarn uod^ im SDtai 1869 na^ Sßien. 
3um lefetenmal. ®r »ar no^ geiftig frifd^ unb iwtt 
Sbeen n^ie immer, aQein feine fötperlid^e ®eixt6ßä)Uit 
l^atte jugenommen unb eine ^rt bon 2)op|)elf el^en fic^ 
eingefteHt, ha^ ifjvx am Arbeiten l^inberlid^ toar. 3)en> 
ungea^tet entwarf er nod^ im näc^ften Saläre Qt\6)^ 
nungen für ba« ^jrojeltierte OriHparjer^Sabutn, fd^icfte 
mir bie Q^tn^ürfe, f^rieb mir aud^ audfüJ^rlid^ barüber. 
@r l^atte aud^ in Sorl^inein an baS Sol^r 1872 gebadet, 
an mein fiebjigfteg ®eburt8feft, für Weld^e» er bie ein* 
gangd eüuS^nte ^anbjeid^nung ^vorbereitet l^atte, bie 
erft nad^ bem SJerlufte be^ ^^eunbe* in meinen ©eftft 
!am. @eit lange l^atte id^ mir vorgenommen, il^n in 



10. a^oris ©^totnb jum (»ebä^tniS (1877). 301 

feiner §äu8Kd^Iett am ©tamberger See }u bejuc^eit 
3m Sommer 71 gebac^te td^ enblid^ meinen ®nt* 
\(ijHn% auSjuffi^ren — weld^en ber unfelige 8. gcbruar 
unmdgUc^ mad^te. SBie bereute ic^ mein 3^9^^ I ^^^ 
beiben Alten fottten nid^t wieber jufammen fommen. — 
2)er @ommer 1876 beraubte mid^ auc^ metner 
jtoei lieben alten greunbe: Äuerfperg (ÄnaftaftuS 
@rün) unb 2)effauer. 2)a8 ift, n^enn man felber a(t 
toirb. S)er neue Sertuft ruft jugleic^ bie Srinnerung 
an ben früheren mac^. 8Bie ))ie( mu^ man t>erlieren, 
beöor man jtc§ fclber üerliert! — 

Seine Shm^ i^% alt an toerben, 
(Es ift tttin% ed ^u ertragen! 

SBien, im DftoBer 1877. 



tl. meifter favilla (l$77). 

8ur (itinnctung an Sofef ^cf|auf r. 

„Maitre Pavilla." S)a8 ift ein alter, grunbe^r* 
lieber, nur feiner ^nft lebenber SKuftfer, ber in bcm 
gletd^namigen @c^aufpiele k?on ®eorge @anb bie ^atOfU 
roQe fpielt 3)ie ebenfo gemütreic^e als geniale f^au 
liebte ed, einen i^r werten t^eunb unb Xonlünftler 
mit bent yiavxm „^ak^iQa" ju bejeic^nen. SS ntu^ ba^in 
gefteUt bleiben, ob bie 2)ic^terin in il^rem ^^antafte« 
gebilbe gemiffe ^^nlic^feiten mit bem trefflichen SRanne 
unb t^teunbe ju entbetten geglaubt ober ob fte mo^I 
gar einer i^rer poetifd^en £iebIingSgeftaIten c^arafte^^ 
riftifc^e 3üge au8 bem SSefen unb @ein bed SRanneS 
unb ^nftlerd felber ^a(b unloiQIürlic^ beigemifd^t l^atte. 

@8 gibt tiefe, finnige unb innige Siaturen, bie mit 
einem fpejietten Xalente für eine ber fünfte begabt, 
fid^ aud^ anbem Äunftric^tungen nid^t öerfd^lie^en, in 
bem (Sd^önen äberl^aupt, i^rem eigentUd^en Elemente, 
ftc^ einzig too^Ibefinben. (Sin 9J2uftIer, jugleic^ gebübeter 
®enie§er unb Kenner ber SRalerei tt)ie ber ^laftif, 
felbft ein nid^t ungeübter 3^^^^^^^^ poetifd^er 5ßrobuf* 



n. SReiper goöUta (1877). 303 

tion burc^auj} ntd^t ftemb, mit bem reinften ©efc^mad 
für jcbe bct Äünfte unb fid^ bag beftc, toai i^rer 
jebe ]§er))orgebtad^t^ mit (SutJ^ufiagmu^ aneignenb unb 
ju ben l^öl^eren @etiien eine^ ÜRojart, "StcOfffad, ©oetl^e 
a(8 ben SSemirflic^em ber Sbee^ bie fe(ber in i^m 
»altetc, ia i^n fd^icr öetjcl^rtc, mit Siebe unb S3e* 
geifterung enq^orblidenb, feined eigenen Sc^g bobei t>tx^ 
geffenb — fo tt>ar mein gteunb Deffauer^ mit »eld^em 
xä) an bie t)ier}ig Saläre treu jufammen k^erlebt unb 
beffen fd^&ne, reine, id^ möd^te fagen jungfräuUc^e 
@eele }u erlennen unb ju fd^S^en ic^ l^inreid^enb ®e^ 
legenl^eit fanb. 

3oj|ef S)effaucr, in 5ßrag geboren, au« gutem 
$aufe, ein ^nb mo^I^obenber Altern, jeigte fc^on al8 
^aU bebeutenbe ßunftanlagen. S)er @c^äler Xoma^» 
fc^ete »ar ate Süngling für jene ßeit ein öollenbeter 
^Iak?iert)irtuoj|e. S)er junge 3ßann brad^te fpäter mit 
feiner geliebten ©d^ti>efter Il^erefe ein paar 3al^re in 
Stauen ju. ©ein reger ©inn für tbnenbe unb bilbenbe 
^nft fanb ba reiche 9{al^rung. ÜRit bem jungen S3el« 
lini Inüpfte fic§ i^m bort m inniges greunbfd^aftg* 
bonb, toelc^eS burd^ ben frül^jettigen %o\> be« ©d^öpferS 
ber „Siorma" leiber fialb jerriffen toerben foHte. — 
DejfauerS crfter Äufentl^alt in 5ßari8 fbrberte i^n er«* 
fic^tlic^. ©ein Älaöierfpielen tote feine Slomanjen 
machten ®IM, ber pbfd^e, junge Sontpofiteur mar 
balb in ber ©efeßfc^aft beliebt, ttjoju feine feinen 



304 U. «elfter gfaöittc (1877). 

aRanteren unb jein gutei^ f^ranjöfifd^ ni^t tDcnig h^x^ 
trugen. @(^on bamaU igatte er atte beutfc^en, ttalieni^ 
fd^en unb frangbfifc^en 9)htfthnetfter, bte alten ttite bie 
neuen^ im ^opfe, im $erjen unb in ben ^&nben. Sn 
@tegreifn)iebergaBe ganzer Opern unb @^mp^onien 
auf bem 0at)ier n)ar er ein Unitum unb ift ed bis 
in fein ^(tet k^erbtieben. Man brandete i^m nur ein 
Itaffif^e« ober mobeme» ÜKuftiptf ju nennen, unb 
„S)on 3uan" ober bie ,r§ugcnotten", bie „ffiroica", 
©c^ubertfc^e Sieber, (S^opind ^l^antaften, 9tofftnii» 
„Sarbierc", JBerbi« „Sligotetto", nac^ Sege^ren ber 
3ul^örer, ba8 alle« raufd^te über bie S^aften, t)ott» 
tbnenb, tt)ie tmproöifiert SKan fonnte babei bie 5«rtig^ 
leit bed SSortragenben ttne feinen guten ®t\äjmad, 
feine ffienntniffe nid^t minber toic fein ®cb&(§tniÄ be* 
tounbem; ed n^ar bie Erinnerung bei} ^erjeniS an bad 
fo tief empfunbene @d^öne, baiS er fic^ mit alkr 
äBürme angeeignet. S3ei biefem beftanbigen innem toit 
äußern SSerfe^r mit aßen SRciftem ber Äunft, bei 
biefer 9[IIgegentt)art be« ©efc^affenen, bad ftc^ il^m im 
@(eifte ftet« barbot unb baS er gen^ifferma^en nac^ju« 
fc^affen t^ermod^te, loarb ber geiftreid^e 3nterpret unb 
3mprot)ifator eigentlich gum felbftänbigen ^nft(er. 

S)effauer roax ein £iebling ber f^rauemoelt, in 
ber Sugenbjeit tok im Sllter. Sbgefel^en t)on feiner 
£iebeniSn)ärbigIeit unb feiner l^umoriftifd^en Saune 
fprad^ nod^ ber Umftonb ju feinen fünften, ba^ man 



11. TOeifler gfoöifla (1877). 305 

immer für tl^n „ju forgcn", fic^mit il^m „ju bcfd^äftigcn" 
l^attc — eine aWü^c, xodäjt bic lieben grauen gern 
übemel^men; toie £eonore gelegentlich bt^ (aunijd^en 
laffo bcmerlt. Unjer lieber greunb fränfelte jeju* 
ipeilen unb lie^ fid^ nic^t ungern bemitleiben, pflegen 
unb l^ätfc^eln, n^oju ftd^ benn aaä) bie erbarmungd« 
retd^en f^rouenl^erjen ftetö bereitoittig ertoiefen^ 
to'af)xmb tovt raul^eS äßännert^ott ben l^&uftg 0agenben 
mit bcm ©pi|namcn „SRaunjeanber" beteiligten. 

2)effauer lam mel^rmals nad^ ^ariS unb ftanb in 
naivem SSerlel^r mit ben ärf^^^töten atter fünfte, ju* 
mcift mit ben Sompofiteuren, wie Stoffini, G^erubini^ 
äuber^ §ciI6t)^, Gl^opin. S)iefer brachte i^n ju jciner 
greunbin George @anb. 2)a^ n^eiblici^e Oberhaupt ber 
9iomanäI nal^m ba(b großen Anteil an bem eblen 
äSefen beiS poetifd^en ^Iat)ierfpieferg unb StomancierS^ 
toelc^er in il^r bie groftc ©^riftfiellerin betounberte, 
bie einfädle unb natiirlid^e ^^au f)o^ ^ie(t. 3)iefeg 
greunbfd^aftdk^erl^ältnid mährte bis jum Slbleben ber 
S)ic§terin. S)cr greunb ftarb il^r balb barauf nad^. 
Octrennt öoneinanber Rotten fte fonefponbiert 9iod^ 
üor Sol^r unb %aQ, ate ©effauer beinal^e übttig er* 
blinbet n)ar, taS ic^ il^m bie eingelangten l^erjtid^en 
SBorte ber ^^reunbin öor. (Knige 3al^re öor^er l^atte 
er fie noc^ in i^rem SWo^ant bejud^t unb nad^ ber 
§eimfe]^r nid^t genug öon i^r fettft mt üon i^ren 
Äinbem unb ßnfeln erjö^Ien lönnen. S)a§ ber geniale^ 

e^tiftcn ly. 20 



306 11. aRpiflcr goülHa (1877). 

a6er jcitoeilig hoSffa^t §cine bicfcS rcinftc SScrl^ält^^ 
ntö jtt)ifd^en 9J2ann unb ^au gelegentlich ju t)erb&(^« 
tigen fuc^te, l^at beiben tiid^t gefd^abet. S)erlei SSer^ 
leumbungen fottnten überl^aupt feinen Glauben finben 
einem äJlonne gegenüber^ ber nid^tö »eniger afe ein 
tJrauenjäger war, in beffen wcid^er nnb jarter Statur 
e^ k^ielmel^r lag, gerabe baS emig äBeiblic^e in ibeeUer 
Sluffaffung ju öere^rcn. ©eine langjährigen ^Jreunb- 
jd^aften mit ^ocj^bcrül^mten unb gefeierten grauen, toie 
aRr8. Äemble, SSiarbot==®arcia, Unger^^Oabaticr unb 
anberen toeiblid^cn ^ß^^^ritäten mögen bai^ bejeugen 
unb beftätigen, 

%m beften aber, toir laffen eine ber benannten 
S)amen felbft f^ed^en, unb iXoax biejenige, n^eld^e nid^t 
nur in i^rem Saterlanbe, fonbem in ganj (Suropa mit 
tJoUem JRed^te als bie erfte grau bcg Sal^rl^unbertS 
gilt. 3n il^ren ^Briefen begeic^net ©eorge ©anb unfern 
greunb als „gaüilla", abtoed^felnb auc§ als Srifc^ni, 
mit S3ejiel^ung auf ein inbifd^cS ©ebic^t, tocld^eS 
©cffauer i^r üorgefungen l^atte. S3ie in bcn nac^* 
folgenben ©riefen benannten ?ßerfonen erflärcn fid^ bon 
felbft als Angehörige unb greunbe. S)cr l^o^c SbealiS* 
muS, njeld^er bie bebeutenbe grau nod^ in il^rem l^ol^cn 
Filter jugenblid^ burc^glül^te, fotoie il^re innige unb 
fd^tt)efterli(^e SReigung für ben grcunb finb bie ^axopU 
momente einer jiemlic^ umfangreid^en ÄJorrefponbenj, 
aus UJeld^cr l^ier einige Jörui^ftiidfe folgen. 3ebe QdU 



11. aReiflet Sfoüilla (1877). 307 

fprici^t t)on @eift unb ber bon sens fel^Ü auc^ ntd^t 
in ben polttijc^cn 85cmcrfungcn bcr g^^anjöfin. 

L 

©utcr (B^rifd^nt, td^ möd^tc, ba$ ®ic einen JBrief 
t)on mir in ^\ä)l finbcn, nad^bem Sic mid^ nid^t in 
ben ©tanb gejc^t, Sinnen nad^ 5ßari« }u antoortcn. 
3a, c« ftnb glüdlic^e %aQt, in bcnen id^ ©ie ]o ganj 
ate ©ie jeCbft wiebcr fanb, laum gealtert, unüeränbcrt, 
nod^ fo naiö, jo järtlid^, jo liebengwürbig. SBäl^rcnb 
il^rer ganjen Steife muffen 3P^nen bie D^ren gcttnngen 
l^abcn, bcnn ^ier ift feine ©tunbe »ergangen, too man 
nid^t fagte: „®uter ßl^rifd^ni, teurer, el^renl^after 
äJiann, reigenber greunb, toürbiger SKaöftro, großer 
Äünfticr" uftt), uf», 3eber fagt e« unb attejeit, im 
©olo wie im 3)uett, ju 3)reicn tote ju SSicren, atte, 
aöe fagen: „®8 lebe Dcffauer, ber wal^re gaüiHal'* 
3)e^ SlbenbS legte spiritus familiaris ge^eimnii^ooUe 
SBriefe auf ben Sifd^ unb man fiü^Ite, man genojs bie 
mufilalifd^en (ginfälle,. toeld^e man ju l&ören meint, 
toenn man biefe 85riefe lieft, unb man lachte unb 
fül^Ite ftd^ gerül^rt — man fpürt eben immer ©ie. 
Unb ftnb ©ie benn nid^t immer l^ier? Seben wir benn 
nur in unferm Sörper? JBetool^nen »tr nic^t SRonb 
unb ©onne unb aöe ©teme, fobalb unfer (Sebanlen* 
f[ug ung bal^inträgt? JBefd^äftigt man fid^ auf ben 
©temen nid^t mit un2, wie wir und mit i^nen be^» 

20* 



308 11. SRcifter gaötOc (1877). 

Wäfttgen? SRit mi, bic xoit fie cinft ju finbcn 
träumen? ©ic? SBcn? Sie jagen bon uni ba«felbe, 
unb ol^ne ung }u fennen, lieben fte un^. Unb übrigeng, 
fennen fie unS benn nid^t? SSäo ift gur ©tunbe unfer teurer, 
grosser S)eIacroiE? Slber, »o flnb @ie felbft, eben too 
tc^ Sinnen fd^reibe, auf metd^em äBege, in toetd^em 
^el^ilel, in toelc^er Saune? Slbloefenl^ett unb Xob 
tt)eid^en nid^t üiel üoneinanber ab; man Derlä^t ein^ 
anber nid^t, man t)erUert einonber auS bem ^fic^te, 
ober man totx^ tool^l, ba| man einonber — gleic^l^iel 
mo — loieberftnben loirb. 3)arum fage id^ nie „fiebe^^ 
tDdffV* in bem Sinne öon ^@ott trennt und", fon* 
bem in bem Sinne bon „Auf SBieberfel^en in ®ott, 
in biefer SBelt ober in einer anbem''. Sd^reitet man 
nid^t boran, folange man leben toiU unb an Sbeale 
glaubt? SoQ bad Sbeat nur für btefeS £eben \)on 
einem ober gu^ei Sagen auf ber Srbe gut fein? 
@(auben Sie baS nid^t. S93ir nel^men mit unS, maiS 
tt)ir ertoorben l^aben, xoix nel^men eS mit und, um ed 
in ber (SU)igIeit }u bermel^ren. SBad liegt baran, totxm 
loir in einer ober jn^ei unferer (Sj^ftenjen nid^ genug« 
fam ermutigt mürben, menn mir nur in uns unb in 
anbem bad l^eilige ^^^uer mad^ erhalten l^aben. Untere 
fd^a^en Sie nid^t bie Stunben, in meldten Sie mit 
Sl^rer Seele bie ber großen SMeifter Sl^ren g^cunben 
gaben; all baS ift unter ben äßeiftem, unter Sinnen 
unb und ein Slugtaufd^ bed SBeften unb ^öd^ften, maS 



11. »elpet gfaöütc (1877). 309 

bad gemeinsame ©anituatium tnt^&lt @d^retben @te 
uns, teurer gi^cunb, fagen Sie unS, toie Sie gereift 
finb, lüie @ie bie ©c^mefter gefunben ffobtn, bie 
»lichte, bie »erge, ba8 ,,@alälanb'' unb bie Sünftler 
Qud ben ^Bergen. Unfere ganje f^amitte umarmt @iel 
SWorij, ben S)etacroij' 2ob fe^r angegriffen l^at, be«» 
fonberS meU biefer heimging, ol^ne t)on einer gamilie 
umgeben gu fein, £ina, bie 3|nen i^r ^fl^()(i^en }um 
^ffen reic^t^ SRanceau, ber @ie t)ere^rt (er aU ber 
„SBrutalfte" ift ber Siebeöottfte ijon aßen), SWabamc 
Lambert, bie ni^ aufhört, t>on S^nen )u f))re(i^en, i^r 
®atte, ber @ie mit jartfinniger ®^vXpatJ)it ^retro* 
jpeftiö" ftubiert, SWarie Sambert^ bie um ein nid^t» 
n^eint, aber t)oQ Siebe ift. Salamatta, ber nid^ts mel^r 
gegen 2)e(acröi£ fagt, i^n al» SRenfd^en bebauert, o^ne 
i^n als aRaler je begriffen gu l^aben... ba finb fie 
aQe, bo^ ba fommt nod^ bie gro^e SRarie, eine ))or« 
ne^me 9latur unter il^rer n^ei^en ^auht, unb aQe 
lieben Sie unb rufen Sl&nen ju: „Äe^ren ©ie »ieberl" 

©eorge @anb. 
^e^ren @ie »lieber mit f^Snen Siebem üon 3^nen 
für mi^. 16. «uguft 1863. 

n. 

3lof)ant, 5. Suli 1866. SRein f^üilla ^at a(fo 
an meinem 62. Geburtstage an mi^ gebadet 3c^ bin 
bat)on fel^r gerül^rt, trefflid^er greunb. Sie fagen nichts 



310 11. aRciftct ^ama (1877). 

üon S^rer ©cjunb^cit, 3^r ^crj nimint attcg in ftc^ 
auf unb ift Don ben @t^Qi)xtn jerriffcn, toclc^c bcm 
SSaterionbc brol^en. S35ir begreifen bag, wir, bie ita* 
lmi\6) aber burd^au^ nid^t preufifd^ gefinnt finb. 
SBelc^ furd^tbarer ©treit ift auiS ber Meinen §oIftetn* 
fd^en äSertoidelung l^ert^orgegangen! Unb wo ift bad 
®nbc abjufel^en! Äann 33^r ffioterlanb, felbft »enn eS 
niebergefd^mcttert ipürbe, öön ber SBeltfarte geftric^en 
toerben, auf ber eg einen fo großen ^laj einnimmt? 
galten @ie eiS für ein UnglüdC, ba| eg SSenebig »er* 
loren l^at? SSäar i^m Statten nic^t Sftuin unb ®efa^r, 
eine Äuget om ^^u^t angefd^miebet, tt)ic Algier e8 für 
granfreic^ ift? SKan afftmiüert niemate fo ftarl au3« 
ge))rägte 9itationaIitöten. (Sl^er begreift man no(^ bie 
obttJol^I fel^r fd^tocrc Slffimilation ber flaöifc^en Sänber. 
aber toag ift. ba ju mad^en? S)er Slugenblid fi^eint 
gelommen, A)o bie Eroberungen gu einer Sanbplage 
werben. SBirb ^h^anlreic^ ftd^ l^ineinmijd^en? gür wen? 
3Kit wem? 3Kan fiel^t^ wie granfreii^ Stauen unter* 
ftü|t, aber aU ^reu^en^ l^elfer lann man ed nic^t 
beulen. Unb ntemanb Wei| l^ier, ob ^ranlreid^ irgenb 
jemanbem l^elfen wirb. 2)aS @taatöoberl§aupt ift um f o 
unburd^bringlid^er, alg e8, wie man wiffen wiH, in 
feinen ?ßlänen öon ber §anb in ben SRunb lebt, unb 
man 5ßrojefte nid^t erraten lann, bie nic^t eEiftieren. 
3d^ fage S^nen eben, wa8 man fprid^t. Sd^ lebe ^ier 
ferne öon aHebem unb erfahre nidjtg au8 erfter §anb. 



11. SRciftcT »aöitta (1877). 311 

Sd^ fel^e meine Snieltn ^eranioad^fen, ipeld^e \ä)'in 

unb fanft ift unb ftd^ fok^iel ald möglich über ben 

fd^redlid^en %ob i^reÄ S3ruberg trbftet äJicine ^ttber 

finb fo glüdltc^^ ald fie ed nac^ biefem ©c^tnerj fein 

fönnen, unb id^^ bic i^ren armen greunb öerloren f)at, 

ftärle mi(^ bei i^nen. SBir „erfreuen unä" eine* 

f c^redHid^en Sommer* ; f ünbflutlid^e ©türme, erbrfitf enbe 

§i^e unb jäl^er S^oft, baju bie armen ©olbaten, armen 

SSerttJunbeten, armen ©efaßenen aDer Stationen, bie ein 

entfe|Iid^e* ©d^aufpiel bieten, fo ba§ man nic^t ein* 

mal in bem rul^igen SSSinfel, in bem man lebt, fid^ über 

ettt)a* 3U freuen n^agt. ®ie machen meland^olifd^e unb 

öon .l^erjäerrei^enben Iräumen erfüllte SWuftl, beffcn 

bin id^ fidler, kommen @ie ju un*, bie n^ir @ie Üeben 

unb aUe Reiben besagen, ^d) ^obe „2)on Suan'' an 

ber ?ßarifer Dper ju Sobe fd^inben gehört; man t)at 

x^n t)om th^ätre Ijriqae l^inn^eg bortj^in eSlamotiert, 

um einiger briQanter SnbiDibualitäten unb einer fd^önen 

Snfjenierung toißen. 8Ö ba* »og ben „S)on Öuan" 

auf bem ^Iat)ier vorgetragen i)on (S^rifc^ni nid^t auf; 

biefer „2)on Suan'' tt)ar ber ed^te unb gute. SBerbe id^ 

i^n wieberfel^en? (£* ift bie* mein Iraum, ben ©ie mir 

nid^t rauben bürf en. Wit äBelt ^ier umarmt unb liebt ©ie. 

®. ©. 
III. 

SBie fd^ön ift e* öon bir, mein Gl^rifc^ni, biefen 
5. 3uli nid^t ju öergeffen, ber, obttJol^I er bie S^l 



312 11. aRcifter garnOc (1877). 

meiner 3a^re öerme^rt, mir f o lieb ift, atö ob er mir 
tottä)^ abn&l^me, ipeil er mir bie fä{|en (Srinnerungen 
an meine fernen greunbe erneuert, greilic^ toerben wir 
m^ »ieberfel^en. SWan ift mit ficbjig Sauren nid^t älter 
ate mit brei^ig, wenn man pc^ SSerftanb, §erj unb SBitten 
bewahrt ffat S)n l^aft nid^td t>t>n oHebem berloren; 
bie einjige (B6)to&6)t, aber weld^e bu btc^ beflagft, ift 
eine ^(bna^me beS @efic^ted. 2)aS l^inbert bid^ nic^t, 
bie iRatur }u feigen unb mir bie winjigen Slümd^en 
ber Linaria Pellissierana )um ©traute ju fommeln, 
unb bad l^errlid^e @c^aufpiel beined &cti unb beiner 
83erge ju würbigen. 3a^ bein SSaterlanb ift fd^ön unb 
id^ beneibe bic^ um fo mel^r um felbed, olS ed gegen 
geiftlic^e Sntolerans unb geifttid^en C^l^rgeij einen 
^am))f unterl^ält, ber ^ranfreic^ bemfltigt. SBaS ben 
iRiebergang ber Sunfl bei eud^ julanbe wie bei un8 
anbelangt, fo'ift bem wo^I fo, boc^ ti ift nur eine 
augenblidKid^e 9$erftnfterung. 2)ie @teme erbleichen gu 
3eit in il^rem ©lanj, Warum foUte eS bem äRenfc^en 
nid^t aud^ fo ergel^en? Saffen wir nie bie Hoffnung 
finlen, mein t^reunb, aQeS, waS fd^einbar Derlifd^t, er- 
neuert im @el^eimen feine £euc^tlraft, unb Wir felbft 
finb l^eute unb immerbar 2tbtn unb Xob, @d^taf 
unb ©rwad^en. Unfer normaler ä^^ftonb jeigt fo 
beutlid^ unferc unenblid^e ^^'^^fi- 3c^ jäl^te l^eute 
64 „grü^Iinge''. 9iod^ ^abe id^ ba8 ®ewid^t ber Saläre 
nic^t gefüllt. 3d^ bin fo gut ju gu^, arbeite fo üiet 



11. 3»ciftct Saöitta (1877). 813 

unb jd^Iafe fo gut als je ÄQcrbing« ift mein äuge 
mö) \djitoa6) geworben, aber id^ trage feit fo langer 
3eit JBritten^ ba§ fti^'g eben nur um bie Sßummer 
l^anbelt fSStnn id^ einmal nii^t mel^r tätig fein !ann, 
fo t)erliere ici^ l^offentlic^ aud^ bie £uft baju. Unb 
übrigeni^, man entfe^t ftc^ über baS l^ol^e älter, ci& 
toäre man fo fidler, eg ju eneid^en. SKan beult nic^t 
baran, ba^ einem ein Riegel k?om 2)ad^e auf ben 
^opf faQen lann. Qti bleibt immer baS befte, fid^ 
bereit ju l^alten unb bie alten ^al^re beffer ju ge« 
niesen, aii man bie jjungen genoffen f)at SKit jtoanjig 
Salären );)erliert man fo k^iel S^xt unb t)erfd^loenbet fo 
t)iel £ebenl Unfere äBintertage jöl^Ien boppelt; fo 
gteid^t fid^ baS auiS. SBad nic^t \)oxübttQtf)t unb nid^t 
toec^fett, ift bie gireunbfd^aft. 3m ©egenteile, fie nimmt 
ju, je mel^r fie i)on il^rer S)auer }el^rt Sßir fpred^en 
^ier oft öon bir. SWeine ^nber lieben bic§ mit ©l^r* 
furd^t, unfere (Snfelinnen finb aUerliebft, äurora fprid^t 
toie eine Srtoac^fene. @ie ift au^erorbentlic^ t)er^ 
nfinftig unb gut. S)u toirft fie feigen. S)u toirft uni^ 
toieberfommen. 2)u toirft und toieber mit beinem 
Älaüierfpiele entjüdfen. SSäir lieben bic§, teurer 
9J2a3ftro, toir lieben bic^ fel^r, unb aud^ bu toiQft 
und immer toieber umarmen, aber nie jum testen 
SRale. ©iefe« SBort l^at leinen Sinn.... 

®, ®anb. 



314 11. a»ciftcr gfoöttta (1877). 

IV. 

©cliebtcr, teurer ^Jaötlla, beine Schrift ift l^crr* 
lid^, bu fiel^ft, aber bu Ictbeft nod^^ ba t^, lote bu 
fagft, mit bctnen Äugen fd^Ied^t ge^t. ^offen tPir, ba% 
bie Rettung balb lomnten iptrb. S)etn fteined S3ouquet 

befinbet ftd^ in meinem S^^^^^ ^^^^^ ®^^^ ^^^ 
Stol^men neben feinen SSorgfingem. ^6) freue mic^ 
immer, eineg anlommen ju feigen; e8 ift ein ßeid^en bcr 
blül^enben 3ugenb beine« ^ctjeng, unb an iebcm 
5. 3uü fragen meine Äinber mid^, ob id^ Slurnen aus 
Sfd^I befommen l^abe. SlUe SSett l^ier liebt bid^ unb 
brüdtt bir järtUd^ bie §anb. SDie feud^tc 2enn)eratur 
mac^t un» alle ein »enig untool^I, aber id^ l^offe, toit 
ftnb am ©nbe biejer ©ünbflut angelangt, bie unfern 
füblid^en ?ßroöinjen f o üietUnl^eil jugefügt l^at. ^errfd^t 
in euren JBergen ebenfalls biefer ftrömenbe SRegen? 
Surgenjetn jagt mir, bu mad^eft jutoeiten reijenbe 
SSerje. 3ft baS »al^r? SBie untoiffenb bin id^, bafe id^ 
fein aSort beutfd^ öerftel^e! 3d^ tofirbe fo gern beine 
©ac^en lefen. Schreibe mir, toenn bu e« öermagft, 
ol^ne bid^ anjuftrengen unb glaube an bie unöer* 
änberte 3ä^tti(^feit betner alten ©d^toefter. 

Sto^ant, 16. Suli 1875, 71 Sa^re. ®. ©anb. 

S)ie „atte ©i^wcfter", toeld^e im 3a^re 1875 
einunbfiebjig „printemps" jaulte, jd^rieb bem alten 
greunb unb S3ruber no(^ mel^rmafö, ben legten Qtüd 



11. aRetjIcr güöilla (1877). 315 

furj üor i^rcm im Sunt 1876 erfolgten ©c^eibem 
3)ad Serl^ältntö }tt)if(^en ben Reiben gel^t aus ben 
mitgeteilten S3riefen genugfam ^eröor^ nid^t minber bie 
äBertfd^ä^ung unb Sd^tung, n)e((i^e bie $rau t)or bem 
S^aralter, i)or bem @eifte unb @emüte, toie ))or ben 
Xalenten il^ted ^reunbeS l^egt. 

^ä) fettft lernte S)effauer bereits in ben ffoan^ 
jiger 3al^ren fennen. $ei f^xan t). S^e}^ trafen luir 
baS erftemal jufammen. 3(^ mit äßorij ©d^tuinb unb 
onberen jungen grcunben benal^men uns in bem gaft* 
liefen $aufe ^iemUd^ ungeniert/ n)o^( aud^ etn^aS un« 
gejogen — unb fo mad^ten »ir benn unfere Sfloffen 
über bie mobifd^e Steibung n)ie über bie eleganten 
formen beS feinen SßeltmannS, ber unS nur um 
einige Sa^re i^orauS toar. SBalb barauf i^erlor ic^ 
il^n aus ben Singen, bod^ bereits 311 S(nfang ber 
brei|iger 3al^re l^atten tt)ir unS einanber genähert, um 
uns nid^t lieber ju üerlieren. 

(Sine Dper beS greunbeS ,,£ibttJinna" (Xejt öon 
®bert) — eine ?lrt toeiblic^er gauftiabe — l^atte in 
$rag &IM gemad^t. SlQein biefe mitbe Stomantil fagte 
ber iRatur beS Jllomponiften nid^t 311, totl6)t t)or3ugS«= 
toeije auf baS Qaxit unb Snnige gerid^tet mar. SSäieber* 
l^olt ^atte er mic^ um einen Opemte^ angegangen. 
3m Saläre 1837 jd^rieb ic^ ffir i^n ben ,,a5efuc^ in 
@t 6t(r", eine ©pieloper, bie am 23. Dftober 1839 
mit ben 2)amen Su^er unb Raffelt jur Äuffül^mng 



316 11. SRcifter »aöiHa (1877). 

getaugte. Xai SBerl ift t)o\l ^übfc^er^ muftfaßfc^er 
@ebanfen unb bem @toffe tpte ber £oIaIitat angemeffen 
t)on feiner unb gefd^nmdtDoQer S)urd^fül^rung, etoa in 
ber Wct unb SBcife Äuber». S)ie D^er gefiet in SEBten 
unb mad^te bef onberei^ ®IM in ^ag unb S)redben. 2)aS 
S93iener ^ublilum, an ben @aud unb iBraud ber bamatigen 
itatienif d^en Oper gen)ö^nt^ l^atte aber etoaS bide O^ren. 
^acf) ber SorfteQung lebhaftes @ouper mit ben 
t^reunben. ttber eine reijenbe Stomanje, bie faft unbe*^ 
ad^tet geblieben n)ar, fagte £enau )u ^effauer: „SBruber, 
baraud blidEt bein fc^märmerifd^eS faftanienbrauneiS 
%uge ^ert)or. S(ber ber Xro^ l§at feine Dl^ren filr beine 
Äugen." 

S)effauer fc^rieb nod^ ju^et Opern« ,,$aquitQ" mit 
ber 3err l^atte eingef d^tagen, bie SSHeberl^olungen mußten 
aber unterbrod^en tt)erben^ ba bie @&ngerin einem Stufe 
nad^ £onbon }u folgen t^erpflid^tet toat. S)ort beging 
fie baS ©taat^öerbrec^en, in einem Äonjerte für bie 
bamatigen ungarifd^en ^ü^ttinge mitjumirfen. ^ai 
n?ar t^oDfommen genflgenb, i^r bie bureaulratif^e Un^ 
gnabe juguiie^en; ber OberftfSmmerer t^erbannte bie 
ftünftterin für ewige Seiten öon ber §ofoper unb bie 
arme ^aquita fie( a(d Opfer ber bamatö geltenben 
„9led^t8DerU)irfung«t|eorie". — ©ine jtoeite Oper, 
„5Dominga", erl^ielt nur einen succfes d'estime. Später* 
l^in, unter beS ttid^tigen Mtxt 2)ireftion fuc^te id^ ben 
greunb ju öeranlaffen, feinen „©efud^'' wieber jur 



11. aftetjicr gfoüttta (1877). 317 

^uffül^rung ju bringen, tnbem xd) mid) antmg, bie 
©picl^jrofa in jcitgemä§c SRcjitatiöc umjutoanbctn — 
er ging aber nid^t barauf ein. 

©effauerö SRomanjen unb Segenben, toie feine 
Sieber: „©er ®6)tüan", ,rS)ie ßodtung", „9ia^ ©eöißa", 
„Ouvrez" ufto. finb allgemein belannt unb beliebt, aud^ 
au^er^alb Öfterreic^. 2)ie äJ'^alibran unb bie SBiarbot, 
aud^ f^ftter bie Wct6i, fangen bief e reijenben S)tnge mit 
Vorliebe. 3n alter ßeit l^atte S)effauer unferm Säubert 
eineiJ feiner emften Sieber öorgefungen, mit jener voix 
de compositeur, totläft beiben gemeinfd^aftKd^ n^ar. 
@d^ubert lobte bie ßontpofttion. 3)ie beutfd^en 2)ic^ter 
fc^tiefen meift mit lob unb @rab. — „Db baiJ Sieb 
nid^t gar 3U traurig, ju meland^olifd^ toaxt**, — meinte 
S)effaucr. ©d^ubert erioiberte i^m: „Äcnnen ©ie eine 
luftige aRufif?" — Der gute granj §at freilid^ ben 
Offenbad^ nic^t erlebtl S)er gütige ^immel l^atte 
i^n aber aud^ Dor bem „%io%m SRid^arb'^ gn&bigft 
ben)a^rt. 

SSiele ber Sieber unb fRomanjen S)effauer8 bürfen 
fid^ ben ©d^ubertfd^en unb ©d^umannf c^en ©d^öpfungen 
täijn an bie ©eite fteOen, allein — habent saa fata 
libelli! S)er Sompofiteur, nac^ forjem SEßeltüerlel^r, 
lebte ftiQ unb iuritdCgejogen nur feinen ^eunben unb 
ber fiunft. SBer au^ ber SBeft fd^eibet, barf nic^t »er* 
langen, ba| bie SEBelt i^n auffuc^e — ober baiS Soumal 
ober bie JReMome. 



318 11. gRctpcr gfaöiaa (1877), 

Seffauerd ®eift, ja aud^ fein ^umor, toaren tro| 
gune^menber ^änütd^feit frtfd^ unb (ebenbig geblieben 
unb fein ^laüierfpieten entjüdte und t)or ttite nadf. 
a^an burfte nur begehren: ^änbel, ^ad), ^o^bn, 
9Rojart, JBcetl^oöen, äRe^erbeer, fRofftni^ SBeÖini — 
flugd fing t^ ju raufd^en anl find) „Xannl^aufer'' unb 
^ßo^engrin" tt)urben in ba8 Siepertoire aufgenommen. 
^Qein ber 9tte fomponierte nid^t me^r, aU tüoa bei 
^äudtt^ fefttid^en ®etegen^eiten, ttiie bei ber ftibemen 
^od^jeit ber XobeÄco« ober jur ^cier meine« fiebjigften 
Geburtstage«, n)0 er eine ßombbie in Werfen fd^rieb, 
bie SKuftf baju fontponierte unb aU ftrenger Äegiffeur 
ben jungen £euten i^re fRoQen einlernte. 

®S ti)irb faum einen Huftier geben, todä^tx f&r 
bie @c^5n^eiten ber iRatur unenq^fänglid^ n?&re. @o 
brad^te aud^ unf er 2)effauer jeben f^rfil^Ung unb @ommer 
bi« tief in ben @<)&tl§erbft im Oebirge ju, ol^ne gcrabe 
ein eifriger SScrgebefteiger ju fein. Äuffee »ar jal^rctang 
fein fiieblingdaufentl^alt, fpäterl^in, im Sttter, wfii^tte er 
3fc^f. Unter ben Sluffeer ©auem unb ©atjarbeitem 
fanben fid^ ein paar junge Surfte, toel^e bie fo* 
genannte „©^wegelpfeife"' bliefen; ber muftfalifd^e 
fjreunb nal^m fid^ il^rer an, fu^te fie in il^rer ftunft 
gu öeröoHfommnen, fontponierte il^nen fogar paffenbe 
SBeifen, forgte au^ fonft für bie broöen Seutc unb 
brad^te fie gelegentlich nac^ SBien. SDie iRaturmenfd^en 
toie il^rc naiüen Äunftleiftungen fanben SBeifall im 



11. SReipcr gfaöiHa (1877). 319 

@aton unb halb f cl^ltc c8 nid^t an ©önnem^ tote @raf 
§an8 SBUcjef^ tocld^cr bic Säurjd^c aüjäl^Ttid^ tood^cn* 
lang bei ftd^ bel^erbcrgtc unb fic nic^t ol^ne rcic^Iid^cn 
So^n ettüic^. „Satcr ©cffaucr", bcr fo öicl für fic 
getan, il^nen auci^ fonft einige 93ilbnng beigebrad^t unb 
fid^ ben S(uffeem äber^au^t al8 ein tool^Itätiger $ro^ 
fpero ertoiefen, tourbe naturlid^ in ganj 9(uffee f)od) 
gehalten. (£in bilb^äbfd^er junger 93auer8fo^n, namenS 
?Hbin ©c^ramel, l^atte jene gtötenbtafer mit feiner 
®itarre begleitet S)er junge äRann toar mit SSerftanb 
unb (Sinfi^t begabt unb fül^tte e8 in [x6), im fieben 
toeiter ju gelangen, tooju i^m 5Deffauer jumeift be^ilflid^ 
toar. @r enq^fal^I i^n tool^ltoollenben f^reunben unb 
greunbinnen unb man bereinigte fid^ in ber Säemül^ung, 
ben jungen 9Rann am Orunbelfee at8 SBirt ju inftat* 
(ieren unb i^m bie erfte ^audeinrid^tung ju beforgen, 
Älbin ift nun feit einer fRei^e t>on Stal^ren mit SBeib 
unb Äinbem bort fe^^aft unb ©ebirgSreifenben unb 
S^ouriften eine tool^t befannte ^erfönti^Ieit ©eine SBirt« 
f d^aft blü^t unb gebeizt unb feine SDan!barfeit für ben 
®rfinber feinei^ ®Iüdf8 toirb getoi^ nie auS feinem 
guten $erjen fd^toinben, 

Qtxn fd^toereS 2)oppetfibeI ^verbitterte bed armen 
S)effauer leftte Sa^re. ®r mu§te fid^ einer Äugen^* 
Operation unterbieten, bie nid^t gtüdßi^ aui^fiet unb 
i^m balb barauf bie Äu§entoett beinahe tJöQig t>tx^ 
fc^Io^; jU gteid^er ßeit toarf i^n eine UnterieibiJiranf* 



820 11. SReiper gfaöißü (1877). 

I^tit, bte ftd^ batb atö unl^eilbar ertDted, auf ba^ 
^anfenlager^ t)on tpeld^em er fid^ in bett testen Sauren 
nur feiten mel^r erl^o6. SBir toaren beibe feit langer 
Seit gen)ol^nt, ben ©omnter in Sfd^I mitetnonber ju^ 
jubringen; nod^ im Sa^re 1875 !onnf i($ ben ^aib* 
btinben ab unb ju in ber „^** f^ojieren fül^ren, roo 
tt)ir ber breit^iertelblinben guten ©d^tvefter S^l^erefe 
begegneten. Qm @ommer 1876 toax er für bie Sfd^Ier^ 
reife ju fd^mad^. äRan quartierte i^n in SKöbting ein 
— balb für immer 1 

S)effauer fd^rieb in ben legten Salären Heine 
Dramen unb £uftfpiele, auc^ eine äRaffe t)on ©onetten 
unb anberen @ebid^ten. äBenn id^ ben £eibenben in 
feinem S)untel2immer befud^te, ^otte er ipol^l eben unter 
ben grä^Iid^ften ©^merjen irgenb ein (Epigramm ober 
einen ©d^manl erfonnen^ ben er auf raftrierted Rapier 
mit ber SBIeifebcr mül^fam nieberfd^rieb. ©o frei toor 
fein ®eift geblieben, fo unerfd^Dpflid^ fein $umor, ben 
er in frül^eren Stitzn anäf burd^ artige ^anbjei^nungen 
bet&tigt l^atte. (Sl^arafteriftifd^ unb mit Sortiebe jeic^^» 
nete er ^a^en, l^üUte aber bie nieblic^en Xiere l^äufig 
in u^eibli^e ^(eibung unb brad^te fie in menfd^tic^e 
SSerl^äUniffe, xoobti t^ aud^ an treffenben ^ittetoerfen 
nid^t fel^tte. 3)erlei ging il^m leidet üon ber $anb. 
@o fd^rieb er einen ganjen Sa^enroman: „2m^\^^ 
^immet unb (Erbe" in $einefd^er SRanier, öerfal^ and) 
ha^ Opus mit geiftreid^en 30ufh:^^onen. Unfer ÜRorij 



11. SKctflcr gaottta (1877). 321 

®ä)mnb, bcr ein Äuge §attc ffir baS Statfiritd^c in ber 
^nft, Io6te bie 3^i^n^^9^^ ^^^^ minber aU bie 
SSerfc. — 3m etftcn Äapitd ^Sluf bcm S)ac^c" treffen 
bie £tebenben jufammen: bie n)et^e l^olbfetige ^a|ine 
unb ber ftateriüngling ÄraBaufc. S)cr SSater^ ber olte 
$ater ©d^nauranje ^at aber bie S^d^ter bem ftlofter ju 
„Tlatia @c^nau}" Qmtifft S)a tobt ber £iebenbe: 

Uüb 5terte ber ®(^(eter baiS $au|)t bir, 

3d^ (ro^t* tl^n l^erab btr Dom ^aox, 

3(^ toürbe pm mfttenben 9taubtier, 

3um (Qbifc^en 2l)men gor! 

Unb miautefi bn frü^ auf bem (Sf^ottf 

3d^ brummte bc^u im @elunb, 

Unb engagierte Dom Zote 

3um Serjett und bm ftettenl^unb. 

Unb Wid^ft bu mit feligem »lide 

Sdtarm&rtiS, im $aare bm Sttan^ 

3c^ 8^0c ^td^ ff^gJ gurarfc 

iBei beinem )ungfrftu(i(!^en ©d^föona. 

Sn einer Art J^umoriftifd^ent ßel^rgcbid^t: „S)er 
fontpriniierte ®ott", ge^t ber S)id^tcr olle aietigionen 
unb @ott*9Ketontot|)§of en burd^. ©o ^ei^t e« über ben 
obfd^eulic^en Xierbienft: 

©d^euglic^e ^rad^en mit SleufeUfra^en, 
ai^enfc^en mit födpfen Don ^unben unb ßa^en, 
(5tör(^c, SWoIc^c unb giftige ©erlangen, 
ftafer mit Römern unb Ineifenben gangen, 

64riftfn IV. 21 



822 11.. SÄetpcr gfaütHa (1877). 

Sötten unb Stffen, ftü^e imb Stiere, 
Shtc^um, btt fämtlid^e SIcog her 2:iere 
Xetite ftd^ 3<^rtaufenbe Imtg 
3n bett l^etligen ^otteSrong. 

9htn tontmen bte gried^ifd^en @5tter auf 8 Xapet: 

SN'itet ttnb 9tot))^itnte, 
3uno, aRard unb 0))^tobtte, 
y^übuiS mit ber golb'nen Seiet, 
SEed ging auf 9(benteuer, 
3a, ^iana mar im iyunfeln 
©elbjl nid^t abgeneigt htm SDhmleln! 
ßam erft IBacd^ud angefahren, 
Sßilb umtoft üon trunf nen ©d^aren, 
^xapfftn, Sfaunen unb ^ünobtn, 
$ant]^ern, S^n^en, tteinbelaben, 
tCCed tobenb, freifd^enb, fd^reienb, 
gügeaofer Buft ftd^ tteil^enb, 
Sßarb, ttaS immer brauiS entflanb, 
%oä^ ein ^eilig gfefl genannt. 

^uc^ bte ©d^öpfungi^gefd^id^te unb ber jübifd^e 
^eidmuj} tovch abgefd^ilbert, mit feinem eifemben 
Sel^oDa^ XDdd)tm ber liebenbe (S^rtftengott ein (Snbe 
mac^t, in beffen iRanten fid^ aber bte ^erjd^tebenen 
pl^Uofopl^ifd^«reßgi5fen @e!ten bis jum heutigen Xage 
auf bad bitterfte befäm))feu unb barüber ©Ott felber 
beinal^e verlieren. @o gelangen U)ir in bie neuefte 
„Äraft^ unb ©toffjeit", too f^Iiepd^ ber Kebe ®ott 
in ben Urteint unb ^fc^Ieint jufantmengepre^t übrig 



11. a»etftcr afoültta (1877), 323 

MciBt — SBie aber toarb btc SBdt gcfd^affcn? SBtc 
tritt ftc in bic ©rfd^cinung? 

«u8 f(^Ioinniiöem Urjloff, ^aRonercn* ftcnannt^ 

^uf her ©d^l^^fung unterjier @teEe 

5)ur(^ neue ?Proseffe ein S)tng cntftanb, 

3)ie bilbungSbefliffenc gelle, 

aRaterie mit btibenber ßraft! 

grürtoo^r ein groger Sireffer! 

SBer aber gab i^r bie (Sigenfd^aft? 

%a liegt ber $af' im Pfeffer! 

2)aS iß'g, too eu(^ n^ie und oeriagt 

^er ganje äßeiS^eitS^Iunber! 

a» bleibt ein 3E, eg bleibt ein 9i^, 

S^elträtfel ober SS^nberl 

Unb toenn ^l^r (Slott aud^ ignoriert, 

^x ^abt il^n nur fo Yom|)rimiert. 

Ob S^r il^n iemaliS gan^ vertreibt? 

ßein Stopf toixb ba» entfd^eiben! 

Unb toenn uniS <S)ott im ^er^en bleibt, 

^t mügf d nun eben leiben. 



§tcr folgen no^ einige ©onette^ beten ber grcunb 
ttjöl&renb feinet langtpterigen Sranlentagerä eine Unja^I 
ttiebergef daneben. 

©eelenbilanj. 

ßein Kaufmann fann fo flreng bie SBüd^er ft^ren, 

^» xä^ bie ©d^ulbenbüd^er meiner 6eele; 

9)enn fieser x^% bag id^ bie $(rme quäle 

a^t eto'gem prüfen unb mit Kontrollieren. 

21* 



824 11. SRctfter gaüiHa (1877). 

3d^ mag am ßa))itale nic^tö verlieren, 
Unb boä^ bie eigenen ©d^ulben niö^t berl^e^ten; 
(S(ar l^errlid^ to'dx% UnnV nad^ genauem QSi^ittt 
(Sin ®ümmd^en ic^ gn meinem $ab* abbieren. 

^oc^ glaub* id^ faß, ed bürfte toen^ge geben, 
i)ie t>iel (Srfpamilfe gemad^t im 2thm, 
Geringer nod^ bie 3^^^/ ^^^ ^^i^^ geßorben. 

SBenn id^ m9 ^anpibuö^ nun mein ßonto trage, 
@o finbet fld^% bag ic^, tro$ 9)^^' unb $(age, 
gmar nid^tg verloren — bo(j^ au^ nic^tö ectoorben. 

8. SKarj 1865. 

3n ber (SJenefung. 

Sd& ^atte laum bm alten Sf^inb begn^ungen, 
^od^ (am er fc^Iau, mit i)o))))el(raft mir lieber, 
Sdof)Xi mir fein äJ^arterh^erfgeug in bie (^lieber 
Unb pregt t)or ©c^merg gufammen mir bie :8ungen. 

Unb neuerbingS l^ab' ic^ mit t6m gerungen, 
98ie ber bleibe rang einß mit ber $^ber, 
Unb \itfj\ aud) ic^ toarf meinen (S)egner nieber 
ttnb freute mid), boi mir ber @ieg gelungen. 

^od^ lange mirb bit grreube too^I nid^t bauem, 

^enn Itftig ift ber gcinb, geübt im Säuern, 

(Sin ^e(^t im ^ienfl be§ %ob% dn gut begal^Iter. 

Unb toiU x6) \f)n mit einem Flamen nennen, 

@o mu6 id| leiber ÖJotteö mir befcnnen: 

„3)er gfeinb, ber bic^ beftegt, er Reifet: ba9 Älter." 

3m ©ette, 14. gfebruar 1871. 



11. a»ci|ler gfaöiHa (1877). 326 

filttx unb neuer gf^ü^Iing. 

Sßie touiV id^ einft btn gfrü^Iing au begrüben, 
ajHt feinen taufenb frifd&en, fd^önen ^in^tn, 
SRit feinen ®ö^toaibtn, feinen ©d^metterlingen, 
3a felbft mit feinen groben 9tegengüffenl 

®Q^ an btn ^eden id^ bie fßtilö^m f^rie^en, 
9nt Sflieberbufc^ bie buftigen Stno\pta fpringen, 
^M i(^ int 16ud^enmalb bie ^nfen fingen, 
SBie ^ütf iö^ ba nic^t iubilieren muffen? 

%oö^ ie(t, toenn alle fd^on oom Sfrä^ling fd^loftnnen^ 
(Srlifd^t bei mir baS gfeuer (aum im €fen, 
IBetoor mid^ nic^t grrau ©onne !ann ertoürmen. 

Unb fft^rt ein St^euma gar mir in bie ^lieber, 
9htf \d) mit IB^ranger, btm ^f)xlo\opf^n: 
;,)6ertoünfd)ter :8ena/ fe^rfi bu benn immer mieber?"'*') 

26. gebruor 1871. 

Sa^t mtd^ allein! 

fia^t mid^ allein! IBin id^ Ja bod^ fd^on lange 
S3on biefer bunten SBelt im (Steift gef (Rieben; 
Sagt mid^ allein! SSie((eid)t ftnb' id^ bm gfrieben, 
9lad^ bem id^, ad^, fo fe^nfud^t0t)oll Verlange l 

3^r n^erft mir t>vx, ba^ ic^ nun ©rillen fange, 
©eitbem ber aj{enfd)en Umgang id) gemieben; 
<S)Iaubt e$ nur immerl^in! ^ Un*9 aufrieben! 
Sagt mic^ nur leben nac^ bem eigenen orange. 



*) Maudit printemps, revlendras-tu tonjours? 



326 11. SRcificr goöitta (1877). 

ftann \6^ ben ^tti\6^tn nid^t ntel^r ange^drett, 
i)et Bunten SBelt ntd^t mel^r mit offnen @tnnen^ 
2)ann foE auc^ nic^tiS bad ©letd^getotd^t mir ftdten. 

Unb ba nur (Sinfamfeit ed mac^t gewinnen, 

@o toerb* td^ nie mic^ um ein 2)Qfein gt&men, 

i)ad mir nid^td geben fann, bod) aud^ nid^tiS nel^men. 

2Bten, 10. gfebruar 1873. 



SKan fte^t^ bic ©ebönfentoelt »ar bcm äRufiler 
burd^auS nidjt fremb. Stud^ mit ber fie^re S)Qmtnd 
l^atte er ft^ Vertraut gemac^t^ ol^ne bie (E^traüaganjen 
ber 9lQC^6eter bed großen (Sntbederd ju teilen. 3n 
artiftif^'&ftl^etif c^en Singen l^atte S)effauer ein gefunbed 
nnb nn})arteiijc^e^ Urteil, bo^ §iclt i^n fein feiner 
unb QU^gebilbeter ®t\äfmad iMxnd, einer geniiffen 
l^^pergeniden, ja bämonif^en ^nftrid^tung bei}U« 
ftimnien, bie e8 barauf anlegt, einen gebanfenlofen 
Äor^bantentrofe burd^ ©etöje unb äußern glitter mit 
93eil^i(fe ber fRellame anjuloden, ju betäuben unb ju 
üerbummen. 2)ie ec^te £unft toax immer einfach unb 
natärtic^. Sad gilt t)on ^omer bid auf @oet^e unb 
aRogart. 

^omeribe ju fein, aud^ als ber le^te, iß f(!^^n. 

Oenug über meinen unüerge|Iic^en fjreunb! S)er 
9Renfd^, »ie ber Äönftler bebarf meiner nid^t, um in ber 



11. SReiper gfaöiHa (1877). 827 

Erinnerung aQer gut unb fd^5n S)enfenben fortjuteben. 
S)ic unftcrbti^e 5^bcr bcr großen unb cblen ®corgc 
©anb §at i^rem „9Rciftcr gaöilla" ein bauembe« S)enl* 
mal gefegt 



12. Hnattatius 6rfin (l$50). 

^ein SBotf ^at fo ma|tod t)iel ^^rif gutoge ge^ 
förbcrt unb ift im JBeft^c fo mannigfaltiger t^rif^cr 
Snbi^ibualitäten al^ bad beutfd^e; Bei feinem ift ber 
Snl^aft, pnb bie Sbeen ber 3^^* \^ begierig öon ben 
S)id^tem — unb jtoar öon ben S^rilem — auf* 
genommen tt)orben. %n bem £eitfaben il^rer @efange 
liefe fid^ eine ©efd^id^te bed beutfd^en SSoßei^, beutf^er 
3uftänbe fc^reiben. SBenn bie fc^wäbifd^en 9Rinnef&nger 
Siittertum^ SReligion unb äWinne in il^ren Siebem öer*= 
^errlic^ten, jo öcrmel^ten biefe buftigen Slüten fpäter 
öor bem fd^arfen, falten SSerftanbei^^auc^ ber Sftefor* 
mation; bie ^oefie öerlief i^re luftige, ^immlifd^e 
^eimat unb niurbe gejmungen, an ben kämpfen ber 
©egentoart, an ben ^rd^en^ unb SSeltl^änbeln teil ju 
ncl^men; allein bie neue realiftifc^c ©runblage toar fein 
^inbemtS, t^ielme^r bie ^eranlaffung, ba$ ©enie be^ 
unt)ergleid^lid^en, ja einjigen $and @ad^S l^ert)orjurufen, 
ein äJ'^itgtieb ber l^audbadCenen ÜJ^eifterfängerjunft, bod^ 
unjänftig toit aUed Sebeutenbe. S)ie ^arte @d^ute be8 
breifigjä^rigen Äriegeg reifte bie emften unb m&nn* 



12. «najittflttS ©rün (1860). 329 

Itd^en 6^l^araltere eine^ 0|)t^ unb S(ngelui^ ©ilefiud, 
U)ä]^renb fic^ anberfeitö felbft in bem l^oetifd^en ©d^tuulft 
unb Sombaft eine^ ^ofmanndioalbau unb £ol^enftem ber 
Iricb unb bic ©cl^nfud^t einer jerriffcnen ßcit ab* 
spiegeln, für bie SDic^tfunft triebet einen neuen ibealen 
iBoben }U gewinnen. Site fpäterl^in ©ottfc^eb, ber 
tounberlid^e S)iltator ber beutf c^en Literatur feiner 3^^*^ 
bie fc^Iefifc^e S)i^terfc^ule t>tttoat^, unb mit feinen 
ßei^giger ^(n^ängern ben beffem ©efc^ntat! ^on ienf eitö 
be^ SRl^eind l^eräber ju ^oten fid^ beftrebte, ed aber 
nid^t toeiter brad^te atd gu einer reineren f^orm o^ne 
eigentlid^en Snl^alt, ba festen i^m bie 93en)unberer 
9RiIton^^ bie ©d^tneijer, ben reid^eren ©toff^ ben tieferen 
©e^alt entgegen, unb ein erbitterter Äampf erl^ob fid^, 
ob man bie ^rangofen ober bie (£ng(änber nac^al^men 
foQe, roeld^er bamit enbete, ba§ ein ®enie aufftanb, 
toelc^ei^ feinen eigenen äBeg ging: , ^lopftodt. Qnm 
erften STOale nad^ langer ^aufe toieber eine rein beutf ^e 
SRegung in ben Oben unb SBarbieten! 8tber neben biefem 
abftralten Patriotismus beS XeutonentumS fanb bie 
^oefte in ben Xaten beS großen ^reufenlönigd unb 
biefer in Äleift unb @teim feine SBer^errlic^er. Sin 
f^miegfamer ®eift, gtei^ bereit „§ermann ben S^e- 
ruSfer" wie bie Sieber beS „preufeifd^en ®renabierS" 
}u ben)unbem, im übrigen feiner 9latur nad^ me^r 
eKeltifd^ aU patriotifc^, SBielanb, ein Kenner ber atten 
ttofftfd^en , Literatur toie ber romantifc^en fRitterjeit, 



330 12. «najiaftug (Slrün (1850). 

ba6ei bie mobeme franjöftfd^e 9{td^tung in feiner SBeife 
^intanfe|enb, tpufte btefe ^auptetemente ber 93ilbung 
in ft^ gn vereinigen nnb in ^5d^ft anmutigen (Sd^öpf« 
ungen geltenb }U mad^en. SESenn id^ nod) benfittlic^» 
religüJfen ®ellert nnb ben jart^etegif c^en ^blt^ §ert)or* 
^ebe nnb 93ürger^ ben berben nnb tü^tigen Sßertreter 
ber S$oIföanfd^auungSn)eifen nnb «empfinbnngen, fo 
tt)erben biejjenigen, n^elc^e einigermaßen mit beutfc^en 
Literatur* nnb Sebeni^äuftSnben öertraut ftnb^ nic^ 
anfte^en, meiner Sel^au^tung beiju^flid^ten, ba| bie fo 
öerfd^iebene S^rif jener SRönner beiläufig bemjenigen 
entfpred^e, toag bamate — id^ »iß nid^t fagen in ber 
beutfd^en Station — bod^ in ben mannigfaltigen Reifen 
beutfc^er ©efeüfd^aft ali» 2;rie6, aU ^tim, aU Slüte 
gärte, fid^ geftaltete, ber 5^d^t entgegenreifte. Senn 
toad man auc^ bagegen einn^enben mag: biefe fc^öne 
9RannigfaItig!eit toar bis bal^in ein S$or}ug ber bentf^n 
Siteratur^ ben fie freitid^ auf Äoften ber nationalen 
Sin^eit teuer genug erlaufen mußte. 2)ie politifc^e 
Sitbung unb 3^^t^öIifation niöeHiert nid^t nur bie 
iBürger, fonbem aud^ bie Äünftter^ inbem fie ba§ Sn«^ 
biüibuette^ im Seben ttjie im ©til^ mel^r unb me^r Der« 
fd^toinben mac^t. — 

Sßod^ l^atte bie beutfd^e ß^rif i^ren ^bl^e^junft 
nic^t erreid^t, aU i^r burd^ $erber« ,,@ttmmen ber 
SSöHer" unb burc^ Seffing« ^itif bie §umanität§ibee 
aU i^r eigenttid^e» Sereid^ angeioiefen toarb, toel^e 



12. SCnaßaftuS (^rün (1860). 331 

in ©oetl^e unb ©d^iUer il^ren reinften S(udbrudC fanb. 
©deiner toar burd^ beit fittUc^en (Sl^aralter unb ben 
SbealidmuS feiner ^oefte ber SieblingSbid^ter aQer 
S)cutj|ci^en getoorbcn, bic fid^ in bcm ©cfül^lc, ctoaS 
\o ®tf)aitnt^ ju beft^en unb in ®eift unb ©ernüt 
anjuertcnncn, fclbft beffcr unb cbler crfd^icncn- ®oet^e8 
realer 3nbit)ibualidmu8 tourjette bagegen im ©iniie ber 
SlUen, in ber äRutter ^be^ bai^ üRenfd^Iid^e jur 
l^ßd^ften Sßitrbe er^ebenb, baS &öt&id)t atö m ge« 
l^eimnii^t^oQ UnbelannteS auS befd^eibener (Entfernung 
bemütig öerel^renb. SKan fann fagen, bafe ©d^ißcr 
unb ©oetl^e toie im Seben, fo in ber Äunft unb i^rer 
^nmirlung auf bad^ubßlum ftd^ gegenfettig ergänzten; 
benn tt)ie ber ibeale 3)id^ter bie ®emiiter begeifterte unb 
entflammte, f o löfte ber reale feine Aufgabe, ®eift unb 
Statur in i^ren Siedeten ju httooSjittn, unb maS bamals 
^or aQem 9{ot tat: bie fogenannten ®ebilbeten ju bilben. 
3e mel^r toir un« in biefer lurjen Überftd^t ber 
neuern 3^^* naivem, befto rafd^er toed^feln bie ®e* 
ftalten, befto fd^neller fielet man bie t^rifd^en latente, 
bie poetifc^en SSeltanfd^auungen fid^ ausleben — bie 
3eit ber (Epigonen l^at begonnen- fjeft unb unerfd^üt* 
tert, \>oU Wlad unb (S^aralter, ragt nur nod^ ber 
emfte, ed^t beutfd^e unb tief gemätboQe Ul^Ianb bi9 in 
unfere Sage l^erein; fein bid^terifd^er Sorbeer ift nod^ 
frifd^ unb grfin unb feine Partei tt)agt eS, il^n bem 
greifenben ©finger öon ber ©tirne ju reiben. 



332 12. 9(napartUi^ ®cün (1850). 

SBcId^c inneren ©rlcbniffe, rod6)t gciftigen (&:* 
rungenfd^aften l^attc bie beutfti^c ß^ril öon ben SÄinnc^^ 
fängern bt^ auf ®oetl^e, ton ber meland^olifc^en 
©d^olafttl bis gut ^eiteren SJatumiffenfd^aft auf i^ren 
golbenen @aiten axt'^ unb nad^getlungen! S)a gef^a^ 
ti, jur Stit beS S3öIIerIam))feS, bag enbtid^ aud^ eine 
nationcQc lat ber ®ejfinge ernftcr Snl^att »arb, aüein 
beS mobemen beutfd^^öfterreid^ifd^en I^rtfiug S^^eobor 
Äömer« „©^toert" ttjie „S^ra" finb t&ngft — t)er* 
geffen. 

SJeutf^Ianb l^atte ben g'^ieben^ aber bie 5ßoefie 
leinen ©toff; baö Ungenügen an ber ^^it unb i^ren 
ßuftänben toarf fid^ in %itd unb ben ©ebriibem 
©d^Iegel auf aR^ftil unb SOtittekIter juräcf^ o^ne naä) 
lurjer SReaftion eine me^r ate üorüberge^enbe SBir« 
lung }U erzielen. S)ie SBerjkoeiflung jagte ben fpröben 
SJid^tergeift Paten nad^ §eQa8 unb in ben Orient, 
toeld^en ein nid^t minber großer 3Reiftcr ber 5orm, 
"Stüdtit, mit me^r 93el^agen ausbeutete; ber äKanget 
an Seben ju ^aufe unb fiorb S^ronS SBeifpiel rief 
in 3)eutfd^Ianb eine ganje Literatur t)on „(Srie^en« 
liebem" l^eröor. Slber iujttjif^en l^attc ein !ecfe8 ®enie 
bie mobeme ^^^^ff^^'Ö^it ^^f cnipfunbcn unb fie fettft 
jum SBottourf ber 5ßoefie auSertoä^It. ^einc* „Sieife* 
bilber'' unb „öud^ ber Sieber" etcftrifierten bie gauje 
SBett. S)ieS poetifd^c ®ebräu t)on SBeltfc^merj, ©ettft* 
^ßerftflage, ed^ten 9iatur^ unb ^erjenStauten, fottjic 



12. 9(nafitafitt§ (»tun (1850). 333 

t)on toa^rem ariftop^anifd^en SSi| mar t^, beffen bte 
3eit bcburftc. §cinc ganj aßcin ift bic „junge 5ßocftc", 
baö „junge S)cutfci^Ianb"; bie übrigen, bie fid^ ^o 
nannten, ftnb im ®runbe toeniger 5ßoefte al8 Äriti!; 
barnm jd^rieben unb fd^reiben fte aud^ nod^ in 5ßrofa. 
(Sine nngel^cure Stufregung, ein rafd^e« Äufftadtem 
neuer Sbeen, ein getoattiged 3)urd^einanbem)ogen 
bisparater ^nftd^ten unb SKd^tmtgen, ber Santpf ber 
^rteien toat in bie SSelt gelommen — aud^ ba8 
rul^ige unb bejonnene £)fterreid^ lonnte fid^ I&nger 
nid^t enthalten, an beut geiftigen SBettfanq)fe poetif d^ teil* 
junel^men. 3n ä^Mi^f ®bert, 3)rfiEler*SDlanfreb u. a. l^atte 
bie £QriI in biefent t)on ber Statur gesegneten Sanbe 
längft il^re toürbigen Vertreter gefunben, aud^ ^ielt 
@(rillpar}er, burd^ unb burd^ 3)ramatiler, bistoeilen 
I^rifd^e STOonotoge — aßein bie nwbeme 5ßoefte unb 
bie neue Stid^tung ntad^te ftd^ in £)fterreid^ erft ^affn 
burd^ 9li!oIau8 Senau unb ÄnaftaftuÄ @rün unb 
mand^eS junge frifd^e S^alent l^at feitbem ju ber ^al^ne 
biefer aJiänner gefd^tooren. 

SDber biefe mobeme 5ßoefie, bieje neue 3Kd^tung, 
ftnb fte nid^t an unb ffir fid^ gef äl^rlid^, f d^fiblid^ öerwerf =» 
lid^? — SWd^tg ift öertoerfüd^, toa^ Seben l^at, unb 
nur baS Xote, baS ®eiftIofe ift gefäl^rlid^, toeil ed er* 
tötet. 2Ran l^at ber neueren 5ßoefte üorgettjorfen, ba| 
fie „poütifd^" fei — toarum tabelt man bie SDWnne* 
fänger nid^t toegen i^rer fird^Ii(^en unb £iebe8m^ftif, 



334 12. «naftojiug (»rün (1850). 

^aniS ®a6)^ n)egen feiner berben SBerftanbeSnatürltc^« 
leit, gerbet liegen feiner ^umanit&törici^tung^ ©d^iller 
tt)egen feines SbealiSmuS? ^oä) jjal S(ud^ alle biefe, 
tDie jebe Stid^tung, bie einmal im £eben tourjelte, f)at 
il^re Sobler gefnnben — an ben Sebentofen^ ben 
^ebanten, bie aQem feinb finb tt)ad n)irflid^ lebt^ n)a§ 
eine ®^ftenj beft^t unb üerteibigt Sßenn etoaS abge^ 
tan, »enn e8 erft eingefd^ad^tett unb eingefargt ift, 
toenn'g nid^t mel^r lebt, bann tft eÄ flaffifd^ geworben 
unb gibt jugleid^ äJZufter unb ®renje an, tüoxnbtv 
man nid^t l^inau« foß. SSortreffttd^e Äunfttl^eorie, na(^ 
koeld^er unfere armen £^riler noc^ immer nid^ti^ als 
£iebe, SKonbfc^ein unb SSein ju beftngen ober bie 
aRäcene ju üer^errtid^en t)erbammt n^ären! (Es ift bie 
Xl^eorie ber ^eigl^eit, beS SSertrodCnenS, beS ^eron« 
fd^Ieid^enben %tterS, tt)eIc^eS einen tiefen SSiber)niQen 
empfinbet öor bem Aufbrechen ber frifd^ l^eröorlcimen:* 
ben aSIuten unb «nofpen. SBeS ^at feine Seit — baS 
gilt für bie 3ungen xok für bie Alten. (Ein Sunger, 
ber ttjal^rl^aft lebenbig ift, laufd^t bem 5ßutfe ber 3^it 
unb gibt i^r, toaS fie bebarf ; fo l^at ©oet^e ju feiner 
3eit getan unb jcber toal^re S)id^ter; — ein Sttter, ber 
toeife ift, fud^t ftd^ neben ber 3ugenb lebenbig ju er* 
l^alten, inbem er il^r neues lun begreifen lernt, i^r 
(SuteS teilne^menb förbert, il^re Ungebulb jügelt, il^rc 
Übertriebenl^eiten milbe erträgt — fo l^at ©ofrateS ju 
feiner Qtit getan unb jeber toal^re SBeife. SBeffen baS 



12. «nafkofm« (»tun (1860). 335 

^crj öott ift^ baöon flicht bcr 2Runb über. 3)ic neue 
%ri! ^at c8 nic^t ücrjd^tüicgcn, wa» in fo üidcn ©6«= 
mütcm ftd^ regt; fic f)at hai ®ärcn bcr 3^^*/ ^^ 
ßicbcn unb $affcn^ il^r ^offcn unb 3^^^ freimütig 
auSgefprod^en. S(t^ ^or^pl^Sen biefer neuen S^ril er« 
j^cinen unfere beibcn Bfterreid^ifc^en ©id^ter: ber eble 
unb tieffinnige^ im £eBen fo unglücSid^e 9lifoIaud 
ßenau^ ber aus innerftem ^erjenSbebürfnii^ baS reli« 
giBfe aJioment in feine S)id^tungen üertoebte — unb 
ber elegifci^4u^i>^ftif(^^f immer lebenSfrifd^e Wxa^ 
ftaftuS ®rün^ welcher ate erfter Anreger unb Vertreter 
ber potitif(^en Süd^tung ber mobernen ^oefie ju gelten 
pflegt. (Sine originelle unb innige 9laturanfd^auung ift 
beiber SSorjug; jeboc^ nimmt £enau feine 93Uber mit 
SSorliebe t)on ber Sßod^tfeite ber Statur^ tofil^renb 
SCnaftaftuS ®rün ftd^ gerne bem l^eQen^ fonnigen Xag 
unb feinen freunblid^en C^ci^einungen gutoenbet, tt)ie 
man il^m benn auc!^ bie ^Qe ber 9tofen, beren er 
\idi) jum poetifd^en ©ebraud^e bebient^ fotoie feinem 
bfifteren f^reunbe £enau bie pufig toiebertel^renben 
@eier unb anberei^ un^eimlid^e @et^5gel nid^t feiten 
gum SSortourf mad^te. D^ne bie 5ßaraQeIe jtoifd^en 
ben betben SDWtftrebenben weiter ouggufül^ren^ tooßen 
n^ir uni^ je^t audfd^Ke|ttd^ mit bemjenigen t)on 
flauen befd^fiftigen^ beffen Siamen biefe ©lijje on ber 
@time trägt. 



336 12. 9(na{iaftus d^rftn (1850). 

®tn S)id^tcr legt fein innere« Scben in feinen 
SBcrten nicber unb ein beutfd^er 3)i(^ter erlebt nur 
toenig t)on au^en. 

Slnton Älejanber SKarta ®raf üon Äuer^perg ift 
am 11. ?lpril 1806 ju Saibad) geboren unb erl^ielt 
feine erfte Grjie^ung im elterlid^en §aufe^ größtenteils 
auf bem ©d^Ioffe I^um am §art, tt)o ein (Sf^gran- 
jislaner fein §ofmeiftcr toar. 3m ©ommer be« Solare« 
1813 faßte ber ©ater unfere» SJid^ter« ben raf(^en 
ffintfd^Iuß, ben Knaben ju feiner weiteren gortbilbung 
bem Xl^erefianum in äßien anjut)ertrauen. ä8ad ü^n 
baju ben)og, n^ar ber SBorfd^Iag bed bamaligen fran>> 
jöfifd^cn ©eneralgouüemeurg wn SÖ^tien, 2Rarmont^ 
ben jungen üRenfd^en in eine Sriie^ungSanftalt na(^ 
5pari8 mitjuncl^men, unb bie patrtotifd^e SBeforgniiJ, 
biefer Eintrag, jtoar auf gute Art abgelel^nt, lönnte 
fid^ in ber fjolgc bennod^ tjertoirfltd^en. Änton Äle^» 
j^anber loarb t>on ben ^äbagogen ber Stitteralabemie 
fd^on na(^ jttjei Salären für unüerbeffcrlici^ erllärt — 
toarum? toeiß er fetbft nid^t }u fagen. SSielleic^t, tt)cil 
fid^ bie Äeime eine« freien SKenfd^en* unb SJic^ter* 
geifte« in il^m lebl^after )u räl^ren begannen^ alS ed 
eine (Srjiel^ungSanftalt für $(belige bamaliS billigen 
mod^te ober burfte. 

SRad^ jtoei Salären trat 2lnton Sllejanber aug bem 
3;i^erefianum in bie Sngenieurgafabemie über, au« 
toeld^er il^n ba« im ^af)xt 1818 erfolgte Ableben feine« 



12. «noftafiu« ©tun (1850). 337 

SBaterä ttJtcbcr abrief, ba bic Dbcrt)ormunbj(]^aftg* 
bcl^brbc bic gortbaucr miUtärijd^cr ©rjicl^ung für i^n 
als einjtgen @ol^n nic^t paffenb fanb. C^tn ^t^at^ 
crjicl^ungi^inftitut, tücld^c^ nun ben tocrbenbcn Süngling 
aufnahm, fagtc il^nt, bei bcm büfter^jclotifd^cn ©cifte, 
ber barin berrfd^tc, ttjcnig ju; bcr SBibcrfprud^ jtoifd^cn 
bem äußeren äSerl^alten, ju n^eld^em ed gegtoungen n^ar, 
unb bcm 3;ricbc, bcr ftd^ üon 3nncn regte, baö SKi^* 
öcrl^ältniS öon ©ci^ein unb ©ein, tooran toir atle 
leiben, öerfe^Üe nid^t, ba§ junge SJid^tergemüt mit 
SSitterfeit 5U erfüllen, unb gibt üieHeici^t ju mand^er 
jeiner jpätern S)i^tungen bic ^lufflärung. 3nbeffen 
Joar er, toa« man in Öfterreid^ einen „guten ©tu^ 
beuten" nennt, unb trat teid^teren ^erjcn§ au§ ber 
Slnftalt au§, aU er eingetreten »ar, unb in bic plöiIo:= 
^opl^ijd^cn ©tubien über. S)ie]e unb bic SRed^täftubien, 
mit SCuönal^mc jttjcier Sal^rgängc in &xä^, l^örtc er 
an ber SBiener Uniöcrfität. 3n bic legten ©tubicnjal^re 
faöen frine erften poctijc^en SSerfud^e, ttjcld^c unter 
bem öoQcn 9iamcn be§ Sßerfafferg in ©räfferö „^^U 
lomelc" unb in ber „Xl^eaterjcitung" mitgeteilt ttjurben. 
Sm Saläre 1830 erjd^ienen bic „Söfätter ber Siebe" 
öon Slnaftaftu^ QJrün, ol^ne befonberc Stufmerffamfeit 
ju crtuedEcn, fpäterl^in üon bcm S)id^ter felbft aU un* 
fertig unb unreif jum %til öerttjorfen. §5^eren Slnteit, 
»enn aud^ anfangt fein große« 5ßubUfum, fanb „S)er 
lefete ütitter". ©iefer Siomanjcnfranj läßt bereit« ba« 

64rift» IV. 22 



338 12. »naftafmd (»tun (1850). 

ganje 3Befen Sluerfpergi^ al^nen. Stielet blog bai^ 
nationale (SIentent im aQgemeinen, fonbem ber reale 
J^iftorifc^^poUtifd^e 93oben ift ti, in toeld^em baS Xalent 
unf ere^ S)t(!^terd koutjelt, auS toddfzm eS feine ^oetifc^e 
9{a^rung jiel^t t^räl^ieitig t^on ben lebenSfrifd^en unb 
naiöen ©tjcugniffen ber aUbeutfd^en 3)id^tluttft onge* 
jogen, jclbft an i^ren SBunberlid^feiten, an i^remSa* 
roden unb ÄbcnteuerKd^en öel^agen finbenb, mit bem 
beutfd^en Sagen* unb Segenbenfrcife innig üertraut, 
l^atten @tubien unb fiebeniSmeife an bem 3)i(^ter bad« 
ienige nur n^eiter auSgebilbet, tt)oju Anlage unb 
(S^arafter hinneigten. 3n ber ganjen %nf d^auungS« unb 
SBe^anb(ung8tt)eife, in bem S)erbtt)irnici^en, auiS toelc^em 
fid^ bie f^äben ber $oefie fpinnen^ in ber äRac^t beS 
QitmnM, baS fie t^ertoebt^ in ber mägig beigemifc^ten 
l^umoriftijrfien, ia }um Xeil fatirijc^en gärbung, felbft 
biiS auf bie 3Bal^I bei^ aRetrumS, baS toeniger tritifc^ 
jure^tgelegt^ atö burd^ 9laturtrieb l^eraudgen^ac^fen 
fd^eint, fteßt ftd^ „S)er lefete Siitter" getoiffcrma^en aU 
eine moberne gortbilbung unb fjortfe^ung ber SBcije ber 
3Rinnejänger bar. 3)ie8 ift ba^ 5^lb, auf toeld^em Ana* 
ftafiuÄ ®rün ben 3)id^tcrIorbeer juerft angeftrcbt^ auf 
n^eld^em er il^n im reid^ften Wla^t erringen toirb. %Qein 
— habent sua fata libelli! S)er erftc Äntauf toar 
gemacht unb jeigte wn frifc^em, lül^nem äRut; nur 
lä^t ba^ ^ubüfum ni^t f o leidet in fid^ l^inein Srefc^e 
fd^iefeen — baju beburfteegeineäanbern^fedEerenÄngriffei^. 



12. «naftafiuig ®rün (1850). 339 

3nt Sa^rc 1831 »erliefe Sluerfperg feinen 2lnf:= 
enthalt in SSien, um bie Sßernjaltung ber il^m erbtid^ 
jugefaßenen ^errfd^aft %f)um am §art 5U übernehmen. 
3m Saufe beöfelben Sa^re^ erfd^ienen gcn)iffe I^rifd^e 
SBIätter, unvorbereitet, namenloö, tjoß SSärme, tjatcr- 
(änbifd^er fflegeifterung, öoll eblen 3otneg gegen ba^^ 
Sßerfel^rte, mit äWafe fatirifd^e $ßfeile fd^Ieubernb, beren 
feiner fein Qitl verfehlte. S)ie SSirfung, bie Stufregung 
ujar grofe; in ben ,,©pajiergängen eine^ SQBiener 
^oeten" ttJar bag golbene 3)ici^tertt)ort gefallen, ttjeld^e^ 
ber Süge, ber ^eud^elei, ber poütifd^en Sßerfnöd^erung 
bag S^obe^urteil fprad^ — bie eblen, gebrücKen |)erjen 
flammten auf unb befd^Ioffen feine SBotljiel^ung. 3)ie 
SRärjtage »oüfül^rten bie njirltid^e 3;at, bie in ben 
„Spaziergängen" poetifd^ begonnen war. 2Ran erriet 
balb i^ren SSerfaffer. S)er SWame Änaftaftu« @rün lief 
öon SKunb ju ÜÄunb. S)a8 @IüdE beg ©id^terä ttjar 
gemad^t, aber il^m — bie 9Kenge ift t^rannif d^ ! — ju* 
gleid^ ber S93eg t^orgejeid^net, auf n^eld^em man i^m 
für aQe ä^^^^ft begegnen njoQe. 3)ie SJeöife l^iefe nun 
einmal „politifd^er S)id^ter", unb beö Slutor« lang 
erwartete neuere SJid^tungen, bie md) üier Salären 
(im 3al^re 1835) unter bem Xitel „©d^utt'' erfd^ienen, 
galten nad^ Stoff unb SJarfteöung für ein S^td^^n, 
bafe er bie i^m übertragene Senbung angenommen unb 
ben mit bem „k|tcn SRitter" juerft eingefd^Iogenen 
SBeg gänjlid^ üerlaffen i)aht. S)od^ aud^ für biefen 

22* 



340 12. «naftafius ©rüii (1850). 

jcigtc ftd^ nun ein toännerer Slnteil; xoax c§ hoä) 
gletd^faH« ein SBcrl be^ Sicbling^bid^ter»! 

Snbeffen lebte ber gefeierte SJid^ter ftiß, friebtid^ 
unb einfam ouf feinem Srbjci^loffe, Pflonjte, fäte, ab^ 
miniftrierte unb \pxa(S) frainerifd^ mit feinen Sauern, 
bie »eber tonnten, bafe i^r @Jrunbl^err ein ^oet, noc^ 
ttjaö überl^aupt ein ^oet, am aöertüenigften, »a^ ein 
:poUtifci^er unb Xenbenj^Sd^riftfteßer fei. Um ein fo 
einförmige^ ßeben aufäufrifd^en unb btn Qn'iammm^ 
i^ang mit ben greunben in SBien ju erhalten, ttjurben 
mel^rmatg im Sa^re einige SBod^en bort jugebrad^t, aud^ 
Steifen unternommen burd^ 9iorb:= unb ©übbeutfd^Ianb, 
burd^ ganj Stauen, aud^ fji^anfreid^, Belgien unb ®nglanb. 

6§ ift nid^t gut, ba§ ber ÜÄenfd^ aßein fei! — 
3)iefe SBal^rl^eit l^atte ftd^ bem ©iebler auf 2;^um am 
$art, bem ©änger ber „S3Iätter ber Siebe" fd^on feit 
Salären aufgebrängt. Sine S^ieigung ttjar längft in i^m 
ernjac^t, bie er nad^ feiner SBeife im innerften ^erjcn 
barg unb im 2m^\\d, ob fie audEi ertoibert njerbe, 
tt)eber feinen beften greunben nod^ — i^rem @egen* 
[tanbe verriet. 

3)od^ — finb'ö SRofen,fo toerben fie blühen! Qiii^^^ 
fam benn auc^ ber 3Koment, tt?o ba^ ©el^eimni^ ]^er== 
öorbrad^ unb eine $eirat au§ gegenseitiger Steigung 
toar beö »tätfelö fiöfung. ?tm 11. Suli 1839 beglütfte 
SRaria ©räfin öon Slttemö ben SJid^ter mit i^rer 
^anb, beffen 9Jiufe fd^on frül^er für einige Qtit üer* 



12. Slnaftafitt« (SJrün (1850). 341 

ftumntt mar unb nun in einem ^artnödigen ©d^meigen 
t^er^arren ju moQen fd^ien. 3)Qd !onnte meber ba^ 
^ßuHifum begreifen^ nod^ biejcnigen^ toeld^c bic Sitera- 
tur „ju mad^en" pflegen unb bie fc^r ttjol^t njiffen^ 
njie notoenbig eg ift, fid^ immerfort aufg neue ouf* 
jutifd^cn. ®ie l^atten öcrgeffen, bafe bem SJid^tcr bai^ 
glüdEIid^e Soä jugefaöcn »ar, auf eigenem (Srunb unb 
SBoben^ im Slrm ber Siebe, fern öom literarifd^en 
SKarfte, frei unb ungel^inbert ftd^ felbft ju leben, ber 
SWotur, ber Reitern Xätigfeit unb unter raufd^enben 
Säumen unb buftigen SBIumen ben (Singebungen feinet 
3nnem laufd^en ju bürfen, ol^ne fte jur Dftermeffe 
auf Seftettung getoaltfam l^eraufpumpen ju muffen. 
S)a^ l^atten bie §erren üergeffen ober öielmel^r: fie 
l^atten e8 nid^t t)ergeffen, nod^ aud^ toaren fte geneigt, 
bem 3)i(^ter feine beneibete Unabl^ängigfeit fo rul^ig 
l^inge^en ju laffen. „Slnaftafiuä @Jrän fd^toeigt beinahe 
fed^a 3a]^re lang, er l^at eine ©räfin gel^eiratet, er ift 
jule^t felbft ein ®raf, er ttiranniftert feine fflauem, 
er fud^t ben Äammerl^errnfd^Iüffel — fein B^^if^^r ^^ 
ift abtrünnig gettjorben!" fo ]^ie§ eg in ben beutfd^en 
matfd^blättern unb Slatfd^gebid^ten. — % ®rün mit 
bem Äammerl^ermfd^Iüffel tt)äre aßerbingä eine 3lno* 
malie; aber jum ®Iüd l^at er niemals baran gebadet, 
fid^ biefe l^armlofe Qkxht ju öerf(^affen. S)ie feiige 
3enfur l^at übrigens burd^auS ni^t geftattet, ben 
2)id^ter gegen biefe 3lnfd^ulbignng jU öerteibigen. SWan 



342 12. «naftofiuig ©rün (1850). 

lamt barau^ crfc^cn, in tocld^cn Reifen bic SScrbäd^ti- 
gung feiner ^erjon bamalS ben tüillfonimenften ?lnflang 
fanb. ^Beiläufig in bie Qtit jener Sammerl^errn*8egcnbe 
fiel bie ^erauggabe ber „SRibelungen im 5^acf". ®cr 
gereijte 3)ici^ter l^atte barin ben literarifd^en Ätoffem 
jugernf en : 

^em i^ren Strahl bie gfrei^ett einmal burt^d ^erj gegoffen, 

abfällt ber nie unb nimmer, tro( fonb*rer ßam;)fgeno{fen! 

Sßir tragen ber 9rei()eit Scanner, nic^t i^reSiüecei^n; 

Der ftne^t Witt Unterfnet^te — ber grei^eit fclbft fein ®f(ot)' 

i(^ fein! 

3)Qd toax genug, um fi(^ aufS neue bie ^ammer^ 
biener ber greil^eit unb ber fiiteratur an ben ^ol^ gu 
l^e^en. — S5ie „9iibetungen" mad^teu übrigen^ im 
großen ^ublifum njenig &lnd, 2Ran öermigte barin 
bie frühere @Iut unb SBegeifterung, fotoie bie genjol^nte 
poUtif(j^e ^l^raje; baS @anje b(o^ aU $umor, aU 
reine ©atire auf bie „SWarotte" auf juf äffen, moUtc 
nid^t genügen, bie tä)l poetifd^en 5ßartien, tok bie 
(Stfenfjenen, »urben überfeinen, felbft ©prad^e unb 
aSel^anblung be^ üRetrum^ für l^art unb manieriert 
erflärt. 

@o mand^eS gugegeben, \üa^ f)kx getabeU morben, 
njirb berjenige, ber ben poetifd^en fiebenSgang unfereö 
2)id^ter§ aufmerffamer begleitet l^at, in ben „9iibe^ 
lungen'' junäd^ft eine SBieberfel^r auf bie mit bem 
,Jefeten Siitter" öerlaffenen 5ßfabe unfd^roer entberfen. 



12. «najlafittS ®tün (1860). 343 

©ort wie l^icr toarb bcr 5ßocftc eine reale Unterlage 
auäertoöl^It; nur toar bicje bei ben „SRibetungen'' t>kU 
(eic^t nid^t ganj gläctttd^ gen)&^It. Xrat ber gereifte 
S)ici^ter minber l^annloS unb unbefangen, mit mel^r 
aRa§ unb SSorfid^t, emftcr unb ^attrifd^er auf, fo fonnte 
man an ber ganjen 93el^anblung getoa^ren, ba§ er fid^ 
beS Q\üüaä)\ti feiner ^aft unb feinet reinen SBoQen^ 
bett)U§t, aber aud^ ttber bie tteine SSerftimmung feines 
^ublifumd burd^auS nid^t im Srrtum unb baburd^ jum 
Xeil ettoaS unfic^er geworben mar. Unb boc^, wie 
leidet ttc^e ftd^ bie SWenge toieber umftimmenl ÄQein 
ber ed^te S)id^ter will t)or aßem fid^ felbft befriebigcn 
— gelingt i^m bo8, fo gibt ftd^ baö SBeitere öon felbft 
3n ben ,,9libelungen" war e8 nid^t öößig gelungen; 
fte finb ein ÜbergangiSWerf unb a{S fotd^eS für ben 
Autor Wid^tiger al8 ffir ben Sejer. 3eber ©d^riftfteHer, 
weld^er feine @toffe organifd^ aus ftc^ l^erauS bilbet, 
fte nid^t auS toten Atomen i)on au^en {ufammenfe^t, 
bejeid^net mit einem neuen SSerle eine neue £ebenS^ 
pl^afe; aßein bie 3bee ift l^äufig wiberfpenftig unb wiß 
ben @toff nid^t immer reid^ unb warm burd^bringen, 
unb fo gefd^iel^t e8 benn bisweilen, ba^ ber erfte &u% 
gerabe ba mißlingt, wo etwas red^t 93ebeutenbeS ju^ 
tage geförbert Werben foBte. ©elbft ber gefünbefte 
Organismus l^at bisweilen partieße ^anll^eiten not^ 
Wenbig, um wieber fein t^oßeS äBad^Stum }u gewinnen. 
S)er S3itbungSproje§ ift ein äl^nlid^er Wie ber beS 



344 12. «naftofm« ®rün (1850). 

fieficng; fid^ ftilbcn in ßcbcn unb Äunji l^ci^t: auf bic 
uronfängltd^cn 3#ä^^^ f^i^^* SBcjcng juriidEgcIongcn 
unb baSjcnigc mit ffletou^tfcin unb grcil^cit gcftalten^ 
toa^ jucrft aK Iricb unb Äcim in bcr ©cclc lag. 

S)ic ncucftc Qüt l^attc unfern ©id^tcr, njic fo öiele 
anbcrc, au^ feiner länblid^cn, J^öuglid^en unb poetifd^en 
9tul^e geriffen. ®iner Art Äl^nung folgenb^ »erlief er 
®raj im t)origen gtul^ial^r unb traf am SKorgen be^ 
13. ÜÄärj 1848 in SBien ein. QtviQt be« großen S3e* 
freiunggjd^aufpiete, begleitete er ben SSerfaffer biefcr 
©fijje am 16. SWärj in einem ^öd^ft Iritifd^cn 9Ro* 
mente na(^ ber §ofburg. S)ie ©jenen, beren S^eilnel^mer 
unb SKittoirfenbe fie bort »aren, jotten bem fünftigen 
©ef^id^tgfd^reiber ber SBiener Sieöolution nid^t üerloren 
ge^en. 

Ä. @rün toax t^, todäjtx bag patent mit ber 
3ufage ber Äonftitution bereit« am 16. aJiörj bem 
gärenben ®raj überbrad^te, njol^in e8 im amtlid^en 
aSege erft — öier 3;age fpäter gelangte. 

3m ?lpril fa§ er in granffurt im günfjigerau»»^ 
fd^u§ unb teilte beffen Segeifterung unb Sr^ebung, 
beffen fil§e Hoffnungen unb — l^olben Srrtümer. — 
Salb barauf in8 granlfurter aSoIföparlament getoä^It, 
ftimmte er bort in einigen Hauptfragen mit bem Knien 
ßentrum, feierte aber bereiti^ im Sluguft ju feinem 
ftiöen Sanbaufentl^alte jurüdE. 5ßrofefforen ftnb baS 
©i^en gettjo^nt — fci^ö auf bem Äat^eber ober in 



12. «naftarittS ®rün (1850). 345 

einem ^Parlamente; poctijd^e Staturen lieben ftd^ ba^ 
greie, bag Suftigc unb befommen sule|t eine (gd^eu 
t)or Sammerreben unb ^ßaragropl^cn, befonberg ttjcnn 
biefe ju feinem S^tU fül^ren ober barüber l^inaug 
fd^ie^en. 3)er mel^r al8 jur |)älfte flanjifd^c fflejirf, 
»eld^cr ben 3)id^ter getoöl^It^ f^ten nid^t bejonberi^ 
erbout öon feiner cntjd^iebenen ©eutjd^l^eit. S)a er feine 
©eftnnung nid^t mel^r für ben ttjal^ren %i^bxvid feiner 
ÜÄanbanten l^alten burfte, fo crleid^terte il^m biefer 
Umftonb ben Sntfd^Iu^ feines SRüdftrittö ju einer Qtit, 
»0 ber „SReid^güermefer'' unb bie l^eralbifd^c 83eftim* 
mung ber „SReid^Sflagge'' afe Srgebniffe breimonatlid^er 
Q3eratung an bai^ Sid^t traten. S8ir fönnen ei^ laum 
bebauem, \>a^ er ben SKoment abzuwarten üerfäumte, 
in »eld^em ber preu^ifd^e Äaiferembr^o neugebabct 
bem ©al^Imannfd^en 3;intenfa§ entftieg. 

% @rün blieb gettji^ nid^t glei(^giltig bei ber 
politifd^cn SReugeftaltung feiner Station — er fül^It 
fid^ aber nid^t ber SRann ber lat, um ben öer* 
worren begonnenen SReubau ju leiten unb ju ffil^ren. 
ßubem — §anblanger finb genug, aber ber SReifter 
fe^It. SQSir l^offcn übrigen«, ber Sid^ter jie^e fid^ 
l^au^tfäd^Iid^ barum jurüdE, toeil er eben — ein 
Siebter ift. 

Sßielleid^t überrafd^t er ung au8 feiner Sinfamleit 
balb mit einem neuen SBerfe, ba« ben Stempel ber 
neuen 3^'* ^n ber ©time trägt. 3ebe 3^^* bebarf ber 



346 12. »naftofiud (ä^rün (1850). 

©cfänge. Zf^tbtn^ STOauem entftanbcn burc^ bie er« 
muntcmbcn Ätängc einer 8^ra; beffen erinnere ftc^ 
unfcr tfteunb unb faffe ben STOut -^ er l^at bie Staft — 
nnfer moberner SSlm^l^ion ju »erben, ttjetc^er ben er* 
mattenben SßerKeuteif bed neuen ©taatsbaued 9Rut unb 
SBertrauen einflöße mit ben frifc^en, frol^en Xönen einer 
gottbefeetten Seier. 



Anmerkungen. 



Unfer ^e^t fc^Iiegt ftd) ben SBorlagen an, mit treuer S3e3 
mal^rung beS SBortlauteS, aber o^ne SBebenten, bie verlotterte 
Drt]^08ra))l^te ber Ortgiualbrudfe burc^ bie üblid^e gu erfe^en, 
offenbare •Jirudffel^Ier ftittfc^toeigenb gu berbeffern. Sflur in 
menigen ^äKen, bie [idj felbft red^tfertigen, l^at fid^ bte mu 
toenbiglett ergeben, bie ^btoeid^ungen bom Original l^ier angu* 
führen unb gu begrünben. (Sonft bef^ränlen f\^ bie ^nnterss 
fungen auf ben 92ad^toei8 ber OueQen unb auf fad^Iid^e ^s 
läuterungen. ^iefe mollen o^ne überflüffige ©elel^rfamleit bem 
mobernen Sefer bieientgen (iftorifd^en unb literarifd^en SttnnU 
niffe Vermitteln, bte ber S3erfa{fer bei feinen S^^tgenoffen mu 
bebenlüc^ t)oraudfe^en fonnte. 



1. ^enfmürbigfeiten ber Öfterreid^ifd^en S^nfur t)om S^it- 
alter ber Deformationen biiS auf bie ©egenmart bon ^r. ^bolpl^ 
Siedner. Stuttgart, ä^erlag t)on ^bolpl^ Krabbe, 1847, @. 409 
bis 422: 2)entfd^rift über bie gegenwärtigen Suftänbc ber S^nfnr 
in Öfterrei*. [STm @(^Iu6:] 

Srolgen.bie Unterfd^riften; 

©rittparger. — 81. ö. Gtlingg^aufen. — Jöauernfelb. — 
81. Söaumgartner. — fjeuc^tergleben. — Otto Sßred^tlcr. — 
Ä. ß. D. ßittroio. — Sr. Sd^rötter. — Sodann ßabislau« sp^rfer. 

— fjrei^err b. Wtnnä), ©ofrat. — 2)r. aWorig b. @tubenraud^. 

— StuuII, ©ofrat. — 2)r. ß. Sfleumann. — 3ofef Jöergmann, 
f. f. diät — S)r. gerbinanb @obbi. — 3)r. grang SWomeo 
©eligmann. — 3uliu8 Ärone. — Sßrofeffor §^c. — kubier, 
»Jegierung«rat. — 3Kaj ßötocnt^al. — 3- S- ©aftefii. — ßubtoig 
Sluguft ^taufl. — 3oI>ann ©pringer. — 3ofef SBert^eimer. — 
^^eobor @eorg t>. Jl^araian. » 8(nton ®f. b. Sluerfperg. — 



350 Snmerlungen. 

©ontmaruflo junior. — SBill&cIm ÜWarfano. — grtcbric^ gürfl 
©d^tpargenberg. — ®r. Sgnag fBilbntx, (Sbltx t>. ^flait^fitin 
(um fo me^r etnt)erftanben, aliS in Ungarn htxtit» eine t>ie( 
größere ^rucffrci^eit befielet, aI8 ^ier angeftrebt toitb). — S)r. 
2lboIf @*mibl. - 3. S. ©c^tagcr. - Srtebri* Äaifer. — 
3ofef 9»anf. — iöermann ^Jottelt. — 3)r. b. gfranf. - 3- 5«. »ogL 

— gfrang ©telj^amer. — ^r. 3o^ann iöerj. — 3oJef S9ar. 
3eblt^. — @te})^an @nblic^er. — $ammers?5urgftaE. — 3- 6. 
ßöbiidS). — S)r. aWoriö ©ci)6Icr. — abolf SBieSner. — 3)r. 
S9eer. — 3)eff Är^. — 6. 311. ©elingcr. — S)r. ©tcgfrieb ©e<|er. 

— Sß^^ SÄot^Iögel, gJrofcffoT. — 3>r. 3ofef SReumonn, f. f. $ro= 
feffor. ~ 3ofef »cÄfiba, f. f. Sßrofeffor. — S)r. ß. fö. @d()ulg 
öon ©trafemWi, f. f. gJrofcffor ber SDlat^ematif. — 3)r. gfleifd^- 
mann. — Sßannafd^, Dberftleutnant. — ^tang ©räffcr. — 
3ofef ©tegmunb (^bexiSberg, fürfitbifd)öflic|ier diät, Stebaltenr 
bc8 SBiener 3«fc^öÄer8 2c. — SW. ®. ©ap^tr. — ©iegmunb 
Äolifc^. — öaron ßannot). — Slbalbert ©tifter. — grong 
©töber, f. f. Sßrofeffor ber SKabemie ber btibenbcn fünfte. — 
<S$üttfrteb ^xt\)tx, f. f. SBiae^^offapeameifter, ^ireftor bed ^on« 
ferüatoriumiS ber ^ufi! unb $rofeffor ber ^ompofitioni^Ie^re. 

— ©einrieb ^xoä), t t §ofopernt]^eatersffapettmeifter. — 3)r. 
SInguft ©c^mibt, 9'lebafteur ber allgemeinen SBiener WbxJiiU 
jcitung. — ßarl $ugo (2)r. ©emftein). — f^riebric^ SBltt^aner. 

— Si^ana tJiÖittfl^r. — gerbinanb @raf öon ^oHorebO'ä^and« 
felb. — grang ö. ^olbein. — 3o^ann @f. ©artl^ D. ©artj^en« 
^rtm. — 5riebrt(^ 9Htter t>, »artf*, Äufto« ber !. !. ijof* 
bibliot^ef. — Subtoig ©eUterS bon shoranbiSe, SfmanuenftS ber 
f. f. ^ofbibltottie!. — STIbrec^t ^afft, !. !. ©friptor. — 3ofef 
fDcffauer.— ©uftaö SBart^. - Äarl ^oc!. — S)r.3o^onn SRifolafc^. 

— S)r. ©c^u^, sprofeffor ber ©I)tmrgie. — 2)r. ®. Tttütj. — 
2)r. aiofitangft^, f. f. ^rofcffor. — S)r. ©foba. — 6arl gfret* 
^err bon $ratobebera gu SBieiSborn, iubilierter S^iges^aftbent 
bed !. I. nieberöfterreic^ifd^en SlppeUationiSgerid^teiS. — IR)oIf 
gfrei^err bon Sßratobebera, Sippen atton8rat. — ®r. 2:^eobaIb 
S^^tgi), $of« unb ®end)tiSabt)oIat — 3ofef W^\^¥l $tofeffor 
am ^onferbatorium ber 3Jhxftf. — Äarl 8lb. Äoltenbrunner. — 
3o{ef Ärie^uber. — ßubtoig üKielid^l^ofer. — Direftor bon 
©diireiber^. — aSingeng ÄoEar. — ^r. ®buorb Sengt — 



Änmerfungen. 351 

$aul gJartW. — 2)üfm0. -. ßcopolb gt^ingcr. - 3ofcf 3al. 
§ccfcl. — ^xan% 3E. Sritfd). — 35r. ßößncr. 



6c^on in 93auernfelb^ anonym erfc^teneneu „Pia desideria 
eine« öftcrrctd)i{c^cn ©(^nftftcacrg« (1842) finb bic ©cbonfen 
bcr „2)cnff(^rift" toeitläufigcr unb in polcmild^crcm Xont oug* 
gefprod^en. 9lm 20. I^ebruar 1845 fanb hti ^ammer-^urgftaE 
eine Sc^nftftellerberfamntlung ftatt, in ber 93ouernfeIb feinen 
@ntti?urf einer $etitbn borlaiS. 3"^ enbgilttgen 9'lebaftion 
tonrbe ein Komitee eingelegt: ©nblicger, SenuII, ©tubentauc^^ 
ipt)e, S3auernfelb. 3n einer stuetten Sufammenfunft am 11. STl&r^ 
la^ 93auemfelb bit ^enlfc^rift bor. dlaä^ Unterzeichnung ber §ße« 
tition ti^urbe fie t)on S3auernfelb bent 3)linifter trafen ^olotorat 
unb auf beffen ^at bon einem engeren Komitee (3enuU, ^b- 
lieber, SBauernfelb) ben (^sl^ergogen Subtoig unb f^rang ^arl 
überreizt, «^ürft SJletternic^ toar ber einsige, ber bie ^b» 
orbnung ni^t empfing; „er toiffe nid^t, toa^ in Öfteneid^ ein 
Stomitee bcbeuten foUe''. 2)er ^folg ber Sßctition toar ein fel^r 
geringer. — Sgl. STttgem. 3tg. 1846, 5Rr. 90, 94, 102, 114, 
115, 121, 150; öauernfelb, 8Iug mu unb 5ßeu:=3Bien (« (Se« 
fammclte ©Triften, 12. »b., SBien 1873) @. 214 ff.; Sal^rbud^ 
ber @rirrparger»@efeirfdSiaft V, 107, 202, 209; Sprcffc 1862, 
9flr. 135 (ßubtoig 2(uguft granfl); Sal^rbud^ XIV, 224 (@Ioffl)); 
bafelbft auc^ hit Petition ber 93uc^^änbler bom 12. ^uguft 1845. 
^ie «Petition ber «»ebaftionen: SlITgem. 3*0. 1845, 5Rr. 136. - 
3u bem Äampf ber öftcrreic^ifc^en (©^riftftcttcr gegen bie 3cnfur 
bgl. ©rittparger, SBerfe» XIV, 118 ff., XX, 192 f. 

2, u 3. S. (5. @raf b. a3art^«a3art]&en^eim, elftem bcr 
öftcrreid^ifc^en abminiftratiben «ßolijei. SBien 1829. I, 91 ff. 
passim. 2s ^^r^foftomus f^auHer, @e{e^e, SSerorbnungen unb 
SSorfc^riften für bie ^oliaeisäJerioaltung im ^aifert^umc Öfter» 
rei(^. SBien 1827. I, 186 ff. 26 Sol&ann Äanfa, ^anbbud^ ber 
öfterreic^ifd^en @efe(e über fd^toere ^oligeiübertretungen. $rag 
1823. I, 183—189. — Seftt lieft man biefe 3enfurborfd^rift am 
bequemften in SBie^nerg 2)enhȟrbtgfeiten, S. 213-219. 



352 «nmerluttflcn. 

8/ 20 ^^c 3cnforcn öcrtocnbetcn bei a3curtcilttng ber 
3}lanu{friptc folgcubc SluSbrücfc: admittitur = gujulaffcn; 
admittitur omissis omittendis (correctis corrigendis) = gu- 
gulaffcn nacfi 2Bcg(affung (STnbcrung) bc8 (Scftric^cncn (@c» 
änbcxtcn); non admittitur = nic^t gujulaffcn; typuin non 
meretur = md)t gugulaffeu tocgcn fcid^tcn ober ftnnlofcn Sn* 
\)aU&, 3>ic ^cüifiott§amtcr bcbicntcn ftc^ aufecrbcm nod) bc§ 
SlugbrudfcS toleratur = bcr 2)rudf totrb bcmißtgt, 3ournaI= 
anjcigcn unb offener SBerfauf verboten. (Sgl. SBic^uer, @. 315 f.) 

2. ©(^reiben eine« Sßrtöileglrten au« Öfterrcic^. 3«^ 
^Beleuchtung ber nierftoüxbigen SBrofc^ürc: Ueber Xenfs, ^tbt-, 
@c§rift* unb SPrcöfrcilJeit. SBien 1847. ßcipäig, Söerlag öon 
griebr. SBil^. ©runoto, 1847. 12°, 37 @. - 2. Sluflagc 1847. 

Oegcn bie ,,2)cnffcOrift" ber ©^tiftftcUer toenbete ftd& eine 
^^rofc^üre be« ^ireltor« be« geheimen ^aui^arc^t^i^ G^Iemend 
©ügcl (1792—1849, 23ruber be« berühmten Sieifenben unb 
©artenfreunbc« Staxl 5l(cjanber), bie — im 3uli 1845 gefc&riebcn 
— erft ®nbe 1847 erfc^ien. «Sie mad^tc nid^t geringes Sluffe^cn 
(ügl. ©rcngboten 1847, IV, 175, 222, 490; ©rittparjer, SBerfc 
II, 131 unb bcfonber« XIV, 123) unb reigte 3?auernfclb bap, 
„brühwarm*' bogcgen gu fd^reibcn. ®r beftimmte bicfc ®rtois 
beruug gunäc^ft offenbar für bie „©rengboten", fte tourbc aber 
fd^Iiefeli* in ber Dffigin biefe« »lattc« felbftänbig gcbrucft. %it 
23rofd^ürc, bie ©rittparger bem ^Publigiftcn %xani 6c^ufelfa 
gufc^rciben toottte (Sa^rbud^ V, 137, 215), macfitc STuffe^en 
{©renjboten 1847, IV, 490) unb erlebte in furgcm gtoci 2Cuf* 
lagen, ^iigel gog feine ^rofcf)üre — offenbar über ^öl^erc 
SBeifung — au§ beut ©anbei. — SBgl. 2luS Sllt* unb D^cu* 
Sßien (S. 217 f. ©riapargcr, Sßerfe XX, 193 f. 

3um bcfferen SScrftänbni« ber S3anernfclbfd^ctt (Segen» 
jd^rift folge ^ier ein Slcubrudf bcr überaus fcltenen SBrofc^üre 
©ügelS: 

Ueber 2)en!', SHebe-, ©c^rift^ unb Sßreßfrei^eit. 
Witn 1847. »ei Sß. Dio^rmann, f. f. §ofburf;f)änbler. 8«, 22 @. 
SBaS h)ä<ä6ft, raad^t feinen 2ärm. 



9(tttnerfttn§en. 353 

Einige SBetrad^tuttgen über bie ^tnU, dUhu, @c|inft« rmh 
$tegfrei^ett, nebfi einigen S(nbeutungen über bie SteHung ber» 
jenigen, bie fold^e gu t>erlangen, unb berjentgen, bie fold^e §u 
geti^ol^ren geneigt ftnb. 

^2iebe @oti über aUt9, mh beinen M^^ttn toit bi(i^ 
felbff ' — toar bad frieblid^e nnb beS^alb unerhörte, ben einen 
9larrl^eit, ben anberen Ärgernis fdbeinenbe fjfelbgefd^rei, nnter 
toelc^em bor 18 Sa^rl^unberten bie SBeltberbeffernng vnh 
aRenfd^enbefreiung begonnen lourbe. — 2)ieienigen, toetd^e 
fold^e« juerft mit toa^rer Eingebung nnb innigem SBerftdnbnid 
anr SEBelterobernng gefül^rt f^at, toeld^e gnerft bie bon ber gangen 
bamaUgen äBelt t^erfpottete neue Shiegdmonier unb ^oftü m^ 
nahmen: ,,8iebt bie, bie eud^ l^affen, nnb tnt benen ti^ol^I, bie 
eu(^ oerfolgen" — toaren fc^Itc^te ÜT^änner bed SoßeS, bie 
@d^üler beffen, ber !ein (^gen, feine geleierte SBilbung, feine 
SQSürbe, ia feinen $la( l^atte, nm fein ^aupi l^insnlegen, ber 
nid^tö befoB als ben )Beib nnb bad äBort, has ®emeinerbe aller, 
bie Dom SBeibe geboren, — ben ©rften, um i^n für hk ^einbe 
im aj^artertobe §u opfern, baS £e^te, um burd^ badfelbe für 
feine 9^unbe ben ®ieg über baS Übel nnb bie Büge p er« 
ftreiten. (Src fagte: „3^ bin ni(^t gefommen, um bas ®efe^ auf« 
^n^cben, fonbem nm e8 p erfüKen" — nnb „toer ben aWeifHen 
bient, toirb ber ®rfte fein", — ®a8 toor feine ^Difgiplin nnb 
i^eeredoxbnung, nnb er aEein l^ot hit groge, \>lt ^eilbringenbe 
9{ebolution, bie DoIIfommene Umtoalgung ber alten Orbnung 
ber ^inge l^erDorgebrad^t; in ber nur bad SSlut ber ©einigen 
flog/ aller berer, bie ^d^ beloben fül^Iten, unb bnrc^ toelc^e 
aUe«, toaS bie ^^iUfopl^ie ie träumte unb toünfd^te, erfüat 
tüwchtt ^nf^ebung ber @Kaüerei, t^ürforge für bie ^rmen unb 
@d^tt)ac^en, ^l^ebung beS S^eibed unb tSrrei^t bei» menfd^* 
lid^n ®eifteS. 

^ai Siedet ^at bie alte SBelt ioeber gefud^t noc^ gelannt, 
fonbem baiS ^oxxt^t, unb in i^m l^ot bie ^aft bcS StJkpet» 
unb bei» @eifted in Ungered^tigfeit ba9 9legiment in fjfomilie, 
©tamm, 9lation, Staat nnb 9leIigion gefüi^rt. 9(u8 ber (Sleid^s 
fteHnng Don ailann nnb JBeib in ber @4e, auiS ber ®Ieid^s 
fteHnng Don ä'ieic^ unb Wm an ®eift unb SSermögen in ber 

•«Tiftcn lY. 23 



354 Snmerfungett 

ftird^e, aud bem df^xxfttntamt ift bie S^riften^ett t^ert)OT« 
gegangen, unb bie 3tt)iltfatu)n ber neuen äBelt, mit ber tDtr 
und fo breit machen, ift bie ^eirenlofe Serlaffenf^aft, bie unter 
ben ib^itben ber neuen S3arbaren unb i^eiben unbenü^t unh 
unDerftanben sugrunbe ge^t. 

2)aiS Sorred^t, totl^tS fonft ber Slann ber SBaffen befag, 
fprid^t ie^t ber Ttann ber ditbt unb ber @(^rift an, unb mit 
f d^ndberem $o^ne, al8 fonft ber ftrieggerüftete unb ©treitf ertige 
bad fd^toäd^ere ^efinbel nad^ ®elüfte ausbeutete unb mig« 
brandete, toiU je^t ber Sortgerüftete, @d^reibfertige mittelft ber 
treffe feine jQerrfd^aft bem Sefet)oII fühlbar mod^en, htm ftatt 
ber ßeibeigenfc^aft foU \\t bie ©eifteigenfd^aft einfül^ren, unb 
oEeS foQ lefen, aber beileibe ni(^t burd^ baiS S^l^riftentnm frei 
beuten lernen, bamit aUt9 gur täglid^en 8tobot gegolten werben 
fönne. 

3n gana @ttro))a ge^t bad 3$erlangen nad| $re6frei^eit 
ti^ie eine anftedfenbe ftrauD^eit l^erum. ®rog unb Älein, 3nng 
unb ^It, Slrm unb ^eid^ fc^reit nad^ ber ^egfrei^eit; toer ift ober 
babei intereffiert, toenn eiS nid^t ber neue ^[^ilegierte ift — 
ber ßiterot, ber t>on ber $reffe leben, burc^ bie Ißreffe %u 
aUtm gelangen toiE, — aber o^ne ^inbemiiS unb @efa^r, toaS 
^regfreil^ett l^eigt. — ©eine S^einungen unb Slnfld^en bur(^ 
bie Sßreffe berdffentlid^en, foU ein ongeborneS 9ted^t eines Ithtn 
fein, unb ba nur tint geringe Wahtv^cü^l bei biefem ^^U 
legtum interef fiert fein !ann, fo l^at man mit einem beif))ie(D)fen 
^olg bie aUert^erfc^iebenften f^rei^eiten, bie in ber folgenben 
Stufenfolge toirflic^ aUt interef fiercn: bit ^enf:», dUht^, @d(^rift« 
unb ^regfrei^eit aEein burd^ bie le^tere reprdfentieren laffen 
looEen, unb agitiert mit großer Sd^laul^eit burd^ bie SRaffen 
für bas, toaS für bie ällaffen nie eine f^eil^eit ober ^eminn, 
fonbern nur £aft unb 5hted^tfd^aft fein fann. 

S^it ber®ebanfenfrei^eit l^at feine menfd^lic^e unb loeltlic^ 
Autorität ettoaS au fc^affen. 9lur ber geäußerte @eban!e gebort 
biefer SBelt unb fte^t bor i^rem ®erid^t, baS äSort beseid^net 
Fte ^öc^ftens als S^or^eit, unb bie juribifd^e Sured^nnng bebarf 
ber Xat, bie fte als S^atbeftanb, als Corpus delicti forbert. 
^er nid^tgeSugerte ®ebanle gel^ört ber ^öl^eren, ber unfid^tbaren 
SBelt unb SBeltorbnung an, bie ein Unfid^tbarer, SODotifenber, 



9(ntnetfungen. 355 

$erfönlt(^er xegtert, beffen ©ered^itigleit fein „fc^ulbtg" ittd^t 
über ben ^atbeftaitb, fonbetn bie 3^m allein belannte Sniens» 
tion auSfprid^t, unb ber im S^erbred^en nur bie @ünbe, aber 
auc^ bie @ünbe ol^ne »erbrechen fxtf^t gfür bie ffielt unb bit 
Tlm\^n ift ber ®ebanle beS 9lebenmenfd|en ©e^einmis^ alfo 
^Sfrei; unentbecfbare ^ontrebanbe toirb nid^t beftraft. f^ür 
®ott ift ber @eban!e ^atfad^e, alfo Sä^nlb, unb bie aller» 
grögte ©d^ulb, locil ftt fid^ aEein stoifd^n @ott unh ben 
SRenfd^en fteKt, in ber boEen Sonnenhelle feiner Siaioiffeni^eit 
unb be8 STlenfd^engetoiffenS begangen loirb, benn toenn ber 
a^enfc^ aEein ift, fo fielen ber perfünlic^e a^lenfd^ — bad 5Hnb 
®ottt», baS &l^rifiud loieber erti^edft unb burd^ bie 2:aufe be» 
nannt ^at unb ber ))erfönlid^e ®ott fßattx unb Sd^opfer, ben 
^l^riftuiS beut aRenf(^en mieber gebrad^t unb burd^ feinen £ob 
berföl^nt ^at, ^nge^c^t §u ^ngeftc^t einanber gegenüber, tote 
in ber Urgeit, too fein @efe^ loar, als ber SBiEe Q^otM, ber 
Srieben ber SBelt. 

^en 2euten toeid machen, man befe^be i^re, b. 1^. eineiS 
ieben ®eban!enfret]^eit, toenn man, rcd^t großmütig gered^net 
bem Sehnten auiS i^nen für il^re [fol] ä'iebcn, bem ipunberU 
ften au8 i^nen für fein (Sefd^iebeneS, bem 2:aufenbften au^ 
i^nen für fein d^ebrudfted getoiffe Sc^ranlen im Sntereffe ht» 
9Dauemben ober beS Sorüberge^nben, ber Sc^idEItd^feit ober 
ber S'lottoenbigfeit boi^id^net ober il^n geioiffen gformltd^Ieiten, 
ober atö anerfannie rührige a^noritctten einer nötigen Slufftd^t 
unterwirft, ^ei6t bod^ toa^rlic^ nnberfd^ämt auf ben @tumpfftnn 
unb bie ^ommelnatur beS großen Raufend red^nen unb fünbigcn. 

ä^on bem S^enfd^en ©ebanfenfreil^eit forbem, baju ge« 
l^ört, bag mau entu^eber nie gelernt ober bergeffen l^at, tocS 
ber Titn\^ unb toaiS fein Gebaute fei, hai man bas ^Bttonfat* 
fein unferes ^dd^ften ^beli», unferer loa^ren gfrei^eit in troft« 
lofer S3efangen]^eit eingebüßt l^at unb leiber loirb bie 3ugenb 
fo belehrt, ha» SSoII fo gebilbet, bag fie, ti^ie bon ®eban!en« 
frei^eit bie dttht ift, baiS $anpt nid^t mutig tmpot^ibtn unb 
ben SBIidf gu ®ott ^inau^c^ten, fonbem entioeber in ber 
a^enge freche a3IidEe gegen bie Slutoritäten biefer 2Belt loenben 
ober bereingelt fd^eue nad^i aEen S^id^tungen loegen ber ^ßoligei 
f))ä^en laffen. 

23* 



356 9(nmerfun0en. 

@8 fte^t gefc^neben: „@iS ift nid^t gut, bag ber f0ltn\d^ 
attcin fei" - bic crftc, uncriäfrtgfic ©cfellfd&aft für bcn SOlenfd^cn 
ift aber, bag über feiner Ißerföulid^feit iene ©otteS ftel^e imb 
i^m p $tlfe !omme. Mt feinen @eban!en aOein fte^enb, 
jtoeifelt unb öerstoeifelt ber SWenf^ — erft toenn i^m fein <8e* 
miffen ben STKtoiffenben geigt, finbet er bie Siegel, bcren er 
bebarf, ben ^alt, ber i^nt fe^U. ^er S^ebenmenfd^ fann nnS 
nur naä) unferen SBorten rid^ten, Reifen, beiftel^en, olü fing 
ober als 9larren erlennen; bie ^^tu, ieben ©ebanfen, iebe 
3Jleinung, iebe ntomentane SCnftd^t laut gu Derlünben, ift bie 
@c^ran!e, bie bem Sluge ber Seit bie Sorbett ober 9larr^ett 
beS einzelnen berpUt. S)ie @(6eu, {ebem Gebauten, ieber 
aJleinung, jeber momentanen ^fid^t nad^gugeben unb ^rd» 
tt)i(felung gu gönnen, toeil toir nid^t allein ftnb, toenn mir 
benfen, toeil ein Sllltoiffenber in unferem ©etoiffen lebt, ift bie 
Hbme^r gegen bie @ünbe, bie fa oor @ott S^or^eit ift, toie fle 
es für hit (^toiglett bleibt. 

BoUfrei finb bie gebauten, aber nid^t gotteSfrei. ®e« 
banfenfreil^eit t)on ber toettltc^en Slutorit&t forbem, ift eine 
infultierenbe 2)umm^eit, ©ebanfenfrei^eit t)on @ott forbem, 
aber eine S3la§|)^emte. — @o loirb aber leiber bie @ad^e nid^ 
oerftanben, toenn man im oomel^men Xünfel fld^ Oon ben 
erften 93ebingniffen bed menfd^Iid^en ^afeinS nic^ me^r dit^tn^ 
fc^aft gu geben t)ermag. ^er SD^enfd^ !ann nid^t gang gottlob 
toerben, ebenfotoenig, atö gang getoiffenloS; e9 gibt aber eine 
getoiffe iSieberlid^teit, in beren f^olge man toeber @ott nod^ {ein 
(Betoiffen gur redeten 3cit gu ftnben unb gu braud^en toeig, 
unb too bann beibe, toenn tS nid^t mel^r S^it ift, in unferer 
$iIfIofig!ett unb (^rbärmlid^Ieit pim^ in ooller a^ad^t er^^ 
fd^einen unb mit und gu ©erid^t gelten. 

^ie ®eban!enfrei^eit fd^eint und nad^ bem Sorfte^enben 
allein auf bem treibe ber S3erbältniffe bed Snbibibnumd gu 
fte^en, unb iebe fotteftibe, öffcntUd^e ©ejpred&ung ber SB^iel&ungen 
gtoifd^en ber ^erfdnlid^Ieit bed SJlenfc^en unb @otte8 bad frud^^: 
lofefte S3eginnen, in toelc^eS fid^ ber menfc^Iid^e (^eift ober bie 
(SefeUfdSiaft nur immer oerirreu fönnte. — S)a6 jebe loeltlid^e 
Slutorität ftd^ aber in allen e^ragen ber @eban!enfrei^eit ald 
in!ompetent erklären muffe unb iebe fold^e fyrage abgutoeifen 



Snmerfungett. 357 

ift, fd^etnt et>tbeitt §u fein. 2)a, too !etn ftlager ouftteten, lein 
Corpus delicti t>orliegen, fein Xxibunal erfennen lann, ift ein 
SBerfo^ren ober Urteil bet men{(|tid^en Suftig unmögltd^. 

SBir fomnten ie^t jn ber stoeiten t^rage, %ux 9tebefrei^eit. 
— SBie ber gebac^te (Sebonfe nnr t>üx bem Sllltoiffenben gu 
©eric^t gebrad^t toerben fann, fo ftel^t ber gefproc^ene @e« 
banle, baiS JBort, bie 9^ebe, Dor bem Urteil beffen, an meldten 
es gerichtet toirb, ober beffen, ber ed bemintmt. ^er @ebanle 
I&gt feine ©pur surüdf, anger in bem ©etoiffen beffen, ber i^n 
liegte; für bie SBelt bleibt er fo toenig oor^anben, als er i^r 
beti^n^t loerben fonnte. ^aS SBort hingegen fann im @ebäd^tnig 
beffen ober berer fortleben, hit e8 öernommen ^abcn, nnb fic 
fönnen 3cugni8 bat)on geben, ber ^eftimonialbeloetiS beiS ge« 
fprod^enen SBorted ift mdglic^. 3ft ber ©pred^enbe, ti^ä^renb 
er fpric^t, ienen, gu benen er fprid^t ober t)on benen er gel^ört 
mirb, 9^ed^enfd^aft t)on bem, toad er fagt, bel^auptet, unterfteEt, 
f^ulbig, mu6 er für fein SBort unb [fol] ^ebe fte^en, unb §mingt 
i^n biefer Umftanb ^u getoiffen 9iücffi(^ten, einer ©elbft^enfnr, 
fo lägt bennod^ baS gefprod^ene SBort fein Corpus delicti 
Surüdf. Verba volant. — Sl^om S^^tgefprftc^ f^at man niemals 
unangenehme rec^tlic^e t^olgen p fürchten, eS fann nur gefeH« 
fd^afilid^e ^aben, benn gegen ben afftrmierenben Saugen, ber 
gehört l^aben toiH, ergebt fid^ im ^aü ber 9lot bie negierenbe 
i[u6erung beffen, ber gefprod^en i^oben foQ, unb bann eröffnet 
fi(^ baS f^elb ber Studlegungen unb S3ert(^tigungen, bie dSit& 
oerloirren unb Vereiteln. äBirb aber in mehreren, U)irb an 
einem öffentlichen Drte gefprod^en, fo geftaltet fic^ in ipinfid^t 
bes S3eU)eifel», in i^infu^t auf bie ^Ipabilität nad^ allen redgt:' 
liefen ä3efHmmungen bie 6ad^e gang anberS. 9ltemanben [fol] ift 
no(6 beigefaUen, für ftd^ felbft im 3U)iegefprä(^ boUfommene 
9^ebefret^eit gu verlangen, bie perfönlic^en ^üdEftc^ten fpielen 
^ier eine groge, nü^lid^e ^oEe, unb felbft hit leibenfd^aftlic^ften 
ßeute getoinnen, toenn fie nid^t eine geteilte, verbreitete ober 
allgemeine 2eibenfd^aftlid^feit tragt unb fortreigt, balb eine 
fc^ü^enbe 3)^agigung in ^orm ber dicht unb htn ^uSbrücfen. 
^a im aEgemeinen biefed ber ^aE ift unb gubem bie (Saht 
ber S^ebe in bem Wla^t, al« bie 3ail ber 3u^örer unb bie 
S3ebeutung be« DrteiS, too gefprod)en toirb, gunimmt, abnimmt. 



358 Änmcrhingctt. 

fo tft bie 9lebefrei]^ett nie fo fe^r in SCnfpru^ Genommen 
tooxhtn, unb ift anä) nad^ ben WHomtnttn großer Stufregung 
balb in ein geregeltes ^ette gurüdgefe^rt, toeil fie bie 
@elbfi^fur ber dttha(btn unb ber 3ul^5rer gelDiffermagen 
bebingt. 

Sd^lieglid^ ftnb aUe Sßergt^en, bie burc^ bie 9(ebefrei^eit 
ftottftnben, an^ ben borfte^enben ©rünben §u benfenigen gu 
red^nen, too ber ^d^ulbige eigentlich nur in flagranti jur 
9te(^enfc^aft gebogen unb beftraft toerben (ann, unb in bem 
a^a^e, ali» bie <SteQung beS 9lebenben eine l^5^ere ober mi" 
geseid^nete ift, nimmt in ber 9legel feine Se^utfamfeit %n, fic^ 
burd^ ^ägigung ober f^ormgerec^tigfett bor feber moglid^en 
${^nbung fid^ersufteHen. 

@oti?ie ber menfc^Iid^e @ebanle ftd^ nid^t im SBorte flüchtig 
unb berflüc^tigenb äußert, fonbem in ber @(^rift oerforpert 
toirb unb 23eftanb erhält, liefert biefe ba8 Corpus delicti, — 
litera scripta manet, faUS ber ®ebanle ein Serfc^ulben ent« 
hielte, unb bie eigene (Sd^rift loeift auf ben ©(^ulbigen, toenn 
nid^t nad^guioeifen ift, bag ber @ebanle ein frember, bie $anb 
ein nic^t mitfd^ulbiged 3nftrument toar. SBei ber (Sd^rift al» 
Corpus delicti tritt ein fel^r berfd^ieben artiger unb gefä^rlid^er 
S(nlag gur SluiSlegung ht& ©ejd^riebenen ein unb 9!ic^elieu 
fagte, bog ieber, bon bem man Dier Seilen eigenl^anbiger @d^rift 
l^abl^aft totthtn Unntt, für i^n galgenreif fei, toenn er boranf 
ausginge, fic^ feiner %n entlebigen. 3n ^infid^t auf baS @e- 
fd^riebene ift beS^alb au^ gu aUen Seiten ber politifd^en S3es 
toegung eine gro^e S3e^ut{amleit unb ftrenge ©elbftaenfur ein- 
getreten, unb hit unbebingte @d^reibfrei^eit ^at gu feiner 3ctt, 
gumal aber in belegten Seiten, toenig ober gar feine öffent» 
lid^en Ißoftulanten unb Slgitanten gefunben. W^ bem ©e* 
fc^riebenen k^orfid^tig umgeben unb eS toeber bem näc^ften 
SBeften nod^ bem Ttaxh anjubertrauen, gel^ört §u ber aEerge« 
meinften [io!], toeitbcrbreitetften fflug^eit ber SD^e^rsal^I unb lebe» 
frembe SBerüielfältigen beS ©efd^riebenen erfc^eint allgemein als 
anitic^ulb. 

SBirb aber ber gebaute ftatt burd^ bie ditht ober Schrift 
auger bem ^ugenblicfe burd^ ben ^rudf feftge^alten unb ber- 
t)ielf altigt, erlangt er baburc^ eine loeber burd^ 8tebe no4 



9nmerhtngen. 359 

Sd^rtft möglich Verbreitung unb gefieigette SBirlung an bielen 
Orten, eine 91rt Ubiqnität, fo treten gang neue Ser^ältntffe unb 
8^ü(fftd^ten ein. fßox oEem Hegt nid^t ein ein^elneiS, fonbern 
feiner Sf^otur nad^ Don bielen anberen jeugenbeS Corpus delicti 
bor unb eine offenfunbige Aonq)n)itclt beSienigen, ber bie treffe 
(ergab, bie i^rer !Ratur unb ber euro))äifcl^eu ©efe^gebung 
nad^ ein mit Öffentlic^feit getriebenes ®etoerbe fein ntug, baS 
jebcnt feiner ^r^eugniffe feinen (Sntftel^ungdort aufbrüden mug 
unb hai nad^ eben fener ®efe^gebung nie aahtx9 als mit 
eigener SSetoiUigung nac^ bor^ergegebenen ®arantien unter 
fäd^Iid^er Haftung i^reS nStigen Xpparats gleid^fam aU gfouft« 
(yfaub ober l^aution nur an fold^en Orten betrieben »erben 
barf, too ))0liaeia(6e ^ufftd^t unb rid^terlid^e älutorität fd^ü^enb, 
regelttb unb ^afenb bei ber ^cath unb gegentoortig ift. ^iel^er 
gehört baS Verbot ber $ribat> unb föinfelpreffen, ber fflamt 
beS Verlegers unb XrudferS auf iebem ®ebrudten unb SBud^e, 
hit befonbere VefngniS, bie {ebem 2)rudfer unb ^n^l^ävbltx 
berlie^en tocrben mu6, baS Vogelfreierflören aUeS Sebrudten 
o^ne Slngabe beS 2)rudforteS. 

3n ber neueren Stit ift su ber Vud^brudferei gur Ver« 
oielfältigung unb Verbreitung ber menfd^Iid^en ®ebanlen nod^ 
baS S^ttungSloefen gefommen, ieneS ftetS bereite, tagtaglid^ %n 
@ebot ftel^enbe 3nftrument, ben in 9^ebe, ©d^rift unb Vud^ in 
einem engen, aber fid^ ftets unb ftufenmftgig ertoeitemben ^is 
gebannten menf(^Ii(^en ®eban!en in bie SBelt (inauSgufd^leubem 
unb ibm burd^ bie borred^tlic^e Verbreitung, burd^ bie IßofI eine 
©d^neUigfeit ber Vetoegung unb eine Ubiquität, eine toefentlid^e 
xmh ans gfabelbafte grenjenbe Verdnberung unb @nttt)idflung 
gu Derleil^en. 2)ur(^ beu 3)rudf gel^t aber mit bem auSgefbrot^enen 
unb gefd^riebenen ®eban!en nod^ eine anbete loefentlid^e Ver« 
Snberung bor; erfienS loirb er bon bem, ber i^m bie ^sifleng 
als Vtt(^ gibt, abortiert unb auf feine 9led^nung unb Verant» 
loortlid^feit in bie SBelt gefegt; gtoeitenS toirb er als Vuc^ boS 
d^tgentum beffen, ber eS !auft, ber mit beffen l?auf baS jus 
ntendi unb abatendi erlangt l^at unb fold^eS, bie (^a^ruug 
lebrt eS, im loeiteften @inne geltenb mad^t; brittenS toerben 
bie ®eban!en beS ©d^reibenben burdft ben S)rudf für benjenigen, 
ber brudfen lieg, eine SBare unb als fold^e, nad^ bem gefunben 



360 tbtntectiinoeii. 

aRenfd^enDetftanb, bet auf (Irfal^rttttadteoelit begtiliibeteit Oe> 
fetoebung über ben fßtdtfy: unterioorfen. 

Wlii ben j^oc^trabenbe» lugen^afien JSorten: ein Sw^i^ 
ein (BetfieiprobQftr eine Settung ift ein Oigon beS öffentU^ 
®eified, f^ai man bie SBelt lange genug ft^on geäfft nnb am 
9ianen{eile l^emmgesogen nnb gegängelt, inbent man bon ber 
groftettr dffentQd^ stimme bex gox ntc^ ^Beteiligten obct biel« 
mei^r bon ben Sin»* nnb ©tenerpflidfttigen bex treffe S^orrcii^te, 
$ribtlegten für bie neuen SBebotred^teten, bie Eiteroten nnb 
SBnc^^änblet, alg ein (Bemeinred^t anfprol^en nnb fotbern liefe. 
— 2)a^ 9le(|i, feine Slnftd^ten, Sleinungen, Uxteile butd^ bie 
$Yeffe SU berj^ffenüid^en, laan ni^t aI0 ein faftifd^ed (Semein« 
ted^tr fonbern nur all» $ribilegium angefe^ toetben. Xiefe 
Serj^ffentltd^nng }nm (Beloerbe machen, ol^tt irgenb befonbeie 
^ktrontien |u geben nnb Ser)>flu|tungen an übente|men, 
to&ie tin neues $ribileginm nnb fßitttd^t; einen S())parat |u 
l^oben, ber tagtäglich Sinfid^ten, SReinungen, Urtaie, äfHg« 
fikinimungen, Serleumbungen ©tngelner mit ber äR^riaben» 
ftimme unb in ber aJl^riabenbilbung ber 3eitnng in bie SBelt 
id^Ienbert unb bem (Sinselnen bamit iuipovitxt, mie man i^n 
bamit httaiibt nnb bermirrt, ol^ne bon ben größten Garantien, 
ben binbenbften Stegein im gefellfd^af tlic^en (Beleife gel^alten |u 
merben — toöre ba8 fd^reienb^e, baS unge^enerfte Ißribilegium, 
mad je erteilt toorben loare, tocA fe auf bem d^naelnen nnb 
ber SefeEfd^aft geloftet ^ätte, t» toore snbem bie f(^reienb|ie 
Ungered^tigleit gegen bie @efellfd(iaft unb gegen olle (Betoerbe 
unb aEen ^anbel, bie in i^rer natürlichen SnttoicElung ben 
mannigfaltigften @inf(^ränfungen im gemeinen bürgerlichen 
Sntereffe, bem auSgebe^nteften ®aranttengeben unb 9ieglementö* 
ertragen iniSgefamt ^abtn uuteriDorfen toerben muffen, unb boS 
Itoar immer in bem richtigen unb genauen SSerl^ältnid ber SBes 
beutung i^rer felbft unb i^rer $robu!te unb ber ®efa^rlid^Ieit 
in ber $robuftion unb ber 9lnmenbung unb JBe^anblung ber 
(Srseugntffe. SSiU man htm gemeinen ditöii bie nü^Iid^fte SluS* 
be^nung geben, toiS man bie alten ^ribilegten befc^ranfen, 
bie nic^t me(r ieitgemäfeen tpegraumen, fo mufe man, um fon» 
feguent §u fein, feine neuen, für bie Seit befonberd brücfenben 
unb gefcL^rlid^en gugefte^en unb berlei^en. 



9litiner(ungen. 361 

dtthin toir beutfc^ rnib bihtbtg: — 5Da8 ntatenefle JBuc^ 
tft in ber Seit, toie fte iefet ift unb toit {14 bie Biteratut aus« 
fpcic^t, lein ©eiftedprobnlt me^r, toelc^eS einet befonbeten 
^fUqt bebürfte, e9 ift eine SBate; ber »ud^l^änblet ift fein 
Wiener nnb )6effttberet emften SBiffend, er ifl ein Kaufmann; 
ber lOnc^brncfer ift ni^t nte^r ein nnterfleorbneter SRitarbeiter 
am Sbtfbou ber reinften Sßiffenfc^aft, er ift ein 3nbuftrieEer; 
bie Stitung ift nic^t ein reines Drgan ber öffentlici^n stimme, 
fie ift eine fßSx\t, anf ber ntbm einer Wnhtx^a^l toirtlid^er 
©efd^afte eine Unsol^I Don @(4toinbel0ef(4äften nnb )6etrÜ0ereien 
getrieben toirb nnb 100 aSe fc^Ie^ten £eiben{(^aften mit aKen 
f alfd^ ®erüd^ten in JBetoegung gefegt, bie Sununi^eit, t$<utl(eit, 
Sfeig^ett nnb bie ^abfud^t ber Stenge ausbeuten, nac^bent fte 
folc^e na4 a^öflli^Ieit gefteigert (oben; bie Siteraten enbli(4» 
^aben fte bod^ bas SBort für flc^ jelbfi gefunben unb in @ang 
unb Geltung gebraut, ftnb leine (Belehrten, feine aRänner ber 
äBiffenfc^aft unb ber Überzeugung/ fte ftnb @(l^riftinbuftrie0er 
in ber S^e^r^a^I bie geiftigen ©flatten ber IBerleger unb Qtu 
tungSeigentünter, bie fie brandneu nnb axahtvdtn, um i^x 
$ublifum in S(tem unb gutem ^umor %ü erbalten unb toieber 
au^subeuten — in ber fleinen äThnberjal^iI groge ^rren bon 
ber lieber, bie bie SBelt %u leiten meinen, toett fie bie fd^mad^n 
Gemüter irre 3u füllten nnb ben f(!^toadiien SIegiemngen p 
im|)0nieren tierfte^en. 

IBetrad^tet man ben ganzen @))ut mit unbefangenem 
^uge, lägt man in bie fünftlic^ bereiteten Stebelbilber unb 
©cremen einen @onnenfbra^I rid^tiger religiöfer ober ftaat» 
lieber @rfenntnis fallen, fo mirb bie ganse Mad^i ber Sßreffe 
als baS erfc^einen, toad fte ift, als ein $opan3, ber fi<^ in 
htm erfi^lid^enen SBaffengerät unb ganger beS ^ribUegiumS, 
ben man i|m getoäl^rt ^at, unerrei(!^bar unb unbertounbbar 
bünft, ber aber Don bem fteinen ©efd^il^ ber bemofratifc^en 
Bfeuertoaffe beS gemeinen 9ied^tS balb in ben @taub gelegt 
toerben toirb. 

@in SBort noc^ über bie 3enfur, — fte ift balb fo alt als 
bie treffe, fte toar anfangs ebenfotool^l anem))fe]^Ienbe (SnU 
betgnng ber Sad^üerftonbigen, als (^laubnis sum ^mcf; als 
fte gon^ allein o^ne Unterfc^ieb ber SBerf e rein l^oliseilid^ mürbe. 



362 Änmcrfungen. 

^ot fte im Sinne bee a^tse^nien Sal^rl^unbertS, in ber Sc^eu 
t)or ber lebenbigen Straft beS (Si^riftentutniS, be^en Hinflug auf 
bie SBiffenfd^aften Dtelfad^ gel^emmi, unb mar enttoeber gu bidb« 
finnig, ober t>on bem ©efd^rei nad^ 9Cttf!Iärung unb IBUbiutg 
%n fe^r eingefc^üc^tert, um ben geleierten, ftiftematifd^en, t>er^ 
becfien Angriff ber antifogialen unb gottlofen SBiffenfc^aft unb 
Literatur gu erfennen unb i^nt entgegengutreten, fte tooSie 
inrnier in ben SBegen beS joste miüea itoifd^en ben (Segenfo^en 
toanbeln, unb toa^renb fte bie natürlid^en 5!onfequengen ber 
er^altenben £e^re aU ^^treme hdämpfit, gab fte ben natUT« 
liefen ftonfequengen ber gerftorenben Seigre untoillfurlii!^ unb 
unbetougt bie Sf^al^nmtg, i^r 6pie( niil^t §u früi^ unb offen an 
ben ZaQ gu legen, el^e fol^e baSfelbe mit einem 6c(Iage %n 
getotnnen unb gu bemaSlieren in ber SSerfaffung mdre. 

^ie 3^f^ tfi aber bem Staate nottoenbig loie bie $oI^ei, 
nid^t aU eine ric^terlid^e, fonbern als bie bisfretion&re OittoaU 
bes ^auSbaterS; baS ^^ottoenbigfte bei ieber bisfretionoren 
©etoalt ift aber bie bisfrete, b. f). mafiige, einftcl^tstiolle, bie 
Xa^a^tn unb nid^t bie ©erüd^te unb ÜBerbac^tigungen berficf» 
ftd^tigenbe Slntoenbung berfelben. 

SBeld^eiS aber hit (^tfc^eibungen ber 3^nfur feien, fo 
l^anbelt eS ftc^ barum, bag folc^e nid^t iEuforifd^ feien, bag 
il^re UntDtrffamlett ntd^t hit antifogiale Partei ermutige unb 
baB bie ^^ergeblid^Ieit ber $[mt§^anblung eines 3^ctgeS ber 
9legierung nidät hxt ber übrigen in STlififrebit bringe unb baS 
^olf an SD'lifiadetung getoöl^ne. @S ^anbelt ftc^ nid^t barum, 
alle fd^lec^ten ober k)erbotenen S3üc^er anSgufd^ltegen, fonbern 
bafi ha9 SSerbotene nic^t baS ^nempfol^lene, allgemein Ser» 
breitete unb ©elefene toerbe. ^iefeS ift nid^t auf bem bisher 
eingefd^lagenen SSßeg gu erreid^en, ber gerabe gu biefem 9^efultat 
geführt f^at. ^er $ang nac^ bem ÜBerbotenen ift einmal bem 
S^enfd^en eigen, unb ni^t \>om geiftigen ober ))olttifdeen S^erbot, 
fonbern allein Don ben materiellen Sd^mierigfeiten toirb er im 
Saum gel^alten. 

Solange man bie Tutoren, Siteraten, Sl^erleger 2c. im 
^uge bel^alten, fte befriegen toirb, ift lein ^olg gu hoffen, ber 
Streit belömmt einen noblen Slnftrid^, hit fogenannten (BfibiU 
beten, ha9 Sefepublifum toirb berfolgte SnteHigengen unb 3lthtn^ 



Änmetfungcrt. 363 

menfd^en fe^en uitb &\^mpatl)itn für fte ^abett, totü fie mit 
ber STlärt^rerfrone bei bielen S3an!etten etfd^einen. S(n bie SBare 
mug man ft<^ galten, btefe untet bad allgemeine S^^^d^f^^ 
ftellen, bet S3u(i6l^anbel mnft toie ieber anbete niä^i einer )}rit)is 
legierten, e£se))tioneIlen, fonbem ber gemeinen S3el(ianblung untere 
toorfen, ben regelmäßigen @ang biefeS [fo!] (enteren annehmen, 
(genaue ftonfignationen, genaues ®ttDiä^t ber StoKi, unter ben 
getoöl^nlid^en Sßönalbeftimmungen, feft l^orgeseid^nete Snftro^ 
bierung, befonbere SBeauffid^tigung beS ^^ranfttoguteS toegen 
beS 9{üdttritte9 in hxt 3J?onard^ie, Slntoenbung ber S3efttmmungen 
itber bie ani htm ^anbel gefegten ober gans l^erbotenen Sßaren 
in ^ittfid^t auf bie t)erbotenen S3ü^er, bielleid^t Slntoenbung 
be8 S^asimum ber Strafen auf l^erbotene SBare, g. 93. beiS 
XabaU, auf hxt l^erbotenen S3ü^er, äbertoad^ung ber ^anbeld« 
lolole unb ailagasine nebft bortiger SagerungStierpflid^tung für 
bie 93ud^]^anblungen, enblid^ regelmäßige, fc^Ieunige unb ämt« 
lid^e SJHtteilung ber Siften ber l^erbotenen f&u^tt an biefelben 
burd^ baS 9iet)ifionSamt unb Sluftrag an biefelben, maS ol^ne« 
bem aus bem il^nen erteilten SBefugniiS ^erborgel^t, i^ren ^or« 
refponbenten hit Bffentlid^e SBeifung gu erteilen, ^e nid^t burd^ 
Sufenbung Don S3üd^em, bie antireligiöiS, antifogial unb anti» 
öfterreic^ifd) finb, in Unloften unb IBerlegen^eit in fe^en. 

^iejee ©i^ftem mit 5haft, @efd^äft8beförbetung unb ftonfe« 
quens in SluSübung gebrad^t, toirb ben iBud^l^anbel Öfterreid^9 
ava bem STbgrunb be9 $anbel9 mit t)erbotener SBare toieber 
pm ebrenbaften ©efcbäfte mad^en, ee toirb t^m feine Sefer, 
leinen Slbfa^ entließen, bai» £efen ift laebürfniS, baS „m9*' 
ftel^t in jtoeiter ßinie, ba8 „toieöiel" in ber erften, unb Öfter» 
reid^ ift j[e(t gum erften S^ücbermarlt in ^eutfd^Ianb getoorben, 
bielleid^t !ann felbft ber öfterreicbifd^e (SelbftDerlag burd^ 
JBefc^dntung ber ®d^unb(iteratur gehoben h)erben, benn nnfere 
©(^riftfteUer fd^reiben alle SBüd^er für unb S^üd^er o^ne Senfur; 
fe^lt letzten bie getoo^nte IBeid^tigfeit, i^re £efer l^ier 3u finben, 
\o toerben für biefe SBüd^er mit Senfur gefi^rieben unb l^ier 
gebrudft »erben, toenn bie Senfur für ben IBerlag im Snianb 
hit aRanuffripte nid^t me^r gutsu^eißen, fonbem nur me^r 
htdä\^Q %n finben angetoiefen toirb unb ftd^ ftetd biefen toefent« 
lid^en Unterfd^ieb t)or ^ugen f^ölt. 



364 SttmerfungeiL 

(BeftaUen ft<^ bie 2)inge fo, baim toirb lein bftmti^i^^et 
a3u(i^l^anbler me^r loagen, t)ot feinem ^d^hax, htm anbecen 
Kaufmann, gu flagen, ba9 gemeine dM^t, bie gleich SBe^anblnsfl 
fteOt t^n in bieielbe ßinie mit il^m, nnb bet SBü^erbaKen vmb 
^ä^ bo(^ in eine IBe^anblung gu finben toiffen, ber aüt anbeten 
Datenbasen nntetgogen loetben, bie ber gefamte äbtige ^on« 
beldftanb in ttbetfc^toengltd^t 9Re^i^a^( em|)f£ngt nnb tetfenbet 

®o biel in fnxgen Stnbentnngen libtt ben ^ndfyaabti nnb 
bie SSetleger. XBenben toir und ie^t au ber treffe unb p ben 
Seitnngen. SBir laben gefe^en^ bag bie ©c^ablic^fett bet freien 
(Sebanlenättfterung butd^ bie $tefTe gugnnften einer geringen 
ttt^rigen 9Rtnbergabl auf Unfoften bet gtogen frieblic^en aRebt« 
%a^l al0 ün Sßribilegium angef}nro4en toirb; bag bie eigentliche 
(8efäbtlt<!gleit unb ©d^dblic^Ieit getabe in bet vielfältigen »et:: 
hnitnnQ unb fd^lennigen fSfort^flangung bet f(i|ablic|en ©ebonfen 
liegt, bag biefed nut bnrc!^ bie $teffe unb Setzungen bebingt 
ift. (Sd ^onbett fic^ alfo, bas Übel eben ba, too t» etft fc^äblid^ 
toitb, in feiner S3er!ör][ietung su erfaffen, unb bagu gibt und 
f(bon bie SBegeic^nung ^tegbetge^en beu 6<l^lüffel nnb bie 
aßdglic^feit. ^ie Sßteffe ift ed, bie füt baS $regt)etge(en ein« 
pftel^en f^at, fte mu^ bet ©efellfd^a^ unb Stegietung gegenilbet 
gut immettoäl^tenben ©atantie unb gum Sauftpfanb toetben 
ftatt aUet iEufotifc^en (S^etoäbtleifinngen unb Kautionen. Übetall 
nel^men bie ©efe^gebungen, too eine augenf(|einli(i|e Xai, bie 
ficb toiebet^olen fann, mittels itgenb eineiS ^ppaxatt» ftatt» 
finbet, beffen S3ef(|lagnabme ober 5^onfi8!ation in ^nfptn^; 
toeSbalb biefeiS ©emeinted^t, beffen SBitInng bntcib bie Chrfaitung 
als nü^Iid^ erliefen ift, ntd^t au4 bter in Slnmenbung bringen? 
®ne jebe ^rudferei haftet für bie av& ibr b^^ootgegongenen 
SSBerfe, infofem folc^e nid^t gum borauS gebilligt ober fonft als 
nnSd^äblid^ befunben toerben. $iae abftc^tlid^e, bdstoillige JBer« 
ge^en ber $reffe muffen mittels beS 9lüd^ugeS ber gegebenen 
^Befugnis beftraft, aKe gu fcUlenben ©elbftrafen als ))rioilegierte 
6(|ulb anf bem gefamten ^ppaxatt laften, ber beSl^alb als ein 
^reieigeu Don j[eber borber baranf Itegenben S3elaftnng frei 
erfd^einen mügte. 

^te treffe als ein gang unintelligenteS, toillenlofeS ^nftru» 
ment anfeben, f)xt^t bem S3ucbbmdfer inteHeftuell unb moralif(!b 



^Cnnterhingen. 365 

9U nafft treten; oBer in ieber ©efe^gebung flnben ft^ Slnaloge 
ber S3ef($Iagita^me nnb 5tonftdIatton bei materiellen S3e^elfe, 
bnrc!^ meiere ein Ißerge^en ober ein Übel in8 Beben getreten ift, 
SRagregeln, burd^ toeld^e aUetn smar tnbtrelt, aber fidler ber 
iDobre Url^eber erreid^t nnb gnrecl^tgetDiefen toerben fann. 

S)ai» gefeafd&aftli($e S^erge^en ber treffe befte^t nid^t 
barin, ba^ fie bte @eban(en be8 einzelnen reprobustert, fonbem 
barin, bag fte folc^e t>ert)ielfaltigt nnb als SBare in ben S3eft| 
unb in bie $änbe jener bringt, bie o^ne Surec^nnngdfäl^igfeit 
ben SJHgbronc^, bor toelc^em fx^ ber Slutor felbß too^I lautet, 
gu treiben beranlagt [fol]. ^ie $reffe mug alfo in unb burc^ ©in» 
ti)ir!ung ber 8tegiemng auf hit ^rudferei geregelt unb ge§ügelt 
merben, inbent bte ntaterieSe Shraft unb fBlaä^t bt» Staates beut 
materiellen S3e^elf ber ungeregelten ©eifteSfrei^eit $err unb 
fil^Ibar mirb. 

^aSfelbe ^üt and^ in ${nfi(^t ber S^itungen %u gefd^el^en. 
S3ei i^nen erfd^einen %toti Tlomtntt: bie Sßerbtelfältigung bnrd^ 
ba8 ©emerbe, \otld^t^ btn $rit>aten, bann bie Verbreitung 
burc^ bie $oft, toelc^e bem @taat angel^drt. ^ie ^rudPerei, 
totldit aI8 ^aufit)>fanb gu Gebote beS (Staates ift, tohrb eine 
nü^Iid^e ©elbft^enfur auf bie periobifc^e treffe auiSüben; follte 
tro^bem eine tierbammlid^e Übertretung ober eine berberblic^e 
9H^tung in einer S^^M auftaud^en, fo liegt eg bodg in bem 
t>oKm SBefugnÜS be8 6taateiS, l^ierin eine einfeitige SteftHation 
ht» gefd^Ioffenen 5^ontrafte9 gu finben, unb fid^ felbft ieber 
^Verbreitung unb folglid^ 5!ompI^it&t berberbli(!^er nnb Oerbamm« 
lieber 9)^anifeftationen su enti^alten. 

(Sine8, ja baS lo^entli^e £eben8element ber S^ttung ift 
i^re ^Verbreitung unb SluStragung burd^ bie $oft; fte ift als 
S!Bu(!^er))f[an9e auf ber @taatiSanftaIt, ber $oft, entftanben, unb 
lebt barauf fort; foUte fte nid^t anbere in il^rem SBad^iStnm 
gebinbert ober geregelt toerben, aU bur^ baS IBerberben beS 
@tammeiS? 

2Bir füllen l^ier gum @d^luffe nod^ ein einsigeS S3ebenfen 
auf. öfterreidg sä^lt gu feinen lobenStoerteften @tgentümli(!^' 
feiten, ba% feine Suftig »oblfcil, für bie Elrmen foftenIo8 ift, 
benen gubem bon ©taotstoegen titi intelligenter, geprüfter, 
anerfannter SRe^tiSfreunb gegeben toerben mu^; baS ift eine 



366 ^CnmedungeVt. 

jronset)tion [fo!] unb SBegunftigung für bie groge äßaffe; foOte hd 
fold^er S^enbenj unb ^etoo^n^ett be8 geifttgen ©taatöl^aitö^atteS 
lein äf^nli^tx ©d^u^ für btc groge ailaiorität ber ©etfteSonnen 
ober S9e{d^ränften gegen bte Übergriffe üon feiten ber neuen 
Privilegien ber $ref[e tintttttn muffen^ bantit ber eigentümliche 
@eift ber 93ebölferung biefeS großen Don ber 9<{et)olution nod^ 
nic^t erfaßten ^iftorifd^en dttiöft» fid^ nic^t önbern, unb bexs 
felbe ntd^t bem rek)oIutionaren ®eift erliege, ber unter bem 
Lanier ber @etftei8frei^eit gegen @ott, unb ber $re6ftet(ett 
gegen bie 9tegiemng einl^ergte^t? 

S)er toefentltci^e Unterf(!^ieb stoifcl^en bem alten vath bem 
neuen @taat, toie gtoifd^en ber alten unb neuen ®efellf(^aft 
f)}ri(i^t ftd^ in ber ©efe^gebung an^: toat ha» aUgemetne 6ub« 
ftrat in jenem hit 6IIat>erei unb ha» IBorrec^t, fo tft t» in 
btefem bie tS^üfjttt unb bad gemeine fRt^t; bie Aufgabe btiS 
äBteberauf blühend ber mit htm ^eibentume gefallenen alten SBelt 
toar nur burc^ bie Übereinftimmung ber neuen @efell{(^aft unb 
®efe(gebung mit ber neuen £e^re ber )>erfönli(^en, inbiDibueEen 
f^rei^eit möglich -- biefe S(ufgabe ift in htm aßittelaUer geloft 
toorben burc!^ bie germanifdgen Stationen, in toeld^en bai» ®efü^l 
für Srrei^eit unb gemeine^ dit^i ein lebenbigelS, DoIfiStümli^el» 
toar, unb ha in ber äBelt bie (Sltid^f^tit ntc^t mögücfe tft unb 
3um Umfhirg fül^rt, fo tourbe ber neue d^riftlic^e germanifd^e 
(Staat burd^ ein tool^IberftanbeneS organif^eS, l^armonifd^ed 
Softem ä^nltd^er 9ted^te unb lorporotiDer (Seftaltung, burc^ bie 
ber ©c^toäc^ere unb ärmere bem ^äd^üqtn unb 9lei(^eren 
gegenüber feine Stellung gu bei^aupten, fein dit^t gu ftnben 
befoi^igt tourbe, gegrünbet, in toel^em baiS $ribilegium mdgltc^ 
unb unfd^äblid^ toar, toeil eS nic^t baS l^etbnifd^e ber aUeintgen 
grdgeren ©etoalt, fonbem s^gleid^ ber größeren SBerpflic^tung 
nad^ oben burc^ £reue, nac^ unten burd^ @itte tourbe. 

91IIS man baS ^eibntf(^e ^errfd^ened^t unb ben ^eibnifi^en 
@taat tu ^ro))a unb befonberS in t^ranfreid^ burd^ $of unb 
©c^ule toieber in bad 2thtn unb bie d^riftlic^e ®efeüfd^aft ein« 
führen tooEte, entftanb ber unfelige 5!ampf fiir unb gegen baS 
Privilegium, ber in ber 9leboIution enbigen mugte, ber too^I« 
oerftanben ni^t um bad ditd)i, fonbem um baiS Sonett gefül^rt 
tourbe unb ft(^ in bie prafttfd^e formet ouflöfen lagt: „ote 



^htmerhtngen. 367 

toi, ponr que je m'y mette". — S)aS ift aber hoS Ärieg»« 
%t\dixti bet ®t\tfi\^a% bte ftc^ in ittnereit ftaitt))fen aufibft 
unb ber in diom htm Süaifet nnb in fton{lauttno))el [fo!] erf^oHte. 
3ebem fein $(at iebetn fein dttd^t, ift bie £öfung be9 c^rift« 
lid^en ©taoted. 

$at man bad @IM, htm öftetreic^ifd^en ^errfc^erlaufe 
anpgel^dren unb in beffen dttid^tn gu leben unb gu bienen, fo 
mu6 mm ava beten Sefd^id^te unb befonberiS ber neueften ft(!^ 
hoä) bie Seigre g^ogen (aben, bag beten Sffttften unb ©efe^e 
Dot allem bie Sluftec^tl^alinng unb S(u8bilbung ber alten 
c^riftlid^n, getmonifc^en S3ilbung beS @taated unb bet ®efell'> 
fd^aft im Shtge unb in bet ^anb behalten ^aben; ditd^t unb 
Otbnung, ©id^et^eit unb @(|)u( fut aEe, befonbetiS füt bie 
S^toaä^tn unb J^Ieinen gegen ba8 Übetgteifen bet $tibUegien 
unb ^tibilegietten, in biefem 6inne ^at ^ bie SSettoaltung, 
f)ai ftd^ bie @efetgebung in bem legten, füt ^xopa tebolutio« 
näten 3a|t^unbett, bei uns feit Wlada S^^erefia Ifottbilbenb 
nengeftaltet, unb ^at in Öfteneic^ jenes e^et)tioneIle, antt« 
tebolutionate @efü^I bei ben SUlaffen unb htn unteten 5!Iaffen 
l^etborgebtai^t, bag fte auc^ bebonei^tet finb, bag ^bmini:: 
fttation, ©etid^tSl^of nnb felbft ha» S(ubien^immet beS S^aifetS 
ba flnb^ nm j[ebem in feinem dit^t, iebem in feinet Stellung 
ol^ne ©efd^tbe unb S3ebt£ngung bon mdc^tigeten S3ebotsugten 
SU et^alten. — 3ene8 ®efft^I ift bie ^opulatitdt, bet &^(üi, 
mit htm ba8 ^ava Öftetteid^ feine IMege gefü^tt l^at, unb 
ben ®tteit bet 3^^^ audfed^ten mni — i^n abet in einem 
totic^ten @pitl um hit $opulatität bei ben neu $tibilegietten 
bei» @ebanlen8, bet 9lebe, (Sd^tift unb $teffe auf bie ©efal^t 
be8 IßetlufteS oÜS @infa4 ^^htn, toote ebenfo tdti^t ald ed 
untoa]^tf(^einIi(& ift, bag foId^eS ie gefc^e^en fönnte. 

SBien, ben 15. 3uli 1846. 

33, 6 1846, bon Öftetteic^ nntetftü^tet 9(ufftanb bet 
mt^enifd^en IBanetn gegen bie poInif(4en Snfntgenten. 

36, 17 Oftobet— 9lobembet 1847 toutbe in bet ba^tifc^en 
ftammet übet bie S(ufl|ebung bet S^nfut bebattiett. 

52, 8 a^ettetnic^, füt beffen $oIitü $ügel nthtn Satdfe 
nnb Sßilat )>ubl^iftifd^ tätig mat. 



368 Knmerhtngen. 

8* ^aS Sa^t 1848. ©cfd^td^te ber jffiiener Sleliobttion. 
1. Sanb t)on ^mti(^ ^lefd^auer. glluftrtert t)on $. I^at^ler, 
9. Strxt^nbtt unb anbeten. SBien 1872. X^erlag tion 9t. B. 
^alb^eim. @. 143. 

^er ©ebanle einet SBütgetOetitton, bte bet O)i|>0{ttton tm 
ntebet()ftetrei(l^if(!^en £anbtag Wx^ali geben foltte, tmttbe Don 
S9auetnfelb begeifteti anfgenommen. Wt lOesanbet )6oc^ emigte 
et fi<j^ am 5. fOtav^ 1848 übet ben ®eban!engang beS auf- 
Sdiiti, ben et am felben S^ag betfagte, am 6. im IBetein mit 
l&a^ fettig^ellte. S(m 8. unb 9. a^ats betfammelten ft^ sa^l* 
tei(^e t^teunbe in IBa(^9 SBol^nung %n polttifc^n Befprec^migeii; 
Tte befd^Ioffen, füt bie SBauetnfelbfd^e ^etion in tbeiteften ^helfen 
Untetfd^tiften gu fammeln. S(m 11. Wläxi 1848 toutbe fle bem 
flanbif(^en STu^ci^uB übetgeben. - SBgl. 9(ef(^anet ®. 141 ff.; 
muS S((t» unb 9leu::Smen e. 251; Sal^tbud^ V 140 f., 215 f. 

4. Oftbeutfc^e $oft. Sßien 1849. 9h:. 9, 30. Sanuai. 
Feuilleton: ©tubien bonlöauetnfelb. 1. 2. — 9'hf.ll, 1. gebtuar: 
3. — $«t. 12, 2. gfebtuat: 4. — 9h:. 14, 4. ffcbtuot: 6. — 
9lt. 20, 11. Sfebtuat: 7. 8. — SRt. 25. 17. ^ebtuat: 9. — 
9hr. 31, 24. fjebtuat: 10, 11. — 9h:. 32, 25. gebtuat: 12. 

»gl. Sa^tbnd^ bet ®tiE))at^-(8efeIIfd^aft VI 87, 191; 
9lotb unb @üb n (1877) 391, 393 f. (anaftaftug @tün). 

63, 15 2oui8 iSug^ne dabaignac tootf 1848 ben Suiriosf« 
fionb in $attS mit eifetnet gfauft niebet unb fteUte aU $tafü 
l)ent beS SRiniftettatiS bie Otbnung toiebet ^et. 

68, 2 Slnton f^tei^ett t>on S)obl^off bonSuli— Oftobet 1848 
aWiniftet bc8 3«netn. 

70, 2 f. mt biet (Sd^tiftfteHet ^nl^änget aReüenti(^d; 
Wiütt, (Sen6f ^uttet S(ngel^ötige beS tomantifd^en ^nber* 
titcnltcifcg in SBien. 

71, 2 @ofiet, bie auiS $ota§ befannten tömifi^en SBuc^- 
pnblet; bann bon gtogen S^ud^l^onbletn flbet^au))t. 

84, 20 ^ie 9lationalbetfammlung in bet gftantfuittt 
^aulsftt^e. 

90, 15 (Sl^atleS t^outiet, bet ©tfinbet eine9 bem ®axttU 
®imoniiSmuiS bettoanbten fogialiftif^en S^fteme, bet Sl))ofteI 
bet „Sß^alanftetien". Tili fostaltfiifd^en @(j^b>ätmeteien betbiubet 



SCnsnetlungen. 369 

er einen m^ftifc^en, eubatmoniftifc^en ®lavihtn an eine tounbeT« 
bare @nttDi(fIttng ber @rbe uitb i^rer fßmof^ntt, bie er fdnttlic^ 
gegenwärtig al8 „^closions contremonlöea'' htttadittt 

91, S4 ban St!en, SBefi^er einer berfi^mten ä^euagerie. 

92, 14 f. 3n ben Sauren 1848 nnb 1849 l^aben toie bie 
genannten fafi aEe SBiener S^^ungen naäi O|)portunitttt i^ren 
^itel nnb ibre Ztnhtn% %tDtU, breinial geclnbett 

99, 9 »gL Sal^rbnc^ VI 89. 

101, IS Suigot, ben bie Sfcbmorrebolntion na^ Sonbon 
Dertrteben l^attt, trat 1849 mit ber S3rof(|)üre „De la dömo- 
cratie en France'* f^ttiDOV, 

102, 11 SacQued £affitte, franaöfifd^er $oIiti!er; er t>tu 
inenbete als äRinifter (1880—81) fein ungeheures ^Bermögen 
gur ^ecfung bed ^eftaits. 

113, 17 6. Dftober, ©rftürmung be9 3^Q^<iuf^/ (Srmor- 
bung bed ftriegiSntinifterS Satour. 81. Oftober, C^oberung 
SBienS burd^ SBinbifc^gra«. 

5. Oftbeutfc^e ^oft. SBien 1849. ffh. 258, 11. iRobentber: 
9leue @tubien Don IBauemfelb. (f)er S^erfaffer erflart lieber* 
l^olt, bog er {eine ^uffä^ brudfen lä^t, ol^ne feinen fHamtn 
beisufe^en.) S)ie ^itfe^r gu ftd^ felbft. — 9h:. 269, 18. 9lO' 
Dentber: SBo ift @ott ntd^t? ~ fftt. 265, 25. 9lobeniber: S)aS 
'Xitcdtt, baS ^ublifum unb t(b. 

121, 1 $a))ft $iu9 IX. f^aüt ftd^ am 25. 9lobember 1848 
na(6 @a6ta geflüchtet unb diom ben ^emohaten iiberlaffen, bie 
am 5. f^ebruor 1849 bie Jübmtfd^t dttpuhViV prollamierten. 

121, 6 ^ie Sfrangofen eroberten diom nac^ rücfftc^tdlofem 
SBomborbement am 8. Suli 1849 unb festen ben $a|)ft lieber 
in feine ^errfc^aft ein. 

121, 15 97lonta(embert, bon ben biergiger Sabren an in 
ultramontanem Sinne tatig. 

121, 17 SBauemfelb meint tool^l bie am 14. mSx% 1848 
Don ber papfiliä^tn 9iegiemng prollamierte ftonftttution. 

122, 7 ^te burd^ ba9 berül^mte @enbfd^reiben 9ionge8 gegen 
bie S(u8fteIIttng btS l^eiligen diodt9 in 2:rier angeregte beutfd^» 
fat^olifc^e SSetoegung l^atte loäl^renb be8 9tebo(utioneia]^reS 
fid^ audS) nadg SBien t>er))flangt, o^ne groge ^folge gu 

•«riftCB. IV. 24 



370 tttunerfitttgetL 

etaielen. 5Die Itonfltfte inner^olb bet tierf(^iebenen 2)t{f{benien« 
&tmtvahtn, b^uotf&c^lid^ bittd^ bie fo§taIbeino(ratif(l^en Zen^ 
betqen 9longed unb feiner engeren Knl^dnger erzeugt, übertntaen 
fi(^ au(i^ nac^ Öfierreid^, too bem ®treit unb ben®emeinben bnrc^ 
eine Serorbnnng ber S^egiernng ein rafd^ed Snbe gemac^ tourbe. 

126, 1 «^er Sßalb bei ipermonnflabt/ romantifd^ed Sd^on«» 
fpiel in 4 Slu^ügen Don ber alten SBnrgfd^anftHelerin 3o^anna 
t$ranul Don SBeiffentl^nm toar eines ber beliebteften 9le))ertoires 
ftMt in ber erften Hälfte be9 19. Soi^rl^unbertS. 

126, 10 ^S)er SSrantigant an« a^e^ifo'', Snfifpiel in 5 «nf» 
Sügen Oon QXautttL 

126, 15 „^\t filbeme ^oc^eif*, ©d^anfpiel in 5 Stten 
oon Sb^ebne. 

180, u ©c^nterl, eine !omtf(|)e Sfignr in bem ßuM))ieI 
««ro^o^rig" (1846). 

131, 7 $>tt IBelagemngSsnfitanb (oont 1. 9h)0ember 1848 an). 

131, 8 SBäl^renb beS SieOoIntionSja^reS ^atte ha» aSurg* 
tl^eater, bem a3eifpiel be8 2:^eater9 an ber SBien folgeub, biefen 
^toeiten, sugleic^ feinen alten 2:itel toieber angenommen. 

181, 10 Über biefed ä^erbot nnb bie SnterDention be9 
@onoemeur9 S3aron SBelben DgL 9bt9 SOt^ unb Steu'Sßien 
@. 289f.; Sal^rbtt* VI 87, 89, 192f. 

182, 14 ff. 5Da8 neneSc^oufpiel toor „f^rou} oon ©idingen". 
3n biefem IBerbot unb an ben folgenben (Srdrierungen bgt 9uiS 
Sia« unb Slen^SBien @. 296 f.; Sal^rbudg VI 90, befonberS 194. 

132, 19 S3rief beiS S3nrgtl&eaterbirettor8 ^olbein Dom 
14. ©eptember 1849; Ogl. Sa^rbnc^ VI 193. 

136, 1 ff. 9(nf))ielungen auf ben SMef be9 Oberftfäm» 
mererS (Srofen SandoronSfi Dom 21. Oltober 1849; Dgt 3a|r> 
hnäi VI 194. 

6. Öfterreic^ifd^e SeUfc^rift fifar Sefd^i^tS^i mtb &a0tfi' 
funbe (Herausgeber va(b 9lebalteur 3. $. ^Itenboedf). 9hr. 76, 
©onnabenb ben 19. ^tptmhtx 1885 @. 297— 29a 9lr. 76, anitt- 
tood^ ben 23. September 1835 @. 301—808. 9h. 77, 6om^ 
abenb ben 26. September 1835 @. 805-308. 9h. 78, aRiit> 
)D0<^ ben 30. September 1885 @. 809-812: ^)te fd^öne ßtte^ 
ratur in £)ftenei(^. ^iftorifc^e Sli^ Don SBouemfelb. 



3liunerlttngen. 371 

nndi al9 @onberbru(!: SBien 1885. ®ebrucft bei ben 
@blen D. ®^elenf(!^en ^ben. 8^ 82 e. 

141, 18 Set Sefuit 2)emS, als IBarbe @ineb bei »erireter 
Dftenei^S in ber Offians5Mi)pfto(fif(6en f)id^tergritt)pe, beren 
SDlittel er gar oft su feic^tefter ^ofpoefie t>ertoenbet. 

142, 6 a^lumaiter, ber Serfaffer beS befannten „traue« 
ftierten SleneiS" unb gal^lrei(!^er poetif^er unb prof aif c^er Satiren 
im ®inne ber Sfreimaurer. 

142, u ftarl SUaftalier, im Streben nad^ S^orreltl^eit unb 
in feiner än^erlid^en ^b^angigfeit tion $orag bem $reugen 
9lamler gu Derglei^en, gleich bem er an ber ifü^mtn Meg9» 
poefie ber fiebriger Saläre be8 18. Sa^r^unbertS teilnimmt. 

3o|ann S. D. 9I|^nger, nnfelbftänbiger @(j^üler SBielanbS. 

3üfef tixani D. 9!atfd^f9, Organifator ber dfleneic^ifcl^en 
Biteraten aI8 SBegrünber be9 „SBienerifc^en a^fenalmanad^S". 

142, 90 „Sfanftin ober ha» aufgeflfirte p^iIofo|)]^if(^e 
So^r^nnbert'' (1788) Don Sol^ann ^egsl. 

142, 26 Cornelius ipermann bon SKl^renl^off, 93erfaffer bei» 
Don Sfriebric^ bem ©rogen gerül^mten ßuftfpiels „^er Sßoft» 
gng'', eigenfinniger Ißerfec^ter beS fran§öft{^en ®ef(j^ma(f8 gegen 
bie iungen beutfci^en S)i(^ter. ®v griff 6]^a!ef][ieare befonber^ 
Htig an in feinem «Schreiben über ^Deutfd^IanbS Z^taitx^ 
toefen". 

3ofef f$riebri(!^ t>. SRe^er, Herausgeber bon ^eniS' fftadf^ 
lag unb Don Sl^ren^offS Sßerfen, beffen Sfreunb unb &tfin^ 
nungSgenoffe. 

148, 93 So\tf D. @onnenfetö, ber SSorfämpfer ber ^nf« 
Ilarung in öfterreid^, fuc^te in Uirem 6inne burc^ feine ^SBriefe 
über bie SBienerifc^e ©d^aubübne" (1768) ha» 3::^eater gu refor» 
mieren; bie 9leugeftaltung be8 SBurgtl^eaterS (1776) burc^ 
3ofef IL ge|t bor allem auf fein SBirlen surüdf. 

144, 8 W^^P Hafner, ber »egrünber beS SBiener ßolal- 
fiüdts, bur<^ baS er bie extemporierte H<ntSlDurft(omöbie erfolg- 
reich befampfte. 

144, 8 2:obia9 Wlipp f^rl^. D. Gebier Derfagte sa^lreic^e 
Buftfpiele, meiffc nac!^ bem ^ran^Bfifc^en. 

fjfrang Don H^ufelb; fein ^rama „Sulie ober SBettftreit 
ber $fli(^t unb Siebe" (na<^ 9{ouffeauS „Nonvelle Höloise'') 

24* 



372 Knmerfungen. 

in ber „^omBurgif^en Dramaturgie" 8. unb 9. Stücf anS« 
fftl^rlt(^ unb anerfennenb befproc^en. 

144, 17 Sol^ann f^riebric^ ^einrtd^ WdUtx, (Slefc^i^te unb 
i:a9ebuc^ ber SBtener Sd^aubül^ne (SBien 1776), fe^r toid^tig 
für bie ©efd^id^te beS »urgtl^eaterS. 

144, so ^er groge ©c^aufpieler gfriebric^ Subtoig @(!^rober 
mar bon 1781 btö 1785 ä^ttglteb be9 SBurgtl^eaterS, beffen 
€ttl er ffir So^re l^inauS entfi^eibenb befHunnte. 3n SBien 
entftanben tiieU feiner brantotifd^en Strbeiten. 

144, S5 Sodann f^riebrtd^ Sünger, filr baS Suftfptel nic^t 
ol^ne JBegabung, üon 1789—1794 ^oft^eoterbid^ter. 

144, S6 Der @d^auf)HeIer @ottIieb @te|)]^anie ber jüngere 
bic^tete mit SSorliebe @oIbatenftü(!e; aud^ Stngfpiele für ^rt* 
tereborf unb SDlojart. 

146, 10 ^einric^ t>. ^oKin, belannter afö burd^ feine 
ülaff^iftif (^ fteifen 9iömertragöbien burd^ feine SBaÜoben unb tior 
allem burdd bie ^Sanbtoe^rlieber'' (1809). 

145, 25 SD'la^miUan Stotn, t>on 1802—1850 SBurgfc^an« 
fpieler, innig beftennbet mit ^oKin, beffen fbalhoa eine feiner 
beften Atollen toar. 

146, 1 ^iebrid^ SBil^elm S^egler, Sc^aufpieler am JBurg« 
t^eater, brad^te neben tiniqtn pat^etifd^en S^ragöbien mit 
befonberem unb naci^l^altigem (^olg bürgerlid^e £uftfpiele auf 
bie mt^nt, 

146, 8 fto|ebue toar 1798 unb 1799 beim JOurgtl^eater 
angefteHt; bie ed^tefte gfmd^t biefeS SBiener Aufenthaltes ftnb 
„Die beiben ftlingiSberg'. 

146, 10 9or feinem Eintritt hti ben Sü^otoem mar S^ömer 
^oftl^eaterbid^ter in SBien. 

146, u „^unepnbe bie ^eilige" (1815) unb „Die SRutter 
ber Tldtahatx*' (1820) fallen in bie Seit t>on SBemere S(uf« 
entl^alt in SBien. 

146, so Sofef ©d^rel^bogel filierte fein „(SonntagSblatt' 
(1807—1818) im @inne ber STufflärung, gngleid^ al» Schüler ber 
SBeimarer ^lafftfer; ber Anflug ber t)on i^m befämpften 
9(omanti! machte \i^ freiließ aud^ auf i^n geltenb, menn er ber 
fpanif(^en £iteratur eifrigfte 2:ätigleit mibmete. IBon 1802 h\S 
1804 unb t)on 1814—1832 mar er atö ^oft^eaterfelretär ber 



9(itnteilimQen. 373 

eigentltd^e £eUer beS SBurgt^eatetiS, bod et gut erften SBül^ne 
^eutfd^Ianbd er^ob. 

148, s5 WxQüft ^^, t). @tetgentefd^ fi^rieb anger anmutigen 
Sufitf))ie(en ettoaiS fribole fHomant na^ fransoftfd^em SThtfier. 

149, if. „2)a8 £eben ein 2:raum'' nad^ ^alberon („La 
yida es saefio") „®onna ^iana" na^ ^Jloxtto („El desdön 
con el desd^n"). 

158, 28 ff. Tttbta I. ^u^ug. SBerle^V 149 f. IBauemfelb 
Sitiert nid^t ganj genau. 

» 

156, 80 i^SncubuiS." SBerfe » I 194. 

157, 95 Xtx XM be9 6c^attfpiefö, baiS SBauemfelb ^ter 
noc^ feinem 3n|alt benennt, lautet: ^^rfet unb Shone'' (1883). 

158, 1 S3t|ton. 

158,4 ^9Httet $ato(b*S Pilgerfahrt'' erfd^ien in ber 
Überfe^ng bon Sebli^ 1836 bei &oüa. 

158, 8 ^etn^arbftein, überaus frud^tbarer, feilster ^rama« 
tifer, 1832—1841 Seiter bed S3urgtbeater8. 

158, 15 Sol^anna ^ranul t>. Sßeiffentl^urn, über 50 Saläre 
©(^aufpielerin am S3urgtbeater, fd^rieb sablreii^e altmobtfc^e 
@d^au« unb Buftfpiele. 

158, 80 ff. ^rl 3obann S3rann bon SBrauntbal, ein nid^t 
unbegabter, aber berlotterter Sc^riftfteSer, befannt bur^ feine 
9(ffdre mit S(naftaftu9 @rün. SBo^renb er aud 9toi armfelige 
^umoreSfen unb Sleifebilber f^rieb, toagte er ftd^ an bie ^öc^ften 
Stoffe: 2)on 3uan, fjfauft, ^apoltoa, 6ba!efpeare. 

3gna^ iJfrang ^afteUi, bon unbegretflid^er fjfrud^tbarleit. 
Ungo^lige Überfe^ungen, ^Bearbeitungen, Keine £ieberfpiele unb 
Sh)mdbien. daneben iiaterldnbif^e 5hrieg8Iieber (1809) unb 
^ialdttgebi(j^te. (Bt liebte ben &pai um jeben $reiiS, bie bebag« 
Ii(^e Sott, 

@buarb ^uEer toanberte ISdO au^, fi^Iog fic^ fpäter 
ben ^eutfc^fatl^olifen an unb entfaltete eine belegte public 
Siftifd^e 2:ätigleit. @r begann mit ^iftorifi^en Dramen unb 
iRot>eaen. 

ftarl @gon @bert,®eutfd^bdbme; belannt burd^ fein S))o9 
„SBIafta". fSui^ im ®rama bebanbelte er tfd^ed^ifd^e @agen. 

^b^ftop^ jhtffner. S^elfd^reiber. 9^omane unb Dramen. 



374 9itnner!ttngen. 

Sol^ann ®raf TlailUf), ber burd^ \tin trogifd^eS (^nbe 
bef annte ^iftorifet unb Überfe^er auiS bem Ungarifc^en, trat in 
ben breigtger S(^Ttn mit einigen S^uftf|)ielen nad^ bem ^onad- 
ftfc^en l^erDor. 

SBil^elm aTlarfano im fkinen £uftf))iel glüdflic^er all» in 
feinen tomantifcl^en Xragöbien. 

SSnton Sßannafd^, l^iftorif^e 2:rauer« nnb 8uftf)>iele. 
„Sdboin'', ^rauerfpiel in 5 SHten, 1834 im »urgt^eater anf» 
geführt. 

5!aroIine $i(^Ier, hit befonnte S^omanfd^riftfteEerin, 
bid^tete audg eine ^n^a^l bon l^iftotifd^en Dramen. 

^uguft ^omboftel (O. Srnft IBol^I), nicj^t unbegabt, bgl. 
Sal^tbuc^ XIV 60 (ftomorgiinisei). 

^riebrid^ ^rettfci^fe bid^tete bor aHem ©ingfpiele nnb 
Opern für bie ^ofoper, bearbeitete Sofef ©onnleit^nerS 
.^gibelio". 

gfrana Sari SBeibmann oerfagte ga^Ireid^e tot)ogra|)^if(^e 
SBerfe, in iüngeren Salären auc^ Dramen. 

159, 7 Sofef mo\^ ®Ui^ fd^rieb auger toertlofen 9lomanen 
gal^lreic^e Saubere nnb STlärd^enftüdfe. 

Statl WldU pfitQtt Dor allem bie 2:rabeftie unb $arobie. 

$(boIf SBäuerle, ber geftnnungSlofe Herausgeber ber i^^eatcr- 
Seitung, in feinem traurigen Sßter S3egrünber beiS Sßtener 2üfaU 
romaniS, toar in feiner Sugenb ber begabtefte SBertreter ber 
lofalen Sßoffe, ber er bie ©cftalt be« ^©taberl« fc^uf. 

161 3o]^. ßabiSlauiS Sß^rfer, ^sbifd^of bon ^Itm, 
nofPsiftifd&er ©pifer, später ^at »auemfelb toeniger günfHg 
über i^n geurteilt; bgl. oben <S. 230, lo ff. 

162, 26 ftarl gferbinanb ^ra^Ier (3Ranfreb) begann als 
S^riler, httciiiqtt fid^ fpäter f^anpm^ii^ aliS S3earbe{ter frango» 
fifd^er Dramen. @eit 1837 in ^eutfd^Ianb, anlegt S)ramaturg 
in ^armftabt. 

162, 27 Subtoig Sluguft f^ranfU „(S^l^riftoforo Solombo' 
erfd^ien 1836. 

163, 1 t$tan§ ^ermann t)on ^ermanni^tbal, I^rifc^e @t* 
btd^te unb Dramen. 

163, 2 ©ottfrieb b. Seitner, begabter S^aSabem unb 
ßieberbid^ter. 



Smnerfuttgen. 375 

163, 8 Sodann SDla^rl^ofer enbete hutd^ ®eIbftmotb ben 
ftonflift jioifd^en feiner ®efinttung unb feinem S^nfoibemf. 

8(nion Sßaffl^, geiftlic^e £iebet. 

Sfrans Sfrei^erc Don 6diIec^ta«SBffe]^rb, I^rifi^e (Sebid^te 
unb Aromen. 

a^otl^iad ütopolb @4leifer, S^antoten unb Oben filteret 

165, 8 Bubtoig $altrf4 begabter iunger ^ic^ter; fein 
9l(ui^Ia6 bon 3. ®. 6eibl l^eraudgegeben. 

165, 7 3ofef b. $antnier>$urgfta0, ber üon feinen S^^^'' 
genoffen ntagloS ilberfc^ö^te Orientalift. 

166, 19 ^nf))ielttng auf bie „®))<Qiergcinge eine9 SBiener 
$oeten*. 

172, 82 ff. ^te ftaltenbaedTifc^e Seitfi^rift bemül^te ftd^ 
reblid^, Ubmitnht ai'titarbeiter ^n gewinnen; ber S3enebiftiner 
aßid^ael (Snf bon ber a3urg unb (^nft b. geucl^terdleben sohlten 
SU ben fieifiigften. 

178, 86 ,,9leife nad^ £)perrei<^ im ©ommer 1831'' bon 
Sßolfgang Slenael. Stuttgart unb Tübingen, (lotta 1832. Wlta%tl 
tM »bie Vorurteile gerfheuen, toeld^e man im übrigen ^eutfc!^« 
lonb nod^ fo häufig gegen bie öfterretd^er l^egt". 

7. »latter für ßtteratnr, Äunft unb ftritH. (Snr Öfterr. 
Seitfd^tift für ®efd^i(^ts* unb <Staat8funbe [^erauiSgegeben mtb 
rebigtert bon 3. ^. ^alttnbatd]) 9lr. 7> Sonnabenb ben 24. Sa* 
nuar 1835 ©. 25-28: 5hittl unb Jft:itifer nnferer 3eit. Son 
»anernfelb. 

SSon allen SBiener 9tesenfenten mugte f!(( ber roütx* 
toortige Sapf^lx burc^ bie $oIemü gegen bie «falfcl^e Ihiti!^ 
am ttefflen getroffen füllen. ^ reagierte barauf ^^eatei^itung 
1835, 9lr. 25) in einem Sluffa«, ber beginnt: ^@in red^t 
mittelmfigiger SSutor l^at einmal gefagt: ,(S9 toar eine .fd^üne 
8ett, in ber bie ftritil nod^ ni^t erfunben toarl*'' ®egen biefen 
anmagenben Xon trat lein geringerer al9 ®ria))atger für 
»auernfelb in bie ©c^ranfen. (,,aSeine «nfid^t« »lätter für 
ßiteratur, Äunft unb Ärittt, ^. 14; jcftt ffierle » XVni 145.) 
eabl^ir ertoiberte frecl^ unb fiebrig toie immer (ill^eatergeitnng 
1835, SRr. 37). - SSgl. Sal^rbud^ V 72, 174. 



376 9(nmetfungm. 

178, 16 ^xan% iporn, Stomanfc^riftfteEer unb £Ueiar» 
l^iftoriler, f)at Sl^alefpeareS ^ramot in einem unenblic^ toett« 
läufigen, tem))erantentIo{en SBerfe in romantifd^em @inne aÜS 
SUt9fiüff e einer tiefer $lbfi(^ten DoSen ftänftlernatnr %u tiüöxm 
t)erfu(l^t. 

184, 8 „Z)ie SBaage. @tne StitfdMft für »firgerleben, 
SBiff enfc^aft unb Aunft/ ^erauiSgegeben Don 8. 93öme. gfron!* 
fürt 1818. 1821. 

S. Sflüc^tige @ebanlen über ha» bentfd^e 2::^eater. ailit 
befonberer dtMfiä^t auf baS ^ofbnrgt^eoter in SBien. S3on 
S3auemfelb. Sien 1849. S^erlag bon Sgnas Solang, S^u^« 
^änbler. 8"* 88 ®. Unter^ei^net: S3auemfelb. 

2)ie SBrofc^üre ift gur Seit ber tiefften ©miebrigung beS 
Surgtl^eateriS, im legten 3(^x ber ^ireltion ^olbein gefcl^rieben. 
3m ^egcmber 1849 tourbe ©einridj 2aviU berufen. — 3w 
a^ära l^atte Sauemfen) ein ©efprdd^ mit bem iOlinifter trafen 
©tabion: „(§^ riet mir gu neuem Urlaub bon bier fOtonatta. 
SngtDif d^en tooEe er für mid^ eine 6teEe anSfud^en. Ob \d^ nic^t 
eined ber 2:^eater übernehmen tooEe?" Sal^rbud^ V 89, 192. 

189, 87 „Th6&tre de Clara Gaznl, coin6dieime espagnole^' 
bon ^rojper fBl^t\m€t, eine 9lei^e Heiner romantifd^er tarnen 
nad^ fpanifd^em SDlufter. 

193, 28 l^arl ®e^belmann, 6:^araIterbarfteEer, gule^t in 
IBerlin. 

206, 18 „fftod^u» $unU)emideeL 3^uftlalifd|ed Duoblibet'', 
berül^mte Sßoffe bon fOtaä^uS Stegme^er. 

207, 16 ^2)0« «oufdjc^en* bon" ©l^riftop]^ »refener, bem 
Xej^tbid^ter bon SRogartd ^^tfü^mng ans bem Serail". 

„ditnt unb ©rfa^" bon äBtl^elm SSogel (bon 1823 h\S 
1834 Leiter bed Xf^tcdtxS an ber 2Bien). 

209, 8 Sluf SBunfd^ gfriebric^ SBit^elmiS lY. tourben feit 
1841 in Sderlin ^Slntigone" unb „j&bipuS auf J^olonod" mit 
ber STlufi! bon anenbetöfol^n aufgefül^rt. 

228, 7 ®urli, bie 9>laibe in 5!otebue8 £uftf|)iel „2)ie 3n« 
bianer in Snglanb''. 



9(nmer!ungen. 377 

9. 2)eutf d^e SeitungiRr. 1863. SBien, ©ontttag 11. ä^örg 1877: 
meine t^eatraltfd^e @tubien. 9on S3auemfelb. L^er t^eattaltfd^e 
ShonoS ttnb ba8 ftreitenbe ^eater. — 9h. 1870. SBtett, ©onn^ 
tag 18. mäx% 1877. IL 2)ramatifd^e Siebedpaore. — 9lr. 1877. 
mtn, Sonntag 25. Tlax% 1877. m. ^ie tj^eattdifd^e ©attung. 

»gL SoJibudJ VI, 181. 

282, 16 aRobemotfelle ä^arS (eigentlid^ 9(nne ^rattQoife 
»outet 1779—1847), berühmte ©d^aufplelerin ^ux 3clt ^la* 
poIeonS I. 

282, 18 Wm^e Dl^mpe 2)eiScI6e (1836—1874), berül^mte 
®d^aufpielertn toä^renb beiS gtoeiten J^aifertumS. 

234, 4 ff. La baroxme (1871) bon £b. ^ouffter unb 
^^arleS (Sbmonb; La comtesse de Somerive (gebrudft 1878) 
Hon 2^^ob. 93ant^te nnb Ttmt. be $T6bot8; Les deox orphe- 
lines (1875) Don Slb. ^enner^ nnb Hormon; Le sphinx (1874) 
oon Dctabe f^euiOet; L'6trang^re bon ^le;. ^umaS. 

286, S2 Babagaa (1872), eine politifc^e J^omöbie Don 
®arbou. 

287, 7 S}or allem ber @treü um „^mani**. 

243, 7 @buarb bon ^artmann, S^ofefpeareS 9lomeo nnb 
3ulia, Seipgig 1874, totahtt fic^ überhaupt gegen @]^a!efpeate, 
ben ^bielfad» überfd^o^ten S3riten\ 

249, 4 ^ie SReinung, bag unter ber ^ngeffin bie ^^ 
gogtn £ontfe %u berfte^en fei, iß ^eute allgemein aufgegeben. 

252, e 3d^ot, bie gflüfftgleit, bie ftatt beS IBluted \n ben 
9(bem bei gtier^ifd^en @ötter fliegt. 

263, 7 „^er SSeild^enfreffet", Suftfpiel in 4 ^Iten bon 
@. 0. aRofer, nod^ l^eute auf htm Siepertoire be9 S3urgt]^eater8. 

263, 16 ,.8lrria unb aWeffalina*' (1874), „^ero-* (1875), 
beibe bon Slbolf äBilbranbt. ^aligula in $almd „^td^Ux bon 
Slabenna". 

10. 9loibnnb <Süb. (Sine beutfc^e anonatiSfd^rifi. ^ratt0< 
gegeben bon $aul Sinbau. dritter S3anb. 93eran 1877. ®. 353 
bü» 370. iOlorta Sd^toinb pm (Sebäd^tnig. §Bon S3auetnfen). 
äBien. 



378 9(nmetfungen. 

Sie meiften t)on ben in biefem Sbtffa^j mitgeteitteit JBriefe 
fitib boSft&tbiger, aber nid^t immer genauer tieröffentlidftt: 
So^tbud^ VI 225 ff. (^. ipottanb, .Tl) 

266, 18 ed&toinb«9[usftellun0, DBien 1871. 

267, IS ©lobinSfi) («= ©lobi, f. oben 280, 15). SSgl ipomer, 
€;b. S3auernfelb (2)id^ter unb 2)arfteaer. 5. »b.) ®. 143. 

277, M SSgl. ben 9(uffa6 ^a^eifter SabiHa". 
280, 8 » 3a^tbu(^ VI 282. 

280, 15 = Sa^tbud^ VI 288; bort feigen bie fjfreunbe 
(Slobin unb Staus, X^gL dornet 6. 27. 
280, 19 = VI 235. 

280, 82 « VI 246. 

281, 8 = VI 244. 

281, 6 einige] uneinige J. — 2)er a^enfc^ — ^af^lt] fehlt /. 

281, 7 SoiS erfte SKnb ©d^toinbs tt)ar ein SfnoBe (bgl. 
Sol^rbud^ VI 245); ed mu6 fid^ olfo ^ier um boS gtoeite ftinb 
^anbeln. 

281, 86 = VI 247. 

283, 11 = VI 266. 

283, 16 @ermaniSmuS] ®ermantfui^ J. 

284, 8 = VI 259. 

284, 4 nid^tSnu^igen] nic^tiStoärbigen /. 
284, 17 == VI 261. 

284, ao im £eibe] am 2eibe J. 

285, 6 — VI 266. 

285, 8 fc^on fom)>Ii§ierter] e^er complidrter J. 
286, 1 bie — liegt] fehlt J. 

286, 4 = VI 275. 

286, 88 = VI 268. 

287, 8 = VI 275 f. — Kt^anhtx Saumann, befannt aU 
fBerfoffer bon ^©eripred^en l^inter'm ©erb*. 

287, 88 = VI 283. 

288, 18 gegenüber]. gegenüber bor aQem J. 
289, 1 benn] mir benn J. 

289, 8 noc^ mel^r] nod^ ettoaS me^r J. 

289, 10 toentge] meinige J. 
289, 15 auf bie] auf ber J, 
289, 92 bon] bor J. 



9(ttmertttit0en. S79 

290, 5 ■= VI 288. 

290, 7 angeln] angefe^en J. 

290, 91 = VI 289. 

290, t6 Serenc^] gferensl J. 

291, u = VI 291. 
291, 15 ber] bte J, 

291, 16 groge] gtog J. 

292, 8 » VI 292. 

292, 17 3 ] 3of. ^. [= 3ofejj^ittcö0tt»ctt^elmftcln]. 

292, M = VI 297 fticr 25. 3Rci 1866 batttrt). 
292, 21 bes Senfeitö] bem Senfeitö J. 
292, 26 bre^eti] leisten J, 
293, 6 metopj^^ftf^en] unpl^ilofop^ifc^en J^ 
298, 14 Original: 1866. ^ie ^uf^ebung bed Sh>n!oTbat8 
tourbe m aR&i^ 1868 befd^Ioffen. 

298, 16 = VI 298 (au(^ mit ber 3al^reS§a^I 1866). 

294, 2 @d^nupfen] 6(^nei^en J, 

294, 6 a^arfd^ blatte] aßatfc^'Xatte .7: 

294, 10 = VI 296. 

294, 11 groge 9(lter] Wer /. 

294, 14 — VI 298. 

294, 16 — VI 299. 

294, 27 = VI 299. 

295, 5 = VI 300. 

295, 16 = VI 301. - Sfr ] gronal aber J. [= 

9ratisi8fa Don SBert^eimflein]. 
295, 17 @ie'S bod^] {le'9 J, 

295, 22 — VI 808. 

296, 12 ^ond a^dart. 
296, 18 = VI 804. 

296, 25 l^tn unb toieber] ^in unb l^er J. 
297, 4 a^atmei»] SlamenS J. 
297, 6 bie] ber J, 

297. 6 koie eine] eine «71 

297, 8 Hietgerä^mte] Dielberü^mte 0, 
298, 1 *♦***♦] »lalart J. 

298. 7 etel^af te8] efel^afteS /. 
298, 11 ^^ad 2:agebu4.'' 



380 Äimicrfungctt, 

298, 18 = VI 307. 
298, u gucft'«] iurft'g J. 
298, 18 SSor^immer] im SBorgimmer J. 
298, to ^immtifc^ett] ^eimlid^en J, 
298, M auSgefud^tefte] ungefuc^tefte J. — mit aSer] in 
atter ^ 

298, S8 iemanb] irgenb jemanb J*. 

298, s7 2W*****] aWafart J; 

299, 86 Xoo\Hi\ foEte «/l 

300, 8 = VI 309. 

11. ^ie Heimat. 3Euftrierted gfamilienblott. n. Sol^rg. 
1877. II. S3b. Herausgeber unb berantto. 9lebalteur: (S. b. 
SBincentt. SerIagd-(^t)ebition bei ^^eimat'', SBien, 6eilerftätte 1. 
»r. 27, @. 435-438, SRr. 28, @. 454-456: SWeifter gfabitto. 
3ur Erinnerung an 3ofef ^effauer. jßon IBanernf elb. (@e))arats 
bmdC: SBien 1877.) 

302, 8 „Maitre FavlUa", drame en 3 actes et en 
prose. 1855. 

306, 1 9lm rafc^eften unterrid^tet man fic^ über bie Slffäre 
^eines^effauer m% bem SSrieftoed^fel stoifd^en ^naftafhtS @rün 
nnb Bubtoig Saiuguft ^xanli. iperoudgegeben bon 5Dt. IBnmo 
bon ^ranll'^od^toart. S3erlin 1897. 6. 52 ff., 61 ff. Sßie aitö 
einem ungebmcften 93riefe 9(naftafiu8 ®rün8 l^erborge^t, toor 
Z)e{fauer bi^Hig nnfc^ulbig. 

326, 8 ff. Sdauemfelb teilt bie a3riefe ber ®eorge ^ioCb 
im Original mi unb fögt bie Übertragung bei mit ben SBorten: 
„9la(^foIgenbe Überfe^ung biefer S3riefe bürfte bielen £efem 
nid^t unmiaiommen fein.'' 3(^ (äffe bie Originale ^ier folgen: 

I. 

Bon Chrishni, je veux qne vons tronviez nne lettre 
de moi ä Ischl, pnisqne yous ne m^avez pas mise & m6me 
de vons r6pondre k Paris. Oui, ce sont d'henreux joors qne 
cenx oü je vons ai retronvö si semblable ä voas-möme, ä 
peine vieilli, pas chang6, toigonrs anssi naüf, aussi tendre 
et aussi aimable. Les oreilles ont du vons sonner tont le 
tems de yotre Yoyage, car on n'a pas passö nne henre ici 



SCnmerhingen. 381 

sans dire : Bon Chrishni, eher brave homme, ami charmant, 
diifne maestro, gprand artiste etc. etc. Chacnn et tons & la 
fois, dno, soll, trio, qnatnor etc., tntti tutti! yiye le 
bon Dessaner, le vrai Favillal Et le solr, leg lettres my- 
sterienBes apportdes snr la table par Tesprit familier, les 
phrases mnsicales qn'on croyait entendre en les lisant toüt 
cela a 6t6 goüt6, senti, et tont en riant, on 6tait attendri, 
on Tons sentait encore lä. Et n*y §tes*Ton8 pas toiq'onrs? 
Est-ce qne nons ne vivons qne dans notre corps? est-ce 
qne nons n'habitons pas la Inne et le soleil et tontes les 
^tolles, d^s qne notre pens^e nons y transporte? est-Kse 
qn'on ne s'y occnpe pas de nons comme nons nons occn- 
pons d*enz. Nons qni rdvons to^jonrs draller les y rejoindre? 
Enx? qni? ils disent la mSme chose de nons et sans nons 
connaitre ils nons aiment Et pnis, ne nons connaissent-ils 
pas? Oü est notre eher grand Delacroix ä. cette henre? 
Mais oü §tes-yons vons-m^me ä Thenre oü je yons öcris, 
snr qnelle ronte, dans qnel y^hicnle, dans qnelle disposition 
d^esprit? L'absence et la mort ne diff&rent pas beanconp, 
donc on ne se qnitte pas, on se perd de yne, mais on sait 
bien, qne n^importe oü, on se retronyera. Anssi je ne dis 
jamais adien dans le sens de: Dien nons söpare, mais 
dans le sens: d. reyoir en Dien snr cette terre on snr 
nne antre. Est-ce qne Ton ne fait pas des progn^s tant 
qn'on yent yiyre et tant qn'on croit ä Tiddal? est-ce qne 
rid6al ne sert qn'ä cette vie d'nn jonr on denx snr la 
terre? ne croyez pas cela. Nons emportons ayec nons ce 
qne nons ayons acqnis, et nons l'emportons ponr Taccroitre 
dans r^temit6. Qn'importe qne dans nne on denx de nos 
existences nons n'ayons pas €t6 assez enconrag^s, si nons 
ayons entretenn le fen sacrä en nons et dans les antres? 
Ne comptez pas ponr rien ces henres oü yons donnez ayec 
yotre &me celle des grands maitres ä yos amis, tont cela 
c*est nn 6change entre enx, yons et nons de ce qn^il y a 
de meillenr et de plns 61ey6 dans le sanctnaire commnn. 
Ecriyez-nons, eher ami, dites-nons comment yons ayez 
yoyagö, comment yons ayez retronv^ les soenrs, la ni^ce, 
les montagnes, le pays dn sei et les montagnards artistes. 



382 9(nmer!itngeit. 

Toute la famiUe d'ici vons embrasse. Mantice, qne la mort 
de Delacroix a beanconp affecte, snrtout par la pensöe 
qn'il est mort sans famille aatonr de Ini, Lina, qui rous 
präsente son poapon ä. baiser, Manoean qni vons adore (bai 
comme le plus brntal est le plns aimant de toos), Mme 
Lambert qni ne cesse de parier de yons, son man, qni youb 
Studie rötrospectivement avec ime Sympathie dSlicate^ 
Marie Lambert qni plenre poar nn rien, mais qui aime 
beanconp, Calamatta, qni ne dit plus rien eontre Delacroix 
et qni le regrette comme homme, sans Tavoir jamais compris 
comme peintre, yoilä tont le monde . . non il y a la grande 
Marie, nne natnre d'61ite sons sa blanche comette et tons 
Yons aiment et yons crient: Bevenez. 

George Sand. 

Bevenez ayec de beanx lieders ponr moi de yons. 
16 A5nt 63. 

II. 

Nohant, 5 jnillet 66. 

Mon Fayilla a donc pensS ä moi ponr mon anniyersaire 
de la 62i^me. J*en snis bien tonch6e, excellent ami. Vons 
ne dites rien de yotre santS, yotre coenr absorbe tont et il 
est nayr6 des dangers de la patrie. Nons comprenons $a, 
nons qni sommes Italiens, mais pas pmssiens dn tont 
QneUe effroyable m§Ue est sortie de ce petit d6m616 dn 
Holstein! et oü est Tissne? Yotre pays fftt-il ScrasS, pent-il 
dtre rayö de la carte dn monde oü il tient nne si grande 
place? Tronyez-yons malhenrenx ponr Ini qn'il yienne k 
perdre la YSnStie? L 'Italic n'a-t^elle pas toiQonrs 6t6 nne 
mine et nn danger, nn bonlet k son pied, comme maintenant 
TAlgSrie an notre. On ne s'assimile jamais des nationalit6s 
anssi tranchSes. On comprend mienx rassimilation des pays 
slayes, qnoiqne difficile encore. Mais qne füre ä tont cela? 
Le moment semble yenn, ofl il fant qne les conqn§tes soient 
des fl6anx. La France s*en m§lera-t-elle? ponr qni, ayec 
qni? On la yoit bien sontenant Tltalie, on ne la con^oit 
pas aidant la Pmsse. Et ici nnl ne sait, si eile aidera 



%tmtdtm%tn, 383 

qaelqn'im. Le chef de Tötat est d'antant plus impön^trable, 
qa^il YÜ, dit-on, au jonr le jbar dans sa pensöe, et qn^on ne 
peat deviner des projets, qni n'existent pas. Je yoqs dis ce 
qa^on dit. Je suis loin de tont ici et ne sais rien par moi- 
m6me. Je vois ponsser ma petite fiUe qni est belle et donce 
et qni se console antant qne possible de la crneUe mort 
de son Mre. Mes enfants sont anssi henienz qne possible 
aprts oette donlenr, et moi qni ai perdn mon panyre ami, 
je me röconforte anpr^s d'enz. Nons jonissons d^nn M 
horrible, temp^tes dilnyiennes, chand ^crasant, froid tont 
k conp. Panvres soldats, panyres bless^s, panvres morts de 
tontes nations, qnels qn'ils soient, c'est nn spectacle dös- 
espörant, et on n'ose se r^jonir de rien, mdme dans le 
coin tranqnille oü on vit Vons faites de la mnsiqne triste, 
j'en snis snxe et pleine de T§Yes döcbirants. Yenez ä nons 
qni vons aimons et qni plaignons tontes les sonffirances. 
J'ai entendn massacier le Don Jnan ä Top^ra de Paris, dn 
thöatre lyriqne on Ta escamotö an piofit de qnelqnes 
brillantes indiyidnalitös et dHme belle mise en sc^ne. Tont 
cela ne yalait pas le Don Jnan de Chrishni an piano, celni-* 
1& o'6tait le yrai et le bon. L'entendrai-je encoie? c^est 
mon r§Ye, ne me Tötez pas. 

Tont le monde ici yons embrasse et vons aime. 

G. S. 

ni. 

Nohant, 6 Jnillet 68. 

Comme c'est aimable d. toi, mon Chrishni, de ne pas 
onblier ce 5 Jnillet qni a bean m'ajonter des ann6es, il 
me T^jonit toi^'onrs comme s'il m'en dtait pnisqn'il me rd- 
nonvelle le donx sonvenir de mes amis äloignös. Si fait, ya, 
nons nons reyerrons. On n'est pas plns yienz ä 70 ans qn'lL 
30, qnand on a conseryö Tintelligence, le coenr et la 
yolont6. Tn n'as rien perdn de tont cela ; la senle infirmitö 
dont tn te plaignes, c'est Tafiaiblissement de la yne. Cela 
ne t*emp§che pas de yoir la natnre et de me ramasser de 
trös petites flenrettes, la Linaria Pellissiörana; et d'appr6- 
cier le magnifiqne spectacle de ton lac et de tes montagnes. 



384 SImitecfungen. 

Olli, c'est bean, ton pays et je te TenTie, d'antant plus 
qn'il sontient contre rintol6rance et Tambition cl^ricale 
ane Intte qai hnmilie la France. Qnant au d^clin de Part 
chez toi et chez nona, oni c^est vrai, mais c'est one Eclipse. 
Les ^toiles ont des d^faillances de land^re, les hommes 
penvent bien en avoir! Ne d^sespörons jamais, mon ami, 
tont ce qni s'^teint en appaience est an travail occnlte de 
renonvellement — et noas-m&mes anjonrd'hoi et ton- 
jonrs vie et mort, sommeil et röveil. Notre ätat normal 
r^snme si bien notre ayenir infini! 

J'ai ai^oard'bni 64 printemps. Je n^ai pas encore 
senti le poids des ans. Je marcbe antant, je travaille autant, 
je dors anssi bien. Ma yue est fatign^e aussi, je mets 
depnis si longtemps des lonettes, qne c'est one qnestion 
de N'o Toilä tont. Qnand je ne ponrrai plns agir, j^esp^re 
qne j'anrai perdn la volonte d'agir. Et pnis, on 8*e£Graie de 
r&ge ayancö comme si on 6tait sür d'y arriver. On ne 
pense pas ä la tnile qni pent tomber dn toit Le mienx est 
de se tenir toigonrs pr§t et de jonir des yieilles annäes 
mienx qn'on n'a sn jonir des jennes. On perd tant de 
temps et on gaspille tant de la yie ft 20 ans! Nos jonrs 
d'hiyer comptent double; Yoilä notre compensation. Ce qni 
ne passe ni ne change c'est Tamitiö. Elle angmente an 
contraire, plns qn'elle s^alimente de sa dnr6e. Nons parlons 
bien sonvent de toi, ici. Mes enfants t*aiment avec r61igion, 
nos denx petites filles sont charmantes. Anrore parle 
comme nne [grande] personne. Elle est extraordinairement in- 
telligente et bonne. Tn la verras. Tu reviendras. Tn nons 
charmeras encore avec ton piano. Nons t'aimons, eher 
Maöstro, nons t'aimons bien. tn vondras nons embrasser 
encore et jamais ponr la demi^re fois. Ce mot n^a pas de 
sens. G. Sand. 

IV. 

Ober Fayilla bien aim6, ton 6critnre est snperbe, tn 
Tois; mais tn sonffres encore, pnisqne tn dis qne tes yenx 
vont mal; espSrons qne la gn^rison yiendra yite; ton petit 
bonqnet est encadrö dans ma chambre d. cöt^ de ses pr6- 



Slnmcrfungen. 385 

d^cesseurs. C^est toujours nne joie pour moi de le yoir 

arriyer. C*est la marqae de la jennesse toujonrs florissante 

de ton CGßiir et mes enfants me demandent chaque ann^e 

au 5 Juillet, si j^ai rega les flenrs dlschl; tont monmonde 

t^aime et te serre la main avec tendresse. Le temps humide 

nous rend toas nn peu malades, j*esp&re que nons touchons 

k la fin de ce daläge qui a fait tant de mal ä nos pauvres 

provinces du midi. Avez-vous anssi ces pluies torrentieUes 

dans TOS montagnes? Tonrgnenef m'a dit qne tn faisais 

des vers cbarmants et parfois tr^s beauz, est-ce vrai? que je 

suis b^te de ne pas savoir an mot d*allemand! Je te lirais 

avec tant de plaisir. Ecris-moi qnand tn le penx sans 

te fatigner et crois k TinaltSrable tendresse de ta 

vieille scenr 

G. Sand. 
Nobant, 6 Jnillet 75, 71 ans. 

308, 5 ©ugfeiie S)cIacroij ftarb 1863. 
809, 4 „eal^Ianb^ ha^ ©aigfammergut. 

309, 6 Tlotxi ^ubet)ant (ate 8c^rtftfteIIer ^IRaurtce @anb), 
ber 6o^n t)on (Seotge @anb. 

309, 8 ßlna, eine ®n!elin. 

309, 9 Wlanctan, ein junger, fränüid^er ^nftler, ben 
®eorge @anb unterftü^te. 

309, 14 £uigi ^lamotta, ttaltenifd^er ^u))ferfte(^er, in 
$artS auiSgebilbet, lebte in SBrüffef. ©eine ^oc^ter toax bte 
^rau t)on 9)laurice @anb. 

816, 14 „^aqmta\ £)ptv in 3 Slften. ^ttt bon Otto 
$red^tler. 

816, 25 ^SDomtnga ober bte ©d^muggler in ben ^^renäen", 
fomifd^e Dptt in 3 ^!ten. Xt]^ t>on Sllei^anber IBaumann. 

12. (Hebenfe mein! ^afc^enbuc^ für 1848. ©ieben^e^nter 
Sal^rgang. Wlü fec^S 8ta^Ifti(^en. SSien. SBerlag t)on $fautfd^ 
& »o6 (©eiftergaffc 9lr. 428). ©. XV-XXVI Stnton 2llej. 
®raf Don ^uerfperg, genannt: ^naftafiuS ®rün. (SluSsug aui» 
einer biogrojjl&ifd^en ©figge.) Untcraeicfinet: 89. CG,J 

CAtiftcn IV. 25 



1 



386 Slnntcrfungcn. 

Sllbum öfterretc^tfd^er ^ic^ter. SltfoIauS fienait. Unaftaftud 

(Srün Wl\t 12 g^orträten. äBieit 1850. 9$crlag bon 

$fautfc^ & S3og. @. 57—64. Slnaftaftud (SIrun. Untei^etc^net: 
»auernftlb. (^Aj 

93auernfclb tourbe bom SBud^^anbler ^fautfc^ baxnm 
erfudgt, Sluer{))erfli» SStograp^ie für bad Xafc^enbud^ ^@ebenfe 
metnl'' gu {(^reiben. @r toanbte ftc^ an ben bcfreunbeten Siebter 
mit ber JBttte um Unterftü^ung unb SCnaft. @rün gab in 
einem SBrief t)om 22. Slprtl 1847 bie nötigen ^aten. 
3m Wlai tourbe bie ©fig^e beenbet. Sie Senfur ftn4 
gTo6^ Partien t)on 93auernfe(bS S3iograp^ie, bie im Sa^re 
1860 in bog ^SCIbum", ha» ^fautfc^ Verausgab, hinüber« 
genommen tourbe. Sie lange Einleitung blieb toeg, bafür 
fonnten nun bie ehemals geftrid^enen (Stellen gebrad^t n)eTben; 
ber ©d^Iug tourbe ent^pred^enb umgearbeitet. 

»gl. Sa^rbud^ V 134, 160, 214; Korb unb ©üb II (1877), 
862 ff., 889. 

328, s - 386, s] fehlt A. 

836, 17 Slnton — 21 burfte] fehlt O. 
337, 6 bei — « berrfc^tc] fehlt O, 

837, 25 8Um 2:cil] fehlt G. 

339, 5 boll — 17 SWunb] bie öffentliche SDieinung ftbricb 
bie gebeimntiSboIlen S3Iätter balb unferem SlnaftafiuS gu G. 

341, 17 SInaftafiu» — 342, 3 fanb] fehlt G. 

342, s hit 3tit jener flammer^errnsSegenbc] biefe 3wt G. 

342, 4 Scr — u „Sflibelungen"] 8ie G. 

343, 11 umftimmen!] folgt G: &tU xf)x ba8 ©erlangte, 
baS ©etoobnte, gebt ibr jum britten, bierten STlal, toaS ^um 
^ften unb S^^tten besagte unb fie tt)irb @uc^ auf'd 9Ieue 
mieber zujubeln. Sntmer baSfelbe gu fingen unb s" fagen, ift 
ja gule^t boc^ baiS gange (^e^eimnii^ fo mand^er ©d^riftfteneret! 

344, 5 Sie ncuefte 3ett — 346, 7 ßcier] Sie» auf 
unfern Siebter angetoenbet ift mir um feine poetifcbe 
3u!unft nic^i bange. SBo fo t)\ti ^robuftionSfraft unb 
©epnnung, ba ift toeber ein fünftlcrifd^e» nod^ flttli(^es 
i^rlabmen gu beforgen, unb ba» poUtifc^e ®en>iffen toirb 



Änmerfungen. 387 

burc^ bie 3^ti felBfi toac^ erl^aUen, unb mir tooUen'S l^offcn, 
ttod^ unb na(( gu pl^erem SBetougtfetn gebrad^t. (SoSte bennod^ 
ber faftaltfc^e OueS in ^naftaftus (Hrün berftegen — aber fo 
manches beutet barauf ^tn, bog er eben in frifc^er Strömung 
begriffen ift — Jo begnügen toir un8 mit ben flaren fluten, 
mit benen er \m& bis je^t erfrifc^t l^ot, unb beren l^eH fpru» 
belnbe ®eivalt boKfommen ^tnreic^t, bem beutfd^en unb öfter- 
retc^ifc^en SBoterlanbe gnr ö^re gu gereidjen. ö. 



25* 



Pcrfoncnvcrzcid)nis. 



Seilftnfia eito&^tc ^ecfonen IfaUn letne tütfna^ne in biefe« fftt^ifiti gefimbci!, 
bIo6 anfgesS^Ite 9lainea nur bann, nenn ü^reSufammcnfieanna oon 8ebetttitng if(. 



«feingcr, 3. ». b. 142, 371. 
matUa ©ileftuiS 329. 
Striftotclc» 179. 
Slrottct, S. 311., f. Sßoltaire. 
2lucrfj)crg, Slnton STIej. @raf, 

t. OJrün anaft. 
2lucrfpcra, SWaric ©räfin 340. 
Sltircn^off/ S. i&. ö. 142, 371. 

»a^, mtt 368. 
öäucric, a. 159, 374. 
SBaumautt. Sllej. 287, 378. 
S3eaumar(^ai9, $. ^. (S:. 236 f. 
SBcautnont, gr. 178, 211. 
SBcaini, ». 303. 
Ölumaucr, 2C. 142, 371. 
öörnc, ß. 109 f., 184. 
»ol^I, D. ®. 168, 374. 
»outet, a. Sv f. 3War«. 
93raun D. S3raunt6al, 3- @* 

158, 164, 873. 
öürger, ®. 81. 380. 
23i)ron, @. 91. ®. 332. 

(£af|)cr t). ßo^cnftctn, 2). 829. 
eaftcEt, 3. 5. 158, 163, 373. 
Gabatanoc, Ö. (g. 63, 75, 368. 
Glaretic, 3- 231 ff. 
Glauren, ©. 228. 
(SoHtn, ö. D. 145, 227, 256, 

270 372. 
©orncitu», ' $. (bei aWoIcr) 

270 ff., 274, 280. 



3)ein]ftarbftctn, 3- ß. 158, 228, 

373 
S)cni8, 3. 3^- 6. 141, 371. 
3)e8cI6e, 21. D. 232, 377. 
^cffaucr, 3. 277, 287, 301, 

302 big 327, 380ff. 
5)ei)rient, ®b. 226. 
S)tctrtd6ftctn, mox\% @raf 256. 
^tosIct-aWanfrcb, Ä. 5. 162, 

374. 
^ubebant,8(., f. ®anb, @eorge. 
S)uIIcr, e. 168, 162, 373. 
S)uma8, 2«cr., b. 3- 233 f. 
3)upin, a., f. (Sanb, ©corgc. 

(gbert, Ä. 6. 158, 164, 373. 
(gnbli^cr, ®t. 351. 
@nl, anic^. 172, 375. 

9eud^ter8Ieben, @mfi Sfrl^. b. 
172, 375. 

fid&tncr, ^. 220. 

flct*ct, 3. 178, 211. 

fouricr, (5^. 90 ff., 368 f. 

franfl, 2. 21. 162, 374. 

franul b. SBeigent^urn, 3. 
168, 373. ^ 
Srong I. b. Dflcrrctd^ 238. 
grona Äarl, ers^ctaog 351. 

©cbicr, 2:. ^1^. Sri. b. 144, 

371. 
©cttcti, (Sl^r. 5. 255, 330. 



390 



$erfonetU)crset(^iu8. 



@Iei*, 3. 21. 159, 374. 
OJlctm, 3- SB. 2. 329. 
©oct^c, 3. 2B. 72 f., 143, 152, 

180, 188, 209, 230, 247 ff., 

256, 257, 381. 
©ottfrieb t>. ©tragburg 244. 
@ottjd)fb, 3. C?ör. 255, 329. 
OJrabbe, ß^r. S). 264. 
©riöparaer, g. 149 ff., 165, 

184, 2a0f., 253, 262, 293, 

300, 333, 375. 
@rün, Slnaftoftu« 165f., 301, 

329 big 346, 375, 385 f. 
@rttp^tjt8, Sr. 255. 
@ui80t, gf. *. Ö. 101, 369. 
©u^fom, ist. 193. 

tafncr, 5ßb. 144, 371. 
altrfd), 2. 166, 375. 
ßalm, {yr. 193, 228, 253, 262, 

263, 377. 
©omcriina, 91. 271. 
i&ammer«$ur0ftaII, 3- ö- 165, 

375. 
Startmann, ®b. ö. 243ff.,377. 
öebbcl, gr. 262, 263, 271. 
$ctnc, ^. 246, 306, 332 f., 380. 
)eittrtc^ IV. ö. SRaöarro 117. 

>erbcr, 3- Ö- 330, 334. 
)ermann ü. ^ermanngtbal, 

g. 163, 374. 
Seufclb, 5. ö. 14i, 371. 
Öcun, G., f. Glauren, fi. 
©ölti), 2. ©. (Sbr. 330. 
ßofmaitn ö. ^ofmanngtoalbau, 

©br. 329. 
§0lbeiu, g. ö. 228. 
$orn, ??. 178, 376. 
§oniboftcI, 21., f. öol^l D. (5. 
ßoutoalb, ®. 126. 
ßÜQcI, ©I. ^xf). ö. 28 big 53, 

70, 352 bt« 368. 
§l)e, 21. t>. 351. 

3cnuII, <Seb. 351. 

3ff lanb, 2t. 3Ö. 210, 227, 263. 

Sonfott, SB. 178. 

3o|ef n. 21, 143, 144. 

Sünger, 3- S- 144, 372. 



Äarl VI. 20. 

Äaulbacö, 2B. b. 268, 297, 300. 

Äleift, ©. ü. 329. 

ÄIcift, ©. b. 245, 248, 252, 262. 

Solinger, fj. 21. 152. 

fflopftodf, 3 @. 329. 

Äöntg, 2canber 272. 

ffömcr, ^b- 146, 256, 332, 372. 

^olotorat, ^. 2t. (Sraf 351. 

^orn, Snar. 145, 254, 372. 

Äo^cbue, 8. b. 96f ., 146, 207, 

210 f., 227, 263, 372. 
offner, Gbr. 158, 373. 

Soc^ner, ??. 279. 
ßafftttc, 3. 106, 869. 
£aubc, ö. 193, 231. 
ßcttncr, ®. @. b. 163, 164, 874. 
£cnau, ^. 165, 166 ff., 272, 

281 ff., 316, 333, 335. 
ßcfpng, @. e. 144, 147,179f., 

183, 210, 246, 262 f., 330. 
ßifxt, g. 267, 290, 294, 298. 
ßobcuftcin, f. Safpcr b. Cohens 

ftcin. 
SoutS $btltppe 82. 
ßubtotg I. b. »oi)crn 286. 
ßubtoig XVI. 117. 
£ubtbtg, (^s^ergog 851. 
ßubtotg, D* 262, 263. 

TOail&tb, 3. Öraf 158, 374. 
aWafart, fi. 275, 298, 379 f. 
mav'ia ^crcpa 21. 
3}iannont, 2t. g. ß. So. bc 336. 
SDlar«, 9}iae. 232, 377. 
3Jiarfano, SB. 158, 374. 
3}^aftaltcr, ft. 142. 371. 
a«aj, ©abriet 272. 
aWa^rbofcr, 3- 163, 164, 375. 
mcm, Ä. 159, 374. 
SWcnael, SB. 173, 375. 
aWcttcnii*, ei. gürft 82 f., 

851, 367. 
mUton, 3. 329. 
5^oti6rc 236 f. 
aWontalombert, Wl dl bc 121, 

369. 



$crfonent>erset(^nt2S. 



391 



aWofer, ®. ö. 263, 877. 
gjlüttcr, 3. ?J. ©. 144, 372. 
3}lünncr, «b. 150. 

ö., f. $alm, tJr. 

SRapoIcon I. 117. 
^\tmh\d) t>. ©trcl^lenau, 91., 
f. ßenaii, 9^. 

Cpiö, 3n. 329. 

»annafd^, 21. 158, 374. 
qjQffÖ, 21. 163, 375. 
i^cäjl, 3. 142, 871. 
$ito IX. 121, 3ö9. 
^latcu, 21. ©raf 332. 
$oaucIin, 3. S3., f. TloVikxc. 
^^rcc^tlcr. D. 256. 
^4^t)rter, 3. S. 161, 230, 374. 

»aimunb, S- 1Ö9, 267. 
l»atf(l)ft), 3. 3f. b. 142, 371. 
mmpaä), (^. 191, 228. 
^cbmi^, O. ö. 257. 
Hefter, 3. tJ. ö. 142, 371. 
$ȟrfert, g. 332. 

(Sac^iS, JpanS 328, 334. 
@anb, (9corgc 302, 305 f., : 

307 bis 314, 327, 380 big 385. 
(Bapl^ix, 3)^ @. 127, 375. 
©cbarf, 2C. 15. @raf 266. 
@*cfflcr, 3v f. 2rn0clu8 (5tlcf. 
@cf)iacr, gr. 72, 180, 188, 

209, 215, 237 f., 250 ff., 

256 ff., 260 f., 331, 834. 
@c6Icc6ta«Sßffc5rb, gr. %xf). ö. 

163 375 
<S4lc0cI, 21. 2Ö. 241. 
(Scfticgel, 3. ©. 255. 
©Alcif er, a;?. ß. 163, 375. 
@4ramcl, 2llbin 319. 



©(^re^bogcL 3. 128, 146 ff., 

185, 212 ff., 220, 238, 372. 
e^rßbcr, 5. ß. 144, 210 f., 

372. 
6(^TÖber, ©ofte 222. 
©dbubcrt, fj. 267, 278f., 284, 

294, 317. 
(SAufcffa, g. 852. 
mtoinh, Wl 266 big 301, 

315, 321, 377 f. 
(ScibI, 3. @. 163. 
©c^belmann, Ä. 193, 376. 
S^alefpcarc, SB. 72, 96 f., 

143, 144, 145, 178, 215, 

240 ff., 259 f. 
@onncnfcl8, 3- ö. 143, 871. 
©tcigcntcf«, 21. ^r^. b. 148, 

373. 
(5tcJ)^anic, ©., b. 3- 144, 372. 
©tiibenrauc^, 2)1. ö. 351. 

Slomafd^cl, SB. 3- 303. 
SCrcitfdile, 3f. 158, 374. 

U^Ianb, 2. 331. 

S!oItatre 246. 

©agncr, SHid^. 271, 290 f., 

298 f., 317. 
SBeibmann, g. 6. 158, 374. 
2Bei6c, 6^. >?. 255. 
SBcIbcn, £. grl^. ö. 131, 370. 
SBerner, 3a$. 146, 372. 
2BicIanb, G^. SR. 329. 
SBilbranbt, 2(b. 263, 377. 
SBilcgef, ©. @raf 319. 

3ebliö, 3. (^^r. gr^. b. 157, 
184. 

jeltcr] S^. 5. 230f. 
lerr, 2tnna 316. 
lieglcr, g. SB. 146, 872. 



1 



Corrigenda. 



„ 115, „ 19 „gelten, „ fleltenj 

„ «56, , 1» „ Uatte; „ l^ütte, 

„ 280, „ 8 „ nt&figen „ tnAc^tigen 

„ 815, „ 1« „ ©loffe« „ ftloffen 

. 851, „ 18 füge ^inau: Q)iit(Ioto, (Befammelte CBetfe, ^ontfurt a. 9R. 



1846, m 809.